Skip to main content

Full text of "PWRE14"

See other formats


PAULYS 



REAL-ENCYCLOPÄDIE 



DER 



CLASSISCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT 



NEUE BEARBEITUNG 



BEGONNEN VON 

GEORG WISSOWA 

UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN 

HERAUSGEGEBEN 



WILHELM KROLL 



VIERZEHNTER HALBBAND 

Glykyrrhiza — Helikeia 



STUTTGART 

J. B. METZLEKbche BÜCHHANDLUNG 
1912. 



PAULTS 



REAL-ENCYCLOPÄDIE 



DER 



CLASSISCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT 

NEUE BEARBEITUNG 

BEGONNEN VON 

GEORG WISSOWA 

UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN 

HERAUSGEGEBEN 

von 

WILHELM KROLL 



SIEBENTER BAND 

Fornai — Helikeia 



m «t » m 



STUTTGART 

J. B. METZLERbche BUCHHANDLUNG 
1912. 



Mit dem Beginne des Buchstabens G ist die Redaktion von G. Wissowa auf 
W. Kroll übergegangen. 



Der Redaktionswechsel hat einige bedauerliche 
Versehen im Gefolge gehabt, darunter die doppelte 
Bearbeitung der Art. Galeoi durch Kern und 

Kjellberg. 

Herr Rostowzew erklärt, daß er in 
seinem Artikel Jrumentum' (o. S. 152) 
Herrn Carcopino den Vorwurf eines Pla- 
giates nicht habe machen wollen. Nach 
Z i e 1 i n s ki , dessen Theorie in den Melanies (XX V 
p. 27—29) erwähnt worden ist. hat Carcopino 
sich auf die Reform des S. 75 v. Chr. berufen, 



nicht aber in demselben Sinn. Für Zielinski 
beweist sie, daß damals die Römer die Konkurrenz 
unterdrückt oder wenigstens vermindert haben, 
welche in der decumarum venditio die Sizilischen 
Gemeinden den ritterlichen societates publica- 
norum zu machen pflegten (s. Zielin ski Philol. 
N. F. VI 274 n. 47). Für Carcopino ist sie 
eine Prüfung dieser zum erstenmal und aus andern 
Gründen behaupteten Theorie, daß die ritterlichen 
societates publicanorum aus der venditio decu- 
marum von Sizilien rechtlich ausgeschlossen 
waren (Melange XXV p. 419ff.). 



J. B. M etzlersohe Buehäniekerei, Ö. m. b. H. In Stuttgart. 



Glytyrrhiza^ yXvxvQpt£a, yXvxeia @i£a, dul- 
cis radiXf Süßholz, Staude aus der Familie der 
Papüionaceen, Unterabteilung der Galegeen, mit 
unpaar-gefiederten , vieljochigen Blättern und 
achselständigen, ährenförmigen , vi elb lumigen 
Trauben, Blumen weiß, violett oder blau. Die 
Wurzeln, Wurzelstöcke und Wurzelausläufer ent- 
halten Süßholzzucker (Glycyrrhizin). Im Gebiete 
finden sich zwei Arten: G. glabra L. (Hülsen 



G. glabra verlängerte, lockere Trauben hat. Auch 
die Abbildungen der Wiener Hss. fol. 91 ▼ C; 
fol. 34 N. zeigen, wie schon D au beny (Lectures 
ou Roman husbaudry) und E. Bonnet (Janus 
VIII 269f.) erkannten, den Typus von G. echi- 
nata. 

In ganz ähnlicher Weise beschreibt Plinius 
unsere Pflanze (n. h. XXII 24); als gemeinsame 
Urquelle darf man nach Wellmann Herrn. XXXIII 



kahl, 2— 4samig), nebst der Unterart G. glandu- 10 361 Diokles aus Karystos annehmen , nur hatte 



lifera Wählst. Kit. (Hülsen drüsenborstig) und 
G. echinata L. (Hülsen igelborstig, 1— 2samig); 
vgl. Engler-PrantI Natürl. Pflanzenfamilien 
III 3, 307. Karsten Deutsche Flora 112 248. 
Haläcsy Conspectus florae graec. I 427. Held- 
reich Die Nutzpflanzen Griechenlands 70. Ar- 
cangeli Floraltai. 506. Abbildung u. a. Thome 
Flora von Deutschland III 67. Wiesner Die Roh- 
stoffe des Pflanzenreiches II 526ff. Flückiger 
Pharmakognosie des Pflanzenreiches 382. 

Erwähnt wird die yXvxsia pi£a zuerst von 
Hippokrates morb. mul. I 624 als äußerlich an- 
gewandtes Mittel. (Pseudo-)Theophr. h. pl. IX 13, 
3 sagt: ,Süß ist auch die skythische Wurzel, ja sie 
wird von manchen geradezu Süßwurzel genannt. 
Sie wächst an der Maiotis. Sie ist gebräuchlich 
gegen Asthma, trockenen Husten und überhaupt 
bei Brustbeschwerden. Auch gegen Wunden wird 
sie in Honig gegeben. Sie vermag auch den Durst 



seine Vorlage für iotxoza oiivcp - iotxoza «/mp, was 
ihn zur Übersetzung mit foliis ecMnatis führte 
und weiterhin veranlaßte, XXI 91 in die aus 
Theophrastos (h. pl, VI 1, 3) geschöpfte Auf- 
zählung der Dornpnanzen anstatt des xvfjxog 
ganz unpassender Weise glyeyrrhixa, Urtica ein- 
zusetzen. Die beste Sorte kommt ihm aus Ci- 
licien, seeunda Ponto; diese sei allein offizi- 
nell und werde vergüiarwm oecaw gewonnen. 
20 Nun ist die Wurzel der im Garten gebauten 
G. echinata nicht süß, weshalb Flückiger 
sie als Stammpflanze des russischen Süßholzes 
nicht anerkennt; ihm folgen Kobert Historische 
Forschungen V 54 und Frieboes in seiner 
Celsusübersetzung S. 688. Aber die oben ge- 
gebene Beschreibung bei Dioskurides und Plinius 
paßt doch nur auf G. echinata L. , daher hält 
auch er an dieser schon von Billerbeck Flora 
class. 192 gegebenen Deutung fest; die ältere 



zu stillen, wenn man sie im Munde hält. Daher 30 Zeit scheint eben nur diese Art gekannt zuhaben, 



sollen die Skythen mit dieser und der Hippake 
11 — 12 Tage lang aushalten können.' Schon diese 
Heimatangabe und Benennung weist darauf hin, 
daß hier von der speziell Südosteuropa (Südrußland 
usw.) an gehörigen G. echinata die Rede ist. Noch 
klarer bezeugt dies die Beschreibung des Dioskuri- 
des (mat. med. IDI 5) : Die G., welche man auch 
Pontische Wurzel, yerxtav^ f Zxvütov, adtysor und 
ovfMpvzov heißt (vgl. Isid. orig. XVII 9, 34 G. 



aber vielleicht steckt in des Plinius besserer cili- 
cischer Sorte die erste Erwähnung der süßeren 
G. glabra bezw. glandulifera. Die Wurzeln 
selbst werden als lang, buchsbaumf arbig wie die 
des Enzians, etwas herb und süß bezeichnet: sie 
werden zu Saft verarbeitet wie das Lykion. Als 
Heilmittel verwendet Celsus die radix, quam 
dideem appdlant, gestoßen und in Rosinenwein 
oder Weinmet gekocht gegen Mandelentzündung 



graece ex eo dteta qttod dulcem radicem habeat 40 (de med. VI 10) , zu Pastillen zur Austreibung 



. . . eadem äditpog, quta sitientibus sitim sedat), 
wächst am häufigsten in Kappadokien und Pon- 
tos. [Die interpolierte Bearbeitung (Wiener Hss. 
usw.) fügt hierzu noch die Namen yXvxr\Qaxov } 
ykvxxxpvrov, Xsovuda, xokv&ga, f Ävßveataoo, cäfioiv 
aeev&a, ö£fte&E<oQ, r Poi/iatoi dovXxtgdöt];.] Sie ist 
ein kleiner Strauch mit zwei Ellen langen Trieben, 
um welche die Blätter, welche denen des Mastix- 
baumes gleichen, dicht stehen, diese sind fett 



eines Steines aus der Blase (V 20, 6), zu einem 
Gegengift (V 23, 1) u. a. Scribonius Largus gibt 
die Wurzel der G. in einer arteriaee des Askle- 
piades (75), den Saft in Pastillen gegen Blut- 
brechen (86). Dioskurides und der trotz allge- 
meiner Übereinstimmung doch manches ab- 
ändernde Plinius fügen zu den Angaben des 
Theophrastos noch folgendes hinzu: Der Saft 
wirkt gegen Rauheit der Luftröhre, man muß 



;länzend und klebrig anzufühlen. Die Blüte ist 50 ihn aber unter die Zunge legen und zergehen 



der Hyazinthe ähnlich, das Blütenköpfchen (xag- 
jiös) ist von der Große der Platanenblütenknäuel, 
rauher, es enthält linsenartige Hülsen, welche 
rot und ^ klein sind.' Das sind aber gerade 
charakteristische Merkmale der G. echinata L. 
(vgL Abb. Engler-Prantl 1113,300), während 
Fuüy-WlMOWft-Kroll TU 



lassen. Er ist auch ein gutes Mittel bei Magen- 
brennen, bei ... Leberleiden, Blasenkrätze und 
Nierenleiden . . ., als Salbe ist er ein Wundmittel 
und gekaut bei Mundschäden zuträglich; das- 
selbe leistet die Abkochung der frischen Wurzel. 
Die trockene Wurzel ist feingerieben beim Über- 

47 



1475 



Glykys 



Glypheion 



1476 



wachsen der Nägel aufgestreut von guter Wir- 
kung. PKnins hat § 26 noch weiter: sanol . . . 
eondylomata , tdcera gemtcUium. dedere eam 
quidampotuiin quartanis draohmarum duarum 
pondere et piper ex hemina aquae. eomman- 
dueata sanguiwm ex vtdnere sistit. sunt qui 
et ealculos ea pellt tradiderunt. 

Galenos nennt XI 858 (vgl. XIII 11) den 
Saft gleich brauchbar wie die Wurzeln, da er süß 
sei mit einer gewissen Adstringenz, deshalb helfe 
er zur Beseitigung aller Rauheiten nicht nur 
in der Luftröhre, sondern auch in der Blase (vgl 
XIII 51). Auch im weiteren folgt er Dioskuri- 
des, den er auch zitiert, nur daß er an dessen 
Angaben noch allgemeine Erörterungen anknüpft. 
Die beste Wurzel stammt nach seiner Angabe von 
Kreta {XIV 6 t), 'dieses lieferte auch den Saft 
direkt (XIII 47), der mit der Zeit erhärtete 
(XII 963). Ihm folgen in der Angabe der Heil- 
wirkungen Aetios Amidenos (ylvxvQtfrv I p. 6 v<* 
der Aldina von 1534), Paulus Aegineta (VII 
p. 107 v der Aldina von 1528), sowie Oreibasios 
V 608 (Busemaker-Daremberg) und II 625. 
Alexander Trallianos (ed. Puschmann) verwendet 
Q. sehr viel, so II 139 1/2 Drachme in einer Arznei 
zum Gurgeln bei Halsentzündung, 161 wird ge- 
hörig gereinigtes und gewaschenes Süßholz in 
eine Hustenarznei getan, 165 wird Süßholzwurzel 
mit dem Mohnkopf mittel gemischt und gekocht, 
223 wird gegen Eiterungen in der Bauchhöhle 
ein Mittel mit Süßholz gegeben, sowie 227 als 
Zusatz zur Audommedizin zur Entleerung der in 
der Brust befindlichen Schleimmassen und 265 
und 267 zu durststillenden Pastillen. In ein De- 
kokt aus Süßholz u. a. werden 179 die Sub- 
stanzen zu einem erwärmenden Mittel (des Mag- 
nus) geschüttet; ein solches wirkt 213 abführend 
und ist 243 nötig bei schleimigem und 2ähem 
Auswurf. Der Saft des Süßholzes kommt I 429 zu 
Pastillen gegen das Qaartanfieber, schützt II 129 
bei Angina den Schlund vor Rauhwerden durch die 
Maulbeeren arznei, wird 175 der Audornarznei zu- 
gesetzt und hilft 181 gegen chronischen Husten. 
Die Geoponika schreiben ihr (V 24, 3) die 
Fähigkeit zu, zwischen Weinstöcke gepflanzt 
diese zu reichlichem Tragen zu bringen und 
geben sie als Bestandteil eines Rezeptes an, um 
jungen Wein alt erscheinen zu lassen (VII 24, 4). 
Bei den späteren Lateinern entstanden durch 
Volksetymologie u. a. die Formen glyeyridia {glici- 
ridia); gliquiricia, liquirieia (Theodorus Pri- 
scianus ed. Rose 515), gliquiritia (Cassius Felii 
33, 34, vgl. Rose 237) u. a. (vgl. auch Thesaur. 
Gloss. emend. s. glyeyrrhixa. Simon Ianuensis 
s. glicoriza. Fischer-Benzon Altdeutsche 
Gartennora 206), woraus schließlich das deutsche 
,Lakrizensaft' hervorgegangen ist. Verwendet 
wird die Pflanze bezw. ihr Saft gleichfalls meist 
gegen Husten, wofür sie noch heute als Haus- 
mittel gebraucht wird (Cassius Felix a. a. 0. 
GargÜ. Martial. 45. Muscionis gynaecia 139 
u. a.). [Stadler.] 

Glykys s. Iohannes Glykys. 
Glykys Lünen (6 rivxvs Atftrjv Strab. VII 
324 = der Tom Süßwasser der in ihn mündenden 
Flüsse, 1. B. Aeheron (Glykys) mit vielen Neben- 
flußchen ausgesu&te Hafen; Oiclis Urnen Tab. 
Peut.VH 3; r. At^ Anna Comn. IV 3) - t jetzt 



Port Splantza, Porto Phanari (alban. Frari), Hafen- 
bucht von riasarfeigem Umriß an der thesprofa- 
schen Küste von Epeiros, südlich von der Bucht 
A. lannis (alt Cheiroerion), Philipp so n Thessa- 
lien und Epirus Tat 4 p. 231. In der Nähe 
jetzt noch ein Örtchen namens Tlvxv. Leake 
Travels in N.-Gr. 1X1 7. IV 51ff. Vgl. dagegen 
BuTsian Geogr. v. Griechenl. I 28f. nach.Seyl. 
30. 'EkaCa Ußtjv Skene Journ, Roy. Geogr. Soc. 
10 XVin 139ff. und Philippson s. 0. Bd. V S. 2224 
Art. Elaia Nr. 3. H. Kiepert Atlas Ant. VI; 
FOA XVI Text 8. [Bürchner.] 

Glykys Potamos {<> Pkvxvg Hota/tog Anna 
Öomn. IV 3 vom trinkbaren Wasser, das übrigens 
im Sommer sehr spärlich ist), in Epeiros, Unter- 
lauf des Aeheron (Glykys), der in den Glykys 
Limen (s. d.) mündet Jetzt noch G. [Bürchner.] 

Glympeis (D.vfmeig) wird nur bei Polybios 
an zwei Stellen (IV 36, 4f. V 20, 1-10) erwähnt. 
20 Darnach war es ein fester Platz in der Kynuna, 
gehörte also mit dieser seit 338 zu Argos (s. Argo- 
lis 0. Bd. II S. 740, 30) und lag negl xov? oqov$ 
Ttis 'Agysias xai AaxarCag, d. h. am Ostabhang des 
Parnon. 219 widerstand es dem Angriff Lykurgos 
von Sparta, der im darauf folgenden Jahre eine 
sorglos vor den Mauern lagernde Abteilung Mes- 
senier überfiel. Diese kamen von Tegea und 
wollten das Heer Philipps V. erreichen, der be- 
reits das südöstliche Lakomen verwüstete. Nach 
30 dem Überfalle kehrten sie um. Die örtlichkeiten, 
um die es sich hier handelt, und namentlich die 
antiken Ruinen sind nur sehr mangelhaft erforscht. 
Die bisherigen An Setzungen gründen sich auf An- 
klänge an moderne Namen (Boblaye, Leake, 
Curtius, Frazer) oder auf Gleichsetzung mit 
Glyppia (s. d. ; Bursian, R. Kiepert). Rich- 
tiger scheint es, sich durch die militärischen Vor- 
gänge leiten zu lassen. Darnach ist Kremasti 
(Bursian, R. Kiepert) auszuschließen, die Lage 
40 südlich von Kosmäs (Bursian) am Fuße des 
Berges Masaräki möglich (von den Ruinen einer 
Stadt, die sich hier befinden sollten, hat nur 
Boblaye auf Grund der Aussagen von Bauern 
berichtet), am wahrscheinlichsten die Identität 
mit dem Kastell Lymbiäda südsüdwestlich von 
H. Vasilios am nördlichen Rande der Schlucht 
des Gießbaches von Leonidi nahe ihrem westlichen 
Ende. Grat, cyneg. 213ff. erwähnt den Spür- 
hund (inetagon 221) aus G. (Glympicus 214) (nach 
50 Vollmer). Boblaye Recherche* 97. Leake 
Pelop 362. Curtius Pelop. II 303. Bursian 
Geogr II 135. Frazer Paus. HI 381. R.Kiepert 
Formae orb. ant. XIII Text 5. B ölte AM 1909 
Heft 4. Karten: Curtius Taf. IX. Philipp- 
son Pelop. Wace sucht G. bei Kosmäs (nach 
mündlicher Mitteilung) ; ein Aufsatz soll im BSA 
1910 erscheinen. [Bölte.] 

Glyphal (77u<pcu), Örtlichkeit in Arkadien am 
Alpheios mit Nymphenkult, Hesych ; NvpyaTov 
QOoZ&ov ' Tcüv (frg. 52 N.). Jtagöoov (6 xdgos oV cod., 
em. M. Schmidt) 6 'Akqxtds zijv 'Aqxdbow Jtapa- 
pietßoftevoQ koto (add. Meineke) tag Uyopevas 
U.v<pag SdQZtxai. Dazu gehört Etym. M. : n.txpuw ■• 
avvQOV « xai Sgog' ö&ev Nv/upai H.vipiat und 
Hesych.: rkvyeiov ävtQov «. Köpke De Ionis 
Chii poetae vita et fragmentis, Diss. Berol. 1836, 
87 ist wertlos. [Bölte.] 

(HypheloB & GlyphaL 



1477 OlypMon 

Glyphlen a. GlypkaL 

Glröbios (rtäptos), Troizeitier,, der von dem 
in ein Weib verwandelten Teirestas im Bade er- 
stickt wurde, Eustath. Od. 1665, 48C nach So- 
strätos (von Ptolemaios Chennos erschwindelter 
[Susemihl Alex. Lit. I 382, 40]) Elegie ,Tei- 
Tesias'. [Hoefer.] 

Glyppia {Tkimstia) erwähnt nur Paus. III 22, 8 
in einem Abschnitt, der wahrscheinlich nicht auf 



Gnattria 



1478 



Auswahl und die Echtheit ihres Inhaltes lobt 
(a*. a. O. 320), und wegen der genauen, bei ge- 
schnittenen Steinen sonst so seltenen Fundan- 
gabe wird man auch hier an der Echtheit nicht 
zweifeln können. Wir besitzen demnach von G. 
nur Intagli, die ihn als einen in Tief- wie Flach- 
schnitt hervorragenden Künstler zeigen. G. zeich- 
net sich durch die Sicherheit, Sorgfalt und be- 
wundernswerte Zartheit seiner Arbeiten aus und 



eigener Anschauung beruht (Heberdey Reisen 10 erreicht sogar gelegentlich seinen bedeutendsten, 
des Paus. 59fFA Danach war es eine «//»««. vipl. wnhl dtwas alfarA« 7,aH-t^ont\aaan ttan a'™in m 'j 00 



des Paus. 59ff.). Danach war es eine xa>^, viel- 
leicht von Marios (Niese Gott. Nachr. 1906, 
113) und wie dieses im Binneulaiide gelegen. 
Marios ist ziemlich sicher südlich vom heutigen 
Mari anzusetzen (Frazer Paus. HI 381), östlich 
von Geronthrai-Geräki. G. lag nach Paus, vxsq 
to xöfaapa, d. h, oberhalb, weiter in die Berge 
hinein (Reitz De praepos. vjxsq ap. Paus, usu 
locali, Diss. Freib. 1891, 52). Da die Periegese 



wohl etwas älteren Zeitgenossen, den Dioskurides. 
S. auch Furtwängler Jahrb. d. arch. Inst. IH 
(1888) 138. 314ff. Taf. VIII 27. X 6, 12. 

2) Gnaios, Münzstempelschneider etwa des 2. 
Jhdts. v. Chr. auf einer Neapler Silbermünze mit 
einem jugendlichen Frauenkopf auf der Vorder- 
seite, während die Rückseite das Bild eines Stieres 
mit bärtigem Kopfe und eines zweiten kleineren 
Stieres trägt. Hinter dem Frauenkopf ist eine 



von Westen nach G. führt, kann das nördlich, 20 Artemis mit zwei brennenden Fackeln angebracht 



östlich, südlich von Mari sein. Die allgemein als 
selbstverständlich angenommene Gleichseta ung 
mit Glympeis (s. d.) ist sprachlich keineswegs 
gesichert und bietet sachliche Schwierigkeiten. 
Jedenfalls sind die Angaben bei Pausanias so un- 
bestimmt, daß man ihnen keinen Einfluß auf die 
Ansetzung von Glympeis einräumen darf. Die 
Literatur s. u. Glympeis. [Bölte.] 

Glyptik s. Gemmen 0. S. 10521?. 



und die Inschrift Fvaiov, welche R. S. Poole 
im Catalogue of the Greek coins in the Brit, 
Mus. Italy 105, 427 wohl mit Recht für den 
Namen des Stempelschneiders hält. Vgl. Carelli 
Num.Ital. vet. Taf. LXXVII 110. Nach Gatr- 
rucci Le monete d'Italia II 83 ist es der Name 
eines Beamten, für den jedoch der bloße Vor- 
name wenig geeignet erscheint. [O. Rossbach.] 
Gnaphoi {[oi] rvdyot, vgl. 6 xvätpog Karde 



Gnaios. 1) Einer der nur mit ihren Vornamen 30 = Ort, wo viele Karden stehen), örtliehkeit auf 
{Fvatovoäerrväiog) signierenden Gemmenschneider der Insel Chios : Bürchner Berl. Philol. Wo- 
der ersten Kaiserzeit (s. G aio s Nr. 5). Von den mit chenschr. 



t(s. GaiosNr. 5). 

seinem Namen bezeichneten zum Teil modernen 
Steinen (aufgezählt und besprochen von H. Brunn 
Gesch. d. griech. Künstler II 560ff.) sind nach 
A. Furtwängler (Die antiken Gemmen III 357) 
vier echt : ein bläulicher Aquamarin im Britischen 
Museum mit Ergänzung des obersten Stückes in 
Gold, welcher den Kopf des unbärtigen Herakles 



XX (1900) 1629 ; vgl. 'Afyvä XX (1908) 
164 Ä 11. In der Nachbarschaft lag die örtlichkeit 
"Agyog, also eine flache Gegend. [Bürchner.] 

Gnathia (die Namensform die Inschrift eines in 
Fasano gefundenen Bronzestabes TNA&INON 
IG XIV 685; vgl. die Ziegelstempel TNA0I1 
ebd. 240H,|-]NA©IO5 24022; Gnatia Horat. 
sat. I 5, 97 und Schol. Melall 66. Geogr. Rav. 



in überaus anmutiger, zarter Ausführung trägt 40 IV 31; Gnatiae (lokal) Itin. Ant. 313; Gnatie 

/ali(mWIJfl+ aV>^ TC* YT TV Ort * TT CS _ i 11 m_l_ TJ....L /-i V ti Vtt n . *-. . . ' .„ 



(abgebildet ebd. Taf. XLIX 20. A. H. Smith 
Catalogue of engrav. gems in the Brit. Mus. Taf. H 
1281); ein quergestreifter dunkler Sardonyi des 
Herzogs von Devonshire mit dem Raube des Pal- 
ladion durch Diomedes (abgebildet Furtwängler 
Taf. XLIX 2. L 10, derselbe Vorwurf bei Dios- 
kurides und Felix, s. d.); ein Karneol des Briti- 
schen Museum nr. 758 mit dem Brustbilde der 
Melpomene und vor ihr einer tragischen Maske 



Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31; Egnatia, "Eyvaxia 
Strab. VI 282f. Plin. n. h. H 240. HI 102. Ptolem. 
HI 1, 13; Egnatiae Itin. Ant. 117; Ignatiae 
Geogr. Rav. V 1; Ignatinus [ager] Lib. col, 
262; Ij&matiae Itin. Hieros. 609; Augnatium 
Guido 27. 71), Stadt an der apulischen Küste 
zwischen Bari und Brindisi, deren Ruinen in der 
Nähe von Fasano sichtbar sind (heute Torre di 
Anazzo oder T« d'Egnazia). Den Namen führt 



(abgebildet ebd. Taf. XLIX 28); eine dem Hya- 50 M. Mayer Rom. Mitt. XIX 227 (Philol. N. F. 



zinth ähnliche, geschnittene Glaspaste der ehe- 
maligen Sammlung Marlborough (Story Maske- 
lyne The Marlborough gems nr. 421) mit einem 
Ol eingießenden Athleten und neben ihm einem 
Tisch mit der Hydria för die Lose (abgebildet 
Furtwängler Taf. L 9). Dazu kommt noch 
ein Karneol der ehemaligen Sammlung Pullini 
in Turin hinzu, den Brunn a. a. O. 566 nur 



XIX 533) auf rhodischen Ursprung zurück {Tyvi}- 
reg = av&iysveTs). Es scheint eine iapygische 
Siedlung gewesen zu sein, die später den Messa- 
piern, zuletzt den Peucetiern (Poediculern) zuge- 
fallen ist (Plin. in 102. Strab. VI 282. Ptolem. 
LTI 1, 13. Auf der Tab. Peut. ist zu Gnatie bei- 
geschrieben: port Pedie., was wohl als portus 

~, — -. — ™ Poedieulorum zu lesen ist; Plin. II 240 weist 

nach den kurzen Angaben bei Miliin Voyage den Ort irrtümlich den Sallentinern zu). Schon 
en Savoie I 321 erwähnt und Furtwängler 60 in früher Zeit, bevor noch Brundisium an Be- 



überhaupt nicht nennt. Nach der Beschreibung 
in den Cataloghi della dattilioteca del fu C. A. 
PuHini, Turin 1844, 9 nr. 81 war diese Gemme 
im Frühjahr 1808 nahe bei Rom außerhalb der 
Porta Pinciana ausgegraben und trug das Bild 
eines Hermen mit dem Flügelbute sowie den 
Namen TNA10C. Wegen des guten Rufes der 
Sammlung, an welcher Mi Hin die geschickte 



deatung gewann, muß G. ein wichtiger Hafenplatz 
(wer« xoivt) xataycayi] Jtleovri re xai n&£svovxt $tg 
Boqiov Strab. a. 0.) gewesen sein, was bedeutende 
Funde an attischen Töpferwaren daselbst schließen 
lassen (vgL Mayer a. O,). In der Stadt selbst 
waren Töpfereien, deren Ware sehr ähnlich der 
in anderen nnteritalischen Städten produzierten 
ist; man bezeichnet diese Art unteritalischer 



1479 



Önathis 



Gnesippos 



1480 



Keramik jetzt allgemein mit .Gnathiavasen' ; vgl. 
Pagen steeher Arch. Anz. 1909, lff. In römi- 
scher Zeit scheint der Ort von dem durch seinen 
trefflichen Hafen überlegenen Brundisium in den 
Schatten gestellt worden zu sein, wenn auch 
schon hei G. die Binnenlandstraße von Benevent 
her die Küste erreichte. So finden wir G. fast 
nur in den geographischen Kompendien erwähnt. 
Horat. a. 0. macht sich über ein angebliches 



Telenikos, die Ttoitjxai ftox&ijß&v fyafidxwv, zitiert; 
Athenaios XIV 638 e drei Komikerstellen über 
G., den er, ohne seine Quelle zu nennen, als- 
naiyviaygdqiog (man erwartet xatyvtoygdyos) xijg 
IXagäg Movctjg charakterisiert (vgl. Hedylos rXav- 
xr}s ptefAEÜvofi&va siatyvia Movoicav s. o. Glauke 
Nr. 13): Chionides (?) /frw/ol P- 5 Kock ravz ov fia 
Ata rvtjöinnos ovo* ö KXeOfiSvtjg iv iws a{v} x°S~ 
8ato(tJ xatsylvadvaro. G. ist also dem Kitharoden 



Wunder (Verbrennen von Weihrauch ohne Flamme), 10 Kleomenes (Athen. 402 a. 605 e. 620 d) gesellt; 



das in G. gezeigt wurde, lustig. Die Erklärung 
der. Stelle: lymphis iratis exstructa mit Wasser- 
armut der Stadt (so SchoL) scheint unrichtig, da 
nach Nissen Ital. Landeskunde II 860 einen 
solchen Mangel die Gegend nicht aufweist. — 
Einen aed(ilis) i(ure) dfieundo) erwähnt CIL 
IX 263. Die Zuweisung der Münze Berlin. Kat. 
ILT/i 195 (Mateolum?) nach G. (so Avellino 
Bull. Napol. I 130) beruht auf falscher Lesung 



die ausdrücklich hervorgehobene Saitenzahl be- 
zieht sich wohl auf die damals von Phrynis neu 
eingeführte Osaitige Kithara (vgl. v. Wilamo - 
witz Timotheos 72ff.), nicht auf das swedxogöcv 
(Aristo* bei Athen. 636b. 182 f). — Eüpolis(?> 
Etkoyrtg p. 294 Kock td üttjötxdgov re xal 'AXx- 
piavog 2ifi(ovidov xs aQ%alov ■fdsibuvf ' 6 Ök /VjJ- 

OlTtTlÖq SoxfivJ aXOVElV^ [x£tv] Off VVXISgiv SVOt 

lioi%dlg (jivxoTg G. Hermann) ädofxaz ixxaXetö&ai 



der Aufschrift. Literatur: M. Mayer Ceramica 20 yvvaixag sxoviag ia[tßvxT}v rs xat xgiyavov. Uie- 



delV Apulia preellenica, Eöm. Mitt. XII (1897) 
233ff. ; Die Keramik des vorgriechisch. Apuliens 
ebd. XIX (1904) 227ff. CIL IX p. 28. Nissen 
Ital. Landesk. II 860. L. Pepe Notizie storiche 
ed archeologiche delV antica G. (1882; von mir 
nicht gesehen). [Weiss.] 

Gnathis, Sohn des Timokedes, Athener (EXsv- 
oiviog). XoQt]ywv xa>fiq>8oTg kvlxa Ende 5. Jhdts. 
v. Chr., CIA IV 2, 1280 b. Er ist, wie es scheint, 



Stelle ist zwar beschädigt (das Versmaß muß 
überall sein *-— -^w~~-^-^-* , vgl. Hephaestion 
cap.15, 2— 7. Kratin. JeajreWS^I 30 K. Aristoph- 
Wesp. 1528ff. Diphil. I 680 K.) , aber klar ist 
doch , daß hier G. als weichlicher Neuerer den 
klassischen Lyrikern entgegengestellt wird ; lapr 
ßvxTj neben tgiycovov (beides Saiteninstrumente) 
auch bei Aristoxenos, Athen. 636b. 182f. (w* 
iapßvxag xai hinter aapßvxag re xat ausgefallen 



v. Uhr., (J1A IV Z, IZöUD. &x ist, wie es scnemb, iay-pvxag km muigi "»rr 1 " 1 " 11 " ""* „«„g, v ™„— 
der Großvater des Demarchen G., CIA IV 2, 574b, 30 scheint), zum xgtymvov singt bei dem Komiker Pia- 



der Urgroßvater des Timokedes, Sohnes des G., 
welcher Ende des 4. Jhdts. als Antragsteller be- 
kannt ist, CIA IV 2, 574 g. [Kirchner.] 

Gnathon aus Dipaia. Er siegt in sehr jugend- 
lichem Alter im Faustkampf der Knaben zu Olym- 
pia, woselbst sein Standbild von Kailikles aus 
Megara, Paus. VI 7, 9. Zeit: Ende 5. Jhdts. 
v. Chr., G. H. Förster Olymp. Sieger (Zwickau 
1891) nr, 274. _ [Kirchner.] 



ton (I 620 K.) eine Hetäre ein ionisches Lied. — 
Kratinos MaX&axoi p. 43 K., unverständlich, doch 
wird hier G. direkt angeredet (c5 Fv jjtJtJHis), offen- 
bar wieder als fiaX§ax6g. Weiteres s. u. 

b) 6 KXsofidxov, Tragiker, Konkurrent des 
Sophokles. Von den Notizen über G, geht Athe- 
naios mit den Worten oxmjizei & avzdv sig xa 
siotrifiaxa xal iv BovxoXotg zu den Komikerstellen 
über, die sich gegen einen 6 KXeofxdxov gcnann- 



Goes'f/Vnff), meistens im Plural Tv»™?, nach40ten Tragiker richten: Kratin. BovxöXoi p. 16 K- 



Arkad. de acc. Apollon. de pron. p. 70. Herodian. 
I 64, 27. 401, 21. II 678, 18 Lentz = Steph. 
Byz. s. v., rhodisches Ethnikon, gleichbedeutend 
jiiWIyvqteg = yvtjatot'PdÖioi oder v&aytVBtgTöSioi. 
Der Mythos kannte sechs (I) Gneten als Söhne 
des Poseidon und der Telchinenschwester Halia- 
Kapheira-Leukothea, Brüder des Rhodos. Sie 
bewohnten die östlichen Teile der gleichnamigen 
Insel und werden darum auch jigogtj^oi öai^oveg 



o$ ovx sScjx* atTovvxi SotpoxXisi x°QQ v , T( P K^*-®- 
fi&xov {-fidxoit cod., corr. Dobr.) d\ ov ovx av 
rfelovv Sya spot didäoxeiv ovo' av dg 'Aödvia (ein 
Weiberfest, vgl. den Art. und das Suppl.-Heft da- 
zu). Dieser Sohn des Kleomachos erhielt als» 
einen Chor, als man dem Sophokles und dem 
Kratinos (vgl. BovxoXoi p. 18 K,) noch einen 
weigern konnte, also kaum lange nach 468. — 
Kratin. T Qqai p. 90 K. hw 8h xal rgay^diag 6 



genannt. Sie wollten die Aphrodite an der Lan- 50 Khso/mxov diÖaoxakog t fiexa xtov f jiaQaxaxQttov 



düng (aus Kypros?) hindern, wurden zur Strafe 
dafür rasend gemacht und vergewaltigten nun 
ihre eigene Mutter, übten auch allerlei rohe Ge- 
walttätigkeiten aus an der Bevölkerung, bis ihr 
Vater Poseidon sie in der Erde barg, so Diodor. 
V 55, verständnislos zwei Parallelversionen kon- 
taminierend, die Phiku. N. F. IV 1891, 43ff. ge- 
schieden und einander gegenübergestellt sind. Sie 
waren hiernach den Teichinen gleichzeitig, nach 
Hesych. s. "IyvrjxEg angeblich ,spater als die Tel- 60 
chiuen', was aber im Widerspruch mit ihrem 
Namen ,Eiugeborne' steht [Tümpel.] 

Gnesippos und Xothlppos. An diese Namen 
knüpft sich ein verwickeltes Problem. 

a) rrtjovtxog, vermutlich Kitharode, Zeitge- 
nosse des Kratinos. Am Ende seiner Samminngen 
ftto S^teninatniniente, unmittelbar anschließend 
m Notäwn Über die Kitharoden Argas (s. d.) and 



txwv X.OQOV Xvdtoti Ti?J.ova(Hv f.i£Xt] yiortjod. Da- 
nach bestand in einer seiner Tragödien der Chor 
aus Weibern, deren Lieder dem konservativen 
Komiker zu frech schienen; Tia^auXtgtai ist wohl 
nur Schimpfwort, Ivbiaxi kann nach den Pindari- 
schen Parallelen nur die strenge Harmonie im Ge- 
gensatz zu dem lasziven Inhalt bedeuten. — Tele- 
kleides ZxsqqoI (ironisch = Mal&axoi?) P-^17 K. 
sagt xal -T«ot ftoixetag äraaxQE<pea&ai avxov. 

a) und b) werden seit Bergk (Comment. co- 
moed. att. 33) identifiziert. Der Wortlaut der 
Oberleitung spricht dafür. Aber recht seltsam ißt, 
daß Athenaios nicht sagt, wieso er dazu kommt, 
den nur als Tragiker charakterisierten Sohn des 
Kleomachos mit dem nur als Kitharoden geschil- 
derten G. zu verknüpfen. Irgend eine Liederlich- 
keit liegt also hier vor, and da die den beiden 
Personen gemeinsamen Züge nicht viel bedeuten 



1481 



Gnidier 



JWjHif 



1482 



{qondrQn> xovtjgäv motqxai ist ja das Schlagwort 
-des Athenaios für das ganze Zitatennest), muß 
die Identifikation problematisch bleiben, s. u. 

cj No&iTtnog, Tragiker, um 430. Athen. VILT 
344c, mitten in der Behandlung der 6y)o<päyoi, 
in einem Satz ohne Hauptverb, N6$i?mov 6h xov 
xgaycpöwTTOior, Es folgt ein Zitat aus Hermippos 
MoTgat (im J. '430), in dem N. als Fresser ver- 
höhnt wird (I p. 236 K.); dann Öxi hh ofaög mttv 



Beurteilen der Parteibehauptungen und Beweis- 
mittel bedeutet. Aus der allgemeineren Bedeutung 
,Meinung' entwickelt sich die speziellere .Antrag', 
die in ganz Griechenland Terminus technicus wird 
für den Antrag, den entweder ein Privater oder eine 
mit der Antragstellung ausdrücklich beauftragte 
Behörde beim Eate oder Volke einbringt. Weiter- 
hin bezeichnet, allerdings im allgemeinen erst in 
späterer Zeit, y. den zum Beschluß erhobenen 



6 7ioi7}TT]s, oaycög jtaeiozTjoi TrjXefcXei'örjg iv 'Haiö- 10 Antrag, den Beschluß und ist synonym .mit zo 



■öotg (p. 214K.) ; s. u. 

d) f. . Jwnog, Tragiker, siegte einmal an den 
Dionysien; ersteht auf der Liste direkt vor Sopho- 
kles, dessen erster Sieg 468 geschah. IG LT 977 a. 
A. Wilhelm Urk. dramat. Auffuhr. 101f., der 
auf Grund von c) [Nv8]m7iog ergänzt. Danach 
hiitte N. in den letzten 40 Jahren seines Lebens 
nicht mehr an den Dionysien gesiegt. Möglich 
sind aber natürlich viele andere Ergänzungen 



ööyfia und rä 861-avza, und wird, wie lat. sen- 
tentia, gern von der richterlichen Entscheidung, 
dem Urteil, gebraucht, syn. xgiotg. Ohne daß 
ein gelegentliches Hinübergreifen aus einer Kate- 
gorie in die andere ganz vermieden werden kann, 
behandeln wir 1. y. als Antrag, Gutachten, 2. y. 
als Beschluß, 3. y. als Eichterspruch. 

1. rväfir} Antrag, Gutachten. Vor- 



a — herrschend ist die Bedeutung Antrag, gleichviel, 

{auf [. . .Jutnog schließt ein Dutzend attischer 20 ob dieser schriftlich oder mündlich, von einem 
Namen); für [rvqojixxog ist kein Platz. Privaten oder einem Beamten eingereicht sei. 



Daß G. und N. eine Person seien, hat, schon 
■ehe d) bekannt wurde, v. Wilamo witz behauptet 
(Observ. crit. in com. gr. 1870, 27); er hielt N. für 
-einen Spitznamen. Jetzt halten Wi 1 h e 1 m a. 0. und 
v. Wilamo witz Gott. Gel. Anz. 1906, 632 G. für 
4en Spitznamen, um das Zeugnis d) einbeziehen 
.zu können. Die Identifikation ist tatsächlich um 

eine Spur wahrscheinlicher geworden, seitdem wir , t r __ f _, t . „ f __. „_„. 

-einen Tragiker [. . .Jurxog gerade für jene Jahre 30 xoig' ägxovoi stgort^efieiv^ <og 'm tag SeSofisvag 
bezeugt finden, in denen o KXeo^tdxov (b) einen xtfiag Aiowoo6d>Q(ot äxvgovg ei^tieiv, rj oygd- 

tragischen Chor erhielt. Notwendig ist sie nicht, •>»»» « * —-«*«-.*- -* ^ ^ *-— ^~- 

•da es auch zwei Tragiker G. und N. gleiclizeitig 
gegeben haben kann; beide Namen sind attisch. 
Sie ist sogar nicht unbedenklich. G. als Spitz- 
name ist so wenig witzig (Zxnog darin im ävai- 
öeiag zu verstehen, sehe ich keine Möglichkeit), 



eingereicht 
Statt vieler zwei Beispiele: In den aus dem 2. 
Jhdt. v. Chr. stammenden Beschlüssen des xotvbv 
der "Mtaarai. xai "AXiddat zu Ehren ihres lang- 
jährigen aQxeQaviaxdg Dionysodoros aus Alexan- 
dra IG XLT 1, 155 d (= Collitz 3836) steht 
Z. 96ff. tb dk ipd<piofia xoöe xvqiov soteo sig xbv 
äei xqovov, xal (ti) i^eaxco fi^xs ägxovxt (at}xe idtoi- 
xai (ifjte xiveTv (iffie yvfhptav ygdyjao&at {irfxe 



daß seine Verwendung bei drei Komikern nicht 
verständlich wird. Auch sollte man erwarten, 



ytag r\ o JtQO&etg (htozetodxa) to yeyQafifisvov em~ 
xifiiov ÖQax/mg ixaxov (vgl. Z. 90ff.), xal d yvmfia 
avxov äxvgog saxoi, xal tvoxog eozo> ton vöfuoi 
twi amvfizon. Ebenso klar ist diese Bedeutung 
in den ein paar Male, jedoch nicht vor dem 
1. Jhdt. v. Chr., in attischen Urkunden vorkom- 
menden Abstimmungsvermerken, in denen die Zahl 
der Stimmen auch dann angeführt ist, wenn der 

T> I.T..O ~- _j.i • . ...».ni i T-n tt ,nn 



daß Athenaios in derselben Quelle, die ihm für 40 Beschluß einstimmig gefaßt wurde, so' IG II 488, 



G. die Charakteristik 7iatyvtaygd<pog xijg tXagäg 
Mwatjg und den Vatersnamen lieferte, auch einen 
Hinweis darauf gefunden hätte, daß dieser G. 
■eigentlich N. hieß. Endlich mußten wir ja oifen 
lassen, ob G. überhaupt als Tragiker gelten darf 
(zu b). Es ist also weiter mit der Möglichkeit 
au rechnen, daß die unter a), b), c), d) gruppierten 
Zeugnisse sich auf je eine besondere Person be- 
liehen. Die Sache ist übrigens von geringer Be- 
•deutung. 

Gnidler s. Gnidos. 

Gnfdos (Plin. n. h. III 152) auf Kerkyra, s. 
■die Art. Knidos und Kerkyra. [Bürchner.j 

Gnissi, nach Plin. n. h. VI 19 skythisches 
Volk am Ostufer der Maiotis gegen die Tanais- 
mündung. [Kiessling.] 

Fvwfiri. Die allgemeine Bedeutung ^Ansicht, 
Meinung, Urteil', besonders häufig in yvtbfiriv 
<L-Toq>aiveo&at f ist auch in Inschriften nicht selten, 



26 xatv ysq<pwv alg idoxst riyv ixqpjegoftsvqv yvat- 
fiTjv xvgiav [etvat . . . a]lg ovx eödxei ovdeftia, ähn- 
lich II s. 489 d und 'Etprjfi. dg X . 1884, 165, wo- 
für II s. 630 b tü)v yjrjqpaw alg iööxet rode xo 
Soyfia xvgtov elvai, k^^xovTa, alg ds ovx iööxsi 
ovfe/ua eintritt ; ähnlich wohl auch etwas später 
III 27, 5f. nach der von Wilhelm Arch.-epigr. 
Mitt. XX (1897) 82 vorgeschlagenen Ergänzung, 
der zuerst die Belege vollständig zusammenge- 
[Maas.] 50 stellt hat; vgl. auch Larfeld Handb. d. griech. 
Epigraphik II 695. 

Die Erörterung der Frage, wer das Recht zur 
Antragstellung und zur Begutachtung der An- 
träge _ hatte, gehört unter Psephisma; hier ist 
bloß ihre formale Seite zu behandeln, und zwar 
zunächst für Attika, dessen Formelwesen wir in 
seiner Entwicklung am besten überblicken können. 

In attischen Psephismen finden wir y. am 
häufigsten verwendet in der strengtechnischen 



** ? * 4Ö ' 28 yv^nag dya&dg Sf^ovat nsgi] 60 Bedeutung von ngoßovXevfia zur Bezeichnung 



avxov (sc. Ilegblxxa) 'A-fhjvaToi oder im Eichter- 
eid von Knidos im Prozeß der Kinder des Di- 
agoras gegen Kalymna, Anc. Greek Inscr. Brit 
Mus. n 299 (= Recueil d. inscr. jurid. gr. 1 158ff. 
= ColliU 3591) Z. 4fL ßtxaaaito gteßl] Sr zol 
•avxidtxot dvxtüfiooav xaxa yfrtüfiar rar Stxatoxd- 
Ta]r mit nahezu sicherer Ergänzung, wo also y. 
das richterliche Urteilen, d. £ das Abwägen und 



des Gutachtens, das die Bule über jeden Gegen- 
stand, deT in der Ekklesie zur Abstimmung kommt, 
abzugeben hat nach dem Grundsatze pij&cv iäv 
djiQoßovXsvroy etg ixxXtjocav zio<p£gBGv\ii (Piut. 
SoL 19), den Ariat !4#. tzöX. 45, 4 so formuliert: 
xat ohx E^eoxtv ovdhv dsiQoßodhevxov ovif S n Slv 
fit} JzgoyQdyymatv otngvtavsts yijtplaaa&at rqi &nu<p. 
Daß das Frobuleama des Bates keine meruori- 



1483 

scfreji Anträge zu enthalten brauchte , sondern 
auch lediglich in dem formellen Einbringen des 
zur Vorberatung überwiesenen Antrages bestehen 
konnte, ist bekannt und von Harte 1 Stud. üb. 
att. Staatsrecht u. Urkundenwesen (Wien 1878) 
59ff., der zuerst die probuleumatischen Dekrete 
als besondere Klasse neben den Rats- und Volks- 
dekreten ausgeschieden hat, im einzelnen scharf- 
sinnig nachgewiesen. 



1484 



gende, also nächstfolgende Volks v«tsamnüung be- 
zeichnet Über die Krage, wie der Batsschreib«r 
dieses Ratsgutachten protokolliert, wenn es un- 
verändert oder wenn es mit Annahme von Ab- 
änderungsvorschlägen zum Beschluß erhoben ist r 
s. Larfeld II 664 und Schuliheß Art. F^afC- 
fiatEig I A 1. 

In den angeführten Beispielen,' die sich leicht 
vermehren ließen, folgt auf die Gutachten^ 



In der weitaus überwiegenden Mehrzahl der 10 mel der Antragsteller mit dne, so bis gegen das 




daddx&ai T »7* ßovlfy mit der p 
sehen Formel verbunden; vgl. im allgemeinen 
Larfeld II 663fF. Handelt es «ich um die Ein- 
bringung des unverbindlichen Gutachtens des 
Rates an die Ekklesie, so lautet die Formel yvd>- 
ur,v de £vfißä£/,s0$ai xtfg ßovX^g, worauf 

noch eis xbv ötfptov und auf dieses noch ö'xi doxet ..,,_,. , _ , -- , ,, . 

xfit ßovXfii folgen kann. In dieser Formel ist das 20 dem xdSe ot ^vyygafplg &ve[yQj aymv I(x 1 s. II b 
altattische |w, das sonst bis 410 vorherrscht, 3 (kaum vor 431 v. Chr.) und wohl auch I s. 



Gutachten, yvcafirj, erwähnt unter Beifügung des- 
jenigen Beamten oder Beamtenkollegiums im Ge- 
netiv, das speziell mit dessen Vertretung vor dem 
Volke beauftragt ist. , 

Hierher gehört yva)fA,]rj rtov ovyyf>atpi(ov tg 
xi\v IG I 58, 8 (410/09 v. Chr.), entsprechend 



altattische 

nach 403 aber nur noch in einzelnen Ausdrücken, 
und zwar nur bis 378 vorkommt, nachweisbar 
bis 52/1 v. Chr. (IG II 480 II) erhalten, und 
zwar auch in Inschriften, die in andern Wörtern 
ausschließlich ovv verwenden ; s. Larfeld II 673. 
Mei st erhans -Seh wy z e r Gramm, d. att. Inschr. 3 
221. Auf diese sog. Gutachtenformel folgt dann 

der Antrag des Rates im Infinitiv. Über ihre . •.■,.•-. 

formale Entwicklung und die ziemlich zahlreichen, 30 H 642, 4), so könnte die ganz ungewöhnliche 
das Wesen der Tätigkeit des Rates jedoch nicht Formulierung davon herrühren, daß der Antrag 



22a 3; über diese Stellen s. Art. Zvyygaysig. 
Ferner gehört hierher das ganz singulare yvtofi?} 
Klzootpo xai avvnQvzdvs(ov im Bündnisvertrags 
Athens mit Samos von 405 v. Chr., IG II s. 1 b 
(= Dittenberger Syll.a 56) Z. 6 u. 33. Wenn, 
woran kaum zu zweifeln ist, dieser Kleisophos 
identisch ist mit KXsioofpog Evcowpevg, Schatz- 
meister der Athena vom J. 403/2 oder 402/1 (TG 



berührenden Varianten verschiedener Zeiten s. 
Larfeld II 672ff. Hier genüge die Bemerkung, 
daß sie sich seit dem Jahre des Näusinikos, 378/7 
v. Chr., findet (IG LT 17 b; in kürzerer Fassung 
vielleicht schon etwas früher II 40) und in der 
vollen umständlichen Ausgestaltung yvmft^v de 
gv/ußäXfeod-ai rijs ßovX-fjg dg zbv S^fiov, ort öoxet 



bei der die erste Prytanie führenden Erechtheis, 
zu der Euonymon gehörte, gestellt, aber erst in 
der zweiten, von der Kekropis bekleideten Pry- 
tanie behandelt wurde (Dittenberger n. 4). 

Sonst finden wir in Attika die Prytanen nie 
an dieser Stelle erwähnt, öfter dagegen, worauf 
schon Lipsius Leipz. Stud. XIII 411if. aufmerk- 



t« ( ßovXm von 369/8 bis zur augusteischen Zeit sam gemacht hat, die Strategen, deren politische 
nachweisbar ist. Ältestes Beispiel II 50 (368/7 40 Stellung zuerst klar erörtert wurde von Swo- 

- - - " boda Rh. Mus. XLV (1890) 288ff. bes. 299fL 

rvtafjtrj atgaxtjycjv, so daß also das ganze Kol- 
legium der Strategen den Antrag im Rate stellt 
und dann vor der Volksversammlung vertritt, steht 



v. Chr.), jüngstes U 490 (nach 29 v. Chr.). Wenn 
es überhaupt eines Beweises bedürfte, daß diese 
Formel sich auf die Erstattung eines Gutachtens 
über den eingebrachten Antrag durch den Rat 
an das Volk bezieht, so kann verwiesen werden 
auf die sachlich fast gleichwertige sog. Vorlage- 
formel, xr\v ßovXijv jiQoßovXzvoaoav . . £$~£veyx€tv 

dg tov öijfiov dg xrjv xg<üzr}v ixxXtjoiav. Nur -, - , « ~ , , 

einmal, LT 96 (369/8 v.Chr.), wo die Ergänzung Swoboda a. a. O. 299f. und kürzer Griech. 
nicht ganz sicher ist, folgt darauf yvm^v 6k £vu- 50 Volksbeschlüsse 34f. Den Antrag stellen die Stra- 
ßäXXeo&ai xm ßovkfy, 6'n öoxd zeT ßovtä; über tegen, d. h., wie Swoboda richtig geschlossen 



in dem Proxeniedekrete IG II s. 11 e aus dem 
Anfang des 4. Jhdts., jedenfalls vor 387 v. Chr.. 
wegen des Z. 13 mit Sicherheit zu ergänzenden 
ipt x6ki; vgl. Wilhelm Herrn. XXIV 113, 2. 



diesen ganz singulären Fall, wo die Bule einen 
Antrag direkt an die Ekklesie einbringt, s. Lar- 
feld H 666. Sonst findet sich dieses ig~eveyxeTv, 
wenn in der Volksversammlung gestellte Anträge 
der Bule zur Begutachtung überwiesen werden, 
so II s. 82 b sxetdy o dijftog hpr}<ptoxat jiQoßov- 
Xetwaoav xyv ßovXtjv igevsyxeTv dg xbv dijfiov tisqi 
neog-eviag, II s. 169 b 7 (= Dittenberger Syll.2 
580) ne^i &v b drjftog xQooha£ev zr^ ßovXfp tiqo- 60 oder Privatpersonen sich erst die nQÖoodog ngog 
ßovXevoaoav ifeveiyxelv jieqi Ilv&dov; vgl. auch T V V fiovXyv erbitten mußten, ergibt sich für die 
Dittenberger Syll.2 DJ 142 u. neoßwXewa. Strategen aus Demosth. XVLTI 169. Diodor. XIII 



hat, die Strategen sind im Rate anwesend mit 
dem Rechte, das weder Privatpersonen noch an- 
dern Magistraten zukam, im Rate selber Anträge 
zu stellen und zu begründen- Hatte der Rat 
dem Antrag der Strategen zugestimmt, so ver- 
traten sie ihn selber in der Volksversammlung. 
Dieses Recht der unmittelbaren Antragstellung 
im Rate, ohne daß sie, wie die übrigen Beamten 



Zweimal, II 47 und 76, steht im gleichen Sinne 
xovg yiQoi&QOvg oi äv Xäymoi zigoedgeveiv, iv zfji 
jzQatzfjt IxxXijoi'cu jiQo&stvat jieqI avzov bezw. 
tovtcoy, statt des gewöhnlichen xqriyuaxloai , wo- 
bei *5 3iQfh/xt} exxXrjota, später auch ^ imovoa 
ixxXyda, die auf die betreffende Ratssitzung fol- 



2, 8. Flut. Mc. 5 ; praec. rei publ. bene gerendae 
4, und daß sie, wie der Rat, in der Ekklesie 
ih ren besonderen Platz einnahmen, aus Demosth. 
XVm 170; vgl auch Aischin. I 132. Die ;-. 
oxQaxriyäiv in der probuleumatischen Formel rückt 
damit in eine Linie mit der y. ßovlffi; immer 



148S 



/V$6H? 



aber bezeichnet y. das Gutachten zu dem vom 
Antragsteller (dadtv) unter eigener Verantwor- 
tung, wie sich bei der yQatpij siagavo/xcav zeigt, 
persönlich vertretenen Antrag. 

Ungewöhnlich steht y. für den Antrag selber, 
bezw., den zum Beschluß erhobenen Antrag im 
Amendement des Antichares zum Proxeniedekret 
für Oiniades aus Skiathos bezw. Palaiskiathos 
IG I s. p. 166 nr. 62 b 28 ig de xqy yvai/J.fjV fiera- 
yQaipat avxl zö 2xta&io, OTiwg av t]i ysyQüfifisvov 
Oiviäörjv töv IIaXaioxtä®iov (408/7 v. Chr.), viel- 
leicht, wie Lolling AeXxiov 1888, 207 andeutete, 
durch die Annahme zu erklären, daß der Antrag- 
steller Dieitrephes auch damals, wie nachweis- 
lich 413 und 410, Stratege war. Sonst kommt 
in attischen Psephismen in der Amendements- 
fonnel {tä pkv äXka xaflwieg xf/ ßovXff) das Wort 
y. nicht vor, während es in den wenigen Bei- 
spielen protokollierter Amendements außeratti- 
scher Staaten mitunter zu ergänzen ist, so in 
der Inschrift aus Arkesine auf Amorgos, Bull, 
hell. XII (1888) 233 (■= Michel Recueil 1335), 
47 m fihv akka xrjv x-qg ßovX^g, xäg de dixag xxX., 
wo offenbar einfach yvcöfiijv hinzuzudenken, nicht 
eine Kürzung aus xaza tqv x^g ßovXqg yvoifiyv 
anzunehmen ist. Möglich, daß in dem stark ver- 
scheuerten Psephisma der Parier, Kern Inschr. 
v. Magnesia 50, 8 (= Dittenberger Syll.2 261) 
xa [ihv äXXa xoiv Ti^g ßovXff, worin x&v ganz un- 
gewöhnlich und grammatisch kaum konstruierbar 
ist, es zu ersetzen ist durch xtjv zrjg ßov?Sjg mit 
Wilhelm österr. Jahresh. III (1900) 59 und 
Gott. Gel. Anz. 1903, 792. 

Der Versuch, zu Beginn des 4. Jhdts. mit 
y. ngvzdvecüv und y. axgaztjydiv neue Elemente 
in die Formulierung der Psephismen einzuführen, 
vermochte in Attika nicht Boden zu fassen. Es 
blieb hier y. fast ausschließlich auf das Gut- 
achten des Rates über den an die Ekklesie ein- 
zubringenden Antrag eines einzelnen beschränkt, 
und diese alte Formulierung wurde festgehalten 
bis in die Kaiserzeit hinein (Swoboda Griech. 
Volksbeschl. 35). Dagegen finden wir außerhalb 
Athens y. häufig vom Antrag selber, indem y. 
x&v 6dva>v eintritt an Stelle des in Athen zähe 
festgehaltenen 6 ösTva ehie, Antragsteller ist 
dann entweder eine besondere, mit der Antrag- 
stellung speziell betraute Behörde, Prytanen, Epi- 
staten, Prostaten, Probulen, auch Strategen, oder 
ein oft gleich benannter Ratsausschuß. Die Na- 
tur dieser Prytanen, Probulen, Prostaten, Epi- 
staten usw., die vor oder hinter /. im Genetiv 
stehen, ist in jedem einzelnen Falle besonders zu 
bestimmen ; im allgemeinen läßt sich nur sagen, 
daß sie entweder, wie die athenischen Prytanen, 
an einigen Orten wohl auch in direkter Anleh- 
nung an die athenische Verfassung, ein Rats- 
ausschuß sind mit nachweisbarer oder doch vor- 
auszusetzender kürzerer, durch einen im voraus 
festgesetzten Turnus begrenzter Funktionsdauer, 
oder aber ein außerhalb des Rates stehendes Be- 
amtenkollegium mit halb- oder ganzjähriger' Amts- 
dauer. In den außerattischen Psephismen er- 
scheinen nun die Behörden in der Regel direkt 
als Antragsteller, nicht bloß als das mit der Be- 
gutachtung der Anträge betraute Organ. Eigent- 
liche probuleumatische Dekrete gibt es außer- 
halb Attikas überhaupt nicht; nur vereinzelte 



1436 

Versuche sind vorhanden, in der Formulierung 
der Dekrete die vorausgegangene Vorberatung 
durch die Bule anzudeuten. Daß aber eine solche 
vorausgegangen ist, ist nicht zu bezweifeln und 
für einzelne Gemeinden, wie Kalymna und Iagos, 
aus den erhaltenen Psephismen sicher zu er- 
weisen. Diese Vorberatung ist ja schon bedingt 
durch das nicht bloß attische, sondern gemein- 
griechische Gesetz, daß der Verkehr der Behörden 

10 mit dem Volke nur durch den Rat stattfindet. 
Ein unmittelbarer Verkehr einer Behörde mit 
dem Volke ist vor der römischen, Kaiserzeit in 
Griechenland ausgeschlossen und, wo er sich aus- 
nahmsweise findet, wie bei den athenischen Stra- 
tegen, leicht zu erklären. Wenn die Behörde 
oder der Ratsausschuß als Antragsteller erscheint, 
so tragt jetzt nicht mehr, wie in Athen, der Ein- 
zelne die Verantwortlichkeit für die Gesetzmäßig- 
keit des Antrages, sondern es tragen diese soli- 

20 darisch die Prytanen oder Prostatai oder Epi- 
statai. AU das ist scharf und klar näher aus- 
geführt von Swoboda Griech. Volksbeschl. 63flV 
Wenn nun auch nach diesen Untersuchungen eine 
Aufzählung all der Fälle, wo y. oxQaiqy&v oder 
ztQvtavswv oder övvsSqcov u. ä. vorkommt, zweck- 
los wäre — auch Dittenberger OGIS II p. 641 
setzt dazu einfach passim, verzeichnet aber doch 
II p. 706 für y, OTQaxqyüv die Belege aus Hiera- 
polis, Pergamon, Priene und Smyrna — so ist 

30 doch nachdrücklich davor zu warnen, alle Fälle, 
wo die gleiche Bezeichnung vorkommt, für gleich- 
artig zu halten. 

Ganz abgesehen von der völlig veränderten 
Stellung des Magistraten in der Kaiserzeit (s. 
u.), die eine strenge chronologische Scheidung 
der Urkunden und womöglich die Datierung jeder 
Urkunde erheischt, ist auch für die frühere Zeit 
jeder Fall einzeln zu prüfen und womöglich : in 
die Verfassung der betreffenden Gemeinde orga- 

40 nisch einzugliedern. Es möge das ein Beispiel 
zeigen. Während das mit y. ztQvzavscov syno- 
nyme e&og'e ji^i ixxXrjoiai üiQvxdvecüv Eixdvzoiv in 
einer Inschrift aus Antiocheia in Persis bei Kern 
Inschr. v. Magnesia 61 (— Dittenberger OGIS 
233), 10 (Ende des 3. Jhdts. v. Chr.) ohne wei- 
teres klar ist und uns die Prytanen, sei es nun 
eine Behörde oder der Ratsaueschuß, als Antrag- 
steller zeigt, wäre es doch verkehrt, in der zwi- 
schen 306—293 fallenden Inschrift vom Apollon- 

50tempel in Didyma bei Haussoullier Rev. de 
phil. XXIV (1900) 245 nr. II (= Etudes sur 
Thistoire de Milet et du Didymeion p. 34 = 
Dittenberger OGIS 213) aus «Sof« x<üi firmou, 
yv&fit) awiÖQCüv den Schluß zu ziehen, die avv- 
sSgot seien, wie so oft, der anderwärts Prytanen 
genannte Ratsausschuß; denn Z. 20 dieser In- 
schrift nennt zovg [äst xja&ioxafisvovg ziQvzävtjg 
(über diese Akkusativform Dittenberger n. 18). 
ähnliche Schwierigkeiten, zu deren Lösung Swo- 

60 boda Griech. Volksbeschl. 63ff. viel beigetragen 
hat, begegnen oft genug. Namentlich gebührt 
Swoboda das Verdienst, durch sorgfältige Unter- 
suchung der Praskripte gezeigt zu haben, wie 
allmählich in einer Reihe von Städten den Be- 
amten, und zwar meist den zu einer Synarchie 
vereinigten Kollegien der wichtigsten städtischen 
Magistrate das ständige Referat über die 
Anträge zugewiesen wurde, wie also diese an die 



1487 



IWöjFf^ 



IVeojHf 



1488 



Stelle des Ratsvorstandes oder Ratsausschusses Je nach der Gemeindeverfasaiing und der Be- 
traten und die eigentliche vorberatende Kom- nennnng der mit Antragsrecht und Toraitz in der 
mission für die Verhandlungen des Rates und der Volksversammlung betrauten Behörde wechselt 
Ekklesie bildeten; hierüber besonders Swoboda der Ausdruck. So finden wir die Formulierung 
128ff. Zur Synarchie der Behörden von Erythrai äg^ovrcav y. — jrept &v nQosyQ&yavTo xai $ 
igt neu hinzugekommen ein Beschluß von Ery- ßovX*} ^QoeßovXevaev • (ittsi) — dsddx&ai zfj ß&vXfi 
thrai für einen Richter aus Priene, Inschr. v. Priene xai r<p &$/*<? in drei Dekreten aus Adramyttion 
50, mit aTQazTjyoiv s^szaax&v ngvTavscov yvcapf), CIG 2349b (= Le Bas 1802) A und B (ca. 110 
wozu zu vergleichen die Bemerkung von Hiller v. Chr.). 'Ejiiazazäv y. findet sich u. a. in 
v. Gaertringen. loh muß mich hier darauf 10 Lindos auf Rhodos, IG XII 1, 762 (— Collitz 
beschränken, einige besondere Fälle anzuführen. 4155). wo die drei imoxdzai zugleich die Rats- 
Ais Antragsteller ans Volk erscheint in der und Volksversammlung leiten, s. Schuhmacher 
Formulierung der Psephismen der gesamte Rat De republica Rhodiorum 24ff. und o. Bd. VI 
in Nisyros IG XII 3 nr. 91, 11 (= Collitz 3497) S. 201. Daß dagegen IG XII 1, 761 {-Collitz 
in ßovXäg yv&pat (so!) nach eöo&v röu ödficoi, 4154 = Michel Recueil 435) "Eöo^e (tdoxgotg xai 
wofür 89, 4 und 90, 2 der Nominativ steht (s. u.). Aivdtoie, imoxax&v * metüv} xzX. , wo man ganz 
In Anaphe finden wir für das Stellen des An- allgemein mit Foucart yvtopa hinter imaraxäv 
träges doch wohl durch einen Privatmann yv<optav eingesetzt hat , wenigstens die Möglichkeit be- 
ayoQEvstv in einer Inschrift des 1. Jhdts. n. Chr. steht, den Genetiv für sich allein stehen zu lassen 
IG XU 3 nr. 247 (= Collitz 3432); Bo$e reü20und auf diejenige Behörde zu beziehen, die der 
ßovXai rät Avatpala>v xai toh ödfxan , yvmptxxv Beschluß tatsächlich angeht, hat Wilhelm Bei- 
dyoQsvaavtog Utvdägov xov TeXeoiysvovg, &£oei 6k träge z. griech. Inschriftenkunde (1909) 283 wahr- 
EvßovXov, htiyititptfrfibrov 'AQx&vtöa zov Kgatij- scheinlieh gemacht. Für Milet, wo die htiordzai 
aüiTzov, wahrend früher nach IG XII 3 nr. 248, 4 als Vorstand des Rates schon durch Le Bas III 
(- CIG 2477 = Collitz 3430 = Dittenber- 222 bezeugt waren, kommt jetzt hinzu y. im- 
ger Syll. 2 555; 3. oder 2. Jhdt. v. Chr.) 8&o£e ozazüv in der milesischen Inschrift von der Vorder- 
tcu ßovXm xai tön däfioit, aQxovztov Esvofivdoiov, seite eines Steines aus Kos, Herzog S.-Ber. Akad. 
'AQtaraixftov , 2a>oixXevg xai ßovXäg yva>fia der Berl. 1905, 979. 

Antrag, von den drei ägxovzeg und dem Rate be- In einer Inschrift aus Kamiros, Journ. Hell, 
gutachtet, zur Beratung und Abstimmung ans 30 Stud. IV 136 (= Arch.-epigr. Mitt. VIU 134) wird 

Volk gelangt. Den Antrag zum Beschluß er- nach Vorschlag von Loewy hinter eöofr] pdozootg 

heben heißt xvgovv yva>f*av IG Xn 3 nr. 249, 18 xai Kafyugsvot ergänzt yvüpa ngoaxarär 

xvq<n$sioag xäoös zag yvatßas; vgl. Z. 39 edofr (Swoboda Griech. Volksbeschl. 85. 298). Er- 

et yvu>[ft]a [vitjsg a[v]z[ov] zaig y>d<poig ndoaig, halten ist y, ngotttaxäv u. a. in Knidos , Greek 

ivevfjxovza jisvxs. Inscr. Brit. Mus. IV 1 nr. 786 (- Dittenber- 

Da, wo ein Beamter offiziell mit der Antrag- ger Syll. 2 561 = Michel Recueil 450 = Col- 

stellung betraut ist, ist für das Einbringen des litz 3500); darnach zu ergänzen Newton Dis- 

Antrages {yvutftt}) die übliche Formel elörjytjöa- coveries at Halicarnassus, Cnidos and Branchidae 

fievov, gelegentlich mit, gewöhnlich aber ohne p. 764f. nr. 50. Auch hier sind, wie vielfach 
ttjv yvtofirjv, oder staayyedaftsvov oder yrjfptaa- 40 anderwärts , die xQoaxdtai die Vorsitzenden der 

fihov zov detvog, selten £myr)<ptoavzog zov teivog, Rats- und Volksversammlung. Besonders oft findet 

wo uns das Aktiv anzunehmen nötigt, daß der sich yvwpa nqootaxäv in Kalymna, Greek Inscr. 

Antragsteller, wenigstens ursprünglich, zugleich Brit. Mus. II 232,2. 233, 2. 235, 2 und andern 

als Vorsitzender die Versammlung leitete, was dort p. 53ff. verzeichneten Dekreten; alle jetzt 

ja in der unten zu besprechenden Gemeindeorgani- auch bei Collitz 3555. 3556. 3560. 3566a. 3573. 

sation der romischen Kaiserzeit oft der Fall war. 3575. 3576. 3585 , eingehend staatsrechtlich be- 

Ein besonderer Fall liegt in zwei Beschlüssen handelt von Swoboda 63ff., ferner in Kos, Col- 

aus Ephesos vor, allerdings aus außerordentlichen litz 3615 (~ Paton-Hicks Inscr, of Cos [1891] 

Zeiten, dem Kriege gegen Mithradates, Le Bas- nr. 2), Proxeniedekret , Antragsteller Xenokritos, 
Waddington 136a = Dittenberger Syll, 2 50 nach dem Antrag der Beschluß Z. St.iöo^ xm 

329 = Recueil d. inscr. jurid. gr. I p. 22 nr. IV. ßovXät xai xat ixxXyoiat, yvtbfta jigoaxaxäv. Der 

Hier erscheinen die Strategen, die beauftragt Antrag des Xenokritos wird von den Ttqoozdzai 

waren, mit dem Ratsausschuß (jigösdgoi) und dem befürwortet und unverändert zum Beschluß er- 

yQappaxEvg zf t g ßovXf t g die nötigen Vorberatungen hoben, wenn Paton die darauffolgenden Worte 

zu pflegen und Anträge zu formulieren, als die x[e]v°& at r5t Ss[voxß(]zo[v yvjwfftai] richtig 

eigentlichen Antragsteller und Vertreter des An- ergänzt hat. Andere koische Inschriften mit 

träges vordem Volke; vgl. das Präskript Z. 21ff. yvwfia jigoözazäv sind Collitz 3617 (= Laty- 

"Edot-sv z&t dtjfian — yvcöut] (Dittenberger schew Inscr. or. sept Pont. Eni. I 49), Col- 

und andere yvoitin) ^osöqojv xai xov yga/Afiazsag litz 3620 (= Paton-Hicks 13), 23 und die auf 
r^ff ßovX^i (Name) — eioayyedafiirmv räir axga- 60 der Rückseite des von Herzog S.-Ber. Akad. Berl. 

ztjy&v. Die Strategen sind hier Z. 15ff. ausdrück- 1905, 982 publizierten Steines. Hier steht e&o£e 

lieh und außerordentlicherweise mit der Antrag- zäi ßovläi xai x&t ddfian yvdtftai ngoozazäv. In 

Stellung betraut; anders ist ihre Stellung in der yv<of*at braucht kein parasitisches Iota, wie es 

Kaiserzeit, wo nur noch der Magistrat das Reeht in der Koine der Papyri häufig ist, vorzuliegen, 

der Antragstellung (ütg agendi cum poptäo) be- sondern es ist Dativ, der grammatisch sehr wohl 

aitet, wortber zu vgl Menadier Dissert 73. zulässig ist und sich in dieser Formel mehrfach 
Swoboda Griech. Volksbeschl. 124. 179ff. und belegen läßt statt des aUerdings übhcheitm Nomi- 

Schnltheß Art. r^a/iftattTg HBla. nativa. So steht in den etwa auf 270— 202 v. Chr. 



i4öy 



I VOOjM] 



l to)fxri 




anzusetzenden Beschlüssen von Priene für Lari- die allzu zuversichtlich vorgetragenen^ JBehauj)- 

■chos 

^15 

gegenüber 

nativ yva\ftt} ozQazjjyäv 14, 2(?). 54, 35. 61, 32. aber der Dativ ist, wie man sieht, durch so viele 
09, 1. 202, 22, das bereits Swoboda 125f. Staats- sichere Beispiele gestützt, daß bei einigermaßen 
rechtlich richtig erklärt hat. Im übrigen läßt zuverlässiger Überlieferung eine Änderung nicht 
sich außer für Attika jetzt für Priene am ehesten am Platze scheint. Auch in dem Dekret aus 
an der Hand der Psephismen die Entwicklung Nisyros IG XII 3 nr. 91, 11 hätte Hiller v. 
■der Formalien, bezw. der Protokollierung, d. h. lOGaert ringen das überlieferte ßovXüg yva>(Aat 
■die Veränderungen in der parlamentarischen Be- unangefochten lassen sollen, obgleich 89, 4, viel- 
handlung der Anträge verfolgen. Im Vorbeigehen leicht auch 90, 2, das Iota adscriptum fehlt, also 
sei hingewiesen auf y. xipovxcov 6, 5 [7,4?]. offenbar der Nominativ steht. 
8,2 und auf j\ owiSgatv 12, 14 (bald nach Bei yveofttj zäv owidQOiv ist, wie im Art. 
300 v. Chr.) mit der Erklärung von Hiller Zvvsöqoi zu zeigen sein wird, sorgfältig zu 
v. Ga er tri n gen unter Hinweis auf die ephesische scheiden zwischen ovvtÖQoi — TXQvtdveig, Rats : 
Urkunde für die Priener, ö sterr.Jahresh.il (1899) ausschuß und anderen Bedeutungen, wie z. B. 
Boibl. 47 f. In der Formel y. GZQaxijytTiv begegnen Bundesrat, ovveögtov, bei Bünden. Hier nur zwei 
wir auch in Pergamon durchweg dem Nominativ, Beispiele dafür. An der Spitze der Beschlüsse 
Inschr. v. Pergamon 5, 1. 167, 5. 224 A 1. 249, 20 des Bundes der Städte der Troas und des Helle- 
3.22 (alle aus der Königszeit) und 255, 10. 18 spontos bei G. Hirschfeld Arch. Ztg. XXXII 
{aus römischer Zeit, wo ich umsoweniger mit (1875) 153 (— Dittenberger Syll. 2 169 = 
Dittenberger Syll.2 566 ye&Y«; als Dativ fassen Michel Recueil 522) steht Z. [lj. 23. 37. 46 
möchte, als sonst das Iota adscriptum in dieser yveofirj ztöv awsbQcop ' sxeiöi) (Motivierung) ; . . 
Inschrift gesetzt ist), dagegen 251, 2 dem Dativ äyaftfjt zvxvh deödx&at zotg avveSgotg exatreaai 
yvfofxrji oTQarfjy&v, als Singularität bereits von xzX., d. h. Antragsteller und beschließendes Organ 
Fränkel p. 175 angemerkt. Synonym damit ist sind identisch, die avvedgot oder das ovv&öqiov, 
das nur einmal vorkommende eioayyeddvzoofv der Bundesrat. Auf den Beschluß des zum 
zöiv azQaztiyäv 260, das hier vor sbo&v zoh Nesiotenbunde gehörenden Tenos für den mileai- 
Afrtö« steht. Der Dativ yvaifijj jrßvxdvsojv wird 30 sehen Arzt Apollonios, Sohn des Hierokles, Bull, 
gewöhnlich gelesen in der Inschrift aus Halikar- hell. XXVn (1903) 233 folgt das Ehrendekret 
nassos aus dem 3. Jhdt, CIG 2656 (= Ditten- des xoivov xäv vt^auoz&v, datiert nach dem Helios- 
berger Syll.2 601 — Anc. Greek Inscr. Brit. priester von Rhodos und dem Archon von Rhodos 
Mus. IV l\ 895 = Michel Recueil 453); jedoch und im Präskript Z. 34 schließend mit "EdokSv 
verfährt diese Inschrift, die auch zahlreiche Stein- zotg cvreögotg täv vtjotcozojv ■ ot Jigoaxarai nqoi- 
metzfehler aufweist, nicht konsequent im Setzen ygayav, d, h. die Prostatai stellten die Trak- 
des stummen Iota, so daß das Beispiel unsicher tandenliste, die Vorlage {nQoyQajifm) für die Ver- 
ist. Andere Inschriften von Halikarnassos haben Sammlung der ovve dooi auf, was, gleichbedeutend 
sicher den Nominativ, so Newton Halicarnassus mit y.neoaxazäv oder dem attischen TtQoßovXevpa, 
vol. II part 2 App. III p. 687 nr. 2 (yv&ftij nqvzd- 40 einen für die ovveöqoi durchaus unverbindlichen 
rewv) und Bull. hell. IV (1880) 395 nr. 2 (yvtapir} Vorschlag bezeichnet. Die Prostatai sind wohl 
jrevTariW),vgl.SwobodaGriech.Volksbeschl,274. die Präsidenten des Synedrions des Nesioten- 
Den Dativ hat auch eine Inschrift aus Assos von 37 bundes , wie sie uns in der Zweizahl für den 
t. Chr., Papers of the Am. School of Class. Stud. Ätolischen Bund bekannt sind; Belege bei Be- 
at Athens I Assos nr. 26 yqyiafia 'Aoatatv — moulin Bull. hell. a. a. O. 251, 1. 
yvotfitf zov fyfiov. Anders aufzufassen ist ebd. Natürlich wechselt der Amtstitel des Antrag- 
nr. 28 (röm. Kaiserzeit) Aöypa xegi zov (irj xaftl- stellers auch vielfach je nach der Natur des Be- 
ozaa&ai jxQdxzogag — yvwfit} ßovXrjg re xai öy/nov Schlusses des dadurch Betroffenen oder der be- 
— XaxovTOjr ^oyfiazoyqdipofv zäv delvwv (drei schließenden Körperschaft. So finden wir in Telos 
Namen), wo y. offenbar der Beschluß selber ist, 50 IG Xn 3 nr. 30 (= Collitz 3486) [fäog]* Tij- 
also Apposition zu dem mehr titularen Öoyfia. Xioig, IsQOTidXov yva>fta, da es sich um die Ehrung 
Ein weiteres sicheres Beispiel des Dativs bietet eines Teliers handelt, der hganoXog bt iegsvg 
eine Inschrift aus Astypalaia, wahrscheinlich aus AyXojxglzov gewesen war, während für das Pro- 
vorrömischer Zeit, IG XII 3. 169 (= CIG 2484 xeniedekret von Telos für Arion, Sohn des Aristo- 
= Dittenberger Syll. 2 502 = Michel Recueil nikos aus Ptolemais (wohl Ptolemais in Ägypten), 
415) mit yvcöitiat xgvxavtaiv; dagegen ist es nicht IG XH 3 nr. 29 (= Collitz 3487) der Antrag, 
nötig, darnach in der allerdings sehr ähnlichen bezw. das Gutachten ans Volk, von den Prytanen 
Inschrift IG Xn 3, 170, 3 (= CIG 2483 = Col- ausgeht (yväpa Ttovzaviow). Das zum rhodischen 
litz 3459) mit Bechtel bei Collitz das über- Staate gehörende xotvov xwv iv Svpai xazotxovv- 
lieferte yvdifia in yroifiat zu ändern. Ob in dem 60 zoiv datiert sein Ehrcndekret für den um den 
Psephisma, das dem SC von 105 v. Chr. für Bau des Athenatempels auf der Akropolis (äxQa) 
Astypalaia IG XII 3, 173 (= CIG 2485 = Col- verdienten Aristophanes, Sohn des Aristophanes, 
litz 3463) angehängt ist, der Dativ oder der österr. Jahresh. VH (1904) 81 ff. (vgl V [1902] 
Nominativ gestanden habe, wissen wir nicht ; ge- 13f.) nach dem rhodischen Heliospriester und 
wohnlich ergänzt man Z. 51 [yvmfiai] xgvzavian: dem Damiorgos und formuliert £5*?£ *&t xoivdn, 
Unrichtig scheint es mn-, IG XII 3, 169 yv<y/xo<*) lego&vx&v yvtofia. Weil es sich um die Ehrung 
zu lesen, also den Stein nach nr. 170 zu korri- eines um den Tempel verdienten Mannes handelt, 
gieren, wozu sich Hiller v, Gaertringen durch geht der Antrag von den itQvdvxm aus. 



**74 



iwqu$ 



1492 



laurfera tk«m Bbrendekret «ine Ausgabe für 
#»#nwj*$» bedingt, ist die Erwähnung der 
wspruBgMeh nur mit der Finanzkontrolle, dann 
mit dem Finanzwesen der Gemeinde überhaupt 
behauten Uexuexai (s. o. Bd. VI S. 1680) als 
Antragsteller in Erythrai in Ionien ganz am 
Platze, umsomehr als sie dabei in Synarchie mit 
den Strategen und Prytanen amten; vgl. Dit- 
tenberger SyU.2 211 und die in Delphi ge- 
fundenen erythräischen Ehreninschriften Le Bas 10 
850. 851 (= Dittenberger Syll.2 250. 251) mit 
edote xyt ßovAiji xai rcäi dijfiot, yvoifjtt} ozQaztj- 
y&v, TZQvraveaiv, i&taoztov (ca. 270 v. Chr.), so- 
wie den o. S. 1487 angeführten Beschluß von Ery- 
thrai aus Priene, Inschr. v, Priene 50. 

Die attischen Volks dekrete im engeren 
Sinne haben die Formulierung söofsv reo* örjpcot 
— dsdoX&ai x&t örjfitot. Das bedeutet nun nicht 
etwa, daß der Antrag von der Gesamtgemeinde 
ausgegangen sei. Die Bule ist hier nicht aus- 20 
geschaltet , sondern nur nicht besonders ange- 
führt, weil sie kein meritorisches Probuleuma 
einbrachte, sich lediglich mit der formellen Ein- 
bringung des Antrages begnügte und es dem 
Volke überließ, zu entscheiden, was ihm gut 
dünkte. In diesem Falle sprechen wir von Volks - 
dekreten. Bei anderen Gemeinden, deren Organi- 
sation wir lediglich aus den Präskripten einiger 
weniger Dekrete erschließen können, können wir 
nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Vorberatung 30 
eines jeden Beschlusses durch den Rat ein ge- 
setzliches Erfordernis gewesen sei, und zwar um- 
soweniger, als wir nicht wissen, ob diese Vor- 
beratung auch protokolliert werden mußte. Wenn 
also im Dekret einer nicht bestimmbaren Stadt, 
gefunden in Eresos, Conze Lesbos Taf. XII nr. 1 
rvatfxt} xov 8t)(aov exeity xzX. steht, in dem in 
Erythrai gefundenen Beschlüsse einer ionischen 
Stadt S,-Ber. Akad. Münch. 1866, 250 /Vc^ 
xov dfjpov' htetdr} xzX. — d[EÖ6x$ai rr t t ßovXr { i 40 
xai zibt dtffttoi] (vgl. auch das aus Ilion stam- 
mende Dekret einer äolischen Stadt LeBas 1743c 
'ExXtjolag yrä<piofi[a]), wo natürlich y. Beschluß 
heißt (~ y>y<ptofta), so können das reine Volks- 
dekrete sein; es ist aber auch ganz wohl mög- 
lich, daß lediglich eine bei der Ausfertigung in 
Stein vorgenommene Modifikation oder Kürzung 
der Sanktionsformel vorliegt (Swoboda Griech. 
Volksbeschl. 611). Der Fall, daß die Sanktions- 
formel am Anfang eines Dekretes weggelassen ist, 50 
ist von Swoboda wiederholt erwähnt. Daß auch 
in den obigen Fällen bloß eine Kürzung der ge- 
wöhnlichen Formulierung vorliege, ist mir wahr- 
scheinlicher, weil ein analoger Fall sich findet 
in den bekannten Beschlüssen von Eresos gegen 
die Tyrannen aus der zweiten Hälfte des 4. Jhdts. 
v. Chr., Conze Lesbos p. 29a. cd und Taf. XII 
= Collitz 281 = Caoer DelectusS 430 = Hicks 
Manual 125 — O. Hoffmann Die griech. Dial. 
Hp. 76 nr. 119 = Michel Recueil 358 = Paton 60 
IG XH 2, 526 (abschließend) und darnach Dit- 
tenberger OGIS 8. Nach der Formulierung 
des »weiten Beschlusses (Z. 33£) ["EJyvo> däfifojs * 
facQt <fo) - - rdJefMJx&fat] t& Sdjuot würde man 
diesen ebenfalls als reines Volksdekret ansprechen, 
wtiuend die Formulierung des siebenten Be- 
fXfeh»«» («*n 306-301 v. Cb.) Z. 122C rElyvfm 

däpOS- md&AttiXPß XQQ*ß6U*[vö6, $ #o£> 



^ fa]$v&[<4* r&ßJUa . . ... kuu&i) (Begründung) 
. . . MfjeAw tö ddfita (Z. 146) deutlich beweist, 
daß die. Formel iyvea däptoe die Vorberatung* 
durch die Bule nicht ausschließt Es ist alsc- 
bei der Protokollierung bezw. Verewigung des 
Psephismas die Vorberatung durch die Bule, die- 
gegenüber der endgültigen Beschlußfassung durch 
den Demos rechtlich bloß transitorischen Charak- 
ter hat, einfach unerwähnt geblieben, wie in den 
attischen sog. reinen Volksdekreten. 

Während in den obigen Beispielen in y. dtffiov 
mit y. der Beschluß bezeichnet ist, diese also 
eigentlich unter 2) gehören, scheint es in der 
gleichen Verbindung den Antrag zu bezeichnen 
im Psephisma von Magnesia am Maiandros be- 
treffend das Fest des Zeus Sosipolis, K e r n Inschr. 
v. Magnesia 98 (= Dittenberger Syll.2 553, 
Anfang des 2. Jhdts. v. Chr.). Ich verstehe hier 
die Formulierung Boj-e xty ßovXt;i xai xO>i dfaooi ' 
yvwpr) ötfßov (Z. 10) {onoig xzl.) . . Seöox&at t/^ 
ßovliji xai xwi SrjfHot (Z. 31) so, daß der Antrag- 
in der Ekklesie gestellt, von dieser aber in den 
Rat zur Vorberatung überwiesen worden war (vgl. 
das o. S. 1483 Z. 54 über it-EveyxsTv Bemerkte) und 
dann erst nach der probuleumatischen Behand- 
lung zum Beschluß erhoben wurde. Es ist recht 
wohl möglich, daß auch in dem Beschlüsse von 
Antiocheia (wohl dem karischen) für den als Rich- 
ter entsandten Magneten Pythodotos, Kern 
Inschr. v. Magnesia 90, in dem bloß auszugs- 
weise aufgezeichneten Präskript IlaQß] Avxtfo]- 
y&oiv Jvtisq] xiptiür HvOoSozcoi XaQtatovlfdrjfiov^J 
yv(b[ftt) • ixEtötj xzX. gestanden hat, worauf Z. 21f. 
folgt dsdoyflai xüi dq/icoi ; doch würde ich, wenn 
es der Raum erlaubt, lieber [dgxovxwv] yvd>f*ij 
ergänzen nach 101, 7. Ein Analogon zu der von 
Kern vorgeschlagenen Ergänzung bietet die o. 
S. 1489 Z. 43 zitierte Inschrift aus Assos, Papers 
of the Am. School of Class. stud. at Athens I nr. 26 
(37 v. Chr.) mit 'Em vsidxojv xoyv deivoiv — 

Wfjfptöfta Aoolwv — yvcbfij] tov ötjfiov " (InuJ 

sdot-ev xf} ßovXfj xai toi? jiQayfiazsvofii~voi; Jiag 
fjfiXv r Fwfiawtg xai x$ d/}fiq> x<p 'Aooicov, während 
nr. 28 (röm. Kaiserzeit) eingeleitet ist: Aoytta 
Hegt xov fti) xcu&tozao&at itqdxtoQag — yvcä/nt] 
ßovXf t g rs xat dfyiov — la%Qvz<ov öoyfiazoyQdqpcov 
x€jv de/veov (drei Namen; über diese Urkunds- 
zeugen = lat. scribendo adfuerunt s. Swoboda 
Griech. Volksbeschl. 214) — SedöxÖat z§ ßovkfj 
xai zo} dr/fiep xai xoig xQayfiax£vc[i&voi$ siaQ fjfüv 
'Panftaioiz. Hier sind, wenigstens formell, Rat 
und Volk als Antragsteller festgehalten, während 
bei der Beschlußfassung auch die ngayfiazevouerot 
'PcofmToi mitwirken. 

Wenn hier noeh in der Kaiserzeit Bule und 
Demos als Antragsteller bezeichnet sind, so ist 
damit nur noch eine Zeitlang die alte Form ge- 
wahrt. Tatsächlich geht in der Kaiserzeit ein 
Antrag ebensowenig vom Rate aus als von einem 
einzelnen Privaten. Das Recht der freien An- 
tragstellung durch die Teilnehmer an der Volks- 
versammlung ist in römischer Zeit, besonders seit 
dem Prinzipat, beschränkt. Das Normale ist, 
daß ein Magistrat, der, streng genommen, allein 
das tut agendi cum populo hat, an Rat und 
Volk referiert und über jeden Antrag, mochte er 
von wem immer gestellt sein, sein Gutachten 
abgibt, die Ekklesie dagegen lediglich darüber 



1493 

abstimmt; vgL Marquardt Böm. St-V. 12 210. 
Swoboda Griech. Volksbeschl. 178ff* Brandis 
o. Bd. H S.1551f. und Schultheß u. Art. 
r^afifiazstg DI A 3. 

Mit dem Eintritt des Prinzipates verschwindet 
der private slszätv im allgemeinen und treten fast 
ausschließlich die Magistrate, besonders die Stra- 
tegen, an seine Stelle; vgl. z. B. das aus der Zeit 
des Tiberius oder Gaius stammende Dekret von 



dem Rate ausgingen, die durchgängige Bericht- 
erstattung an das Volk' (Swoboda 152). 

Wie naaii sieht, ist in der römischen Kaiser- 
zeit dem einzelnen Bürger das Recht zur Antrag- 
stellung nicht eigentlich entzogen; aber es ist 
wesenlos geworden, weil ihm das Recht fehlt, 
seinen Antrag vor dem Volke persönlich zu be- 
gründen und zu vertreten; dieses Recht der Ver- 
handlung mit Bule und Demos besitzen da, wo, 



Byzantion CIG 2060 (=Latyschew Inscr. or. 10 wie in Ephesos, die neue Ordnung ganz durch- 
sept Pont. Eux. I nr. 47 = Collitz 3059) V geführt ist, ausschließlich die Magistrate; s. 



Säpos 6 BvtavxUöv. eöo%e xä ßovlä xai tat ddftto. 
xoi axgaxayoi smav. Doch sind die Fälle nicht 
eben selten , wo noch ein Privater als Antrag- 
steller erwähnt ist; aber dann wird der Antrag 
in der Regel den Magistraten zur Begutachtung 
vorgelegt und von ihnen an Rat und Volk weiter- 
geleitet. Während der Antragsteller in solchen 
Fällen mit slaijytjaafiivov zov östvos bezeichnet 



Swoboda 178ff. 182 und über die Zeit des Auf- 
kommens der Formel sl&ifyjjoafidvov zov delvog 
und ihre ursprüngliche Beschränkung auf Städte 
des südwestlichen Kleinasiens Swoboda 204f. 
Zur Illustration der Verhältnisse der Kaiser- 
zeit ein paar Beispiele. Besonders häufig er- 
scheinen als Antragsteller die zu einer Synarchie 
vereinigten höheren Beamten, wie wir schon oben 



füllen lUlti ewiiyifuw.fAt>r\rv ivv w*r-j^ „^^^*.,*w ,, , 

ist, steht für die Tätigkeit der Magistrate etwa 20 die oqiwtss von Akräiphia auffaßten ; vgl. bwo- 

y. xü)v olqxovxov , so z. B. m der lnscnnlt aus 

Alexandreia Troäs aus der Zeit des Augustus 

CIG 2152b (= Boeckh Opusc. IV 519ff. = Le 

Bas 1609) i'öo^Bv 'AXet-ardQEOJv xfj ßovlfj xai xtö 

dyfjto) — £tor}yr)Oafi£vov xv\v yvfbfirjv xov ösVyog — 

imy>rjfpicajii£Vov öh xov detvog — [yvaifxri x(öv 

dQX^vJxatv • (iizzi) — dsööx&at xf/ ßovlfj xai x0 

drjfMp. Ähnlich im Psephisma von Ephesos (42 

v. Chr.) bei Joseph, ant. lud. XIV 10, 25 Sdo& , „ ^ . 

xm Muq> — ö öetva sbiev ~ zforiytiGauevayv xüv 30 den Arzt Tyrannos, einen Freigelassenen des Kaisers 



boda Griech. Volksbeschl. 179ff. 205tf. Aus 
letzterer Stelle ist die große Mannigfaltigkeit 
der Benennung dieser Beamten zu ersehen, ein 
weiterer Beweis dafür, daß die Römer eine all- 
gemeine oder gar gleichzeitige Normierung gar 
nie versucht haben. So ziemlich das Normale, 
wenn bei so großer Mannigfaltigkeit der Ausdruck 
erlaubt ist, zeigt Inschr. v. Magnesia 113 (= 
Dittenberger Syll. a 371), ein Ehrendekret für 



azgaztjyojv; anders daselbst in der Kaiserzeit, s. 
Swoboda Griech. Volksbeschl. 179if. Die von 
Swoboda 201 ff. aufgezählten Fälle — alle aus 
Kleinasien — wo in den Präskripten der Dekrete 
lediglich der private Antragsteller erwähnt ist, 
die Begutachtung durch die Magistrate nicht, 
beweisen, daß die Umgestaltung der kleinasiati- 
schen Städteverfassungen nicht mit einem Schlage 
erfolgte, sondern allmählich, an verschiedenen 



Claudius (oder Nero? Dittenberger n, 5) mit 
der Formel yvo^fttj oxqazrfyüv xai zov y^afifiaxioa 
tov 8r}fJ.ov xai aQXi£Qtv>S xwv JtazQtoJv $eo)v xai 
zö>v ^sßaGiüjv Uappthov? xov A loxksovg oder der 
Volksbeschluß von Kos zu Ehren des Augustus, 
Inschr. v. Olympia 53, 3 , gefaßt staayysddvxojv 
(identisch mit yviofuj) Evtyfiov xe xov 'Enixod- 

xovg , icQtojg latov 'IovMov Kaioaoog xai 

[yJgafiftaTSOog zov drjfiov xai x&v ztfs nöXsoig 



Orten zu verschiedenen Zeiten , beweisen aber 40 Groar^Är. Ganz besonders häufig erscheint in 



auch, daß sich die Römer hier als Meister der 
Provinzialverwaltung bewähren , indem sie die 
Institutionen der hellenistischen Zeit nicht durch 
eine plötzliche, allgemeine Regelung zu unifor- 
mieren suchen und so zerstören. 

Daß dieser Einfluß der Römer auf die Ge- 
staltung der griechischen Gemeindeverfassungen 
viel älter ist als der Prinzipat, in Boiotien sogar 
schon bald nach der Mitte des 2. Jhdts, v. Chr. 



der Kaiserzeit als Antragsteller der zu hohem 
Einfluß gelangte Gemeindeschreiber, yQafifiaxevg 
zov drjfiov oder zijg Tiöhwq, auch wohl xt}g ßovlfjg 
genannt; s. Schultheß u. Art. rgapfiazslg 
II A 3. Anträge zu formulieren, lag in der Natur 
seines Amtes; das Recht, sie zu stellen, besaß 
er bald allein, bald in Synarchie mit anderen 
Beamten, besondere Strategen und Archonten, mit 
denen er sich auch gelegentlich in den Vorsitz 



sich geltend machte, läßt sich gerade' für das 50 in der Ekklesie teilte. Belege bei Swoboda 
Recht der Antragstellung erweisen. In den von 205f. 312. 



Holleaux Bull. hell. XIV (1890) 8 nr. 9. 187 
nr. 20. 193 nr. 25. 194 nr. 26 publizierten Ur- 
kunden aus Akräiphia, in deren Datierung und 
Beurteilung ich mich an Swoboda Griech. Volks- 
beschl. 14yff. anschließe, erscheinen mit der 
Formel tv aqyjovxzg xr\ xv oovvsbgv Z'u^av (in 
nr. 9), die identisch ist mit oi äQXOvzeg xai ol 
övveSqoi eutav in nr. 26 (p. 194) aus nahezu 



Wie sich in Athen die Antragstellung in der 
Kaiserzeit gestaltete, hat bereits DittenbeTger 
Herrn. XH 15ff. aus dem spärlichen Material er- 
schlossen. Die Bedeutung Antrag, Antragstellung 
läßt sich hier für y. bis in die Kaiserzeit nach- 
weisen (IG HI 10), wie schon Dittenberger 
zu der metrischen Ehreninschrift IG IU 726, 6 
bemerkte, wo [yvoifiiß ozgazyyov xaQxovxog trotz 



'leicher und in nr. 25 (p. 193) aus etwas späterer 60 des Fehlens des Artikels nicht den Antrag eines 



Zeit, bereits die Magistrate als Antragsteller. 
'AQxorreg steht hier nicht in der speziellen Be- 
deutung von ,Archonten', sondern in der weiteren 
von Beamten überhaupt und umfaßt sämtliche 
höheren Beamten. Wie in der Kaiserzeit besitzen 
diese Magistrate jetzt schon, doch wahrscheinlich 
bereits unter Einwirkung der Römer, das Recht 
der .ständigen Stellung von Anträgen, die von 



beliebigen Strategen und Archonten bezeichnet, 
sondern den des ozQaxtjyog hzi xä Sjtla und des 
a.Qx<nv ejzatwftog. Daß der axQaxijyog im xä oxXa 
die Anträge entweder allein oder im Vereine mit 
anderen Magistraten stellt, ergibt sich aus IG 
DU 1. 2. 5- Besonders lehrreich ist IG HI 10, 
wahrscheinlich von 209 n. Chr., zum großen Teil 
mit den alten Formeln im Präatript, dazu das 



auffällige ßwlh tfwwfo&f bxi xoZg [svayrJtXlotsi 
wo aUerdings ixxltjola oder difttoe uns sachge- 
mäßer erschiene *&& ßovXrj, Die weiteren Worte 
des Praskriptes ev %t ävsyvoMtdy [yvd>fi]i} [tj&v 
vwedgitov Stä x&v aQx6v[z]o>v t avayvdrftog xov] 
ozoaxtjyov f'AJXxaftsvovs AaftTtxgioyg yvatfirjv xrjv 
dvaysyQaftftEvrjfv xtX. zeigen, wie bereits Swo- 
boda 191f. richtig festgestellt hat, daß der 
Strategos, der Archon Eponymos und der Herold 
des Areopags, die drei höchsten Würdenträger 10 
des damaligen Athens, die Z. 8 als agxovxeg zu- 
sammengefaßt sind, den beiden Räten, dem Eat 
vom Areopag und dem der Fünfhundert, den 
Antrag vorlegten , daß er nach erfolgter Billi- 
gung vom Strategen ans Volk gebracht (yveö^v 
<x[7ijo[(paivov]oiv xaxa xa ndxgta) und von diesem 
zum Beschluß erhoben wurde. Das ständige 
Recht des Strategos tat xd SxXa, über alle An- 
träge zu referieren, hat schon Dittenberger 
Herrn. XII 16 aus dieser Stelle erschlossen. 20 

Allgemeine Regeln lassen sich hier nicht auf- 
stellen, sondern jedes Präskript ist für sich zu 
analysieren. Wenn z. B. in dem in Hypaipa ge- 
fundenen Ehrendekret des Landtages der Provinz 
Asia für Theophron, S. Rein ach Rev. archeol. 
1885, 104 (= Dittenherger OGIS 470), das 
Präskript lautet ["EJÖofrv xoTg im xrjs 'Aalag 
"EXXjjöiv • yvcoftT) ratofv 'IJovXtov IlagöaXä, dgxts- 
gswg ml., so erklärt sich der dgxtegevg als An- 
tragsteller durch die aus den weiteren Titeln 30 
sich ergehende Tatsache, daß er dggugrö? x^g 
Aalag ist, der als solcher zugleich Präsident des 
Landtages ist. Zu den von Brandis o. Bd. II 
S. 1558f. verzeichneten Belegen für y. dex^Q£a>g t 
wo also der Vorsitzende zugleich das ständige 
Referat hat, ist neu hinzugekommen die Inschr. 
v. Priene 105 (= Dittenherger OGIS 458), 
die etwa von 9 v. Chr. stammende Urkunde zur 
Einführung des asianischen Kalenders, in der 
Z. 30 und 49 der Landtag der Provinz Asia, von 40 
dem Augustus die Römer ausdrücklich ausschloß, 
ebenfalls oi imi xyg Aoiag "EXXtjveg heißt, nicht 
%6 xotvdv xfig % Agios, wie gewöhnlich; hierüber 
s. Dittenherger OGIS 458 n. 24. 

Daß der Organisation der Stadtgemeinde die 
der Vereine nachgebildet ist, ist bekannt. Es 
darf uns daher nicht verwundern, in hadrianischcr 
Zeit in einem Beschluß der Gerusie von Magnesia 
am Maiandros, d. h. des jedes öffentlichrechtlichen 
Charakters entbehrenden ovaztjtia xäv jrgeaßvte- 50 
qcov, über die Schenkung voii öl an die Stadt 
Magnesia, Kern Inschr. v. Magnesia 116, ihren 
Schreiber als Antragsteller zu finden: eoogev zqi 
ovoxr\}iax(t) twv ngtaßvxEgmv , yrojftr} Ttßsgiov 
KXavdtov Tißegiov vtov Kvgtva AioqjdvTOv AlXiavov 

rov ygafiftarsfos xv X t} dya&fi öeööx&ai. 

Vom gewöhnlichen Typus abweichende Fälle 
und besondere Titel von Antragstellern sind unter 
den betreffenden Stichwörtern aufzuführen oder 
erklären sich aus dem Zusammenhange. Das auf 60 
den ersten Blick auffällige xarä xovg vo/wvg rovg 
Oe<r[o]aßäi]r r ol; [vojfiotg ioag zafvvv] zoä»>[t]ai t 
©äff Tizog Kotyxxiog v[n]azo$ djid xf t g x[wv] Sixa 
sxßBafßJevr&r yvdtft^g fäcoxfev] bei Dittenher- 
ger &yU.2 307, 50 wird erklärt durch Liv. XXXIH 
34, 7 decem legati more maiorum, quornm ex 
e&ntüio T. Quinditu imperator lege» paeis 
Phiiippo daret, doereti; vgL auch Dittenherger 



"t*y 



Syll.2 Index in 186. Ebenso zeigt rein römische 
Züge IGE I 452 (71 n. Chr.) «na 'Neapel: xsqI 
o$ xQoaavtfvsyxev xotg ev JigoöxXrjZ<p 'Iovhog 
Aeiovsiavog 6 dvxaQxwv, szeoi zovtov rotJ ngdy- 
[AaxöQ o$ra>g evijQeaxijo-av, eforjyovfisvaw zijv yveo- 
(itjv x&v er TtgooxXqzfipJ (Z. 7ff.). 

2. rvwfit), Beschluß. Nachdem schon im 
vorausgehenden Abschnitt wiederholt Stellen her- 
angezogen wurden, wo y. im Sinne des Lemmas 
Bekk. Anecd. 227, 4 yv&ftat ■ ta yfTjqplofiaxa den 
Beschluß selber, nicht mehr bloß den Antrag be- 
zeichnet, sollen hier weitere sichere Belege folgen. 
Die Bedeutungsentwicklung wird nicht vom Sub- 
stantiv y. ,Antrag* ausgegangen sein, sondern 
direkt vom Verbum yiyvaxjxetv, indem kyva> dtj/tog 
identisch ist mit ?do%ev xqj 8t}fi<o. Die Fälle, 
wo y. Beschluß heißt, sind *im allgemeinen ohne 
weiteres klar und erfordern keine staatsrechtlichen 
Auseinandersetzungen. Eine Zusammenstellung 
von Belegen gibt Viereck Sermo Graecus 80. 
Hier genügen ein paar Beispiele. Ein Ratsdekret 
aus Chios, Dittenberger Syll.2 570 (= Michel 
707), datiert nach dem novxans, dem bekannten 
Eponymos von Chios, lautet: 'Em TiXXiog xgvxd- 
viq$. ßoX-fjg yva>{ir)> iv zotg aXasat fit} stoifiatvsv 
ftrjdk xojiQeoev; vgl. Haussoullier Rev. d. e"t. 
gr. in (1890) 211f. Ferner y. für den Beschluß 
einer Phratrie von Chios aus dem 4. Jhdt. v. Chr., 
Dittenberger Syll.2 571: rovg de imfisXijTag 
(der Phratrie der Klytiden) rag yevojusvag yvtbfiag 
(Beschlüsse, nicht Anträge) xegi xov otxov xai 
rä>v IsQtöv xai rag diapavxelag avayQmpavtag dg 
orijXtjv XiMviyv üzfjöat jtaQa xrjv etaoÖov rov oixov. 
In .halboffiziellen' Ehreninschriften findet sich 
statt des häufigeren yjqqjiöafitvtjg rijs ßovXtfg xai 
rov drjfiov u. ä. auch xaxa xtjv x^g ßovXqg xai 
rov drjftov yvwfttjv, so IG IV 1154. Heberdey- 
Wilhelm Reisen in Kilikien (Wien 1896) 223. 
Gerlach Grie eh. Ehreninschriften (Halle 1908) 91. 
Beschluß heißt y. auch in der Inschrift von Tlos 
IGR III 557 (nach 102 n. Chr.), wo der Lykische 
Bund einen Beschluß faßt und T/AowrW ^ ßovXy 
xai r\ yeQovaia xai 6 dtjpog die vom xoivov be- 
schlossene Ehrung vollzieht t[fj] xov Avfxtcor] 
?{fo[ovg yveößt}]. Gerlach 92, 1 nimmt hier un- 
richtigerweise die Bedeutung Antrag an. 

Singular ist in dem attischen Volksbeschlusse 
IG III 5 (nicht vor Hadrian und nicht nach 
Septimius Severas, wahrscheinlich aus der Zeit 
des Marc Aurel; Dittenberger Syll.2 652 setzt 
die Inschrift in den Anfang des 3. Jhdts.) y. ver- 
wendet, nämlich in der Notifikationsformel, welche 
der Anordnung der öffentlichen Aufzeichnung des 
Beschlusses durch den xafiiag rov yfaovg züv 
Evf.io)jii&uiv (sie waren die Antragsteller) vorangeht 
Z. 33ff, ysvea&at Ss xijv yvdtifirjv ravxijv <pa[vs- 
gfäv xai xijt ££ "Aqsiov ndyov ßovXf\t xai xr s i ßov- 
M. f i l ] T *> JV $ xa i r w* leQoqyävtrji xai x&t yivei 
xwv EvffioJ/jitdöjv. Darauf folgt die gewöhnliche 
Publikationsformel ävayQdy/at dk ro tpruptCfia 
tovto xov raftiav xrX. t d. h. y., aus dem Antrag 
herübergenommen, und \p^<pia(ta sind identisch. 
Es ist daran zu erinnern, daß ein bloßer Antrag, 
der Antrag bleibt, nicht zum Beschluß erhoben 
ist, nie auf Stein verewigt wird. Er muß zum 
Beschlüsse erhoben sein, und außerdem erfordert 
die Veröffentlichung auf Stein noch einen be- 
sonderen Beschluß. In der Inschrift ans Andros 



JG XII 5, 715 Z. 7 Ära* 0J yvtbfirij tffa dyayßa- 
<peT eis x6 Uqw tov *Ajt6XXa>vog , die dagegen zu 
sprechen scheint, ist die Ergänzung falsch; zu 
ergänzen ist [n jrßofw'ajj *• Wilhelm Gott. 
Geh Anz. 1903, 779 und jetzt Beiträge (1909) 252. 
Zum Schluß einige Beispiele aus Ägypten, wo 
y, stricto sensu der Beschluß heißt. BGU 194, 7 
ist y. der verantwortliche Beschluß, auf Grund 
dessen die Dorfgemeinde (ol fcib t^s xthfivjg) die 



willigung. Im Bandesvertrag zwischen Rhodos 
undHierapytna aus dem Ende des 3. Jhdts. v, Cbr ; , 
C oll itz 3749 (- Michel BecueU 21: vollstän- 
diger bei Scrinzi Atti del R. Inst. Veneto IX 
7 [1898]) wird Z. 74f. bestimmt^ Ei dixastöXs- 
/xov i&viyxcovxt 'iEgaJivxvioft jioti xivag ävsjv rag 
r PoÖto>v yvaiiias (ohne förmlichen Beschluß, d. h. 
ohne ausdrückliche Einwilligung), ^ eaävayxEg 
iaxat 'Podhig dstoariXXeftp ov(Mia%iav (bundesge- 



AamniQpeyvn* , & __.,_ ^ v j rt , oj- nn +. _ ftw Pw+Tir« TftT 9 ^—Dittenberger Svll. 2 8 



amten, dem xoofioyQa^axsvg , a. n. der ^taats- 
behöTde zur Auslosung vorschlägt. Der Beschluß 
ist verantwortlich; denn die Dorfgemeinde trägt 
für die Geschäftsführung des Vorgeschlagenen die 
volle Verantwortung und haftet für allfällige 
Kassendefizite. Ebenso trägt Pap. Oxy. I 54, 12 
das aoivov x&v uqxovtojv, auf dessen y. die städti- 
schen Beamten durch den lmatqdx7\yog ausgelost 
werden, die volle Verantwortung für die Ge- 



für Erythrai IG I 9 (= Dittenberger Syll.2 8 
= Hicks Manual 23) schwört der Buleut von 
Erythrai, von den aus politischen Gründen ad- 
ministrativ verbannten Erythraiern keinem die 
Aufnahme in der Heimat zu gestatten ävsv zsg 
(y)v(6(A,eg) [zig *A&s]vaiov xai xo [8](i)fio (sc. tö> 
'EQv&Qaiov). Der Passus, dessen Ergänzung durch 
die darauf folgenden Bestimmungen über die ad- 
ministrative Verbannung von Bürgern von Ery- 



^chäftsführung des Vorgeschlagenen und haftet 20 thrai gesichert ist, verlangt zur Restitution einen 



namens der Gemeinde für dessen Kassenausfälle; 
Preisigke Städtisches Beamtenwesen im röm. 
Ägypten (Halle 1903) 10. Daß die Dorfbewohner, 
als Gemeinde konstituiert, einen solchen Beschluß 
fassen können, ist auffällig, aber nicht zu be- 
zweifeln und wird bestätigt durch den Ehren- 
beschluß der ägyptischen Dorfgemeinde Busiris, 
CIG in 4699 £Öok~ s rolg ano xtofirjg Bovoetgeag. 
Die schon im Worte y. liegende Verantwortlich- 



übereinstimmenden Beschluß der Athener und der 
Volksversammlung von Erythrai; ohne förmlichen 
Beschluß, ohne deren ausdrückliche Einwilligung 
ist sie nicht gestattet; zur Sache vgl. üsteri 
Ächtung und Verbannung im griech. Eecht (Züri- 
cher Dissert., Berlin 1903) 85f. Im gleichen Sinne 
steht im Amendement des Lampon zum großen 
eleusinischen Dekret, das die cuiagxai der eleusi- 
nischen Gottheiten regelt, unter den Bestimmungen 



keit der Beschlußfassenden wird mit aller 'Deut- 30 über das Pelargikon IG I Suppl 2/b 55 (= Dit- 

_ . i .. n n » j_^x: «:„„« 4-„«U,^«.a-w Qirll 2 QA — IMirtbAl Kfl«iiftil 71V 



lichkeit ausgesprochen bei der Präsentation einer 
Liste von evJiogoi xai imrrjdsioi (sc. eis SijfJ,6ßta) 
zur Übernahme von Leiturgien durch den Dorf- 
schreiber ,auf den Beschluß der Dorfgemeinde 
und auf die Gefahr der Dorfgemeinde, die die 
Bürgschaft übernimmt' (Wilcken Ostrakal 508): 
[dvaöiboi] (xi zov[gj vxoyeyQa(fifthovg) ovtag evtio- 
govg xai imStjöiofvg] (1. ijttrqdeiovg) yv^r\ xai 
xivSv[v]ojv (1. xivdvvfp) z&v faio xfjg xwfi^ ttov 



tenberger Syll.2 20 = Michel EecueU 71) 
einfach xai zo Xouiov fih iv Htbgvso&ai ßo/xög tV 
zöi IlsXagytxöt ävev reg ßöXeg xai xö depo. 
Wenn von zwei vertragschließenden Parteien 
die eine nicht avsv xr\g yvwuijg der andern han- 
deln darf, so ist zu erlaubtem Handeln ein ge- 
meinsamer Beschluß erforderlich. Das ist positiv 
durch fteza fiiäg yvwpyg ausgedrückt in dem 
Vertrag zwischen Amyntas, Sohn des Arrhidaios 



: , a l iiyL,d[vc]v S (\.iyyvo,^ r ), BGU 235, 12. 40 Jier 'Ee^oj genannt ™d don ChalW.ern 



Hierher gehört auch ein Beschluß der Ge- 
meinde Gortyns aus der Zeit des Augustus (zwi- 
schen 2 v. Chr. und 7 n. Chr.), Mus. ital. di 
antich. class. HI (1890) p. 704 nr. 148 = IGK- 
I 960, eingeleitet mit yvoiftfa xdjvzav liSof* 
xoig ägxfovoi xai xtöj ty[/up] und der Vereins- 
beschluß aus Alexandreia von 6 v. Chr., BGU 
1137, 12 mit eSo& xoivfj yvcbfiifl, wo beidemal 
aus ji., Meinung, Beschluß, die speziellere Be- 
deutung omnium consensu hervorgeht. 

Nahe verwandt mit y. Beschluß ist y. in Ver- 
bindungen wie fiExa zffg xov betvog yvtopTjg 
und ävev rijg xov öeivog yyojfitjg. Ist der, 
mit oder ohne dessen y. gehandelt wird, eine 
Gemeinde oder eine Korporation, so können wir 
y. meist kurzweg mit Beschluß übersetzen; ist 
es dagegen ein einzelner, so erhält y. mehr die 
Bedeutung Einwilligung, Ermächtigung, 
oder geradezu Wille, Bedeutungen, die übrigens 



Dittenberger Syll.2 77 (- Hicks Manual 74 
= Michel Recueil 5^0. Hof fmann Die griech. 
Dial. III p. 8 nr. 13), der nach den einleuch- 
tenden Darlegungen Dittenbergers zwischen 
389-383 v. Chr. fällt. Hier lautet Z. 21ff. stgog 
'AfMptTioXizag, Boxx[i]aiovg, AxavOiovg, Msv&aioyg 
ut] ji [oteio&jai (piXirjv Apwvzap fitjÖs XaXxtd[£ag 
Z<ogi]g exaxEgovg , äXXä fista fuäfe yvcofiijs, sav 
o\] fiqpoxsooig Soxi]i, xoivfiji jrgoo&sodm ixsijrovg ; 
50 man beachte die wiederholte energische Beto- 
nung der Notwendigkeit gemeinsamen, einmütigen 
Vorgehens. 

Analog entsteht in privaten Verträgen aus der 
Bedeutung Beschluß, die von »Einwilligung 1 , ^Ein- 
verständnis', consensus, wofür ägyptische Dienst- 
und Lehrverträge Beispiele liefern, so BGU 1126, 
ein Dienstvertrag aus Alexandreia von 8 v. Chr. 
Die im QvxoxwXeTov der Taphesies angestellte 
Protarche soll fxrjis axoxoixog f.tt)d" äyrjiteoog ano 



auch im ersten Falle' meist zutreffen. Verwiesen 60 zijg Ta<psoif}xog sein ävtv rijg avxijg yva>,ut} 



sei auf den Anfang der Hellenika (des Theopom- 
pos oder Kratippos) aus Oryrhvnchos, Pap. Oxy. 
V nr. 842 Col. I Z. 2, wo es heißt, im J. 396 
v. Chr. sei eine Triere von Athen ausgelaufen 
[ov fisxd xrjg xov] SrjfiGv yvcojtirjg; dafür Z. 24 
kürzer o>g o[v fisjza zr\g jtoXeatg xavra TienotTj- 
xdta. Von einer Privatperson ebd. Col. 17, 19 
[ov] fuxd xf^g sxeivov yv[tö]ftijg t ohne seine Ein- 



(Z. 11t), ohne ihre EinwiUigung. Ebenso wird 
in dem bloß im Auszug mitgeteilten Lehrvertrag 
Pap. Hibeh I 148 bestimmt, fit} i^ovoia ö 1 sozio 
Ilögcüi (irjxe äxoxotzetv fir)xe äqjrjfiEQEfvstv ävev 
xfjg 'Entjpivovg yvtofitjg, d. h. ohne Einwilligung 
des Lehrmeisters. 

Wenn ein einzelner den Beschluß einseitig 
faßt, so kann aus der Bedeutung Beschluß, Ein- 



wUHgtthfr gerade <«« Bedeutung Will* ent- 

örieeii. Papynwurkunden kleineren J^rmata (Lein- 
tfg 190*^1908) nr. 237 ,nach freiem Wittens 
und in der (Abschrift bei Heberdey-Wilhelm 
Reisen in KililÖen (Wien 1896) 223 scheint xaxa 
tijv xsXevxafar ywj/uTjv xai GTjpicwjiv tov aaxp6$ 
geradezu den bloß mündlich geäußerten, letzten 
Willen im Gegensatz zum Testaments willen ix 



„ Ba4 LÄfea« der ÄlfetfeB. 

fcönat <*^f* einer: Haftd Töreiiögt 

Verkötemen (& th Art P*ä m % «- wird dsen 
die Regel gewesen sein, daß der, welcher die An- 
trüge einbringt, verschieden ist von dem, der die 
Abstimmung darüber leitet, wie in der von Prei- 
sigke 20, 2 zitierten Inschrift aus Ämorgos (242 
n. Chr.), Athen. Mitt. I 347 nr. 15, 21ff. Mo 
JtoTyzttye Näfäav eto^ytjodfi^ Afy. !%*ayoW 
o EWntwtnauftv. TTIm»« /Ko ani n A;^ n A.„ m -, 



rechnungen s. W i 1 c k e n Herrn. XX (1885) 43Üff. 
lind fihftr drä in "ßVa<va r ,+,.i.„,.,i„ tfi^n^ * >«* 



3. rv&pri, Richterspruch. Der Beschluß, 
den ein Gericht oder Gerichtsherr faßt, ist das 
richterliche Urteil, der Richterspruch. Während 
verbale Ausdrücke hierfür häufig sind, begegnen 
wir dem Substantiv y. für Richterspruch {sen- 
tentia ivdiois) verhältnismäßig selten und im 
allgemeinen eher in späterer Zeit. Hierher ge- 
hört Inschr. v. Olympia 4 (= Collitz 1154) 



wird für seine Person und seine Habe und Z 4 
eine Straf bestimmung folgt, daß, falls er sich 
fremdes Eigentum anmaße, die richterliche Ent- 
scheidung dem ioQQfiaog zustehe, der auch 1, 2 
und 10, 6 vorkommt (Dittenberger-Purgold 
p. 13f.): yv<bfia te x' efy xtagouda,. Ähnlich, aber 
unsicher, 10, 6 = Collitz 1150. Ebenso heißt y. 
richterliches Urteil im Schiedssprüche der Richter 
von Magnesia am Maiandros im Streite zwischen 



und über die m Frage stehende Stelle 446f. 

Nicht unähnlich war, wie es scheint, die Rolle 
des Flöaycoyevs beim ägyptischen Chrematisten- 
gencht nach der Darstellung von Gradenwitz 
Arch. f. Papyrusforsch. IH 23ff. Verwandte Funk- 
tionen hatten vielleicht auch die drei Soyuato- 
ygayot in dem dem 1. Jhdt. v. Chr. angehörenden 
Ehrendekret für die Gemeinde-Ephoren der lake- 



wird für seine Person und seine Habe und Z. \ 4M 1 (= Mi.ui t>LJ?;1 , e ?W 



ää^^^ 



tenberger Syll.2 929 (= IGE I 1021; Z. 28 
-441 auch Kern Inschr. v. Magnesia 108) Z. 32 
zvyodtpovQ Öeftevoi xäg yrtoftag, xm fih axgtßsT 
rijS yfoov ßgaßev&fjvai xfjv xglmv ovx jjßovM- 
t tie$a, ovvayayetv Se onevöovxsg amovg [xai avvot 
xai jtdXiv] eis zyv ££ agxfjg ditoxaraozrjoai <pi- 
Uav xxX. Auch von der cognitio prineipis finden 
wir y., vom richterlichen Erkenntnis des Kaisers 
Augustus in seinem Schreiben an die Knidier von 



451 (= Michel Recueil 182 = Loeschcke 
Athen. Mitt. III [1878] 164), wenn nämlich 
Loeschcke 168 recht hat mit der Annahme, 
die Aufgabe dieser drei an der Spitze genannten 
SoyfiazoyQdtpot sei eher gewesen, die Anträge zur 
Vorlage au die Gemeinde vorzubereiten, als, wor- 
auf der Amtstitel führen könnte, gefaßte Be- 
schlüsse auszufertigen. Jedenfalls sind diese drei 
lakedaimonischen Dogmatographen zu trennen von 

(lfiTl 171 Airnar cra-nvar, Ati^nl<l -~ Ä « "D„ !.■ • 



o— *m..i«,« ui rvn j. öcpxus.meii grie- 
chischer Städte Kleinasiens vorkommenden öoy- 
paxoygdtpot, die ,Urkundszeugen< sind (= ygatpo- 
fisvqy nagfjoav = seribendo adfuerunt), worüber 
vorläufig zu vgl. Swoboda Griech, Volksbeschl 
213f. (nach Menadier); s. auch Art. Aoypaxo- 
ygdyoi Suppl. Bd. II. [Schultheß.] 
anomische Literatur s. die Supplemente. 
a . ön <»moii (yvtopo>v). 1) Ein aufrechtstehender 
btift, der als Schattenmesser diente und daher auch 



Ende 6 v Chr Bull hell VTT 7i «a^^ , nT Jft o»".^er ais öcnattenmesser diente und daher auch 
tenLr:erM B 2 l56 e 3V VI n 



tenberger Syll.2 356, 37. Und in einem pro- 
konsularischen Edikt des 4. Jhdts. n. Chr Dit- 
tenberger Syll.2 422, 9 (= Athen. Mitt. IV 
[1879] 60 = VI [1881] 353 nr. 48) steht »; te 
tov Sixaarov ix jov ngoMptaxos yvfbfir), wo Dit- 
tenberger n.3 7i e 6& Ef m erklärt als ,lüteras 
publice propositas, qttae antiquitw 3ig6yQafi.ua 
rocantur'. [Schultheß.] 

rvaifieiatiyTjrfe. In der autonomen Stadt- 



noitischen Gaues (heute FaiiünA lin^n wi T f«. 1«- „ j._ *1 tt. _., . VIir r: tr 1 ». *•** 



noitischen Gaues (heute Faijüm), finden wir für 
das Einbringen der Anträge in den arsinoitischen 
Tempelrechnungen des J. 215 n. Chr., BGU 362 
XII 1. XV 8 u. ö. einen yyajuetotiyijT^g. Diese 
Funktion ist hier mit der des ärt^W«"^ des 
Leiters der Abstimmung, vereinigt in der Hand 
des präsidierenden Prytanen (B>aQ X o$ jiovzavig). 
Mit Unrecht, schloß Swoboda Die griech Volks- 
beschlüsse (Wien 1890) 190 daraus, in Arsinoe 



xyxk. foa> Q . I 10 p. 98, 10—15. 17—22 Ziegler. 
Vitruv. 16,6. IX 7, 2 Rose 2. Hultsch Abh. 
Ges. d. Wiss. Göttingen N. F. I Nr. 5 (1897), 
13, 3. Der schattenmessende Stift stand auf 
einer mit Stundeneinteilung versehenen Tafel oder 
auf dem ebenfalls in Stunden geteilten Abschnitte 
einer Hohlkugel (öxd<p V ). Diese Einteilungen 
{descriptiones) mußten für jeden Ort der Erde 
nach seiner Polhöhe und geographischen Länge 



stand, nicht bloß das Präsidium, sondern auch 
,die permanente Antragstellung 1 gehabt j denn, 
wie Preisigke Städtisches Beamtenwesen im 
römischen Ägypten (Halle 1903) 20 mit Recht 
eingewendet hat, wäre es doch wohl überflüssig 
die beiden Funktionen neben dem Prytänentitel 
noch besonders hervorzuheben, wenn sie regel- 
mäßig miteinander vereint gewesen wären- Ob- 



lff., s. den Art. Horologium. Die Kunst, den 
G. zu gebrauchen, hieß yvojftonxn, Papp, synag 
Vm 1070, 1. Geminos bei ProcL in I. elem. 4?, 
25, oder nach Papp. VLTI 1026, 1 yvwfiwtx^ 
ftecogia. Sie wird von Geminos a. a. O. 41, 24 
—26 der Astronomie, von Vitruv. I 3, 1 der Bau- 
kunst zugeordnet. Vitruvius gebraucht in glei- 
chem Sinne auch gnomonicae res VIII a. E. oder 
gnomtmiGoe ratioms IX praef. 18. Die dieser 



•haKo A ar ' a ' , „T 1 ; AiBiiiw gnvmvmcae ranones li praet. 18. Die dieser 

habe der ^niv^ der an der Sprtze des Rates 60 Wissenschaft Kundigen hießen yromtalT 
stand, nicht bloß das Präsidium, sondern auch TMn^™« „ ua v^q %„ öS V™*"»™™* s - 



Diodoros o. Bd. V S. 711, 22—36. 

Mit der Einrichtung und dem Gebrauche des 
G. waren längst vor dem Aufblühen der grie- 
chischen Mathematik die alten Babylonier nnd 
Ägypter vertraut gewesen. Herodot LI 109 be- 
richtet, nachdem er die Erfindung der Geometrie 
den Ägyptern zugeschrieben hat, daß die Grie- 
chen die Nachbildung der Himmelakugel mit ihren 



Sterhbüderti, den G. imd Sie Einteilung ^de» Tages 
in zwölf Standen von den Babyloaiern gelernt 
haben. Anaiimandros hat also nicht, wie Fa- 
vorinos bei Diog. Laert. LI 1, 3 meldet, den G. 
-erfunden, wohl aber die Griechen mit dem Ge- 
brauche desselben bekannt gemacht. Diog. a. 
a. O. Suid. s. 'Äva^tftavSQog. Zu diesem Behufe 
stellte er in Lakedaimon eine SonnenuhT (wqo- 
Jioyiov axiv8r}Qtx6v : vgl. Plin. n h. II 187) auf, 




vermute, von 3 ab alternierend tu den Schenken 
eines rechten Winkels beige»chtiebea wurdeii, 
entstand eine an ein Winkelmaß erinnernde, eben- 
falls yva>tiü*v benannte Figur. Theo S-myrn. 54f. 
64f D«puis. IambL in Kicom. 58, 7-60, 7 Pistelfi. 
Schol. Euch op. V, Buch 2 Nr. 13. Boeckh 
Philolaos des Pythagoreers Lehren 142ff. Cantor 
Vortes. 12 151 f. [Hultsch.] 
2) rvwuojv heißt in Athen der Aufseher der 
" ""-- " Lys. VH 

Zeu- 
Berössos meldet, bezieht sich auf eine besondere gen', speziell ,Kaufzeugen' in einer Inschrift aus 
praktische Einrichtung der Sonnenuhr, nicht auf Iasos, Bull. hell. V (1881) 493 (= Dittenberger 
die Erfindung derselben. Vgl. Bretschneider Syll.2 96 = Michel Recueil 460) Z. 52: yvo>- 
Oeometrie vor Euklides 60. Cantor Vorles. über fioveg naoeotrjoav . . . IRovxioivog xai naideg xQets. 
-Gesch. d, Math. 12 102. 134f. Günther Mathe- Warum die yv6f*ovsg bloß hier aufgeführt sind, 
matische. Geographie 78. während die bei den andern Verkäufen als wp- 

Aus der Vergleichung zweier Quadrate oder jtoiXrjaavzeg erwähnten prfaoves fehlen, entzieht 
rechtwinkliger, oblonger Parallelogramme ergab 20 sich unserer Beurteilung. ^ 
sich unter der Voraussetzung, daß die kleinere 4) c O yvafxmv tov ISiov Xöyov, der im Edikt 

des Ti. Iuliua Alexander vom J. 68 n. Chr., Dit- 
tenberger OGIS 669 (= IGR I 1263) Z. 44 
vorkommt, heißt Z. 39 6 agos iwt töian Xdyon 
tezaytttvos, gewöhnlich einfach 6 jt^og t0 idl<p 
X6y<p, z. B. BGU 868, 1 und in zwei Inschriften aus 
Philai, Dittenberger OGIS 188. 189. Dieser 
Beamte, über den Dittenberger OGIS 188 n. 2 
gehandelt hat, ist, wie im Art. "Idiog Xoyog näher 



Eigur nur mäßig von der größeren überragt wurde, 

als Unterschied die Eorm [|__ oder , 

die als Winkelmaß gedeutet und ebenfalls G. be- 
nannt wurde, Boeckh Philolaos des Pythagoreers 
Lehren 142f. Iambl. in Nieom. 58, 19—25 Pi- 



stelli. Cantor Vorles. 12 150. Auch Demokrit 30 äu zeigen ist, der Verwalter des tötog Xoyog, d.h. 



scheint mit dem Titel seiner Schrift Nr. 33 (Thra- 
syllos bei Diog. Laert. IX 47) xegi btacpogijg yveo- 
jtovog rj jisqi yavotog xvxXov xai atpalgfjg eine 
dem Winkelmaß ähnliche geometrische Form ge- 
meint zu haben. Allman Greek Geometry from 
Thaies to Euclid 301 80. 83. Bei Eukl. elem. 
II def. 2 ist dieser Ausdruck auf den Unterschied 
von zwei Parallelogrammen, gleichviel ob sie 
recht- oder schiefwinkelig waren, ausgedehnt wor- 



des vom Staatseigentum geschiedenen Privateigen- 
tums des römischen Kaisers in Ägypten. Er heißt 
auch ijilxQOJtog (promralor) idlov X6yov oder mit 
Breviloc[uenz schlechtweg 6 tdtog Xoyog. 

5) Fv(of,io>v t Tarif. Ganz anderer Natur 
ist der yv<ofj.ojv in dem zuerst von Hogarthbei 
Flinders Petrie Koptos (1896) 27ff. (Tab. 
XXVII) besprochenen, sodann von Jouguet Bull, 
hell. XX (1896) p. 169 nr. IL de Ricci Arch. 



den. An zwei Seiten des kleineren Parallelo- 40 f. Papyrusforsch. LT p. 437 nr. 37. Ditten 



gramms und an seine verlängerte Diagonale lehnten 
sich dann zwei Streifen an, die zusammen den 
G. oder den Überschuß des größeren Parallelo- 
gramms über das kleinere darstellten. Eukl. elem. 
II 5. 8 p, 130, 15-21. 140, 13—23 Heib., vgl. 
die Figuren dazu und zu I 43. 44. Heron defin. 
59 Hu. Schol. Eucl. op. V, Buch II nr. 11. 14. 
Cantor Vorles. 12 ISOf. 

In der Arithmetik hat die Theorie des G. ihre 



berger OGIS 674 abgedruckten und. kommen- 
tierten Steuertarif von Koptos (Z. 5), wohl aus 
der Zeit nach Kaiser Domitianus. Wie bereits 
Jouguet richtig sah, bezeichnet hier y. einen 
allgemeinen Tarif, aus dem hier auf Befehl des 
Statthalters aus uns unbekanntem Grunde bloß 
ein Teil zur allgemeinen Kenntnisnahme auf einer 
Stele öffentlich ausgestellt ist : oaa fei rovg pi- 
o&fcojzas tov iv KoTixiot imoxeivovxog xijt 'Aoaß- 

.. ' * 1 .' /nn/tl^ <niAli4- m/iTior ivrlrläl»f DJ 11 Vi 1 



Anwendung bei der Ausziehung von Quadrat- 50 aQxia djiooxoXiov (noch nicht sicher erklärt, wohl 



wurzeln gefunden. Setzen wir a = Seite des klei- 
neren Quadrates und b — Überschuß der Seite 
des größeren Quadrates im Vergleich zu a und 
nehmen an, daß beim Wurzelausziehen cfi ge- 
funden worden ist, so bleibt in der geometrischen 
Figur ein G. übrig, der zwei TtagojfXrjompaxa von 
■der Form ab und das Quadrat über b enthält. 
Aus diesem Überschuß sind dann, so weit als 
tunlich, die Bruchteile der Wurzel zu entnehmen. 
Cantor Vorles. 12 460f. Hultsch o. 
metica § 15t 

Die fortschreitende Summierung 
der ungeraden Zahlen von 1 ab er- 13 
gibt, wie o. Arith metica § 18 
gezeigt worden ist die Reihe der 
Quadratzahlen, denn es ist 1 4- 3 
= 22, 1 + 3 + 5 = 32 usw. in. 
dem die ungeraden Zahlen, wie ich 



die Abgabe für Benützung der von Koptos nach 
Berenike führenden Wüstenstraße ; nach Wilcken 
ein } Geleitgeld' und ein ,Wegegeld' zugleich) 
TiQaootiv xarä xov yvdtfiovfa] xfjde xfjt oxtjXtji ev- 
xsxdoaxxat. Wilcken Griech. Ostraka I p. 347 
n. 2 hat bereits darauf hingewiesen, daß y, in 
der hier zutreffenden Bedeutung »Steuertarif 1 be- 
legt ist durch das Lex. rhet. in Bekk. Anecd. I 
233, 28 yvojficov avvraq'tg xtg ygafifidroyv , xa& 
Arith- 60 t}v xa xiXfj nodxTeo&ai XQV x °v$ $* rfs dXloSajnjg 
eioxofitCovxag atv av §x<piga>vxat -, vgl. auch Dit- 
tenberger OGIS vol. II p. 415 n. 4. 

[Schultheß.] 

Gnosias t Phoker. 'Hyet*ä>v £svcov in einer 
eleusinischen Inschrift um 286/5, CIA IV 2, 614 b. 

[Kirchner.] 

Gnosis* 1) Syrakusaner, einer der syrakusi- 
schen Strategen, die 409 v. Chr. ab Nachfolger 



3 7 IL 



Äos Hermokrates und seiner Kollegen zur pelo- 
.ponneaischen Flotte nach Hella« ringen, Xen. 
Bell. II, 2». * [Niese.] 

SS) Unoais. Inhaltsübersicht: 1. Name, 
..Zeit, Heimat der Bewegung. — 2. Gnostische 
i Literatur. — 3. Literatur der Gegner. — 4. Der 
vorchristliche Grundcharakter der Bewegung. — 
5. Der Dualismus. — 6. Die Gestalt der Sieben; 
die Astrologie in der G. — 7. Der unbekannte 
Gott. — 8. Der Glaube an die Mutter. — 9. Die 10 
übrige Welt der Aeonen. — 10. Erlösergestal- 
ten. — 11. Die anthropologische und soterio- 
logische Grund anschauung. — 12. Die Mysterien- 
Praxis. — 13. Die Askese. —14. Yerhältnis zum 
Judentum. — 15. Verhältnis zum Christentum. 
Der Anziehungspunkt für beide Religionen : die 
Soteriologie. —.16—17. Einfluß des Christen- 
tums auf die G. — 18—19. Einfluß der G. auf die 
Entwicklung des Christentums. — 20. Literatur. 

1. Mit dem Namen G. pflegt man jetzt die- 20 
jenige synkretistische Religionsbewegung zu be- 
zeichnen, die sich (spätestens) mit der Wende des 

I. und 2. Jhdts. an das Christentum herandrängte 
und mit diesem mannigfache Kompromisse und 
Mischbildungen einging. Ursprünglich scheint 
diese Bezeichnung übrigens nur einer bestimmten 
Richtung innerhalb der G. gehört zu haben (Iren. I 

II, 1; vgl. 31, 3. Epiphanius Haer. 25, 2. 26, 1. 
3. 37, 1. 40, 1. Hippolyt. Refut Vll; s. Art. 
G n o s t i k e r. Iren. I 25, 6 : Selbstbezeichnung der 30 
Karpokratianer). Aber schon bei Irenaeus (noch 
nicht bei lustin) wird der Terminus als Be- 
zeichnung für die ganze Bewegung gebraucht 
(vgl. bereits I Tim. 6, 20). 

Wenn Simon Magus, der in der Überlieferung 
allgemein als Archihäretiker gilt, wirklich ein 
Zeitgenosse der Apostel war, wie es die Apostel- 
.gesch. 8, 9ff. will, so kommen wir schon mit den 
erkennbaren Anfängen der G. ziemlich weit 
hinauf. Die wirklichen Wurzeln der gn ostischen 40 
Bewegung reichen freilich sicher noch weiter 
zurück. Ihre Blütezeit fällt etwa in das zweite 
Drittel des 2. Jhdts., dem Zeitalter des Auf- 
tretens der großen gnostischen Schulhäupter 
namentlich in Rom (über die Zeit des Basilides, 
Karpokrates- Marcellina, Valentin, Cerdon, Mar- 
cion s. Harnack Chranol. d. altchristl. Lite- 
ratur I 289—311). Noch zu des Neuplatonikers 
Plotin und seiner Schüler Zeiten ist die G, eine 
geistige Macht. Schriften wie die Pistis Sophia 50 
und die von C. Schmidt edierten koptisch gnosti^ 
sehen Schriften — wohl aus der zweiten Hälfte 
des 3. Jhdts. — zeigen uns endlich die Bewegung 
in völliger Entartung und Verwilderung. 

Die Heimat der gnostischen Bewegung ist der 
Osten gewesen. Dositheus, Simon, Menander 
sind Samaritaner, Satornil lehrte in Antiochia; 
Marcion stammte aus Sinope im Pontus; aus 
Apamea in Syrien brachte Alkibiades das Elxai- 
buch nach Rom ; der älteste Zweig der Gnostiker 60 
im engeren Sinn ist wahrscheinlich in Syrien zu 
Hause (s. Art. Gnostiker). Das Ostjordanland 
wie das babylonische Tiefland waren die Heimat 
der in viele Gruppen zersplitterten gnostischen 
Taufbewegung (die späteren Essener, Ebioniten, 
EÖcesaiten, Sampsaeer, Mandaeer, Ssabier usw.). 
Di« Quellen des pseudoclementinischen Schriften- 
kreises stammen sicher aus Syrien. Nach Osten 



weisen auch die mit der G. eng verwandten re- 

afiösen Bewegungen des Mandaeismus und des- 
anichaeismus. Zu nennen sind hier endlich 4ie 
vom Christentum unberührten Dracola Chaldaica^ 
die in ihrer Eigenart der G, verschwistert sind. 
Von Syrien scheint dann die Bewegung zunächst, 
nach Ägypten übergesprungen zusein. Karpokrates 
soll Alexandriner gewesen sein (Clemens Stromat 
III 2, 5) ; Basilides tritt in Alexandria auf; doch 
ist die Notiz, daß er praedieator apttd Persas 
fuit (Acta Archelai c. 67) angesichts der voll- 
ständig dualistischen Haltung seines Systems 
nicht so schlechthin zu verwerfen. Valentin 
lehrte ebenfalls zunächst in Ägypten (Epiphan. 
Haer. 31, 2); Epiphanius hebt einen ägyptischen 
Zweig der Gnostiker (Haer. 26, 3 = Strationiker r 
Phibioniten) hervor, den er aus Autopsie kannte' 
(Haer. 26, 17). Die Vorlage von Iren. I 29 (Bar- 
belognostiker) ist in koptischer Sprache gefunden. 
In Ägypten hat die gnostische Literatur am 
längsten weitergewuchert (koptisch-gnostische 
Schriften). Hier blühte auf rein heidnischem 
Boden die verwandte hermetische Literatur (vgl. 
Corpus Hermet. Kap. 14, die Auseinandersetzung 
mit der G.). ö 

Zuletzt schlugen die Wellen nach Rom hin- 
über: Valentin kam aus Ägypten, Cerdon aus 
Syrien, Marcion aus Sinope, Alkibiades mit* dem 
Eixaibuch aus Apamea nach Rom. Die Sekte 
der Karpokratianer verpflanzte Marcellina dort- 
hin, die pseudoclementinische Literatur erhielt 
ihre letzte Ausgestaltung in Rom. In diesem 
Stadium erst wurden die ältesten christlichen 
Ketzerbestreiter (lustin, Hegesipp, Irenaeus) auf 
die Bewegung aufmerksam. So muß uns also 
vieles aus dem früheren Stadium der gnostischen 
Bewegung verloren gegangen sein. 

2. Die Literatur der G, ist uns zum aller- 
größten Teil verloren gegangen. (Nachrichten 
über die gnostische Literatur gesammelt bei 
Harnack Altchristl. Literat.- Gesch. I 143ff".; 
Chronologie d. altchristl. Lit. I 583ff.). An un- 
bearbeiteten gnostischen Werken von einigem 
Wert sind uns eine Reihe koptisch-gnostischer 
Schriften erhalten; Die Pistis Sophia, die von 
ihrem Herausgeber (nicht mit Recht) sog. beiden 
Jeubücher, ein zweites anonymes koptisch gnosti- 
sches Werk (sämtlich übersetzt von C. Schmidt 
Griech. christl. Schriftsteller d. ersten drei Jahr- 
hunderte: koptisch gnost. Schriften I. Bd.; Aus- 
gaben: Pistis Sophia, Petermann Schwartze 
1851; die übrigen Schriften C. Schmidt Texte 
u. Unters. Bd. VIII). Hinzukommen die noch 
unedierten (koptischen) Schriften Ev. Mariae, Apo- 
cryphum Johannis (Auszug bei Iren. I 29), Sophia 
Jesu Christi (Schmidt S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 
83911; Phüotesia, Kleinert gewidmet 1907, 317 
—336). Außerdem bieten die ketzerbestreitenden 
Kirchenväter vielfach lange wörtlich überlieferte 
Fragmente oder getreue Auszüge aus den Schriften 
der Gnostiker (s. oben über Irenaeus I 29). Eines 
der allerwichtigsten Stücke dieser Art ist der 
Brief des Ptolemaeus an die Flora (Epiphan. 
Haer. 23, 3ff. Harnack S.-Ber. Akad.BerL 1902, 
507 — 545). Hinzukommen Fragmente aas den 
Schriften des Basilides und Valentin namentlich 
aus Clemens und Origenes (vgL auch das. unge- 
mein wertvolle Fragment ans Basilides '-££17717- 



jskuo 



unosis 



(rnosis 



1506 



zixtöv 1/ Acta Archelai c. 67, ed. Beeson, 
jetzt erst vollständig bekannt geworden), ge- 
sammelt (doch nicht vollständig) bei Hilgen- 
feld Ketzergesch. 207ff. 293ff. Hierher gehören 
ferner die Excerpta exTheodoto (Valentinianer) des 
Clemens, die Fragmente aus dem Kommentar des 
Herakleon bei Origenes (Hilgenfeld 472fi\). 
Zu nennen sind ferner die durch Origenes (Celsus) 
erhaltenen liturgischen Stücke der Sekte der 



Werk ist das des Irenaeus (i/tiyxov x<xl avavQomjs 
rrjs yevScovvfiov yv&oewg ßißUa jidvre um 180 
n, Chr.). Vor allem kommt hier das erste Buch 
mit seiner zusammenhängenden Darstellung der 
Häresien in Betracht. Irenaeus eröffnet das Werk 
mit einer ausführlichen Darstellung der valen- 
tinianischen Schulen des Ptolemaeus (1 — 10) und 
des Markus (13—21), In dem darauf folgenden 
Abschnitt (I 22—28) hat er das Werk seines Vor- 



Ophianer; auch die durch Iren. I 13. 21 über- 10 gängers lustin überarbeitet, es läßt sich leider 



lieferten liturgischen Fragmente der Markosier. 
Umfangreiche Quelienstücke enthält Hippolyts 
Refutatio (Hymnen der Naassener und ein Buch 
mit Spekulationen über den Urmenschen mit 
interessanter religionsgeschichtlicher Vergangen- 
heit : Reitzenstein Poimandres 82ff . , Hymnen 
der Peraten und längere Fragmente, Auszug aus 
der Paraphrasis Seth, aus dem Baruchbuch des 
Gnostikers lustin, Fragmente aus der Megale 



nicht mehr erkennen, in welchem Umfang. Über 
I 29 ist bereits gehandelt. Gerne wußten wir, 
wem Irenaeus die offenbar unter sich zusammen- 
hängenden Abschn. 11— 12 und 30—32 (vgl. 11, 1 
mit 31, 3) ihrer Grundlage nach verdankt. Denn 
in dieser Quelle waren Valentin und seine ersten 
Schüler im Zusammenhang mit den ,Gnostikern* 
dargestellt. (Stammt die Darstellung von lustin? 
Kannte lustin die , Gnostiker'?). Nach Photius 



Apophasis der Simonianer, dem Ekaibuch). Eine 20 (Bibl. cod. 121) hat Hippolyt ein Syntagma gegen 
„ n i M «„;„-;-„K ft n-:„:„„T„— it„ *k™i:^_i. ™~ 82 Haeresien von Dositheus bis Noetus(also Anfang 

des 3. Jhdts.) geschrieben. Dieses Werk ist uns in 
den Bearbeitungen in Epiphanius Painarion (nach 
374), Philastrius von Brescia adv. haereses und 
Ps.-TertuLlianus über adv. omnes haereses er- 
halten und zum großen Teil rekonstruierbar. 
Ein zweites Werk Hippolyts liegt wahrscheinlich 
in dem unter Origenes Namen (Philosophumena) 
erhaltenen xaxa naowv atgsacoüv £JLEy%o$ vor. 



valentinianischc Originalquelle überliefert Epi- 
phan. Haer. 31, 5. Einige Hymnen des Bardesanes 
hat Ephraem erhalten {das Buch der Gesetze der 
Länder aus der Schule des Bardesanes enthält 
wenig Gnostisches; vgl. Merx Bardesanes 1863. 
Hilgenfeld Bardesanes 1864). Viel Gnostisches 
ist in den apokryphen Apostelgeschichten erhalten 
(vgl. Liechtenhan Offenbarung im G/Losti- 
cismus 46—49), namentlich in den Acta Thomae 



(in Betracht kommen vor allem die liturgischen 30 Wenn wir von der Einleitung des Werkes ab- 



Stücke, Perle des Bardesanes [?]). Heranzuziehen 
sind endlich auch die allerdings gründlich katho- 
lisierten pseudoclementinischen Homilien und 
Rekognitionen, als Zeugen eines von der G. be- 
rührten Judenchristentums. — Bei der Dürftig- 
keit der erhaltenen Fragmente wird man, um 
sich ein Bild gnostischer Denkart und Sprache 
zu machen, auch die mandäische Literatur heran- 
ziehen müssen, die allerdings in komplizierter 



sehen, so hat Hippolyt hier eine neue und wahr- 
scheinlich einheitliche Quelle mit dem ihm bisher 
zur Verfügung stehenden Stoff verarbeitet. Dieser 
Quelle gehören sicher an: Buch V (Naassener, 
Peraten, Sethianer, lustin); VI 7—18 (Simons 
fieydktj dwrfqwifliff); VII 14-27 (Basilides); VIII 
2. 8—11 (Doketen); VIII 3. 12— 15 (Monoimos); 
vielleicht auch IX 4. 13—17 (Elkesaiten). Neuer- 
dings (s. u. d. Liter, zu § 3) hat man gemeint, 



schichten weiser Überarbeitung erhalten ist, aber 40 daß Hippolyt mit diesen ,Quellenstticken ( der 
dafür noch das Bild einer heidnischen G. ohne Mystifikation eines Fälschers zum Opfer gefallen 



nennenswerten christlichen Einschlag bietet (die 
ausgedehnte Literatur ist leider noch immer nicht 
durch Übersetzungen zugänglich gemacht; vgl. 
W. Brandt Mandäische Religion und Mandäische 
Schriften). Auch die manichäische Religion ist 
zum Vergleich heranzuziehen. Da wir hier bisher 
in derselben Lage waren, wesentlich auf Beweise 
der Kirchenväter angewiesen zu sein, so ist durch 



sei. Die Vermutung wird sich kaum halten lassen, 
man müßte denn diesem Fälscher gnostischer 
Systeme eine unerhörte Phantasie zumuten. Das 
Richtige an der Vermutung wird sein, daß Hip- 
polyt ein einheitliches Werk vorlag und daß 
dieses Werk letztlich von einem gnostischen 
Literaten stammte, der die Literatur verwandter 
gnostischer Sekten sammelte und die einzelnen 



die jüngsten Entdeckungen der umfangreichen 50 Stücke nach einer bestimmten Richtung hin re- 



Originalfragmente in Turfan (Müller Hand- 
schriftl. Reste aus Turfan. Abh. Akad, Berl. 
1904) eine wesentliche Förderung unserer Kennt- 
nis der gesamten gnostischen Bewegung zu er- 
warten. Der G. verwandte Erscheinungen liegen 
endlich in der hermetischen Literatur (Corpus 
Hermeticum e d. Parthey 1854. Mönard Hermes 
Trisraegiste 2 1867. Reitzenstein Poimandres) 
und in den Oracula Chaldaica (Kroll Breslauer 
philolog. Abhandl. VII) vor. 

3. Im großen und ganzen bleiben wir für 
eine zusammenfassende Erkenntnis der Gnostiker 
auf die Berichte der Kirchenväter angewiesen. 
Verloren gegangen ist Iustins Syntagma gegen 
die Ketzereien (Apologie I 26), das älteste Werk 
seiner Art; ebenso die (um 180 entstandenen) 
Hypomnemata des Hegesipp, die Ausführungen 
über Häresien enthielten. Das älteste erhaltene 

P*iajr-Wfeiow*-Kroll vii 



touchiert hat (vgl. namentlich die fast überall 
in den Systemen durchgeführte Dreiteilung des 
Weltalls), so daß dadurch zum Teil die vielfachen 
Berührungen der Systeme untereinander ent- 
standen. Ob Hippolyt das gnostische Werk un- 
mittelbar oder in einer antihäretischen Über- 
arbeitung las, muß dahingestellt bleiben. Was 
wir Clemens rad Origenes in unserer Kenntnis 
der G. verdanken, ist bereits zur Sprache ge- 
60 bracht. Von Tertullians Schriften sind zu nennen 
de praescriptione haereticorum , vor allem die 
fünf Bücher adversus Marcionem ; adversus Her- 
mogenem (adversus Valentinianos ganz und gar 
von Irenaeus abhängig). Auch der Dialog des 
Adamantius (Anfang des 4. Jhdts., ed. Bak- 
huyzen Kirehenväterkommission) istzu erwähnen. 
Epiphanius (Painarion) hat das Werk Hippolyts 
ausgeschrieben, daneben aus eigener Kenntnis der 

48 



1507 



Gnosis 



Gnosis 



1508 



zeitgenössischen G. manches Wertvolle Beige- 
bracht. Bei den späteren (Theodoret usw.) ist 
wenig Selbständiges mehr zu holen. Aber zu 
nennen sind noch das Werk des Armeniers Eznik 
von Kolb , Wider die Sekten' (übers, von J. M. 
Schmid, Wien 1900); Theodor bar Kuni, Scho- 
lienbuch B. XI Text n. Übers, bei H, Pognon 
Inscriptions Maudaites 1898—1899, 159ff„ Schah- 
rastäni, Religionsparteien und Philosophenschulen 



stehende Prinzipien (Licht und Finsternis), ließ 
diese Welt durch einen Angriff der Finsternis 
gegen das Licht entstehen, bei dem Teile des 
Lichts von der Finsternis verschlungen wurden, 
und faßte demgemäß das Endziel als die Ent- 
mischung des widerrechtlich Vermischten (vgl. 
Hippolyt. Ref. VH 27 p. 378, 16) : ünde nee per- 
feetum bonum est in hoc mundo, et quod est, 
valde est exiguum. Die Fragmente seiner Lehre, 



(übersetzt von Haar brücker 1850). Vgl. R. A. 10 die Clemens Alexandrinus erhalten hat, bestätigen 



Lipsius Die Quellen der ältesten Ketzergesch. 
1875. Harnack Zur Quellenkritik der Gesch. 
des Gnosticismus und Gesch. d. altchr. Literat. 
I171fT.IIl,533ff.712ff. HilgenfeidKetzergesch. 
1 — 83. J. Kunze De historiae Gnostic. fontibus 
1894; zu Hippolyts Refutatio G. Salmon The 
cross references in thephilosophumena,Hermathena 
XI 1885 389ff. H. Stähelin Die gnostischen 
Quellen Hippolyts, Texte u. Unters. VI 3, 1890. 



auf das deutlichste den Dualismus des Basilides. 
Die beiden Systeme, welche Ireuaeus und Hippolyt 
überliefert haben , sind sekundäre Bildungen, 
welche klar den Prozeß der allmählichen Umbil- 
dung vom Dualismus zum Monismus zeigen. Das 
wenige, was wir von Bardesanes und seiner Schule 
wissen . berechtigt uns , auch diesen als Ver- 
treter eines schroffen, spezifisch orientalischen 
Dualismus aufzufassen (,er lehrte einen Leib ohne 



4. Die G. ist, wenn man auf das Ganze sieht, 20 Auferstehung von dem Bösen', Ephraem Hymn. 53 



nicht auf dem genuinen Boden des Christentums 
gewachsen. Sie ist älter als dieses und als bereits 
fertige Erscheinung an das Christentum heran- 
getreten. Die Gestalten, die, soweit es für uns 
erkennbar, an ihrem Anfang stehen, Dositheus, 
Simon Magus, Menander hatten mit der christ- 
lichen Religion nichts zu tun. Die Ophiten des Ceb 
sus -Origenes standen in ausgesprochenem Gegen- 
satz zu dem Christentum (Origenes VI 28, vgl. 



p. 553 F, spricht von dem Teufel als ,Hefe des 
Prinzips der Finsternis', ebd. p. 504 C, verfaßte 
eine Schrift »Das Licht und die Finsternis' nach 
dem Bericht En-Nedims, Flügel Mani 162). Es 
kann auch gar nicht verkannt werden, daß Mar- 
cions Lehre und Anschauungen, so eigentümlich 
und original sie sind und so sehr sie eine be- 
sondere Betrachtung verdienen , doch durchaus 
auf dem Untergrund einer sehr ernsthaft-dua- 



26. 33). Noch die ,Archontiker' (Epiphanius 30 listischen Weltanschauung ruhen. Wenn Ptole- 



Haer. 40, 2) verwarfen die christlichen Sakra- 
mente. Reit zenstein hat nachgewiesen, daß den 
Ausführungen Hippolyts über die Naassener eine 
ursprünglich heidnisch-gnostische Quelle zu Grande 
lag. Erscheinungen wie die hermetische Literatur 
(vgl. namentlich den Poimandres mit seiner Speku- 
lation über den Urmenschen) und die Oracula 
Chaldaica beweisen, daß die gnostischen Speku- 
lationen und Frömmigkeit weit über das Gebiet 



maeus in seinem Brief an die Flora (Epiph. 33, 7) 
seine Meinung dahin zusammenfaßt, daß das 
Gesetz weder von dem vollkommenen Gott noch 
vom Teufel sei, so denkt er bei der letzteren 
Alternative kaum an jemand anders als an Mar- 
cion. Die spekulativ dualistische Grundlage der 
marcionitischen Anschauung tritt besonders deut- 
lich in dessen Schule, gerade auch da, wo diese 
drei Prinzipien annimmt und den alttestament- 



der spezifisch christlichen Sekten hinaus verbreitet 40 liehen Gott in die Mitte zwischen Gut und Böse 



waren. Der Mandäismus ist viele Jahrhunderte 
hindurch eine rein heidnische G. geblieben. Die 
nianichäische Religion ist nur hier und da von 
einem leichten christlichen Firnis bedeckt. Die 
großen Schulen der Gnostiker, welche die Kirchen- 
väter wesentlich bekämpfen , stellen meist (von 
Marcion etwa abgesehen) mühsame Kompromisse 
der gnostischen Religion mit der christlichen dar. 
Diese Auffassung der G. läßt sich dadurch am 



stellt, hervor (vgl. Bousset Hauptprobleme 109ff. 
131 ff.). Andererseits finden wir den ausgeprägten 
Dualismus nicht nur bei namhaften gnostischen 
Schulhäuptern, sondern auch bei den namenlosen, 
mehr volkstümlichen Systemen, wie sie in den 
gnostischen Sekten verbreitet waren. So hat uns 
Hippolyt (Ps.-Tertullian c. 5, Philastrius c. 33, 
Epiphanius Haer. 25, 5) eine Kosmogome der 
,Nicolaiten' (Gnostiker) von ausgeprägt dualisti- 



leichtesten als richtig erweisen, daß der Versuch 50 schem Charakter überliefert. 



gemacht wird, die gnostische Religion in ihren 
Grundzügen zu begreifen, ohne auf das Christen- 
tum zu rekurrieren. Dann erst kommen die gegen- 
seitigen Beziehungen zwischen G. und Christen- 
tum dargelegt werden. 

5. Charakteristisch für die Weltanschauung 
der G. und von grundlegender Bedeutung ist ihr 
Dualismus. Dieser beherrscht als Grundanschau- 
ung fast sämtliche gnostische Systeme, auch da, 



Auch ist es nicht richtig, wenn man, wie 
das oft geschieht, den (monistischen) Emanation s- 
gedanken als charakteristisch für die G. hinstellt, 
d. h. den Versuch, aus der höchsten Welt der 
Güte und des Lichtes die ihr gegenüberstehende 
Welt der Schlechtigkeit und Finsternis durch die 
Annahme einer in unendlicher Stufenfolge sich 
fortsetzenden Abschwachung abzuleiten. Dieser 
Versuch, der in voller Konsequenz und Reinheit 



wo er in den gräzisierenden Berichten der Kirchen- 60 unter den für uns in Betracht kommenden Re- 



väter nicht mehr deutlich heraustritt. In erster 
Linie (auch für die Beurteilung der Überlieferung 
der Kirchenväter) ist hier das erste Fragment 
ans dem 13. Buch der 'EtyyijTtxä des Basilides 
bedeutsam, das in den Acta ArcheLai erhalten 
ist (ed. Beeson c. 67 p. 96ff.). Nach diesem 
Fragment war Basilides entschiedener Dualist, 
settto an den Anfang zwei sich schroff gegenüber- 



ligionssystemen nur im Neuplatonismus durch- 
geführt ist, liegt hier nur in einigen wenigen 
an der Peripherie liegenden Erscheinungen, näm- 
lich in den beiden von den Kirchenvätern über- 
lieferben (unechten) Systemen des ^saüides* vor. 
Im allgemeinen kommt die G. auch da, wo sie 
lange Äonenreihen produziert, nicht ohne die 
Annahme eines »Falles' des letzten und untersten 



iöuy 



unosis 



Gnosis 



1510 



■der Aeonen aus, welcher die materielle niedere 
Welt, in die jener Aeon hinabsinkt, bereits voraus- 
setzt; ich erinnere an die Sophia (Prunikos, 
Spiritus sanetus usw.) der Barbelognostiker (Iren. 
I 29) und .Gnostiker 4 (Iren. I 30), an die Helena 
•des simonianischen Systems, an die Pistis Sophia 
in dem gleichnamigen koptisch -gnostischen Werk, 
■endlich auch an die Gestalt des in die Materie 
versinkenden Urmensehen bei den Naassenern 



de Iside et Osiride). Aber es ist mit Recht 
darauf hingewiesen (Schmidt Plotins Stellung 
z. Gnostiz. u. kirchl. Christent., Texte u. UnteTs. 
N. F. V 4 S. 76ff. 89), daß noch von Plotin und 
seinen Kreisen gerade an diesem Punkt der 
Widerspruch gegen die von ihnen bekämpften 
Gnostiker empfunden wurde. So sehr ihre Freude 
an dieser Welt und ihrer Herrlichkeit gedämpft 
und resigniert erscheint, so sehr empfanden sie 



des Hippolyt und dem (heidnischen) Poimandres 10 doch den stärksten Widerwillen gegen die völlige 
(s. u.). Am weitesten abgeschwächt erscheint Verwerfung und Satanisierung der sinnlichen 
j\i* a »r n ^v ö ™„. F.n ,-n A a ^ a™+„™« A n « Welt, wie sie hier geübt wurde. Scharfen 

Widerspruch erhebt Plotin gegen den Hochmut 
der Gnostiker, die meinen, sie seien allein gut 
und ihov natöes, während er und seine Anhänger 
bemüht seien, das Gute und Göttliche in allen 
den unendlichen Abstufungen zu schauen und zu 
bewundern. Ov yag ro ovarstXat stg sv, aXXä tq 
deTj-ai noXit xo -d-Eiov, ooov eSei^sv avrog, xovz' 



•dieser Gedanke vom Fall in den Systemen des 
Valentin und seiner Schüler. Denn einmal voll- 
zieht sich hier der Fall der Sophia (Achamoth) 
innerhalb des Pleroma, d. h. die Sophia stürzt 
nicht in die Materie hinab, sondern sucht in 
Liebessehnsncht sich mit dem höchsten Aeon zu 
vereinigen. Und ferner wird der Versuch ge- 
macht, die Materie aus den Leidenschaften* der 



gefallenen Sophia abzuleiten , ein Versuch , der 20 mxi övvapiv tieov eB6to>v (Ennead. II 9, 9. 207 E. 



in seiner phantastischen, mythologisierenden Art 
stark an spätägyptische Spekulationen (D i et e r i c h 
Abraxas 25f.) erinnert. Aber auch in diesen 
Systemen scheint trotz aller Tendenz zum Monis- 
mus die ursprünglich dualistische Grundlage noch 
sehr deutlich hindurch. Auch da, wo die Welt- 
schöpfung wie in den meisten Systemen auf die 
sieben (s. o.) weltschöpferischen Archonten zurück- 
geführt wird, gelten diese zwar meistens nicht 



Zell er Philos. d. Griechen 4 III 2, 676). Auch 
wenn wir die orientalischen Religionen heran- 
ziehen, so finden wir hier kein absolutes Analogon 
für den schroffen Dualismus der G. Selbst die 
persische Religion, an die in der Tat das eben 
besprochene Fragment des Basilides, Systeme 
wie die des Mandäismus und Manichäismus auf 
Schritt und Tritt erinnern, bietet dieses Analogon 
nicht. Den gnostischen Dualismus, demzufolge 



als völlig satanisch, aber doch auch nicht als 30 diese körperliche, sinnliche Welt entweder als 
Pinto,** T?.m a « a fi™ a « a™ ■hxAht.i-™ sj«:™ „^ satanisch oder doch als Erzeugnis tief unter der 



einfache Emanationen des höchsten Seins oder 
als rein mittlerischc Mächte, sie stehen vielmehr 
mit ihrem schöpferischen Tun immer in einem 
gewissen Gegensatz gegen die höheren Aeonen; 
die Gnostiker schauen nicht etwa mit derjenigen 
Verehrung auf sie, wie sie die griechischen Ge- 
bildeten zum Teil gegenüber den niederen Mani- 
festationen der Gottheit, den Heroen und Dämonen 
empfanden; sie halten sie zum mindesten für 



höchsten Gottheit stehender halbböser, dämo- 
nischer* Mächte gilt, teilt auch die genuine per- 
sische Religion nicht. Für sie ist diese körper- 
liche Welt zur Hälfte wenigstens die Schöpfung 
Ahuras und diese Sinnlichkeit das Kampfgebiet 
des bösen und des guten Geistes. Es scheint, 
als wenn die Grund ans chauung der G. erst in- 
folge einer Vermischung der genuin persischen 



halbböse Wesen, denen gegenüber sie sich hoch 40 Annahme zweier feindlicher, wider einander 



erhaben dünken. « 

Daß endlich die der G. eng verwandten und 
mit ihr geschichtlich zusammenhängenden Re- 
ligionen des Mandaeismus und des Manichaeismus 
ausgesprochen dualistischen Charakter zeigen, be- 
darf keiner Beweise und ist allgemein anerkannt. 
Auch die charakteristischen und ältesten Stücke 
der sog. hermetischen Literatur sind von aus- 
gesprochen dualistischer Haltung (vgl. z. B. den 



streitender Gottheiten (Prinzipien) und der griechi- 
schen Anschauung von der Überlegenheit der 
geistigen^idealen gegenüber der sinnlichen mate- 
riellen "W elt zustande gekommen ist. Erst durch 
das Zusammenfiuten zweier pessimistischer Welt- 
anschauungen entstand der gesteigerte, absolut 
trostlose Dualismus und Pessimismus der G. 

6. Diese Weltanschauung der G. erhält ihre 
konkrete Ausbildung und bestimmte Färbung 



Anfang des ,Poimandres', Reitzen stein Poi- 50 durch die Annahme von sieben in der, Hierarchie 
mandres 68ff.). In diesem Dualismus hat die der Geisterwelt zu Unterst stehenden Geistern, 

gnostische Religion wirklich ihre Besonderheit. J: -i~i-*-i- ^-j-.-l -.^ -. . , - • ■. , 

Der gesamten griechischen und römischen Volks- 
religion ist er selbstverständlich fremd geblieben. 



Und so sehr auch die spätere Entwicklung der 
Religion der griechisch-römisch Gebildeten, die 
mit Piaton anhebt, dann etwa mit Poseidonios von 
Apamea neu einsetzt, um sich schließlich im 
Neuplatonismus zu vollenden, zu einer resignierten 



die gewöhnlich (jedoch nicht immer) zugleich als 
die weltschöpferischen Potenzen gedacht werden. 
An ihrer Spitze steht ein Wesen, das meistens 
den Namen Jaldabaoth trägt und schon vielfach 
mit dem alttestamentlichen Schöpfergott identi- 
fiziert erscheint (daher erklärt sich auch die hier 
und da begegnende Veränderung des Namens 
Jaldabaoth in Sabaoth: Epiph. Haer. 25, 2. 26,10, 



pessimistischen, ja asketischen Anschauung neigte, 60 vgl. den Sabaoth Adamas im System der Pistis 

zu einem eigentlichen entschlossenen Dualismus c — v: - «----'—-- ] -^-- ■ <-,,.-., 

ist es hier doch nicht gekommen. Ausnahmen 

sind hier und da vorhanden; so kann man hier 

die Kreise der sog. Neupythagoreer nennen; bei 

Plutarch und Numenius von Apamea zeigt sich 

ein stark dualistischer Einschlag (zugleich auch 

jedesmal in interessanter Weise starke Spuren 

spezifisch orientalischen Einflusses, vgl. Plutarch 



Sophia, Register in der Übersetzung von Schmidt 
s. v.. Wo die andern Geister Namen tragen — 
oft werden sie nur einfach als Engel charakte- 
risiert (vgl. die Engelnamen Origenes c. Celsum 
VI 30), einmal sind sie bereits zu abstrakten, 
hypostasenartigen Wesenheiten geworden (Iren. 1 
29, 4) — rinden sich unter diesen Namen meist 
eine Reihe alttestamentlicher Gottes Bezeichnungen 



151t 



Gnosis 



Gnosis 



1512 



fAdonai, EloMm, Jao, El-Schaddai). Daß wir 
hier in der Tat eine Grund! ehre der GL haben, 
die fast in allen Systemen wiederkehrt, braucht nach 
den Darlegungen von A n z (Ursprung des Gnosticis- 
mus, Texte u. Unters. XV 4 ; vgl. B o u s s e t Haupt- 
probleme 9ff) nicht mehr bewiesen zu werden. 
Seihst da, wo (wie z. B. in den valentinianischen 
Systemen) die Sieben bereits verschwunden sind 
und Jaldabaoth zum ,Demiurg' gräzisiert ist, 



zweier aufeinander prallender Religionen wider- 
spiegelt, findet sieh übrigens noch in schärfster 
Ausprägung im mandäischen System und in den 
Mythen von den gefangenen Archonten, denen 
wir in der Lehre des Manichäismns und in der 
Pistis Sophia c. 139ff. (Schmidt S. 236ff.; vgl. 
auch die späteren jüdischen Spekulationen über 
die gefangenen Engel im äthiopischen und slawi- 
schen Henochbuch, endlich die Anspielung Kol. 



finden wir in dessen Charakterisierung als der 10 2, 15. Hauptbrobleme 46ff.) begegnen. Kein 



Hebdomas und der Achamoth als der Ogdoas 
(Iren. I 5, 2f.) die letzte Spur der alten Lehre. 
Es kann auch daran gar kein Zweifel mehr sein, 
daß die sieben Geister ursprünglich die sieben 
Planetengötter waren. Das ist teilweise den 
Gnostikern selbst noch bekannt gewesen (Iren. I 
30, 9 sanctam autem hebdomadam Septem Stellas, 
quas diount planetas esse volunt). Und in dem 
,löwenköpfigen' Jaldabaoth, dessen Name freilich 



dämonische Gestalten sind auch die Engel im 
simonianischen System, welche die Helena in Ge- 
fangenschaft halten (Iren. I 23, 2). In der christ- 
lichen G. ist diese Anschauung bereits etwas 
erweicht; die , Sieben' gelten nicht schlechthin 
als böse Dämonen, sondern nur als halbböse 
Wesen, denen die Schöpfung dieser allerdings 
vorwiegend bösen, körperlichen Welt anvertraut 
ist und unter denen sich in der Regel noch die 



nicht mehr zu erklären ist, dürfen wir mit Sicher- 20 rein höllischen Mächte befinden. Und allmählich 



heit die mit einer Kronos-Moloch-Gestalt ver- 
schmolzene Planetengottheit des Saturn erkennen 
(Origenes c. Celsum VI 31 ipad de zy keov- 
TOEiSst ägxovtt avfmad-ziv äatgov zov <fra(vorza; 
vgl. Hauptprobleme 351ff.). Die Gestalten der 
sieben Planetengöttet aber entstammen der ba- 
bylonischen Religion, die in späterer Zeit mehr 
und mehr sich in der Verehrung der sieben 
planetarischen Gestirne konzentriert haben muß 



steigt der oberste der Sieben (Jaldabaoth) wieder 
fast zum Eang des platonischen Demiurgen auf. 
7. Über den Sieben steht in den alten und ein- 
fachen Systemen die Gestalt des einen, unbe- 
kannten und ungenannten Gottes. Nach dem 
Vorhergehenden sollte man vermuten, daß wir 
als das Prototyp dieser Gestalt etwa den höch- 
sten persischen Himmelsgott Ahura anzunehmen 
hätten. Aber allerdings weist kaum eine Spur 



(vgl. Diodor. II 301; die spätere Religion der 30 in der Figur des höchsten Gottes der G. noch 



mesopotamischen Ssabier, deren Quellen Chwolsohn 
[Ssabier Bd. 1-2] gesammelt hat, Bou ss et Haupt- 
probleme 21 ff.). Das Siegel auf diese Vermutungen 
ist endlich die Tatsache, daß in den Spekulationen 
der Mandäer die Sieben noch jetzt mit ihren 
babylonischen Planetennamen begegnen (Haupt- 
probleme 28 f.). — Ein Novum, das der Erklärung 
bedarf, ist dabei freilich hinzugekommen, nämlich 
die Degradation der babylonischen Götter zu dämo- 



mit Deutlichkeit auf den persischen Lichtgott. 
Es läßt sich auch nicht verkennen, daß dem gno- 
stischen Urwesen überhaupt keine konkrete, national 
bestimmte Gottesgestalt zugrunde gelegen haben 
wird, Was hier vorliegt ist bereits halbphilo- 
sophische Geheimlehre. So werden wir als Pa- 
rallele und zur Erklärung etwa die abstrakte 
persische Vorstellung von Zervan akerena (der 
unendlichen Zeit) als dem gemeinsamen Ursprung- 



nischen Gestalten oder zum mindesten halbbösen 40 Ahura-Mazdas und Angra-Marnyus heranziehen 



mittelschlächtigen Wesen. Man wird annehmen 
dürfen, daß diese Degradation dadurch zustande 
gekommen ist, daß über die spätere babylonische 
Religion eine mächtigere Religion gekommen ist, 
die ihre Götter auf die Stufe dämonischer Wesen 
herabdrückte. Das ist aber aller Wahrscheinlich- 
keit nach, da weder die jüdische Religion, gegen 
die die G. von Anfang an sich antagonistisch ver- 



dürfen, zumal diese persische Spekulation alt ist 
und bereits dem Schüler des Aristoteles Eudemus 
bekannt war (Damascius ed. Kopp p. 384)^ Und 
in der Tat läßt sich nachweisen, daß der mani- 
chäische ^atrjQ zov iiey£$ovg kein anderer war 
als Zervan (Hauptprobleme 236). Andererseits wird 
sich nicht leugnen lassen, daß jene gnostische- 
Vorstellung vom höchsten Wesen mehrfache Wur- 



hielt, noch die christliche Religion selbst, die jene zeln gehabt haben mag. Es ist neuerdings dai 
gnostischen. Lehren bereits vorfand, in Betracht 50 auf hingewiesen , daß namentlich innerhalb des 

kommen können, die persische Religion gewesen, -:-**- ~i- = — j — - 1-1-* «.--■.— r ,^..- 

zumal sich nachweisen läßt, daß die persische 
Religion mit dem Zeitalter Alexanders des Großen 
im babylonischen Tiefland die Rolle der herrschen- 
den Religion hatte (F.Cumont Textes et monu- 
ments rel. aux mysteres de Mithra I p. 8—10. 
14. 223ff. 233. Bousset Rel. d. Judentums« 
548f.). Bestätigt wird diese Vermutung auch 
durch den Umstand, daß in den späteren persi- 



vielfach zerrissenen und zerklüfteten Religion s- 
wesen Syriens die Idee eines höchsten Himmels- 
gottes entstehen konnte, der, mit keinem der be- 
stimmten Kultgötter identisch, allen den ein- 
zelnen in den verschiedenen Kultzentren neben- 
einander stehenden Göttern als der Höchste, Un- 
bekannte, gegenübertrat (F. C u m on t Iupiter sum- 
mus exsuperantissimus, Arch. f. Religionsgesch . 
IX 1906, 323—336; Religions Orientale« 153ff.). 



sehen Religionsschriften des Sassanidenzeitalters 60 Es mag also alles zusammengewirkt haben : die- 



(den Pehlewischriften) die Planeten ebenfalls als 
böse Geister galten, als Dämonen, die bei den» 
Ansturm Ahrimans gegen die Himmelswelt ge- 
fangen genommen und an den Himmel versetzt 
wurden (Bundehesh 3, 25. 5,1 n. ö.: Haupt- 
probleme 41f.). Diese schroffere Auffassung 
der Planeten als rein dämonischer Gestalten, die 
noch deutüeher den ursprünglichen Antagonismus 



Gestalt des höchsten Himmelsgottes Ahura Mazda 
und die persischen Spekulationen von Zervan, syri- 
scher Synkretismus, griechische philosophische Ge- 
danken, um jene gnostische Grundidee zu schaffen. 
Interessant, aber allerdings durch keine weiteren 
Parallelen kontrollierbar ist in diesem Zusammen- 
hang das Zeugnis des Lactantius Placidus ad Statu 
Theb. 516 (p. 228 Jahnke): Infwüi{<>) autem 



iftl» 



(jnosis 



Gnosis 



1514 



pkilosophorum magorum Perstte {Per&iäe ?) etiam 
•confitmafU revera esse praeter hos deos cognitos, 
qui eoluntur in templis, alium prineipem et ma- 
jxime dominum, ceterorum numinum ordinato- 
rem, de cuitts genere sint soli Sol et Luna, ce- 
teri vero, qui oircumferi (siEQtfpsoeXg, Hs. eircum- 
ferrt) a spkaera nominantur, eins clareseiint 
spvritu. Bemerkenswert ist es auch, daß bereits 
Statius an der von Lactantius kommentierten 



Ztschr. f. neut. Wissensch. IV 298). Die beim 
Aufstieg der Seele von den Anhängern der ,Ophiten' 
zu sprechenden Formeln lauten .adpeg /*« yrao- 
Üevov MVGVfiaTt 3t£Ka{ht,f>fi£röv < fTtdosg fte zijg arjg 
urjzgog (psQovrd aoi ovfißoXov 1 (Origenes c. Celsum 
VI 31). In den gnostischen Sakramentsgebeten 
der Acta Thomae wird überall die Gestalt der 
Mutter gefeiert (c. 50. 27. 39. 133). Im sechsten 
Kapitel dieser Acta hat sich ein ganzer Hymnus 



Stelle von dieser mysteriösen höchsten Gottheit 10 auf die jungfräuliche Himmelskönigin erhalten. 



redet: et triplids mundi swmmum, quem scire 
nefastum. 

8. Eine wesentlich konkretere Gestalt ist die 
der neben dem unbekannten Vater stehenden JftJ- 
trjQ. Sie tritt uns in den verschiedensten Ge- 
stalten und Verkleidungen entgegen. Sie steht 
als höchste Himmelsgöttin Barbelos (vielleicht ver- 
stümmelt aus Jlag&evos, s, Art. Gnostiker §2) 
unmittelbar neben dem unbekannten und unere- 



Im Dienste der Muttergöttin stehen endlich die 
unzüchtigen Kulthandlungen bei einer Reihe gno- 
stischer Sekten, von denen uns Epiphanius (Haer. 
21, 4. 25, 2. 26, 4f.; vgl. Iren. I 31, lf.) zu be- 
richten weiß. 

Schon der Überblick macht es uns ganz deut- 
lich, daß das Prototyp für die Gestalt der gno- 
stischen M^ttjq die große vorderasiatische Mutter- 
göttin ist (ich erinnere an die Atargatis von Hie- 



nannten Gott. Sie ist aber andrerseits die Mutter 20 rapolis [Dea Syria] , die verschiedenen Astarten, 
der Sieben, nimmt an ihrer Degradation teil und die syrische Aphrodite, auch an die babylonische 

wird zu einem mittlerischen, halb bösen, halb """ ' " . - - - 

guten Wesen ; sie ist im mandäischen System als 
Namrus (später Ruhä d' Qudsä) (man vergleiche 



-die Namrael, Nebrod im manichäischen System) 
geradezu eine Oberteufelin geworden. Als Helena 
in der simonianischen Lehre ist sie die von den 
weltschöpferischen Engeln gefangen gehaltene En- 
noia des höchsten Gottes. In ihrer Verbindung 



Istar und die persische Anaitis), die hier in 
verschiedener lokaler Ausprägung überall erscheint 
und vor allem der syrisch-phönizischen Religion 
ihr Gepräge gegeben hat. Schon daß die gno- 
stische MfjxrjQ vielfach als Mutter der sieben Pla- 
netengötter erscheint, läßt daraufschließen, daß 
sie die hohe Himmelskönigin darstellt. Und wenn 
die vorderasiatische Göttin bald als die wilde 



mit den Sieben erscheint sie vielfach als die aus 30 Göttin der wollüstigen Liebe und des üppigen 



■dem Pleroma gefallene Göttin, die durch ihren 
Fall die Weltentwicklung herbeiführt, als Pruni- 
kos (Erklärung des Namens Epiphanius Haer. 25, 
4), Sophia Achamoth, Spiritus Sanctus, Pistis 
Sophia (diese letzteren Namen charakterisieren 
<len allmählich in die G. eindringenden jüdisch- 
alttestamentlichen Einschlag, ebenso wie die oben 
erwähnten alttestamentlichen Archontennamen) als 
ein aus der Lichtwelt gefallener Aeon, der aber 



Naturlebens erscheint, bald als die reine Himmels- 
königin, als die jungfräuliche Göttin, so ist auch 
der gnostische Aeon bald die hohe ernste Jung- 
frau (IlaQ&Evixov Hvevfta = üaQ^evog Barbelos), 
bald die unreine und gefallene MqzrjQ {IIqovvi- 
xog), in deren Dienst die obszönen sakramentalen 
Handlungen gestellt werden. An einer gnosti- 
schen Figur läßt sich noch am deutlichsten die Auf- 
nahme und Verarbeitung einer konkreten Götter- 



auch wieder die Erlösung und die Rückkehr zur 40 gestalt in der Spekulation der G. nachweisen : 



oberen Welt darstellt. In den Systemen, in denen 
die Mr)zr}Q als die gefallene Göttin erscheint, ver- 
doppelt sich dann gewöhnlich die Gestalt und 
tritt neben und über den gefallenen Aeon die 
höhere himmlische Gestalt der nicht gefallenen 
Muttergöttin. Und in den komplizierteren Sy- 
stemen kommt schließlich eine Verdreifachung 
und Vervielfachung dieser Figur vor (Iren. I 29). 
Verwandte Gestalten sind endlich die Lichtjung- 



an der Helena der simonianischen Sekte. Schon 
der Name der Helena deutet darauf, daß hier 
ursprünglich die Gestalt einer Mondgöttin vorliegt 
(vgl. Röscher Lexikon d. Mythol. s. v. I 2, 1971). 
Der Mythus vom Verschwinden, dem Geraubt- 
werden der Mondgöttin entspricht der Erzählung 
von dem Herabsinken der Helena und ihrer Ge- 
fangenhaltung durch die Dämonen. Die pseudo- 
clementinischen Rekognitionen kennen noch diesen 



frau (s. Register der Übers, von C. Schmidt s. 50 ursprünglichen Charakter der Helena und nennen 
v.) in der Pistis Sophia, die Lichtiungfrau und - : - -•—*--*• T — - '" « -><*> ^— i---* ■ ™ 
der dritte Gesandte im manichäischen System. 
Einen wie festen und hervorragenden Platz diese 
Gestalt der MrjztjQ in den gnostischen Systemen 
einnimmt, tritt am klarsten aus dem, was wir 
über ihren Kultus wissen, heraus. In fast allen 
sakramentalen Handlungen der Gnostiker, in die 
uns die Überlieferung noch einen genaueren Ein- 
blick gestattet, spielt die Figur der Muttergöttin 



sie einlach Luna (II 9. 12). Der laszive Cha- 
rakter der Helena im simonianischen System deutet 
auf die Verbindung der Helena-Selene mit einer 
syrischen Aphrodite. Wenn Simon die Helena 
in einem Bordell in Tyrus findet, so erinnert das 
an die Sage, daß die Göttin Isis (ebenfalls viel- 
fach mit der syrischen Aphrodite amalgamiert, 
Hauptprobleme 81 f.) sich zehn Jahre in Tyrus 
der Prostitution hingegeben habe, Epiphan. 'Ay- 



eine hervorragende Rolle. Die sakramentalen Ge- 60 xvgeozog c. 104. Ja es wird uns sogar überliefert, 

bete in der Pistis Sophia (c. 142) und den so- J -" J; - w ' «'-*-■ in-™ 

genannten (koptisch -gnostischen) Jeubüchern (II 
45 — 47) sind zumeist und in erster Linie an die 
Lichtjungfrau gerichtet. In den Sakramentsge- 
heten der Markosier (vgL Iren. I 13, 6. 21, 5) 
ivird vor allem die Mtjz^q angerufen. Die im 
Aramäischen überlieferte Taufformel dieser Sekte 
begann ,im Namen der Achamoth* (Hoff mann 



daß die Simonianer Statuen des Simon-Zeus und 
der Helena- Athena (?) gehabt hätten. Deutlicher 
kann der konkrete Polytheismus nicht heraus- 
treten. Die Gleichung Helena-Selene berechtigt 
aber weiter zu der Annahme, daß überhaupt die 
Gestalt der in die Materie versinkenden Pruni- 
kos (Sophia Achamoth) usw. die verschwindende 
Mondgöttin als Prototyp hatte (vgl. Eustathius 



vi uuoia 



zu Homer IV 121 p. 1488, 21 *bg ix rov xaza 
^eXtfvijv x6<Xfiov Tisoovoav Hat a$&i$ 8s avto ajvra- 
yrjvat avzijv (sc. die Helena) iftv&svoavzo , sjiei- 
Sav dt* ixsivris xai Atoc ßovlal r}vvoih}oav). Zu 
"bemerken ist endlich noch, daß zu der hervor- 
ragenden Stellung der MtjztjQ in den gnostischen 
Systemen eine Parallele vorliegt in der Rolle, 
welche die Hekate in den sog. Oracula Chal- 
daica und in der späteren Ausgestaltung der 



orphischen Mysterien einnimmt (Kroll De ora- 10 terer persischer Spekulation läßt sich nach- 



Spekulationen (vgl. hier Usener Eh. Mus, N. F. 
58). Sowohl in Ägypten wie iü Babylon liebte- 

man es, die Götter in Triaden (von Vater, Mutter,. 
Sohn) anzuordnen. Näher noch lagen die Pa- 
rallelen auf syrischem Eeligionsgebiet (eine Drei- 
heit von Göttern in Hierapolis-Mabug [Lucian} 
de dea Syria 33, wahrscheinlich auch in Helio- 
polis-Eaalbek und in Edessa, Cumont Textes 
et Monuments I 207, 3). Auch eine Trias spä- 



culis chaldaicis 27f.). 

9. Zu diesen Gestalten des unbekannten Va- 
ters und der Mutter tritt dann in den verschie- 
denen gnostischen Systemen die Teiche Figuren- 
welt des gnostischen ,Pleroma' allmählich hinzu. 
Hier lassen sich kaum noch gemeinsame Grund- 
linien ziehen. Doch kehrt hier eine bemerkens- 
werte Gestalt in einer ganzen Reihe von Systemen 
wieder und kann deshalb zum wurzelhaften Be- 



weisen (Ormuzd, Spendarmad, Gayomard = Ur- 
mensch, Hauptprobleme 336). Aus der gnostischen 
Trias wurde dann leicht, indem auch der Sohn 
eine weibliche Syzygos erhielt, eine Tetras. Und 
nun konnte das Spiel endlos weiter gehen bis zw 
den ausgebildeten Systemen der Barbelo-G., der 
Valentinianer, der Pistis Sophia usw. (die ein- 
zelnen Systeme s.v.). In einigen, aber wenigen* 
Systemen wurde dabei die Anordnung der langen- 



stand der Spekulation der G. gerechnet werden. 20 Aeonenreihe in Syzygien ein beliebtes Mittel,. 
Das ist die Figur des Anthropos. So standen " ' .... 

im System der Barbelo-G. ursprünglich an der 



Spitze der unbekannte Vater, die Barbelo und 
der Anthropos. Erst in der Überlieferung ist 
an die Stelle des Anthropos der Christos ge- 
treten (Beweis : der Name des unbekannten Vaters 
HQOizavßQomos-, vgl. auch das nachmalige Wieder- 
kehren der Trias Autogenes, Aletheia, Adamas 
(Anthropos) im weiteren Verlauf des verwickelten 



Ordnung in die bunte Welt zu bringen. Mau 
mag sich dabei daran erinnern, daß die bekannte- 
babylonische Kosmogonie bereits mit derartigen 
Syzygien begann. Auch in ägyptischen Speku- 
lationen werden die Götter paarweise und nach 
dem Geschlecht geordnet (ähnlich aber doch anders 
die Ordnung im Sanchuniathon des Philo« von 
Byblos). Andere gnostische Systeme bevorzugen, 
andere Ordnungen. Gemeinsame Grundlinien lassen 



Systems, Iren. I 29, 3). Dasselbe gilt vom Sy- 30 sich hier kaum mehr ziehen. 



stem der ,Gnostiker', Iren. I 30. Der Kern der 
valentinianischen Ogdoas ist die Trias: Ilar^Q, 
'AAtj&sia, "Av&qcotws (Bythos und Sige sind wohl 
vorgeschoben, Logos und Zoe vielleicht unter 
johanneischem Einfluß in das System hinein- 
geraten; Hauptprobleme 163). Dieselbe Trias 
, Vater, Mutter, Urmensch' steht an der Spitze 
der manichäischen Theogonie. Die Gestalt dieses 
,Urmenschen' ist allerdings in den uns überlie- 



Die Vorstellung, daß man in der Welt und 
unter der Herrschaft der Sieben lebe, verband sich, 
ferner mit der Gedankenwelt des astrologischen 
Fatalismus. Der Gedanke an das unabwendbare 
Schicksal, die Eijuagfiivt) , als deren Repräsen- 
tanten die Sieben gelten konnten,, legte sich mit 
furchtbarem Druck auf das Bewußtsein (vgl. etwa 
hierzu Excerpta ex Theodoto 69n\, Hippolyts Aus- 
führungen über die Peraten, Pistis Sophia c. 111 



ferten gnostischen Traditionen durch die ver- 40 131— 133 usw.). So entstand die leidenschaft- 
^ an A* a ßoc*-H -w ;„ Ai~ v„*™: :„i,-_a™ liche g e h nsuc h ti f re i m wer den von der Herr- 

schaft der Sieben, von der Welt der Heimarmene 
(vgl. Reitzenstein Poimandres 68ff.). 

10. Infolge ihres Dualismus ist die gnostische 
Weltanschauung in ganz besonderem Maße auf 
den Erlösungsgedanken angelegt. Demgemäß 
nehmen Erlösungsmythen, Erlösergestalten ganz 
und gar das Zentrum in der gnostischen Speku- 
lation ein. Eine solche Erlösergestalt ist vor 



wandte Gestalt der in die Materie versinkenden 
Prunikos-Sophia verdrängt und vollständig sche- 
menhaft geworden; fast nur der Name hat sich 
gehalten. Eine Ausnahme macht nur die uns 
in Hippolyts Philosophumena überlieferte , aus 
heidnischer G. stammende Lehre der ,Naassener ( . 
Nur aus ihr können wir entnehmen, welch eine 
Rolle diese Figur vielfach in der gnostischen Phan- 
tasie gespielt hat. Dafür begegnet uns diese in 



reinerer und deutlicherer Ausprägung noch auf 50 allem die des Urmenschen. Welche Bewandnis 



dem Boden der rein heidnischen G., im Poiman- 
dres des hermetischen Corpus und in der wirren 
und phantastischen Literatur, die mit dem Namen 
Bithys, Zosimus, Iamblichos umschrieben werden 
kann (Reitzenstein Poimandres 102ff.), nicht 
zum wenigsten auch im manichäischen System. 
(Auf die besondere Ausgestaltung dieser Speku- 
lation im pseudoclementinischen Schriftenkreis und 
in späteren jüdischen Spekulationen mag nur im 



es auch mit dem Ursprung und der Herkunft 
dieser in der Religionsgeschichte so ungeheuer 
weit verbreiteten Figur haben mag, ihr Sinn und 
ihre Bedeutung in der gnostischen Spekulation 
ist klar. Aus der Lehre der Naassener wie aus- 
dem Poimandresmythus im Corpus Hermeticuni 
und aus dem Urmenschenmythus des Manichäis- 
mus geht das ganz deutlich hervor. Der Ur- 
mensch ist ein himmlischer Aeon, der in der Ur- 



Vorübergehen hingewiesen werden, Hauptprobleme 60 zeit in die Materie hinabsank, hin abgelockt wnrdfr 



171ff. 194ff.; über Herkunft und ursprüngliche 
Bedeutung der Lehre vom Urmenschen: Haupt- 
probleme 215ff. 

So tritt, bald mit geringerer, bald größerer 
Deutlichkeit an die Spitze der gnostischen Sy- 
steme eine Trias : Vater, Mutter und Sohn. Auch 
hier zeigen sich die Spuren ursprünglichen kon- 
kreten Polytheismus in der Welt der gnostischen 



bezw. durch feindliche Mächte besiegt und fest- 
gehalten wurde. Mit seinem Fall oder seiner 
Besiegung begann die Schöpfung, die widernatür- 
liche Vermischung disparater Welten. Aber vor» 
Urmenschen heißt es dann auch, daß er den 
Weg in die oberen himmlischen Welten gefunden 
hat oder befreit ist. So wird die Geschichte des 
Urmenschen zu einem wirksamen Symbol für das 



Geschick aller der zur höheren Welt Berufenen, 
die jetzt hier unten in Finsternis und Verderben 
schmachten. Nebenbei sei bemerkt, daß der My- 
thus vom Urmenschen auch in die Attismyste- 
rien übergegangen ist. Die Liebe des Attis zur 
Nymphe wird auf das Versinken des Urmenschen 
in die Materie, seine durch die Göttin gewirkte 
Verschneidung auf dessen Befreiung aus der 
Sinnenwelt gedeutet (Reitzenstein 82f. Haupt- 
probleme 184ff.). 

Eine Parallelfigur ist die der in die Materie 
versinkenden Sophia. Nur haben wir es hier nicht 
mit der einen Gestalt der versinkenden Göttin 
zu tun, sondern mit einem Erlöserpaar oder dem 
Mythus von der Befreiung der versunkenen Göttin 
durch den Erlösergott. Was nämlich die Be- 
richte der Kirchenväter von der Befreiung der 
Sophia (Pruuikos) durch den Christus oder (bei 
den Gnostikern) von der Erlösung der Achamoth 



spät das Haus des Agenor und das Brautgemach 
des Kadmos (Nonn. Dionys. XL 346ff.) und feierte 
das Fest der Entführung der Europa (der Abend 
des Tages hieß xaxtj öxptvrj. Malal. Ohron. p. 31). 
Das ist das Milieu, aus dem die Erzählungen von 
Simon-Helena, vom Soter und der Achamoth er- 
wachsen sind. 

Noch ein dritter Typus eines Erlösungsmythus 
begegnet im Gebiet der G. : Der Erlöser ist eine 
10 himmlische Gestalt, die vom Himmel auszieht, 
die bösen Mächte der Tiefe und der Finsternis 
zu bekämpfen. Unerkannt und mit mächtigen 
Zaubennitteln ausgerüstet steigt er durch die ver- 
schiedenen Welten der Finsternis hinab, er kämpft 
mit den Mächten der Finsternis und entreißt ihnen 
das Geheimnis ihrer Macht, oder wird von dem 
Ungeheuer der Tiefe verschlungen und tötet es 
von innen heraus. (Motiv des babylonischen Mar- 
duk Tiämatmythus). Am deutlichsten tritt diese 



durch den Soter (bei den Valentinianern , vgl. 20 Gestalt hervor in dem Mändä d' Haje bezw. dem 

den Erlösungsmythus der Pistis Sophia) berichten, n:wi v;™ä j„_ j.::__v™ o__u_i^.„ ta — j 

das hat mit der Erlösergestalt des historischen 
Jesus und der durch ihn vollzogenen Befreiung 
ursprünglich wenig oder gar nichts gemeinsam. 
Ursprünglich lag hier ein konkreter Mythus, der 
von der Befreiung einer verschwundenen oder ge- 
raubten Göttin durch den Erlösergott und ihrer 
darauf erfolgenden Hochzeit handelte, vor. So 
heißt es in der Überlieferung bei Hippolyt (Ke- 



Hibil-Ziwä der mandäischen Spekulation (6. und 
8. Traktat des Genzär.). Auch der Urmensch im 
manichäischen System trägt die Züge dieser Ge- 
stalt, nur daß er hier nicht der siegende, son- 
dern der besiegte Heros ist. Spuren dieses Mythus 
aber finden wir auch bei den im engeren Sinne 
gnostischen Erlösergestalte)). Das unerkannte 
Hinabfahren durch die Welten der Dämonen mit 
Hilfe der mächtigen Zauberformeln, der Kampf 



tut. VI 34), daß der valentinianische Soter mit 30 mit den dämonischen Mächten hat sich hier viel- 



der Sophia (Achamoth) siebzig Söhne (Himmels- 
götter) zeugte! (Vgl. Genaueres Hauptprobleme 
260ff.; ein schwacher Nachklang dieses Mythus 
im Brief an die Epheser 5, 25—32). Dieser My- 
thus ist dann in der G. spekulativ und mystisch- 
praktisch umgestaltet, man fand auch in ihm 
(Genaueres unten) das wirksame Symbol für die 
selige Hoffnung der Gnostiker. Ein derartiges 
Erlöserpaar bilden übrigens auch Simon und 



fach gehalten (Hauptprobleme 239f.). Vor allem 
gehört die Erlösergestalt in der , Perle' der Acta 
Thomae — als solche hat man sie neuerdings 
richtig erkannt (Preuschen Zwei gnostische 
Hymnen 1904, 45ff.) — die ausgesandt wird, die 
Perle dem Drachen zu rauben, in diesen Znsammen- 
hang. Und dieser Mythus ist es, der deutlich 
und erkennbar in den christlichen Ausmalungen 
der Hadesfahrt Christi weiterwirkt (Hauptpro- 



Helena ; und da wir als Prototyp der Helena die 40 bleme 257fi\). Wir werden vielleicht nicht fehl- 



Gestalt der verschwindenden (geraubten) Mond- 
göttin erblicken durften, so werden wir auch in 
dem Gottbefreier einen bestimmten Gott (Sonnen- 
heros?) vermuten dürfen. Man hat vermutet, 
daß es etwa in Tyrus eine Sage gegeben habe, 
nach welcher Melkart auszieht, die verlorenge- 
gangene Astarte wiederzusuchen (Duncker Ge- 
schichte d. Altertums & I 330, in Anlehnung an 
Movers Kombinationen). Doch ist ein solcher 



ehen, wenn wir alle diese Erzählungen und Spe- 
Eulationen auf den Mythus von dem täglich in 
die Dunkelheit hinabsinkenden und nach dem 
Kampf mit den Dämonen der Finsternis siegreich 
emportauchenden Sonnengott beziehen. 

11. Diese Erlös ungsmythen hängen auf das 
engste mit der anthropologischen und soteriolo- 
gischen Grundanschauung der G. zusammen, mit 
denen man zum eigentlichen Kern der gnostischen 



Melkartmythus nicht nachweisbar. Vor allem 50 Religion gelangt. Für die ganze Bewegung cha- 



wird hier die Kadmos-Europa-Harmonia-Legende 
herangezogen werden müssen, (Kadmos [vielleicht 
in Zusammenhang zu bringen mit a-tp, Adam 
Kadmonai, Urmensch] sucht die verlorene Schwe- 
ster Europa, heiratet die Harmonia ; die verloren 
gegangene und wiederaufgefundene Göttin ist hier 
in zwei Figuren, Schwester und Braut, gespalten), 
Sidon scheint der Hauptsitz dieses Mythus ge- 
wesen zu sein, vgl. [Lucian] de dea Syria 4. 



rakteristisch ist hier zunächst die Trennung der 
Menschengeschlechter in zwei prinzipiell geschie- 
dene Klassen, deren eine den höheren Lichtfunken 
in sich trägt, deren andere ganz dieser niederen 
sinnlichen Welt angehört. Diese Überzeugung 
teilt eigentlich die G. mit allen ausgebildeten 
Mysterienreligionen (Trennung der Menschen in 
Eingeweihte und Nichteingeweihte). Sie ruht 
auch bei ihr, wie in den Mysterienreligionen, 



Athen. XIV 77 p. 658 ; besonders wichtig für die 60 wesentlich auf der Grundlage ausgebildeter sa- 

postulierten Zusammenhänge Lucian. a. a. O. Hier t -~ i - 1 ™ ü -= i-i--;* /- -^ -l-i * ~v„_ 

wird ein Heiligtum der Astarte in Sidon erwähnt, 
'Aozdgtijy ö' iytb Sox£ü> ^eZtjrairjv fyftsvat ■ mg 
ös ftot rig Ttöv igeo>v äzyyhzo, Evqüjwjs iazi zf}; 

Kä&fiov ädeXtpsqs bisidtj xe dtpavijg kyeyovtEV, 

oi <Potvtx£i z$ vtj<p hiprjoavTO xai Xoyov uqov 
&t avzjj els^av. Aber auch in Tyrus ist der 
Mythus zu lokalisieren. Hier zeigte mau noch 



kramentaler Frömmigkeit (s. u.), bekommt aber 
dann in dem Dualismus der G. eine fundamen- 
tale Begründung und eine besonders scharfe prin- 
zipielle Ausprägung. Besonders schroff wird diese 
Anschauung von Satomil ausgesprochen (Iren. I 

24, 2 duo enim genera plasmata esse ab an- 

gelis dixü) ; auch in der heidnischen G. des Cor- 
pus Henneticum (vgl z. B. im Corpus Henneticum 



\J UVBiO 



J 10, 19 [niete] die Ausführung über die prinzipiell 
verschiedenen Seelen, ymx^t svoeßfe und aosfäs ; 
besonders aber die lehrreichen Ausführungen im 
xgaryo [4] darüber, daß nicht alle Menschen den 
vovg besitzen und dieser nur durch das Mysterium 
des ßcumofide erworben wird). Dieser Hochmut 
der Gnostiker, mit dem sie sich als siaideg 
üeov über alles, auch über Dämonen und Götter 
erhoben dünken, tadelt Plotin (a. a, 0, § 5). 



phia mit dem Soter in der himmlischen Hochzeit 
vereinigt wurde, so sehnt sich der Gnostiker nach 
der Vereinigung seiner Seele mit den Engeln des 
Soter. Auch die Lehre vom Urmenschen bekommt 
ihre anthropologische Wendung, die in diesen Zu- 
sammenhang hineingehört. Der in die Materie 
versinkende und aus ihr sich wieder emporhebende 
Urmensch wird zum Symbol der gnostischen Gläu- 
bigen, deren höheres Wesen ebenfalls in diese 



Es ist eine spät eintretende Vermittelungstheo- 10 niedere Sinnlichkeit gefesselt ist und sich aus 
i™; ™nn m* ^lw;«;™^^ a^„i„ r™i „ b ihr zu befreien strebt. Besonders deutlich kommt 

das im Poimandresmythus (Corpus Hermeticum 
1, 15) zum Ausdruck (xal dia tovto — wegen 
seiner Abstammung vom *Av$Q<»jiog — Ttagä utavxa 
ra im yfjg £ä>a btjzlovg sozir 6 av&QWJios, {hijrog 
fth $ta %q Gtöjia, äddvajog 6s öta tov oiraitodi] 
ävß(>(ojTov). Auch die Ausführungen der Naas- 
sener (Hippolyt. V 7ff.) und dann später die mani- 
chäische Religion bewegen sich in derselben Grund- 



logie, wenn die valentinianische Schule (vgl. k. B. 
Excerpta ex Theodoto 56) zugunsten eines er- 
träglichen Verhältnisses mit der organisierten 
Kirche die Dreiteilnng in Pneumatiker, Psychiker, 
Hyliker einführte und so den Gläubigen deT 
Kirche eine gewisse Mittelstellung und die wenig- 
stens teilweise Erreichbarkeit des Seligkeitszieles 
zugestand. (Außerhalb der valentinianischen 
Schule findet sich diese Dreiteilung nur in spä- 



teren Weiterbildungen gnostischer Systeme : bei 20 idee. Diese Anthropologie erfährt bei einer Reihe 

nan "Wflooc'jaTHiTFri Ri tvtw\1 tt+ "P/vfn4» \T fi. Vt«! T-*-in4-in Mn ^ n i^A^. C»U AM 1_ _: T. J-„_ Tr __i* 



den Naassenern Hippolyt. Refut. V 6 ; bei lustin. 
ebd. V 27 p. 230, 81ff). Und wie das Menschen- 
geschlecht in (ursprünglich) zwei streng getrennte 
Klassen zerfällt, so birgt auch der fromme Gno- 
stiker zwei verschiedene Wesenheiten in sich, 
eine höhere, aus der Welt des Lichts und des un- 
bekannten Vaters stammende, und eine niedere, 
dieser schlechten körperlichen Welt der Finster- 
nis angehörige, aus der jene höhere Wesenheit 



gnostischer Sekten noch eine besondere Kompli- 
kation, die mit der Lehre von den sieben welt- 
schöpferischen planetarischen Mächten zusammen- 
hängt. Man nahm an, daß die Seele des Men- 
schen bei ihrem Herabsinken in die Welt der 
Materie durch die sieben Planetensphären be- 
stimmte Eigenschaften niederer Art von den ein- 
zelnen Planetengötter q annehme und erst mit 
diesen Kleidern und Hüllen in den Leib eingehe. 



sich nur mühsam befreien kann. Wie aber ist 30 Astrologischer Glaube an den Einfluß der Ge- 



es überhaupt zu dieser Zwiespältigkeit im Wesen 
der Menschen gekommen ? Wie ist ursprünglich 
jene höhere Wesenheit, der Lichtfunke (Unw&rjQ), 
in den irdischen Menschen hineingekommen? 
Darauf antwortete ein weitverbreiteter Mythus 
von der Schöpfung des Menschen, in welchen sich 
spezifisch gnostische Phantasien mit platonischen 
(Timaiosmythus) und alttestamentlichen (Genesis 
1—2) Einflüssen verbanden. Der Leib des Men- 



stime auf den Charakter des Menschen hat sich 
hier mit einer supranatnralen Anthropologie ver- 
bunden. Die Lehre hat eine übeT die G. hinaus- 
gehende Verbreitung gehabt. Beim Vergilscho- 
liasten Servius (Aen. VI 714, vgl. XI 51; vgl. 
die Parallelen bei Arnobius adv. nat. II 16. 28) 
werden die betreffenden Spekulationen auf die 
.Mathematici', doch wohl chaldäische Astrologen, 
zurückgeführt. (Schmekel Philos. d. mittleren 



sehen ist danach aus der Materie von den weit- 40 Stoa 112, 130 führte die Stellen auf Varro, in 



schöpferischen Mächten (den Sieben) gebildet. 
Und in den hilflos am Boden liegenden Leib ist 
dann aus der oberen Welt der göttliche Funke 
hineingekommen. Die schöpferischen Engel wußten 
nicht, wie das geschehen sei, oder : der Demiurg 
hat, von der Sophia veranlaßt, das höhere himm- 
lische Pneuma dem Menschen eingeblasen, ohne 
zu wissen, was er tat ; jedenfalls hat so der Mensch 
von Anfang an ein höheres Wesen in sich, als 



direkt auf Poseidonios zurück; seine Ableitung 
ist starken Zweifehl begegnet ; vgl.Agahd Jahrb. 
f. klass. Philol. Suppl. XXIV 1898, 107ff. Viel- 
leicht ist Cornelius Labeo als die gemeinsame 
Quelle anzusehen, Kroll Berl. philol. Wochenschr. 
1906, 487. Cumont Relig. orientales 1906, 294). 
Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Ma- 
crobius im Somnium Scipionis I 11. 12. Inner- 
halb der G. begegnet man den Spuren der Lehre 



seine leiblichen Schöpfer. Dieser Mythus be- 50 an vielen Orten. Die Darstellung des Mythus 



gegriet uns überall in mannigfachen Variationen 
bei den verschiedenen Sekten wieder, selbst noch 
bei den Mandaern (Iren. I 24, 1 [Satornil]. 30, 
6 [Gnostiker]. Clem. ström. II 8.36 [Valentin]. 
Iren. 15, 6; vgl. Excerpta ex Theodoto ). 2. 
50ff. [Valentinianer]. Hippolyt, Refut. V 7 [chal- 
däischer Mythus; vgl. die Zosimus - Parallele 
Reitzenstein Poimandres 104]. Brandt Man- 
däische Schriften 190). Auch der Manichäismns 



vom Anthropos im Poimandres ist ganz und gar 
auf diese Anschauung gegründet. Von tiqoociq- 
rtjuara der Xoytxy tpvyy\ redete Basilides (Clem. 
Alex. Strom. II 20, 112), vgl. Valentin (II 20. 
114); des Basilides Sohn Isidor schrieb ein Werk 
TitQi noootpvovg yvzTjs (ebd. II 20, 113), dem ent- 
spricht in der Pistis Sophia die breit ausgeführte 
Lehre von dem ovrifuftov ^rsv^ux (c. 111. 131-133). 
Auch die Lehre des Bardesanes ist hier heran- 



zeigt einen Einschlag dieser Gedanken in dem 60 zuziehen, nach welcher der Mensch ,einen Leib von 

Gewebe seines phantastisch-barbarischen Schöp- J — ** -:--o--i-_ .. i. «• ». . i. .w^..i 

fungsmythus (Hauptprobleme 471). Bei den Va- 
lentinianern sind die Gnostiker der Same, den 
die Sophia empfing, als sie den Soter oder dessen 
Engel schaute (Iren. I 4, 5. 5, 1. 6, Excerpta 
ex Theod. 26 [to dwupegov ojieQfta]. 53 u. ö.). Durch 
Vermittlung des Demiurgos ist dieser Same in 
die niedere Welt eingegangen, und wie die So- 



dem Bösen, eine Seele von den Sieben' hat (Ephraem 
Hymn. 53 p. 553 E). Selbst im Manichäismua hat 
die Annahme der doppelten Seele noch eine be- 
sondere Rolle gespielt (Hauptprobleme 367f.). Be- 
merkenswert ist, daß dieselbe Meinung auch bei den 
Neuplatomkern erscheint (vgl. die aus Hacrobius 
zitierte Stelle; Cumont Rel. orient. 309. Kroll 
Oracula Cbaldaica 51, 2. Hauptprobleme 364, 2). 



iöai unosis 

12. Im engsten Zusammenhang mit alledem 
steht die religiöse Praxis der G. Diese ist vor 
allem un&'in erster Linie Mysterien-Praxis. Ihrer 
ganzen Art. nach gehört die G. völlig in den Um- 
kreis der Mysterien-Religionen hinein. Was sie 
verkündet, ist kein Wissen im Sinne der Philo- 
sophie oder gar deT Religionsphilosophie, son- 
dern religiöse geheimnisvolle Offenbarungsweisheit. 
Zwischen G. und Pistis haben die Gnostiker ur- 
sprünglich keinen Unterschied gemacht; erst der 10 
Vermittlnngstheologie des Valentinianismus eignet 
er (Liechtenhan a. a. O. 98ff.). Die Gnostiker 
berufen sich für die Autorität ihrer Offenbarung 
auf alte geheimnisvolle Schriften, auf Propheten 
mit barbarischen Namen und uralte Prophetieen, 
auf eigene Visionen und ekstatische Zustände 
(Liechtenhan Die Offenbarung im Gnosticis- 
inus 5—43). Mau teilt den Mysten diese ge- 
heimnisvolle Weisheit mit und scheidet streng 
zwischen dem exoterischen und dem esoterischen 20 
Wissen (besonders charakteristisch Brief des Ptole- 
maeus an "Flora, Epiph. Haer. 33, 7), Man wahrt 
das Geheimnis der Außenwelt gegenüber: Si 
■bona fide quaeras, concreto vultu, suspenso super- 
cÜio, Ältum est, aümt (Tertull. adv. Valent. c. 1), 
Hippolyt rühmt sich, daß er in den Stand gesetzt 
ist, die viele Jahre verborgene geheime Lehre 
der Peraten enthüllen zu können (Refut. V 12). 
Inhalt der gnostischen Offenbarungs Weisheit aber 
ist fast ausschließlich die Erlösung und Befreiung 30 
aus der bösen Welt der körperlichen Sinnlichkeit, 
der Finsternis und der Bedingtheit durch die 
Herrschaft der Gestirnmächte. Die Erlösung aber 
vollzieht sich nicht — wenigstens nicht für die 
breite Masse der Gnostiker ■ — durch den Einsatz 
des persönlichen Glaubens oder des philosophischen 
Wissens, sondern in erster Linie durch die reli- 
giöse Praxis der geheimnisvollen Handlung (der 
Sakramente). Die gnostische Religion ist eine 
durch und durch vom Sakrament beherrschte 40 
Religion. Die Berichte der Kirchenväter lassen 
hier allerdings vielfach im Stich, sie haben sich 
für diese Seite der G. weniger interessiert und 
blieben am Äußerlichen der gnostischen Speku- 
lationen mit ihren Aeonenwesen hängen. Auch 
wird ihnen tatsächlich infolge der ängstlichen 
Behütung des Geheimnisses vielfach eine klare 
Anschauung nicht zu Gebote gestanden haben. 
Dennoch sind Ausnahmen vorhanden: der vor- 
zügliche Bericht des Irenaens über die Markosier 50 
(I 13. 21), die Excerpta ex Theodoto 69ff.. die 
Nachrichten des Celsus und des Origenes über die 
,Ophianer' (namentlich c. Celsum VI 31 vgl. 22), 
die Fragmente des Elxaibuches (Hippolyt. Refut. 
IX 13ff.), geben schon ein deutlicheres Bild. Hin- 
zukommen uns erhaltene gnostische Original- 
stücke : die liturgischen Stücke der Acta Thomae, 
vor allem die Berichte der Pistis Sophia und der 
sog. koptischen Jeubücher, endlich auch die Über- 
lieferung, die wir vom Sakramentswesen der Man- 60 
däer besitzen. Im Zentrum der gnostischen Reli- 
gion und im unmittelbaren Zusammenhang mit 
der gnostischen Grundanschauung stehen jeden- 
falls diejenigen sakramentalen Handlungen, durch 
welche der scheidenden Seele des Gnostikers die 
sichere Auffahrt durch die Himmel (der Planeten- 
fursten) zu dem Wohnort des höchsten unbekannten 
Gottes garantiert werden soll. Zu diesem Zweck 



UÜOS13 



i'öaa 



werden den Mysten die geheimnisvollen Namen der 
Dämonen mitgeteilt, die Formeln, mit denen sie 
jene anzureden haben, um sicher bei ihnen zu 
passieren, die Symbole, heilige Zeichen, welche 
sie vorzuzeigen haben, gegeben (vgl. besonders 
Origenes c. Celsum VE 31, zweites (koptisches) 
Jeubuch ; Parallelen in den Mithrasmysterien ; c. 
Celsum VI 22. D i e t e r i c h Eine My thrasliturgie, 
1903; auch in den Oracula Chaldaica Kroll 50ff. 
Bousset Archiv f. Religionsgeseh. IV 263ff. ; 
fast der gesamte Stoff bei A n z Ursprung des 
Gnosticismus). Mit diesen Mitteilungen der ge- 
heimnisvollen Namen, Formeln und Symbole mag 
sich dann oft die Vorwegnahme einer solchen 
Himmelfahrt der Seele in der Ekstase ange- 
schlossen haben. Der Myste wurde in die Kunst 
eingeweiht, sich bereits in diesem Lcibesleben 
in der Verzückung zum höchsten Himmel zu er- 
heben. Für die Mithrasmysterien läßt sich das 
nachweisen (Dieterich Mithrasliturgie) ; auch 
die hermetischen Gnostiker kennen eine solche 
in der Ekstase sich vollziehende Erhebung der 
Gläubigen, Corpus Hermeticum c. 13; inner- 
halb der G. finden wir noch manche darauf hin- 
deutenden Spuren (über die Valentinianer vgl. 
Iren. II 30, 7. III 15, 2; über die Naassener vgl. 
Hippolyt. Refut. V 27 p. 230, 76; pseudoclem. 
Recogn. 2, 61). Auch andere und bekanntere 
Sakramente rücken in den Dienst dieser Vor- 
stellungen ein. Vor allem gilt die heilige Weihe 
der Taufe als das Mittel, durch welches die 
Seele den ihr nachstellenden Dämonen entgehen 
könne. Von ihrem Sakrament der anolvzootaig 
(einer höheren geistigen Taufe) behaupteten die 
Markosier: öta yag tt)v wtoXvTQcooiv dxQartjrovg 
Kai aoqaxovg yiveo&at rö> xqittj (Iren. I 13, 6, 
vgl. Exe. ex Theod. 22. 81). Dieselbe Idee liegt 
vor — nur mehr vom Standpunkt des astro- 
logischen Fatalismus aus angesehen — wenn es 
Excerpta ex Theod. 78 heißt, daß die Taufe von 
der Macht der Gestirne befreie. Vor allem macht 
das Ölsakrament (die Ölsalbung) die Seele un- 
angreifbar den Dämonen gegenüber, die den 
himmlischen Wohlgeruch des Öles (Iren. I 21, 3) 
nicht ertragen können (Acta Thomae c. 157, 
vgl. c. 132. Acta PMlippi c. 144). Eine Öltaufe 
als Sterbesakrament, vi incomprehensibües et 
invisibiles prineipibus etpotestatibus fiant, kennen 
die Markosier, Iren. I 21, 5. Der Anschauung, 
daß die Seele bei ihrem Abstieg aus der Sphäre 
der Archonten Kleider und Hüllen (Anhängsel) 
niederer Wesenheit annehme, entspricht ,das 
Mysterium der Beseitigung der Bosheit der 
Archonten^ (eine Art Taufe, vgl. II Jeu c. 44. 
48). Auch die obszönen Mysterien, welche Epiph. 
Haer. 26, 4. 9 (vgl. 21, 4. Iren, 131, 2) beschreibt 
und auf die hier nur kurz verwiesen sei, dienen 
dem Zweck der Sicherung der Auffahrt der Seele. 
Bei den Valentinianern war die Vorstellung 
nachweisbar, daß der Gnostiker, um zur Voll- 
endung zu kommen, sich mit seinem Engel, wie 
die Braut mit dem Bräutigam, verbinden müsse. 
Vorbildlich ist dabei die Ehe der Achamoth mit 
dem Soter. Demgemäß läßt sich nun auch bei 
ihnen ein Sakrament des Brautgemachs {wwpdiv) 
bezw. des jrvevfiaTtxog yäfiog nachweisen (Iren. I 
21, 3; vgl. Hippolyt. Refut. V 8 p. 164, 86f. über 
die Naassener). Der Myste wurde ins Brautgemach 



geführt und erlebte hier seine , Vereinigung' mit 
dem himmlischen Bräutigam. Es scheinen sogar 
noch Fragmente einer Liturgie des Mysteriums 
des sivevfiazixog yapos — allerdings in einer 
entstellenden Überarbeitung — erhalten zu sein 
(Iren. I 13, 2. 3). Ja möglicherweise hat bei 
diesem Sakrament noch der Phallus irgend eine 
Rolle gespielt (Tertull. adv. Valentin. 1 und 
dazu Dieterich Mithrasliturgie 125). 



Bedeutung und kultischen Wert bekommen. 
Andererseits finden wir auch direkt Ubertini- 
stische Sekten mit kommunistischem Einschlag 
(Adamiten, Prodikos, Karpokratianer). Die spä- 
teren großen gnostischen Schulen (Basilides^ 
Valentin, Pseudoclementinen usw.) nehmen eine 
vermittelnde Haltung mit starker asketischer 
Tendenz ein (vgl. Corpus Hermeticum VII u. ö.). 
So finden wir in der G. wie in der sich eben- 



Auch m den mannigfaltigen Tauf riten( Wasser- 10 falls in der Richtung der Askese entwickelnden 



taufe, Ölsakrament) wie in den eucharistischen 
Gebräuchen findet sich viel Eigentümliches und 
religionsgeschichtlich Wertvolles. Das in der 
christlichen Überlieferung mit der Taufe eng 
verbundene Sakrament der Versiegelung (Brand- 
markung), das hier zur Sitte des über dem Täuf- 
ling zu machenden Zeichens bezw. der Nennung 
des Namens abgeschwächt ist, begegnet uns hier 
noch in seiner ursprünglichen reinen Gestalt. So 



genuinen christlichen Kirche die verschiedensten 
Schattierungen nebeneinander. Die Linien laufen 
hier so ineinander, daß es unsicher bleibt, ob- 
wir z. B. bei den apokryphen Apostelakten spezi- 
fische G. oder gern ein christliche Askese vor uns 
haben. Gemeinsam ist aber der gesamten G. die 
absolute Verwerfung jedes Gedankens an leibliche 
Auferstehung und die entschlossene Annahme des 
durch griechische und orientalische Einflüsse be- 



pflegen die Karpokratianer ihre Mysten am rechten 20 dingten Ideals der Befreiung der Seele (des höheren 



Ohrlappen zu brandmarken (Iren. I 25, 6. Epiph. 
Haer. 27, 5, vgl. Clemens Alex. ecl. prophet. 25 
auf Grund der Zeugnisse des Heracleon). Eine 
große Rolle spielt die Versiegelung in den koptisch- 
gnostischen Schriften, vgl. Hauptprobleme 287 
(Parallelen in den Mithrasmysterien Tertull. 
praesc. haeret. 40; Stigmatisierung bei den Syrern 
im Kult von Hierapolis, Lucian de dea Syria 
59). Bei einer Reihe gnostischer oder halb- 



Bestandteils der Menschen) vom Leibe. 

Natürlich findet sich endlich bei der fort- 
geschrittenen und entwickelten G. eine Vertiefung 
des Begriffes yvwoig (ursprünglich mysteriöse, 
offenbarte Weisheit) und eine Überwindung des 
rein oder vorwiegend sakramentalen Charakters 
der gnostischen Religion. Die geheimnisvolle 
Weisheit entwickelt sich zu dem, was wir Welt- 
anschauung und Erkenntnis nennen können; aus 



gnostischer Sekten ist der Taufkultus überhaupt 30 den Theosophen und Mystagogen werden wenigstens 

fast ein und alles geworden und das Element ^ 1U ~ TTL - 1 •—- TT - J 3 - ™~* J ---- f 

des Wassers eine verehrungswürdige Gottheit. 
Zu vergleichen sind hier die Nachrichten über 
die Elkesaiten; die verschiedenen jüdischen, 
samaritanischen judenchristlichen Taufsekten, die 
Mandäer, ferner derpseudoclementinische Schriften- 
kreis (für die Verbreitung des Taufritus spricht 
sein Vorkommen selbst in den Kreisen der so 
stark h eilen isierten hermetischen Gnostiker; vgl. 
den xQaxTjQi c. 4 des Corpus Hermeticum). — Eine 40 



Fülle von Material für die Geschichte des Tauf- 
sakraments und der mit der Taufe vielfach ver- 
bundenen Sakramente (Versiegelung, Namen- 
nennung), für die mannigfachen Auffassungen und 
AVertungen dieses Sakraments ist hier gegeben. 
Ganz eigenartige sakramentale Handlungen liegen 
übrigens noch in den koptisch-gnostischen Schriften 
(Pistis Sophia, Jeubücher) vor. 

13. Mit dem Mysterienkultus und der duali- 
stischen Grundanschauung ist weiteT die praktisch- 50 (vgl. o. die bestimmten Nachweise einer vorchrist- 



halbe Philosophen. Und die Erkenntnis kann 
dann wohl als ein wertvolleres Gut gelten als 
alle Sakramente. Excerpta ex Theodoto 78: 
eouv 6e ov ro kovtQov (xövov to Eksv&SQOvv, aXla 
xai -fj yvwaig - tiveg rjfisv, zi yeyovafiev, Fj Ttov 
£V£ßXr}-{fa)fi£V szov ojzevöo/iizv , jiö&sv kvTQovftzd-a 
xi ysvvrjotg, xl ävaysvvrjatg (vgl. einige Markosier 
bei Iren. I 21, 4 und den hermetischen Ausspruch 
in Zosimos' Buch Q, Reitzenstein 103), 

14. So stellt sich die G. in erster Linie als 
eine synkretistische Erscheinung auf dem Boden 
der sicli auflösenden antiken Religionswelt dar, 
die sich fast ohne irgend welchen Seitenblick auf 
die christliche Religion betrachten läßt. Das ist 
zugleich der beste Beweis dafür, daß die gesamte 
Erscheinung tatsächlich nicht als ein Seitenzweig 
des Christentums anzusehen ist. Sie war vor 
diesem vorhanden und hat sich als eine schon 
ausgestaltete Religion mit diesem amalgamiert 



sittliche Grandanschauung der G. gegeben. Sie 
ist eine im wesentlichen asketische. Doch ist die 
praktische Haltung der Gnostiker keineswegs 
uniform. Eine absolut asketische Haltung (Ver- 
bot der Ehe, Verbot des Genusses von Fleisch 
und Wein) ist uns nur bei einigen Gnostikern 
überliefert (Satornil, Marcion, ein Teil der Archon- 
tiker, Epiph. Haer. 40, 2; vgl. Hippolyt. Refut, 
V p. 370; Severianer, Tatian, Enkratiten), Bei 



liehen gnostischen Religion). Dagegen scheint 
die Beziehung der gnostischen Sekte zum Juden- 
tum bereits vorchristlich zu sein, die alttestament- 
lichen Einflüsse tiefer zu liegen, als die neutesta- 
mentlichen. So hat Brandt (Relig. d. Mand.) 
seiner Zeit nachgewiesen, daß die Auseinander- 
setzung des Mandäismus mit dem Judentum 
älter sei als die mit dem Christentum. So hat 
Reitzenstein (Poimandres) in der Darstellung 



andern Gnostikern ist die Askese in Libertinismus 60 der Naassener bei Hippolyt die neutestament- 



umgeschlagen. Doch hat der hier nachweisbare 
(Epiph. Haer. 21. 25. 26, vgl. Iren. I 31, 2 
II. Buch Jeu c. 43) obszöne und widernatürliche 
Geschlechtsverkehr teilweise wiederum den End- 
zweck, die natürliche Fortpflanzung des Menschen- 
geschlechts aufzuheben und so die Befreiung von 
der Materie herbeizufuhren, so daß die unzüch- 
tigen Handlungen hier geradezu sakramentale 



liehen Einflüsse leicht ausscheiden können, aber 
nicht die alttestamentlichen. Die Polemik gegen 
den Judengott als den obersten der , Sieben' 
(ebenfalls erst eine spätere Eintragung, s. o.) 
erweist sich hier und da als noch nicht vom 
Christentum bestimmt, vielmehr erscheint Jalda- 
baoth-Sabaoth noch deutlich als der Herr des 
den Völkern verhaßten und die Völker hassenden 



1525 



Gnosis 



Unosis 



1526 



Judentums; der nationale Gegensatz ist der be- 
stimmende (Lren. I 24, 2 [Satornil]. I 24, 3 [Ba- 
siÜdes]). Die Identifikation der gefallenen Göttin 
(jiaQ&evog Barbelo, Prunikos) mit der Sophia, 
Achamoth und gar dem Spiritus Sanctus erklärt 
sich aus dem vorchristlichen Antagonismus gegen 
das Judentum. Namentlich kann die hier voll- 
zogene Degradation des Spiritus Sanctus (aus 
Gen. 1 erklärlich) nicht als ein Gedanke der 
christlichen G. begriffen werden. Die Berührung 
der G. mit dem Judentum war aber freilich eine 
vorwiegend feindliche; immerhin hat das Juden- 
tum (namentlich durch die Erzählungen des Alten 
Testaments) schon vor dem Aufkommen des 
Christentums seinen Beitrag zu dem großen 
Synkretismus der G. geliefert. 

15. Dagegen haben G. und Christentum sich 
sehr bald nach dem Aufkommen des letzteren 
mit magnetischer Kraft gegenseitig angezogen. 
Diese Anziehung ging von einem bestimmten 
Punkt aus, nämlich von dem Erlösungsgedanken 
der neuen Religion und der christlichen Erlöser- 
gestalt. Wesentlich an diesem Punkt ist die 
Berührung erfolgt. Eine ganze Reihe gnostischer 
Sekten haben nichts anderes getan, als daß sie 
die Erlösergestalt Jesus irgendwie in ihr System 
einstellten. Die Amalgamierung der beiden Reli- 
gionen war dabei eine recht äußerliche und die 
Verbindungsnähte sind leicht zu erkennen. So 
läßt sich noch nachweisen, daß bei einigen 
gnostischen Sekten (Barbelognostiker I 29, 1. 
Gnostiker 130,1) der Xgiazog einfach an die Stelle 
der spezifisch gnostischen Figur der "Ar&gojrog 
getreten ist. Im valentinianischen System ver- 
raten von den Aeonen der Ogdoas Aoyog und Zt»r) 
vielleicht spezifisch johanneischen Einfluß. Kein 
äußerlich sind in der späteren Gestalt der Lehre 
die beiden spezifisch- christlichen Figuren Xgioxog 
und üvevfxa äytov dem System der 30 Aeonen 
angehängt. Am deutlichsten aber zeigt sich das 
künstliche Flickwerk in der Darstellung des Voll- 
zuges der Erlösung durch die historische Gestalt 
Jesu von Nazareth. 

Denn der gnostischen Religion war die spezi- 
fisch christliche Idee einer auf der Höhe der Ge- 
schichte sich vollziehenden Erlösung und eines 
in bestimmten geschichtlichen Zusammenhängen 
stehenden Erlösers fremd und unerreichbar. Die 
genuin gnostischen Erlösungsmythen spielen in 
der Urzeit, Am deutlichsten ist das in der Reli- 
gion der Mandäer; die Besiegung der bösen Mächte 
durch Man da d'Haje oder Hibil Ziwä geschieht 
in der Urzeit. Der Mythus im Poimandres vom 
Hinabsinken der Urmenschen und seiner Befrei- 
ung spielt am Anfang der Welt. Die manichäi- 
schen Erlösungsmythen liegen im Anfang alles 
Weltwerdens : wo es sich darum handelte, die Per- 
son Jesu in diesen Zusammenhang einzuschieben, 
ließ man durch ihn die Uroffenbarung an Adam 
kommen oder identifizierte ihn mit der erlösenden 
Macht des .dritten Gesandten', die den seit Ur- 
zeit fortdauernden Erlösungsprozeß leitet (Haupt- 
probleme 273). Für den geschieh tlichen Er- 
lösungsgedanken war hier überall kein Raum. 
Dasselbe ist nun auch, genau besehen, bei der 
G. im engeren Sinn der Fall. Und besonders 
deutlich tritt die künstliche Einfügung der ge- 
schichtlichen Erlösergestalt Jesu in ein vorhan- 



denes System bei den Gnostikern des Irenaeus 
und den Valentinianern heraus. Der ursprüng- 
lich hier heimatberechtigte Mythus von der Be- 
freiung der Sophia durch ihren Bruder Christos 
(Anthropos) oder der Achamoth durch den Soter 
und dem isgog ydfiog der beiden hatte mit der 
Gestalt Jesu von Nazareth gar nichts zu tun (s. 
o.), so wenig wie bei den Simonianern die Figuren 
des Simon und der Helena. Die künstliche Kom- 

10 pilation, die hier stattfand, wird daran deutlich, 
daß das Erlösungsdrama sich nun in zwei voll- 
ständig getrennten Akten vollzieht. Zunächst 
vereinigt sich bei den Gnostikern des Irenaeus 
(I 30) der Christos mit der Sophia. Die beiden 
werden sponsus und sponsa (30, 12). Lose ange- 
hängt ist dann die Erzählung von der Vereinigung 
des schon mit der Sophia geeinten Christus mit 
der menschlichen Gestalt Jesu (bei der Taufe). 
Die Valentinianer sprachen es ganz deutlieh aus, 

20 daß der eigentliche, für sie in Betracht kommende 
Erlösungsakt, das eigentliche Mysterium in der 
Vereinigung des Soter mit der Sophia vorliegt, 
dem wirkungskräftigen Symbol für die Vereinigung 
der Gläubigen mit ihren Engeln , die sich im 
Sakrament des Brautgemachs vollzieht. Ausdrück- 
lich wird gesagt, daß die Vereinigung des Soter 
mit Jesus und das durch diese Verbindung er- 
möglichte Erscheinen des Soter auf Erden nur 
um der ,Psyehiker' willen vor sich geht (Iren, I 

30 6, 1) ; d. h. ihre ganze ,Christologie* nach dieser 
Richtung hin erscheint als Konzession an die 
katholische Kirche. Noch deutlicher ist es, wenn 
die Valentinianer bei Hippolyt behaupten , daß 
der auf Erden erschienene Jesus seinem Wesen 
nach nur von der Sophia und dem Demiurg 
stamme (Refut. VI 35 p. 286, 89ff.), und wenn 
sie in der Aufzählung der ,drei Erlöser' den Soter, 
welcher die Achamoth befreit, bestimmt von dem 
durch Maria geborenen Jesus unterscheiden (Refut. 

40 VI 36). Ähnlich liegen die Verhältnisse in der 
Pistis Sophia. Ein Mythus von der in der Ur- 
zeit geschehenen Befreiung der Pistis Sophia durch 
den Befreier (Soter?) ist hier auf Jesus von 
Nazareth adaptiert und zum Teil in die Zeit seines 
Er den wandeis verlegt. Daher die verworrene Dar- 
stellung des Erlösungsprozesses mit seinen schein- 
baren Wiederholungen (Hauptprobleme 271ff.). 
Wenn so oft in der gnostischen Darstellung der 
Erlösung aller Akzent auf das Hinabfahren des 

50 Erlösers durch die Welten der feindlichen Dämonen 
und deren Besiegung durch ihn gelegt wird, so 
erklärt sich das wiederum durch die Annahme, 
daß hier die Erzählung von dem mythischen mit 
den Ungeheuern der Tiefe kämpfenden urzeitlichen 
Erlöser (Typus : Mändä d'Haje, Urmensch bei den 
Manichäem) mit der Gestalt Jesu kombiniert ist. 
Alles was man Doketismus der Gnostiker nennt, 
und die ganze verzwickte Christologie der Valen- 
tinianer, ist schließlich nichts anderes als der 

60 immer wiederholte Versuch, zwei ganz verschiedene 
Auffassungen von Erlösung in der G. und im 
Christentum aufeinander zu reduzieren. Die An- 
schauung von der wirklichen Bedeutung der Ge- 
stalt Jesu von Nazareth ist dabei regelmäßig zu 
kurz gekommen. Nur etwa im mar cioni tischen 
System haben wir eine ernstliche, aber verzerrte 
Würdigung der Bedeutung seiner Erscheinung, 
16. Es erhebt sich endlich die Frage, wie die 



zwei verschiedenen Beligionssysteme der G. und 
des Christentums, die durch eine gewisse Ver- 
wandtschaft an einigen wenigen Punkten magnet- 
Ärtig sich gegenseitig anzogen, sich in der weiteren 
Entwicklung der Dinge beeinflußt haben. 

Einen mächtigen Einfluß hat jedenfalls das 
Christentum auf die Bewegung der G. ausgeübt. 
Die vorchristliche G. scheint sich auf kleine, 
sektenartige, in der Weise der Mysterienvereine 
abgeschlossene Kreise beschränkt und keinen 10 
weiteren nennenswerten Einfluß ausgeübt zuhaben. 
Erst indem die G. die Gestalt des Erlösers des 
Christentums in den Umkreis ihrer Gedanken auf- 
nahm und sich mit dem christlichen Erlösungs- 
gedanken amalgamierte , gewann sie wirklich 
historische Bedeutung. Erst auf diesem Boden 
wuchsen die großen einflußreichen Schulen und 
Schalsysteme. Erst hier bekam sie namhafte 
Führer und Schulhäupter. Während ihr früheres 
Stadium im großen und ganzen dadurch charak-2(l 
terisierfc ist, daß die verschiedenen — sich viel- 
leicht wenig voneinander abhebenden — Gruppen 
einfach als Gnostiker (Barbelognostiker, Ophiten 
usw., vgl. die Mandäer) bezeichnet wurden, und 
an einzelnen Namen uns etwa nur Simon (Helena, 
Dositheus usw.) begegnen, hören wir nun von 
Schulen des Basilides, Satornil, Karpokrates, 
Valentin (und seiner Schüler) , Bardesanes usw. 
Ja Marcion gründet sogar, während den übrigen 
Richtungen der Schulcharakter und damit die 30 
Tendenz auf Anschluß an die Großkirche erhalten 
blieb, eine eigene Kirche mit besonderem Kanon 
und besonderer Verfassung, die in manchen Gegen- 
den in erfolgreicher Weise mit der katholischen 
Kirche rivalisieren konnte. Dieser allmähliche 
Einfluß der christlichen Kirche zeigt sich auch 
vor allem in der Geschichte der gnostischen Litera- 
tur. Auf der ersten Stufe der Entwicklung be- 
gegnen wir einer bunten phantastischen Litera- 
tur: eigenen Erzeugnissen der gnostischen Sekten, 40 
Visionen und Offenbarungen orientalischer Pro- 
pheten (Schriften unter dem Namen des Jalda- 
haoth, Epiph. 26,8; Apokalypsen des Zoroaster, 
Zostrianos, Nicotheos, Offenbarungen des Barkab- 
bas und des Parchor (Barkoph usw. wahrschein- 
lich = Pakor, persischer Name), Apokalypsen des 
Cham (wahrscheinlich = Zoroaster, Hauptprobleme 
S69ff.)i de s Seth (ebenfalls wahrscheinlich = 
Zoroaster, Hauptprobleme 378ff.), Elxaibuch. Da- 
neben beginnt die Pseudepigraphie zu blühen. 50 
Durch Schaffung alttestam entlicher und neutesta- 
m entlicher Pseudepigraphen sucht man innerhalb 
der christlichen Kirche die Offenbarungen der G. 
zu legitimieren (apokryphe Evangelien, apokryphe 
Apostelakten ; besonders beliebt sind Offenbarungen 
<ler Frauen: Evangelium Mariae, große und kleine 
Fragen der Maria usw.). Dabei waltet das un- 
verkennbare Bestreben ob, durch irgendwelche 
Fiktion (mündliche Geheimtradition, geheime Offen- 
harungen Jesu in der Zeit zwischen Auferstehung 60 
und Himmelfahrt) diese Offenbarungsbücher der 
G. gegenüber den in der Großkirche verbreiteten 
Schriften als diejenigen hinzusteilen, welche erst 
die eigentlichen und höchsten Offenbarungen ent- 
halten (Liechtenhan 46ff.). Allmählich hat 
man sich dann mehr und mehr der genuinen 
christlichen Literatur zugewandt. Wemi Basili- 
des TSgijytjTixd zu den .Evangelien' schrieb, so 



UliOSlB idzo 

wird er (vgl. die Ausdrucksweise Iustins des 
Märtyrers) eben die in kirchlichten Kreisen an- 
erkannten (drei oder vier?) Evangelien dabei im 
Auge gehabt haben. Die valentinianische Schule 
operiert in ihrem Schriftbeweis mit unseren Evan- 
gelien, auch mit dem vierten, doch mögen die 
Beweise aus dem vierten Evangelium erst einer 
späteren Schicht der Überlieferung angehört haben 
(hiezu Schwartz Götting. gel. Nachr. 1908, 125. 
133ff.). Herakleon schreibt einen von Origenes 
achtungsvoll behandelten Kommentar zum vierten 
Evangelium. Welchen Eindruck dieses Verfahren 
der Gnostiker machte, daß sie mit anerkannten 
kirchlichen Schriften ihre Lehre zu beweisen be- 
gannen, ist aus Irenaeus Prooemium und aus 
dem Tatbestand zu ersehen, daß er in umfang- 
reichen Partien seines Werkes den Schriftbeweis 
der Valentinianer behandelt, Marcions Evangelium 
war ein überarbeitetes Lukasevangelium. Es ist 
sogar möglich (doch nicht bewiesen), daß Marcion 
durch Hinzufügung der Paulusbriefe der Groß- 
kirche in der Bildung eines neutestamentlichen 
Kanons vorangegangen ist. 

Selbst die Stellung zum Alten Testament er- 
mäßigte sich allmählich. Der Antijudaismus der 
G. ist zwar, wie wir sahen, wurzelhaft und gehört 
bereits zu dessen vorchristlichem Bestände. Das 
kann man am besten daraus ersehen, daß in der 
Würdigung des Alten Testaments noch ein Unter- 
schied gemacht wird zwischen Gesetz und Pro- 
pheten, and zwar zu Gunsten des ersteren (nach 
Basilides stammt das Gesetz vom Demiurgen, die 
Propheten von den Archonten Ire«. I 24, 5, vgl. 
die Stellung der Gnostiker I 30, 11, vom Satan 
stammende Prophetieen gar bei Satornil nach 
Iren. I 24, 2). Diese Stellung zum Alten Testa- 
ment ist vom christlichen Standpunkt aus un- 
begreifbar, erklärt sich aber unter der Annahme, 
daß hier samaritanische oder jüdisch häretische, 
vorchristliche Einflüsse weiterwirken, und hat tat- 
sächlich ihre Parallele in der Stellung der Juden- 
christlichen G. zum Alten Testament (z. B. er- 
kennt die Grundschrift der Pseudoclementinen 
nur das Gesetz, nicht die Propheten an). .Aber 
allmählich erweicht sich selbst diese fundamen- 
tale gegensätzliche Stellung der G. zum Alten 
Testament. Namentlich geschah das wieder in 
der Valentinianischen Schule. Und zwar scheinen 
die Valentinianer in dieser Stellungnahme zum 
Alten Testament vorangegangen zu sein (es muß 
in dieser Frage scharf zwischen einer bloßen Be- 
einflußung der G. durch die alttestamentliche 
Literatur und deren Behandlung als heiliger oder 
teilweise heiliger Schrift unterschieden werden). 
Die Valentinianer des Irenaeus geben zu, daß 
manches im Alten Testament von dem ansQfia 
(7irevfj,aTtit6v) und der Mutter (Achamoth), manches 
andererseits vom Demiurg stamme (Iren. I 7, 3). 
Sie heginnen sich auf Stellen des Alten Testa- 
ments zu berufen und diese zu allegorisieren, 
d. h. als heilige Schrift zu behandeln (viele Be- 
weise im Sehriftbeweis der ptolemäischen Schule 
bei Irenaeus, HippoL Refut. VI 55. Eicerpta ex 
Theodoto 2. 47. 50 u. ö.). Besonders in dem 
Brief des Ptolemaeus an die Flora ist im starken 
Gegensatz gegen Marcions Auffassung eine der- 
artige maßvolle und besonnene Position entwickelt, 
daß diese selbst för Anhänger der Großkirche 



1529 



Gnosis 



Gnosis 



1530 



zum Teil annehmbar erscheinen konnte (über die 
Stellung der Gnostiker zur Schrift vgl. Heinrici 
Valentinianische Gnosis u. d. hlg. Schrift, Berlin 
1871. Liechtenhan Die Offenb. im Gnostiz. 
69—83. Schwartz a. a. O. 133E). 

17. Infolge dieser veränderten Stellungnahme 
wurde nun der gnostische Schulbetrieb von neuen 
Schwierigkeiten bedrückt. Es galt, in ganz 
anderem Maße die gnostischen Spekulationen 
gegenüber den jetzt auch hier im großen und 10 
ganzen anerkannten ,heiligen' Schriften der Groß- 
küche — namentlich des Neuen Testaments — 
zu rechtfertigen. So ist es leicht erklärlich, daß 
gerade die Gnostiker die ersten waren, die nun 
die Kunst der ,allegorischen' Erklärung auch auf 
das Neue Testament ausdehnten (vgl. die kühne 
Behauptung der Valentinianer, daß Jesus einiges 
vom Soter, einiges von der Mutter, einiges vom 
Demiargen eingegebene geredet habe, Iren. I 7, 3 ; 
theoretische Begründung der Allegorese auch in 20 
den Evangelien Exe. ex. Theod. 66; über die 
Theorien und Prinzipien der gnostischen Allegorese 
Liechtenhan 71ff.) , und daß nun gerade von 
Gnostikern die ältesten Kommentare (Basilides, 
Herakleon) zu Evangelien Schriften angefertigt sind. 

Im ganzen scheinen diejenigen Gruppen der 
Gnostiker, bei denen einmal der Verschmelzungs- 
prozeß mit dem Christentum vorgegangen war 
— mit Ausnahme des Marcion — Wert auf ihre Zu- 
gehörigkeit zur offiziellen christlichen Gemein- 30 
schaft gelegt zu haben. Wider ihren Willen hat 
man die Valentinianer aus der Kirche herausge- 
drängt (Tertull. de praescr. haer. 30. Iren. III 
15, 2; über andere Sekten vgl. Liechtenhan 
45, 1). Die für die spätere Ausbildung der G. 
charakteristische Unterscheidung zwischen esoteri- 
scher und exoterischer Religion erleichterte ihnen 
das. Wie dieser Gesichtspunkt praktisch gehand- 
habt wurde und wie man mit seiner Hilfe der 
gnostischen Religion ein verhältnismäßig unschul- 40 
diges und unanstößiges Gepräge geben konnte, 
zeigt am besten der Brief des Ptolemaeus an Flora. 
Durch die dreifache Unterscheidung der Menschen 
in Gnostiker, Psychiker und Hyliker und durch 
weitgehende Konzessionen an die Psychiker (die 
katholischen Christen) versuchten namentlich die 
Valentinianer mit der Großkirche ihren Frieden 
zu schließen. 

Dennoch erhält man von dieser ganzen Kom- 
promiß- und Vermittlungstheologie der späteren 50 
Gnostiker den fatalen Eindruck einer vergeblichen 
und hoffnungslosen Sisyphusarbeit. Es waren 
doch zwei unvereinbare Dinge: die von orientali- 
schen Mythologien vollkommen durchsetzte, auf 
dem Fundament des schroffsten materialistischen 
Dualismus sich erhebende Religion der G. und 
die auch von den Phantasien der jüdischen Escha- 
tologie mehr und mehr sich abwendende junge 
aufstrebende Religion des Christentums! Freilich 
war es auch später für Männer wie Clemens und 60 
Origenes schwer, von ihrer mit philosophischer 
Weltanschauung vermittelten religiösen Erkennt- 
nis die Brücke zum christlichen Gemeinde- und 
Laienglauben hinüberzuschlagen, und sie haben 
in Anlehnung an die gnostischen Häretiker auch 
ihrerseits den Ausweg aus den Schwierigkeiten 
in der Annahme einer esoterischen und einer eso- 
terischen Religion und in der Unterscheidung von 



G. und Pistis gefunden. Aber was sich hier voll- 
zog: die Amalgamierung der religiösen Anschau- 
ung der späteren antiken Philosophie, die seit 
der mittleren Stoa (Poseidonios von Apamea) in 
steigendem Maße wirklich religiöse Elemente in 
sich aufgenommen, mit dem Geist der christlichen, 
die materialistisch -jüdische Eschatologie allmäh- 
lich abstreifenden Religion — war eben kein aus- 
sichtsloses Bemühen. Hier fanden sich zwei 
Geistesmächte, die trotz aller Divergenzen zu- 
einander hinstrebten und aufeinander angewiesen 
waren, allmählich zusammen und schlössen ein 
Bündnis von weltgeschichtlicher Tragweite und 
Bedeutung. Demgegenüber standen jene Gnostiker 
trotz aller Versuche, sich von Phantasmen und 
Mythus zu befreien, auf einem verlorenen Posten. 
Das Christentum ließ sich in der dumpfen und 
schwülen Atmosphäre, aus der die G. hervorging, 
nicht halten. Es ist ganz gewiß richtig, daß. 
man die späteren Schulhäupter der Gnostiker 
nicht nur beurteilen soll nach ihren komplizier- 
ten Systemen, aber man darf sie auch nicht nur 
nach einigen wenigen Fragmenten religiöser und 
sittlicher Äußerungen von hochstehender geistiger 
Art beurteilen und dabei vergessen, daß wir hier 
Blüten sehen , die doch auf einem sumpfigen 
Terrain gewachsen sind. 

18. Von hier aus läßt sich zum Schluß die 
Frage beantworten, wie weit die Erscheinung der 
G. fördernd und bestimmend in den Entwicklungs- 
gang der christlichen Religion eingegriffen habe. 
Dieser Einfluß war in erster Linie ein mehr 
negativer und nur mittelbarer. Die G, hat die 
christliche Kirche gezwungen, sich zur Abwehr zu 
konsolidieren. Sie repräsentiert die Hemmungen, 
welche sich einer gesunden Entwicklung entgegen- 
stemmten , aber auch Hemmungen entbinden Kraft. 
Wenn sich die katholische Kirche des 2. Jhdts. 
in ungeahnt rascher Weise organisierte und kon- 
solidierte , sich eine einheitliche und zusammen- 
hängende Verfassung (in der Gemeinschaft der 
Bischöfe) schuf, wenn sich der Begriff eines Be- 
kenntnisses und einer Bekenntniskirche bildete, 
wenn ein Kanon heiliger Schriften abgegrenzt 
wurde, so war die G. indirekt bei alledem von 
gewaltigem Einfluß, so wie das Meer die Küsten- 
bewohner zwingt. Dämme aufzuwerfen (dabei ist 
auch ein direktes Vorangehen der G. in dieser 
und jener Richtung [erstmalige? Schaffung eines 
neutestamentlichen Kanons durch Marcion j nicht 
ausgeschlossen). 

Der direkte Einfluß der G. auf den geistigen 
Entwicklungsgang der Kirche darf dagegen nicht 
überschätzt werden. Vor allem darf man die 
Gnostiker kaum als erste Theologen oder Religions- 
philosophen des Christentums betrachten , als 
hätten sie vor allen andern das Christentum 
erstmalig im Rahmen einer Weltanschauung dar- 
gestellt und so die Intellektualisierung (akute 
Hellenisierung) des Christentums herbeigeführt. 
Die Versuche, das Christentum in den Rahmen 
einer Weltanschauung einzuspannen, sind so alt 
wie dieses selbst. Schon die jüdische Apokalyptik 
ist gar nichts anderes, als Weltanschauung, in 
welcher jedes Ding und jeder Vorgang seinen be- 
stimmten Platz bekommt. In dem Maße, als 
das Christentum sich von der jüdischen Apoka- 
lyptik emanzipierte, wurde in ihm das Bestreben 



iOOl 



unosis 



Gnosis 



1532 



lebendig, sich am Ganzen einer (neuen) zusammen- 
hängenden Weltanschauung zu orientieren. Den 
gewaltigsten Fortschritt über das Evangelium Jesu 
hinaus repräsentieren hier bereits Paulas und 
Johannes, so fragmentarisch und so voll unbewußter 
Genialität die hier vorliegenden Anschauungen 
auch noch sind. Die Logosspekulation der Apolo- 
geten läuft den Systemen der G. parallel und 
ist ihr nicht etwa nur mühsam nachgefolgt, zu- 
mal wenn man sich vergegenwärtigt, daß letztere 10 
ursprünglich nichts anderes als phantastische, auf 
Vision und Ekstase und geheimnisvoller Tradition 
beruhende Mysterienweisheit war und erst bei 
den Ausläufern der Bewegung von einem energi- 
schen Erkenntnisstreben geredet werden darf. 
Nicht hat die G. die Forderung eines intellek- 
tuellen Ausbaues der Religion zum erstenmal und 
schöpferisch erhoben, sondern sie hat die Frage an 
das Christentum gestellt, ob dieses sich mit orien- 
talischer — allerdings spiritnalisierter — Mytho- 20 
logie und grobkörnigem Dualismus vermählen 
wollte, oder mit einer andern Weltanschauung. 
Sie hat so indirekt das entschlossene Bündnis 
zwischen der religiös gewordenen spätgriechischen 
Philosophie und der christlichen Religion be- 
schleunigt und mittelbar zur Genesis der großen 
alexandrinischen Theologie beigetragen. Aber sie 
hat das Bündnis nicht geschaffen, nur durch den 
Gegensatz befördert. Man tut den meisten Gnosti- 
kern zu viel Ehre an , wenn man sie Theologen 30 
und Religionsphilosophen nennt; man wird sie 
besser unter die Mystagogen und Theosophen ein- 
reihen. Und selbst ihre großen Schulhäupter 
haben die Eierschalen der Vergangenheit nicht 
abstreifen können, es sind Gestalten, die auf der 
Grenzscheide von Neuem und Altem stehen blieben, 
und nicht Männer der Zukunft, die ihrer Zeit 
vorauseilten. 

19. Dennoch wird sich ein positiver Einfluß 
der G. an gewissen Punkten und eine Antizipation 40 
der später stattfindenden Entwicklung durch sie 
nicht leugnen lassen. Indem die G. von vorn- 
herein und von ihren vorchristlichen Ursprüngen 
an der Religion des Judentums in ihrer gesetz- 
lichen und nationalen Beschränktheit feindlich 
gegen übertrat, dagegen von der Erlösangsreligion 
des Christentums sich gewaltig angezogen fühlte, 
hat sie innerhalb des Christentums das Bewußt- 
sein von der geistigen Überlegenheit und dem 
besonderen Charakter der christlichen Religion 50 
gegenüber der jüdischen klarer herausgestaltet 
und gefördert. An diesem Punkt kann man allen- 
falls hier und da von religionsphilosophischen Be- 
trachtungen der G. sprechen. Freilich hat sie 
sich, indem sie den Gegensatz überspannte, auch 
wieder des Einflusses in jener Richtung zum Teil 
hegeben. Und Marcion hat mit seiner genialen 
Betonung des prinzipiellen Unterschicds der Reli- 
gionen des gerechten und des guten Gottes die 
Großkirche eher wieder dazu gedrängt, die Unter- 60 
schiede zwischen alttestamentlicher und neu- 
testamentlicher Religion zu verwischen. Auch 
mit ihrer Ablehnung der urchristlich jüdischen 
Eschatalogie und ihrer prinzipiellen Vergeistigung 
aller Zukunftshoffnung hat die G. die Entwick- 
lung der griechischen (morgenländischen) Kirche 
antizipiert. Denn hier fand sie sich, abgesehen 
von ihrem schroffen Dualismus, in Übereinstim- 



mung auch mit der späteren von der Philosophie 
bestimmten griechischen Frömmigkeit, mit der 
das Christentum mehr und mehr ein Bündnis ein- 
ging. In der Niederwerfung des Montanismus, 
in der Zurückdrängung der geistigen Einflüsse 
eines Buches wie der Apokalypse, in der Escha- 
tologie wie sie Clemens und Origenes entwickelt, 
ist die griechische Kirche ' zagend und zögernd 
die Bahn gegangen, welche die Gnostiker ihr 
entschlossen voraufgingen. Und auf der andern 
Seite hat sich gerade in gnostischen Kreisen die 
sakramentale Frömmigkeit ausgebildet, die später 
noch in die Kreise der Großkirche einziehen und 
an beherrschende Stelle rücken sollte. In und 
mit der G. ist zuerst das antike Mysterienwesen 

— diese Erneuerung uralter Motive materialisti- 
scher, auf unterster Stufe stehender Frömmigkeit 

— in seiner reichen Mannigfaltigkeit und bunten 
Phantastik in das Christentum eingezogen, 

Auch mit jenem Ineinander überstiegener as- 
ketischer Geistigkeit und krassesten sinnlosen 
Glaubens an wirksame Dinge and Mittel hat die 
G, die künftige Entwicklung inauguriert. Und 
zuletzt hat auch ihre Christologie , diese künst- 
lichen Versuche einer Vereinigung der Gestalt 
des Erlösers der christlichen Religion mit über- 
kommenen mythischen Erlösergestalten, in cha- 
rakteristischer Weise die spätere Entwicklung 
vorweggenommen , bis auf die einzelnen Formeln 
(man vgl. die weitverbreitete Bekanntschaft mit 
dem Terminus 6[ioovoio$ : z. B. Corpus Hermeti- 
cum I 10). 

In einem Punkte ist die vtfm griechischen 
Intellektualismus und Optimismus bestimmte 
Frömmigkeit der morgenländischen Kirche genau 
den entgegengesetzten Weg gegangen als die G. 
Sie hat den Pessimismus und Dualismus dieser 
Religion schroff abgelehnt, sie hat im Bunde mit 
der zum Neupiaton ismus sich gestaltenden antiken 
Frömmigkeit trotz aller Neigung zu Askese und 
Mönchtum den Glauben mit aller Energie fest- 
gehalten, daß diese sinnliche Welt aus Gottes 
Hand hervorgegangen und wenn auch niederen 
Wesens, so doch voll seiner Güte und Herrlich- 
keit sei. Ja sie hat sich eigentlich immer ent- 
schlossener einem in der Grundlage rationalen 
Optimismus und Moralismus zugewandt, in dessen 
Grundgewebe die Gedanken von Sünde, Erlösung 
und sakramentalen Gnadenmitteln nur einen ge- 
wissen Einschlag bildeten. Es ist von hier aus 
gesehen kein Zufall, daß in der Gestalt des Mani- 
chäismus orientalischer Dualismus und orienta- 
lische Mythologie noch einmal erobernd nach 
Westen drangen und gerade ernstere und tiefere Ge- 
müter gewaltig anzogen, so lang, bis sein größter 
Bestreitet' Augustin sich zunächst mit Hilfe des 
Neuplatonismus von ihm losrang und zugleich 
dem Christentum eine neue geistige Tiefe er- 
schloß, durch welche der Moralismus und Opti- 
mus des morgenländischen Christentums über- 
wunden wurden. 

20. Literatur: A. Ne ander Genet. Entw. d. 
vornehmsten gnostischen Systeme, Berlin 1818. 
F. Ch. Baur Die christl. Gnosis in ihrer gesch. 
Entw., Tübingen 1835. E. W. Möller Gesch. 
d. Kosmologie in der grieelu Kirche bis Origenes, 
Halle 1860. R. A.Li peius Gnostizismus (urspr. 
in Ersch and Gröbere Encyklopädie), Leipz. 1860. 



1533 



Gtiosos 



Gnostiker 



1534 



^. W. King The Gnostic and their remains 18641. 
18872. H. L. Mansel The gnostic Heresies of 
ihe 1 a. 2 Centimes, London 1875. M. Joel 
Blicke in die Religionsgeschichte, Breslau 1880. 
Weingarten Umwandlung der uTspr. . christl, 
{iremeindeorganisation z. kathol. Kirche, Histor. 
Ztschr. v. Sybel N. F. IX 1881, 441ff. Th. Koff- 
mane D. Gnosis nach ihrer Tendenz u, Organi- 
sation 1881. K. Kessler Über Gnosis und alt- 
babylonische Relig. , Vortr. a. d. Orientalisten- 10 
kongreß, Berlin 1881. A. Hilgenfeld Ketzer- 
geschichte des Urchristentums, Leipzig 1884 
{ders. Ztschr. f. wissensch. Theol. 1890 I Der Gno- 
stizismns). W. Anz Zur Frage nach dem Ur- 
sprung des Gnostizismus , Leipzig 1897 (Teste 
und Untersuchungen XII 4). R. Liechtenhan 
Die Offenbar, im Gnostizismus, Göttingen 1901. 
C. Schmidt Plotins Stellung z. Gnostizismus u. 
kirchl. Christentum 1902 (Texte u. Untersuch. 
XX 4). E. de Faye Introduction ä l'etude du 20 
Gnosticisme, Paris 1903. G Krüger Art. Gno- 
stizismus TheoL Realenzyklop.3 VI 728ff. M. E. 
Buonaiuti Lo Gnosticismo, Storia di antiche 
lotte religiöse, Roma 1907. W. Bousset Haupt- 
probleme der Gnosis 1907. — Von allgemeinen 
Werken die geläufigen Kirchengeschichten (Kurtz 
I bearb, v. Bonwetsch, Möller. Müller), die Dog- 
mengeschichten (vor allen A. Harnack3I271ff. 
Loofs Seeberg). Gruppe Griechische Mytho- 
logie und Religion II 162ff. P. Wendland Helle- 30 
nistisch-römische Kultur, 1907, 161ff. A. Har- 
ri ack Die Mission u. Ausbreitung des Christen- 
tums 2 1906, 21 ff. — Werke über der Gnosis ver- 
wandte Gebiete: G. Anrieh D. antike Mysterien- 
wesen 1894. G. Wobbermin Religionsgesch. 
Studien 189G. W. Kroll De oraculis chaldaicis 
1894 (Berl. philol. Abb. VII). A. Dieterich Eine 
Mithrasliturgie 1903. R, Reitzenstein Poi- 
mandres, Leipzig 1904. F. Cumont Les reli- 
gions orientales dans le paganisme Romain 1906. 40 
Vgl. die Literatur zum Art. Mandäismus, Ma- 
nichäismus und die in diesem Art. zu § 2 und 
16 angeführten Werke. [Bousset.] 

Gnosos oder Onossos, Lucan. HI 185 (vgl. 
Catull. LXIV 171). Münzen zur Zeit der Kaiser 
Augustus und Tiberius, Mela II 7, 13. Plin. n. 
h. IV 59 u. a. Stellen lateinischer Autoren, s. den 
Art. Knosos. [Bürchner.] 

JVcoori/e, der ,Kenner, nur Xen. Cyr. VI 2, 59 
y. xaX eyyvrjt^ . gewöhnlich als Zeuge für eine 50 
ihm bekannte Wahrheit, der die Identität einer 
Person oder Sache bezeugt, erklärt. Richtiger 
faßt wohl L e i s i Der Zeuge im attischen Recht 
<Frauenfeld 1907) 4 n. 2 die hier genannten 
yvamfßes als ,Kenner der Kaufleute', d. h. eine 
Art von .Referenzen' auf. Mehr in dem Art. 
Mvritiü>v. [Schultheß.] 

rv<oorr}Q d/np6Stoy erscheint Pap. Oxy. I 43 
verso n 20 im Verzeichnis der Wachmannschaften 
von Oxyrhynchos aus dem Beginne des 4. Jhdts, 60 
n. Chr. (jedenfalls nicht lange nach dem 295 
n.^ Chr. datierten Recto geschrieben), IJaotcov At- 
dvfiov, xatoftsytüv eyyvs otxta{s} 'Iatd<oQov yveo- 
OTriQfog) afifpSöfopJ. Oxyrhynchos besaß, wie seine 
Papyri zeigen, sehr viele Straßen, äfiyodoi oder 
QVfial genannt; doch wird es für die Einheimi- 
schen nicht nötig gewesen sein, einen ständigen 
y. d. zu bezeichnen ; sondern dieser Isidoros wird, 



wie v. Wilamowitz Gott. Gel. Anz. 1898, 677 
mit Recht bemerkt hat, den Auftrag, die Straßen 
anzuweisen, mit Rücksicht auf die Einquartie- 
rungen erhalten haben, von denen das Recto zum 
J. 295 Kunde gibt. [Schultheß.] 

Gnostiker. Inhaltsübersicht: 1. Allge- 
meiner Überblick. — 2. Die ursprüngliche ,Gnosis 4 ; 
Verehrung der Muttergöttin. -— 3. Die Gestalt der 
Sieben. — 4. Die Frömmigkeit der ursprünglichen 
.Gnosis'. — 5. Schlangenkultus. — 6. Kainiten, 
Sethiten (Seth: Zoroaster). — 7. Verehrung des 
Urmenschen (Naassener). — 8. Das System bei 
Iren. I 30. — 9. Die komplizierteren Systeme : 
Barbelognosis bei Iren. I 29 und im Apokryphon 
Ioannis. — 10. Die Verwilderung der Gnosis: 
Pistis Sophia und koptisch-gnostische Schriften. 
— 11. Die Gnostiker des Plotin. — 12. Weitere 
Nachwirkungen; Bardesanes, Acta Thomae. — 
13. Der vorchristliche Grundcharakter, Literatur 
der Gnostiker. — 14, Heimat und Entwicklung 
der Bewegung. — 15. Literatur. 

1. Unter diesem Namen sollen hier die vielen 
kleinen Gruppen und Kult vereine der großen Be- 
wegung des Gnostizismus zusammengefaßt werden, 
die sich nicht unter der Führung namhafter Indi- 
vidualitäten zu besonderen und eigenartigen 
Schulen ausgewachsen haben. An ihnen hing 
wohl ursprünglich der Name G. (s. Art. Gnosis 
§ 1), und sie stellen im allgemeinen die älteste 
Schicht der gnostischen Bewegung dar. Ob lustin 
Sekten dieser Art bereits kannte und bekämpfte, 
steht dahin. In einer Quellenvorlage des Irenaeus 
wurden die G. im unmittelbaren Zusammenhang 
mit Valentin behandelt (Gnosis § 3). Was 
Irenaeus I 29—31 (29 Barbelognosis; 30 un- 
benannte Sekte [Sethiten? vgl. Theodoret. Haer. 
fab. I 14]; 31 unbenannte Sekte == Kainiten?) an 
Nachrichten bringt, zeigt uns die G. bereits in 
späterer Verwilderung. Iren. I 29 ist ein mit 
manchen Mißverständnissen beladenes Exzerpt 
einer gnostischen Schrift, die uns — aber auch 
hier wiederum in starker Überarbeitung — im 
Koptischen als Apokryphon Ioannis aufbewahrt 
ist (zum Teil übersetzt von C. Schmidt S.-Ber. 
Akad. Berl. 1896; und Philothesia, Paul Kleinert 
dargebracht 1907, 315—336). Dagegen tritt uns 
die , Gnosis' in einer relativ ursprünglichen Gfe- 
stalt in den Nachrichten des Celsus- Origenes (be- 
sonders des Celsus , vgl. c. Celsum VI 2 1 — 38) 
entgegen. Hippolyt hat in seinem (verlorenen) 
Syntagma (unter nr. 9—12, Rekonstruktion bei 
Hilgenfeld Ketzergesch. 59) die hierher ge- 
hörenden Nicolaiten (Gnostiker), Ophiten, Kainiten, 
Sethoiten behandelt, es sind also die entsprechen- 
den Abschnitte der Nachtreter des Hippolyt. 
Philastrius (c. 34), Ps.-TertuUiau (c. 2) und end- 
lich Epiphanius hier heranzuziehen. Mit Epi- 
phanius hat es eine besondere Bewandnis. Er 
bringt Haer. 25 die Nachrichten über die Nicolai- 
ten, dann Haer. 26 unter dem Titel Gnostiker einen 
eigenen Bericht (Anfang desselben 26, 3 Mitte) 
über eine Gruppe ägyptischer G. (Stratiotiker. 
Phibioniten, Barbeliten), der auf Autopsie beruht 
und sehr wertvolles Material enthält. Haer. 37. 
38. 39 behandelt er die Ophiten (unter teilweisem 
Anschluß an Irenaeus), Kainiten, Sethoiten, und 
bringt endlich Haer. 40 eine ebenfalls auf un- 
mittelbarer Kenntnis beruhende Beschreibung der 



1585 



Gnostiker 



Gnostikör 



153$ 



Archontiker, einer in Palästina (Armenien) zu 
seiner Zeit noch vorhandenen Sekte (vgl. Haer. 45, 
Severianer). In seiner Refutatio bringt Hippolyt 
("V 1 — 21) umfangreiche Quellenauszüge über die 
Sekte der Naassener (Ophiten); Peraten (= Ophi- 
ten, Kannten), Sethianer, die wieder eine ganz 
verwilderte Gnosis zeigen. Späteste Ausläufer 
dieser Bewegung repräsentieren endlich die Pistis 
Sophia und die übrigen von Schmidt (s. u.) 
edierten koptisch- gnostischen Schriften. 

2. Wenn wir diese Gnosis in ihrer ursprüng- 
lichen Gestalt fassen wollen, so halten wir uns 
am besten an die Berichte des Celsus -Origenes 
wie an Epiphanius Bericht über die Strationiker 
(Haer. 26) und namentlich über die Archontiker 
(Haer. 40; zu beachten ist, daß Celsus bei Ori- 
genes VI 27 (35) die von der Sekte verehrten 
sieben Geister, als ovo fiaC 6 jusvoi aQxovztxol be- 
zeichnet). Die Religion der Sekte dieser ,G. 
war in erster Linie und ha 
der großen Muttergöttin. 
<po>TEivfj, die oben in der Ogdoas im höchsten 
Himmel weilt {Epiph. Haer. 40, 2), die ii4\zv\q 
t&v £(bvrcov (Haer. 26,' 10); ^ «vö> dvva^ig rjv 
fiqTEQa (pdoxovatv aal &r}Uia.v (Haer. 39, 7); die 
MV t V9j auch die jzoq$£vg$, durch deren Anrufung 
die G. sicher an den Archonten vorüberkommen, 
Origenes c. Celsum VI 81. Sie ist das jzao&svt- 
xov jivsdfia (Apokryphon loannis, nach Schmidt 



Daß neben dieser Gestalt der jungfräulichen 

Muttergöttin die Gestalt des , Vaters' ganz ■ in> 
Dunkeln und im Hintergrande bleibt, ist selbst- 
verständlich und in sich deutlich. Sehnsucht der 
G. ist, in die himmlischen Kegionen zu kommen r 
ojiov tf fifam xätv Z<bvia>v f) . . . B<tQßt}k<ü Haer. 
26, 10 (ebd. der jiatrjQ x<öv ojLcov erst an zweiter 
Steile erwäbnt ; ähnlich schattenhaft steht in der- 
Pistis Sophia neben der Barbelo der äÖQarog jzazrjp 
10 Schmidt Koptisch-gnostische Schriften 1 233, 11. 
242, 28). Alles Leben stammt von der Jung- 
fräulichen' Mutter. Und hochbedeutsam ist es,. 
wie im sakramentalen Kultus dieser G. ihre Figur 
ganz im Vordergrund steht (s. Art. Gnosis § 8). 
Damit hängt es zusammen, daß z. B. noch die- 
Valentinianer die Achamoth mit dem Namen 
Hvqiog beehrten, während sie Jesus nicht xvQtog, 
sondern omfjQ nannten (Iren. I 1 , 3. 5 , 3. 
Seh wart z Gott. Gel. Nachr. 1908, 120, 1). Die 



t r in erster Linie und hauptsächlich Verehrung 20 Achamoth ist eben die im Zentrum des Kultus 
r c™ßAn Mn^raA^'n Sic ist die fi.T)T?ie stehende Gottheit, der Kult-Heros, xvqiog. 

Neben Vater und Mutter tritt dann vielfach 
der Sohn (vgl. Ttarr'iQ und vlog im Diagramm des 
Celsus-Origenes VI 38; identifiziert mit dem 
Xgiotög Epiph. Haer. 26, 10; vgl. Iren. I 29, 1. 
I 30, 1). Die Trias Vater, Mutter, Sohn war 
ebenfalls im Kult der .syrischen Göttin' heimisch 
(Art. Gnosis § 9). Aber auch der Sohn bleibt, 
.... wenigstens in den älteren Systemen, eine voll- 

Philothesia 322; vgl. II Jcubuch c. 52. S chmidt 30 ständig schattenhafte Figur, bis an diesem Punkt 
Koptisch-gnostische Schriften I 326, 24). Es läßt die Identifikation mit Christus eintritt und di& 
sich sehr wahrscheinlich machen, daß der bei christliche Erlösungsidee einzieht, Besonders ist 

hervorzuheben, daß sich in den ältesten Systemen 
der G. (vgl. die Nachrichten des Celsus; Epiph. 
Haer. 26. 38. 39. 40 [Archontiker]. Iren. I 31) 
von einem Gegensatz zwischen dem Pleroma und 
der aus diesem gefallenen Sophia, von der Idee 
eines mittleren Reiches der Sophia noch keine 
Spur findet. Die Ogdoas in der die Mjjztjq 



diesen Sekten oft für sie vorkommende Name 
Barbelos (Iren. I 29, 1. Epiph. Haer. 25, 2. 
26, 10. Philaster 33. Pistis Sophia s. Register 
bei Schmidt s. v. Barbelo) einfach Verstümme- 
lung von Ilae&erog ist (Bousset Hauptprobleme 
der Gnosis 14; vgl. die Verstümmelung Bagfavcog 
für Jla^&evas Epiph. Haer. 26, 1). So wird auch 
der sich öfter findende Name Noria (Philaster 40 neben dem Ilanjo weilt, ist der höchste Himmel 



Haer. 33 Barbelo venerantur et Xoriam; Noria 
Frau des Noah Epiph. Haer. 26, 1 ; Schwester 
des Seth Iren. I 30, 9) wahrscheinlich = nnj£ 
(Mädchen) sein. Andererseits ist sie in einem 
Zweig dieser Sekten die Prunikos, d. h. etwa die 
Wollüstige, die Hetäre (Epiph. 25, 4 ; vgl. 25, 2. 
Iren. I 29, 4. 30, 3. Epiph. 37, 3; Apokryphon 
loannis bei S c h m i d 1 329 vielleicht noch ursprüng- 
licher: , wegen des in ihr befindlichen {nvsvftaf) 
üiQovvtxov% Ganz so wie die vorderasiatische 50 



Muttergöttin kann sie bald als die hohe, lichte 
und reine Göttin, bald als die wilde Liebesgöttin 
(vgl. den Mythus von der Verführung der Archon- 
ten durch sie Epiph. 21, 2. 25, 2. 26, 1) ange- 
schaut werden. Beide Auffassungen stehen neben- 
einander: ÜQOvvtKov Tivog qeovoclv övrapiv n a g- 
dsvov,Q elsus bei Orig. VI 34. Von hier aus erklärt 
sich sofort, wie der Kult dieser Muttergöttin bald 
einen ernst asketischen, bald einen libertinistischen 



(Epiph. Haer. 25, 2. 26, 10. 39, 2. 40, 2; vgl. im 
zweiten koptischen Jeubuch die Stellung der Bar- 
belo, bezw. des xagdsvtxov nvevua im zwölften 
oder dreizehnten, d. h. höchsten Aeon,"c. 52. 
Schmidt 325f.). Auch wenn die M^ztjq als 
ÜQovvtxog aufgefaßt wird, so ist sie nicht die 
gefallene Göttin; sie ist ihrer Natur nach die 
große Hetäre und wird als solche in wildem, 
barbarischem Kultus verehrt. 

3. Unter der ,Mutter' stehen im ursprünglichen 



gnostischen System die sieben Archonten. Diese 
Sieben sind die (ursprünglich babylonischen) dämo- 
nisierten Planetengötter (s. Art. Gnosis § 6). 
Die Verehrung der vorderasiatischen Muttergöttin 
ist also in den ,gnostischen' Systemen mit der 
aus dem vorderasiatischen (babylonisch-persischen) 
Synkretismus stammenden Idee von den ,Sieben* 
verbunden. Die MrjzrjQ gilt dann im allgemeinen 
als die Mutter der Sieben (vgl. Origenes c. Cels. 
Charakter gewinnen konnte (Epiph. Haer. 40, 2). 60 VI 31. Epiph. Haer. 26, 10. 40, 2; die Stellung 
Erst in dfin snätprpn S/»hiVlifAn ^r r.^™ *»•_ der R U chä d' Qudschä [Nanirus] im mandäischen 



Erst in den späteren Schichten der Gnosis er- 
scheint dann die Mtjztjq, üag&evog, ÜQOvvtxog 
als die jüdische (von Christianisierung kann noch 
nicht einmal die Rede sein) Sophia, Rucba (Spiri- 
tus sanetus): Iren. I 29, 4. 30, 3. Apokryphon 
loannis bei Schmidt 329; .Pistis Sophia', vgL 
auch die Stellung der Sophia im Diagramm des 
Origenes VI 38 (vgl. Art. Gnosis § 8). 



System); später als die Mutter des Ersten und 
Höchsten unter ihnen, des Jaldabaoth (Iren, I 
30, 4f. Apokryphon loannis, Schmidt 329f. 
Iren. 1 29, 4. Epiph. Haer. 25, 2. 37, 3. Pistis 
Sophia c. 31). Soweit wir die ans bekannten 
gnostischen Systeme zurOckveriolgen können, 
tragen diese Archonten (zum Teil wenigstens) be- 



1587 



Gnostiker 



Gnostiker 



1538 



reits alttestainentliche Namen. Die sieben Namen 
Jaldabaoth ,- Jao, Sabaoth, Astaphaios, Adonaios, 
Eloaios, Oraios werden übereinstimmend bei Ori- 
genes c. Cels. VI 31. Iren. I 30, 5 und zum 
größten Teil Apokryphon loannis, Schmidt 332 
überliefert (abweichende Listen Epiph. 26 , 10. 
40, 5. Apokryphon loannis Schmidt 332f., ganz 
abweichend Orig. VI 30; ihre (Tier) -Gestalten 
ziemlich übereinstimmend Orig. VI 30. 33. Apo- 
kryphon loannis Schmidt 332). Der alttesta- 10 
mentliche Einfluß reicht also sehr weit in der 
Entwicklung der Gnosis zurück. Daß er in ihr 
nicht von Anfang an vorhanden war, zeigt am 
besten der Name des Obersten der Sieben, Jalda- 
baoth, der jedenfalls nicht aus dem Judentum 
stammt. So erklärt es sich auch, daß bei der 
fortschreitenden Christianisierung (bezw. Judaisi- 
rung) der Gnosis Jaldabaoth durch Sabaoth ver- 
drängt wurde (Epiph. Haer. 25, 2. 26, 10; vgl. 
die Stellung des Sabaoth Adamas in der Pistis 20 
Sophia c. 136 u. ö.). Dieser ursprünglich Jalda- 
baoth benannte Aeon wird übereinstimmend von 
den Quellen als Xsovzoeibrjg, löwenköpfig geschil- 
dert (Orig. VI 31. Apokryphon loannis Schmidt 
330; Schlangengestalt und Löwengesicht, vgl. 
ebd. 332 ; Pistis Sophia c. 31 S. 28, 18). Er ist 
jedenfalls, wenn auch sein Name undeutbar ge- 
worden ist, eine Saturn-Kronos-Gestalt (Bous- 
set Hauptprobleme 351, vgl. die Darstellung des 
von einer Schlange umwundenen löwcnköpfigen 30 
Gottes in den Mithrasmysterien [= Zerwan'?]). 
Dieser löwenköpfige Gott ist dann in der Entwick- 
lung der Gnosis mehr und mehr mit dem Schöpfer- 
gott des alten Testaments identifiziert (Apokry- 
phon loannis. Iren. I 30. Epiph. 37, 3. 25, 2). 

4. Die ,Gnostiker' aber — das ist der Kern 
des gnostischen Glaubens — gehören nicht zum 
Herrschaftsgebiet der Sieben, sondern sie stammen 
von der ava Mr^zrjQ. Infolge ihres schöpferischen 
Dranges und Ungestümes (Hqovvixos!) sind Teile 40 
ihres eigentlichen Wesens in diese niedere Welt 
der Sieben herabgesunken und werden hier unten 
widerrechtlich festgehalten. Das ist die Gemeinde 
der Gläubigen. So sprachen sie von einer ITgov- 
vixov uvog Qsovaa hvvauig , von einer ajiooQoia 
exxktjotag ixiyeiov (Abfluß [von der oberen Mutter], 
der die irdische Gemeinde bildet): Celsus bei 
Orig, VI 34f. Deshalb stehen sie im Gegensatz 
zu den Sieben und im heimlichen Schutz der 
hohen Himmelsmutter: Sophia enim illud. quodhQ 
proprium ex ea erat, abripiebat ex eis ad semet 
ipsum, Iren. I 31, 1 (dem entspricht übrigens 
auch die Idee einer Gefangeuhaltuiig der Mutter- 
göttin selbst durch die Dämonen : Helena bei den 
Simonianern [s. Art. Simon] ; Pistis Sophia c. 31). 

Auf diesen Zentralgedanken beruht der Kultus 
und die sittlich-religiöse Haltung der Sekten. 
Dessen Mittelpunkt ist das Sakrament von der 
»Himmelfahrt der Seele*. Was die Gläubigen 
ersehnen, ist die Heimkehr zur Mutter: xai oi'zcog 60 
vneQßatvetv ctg to ävo) ftigog, ojiov t) fiqzqg zätv 
Cänntav Epiph. 26, 10. Was es mit dieser Auffahrt 
der Seelen für eine Bewandtnis hat, ist nunmehr 
genugsam festgestellt (vgl. Art. Gnosis § 12). 
Origenes haben wir es zu danken, daß er die 
%«jj>opKu (die Verteidigungsreden, welche die auf- 
fahrende Seele der G. zu sprechen hat), die Celsos 
kannte, aber nicht überliefern wollte (VI 33), 

Patdy-WlsBowa-KTolI VII 



uns erhalten hat (VI 31); ein kostbares Fragment 
der gnostischen Liturgie (vgl. das ebenfalls fast 
vollständig erhaltene Mysterium im 4. Jeubuch 
c. 51—52). Vielleicht deuten die Worte des 
Celsus VI 33 (zivrav stg zag aQxovuxag ftoQ<pag 
htavEQ% ö fjL£vo3v &Gzs. zivag fisv xaXsZa&at Xiovtag, 
akiovg x. r. a.) darauf hin, daß die Mysten der 
G., je nachdem ihre Einweihung in die Geheim- 
nisse der himmlischen Welten fortgeschritten 
war, mit dem Namen (Tiernamen) der in den 
einzelnen Sphären regierenden Archonten benannt 
wurden. Dann läge eine interessante Parallele zu 
den Mithrasmysterien mit ihren sieben Weihe- 
graden vor. Celsus hatte in der Tat völlig recht, 
wenn er die Weihen der G. mit denen der Mithras- 
mysten verglich (VI 22) trotz des Zornes des 
Origenes. Es liegt hier sicher eine enge Be- 
ziehung vor. Interessant ist auch dessen Bericht 
über die o^gayig der G. (verbunden mit Epiph. 
40, 2 dva^EfiaziCovat ro Iovzqov), über die Be- 
zeichnung des Mystagogen als jiazrjg, des Mysten 
als veog und vlög, über das Ölsakrament (VI 27, 
zum letzteren vgl. die Naassener bei Hippolyt. Refut. 
V 9 u. ö.). Die gesamte Lebenshaltung der G. 
beruht ebenfalls auf diesen Grundvorstellungen. 
Entweder resultierte aus ihnen eine asketische 
Grundstimmung (Archontiker 40, 2 vrjozslav vtzo- 
xgivovrai, Sethianer, Severianer). Es galt, durch 
Entsagung das weitere Hinabsinken des mütter- 
lichen GJiEQfia {asiÖQQom) in die von den Archonten 
beherrschte materielle Welt zu verhüten. Oder 
es drängten sich zügellose, libertinistische Stim- 
mungen vor. Und diese werden im Dienste der 
Muttergöttin vielleicht die ursprünglichen gewesen 
sein. In wilder Vergeudung der geschlechtlichen 
Kräfte es der Muttergöttin gleich zu tun, wird 
das Ziel der Gläubigen, und so glaubt man seine 
Erhabenheit über die Archontiker zu sichern. 
Dieses Bestreben konzentrierte sich in kultischen 
sakramentalen Handlungen (Iren. I 31, 1. Epiph. 
Haer. 25. 26), in denen wir eine Fortsetzung der 
Orgien, die im Dienst mancher syrischen Aphro- 
dite gefeiert wurden, zu sehen haben (vgl. Gno- 
sis § 12. 13). 

5. Die ursprüngliche Gnosis hat nun im Lauf 
der Zeit mannigfache Abwandlungen durchge- 
macht. Bei einer Gruppe der G. hat sich z. B. 
ein gewisser Schlau gen kultus mit der ursprüng- 
lichen Religion verbunden (Iren. I 30, 15 quidam-, 
die Ophianer des Origenes [vgl. Celsus] ; Ophiten 
in Hippolyts Syntagma; vgl. den von Epiphanias 
beschriebenen Schlangenkult der Ophiten 37, o: 
,Naassener' ('i'l^) in Hippolyts Refutatio, auch 
die Peraten und Sethianer dort zeigen diesen 
Einfluß). Es fragt sich, wie diese G. die von 
ihnen aus niederstem Religionswesen übernommene 
Schlangen Verehrung mit ihrem System verbunden 
haben. Iren. I 30, 15 sagt ausdrücklich: Qui- 
dam enim ipsam Sophiam serpentem factum 
dieunt und berichtet, daß diese G. die Sophia 
mit der Schlange im Paradiese, die im Gegen- 
satz gegen den Schöpfergott Adam die Erkenntnis 
gebracht habe, identifizierten (vgl. Epiph. 37, 5). 
Von hier wird es wahrscheinlich auch klar, in- 
wiefern Celsus VI 27 behaupten konnte : röv 
OQXQVta x&v SvofiaCofierrav aQxovtixöiv keysofau 
Öeov ,xaTt}Qafievov i . Der Archon der Archontikoi 
konnte die Sophia (die von Gott verfluchte Schlange) 

49 



i^oy 



wnosnKer 



Unostiker 



1541) 



sein, obwohl Celsus auf den alttestamentlichen 
Schöpfergott zu deuten scheint. Diese , Sophia' 
scheint dann in jenem System mit der Weltseeie 
identifiziert zu sein, VI 34: JTqovvihov xtvog 
QEovoav dvra/itv jiaQ&Evov xal yv/qv £<öoav. So 
verstehen w, weshalb der den Kreis der sieben 
Archonten umfassende Kreis bedeutet tyjv wv 
okoyv y>v%rjv *eu Aevia&av VI 35 Tgl. VI 25. 
Weltseele, Prunikos, Schlange, Leviathan sind 



sich nachweisen, daß der Name des Patriarchen 
Seth des öfteren den Decknamen für den persi- 
schen Religionsstifter Zoroaster in der jüdisch- 
christlichen Tradition abgegeben hat (Bousset 
Hauptprobleme 378ff.). Wie die Sethianer be- 
haupteten, daß Seth mit Jesus identisch sei (Epiph. 
39, 1 : xal aviov slvat röv 'bjaovv diaßsßatovvtat), 
so soll auch nach bekannter persischer Theologie 
der Messias aus dein Samen Zarathustras, den eine 



identisch. (Vielleicht bezieht sich auch schon 10 Jungfrau beim Baden empfängt, geboren sein. In 



die Beschreibung der Sophia : adhue habens aqua- 
Ulis corporis typum Iren. 1 30, 3 auf die Schlangen- 
gestalt). Die Peraten trugen weitschichtige Speku- 
lationen über die Schlange vor und behaupteten, 
daß man am Himmel ihr schönes Ebenbild er- 
blicken könne (Hippolyt. V 16 p. 194, 66; ge- 
meint ist das Sternbild; vgl. die dort vorge- 
tragenen astronomischen Spekulationen). Bei den 
Sethianern des Hippolyt ist die Schlange das 
verderbliche Urwesen; aber auch der Erlöser 20 
— das ist entschieden eine sekundäre Weiter- 
bildung — erscheint in Schlangengestalt (Hipp. 
V 19). Es ist nicht unwahrscheinlich, daß in 
dieser Auffassung der Prunikos als Schlange wieder 
bestimmte Einflüsse mythologischer Art vorliegen. 
Wir werden annehmen dürfen, daß diejenige Ge- 
stalt der Muttergöttin, welche bei diesen Sekten 
Prototyp der Prunikos war, als Schlangengöttin 
in Schlangengestalt verehrt wurde. Es wäre von 
Wert, wenn festgestellt werden könnte, daß diese 30 wurde, entsprechen. 



einer Apokalypse des Zärädöst (hier = Baruch) 
in der Biene des Salomon von Basra (Anecdota 
Oxoniensia, Semit. Scr. I 82) sagt Zoroaster vom 
Messias: ,Er soll aus meiner Familie abstammen, 
ich bin er und er ist ich, er ist in mir und ich 
in ihm'. Beachtenswert ist, daß im Besitz der 
Sekte neben Sethbüchern Bücher der Allogeneis 
vorhanden waren (Epiph. 39, 5), und daß in der 
bekannten Stelle, Porphyrius vita Plotin. c. 16, 
im Besitz der von Valentin bekämpften G-. unter 
deren Autoritäten neben Zoroastres und Zostrianos 
auch ein Allogenes genannt wird. Endlich zeigen 
die Spekulationen der Sethianer bei Hippolyt ent- 
schieden persischen Dualismus (Bousset Haupt- 
probleme 119ff.). Daß aus der Figur des histori- 
schen Seth in späteren sethianischen Systemen 
ein himmlischer Aeon wurde, würde auch etwa 
der großen Verehrung, die in der späteren persi- 
schen Eeligion der Person Zarathustras zuteil 



Form der Gnosis auf ägyptischem Boden ent- 
stand; daß die Mtjttjo Isis (Isis von Pharos) in 
Schlangengestalt verehrt wurde, steht fest (Er- 
na an Ägypt. Relig. 225. 227. Bousset Haupt- 
probleme 79. 83). 

6. Andersartige Abzweigungen von der ur- 
sprünglichen Gnosis stellen die Sekten der Kai- 
niten und Sethiten dar. Bei den Kainiten (Iren. 
I 31. Hippolyts Syntagma bei Epiph. 38 = Phi- 



7. Auf eine Gruppe der G. haben ferner die 
Spekulationen über den Urmenschen bemerkens- 
werten Einfluß ausgeübt (über den weiteren Zu- 
sammenhang dieser Phantasien s. Art. Gnosis 
§9. Bousset Hauptprobleme 160—223). Am 
reinsten tritt die Lehre vom Urmenschen bei 
den Naassenern des Hippolyt (Refut. V 7ff.J 
heraus. Hier hat sie die ursprüngliche , Gnosis* 
fast ganz verdrängt. Von der ,/h^q' finden 



lastrius, Peraten in Hippolyts Refutatio) erreicht 40 wir nur noch eine Spur in einem Hymnus , in 
die Gnosis ihre schärfste Wendung gegen das welchem der mannweibliche Urmensch als nax^Q 
41tfi TWn:mAnf. nnH rü/> üirlisr-hP TJoliorinn Wpnn und ^tr/zTjQ bezeichnet wird (Hippolyt. V 7 p. 132, 

63). Die Sieben sind fast ganz verschwunden.' 
Die Spekulation ist ganz und gar erfüllf von der 
Idee des Anthropos (dein Sohne [?] des Arehan- 
thropos, das Verhältnis wird nicht ganz klar), der 
in die Materie hinabsinkt und sich wieder aus 
ihr erhebt; dem Symbol des dem Himmel gehöri- 
gen Geschlechtes der G., das den Weg aus dieser 



Alte Testament und die jüdische Religion. Wenn 
der mit dem alttestamentlichen Schöpfergott iden- 
tifizierte Jaldabaoth — Sabaoth als wesentlich bos- 
haftes schlechtes Wesen aufgefaßt wurde, so lag 
es nahe, alle die Gottlosen des Alten Testaments 
als Vorläufer der G. und im höheren Sinn Fromme 
aufzufassen. Mit diesem Widerspruch gegen den 
Gott des Gesetzes war dann eine libertinistische 



Stimmung von selbst gegeben. Vielleicht ist 50 unteren Sphäre nach oben nimmt. Daß in der 



erst im Gegensatze gegen die Kainiten die Sekte 
der Sethianer entstanden. Irenaeus erwähnt sie 
ausdrücklich noch nicht, doch fand Theodoret sie 
(Haer. fab. I 14) in der unbenannten Sekte Iren. 
I 30. Und es wird schon hier die Geburt des 
Seth auf die Providentia der Sophia zurückgeführt 
und neben ihm die für die Sekte charakteristische 
Gestalt der Noria genannt, I 30, 9. Hippolyt 
bekämpfte die Sethianer im Syntagma und regi- 



von Hippolyt im Exzerpt mitgeteilten Schrift der 
Naassener eine ursprüngliche heidnische Schrift 
(und zwar der Kommentar zu einem Attislied, in 
welchem Attis bereits mit dem Anthropos identi- 
fiziert wurde) vorliege, die dann christlich-gnostisch 
überarbeitet wurde, hat Reitzenstein Poiman- 
dres 82ff. wahrscheinlich gemacht. Mit Recht hat 
er ferner auf die Anthroposlehre im hermetischen 
Poimandres und in der Zosimusliteratur als nächste 



striert in der Refutatio eine sekundäre Weiter- 60 Parallelen hingewiesen (S. 102ff.). Das Rudiment 



bildung der Sekte. Im Apokryphon Ioannis (aber 
noch nicht im Auszug des Irenaeus I 29 aus einer 
ursprünglicheren Grundschrift} erscheint Seth als 
himmlischer Aeon (Schmidt Philothesia 329); 
vgL in der anonymen koptisch -gnostischen Schrift 
die Gestalt des Setheus (s. im Register zu 
Schmidt Kopt.gr ost Schriften I). Mit der Figur 
Seth»* hat es eine besondere Bewandtnis; es läßt 



einer Anthroposlehre ist auch in dem verwickelten 
harbelognostischen System des Apokryphon Ioannis 
(= Iren. I 29; Barbelognosisj stehen geblieben. 
Nach dem ursprünglichen der Darstellung des 
Apokryphon Joannis zugrunde liegenden System, 
das hier bereits mannigfach interpoliert erscheint, 
wird die Genealogie des Urmenschen folgender- 
maßen gelautet haben: Der Urvater (auch Prot- 



1541 



Gnostiker 



G-nostiker 



1542 



anthropos) erzeugte mit der Barbelo (Ennöia) 
den Novs und die ITQ6yvü>atg. Von diesen beiden 
stammte der Adam(as), der vollkommen wahre 
Mensch, ,die erste Offenbarung', dem der Urvater 
,die unbesiegbare, intelligible Kraft gab (Schmidt 
Philothesia 328, vgl. d. Spekulationen, über den 
Urmenschen im ,Poimandres', Corpus Hermeticum 
I 12f.). In dem uns überlieferten System steht 
diese Gestalt gnostischer Spekulation nun freilich 
ohne allen Zusammenhang da. In dem gnostischen 10 
System, das Irenaeus I 30 überliefert, ist dann 
nur noch der Name des Anthropos stehen ge- 
blieben und außerdem etwa noch die dunkle An- 
deutung, daß der Urvater auch erster Mensch 
(Protanthropos) heiße und seine Ennoia sein Sohn (!) 
und zweiter Mensch genannt werde. 

8. Nach alledem können wir erst die kompli- 
zierten Systeme der bereits vollständig christiani- 
sierten Gnosis: Apokryphon Ioannis = Iren. I 29. 
Iren. I 30. Hippolyt = Epiph. Haer. 37 verstehen. 20 
Verhältnismäßig einfach und ursprünglich ist noch 

— abgesehen von der erwähnten Verwirrung am 
Anfang — das Lehrsystem Iren. I 30. Hier be- 
gegnet nun endlich innerhalb der ,Gnosis f die Idee 
der gefallenen Göttin. Die avoi IJqovvikos (jetzt 

— Sophia, Spiritus Sanctus) ist nicht mehr die 
höchste Göttin, die eigentliche Hauptgestalt der 
oberen himmlischen We]t,_ sondern sie steht als 
eine mittlere Macht den Äonen der oberen Welt 
gegenüber. Mit der Idee des Falles aber verbindet 30 
sich dann sofort die Idee der Erlösung, neben die 
Sophia tritt der Christos (Apokryphon Ioannis: 
Christus, die erste männliche. Emanation des 
höchsten unnahbaren Gottes [Protanthropos] und 
seiner Barbelo -Ennoia, die ebenfalls als erster 
Mensch bezeichnet wird [Schmidt 322ff.]. Nur 
von hier aus verständlich Iren. I 30, 1 : Christus 
erzeugt von dem ersten und dem zweiten Menschen 
(— Ennoia) aus(!) dem Spiritus Sanctus; vgl. die 

G. bei Epiph. Haer. 26, 10: Barbelo, HazrjQ twv 40 
o)mv, Xqiotös; Pistis Sophia: Christus der Be- 
freier der Pistis Sophia). Aber selbst die Erlöser- 
gestalt des ,Christos' stammt, wenn sie auch in 
den uns vorliegenden Systemen mit dem Jesus 
der christlichen Kirche irgendwie identifiziert 
wird, ursprünglich nicht aus der christlichen Reli- 
gion. Es ist hier von der Gnosis ein Mythus 
aufgenommen, welcher von einem Götterpaar 
handelte: der Gott sucht die verloren gegangene 
Göttin (Braut oder Schwester ; Christos und die 50 
Sophia sind Bruder und Schwester, Iren. I 30, 2f. 
12), er findet die verlorene Göttin in der Not und 
Verlassenheit, befreit sie von den sie bedrängenden 
Unholden und feiert den Ieqo? yä t uos mit ihr. (Den 
Nachweis s. Art. Gnosis § 10 und Bousset 
Hauptprobleme der Gnosis 243ff.). Sonst finden 
wir auch in dieser fortgeschrittenen Gnosis die 
alten und bekannten Gedanken wieder: die Sophia 
Matter des Jaldabaoth und durch ihn der sechs 
anderen Planetengeister; Weltschöpfung durch 60 
Jaldabaoth (vgL die Sieben), Weltregiment der 
Sieben usw. Neu aufgenommen ist vielleicht an 
diesem Punkt der Mythus von der Entstehung der 
Menschen. Während in der ursprünglichen Form 
die Seelen der G. einfach ab ein Ausfluß {anog- 
4ota) der M^tijq gelten (s. o.), wird nun genauer 
nachgewiesen, wie der höhere Wesensbestand der 
G. in diese niedere Materie hinabgekommen sei. 



Die Sieben schufen den Leib des Menschen, Jal- 
dabaoth hat ohne sein Wissen den Spinther ihm 
eingeblasen (Iren. I 30, 6, s. Gnosis § 11). 
Zeigt sich hier schon spezifisch alttestamentlicher 
Einfluß, so wird dann im weiteren Anschluß an 
das Alte Testament in gnostischer Ausdeutung 
über die Entwicklung der Menschengeschlechter 
(I 30, 7 — 11) berichtet, und endlich in sehr künst- 
licher Weise die Erlösergestalt des Christos mit 
der Person Jesu von Nazareth, der Erlösungsge- 
danke der Gnosis (Befreiung der Sophia und isqos 
ydfiog) mit dem der christlichen Religion ver- 
bunden (I 30, 12f.). 

9. Eine starke Verwilderung und Weiter- 
wucherung gnostischer Spekulationen zeigt das 
System der Barbelognosis in dem Exzerpt bei 
Iren. I 29 und noch entschiedener das koptische 
Apokryphon Ioannis. Der ursprüngliche Grund- 
riß ist (durch den Vergleich mit Iren. I 30) noch 
deutlich erkennbar. Aber in diesen eingearbeitet 
sind lange Äonenreihen von sichtlich sekundärer 
Art. Ein etwas individuelleres Gepräge hat die 
ihrer Herkunft nach noch, nicht aufgeklärte Phan- 
tasie über die quatuor^ luminaria (Harmogenes 
[Harmozel]; Raguel [ÖroiaeTJ; Daveithe [David]; 
Eleleth, Iren. I 29, 2. Apokryphon Ioannis, 
Schmidt Philothesia 326). Im Apokryphon 
Ioannis (noch nicht bei Irenaeus) erscheint die 
Sophia bereits als zwölfter von zwölf weiblichen 
Äonen, die zu je dritt den vier Lummaria unter- 
stellt werden (daneben noch von Christus als 
unsere Mitschwester, Schmidt 329; vgl. Iren. I 
30, 12 bezeichnet), Spekulationen über Adams Sohn, 
Seth, sind eingeschoben und die Siebenzahl der 
Archonten beginnt bereits von der Zwölfzahl (vgl. 
die Pistis Sophia) verdrängt zu werden. 

10. Auf dieser Linie der Entwicklung liegt 
endlich das merkwürdige Buch, die Pistis Sophia. 
Seine ägyptische Herkunft ist zweifellos (vgl. das 
Datum des 15. Tybi, Schmidt 3, 6. 4, 8. 19). 
Als seine Zeit hat Harnack (Texte u. Unters. 
VII 2, 94—114; Chronologie der altchristlichen 
Literatur II 193f.) mit Recht die zweite Hälfte 
des 3. Jhdts, festgelegt. Wieder ist die Gnosis in 
der Verwilderung der Spekulation fortgeschritten. 
Freilich finden sich auch hier noch die alten und 
bekannten Gestalten der Gnosis: im dreizehnten 
Äon herrscht die BaTbelo neben dem unsichtbaren 
Gott (S. 233, 10f.); ihre Tochter ist die Pistis 
Sophia (die gefallene Göttin: also Scheidung der 
himmlischen Mtjr^Q von der gefallenen Göttin). 
Sie erscheint mit ihrem Syzygos als die letzte 
von 24 Emanationen (vgl. wie in der Rezension des 
Apokryphon Ioannis die Sophia als letzter von 
12 weiblichen Äonen erscheint, und auch von 
ihrem Syzygos die Rede ist). Die Pistis Sophia 
versinkt in die Welt des Chaos und der Finsternis, 
hinabgelockt durch einen Lichtschein, den sie für 
das höchste himmlische Licht hält. Sie wird auch 
in diesem System Mutter des löwenköpfigen Jalda- 
baoth (c. 29 — 31). Unter dem dreizehnten Äon der 
Barbelo befinden sich die zwölf niedern Äonen (vgl. 
das Eindringen der Zwölfzahl an diesem Punkt 
auch im Apokryphon Ioannis). Wenn unter diesen 
Zwölf (c. 136) sechs gute und sechs böse Dämonen 
unterschieden werden und als Haupt der letzteren 
Adamas Sabaoth erscheint, so ist die Beziehung 
zur ursprünglichen Gnosis (Sabaoth = Jaldabaoth, 



1548 



Gnostiker 



Gnostiker 



1544 



und die sechs!) noch ganz deutlich. Ganz zu 
Unterst in der Unterwelt regieren (wenigstens 
nach dem wie es scheint älteren System des letzten 
Buches c. 139ff.) in getrennten Räumen die fünf 
großen Archonten auf dem Wege der Mitte (Apo- 
kryphon Ioannis Schmidt 330; fünf [Könige] über 
das Chaos der Amente). Das ist noch im großen 
und ganzen das alte in Ägypten (vgl. Apokryphon 
Ioannis) umgebildete System. Aber diese ganze 



lieh das zweite anonyme koptisch-gnostische "Werk 
ist zum größten Teil nicht mehr zu entzifferndes 
unsinniges Gerede. 

11. Vielleicht können wir hier auch die von 
Schmidt zuerst in diesem Zusammenhang ein- 
gestellten G. des Plotin einordnen : d. h. die gno- 
stische Sekte mit ihren Schtilhäuptern Aquilinus 
Adelphius, über die ans Porphyrius vita Plotini 
c. 16 noch wertvolle Nachricht bringt, und die 



Äonenwelt bildet nun im gegenwärtigen System 10 Plotin Eunead. II 9 bekämpfte. Vom Valenti- 



der Pistis Sophia nur das unterste Fundament, 
auf dem sich, ein gewaltiger Überbau erhebt. So 
findet sich über dem Reich der Barbelo wieder 
ein Ort der Mitte, in dem die Lichtjungfrau 
= IIaQ&£voQ rov (pwtog (neben dem großen jjyov- 
(jlevoq [Jao] mit zwölf Dienern und sieben Licht- 
jungfrauen) regiert, eine einfache Verdoppelung 
der Gestalt der Barbelo. Über dem Ort der Mitte 
steht der Ort der Rechten, und so bauen sich die 



nianismus, den neuerdings auch Schwartz (Apo- 
rieen im vierten Evang. II, Nachr. d Ges. d. 
Wissensch. Gott. 1908, 128) hier hat finden wollen, 
kann kaum die Rede sein. Denn das Charak- 
teristikum der Valentinianischen Schule, die Lehre 
von der Entstehung der niederen Welt aus den 
Leidenschaften der Sophia, ist hier nicht nach- 
weisbar. Vielmehr versinkt auch hier die ,Psyche' 
in die schon vorhandene Welt der Finsternis. 



etagenförmigen Aufsätze bis zu schwindelnder 20 Interessant ist die Aufzählung der Autoritäten 



Höhe (vgl. meinen Nachweis, daß dieser Über- 
bau in der Spekulation der Pistis Sophia sich 
nach deren eigenen Angaben in mindestens zwei 
Etappen vollzogen hat, und die merkwürdigen 
Beziehungen der noch relativ ursprünglicheren 
Spekulationen zum Manichaeismus. Hauptpro- 
bleme 346ff.). So werden bereits ohne Sinn und 
Verstand Welten auf Welten , Äonen auf Äonen 
gehäuft, und alle Beziehungen zu einem wirk- 
lichen Glauben und einer konkreten Mythologie 30 
gehen dabei verloren. Es bleiben nur noch Worte 
und literarische Einfälle. Ungemein künstlich 
ist auch die bereits fast ganz christianisierte 
Soteriologie (Kettung der Sophia durch Christus), 
die immer noch Spuren des alten Mythus von der 
verschwundenen Göttin und dem rettenden Gott 
zeigt (s. Art. Gnosis § 10). Die Christologie 
erinnert stark an Valentinianische Spekulationen 
(s. den Art. Valentin und Valentinianer). 



dieser Sekte bei Porphyrius (Zoroaster, Zostria- 
nos, Allogenes usw.). Wir finden bei ihnen keine 
speziell christlichen Bücher und Autoritäten, so 
daß man überhaupt an dem christlichen Charakter 
dieser G.-Gruppe zweifeln könnte. Allerdings 
haben wir andererseits bereits die charakteristi- 
schen Grundzüge der entwickelten Gnosis (fallende 
Psyche- Sophia und Ableitung des Demiurgen 
von ihr). 

12. Die , Gnosis' im engeren Sinn ist ein be- 
deutsamer, ja der bedeutsamste Paktor in der 
Entwicklung der größeren Bewegung des Gnosti- 
zismus. Auch die Sekte der Simonianer (s. Art. 
Simon) gehört eigentlich ganz und gar in diesen 
Zusammenhang und soll nur deshalb für sich be- 
handelt werden, weil hier die gesamte Ideenwelt 
der Gnosis auf bestimmte (historische?) Personen 
übertragen erscheint. Ferner ist noch ein be- 
kanntes Schulhaupt am Ende des klassischen Zeit- 



Mit den Spekulationen ist endlich auch der sakra- 40 alters der gnostischen Religionsbewegung nach 

mentale Kultus, wie er im Buch der Pistis Sophia J — — —-—- -i- -• - - ■> * - 

geschildert wird, in starker Verwilderung be- 
griffen. Seine Grundzüge sind auch hier noch 
erkennbar (Himmelfahrt der Seele); aber das alles 
so entartet und so üppig ausgewuchert, daß man 
sich kaum noch vorstellen kann, daß diese un- 
endlichen Mysterien tatsächlich in einer Kult- 
gemeinde praktisch ausgeübt wurden. Anderer- 



dem wenigen, was wir von ihm wissen, und trotz- 
dem die Überlieferung bei Hippolyt ihn dem 
anatolischen Valentinianismus zurechnet, hierher 
zustellen, nämlich Bardesanes. Der unbekannte 
Vater, die Mutter, die gefallene Tochter, die 
Sieben begegnen uns auch hier. Ein spezifisch 
orientalischer Dualismus scheint sich allerdings 
bei Bardesanes hinzu zugesellen. Von den Weiter- 



seits scheint es doch, als wenn der Verfasser (bezw. bildungen des Valentinianismus wie von den eben 
die Verfasser) eine bestimmte Gemeinde voraus- 50 skizzierten Weiterwucherangen gnostischer Speku- 
setzt und eine rivalisierende libertinistisch sre- lation zeigt sich bei ihm dagegen noch keine 

Spur. Mit Bardesanes hat man wieder und wieder 



rivalisierende libertinistisch ge- 
stimmte bekämpft (vgl. IL Jeubuch [s. u.] c. 43). 
In den übrigen der Pistis Sophia eng ver- 
wandten koptisch-gnostischen Schriften, ' die 
Schmidt aus dem Codex Brucianus veröffentlicht 
hat, ist der Prozeß der Verwilderung auf den 
Gipfelpunkt gekommen. Freilich wird dem von 
Schmidt sog. zweiten Jeubuch eine Quelle vor- 
gelegen haben, in welcher das Mysterion der Auf- 



fahrt der Seelen durch die zwölf Äonen beschrieben 60 252ff.; griechischer Text bei Bonnet Acta Apost. 



das sogenannte in den Thomasakten erhaltene 

Lied von der Perle in Zusammenhang gebracht, 

das erst neuerdings als Hymnus auf eine gnostische 

Erlösergestalt richtig erkannt ist (P reuseben 

Zwei gnostische Hymnen 1904, 45ff. Reitzen- 

stein Zwei hellenistische Hymnen, Arch. f. Reli- 

gionsgesch. VLTI 167ff. Bousset Hauptprobleme 
onoflF . „_;„«a.:„„i — ni„„* u„: t> ± * „j— a i 



wurde und der zwölfte bezw. dreizehnte Himmel 
der Barbelo als der höchste und als die End- 
station der Himmelsreise galt (c. 52). Auch die 
hier (c. 45 48) überlieferten ausführlichen Be- 
schreibungen der verschiedenen Taufsakramente 
(eines davon auch Pistis Sophia c. 14 2f.) enthalten 
Ursprüngliches und sind religionsgeschichtlich sehr 
jnteressant. Aber alles übrige — und nament- 



II: Acta Thomae c. 111; syrischer Text: Bevan 
Texts and Studies V 3, Cambridge 1897. G. Hof- 
mann Ztschr. f. neut. Wissensch. IV). So werden 
auch die übrigen liturgischen Stücke mit ihrem 
entschieden gnostischen Charakter in diesen Zu- 
sammenhang gehören. Und wieder haben wir ge- 
rade hier noch in unmittelbarer Lebendigkeit die 
Verehrung der Mtfztjg bezw. der IlaQ&bos (c. 6 der 



1545 



(inostiker 



tfnostiKer 



1Ö4Ö 



Acta liegt ursprünglich ein Kultlied, das die Hoch- 
zeit der H,immelsgötter feiert, zugrunde). Auch 
die ganze Schule des Valentinianismus knüpft, 
wie das noch von der Quelle des Irenaeus erkannt 
ist, an die entwickelte Form der , Gnosis' an. Es 
bleiben überhaupt innerhalb des Gnostizismus nur 
wenig selbständige Typen stehen, vor allem die- 
jenigen G., bei denen zwar die Annahme der 
Sieben nachzuweisen ist, doch keine Spur von der 



94), endlich ein 'Avaßanxdv JlavXov (ebd. 38, 2) 
und das (koptische) Apokryphon Ioannis. 

Zu erwähnen ist noch, daß die G. eine Reihe 
yon Propheten verehrten, deren Zeiten sie, wie es 
scheint, in die Uranfänge verlegten (Uroffen- 
barung!). Hierher gehört Barkabbas (Epiph. 26, 2. 
Phil. 33 — Hippolyt); die Namensbildung ist ara- 
mäisch (Barkabbas und Parchor auch bei den 
Basilidianern); Martiades und Marsianos (Epiph. 



Verehrung der MfjTtjQ sich findet : Satornil, Kerinth, 10 40, 7 = Marsanes im anonymen koptisch-gnosti- 



Karpokrates, dann die entschiedenen Dualisten 
Basilides, Marcion (auch Bardesanes) und einige 
andere (Baruchgnosis Iustins usw.). 

13. Aus der Darstellung geht endlich von 
neuem hervor, daß die , Gnosis' eine religiöse 
Bewegung ist, die mit dem Christentum ursprüng- 
lich rein gar nichts zu tun hatte und die in ihren 
Elementen völlig ohne dieses begreifbar wird. 
Erst allmählich drangen zunächst alttestament- 



schen Werk. Schmidt 341, 36); Nicotheos 
(anonymes koptisch-gnostisches Werk S. 342, 2; 
vita Plotin. c. 16. Zosimus bei Reit zen stein 
Poimandres 104); vgl. zu dem Charakter dieser 
,Propheten' Liechtenhan Offenbarung im Gno- 
sticismus 29ff. 

Die spezifisch neutestamentlichen Einflüsse in 
der Literatur dieser G. sind verhältnismäßig dünn 
gesät. Ein nachweisbarer und zwar sehr starker 



liehe, dann christliche Einflüsse in diese ein. 20 Einfluß der kanonischen, neutestamentlichen 
f7.. .i™ i~. a„4-;i™i n„r.r,ici a a „„(v^wöwi+üv, Tot_ Evangelienliteratur findet sich, wenn wir davon 

absehen, daß die G. des Irenaeus I 30, llf. mit 
Erzählungen von Geburt des Täufers und Jesu, 
Taufe Jesu vertraut sind, erst in der Pistis Sophia 
(vgl. Harnack Chronologie a. a. 0.). Die Pistis 
Sophia behandelt und zitiert aber auch das Alte 
Testament als heiliges Buch. Auch Epiphanius 
sagt von seinen ,Gnostikern' 26, 6 iQwvxai Sh xai 
Tzaiaiq, xai Haivfj öta&rjKfi. Da er in diesem Zu- 



Zu den im Artikel Gnosis § 4 aufgezählten Tat- 
sachen ist etwa hier noch zu erwähnen, daß 
Hippolyt den Euphratcs 6 JJs^anxog Refut. IV 2 
neben dem Karystier Akembes als heidnischen 
Astrologen behandelt und diese zugleich als 
aoyjqyol der Peraten V 13 nennt, ebenso wie 
Origenes als Stifter der Ophianer einen Euphrates 
(VI 28) kennt. Auch ein Überblick über die 
Literatur zeigt den verhältnismäßig geringen 



Einschlag des spezifisch Christlichen. Von dem 30 sammenhang eine Form der ägyptischen Gnosis 



Charakter der Autoritäten der G. Plotins in Por- 
phyrius vita Plotini 16 war bereits die Rede, 
Weiter sind als Schriften von nicht sicher christ- 
lichem Charakter in Anspruch zu nehmen: die 
Apokolypse des Jaldabaoth (Epiph. 25, 3. 26, 8) 
und die große und kleine Symphonie (ebd. 40, 2). 
Ebenso vielleicht die mehrfach erwähnten Seth- 
schriften (ebd. 26, 8. 39, 5. 40, 2. 7 ; vgl. auch die 
Paraphrasis Seths Hippol. Ref. V 22), wenn Seth 



seiner Zeit beschreibt, kann die Notiz nicht 
wundernehmen. 

14. Über die Heimat der G., die Etappen 
und den Umfang der gnostischen Bewegung haben 
wir nur wenig sichere Indizien, nur daß ihre 
Urheimat Syrien bezw. das mesopotamische Tief- 
land ist, kann kaum bezweifelt werden. Deutlich 
unterscheidet Epiphanius einen syrischen Zweig 
und einen ägyptischen Zweig (26, 3) und leitet 



nur ein Deckname für Zoroaster war (vgl. die 40 einen ihrer vielen Namen Koddtavol aus der 



Schriften des Zoroaster vita Plotin. c. 16); mit den 
Sethschriften dann auch die der Allogeneis, oder 
des Allogenes, die mit jenen in engem Zusammen- 
hang stehen (Epiph. 39 : 5. 40, 2. Vita Plotin. 16). 
b) Hinzukommen Apokrypha unter alttestament- 
lichen Pseudonymen : Apokalypse des Adam (Epiph. 
26, 8) ; Evangelium der Eva oder evayys?.tov rf/g 
TeXeitooeco; (ebd. 26, 2. Philastrius c. 33 = Hip- 



2vQiaxT) Ötä'texTog ab. Der Beiname des Euphrates 
des Stifters der ,Ophianer' weist vielleicht auf 
Forät Maisan am Euplrrat (Brandt Relig. d. 
Mandäer 192), jedenfalls behandelt Hippolyt ihn 
als orientalischen Astrologen (Refut. IV 2. V 13). 
Noch zur Zeit des Epiphanius sind die G. (Ar- 
chontiker Haer. 40) in Palästina und Armenien 
vorhanden. Leider wissen wir nicht, wo Celsus 



polyt); eine Himmelfahrt des Jesaia ebd. 40, 2 seine G. kennen gelernt hat. Aber der ganze 
(man beachte, daß die uns erhaltene Ascensiolesaiae 50 geistige Gehalt der Gnosis (die MrjirjQ, die Sieben, 

.-... ...j.p.1. ..i j.__._i. j:. ~:-i-- it.- 1 _„*.u K u.\. ^ e Beziehungen zu den Mithrasmysterien, auch 

die lokalisierbare Gruppe der eng verwandten 
Simonianer [vgl. auch Bardesanes]) weisen nach 
Syrien (Samarien) bezw. nach Mesopotamien. 
Dann ist die Gnosis nach Ägypten gedrungen 
(Apokryphon Ioannis, Pistis Sophia, die übrigen 
koptisch-gnostischen Schriften, Strationiker des 
Epiphanius). Hier schon wird Valentin durch sie 

_., ., ^ beeinflußt gewesen sein. Aber mit Valentin muß 

bus an Maria: Naassener bei Hippolyt Refut. V 7 60 auch die gnostische Bewegung frühzeitig nach 



eine Auffahrt durch die sieben Himmel enthält!; 
eine Apokalypse des Abraam (die im Slavischen 
erhaltene Abrahamsapokalyse enthält gnostische 
Elemente), ein Apokryphon des Moses (beide bei 
Epiph. 39 , 5) ; fünf gnostische Oden Salomos 
zitiert die Pistis Sophia, c) Als neutestam ent- 
liche Autorität hat Maria (welche?) eine besondere 
Rolle gespielt — es gab 'EgcortjOEi; {iiEyd).ai xai 
fitxQcü) ftlagiag ebd. 26, 8, Überlieferung des Jaco- 



p. 134, 79f. und das noch nicht edierte koptische 
Evangelium Mariae — . Ein Fswa Maolag bringt 
Fabeleien über Zacharias im Tempel (Epiph. 
26, 12). Maria (und Salome) spielen auch in der 
Pistis Sophia eine Hauptrolle. Hinzukommt die 
noch unedierte koptische Sophia Jesu, ein Evan- 
gelium des Philippus (Epiph. 26, 11), Iudas (Iren. 
I 31, 1) , Thomas (Hippolyt. Refut. V 7 p. 140, 



Rom gedrungen sein, so daß Irenaeus oder schon 
seine Quelle mehrere ihrer Schriften kennen lernen 
und exzerpieren konnte. Noch im 3. Jhdt. finden 
wir sie in der Umgebung Plotins. Ihre letzten 
Ausläufer hat sie in Palästina (Armenien) und 
Ägypten. 

15. Literatur, vgL den Art. Gnosis, dazu 
R. A. Lipsius Die ophitischen Systeme, Ztschr« 



\J JL»UL.TTOiö 



f. wissensch. Theol. 1863. Zur Pistis Sophia und 
den verwandten koptisch-gn ostischen Schriften: 
Pistis Sophia ed. Petermannn-Schwartze lSSOff. 
C. R. Köstlin Das gnostische System d. Buches 
Pistis Sophia, Theol. Jahrb. 1854 I. IL A. Har- 
nack Texte und Unters. VII 2, 1891 Über das 
gnostische Buch Pistis Sophia. C. Schmidt Teste 
u. Unters. VIII 1. 2, 1892: Gnostische Schriften 
(Text, Übersetzung und Einig, der Schriften des 



tfobryas 



1548 



Gobaiinlum,, Station der römischen Straße im 
westlichen Britannien (Itin. Ant. 484. 6 Gobannrio. 
Geogr. Rav. 427, 3 Bannio) zwischen Isca (s. d.) 
und Viroconium (s. d.), den Entfernungen und 
dem Namen nach dem heutigen Abergavenny ent- 
sprechend (CIL VII p. 43). [Hühner.] 

Gobäzes, König der Lazen, hatte seinen Sohn 
zum Mitregenten gemacht. Um das J. 456 führten 
die Kömer Krieg gegen ihn und stellten bei den 






griech. christlichen Schriftsteller der ersten drei 
Jahrhunderte; koptisch- gnostische Schriften Bd. I 
1905 (Zitate im Text nach Kapiteln und Seiten 
dieser Übers.); derselbe S.-Ber. Akad. Berl. 1896 
und Philothesia, Paul Kleinert dargebracht 1907 
S. 315—336 (Apocr. Johannis). Über die G. 
Plotins: C. Schmidt Texte u. Unters. N. F. V 4: 
Plotins Stellung zum Gnosticisinus und kirchl. 



Daraufhin dankte er ab und wurde nach Constanti- 
nopel beschieden (Prise, frg. 25. 26 = FHG IV 
102). Später scheint er wieder etwas Feindliches 
unternommen, wahrscheinlich sich von neuem des 
Königtums bemächtigt zu haben, kam aber 166 
nach Constantinopd und wußte sich dort Ver- 
zeihung zu verschaffen (Prise, frg. 34). Dabei 
wurde ihm der heilige Daniel Stylita als größtes 



Christentum Re i tz e ns t e in Poim andres"^ 20 W^T^eSS ^ 7n" ihT^ 
E. Schwartz Nachr. d. Ges. d. Wissensch., Göt- bührend verehrt (Si m .meta|hr. vit. S Dan Styl. 



tingen 1908, 128. [Bousset] 

t Guoteas. 1) Sohn des Glaukos aus Knidos. 
Teilnehmer an den Soterien in Delphoi als jiaTg 
XOQevr^g im KlsMa <%. (269/8), Wescher- 
Foucart Inscr. de Delphes 6 Z. 29. 

2) Sohn des Glaukias aus Tenedos. Teil- 
nehmer an den Soterien in Delphoi als avijg X o- 

Qsvrrig ijil Ntxodäy,ov äg % . (270/69), We scher- - , 

Foucart 5 Z. 34. [Kirchner.] 30 Indo S erm - Anz - XVII 111) Gaubaruva zu lesen, 

um 410 in dagegen nach F oy ZDMG LII 599. LIV 360 Gau- 



ZI bei Surius VI 950). " [Seeck.]" 

Gobel (7bv e rÄi^, Madobakarte), s. Gebal 
^ r * 2). [Benzinger.] 

Gobolitis (Joseph, ant. II 1, 1 u. a.) s. Geba- 
lene - [Benzinger.] 

Gofcryas, persischer Namen, nach Justi (Ira- 
nisches Namenbuch 111 ff., ferner ZDMG LIII 90, 



Goar, Alanenhäuptling, brach U111 ^ LW m 
Gallien ein (Greg. Tur. II 9) und bewog 411 den 
Iovinus, in Mainz sich zum Kaiser ausrufen zu 
lassen (Olymp, frg. 17 = FHG IV 61). Vielleicht 
ist er identisch mit dem ungenannten Alanenkönig, 
der in wider willigem Bündnis mit den Goten 414 
Vasates belagerte, aber von seinem Freunde Pau- 
Hnus beredet, mit den Bürgern der Stadt Frieden 
schloß und ihnen seine Gattin und seinen Sohn 



a, S Geisem stellt. V^e^^^n^Sß^W^^ 



bruva (ebenso Bartholomae Al,tiran. Wörterb. 
482). Die von Justi vorgeschlagene Gleichung 
des Namens mit griech. ßmxpoQßfc wurde von 
Foy mit Erfolg bekämpft, doch ist die von ihm 
bevorzugte Bedeutung ,kuhbrauig f mit Stierbrauen 
begabt' problematisch. Zuletzt wurde der Namen 
von Justi (Indog. Anz. a. O.), der seine frühere 
Ansicht fallen ließ, mit griech. ßovxoXog geglichen 



„ . [Seeck.] 

Goaria (Ptolem. V 15, 24), Ort in Syrien in 
•1er Palmyrene ; möglicherweise ist identisch damit 
Cehere der Tab. Peut. (s. d.); der Lage und dem 
Namen nach das heutige Kärä, nordöstlich von 
Damaskus. Andere Formen des Namens sind 
Coara, Xo^tonaga, Gomoara, Xogoxaga, Xora^aga 
in den kirchlichen Listen (Le Quien II 848) 
In der Kirchengeschichte des Mittelalters ist der 



SÄ! sr* v "- »««vi*. ^». e-^X § T4^r: e s CX J « t ^: 

Den iööj, ^. Benzmerer.l sisrbpn FAilin«i»liT.-ft™ ,-~i n n . n ;.^ ,.:„ T»„t_._ 



Berl. 1889, 22. [Benzinger., 

Goaris, nach Ptolem. VII 1. 32 der nörd- 
liche der beiden Flußarme, in denen sich die 
Nanaguna an der Westküste Vorderindiens ins 
Meer ergießen soll. Die Nanaguna (s. d.) ist die 
Tapti, die bei Surat mündet und im Vindhja- 
gebirge entspringt. Der Strom bildet kein Delta, 
wohl aber fließen unmittelbar südlich seiner Mün- 
dung eine Reihe kleiner Küstenflusse ins Meer, 



Babyl. Ku-bar-ra (NR. kl. 1), Ugbaru (Nabüna 1 
ld-Annal. c. III Z. 15), Gufmru (ebd. 20. 21); 
neusus. Gauparma (Bh, § 54 Z. 109, NE. c), 
dazu Foy ZDMG LII 130, 2. Im Griechischen 
rüjßgvtjc bei Herodot, Plat. Axioch. 12, Plut. 
de adul. 40, bei Xenophon Fcußgvag. Die histo- 
risch bekannten Träger des Namens behandelt 
A. v. Gutschmid Kleine Schriften III lff. 
1) Sohn des Mardonios (Mardunija), Bh. ap. 

\'t\ nah R KA {i\\\m* A^ .*«^«^u.^„ ,l^_ „ii 



hier ein großes Flußdelta vor sich zu haben 
Dann dürfte der G. einer von jenen Küstenflüssen 

8Cm Ä v „ [KiessHng.] 

Gobaeum s. Gabaeum. 

Gobannitio, Arverner, Oheim des Vercinge- 
tom, suchte 702 = 52 dessen Abfall von Rom 
Ün« ZU hindern ( Caes - bell. Gall. VII 

4 * 2 )* [Münzer.j 



sischen Keilinschriften vgl. Dareios), ein Perser 
aus dem Stamme der Patischoreer (Pätimvarü, 
IlaTEiozogeig bei Strab. XV 727, dazu Mar- 
quart Philol. Suppl. VI 640. 647. Ed. Mever 
Gesch. d. Altert. III 21), NR. ap. und neusus. c, 
bah. 1. Jedesfalls war er altadeliger Herkunft; 
die herkömmliche, noch von Präsek (Gesch. d. 
Meder u. Perser I 203ff.j vertretene Ansicht, er 
sei einer der persischen Stammfürsten gewesen, 



so dfaK A\» TTflcf«.«.^™ 1 • "~ , T "' ^i, bK1 Klue r uer persisenen ötammtursten gewesen, 



fürsten zweifelhaft ist (Ed. Meyer a. O. III 34). 
Unter Kyros war G. Statthalter von Gutram (über 
diese Landschaft Spiegel ZDMG XXXII 717. 
Hagen a. O. 245ff. Streck Ztschr. f. Assyr. XV 
272), bekleidete also einen mit Rücksicht auf Kyros 
Absichten gegen Babylon ungemein wichtigen 
Posten. Das Vertrauen, welches Kyros auf ihn 
setzte, bewährte G. vollauf bei der Eroberung 



1549 



Gobryas 



Gobryas 



1550 



Babylons (539) j über seine Rolle dabei sind wir 
durch die Annalen Nabuna' ids unterrichtet (am 
besten herausgegeben von Hagen in Delitzsch- 
Haupts Beiträgen zur Assyriologie II 205ff.). 
Nachdem am 14. Tisri Sippar eingenommen wor- 
den war (das richtige Datum erwiesen von Ed. 
Meyer Forsch, z. alten Gesch. II 468ff.), erschien 
G. am 16. Tisri vor Babylon, das sieh ihm ohne 
Widerstand ergab; Nabuna 5 id wurde gefangen 
genommen. Doch scheint es nach dem allerdings 
schwer verständlichen Passus c. III Z. 17ff. der 
Annalen, daß sich in Esakkil noch babylonische 
Truppen behaupteten, die unter dem Befehl von 
Nabüna'ids Sohn Belsarusur standen und von G. 
eingeschlossen wurden. Am 3. Marcheschwan 
hielt Kyros seinen Einzug; in seinem Auftrag 
setzte G. in Babylon Statthalter ein. Bald darauf 
(11. Marcheschwan) wandte sich G. gegen Bel- 
sarusur und tötete ihn; damit war Kyros unbe- 
stritten Herr von Babylon. Die Erzählung He- 
rodots I 191 und Xenophons (Kyrop. VII 5, 8ff.) 
von Babylons Einnahme durch Ableitung des 
Flusses ist, obwohl sie wenigstens zum Teil bei 
neueren Gelehrten Beifall fand, wohl nichts mehr 
als ein romanhafter Zug (vgl. Ed. Meyer Gesch. 
d. Altert. I 606); auch die Erwähnung des G. 
(Gobaris) bei Plin. n. h. VI 120 beweist nichts 
dafür. Noch weniger ist die Rolle, welche G. in 
Xenophons Kyropädie spielt, für die Geschichte 
nutzbar zu machen; C. F. Lehmanns Aufstel- 
lungen in dieser Richtung (Klio I 341ff., ähnlich 
aber gemäßigter bereits Bü ding er S.-Ber. Akad. 
Wien XCVII 721 und Marquart a. O. 599) 
halte icli für verfehlt, besonders seinen Versuch. 
G. als Statthalter von Gutium zum babylonischen 
Vasallen zu machen. 

Marquarts Annahme (a. O. 625ff.), daß G. 
von da ab Satrap von Babylonien blieb, ist mit 
dem, was wir über sein späteres Leben wissen, 
nicht vereinbar. G. tritt wieder hervor bei der 
Ermordung des falschen Smerdis (Gaumäta) ; seine 
Teilnahme an ihr war nicht bloß in seiner Stel- 
lung bei den Persern, sondern auch darin be- 
gründet, daß er mit Dareios doppelte Familien- 
verbindung geschlossen hatte: G. war mit einer 
Schwester des Dareios verheiratet (Herodot. VII 
5) und vermählte eine Tochter mit Dareios, die 
ihm drei Kinder gebar, bevor er noch König wurde 
(Herod. VII 2). G.s Beteiligung an dem Atten- 
tat auf Gaumäta, das am 10. Bagayädis (16. Ok- 
tober) 521 stattfand (vgl. Dareios, an diesem 
Datum halte ich auch nach den Erörterungen 
von Präsek Klio I 27ff. und Weissbach ZDMG 
LV 195ff. fest), ist zunächst durch Dareios eigene 
Angabe Bh. ap. § 67, neusus. § 54 bezeugt. Mit 
der hier mitgeteilten Liste der Verschwörer 
stimmt fast ganz Herod. III 68ff. überein; da- 
gegen steht bei Ktesias Eclog. 14 eine Liste, in 
welcher in einigen Fällen, so auch bei G., die 
Söhne statt der Väter genannt sind (Duncker 
Gesch. d. Altert. IV 5 252. Keiper Acta sem. 
phil. Erlang. I 222ff. v. Gutschmid Kl. Sehr. 
in 505ff. Marquart a. O. 622ff.) ; in Konse- 
quenz dieses Irrtums heißt G. auch Ecl. 20 Mar- 
donios ,0 jia).atög\ Bei Herodot findet sich eine 
detaillierte Schilderung der Rolle, welche G. ge- 
spielt haben soll : er wird durch Otanes ins Ver- 
trauen gezogen und gewinnt hinwiederum Mega- 



byzos (III 70); bei der Beratung über das Vor- 
gehen gegen die Magier erscheint er als Vertreter 
entschiedenen Handelns und bestimmt die anderen 
dazu (ITI 73) ; bei der Ausführung des Anschlags 
drangen Dareios und er in das Schlafgemach ein, 
wohin sich einer der beiden Magier geflüchtet hatte, 
G. umfaßte ihn in der Dunkelheit und rief Dareios 
zu, mit dem Schwerte zuzustoßen, ohne Rücksicht 
auf ihn zu nehmen, worauf Dareios den Magier 
10 traf. Ebenso berichten Plut. de adul. 4 und lustin. 

I 9, 22. 23. Es ist kein Zweifel, daß man es in 
diesen Berichten mit Produkten der Phantasie 
zu tun hat (Maspero Hist. anc. des peuples de 
rOrient classique III 673. Präsek Gesch. der 
Meder I 281). Die nahen Beziehungen des G- 
zu Dareios und sein Anteil an dessen Erhebung 
machen es begreiflich, daß er auch unter diesem 
Herrscher eine hervorragende Stellung einnahm; 
er wurde zu dessen ,Lanzeri träger', einem der 

20 ersten Vertrauensposten am Hofe (Duncker a. 0. 
IV 5 534. Spiegel Erän. Altertumsk. III 626, 
— Dareios selbst hatte unter Kambyses ihn inne- 
gehabt), ernannt (NR. ap. c, neusus. c, bab. 1) 
und ist als solcher auf dem Grabmal des Königs 
in Naks-i Rüstern abgebildet (Texier Arme"nie 
et Perse II pl. 123. Stolze Persepolis II T. 108. 
109. Dieulafoy L'art antique de la Perse I 
pl. 10). Der Umstand, daß G. unter Kyros Statt- 
halter von Gutium gewesen war, bewog wohl 

30 Dareios dazu, als sich später Susiana auf An- 
stiften des . . imaima (Ummaima nach Oppert 
und Spiegel Altpers. Keilinschrift. 2 109), besser 
. . mamita, mamaita (nach Hüsing bei Präsek 
Gesch. der Meder und Perser II 72, 3 lautet der 
Name Atamaita) erhob, ihn mit der Dämpfung 
des Aufstands zu betrauen; G. nahm ..mamita 
gefangen und brachte ihn zum König (Bh. ap. col. 
V § 69). Diese Empörung gehört nach der Reihen- 
folge der Ereignisse auf der Behistaninschrift in 

40 die Zeit nicht lange vor dem Skythenzug des 
Dareios, nach v. Gutschmid um 515, nach 
Weissbach ZDMG LXII 641 mutmaßlich nach 
dem fünften Jahre des Königs; dagegen setzen sie 
Oppert (Le peuple et lalangue des Medes 158; 
ZDMG LII 269) und Justi (ZDMG LI 236. 241; 
Iran. Namenbuch 111; Grundriß d. iran. Phil. 

II 445) in das J. 510/9. Auf dem Feldzug gegen 
die Skythen (wohl 514, nach Ed. Meyer Gesch. 
d. Altert. III 113 um 512) soll G. die Rätsel- 

50 geschenke, welche sie dem König zusandten, richtig 
gedeutet haben (Herod. IV 132), was jedoch 
Pherekydes (frg. 113) einem sonst nicht bekannten 
Xiphodres zuschrieb; dann gab er den Rat, den 
Feldzug abzubrechen und umzukehren (Herod. 
IV 134). Obwohl diese Erzählungen einen ganz 
märchenhaften Eindruck machen und Herodots 
Bericht über den Skythenzug überhaupt historisch 
nicht brauchbar ist (s. Dareios. Ed. Meyer 
a. O. III 113ff). kann man an der Tatsache, 

60 daß G.sich in der Umgebung des Dareios befand, 
nicht zweifeln. Von da ab verschwindet er aus 
der Geschichte. Von seinen Söhnen sind Mardonios 
(Herod. VI 43. VII 5. 82) und Arioniandes (Kal- 
listhenes frg. 1 bei Plut Cim. 12) bekannt. 

Literatur: Außer den angeführten Werken 
noch Duncker Gesch. d. Altert. IV5. Spiegel 
Erän. Altertumsk. II. Justi Gesch. d. alten 
Persiens und im Grundriß der iran. Philologie II. 



1551 



Godagis 



Grodomarus 



1552 



2) Sohn des Dareios und der Artystone (Toch- 
ter des Kyros), Befehlshaber der Mariandyner, 
legier und Syrier (Kappadoker) im Xerxeszuge 
(Herod. VII 72). Ob aus der Erwähnung in 
Piatons Axiochos 12 eine Sendung dieses G. nach 
Delos als historisch anzuerkennen ist (wie v. Gut- 
schmid a. 0. 4 meint), darf dahingestellt bleiben. 
Justis Annahme (Iran. Namenbuch 111), dieser 
Gr. sei der Vater des Ariomandes gewesen, ist der 
Zeitverhältnisse wegen unmöglich. 



3) Persischer Feldherr in der Schlacht bei 
Kunaxa (Xen. anab. I 7, 12). Er wird auf baby- 
lonischen Kontrakttäfelchen als Statthalter von 
Akkad erwähnt (Präsek a. 0. II 189, 1). 

4) Ein Magier, Enkel des bei Plat. Axioch. 
12 erwähnten G. Seine historische Realität ist 
ebenso zweifelhaft wie diejenige des Folgenden. 

t 5) In der von einem Alexandriner herrührenden 
Diadoche der Magier von Zoroaster bis auf Alex- 



Chlodwig abgezogen, als sich Gundobad von neuem 
erhob, seine alte Hauptstadt Vienne belagerte 
und eroberte und den verräterischen Bruder samt 
seinem Anhang töten ließ (Mar. Avent. Chron. 
min. II 234 Mommsen. Gregor v. Tours II 32. 
33). [Benjamin.] 

Godigiselus (so Greg. Tur. II 9; roöiytaxlog 

oder roiüiyioHkos die Griechen; vandalische Form 

wohl Godagisl-, Wrede Über die Sprache der 

10 Wandalen 51), König der Vandalen, Vater des 

'1 i-rY\Y\i\ckirt/*t^c* -1-1*1^ nniiir.mn,,™ /TS 1. .11 tt i -w 



Gunderkus und Geisericus (Procop. bell. Vand I 
3, 23. Theoph. 5931. 6026. Apoll. Sid. carm. II 
359), führte sein Volk aus Pannonien an den 
Rhein (Procop. bell. Vand. I 22, 3. 5; vgl. Iord. 
Get. £2. 115) and starb noch an der rechten 
Seite desselben während des Kampfes gegen die 
Franken (Greg. Tur. II 9), denn erst sein Sohn 
und Nachfolger Gundericus überschritt am 31. De- 
zember 406 den Strom (Mommsen Chron. min. 



i ner d " G I- b * ?^S\ Laert ' ? rooem : 2 (<*azu 201 299, 406). Daß noch er selbst die Vandalen 



Marquart a. 0. 530ff.) erscheint auch ein G. 
v. Gutschmids (a. 0. 4) Identifikation desselben 
mit Nr. 4 ist willkürlich. 

6) In der Anth. Pal. X 18 beginnt das Epi- 
gramm mit Fcoßgv, Aicovvaög os xal fj rpdeQÜaxQia 
KvxQtg xeqüioi xtI. [Swoboda.] 

Godagis, ältester Sohn des Gentunis, wurde 
von seinem Oheim, dem Vandalenkönig Hunericus 
(477—484), mit seiner Frau verbannt, Vict. Vit. 
H 5, 14. [Seeck.] 

Godana, Stadt in Aria; nach Ptolem. VI 17 
ganz im Osten der Landschaft, nahe am west- 
lichen Ende des Paropanisos und der Quelle des 
Areios (Herirud) gelegen. Der Name läßt sich 
aus dem Iranischen deuten als .Ruheplatz der 
Kühe' (vgl. altossetiscb dän, neuosset. don, und den 
skythischen Völkernamen Issedon). [Kiessling.] 

Godas, seiner Abstammung nach ein Gote, 
aber vandalischer Offizier. Als Statthalter von 



nach Spanien geführt habe (Procop. bell. Vand. 
I 3, 2. Theoph. a. 0.), ist also falsch. Ludwig 
Schmidt Geschichte der Wandalen, Leipz. 1901, 
!9ff- [Seeck.] 

Godlat (nb^i>) ( Name einer Gottheit der Stadt 
Bethchur in Mesopotamien (Isaac Antioch. ed. 
Bickell 1 214 v, 169), welche vielleicht die Weberei 
beschützte (Assemani BibL orient. I 327 
A nm. 1). [Cumont.] 

30 Uodomarus (Godemarus). 1) Jüngerer Sohn 
des Bargunderkönigs Gundobad. Ob er, wie sein 
älterer Bruder Sigismund, der 'die Königskrone 
geerbt hatte, katholisch war, ist zweifelhaft. Die 
Nachricht der Vita Sigismundi 4 (Scr. Rer. Merov. 
II) ist nach der Natur dieser Quelle wertlos, und 
Avitus Ep. 92 erlaubt trotz Bin ding 184 keinen 
derartigen Schluß. Im J. 523 kämpfte er an 
der Seite seines Bruders in der unglückliehen 
Entscheidungsschlacht gegen die Franken (Gregor 



. , l„.r , . ™ *j"«"j^"vi«uiigooi.iiiu,i,iii J ireyen uie r ranken ureffor 

Sardinien nahm er im J 533 beim Ausbruch des 40 v, Tours III 6), und da er entkam, während Sigis- 
Krieges mit Ostrom den Köniß-stitpl .«v-n nn/I H nMif.*i tn-u-n/i /la™ "p Q i.^ „„ui^qi:-!, • j--~ tt-_j. _ '7.,, 



Krieges mit Ostrom den Königstitel an und suchte 
bei lustinian um Unterstützung nach. Trotzdem 
der Kaiser wirklich 400 Mann zu Hilfe schickte, 
unterlag G. schnell dem großen Vandalenheer, 
das Gelimers Bruder Tzazo nach Sardinien führte, 
und wurde als Verräter hingerichtet (Procop. bell. 
Vand. I 10, 11. 25). [Benjamin.] 

Godasa, Stadt in Armenia minor, an der 
Straße Arabissus-Satala, Ptolem. V 6, 20 (7. 4). 



mund dem Feind schließlich in die Hände geriet, 
so fiel ihm, als er nach dem Abzug der Franken 
sein Reich wieder erobert hatte, von selbst die 
Krone zu, die er freilich erst im folgenden Jahr 
nach des Bruders Tod ausdrücklich in Anspruch 
nahm (Mar. Avent, Chron. min. II 235). Den 
unmittelbar folgenden Angriff der fränkischen 
Brüder Chlodomer und Theuderich schlug er durch 
die siegreiche Schlacht bei Vöseronce nieder, in 



Itm. Ant. \%£, 6{Gundux<t, Condom). Lage völlig 50 der Chlodomer fiel (Chron. min. II 235 Agath 
unsicher. R. Kiepert Karte v. Kleinasien B V 13. Gregor v. Tours III 6, der den Franken zu 



setzt es vermutungsweise bei Tutmadj, südöstlich 
von Sivas, an. [Rüge.] 

Godegisclus (Godegisel), jüngerer Sohn des 
Burgunderkönigs Gundiok. Seit dem Tode des 
Vaters (nach 473), als die überlebenden drei oder 
vier Söhne das Reich teilten, hatte er vermut- 
lich seinen Wohnsitz in Genf, wo ihn die Ge- 
sandtschaft des hl. Epiphanius von Pavia im J. 494 



aufsuchte (Ennod LXXX 174). Neben dem älteren 60 G. redlich für das Wiedererstarken des geschädig- 



Bruder Gundobad hat er stets eine unbedeutende 
Rolle gespielt. Schließlich suchte er — es bleibt 
zweifelhaft, aus welchen Gründen (s. den Artikel 
Gundobad) — gegen diesen Anschluß bei Chlod- 
wig und schlug an dessen Seite im J. 500 bei 
Dgon den Bruder aufc Haupt Während der Ge- 
schlagene nach Avignon flüchtete, schlug G. in 
Vienne seinen Wohnsitz auf. Aber kaum war 



Unrecht den Sieg zuschreibt). Freilich konnten 
nach der anderen Seite die Verluste nicht ein- 
gebracht werden, die die gleichzeitige ostgotische 
Okkupation des Landes bis zur Isere hin gebracht 
hatte (Procop. bell. Got. I 12. Cassiod. var. VILT 
10, vgl. Mommsen Einleitung 36. L. M. Hart- 
mann Das italienische Königreich I 220. 244, 4). 
In den folgenden Friedensjahren bemühte sich 

T*ün li/in Tili« /n rt -n Win.H.-. > .A V ^l A ,.L AM -1^™ ^ Ä L^! J ? ~_ 



ten Landes zu sorgen, was besonders die auf dem 
Reichstag zu Amberieux beschlossenen Gesetze 
zeigen. Es wurde für die aus den nun ostgotisch 
gewordenen Landstrichen zurückgewanderten Bur- 
gunder gesorgt und der Friede zwischen beiden Kon- 
fessionen eingeschärft (Mon. Germ. Hist. Leges 
Sectio I Bd. II 1. Const. Ertrarag. XXI 12. 13). 
Aber der Untergang des Staats war unabwendbar, 



1553 



öoeratha 



Gogarene 



1554 



obgleich sich schon vor 533 die Regierung Atha- jetzt Marquart Eränsahr 109. 116. 168; auch 
larichs entschlossen hatte, den Burgundern im Montzka Die Landschaften Großarmeniens bei 
Interesse der Stärkung ihres Reiches und unter röm. u. griech. Schriftstellern, Separatabdruck 
gleichzeitigem Abschluß eines Bündnisses einen aus zwei Wiener Progr. 1906 II 21). 
Teil des in Besitz genommenen Landes zurück- Die Grenze zwischen Iberien und Armenien 
zugeben (Cassiod. var. XI 1 § 12—13). Im J. 533 läßt sich nach Strab. 500 Ende sehr gut er- 
erlag das Reich dem Angriff der merovingischen kennen: sie lag genau in der großartigen Schlucht 
Brüder Chlotar und Childebert in der Entschei- oberhalb von Tiflis, durch die der Kur aus dem 
dungsschlacht bei dem belagerten Autun, und Hohlbecken von Gori in das tiefere Tifliser Tal 
G., dem es gelang, zu entfliehen, verschwindet 10 hinabstürzt. Zu beiden Seiten der Enge erhoben 
seitdem wie der Staat der Burgunder aus der sich nahe der Vereinigung von Kyros und Aragos 
Geschichte (Gregor v. Tours III 11. Mar. Avent. (heute Aragwa) die beiden iberischen Grenz- 
Chron. min. II 235. Procop. bell. Got. I 13). festungen: gegen Armenien Harmozike auf dem 
Literatur: Binding Das burgundisch-roma- südlichen Kur ufer, gegen Albanien am Nebenfluß 
nische Königreich I, 1868. SecreHan Le premier Seusamora. Beide Namen haben sich als geor- 
Royaume de Bourgogne 1868. Jahn Geschichte gische Bezeichnungen Armatzicho und Tsitsamuri 
der Burgundionen 1874. bis heute in der Gegend, wenn auch nicht genau 
2) Jüngerer Sohn des Burgunderkönigs Gundiok an den alten Stellen, erhalten (vgl. auch Leh- 
(Gregor v, Tours II 28), von dem nicht einmal mann -Haupt Armenien einst und jetzt I 55; 
feststeht, ob er seinen Vater überhaupt^ überlebt 20 genauere topographische Untersuchungen hat L eh - 
na t, ^ [Benjamin.] mann leider nicht an Ort und Stelle vorgenommen). 
Goeratha, s. Girat ha o. S. 1368. Da Harmozike zugleich die iberische Hauptstadt 
Goesao s. Gaesao o. S. 462. war, so hat die von Artaxias eroberte G. sicher 
Götterbilder s. Kultbilder. erst unterhalb der Tifliser Enge begonnen: der 
Gogana, Ankerplatz mit kleiner Anäedlung oben geschilderte nördliche Steilrand des Hoch- 
an der Küste von Persis, Nearch. bei Arrian. Ind. plateaus bildete die natürliche Grenze der Land- 
38. Es ist die Bai von Bender Kongün im Per- schaft und Armeniens gegen Iberien. Ebenso 
sischen Golf, mit guter Rhede; die Küste ist wohl entspricht es der vorher angedeuteten natürlichen 
angebaut, hat treffliches Trinkwasser und Dattel- Konfiguration des Plateaus, daß sich der hier an- 
palmen. Der Flotte Kearchs wurde das Ein- 30 gesiedelte, vorarmenische Stamm (der Gogari, wie 
laufen durch Ebbe und Untiefen erschwert, Der wir ihn nennen dürfen) ostwärts bis ans Ufer der 
Name mag iranisch sein, zusammengesetzt mit Kura hinabgezogen hat. In der geographischen 
fß (Kuh). [Kiessling.] Beschreibung Strabons (528) erscheint sogar das 
Gogaraei, indischer Volksstamm nach Plin. Hohlbecken von Tidis als der wichtigste und 
n. h. VI 76. [Kiessling.] nennenswerteste Teil der G.; Strabon schildert 
Gogarene ist seit dem 2. Jhdt. v. Chr. nörd- sie geradezu als einen der .avXüvss 1 (Hohlbecken), 
liehe Grenzmark Armeniens gegen das kauka- die zwischen den /moTziöia' (Hochplateaus) ein- 
sische Königreich Iberien. Vorher gehörte es den gesenkt liegen. Er rechnet sie als solchen zu den 
Iberern, Strab. 528 Ende: 'Ißr'/QOir di- zrjv ze nagm- blühendsten Landstrichen Armeniens, nur der 
QBtay tov ITaQvdögov aal x^v Xog^v^v xal rcoya- 40 oberen Araxesebene (Eriwan) und der Sakasene an 
Qt)vi}v ne Q av ovoav tov Kvqov, d. h. vom iberischen der Kura gegenüber Albanien nachstehend. Das 
Standpunkt im Süden der Kura. Dadurch be- ganze Land sei ein einziges Ackerfeld, mit zahl- 
stimmt sich die allgemeine geographische Lage der reichen Obstgärten und Waldungen immergrüner 
Landschaft; sie entspricht wesentlich dem west- Bäume; sogar die Olive gedeihe hier und natürlich 
liehen Teile des georgischen Königreichs innerhalb im Überfluß Wein , der nur auf den Hochflächen 
der großen Kurkrümmung nahe dem Querriegel des schlecht fortkomme. Das sind höchst überra- 
Meskischen Gebirges, der das armenische Stufen- sehende Angaben für uns, die wir die Ebene von 
und Plateauland (ÖQoxedia in guter geographischer Eriwan und die Tiflis benachbarten Striche an 
Anschauung von Strab. 528 Anfang genannt) mit der Kura als öde, völlig baumlose Steppen 
dem Kaukasus verbindet, dieWasserscheide zwischen 50 kennen. Sie sind es also erst seit dem Mittel- 
Phasis und Cjrus bildend, — ein ausgesprochenes, alter geworden ; vorher hatten künstliche Be- 
meist weit über 1500 m erhobenes Hochplateau, Wässerung und rationelle Bodenpflege das Stra- 
dem Gebirge und Einzelberge aufgesetzt scheinen ; bon paradiesisch erscheinende Landschaftsbild her- 
das den süd-nürdlich gerichteten Oberlauf des Kur vorgezaubert. Und sorgsamen Ackerbau und mit 
auf seiner Hochfläche trägt und nach Norden mit ihm verbunden eine nicht geringe allgemeine 
einem sich stark aufwölbenden, zusammenhängen- Kultur hatten schon die 10 000 Griechen in Ar- 
den Rand steil und unzugänglich gegen das menien vorgefunden, das Erbe offenbar aus der 
iberische Hohlbecken von Gori abfällt, während Epoche der Könige von Urartu. Die ausgeprägte 
auf der Ostseite von dem Tifliser Hohlbecken aus immergrüne Mittelmeerflora verliert sieh im Osten 
die wilden Seitentäler der Kura nicht leichte, aber 60 Trapezunts mehr und mehr ; nur gewisse Lor- 
doch für den Verkehr hoehbedeutsame Zugänge beerarten dringen ins Innere vor und setzen im 
öffnen, in deren einem die Eisenbahn von Tiftis Gouvernement Tiflis mehrfach die Macchien an 
nach Aleiandropol und Kars emporklimmt. Die den Berghängen zusammen. Da aber Strabon 
allgemeine Lage charakterisiert Steph. Byz. kurz von immergrünen Bäumen spricht, scheint es not- 
und treffend : x (u e* ov j»«raf v Kokiatv xai 'Ißfecov. wendig anzunehmen, daß im Altertum auch die 
Die "Identität der G. mit der 14. Provinz Gugark* Steineiche, die heute nur noch das kolchische 
der altarmenischen Geographie ist unzweifelhaft Randhugelland in lichterem Hochwald bekleidet, 
und längst von Kiepert erkannt worden (vgl. auf den inneren Landstrichen des kaukasischen 



Isthmus heimisch war. Ähnlich steht es um 
den Ölbaum. Wild und in Strauchform ist die 
Olive über die Steppenregionen fast des ganzen 
Vorderasien verbreitet, vom Pangäb bis Trans- 
kaukasien und Krim, aber Olivenbau gibt es nir- 
gends mehr in Armenien. Da ihn aber auch 
Moses von Chorene (p. 610) für die der G. be- 
nachbarte und gleichfalls bis an die Kura rei- 
chende Provinz Uti ausdrücklich bezeugt, so 
müssen wir glauben, daß sich der Ölbaum mit 10 
dem allgemeinen Niedergang der gesamten arme- 
nischen Kultur aus den verödeten und zu Steppen 
herabgesunkenen Talbeckcn zurückgezogen hat. 
Vgl. auch Schrader in Heb ns Kulturpflanzen 7 
121. 

Im v Südosten stieß die G. an den Gau Saka- 
sene (Sakasan) der Provinz Uti; dieser umfaßte 
den Nordabhang des Gokcaiplateaus bis zum Kur 
hinunter (s. Sakasene); die Grenze mag in den 
Bergen über dem Akstafafiuß verlaufen sein, in 20 
dessen Tal die berühmte Poststraße nach Eriwan 
hinübergeht. Sakasene ist nach der Ptolemaios- 
karte der Sirakene (s. d.) benachbart, in der man 
den alten Gau Sirak der Provinz Airarat erkennt, 
den vom Arpacai durchflossenen Distrikt mit der 
alten Stadt Ani, südwärts von Alexandropol sich 
ausdehnend. Da anderseits das Hochplateau von 
Alesandropol die Fortsetzung des oqojisSiov der 
Gogari bildet, so wird die Südgrenze G.s gegen 
Sirakene annähernd in dem Bergzug nördlich der 30 
russischen Stadt fixiert. Im Südwesten müssen 
die Taochoi die Nachbarn der Gogari gewesen 
sein, wenigstens zu der Zeit, als die 10 000 Grie- 
chen ihr Gebiet durchzogen. Da die Hellenen 
aus dem Taochenland an den unteren Coroch 
gelangten, ist es notwendig, diesen Stamm bis 
an die oberste Kura ^auszudehnen. Folglich 
endete die G. etwa am Caldyr GjöL Der Haupt- 
ort des Hochplateaus war Caspiae bei Akhal- 
kalaki; ein anderer Ort hieß Apulum, dessen 40 
Name in dem Brüderpaar der isoliert aufragen- 
den Berge Abul fortlebt. Als Gaue der G. dürfen 
Thriare und Thasie gelten, von Plin. n. h. VI 
29 genannt; denn beide sind sicher im Westen 
und Südwesten von Tiflis zu lokalisieren, der 
erste armenisch Threlk" (georgisch Thrialethi), 
der andere arm. Tasir (vgl. Hübschmann Die 
altarm. Ortsnamen 354). Über das Verhältnis 
von G. zu Obarene s. d. [Kiessling.] 

Gold (zQvoög, aurum). I. Geschichtliches 50 
ober Verbreitung und Verwendung. Wenn 
in der Reihenfolge, in der die alten Völker, und 
zwar ebenso die orientalischen wie die europäischen, 
die Metalle nach ibrem Werte ordneten, das G. 
an erster Stelle kommt, was bekanntlich auch 
seinen mythologischen Ausdruck in der Sage der 
verschiedenen Zeitalter gefunden hat, so ist es 
dabei nicht bloß der materielle Wert, der dies 
Metall als das schönste und zugleich als das 
unter allen den Alten bekannten seltenste an die (jq 
erste Stelle rückt, sondern es liegt dafür auch 
eine historische Berechtigung vor. Denn ohne 
Zweifel ist das G. dasjenige Metall, das die 
Völker der alten Welt (und von der neuen gilt 
es nicht minder) zu allererst kennen und bearbeiten 
gelernt haben. Das hängt zunächst damit zu- 
sammen, daß es sich in der Regel gediegen vor- 
findet und nicht erst metallurgischer Verfahren 



zur Gewinnung bedarf, und daß es ferner, weit 
es meist an der Oberfläche zu Tage liegt, schon 
von früh an auffiel und leicht gewonnen werden 
konnte, und endlich damit, daß es seiner leichten 
Schmelzbarkeit und Dehnbarkeit wegen auch 
mühelos zu bearbeiten war. 

Es ist selbstverständlich , daß die Völker- 
schaften, auf deren Gebiet G. vorkam oder die in 
Verbindung mit andern, G. grabenden Völkern 
standen, viel früher das Metall kennen lernten^ 
als diejenigen, bei denen das nicht der Fall war. 
So war denn lange bevor Griechen und Italiker 
von G. etwas wußten, dies den Ägyptern, Chal- 
däern, Babyloniern bekannt und wurde bei ihnen 
verarbeitet; der Reichtum der orientalischen 
Fürsten, wie noch in historischer Zeit der Lyder- 
und Perserkönige, war, soviel man auch mit 
Übertreibung in den Berichten der Griechen 
rechnen mag, jedenfalls ganz ungeheuer. Und 
wie von diesen unermeßlichen Schätzen, so erzähte 
man sich in Griechenland auch die abenteuer- 
lichsten Märchen von der Gewinnung des kost- 
baren Metalles. Die Sage von den G. grabenden 
Ameisen, die wir zuerst bei Herod. III 102 finden, 
wurde noch in der Kaiserzeit erzählt und geglaubt 
(Plin. 51 111, vgl. XXXIII 66. Pomp. Mela III 
62), und wie diesen fabelhaften Berichten vielleicht 
wirkliche, nur gänzlich mißverstandene und ent- 
stellte Tatsachen zugrunde liegen (vgl. Blümner 
Technologie IV 11, 2), so haben neuere Gelehrte 
auch in der Sage von den Arimaspen, die das 
von Greifen bewachte G. rauben (Herod. III 116 
äußert sich darüber recht skeptisch; vgl. IV 13. 
Paus. I 24, 6), einen nur wunderbar ausge- 
schmückten Bericht über G.-Bergbau treibende 
nordische Skythen erkennen wollen (s. Art. Ari- 
maspen). 

In den ältesten schriftlichen Zeugnissen, die 
uns über griechische Kultur vorliegen, in den 
Homerischen Gedichten, spielt das G. im Besitz 
der Fürsten und Edeln eine wichtige Rolle; und 
daß darin eine alte Tradition vorliegt, daß einst 
wirklich in prähistorischer Zeit in Hellas viel G. 
in fürstlichem Besitze war, das haben die Funde 
der goldenen Schmucksachen, Becher, Masken 
usw. in den Gräbern von Mykenai, in Vaphio 
und anderwärts genügend bestätigt, um von den 
G.-Funden Im alten Ilion , als von asiatischem 
Boden herrührend, nicht su reden. Wir dürfen 
daher, obschon andere Stätten der ägäischen Kul- 
tur, wie Tiryns und Kreta, derartige G.-Funde 
nicht ergeben haben (was sehr begreiflich ist, da 
es sich hier um Palastruinen, dort um nie ge- 
plünderte Gräber handelt), für die sog. mykenische 
oder ägäische Kulturperiode einen bedeutenden 
G.-Reichtum im Besitz der Könige voraussetzen, 
den sie sich jedenfalls vom Orient oder von 
Ägypten sei es durch friedlichen Kauf, sei es 
durch Kriegszüge (die Sage vom goldenen Vließ 
deutet wohl auf solche hin) erworben haben 
mochten. Immerhin empfand man wohl auch 
damals den großen Gegensatz zwischen dem gold- 
reichen Orient und dem goldarmen Hellas: es ist 
ein Lykier, der seine goldenen Waffen gegen die 
ehernen des Achäers tauscht (Hom. II. VI 235). 

Aber wie sich die allgemeinen Kulturverhält- 
nisse, wie sich Bauart und Kunst, Staatsein- 
richtung und Lebensweise in den Jahrhunderten 



nach der sog. dorischen Wanderung umgestalteten 
und schlichter und ärmlicher wurden, so hatte 
zu Anfang des letzten Jahrtausends v. Chr. offen- 
bar auch der G.-Besitz in Griechenland erheblich 
abgenommen; denn daß die Homerische Dichtung 
gerade darin nicht die Gegenwart schildert, 
sondern Reminiszenzen aus der Tradition vor- 
bringt und wohl auch ausschmückend übertreibt 
(wie im Palast des Alkinoos), das ist allgemein 
zugegeben.. Griechenland selbst war arm an 10 Lepr. bei Athen. XI 465 B). Aber erst nachdem 



uuiu 1000 

stets unter seinem Kopfkissen aufbewahrt haben, 
so daß er wohl nur diese eine besitzen mochte. 
Immerhin finden wir im 5. und 4. Jhdt. v. Chr. 
verschiedene Erwähnungen, die uns zeigen, daß 
goldenes Trinkgeschirr sich damals sowohl im 
Besitz der Gemeinden (Thuc. VI 32, 1. Plut. 
Alcib. 13. Ps.-Andoc. in Älcib. 29), wie in den 
Händen wohlhabender Privatleute befand (Demosth. 
XXVII 10 p. 819. Plut. Ale, 4. Harmod. 



G.-Minen, da die von Siphnos wohl nur der 
kleinen Insel selbst zu Wohlstand verhalfen, 
übrigens auch frühzeitig erschöpft waren (Paus. 
X 11, 2; vgl. unten im IL Abschnitt). Fürsten, 
die durch Gewalt oder Sparsamkeit große Schätze 
aufhäufen konnten, gab es nicht mehr; der Pri- 
vatmann hatte nicht die Mittel, G. oder goldene 
Gegenstände in größerer Menge zu erwerben. 
Längere Zeit hindurch war daher Griechenland 



durch die phokischen Kriege, bei denen der Tempel 
von Delphi seiner meisten Schätze beraubt wurde, 
G. in großen Mengen flüssig geworden war, wurde 
das Edelmetall in Hellas häufiger (Diod. XVI 56 
gibt das damals zu Geld gemachte Q-. der Kroisos- 
Geschenke auf 4000 Talente = 104 784 kg an; 
vgl. Athen. VI 231 C : /.istci ös n)v Askytiv vtzo 
tpcoxEcov xazdtyyjtv navta za toiovra dayUeiar 
Ei?^(psv } und ebd. D: ovXrjMvtos- yovv rov nv$t- 



arm an G. (Athen. VI 231 C bemerkt, Anaximenes 20 xov iegov vzto r&v <f>a>xt,xcav tvq&vvcov inUa/ny-'e 



von Lampsakos habe die Berühmtheit des goldenen 
Halsbandes der Eriphyle erklärt 81a ro anävtov 
slvai tots iQvaiov JiaQa xotg "Ekfojoi) ; das meiste 
war damals als Geschenk fremder Fürsten in den 
Tempelschätzen zu finden, besonders in Delphi, 
wohin Alyattes und Kroisos ihre großartigen G.- 
Geschenke gesandt hatten, ferner in Olympia; 
auch in Großgriechenland bargen die Tempel 
ähnliche Reichtümer (vgl. was Liv. XXIV 3, 6 



.Tctoa Toiq"EXkr}oiv 6 '/gvoög), und noch mehr war 
das der Fall nach den Kriegen Alexanders (Athen, 
ebd. E : voxeqov <)e tov ueyloiov 'AXetjävögov rovg 
&x rijs 'Aaia; •&?]0avQovg dvelofitvcv drhsdsv 6 
xaza UivÖaoov evQvotievrjs jtXovrog; vgl. Arrian. 
anab. III 18, 10. Diod. XVII 70, 3. Curt. V 
6, 2. Plut. Ales. 24). 

Für unsere Kenntnisse des G. bei den Etrus- 
kern sind wir bei dem Mangel schriftlicher Nach- 



Yom Tempel der Hera bei Kroton berichtet). 30 richten" lediglich auf die Gräberfunde angewiesen. 



Diese Tempelschätze mit ihren G.- Barren und 
G.-Gefäßen, selbst mit den darin aufgestellten 
chryselephantinen Götterbildern, waren zugleich 
für die Staaten eine Art Kriegsschatz, von dem 
man, wenn die andern Geldmittel ausgingen, 
Gebrauch machte (vgl. die Rede des Perikles bei 
Thuc. II 13, 4f. Schol. Ar. Ran. 720; von dem 
G. -Reichtum des Parthenon geben die Schatzver- 
zeichnisse eine Vorstellung; s. Boeckh Staats- 



In den ältesten Gräbern fehlt es gänzlich; in den 
Tombe a pozzo der jüngeren Villanova-Periode 
tritt es vereinzelt und noch sehr selten auf, 
während es in den Tombe a fossa häufiger wird 
und sowohl vergoldeter Bronzeschmuck wie gol- 
dene Schmucksachen sich in den Gräbern finden 
(Martha L'art etrusque 82. 101). Diese ältesten 
Goldsachen scheinen allerdings noch fremder Im- 
port orientalischer Provenienz zu sein , wie das 



haush. d. Atheners II 131ff. Michaelis Der 40 auch bei den meisten G.-Funden in den Tombe 



Parthenon 288ff.). Aber hievon abgesehen war 
nicht viel G. im Lande (s. Boeckh a. a. O. I 
6f.); nicht ohne Grund hat so manchesmal das 
persische G. seine unheilvolle Rolle in der grie- 
chischen Politik gespielt. Als die Spartaner im 
6. Jhdt. an der Statue des amyklaiischen Apollon 
das Gesicht vergolden lassen wollten, konnten sie 
das dafür nötige G. in Griechenland nicht auf- 
treiben und mußten es bei Kroisos kaufen (Theop. 



a corridojo der Fall ist (Martha a. a. O. 105f. 
557. O. Müller-Deecke Etrusker II 263). 
Allein schon früh ward die Kunst der G.-Arbeit 
in Etrurien heimisch und wurde bald so vervoll- 
kommnet, daß schon Erzengnisse des 7. Jhdts. 
eine ungemein entwickelte Technik aufweisen 
(s. G. Karo Sülle orifecerie di Vetulonia, in 
Milanis Studi I 235ff. II 97ff.) und auch nach 
answärts exportiert wurden (über etruskische 



bei Athen. VI 232 A; nach Herod. I 69 hatten 50 Funde im kampanischen Kyme s. Pollegrini 

sie das G. für die Statue des Apollon Pvthaeus ™ J ~ T -~— * ^ TTT ™ 1J1 Tr "--" n * 

auf dem Thornax verwenden wollen, und Kroisos 
habe es ihnen auf ihre Anfrage zum Geschenk 
gemacht; nach Paus. III 10, 8 hätten sie es zwar 
für diesen Apollon von Kroisos bekommen, aber 
für den amyklaiischen verwendet) ; und als Hieron 
von Syrakus dem delphischen Apollon einen Drei- 
fuß und eine Nikefigur aus reinem G. stiften 
wollte, da schickte er umsonst in ganz Hellas 



Monum. dei Lincei XIII 201 f. Karo Bull, di 
paletn. ital. XXX lff.). Daß man seit jener Zeit 
reich an G.-Schmuck war, lehren die damit meist 
wohlversehenen Gräberfunde (O. Müller a. a. O. 
I 225, 56 a nimmt sogar an, daß ursprünglich un- 
geheure Mengen vorhanden gewesen sein müssen, 
da fast alle Gräber im Mittelalter geplündert 
worden seien). Woher die Etrusker das dafür 
erforderliche G. bezogen, wissen wir nicht, doch 



herum, um das nötige G. zu kaufen, bis es seinen 60 ist es wahrscheinlich, daß sie die in Norditalien 



Abgesandten gelang, es in Korinth von einem 
gewissen Architeles zu erwerben, der es während 
langer Zeit in kleinen Partien gesammelt hatte 
(Theop. a. a. O.). Auch die Fürsten waren also 
damals noch nicht in reicherem G.-Besitz ; soll 
doch noch Philipp von Makedonien, der Vater 
Alexanders d. Gr., wie Duris bei Athen. 231 B 
erzählt (vgl. Plin. XXXIII 50), eine goldene Schale 



belegenen G.-Gruben (z. B. bei Vercellae) aus- 
beuteten, die dann die Römer wegen des reicheren 
Ertrages der spanischen Minen aufgaben (Strab. 
V 218. Plin. XXXIII 78. XXXVII 202; daß die 
Gallier in Norditalien viel G. förderten, sagt 
auch Polyb. II 17). 

Im alten Rom war G. lange Zeit eine Selten- 
heit, wie ja bekanntlich selbst der Silberbesitz 



1559 



Gold 



Gold 



1560 



der romischen Patrizier noch zur Zeit der Funischen 
Kriege so gering war, daß einmal die karthagischen 
Gesandten bei jeder Mahlzeit, zu der sie einge- 
laden waren, dasselbe von Haus zu Haus geliehene 
Silbergeschirr vorfanden (Plin. XXXIII 143). Zwar 
trug man in Kom seit ältester Zeit G.-Scbniuck, 
wie uns die Gräberfunde lehren, den man, wie 
andere Erzeugnisse der Kunst und des Kunst- 
gewerbes, vom Orient oder von den benachbarten 
Etruskern bezog ; G.-Schmiede finden sich bereits 
unter den ältesten, der Zeit des Numa zuge- 
schriebenen Zünften (Plut. Numa 17) ; goldene 
Einge waren schon im J. 321 das Abzeichen der 
Ritter (Liv. IX 78). Aber das hielt sich doch 
immer noch in sehr bescheidenen Grenzen, und 
nur der Staatsschatz verwahrte G. in Barren und 
Münzen in größeren Mengen. So konnte der 
Staat im J. 390 den Galliern einen Tribut von 
1000 Pfund G. (heute etwa einem Werte von 
915 000 Mark entsprechend) entrichten (Liv. V 
48, 8. Diod. XIV 116, 7. Plin. XXXIII 14. Plut. 
Cam. 28), nach andern Berichten sogar das 
Doppelte (Dion. Hai. XIII 9, 1 gibt 25 Talente 
an, also 2000 römische Pfund ; ebenso viel Varro 
bei Non. 228, 12). Nach Plin. XXXIII 55 waren 
im J. 157 v. Chr. im Staatsschatz in G. -Barren 
17140 Pfund (19905000 Mark im Wert); durch 
die beutereichen Feldzüge in Syrien, Makedonien, 
Karthago waren die G. -Vorräte des Staatsschatzes 
immer mehr angeschwollen (vgl. über die G.- 
Depots des römischen Aerariums Hui t seh Metro- 
logie 2 300, 3). Sowohl durch die Beute dieser 
"Feldzüge als durch den Besitz der in den ver- 
schiedenen eroberten Ländern im Osten und Westen 
belegenen G.-Bergwerke nahm auch der Besitz 
der Privaten an goldenem Schmuck und Hausrat 
immer mehr zu; und wenn in der Notlage des 
zweiten Punischcn Krieges die Lex Oppia vom 
J. 215 den G.-Schmuck der Frauen auf eine 
halbe Unze (18 Va £) Gewicht beschränkt hatte 
(Liv XXXIV 1, 3), so waT dies Gesetz schon 
zwanzig Jahre darnach auf das stürmische Drängen 
der Frauen, obschon unter dem Widerspruch des 
rigorosen M. Porcius Cato, wieder aufgehoben 
worden (Liv. a. a. O. 2ff. Val. Max. IX 1, 3. 
Plut. Cato 8) , und zur Zeit des Plautus war 
reicher G.-Schmuck bei den Frauen ganz allge- 
mein (vgl. Plaut. Epid. 226). Mit dem steigenden 
Luxus in der ganzen Lebensführung nahm in den 
letzten Jahrhunderten der Republik und noch viel 
mehr in der Kaiserzeit auch der Gebrauch von 
G.-Schmuck überhand (s. Marquardt Privatleb. 
der Rom. 2 701ff.), während freilich goldenes Eß- 
und Trinkgeschirr, das im Orient sehr üblich und 
von dort an die Höfe der Diadochen gelaogtwar 
(Athen. V 193 D. 194ff.), zwar bei Privaten auch 
zu finden war (s. z. B. Mart. II 43, IL 53, 5. 
III 26, 2. 31, 4. XIV 97), aber doch wesent- 
lich im Gebrauch des Kaiserhofes und einiger 
besonders reicher Leute (vgl. Friedländer 
Sittengesch.5 III 105f.), da die Bestimmung 
des Tiberius, daß Privatleute nur bei Opferhand- 
hingen goldene Geräte benützen sollten (Tac. ann. 
H 33. Cass. Dio LVII 15, 1), nicht strenge auf- 
recht erhalten worden zu sein scheint (es bezog 
sieb, vielleicht auch nur auf massive Gefäße, da 
Tac von vasa auro solido spricht), vgL Sen. 
ep. 87, 7: divüem Ülum putas, quia aurea su- 



pelle& etiam in via sequitur. Manu. astr. V 293 : 
iam veseimur auro); aber erst unter Aurelian 
wurde es wieder allgemein gestattet (Hist. aug. 
AureL 46, 2). Immerhin wird die Verwendung 
goldenen Tafelsgeschirrs außerhalb des kaiser- 
lichen Hofes selten gewesen sein; die inschrift- 
lichen Erwähnungen von Sklaven, die als praepositi 
über das aurum escarium oder potorium gesetzt 
waren (CIL VI 8732f.) oder über das noch kost- 

10 barere, mit Edelsteinen besetzte aurum gemmatum 
(ebd. 8734ff.), beziehen sich auf den kaiserlichen 
Haushalt. Der Luxus, G. zu Wandverkleidungen 
zu verwenden , der im Orient seinen Ausgang 
genommen (einen Reflex davon finden wü in der 
Odyssee im Palast des Alkmoos, VII 86ff.) und bei 
den Diadochen Nachfolge gefunden hatte (vgl. 
Liv. XLI 20, 9 von Antiochos Epiphanes), hatte 
schon im letzten Jahrhundert der Republik, wenn 
auch vorerst noch nicht im Privathause, begonnen, 

20 indem im J. 58 M. Aemilius Scaurus den oberen 
Teil des von ihm erbauten Theaters mit tabulae 
inauratae (wohl mit G. -Blech überzogene Holz- 
täfelung) ausschmückte (Plin. XXXVI 114), und 
bis ins Fabelhafte scheint diese Verschwendung 
in der darnach benannten domus aurea Neros 
getrieben worden zu sein (Suet. Nero 31 in ceteris 
partibus euneta aura Uta, distineta gemmis unio- 
numque conchis erant. Tac. ann. XV 42), ja 
derselbe Kaiser bedeckte einmal das Theater des 

SO Pompeius für einen einzigen Tag mit G. -Blech, 
um dadurch seinem Gast, dem armenischen König 
Tiridates, zu imponieren (Plin. XXXIII 54). Daß 
sich aber dieser Luxus nicht bloß auf öffentliche 
Bauwerke und Kaiserpaläste beschränkte, dürfen 
wir aus den Worten des Plinius ebd. 57 inde 
transiere in eamaras quoque et parietes> qui 
iam et ipsi tamquam vasa inaurantur schließen. 
Der Brauch , die aus Holz oder Elfenbein ge- 
schnitzten Kasettendecken , die lacunaria oder 

40 laquearia, zu vergolden, war zur Zeit des Plinius 
auch in Privathäusern ganz verbreitet (ebd. laque- 
aria, quae nune et in privatis domibus auro 
teguntur, post Carthaginem eversam primo in 
Öapitolio indurata sunt censura L. Mummi); 
daß die Mode schon viel früher aufgekommen, 
zeigt Hör. carm. II 18, 1 non ebur neque aureum 
mea renidet in domo laminar, und sonstige 
häufige Erwähnungen auch aus späterer Zeit 
fehlen nicht (Sen. controv. II 9, 11 ; Sen. ep. 90, 

50 9. 114,9. 115, 9. Sid. Apoll, ep. II 10 v. 8). 
Endlich war gleichfalls vom Orient gekommen 
die Verwendung des G. in der Weberei und 
Stickerei. G. -Brokate, die bereits das alte Testa- 
ment erwähnt und die seit alter Zeit in Persien 
und Lydien heimisch waren (Curt. III 3, 18. 
Diod. XVII 70, 3. Joh. Lyd. de mag. III 69), 
haben jedenfalls schon früh zu den Exportartikeln 
des Orients gehört, denn in Unteritalien werden 
sie bereits zur Zeit des Pythagoras erwähnt 

60 (lustin. IV 20, 11), für Rom schon um den Aus- 
gang der Königszeit (Plin. a. a. O. 62 tuniea 
aurea triumpJmsse Tarquinium Priseum Verrius 
dooet); in Griechenland sind sie seit Alexander 
d. Gr. und den Diadochen allgemeiner geworden, 
waren aber sicherlich schon vorher bekannt ge- 
wesen (Athen. V 196F. Chares ebd. XII 538 D. 
Plut. Demetr. 41). Es ist daher ein Irrtum, 
wenn Plin. VIDI 196 die Erfindung, G. in <Je- 



1561 



Gold 



Gold 



1562 



weben zu verwenden, dem König Attalos von 
Pergamon zuschreibt: aurum intexere in eadem 
Asia invenü Attalus rex, unde nomen, Attaliois 
(wiederholt XXXIII 63); es kommt daher, daß 
er die G.-Wirkerei in der Gewandung von der in 
Teppichen und Vorhängen unterschied und letztere 
des Namens Attalica wegen für eine Erfindung 
der Attalen hielt, während die Benennung daher 
kommt, daß durch die Erbschaft Attalos III. 
das römische Volk Besitzerin zahlreicher solcher 
kostbarer atdaea wurde (vgl. Marquardt a. a. O. 
534f.). G. - Wirker eien , in Teppichen und Vor- 
hängen wie in Gewandung, werden in der Kaiser- 
zeit, namentlich bei den Dichtern, nicht selten 
erwähnt (Verg. Georg. II 464; Aen. III 483. 
VIII 167. Ovid. met. III 556; ars am. II 299. 
Senec. ep. 90, 45 u. sonst) ; doch handelt es sich 
dabei meist um eingewirkte Verzierungen oder 
angewebte G.-Borten (vgl. Yates Textrin. anti- 
quor. 366ff., wo Belegstellen zu finden sind), nicht 
um ganz goldgewirkte Stoffe, die wohl immer 
nur unsinniger Luxus einzelner Persönlichkeiten 
des Kaiserhofes geblieben sind (Plin. XXXIII 63 
von Agrippina. Suet. Calig. 19. Hist. aug. Heliog. 
23, 3). Wahrscheinlich ist die Technik, die an- 
fänglich wohl nur im Orient heimisch war, später 
auch im Occident eingeführt worden, obschon es 
möglich ist, daß das Material, nämlich die dazu 
verwendeten G.-Fäden (über deren Herstellung 
im IV. Abschnitt zu sprechen sein wird), 
auch später noch importiert und nur verarbeitet 
worden sind. Daß das Mittelalter, namentlich 
für Fürsten- und Priestergewänder, Gebrauch und 
Technik der G.-Brokate vom Altertum übernommen 
hat, ist hinlänglich bekannt. 

II. Vorkommen. Wir besprechen nun die 
Orte, an denen die Alten G. gewonnen haben, 
wobei wir für ausführlichere Nachweise, auch aus 
neuerer Literatur, auf Blümner Technoi. und 
Terminol. IV lOff. verweisen. In Afrika stammte 
das G., das vornehmlich von den Ägyptern und 
Karthagern erworben und verarbeitet wurde, 
Griechen und Römern aber wohl nur indirekt 
zukam, wesentlich aus jenen Ländern, die die 
Alten mit dem allgemeinen Namen Aithiopien 
bezeichneten, d. h. aus Nubien und Abessvnien 
(Herod. III 114, vgl. 23. Strab. XVII 821. Diod. 
I 33, 3. Plin. XXXVII 55), besonders aus den 
Bergen zwischen Nil und Rotem Meer (Plin. VI 
189; über die Wiederauffindung von Minen 
s. Blümner a. a. O. 13, 2). Auch Ober- 
ägypten hatte an verschiedenen Stellen G.-Lager, 
doch berichten die griechisch-römischen Quellen 
nichts Näheres darüber, weil sie jedenfalls keine 
sichere Kunde davon hatten, während aus ägyp- 
tischen Inschriften mehrere Ortschaften als Pro- 
duktionsplätze oder Bezugsorte bekannt sind 
(s. Lepsius Abh. Akad. Berl. 1871 I 85ff.). 
Auch über die Lage des im Alten Testament 
genannten goldreichen Ophir ist man aus den 
alten Quellen nicht unterrichtet; man sucht es 
bald an der Ostküste südlich vom Roten Meer, 
bald in Süd-Ostafrika, während andere überhaupt 
nicht an Afrika, sondern an Arabien oder Indien 
denken (s. Soetbeer Das Goldland Ophir, Berlin 
1880. K. Peters Das Goldland Ophir Salomos, 
München 1895). 

In Asien ist zunächst Arabien, teils durch 



goldhaltige Flüsse (Agatharch. peripl. mar. Rubri 

95 p. 183 Müller. Diod. III 45, 5. Strab. XVI 
777), teils durch Bergwerke (Agatharch. »; a. O. 

96 p. 185. Diod. a. a. 0. 7. Plin. VI 150) für 
den G.-Bedarf der Ägypter und Phönizier von 
Bedeutung gewesen; doch sind die Nachrichten 
darüber etwas fabelhaft und vielleicht stark über- 
trieben. Den reichen Fürsten Vorderasiens hat 
jedenfalls das goldreiche Indien viel von seinen 

10 Metallschätzen geliefert, aber auch da sind die 
alten Schriftsteller nicht näher unterrichtet (vom 
G. des Ganges Plin. XXXIII 66); man wußte 
nur Unbestimmtes von einer Halbinsel Chryse 
(Ptolem. I 13, 9. 14, Iff. u. ö. Anon. peripl. 
mar. Erythr. 63 p. 303 Müller), in der man heute 
die Halbinsel Malakka vermutet , wo G. in den 
Höhenzügen des Innern und in den Flußan- 
schwemmungen der Küste vorkommt (s. Xqvot} 
Xeqovvtjoos). Noch weniger waT man unter- 

20 richtet über die G. -Gruben des nördlichen Asiens, 
im Altai und in Sibirien, deren Erträge jedenfalls 
auch den orientalischen Fürstenhöfen zuflössen; 
sie werden wohl alle zusammen unter denen in- 
begriffen, die man dem Skythenlande zuschrieb 
(Herod. I 115. IV 10. 71. Strab. XI 518). Flnß- 
G. lieferte sowohl der Oxus (Ps.-Arist. mir. 
ausc. 46 p. 833b 13) als die Flüsse Karmaniens 
(Strab. XV 726. Plin. VI 98). G. -Bergwerke 
hatte Armenien (Strab. XI 529. Procop. bell. 

SOPers. I 15 p. 77 Bonn.), und das Fluß-G. von 
Kolchis, das zur Sage vom goldenen Vließ Ver- 
anlassung gegeben haben sollte (Strab. XI 499), 
war auch in historischer Zeit noch berühmt 
(Appian. Mithrid. 103. Plin. XXXIII 52). In 
Kleinasien war Lydien goldreich (Herod. V 49. 
Plut. de muh virt. p. 262 D), und zwar fand 
man G, hier teils in Minen im Tmolos und Sipy- 
los (Strab. XIII 591. XIV 680. Plin. XXXIII 
126), teils als Schwemmg-G. im Paktolos und 

40Herraos (Herod. I 93. V 101. Athen. III 203 C. 
Plin. a. a. O. 66), namentlich die Dichter preisen 
oft diese goldreichen Ströme, obschon der heute 
noch sprichwörtliche Paktolos schon zur Zeit 
Strabons kein G. mehr führte (Strab. XIII 626. 
Dio Chrys. or. XXXIII p. 401 M.); vgl. Soph. 
Phil. 394. Anth. Pal. IX 423, 4. Dion. Per. 831 
u. sonst; namentlich bei den römischen Dichtern 
sind Erwähnungen des Flusses, der deshalb auch 
Chrysorrhoas hieß (Schol. Apoll. Rhod. IV 1300. 

50 Plut. de fluv. 7, 1. Eustath. zu Dion. Per. a. a. O,), 
sehr häufig. Auch die G.-Gruben am Tmolos 
waren zu Anfang der Kaiserzeit schon erschöpft 
und verlassen (Strab. XIII 591). In Mysien 
hatten bereits die Phönizier die später auch nicht 
mehr ergiebigen Gruben von Atarneus in der 
Troas betrieben (Strab. XIV 680), und ebenso 
spielten die bei Abydos, Kremaste und Astvra 
belegenen (Xen. hell. IV 8, 37. Strab. XIII 591. 
XIV 680) und die von Lampsakos (Theophr. 

60 de lap. 32. Plin. XXXVII 193) im späteren 
Altertum keine Rolle mehr. 

In Europa war auf griechischem Boden (da 
die Erwähnung von G.-Gruben in Thessalien bei 
lustin. VIII 3, 12 wohl auf Verwechslung mit 
dem benachbarten Makedonien beruht und ebenso 
das angebliche Vorkommen von G. in den Silber- 
gruben Laurions beim Schol. Arist. Equ. 1093 
und Hesych. s. AavQsta nach allgemeiner An- 



iöoö 



tfom 



Uold 



15ö4 



nähme auf Irrtum) lediglich die kleine Insel 
Siphnos, wie oben erwähnt, goldhaltig (Herod. 
III 57), und ihre Bewohner erfreuten sich daher 
geraume Zeit eines bedeutenden Wohlstandes 
(Paus. X 11, 2. Eust. zu Dionys. Perieg. 525. 
Suid. s. Stfpvioi), von dem noch heute ihr Schatz - 
haus unter den Trümmern von Delphi Zeugnis 
ablegt (danach haben sich die Zweifel von Neu- 
mann-Partsch Physikal. Geogr. von Griechen! 
223, der bei den Nachrichten der Alten Über- 10 
treibung annehmen wollte, als nicht gerechtfertigt 
erwiesen); aber die Gruben, von deren einstigem 
Betrieb sich noch jetzt die Spuren erkennen lassen 
(ßursian Geogr. v. Griechenl. II 479), waren 
schon frühzeitig erschöpft (Paus. a. a. 0.). Auf 
Thasos hatten bereits die Phönizier gegraben. 
und Herodot sah die Gruben anscheinend noch 
im Betrieb (VI 46f.) , doch fehlen Erwähnungen 
aus späterer Zeit. Am ergiebigsten unter den 
G.-Grubcn der Balkanhalbinsel waren die thra-20 
kischen, deren Betrieb auch schon auf die Phö- 
nizier zurückging; die Minen von Skapte Hyle, 
die längere Zeit im Besitz der Thasier waren, 
bis sie sie um die Mitte des 5. Jhdts. an die 
Athener verloren (Thuc. I lOOf. Plut, Cim. 14. 
Thuc. IV 105, 1 geht nicht auf Besitz des Thu- 
kydides, sondern nur auf das Recht der Ausbeutung, 
das er erworben hatte, die Bergwerke selbst waren 
Staatseigentum s. Boeckh Staatshausb. d. Ath.3 
I 380fl\); das thrakische G. war bei den Kämpfen 30 
in jener Gegend ein Hauptbeweggrund (Curtius 
Griech. Gesch. III 424f.). Zu nennen ist ferner 
Datos, an der Küste gelegen, mit sprichwörtlichem 
G. -Reichtum (Herod. IX 75. Strab. VII 331), 
die bei Krenides, dem späteren Philippi, bele- 
genen Bergwerke namens Asyla (Strab. a. a. 0. 
Appian. bell. civ. IV 106), die unter makedo- 
nischem Besitz jährlich mehr als 1000 Talente 
abwarfen (Diod. XVI 3, 7. 8,6; vgl. Ps.-Arist. 
mir. ausc. 42 p. 833 a 28). Sodann lagen dort 40 
die Minen des Pangaion Gebirges (Herod. VII 
112. Strab. a. a. 0. und XIV 680) und der G. 
führende Hebros (Plin. XXXIII 66). In Make- 
donien hatten die Fürsten reiche Erträge aus den 
königlichen Bergwerken am Bermion und in 
Pierien (Strab. XIV 680. Ps.-Arist. a. a. 0. 
47 p. 833 b 18), sowie von denen am Strymon 
und in Paionien (Strab. VII 331. Ps.-Arist. a. a. 0. 
45 p. 833b 6; vgl Liv. XXXIX 24, 2. XLII 12, 9. 
52, 12), die nach der Eroberung des Landes die 50 
Römer betrieben (Liv. XLV 18, "8. 29, 11. 40, 2). 
In Italien gab es, wie oben erwähnt, an ver- 
schiedenen Punkten des transpadanischen Galliens 
G,, vornehmlich bei Aquileia, dessen Minen sehr 
lohnend waren (Polyb. bei Strab. IV 208),- bei 
Padua, wo sie zur Zeit Strabons nur oberflächlich 
betrieben wurden (V 218), bei Vercellae und 
Victumulae in der Nähe von Placentia (ebd. Plin. 
XXXIII 78). Auch gab es hier goldhaltige 
Flüsse wie den Durius im Gebiet der SalasserßO 
(Strab. IV 205) und den Po (Plin. a. a. 0. 66. 
Strab. IV 208). Das übrige Italien aber hatte 
nirgends G.-Lager; die Notiz, daß dereinst auf 
den Pithekusen, den Inseln im Golf von Neapel, 
G.-Graben gewesen seien, muß sehr in Zweifel 
gezogen werden; Strabon, der es V 247 be- 
richtet, schreibt ihre Ausbeutung den Eretriern 
Tind Chalkidiern zu, bemerkt aber, die Bewohner 



wären wegen Erdbeben und vulkanischer Aus- 
brüche ausgewandert. Auf jeden Fall finden sich 
weder auf Ischia noch auf Procida heute Spuren 
von G, Sehr goldreich war abeT Spanien (Strab. 
III 146. Diod, V 36, 2. Plin. III 30. IV 112), wo 
die Minen und G .-Wäschereien , die schon die 
keltischen Ureinwohner ausgenützt hatten, der 
Eeihe nach von Phöniziern, Karthagern (Sil. It. 
XV 497) und Römern betrieben wurden und unter 
letzteren dem Fiskus, der die meisten im Besitz 
hatte (Strab. III 148) , sowie einzelnen pri- 
vaten Eigentümern (Tac. ann. VI 19) sehr reiche 
Erträge abwarfen. Unter den Flössen sind es 
vornehmlich der Tajo mit seinen Neben flössen 
(Plin. IV 115. XXXIII 66. Mela III 8), der G. 
führte und deshalb von den römischen Dichtern 
ebenso gern zitiert wird wie der Paktolos (Catull 
29, 19. Ovid. am.I 15, 34; met II 251. Mart. 
I 49, 15. V 19, 12. X 16, 4 u. ö. luv. 3, 55. 14, 
299 u. a. m.); ferner der Duero (Sil. Ital. 1234, 
die einzige Nachricht, die aber wohl auf Wahr- 
heit beruhen kann, s. Durius). Unter den Berg- 
werken sind vornehmlich die in Asturien und 
Cailaecien belegenen anzuführen, im Gebiet der 
Artabrer (Plin. XXXIII 78. Lucan. IV 298. Sil. 
It. I 231. Poseidon, bei Strab. III 147), wes- 
halb asturisches oder callaecisches G. öfters 
erwähnt wird (Flor. II 33 [IV 12], 60. Sil. It. II 
602. Plin. XXXin 80. Mart. IV 39, 7. X 16, 3. 
XIV 95, 1). Die Minen Lusitaniens (lustin. XLIV 
3, 5) in Hispania Baetica (Turdetanien) waren 
ebenso reich an G. wie die Flusse 'an Schwemm- 
G. (Strab. III 146), zumal bei Corduba (Sil. 
It. III 401), Cotinae (Strab. III 142) und im 
Gebiet der Bastetaner und Oretaner (ebd. 156). 
Auch Gallien besaß im Altertum viel G., und seine 
Bewohner galten als reich an G.-Besitz (Diod. V 
27,1, vgl. Plin. XXXIII 14); Fundstätten lagen am 
Nordabhang der Pyrenäen im Gebiet der Tekto- 
sagen (Strab. IV 187f.) und Tarbeller (ebd. 190); 
sodann gab es welche in den Cevennen (ebd. III 
146) , und auch einige Flüsse waren goldreich 
(nach Auson, Mos. 465 der Tarn; vgl. Diod. a. a. 0.), 
was auch von Flüssen der Schweiz berichtet wird 
(Poseidon, bei Athen. VI 233 D). In Mitteleuropa 
sind die Donaugegenden am ergiebigsten, deren 
Gruben in :der Kaiserzeit zumeist dem Staat ge- 
hörten; wir erfahren namentlich von G.-Wäsche- 
reien in Noricum (Strab. V 214), und noch 
ergiebiger waren die heute noch ertragreichen 
Gruben Daciens und Moesiens, also im heutigen 
Ungarn und Siebenbürgen , von denen sogar 
Herodot schon dunkle Kunde gehabt zu haben 
scheint (IV 104 von den Agatbyrsen). Und daß 
die Dacier selbst hier schon G, gefördert haben, 
erweisen neuere Forschungen (Teglas in der 
Ungar. Revue 1889, 352). Von den Körnern 
wurden sie anfänglich verpachtet (Hirschfeld 
Untersuch, auf d. Gebiet d. röm. Verwaltungs- 
gesch. I 76f.), später aber vom Staat selber 
exploitiert, worüber uns die dort gefundenen 
Inschriften mehr Auskunft geben als die Schrift- 
quellen (s. CIL HI 213ff. und vgl. Brandis 
o. Bd. IV S. 1973). Die dalmatischen Minen 
(Stat. silv. IV 7, 14) waren ebenfalls fiska- 
lisches Eigentum (Flor. II 25 [IV 121, 12. 
Plin. XXXIII 67; vgl. CIL III 1997), und das- 
selbe war in der Kaiserzeit der Fall mit den 



löOö 



uoia 



uoia 



l&bb 



G.-Bergwerken in Britannien (Strab. IV 199. 
Tac. Agr. 12); über Reste alter G.-Gruben in 
England s. Hübner Rh. Mus. N. F. XII (1857) 
347. XIII (1858) 363. Blümner a, a. 0. 28, 2. 
III. Gewinnung fs. Blümner a, a, 0. llOff.). 
Da das G., wie mehrfach erwähnt, in zwei For- 
men vorkommt : als Berg-G. im Gebirge und als 
Schwemm-G. im Flußsand oder in goldhaltiger 
Erde, so war auch seine Gewinnung eine ver- 
schiedenartige. Die xgvaeta oder aurariae wie 10 
die Stätten der G.-Gewinnung mit allgemeinen 
Namen hießen, waren demnach entweder #wög>- 
Qv%sia (Agatharch. a. 0. 24 p. 124 M. Anon. 
peripl. mar. Erythr. 63 p. 303 M. Strab. V 218. 
XV 706. Corp. gloss. lat. II 26, 52), aurifo- 
dinae (Plin. XXXIII 78. Dig. III 4, 1 pr. Corp. 
gloss. lat. a. a. 0.; ebd. 568, 42) oder zQ va °- 
Äw (Strab. III 146. V 214; eine entspre- 
chende lateinische Bezeichnung gibt es nicht). 
Diese beiden Methoden charakterisiert Strab. 20 
III 146 kurz und richtig mit den Worten: 6 dz 
%QVöb$ ov ߣrak?.everai fiövov alla xai ovQsrai, 
wobei er dann von letzterer wieder zwei Arten 
des Vorkommens unterscheidet : ir ro~g dvvdfjoig 
zoxoig und iv roTg smxlvoroig ; in jenen ist das 
G. nicht sichtbar am Tage liegend, in diesen 
macht es sich durch seinen Glanz bemerkbar. 
Daher kommt Plinius, der diese beiden letzten 
Arten, Fluß-G. und goldhaltige Erde, auseinander- 
hält, dazu, drei Arten des G.-Gewinnens zu unter- 30 
scheiden, XXXIII Q6 aurum invmitur in iwstro 
erbe . . . tribus modis : fluminum ramentis .... 
alio modo puteorum serohihus effoditur mit in 
ruina montium quaeritur. Wir besprechen nun 
zunächst das Verfahren, durch das das Metall 
aus dem goldhaltigen Flußsand, der äfi/uos oder 
yxiftttos zQvolTis (Herod. III 102. Strab. a. a. 0. 
Plut. cup. div. 7 p. 526 B; Poll. VII 97 «ara- 
Xqvöos ipd[Ä/j,og), arena aurifera (Plin. IV 115) 
und aus der goldhaltigen Erde, yfj vji6%qvgo$ oder 40 
xaraxQvoog (Poll. III 97 und a. a. 0.), tellus 
aurosa (Plin. a. a. 0. 67) gewonnen wurde. Das 
war ziemlich primitiv, soweit wir darüber unter- 
richtet sind; denn nur vereinzelte Nachrichten 
liegen darüber vor. In den keltischen und hel- 
vetischen G. -Wäschereien, in denen Männer und 
Frauen damit beschäftigt wurden, wurde der Sand 
unter beständigem Reiben ausgewaschen und so 
der Sand von den G.-Körnern geschieden (Posid. 
bei Athen. VI 233 D : xal zavza ywaixeg xal 50 
ävÖQss ao&eveiG za ocöfiara avr zaig äfifiotg vxo~ 
WyX 0VZ£ S äuaräoi xai xXvvavTE$ äyovatv etti t?}v 
l&vriv, aus welcher oberflächlichen Beschreibung 
man freilich nicht viel entnehmen kann). Bei 
goldhaltiger Erde verfuhr man ähnlich. : man grub 
nämlich, wo man G. fuhrende Erde vermutete, 
zunächst auf Probe und untersuchte sie auf den 
G.-Gehalt ; ergab die Probe solches, so fuhr man 
mit Graben weiter fort und leitete Wasser über 
die ausgehobene Erde, bis die G.-Körnchen sich 60 
sonderten (Strab. III 146 rovg avvÖQovg (foq^xm 
ejzixav£ovt£$ vbaxt otiXjIvov zioiovoi xo rprjyua, 
Kai qjQsata d'oQvaaovzeg Hat aUag xkyyag sm- 
voovvzsg jtkvoei zfjg a/nfAov rar yovoov ixla/aßa- 
vovat. Plin. XXXIII 67, der noch bemerkt, daß 
die entnommene Probe bei den Spaniern segu^ 
tilum, die goldführende Schicht tatutium hieß). 
Komplizierter war das Verfahren, das Plin. a. a. 



0. 70ff. beschreibt. Man grub nämlich an den 
als goldhaltig erkannten Stellen unterirdische 
Stollen, was sehr umständlich, langwierig und 
gefährlich war ; stieß man im Erdreich auf Fels, 
so sprengte man diesen mit Hilfe des sog. Feuer- 
setzens, das bei den Alten unser Sprengen durch 
Schießpulver, wenn auch freilich in sehr unvoll- 
kommener Weise, ersetzen mußte (s. Blümner 
a. a. 0. III 71). Das zertrümmerte Gestein wurde 
auf den Schultern von Stollen zu Stollen weiter- 
befördert, bis es an die Minenöffnung kam. War 
der Fels für die Sprengung zu umfangreich, so 
umging man ihn durch seitlich geführte Stollen- 
anlagen. Wenn die vorbereitende Arbeit auf diese 
Weise erfolgt und das ganze Erdreich des Hügels 
so unterminiert war, so w r urden die stehengeblie- 
benen Pfeiler (Bergfesten), die Plinius eervices 
fornieum nennt, teilweise weggeschlagen, und zwar 
vom innersten [ab ultimo) angefangen. Der da- 
durch verursachte Zusammensturz des Ganzen gebe 
sich durch Anzeichen zu erkennen, die ein Wächter 
auf der Berghöhe beobachte, der sofort durch 
Rufe und Zeichen die Arbeiter von der Gefahr 
benachrichtige und sich selbst in Sicherheit bringe: 
dann stürze der Berg mit ungeheurem Getöse 
und unter gewaltigem Luftdruck in sich zusammen. 
Bei dieser Beschreibung ist freilich manches un- 
klar; auf jeden Fall konnte man nicht alle Stützen 
wegschlagen, weil sonst der Einsturz zu plötzlich 
erfolgt wäre und der Berg die Arbeiter unter 
sich begraben hätte. Aber auf alle Fälle war 
die Arbeit eine äußerst gefährliche, denn oft ge- 
nug erfolgten schon während derselben Einstürze 
{sidunique rimaß subito et opprimunt op&ratos, 
ut iam minus temerarium videatur e profundo 
maris petere margaritas atque purpuras). Die 
auf solche Art gewonnene gewaltige Erdmasse 
mußte nun geschlemmt werden ; das dazu not- 
wendige Wasser fehlte aber gerade in jenen Bergen 
sehr oft und wurde vom hohen Gebirge her in 
hölzernen Leitungen, deren Anlage wiederum mit 
Lebensgefahr verbunden war. herangeführt, manch- 
mal aus 100 römischen Meilen Entfernung (vgl. 
Plin. a. a. 0. 74f., dessen Schilderung an die 
,heiligen Wasser' in Tälern des W T allis erinnert). 
So gelangte das Wasser in mehrere übereinander 
gelegene und mit Schleusen versehene Reservoirs, 
aus denen es mit solcher Gewalt über das Trüm- 
mergestein hinweg sich ergoß, daß das taube 
Gestein losgerissen und fortgeschwemmt, das G.- 
Erz aber bloßgelegt wurde ; man suchte also hier 
künstlich und auf einmal herbeizuführen, was in 
den Flußbetten auf natürlichem Wege und all- 
mählich vor sich ging. Freilich wurden durch 
das herabstürzende Wasser auch G.-Partikeln mit- 
gerissen, daher fing man unterhalb des Berges in 
der Ebene den Abfluß in Gräben auf, in denen 
in bestimmten Abständen Reisig von einer ge- 
wissen Pflanze eingelegt war, das zwar Schlamm 
und Erde durchließ, das G. aber auffing und fest- 
hielt. Diese Gräben waren seitlich mit Brettern 
verschalt, und wo das Terrain es erforderte, traten 
an ihre Stelle den Abgrund überbrückende Holz- 
leitungen, bis zuletzt die ganze Anlage unten am 
Meere mündete, in das der Schlamm und Abfall 
geleitet wurde. Das auf diese Weise gewonnene 
G. war ein schon reines, der Läuterung nicht mehr 
bedürfendes (was die Griechen änvQog xqvoos 



1567 



Gold 



Gold 



1568 



nennen, Herod. III 97. Diod. II 50, 1. Anth. 
Pal. IX 310, 1) ; manchmal ergaben sich Klumpen 
von beträchtlicher Größe, bis zu 10 Pfund Ge- 
wicht (Plin. a. a. O. 77), die man in den spa- 
nischen Gr. -Wäschereien palaga nannte, während 
die kleineren balux hießen; ersteres Wort, das 
in den Hss. des Plinius meist entstellt ist, ist 
sonst nicht nachweisbar; dafür sagt Strab. HI 
146, daß die unter den yjtfy/uaza gefundenen 



und die namentlich auch die furchtbaren Leiden 
der zu diesen Arbeiten verurteilten Kriegsge- 
fangenen und "Verbrecher äußerst anschaulich 
schildern. Auch hier wurde die Minierarbeit durch 
Feuersetzen vorbereitet, dann wurde das gold- 
haltige .Gestein durch besonders kräftige Arbeiter 
mit gewaltigen Hämmern zerschlagen und die 
Trümmer von Knaben, die in die sehr niedrigen 
und schmalen Gänge hineinkrochen, in Säcken 



halbpfündigen Stücke jzdXai genannt würden. Bas 10 hinaus ins Freie befördert {etwa wie heute die 



andere Wort kommt in der Form palux (so die 
Hss. des Martial, s. Friedländer zu Mart. XI 
57, 8) in der Bedeutung von G. -Klumpen außer 
bei Mart. a. a. 0. auch lustin. XLIV 1, 7 vor. 
Dagegen wird balluea, das sich bei Veget. mulom. 
I 20, 7 (wo es ausdrücklich vom awrum unter- 
schieden wird). Cod. Theod. X 9, 4. 19, 3. Cod. 
Iust. XI 6 (7), 2 und ebd. 1, 1 findet, an letz- 
terer Stelle durch griech. xQ-voapftos übersetzt, 



Kinder in den Schwefelminen Siziliens verwendet 
werden). Das goldhaltige Gestein gelangte nun 
zu den sog. xojisTg, kräftigen Männern, die es in 
steinernen Mörsern mit eisernen Keulen zerstampf- 
ten, bis die einzelnen Stücke nur noch ungefähr 
Erbsengroße hatten; diese wurden wiederum in 
schweren Handmühlen von Weibern, deren je zwei 
oder drei an jedem der beiden Balken der Mühle 
stießen, klein gemahleD, bis sie in Staub ver- 



war also nicht gereinigt und wird auch in den 20 wandelt waren. Dann kamen die sog. oeXayyeV^ 



Glossen als die noch nicht gereinigte goldhaltige 
Erde erklärt (d^atvevTog yrj r} xo %qvcsIov ixßdX- 
Xovoa Corp. gloss. lat. II 254, 53; oder ytfötov 
Xqvoov äxa-d'oiQiaTov, ebd. 263, 8; vgl. 278, 59. 
479, 1). Für kleinere G.- Partikeln ist der Name 
striges überliefert (Plin. a. a. 0. 62, wo einige 
Hss. strigiles haben ; da das wohl auch ein spa- 
nisches Wort ist, darf man es mit dem lateini- 
schen strix, der Riefelung der Säulen, nicht in 



an die Reihe, die durch Waschen die G.-Teilchen 
aussonderten, indem sie den gesamten Erzstaub- 
auf einer breiten, etwas schräg aufgestellten Holz- 
tafel ausstreuten, Wasser darüber leiteten und 
die dadurch entstehende teigartige Masse mit den 
Händen rieben und damit immer so fortfuhren, 
daß dabei das Wasser die erdigen Teile vom Brett 
herunterspülte, während die schwereren G. Par- 
tikeln daran hängen blieben. Dies Verfahren 



Verbindung bringen; falls es lateinischen Ur- 30 wurde mehrmals wiederholt, wobei auch Schwämme 



Sprungs ist, wäre es mit strigmentum — ramen- 
tum zu vergleichen, s. Plin. XX 17. Corp. gloss. 
lat. II 594, )}. Das im Reisig aufgefangene G. 
wurde in der Weise gewonnen, daß man das Reisig 
trocknete und verbrannte und die Asche auf einem 
ausgehobeneD Rasenstücke wusch, wobei das schwe- 
rere G. im Rasen hängen blieb, das Aschenwasser 
abfloß (Plin. a. a. 0. 77). Über die Einrichtung 
der G.-Wäschereien an anderen Orten erfahren 
wir nichts Näheres. 

Das G., das unterirdisch durch bergmännische 
Arbeit gewonnen wurde, hieß aurum canalieium 
oder canaliense, von den eanales genannten Stollen 
(Plin. a. a. 0. 68 ; vgl. ebd. 80). Man ging also 
durch Stollen, deren sorgfältige Ausführung man 
vielfach heute noch in römischen Bergwerken in 
Spanien und Ungarn beobachten kann, in das 
Innere der Erde, oft bis in sehr bedeutende Tiefe 
und mit Seitengängen und Querstollen (Diod. V 



zur Anwendung kamen. Nicht alles an dieser 
Beschreibung ist klar; man darf annehmen, daß 
auch Siebe zur Verwendung kamen, wie denn 
auch Poll. VII 97 dem Schmelzen des G.s ein 
öiaorjßsiv, dirjüovv, dtaxQivEiv vorausgehen läßt; 
vermutlich besorgten das diejenigen Arbeiter, die 
XQvcsxXJxratt aurileguli hießen (Paul. Nol. carm, 
17, 269. Cod. Theod. X 19, 3. Corp. gloss. lat. 
II 27, 8; dagegen wird ebd. 479, 5 aurilegulus 
40 mit %Qvca>QvxTfis übersetzt, weshalb Funck im 
Arch. f. lat. Lesigogr. VIII 371 dafür aurifossor 
schreiben möchte, s. Corp. gloss. lat. III 201, 
11. 271, 16, jedoch mit Unrecht, da auch der 
aurilegulus den aurifossor bedeutet, wie aus 
Paulin. Nol. a. a. 0. hervorgeht : e quibus vivum 
fodiente verbo eruis aurum). In der Hippokra- 
tischen Schrift tieqI hialziqg I 4 (I p. 644 K.) 
werden als einzelne Prozeduren angeführt K67ix£tv> 
TtXvvetv, zrjxetv jivqi fiaXanä), während Plin. a. a. 



36, 4). Gegen schlechte Luft und schlagende 50 0. 69 tundere, lavare, urere und molere nennt 



Wetter wurden Luftschächte angelegt, wie das 
auch in andern Bergwerken der Fall war (wir 
verweisen für Näheres betreffend Verhältnisse und 
Anlage der Bergwerke bei den Alten auf den 
Artikel Me t all a); docli waren diese Einrichtungen 
wohl noch sehr unvollkommen, ebenso wie die- 
jenigen, durch die man das Grubenwasser heraus- 
schaffte (daß man in den spanischen Bergwerken 
die von Vitr. X 6 beschriebene Archimedische 



(molitur ist jedenfalls besser als das mollitur 
des Bambergensis). War das G. auf diese Art 
gewonnen, so bedurfte es, da es noch nicht ganz 
rein, sondern meist noch mit andern Metallen, be- 
sonders Silber, vermischt war, noch eines Läu- 
terungsprozesses, der durch Feuer erfolgte, was 
mit wpew, coquere, conflare bezeichnet wird (da- 
her das so geläuterte ygvoog (bisydos heißt, He- 
rodot. I 50. II 14. Thuc. II 13, 5. Poll. VII 



Schraube anwandte, sagen Diod. V 37, 3 und Po- 60 97 u. s.), eine sehr wichtige Prozedur, auf die 



sid. bei Strab. III 147; vgl. Blümner a. a. 0. 
123ff.). Speziellere Beschreibung der Arbeit in G.- 
Bergwerken erhalten wir nur in Berichten über 
den zur Zeit der Ptolemäer üblichen Betrieb der 
G.-Minen in Oberägypten und Äthiopien, die bei 
Agatharchides PeripL mar. Erythr. (Phot bibL 
cod. 250) c 24ff p. 124ff. Müller und mit einigen 
Ergänzungen bei Diod. III 12ff. erhalten Bind. 



die alten Schriftsteller gern anspielen, zumal sie 
zu Gleichnissen benutzend. Das Verfahren selbst 
hat den eigentümlichen, seiner Herkunft nach 
dunkeln Namen obrussa oder obry%a (s. Babe- 
lon bei Daremberg-Saglio IV 141 j aurum ad 
obrussam Suet. Nero 44. Plin. a. a. 0. 59; 
in Übertragung nicht selten, 8. Cic. Brat. 74, 
258. Sen, nafc qn. IV 5, 1; ep. IS, 1; daher - 



uroia 



lö/u 



das geläuterte G. auch diesen Namen führt (Pe- 
tron. 67, 6; ßgü£y im Ed. Diocl. 30, 1; auch 
obryxtim Isid. orig. XVI 18, 2. Corp. gloss. lat. 
V 228, 9, oder obryxaium Cod. Iust. XI 10, 3. 
XII 49, 1). Auch hierfür sind wir wiederum auf 
den Bericht des Agatharchides über das Verfahren 
in den ägyptischen G. -Bergwerken angewiesen ; 
es ist dasselbe, was man heut Kupellieren nennt, 
und das darin besteht, daß durch Zusatz einer 



kennen wir das Verfahren nur sehr ungenau. Die 
Schriftsteller erwähnen nur das Streichen oder 
Reiben des G.s auf dem Stein (Theogn. a. a. 0. 
Herod. VII 10 a); von Anwendung einer Säure, 
die man heut auf den Stein gießt (Salpetersäure 
mit etwas Salzsäure), erfahren wir nichts, obschon 
behauptet wird, daß man auf dem Probierstein 
nicht bloß vergoldetes Kupfer oder Silber vom 
puren G. unterscheiden, sondern selbst die klein- 



andern Substanz das G. im Feuer von fremden 10 sten fremden Bestandteile im nicht reinen G. er- 
Bestandteilen befreit wird. Darnach bekamen die kennen konnte (über das goldhaltige Silber, das 
G.-Schmelzer, die sxp^zai, bestimmte Quantitäten vielfach als solches, zumal in der Münzprägung, 
des G.-Staubes zugewogen; diese taten sie in ein verwendet wurde, vgl. den Artikel Elektron). 
Ton ge faß, indem sie als Zuschlag nach bestimmten Im allgemeinen vergleiche zu diesem Abschnitt 
Verhältnissen Blei, Salz, Zinn und Gerstenkleie A. Frantz Berg- u. Hüttenmänn. Zeitg. XXXIX 
beisetzten. Dieser Topf wurde mit genau schließen- (1880) off. 41ff. 61ff. 96ff. 
dem Deckel verschlossen und die Ritzen noch IV. Verarbeitung. Die hauptsächlichsten 
obendrein sorgfältig verstrichen ; dann setzte man Arten der Verwendung des G.s wurden schon im 
ihn im Schmelzofen einem fünftägigen, ununter- ersten Abschnitte berührt; es sind das sein Ge- 
brochenen Feuer aus. Nach Erkaltung fand man 20 brauch zur Verzierung von Architektur und Archi- 
im Tiegel eine im Gewicht dem hineingetanen tekturteilen (Wänden, Decken, Säulenkapitellen, 
G. fast gleiche Quantität puren G.s, während sich Dachziegeln u. dgl.), zum Schmuck oder zur Her- 
die Zutaten verflüchtigt hatten. Diese Beschrei- Stellung von Hausrat , vornehmlich von Möbeln 
bung klingt allerdings etwas seltsam, doch war und Gefäßen, ferner für Schmuck aller Art, für 
das Verfahren in den spanischen Bergwerken, Prunkwaffen, in der Skulptur für statuarische und 
nach der Schilderung bei Plin. a. a. 0., ähnlich ; Reliefarbeiten, in der Textilkunst, endlich in der 
man tat hier beim Scheiden des G.s vom Silber Münzprägung. Die meisten der bei diesen Ver- 
(dem sog. Caementationsverfahren) in einen aus Wendungen in Betracht kommenden technischen 
einer gewissen (tasconium benannten) Tonart her- Verfahren sind nicht dem G. speziell eigentümlich, 
gestellten Tiegel das G. nebst einem Zuschlag 30 sondern aUgemein der Metalltechnik, besonders 
von Blei, Misy (einem Nebenprodukt des Kupfers) derjenigen, die auf künstlerischem und kunstge- 
und Alaun (vgl. Plin. XXXIII 60. 69. XXXIV werblichem Gebiete arbeitet, also außer der G.- 
121. XXXV 183. Strab. III 146). Ein drittes Arbeit auch der Silber- und Erzarbeit. Diese 
Verfahren, dem heutigen Amalgamieren ent- Verfahren, die sich wesentlich dadurch unter- 
sprechend, bediente sich zur Scheidung des scheiden, ob sie das Metall im heißen flüssigen 
G.s vom Silber des Quecksilbers. Man tat das oder im kalten festen Zustande bearbeiten, sind 
silberhaltige G. mit dem Quecksilber zusammen das Gießen, Hämmern, Treiben, Pressen und 
in ein irdenes Gefäß, so daß eine Verbindung Prägen. Von diesen kam das Gießen jedoch bei 
beider erfolgte, und schüttelte das Gefäß heftig, der G.-Arbeit am allerwenigsten in Betracht. Die 
damit unreine Beimischungen sich ausschieden ; 40 ältesten griechischen G.-Arbeiten, die wir kennen, 
dann wurde das Amalgam auf gegerbte Felle aus- die von Troia und Mykenai, sind getriebene oder 
geschüttet, durch die Quecksilber abfloß, wäh- gepreßte G.-Bleche; auch unter den G.-Arbeiten 
rend das G. zurückblieb. So Plin. XXXIII 99, späterer Zeit können wir gegossene nicht nach- 
doch ist seine Beschreibung recht unklar und weisen. Am ehesten wäre noch Guß anzunehmen 
jedenfalls auch unvollständig, denn es mußte so bei statuarischen Werken, allerdings dann wohl 
immer noch eine Verschmelzung von G. und Queck- meist Hohlguß, weil massiver Guß bei der Kost- 
silber zurückbleiben, aus der man erst das pure barkeit des Materials eine arge Verschwendung 
G. durch Verdampfung des Quecksilbers gewinnen war, die wohl nur da stattfand, wo es mehr auf 
konnte. Was sonst noch vom G.-Schmelzen er- den materiellen, als auf den Kunstwert des Werkes 
wähnt wird, namentlich betreffs des dabei statt 50 ankam. Die Blütezeit der griechischen Kunst hat 
der Holzkohlen angewandten Strohfeuers (Plin. freilich auf ganz goldene Götterbilder verzichtet; 
XVIII 99. XXXHI 60. 90. Plut. qu. conv. III sie wählte dafür die Verbindung von G. und Elfen- 
19, 3 p. 658 D), ist zwar sicher authentisch, bein, wobei die goldenen Teile nicht gegossen, 
aber so, wie es überliefert ist, nicht recht ver- sondern getrieben wurden, 
ständlich und verschiedener Deutung fähig (vgl. Götterbilder und andere Figuren ganz aus 
Blümner a. a. 0. IV 1341). Zur Prüfung des G. herzustellen, war im wesentlichen barbarisch, 
G.s auf seine Reinheit bediente man sich, abge- zumal im goldreichen Orient üblich (daher häu- 
sehen von der durch Archimedes erfundenen Probe fige Erwähnungen im Alten Testament , z. B. 
auf das spezifische Gewicht (Vitr. IX 1, 9ff.), des Jesaia % 20). Es ist bezeichnend, daß in Luc. 
schon den Alten bekannten Probiersteins (vgl. 60 Iup. trag. 8, wo eine Götterversammlung einbe- 
Jacob bei Daremberg-Saglio I 1548), der ßaaa- rufen wird, bei der die erscheinenden Götterbilder 
vtnjs Xidog (Hesych. s. v.) oder ßdaavog (Pind. auf Befehl des Zeus nach dem Werte des Mate- 
Pyth. 10, 67. Theogn. 417. 450. Harpokr. s. v.), rials, aus dem sie bestehen, ihre Plätze erhalten 
auch Xi&os 'ffgaxXEia oder Avdr} hieß (Theophr. sollen, Hermes bemerkt, es würden dann nur die 
de lap. 4; Xtdog Avdia Bacehyl. frg. 14 [22] Barbarengötter die Proedrie haben; die griechi- 
Bl. PolL VII 102, der ihn auch Xißog xQvotrtg sehen seien von Marmor oder Erz und die kost- 
nennt), lat. coticula (Plin. XXXIII 126) oder auch barsten wären nur von außen mit G. belegt, innen 
basanites (ebd. XXXVI 58. 147. 157); doch aber hölzern und hohl; Bendis jedoch, Anubis, 
Panly-Wtwsowa-Kroll VII 50 



1571 



üold 



Gold 



1572 



Atthifl, Mithras, Men wären oXoxqvcoi xai ßaostg. 
Diese ägyptischen und orientalischen Götterbilder 
galten also für massiv golden; und die alten 
Schriftsteller berichten öfters von solchen, nament- 
lich von babylonischen. So erzählt Herod. 1 183 
von einem großen Sitzhild auf goldenem Throne 
nebst dabei stehendem goldenem Tische, sowie 
von einem andern ebenfalls zu Babylon befind- 
lichen, zwölf Ellen hohen Bilde aus massivem 



stellen. Allenfalls wäre freilich auch denkbar, 
daß an den in Betracht kommenden Stellen atpv- 
QTJXaros gar nicht in der ursprünglichen techni- 
schen, sondern in der übertragenen Bedeutung ge- 
diegen zu verstehen ist. 

Wenn wir auf griechischem Boden goldene 
Bildwerke antreffen , so sind es meist Weihge- 
schenke in Heiligtümern, die, wie oben erwähnt, 
zugleich eine Art von Schatz repräsentierten; da- 



G., wobei er allerdings vorsichtig hinzufügt , er 10 her sind viele darunter auch als massive Arbeiten 



habe das nicht selbst gesehen, aber die Chal- 
däer behaupteten es. Diod. II 9, 5 spricht von 
drei Götterstatuen (die er Zeus, Hera und Ehea 
nennt) im Tempel des Belos zu Babylon, deren 
bedeutendes Gewicht (er gibt 800—1000 Talente 
an ; das babylonische schwere Talent hat nach 
Hultsch Metrologie 398 rund 60,48 kg) es von 
vornherein unwahrscheinlich macht, daß es mas- 
siv goldene Figuren waren. Plinius (XXXIII 



zu betrachten, so die Geschenke des Kroisos in 
Delphi, namentlich der Löwe auf den Goldziegeln, 
wie das auch die Gewichtsangaben des Herod. I 
50 erweisen (die ijfusuivöta je 2— 2i/ 2 Talente); 
und wahrscheinlich war das auch der Fall mit 
der von ihm dorthin geweihten Statue der sog. 
äQtonajcog (ebd. 51). Hier lag ja beim Donator 
noch das Bestreben vor, durch besonders wert- 
volle Gaben sich dem Gott geneigt zu machen. 



82) berichtet, die seines Wissens älteste massive, 20 Ebenso war es Wohl mit dem großen Zeus der 
„;^ + ™„™^:„ v^i- n. a*.„^ i.„-u» „:„i, .-„ Kypseliden fc Olympia, der zwar öfters nur als 

golden erwähnt (Paus. V 2, 3. Diog. Laert. I 7, 
2), in andern Nachrichten aber als afpvgrjXaxog 
bezeichnet wird (Plat. Phaedr. p. 236 B. Strab. 
VII 358. 378. Suid. und Phot, s. KvrpsXi- 
da>v ävd&wta). Auch hier beweist die Überliefe- 
rung des angeblich an der Figur angebrachten 
Epigramms, daß es sich um eine massive Statue 
handelte (nach der einen Version, bei Suidas und 



nicht inwendig hohle G.-Statue habe sich in 
einem Tempel der Landschaft Anaetis (in Ar- 
menien am oberen Euphrat) befunden; sie sei 
in dem Partherkriege des Antonius entführt und 
eingeschmolzen worden (es war vermutlich eine 
Statue der Göttin Anaitis). Indessen diese Sta- 
tuen waren, wenn wir uns auf die Nachrichten 
der Alten verlassen dürfen, nicht gegossen, son- 
dern gehämmert. Diodor bezeichnet jene Werke 



als ötpvy^Xaza ; Plinius .sagt : aurea statua prima 3oPhotios, oyvQtjXazQs xoXoaoog, nach der andern 



omnium nulla inanitate et antequam ex aere 
aliqua modo fieret , quam vocani fiolosphyron. 
Nun wird allerdings oft angenommen, daß ein 
GfpvQrjXaxov oder ein 6X6a<pvoop bezw. oloaqjvQatov 
(denn beide Bezeichnungen "sind identisch, Phryn. 
p. 203 Lobeck tö SXooqpvgov r'xßaXs aal tjroi o<pv- 
QrjXazov Xeys *} oXootpvQarov) auch ein Werk be- 
deute, das aus getriebenen Platten zusammen- 
gesetzt, also hohl ist (z. B. Sittl Archaeol. 403); 



TzayxQvoeos xoXoaoog). Vielleicht darf man das 
gleiche voraussetzen bei den goldenen Dreifüßen 
und Niken, die Gelon und Hieron von Syrakus 
nach Delphi geweiht hatten (Athen. VI 231 F). 
Aber im allgemeinen wird man bei Bildwerken 
griechischer und römischer Proveuienz, die als 
golden erwähnt werden, anzunehmen haben, daß 
sie nicht massiv, sondern entweder hohl (gegossen 
oder getrieben) oder gar bloß vergoldet waren. 



allein nachweisbar ist das meines Wissens nir- 40 So wird das von Antiochos Epiphanes geweihte 



gends, dagegen überall, wo sich Bestimmtes 
schließen läßt, geschmiedete oder gehämmerte, 
nicht hohle Arbeit gemeint (Aesch. Sept. 798: 
Pers. 738. Herod. VII 69. Dio Chrys. or. XLIV 

p. 509 M.), und so bedeuten beide Worte (auch 
in übertragenem Sinne) gediegen oder massiv 
(Plut. quom. adul. ab am. discern. 24 p. 65 B ; de 
Pyth. or. 29 p. 408 E; de garrul. 17 p. 511 B. 
Luc. Dem. enc. 14; die Glossen übersetzen so- 



goldene Gorgoneion an der Südmauer der Akro- 
polis von Athen bei Paus. V 12, 4 schlechtweg 
als golden bezeichnet, I 21, 3 aber als imxQvaog. 
d. h. mit Goldblech belegt ; die Statue der Phryn e 
in Delphi heißt ebd. X 14, 7 golden (und so auch 
sonst öfters, s. Hitzig Blümner z. d. St), sie 
war aber nach Plut. amat. 9 p. 753 F xard/^voog, 
d. h. vergoldet (über den- unterschied von im- 
ZQvoog und xaräzQvoog s. u.). Die Statue des 



lidus mit 6X6o(pvQog, 6Ä.oo<pftQcnog, otpvor'jXazo; s. 50Gorgias, ebenfalls in Delphi, wird öfters als 
Corp. gloss. lat. VII 277). Man kann daher auch goldene bezeichnet (Cic. de or. III 32, 129: no?i 
bei diesen G.-Statuen nur an Schmiedearbeiten indurata statua, sed aurea. Hermipp. bei Athen. 
iImiVph wpnifTHt™« lmlwm =;» fli. TU'/.i.u^H.r xi 505D; massiv, solida, nach Plin. XXXIII 83 



denken, wenigstens haben sie die Berichterstatter 
dafür gehalten, was ganz begreiflich ist, da ja 
die Erfindung des Erzgusses von den alten Schrift- 
stellern erst ins 6. Jhdt. verlegt wird, man also 
für frühere Zeit überhaupt keinen Metallguß an- 
nahm. Ob nun diese Meinung von der Herstel- 
lungsart jener massiven G.-Figuren richtig war 



und Val. Max. VIII 15 ext. 2), während Paus. X 
18, 7 sie hinwiederum txiyovoo; nennt. Man wird 
daher auch bei andern schlechtweg golden ge- 
nannten Bildwerken, wie den Nikefiguren in Athen 
bei Paus. I 29, 16, dem Apoll in Delphi, ebd. X 
24, 6, oder den Chariten in Smyrna, ebd. IX 35, 6, 



oder nicht, vermögen wir nicht zu beurteilen; Uö Zweifel hinsichtlich der Gediegenheit des G, hegen 
aber da der Hohlguß in Ägypten und im Orient dürfen. 



schon sehr früh bekannt war, der viel einfachere 
Vollguß daher erst recht, so liegt es nahe, die 
Angaben der Alten über die Technik dieser orien- 
talischen G.-Statuen für nicht authentisch anzu- 
sehen, da es sicherlich leichter und einfacher war t 
wtam man schon massive G.-Figoren arbeitete, 
äs durch Goß als durch Schmiedearbeit herzu- 



Im allgemeinen geht schon aus der geringen 
Zahl der bei den Schriftstellern überlieferten Bei- 
spiele hervor, daß Goldstatuen, ob es nun massiv - 
gehämmerte oder massivgegossene oder hohlge- 
triebene waren, zu den Seltenheiten gehörten und 
zumal für griechische Götterbilder ganz unge- 
wöhnlich waren. Auch für Porträtfiguren , wie 



1573 



Gold 



Gold 



1574 



Gorgias und Phryne, bilden sie völlig vereinzelte 
Ausnahmen; nur in der Diadochen- und in der 
Kaiserzeit scheint es wieder öfters vorgekommen 
zu sein. So brachte Pompeius von seinem Feld- 
zuge gegen Mithradates ein acht Ellen hohes 
Bild dieses Fürsten mit heim, das ano ozsqsov 
Xqvoov war (Appian. Mithr. 116); Nero lehnte 
nach Tac. ann. XIII 1 das Anerbieten, daß man 
ihm Statuen aus massivem Silber oder G. setzen 
wolle, ab; eine goldene Statue des Galba wird 
Tac. bist. I 36 erwähnt; dem Kaiser Claudius 
Goticus wurde auf Staatskosten auf dem Capitol 
vor dem Iuppitertempel eine 10 Fuß hohe Statue 
aus G. errichtet (Hist. aug. Claud. 3, 4). Da- 
gegen werden die dem Kaiser Maximus dekretier- 
ten Reiterstatuen ausdrücklich als vergoldet be- 
zeichnet Hist. aug. Maxim. 13, 4. 

Wenn demnach allem Anschein nach in der 
griechischen Kunst das Gießen des G. keine 
wichtige Bolle gespielt hat und höchstens in 
kleineren Stücken für Schmucksachen oder Zier- 
stücke zur Anwendung kam, so muß es auffallen, 
daß der Goldarbeiter im Griechischen nur selten 
XQvcovQyos heißt (Poll. VII 97) oder xQooonotog 
(Luc. Char. 12), vielmehr gewöhnlich mit xQ vao ~ 
%6oq bezeichnet wird (und ebenso xqvooxqsTv, 
XQVOoxol'xrj , yQvöo%oEiov , s. Blümner Technol. 
303f.) , und zwar bereits bei Hom. Od. III 425. 
Im damaligen Griechenland kann -von entwickel- 
ter Goldarbeit aber noch keine Rede sein; der 
XQvooxoog, der hier die Aufgabe hat, die Hörner 
des Opferstiers für Nestor zu vergolden, d. h. mit 
Goldblech zu überziehen, heißt v. 432 ^ctÄxei'?, 
was also schlechtweg ein Metallarbeiter, der je 
nach Umständen Erz, Silber oder G. bearbeitete. 
Man könnte nun die Bezeichnung xgvaoxoog auf 
zwei Arten zu erklären suchen. Einmal liegt 
es nahe, anzunehmen, daß in jenen Zeiten, wo 
G. noch selten war und in der Regel wohl der- 
jenige, der eine Arbeit in G. nicht fertig kaufte, 
sondern von einem einheimischen Meister aus- 
führen ließ, diesem das G. dazu lieferte (wie das 
Nestor tut. v. 436) , wenn auch natürlich nicht 
in Klumpen , sondern vielleicht in Barren oder 
etwa auch in ausgeführten Goldarbeiten, wie Ge- 
fäßen, Schmuck u. dgl. Das mußte dann der 
Goldarbeiter zunächst einschmelzen und zu Platten 
gießen, die er dann je nach Bedürfnis durch 
Hämmern verbreitete und dünner machte, wie er 
es eben für seine Arbeit brauchte (daher auch 
hier v. 423 der Arbeiter mit Amboß, Hammer 
und Zange ankommt). Es wäre demnach die Be- 
nennung derjenigen Tätigkeit entnommen, die der 
eigentlichen und wesentlichsten, dem Hämmern 
und Treiben, vorausging. Eine andere Erklärung 
wäre folgende: es ist anzunehmen, daß in jener 
Epoche der griechische Goldarbeiter vornehmlich 
damit beschäftigt war, die bestimmten Gegen- 
stände (wie hier die Hörner des Stiers) durch 
Überziehen mit Goldblech zu vergolden (vgl. 
Riedenauer Handw. in d. homer. Zeiten 116f.), 
denn das andere Verfahren, das Vergolden im 
Feuer oder durch Schaumgold mit Klebstoff war 
damals sicherlich in Griechenland noch unbekannt; 
und diese Art des Vergoldens heißt bei Homer 
^Qi Z htv (Od. m 384. 426. 437; IL X 294; so 
wird auch äfMptxdetv von festen Gegenstanden ge- 
braucht, Od. Vm 278, und ebd. 279 Sxz&tv). 



Es wäre daher denkbar, daß der xQ vao X°°s von 
dieser Tätigkeit des stsptzistv seinen Namen be- 
kommen hat. Im Lateinischen ist die gewöhn- 
liche Bezeichnung aurifex (s. Blümner a. a. O. 
305, 6); seltener ist aurarius (CIL VI 196. 
9209), und damit scheint man auch in der Regel 
nur einen Vergolder verstanden zu haben, da die 
Glossen es mit xQ va( ^ rr i^ übersetzen (Corp. gloss. 
lat. II 2713) oder es mit aurator identifizieren 
10 (ebd. 26, 38. 569, 9 u. ö.). 

Bei der Arbeit in G. ergeben sich nur wenig 
technische Manipulationen, die ihr besonders zu- 
gehören. Für das Gießen, sei es massiv, sei es in 
Hohlguß, verweisen wir auf den Art. Erzguß, 
da technische Unterschiede durch das Material 
sich zweifelsohne nicht ergaben; für die Bear- 
beitung des kalten Metalls durch Hämmern und 
Treiben wird der Art. Toreutik das Wissens- 
werte bringen; für eingelegte Arbeit sind die Art. 
20Chrysendeta und'Ef-t^iaiottx^ zu vergleichen, 
und von der chryselephantinen Technik ist im 
Art. Elfenbein (o. Bd. VI S. 2362) gehandelt. 
Als speziell der Goldarbeit eigentümlich ist die- 
jenige Arbeit zu bezeichnen, die wir heut Filigran 
nennen, und die, wie erhaltener Goldschmuck 
zeigt, schon den Alten bekannt war, deren alte 
Benennung wir aber nicht kennen. Man unter- 
scheidet heut zweierlei Arten: die eine, die eine 
Art Drahtgeflecht ist und darin besteht, daß G.- 
SO Draht in feinem Gefüge vereinigt und entweder 
ohne Untergrund als durchbrochenes Ornament 
zusammen gelötet oder auf eine Fläche, meist eben- 
falls ein G. -Blech, aufgelötet wird, und zweitens 
das sog. Granulieren, wobei statt der Drahtfäden 
kleine Kügclchen aneinandergereiht und aufge- 
lötet werden. Unsere Quellen schweigen über 
diese Technik, die erhaltenen Proben aber zeigen, 
daß die Herstellung des Drahtes und der Kügel- 
chen allem Anschein nach auf dieselbe Art er- 
40 folgte, wie sie heute noch üblich ist. Der Draht 
war teils geschmiedet oder gehämmert, d.h. aus 
geschnittenen Streifen hergestellt, die mit der 
Feile oder dem Hammer gerundet wurden, teils 
war es gezogener Draht, der, ähnlich wie heut, 
aus Metallstäbchen hergestellt wurde, die man 
durch runde Löcher einer Eisenplatte zog, die 
beständig an Größe abnahmen, so daß der Draht 
mit jedem Durchziehen dünner wurde (s. Blüm- 
ner a. a. O. 25Üf.). Die zur Granulierung nötigen 
50 Kügelchen werden heut dadurch hergestellt, daß 
man kleine G.-Schnitzel unter das. Lötrohr bringt 
oder von feinstem Kohlenstaub umgeben, zum 
Schmelzen bringt (ebd. 317); vermutlich haben 
die Alten in ähnlicher Weise gearbeitet. Zum 
Löten, das fast bei jeder G.-Arbeit eine notwen- 
dige Prozedur war, bediente man sich der XQ V ~ 
ooxwXXa ; über dies G.-Lot und seine Bestandteile 
ist in dem betreffenden Artikel gehandelt. Wie 
alt die Erfindung, G. zu löten, war, geht daraus 
60 hervor, daß schon unter den mykenischen G.- 
Funden gelötete Stücke sich finden (Schliemann 
Mykenae 266). Über das Verfahren und die dazu 
nötigen Instrumente s. den Art. Lötung (Blüm- 
ner a. a. O. 290ff.). 

Von Bedeutung ist sodann die Tätigkeit des 
G.-Schlägers. Gehämmertes Metallblech heißt im 
allgemeinen griech. lenk (%qvoo.i Xt-jiidt-g Polyb. 
X 27, 10), dem lat. lamina entspricht (für GL- 



Blech Li?. XLI 20, 9. Orid. met. XI 124; vgL 
Corp. gloss. lat. II 294, 13 iXaopa zqvöoü ij äUrjs 
SXt}i); dünneres, wie man es besonders zur Ver- 
goldung brauchte, heißt griech. nsraXov {pisxaXa 
XQvoä, Enr. Hera für. 396. Diosc. V 91. Luc. 
Philops. 19. Aelian. v. h. V 16. CIA II 814 a. 
Z. 35), lat. hraetea oder brattea (bratteae aureae 
Lucr. IV 725. Verg. Aen. VI 209. Plin. XXXm 
61. XXXVII 106}, was auch speziell das G.- 



awrator, inaurator (Firm. Mat, a. a. 0. CIL 
VI 3928. Cod. Inst. X 66 (64), 1. Corp. gloss. 
lat. a. a. 0.}, so gab es im wesentlichen drei 
Arten von Vergoldung: das Belegen mit G. -Plätt- 
chen, das Feuervergolden und das Vergolden ver- 
mittelst eines Klebstoffes. Der oben erwähnte 
Unterschied im griechischen Sprachgebrauch, wo- 
nach iuzi'xgvoog eine Vergoldung der ersten, xa- 
tdxQvaog eine der zweiten und dritten Art be- 



Blättchen bedeuten kann (daher in den Glossen 10 deutet (auf welchen Unterschied Boeckh Staats- 



braüea als lamina aurea oder tenuis auri lamina 
erklärt wird, Corp. gloss. lat. VI 151 ; vgl. luv. 
13, 152. Mart. VIII 33, 6. IX 61, 4; s. Art. 
Brattea). Daher heißt der G.- Schläger griechisch 
mit einem allerdings seltenen und späten Wort 
zzezaXovQyog oder neraXoxoiog (Anon. de metallis 
im Cod. reg. 2249 fol. 41, zitiert in Stephan. 
Thesaur. Cod. Iust. X fä (64), 1. Corp. gloss. 
lat. II 406, 28. III 371, 21. 502, 21), lat. brat- 



haush.3 II 148 aufmerksam macht),, ist von den 
späteren Schriftstellern nicht mehr festgehalten 
worden (vgl. Schub art K Jahrb. f. Philol. XV 
[1860] 94f.). Das Belegen oder Überziehen mit 
G.-Blech war die älteste Art der Vergoldung; 
so werden die Hörner der Opferrinder bei Homer 
vergoldet, und so hat man sich jedenfalls vielfach 
die Kassettendecken und andere Architekturteile 
behandelt zu denken (Plin. XXXIII 54. XXXVI 



tearius (in schriftlich aurifex braüiarius CIL VI 20 114. Sen. ep. 115, 9, Sidon. Ap. ep. II 10, 4) 



9210; ein oollegium brattiariorum ebd. 95; vgl. 
9211. Cod. Theod. XIII 4, 2. Cod. Iust. a. a. O. 
Firm. Mat. math. IV 21, 6. Corp. gloss. lat. II 
406, 28); und bratteatus heißt direkt mit G.- 
Blech bekleidet (Sen. ep. 41, 6. Sid. Ap. ep. II 
10, 4. 8. Vin 8, 3. Mart, Cap. I 75 ; übertragen 
Sen. ep. 115, 9). Für Vergoldung, die nicht durch 
Bedecken mit G.-Blech, sondern durch Anbringen 
von Blatt-G. (G.-Schaum, Rausch-G.) hergestellt 



und Mobiliar (Mart. VIII 33, 6. Sid. Ap. ep. 
VIII 8, 3). Daß auch Statuen in solcher Art 
vergoldet wurden, zeigen die Schriftquellen, z. B. 
Luc. Philops. 19. Clem. Ales, protr. IV 52 p. 46 P. 
Ammian. Marc. XIV 6, 8. XVII 4, 15. Doch 
war das Verfahren dabei ziemlich roh, wie aus 
dem Bericht bei Plin. XXXIV 63 hervorgeht, wo- 
nach Nero eine Alesanderstatue Lysipps auf diese 
Weise vergolden ließ; da aber der G.-Glanz die 



wurde, mußte das G. bis aufs allerfeinste ge- 30 Anmut der Figur stark beeinträchtigte, ließ er 



hämmert werden. Daß die Alten sich bereits 
darauf verstanden, solches Blatt-G. in größter 
Dünne herzustellen, geht daraus hervor, daß man 
nach Plin. XXXIII 61 aus einer Unze G. 750 
und darüber Blättchen von vier Quadratzoll Größe 
schlug. Die stärksten hießen praenestinische, 
weil die Bildsäule der Fortuna in Praeneste mit 
solchen sehr dauerhaft vergoldet worden war, die 
demnächst dünneren hießen quaestoriae (vgl. 



die G.-Plättchen wieder abnehmen, und die Statue 
schien nun wiederum viel wertvoller \ geworden zu 
sein, obschon Narben und Einschnitte von der 
Vergoldung zurückgeblieben waren. Man machte 
also, damit die Plättchen an den glatten Flächen 
besser hafteten, Einschnitte oder Rinnen, in die 
man das dünne Blech (tenuis membrana nennt es 
Sen. ep. 115, 9) preßte. Bisweilen wurde G.- 
Blech um das ganze Objekt, wenn es ein klei- 



Blümner a. a. O. 308). Das Verfahren hierbei 40 nerer Gegenstand war, herurogelegt und die Kanten 



wird zwar nicht beschrieben, denn wenn Diosc. 
V 91 davon spricht, daß die goldenen TisxaXa 
zwischen kupfernen Xenldeg gehämmert würden, 
so konnte dabei kein Rausch-G., sondern nur 
etwas dünneres Blech entstehen. Wahrscheinlich 
aber benutzten die Alten das im Mittelalter üb- 
liche Verfahren, das nach Theophil. Schedula 
divers, art. I 23 (p. 51 Ilg) darin bestand , daß 
man die G.-ßlätter zwischen Pergamentblättern 



dann zusammen gelötet. Wurden erhabene Orna- 
mente oder Reliefs mit G. -Blech überzogen, so 
wurde dies sorgfältig mit Holzhämmern über das 
Ganze und in alle Vertiefungen hineingedrückt 
und geschlagen, so daß es ohne weitere mecha- 
nische Hilfsmittel von selber festhielt. Es war 
aber selbstverständlich leicht, solche Vergoldungen 
wieder zu entfernen oder zu stehlen ; es wird mehr- 
fach erwähnt, daß derartig vergoldete Figuren 



dünn schlug. Ein vatikanisches Relief (Jahn 50 durch Anwendung von Pechpflastern ihrer G.- 
Ber. Sachs. Ges. d. Wiss. 1861 Tai VII 2. Plättchen beraubt wurden (luv. 13, 152 mit Schol. 
Amelung Sculpturen d. Vatikan. Museums II 
444 n. 262 a. Tat'. 52) stellt, wie die Inschrift 
lehrt, einen G.-Schläger vor; er hält mit der 
Linken eine Platte oder ein Blech auf einem Am- 



boß fest und schlägt mit einem in der Rechten 
gehaltenen Hammer darauf los. Die neben ihm 
sichtbaren, regelmäßig geformten, öbereinander- 
gebäuften und nach oben an Größe abnehmenden 



Suid. s. Atjfi^tfiiog 6 knixXrfv 'J^loav), 

Minder kostspielig und dauerhafter war die 
freilich nur für Gegenstände aus Metall, beson- 
ders Silber und Erz angewandte Feuervergoldung. 
Man bediente sich dabei des Quecksilbers, aber 
in welcher Weise , wird nicht deutlich berichtet ; 
daß es im Feuer geschah, geht aus Plin. XXXIIT 
64 und Athen. V 205 B hereor {xqwooois $x 



Gegenstände sind sicherlich nicht G.-Barren, son- 60 tivqoq). Leider sind die Beschreibungen, die Plin. 



dem fertige Pakete geschlagenen Blatt-G.s (s. 
Blümner a. a. O. 312). 

Was nun das Vergolden {yQvaovv, aurare, m- 
awrare u. dgl., s. Blümner"208f.) anlangt, das 
die Arbeit des xqv<j<ot^s ist (Plut. de glor. Ath. 
6 p. S48F. Etym. M. p. 258, 2. CIA a. a. O. 
Corp. gloss. lat. II 26, 38 u. 45. 27, 13. 479, 14. 
JH 164, 81. 445, 7. 479, 52), lat aurator, de- 



a. a. Ö. und ebd. 100 von dem Verfahren macht, 
so verworren und unklar, daß er offenbar seine 
Gewährsmänner nicht recht verstanden hat. Man 
kann daraus nur soviel entnehmen, daß es eine 
Art Amalgierungsverfahren war, bei dem sich das 
Qnecksüber verflüchtigte (vgL Blümner a. a. O. 
313f.). Andere Stoffe, bei denen Feuervergol- 
dung ausgeschlossen war, vergoldete man mit 



Schaum-G. unter Benutzung von Eiweiß, und spe- 
ziell bei Holz nahm man noch einen besonderen 
Klebstoff, der aus einer Mischung von sinopischem 
Rötel, Ocker und weißer Tonerde bestand (Plin. 
XXXIE 64. XXXV 36). An noch erhaltenen 
vergoldeten Gegenständen aus Ton oder Gips kann 
man sehen, daß das Schaum-G. mit einem Binde- 
mittel von geschlemmter Kreide aufgetragen war ; 
ähnlich sind an bemalten griechischen Vasen die 
vergoldeten Partien behandelt, wobei das aufge- 
tragene G. meist von ziemlicher Dicke ist (vgl. 
Stephan! CR. de St. Pßtersb. 1874, 56). 

Eine besondere Art der Verwendung fand das 
Blatt-G. in spätrßmischer und christlicher Zeit 
in der Glastechnik. Als man anfing, im Mosaik 
auch G. neben den Farben zu verwenden, was 
später namentlich für den Untergrund der Fi- 
guren üblich wurde (Engelmann Rh. Mus. XXIX 
[1874] 583 glaubte, daß G.-Stifte im Mosaik erst 
seit dem 3. Jhdt. n. Chr. aufgekommen seien), 
stellte man die dafür notwendigen G. -Stifte aus 
Glas her, indem über das auf ein Glasstäbchen 
gelegte Blatt-G. eine dünne Glasschicht aufge- 
schmolzen wurde, so daß es zwischen den beiden 
Glaslagen geschützt war (s. Theopbil. Sched. di-. 
vers. art. II 15 p. 116 11g; Näheres Blümner 
a. a. 0. III 334). Ähnlich war das Verfahren 
bei den erst dem beginnenden Mittelalter ange- 
hörigen Gläsern mit G.- Grund (über die zu vgl. 
Garrucci Vetri ornati di figure in oro, Rom 
1858, zweite Aufl. 1864). Hier wurde ein dünnes 
G.-blättchen mit eingravierten Zeichnungen auf 
dem Boden einer Schale oder eines Bechers aus 
Glas durch einen Klebstoff befestigt und von ihm 
mit dem Grabstichel alles, was nicht zur Zeich- 
nung oder zum Ornament gehörte, weggeschabt; 
dann wurde diese so entstandene G.-Zeichnung 
wieder durch darüber aufgeschmolzenes Glas ge- 
sichert, oder, wenn der Fuß besonders gearbeitet 
war, dieser mit dem Körper der Schale zusammen- 
geschmolzen (vgl. Blümner IV 406). 

Von der Verwendung des G.s in der Textil- 
kunst ist schon oben die Rede gewesen. Über 
die Technik erfahren wir aus unseren Schrift- 
quellen wenig ; nur daß es meist mit Woll- oder 
Seidenfäden zusammengewebt wurde, wobei der 
Einschlagfaden ein goldener war (Verg. Aen. III 
483 und das. Serv. ; Eclog. 4, 262. 8, 167. Ovid. 
met. III 556. Nemes. Cyneg. 91). Untersuchungen, 
die an den Resten antiker und frühchristlicher 
G. -Brokate (vgl. Bo ck Gesch. d. liturg. Gewänder 
des Mittelalt. 12. Raoul-Rochette Mem. de 
linst. XIII 641ff. ; Bull. d. Inst. 1836, 60) vor- 
nehmlich von Bock, Semper, Brücke, K. B. Hof- 
mann und Kaiabacek vorgenommen worden sind, 
haben ergeben, daß bei den antiken G.-Fäden dünne 
animalische Häutchen (vom Darm einer Schaf- oder 
Antilopenart) die Grundlage für die Vergoldung 
gebildet haben (vgl. Blümner a. a. 0. I 156). 

Endlich ist noch zu bemerken, daß das Farben 
des G.s, wie heut noch, so schon im Altertum 
eine wichtige Rolle, zumal beim Schmuck, ge- 
spielt hat. Man verwendete also neben reinem 
G. legiertes, das je nach dem prozentualen Zu- 
satz von Silber oder Kupfer einen rötlichen oder 
gelblichen oder weißlichen Ton erhielt; man stellte 
also auch das G.-Süber, das Elektron, das viel- 
fach natürlich vorkam, anf künstlichem "Wege her 



(Plin. IX 139 argmtttm cmro confimdere, ut 
deetra fimtt, addere kis aera, ut Corinthia. Plut. 
de Pyth. or. 2 p. 395 C). Daher werden sogar 
eigene ßa<psts %qvgov erwähnt bei Plut. Peiicl. 
12 (wo allerdings die Worte ßayeTg %qvoov, pa- 
Xaxzi)QG$ eXeyavTos von manchen Herausgebern 
durch Einschiebung eines xäi zu ßaepmg, %qvoov 
juaXattzfJQsg aal &.s<pav%os verändert werden, aber 
mit Unrecht, s. Letronne Lettres d'un antiqu. 

10 470. Blümner N. Jahrb. f. Philol. CXIII [1876] 
lS6ff.). 

Als allgemein orientierende Artikel über G. 
vgl. Becker bei Pauly RealencykL 12 2178. 
L. de Ronchaud bei Daremberg^Saglio I 
574ff. [Blümner.] 

Goldbrasse oder -brachse (Chrysophrys 
aurata). Sie gehört zu den Sparoiden, von 
denen die Alten viele Arten kannten. So gemein 
der Fisch an allen Küsten des Mittelmeers ist, 

20 so hochgeschätzt war er um seines delikaten Flei- 
sches willen, das bei jeder Art von Behandlung 
Wohlgeschmack bekommt. Wir finden daher schon 
bei Archestratos kulinarische Vorschriften (Athen. 
VII p. 328) und auch bei Apicius mehrere Rezepte 
(IV 2. XII 1 L.) ; auch Gelsus spricht wiederholt 
von dem Fische ; er rechnet ihn zu den Auri pisees 
(II 18. 28), die aber minime intus vüiantur 
(II 28). Nach Plin. n. h. IX § 58 hält er sich, 
wie noch etliche andere Fische, 60 Tage lang 

30 während der ärgsten Hitze verborgen. Bei den 
Römern war er so beliebt, daß der Erfinder der 
mit dem Meer verbundenen Fischteiche für See- 
fische, Sergius Orata, seinen Beinamen von ihm 
erhielt. Bei den Griechen heißt er xQvaotpQvs 
(Plut. n 981 D) und ^ööjjto? (Plut. II 977 E. 
I 454 F), lateinisch aurata, vulgär orata, Gold- 
fisch, wegen der prachtvollen Färbung und zier- 
lichen goldenen Zeichnung. Die Grundfärbung 
ist nämlich grünlichsilbergrau mit gegen 20 gold- 

40 gelben Längsbändern, einem GoldÜeck an den 
Kiemendeckeln und einer goldgelben Binde an 
der Stirne (Brehm). Ihre Lieblings speise sind 
Muscheln; zu Rom standen die G., die sich an 
den Austern desLukrinersees mästeten, im größten 
Renommee (Martial. XIII 90). Was die Griechen 
betrifft, so nannte Archippos in den ,Fischen' 
die G. tEQsvg 'A<poodiTt}$ Kv^rjQtag, und Hikesios 
preist sie als den delikatesten aller Fische (Athen. 
328 b). Archestratos lv raTg vitod-rixaig (ebenda- 

50 selbst) hält die fetten von Ephesos, welche loivloaoi 
genannt werden, für die preiswürdigsten ; in zwei- 
ter Linie erwähnt er die von Selinus und rät, 
den Fisch ganz zu braten , wäre er auch zehn 
Ellen lang "(Athen. 328 c). Er wird übrigens 
höchstens 60 cm lang, gewöhnlich 30—40. 

Drei verschiedene Brassen sind abgebildet auf 
einem pompeianischen Fresko unter vielen anderen 
Fischen und sonstigen fast durchweg als Speise 
beliebten Wassertieren (Daremberg-Saglio I 

60 1165), nr. 3. 14. 15 ; die G. nr. 3. Vgl. außerdem 
Irnhoof und Keller Münz. u. Gemm. XXDI 11. 
Jaspis der Berliner Sammlung : Amor reitet auf 
einer gezäumten Sparoide, die er mit der Peitsche 
antreibt, Es dürfte die G. sein, welche man nach 
der oben zitierten Stelle des Archippos mit Aphro- 
dite in Beziehung brachte. [Keller.] 
Goldelfenbeins. Elfenbein o. Bd. V S. 2362. 
Golgatha s. Golgotha u. S. 1581. 



-LOf.» 



uoigoi 



UOIgOl 



1ÖSU 



Golgoi (ToAyot), Örtlichkeit auf Kypros, deren 
Lage 2u den meist umstrittenen Eragen der ky- 
prischen Topographie gehört. Sie wird zuerst 
erwähnt von Theokr. id. XV 100 Monotv" ä FoX- 
yd>$ rs xal *I8dfoov s<plXaoag, wozu Schol. FöXyo; 
Ji6hg Kvkqov. Auch Lykophr. Ales. 589 nennt 
die Göttin FöXycor avdoor}g, dazu Glosse %07iog 
xal e&vog Kvjiqov. Ebenso erwähnt Catull. 36, 
14 und 64, 96 Qolgos als Kultstätte der Aphro 



Torino VI 1870/1, 554—568; The Antiquities of 
Cyprus (mit C. T. Newton und S. Colvin), 
London 1873. J. Do eil Die Sammlung Cesnola, 
Mem. Ac. Sei. St. Petersbourg VII 19 nr. 4 (1873), 
Cesnola A Descriptive Atlas of the Cesnola Col- 
lection Vol. I (Boston 1885). 

Nächst Cesnola hat der französische Archäo- 
loge G. Colonna-Ceccaldi sich mit den Funden 
bei Athienu am meisten beschäftigt ; seine in der 



dite neben Idalion und Amathus. Paus. VIII 5, 10 Rev. archöol. 1870— 75 veröffentlichten, in Deutsch- 



2 berichtet, daß Aphrodite in Kypros vor der 
Gründung- des Heiligtums zu Paphos durch Aga 
penor iv rokyolg xaXovfisvca %0}Qico Verehrung 
genoß. Plin. n. h. V 129 nennt" Go Igoe unter den 
15 Oppida der Insel. Auch Steph. Byz. kennt 
roXyoi (Ethn. FöXyiog und Folyia oder FoXyqig) 
als Stadt, deren Eponymos Führer einer sikyoni- 
sehen Kolonie gewesen sei. während Schol. Theokr. 
a. a. O. ihn zu einem Sohne der Aphrodite und 



land wenig beachteten Aufsätze sind gesammelt in 
seinen postum erschienenen ,Monuments de Chypre' 
(Paris 1882) S. 35—82 (51ff. wichtiger Brief von 
E. H. Lang in Larnaka). 195f. 291, Taf. II— VI. 
XXVIIIf. Auch er nimmt die Identität vou G. 
mit der Fundstelle bei Athienu als feststehend 
an. Inzwischen hatte K. Neubauer Der angeb- 
liche Aphroditetempel zu Golgoi, Comment. phil. 
in hon. Th. Mommseni (1877) 673—93 unab- 



des Adonis macht. Endlich enthält noch das 20 hängig von Munter (s. o.) nachzuweisen gesucht, 



Lexikon des Zonaras (Anton. Mon.) die Glosse 
FoXyoi, ot KvitQtoi. 

So weit die literarische Überlieferung. Unter 
den Neueren hat zuerst K. Mannert Geogr. d. 
Griech. u. Köm. VI 1 (1799) 576f. G. mit Rücksicht 
auf Theokritos und Catuilus in der Nähe von Idalion 
(s. d.) angesetzt, wogegen F. Munter Der Tempel 
der himmlischen Göttin zu Paphos (Kopenhagen 
1824) die Vermutung aussprach, G. sei ein alter 



daß G. keine selbständige Ortschaft war, sondern 
die alte Kultstätte zu Paphos bezeichnete, wo 
der Name in Kukla fortlebe, sowie daß das von 
Cesnola entdeckte Heiligtum kein Tempel, son- 
.dern ein offenes Temenos, und nicht der Aphro- 
dite, sondern dem Apollon geweiht war ; vgl, dazu 
W. Deecke in BuTsians Jahresbericht Bd. XI 
(1877) S. 129 und E. Oberhummer ebd. Bd. 
LXXVII (1893) S. 82. Die dort gefundenen epicho- 



Name für Paphos (s. d.) und dort in dem heu- 30 rischen Inschriften wie auch die Funde scheinen in 



tigen Ortsnamen Kiüda erhalten. W. Engel 
Kypros I (1841) 145ff. hält an G. als einer von 
Paphos verschiedenen Ortschaft fest, ebenso 
Krause in Allg. Encykl. I 73 (1861) 337. Eine 
genaue Lokalisierung versuchte zuerst A. Sakel- 
larios, welcher 1851 eine röQyovg genannnte 
Örtlichkeit nordöstlich von dem großen Dorfe 
Athienu (zwischen Nikosia und Larnaka) dafür 
in Anspruch nahm ; er fand dort Beste der Stadt- 



der Tat für einen Apollonkult zu sprechen, s. die 
Inschriften hei Neubauer a. a. O.i680n\, dann 
bei H. Collitz Griech. Dialektinschr. I (1884) 
31—44 (nr. 65—119) und Ahrens-Meister 
Griech. Dialekte II (1889) 181. 201f. Eine phö- 
nizische Inschrift von dort CISem I 1 nr. 96 gibt 
wenigstens für Aphrodite keinen Anhalt. Da- 
gegen bezieht sich auf letztere die epichorische 
Weihinschrift auf dem Stil einer silbernen Opfer- 



mauer von 7 Stadien Umfang, Spuren eines öst- 40 kelle aus dem benachbarten Idalion tat d-swt %m 



liehen und westlichen Tores, äußerer Vorstädte, 
einer "Wasserleitung usw. ; s. dessen KvxQiaxa T 
(Athen 1855) 187 und 2. Ausg. (Athen 1890) 192ff. 
Da dort auch Antiken in größerer Zahl gefunden 
wurden, veranlaßte M. de Vogüe" 1862 dort Aus- 
grabungen durch Duthoit, worüber er in einem 
Briefe an E, Ken an berichtete, s. Kev. arch. 1862 
VI 24 4f. Die Ausgrabungen hatten ein geringes 
Ergebnis, doch galt seither die Lokalisierung von 



FoXylm s. Collitz nr. 61. Roschers Lex. d. 
griech. u. röm. Mythol. I 2 S. 1693. 

Wichtig, wenn gesichert, wäre für die Exi- 
stenz einer selbständigen Ortschaft G. bei Athienu 
die angeblich auf einer weiblichen Statue von 
H. Georgios gefundene Aufschrift ZtoiXog F61- 
yiog sjzoki, s. A. D. Savage in Amer. J. of Piniol. 
II (1881) 223 (nach Mitteilung Cesnolas). Auch 
die von Meineke zu einem Fragment des Ale- 



Sakellarios, ohne daß dieser genannt wurde, 50 xander Polyhistor (s. d. Bd. I S. 1449ff. Nr. 88) 

als gesichert Aufsehen erregten sodann die Aus- ^ ni Qi —^ T} ™ - VJ - _—. — vi-— t „ 

grabungen und Erwerbungen, welche Louis Palma 
di Cesnola in den Jahren 1866, 1867, 1870, 
1873 teils an der von ihm Agios Iorgos genannten 
Stelle, teils etwa 1 km entfernt davon bei A. 
Photios machen konnte. An letzterer Stelle fand 
er ein rechteckiges, von einer niedrigen Mauer 
umgebenes Heiligtum von etwa 18 m Länge und 
9 m Breite, das er für das gesuchte Heiligtum 



bei Steph. Byz. s. Xvrgoi vorgeschlagene Le- 
sung xrjv 8e lolylav (statt Fogätav) axodovvat 
XvTQioig würde für die Lage bei Athienu spre- 
chen. Die Zeugnisse späterer Kompilatoren (Plin. 
Steph. Byz.) und Scholiasten (s. o.) für eine Stadt 
G. sind allerdings nicht zwingend, da sie aus 
dem Namen erschlossen sein können und nicht 
auf Ortskenntnis zu beruhen brauchen, aber doch 
nicht leichthin 2u verwerfen ; ebensowenig zwingend 



der Aphrodite erklärte, sowie zahlreiche Skulp- 60 scheint mir jedoch Neubauers Folgerung aus 
turen, Baufragmente, Weihgegenstände usw., sowie Paus. a. a. O., daß G. lokal mit Paphos identisch 



epichorische Inschriften. Die Gegenstände bil- 
deten mit den Funden von Idalion den Grundstock 
der kyprischen Sammlung im Metropolitan Mu- 
seum in New York und sind beschrieben bei Ces - 
nola Cypem (1879) 90-131 Taf. XVII— XXXVII, 
wotu noch so vergleichen Cesnola 8coperfca del 
tempio di Venere a Golgos in Atti R. Accad. Sei. 



sei. Bis zu weiteren Funden muß die Frage 
wohl noch als ungeklärt gelten. Sakellarios 
tritt natürlich auch in der zweiten Ausgabe seines 
Werkes I 192—202 für die von ihm seit 1851 
aufgestellte Lokalisierung ein. 

Die Fundatelle bei Athienu ist seit Cesnola 
mehrfach besucht, aber nicht näher erforscht wor- 



J.OÖJ. VTUlgVl " VU,V V UH * — ■ 

den, s. darüber M. Ohnefalsch -Richter Ky- eine jener Ortschaften Assyriens, die nicht am 

pros 15f. und über die Funde das Register u. Tigris, sondern im Innern des Landes lagen. 

Athienu.'; auch A. E. J. Hol wer da Die alten In der Aufzählung dieser Plätze, welche bei Pto- 

Kyprier (Leiden 1885) 1—6. Deschamps Au lemaios im allgemeinen von Westen nach Osten 

pays d'Aphrodite (1898) 112f. Ich selbst habe erfolgt, wird G. zwischen Arbela und Phusiana 

die Stelle 1887 mit Ohnefalsch-Richter be- erwähnt und dürfte daher irgendwo östlich (bezw. 

sucht und darüber folgendes notiert : .Von Athienu süd- oder nordöstlich) von Arbela, zwischen oberem 

aus besuchten wir noch den nördlich vom Dorfe und unterem Zab anzusetzen sein. [Streck.] 
gelegenen Platz, welchen man in neuerer Zeit Gomares (/o>«OTc)> eponymer Heros des 

meist für das alte G. hält, da er im Volksmund 10 später Galater genannten' kleinasiatischen Volks 

die Bezeichnung Jorgi oder Jorgus (beide Formen der Gomareis, Sohn des Iaphet, Enkel Noahs, 



wechseln) führt. Unterstützt wird die Vermutung Bruder des Magoges, Ioannes, Mades, Thobelos, 
dadureb, daß sich nach übereinstimmender Aus- Mosochos, Theiras, Vater dreier Söhne, des Ascba- 




Gomarius s. Gomoarius. 
Gombes, Ort in Moesia superior zwischen 
Dorticum und Bonoma. von Iustinian mit neuen 



eüier solchen nirgends Spuren 

fanden an diesem Orte ein ziemlich ausgedehntes 

Trümmerfeld, welches kaum einen Zweifel an dein 

Vorhandensein einer antiken Stadt daselbst läßt. j - « ■ r » 

Die Umwallung ist besonders im Norden und 20 Mauern umgeben. Procop. de aedif. 2iJ0 I öfißeg. 

Nordosten noch deutlich erkennbar, am höchsten Tomaschek Die alten Thraker II 2, 88. Hol- 

beim Westende der Nordseite (Burg?). Die Um- der Altkeit. Sprachschatz s. v. [Patsch.] 

risse der Ruinen sind auf der Karte (Trigono- Gomoarius, Tribunus scutanorum im J. 350 

metrical Survey of Cyprus Bl. 10) ziemlich richtig unter dem Usurpator Vetranio, verriet seinen 

angegeben. Östlich von diesem Trümmerfeld sind Herrn dem Constantius (Ammian. XXI 8 , 1). 

zahlreiche Stellen aufgegraben; wahrscheinlich Dieser ernannte ihn 360 zum Magister militum 

die Nekropole. Südöstlich die beiden von Ces- des Caesars Iulian , in welchem Amt er Nach- 

nola angegrabenen xtph-q\ ein ,Tempel< weder folger des Lupicinus wurde (Ammian. XX 9, 5). 

hier noch auf dem Hügel dazwischen zu sehen. Doch schon im Frühling 361 setzte Iulian ihn 

Die Karte versagt hier vollständig'. 30 ab (Ammian. XXI 8, 1. 13, 16), worauf er sich 

Zum Namen sei noch bemerkt, daß derselbe zu Constantius begab und von diesem mit einem 

auf phönizischen Ursprung zu deuten scheint Kommando betraut wurde (Ammian. XXI 13, 16). 

hebr. Gilgal = Steinkreis, s. H. Guthe Bibel- Nach dem Tode des Kaisers (3. November 361) 

Wörterbuch 219 ; dazu auch Golgatha und Ga- wird er in das Privatleben zurückgetreten sein. 

lilaiä). Doch spricht die große Zahl epichori- Doch gegen Ende 365 wurde er durch den Usur- 

scher Inschriften für eine griechische Ansiedelung pator Procopius wieder zum Magister nnhtum 

bei Athienu. [Oberhummer.] ernannt (Ammian. XXVI 7, 4) und befehligte 

Golgoi, roXyoX, Euseb. onom. ed. Lagarde dessen Truppen im Frühling 366 in Lydien 

243, 88 = Galgala, s. d. [Benzinger.] (Ammian. XXVI 9, 3), ging aber zu Valens über 

Golgos \r6Xyog). Eponymer Heros von Golgoi 40 und entschied dadurch die Niederlage des Pro - 

auf Kypros, Führer der sikyonischen Kolonie dort- copius (Ammian. XXVI 9, 6. Philostorg. IX 5. 

hin (d. h. also auch Überbringer des pelopon- Zosim. IV 8, 2. Socr. IV 5. Sozom. VI 8). Wenn 

nesischen Aphroditekults an diesen phönizisch be- Socrates und ihm folgend Sozomenus (a. O.) 

nannten Kultort), Steph. Byz. s. FoXyoi; nach erzählen, Valens habe ihn wegen seines Verrats 

Schol. Theokr. XV 100 Sohn der Aphrodite vom zersägen lassen, so wird dies, da Ammian davon 

einheimischen Adonis, vgl. o. Bd. I S. 2758. 20. schweigt, wohl Fabel sein. [Seeck.] 

38. 42. 49-59. [Tümpel.] Gomoha (Not. dign. 80, 26), in Arabia, Stand- 

Golgotha, Fokyo&a (Matth. 27, 33. Marc. ort der Ala sexta Hispanorum ; nicht identifiziert. 

15, 22. Job. 10, 17. Euseb. Onom. 248. 21 Thomsen fZDPV XXIX 127) vergleicht Umm el- 
= ' Hieron. ebd. 130,25), Platz außerhalb Jeru-50 f Amad nordwestlich von Mädebä. [Benzinger.] 

salems, wo Jesus gekreuzigt wurde. Die Evan- Gomon, Befehlshaber maurischer Hilfstruppen 

gelien und Eusebius erklären den Namen als im zweiten sicilischen Sklavenkrieg 650 = 104 

HQavCov zoTiog. Hieronymus (comment. ad Ephes. (Diod. XXXVI 5, 4). [Münzer.] 

5, 14) u. a. berichten von einer jüdischen Legende, Gomorrha (LXX Fofto&ga), Lagarde Übers, 

welche Adams Schädel mit G. in Verbindung über die im Aram., Arab. und Hebr. übliche 

bringt. Abgesehen davon wird der Name abge- Bildung der Nomina 54, MT """-4)» «ne von 

leitet entweder daher , daß der Platz , die An- den vier Städten (Sodom , G. , Adma , Zeboim), 

höhe, einem Schädel glich (vgl unser Kopf und ^ e na(m der israelitischen Sage frühzeitig in das 

Scheitel in Ortsbezeichnungen) , oder daß der x t e -y- eer versunken sind. Wo alle vier Städte 

Platz als Richtplatz mit Gebeinen und Schädeln 60 g ena nnt sind (Gen. 10, 19. 14, 2. 8. Deut. 29, 22. 

voll lag (so Hieron. comment. ad Matth. 27. 38). j u b. 13 22. 23), pflegt G. an zweiter Stelle zu 

Über die Lage der Stätte vgl. Jerusalem. stehen Aber meist wird G. nur mit Sodom zu- 

T. Tobler Golgatha 1851. [Benzinger.] sam men genannt. Gen. 13, 10. 14, 10. 11. 18, 20. 

Gomadeorum insnlae (ronaöwwv % rofia- 19, 24. 28. Deut. 32, 32. Jes. 1, 9. 10. 13, 19. 

&W vrjaot), zwei Inseln am Arabischen Meer- Jer. 23, 14. 49, 18. 50, 40. Am. 4, 11. Zeph. 2, 9. 

huaen an der Küste von Troglodytice. Ptolem. IV Jub. 20, 6. Marl Jes. 3, 10. Matth. 10, 15. Marc, 

7, 36. [Pieper.] 6,11. Röm. 9, 29. IIPetr.2,6. Jud. 7. Übrigens 

Oom&ra (roftaea), nach Ptolem. VI 1 , 15 hat das jahwisHsche Geschichtswerk Gen. 18. 19 



ursprünglich nur von der Zerstörung Sodoms, Meer übertragen haben. Die Brücke bildete viel- 
nicht aber auch G.s berichtet, Kautzsch Die leicht die möglicherweise ursprünglich am Toten 
Heil. Schrift d. Alten Testam. I» 30. Gnnkel Meer, und zwar an seinem Südende haftende G.- 
Genesis s 282, und ist G. Gen. 18, 20. 19, 24. 28 Sage, mit der sich die Sodomsage verband. G. 
erst redaktionell oder glosseraatisch eingetragen, miby bedeutet nämlich wahrscheinlich ,durch 

ÄlnXoÄtTll SLÄbTi 9?5 ^ —^s Lands Gesen ins Thesaurus 

^5 t!« • ,t o?\j; K ! J (e V' 9f,) n s. ^ 3 y und Lagarde Übersicht 54. Der Name 

1 LT + - ' - 4) ^l re l enen A ?J assu ^ ^t natürlich eist eitstanden nach der Katastrophe, 

L^J Me * n f Stud - " 289) V i lsD ?PP el " 10 leicht auf die von Blanckenhorn ZDPV XIX 

ganger von Sodom und G. nennt Hos. 1 8 51ff . t, escMeDeiie , aber nieht Gen . , 19 v ^ 

Adma und ZeW Von hier stammen die beiden setzto Wdge _ herlbeigeführt wurdei Dllrcll | as 

Mmen neben Sodom und a Gen. 10 19. Deut 29, i esikaliscne Ergebnis "wird das literargeschicht- 

lautztb , W^ ^ lÄVV* 8 ' lid * ^tätigt, daß die G.-Sage mit der Sodom- 

7ri4 fh ,i / « t £■ •' £ J" sa S e ™prünglich nichts zu tun hat. Die alte- 

Zeit Abrahumsder fingierte Konig von G den st * n sc ^ fts f e ll eril d e n Propheten Arnos ca. 750 

Spitznamen Birsa d i. ,in Frevel'. Der Unter- (Am . 4 U) nnd Jegaja ca 7 | „ 700 {Jes . j 9 10) 

f5 + l '7% q d 6 f ^f -n e V teran in. ™ d die äliesten literarischen Zeugen für die Ver- 

jungste Stufe der Sage und nicht alter als ca^600 Mnd der Sodam _ und G .g \ Me ergtere 

fW^.7 "n ??' f ■* ,i d , 16 S i d r" 20ma ^ midiamtisch-israelitischer, &e andere kana- 

Gomorrhasage soll die Entstehung des Toten anitischer Herkunft sein. [Beer.] 

35S£ £ * t ^1 \ 'f l- Z s ? a T ll ' h F6 (»P0S, feste Grenzstadt von Thessalia He- 

schöne Eindruck der heißen Einöde durch ein at i a iotis gegen Epiras, wichtig durch die Beherr- 

w" e ^_, + Wllüende ™ d m « 1 ff h ™4" *u ,r schung des Pindu S übergangs°nach Dolopia (Phi- 
legene Städte wegen ihrer bchlechtigkeit (Be- lip % a Thessal u< / ir * 123) und d P es ^ 

druckung Geringer Jes 1, 10 3 9 Ez. 16, 49, 8t *£ aber schwierigen w Y J Thessalia liach 

^l^nÄwÄ» -* ft ? - ^^ Athamania und Ambrakia. In christlicher Zeit 

göttliches Strafgericht begründet wird. Gen 14, 3 Bischofssitz, Hierocles synekdemos 642. Daher 

heißt die Gegend, in der G. mit den ubngen fthrt diß j^he, auf welcher die wenigen Reste 
Städten ernst lag, Ü^TÖ Tal, wofür jetzt viel- 30 am rechten Ufer des Bliuri beim Dorf Mussaki 

fach nach Renan Historie du peuple d'Israel I liegen, den Namen Episkopi. Über die Lage vgl. 

116 C--J1» .Dänioneu'tal gelesen wird. Die An- ?J ra ?- 1X r 43 f- £ lin - ?• h }J \^ x P i olei11 - IJI 

schauung, daß an Stelle des Toten Meeres einst l%\\ n ^^ Travels ™ ^°^ h « rn G™!ce IV 

ein Paradies gelegen habe (Gen. 13, 10), ist frei- 212.519. U s sing Griechische Retsenu. Studien 74. 

lieh ein Irrtum. Denn schon in prähistorischer Bursian Geographie von Griechenland I 48. 53. 

Zeit mündete der Jordan in das Tote Meer, Lplhng Hellenische Landeskunde 151 Geor- 

Bacdeker Paläst. u. Syrien 7 123f, Damit wird |}t ^ u 91 1SU > 2 ° 3 ' Kern K Jahrb - 

aber die genauere Lage von G. schwer bestimm- * 1wj4, l\. 

bar. Blanckenhorn ZDPV XIX 51ff. nimmt 4n Bezeugt ist ^ der Kult des Atowao S Kagmog, 
an, daß G. mit den übrigen Städten einst an der 40 ^ c]l de f ^ n Priester . eme Freilassung datiert ist 

Stelle der südlichen 1-6 m tiefen Ausbuchtung des ff en ^ n 1 De ,^ a num ^ S10 ™ t ' tulls ^' rhessalos > 

Toten Meeres gelegen habe, und daß eben dieser S S Tvfoo! J' 91 i nnd des - Zevg , 2IaM ^ vto ^ 

Teil desselben durch die Gen. 19 erzählte Kata- fj 1 . 1 ^^rx^ «? " M . nn 1 zen ^L 2 * 1 ^^*^? * 

Strophe entstanden sei. Aber dazu würde 1. nicht ( L ?\ XXXV ffi 2) ; ^fP ra ^ ™ n £^~™° T - ? hv -> 

,- T T i cm. i A ■ n i^ ™ Oatalogue of Greek Coins Bnt. Mus. Thessaly to 

stimmen die Lage der Stadt ^ S Gen. 19, 22, Aetoli J by P> Gardnerp . X XXV und 19. Head 

die an der südöstlichen Spitze des Toten Meeres 250. Schlosser Münzen des allerh. Kaiserhauses, 

zu suchen ist, und 2. widerspricht der Ansicht Wien 1893, 9. Bull. hell. V 289. Ethnikon To^ym 

Blanckenhorns, daß die südliche Bucht des oder rop<pevg (Sfceph.), ropt<p£oiv oder ro/u<ptrövv 
Toten Meeres nur durch ein Einsinkungen veran- 50 Münzen. 

lassendes tektonisches Beben entstanden sein könne Von Philipp II. vermutlich wurde die Stadt 

(S. 52), der Wortlaut von Gen. 19, 24 , der auf $ilm7iot (Steph. s. v.) oder $dixx6xofos (Liv. 

eine vulkanische Eruption weist: kommt doch XXXIX 25?; Münzen $iXutJiöJzo\iTwv) genannt, 

hier Schwefel und Feuer von oben, nicht von Nach einer nicht sicheren Ergänzung [rou]<pi<os 

unten her ! Auch ist von Wasser gar keine Rede. (SGDI II 2528 = o. Bd. IV S. 2690) erscheint 

Da ein vulkanischer Ausbruch in historischer Zeit ein Bürger von G. unter den ätolischen Hieromne- 

am Toten Meer nicht stattgefunden haben kann, monen in Delphi. Demnach hätte G. um 208 

folgert Gunkel Genesis 3 21of. mit Recht, daß zum Ätolischen Bund gehört. 198 v. Chr. wurde 

die Sodomsage sich ursprünglich auf einen andern G., das mit dem übrigen Thessalien zu Philipp V. 
Ort bezogen habe und erst sekundär auf das Tote 60 halten mußte , von dem mit Rom verbündeten 

Meer übertragen sei. Ed. Meyer Die Israeliten Athamanenkönig Amynandros erobert, Liv. XXXI 

nnd ihre Xachbarstämme 71 vermutet, daß die 41. XXXII 14. Seit 196 oder spätestens seit 

Sodomsage eigentlich die Entstehung einer der 185 gehörte G. zum freien thessaüschen Bund, 

unheimlichen Harras (Lavafelder) Arabiens erklärt dem es auch mehrere Strategen lieferte: 179/8 

habe. Das könnte für die Sodomsage zutreffen. Phrynns, um 130 dessen Sohn Pollichos, zu Augu- 

IHe Israeliten könnten sie von Arabien, d. h. von stus' Zeit Agatbanor (Kroog De foederis Thes- 

Midian ans, wo sie als Nomaden einst weilten, salorum praetbribus, Dias. Halle 1908, 59. 60). 

nach Kanaan mitgebracht und hier auf das Tote 191 wurde es von Philipp V. und Baebius den 



zu den Ätolern abgefallenen Athamanen abge- ßonias (Tcaviag, Georg. Cypr. 1079), xei^ 

nommen, Liv. XXXVI 13. Im J. 189 von Philipp in Arabien, bei Steph. Byz. Fowa?, xazotxia 

V. als Stützpunkt gegen die Athamanen benützt, ^wo/ac, unbekannt; vgl. rwvla xr}$ 'Agaßlas 

Liv. XXXVIII 2. Nach dem Entscheid der Körner {Euseb. Onom. 282,88. Hieron. 141,28) und ij 

in Tempe 185 den Thessalern zurück gegeben, xaXovpsvr) r<t>vla zrjg Batavalag (Euseb. Onom. 

Liv. XXXIX 26. 171 erholte sich das Heer des 216, 12). [Benzinger.] 

Consuls Licinius in G. von dem Pindusübergang, Gonnapaios , falsche Lesung für Napaios, 

Liv. XLII 55. 48 wurde es von Caesar geplündert, Schol. Aristoph. Nub. 144. 
Caes. bell. civ. III 80. Liv. epit CXI 55. Cass. Gonnokondylon(r6/ov*-o«o)'öi;Aoi'Liv.XXXIX 

Dio XLI 51. Plut. Caes. 41. Appian. bell. civ. 10 25 nach des Sigonius Emendation codd. : Con- 

II 64. Iustinian ließ die Stadtmauern erneuern, nocondyllum, Gonnocondillum , Somoeondillum, 

Procop. de aedif. IV 3. [Stählin.] Gonocondylum Kriegk D. thessal. Tempe 70. 

Qoinphos, ein Bildhauer unbekannter Zeit C. Bnrsian Geogr. v. Griechen!. I 61, 3 schlägt 

und Heimat, der bei Tatian. 52 als Verfertiger dazu die Emendationen Gonnos et Condylum und 

der Statue einer unbekannten Dichterin Praxa- restitiierentur vor. Der Name G. scheint ähn- 

goris genannt wird. Es erscheint nicht ausge- lieh wie Peloponnesos, Samothrake, Gallograikia 

schlössen, daß Tatian sowohl diese Dichterin als gebildet zu sein und zum Unterschied von anderen 

auch den Bildhauer erfunden hat. Kalkmann Kondylen ,Kondylon, das zum Gebiet von Gonnos 

Rh. Mus. XLII 505ff. [C. Eobert.] [s. d.] gehört', zu bezeichnen ; Kondylon von der 

Gonai {Aiog yovaf). Als die Thebaner die 20 Ähnlichkeit des Höhenrückens mit einem Faust- 
Gebeine Hektors von Ophrynion in der Troas gelenkkopf; gerade im nordöstlichen Thessalien 
nach Theben überführten (Lykopin*. 1194. 1206ff. rinden sich oft faustgelenkköpfeartig dicht neben- 
Aristodemos Schol. AB II. XHI 1. Paus. IX 18, 5. einander Eeihen von Höhenkuppen), ein Höhen- 
Tzetzes Lykopbr. 1194, Crusius S.-Ber. Akad. schloß im nordöstlichen Thessalien, das als den 
Münch. 1905, 763), brachten sie sie nach Aristode- Perrhaibern gehörig von diesen 185 v. Chr. be- 
mos (offenbar in den ß^ßaixd, s. o. Bd. II S. 925, ansprucht wird (Liv. XXXIX 25). ■ Nach dieser 
37ff.) el$ tov nag" avzolg nalovpievov zotiqv Aiog Stelle des Livius war es von Philippos (HL?) von 
yoväs, die ysveftHa jrld^ Lykophrons. Das Grab Makedonien, der auch Gomphoi 'Pilijuiot nannte, 
Hektors lag aber nach Pausanias und Tzetzes bei in Olympias umgenannt worden. Diese Notiz 
der Quelle Oidipodeia, die Pausanias an der Straße 30 beruht vielleicht auf Verwechslung mit Gonnoi, 
nach Chalkis erwähnt und die Ulrichs (Reisen und das am Eingang der Tempeschlucht gelegen, wie 
Forschungen II 5. 19f.) danach in der reichen Gomphoi ein wichtiger Zugang zu Nordgriechen- 
Quelle am Fuße des Hügels, auf dem die Vor- land war. G. aber oder Kondylon lag nach Liv. 
stadt Theodöri steht, wiedererkannt hat. Frazer XLIV 6 nicht direkt am Eingang zu den Tempe ; 
Paus. V 59 mit weiterer Literatur. Der zugrunde der Schriftsteller sagt: unum (sc. praesidium) 
liegende Mythos bei Lykophr. 1196ff. Welcker in primo aditu ad-Gonnum erat, alterum Con- 
Götterlehre II 242. [Bölte.] dylo , tertium circa Lapathunta , quem 

Gonduni oder Gorduni, schlechte Lesarten bei Characa appeüant. Es wäre möglich , daß es 

Caes. b. G. V 39 für Geidumni (s. d.). [Ihm.] zwei Hügelschlösser namens Kondylon gegeben 

Gongalae (var. Gongadae), Volksstamm im 40 hat, von denen das eine, als zu Gonnoi gehörig, 

inneren Libyen, erwähnt von Ptolem. IV 6, 6. G. genannt wurde. Aber das Kondylon bei Liv. 

Unbekannt; vielleicht ist er wie die Mimaces und XLIV 6 ist 169 y. Chr!\ wie schon 185 v. Chr. 

Achaemae, mit denen er zusammen genannt wird. von den Truppen des makedonischen Königs be- 

aus der Provinz Africa fälschlich nach dem Süden setzt; es wäre denkbar, daß um 169 v. Chr. die 

versetzt (vgl. Müller zu Ptolem. I p. 744). Örtlichkeit nur mehr den Namen Kondylon hatte. 

[Fischer.] In und bei der Tempeschlucht finden sich zahl- 

Gongylates (royyviäTrn), Epiklesis des Zeus. reiche Befestigungsruinen , von denen nur eine, 

Lykophr. 435. Anon. Ambros. 27 = Seh o eil- das byzantinische Lykostomion (jetzt KdaTQoxfjg 

Studemund Anecd. 265. Tzetz. Lykophr. 435 'Ügpä? = der Schönen) festgelegt ist (Jeorjiä- 
fügt als Erklärung hinzu: Si ov at yoyyvlai xai 50 dhis BeomtAla* 171). Diese Stelle ist aber die, 

cu ovvsotptyfiivai x&Qts xtvovvtat. Vermutlich ent- von der Livius XLIX 6 sagt: . . . quartum (sc. 

spricht Zeus G. dem Zeus Palamnaios. [Jessen.] praesidium) viae tpsi, qua et media et angustis- 

Gongylos. 1) Eretrier. Ihm als Befehls- sima vaüis est, impositum, quam vel X arma- 

haber übergibt Pausanias im J. 476 die Stadt tis tueri fa&ik est. Die Befestigung auf dem 

Byzanz, Thuc. 1128,6. Busolt Gricch. Gesch. 'A.'HXtov genannten Hügel (512 m) südsüdöstlich 

In 1, 89. Von ihm stammen die Eretrier G. vom Dorf Taymvi nimmt C. Bursian Geogr. 

und Gorgion, Xen. anab. VTI 8, 8. 17; hell. III Griechenl. I 61 für Lapathüs (s. o.), Jeorjiädhis 

1, 6. Curtius Griech. Gesch. III 5 145. (s. o.) für Kondylon in Anspruch. H. Kiepert 

2) Korinthischer Flottenführer bei Syrakus im FOA XV. XVI setzt Kondylon 5 km ostnordöst- 
J. 414, Thuc. VII '2, 6. Curtius Griech. Gesch. 60 lieh von Gonnois Euinen an. Die Stätte fiele 
HS 668. Nach Plut. Nie. 19 findet G. bald nach auf einen 100 m hohen Vorsprung. Wahrschein- 
seiner Ankunft in Syrakns seinen Tod. [Kirchner.] lieber erscheint mir eine Stelle 1,5 km östlich 

Gonia 0$ r<»vla d. h. Ecke, Winkel), Grund- davon (215 m hoch), 1,8 km westlich von der 

stück im Gebiet des szQodareiov (= Vorwerks) Kapelle "A. Ilagaaxevij^ die Lykostomion gegen- 

Aißädtov, das zum olxonooaozsiov Baris am Maian- überliegt. S. auch noch die Art. Gonnos und 

. «bös in Ionien gehört, Acta et Diplom, ed. Müller Kondylon. [Bürchner.] 

et Miklosieh VI 10; vielleicht identisch mit Gonnos (ij Wwoq Herod. VH 128. 173. Ly- 

roovta »off nez&xt), ebd. VI 211. (Bürchner.] cophr. 906. Strab. IX 440. Ptolem. III 12, 39 M. 



Steph. Byz. a. r&voi), Gonnoi (oi rdvvot Polyb. 
XVIII 27, 2. Liv. XXXni 10. XXXVI 10, aber 
Gonnus XLII 54 (61). 67. XLIV 6 und Steph. 
Byz. s. rb'wot; rtf»w Porphyr. Tyr. FHG HI 
p. 700 frg. 8), Oonnussa (j/ rowovaaa Tzetz. Ly- 
cophr. 906; Tgl. Steph. Byz. s. v.). Der Name 
von dem kniegelenkkopfförmigen Umriß der Um- 
fassungsmauer, vgl. Steph. Byz. s. v. iE-Münzen 

zwischen 300-146 v Qhx Av. Zeuskopf, Frauen- „_. „, lulgoJluo u uem BÜIorD 

köpf; J£ rONNEÜN Widder (stehender Löwe 10 widerspricht. Da nun in der Gegend zwischen 



vrujjyjtiisia looo 

2) XL II 573f. wird unter den Städten Aga- 
memnons zwischen Hyperesia (= Aigira, Bnrsian 
II 338, 3) und Pellene abieivrj Fovösaaa genannt. 
Dies kann mit dem unter 1) genannten identisch 
sein. Der Homer-Erklärer aber, auf dem Paus. VII 
26, 13 zurückgeht, glaubte vielleicht, daß die Ab- 
folge beim Dichter der geographischen Lage ent- 
spreche (weitere Beispiele Reitz 35 Anm.), 
während doch das folgende Aigion dem sofort 



lOöy 



ijopnna 



Head-Svorönos 'lotoQta Noßtafidrcov I 370), 
Festungsstädtchen in beherrschender Lage in der 
Nähe des veränderlichen linken Peneiosufers in 
der thessalischen Pelasgiotis (Perrhaibia), gerade 
im westlichen Zugang (Liv. XXXVI 10, vgl. 
Polyb. XLII 54) zur Tempeschlucht, deren einer 
Schlüssel es war, 20 römische Meilen (sc. über 
Gyrton) von Larisa entfernt, am Abhang eines 
Berges (jetzt Zoliö), Liv, XXXVI 10. Begründet 
von den Perrhaibern (Strab. Steph. Byz. 77™- 20 
gcußoi Alohig). Sagenhafter Gründer Guneus, 
des Kyphos Sohn. An ihm vorüber rückt des Xer- 
xes Heer 480 v. Chr. nach Mittelgriechenland 
(Herod.). Makedonisch wohl um 353 v. Chr. mit 
den übrigen thessalischen Städten. Vielleicht von 
Philippos III. Olympias genannt ($. den Art. 
G o n n o k o n dy 1 o n). 319 wird zu G. Antigonos 
Gonatas (s. Bd. I 8. 2913) geboren. 191 und 169 
v. Chr. in den Händen des makedonischen Königs. 



Aigira und Pellene ein Ort Gonoessa nicht vor- 
kam, wohl aber ein zerstörtes Städtchen Donussa 
dort lag, so erklärte er rovosoaa für einen Irrtum 
der Peisistratischen Rezension und setzte Aovösoaa 
in den Test (so auch Eeitz 34, 75). Auf dieselbe 
Erklärung gehen Eust. 291, 40 I. äptQcorrJQiov 
Uelkrjvtjs und die zwei kurzen Glossen bei Hesych. 
zurück. Gegen die Identifizierung Bursian 
II 343. 

3) Donussa(Aovovooa, der Artikel fehlt o. Bd. V 
S. 1548) erwähnt Paus. VII 26, 13 (vielleicht nach 
einem Periplus, meint Heberdey) zwischen Aigira 
und Pellene, genauer dem westlich vom Sythas 
(Heberdey), nicht bei Xylokastro (Hirschfeld II 
960. F r az e r Paus. IV 180) gelegenen Hafenort von 
Pellene, Aristonautai, als (ehemals) den Sikyomern 
gehörig (dann, als sie es aufgeben mußten), von 
ihnen selbst zerstört. Nur so geben die Worte 
nöXiofia imr\Hoov Hixvcovla>v Aovovaaa xalrnj^evr} 



Ansehnliche Keste des Mauerzugs, besonders im 30 iyhezo vjto ZtHvmvioiv äväozaxog einen Sinn 



Westen in sehr stumpfen Winkeln um drei Kup- 
pen im Südwesten 103 m hoch, im Nordosten 
120 m hoch. Weder bei Hierokles noch in den 
Bischofslisten genannt. Leake Travels in North. 
Greece III 371. 379. 389. 397. IV 312. Bur- 
sian Geogr. v. Griechen]. I 60. rewQyiädrjs 
OecaaUa 2 108f. Über die Geschichte und Alter- 
tümer von G. wird das Studium der im Oktober 
1910 (s. E sti a [Athen] 25-/7. Okt 1910) gefundenen 



(Bobrik 30). ,Pausanias hat es ^sicherlich nicht 
mehr gesehen, spricht auch gar nicht einmal von 
iQrima' (Heberdey). Eine genauere Lokali- 
sierung ist also unmöglich. Nur durch Gleich- 
setzung mit dem homerischen Gonoessa bekam 
Leake in dem Epitheton alizuvr} einen Anhalts- 
punkt, den Ort auf dem Gipfel der Koryphi zu 
suchen. Dies ist ein isolierter, nur von Süden 
zugänglicher Kalkberg (732 ro) westlich Xylo- 



Altertumer der Akropohs von G. (Inschriften [dar- 40 kastro (Philippson), auf dessen schmalem, von 



unter ein Psephisma über die ötavo/mj von Grund- 
stücken], Rundtempel der Athena, Kultbild von 
Xenokles(?) in Lebensgröße, auf der Akropolis ein 
vierkantiger Wachtturm aus der Zeit der Franken- 
herrschaft) Licht verbreiten. [Bürchner.] 

Gonnussa (r) rowovaoa Steph. Byz.) s. Gon- 
nos in Thessalien. [Bürchner.] 

Gontiana, Stadt im Innern von Mauretania 
Tingitana, Ptolem. IV 1, 13 [7 Müller] ; anscheinend 



Osten nach Westen verlaufendem Gipfelplateau 
eine Kirche der Panagia steht. Curtius zog auch 
noch das unter 1) genannte G. hierher. Bursian 
II 343 und Bobrik, die die Gleichsetzung 
bestreiten, sowie Lolling, der ihr zweifelnd 
gegenübersteht, haben keinen Grund, Donussa auf 
Koryphi anzusetzen. Bestiegen hat den Berg an- 
scheinend niemand. Das Fehlen von Nachrichten 
über Ruinen auf Koryphi veranlaßte v. Duhn, 



dieselbe nennt der Geogr. Rav. p. 163 Parthey. 50 statt dessen den spitzen Berg Avgo vorzuschlagen, 
Vermutung über dip Lacs bfi Tis«nt¥An nr^. Aa^ q t m ™<-„, „^r.+i^-u „.:+ ~^i — :a 



Vermutung über die Lage bei Tissot Mein, pro 
sent, ä l'Acad. d. inscr. ser. IX 1, 303. [Dessau.] 

GöUUSSa (rovovaaa). 1) r. rj vjisq Siximvog 
wird von Paus. II 4. 4. V 18, 7 als Heimat des 
Melas, des Stammvaters der Bakchiaden, genannt. 
Der Zusatz besagt, daß es im Bergland südlich 
oder westlich von Sikyon (Lolling 162 .gegen 
Pellene hin') zu suchen ist (Reitz 331'.). Curtius' 
Versuch, die Bedeutung von vxeq so zu verfluch 



der 9 km weiter westlich mit steilen weißen 
Hängen an die Küste herantritt (Philippson). 
Untersucht ist auch diese Stelle nicht. Leake 
Morea III 220. 385; Pelop. 404. Bobrik De 
Sicyoniae topographia. Diss. Königsb. 1839, 30f. 
Curtius Pelop. I 485. II 498. v. Duhn Athen. 
Mitt. 1878, 61. Lolling Hellenische Landeskunde 
u. Topogr. 162. 167. Reitz De praep. vjieg ap. 
Paus.usulocali, Diss. Freib. 1891, 33ff. Philipp- 

ort^ü^i,.^ ioc xt„v„_j t> Ä : j t» <i(\ 



tigeii, daß der Zusatz auf Koryphi (s. u.) passen 60 son Pelop. 125. Heberdey Reisen des Paus. 79, 
w*rH« «f oK,„ m .;™ Tj Al ..^.„ a„^i -.x Frazer Paus. IV 179f. (referiert nur). [Bolte.] 



wurde, ist abzuweisen. Bobriks Ansetzung öst- 
lich von Sikyon ist willkürlich. Bursian II 32, 1 
vermutet es in dem von Ross (Reisen im Pelop. 
491) beschriebenen Kastell auf einem Bergvor- 
sprung bei Liöpesi am linken Ufer des Asopos; 
dort hat es B. Kiepert Fonnae ort. ant. Xm 
eingetragen. Eine Begründung fftr die Ansetzung 
gerade an dieser Stelle fehlt aber. 



Gony klisla , Ort in Phrygien , in der Nähe 
von Lysias, wo St. Abercins durch Gebet (xllvas za 
yovaza) eine Quelle entstehen ließ. Aus den Acta 
S. Abercii nach einer unedierten Hs. mitgeteilt von 
Ramsay Cities and bishoprics of Phrygia I 754, 
5. Nach Anderson Journ. hell. Stud. XVHI 
107 ist es die Quelle Gianr Olxüc [Buge.] 



Gnphna (royva Euseb. Onom. ed. Lagarde 24° 30' empfiehlt im Verein mit der Namensform 

300,94. Plin. n. h. V 15. Joseph, ant. XIV Sprengers Annahme (Die alte Geographie 

11, 2; bell. lud. I 11, 2. ni 3, 5. V 2, 1. VI % Arabiens 1875, 47f., 168), daß dieses G. das 

2f. Tab. Peut. Madebakarte = rovcpva Ptolem. spätere el-4arad ist, ,die ehemalige Hauptstadt 

V 15, 3. Euseb. Onom. ed. Lagarde 220, 7. 248, 3 der Provinz el-Kaslm, daher auch Garad el-Kaslm 
= Hieron. ebd. 93, 3. 13*0, 6 ; rocpriraci} zojraQ'/Ja genannt, einen Tag von f Onaiza gegen Basra hin 
Joseph, bell. Ind. 1 1, 5. II 20, 4. JV 9, 9), Stadt gelegen ,_ also in der Nähe des jetzigen Boraida 
im westjordanischen Palästina, 15 röm. Meilen * oder 'Ojun'. 

(Euseb. a. a. O. Tab. Peut. 16 Meilen) von Jeru- 2) Eine zweite Stadt im Innern von Arabia 
salem, an der Straße nach Neapolis (Nablus), 10 felix , Ptolem. VI 7, 39; die bessere, auch von 
20 röm. Meilen von letzterem entfernt; Haupt- Wilberg und Nobbe aufgenommene Überliefe- 
ort einer der elf jüdischen Toparchien (Plin. a. a. rung der Maßangabe des Ptolemaios, 82° 30% 
O. Joseph, a. a. O.); zur Zeit des Cassius ein 16° 0' spricht dafür, daß G. (mit Sprenger 162) 
bedeutender Ort, dessen Einwohner von Cassius beim^Wädl und Dorf Gaura zu suchen ist (nicht 
als Sklaven verkauft wurden (Joseph, bell. lud, I bei Öerdän, wofür nur die schlechtere Überliefe- 
11, 2). Heute Dschifnä, in fruchtbarer Umgebung; rung des Längenmaßes 81° 30 ' zusprechen schien), 
vgl. Raumer Pal. 199. Robinson Pal. III 296f. [Tkac.] 
Gue*rin Jude"e III 28ff. ; Survey of Western <iordiuiH', Gegend am mittleren Sangarios, 
Palestine. Memoirs II 294. 323. Benzinger- Vita S. Theod, 43 (nvrjpsia äytokoyixd ed, Th. 
Baedeker Palästina? 200. [Benzinger.] 20Toannes 1884). Ramsay Journ. hell. Stud. VIIT 

Gor (so in den Sententiae episcoporum vom 505. [Kuge-] 
J. 256 nr. 40, vgl. H. von Soden Gott. Nach- Gordiaims s. Antonius Nr. 60—62. 
richten 1909, 266, in Bartels Cyprian 451 Gordion (r6g Stov und FogSieiov), alte Haupt- 
unrichtig Qorduba genannt), in Inschriften CIL stadt Phrygiens, besonders häufig in Verbindung 
Vni Suppl. p. 1278 civitas Qoritana; Ruine mit dem Alexanderzug genannt, Xen. hell. I 4, 1. 
Henchir Draa el Gamra, ungefähr 40 Millien Polyb. XXII 18, 8. Strab. XII 567. Liv. XXXVIII 
südlich von Karthago, 4 km von der Station 18. Iust. XI 7,3. Plin. n. h. V 146. Arrian. esp. 
Smindja der Eisenbahn von Tunis nach El Kei Alex. I 29, 3. II 3, 1. Curt. bist. Alei. III 1. 11. 

[Dessau.] Plut. Alex. 18. Früher wurde es fälschlich mit 

Gora, Ort in Aithiopien, auf einer Nilinsel 30 Gordiukome-Iuliopolis gleichgesetzt, jetzt ist es, 

zwischen Napola and Meroe, Plin. n. h. VI 29, soweit es ohne Beglaubigung durch eine Inschrift 

179. [Pieper.] möglich ist, mit Sicherheit auf dem rechten Ufer 

Goralus, minderwertige Variante zu Coralis des Sangarios, dem Dörfchen Pebi gegenüber, 

bei Plin. n. h. VI 150, aber noch von Sprenger lokalisiert worden. Dort haben Ausgrabungen 

Die alte Geographie Arabiens 1875, 52. 252 und auf einem Hügel , der sich ursprünglich ca. IS 

E. Glaser Skizze der Geschichte und Geographie —14 m über die Ebene erhob, die Reste einer 

Arabiens, 1890, II 31. 35.217 aus älteren Plinius- alten Ansiedlung zu Tage gefördert, die bis ins 

ausgaben aufgenommen; s. Coralis (zur Ergän- 2. Jahrtausend zurückreicht. Östlich der Stadt 

zung dazu vgl. Agatharchides frg. 97 bei Müller liegt eine Nekropole mit einer Reihe von Tunnels, 
Geogr. Gr. min. 1186) undCorolia. [Tkac.] 40 die, soweit sie untersucht worden sind, in die 

Gorbatha (r6gßa&a), oder Garbatha (räy- Zeit von ca, 700 v. Chr. G. abwärts gehören. 

ßa&a), Ortschaft in Mesopotamien, von Ptolem. Vgl. den ausführlichen Bericht von G. Körte 

V 18, 12 zwischen Sinna und Dabausa erwähnt. und A. Körte Gordion, Arch. Jahrb., Erg.H. V. 
Letzteres dürfte mit S ach au (Reise nach Syr. 1904. |Ruge.] 
und Mesopot., 1883, 269) in der ausgedehnten Gordios (bei Herodot. roQdfyg), ein besonders 
Ruinenstätte Tabus am rechten Euphratufer, nord- unter den phrygischen Herrschern, abwechselnd 
westlich von e'd-Der (Der- ez-Zör, nordwestlich von mit Midas, vorkommender Name. Über dessen 
der Mündung des Häbür) zu suchen sein; vgl. Träger vgl. A. v. Gutschmid Kl. Schriften IIT 
dazu auch den Art. Dabausa (o. Suppl. I S. 333) 456ff. 

und (fragend) Chapot La frontiere de lEuphrate 50 1) Gordios (L), der mythische Gründer des 

(Paris 1907) 294. G. wäre dann wahrscheinlich phrygischen Staates. Die Gründungslegende wird 

in einiger Entfernung von Tabus, und zwar nach in zwei Varianten erzählt. Nach lustin. XI 7, 

der Aufzählung bei Ptolemaios zu urteilen, etwa 5h°. ackerte der Landmann G. auf dem Felde, 

nördlich oder nordwestlich davon zu lokalisieren. als ihn Vögel aller Arten zu umfliegen begannen - 7 

[Streck.] um sich dieses Zeichen aaslegen zu lassen, machte 

Gorbens, Ort in Galatien, Strab. XII 568. er sich nach der nächsten Stadt auf, an deren 

Ptolem. V 4, 6 (8) {KoQßsovvxog) , an der Straße Tor er einer schönen Jungfrau aus dem Wahr- 

Ankyra-Tyana , Itin. Ant. 143, 2 (Corbeunca). sagergeschlecht begegnete; sie deutete ihm das 

205, 9. Itin. Hieros. 575, 9 (mansio Curveunta). Zeichen auf künftige Herrschaft und bot sich ihm 

Tab. Peut. X I (Corueunte). Geogr. Kav. TL 16 60 als Frau an. Bald nach der Hochzeit brach unter 

(Corbeufe). Der Enfernung nach in der Gegend den Phrygern ein Bürgerzwist aus, und auf die 

von Bihnam, südlich von Angora, anzusetzen. Frage an das Orakel erhielten sie die Weisung, 

Ramsay Asia min. 46. 216. 255. Anderson das Königtum einzuführen und denjenigen zum 

Journ. helL Stud. XLX 102 ; Annual Brit. school, König zu wählen, der ihnen bei ihrer Rückkehr 

Athens IV 73. [Rüge.] zuerst nach dem Zeustempel fahrend begegnen 

ttorbilon s. Cor vi In. würde. Dies war G., der, zum König erhoben, 

Ctorda {röeda). 1) Stadt im Innern von Arabia als Andenken an den Ursprung seiner Herrschaft 

felix, Ptolem. VI 7, 31; die Maßangabe 76° 10', den Wagen, auf dem er gefahren war, dem Tem- 



VXVIU1UÖ 



1DV2 



gel weihte. Ihm folgte in der Herrschaft sein 
Sohn Midas. Dagegen lautet Arrians Bericht 
(anab. II 3ff.) dahin, daß sich auf G.s Gespann 
"beim Ackern ein einzelner Adler niederließ und 
bis zum Abend blieb. Die Seher, welche G. be- 
fragen wollte, heißen bei ihm Telmisseer, und die 
Jungfrau gibt ihm den Rat, an dem Platze des 



Vater des Adrastos , Herod. I 85 . 45. Da G. 

den Adrast, welcher seinen Bruder ohne Absicht 
getötet hatte, verbannte, so starb wahrscheinlich 
mit ihm das phrygische Fürstenhaus aus (Rei- 
neccius 160). 

Literatur: Zu den zitierten Werken noch Keiner 
„ Reineccius Historia Iulia I (Helmstädt 1594) 

Wunders dem Zeus zu opfern und hilft ihm dabei. 160ff. Maspero Hist. ancienne des peuples de 
Aus der Ehe mit ihr entspringt Midas ; erst nach 1' Orient classique III 330. 336. 
dessen Heranwachsen bricht der Zwist unter den 10 5) Kappadoker von Abstammung, wahrschein- 



Phrygern aus und das Orakel verheißt ihnen, 
daß ein Wagen den König bringen werde, wel- 
cher der Uneinigkeit ein ^Ende mache. Es war 
dies Midas, der mit den Eltern auf einem Wagen 
in die Volksversammlung fuhr; er wurde zum 
König gewählt, schlichtete den Zwist und weihte 
den Wagen zum Dank für die Sendung des Adlers 
dem Zeus. Beide Berichte scheinen zunächst aus 
Aristobulos zu stammen (A. Körte 13, 72); zu 



lieh Sproß einer Dynastenfamilie. Er ermordete 
den König Ariarathes VI. Epiphanes (s. Aria- 
rathes) von Kappadokien, lustin. XXXVIII 1, 1; 
das Ereignis muß in das J. 111 v. Chr. fallen, 
wie Th. Rein ach nachwies (Mithradates Eupator 
82, 1), wogegen A. v. Gutschmid es in das 
J. 103 setzte (Kl. Schriften III 468, etwas anders 
ebd. III 566). Ob G. wirklich, wie bei lustinus 



behauptet wird, im Auftrag Mithradats handelte 
Arrian stimmt Aelian. de nat. an. XIII 1 und' wohl 20 oder auf eigene Faust, um sich der Herrschaft 
auch Plut. Alex. 18. Curtius III 1, 14 scheint zu bemächtigen, ist unsicher ; er mußte das Land 
der andern Version zu folgen. G. wird der Grün- verlassen und flüchtete sich zu Mithradates (In- 



der der nach ihm benannten Stadt (noch Strab. 
XII 568. Steph. Byz. s. rogdisiov). Im Gegen- 
satz zu v. Gutschmid, welcher die G.-Sage für 
weniger authentisch erklärte (a. O. 459), haben 
Eühl (Ztschr. f. österr. Gymn, XXXIII 1882, 
Sllff.) und A. Körte (Gordion, V. Erg.-Heft d. 
Aren. Jahrb. 12ff.) gezeigt, daß die Erzählung 



stin. XXXVIII 1, 1. 6), der ihn in seinen Schutz 
nahm und von jetzt ab als geschicktes Werkzeug 
für seine auf den Gewinn Kappadokiens gerichteten 
Pläne gebrauchte. Im J. 100 oder 99 verlangte 
Mithradates von König Ariarathes VII., den er kurz 
vorher gegen Bithyniens Aspirationen restituiert 
hatte, die Bückberufung des G. und nahm die 



bei lustinus klarer und ursprünglicher ist, wenn 30 abschlägige Antwort als Anlaß zum Krieg, der 

auch einzelne Züge bei Arrian, wie der Adler J *- J -- 1 - 1 — "- ^ "" - 1 - 1 - Tr 

des Zeus und vielleicht auch die Benennung des 
Sehergeschlechtes als TsXfiioosTg der originalen 
Fassung näher zu kommen scheinen (A, Körte 
a. 0. 14 sieht in der Ehe des ersten Phryger- 
königs mit einer Telmissenserin den sagenhaften 
Ausdruck für eine Versöhnung der eingewanderten 
Phryger mit dem einheimischen Priesteradel). 
Auch die weiteren, mit seiner Grundansicht zu- 



durch die meuchlerische Ermordung des Kappa- 
dokerfürsten rasch entschieden wurde. Mithra- 
dates setzte einen seiner Söhne, der im Alter 
von acht Jahren stand, unter dem Namen Aria- 
rathes (IX. Eusebes Philopator) als König ein und 
gab ihm G. als Vormund und Leiter an die Seite, 
lustin. XXXVIII 1, 5ff. Dieses Regiment dauerte 
einige Jahre, bis ein Aufstand in Kappadokien 
ausbrach, der jedoch von Mithradates niederge- 



sammenhängenden Folgerungen v. Gutschmids, 40 schlagen wurde; da aber darauf Nikomedes II. 
daß nicht G., sondern Midas der erste phrygi- von Bithynien einen Kandidaten für den Thron 

C/iViö ~K}\Y\\{* Wll* lind diu \i\ r\ rr4Vri iili s^V+n ün'Ur.«!» TTV ~ J *U: ^i-lU- J Tl rT„J ^i.-'J- 



sehe König war und die jungfräuliche Seherin 
mit der Kybele zu identifizieren sei, erscheinen 
als unzulässig. Über den von G. geweihten Wagen 
und die künstliche Verknotung des Jochs vgl. 
Arrian. II 3, Off. Plut. Alex. 18, dazu W. Reich el 
Homer. Waffen » 130. A. Körte (a. 0. 16) glaubt 
mit Becht, daß er zuerst für Zeus bestimmt war 
und erst später auf G. übertragen wurde. Wie 



Kappadokiens aufstellte und Roms Unterstützung 
dafür zu gewinnen trachtete, ward G. von Mi- 
thradates nach Rom gesandt, um das auf eine 
angebliche Abstammung von der einheimischen 
Dynastie begründete Anrecht des Ariarathes IX. 
zu verfechten. Allein auf Befehl des Senats mußte 
Mithradates Kappadokien herausgeben (lustin. 
XXXVILT 2). Die Landschaft wurde für frei er- 



überhaupt der mythische Midas mit dem thraki- 50 kläTt ; die Bewohner waren aber damit nicht ein- 



schen Waldgott Midas vermischt wurde, so er- 
seheint auch bei Herodot. VIII 138 G. als Vater 
des thrakischen Midas. 

2) Gordios (IL), Vater des historischen Kö- 
nigs Midas (II.), Herod. I 14. Koch erwähnt 
bei Suidas s. "Olvfmo;, Ps. -Herodot. vita Hom. 
11, wahrscheinlich auch gemeint bei Aelian. v. h. 
IV 17 und lamblichos de vita Pythag. 143. 

Gordios (LH.), Sohn des Midas II. und 



verstanden und erbaten die Einsetzung eines Kö- 
nigs (lustin. c. 2, 8 und bes. Strab. XII 2, 11); 
eine Partei hatte dafür G. ins Auge gefaßt (lu- 
stin. XXX VIII 5, 9), den natürlich die Römer 
nicht akzeptierten, vielmehr wurde auf ihren Druck 
hin ein einheimischer Adliger als Ariobarzanes 
(L, er nannte sich ,Philoromaios') zum König ge- 
wählt (95 v. Chr., vgl. über das Jahr Th. Rei- 
nach a. 0. 93, 1 und über den Fürsten derselbe 



Vater des Midas ni., von Reineccius aus der 60 Trois royaumes de TAsie minenre 59ff. und Niese 



Aufeinanderfolge der Namen bei Herod. I 35 
zur Ausfüllung der Lücke zwischen Midas IL und 
Midas in. mit Recht erschlossen, v. Gutschmid 
wollte (a. 0. 250) zur Stütze dieser Annahme in 
dem Cert. Hom. et Hes. 250 den überlieferten 
Namen Föeyog in rogdiog ändern, was aber, wie 
A. Körte (a. 0. 22, 116) bemerkt, kaum angeht. 
4) Gordios (IV.), Sohn des Midas HL und 



o. Bd. II S. 833ff.). Doch ließ sich Mithradates 
durch diesen Mißerfolg nicht von seinen Absichten 
abbringen und suchte jetzt den gerade auf den 
Thron Armeniens gelangten Tigranes dafür zu 
gewinnen ; das Bündnis mit ihm wurd e durch G- 
zustande gebracht (lastin. XXXVHI 3, 2). Ti- 
granes brach im J. 93 in Kappadokien ein, Ario- 
barzanes flüchtete und G. wurde als Regent ein- 



ibMö u^orditanum promuntunum 

gesetzt ; dieser rasche Erfolg ward aber durch 
das Eingreifen Sullas zunichte, der von Kilikien 
aus in Kappadokien einrückte, G. schlug und 
Ariobarzanes zurückführte (lustin. XXXVIII 3. 
Plut. Sylla 5. Appian. Mithr. 57). Mit dem end- 
gültigen Scheitern von Mithradates Absichten auf 
Kappadokien tritt G. zurück, wenn ihn auch der 
König weiter in seinen Diensten behielt. In dem 
Feldzug Murenas 83/2 wurde G. vorausgeschickt 
und erfüllte die Aufgabe, MuTena so lange auf- 
zuhalten, bis Mithradates mit dem Hauptheere 
eintraf, worauf Muren a geschlagen ward (Appian. 
Mithr. 65). 

Literatur: in erster Linie Th. Rein ach s Mi- 
thradates Eupator (übers, von Götz) und, für die 
Chronologie der kappadokischen Herrscher, dessen 
Trois royaumes de l'Asie mineure (Paris 1883); 
dann A v. Gutschmid Kl. Schriften III 468ff. 
Mommsen Rom. Gesch. H» 279ff. 338. Ed. 
Meyer Gesch. d. Königreichs Pontos 98ff. und 
in Ersch und Grubers Encycl. S. 2 T. 32, 387ff. 
A. Holm Griech. Gesch. IV 682ff. * 

6) s. Cordius Nr. 1. [Swoboda.] 

7) Gordios, vornehmer Kappadoker, ermordet 
etwa 111 v. Chr. den König Ariarathes VI., an- 
geblich auf Veranlassung des Mithradates Eupator 
von Pontos, bei dem er Zuflucht findet; vgl. 
lustin. XXXVIII 1. Später verlangt Mithradates 
von dem Sohn des Ermordeten, Ariarathes V IL, 
die Rückberufung des G. Die Verweigerung führt 
zum Konflikt, Mithradates tötet Ariarathes an- 
gesichts beider Heere, und ernennt einen seiner 
eigenen Söhne unter Vormundschaft des G. zum 
König, 99 v. Chr. Als später Nikomedes von 
Bithynien einen Prätendenten dagegen aufstellt, 
soll G. in Rom beweisen, daß der Sohn des Mi- 
thradates ein echter Ariarathide sei, doch er er- 
leidet einen Mißerfolg; a. a. 0. c. 2. Viele 
Kappadoker hatten in Rom sich G. als Herrscher 
erbeten, a. a. 0. c. 5, 9, sie erhielten aber den 
Ariobarzanes. Durch G. veranlaßt Mithradates 
den Tigranes, Ariobarzanes zu vertreiben, 93 v.Chr. 
a. a. 0. 3, 2; vgl. 5, 8. Im Jahr darauf wird 
der als Regent eingesetzte G. von Sulla wieder 
verjagt, Plut. Sulla 5. Im Kriege gegen Mu- 
rena, 82 v. Chr., kommandiert G. ein Heer des 
Mithradates, Appian. Mithr. 65; vgl. Th. Rei- 
nach Mithradates (deutsche Ausgabe) 81. 90ff. 
97f. 299. [Willrich.] 

Crorditanum promnnturiiun, C. dcl Falcone, 
das Nordwestende Sardiniens, wird von Plin. n. h. 
Hl 84 (Marl Capella VI 645) und Ptolem. III 
3, 2 erwähnt. [Weiss.] 

Gordiukonie. 1) Auf einer Inschrift aus 
Gundani, nördlich vom Hoiran-Göl, findet sich 
der Name rogSifovxJtbfitjs. Ra m s a y betont mit 
Recht, daß der im phrygisch-pisidischen Grenz- 
gebiet zu suchende Ort von Gordiukome-Iuliopolis 
verschieden sein muß, Aberdeen Univers. Stu- 
dies XX 1906, 330, 31. 365. [Rüge.] 

2) s. Iuliopolis. 

Gordin TeichoB (zo rogSiov TeT/oc Steph. 
Byz.; Gordiutieftos, quod voeant Liv. XXXVLTI 
13), Gründung 'des Midas. des Sohnes des Gordios 
(s. cL; vgl. Gordiu Korne in Bithynien, Plin. n. h. 
V 143, und andere Ramsay Asia min. 209, 22), 
befestigter Ort (wdJUc Steph. Byz.) im östlichen 
Karien nachPaton Journ. helL Stud. XX (1900) 



63 pl. VI; vgl. auch Ramsay Asia min. 421, 
17 an dem Abhang einer Anhöhe an einem west- 
lichen Zuflüßchen, jetzt Ak-su (= weißes Wasser) 
des Morsynos (jetzt Dandola tschai), jetzt Ghiorle, 
ein kleines, malerisches Dörfchen. G. war Sta- 
tion des römischen Heeres auf dem Marsch des 
Cn. Manlius nach Galatien : Ephesos — Magnesia 
am Maiandros — Hiera Korne — Harpasosfluß— An- 
tiocheiaam Maiandros— Gordiuteichos — drei Tage- 

lOmärsche— Tabai. Nach Bull, hell. XHT 505 ist 
Tabai = jetzt Dawas, 36 km = 23 römische Meilen 
von G. Eine Gründung der Gordiuteichiten war 
Harpalykeia (s. d.), Steph. Byz. s. v. [Bürchner.] 

Gor dos (ij röQÖog aus einem kleinasiatischen ? 
Sprachstamm). Name mehrerer Örtlichkeiten Klein- 
asiens. 1) Ort in der Troas (d. h, Dardania), 
Strab. XIII 603 ; 60 (?) Stadien von Kaie Peuke. 
An ihm entspringt der Rhodios. Auf Kieperts 
FOA IX ist der Abstand zwischen G. und Kaie 

20 Peuke vermutungsweise auf 22 Va km = 120 Sta- 
dien angegeben. 

2) Stadt in Lydien ; hatte später eine Zeit- 
lang den Beinamen lulia (Münzen: ImhoofLy- 
dische Stadtmünzen 85ff. Catal. of Brit. Mus. 
LIV 90 Invent Wad ding ton nr. 4968ff. Im- 
hoof Kleinas. Münzen 171 : R/ IOYAIEQN rOF- 
AHfNQN; rOPAOC 10YAIA. Zeus Nikephoros, 
Asklepios, Flußgott Hyllos?, der Raub der Per- 
sephone; Socr. hist. eccL VII 36). In der Zeit 

30 des römischen Kaisers Valerianus stand an der 
Spitze des Gemeinwesens ein agx<ov. Jetzt Gör- 
dis am Hyllos (jetzt Kum tschai = Sandfluß), 
Kiepert FOA IX. Ramsay Asia min. 132 
meint, daß G. vielleicht Mitglied der lydischen 
Dekapolis (Katakekaumene, s. o. Bd. IV S. 2415) 
gewesen sein könnte. [Bürchner.] 

roe&vaia öqi], nach Strab. XI 522 Name 
desjenigen Grenzgebirges zwischen Armenien und 
Mesopotamien, an dessen Fuße Nisibis i^nd Tigrano- 

40 kerta lagen; vgl. Ptolem. V 13, 5 = Gurdiaeorum 
montes Plin. VI 129, wo der Tigris sie lustrat. 
und = Kägöwov ogog Cass. Dio LXVHI 26; 
jetzt Dschudi Gebirge. Auf denselben Reste 
der Xisuthrosarche, mit deren Asphalt Amulet- 
handel getrieben werde, Beross. frg. 7, 7 (FHG 
LT 502) und dessen Ausschreiber. Verschieden 
davon die Montes Gurdinii, Plin. VI 30, zwischen 
Portae Caucasiae und Pontus, Goldbergwerke ent- 
haltend. [Baumgartner.] 

50 ToeSvrjvtj {$ roQÖvvr}, Ptolem. V 13, 20, vgl. 
22. Plut. Pomp. 36. Appian. Mithr. 105 = Koq- 
dovrjvrj Cass. Dio XXXVII 5, 3(, Landschaft an 
der Grenze Armeniens östlich von den Tigris- 
quellen = rogövma, Strab. XVI 739. 747. 750. 
Steph. Byz. . wo als Xcöga IIsgQixtj bezeichnet. 
Kolonisiert von Gordys, Sohn des Triptolemos. 
Strab. XVI 747. 750, Steph. Byz. In ihr das 
Niphatesgebirge. Strab. XI 527. Der Einwohner 
roQ&vaio}. Strab. XI 532. Steph. Byz. ; rögöo/^og 

60 oder Vogbog, Steph. Byz.; rogövrjvoi, Plut. Luc. 
26. 29; Carduchi quondam dieti nunc Cordueni. 
Plin. VI 44; Cordueni, Eutr. VIH 3. Zur Zeit des 
Mithridatischen Krieges war G. strittig zwischen 
Phraates und Tigranes, wurde von Pompeius ohne 
Widerstand besetzt durch Afranusund dem Tigranes 
übergeben, Cass. Dio XXXVII 5, 4; vgl. S. Ruf. 
brev. 3. Zur Zeit des Lucullus stand G. unter 
einem Könige Zarbienus, über dessen Schätze und 



prachtvolle Bestattung durch Lucullus Plut. Luc. 
29. Wurde von Traian besetzt, Eutr. VIII 3. S. Euf. 
hrev. 20, stand zur Zeit des Constantius unter 
einem römerfreundlichen Satrapen Iovinianus, 
Ammian. Marc. XVIII 6, 20; bei Julians Tod als 
fruchtbares Land in römischem Besitz, Ammian. 
Marc. XXV 7, 8; von Iovian abgetreten, ebd. 9. 

[Baumgartner.] 
Gordynia, Stadt in Makedonien, s. Gortynia. 



Gorgasos (rögyaoog). 1) Gorgasos und Niko- 
machos waren ein göttliches Brüdorpaar, das im 
messenischen Pharai ein Heiligtum besaß und für 
seine Heilungen an Kranken und Gelähmten noch 
zu Pausanias Zeiten Weihgeschenke erhielt. Der 
altpeloponnesisehe Kult wurde, als der Asklepios- 
glaube in Messenden festen Fuß faßte, mit diesem 
ausgeglichen, indem man Machaon, den Sohn des 
Asklepios, den Zwillingsbrüdern zum Vater setzte ; 



Gordys {IoqSvs), eponymer Gründungsheros 10 als Mutter gab man ihnen Antikleia, Tochter des 



von Gordyne vor der Bevölkerung dieser arme- 
nischen Landschaft durch die in den Perserkriegen 
hierher verschleppten Eretrier, Strab.XVI 747. 750 
(wohl eine Büekspiegelung des geschichtlichen Vor- 
gangs in die mythische Zeit). Nach Steph. Byz. 
s. roQÖvaia hing der Zug des G, ,aus Argos nach 
Syrien' zusammen mit den Irren auf der Suche 
nach Io; eine bequeme Anknüpfung. [Tümpel.] 

Gorga oder Gorgo ist nach Priscian frg. 33 
und Prokop. Pers. I 3. 4 Stadt an der Nordostgrenze 20 
des persischen Reiches, gegen die weißen Hunnen 
oder Hephthaliten ; besser muß es als , Grenzland' 
bezeichnet werden, und als solches spielte es eine 
sehr wichtige Rolle in den Kriegen der Sassaniden 
gegen die Weißhunnen: es war die Operations- 
basis der Perser und die von den Steppenreitern 
immer bedrohte Grenzmark. Der Name lautet 
mittelpersisch Gurgän, altpersisch Varkäna, das 
durch die Griechen meistens als Hyrkania wieder- 



Diokles, Enkelin des Antilochos, den der Fluß- 
gott Alpheios gezeugt hatte. Von Nikomachos 
leitete sich das Geschlecht des Stagiriten Aristo- 
teles ab, Paus. IV 30, 2. 3; vgl. IV 3, 2. Blüm - 
ners Kommentar S. 162f. zu der ersten Stelle 
(Kult der "Ayioi x AvaQyvQoi bei Kalamata bezeich- 
net nach Raoul-Rochette den Ort des Heilig- 
tums), v. Wilamowitz Isyllos 54t; Aristoteles 
und Athen I 311. [Hiller v. Gaertringen.] 

2) s. Damophilos. 

Gorge. 1) In dem Danaidenkatalog Apollod. 
bibl. II 17W. ; aus epischer Quelle (Fried- 
ender Argolica 25f.). 

2) Gorge und Deianeira, Töchter des Oineus 
in dem Hesiodischen Meleagerbruchstück Berl. 
Klassikert. V 1, 22ff., ferner in dem auf hesiodi- 
scher Grundlage ruhenden Abschnitt der Apollod. 
bibl. I 64 W. Die Namen der Töchter, verquickt 
ruit zwei anderen, Eurymede und Mclanippe, und 



gegeben wurde. Die byzantinischen Schriftsteller 30 in die Verwandiungssage der Perlhühner, Melea- 

t>„i,i „...+„„.„ ,_j... •„i_ _i_ grides, bezogen, selbst aber von 4er Verwandlung 

ausgenommen, bei Nikander irsti. B. 3, erhalten 
bei Anton. Lib. 2 und Ovid. met. VIII 543; vgl. 
Heroid. 9, 165. Hyg. fab. 174. Meleagerschwestern, 
ohne Namensdifferenzierung, Hom. II. IX 584, 
wozu die Schollen verschiedene Schwesternpaare 
namhaft machen. Bakchyl. V 173 kennt offen- 
bar auch G., wenn er auch nur Deianeira nam- 
haft macht, da sie allein für Herakles von Inte- 



geben die Pehleviform getreu wieder, ohne von 
dieser spraehgeschichtlichen Entwicklung eines 
uralten Landesnamens etwas zu wissen. S. den 
Art. Hyrkania. [Kiessling.] 

Gorgades insular an der Westküste Libyens, 
dem Hesperium prom. gegenüber, ein oder "zwei 
Tagefahrten vom Pestland entfernt. Mela III 99 
(var. Dorcades). Plin. n. h. VI 200. SoL 56. 10. 
Cap. VI 702. Lud. XIV 6, 9. Der Karthager 



Hanno entdeckt im 'Eojieqov xsQag eine Doppel- 40 resse ist. Nach Nonn. XXXV 84 nimmt G., al; 
insel fHanno 14V dfiRclfiiriimi im AM™« W™.- Meleager grollte, tätig teil an der Verteidigung 



insel (Hanno 14), desgleichen im Norov xsgag 
(Hanno 18) ; eine dieser letzteren Inseln war fMörij 
av&oojxwv dygionv • tioXv Sk 7i?^siovg i)oav yvvaiKsg, 
Öaoetat roTg otüfxaaiv , äg oi EQfttjvhg ex.o.?.övv 
roQÜlag. Ob das überlieferte Wort beizubehalten 
ist (vgl. Illing Der Periplus des Hanno 41fL 
49. 354) oder ob mit Osann (Ztschr. f. Altcr- 
tumsw. VIII 971f.) ropyädag zu schreiben ist, 
muß unentschieden bleiben; sachlich wahrschein- 



Kalydons, worin Kuhncrt Roschers Myth. Lex. 
s. Meleager 2606f. eine Erinnerung an ursprüng- 
liche Verwandtschaft der G. mit der Meduse 
Gorgo sehen will. Als Gatte der G. gilt An- 
draimon; ihr Grab in Amphissa (Paus. X 38, 5k 
Sohn des Paares ist Thoas (IL XV 281 mit SchoL 
Apoll. Epit. 3, 12. Aristot. 6 rbv Tlk-ilov 23. 
Hyg. fab. 97). Friedländer Herakles 85 möchte 



lieh ist die Beziehung der lorjUlat oder Foqyd- 50 das Eindringen des ätolischen Kreises in die Ilias 



Ssg auf einen Pygmäenstamm (vgl. Illing a. a. 
O.); sicher ist endlich, daß auf dieser Erzählung 
Hannos die oben genannten, sehr verworrenen geo- 
graphischen Berichte beruhen; ihre Entstehungs- 
geschichte zeigt am deutlichsten Mela III 94 
vgl. mit III 99 und Plin. n. h. VI 197 vgl. mit 
VI 200. 201 ; aus den G. wurden dabei noch die 
Gorgones. die man sich aus natürlichen Ursachen 
hier im äußersten Westen wohnend dachte (vgl. 



auf samische Dichtung zurückführen. Nach Ti- 
maios (Geffckcn Tim, 10) berichtet Lvkophr. 
1013 (s. Tzctz. zu 1011) von der Rückfahrt des 
Gorgesohnes Thoas zusammen mit Nireus. Aus 
der Ehe mit dem eigenen Vater Oineus ent- 
stammte nach Pisander bei Apollod. I 75 W. 
Tydeus: vgl. SchoL IL XIV 114. Welcker Episch. 
Cycl. I 9 In*. 951*. führte, unter Zustimmung von 
Robert De Apollod. bibl. 61, die Notiz auf 



no scher Die Gorgonen u. Verwandtes 27). Eine 60 einen alexandrinischen Dichter Pisander zurück. 



genaue geographische Lokalisierung ist unmög- 
lich, nmsomehr als auch alle Versuche, des Hanno 
'E&iiQov xmANorov xigas zu lokalisieren, unsicher 
bleiben müssen (vgL Müller zu Ptolem. I p. 734. 
Kan Tijdschr. NederL Aardrijksk. Genootschap 
eer. II 8, 635ff. Fischer De Hannonis periplo 
36C Buge Peterm. Mitt. 1894, 185ff. Illine 
a. a. O. S8ff.). [Fischer.] 



Davon ist wohl abzusehen. Wahrscheinlich haben 
wir anzunehmen, daß das Zitat aus einer my- 
th ographischen Darstellung stammt, einem aus 
Versen in Prosa umgesetzten Buch, das auf den 
Namen des alten Epikers ging, aus welcher Schrift 
z. B. die Geschichte der Üdipodic (SchoL Eurip. 
Phon. 1760, von Bethe Theban. Heldenl. 4, 
10 in seiner Herkunft kaum richtig beurteilt), 



zum Teil auch die Pisanderzitate der Apollonios- 
acholien stammen (auch Macrob. V 2, 4f. bezieht 
sich darauf). Doch bleibt die Möglichkeit, an den 
Dichter der Heraklee zu denken ; das Zitat steht 
in der Bibl. inmitten alter Zeugen (Thehais, Hesiod, 
Alkmaionis); eine Erwähnung der G. als Schwester 
der Deianeira würde in einem Heraklesgedicht 
wohl am Platze sein; auch sieht das Motiv in 
seiner rohen Kraft nicht nach junger Erfindung aus. 

3) Gorge, Gattin des Korinthos, Mutter 
des Megareus , stürzt sich in den See Eschatiotis, 
der von ihr den Namen Gorgopis empfängt (Kra- 
tinos iv Hvlaia [Meineke Com. II 115] bei 
Hesych. s. roQywmg, Etym. M. s. 'Eoxarmxig). Der 
See, genannt auch von Aischylos Agam. 302, 
vorausgesetzt bei Xen. hell. IV 5, 6 (Bursian 
Geogr. v. Griech. I 383, 4), ist von Curtius 
Rh. Mus. IV 203ff.; Peloponn. II 553f. mit Recht 
mit der Buliasmene am Geraneiagebirge identi- 
fiziert worden; sein Namen bedeutet .gorgoäuig' 
(vgl. das Beiwort der Athene; zu den bekannten 
Stellen Bruchmann Epith. deor. 7, tritt Eurip. 
Helen. 1316. v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl. 
1902, 871); die Person der G. ist daraus erst 
entwickelt, also sekundär undnicht mit F. Pf ist er 
Die myth. Königsliste von Megara, Naumburg 
1907, 29 für alte Zusammenhänge von Ätolien 
mit Megara verwendbar. Die Genealogie der G. 
deutet auf die Kämpfe zwischen Megarern uüd 
Korinthern um dies altumstrittene Gebiet (Material 
beiBusolt Griech. Gesch. 12 220, 3). [Malten.] 

Gorgiades, ein pythagoreischer Philosoph, 
der vielleicht über die Seele geschrieben hat, 
wofür sich jedoch nichts Näheres angeben läßt; 
vgl. Claudianus Mamertus de stat. anim. II 7. 
Zeller III b* 118. [E. Wellmann.] 

Gorgias. 1) Athenischer Archon im J. 280/79, 
d. h. im zehnten Jahre vor Pytharatos (= 271/0, 
Diog. Laert. X 15), Vit. X orat. 847 d. 

2) Athener (Sovvievg) . TQiijoaQxog in einer 
Seeurkunde um 342, CIA II 803 e 06. 

3) Makedone, Taxiarch. Er wird von Ale- 
xander d. Gr; in Baktra zurückgelassen im J. 328, 
Arrian. anab. IV IG, 1. Droyaen Ilellenism. 
I 2, 69. Er geht nach Indien im J. 327, Arrian. 
IV 23, 7. Droysen a. O. 104, wo er am Hydaspes 
kämpft im J. 326, Arrian. V 12, 1. Droysen 131. 
Er kehrt mit den Veteranen nach Europa zurück, 
lustin. XII 12, 8. Droysen I 2, 260. 

4) Eponym in Tauromenion 3. Jhdt. v. Chr., 
IGI 421 In. 43. 

5) r. xov 'A-md-äoyjm. Eponym in Tauro- 
menion 3. Jhdt. v. Chr., IGI 422 III a. 03. 

6) Sohn des Lysandros. 2roaiay6; in Tau- 
romenion 3. Jhdt, v. Chr., IGI 421 I a. 53. 
a. 75. [Kirchner.] 

7) Gorgias gehört zu den q-tiot des Antiochos 
Epiphanes, wird mit Nikanor gegen Iudas Mak- 
kabi geschickt, I Makk. 3, 38. II Makk. 8, 9 
nennt ihn einen erfahrenen Feldherrn. Während 
er versucht, den Iudas im Lager zu überfallen, 
schlägt dieser den Nikanor; als G. das merkt 
zieht er sich zurück, ohne einen Kampf zu wagen, 

I Makk. 4, lff. Von Iamnia aus beunruhigt er 
später die Juden, H Makk. 10, 14. Als Joseph 
und Azaria gegen Iamnia ziehen, schlägt er sie 
gründlich, I Makk. 5, 59ff. Später soll er nach 

II Makk. 12, 32 von Iudas bei Adolla geschlagen 



uuiEmö 



S 1 

sich nach Marisa in Idumaea geflüchtet haben. 
Wenn G. dort Stratege von Idumaea genannt 
wird, so ist das kaum richtig, er wird eher Stra- 
tege der Paralia gewesen sein, da offenbar Iamnia 
sein Hauptsitz war. Vgl. auch Joseph, ant. lud. 
XII 298—312. 351. Niese Gesch. d. griech. u. 
maked. Staaten III 236f. 239ff. [WiUrich.] 

8) Gorgias aus Leontinoi auf Sizilien, Sohn 
des Charmantidas (so richtig hei Suidas und in 

10 der Inschrift auf dem 1876 in Olympia gefundenen 
Sockel seiner Bildsäule, vgl. Praenkel Archäol. 
Ztg. XXXV 1877, 43; bei Pausanias VI 17 Kar- 
mantidas), Bruder des Arztes Herodikos (Plat. Gorg. 
448 b. 456 b), bekannter Rhetor und Sophist. 

1. Leben. Von den verschiedenen Angaben 
der Alten über die Lebensverhältnisse des G. steht 
nur die eine unbedingt fest, daß er unter dem 
Archontat des Eukles OL 88,2 (im Sommer des 
J. 427 v. Chr.) als Führer einer Gesandtschaft in 

20 Athen erschien , um für seine Vaterstadt Hilfe 
gegen Syrakus zu erbitten, und sie erlangte (Diod. 
XII 53. Thucyd. III 86). Übereinstimmend wird 
ebenso berichtet, daß er in voller Gesundheit ein 
sehr hohes Alter erreichte (Plat. Phaedr. 261 c, 
Isoer. 7i. ävTtd. 155). Die am meisten verbreitete 
Überlieferung gibt ihm 109 Lebensjahre. So 
Apollod. bei Diog. Laert. VIII 58. Quintil. III 
1, 9. Olympiod. in Plat. Gorg. p. 7. Suid. s. 
rogytag, auch Paus. VI 17, 9, wenn man mit 

30 Wilamowitz bei ihm einen Schreibfehler annimmt 
und die überlieferte Zahl ^ durch ^ ersetzt. Auf 
denselben Ansatz führt Jacoby (Apollodors Chro- 
nik 261) die Angaben bei Plin. n. h. VII 156. 
Phüostr. vit. soph. I 9. [Lucian.] macrob. 23. Cen- 
sorin. de die nat. 15, 3. SchoL in Plat. Phaedr. 
261c (108 Jahre) zurück und vermutet, die 107 
Jahre bei Cic. Cat. mai. 13 (vgl. Valer. Max. 
VIII 13 ext. 2) haben ursprünglich den Zeitpunkt 
des erzählten Vorgangs, nicht den Eintritt d^s 

40 Todes bezeichnen sollen. In der Erwähnung der 
gleichen Anekdote durch den Peripatetiker Klearch 
bei Athen. XII 548 d empfiehlt es sich, die ganz 
vereinzelt stehende Angabe, daß G. fast 80 Jahre 
alt geworden sei, mit Diels Vorsokr. nr. 76 A 11 
in .fast 110 Jahre' Q t statt ,7) zu ändern. 

In welche Jahre das Leben des G. fallt, läßt 
sich aus den vorliegenden Nachrichten nur an- 
nähernd feststellen. Nach Olympiodor a. a. O. 
soll er seine Schrift über die Natur Ol. 84 (444 

50 — 440 v. Chr.) verfaßt haben, aber welchen Glauben 
verdient ein Scholiast, der hieraus folgert, Sokrates 
(um 469 geboren) müsse mindestens 28 Jahre älter 
gewesen sein als G.? Porphyrios setzte ihn in 
die 80. Olympiade (460—456 v. Chr.), wie Suidas 
a. a. O. berichtet, der jedoch gleich beifügt, man 
müsse ihn doch wohl für älter halten. [Plutarch.] 
vit. X orat. I 1,9. 832 f verlegt seine Geburt in 
die Zeit der Perserkriege (er hat dabei wohl den 
von 480 im Sinn) und nennt ihn einen jüngeren 

60 Zeitgenossen des Antiphon. Wie Xenophon anab. 
II 6. 16 erwähnt, war Proxenos, ehe er an dem 
Feldzug des jüngeren Kyros teilnahm, also vor 
401, Schuler des G. gewesen. Daß dieser die 
Hinrichtung des Sokrates (399) überlebt habe, 
sagt Quintilian III 1, 9 (vgl. Plat, apol. 19 e). 
Durch Pausanias VI 17, 9 erfahren wir von der 
besonderen Hochschätzung, die Iason, der Tyrann 
von Pherai (am 380-370), ihm gewidmet haben soll. 



im J. 408 — , sich insgesamt zu einem Kriege 
gegen Persien zu vereinigen. Von dem in Athen 
gehaltenen 'Exizatpiog (Philostrat. v. soph. I 9, 5), 
der bei demselben Gedanken verweilt haben soll, 
ist der Schluß bei Planudes ad Hermog. V 54& 
Walz (frg. 6 Diels) erhalten, sonst wenig bekannt 
(vgl. frg. 5 a Diels). 



Ana allen diesen einzelnen Daten zieht Frei 
Rh. Mos. VII 527fF. das Ergebnis, G. werde etwa 
um Ol. 74,2 (483 v. Chr.) geboren und um Ol. 
101, 2 (376 v. Chr.) gestorben sein, und alle 
Neueren stimmen ihm darin bei. 

Die Überlieferung bringt G. als Schüler in 
persönlichen Verkehr mit seinem Landsmann Em- 

pedokles (Satyros bei Diog. Laert. VIII 59. Suid. " Nach Satyros bei Diog. Laert. VIII 58 vgl. 
Quintilian. III 1, 9. Schol. in Plat. Gorg. 465 d). Diodor. XII 53, 2 hinterließ G. eine Ts X vt}. Unter 
Daran ist soviel jedenfalls richtig, daß sich sowohl 10 dieser werden wir uns aber schwerlich ein theo- 
in seiner Rhetorik wie in seinen physikalischen retisches Werk vorzustellen haben, sondern eher 
Anschauungen die Ein Wirkung de s argentinischen eine Zusammenstellung von praktischen Winken, 
Philosophen deutlich nachweisen läßt. Vgl. darüber denen Musterstücke zum Auswendiglernen für An- 
besonders Diels Gorgias und Empedokles, S.-Ber. fänger in der Beredsamkeit beigefügt waren 
Akad. Berl. 1891, 344. Nicht minder stark hat (Aristot. soph. el. 34. 183 b 36). Zwei solcher 
er den Einfluß des Eleaten Zenon in seiner Dialek- Masterstücke liegen vermutlich vor in dem Lob 
tik erfahren (s. Diels a. 0. 359). Und wenn er der Helena und der Verteidigung des Palamedes, . 
im J. 427 rjSi] ytjQaaxtov (wie Philostrat. v. soph. I die unter G.s Namen erhalten sind, während die 
9, 2 sagt) als Führer der Gesandtschaft nach Athen alten Zeugen sie niemals erwähnen (abgedruckt 
geschickt wurde und hier durch seine Eednerkunst 20 in Antiphontis orat. ed. Blass, Leipzig 1881. 
ein unerhörtes Aufsehen hervorrief, so wird er S. 150—174). 

schon in seiner Heimat eine angesehene Stellung Vas'EMvijg iyxcüfuov, von dem Verfasser selbst 

eingenommen und sich Jahre lang in rhetorischen am Schluß als ein ziaiyviov bezeichnet, hat äugen- 

Künsten geübt haben. In Athen muß er sich schemlich Isokrates in seiner Helena berücksichtigt, 

später mindestens noch einmal wieder aufgehalten freilich ohne an einer Stelle, wo er auf die Skepsis 

haben (Plat. Gorg. 449 b; Menon 71c). An den des G. zu reden kommt, auch nur mit einem Wort 

verschiedensten Orten Griechenlands, z. B. in anzudeuten, daß gerade dieser der von ihm eben 

Delphi und Olympia, trat er als Festredner auf jetzt bekämpfte rhetorische Gegner sei. Blass 

und unterrichtete, als sophistischer Wanderlehrer (Att. Bercdsamk. 12 75) findet in diesem Umstand 
umherreisend, zahlreiche Schüler, von denen er 30 keinen ausreichenden Grund, die Echtheit der 

das hohe Honorar von 100 Minen gefordert haben Schrift anzuzweifeln, und setzt sie wie die Helena 

soll (Diod. XII 53, 2). Zuletzt finden wir ihn in des Isokrates in das J. 393. Dagegen hielt schon 

dem thessalischen Larissa (Plat. Menon 70b), wo Foss (De Gorgia Leontino, Halle 1828) jene für 

er auch gestorben zu sein scheint, überall trat untergeschoben. 

er mit großem Prunk auf (Aelian. var. hist. XII Die Verteidigung des Palamedes für unecht 

32). Welche Reichtümer ihm seine Lehrtätigkeit zu halten, liegen keine durchschlagenden Gründe 

einbrachte, läßt sich daraus entnehmen, daß er vor. Nach Form und Inhalt macht sie gegenüber 

sich in Delphi selbst eine kostbare Bildsäule der Helena den Eindruck des reiferen Werkes 

setzen lassen konnte, mag sie nun (wie Cic. de (Blass a. a. O. 75). 

or. HI 129. Plin. n. h. XXXIII 83 berichtet) massiv 40 Die einzige philosophische Schrift des G.. von 
oder nur übergoldet (Paus. X 18, 7) gewesen sein. der wir wissen, die den auffälligen Titel xegi tov 
Eine zweite Bildsäule, von deren Inschrift bereits py övwg y nsoi <pvosa>g führte, ist auszugsweise 
oben die Eede war, hat ihm sein Großneffe Eumol- in doppelter Form überliefert, einmal bei Sextus 
pos in Olympia errichtet. Trotz seiner glänzenden adv. math. VII 65ff. und sodann im dritten Ab- 
Einnahmen hinterließ er angeblich (Diodor. XII schnitt des fälschlich Aristoteles zugeschriebenen 
53) nur 200 Minen. G. blieb unvermählt (Isokr. Büchleins über Mclissos, Xenophanes und G. 
XV 156) und dank seiner mäßigen Lebensweise p. 979a 11— 980b 21 (neu herausg. v. Diels 
erhielt er sich bis in das höchste Lebensalter Abh. Akal Berl. 1900, 4<>). Über das Verhältnis 
frisch und gesund an Leib und Seele (Klearch der beiden Fassungen zueinander vgl. Apelt Eh. 
bei Athen. XII 548 c). Noch im Augenblick des 50 Mos. XLni 203—219. Fs.-Aristot. ist, obgleich 
Todes scheint ihn sein schlagfertiger Witz nicht er sich mehr an den Wortlaut des Originals zu 
verlassen zu haben (Aelian. var. bist, II 35). halten scheint, wegen der schlechten Überlieferung 
2. Schriften. Während Suidas von den vielen des Testes doch weniger brauchbar als die freier 
Schriften, die G. verfaßt haben soll (ovvcyQdyctTo berichtende, aber gut erhaltene Darstellung des 
jio/ld), keine namhaft macht, erwähnt Philostratos Sextus. 

v. soph. I 9, 4f. drei Reden von ihm, nämlich 3. Persönlichkeit. G. ist der glänzendste Ver- 

zwei Festreden (eine pythische, eine olympische) treter jener nach Aristoteles' Zeugnis (bei Cic. 

und eine Grabrede, Aristoteles rhet. IV 14. 1416 a Brut. 46) zuerst in Sizilien ausgebildeten und 

1 ein Lob der Eleer, das ohne jede Einleitung geübten Beredsamkeit, die mit bewußter Kunst 
mit den Worten *H hg xoXt? eböaifjuov begann. 00 nach festen Eegeln gelehrt wurde. Als die ersten 

VeuUvdtxog Xoyos soll er nach Philostr. a. a. O. Lehrer dieser Art werden Korax und Teisias erwähnt, 

in Delphi von derselben Erhöhung herab ge- Daß G. des letzteren Schüler gewesen sei, ist eine 

sprachen nahen, auf der später seine Bildsäule unerweisliche Behauptung späterer Ehetoren. Den 

stand. Im Oivpmxag Hyog, auf den einigemale ersten großen Erfolg erntete G. im J. 427 in 

verwiesen wird (Arist. rhet. in 14. 1414b 29. Athen, wo seine geistreiche, schlagfertige Eede 

?!\rT X ' Str0m " I 51 ' Plut conl praec ' 43 ^sonders durch die hier noch ganz unbekannte 

P ' li£? C ^ ermannte e * die Griechen — nach Form der Gedankeneinkleidung mit dem vollen 

v. WUamowitz Aristoteles u. Athen I 172 Zauber der Neuheit wirkte und alle Zuhörer zn 



staunender Bewunderung fortriß. Dann durchzog 
er in prunkvoller Kleidung ganz Griechenland als 
Wanderlehrer der Beredsamkeit und Vorkämpfer 
der damals überall gärenden neuen sophistischen' 
Ideen. Er gewann auf diesen Eeisen zahlreiche 
Schüler und ein Ansehen als Redner unter seinen 
Zeitgenossen wie kaum ein anderer. Noch viel 
bedeutsamer ist seine Einwirkung auf die Nach- 
welt geworden. G. hat die Ausbildung der grie ein- 



em Seiendes; ebensowenig aber aus einem Nicht- 
seienden, denn aus nichts wird nichts. Soll das 
Seiende eines sein, so ist es notwendig unkörper- 
lich und hat keine Größe, was aber keine Größe 
hat, das ist nicht (nach Zenon). Soll das Seiende 
im Gegenteil vieles sein, so muß es aus Einheiten 
bestehen, und da es diese, wie eben bewiesen ist, 
nicht geben kann, so gibt es ebensowenig das 
aus ihnen zusammengesetzte Viele. Wie es nun 



sehen Prosa so nachhaltig mitbestimmt, daß die 10 aus den entwickelten Gründen so wenig ein Seiendes 



Spuren davon noch Jahrhunderte hindurch sich 
verfolgen lassen (vgl. Norden D. antike Kunst- 
prosa Lpzg. 1898 an vielen Stellen). 

Die Art, wie Piaton von ihm spricht, verbürgt 
allein schon seine Bedeutung, beweist aber auch 
in Übereinstimmung mit dem, was wir sonst über 
ihn wissen, wie viel höher er die Form seiner 
Eede und ihre augenblickliche Wirkung auf die 
Zuhörer schätzte als den Inhalt und die Haltbar- 



wie ein Nichtseiendes geben kann, so ergibt sich 
daraus endlich auch die Unmöglichkeit eines zu- 
gleich Seienden und Nichtseienden. Denn an- 
genommen, es gebe ein solches, so verhielten sich 
Seiendes und Nichtseiendes hinsichtlich des Seins 
gleich, d. h. das Seiende würde ebensowenig sein 
wie das Nichtseiende. Auch wären dann beide 
dasselbe, was nicht angeht. 

Den zweiten Satz: wenn es etwas gäbe, so 



keit seiner Aufstellungen. Er war ein glänzender 20 könne es doch nicht erkannt werden, beweist G. 



Eedner, aber ein oberflächlicher Denker. 

In seiner Weltanschauung haben Empedokles 
und der Eleat Zenon ihn, wie es scheint, am meisten 
bestimmt. Wie sehr G. auf dem Gebiet der Physik 
in seinen Ansichten von Empedokles abhängt, hat 
Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1884, 343—368 aus 
der Übereinstimmung beider in der Optik schlagend 
erwiesen. Wie nämlich Empedokles jede sinnliche 
Wahrnehmung auf Ausflüsse zurückführt, die von 



in folgender Art. Wenn das Seiende gedacht werden 
soll, so muß das Gedachte dem Sein gleich oder 
mit ihm dasselbe sein, sonst wäre es ja das, was 
gedacht wird, nicht das Seiende. Ist aber das 
Gedachte das Seiende, so folgt, daß jeder Gedanke 
wahr sein und es überhaupt unmöglich sein muß, 
das Nichtseiende zu denken. Allein es gibt tat- 
sächlich falsche Vorstellungen, z. B. die eines 
fliegenden Menschen oder eines auf dem Meere 



den Gegenständen in das Sinnesorgan durch zu 30 fahrenden Wagens, somit ist das Gedachte nicht 



diesem passende Poren eindringen (Theophrast. de 
sensu 7), so erklärt G. (Plat. Men. 76 d) die Farbe 
für eine ajtoQQorj aco/xdvcov wpei ovfifisrQog xai 
alo$t}Tog, und beide stellen sich die Wirkung der 
Brennspiegel in gleicher Weise vor (Aerius IV 
14, 1. Theophr. de igne 73 p. 20, 23 Gercke). 
Ganz in den Spuren des Eleaten Zenon sehen 
wir G. wandeln in seiner Schrift über die Natur 
oder das Nichtseiende. Hier stellt er folgende 



immer das Seiende. Selbst wenn eine sinnliche 
Wahrnehmung das Gedachte bestätigt, ist es des- 
wegen noch nicht notwendig ein Seiendes, vielmehr 
bleibt seine wahre Beschaffenheit stets ungewiß. 
Für den dritten Satz, daß, selbst wenn es etwas 
gäbe und dies uns erkennbar wäre, man es doch 
anderen nicht mitteilen könne, führt G. folgende 
Gründe ins Feld. Worte, sagt er, sind keine 
Sinnes Wahrnehmungen, sondern nur Zeichen für 



drei skeptischen Behauptungen auf: 1. es gebe 40 diese und von ihnen verschieden, wie ja auch 



nichts; 2. wenn es etwas gäbe, so könne man es 
doch nicht erkennen , und 3) wenn man es er- 
kennen könnte, so würde es sich anderen nicht 
mitteilen lassen. 

Den ersten Satz sucht G. folgendermaßen zu 
beweisen. Wenn es etwas gäbe, so müßte dies 
entweder ein Seiendes oder ein Nichtseiendes oder 
ein zugleich Seiendes und Nichtseiendes sein. 
Allein alle drei Fälle sind unmöglich. Ein Nicht- 
seiendes kann es erstlich deshalb nicht geben, weil 50 dieser zwischen den Dingen und den sie bezeich- 



Horen und Sehen unter sich verschieden sind. 
Außerdem kann der Hörende bei den Worten eines 
Sprechenden nicht dasselbe denken wie dieser, 
denn dann wäre ja in Verschiedenen gleichzeitig 
eins und dasselbe auf gleiche Weise, während doch 
in Wirklichkeit derselbe Mensch zu gleicher Zeit 
anderes durch das Gesicht als durch das Gehör 
empfindet und zu verschiedenen Zeiten von den 
Reichen Dingen verschiedeneEindrückchat. Wegen 



es dem Seienden entgegengesetzt ist und mithin, 
wenn das Seiende als solches notwendig ist, sein 
Gegenteil, das Nichtseiende, ebenso notwendig 
nicht ist; sodann kann es deshalb kein Nicht- 
seiendes geben, weil, wenn es wäre, es zugleich 
seiend und nichtseiend sein müßte. Ein Seiendes 
kann es nicht geben, weil dieses, mag man es 
sich als geworden oder als ungeworden, als eines 
oder als vieles vorstellen, jedenfalls unmöglich ist. 



nenden Worten bestehenden Verschiedenheiten ist 
es unmöglich, das wahre Wesen der Dinge einem 
andern durch Worte zu übermitteln. 

So nahe es liegt, zu vermuten. G. habe mit der 
Aufstellung dieser Sätze und der von logischen Er- 
schleichungen strotzenden Beweisführung nur die 
Dialektik Zenons durch Übertrumpfung lächerlich 
machen und die Leser seiner Schrift hinters Licht 
führen wollen, so spricht doch gegen diese Ver- 



Soll es ungeworden sein, so ist es anfangslos und 60 mutung der Umstand, daß nichf bloß spätere 
nnpTidlifh (nach "MpTiosn^ nn/l nie TTn^n/iK^^ Schriftsteller seine Ausführungen ernst genommen 

haben, sondern schon G.s eigener Schüler Isokrates 
(or. X 3. XV 268; frg. 1 Diels). Daß auf dem 
Grabmal des Isokrates neben anderen seiner 
Lehrer auch G. dargestellt war als in die Be- 
trachtung eines Himmelsglobus versunken ([Plut.] 
vit. X orat 838 d), fallt für die Beurteilung der 
wissenschaftlichen Richtung des G. wenig ins 

51 



unendlich (nach Melissos), und als Unendliches 
kann es weder von einem anderen noch von sich 
selbst umfaßt werden, also nirgends sein, d. h. 
es kann überhaupt nicht sein. Soll es geworden 
sein, so müßte es entweder aus einem Seienden 
entstanden sein oder aus einem Nichtseienden. 
Allein aus einem Seienden kann nichts werden, 
denn dann wäre dieses Gewordene ja nicht mehr 

Pauly-Wtssow»-KroU VII 



Gewicht, weil wir weder wissen, was dem Künstler 
aber diese bekannt war, noch wie weit technische 
Rücksichten seine Darstellung bestimmt haben 
mögen. 

Mag nun G. mit der Erforschung und Be- 
trachtung der Natur sich dauernd ernstlich be- 
schäftigt haben und die skeptische Ansicht bei 
ihm nur eine yorübergehende Phase seines Den- 
kens gewesen sein, oder mag man sie als dessen 



und gleichlang zu formen ; er liebte die io6xa>Xa. 
Hierin war ihm Thrasymacbos vorausgegangen, 
ebenso Sophron (vgl. Norden 43). Das Streben 
nach Isokolie nötigte Gr.. seine Sätze in kleine 
Stücke zu zerreißen und in der Wortfolge oft 
stark von der natürlichen Ordnung abzuweichen, 
und sein Bemühen, großartig und erhaben zu 
sprechen, verleitet ihn zum Schwulst. 

Obgleich man nun alle erwähnten Kunstmittel 



Endergebnis anzusehen haben jedenfalls spielt die 10 der Rede einzeln genommen längst zur Anwen- 



wissenschaftliche , philosophische Tätigkeit eine 
unbedeutende Rolle im Vergleich zu seiner Wirk- 
samkeit und Bedeutung als Redekünstler. Wäh- 
rend ihm augenscheinlich der Inhalt der Rede 
Nebensache war, legte er alles Gewicht auf ihre 
Form (die Xd&g). Maßgebend war für ihn nur 
die augenblickliche Überredung seiner Zuhörer, 
nicht die Richtigkeit dessen, was er ihnen vor- 
trug, Zur Erreichung dieses Zweckes bediente 



düng gebracht hatte, so ist es doch begreiflich, 
daß ein Mann, dem die Gabe, aus dem Stegreif 
geistreich und witzig zu sprechen, in ungewöhn- 
lichem Maße zn Gebote stand, durch ihre ver- 
einigte Kraft auf seine Zuhörer einen unerhörten 
Eindruck machte, und einen Augenblickserfolg 
erzielte, der freilich gegenüber ruhiger Über- 
legung auf die Dauer nicht standhalten konnte. 
Die bei Isokrates, dem Schüler des G., so sorg- 



er sich mit bewußter Absicht bestimmter Kunst- 20 fältig beobachtete Vermeidung des Hiatus hat G. 



mittel, unter denen Timaios bei Diod. XII 53 
die Redefiguren des Gegensatzes (dvrl&sTa), Glie- 
dergleichheit {laoxoiXa), Anklänge (naQiaa) und 
Endreime (6/noiorsXsvia) besonders namhaft macht. 
Weil G. zuerst diese alle nebeneinander verwandt 
und gleichsam in die weite Welt hinausgebracht 
hat, gilt er seit Aristoteles geradezu als ihr Er- 
finder, jedoch nur mit halbem Rechte, denn ein- 
zeln waren solche Künsteleien lange vor G. geübt 
worden. 

Wenn Diels in der oben erwähnten Abhand- 
lung darauf hingewiesen hatte, daß Empedokles 
in seiner Ausdrucksweise auffällig an G. erinnert 
und deshalb diesen wie in seinen physikalischen 
Anschauungen so auch stilistisch beeinflußt haben 
müsse, so erklärt Norden a. a. 0. noch weiter 
zurückgreifend Heraklit für das von Empedokles 
und G. und von vielen anderen Schriftstellern 
neben und nach diesen (z. B. dem Eleaten Zenon 



selbst, wie es scheint, erst allmählich schätzen 
gelernt, denn in seiner Helena finden sich mehr 
Hiate als im Palamedes. den Blass deshalb auch 
für das spätere Werk hält. 

Wie die Rhetorik des erst von seinen Zeit- 
genossen so bewunderten und nachgeahmten, später 
von der Nachwelt ebenso verachteten und ge- 
schmähten G. bis in die Zeiten des sinkenden 
Altertums und noch weiterhin ihren Einfluß be- 
30 hauptet, hat Norden in seinem mehrfach er- 
wähnten Buche überzeugend nachgewiesen. 

Literatur: H. E. Foss De Gorgia Leontino, 
Halle 1828. L, Spengel -IWa^y?/ %syy&v, Stutt- 
gart 1828. Frei Rhein. Mus. VII 527. VIII 268. 
H. Diels G. u. Empedokles, S.-Ber. Akad. Berl. " 
1884, 343ff. E. Norden D. antike Kunstprosa 
Leipz. 1898 (2. Abdruck 1909). O. Apelt G. b. 
Ps. -Aristoteles u. b. Sextus Empiricus, Rh. Mus. 
XLIII 203—219. F. Blass D. att. Beredsamk.I2, 



und Demokrit) nachgeahmte Vorbild. Was nun 40 Leipz. 1887, 47—91. E. Zeller Phil. d. Gr. I& 



zunächst die häufige Verwendung deT Antithesen 
betrifft, so ergab sich diese (wie Norden 18f. 
betont) bei Heraklit wie von selbst als natürliche 
Form für seine in schärfsten Gegensätzen lebende 
und webende Weltanschauung und später aus 
ähnlichen Gründen bei Empedokles: G. benutzt 
Gedanken und Form des ephesinischen Den- 
kers mit ihnen spielend (vgl. den Schluß des 
Epitaphios [frg. 6 Diels]). Die von G. besonders 
reichlich geübten Wortspiele {ioa, jzdgtoa, Jiaoo- 50 
vo{iaolat) finden sich gleichfalls bereits bei Hera- 
klit (vgl. Vorsokr. 12 B frg. 48. 25. Norden 
24t); G. bildet sie sogar bis zum völligen Gleich- 
klang mehrerer Silben am Wortende (ofioiore- 
Ipvza) aus. 

Neben diesen Figuren bediente sich G., um 
seine Prosa noch kunstvoller zu gestalten, gern 
poetischer Ausdrücke. Damit kehrte er zu einer 
Redeform zurück, die in alten Zeiten, wo sich 



1056ff. Th. Gompeiz Griech. Denker I Kap. 7. 
Diels Fragm. d. Vorsokratiker Kap. 76. Anti- 
phontis orat. ed. F. Blass, Leipz. 1881, 150ff. 
Drerup Jahrb. f. Philol. Suppl. Bd. XXVII 219ff. 
Maass Hermes XXII 565ff. Thiele Hermes 
XXXVI 218ff. Jacoby Apollodois Chronik 264f. 
Susemihl Jahrb. f. Philol. 1877, 793ff. Aristot. 
de Melisso usw. ed. Diels Abb. Akad. Berl. 
1900. [E. Wellmann.] 

9) Gorgias, zu Athen rhetorischer Lehrer des 
jüngeren M. Cicero, der (Cic. epist. XVI 21, 6 
an Tiro) von ihm rühmt, er sei in cotidiana 
declamatione iiiüis, aber auf ausdrückliches Ge- 
heiß seines Vaters (diaQQrjötjv enim scripserat, 
ut eum dimitterem statim) sich plötzlich von 
ihm trennen mußte. Tiros vorangegangener Rat 
bezüglich des G. fa. a. O. 6 de Gorgia quod mihi 
scribis. 7 tuum tarnen studium et consilium 
gratum aeceptumque est mihi) war wohl eine 



Prosa und Poesie noch nicht streng geschieden 60 Warnung vor dessen Umgänge, wie den Vater 
hatten, überall volkstümlich gewesen war, später Cicero eben der schlechte Ruf des G., der «V tjSoväg 



dagegen als ungehörige Vermischung die feiner 
Empfindenden unangenehm berührte. Auch hier 
erinnert man sich sofort an Heraklits bilderreiche 
Sprache. 

Dem Gebiete der Dichtung entlehnte G. end- 
lich, noch den rhythmischen Bau seiner Perioden, 
deren einzelne Teile er sich bemühte symmetrisch 



xal üiötov; seine Schüler verführte (bezüglich des 
jungen Cicero Ruf als starken Trinkers Tergilla 
bei Plin. n. h. XIV 146), zu seinem strengen 
Befehle veranlaßte; Piutarch (Cic. 24) meint, es 
sei das einer der wenigen 'EU^ixal imaxokal 
Ciceros, die h> ogyf} xtvt geschrieben seien, xbv per 
ToQfiav avTOv siQoaijxovrofg Imxojtxovzog {hxt- 



1605 



Gorgias 



Gorgias 



1606 



«jxt&nrovzog Hss., s. Ruhnken p. XIII), smeg 
tfv tpavXpg Kai äxöXaotog, fineQ iMxst. Um die 
Mitte des 1. Jhdts. war also G. (jener Brief ist 
im J. 44 geschrieben), wohl selbst noch als jüngerer 
Mann in Athen als Lehrer der Rhetorik tätig. 
Später, etwa in den ersten Zeiten des Augustei- 
schen Principates muß er nach Rom gekommen 
sein; denn der ältere Seneca hörte ihn dekla- 
mieren bei einem seiner zwei Aufenthalte in Rom 
nach Beendigung der Wirren des Bürgerkrieges, 10 
die ihn verhinderten, Cicero selbst noch zu hören 
(contr. I praef. 11). An der einzigen Stelle, wo 
Seneca ihn erwähnt, contr. I 4, 7, sind aber die 
beiden eolores {Gorgias inepto colore, sed dulci 

Gorgias egregie dixit . . .) wie so oft die 

griechischen Zitate in unseren Seneca-Hss. aus- 
gefallen. Wie man allgemein annimmt, ist mit 
diesem G. aus Athen identisch der von Quinti- 
lian erwähnte Verfasser einer Figurenlehre, dessen 
Werk uns in der lateinischen Bearbeitung des P. 20 
Rutilius Lupus (s. d.) vorliegt. Des letzteren 
Lebenszeit ist ziemlich genau bestimmt. Bei Quin- 
til. inst. IX 3, 89 steht er in der Aufzählung der 
Autoren de föguris (nur solche sind gemeint, s. 
Mars Ad Herennium praef. p. 71, trotz des 
Widerspruchs von G. Thiele Götting. gel. Anz. 
1895, 723) in der Mitte zwischen Caecilius und 
Dionysius einer-, Cornificius und Visellius anderer- 
seits. Schon von Celsus wurde er benützt. Er selbst 
führt ein Wort des C. Proculeius {vulgare illudM 
Proculeianum I 5), des Freundes des Augustus 
(Prosop. imp. Rom. III p. 100) an (das dann Quin- 
til. inst. IX 3, 68 und aus diesem Isidor. p. 519, 
1 H. übernimmt. Ruhnken im Komment, be- 
trachtete verkehrterweise das Zitat bei Rut. Lup. 
als Interpolation aus Quin til., s. Ahrens 154). 
Quintilian sagt, Rutilius habe den G M einen Mann 
sui temporis, übersetzt : das alles weist ihm deut- 
lich seine Blüte gegen Ende der Augusteischen 
Zeit an. Rutilius verweist selbst II 12 auf seine 40 
Quelle : quid intersii (zwischen siagduotov, Sßoio- 
zdXeyxov, opotömcozov) et ex unius cuiusque sup- 
posita sententm eognoscere poteris et multo dili- 
gmtius ex Graeco Gorgiae libro, ubi pluribus 
unius cuiusque ratio redditur. Die wichtige 
Quintilianstelle lautet inst, IX 2, 102 : praeter iüa 
rero, quae Cicero inter lumina posuit sententia- 
rum, multa alia et idem Rutilius Gorgian se- 
cutus, twn ülum Leontinum, sed alium sui tem- 
poris, euius quattuor libros in unum suum trans- 50 
tulit, et Celsus, videlicet Rutilio accedens, po- 
Mierunt Schemata. Quintilians Angabe , Rutilius 
habe G.s vier Bücher in eins übertragen, steht 
im Widerspruch zum Befunde des hsl. erhaltenen 
Werkes. Dieses enthält in zwei Büchern nur je 
21 und 20 Wortfiguren, d. h. Figuren, die eben 
G. und Rutilius als Wortfignren ansahen (Blass' 
Meinung 97, 5, es enthalte Wort und Sinnfiguren 
untereinander vermischt, ist vom Standpunkte des 
Rutilius bezw. G. betrachtet unrichtig-, s. Dzi-60 
alas 1860, 29ff. Krieg 15), trotz des hsl. Titels 
{am Beginne von I und Ende von II) P. Rutilii 
Lupi Schemata dianoeas ex Graeco vorsa Gorgia, 
und trotzdem Quintil. inst. IX 2, 102f. 106 eine 
ganze Reihe Sinnfiguren aus Rutilius anführt. 
Das erhaltene Werk ist also sicher unvollständig. 
Es fragt sich nun, ist es nur durch äußere Ver- 
luste verkürzt, stammt aber im wesentlichen, so 



wie erhalten, von der Hand des Rutilius, oder 
ist es nur ein Exzerpt oder eine Epitome aus 
dem vollständigen Rutilius? Daß es eine Epi- 
tome sei, hat besonders Dzialas 1860, 35ff. zu 
beweisen unternommen, für die Provenienz der 
erhaltenen beiden Bücher aus Rutilius' Hand tritt 
Krieg 3ff. ein und wohl mit Recht. Die Reihen- 
folge der Figuren ist allerdings teilweise will- 
kürlich — so, wenn die Tia^ovofiaaia I 3 von dem 
TtaoöfAOiov, oftoiojtxarop, öfioioxiXsvxov, Ioqk&Xov, 
avth%zov II 12—16 oder die Ttagaöiaoroty I 4 
von der ovvotxeia>aig II 9 und aizioXoyia II 19 
getrennt wird — , andererseits ist das Streben nach 
sachgemäßer Vereinigung zusammengehöriger Fi- 
guren unverkennbar — so die genannte Gruppe 

II 12—16 (Krieg 9) oder die Gruppen ixißoty, 
STZupoQa, xoivoxyg, jtoXvxzcüzov f EJiavalrjtpig I 7 
-11 (Dzialas 1860, 35), JiaoadiaaxoX^ ävdxlaotg, 
ävTifisxaßoXrj I 4—6 (Draheim 15). Rutilius 
(oder vielmehr G.) gehört also noch in jene Zeit, 
in der die Figuren nicht scharf disponiert und 
unter bestimmte Kategorien gebracht wurden (was 
aber überhaupt erst bei Quintilian und Phoibam- 
mon sich findet, Draheim 14), sondern nur hier 
und da Zusammengehöriges zusammengeordnet, 
die Gesamtheit aber ohne feste Disposition ge- 
lassen wurde, wie wir das bei Rhet. Her. IV 13, 
19ff. und in den Aufzählungen bei Cicero de orat. 

III 202ff. , orat. 135ff. gleichfalls finden. Daß die 
Ordnung der erhaltenen Bücher wirklich die des 
Rutilius ist, beweist ferner Quintilians Aufzäh- 
lung IX 3, 99 der von ihm abgelehnten Rutilia- 
nischen Wortfiguren: er gibt sie, mit Auslassung 
der auch von ihm gebilligten, in derselben Folge 
wie die erhaltenen Bücher. Über den Unterschied 
von Homoioteleuton und Homoioptoton scheint 
sich Rutilius allerdings nicht ganz klar geworden 
zu sein (weshalb er eben seine Leser auf sein 
Vorbild G. verweist), seine Definitionen sind über- 
haupt dürftig (I 21 fehlt die Definition der fjtio- 
noda ganz, ebenso 1 1 die der xQoocuzööooig, deren 
modi nur angegeben werden ; das sind wohl Aus- 
lassungen unserer Hss., Krieg 12, 2): ein Be- 
weis für die Unvollständigkeit des Erhaltenen 
kann aber daraus auch nicht hergeleitet werden ; 
Rutilius bat, wie Draheim 15 gegen Dzialas 
1860, 38 bemerkt, nur mehr Wert gelegt auf die 
Fülle trefflicher Beispiele bei G. als auf die De- 
finitionen (daß II 16 vom avxt&Ezov als o/^^a 
Zel-scog wie öiavoiag gehandelt werde, war ein Irr- 
tum von Dzialas 1860, 36; s. Draheim 1—2). 
Was Quintil. inst. IX 3, 89 von der jtgoaomo- 
noua sagt, daß sie auch zu den Wortfiguren ge- 
rechnet werde, wie 88 über dubitatio und cor- 
reetio, daß sie paulum figuris sententiarum de- 
clinentur, kann vor allen auf Rutilius gehen (Dzi- 
alas 1860, 37). bezeugt aber keineswegs, daß 
diese Figuren bei ihm in beiden Klassen, son- 
dern nur, daß sie als Wortfiguren aufgeführt 
waren, während Quintil. (IX 2, 19 dubitatio. IX 
2, 29ff. TiQooaiiioTiötia. IX 1, 30 correctio nach 
Cicero) sie zu den Sinnfiguren stellt. Als Epi- 
tome sind also die beiden erhaltenen Bücher nicht 
zu erweisen, dagegen ist vielleicht Birts Mei- 
nung nicht ganz abzuweisen (D. ant. Buchwesen 
384), sie seien ein Exzerpt. Jedenfalls weist die 
hsL Überschrift vor II de libro seeundo doch 
wohl auf einen Auszug hin; dazu tritt, wie O. 



1607 



uorgias 



fjorgias 



ious 



Eosßbach (Berl. philoL Wochenschr. 1898, 455f.) 
bemerkt, die Passung des Titels in der Pithoeana 
(1599) ex P. Rutilii Lupi de fignris sententiarum 
et elocutionis libro, die gewiß auf die von Pithou 
zu seiner Rhetorenausgabe benutzten Hss. zurück- 
gebt, deren Existenz Halm Praef. p. V wohl 
grundlos bezweifelt hat. Birts Hauptbeweis frei- 
lich, der Umfang der Bücher bleibe weit unter 
dem Normalmaß von mindestens 1500 Zeilen für 
ein Prosabuch, ist nicht stichhaltig, da auch sonst 
dieses Maß oft nicht innegehalten ist (s. Birt 
selbst 322), zumal bei trockenen technischen 
Schriften (Krieg 16f.). Was uns erhalten, ist 
also vielleicht nur ein Exzerpt, verstümmelt ist 
es ja jedenfalls. Ruhnken meinte, die Sinn- 
figuren, die Quintilian aus Eutilius anführt, seien 
in der Lücke I 6 ausgefallen, wo man aus dem 
Carm. de flg. 16 den Namen der Figur avii/usia- 
ßolfj ergänzt (C. Schoepfer Adnott. crit. ad 
Velleium Pat., Quedlinburg 1837, veröffentlichte 
im Anhang eine Ergänzung der Lücke w -vetu- 
stissima membrana repertum, eine Fälschung, 
die Fr. Haase Defragm, Rut. Lup. a Schoepfero 
suppositis, Ind. lect. aest. Breslau 1856 aufdeckte; 
Zweifel äußerte bereits Ähren s 154 Anm.), was 
völlig unglaubhaft ist (Draheim 3), wie auch 
Dzialas' Annahme (1860, 34), an dieser Stelle sei 
eine Reihe von Wortfiguren ausgefallen (Draheim 
15). Draheim 3 meint, die Sinnfiguren seien von 
Rutüius überhaupt nicht ausführlich behandelt, nur 
im Prooemium kurz aufgezählt worden. Indes 
zeigt Krieg 34, daß posuisse bei Quintil. inst. 
IX 2, 102 keineswegs den Sinn von adscripsisse 
haben muß, sondern von Quintilian auch für ge- 
naue Beschreibung gebraucht wird (IX 2, 101. 
3, 93. 99). Daß aber Eutilius die Sinnfiguren 
nicht minder ausführlich bebandelt haben muß, 
als die Wortfiguren, schließt Krieg 34f. mit 
Recht aus dem von Quintil. inst. a. a. 0. über 
das ävxi&stov und ävayxaXov Gesagten: Rutüius 
behandelte diese Figuren unter denen Xs^eatg wie 
dtavoias; der Unterschied mußte unbedingt er- 
örtert werden, also, da es im erhaltenen Teile 
nicht geschieht, im verlorenen über die Sinn- 
figuren (vgl. auch Quintil. inst. IX 2, 22 über 
Celsus, dazu Krieg 36). Schließlich weist auch 
der hsl. Titel Schemata dianoeas (die im erhal- 
tenen Teile fehlen; allerdings fehlt das Wort 
dianoeas im V[indobonensis]) darauf hin, daß 
dazu et lexeos ergänzt werden muß (Iw. Müller 
Bursians Jahresber. XVIII 156) und beide Arten 
in gleicher Weise behandelt waren. Der Schluß 
Kriegs aber (40f.), weil im erhaltenen Teile 
unter Avti^etov und ävayxatov der Unterschied 
von den Sinnfiguren gleichen Namens nicht er- 
läutert werde, sei der Teil über die Sinnfiguren 
dem erhaltenen nachgefolgt, ist keineswegs zwin- 
gend; dieser Unterschied konnte bei den Sinn- 
fignren erörtert werden, auch wenn (man könnte 
auch sagen : gerade weil) sie voranstanden. Eben- 
sowenig ist sicher, daß, wenn Quintil. inst. IX 
3, 93 sagt, bei Rutüius sei die TtQooajzo&ooiq 
primo loeo posita, dies unbedingt der erste Platz 
im gan z en Werke und nicht nur unter den W o r t- 
figuren sein müßte. Gewöhnlich wurden die Sinn- 
fignien vorangestellt, so bei Cicero de orat. III 
3WÄ. Quintil IX 1, 19ff. Alex. p. 27 und Tiber. 
p. 59, d. b. also bei Kaikilios, Aquila p. 23, 6, und 



den anderen späteren Rhetoren (voran stehen die 
Wortfiguren Rhet. Her. IV 13, 19ff. Cic. de orat. 
135ff.) i was man ja damit begründete (Alex. a. 
a. 0.) Ttavrog yag Xoyov nQoäyet tf tov Öiavo^fiaxog- 
evQeois , ETiszai de ?J^tg z<p dtavotfftan öl 1 avtfjg 
Tioiovoa (pavsQov avto. Daß auch bei Eutilius die- 
Sinnfiguren vorangingen, ist mir deshalb wahr- 
scheinlich, weil bei ihm, wie in den andern Spe- 
zialschriften über Figuren, eine einleitende Be- 

10 Stimmung und Abgrenzung des Begriffs ßgura 
und seiner Teile nicht gefehlt haben wird ; diese 
ist verloren samt den Sinnfiguren, also standen 
diese doch wohl unmittelbar hinter der Einleitung. 
Somit wird der Gesamttitel des Werkes des Eu- 
tilius gelautet haben : P. Rutüü Lupi Schemata 
dianoeas et lexeos ; das ex Graeco vorsa Gorgia 
der Hss. darf man wohl als einen Zusatz nach 
II 12 vom Titel abschneiden (Krieg 4lf., der 
aber natürlich die Reihenfolge lexeos et dianoeas 

20 für wahrscheinlich hält). Schließlich die Frage: 
Welchen Umfang hatte die ausführliche Behand- 
lung de* Sinnfiguren bei Rutüius ? Von den 41 
Wortfiguren der erhaltenen zwei Bücher führt 
Quintilian 16 als Besonderheiten des Rutüius 
an, 25 andere treten hinzu, die also auch bei 
andern Theoretikern sich fanden. 14 Sinnfiguren 
nennt Quintilian gleichfalls als Rutilianisch ; fügen 
wir die gewöhnlichen, mit anderen Autoren über- 
einstimmenden hinzu, so dürfte die Zahl der bei 

30 Rutilius behandelten Sinnfiguren kaum hinter der 
der Wortfiguren zurückgeblieben und ihre Be- 
handlung, zu der noch die allgemeine Einleitung 
hinzutrat, ebenso umfangreich gewesen sein, wie 
die der Wortfiguren, also auch zwei Bücher um- 
faßt haben (Krieg 87f.). Da G.s Werk aus vier 
Büchern bestand, hätte also Rutilius die Vierzahl 
beibehalten und — wohl auch G. nachfolgend — 
in zwei Büchern die Sinn-, in zwei die Wort- 
figuren behandelt. Diesem klaren Tatbestande 

40 steht nur jene Quintilianstelle , inst, IX 2, 102. 
entgegen: Rutilius des G. quattuor libros in 
unum suum transtulit. Wäre das richtig, so 
hätten wir den seltsamen Vorgang zu verzeichnen,, 
daß die von Rutilius in ein Buch gepreßten vier 
Bücher des G. von einem späteren Herausgeber 
(denn wir haben zwei Bücher dieser Ausgabe) 
wohl mit, Rücksicht auf das Originalwerk des G. 
wieder in vier Bücher zerlegt worden seien. Doch 
ist die Quintilianstelle gewiß nicht in Ordnung. 

50 Schon Ähren s 157f. nahm an in unum suum 
transtulit mit Recht Anstoß; dafür hätte Quin- 
tilian, um die Verkürzung des Werkes zu be- 
zeichnen, wohl geschrieben m unum contraxit 
(s. auch Krieg 38). Die sichere Heilung fand 
Ähren s durch Änderung nur eines Buchstabens 
in usum suum transtulit (auch von Meister 
in der Quintiüanausgabe aufgenommen ; vgl. auch 
J. Müller 2, 1), wodurch noch besonders aus- 
gedrückt wird, daß Eutilius vor allem das über- 

60 trug, was ihm für seinen Gebrauch wichtig waiv 
minder die Definitionen, als die trefflichen Bei- 
spiele, die G. für jede Figur angeführt hatte. 

Rutilius hat also die vier Bücher des G. im 
wesentlichen nach Inhalt und Form übertragen, 
je zwei über die figurae dianoeas und lexeos- 
Ob er von den Figuren, die G. besprochen hatte, 
einige ausgelassen hat oder nicht, können wir 
nicht sicher entscheiden ; jedenfalls istDraheims- 



vj uxeias 



^6. 10) Versuch, Auslassungen dieser Art aus 
<Juintil. inst. IX 2, 103. 106 zu beweisen, miß- 
glückt (Krieg 42f.); wahrscheinlich sind sie 
keineswegs, da eben Eutilius den Gesamtumfang 
des Gorgianischen Werkes beibehalten haben wird. 
Oekürzt hingegen hat Rutüius sicher bei den 
Definitionen der Figuren und wohl nicht bloß 
<(was Krieg 44 behauptet) II 12 — 14, wo er 
selbst auf die ausführlichere Darstellung seiner 
Quelle verweist. Für ihn waren die Beispiele 
bei G., wie gesagt, das Lockendste, sie hat er 
offenbar recht vollständig (ob alle in jedem Falle, 
■ist natürlich nicht zu wissen) wiedergegeben, 
nur selten, da wo in der Übersetzung die Figur 
unkenntÜch geworden wäre, statt der griechischen 
lateinische Beispiele eingesetzt (so I 5 bei der 
avdxlaois jenes Proculeianum, I 3 p. 4, 31 bei der 
xagovofj.aoLa ein durch Diom. G. L. I p. 446, 20. 
Charis. G. L. I p. 282, 2 erkanntes und ergänztes 
Cicerozitat ohne Namensnennung), selten auch in 
anderen Fällen, wie er 1 12 einen Enniusvers (nach 
Meinekes Herstellung. Enn. scaen. 408 Vahlen), 
II 6 (nach M. Haupt. Vgl. L. Müller Eh. 
Mus. XXIII 692) Verse eines unbekannten latei- 
nischen Dichters zitiert; bei sonstigen namen- 
losen Beispielen bleibt zweifelhaft, ob sie latei- 
nischer oder griechischer Literatur entstammen 
oder (weniger glaubhaft) Rutüius* freie Erfindung 
sind. Es war eine geradezu kindliche Vorstel- 
lung von Js. Casaubonus (die bereits Ruhn- 
ken p. XVIIIf. ablehnte und die von Iw. Müller 
Bursians Jahresber. XVIII 155 nicht hätte er- 
neuert werden sollen), Rutüius habe seine Bei- 
spiele den damals vorhandenen publizierten latei- 
nischen Übersetzungen griechischer Autoren (wie 
solche Übersetzungen griechischer Reden für Mes- 
sala durch Quintil. inst. X 5, 2 bezeugt sind) 
entnommen, kindlich deshalb, weil selbst G. seine 
Zitate sicher nicht sämtlich den Autoren selbst 
entnommen hat, sie gar nicht entnehmen konnte 
(s. u.), geschweige, daß von all diesen attischen 
und asianischen Rednern damals in Rom Über- 
setzungen existiert hätten (vgl. Krieg 45ff.). Ru- 
tilius hat die Zitate selbst übersetzt, das be- 
weist auch klar die gleichmäßige Eleganz des 
Stils dieser Übersetzungen, denen gegenüber aller- 
dings die Definitionen etwas abfallen: diese hat 
Rutilius lässig behandelt, auf jene alle seine an 
Cicero geschulte Kunst angewendet, wie Euhnken 
es ausdrückt p. XIX : vertu autem. Rutilius Grae- 
eoritm oratorum exempla non ut interpres, sed 
ttt orator, mtsqttam terbum verbo reddens. nisi 
iibi vis schematis exprimenda esset. In der Tat 
ist die Fülle seltener Zitate bei G. bemerkens- 
wert und für die Beurteilung des Mannes und 
seines Werkes das Wichtigste. Nicht alle Zitate 
sind Rednern entnommen ; je einmal wird Piaton 
(rep. V 473 D bei Rut. Lup. I 6 p. 5, 26, der Name 
Piatons von Stephan us ergänzt), Aristoteles 
<I 6 p. 6, 3) und Theophrastos (I 6 p. 6, 1 aus 
xsqI <pdtac, vgl. Cic. Lael. 85. Plut. de frat. am. 
p. 482 B), einmal sogar der Alexanderhistoriker 
Aristobulos (I 18 p. 11, G nach Classens Ver- 
mutung Arisiobuli statt Aristotelis, wofür indessen 
Schwarte o. Bd. II S. 917 mit leichterer Ände- 
rung Stratoclis einsetzen will) und eine den Theo- 
phrastischen Charakteren ähnliche Schrift des lang- 
jährigen Vorstehers des Peripatos im 3, Jhdt., das 



Lykon (H 7 im zaQGxrijeiofios eines Trunkenboldes j 
von Ruhnken auf deu Peripatetiker bezogen ; s. 
Blass 35) zitiert. Führen schon diese Zitate uns 
bis ins 3. Jhdt., so reichen die aus Rednern in noch 
spätere Zeiten herab. Neben denen aus Lysias (9), 
Isokrates (2 in II 19, der Name ergänzt von Spen- 
gel, der das eine als aus Isokf. VIII 10 stam- 
mend erkannte), Lykurgos (6), Hypereides (8), 
Demosthenes (12) und Deinarchos (4) stehen solche 

10 uns ganz verlorener jüngerer Redner der Dia- 
dochenzeit: Pytheas (I 11. 14. Blass Att. Ber. 
III 2 2, 283ff. v. Wilamowitz Textgesch. d. 
griech. Lyriker 1900, 68), Stratokies (I 9. II 20. 
Blass a. a. 0. 333ff.), Demochares (I 2. 20; 
s. o. Bd. IV S. 2863, 6), Demetrios, der Phalereer 
(I 1. II 16. Blass a. a. 0. 342ff.), Charisios (I 
10. II 6. 16. Blass a. a. 0. 351ff.), die über- 
leiten zu den eigentlichen ,Asianern<, an ihrer 
Spitze Hegesias (I 7. IL II 2. 10. Blass Gr. 

20 Ber. 25), Kleochares (12. 10. Blass 34), Myron 
(I 20. II 1), Daphnis (1 15; s. o. Bd. IV S. 2146, 
6), Sosikrates (I 8. II 13. Blass 35), deren Zeit 
teilweise kaum sicher zu bestimmen ist (Blass 
35), schließlich Isidoros aus Pergamon (II 16. 
Blass 70), vielleicht der jüngste der Angeführten, 
jünger jedenfalls als der Stoiker Athenodoros, des 
M. Cato Freund (Diog. Laert. VII 34), der also 
sicher dem 2. Jhdt. v. Chr. angehört. G. braucht 
also neben den Attikern anstandslos die Asianer als 

30 Stilmuster : er ist also nicht Attizist (auch nicht 
Attizist mit ,asianischer Verbrämung*, wie Suse- 
mihl 501 sagt), sondern Asianer, unberührt von 
den in und durch Rom zur Herrschaft gelangen- 
den attizistischen Bestrebungen. Das hat v. Wi- 
lamowitz gelegentlich ausgesprochen (Herrn. XII 
1877, 332 Anm,), und die Einwendungen Brzoskas 
De canone X orr. Att., Breslau 1883, lSff. und 
Susemihls 501, 178, die meinen, es sei G. nur 
darauf angekommen, ,für jede Figur die ange- 

40 messensten und deutlichsten Beispiele zu wählen, 
und nicht darauf, ob dieselben aus mehr oder 
weniger klassischen Autoren waren' (vgl. Ruhn- 
ken Hist. crit. orr. Gr., im Eut. Lup. von Frot- 
scher 59f.), beruhen auf einem Verkennen des 
rigorosen Standpunktes, den die Attizisten ein- 
nahmen, die auch einen Cicero zum Wechsel in 
seinen theoretischen Anschauungen und teilweise 
auch seiner Praxis zwangen. Wie Cicero (der 
aber bedeutend älter war) gehört G. in die Zeit 

50 des Kampfes der reaktionären Attizisten und des 
modernen Stils, deren Vertreter man hämisch 
Asianer nannte. Der ältere Seneca führt G. an : 
das allein genügt, ihm (wie fast allen griechi- 
schen Ehetoren bei Seneca) seinen Platz im asia- 
nischen Lager anzuweisen; als Asianer zeigt er 
sich in seinem Buche. Und auf jene Übergangs- 
zeit weist alles, was wir sonst noch über den 
Mann und sein Werk feststellen können. Er 
schreibt, bevor die großen stilkritischen Werke 

60 des Kaiküios und Dionysios ihren Einfluß auf die 
Edition der Redner, den wir hier und da noch 
spüren, ausübten. Das ganze spätere Altertum 
(schon Hermogenes) kennt von Isokrates nicht 
mehr als wir, eben das was Kaikilios (28 Reden) 
und Dionysios (25) für echt erklärt hatten; die 
paar Grammatikeranführungen aus nicht erhal- 
tenen Reden stammen, wie Drerup Isoer. op. I 
praef. L5XXVH bemerkt, aus älterer Grammatiker- 



traditio!! : der einzige, der einen Satz einer nicht 
erhaltenen Isokratesrede anfuhrt ist Rutilius Lup, 
II 19 (Mün scher Götting. gel. Anz. 1907, 765). 
Isokrates' ganzen Nachlaß konnte man zu G.s 
Zeit noch einsehen. Hat aber G. alle jene Redner 
und Schriftsteller, die er zittert, selbst in Händen 
gehabt? Gewiß nicht! Um die besten Beispiele 
für die Figuren anführen zu können, hat G. nicht 
erst die gesamte Literatur von Lysias bis zu 
seiner Zeit hin durchstöbert; gar mancher derer, 
die er zitiert, war wohl gar nicht mehr, auch in 
den großen Bibliotheken nicht, aufzutreiben, sonst 
wäre mancher, wie Stratokies oder Pytheas, so 
gut wie Deinarchos in den ,Kanon' aufgenommen 
worden, als die Attizisten den Bestand an atti- 
schen Rednern der klassischen Zeit auf zehn 
Namen verteilt aus den Bibliotheken hervorsuchten 
(v. Wüamowitz a. a. 0. Gm.). Das Material, 
das G. brauchte, entnahm er seinen Vorgängern 
und Vorlagen bezw. der Tradition der Rhetoren- 
schule (die man unterschätzt, wenn man, wie 
Kadermacher Eh. Mus. LVII 140 meint, Philo- 
demos und Dionysios, oder gar Harpokration, Athe- 
naios und Longinos müßten die Redner, die sie 
nennen oder zitieren, noch in Händen gehabt 
haben). 

Die Figurenlehre haben in attizistischem Sinne 
ebenfalls Kaikilios und Dionysios behandelt. Des 
letzteren Werk jieqi oyr\fmz<üv, von dem wir sonst 
kaum etwas wissen (s. o. Bd. V S. 969; die von 
Dionysios in seinen erhaltenen Schriften erwähnten 
Figuren stellte Eoessler Dionysü Hai. fragm., 
Leipzig 1873, 42f. zusammen), wird wohl, wie 
überhaupt seine Tätigkeit die des Kaikilios vor- 
aussetzt, dem gleichartigen Werke seines älteren 
Kollegen gefolgt sein und, wie ich vermute, die 
bei Kaikilios herrschende freie, souveräne Be- 
nutzung der gesamten echt attischen Tradition 
(einschließlich Thukydides, der Tragödie und Ko- 
mödie) auf ein engeres Maß, die Benutzung allein 
der Kedner und Homers beschränkt haben. Diese 
Beschränkung finden wir wenigstens vielfach bei 
den Benutzern und Ausschreibern des Kaikilios. 
Wurde doch diese Jugendschrift (daß es eine 
solche sei, ist durchaus wahrscheinlich, wenn auch 
der Beweis dafür nicht völlig sicher erbracht ist, 
s. o. Bd. III S. 1178) maßgebend für alle spä- 
teren Bearbeiter der Figurenlehre, die bekannt- 
lich sämtlich mehr oder minder von Kaikilios 
abhängig sind (deshalb ist es das Buch von Kai- 
kilios, das wir am besten kennen, die Frag- 
mente jetzt bei Ofenloch Caecilii Cal. fragm., 
1907, 32 — 62 zusammengestellt, ohne daß aber 
eine Rekonstruktion des Buches versucht wäre). 
G.s WeTk dagegen, das dem attizistischen Zeit- 
geschmack nicht entsprach, ist bei den späteren 
griechischen Rhetoren unbenutzt geblieben und 
völlig in Vergessenheit geraten. Krieg 30 — 33 
hat durch eine treffliche Zusammenstellung dar- 
getan, daß keiner der späteren griechischen Ehe- 
toren auf G.s Figurenlehre irgendwie Bezng nimmt. 
Zwar stimmen die angewandten Namen öfters 
überein, bezeichnen aber völlig verschiedene Fi- 
guren; nicht selten trägt die gleiche Figur bei 
den Späteren einen ganz anderen Namen, wo aber 
bei Späteren mit gleichem Namen die gleiche Fi- 
gor wie bei G. bezeichnet wird, tritt doch in den 
Definitionen und Beispielen keine Übereinstim- 



mung hervor. Eine ganze Reihe aber der dem 
G. eigentümlichen Figuren kehrt Überhaupt nir- 
gends wieder (Belege für das alles in der unten* 
folgenden Zusammenstellung). 

Und doch war der Sieg des Attizismus keines- 
wegs ein so entschiedener, wie Dionysios ihn er- 
hoffte , daß die Gegner völlig verschwunden wären 
(vgl. Norden Ant. Kunstprosa I 263ff.). Gerade- 
des älteren Seneca Werk zeigt, daß neben der 
10 attizistischen Richtung die moderne .asianische* 
Rhetorik in Rom wenigstens fortbestand : hier 
fand sie im Philosophen Seneca u. a. bedeutende 
Vertreter. Das beweist auch der Umstand, daß. 
Rutilius Lupus des G. nichtklassizistisches Werk 
übersetzte, Celsus diesen benutzte und nicht minder 
Quintilian, der zwischen den Extremen der archai- 
sierenden und neoterischen Richtung eine ver- 
mittelnde Stellung einnahm. Dann freilich ver- 
schwindet des Rutilius Figurenwerk aus den Händen 

20 auch der römischen Ehetoren. Wie Krieg 22 
—26 in einer gleich trefflichen Zusammenstel- 
lung gezeigt hat, nimmt keiner der späteren la- 
teinischen Schematographen auf Rutilius Rücksicht,, 
keiner benutzt ihn, außer dem wahrscheinlich im 
4. Jhdt. lebenden Verfasser des Carmen de figuris r 
der seinem Werke über Wortfiguren, man weiß 
nicht weshalb, eben den Rutilius zu Grunde legte- 
(wie Dzialas 1860, 27f. meinte, in der uns über- 
kommenen Form mit ihren Lücken, bes. 16; da- 

30 gegen Krieg 28). War man früher überzeugt 
(Schneidewin in der Ausg. Incerti auet, de fig. 
v. schem. vers. heroiei, Göttingen 1841 praef. 
p. Xf. Sauppe Epist. crit. ad G. Herrnannum,. 
1841, 157ff., in den ausgewählten Schriften nicht 
mit abgedruckt. Ähren s 153ff.), in dem Ge- 
dichte, das man der Augusteischen Zeit zuschrieb,, 
sei nicht Rutilius, sondern G. selbst (neben Kai- 
kilios) benutzt, und glaubte man deshalb, daraua 
noch mancherlei über G.s Werk erschließen zu 

40 können , so ist durch die Untersuchungen von 
Haase Allgemeine Literaturztg. II 1844, 369ff. 
Dzialas 1860, 21—28. L. Müller Rh. Mus. 
XXIII 682fi. Krupp De carm. ine. auet. de rjg. r 
Jena 1874 und R. Schmid Carm. de fig. qua 
sit aetate conscr., Jena 1874 erwiesen, daß der 
Verfasser Rutilius Lupus zugrunde legte, dessen 
Figuren er alphabetisch anordnete, daneben aber 
für seine Zusätze sicher nicht G., sondern andere 
griechische Quellen, wahrscheinlich Alexander 

SONumenius benützte, wobei es ungewiß bleibt, 
ob die Zusätze vom Verfasser selbst oder von der 
Hand eines nachdichtenden Schülers sind. Keiner- 
lei Beziehungen verknüpfen des G. Werk mit 
Kaikilios und seinen Nachfolgern ; man darf viel- 
leicht annehmen, daß G.s Werk älter als das. 
des Kaikilios war und von diesem, seines eigenen 
attizistischen Standpunktes wegen, ignoriert und 
durch sein Werk ersetzt worden ist. Trotzdem 
steht G. mit der Art seiner Figurenbehandlung 

60 nicht etwa völlig allein für sich ; hinter ihm reißt 
die Tradition ab, aber zu den gleichzeitigen oder 
voranliegenden Behandlungen der Figurenlehre, 
soweit diese uns bekannt sind, weist sein Werk, 
deutliche und nahe Beziehungen auf (vgl. Krieg 
33, 2 und bes. L Müller 4ff.). Am Ausgang 
des 1. Jhdts. erscheint die Einteilung der Fi- 
guren in solche dmvoias und U£ea>g und die Ab- 
trennung der Figuren überhaupt von den Tropen 



ioiö worgias 

als allgemein üblich, Kaikilios wie Dionysios 
(comp. verb. 8 p. 32, 14 Us.-ßad. Roessler 
a. ä. 0. 42) befolgen sie, gewiß auch der jüngere 
Hermagoras, des Kaikilios Altersgenosse (Bar- 
czat De figurarum disciplina I, Göttingen 1904, 
28). Diese Einteilung ist für uns greifbar zuerst 
bei Cicero de orat. IH 149ff. 200ff., jedoch ohne 
die Termini, die sich erst im Brut. 69 finden: 
ornari orationem Graeci putant, si verhorum 



liorgias 



1ÖI4 



(= Anaxim. 26. Tiber, p. 78, 20 u. a.; <Wteo (ff 
Aristot. rhet. III 9. Alex. p. 36. Herodian. p. 98, 
26): II 16. Rhet. Her. IV 15, 21 contentio (vgl. 
18, 25 contrarium). Cic. de orat. III 207 con- 
trarium; orat. 135 cum sunt contrariis relata 
contraria) iaox&kov (Anon. p. 155. Aquila Rom. 
p. 30 = naolodooig Aristot. rhet. III 9. Anaxim. 
27. Tiber, p. 74 u. a; xäoioov Alex. p. 40): LT 15. 
Rhet. Her. IV 20, 27 conpar; Cic. de orat. III 206 



immidationibus utantur, quos appellant zqokovs, 10 quae paribus paria referuntur; magopoiov 



et sententiarum orationisque formis, quae vo- 
cant oztffiaTa. 140f. ; orat. 80ff., ferner bei Phi- 
lodemos, der I 164, 18ff. neben iQosiog und oyfjpa 
als drittes das jrAdt^a stellt, welche Dreiteilung 
wahrscheinlich auf die Peripatetiker oder Stoiker 
(Reitzenstein Straßburg. Festschr. 1901, 146. 
S ehr ad er in seiner ausgezeichneten Untersuchung 
über die Geschichte des Wortes o%rjtia, Herrn. 
XXXIX 591f.) zurückzuführen ist, wie der Ein- 



(etwas ganz anderes bei Beda p. 610 = homoe- 
prophoro-n bei Mart. Cap. p. 474, 27 unter den 
vitia orationis; vgl. Aristot. rhet. III 9 Ttaqo- 
fioloiaig. Anaxim. 28): II 12. Cic. de orat. III 206 
quae sunt inter se similia. Das meint wohl auch 
Rhet. Her. IV 20, 28 in hoc genere (dem con- 
par) saepe fieri potest , ut non plane par nu- 
merus sit syllabarum et tarnen esse videaiur, 
si usw.; opotoTiT coro v (Aristot. rhet. III 9 



fiuß der Grammatiker auf die Scheidung nach 20 xzäos ig Ss zavxov. Alex. p. 36 u. a.) und ouoi o- 

?.:t,.- ii**A Si../,*.*.,. /Tk!n*n TO T'V.-nv ßQQ XJ 13 „ ~ _'5 MJU.i ™V^i TTT (\ k 1 nt .. . i 



U£ts und btävoia (Dionys. Thrax 633 B. Bar- 
czat a. a. O. 32. Vgl. Cic. orat. 93) unverkenn- 
bar ist. Als dritter tritt neben Cicero und Phi- 
lodemos G. ; auch ihm muß der Unterschied des 
a%fj[ia vom tqojioq völlig klar gewesen sein, ist 
doch unter sämtlichen Figuren bei Rutilius keine, 
die man als zQÖxog fassen könnte (Schrader a. 
a. O. 593, 1). Für Cicero de orat. hat Kroll 
Rh. Mus. LVIII 557 Antiochos von Askalon als 



rslevrov (Aristot. rhet. LTI 9. Alex. p. 35 u. a.): 
II 13. 14. Rhet. Her. IV 20, 28 similiter eadms 
und desinens. Cic. de orat. ILT 20^"quae similiter 
desinunt aut quae cadunt similiter; orat. 135 cum 
similiter vel cadunt verba vel desinunt. Dann 
alle die auf Wiederholung desselben Wortes be- 
ruhenden: siaqovofiaota (Alex. p. 36 u. a.): I 3. 
Rhet. Her. IV 21, 29 adnominatw. Cic. de orat. III 
206 paulum immutatum verbum atque deflexum; 



Quelle wahrscheinlich gemacht ; für G. die Quellen- 30 orat. 135 leviter commutata ponuntur; extßoli) 

frage zu stellen ist müßig, da die Worte, die ^^«^» - ee m .?.„/. „. .* _i_..a _.-* -?...„ 

Cicero dem Crassus in den Mund legt, de orat. 
III 148: qids enim de isto genere (sc. quae ad 
ipsius orationis laudem splendoremque pertinent) 
non docuü, non instituit, non etiam scriptum 
reliquit?, zeigen, daß gerade über diesen Gegen- 
stand die vorangegangene Zeit eine ausgebreitete 
Literatur hervorgebracht hat. Der rhodische 
Meister der Rhetorik ad Herennium kennt im 



(Phoibamm. p. 55, 10 6fi<awuov f/ TzXoHt] zfj dva- 
tpoQq, tf Sjiava<f>OQq, xal j? sjiißoltf. 56, 19 [der aber 
sicher nicht G. benützt, da er sonst das Gegenteil 
nicht dvuoxQotpi], sondern lm(pQQa nennen würde; 
Krieg 31, 1] = mavarpoQa Kaikilios nach Alex, 
p. 20 u. a.; vgl. Aquila Rom. p. 36, 21); iinfpooö. 
(= aVTiOTOO(pr} Alex. p. 29 U. a.); xotvözrjg 
(= ovfuiloxif rj avv&Eoig Alex. p. 30 u. a.): I 7. 
8. 9. Rhet. Her, IV 13,19 repetitio; conversio. 



4. Buche den Unterschied von xqötios und o^nixa 40 14, 20 complexio. Cic. de orat. III 206 eiusdem 

noch nicht, beide umfaßt er unter der allgemeinen l ' — - 1 --- j - --■— - >■■•■■ • 

Bezeichnung verborum et sententiarum exornaiio 
IV 13, 18, nur trennt er am Schluß (31, 42— 
34, 46) 10 exornatimies verborum ab, deren pro- 
prium est, ut ab mitata verborum potestate re- 
cedatur atque in aliam rationem cum quadam 
renustate oratio conferatur, das sind zehn Fi- 
guren, die von den Späteren zu den tqojzoi ge- 
rechnet wurden — man sieht, daß dieser Begriff 



verbi crebra tum a primo repetitio, tum in ex- 
tremum conversio et in eadem verba impetus et 
eoneursio] orat. 135 aut ab eodem verbo duettur 
saepius oratio aut in idem conieitur aut utrum- 
que\ Tzo'kvnxfaxov (Alex. p. 34. ti. mp. 23. Her- 
mog. it. IS. p. 338, 17 u. a.): I 10. Rhet. Her. 
IV 22, 31 tertium genus (adnominatioms), quod 
versatur in easuum commutatione. Cic. de orat. 
III 207 quod in multis casibus ponitur\ orat. 



damals noch im Entstehen war. Sonst aber zeigen 50 135 cum eiusdem nominis casus saepius com,' 



die Lehren über exornatwnes in der Rhet. Her. 
nicht weniger Übereinstimmungen mit G. als 
Ciceros kurze Aufzählungen der lumina (darüber 
nur eine ungenügende Andeutung bei Krieg 
33, 2). 

Oben wurde bereits auf die Gleichheit der 
Anordnung der Figuren bei G. und Rhet. Her. 
wie Cicero hingewiesen. Im einzelnen lassen sich 
fast sämtliche der bei Rutilius erwähnten Wort- 



mutantur; inavalnypig (Alex, p, 29 tovto z6 
oXfjfia 6 fiev Kaixiliog Tialtkloyiav [Tiber, p. 70] 
xalst, Bvtoi öe avadiztXaioiv [Demetr. ;r. squ. 267. 
Phoibamm. p. 46, 15 u. a.], oi <5e sjiavaXnipiv ; 
vgl. Alex. p. 19. Etwas völlig anderes btavä- 
Iwipig bei Phoibamm. p. 46, 29 u. a. Isidor. 
p. 521, 13): I 11. Rhet. Her. IV 28, 38 cmvdupli- 
catio. Cic. de orat. IH 206 geminatio; orat. 135 
duplicantur iteranturque verba', öia<poQa (= 



figuren auch im Rhet. Her. und bei Cicero nach- 60 xloxy Phoibamm. p. 56, 10 u, a.; dvttpezd&Eots 



weisen, der an beiden Stellen, wo er die Figuren 
aufzählt (de orat. m 202ff. und orat. 135ff.), 
wie die fast durchgehende Übereinstimmung der 
Reihenfolge beweist, derselben Quelle folgt, nur 
bei der zweiten Benützung etliche Figuren nicht 
mehr mit aufgeführt hat Zunächst finden wir 
auch hier die alten, bis auf den Leontiner G. zu- 
rückgehenden bekannten Figuren: avzl&exov 



rj ovyxQtotg rj nXoxt] Alex. p. 37; aviaväxXaoig 
Isidor. p. 518, 31; ävxtozaotg Ps.-Rufin. 24): 1 12. 
Rhet. Her. IV 14, 20. 21 traduetio. Cic. de orat. 
m 206 eiusdem verbi crebrius positi quaedam 
distmetio et revoeatio verbi ; orat. 135 continenter 
unum verbum non eadem sententia pottüur; 
ejttnioxtf (xJU/ua£ Alex. p. 31 u. a.): 1 13. Rhet. 
Her. IV 25, 34 gradaüo. Cic de orat. III 207 gror- 



1DI0 



uorgias 



Uorgias 



1616 



datio quaedam; orat. 135 cum gradatim sursum cum aliquid praetereuntes , cur id faciamm, 

trerstim redihtr; SidXvatg (Herodian. p. 99, 10 ostendimus (daneben bereits als schem. dian. de 

;= aovvSsrov Phoibamm. p. 45, 80 u. a.; davvdezov orat. III 205 reticentia; orat. 138 ut aliquid 

vel dtdXvxov Ps.-Rufin. p. 52. Beda p. 611, 14): reticere se dieat. 137 ut aliquid relinquat ac 

1 15. Khet. Her. IV 20, 41. Cic. de orat. III 207 neglegat); altioloyia (Alex. p. 17. Zonai. p. 162. 

dissolutum; orat. 135 cum demptis coniunetioni- Anon. p. 175. Sehern, dian. p. 73. Isidor. p. 521, 

bus dissolute plura dieuntur; fiEzdvota (= sjii- 18): II 19. Rhet. Her. IV 16, 23 ratiocinatio. Cic. 

rifitjaig, x6 <S' avzo xal vnaXXayfjv zivsg [Zonai. de orat. III 207 ad propositum subteeta ratio. 

p. 170. Anoiu p. 187] xaXovoiv. Ales. p. 40, mit Dann die in späterer Zeit nur ganz vereinzelt 
demselben Beispiele aus Demosthenes; eju&ioq- 10 gelegentlich erwähnten Figuren: dvztfiezaßoXrj 

■dmoig Anon. p. 142; ixavoo&taoig Ps.-Rufin. (Isidor. p. 519, 3 aus Quintil. inst IX 3, 85. 

p. 52): 116. Ehet. Her. IV 26, 36 eorreetio. Cic. de 97. Alex. p. 37, 23 ^agdxsizai zovzq> toj a x ^aazi 

orat. III 207 reprehensio oder alia eorreetio (203 [der dvztuszdd'mtg oder sdoxtf] ?} dvztpsraßoXi] 

eorreetio als schem. dian. = ixt&töQÖtoats Tiber. xaXovphn = /uEzddeoig Ps.-Rufin. p. 30, 50): I 6. 

p. 62); orat. 135 cum corrigimus nosmet ipsos Ehet. Her. IV 28, 39 commutatio. Cic. de orat. 

quasi reprehendentes. Alle diese Übereinstim- III 207 conversio; ooiopög (Herodian. p. 98, 9): 

mungen sind natürlich noch kein Beweis für Be- II 5. Ehet. Her. IV 25, 35 deßnitio-, iitirQojn'j 

Ziehungen des G. zur älteren Figurenlehre. Auch (Herodian. p. 98, 21. Iul. Rufin. p. 45): II 17. 

noch nicht die folgenden Fälle, in denen wir hei Rhet. Her. IV 29, 39. Cic. de oral III 207 jwrmim'o; 
Eutilius als Wortfiguren finden, was man sonst 20 naoonoia (Quintil. inst. IX 3, 99; vgl. 2, 97. 

und auch Rhet. Her. wie Cicero zu den Sinn- Schem. dian. Iul. Eutin, p. 46 oratio libera, quam 

figuren rechnet: owa-d'QotofA.og (Alex. p. 17 Corniflcius lieentiam vocat. Herodian. p. 96. 

u. a.): I 2. Ehet. Her. IV 40,52 frequentatio; 19 diaßeßalcooig 6s iozi Uyov nag^ata): II 18 

p. egtofi 6g (Herodian. p. 94, 22. Anon. p. 120, 26): = schem. dian. Ehet. Her. IV 36, 48 licentia. 

I 18. _ Ehet. Her. IV 35, 47. Cic. de orat. III 203 Cic. de orat. III 205 vox quaedam Ub&ra ; orat. 138 

distributio; vgl. auch 205 digestio; orat. 138 ut ut liberius quid audeat. Schließlich die später- 

aliud alii trtbuens dispertiai; rj-ftoTioiia (Alex. hin nicht wieder nachweisbaren Figuren: xpoaa - 

p. 21. Tiber, p. 63 u. a.); ziQocoiTiovioiia jrdäoaig (unter gleichem Namen etwas völlig 

(Alex. p. 19 u. a.); jja e axi»/o(ö^d? (Schem. anderes bei Phoibamm. p. 56, 26. Aquil. Rom. 
dian. p. 72 = elxoviofiog Polyb. Sard. p. 108,30p. 32): I 1 (wenig verschieden die alzioloyia II 

10; etwas anderes yaoaxzrjQioftog bei Polyb. Sard. 19) = schem. dian. Ehet. Her. IV 40, 52 divisio 

p. 108, 32): I 21. II 6. 7. Ehet. Her. IV 50, 63 est, quae rem semovens ab re utramque absohit 

notatio. 43, 55 sermoeinatio. 53, 66 conformatio. ratione subieeta. Cic. orat. 137 ut dividat in 

49, 63 effictio. Cic, de orat. III 204 morum ac vitae partes = schem, lex. de orat. III 207 in distributis 

imitatio vel in per sortis ml sine Ulis. 205 per- supposita ratio; uezdßaotg (Quintil. inst. IX 

sonarum fieta induetio; orat. 138 ut hominum 3, 87 äyodog = LiavdXvipig Isidor. p. 521, 13): 

sermones moresque deseribat ; ut muta quaedam II 1 (b) = schem. dian. Cic. de orat. in 203 

loquentia indueat. 139 unter den dicendi quasi redittis ad propositum; ßoayvXoyia (in der 

virtutes: saepe vitae naturarumque imitatio; ältesten Rhetorik, wie bei Anaxim, 22 das ßoayv- 
psiaßaaig (— <biooTQo<pri Alex. p. 23 u. a., dochs. AftloyeTv ein Genus der Eede neben ur}xvv£tv zovg 

Herodian. p. 88, 28 rj bk t&v tiqooojtkov /uezdßaoig Xoyovg und (Uocog Xiyetv ; wieder aufgenommen von 

tiouT rrjv xaXov^iivijv djtoczQo<pyv. Phoibamm. Fortunatian p. 126, 15; vgl. Quintil. inst. IX 3, 

p. 49, 29 änoozQoqptf ös sxooawftov iazi fiszdßaotg; 99. 50. VIII 3, 82): II 8 = schein, dian. Ehet. 

vgl. Ps.-Eufin. p. 54 ^Etdaraatg vel (xszdßaotg) : II Her. IV 54, 68 brevitas. Cic. de orat. III 202 

1 (a). Cic. de orat III 205 erroris induetio; orat. distinete concisa brevitas; orat. 139 unter den 

138 ut ab eo, quod agitur , avertat animos; dicendi quasi mrtutes: brevitatem (sequetur) si 

stQoX^yug {= xooxardXTjiptg Alex. p. 16 u. a.; res petet; zd^ic : : II 20. Cic. de orat III 207 ordo. 

vgl. Fortunatian. p. 110, 22. Iul. Rufin. p. 46 Der Definition nach (cww unaquaeque res novis- 

ziQovxsQyaaia vel TiQOTiagaoxEvrj; etwas anderes simorum zerborum sententia clare distinguitur) 
TTQoXrjipig bei Ps.-Eufin. p. 48. Isidor. p. 608): 50 entspricht Ehet. Her. IV 27, 37 disiunetum est. 

114. Cic. de orat. III 205 anteoceupatio ; orat. 138 cum eorum, de quibus dieimus, aut utrumque 

ut ante oeeupet quod videat opponi (vgl. auch de aut unum quodque eerto coneluditur verbo (= de 

orat. III 204 praemunitio etiam est ad id, quod orat. ni 207 diiunetio?). Ferner sind vielleicht 

aggrediare; orat. 137 ut ante praemuniat). Für folgende Gleichsetzungen richtig: xagaÖiaoToXi'] 

engere Beziehungen des G. zu älteren Vorgängern (Carm. de fig. 115 subdistinetio. Quintil. inst, 

sprechen aber zunächst die Fälle, in denen G. IX 3, 65; vgl. 82; danach Ps.-Eufin. p. 53. Isidor. 

übereinstimmend mit Ehet. Her. und Cicero eine p. 518, 29): 14 plures {res} aut duas , quae 

Fignr unter denen X^ewg führt, die später zu videntur unam vim habere, disiungit et quantum 

denen Siavoiag gerechnet wird ; solche sind: ü.to- distet doeet, suam cuique proprium sententiam 
Qla (= ditLz6p>)öt S Alex. p. 24. Tiber, p. 61 60 suhiungendo = (?) Cic. de orat. III 207 quod de 

u. a.): II 10. Ehet. Her. IV 29, 40 dubitatio. Cic. singulis rebus propositis duetum refertur ad 

de orat. III 207 alia dubitatio (da 203 dubi- singula; drdxkaotg (Carm. de fig. 13 reßexio. 

tatw als SinDfignr-, diese auch orat. 137 ut ad- Quintil. inst. IX 3, 97; das Beispiel 68 unter 

dubtiei, qu%d potius aut quomodo dieat); maQa- ärzavdxXaeig, daraus Isidor. p. 518, 31): 15 ver- 




1617 



uorgias 



tforgias 



101» 



Gorgianischen Wortfiguren bleiben also nur fol- 
gende im Rhet. Her. und hei Cicero unerwähnt*. 
jzoXvovvöstöv I 14, das außer Quintil. inst. 
IX 3, 50. Carm. de fig. 52 muUiiugum. Beda 
p. 611, 10 nur noch bei Hermog. st. ^i?. 5eiv. 
p. 435, 26 to fieza zäiv cvvÖeofiwv Xsyöftsvov als 
Gegensatz des davvdezov erwähnt wird; traoev- 
tisaig I 17 (Carm. de fig. 118 interieetio. Quin- 
til, inst. IX 3, 23. 26. Ps.-Rufin. p. 51. Beda 



que sententiae suae; orat. 137 ut rursus quetsi 
ad interrogata sibi ipse respondeat (schem. dian.). 
Zu den übrigen ist keine sichere Parallele auf- 
zuweisen : Quintil. inst. IX 2, 102 consummatio- 
nem, quam Graeeus ovlXoyfjv (Volkmann, 
AIAMATEN B, AIAMAPHN A) vocat, cum 
plura argumenta ad unum effeetum dedueuntur 
(=? schem. lex. Ehet Her. IV 30, 41 eonclusio. 
schem. dian. Cic. de orat. HI 203 rationis apta 



p. 614 interposita ratiocinatio divisae sententiae 10 eonclusio). 103 eonsequens, ille hcaxoXovihjotv, de 

unter den Tropen; = aaQ£{J.ßoXrj Alex. p. 39. -—«-»* +— ^*— ■«. «--*•■ ««' 

Tiber, p. 81, 23, d. h. Kaikilios); avayxaiov I 
20 (Quintil. inst IX 3, 99); doch handelt davon 
Cic. inv. II 98 neeessitudo autem infertur, cum 
ri quidam reus id. quod fecerit , fecisse defen- 
ditur mit einem Beispiel, das an ein rhodisches 
Gesetz anknüpfend in Rhodos spielt: d. h. also G. 
berührt sich hier mit dem rhodischen Lehrmeister 
Oiceros , wie sonst so oft mit dem gleichfalls 



quo nos in argumentis dixämm. eollectionem, qui 
apud illum est ovXXoyta/.tog (auch dabei könnte 
man an die eonclusio denken) . exhortaiionem, 
xaoaiveuxov (vgl. Cic. de orat. III 205 iraeundia, 
obiurgatio; orat. 138 ut irascatur, etiam ut obiur- 
get aliquando). 106 dvdfivi^atv, dvziQQrjoiv (Unter- 
schied vom ävzi'&szöv'?) , jiapavg't)cftv (vgl. Ehet. 
Her. IV 33, 44 superlatio est oratio superans 
veritatem alieuius äugen di minuendive causa. 



rhodischen Lehrer des Auetor ad Herennium; dX- 20 Cic. de orat. III 203 augendiminuendique causa 



Xoicjotg II 2 (Carm, de fig. 19 differitas. Quin- 
til. inst. IX 3, 92, etwa = Cic. de orat. III 207 
immutatio^ Foltz Quaest Herodianeae, Bonn 
1844, 19 behauptete fälschlich, die bei Herodian. 
p. 85ff. erwähnten Figuren ev Xi'^si xaza yoovovg, 
aoifywvg, jiQoadiTzovg seien schon von G. unter 
dem Begriffe dXXotoioig zusammengefaßt worden ; 
der Urheber dieses Sammelbegriffs war erst Kai- 
kilios; vgl. Tiber, p. 80, 18ff. Alex. p. 33. Zonai. 
p. 168. E. Müller Herrn. XXXIX 447. Über 30 
die Dreiteilung der Figuren, Xe^etog, Xoyov, öia- 
yotag, die erst nach Quintilian auftaucht, s. unter 
Fortunatianus Bd. VI zu III 10 p. 126, 24); 
ötxatoXoyia (Quintil. IX 3, 99) II 3. 

Schließlich ist auf die von Quintilian aus 
Eutilius bezw. G. angeführten Sinnfiguren ein 
Blick zu werfen; freilich ist, da Definitionen und 
Beispiele fehlen, ihre Beurteilung erschwert, doch 
genügt das wenige, was sich feststellen läßt, auch 



veritaiis superlatio), ?iqosx-Öeoiv, quod est dicere, 
quid fieri oportuerit, deinde quid factum sit 
(also etwas anderes als die transitio Ehet. Her. 
IV 26, 35 = Cic. de orat. III 203 propositio quid 
sis dicturus et ab eo quod est dictum seiunetio : 
vgl. Hermog. n. fj,s&. deiv. 12 p. 436), ivavziö- 
znza, unde sint enthgmemata xaz svavzitootv 
(Unterschied vom avziftexov ?) , fiEzdXtjynv etiam, 
quo statu Herrnagoras utitur. 

G. steht also mit seinem Buche inmitten der 
älteren rhetorischen Tradition, von der uns vor 
allein die Ehetorik ad Herennium und Ciceros 
Schriften Kunde geben: er ist Asianer, unberührt 
von den attizistischen Bestrebungen seiner Zeit. 
In Eom wenigstens müssen diese ihm bekannt ge- 
worden sein ; er wird sie abgelehnt haben. So- 
mit ist aus seiner Stilrichtung, für die auch sein 
Buch Zeugnis ablegt, kein Schluß darüber mög- 
lich, oh er das Figurenwerk vor oder nach seinem 



hier die Übereinstimmung oder Berührung des G. 40 Kommen in die Reichshauptstadt geschrieben hat. 



mit der älteren Zeit festzustellen. — driid-szov 
und avayxaTov gehörten nach Quintil. inst IX 2, 
101. 106. 3, 99 bei G. zu den Schemata Mfrajg 
wie diavolag. Das dvayxalov ist als Figur über- 
haupt nur noch an der oben genannten Stelle 
Cic. inv. II 98 nachweisbar. Das dvtißEzov aber, 
das (bezw. die avTifieotg) sonst stets zu den Wort- 
figuren gehört, wird auch Ehet. Her. IV 45, 58 
und Cic7 de orat. III 205 als contentio zu den 



Athenaios Xin p. 567 A (583 D). 596 F (iv zo} 
7tF,gl hatQCüv) erwähnt einen G. aus . Athen als 
Autor ksqI rwv A.&rjvrjoiv haiotdoov; schon Euhn- 
ken p. XIII zweifelte an der Identität dieses und 
des Ehetors, da derartige Stoffe nur Grammatiker 
zu behandeln pflegten. Auch der bei Pollux IX 
1 erwähnte .Sophist', Verfasser eines dvo^aon- 
xöv ßißXiov, dürfte schwerlich mit dem Ehetor 
identischsein(Susemihl501, 181). B. de Ballu 



Sinnfiguren wie (s. o.) zu den Wortfiguien ge- 50 Histoire crit de Teloquence chez des Grecs I, 
stellt. Erst Hermogenes handelt unter seinen " , " " n " ' !1 " J ' -"•<--'■-- * i_:„_-u^. -v^:+ 
oyj)fiaza Xöyov wieder vom dvridsror oyfjixa als 
eines Xoyog öurXaoidCoiv uidvxa tov vxoxsiftevov 
vovv im Gegensatz von der xsotodog und dem 
xvtvjLia, 7i. fig. IV 1 p. 236. Von den übrigen 
bei Quintilian genannten Gorgianischen Sinn- 
figuren sind mit Sicherheit nur folgende zu identi- 
fizieren : minas, id est xazd^rj^iv (Quintil. IX 2, 
103) = Cic. de orat. III 205 comminatio {eom- 



1813, 105 hielt diesen Ehetor Augusteischer Zeit 
für den Verfasser der unter G.s Namen erhaltenen 
Deklamationen Palamedes und Helena. 

Literatur. P. ButiliiLupi de figuris, Aquilae 
Eomani, Iulü Eufiniani 11. ex rec. Dav. Ruhn- 
kenii, ed. C. H. Frotscher, Leipzig 1831; praef. 
Euhnkenii p. Xlff. Ahrens Ztschr. f. d. Alter- 
tums w. I 1843, 153-171. Dzialas Quaest Euti- 
lianae, Breslau 1860. C. Schmidt De Eut. Lup. 



•mendatio codd.); orat 138 ut denuntiet, quid 60 quaestioncs,Festscbr. des Elisabetgymn. Breslau für 



caverent; ärdv^otpood (Quintil. inst. IX 2, 106, 
Tgl. IX 3, 87. Ruhnken hielt auch die andern 
hier erwähnten Figuren für Eutilianisch; dagegen 
bereits Ahrens 157. a<podog und Sti^odog können 
nicht von Rutilius-G. stammen, da ersteres = fie xd- 
ßaotg, Rut. Lup. II 1 a) = Rhet. Her. IV 23, 33 
subiectio (schem. lex.). Cic. de orat III 203 huic 
(rogafioni) finitima quasi pereontatio expositio- 



Görlitz. 1865. Blass Gr. Ber. v. Alex. b. a. Aug., 
Berlin 1865, 97f. Dzialas Ehet. ant. de fig. doc- 
trina, Progr. Breslau Magdal. 1869. Draheim 
Schedae Rut, Berlin 1874. Buschmann Charak- 
teristik, d. gr. Rhet. beim Rhet. Sen., Progr. 
Parchim 1878, 18. Job. Müller De fig. quaest 
crit. I, Greifswald 1880. Th. Krieg Quaest. 
Rutilianae in Comm. pbilol. Jen. VI 1, 1896 



Teuffel-Schwabe 5 Köm. Lit. I 647f. Suse- 
mihi Gr. Lit. d. Alex. II 500f. Schanz Rom. Lit. 
112 345f. Christ 4 Gr. Lit. 781. [Münscher.] 

10). Gorgias aus Athen, Schriftsteller aus nicht 
näher bekannter Zeit, nach Aristophanes von 
Byzanz, zu dem er Nachträge liefert, neben 
Apollodor erwähnt (Athen. XIII 583 d), Verfasser 
eines Werkes über die Geschichte athenischer 
Hetären (ebd. 596 f jieqi sratQcÜv* 567 a miavtl 



der Werbung einer Schar von Jünglingen spielt» 
als zweifelhaft; mit dieser sollen er und Epa- 
meinondas nach dem Gelingen des Anschlags auf 
die Tyrannen, an dem sie sich nicht beteiligt 
hatten, auf dem Markte erschienen sein, um die 
Befreiung zu vollenden (ebd. 34 p. 598 C. D- 
vgl. 25 p. 594 B. Plut. Pelop. 12). Auch die 
weitere Nachricht, daß G. und Epameinondas Pe- 
lopidas und seine Genossen in die VoLksversamm- 



ßtßXia'ÄQioTocpävovg [vgl. Cohn o. Bd. II S. 1004] 10 lung zur Entsühnung für das vergossene Blut 



xal 'AsivZXoötüQov [vgl. Wentzel o. Bd. I S. 2863] 
xoX 'AnfimvLov [vgl. Cohn o, Bd. I S. 18651] 
xal 'AvTKpdvovg [vgl. Kai bei im Index der Athe- 
naeus ausgäbe III 581 u. v.], i'u <5« rogywv xov 
jidrjvalov , JtdvTüiv tovtcov övyyeyga<poTa>v sceqI 
t<£v 'A$t}vi?otv sraiQtdoJv). Auf dem gleichen Ge- 
biet grammatisch-historischer Schriftstellerei war 
außer diesen Grammatikern und besonders dem 
Krateteer Herodikos, dem Verfasser eines Werkes 



geleiteten (Plut. Pel. 12), ist wohl eine damit zu- 
sammenhängende Ausschmückung. Nach Plut. 
Pel. 14 war G, im J. 379/8 Boiotarch, doch steht 
dies in Widerspruch mit der Meldung desselben 
Schriftstellers (ebd. 13), daß unmittelbar nach der 
Befreiung Pelopidas, Melon und Charon zu Boio- 
tarchen gewählt wurden (dazu E. v. Stern Gesch. 
d. spartan. und theban. Hegemonie vom Königs- 
frieden bis zur Schlacht bei Mantinea 61, 1); 



Kto/ucoöovfievoi (Sueemihl Gesch. d. griech. Lit. 20 auch Polyaens Erzählung (II 2. 1) kann dafür 

• ,1 41 J • :a TT nrr\ j_;rj_'_ T7_n- j j_ . _ i_ * ti * _i T / -min -\ir . 1-1 1 



i. d. Alexandrinerzeit II 27) tätig Kallistratos, 
Schüler des Aristophanes von Byzanz (ebd. I 
450). Einen Anhaltspunkt für die Bestimmung 
des Zeitalters, in dem G. lebte, liefert die Beob- 
achtung von Wentzel (a. a. 0.), Quelle des 
Athenaeus bei der Zusammenstellung der Hetären 
im XIII. Buch sei ein attizistischer Grammatiker 
des 1. Jhdts. v. Chr. gewesen. [B. A. Müller.] 
11) Gorgias von Alexandreia, ein Chirurg etwa 



keinen Beweis abgeben (gegen Ed. Meyer Gesch. 
d. Altert. V 375). Damit fällt auch die trotz. 
v. Sterns (Xenophons Hellenika und die boiot. 
Geschichtsüberlieferung 37ff.) Verteidigung ganz 
unglaubliche Geschichte, daß G. im Verein mit 
Pelopidas Sphodrias zu seinem Anschlag auf Athen 
bewog •, zudem schreibt dies Plutarch selbst (Ages. 
24) dem Pelopidas und Melon zu. Viel wahr- 
scheinlicher ist, daß G. nach Thebens Befreiung 



des 2. vorchristlichen Jhdts. (Cels. VII praef,), der 30 wieder zum Hipparchen bestellt ward ; als solcher 



sich besonders der Behandlung von Nabelbrüchen 
gewidmet zu haben scheint (Cels. VII 14). 

[Gossen.] 
12) Athenischer Bildhauer um 500 n. Chr. 
Seine Künstlersignatur steht auf fünf in Athen 
befindlichen Basen, von denen eine bei der sog. 
Gigantenhalle, die übrigen, die sämtlich Weih- 
geschenke an Athena trugen, auf der Akropolis 
gefunden wotden sind, IG I 353 (Loewy Inschr. 



nahm er im Sommer 378 an dem Feldzug gegen 
Thespiai teil, auf welchem durch einen Angriff 
der von ihm befehligten thebanischen Reiterei 
Phoibidas den Tod fand (Xen. hell. V 4, 42ff. 
Polyaen. II 5, % dazu Melber Jahrb. f. Piniol. 
Suppl. XIV 551ff.). Bas Hauptverdienst des G. 
war die Gründung der berühmten ^heiligen Schar 4 
(Plut. Pelop. 18. 19. Polyaen. II 5, 1 ; bei Athen. 
XIII 602 a dem Epameinondas zugeschrieben), 



gr. Bildh. nr. 36), Suppl. p. 91 nr. 373 HO. p. 96 40 die in die Zeit nach Thebens Befreiung fällt 



nr. 373 i«. p. 95 nr. 373 152. p. 101 nr. 373 214. 
p. 201 nr. 373251 (Lolling KaraL r. (v'A&. im- 
yga<p. Movo. I p. 43f. nr. 35 — 38). Danach kann 
es nicht zweifelhaft sein, daß der bei Plinius in der 
chronologischen Tabelle der Erzgießer XXXIV 
49 als Zeitgenosse des Hageleidas und Kallon unter 
der falsch berechneten Olympiade des ersteren 
(87) genannte G. dieselbe Persönlichkeit und das 
dort folgende Laeon nicht, wie man früher an- 



(Meissner Epameinondas Biographie 127ff. 
Grote Hist. of GieecelX' 2 33§); daraus ist die 
Überlieferung von G.s Tätigkeit während der 
spartanischen Herrschaft entstanden. 

Literatur: Sievers Gesch. Griechenlands vom 
Ende despeloponnesischen Krieges bis zur Schlacht 
bei Mantinea 196ff, Ed. Meyer Gesch. d. Altert. 
V passihi. [Swoboda.] 

Gorgippia» Stephanos von Byzanz (s. Svv- 



nehmen konnte, das Ethnikon, sondern ein weiterer 50 Sixog) behauptet, daß einige seiner Quellen G. 



Künstler ist. [C. Robert.] 

Gorgidas, Thebaner, nach Diod. XV 39, 2 
fwo die Codd. rogyia? bieten) mit Epameinondas 
und Pelopidas der bedeutendste Führer Thebens 
zur Zeit seines Aufschwungs; doch steht damit 
nicht ganz im Einklang, daß die Überlieferung 
über ihn sehr spärlich ist. Der Plutarchischen 
Schrift de genio Socratis, einer sonst sehr ver- 
dachtigen Quelle (s. Epameinondas), dürfen 



gleichsetzen mit der griechischen Kolonie 2tvÖi~ 
üoq hfjiriv, die im Lagunengebiet der skythischen 
Sindoi zwischen Kimmerischem Bosporus und 
Kubanmündung lag. B o e c k h (CIG II 99) hat die 
Richtigkeit dieser Angabe bestritten. Zur Ent- 
scheidung ist es notwendig, die historisch-topo- 
graphische Behandlung des , Sindischen Hafens' 
(= S. im folgenden) schon an dieser Stelle vor- 
wegzunehmen. S. gehört, wenn nicht zu den 



wir darin Glauben schenken, daß G. vor 382 das 60 ältesten, so doch zu den älteren hellenischen Grün- 
Amt eines Hipparchen bekleidete, also schon da- J " n ^ ' ,J "■ Tr " * " "" 
mals eine angesehene Stellung einnahm, und daß 
er während der spartanischen Herrschaft in The- 
ben blieb (5 p. 578 C) ; er unterrichtete die the- 
banischen Flüchtlinge in Athen von den Vor- 
gängen in der Heimatstadt (ebd. 1 p. 576 A). 
Dagegen erscheint die Rolle, welche er in der 
geheimen Organisierung des Widerstandes mit 



düngen auf der Ostseite des Kimmerischen Bospo- 
rus, da sich nachweisen läßt, daß es als solche 
schon in dem Periplus aus dem Anfang des 5. Jhdts. 
genannt war, den Sieglin als Grundstock der 
Küstenbeschreibung des jüngeren Skylax. erkannt 
hat. § 73 des Periplus setzt voraus, daß im 
vorhergehenden Abschnitt als letzte und östlichste 
griechische Stadt des sindischen Territoriums S. 



aufgeführt war; aber § 72 schließt die Liste der 
Kolonien mit Bata (im Text Ildtovs), das ostlich 
von S.- lag. In dem Widerspruch dokumentiert 
sich auf das deutlichste die Überarbeitung der 
älteren Vorlage : Bata ist vom Bearbeiter Skylax 
an der richtigen Stelle des § 72 als offenbar neuere 
Gründung, von der er Kenntnis hatte, nachge- 
tragen worden, aber der Anfang des folgenden Ab- 
schnitts wurde aus Unachtsamkeit der Verände- 



des Kubanlimans bis zur tiefen Zemesbucht über- 
haupt kein Einschnitt, der nur im entferntesten 
einem natürlichen Hafen gliche. Die Küste bildet 
bis zum Städtchen Anapa einen flachen, gerad- 
linig verlaufenden Strand, dem nach Süden und 
Südosten ein kaum gegliederter Steilrartd folgt. 
(Strab. 495: zo jiXeqv aXifxsvog xal ÖQsivrj). Die 
Zemesbucht ist der hgog hfirjv des Altertums, 
an dem die griechische Kolonie Bata gegrün- 



mng nicht angepaßt. S. gehört also sicher dem 10 det wurde, auf der Stelle des modernen Nowo- 



älteren Periplus an und bestand schon um 500. 
Die griechische Kolonie hieß nach dem skythi- 
schen Stamm, in dessen Territorium sie lag. Wir 
wissen bestimmt, daß die Sinder, die seit dem 

4. Jhdt. dem bosporanischen Reiche der Spartokiden 
von Pantikapaion dauernd einverleibt blieben, im 

5. Jhdt. noch unabhängig und frei waren ; denn 
sie prägten damals eigene Münzen. Ihr politi- 
scher Mittelpunkt und Königsitz darf für diese 



Rossisk, dem neue Ladeanlagen und die Eisen- 
bahnverbindung mit dem mittleren Kubangebiet 
in den letzten Jahrzehnten zu immer steigender 
Blüte verhelfen. Das oben genannte, 1822 neben 
der ehemaligen türkischen Grenz festung gegrün- 
dete Anapa, wo man gewöhnlich S. sucht, hat 
zwar einen bescheidenen Seeverkehr, aber eine 
völlig ungeschützte, offene Rhede, von der nie- 
mals der Name S. seinen Ursprung hätte nehmen 



frühere Periode natürlich nicht in dem autonomen 20 können. Außerdem ist Anapas Lage schon weit 



griechischen Hafenort gesucht werden. Ander- 
seits nötigt uns die Münzprägung, ihn als städ- 
tisch organisiertes und Handel treibendes Gemein- 
wesen zu denken. Es gab also notwendig damals 
getrennt von dem hellenischen Hafenplatz eine 
Barbarenstadt desselben Namens. Wir müßten 
ihre Existenz erschließen, auch wenn sie nicht 
ausdrücklich bezeugt wäre, zuerst von Mela 1 110: 
Sindos in Sindonum ab ipsis terrarum eul- 



abseits nach Süden von der Kubanmündung und 
den Lagunen, gegen die sich flache, steppen- 
artige Höhen erheben, durchaus unvereinbar mit 
der Beschreibung des Ephoros, die S. auf der 
vijaos zwischen Bosporus und Kuban ansetzt. Aus 
der Beschaffenheit der sindischen Küste folgt mit 
Gewißheit, daß der berühmte Hafen nur inner- 
halb des Kisiltas-Limans, das selbst schon einen 
prachtvollen Naturhafen größten Umfangs dar- 



toribus eondüa est, also ausdrücklich nicht grie- 30 stellt, gesucht werden darf. Das Liman wird gegen 



chische, sondern Barbarenstadt. Diese Notiz Melas 
ist bisher unbeachtet gelassen worden, und die 
sie bestätigende und stützende Unterscheidung 
zwischen S. und Sinda atöjjujj auf der Ptolemaios- 
karte — sie rechnet etwa 200 Stadien für den 
Abstand der beiden Orte voneinander — wird 
allgemein verworfen: mit welcher Berechtigung, 
wird der Fortgang dieser Untersuchung noch deut- 
licher aufweisen. Über die Gründungsgeschichte 
des griechischen Hafens erfahren wir durch Epho- 40 
ros (in dem anonymen geographischen Gedicht 
S88f.), daß es von Kolonisten der benachbarten 
Städte, nicht unmittelbar vom ionischen Mutter- 
lande besiedelt worden war. Ephoros fügt auch 
eine topographische Notiz hinzu, die für die Be- 
stimmung der genauen Lage des Sindischen Hafens 
wichtig genug erscheint: wie Phanagoreia und 
Hermonassa lag er auf der sindischen ,viioog, die 
Sümpfe und Fmßläufc und seichte, vom Asow- 
schen und Schwarzen Meer eindringende Buchten 50 
unzugänglich machen'. Diese Schilderung führt 
uns in das unmittelbare Lagunengebiet der Kuban- 
mündung: wir haben die Stadt nach Westen von 
dieser im Umkreis des Limans Kisiltaä zu suchen, 
und da sie in den Periplen der eigentlichen pon- 
ti sehen Küsten auftritt, an der Südseite des Kuban- 
limans. Nachdrücklich verlangt das immer wieder- 
kehrende, mit dem Namen selber innig verwachsene 
Beiwort h^v der hellenischen Kolonie die Be- 
achtung des Topographen ; es fehlt niemals bei 60 
Skylax, Ephoros, Artemidor, Ptolemaios; Hesych 
notiert unter Sindoi: iori 6h nohg ixü Ziväixog 
Xifiijv Xsyofievr}. Folglich hat sich diese griechische 
Stadt auf der sindischen Halbinsel vor allen andern 
durch einen besonders trefflichen Hafen so sehr 
ausgezeichnet, daß diese Eigenschaft dauernd in 
ihrem Namen zum Ausdruck kam. Nun findet 
sich an dem ganzen Küstenstrich vom Eingang 



das Schwarze Meer durch eine niedrige , langge- 
streckte, P/2— 2 km breite Nehrung abgeschlossen, 
die sich gegen den Ausfluß nach Art einer Schere 
spaltet, Die Arme dieser Schere mögen die Molen 
des antiken Hafenbeckens gebildet haben, die 
griechische Stadt selber nahm den anschließenden 




Achilltion 



Kimme Hon 




\jBata limen 



hermonassa - . 

Korokondame B ^ ta Achaia 



Sindische Halbinsel nach Ptolemaios. 



Teil der Nehrung ein, sodaß sie im Norden das 
Liman, im Süden das offene Meer berührte, von 
beiden Seiten erreichbar. Das war ein außerordent- 
licher Vorteil, und es ist klar, daß der Ort, der 
den Eingang zu dem für die griechische Seefahrt 
unvergleichlich wichtigen Liman beherrschte, eine 
besondere Bedeutung gewinnen mußte. 

Diesen Wahrscheinlichkeitsbeweis der topo- 
graphischen Betrachtung erheben glücklicherweise 
die ältesten uns erhaltenen Maße des Küsten- 
periplus zur völligen Gewißheit. Artemidor (bei 
Strab. 494 und 496 Ende) rechnet von dem 
Dorf Korokondame bis S. 180 Stadien, von hier 
bis Bata 400 Stadien. Aus einer jüngeren Quelle 
{wohl den Mithradatika des Theophanes) weiß 
.Strabon (494 Ende), daß das zuerst genannte 
Dorf nur 10 Stadien nach Westen von der Ein- 
fahrt in das jKisiltas-Liman entfernt ist, und 
«benso setzt es der Anonyinos (FHG Y 182) 
hier an. Für Artemidor liegt es dagegen aus- 
drücklich unmittelbar am südlichen Ausgang des 
Bosporus, 70 Stadien von dem gegenüberliegenden 
^europäischen' Ufer entfernt; und Ptolemaios ist 
jenem auf seiner Karte des Bosporus genau gefolgt. 
Dieser Punkt entspricht dem heutigen Vorgebirge 
Panagia; von hier müssen wir ausgehen, um den 
Endpunkt der Artemidorischen Messung zu finden, 
gleichviel ob der Geograph sich geirrt hatte, als 
er das Dorf Korokondame an den Bosporus rückte, 
oder ob es in seiner Zeit wirklich hier lag. Das 
Versehen erklärt sich wohl daraus, daß Arte- 
midors Gewährsmann den Beginn der Meerenge 
von Kertsch nach dem nächsten Ort bestimmte, 
mochte immerhin dieser selbst noch ziemlich ab- 
liegen. 180 Stadien, von Panagia gemessen, 
führen uns ein wenig nach Osten über den Ein- 
gang des Limans hinaus, d. h. genau an die oben 
angenommene Stelle. Die 400 Stadien, die Ar- 
temidor von S. bis zum Dorf und Hafen Bata 
rechnet, erreichen die Zemesbucht nicht, es 
fehlen bis hierhin etwa 100 Stadien. Aber nach 
«der Ptolemaioskarte stand das Dorf wirklich über 
100 Stadien westlich vom Hafen, der unzweifel- 
haft der Zemesbucht entspricht, also an der 
flachen Bucht im Osten des Abrausees, in die 
sich der kurze Ozerieh ergießt. Artemidor hat 
offenbar irrtümlich Dorf und Hafen zusammen- 
geschoben. Auch der Umstand, daß die Summe 
von 580 Stadien zwischen dem Ausgang des Bos- 
porus und Bata annähernd der Entfernung von 
Kap Panagia bis zur Zemesbucht entspricht, 
macht es wahrscheinlich, daß die geringe Diffe- 
renz durch einen etwas westlich der Bucht ge- 
legenen Endpunkt der Artemidorischen Messung 
zu erklären ist. Jedenfalls bestand die griechi- 
sche Kolonie und Stadt, die Skylax zuerst er- 
wähnt und die zweifellos innerhalb der Bucht 
selbst gegründet worden war, zu Artemidors Zeit 
nicht mehr. Offenbar hatte die hellenische Grün- 
dung den Namen eines einheimischen Gaues (der 
Kerketai) angenommen, dessen kommunaler Mittel- 
punkt natürlich auch räumlich von der Nieder- 
lassung und Stadt der griechischen Kanfleute 
verschieden war und fortbestand, während diese 
schnell wieder verfiel. Dann mochte Artemidor 
leicht genug die ihm bekannte Entfernung von 
S- bis zum Barbarendorf Bata auch auf den ver- 
bogenen Hafen beziehen. Es ist ferner zu be- 



achten , daß Plinius und Aman die Zemesbucht 
als den ,Heiligen Hafen' aufführen und das Dorf 
Bata überhaupt nicht nennen; das scheint gleich- 
falls anzudeuten, daß dieses eben nicht an der 
Bucht selber gelegen war. 

Den Periplus vom oppidum Hieron (so wohl 
ungenau anstatt portus Hieros !) bis Sindtca ci- 
vitas berechnet Plin. n. h. VI 17 auf 67,5 Meilen 
oder 540 Stadien, die auf das genaueste der 

10 Küstenlänge zwischen dem inneren Winkel der 
Zemesbucht und dem von uns angenommenen 
Punkt der Kisiltas-Nehrung entsprechen. Wenn 
Plinius im selben Zusammenhang vom Secheries- 
flusse ad Bospori introüum 88V2 Meilen oder 
708 Stadien zählt (die Summe der Artemidori- 
schen Maße zwischen S. und nordlichem Bos- 
poruseingang beträgt 400 Stadien), so stimmt 
auch diese Zahl mit der Wirklichkeit überein, 
vorausgesetzt, daß der introitus von der Maiotis 

20 her bezeichnet werden sollte. Der Secheries ist, 
wie Karl Müller trefflich gesehen hat, der in 
die Abraubucht mündende Küstenbach Ozerieh. 
Die Plinianischen Zahlenangaben scheinen einer 
älteren Quelle anzugehören, weil sie nicht mit 
der jüngeren, von Theophanes eingeführten Reihen- 
folge der pontischen Völkerschaften, sondern mit 
der Artemidorischen verbunden auftreten (s. u.). 
Es ist natürlich kein Zufall, daß die von Plinius 
überlieferte Entfernung zwischen dem Heiligen 

30 Hafen und S. und Artemidors Messung vom 
Bosporusausgang bis zum Sindischen Hafen den- 
selben Punkt der Nehrung treffen. Die Stelle 
der alten Stadt wird dadurch auf das sicherste 
nahe am Ausfluß des Kubanlimans bestimmt, 
— wenigstens für die Zeit Artemidors und die 
ihm voraufgehenden Jahrhunderte. 

Wir haben aber noch andere und deutlich 
neuere Zahlen für die Südküste der sindischen 
Halbinsel in dem von Arrian teilweise nach eigener 

40 Reiseerfahrung zusammengestellten Periplus des 
Schwarzen Meeres 29 (die Zahlen des Anonymos 
FHG V 183 § 26, stimmen mit denen Arrians bU 
auf je 10 Stadien überein, bestätigen also die Rich- 
tigkeit jener, aus denen sie abgeleitet sein mögen): 
tEQog l*j«*Ji'-Sindike (nicht S- h/u^v\) = 300 
Stadien, Sindike-Pantikapaion — 540 Stadien. 
Die Summe von 840 Stadien kommt der wirk- 
lichen Distanz zwischen Kertsch und Zemesbucht 
ganz nahe, die Einzelzahlen sind also rich- 

oOtig und fixieren die Lage Sindikes bei Anapa. 
Daraus folgt, daß dieses Siudike und S. von- 
einander verschieden sind. Die von Arrian ge- 
gebene abweichende Namensform, der das dem 
Sindischen Hafen organisch verbundene Beiwort 
lehlt, ist nicht zufällig und willkürlich, sie ist 
authentisch. Die Femininendung Sindike bringt 
auch der Anonymos, aber er verwechselt den so 
benannten Ort mit S. , dessen Kenntnis er aus 
älteren Quellen, besonders aus dem namenlosen 

60 geographischen Gedicht schöpft, und fügt dann 
hinzu: ijxoi 2. L, in meiner Zeit Eudusia (zu 
verbessern nach Prokop in Eulysia). Ebenso nicht 
S., sondern Sindicae oder Sindeee auf der Tab. 
Peut. und im Geogr. Rav. 77 und 368; und schon 
bei PlLnms finden wir Sindica civitas , obwohl 
seine, eineT älteren Quelle angehörigen Zahlen 
auf S. zielen. Mela nennt die sindische Barbaren- 
stadt Sindos. Der Anonymos (FHG V 182 § 23. 



25) ist der einzige antike Geograph, der eine 
klare Vorstellung der Konfiguration der dem 
Schwatzen Meer zugekehrten Seite der sindischen 
Halbinsel besitzt; er kennt und beschreibt ge- 
nau die Lage des Kisiltaö-Limans, der Korokon- 
damitis Xt/nvi]. Den Periplus von Sindike zur 
Einfahrt und von dieser innerhalb des Limans 
bis Hermonassa am Ostufer bemißt er auf 440 
Stadien: auch diese Zahl beweist, daß Sindike 
nicht die alte hellenische Kolonie S. auf der 
Kisiltas-Nehrung ist. Wohl aber paßt die Ent- 
fernung sehr gut auf Anapa. Somit kommen wir 
auch auf diesem Wege zu der sicheren Erkennt- 
nis, daß die Ptolemaioskarte richtig zwischen 
S. und der xtöftt] Sinda unterscheidet, die in 
den übrigen geographischen Quellen gewöhnlich 
Sindike heißt. Auch der von der Karte auf 
200 Stadien bemessene Abstand zwischen beiden 
Orten nähert sich durchaus der Wirklichkeit. 
So verzerrt und falsch das Gesamtbild der sindi- 
schen Halbinsel in der kartographischen Wieder- 
gabe des Ptolemaiosatlasses ausgefallen ist, die 
einzelnen Distanzen spiegeln doch das teilweise 
auch -uns noch erreichbare Quellenmaterial zu- 
rück. Wir sahen, wie der Anonymos einen Pe- 
riplus von 440 Stadien zwischen Sindike und Her- 
monassa rechnet; Marinos und Ptolemaios ver- 
mochten allerdings nicht zu erkennen, daß diese 
Zahl für die kartographische Zeichnung minde- 
stens auf die Hälfte reduziert werden müßte, 
weil sie die Länge der Kisiltas-Nehrung zweimal 
enthält, einmal an der Südseite gegen das offene 
Meer und das andere Mal an der entgegenge- 
setzten inneren Küste gemessen, aber sie haben 
sie doch benützt und auf eine gerade Küsten- 
strecke bezogen, die sich in solcher Ausdehnung 
zwischen Sinda und Hermonassa hinziehen sollte. 
Das Dorf Korokondame ist auf der Ptolemaios- 
karte 250 Stadien von Hermonassa nach Westen 
entfernt; auch darin spiegelt sich die Wirklich- 
keit insofern, als dieses Maß dem Längendurch- 
messer des Kubanlimans zwischen der Einfahrt 
und dem Ostende, an dem Hermonassa lag, ent- 
spricht. Aber zugleich wird Korokondame unter 
dem Einfluß Artemidors an das südliche Ende 
der Kertscher Straße verlegt 

Knüpfen wir an dem Ausgangspunkt dieser 
Untersuchung wieder an, so kann nunmehr kein 
Zweifel obwalten, daß jenes in Anapa zu lokalisie- 
rende Dorf Sinda des Ptolemaios und Arrians Sin- 
dike eben der einheimischen sindischen civitas 
entsprechen, deren Vorhandensein wir auf Grund 
der Münzprägung schon für das 5. Jhdt. voraus- 
setzen müssen. Diesem der geographischen Über- 
lieferung abgewonnenen Bilde eine überraschende 
Kehrseite zu geben und eine verlorene Notiz jener 
zu bestätigen und gleichzeitig zu berichtigen, 
reden in Anapa die Steine. Das russische Städt- 
chen hat uns intra terram und als Bausteine der 
türkischen Festungsmauer eine von Jahr zu Jahr 
sich mehrende Fülle griechischer Inschriften der 
Kaiserzeit geschenkt. Von 1894 — 1900 sind so 
mehrere Bruchstücke einer beschriebenen Marmor- 
tafel gefunden worden, deren eines den Stadt- 
namen rogyi[si]ma enthält: folglich lag aller 
Wahrscheinlichkeit nach G. an der Stelle von 
Anapa und ist wirklich identisch mit der sindi- 
schen civitas, wie Stephanos in manchen seiner 



geographischen oder historischen Quellen ange- 
geben fand, nur daß er unaufmerksam Sindike- 
mit S. verwechselte. Die Inschrift ist in Laty- 
sehe ws Inscript. ant. orae sept. Pont. Euxin. 
IV 245f. publiziert. Über Anapa = Gorgippia. 
vgl. Latyschews darauf bezüglichen Aufsatz, 
jetzt in seinen gesammelten , russisch geschrie- 
benen Abhandlungen mit dem Titel Pontika (Pe- 
tersburg 1909) 279. 283. Die Inschrift zeigt, 
10 daß die testliche Überlieferung bei Stephanos s. v. 
nicht mit Dindorf und Meineke in Qorgip- 
peia korrigiert werden darf; die Münzen schreiben 
allerdings Togymnicov (Eckhel LT 339 und Head 
HN 422). Wann hat aber die sindische Civitas 
den Namen G. geführt? Boeckh (CIG II 92. 
99) trug kein Bedenken, den Schwiegervater des 
bosporanischen Königs Pairysades L, Gorgippos r 
den man aus Inschriften kennt, zum Oikisten von 
G. zu proklamieren. Wahrscheinlich meint diesen 
20 G. auch Deinarchos in seiner Rede gegen De- 
mosthenes 43. Dagegen hat Boeckh mit Un- 
recht auch den von Polyaen (VIII 55) Genannten 
mit jenem zu einer Person verschmolzen. Dieser 
ist unbedingt älter und war ein Sohn Satyr os I. 
(um 400), wenn auch nicht sein Nachfolger, wie 
Polyaen wohl irrtümlich berichtet, da G. in der 
durch Diodor erhaltenen Regentenliste der Sparto- 
kiden fehlt. Indessen vereitelt die Abwesenheit 
einer Kolonie G. in der revidierten sindischen 
30 Städteliste des Skylax sicher genug einen et- 
waigen Versuch, die Stadtgründung jenem älteren 
Gorgippos zuzuschreiben. Aber auch gegen 
Boeckhs Kandidaten spricht alles, was wir über 
G. feststellen können. Die Stadtmünzen sind 
nicht älter als das Ende des 1. Jhdts. v. Chr. ; 
und für dieselbe Zeit nennt und kennt in der 
geographischen Literatur als erster und außer 
Stephanos einziger Strabon (495) Gorgipia: etni 
tYe xai r, sv [8h] tjj Zivdixfj , ro ßaotistov t&v 
4Q2tvÖwv 7tlr\olov üaiaTzriQ. Hier wird ausdrück- 
lich nur die Lage der Stadt nahe am Meer her- 
vorgehoben, G. hatte also keinen Hafen, son- 
dern höchstens eine offene Rhede und ist darum 
unbedingt verschieden von S. h^v. Es ist 
außerdem der politische Mittelpunkt des sindi- 
schen Gemeinwesens und die Residenz eines ein- 
heimischen Königs. Solche haben die Sparto- 
kiden, wenn sie seit Leukon I. in ihrem offi- 
ziellen Titel auch König der Sinden, Malten usw. 
50 heißen, offenbar nicht mehr unter sich geduldet; 
Strabons Notiz gilt also nicht für das 4. und 
3. Jhdt. Anderseits kann G. im 5. Jhdt, wohl 
nicht bestanden haben, weil es dann in dem 
älteren Periplus aufgeführt gewesen oder von 
Skylax nachgetragen worden sein müßte. Quellen- 
kritisch gibt sich die Notiz über G. ganz klar 
zu erkennen als Einschub in den Küstenperiplus 
Artemidors, den Strabon seiner Periegese als Leit- 
faden zugrunde legt. C. 496 Ende wird Arte- 
60midoTs Vermessung der sindischen Küste vom 
Ausgang des Bosporus an im Zusammenhang 
wiederaufgenommen; auf Korokondame folgt S. 
und dann Bata: also hatte der ephesische Geo- 
graph weder ein Sindike noch ein G. aufge- 
führt. Das erstere konnte neben S. leicht über- 
gangen oder übersehen werden, G. schwerlich. 
Wir haben alles Recht zu glauben, daß im 2. 
Jhdt Name und Seegeltung G.s noch nicht be- 



o-£-.r~ 



-standen, sie sind jünger als Artemidor. Wir 
können außerdem nachweisen, aus welcher Quelle 
Strabon die Kenntnis G.s geschöpft hat, und 
wer den Namen zuerst erwähnte. In der ethno- 
graphischen Einteilung der pontischen Nordost- 
küste lesen wir 495 Ende: {it-zä 8s Sivdixvjv 
xai ty)v rogywiiav (Karl Müller will hier um- 
stellen zijv xai: das würde dann ein zweites 
wertvolles Zeugnis für die Identität beider Orte 
■sein und ein sehr wertvolles für die gesonderte 10 
sindische Civitas !) im zff tiaXäzn) fj x&v 'Äyaiwv 
Mai Zvyöiv xai 'Rvioymv jiaoailu , zo xMov 
Mipevog xai ögeivr}, tov Kavxaoov ßsgog ovoa. 
Diese Reihe, die auf die Sinder ostwärts die 
Achaier folgen läßt, weicht ab von der älteren, 
wie sie zuletzt Artemidor beschrieben hat: Sin- 



vjuigijjjjia 



1020 



-der,Kerketai, Achaier, Heniochoi (Strab. 496 Ende). 
Außerdem endete für Artemidor das sindische 
Territorium bei Bata an der Zemesbucht, wäh- 
rend die zweite Quelle Strabons das Küstenstück 20 
unmittelbar östlich von G. schon den Achaiern 
zuweist^ (so schreibt auch die Tab.' Peut. genau 
über Sindieae Achei, und der Geogr, ßav. nennt 
zweimal (77. 368) neben Sindeee Acketml). Stra- 
bon hat die Differenz wohl erkannt und fügt 
hinzu, daß oi Mi&Qidazixa övyyQayavrss olg fiä).- 
Xov nQoosxTsov nach den Sindern zuerst die Achaier, 
dann die Zygoi, dann die Heniochoi und dann die 
Kerketai aufzählen. Der Geschichtschreiber des 
Pompeius und Mithradates war Theophanes von 30 
Mytilene; Strabon schätzte ihn hoch und hat 
sein Werk, wie die pontische Völkerliste be- 
weist, auch 495 zur Ergänzung der Artemidori- 
schen Länderbeschreibung ausgenützt. Folglich 
stammt sein Wissen über G. aus Theophanes, 
dessen Geschichte vor 63 veröffentlicht wurde. 
Dieser ist es, der die Stadt zuerst erwähnt hat, 
sie ist wahrscheinlich zwischen Artemidor und 
Theophanes gegründet worden, oder besser, da- 
mals hat der Sindervorort Sinda den Namen G. 40 
angenommen, wohl nach einem König Gorgippos, 
-der dem skythischen, längst hellenisierten Stamm 
nach der langdauernden unmittelbaren Zugehörig- 
keit zum bosporanischen Territorium wieder eine 
gewisse Selbständigkeit gewann. Unter Mithra- 
dates Eupator war das sehr wohl möglich; da- 
mals mag es zuerst wieder einheimische sindi- 
sche Könige gegeben haben, die in der alten, 
immer mehr einer griechischen Stadt gleichenden 
Civitas bei Anapa residierten. 50 

Uns ist freilich jeder genauere Einblick in 
die Geschichte dieser Könige versagt ; wir wissen 
darum nicht, seit wann sieh die Stadt der völligen 
Freiheit und Unabhängigkeit von der bospora- 
nischen Herrschaft erfreute, in der wir sie Jahr- 
zehnte später zur Zeit der pontischen Wirksam- 
keit Agrippas finden. Damals versucht der bos- 
poranische König Polemon I. mit List und 'Ge- 
walt G. zurückzuerobern, fällt aber in die Hand 
semer Gegner und wird hingerichtet. Strabon, 60 
der das berichtet (495), nennt als Feinde Po- 
lemons und Herren G.s merkwürdigerweise nicht 
die Sinder, sondern die bei ihm zuerst auftre- 
tenden Aspurgianoi, fiEraH ^avayogdag oixovvzsg 
*m! * ^ nevxax °™°t$ azaSioig, Die Distanz 
gut offenbar für einen Landweg, der, die beiden 
Städte verbindend, im Norden das Kubanliman 
umging; sie läßt sich mit der Ansetzung G.s in 



Anapa sehr wohl vereinigen. Wir sehen, diese 
Aspurgianoi hatten das gesamte sindische Terri- 
torium inne ; waren sie vor kurzem erobernd hier 
eingedrungen? hatten sie die alten Bewohner 
unterworfen? Strabon führt beide als Stämme 
der Maioten auf, ohne sich um die geographische 
Schwierigkeit zu kümmern, wie zwei verschie- 
dene Völkerschaften genau denselben Landstrich 
bewohnen können. Er bricht die längere, aus 
irgendwelcher Quelle exzerpierte Liste deT maio- 
tischen Stämme mit der Bemerkung älloi nldovg 
ab, um dann fortzufahren : tovtcov (nämlich Stäm- 
men) fr doi y.ai ol 'AaxovQyLavoi usw. Diese An- 
knüpfung zeigt, daß in der Aufzählung jener 
Quelle die Aspurgianoi noch nicht genannt waren. 
Erst Strabon trägt sie nach, wohl aus eigener 
Kenntnis der Tagesereignisse, die jene in° den 
Gesichtskreis der römisch-griechischen Welt ge- 
bracht hatten. Über ihre Sitze orientierte er 
sich in einem offenbar zeitgenössischen geogra- 
phischen Werke, wie die beigefügte, die Ausdeh- 
nung ihres Territoriums genau bestimmende Sta- 
dienzahl verrät; er fand sie dort stillschweigend 
an Stelle der Sinder eingesetzt. Als Quelle kommt 
wohl nur Agrippas Karte der Porticus Vipsania 
in Betracht ; die Benutzung der Vermessung der 
Landstraße zwischen G. und Phanagoreia deutet 
direkt auf sie hin. Sie ist dann auch von Ptole- 
maios und dem Bearbeiter der Tab. Peut. be- 
nützt worden, die beide, wie Strabon, einen Volks- 
stamm der Aspurgianoi verzeichnen. Ptolemaios 
setzt sie zwar an den Ostrand der Maiotis, aber 
zwischen die Städte Tyrambe und Gerusa, die 
in Wirklichkeit noch zur sindischen Halbinsel 
gehörten; mit ihnen also auch die Aspurgianoi. 
Läge in der ethnischen Bestimmung der Aspur- 
gianoi ein Irrtum vor, so müßte er schon von 
der gemeinsamen Quelle, also von Agrippa, be- 
gangen worden sein. Da dieser persönlich am 
Bosporus tätig war, ist ein solcher Irrtum sehr 
unwahrscheinlich, und mit ihm fällt die neuer- 
dings vertretene Hypothese (s. o. Bd. IIT S. 779), 
daß die Aspurgianoi kein Volksstamm, sondern 
die Parteigänger des Aspurgos seien, dessen Herr- 
schaft über den Bosporus für die letzten Jahre 
des Augustus und unter Tiberius gesichert ist. 
Die Ableitung des Personennamens Aspurgos von 
dem Ethnikoh ist im skythischen Gebiete zu- 
mindest nicht selten; vgl. SauTomates, Skythes. 
Auf den Inschriften nennt Aspurgos seinen Vater 
Asandrochos: diesen mit dem bosporanischen 
König Asander gleichzustellen, haben wir bei 
der Differenz der Namen das allergeringste Recht. 
Wenn dem Asandrochos der Königstitel bei- 
gelegt wird, so war er offenbar König der As- 
purgianoi, nicht des Bosporus, und residierte 
in G. Wir dürfen in ihm gewiß jenen Herrscher 
erkennen, den Polemon I. unterwerfen wollte und 
dem er selber unterlag. Aspurgos wurde sein 
Nachfolger auf der sindischen Halbinsel und in 
G. und eroberte später von hier aus den ganzen 
Bosporus. Von wo die Aspurgianoi gekommen 
waren, seheint bei dem Mangel jeglichen Mate- 
rials eine müßige Fräse. Das Ethnikon gibt sich 
als nicht-skythische Bildung; in Germanien ver- 
gleichen sich die Nertereanoi (Ptolem. II 11, H) 
der Endung nach, in der Stammsilbe die Visbur- 
gioi (Ptolem. H 11, 11), die nördlich vom Kiesen- 



gebirge zu suchen sind, und die noch weiter nach 
Osten wohnenden Burgiones; das Riesengebirge 
heißt Askiburgion (Ptolem. II 11, 5) und ebenso 
«in Ort am Rhein; sollten die Aspurgianoi in Süd- 
rußland ein versprengter germanischer Stamm ge- 
wesen sein, wie die Bastarnen, — die ersten Vor- 
läufer der Krimgoten? 

Woher sie aber auch gekommen waren, jeden- 
falls erfreute sich unter den neuen Herren G.- 
Sindike einer unzweifelhaften Blüte. Die Be- 
deutung und Seegeltung der Stadt bezeugt auf 
den Münzen die prora, ihren hellenistischen Cha- 
rakter dokumentieren die Inschriften. Plmius 
kennt sie als civitas Sindica und überträgt die 
für den Sindischen Hafen geltenden Zahlen des 
Küstenperiplus , die er in älteren Quellen fand, 
unbedenklich auf sie. Das scheint dafür zu 
sprechen, daß damals die griechische Kolonie 
S. nicht bloß nicht von G. überflügelt worden 
war, sondern überhaupt nicht mehr bestand und 
vielleicht schon seit längerer Zeit verfallen oder 
verstört lag. Ganz sicher fand es weniger als 
ein halbes Jahrhundert später Arrian bei seinem 
Besuche der sindischen Küste nicht mehr. Er 
sah nur die Stadt Sindike und legte auf ihrer 
Rhede an. Wenn dagegen Marino s-Ptolemaios 
für annähernd denselben Zeitraum sowohl den 
Sindischen Hafen wie Sinda auf ihren Karten ein- 
tragen, so zeigt schon die Bezeichnung der letz- 
teren als kgV*?/, daß jene, ohne Kenntnis der 
gegenwärtigen Zustände, längst veraltete Quellen 
verarbeitet haben. In einem Punkt kam ihnen 
ihre Unkenntnis freilich zustatten. Wir sahen, 
daß eigentlich nur Strabon aus gewissen geo- 
graphischen und historischen Quellen von der 
Stadt G. wußte; sonst ist der neue Name der 
alten sindischen civitas so gut wie allen ver- 
borgen geblieben. Er hat sich ganz deutlich auf 
die Dauer nicht einbürgern können; Arrian hört 
ihn nicht mehr an Ort und Stelle, und wenn Mela 
nur von der SindeTstadt Sindos, Plinius nur von 
der Sindica civitas sprechen, so war der Name 
G. anscheinend schon damals verschwunden. Wahr- 
scheinlich hatte neben ihm Sindike immer Geltung 
behalten und verdrängte den neuen Namen bald 
wieder völlig, so daß er kaum viel länger als ein 
Jahrhundert bestanden hat. Der späte Anonymos 
kennt und nennt noch Sindike, aber er fügt hinzu, 
daß es in seiner Zeit vielmehr Eulysia heiße. 
Es war im 6. Jhdt. noch immer in Blüte und 
Hauptstadt und Hauptrhede des hunnischen König- 
reichs Eulysia. das von der Tanaismündung bis 
zu den Kubanlaguuen reichte. Ähnlich hatte 
Jahrhunderte früher Sindike zugleich das Terri- 
torium der Sinder und ihre Stadt bezeichnet. 
Dann lag die Stadt wüst, bis Ende des 18. Jhdts. 
die Türken eine Grenzfestung gegen die Russen 
hier erbauten und nach Vertreibung jener diese 
neben der Burg eine neue Stadt anlegten, Anapa. 
das nun ganz neuerdings einigen Aufschwung 
nehmend von ferne an die uralte Vergangenheit 
erinnert. [Kies.sling.] 

Gorgippos. 1) Sohn des Pythippos aus Chalkis. 
lI[oii]]ti)[g oarv](>aiv. Er siegt bei den Soterien 
in Akraiphiai Mitte 1. Jhdts. v. Chr., IGS I 2727. 

2) r. roQyioq aus Tegea (KQaQta>Tijs). Siegt 
bei den Olympien in Tegea, Le Bas II 338 b. 

[Kirchner.] 



Gorgo. 1) Gorgo, das in der Literatur viel- 
genannte und in der Kunst unzähligemal gebil- 
dete Ungeheuer der griechischen Mythologie. *) 
A. In der Literatur. 
I. Quellen. Schon früh ist zur fast all- 
einigen Herrschaft die argivische Sage gelangt, 
die die G. eng mit Perseus verbindet. Durch sie 
sind die übrigen, z. T. sicher ursprünglicheren 
Sagen so in den Hintergrund gedrängt worden, 

10 daß sie uns nur bruchstückweise kenntlich sind. 
Bei der Dürftigkeit der älteren Überlieferungen 
— Homer, Hesiod, Pindar, Pherekydes von Athen 
iv tfj ösvzioq. bei Schol. Apoll. Rhod. IV 1515; 
von den Tragikern scheinen Aischylos mit den 
<PoqxIÖ£$ und Euripides mit der Andromeda am 
meisten auf die Folgezeit gewirkt zu haben; 
daneben müssen des Aischylos Polydektes, die 
Andromedadramen des Phrynichos, Sophokles, 
Lykophron, des Euripides Diktys, des Aristias 

20 Perseus und schließlich von Komödien die Ueqi- 
<pioi des Kratinos und die FoQyöveg des Heniochos 
(bei Kock CAF IT 431) Bezügliches enthalten 
haben ; ich werde darüber demnächst im Rh. Mus. 
handeln — , sind wir auf die Altes und Junges 
wahllos mischende und dämm mit größter Zu- 
rückhaltung zu benützende jüngere Literatur viel- 
fach allein angewiesen, die in vielen Stücken 
durch die für die ältere Zeit reichlicher fließende 
Quelle der Kunstdenkmäler zu ergänzen und zu 

30 kontrollieren ist. Das reichlichste Material im 
Zusammenhang geben Apollodors Bibliothek (aus 
der Tzetzes zu Lykophr. 838 das meiste schöpft, 
doch auch andere Quellen zuzieht), einige Scholien, 
Ovid und Lucan. Die sehr häufige Verwendung 
einzelner Sagenmotive bei fast allen übrigen römi- 
schen Dichtern liefert kaum etwas Förderliches. 
Für die Geschichte der antiken Deutung steht das 
Wichtigste bei Diodor, Pausanias, Athenaios und 
den Mythographen. 

40 II. Namen. Die zweifellos einzige alte Form 
ist FoQydi, rooyovg, Hom. IL VIII 349. XI 36. 
Hesiod. Scut. 224. Herod, II 91 (gen. F6oywg 
Sapph. frg. 45, doch nicht die mythische G.); acc. 
plur. FoQyovg Hesiod. Theog. 274. Für den Plural 



*) Übersicht. 

A. In der Literatur. 

I. Quellen. 

II. Namen. 

r n III. Der Sagenbestand. 1. Zahl. 2. Wohnung. 3. Lo- 
kale, die durch die Sage mit der G. verbanden 
werden. 4. Eltern. ■ 5. Beschreibung. 6. Schön- 
heit. 7. Tötung, 8. Versteinerung. 9. Bluts- 
tropfen. 10. Mittelalterliche Fortbildungen. 11. G 
und Poseidon. 12. G. und Athena. 13. G. und 
verwandte Wesen. 
IT. Deutungen. 1. Antike Deutungen: a) Einfache 
Skepsis: b) G. als Königin: c) G. als Amazonen; 
d) G. als Hetäre: e) G. als wildes Tier: O G. als 
Mondgesicht ; g) Moralische Deutung. 2. Moderne 
Deutungen: a) Physikalische; b) Zoologische: 

60 C ) Personifikation einer Idee: d) G. als Mondge- 

sicht: e) G. als Gewitterwolke. 

B. In der Kunst. 

I. Allgemeines. 

II. Ganzfigurige Darstellungen. 1. Tötung der Me- 
dusa. 2. Flucht und Verfolgung des Perseus. 
3, Beschreibung. 

III. Das Gorgonelon. 1. Zweck und Verbreitung. 
2. Entwicklung : a) Der archaische Typus ; b) Der 
mittlere Typus ; c) Der schöne Typus. — Literatur. 



wurde dann allgemein, bei dem Fehlen eines sol- 
chen für die -«»-Stamme (Kühner-Blaß Ausfährt. 
Gramm. 1 1, 454), der erweiterte Stamm rogyov- 
zu Hilfe genommen, zuerst bei Hesiod. Scut. 230 
(Fogydvsg neben 224 Fogyovg !), dann bei Aesch, 
Prom. 799 Fogydvsg ; Choeph. 1048 Fogvdvatv ; 
Eum. 48 Fogydvag. Pind. Pyth. XII 7 Gen. Plat. 
Phaedr. 229 D Gen. Xenopb. symp. 4, 24 Acc, 
Vom Plural drang der Stamm Fogyov- in den 
Singular ein. Pindar hat ihn regelmäßig (Ol. XIII 
63 und Nem. X 4 Fogyovog-, Pyth. X 46 Fogyova), 
Euripides seh wankt je nach dem Versbedürfnis 
zwischen Fogyovg (Ion 1003. 1055. 1265 ; Or. 1521) 
und roQyovos (Ion 1015; Her. 990. frg. 123 und 
360, 46); Fo Q7 6va Ion 989; Or. 1520 frg. 351, 2; 
doch steht Phoen. 456 rogyövog ohne Verszwang. 
Ion 1421 und Ehes. 306 ist Fogycov vor Konsonant 
überliefert, wo die Editoren Fogyoj mit Unrecht 
herstellen; Her. 882 Fogyow vor Vokal. Bei Ari- 
stophanes (8 mal Singular, 3 mal Plural, s. Dun- 
bar Concordance to the comed. and fragm. of 
Arist.) und den Späteren ist Fogyov- auch für den 
Singular durchgedrungen (Apoll. Eh od. IV 1513. 
Diod. Apollod. Paus, Lucian. und Athen, mehr- 
mals; Strab. X 5, 10 p. 487. Plut. Mor. 1122 A 
usw.) und unterscheidet die mythische G. von den 
vielen Trauen mit Namen Fogyoj, -ovg. Nur 
Palaephatus schreibt . prinzipiell Fogyw, Fogyovg 
usw., ebenso der Verfasser der ps^-lukianischen 
Eixöveg 1 im Gegensatz zum echten Lukian. In 
der Spätzeit und bei den Byzantinern ist die Form 
Fogyörfj üblich (das Material zum Teil in den 
Lexika von Stephanus, bei dem man auch die 
belanglosen Bemerkungen der alten Grammatiker 
findet und Pape-Benseler III, sowie bei 
Kühner-Blaß Ausf. Gramm. I 1, 497, doch ohne 
die hier gegebene Entwicklung). Eine alte Parallel- 
bildung ist yogyäSeg: yogyäöcov äliddcov. AaidäXai 
2o<po*% Hesych. I p. 442 (= Soph. frg. 166 N.2)* ; 
ebd. yogyides' at atxeavtdeg. Zonar. lex. p. 448 
yogydbeg- ai deanoivai. Suid. und Phot. lex. s. 
jiloxwv FogydSog (vgl. S. 1635). Lycophr. 1349. 
Plin. n. h. VI 200 (vgl. S. 1633 und 1643). Sehr 
früh bezeugt ist das Adjektivum Fdgyetog: Foq- 
•/efy xerpalf} Hom. IL V 741 und Od. XI 634; 
xagtjvoig Fogydoig Hesiod. Scut. 237; Fogyeiot- 
oiv . . . rvxoig Aesch. Eum. 49 (neben 48 Fogyo- 
vag). Nonn. 7 mal, s. Köchlys Index. Gemäß 
der skizzierten Namensentwicklung muß später 
Fögystog durch Fogydvetog ersetzt werden, Aesch. 
Prom. 793 Fogydvsia j«dYa; Plut. Them. 10 Fog- 
yövsiov (seil, xägrjvov} usw.; Orpheus bei Clem. 
Alex, ström V 49 Fogyoviov (vgl. S. 1644); eben- 
so Tzetz. zu Lyk. 838. Über sonstige Ableitungen 
und Kompositionen s. die Lexika (alt sind Fog- 
yoyova, yöQy&Tug, yogycoxdg, yogycby, komische 
Bildungen des Aristophanes Fogyoloyag (-ya) 
und rogyovcoTog). Die Körner flektieren gewöhn- 
lich Gorgo oder Qorgon, Gorgonis usw., nicht 
selten mit griechischen Kasusformen : Acc. Gor- 
gona, Nom. plur. Gorgonis, Acc. Gorgonäs-, sel- 
ten ist Gen. Gorgus, eine vereinzelte Kühnheit 
Ablat. Gorgo Cir. 31 (wenn es richtig ist), in der 
Spätzeit, parallel der byzantinischen Iogyovt}, ge- 
läufig Gorgona, -ae. Belege s. bei Forcellini- 
de Vit Onomast. lat. Georges Lexic. <L latein. 
Wortfoimen, Nene- Wagener Formenlehre (s. 
Index). Sehr häufig ist das Adjekttvum Gorgonem : 



aiae Sil. ItaL XIV 576; caballv» luv. in 118; 
caput Ovid. met. IV 618; erines Luc. Phars. VII 
149; dämm Ovid. met. IV 779; equus Ovid. fast. 
HI 450. Pont.IV 8, 80. Stat. Theb. IV 61; fons 
Fulg. mitol. I p. 8, 6. 12, 19 Helm.; furores SU. 
ItaL X 435; gelu Claud. cantt. min. 53, 112; 
liydrae Claud. XXXV (de raptu Pros. LT) 225; ? 
monstrum Manil. V 508; orbes Stat Theb. LT 278- 
os Sil. ItaL IX 442; sanguis Manu. V 595; 
10 tkalanti Claud. VIII (de IV. cons. Hon.) 37 * 
veneria Verg. Aen. VLT 341; vultus Sil. ItaL IV 
234 usw., vgl. Forcellini; Gorgonia — Koralle- 
hat Plin n. h. XXXVLT 164. Mit der psychologi- 
schen Abbreviatur, die die Grammatiker pars pro- 
toto nannten, brauchen Gorgo für das ganze Kleid 
der Minerva Prop. IV (V) 9, 58. Verg. Aen. II 616 
luv. XII 4 und besonders Claud. XXIV (de cons» 
Stil. LH) 168. V 

Als ursprüngliche Bedeutung des Namens Fogyd> 
20 ist wohl nach den verwandten Sprachen (sanskr. 
garj schreien, drohen, kirchenslav. groj-a drohen, 
groz-a Schrecken , yagyagig • &6gvßog Hesyeh.' 
Fick VergL Wörterb. der indogerm. Spr.2 59f. 
Röscher 59. 93f.) ,die furchtbar Brüllende' an- 
zusetzen. Indes war diese Grundbedeutung bei 
den Griechen vergessen und nur der allgemeine 
Begriff des Furchtbaren, Wilden, mit besonderer 
Hervorhebung des Wilden im Blick (gemäß der 
Ausgestaltung des Mythos) festgehalten worden, 
30 wie die nach Ausweis der Belege offenbar jüngeren, 
erst aus dem begrifflich typisch gewordenen Eigen- 
namen FoQycö abgeleiteten appellativen Bildungen 
yogyag (zuerst Aesch.) , yoQyonje (nur Gramm.) r 
yoQyoofxai (nur Xen. de re equ. 10, 4) zeigen. 
Von den seit Hesiod. Theog. 276 oft genannten 
Einzelnamen sind Sfawm (neben 2$ev<ö, nicht 
auch S&erouoa, vgl. Schol. Pind. Pvth. XII 18 ed. 
Drachmann. Ezach zur Hesiodstelle. Gruppe 
1155, 1) ,die Starke' und Evgvdlrj ,die Weit- 
40 springende' (vgl. Wagner o. Bd. VI 8. 1316; s. 
auch u. 8. 1650. Eos eher 120) durchsichtig. 
Größere Schwierigkeit setzt durch seine Allgemein- 
heit dem Verständnis der dritte Name, Miöovaa 
,die Herrscherin', entgegen. Ihn auf die hervor- 
ragende Stellung der Medusa unter ihren Schwestern 
zu beziehen (die auch die euhemeristischen Deuter 
empfanden, die sie zur Königin der Gorgonen 
machten, s. u. S. 1642), ist ein naheliegender,' 
aber kaum befriedigender Gedanke. Gruppes 
50 Erklärung (S. 1141), der MiSovaa als Kurzform 
zu EvQvfiedovoa, entsprechend dem Namen Evqv- 
ftedcov des mit der Medusa früh verbundenen 
Poseidon (vgl. S. 1640) nimmt, wird nicht viele 
Gläubige finden; vgl. übrigens Apoll. Ehod. IV 
1512, wo gerade bei Erwähnung der G.-Tötung 
Perseus ^ der Name Eurymedon gegeben wird. 
Sehr wichtig scheint mir, bei den engen Be- 
ziehungen der G. zu Athena speziell in Athena 
(vgl. S. 1641) , die Tatsache , daß dort Athena 
60Polias den Kultnamen 'Afyvwv paMovoa führt 
(fehlt bei Gruppe 1719). vgl. Aristoph. Equ. 763. 
Plut. Them. 10. IG XII 1, 977. CIG II 2246. 
Epitheta der G. sind : äygia btqxofxivoi (Hesiod. 
Scut. 236), cbiXrjTot, ßXoovgünig, ßQoxoözvyeig, 
östvq, Setvov deßxoficvt), Sewov xeXcogoy, dgaxovzö- 
fiaXioi, xarajTieQot, fiagfiaQ&me (Lycophr. 843), 
otptwdris, ov yazal, afiegÖv^, xigag Amq (Belege 
bei Boscher 137; fehlt bei Bruchmann Epith. 



deor.) : die römischen Epitheta gibt Carter Epith. 
deor. 40 und 67. 

HL Der Sagenbestand. 1. Zahl. Die 
Geschichte des Namens zeigt, daß der ursprüng- 
liche Mythos nur eine G. kannte. Dem ent- 
sprechen die vier Homerstellen (IL Vffi 349. XI 
36. V 741; Od. XI 634) und die Tatsache, daß 
dauernd Medusa als G. xax igoxtfv den Vorrang 
vor ihren mehr im Schatten bleibenden Schwestern 
behauptet Die Verdreifachung ging gleichsam 10 
organisch hervor aus der allgemein ethnischen, 
uralten und ewig jungen, auf griechischem Boden 
besonders bei weiblichen Gottheiten wirksam ge- 
wesenen Tendenz, Trinitäten zu bilden (Gruppe 
1088n°. Auson. griph. tern. num. 84). Versuche, 
eine besondere Erklärung der Dreizahl im Falle der 
G, zu liefern, sind darum von vornherein falsch, 
ebensowohl üoschers(S. 110) Kombinierung mit 
der Dreizahl der Gewittererscheinungen ßgorrj, 
äoTQajzr), xEQGLvvog und der Gewitterkyklopen (die 20 
vielmehr sämtlich unabhängig voneinander dem 
Trinitäten gesetz ihr Dasein verdanken, wie die 
Gewaltsamkeit der Teilung im ersten Falle zeigt, 
Röscher 104f.), wie Dümralers Einfall (s. o. 
Bd. II S. 2006) , die Schwestern der Medusa für 
ihre Erinyen, welche erst aus ihrem Blut ent- 
stehen, zu halten. Da die Sage nur von der 
Tötung einer G. wußte, so war es die natürliche 
Konsequenz, daß man den mythologisch jüngeren 
Schwestern LTnsterblichkeit gab (Hesiod. Theog. 30 
277 fj fxev e'ijv dviqTri, at <5' a&avdtco ttai dyrjQCü), 

2. Wohnung. Fast alle Angaben kommen 
darin überein, den Aufenthaltsort der G. im 
äußersten Westen anzusetzen. Hesiod. Theog. 
274 a" vaiovoi siEQtjv xXvxov *Qx$glvoTo $G%a.Tif} 
TtQog vvtitog, iv 'Eoneqibeg Xiyvtptovoi (v. 279 iv 
itaXaxqj Xein&vi xat äv&soi dapivoToi auf den 
Göttergarten im Westen zu beziehen und als 
weiteres Zeugnis zu nehmen, wie Röscher 24ff. 
tut, heißt den Sinn der Worte pressen). Gleich 40 
lauten die Zeugnisse des Pherekydes bei Schol. 
Apoll. Ehod. IV 1515. Apollod. bibl. II 4, 2, 6. 
Quint. Smyrn. X 195. Tzetzes zu Lycophr. 653. 
838 nennt Tartesos in Iberien. Libyen nennen 
Eurip. Bacch. 990. Aristoph. Ean. 475 mit Schol. 
Suid. s. rogyoveg Tt&gdouxi. Herod. LI 91. Diod. 
m 52, 4. Paus. LI 21, 6. HI 17, 3. Palaeph. 31. 
Schol. Pind. Pyth. X 72. Athen. V 221 B. Lucian. 
dial. mar. 14, 2. Nonn. XXIV 38. Ovid, met. IV 
617ff. (der 772 die Behausung der G. gelido sub 50 
AtlanU liegen läßt, vgl. Orph. Lith, 542ff.). 
Lucan. IX 619ff. Sil. ItaL HI 314ff. (vgl. Claud. 
Vni 374ff.). luv. XLI 4: Gorgone Maura u. a. m. 
Strab. VII 3, 6 p. 299 nennt die Fogyovayv xatoc- 
xia zusammen mit der der Hesperiden. Nach 
den Kvagia em? frg. 21 Kinkel (vgL Zenob. V 86. 
Suid. und Phot. s. Sagji^&ovta (bezw. Sagjirjdcbv) 
aarnj. Palaeph. 31) wohnen sie auf der Okeanos- 
insel Sarpedon oder Sarpedonia. Dieser dürften 
des PlininB (n. h. VI 200) Gorgades iwulae ent- 60 
sprechen, die im Atlantischen Ozean zwei Tage- 
reisen vom Kontinent nach Westen liegen sollen. 
Wenn Palaeph. 31 Phorkys einen Aithiopen nennt, 
so fugt er selbst als Lokalbezeichnung «?o> zmv 
"Hgaxlcico* otijXwv hinzu (wozu ßo scher 27, 50 
Hom. Od. I 23 und Strab. I 2, 26 p. 33 vergleicht). 
Dem allem widersprechen nur zwei Ansätee : Aesch. 
Prom. 793, WO Fogydyeta neMa Kt<y&rp>r}g ge- 

Pauly-WlMOwa-KroH TO 



w>rgo 



J.OSJ4 



nannt werden, die er im äußersten Osten ansetzt, 
und Schol. Pind. Pyth. X 72, wo neben Libyen 
die Variante iv rotg "Egv&gaiotg fii&eot . . . iv rotg 
Al&iomxotg, ä San siQog ävaroÄyv xat /leatjfißQtav, 
erscheint. Wichtiger als dieser vereinzelte Wider- 
spruch gegen den üblichen Consensus ist eine 
andere sehr alte Überlieferung, nach der die G. 
als höllisches Ungeheuer im Hades wohnt: Hom. 
Od. XI 634 (Odysseus furchtet, daß ihm Perse- 
phone eine Fogyeit] xetpakr) Ssivoto stsXcogov aus 
dem Hades her auf sendet) und Aristoph. Ran. 475, 
wo im Hades Aiakos gegen den Eindringling 
Dionysos -Herakles die G. herbeizurufen droht. 
Als ein Versuch, diese Version mit der herrschen- 
den in Einklang zu bringen, ist die Angabe des 
Apollod. bibl. LT 5, 12, 4 zu beurteilen, der nur den 
Schatten der toten G. Medusa in der Unterwelt 
weilen läßt; ebenso steht es bei Verg. Aen. VI 
289, wo Aeneas wie Herakles bei Apollodor das 
Schwert gegen die Ungeheuer im Vorraum des 
Hades zückt, aber von seiner Begleiterin von der 
Zwecklosigkeit dieses Tuns gegenüber den Schat- 
ten unterrichtet wird. Natürlich ist dieses mytho- 
graphische Deuteln nur eine Entstellung des 
älteren Gedankens, der unter den nach allgemein- 
ethnischer Anschauung auf dem Wege zum Jen- 
seits leibhaftig, nicht als Schatten, untergebrach- 
ten Ungetümen (vgl. Norden Komment, zu Verg. 
Aen. VI S. 209) die G. nicht fehlen lassen konnte. 
Eine solche rogyEfy xefpaXrj, auf den Unterwelts- 
wassern schwimmend, meint Furtwängler 
Strena Helbigiana p. 91 in einem von ihm ebd. 
p. 86 abgebildeten Gorgoneion erkennen zu sollen. 
In der mythischen geographischen Vorstellung 
bedeuten aber die Bestimmungen ,am Eingang 
des Hades' und ,im äußersten Westen* nichts 
wesentlich Verschiedenes, sondern fließen inein- 
ander über. Am Ende der Welt geht es ins Jen- 
seits, und auch schon in den Regionen, die noch 
nicht zum Hades gehören, scheint weder Sonne 
noch Mond (Aesch. Prom. 794ff.). 

3. Lokale, die durch irgend einen Sagenzug 
mit der G. verbunden werden, sind: a) Argos 
Paus. II 21, 5: Grab des G.-Hauptes auf der 
Agora; b) Chemmis in Ägypten Herod. LI 91: 
alter Kult des von Libyen mit dem G.-Haupte 
dort eingekehrten Perseus; c) Ikonion Eustath. 
zu Dionys. perieg. V 857. Suid. s. Meöovaai die 
Stadt benannt nach dem Bilde, das Perseus dort 
gestiftet hat; d) Mykale, Mykalessos, My- 
kenai benannt nach dem ftvxr)&p6g der G. (Be- 
lege S. 1636); e) Tegea, wo die Locke der G. 
verwahrt wurde, vgl. S. 1635. Verzichtet muß 
werden auf eine Aufzählung der Städte, die das Gor- 
goneion als Münztypns benutzten (vgl. S. u. 1651). 

4. Eltern. Nach Hesiod. Theog. 270ff. sind 
die G. Kinder des Phorkys und der Keto, was 
mit ihrem Wohnen am Okeanos und ihrer ge- 
legentlichen Bezeichnung als ältdfeg (s. S. 1631) 
im besten Einklang steht. Neben dieser herr- 
schenden Überlieferung — die auch für Kypria 
frg. 21 Kinkel anzusetzen sein dürfte; vgl. übri- 
gens Apollod. 1 2, 6. SchoL Apoll. Rhod. TV 1515. 
Palaeph. 31. Paus. II 21, 5. Lucan. IX 646. 
Fulg. mit I 21 und den bei den römischen Dich- 
tern häufigen Beinamen Phoreis oder Phoregnis 
der G. und Medusa (Carter Epith. deor. 40 und 
67) — steht vereinzelt die Version des Eurip. 

52 



iw» uorgo 

Ion JH&£* daß Ö- In Phlftgra zum Kampfe gegen 
die Witter gleich, den Gigfcnten von Gaia geboren 
wordßa sei (vgl S. 16411). Eine törichte Ver- 
wechslung begeht Tzetzes zu Lycophr. 838, der 
G. zur Tochter Poseidons macht (vgl. S, 1640). 
5« Beschreibung. Homer spricht nur vom 
G.-H&upt, an dem neben der allgemeinen Charak- 
terisierung als Bild des Grauens der furchtbare 
Blick hervorgehobeil wird, II. VIII 349. XI 36. 
Er bleibt dauernd das wesentliche Charakteristi- 
kum, aus dem die begriff liehe Prägung der Worte 
yoQy&mg, yoQymnog usw. (vgl. Röscher 74, 143) 
hervorgegangen ist. Vgl. Eurip. Her. 990 dygioi- 
Ttbv optfia FoQyovos u. a. m. Daß in diesem Blick 
die Versteinernde Kraft der G. liegt, ist bei Lucan. 
IX 680 darin ausgedrückt, daß Pallas der G. die 
Haare über die Augen streicht, da sonst weder 
sie selbst noch der abgewandte Perseus der ver- 
steinernden Wirkung Widerstehen könnten. Als 
älterer Sagenzug, nicht Erfindung Lucans, wird 
diese Einzelheit durch Alesander von Myndos bei 
Athen. V 221 C erwiesen, dessen Schaf G. erst 
durch seinen Blick tötet, wenn es die Stirnmähne 
von den Augen schüttelt. So sträuben sich auch 
die Schlangenhaare des Gorgoneions nur, wenn 
Athena zum Kampf schreitet, während sie sonst 
das todbringende G.-Auge bedecken (vgl. S. 1639). 
Die älteste nähere Beschreibung bei Hesiod. Scut. 
230AE1 gibt den G. ferner zwei Schlangen, die 
vom Gürtel empor sich um und über ihre Köpfe 
winden (im ds ^vißoi dgdxovxs dot<o ajtfltoQEvvj' 
ETtixvQTtoovrs xäQ7}va), dazu die herausgestreckte 
Zunge und wutknirschende Zähne. Die Schlangen 
sind auch in der Folge das meistgenannte Attri- 
but der G., doch nicht als Umgürtung, sondern 
zumeist in Vertretung der HaaTe oder sie durch- 
schlingend (Pind. Ol. XIH 63; Pyth. X 47. XH 9. 
Schol. Apoll. Ehod. IV 1515. Aesch. Prom. 799 ; 
Choeph. 1048. Apollod. II 4, 2, 7. Ovid. met. 
IV 771. 784. 791ff. , wo nur der Medusa, nicht 
den Schwestern, Schlangenhaare gegeben werden, 
vgl. ,Schönheit<; Lucan. IX 629ff. usw.). Eine sel- 
tenere Version (bei Apollod. II 7, 3) spricht von 
ehernen Locken der Medusa, deren eine Athena 
dem Herakles, dieser der Kepheustochter Sterope 
als Schreckmittel gegen Belagerer der Stadt Tegea 
geschenkt habe. Pausanias VIII 47, 5 (bei dem 
Athena selbst dem Kepheus die Locke gibt) er- 
zählt dasselbe, sagt aber nichts, daß die Locke 
von Erz war, ebensowenig die übrigen drei Zeugen 
der Sage, Suid. und Phot. s. ÜXöxiov Iogyaöog ; 
Apostol. s. Ilkoxiov rogyovtjg. Vielleicht hängt 
diese Version mit der S. 1649 besprochenen Ab- 
wandlung der Darstellung der Medusentötung zu- 
sammen. Das (in den älteren Darstellungen obli- 
gate) Blecken der Zunge erscheint außer an der 
Hesiodstelle nicht mehr in der Literatur, wohl 
aber die ,starken Kinnbacken' (ysweg xagnaliftai) 
bei Pind. Pyth. XII 20 und große Schweinszähne 
bei Pherek. Theop. frg. 160 Gr. H. und Apoll. II 
4, 2, 7. Ein weiteres frühes Attribut der G. sind 
die Flügel (vgl S. 1650). Literarisch sind sie 
bezeugt bei Aesch. Prom. 798 und Eum. 48ff., 
wo die Flügel sogar unterscheidendes Merkmal 
dar (mit den Harpyien identifizierten) G. gegen- 
über den ähnlichen Schreckgestalten der Erinyen 
Bind; dam Pherekyd, und Apollod. II 4, 2, 7, der 
getöane Flügel nennt, Pana. T 18, 5 in der Be- 



liOTgO 



IOÖO 



Schreibung der Kypseloslade. Bei Theop. und Apoll, 
werden den G. eherne Hände gegeben, Kur einmal, 
doch so, daß auf eine verbreitete Vorstellung Bezug 
genommen wird, heißen die G. schwarzge wandet: 
Aesch. Choeph. 1049 affle (= 'Eqivvss) ro@yw>ow 
Sixtjv tpato%iTG)v£$. Die andere (von Eos eher 
98 herangezogene) Stelle, Eum. 52, läßt für sich 
allein nicht mit Sicherheit die Beziehung auf die 
G. zu. Das letzte Charakteristikum der G. ist 

10 ihr Brüllen. Man führte die Namen Mvxah}, 
Mvxcdrjööög , Mvxf\vat auf das bei diesen Orten 
erklungene Wutgebrüll (fivxrjfia oder ftvxy&pos) 
der den Perseus verfolgenden G. zurück ([Plut.] 
de fluv. XVIII 6 aus Ktesias von Ephesos. Suid. 
Steph. Byz. Etym. M. s. MvxäXt). Schol. Pind. 
Pyth. XII 31. Nonn. Dion. XIII 77. XXV 58. 
XXX 266. Koscher 91). Etwas anders lautet 
die Version bei Hesiod. Scut. 232, wo die Per- 
seus verfolgenden G. mit ihren eilenden Füßen 

20 ein gewaltiges Getöse hervorbringen. Eine dritte 
Version erzählt, daß die Schwestern und die 
Schlangen auf ihren Häuptern um Medusas Tod 
ein Wehklagen anstimmten, das Athena auf dem 
Rohr nachahmte und so Erfinderin der Flöte wurde 
(Pind. Pyth. xn 6ff. 18ff. mit Schol. Nonn. Dion. 
XXIV 37. Tzetz. zu Lycophr. 838). 

6. Schönheit. Dem aus dem Geiste der 
griechischen Kunst notwendig hervorgehenden 
Veredlungsprozeß des G.-Ideals folgte in gewissen 

30 Grenzen der Mythus durch die Entwicklung einer 
dem ursprünglichen Wesen der G. völlig wider- 
sprechenden Sage, in der sie als schönes Mädchen 
erscheint. Handhaben zu einer solchen Wendung 
boten die im Mythos bereits seit alters vor- 
handenen Beziehungen zu zwei Göttern, freund- 
liche zu Poseidon, feindliche zu Athena. Ein 
wohlgebildeter Poseidon des 5. Jhdts. konnte 
nicht mehr ein Scheusal zur Geliebten haben, 
wie zu der Zeit, da er selbst noch tierischem 

40 Wesen nahe stand ; so wurde Medusa zum schönen 
Weibe. Um diese Neuerung mit dem alten Mythus 
zu verbinden , bediente man sich des für solche 
Fälle vielbenützten Motivs der Verwandlung zur 
Strafe der Überhebung: Medusa streitet mit 
Athena um den Preis der Schönheit und wird 
mit Verwandlung in ein Bild grauenhaftester 
Häßlichkeit gestraft. Diese Erzählung liegt vor 
bei Apollod. II 4, 3, 8. Schol. Pind. Nem. X 4. 
Tzetz. zu Lyk. 838 (ob man wegen Pyth. XII 15 

50 evjtagaov . . . Medoioag Pindar selbst schon die 
Vorstellung der schönen G. imputieren darf, wie 
mehrfach geschehen, ist mir sehr zweifelhaft, 
trotz der besonderen Bedeutung, die gerade in 
diesem Falle das Prädikat ,schÖnwangig* hätte; 
allenfalls darf man an den ,mittleren Typus* 
denken, vgl. S. 1653). Damit verbunden ist die 
Medusa-Poseidonsage bei Ovid. met. IV 791 : die 
durch die Schönheit ihrer Haare ausgezeichnete G. 
wird von Poseidon im Tempel der Athena ge- 

60 schändet, die diesen Frevel durch Verwandlung der 
schönen Haare, die den Gott verführten, in Schlangen 
ahndet; da das schöne Menschenantlitz hier er- 
halten bleibt, so ist die genaueste Parallele zu 
den Kunstwerken gegeben. Wenn Lucan. IX 636 
bei Beschreibung ihrer Scheußlichkeit die Medusa 
infetix nennt, so ist er gewiß von diesen Sagen 
beeinflußt, ob er sie gleich nicht erwähnt; denn 
das Hcaiodische Mefovoa xr Xvy^a na&ovaa (Theog. 



1637 



Gorgo 



276), das sich auf die Tötung bezieht, genügt 
nicht zur Erklärung. In diesen Kreis dürfte 
schließlich die durch Ausfall in den Handschrif- 
ten leider unvollständige Sage von der kretischen 
O. bei Plut. Mor. 766 D gehören. Um die wegen 
ihres Reichtums vielumworbene G. bemüht sich 
auch, schon mit einigem Erfolg, der ihr verwandte 
edle, aber arme Asandros. Schon hier bricht die 
Erzählung ab, aber die Parallelisierung der Sage 
mit der der JlagaxvTreofäv^ lehrt, daß G. den 10 
Xiebhaber in irgendwie frevelhafter Weise abwies 
und zur Strafe in Stein verwandelt wurde. Schön- 
heit, Hoffart, Versteinerung und der Name G. 
verbieten, die Geschichte von den hier behandel- 
ten zu trennen, doch zeigt sie trotz der Beibe- 
haltung des Sagenmotivs der Versteinerung schon 
«inen euhemeristisehen Zug. Daß die rationalisti- 
schen Deutungen vorwiegend mit der vermensch- 
lichten G. rechnen, versteht sich. 

7. Tötung. In der in Literatur und Kunst 20 
weitaus vorherrschenden Version wird die G. von 
Perseus getötet. Die ältesten Belege sind Hesiod 
Theog. 280; Scut. 216ff. Pind. Pyth. X 46. XII 
11; Nem. X 4. Hcrod. II 91 usw., vor allem 
Pherekyd. bei Schol. Apoll. Ehod. 1515; ausführ- 
liche Darstellungen geben noch Eratosth. catast. 
I 22. Apollod. bibl. II 4, 2, 2ff. Lucian. dial. mar. 
14, 2. Ovid. met. IV 772ff. Lucan. IX 659ff. Von 
Polydektes, König von Seriphos, aus heimtücki- 
schen Motiven aufgefordert, ihm das G.-Haupt zu 30 
bringen, selbst auch in jugendlichem Leichtsinn 
sich der Tat vermessend, kommt Perseus, geführt 
von Hermes und Athena, zu den Graien, den 
Schwestern und Hüterinnen (Aesch. Prom. 793ff. 
frg. 262 N.2) der G., die, überlistet (für das Nähere 
s. Graien und Perseus), ihm den Weg zu den 
Nymphen zeigen müssen , von denen er Flügel- 
schuhe, Ranzen (xißioig) und den unsichtbarmachen- 
den Helm des Hades erhält. Damit ausgerüstet, 
fliegt er zum Lager der G. So Pherekydes und 40 
Apollodor: die drei Gegenstände nennt schon He- 
siod. Scut. 220ff., wobei die xißiatg, die nach Apol- 
lodoros eine einfache xrjga ist (ebenso Hesych. 
s. v., nach dem das Wort kyprisch ist, vgl. Six 
94), mit den Worten (224ff.) ftavpa iöio&at, ä&- 
yvQsr), friwavoi de xaTflOQEvvzo <paeivol yqvöeioi 
beschrieben wird; zur "Atäog xwetj vgl. Hom. II. 
V 845. Apollod. I 2, 1, 3. 6, 2, 5. Heracl. 27. 
Zenob. I 41. Hyg. P. A. II 12. Nonn. Dion. XXV 
55. XLVII 524. Geber der Ausrüstung ist bei 50 
Eratosth. I 22. Heracl. 9. Hyg. P, A. II 12 und 
Lucan. IX 660 Hermes, bei Lucian Athena. Statt 
zu den Nymphen, die nur Pherekydes, Apollodoros 
und seine Ausschreiber (in Übereinstimmung mit 
Kunstwerken; ein solches bei Paus. EI 17, 3 be- 
schrieben) nennen, müssen nach den anderen 
Quellen (Aeschin. frg. 262 N.2. Eratosth. I 22. 
Hyg. P. A. II 12. Ovid. met. IV 776} die Graien 
direkt zu den G. den Weg weisen oder den Zu- 
gang gestatten. Die Waffe, deren sich Perseus 60 
bedient, ist bei Hesiod. Scut. 221 einfach ein 
/teXävdezop aoQ, bei allen Folgenden das Sichel- 
schwert, die stählerne ägjirj (telum uneum, cur- 
vus hamus, falcatus ensü, hamatwm ferrum 
Ovid. met IV 666. 720. 727. Lucan. IX 678), die 
ihm Hermes (Apollod. II 4, 2. 6. Pherekyd. Lu- 
«an. IX 662. 676) , Athena (Nonn. Dion. XXV 
■55) oder Hephaistos (Eratosth. I 22. Hyg. P. A. 



Gorgo 



168tf 



II 12. Schol. Arat. p. 226 Maaß) gegeben hat; 
Über ihre Gestalt in den Bildwerken s. Gäde- 
chens 393. Mit dieser Waffe schneidet Perseus 
der Medusa, die er nebst ihren Schwestern schlafend 
findet (Eratosth. Apollod. Ovid. usw.; Lucan. 
IX 671 läßt einen Teil der Schlangen auf Me- 
dusas HaUpt wachen), den Kopf ab, wobei ihm 
Athena die Hand führt (Apollod. II 4, 2, 8. 
Lucan. IX 675), während er selbst, um nicht 
vom Anblick der G. versteinert zu werden, ab- 
gewendet steht und nur in einem blanken Metall- 
schild oder Spiegel das Bild der G. zurückge- 
worfen sieht (Apollod. II 4, 2, 8. Lucian. dial. 
mar. 14, 2. Ovid. met. IV 782. Lucan. IX 669, 
vgl. u. S. 1649; daß dieser Zug Erfindung des 
Euripides in der Andromeda ist, werde ich dem- 
nächst im Eh. Mus. beweisen). Vorübungen zu 
diesem Kampf hatte nach Etym. M. s. äuxzriqiov. 
Tzetz. zu Lycophr. 838 Athena bei Deikterion auf 
Samos früher mit ihrem Schützling veranstaltet. 
Im Augenblick des Köpfens werden Pegasos und 
Chrysaor geboren (vgl. S. 1640), die Schwestern 
Stheno und Euryale erwachen und verfolgen den 
Mörder, der das Haupt in die xißioig gesteckt 
hat, unter furchtbarem Getöse (vgl. S. 1636), 
können ihn aber unter seinem Zauberhelm nicht 
sehen und müssen die Verfolgung aufgeben, wor- 
auf der Mythus sie nicht mehr beachtet. Nach 
weiteren Taten (vgl. u.) gibt Perseus schließlich 
Flügelschuhe, Kibisis und Helm dem Hermes 
wieder, der sie an die Nymphen weitergibt, das 
G.-Haupt gibt er Athena, die es an ihrer Brust be- 
festigt; nach Lucan. IX Qm hatte Athena die 
Ablieferung des Hauptes zur Bedingung ihres Bei- 
standes gemacht. Nach einer andern Version liegt 
es in Argos auf dem Markt unter einem kleinen 
Hügel begraben (Paus. II 21, 5). Nach einer drit- 
ten Version (die Euripides vertrat, vgl. TGF 2 
p. 392) ist das G.-Haupt mit Perseus unter die 
Sterne versetzt (Eratosth. I 22. Hyg. P. A. II 12. 
Schol. Arat. p. 226 Maaß). Über Athena als G - 
Töterin s. S. 1641). 

8. Versteinerung. Die ältesten Zeugen 
des Sagenzuges, daß der Anblick der G. in Stein 
verwandelte (vgl. S. 1635), sind Pind. Pyth. X 47. 
XII 12. Aesch. Prom. 798. Pherekydes usw. 
Ovid. met. IV 779ff. und Lucan. IX 647ff. malen 
aus, wie alles Lebende, Menschen und Tiere, in 
der Umgebung der G. zu Stein erstarrt waren, 
wobei die Einwirkung des alten und vielver 
breiteten Sagenmotivs von ganzen durch Zauber 
in Stein verwandelten Städten und Völkern nicht 
zu verkennen sein dürfte. Die Zauberkraft bleibt 
dem G.-Haupte auch noch nach der Abschneidung 
in der Hand des Perseus und an der Brust der 
Athena. Feste Beispiele sind die Versteinerung 
des Atlas (Polyidos PLG HI* 632. Ovid. met. IV 
631ff. Lucan. IX 654. Serv. Aen. IV 246. Fulg. 
mit. I 21 mit verschiedenen Varianten; vgl 
Wernicke o. Bd. IL S. 2124), des Phineus oder 
Agenor und seiner Mitkämpfer, nach manchen 
auch des Kepheus (Apollod. II 4, 3, 5. Tzetzes zu 
Lycophr. 836. Ovid. met. V 177. Hyg. fab 64 
Mythogr. Vat. I 73. Wernicke o. Bd. I S. 2156) 
und des Polydektes und der Seriphier (Pind. Pyth ■ 
X 47. XII 12. Pherekyd. Apollod. II 4, 3 6 
Ovid. met. V 242ff. Strab, X 5, 10 p. 487; wenn 
hier die Meinung, die Steinigkeit der Insel selbst 



iessf 



Gorgo 



Gorgo 



1040 



rühre von dieser Katastrophe her, als ironische 
Verdrehung der xcofupdovvteg bezeichnet "wird, so 
ist das einlrrtnm des aufgeklärten, mythologischer 
Denkweise gegenüber verständnislosen Geographen, 
vgl. Pind. Pyth. Xu 12: ITegoevs wtöxe xqIxov 
äwaaev xaotyvt}xäv [aeqos evaXiq, 2eQl<p<p ÄaoToi 
ts fiotgav aywv). Eine mehrfach belegte Über- 
tragung des Motivs auch auf das pflanzliche Leben 
liegt in der Sage vor, daß die Koralle die Eigen- 



ans dem Blute Typhons entsprungen sein ließ. 
Die Sage erscheint dann noch einmal bei Apol- 
loiiios selbst (Argon. 1511ff.; vgl. die Schol., die 
hervorheben, daß Pherekydes die Mythe noch 
nicht hatte) und mehrfach bei Tömischen Dichtern 
(Ovid. met. IV 6I7ff. Sil. Ital. in 314ff. An- 
spielung bei Claud. VHI 37 [= de IV. cons. 
Honor.] sparsosgtte venenis Gorgoneos , . . iha- 
lamos; bei Lucan. IX 619, 696 rührt von dem 



schaft, an der Luft hart zu werden, durch Beruh- 10 niedergegangenen giftigen Blutregen das verderb- 
^ a — n tT„.,„i — i._v. i_ licne jQi ma Li^yeng ner ) jQ^er und wahrschein- 
lich im Wesen der G. wurzelnd (vgl. S. 1647> 
ist die Überlieferung bei Eurip. Ion 1003ff., daß 
Athena dem jungen Erichthonios zwei Bluts- 
tropfen aus den Adern der G. gegeben habe, von 
denen der eine Heilkraft besaß, der andere als 
tödliches Gift wirkte. Dasselbe erzählt in Bezug 
auf Asklepios Apollod. III 10, 3, 9 mit dem Zu- 
satz , daß das Blut aus der linken Ader die- 



rung mit dem G.- Haupt angenommen habe, in- 
dem das Blut, durch die Kibisis hindurch sickernd, 
den darunterliegenden Seetang benetzte (Aga- 
tharch. vzsqI eqv&Qäg &aXdaat)g bei Phot. cod. 
250. Ovid. met. IV 740ff. Nach Plin. n. h. 
XXXVII 164 war Gorgonia ein üblicher Käme 
für euralium). Seltener begegnen andere Ver- 
wendungen des Motivs: daß Perseus sich im 
Kampfe gegen das Andromeda drohende xr\xog 



des Gorgoneions bedient und einen Teil von ihm 20 tötende , das aus der rechten die heilende Kraft 



versteinert (Lucian. de domo 22; dial. mar. 14, 
3. Tzetz. zu Lycophr. 836. Nonn. Dionys. XXV 
81); daß er ebenso Proitos, den Frevler an seinem 
Großvater Akrisios, bestraft (Ovid. met. V 237ff.) ; 
daß er es im Kampf gegen die Bacchantinnen 
braucht (Nonn. Dionys. XLVII 559). Natürlich 
kann auch, nachdem Athena das Gorgoneion ihrem 
Brustpanzer einverleibt hat, der Mythus die alte 
Zauberkraft jeden Augenblick wieder aufleben 



besaß. Wenn für die danach genannten Toten- 
erweckungen des Asklepios mit Hilfe des Ge- 
schenks Athenas als Gewährsmänner Stesichoros,. 
der Verfasser der NavTtaxxixä, Panyassis, die Or- 
phiker und Melesagoras zitiert werden, so darf 
man diese zwar nicht ohne weiteres auch als 
Zeugen für die G.-Blutsage in Anspruch nehmen, 
zumal der Katalog der Totenerw eckungen gewiß 
Interpolation ist, vgl. Wagner z. St., aber eine 



lassen, und so befremdet nicht die im Tempel 30 gewisse Möglichkeit ist doch vorhanden. Durch- 



der 9 A&t]vä 'Ircovata (zwischen Alalkomenai und 
Koroneia) erzählte Sage, daß einst die Priesterin 
Iodama beim nächtlichen Erscheinen der Göttin 
durch den Anblick der Medusa in Stein verwan- 
delt worden sei (Paus. IX 34, 2). Indes liegt es 
in der Tendenz der Wesensentwickmng Athenas 
vom schreckenden Kriegsdämon zum waltenden 
Hort friedlicher Kultur, daß der Mythus die hier 
eröffnete Möglichkeit nicht ausnützt Erst die 



sickernde Blutstropfen sind es endlich, die das 
Entstehen der Koralle veranlassen (vgl. S. 1639). 
10. Mittelalterliche Fortbildungen der 
G.~Sage teilt Röscher 109 und 126 (wo die 
Quellen aufgeführt sind) zwei mit. Die eine 
berichtet von einer Jungfrau auf der Insel Me- 
giste an der lykischen Küste, die bei Lebzeiten 
alle Bemühungen ihres Bewerbers zurückweist, 
nach ihrem Tode aber von ihm geschwängert wird 



römischen Dichter (offenbar nach hellenistischen 40 und einen Sohn gebiert, dessen Haupt, auf Ge- 



Mustern, die durch die wildpathetischen Gorgo- 
neien der hellenistischen Zeit illustriert werden, 
vgl. S. 1654) lieben es, bei der Schilderung der 
Kämpfe Athenas, besonders des Gigantenkanipfes, 
den von ihr ausgehenden gorgonischen Schrecken 
mit grellen Farben auszumalen. Mit Athena 
erfaßt auch die ein Teil ihres Wesens gewordene 
(richtiger: gebliebene, vgl. S. 1641) G. die Kampfes- 
wut, ihre Schlangenhaare sträuben und bäumen 



heiß der Leiche abgeschnitten, von dem Vater 
als Schreckmittel gegen seine Feinde mit dem 
gleichen Erfolg geführt wird wie das Haupt der 
Medusa von Perseus, bis die neugierige Gattin 
des Helden es aufstöbert und voll Schreck in 
den Meerbusen von Satalia wirft, wo es, nach 
oben gewandt, Sturm, nach unten gewandt, Wind- 
stille bringt Die andere Sage, noch bis in die 
Neuzeit unter den griechischen Schiffern des 



sich und zischen dem Feind entgegen , das ent- 50 Schwarzen Meeres lebendig , zeigt die G. als 
"Kiiii+a At,™ a-,,1 o ir*k\ o„t,,vr4- ™™ +«+«„j^„ Meeresgöttinnen, die dem Schiffer als Ungetüme 

erscheinen und ihn, wenn er auf ihr Fragen nicht 
die rechte Antwort gibt, ertränken, dem richtig 
Antwortenden hingegen, in schöne Jungfrauen 
verwandelt, sichere Fahrt bringen. Diese Sage 
steht im Zusammenhang mit der von üoliTijg 
'0 Tiegi xcüv roQyovwv ftvdog , im ITagraacog LT, 
Athen 1878, erwiesenen späteren Identifizierung 
der G. mit den Nereiden, die also eine Seite ihres 
60 ursprünglichen Wesens, die Beziehung zum Meer, 



hüllte Auge (vgl. S. 1635) schießt seine tötenden 
Blicke. So hat Athena allein den Gigantenkampf 
schnell und kurz mit Hilfe der G. entschieden 
bei Lucan. IX 655ff. Ähnlich, aber bescheidener 
ist ihre Rolle in Claudians Gigantomachia lllff. 
(eann. min. 53). Vgl ferner Sen. Agam. 530. 
Sil. Ital. IX 442ff. 460ff. X 435. Stat. Theb. II 
597. Vm 518. 762. XII 606; Ach. I 299. luv. 
Xn 4. Claud. XXXV 25. 205. 225 (de raptu 
Pros. LT). 

9. Blutstropfen. Die Sage, daß beim Fluge 
des siegreichen Perseus über Libyen Blutstropfen 
vom G.-Haupt niederträufelten, die sich in Gift- 
schlangen verwandelten, so daß sich daher der 
Reichtum Libyens an Reptilien schreibt, ist nach 
Schot Nikani Ther, 11 von Apollonios von Rho- 
dos in der 'AXei-avdetiag xxiatg aufgebracht worden 
im Gegensatz ru Afcusilaos, der diese Schlangen 



zum wesentlichen Charakteristikum gemacht hat 
11. G. und Poseidon. Schon bei Hesiod. 
Theog. 278f. ist die G. Medusa die Geliebte Po- 
seidons, der mit ihr h ftalaxcp foi/uävi xat av~ 
teoi slaQivototr (über diese Orfclichkeit vgl. o. 
S. 1633) sein Beilager hält Über die später* 
Umbildung dieses Mythus ist o. S. 16361 gehandelt. 
Im Augenblick der Köpfung der von Poseidon 



geschwängerten Medusa entspringen aus ihrem 
flalse (Hesiod. Theog. 280. Strab. VHJ 6, 21 
p, 879, * Ovid. fast. ILT 456f£ Nonn. Dionys. XXXI 
19ff.) oder auf dem normalen Wege (Lactant. fab. 
Ovid. IV 17. Mythogr. Vat. II 112) oder aus 
ihrem Blut (Mythogr. Vat. H 131. Ovid. met. 
TV 784) das Flügelroß Pegasos, das Zeus' Blitz 
nnd Donner trägt, und der große Chrysaor (vgl. 
Jessen o. Bd. ILT S. 2484. Hannig De Pegaso 
■ = Bresl. phil. Abh. VLU 4. Lermann und Han- 
nig in Ro schers Myth. Lex. ILT 1727). Diese 
Äugehörigkeit zu Poseidon, die nach Gruppe (vgl. 
o. S. 1632) auch im Namen der Medusa ausge- 
druckt sein soll, erklärt sich aus der Beziehung 
beider zum Meer; denn die G. sind ja Kinder der 
alten Meerdämonen (o. S. 1634), und später sind 
sie ganz und gar mit den Nereiden zusammen- 
geflossen (o. S. 1640). Auf noch ältere Zusammen- 
hange in den Zeiten theriomorpher Gottesvor- 
stellungen weist die Tatsache, daß in einigen 
Bildwerken G. gleich ihrem Geliebten, dem Roß- 
gott, und ihrem Sohn, dem Roß Pegasos (und dem 
Roß Chrysaor?), in Roßgestalt gebildet ist (vgl. 
Hannig a. a. O. 3, 6). 

12. G. und Athena. In ein nahes Verhält- 
nis zu Athena rückt die G. durch die eben be- 
sprochene Paarung mit Poseidon, dem i'xmog, 
dem in zahlreichen Kulten Athena mnla zur Seite 
steht (vgl. Dümmler o. Bd. II S. 2002. Gruppe 
passim [s. Index]). Die Konsequenz hat der Mythus 
gezogen, der Athena und G. als Rivalinnen ge- 
radezu bezeichnet (vgl. o. S. 1636). Die Meinung 
der Neueren neigt vielmehr dazu, eine ursprüng- 
liche Identität der beiden späteren Feindinnen 
anzunehmen (K. O. Müller, Völcker, Eugen 
v. Schmidt, s. Gädechens 397. Gruppe 
1200) : Das G.-Haupt, mit dem Athena in unsern 
frühesten Berichten schon ihre Gegner schreckt, 
sei ursprünglich ihr eigenes gewesen; so heiße 
sie im eigentlichsten Sinn rogy&ittg und rogyo- 
rpovr} (vom Stamme <pav-)\ erst später, als ihr 
äußeres und inneres Wesen die echt hellenische 
Wandlung zur Olympierin durchmachte, sei das 
gorgonische, schreckdämonartige Wesen von ihr 
abgelöst und ihr als ein Feindliches, zu Über- 
windendes entgegengestellt worden. Nicht ganz 
belanglos scheint es, daß in einer, wenn auch 
späten und trüben Quelle, die Identität geradezu 
ausgesprochen ist, Palaeph, 31 xaXovai 6k Ksq- 
vaXoi Tijr 'A&tjväv Pogya), äaneg xr\v "Agre/iiv 
ßgäxe; fikv Bevöw, Kgrjxsg Öe Aixzwav, Aaxs- 
^atfxovtoi dk Ovmv; vgl. o. S. 1632. Zu einem 
reineren Ausdruck als in der herrschenden argivi- 
schen Sage kommt das feindliche Verhältnis zwi- 
schen Athena und G. in der seltenen Version, die 
Athena zur G.-Töterin macht ; so verstand jeden- 
falls schon Eurip. Ion 1478 das Beiwort Fogyo- 
tpova-, die Grammatiker machten dann daraus 
das sprachlich in dem postulierten Sinn korrek- 
tere Jbgyoy ovog . das im Orphischen Hymnus 
XXXII 8 (und sonst, vgl. Stephanus Thes.) 
vorliegt. Bezeugt ist die Version nur bei Eurip. 
Ion 992ff., wo ihre Verbindung mit der rein atti- 
schen Sage von den Erichthonios gegebenen Bluts- 
tropfen (vgL S. 1640) auch für jene Version die 
Bodenständigkeit in Attika wahrscheinlich macht 
— zur Bestätigung dient Ciris 81, wo Athenas 
Sieg Über die G. in den ihr in der Panathenäen- 



prozession dargebrachten Peplos gewebt ist — ; 
ferner bei Apollod. II 4, 3, 8. Hyg. P. A. H 
12, der Euhemeros zitiert, und Diodor. bibl. LH 
70, wenn dort auch das von Athena getötete 
Untier Aigis heißt. Hinzu tritt eine Vase, dar- 
stellend Athena im G.-Kampf. Trotz so seltener 
Bezeugung scheint diese Version doch die ur- 
sprünglichere, weil es natürlicher ist, daB der 
Sieger selbst im Besitze des Siegespreises, des 

10 Gorgoneions, ist, als daß er ihn von einem andern, 
bei dem er nur die Helferrolle spielte, abge- 
treten erhält, wie es die argivische Sage dar- 
stellt, die deutlich durch diesen lahmen Kom- 
promiß sich mit dem sonstigen Sagenbestand ab- 
zufinden gesucht hat. Über die spätere Umbil- 
dung des feindlichen Verhältnisses zwischen G. 
und Athena s. S. 1636. Umgekehrt hält die ganze 
Athena-Beziehung der G. für junge, attische, tenden- 
ziöse Erfindung Farneil The eults of the Greek 

20 states I (Oxford 1896) 287t Über die Wirksamkeit 
des Gorgoneions in Athenas Besitz vgl. o. S. 1639. 
13. G. und verwandte Wesen. Es liegt 
in der Natur der Sache, daß zwischen der G. 
und anderen gespenstischen Unholden eine ge- 
wisse Familienähnlichkeit zu konstatieren ist. An 
die Mormo und Empusa erinnert das höllische 
Schreckgespenst G. (vgl. S. 1634 und Strab. I 
2, 8 p. 19, bei dem q FoQya) xai o'EfptaXt^ xai 
r\ MoQfioivxf] zusammen genannt sind), den Eri- 

30 nyen werden sie durch die Verfolgung des Mörders 
Perseus genähert, und nach dem Muster der G., 
die er in seinen $OQxides früher auf die Bühne 
gebracht hatte , hat Aischylos die szenische Er- 
scheinung der Erinyen gebildet (Choeph. 1048; 
Eum. 48). In zweiter Linie werden ebenda die 
Erinyen mit den Harpyien verglichen, und mit 
diesen werden die G. zusammengeworfen bei Ari- 
stoph. Pax 810 rogyöveg dxpotpdyoi ßaxtSooxojroi 
ägjiviat. An die G. erinnern verschiedentlich die 

40 Mythen arkadischer Demeterkulte, der "Eqivvg 
und AovcCa in Onkeion, der Mskaiva in Phiga- 
leia, vgl. Kern o. Bd. IV S. 2733f. Am engsten 
aber wurde nach Ausbildung der Sage von der 
schönen G. die Verwandtschaft mit der Skylla, 
mit der sie das Verhältnis zu Poseidon, die Ver- 
wandlung und den gewaltsamen Tod, auch die 
rationalistische Deutung (vgl. S. 1643) gemein 
hat. So erklärt sich ihre allerdings erst späte 
Vermengung in Literatur und Bildwerken (vgl. 

50 Gädechens 400). Die in dieser Weise wieder 
betonte Beziehung der G. zum Meer dürfte die 
Brücke zu ihrer späteren Identifikation mit den 
Nereiden (ihren Basen nach der Hesiodischen Genea- 
logie, vgl. Theog. 233) bilden, vgl. S. 1640. 
IV. Deutungen. 

1. Antike Deutungen, a) Einfache 
Skepsis ohne Erklärungsversuche setzen dem 
Gorgonenmythus entgegen: Plat. Phaedr. 229 D 
(in der berühmten Darlegung seines ablehnenden 

60 Standpunktes gegenüber den Mythendeutungs- 
versuchen), Plut. Mor. 830 D und besonders Stra- 
bon, der I 2, 8 p. 19 die G. in einem Atem mit 
Lamia, Ephikltes und Mormolyke als Mythus ab- 
tut und ebenso I 2, 12 p. 22 und VLT 3, 6 p. 299 
die Wohnung der G. ins Reich der Fabel verweist, 
b) G. als Königin. Eine im eigentlichen 
Sinne euhemeristische Deutung (vgl. Jacoby 
o, Bd. VI S. 964) liegt bei Paus. IT21; 5ft nn4 



ausführlicher bei Fulg. mitol. 1 21 vor, der Theo- 
cnidus (Theocritus dio früheren Herausgeber) als 
Quelle nennt. Medusa oder GL, die älteste Tochter 
des libyschen Königs Phorkos am tritonischen 
See, war sehr reich durch ihren wohl angebauten 
Landbesitz (daher der Name G. von ystugyos) und 
klug (das bedeuten die Schlangen anf ihrem Haupt). 
Nach dem Tode des Vaters selbst Königin ge- 
worden, verliert sie Gut (Symbol: der Kopf) und 



vgrurgo 



1D4* 



Schaf mit giftigem, tötendem Atem (oder ein» 
ganze Gattung solcher Tiere), das, wenn es den 
gewöhnlich nach unten gerichteten Kopf (xdroi 
ßUnrnv) hebe und die niederhängende Stirnmähne 
ans den Augen schüttelte, durch seinen Blick 
versteinerte. Von den Leuten des Marius zur 
Zeit des Iugurthinischen Krieges aufgestöbert, 
tötete es viele, bis auf Marius' Befehl berittene 
Numider das Tier aus der Ferne erlegten. Als 



4tla «SS? In jlSS ^Verwandlung des Kurz angedeutet ist die Fabel von diesem Tier 
Atlas erklart In denselben Gleisen bewegt sich aber eatoblepas, nicht G. genannt bei Plin n h 
die Deutung ; des Palaiphatos c. 31. Hier ist die vm 77; ebd. 72 nennt mZs'JmwtoTemt 
f'J^^^^M 1 " 8 ^ <^ Atl >ena, dort zu et eomibus armatos quosZLTZZos^Z 
Lande G genannt, das Perseus den Besitzerinnen, existierende mmstra Äthiopiens Mifünrecht 

enllißt 3 le dirw^ dUSa ' d r h -? bCT i istu ^ rt wird <* dlich (™nGädechen P S 396. Bosch« 3 
entreißt und die letztere, sich widersetzende, 20 hierher die Erzählung bei Diodor. III 70 S-i 
Zk»v l t Ver ^ nerun ? d f Seriphier wird dann (, aM Timoetes' behaupten, mir unvers ländlich 

beiFuSL gedmUt ^ * e deS AthS ? ädechens ™ d Bi-cher) gezoge " "f in 

oei rmgentius durchaus 'mythologischen Formen (^oXo^oO^ 

,vJin * Amazonen. Nach einer zweiten, Diodor.) die Erlegung des Typhon- oder Chi- 

Deutul 3 ^tTW^ SÜlne ^ bÜdeten ™W e " UngeLL AigiXch Athena g - 
Ljeutung, die Paus II 21, 6 aus Prokies von schildert wird, die seine Haut fortan zum Kleide 
Karthago m ungefährem Einklang mit dem (aus- nimmt. Vgl. Stengel oB IS 9 71 
fuhrheheren) Diodor. III 52 4. 54, 7. 55, 3 mit- f) G. als Mond^esiiht FiuJn ich aber 

IL lZt e ' ^ m w 6 ? Am ?, Z01 ? en ähnliches ' ohne bisher darin Widerspruch zu finden beriefen 

tÄ k ^ ensches , ^rvolk im äußersten 30 sich die modernen Mythologen, die in G ein 

f™' fK» I ?, den benachbarten Amazonen Symbol des Mondes sehen wollten (vgl. S. 1645? 

tSL' m / ad Tv BT erstarkt ' unter der auf 0r P he ™ bei Clem. Alex. Strom V 49 (II 
Königin Medusa (nach Paus, nur ein verlaufenes 360 Stählin = frg. 22 bei Diel" Vorsokrat * 
Exemplar) von Perseus mit Hilfe Athen« ver- 482, 8) als ersten Zeugen diSer In^sZ Man 

±-lin. n n VI 200 von den (nach Xenophon von trachten: oiyl xal 'Euveintc iv xü Hsoi Je Wo- 

tment im Ozean gelegenen Gorgatks tnsulae, m v6g m oi psQxtm xauxvlovoio,,' rote Ao6toolc 

die Männer entkamen - und ihre Häute im /fc«, j,iow ,Mo ( ' e «^ „ ab tauig* z£ 2*UvL 

zur Eroberung der Stadt zu sehen waren. Ein &6 xal ,Uvxoot61ovs< amas nakslv riv'OoZa 

mannliches Exemplar dieser Gattung will Prokies 9 coro, oiaae ^ CT . riUv r ärCrZhr6 &ZT* 

hat, daß jeder, der sie ansah, vor Bewunderung xg6oa>nov, ;A<peoö(z V r< « ^ UW *a*' 8v &r 

t7 3^t 111 WU f d !i b ^ S t SelbS - t - Sich ln Pei " *"* w ' J ^Su 4« ^ *«4ST llso stt 

w«f S i d d ^ Ch lhn T rumiert wurde - den 0r P^ern niemals eingefaSn , das Goreo- 
deutet Heracl ^ d^farwr c. I (vgl. II Skylla. 50 neion für ein Symbol des Mondes zu haTtli 

S^w'f" . Xen " ™ m0r ' T '^7)- ähnlich be- sondern wie sie in "ihrer poetiscli ^allegorisierenden 

zeichnet Lucian de domo 19 das Versteinern' Geheimsprache ,Blümlein' statt FrühlW' und 

«SS ™ ii S^? 11 « 1 * der GoTBonen (emzige ßo?.a aus dem Sektenjargon der Pj-thagoreer bei 

Stelle, wo alen dreien die Schönheit gegeben Diels Vorsokr.2 279), so wählten sie für das 

Sit ^JSSr^- 2 T' ^ ? etä T: W0rt ' Mond ' die ^ ^. -Intlftz" "voM dS 

Srid , JTji F v /■ m der ■ D , eüt y ,g b6i ^ aus ^ en Gesichtszüge, die die Alten im Monde 

£S.t J T dlC I er ^^ n ^ ™lm*r Wir- erkannten (Plnt. Mor 944 B), das Tertium com 

kung der ungeheuren Häßlichkeit des von Perseus parationis abgaben. Eine 

£ g £ÄT d magisch zubereiteten Hauptes 60 g) moralische Deutung, die auf stoische 

üch Ä Tu« Ä ü aCMem P k?T S S ^ ß " Kreise aufzuführen sein dürfte, steht bei Fulg 

«Wen St viwn^f ^ v « dfir ^™ ?»*« mitol. I 21. Nach ihr sind die drei G. die Arte» 

Trifft! U verbre " nt lhn sem Sohn Mirrhos. oder Stufen des Schreckens: der den Sinn Iäh- 

3fadE mert manCheS m *" S - 164 ° ^geteilte mende (Storno als «ta^, dMiJ verZden), 

e) G ahwi1rl Ba T;« k^-l *i J^ r S1 f h durch das S* 1120 Wesen ausbreitende 

lb^"im VSll tJif i f «ander von (Euryale = lata profunditas), der die Augen 

Atften. V 221BfiF. war die G. eine Art wüdes videre mm possü; zur firläuterung: ,Daß dT 



1Ö45 



' Uorgo 



Gorgo 



1646 



wie von Wahn umfächelt, ihre Augen schließt 
und lächelt', Wilh. Busch Plisch und Plum, 
in komischer Umschreibung des äußersten Ent- 
setzens). Der Sieger Perseus mit seiner Schützerin 
Athena ist die Tapferkeit (virtus) im Bunde mit 
der Weisheit, die den Schrecken bezwingt. Auch 
die Einzelphasen des Kampfes werden allegori- 
siert. Pegasus ist der aus der Heldentat ge- 
borene Ruhm, der den Quell der Musen zum 
Strömen bringt. 

2. Moderne Deutungen. Die älteren der 
modernen Deutungen sind von Gädechens 397 f. 
behandelt. Sie lassen sich in drei Klassen teilen, 
denen wir die ernster zu nehmenden (Gädechens 
und Röscher) anschließen: 

a)PhysikalischeDeutungen gaben :Völcker 
Schrecken des Ozeans. Hermann Meereswellen. 
Eckermann Glutsymbol und Sonnenbrand. Hug 
die drei Jahreszeiten der öden, pflanzenleeren 



hinzu. Gädechens beruft sich nach dem Vor- 
gang des Duc de Luynes eraten» auf die Ähn- 
lichkeit des furchtbaren G. -Antlitzes mit dem 
runden, den Griechen grausig und gespenstisch 
erscheinenden Mondgesicht, mit Bezugnahme auf 
die oben (S. 1644) besprochene Stelle, zweitens 
auf einige arabische und chiusinieche Bildwerke, 
die Beziige sowohl auf den Mond als auf die G. 
aufweisen sollen, drittens auf die Ähnlichkeit 
10 des Mythus von der G. -Tötung durch Perseus 
mit dem von der Erlegung des Argos durch Her- 
mes, viertens auf das Erscheinen des Gorgoneions 
im Triskeles, in Zodiakalbildern und auf dem 
Avers von Münzen, deren Revers einen Löwen 
zeigt (worin nicht mit Unrecht Six 91 und Purt- 
wängler 1726 eher eine Beziehung auf die Sonne 
s ehen). Alle dies e Argumente sind von Koscher 
5ff. überzeugend widerlegt; das erste und dritte 
mit Hinweis darauf, daß den Ähnlichkeiten in 



libyschen Wüste. Otto vulkanische Eruptionen. 20 einigen Zügen starke Differenzen in wesentlichen 
b) Zoologische Deutungen im Stil des Punkten entgegenstehen, das zweite und vierte 



Alexander von Myndos sind noch nicht ausge- 
storben. Nachdem Böttiger im Gorgoneion 
einen Skalp hatte sehen wollen, indem er annahm, 
daß griechische Abenteurer im Westen die Sitte 
des Skalpierens kennen gelernt hätten, dachte 
zuerst Facius an Affen, was Levezow erwei- 
terte, indem er in einer des Palaiphatos würdigen 
Weise den ganzen Perseus-Gorgonenmythus in 



mit der Bemerkung, daß es sich da um Bild- 
werke handelt, deren Deutung einerseits keines- 
wegs sicher steht, und die andererseits viel zu 
jung sind, um über das ursprüngliche Wesen der 
G. ein vertrauenswürdiges Zeugnis liefern zu 
können, während das ältere Material, Kunst und 
Literatur, nichts von dieser Beziehung weiß. 
Immerhin dürfte von Gädechens' Nachweisungen 



einen Kampf mit Anthropoiden auflöste , wobei 30 dieses bestehen bleiben, daß man in spätantiker, 
er die Tatsache, daß bei einigen Gorgoneien ein zum Synkretismus geneigter Zeit hier und da dem 

leichter Bartwuchs angedeutet ist, in seinem n *-- -"-- 1 '~~~ 1 -- T1 - J — ■ *- — 

Sinne mißbrauchte. Den Schlußstein zu diesem 
Gebäude zu finden war aber dem Zoologen Zell 



aufbehalten, der in seinem Buche ,Riesen der 
Tierwelt', Berlin 1910, S. 193 entdeckt hat, daß 
der Name Gorilla nur durch einen Schreibfehler 
aus G. entstanden ist. Also war die G., ebenso 
übrigens wie Polyphemos der Kyklop, ein Gorilla ; 



Gorgoneion eine lunarische Bedeutung gegeben 
hat, bewogen durch die Ähnlichkeiten, die zwar 
über das ursprüngliche Wesen nichts aussagen 
können, aber doch bestehen und die Orphiker 
zum allegorischen Gebrauch des Wortes Gorgo- 
neion für Mond veranlaßt haben (S. 1644). 

e) G. als Gewitterwolke. Diese Deutung, 
die schon Quint. Smjrn. XIV 454ff. anzudeuten 



vivat sequens ! So wenig wie diese Hirngespinste 40 scheint, Tzetz. zu Lykophr. 17 ausspricht (vgl. S ix 
bedarf die Deutung von Elworthy einer Wider- 92), ist in neuerer' Zeit von Lauer, Schwartz 
legung, der (Folklore XIV 2 12ff.; Nachträge ebd. 
XVT 350) allen Ernstes das Geschlecht der Tinten- 
fische, speziell den Oktopus, zu Ahnen der G. 
macht. Nicht viel besser ist Ridgeways Ge- 
danke (Journ. heU stud. XX S. XLIV), daß das 



Gorgoneion ursprünglich nichts als der Ziegenkopf 
des Ziegenfelles aiyig gewesen sei. 

c) Personifikation einer Idee ist die G. 



und Dilthey aufgestellt, sodann von Röscher 
in seiner Monographie über die G. (abgekürzt in 
seinem Myth. Lex. I 1699ff.) ausführlich begründet 
worden. Der Gang seines Beweises, in dem er in 
erheblichem Umfange mythisch-symbolische Vor- 
stellungen der stammverwandten Völker heran- 
zieht, ist folgender: mit dem Wohnen der G. 
im Westen und ihrer Abstammung von Meergott- 



nach K. 0. Müller, der in ihr nur den .auf den 50 heiten wird die Tatsache verbunden, daß für den 



höchsten Grad getriebenen Ausdruck von Zorn, 
Wut und Hohn auf eine karikaturmäßige Weise' 
erblickte. Ähnlich allgemein war Prellers erste 
Deutung (in der 1. Aufl. der Griech. Mythologie), 
der sie als , Schrecknisse des urweltlichen Grauens* 
ansah, während Wilh. Furtwängler sie als Sym- 
bolisierung der ,Erstarrung des Lebenslaufes in 
der Natur' oder der ,vom Wasser kommenden, 
aber gebundenen Lebenskraft' fassen wollte. 



Griechen in der Regel die Sturm- und Gewitter- 
wolken im Westen aus dem Meere emporsteigen. 
Gleich den himmlischen Ungeheuern und Gott- 
heiten, durch deren Kampf unter Entladung 
furchtbarster Kraft und Wut in Blitz und Donner 
die Gewitter entstehen, sind auch die G. mit 
gewaltiger Kraft ausgerüstet, und ihr Angesicht 
ist das Symbol der furchtbarsten Wut Ein 
Bild der betäubenden und starren Schrecken ver- 



d) G. als Mondgesicht. Sehr vielfach ist 60 ursachenden Gewalt von Blitz und Donner ist 



das Gorgoneion als Mondgesicht aufgefaßt worden. 
Als seine Vorgänger nennt Gädechens, der 
Hauptvertreter dieser Ansicht ,Boefctiger, Beule, 
Minervini, Cavedoni, Schwenck, Stackel- 
berg, Streber, Panofka, Avellino, K. Fr. 
Hermann, Preller (2. Aufl. der Griech. Mythol.), 
Rückert, Fischer, Gerhard, DucdeLuynes. 
Boscher fügt Jahn, Wieseler und r. Hahn 



die Kraft der G. , jeden, den sie anblickt, zu 
versteinern, wobei die Verwandtschaft von Blick 
und Blitz, und die verbreitete Auffassung des 
Blitzes als des leuchtenden Blickes eines Gottes 
oder Ungeheuers bemerkenswert ist. So wird 
auch die Ausstattung der G. mit Schlangen, die 
nach verschiedenen Seiten mit Gewittererschei- 
nungen in Beziehung gesetzt werden, bedeutungs- 



voü Die ehernen Am* und Haare der G. lassen dem S. 1640 mitgeteilten Schiffermärchen. Eo- 
elwnsowohl an den Blitzglanz des Erzes wie an achers Ansicht ist ziemlich allgemein (vgl z. B. 
seine Kall -and Härte denken Die Schweins- Bmnn Griech. Götterideale 54. Gruppe passim) 
hauer der G. finden eme Parallele in dem oft angenommen worden, und allerdings kann gegen- 
gebrauchten Vergleich des Blitzes mit einem über der Fülle der von Eos eher vorgebrachten Be- 
weißgWnden Eberzahn. Das furchtbare Briil- weise, die sich gegenseitig stützen, die enge Bezie- 
hen der G.-Schwestern beim Tode der Medusa hung der G. zum Gewitte? kaum in Abred? gestellt 
erhalt eine entsprechende Beleuchtung durch den werden. Indes muß stets der Grundgedanke festge- 

XES^i "S* i« l0 Q r Myt - hen ' ^ den halten werden ' daia elne Natursage mit dem ihr ent- 
Donner als die gewaltige Stimme eines göttlichen 10 sprechenden Naturvorgang nicht enger und dauer- 

SJSSr° IU 3 Cllß ^ €SeilB ? eut ? J aUf - dieSe GrUnd - hafter vert ^den ist all etwa eüf LmerSes 

bedeutung des Wesens der G. weist auch die Gleichnis mit der in ihm verbildlichten Hand 

Etymologie Zur finsteren Gewitterwolke passen hing. Einmal ins AnthrnpomorpirfibewSt 

ferner die schwarzen Gewänder und die Flügel der lebt der Naturvorgang in der bildenden PhantS 

selbst häufig gegeben werden Eine besonders darf wie eine bewußt allegorisierende Dichtung 

dlÄ^SSSf W ^ afldieT , at . sac , he ' s P^rer Zeiten. Helden, Sie auf AbenYeueTif 

daß m der ältesten Literatur (Homer) und m der unbekannte Fernen ziehen und übermenschliche 
Kunst vorwiegend nur das Haupt der G. T die 20 Kämpfe bestehen, sind eine Realität und etwas 

d™^USÄ W^a T d da ^ este ? ™*S Primäres, das, verbunden mit der mythisch not- 

wSl E ch Vf * fral gemein verbreiteten wendigen Betrachtung des Gewittervorgangs, in 

^S^S fe v iffl ft ,flemtt( ? l,pP ' der yers <*melzung als ein selbständig* fort- 

Grummelkop', ,DonnerkugeP, Ochsenauge' für die wuchernder und das Wachstum des Ganzin teil- 

^S£^? M ? 0l f eil8 9 ,ra S t i lt ' ™ dderdurch ™se bestimmender Einschlag wirksam ist. So 

fl£ SJ Lf.ll y^eele^en Nfflgnng in wäre es falsch, nur das deutlich auf den Natur- 

den sich ballenden und turmenden Wolken wilde Vorgang Bezügliche primär, alles einer solchen 

Sl , Z ^. erl£e r en - ^ b6n ^ UCreZ IV 138 Deutun S ^ch Entziehende sekundär zu nennen. 

iZZ T P Q ff? um ora vo \ are wdentur et um- Beide Komponenten "des Mythus sind gleich alt 
bram ducere lote) mag man da an die »grausamen 30 und gleich berechtigt. 

Gesichter mit rauhen Häuptern und Barten', die B In der Kunst 

S^ti! n ^ W ° lk i? si * h M Gatz . ™ I- Allgemeines. Wenn wir in der Lite- 

Berlichingen V 1) und vor allem doch an eigene ratur die ältesten Zeugen nur vom G.-Haupte 

kindliche Wolkenstudien denken Zum Beweise reden hörten - was sich soeben als bedeutungs- 

XlrÄ 1 n UC - h ?! e , Dre ; Zah L der ^ ^ Ver " vo11 für to Erklärung des Mythus erwies -, so 

gleich mit der Dreizahl der Gewittererschemungen finden wir dasselbe Verhältnis in der Kunst wieder 

™U was mir unzureichend erscheint, vgl. Auch hier ist die Fratzenmaske, das Gorgoneionj 

!LiS' ah ^"^«wt^e Zusammen- das Erste und bleibt das unvergleichlich Wich- 

T T?Lwi,n 5 5 mS n i " ^ Tötun ^ der ti ^ ere bis in den Aus * an g des Altertums. Diese 
G Durchschneiden des Halses und augenblick- 40 Fratzenmaske ist keine griechische Erfindung und 
hches Hervorspringen des Zeus' Blitze tragenden keine Besonderheit, Wie Furtwängler 1704ff 
Flügelrosses Pegasos und des Mannes mit dem zeigt, hat der bei fast allen Naturvölkern gleich 
rwSl W6 ?'/p K der ™*en "ndem gwade bei mäBig hervortretende Trieb, durch die nachge- 
sehen und Römern herrschenden Vorstellung, ahmte Schreckensmaske eines bösen Dämons die 
daü der Blitz die gewitterschwangere Wolke anderen zu verscheuchen, überall eine derartige 
spalte und aus ihr hervorspringe. Ein Analogon Fratze erzeugt, und bei nicht wenigen zeigt sie 
23vw< ■ 7*1 £* gaS -° S aUS Ä r D ° nner " das hervorstechendste Charakteristikum des archai- 
wolke G. ist das Hervorspringen Athenas aus sehen Gorgobeions, die vorgestreckte Zunge. Auf 
dem gespaltenen Haupt des laut aufbrüllenden die Spezi algeschichte dieser Fratze in vorgriechi- 
Zeus. In beiden Sagen ist ein Ableger der allge- 50 scher Zeit kann hier nicht eingegangen werden, 

wÄ^T^i &* T- dem G . ewitter " ond es muß ^nügen, dara « f ^zuweisen, daß 

kampfemesgötthchenHeldenmiteLnemschlangen- Furtwängler unter Zurücknahme seiner älteren 

SriÄTm" 1 , «kennen Daß Perseus Meinung, daß der griechische Typus über phoi- 

die G schlafend trifft, konnte wohl ein mythisches nikische auf ägyptische Bildungen (Bes) zurück- 

Bild der dem Gewitter voraufgehenden Windstille gehe, sowie der Ansicht Sil' p. 94, daß das Gor- 

vl . E ? e 1 ? 80 + h .? t ™p Wahrscheinlichkeit der goneion aus Cvpern zu den Griechen gekommen 

Infef f ! ^ IT "' ^f 1 . 13 *odbringen- sei, Nordsyrien unter Vermittlung Kleinasiens als 

dt fnl tr °Pj end f G '^ d ^ glühen Kräften, Heimat des Gorgoneions ansieht. Tatsache ist 

viLl T l } dem Blitz zuschrieb. Endlich jedoch, daß in den älteren Schichten griechischer 
verweist Koscher auf den Zusammenhang der 60 Kunst jegliche Spur des Gorgoneions fehlt und 

ma^lr^% l r r n ? eZieh T gZ ^? e "' itter ' erst in d «m Kreise von Kunstwerken, der die 

3?rwL ^ Ste . n ?el o Bd. I S. 971 ersten reinen Darstellungen griechischer Mythen 

LsunfS T™* i1V em P h 3' sliallSehen Auf - Mn ^ ailch die «.Fritze auftaucht. So ist 

auTd^ällH en ' alle / din ? s außer Zweifel steht, diese auf griechischem Boden kaum über das 

?7 e 7i ™7 der <f- »ta Atk riea; (Hom. 7. Jhdt. hinaufzurücten. Diesem Ergebnis der 

AaLlSäJ^^ Z t tt T n - ö 5- ftr ? et J e °" archäologischenForschungwidersprichtnurschein- 

f^vESfiZTT^ &i braucht ™^. ™* den bar die Notiz des Paus II 20, 7 über die Mb- 

noch nicht erstorbenen Bezug auf das Wetter in fcfap l®ov xexoi nf dv n xs <paXi,, KvxX6*a>r . . . 



igyov beim Heiligtum des Kephisos in der Nahe 
von Argos; denn, wie Furtwängler 1704 richtig 
bemerkt, ,kümraert sich die Volkssage wenig um 
Stilgeschichte', die Bezeichnung ,Kyklopenwerk' 
braucht also auf keinen bestimmten Stil zu weisen, 
sondern heißt in einem Lande, in dem zahlreiche 
Zyklopische' Werke in die Zeiten hochentwickelter 
künstlerischer Kultur hineinragen, weiter nichts 
als ,archaisch'. Aus demselben Grunde ist es 



uorgo 



iööU 



Paus. I 23, 7. II 27, 2. HI 18, 11 — sondern ist 
auch in einem sehr berühmten und oft benützten 
und modifizierten Gemälde aus dem Ausgang des 
5. Jhdts. geschildert gewesen, in dem Medusa, als 
schönes, hilfloses Mädchen dargestellt, nicht ge- 
köpft, sondern symbolisch nur der Locken beraubt 
wird, vgl. o. S. 1635; abgewandt schaut Perseus 
in den Spiegelschild, den die hinter ihm stehende 
(auch auf den meisten älteren Darstellungen an- 
aber auch unangebracht, von dem höchst proble- 10 wesende) Athena ihm hinhält. Vgl. Löschcke 



matisehen solaren Charakter des Gorgoneions aus- 
gehend (vgl. o. S. 1645f.) eine Brücke engster 
Beziehung zur mythischen Heimat der Kyklo- 
pen, dem Lichtland Lykien des Sonnengottes, zu 
schlagen, wie Furtwängler tut. Ebenso ist 
es gewagt, wegen des verhältnismäßig späten 
Erscheinens des Gorgoneions in der Kunst die 
ältesten Berichte, die von solchen Darstellungen 
sprechen, zu diskreditieren, d. h. die Homerstellen 



Die Enthauptung der Medusa, Festschr. zur Feier 
des 50 jähr. Doktorjubil. von H. v. Brunn , Bonn 
1893. Als beliebte pantomimische Szene wird der 
G. -Kampf bei Lucian de salt. 44 aufgeführt. 

2. Flucht und Verfolgung des Perseus 
waren auf dem Schild des Herakles, den Pseudo- 
Hesiod beschreibt (Scut 21Gff.), und auf der Ky- 
pseloslade (Paus. V 18, 3) dargestellt. Perseus, 
gewöhnlich mit der das Medusenhaupt bergenden 



IL XI 36 und V 741 für jüngere Einschiebsel zu 20 Kibisis und der Harpe, manchmal mit Flügel- 



erklären (so Furtwängler 1702f., gegen ihn 
z, B. Gruppe 1201, 5); auch darf man aus 
dem Schweigen Hesiods (Theog. 270ff.) über das 
Äußere der G. ebensowenig auf seine Unbekannt- 
schaft mit den bezüglichen Mythen schließen, 
wie ihr Beilager mit Poseidon nichts für ihre 
Schönheit (in Hesiodischer Vorstellung) beweist. 
Die nächstdem älteste Stelle, Hes. Scut. 230ff. 
(vgl. o. S. 1635), hat bereits die uns in zahl- 



schuhen und Hadeshelm ausgerüstet, sitzt bis- 
weilen auf dem eben geborenen Pegasos, und 
öfters ist Hermes anwesend, zur Flucht antrei- 
bend, seltener Athena. Sehr oft ist die zusam- 
mensinkende oder schon zusammengesunkene Me- 
dusa mit auf dem Bild, dessen Hauptfiguren die 
verfolgenden G. -Schwestern bilden. Nur aus der 
Kunst ist uns die Existenz einer Version bekannt, 
nach der die G.-Schwestern zu Poseidon, dem Ge- 



reichen Typen bekannten archaischen Gorgoneien 30 liebten der Medusa, gingen, um ihm ihre Er- 
vor Augen. Ebenso haben wir zu den Aischy- mordung zu melden. Die weitaus überwiegende 



leischen Schilderungen ein reichhaltiges, jeden Zug 
bestätigendes Bildermaterial zur Verfügung. 

II. Ganzfigurige Darstellungen folgen 
zwar erst dem ursprünglich für sich vorhandenen 
Gorgoneion , sind aber in der archaischen Periode 
außerordentlich häufig, während in der späteren 
Zeit nnr einzelne Szenen beliebt bleiben. Die 
häufigste Verwendung der G. in der archaischen 



Mehrzahl dieser Darstellungen ist archaisch, ganz 
vereinzelt sind die Beispiele, die das Fratzenhafte 
der G.-Schwestern ins Schöne übersetzt zeigen, 
da ja auch der literarische Mythus nur einmal eine 
Andeutung gibt, daß die Schwestern den VeTede- 
lungsprozeß der Medusa mitmachten (s. S. 1643). 
Das Gorgoneion konnte Kunst, Kunsthandwerk 
und Volksglaube nicht missen, daher begleitete 



Kunst ist die zu rein dekorativem Zwecke. Gern 40 es sie auf allen Wegen ; die Schwestern waren 

erscheint eine G. zur Fällung eines etwa qua- —n—i— «-i- —j •< j- <-- -■■■-■ "-•■ t- 

dratischen Feldes; nicht selten finden sich in 
solchem Sinne auch Halbfiguren oder Brustbilder, 
namentlich auf chalkidischen Bronzegefäßen. Da- 
neben ist schon früh die tektonische Verwendung 
an allerlei Geräten nicht selten, zu Füßen. Hen- 
keln, Akroterien u. dgl. Daneben treten sehr 
früh die G. in den verschiedensten mythischen 
Szenen auf, die von Gädechens 407ff. bespro- 



entbehrlich und verschwanden in einer Zeit, die 
das Fratzenwesen verbannte. 

3. Beschreibung. Die typische Erschei- 
nung der G.-Schwestern ist die einer heftig eilen- 
den weiblichen Figur mit tief heTabgebeugtem 
Knie, so daß sie fast kniend erscheint, und stets 
en face gezeigter G. -Fratze, gewöhnlich einen Arm 
gesenkt und einen erhoben. Die Flügel fehlen 
nur in ganz seltenen Fällen ; die altionischen 



chen und mit reichlichen Beispielen belegt sind, 50 Bildwerke zeigen meist vier Flügel, viele Dar- 



unter Hinzunahme derer, die ohne die Darstellung 
der G. selbst auf andere Episoden des Mythus 
Bezug haben (Vorbereitungen zum G.-Kampf, 
Perseus bei den Graien und Nymphen, besonders 
den Ketoskampf usw. Vgl. Perseus). Unter 
Beiseitelassung dieser Parerga seien liier die Haupt- 
szenen mit G.-Darstellungen genannt. 

1. Tötung der Medusa. Die auf der berühm- 
ten Metope von Selinus dargestellte Szene begegnet 



Stellungen auch Fußflügel. Schlangen als Attri- 
but (um den Gürtel oder in den Händen) wer- 
den früher beigegeben als Schlaagenhaare ; in den 
ältesten Darstellungen fehlen sie noch völlig. 
Bezüglich der Gewandung scheidet Furtwängler 
die G. der kleinasiatisch-ionischen und der chal- 
kidischen Kunst, die die Dämonen im weiblich- 
langen Gewände zeigt, von denen der peloponne- 
sischen, attischen und sizilischen Kunst, die ihnen 



nicht nur auf einer großen Zahl archaischer Bild- 60 den kurzen Chiton gibt, welcher ihrem Wesen 



werke sehr verschiedener Art — auf denen öfters 
Pegasos und Chrysaor aus dem Halse der Me- 
dusa steigen ; der kleine Pegasos unter Medusas 
Arm auf der Metope ist singulär ; boiotische Gem- 
men und Reliefvasen zeigen die Medusa selbst in 
Roßgestalt, vgl. Hannig De Pegaso 23—26; oft 
ist die Darstellung der eben getöteten Medusa 
mit der Verfolgung des Perseus verbunden; vgl. 



als Dämonen der Verfolgung angemessener war. 
Natur lieh dürfen die Grenzen nicht allzu scharf 
gezogen werden. Vgl. Furtwängler 1709ff. 

III. Das Gorgoneion. 1. Zweck und 
Verbreitung. Das Gorgoneion verdankt seine 
außerordentliche Häufigkeit dem apotropäischen 
Zweck, den es, als Sinnbild der widerwärtigsten, 
abschreckendsten, erstarrendes Entsetzen hervor- 



rufenden Häßlichkeit, besser als irgend ein an- Steine, Elfenbein, Bernstein, Perlmutter, Glas 
deres Symbol zu erfüllen vermochte. Die unge- (Haschen ; Medaillons, die den Boden von Trink- 
heure Verbreitung des Glaubens an den bösen gefäßen gebildet haben dürften). Vgl. 0. J ahn 
Blick und an die Möglichkeit, durch den höchst- Über den Aberglauben des bösen Blicks (Berichte 
gesteigerten, übertriebensten Ausdruck des Hohnes d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. VH 1855), 
und der Wut, wie er im Gorgoneion lag, jeden Gädechens 421ff. Röscher 59f. 
bösen dämonischen Eindruck zu brechen, ver- 2. Entwicklung. Der fortgesetzte Gebrauch, 
bunden mit der unbegrenzten ornamentalen An- der vom 7. Jhdt. ab ununterbrochen bis zum Aus- 
passungsfähigkeit, die dem Bund des Fratzenge- gang des Altertums vom G.-Symbol gemacht 
sichtes eignete, erklären den unübersehbaren und 10 wurde, hatte zur Folge, daß dieses Symbol in 
gar nicht zu umgrenzenden Gebrauch, der von lückenloser Folge den Verlauf der griechischen 
diesem Symbol vom Beginn bis zum Ausgang des Kunstentwicklung mitmachen mußte, wenngleich 
Altertums gemacht wurde, so daß die Worte seine apotropäische Bedeutung ein öfters zu kon- 
Gädechens': ,die griechisch-römische Kunst hat statierendes Festhalten an schon veralteten For- 
uns keinen figürlichen Schmuck so häufig über- men und ein Hineinragen derselben in eine fort- 
liefert wie das Medusenhaupt' (Das Medusenhaupt geschrittenere Umgebung bedingte, und daß von 
von Blariacum 12) keine Übertreibung bedeuten. den Millionen vorhanden gewesener Gorgoneien 
Es ist bezeichnend, daß rogyetov Appellativum einige Tausend uns erhalten geblieben sind, die 
für jedes grausige Antlitz wurde, besonders für uns den Entwicklungsprozeß zu verfolgen ge- 
die auch apotropäisch verwendeten tragischen 20 statten. Es lohnt sich, die ersten drei und den 
Masken (Etym. M. s. yoQysta. Schol. Plat. 464B. letzten der Schlußsätze Levezows (233) zu wie* 
Poll. Onomast. X 167). Das Gorgoneion ist über- derholen: ,daß kein griechisches Kunstideal vom 
all angebracht worden, wo es einen Schutz gegen ersten rohesten Anfange der beginnenden Kunst 
irgendwelche Angriffe aufzurichten galt; in erster bis zu ihrer Vollendung eine längere Stufenreihe 
Linie also an Gegenständen, deren Bestimmung es von allmählicher, ja schrittweise sich fortsetzen- 
war, den Menschen zu schützen, also Mauer, Tor der Entwicklung überstiegen hat und daher kei- 
und Tür, aller Art Gebäuden, Schilden, Helmen, nem eine größere Mannigfaltigkeit von Darstel- 
Harnischen, Beinschienen, Streitwagen, Schiffen, lungsformen zuteil geworden ist, als dem G.- 
Pferdeschmuckstücken ; sodann an allen erdenk- Ideal überhaupt und dem der Medusa insbeson- 
lichen Geräten: Lampen, Kandelabern, Stühlen, 30 dere. Daß auch von keinem anderen Ideal die 
Trinkgefäßen aller Art (zur Füllung des inneren Entwicklungsgeschichte in zahlreicheren Doku- 
Eunds einer Schale eignete sich das Medusenhaupt menten so deutlich vor Augen liegt, als schon 
vorzüglich), Flaschen, Henkeln von Gefäßen usw. gegenwärtig von ebendemselben. Daß sich in 
Besonders beliebt sind Gorgoneien auf Gemmen, dieser Entwicklung, wenngleich nur eines unter- 
Intagli sowohl wie Kameen, die jedenfalls vielfach geordneten Ideals, zugleich der ganze Gang und 
als Amulete gebraucht wurden, was auf einigen der ganze eigentümliche Geist der griechischen 
durch Beischriften erwiesen wird. Doch erscheint Kunst, und was umsomehr Wert gibt, ohne 
auf Gemmen die G. erst spät, und zwar durch- sichtbare Beihilfe irgend eines anderen fremden 
weg nur der schöne Typus, oft im Profil. Ferner Einflusses, offenbart, von den ersten rohen Ver- 
zählt, wieder wegen seines Runds und seiner 40 suchen cyklopischer Mechanik bis zum höchsten 
heilsamen Kraft, das G, zu den gebräuchlichsten Gipfel der Vollendung freier hellenischer Kunst. 

Münztypen. Six' Inder (99f.) nennt nicht weniger Daß endlich selbst das Häßlichste, ja Greuel- 

als 65 Länder oder Staaten und 16 Dynasten, hafteste in Idee und Form, wenn es sich nicht 
welche dieses Münzbild brauchten. Besonders ganz aus dem Kunstkreise abweisen oder ver- 
heimisch ist das Gorgoneion auf den Münzen bannen ließ, dem sich unaufhaltsam fort aus- 
von Athen. Endlich sind Mosaiken und Wand- bildenden Schönheitssinne der Griechen und seinen 
gemälde zu nennen (das berühmteste aus Stabiae, Forderungen dennoch in dem Grade unterwerfen 
von Brunn 57f. besprochen), zu denen schließ- mußte, um wenigstens so viel als möglich ge- 
lich auch die zahlreichen Darstellungen des Me- mildert, ja wie bei unserem Gegenstande der Fall, 
dusenhauptes im Perseusmythus (z. B. Athena 50 sogar möglichst veredelt und verschönert, ohne 
zeigt Perseus das G.-Haupt im Brunnen oder doch das Charakteristische seiner Grundidee da- 
Spiegel oder zeichnet es in den Sand ; Perseus durch ganz einzubüßen, ein Gegenstand des leb* 
einfach mit dem Gorgoneion in der Hand ; Per- haftesten menschlichen Anteils, selbst hohen tragi- 
seus versteint mit dem Gorgoneion das Ketos oder sehen Mitgefühls und der gerechtesten Bewunde- 
Polydektes ; Perseus zeigt Andromeda das Gor- rung seiner ihm verliehenen Kunstvollkommenheit 
goneion im Brunnen; Perseus schreckt die Sa- werden konnte'. Man versäume nicht, Brunns 
tyrn ; Perseus überreicht das Gorgoneion Athena Behandlung der Medusa (Griech. Götterideale 
usw. Vgl. Gädechens 410ff.) und an Bildern 53ff.) zu lesen, obschon darin die Auffassung der 
der Athena kommen. Das Material, in dem wir Medusa (?) Ludovisi entschieden verfehlt ist Die 
Gorgoneien aus dem Altertum überkommen haben, 60 folgende Übersicht schließt sich in der Eintei- 
lst somit: Marmor (ganze Köpfe, Masken, Reliefs), lung an Furtwängler 1706ff. Die reichhaltig- 
Bronze (Köpfe, Masken, ornamental oder tekto- ste Materialsammlung findet man bei Six 
nisch an aUen möglichen Gegenständen, Münzen), a) Der archaische Typus zeigt in den 
Gold und Silber (Masken, Schmuckstücke , Mün- ältesten Exemplaren (bei denen es zum Teil zwei- 
2en J' Terracotta (Köpfe und Masken selbständig felhaft sein kann, ob sie speziell G.-Häupter dar- 
und häufiger in architektonischer Verwendung stellen sollen, vgl Furtwängler 1707f.) durch- 
als StmmegeL Antefixe usw., ornamental an Ge- gehend das durch das obligate Bund in die Breite 
laßen usw.), Ton (Vasen, besonders Schalen), edle gezerrte Gesicht mit niedriger, oft vertikal ge- 



falteter Stirn, weitaufgerissenen Augen, breitee- 
drückter (,geplätschter ( schreiben die älteren Be- 
handler einmütig) Nase, in die Breite gezogenem 
Mund mit tierischen Eckzähnen oben und unten 
und gebleckter Zunge. Sehr bald beginnen in 
Anpassung an die umgebende Kreislinie die Mund- 
winkel sich nach oben zu ziehen, woraus der 
widerwärtig lächelnde Ausdruck dermeisten archai- 
schen Gorgoneien resultiert. Sehr viele Gorgo- 
neien zeigen nicht nur oben und an den Seiten 10 häufigsten erscheint das Gorgoneion in dieser 



durch Übertreibung zur widerwärtigen Fratze ver- 
zerrt, sondern gemildert und dadurch mensch- 
lichere Züge hergestellt werden. Insbesondere 
wird dem Munde die natürliche horizontale Rich- 
tung wiedergegeben, die Augen hören auf zu 
glotzen, das Haar wird glatt gescheitelt. Zu- 
weilen beginnt es sich zu sträuben, wie es häufig 
im schönen Typus begegnet. Die Schlangen sind 
selten; oft schon um das Haupt geknotet. Am 



dichte oder (je nach dem Charakter des Mate- 
rials) wulstige Behaarung (die freilich in ge- 
wissen Fällen, z. B. auf Münzen natürliche enge 
Grenzen erhält), sondern auch einen mehr oder 
weniger starken Bart, der selbst auf Exemplaren 
des schönen Stils bisweilen noch angedeutet ist 
(z. B. auf dem von Blariacum, vgl. Gädechens 1 
Monographie über dasselbe). Von den Erklä- 
rungsversuchen für diese Erscheinung ist der von 



Epoche an den Athenabildern dieser Zeit, die selbst 
in den zahlreichen späten Bepliken die Charakte- 
ristika des mittleren Typus nicht ganz verloren 
haben. Im übrigen tritt es, gemessen an der 
vergangenen und an der Folgezeit, quantitativ zu- 
rück. Der Grund dürfte sein, daß es in der nur 
gemilderten Form des archaischen verzerrten Ty- 
pus dem Geist der Zeit widerstrebte, die noch 
nicht den erlösenden Ausweg des entschiedenen 



Furtwängler 1707 am ansprechendsten, welcher 20 Bruchs mit dem Fratzenwesen und der Hinwen- 



das Gorgoneion von einer ursprünglich männ- 
lichen Dämonenfratze stammen läßt, während 
Gädechens (422; Med.-H. v. Blar. 8) eine Bei- 
mischung androgynischen Wesens zur Erhöhung 
des Widrigen annimmt; über Levezows Affen- 
theorie vgl. o. S. 1645. Eine seltene Beigabe 
sind kurze Hörner über der Stirn, die Furt- 
wängler 1709 für echt griechisch erklärt, wäh- 
rend er die ebenfalls zuweilen erscheinenden Tier- 



dung zur schönen Bildung gefunden hatte. 

c) Der schöne Typus verbannt völlig jeg- 
liche Verzerrung. Die Charakterisierung als G. 
wird einzig durch den Ausdruck des schönen Ge- 
sichts gegeben, dem als unterstützende, nicht 
wesentliche Elemente (sie fehlen bisweilen ganz) 
die Attribute der Schlangen und noch später der 
Flügel auf dem Kopf beigegeben werden. In der 
ersten Zeit dieser Bildung sind die Gorgoneien 



obren ägyptisch-phoinikischem Einfluß zuschreiben 30 (gemäß dem Gang der Kunstentwicklung) ruhig 
will. Ein anfänglich fehlendes, sich mit lokal —i-«- '— •*■ m--*— --~i — - ™ — -•— - ^n,^ 
verschiedener Schnelligkeit durchsetzendes und 
schließlich kanonisch werdendes Attribut sind die 
Schlangen, die teils das Haupt umwinden, teils 
sich zwischen die Haare mengen oder sie ver- 
treten (vgl. o. S. 1635). Innerhalb des archai- 
schen Typus scheidet Furtwängler 1713ff. noch 
folgende Unterarten : 1. einen ,breiten, vollen und 
fleischigen' Typus, der fast ganz auf das Schlangen- 



schön (mit Furtwänglers Terminus 1721ff.). 
Beibehalten wird zunächst die dem Rund sich 
nähernde breite Form des Gesichts, bald aber 
vielfach fallen gelassen. Den gorgonischen Aus- 
druck legen die Künstler in die weit geöffneten, 
starren, kalten Augen, denen gesträubte Haare 
und oft Schlangen und Flügel sekundieren. Das 
berühmteste und schönste Exemplar dieses Typus 
ist die Medusa Rondanini in München. War hier 



motiv verzichtet und vorwiegend ,in Kleinasien, 40 die Bewegungsfreiheit für den Künstler noch nicht 
bei den Chalkidiern, in Attika und Korinth, und sonderlich groß, so wurde sie fast unermeßlich 



durch die Chalkidier auch im Westen in Sizilien 
und Italien' heimisch, also ionisch ist. Der Aus- 
druck schwankt zwischen einem weichlich- matten 
und kraftvoll-wilden Charakter. Zahlreiche schwä- 
chere Exemplare wirken konventionell. 2. Ein 
nur in einem Exemplar vorhandener Typus (Mar- 
morakroterion von Sparta, Furtwängler 1716) 
schildert durch Anwendung sehnig-magerer For- 



mit dem Eintritt in die hellenistische, pathetische 
Kunstepoche. DieseT gehört die Ausbildung des 
pathetischen Typus, der in der Medusa nicht 
mehr das grauenerregende, peinigende, sondern 
das gepeinigte, gemißhandelte Wesen der modi- 
fizierten Sage (vgl. o. S. 1636) bildete und in 
dem Beschauer die Qualen des Mitleidens weckte. 
Die zahllosen erhaltenen Gorgoneien dieses Typus 



men, emporgesträubte, archaisch stilisierte Haare 50 durchlaufen die ganze Stufenleiter der Gefühle 



und Homer, unter Verzicht auf Bart und Schlangen, 
entsetzliche, durchaus männlich wirkende, teuf- 
lische Wut und Kraft, 3. Ein in Cypern und 
lonien, besonders im nördlichen Kleinasien, Aio- 
Hen und weiter nordwärts, westlich in Tarent 
auftretender Typus ist durch reichlichste Aus- 
nützung des Schlangenmotivs charakterisiert. Sie 
umgeben, ausstrahlend oder umwindend, das ganze 
Gesicht und illustrieren das Pindarische xotxiiov 
xdga ÖQaxovtoiv <poßcum (Pyth. X 47). 

b) Der mittlere Typus, der zeitlich etwa 
durch die J. 450 und 400 zu umgrenzen ist, 
leitet dergestalt von der archaischen Teufelsfratze 
zu den schönen Köpfen der dritten Periode über, 
daß zwar die wesentlichen Merkmale des archai- 
schen Fratzengesichts, die Bundform, der breite 
Mund, die Stirnfalten und sogar die gebleckte 
Zunge meistens beibehalten, aber nicht mehr 



vom schrecklichsten, körperlichen Schmerz einer 
wilden und kraftvollen Natur bis zur zarten Weh- 
mut eines psychenhaften Mädchenköpfchens. An- 
dere reizen durch den dämonischen Kontrast eines 
leidenschaftdurchwühlten, grausam wilden oder 
zynischen, sich und den Betrachter zerquälenden 
Geistes mit der edlen Schönheit der ebenmäßig- 
sten Gesichtsbildung. Ein gemeinsames Merk- 
mal dieser Gorgoneien ist das Aufgeben der bis- 
60 her obligaten Vorderansicht zugunsten einer der 
pathetischen Wirkung entgegenkommenden Drei- 
viertelansicht. Gemmen zeigen häufig Profile. 
Von den Ausdrucksmöglichkeiten, die das wilde 
Haar, Schlangen und Flügel boten, ward der 
ausgiebigste Gebrauch gemacht Eine nicht ge- 
ringe Zahl genialer Schöpfungen dieser Periode 
sind wir so glücklich zu besitzen. Daß eine An- 
zahl schöner Exemplare die Umbildung der G. 



1655 



Gorgobina 



öorgonius 



1656 



j zum Meerwesen zum Ausdruck bringt, sei mit Rück- 
blick auf S. 1640 noch bemerkt Vgl.. Brunn 37. 

Literatur. Konrad Levezow über die Ent- 
wicklung des G.-Ideals in der Poesie und bil- 
denden Kunst der Alten, Abh. Akad. Berl, 1832, 
1 37ff. (mit 54 Abbildgen.) . Eudolph Gadechens 
in Er seh u. Grubers Allgem. Encyclopäd., I. Sec- 
tion, 74. Teil, Leipzig 1862, 387-434 (umfas- 
sendste Behandlung). W. H. Koscher Die Gor- 
gonen u. Verwandtes, Leipzig 1879. Janus Six 10 
De Gorgone, Amstelodami 1885, Diss. (größte 
archäologische Materialsamml.). W. H. Röscher 
und A. Furtwängler inRoschers Lex. der griech. 
und röm. Mytholog. I (1886-1890) 1695-1727. 
Kuhnert ebd. III s. Perseus. Heinr. Brunn 
Griech. Götterideale, Münch. 1893, 37ff. und 53ff. 
E. Gädechens Das Medusenhaupt v. Blariacum, 
Winckelm.-Progr. Bonn 1874. Georg Loeschcke 
Die Enthauptung der Medusa, Festschr. zur Feier 
des SOjähr. Doktorjübil. von H. v. Brunn , Bonn 20 
1893. O.Gruppe Griech. Mytholog. u. Religions- 
geschichte, München 1906 (J. v. Müllers Handb. 
der klass. Altertumswiss, V 2). G. Glotz in 
Daremberg-Saglio Dict. des ant. II 2, 1615 
— 1629. Einige Einzelveröffentlichungen verzeich- 
net und besprochen bei O. Gruppe Barsians 
Jahresbericht 102, 202 und 137, 499. [Ziegler.] 

2) Tochter des spartanischen Königs Kleome- 
nes, Gattin des Leonidas, Herodot. V 48. VII 
U05. Sie ist das erste Beispiel der klugen, tat- 30 
kräftigen spartanischen Frau. Diren Vater warnte 
sie vor den Überredungskünsten des Milesiers 
Aristagoras; später als Damaratos durch eine 
geheimnisvolle Botschaft den Spartanern den 
nahen Angriff des Xerses offenbarte, soll sie zur 
Entzifferung des Schreibens den Weg gewiesen 
haben, Herodot. V 51. VII 239. Nach einem von 
ihr überlieferten Ausspruch könnte man glauben, 
daß sie nach dem Toae des Leonidas wieder ge- 
heiratet habe. Plut. apophth, 225 A. 240 E. 40 
Andere Worte von ihr ebd. p. 227 E. 240 D. E. 

8) Spartanerin, auf einer Inschrift CIG 
1497. [Niese.] 

4) s. Sappho. 

Gorgobina, Stadt der Boier, welche sich in 
Noricum den Helvetiern angeschlossen hatten und 
mit diesen nach Gallien gewandert waren, wo 
ihnen Caesar erlaubte, sich im Gebiet der Äduer 
anzusiedeln (s. Boii Nr. 1 Bd. III S. 632). Caes. 
b. G. VII 9 Vercingetorwc rurmts in BUuriges 50 
exercitum redueü atque inde profectus Gorgo- 
binam (var, Oortonam, falsch die Lesart Ger- 
goviam), Boiorum oppidum, quos ibi Helvetico 
proelio victos Caesar conlocaverai Haeduisque 
aMrihutrat, oppugnare instituit. Die Lage ist 
nicht sicher bestimmbar. Desjardins Ge'ogr. 
de la Gaule II 478. Holder Altkeit. Sprachsch. 
s. v. Zur Deutung des Namens vgl. Glück 
Keltische Namen 109. . [Ihm.] 

Gorgodylene , Strab. XI 527, falsche Lesart 60 
statt Gordyene. [Baumgartner.] 

Gorgoleon aus Lakedaimon. Er fällt als Po- 
lemarch gegen Pelopidas bei Tegyra im J. 374, 
Plut Pelop. 17. Curtius Griech. Gesch. HI* 
290. [Kirchner.] 

GtorgOB (heute Gorgona). 1) Kleine bis 255 m 
ans dem Tyrrhenischen Meer anfragende Felsen- 
insel, ca. 85 km ron der Küste bei Livorno ent- 



fernt, erscheint zunächst bei Mela II 122 undPlin. 
n. h, III 81 unter dem Namen Urgo. Ptolem. III 
1, 69, und zwar nur der Cod. Paris., verzeichnet 
sie als rogyami zwischen Al&dkr) und. KangaQia, 
Steph. Byz. unter dem Namen *Ogy&v\ Eutil. 
Nam. I 515 nennt die Insel Qorgon, Gregor. I 
regist. I 50. V5. 17 und Geogr. Eav. V 27 bereits 
Gorgona. Auf derselben waren zur Zeit, als 
Rutilius vorbeifuhr (416 n. Chr.), Mönche ange- 
siedelt, deren Weltabgeschiedenheit dem heidni- 
schen Dichter bissige Worte entlockt. Zur Zeit 
Gregors I. waren die Zustände in den Monasteria 
auf G. so reformbedürftig, daß der Papst ein- 
schreiten mußte (Gregor, reg. a. O.). Nach der 
Acta S. Iuliae (Acta Sanct. 22. Mai) ist der 
Leichnam der Märtyrerin von den Mönchen auf 
G. bestattet worden; vgl. L. M. Hartmann in 
der Ausgabe der Epist. Gregor. (Mon. Germ.) I 
285. Giulj Descr. delle tracce di fabbriche 
romane ... in aleune isole Toscane 1833 (von 
mir nicht gesehen). [Weiss.] 

2) Eponym von Rhodos IGIns. 1114. CIG HI 
praef. p. VIII nr. 182. IGI 2393, 185—187. 

3) r. roQyiTtJico. "Inxaexos in Tegea, Le B as 
II 338 a. [Kirchner.] 

*) Gorgon (FHG IV 410. Susemihl Gr. Lit.- 
Gesch. II 399, 314), schrieb liegt %&v h c P6ö(oi 
tivm&v (Athen. XV 696 F, wo Casaubonus die 
Verderbnis des Namens in yscogyos behoben hat). 
Bei Hesych. s. xaxaQanxtzt]? ist der Titel zu IIeqI 
•dvoiwv verkürzt; doch wird G. ebd. s. 'ExtxofaaTog 
für einen rhodischen Kultnamen des Hermes zitiert. 
Danach wird er selbst aus Rhodos sein, wo der 
Name und ähnliche häufig sind [ToQyos, rogyatv, 
Fogyia; , FoQyiöag, FoQyioiv, FoQycwlda;, FoQyo~ 
o&evrjs; Frauenname rogyfe s. IG XII 1 Index 
p. 215). Der Stoff seines Buches empfiehlt Iden- 
tifikation mit rÖQyav Togyatvog BffoyivSagiog, 
der im J. 83/2 Priester des 'AxoXlcov 'Egediftios 
auf Rhodos (Kamiros) war (IG XII 1 nr. 730, 27 
= Dittenberger Sy IL ^ 609. Identisch vielleicht 
mit FoQycov FoQycovog ebd. 46, 155 auf der In- 
schrift füT einen Gymnasiarchen der'Pafiala, aber 
kaum mit dem Eponym Gorgon ebd. 1114). Die 
Fragmente erlauben keine nähere Bestimmung, 
als daß er nach dem ersten Ptolemaier lebte 
(Athen, a. la. O.). Literarhistorisches Interesse 
bekundet die Mitteilung über die Weihung von 
Pindars Siegeslied auf Diagoras im Tempel der 
lindischen Athen a (Schol. Pind. Ol. VII inscr. 
p. 195, 13 Drachm.). [Jacoby.] 

Gorgonlus. 1) Praeposifcus sacri cubiculi 
bei dem Caesar Gallus, als Anstifter und Teil- 
nehmer von dessen Untaten im Winter 354/5 vor 
Gericht gezogen, aber freigesprochen (Ammian. 
XV 2, 10). Scheint erwähnt Liban. epist. 16. 

2) Architekt mit dem Comestitel, erbaute 
nach der Weihinschrift die große Kirche von 
Antiochia, die 340 eingeweiht wurde (Malal. 326). 
Vielleicht identisch mit dem Antiochener, der 
Vater des Constantinopolitanischen Senators Ale- 
xander war und 364 als verstorben erwähnt wird 
(Liban. epist 1306). 

3) Heide, Vater des Aquila, im Winter 355/356 
Assessor des Praeses Armeniae. An ihn gerichtet 
Liban. epist. 1264. 

4) Strateg von Alexandria im J. 356. Äthan, 
bist. Ar. ad mon. 68, 8t = Migne G. 25, 768. 796. 



1657 



Gorgopas 



roQY&ms Aifivrj 



1658 



5) Flavius G., Comes rerum privaterem im 
Occiderrt (Dessau 1290 = CIL IX 5897), in 
diesem Amt erwähnt am 6. Juni 386 (Cod. Theod. 
X 13) j später Praefectus praetorio. Da er in 
Ancona begraben wurde (Dessau a. O.), wird 
er dort zu Hause gewesen sein, wozu es paßt, 
daß er nach Symm. epist. I 39 in Picenum der 
Ruhe pflegte. [Seeck.] 

Gorgopas, Spartiate, Epistoleus des Nauarchen 
Hieras, Harmost auf Aegina, von wo er mit zwölf 
Schiffen im letzten Teil des Korinthischen Kriegs 
gegen die Athener Krieg führte und ihnen vielen 
Schaden zufügte. Er nötigte sie, das Kastell auf 
Aegina, das sie besetzt hielten, zu räumen und 
belästigte sie durch Seeraub. 388 v. Chr. be- 
gleitete er den Nauarchen Antalkidas nach Ephe- 
sos; als er von da- nach Aegina zurückkehrte, 
stieß er unerwartet auf ein attisches Geschwader 
unter dem Strategen Eunoinos. G. rettete sich 
nach Aegina, und als Eunomos nunmehr nach 
Attika zurückfuhr, folgte er ihm im Dunkel der 
Nacht, überfiel ihn bei der Landung an der atti- 
schen Küste und nahm ihm vier Schiffe ab. Diesen 
Unfall rächte Chabrias bei Gelegenheit seiner 
Ausfahrt nach Kypros. Die Athener landeten auf 
Aegina, G. ließ sich in ein Gefecht verwickeln, 
fiel in einen Hinterhalt und wurde mit einem 
großen Teile seiner Leute erschlagen, Frühjahr 
387 v. Chr., Xen. hell. V 1, 5ff. Demosth. XX 
§ 76. [Niese.] 

Gorgophone (roQyo<p6vij). 1) Tochter des 
Danaos, wie Hypermestra von der Elephantis, 
kommt an den Aigyptiaden Proteus, der wie Lyn- 
keus dem Aigyptos geboren ward von der Ge- 
mahlin aus königlichem Geschlechte Argyphie, 
Apollod. II 16 W. Tzetz. hist. VII 374f. ; bei 
Hyg. fab. 170 p. 32, 19 Seh. erscheint neben Pro- 
teus Skylla, vgl. Was er Skylla u. Charybdis 64ft. 

2) Tochter des Perseus, Gemahlin des Pe- 
rieres (s. d.), Mutter von Tyndareos, Ikarios, 
Aphareus, Leukippos, Stesich. frg. 61 (Bergk 
PLG* in 226) bei Apollod. III 117 W. Tzetz. 
Lykophr. 511. Auch bei Apollod. I 87 W. er- 
seheinen Aphareus, Leukippos, Tyndareos und 
Ikarios als des Perieres Söhne von der G., wo- 
gegen Paus. IV 2, 4 bloß Aphareus und Leu- 
kippos als solche bezeichnet, vgl. den Stamm- 
baum bei Hitzig-Blümner Paus. II 103. Nach 
des Perieres Tod habe G. den Oibalos (s. d.) ge- 
heiratet, als die erste Frau, die sich nach ihres 
ilannes Tod zum zweitenmal verehelichte und 
nicht Witwe geblieben, Paus. II 21, 7, dazu 
Hitzig-Blümner I 586; vgl. auch Paus. III 1, 
4. IV 2, 4. Bei Paus. III 1, 4 wird Tyndareos als 
Sohn des Oibalos von der G. bezeichnet, als Bruder 
des Aphareus von deT Mutter her, nach Tzetz. 
Lykophr. 1125 waren Tyndareos und seine Brüder 
nach den einen Söhne des Oibalos, nach den andern 
Söhne des Kynortas und der G. Als Brüder der 
G. werden genannt Alkaios, Sthenelos, Heleios, 
Mestor und Elektryon, Apollod. II 49 W. Tzetz. 
Lykophr. 838. Das Grab der G. fand sich zu 
Argos neben dem Erdhügel, in dem nach der 
Leute Meinung das Haupt der Gorgo lag, Paus. 
TI 21, 7. Vgl Gruppe Griech. Myth. 153. 160, 
6, 1245 A. 

S) Beiname der Athene, Eurip. Ion 1478, 
auch yogyotpivos Orph. hymn. XXXH 8; vgL 



yoQy&ms Preller-Robert Griech. Myth. 1 193; 
yoQyoyöv rj bedeutet die Gorgotöterin (s. o. Bd. II 
S. 1973) oder die ,furcbtbar Leuchtende' = *yog- 
yo<paooa (yogyorpdeooa) wie Uegasqpovt} und Ilsqai- 
waoaa (IIsQOswdsoaa) die »strahlend Leuchtende',, 
vgl. Gruppe Griech. Myth. 185f. 1200, 3. 4. 
1202. 1209f., 2. [Waser.] 

Gorgophonos (FoQyoqpovos). 1) Einer der 
Söhne des Elektryon (s. d.) und der Alkaiostochter 
lOAnaxo, Enkel also des Perseus, Bruder der Alk- 
mene, Apollod. H 52 W. Tzetz. Lyk. 932. 

2) König der Epidaurier, der, aus seiner Herr- 
schaft vertrieben, den Orakelspruch erhielt, in 
der Argolis dort eine Stadt zu gründen, wo er 
den Deckel einer Schwertscheide {£t<pov$ fivx^ta) 
fände; in der Gegend des "Agytov ögog aber fand 
er den elfenbeinernen Schwertgriff, genauer den 
twxrjc x^g Xaßijg xov £{<povs, der dem Perseus 
bei seinem Flug durch die Luft in der Gegend 

20 dieses Hügels entfallen war, und gründete die 
Stadt, die er nach dem Begebnis Mykenai nannte ; 
so Chrysermos von Korinth im ersten Buch seiner 
IlElonorvr)otait& (FHG IV 361 , 1) bei Ps.-Plut. 
de fluv. 18, 7; vgl. auch Steph. Byz. s. Mv- 
xijvm, wo aber statt des G. Perseus selbst der 
Gründer der Stadt. 

3) Beiname des Perseus, Nonn. Dionys. XVIII 
305 (= XLVII 506). XXX 269. XXXI 12. XL VII 
536, auch yogyotpövog SQejtdvrj bei Nonn. Dionys. 

30 XLVII 522; vgl. auch FoQyotpovov vmodsg bei 
dem Elegiker Kieon frg. 47 (Etym. M. 389, 24) 
bei Bergk PLG^ II 363. 

4) Beiname der Athene, Orph. hymn. XXXII 
8, s. Gorgophone. [Waser.] 

Gorgopis (Hesych. yoeyüxiv <poßeQ6<p&ak(xov T 
vgl. Koscher Gorgonen 64, 123. 74, 143) war 
nach Hippias El. (FHG TL 62, 12 = Schol. Pind. 
Pyth. IV 288) die zweite Gattin des Athamas 
und somit Stiefmutter von Phrixos und Helle. 

40 Ebenso wie sie selbst weist auch die mit ihr 
nicht zusammenzubringende yogy&mg Xi/uvi) (s. u.) 
auf korinthische Lokalsage hin. Als Beiname 
findet sich yooy&mc für Athena bei Kaibel 
Epigr. 1046, 54, bei Soph. Aias 450 und frg. 
760 N. {= Plut. de fort. 4 und Clemens Alex. 
Protr. p. 78), vgl. Gruppe Griech. Mythol. 1141; 
für die Erinnyen bei Eurip. Orest. 2601; als 
Schiffsname kommt Foey^mg vor CIA II 793b 

' 19 ; als Eigenname vielleicht in einer Freilassungs- 

50 Urkunde von Thera, IG XII 3 Suppl. 1, 1302, 
wo allerdings Blass (bei Collitz-Bechtel 
4702) das überlieferte Fogywxi ergänzt zu Foq- 
y<osti[das?]. [Zwicker.] 

roQywms Xiftvi). Nach Aisch. Ag. 302 W. 
gelangt das Feuersignal vom Kithairon über das 
aly'mkayüTuv OQog zum Arachnaion. Der ziegen- 
durchschweifte Berg (Curtius II 552) muß die 
Geraneia sein; auf ihrem höchsten Gipfel wird 
man sich das Fanal denken (Hirschfeld I 970 

60 ganz verfehlt). Dorthin gelangt das Signal Uftvyv 
vxeq yogytömv, Xtfivt} könnte nach Homerischem 
Sprachgebrauch das Meer bedeuten, wie Hik. 529 
und y. redendes Adjektiv sein wie yogycoTtog Prom. 
356, der Dichter also das Halkyonische Meer 
meinen. Eine Linie vom Kithairon zur Geraneia 
berührt gerade noch seinen östlichsten Teil. Sonst 
wird das Wort nur noch aus Kratraoa' Pylaia 
(frg. 178 K.) angeführt (Hes. s. /b^cJ^, an- 



-— e- 



scheinend als Eigenname. So fassen die Gram- 
matiker das Wort auf und verstehen darunter 
«inen See ira korinthischen Gebiet (Hesych. Zonar 
448. Etym. M. 384, 38) j sie erklären den Namen 
<wr» lozoQiag. Eine genauere Angabe (Etym. M. 
384, 82) setzt die G. gleich mit der 'EaxazuSug 
Xifivr) xetfisvt} (tera («am Dind. Thes. I. gr. II 
736 C) z6v *Ia8ft6v. Der Ausdruck ist deutlich 
adjektivisch und bedeutet die in der iayanä se- 



urorgos 



1660 



r^tiÄS^^w*3Wä'iÄ 



lieh auch hier äno iazoQiag. Es kann sich, wie 
zuerst Curtius erkannt hat, nur um den großen 
See im westlichen Teil der Halbsinsel Peiraion (Xen. 
Ag. 2, 19), heute von Perachora, handeln, der Xen. 
hell. IV 5, 6 und Plut, quaest. Gr. 59 einfach « 
Xipvfi genannt wird. Dieser See, heute Vuliasmeni 
genannt, d. h. der versunkene, bildet ein ziemlich 
regelmäßiges Rechteck, von Osten nach Westen 
etwa 1,5 km lang und von Norden nach Süden 



daß dieses den alten Namen bewahrt hat Aller- 
dings sind keine Ruinen da. Jttthner, Knoll, 
Patsch, Swoboda Vorlauf. Bericht Über eine 
archäol. Exp. n. Kleinasien 1903, 26. [Ruge.l 

Gorgog (roQyög). 1) Einer der drei von Pto- 
lem VI l, 17 namhaft gemachten Nebenflüsse 
des Tigris m Assyrien bezw. Babylonien (Lykos, 
Kapros, Ct.). Aus der Bestimmung der geographi- 
schen Breite für die Einmündung des G. m den 



ein hoher, steiler Kalkrücken hin, der neben der 
Nordwestecke des Sees nach Westen steil ab- 
bricht; im Süden trennt ihn ein niedriger, schmaler 
Kücken aus graubraunem Gestein (Hornstein?, s . 
Philipp so n Pel. 21) vom Meer; von Osten senkt 
sich ein kleines Tal zum See hinab; im Westen 
erheben sich schroffe Kalkhügel, die südlich bis 
ans Meer reichen, während im Nordwesten zwi- 
schen ihnen und dem zuerst genannten Rücken 



ihm nur die heutige Dijälä verstanden werden 
kann; so z. B. schon F orbiger Handb. d. alt. 
Oreogr. II 68; vgl. auch den Art. Dialas o. Bd. V 
S. 319 Der Name ist kaum griechisch (yogyög 
= furchtbar, wild ; also der reißende Fluß), son- 
dern eher em gräzisierter einheimischer. Etwa 
aus dem Persischen zu erklären?; vgl neupers 
Gurg = Wolf (Vullers Lex. Persico-Lat. 981) G* 
wurde dann zu jener auf vorderasiatischem Boden 



rtfa-^Mtt5»äKsSs533«? 



westecke ist vermittelst eines Durchstichs durch 
den gewachsenen Fels in neuerer Zeit eine Ver- 
bindung mit dem Meere hergestellt. Dadurch ist 
der Spiegel des Sees beträchtlich gefallen wie 
eine alte Strandlinie am Westufer erkennen 'läßt; 
das Wasser ist jetzt sehr seicht. Westlich vom 
Durchstich lag nach Ausweis der zahlreichen 
Scherben eine antike Ansiedlung. Es rindet sich 
hier Eisenerz, Am Westufer, wo der Fuß der 



hören, auf die wegen ihres reißenden Laufes die Be- 
nennung eines reißenden Tieres (Wolf, Eber, wilder 
Hund) übertragen wurde. Vgl. die Namen der 
beiden anderen Tigriszuflüsse bei Ptolemaios, Ka- 
pros (Eber) und Lykos (Wolf), letzteres Übersetzung 
von semit. Zab (assyr. zählt, arab. dhi'b, aram. de'eb 
= Wolf), dessen aramäische Form in Diabas (kaum 
Korruptel aus Dialas, wie o. Bd. V S. 319 ange- 
nommen wurde) vorliegt. Vgl ferner die armen. 



eine breite Einsenküng ble ibt Nahe de 8M30^Sf!n™T Ygl - faraer die amen ' 
westecke ist vermittelst eines DurchsLhtdul ^ S 



beträchtliche Reste einer vortrefflichen antiken 
Fahrstraße erhalten, die sich einerseits nach dem 
Isthmos zu, andrerseits an der Nordwestküste der 
Halbinsel nach Osten noch verfolgen läßt, offen- 
bar dieselbe Straße, auf der die von Plutarch er- 
wähnte dsaiQla aus dem Peloponnes mit ihren 
Wagen nach Delphoi zog. Der Ort Aigeiroi (s 
AiyeiQog Nr. 2 und Aigeirusa Nr. 1 o. Bd. I 
S. 951), bei dem sie lagerten, hat vermutlich am 



sehen Geographen Nähr al-Dhi'b, d.h. ebenfalls 
Wolfsfluß genannt wird (s. dazu Hübschmann 
Iudogerm. Forsch. XVI 249. 41 5f.). Der von 
den Griechen durch Lykos wiedergegebene phö- 
mzische Fluß heißt heute Nähr el-Kelb = ,Hunds- 
fluß'. Einen ,WiIdschweinfluß' (Barasgir) im Ge- 
birge östlich von Assyrien erwähnt San dreezki 
Reise nach Mossul und Urmia (Stuttgart 1857) DT 
245; der offenbar persische Name B(P)aras-gir 



ga^Br-JässäS-SeSfas^g 



L >lP s ' , [Streck.] 

t Z) LoQyog, Hirndsname auf drei sf. Vasen 
mit Darstellung der kalydonischen Eberiagd- 
a) Kyhx zu München (nr. 333 bei Jahn), Moni 
d. Inst. IV 59. CIG (IV) 8139. b) Amphora 

^L C ^ et °;^ uinü ' HelM S Bul l- d. Inst. 
1884, 126. Petersen Ann. d. Inst LVI 1884, 
284 z. Mon. XII 10 (Moacg). c) Amphora zu 



Südufer des Sees geleg n ; auf Karden S 50 Be lin nTl705 ^)Tlt (IV) raJw^S 
Schwarzpappeln schwerlich wachsen, \ntike Reste *m*L i£ r i' rV, L 73 ' 5 fstatt 

namentlich ™a. Zürnen, finde» sUhaÄ Ä1,Ä°^ M J?h fc*!?^" 



namentlich große Zisternen, finden sich auch an 
der Nordwestecke des Sees und weiter westlich auf 
der nach Norden geneigten Fläche, die sich an 
der Nordwestküste entlang bis zum Vorgebirge 
H. Nikolaos hinzieht (Boblaye Recherches 36 
Leake Pelop. 399). Hier, in der Nähe des Sees 
(--reei t$v JAfivt)v) spielt die Szene, die Xenophon 
schildert. Forchhammer Halkyonia 10. Cur- 

Tino Vi ri H %■%-» j-i 1 Oii? Chr\tiJ* *r% i *-■*- *~ _ Ä ~ _ 



tinsBh. Mus 1846 203f • plitmfMmw «■''", TT™' ' e 91nml im »«PP«lW™d 
beachte dieGege^Ä JÄ9 miJ^ 60 ^^- S «° Standbild J. Ol^pu, Pa M . 



besuchte die Gegend am 20. Juli 1909. fßölte 1 

Gorfforome* S t e r r e t Papers of the Amer. 
schooh Athens IU 129 nr. 217 veröffentlicht eine 

JS£2?/!F 9 rta Kara Viran am So ^ g°i 

ftr "'.if*)».^ südöstUch vom Bey Shehir Göl 
(Karalrtw) ein Dorf Gulgurum Kegt, und glanbt 



Gr. Vasemnschr. 78f., 1. Für die Deutung des 
Namens s. Baecker De can. nom. Gr., Diss. 
Eegim 1884, 55f. und Jeschonnek De nom 
?SS? 7£ pecud - dom ' md iderunt, Diss. Eegim. 
1885, 22. Vgl. Gorgo als Name eines Hundes 
des Aktaion. [Waser.] 

3) Gorgos aus Elis. Siegt zu Olympia vier- 
mal im Pentathlon, je einmal im Doppellaufund 



VI 15, 9. 

4) Sohn des Theodotos aus Iasos, beloht in 
einem Dekret der Samier, Ditten berger SylLa 
162 = &tXo<pvla$ ßaadetag 'Ale§dv9gov bei Ge- 
legenheit der Dionysien, welche Alexander im 
J. 324 in Ekbatana feiert; erwähnt von Ephippos 
bei Athen. Xn 538 b. Droysen HeHemaai^I 
% 362. . .-.■■... .. 



loci 



worgoa 



6) Sohn des Eukletos ans Messenien. Er siegt 
im Pentathlon zu Olympia, woselbst sein Stand- 
bild von Theron aus Boiotien, Paus. VI 14, 11. 
Er, der auch sonst noch gymnische Siege errang, 
2eichnet sich später als Staatsmann aus, Polyb. 
VII 10, 2. Er geht als Gesandter der Messe- 
nier zu König Philipp von Makedonien im J. 218, 
Polyb. V 5, 4. Niese Gesch. d. griech. u. maked. 
Staaten II 444. 

6) Archon in Paros in der Zeit der Attaliden, 
Rangabe" Antiquite's 770c. 

?) Sohn des Aphrodeisios aus Thespiai. Er 
siegt bei den Erotideien in Thespiai xsXrjn tsXstq> 
im 2. Jhdt. n. Chr., IGS I 1772. [Kirchner.] 

8) Messenier aus der Zeit des zweiten Messeni- 
schen Kriegs, Sohn des Aristomenes. Als er noch 
kaum erwachsen war, fiel ihm, wie Pausanias er- 
zählt, das Mädchen, das den Aristomenes aus der 
Gefangenschaft befreit hatte, als Gattin zu. Später, 
nach dem Falle Eiras, schlägt er sich in Begleitung 
des Aristomenes durch die Belagerer durch, zieht 
ab und wird dann mit Mantiklos Führer der mes- 
senischen Auswanderer. Sein Vorschlag, Zakyn- 
thos zu besiedeln, wird nicht ausgeführt; die 
Messenier wenden sich vielmehr nach Zankle, das 
sie in Besitz nehmen und darnach Messana nennen, 
Paus. IV 19, 6. 21, 2 u. 12. 23, 2—9. Seine 
Person und seine Taten gehören ganz der histori- 
schen Dichtung an. 

9) Messenier, Sohn des Eukletos, in seiner 
Zeit berühmter, oft bekränzter Athlet. Erwähnt 
wird ein Sieg im Pentathlon in Olympia, dem 
G. eine Statue verdankte, Paus. VI 14, 11. Später 
ging er zur Politik über und muß in seiner Vater- 
stadt eine bedeutende Bolle gespielt haben, be- 
sonders in den Wirren, die um 215 v. Chr. zur Ein- 
mischung des makedonischen Königs Philipp V. 
in Messenien führten. Vorher, 218 v. Chr., ward 
er als Gesandter zu Philipp nach Kephallenia ge- 
schickt, Polyb. V 5, 2. VII 10, 2. Vgl. Pomtow 
N. Jahrb. f. Piniol. 1896, 623f. Niese Gesch. 
d. griech. u. maked. Staaten II 470. 

10) Ehodier oder Knidier, Genosse des Pen- 
tathlos und einer der Gründer Liparas, nach 
Diodor. V 9, 3f. 

11) Aus Keos, der zur Zeit Timoleons (um 340 
v. Chr.) die zerstreuten und vertriebenen Geloer 
sammelte und das zerstörte Gela aufs neue be- 
siedelte und einrichtete, Plut. Timol. 35. Holm 
Gesch. Siciliens II 215. 

12) Angesehener und begüterter Sikeliote aus 
Morgantine, beigenannt Kambalos. Bei Gelegen- 
heit des ersten sizilischen Sklavenkrieges (133 
v. Chr.) erzählt Diodor, daß er von aufständischen 
Sklaven überrascht in die Stadt floh. Sein, wie 
«s scheint gleichnamiger Vater kommt ihm zu 
Pferde entgegen. Nun entspinnt sich zwischen 
Vater und Sohn ein edler Wettstreit, jeder will 
dem andern das Pferd überlassen, um sich zu 
retten. Die Räuber kommen darüber dazu und 
töten beide, Diodor. XXXI V/V 11, wo der Text 
nicht fehlerfrei ist. 

13) Akragantiner, Sohn des Tyrannen Theron. 
Nach Polyaen. VI 51 nahm er den Bau des Athena- 
tempela in Verding und benützte nun die Bau- 
gelder, um Soldner zu werben, mit denen sein 
Vater die Tyrannis begründete. Ohne Zweifel 
liegt hei Polyaen eine Verwechslung mit Phalaris 



worgyra 1002 

vor, und verdient die Erzählung keinen Glauben. 
Vgl. Free man Gesch. Siziliens, übers, von Lupus 
II 125. [Niese.] 

14) Von Lakedaimon, ein Stoiker, der als 
Schüler des Panaitios im Ind. Stoic. Herc. col. 
76 (Riv. di Fil. III) genannt wird. Susemihl 
Gesch. d. griech. Lit. in der Aleiandrinerzeit II 
242, 26. [v. Arnim.] 

15) s. Claudius (Nr. 168) und Flavius 
10 (Nr. 61). 

Gorgylos {roQyvloq). l)Nach Polyb. II 66, 1. 
10 ein tief eingeschnittener Seitenbach des Oinus 
(der heutigen Kelephina) am Fuß des Berges Euas 
(o. Bd. VI S. 849), in dessen trockenem Bett Anti- 
gonos vor der Schlacht bei Sellasia 221 einen Teil 
der Truppen seines rechten Flügels versteckt Auf- 
stellung nehmen läßt. Von Kromayer Antike 
Schlachtfelder I 222 (vgl. 273, 2) am Südwest- 
ende der kleinen Ebene an der Kelephina nörd- 

20 lieh von Sellasia angesetzt. Karte bei Kromayer 
(nr. 5) und Arch. Anz. 1900, 206. [Bölte.] 

2) Freund des Peripatetikers Straton und einer 
seiner Testamentsknratoren (Diog. Laert. V 62), 
Im übrigen unbekannt. [Martini.] 

Gorgyra (roQyvga). 1) Gattin des Acheron, 
Mutter des Askalaphos (s. d.) , Apollod. I 33 W. 
st. &Eäv frg. 10 (FHG I 430) bei Stob. ecl. I 49 
p. 419, 15ff. Wachsm. (ebro zov yoQya <palvsa-&ai 
toTs TtoXXotq ra iv "Atdov). Das Appellativum f., 

30 auch ysQyvga (z. B. Alkman frg. 132 bei Bergk* 
HI 74), bedeutet einen unterirdischen Kanal, vjio- 
voftos, di ov za vSara vjts^et, Hesych. s. v., ein 
unterirdisches Gefängnis, Herodot. LTI 145 (Har- 
pokration s. v. zitiert außer Herodot noch Dei- 
narchos und Aischines, mit der Erklärung y. 
= tÖ xara ytfg ogvyfia), eine Art Labyrinth (rag 
dvoeg~trr)Tovs xaraoxsväg), vgl. Etym. M. p. 224, 
56. 228, 34ff. 238, 41ff. Bckker Anecd. Gr. I 
233, 25ff. Leo Meyer Handb. d. griech. Etym. 

40HI45f. Prellwitz Etym. Wörterb.2 s.v. Da- 
her wäre nach Röscher (Zusätze z. Lief. 41 des 
Myth. Lex.) G. ,die Personifikation der Kata- 
vothren, durch die oberirdische Flüsse und Sumpf- 
seen ('AyJgovTsg, 'AxsQOvaiaÖeg Xipvm) in die Unter- 
welt abfließen'. Statt G. heißt die Mutter des 
Askalaphos Orphne, d. i. die Dunkle, Ovid. met. 
V 539. Prob. z. Verg. Georg. I 39, auch erscheint 
Askalaphos als Sohn der Styx, Acherontis vel 
ut quidam volunt Stygis filius, Serv. Aen. IV 

50 462 ; vgl. auch Serv. Georg. I 39. Mvth. vat. I 
7, 6f. II 100, 17. Gomm. Bern. Lucah. VI 740. 
An G. erinnert Furtwängler Strena Heibig. 
90f. z. Abb. S. 86 bei einem ,Gorgoneion ganz 
absonderlicher Gestalt' auf einem altkorinthischen 
Kugelaryballos in Münchner Privatbesitz; die 
großen Auswüchse beidseitig der beinahe tierisch 
gebildeten Fratze gemahnen in Stellung und Form 
an Brustflossen von Fischen ; also ist hier viel- 
leicht die yogysiij y.sqxtkt], die Persephone senden 

60 kann (Hom. Od. XI 634), auf dem dunkeln Ge- 
wässer der Unterwelt mit Flossen rudernd oder 
schwimmend gedacht, vgl. auch Gruppe Myth. 
Lit. 1898—1905, 500. Vgl. noch den Dionysos 
roqyvQsvi oder rd^yvgog, so benannt nach Jop- 
yvea auf Samos, Duris frg. 49 a (FHG LT 481) 
bei Steph. Byz. s. r^gyvga (röQyvia codd.). Etym. 
M. s. roQyvQog p. 238, 40; a. o. Bd. V S. 1027, 
SOff. Vgl Eohde Psyehe H* 408t Prelle r- 



iuuq uurgyreus 

Kobert Griech. Myth. I 678 A. 828. Gruppe 
Griech. Myth. 81, ll 771, 3. 1189, 1. [Waser.] 

2) y F6gyvga {Steph. Byz., coäd. rtgyvta, tj 
rogyvQa Etym. M. [ion. rogyvQrj\ ; das Appella- 
tivum : Herodot. III 145 rj yogyvga = unter- 
irdisches Gefängnis, ^ yogyvga Diogeneian Hesych. 
= unterirdischer Wasserkanal, yogyvga Suitl. = 
Loch unter der Erde, yogyvga (unterirdischer 
schmutziger Abzugslsanal = yegyvga — ) unterirdi- 
scher Regenwasserabzug oder unterirdisches Loch, 
tö y6gyvgov = Gefängnis, Etym. M. [heutige Be- 
tonung des Appellativums yogyvga] als Eigen- 
name gebraucht), örtlichkeit auf dem ionischen 
Samos, wo man den Dionysos Gorgyreus (s. o. 
Bd. V S. 1027) verehrte. Der Tyrann von Sa- 
mos Maiandros warf seinen Bruder Charilaos in 
eine solche yogyvga. östlich vom sog. Schloß 
des Logotheten Lykurgos bei Tigäni (gebaut in 
den Zeiten des Aufstands der Griechen gegen die 
Türken 1821ff.) sieht man noch jetzt von der 
Meerseite her mehrere gewölbte Ausgänge nun- 
mehr verschlammter und verschütteter Abzugs- 
gräben von der Stätte der alten Agora her zum 
großen Hafen. L. Roß (Beisen auf den griechi- 
schen Inseln II 152) nennt sie vjzqvo/aoi. Wenn 
er aber meint, durch einen dieser Abzugsgräben 
sei der Tyrann Maiandrios aus der Akropolis ent- 
kommen (vgl. Herodot. III 148), so irrt er sich. 
Diese Abzugskanäle hatten im Altertum vor der 
späteren Verschlammung immer gut sichtbare Aus- 
mündungen, waren also an der Seeseite nicht 
xgvjixai diojgvyeg. Die xgVTixr} öicögv^ Herodot. 
III 148 ging von der Akropolis aus und mün- 
dete ins Meer, nicht in den Hafen. [Bürchner.] 

Gorgyreus (rogyvgsvg, Etym. M. 238, 40 
rögyvgog), Epiklesis des Dionysos von seinem 
Kult in Gorgyra auf Samos, Steph. Byz. s, F6g- 
yvga. Etym. M. a. a. 0. [Jessen.] 

Gorgjthion (rogyvd-icov). 1) Sohn des Pria- 
mos und der Kastianeira, von Teukros getötet, II. 
Vni 302. Eustath. IL p. 714, 35. Apollod. III 
12, 5. Hyg. fah. 90. Etym. M. [Hoefer.] 

2) Athener {Mvggtvovatog). Tgitfgagx°s in einer 
Seeurkunde um 377/6, CIA II 791. [Kirchner.] 

Gor ion* 1) Josephs Sohn, Gegner der Zeloten 
im Jüdischen Kriege unter Vespasian, Joseph, hell, 
lud. IV 158, wird von ihnen erschlagen 358. Nach 
II 563 scheint er einen Sohn Joseph gehabt zu haben. 

2) Nikomedes Sohn, ein Jude, wird als Ge- 
sandter an die Römer geschickt Joseph, bell, 
lud. n 451. [Willrich.] 

Gormetia lautet beim Geogr. Eav. IV 26 
p. 231 der Name der heutigen Stadt Worms. 
S. Borbetomagus. [Ihm.] 

Goraeae, Festung im nördlichen Armenien 
ungewisser Lage, vielleicht das heutige Chorni. 
Es hatte 51 n. Chr. infolge der Einsetzung des 
Iberers Mithridates römische Besatzung, Tac. ann. 
XII 45. [Baumgartner.] 

Gorpeios, nach dem Vocabularium des Papias 
(Mailand 1476, Venedig 1485, 1496, 1496; vgl. 
L. O. Bröcker PhiloL II [1847] 246ff.) Monat 
in einem Kalender unbekannter Herkunft: Gor- 
peios november mensis. G. ist der makedoni- 
sche Gorpiaios (s. d.) in verderbter Form. Auch 
sein« Lage weicht von der des makedonischen 
Monate ab: es ist dieselbe wie in Sidon; vgl. 
auch Gorpheos und Gorpios. [Bischoff.] 



Gorpheos, nach dem Vocabularium des Pa- 
pias (Mailand 1476, Venedig 1485, 1491, 1496; 
vgl. t. 0. Bröcker PhiloL II [1847] 246ff.) 
griechisch und makedonisch September: Septem* 
ber graeee gorpheos; September maeedonice gor- 
pheus. In dem G. erkennen wir den makedoni- 
schen Gorpiaios (s. d.), der allerdings in der Re- 
gel dem julianischen August, in Syrien aber dem 
September geglichen wird. Dorthin verweist des- 

10 halb Bröcker 258 die als ,griechisch ( bezeich- 
neten Monatsgleichungen; vgl. K. F. Hermann 
Über, griech. Monatsk. 84. Corp, gloss. lat. ed. 
G. Goetz VI 692. S. auch Gorpeios und Gor- 
pios. [Bischoff.] 

Gorpiaios (rogmaTos), elfter Monat des alt- 
nationalen, mit der Herbstnachtgleiche beginnen- 
den Mondsonnenjahrs der Makedonier, entsprechend 
dem athenischen Metageitnion (julianisch Juli/ 
August), vgl. K. F. Hermann Über griech. Mo- 

20 natsk. lOlff, Er findet sich teils in Makedonien 
selbst, wie z. B. in einem Schreiben König Phi- 
lipps V. an die Larisaier im J, 214 v. Chr., Athen. 
Mitt. VH'(1882), m, 39 = Dittenberger Syll.2 
239, 14, teils in den Urkunden der aus dem Ale- 
xanderreich hervorgegangenen Staaten, noch im 
römisch-orientalischen Sonnenjahr bis in die by- 
zantinische Zeit hinein; vgl. z. B. Le Bas III 
661, 2. 709, 1. 905, 1 (rogaaios). 1634, 15 (Jb e - 
Titeos). 1637, 10 {rogmijog). 1668, 1. 1832, 7 (r6g- 

30 mos). 2557, 1 (rogmios). 2562 a (rogmiog). 2562 i. 
2689, 2 (rogmios). Athen. Mitt. XVII (1892), 
198, 1. Ebenso ist der Name belegt in den Ur- 
kunden des bosporanischen Reichs, und zwar bis 
ins 4. nachchristliche Jhdt. ; vgl. L a ty s ch e v Inscr. 
ant. Ponti Euxini II 26, 9. 44, 12. 46, 11. 309, 
6. 310, 5. 434, 18. 452, 20. p. 292, 49, 1. Ob 
der Monat auch auf Kypros vorkommt, hängt von 
der Lesung der Inschrift Athen. Mitt. IX (1884) 
137, 8 ab, wo überliefert ist: ]_ r TogmaXot -&ta- 

40 aos j Ttjs äjioaxevrjg j sdvasy to leqeov usw. ; ist 
etwa Fogjiialov zu schreiben? — Das Hemerolo- 
gium Florentinum (I de ler Handb. d. Chronol. I 
419ff.) läßt den G. bei den Ephesiern am 25. Juli, 
in Tyros am 19. September, bei den Arabern am 
19. August, in Ga2a und Askalon am 29. August 
beginnen und überall 30 Tage dauern; er ent- 
spricht in Syrien dem September, in Seleukeia 
in Pierien dem Oktober und in Sidon dem No- 
vember. Das Einführungsdekret des Sonnenjahr- 

50kalenders der Provinz Asia weist ihm als elften . 
Monat 31 Tage zu (Athen. Mitt. XXIV [1899] 290, 
70 = Dittenberger Or. Gr. inscr. sei. 458, 70). 
Der Name G. ist bis jetzt nicht erklärt. Ihn 
mit ÄoQTiia (s. d.) oder Aoqxeta (vgl. A. Momm- 
sen Feste der Stadt Athen 335, 5) zusammen- 
zubringen, wie K, F. Hermann Über griech. Mo- 
natsk. 52 und Ohnefalsch -Richter Athen. 
Mitt. EX 138 wollten, hindert die Erwägung, 
daß der Übergang von S in y nicht makedonisch 

60 ist (Hoffmann Die Makedonen 110). Die An- 
sicht Franckes zu Richters Inschriften 189, 
der den Namen von ög^y für agsiy ableitet und 
in ihm den Kapp- oder Schneitelmonat sieht, hat 
schon Hermann mit Recht verworfen; vgl. auch 
Gorpeios und Gorpheos. 

[Bischoff (nach Dittenberger).] 
Gorpios s. Gorpiaios. 
Gortona s. Gorgobina. 



1665 



Gortyn 



Gortyn {Qortyns, Gortgna, Gortys, Kortys), 
Name einer ehemals bedeutenden Stadt in der Mitte 
des südlichen Küstenlandes der Insel Kreta: r6gx&v 
(vgL Draco p. 32, 21 ; Arcad. 10) Hom. H. II 646; 
Od. HI 294. Älteste Münzen : rdgzvvog zo siäi(w 
Head HN 394. Plat. leg. III 708 A. Cauer 
Gr. Dialektinschr. nr. 5019, 9. Strab. X 478ff. 
Val. Flacc I 708. Paus. VIII 53, 4. Athen. II 48 d. 
Steph. Byz. Nonn. XIII 234. Dionys. per. 88 



Gortyn 



1666 



und Eustath.; rogzwg Mon. Ant. Accad. lincei 
in (1883) nr. 149; rögWva ScyL 47. Dionys. 
per. 124. Polyb. XXHI 15. Strab. X 476. XIV 
647. Lucan. IH 185. Con. hist 36. Mela n 7, 12. 
Plin. n. h. IV 59. Xn 11. Ptolem. m 17, 10; 
hist. m T. Paus. V 7, 1. Aelian. var. hist. XU 
12. Solin, XI 4, ebenso Iunior 41; Tab. Peut. 
Gortina, ebenso Geogr. Rav. V 21 p. 397. Steph. 
Byz. Etym. M. Prise, perih. 91. . Eustath. zu 




Dion. 88. Georg. Phrantzis I 34, 23; rogzvvtj 
Theophr. vent 44. Sen. Troad. 821. Steph. Byz. 
s. ÄJnj. Hierocl. 649. 4. Not Episc. HI 439. 
Vni 220. LX 129. X 550. XHI 400, Eudoc. 60 
p. 150. Suid. Zonar. p. 448. Eustath. Od. 1468, 43; 
Koqtvs Hesych. (var. Theophrast. vent. § 44). 
Der Name ist identisch mit Gyrton (s. d.) nach 
Bechtel Nachr. Gott Ges. d. Wiss. 1890, 38. 
Die arkadische Stadt G. hieß auch Kogxvg , He- 
sych. s. Kogzvviöi. Andere (d. h, poetische Namen) 
für G. oder für dessen Akropolis: Adgtoa (d. h. 
Herrenburg) , Steph. Byz.j ferner Kg^via (von 

FMÜ;-Wlasow&-Kroll VlI 



der großen Steilheit des Ostabfalls des Akropolis- 
hügels (vgl. Plan), und der mythologische Name 
'E/dcoTig, d. h. Europe, von der Lokalisierung der 
Ereignisse der Europesage bei G. ; Steph. Byz. s. 
r6grvv). Beinamen bei Dichtern tetxtsqoca, Hom. 
II. H 646; hgfi Dionys. per. 88. 

Lage und Ruinen. Blainville Letters 
from the Levant II 258. P. Belon Observat sur 
plusieurs Singularitez 8. Pococke Descr. ofthe 
East H $58, London 1772. J. de Tournefort 
Voyages n 22, Par. 1776. Savary Lettrea snr 
la Grece,Par. 1788, 152. Olivier Voyages 1408. 



Pashley Travels in Crete I 297. K. Hoeck 
Kreta I 398—401. E. Falkener (aus Onorio 
Belli* Descr. d. Is. di Candia 1588) Museum 
Classical Antiqu. H (1852f.) 277ff.; Theaters and 
other Eemains in Crete, Lond. 1854, 20ff. T. A. 
B. Spratt Travels and Researches in Crete II 26ff., 
Lond. 1865. C. Bursian Geogr. v. Griechenland 
IE 564ff. L. Thenon Eev. Arch. XVIII 126ff. 

F. Halb her r Mon. Ant. Acc. Lincei I (1889) 49ff. 

A. Ha us so ullier, G.Fougeres, P.Mo nee aux, 10 
H. Lechat ^Grece (Guides Joanne) II 478ff. 

G. war im flachen, niedrigen Längstal des 
Lethaios (jetzt Mitropolianös oder rsQOTtozaßog) 
'AaTSQOvoia (Steph. Byz. Hoeck 431), jetzt Mes- 
sareä genannt, gelegen (Strab. X 478. Oppian. 
cyneg. II 378 ev x^fxaXij yairj roQxwiöi), das sich 
ganz allmählich nach dem Libyschen Meere zu 
senkt (jetzt die fruchtbare Meoagsd), nach Strabon 
zu beiden Seiten des Lethaios, d. h. die Akropolis 
rechts vom Fluß, die Stadt links, nach Solin. 17 20 
und nach Eustath. II. LT 646 an diesem. Vom 
Libyschen Meer war G. 90 Stadien (16V 2 km) abge- 
legen (Scyl. 47 nach Georg. Phrantzis I 34, 24 60 
Stadien); als Hafenorte seines Gebietes werden 
Leben und Matalon genannt, Strab. X 476. 478. 
Von Kydonia betrug die Entfernung nach G. ca. 80 
Stadien, von Phaistos 60 Stadien (Strab. X 479), 
von Knosos 17 römische Meilen, von Sjdnita 32, 
von Lebena (verschrieben Ledena) 12 römische 
Meilen (Tab. Peut. IX 1). 30 

Euinen (die ausgedehntesten auf Kreta) zwischen 
jetzigem "Aytoi Asxa und MrjtQQstohq, s. Plan; in 
der Nähe XovmeXXiavd. 

Gründung. G. hat gewiß schon in minoi- 
scher Zeit bestanden. Auch nach Hock (a. a. O. 9) 
das Gebiet von G. frühester Sitz der kretischen Ur- 
einwohner. Von Konon (hist. 36 P.) wird die Grün- 
dung in vordorische Z eit verlegt. Achaier aus Amy- 
klai in Lakonien (vgl. im Gebiet von G. 'AfivxXaiov 
Mus. It. Ant. Class. III [1890] 787) sollen gemein- 40 
sam mit Minyern, die aus Imbros und Lemnos nach 
Lakonien ausgewandert waren (Herod. IV 145), 
unter Führung von Pollis und Delphos unter Zu- 
ziehung von Kretern G. gegründet haben. Das 
soll zur Zeit des dritten Geschlechts nach der 
Herakleidenwanderung geschehen sein. NachPlut 
mul. virt. 8 p. 305 D; quaest. gr. 21 p. 364 D, 
vgl. Polyaen. VII 49. VHI 71 soll Pollis mit lem- 
ni sehen Tyrsenern Melos, Chersonesos und Lyttos 
auf Kreta besiedelt haben. Pausanias (VIII 53, 50 
45, vgl. Steph. Byz.) hat die tegeatische Sage, daß 
Gortys, ein Sohn des Tegeates und Bruder des 
Kydon, aus Arkadien (vgl. AoxdSeg, Stadt in der 
Nähe von G.) ausgezogen sei und G., Kydon aber 
Kydonia begründet habe. Die Besiedlung durch 
Dorier ist wohl auf Argos zurückzuführen (ge- 
meinsame Dialekteigentümlichkeit Dittenber- 
ger Herrn. VII 62ff.). Wohl erste Begründung 
durch thessalisehe (daher Name Larisa und son- 
stige Gleichnamigkeit Boibe, Gortyn) und arka- 60 
dische Leute, zweite durch Dorier. Stammphylen : 

G. Busolt Gr. Gesch. I 330, 1. 

Mythos und spätere Geschichte: Europe 
s. Münzen und o. Bd. VI S. 12881 Menelaos opfert 
in G. dem Zeus eine Hekatombe, Ptolem. hist. III T. 
372 v. Chr. kehrt Areus von Sparta aus dem Dienst 
der GkÄtynier nach Hause zurück ; s. o. Bd. H S. 683. 
S4ta Sneg zwischen Knosos und G. t DiodL XYI 62. 



ururiiyu iwuo 

Im 3. Jhdt gehört G. zum xoivay Kgtjzaiioyv, IG 
XII 8, 25, 44 ; Zerstörung von Lyfctos durch die 
Knosier und ■ Gortynier, Polyb. IV 53f., nach- 
dem 221 sich die Jünglinge von G. und anderen 
kretischen Städten den Lykiern zugewendet haben. 
Bürgerkrieg zwischen den älteren und jüngeren 
Gortyniern. 220 Vertrag zwischen G. und Knosos, 
Arch. Teneto 9b Ser. VII (1897/8) 10ff.; Krieg 
des Philippos von Makedonien und der Achaier 
gegen G., Polyb. IV 55. Um diese Zeit Freund- 
schaftsvertrag mit Lappa auf Kreta, Haussoul- 
lier Bull. hell. 1885, 6-9. Arch. Veneto 9b Ser. 
VII 1897/8, 53, und zwischen G,, Hierapytna und 
Priansos, Arch. Yeneto 9 b Ser. VII 1897/8, 59ff. 
Zwischen 222 und 205: Ptolemaios Philopator, 
der den Gortyniern eine neue Mauer zu bauen 
anfängt. Zwischen 200 und 194: Philopoimen im 
Dienst von G., Paus. VHI 56, 6. Plut. Philop. 13. 
197: Kydas führt 500 Gortynier unter Flaminius, 
Liv. XXXIII 3. 189 : Hannibal täuscht die Gor- 
tynier, Com. Nep. 9; Krieg zwischen Kydonia 
einerseits, Knosos und G. anderseits ; Fabius Labeo 
kommt von Ephesos nach Kreta, verlangt Nieder- 
legung der Waffen, Einstellung der Seeräuberei ; 
nur die Gortynier gehorchen, Liv. XXXVTI 60. 
185: Krieg zwischen Knosos und G , Polyb. XXIII 
15, zwischen G. und dem mit Eumenes von Per- 
gamon verbündeten Kydonia, Polyb. XXVIII 15. 
Diod. XXX 13. 184: Protokosmos Kydas ent- 
reißt im Bund mit den Lyktiern und Ehaukiern (?) 
den Knosiern die kretischen Städte Lykastos und 
Diatonion, gibt das erste an Ehaukos, das zweite 
an Lyktos, Polyb. XXHI 15. Juni 183: Vertrag 
zwischen Eumenes H. von Pergamon und dem 
xoivov ÜlJo^tcujeW , Dittenb erger Syll. I 288. 
164 verbündete sich G. und Knosos, um Ehau- 
kos zu zerstören, Polyb. XXXI 1. 183 geht 
Antiphatos aus G. als Gesandter der Kreter nach 
Korinthos, um die Hilfe der Achaier gegen die 
Ehodier zu erbitten, Polyb. XXXIH 15. 138 
oder 132: G. in Freundschaft mit Itanos, Halb- 
herr Mus. It. Ant. Class. III 570 1.112. 113. 
116. Gegen Ende des 2. Jhdts. besiegen die 
Knosier die Gortynier, Strab. X 477. Die Gor- 
tynier treten nicht den Römern entgegen. In G. 
läßt Metellus seine Münzen schlagen, G. wird als 
maxima civitas (Geogr. lat. min. 125) bezeichnet, 
67: Kreta römische Provinz, G. deren Hauptstadt. 
Im 7. Jhdt. n. Chr. Verfall. 

Einzelnes. 1. Agora, nicht weit vom Le- 
thaios und vom Eundgebäude, Halbherr Eendi- 
conti Eeal. Accad. Lincei, Classe di Scienze 1901, 
291—306. Brücke auf der Agora, Collitz Gr. 
Dialektinschr. nr. 5005 H Lb. 2. Akropolis, 
Spratt Travels and Researches in Crete II 33. 
3. Amphitheater, Falkener Theaters and 
other Eemains in Crete ; App. Mus. Class. Ant. Lon- 
don 1854, 22. 4. Aquädukt im Norden der 
Agora, Belon Les Observations de plusieurs Sin- 
gularitez 8. 5. Ausgrabungen: 1884 und 1885, 
Mus. Ital. II (1888) 181ff. tav. (presso il Letheo). 
Halbherr Cretan Expedition, Amer. Journ. Arch. 
II Serie vol. I 3, 159—238. Fabricius Athen. 
Mitt. LX (1884) 363ff. 1888, Mus. It. Ant. Class. 
II 561ff. 6. Basilika (= Praetorium, s. <L). 
7. \j tat} BiyXee s. Plan D am Pythion, Halb- 
herr und Comparetti Mus. It Ant Class. 
H (1888) 181— 252. Mon. Ant Acc. Line. I 



looy woreyn 

(1889—1892) 9ff. 8. Dialekt s. Sprache. 
9. Gebiet: r A fXwv^i), Collitz Gr. Dialektinschr. 
nr. 4983; Ktfoxoga, unbebautes Gebiet, ebd. nr. 
5000 II; IldXa, ebd.; IIvXcüqos (/Ltd> e a), ebd. 
nr. 5016 (Grenze gegen das Gebiet der Knosier). 
Häfen: Matalon und Leben; BoCßrj Steph. Byz.; 
Phaistos, von den Gortyniern erobert, Strab. X 
479; Rhytion (Strab. X 479), Lasea, KaXoi Atfiä- 
vss, Act. Ap. 27 (s. die Art. und Bursian Geogr. 
Griechenl. II 567). 10. Gebäude, halbkreis- 
förmiges am Lethaios mit „ Gesetzen von G." 
(Plan D) E. Fabricius Athen. Mitt. LX (1884) 
367; Mus. It. Ant. Class. I (1885) 233ff. H (1888) 
561 und Tav. XH Plan 1:200. 11. Gesetze 
Mus. It. Ant. Class. H (1888). Fabricius Athen. 
Mitt. IX 363—384 (s. auch Inschriften): Lite- 
ratur s. Mon. Ant. Accad. Lincei III (1893) IXff. 
und Larfeld'Bursians Jahresb. LXXXVII 290. 
Busolt Gricch. Gesch. I 331ff., 2 a) Älteste 
Gesetzgebung (6. Jhdt), Mus. It. Ant. Class. LT 
181—252. b) 2. Periode (5. Jhdt.) = ,Recht von 
O.', Comparetti Mus. It. Ant. Class. I (1885) 
233—287. Halbherr und Fabricius Leggi 
ant. della cittä di Gortyn, Firenze 1888. c) 3. Pe- 
riode, Mus. Ital. II 659ff. Lewy Altes Stadt- 
recht von G., Berlin 1885; Arch.-epigr. Mitt. 
aus Österr. XX 122ff. 12. Götterverehrung: 
Apollon Pythios im Pythion (s. d.) t Steph. Byz. 
Anton. Liber. met. 25. Com. Nep. 9; Artemis 
{?<>£/«[?]), Collitz Dialektinschr. nr. 4991 III 
10; Britomartis (Diktynna), Callim. hymn. 8. 
Mon. Ant. Accad. Lincei III nr. 10; Dionysios 
6 Ko . . ., Collitz Dialektinschr. nr. 4953; 
Hera, Mon. Ant. Accad. de Lincei IH nr. 8, 3; 
Hermes Edas, Etym. M. s/ESa? ; Kadmos, Sohn. 18; 
Lato, Collitz Dialektinschr. nr. 4982; Poteidan, 
Mon. Ant. Accad. Lincei III nr. 188; Zeus Heka- 
tombaios, Hesych. Ptolem. hist. 3; ßX/avog, 
Collitz Dialektinschr. nr. 4963; ot ev Toqxvvi 
JftXydviot , Mon. Ant. Accad. Lincei III nr. 10; 
s. auch Kunstwerke; Asyl für entlaufene 
Sklaven nach den Legge di Gortyna, Arch. Veneto 
Ser. VII 9b (1897/8) 73, 222. 13. Inschrif- 
ten: Tournefort Voyages I 75. Pashley 
Travels in Crete I. Pococke Inscr. Ant. I 4, 2 
p. 43 nr. 4. Neumann Rer. Cret. spec. llö. 
Falkener Mus. Class. Ant. n (1852/3) 278f. 
CIG II nr. 2560, 2588: Q. Caecilius Eufinus, der 
Proconsul von Kreta und Kyrene, nr. 2589. 2591 : 
P. Septimius Geta, Quaestor und Propraetor von 
Kreta und Kyrene, nr. 2592ff. Addenda nr. 2561 b 
usw. Spratt Travels in Crete II 430ff. (Babing- 
ton). Thenon Eev. Arch. XVIII 126ff. 192ff. 
Haussoullier BGU 1885, 6—9. Halbherr 
e Comparetti Epigrafe arcaiche di G., Mus. It. 
Ant. Class. H (1888) 181—252 Off M ßiyXtg arch. 
Inschriften). Halbherr 561—592 (Rundbau am 
Mitropolianös). Comparetti Iscrizioni arcaiche 
di G., ebd. 645-668. F. Halbherr e B. Com- 
paretti Relazione sugli seavi del tempio di 
Apollo Pythios in G., Mon. Ant Accad. (1889) 49ff. 
Halb h er r Iscrizioni Cretesi, Mus. It. Ant. CL 
HI (1890) 691f. Comparetti Le Leggi di G. 
e le altre Iscrizioni Arcaiche Cretesi, Mon. Ant. 
Accad. Lincei LH (1893) 1—100. Teilung der 
archaischen Inschriften in solche der 1. Epoche 
(ün Pythion gefunden), der 2. im Rundbau, Ricci 
Hiscellanea epigr., Mon. Ant Class. Accad. Lin- 



uortyn 



167V 



cei I (1893) p. 292—308 nr. 5—10. 14. Kirchen: 
(Titos, Falkener Theaters 23). 15. Kulte s. 
Götterverehrung. 16. Kunstwerke: Urlichs 
Skopas 40. Le Bas Monuments figurCs 124. 
Curtius Arch. Ztg. X Taf. 38, 1: Zeus mit As- 
klepios und Hygieia. S a v i g n o n i Weiblicher Kopf, 
Mon. Ant. Accad. Lincei VIII. 17. Labyrinth: 
Ältere Literatur bei Hock Kreta I 447. Cocke- 
rell Travels in Various Countries of the East 
10 402 = Walpole Travels. North Douglas Essay 
on certain Points of Eessemblance between An- 
cient and Modern Greeks, Lond. 1813,25. Fal- 
kener Mus. Ant. Class. II (1852/3) 284—286. 
Sieber Reise auf Kreta 510. T. Spratt s. o.: 
,Lage und Ruinen'. Gestein: Sandstein. 18. Le- 
thaios C. Bursian Geogr. Griechenl. II 564. 
T. Spratt Travels in Crete Karte E. Fabricius 
Athen Mitt. IX (1884) 367. F. Halbherr Mus. 
It. Ant. Class. II (1888) 561. 19. Mauern: 
20 tsixtstjaaa Hom. 11. n 646. Dann ohne Mauern 
Strab. X 478. Nach Phrantzis I 34, 23 späterer 
Mauerzug auf 80 Stadien Umfang berechnet; der 
Bau des Ptolemaios Philopator (222—205 v. Chr.) 
infolge eines Aufstandes unterbrochen. 20. Mün- 
zen. Literatur: Sworonos Numismatique de 
la Crete Ancienne I 158—182. Wroth Catalo- 
gus of the Greek Coins of Crete and the Aegean 
Islands (Lond. 1886) 37—47. Falkener Theaters 
in Crete 20. 21. Praetorium (Basilika, % Ba- 
rn ötXixij Mus. It. III 718 nr. 156, 800 m von der 
Akropolis): Pococke Descript. of the East, 
Lond. 1743—45, 252—254. Spratt Travels and 
Res. in Crete, Lond. 1865. II 34-35. Falkener 
On the Antiqu. of Candia (Mus. Ant. Class., 
Lond. 18602) 11277—281. B. Comparetti Mon. 
Ant. Accad. Line. LTI (1893) lf. Ricci Pretorio 
di G. secondo un disegno a penua e manoscritti 
inediti del secolo XVII, Mon. Ant. Accad. Lincei 
II (1893) 317ff. 22. Pythion: Steph. Byz. 
40 (unter den Ruinen "o roy ßiylsg mitten in den 
Ruinen): Mus. Itin. Ant. Class. H (1888) 181ff. 
Halbherr Mon. Ant. Accad. Lincei I (1889— 
1892) 42 Inschrift des 3. oder Anfang des 2. 
Jhdts.; Vertrag zwischen G. und Knosos: aräaai 
retv oftoXoylav xavxav yQatpavxeg sozdXav Xiftivar 
. . . kfi Ilvrtot. Orakel: Apollon Gortynios, Anton. 
Liber. met. 25. Comparetti ebd. III (1893) 5ff., 
Pläne des Pythions. 23. Staatseinrichtungen 
usw.: Gilbert Griech. Staatsaltert. 216ff. ; Ver- 
50 träge s. o. Geschichte; außerdem mit Elyros, 
Collitz Gr. Dialektinschr. nr. 5014; Streit um 
den Besitz von Apollonia bei Knosos; Vertrag 
mit den 'PtzTrjvioi (Stadt 'Pityvia Steph. Byz.); 
im xoivov KQrjraieojv. 24. Stadtviertel Aazto- 
oiov um das Heiligtum der Lato, Coli itz nr. 4982; 
TlvTiov (= I2v&iov), Mon. Ant. Accad. Lincei I 
(1893) 42, s. o. bei Pythion. 25. Tempel s. o. 
Götterverehrung. 26. Theater: a) größeres, 
Onorio Belli 1582-1596, s. Falkener Theaters 
60usw. 21; b) kleineres, Onorio Belli, Falkener 
Theaters usw. 21. Comparetti Mon. Ant. Acc. 
Lincei HI (1893) 87ff„ Römisches Theater 
Pococke Desc. of the East 252—254. Spratt 
Travels and Researches in Crete II 33. Halb- 
herr e Comparetti Mus. It Ant Class. II 
(1888) 182. 27. Sprache: Athen. XI 502 B (aus 
Hermonax) : yowot naga ro^rwlotg itoztjQiov *t$o£, 
Sfiotov Sr/txleiqi zäXxtov * 8 dfdooihu r^ agora- 



mt 



Gortyna 



Gortys 



1672; 



öHtm, wd toQ IqavTQÜ (prjatr 'Eefi&va£. Hesych. 
xdga'&cä roQrttvf&v [tilioi] bh avnij, vgl. dazu 
M. S c hm i d t. B e ch t e 1 Nachr. Gott. Ges. d. Wiss. 
1800,88. Blaß in Collitz-Bechtel Samml. d. 
griech. Dial.-Inschr. HI 2. 3. 246fl. [Bürchner.] 

Gortyna s. Gortyn. 

Gortynaia (Theophr. h. pl. I 9, 5); Oortynia 
(Varrö de r. T.I7); Oortynia (Strab. X 476); Gor- 
tynis (Oppian. cyn. II 378. Steph. Byz. s. Bolßrj). 
Gegend um Gortyn auf Kreta, niedriges Land, 
X&apaXt} yair} (Oppian.) , aber fruchtbar durch 
feuchten Westwind, Theophr. vent. § 44. In ihr 
die Quelle Sauros mit Platanen, die ihr Laub 
nicht abwerfen^ sagenhafter Schauplatz des Liebes- 
abenteuers der Europe, s. den Art. Gortyn Mün- 
zen (Theophr. h. pl. I 9, 5), und nahe dabei eine 
andere Quelle. Über die Orte in der G. C. Bur- 
sian Geogr. v. Griechenl. II 568, 1 und oben 
Art. Gortyn 9. [Bürchner.] 

Oortynia. 1) s. Gortynaia. 

2) rogzwta, Stadt in der makedonischen Land- 
schaft Emathia am Axios, uuterhalb des jetzt 
Demir Kapu genannten Engpasses, 429 t. Chr. 
von den Thrakern besetzt, Thuk. H 100, 3. Strab. 
VII 329 frg, 4 {öta roQzvvlov). Ptolem. II 12, 
36 Müll. {roQ&wla). Steph. Byz. s. rogdvvia. 
Plin. n. h. IV 34 Gordynia. Leake North. Gr. III 
444. Demitsas Ußz- yecoyg, Maxsö. II 228f. 
Kiepert N. Atl v. Hellas VII. [Oberhummer.] 

Gortynios (Toqtvvioq). 1) G. hieß nach der 
arkadischen Stadt Gortys (s. d.) der heutige Fluß 
von Dimitsäna oder Atsikolo in seinem Unterlauf, 
während er in seinem Oberlauf den Namen Lusiso 
führte im lovzQotg zov Aids zez&svzos. Nach- 
dem seine Quellbäche sich in der Hochebene von 
Karkalü gesammelt haben, strömt er zwischen 
jähen Felswänden nach dem Alpheios zu, in den 
er wenig unterhalb Karytaina mündet. Paus. V 
7, 1. VIII 4, 8. 28, 2f. Leake Morea II 23. 
Curtius Pelop. I 352ff. Bursian Geogr. II 231f. 
Philippson Pelop. 104. Frazer Paus. IV 
311. [Bölte.] 

2) 1. Epiklesis des Asklepios. In dem Askle- 
pieion zu Titane bei Sikyon (o_ Bd. II S. 1665 
nr. 47) stand eine Marmorstatue des Asklepios G. f 
Paus. II 11, 8. Zweifelhaft ist, ob diese Epikle- 
sis mit dem Asklepioskult von Gortyn auf Kreta 
(o. Bd. H S. 1670 nr. 108. Gruppe Griech. 
Myth. 1445, 9), mit dem Asklepioskult von Gor- 
tys in Arkadien (o. Bd. II S. 1667 nr. 75; vgl. 
Preller-Robert Griech. Myth. I 522, 3) oder 
mit dem thessalischen Gyrton (o, Bd. II S. 1663 
nr. 4a. v. Wilamowitz Isyllos55. Immerwahr 
Kulte Arkadiens 181) zusammenhangt. 

2. Epiklesis des Apollon; Anton. Lib. 25 (nach 
Nikand. und Korinna) erzählt in der Sage von 
Metioche und Menippe, die Boioter hatten das 
Orakel des Apollon G. befragt. Wahrscheinlich 
ist darunter Apollon Pythios von Gortyn auf 
Kreta zu verstehen (o. Bd. II S. 46). Vgl. 
Gruppe Griech. Myth, 1449. [Jessen.] 

Oortynia s. Gortynaia. 

G*rtyns s. Gortyn. 

Gortys (roQTvs). 1) Eponymer Gründnngs- 
heroe, der am (arkadischen Nebenfluß des Al- 
phei«) Gortynios gelegenen Stadt Gortys, Sohn 
<U* Stymphelös, Enkel des Elatos, Urenkel des 
Arkjtf, Bruder des Againedea, Paus. VIII 4. 8. 



2) Eponymer Gründungariero» der kretischeite 
Stadt Gortyn, Steph. Byz. s. Föqtw. 

8) Sohn des Tegeates, Bruder des Skephrost- 
und Leimon, Paus. VIII 53, 1; nach § 2 auch 
der nach Kreta aaswandernden Kydon und Arche- 
dios, die wie G. selbst dort Städte gründen. Difr 
Kreter selbst aber erklärten den G. für einen 

4) Sohn des Rhadamanthys, die anderen beiden 
für Söhne des Minos und Hermes, Paus. a. O. 

10 [Tümpel.] 

5) Stadt in Arkadien. Münzinschrift AXAIQN' 
KOPTYNIQN, Hes. Kogzvvtoi ot "AgxaSsg • % 
yao Kogzvg zfjg "ÄQuadcov , Vgl. Koqzvviov IG IV 
lb 373. 110 (6. Jhdt. v.Chr.). Nomin. roozvz 
Paus. VIII 27, 4. 28, 1; Akkus, rdqzvva V 7, 1. 
VIII 4, 8. 27, 7. 28, 2; ebenso ist zu lesen bei 
Rhianos bei Steph. Byz. s. MsXairaC, s. Meineke- 
Anal. Alex. 184 (codd. röQtvvav). Nom. Gor- 
tyna Plin. IV 20, Konjektur für eartina der 

20 codd. ; Akk. röoxvvav Polyb. IV 60, 3 , unwahr- 
scheinliche Konjektur für yögyov zov. Nach S o 1 m - 
sen- Beitr. zur griech. Wortforschung I 17 ge- 
hört G. zu äyelgco und bedeutet , Versammlungs- 
stätte' (gegen Fick Vorgriech. Ortsn. 20f. 93. 
106). Vielleicht war es ursprünglich nur eine 
Dingstätte des arkadischen Gaus Kynuria, zu dem 
es nach Paus. VIII 27, 4 gehörte. Daß Polybios 
(s. o.) Zugehörigkeit zu Telphusa behaupte, be- 
ruht auf Konjektur. Von seiner Geschichte wissen 

30 wir nichts. Rhianos (s. o.) berichtete von Kämpfen 
mit den Eleern. Bei der Gründung des arkadi- 
schen Einheitsstaates 367 (Niese Herrn. XXXIV 
539) gab es einen Teil seiner Einwohner an Megalo- 
polis ab und wurde eine xdifxr}. Es behauptete 
aber eine gewisse Selbständigkeit, denn es erhielt 
um diese Zeit seinen stattlichen Mauerring und 
schmückte seinen Asklepiostempel mit Statuen 
von der Hand des Skopas. Die Ruinen von G. 
hat Leake am rechten Ufer des Flusses von At- 

40 sikolo oder Dimitsäna, des alten Gortynios (s. d.)„ 
entdeckt, etwa 5 km oberhalb seiner Einmündung 
in den Alpheios. Kahle Kalkberge in weitem 
Kreise umziehen einen tiefen Kessel, dessen Grund 
eine Gruppe niedriger Hügel einnimmt. Sie sind 
mit den Weingärten des Dorfes Atsikolo bedeckt. 
Am Ostrand der Hügel strömt in tiefer Schlucht 
der Fluß zwischen senkrechten Felsen entlang. 
An der Nordostecke jener Hügel gruppe lag die 
Stadt auf einem schmalen Kalkrücken , der sich 

50 nur wenig erhebt, nach Südwesten steilrandig ab- 
bricht, nach Nordosten sich allmählich abdacht 
und sich von Nordwesten nach Südosten erstreckt. 
Hier verbreitert er sich und wird durch eine halb- 
kreisförmige Einbuchtung in einen südlichen und 
einen östlichen Zipfel geteilt, die beide bis an 
den Rand der Schlucht des Flusses reichen. Die 
Mauer, die sich geschickt der Gestaltung des Ge- 
ländes anschließt, ist nur an der Ostseite längs 
des Flusses verschwunden, sonst läßt sie sich in 

60 ihrem ganzen Verlauf feststellen. Sie ist aus 
ziemlich großen , auf der Vorderseite stark ge- 
buckelten Blöcken dunklen Kalksteins mit sorg- 
fältigem Fugenschnitt in horizontalen Lagen er- 
baut; doch greifen die Blocke oft mit polygona- 
lem Schnitt aus einer Lage in die andere über. 
Sie ist schwerlich älter als das 4. Jhdt. ; zwei kurze 
Mauerstücke ans ganz roh behauenen Blöcken 
auf der Nordostseite nahe dem Tor (s. u.) könnten, 



xvto 



vwya 



\AVWU-IiTJB 



Beste einer älteren Befestigung sein. Erhalten 
sind 2—6 Schichten in 2 — 3 m Höhe. Die Dicke 
wechselt von 3,50 m bis Ober 4 m. Die Südwest- 
mauer ist durch 5 viereckige Türme verstärkt, 
-die in die Mauer einbinden. An der besonders 
festen Nordwestfront, die den schmalen Sattel 
abschneidet, durch den die ummauerte Fläche 
mit dem höheren Gelände zusammenhängt, sind 
3 halbkreisförmige Türme angeordnet, dicht da- 
neben an der Nordostseite ein vierter. Der Haupt- 10 
«ingang befindet sich nahe dem östlichen Ende 
der Nordostfront (s. Zeichnung der Expedition, 
l>ei Leake falsch eingetragen), in der Richtung 
auf die Stelle, wo auch heute eine Brücke den 
Fluß überspannt. Zum Schutz des Tores bildet 
•die Mauer, die hier aus besonders großen Blöcken 
erbaut ist, einen einspringenden Winkel. An der 
Nordecke befindet sich eine Pforte. In der Nord- 
westseite ist keine Öffnung: Bursian hat sich 



rojQvr6s t d (auch yoQvro; und ^ö)^«rrff), das 
Futteral oder der Kasten, in dem der Bogen auf- 
bewahrt wurde (Hom. Od. XXI 54. Lykophr. 458. 
Luk_ Herakl. 1. 8). Vgl. Apoll, lex. 56, 1. Etym. 
M. 244, 7. L. Gud. 132, 11. Or. 39, 22. 51, 6. 
Suid. Hesych. Bekk, an. 1096. Eustath. 39, 6. 
1898, 51. Döderloin Homer. Glöss. 59. Lobeck 
Proleg. 389. Benfey Griech. Wurzellex. II 114. 
Christ Griech. Lautlehre 230. [Lammert] 

Gossypium s. Baumwolle. 

Gotarzes, Partherkönig von 40—51 n. Chr. 

I. Quellen. Hauptquelle ist Tacitus im XL 
und Xu. Buch der Annalen. Außerdem gibt eine 
direkte kurze Notiz über ihn nur Josephos (ant. 
lud. XX 73. 74), während Philostratos in der 
Vita Apollonii einen Blick auf die Persönlichkeit 
und die Regierung von G.s Rivalen Vardanes ge- 
währt, allerdings unter dem schiefen Gesichts- 
winkel des seinen Helden bis ins Phantastische 



durch die Einarbeitung in die Oberfläche eines 20 verherrlichenden Biographen. Über die Inschrift 

" ■""■■>•*•••'■■- von Behistün, CIG LTI 4674 = Dittenberger 

Syll. or. I 431, die seinen Namen nennt, s. u. Ab- 
schn. V. 

Die Münzen des Königs gestatten eine ge- 
nauere chronologische Festlegung der Hauptdaten 
seiner Regierung und fügen noch manches Detail 
zur literarischen Überlieferung hinzu. Nach den 
früheren unzulänglichen Publikationen (u. a. 
Eckhel ILT 534. Mionnet V 666f., 61-65; 



Steines täuschen lassen, die für die Aufnahme 
eines aus der darüber liegenden Schicht eingreifen- 
den Steines hergerichtet ist. Die umschlossene 
Fläche ist etwas über 1/2 km * an £- Curtius er- 
wähnt Spuren von Häusern. Auf Besiedlung im 
Mittelalter deuten die zahlreichen roten unbemal- 
ten Scherben, von denen Frazer spricht. Ein 
großer Ziehbrunnen befindet sich außerhalb des 
Mauerrings westlich in der Richtung auf Atsikolo 



zu. In geringer Entfernung vor der Südwest- 30 Suppl. VLTI 447f., 49— 51) hat erst P, Gardner 

* ' "" -._*_,.... -n. tt .-m__.l_.___ _.__ eine zuverlässige Edition geboten: The Parthian 

coinage, London 1877, 49f. pl. V 18—26, wozu 
sich jetzt der wertvolle Katalog des British Mu- 
seum teils ergänzend, teils verbessernd gesellt, 
W. Wroth Catalogue of thecoins of Parthia (1903) 
S. 161—177 pl. XXVI 12—14. XXVII. XXVIII 
1—11 (im ganzen 177 Exemplare). Eine große 
Anzahl zum Teil früher unbekannter Varietäten 
hat v. Petrowicz in dem vornehm ausgestatte- 



front liegen große Blöcke weißen Kalksteins, die 
die Ecke eines Gebäudes zu bilden scheinen. Nur 
ihre Oberfläche ist sichtbar. Dodwell, Leake, 
Bursian und Frazer haben hier den Tempel 
des Asklepios angesetzt, der nach Pausanias' (VIII 
28, 1) unwahrscheinlicher Angabe aus pentelischem 
Marmor erbaut war. Curtius sucht ihn in der 
Nähe der Brücke nördlich der Stadt. Die Statuen 
des jugendlichen, unbärtigen Asklepios (s. o. Bd. II 



S. 1667, 47ff) und der Hygieia waren von Skopas 40 ten Katalog seiner Sammlung zusammengestellt: 



<s. 0. Bd. II S. 1694, 2ff.). Münzen (Bronze des 
Achäischen Bundes): Head HN 352. 372. Head- 
Svoronos "lax. j. Noß. I 526. Florance Ethni- 
ques des Villes et Peuples grecs 17 (tableau). 
Dodwell Tour II 382. Leake Morea II 24f. 
Curtius Pelop. I 350f. Frazer Paus. IV 307ff. 
mit weiterer Literatur. Plan: Expedition de 
Moree II pl. 31, danach Curtius I Taf. V. Die 
beiden Inschriften aus Kar^tena (CIG I 1534f.) 



Arsaciden-Münzen, Wien 1904 S. 117—126 Taf. 
XVTI 13—16. XVin (76 Stück). 

Besonderen Wert haben die Tetradraphmen, 
die hellenisches Gepräge aufweisen, sie sind bis 
auf den Monat genau datiert (Wroth nr. 1-32. 
Petrowicz nr. 1-12); auch die Silberdrachmen 
(Wroth nr. 33—56. Petrowicz nr. 13-26) ent- 
halten Legenden, aber mit stark barbarischen 
Buchstabenformen (vgl. Wroth S. LXXVUf. und 



enthalten nichts, was sich auf G. bezöge. Ich 50 165 Anm. Petrowicz S. 119f.) und sind un- 



besuchte die Ruinen am 29. Mai 1909. [Bölte.] 

Gorya bei Ptolem. VII 1, 43; bei Strab. 697 
Gorys. Hauptstadt des indischen Clans der Gu- 
raioi, von der Ptolem aioskarte am Fluß Guraios 
angesetzt, auf dessen Tal die G. noch zu Ale- 
xanders Zeit beschränkt waren. Wenn dagegen 
Strabon G. an den westlicheren Choaspes legt, 
so erklärt sich dieser Irrtum offenbar daraus, 
daß nach Alexander die Guraioi sich nach Westen 



datiert, während die kleinen Bronzestücke (Wroth 
nr. 57—177. Petrowicz nr. 27—77) fast ohne 
jeden Buchstaben geprägt sind. Die seither neu 
gefundenen Exemplare der Silberdrachmen mit 
seinem Namen sind unten erwähnt. Drachmen 
ohne den Namen des G. sind nicht so selten 
(vgl. z. B. auch Arch. Anz. 1909, 148); sehr zahl- 
reich sind die Typen seiner Kupfermünzen. 
II. Literatur, v. Gutschmid KL Schrift. 



ausdehnten und damals der untere Choaspes ein60ül 43—124; Gesch. Irans (Tübingen 1888) 123 
neues Zentrum ihres Territoriums wurde. Vgl. —128. Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 323 



Guraioi. [Kiessling.] 

Goryaia s. Guraioi. 

Goryandls in Indien. Nonn.Dionys.XXVI 294. 
Vielleicht zu erklären aus gorirant. [Kiessling.] 

Gorytoeasa {r<&Qv%6i:ooa) , Amazone im Ge- 
folge der Penthesilea, vor Hion u. a. erlegt von 
Achilleus, Tzetz. Posthorn. 178. [Tümpel.] 



—325. Mommsen E.G. V 379f. Olshausen 
S.-Ber. Akad. Berl. 1878, 172-179. Dessau 
Prosop. Imp. Rom. II 120f., 121. Gardnef a. a. 
O. 12f. Wroth a. a. O. XLV— XLVUI. 

EH. Nam«; Abstammung; TiteL Die 
Namensform Ootarxes findet sich bei Tacitus (ein- 
mal auch Qothar%e&\ /Wig?-^ auch ip der In- 



1675 



Gotarzes 



(Märzes 



1676 



sehrift (vgl. dazu Dittenberger Syll. or. I 431 
iL 4) und auf Tetradrachmen, XTooxsqCvs auf Drach- 
men, K&tdQStjs bei Josephos. Die neupersische 
Form ist Goderx oder Güdarx (v. Gutschmid 
Kl. Schrift. III 44. Olshausen S.-Ber. Akad. 
BerL 1878, 172). 

Über seine Abstammung herrscht nicht völlige 
Klarheit. Josephos, dessen Bericht ungenau und 
unverläßlich ist, nennt ihn einen Bruder des 



deute soviel wie ,Sohn des G$w', wobei OlB k 
hausen (S. 172) auf die enge Verbindung hin- 
wies, worin Güdarz und Gew in der alte*ränischen 
Heldensage erscheine. Aber die richtige Münz- 
legende gibt schon Gardner a. a. 0. 49f. (pl. V 
25. 26), allerdings erst in den Nachträgen S. 65 
richtiggestellt. Zu den zwei Exemplaren dieser 
Drachme in Paris und Petersburg, die er und 
die Älteren kennen, ist dann ein drittes hinzu- 



Tardanes (I.) , der ein Sohn Artabanus in. war 10 gekommen, das sich im British Museum befindet,. 



(Joseph, ant. lud. XX 69), und ebenso des Vola- 
gases (L); zu diesem aber offenbar nur Stief- 
bruder, weil Pacorus und Tiridates im Gegensatz 
zu G. als seine Brüder von demselben Vater be- 
zeichnet werden (ant. lud. XX 73. 74; auch Dio 
ep. LXHI 5, 2. Tac. ann. XII 50. XIII 34. XV 
2 [ausdrücklich auch als Söhne desselben Vaters 
erwähnt], 14. 31). Auch nach Tac. ann. XI 9 
ist G. der Bruder desVardanes; XI 8 wird auch 



Wroth 165, 33 {pl. XXVII 2); endlich sind zwei 
andere Exemplare derselben Münze ans dem Be- 
sitze des Dr. Mordtmann in Konstantinopel in 
die Sammlung v. Petrowicz übergegangen und 
in dessen Katalog 119, 13. 14 (Tai*. XVII 15) 
veröffentlicht. So ist jetzt die Lesung als fest- 
stehend zu betrachten: ßaod{i}£(og ßaod{t)eo>v 
Aoadxov vog asxakovfxevog Agraßdvov rotJTEQ£ijg. 
Gardner (S. 50) hatte die Vermutung angenom- 



Artabanus als Bruder des G. genannt; doch be-20men, daß vög xexaXovfievog gesetzt sei für vibg 



ruht es auf Mißverständnis Gardners a. a. 0. 
12, wenn er diesen Artabanus für den König 
hält und einen Irrtum des Tacitus annimmt; es 
ist vielmehr ohne Zweifel ein jüngerer Artabanus, 
wohl der Sohn Artabanus III., gemeint; ihn hat 
G. als gefährlichen Thronrivalen samt Frau und 
Sohn aus dem Wege räumen lassen, Tac. ann. 
XI 8. XII 10 {vgl. auch Mommsen R. G. V 
379, 1. Cauer o. Bd. II S. 1296). Als Söhne 



Artabanus III. kennen wir aber außerdem noch 30 xaiovpdvov steht. 



x£x?>r}u£vo$ , was bedeute, daß G. seine Abstam- 
mung von Artabanus mit Stolz hervorhebe, wäh- 
rend Wroth (S. XLV 2; vgl. Numism. Chronicle 
1900, 95, 6) Agtaßdvov mit vo$ und xsxaXovfihog 
mit r<oTSQZr}s verbindet, also ,Arsaces, König der 
Könige, mit dem persönlichen Namen Goterzes,. 
Sohn des Artabanus', ähnlich wie bei Mithri- 
dates m. (Wroth 66, 41; Numism. Chron. 1900,. 
93) neben dem Dynastienamen auch $Qadzov im- 



Arsakes, den ältesten (Tac. ann. VI 31. Dio LVni 
26, 1), Orodes (Tac. ann. VI 33. Joseph, ant. 
lud. XVJJI 52) und Dareios (Joseph, ant. lud. 
XVLTI 103; vgl. Dio LIX 17, 5. Suet. CaL 19, 2). 
Volagases aber wird als Sohn des Vonones (IL) 
von einer unebenbürtigen Mutter angegeben, Tac. 
XII 14. 44. Einen anderen Bruder des Vardanes, 
Megabates mit Namen, führt Philostr. v. Apoll. 
I 31 an, der aber vielleicht nur, wie v. Gut- 



Jedenfalls läßt sich nunmehr kein Anhalts- 
punkt dafür finden, daß G. nur der Adoptivsohn 
Artabanus III. sei (v. Gutschmid Kl. Sehr. III 
52; Gesch. Irans 123. Olshausen 177. Ditten- 
b e r g e r n. 2). Die Inschrift von Behistün beweist 
insofern nichts, als wir ja nicht wissen, ob das 
zweimalige Vorkommen des Namens G. beidemal 
denselben Mann bezeichnet (diese Frage ist auch 
von Olshausen 172 aufgeworfen worden). Daß 



schmid Kl. Sehr. III 48, meint, eine von dem 40 mit dem rwragC^ c<xtgdxr}g rü>v oaxganfüv] 



Autor erfundene Persönlichkeit ist. *) 

Viel Verwirrung in den Ansichten über die 
Abstammung des G. hat die unrichtige Lesung 
und Erklärung einer Silberdrachme hervorgerufen, 
durch die auch v. Gutschmids Scharfsinn zwei- 
mal irregeführt wurde (Kl. Sehr. III 68—72; zu 
anderen, aber ebenso unzutreffenden Schlußfolge- 
rungen ist er in der Geschichte Irans 123 durch 
Olshausens Ausführungen [a. a. O. 176f.] ge- 



unser G. gemeint sei, ist allerdings sehr wahr- 
scheinlich, rcozaQCrjs redw&gog aber scheint ein 
anderer Mann desselben Namens zu sein. 

Die Namen und Titel, die G. auf den übrigen 
Sibermünzen führt, sind ßaodiwg ßaadiaiv Agod- 
xov eveqyhov öixaiov imtpavovg <pdeXkt]vog (Gard- 
ner 49 pl. V 19ff. Wroth n. lff. 34ff. v. Petro- 
wicz 11 7f. 120f.) und ßaöiXiiog ßaodeatv tpiUXXr). 
imyavo. dixatov svegyst. rtötdgtov (Gar dn er 49 



langt; auch Dittenberger hat sich in den Er- 50 pl. V 18. besser Wroth n. 10 pl. XXVI 13. 
J - 1 -— -^--j— t-^i.-:^ ■_ v. Petrowicz nr. 5). Auf einer erst neuerdings 

bekanntgewordenen Drachme (v.Petro wiez nr. 15J 
nennt er sich ßaod. ßaad. 'Agad. evegye. öixato. 
vix[r)]<p6Q. (i)m(pavovg. Er wird also, wie dies 
bei den meisten Partherkönigen üblich ist (vgl. G a r - 
dner S. 22), meist ohne seinen Individualnamen 
nur mit dem Namen des Dynastiegründers Arsa- 
kes genannt. Daß er auf einigen Tetradrachmen 

( ._, _^ r __._. aus dem J. 357 = 45/6 und 358 = 46/7 und auf 

(ein Titel) ' 'Ägxaßdvov erklärte. Für Fefqj v 6g 60 undatierten Drachmen doch seinen persönlichen 
glaubte Olshausen eine Stütze in der Inschrift Namen führt, hat Wroth S. XLVLT mit der 
von Behistün zu finden, in welcher der Name allerdings unbewiesenen Vermutung zu erklären 
/"«owigCjjs Fe63io&qoq steht: anftk redxo&gog be- versucht, daß zu Beginn seiner zweiten Herrschafts- 



klärungen zu der oben zitierten Inschrift im 
wesentlichen v. Gutschmid angeschlossen): so- 
wohl durch die Lesung 'AgEav&v statt Agod- 
xov (vgl. auch Numism. Chronicle 1900, 370) 
als durch das rätselhafte KEKAAOYMENOC, 
das v. Gutschmid zuerst als x€xadvfi(fi)tvog, 
dann nachdem Olshausen es zu dem Voran- 
gehenden gezogen, als vög rs(o) xaZovfievog ge- 
faßt hatte, seinerseits als vog Fe(oJ KaXvfisvog 



*) Zur Übersicht mag icAffß&m Stemm* dienen: 
ArUbuitw IB. "** **>r 



Vonones IX. 
1. Gem. paelex Grmee* 



&•£»&« Ootarres ArWbimu Orodes »sreloB Megtbftte* Toü*»sw{I) TJridmtes(2) Paeorus(2) 



1677 



(iotarzes 



uotarzes 



iOYÖ 



periode seine Rechtmäßigkeit vielleicht in Frage 
gestellt worden sei. 

IV. Seine Regierung und die Kämpfe 
um die Herrschaft, a) Gotarzes und Var- 
danes. Um die verwickelten Thronstreitigkeiten 
nach dem Tode Artabanus III. zu verstehen, ist 
es notwendig, zunächst den genauen, wenn auch 
unvollständigen Bericht des Tacitus zugrunde zu 
legen. Nach Tac. ann. XI 8 vertrieb Vardanes 
den G., der unter anderen seinen eigenen Bruder 
Artabanus mit Frau und Sohn hatte töten lassen, 
und bemächtigte sich hierauf der Herrschaft. 
Nun erfahren wir aber aus Philostr. v. Apoll. I 
21. 28, daß Vardanes die Herrschaft verloren und 
dann wieder gewonnen hatte (eine Bestätigung 
durch die Münzen, wie v. Gutschmid Kl. Sehr. 
TU 51 auf Grund der schlechten Publikation bei 
Mionnet Suppl. VIII 445f., 46 geglaubt hat, 
gibt es allerdings nicht, wenn auch die Münzen 
nicht, wie Wroth S. XL Vf. meint, das Gegen- 
teil beweisen). Also müssen wir annehmen, daß 
auf Artabanus III. unmittelbar zuerst Vardanes 
folgte, dann durch G. verdrängt wurde, worauf 
er wieder gegen G. die Herrschaft gewann. Die 
erste Regierung des Vardanes und seine Ver- 
treibung durch G. war vielleicht bei Tacitus in 
den verloren gegangenen Partien enthalten, weil 
beide Herrscher a. a. O. als bekannte Persön- 
lichkeiten vorausgesetzt werden (Nipperde y - 
Andresen z. St.). Vardanes war somit wohl 
älter als G., den vermutlich jüngeren Bruder Ar- 
tabanus hat G. beseitigen lassen, weil er ihm als 
einem Usurpator immerhin gefährlich werden 
konnte. Josephos übergeht die erste Regierung 
sowohl des Vardanes als auch des G. und be- 
ginnt gleich mit der zweiten Regierungsperiode 
des Vardanes, indem er dessen Vereinigung mit 
Izates zu einem Kampf gegen die Römer erzählt 
(ant. lud. XX 69 ; daß hier anstatt Vardanes der 
jüngere Artabanus gemeint sei, wie Mommsen 
E. G. V 379, 1 vermutet, ist doch kaum glaub- 
lich). 

Damit lassen sich einigermaßen die genauen 
Datierungen der Tetradrachmen vereinigen, ob- 
wohl der Umstand, daß die Zuweisung der ein- 
zelnen Münzen an bestimmte Herrscher meist nur 
auf Grund der Porträtähnlichkeit erfolgen kann, 
zur Vorsicht mahnen muß. Die frühesten datier- 
ten Münzen des G. tragen das Datum 352 der 
Seleukidenära , d. i. 40/1 n. Chr. ; sie stammen 
also wohl aus der ersten Begierungsperiode des 
G., Gardner 12. 50. Wroth S. XLV 161 Anm. 
(angezweifelt von v. Petrowicz S. 118f.). Aus 
der ersten, offenbar nur ganz kurzen Regierungs- 
zeit des Vardanes scheint kein datiertes Stück 
vorhanden zu sein; von ihm allein kennen wir 
nur Münzen aus den J. 353 und 354 , und zwar 
die älteste vom Panemos 353, d, i. Juni 42 
(Gardner 48f. v. Petrowicz 113, 1. Wroth 
S. XLV 153, 1. 2; vgl. Anm. Wenn freilich die 
hier erwähnte Lesung von Prokesch-Osten: 
Gorpiaios 351 anstatt 354 richtig sein sollte, 
dann hätten wir Münzen des Vardanes aus dem 
August 40, also aus seiner kurzen ersten Regie- 
rungszeit). In die J. 355 und 356 (= 43—45) 
fallen die Kämpfe zwischen den beiden Dynasten 
mit wechselndem Erfolg; denn aus diesen Jahren 
gibt es Münzen sowohl des Vardanes (Gardner 



481 Wroth XLV 155ff. v. Petrowicz 114,6-8) 
als des G. (Gardner 50. Wroth XLV 161, 1. 2), 
und erst von 357 angefangen bis 362 (= 45 — 51) 
ist die Reihe der Münzen des G. allein nicht 
mehr unterbrochen (Gardner 49f. Wroth XLV 
161—164. v. Petrowicz 117f.). Das ist die Zeit 
seiner unbestrittenen Alleinherrschaft. 

G. gab auch nach seiner Vertreibung den 
Versuch nicht auf, die Herrschaft zurückzuer- 

10 langen, zumal da Vardanes mit großen Schwierig- 
keiten zu kämpfen hatte. Denn die Stadt Seleu- 
cia, die schon unter Artabanus III. abgefallen 
war (vgl. auch Tac. ann. VI 42), wollte sich auch 
dem Vardanes nicht ergeben, so daß sich dieser 
in seiner blinden Wut in eine für den Augen- 
blick gänzlich zwecklose Belagerung der gut ge- 
schützten und stark befestigten Stadt verrannte. 
Verstärkt durch die Streitkräfte skythischer No- 
madenstämme, der Daher, sowie der Hyrkanier, 

20 auf deren Treue sich auch sein Vater sowie 
frühere Partherkönige stets hatten stützen können, 
eröffnete G. den Bruderkrieg, so daß Vardanes 
die Belagerung von Seleucia aufgeben mußte und 
dem G. bis nach Baktrien entgegenzog; sehr zum 
Schaden des Partherreiches, dessen Nebenländer 
diesen Konflikt zum Abfall benützten (Tac. ann. 
XI 8). 

Armenien war, nachdem Caligula den Mithri- 
dates abgesetzt und nach Rom befohlen hatte 

30 (s. auch Dio LX 8, 1. Sen. de tranquill. 11, 12), 
wieder dem Partherreich zugefallen. Nun aber 
schickte Claudius den Mithridates wieder hin, 
und dieser konnte mit römischer Hilfe und unter- 
stützt von seinem Bruder, dem Ibererkönig Pha- 
rasmanes, die Herrschaft über das Land wieder 
antreten; der parthische Satrap Demonax wurde 
vertrieben, auch der kleinarmenische König Kotys 
leistete dem Mithridates mehr gezwungen als 
freiwillig die Huldigung. Angesichts dieser dem 

40 Reich drohenden Gefahren (auch eine Verschwö- 
rung der Parther gegen das Leben des Vardanes 
bestand, wurde aber diesem von G. selbst ver- 
raten) versöhnten sich die feindlichen Brüder, 
die schon in voller Schlachtordnung einander 
gegenüberstanden. Vardanes blieb König, G. 
behielt sich nur Hyrkanien vor. Nun konnte 
Vardanes endlich Seleucia zur Übergabe zwingen 
(Tac. ann. XI 9). Aber Armenien zurückzuge- 
winnen vermochte er nicht, weil ihn der römische 

50 Statthalter von Syrien, (C.) Vibius Marsus, durch 
Kriegsdrohungen daran hinderte (Tac. ann. XI 
10). Auf diese Ereignisse ist wohl auch der 
Bericht des Josephos zu beziehen (so aucli 
v. Gutschmid Kl. Sehr. HI 73; vielleicht gehört 
hierher auch die romanhafte Erzählung Philostr. 
v. Apoll. I 38, daß Vardanes den Krieg geplant 
habe — doch wird hiefür ein viel kleinlicherer 
Anlaß angegeben — aber durch Apollonius von 
Tyana davon abgehalten worden sei; der römische 

60 Statthalter von Syrien wird dabei erwähnt, aber 
nicht genannt), wonach sich Vardanes mit dem 
König Izates von Adiabene zu einem Krieg gegen 
die Römer verbinden wollte; als sich Izates aus 
Furcht vor der Macht der Römer weigerte mit- 
zuziehen, wollte ihn Vardanes mit Gewalt dazu 
zwingen, wurde aber von seinen eigenen Unter- 
tanen getötet und hierauf erst G. erhoben (ant. 
lud. XX 69—73). Hier ist also mit keinem Wort 



aneh der erneute Versuch des G. erwähnt, die 
.Heroäherwürde, auf die er selbst verzichtet hatte, 
wieder zurückzugewinnen. Ermutigt fühlte er 
sich dazu durch den Ruf des stets unzufriedenen 
und stets streitlustigen parthischen Adels. Dies- 
mal mußte das Glück der Waffen zwischen den 
Prätendenten entscheiden. In der Schlacht am 
Fluß Erindes (= Charindas?) siegte Vardanes, 
unterwarf in raschem Siegeslauf alle Völker his 



- -,,.<?: — - «■«" , ^x^v* «10 KMaa in u.cu jvomuieu juexanaers a. ur. eresen 
zum Smdes (wahrscheinlich der jetzige Tedschen, 10 die Perser eine Rolle spielte; möglich wäre auch 

V2i. ¥. Gut schund flAn^li Ti-ano lQß 0\ Ar.™ J„U j-_ i. •,__<,*, \ , P . . ."• 



•vgl. v. Gutschmid Gesch. Irans 126, 2), dem 
Grenzfluß zwischen Dahern und Areioi ; bei jenen 
hat G. offenbar wieder Zuflucht gefunden. Var- 
danes wurde durch die Unzufriedenheit seines 
Heeres zur Umkehr gezwungen, nachdem er Denk- 
mäler hatte errichten lassen, die den his dahin 
weitesten Umfang des Arsakidenreiches verewigen 
sollten. Diese Erfolge stiegen ihm so zu Kopfe, 
daß er seinen Übermut an seinen Untertanen 



seine von den Strapazen völlig erschöpften Trappen 
mit denen des Carenes vereinigten. Einen ebenso 
falschen Freund fand Meherdates in dem schon 
erwähnten König Izates von Adiabene, der ins- 
geheim mit G. verbündet war. Nachdem sie den 
Tigris überschritten hatten, eroberten sie Ninive 
und Gaugamela (Tac. XII 13 deutet den Namen 
dieses Ortes nur an, indem er sagt, ein Kastell, 
das in den Kämpfen Alexanders d. Gr. gegen 



daß das besser bekannte Arbela gemeint ist, 
wenngleich dieses vom Schlachtfeld sehr weit 
entfernt ist; vgl. Streck o. Bd. VH S. 862). 
Da G. noch nicht genügend gerüstet war, bezog 
er vorerst eine Defensivstellung hinter dem Fluß 
Corma, die er mehrmals wechselte, und wider- 
stand allen Herausforderungen zum Kampf. Er 
suchte dabei Zeit zu gewinnen, indem er alle 
Künste der Bestechung nnd des Verrates spielen 



« v o j j j i 7- , «™.™ ^.^.^^ .^«noLc uci xicsicuiiuag uim ues Verrates spielen 
ausließ und dadurch d ie schon früher versuchte 20 ließ. Bald vollzogen auch Abgar und Izates offen 



Empörung wieder gegen sich heraufbeschwor; 
auf einer Jagd wurde er ermordet, Tac. XI 10. 
Jos. XX 73. 

b) Gotarzes und Meherdates. Die Par- 
ther schwankten eine Zeitlang zwischen einem 
andern arsakidischen Fürsten, Meherdates (= 
Mithridates V: v. Gutschmid Gesch. Irans 127), 
einem Enkel des Phraates und Sohn des Vonones 
(vgl Tac. XII 10), der als Geisel in Rom lebte, 



ihren Abfall, und Meherdates, der sich so wich- 
tiger Stützen beraubt sah und den Verrat auch 
der andern fürchtete, entschloß sich endlich, 
eine rasche Entscheidung herbeizuführen. Nun 
brauchte auch G. den Kampf nicht mehr zu 
scheuen, der vieiraehr mit Erbitterung geführt 
wurde. Als nach lange unentschiedenem, blutigem 
Ringen Carenes bei seinem allzu kühnen Vor- 
dringen umzingelt war, gab Meherdates jede 



„^ r> j„ I i.- j . — . V „ — ,: ' ^ ■ u,ul s c " umfingen war, ga-u meneraaises ieae 
und G; dann entschieden sie sich für diesen. 30 Hoffnung auf und wurde von dem Verräter Par- 
Aber auch sein Wesen war mcht üwwititiati/W ».a,™ ^;~ a ™ iri^„4.„_ „j tt-.l-__ 



Aber auch sein Wesen war nicht gewinnender 
als das seines Bruders und brachte viele aus dem 
Adel wie aus dem niedrigen Volke bald so gegen 
sich auf, daß sie im geheimen eine Gesandtschaft 
nach Rom schickten, um sich von Kaiser Clau- 
dius den Meherdates als König zu erbitten, Tac. 
XI 10 (zum J. 47 n. Chr.). Tacitus setzt die 
Erzählung XII 10 (zum J. 49) fort, indem er 
von dem Auftreten dieser Gesandtschaft vor dem 



Senat berichtet. Der Kaiser antwortete den Ge- 40 an den König darstellt. 

sandten in Gegenwart, <1ps MolmWla+ßo -jTi 4-; m ^ o~:~ m_j -vr-v 



races, einem Klienten seines Vaters, seinem 
Gegner ausgeliefert. Dieser ließ ihm als einem 
Römling die Ohren abschneiden und machte ihn 
auf diese Weise unschädlich, Tac. ann. XII 
12—14. Vielleicht wird die Erinnerung an 
diesen Sieg festgehalten in der Legende einer 
Drachme (v. Petrowicz nr. 15), wo G. auch 
den Beinamen vix[t}]<p6Q(ogJ führt, sowie in dem 
Münzbild, das die Überreichung eines Diadems 



sandten in Gegenwart des Meherdates zustim- 
mend und gab dem neuen Könige von Roms 
Gnaden gute Regierungsmaximen mit auf den 
Weg. Den Parthern empfahl er auch seinerseits 
den von ihnen gewünschten König, den der Statt- 
halter von Syrien, C. Cassius (Longinus) — es 
ist der bekannte Jurist — bis zur Reichsgrenze 
am Euphrat zu geleiten hatte, Tac. XII 11. Dies 
geschah. Bis zu dem oft genannten Übergangsort 



c) Sein Tod. Nicht lange danach starb G., 
und zwar, wie Tacitus (XII 14) ausdrücklich 
bemerkt, eines natürlichen Todes. Die Nachricht 
des Josephos (XX 74), daß er einer Verschwörung 
zum Opfer gefallen sei, beruht auf einer bei den 
unübersehbaren Wirren im Partherreich leicht 
begreiflichen Verwechslung und ist mit Vorsicht 
aufzunehmen. Er scheint nicht alt geworden zu 
sein, weil sein wahrscheinlich älterer Bruder 



s ^ , , --«--« ™. ^ — . e -.. &t . ViU dvjji, ,tcjj. jsciu wiiiirscnemucn älterer üruaer 

Zeugma am Euphrat wo sich die Anhänger des 50 Vardanes sechs Jahre vor ihm primam intra 
J: e i. e . -f v ™ m melten, zog der römische Statt- iuventam starb (Tac. XI 10). 



halter mit. Dann kehrte er zurück, nachdem er 
dem jugendlichen König den Rat erteilt hatte, 
sein Vordringen möglichst zu beschleunigen. 
Aber Meherdates ließ sich von dem arabischen 
König Abgar (V. mit dem Beinamen Ukhäma, 
der Schwarze ; bei Tac. ist die Form Aebar über- 
liefert) von Osrhoene, der Freundschaft für ihn 
heuchelte, verleiten, in dessen Residenz Edessa 



V. Die Inschrift von Behistfin. Nun 
erhebt sich noch die Frage, wie mit den eben 
geschilderten Lebens Schicksalen des G. die In- 
schrift zu vereinigen ist Aüräpt»?? aazgdjt^ x(äv 
oaTQaxfüv], wofern sie überhaupt auf ihn zu 
beziehen ist. Natürlich sind bei unserer geringen 
Kenntnis der Vorgänge im Partherreich ver- 
schiedene Möglichkeiten zuzulassen, v. Gut- 



a;* \r^iu i rj -T . -™— - — w««^* ^™ auiwuwie muguciiKeiwn zuzulassen, v. liut- 
die kostbarste Zeit mit Lustbarkeiten zu ver-60schmid und die ihm gefolgt sind (z. B. auch 

les wwli.; « Ü meäeTholte Ji Mahnungen Dittenberger a. a. O.) nehmen ii, daß G. 
Les parthischen Satrapen von Mpsn-nn+A-mi^T. «™v, ™ tA„„m.„_ *_i._^ ttt tv j.,, 3 



des parthischen Satrapen von Mesopotamien, 
A 6ne n * vieUeicht i 5 * derselbe auch Philostr. 

v. ApolL I 21 gemeint), vermochten ihn, obwohl 

der Winter schon herannahte, nicht abzuhalten, 
■#?! t " 1llo8en B»* Abgars den ganz unbe- 

— ""wtoen Umweg über die schneebedeckten Ge- 
saften Armeniens zu machen, ehe sich 



noch zu Lebzeiten Artabanus HI. Präfekt der 
sog, oberen Satrapien gewesen sei; dafür haben 
wir gar keinen Anhalt. Wenn wir uns nur an 
die Überlieferung halten, dann wäre am ehesten 
an die Zeit zu denken, in welcher G. und Var- 
danes ein friedliches Übereinkommen trafen und 
G. wenigstem in einem Teile des Reiches auch 



yvuuwa 



uroiarzes 



I0«2 



von Vardanes anerkannt wurde. Der ungewöhn- 
liche Titel, der ihm in der Inschrift verliehen 
wird (vgl. auch die Bronzemünze bei v. Petro- 
wicz nr. 76), wäre, ein angemessener Ausdruck 
für seine Ausnahmestellung (ähnlich auch Ols- 
hausen a. O. 179, der es als Siegesdenkmal des 
Vardanes nach der Schlacht am Charindas an- 
sieht ; vgl. MommsenR. G. V 345, 1). Ob und 
welche Beziehung die unter der Inschrift roh in 
den Felsen gemeißelten Reliefs (abgebildet bei 10 
Gardner auf der als Titelbild bezeichneten Tafel . 
nach F 1 a n d i n und C o s t e Perse Ancienne pl. XIX) 
zu diesen Ereignissen haben, muß dahingestellt 



bleiben (vgl. v. Gutschmid Kl. Sehr. III 44). 
VI. Chronologie. Die zeitliche Bestim- 
mung der Regierung des G. ergibt sich, wie 
schon erwähnt, aus den datierten Münzen in 
folgender Weise. Artabanus HI. starb im J. 40/41 
oder kurz vorher (die unrichtige Annahme, daß 
Münzen von ihm aus dem J. 42 vorhanden seien, 20 
v. Gutschmid Kl. Sehr. III 50 und ihm folgend 
Andre sen noch in der 6. Auflage seiner Tacitus- 
ausgabe zu ann. XI 8, hat v. Gutschmid selbst 
dann zurückgezogen, vgl. Gesch. Irans 123); denn 
die älteste uns bekannte Münze des G. stammt 
aus diesem Jahre, und in die Zeit zwischen Arta- 
banus' Tod und G.s Thronbesteigung fällt auch 
noch die kurze erste Regierung des Vardanes. 
Spätestens im Juni 42 wurde G. durch Vardanes 
verdrängt. Seit 43/4 finden die Kämpfe des G. 30 
um Wiedererlangung der Herrschaft statt. Noch 
vor dem Ende des J. 45 ist Vardanes gefallen. 
Die letzte datierte Münze des G. ist aus dem 
Monat Daisios 362 = Mai 51 (Gardner S. 50. 
WrothS.XLIV164,31 = pl.XXVIIl. v.Petro- 
wiez 118, 12), die früheste des Volagases I. aus 
dem Gorpiaios 362 = August 51 (Gardner 51. 
Wroth XLIX; vgl. 178, 1). In die dazwischen 
liegenden drei Monate fällt der Tod des G. und 
die ephemere Regierung des Vonones II. (Anders 40 
v, Gutschmid Gesch. Irans 128; vgl. aber 
Dessau Prosop. Imp. Rom. LH 475f., 629; 
489, 671). 

Daß in den Jahren zwischen 43 und 45 die 
Thronkämpfe zwischen G. und Vardanes statt- 
fanden, erhält auch Bestätigung durch Bronze- 
münzen des Vardanes aus den J. 354 {= 42/3) 
und 355 (= 43/4) mit der Reverslegende ßovtf, 
worunter wahrscheinlich, wie schon Gardner 
48f. und dann Wroth (XL VI u. dazu Amn. 2.50 
157f., 37—39; pl. XXVI 6—8) vermutet haben, 
der autonome Senat von Seleucia nach der Er- 
gebung dieser Stadt zu verstehen ist. Und daß 
die Unterwerfung dieser Stadt im J. 43 erfolgte, 
wissen wir auch aus Tac. XI 9, wonach der Ab- 
fall der Stadt sieben Jahre vorher geschehen sei, 
und zwar, wie sich aus Tac. ann. VI 42 ergibt 
im J. 36. 

Mit diesen Zeitansätzen ist auch die üb- 
rige Erzählung des Tacitus über G. in Ein- 60 
klang zu bringen, die sich in zwei Gruppen 
gliedert, XI 8—10. XII 10—14. Die erste 
Gruppe ist unter die Ereignisse des J. 47, die 
zweite unter die des J. 49 eingereiht. Nun faßt 
Tacitus in seiner bekannten Art oft die Ereig- 
nisse verschiedener Jahre zu einem einzigen 
kurzen Bericht zusammen, den er dann einem 
bestimmten Jahre zuweist, in welchem sich nur 



einige der erzählten Begebenheiten abspielten; 
vgl. u. a. Nipperdey-Andresen I 10 S. 40 und 
z. St. Daß nicht, wie v. Gutschmid Kl. Sehr. 
HI 67. 80 geglaubt hat, die Einsetzung des 
Mithridates in Armenien in das J. 47 gehört, 
wird schon dadurch klar, daß diese Einsetzung 
noch zu Lebzeiten des Vardanes erfolgte. Es 
ist vielmehr die Absendung der parthischen Le- 
gation nach Rom, um den Meherdates von Clau- 
dius zu erbitten, in das J. 47 zu setzen (so be- 
richtigt auch v. Gutschmid selbst in der Ge- 
schichte Irans 127 seine frühere Chronologie), 
im J. 49 fanden dann die Expedition des Meher- 
dates und sein unglücklicher Kampf gegen G. 
statt, der sich bis in den Winter (Tac. XDI 13) 
von 49 auf 50 hinzog. Aber auch noch den Tod 
des G. und den zweimaligen Thronwechsel im 
J. 51 erwähnt Tacitus schon hier (XII 14), 
während die folgenden Ereignisse richtig zum 
J. 51 erzählt sind (XH 44). Der zugunsten des 
Mithridates von Armenien noch einige Zeit nach 
dessen Einsetzung intervenierende römische Statt- 
halter von Syrien, C. Vibius Marsus, wurde wahr- 
scheinlich schon im J. 45 von C. Cassius Lon- 
ginus abgelöst, der später den Meherdates bis 
an die Grenze des Partherreiches geleitete, vgl. 
Jörs o. Bd. III S. 1736. Schürer Gesch. d. 
jüd. Volkes 13.4 (1901) 334f. Wenn die Zeit- 
angaben des Philostr. v. Apoll. I 28 verläßlich 
wären, dann würde die Ankunft des Apollonius 
am Hofe des Vardanes zwei Jahre und zwei 
Monate, nachdem dieser die Herrschaft erlangt 
hatte (vgl, auch I 21), also im Sommer 44 erfolgt 
sein. Seine Abreise noch unter Vardanes hätte 
ein Jahr und acht Monate später (I 22. 40; die 
Zeitberechnung, die v. Gutschmid KL Sehr. 
III 77—85 auf Grund dieser Angaben versucht 
hat, ist zu verwerfen, weil sie, wie schon erwähnt, 
auf unrichtigen Voraussetzungen fußt) stattge- 
funden, das wäre zu Beginn des J. 46, was mit 
den eben berechneten Ansätzen freilich nicht 
genau stimmt, da G. schon vor 46 Allein- 
herrscher war. 

VII. Persönlichkeit, . Der Charakter des 
G. tritt in der Überlieferung nicht allzu scharf 
hervor. Er ist in allem der Typus des orienta- 
lischen Despoten ebensogut wie sein Gegner Var- 
danes und so viele andere Arsakiden, grausam 
und zugleich feig, genußsüchtig und lüstern nach 
äußerer Verherrlichung, hinterlistig und wort- 
brüchig, unverläßlich- und launenhaft; seine sae- 
vitia hebt Tacitus wiederholt hervor, er tadelt 
seinen luxus und seine ignavia (XI 10. XII 10) 
und führt uns sein ganzes Sündenregister aus 
dem Munde seiner Feinde vor. Inwieweit der 
persischen Heldensage von Gödeiz die geschicht- 
liche Persönlichkeit des G. zugrunde liegt (v. Gut- 
schmid KL Sehr, m 95—124; vgl. Olshausen 
172), läßt sich nicht genau bestimmen. 

Charakteristisch sind seine Gesichtszüge auf 
den Münzen ausgeprägt (vgl. v. Gutschmid KL 
Sehr. LH 821). Er hat das eigentümliche Stirn- 
zeichen, das bei mehreren Königen wiederkehrt 
(vgL v. Petrowicz S. 58), einen langen Spitz- 
bart und langes, welliges Haar, s. die Münz- 
tafeln bei Gardner , Wr oth nnd v. Petrowicz, 
dazu Wroth S. XLVDX 

Auf einigen seiner Münzen (Gardner S. 49 



wumucus 



X0Ö4 



pl. V 21. Wroth S. LXXV 172, 102—106 pi. 
XXVII 18. v. Petrowicz 124, 52. 53 Taf. XVni 
19} ist im Revers ein weiblicher Kopf abgebildet, 
vielleicht seine Gattin darstellend, deren Name 
aber weder hier noch sonst überliefert ist, vgl, 
Kahrstedt Klio X 287. [Stein.] 

Gothieus, Siegerbeiname römischer Kaiser. 
Vor Claudius IL (268—270 n. Chr.) ist dieser 
Beiname nicht in Gebrauch ; daß Caracalla daran 



Kaiser Tacitus besiegte gemeinsam mit seinem 
Bruder und Gardepräfekten Florianus die Goten, 
die auf die Nachricht von dem Tode Aurelians 
in Kleinasien eingefallen waren, und erhielt dafür 
den Siegerbeinamen G. maximus, s. o. Bd. III 
S. 2875. Rappaport lOlf. Florianus setzte, 
nach der Ermordung des Tacitas selbst zum Kaiser 
erhoben, den Krieg erfolgreich fort (Zosim. I 64, 
2), fand aber dann durch eine Soldatenverschwö- 



-.■,,■,, , -,, ' " . ~~ ""■"-" ")■> i " J1 « <*«c± uauii uuiuii eine öoiuaxenverscnwö- 

SÄSi Ä vS wJ^t^T w erZ> t 10 W de » Tod > und erst der &%™ ihn ausgerufene 
Geticus o. Bd. Yn S. 1386 Claudius hat nach Kaiser Probus konnte die Vertreibung dir Goten 
seinem glänzenden Sie? über die fint.™ >u»i w a i aona ™n™ ^ Ä „ . ™i i3 - ^ -. ™ « ö , .. "*" 



seinem glänzenden Sieg über die Goten bei Naissus 
im J. 269 den Siegernamen G. angenommen, CIL 
VIII 4876 = Dessau I 571, wo er GotMeus 
mfaximus), Partkieus m. genannt wird. Auch 
nach seinem Tod ist ihm dieser Beiname ge- 
blieben : auf Konsekrationsmünzen aus der Münz- 
stätte in Tarraco (Eckhel VII 474. Cohen 
VI2 135, 53. Markl Numism. Ztschr. 1884 



AQt\f\ ±„-U -n- m j- >T7, • — """-*"■* ,. w ^' ^o^i>ic gegen guuwcnt; ocuaren, una aaner er- 
4201) steht JHvo Claudio Qothteo (merkwürdiger- 20 scheint unter seinen Siegesnamen neben Ger- 
weise behauptet Caernat Cours d'Ämor T,a+. 3 m»«;,,^ „,, A t, n.„i.-u;~„„ "..: _ . n 



vollenden; vgl. Rappaport 103. Dannhäuser 
Untersuchungen zur Gesch. des Kaisers Probus 
(Jena 1909) 47. Schon damals hat er den Namen 
G. angenommen (CIL XI 1178 b = Dessau I 
594 Guttkieo), aber auch später noch führte er so 
wie am Rhein gegen Alamannen, Franken, Bur- 
gunder und Vandalen, so an der unteren Donau 
Kämpfe gegen gotische Scharen, und daher er- 



weise behauptet Cagnat Cours d'epigr. Lat.3 
207, 3, daß sich dieser Beiname auf keinem Denk- 
mal von unbestrittener Echtheit finde); ähn- 
lich wie z. B. auch Traian nach seinem Tode 
diyus Traianus Dacicus genannt wird, oder Verus 
divus Verus Partkieus maximus; und uns ist 
es geläufig, den Namen dieses Kaisers mit dem 
Beinamen G. zu verbinden. Wie sein Sieg über 
die Goten in gleicher Weise als vietoria Ger- 



mamea und vwtorta GotHm geleiert wird, so 30 Name des Kaisers nicht erhalten ist, scheint neben 



manicus auch Gothieus maximus, s. o. Henze 
Bd. IIS. 2521. Rappaport 103f. Dannhäuser 
59—61)." Auf einem Papyrus aus dem British 
Museum (Pap. Lond. III 176f., 1243, dazu 
Wilcken Pap. Arch. IV 553) ist von den 
Siegernamen des Kaisers Probus nur Fo&uxoq 
fiiyifotjog sicher erhalten. In einer von der 
Stadt Nikopolis ad Istrum gesetzten Kaiserin- 
schrift (IGR I 582; vgl. 1424), in welcher der 



führt er zum Siegestitel G. auch den schon früher 
angenommenen Germanieus, s. o. Bd. VII S. 1254f. 
Daher ist auch die Münze, die dem Kaiser die 
Namen Ger. Gothieus gibt (Eckhel VII 472) 
mit Unrecht wegen des Ger. verdächtigt worden. 
Vgl. auch Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 
846, 4; 848, 2. Henze o. Bd. II S. 2460. Rap- 
paport Die Einfälle der Goten in d. röm. Reich 
(Leipzig 1899) 88f., 3. L. Schmidt Gesch. d. 



Jlaq&ixov fxiyiotov auch Fezmov (£p\ KON) A*«'- 
ytozov erhalten zu sein, womit vielleicht Probus 
gemeint ist, doch wäre auch Aurelian oder 
Claudius nicht ausgeschlossen. 

Aus der späteren Zeit erfahren wir von Kämpfen 
gegen die Goten weniger, .doch scheint daran 
eher der Zustand unserer Überlieferung schuld 
zu sein, als daß wir daraus etwa einen Schluß 
auf die wirklichen Verhältnisse ziehen dürften. 



i ± tt ais V> — ~~"-«^„ ^ov,.. u. am uic wiiÄucuen v eniartnissc zienen üunten. 

deutschen Stämme bis zum Ausgang d. Völker- 40 So hatte z. B. noch Rappaport 107 die Kämpfe 



Wanderung I (1904) 75. 

Trotz Claudius Sieg bei Naissus hatte auch 
Aurelian einen Einfall der Goten unter Cannabas 
oder Cannabaudes (= Kniva?) abzuwehren, was 
ihm trefflich gelang, im J. 271, worauf auch er 
den Beinamen G. maximus erhielt, Rappaport 
96f. Groag o. Bd. V S. 1377f.; Belege für die 
Führung des Titels 1356. Der Meilenstein aus 
dem J. 275, Dessau I 581, ist jetzt CIL XIII 



gegen die Goten unter Diokletian im J. 297 für 
bedeutungslos erklärt und Zweifel daran geäußert, 
ob die Inschriften aus Gunugu in Mauretanien, 
CIL VIII 21447—21449, die aus diesem Jahre 
stammen, richtig zusammengesetzt seien, weil hier 
Diokletian als [GJoticus maximus bezeichnet ist 
geradeso wie in der Parallelin schrift für Maxi- 
mian auch dieser wahrscheinlich [G oticus] maxi- 
mus. Dieser Zweifel wird jetzt durch ein Pa- 



|fi?q J > S7l k0 ^io^i C T L J II i. 12 ?i 7( ^ XHSÖpyrusdokument beseitigt. In dem Pap. Oxy. VI 



2673 = 5571a. 5549; vgl. L. Schmidt a.' a. O. 
76, 2, ferner neuerdings eine Inschrift aus Se- 
germes, in welcher Aurelian nur der Siegername 
Got. max. gegeben ist, Bull, du com. trav. bist. 
1904, 455 = Rev. arch. VI (1905) 473, 116. Auch 
auf Papyrusurkunden finden wir diesen Titel beim 
Namen Aurelians: Pap. Lips. I n. 119 (aus dem 
J. 273; denn es ist nicht das 6., wie der Her- 
ausgeber liest, sondern das 5. Jahr angegeben, 



ilcken Pap. Arch. III 569): rovvz t x6 5 fii- 60 Maximaltarif, 



!06, 889 führen Diokletian und Maximian (ihre 
Namen sind nicht erhalten, doch ist die Be- 
ziehung auf sie völlig gesichert) u. a. den Titel 
[rtjßfmvtxos fifytaros, Fovv&ixfös fieytaros] (der 
zweite ist nur bei Diokletian erhalten). Sonst 
finden wir auf keiner der bisher bekannten Ur- 
kunden aus der diokletianischen Zeit diesen Titel; 
er fehlt z. B. auch unter den vielen Siegestiteln 
der Kaiser in dem Edictum Diokletians über den 



yftmos); ebenso Pap. Oxy. VII 177f„ 1036 




Laps. so zu schreiben sei L. Schmidt a. O. 472f. 
ffl/?/**7**^) ; Die Inschrift aus Cosa, CIL XI 
2635 wo Ootieo Germanica steht, kann von 
Claudios oder Aurelian sein. 



Was wir von den folgenden Kaisern über die 
Annahme des Siegernamens G. wissen, beruht 
gleichfalls nur auf den Zufälligkeiten unserer 
Überlieferung. Bloß bei Konstantin d. Gr. er- 
scheint der Name in mehreren Inschriften, bei 
Constantins DL nur auf einer sicheren, ebenso 
bei Valentrnian, Valens und Gratian nur in der 
Inschrift der Brücke zur Tiherinsel. Fast zwei 



16Ö5 



ÜÖÜUCUS 



(irabovius 



1686 



Jahrhunderte, bis auf lustinian, der wieder eine Gotlnl s. Cotini. 

ganze Menge von Siegestiteln aufnimmt, finden Gotthogralkoi (oi ror&oyeaixot) , Leute im 
wir solche bei keinem Herrscher. Auffällig ist westlichen Teil des Landstrichs Obsequium ('Cty*- 
es auch, daß mit einer einzigen, nicht ganz aiatv), Theophan. p. 385 (im J. 715 n. Chr.); s. 
sicheren Ausnahme (s. o.) der Name G. auf keiner den Art. Obsequium. Vgl. ^ RovzoyQaixla bei 
griechischen Inschrift begegnet. Anna Comn. 14, 5. 15,1; y.mQi stQonoöas x&v 
Constantin d. Gr. besiegte die Goten zuerst Aerauvcbv aal rijs KovzoyQatxlag öiaxeifiev?} ns- 
in der Dobrudscha, wahrscheinlich im J. 315, Ötdg. [Bürchner.] 
und dann noch zweimal, im J. 323 und 332, Gozar, nach Geogr. Rav. 64, 13 andere Be- 
Schiller II 199. 220. Rappaport 108— 117. 10 Zeichnung für Kleinmedien. [Kiessling.] 
Ruggiero Diz. epigr. II 649. Schmidt a. a. O. Gozmaie (FoCfiait]), Epiklesis der Athena in 
81. Maurice Numismatique Constantinienne einer Inschrift aus Kanatha in Batanaia, Le Bas 
XCVTL CL CLVII. (Die Vermutung von Schiller Voyage archeol. III 2345: 6 Suva] a^ägowsv 
II 197, 2 und Maurice, daß Constantin zuerst tyjv x^Q av °vv T< ? ßv>ft<p rfj xvqio. lAßrjvq. Foq- 
den Titel G. wegen des Sieges über Licinius er- fmirj ix rcöv Iditov fxvfjfxrig yßqiv. [Jessen.] 
halten habe, in dessen Armee viele Goten waren, Graaioi (Gen. rgaatoav) , nach dem über- 
hat nicht viel Wahrscheinlichkeit). Doch finden lieferten Text bei Thuk. LT 96, 3 makedonisches- 
wir nirgends eine Iterationsangabe dieses Titels, Volk am Strymon, zum Reiche der Odrysen ge- 
CIL m 352 = 7000. VIII 8412 (= Dessau hörig. Einzelne Herausgeber halten den Namen 

I 696). 8477 (= Dessau I 695). XI 5265 20 für eine Dittographie des folgenden Aaiaiav, die 
(= Dessau I 705); hier nur Got(hiens) ohne meisten den Text für verderbt, s. Arnold* 
maximus, in der erstgenannten Inschrift maxi- Poppo, C lassen (Anhang) z. St. Doch scheint 
■mus Guth(icus), wobei aber maodmus vielleicht der Name eine Stütze zu finden in der Ortschaft 
zu dem vorhergehenden Siegestitel gehört. Auch Graero der Tab. Peut. VIII an der Straße von 
auf Münzen Constantins ist die vietoria Gotica Philippoi nach Herakleia Sintike, welche beim 
gefeiert (Eckhel VIII 90. Cohen VII 623), Geogr. Rav. IV 9 als Greron wiederkehrt; das 
und der Fastenkalender des Philocalus verzeichnet Itin. Ant. hat diese Straße nicht. Die Lage ist 
vom 4. — 9. Februar ludi Gotkiei, deren Einrieb.- wohl unweit von Gasoros (s. d.) zu suchen, doch 
tung wohl auf Constantin zurückgeht, Momm- kaum damit identisch. [Oberhummer.] 
sen CIL I p. 386 = I 2 p. 258. An dem Kampf 30 rgodv, Stadt im Binnenlande der Susiana* 
im J. 332 hatte Constantins ältester Sohn Con- Ptolem. VI 3, 5. [Weissbach.] 
stantin IL den Hauptanteil. Daher scheint er Grabovius, umbrischer, in den Iguvinischen 
bei dieser Gelegenheit auch den Beinamen G[o- Tafeln vorkommender Beiname mehrerer Götter r 
thficus) max(imus)] erhalten zuhaben, wie wir des Iuppiter (Taf. Ia 2. Via 22), Mars (Ia IL 
demnach CIL III 12483 = Dessau 1724 wahr- VIb 1), Vufiune oder Vofione (Ia 20. VIb 19). 
schemlich ergänzen müssen, vgl. Ruggiero Die ältere Form ist Krapuvi (Taf. Ia 2); Zu- 

II 658. sammen Stellung der verschiedenen Formen bei 
Constantius IL hat den Ehrennamen G. wohl Fabretti C. I. Ital. 279/80. Aufrecht-Kirch- 

erst in der Zeit nach Constantins d. Gr. Tod hoff Umbr. Sprachdenkm. II 407. Buecheler 
erworben, CIL HI 3705 = Dessau I 732 (nach 40 Umbrica 208. Bre*al Les tables Eugubines 377. 

der verbesserten Lesung CLL III 10617 aus dem Planta Gramm, der umbr.-osk. Dialekte II 737. 

J. 354): Germanicfus) Gohtieus maximus ; vgl. Die Bedeutung und Etymologie des Namens ist 

L. Schmidt a. a. O. 85. ganz unsicher. Lassen (Beiträge zur Deutung 

Valentinian I. , Valens und Gratian haben der eugubin. Tafeln 17) betont, daß die drei 

jeder auf der schon erwähnten Brückeninschrift Götter, die den Beinamen G. führen, die einzigen 

(CIL VT 1175 = Dessau I 771, wahrscheinlich seien, denen Rinder geopfert werden, und glaubt,, 

aus dem J. 369; eine genaue Datierung ist, da daß in dem zweiten Teile des Wortes bos ent- 

die Zahlen fehlerhaft sind, nicht möglich) wegen halten sei. Die erste Silbe leitet er von der 

der Kämpfe , die Valens führte und im J. 369 Wurzel gra (vgl. gramen) ab, G. ist daher nach 
durch einen ehrenvollen Frieden mit dem König 50 seiner Auffassung der Gott, der die Wiesen grünen 

Athanarich (vgl. auch CIL in 7494 = Dessau läßt und die Rinder nährt. Pott (Etymolog. 

1770) abschloß, den Titel Gothic max. Speziell Forschungen H 2, 1012) erklärt G. als ,einem 

Valens wird auch in der Dedikation Eutrops gravis (etwa almus) lovis entstammend*. Grote- 

Gothieus maximus genannt (aber nur in der fend (Rudimenta linguae Umbricae III 23) er- 

hsl. Gruppe, die Droysen als B bezeichnet, die klärt G. als xqazaio^Q rassmann (Ztschr. für vgL 

übrigen haben bloß Valenti maximo) ; vgl. Sprachf. XVI 192) leitet es von der Wurzel krap? 

Schmidt a. a. O. 86 — 89. griech. xoamvog, xaQjidli^os, altslav. krepükü f 

lustinian endlich nahm, noch ehe ihm die stark, ab. Aufrecht-Kirchhoff (a. a. O. II 

Besiegung der Ostgoten in Italien gelungen war, 130) leiten G. von einem vorauszusetzenden Namen 
unter vielen anderen ruhmredigen und unverdien- 60 Grabus her, entsprechend dem von Fisus abge- 

ten (vgl. Agathias hist. I 4) Triumphnamen auch leiteten Götternamen Fisovius. Bre"al (a. a. 0. 

den eines G. an, CIL III 13673 (Milet). CIG 66) bringt Grabus mit dem lateinischen Beinamen 

IV 8636 (Trapezunt). Cod. Iust.I 27, 1 (aus dem des Mars, Gradivus, in Verbindung, den er aus 

J. 534). Chron. Pasch. I 636 Dini (aus dem der in grandis, grandire, einem vom Wachstum 

J. 552) ; ebenso in der dtdra^ig des Kaisers gegen der Pflanzen gebrauchtem Worte , vorliegenden 

die Bischöfe Anthimus, Severus, Petrus und Zooras Wurzel ableitet; Grabus entspricht nach Bröal 

aus dem J. 536, Mansi Sacrorum conciliorum einem vorauszusetzenden lat. grädtis = Wachs- 

colleetio VHI 1150. [Stein.] tum, Grabovius ist demnach ein Gott, der die 



UiaviilfUö 



Entwicklung in der Natur beschützt. Keller 
<Lat. Volksetymologie 36) halt ebenfalls G. für 
identisch mit Gradivus , er nimmt an , daß bei 
letzterem volksetymologische Umwandlung des 
umbrischen Wortes mit absichtlicher Anlehnung 
an gradior eingetreten sei. Vgl. noch Planta 
a.a.O. 11415.469. Bröal a. a. 0. 64ff. Drexler 
in Roschers Myth. Lex. I 1278. Preller- 
Jordan Köm. Myth. I 348, 2. [Samter.] 



Grada (Tgoda) , Variante von Ptolemaioshss. 
zu Agdya, dem Namen einer Stadt im Innern von 
Arabia felis, bei Ptolem. VI 7, 40 (mit den Maßen 
79° 10', 15° 15'); da aber diese Lesart unleug- 
bar zu wenig ausreichend gestützt ist, verliert auch 
Sprengers Vermutung, daß G. Rodä* sein dürfte 
(Die alte Geographie Arabiens 1875, 186. 196), 
jeden Halt; es ergibt sich die Notwendigkeit, mit 



Wilberg, Nobbe und anderen an der ungleich 
Gracchus. 1) Furius Maecius Gracchus, Sohn 10 besser gewährleisteten Lesart A^dya festzuhalten 
des Cethegus (CIL VI 1709), Corrector Plaminiae Zugleich gewinnt auch E. Glasers Vermutung 
«t Piceni (CIL XIV 3594), als Praefectus urbis (Skizze der Geschichte u. Geographie Arabiens 



Romae erwähnt am 1. Dezember 376 (Cod. Theod. 
II % 1) und am 4. Januar 377 (Cod. Theod. IX 
35, 3), zerstörte in diesem Amte die Grotte des 
Mithras in Rom (Hieron. epist. 107, 2 — Migne L. 
22, 869. Prudent. c. Symm. I 562). Über seine 
Verwandtschaft s. Seeck Symmachus CXXX. 
De Ptossi Bullet, di aicheol. christ. 1868, 57. 



1890, II 245) an Wahrscheinlichkeit, daß G. 
Ziraga ist, ,eine Tagreise von Damär auf dem 
Östlichen Wege v nach San'ä , nahe östlich der 
bekannten Kä e Gahrän 1 . [Tkac.] 

Gradanorees (ol rQadavÖQEeg), Bewohner einer 
Örtlichkeit auf Lesbos T IG HI 2 nr. 74. Die 
Vermutung von Xenoph. Gortziötis (z. d. St.), sie 



2) Arrins Maecius Gracchus, Consularis Cam- 20 seien beim heutigen Tadagav^oQog gewesen, ist 

l^A il ,IT, X SQfiA in rliaciam A *«+ ö>«Txrril-i-n+- n-m Tm^'^K A .-In^.r.'U^,^,-. 1^*1^ rn_" l_ _. ... t 



paniae (CIL X 520), in diesem Amt erwähnt am 
24. Mai 397 (Cod. Theod. XIV 7, 1), als Praefec- 
tus urbis Eomae erwähnt am 25. Juli 415 (Cod. 
Theod. VIII 7, 20). [Seeck.] 

3) Ein Lyoner Sigillatafabrikant (2. Jhdt.?), 
CIL VII. XU. XIII. [Oxe.] 

4) s. Sempronius und o. Cloelius Nr. 7. 
Gracnrris — diese Schreibung entspricht der 

älteren Namensform Gracus und dem häufigen ibe- 



natürlich durchaus irrig. [Bürchner.] 

Gradivus. Beiname des Mars. Die Mehr- 
zahl der bei Serv. Aen. HI 35 und Fest. 97 M. 
angeführten Erklärungsversuche leiten den Namen 
von grädi ah. Auch viele von den heutigen Er- 
klärern deuten G. = ,Schreiter' (z. B. Cur Mus 
Grdz.5 703). Verstärkt wird nach ihnen diese 
Erklärung dadurch, daß die palatinischen Salier, 
nach Liv. I 20, 4 von Numa als Priesterschaft 



arischen Suffix urris oder uris (Mon. ling. Iber. 30 des Mars G. eingesetzt, mit ihren Umzögen und 

p. CIL) — , Stadt im nordöstlichen Hispanien am ^^ — iß J - w — J L — -^ 3 — • " " 

oberen Lauf des Hiberus. Nach der Angabe des 
Festus Pauli p. 97 Graechuris urbs Iberas re- 
gionis, dieta a Graccho Sempronio, quae antea 
Hureis nominabatur, die auf Varro und Posei- 
donios zurückgehen wird (schon wegen der grie- 
chischen regio Ibera), hieß die Stadt, die Ti. 
Sempronius Gracchus nach der Unterwerfung 
der Keltiberer im J. 575 d. St. = 179 v. Chr. 



gründete und nach seinem Namen nannte (Liv. 40 dum appellasse memorant y cum Salios iuniores 



Reigentänzen das Wesen des »schreitenden' Gottes 
darstellen sollten. Dieser, bei den alten Erklä- 
rern übrigens nirgends begegnende Hinweis ist 
jedoch wenig beweiskräftig, da bei den Salier- 
umzügen gerade der Tanz das Bemerkenswerteste 
war (Liv. a. a. O. Varro de 1. 1. V 85. Dion. 
Hai. II 70. Plut. Num. 13, Diomed. p. 476 ed. 
Keil sagt zwar: Numam Pompilium divina re 
praedüum hunc pedem [sc. spondeum] pontifi- 



«pit. XLI Ti. Sempronius Gracchus proeos. Cel- 
Uberos victos in d&ditionem accepä monumtn- 
tumqite operum suorum Graeehurim oppidum 
in Hispania eonsiituit), ursprünglich Hurcis (s. 
d., vgl. Ilercavones und Ilurco im jenseitigen Hi- 
spanien). Im Krieg des Sertorius werden längs 
des Hiberus Cascantinorum et Graeeuritanerum 
fims erwähnt (Liv. frg. 1. XCI). In den Listen 
des Agrippa erscheint die Stadt unter den oppida 



aequis gressibus cireulantes induceret et spondeo 
melo patrios placaret indigetes, doch ist das eine 
offenbare Erfindung, ebenso wie die Angabe des- 
selben Grammatikers p. 477, daß der Iambus dem 
G. geheiligt gewesen sei). Dieser, den plumpen, 
stampfenden Sprüngen, mit denen die Walker 
das Zeug in der Grube bearbeiteten, nicht unähn- 
liche Tanz (Sen. ep. 15, 4; vgl. Mau Pomp. 
413) war doch eine wesentlich andere Bewegung, 



Latii veteris des Bezirks von Caesaraugusta (Plin. 50 als die mit gradi zu bezeichnende. Schwerer 
n. h. III 24 Graeeurritani), wozu die autonomen -^ ---*■-■"'-- ^ • '> ■> « "■ - ■ 
Münzen mit der lateinischen Aufschrift munici- 
pium Graceurris (so) stimmen (Mon. ling. Iber. 
nr. 65). In den Itinerarien ist die Stadt Station 
der Straße von Asturica nach Tarraco zwischen 
Virovesca und Caesaraugusta (Itin. Ant. 450, 5 
Graccuris. Geogr. Rav. 811, 16 Graeuse), wo- 
nach man sie früheT nach Grävalos bei Agreda, 
später nach Arcue bei Corella gesetzt hat (Guerra 



aber fällt ins Gewicht, daß G. fast ausnahmslos 
mit langem a gebraucht wird, während der Vo- 
kal in gradi kurz ist (Gradivus nur bei Ovid. 
met. VI 427 (7 mal Grad.). Val. Place. V 650. 
VI 602 (8 mal Grad.). Sil. Ital. XV 15. 337 
(24 mal Grad.). Dagegen hat z. B. Statius 20 mal 
Gradivus, nie Grad.) Zwar sind Schwankungen 
in Eigennamen nicht unerhört (Kühner Gr. I 
72. Corssen Ausspr.s II 69. 517), doch ist hier 



Discurso a Saavedra 94, der sich dabei irrtüni- 60 die Zahl der Ausnahmen so verschwindend klein, 

lieh auf mich beruft): sie iaUt etwa in die Mitte J - n : — °- 1 - 1 *-— J: - ™- J - -~- 

zwischen Cascantum (s. d.) und Calagurris Nas- 
sica (s. d.), etwa nach Alfaro ; doch ist der Platz 
nicht genauer ermittelt, da noch nicht einmal 
feststellt, ob sie auf dem rechten oder linken Ufer 
dea Hiberus lag. Ptolemaios setzt sie fälschlich 
▼Ui äu nordöstlich zu den Vascones (II 6, 66 
reaxwQk), [Hühner.] 



daß von einer Schwankung kaum die Rede sein 
kann. Noch zweifelhafter als diese verbreitetste 
Ableitung sind die anderen bei Serv. und Fest, 
a. a. O. überlieferten, nämlich von gravis, xga- 
&uW (ab hastae coneussione) und von gramen. 
Letztere knüpft an die Sage von der wunder- 
baren Geburt des Mars an, nach der Inno durch 
den Geruch einer Blume schwanger geworden 



1689 



Uradivus 



sei und dann den Mars geboren habe (OvwL fast. 
V 251ff. Uaener Rh. Mus. XXX 216), woher 
denn auch die Sitte der Bekränzung mit der Co- 
rona graminea stamme. Eine von den ange- 
führten Ableitungen verschiedene Deutung des 
Namens G. gibt von den Neueren allein Bröal 
Les tables Eugub. 64ff. Er leitet G. von der- 
selben Wurzel ab wie den auf den Iguvinischen 
Tafeln als Beinamen des Iuppiter, Mars und Vo- 
fionus auftretenden Grabovius. Die gemeinsame 
Wurzel lautete nach Breals Vermutung ursprüng- 
lich gradh oder grandh (vgl. grandis, grandire), 
aus ihr entwickelten sich die beiden Namen. Gra- 
bovius wie G. enthalte demnach eine Bezie- 
hung auf das Wachstum der Pflanzen und Tiere. 
Dieser Erklärungsversuch stützt sich, wie man 
sieht, auf die von verschiedenen Forschern (z. B. 
Koscher, Preller, Mannhardt) verfochtene 
Lehre, daß Mars ursprünglich eine Frühlings- 
oder Vegetationsgottheit sei. Auch diese Ab- 
leitung ist höchst zweifelhaft. Denn einerseits 
wird der umbrische Grabovius von anderen For- 
schern sprachlich in durchaus abweichendem Sinne 
gedeutet (vgl. Grassmann, Lassen, Pott, 
Kirchhoff hei Bröal a. a. O.), andererseits 
ist die Annahme, Mars sei eigentlich eine Natur- 
gottheit, nichts weniger als sichergestellt (s. Wis- 
sowa Rel. d. Rom. 130f.). Jedenfalls wird für 
Mars G. ausdrücklich berichtet, daß diese Be- 
zeichnung das kriegerische Wesen des Gottes be- 
zeichnete, s. Serv. Aen. I 272: Mars enim cum 
saevit Gradivus dicitur , cum tranquillus est 
Quirinus . . . aliud (sc. templum) in Appia via . . 
quasi bellatoris, id est Gradivi. Man wird sich 
also trotz aller Erklärungsversuche damit begnü- 
gen müssen, in G. einen dem kriegerischen Wesen 
des Gottes angemessenen Beinamen des Mars zu 
sehen. In der Sprache der Dichter wurde G. all- 
mählich völlig gleichbedeutend mit Mars, so daß 
dieser Name auch für den griechischen Ares ge- 
braucht wird, so z.B. häufig von Valerius Flaccus. 
Daher ist es nicht angängig, wie dies Röscher 
(Lex. II 2385) tut, aus Sil. Ital. IV 222: Gra- 
divicolam celso de turre Titdertem auf eine be- 
sondere Kultstätte des G. in Tuder zu schließen 
(vgl. ebd. Vm 462, wo einfach Mars als Gott- 
heit von Tuder genannt wird). Ebensowenig spricht 
das Vorkommen des Namens G. auf der poeti- 
schen Inschrift von Lambaesis CIL VLII 2581 
für einen dortigen Kult des G. Inschriftlich be- 
gegnet G. verhältnismäßig selten, so CIL XIV 
2580 (2581) auf einem Altar von Tusculum, wo 
es nach Serv. Aen. VIII 285 auch die Einrichtnng 
der Salier gab, und III 6279, in Turnu Severinu, 
Rumänien. Ob die durch zahlreiche Inschriften (s. 
Wissowa Rel. d. Rom. 481) bezeugten Salier- 
kollegien anderer Orte in Italien und den Provinzen 
ebenfalls dem Dienst des G. geweiht waren, ist nicht 
nachzuweisen, wenn auch wahrscheinlich, über die 
den Hercules verehrenden Salier von Tibur s. 
Wissowa a. a. O. In Rom wurde, wie aus Serv. 
Aen. I 272 hervorgeht, G. in einem außerhalb der 
Stadt an der Via Appia gelegenen Tempel verehrt. 
Es ist dies wahrscheinlich das am 1. Juni 366 
d. St. von T. Quinctius geweihte Heiligtum vor der 
Porta Capena, von dem südlich gerichtete Kriegs- 
züge und die transveetio equitum ausgingen (s. 
Richter Topogr. v. Rom 886). [Boehm.] 



uraecia magna loyy 

Gradus (heute Grado), Siedlung auf der gleich- 
namigen Laguneninsel südlich von Aquileia, wird 
erst seit der Langobardenzeit genannt, hat aber 
schon, wie die Funde beweisen, im Altertum be- 
standen. Da mit gradus, xXlftaxsg, die mit 
Treppen versehenen Anlegeplätze bezeichnet wur- 
den (Val. Max. ni 6. Constit. XXXI Zachariae 
p. 192. Strab. XVEI 792). in Südfrankreich ein 
Gradus Massüitanorum Itin. Ant. 507 genannt 

10 ist, liegt der Schluß nahe, in G. den Hafen- 
platz von Aquileia zu erblicken, das Ausonius 
nob. urb. IX moenibus ae portu ecleberrima 
nennt, und das nach Strabon 60 Stadien land- 
einwärts lag. Da die Küste sinkt, durch die 
Flüsse andererseits wieder Neuland geschaffen 
wird, ist es kaum möglich, den antiken Festlands- 
rand zu erkennen. Doch muß die Lagune einen 
geringeren Umfang gehabt haben, wofür PauL 
bist. Lang. V 17 spricht (daß nämlich im J. 663 

20 eine Reiterabteilung in Grados insulam von Aqui- 
leia her per stratam, quae antiquitus per mare 
faeta fuerat, gelangte), und was eine Notiz in 
den Mitt. d. Zentralkomm. 1902, 326 zu bestätigen 
scheint, der zufolge in der Nähe der äußersten 
Landzunge des Gebiets von Aquileia bei sehr 
tiefem Wasserstand die Spuren der römischen 
Straße sich sicher konstatieren lassen und in un- 
mittelbarer Nähe dieser ergiebige Reste von Grab- 
monumenten, Aschenurnen usw. gefunden werden 

30 (vgl. Czoernig Das Land Görz und Gradisca, 
Wien 1873, 161). Die bedeutendsten Funde aus 
G.s ältester und frühmittelalterlicher Zeit sind 
auf der Piazza della corte gemacht worden, wor- 
über Swoboda nnd Wilberg österr. Jahresh. 
IX (1906) Beibl. lff. ausführlich handeln. Mit 
der Flucht des Patriarchen Paulinus von Aquileia 
nach Grado 568, der vor den Langobarden dahin 
die aquileiensischen Kirchenschätze schaffte (Paul, 
hist. Lang. H 10), tritt der Ort in die Geschichte 

40 ein. [Weiss.] 

Graecanici s. Hellanioi. 
GraeceiuSj erwähnt im Sommer 710 = 44 
als Parteigenosse der Caesarmörder von Cic. ad 
Att. XV 8, 2. ■ [Münzer.] 

Graocia magna, zuweilen auch maior, fteyäh} 
'Ettag. ist die Bezeichnung für die griechischen 
Küstenstädte Unteritaliens (Liv. XXXI 7), bald 
auf einen kleineren Kreis von Städten angewendet, 
wie von Plin. III 95. Ptolem. DJ 1, 10 (Lokroi 

50 bis Tarent), bald auf einen größeren, wie von 
Skymn. 303ff. (Terina bis Tarent; wenn die Vor- 
stellung tatsächlich eine Zeitlang verbreitet war, 
daß mit Terina die Küste Großgriechenlands be- 
ginne, mag die Notiz bei Steph. Byz. Tigtva . . . 
ixa/Utto 3e xal usyoln 'EXXdg , u>s 'AiioÄXcovt'dijs 
6 Ntxaevg h t$ xeqi noQOi^ttöv aus einer sprich- 
wörtlichen Zusammenstellung: ,Terina, Großgrie- 
chenland' vielleicht zu erklären sein . vgl. P a i s 
Storia 526) , Serv. Aen, I 569 (Cumae-Tarent) 

60 und Athen. XLT 523. Auf Sizilien erscheint der 
Name von Strab. VI 253 ausgedehnt. Da er sich 
in dem Timaiosfragment 77, FHG I 211 findet, 
war er bereits im 4. Jhdt. gebräuchlich; jeden- 
falls ist er in Unteritalien aufgekommen. Plinius 
DU 42, Strabon a. O., Athenaios a. O. u. a. führen 
ihn auf den Reichtum und Glanz der Griechen- 
siedlangen Unteritaliens zurück, gewählt aus 
Selbstgefälligkeit und in Hinblick auf das ärmere 



1 



Heimatland. Ist In solchen Umständen der Ur- 
sprung des Namens zu suchen, so war wohl das 
in religiöser, politischer und kultureller Hinsicht 
so mächtige Wirken des Pythagoras und seiner 
Schule die Hauptveranlassung gewesen (Iamblich. 
Tit. Pyth. 29. Porphyr, vit. Pyth. 20. Cic. de 
orat. II 154; Lael. 13; Tusc. IV 2. V 10. Val. 
Max. Vin 7, 2 u. a.). Oh der Name freilich 
schon damals aufgekommen ist, wie Polybios II 
38 und Val. Maximus a. 0. zu glauben scheinen, 
ist nicht zu sagen. E. Meyer Philol. 1889. 274 
allerdings nimmt an, ,daß das von den Achäern 
besetzte Gebiet in Unteritalien seinen Namen 
,das große Hellas 1 nicht führt im Gegensatz zu 
dem eigentlichen Griechenland, sondern im Gegen- 
satz zu der Urheimat der Achäer, dem thessali- 
schen Hellas'. Dagegen Tropea Storia del Lu- 
cani 95fL und Pais, welcher der Origine dell 1 
espressione ,Magna Grecia' p. 513—526 seiner 
Storia della Sicilia e della Magna Grccia I (1894) 
widmet. Vgl. auch Nissen Ital. Landesk. I 59ff. 
und den Art, Italia. [Weiss.] 

Graecla prisca, um Dodona und den Ache- 
loos, s. den Art. Hellas ('Ellas n äe%ata). 

[Bürchner.l 
Graeciense Mare (Plin. n. h. IV 51) ist bei 
den Römern der Teil des Ägäischen Meeres, der 
Griechenlands (d. h. ausgenommen Makedoniens 
und Thrakiens) Küsten bespült; s. den Art. 
Hellenike Thalassa. [Bürchner] 

P. Graecinius Laco, P. f., Pob(lilia). Den 
vollen Namen gibt die Inschrift CIL V 3340, 
die ihm in Verona, offenbar seiner Heimat ge- 
setzt ist; bei Dio LVIII 9, 3 haben die Hss. 
rqaxivou Adxcopt, an allen andern Stellen heißt 
er einfach Laco. 

Im J. 31 n. Chr. nahm er als Praefectus vi- 
gilum (vgl. auch Dio LX 23, 3) tatkräftigen An- 
teil an dem Sturze Seians. Während sich (Nae- 
vius Sertorius) Macro der Prätorianer versicherte, 
übernahm G. die Bewachung des Apollotempels 
auf dem Palatin, wo die Senatssitzung stattfand, 
und verfügte die Abführung des auf Befehl des 
Consuls (P. Memmius) Regulus verhafteten Seian 
ins Gefängnis, am 18. Oktober 31, Dio LVIII 
9, 3. 6; 10, 6. Der Senat beschloß, ihm dafür die 
ornamenta quaestoria zu verleihen, Dio LVIII 
12, 7 (daß er vorsichtig ablehnte, ebd. 8), viel- 
leicht auch damals schon das Bildnisrecht, das 
ihm ausdrücklich unter Claudius verliehen wurde 
(Dio LX 23, 3, vgl. 2); wenigstens erschließt 
Dessau Prosop. Imp. Rom. II 121, 129, aus der 
Inschrift CLL VI 31857, Laco prmffectusj vi- 
g(üum) XIII, daß ihm damals von den einzelnen 
Regionen der Stadt Statuen aufgestellt worden 
seien. 

Unter Claudius war G. Procurator von Gallien 
(tÜv Fahazüv sagt Dio LX 23. 3; das ist also 
ausnahmsweise für die tres Galliae ; so ist es zu 
erklären, daß er zu dieser Prokuratur von der 
sonst ranghöheren praefectura vigüum befördert 
wurde; vgl. Hirschfeld Kaiserl. Verw.2 255. 
377£ 490. Im J. 44 verschaffte ihm der Kaiser 
sogar die ornamenta eormdaria (sie sind auch 
in der erwähnten Inschrift CIL V 3340 rühmend 
herwwehoben) und das Büdnisrecht (s. o.) sowie 
den Site im Senat, sooft er im Gefolge des 
E««w war, Bio LX 23, 2. 3; vielleicht ffir Ver- 



wraecostasis 



1692 



dienste ; die er sich etwa hei Gelegenheit des 
britannischen Feldzuges erworben hatte, aus dem 
Claudius damals eben zurückkehrte. [Stein.] 

ad Gr(a)ecos, Station 18 Millien nordwärts 
von Chiusi an der Straße nach Florenz. Tab. 
Peut. [Weiss.] 

Graecostadium s. Graecostasis. 
Graecostasis, erhöhter Platz an der Südseite 
des republikanischen Comitium gegenüber der 
10 Curia, den Rostra benachbart (Varro de 1. 1. V 
155. Cic. ad Quint. fr. II 1. Plin. VH 212, 
XXXIII 19; vgl Obsequ. 24). Zwischen diesen 
und dem G. sah ein Beobachter von der Curie 
aus zu Mittag die Sonne (Plin. VLT 212). Wie 
aus Obsequ. 24 (in Graeeostasi et comitio san- 
guim flwcit; vgl. auch 28. 31) hervorgeht, war 
die G. ein offener Platz. Dort nahmen die fremden 
(griechischen) Gesandtschaften Aufstellung, um 
in den Senat geführt zu werden, wohl auch, um 
20 der Volksversammlung beizuwohnen. Auf dem 
Platze hat im J. 305 v. Chr. Cn. Flavius (s. Fla- 
vius Nr. 15) eine Kapelle der Concordia errichtet; 
aus den Fast. Pinc, CIL 12 219 erfahren wir 
von einem Opfer der Lima auf der G. Die große 
Bautätigkeit unter Caesar, welche das alte Co- 
mitium ganz veränderte, hatte eine Verlegung 
der Rostra zur Folge; was mit der G. geschah, 
die ihren alten Platz nicht bewahrte, ist ungewiß. 
In der Kaiserzeit erscheint nun der Name GTaeco- 
30 Stadium in der Hist. aug. Pius 8 {Graecostadium 
post inemdium restitutum), im Chronogr. 354 
p. 148 M. (Carino et Numeriano imperatoribus 
arserunt senatum, forum Caesaris, basilicam 
Miam et Graecostadiwn), in der Not. urb. reg. 
VIII und im Curiosum urb. reg. VIII (Jordan 
Topogr. II 553. Forma urb. 51) ; wahrscheinlich 
ist auch die Inschrift Greeost [. . . auf dem nicht 
mehr erhaltenen Fragment in 19 des kapitoli- 
nischen Stadtplans zu Greeostadium zu ergänzen. 
40 Das Verhältnis der beiden [Namen zueinander 
ist strittig. Die Annahme, daß das Graecosta- 
dium als Nachfolger der G. in der Nähe der 
neuen Rostra lag (Jordan Topogr. I 2, 243. 
Richter Topogr. 2 84), hat Hülsen Rom. Mitt. 
XX 11 f. aus topographischen Gründen abgelehnt. 
Er sucht es auf dem Räume von S. Maria della 
consolazione , südlich der Basilica Iulia. Die 
Inschrift eines im Nuov. bull, di arch. christ 
1902, 126 veröifentlichten Sklavenhalsbandes: 
50 Tene me, fugio. reboca me in Grecostadio Eusebio 
maneipe, läßt schließen, daß es am Graeco- 
stadium Geschäfte oder Wohnungen gab. Die Ver- 
mutung Urlichs (Rh. Mus. 1857, 219), daß die 
bei Plut. de consol. anim. 19 genannte *EMqva>v 
äyoga, an welcher ein Barbier sein igyaoz^giov 
hatte, mit dem Graecostadium identisch sei, er- 
hält dadurch eine bedeutende Stütze. Mit Det- 
lefsen Ann. d. Inst 1860, 153 wegen der Be- 
richte über ,Brände* des Graecostadium anzu- 
60 nehmen, daß es ein Gebäude gewesen, ist nicht 
notwendig, da ja im Chronogr. 354 neben dem 
Graecostadium auch das Forum Caesaris als bren- 
nend bezeichnet wird, mit dem Platz eben auch 
die Gebäude an demselben und die Buden auf 
ihm gemeint sind. 

Literatur: Detlefsen De coraitio Romano 
Ann. d. Inst, 1860, 152£ Gilbert Geschichte 
u. Topogr. Borna DI 173. Jordan Topogr. der 



lbya 



uraeeus 



tfrai 



1694 



Stadt Rom I 2, 243. Richter Topogr. der Stadt 
Rom 2 98. Homo Lexique de topogr. Rom. 278f. 
The'dehat Le forum Rom.» 1904, 136f. Rug- 
giero Dizionario epigr. s. v. Hülsen Rom. Mitt. 
Vm (1893) 87. 91. XX (1905) llf. [Weiss.] 

Graecus. 1) Obermösisches Kastell im Ge- 
biete von Remesiana, Procop. de aedif. 285, 2 
rQmxog. Tomaschek Die alten Thraker II 2, 
89. [Patsch.] 

2) Sog; belgischer Töpfer der 1. Kaiserzeit 
CIL XHI 10010, 975 e—h. 

3) Südgallischer Töpfer ebd. a-d. [Ose.] 
Graero, Stadt in Makedonien, s. Graaioi. 
Graes (Fga^g) kommt als Demos der Phyle 

Pandionis in der Demenliste IG II 991 , die im 
ausgehenden 3. Jhdt. geschrieben ist, vor. Bei 
den Lexikographen und Grammatikern wird dieser 
Demos nie genannt; ebensowenig sind Grabsteine 
von dort bekannt geworden. Diese Tatsachen be- 
rechtigen aber keineswegs zu Zweifeln an der 
Existenz eines Demos rgaffg (so Lop er Athen. 
Mitt. XVII 372, der FPAHZ für eine Ver- 
schreibung aus FPAEIH2 hält). Das Richtige 
hat Koehler gesehen, wenn er rQatfc für ein 
attisches Dorf an der Grenze von Oropos erklärt 
(Athen. Mitt. IV 261). Indessen darf rga^g nicht 
mit der r@ai'xr) yfj selbst identifiziert werden, die 
sich über die Gebiete von Oropos und Tanagra er- 
streckte. Vermutlich hat es zu Kleisthenes Zeit 
noch nicht als attischer Gau bestanden, sondern 
wird erst im Laufe des 4. Jhdts., als das Gebiet 
von Oropos vorübergehend dem attischen Staat 
einverleibt wurde , Demengerechtigkeit erhalten 
haben (Milchhoefer Abh. Akad. Berl. 1892, 18). 
Daraus erklärt es sich, daß es nicht in unmittel- 
barer Nachbarschaft mit der Hauptmasse der Trit- 
tyen der Pandionis liegt (Ross Demen 3). Die 
Annahme, daß der Demos G. nicht mit der Fqoix^ 
X(oq« in lokale Verbindung zu bringen sei, son- 
dern auch anderswo in Attika gelegen haben 
könnte, wie Milchhoefer und Löper a. a. O. 
behaupten, hat keine innere Wahrscheinlichkeit. 

[Kolbe.] 
Graij Graeci, Fqoixoi (FQafjsl), der römische 
Name des Hellenen volks. Eine gesicherte Ety- 
mologie des Wortes gibt es nicht; willkürlich 
Hesych. Lex. und Etym. M. von qo,Iq>. Fick 
Bezz. Beitr. XX III 241 leitet den Namen ab von 
rgata= Arj/u^rtjQ; ebenso Gruppe Griech. Mythol. 
71. Pape Griech. Eigenn. z. d. W. vergleicht 
noch yoaßd, ygata bei Hesych, = Mulde; davon 
geht wohl aus Enmann Journ. d. Min. d. Volks- 
auf kl. 1899 (dem Verfasser nicht zugänglich); 
vgl. Wochenschr. f. klass. Philol. 1899, 1069: 
rQatxBe == Flächenbewohner. Sehr wahrschein- 
lich ist die Bildung praeetts, ygal'xog sekundär 
und lateinischen Ursprungs; Hesiod frg. 29 Gött- 
ling setzt, wenn überhaupt echt (s. darüber Gruppe 
a. a. O. 715, 6) die Graeei in Italien wegen 
Nennung des Aauvo; schon voraus ; ein Fgatxog 
hat in der Genealogie des Deukalion keine ver- 
nünftige Stelle, roatxtj Thuc. LT 23, 2 ist nur 
Konjektur nach Hesych., wo aber /gaüx, nicht 
diese Form des Adjektivs steht. Nichts weiter 
als Versuche, die Graeci im alten Hellas unter- 
zubringen bezw. zur Benennung der Griechen vor 
Deukalion zu verwenden, sind die Notizen, wonach 
die rgaixvt ein älterer Name für die Hellenen (Apoll. 



I 7, 7), speziell in Thessalien oder rgatxdg ein Sohn 
des Thessalos gewesen sein soll, Marm. Par. 6. 
Steph. Byz. s. rgaixdg. Euseb, chron. II p. 16 R. 
Schöne. Const. porph. de them. II 5. Eine Weiter- 
bildung dieser Versuche ist die Notiz bei Aristot. 
meteor. I 352 a <pxow ol 2sXfoi evtav&a (bei 
Dodona) xat oi xaXov/uevot tqtb /nkv Fgatxol, vvr 
ös "EXXtjvsg, Sonst erscheint Fgaixot als Gesamt- 
nanie der Hellenen in der späteren gelehrten 

10 Literatur. Dieser Sachverhalt ist schon von 
Unger Philol. II 691 ff. nachgewiesen, gegen- 
über den Vermutungen von Nissen Ital. Landes- 
kunde 1 120. Heibig Herrn. XI 273ff. Mommsen 
Rom. Gesch. IG, durch Niese Herrn. XII 409ff. 
festgestellt und vonBusolt Gr. Gesch. 12 198. 
Ed. Meyer Gesch. des Altert. II 66 anerkannt, 
von Rosinna Festschr. f. Weinhold 27ff. nicht 
widerlegt worden, ü. Köhler De antiqu. nom. 
Graeci sede (in Sat. phil. H. Sauppio obl.) 79ff. 

20 hat die Übertragung der Flutsage , des Hellenen- 
und Gräkernamens nach Epiros als molossische 
Erfindung erwiesen. 

Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich ist 
ein Zusammenhang zwischen den Namen Grai, 
FQouxoi und den Namen Fgata (s. d.) in Boiotien 
und Euboia, Fqoixeq, den äolischen Gründern von 
Parion Steph. Byz, s. rgatxög, dem Namen des 
Besiedlers von Lesbos Fgäg, Strab. XIII 582 und 
dem Namen des lokal nicht sicher zu bestim- 

30menden attischen Demos Fga^g CIA II 991 
(Milchhöfer Abh. Akad. Berl. 1892, 18. v. Wi- 
lamowitz Kydathen 130, 50; Aristoteles und 
Athen II 152. Brugman Idg. Forsch. XXII 
(1907), 183f. der jedoch in bezug auf die Form 
Fqcuxos von einer falschen Voraussetzung aus- 
setzung ausgeht). Die Frage, wie die Italiker 
dazu gekommen sein sollen, nach diesem ver- 
mutlichen Volke der Graer die Hellenen zu be- 
nennen, ist bis jetzt nicht mit Sicherheit oder 

40 auch nur genügender Wahrscheinlichkeit beant- 
wortet. Nach der früheren Ansicht Busolts (Gr. 
Gesch. II 43ff.), welche Ed. Meyer a. a. O. H 
471ff. E. Pais Storia dltalia I 1, 276f. 336. 
617f. Bury Journ. hell. Stud. XV 236f. auf- 
nehmen, hätten die bei der Gründung von Kyme 
in Italien beteiligten Graer von Graia den Anlaß 
zur Anwendung des Namens gegeben. Dagegen 
haben sich ausgesprochen v. Wilamowitz Herrn. 
XXI 114. BelochGr. Gesch. 1174, 3. Busolt 

50 hat Gr. Gesch. 12 199 diese Ansicht selbst auf- 
gegeben und schließt sich, wie auchKretschmer 
Einleit. in die Gesch. d. griech. Sprache 279f. 
v. Wilamowitz an (Herrn, a. a. O.; Kydathen 
152; Herakles 2 I 10 — doch mit Betonung des 
hypothetischen Charakters der Aufstellung), wo- 
nach die Umwohner von Tanagra einem äolischen 
Stamm zugehörten, der ursprünglich bis zum West- 
meer wohnend, in der ,Völkerwanderung' auszog 
und unterging. Von diesen G. im Westen hätten 

60 die Italiker den Namen übernommen. Da indessen 
Graes weder im Westen von Griechenland noch 
im Osten von Italien nachzuweisen sind, verdient 
diese Annahme nicht den Vorzug vor der früher von 
Busolt gegebenen, auch wenn man die Ablei- 
tung des Namens von FgaVa = A^^ttjq ablehnt. 
Bloß etymologischen Zusammenhang zwischen den 
Graes bei Oropus und den Grai in Italien nimmt 
an JEnmann a. a. O. Sollte nicht, wie offen- 



\XiaUMWKVU 



bar Edliler a. a. 0. 84 annimmt, Gral— von dieser 
Form ist auszugehen — eine rein italische Be- 
nennung des fremden Volkes sein ? (J. Miller.] 

Grala (Fgata, Tfeafe). I. Geographischer Name. 
1. Hom. II. II 498 genannt neben Thespeia und 
Mykalessos, später offenbar verschollen (Nonn. 
Xin 77. Stat. Theb. VII 332 lehnen sich an 
Homer an). Denn Thuc. II 23, 2 Fgcüxtf ist 
Konjektur; Xen. hell. V 4, 50 ygadg orijtfo? be- 
zeichnet jedenfalls nicht die Stadt und braucht 
mit Gr. gar nicht zusammenzuhängen ; Polyaen. H 
1, 12 schöpft aus Xenophon, und es sind daher 
aus der dort überlieferten Lesart 'Pias keine wei- 
teren Schlüsse zu ziehen, umso weniger, als sich 
Polyaen auch hier als flüchtiger Exzerptor zeigt, 
Melber Jahrb. f. Piniol. Suppl. XIV (1885) 539. 
Man identifizierte das Homerische G. mit Ta- 
nagra, Strab. IX 404. Paus. IX 20, 1 (hier ein 
Versuch, den Namen zu erklären), Callim. bei 
Steph. Byz. s. Tfoayga. Eustath. und Schol. 
Ven. zu Hom. II. II 498. Aristoteles identifi- 
zierte dagegen G. mit Oropos, Steph. Byz. a. a. 
0. Eustath. a. a. 0. Möglich ist ein Zusammen- 
hang des Namens mit dem attischen Demos Fßa^g 
und mit dem Beinamen der Demeter (s. II.) : vgl. 
Grai o. S. 1694. 

2. Stadt im Gebiet von Eretria, der Einwohner 
hieß FqaXog. Steph, Byz. s. v. 

3. (?) Land, Hesych. s. v. 
II. Beiname der Demeter, Hesych. s. v, ; vgl. 

Gruppe Gr. Mythol. 71. 94, 2. 751, 2. 1186, 1. 

[J. Miller.] 

Graiadai (oi rgalädat), Angehörige einer Pa- 
tra von Kamiros auf Rhodos, IG XU 1, 625. 

[Bürchner.] 

Graiai s. Phorkides. 

rgaiag aükij , Ort in der Phthiotis, der auf 
einer delphischen Inschrift Bull. hell. XXV 340 
genannt wird. Da rgata nach Hesych. s. v. ein 
Beiname der Demeter ist, bezeichnet der Name 
vielleicht eine der Demeter geweihte Stätte. 

[Stählin.] 

rgatag y6w (Oraeae genu), Landspitze und 
Hafen an der Küste des Mareotes nomos, Ptolem. 
IV 5, 6 Nobbe. Stadiasm. mar. magni 18 (Geogr. 
gr. min. I 433). [Pieper.] 

JPgarxjJ, Der Name FQai'xi} yrj kommt eigent- 
lich dem Gebiet von Oropos zu, s. Thuc. II 23: 
Tiagiovxeg ök 'Qqcosiov zyv yfjv xqv Fqa'Cx^v xaXov- 
fihrjv, tfv viftovtai ^Qtbmoi 'A&jraiwr vnyxoot 
edfltooav. Aber nach Paus. IX 20, 2, Steph. 
Byz. s. v. wurde er auch auf Tanagra angewandt. 
Näheres s. Art. Oropos. [Kolbe.] 

Graikes (oi roaTxsg), die aiolischen Bewohner 
von Parion (Steph. Byz.); s. den Art. Parion. 

[Bürchner.] 

Graikoi (oi r Q aixoi Steph. Byz. Arcad. 50, 6 ; 
nach Etym. M. = 'Paixoi nach barbarischer Aus- 
sprache ; vgl. Eustath. 890, 14. Phot. 480, 15), 
talbewohnende Leute von Epeiros in der Gegend 
um Dodona (s. Aristo t. meteor. I 14), dann über- 
haupt Name für die Hellenen, Mann. Par. Apol- 
lod. I 7, 3. Steph, Byz. Suid., und durchgehend 
bei Alexandrinern, Callim. bei Strab. I 46. V 216. 
Lycophr. 605. Alex. Aet. frg. 2, und bei den 
Böroern Graset. Fgaixog Spottname des M. Tul- 
lios Ocero (Plut Cic. 5). [Bürchner.] 

8rafk«s (rQaixoi). Der rein fiktive Stamm- 



1697 



Gramineen 



Gramineen 



heros der Graikoi (s. d. und Graes), nach Hesiods 
Katalogen (?) frg. 24 Ez. Sohn des Zeus und der 
Pandora, der Tochter des Deukalion (die Graikoi 
saßen nach Arist. met. I 14 da, wo die deuka- 
Iionische Flut gewesen war). Aus Lyd. de mens. 
I 13 p. 7, 22 W. scheint zu folgen, daß man ihn 
irgendwie mit Latinos' Bruder Agrios gleich- 
setzte; doch hat Lydos nachlässig exeerptert, 
v. Wilamowitz Herrn. XXXIV 609. Anders 
10 Steph. Byz. roaixog 6"£U V v ...6 OsaadXov vMg. 
Gruppe Griech. Mythol. 715, 6. [Kroll.] 

Graioceli, Alpenvolk, nur von Caes. b. G. I 
10 erwähnt mit den Ceutrones und Caturiges 
(vgl. Alpes Graiae und Ocelum). Zeuss Die 
Deutschen 208. Desjardins Ge*ogr. de la Gaule 
I 84f. Holder Altkeit. Sprachsch. s. Grai (liest 
Grai Oeeli), [Ihm.] 

Grainm, Station der Classis secunda Flavia 
(Not. dign. occ. XXXII 51) an der Save in Pan- 
20nonia inferior, nach Böcking II 680 das heutige 
Bosnisch-Raca an der Einmündung der Drina in 
die Save. Marquardt-Domaszewski Rom. 
Staatsverwaltung 112 5Q6f. Fiebiger s. Art. 
Classis o. Bd. II S. 2647. Holder Altkeit 
Sprachsch. s. v. [Patsch.] 

Grallades (Ohg 6 FgaMatys nach der A- 
Deklination, unbekanntes Wort), Beiname einer 
Einöde auf der Insel Chios, Bürchner Berl. 
Phüol. Wochenschr. XX (1900) 1629 ; vgl. 'Afavä 
30 XX (1908) 164 Ä 24. [Bürchner.] 

Grallia oder Grallium, Stadt im nordöst- 
lichen Hispanien, unweit Caesaraugusta, nur be- 
kannt aus einer Inschrift von Tarraco, die einem 
Flamen der diesseitigen Provinz von ihr gesetzt 
ist: M, Sempronio M. fil(zo) Quirßna) Gapi- 
toni, Gralliemi adlecto in ordine Caesaraugfu- 
stano), omnibfusj honoribfusj in utraqfuej r(e) 
pfublica) s(ua) ffunetq), flam(ini) p(rovineiae) 
H(ispaniae) e(iteriorisJ (CIL II 4244); woraus 
40 sich alles über diese Stadt Bekannte ergibt. 

[Hübner.] 
Gramam, Geogr. Rav. 71, 22, Ortschaft in 
Iran oder noch östlicher zu suchen. [Kiessling.] 

Gram at um (?). Das Itin. Ant. verzeichnet 
349 die Station Gramato zwischen Epamantu- 
duro und Larga. Die Überlieferung scheint nicht 
in Ordnung; vgl. Holder Altkeit. Sprachsch. 
s. Epomanduodorum. [Ihm.] 

Gramineen. Gräser, echte Gräser, Süßgräser. 
50 Monokotyle (einsamenlappige), der Ordnung der 
Glumaceae (Speltblüter) angehörende, einjährige 
oder perennierende, krautige Pflanzen mitBüschei- 
wurzeln. Die meist zwitterigen, selten einge- 
schlechtigen Blüten sind in Ährehen (spieulae) 
vereinigt. Diese letzteren bestehen aus zwei- 
zeilig geordneten Deckblättchen, hier Spelzen 
(glumae) genannt, zwischen denen die eigentlichen 
Blüten stehen. Die Ährchen sind ein- oder mehr- 
blütig, in Ähren oder Rispen, seltener auf einem 
60 Kolben. Die Grasfrucht ist ein Korn oder eine 
sog. Schalfrucht (eargopsis), entweder mit den 
Spelzen nicht bekleidet und aus denselben heraus- 
fallend (nackt), oder damit bekleidet (beschalt, 
spelzrindig). Der Halm (culmus) ist hohl, selten 
mit Mark gefüllt, stielrund oder zweischneidig und 
knotig, mit zweizeiligen, wechselständigen, schma- 
len Blättern. Die Gräser sind eine der größten 
und wichtigsten Pflanzenfamilien, in 3800 Arten 



1608 



über die ganze Erde als Land- und Wasserpflanzen 
verbreitet (Leunis Synopsis 8 II 810f.). In der 
größten Menge finden sie sich in der nördlichen 
gemäßigten Zone, wo" sie als Weiden, Wiesen und 
Getreidefelder den vorherrschenden Teil der Vege- 
tation ausmachen. Nach Süden hin nimmt die 
Zahl der Arten zu, die Menge der Individuen 
aber ab. Gegen die Pole verschwinden die G. 
allmählich, ebenso wie in den höheren Gebirgs- 



bewahrung za Kügelchen formte, die ebenfalls 
gegen dieses Leiden, sowie zum Verteilen von 
Verhärtungen und Geschwüren verwandt wurden 
(Diosc. IV 137. Plin. n. h. XXV 146). In Griechen- 
land ist Aegilops heute die nächst Bromos am 
häufigsten vorkommende einjährige Grasart der 
Xirobunen. Sie tritt auf trockenen Hügeln , in 
dürren Ebenen, sowie in feuchten Niederungen 
massenhaft auf. Aegilops keimt im Herbst und 



lagen, wo Moose und Flechten an ihre Stelle treten. 10 Winter und verdorrt bereits im Mai. Die Botanik 



Neben den als Getreide angebauten G. finden 
sich zahlreiche wiesenbildende oder als Unkraut 
auftretende G., sowie die Rohrschilf arten. Bei 
der nachfolgenden Aufzählung der dem Altertume 
bekannten G. erwachsen mancherlei Schwierig- 
keiten. Zunächst hat Linne" wiederholt einer Pflanze 
einen griechischen Namen beigelegt, unter dem 
die Alten eine andere Pflanze verstanden, weiter- 
hin sind die Botaniker nicht selten verschiedener 



unterscheidet Aegilops ovata, cylindrica, comosa 
und triuncialis. In Norditalien kommt Aegilops 
nur selten vor (Fraas Syn. 304, Berendes zu 
Diosc. 440). 

2. ATga (dvctQog Diosc. LI 100; fäaviov Geop. 
II 43; Matth. XIII 25), aera, lolium, Taumel- 
lolch, Lolium temulentum L. Ein besonders unter 
dem Sommergetreide häufig vorkommendes Un- 
kraut (Verg. Ecl. V 37. Plin. XVIII 153), welches 



Meinung, welche von den heutigen Pflanzen unter 20 dadurch sehr lästig wird, daß der Same mehrere 

/u„„™,i Ä „ au«, ,»„«,„„+* a A ft „;„i^ a»„*k^ Ja jj re h^ä^h m <j er Erde liegen kann, ohne 

seine Keimkraft zu verlieren. Daher erscheint 
Lolium in nassen Jahren plötzlich in großer 
Menge, wodurch vielleicht die Annahme entstand, 
das Getreide habe sich in Lolium verwandelt 
(Theophr. IV 1). Wie Aegilops die Gerste schädigt, 
so aiga besonders den Weizen (Verg. Georg. I 
154). Der Lolch hat schmale, gedrängt stehende, 



der von den Alten genannten und oft nicht deutlich 
genug beschriebenen Pflanze zu erkennen sei. 
Infolge dessen wird es nicht immer möglich sein, 
bei jeder einzelnen Grasart mit Sicherheit anzu- 
geben, ob sie den Ähren- oder den Eispen gräsern 
zuzurechnen sei. 

I. Ährengräser. Die Ährchen sind völlig 
stiellos, sie sitzen eingesenkt in die Ausschnitte 
des Halmes (Spindel) und bilden so eine einzelne, 



. .. , glatte Blätter (TheophT. VIII 7, 1). Die giftige 

gipfelständige Ähre (Endähre). Hierzu gehören 30 Eigenschaft seines Samens, die den Genuß des 
die wichtigsten Getreidepflanzen: Gerste, Weizen, damit verunreinigten Brotes schädlich macht, war 
Dinkel , Roggen mit ihren zahlreichen Arten von alters her bekannt (Verg. Georg. I 154 nennt 



(s. Art. Getreide, sowie die Spezialartikel). 
Von den hierher gehörenden Unkräutern und 
Wiesengräsern sind von den alten Schriftstellern 
die nachbenannten erwähnt. 

1. AiyiX(a\p (auch aiytlä&r}, otTÖöJzeZXog, clxqo- 
O7ie)log, olrpwv, ßgofiog) (Diosc. IV 137 Well- 
mann), festuca, aegilops (Plin. n. h. XVIII 



ihn den .unglücklichen')'. Besonders schrieb man 
ihm schädigende Einwirkungen auf die Sehkraft 
zu (Geop. II 43: T6 C^viov, to Xeyofievov atqa, 
(pd-eigst xov atxovj ägzotg tU fityvv^tsvij oxoxol zovg 
io&iovmg. Ovid. fast. I 691: et careant loliis 
oculos vitiantibus aegri). Daß Lolium immerhin 
gegessen wurde, ist ersichtlich aus Plaut. Mil. 



155), neugriechisch jiaxqoyivvi, äj-^ow'raCo Walch, 40 321: mirumst lolio victitare te tarn vilitritico, 



Aegilops L., ein in ganz Südeuropa häufig vor- 
kommendes Unkraut, von welchem zwei Arten: 
Aegilops ovata, Gerstenwalch , und Aegilops tri- 
ticoides, der weizenartige Walch, unterschieden 
werden. Letzterer, ein Bastard zwischen Gerste 
und Weizen, ist diesem letztgedachten so ähnlich, 
daß die Annahme entstehen konnte, Aegilops 
könnte durch Züchtung in Weizen verwandelt 
werden (Leunis Syn.). Nach Theophrast (h. pl. 



und Hör. sat. II 6, 89: cum pater ipse domus 
palea porrectus in horna esset ador loliumque, 
dapis meliora relinquens. 

Verwendung des Lolium in der Heilkunde: 
Mit Rettich und Salz aufgelegt erweicht Lolium 
krebsartige, eiternde Geschwüre, mit natürlichem, 
d. i. vom Feuer nicht berührtem Schwefel (fctov 
aztveov) und Essig heilt er Flechten und Aussatz, 
mit Taubenmist und Leinsamen, in Wein gekocht, 



VTII 3), Plinius (n. h. XVIII 155. XXI 103), 50 öffnet er die Mandeln und befördert das Aufgehen 



Geoponica (II 43) ist Aegilops ein sehr lästiges, 
verderbenbringendes Unkraut unter der Gerste. 
Es liebt guten, bebauten Boden und keimt im 
zweiten Jahre. Wer das Unkraut ausrotten will, 
muß den Acker zwei Jahre hindurch brach liegen 
lassen und die Schafe zum Abweiden anf das 
Stoppelfeld treiben. Die kleine Pflanze hat dem 
Weizen ähnliche, aber weichere Blätter, am Ende 
des Halmes ist die Frucht in eine, zwei oder drei 



schwerreifender Geschwüre. Mit Honigmet, als 
Getränk und Umschlag verwendet, lindert er 
Ischiasschmerzen (Diosc. II 100. Plin. XXLT 160). 
Lolchmehl, in Essig gekocht, ist ein Mittel gegen 
die Räude der Hunde (Plin. XXII 160). Die 
giftige Eigenschaft des Lolchsamens, welche Be- 
täubung, Schwindel, Erbrechen, selbst Krämpfe 
hervorrufen soll, wird neuerdings vielfach be- 
stritten. Jedenfalss kann das Gras vom Vieh 



Hüllen eingeschlossen, aus denen Grannen wie Haare 60 ohne Nachteil genossen werden (Leunis Syn. 3 
herauswachsen. In der Heilkunde wurde der mit II 858). 



Mehl vermischte Samen des Aegilops als Kom- 
presse bei Tränennstein aufgelegt. Dieses Ge- 
schwür im Augenwinkel wurde gleichfalls mit 
täyiXonp (auch cuytXtwiwv) bezeichnet; vgL Gersten- 
korn. Der aus dem Stengel und den Blättern 
gepreßte Saft wurde mit Mehl zu einem Brei 
vermischt, den man nach dreimonatlicher Auf- 

Pauly-Wlsaova-Kroll VTI 



3. 0otvt^ (auchgows-, oQzivGOip, *fOtvtx6jixeQog t 
Qovowoxaxvg, 6o&dX?)) pabulum murinum, ägyp- 
tisch athnou (Diosc. IV 43), lolium murinum 
(lolium oder hordeum murinum, Plin. XXII 135), 
neugriechisch qftsga »ga, Lolium perenne L.). 
Das Blatt ähnelt dem der Gerste, ist aber kürzer, 
die Ähre (es sind denn 6 — 7) ist wie die des 

54 



1699 



Gramineen 



Gramineen 



1700 



1701 



Gramineen 



Gramineen 



1702 



Lolch gestaltet. Um die Wurzel stehen sechs 
Finger lange Zweige. Die Pflanze wächst auf 
Äckern und in den frisehgestrichenen Fugen der 
flachen Dächer (Berendes zu Diosc. 43). Gegen 
Durchfall und Unterleibsleiden wird sie mit herbem 
"Wein getrunken (Diosc. IV 43). Nach Fraas 
(Syn. 305) kommt Lolium perenne in ganz 
Griechenland an Wegen, auf den Feldern und 
Häusern vor. 



während erba pignola = Cynodon daetylon in 
keiner Beziehung zu einem der lateinischen Namen 
für Agrostis steht. Übrigens werden sowohl Cyno- 
don Daetylon wie Triticum repens von v, Här- 
tens Italien II 60 unter den Gewächsen auf- 
geführt, die in Oberitalien wegen ihrer Heilkräfte 
geschätzt sind. 

6. Kala^ayQOioxis , eine etwas größere 
Pflanze als Agrostis mit kalmusähnlicher Wurzel. 



4. ZTsliqpovQog (azsl£<povQog, aQvoyXcoooov, 10 Kalam agrostis ist für das Vieh giftig, besonders 



oq%v£ Theophr. VII 11), HaaTgras, Elymus L. 
Eine dem Weizen ähnliche G.-Art mit breiteren 
Blättern und behaarter Blüte. Die ganze Ähre 
blüht auf einmal. Die Pflanze, die neugriechisch 
£i]qö%oqtov heißt, ist auf Milos, bei Nauplia, auf 
Euboea und am Hymettus gefunden worden 
(Fraas Syn. 303). Elymos ist bei Diosc. II 120 
der Name für Panicum Italicum L. (Setaria 
Italica Beauv.) und wurde von Linne~ auf diese 



eine in Babylonien wachsende Art (Diosc. IV 30). 
Sprengel bestimmt die Pflanze als Calama- 
grostis Epigeios Roth., die das Vieh nur bei 
stärkstem Hunger frißt. Nach dem Genuß geht 
es an Eingeweideentzündung zugrunde. Fraas 
sieht in Kalamagrostis die Aleppo-Moorhirse, Sor- 
gum halepense Pers., ein in Italien auf den 
Äckern und Wiesen gefürchtetes Unkraut (mel- 
ghetta) , dessen Wurzelstock dem Rhizom des 
Gattung übertragen. Eine Abart des Haargrases, 20 Cynodon Daetylon sehr ähnlich ist. Diese in 



das Sandhaargras, wird zur Befestigung des Flug- 
sandes an Meeresküsten gesät, die Körner werden 
in Island unter dem Namen Sandweizen zu Brot 
verwendet (Leunis Syn.3 II 859). 

5. "AyQooarts fj s7za(ArjX<oTog{alyix6v, dßa^irtg), 
ägyptisch anupki, lateinisch gramen, asifoUum, 
sanguinalis, viniola. Die Spanier nannten das 
Gras aparia, die Daker kotiata, die Afrikaner 
iebal, Diosc. IV 29. Geop. II 6, 23. II 5, 4 ay e <oatg; 



Griechenland gewöhnlich an Sümpfen und in 
feuchten, ungesunden Niederungen wachsende 
Grasart ist besonders den Schafen und Rindern 
schädlich wegen des in den Blattwinkeln durch 
Tau stehenbleibenden und faulenden Wassers 
(Fraas Syn. 301). 

II. Rispengräser. Die Ährchen sind in 
einer Rispe oder Rispenähre oder in mehreren 
gipfelständigen Ähren zusammengestellt. Hierzu 



bei Apul. herb. 77 agrostis, Quecke. Diese hat 30 gehören von Getreidepflauzen Reis, Mate. Hafer, 



süße, knotige Wurzeln (ay^toaTtg /ns?u^d^g, Hom. Od, 
VI 90), die mit starken Ausläufern in der Erde 
verzweigt sind, so daß die Pflanze sehr schwer 
auszurotten ist. Aus jedem Wurzelgelenk treibt 
nämlich nach oben eine Sprosse (ßlaarog), nach 
unten eine neue Wurzel (Theophr. I 6. II 2. 
IV 10). Die Pflanze wuchert in sumpfigen Gegen- 
den (ayedyanc stlivevrjg Theophr. XLTI 42). Ihre 
scharfen, harten, breiten Blätter sind denen des 



Hirse (s, Art. Getreide und die Spezialartikel). 
1. KdXajuog, arundo, eana, calamus, Rohr, Schilf 
umfaßt die größten G., denn einige europäische 
Arten werden über 3 m hoch, das indische Rohr, 
Bambusrohr, bis zu 30 m hoch. Es sind Wasser- 
pflanzen, die teils im Wasser selbst, teils an den 
Ufern, in Sümpfen, in Lachen oder an ausge- 
trockneten Wasserläufen stehen; sie sind sehr 
verschieden an Größe, Stärke und Belaubung. 



kleinen Rohrs ähnlich und dienen dem Rindvieh 40 Einige Arten haben zarte, andere rauhe, scharfe 



als Futter (Diosc. IV 29). Die feingestoßene 
Wurzel wurde als Umschlag bei Verwundungen 
verwandt; abgekocht diente sie gegen Leih- 
schmerzen, Blasen- und Steinleiden (Diosc. IV 29). 
Mit Schwefel, Pech und Alaun zu gleichen Teilen 
vermischt wurde sie gegen Hitzblattern der 
Pferde aufgelegt (Col. VI 31). Sprengel sieht 
in der Agrostis die Ackerquecke, Triticum repens 
L. Fraas identifiziert die Pflanze mit dem von 



Blätter; einige sind strauchig, andere nur mit 
wenigen, verhältnismäßig kleinen Blättern ver- 
sehen; manche Arten haben hohle, andere mit 
Mark gefüllte Stengel. Die Wurzel ist bei einigen 
Arten schmackhaft. Die Blüte ist eine Rispe. 
Männliche und weibliche Pflanzen werden unter- 
schieden. 

Nach Hehn (Kulturpflanzen? 304) stammt das 
Rohr (Arundo donas L.), welches, unähnlich dem 



Plinius (XXIV 182) als Stachelgras beschriebenen 50 in nördlicheren Ländern wachsenden gemeinen 



daetylm, dem Cynodon Daetylon Pers. = Hunds- 
zahngras, neugriechisch äyotdöa. Fraas be- 
gründet seine Ansicht damit, daß Triticum repens 
in Griechenland nur selten vorkomme, Cynodon 
aber sich in allen feuchten und dürren Niederungen, 
besonders in den salzsauren Küsten gegenden Grie- 
chenlands überall, oft rasenbildend, finde. Der 
im Neugriechischen ähnlich lautende Name dygidba, 
sowie die medizinische Verwendung der Wurzeln 



Sumpfrohre (Phragmites communis), im Kultur- 
leben der südeuropäischen Völker von größter 
Bedeutung war und noch ist, ursprünglich aus 
dem wärmeren Asien und hat in seiner Verbreitung 
den Bezirk der Mittelmeerländer nicht über- 
schritten. Engler (bei Hehn 307) ist dagegen 
geneigt, das Indigenat des Arundo donas im 
Gebiete des Mittelmeers anzunehmen. Ob die 
aus der Pflanze gefertigten Gebrauchsgegenstände, 



in den griechischen Apotheken dürften für ihn 60 z. B. die aus Rohr geflochtenen Brotkörbe xdvtov, 

sprechen. Nach Leunis (Syn. 825) werden die xdvett " 

süßen Wurzeln des Cynodon Daetylon in Italien 

in derselben Weise medizinisch verwertet, wie bei 

uns die Wurzeln der gemeinen Quecke. Freilich 

darf nicht unerwähnt bleiben, daß die italienische 

Bezeichnung für Triticum repens L. gramegna 

«rf einen der oben genannten lateinischen Namen 

{gramen, Plur. gramina) der Agrostis hinweist, 



v, ftävaotQov , die Webspule xavan>, die 
xavdyv , die Meßrute xavtbv u. a. den 
Griechen durch den Handel mit den Phönikern 
eher bekannt wurden als die Pflanze selbst, ob 
die Pflanze erst eingeführt und an dazu geeigneten 
Orten Griechenlands, besonders in den feuchten 
Niederungen des Sees Kopais kultiviert wurde, 
oder ob neben den schilfartigen Rohren das 



starke, holzartige Rohr von Anfang an wuchs, 
wird dahingestellt bleiben müssen. Hehn meint, 
4er Name Zyprisches Rohr* (Diosc. I 85) für 
Arundo donai beweise die fremde Herkunft dieses 
starken Rohres; Cypern sei ebenso wie Kreta, das 
wegen seines vorzüglichen Pfeürohres von alters 
her einen hohen Ruf genoß, eine Übergangsstation 
von Asien nach Europa gewesen. Auch die Be- 
merkung des Theophrast (IV 11), daß das Rohr 
besser gedeihe, wenn die stehen gebliebenen 
Stöcke nach dem Abschneiden verbrannt würden, 
deutet Hehn, wenn nicht auf eine Rohrpflanzung 
seitens des Menschen, so doch immerhin auf eine 
gewisse Kultivierung vorhandener Rohrbestände. 
Daß Rohr in Italien vorzugsweise zu landwirt- 
schaftlichen Zwecken angebaut wurde, geht aus 
Cato r. r. VI 3, dem Varro (r. r. I 24) und Plinius 
(n. h. XVI 67) fast wörtlich folgen, hervor: Zur 
Anlage einer Rohrpflanzung muß der Boden an 
Bächen, Flüssen oder in einer feuchten Niederung 
gut umgegraben werden, die Wurzelstöcke (oculi) 
des Rohres sind in einem Abstand von drei Fuß 
einzulegen. Daneben kann wilder Spargel ge- 
pflanzt werden und zur Einfriedigung nach außen 
hin Weiden, die zum Anbinden der Reben nötig 
sind. Varro (I 8) und Columella (IV 7) erwähnen 
die Weinbergstäbe und Joche aus Rohr als etwas 
Selbstverständliches. Columella (IV 32) beschreibt 
dann noch ausführlich Anlage und Wartung der 
Rohrpflanzung, wobei er sich im allgemeinen an 
Cato anschließt, aber außer der Vermehrung durch 
Wurzelstöcke auch noch die durch Setzholz und 
durch Einlegen ganzer Pflanzen erwähnt {seritur 
bulbus radiois, seritur et talea ealami, nee minus 
toto prosternztur eorpore). Die Wurzelvermehrung 
liefert in kaum Jahresfrist brauchbare Rohrstäbe, 
bei der anderen Art der Vermehrung benötigt das 
Rohr längere Zeit zu seiner Entwicklung. Die 
Eohrpflanzen müssen in den drei ersten Jahren 
wie alle übrigen Gewächse gepflegt werden, aber 
auch später bedarf die Anlage der Wartung, weil 
sie vernachlässigt entweder verdorrt oder ausartet, 
indem die Rohrpflanzen von Jahr zu Jahr dünner 
werden, bis sie schließlich wie das gewöhnliche 
Schilf aussehen. Im ersteren Fall kann der 
Schaden durch Umgraben, im zweiten durch Aus- 
schneiden von sachkundiger Hand gebessert wer- 
den. Ehe sie ausschlagen, werden die Pflanzen 
behackt. Nach der Wintersonnenwende muß das 
Rohr, welches nun völlig ausgewachsen ist, ge- 
schnitten werden, ehe es erfriert. Das Arundinetum 
soll so oft wie der Weinberg umgegraben werden. 
Mit Asche und anderem Dünger kann dem 
erschöpften Boden aufgeholfen werden, auch 
erweist sich das Abbrennen der Stümpfe als 
besonders wirksam. Der Nutzen des Rohres ist 
außerordentlich groß, da alle Teile der Pflanze, 
die Wurzel in der Medizin, die Blätter als Vieh- 
futter, der Halm (das eigentliche Rohr) und die 
Rispe Verwendung finden. In den holzarmen 
Ländern werden nicht allein die Dächer mit Rohr 
gedeckt, die Decken und Wände der Zimmer 
damit bekleidet, Umzäunungen von Gärten und 
Gehöften gemacht, sondern es dient auch zur 
Herstellung der unentbehrlichsten Geräte, die im 
Norden ans Holz angefertigt werden, sowie schließ- 
lich als Brennmaterial. Wie noch hente in den 
Mittelmeeriindern fertigte man bereits im Alter- 



tum aus Rohr Körbe, Matten, Hüte, Decken, die 
dünnen Rohre dienten zu Leimruten und Fisch- 
reusen, zum Gitterwerk der Lauben und Spaliere, 
die starken zu Schreibrohren — noch heute heißt 
das Tintenfaß italienisch ealamaio — zu Pfeilen 
und Wurfspeeren. Das Rohr ist des Knaben 
Steckenpferd (Hör. sat II 3, 248), die Angel des 
Fischers, es liefert das Material zur Spindel der 
Bäuerin, zur Schalmei des Hirten, es dient zur 
10 Herstellung der kunstvollen Flöten. Auch die 
Blütenrispe kann nützlich werden ; gestoßen dient 
sie zum Dichtmachen der Fugen bei Schiffen, da 
sie besser klebt als Leim. Aus demselben Grunde 
ist sie ein Bindematerial im Kalk bei Tüncher- 
arbeiten. Ist sie wollig, weich und dicht, so 
ersetzt sie die Federfüllung in den Betten der 
Gasthäuser. Unterhalb der Rispe befindet sich 
bei einer italienischen Art ein Teil des Halmes, 
der die Eigenschaft des Senfes besitzt (Plin. n, h. 
20 XVI 156—170). Das Mark gewisser Arten ist 
süß und wohlschmeckend; so wird aus einem 
indischen Rohr der nur in der Medizin verwendete 
weiße, honigsüße Zucker gewonnen, Plin. XII 
32: Saceharon et Arabia fert, sed laudatms 
India. est autem mel in harundinibus colketum, 
cummium modo candidum, dentibus fragile, 
amplissimum nucis abellanw magnitudine, ad 
medicinae tantum usum. 

In der Heilkunde wurde die feinzerriebene 
30 Wurzel des gemeinen Rohrs mit Zwiebel ver- 
mischt als Umschlag zum Herausziehen von 
Splittern und Dornen aufgelegt, mit Essig als 
Linderungsmittel bei Verrenkungen und Hüft- 
schmerzen benutzt. Die zerstoßenen grünen 
Blätter heilen rosenartige Entzündungen. Der 
Blütenbüschel soll, falls er in die Ohren gelangt, 
Taubheit hervorrufen (Diosc. I 85). 

Daß Asien als die Heimat des Rohres anzu- 
sehen ist, zeigt die Abhängigkeit des griechischen 
4Qxävvr] (xdwa, lateinisch canna) von hebräisch 
qäneh, babylonisch -assyrisch qanü. Das Vor- 
kommen von Wörtern wie xdveov, xdveiov der 
Brotkorb, xaveov Handhabe des Schildes, auch 
Spule, beweist, daß mindestens die aus Rohr ge- 
fertigten Gegenstände den Griechen bereits in 
vorhomerischer Zeit bekannt waren (Schrader 
Reallexikon 694). Das griechische xdwa ist später 
in die lateinische Sprache übergegangen; auf- 
fallen derweise bezeichnet aber das lateinische 
hOeanna nicht mehr .Arundo donas, sondern das 
schwache dünne Rohr Phragmites communis. 
Zuerst findet sich canna bei Vitruv VTI 3, 11, 
der Anweisung gibt, die Wände, welche mit 
Stuck verziert werden sollen, erst vorher mit 
einer doppelten Rohrschicht zu benageln, um ein 
Abbröckeln und ein Zerklüften des Verputzes zu 
verhindern. Daß canna hier nicht identisch mit 
arundo ist, gebt daraus hervor, daß Varro im 
Anfang des Kapitels wiederholt arundo Graeea 
60 erwähnt und in Ge gen satz zu dem dünnern Rohr 
bringt. Ovid (met. VTO 337) unterscheidet aus- 
drücklich die kleine canna von der langen arundo, 
und Columella (IV 32) sagt, daß in dem ver- 
nachlässigten Arundinetum arundo dün n und der 
canna ähnlich werde. Weiterhin (VTI 9, 7) be- 
merkt er, daß das Volk die entartete arundo mit 
canna bezeichne. Diese Tulg&re Bezeichnung ist 
dann in der spateren Zeit die für Rohr allgemein 



1708 



Gramineen 



Gramineen 



1704 



gebräuchliche geworden (PalL I IS). Vgl. Hehn 
Kultarpflanzen? 806. 

Theophrast (IV 11) teilt die Rohre in zwei 
Hanptklassen ein: xäXapog avX*jTix6g = Flöten- 
rohr und xdXafiog ezeqos = das allgemeine Rohr. 
Dieses letztere wird je nach Stärke, Schwäche 
oder Standort wieder in mehrere Unterabteilungen 
geschieden. Das im Wasser seihst wachsende 
Rohr steht an Güte im allgemeinen dem auf 
trockenerem Boden stehenden nach. Plinius (XVI 10 
156—170) unterscheidet die Rohre sowohl der 
Qualität als der Herkunft nach; er spricht von 
asiatischem, indischem, ägyptischem, griechischem, 
kretischem, kyprischem und italienischem Rohr. 
Das letztere wurde vorzugsweise in den Wein- 
hergen zu Rebpfählen benutzt. Besonders aus- 
führlich verbreitet sich Plinius über die an den 
Ufern des Sees Kopais wachsenden Rohre, unter 
denen er wie Theophrast das Flötenrohr von den 
zu anderen Zwecken benutzten dicken und 20 
schwachen Rohren unterscheidet. 

a) KdXaftog xaganiae (Theophr. h. pl. IV 11), 
charaem (Plin. XVI 168) = Arundo phragmites L. 
Dieses , zum Zaune taugliche* starke Pfahlrohr wurde 
zu Rebstöcken und Umzäunungen verwandt. Es 
wächst überall an feuchten Wiesen, an und in 
stehenden Gewässern und Mooren in großer Menge. 
Nach Theophrast (IV 11) gedieh dieses starke 
Rohr vorzüglich auf den torfartig gebildeten 
Inselchen, den sog. x(bfiv§sg, des orchomenischen 30 
Sees. Die Halme werden über 2 m hoch, sie 
bilden in jungem Zustande wegen des im Rohre 
enthaltenen Zuckergehaltes ein ausgezeichnetes 
Viehfutter. Die Rispe ist groß und weichhaarig 
(Leunis Syn.3 II 739). 

b) Kdlapog nXoxi/uog (Theophr.TV 11), ploeimos 
(Plin. XVI 168), schwächeres Rohr, Schilfrohr, 
welches auf den siXoddeg des Sees von örchomenos 
(entstehende und vergehende Inseln) wuchs. Diese 
Art wurde vorzugsweise zum Flechten von allerlei 40 
Gerät, von Matten, Körben u. dgl. verwendet. 

c) KdXa/tog d6vag~ = Arundo donax L., auch kypri- 
sches Rohr genannt, ein großes, starkes, strauch- 
artiges Rohr, welches fest und hohl ist und nur 
im Wasser wächst (Diosc. I 85. Plin, XVI 65). 
Arundo donax, das noch heute in Griechenland 
überall verbreitet ist, läßt sich leicht verpflanzen 
(Fr aas Synops.). 

d) KdXapog vaarög (massives Rohr) Diosc. I 85, 
auch ro^ixog und xperixog, das Pfeilrohr. Es 50 
hat wenig Knoten und ist unter allen Rohren das 
fleischigste, sehr biegsam, so daß es sich, wenn 
man es erwärmt, nach Gefallen leicht biegen 
läßt (Theophr. IV 11). Besonders gute Arten 
des Pfeilrohrs fanden sich auf Kreta und in 
Italien am Flusse Rhenus. Das dichte Mark des 
Rohres bewirkte, daß der aus ihm gefertigte 
Pfeil auch bei starker Luftbewegung sein Gleich- 
gewicht behielt. Die Orientalen versahen die 
Pfeile mit Widerhaken, die ein Herausziehen des 60 
Geschosses aus der Wunde unmöglich machten, 
und befiederten das Ende des Pfeiles, um dessen 
Geschwindigkeit zu erhöhen. Da fast alle Völker 
des Orients ihre Kriege mit Pfeilen fuhren, so 
kann man, meint Plinius (XVI 159), sagen, daß 
«m großer Teil der Menschen auf der Erde durch 
das Rohr überwunden wird. 

«) KdXapog noixiXog (JUwwrwrfff), Theophr. IV 



11, das bunte lakonische Rohr — Phalaris axun- 
dinacea L., wächst an stehendem Wasser, hat 
besonders am unteren Teile dichtere Blätter, die- 
sich im Herbst gelb und rot färben (Plin. XVI 166). 

f )' $>X&<og {<pXsd)g, q>Xotög, qpXolog Theophr. IV 
11, Diosc. I 85) = Saccharum cylindricum Lam. r 
ein auf dem Lande und im Wasser gedeihendes 
Rohr mit eßbarer Wurzel. Außer den Halmen 
fand auch die Rispe Verwendung. Nach Herodot 
(HI 98) flochten die Inder aus diesem Schilf 
Kleider nach Art der Körbe. Die Blutenrispe- 
diente als Wedel beim Tünchen der Wände 
(Theophr. IV 11). Fraas deutet die Stelle 
dahin, daß die Rispe dem Kalke als Bindemittel 
beim Verputzen zugemischt wurde. 

g) KdXapog mXeziag (Theophr. IV 11), slksoiag- 
(Hesych. I 1106), eletia {iletia, ekgia) Plin. XVI 
167 = Arundo epigeios L., ein in Süditalien 
vorkommendes Rohr, welches vornehmlich auf 
trockenem Boden wächst und keine hochstehenden,, 
sondern am Boden kriechende Halme treibt. 
Wegen seiner Zartheit wird dieses Schilf von den 
Tieren genossen (Plin. XVI 167). 

h) Käkapog Ivdixr}, arundo Indica = Bambusa 
amndinacea L., indisches Rohr, Bambusrohr, das 
größte aller Rohre, welches eine Höhe von 30 m 
erreichen kann (Leunis Synops.). Auch bei diesem 
Rohre werden männliche und weibliche Pflanzen 
unterschieden. Es wächst in großen Mengen am 
Akesines. Aus einem Wurzelstocke entspringen 
zahlreiche, starke, holzige Halme. Werden sie 
abgeschnitten oder abgebrannt, so schlägt die 
Wurzel doppelt kräftig aus. Die dicken Wurzeln 
sind nur mit größter Mühe auszurotten. Die 
Blätter sind verhältnismäßig klein und schmal 
wie Weidenblätter. Kleinere Rohre wurden, mit 
Eisen beschlagen, als Wurfspieße benutzt (Theophr. 
IV 13. Plin. XVI 162). 

i) Kdlafiog avgiyytag = Arundo fistularis L. 
Die Angaben des Dioscorides und des Plinius 
über dieses Rohr weichen erheblich voneinander 
ab. Diosc. I 85: avQQiyylag aaxvoaQxog, tcvkvo- 
yovazog, dg ßtßltoyQayiav ijttTtjSEiog , dagegen 
Plin. XVI 164: calamus vero alius totus eon- 
eavus, quem vocant syringian, utilissimus fistu- 
lis, quoniam nihil est ei eartilaginis ( = Knorpel,, 
bei Pflanzen ,Mark') atque carnis. Selbst wenn 
man jtayyoagxog durch starkholzig und nicht mit 
Berendes (S. 104) durch ,markig ( übersetzen 
würde, wäre doch der Widerspruch zwischen 
beiden Stellen nicht gehoben, indem Dioscorides 
ein Rohr mit vielen Knoten, Plinius ein solches 
mit wenigen beschreibt. 

k) KdXafto; avXrjTixög (Theophr. IV 11), 
tihialis calamus, aukticon (Plin. XVI 169) 
= Flötenrohr, Saccharum Ravennae L. (Erianthus 
Rieh.). Die ausführliche Schilderung des Stand- 
ortes des Flötenrohres bei Theophrast (IV 11) 
läßt darauf schließen, daß es sich um eine ganz 
bestimmte, von den übrigen Rohren sich aus- 
zeichnende Art handelt, wenn auch gewiß Pfeifen 
und Flöten aus allerlei hohlen Rohren (wie Arundo- 
donax) geschnitten wurden. Unterscheiden doch die 
Schriftsteller zwischen der Pfeife oder Flöte des 
Hirten {avgty^ , fistida) und der Flöte als Musik- 
instrument. Das Flötenrohr verlangt tiefen ^ 
fruchtbaren, schlammigen Boden, die Beschaffen- 
heit des den Sumpf nährenden Wassers ist von 



m i miiiiiipou 



■eingreifender Bedeutung für die Güte des Rohres. 
Es findet sich hauptsächlich am orchomenischen 
See, und zwar am nördlichen Ufer in der zwischen 
■dem Kephissos und dem Melas liegenden, von 
zahlreichen Lachen durchsetzten Gegend ITsXs- 
xavla, ferner am Flüßchen JlQoßoria, das aus 
Asßaöta kommt, und in besonderer Vortrefflich- 
keit bei 'Ot-eTa Kafinr}, an der Mündung des 
Kephissos. An der Mündung des Melas gedeihe 



Melankranis für sich allein steht, wächst der 
scharfe, unfruchtbare axotvog und der 6X6o%otv9g 
aus demselben Stocke (Plinius: Rasen). Die 
männliche Art, welche die schwächsten Halme 
hat, pflanzt sich durch Ableger fort, fieXayxQavlg 
mit dickeren Halmen vermehrt sich durch Samen. 
Am kräftigsten und durch fleischige Beschaffenheit 
ausgezeichnet ist der Skoaxotvog, jedoch sind die 
fruchtbaren Halme niedriger als die unfrucht- 



dagegen das Rohr nicht. Daß das Rohr nicht 10 baren. . Bei den fruchttragenden schwillt vor der 
Q niaT,viiVh „wi.Tr.iißi,* „„* m,^»,* ortT ,^™ „„» Bi üte <j er songt ^ünne Halm keulenförmig an, 

aus dem Hauptstiele treten ährenförmige Neben- 
stiele, an deren Spitzen etwas schief die rund- 
lichen Früchte hängen. In jeder Frucht liegt 
ein kleiner, schwarzer, pfeilspitzenförmiger Same. 
Die Wurzel ist nicht unähnlich der Gartenzwiebel. 



.alljährlich gleichmäßig gut gedeiht, sondern nur 
alle neun Jahre einen besonderen Grad von Güte 
■erreicht, soll von den periodischen Anschwellungen 
■des Sees abhängen. Das Wachstum und die 
Stärke des Rohrs steht in Beziehung zur Höhe 
des Wasserstandes. Günstig ist, wenn der aus- 
getretene See etwa zwei Jahre stehen bleibt 
(Theophr. IV 11). Auch beim Flötenrohre wurde 
zwischen stärkerem und dünnerem Rohre unter- 



Sie hat die Eigentümlichkeit, daß sie jedes Jahr 
abstirbt und sich aus dem oberen Teile neu 
ersetzt (Theophr. IV 12. Plin. XXI 112f.). Man 

rfcflH-TAM^-fi CTTrtVk .J/-L?* *■ r*-.-.-» A ■»-ß.-iui*^ 



schieden. Die beste und stärkste Art, welche 20 bediente sich des axotvog zur Anfertigung von 

zu Doppelilöten genommen wurde, hieß frvyhyg, -n— *-* *-- -m.., , - •■ ...-. -n- * 

das schwächere, das sog. Seidenrohr ßofißvxia, 
mit langen Gliedern, wurde zu den Bombyciae 
iß6fißv£ Poll. oiiom. IV 70. 82J, den längen Flöten, 
die bei der Darbringung von Opfern Verwendung 
fanden, gebraucht. Wenn die Rispe des Flöten- 
rohres verkümmerte, so hieß es xdXa^og svvov- 
Xiag\ da alle Kraft in den Halm gegangen war, 
hielt man dieses Rohr vorzugsweise für Doppel- 



allerlei feinem Flechtwerk, wie Körben, Netzen, 
Fischreusen {ad nassas marinas Plin. XXI 114) 
und Schleudern (Strab. III 5, 1). 

Äußerlich nicht von den anderen Arten unter- 
schieden, aber erkennbar durch einen rosenartigen 
Wohlgeruch war jene Art des axotvog, welche in 
besonderer Güte in Nord-Palästina und im Lande 
der Nabatäer, einem Teile Arabiens, wuchs. 
Zwischen dem Libanon und einem kleineren Ge- 



flöten geeignet. In alter Zeit, als man noch30birge, den trachonischen Hügeln und den Bergen 



kunstloser blies, wurde das Rohr im Monat Boe- 
dromion, beim Aufgang des Arkturus, als genügend 
stark geschnitten. Das Rohr mußte mehrere Jahre 
lang liegen, ehe es verarbeitet werden konnte, 
und die neuen Flöten wurden erst durch längere 
Übung brauchbar (Theophr. IV 11. Plin. XVI 
170). Seit der Zeit des Thebaners Antigenidas, 
eines Zeitgenossen des Epameinondas, wurde das 
Flötenrohr in den Monaten Skirrophorion und 



von Ituräa und Peräa, wuchs der wohlriechende 
axotvog in einem beim See Tiberias gelegenen 
trockenen Sumpfe. Der Duft war so stark, daß 
die ganze Gegend davon erfüllt war (Theophr. 
VII 1). Das Land der Nabatäer, eines Volks- 
stammes, der im Besitze des gesamten Zwischen- 
handels mit asiatischen Waren war, lag südöst- 
lich von Palästina (Sprengel zu Theophr.). 
Diese Art wird von Dioscorides (I 17) und Plinius 



Hekatombaion kurz vor oder während der Sommer- 40 (XXI 120) als die beste bezeichnet, es folgt die 
Sonnenwende crpsMiTn'+.*Mi und im Hrit+p« TfiTir fii,. aus (j em (ihrigen Arabien stammende, die auch 



Sonnenwende geschnitten und im dritten Jahr für 
brauchbar erachtet (Theophr. IV 11. Plin. XVII 
170). Nach Plinius (XVI 170) herrschte früher 
■die Ansicht, daß nur Flöten, die aus demselben 
Rohre geschnitten waren, zusammenstimmten, 
sowie daß dasjenige Stück, welches der Wurzel 
zunächst entnommen war, für die linke Flöte (tibia 
laeva), das unterhalb der Spitze geschnittene für 
die rechte Flöte {tibia dextra) das geeignetste 



babylonische, wohl von dem Hauptstapelplatze 
Babylon, hieß, zuletzt die afrikanische. Dabei 
wird von Dioscorides die babylonische, von Plinius 
die nabatäische als xevx^V^ (teuöhitis) bezeichnet 
— der Name tsvxlrrji von tsvxog — Gefäß erklärt 
sich nach Berendes 43 daher, daß die gute Ware 
in Gefäße verpackt zum Versand kam. Von der 
Pflanze wurde Blüte, Halm und Wurzel gebraucht. 



sei. Saccharum Ravennae L. ist noch heute häufig 50 Die echte Art ist rötlich, vielblütig, beim Spalten 

in Lehadia und Helos im Peloponnes, sowie im c -- 1 - : J — - n --- 1 -- jL — - ■ ■ • •' ■> 

Norden Euboeas. Es läßt sich nicht gut ver- 
pflanzen. Die Rohre sind kaum halb so dick wie 
■die \on A. donax und A. Phragmites (Fraas 
Syn. 300). 

2. Ex oTvog, iuneus odoratus, Bartgras, Andro- 
pogon schoenanthus L. Theophrast (IV 12) 
spricht von drei Arten des axotvog. Er unter- 
scheidet den scharfen und unfruchtbaren axotvog 



purpurfarbig und weiß, sie hat, wenn sie mit der 
Hand gerieben wird, einen rosenartigen Wohl- 
geruch und brennt auf der Zunge, wie Feuer. Der 
aus der Blüte gewonnene Trank ist heilsam gegen 
Blutsturz-, Magen-, Lungen-, Leber-, Blasen- und 
Nierenleiden, er wird auch den Gegengiften bei- 
gemischt. Die mit einem Zusatz von Pfeffer 
zerriebene Wurzel wurde bei Wassersucht und 
Krämpfen, sowie bei Magenbeschwerden einge- 



vgvg xai äxagxog (Iuneus maritimus L.), den 60 geben, die Abkochung der Wurzel als Sitzbad 



fruchtbaren, nach dem schwarzen Samen benannten 
fieXayxQavig (Schoenus nigrigans L.), den 6X6- 
vyotvog (Scirpus holoschoenus L.). Besonders wert- 
voll erschien den Alten eine wohlriechende oyoivog- 
Art, die sich vornehmlich in Palästina und Ara- 
bien fand (Theophr. IX 7). Der Schilderung 
des Theophrast der drei ersten Arten schließt 
sich Plinius (XXI 112) fast wörtlich an. Während 



bei Unterleibsleiden der Frauen verordnet (Diosc. 
I 17. Plin. XXI 120). In Italien wurde schon 
zu Catos Zeit der stark aromatische Schoenus als 
würzender Zusatz zum Weine verwandt (Cato 
105. 113), ein Gehrauch, der sich jedenfalls noch 
bei Colamella (Xu 28), wahrscheinlich aber auch 
noch später erhalten bat. Andropogon schoenan- 
thus L. (Bartgras) ist eine in Ostindien und. 



Arabien einheimische Grasart; die Pflanze hat 
kurze, gegliederte Wurzelstöcke, lange, schmale 
Blätter, zahlreiche, etwa 69 — 70 cm hohe 
ästige Halme, welche eine verlängerte, behaarte 
Blütenrispe mit eiförmig länglichen Ährehen tragen. 
Es dient seines stark aromatischen Geruches wegen 
zum Würzen der Speisen und ist in weiten Länder- 
strecken das Hauptfutter der Kamele, Pferde, 

Binder, Esel, Schafe und Ziegen. Bei den Schrift- vl „„„ volsli „„„^„u, ^ c Jure na^anien 

stellern des spätexen Mittelalters heißt das Bart- 10 besonders im Wasser bewährten (Plin. XIX 28 



auf einem Haufen Hegen, dann wurde es wieder 
gelöst, auseinander gestreut, an der Sonne ge- 
trocknet, wiederum gebunden und unter Dach« 
gebracht. Hierauf wurde das Spartgraa in 
Seewasser eingeweicht, in Ermangelung desselben 
auch in Süßwasser, an der Sonne getrocknet, 
wiederum benetzt und alsdann gebrochen. Auf 
diese Art vorbereitet war es das Material zu den 
dauerhaftesten Stricken, die ihre Haltbarkeit 



gras scho&nanthtis , squinanthus und Kamelheu 
(Sigismund Die Aromata 34). 

Zu den ährentragenden Pflanzen gehören weiter 
nach Theophrast (VII 11) und Plinhis (XXI 101) 
xvvoiip, eynops, &QvaXXig 7 tkryalUs und alopecuros, 
AXwjiehovqos, Fuchsschwanz, ist eine Grasart mit 
weicher, dichtbehaarter Ihre, die einem Fuchs- 
schwänze ähnelt, nach Sprengel identisch mit 
Saccharum cylindricum Lam., nach Fraas mit 



29). Neuere Botaniker wie Beckmann, Lsnz 
u. a. halten Stipa tenacissima L, für das echte 
Spartum andozog der Alten. Varro bei Gellius 
(VII 3) und Plinhis (XIX 26) bemerken aber 
ausdrücklich, daß der Gebrauch des Spartum zu 
Schiffstauen erst nach den Punischen Kriegen 
bekannt geworden sei. Über ondQzov s. den Art. 
Genista. Aus dem auf den Gebirgen Spaniens 
in großer Menge wachsenden Spartgras wird eine 



roiypogon monsp eben sis Desf. , nach Anguülara 20 Faser gewonnen, die unter dem Namen Esparto- 



(bei Sprengel) mit Lagurus ovatus L., sonst 
auch Lagurus cylindricus L. Kvvanp, auch ßov- 
TZQrjöTig, kynops, achynops umfaßt mehrere Arten 
(Theophr. VII 7, 3. VII 11, 2. Plin. XXI 101). 

3. &aXq Qi$(<paXf}QÖv, <f>aXr}Qtov)~D\ö&c. III 142, 
phalaris Plin. XXVII 126 = Glanzgras, Phalaris 
nodosa L.; nach Sprengel Phalaris canariensis. 
Aus zarten, unbrauchbaren Wurzeln wachsen zahl- 
reiche knotige, rohrähnliche Stengelchen, die 
dem Halme des Dinkels ähnlich sehen. Der 30 
weiße, längliche, sesamähnliche Samen hat die 
Größe der Hirse. Zerstoßen und mit Wasser 
und Wein zu Saft bereitet, oder mit Honig, Milch, 
Wein und Essig vermischt, hat <paXr}Qtg günstige 
Wirkungen bei Blasenleiden (Diosc. LU 142. 
Plin. XXVII 126). Die Pflanze ist im Peloponnes, 
in Attika und Modon in allen feuchten Niede- 
rungen häufig (Fraas Syn. 302). 

4. S partum , sparton (Plin. XIX 25-32. Strab. 



faser, Haifa oder Alfa zu Matten, Körben, Schuhen, 
Decken, Stricken und Tauen verarbeitet wird. 
Nach Deutschland wird Spartgras zur Füllung 
von Matratzen und Polstermöbeln, nach England 
zur Papierfabrikation in ganzen Schiffsladungen 
ausgeführt (Leunis Syn.3 II 829). Literatur. 
Fraas Synopsis plantarum florae classicae 1870. 
Leunis Synopsis» II. Helm Kulturpflanzen und 
Haustiere? 1902. [Orth.] 

rgappa, griechischer Name eines kleinen Ge- 
wichtes, womit die Ärzte der Kaiserzeit das römi- 
sche scripulum bezeichneten. Nach der römischen 
Duodezimalrechnung (o. Suppl.-Bd. I S. 150f.) 
war das s&ripulum und ebenso das y. = ,^ Pfund 
= ^5 Unze = 1,137 g. Carmen de ponderibus 9. 
Gewichtstafeln der Ärzte an den im Indes zu 
den Metrologici scriptores unter y. verzeichneten 
Stellen. Hultsch Metrologie 2 134. 145, 3. 706. 
Der Solidus Constantins erscheint, weil er 4 Scrupel 



III 160], Spartgras, Espartogras, Stipa tena- 40 hielt , in einer Papyrusurkunde 'aus dem J. 359 

PlflRTmfl. Tj HÜth» Pfriemen rrracar4 rtia riijili+ n^nt „In ~ . Ttr:i-i tt_ .. imr mi 



cissima L. Eine Pfriemengrasart, die nicht gesät 
werden kann, sondern wild in Spanien und Afrika 
wächst. Sie wurde nach den Punischen Kriegen 
außerhalb Spaniens bekannt. Spartgras, das auf 
trockenem Lande gut fortkommt, den Boden aber 
so schädigt, daß nichts anderes dort gedeiht, 
wuchs vornehmlich an der von den Pyrenäen 
längs der Küste des Mittelmeers nach' Süden 
führenden Straße auf einem spartophoron ge- 



„_™„„ „„ _ — ^ „^„, —.£»«" v,,, sw - .iuig ucx muieiuci vdiituuu&ujiiuig so wenig aui- 

nannten, 30 Millien langen Felde, auf Bergen in 50 Schlüsse, daß hier, abgesehen von einer etwas ein- 



als TSTQayQa.ftfia.Tos. Wilcken Herrn. XLX 424. 

[Hultsch.] 
rgattfiaztZg, Schreiber, Sekretäre, Protokoll- 
führer, lassen sich fast in allen griechischen Staaten, 
zum Teil bis in die späte Kaiserzeit, nachweisen. 
Das inschriftliche Material liegt in solch er- 
drückender Fülle vor und gibt dabei über Be- 
stellung, Funktionen und staatsrechtliche Stel- 
lung der Schreiber verhältnismäßig so wenig Auf- 



dem Gebiete von Nova Carthago und in kleinerer, 
schlechterer Art in Afrika (Strab. 360. Plin. XIX 
26—30). Der Genuß des Grases ist dem Vieh 
schädlich, trotzdessen ist sein Nutzen sehr groß. 
Die Landleute in Spanien verwendeten Spart- 
gras zur Herstellung ihrer derben Kleidung 
und Schuhe, zum Füllen der Betten, zu Lampen- 
dochten und vielen anderen Dingen. Vornehm- 
lich aber wurden die zähen Fasern dieses Grases 
zu Stricken verarbeitet, die ihrer großen Haltbar- 60 
keit wegen als Schifistaue in allen Ländern hoch 
geschätzt waren. Auch bei der Herstellung von 
Baugerüsten wurden sie vielfach verwendet (Plin. 
XIX 29). Das Ausreißen des starken Spart- 
grases geschah von Mai bis Juni, die Arbeiter 
schützten dabei die Hände mit Handschuhen, die 
Füße mit Stiefeln (Plin. XLX 27). Ausgerauft 
ließ man es in Bündel gebunden jwei Tage lang 



gehenderen Behandlung der athenischen Schreiber, 
nur eine willkürliche Auswahl typischer oder be- 
sonderer Fälle geboten werden kann. 

Zur Terminologie*). Gewöhnliche Benen- 
nung yQa.fifia.TEvg oder verbal ausgedrückt durch 
yQafifiaztvetv. Hierfür besonders in böotischen 

*) Inhaltsübersicht. 
I. Athen. 

A. Die Katsschreiber. 1. 6 y. 6 xaza n^vza- 
veiav. 2. 6 y. 6 zv\g ßovXijg. 3. y. 6 iyii 
zovg vöfiovg oder 6 esti zovg vdfiovg. 4. dva- 
yQa<pEvg. 5. y. zijg ßovXfjg xal zov Sr/ftov ; 
y. zov dqftov* 6. y. zqi dyfttp. 7. ävaygatpEvg. 
8. ävTiyeatpevg. 9. 6 hfl za ynjylouaza. 
10. Römische Zeit. 11. Funktionen der y. 

B. Die übrigen athenischen Schreiber 1 — 17 
in alphabetischer Ordnung. 



und delphischen Inschriften yQafipariteiv , bezw. 
ygaftfiattöSeiv, das in der Literatursprache stets 
die Bedeutung yQdftftaza öiödomiv hat (Meister 
zu Herodas III 24). Daher heißt der Schreiber 
ygaftfiaztordg in böotischen, epeirotischen, achäi- 
schen und delphischen Inschriften (s. Collitz 
Dial.-Inschr. IV Wortregister), wie zum Teil auch 
in der Literatur j vgl Herodot. III 123 (Samos). 
128 (o ygafifiaztoiqs b ßaad^Xog). VLI 100 (yQaft- 
ftaitoTal des Xerses) u. ö. ; vgl. Debrunner 
Iuvenes dum sumus, Aufsätze des Basler philol. 
Seminars (1907) 85. Von zwei epeirotischen Ur- 
kunden desselben Jahres, datiert nach dem König 
Alexandras, dem jtQooxätag der Molosser und dem 
Schreiber, doch wohl des Ttgoardrag (Gilbert 
Handb. LT 3), hat die eine, Collitz 1334, yQa.fi- 
fiartorä Se M£ve6dfxov v Ofi<paXog, die andere, Col- 
litz 1335, yQa.fi]fmzEo[s S]s Meveödfiov ["Ofi- 
<paXog] , während andere epeirotische Urkunden 
ygaftjuatevovTog de ovrsÖQOtg (sc. MoXoaa&v xai 
GVftfidioig xrjiv MoXogoSv) haben, wahrscheinlich 
Collitz 1337, sicher 1339, 3. In Achaia ist der 
ygafifiatioTag im allgemeinen geschieden vom ygapi- 
(lazevtov t zoi$ 'AxatoTg, dem Schreiber des Achaei- 
schen Bundes, so in einem Dekret aus Dyme über 
Eintragung von Neubürgern beim ßovXaQxo?, dem 
Tigooidzag öafiooiocpvXäxfüv und dem ygaftfiart- 
czag (Collitz 1614 = Dittenberger Syll.2 
468, 27), der mit vollem Titel ygafifiauotag 
daftoaiotpvXdxcQv heißt (C ollitz 1612 a 4). Eben- 
falls nur ygafifiaziozdg steht im Todesurteil gegen 
Tempelräuber und Falschmünzer (Collitz 1613, 
2 = Dittenberger Syll.2 513); doch findet 
sich in Dyme für den gleichen Schreiber auch 
y. (Collitz 1615, 4). Die Tempelbaurech- 
nungen von Delphi (Collitz 2502 = Ditten- 
berger Syll. 2 140) unterscheiden vom yQafifia- 
rtvcov rat ßovXäi (Z. 133) den ygafiftaziordg der 
Kommission der 29 vaonotot, dessen Jahreslohn 
Z. 49 und 89 gebucht ist. Die arkadische 
Dialektform ist ygatptjg (Sing. = yga^Evg) in zwei 
Inschriften aus Tegea, Collitz 1230 und 1236, 
die elische o yQo<p£vg in einer Inschrift von 
Olympia 2 Z. 9 (= IGA 112 = Collitz 1152 
~ Michel Recueil 195). Dieselbe Form ist 
auch argivisch nach Collitz 3316 und dem 
Kimolos zuzuweisenden Urteil des öäftog t<5v 'Ag- 
ydoiv IG XIII 3, 3277 (= Collitz 3277 = Dit- 

II. Die ygafifiazetg der übrigen griechischen Ge- 
meinwesen. 

A. Sachlicher Teil. 1. Der Gerichtsschreiber. 
2. Schreiber von Vereinen. 3. Der Ge- 
meindeschreiber der römischen Kaiserzeit. 
4. Der Bundesschreiber des Lykischen Bun- 
des {y. Avxioiv xov xotvov). 

B. Geographischer Teil. 1. Das festländische 
Hellas: a) Sparta, b) Messene. c) Olym- 
pia, d) Achaia und der Achaeische Bund, 
e) Boiotia. f ) Delphoi und die delphische 
Amphiktyonie. g) Der Aitolische Bund. 
2. Inseln: a) Delos. b) Tenos. c) Amor- 
gos. d) Aßtypalaia. e) Samos. f) Rho- 
dos. 3. Kleinasien: a) Ephesos. b) Teos 
und Notion. c) Magnesia am Maiandros. 
d) Pergamon. e) Priene. f) Pontes und 
Bithynien. g) Der Schreiber des klein- 
asiatischen Landtages. 4. Ägypten. 



tenberger Syll.« 428 = Michel Recueil 14) 
Z. 17 : Uooiddoov yQtxpsvs ßtoXäg (bald nach 338 
v. Chr. nach Dittenberger), Im Psephisma, 
von Sikyon Inschr. v. Magnesia 41 Z. 17 zov 
yQ<xp?i zag ßeoXfäg] ; vgl. auch yQo<p£voavta CIG 
1125, 8. Das Amt des Schreibers heißt yQafi- 
fiazEla, gebildet wie jiQvtaveia, hzifieX^XEta, 8sxa~ 
jtgcozsia u. ä. ohne Rücksicht auf die Stamm- 
bildung. Das Wort findet sich erst in hellenisti- 

10 scher Zeit. Älteste mir bekannte Beispiele Inschr. 
von Priene 4, 22 (nach 332/1 v. Chr.), eine In- 
schrift aus Kypros aus der Zeit Ptolemaios VIII. 
Euergetes (146—116 v. Chr.) bei Le Bas III 
2781 (= Dittenberger OGIS 155) (6) Lü zfjg 
xaza ztjv vrjGov ygafifiaiztag zäv sisCixcov xai 
ijijztxcov dvväftEcov (s. u. unter Ägypten) und der 
Beschluß einer äolischen Stadt ebenfalls aus dem 
2. Jhdt, Inschr. v. Priene 60, 13. Häufiger ist 
es in der Kaiserzeit : vgl. Inschr. aus Delphi bei 

20 E. Bourguet De rebus Delphicis imperatoriae 
aetatis (Montpellier 1905) p. 14 Z. 4ff., Inschr. 
aus Idebessos in Lvkien IGE 649 ; vgl. auch Österr. 
Jahresh. V 206. * 

I. Athen. 
A. Die Ratsschreiber. Die schwierige 
Frage der Rats- bezw. Staatsschreiber ist seit 
Boeckh Staatshaush. d. Ath. I (1817) 199ff. 
(=13 226ff.) und Epigraphisch-chronologische 
Studien, Jahrb. f. Philol. Suppl. Bd. II (1856) 

30 32—44, 85ff. sehr oft behandelt worden. Außer 
den Handbüchern Busolt Gr. Staats- u, Rechts- 
alt. 2 254. Gilbert Handb. 12 298. Fränkel 
zu Boeckhs Staatshaush. 13 *53. Hermann- 
Thumser 16 2, 497. Schömann-Lipsius 
Griech. Altert. I 4 403 ist die wichtigste neuere 
Spezialliteratur in chronologischer Folge Hille De 
scribis Atheniensium publicis, Leipziger Stud. I 
(1878) 205. Schaef er De scribis senatus populique 
Atheniensium, Diss. GTeifswald 1878. Gilbert Der 

40 athenische Ratsschreiber, Philol. XXXIX (1880)131. 
v. St oj entin Die yQaftftazEig und der ävziyQa<pevg 
des Rates bei Pollux und Harpokration, Jahrb. f. 
Philol. CXXI (1880) 178. Kornitzer De scribis 
publicis Atheniensium, Progr. Wien-Herna]s 1883. 
Caillemer Art. ygafifiazslg in Daremberg- 
Saglio Dict. DZ 2, 1646. Penndorf De scribis 
rei publicae Atheniensium, Leipz. Stud. XVIII 
(1897) 101. Drerup Über den Staatsschreiber 
von Athen, Philol.-histor. Beiträge f. Wachsmuth 

50 (1897) 137. Ferguson The Athenian Secretaries, 
Cornell Studies in Class. Philology VII (1898) ; 
vgl. auch Oehler "0. Bd. III S. 1026ff. (nach 
Gilberts Handb.). Für die epigraphischen 
und staatsrechtlichen Fragen Hartel Studien 
über att. Staatsrecht und Urkundenwesen (1878) 
29. 37. 119. Swoboda Die griechischen Volks - 
beschlösse (1890), bes. 206ff. Larfeld Handb. 
d. griech. Epigraphik II (1902) 640ff. bes. 699ff., 
kurz Roberts u. Gardner Introduction to Greek 

60Epigraphy II (1905) 89, am eingehendsten A. 
Mommsen Philol. LXI (1902) 218. LXLT (1903) 
348. LXIV (1905) 506. Die Geschichte der Frage 
ist skizziert von Hille 206f. 247f. und Penn- 
dorf 103ff. 

Für das letzte Drittel des 4. Jhdts. ist die 
Frage nach den Schreibern des Rates in klarer 
Weise beantwortet durch Aristoteles in seiner 
zwischen 329—325 v. Chr. publizierten M0. xoX. 



54, 3 — 5, dessen unzweideutige, wenn auch nicht 
erschöpfende Angaben man mit Unrecht in Zweifel 
ziehen wollte; denn sie sind durch gleichzeitige 
Inschriften bestätigt. Barnach existierte zu seiner 
Zeit 

1. f O yQaft^axsvg 6 xaxa JZQVxavsiav, der 
zur Zeit des Aristoteles vom Volke durchs Los 
bestellt wurde, während der Ratsschreiber früher 
vom Kate gewählt wurde (vgl. v. Wilamowitz 
Aristoteles u. Athen I 228), Arist. 54, 3 xlrjQovoi 10 
de xal jQafi^arm zov xaxa. jzQvravsi'av xaXov- 
fisvov, 6g zcCr yQafXßdxa>v satt xvQiog xal xd y)q- 
(piofiaza ipvXdzxsi xai xäXXa szdvxa dvztygd<pExat 
xal jmQaxddtjtai xfj ßovXfi. Es ist zweifellos, 
daß der in den Präskripten der attischen Volks - 
beschlösse durch iyQaftfidxEVE schlechtweg als y. 
bezeichnete Schreiber kein anderer ist als 6 y. 
6 xaxa xQVTavdav. Das hatte bereits Hille 
208ff, richtig erkannt, hat v. Wilamowitz a. 
a. 0. auf Grund der *A&. xoL ohne weiteres fest- 20 
gestellt und gegenüber neueren Zweifeln noch- 
mals betont Lipsius zu Schömann Gr. Alt. 
I 4 403, 6. Für die Zeit des Aristoteles läßt sich 
die Gleichsetzung auch direkt beweisen für KXso- 
ojQazog Ttßoa&evovg Aiydisvg , der in den Prä- 
skripten von Volksbeschlüssen des J. 343/2, IG 
II Suppl. 114 b und 114 c lediglich als y. be- 
zeichnet ist, dagegen H 114 C 1 vom gleichen 
Jahre als y. xaxa izQvzavEtav und 114 A 14f. zov 
ygaftfiazia xor xaza TtQvxavsCav zugleich das älteste, 30 
sichere Beispiel dafür, daß er den Auftrag erhält, 
den Beschluß aufschreiben und in Stein hauen zu 
lassen. Einige Jahre älter ist II 108 b; aber 
dort ist die Ergänzung nicht völlig gesichert. 

Der y. xaxa Ttqvxavdav ist, wie sein Name 
sagt, ursprünglich für die Ratsherren je einer 
Phjle während der Zeit ihrer Prytanie gewählt, 
und zwar aus den übrigen Mitgliedern des Rates, 
die nicht die Prytanie führten , und so blieb 
es noch während der ersten drei Jahrzehnte des 40 
4. Jhdts. Er führt in den Ratssitzungen und den 
Volksversammlungen das Protokoll, von dessen 
Aussehen und Anlage uns die attischen Psephismen 
eine ziemlich deutliche Vorstellung geben , da sie 
genetisch abgefaßt sind, d. h. die Reihenfolge 
der Beschlußfassung beibehalten, also lediglich 
die allmähliche Entstehung des Beschlusses in 
Rat und Volksversammlung samt allfälligen Amen- 
dements wiederspiegeln. Die Protokollführung 
war für den Schreiber ganz einfach, wenn das 50 
Probuleuma des Rates von der Volksversammlung 
entweder ganz angenommen oder ganz verworfen '■ 
wurde, weniger einfach, wenn in der Volksver- 
sammlung Zusatz antrage vorgebracht wurden. Die 
Schreiber haben es sich freilich bequem gemacht, 
indem sie in ihren Protokollen dem chronologi- 
schen Gange der Beschlußfassung folgten. Da- 
durch wurde das Protokoll vielfach umständlich, 
und es liegen genug Fälle vor, wo eine einfachere, 
gedrängtere Protokollierung möglich gewesen wäre. 60 
Im allgemeinen aber zeugt die Fassung der Pro- 
tokolle von Sorgfalt _und praktischem Sinn der 
Schreiber, wie die Übersicht über die verschie- 
denen möglichen Fälle bei Larfeld Handb. II 
675ff zeigt. Ein lehrreiches Beispiel dafür, wie 
Tom Schreiber das Amendement schon beim Pro- 
tokollieren des Hauptantrages, bezw. in der Schluß- 
redakiion berücksichtigt wurde, bietet das Amen- 



dement des Antichares im Ehrendekret für Oini- 
ades aus Palaiskiathos IG I Suppl. 62 b 28, wo 
der Schreiber zwar nicht ausdrücklich genannt, 
aber zu ig Öh xijy yvcbfirjv (xexayodtpai als Sub- 
jekt hinzuzudenken ist. Noch deutlicher in den 
Beschlüssen für die Neopoliten, IG 1 51 und Suppl. 
p. lÖff^ (= Dittenberger Syll.2 49) Z. 48ff. 
ig dz xd (poitpiGfia to 7tQo[zeQOv ijjzavog&öoai zby 
ygaftpazsa reg ßoXlg : [xal ixxoXdtpoavza fieza- 
yQdtpJoai ävxl zig &7ioixi[ag xlg Gaatjov Roxi 
owdizTiolsfiEoav zdft 7i6Xsf.iov fi[F,xa 'A&evatovJ. 
Hier wurde die Änderung in der erhaltenen Stein- 
urkunde durch Ausmeißeln von Z, 7 und Ein- 
setzen der längeren Worte des Amendements aus- 
geführt. Die sichere Ergänzung [xal sxxoXd- 
<poavTa\[ieraye&<p]oai von Wilhelm Gott. Gel. 
Anz. 1903, 776. Daß die Redaktion neben- 
sächlicher Bestimmungen dem Antragsteller im 
Einvernehmen mit dem y. überlassen wurde, 
zeigt Aristoph. Thesmoph. 432 zä <5' äXXa ßsza 
zov yQa/n^atscog ovyyQayjof.iai (Wilhelm Beitr. 
z. griech. Inschriftenkunde [1909] 269). Ferner 
kontrolliert der Schreiber die Ausfertigung der 
gefaßten Beschlüsse {äviiygäyszai). Ausgefertigt 
aber werden sie, natürlich auf Grund des Kon- 
zeptes des Prytanienschreibers, durch Unterbe- 
amte, y. schlechthin genannt, zu denen auch die 
IG II 61 erwähnten y. oi inl toTg dtjßooiotg yqdfi- 
fiaoiv gehören dürften. Gerade diese Inschrift 
bietet Z. 15f. dvxiygd(p£G&at de zoy yoafiftaxia xoy 
xaxa TiQvzavdav xal xovg äXXovg yga/.tfiaTsag ext 
xotg Srjfwoiotg ygdfifiaoiv die wertvolle urkund- 
liche Bestätigung der Angabe des Aristoteles, daß 
der Prytanienschreiber die dvTcygayrj, die Kon- 
trolle, besorgt. Weil der Prytanienschreiber die 
ausgefertigten Beschlüsse kontrolliert, also die 
Garantie leistet für eine dem Beschluß entspre- 
chende Ausfertigung, ist er im Präskript der Volks- 
beschlüsse neben dem Vorsitzenden und dem An- 
tragsteller genannt. Eine weitere Funktion des 
Ratsschreibers ist die Aufsicht über das Staats- 
archiv imMetroon, dessen Schlüssel in der Hand 
des täglich wechselnden Epistates sind; xd y>t)~ 
tpio/iaxa fpvläxxei, sagt Aristoteles, vgl. auch Athen. 
IX 407 C. 

Am häufigsten erscheint der Rats- bezw. Pry- 
tanienschreiber in den Rats- und Volksbeschlüssen, 
und zwar teils in den Überschriften, teils in den 
Präskripten und in den Klauseln, hier mit der 
Aufzeichnung des Beschlusses auf Stein und seiner 
öffentlichen Aufstellung beauftragt. Hier sollen 
diese Partien betrachtet werden ohne eingehende 
Darstellung der Entwicklung der einschlägigen 
Formeln, sondern mit tunlichster Beschränkung 
auf diejenigen Fragen, die die Schreiber berühren. 
In der Überschrift von Psephismen erscheint 
der Ratsschreiber oft mit einem bloßen i'/gap- 
fidzeve, fast stets ohne v itpEXxvaxixöv ; über das 
Eindringen des -v in die Präskripte seit Ol. 92, 
2 (411/10 v. Chr.) vgl. Sommer Basler Festschr. 
(1907) 14. Solche Überschriften {täuli), meist in 
größeren Buchstaben, finden sich bis zur Einfüh- 
rung der genaueren Datierung im Präskript um 
ca. 375 ziemlich oft, von 350 an seltener und 
verschwinden seit ca. 300 ganz. Der mit iyga^- 
/ndxsve bezeichnete Ratsschreiber, und zwar der 
Prytanienschreiber (Hille 216ff.) erscheint da 
mit oder ohne Inhaltsbezeichnung teils zusammen 



mit dem Archonten oder der Prytanie oder andern 
Beamten, teils allein. In diesem Falle verbürgt 
er durch seinen dem Dekret vorgesetzten Namen 
die Übereinstimmung des Textes der Stein Urkunde 
mit dem gefaßten' Beschlüsse ; es gibt also, was 
zwar A. Mommsen Philol. LXIV 515 bestreitet, 
sein Name gewissermaßen die Legalisation der 
Urkunde. Die Wichtigkeit des Schreibers ergibt 
sich daraus, daß, wenn man auf einen früheren 
Beschluß zurückgreift, dieser nach dem früheren 
Schreiber zitiert- wird, so im Kolonialstatut für 
Brea von etwa 444 v. Chr., IG I 31 xaxa zag 
J-vyygatpdg, a[Y izd . . . .]xov yQafipatevovzog iye- 
vov[xo tzsqi zföv jz6Xe]ojv rwv im Ogäxijg. Über 
das Zusetzen oder Fehlen von Demotikon und 
Patronymikon beim Namen des Ratsschreibers im 
Titel und im Präskript s. Larfeld Handb. II 
640f. und besonders A. Mommsen Philol. LXIV 
Sllff. 

Während eine solche Überschrift nicht not- 
wendig ist und, wenn sie vorhanden ist, den Na- 
men des Schreibers nicht zu enthalten braucht 
— öfter findet sich in nacheuklidischen Inschriften 
auch bloß der Archon — muß der Schreiber 
immer im Präskript genannt sein. Nur IG I 
Suppl. 27 a fehlt der Schreiber im Präskript, aber 
auch der Archon, offenbar weil auf dem gleichen 
Steine oder über diesem ein mit dem nämlichen 
Schreiber und Archonten bezeichnetes Psephisma 
stand (Kuraanudis, Kirchhoff, Hille 208, 
2). Ungefähr seit der Mitte des 5. Jhdts. ist 
dem Namen des Schreibers häufig sein Demotikon, 
bisweilen auch der Vatersname beigefügt, was 
bei den übrigen Beamten im Präskript zunächst 
noch unterbleibt. Über die allmähliche Ausge- 
staltung des Formulars der Präskripte vgl. außer 
der grundlegenden Arbeit vonHartel Stud. üb. 
att. Staatsrecht und Urkunden wesen (Wien 1878), 
deren Ergebnisse auch nach Auffindung zahlreicher 
neuer Urkunden in allem Wesentlichen bestehen 
bleiben, die Übersicht bei Larfeld Handb. II 
n 642—660, sowie A. Mommsen Archonten u. 
Schreiber in attischen Urkunden älterer Zeit, 
Philol. LXII (1903) 348 und Formalien der De- 
krete Athens, Philol. LXIV (1905) 506. 

Von besonderer Wichtigkeit ist der Schreiber 
der die erste Prytanie bekleidenden Phyle, weil 
der Rat eines Jahres sich nach diesem zu be- 
zeichnen pflegt mit einer Formel, die , verbunden 
mit der Datierung nach dem Archon, zum ersten- 
mal im J. 433/2 v. Chr. vorkommt IG I Suppl. 
p 13 nr. 33 und 33 a: im 'Aipevdovg aQ%ovxog 
xal xrjg ßovXrjg, fj Kgixidbtjg zig&zog iyQa^t/ndzevs 
(in 33 a fehlt Ttgaizog wohl nur durch ein Ver- 
sehen). Der Aorist iygawjdzsvoE steht nur ein- 
mal IG I 322. Die übrigen Beispiele des 5. Jhdts. 
bei Larfeld Handb. II 646; das den Archon 
und die Bule verbindende xal fehlt regelmäßig, 
außer im ältesten Beispiel. Neben dieser Formel 
kommt auch vor im xrjg äeTvog (Ordnungszahl 
der Prytanie) nQvzarsiag, 6 östva lyga^ßdrever 
{IG II 50, 17). Unrichtig war es, aus dieser Be- 
nennung des Rates nach dem Schreiber den Schluß 
zu ziehen, der Ratsschreiber sei der eigentliche 
Jahres-Eponymos gewesen. Ausgehend von der 
durch Aristoteles *A0. noX. 32, 1 bezeugten Tat- 
sache, daß im Jahre des Archon Kallias (OL 92, 
1 = 412/11 v. Chr.) der Rat der 500 seine Funk- 



tionen nicht am 1. Hekatorabaion, sondern schon 
am 14. Tage des letzten attischen Monats, des 
Skirophorion, antrat, hat K eil Herrn. XXIX (1894) 
32—81 (vgl. dazu A. Mommsen Philol LXI 
[1902] 218) an der Hand der Inschriften den 
Nachweis geleistet, daß im 5, Jhdt. nicht in allen 
Fällen der erste Tag der ersten Prytanie auf den 
1, Hekatombaion fiel, sondern daß Athen vor Ol. 
93, 1 ein besonderes, vom bürgerlichen Kalender - 

10 jähr zu unterscheidendes Amtsjahr hatte. Da 
Keil aber auch die Gleichung 1. Tag der I. Pry- 
tanie (Amtsantritt des Rates) = 1. Tag des Ar- 
chontenjahres bestritt, kam er zum Ergebnis, das 
Ratsjahr habe zwei Archonten gehabt, und nahm 
daher an, der richtige Eponymos sei nicht der 
Archon gewesen, sondern müsse der Ratsschreiber 
gewesen sein. Widerlegt ist diese Ansicht von 
A. Mommsen Philol. LXII (1903) 348, der an 
der Hand der Inschriften nachgewiesen hat, ,daß 

20 die Schwankungen des Funktionsbeginns der Bule 
auch für den Beginn des archontischen Regiments 
maßgebend waren, das buleutische Jahr also keines- 
wegs zwei Archonten hatte 4 . Damit fällt die An- 
nahme der Eponymie des Ratsschreibers dahin. 
Von den vor Ol. 93 (408/7) abgefaßten Psephismen 
nennen allerdings bloß 44 den Archon und Schrei- 
ber, 41 nur den Schreiber und bloß 5 nur den 
Archon. Daraus erhellt, daß in dieser Periode 
auf die Nennung des Schreibers größeres Ge- 

30 wicht gelegt wurde, als auf die des Archon ; aber 
zugunsten der Hypothese Keils, daß der Schrei- 
ber Eponymos gewesen sei, ergibt das keinen Be- 
weis, Zuzugeben ist, daß die Formel htl xr\g 
ßovXfjg, § 6 Setva (ngcäzog) iyga^fidxsvs eine Da- 
tierung enthält, aber nicht nach dem Schreiber, 
sondern nach der Bule. Der Schreiber hätte sich 
als Eponymos auch gar nicht geeignet, da ja seine 
Funktionen auf 30 und einige Tage beschränkt 
waren. Der Rat datiert nach sich selber und der 

40 erste Schreiber ist bloßes Kennzeichen, und so 
ist es alle Zeit geblieben (A. Mommsen 355). 
Der Grund aber, warum der Schreiber so oft ge- 
nannt ist, ist der, daß uns fast nur Staatsde- 
krete und überhaupt offizielle Kundgebungen er- 
halten sind, die meistens vom Rate ausgingen, 
so daß die Nennung des dem Rate dienenden, 
die Verhandlungen und Beschlüsse protokollie- 
renden Schreibers sich dabei gar nicht umgehen 
ließ. Die Unmöglichkeit, die Nennung des Schrei- 

50bers als Datierung zu betrachten, betonte übri- 
gens mit aller Deutlichkeit schon Hartel 29. 
Ein bloßer Notbehelf war es, wenn Penndorf 
Leipz. Stud. XVIII 121 , um die Annahme der 
Eponymie des Ratsschreibers zu stützen, annahm, 
zur Bestimmung der Jahre hätten Schreiberlisten 
existiert. Von solchen müßten wir doch in der 
Überlieferung eine Spur haben, so gut, wie sie 
uns die weit hinaufreichenden Archontenverzeich- 
nisse anführt (Arist. 'A$. xoX. 53, 4). Gegen 

60 Penndorf bereits ganz richtig Mommsen 356 
und Philol. LXIV 515. Zuzugeben ist aber, daß 
die Datierung nach dem Archon, die man eigent- 
lich schon für die früheste Zeit erwarten würde, 
nur langsam allgemeiner geworden ist. Ursprüng- 
lich blieb der Archon oft weg und wurde erst 
allmählich zu einem obligatorischen Bestandteile 
des Präskripts; s. Larfeld II 647f. Zu seinem 
vollen Rechte als Janreseponymos kam dieser 



eigentlich, erst mit der neuen Formulierung, die 
Tom X 875 v. Chr. an in Gebrauch kam und zwei 
volle Generationen zu ihrer vollen Ausbildung 
brauchte und erst nach mehrfachen redaktionellen 
Umgestaltungen 319 v. Chr. einen endgültigen, 
feststehenden Typus erhielt. In diesem Formular 
wurde nun der Archon regelmäßig zur Datierung 
an die Spitze gestellt, darauf folgt die prytanie- 
rende Phyle unter Beifügung der Ordnungszahl 



M. UHJl*f*» IUI) J. f xvr 

deshalb, weil, falls es sich nicht um eine von 
Privaten auf eigene Kosten veranlagte Aufzeich- 
nung handelte, diese Aufzeichnung die Staats- 
kasse belastete. Ein Beispiel, worin zugleich der 
Zweck der Publikation angegeben ist, IG I Suppl. 
58 a 26 (418/7 v. Chr.) xo de yalfpiöfia rode, 6nog 
äv et etSsvai zö[i] ßo?.0£tevoi, ävayQdtpoag 6 yga/x.- 
(.mzsvg 6 reg ßoXsg iv czsXet Xi&tvsi xaza&EZO ev 
rot Nslsiot staQa zd ixQia. Mehr Beispiele mit 



und mit ihr verbunden der Käme des mit jeder 10 Angabe des Zweckes der Aufzeichnung beiLar- 

DIi-vfI f\ tttjIj-iVi rt rtl« HA« ■^ft-t'fi nAn^Al tk jtWii tn-m rtnnn+ ttt^i-h J? — 1 J TT G D C\ T" \X * \ -*-m-C-l. #^"1"1. _„ „ J ■ T__ . . 1 T PJ. . J _ "■ ^ 



Phyle wechselnden Katsschreibers, hierauf, was 
uns hier nichts weiter angeht, der Name des 
Tagespräsidenten, die Sanktionsformel und der 
Antragsteller. All das steht nun in einer chro- 
nologisch und sachlich, richtigen Stufenfolge und 
in grammatisch geschlossenem Gefüge in einer 
Formel. Statt der ältesten stark zerstörten Bei- 
spiele des neuen Formulars, IG II 49 und II 
Suppl. 49 c von 375/4 v. Chr. sei angeführt der 



feld II 689. Die Aufstellung der Inschriftstele 
auf der Burg (özfjaai ifi tcoXec oder xaza&Etvai ip 
jioXsi) erfolgte um des geweihten Ortes willen 
unter besonderer staatlicher Aufsicht durch den 
Schreiber (Hartel 156). Daß sonst überall in 
der Stadt die Aufstellung ohne weiteres erlaubt 
gewesen sei, wie Hartel annahm, ist nicht zu 
erweisen ; im Gegenteil, eine Aufstellung im Pry- 
taneion oder der Eönigshalle, wo die Solonischen 



Anfang eines vollständigen Exemplares, IG IL20xvQßeig aufgestellt waren, muß von der ,Staats- 



256 b (304/3 v. Chr.) sni $zQzxXEOvg ägxovzog 
esü zrjg öiveiSog eßdö/Atjg JtgvravEtag, f] *Em%a- 
Qivog AT]f4,o%dgovg raQyrjzxiog iypafifidzEVEV xzX. 
Da sich aus diesem sich nun so ziemlich gleich- 
bleibenden Formular fÜT die staatsrechtliche Stel- 
lung des Ratsschreibers weiter nichts ergibt, 
braucht es hier nicht weiter verfolgt zu werden, 
auch nicht in seinen Mischformen. Das Wesent- 
liche ist, daß jetzt Archon, Phyle, Ordnungszahl 



behörde' verfügt sein, und dasselbe gilt, wie das 
ausgeschriebene Beispiel zeigt, von heiligen Ört- 
lichkeiten [A. Mommsen Piniol. LXIY 506, 2). 
Daß aber für die lapidare Aufzeichnung (äva- 
7Qa<prj) ein förmlicher Volksbeschluß nötig ist, 
beweist der aus dem Antrag ins Protokoll herüber- 



genommene Zusatz in IG II 89 (ca. 356—353 

v. Chr.) äfvcLygäipat 6h xal rfyv] JtQOg'eviav, iav 

xai x&t dtf[i[(oi doxfji, zov yQafifiJazea zf\g 

der Phyle und Schreiber gleich am Anfang der 30 ßovXfjg kv mi)Xr\i X[i&ivt]t xai azfjaai i]v dxQOJiöXEt 

Urkunde beisammen stehen und so gleich am An- Sexa ^fisgcüv. Ferner beweisen es die Fälle, w 

-*>„--.«. Aia ■n^-t.;,™™™ ,.^n,~+s;-~/i.:™ ™~v™~ Tir« — j o_t ii t üi l ■ j ■ i n.. a-l-l. , 



fang die Datierung vollständig geben. Wenn, 
was bisweilen vorkommt, der Name des Schrei- 
bers fehlt (Belege bei Larfeld II 653), so liegen, 
wie Hartel nachgewiesen hat, meist private Auf- 
zeichnungen vor. Wo der Staat die Aufzeichnung 
besorgt, muß der Schreiber als Garant der Echt- 
heit genannt sein. In IG II Suppl. 114 b (343/2 
v. Chr.), wo die Nennung des Schreibers vergessen 



der Schreiber beauftragt wird, einen bereits früher 
gefaßten Beschluß nachträglich in Stein hauen 
zu lassen, so IG II 1 c (399/8 v. Chr.) rö yif- 
(piofxa %[b xal tiqözeqov ov ajvzwi ävaygdytai sv 
[azr]Xr)t Xtftivtjt zojv ygafifiazsa zrjg ßovfXrjg zöv 
vvv yQafifiaJzEvovza xai xara&sfTvat eg nöXw], 
In der gleichen Inschrift wird dann Z. 27ff. be- 
stimmt ygdyjai ös xai, zoÖe xo i^[?j<ptafta eg xt)v 



wurde, wurde sein Name nachträglich an die Spitze 40 av]zt)v azrjXrjv zdy yQa^faxia zrjg ßovXijg]. Über 



des Dekrets vor die Datierung nach dem Archon 
gestellt in der ungemein bezeichnenden Form i)i 
KXeöazQazog Ttfxoa'&Evovg AlfytXiEvg iygafiftd- 
tevsv], d. h. trotz dieser Stellung hinter fttoi als 
Nachtrag zur Nennung der Phyle in Z. 3, Beim 
Namen des Schreibers fehlen Vaters- oder Demen- 
name nur noch ganz selten (Beispiele bei Lar- 
feld n 654. 656). Hinsichtlich der Nennung 
des Katsschreibers bleibt die Stilisierung nun 



den eigenartigen, vielleicht nachlässig redigierten 
oder kopierten Publikationsbeschluß in IG II 856 
vgl. Köhler z. St. und Larfeld II 697. Ferner 
hat der Katsschreiber die vom Volke beschlossene 
Neuaufzeichnung früher erteilter Privilegien, deren 
der Geehrte infolge politischer Wirren verlustig 
gegangen ist, zu besorgen (Beispiele bei Lar- 
feld II 698). War aber lediglich die Inschrift- 
stele zerstört worden, ohne daß die erteilten Pri- 



völlig unverändert und läßt sich noch nachweisen 50vilegien annulliert worden waren, so konnte, falls 



in Hadrianischer Zeit (IG III 2), sowie noch 209 
n. Chr. (IG HI 10), nur daß im letztern Falle 
statt des Dativs $ iyQafifcdzEVEv der Genetiv fy 
erscheint. 

Diese Stilisierung verrät mit keinem Wort, 
daß der hier genannte Katsschreiber nicht mehr 
der mit jeder Prytanie wechselnde Prytanien- 
schreiber, sondern ein Jahresbeamter ist. Über 
diesen Wandel verschafft uns am ehesten Klar- 



der Interessent die Kosten trug, der Rat die Er- 
neuerung von sich aus anordnen, wie IG II 3. 
In diesem neuen Dekret erscheint dann natürlich 
in der Überschrift ein anderer Schreiber als in 
dem älteren Dekretsprotokoll, z. B. IG I Suppl. 
33 u. I 40. Die Aufgabe des Rates, bezw. des 
Ratsschreibers hinsichtlich der Publikation be- 
steht darin, den Beschluß des Volkes auszuführen, 
also für eine wortgetreue Aufzeichnung auf Stein 



heit, soweit solche überhaupt erreichbar ist, die 60 und die Aufstellung der Stele am bestimmten 



Untersuchung der in der Klausel angebrachten 
Publikationsformeln, durch die der Katsschreiber 
beauftragt wird, einen Beschluß in Stein hauen 
und aufstellen zu lassen. Die Aufzeichnung der 
Beschlüsse (in Athen fast immer) auf Stein und 
die Öffentliche Aufstellung erfordert nämlich einen 
besonderen Beschluß des Volkes, der in einer 
Klausel angebracht wird. Nötig war er schon 



Orte zu sorgen. Der y. kontrolliert die Auf- 
zeichnung und legalisiert durch seinen Namen 
die Steinurkunde. Daß er hierbei strengrecht- 
lich mit dem Kate zusammen amtet, zeigt der 
Beschluß betreffend Selymbria IG I Suppl. 61a 
(408 v. Chr.)(= Dittenberger Syll.2 53) Z. 27f. 
[xai xaxa&Jsyat sffucöXJet dvayga<fcav{zjag zog 
x[s H6qxog xai rjag avv&ifxjac fttxa tö yeo/d- 



L4Xt lQafi{xazf:t<; 

uaziog xflg ßoXtg . .] iv axsXet Xc&l[ysi]. Die 
gleiche Urkunde zeigt, daß ihm die Tilgung be- 
reits aufgezeichneter Beschlüs&e, die rückgängig 
gemacht werden, obliegt. Er soll die Namen der 
Geiseln der Selymbrianer in Anwesenheit der Pry- 
tanen austilgen, Z. 33ff. xai [i] xoaXeTqpoai rä 
6vdfia[ra xöv optigjov zöv 2£lvfi[ß]Qiavov xai 
zöv iyyvefzöv ajvxöv [ajvgtov zöv yga^atia zig 
ßoXtg, [ojnfoooi eioi ysy] gaßfdvot ivavrtofv] räv 
jiQvzdvsfeov], wie der Test auf Grund eines neu- 
gefundenen Fragmentes von Wilhelm Gott. Gel. 
Anz. 1903, 778 festgestellt ist. Wie in IG I Suppl. 
61 a mit dem Rate, so wirkt der Ratsschreiber 
im Beschluß für die während des Peloponnesi- 
sehen Krieges Athen treu gebliebenen S amier IG 
II Suppl. 1 b (= Dittenberger Syll.2 56) V om 
J. 405 v. Chr. zusammen mit den ihn gleichsam 
überwachenden Strategen. Die samischen Ge- 
sandten sollen ein Verzeichnis der samischen Trier- 
archen ihnen übergeben (änoyQdipat , . . zun, yga/x.- 
fiareT rrjg ßoXfjg xal xoTg axgazijyotg [Z. 27f.]) und 
dementsprechend [dvayQaiyat ös rd hpt]fptofiEva 
r]dy ygafiftfazea zrjg ßo]Xf/g ftEzd zc5v [atQazi]- 
yüv] (Z. 38f.). Wie hier die Liste der Trier- 
archen, so führt der Ratsschreiber das Verzeichnis 
der Rudermannschaften {imyQsoiai), die den Söhnen 
des Königs Leukon von Bosporos, Spartokos und 
Pairisades, zugesagt werden, IG II Suppl. 109 b 
(= Dittenberger Syll.2 129) Z. 61f.: [rovg 
d]k jiQfeJaßetg dstoygdipai tue ovo^tafza xäv vtiJt}- 
q[egi](3v dtv äv Xdßwoiv zöJi yQaftfiafzEl zi\g ß]ov- 
Xfjg. Von den als Gesandte in Athen anwesenden 
Strategen von lulis auf Keos nimmt er das Ver- 
zeichnis der verbannten Inlieten entgegen, und 
zwar vor versammelter Gemeinde: dnoyQdyai ök 
avzaiv zd dvöftaza avztfxa fidJXa kvavxiov zö dtffto 
ztiöi yQapfiaxeT zog oxQaxrjyog zog 'IovXitjzcöv zog 
emStjfiövzag 'A&rjvrjöi, IG II Suppl. 54 b, 37ff. 

(= Dittenberger Syll.2 ioi). 

Im 5. Jhdt. und bis in die 60 er Jahre des 
4. Jhdts. ist, wie oben bemerkt, der mit iyQaft- 
/ndzEve in der Überschrift bezeichnete Schreiber 
der y. xatd ztQvzavEtav im strengen Sinne des 
Wortes, ein Mitglied des Rates, gewählt aus 
einer der Phylen, die nicht die Prytanie führen, 
funktionierend bloß während einer Prytanie. Ite- 
ration ist jedenfalls, im Gegensatz zum Amte des 
Ratsherrn, untersagt (v. Wilamowitz Arist. u. 
Athen I 228). Es gab folglich alljährlich so viel 
Ratsschreiber als Prytanien, d. h. 10. Die Fest- 
stellung freilich, ob der Schreiber nicht zur qpvXt) 
xQvzavzvovoa gehört habe, wird dadurch erschwert, 
daß in älterer Zeit dem Namen des Schreibers 
das Demotikon nicht regelmäßig beigefügt ist. 
Dieser Schreiber hieß nach der glücklichen Er- 
gänzung, die Köhler Herrn. II 27 in dem Volks- 
beschluS vom J. 409/8 über die Neuaufzeichnung 
des Drakon tischen Gesetzes wegen tpdvog dxov- 
otog vorschlug — IG I 61, 6: die ävayQa<pr}g 
sollen das Gesetz aufzeichnen naQa).aßovxEg nagd 
[x]ov [xatd JigvzavEiav ygafifiajxstog zijg ßovXrjg — 
ursprünglich mit vollem Titel 6 xazd TiQvxavEtav 
y. zijs ßovXijg. Es ist zwar Köhlers Ergän- 
zung, weil diese volle Namensnennung nicht 
weiter zu belegen ist, fast allgemein verworfen 
oder doch mindestens stark angezweifelt worden 
(Schafer 13. Hartel 120. Hermann-Thum- 
ser498, 1. Dittenberger SyU.z I nr. 52. Lat- 



feld II 700); sie ist aber von Hille 247 mit 
Glück verteidigt worden und mit Gilbert Handb. 
12 299, 1. Penndorf 116. Lipsius zu Schü- 
mann Gr. Altert. 1^ 403 und Schultheß Wo- 
chenschr. f. klass. Philol. 1902, 35 entschieden 
festzuhalten. Dieser Prytanienschreiber führte 
also nicht bloß das Protokoll in den Ratssitzungen 
und Volksversammlungen, sondern er kontrollierte 
auch die Ausfertigung der in diesen gefaßten Be- 

10 Schlüsse, und das ist der Grund, weshalb er in 
den Einleitungsformeln der VoBisbe Schlüsse neben 
dem Vorsitzenden und dem Antragsteller genannt 
ist (s. o.). 

Noch unter dem Archontat des Nausigenes 
(Ol. 103, 1 - 368/7 v. Chr.) wechselt der Pry- 
tanienschreiber nachweislich mit jeder Prytanie ; 
denn für dieses Jahr ist Mnesibulos als Schreiber 
der die I. Prytanie bekleidenden Kekropis (IG 
n 52 b), Moschos von Kydathenaion als Schreiber 

20 der die VII. Prytanie bekleidenden Aiantis (IG 

11 Suppl. 50. 52 c) bezeugt. Nach diesem Jahre 
gehen seine Befugnisse auf einen Jahresbeamten 
über, der jedoch den nicht mehr zutreffenden 
Namen 6 ygaftftazsvg 6 xazd uiQvxaveiav beibe- 
hält (Hille 210). Ja es wurde sogar noch die 
gänzlich irreführende Bezeichnung Itts r?]? . . . 
jtQvxavEtag, fj detva eyoafifidzEvs als erstarrte 
Formel für diesen Jahresbeamten beibehalten 
(Hartel 29). Das Festhalten an der nicht mehr 

30 ganz zutreffenden Benennung y. xazd üzgvzavetav 
hat man auch durch die Annahme zu erklären 
versucht, es sei damit angedeutet, daß der Schrei- 
ber jeweilen jeder Prytanie zu dienen habe (Lar- 
feld DT 700); doch entspricht diese Auslegung 
der Bedeutung von xazd in solchen temporalen 
Ausdrücken nicht. Zum erstenmal läßt sich dieser 
Jahresbeamte nachweisen für das Archontat des 
Charikleides (Ol. 104, 2 = 363 v. Chr.), indem 
der Ratsschreiber Nikostratos von Pallene (Phyle 

40Antiochis) erscheint als Ratsschreiber in der IL 
Prytanie für die Akamantis (IG II 54), in der V. 
für die Aiantis (IG II Suppl. 54 b), in der VI. 
für die Oineis (IG II 55), möglicherweise auch 
in der VII. für die Hippothontis nach der ein- 
leuchtenden Korrektur, die D i 1 1 e n b e r g e r Sy 11 . 

12 88, 28 an der Inschrift Bull. hell. III (1879) 
473 vorgenommen hat. Demnach muß diese Um- 
wandlung des Ratsschreiberamtes in ein Jahres- 
amt zwischen 368 und 363 erfolgt sein (vgl. auch 

50 Larfeld Handb. II 78t). Wahrscheinlich wurde 
dieser Jahresbeamte,, der aus einem aus den Bu- 
leuten genommenen Schreiber zum frei erlosten 
Staatsbeamten wurde, von Anfang an, wie die 
übrigen Beamten fast alle, nicht mehr durch Chei- 
rotonie, sondern durchs Los bestellt. Aristoteles 
'A-&. noX. 54, 3 sagt, der Ratsschreiber, y. b 
xazd nqvzaveiav xalov/isvog — der sehr bezeich- 
nende Zusatz xaXovfievog gibt dem Gedanken 
Ausdruck, daß die Benennung beibehalten sei, 

60 obgleich sie zu seiner Zeit nicht mehr stimme — , 
der zu seiner Zeit erlost wurde (xXtjQwzog), sei 
früher gewählt worden {y£tQo.zovr}zög), und man 
habe früher {^qozeqov) dazu die angesehensten 
und zuverlässigsten Leute gewählt. (Daß es Mit- 
glieder des Rates waren, woran nicht zu zweifeln 
ist, sagt Aristoteles gar nicht ausdrücklich.) Mit 
diesem siqöxsqov will er natürlich sagen, jetzt, 
wo die Loswahl durchgeführt sei, treffe das Los 



nicht immer die gleich glückliche Wahl. Die 
vorhandenen inschriftlichen Belege zum Erweise 
■der Behauptung des Aristoteles reichen kaum Über 
■die ersten Jahrzehnte des 4. Jhdts. hinunter. Zu- 
sammenstellungen von ivdo£6zazoi xai siiozozazot 
als Ratsschreiber aus der Zeit, solange diese Stelle 
Wahlamt war, haben zu gehen versucht v. Wila- 
mowitz Ärist. u. Athen I 228, 86, Penndorf 
130 und besonders Drerup 137f. ; vgl. auch 
Lipsius zu Schömann Griech. Altert. I* 404, 
3. Sund wall Epigraph. Beitr. zur sozialpolii 
Oesch. Athens im Zeitalter des Demosthenes Klio 
IV. Beiheft (1906) 17f. hat zur Erhärtung seiner 
Ansicht, daß den besitzenden Klassen im athe- 
nischen Rate ein unzweifelhaftes Übergewicht zu- 
gekommen sei und in Verfolgung der seiner ganzen 
Studie zugrunde liegenden Hypothese, daß wäh- 
rend der Zeit des Demosthenes der politische Ein- 
fluß der besitzenden Klasse in Athen keineswegs 
geschmälert worden sei (S. 74), nachgewiesen, 
daß von den 27 y. xaza jcovxavstav, die Fer- 
guson für die Jahre 359/8—324/3 aufzählt, we- 
nigstens fünf aus reichen Familien stammten. 
Wer ohne vorgefaßte Meinung urteilt, wird diesem 
Zahlenverhältnis keinen entscheidenden Wert bei- 
legen, wie denn Sundwal I selber sich nicht völlig 
verhehlt, daß bei der Unsicherheit und Ungleich- 
artigkeit der Überlieferung und unsern geringen 
Kenntnissen von den Vermögensverhältnissen der 
in den Inschriften genannten Leute seine Aus- 
führungen überhaupt sehr unsicher sind. 

Wesentlich und wichtig ist, daß dieser Jahres- 
beamte nicht mehr aus den Buleuten gewählt, 
sondern außerhalb des Rates erlost wurde. Daß 
er nicht Buleut war, beweisen die zwei den 
J. 341/40 angehörigen Inschriften IG II 116. 
572; das Nähere bei Penndorf Ulf. Daß er 
aber doch nicht ganz beliebig aus den Bürgern 
genommen wurde, hat erst in neuester Zeit Fer- 
guson Corneli Studies VII 32ff. 79ff. gezeigt. 
Ihm verdanken wir den wertvollen Nachweis, daß, 
nachdem das Amt des Prytanien Schreibers Jahres- 
amt geworden war, mindestens seit 353/2 v. Chr. 
und, soweit das die Unsicherheit der Archonten- 
listen des 3.— 1. Jhdts. festzustellen erlaubt, bis 
in den Anfang des 1. Jhdts. während eines Tur- 
nus, der jeweilen soviel Jahre umfaßte als es 
Phylen gab, jede Phyle in ihrer offiziellen Reihen- 
folge je einmal einen ihrer Angehörigen zu diesem 
wichtigsten Amte des Rates aufrücken sah. Der 
Turnus betrug also zur Zeit der 10 Phylen 10 
Jahre, nach Errichtung der Antigonis und De- 
metrias durch Demetrios Poliorketes (307/6) 12 
Jahre, während des Bestehens der Ptolemais (229 
v. Chr.) 13 Jahre und zeitweilig, solange Anti- 
gonis und Demetrias noch bestanden und auch 
die Attalis, sogar 14 Jahre. Die nur in unbe- 
deutenden Einzelheiten anfechtbaren oder weiterer 
Ergänzung und Nachprüfung bedürfenden Aus- 
führungen Fergusons sind übersichtlich zu- 
sammengestellt von Larfeld II 702ff. Daß diese 
wichtige Entdeckung, daß sich die y. xazd xov- 
Tavziav in der offiziellen Reihenfolge der Phylen 
folgen, für die Chronologie der attischen Archonten 
späterer Zeit erst die wissenschaftliche Grund- 
•Ü?j- geg t ben hat ' sei nur nebenb ei bemerkt. Es 
wt diese Rücksichtnahme auf die offizielle Reihen- 
folge der Phylen, die jeder Phyle innerhalb eines 



gewissen Zeitraumes die ihr gebührende Vertre- 
tung sichert, die Weiterbildung des allgemeinern 
Prinzips, daß in den Beamtenkollegien womög- 
lich jede Phyle vertreten sein solle. Ziemlich 
sicher erwiesen ist sie für die ijtiozdzai "Elev- 
otvo&ev; s. Sund wall a. a. O. 47 und unten 
I B 9 j\ der smozdzat 'EXevotvo&ev ; dagegen ist 
der weitere Versuch von Ferguson The Priests 
of Asklepios, a new method of dating Athenian 
10 Archons (University of California Publicat. 1906), 
auch hei den Asklepiospriestern wenigstens fürs 
4. und 3. Jhdt. einen Turnus nach Phylen nach- 
zuweisen, trotz allen aufgewandten Scharfsinnes 
nicht gelungen. Sundwall 48 bat Ferguson 
voreilig zugestimmt; doch vgl. gegen ihn Kirch- 
ner Rh. Mus. LXI (1906) 346 und besonders 
Kolbe DLZ 1907, 932. 

In den oben zur Illustration der Tätigkeit 
des Ratsschreibers angeführten Beispielen heißt 
20 er fast durchweg y. zrjg ßovXfjg, Bis zum J. 350 
wird dieser ständig mit der Publikation der 
Volks- und Ratsbeschlüsse beauftragt. Übersicht 
übeT sämtliche Belege inLarfelds Tabelle zum 
Formelwesen II 606f£ Ich durfte diese Beispiele 
hier verwenden, weil ich diesen Schreiber als 
identisch betrachte mit dem Prytanienschreiber. 
Die Frage ist nämlich die, ob der in der Überschrift 
der Psephismen mit iyQa^dxsve und im Präskript 
mit siti zijg öetvog , . . Ttgvravsiag, § 6 dstva syQafx- 
30 fidzevsv bezeichnete Ratsschreiber' mit dem in der 
Klausel mit derdvaj'ga^beauftragten j\ zijg ßovXijg 
identisch sei oder nicht. Ich stehe nicht an, mich 
für die Identifikation auszusprechen, für die bereits 
Boeckh und in neuerer Zeit Gilbert Handb.2 
I 298ff. eingetreten ist, beschränke jedoch die 
Identifikation aufs 5. und die ersten Jahrzehnte 
des 4. Jhdts. Wir haben dann anzunehmen, daß 
die volle, aber umständliche Benennung dieses 
Ratsschreibers als 6 yga/j-fiazehg 6 xaza jiqvzü- 
iOrstav zijg ßovXfjg, die Köhler, meines Erachtens 
mit Recht, in IG I 61 ergänzt hat, regelmäßig 
durch Weglassung von xaza ziQvzavsiav gekürzt 
wurde zu y. zijg ßovXfjg. Zu weit gingen die- 
jenigen, die annahmen, es habe im 5. Jhdt. und 
den ersten Jahrzehnten des 4. überhaupt bloß 
einen Rats- bezw, Staatsschreiber gegeben und 
daher selbst den y. xfjg xoXncog bei Thuc. VII 
10 , den Vorleser der Aktenstücke , dessen offi- 
zieller Titel y. zw dfjf.10) war (s. u, 6), ohne wei- 
50 teres mit dem y. zijg ßovXfjg identifizierten. Gil- 
bert, der ursprünglich (PhiloL XXXIX 131ff. 
und trotz des Widerspruches von v. Stojentin 
Jahrb. f. Phil. 1888, 189f. auch noch im Handb.l 
I 253f.) die These verfocht, es habe bis 307/6 
in Athen bloß einen Ratsschreiber gegeben, hat 
zwar nach Auffindung von Arist. Ad. jzoX. seine 
Ansicht wesentlich modifiziert, (Hdb.2 I 298ff.j, 
glaubte aber doch, auch noch für spätere Zeit die 
Identität des y. zfjg ßovXfjg und des y. xaza tzqv- 
60 zavsiav festhalten zu können. Gegen die Annahme 
bloß eines Ratsscbreibers spricht aber nicht nur 
der Bericht des Aristoteles, sondern sprechen vor 
allem die epigraphischen Tatsachen. Daß min- 
destens nach 358/7 oder 354/3 der y. xijg ßovXfjg 
und der y. xaza jzQvxareiav nebeneinander be- 
standen, wird angesichts der Urkunde IG TL 61 
niemand mehr zu leugnen wagen (s. u. 2). Die 
Identifizierung des Prytanienschreibers mit dem 



1721 



r^afifiaveTg 



y. tfjg ßovXfjg in früherer Zeit, für die meines 
Wissens in neuerer Zeit nur noch Lipsius zu 
Schömann Gr. Altert.* I 403 eingetreten ist, 
läßt sich, soviel ich- sehe , mit sämtlichen Zeug- 
nissen ungezwungen erklären; an Köhlers Er- 
gänzung in IG I 61 hat sie ihre Stütze, da so 
die Kürzung sich in ganz natürlicher Weise 
erklärt. Meistens freilich wird diese Ergänzung 

angefochten und schon deshalb , aber auch aus _ 

innern Gründen angenommen, vom Prytanien- 10 daß sich also keinerlei andere Funktionen für 

t •!. _ . . . ■ J i4- Ja- ' ! Kn+rnntn ilrn no (iliwüiofln locoOTi nnrl •fV»i*npr daß Ar mir 



iQttflfiaTElS L(&& 

Aufstellung von Beschlüssen auszuführen, während 
diese Funktion im allgemeinen an den neuen 
Beamten, den y. zfjg ßovXfjg, überging. Ob dieser 
neue Schreiber aus der Reihe der Ratsmitglieder 
genommen wurde, können wir nicht entscheiden. 
Zu beachten ist vor allem, daß, wenn auch die 
Kompetenzen dieser beiden Schreiber nicht scharf 
geschieden sind, doch der y. zijg ßovXrjg aus- 
schließlich mit der Publikation beauftragt ist. 



Schreiber sei der mit der avayQacpv) betraute 
Schreiber von Anfang an geschieden gewesen, und 
dieser habe von Anfang an 6 ygafifiazehg 6 zijg 
ßovXrjg geheißen; so Schäfer 13. Hartel 120. 
Wachsmuth Stadt Athen II 1, 339 Anm. Her- 
mann- Thumser Staatsalt. 498, 1 und besonders 
Hille 214f. Nach meiner Auffassung wurden, 
um zusammenzufassen, bis in die 60er Jahre des 
4. Jhdts. die verschiedenen durch die Inschriften 



ihn nachweisen lassen, und ferner, daß er nur 
bis 318/17 v. Chr. nachzuweisen ist, zuletzt in 
IG II Suppl. 231b, den Beschlüssen zu Gunsten 
des Euphron aus Sikyon aus den ersten Jahren 
nach dem Sturze der Oligarchie und der Wieder- 
herstellung der demokratischen Regierung in Athen. 
Seine Funktion ist also keine bedeutende, das 
Amt kein wichtiges und verantwortungsvolles. 
Das darf wohl auch daraus erschlossen werden, 



bezeugten Funktionen des Ratsschreibers von dem 20 daß er in IG II 11 4B 15 und C 15 gar nicht 
einen Prytanienschreiber (mit seinem Hilfs- oder genannt ist, sondern daß da lediglich steht ava- 
Kanzleipersonal) ausgeübt. Sein offizieller Titel «-^-— **- ~~ ...-s™.—« «m- ^ ™ A,,AA*, r . n ™, 
war 6 yQafi/aaievg 6 xaza Tzgvzaveiav zfjg ßovXfjg ; 
jedoch wurde dieser Schreiber entweder lediglich 
mit lyQaßixäzsvs bezeichnet, oder es wurde der 
volle Amtstitel regelmäßig zu 6 yoafifiaxeve 6 
zfjg ßovXfjg gekürzt. Bald nach der Umwandlung 
des Amtes des Prytanienschreibers in ein Jahres- 
amt, die etwa zwischen 368 — 363 v. Chr. erfolgte. 



yodipai 8e xo iprjtpiOfia zoSe im zö dvddtjf.ia xijg 
ßovXijg. Das würde, wie Lipsius zu Schömann 
Gr. Alterte I 404, 5 bemerkt hat, zur Genüge 
erklären, warum dieses minder wichtige Schreiber- 
amt von Arist. Ad. noX. 54 gar nicht erwähnt 
ist; doch bleibt auch die Möglichkeit, nach der 
von Larfeld II 706 als ,höchst ansprechend' 
bezeichneten Vermutung von Drerup Berl. 



wurde der durch Weglassung von zijg ßovXrjg bei 30 phil. Woch. 1898, 180, den y. zijg ßovXrjg mit 



der vollen Benennung entstandene Amtstitel 
yoapfiazevg «ar« utQvtavsiav üblicher. Diesen von 
nun an öfter zu wählen und an ihm festzuhalten, 
bot die Einsetzung eines besondern, ausschließlich 
mit der Aufzeichnung der Urkunden beauftragten 
yQa/ifiazevg zijg ßovXrjg die Veranlassung. Zum 
erstenmal begegnet uns der gekürzte Titel y. 
xaza itQvzaveiav bei einer Inventaraufnahme von 
358/7 oder 354/3 v. Chr. (IG II 61). Wer diese 



dem von Arist. genannten Ratsbeamten im xovg 
vöpovg zu identifizieren , allerdings unter der 
Voraussetzung, daß sich Aristoteles nicht genau 
ausgedrückt, nicht die technische Bezeichnung 
angewendet habe, s. u. 3 und 9. In gramma- 
tischer Hinsicht ist bemerkenswert, daß der y. 
zijg ßovXrjg — und zwar gilt das für die ältere 
wie für die jüngere Zeit — im Nominativ ge- 
wöhnlich 6 y. 6 zijg ßovXrjg heißt, im Dativ aber 



Kürzung des vollen Titels nicht zugibt, muß an- 40 zqj yQa^azei-zrjg ßovXrjg, im Akkusativ zbv yqafi- 
nehmen, der y. xaza novzavdav sei erst um diese ----- ™- fl —' Ä - n " ft «™ ^^>^^^ an ß^n^n 
Zeit, als die Stelle des Ratsschreibers (y. zijg 
ßovXrjg) zum Jahresamte wurde, neu eingeführt 
worden, so z. B. Dittenberger Syll.2 495, 20 ; 
Zum erstenmal wird expressis verbis der y. xaza, 
Tigvzavslav mit der Publikation eines Volks- 
beschlusses betraut in IG n Suppl. 108 b, einer 
Inschrift aus der Zeit des Olynthischen Krieges, 
also etwa 349/8 v. Chr, wo mir trotz der starken 
Zerstörung die Ergänzung Köhlers ziemlich ge- 50 



sichert scheint. In diese Funktion teilt er sich 
seit der Mitte des 4. Jhdts. mit dem y. zrjg ßov- 
Xrjg, den ich als eine Neuschöpfung des 4. Jhdts. 
glaube betrachten zu müssen. 

2) 6 yQa/njnazevg 6 zfjg ßovXrjg. Die Be- 
lege dafür, daß von rund 350 v. Chr. an ab- 
wechselnd der y. xaza. novzavdav und der y. zrjg 
ßovXijg mit der Publikation der Beschlüsse beauf- 
tragt werden, verzeichnet Larfeld II 706. Neben- 
einander als zwei deutlich geschiedene Funktio- 60 Köhler IG I 61 richtig ergänzt hat, die Ori- 



ftazea irjg ßovXijg. Daß aus euphonischen Gründen 
zur Vermeidung der Wiederholung tal y. zip zrjg T 
zbv y. zov zrjg der Artikel an zweiter Stelle weg- 
gelassen wurde, zeigt IG II 61, wo Z. 18 und 22 
zoy yQafjLfxazF.a zfjg ßovXrjg steht, dagegen Z. 15 
xoy ygafifiaxea zoy xaza TiQvxaveiav xai zovg aXXovg 
ygafifiazeag zovg im zoXg örjfiooiotg yQafif.iaoiv\ 
vgl. Meisterhans-Schwyzer Gramm, d. att. 
Inschr.s 230, 28. 

3) rQapifiatevg 6 kni zovg vöftovg oder 
'O ejii xovg vofiovg. Arist. 'ä&. sioX. 54, 4 
nennt als zweiten Schreiber des Rates nach dem 
Prytanienschreiber den Schreiber im xovg vöpiovs- 
Er ist erlost, wohnt den Ratssitzungen bei und 
hat, wie Aristoteles deutlich sagt, lediglich die 
Gesetze zu kontrollieren: xXrigovot de xai im zovg 
vofiovg ETsgor, og naQaxd&qxai zfj ßovXf] xai ävxi- 
yqd(p£xai xai ovzog xdvxag (sc. zovg vofiovg). Im 
5. Jhdt. standen, wenn, woran ich nicht zweifle, 



näre erscheinen sie in ein und derselben Inschrift 
358/7 oder 354/3 (IG n 61); denn der Versuch 
von Gilbert Philol. XXXIX 136f., sie auch hier 
zu identifizieren und das Nebeneinander zu er- 
klären, ist verfehlt. Es ist nicht zu bezweifeln, 
daß es etwa um die Mitte des 4. Jhdts. zwei R*ts- 
schreiber gab, von denen der Prytanienschreiber 
fortfuhr, auch die Öffentliche Aufzeichnung und 



ginale der Gesetze noch unter der Aufsicht des 
Prytanienschreibers, jetzt ist diese Funktion ab- 
getrennt und bei der zunehmenden Geschäftslast 
des Prytanienschreibers einem besonderen Beamten 
zugeteilt. Legt man in der Aristoteles-Stelle den 
Nachdruck auf ksti rove vopovg, nimmt man also 
an, dieser Schreiber habe bloß die Aufzeichnung 
der Gesetze, nicht auch der Psephismen, zu kon- 



1/ZÖ 



iQCCiXpLUTeTq, 



r^txfifjuxrets 



1724 



troheren gehabt, so ist es , ganz natürlich, daß 5) reappartis r« s ßovXüg xal xov 
dieser neue Schreiber uns mdeaVolksbeschlüssen öjftov, der seLt 307/6 gewöhnlich bloß v. zov 
nicht begegnet' (Gilbert Handb.2 I 300, 1). Es dfaov genannt wird und sich bis etwa 200 v Chr 
ist aber überhaupt sehr fraglich und a priori nachweisen läßt. Die ältesten Urkunden, in denen 
wenig wahrscheinlich, daß neben dem y. xaxd der y. xov Öfaov mit der Publikation betraut ist 
izQvxavttav, der ja immer noch mit der Aufzeich- IG H 273. 275. 286. 293. Suppl. 296 e ffehören 
nung von Beschlüssen betraut ist und dem die alle dem Ende des 4. Jhdts an, die iümrste 
gleiche Funktion gleichzeitig ausübenden y. xfjg sicher datierbare, II Suppl. 385c I 28 den 
ßovXfc für die vofioi ^noch ein besonderer Beamter J. 216-214, während einige nicht sicher datier- 
et den gleichen Kompetenzen bestanden habe. 10 bare noch etwas junger sein dürften; vgl die 
Die Annahme eines eigenen y. bä xovg vdptovg Zusammenstellung bei Larfeld II 707 D*>r 
verhert dadurch noch mehr an Wahrscheinlichkeit, volle Titel r , xijg ßoviijg xal zov öfrov erscheint 
daß, wie unter 9) auszufahren ist, auch ein hti IG II 309 (287/6 v. Chr.), der einzigen Urkunde, 
r« ywwtwxa, und zwar inschnftlich, vorkommt, wo er mit der Publikation der Inschrift beauf- 
jer doch wohl mit dem «w zovg vdpovg zu iden- tragt ist. Außerdem ist er bloß angeführt in 
tinzieren ist Beides sind also möglicherweise nur zahlreichen Prytanenverzeichnissen , IG II 869 
speziellere Bezeichnungen für den y. xfjg ßovXijg, (ca. 350 v. Chr.), Suppl. 871b (nicht viel nach 
4) Der avayQayevs Während des oligar- der Mitte des 4. Jhdts.). 393, zu verbinden mit 
einsehen Regiments, das infolge der Umwälzungen 391 (Ende des 3. Jhdts.; hier neben zahlreichen 
im Lamischen Kriege (323—322 v. Chr.), der 20 andern Schreibern). 394 (aus derselben Zeit). 
Aufhebung der Demokratie durch Antipatros, in 431, 45 und 441 (wahrscheinlich aus der ersten 
Athen herrschte finden wir bloß während der Hälfte des 2. Jhdts.). 488 (aus dem Anfang der 
drei Jahre 321/0-319/8 v. Chr. einen ävay Q a- Kaiserzeit), worin [6 y Q a^az,bg rfjg] ßovXrfg xal 
S f L E pH-v K J Ja^esbeamter, der nicht bloß zov dfrov zusammen mit dem oz Q ar ny dg iJl xovg 
mit dei Publikation der Yolksbeschlüsse betraut bnXdxag und dem **>„£ «fr |f >ÄQäov xäyov 
ist — nach IGr II 190 ist seine Pflicht in erster ßovXf\g beauftragt wird, den Beschluß in Abschrift 
vTff d * ava re a W ™ v ?e«M«™v — sondern in Myrina mitzuteilen. Als grammatisch merk- 
umfassendere Kompetenzen gehabt haben muß, würdige Abweichung in der Titulatur dieses Be- 
wie sonst der ■ y. xaza xQvxavdav. Das ist er- araten ist zu verzeichnen der Dativ in y. xf>i 
wiesen durch die Tatsache, daß er nicht bloß in 30 ßovXijt xal *d» djpoH, der sich sicher in IG II 
der Überschrift erwähnt ist, sondern auch in der 865, 21 und 870 (beide etwa aus der Mitte des 
Datierung im Prasknpt. Der *vay Q a<pevg erscheint 4. Jhdts.) findet, wahrscheinlich auch in 867 vom 
in der Überschrift IG II Suppl 192c (320/19 J. 378/7 v. Chr. Es ist wohl kaum zu be- 
t;^ 0, " el . leu!h r t "<* » 226 (319/8 v. Chr.). zweifeln, daß der y. rifg ßovXijg xal zov öfaov 
In den gleichen Jahren finden wir ihn aber auch und der y. zov ärjpov identisch sind. Ein ina- 
Q! 10.0 U q "? ^ e no? pit ? der r7 De T kret n e m n l °Son dazu bietet die Verkürzimg der Sanktions- 
a?r t -Ü PP -' ? b ^°' « U Deachten ist > fo ™el M°& riji ßovXfjt xal ton Mptoi in den 
daß neben ihm m dem Dekret II 191, vielleicht Präskripten probuleumatischer Dekrete seit dem 
auch in dem verstümmelten 192, sicher aber in Anfang des 3. Jhdts. (Larfeld II 707) Hin- 
II buppL 192b und c in den Präskripten mit40 gegen ist von diesem Schreiber zu trennen der 
o ömva jyQafifiazeve noch ein Prytanienschreiber in der Buleutenliste des J. 335/4 v. Chr. genannte 
Sw?«5 i J^f^^^ i der «"W«¥*fr 7- *ö« AJ/wii (b. 6.). Daß in den Prytanenlisten 

?Ä ^ 7 "? 't? n ^ PPl ?^ 3 nn 229b H 865ff - der y- T * s fi™** * al ™* Wf™ stets 

*-<?»•) und ° add - P ' ti 4 T nr - 299b meiner andern Phyle stammt als die betreffenden 

i so VW "Sw.^?. 1116 ? ™J? n SuppL Pr y tanen - ^ a «f ZnfaU beruhen; jedenfalls 

p. 8J. Mit der Publikation der Dekrete finden gibt uns das kein Recht, in ihm nicht einen 

wir den _ av^ga^vg in den J. 321/20-319/8 Jahresbeamten, sondern den wiederaufgelebten, 

Wt r agt 1 nIGII227.228.229undSup P 1.229c.d prytanienweise wechselnden Schreiber In sehen 

(hier ist die Abfassungszeit nur erschlossen). Über (Larfeld II 707). Man wird zu letzterer An- 
üen avaygatpevs vgl. außer Larfeld II 655 und 50 nähme um so weniger geneigt sein, als in den 

i? a 6 ' /'Z n M ^ Übe l di , e B^eutonliste Ehrendekreten für die au3 dem Amte scheidenden 

des J. 33o/4 v. Chr., m der ebenfalls schon ein Prytanen aus dem 3. und 2. Jhdt. (IG LT 329 

avwßaywg erscheint, jedoch wohl nur als Hilfs- 303. 394. 431 IL 441) der y. (ztg ßovXijg xai) 

Schreiber freilich unrichtig sind. Schaltheß rov Sfoov immer scharf geschieden ist von dem 

Lft Ä i?- 96 ', 38 °' ? ran ? is o- aus derselben Phyle wie die Prytanen stammenden 

ouppi -rsa. i &. iö t um avayoa<pev$ ergäbe sich Prytanenschreiber. 

auch für Neapolis aus IG XIV 757 Ä,««^ xa l 6) r Q a^ar £ vc röi a^ w . An dritter 

<*£ta>s r V g Ttolscog avay £ y e a<pfEvx6n), wenn nicht Stelle nennt Arist. 'A&. xoX. 54, 5 einen vom 

in dieser nur durch ältere Abschriften bekannten Volke durch Cheirotonie gewählten Schreiber, der 
hJi™ n? lese r n ^ är ?«»*°^W^";mitA.WiL60m der Volksversammlung und den Ratssitzungen 

Nach d7 m 1 ^o;, 1 / 1 4 ^ fl , - die Aktenstücke zu verlesen hat, mit der aus- 

Attm «JfeP Jlfü S X \°Y finden wir m dra ^chen Bemerkung, daß das seine einzige 

^S^tzZiT 818/1 I -T h - d f 7 ' T ^JZ Xifs FuDkti0D ist: Z^ozoveTSk xal h ö, lft og yga^ia 

som letztenmal genannt ist, wieder ausschließlich zdr avayvoööpsvöy afaS (d. h. J^i) xai zS 

iSchiü^ \SSS^T S?* er Publikation der fati, * ai »t™ oidsv^ iozc xvengm* $ roh 

Z^Tv^Ar% ^tfvgu'gegBn erscheint nun ärayväivat. Schon angesichts dieser ganz deut 

raren isnde des 4. Jhdts. häufiger der schon liehen Schlußbemerkung war es verfehlt, wenn 

her vorkommende Gilbert Handb.2 I 300. Drerup BerL phiL 



1725 



r^afifiarstg 



r^afifiaveig 



1726 



Wochschr. 1898, 179 und Larfeld II 708 ihn mit 
•dem y. tijg ßovXifg xal zov örjfiov identifizieren 
wollten. Es unterliegt vielmehr gar keinem 
Zweifel, daß wir diesen Akten- Vorleser , für den 
sich aus Aristoteles etwa die Benennung^. 6 ava- 
yiyvcbaxav zeji ö^ia> ergäbe, insehriftlich über- 
liefert finden in der von Kirchner Athen. Mitt. 
XXIX (1904) 244ff. publizierten, bereits früher 
von Wilhelm erwähnten und auch von Lar- 



- c) ävayQatpevg ; 

d) ETzi za tpr}<pla(xaza; 

e) ävziyQCMpevg. 

Über die ersten zwei ist nichts weiter zu be- 
merken; auffällig ist dagegen hier der 

7) dvaygatpsvg, den wir. oben unter 4) aus- 
schließlich für die Jahre nach dem Lamischen 
Kriege (321/0 — 319/8) nachweisen konnten. Man 
wird, zumal da in der Buleutenliste der dvayga- 



f eld mehrmals herangezogenen Buleutenliste, 10 <psv$ erst an dritter Stelle genannt ist, Bedenken 

die aller Wahrscheinlichkeit nach die Buleuten des *™<«wi ilm mit dpm Rnfrar znr Datierrniff ver- 

J. 335/4 v. Chr., also nur wenige Jahre vor der 

Publikation deT 'A-fr. ztol., verzeichnet. Hier heißt 

er kurz y. ran 8^<ot. Über den Dativ bei y., 

der bei ygafifiazevcov ganz natürlich ist, vgl. zu 5). 

Zur Evidenz erhoben wird diese Identifikation 

durch IG n 114a 10 (Dittenberger SylLJ 

495) von 343/2 v. Chr.: ävafyv&Jrat zoSf. zo 

yjjyioiua zoy yQapfiarm tcöi dfjficüt, wo man bisher von Drerup Berl. phil. Woe 

Tön drjfifoi fälschlich mit dvayvtövai verband, 20 geschlagene Erklärung, der 



tragen, ihn mit dem sogar zur Datierung ver- 
wendeten dvayQ acpevg der J. 321/18 zu identifi- 
zieren und so einen Beamten, den man als eine 
Neuschöpfung des durch Antipatros eingesetzten 
oligarchischen Eegimentes glaubte betrachten zu 
dürfen, bereits 14 Jahre früher anzunehmen, wo 
sich ein Grund zur Einführung dieses nicht un- 
bedeutenden Amtes gar nicht einsehen läßt. Die 
von Drerup Berl. phil. Wochschr. 1898, 1458 vor- 
' Larfeld II 706 zu- 



währaid es mit zoy ygafipazsa eng zusammen- 
gehört (Kirchner 245; auf dem richtigen Wege 
waren Gilbert Handb.2 I 301 Anm. und Lip- 
sius zu Schümann Gr. Altert. 4 I 404, 4). Dieser 
Akten-Vorleser ist aber nicht erst eine Institution 
des 4. Jhdts,, sondern rindet sich schon im 5. Jhdt. 
Bei Thuc.VH 10 heißt der Schreiber, der in der 
Volksversammlung die Akten vorliest, 6 yqafifia- 
zsvg 6 zfjg noXecog. Dieselbe nichtoffizielle Be- 



zustimmen geneigt ist, ist ein unannehmbarer 
Notbehelf. Soweit wir sehen, tTat der dvayga- 
<pevg der J. 321—319 vollständig in die Funktionen 
des Prytanienschre'ibers ein und wird im Präskript 
mit dem Archon oder auch allein zur Datierung 
verwendet. Der Prytanienschreiber erscheint aber 
in der Buleutenliste an erster Stelle, also doch 
offenbar in seiner bekannten Funktion. Man wird 
daher im dvayQaysvg des J. 335/4 noch nicht den 



Zeichnung bei Ps.-Plut. vit. X orat. 841 F: nach 30 kompetenzenreichen. Beamten der J. 321/19 sehen 



der von Lykurgos getroffenen Einrichtung soll bei 
Aufführungen der Dramen des Aischylos, Sophokles 
und Euripides o zrjg nöXecng ygau/xazevg den Text 
im Staatsexemplar nachlesen, damit am offiziellen 
Test keine Änderungen vorgenommen werden 
(Erweiterung seiner Kompetenzen), Schließlich 
gebraucht diese nichtoffizielle Benennung y. xf\g 
ziölstog auch Libanius Argum. Demosth. XIX 
von Aischines. Dieses Schreiberamt haben närn 



dürfen, sondern lediglich einen Hilfsschreiber zur 
Unterstützung des y. xaza JigvTaveiav. Wir werden 
überhaupt nicht fehl gehen, wenn wir uns den 
y. xaza nQvzavzlav, sobald neben ihm noch andere 
Schreiber erscheinen, als eine Art Kanzleichef 
vorstellen. Am deutlichsten ergibt sich das aus 
der Inschrift über die Chalkothek vom J. 358/7 
oder 354/51 , wo der Staatssklave Eukles beauf- 
tragt wird, das Inventar der Chalkothek aufzu- 

__ ~V ^ ^ "L un «J ^«14- i1nn I?"«Ti4».rtllA T\ai amar 



lieh Aischines, der sicher nicht Ratsmitglied war, 40 nehmen, während mit der Kontrolle — bei einer 
und sein Bruder Aphobetos wahrscheinlich in zwei T — + *«..i™ a «^ «\ a ;™ T*nnVtiAr«n <W 



aufeinander folgenden Jahren (Penndorf 168f. 
bekleidet, wohl dank der Empfehlung des Eubulos; 
vgl. Demosth. XIX 249 xal zb zeXsvtdtov vtp 
vfiatv yQü^ifiamtg y£iQOTQvrj-&hzsg dv szfj ezQdfptjaav 
h> zfj &6X(o. Wenn dieser Vorleser der Ehre ge- 
würdigt wurde, mit den Prytanen in der Tholos 
xu speisen, so kann dieser Posten nicht für so 
unbedeutend gegolten haben, wie man aus der 



Inventaraufnahme wird sie im Punktieren der 
einzelnen Posten bestanden haben — der Pry- 
tanienschreiber mit dem übrigen Kanzleipersonal, 
den Archivbeamten, beauftragt ist : dvziygätpeo&ai 
ös zoy yQa^fAazia r6y xaxä ngviaveiav xal zavg 
äXXovg yQafifiafriJag xovg ejzl zoig b^fio- 
oiotg ygä/ufiaatv. Die Rolle des Kanzleichefs 
ergibt sich für den y. xata xgvzaveiav aus diesem 
Passus um so deutlicher, als die Aufzeichnung 



engbegrenzten Kompetenz zu schließen geneigt 50 des Beschlusses nicht durch ihn, sondern durch 
wäre. In herabsetzender Weise , wie bereits den y. xfjg ßovXfjg besorgt wird. 



Schäfer Dem. u. s. Zeits I 254, 1 mit Recht 
hervorhob, nennt Demosthenes XIX 70 Aischines 
in diesem Amte vjioyQafipaxevoav xal ijirjoexolv 
statt yqaptftazevov. Es darf daher aus dieser 
Steile kein Schluß auf die Wertschätzung des 
Amtes gezogen werden-, daß es aber an Bedeu- 
tung lange nicht an dasjenige des Prytanien- 
schreibers heranreichte, ist klar. 



8) Der arziygatpsig, von Aristoteles nicht 
erwähnt, aber in der Buleutenliste von 335/4 an 
fünfter Stelle genannt, ist zwar mehr Rechnungs- 
beamter als Schreiber, eine Art Buchhalter des 
Rates, darf aber hier um so weniger übergangen 
werden, als der Artikel *AvztyQatpevg o. Bd. I 
S. 2423 (nicht die hauptsächlich den dvxiyQayevg 
von Magnesia am Maiandros behandelnde Ergän- 



Mit dieser Aufzählung ist die Zahl der Schreiber 60 zung von Brandis o. Suppl. -Bd I 90f.) mehrfach 

"^ v - Vi — *-- -**■ ^ *- 1 — der Berichtigung und Ergänzung bedarf. Ist doch 

Thal he im so weit gegangen, die Benennung 
dvxtyQatpEvg als eine Erfindung der Grammatiker 
zu bezeichnen (ebenso Larfeld II 7011), als eine 
Nebenbezeichnung des Ratsschreibers, erschlossen 
aus einem wesentlichen Teil seiner Beschäftigung, 
dem dvnycjdyeo&ai, das als eine Haupttätigkeit 
des y. xaxd jtQvrttrslar bei Arist. *A&. izol. 54, 3 



des Rates noch nicht erschöpft. Die schon mehr- 
fach erwähnte Buleutenliste des J. 334/5, publi- 
ziert von Kirchner Athen. Mitt. XXIX (1904) 
244 — 253, nennt nicht weniger als fünf Schreiber, 
bezw. Beamte oder Diener des Rates in folgender 
Reihenfolge und mit folgenden Namen: 

a) yoafifiaxevg xaxd 7rgtrrav6iar; 

b) yßafiftazevg Tip A?/«^»; 



1727 



r^afifiareZs 



r^afifiatets 



1728 



angegeben ist. Die Liste von 835/4, wo der Deputierter des Rates' gewesen sein, wie Lipsius 

dvxiyQtupsvg neben dem y. xazä ngvzavsiav er- zu Sc hö mann Griech. Altert.4 1404, 5 annahm, 

scheint, beweist mit aller Deutlichkeit , daß der Daß jener Eudoxos , zu dessen Ehren die Be- 

avTtyQa<psvg ein eigener Beamter des Rates ist. Schlüsse B 10—16 und C 9—15 dieser Inschrift 

Wir haben durchaus keinen Grund , ^ die Nach- gefaßt sind, weil er xaXäg xai dixaioig ins/LieXfj&t} 

richten, die uns literarisch über den dvTt.yga<pevg zfjg Sioix^oswg vjzb zfjg ßovlijg i<p" fjv elged-jj, die 

überliefert sind, irgendwie anzuzweifeln, abge- Stellung des avTiyoayEvg bekleidet habe,' wie 

sehen von den verworrenen Grammatikerzeug- Ei eden au er Verhandig. d. philol. Gesellsch in 

nissen Pollux VIII 98 und Harpokr. s. avxi- Würzbarg (1862) 77 annahm, ist durch die Zeit 
ygarpt-ÖQ, über die v. Wilamowitz Herrn. XIV 10 der Inschrift ausgeschlossen, 

148 und vorsichtiger Penndorf De scrib. reip. Das vor 335/4 wieder eingeführte Amt des 

Athen. 158ff. gehandelt haben. dvziyga<psvg hat noch lange fortbestanden, wenn 

Aischines (III 25) sagt für die Zeit vor dem es auch nur selten erwähnt ist. Ein dvztygaw&vg 

J. 330 y. Chr., in welchem die Rede gehalten erscheint, wie bereits Thalheim o. Bd. I S. 2424 

ist: kqöteqov fth xoivvv avziygayevg yv xetgo- bemerkt hat, in allerdings recht auffallender 

TovjfTog rfj x6lei } og xaff sxdaz^v uiQvraveiav Weise in einem Volksbeschluß des 2. Jhdts., 

dnsloyi&ro rag xoooödovg %$ dr}(Mp. Er war also IG II 408 (v. Schöffer o. Bd. II S. 587 setzt 

vom Volke gewählt und hatte in jeder Prytanie den hier genannten Archon Metrophanes erst ins 

dem Volke die Rechnungen vorzulegen über die J. 129/28 v. Chr.) im Präskript unmittelbar hinter 
Staatseinnahmen. Offenbar war er selber Mitglied 20 dem Prytanienschreiber und zwar im Nominativ: 

des Rates, nicht bloß ein Beamter des Rates, im zfjg Axafxavzlöog äeadr^g jiQvzavstag § 'Em- 

wie Kirchner 247 annimmt; denn mar unter yhr\g Moöxioivog Aä^TQevg iyQafifidxsvsr, ävzi- 

der ersteren Voraussetzung ist meines Erachtens ygaysvg Atjfioxgäxtjs Arj/ioxgdzov KvSa^vatsvg. 

Dem. XXn 38 völlig verständlich: tocog dvaßij- Er hat sich sogar bis in die Kaiserzeit erhalten, 

öt-tat xai övvsqsT rfj ßovkfj üiXinnog xal 'Arn- wo er unter den deiatzoi (s. o. Bd. I S. 478) er- 

yjvyg xai b dvtiyga<pevs xai ziv^ ällot, oineg scheint, IG III 1030,33 (zwischen 166/7—168/9 

ixet dt savtcöv st%ov fiezä zovzov zo ßovlEvz^giov. n. Chr.). 

Diese Rede gegen Androtion fällt ins J. 355, Ähnliche Funktionen, wie der ävztyga<psvg f 

also ein Jahr vor dem Beginn der Finanzver- hatte der örjßoatog des Rates, ein Staatssklave, 
waltung des Eubulos; vgl. auch Lipsius zu Schö- 30 der mit der diotxtjoig zu tun und Spezialaufträge 

mann Gr. Altert. 4 I 404, 6. des Rates auszuführen hatte und dessen Tätigkeit 

Aus der Aischines- Stelle erfahren wir, daß speziell als dvztygdtpeo&at bezeichnet ist, z. B. 

das Amt des ävztygayevg 330 nicht mehr bestand, IG II 403 (aus dem Ende des 3. Jhdts.) ; vgl. 

sondern daß während der Finanzverwaltung des auch II 404 (aus dem Ende des 2. Jhdts. v. Chr.). 

Eubulos (354—339) die Funktionen des ävztyga- Über diesen Ötj^ootog vgl. o. Bd. IV S. 161, 52. 

rpevg auf einen aus dem Kollegium im zo &ecü- 9. Der ini zä ipr)(pla^aza steht in der 

qixöv übergegangen waren (daß nicht ein Kolle- Buleutenliste von 335/4 an vierter Stelle, vor dem 

ginm, sondern ein einzelner, ixt to üsagtxöv ävziygatpevg , in der Beamtenliste von 343/2 IG 

genannter Beamter für die Theorikengelder gesorgt II 114C zwar an zweiter Stelle, aber ebenfalls 
habe, ist eine wenig wahrscheinliche Vermutung 40 unmittelbar vor dem um diese Zeit die Stelle 

von Schaefer De scribis 38, 2; vgl. Ditten- des früheren dvziygatpsvg einnehmenden im to 

berger Syll.a II nr. 495 Anm. 24). Das blieb fcmgtxöv. Lipsius zu Schümann Gr. Altert, 

so, bis durch das Gesetz des Hegemon wieder 14 404, 5 erklärt ohne weitere Begründung, der 

das Amt des ävziygatpsvg beim Rat eingeführt II 114 C genannte Buleut im zä ^o^iofiaza 

wurde. Da der dvnygafpsvg in der Buleutenliste sei kein Schreiber, sondern, wie der mit ihm 

von 335/4 erscheint, das Amt aber nicht vor dem zusammengestellte im zö &ea>gixöv, ein ,Depu- 

Rücktritt des Eubulos von der Finanz Verwaltung tierter des Rates* , also nicht ein Beamter des 

(339/8) wiedereingeführt sein kann, so muß das Rates, sondern ein speziell mit dieser Funktion 

Gesetz des Hegemon, wie bereits Kirchner 247 betrautes Ratsmitglied. Daß er Ratsmitglied 
richtig bemerkt hat, vor 335/4 beschlossen wor-SOwar, ist auch mir wahrscheinlich, und daß der 

den sein. Amtstitel im zä yrjyiouaza wohl nur eine Funktion 

Mit dieser aus der Literatur erschlossenen bezeichnen kann, die sich mit der Kontrolle der 

Geschichte des Amtes des dvziygayevg stimmen Aufzeichnung der Psephismen deckt, einleuchtend, 

die epigraphischen Zeugnisse überein. In der Will man, was fast unerläßlich scheint, den Tat- 

Prytanenliste der Pandionis aus dem ersten Drittel bestand der beiden Beamten Verzeichnisse des 

des 4. Jhdts. IG II 865 erscheint als Beamter Rates von 343/2 und 335/4 mit den fast die 

des Rates neben dem y. zfj ßovlfj xai z<p ötjftq> gleiche Zeit beschlagenden Angaben von Arist. 

auch der ävztygaqpevg. Dagegen erscheint in einer A&. tzoX, 54, die freilich nicht den Anspruch auf 

Inschrift aus der Zeit der Finanzverwaltung des absolute Vollständigkeit erheben dürfen, in Über- 
Eubulos IG II 114 unter den C 1—9 aufgezählten 60 einstimmung bringen, so bleibt nur der von 

Ratsbeamten der dvziygatpsvg nicht, sondern genau Kirchner 245f. gewählte Ausweg, den von 

En ™£ leicnen ste lle, wie in der Buleutenliste Aristoteles genannten im zovg vö/iovg zu identi- 

von 385/4, nämlich nach dem hzl zä ytr}<piofiaza, fizieren mit dem in diesen beiden Urkunden ge- 

ein ext tö_&eoiQtx6v, Ktjytootpöv EecpaXioivog 'Ayi- nannten Im za yttiyioftaia (zur Identifikation ist 

SS ff * Ä? S . e ? lst bier *k B^^amter aufge- auch v. Wilamowitz Arist. u. Athen 1227, 84 

««£» obgleich er in Wirklichkeit ein Mitglied geneigt ; aber er nimmt an, der ixt za ymmiouata 

der_ TheonkenbehOrde ist, also eigentlich außer- sei spater durch den ixi uw 5 'rdfuwe ersetzt 

halb des Katen «feto Tür _-«i «i art „i,™ ^„ wor a erjf nachdem eine Änderung eingetreten sei). 



halb des Rates steht. Er wird also nicht ,ein 



ivuy 



rQüfimatsiq 



Fgamuevelg 



1730 



Bei der nicht ganz streng durchgeführten Schei- 
dung von v6fM>i und xprj^tafiata, weil ja auch die 
v6fiot auf yfijiptofiata zurückgehen oder doch erst 
durch solche Gesetzeskraft erlangen, halte ich 
diese Identifikation für durchaus zulässig. Dann 
ist anzunehmen, Aristoteles, der ja offensichtlich 
für diesen Schreiber nicht die technische Bezeich- 
nung anführt, habe ihn weniger genau nach 
einem Teil seiner Kontrollarbeit benannt 



zfjg ßovlijg xai xov öfoov (IG U 859. II v 871b) 
oder y. zjj ßovkfi xai zq> dfotp (IG II 865. 870) 
aus der Mitte des 4. Jhdts. zu identifizieren^ 
Allerdings kann er sich darauf berufen, daß in 
der gleichaltrigen und gleichartigen Urkunde IG 
IIv 872b derselbe Beamte als y.. zfjg ßovk^g er- 
scheint; vgl auch Penndorf 147. 

Die nicht zu leugnende Unsicherheit, die auch 
jetzt noch nach nicht unwesentlicher Vermehrung 



Nunmehr dürfen wir auch vor dem weiteren 10 des Urkundenmaterials und nach dem Hinzu- 



Schritt nicht zurückschrecken, den Kirchner 
245f. getan hat, den y. im zovg vofiovg bezw. 
im za yqtpiafiaza zu identifizieren mit dem gerade 
um diese Zeit wiederholt mit der Aufzeichnung 
der Psephismen betrauten y. zfjg ßovXffg) so auch 
Dittenberger Syll.2 II nr. 495 Anm. 22. Da 
die Angaben des Aristoteles hinsichtlich des y. 
xara szQvravEtav und des y. z<3 drjfiq) mit den 
gleichzeitigen Inschriften übereinstimmen, so ist 



kommen der *A&, tcoX. besteht, rührt, wie ich 
glaube, zum Teil davon her. daß zweifellos nicht 
bloß zu verschiedenen Zeiten ein und derselbe 
Funktionär verschieden benannt wurde, sondern 
daß offensichtlich auch innerhalb ein und derselben 
kürzeren Periode die Benennung nicht eine ab- 
solut technisch strenge im modernen Sinn war 
und zwar nicht bloß, wenn wir literarische und 
inschriftliche Quellen gegen einander halten, son- 



in der Tat nicht einzusehen, warum der um diese 20 dem auch wenn wir bloß die Inschriften in 



Zeit öfter vorkommende y. zrjg ßovlijg nicht mit 
dem von Aristoteles erwähnten iai zovg vopovg 
und dem im za ^fjj<pio^caza der beiden Prytanen- 
listen zu identifizieren sein sollte. Worin hätten 
denn die Funktionen eines besondern y. zv\g ßov- 
Xtjg, der in unsern Inschriften lediglich mit der 
arrygacpr] rov ftjtpia^azog betraut ist, bestehen 
sollen, wenn neben ihm noch ein y, ini zovg vo- 
fiovg xai za ywjfpiofzaTa bestanden hätte? Zuzu- 



Betracht ziehen. Vermehrt wird die Schwierigkeit 
und Unsicherheit dadurch, daß eine ganze Anzahl 
unserer Inschriften in die 15jährige Verwirrung 
nach demLamischen Kriege (322/1) bis zur Wieder- 
herstellung der Demokratie durch Demetrios Poli- 
orketes (307/6) fällt, eine Zeit, über der nicht bloß 
in staatsrechtlichen, sondern auch in historisch- 
tatsächlichen Dingen vielfach Dunkel schwebt. 
Über die Schreiber unter der Herrschaft des 



geben ist allerdings die oben unter 2 ausge- 30 Demetrios von Phaleron vgl. Sund wall De 
„„w^i,^ ™*„ii A M„u A n a a -jx. a„.\* institutis reipublicae Atheniensium post Aristo- 
teles aetatem commentatio , Acta soc. scient. 
Fennicae 5XSIV 4 (Helsingfors 1906). Fergu- 
son Athenian Secretaries 42ff. Penndorf 179ff. 
10. In römischer Zeit, wo Athen wenigstens 
lange umbram et residuum lib&rtatis nomen 
(Plin. ep. VIII 24,4) beibehielt, finden wir mit 
der ßovXij , die sich bis ins 4. Jhdt. nachweisen 
läßt, auch alle Schreiber mit denselben Titeln 



sprochene Möglichkeit, daß der y. zfjg ßovXfjg nur 
tpyyiofmta aufzeichnete, also mit dem ini zä 
yqywfiaza der Inschriften zu identifizieren ist, 
während zur Aufzeichnung der vopoi der von 
Aristoteles erwähnte ini zovg voptovg bestellt ge- 
wesen wäre; aber sehr wahrscheinlich ist diese 
Annahme nicht, da wir von Aristoteles die Er- 
wähnung des mit dem y. xaxa TZQVzaveiav um 
diese Zeit bei der Aufzeichnung der Beschlüsse 



wechselnden y. zfjg ßovlfjg erwarten dürften. Es 40 wie zur Zeit des Demosthenes. Sie sind sogar 



hat schon Gilbert Handb. 12 300 darauf hin- 
gewiesen, daß, nachdem der erste Ratsschreiber 
häufiger y, xazä siQvzavslav genannt wurde, der 
im zovg vöftovg (und, dürfen wir hinzufügen, 
i.-ri zä ^rjtpiojxaza) nun ganz allgemein und un- 
mißverständlich als y. zfjg ßovlijg bezeichnet 
werden konnte. Man scheint vergessen zu haben, 
daß bereits Gilbert P 300, 1 bemerkt hat, daß 
die Tätigkeit des y. zfjg ßovlijg in der eingelegten 



eher noch zahlreicher, wie die Beamtenverzeich- 
nisse und Prytanenlisten zeigen und vor allem 
die Listen der ätotzot (deiottoi), IG IDI 1019ff. 
(über detoizoi vgl. o. Bd. I S. 478). In der 
zwischen die Jahre 166/7—168/9 n. Chr. fallenden 
Liste IG III 1030 ist unter den Prytanen ver- 
zeichnet Z. 18f. Iliözog} ygaftfiatsvg ßovXev- 
tc5v [das Zeichen } bedeutet, daß der gleiche 
Name als Vatersname im Genetiv zu wiederholen 



Urkunde bei Demosthenes XXIV 42, deren Echt- 50 ist], unter den deiotzot, d. h. solchen, die Beamte, 



heit jetzt nicht mehr bezweifelt wird, identisch 
ist mit der des Aristotelischen im zovg vopovg: 
imyQaipai de zotg ftkv vvv xeifiivoig (sc. röfwig) 
tov ygaftfiazea zfjg ßovlf/g xzX., er soll binnen 
Monatsfrist an den bereits bestehenden Gesetzen, 
falls sie nicht bloß für eine bestimmte Zeit 
erlassen, also befristet sind, die Bemerkung an- 
bringen, daß sie gelten vom Tage des Erlasses 
(xvßlovg elvai axb zfjg fffdgag rjg exaozog izi&r)). 



aber nicht Prytanen sind und wegen ihres Beamten - 
Charakters an der Staatstafel teilnehmen, Z. 28f. 
roQytag } Ayaqvtvg yQap/nazEvg ßovlfjg xai 
öfjftov, Z. 30f. Mägxog Evxagmdov *A£t]vievg 
yöaftiiazEvg xazä TZQvzavslav, Z. 33f. Mov- 
öatög ^ &vldöiog dvTtygatpsvg , Z. 36f. Ev^d- 
giozog ITaQafiovov s Exetxidr}g vjroygafiftazevs. 
Der y. xazä Ttqvzavüav erscheint in römischer 
Zeit sonst nur noch 1038 und in dem von Sund- 



Da die Rede gegen Timokrates im J. 353/2 ge- 60 wall Philol. LXVDJ (1909) 571 publizierten, 

halten ist, so muß der y. zfjg ßovlijg des einge- --- Li -**-— j-^._ -l. T *- A, - fl ™ J 

legten vdpog vor dieses Jahr fallen. Diese Notiz 
gibt uns gegenüber den schweigsamen Inschriften 
wenigstens von einer Tätigkeit dieses y. zfjg 
ßoyXijg eine Vorstellung. Fraglich ist mir, ob 
Kirchner 246 gut daran getan hat, mit diesem 
y. zfjg ßovlfjg — &ii zä y.nj<piofiaza auch den in 
den Weihinschriften der Prytanen erwähnten y* 

* P»nly-WiB»owa-Kron VII 



nicht näher datierbaren Beschluß zn Ehren der 
Prytanen und ihrer Beamten, die andern häufig, 
wie aus dem Index zu IG IH 31 lf. zu ersehen 
ist In allen andern dieser Beamten Verzeichnisse, 
außer in 1030 und 1038, erscheint unter den 
deiaitot an Stelle des y. xazä XQvxavslav 6 exi 
io ßnfia, IG III 10. 1020. 1029. 1031. 1032. 
1034. 1040. 1041. 1042. 1048. 1051. 1064. 1078. 

55 



1731 



r^afAfXatetg 



Htja/LifMxveig 



X732 



1733 



r^afifiavetg 



rQccfifiaretg 



1734 



die alle ans Ende des 2. oder den Anfang des 
3. Jhdts. gehören. Baß in dieser Zeit Seil xö 
ßrffta der Titel des Prytanienschreibers ist, daß 
also die beiden identisch sind, ergibt sich aus 
innern Gründen und außerdem mit absoluter 
Sicherheit aus IG III 10 (209/10 n. Chr.), wo 
Tödfov KaXMotov MaQa$(u>viQs) im Präskript als 
der Schreiber der Prytanie bezeichnet ist {hd 
tjjs J7avdiovi[dog .... szgv]xavEiag r^g sygapfidxsvs 
e P6öü>v KaXXtaxov Magaföcovtog]), im Verzeichnis 
der atatiot dangen als 6 tisqI xo ßijfia; so schon 
Boeckh CIG I p. 326b; vgl. auch Hille 220f. 
Ferguson 65f. 

11. Die Funktionen der yga^fj-axEtg, 
die sich zum guten Teil schon aus der voraus- 
gegangenen Übersicht, besonders unter 1 ergeben, 
sollen hier durch eine Auswahl von Belegen be- 
leuchtet werden, wobei gelegentlich auch auf außer- 
attisches Gebiet übergegriffen wird. 

Außer der bereits I A 1 dargestellten Pflicht 
der Protokollführung liegt den Öffentlichen Schrei- 
bern vor allem die ävaygayrj der Urkunden ob. 
Darunter haben wir nicht bloß die Niederschrift 
des Psephismas zur Niederlegung im Archiv und 
eine allfällige Veröffentlichung oder Verewigung 
auf Stein zu verstehen, sondern wir haben be- 
sonders beiProxenie- und Bürgerrechtsverleihungen 
noch mit einer Veröffentlichung durch Eintragung 
in öffentliche, namentlich in Ratsgebäuden aus- 
gestellte Listen und zwar, außer bei Gesetzen 
und Verordnungen, stets in kürzerer Fassung zu 
rechnen, einer Eintragung «V Xevxojfta, dg xov 
rotxov, ei; xov mvaxa u. ä.; vgl. bes. dvaygdipat 
.... sig xz zo hgov xov Jtovvaov xal slg xo ßov- 
XevxrjQiov sv xoig sm<pavEOxdxoig xönoig (Inschr. 
von Minoa auf Amorgos, IG XII 7, 228 = Michel 
Kecueil 383). Das hat Wilhelm Basler Philo- 
logenversammlung 1907, Verhandlungen lllff. 
gezeigt und in der schon 1901 fertiggestellten, 
aber erst 1909 publizierten, tiefeindringenden 
Studie ,Über die öffentliche Aufzeichnung von 
Urkunden' in ,Beiträge zur griechischen In- 
schriftenkunde', Sonderschriften des Österr. arch. 
Inst. Bd. Vni (1909) 228—299 und 323ff. 
(im folgenden zitiert als .Beiträge [1909]'}. Kurz 
und klar sagt ein Beschluß von Leros (Michel 
Recueil 372) Z. 31f. xov ds yga^iaxia jragaXa- 
ßövxa xoös y>rf<ptofj,a dvaygdtpat elg xa dqpooia 
xal dtaqpvXdofojsiv ftsxä xöiv alXwv ygafifidxoiv. 
Daß es sich hier um zwei Dinge, 1. eine be- 
sondere Aufzeichnung des Beschlusses, 2. die 
Aufbewahrung der Urkunde im Archiv handelt, 
hat Wilhelm Beiträge (1909) 258f. überzeugend 
bewiesen, sprachlich durch den Hinweis auf 
Dittenberger OGIS 234, 32ff. und sprachlich 
und sachlich namentlich durch eine ganze Anzahl 
von Beschlüssen aus Amorgos, besonders klar 
durch den Beschluß von Arkesine, IG XII 7, 30: 
dvaygdtp at de xöde xo xprjfptofia xov yga/tfiazsa 
xijg ßovXfjg slg xa Sijfioata ygdpifiara, dvaygdyat 
de xal dg xo iegiv xijg "Hgag o£ xal ai äXXat 
xQot-eviat ävayeyoafifiivat dolv dg ortjktjv Xt$l- 
vijr. Die Scheidung der dvaygatpri Big xa dr/fio- 
ota ygdftfiaxa von der Verewigung ist dadurch 
sehr deutlich bezeichnet, daß jene in Amorgos 
stets der Rats- bezw. Staatsschreiber besorgt, 
die» dagegen oft dem Geehrten oder seinen An- 
gehörigen und Freunden fiberlassen ist (Wil- 



helm 260). Daß jedoch jede Beschlußfassung 
einer Körperschaft nicht nur eine Niederschrift 
im Archiv, sondern auch ,eine Veröffentlichung 
in herkömmlicher Weise' erfordere (Wilhelm 
Basler Philologen versig. 112), ist in dieser Allge- 
meinheit nicht erweishar und nicht richtig und 
bei dem demokratischen Grundsatz, wonach die 
Anwesenden, die den Beschluß fassen, als die 
Gesamtheit der betreffenden Körperschaft gelten, 

10 auch gar nicht nötig. Dagegen kann nicht zu 
oft betont werden, daß ,eine Verewigung auf 
Stein oder Erz nur den Urkunden zuteil wird, 
an die sich bedeutendes, dauerndes Interesse 
knüpft, und daß diese stets Gegenstand besonderer 
Verfügung ist'. Bei Ehrenbeschlüssen zumal tritt 
dagegen das bedeutende dauernde Interesse hinter 
der finanziellen Frage zurück, ob der Geehrte 
oder die Gemeinde die Kosten trage (Wilhelm 113). 
Eingehender ist über die ävaygatpr} i{Ji]<ptönaTo>v, 

20 da sie im Artikel lävaygaqpij o. Bd. I S. 2027 nicht 
berücksichtigt ist, unter ¥tf<pta[ia zu handeln, 
wobei -scharf zu scheiden sein wird zwischen 

1. der Aufbewahrung der Urkunden im Archiv, 

2. ihrer Veröffentlichung (dvaygaq?^ besonders in 
Ratsgebäuden iv Xsvxcbfioioiv) und 3. ihrer nur 
gelegentlichen Verewigung (Wilhelm Beiträge 
[1909] 239ff.). Manches an Wilhelms Aufstel- 
lungen bedarf der Revision und Berichtigung, beson- 
ders wenn er weiterhin die dvaygacpal als .Auszüge' 

30 auffassen will und dabei 274f. einfache Tatbestände 
kompliziert gestaltet und auffaßt. Übrigens ent- 
hält schon die Zusammenfassung der Ergebnisse 
der Untersuchung (284ff.) gegenüber den Einzel- 
ausführungen hie und da Zugeständnisse, nament- 
lich hinsichtlich der Sijfiooia ygaft^taxa, über die 
eine erneute umfassende Untersuchung nötig 
sein wird. 

Die öffentliche Aufzeichnung (Verewigung) 
und Aufstellung von Urkunden wird oft nicht 

40 dem Schreiber allein , sondern einem Beamten- 
kollegium, besonders dem Ratsausschuß in Ver- 
bindung mit seinem Schreiber aufgetragen, Hiefür 
sind Formeln wie xovg ijztßrjviovg (aexcl xov ygafi- 
fiaximg (Thera) oder xovg ägzovxag fisza. xov ygapt- 
juaxecüg (Magnesia a. M.) üblich oder bei offiziellen 
Ehreninschriften imfieXrf&srxog , EJitfuXtjaajii£vov f 
EjiipisXovfihov xov dstvog) Beispiele bei Gerlach 
Griechische Ehren inschriften (Halle 1908) 84, 1, 
darunter äycovodsxijg xal yoafipaxevg (Le Bas V 

50 144), agyovxeg xal ygafipaxEvg (A. K o e r t e Inscript. 
Bureschianae [Ind. lect. Gryphiswald. 1902] 60. 
Le Bas V 1215). In gleicher Funktion der ra- 
ßXÖQiog einer Inschrift aus Bithynien, Annual 
Brit. School Ath. IV 50. 

In attischen Urkunden wird der Auftrag zur 
Aufzeichnung in der Regel durch den von edo^ev 
abhängigen Infinitiv dvaygdtpat ausgedrückt; doch 
findet sich auch der unabhängige Imperativ äva- 
ygatpdxoi, bei mehreren Subjekten avayQay)dvxa>v, 

60 wofür nur einmal IG II 403 (3. Jhdt.) ävayga- 
ydiwoav steht (Meisterhans-Schwyzer Gr. d. 
att. Inschr.s 167t). Statt der aktiven findet 
sich auch die passive Konstruktion dvayeaytjvai 
xo <py<piofta u. ä., wobei dann der Schreiber mit 
dta tov Setros bezeichnet ist mit jenem uns 
namentlich ans den Papyrusurkunden geläufigen 
5td zur Bezeichnung des Beauftragten beim 
Handeln in fremdem Namen, im Gegensatz zum 



Handeln ftsxd zivog\ inschriftliche Belege bei 
Wilhelm Beiträge (1909) 263, 8. 

Für die Verewigung auf Stein oder anderem 
■dauerhaftem Material liefert der Schreiber dem 
Steinmetz eine Kopie des archivalischen Konzeptes, 
indem er das Ekklesie -Protokoll rein mechanisch 
ausschreibt (Larfeld Handb. II 681). Im allge- 
meinen wird auf Übereinstimmung des archi- 
valischen Konzeptes und der Reinschrift auf Stein 



der Bechte des bei der Aufzeichnung übergangenen 
Proxenos. 

In besonders wichtigen Fällen, wo es darauf 
ankommt, die Publikation eines Beschlusses rasch 
zu vollziehen, wird die Aufstellung der Inschrift- 
stele befristet, so IG II 86 (kürz vor der Mitte 
des 4. Jhdts. = Dittenberger Syll.2 118) Z. 13ff. 
xo de yrfqpto/xa zöäs ävaygaysdxo} 6 yga/tjuazsvg 
xijg ßoXrjg soxtfXrji Xt&tvtji dexa tjfisgcöv xal xaxa- 



gehalten worden sein; daß sie aber erheblich von- 10 &exoj iv dxgoxöXsi. Ähnliche Beschleunigung, 

.!...j™ »v,™:-!.™ L« u™„: — ^™i „„ jedoch q^q genaue Befristung, im Symmachie- 

vertrage mit Lokroi IG II 90 (= Dittenberger 
Syll. 2 119). Auch bei Ehrendekreten kommt 
solche Beschleunigung vor, wenn es im Interesse 
des Geehrten liegt, der beschlossenen Ehre mög- 
lichst bald teilhaftig zu werden. Interessantestes 
Beispiel das Psephisma für den Samier Poses 
vom J. 403/2 v. Chr. IG II p. 393, lb (= Dit- 
tenberger Syll.2 57), wo Z. 22f. nach der ein- 



einander abweichen können, beweisen einzelne uns 
erhaltene doppelte Ausfertigungen, wie das athe- 
nische Exemplar des Amphiktionenbeschlusses 
für die dionysischen Künstler in Athen (IG II 
551), verglichen mit dem neu gefundenen del- 
phischen Exemplar (Bull. hell. XXIV [1900] 82ff.) 
und andere von Keil Anonym. Argent. (1902) 
320t besprochene Fälle. Daß sich das archi- 
valische Konzept und die Verewigung auf Stein 



oder Bronze nicht streng zu decken brauchen, 20 leuchtenden Ergänzung von Dittenberger der 
™„j — j„h -„ — ;;-*- ™ — „■„ — ^ui,*.t, Ratsschreiber den Auftrag erhält, dem Poses die 

schriftliche Ausfertigung des Psephisma sofort zu 
ühergeben, damit er die ihm vom Volk beschlossene 
Ehrengabe von 500 Drachmen bei den Tamiai 
sofort erheben könne: xo Sh ßißXiov [xö yjqqiiafia- 
xog Ttagadovai avxjcot xoy yga^fiaria xijg ßol^g 
(a)mixa fidXa; vgl. das Amendement Z. 24f. und 
über den Terminus technicus jiagaöovvat und das 
ihm entsprechende TtagaXapßdveiv Wilhelm Bei- 



sondern daß es genügt, wenn sie nur sachlich 
übereinstimmen, beweisen auch die von Colin 
Bull. hell. XXH (1898) 195t besprochenen del- 
phischen Freilassungsurkunden des 1. Jhdts. v. Chr. 
und späterer Zeit, in denen störende Kürzungen, 
die mit Sparsamkeitsrücksichten sich erklären 
lassen, aber auch direkte Verstöße nachgewiesen 
sind. In andern Fällen erklären sich die Ab- 
weichungen daraus, daß die Verewigungen auf 
Stein nachweislich nur privaten Charakter haben, 30 träge (1909) 231f. 
in noch andern Fällen, die Wilhelm Beiträge Eine eingehem 

{1909) 275ff. bespricht, daraus, daß uns auf Stein 
nur ein Auszug aus dem vollständigen Beschluß 
erhalten ist. In späterer Zeit ist der umgekehrte 
Fall häufig. So wird schon seit dem 3. Jhdt. 
oft der Zweck der öffentlichen Aufzeichnung an- 
gegeben mit Wendungen wie otzgos dh avzqi xal 
V7t6fiv7}fxa vndgxv\ xijg <pdoxifitag u. ä. Besonders 
bei Ehrenbeschlüssen, die immer ausführlicher 



eingehende Anweisung über die Anferti- 
gung einer Urkunde erhält der Ratsschreiber in 
dem Beschluß über die isga. dgydg von Eleusis 
IG II Suppl. p. 30 nr. 104a (= Dittenberger 
Syll.2 789) Z. 23ff: er soll die beiden Fragen, 
die an das Orakel in Delphi zu richten sind, auf 
zwei gleiche Zinntafeln schreiben,, ygfdipat Se xov] 
yga/Li^axEa xijg ßovXrjg elg Ovo xa[xx]ixsgoi taej 
xal [6/mioy, dg fiiv x]6v exeqov xxX. . . . Eig [d]e 



werden, werden nun in die Verewigung auf Stein 40 xov exeqov [xa]xxi[regov xxL, worauf ausführliche 



auch Dinge aufgenommen, die für diese bedeu- 
tungslos sind und bloß in der Originalurkunde 
am Platze waren; vgl. S wob o da Griech. Volks- 
beschlüsse 213ff. und die reiche SteUensammlung 
bei Wilhelm Beiträge (1909) 279f. 

Daß man im allgemeinen auf strenge Pflicht- 
erfüllung durch den Schreiber hielt, ist nicht zu 
bezweifeln und wird u, a. bewiesen durch die 



Vorschriften über Einwicklung, Aufbewahrung 
und Versiegelung der beiden Schreiben folgen. 

Vielfach besteht das ävaygd(petv nicht in der 
Anfertigung einer neuen, selbständigen Stele, 
sondern im Eintragen in eine schon vorhandene 
öffentliche Urkunde, z. B. in ein Verzeichnis von 
ngö&voi not Evsgyhai, z. B. Thera IG XII 3, 332 
[xöode] aveygayiz [6 ygafifi]a[x]evg jigol-evog xal 



strenge Strafe, die in einem Beschluß aus Asty- svegyhag (es folgen vier Namen mit Vatername 
palaia IG XII 3, 168 (= Dittenberger Syll.2 50 und wahrscheinlich dem Ethnikon). 333, 7 otös 

493) dem Schreiber für Pflichtversäumnis bei Aus- ~ — -- 1 ~- r ~ - i -- mi "- 1 : XT - 

fertigung der Proxenenlisten angedroht wird. 
Während für die doppelte öffentliche Aufzeichnung 
vom Staat bloß eine Drachme ausgeworfen wird 
(bei Dittenberger ist Z. 6 rjfitoag hinter Ögatfiag 
ausgefallen), wird der jeweils amtende Schreiber 
für jeden nach der Damiergie des Prytanis 
ernannten Proienos, den er aufzuzeichnen ver- 
säumt, um 100 Drachmen gebüßt, wobei jeder 



äveygdq?£v vjio ygfafiftaxscov (?)J (folgen zwei Na- 
men) xgög~6voi xal EvfegyExat. Eine solche Liste, 
14 Jahre umfassend, aus Epidauros, ist IG IV 
925. Ebenso wird verfahren mit der Aufzeich- 
nung der ovfiftayot des zweiten Attischen See- 
bundes. Damit eine Stadt, die mit Athen ins 
Bündnis tritt, auch mit den übrigen Verbündeten 
im Symmachieverhältnis stehe, wird sie in die 
Bundesvertragsstele eingetragen, so die Methym- 



beliebige (epitime Bürger) die Phasis anstellen 60 naier IG II Suppl. p. 10 nr. 18b (= Ditten- 
kann und die Hälfte der Buße erhält, Z. 7ff.: berger Syll. 2 82) Sncog äv xal jrgog x6g äXXog 
« Se xa firj dvaygdfpj) xaxa xa stQoyEygafAfiiva 6 av/ifid^og xog *Adx}raia>v iji avxotg 17 ovfipaxia, 



yQOfiftaxevg asi 6 iv dgxaig atv xovg xa&taxavo- 
jisvovg fitxd dafttegyov ITgvxavtv, djioxstadxco xa#' 
ixaxfxov jiQo^evov, et xa pt) dvaygd(pjj t SQaxftdg 
ixaxov' <patvho> ds 6 xQJit™* »« *<? tfftiotp slg 

tovs Xoytozds. Die scheinbar sehr hohe Buße er- 
klärt sich durch die erhebliche Beeinträchtigung 



dvaygdtpat avxog xov ygaftftaxea xrjg ßolrjg Gtoneg 
xal ot aXXot avfifiax 01 dvaysyQaftftevot dolv. Daß 
das geschah , beweist IG II 17 Z. 81. Ebenso 
wird, nachdem Gesandtschaften der Kerkyraier, 
Akarnaneu und Kephallenier nach Athen ge- 
kommen sind, beschlossen, ävafgdyfat rwr a6keotr 



t[&v %m>vo&v tS 6]v6fMxxix [s]g z^v mtfiijv zip? 
xotvhv x&fv av(Aft&x<av tdv] yQ(tp(ia[rJ£a xfjs ßov~ 
Mit IG n 49 Z. 12 (= Dittenberger SylL« 83), 
vgl. Z. 21. Die Eintragung erfolgte, wie die 
xotv}} otrjlt} IG II 17 Z. 97. 106. 107 zeigt. 

Ist eine Inschriftstele zerstört worden, so hat 
der y. xfjg ßovXtjs eine neue Stele anfertigen zu 
lassen; doch ist auch hiefflr selbstredend ein 
besonderer Beschluß nötig; vgl. die Neuausferti- 



ist nur, daß fast jede aus mehreren Mitgliedern be^ 
stellende Behörde, jedes «ä^^^oy, seinen Schreiber 
hatte (Demosth. XIX 261), zu dem oft noch ein 
oder mehrere $3toyQa[A{taxeXg hinzukamen. Be-> 
sonders lehrreich ist in dieser Hinsicht das, was 
wir über Aischines als Schreiber wissen; vgl. 
Schäfer Dem. u. s. Zeit I 2 252ff. und o. S. 1725. 
Wo bloß vjioyQa(jt(.tareTg überliefert sind, darf 
wohl stets ein übergeordneter y. vorausgesetzt 



gung emes unter den Dreißig zerstörten Proxenie- 10 werden (Hille 205, 13). Diese urcoy^afifiaxetg 



dekretes IG II 3 (= Dittenberger Syll. 2 59); 
vgl. auch IG II Suppl. p. 64 n. 231b (= Ditten- 
berger Syll.2 163, 30ff.). 

Es ist Aufgabe des das athenische Kassen- 
wesen behandelnden Artikels zu zeigen, daß die 
Kosten der Aufzeichnung von den Kassenbeamten, 
rabiat sc. zijg fteov in der Weise bestritten werden, 
daß sie das Geld an den ausführenden y. an- 
weisen. Hier genüge ein Beispiel, die Stiftungs- 



sind fast durchweg Unfreie (Sijfiootoi) gewesen r 
wie übrigens auch zahlreiche y., während selbst- 
verständlich der amtliche Schreiber einer Staats- 
behörde (äextf) niemals ein Sklave war (Boeckh 
Staatsh.3 I 2271). 

1. FQa^iftaTsvg xwv Aßq>ixzvöva)v (A&ij- 
vatatv ev Ar/Xtp) s. o. Bd. I S. 1907ff., Bd. IT 
S. 2478f. und u. II B 2 a. 

2. rgafi/iarsTg der Diaiteten. Die öffent- 



urkunde des zweiten Attischen Seebundes vom 20 liehen Schiedsrichter (öiatxrjxai), aus denen je einer 



Jahre des Archon Nausinikos 378/7 v. Chr. IG 
II 17 (=, Dittenberger Syll.2 gO) Z. 63ff.: 
tö 8k iprjvpiofia x68e 6 yQaftftarevg 6 zijg ßoXijg 
avayQcnpdzü) . . . xo 8h doyvgtov Sovai eis iv\v 
ävayQO.(pfyv rrjg öztjXijg ... zog zafiiag zijg üsö. 
Daß die betreffende Summe dem Ratsschreiber 
übergeben wird, zeigen deutlicher Formeln wie 
ig 6e zijv avayQa(pr)V xrjg ozr}X?]g fiegCaat zog ajza- 
8ixzag zotaxovza dQa%fidg z&t ygafi/uaxet Z7\g ßo- 



von der kompetenten Behörde für jeden Privat- 
prozeß zugelost wurde, waren wahrscheinlich in 
zehn Sektionen geteilt, von denen je einer die 
Prozesse einer Phyle zufielen (Lipsius Att. Recht 
u. Rechtsverfahren I 227). Sie müssen sich aber 
auch als Gesamtkollegium regelmäßig zusammen- 
gefunden haben. Man kann das daraus schließen,, 
daß wegen Amtspflichtverletzung eines Diaiteten 
der beeinträchtigten Partei eine Anzeige an die 



Xrjg IG II Suppl. p. 8 nr. 14c (= Dittenberger 30 Gesamtheit der Diaiteten zustand; es ergibt sich 



Syll.2 76). 

Andere Funktionen der y. als die mit der 
avayoa<pr} der Urkunden unmittelbar zusammen- 
hängenden sind begreiflicherweise in unseren Stein- 
urkunden nur ganz vereinzelt erwähnt. So er- 
fahren wir aus IG 1 51 Suppl. p. 15ff. (= Ditten- 
berger Syll. 2 49) Z. 30 [xai xd vxoptvt]fia]xa 
xözov d ot NsoitoXlzat e8o[oäv — xöi yoJaftfiazeT 
zijg ßoXijg, daß der y. xrjg ßovXijg die Abrechnung 



aber auch aus mehreren Inschriften, in denen 
sie als Kollegium — ihr Yorsitzender heißt dann/ 
jiQvzavsvcov — Beschlüsse fassen. Der Rest eines 
Ehrendekretes, in welchem die Diaiteten ihren 
Schreibern einen Kranz verleihen, ist IG II 1172. 
Lipsius a. a. O. 232; vgl. auch Art. Atatxrizai 
o. Bd. V S. 316. 

3. Schreiber der Finanzbehörde ot eitt 
zfj ätoixtjaei. Daß diese spätestens seit 294 



entgegennimmt, welche die NeonoXizai in Thrakien 40 v. Chr. in der Mehrzahl vorkommenden Finanz- 



über die den Athenern im Peloponnesischen Krieg 
geleistete Hilfe an ihn schicken; über die Be- 
deutung von iiTtofiv^ftara 8. Roberts-Gardner 
Introduct. to Greek Epigraphy II p. 63. Die Ur- 
kunde IG Xu 7, 515 Z. 35 (-'Etpw. Äa X . 1907, 
187ff.) 6 de yQaft/Liaxsvg imoyoaipexQ) xrjy ze (ie(Juo&G>- 
ftevifv ßjto'&tfxijv xai zop fuo&atodftevov xai itooov 
£paa-&<i>oazo lehrt uns, daß in Amorgos der Rats- 
schreiber nach der Vergebung öffentlicher Arbeiten 



beamten (vgl. o. Bd. V S. 788f.) auch einen 
Schreiber hatten, ist selbstverständlich, aber auch 
ausdrücklich bezeugt durch IG II Suppl. 614 c 
(= Dittenberger Syll. 2 505), ein Ehrendekret 
der in Eleusis garnisonierenden athenischen Trup- 
pen vom Archontate des Menekles, den man 
ohne Sicherheit auf 283/2 v. Chr. setzt, für Alcov 
ex x[e] zcov epjiQöoftev %q6v(ü[v] yga^ftazevcov 
z[o]tg xaplaig z<Sv otza>v[t]x<3v xai zotg m[i] zel 



den Übernahmekontrakt (ot ovyyQaipai} mit An- 50 Sioixtjoei. Wegen des Fehlens des Vaternamens 



gäbe des Namens des Unternehmers und der 
Ubernahmesumme zur allgemeinen Kenntnis auf- 
zuzeichnen hat. Ähnliche Bestimmungen enthält 
die athenische Mauerbauinschrift IG II 167, 29ff. 
nach den von Wilhelm Beiträge (1909)232, 3 
vorgeschlagenen scharfsinnigen Ergänzungen. 

B. Die übrigen athenischen Schreiber. 

Es folgt hier eine Übersicht über die übrigen 
athenischen Schreiber, unter denen eigentlich nur 



und des Demotikons ist Dion entweder Metöke 
oder, was wahrscheinlicher ist, örjftoaiog. wie so 
viele dieser Schreiber. 

4. rgafifxazevg zwv etoayojyewv, IG I 37 
(vgl. U. Köhler Urkunden u. Untersuch, z. Gesetz 
d. del.-att. Bundes 68), der Schreiber derjenigen 
Gerichtsbehörde , die im J. 425/4 bei der end- 
gültigen Festsetzung der Tribute der Bundes- 
genossen mit der Leitung der Gerichtsverhand- 



der y. zäv ev8exa und der y. xtov &eofio&ez65v 60 hing beauftragt ist. Die Schatzungsurkunde selber 



etwas mehr hervortreten. Da hier eine strenge 
chronologische Scheidung unmöglich ist, ordne 
ich diese Schreiber alphabetisch; ähnlich Hille 
205 und Caillemer 1646f.; vgl. auch Schö- 
mann-Lipsius I* 468f. Über Bestellung, Funk- 
Honen, Verantwortlichkeit und Löhnung dieser 
S&refber wissen wir außer dem, was bereits oben 
gekgvntikh erwähnt wurde, nichts Näheres. Sicher 



ist datiert (Z. 48f.) nach dem Archon Stratokies 
(Ol. 88, 4 = 425/4 v. Chr.) und den eiaaycoyEig- 
mit ihrem Schreiber: Iti [zwjv ßo]ayo>y[e(o]v 7 
olg Kaf. . . iyoafifidxsve] ; s. den Art. Eioavco- 
yetg o. Bd. V S. 2138. 

5. rgaftftaxevg iriSr 'EXXyroxafttdjVy IG 
I 260. 315; s. u. 'EXltfrorafiiat. 

6. rgafifiaTtvs ztSv Sv6tna, Diese mit der 



■JL/Of 



IQCtfifiatetg 



'Rechtspflege, hauptsächlich der Aufsicht über das 
Gefängnis und der Vollziehung der Todesstrafe 
beauftragte richterliche Exekutivbehörde von elf 
Mann, die nachweislich schon seit Solon bestand 
(Arist. 'Ad-, tzoL 7, 3), hatte einen Schreiber. Nach 
Poll. VIII 102 wurde dieser zu den zehn aus den 
einzelnen Phylen erlosten Mitgliedern als elftes 
hinzugerechnet. Die Erklärung dieser Angabe 
des Pollux durch v. Wilamowitz Arist. u. Ath. 
I 222, 70 ist zurückzuweisen, ebenso die von 
Busolt Gr. Staatsalt. 2 233, der die Hinzurech- 
nung des Schreibers erst von Kleisthenes an gelten 
lassen will. Da die Elfzahl für dieses Kollegium 
schon für die Solonische Verfassung feststeht, so 
ist die Angabe des Pollux ganz einfach zu ver- 
werfen, aber auch die Annahme der Früheren, 
die auch noch von Schömann-Lipsius Gr. 
Altert. I* 445. 468 festgehalten war, der Schreiber 
der Elfmänner habe mehr die Stellung eines Kol- 
legen als die eines Amtsdieners gehabt. Es er- 
gibt sich das auch nicht aus dem Ratsbeschluß 
IG II 811 C Z. 130. 144 (= Boeckh Urkunden 
über d. att. Seewesen 535 = Recueil des inscr. 
jurid. gr, II 146), wo der y. xmv ivösxa verpflich- 
tet wird, bei eigener Verantwortlichkeit die Ab- 
zahlungen von Staatsschuldnern in den von den 
Elfmännern geführten Verzeichnissen dieser Schuld- 
ner zu buchen (xat zoy ygafipazea z<Sv svdefta 
a.7iaXei\pat duio rov ü)(p?.i]f^£vov SoiizöhÖi ägyvQiov 
o zt äv a.7ZO<pa[i]vei avz<^ 5 zafiiag naQetXrjq>cog). 
Das einzig Richtige jetzt bei Lipsius Att. Recht 
u. Rechts verfahren I 74. 

7. rgafifAazetg xa?v intfieXijzcÖv zdJv 
öixaoTTjQtoor, IG in 1017. 1018. In der Kaiser- 
zeit wurden in Athen jährlich vier imfieXrjxal 
dixaoztjQtcov gewählt, die vermutlich den Vorsitz 
in den ständigen Gerichten führten, die damals 
außer dem Areopag bestanden. Beigegeben waren 
ihnen zwei y., die wir als Gerichtsschreiber be- 
trachten dürfen. Gilbert Handb. 12 187 und 
o. Bd. VI S. 167, 62. 

8. a) rpafifiazsvg xeov zov ifixOQiov exi- 
fteXrjTwv, Schreiber der Aufseher über den Han- 
delshafen, [Demosth.] LV1TI 8; mehr o. Bd. VI 
S. 165, 10. 

b) rQafifiazevg der veojqCcov ijtifiEXfjzai, 
der seit dem 4. Jhdt. inschriftllch oft vorkommen- 
den Aufsichtsbehörde über den Kriegshafen (s. o. 
Bd. VI S. 164, 27ff.), ist belegt durch IG H 811 
oi zwv vs<oqio)v sjiifieXijzal xat 6 ygaftfiaxevg 
avxdSv. 

9. rQafi/xazevs der STtiazdrai 'EXevoi- 
vo&sv. Die emexazat 'EXsvoivoßev , in späterer 
Zeit nachweislich sieben (über die Bedeutung deT 
Siebenzahl für den Demeterkultus RoscheT 
Sieben- und Neunzahl im Kultus und Mythus der 
Griechen, Leipz. Abh. XXIX 1, 31), verwalteten 
mit den za/iiäi zoVv &eotv den Tempel der Demeter 
und Köre in Eleusis und zwar penteterisch (Dit- 
tenberger Syll. 3 587, 5). Zu den imazdzat, bei 
deren Bestellung anscheinend eine gewisse Rück- 
sicht auf die Phylen genommen wurde, kam noch 
ein y. hinzu, der regelmäßig aus einer der Phylen 
genommen worden zu sein seheint, die im Kolle- 
gium gerade nicht vertreten war (Sund wall 
Epigr. Beiträge usw. Klio IV. Beiheft [1906] 47). 
Ihr y. erscheint in IG LI 1054 b und 682 c und 
in der Übergabeurknnde der tntczäxcu der Fente- 



j. QoefjLpcczeig iiöp 

teris' 336/5—333/2 (IG II Suppl. 767b Z. 5) aü 
die der Penteteris 332/1—329/8 (Z. 10). 

10. rQafXftaxsvg zßv ejiKfzazöäv sc. zdüv 
dfjfjtocloiv £Qyo>v oder rot? dydXftaxog, Auch 
die Baaaufseher öffentlicher Bauten (zwei, drei 
oder fünf), deren Inschriften IG I 289—324 und 
Suppl. p. 74ff. 146ff. stehen, haben ihren Schreiber; 
vgl. z, B. IG I 293 Kixtföinjiog iygafifidzsvs dydX- 
fiazog £jztazdzr}ai MvQQtvovatog (vgl. Suppl. p. 146) 

10 und in der Bauinschrift des Erechtheions vom 
J. 409/8, IG I 322 emezdrat rov rem zov ev izoXet, 
h &i zo oQxtäov äyaXpta (drei Namen) und der 
aQziTExxmv, zum Schluß der y. *Ezea(>x $ KvSafo]- 
vatsvg; Fabricius De architectura Graeca 18. 
Busolt Gr. Staatsalt.2 246; vgl. auch Hille 
205, 6 und über emordzai im allgemeinen oben 
Bd. VI S. 202. Besondere Beachtung verdient, 
daß, wie die Baukommission (emozdzai) für den 
Parthenon nicht bloß auf ein Jahr, sondern für 

20 die ganze Zeit des Baues gewählt ist, so auch 
ihr Schreiber Antikles sich für das 14. und 15. 
Baujahr nachweisen läßt, IG I 301 ; Suppl. p. 147f. 
Keil Anon. Argent. 21. 

11. Fgafifiazevg x<Sv &satto&£T(Jöv. Der 
Grundsatz, bei der Ernennung der Beamten ent- 
weder aus jeder Phyle einen Beamten zu wählen 
— daher die große Zahl der zehnköpfigen Beamten- 
kollegien — oder doch bei der Bestellung die 
einzelnen Phylen möglichst zu berücksichtigen, 

30 wurde, wie bereits Sauppe De creatione archon- 
tum atticorum (Göttingen 1864) vermutet hatte, 
auch bei der Bestellung der neun Archonten ge- 
wahrt. Man wählte von den neun Archonten aus 
jeder Phyle je einen, während, wie wir nun durch 
Arist. 'A&. nol. 55, 1 wissen, die dabei leer aus- 
gehende zehnte Phyle den y. zwv dsotio&sTcov er- 
hielt: vvv de xlrjQOvöiv deöfio&ezag fxsv eg\ xai 
ygafifiarsa zovzoig, ext 5' ägxovza xai ßaatXia xai 
TtoXefmQXQv xazd ftegog if ixdaztjg {zijg) (pvXfjg) 

40 vgl. Schöffer p. Bd. U S. 573, 53 und Cail- 
lemer bei Daremberg-Saglio 1650f. 

Schon aus der Gleichsetzung dieses Schreibers 
mit den neun Archonten ergibt sich die hohe Be- 
deutung und Wertung dieses Amtes. Ein Unter- 
schied zeigt sich aber gleich beim Amtsantritte, 
indem der y., zwv &eo[io$EZ65v, wie fast alle Be- 
amten, die Dokimasie nur vor den Heliasten (ev 
dtxaaz7}oiq> Arist. 55, 2) zu bestehen hatte, wäh- 
rend die neun Archonten sich einer doppelten 

50 Dokimasie zu unterziehen hatten, einer ersten vor 
dem Rate der 500, einer zweiten vor den Helia- 
sten. In gewissen Fällen besitzt jedoch der y. 
zd5v &e0fto&ezc5v dieselben Kompetenzen, wie die 
neun Archonten, so z. B. bei der Verlosung der 
Geschworenen an die Richtersektionen: diese be- 
sorgt er für die Richter seiner Phyle gerade so 
wie die übrigen Archonten für die ihrer Phyle; 
Arist. 63, 1 (Doublette 59, 7): xd 8h StxamyQta 
tcXtjoovatv ot $' aQxovzeg xard <pvXäg, 6 öh.ygafi- 

60 fiazevg zäv ^eofto^eztöv zijg 8exdxt}g<pvXijg } \mmex- 
hin eine für einen Schreiber ganz ungewöhnliche 
Kompetenz, die für die Bedeutung des Amtes 
spricht. Das Nähere über den Modus dieser Ver- 
losung bei Lipsius Att. Recht und Rechtsver- 
fahren I 57. 145ff. und Ten seh De sortitibne 
iudicum apud Athenienses (Diss. Leipz. 1894) 18, 
Durch die Stell e des Aristoteles: ist jetzt, auch, 
klar, daß Poll, VHI 92 nQoaatQovrxai te (sc; 6 



x *"^ M(>eCflfHXT8t$ 

«fe/w xai ßoiotUüg xal noXifiaQxog) xal ygaft* 
ßaUa nicht einen Schreiber der einzelnen Archon- 
ten meint, die ja ihre jzdgedgoi hatten, sondern 
den Schreiber des ganzen Kollegiums, bezw. der 
Thesmotheten; ebenso Schol. Aristoph. Vesp. 774; 
Plut. 277. Als Schreiber der Thesmotheten wird 
von Köhler Athen. Mitt. III (1878) 144 o ygajx- 
fiarEvg rov ovvsdgtov 'Egdxcov 'Avxiyövov Btjoatevg 
in einer wohl aus dem Anfang des 2. Jhdts. n. Chr. 



r^afifiavetg 



1740 



1741 



r^afj^fiavsig 



{^^* d «^^o»Bofos) stufenden Weih! 10 Trffi diese Ergänzung äSTSnä^so^önSe man 
mscnrirt betrachtet untftr Rftviirnnof Hsn-a-nf A*R ^«v. f™™« „u «j~-u+ j._-j._ tt-v-li... n • i 



Inschrift betrachtet unter Berufung darauf, daß 
die dem Kollegium der Thesmotheten von rechts- 
wegen zukommende Bezeichnung ovveögiov aus- 
drücklich auch durch Hyper. f. Euxen. col. 22 
belegt ist. Hingegen ist der Onasos, den als 
yQafinaxevöavTa xov ovvsögiov der Rat vom Areo- 
pag IG III 752 ehrt, der Schreiber der Agtona- 
ytzai, 

12. Schreiber der Kosmeten der Ephe- 



gegen findet eich IG II 563 d nach der Ergänzung- 
von Lolling AeXx, ägx- 1889, 89f., die freilich 
von ihm selber als unsicher bezeichnet wird» ein 
y. xf}g tpvXtfg. Auffällig bleibt, daß die Anweisung 
des Betrages vor dem Auftrag zur avayga<pij steht, 
und ganz ungewöhnlich die grammatische Fassung 
der Aufzeichnungs- und Aufstellungsorder: ozfjam 
öe az^JXrjv sig x[6 hgov zov KexgoTiog ävaygj 'dyjavxa 
x[6de zo y>rj<piafia xov ygafifiaxjea zrj$ q>v[liig]. 



sich fragen, ob nicht trotz Köhler auch in dem 
arg verstümmelten Schluß des Dekretes der Phyle 
Kekropis IG II 562 Z. 12 statt y. xaza ngvxa- 
vsiav der y. xijg tpvlfjg ergänzt werden könnte. 

17. Schreiber von Vereinen und Korpo- 
rationen, die in ihrer Organisation vielfach die 
staatlichen Vorbilder nachahmten, sind für Athen 
verhältnismäßig selten bezeugt. Erwähnt sei das 
xoivbv tc5v eQya&fihaiv IG II 1332 (270/69 v. Chr.), 



ben, IG II 469. 470. 478. III 1082 u. ö„ vgl. 20 das zu seiner Verwaltung vier e wiw, drei 



Grasberger Verhandl. d. philol. Ver. Würzburg 
1862, 26. Neubauer Commentationes epigraph. 
45. Roberts-Gardner Introd. to Greek Epigr. 
II p. 147. Thalheim Art. 'Efprjßla o. Bd. V 
S. 2739, 5ff. 33ff. 2741, 3ff. mit Beobachtung der 
zeitlichen Veränderungen. In den Ehrendekreten 
für Epheben vom J. 282/1 v. Chr. IG II 316, 23 
und vom J. 101 v. Chr. IG II 467, 54 (zur Da- 
tierung Dittenberger Syll.2 521) heißt er 



rafiiat und zwei y. bestellt hat, das von Wil- 
helm Vtytitt. ägx- 1905, 247 publizierte Ehren- 
dekret eines Thiasos für seine Beamten, xafiiag T 
ijtifieXtjTys t ygaßjiaxevg, dvxiygatpsvs und yga/x- 
fmzotpvka^ (Archivar) für gute Verwaltung der 
Kasse für Bestattungen {tarpixov) und der auf den 
a.QX£Qavtozrjg folgende y. des Kultvereins der A/j,- 
fptegai'ozai (so mit Vokaldissimilation statt 'Aß<pia- 
gatozai) Z. 22 ihrer Inschrift aus Rhamnus vom 



einfach y. ohne den Zusatz x<3v ia^ßojv. Im 30 Ende des 3. oder Anfang des 2. Jhdts. v.Chr., 
I. Jndt. n.Chr. wird das Amt dieses ScHrflihflrs nnhiki^rf mn TTi™!^^ nr ^„.. mfln cno. 



% Jhdt. n. Chr. wird das Amt dieses Schreibers, 
wie das des naidozgißyg (IG III ll 05) lebens- 
länglich, yeafifiazsva>v öta ßtov III 1144 (um 
186 n. Chr.); auch erscheint um diese Zeit ein 
vnoyga/ifiaxevg in III 1128. Beiläufig sei be- 
merkt, daß auch in andern Staaten die Epheben 
als organisierte Körperschaft ihre eigenen Funk- 
tionäre haben; außer einem Uqsvs tcöv itp^ßcov 



publiziert von Kirchner °E<pr}ß. dgx- 1909, 273; 
vgl. außerdem u. II A 2. 

Was wir über die athenischen Gerichtsschreiber 
wissen, ist im folgenden Abschnitt unter II A 1 
zusammengestellt. 

II. Die ygafifiazsTs der übrigen griechi- 
schen Gemeinwesen. 

Eine Aufzählung aller außerattischen Gemein- 

vtA v o ohaa fl o 'i " "" xS r ' r TV^ 'rr^ "* den u nd Verbände, in denen y. nachzuweisen sind, 
Bd. V S. 2744, 68; vgl. auch u. II B 3d (Per- 40 wäre zwecklos; vorgekommen sind sie wohl zu 



finden wir auch einen y. nSv i^ßa>v O eh ler o. 



gamon). 

13, a) rQaftftatevg tc$v aizaiväiv, der 
Schreiber der otz&vai, IG II 335. 

' b) rgafiftazeticov vcöi rafiiat zrov airco- 
vixcäv IG II Suppl. 614c 9 beweist, daß es nur 
einen za/iias zc5v atzoivixcöv gibt. Also darf 
ygafifiazEvcav zoTg xafitatg z<5v oixo>vixäh> ebd. Z. 3 
nicht auf eine Mehrzahl von zapiai bezogen wer- 
den,^ sondern bezeichnet die aufeinanderfolgenden 



allen Zeiten überall. Eine ungefähre Vorstellung- 
von ihrer Verbreitung können die Indices der In- 
schriftensammlungen, z. B. Dittenberger Syll.2 
III 155, geben. Ich erwähne im folgenden haupt- 
sächlich nur solche Fälle, aus denen sieh über 
die Stellung des Schreibers etwas Besonderes er- 
gibt, hebe also nicht das Typische hervor, das 
in allen Staaten zn allen Zeiten im großen Ganzen 
sich so ziemlich gleich blieb, sondern das örtlich 



v , T — " ~ — .— e ~w^.,n sivu av ijcjuiii,ii gieicu uneu, Kuiiuem uas oirncn 

«A*iaimenrererJahrepittenbeTgerSyll.a505).50oder zeitlich Besondere. Die Chronologie ist so 



Im Übrigen s. den Art. Ztzcävat. 

14. a) rgafifiazEvg zaiv zafinSv xwv 
Isqöjv XQr)HQ.xa>v rijg r A-df}yaiag, IG I 117-167. 

b) r&afifiarsvg ztöv zafiuüv zc5v äXXcov 
ÖtdSv, IG I 318; s. den Art. Tapilai. 

15. rQafifiaxevg x<3v rgidxovxa, d. h. 
Schreiber der Logisten , IG I 226—259 , s. den 
Art. Logistai. 

16. rQaftftarsvgxfjgffvkiig. DawirPhylen- 



gut als möglich beobachtet; eine durchgängig 
genetische Darstellung ist jedoch beim Stande 
unserer Quellen unmöglich. Die Anordnung ist 
unter A sachlich, unter B geographisch. 

A. 1. Der Gerichtsschreiber heißt y. 
schlechthin. Wo wir einen y. als Gerichtsschrei- 
ber zu betrachten haben, ergibt sich das stets 
aus dem Zusammenhange ohne weiteres. Als- 
bloßes Hilfspersonal der Eichter treten die Ge- 



, , , c 3 titZ '? TV', .-"■—«• "J IVJ " u*vu™ üuiojjciswuai uer xiicuter treten aie W- 

dekrete, besonders Ehrendeln-ete, besitzen, so muß 60 richtsschreiber in unserer Überlieferung meist so 

auch deren avavoawn durch «infin TWnfr.i-A.crfjiTi oöT.1. ^ii^i„t a~u „:^ ;„ a /\__-ii °i_ t.._ 



auch deren ävayga^ durch einen Beauftragten 
vollzogen worden sein. Falls in diesen Beschlüssen 
nicht bloß ein subjektloses avayQ&rpai 8h xo$s xo 
y>fat*ftajy ax^Xjj X&ivy xal axijoai xxX. steht, 
wie IG H Suppl. 563 b Z. 34f. (334/3 v. Chr.), 
so werden im allgemeinen die nach dem epony- 
nwn Archon datierten drei buiuXnxal ™ ff wvXlß 
damit behaut, so U Suppl. 563c 12. 565 e. Hbv 



sehr zurück, daß sie in den Quellen, abgesehen 
von den attischen Gerichtsreden seit dem zwei- 
ten Jahrzehnt des 4. Jhdts., nur verhältnismäßig 
selten erwähnt sind. 

In Athen hatte zweifellos jede Gerichtsbe- 
hörde ihren eigenen Schreiber, während bei den 
übrigen nichtrichterlichen Behörden , die sich 
innerhalb ihrer Kompetenzen als Gericht konsti- 



tuieren konnten, doch wohl der zum Amte ge- 
hörige Schreiber dem nunmehrigen jjyefubv 6ixa- 
oztiQiov als Gerichtsschreiber diente; vgl. im all- 
gemeinen Meier- Schümann -LipsiusAtt.Proz. 2 
II 918. Wir kennen bloß einige wenige Funk- 
tionen des attischen Gerichtsschreibers. Bei der 
Hauptverhandlung befinden sich die Zeugnisse und 
sonstigen Aktenstücke in der Hand des Schreibers. 
In älterer Zeit hatte der Schreiber damit nichts 
zu schaffen, da die Zeugnisablegung ausschließ- 
lich mündlich stattfand, wie aus Aristoph., Fiat. 
Ges. u. Apol., Antiph., Andok., Lys. und Isokr. 
unabhängig voneinander bewiesen haben BonneT 
Evidence in Athenian Courts (Chicago 1905) 46f. 
und Leisi Der Zeuge im attischen Kecht (Diss. 
Zürich, Frauenfeld 1907) 85. Späteste sichere 
Belegstelle für die Mündlichkeit des Zeugenver- 
fahrens ist Lys, XVI 8 (zwischen 392-389 v. Chr. 
Leisi 87); Verlesen des Zeugnisses in sämtlichen 
Reden des Isaios, zuerst V 2 xat \iot dvdyvco&t 
Tijr iiaQxvQiav (389 v. Chr.). Der Gerichtsschreiber, 
der von jeher Aktenstücke, wie Gesetze, Psephis- 
men, Namens- und Vermögensverzeichnisse {dno- 
ygatpal) zu verlesen gehabt hatte, hatte nunmehr 
auch die in der ävdxQiois von ihm schriftlich ab- 
gefaßten Zeugnisse zu verlesen. An ihn ist ge- 
richtet das laßi oder dvdyvco'&i (ävaylyvcaoxE, Xiys) 
zyv fiagxvgiav (Leisi 88f.94). Dagegen ergeht 
die Aufforderung xdlst xovg fxdgzvgag nicht an 
den Schreiber, sondern an den zu jedem Gericht 
gehörigen Herold (xfjgvc'), wie sich u. a. aus 
Aischin. II 86 ergibt (Leisi 84). Ebensowenig 
gehört, wie öfter behauptet wurde , die Regulie- 
rung der Klepsydra 2u den Funktionen des 
Schreibers ; das emXaße zo vS<og und ifega to vöa>g 
ist an einen besonderen Beamten gerichtet, der 
bei den Lexikographen 6 e<pvda>g, bei Arist. 'Ad. 
jto;.. col. 33, 11 o ml zo vöoig heißt und nicht 
als Beamter erscheint, sondern als einer der hie- 
für ausgelosten Heliasten (Att. Proz.2 II 930f., 
vgl. jetzt Leisi 91ff.). Daß aber, während der 
Schreiber Zeugnisse oder Urkunden verlas, die 
Wasseruhr auch ohne besondere Aufforderung ab- 
gestellt wurde, ist bereits für den attischen Pro- 
zeß angenommen worden von Schömann Att. 
Proz. 931 und ausdrücklich bezeugt durch die 
Prozeßordnung, nach der die Stadt Knidos im 
Rechtsstreite zwischen den Kindern des Diagoras 
von Kos und der Stadt Kalymna zu entscheiden 
hat, Anc. Greek Inscr. Brit. Mus. U n. 299 (= 
Recueil des inscr. jurid. gr. 1 158 nr. 10 = Michel 
Recueil 1340 = Dittenberger Syll.2 512 = 
Collitz 3591) Z. 20ff. dvaytyvoxtxezGj 6 ygap- 
fiazevg, ov xa ixdxegoi nagi%(ovxai, xal zag ftag- 
xvgiag ävev vdaxog (Leisi 92). 

Am besten bekannt sind uns die Schreiber 
aus wärtigerRichter, die besonders in hellenisti- 
scher Zeit zur Entscheidung inländischer Streitig- 
keiten berufen werden und die Schreiber auswär- 
tiger Richter, die zur Entscheidung von Streitig- 
keiten zwischen zwei Gemeinwesen, also zur Ent- 
scheidung internationaler Streitigkeiten auf Wunsch 
der Litiganten berufen werden. Hierüber Hitzig 
Der griech. Fremdenprozeß im Licht der neuem 
Inschriftrande, Ztschr. d. Savignystiftg. XXVIII, 
Rom. Abt. (1907) 236ff. Daß im ersteren Falle, 
wo öfter nur ein Richter, meist aber drei oder 
fünf entsandt werden, mit einer einzigen Ans- 



M. fJ€XfJLfj.az,etg j. i •xa 

nähme stets nur ein y. erscheint, hat schon 
Sonne De arbitris externis (Diss. Götting. 1888) 
87 festgestellt; vgl. jetzt auch Hitzig 238. Zwei 
Schreiber mit zwei Richtern und^ einem ötxaoza- 
yojyog entsendet Termessos Maior in Pisidien 
nach Mylasa (Le Bas LH 358a, Zeit des Domitia- 
nus. Sonne 78). Im eben erwähnten Prozeß der 
Kinder des Diagoras von Kos gegen die Gemeinde 
Kalymna sind der richtenden Stadt Kos eben- 
10 falls zwei Schreiber beigegeben, aber diese sind 
von den Prozeßparteien bestellt (vgl. ov aa Jxd- 
regot aagsxcovzat und dazu Recueil d. inscr. jurid. 
gr. I 173). Auch bei der Entscheidung inter- 
nationaler Streitigkeiten, wo die Zahl der Richter 
von 1, 3, 5 bis 101, 151, 301, 600 variiert, im 
allgemeinen aber stärkere Richterkollegien funk- 
tionieren, als im ersten Falle, erscheint dem 
dij/noe xgivcöv nur ein Schreiber beigegeben (H i t z i g 
246). Nicht selten finden wir den y., ohne den 
20 ein solches Gericht gar nicht denkbar ist, in den 
Ehrendekreten für die Richter nicht erwähnt, 
offenbar weil die Parteien ihn aus ihren Mit- 
bürgern bestellten, wie für den eben erwähnten 
Prozeß der Kinder des Diagoras aus Kos aus- 
drücklich bezeugt ist (Sonne 44). Im^llgemeinen 
aber bestellt und entsendet die jrdXis exxXrjrog mit 
den Richtern auch den Schreiber aus ihrer Mitte. 
Über die Funktionen des Schreibers schweigen 
die Urkunden, meist Ehrendekrete für die Richter, 
30 ihren Schreiber und die Gesamtgemeinde, der sie 
angehören, während sie die beschlossenen Ehren 
ausführlich aufzählen (Sonne 90ff.). Der Schreiber 
erhält entweder den gleichen Ehrensold wie die 
Richter, z. B. einen goldenen Kranz, wohl auch 
Proxenie, Ehrenbürgerrecht usw., oder er erhält, 
während jene einen goldenen Kranz bekommen, 
einen einfachen iXalag ox£<pavog oder axi<pavog 
öalXov. Die Begründung der Ehrung ist nie der- 
art eingehend und bestimmt, daß sich daraus etwas 
40 Wesentliches für die Funktionen des Schreibers 
ergäbe. Die Formeln sind mehr allgemeiner, fast 
stereotyper Natur; so wird in der Inschrift von 
Priene nr. 8 der Schreiber Hegepolis, Sohn des 
Hegias, der nach Iasos gesandt worden war, gelobt 
gj« x(öi xijv xa&" avxov XQ E ^ av diioixrjxsvai ijitfiEXtog 
xal svxdxzcog xai xtjy smdtjfiiav xeftotrjo&ai. fiexd 
7ido n g Evzag-ias (Z. 24ff. Slff.); dieselbe Formel 
ebenfalls in einem Beschluß von Iasos Inschr. v. 
Priene 54, 4. 20f. für den Schreiber r AxzaXog Az- 
50 zdXov. Im Beschluß einer äolischen Stadt (2. Jhdt. 
v. Chr.) für einen . Richter und Schreiber aus 
Priene , Inschr. v. Priene 60, 13 , lautet die Be- 
gründung knaivioai Sh xal xov avv [i^aJuoozaXevxa 
x<ö Stxaaxä ygafifiaria 'AxoXär etzI xa xaz(x)av 
ygafipazeiav <pd[o]iiovlau Von einem Schreiber, 
der mit drei Richtern aus Magnesia am Maian- 
dros nach Knidos entsandt wurde, heißt es Inschr. 
v. Magnesia 15 a 7. 11. 12. 22 gvvexsXsosv xdv 
xa^ avxov £pe»av fisxa Jidoag [oTzovÖäg xai] tptXo- 
SÖxi/niag. Etwas eingehender Inschr. v. Magnesia 
101 (zweite Hälfte des 2. Jhdts, v. Chr.), wo der 
Name des Schreibers neben dem der drei fiszd- 
m-fixxot Sixaoxcu am Kopfe der Inschrift der 
Larbener steht, auch von ihm, wie von den Rich- 
tern, eine Erzbüste angefertigt wird und verord- 
net ist, auf diese shtatv %ah^ zu setzen wi% 6 
dtjftoe htfirjoer ygafiita[evoina] finuc xai ÖtxaloH 
(Z. 45). Eine andere Formulierung in einem Ehren- 



dekret Von Mytilene für ein fisxdne/ujtTov dtxaorrj- 
totov (Z. 20) und dessen Schreiber aus Erythrai 
Coli Hz Gr, pial,-Inschr. 215, wo der Schreiber 
geehrt wird sizl twi nQayfmTsw&tfvai <pdozifio>g 
xai d|«wsr äfnpoxsgoiv zav noXteav (Z. 39ff.). Wie 
es vorkommt, daß ein durch Erfahrung bewährter 
Richter wiederholt von einer siöXtg exxXyvog aus- 
gesandt wird (Sonne 87), so rindet sich auch der 

SiiU d ^n de L^!! re vT ? e fÄ S> S °^ n ^ fiS — — S auiueny. erwannt werden. Bekommt 
^•JZ^Zt?^^^** 1 »« ^daß neben dem Vorsitzenden nur ein ein- 



(v6fios) nach, freiem Ermessen und bestellen ihre 
Beamten (ä&xovtsg), gewöhnlich einen Vorsitzen- 
den, einen Schatzmeister, einen Schreiber und 
meist auch einen Epimeletes in der Kegel auf ein 
Jahr durch Wahl, während der Priester gewöhn- 
lich durchs Los bestellt wird (Schömann- 
L i p s i u s Griech. Altert. II 4 574), i m emzem en 
finden sich zahlreiche Modifikationen, die hier nur 
mit Bezug auf den y. erwähnt werden. So kommt 



wegen seiner Geschäftskenntnis einmal mit einem 
Richter nach Iasos entsandt wird (Anc Greek 
Inscr. Brit. Mus. III 420 = Michel Recueil 468 
~ Inschr. v. Priene 8) , ein andermal mit drei 
Richtern nach Laodikeia am Lykos in Phrygien 
(Anc. Greek Inscr. Brit. Mus. IH 421 = Michel 

^ttTt^w^-*^ 59 >- ^r Grund, ™rum 
IG VH 21 (= Le Bas II 35 = Michel Eecueil 
239) der um 190 v. Chr. mit zwei Richtern von 



J_ ~ ■ ^*^" «»** ViiL Ulli" 

ziger Beamter sich findet, der die drei sonst ge- 
trennten Ämter des xa/ttag xal y. xai httfisXt}- 
tfs in seiner Person vereinigt (Verein aus dem 
Peiraieus vom J. 102/1 [?] v. Chr. IG II 5 
£26 b Z. 10f.). Mehrfach fehlt eine bestimmte 
Abgrenzung der Kompetenzen, so daß die Punk- 
tionen des rafitag auch durch den y. ausgeübt 
werden, IG II 5, 624b Z. 17 (Pol and 348 Anm. f). 
Der ganz singulare enloocHpog im Vereine der 



a'tui* x_ 1. >i T -"-■*»-' -"-;^"«« wii j^vl gaiü »mg-martj emoocxpog im vereine der 

den Magneten nach Orchomenos (dem boiotischen, 20 Epikteta von Thera (IG XII 3, 330, Ende des 

nicht dem n.rkarhs/VhPTi\ orü- aari A*r. ö„T :t„_ v r o ti.j.l. ™ ■. ^ . . , . ' ' " uc " cö 



nicht dem arkadischen) entsandte Schreiber Z. 5 
und 18 als vnoyQa^axsvg bezeichnet ist, während 
er Z. 39 y. heißt, ist nicht klar; vielleicht hatte 
er m seiner Heimat nur den Titel und die Punk- 
tionen eines vnoy e af*fiaT£vs , funktionierte aber 
in diesem Falle als y. Daß im allgemeinen von 
der sxxXrjTog noXtg solchen dtxaoxai /uBX(msfi7zxo t 
ein Schreiber als unerläßlicher Bestandteil des 
Gerichtshofes auch dann beigegeben zu werden 

TmACffc*» wenn vrvn {Tu. /i™ «^7~U ■ i.j. 1 .. i 



3. Jhdts. v. Chr.) vereinigt in seiner Person die 
Geschäfte des Vorsitzenden, des Schatzmeisters 
und des- Sekretärs. Er führt nicht bloß Buch 
über Einnahmen und Ausgaben, sondern er zeich- 
net auch die Akten auf (eyyQäyei ndvxa Z. 268), 
weshalb in diesem Verein der Sekretär ganz fehlt 
(Poland 369). Ein scharfer Eangunterschied 
zwischen den einzelnen Vereinsbeamten läßt sich 
nicht feststellen. Es ist wohl nur Zufall, wenn 



,, , , — . ™&^a , -*' v " *" wcjucii mein lestsieuen. rus isu wozu nur iutall, wenn 



lieh erbeten worden war, hat schon Le Bas II 
35 bemerkt; vgl. auch Sonne 87. 

Ein Analogon zu den von einer Stadt in Be- 
gleitung eines Schreibers ausgesandten Eichtern 
bilden Gesandtschaften, denen gelegentlich ein 
Sekretär beigegeben ist. Es genüge je ein Bei- 
spiel aus alter und aus späterer Zeit. Die Ge- 
sandtschaft, die Leontinoi zum Abschluß eines 
Symmachievertrages 433/2 v. Chr. nach Athen 



■ni.ii.w- w™3 T-rt ü , -dne erscnopienae Zusammenstellung der Ver- 

schickte, bestand aus drei Gesandten und dem 40 einssekretäre des gesamten, hellenischen Kultur- 



n. Chr., Bull. hell. X [1886] 516 = Athen. Mitt. 
XIX [1894] S. 110 nr. XI) der y. vor den <fe/orwff 
genannt ist, während er sonst naturgemäß nach 
ihnen steht (Poland 339 Anm.*). Erscheinen 
y. und jafAiag nebeneinander, so steht der y.. wie 
die attischen Urkunden beweisen, fast ausnahms- 
los hinter dem zapiag; zahlreiche Belege bei 
Poland 385 Anm. ***. 

Eine erschöpfende Zusammenstellung der Ver- 



y. ßEozifiog TavQtoxo (IG I Suppl. 33a = Dit- 
tenberger Sjll.2 24), die Gesandtschaft der 
Königin Kandake aus Aithiopien , die sich im 
J. 13 v. Chr. in Pselkis verewigte (CIG 5080 
- Lepsius Denkmäler XU Taf. 96 nr. 407 = 
IGE 1 1359; vgl. Wilcken HermesXXVIII [1893] 
154), besteht aus 'AgjtoxQag . . . ^ezd r E[fidrov] 
jioeoßevxov xal Tapiov yoafifiaxecog. 



kreises von Attika bis nach Ägypten gibt Poland 
383ff. Einmal finden wir da auch den Titel 
ävaygarpEvg und in ganz später Zeit, wohl nur 
als eine Art Rangerhöhung äeyjyeanftazeig eines 
Kollegiums; vgl. u. II A 3 am Ende. In manchen 
Vereinen fehlt das Amt des Sekretärs gänzlich, 
so namentlich in den älteren attischen Vereinen 
(Poland 383). Wie sich das Amt des Sekretärs 



9 S.Ti^iho.L ,'r • Vi- i. ^ v AVit *"" oooj. me sich uas Arne aes öeitretars 

ni«T? A » 1 v * • i > er / ine a n ; Fördie0r ^- an« dem unbestimmt gelassenen ,Vereinsdiensf, 

fS di "ße^nZ^i vf ™' t {aa °l ü * ä " } und 50 der Epimelie, allmählich herausgebildet hat, zeigen 
iur die Bestellung der Vereinsbeamten war im 7.i a h a *+-h 10t — a u„i»„j oo» t^. ^_ F 

allgemeinen das Vorbild des Staates maßgebend; 
jedoch weist die Bestellung der Beamten die 
größten lokalen Unterschiede auf, wie nach 
Foucart Des associations religieuses chez les 
Grecs (Paris 1873) und Ziebarth Das griech. 
Vereinswesen (Leipzig 1896) nunmehr auf Grund 
des stark angewachsenen Inschriftmaterials Po- 
land Gesch. des griech. Vereinswesens (Leipzig 



Ziebarth 195 und Poland 385f. Der Vereins- 
sekretär fungiert als Schriftführer, protokolliert 
die Beschlüsse, verzeichnet neu eintretende Ge- 
nossen in die Liste, besorgt vor allem die Aus- 
fertigung der Ehrenurkunden auf den Stelai und 
besorgt meist auch deren Aufstellung. Schon 
hier und noch mehr bei der Verkündigung von 
Ehren erscheint er nur als Hilfsorgan des Tamias, 
mit dem er sich bisweilen in den Funktionen be- 



1<M<» rini^htnA j.™wTr rrT i"^H"5 "üb uem er sien Diswenen in den Funktionen be- 
TSlaEäSL^äLSL, ^Ul^ 60 3S^ S-.*»* »« » .Ausnahmerauen (Poland 



Vereinen begreifen wir ebensowohl Kultgenossen- 
senaften als Künstler- und Handwerkerverbände 
sowie die Innungen, die in kleinasiatischen Städ- 
ten sehr oft vorkommen und der bei den echt 
gnechiscnen Vereinen nie fehlenden Anlehnung 
an «men Götterknlt entbehren. Ihrer Autonomie 
Bnd, mrtem paar Ausnahmen (Ziebarth 169ffi), 
«toeBcniankeo gezogen. Sie erlassen ihr Statut 



386). In den nachchristlichen, mehr offiziellen 
Vereinen — Vereinen des II. Typus bei Poland 
— ist seine Eolle entsprechend der bedeutsameren 
Stellung des Sekretärs im Staatsleben bedeutender, 
wie sich besonders in dem Einflasse zeigt, den 
er auf die Abfassung der Beschlüsse ausübt 
(S w o b od a Griech. Volkabeschlüsse 206fit) . Nach 
seinem Namen werden nun nicht selten Urkunden 



1Y4Ö 



lQ(XfA[.utTeig 



rQaßjnazeig 



1746 



datiert eni yQafifMT^ü>g bezw. yQafifiazsvovxog roü 
SeTvog. Solche Tätigkeit erfordert Geschaftsge- 
wandtheit; daher finden wir, daß der gleiche 
Schreiber "mehreren Körperschaften zugleich dient, 
so der Genisie, den Neoi und dem Eömerkonvent. 
,So erscheint der y. in der Kaiserzeit wieder, wie 
in alten attischen Vereinsurkunden, geradezu als 
Finanz- und wichtiger Verwaltungsbeamter bei 
den Hymnoden von Pergamon, bei den kretischen 



tov] ovv€8qI[ov twvJ vs{oj)jtouä[v] Inschr. v* 
Magnesia 362 (= CIG II 2917) , über den sich 
bei der Kleinheit und Verstümmelung des Bruch- 
stückes freilich nichts weiter sagen läßt. Wie sehr 
bei der Beurteilung der Stellung dieser Vereine 
Vorsicht geboten ist, mag EvXl/^svog yQaptfiaxsvg 
[da]ftooiog, gewesener Priester des Zeus Ataby- 
rios, der dem Gotte eherne Ochsen weiht (Inschr. 
aus Rhodos IG XII 1 nr. 31 = Colli tz Gr. Dial.- 



Eamilienvereinen und bei der römischen $~voxtxi] 10 Inschr. I 3772), zeigen. Sein Titel verrät nicht, 



uvvodög in ihrer letzten Erscheinungsform* (Po- 
land 387). Darum wird denn auch die Tätig- 
keit der y. unter den Ehrentiteln eines verdienten 
Mannes später öfter angeführt. Vielleicht hängt 
damit zusammen, daß er gelegentlich selber als 
Dedikant auftritt, wiewohl hier auch persönliche 
Leistungen vorliegen können (Poland 387). 

Über die Verbreitung der Institution des Ver- 
einssekretärs sagt Poland 3831: ,In Attika wird 



daß er Sklave ist, Mitglied des Sklavenvereins 
der AtoGaiaßvQiaaxal , wie die Inschrift deutlich 
beweist, vgl. Schumacher De republica Rhodio- 
nun 58f. van Gelder Gesch. der alten Ehodier 
260. Dazu das Namensverzeichnis IG XII 1 nr. 7 
mit einem ygafxarsvg (sie), die Weihung des ye<xf*]- 
pLarevg dafiooiog für seinen Vorgesetzten aus Kami- 
ros IG XII 1 701 (= Colli tz 4123) und die von 
Hiller v.GaertringenÖsterr. Jahresh.IV(1901) 



er, vielleicht nicht zufällig, bei den alten Amynos- 20 162f. veröffentlichten Bruchstücke eines rhodi sehen 



orgeonen nicht genannt. Er scheint auch bei 
den späten Orgeonen der Belela nicht vorhanden 
gewesen zu sein; wohl aber treffen wir den Sekre- 
tär bei den Orgeonen der Meter, wie bei denen 
der Bendis und einem unbekannten Orgeonen- 
kolleg, bei den Thiasoten der Artemis und einigen 
andern Thiasotenvereinen , bei den Sarapiasten 
und Sabaziasten, sowie bei einigen andern Era- 
nisten und sonstigen Kollegien. Außerhalb Athens 



Grabmonumentes, das in A 1 und B 3 ebenfalls 
einen yQa(A,atevg dafaoaiog) nennt in Verbindung 
mit einem vmjQsrag dafioaiog, welch letzterer aber 
Bürger ist. Die quasi-öffentlichrechtliche Natur 
dieser Vereine, die da und dort durchschimmert, 
zeigt sich besonders deutlich in einem dem Namen 
nach nicht bekannten Vereine aus Mykonos, dessen 
Inschrift Ziebarth Rh. Mus. LV (1900) 506 
publiziert hat. Dieser beschließt, eine Abschrift 



haben wir im eigentlichen Griechenland den y. 30 seines Beschlusses, dessen Original natürlich, ohne 



nur bei einigen Kollegien von Sparta und Troizen 
{Festvereinen mit besonderer Stellung, Poland 
7 Off.). Weiterhin treffen wir die Sekretäre in 
Thessalonike (drei yQa^fiaTevovTsg), Philippopolis, 
Tomoi, sowie ausnahmsweise im bosporanischen 
Gebiet. Von Inselvereinen kommen solche von 
Methymna, Chios, Delos, Tenos, Naxos, Melos, 
Rhodos und Kreta und von kleinasiatischen Kol- 
legien einige von Pergamon und Kyzikos in Frage. 



daß es ausdrücklich gesagt zu werden brauchte, 
ins Vereinsarchiv wanderte, dem Ratsschreiber zu 
übergeben zum Einverleiben ins Staatsarchiv: 
tov ds tprjtpioftazog napaöo&ijväi tovSe xq dvxt- 
ygaqpov t<ö rfjg [ß]ov[X]r\g ygafft] ftaxei xai xaza- 
rd^at slg {xi)ßa>T6v • ävayqäy)ai de avxo xal dg 
artfXtjv rjv xal ävatefiffvcu elg xo dcuiedov zö Iv 
xön lEQcöt; vgl. Wilhelm Beiträge (1909) 291. 
Etwas Besonderes, nicht völlig Klares bieten zwei 



In eigentlichen Vereinen Ägyptens läßt der Sekre-v40 Inschriften aus Sura in Lykien bei Petersen- 
* K - _:.n. „i^i. __.-l_.._._, t, 3 _... __„^_ T jU8cnan Reisen in Lykien 45f. nr. 83. 84 ( = 

IGE III 711. 712), einen yga/ufiazEvcov Seßaarrjg 
stXaxstag. Nach Inschriften aus Apameia, in 
denen ot ev zf) Sxvztxfj nXaxela xe%vstTai und 
oe iv xfi Gepfiatq. sikazstq Igyaozai erwähnt sind, 
dürfte es sich auch hier um ein Kollegium, bezw, 
eine Handwerkerinnung handeln; vgl. Cagnat 
zu 711. Ziebarth Das griech. Vereinswesen 106 
und Waltzing Etudes sur les corporations pro- 



tär sich nicht nachweisen.' Besonders nötig 
machte sich der Sekretär begreiflicherweise bei 
den dionysischen Künstlern mit ihrer weitgreifen- 
den Tätigkeit; er findet sich aber auch beim 
£vozog der Athleten. Häufig ist er bei den Ge- 
rusien, sowie bei den Epheben, Neoi und ähn- 
lichen Jugendvereinigungen anzutreffen — hier 
bisweilen (bes. bei den Neoi von Pergamon) so- 
^ar vier- und dreifach — wie schließlich vielleicht 



bei den Handwerkergilden. Doch ist es da über- 50 fessionnelles III 25. 



haupt fraglich, da einzelne dieser Vereinigungen 
ihrer Natur nach sich nicht recht bestimmen 
lassen, an andern Stellen es fraglich ist, ob über- 
haupt vom Sekretär einer Genossenschaft die Kede 
ist (Poland 384). 

Zar Illustration einige Einzelheiten. Die Ge- 
rusia von Magnesia am Maiandros, xo ovoxqua 
zöiv jtgeoßvxeQayv, besitzt nach Inschr. v. Magnesia 
116 (aus hadrianischer Zeit) einen Xsttovgyog, einen 



Zum Schluß ein paar Proben von der starken 
Entwicklung des Vereinswesens im bosporani- 
schen Gebiet nach IPE (= Latyschew Inscript. 
antiquae orae septentrionalis PontiEuxini I [1885]. 
II [1890]. IV [1901]). In Tanais erscheint in In- 
schriften von Kollegien, die den Titel führen ^ 
avvadog tj jregt Ugea zov ÖeTva , mehrmals ein y. 
awoSov IPE II 440. 441 (Ötaoäxat, 2. Jhdt. n. 
Chr.). 445, während in den Inschriften der ovvoöoc 



TZQayfiaxtxog, einen dvTiygatpevg und einen jähr- 60 von Pantikapaion (Kertsch) IPE II 61-63 dieselbe 

lieh neu bestellten Sekretär (yQafifmxrj tov xax' T?«n<» ™« ^ »~i^:"+ J*~ ».^»iwt»^, 

svtavzov iaofuvov Z. 32) , der im Beschluß als 
Antragsteller erscheint {Z. 5), durch Abstimmung 
eine Abänderung des Beschlusses herbeigeführt 
hat (tov fiszayJTjytoäfisrov xavxa ygafiftaxia) und 
nach Z. 20—29 hauptsächlich mit dem Eech- 
nungs- und Finanzwesen der Gerusia zu tun hat. 
Beiläufig sei hingewiesen auf den yQdfifiafzpvg 



Rolle, wie es scheint, der xQayftaxäg spielt (Laty- 
schew II p. 257 zu nr. 441); doch kommt auch 
bei Vereinen in Pantikapaion der y. vor, so IPE 
IV 209, einer Inschrift von Thiasoten, hier öteoet- 
xat geheißen, wie IPE II 443, aus römischer Zeit 
und IV 212, der Ehreninschrift für ein Mitglied der 
ftvvodoe negi <PiXd£evov Gwayayyov xal'Aßaror quid* 
fadvy xai <PÜ.urtor fia^a<ptldya&or ttai 0s6f*vtj<rter 



±**f 



iQtxfifiateis 



yeaftftazia. Als Schreiber ist auch der Beamte ijti 
Trjs stvtcidoe zu fassen in anderen Vereinsinschrif- 
ten aus Pantikapaioii TPE II 29 B 28. 491 p. 292. 
131, neben dem als Rechnungsführer ein inl xmv 
X6y<ov steht (Wilhelm Beiträge [1909] 244). In 
einer Inschrift aus der Nähe von Phanagoria da- 
gegen (IPE IV 421 = IGE I 900), die als für 
das bosporanische Gebiet neue Vereinsbeamte den 
vaxÖQog und den ioofidoroig bringt, erscheint neben 
dem tegsvs der alte y. (Zeit Kotys 1 IL, der 12310 
— 131 n. Chr. im Bosporos König war). 

Es scheint fast überflüssig, zu bemerken, daß 
von den Schreibern der Thiasoi und anderen Kult- 
genossenschaften ihrer rechtlichen Stellung nach 
verschieden sind die ziemlich selten erwähnten 
Schreiber im Sakralwesen, die den öffentlich- 
rechtlichen Charakter eigentlicher Kultusbeamten 
tragen. So erscheint in der Weihinschrift der 
fünf tsgdQxat von Thespiai, die vielleicht vom 
berühmten Tempel des Eros stammt (Bull. hell. 20 
XIX [1895] 375 nr. 28 = Dittenberger Syll. 2 
752) als Weihender auch der ygapfiaztoxag $iXo)v 
0qvvco. Der Beschluß von Demetrias mit der 
Tempelordnung für das Orakel des Apollon Koro- 
paios, gefunden am Pagasäischen Golfe (Athen. 
Mitt. VII [1882] 69 = Dittenberger Syll. 2 
790 = Michel Recueil 842), lehrt uns auch 
den y. rov $eov kennen (Z. 21. 32. 46); beson- 
ders interessant seine Z. 32ff. näher bezeichneten 
Funktionen bei der Bestimmung der Reihenfolge 30 
derer, die das Orakel zu befragen wünschen, und 
die Verteilung der Orakel durch ihn (Z. 46ff.). 

3. Der Gemeindeschreiber der römi- 
schen Kaiserzeit erfordert, da die römische 
Kaiserzeit in der Entwicklung Epoche macht, 
eine besondere Behandlung. Gut überblicken wir 
die Verhältnisse in Kleinasien, da hier für eine 
Reihe von Städten, namentlich Ephesos, genügend 
Material aus älterer Zeit vorliegt, um zu zeigen, 
was für Veränderungen mit der römischen Herr- 40 
schalt und speziell mit dem Eintritt des Prinzi- 
pates vorgenommen wurden. Bei der Einrichtung 
der Provinz wurde zwar die demokratische Ver- 
fassung überall aufgehoben und durch eine timo- 
kratische ersetzt — wir kennen das hauptsäch- 
lich von Sizilien, Makedonien, Achaia, Bithynien 
und Syrien — , indem die aktive und passive 
Wahlfähigkeit auf die Besitzenden beschränkt, 
der besitzlosen Menge dagegen das Aktivbürger- 
recht entzogen wurde. In allen nicht besonders 50 
privilegierten Städten ist zar Abhaltung einer 
Volksversammlung die Erlaubnis des Statthalters 
erforderlich. Die wichtigste Änderung aber be- 
stand darin , daß nirgends mehr jeder beliebige 
epitime Bürger Anträge an die Volksversamm- 
lung einbringen konnte, sondern daß dies durch 
den Vorsitzenden Beamten geschah (in Athen den 
oToaxrjyog im rä oxXa), der nach römischer Weise 
allein das itts agendi cum populo hatte. Die 
Folgen der timokratischen Verfassung machten 60 
sich geltend in der Bestellung des Rates, der 
Einführung einer neuen Behörde, des Bularchos 
(Swoboda Griech. Volksbeschl. 198f.) und der 
Einsetzung eines Censorenamtes (rj/ufreu, nur in 
Ankyra in Galatien ßovXoygd<pot geheißen). Der 
Bat als ein jährlich wechselnder, aus den Phylen 
gewählter oder erlöster Ausschuß erhielt sich, 
besonders in der Provinz Asia, unverändert, in 



r$afifwv€ig 174» 

Milet , Ephesos und Kyzikos bis über die Zeit 
der Antonine hinaus. Auch die Gemeindebehörden 
wurden von den Römern so belassen, wie sie in 
hellenistischer Zeit bestanden hatten. Wir finden 
nach wie vor Archonten, Strategen and zahlreiche 
Unterbeamte , wie y. ; nach wie vor wählt die 
Bürgerschaft die Beamten bis in die späte Kaiser- 
zeit hinein (Kuhn II 64ff. Marquardt Rom. 
St.-V. 12 1881, 209f.). Im allgemeinen waren 
die Gemeindeämter unbesoldet, also reine Ehren- 
ämter, die vielmehr als Xeixovgyiac vom Inhaber 
Ausgaben erforderten und daher nur von den 
wohlhabenderen Leuten bekleidet werden konnten. 
Hier also ein starkes Hervortreten des timokrati- 
schen und völliges Zurückdrängen des demokrati- 
schen Prinzips (s. Brandis o. Bd. II S. 1553f.). 

Der Gememdeschreiber heißt entweder y. xov 
Stffiov oder y. zfjg jioXsag; außerdem lebt die alte 
Bezeichnung y. xfjg ßovXfjg xai xov dtjfiov oder 
bloß y. ßovXtfg xal~dv}fiov fort. Neben dem y. 
ßovXyg xai drjfiov kann, wie das auch schon in 
früherer Zeit der Fall war, noch ein besonderer 
Gemeindeschreiber vorkommen. Ein bezeichnen- 
des Beispiel aus der Ptolemäerzeit bieten In- 
schriften aus Paphos auf Kypros, Dittenberger 
OGIS 172, 5 findet sich der y. Tfjg Haiplcov 
ytohcog; in nr. 166 ehrt die Stadt den Kallippos, 
Sohn des Kallippos dig yQafi/zazevoavza xijg ßov- 
X^g xai xov dvj^ov . . . xov yQa/.ifiarea rrjg ji6Xea>$ 
(daß so zu verbinden ist, hat gegen Newton 
Dittenberger Anm. 3und4 gezeigt). Identisch 
ist die Titulatur y. xijg ßovXfjg xai xijg ixxXr}oiag 7 
die z. B. in Antiocheia in Persis vorkommt (Dit- 
tenberger OGIS 233, 8; mehr Beispiele in 
den Indices der Inschriftensammlungen). Neben- 
her läuft der y. ztjg ßovXtjg , auch 6 xfj ßovXf} 
yQafifiaxevcov genannt, wie Dittenberger OGIS 
728, 3. Dieser ist vom y. xov örj/uov ver- 
schieden, soll aber hier nicht weiter behandelt 
werden (Menadier 78); doch sei beiläufig hin- 
gewiesen auf die hervorragende Rolle des Rats- 
schreibers in Kyzikos (Swoboda Griech. Volks- 
beschl. 114), wo übrigens zwei Schreiber zu unter- 
scheiden sind, ein jähriger und ein Prytanien- 
schreiber (Swoboda 190, 1). Über die Beamten 
der Ratskollegien, besonders den y xijg ßovlijg, 
vgl. O eh ler Art. BovXj o.Bd. III S. 1036. Zur 
Terminologie im allgemeinen vgl. Viereck Sermo 
Graecus etc., Göttinger Preisschrift 1888. Magie 
De Romanorum iuris publici vocabulis solemnibus 
in Graecum sermonera conversis (Leipzig 1905). 
Hahn Rom und Romanismus im griechisch-römi- 
schen Osten (Leipzig 1907), sowie die Indices, be- 
sonders IGR vol. III p. 649. Für die staatsrecht- 
liche Stellung des römischen Gemeindeschreibers 
und der Strategen als der Vorstände der Bürger- 
schaft ist grundlegend die Arbeit von Menadier 
Qua condicione Ephesii usi sint inde ab Asia in 
formam provinciae redaeta (Berlin 1880), vor allem 
aber die weiter ausgreifenden Untersuchungen von 
Swoboda Griech. Volksbeschl. (Leipzig 1890) be- 
sonders S. 176ff. 179. 181. 197f. 206—212. 

Das Bild der kleinasiatischen Munizipalver- 
fassung der Kaiserzeit ist folgendes: der Gemeinde- 
schreiber, y. xov Srjfiov, bÜdet mit den oxQazrjyot 
den Vorstand der Bürgerschaft. In der über- 
wiegenden Mehrzahl der Fälle sind .diese Magi- 
strate es allein, die an Rat roxi Volk referieren, 



l/4y 



r^afifiavslg 



r^ctfificctetg 



1750 



und jeder Antrag,, mochte er nun von wem immer 
gestellt sein, mußte ihrer Prüfung und Begut- 
achtung unterworfen werden' (Swoboda 179). 
Während noch Th. Mommsen Österr. Jahresh. 
III (1900) 3 behauptete, die Strategen seien im 
wesentlichen auf die Rechtspflege beschränkt ge- 
wesen, die eigentliche Verwaltung dagegen, ins- 
besondere die Einbringung der von der Bule und 
der Ekklesia zu fassenden Beschlüsse, habe in der 
Hand des Schreibers gelegen, hatte SwobodalO 
schon früher nachgewiesen, daß eine solche Tren- 
nung der Funktionen nicht vorlag, sondern daß 
der Vorsitz in Rat und Gemeindeversammlung 
von den früheren Ratsausschüssen {tiq6e6qoi) meist 
auf die Magistrate übergegangen war, und daß 
diese das Recht der Antragstellung und Begut- 
achtung gemeinsam besaßen und in einer Art 
Synarchie ausübten, im Vorsitz auch abwechselnd, 
ohne daß der Grund des Wechsels ersichtlich ist. 



Statt vieler ein Beispiel, das Präskript des Volks- 20 S. 1482f). 



etaaycoysve iöaysx<o ; vgl. auch die Inschrift von Teos 
Dittenberger Syll. 2 523,4. Vielmehr kommt, 
entsprechend dem Überhandnehmen des Mediums 
schon im hellenistischen Griechisch, gerade das 
Gegenteil vor, daß iptiq>i£ea$ai im Sinne von 
£7zi\prfq>l&iv .abstimmen lassen* vorkommt, wie 
übrigens schon Plat. Apol. 32 B, dann aber auch 
in der erweiterten Bedeutung .Antrag stellen^ 
(Swoboda 180, 4). 

Das Recht der Antragstellung war zwar den 
einzelnen Bürgern nicht entzogen, wurde aber in 
ganz anderer Weise ausgeübt, als früher, da der 
Antragsteller nicht mehr die Befugnis hatte, seine 
Vorschläge persönlich vor dem Volke zu begründen 
und zu vertreten, sondern das Recht der Verhand- 
lung mit Bule und Demos ausschließlich auf die 
Magistrate beschränkt war (Swoboda 182; die 
Fälle von Antragstellung durch Private bei Swo- 
boda 201ff.; vgl. auch Art. /Vrii^ o. Bd. VII 



beschlusses der Ephesier zu Ehren des Kaisers 
Antoninus Pins, den Mommsen a. a. O. heraus- 
gegeben und kommentiert hat. "Eäjo^ev x&v 
Tiocofzcöv] xijg 'Aoiag xai d[ig] veq>x6qojv xai 
(pifXoasJßäoxcüv 'Eqpeoicov xf\[t] ßovXrjt xai rät (sie) 
ö^fioofi] nsgi d>v £V£(pavio[sv] Aovxtog KsgQsinog 
[Aovjxiov viog OvXztvta II[aZxog] (pdoasßaoxog, 
äxo&e[dEt]yfisvog ygafi/tiarev [g xov] $r}piov y Tiaoov- 
xtov zfov) yQafifiazeatg xov örjffiov] JlojtXiov Kag- 



Die hohe Bedeutung, die das Amt des Ge- 
meindeschreibers in der Kaiserzeit erlangt hat,, 
ergibt sich daraus, daß er fast überall in den 
Präskripten als eponynier Beamter erscheint, bald 
mit, bald ohne die Strategen, ferner daraus, daß 
man bewährte Schreiber wiederholt wählt; daher 
die häufige Bezeichnung der Iteration mit xo /T. 
Es genüge ein Beispiel aus Tarsos in Kilikien, 
Bull. hell. VII (1883) 325 nr. 54 (= IGR I 



mdiov'EsiltplQovogl] (pdooeßäozov xai xmv axg[a- 30 883 , wahrscheinlich aus der Zeit des Septimius 

zrjyöJv] xfjg jzoXsoig <piXooeßdoxföiv] . . . ded6%$ai. Q««*— >-- ««-^ f n„\. =ri_! — — /.... _.-. — * 

Dieser Beschluß verpflichtet den jeweiligen Ge- 
meindeschreiber [xov exdojzozs ouzoÖEÖeiyfiivov 
yQafptfmtea rov dtf/nov], alljährlich den Geburts- 
tag des neuen Kaisers durch ein Volksfest feiern 
zu lassen und jedem Bürger aus der Gemeinde- 
kasse und zwar dem Budgetposten elg zag ffoöiag 
(Z. 30. 52) eine Festgabe von einem Denar zu 
schenken. Diese von der Bürgerschaft beschlossene 



Severus und CaTacalla) : 'Em yga/ifiaxiojv zow negt 
Necova xo ß 1 xai Aovxtov xo ß xai 'AX^avÖQOV 
xo ß xai MvQayevrjv to ß' ol avxoi yoaufiazetg 
xtjv oxaxitöva ix xä>v ISitov xxX. Die Iterations- 
bezeichnung findet sich auch ausgeschrieben, z. B T 
in einer Inschrift aus Palmyra in Syrien, IGR 
I 1054 yQafifiazea ysvofievov xo dnuxegov imStjfjiiqi 
Oeov 'AÖQiavov (130 oder 129 n. Chr.), 

Ganz besonders oft begegnet uns der y. als- 



Spende von dauerndem Charakter bedarf der Be- 40 eponymer Gemeindeschreiber auf klein asiatischen 



stätigung durch den Statthalter, die Z. 42ff. ge- 
geben ist. Wie hier von der Tätigkeit des y. das 
bekannte neoi wr evstpdviaev gebraucht ist, so 
steht Z. 33 und sehr oft in anderen Urkunden slot]- 
yEiaftai für das Einbringen des Antrags, So zeigt 
die Urkunde aus Ephesos bei Hicks Anc. Greek 
Inscr. Brit. Mus. HI 482 (= Dittenberger 
Syll. 2 656) wahrscheinlich vom J. 160 n. Chr. 
den y. als Antragsteller {dor^y^oaxo oder darj- 



Münzen der Kaiserzeit, vgl. Imhoof-Blumer 
Kleinatiatische Münzen (Wien 1901/2). Die Münzen 
aas Ephesos S. 55 nr. 46 (Taf. II 18). 47. 56. 57 
u. a. stammen sämtlich aus dem Beginne der 
Kaiserzeit und nennen meist je zwei Beamten- 
namen, wobei y. oder dQ%tSQEvg oder dgyisQEvg 
y. vor dem ersten Namen steht. Schon Imhoof- 
Blumer hat darauf hingewiesen, daß die Träger 
der ersten Namen offenbar mehrere Jahre hinter- 



ystxai), die Strategen als emxprjfpiaavxsg. M o m m - 50 einander ihres Amtes walteten, während die zweiten 



sen a. a. O. S. 2 Anm. 2 übersetzt ixey>rj<pioav 
de oi oxQazijyol xrjg jioXecjg qctXoadßaatoi falsch 
mit ,die Strategen stimmen bei', statt ,sie leiteten 
die Abstimmung' (führten also den Vorsitz). Es 
liegt durchaus keine Veranlassung vor, hier für 
iszt\pr\fpi^iv eine andere Bedeutung anzunehmen, 
als das Wort in den attischen Psephismen (vgl. 
bes. die Formel x&v agoedpcov biEtffi<pi&v 6 Seiva) 

und auch außerhalb Attikas zu allen Zeiten ge- „„„..„„ ..... „_ 

habt hat. Für außerattische Verhältnisse ver- 60 der Kaiserzeit mit eponymen y. sind aus Magnesia 
weise ich nur auf eine Inschrift von Mylasa CIG a. M. Imhoof S. 80f. nr. 29—32, aus Neapolis 
2691c. d. e (Dittenberger Syll. 2 95) (367/6 in Ionien S. 91 nr. 1. 3, aus Mylasa in Karien 
v.^ Chr.) Z. 13 bzagag inotyaavzo m-qi xovxow S. 144 Taf. V 23, aus Neapolis in Karien S. 148 
fiijxe TiQoxf&ivat sxt siaga xavxa ftrjöiva ftr/ze nr. 2 (mit interessanter Ligatur für yQ^xfiftaxeayg) 
ixiy>i)tpl££iv (vgl. anch Z. 28f. 48f.) und auf z6 ß 1 - nr. 4 und 5 sind Münzen des Gordianns 
die Inschrift von Amorgos, Dittenberger Syll. 3 (233—244), geprägt vom y. M. Aurelios Kandidos, 
511, 48ft; (nicht nach der Mitte des 4. Jhdts.) der unter TreboninB Gallus und Vohwianns (2Ä1 
fiffdi jzQvravig jiQOTt&£ra> fttjfü £jityjt]<f>t£ezai ftrjöi — 253) als y. xb #* eine Homonoiamünze von Nea- 



Namen wechselten. Alle diese Beamten waren 
ohne Zweifel y. (Imhoof S. 58); wenn damit noch 
aQxuQsvg verbunden ist, so ist nicht, wie Im- 
hoof wegen nr. 46 o. a. annahm, das Schreiber- 
amt hin und wieder dem Oberpriester übertragen - f 
denn es bezeichnet aQyuoevg kein Amt, sondern 
ist lediglich Ehrentitel. Den Titel des an zweiter 
Stelle genannten Beamten der ephesischen Münzen 
kennen wir nicht. Weitere klein asiatische Münzen 



<L/öl 



rgccfifiareig 



r^ctfifictrsig 



1752 



polie und Harpasa prägt (Imhoof S, 149). Weitere Schreiber (slaijpjoaftivov rov yga^iaxioig ifjs ßov- 

Beispiele bieten Müjazen von Kilbis (unsicher S. 175 Xtjg), während der Beschluß gefaßt ist frv6pov 

nr.2), Mastaura (S. 177 nr. 2 und Imhoof Lydische ßovXijs xal exxXyoiag ayofibnqs. 

Stadtmflnzen S. 97 nr. 7), Nysa (S, 178 nr. 3 Um Irrtümer zu verhüten, sei noch erwähnt, 

und .Lydische Stadtmünzen S. 110), Philadelpheia daß die in Kleinasien mehrfach vorkommenden 

in Lydien (S. 179 nr. 2). Über y. auf anderen y. von yeQovoCai mit dem Kate in keinerlei Be- 

lydischen Münzen, vgl. Imhoof -Blumer Lydische Ziehung stehen ; denn diese ysgovotat, auch ysgatot 

Stadtmünzen (1897) S. 63, über Dioshieron mit genannt, sind, wie schon Mommsen R. G. V326 

dem y, Corbulo Pick Ztschr. f. Numism. XVII gezeigt hat, lediglich freie Verbände älterer Bürger 
(1890) 181. Auf Münzen von Hypaipa (Lydische 10 ohne jeden politischen Charakter (vgl. Art. Geru- 

Stadtmtinz. S. 79ff. nr. 8—10) gestattet das Mono- si a). 

.Krannn rf ebensowohl die Auf ta „ g Ä - ^ÄhSÄf^I^T^Ä^ 

zsvgj als 7ig(vxavig). Über die y. der Münzen römischer Zeit in Herakleia-Perinthos (Thrakien) 

von Tralleis s. Lydische Stadtmünzen S. 177 sich auszeichnenden M. Aurel. Themistokles lizm- 

nr. 34. 35 (Zeit des Pius). 36. 38. 40—45 und xov ( = equitem Romanum), ygapttazsa ptovov (vgl. 

Kleinasiat Münzen 1871 nr. 3. 4. 6—8. Ganz o. S. 1751 die Münze von Traianopolis), 'Eyeoioov 

vereinzelt ist die Legende 'AXegavÖgos $do ygafa- a (= primum Bphesiorum) , 'Amdgxv v un ^ die 

fiatEvg) a TQaiavojzoXeu&v auf dem Revers einer von Hicks Journ. Hell. Stud. X (1889) 76 n. 28 
Münze des Gordianus aus Traianopolis in Phrygien 20 publizierte, von Cagnat IGE III 680 nach dem 

bei Imhoof Kleinasiat. Münzen S. 302, das ich Schedenapparat des Österr.-arch. Instituts berich- 

y. iiovqq lese, wie es .auch inschriftlich vorkommt tigte Inschrift aus Patara in Lykien aus der Zeit 

{s. u.). Möglich ist auch die Auflösung ag&xog, des Tiberius für einen Prytanen ygafi/aaxsvoavza 

wie neben ausgeschriebenem ägxojv ng&rog steht [fjiovjov xafxa. xjlifiiv xal xag rgetg dgxag äg- 

äQXav a, auch öfter ägxarv a xo ß'. Stellen- \avxa iv hl eviavzqi <pdod6£o)g, wo Cagnat 

Verzeichnis bei Imhoof-Blumer Zur griech. u. xaxä xXijotv, ex iussu, statt des stil- und sprach- 

röm. Münzkunde (Genf 1908) 301. widrigen xaftgotg djvoiv von Hicks richtig er- 

Bei der Datierung begegnen wir den mannig- gänzt hat, auch wohl fiovov statt [Avxijcov des 

faltigsten Formen und Kombinationen. Es ge- Schedenapparates , da es sich hier nicht um das 
nügen zwei Beispiele , ein fragmentiertes Ehren- 30 xotvov xßv Avxlojv handelt, das keine sigvxdvstg 

dekret aus Gerasa in Arabien, IGE III 1376 vom hat sondern um die Gemeinde Patara. Die xgeZg 

J. 98 n. Chr., datiert nach der aktischen Ära, a.Qxa.1 sind, wie sich aus Z. 4 ergibt, das Amt 

flinem Tigosögog, einem ösxdjzgoixog, den ägxovxsg des tegevg, Ttqvravig und y. 

und dem y., und eine Ephebenliste aus Kios in Für die Zähigkeit, mit der noch in der Kaiser- 

Bithynien, Athen. Mitt. XXIV (1899) 415 nr. 14 zeit die Einrichtungen der hellenistischen Zeit 

(= IGE III 24), datiert nach dem regierenden festgehalten wurden, obgleich die Stellung der 

Kaiser (11. Jahr des Traianus = 106/7 n. Chr.), Beamten eine wesentlich veränderte war, ist be- 

den fünf cxgaxrjyol rrjg jroXeoig und dem Schreiber zeichnend der Volksbeschluß von Chersonesos bei 

Sokrates, Sohn des Sokrates. Besonders beliebt Latyschew IPE I nr. 185 (= Dittepberger 
ist die Datierung nach dem Proconsul {dvMnazog) 40 Syll l 252), datiert nach dem ßaodsvg (rex saeri- 

und dem Gemeindeschreiber, z. B. in ephesischen fiadus) , dem aQoatovfiv&v und dem y, , aus 

Inschriften, österr. Jahresh. Beibl. I 76. 78. II der Zeit des Mithradates VT. Eupator (zwischen 

44. 50. 74. III 86. V 66. VII 42. 44. 115—106 v. Chr.), verglichen mit der fragmen- 

Bei der hohen Wertschätzung des Amtes ist tierten Inschrift aus der römischen Kaiserzeit 

es begreiflich, daß zumal in den Ehreninschrif- Latyschew nr. 190, die noch nach dem ßaodsvg, 

ten, die sich in der Aufzählung der bekleideten dem ygafiftaxevotv und dem isQsvg datiert ist. 

Ämter ergehen , oft das des Gemeindeschreibers Wegen der Besonderheit der sprachlichen Formu- 

erscheint, meist mit. einem ehrenden Zusatz; vgl. lierung erwähne ich die Inschrift von Tyras in 

z. ß. die Inschriften aus Prusias in Bithynien, Pontes bei Latyschew I nr, 2 Z. 15 (Zeit des 
IGR III 64 und 69 mit bloßem ygafipiaxevaavza, 50 Commodus, 181 n. Chr.) xo r« ipiq<ptottaTsXsio?~ 

*50 y, evvofxag , 67 y. sxtevöjq , 68 y. Smotfficog, &sv vJtb rov ygaftftfaxecog] xrjg nöXeoig OvaXsotov 

1422 y.vofiincog, ferner die Inschrift aus Oinoanda 'Povtpov do&rjvat xxX.\ vgl. die Bestätigung Z~ 32 

in Lykien 493 y. xijg xaxgtSog (pdoxeifiwg. OvaXigtog c Pov<pog ygafipaxevg ixeXeioioa xo iprj- 

Vor allem ist natürlich nötig, daß der y, die (pio/ta. Bei <PdvT}$ 'Aya&ov dgxiygafxfiaxevg 
griechische Sprache völlig beherrsche. Von diesem in einer Inschrift aus Pantikapaion (Kertsch) bei 
Gesichtspunkte aus ist es gewiß bemerkenswert, Latyschew D?E II nr. 29 A 17 (= Boeckh 
daß im Präskript des Steuertarifs von Palmyra, Ges. Kl. Sehr. VI 462 = Le Bas III 1576) 
einem Ratsbeschlüß vom J. 137 n. Chr. (Bull. hell. handelt es sich offenbar nicht um ein neues Amt, 
VI (1882) 439 = IGR III 1056), neben Leuten sondern wie in andern Fällen, wo dem Beamten- 
mit lauter palmyrenischen Namen einzig der 60 namen clqzl vorgesetzt ist. lediglich um eine Titel- 
Schreiber einen griechischen Namen trägt. Er erhöhung; vgl. B 34 Mevsoxgaxog [ß'J ygafifta- 
föhrthier den vollen Titel y. ßovXijg nai Örjfiov, xevg; vgl. auch o. II A 2 (S. 1744). 
obgleich der Beschluß nach Z. 1 ein doypa ßovXijg 4. Der Bundesschreiber des lykischen 
18t; VgL auch Z. 4 ßovXijg voftiftov ayofievyg. Das Bundes (jQafiftaxevg Avxltov xov xotvov). Die 
umgekehrte Verhältnis in einem Gemeindebeschluß in Kleinasien oft genannten xotvä sind entweder 
von Sidyma in Lykien bei Benndorf-Ni e mann 1. die von Augustus geschaffenen Landtage, die 
Reuen in Lykien 71 nr. 50 (IGE DI 582), datiert aber keinen politischen Charakter mehr haben, 
nach dem aQxuQtvg- Antragsteller ist der Rats- sondern fast lediglich zur jährlichen Festfeier fBr 



den regierenden Kaiser zusammenkommen (Mo m m- 
sen R. G. V 318), oder 2. innerhalb einer Pro- 
vinz kleinere Festgenossenschaften, die sich um 
ein gemeinsames Heiligtum sammeln und zur 
Festfeier der gemeinsamen Gottheit zusammen- 
treten, in der Kaiserzeit unter aQxtsQsTg (Bran- 
dis o. Bd II S. 477, 27ff.), oder 3. eigentliche 
staatliche Bünde, so xb xoivdv rcöv MaxeSovcov 
und Avxicov xö xotvov, über dessen Organisation 
uns zahlreiche Inschriften unterrichten. 

Eine Inschrift aus Oinoanda aus der Zeit 
TraiansIGRIII487, 10 {= Heberdey-Kalinka 
Wien. Denkschr. XLV (1897) 47 nr. 62) nennt 
G. Iulios Demosthenes ysv6fi.svov dqx i ^ a Tc5v 
[2sßao] tcöv xal yqafifxaxsa Av[xicov] xov xotvov. 
Wie hier, so werden wir noch oft den Provinzial- 
oder Bundespriester (aQxieQsvg z<5v üeßaatäiv) zu- 
gleich als Bundesschreiber (y. xov xoivov) finden. 
)er ä(i%i£Q£vg xöiv ^sßaarojv ist aber mit dem 



Hauptamtes zum 'AotdQxys erhoben worden oder 
es hätten ihn , da auch diese Möglichkeit offen 
gelassen ist, seine Mitbürger als angesehenen Be- 
amten ausgezeichnet? Die Beantwortung dieser 
Frage ist für die Bestimmung der Natur der 
Lykiarchie und damit indirekt des lykischen 
Bundesschreibers nicht gleichgültig. Darum sei 
noch erwähnt, daß auch für Ägypten Belege vor- 
liegen, daß ein dQx^QEvg (doch wohl ein gewesener, 
10 den Titel weiter führender) auch staatliche Ämter 
bekleidet, z. B. das Amt des ßaodtxog y. und das 
des oxQazrjyog in verschiedenen Nomen Ägyptens 
nach Inschriften bei Seymour de Ricci Arch. 
f. Papyrusforsch. H 567 nr. 131 ; vgl. II 444 nr. 66 
und die von Otto Priester u. Tempel im helleni- 
stischen Ägypten II (1908) 347 nachgetragene 
Inschrift -des 2. Jhdts. n. Chr. aus Pachnemunis, 
Journ. hell. stud. XXIV (1904) 6. In diesen Fällen 
kann es sich aber sicher nicht um gleichzeitige 



Avxmqrng identisch, wie schon Th. Mommsen 20 Führung der zivilen Ämter mit dem Oberpriester- 



Österr. Jahresh. III (1900) 7 gegen Heberdey 
Opramoas (1897) 59 gezeigt hat. Ihm hat 
Fougöres, der noch in De Lyciorum communi 
(1898) 86 anderer Meinung war, ebenfalls zuge- 
stimmt in ,Encore le Lyciarque et Tarchiereus 
des Augustes', Melanges Perrot (1902) 103—108. 
Das Analogon zu dieser Identifikation des Bundes- 
priesters mit dem AvxiaQ%r}$ bietet, wie schon 
Mommsen 8 andeutete, die Identität der Bundes- 



amt handeln, da die Inhaber zur Zeit der Füh- 
rung der zivilen Ämter nicht in Alexandria, dem 
Sitze des äo/t^ev?, gewesen sein können (Otto 
190, 3). Ob "aber Kumulation überhaupt undenk- 
bar sei, wagt Otto II 189 mit Recht nicht so 
bestimmt zu behaupten, wie Preisigke Stadt. 
Beamtenwesen im röm. Ägypten (1903) 42. Es 
darf auch erinnert werden an die aQxttQstg rfjg 
v4\oov oder tcöv xaza xr\v vr\oov legätv oder xdv 



priestertümer der Provinz Asia mit der Asiarchie, 30 xaza tr^v vijoov auf Kypros in der Ptolemaerzeit T 



die zwar von B r an di s o. Bd. II S. 1564ff. bestritten, 
aber meines Erachtens nicht erschüttert ist, wie 
denn auch Dittenb erger OGIS II p. 137f. 
geneigt ist, ihr beizustimmen. Aber mag auch, 
besonders seit der Kritik von Brandis, die Iden- 
tität des 'AoiäQxyg und des dgxiseevg Hoiag nicht 
über allen Zweifel erhaben sein, so ist doch die 
Identifikation des AvxtdgxV^ un(i des ägxisgsvg xwv 
Isßaoxwv als lykischen Bundespriesters unzweifel- 



die alle hohe Würdenträger, ovyyevsTg rov ßaat- 
Xiwg oder oTQaxyyol oder vavaqxoi sind (s. Bran- 
dis 0. Bd. II S. 4711). 

Für den AvxiaQXW bezw. aQXiegevg rd5v 2eßa- 
oxojv Avxioyv xov xoivov ist die gleichzeitige 
Führung des Schreiberamtes des lykischen Bundes 
gesichert durch den klaren Wortlaut einer ganzen 
Anzahl von Inschriften, die ihn nennen dgxieQea 
zäv Zeßaazcöv , xov 8s avzbv xal ygafi^axm 



haft richtig. Weitere Belege für das Zusammen- 40 Avxtcov xov xotvov ; vgl. die Inschriften aus Tel- 
fallen des . . dg/VS mit dem agxtegevg bei Cumont ™"^« TaT? m -^ Q RW ™» sftfi a,1R <^ m T.p+non 



Hondem, Rev." d. et. gr. XIV (1901) 138-141 
und Th. Mommsen S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 281 
Die Analogie zwischen Lykiarchie und Asi- 
archie läßt sich weiter spinnen. Wie der Avxi- 
dgyrig zugleich Schreiber des lykischen Bundes 
ist] so kann auch der Aaidgxn? gleichzeitig als 
Gemeindeschreiber (y. xov Sr^iov) amten (vgl. für 
Ephesos Anc. Greek Inscr. Brit. Mus. nr. 500 



messos IGR III 539, Sidyma 586, aus dem Letoon 
zwischen Xauthos und Pydnai 603, aus Patara 
670—673. Auch der bekannte Opramoas, Sohn 
des Apollonios, aus Rhodiapolis, dessen Inschrif- 
ten nunmehr auch IGR III 739 (S. 265-299) 
abgedruckt sind, war im J. 136 n. Chr. appo 
gsvg xaiv Eeßaoxäv und y. Avxlatv xov xoivov 
nach IGR III n. 679 aus Tlos (= Le Bas III 1266, 
wo die Inschrift fälschlich Patara zugewiesen ist, 



wnwioauivav xov Östvog doidg/ov xal ygaftfiaxicog 50 wie wieder von Cagnat IGR III 679); vgl. 

v*y ~r , ■, „ * A - , ._ ^„..i. ._ — Heberdey Opramoas (1897) 70 und besonders 

Th. Mommsen Österr. Jahresh. III (1900) 61, 
wo die Titel des Opramoas aufgezählt sind. Im 
großen Bundesbeschluß (Opramoas nr. 30 Kol. VIII) 
heißt er und zwar wiederholt o yeyovwg dgx^Q^ 
tc5v Seßaazäiv, 6 6k avrbg xai ygafifiazsvg Avxi(üv 
toü xotvov, aber auch Avxidgxis'i jedoch sind nie 
Bundespriestertum und Lykiarchie kumuliert; also 
sind sie, da hier ein so wichtiges hohes Amt nicht 



rov Stjfiov; auch der Gemeindeschreiber von 
Magnesia a. M. ägx^Q^i *<" ygapftazev; (tov 
brjptovj in Inschr. v. Magn. 187 [Zeit des Marc 
Aurel 162 n. Chr.], ist zugleich 'Aotdgxrjg). Daraus, 
daß der Asiarches gleichzeitig ein ziviles Amt 
bekleiden kann, schließe ich, daß das sog. Amt 
des Asiarches in diesem Falle mehr titularer Natur, 
das eigentliche Amt das des Gemeindeschreibers 
Die von Brandis o. Bd. II S. 1566 



gewesen sei. _«, »«« ^i»±iuio v. *->**. **. ^. .»«~~ — , D -- 

hieraus für die Natur der Asiarchie gezogenen 60 mit Stillschweigen übergangen werden dürfte, 
nnag ich nicht zu teilen; seine Auf- identisch, wie Mommsen gezeigt hat. Die gleiche 



Schlüsse vermag 

fassung (S. 1574), daß die Asiarchie gewisser- 
maßen im Nebenamt geführt wurde, daß sie eine 
Würde sei, zu der das Hauptamt an sich den 
Inhaber erhob oder womit die Mitbürger ange- 
sehene Beamte auszeichneten und ehrten, ist un- 
richtig. Sollte man wirklich im vorliegenden 
Falle annehmen, der y. xov öqfiov sei wegen dieses 



Formulierung ysyovfiojg ägxisgevs [xwv] 2[eß]a-- 
cTtöv xai ygafifiaxevg Avxiotv zeigt das in Kyanai 
gefundene Ehrendekret von Myra für Iason, Sohn 
des Neikostratos (Serta Harteliana [1896] 1 = 
IGR m nr. 704 II A 6). 

Daß in dem Ehrendekret aus Tennessos (minor) 
bei Oinoanda IGR 495, wo der Geehrte, rdtoc 



Äoiiwioc, bezeichnet ist als fyyovos (= Sxyovog) 
xcd OTQaTtjyÜY xai aQXMpvXdxoov xai yqafifta- 
TsfmvJ xov eftvovg xfaji Avxiagx& v szq[o>- 
rjevoävzcov xov s&vovg , ebenfalls der y. Avxio>v 
Toi? xoivov gemeint ist, beweisen u. a. die In- 
schriften aus Lydai IGE III 524 (= Hicks 
Journ. hell. stud. X (1889) 68 nr. 20) dgx^Qa- 
zevoavxa xöiv 2eßaozwv xai ygafifiaTevoavxa 
Avxicov xov süvovq (vgl. nr. 526 rö xoivbv 
Avxicov sthos) und nr. 527 (= Hicks a. a. 0. 10 
p. 66 nr. 18) ygzisgaxsvxdxa zeöv £eßaoxc5v f.v x<p 
Avxicov eftvsi xai yEygafifiazEvxdza xai rjg%iq)vXa- 
xrjxÖTa [Avxicov] xov xoivov; vgl. auch nr. 493 
aus Oinoanda für rdtov Aixivviov fygdvxcava ... ' 
ygapfiaTsvoavTa Avxicov xov xoivov . . . xal isga- 
oäfiEvov xcöv Zeßaaxöiv ftexä xi)$ xgaziox^g avxov 
ywaixbg Aixiwiag $Xaßiltyg. Nicht anders auf- 
zufassen ist in der Inschrift für Q. Veranius Iason 
aus Sidyma (Benndorf-Niemann Reisen in 
Lykien p. 65 nr. 35 = IGE III 589) dox^e^vaavra 20 
itöy Seßaoxfäv xai ygafifiaxEvojavxa xai isga- 
revoavxa xai dg[xt<pvXaxtfoavxa x0 Bvei x]ai 
Ttgeaßsvaavxa xxL mit gesicherten Ergänzungen. 
Eine eigenartige Verbindung weist auf eine Ehren- 
mschrift aus Xanthos für M. Aur. Euelthon 
(Benndorf-Niemann p. 93 nr.77=IGE III 621) 
hgaodftevov to3 edvei xai xcöv ^ßaozoov fisza sm- 
dooswv, ygaptftaxsvoarta xxL , von Cagnat mit 
Fougeres De Lyciorum communi 106, 4 erklärt 
als provineialis sacerdos Augustorum sub flamine 30 
tum donativis. Besonders bezeichnend scheint 
mir hier und in der Inschrift aus Lydai nr. 527 
Ttji etiru, das deutlich sagt, daß der Provinzial- 
pnester nicht mehr bloß für den Kaiserkultus 
bestellt ist, sondern auf dem gesamten Kultgebiet 
die Oberaufsicht hat, wie der Pontifex maximus 
in Rom, worauf schon Mommsen E. G. V 321, 2 
Terwiesen hat. Die etwas freiere Benennung k'ftvog 
statt der strengeren xoivov finden wir auch beim 
Schreiber in einer unpubüzierten Inschrift von 40 
Xanthos aus dem Schedenapparat des Österr. 
arch. Inst., nunmehr IGE 628 foxaoaTevxdfxoJg 
[luv ^Eßjaaxmv xai ysyQafifiazsvxoxog ev t$ 
zftvei (Zeit des Hadrian) und einer Inschrift aus 
Gagai ; IGE EI 746 (= Le Bas III 1338) ygapi- 
[fiaxevoavra Avxicov] xtp e&vsi. Daß in all den 
angeführten^ Ehrendekreten in den Wendungen 
Goyiegia xcSv Zeßaozäiv xai ygaftfxazsa Avxicov 
top etivovg und agziegm xcöv 2eßaoxc5v, xov öe 
avzbv xai ygajifiaxsa Avximv xov xoivov die Worte 50 
Avxicov tove&vovs bezw. Avxicov xov xoivov auch 
mit äQzteQia xojv Heßaozcöv zu verbinden sind, 
daß also der lykische dgxtegsvg xcöv Zeßaoxcöv 
provinzialer, nicht lokaler Oberpriester war, hat 
ganz richtig bereits Brandis o. Bd. II S. 473f. 
bemerkt. Daß diesem Bundesschreiber, als der 
st « ts d er Bandespriester fungierte, ein Unter- 
Schreiber, vxoygaftfiazsvg, beigegeben war, bezeugt 
eine Inschrift aus Kadyanda bei Cousin-Diehl 
Bull, hell. X (1886) 51 (= IGE III 515): Avxicov 60 

ro xoivov exeifiTjosv MeXdaygov d' KaÖvav- 

4sa, zqv E^iovxa VTZoygawtazia Avxiwv xov xoivov; 

■a °^ res De Lyciorum communi (1898) 112. 

Ä 1. Das griechische Pestland. 

a i_L- P £ rta - Der Schreiber eines Kollegiums 

Ton drA Gemeindeephoren wird erwähnt in dem 

<P»ter angebrachten Znsats zum Ehrendekret von 



rgafifiavets 



1756 



Amyklai, Dittenberger SylU 451 (^ Miche 
Recueil 182) Z. 17 für die dortigen Ephoren vom 
Jahre des eponymen Patronomos Nikeas (1. oder 
2. Jhdt. v, Chr.): Sxaivsoai ob xai xbv ygauuaxn 
avzcSv Kalhxkrj. ' 

b) In einem unpubüzierten Beschluß der 
Messenier für den y. %mv avvsdgcov Aristote- 
les für seine Verdienste bei der Einhebung der 
von den Römern angeordneten dxxwßoXog ci<j<poad, 
einer Steuer von 8 Obolen auf eine Mine von 
70 Drachmen, steht folgende für die Tätig- 
keit dieses ^ Schreibers charakteristische Stelle : 
sMfteXsiav ijtotfoaxo xov ndvxag xovg xäg noXio; 
XSiQtoftovs elq t6 iftqravss ävayodipeo&ai eis roixov 
e^r afxsQag vnb xcöv x E ^dvzo>v xt rag aohog. 
Besonders bezeichnend ist die Bestimmung, die 
Aufzeichnung sei erfolgt he äjusgag, noch am 
gleichen Tage; anderwärts avxixa fidla oder ähn- 
liches; vgl. oben S. 1734. Wilhelm Congres 
dAthenes 1905, 278 und Beiträge (1909) 265. 
Dieser y. xßv övvsöqojv ist der Ratsschreiber, wie 
in der Mysterien in schrift von Andania vom J. 91 
v. Chr. (L'eBas-Foucart II 326a = Ditten- 
berger Syll.2 653) Z. 1. 134, wo ihn schon 
bauppe richtig auffaßte (Swoboda Gr. Volks- 
beschl, 147f.); denn ovveögoi, ovvedQtov, ursprüng- 
lich wohl nur bei Bünden gebräuchlich, ist später, 
besonders seit dem 2. Jhdt. v. Chr., eine sehr 
verbreitete Bezeichnung für den Rat (Swoboda 
307). In Andania vereidigt der Ratsschreiber die 
m die Mysterien Eingeweihten, xovg ycvrjüivzas 

tEQOvg ooxt^dzoj uiaQaxQfjpa xbv oqxov xbv 

vjroysyga^ivov (Z. 1), ebenso die vom Volke ge- 
wählten Ssxa (Z. 134). 

c) Olymp i a liefert das meines Wissens älteste 
Beispiel eines Schreibers, Inschr. v. Olympia 2, 8 
xai IlazQtas 6 yQO<ptvg xavfrjd xa ndoxoi, [ai 
zjiv [aCJtxsoi. Ich fasse in dieser vielbehandelten 
Inschrift (Literatur bei Röhl IGA p. 39 nr. 112), 
abweichend von Kirchhof f, nach dem Vorschlage 
von Blaß Gr. Dial.-Inschr. I S. 310 nr. 1152 und in 
Übereinstimmung mit Dittenberger und Pur- 
gold naxgiag als Eigenname. Darnach ist Patrias 
ein Nichtbürger, der in Elis Schreiberdienste tut 
und dem für seine Person, seine Familie und seine 
Habe derselbe Rechtsschutz gewährt wird, den 
die ^? Ürger e eniößen - Zeit der Inschrift vor 580 
v. Chr., weil darin bloß ein Hellanodike erscheint. 
Die ehsche Form yooyevg (s. o. S. 1709) ent- 
spricht dem Verbum ygotpcov 272, 3, während das 
Substantiv auch in älteren Urkunden tö ygayog, 
xa yoarpEa heißt. Erwähnung verdient auch der 
y. des Kultpersonals, der immer nur in der Ein- 
zahl vorkommt (Inschr. v. Olympia nr. 59, 13 u. o ; 
s. Dittenberger-Purgold S. 1391 und Index 
S. 835). Da, wie Dittenberger-Purgold 195f. 
beobachtet haben, seit dem 2. Jhdt. n. Chr. 
olympische Hierodulen, d. h. Sklaven des olympi- 
schen Zeus, in Stellen eindringen, die bis dahin 
von freien Eleern besetzt waren, z. B. als ajiov- 
öavlai, ixtoxovdoQxyoTaL, £vZevg, so darf es nicht 
verwundem, im Verzeichnis des Kultperaonals der 
247. Ol. (209-213 n. Chr.) auch einem Sklaven 
des Zeus als Schreiber zu begegnen, Inschr. v. 
Olympia 110, 27 ygammzevs • 'AsioUtiwtog Jtog. 
Die olympischen Ehreninschriften römischer Zeit, 
wie nr. 433 (nach 105 n. Chr.), nr. 468 (2. oder 
3. Jhdt. n. Chr.) weisen nichts Besonderes auf; 



1757 



rgafifiareig 



I'yanfxcxTetg 



1758 



außer daß 468, 5 noch yQaftfiaxiaavxa steht, wäh- 
rend 460, 3 von den Herausgebern yQafifftazev- 
cavta Tf}s jtdXeaJg ergänzt ist; vgl. auch Ger- 
lach Griech. Ehreninschriften (Halle 1908) 62. 
d) Achaia und der Achäische Bund. An 
der Spitze des Achäischen Bundes (s. o. Bd. I 
S. 165ff.) standen in den ersten 25 Jahren (280 
-255) zwei GXQazqyot nebst einem Bundesschreiber, 
(Polyb. n 43, 1. 2. Strab. III 385), nach- 



g&rizt hat: *? ßo]vXrj tfjg XafuzQoxdfxTjg MavziveCag 
xbv ygafi.fj.az3a ro]v avvedgiov , so muß , wie be- 
reits Oehler richtig bemerkt hat, hier ovvsdgiov 
den geschäftsführenden Ratsausschuß bezeichnen, 
so daß der y. zov avvsSotov dem attischen jäh- 
rigen xazd TtQvxavstav y. entsprechen würde. 

e) Boiotia. In boiotischen Inschriften, datiert 
nach dem lokalen oder dem Bundesarchon , den 
lokalen Polemarchoi und dem Schreiber, bezeich- 



y., % ... 

her ein Strategos mit einem Hipparchos, einem 10 net mit yoawiaxiddovxos oder yQa/n^axsvovzog xov 
Nauarchos, einem y. und zehn Damiorgen (T ö p f- Setvog, ist dieser Schreiber speziell der Schreiber 
fer o. Bd. I S. 168, 2öff.), die wohl samt- der drei städtischen jährigen TiolefiaQxot (s. d. 



lieh von der Bundesversammlung gewählt waren 
(Polyb. IV 37, 1. 82, 6. Plut. Arat. 41). Gewöhn- 
lich * sind , wie beim Aitolischen Bunde , die Ur- 
kunden der einzelnen Städte nach dem Strategen 
datiert, doch auch nach dem Bundesschreiber, so 
Collitz 1614a 4 (= Dittenberger Syll.2 468) 

£kl yga] (ft)ßaxsog zoTg 'Azaiötg Ms(vJ[avögiöJa. 

Die Behauptung Früherer, wie Dubois Les ligues20nos IG VII 3174—3180 (= Collitz 483—486), 
^tolienne et achöenne (Paris 1884) 165, der Schreiber Hyettos IG VDI 2809—2832 (— Collitz 528 



und Busolt Gr. Staatsalt. 2 345, 345, 7), wie 
sich aus der vollen Formel, z. B. IG VH 3174. 
3175. 3180. 3179 (= Collitz 485) ergibt noXs- 
liaQyiQvxom (drei Namen) yQaiiffiJariSovros (sie) 
zvg niokefidQxvg AaixQaxldao 'AizoXXoivldao. Dieser 
Schreiber erscheint hauptsächlich in den zahl- 
reichen boiotischen Rekrutenlisten aus Orchome- 



tachöenne (Paris 1884)1 
sei nur zur Zeit der 2wei Strategen eponym ge- 
wesen, ist widerlegt von Dittenberger zu IG 
VII 188 und Syll.2 a . a. O. Anm. 4 unter Hin- 
weis auf die nach der Befreiung von Korinth 
fallende Inschrift von Aigosthena, IG VDI 223, 1. 
Der Grund, warum bald nach dem Strategen, bald 
nach dem Bundesschreiber datiert ist, ist freilich 
nicht ersichtlich (Busolt Gr. Staats altert. 2 354, 3 
und u. unter g). Beim Strategenamt war aber- 30 'innaqxog 6 ÖeTva. 



—551), Kopai IG VII 2781—2789 (= Collitz 
553-558) und Akraiphia IG VII 2714—2720 
(= Collitz 571a. 574). Nur einmal, in einer 
Urkunde aus Thespiai, IG VII 1745 (= Foucart 
Bull. hell. Vin (1884) 412 nr. 11 = Collitz 807b), 
wo alle Eponymen im Nominativ stehen, heißt 
dieser Schreiber yf>afifiaziozdg : 'ÄQxbg 6 Öetva, 
TtolifiaQxot (drei Namen), yQa/iffiaJxiotäg 6 deiva. 



malige Bekleidung erst nach Ablauf eines Jahres 
gestattet (s. 0. Bd. I S. 169, 17); ob auch bei 
dem des Bandesschreibers , wissen wir nicht. 
Iteration ist bezeugt durch eine schwerlich vor 
den Anfang des 2. Jhdts. v. Chr. fallende Ehren- 
inschrift des xoivbv zolv 'Agaiöjv für einen Tibe- 
rios Klaudios Pelops GxgaxTjybr zaiv 'Axattöv xai 
yoa/j.fiäxm rb ß' (Inschr. v. Olympia 430, 7). 
Drei Inschriften aus Dyme in Achaia (vgl. 



Dery. der d<p£dQtazEvovz£g des xoivbv 
Botooz&v. In insgesamt zwölf Urkunden des 
Boiotischen Bundes, sämtlich Weihungen von Drei- 
füßen, erscheinen je sieben äqjedoiaTevovTsg, deren 
Natur noch nicht sicher bestimmt ist (s. 0. Bd. I 
S. 271 2f. Busolt Gr. Staatsaltert. 2 344). Sie 
scheinen keine Behörde zu sein, sondern Leute, 
die lediglich bei der Weihung des Dreifußes feier- 
lich assistierten , so daß dqjsdQtazevdvxoiv etwa 



o. S. 1709 und Swoboda Gr. Volksbeschl. 255) 40 heißen würde dedicationis caerimonias perficieti' 



lehren uns den ygajUftaTtordg dafioaioipvXd- 
x &) v , doch wohl den Schreiber der Archivaufseher, 
kennen (Keil Anonym. Argent. 193, 4). Col- 
litz 1614c (= Dittenberger Syll.2 468) 27 
bestimmt, daß Neubürger einzutragen sind beim 
ßovXaoyog , dem TiooGzdzag dafiooioipvXdxoyr und 
dem yoafifiaziozdg. Daß auch zu letzterem öafio- 
moqpvXdxoov hinzuzudenken ist, beweist Collitz 
1612a 4 (=Dittenberger Syll. 1 316), eben- 



tibus % wobei d<p£bQiaxsvsiv = ätpidQveir wäre (so 
schon Boeckh und Wal pole), etwas spezieller 
als das gewöhnliche smpsXovfievov oder irnftekt)- 
revovzog xov ösTvog. Zu beachten ist, worauf 
schon Holleaux Bull. hell. XIII (1889)21 hin- 
gewiesen hat, daß von den im ganzen 16 boioti- 
schen Städten, die in diesen zwölf Urkunden er- 
wähnt sind, eine einzelne Stadt nie mehr als 
einen Vertreter hat, daß aber die fünf Städte 



falls ein Bürgerrechtsdekret, während im Todes- 50 Theben, Thespiai, Plataiai, Tanagra und Orcho- 



urteil gegen Tempelräuber und Falschmünzer 
Collitz 1613, 2 (= Dittenberger Syll.2 513) 
lediglich yga^iaztoxag steht. Für denselben 
Schreiber auch yQaftfiaxevg Collitz 1615,4. In 
einer weiteren Inschrift aus Dyme CIG 1543 ( = 
Dittenberger Syll.2 316 _ Michel Recueil 
653) aus römischer Zeit (nach der Mitte des 2. 
Jhdts. v. Chr.), datiert exi üeoxöXov Aiojvog, 
ygafifiaxeog xov oweSglov 2xoaxoxXiovg t kann es 



menos immer vertreten sind, mindestens durch 
den y. des Kollegiums, so Plataiai in IG Vn 3207 
(= Collitz 494). Der Schreiber, bezeichnet mit 
yoaftftaziddovxog bezw. yqafipiaxEvovzog xov SeTvog, 
scheint demnach den Mitgliedern des Kollegiums 
koordiniert gewesen zu sein. Die wichtigsten 
dieser Inschriften, von denen vier aus Akraiphia 
(IG VII 2723— 2724 b) vom Ende des 4. Jhdts. 
v. Chr. stammen, alle übrigen aus der zweiten 



sich, da der Achäische Bund allein von allen 60 Hälfte des 3. Jhdts., sind IG VII 1672. 1673 



griechischen Bünden kein owedgtov hat, nicht 
um das öwedgiov des Bundes, sondern nur um 
den Rat von Dyme handeln, wie denn in vielen 
Städten Achaias sich owsögtov = ßovXrf findet 
(Oehler o. Bd. IDT S. 1035, 55). Wenn, woran 
Zweifel erlaubt sind, Fougeres Bull. helL XX 
(1896) 156 nr. 2 die dem 2. oder 3. Jhdt. n. Chr. 
angehörende Inschrift ans Mantineia richtig er- 



(Plataiai = Collitz 865. 864). 1795 (Thespiai 
= Collitz 807a). 2723. 2724. 2724a. b. c. d. e 
(Akraiphia = Collitz 570. 571). 3207 (Orcho- 
menos = Collitz 494). Revision der Frage nach 
dem Charakter der ayedQtaiGvoYzsg von Ditten- 
berger IG VII p. 286f. za nr. 1672. 

In der Nikaretainschrift aus Orchomenos IG 

VH 3172 (= Collitz 488 =* Recueil d. inscr. 



jurid. grecques I 275ff.) erscheint ganz am Schluß 
Z. 178 tot te&fto<pov%dxa)v ygaftfiaxsvg 
2o-....-., der identisch ist mit dem y. von Z. 184; 
vgl. Recueil I 293f. und Art. Ts&fitxpvAaxsg. 

f) Delphoi und die Delphische Am- 
phiktyonie. Über die städtischen Beamten 
von Delphoi, besonders die ßovXevovxsg und den 
ygafifiazsvcov zag ßovXäg, bezw. rät ßovXäi, orien- 
tiert jetzt am besten der Index von Wendel hei 
Collitz IV 249ff. , über die Sijfioata ygdjufiara 
(zrjg jiofaois) und die darauf bezügliche Tätigkeit 
des y. Keil Anonym. Argent. 306 Anm., über 
seine Verpflichtung, in der Kaiserzeit eine Ab- 
schrift {dvxtygatpov) der Freilassnngsurkunde im 
städtischen Archiv zu deponieren, Colin Bull. hell. 
XXII (1898) nr. 83. 85. 97 usw. ^ Hier genüge 
der Hinweis darauf, daß zu der Zeit, wo Delphoi 
zum aitolischen Bunde gehört, in den Freilassungs- 
urkunden (die bis 1898 bekannt gewordenen ge- 
sammelt von Baunack bei Collitz II nr. 1684 
— 2342) oft datiert ist nach dem Archon von 
Delphoi, den amtenden ßovhviai und dem y., 
d. h. dem Eatsschr eiber, bezeichnet mit ygapfia- 
xevcDv mit oder ohne xät ßovkai (Index von W ende 1 
bei Collitz IV 196. Recueil des inscr. jurid. 
gr. II 2521). Als Zeugen (ftdQxvgoi) erscheinen in 
den Freilassungsurkunden 1) der oder die Apoll on- 
priester, 2) die beiden ag^ovxeg, 3) 6 yga/x,fzaxsvg 7 
der Gemeinde- bezw. Ratsschreiber, 4) idtcözat; 
vgl. z. B. Collitz 2148. 2191. 2198 (der y. hinter 
zwei ßovXevzac, nach ihm acht löiwrai). In den 
Tempelhaurechnungen von Delphoi Collitz 2502 
(= Dittenberger Syll. 2 140) ist vom yga^fia- 
rsvcov zäi ßovXät (Z. 133) geschieden der ygaß- 
fiartords der Kommission der 29 vaoxoioL Für 
diesen Sekretär der Tempelbaukommission sind 
gebucht für das J. 348 fünf Statere (Z. 49), für 
das J. 344 deren zwanzig nach Z. 89 ygafipa- 
ziozät /ita&ög oxatijgsg fixazt', wie es scheint der 
bescheidene Jahreslohn dieses Funktionärs. 

Der Schreiber der Delphischen Am- 
phiktyonie heißt offiziell ygafißazEv<ov rotg tego- 
f.tvafi6voig bezw. tsgoftvdfxoot, so Collitz 2519, 3 
(232 v, Chr., Inschrift der Gruppe D von Bau- 
nack). Die ganze den J. 230—220 v. Chr. an- 
gehörige Gruppe E von Baunack bei Collitz 
2520—2526 ist charakterisiert durch die sonst 
nicht mehr wiederkehrende Zahl von sieben aito- 
lischen Hieromnemonen, mit denen zusammen der 
Amphiktyonenschreiber genannt ist mit einfachem 
ygapi^axsvtov 2520. 2522. 2523. In allen drei 
Urkunden ist Schreiber der Aitoler Melanthios. 
Auch in Gruppe F dieselbe kurze Bezeichnung 
2527; dagegen der volle Titel yga^ajztvovxog 
zotg iegofivaftövotg 2528, 9 und ygafifiazevoi'Tog 
Tolg ItQOftvdfiooiv 2529, 9 (2532, 5); vgl. auch 
Dittenberger Svll. 2 924, 9. Wenn der von 
Jarde Bull. hell. XXVI (1902) 640) mitgeteilte 
Schluß der delphischen Inschrift Bull. hell. XX 
(1896) 627 nr. 6 richtig ergänzt ist, so stand darin 
rag 8s ixigag (sc. ozd?,ag) [xb dvä]Xa>f*a Softer xov 
yQa(JLfiaxE[a xa»>A{i(pixxv6vco]v, doch möchteich 
eher isgopvafiövwv mit gleicher Buchstabenzahl 
ergänzen. Über den delphischen Amphiktyonen- 
schreiber im allgemeinen s. Bürgel Die pylaeisch- 
delphische Amphiktyonie (München 1877) 133, 19. 

g) Der Aitolis che Bund. An seiner Spitze 
steht der Strategos, der Eponymos ist, nach ihm 



kommt als zweithöchster Beamter der Hipparchos^ 
als dritthöchster der Bundesschreiber, inschrift- 
lich y. schlechthin genannt, von Polyb. XXI 82, 
10 <V<Joios y.; vgl. Wilcken o, Bd. I S. 1119, 
32ff. Diese Bangfolge ergibt sich aus Polyb. XXI 
32, 10 = Liv. XXXVUI 11, 7, aus der um 275 
v. Chr. fallenden ovv&rjxa xai avpLfia%ia AhoyXoVg 
xai *Axagvdvotg , die Sotiriadis 'Etptjfi, dg% . 
1905, 56 publiziert hat, wo der Aitolische Bund 

10 vertreten ist durch den Strategos, den Hipparchos, 
den G. , sieben Epilektarchen und sieben Tamiai, 
der Bund der Akarnanen durch sieben Strategen, 
einen Hipparchos , einen G. , einen Tamias und 
Synedroi, sowie aus dem in Magnesia a. M. ge- 
fundenen Beschluß des Aitolischen Bundes vom 
J. 194/3 v. Chr., Kern Inschr. v. Magnesia 91 
(= Dittenberger Syll.* 927) Z, 24 mit der 
Reihenfolge Strategos, Hipparchos, Schreiber der 
avvsögoi ■ hier aber zwei Schreiber : ygafifiarevov- 

20 zcov xotg [avvsögoig .... 'YJnazaiov, MixxvXico- 
vog $vex£og. Daß der Schreiber des Synedrions, 
des neben dem Strategen die Bundesangelegen- 
heiten leitenden Bundesrates, in welchem zwei 
siQoozdxai den Vorsitz führten, für dieses Epony- 
mos ist, beweist Collitz 1415, 23 (besser Dit- 
tenberger Syll. 2 425): MdgrvQeg - zb avve&Qiov 
cbiav zb sjzi ygafifiaxiog Avxov. Durch die un- 
richtige Ergänzung xai 6 ygafiptazevg ["Ejtojzog 
'Egv&gatog in Collitz 1415, 35 wurden Ussing, 

30 Vis eher, Fick und auch noch Busolt Gr. 
Staatsalt. 2 369, 1. 370,2 veranlaßt, einen be- 
sonderen Bundessekretär und einen Sekretär des 
Synedrions zu unterscheiden. Die Frage erledigt 
sich durch Einsetzen des von Wilhelm Arch.- 
epigr. Mitt. XV 120, 13 auf Grund besserer Lesung 
vorgeschlagenen [Avjxog, das auch Dittenber- 
ger Syll. 2 nr. 425 Anm. 31 angenommen hat. 
Entscheidend sind die Ausführungen von Ditten-: 
berger Anm. 25. Die nämliche Abweichung, 

40 daß nicht , wie gewöhnlich , der Bundesstratege 
Eponymos ist, sondern der Bundesschreiher, findet 
sich wie im Aitolischen, so öfter im Achäischen 
Bunde, ohne daß wir den Grund dieser Abwei- 
chung angeben können; s. o. S. 1757. Vielleicht 
ist die Eponymie des Schreibers die Veranlassung, 
daß er hier, und zwar nur hier, vor dem Hippar- 
chos steht, vielleicht aber auch der Umstand, daß 
die bürgerlichen Behörden hier vorausgehen und 
der Strategos überhaupt nicht genannt ist. Im 

50 Ehrendekret für Eumenes von Pergamon Collitz 
1413 (= Dittenberger Syll. 2 295) haben wir 
Z. 28f. zusammenfassend zov ozgaxafybv] xai rovg 
aXkovg ägyovzag, während dann Z. 32 speziell als 
syyvog xäv 7igog~evtä[v u y] 'g [a/^fiax] svg genannt 
ist. Wahrscheinlich ist ebd. Z. 38 zov yga/iftarff 
zeöv zu ergänzen durch owsÖqcov; dieser ist aber 
nicht verschieden vom erstgenannten (so Busolt 
370, 2) , sondern mit ihm identisch. Die Ver- 
wendung des Schreibers als Eponymos spricht 

60 dafür, daß er alljährlich wechselte, wie die übrigen 
Bundesbeamten: argaztjybg dei 6 tpag%og (Col- 
litz 1413, 24), cvvedgoi dsi oi Svag^ot (Collitz 
1411, 13). Auch hier darf daran erinnert werden, 
daß vom ovrsdgiov als Bundesrat des Aitolischen 
Bundes zu unterscheiden ist das in zahlreichen 
Städten des Aitolischen Bundes vorkommende 
cwedgiov, hesw. die evredeot als Bat; vgl. Svro- 1 
boda Gr. Volksbesehl. 2941 (Phokis). Die Formel 



agx ovr °S iov Ösivog, ygaß/xazsvovzog de xov ovve- 
Öglov xov dstvoc besonders in Proxenie- und Frei- 
lassungsurkunden- aus Antikyra (Collitz 1521. 
1522) und Elateia (Collitz 1532 a 1. 1532b 8) 
und in der rechtliclrsingulären Freilassung durch 
Bats- und Volksbeschluß von Elateia IG IX 109 
(= Bull. hell. XI [1887] 337 nr. 10 = Ditten- 
berger Syll. 2 842). 

Eine Besonderheit auf dem Gebiet des Aitoli- 



fünf Amphiktyonen des J. 341/40, Bull. hell. Vm 
(1884) 394 nr. 7 [Ol 'AJpupacrvoves aal h ygafi- 
fiaxevg oi ßnji Ntxo/ndxov ag%ovxog avs&eoav; 
vgl. o. Bd. IV S. 2479. Die streng offizielle 
Benennung 6 ygafn^azsitg xmv 'A/J,qpixzv6v(av im 
Amendement des Epikrates zu dem auf Delos 
gefundenen athenischen Proxeniedekret fär den 
Delier Pythodoros Bull. hell. III (1879) 473ff. 
(= Dittenberger Syll. 2 88 = Michel Re- 



schen Bundes weist Naupaktos auf, statt einer 10 cueil 91) Z. 22 und in dem auf dem gleichen Steine 
o...ia ^j™ „;„„„ —...j.x ^;„ ttvii — t„™ „™ angebrachten Proseniedekret für den Schwester- 
sohn des Pythodoros Z, 37. Außer dem Amphi- 
ktyonenschreiber wird noch erwähnt ein vno- 
yQafipazsvg im Marm. Sandwic. Z. 74. 

Bekannt ist ferner aus der Zeit der Selbstän- 
digkeit der Insel ein y. zöiv isQOJtot&v durch 
die große Tempelrechnung von etwa 180 v. Chr., 
Bull. hell. VI (1882) 29ff. (= Dittenberger 
Syll. 2 588), wonach die Inventarübergabe von den 



ßövltj oder eines gweöqiov ein Kollegium von 
^eeupof bezw. fisaQoi, bekannt namentlich durch 
die Freilassungsurkunden IG IX 357—380. Ihr 
Eponymos ist ihr Schreiber, y. oder häufiger ygafi- 
fiazevcov üeaQotg genannt, so IG IX 360, 2. 366, 3. 
373, 1. 374, 1. 375, 1. 377, 2. 379, 1. 383,1. 384, 1. 
385, 1. Nur ausnahmsweise ist ein einzelner, das 
Haupt der fieagoi, Eponymos IG IX 388 im 
Hxaoia [&]zaQov und in dem in Karthaia auf 



Keos gefundenen naupaktischen Volksbeschluß 20 legotzoioi der einen Verwaltungsperiode an die der 



Collitz 1410 (= Dittenberger Syll.2 247, 10). 
Oscogoi als Beamte kommen zwar auch ander- 
wärts vor (Boesch Gecogög, Diss. Zürich 1908, 
6 e, wo freilich sehr verschiedenartige Beamte zu- 
sammengestellt sind), aber als Ratsausschuß oder 
Gemeinderat bleiben die -ßsagot von Naupaktos 
ganz vereinzelt. Neues Material liefern die von 
Nachmanson Athen. Mitt. XXXII (1907) lff. 
publizierten Freilassungsurkunden aus dem heuti- 



folgenden stattfindet jtagovatjg ßcvXfjg nal ygafi- 
fiarscog zov zfjg n;6Xea>g (Name) xai xov zöiv lego- 
tzohüv (Name), Z. 1. 3. 180; s. den Art. Hiero- 
poioi. 

Die Agoranomen, zur Zeit der Unabhängig- 
keit der Insel ihrer drei, vertreten im J. 297 
v. Chr. die Gemeinde bei der Vergebung öffent- 
licher Arbeiten CIG 2266, 25. 28 ; dabei wird 
auch ihr Schreiber erwähnt, den sie mit den 



gen Longa im ozolischen Lokris , zum größten 30 Tempelverwaltern gemein haben, y, iegoTtotäv xai 



Teil durch Freilaeser aus Buttos ausgestellt. Von 
diesen nicht vor 170 und nicht nach 146 fallen- 
den Urkunden (Nachmanson S. 62), mit denen 
auch IG IX 379—387 wieder abgedruckt sind, 
sind nur drei datiert nach dem Strategen des 
Aitolischen Bundes, sechzehn nach dem Theoren- 
schreiber von Naupaktos (yQaftfiazEvovzog feagoTg 
iv Navxdxxoi xov östvog), zwei nach beiden, vier 
oder fünf nach dem Theorenschreiber von Nau- 



äyooavöjLicov. Die Dreizahl wurde zur Zeit der 
Abhängigkeit der Insel von Athen zunächst noch 
beibehalten, aber etwa seit der Mitte des 2. Jhdts. 
waren es nur noch ihrer zwei, am Ende des Jahr- 
hunderts nur noch einer; vgl. v. Schoeffer o. 
Bd. IV S. 2498; das Richtige schon bei Homolle 
Bull. hell. XIII (1889) 411f. Etwa aus der Mitte 
des 2. Jhdts. v. Chr. stammt die Ehreninschrift 
für drei Agoranomen und ihren y. xltjgoizög Bull. 



paktos und dem oder den Archonten von Buttos. 40 hell. X 33 = XIII 408 A. In dem etwas jüngeren 



über die dreifache Abstufung der eponymen Be- 
amten und das hieraus zu erschließende Verhältnis 
von Buttos zu Naupaktos vgl. Nachmanson 
S. 51 und Dittenberger Herrn. XXXII 174, 2. 
Zweimal erscheint als Theorenschreiber $i£cov 
2a>cdvdQov (nr. 2. 14), der vielleicht identisch ist 
mit 0i/.<ov Zoioia (nr. 4. 16), da Ztooiag Kurz- 
form zu EoioavSQog sein kann. In diesen Frei- 
lassungsurkunden heißt der Theorenschreiber neun- 



Ehrendekret der athenischen Kleruchen auf Delos 
für zwei Agoranomen vom Archontat des Archon, 
Bull. hell. XVI (1892) 369ff., erhalten diese einen 
Lorbeerkranz (Z. 16), der Schreiber dagegen nur 
einen ftakkov ozsyavog (Z. 36); bezeichnend für 
die Rangabstufung (vgl. o. II A 1). Auch in der 
Weihinschrift an Hermes und Aphrodite Bull, 
hell. XXVI (1902) 514 nr. 6, die wegen nr. 4 und 
5 offenbar von gewesenen Agoranomen herrührt 



zehnmal ygafi/iaxtvotv ^eagolg, nur dreimal ygap- 50 und die wegen der Erwähnung des Epimeletes 

><».. **_ . A » . » SX. -. -+ — . J?~L > » AI Vt W\ ritl - - ^ -Q. - T _ nt A ~. t, ™T— 1 /? /? -- /~1 \-. ~* m * _ .^» .. u J. _ J 1 _ 



fxazevcov foetpftiv, einmal ypa/xfiaxevg deagotg, wo- 
mit zu vgl. der attische y. xti dr)f.iq> und der öfter 
vorkommende ■/. zcU ßovXäc, z. B. in Inschriften des 
Akarnanenbundes Collitz 1379 (= Dittenber- 
ger Syll.2 482). 1380a (darnach ergänzt 1380c). 
2. Inseln, a) Delos. O ygafiptaxEvg zwv 
'ApL<pixTv6va>v. Im sog. Marmor Sandwicense 
IG II 814 (= Dittenberger Syll.2 §6), der 
Tempelrechnung der vier bezw. fünf Amphiktyonen, 



nach 166 v. Chr., wegen des vorauszusetzenden 
Kollegiums der Agoranomen vor 100 v, Chr. fallen 
muß, kann der an ganz eigentümlicher Stelle, 
nämlich hinter den Namen der Götter erscheinende 
Schreiber Egfist, *A[<pgoSi]zei ygafifiazevovxog IJq(o- 
rdgxov xov Jlgcozofysvovg ?7 [^JgsagQiov etzI im- 
(ishjxov zrjg vqofov] (Name), wie der Herausgeber 
Dürrbach S. 516 bereits erkannte, wohl nur der 
Schreiber der Agoranomen sein. Über den Epi- 



d. h. der Verwalter des Tempels des delischen 60 meletes der athenischen Kleruchie auf Delos ("A&tj- 
Apollon, für die J. 377/6—374/3 v. Chr. erscheint vaiotv ot xaxotxovvxeg iv ArjXip), vgl. v. Schoeffer 



für alle vier Jahre ihrer Verwaltung derselbe 
Schreiber AtofaoQog 'OkvfiJiioÖGtgo Zxafißwvidrig. 
Er ist, wie die Amphiktyonen selber, Athener 
und ist Z. 7 und 58. 59 bezeichnet mit *A(i<pi- 
xtvoveg, — olg . . . SygaftftdzEVEV. Dagegen findet 
sich der delische Amphiktyonenschreiber mit ein- 
jähriger Amtsdauer in einer Weihinschrift der 

Fauly-WiBsowa-Kroll VII 



o. Bd. IV S. 2497, 39. Sein Schreiber, 6 y. xov 
imfitXrjxov, der in Klerachendekreten erscheint, 
Bull. hell. Xffl (1889) 415. XVI (1892) 371, 32 
(bloß Mt)v6<pdog ohne Vateniame und Demotikon, 
also kein athenischer Bürger), erhält den Auftrag, 
die Aufzeichnung des Beschlusses auf Stein zu 
besorgen. * 

56 



b) Ueno s. Die Bull. hell. XXVII (1903) 
234ff. veröffentlichten Dekrete aus Tenos aus dem 
Anfftntt des 2. Jhdts., der Zeit des Protektorats 
von Rhodos Ober den Kykladenbund, enthalten 
in der Regel nur die alldem eingefaßte Aufzeich- 
nungsorder dvaygdipai de xal xo ipqcptGfia rode 
eis tfx^jXtjv Xt&tvrjv xal axrjaai dg xo isqov xov 
Hoo£tda>vo$ xal xijg 'AftfpizQtTijg ; daß aber der 
Auftrag an den Ratsschreiber ergeht, ist selbst- 
verständlich und durch nr. VI S. 245f. ausdrück- 
lich bezeugt: xo ds tp^ipiofta xöds [dvaygay>dxw 

6 yjQafjtfiaxevg xijg ßo[vlfjg xxX.]. Die gleiche 
Annahme ist überall da zulässig, wo sich ein 
bloßes avayQmpai findet. In der auf Tenos ge- 
fundenen Inschrift von Delos ebd. S. 255 Z. 12 
[ävaygäJyHxi de rode xo iptjqpia^a xr/v fisv ßov- 
Xr\v eis xo ßovlevxriQiQV , xovg Sk ieqotioiövs dg 
oxrjXijv Xi&ivqv xal oxrjoai dg xo Isqov, ist auch 
im ersteren Falle an eine öffentliche Aufzeich- 
nung durch den Katsschreiber , etwa auf einer 
Wand, nicht einer Stele, und nicht an ein bloßes 
zu den Akten nehmen zu denken, wie auch die 
kürzere Passung des delischen Proxeniedekretes 
Ball. hell. XXXI (1907) 421 dvaygdyai 8s x68s 
xo iprjtptofia xt)(x fiiv ßovXyv slg xo ßovlsvxtfoiov, 
rovg öe isgosioiovg sig xo isqov beweist. 

c) Amorgos. Mehrere Urkunden in IG XII 

7 unterrichten uns über die Funktionen des Rats- 
schreibers 6 y. xrjg ßovXfjg oder 3 y, schlechthin; 
vgl. Wilhelm Beiträge (1909) 259f. and o. I 
A 11. 

d) Astypalaia. < yQa/ifiaxEvg dsl 6 h 
ägxatg hat bei der dvayga<pd der Proxenoi diese 
nicht bloß in die im Archiv deponierten Pro- 
xenenlisten einzutragen, sondern auch in die öffent- 
lich ausgestellte Liste sig xov xoT%ov, wie sich 
besonders aus der von Legrand Bull. hell. XVI 
(1892) 138 nr. 23 publizierten Inschrift (= IG XII 
3 nr. 168 = Dittenberger Syll,2 493) ergibt, 
deren interessante Bußandrohung für Pflichtver- 
säumnis o. S. 1733 angeführt ist. 

e) Sa mos. '0 ygafi/Mxxevg xrjg ßovXfjg (xal 
xov drtfiov) und seine Tätigkeit bei der ävaygatp^ 
der Urkunden ergibt sich aus Michel Recueil 
367 (= Dittenberger Syll.2 183) 24ff. Michel 
368, 15 und am aüerdeutlichsten aus Michel 
366 (= Dittenberger Syll.2 162) 26; vgl. 
Wilhelm Beiträge (1909) 234f. Die eine Ab- 
schrift des Schiedsspruches der rhodischen Schieds- 
richter im Streite zwischen Priene und Samos 
bei Eicks Inscr. Brit Mus. III 403 (= Collitz 
3758) wird den fünf Prytanen von Samos über- 
geben xal t(5( ygafiftaxei tag ßovXäg MzvIsithoi 
KXscovog (Z. 33). 

f) Rhodos. Während an der Spitze der Stadt 
Rhodos Prytanen stehen, stehen an der Spitze 
von Lindos, Ialysos und Kamiros fidaxgoi (s. d.). 
Der ygaftpatevs päoxgoyv ist erwähnt in einer In- 
schrift aus Lindos IG XII 1 nr. 828 (= Collitz 
4178) aus der Zeit um 70 v. Chr. und in der 
ebenfalls dem 1. Jhdt. angehörenden Inschrift aus 
Kamiros IG XII 1 nr. 701 (= Collitz 4123), wo- 
mit der yQaftJftaxevg daptootog seinen Vorgesetzten, 
der u. a, y. jtaaxgoiv gewesen war (Z. 9), ehrt. 
Der Name dieses y. da/ioetog ist Z. 18 ausgefallen, 
kann aber nur ein einfacher Name ohne Vaters- 
name gewesen sein, so daß dieser y. kein Borger, 
sondern Sklave war. Über EvXifteroe ygannaxsvg 



dapöoioi in IG XII 1 nr. 31, der ebenfalls Sklave 
ist, und einige andere Beispiele s. o. II A 2. Etwas 
unsicher ist der y. ftdaxga>v in der stark zerstörten, 
nach einem daftioveydg datierten Inschrift aus 
Kamiros IG XII 1 nr. 696 (= Collitz 4119). 
Ähnlich dürfte die Stellung des Schreibers in 
einer um 75 v. Chr. fallenden Inschrift des zum 
rhodischen Reiche gehörigen xotvov TaQpuav&v 
in der Peraia, Bull. hell. X (1886) 488 nr. 2 

10 (= Collitz 4276), gewesen sein, worin die drei 
aQXOvzeg und ihr y. Mvgfir}^ Aiowaiov MoßaXXsvg 
und drei dyogavöfioi den rhodischen sjitoxdxqg 
Sosikrates ehren. 

Für die Stadt Rhodos sind es namentlich 
Weihungen von Beamtenkollegien und ganzen 
Synarchien, die uns eine ganze Reihe von Schrei- 
bern kennen lehren, so IG XII 1 nr. 43 (= Col- 
litz 3778), Weihung von den mit Namen auf- 
geführten ot owdg^avxsg oxoaxayol xal xajttiai, 

20 ygaft^taxevg Sevoßgoxog Metdia; ähnlich Collitz 
4335, wo unter den Stiftern erscheint deT ygap- 
(taxevg [va]vdgxov xal xaßia 'Avafayogag 'Agt- 
öxovixov.- Ein eigentliches Schulbeispiel einer- 
seits für die Rangfolge der Ämter, andrerseits 
dafür, daß jedes Amt seinen Schreiber hat, bietet 
IG XII 1 nr. 49 (= Hiller v. Gaertringen 
Athen. Mitt. XX [1895] 377f. nr. 3 = Michel 
Recueil 663 = Collitz 3788), eine Weihinschrift, 
vielleicht für einen gewesenen Prytanen (?), ge- 

30 widmet von seinen sämtlichen Amtsgenossen , die 
nun in offizieller Reihenfolge aufgezählt sind, zu- 
nächst die novxavisg (fünf oder sechs Namen; 
vgl. Hiller vfGaertringen Athen. Mitt. a. a. O. 
377) mit ihnen zusammengehörig der y. ßovXäg 
und der v7Toyga/ J t/j.axevg ßovlai xal JiQvxäveoi, dann 
die acht oxgaxayoi, der (oxgaxaybg) im xdv %o>Qav 
und der dg xo negav (die Peraia) und ihr y. 
(Z. 29), sieben oder acht ra/tiat und ihr y. 
(Z. 39), fünf mwxonoi und ihr y. (Z. 49), fünf 

40 smftsXyxal xwv gevoav und ihr y. (Z. 57). All 
diese Schreiber, auch der vjioygafifiaxsvg, sind, 
wie ihre Namen zeigen, Freie. Die Zeit der In- 
schrift ist noch nicht sicher bestimmt, die An- 
sätze schwanken zwischen 190/167 v. Chr. (Röhl) 
und 70 v. Chr. (HoLleaus). Ganz ähnlich ist 
die etwas jüngere Inschrift bei Hill er v. Gaer- 
tringen Athen. Mitt. XX (1895) 382f. nr. 4 
(= Collitz 3789) mit den novxdvtEg .... xal 
y. ßovXäg, dem vTioygafifiaxsvg ßovXäfg xal] ttqv- 

50 xavimv , den oxgaxayoi und ihrem y. (Z. 27). 
Sicher datiert in die Zeit um 75 v. Chr. ist IG 
XHI 1 nr. 50 (= Collitz 3790), die Ehrenin- 
schrift sämtlicher Beamten für den Ratsschreiber 
. . v EvxoXifiov [xov (?) ygafi] {taxrj zag ßovXäg 
[ot] avvaQxovxeg, die in offizieller Reihenfolge auf- 
gezählt sind: 1. Prytanen, 2. Strategen, 3. Ta- 
miai, 4. Episkopoi und am Schluß Z. 38 der vno- 
yQafifiaxevg ßovXäi xal [xovtdvsot] und Z. 41 ein 
weiterer v7toyQafA^axEvg wohl eines der vorher 

60 genannten Beamtenkollegien. 

Während Rhodos in früherer Zeit seine Pse- 
phismen nach dem Heliospriester und den Pry- 
tanen, die nach ihrem halbjährlich wechselnden 
Vorsitzenden bezeichnet sind, datiert (vgl. Col- 
litz 3751 = Michel Recueil 535 undSwoboda 
Gr. Volksbeschlüsse 2971), erscheint in der aus- 
führlichsten uns bekannten Datierung ans dem 
ersten Jahr« des Kaisers Nero außer ihnen auch 



der Ratsschreiber: ['Et€ isgtfwg Afaoy&^veve, 
novxavüov rä>v avv MevexXsI tcö 'Afäxayooa, 
ygafifia[x£]vovTog ßovXäg N&ixaatft&xov Atoyavov, 
jeafl' v(6ß>sotav öej lAQxeSdfi(ov). — In der Tem- 
pelverwaltung begegnet uns in Kamiros IG XII 
1 nr. 731 (= Collitz 4136) ein y. iegotpvXdxojv 
KaXXtöspig "Axeoxaiov (Z. 8) und ein vTxofyQafijtta- 
xe]vg ieQ[o(p]vXdxcov Aa^dyr^rog Ti^toxXevg. — Daß 
4em Schreiber vielfach auch das Rechnungswesen 



r^ccfifiarets 



176$ 



.eines Ressorts obliegt, ist bekannt Ein oezeich- 10 an, Sil ahrHch °n^tewihl dTfl^lS?dS 
nendes Beispiel liftfarn dm TT,lirfinV.A Q ^lfl ooa A*~ ^„_ ci„-l-.it-i__._ . . ! oLiueiuei me 



nendes Beispiel liefern die Ehrenbeschlüsse des 
Kultvereins (xoivov) der 'Altaoxai xal Äliadai von 
Rhodos für den langjährigen äQxeQavwjdg Diony- 
sodoros von Alexandreia, etwa aus dem 2. Jhdt. 
t. Chr., IG Xn 1 nr. 155 d (= Collitz 3836) mit 
4er Bestimmung xal 6 yga^atevs ävayQatpdxm xa 
dofavxa (Z. 19); die Bekränzung und Verkündigung 
soll auch nach dem Hinscheiden des Dionysodoros 
alljährlich erfolgen xal 6 ygawtarsvg ävayeayrdxai 



y. rov fcov in der Tempelordnung des Apollon 
Koropaios (von Demetrias), Dittenberger Svll. 2 
790, 21. 32. 46 (1. Jhdt. v. Chr.); vgl auch die 
Bhreninschrift für Caracalla, die ihm stiften oi 

?07 t£ if ? * ai YQMf*****, Inschr. v. Magnesia 
J- J • , J.1. 

b) Teos und Notion. Der Beschluß von 
Teos, Bull. hell. IV (1880) llOff. (= Ditten- 
berger Syll.2 523 = Michel Recueil 498) ordnet 



der Schullehrer vorzunehmen : ajtodeixvva&at xa& 
sxaoxov sxog iv aQxatQeoiatg fiera ttjv xwv ygap- 
paxscov aiQEotv yoawaxoöidaoxdXovg XQEtg, ohtveg 
xtX. — Wie hier y. in der Mehrzahl als städti- 
sche Beamte eines kleineren Gemeinwesens er- 
scheinen, so auch in mehreren Inschriften aus 
Notion (Colophon nova) aus hellenistischer Zeit, 
Osterr. Jahresh. VIII 161ff.; gewöhnlich ihrer 
zwei, so in den Inschriften der Schulchöre {x6 9 oi 



,*,*," . 'c-r-r- , ^v. /t «y U ,u, attci, su in ukii inscnnii^en aer öcnuichöre ixöooi 

,ig xovg f axoloyovg- ,Aiow ? oöo> Q ov f ve p7 h a «*- 20 und xoga h bezw. xatösg und n^ftfro*) und denen 
wavo>§evxog jqvosoji oxswdvon eI? xov asl vmW- <W ni,*., A™ n«i„-i~ j-_ i_.tf. Vt . U 



q>avo)§evxos ygvoscot oxetpavoM ctV xov aü XQdvov, 
vrsydvov noa&evxog' (Z. 63ff.) bei Androhung einer 
Buße von 100 Drachmen im Unterlassungsfalle 
<Z. 90ff.). 5 

3. Kleinasien, a) Ephesos. In hervor* 
ragender Stellung zeigen uns, allerdings in un- 
gewöhnlichen Zeiten, den Ratsschreiber zwei Be- 
schlüsse von 86 v. Chr., die außerordentliche Maß- 
regeln im Kriege gegen Mithradates anordnen, 



der Befrager des Orakels des Apollon Klarios 
(S. 165. 167. 170). 

c) Magnesia am Maiandros weist in römi- 
scher Zeit das o. II A 3 geschilderte Bild der 
Munizipalverfassung auf; jedoch erscheint in keiner 
der erhaltenen Inschriften der Gemeindeschreiber 
als Antragsteller, sondern immer nur als der, 
der im Namen von Rat und Volk die dva- 
yQttfpij und die Aufstellung der Stele besorgt. Er 



TpR a9 w.^;««.t« n iQf 7 Tu ««««ni«,.., Y( j a(pv unu nie Aursteilung der Stele be 

w* «9 = b^'Ä" %£$"■?% 30 ^- ißt strts -'*?«""*? -"«-'. '»■«■« 

nr. IV). Die Volksversammlung beauftragt xovg 
oxqaxrjyovg xal xov yoafifiaxia xrjg ßovXrjg xal 
rovg jiQosSgovg EloEveyxstv yrf<pto[ta ataoaxQfjfia 
(Z. 19). Das geschieht in der Weise, daß der 
Ratsausschuß mit dem Schreiber das probuleu- 
matische Gutachten abgibt, die Strategen als 
eigentliche Fachmänner das Referat halten, Z. 21ff. 

HxiZ T xZ tfte r A^l 3 wf# ov J™ T f Wf Jfk ™ — V «« jvmcniung aer inscnnttstele der 
r^FliinJlt ^ - ÄGitX Y ta >° V ^Ao^täov^xeayfiaxtxog xijg ndXeoig (189, 10), der bekannte 
r*v AvßovhSov HoayyEda^vcov rojv oxgax m &v, städtische Fioanzbeamte über den zu vgl ist 
■Ob der Ratsschreibftr s^lh^r M f*rii ö H i\^ p n +n t ^„„ ti... j ^ ^V„ ,A ":" :_ ¥ s 1 -J^ 



-n«,--i:--= , e „ rr v.ift;g xov 

öt}/iov und ist zugleich 'Aoidgxtjs, da ja die 
Asiarchie mit jedem zivilen Amte zugleich be- 
kleidet werden kann; daneben findet sich als 
Amtstitel ygafitiaxevg xrjg stoleoig in Inschr. v 
Magnesia 174, 13 (Zeit Kaiser Hadrians) und 6 
ägxtsQEvg xal yQafi^taxevg xrjg Mayvrjxow utoleog 
198 (Zeit des Caracalla); unsicher ist x(bv) [x]% 
TtoXsoig (yQ)a(pio>g in dem Bruchstück 364. Ein- 
mal besorgt die Errichtung der Inschriftstele der 



Ob der Ratsschreiber selber Mitglied des Rats 
gewesen sei, läßt sich nicht sagen, ist aber wahr- 
scheinlich. Der Geschäftsgang richtig erörtert 
von Swoboda Gr. Volksbeschlüsse 124. Wesent- 
lich anderer Natur ist die Stellung des vom Rats- 
schreiber verschiedenen Stadtschreibers (y. xov 
dfjttov) in der Kaiserzeit, der mit den Strategen 
ausschließlich die offizielle Antragstellung hat 



Lävy Rev. d. et gr. XIV (1901) 357. — Die 
enge Zusammengehörigkeit von äoxiEgsvg und 
y. xov dfaov beweist vor allem das Psephisma 
für den Arzt Tyrannos, den Freigelassenen des 
Kaisers Claudius, nr. 113, 4 (= Dittenberger 
Syll.2 371) ro f; ygapftaxEoig xov dfaov xal dgxie- 
getog xwv xatgtaw ösäv xal xutv 2eßaox<äv, wor- 
aus sich zugleich ergibt, daß der dgxttQevg zwar 



/™i * tt k o\ j -T ., ^ "'" ,u, b iLrt " aus sich zugieicn ergiDi, aaü aer dgxtspevg zwar 

fö v iir } ? d ^ lhnen lm V ° rsitz in50för ^en Kaiserkultus bestellt, aber doch in erster 
der Volksversammlung abwechselt (Menadier -* ■ - - - - - r cer 

42. Swoboda 181). In der Apostelgeschichte 
19, 35 geschilderten tumultuarischen Volksver- 
sammlung zu Ephesos führt der Stadtschreiber 
<len Vorsitz und verfügt dabei über weitreichende 
Kompetenzen, indem er die nicht ordnungsmäßig 
konstituierte Versammlung, die im Begriff ist, 
sich als kxxXriaia zu konstituieren, auflöst (vgl 
Brandts o. Bd. JJ S. 1551). - Hier sei bei- 



Linie Lokalpriester ist. Dabei braucht Zzßaaxiöv 
nicht auf zwei gleichzeitig regierende Kaiser zu 
gehen ; denn der Pluralis wird auch gebraucht, 
wenn der Genannte während der Regierung meh- 
rerer aufeinanderfolgender Kaiser im Amte ge- 
standen hat (Dittenberger zu nr. 368, 9), so- 
wie überhaupt im Sinne des jeweilen regierenden 
Kaisers (Brandis o. Bd. II S. 480f.). Bei sol- 
cher Stellung des Stadtschreibers zum Kultus ist 



läufig bemerkt dafi «i' »11™ 7 l\ iT * ™ C , stellnn ^ des ötadtschreibers zum Kultus ist 
5«™KSSlr5' Ä f- n a ^ der ? S ^ llen des60es fast selbstverständlich, daß der y. xov Maov 
Sd^Ä? 5 t ?t / K ^^^nndigen, die auch bei Festen als Sekretär fungiert, so ab r. 

öcnnftgelehrten der Juden sind. Die Stellen bei ™- ,^,Ai^, A»,r», n , ™„ a„ JL„.! JÜL 7%J 

rrenschen Gr.-d. Handwörterbuch z. d. Sehr. d. 
-Neuen Testaments 244 und Schür er Gesch. d. 
J, ad - Y°? es US 312 - Es d »rf daran erinnert wer- 
den, daß »gesetzeskundige' y. sich auch in griechi- 
schen Kulten finden; besonders verweise ich auf 
■die eingehende Bezeichnung der Funktionen des. 



— ~— „„. ^. „„„^„ „.„ ^^jvjmt.! luugiijii,, hu ius y. 
xov fiEyd).ov dyßvog xwv Aevxoygvtjvyoiv (nr. 193) ; 
vgl. auch die Verkündigung von Ehrungen durch 
ihn [iv xoTg . . a]vvxeXov/j.evoig yvuvixolg dycüotv 
nr. 101, 34f. r 

Auch in die Verhältnisse der hellenistischen 
Zeit gewähren uns die Inschriften Ton Magnesia 
einen Einblick. Im 4. Jhdt, dessen Ende das 



Proxeniedekret nr. 2 angehören dürfte, erscheint 
im Pwiairipi nach dem eponymen Prytanen, der 
<pvXr} stQosSQevovaa und dem ixiozdzijg jzQoedoa>v 
der Rats- und Staatsschreiber, bezeichnet mit 
iyoaftfidzevsv (mit v). Die nämliche Formulie- 
rung in der ersten Hälfte des 3. Jhdts. nr. 4, 8. 
5, 6. (6, 4), während in den drei, ungefähr aus 
derselben Epoche stammenden Inschriften 9. 10. 
11 vom gleichen Jahre an Stelle des nQvzavsvaiv 
der oTSfpavrirpÖQog mit dem fremdartigen Namen 10 
A&xig (s. Wilhelm Österr. Janresh. IV [1901] 
Beibl. 27, 6) tritt, der Schreiber aber, der in der 
sxxkrjoia xvoia (bezw. vofiaia) vxeQ eh'axooicov 
amtet, bleibt (9, 5. 10, 6. 11, 4). Eine recht* 
lieh nicht wesentliche, aber materiell und for- 
mell gerechtfertigte Umstellung des ijziozdttjg 
uigoedgcov hinter den Ratsschreiber tritt seit der 
zweiten Hälfte des 3. Jhdts. ein, wo statt iyoap- 
paxevev die Formulierung ygaptßazsvovzog zfji 
ßovlrjt aufkommt, so 15 a (um 221/20 v. Chr.). 20 
89, 7. 98, 3; der Genetiv zfjg ßovkijg 90, 3; un- 
sicher 13, 5. Einen Schluß auf die Wertschät- 
zung und Rangordnung des Amtes gestattet die 
Festordnung für Zeus Sosipolis aus dem Anfang 
des 2. Jhdts. v. Chr., In sehr. v. Magnesia 98 (= 
Dittenberger Syll.2 553), wo der y. zfjg ßovkijg 
beim offiziellen Gebet gleich nach den oixovdfioi 
steht, während der avxtygacpsvg und der ozQazyyog 
auf ihn folgen. Auch bei der Weihung des Kult- 
bildes der Artemis Leukophryene, Inschr. v. Mag- 30 
nesia 100a 39 (= Dittenberger Syll.2 552) 
folgt der Katsschreiber auf die oixovdfioi, wäh- 
rend hinter ihm rangieren ozgazrjyög, Scraß^of, 
ors<pavrj<pÖQog , avuyQcupevs. Hinsichtlich der 
Pflichten des Ratsschreibers bestimmt diese In- 
schrift, daß er zum Festakt in Amtstracht zu 
erscheinen hat (iv iofifjoiv iTziorjfioig xai dd<fvrjg 
oretpdvotg Z. 38) und alljährlich im Monat Arte- 
mision am zweiten Tag nach der Wahl der Prie- 
sterin und des Stephanephoros gemeinsam mit 40 
dem avziyQCKpevg (s. Brandis o. Suppl.-Heft I 
S. 90) das Psephisroa über die Besorgung der 
eloizrjQta zu verlesen hat, bei Androhung einer 
Buße von 900 oder 1000 Drachmen, wenn Wil- 
helm Beiträge (1909)282, 10 das Sampizeichen 
richtig auf 1000 gedeutet hat, im Unterlassungs- 
falle (b 28—36). Für die Stellung von Rats- 
schreiber und ävriyQCHpevg ist bezeichnend die 
Bestimmung, daß der atQE&qoofisvog dvtjo £xi 
zfjg dvayqa<pfjg Rechnung zu legen hat zigog ze 50 
zov ygap/narm zijg ßov/.ijg xai zov dvziyQarpia, der 
offenbar die Rechnung kontrolliert {avxiygd<p£zat), 
also wohl ähnliche Funktionen hat, wie die ävzi- 
yQKHpstg bei der Steuererhebung in Ägypten (vgl. 
Brandis o. Suppl.-Heft I S. 90f.) und wie der 
athenische dvztyoa<pevg, den wir als eine Art Buch- 
halter des Rates bezeichneten (I A 8). Außer 
in Athen und Magnesia am Maiandvos läßt sich 
übrigens der dvziygayEvg noch nachweisen für 
Epbesos (Greek Inscr. Brit. Mus. III 2 nr. 477,60 
22 = Recueil. d. inscr. jurid. gr. S. 30 nr. V = 
Dittenberger SylL 2 510) und MytUene in dem 
stark zerstörten Fragment IG XII 2 nr. 21 { = 
Cauer Delectus 431). — Über Magneten als 
Gerichtsschreiber auswärts fungierender Richter 
(Ötxaotal fiezdjTE/njiTot) s. o. S. 1742. 

d) Pergamon. Für die Bedeutung des 
Amtes des 7. fyfwv in der Königszeit spricht , 



seine Verleihung an den reichen und angesehenen 1 
Apollodoroa, Sehn des Artemon, Inschr. v. Per- 

gamon 236. Daß der Staatsschreiber den öffent- 
chen Festkalender von Pergamon angefertigt 
hat, zeigt n. 247, wo sein Name in großen Buch- 
staben als Überschrift über dem ganzen Kalender 
stand. — Sonst liefern die Inschriften von Per- 
gamon hauptsächlich Beispiele von Schreibern von 
Korporationen und Vereinen. Die Verehrer (#egcc- 
utsvzai) einer nicht näher bestimmbaren, aber doch 
wohl ägyptischen Gottheit datieren in nr. 338, 
5 ihre Weihung nach ihrem Schreiber. Beson- 
ders oft finden wir in den Präskripten der Epheben- 
listen von Pergamon neben den ständigen Be- 
amten (Prytanis, Hiereus, Paidonomoi) hinter 
den Paidonomen den yoafifiaievg rwv veW ; vgl. 
Fränkel zu Inschr. v. Pergam. 252; neue Bei- 
spiele Athen. Mitt. XXXLH (1908) 388f. nr. 6. 

e) Priene liefert ein klassisches Beispiel da- 
für, daß das zwar besoldete Schreiberamt schon 
früh als freie Leistung an den Staat bekleidet 
wurde. Einer der ältesten Steine von Priene, 
nr. 4, enthält zwei Beschlüsse für den Schreiber 
(y. algs&eig vtio zov dtf/nov) Apellis, Sohn de? 
Nikophon. Der erste dieser Beschlüsse stammt 
aus der Zeit, wo Alexander d. Gr. Priene frei 
erklärte (Plut. Alex. 42), also frühestens aus 332/1 
v. Chr. Apellis hat in schwierigen Zeiten seiner 
Vaterstadt 20 Jahre lang in Ämtern gedient,. 
14 Jahre unentgeltlich als Schreiber der Stra- 
tegen, und auch das gesetzliche Honorar für den 
Schreiber der Nomophylakes und Timuchoi zur 
Entlastung der Stadt auf sich genommen : 6'ze 
ra fzev jzdvza hiy 7iS7ZQ[a]y/Adzßvzai ety.ooiv, zov- 
zcov ök dsxarsTTaQa i'zrj zvjv zotg ozgaztjyotg yga\i- 
{tardav kek^tzovgyrjxs dagsay xai zov dvakcb/nazog- 
zov yivofMvo[v ix zöiv] v6{mov zcöi rtöv voi.io(pv- 
kdxojy x[ai ztfiov]%Q)y ygafifiazec xagakikvxe zov 
dfjfxov. Apellis bittet nun, dieses Schreiberamtes 
enthoben zu werden (jzagakvso&ai zijg ygaftfia- 
zstag). 

Wo in Inschriften von Priene lediglich der 
•/. genannt ist, z. B. bei einer öffentlichen Be- 
kränzung, wie nr. 44 (2. Jhdt. v. Chr.) zdfi pkr 
äycovo&Ezrjv Sg äv fji zdze JTOitfoaoßou ?xt/Lieleiav 
fxsza zov yga,u/.iazia>g (vgl. 108, 328ff. 109, 
254ff.), ist er nicht etwa als besonderer, zum 
Fest oder Kultus gehöriger Schreiber zu fassen, 
sondern als Rats- und Gemeindeschreiber, wie sich 
aus der wiederholt vorkommenden volleren Formel 
ergibt zfjg bs dvayyskiag zov ozE<pdvov zrjv iittft£~ 
kciav xotrjoaodai zovg im/j,tjviovg zöjv ozoazrjyanr 
(isza zov ygafxfxazicog zijg ßov).fjg xai zov drjfxov 
(99, 15. 104, 13. 108, 330. 109, 256. 276. 111, 
193. 305) und aus 113, 104, wo den Auftrag zur 
dvayyekia erhalten oi (bioduyßrioonzvoi iv agyai- 
geaiaifg] äycovoüizat xai 6 y. zfjg ßovlrjg xai zov 
Srjfiov; vgl. auch 118, 67. Wie wenig auf strenge 
Innehält ung der Terminologie gehalten wird, zeigt 
nr. 99, wo Z. 16 der volle Titel y. zi]g ßovX^gr 
xai zov ö^fiov steht, dagegen Z. 17 der nämlichfr 
Schreiber lediglich y. zijg ßovlrjg heißt. Letztere 
Bezeichnung auch wohl im Beschluß über difr 
Ordnung der Rechtsverhältnisse mit MaTOneia 
nr. 10 (4. Jhdt.), wo Z. 17 für die Ergänzung 
xai zov Stfftov kein Platz wäre. Materiell ist 
diese Inschrift wichtig, weil im vertraglich ge- 
regelten Fremdenprozeß zwischen Priene und Ma- 



1769 



rgctfificcTBls 



rgccfifioevetg 



1770 



roneia der y. %i}$ ßovXije und die zijaoVzot vom 
fremden- Kläger die Klage entgegennehmen; vgl. 
Hitzig Altgriech. Staatsverträge über Rechts- 
hilfe (Zürich 1907) 2*0. 54. Andrerseits steht dann 
bloß y. zov Öriuov, allerdings ergänzt, 109, 272 j 
-ein Schwanken in den Beschlüssen für Zosimos 
112, 21 gegenüber 114, 28. — Über Verrech- 
nung der Kosten für Anfertigung des Kranzes 
durch zovg . . . smfiqviovg zwv atQazrjycör pera 
-tov ygapfiazecog s. den fragmentierten Beschluß 10 
S3 f 13 (2. Jhdt. v. Chr.). 

Einen besonders klaren Einblick, wie sehr das 
Schreiberamt zur drückenden Last geworden war, 
wie segensreich aber auch die Tätigkeit eines 
Gemeindeschreibers für seine Gemeinde werden 
konnte, bieten uns die Beschlüsse zu Ehren des 



Annahme Schubarts, daß xeS%og hier das Ko- 
dexformat bezeichne, nicht ganz sicher, vgl. We in - 
berger Ztschr. f. österr. Gymn. LIX (1908) 580. 

f) Pontos und Bithynien. Die Inschriften 
aus dem Reiche Pontos geben besonders reichen 
Aufschluß über die Schreiber von Vereinen und 
Kollegien, s. o. II A 2. Ganz vereinzelt ist meines 
Wissens der y. rtör (pvXdQ%cav in Nikoraedeia 
in Bithynien IGR III 7, s. Art. <PvXaeX ot * 

g) Der Schreiber des kleinasiatischen 
Landtages (xotvov tg5v im tfjg 'Aolag 'ElXijrcov) 
ist erwähnt in der etwa von 9 v. Chr. stammen- 
den Urkunde zur Einführung des Asianischen 
Kalenders, Inschr. v. Priene 105, 42 (Ditten- 
berger OGIS 458). Auch der y. vaeör xöiv 
iv 'Aoia (Movo. x. ßißX. V [1884/5] 79), der 



Aulus Aemilius Zosimus, Sohnes des Sextus, der 20 Schreiber der in der Provinz Asia gelegenen Pro- 



aur Zeit des Mithridatischen Krieges (nach 84 
v. Chr.) in Priene zu den höchsten Ämtern empor- 
stieg, als Schreiber und Archivar sich durch seine 
Uneigennützigkeit und Freigebigkeit hervortat 
und die Urkunden zum Zwecke besserer Erhal- 
tung nicht nur auf Papier, sondern auf das eben 
erst in Pergamon zur Geltung gebrachte Perga- 
ment aufzeichnen ließ; vgl. hierüber Hill er 
v. G a e r t r i n g e n Inschr. v. Priene XlXf. und 
Schubart Das Buch (1907) 102f. Aus diesen 
Beschlüssen, die zugleich charakteristisch sind für 
die große Bewegungsfreiheit, die Priene in seiner 



vinzialtempel (daß es sich bloß um diese han- 
deln kann, beweisen ähnliche Ausdrücke beiB ran- 
dis o. Bd. II S. 474ff. 476), ist wohl, wie Bran- 
dis o. Bd. II S. 1558, 64 richtig gesehen hat, 
niemand anders als der Schreiber des Landtages 
von Asia. 

4. Ägypten. In Ägypten, wo schon unter 
den Pharaonen die Zahl der öffentlichen Schreiber 
sehr groß war und im öffentlichen und privaten 
Verkehr die schriftliche Ausfertigung, wo nicht 
geradezu gesetzlich, so doch Regel war, begegnet 
uns zur Zeit der Ptolemäer und unter römi- 



Gemeindeverwaltung auch noch in der römischen 30 scher Herrschaft eine fast unübersehbare Menge 



Provinz anfänglich gelassen wurde, seien erwähnt, 
aus dein ersten Beschluß für Zosimos, Inschr. 
v. Priene 112, 21 ff. yoafiptaxsvg XEiQozovti&slg vno 
zijg ßovktjg xai zov d?'}/uov dia zov /xev szqoxb- 
%siooTOvr}}i£vov iv aQxaiQEoiaig ygafifiazia fiezaX- 
lag~at } (ttjdsva de xijv #j>£KW vno^iivsiv ix zov xai- 
qov Sta. zo zrjg Xsizovgyiag ßdgog r}o<paXt- 
oazo ftsv zov zs tdiov sxdozov xai zov zf\g zröXscog 
ßiov fariXijV iv Ssgjuarivotg rqv %&v ygafifidzaiv 



von Schreibern aller Art. Die folgende Über- 
sicht erhebt nicht den Anspruch auf Vollständig- 
keit und muß für die Beantwortung der Frage nach 
dem Charakter der Ämter, denen Schreiber beige- 
geben sind, auf die einschlägigen Artikel ver- 
weisen. Zudem führen eine ganze Anzahl ägypti- 
scher Schreiber Titel, die ihre Einreihung unter 
das Stichwort y. ausschließen und daher besonders 
zu behandeln sind, wie ijztazoloyQdq>og, ftovoygd- 



xoujodpevog ävaygaqptfv, aus dem zweiten Be-40<po£, vofioy(>ä(pog , vjtofivt)fiaroyQd<pos, 6 noög zqj 



Schlüsse, Inschr. v. Priene 113, 15ff. ygafifiazetig 
yaQ yEvdfisvog zijg [ß]o[v]Xfjg xai (rov) drtfiov zfjg 
ze XzizovQyias imfisXwg TiQoiovrji xai zfjg slg ra. 
bmiooio. [y]od[fi]jxaza Sajzdvqg ov% vjieazeü.azo, 
zov xotvov xai zov TÖiov kxdorov ßiov äotpali- 
od/üEvofg d]ia zfjg ev zotg Ssgptaztvoig ßv[ß]Xiotg 
ävayecuprjg und aus dem dritten Beschlüsse, Inschr. 
v. Priene 114, 8 ff. jtjgdtrrjv 6e Xaßoov nagä z[ov] 
öijfj.ov %eioozovia[v z]ijg Ttgojzrjg ygafitftazeiag ttqo- 



yQa<peiq> u. a. Als Besonderheit sei erwähnt, daß 
in einem Papyrus Erzherzog Rainer bei W es- 
se ly Stud. II S. XLUff. nr. 6 (1 Jhdt. n. Chr.), 
wo zweimal vorkommt Tiaoa Oeoyeizovog zov Eig?]- 
vaiov (bezw. 'Igrjvatov) ygaftf-tazioig , das Wort 
wahrscheinlich den Elementarlehrer, sonst yoapi- 
fiaziozrjg oder ygaftjuazodiödoxaXog genannt, be- 
zeichnet; daher beide Male die Mahnung <piko- 
nov£t yod<po>v {,schreib fleißig'); vgl. Sonnen- 



soztji fisv avrtjg imfteXöjg xai (piXodofcög, /V^r/50burg Hum. Gymn. XX (1909) 201, 



Ö£ Tiioziv xai (pvk[axr)v] zöiv üiaQado&ivzoiv avzcöi 
yQafifidzoiv Lioi[i]o]azo dofpaXrj, buikfjv zijv [dva]- 
yqayfyv avrtijv [itaQaJdovg ev äegfiazivotg xai ßvß- 
Xivoig xtvyzoiv und Z. 28ff. izt ö]e vvv xai [yojafi- 
{tazevg a^io6tyj&sig zijg ßovktjg xai zov Srjfiov zo 
6ev(zsJqov elg zov ivsozföJza ivijavxov fzsxotrjzai 
fiev dizzXijv zijv zöiv örjfiooioiv yQafi/iidzotv dva- 
yoa<pi}[r iv ßvßXiJvotg xai bsQ^iaxivoig zevxeoiv, 
zzdvxa äh za vtp 1 iavzov j^gri^iazio^ivza yM]<piofcaza 



Der wichtigste ägyptische Schreiber ist der 
ßaoiktxog ygafifiazevg, in den Papyri mei- 
stens abgekürzt ßaa. yg. oder ßaod. yQ. (Belege 
in den Indices jeder Papyruspublikation). Er 
kommt seit der ersten Ptoiemäerzeit vor und be- 
hält auch in der römischen Kaiserzeit, wo er, 
streng genommen, kaiserlicher Schreiber ist, seinen 
Namen bei. Er ist der höchste Beamte des No- 
mos {yofiög, Gau, richtiger Steuerbezirk) nach dem 



zov dfyfiov] xai hziazo).ag xai xQ*}ptaztofiOvg dva- 6ö axQattjyog, dessen ordentlicher Stellvertreter und 
yiygaipev xa&6xt izoodedrjkwzai Diese Stellen hat namentlich die ganze Finansverwaltung des 
sprechen für sich eine deutliche Sprache. Irgend Nomos unter sich. Wenn er in BGO 742 I 2 



Irgend 
welche Beschränkung dieser avayQaq^ auf be- 
sondere Arten von dvayQatpai, wozu Wilhelm 
Beitrage (1909) 272 hinzuneigen scheint, ist meines 
Erachtens unzulässig; vielmehr hat Zosimos sämt- 
liche öffentlichen Schriftstücke doppelt ausge- 
fertigt (Schabart a. a. O.). Hingegen ist die 



mit xtfuojrazog angeredet ist, so ist das kein Rang- 
titel, sondern bloße Höflichkeitepbrasc. Als dienst- 
mäßiger Stellvertreter des Statthalters in den 
verschiedensten Angelegenheiten wird er bezeichnet 
als 6 Selva dtaösx^fteroe tqr orgaztjyiav oder 6 
dura diafczonrpog xai (<L h. abgesehen von seinem 



1771 



r(UXflftCtT€t$ 



r^ccfifiareig 



1772 



eigenen Amte) xa xaxa xijv oxgaxtjyiav oder bloß 
als otadoxog. Eine meines Wissens bis jetzt ver- 
einzelte Benennung ist 6 zov vofwv ßaodtxog 
Siaöex^fievoc %*jv oxgazijyfav BGU 82, 7. Natür- 
lich kann der Strategos sich auch durch andere 
höhere Beamte vertreten lassen. Nicht-Staats- 
beamte vertreten ihn jedoch nur dann, wenn auch 
der ßaa. yg., sein dienstmäßiger Vertreter, be- 
hindert ist; vgl. Preisigke Städtisches Beamten- 



Daß der ßao. yg. den Statthalter auf seinen 
Dienstreisen begleitet, ist selbstverständlich, aber 
auch ausdrücklich bezengt, z. B. durch die In- 
schrift, aus Philai Dittenberger OGIS 139, 6,. 
wonach sie den Priestern des Tempels durch ihren 
langen Aufenthalt lästig fallen. Ihre in vielen 
Einzelheiten bekannten Funktionen als selbstän- 



dige Beamte oder als Stellvertreter des Strategen 
können hier nicht alle aufgezählt werden. Es 

wesen im römischen Ägypten (Halle 1903) 67. 10 mögen zwei Beispiele genügen, die die Bedeutung- 
Der in den Papyri am häufigsten genannte des Amtes klar illustrieren. Die Steuersubjekts- 

und wohl auch umfangreichste aller Gaue, der 

Agotvotz-qg vo/*6g (Faijürn) (s. o. Bd. II S. 1289), 

war außer in Toparchien, wie jeder andere No- 

mos, auch noch in 3 ftsgtSeg, Distrikte oder Be- 
zirke, eingeteilt, in 'HgaxXeiSov , Otfxtozov, Ho- 

?J{icovog ft£Qtg, und zwar, wie wir jetzt wissen, 

schon in der Ptolemäerzeit (Krebs Gott. Nachr. 

1892, 535). In römischer Zeit sind die beiden 



\ Steuersubjekts- 
deklarationen haben im Arsinoites die Einwohner 
der Metropolis (Hauptstadt des Nomos) 1. an den 
Strategen des Nomos, 2. den königlichen Schreiber,. 
3. die beiden Stadtschreiber (y. xrjg fitjrgojioXgoog) 
in je zwei Exemplaren einzureichen, die Dorfbe- 
wohner dagegen 1. an den Strategen, 2. den kö- 
niglichen Schreiber, 3. den Dorfschreiber, 4, die" 
Yolkszähler {Xaoygd(poi) ihrer xm^, also an vier 



Bezirke Oeftjozov und üolifioivog zu einem Ver- 20 Instanzen in je zwei Exemplaren (Wilcken 



waltungsbezirk zusammengefaßt und stehen unter 
einem Strategen, Während aber dem orgazrjydg 
t HgaxXttoov ftegiSog ein ßao. yg. 'HgaxXeiÖov /te~ 
Qidog unterstellt ist, so hat von dem ©sfiiozov 
xal IToXe/iOvog fieglg genannten Bezirke jede 
pegig ibren besonderen ßao. yg. In den BGU 
ist der ßaa. yq. ßeptiozov fiegidog viermal genannt, 
im I, Bande, der ßao. yQ. IJoXsftoivog (tegidog 19 
Col. I 11. Col. II 12. 302, 1. Becht bezeich- 



Ostraka I 441). Der Strategos und der ßao. yg, 
üben die staatliche Aufsicht über die Einnahmen- 
und Ausgabenverwaltung der Tempel aus, und 
zwar in der Weise, daß die Priesterschaft eines 
Tempels ihren Verwaltungsbericht (xstgiofiog) an 
den ßao. yg. des zuständigen Strategenamtes ein- 
sendet. So gelangt der Verwaltungsbericht der 
Priester des Soknopaiostempels von Soknopaiu- 
Nesos an den ßao. yg. des Strategenamtes des- 



nend ist die Formulierung BGU I 158 (etwa 30 Herakleidesbezirkes des Arsinoitischen Gaues BGU 



242/3 n. Chr.) Nogßavca r<£ xal Zeg^vco ozg(a~ 
xqyalj Agat(voizßy) &Efxioxov xal IloUfttovog /.is- 
QtScov xal *AjiöU<i>viq> ßaodftxcpj ygfafipazst) xrjg 
avtfjg ftegiSog (so). Aus der Briefadresse BGU 
19 I 11 MsvavÖgog yeröftsvog ßaodtxog yQa/tf/m]- 
xevg Agotvotizov darf nicht etwa geschlossen wer- 
den, es habe je einen einzigen ßaa. yg. für den 
ganzen Arsinoitischen Gau gegeben; die genauere 
Bezeichnung enthält die Briefadresse Col. H 12 



I 296. Pap. Lond. II 352. Als oberste Lokal- 
behörde läßt das Strategenamt alljährlich ein- 
mal durch den ßao. yg. die Buchführung prüfen. 
Ob diese Aufsicht, die wir für die Zeit der Ptole- 
mäer und der römischen Kaiser kennen, erst da- 
mals geschaffen wurde oder aus älterer Zeit stammt, 
läßt sich nicht entscheiden; s. Otto Priester 



und Tempel im hellenistischen Ägypten II 151. 

153. Pap. Amherst II 33. 34 (157 v. Chr.) haben 

MevdvÖQQ) ysvopevqy ßaod(tx$) ygfa^axep JIo- 40 uns das Novum gebracht, daß der ßaa. yg. mit 

Ufi[cavog] ^tsgidog. Übrigens ist der ganze Zu- dem im/tsXtjTTJg in einem Gerichtshofe neben dem 

Kollegium der Chrematisten sitzt; vgl. W eng er 
Arch. f. Pap. II 49. Wilcken ebd. 142. 

Neben dem Strategen und dem ßao. yg. des 
Oxyrhynchites, des Gaues von Oxyrhynchos, er- 
scheinen noch andere, bis jetzt in andern Gauen 
nicht nachweisbare Schreiber des Gaues mit dem 
Titel oi ygdfpovTsg zov vofiov Pap. Oxy. II 
246, 4. 35 (66 n. Chr.); an letzterer Stelle z. B. 



_ . - „ ganze 

satz hier rechtlich irrelevant, mehr dekorativ im 
Sinne des eursus honorum ; denn Menandros ist 
nicht mehr ßao. yg. und fällt seinen Spruch als 
xßtzrig, wozu ihn der Präfekt durch Delegation 
{ävasiofmrf) bestellt hat, in Alexandreia; vgl. 
Mommsen Iur. Sehr. I 459f. 

Auch in Inschriften sind die königlichen Schrei- 
ber oft erwähnt, so in einer Inschrift aus Ale- 



xandra von 170 n. Chr. de Ricci Arch. f. Pap. 50 heißt es Ztjvoiv 6 Ti(aga) i((öv) x6v vop(bv) ygfa- 



n 444 nr. 60 (= IGE I 1060) der ßaodtxog ygaft- 
fiazevg Mageaizov (Z. 16), ßaoiktxog ygafiptattvg 
Bovottgizov (Z. 23), ßaodtxog Bovßaoreizov (Z. 30) 
und Z. 31 ßaodtxog Esßewvxov ävai xöjtatv (= 
ävto xoaagxuSv s. Wilcken Ostraka I 428). 
Ferner begegnet der ßao. yg. ro/uov 'EgfxojioXeizov 
IGE I 1067 (211 n. Chr.), ßao. yo.'Egnoiv&eizov 
xal AaxonoXzlzov IGE I 1188 (130 n. Chr. = 
Dittenberger OGIS 683), Antonios yga/j.fxa- 
zevg 4>tXo>v CIG 5074 = IGE I 1363 (33 n. Chr.) 60 



(pövrav) oEotjffistcofxaO agv(ag) £. Im gleichen 
Jahre wird in Pap. Oxy. II 239, 1 nur ein sol- 
cher Gauschreiber erwähnt: z<p ygä<povxt zov 
'Ofagv/zirrfv (sc. vo/iov). Offenbar ist dieser 
Schreiber, wie Grenfell und Hunt zu letzterer 
Stelle bemerken, zu identifizieren mit dem öfter 
vorkommenden vofioygdtpog, der also seiner' 
seits nichts zu tun hat mit dem vo/atxdg, wie 
noch Pap. Oxy. I 24 Col. I 9 angenommen war. 
Jeder Nomos zerfällt in Toparchien (uwrot), 



ist wohl der ßao. yg. des Nomos ziegi 'EXeipavxlvtjv deren Zahl je nach seiner Größe verschieden ist 
xai fOar; ganz sicher ist diese Ausdehnung des (Wilcken Ostraka I 428f.). Jeder xonog hat 
Begriffes Gt'Xat beim ozgazyyoe <Pdd3v IGE I 1311 einen zojtoygafi/iaxEvg. In den Toparchien, die 



(= Dittenberger OGIS 695). Da der Strategos 
dieses Nomos zugleich auch Strategos des Nomos 
'Ofißhrjs sein kann (Lepsius Denkmäler XU 
ar. 802. 393 = Dittenberger OGIS 202), so 
ist dasselbe wohl auch vom ßaa. yg. anzunehmen. 



man als die Landbezirke des Gaues bezeichnen 
kann, liegen einerseits die ptjTQoxoXig, meist die 
uralte an das Gauheiligtum angeschlossene Haupt- 
stadt des Gaues, der Sitz der obersten Steuer- 
behörde, des Strategen und des ßao. yg., die 



1773 



Tgafifiazelg 



rgccfifiavelg 



im 



ihren besonderen ygaptfiaztvg hat, andrerseits die von Bewohnern der /MjxQÖxoXie über Wegzug von. 

zahlreichen Dörfer (mS/juli). Diese unterstanden Angehörigen nicht, wie man nach Analogie der 

der wzgdnoXtg, die zwar selber nicht autonom war, Geburts- und Todesanzeigen späterer Zeit erwarten 

also staatsrechtlich "nicht als jioXtg , sondern als würde, an die y. jjajzQoitöXewg , sondern an die 

xcofirj galt. Von den zahlreichen Beamten der zojioyga/iftarels xal xoiftoyQafifiaxstg. Das Fehlen 

xc5ftai sind neben den xfopagxai besonders wichtig der y. fujrgojioXsojg in dieser Zeit stimmt mit der 

die xfofioyga(jtfiatstg, deren Amt BGU 902, bekannten Tatsache, daß die Metropolen seit Be- 

13 xaifioygafiipazEia heißt. Zur allgemeinen Orien- ginn der römischen Verfassung zwar eine gleich- 

tierung vgl. die große Inschrift aus Girgeh in mäßig organisierte städtische Beamtenschaft haben, 
der Großen Oase Dittenberger OGIS 665 n. 32 10 aber, falls sie nicht Autonomie besitzen, die von 

(= IGE I 1262) und die dort angeführte Lite- alters her bestehende Komenverfassung beibe- 

ratur, sowie Dittenberger 666 n. 10, für die hielten (Mitt eis Reichsrecht und Volksrecht 20), 

Ptolemäerzeit Engers De Aegyptiacarum xto- also durch Staatsbeamte von oben herab regiert 

jwtövadministrationequalisfueritaetate Lagidaram wurden. Es ist wahrscheinlich, daß der y. ptt}~ 

(Groningen 1909). Für den Dorfschreiber kommt toonoXetog als Bureauchef noch Hilfsschreiber, 

auch der Titel y. xcä^fjg vor, Pap. Oxy. I 133, y. schlechthin genannt, unter sich hatte. Aus- 

26; im übrigen s. Art. Koi/ioygafifiazsvg. drücklich bezeugt sind solche meines Wissens 

Der ygafifiazevg nyzgostoXsmg (z.B. BGU nur für die xcofioyga^tfiazEtg durch eine Inschrift 

182, 2. 110, 3. 111, 4 (138/9 n. Chr.). 254 I 4 Hadrianischer Zeit (120 n. Chr.) bei de Eicci 

(160i " """ " ■ ' " " n '" ' T " T """" " " 

fiars 

rhynchos ygafiftazsvg rfjg nöXscog (Pap. Oxy. 54, einen Papyrus aus Oxyrhynchos Pap. Oxy. 488, 14 

11. 487, 4. 13. 529, 19. 714, 7). Sein Amt heißt 'AgiBfiLdoigog zig yga/ußazsvg xco/ioygafifiazsütg zijg 

ygaftftazeta a6Xso>g BGU 820, 12. In ATsinoö- Kglxswg (abgekürzt Z. 39), woraus sich die spe- 

Krokodilopolis, der Metropolis des Arsinoitischen zielle Aufgabe dieses Schreibers deutlich ergibt 

Gaues (Faijüm), amten gewöhnlich zwei y. mzqo- und zugleich die Ergänzung xeoftoyga^aziag, 

jtökewg gemeinsam, so BGU 55 Col. II 12. Pap. nicht xafioygafXfiazeiag für die zitierte Inschrift. 

Fay. 30, 2. Pap. Gen. 33, 1. Über ihre Funk- Über die Entwicklung der Verfassung der Metro- 
tionen s. Preisigke Stadt. Beamtenwesen 9f. 30 polen unter römischer Herrschaft s. Preisigke 

An sie sind einzureichen die fiskalische Zwecke 5f. Ihren Abschluß findet sie mit der Verleihung 

verfolgenden Geburtsanzeigen (Pap. Fay. 28, 2) der Autonomie an Alexandreia und sämtliche Me - 

und Todesanzeigen (BGU 79, 19), Steuersubjekts- tropolen durch Severus im J. 202 (Wilcken 

Deklarationen (Paul M. Meyer Heerwesen der Ostraka I 434). Jetzt tritt die ßovlr} und auch 

Ptolemäer 110. 115. Wilcken Ostraka I 440ff.), der Sijfiog in Tätigkeit. Die ßovXrj bestellt die 

sowie die Vorschlagsliste zur Auslosung der städti- liturgischen städtischen Beamten selber durch 

sehen Beamten (Xeixovgyovvxsg) , wie Gymnasi- Wahl (Preisigke 18), während sie die Präsen- 

archos, Exegetes, Kosmetes u. a. Die städti- tationsliste der liturgischen staatlichen Beamten, 

sehen Beamten (ägzorreg) stellen die Vorschlags- deren dienstliche Tätigkeit von den Eessorts der 
liste selber auf und reichen sie zunächst dem 40 Stadt- bezw. Dorfgemeinde völlig losgelöst ist, 

y, nr)ZQ07i6Xea>g ein, woraus sich ergibt, daß durch den Prytanen {svag%og ngvxavig ; s. Prei- 

dieser eine von der ihrigen verschiedene Stel- sigke 52) dem Strategos direkt unterbreitet. Es 

lung einnimmt. Nachdem er sie geprüft hat, tritt also der y. prjxgonöXewg von 202 an in diesen 

sendet er sie an den Strategos, dieser an den liturgischen Angelegenheiten außer Wirksamkeit ; 

imozgdzrjyog (s. o. Bd. VI S. 203), der die Aus- ob auch in andern Funktionen, die ihm bis dahin 

losung vollzieht (Pap. Oxy. I 54, 10). Dieser oblagen, läßt sich nicht sagen (Preisigke S. 21 

Instanzengang zeigt, daß der y. fitizgoxoXecog und Anm. 8). 

direkt mit dem oxgaznyög verkehrt, wie er auch Eine privilegierte Sonderstellung nehmen, 
von ihm direkt Befehle erhält (Pap. Fay. 26, wahrscheinlich schon seit Beginn der Ptolemäer- 
150 n. Chr.). Daraus ergibt sich, daß er nicht 50 herrschaft, die Griechenstädte in Ägypten ein, 
städtischer, sondern staatlicher Beamter ist. Daß nämlich die älteste griechische Gründung, Nau- 
der y. TiöXswg auch außerhalb Ägyptens oft vor- kratis im Delta, das von Ptolemaios I. gegrün- 
kommt, aber sonst überall zu den städtischen Be- dete Ptolema'is in Oberägypten und Alexandreia. 
amten gehört, wurde oben unter II A 3 gesagt; Diese besaßen die Gemeindeautonomie; ßwXr\ und 
vgl. auch Liebenam Städteverwaltung 288f. oijftög faßten also nach gemeingriechischer Weise 
,Die ägyptischen y. wzgoxöXEtog sind staatliche Beschlüsse. Besonders gut kennen wir die Orga- 
Organe , die als Mittelspersonen zwischen den nisation für Ptolemais schon im 3. Jhdt. v. Chr. 
ägxovzeg (d. h. den städtischen, von den Staats- durch die von Jouguet gefundenen und Bull, 
behörden bestätigten Beamten) und dem otga- hell. 5X1 (1897) 184ff. publizierten Inschriften 
zr\yog stehen und dazu berufen sind, diejenigen 60 aus Ptolemais. Außer dem alle einschlägigen 
städtischen Angelegenheiten zu bearbeiten, die Fragen umsichtig erörternden Konnnenter von 
nicht unter die Selbständigkeit der agxovxeg fallen' Jouguet vgl. Wilcken Ostraka I 433f. und 
(Preisigke 10, 4). In den Dorfgemeinden fallen Preisigke 2ff. 

die entsprechenden Funktionen den xcofwyga/i- Von den übrigen Schreibern der zahlreichen 

ftarEts zu. Wahrscheinlich waren die y. fitjzgo- staatlichen und städtischen Beamten soll im fol- 

xöXetos zu Beginn der römischen Herrschaft noch genden bloß eine Auswahl aufgezählt werden, 

nicht vorhanden; denn in Pap. Oxy. II 251 (19/20 wobei gleichzeitig einige Lücken früherer Bande 

n. Chr.) und 252 (44 n. Chr.) ergehen Meldungen der Kealemyklopadie ansgefuUt werden können. 



1775 



rgapkfßMteig 



rgctfiftccfeZs 



1776 



Eingebender untersucht ist bis jetzt nur die 
Stellung der Schreiber der Tempelverwal- 
tung durch Otto Priester und Tempel im helleni- 
stischen Ägypten II (Leipzig 1908). Es ist wahr- 
scheinlich, daß in Ägypten jedes größere Heilig- 
tum eine besondere Tempelkanzlei mit besonderen 
Kanzleibeamten besaß (Otto II 159). So hat 
z. B. der luppitertempel von Arsinoe" als stän- 
diges Dienstpersonal 1. einen Tempel Wächter (vao- 



hörenden Heiligtümer zugeteilt waren bei der Ver- 
teilung der ovvxag'tg, der vom Staate den Priestern 
alljährlich zugewiesenen Besoldung (0 tto 1 366ff.). 
Sonst hießen diese Kassabeamten xQoeozqxdzeg 
rrjg ovvzd^ecog oder oi TtQog zoTg %£iQiofioTg zszay- 
fihot (Otto II 129). Aus der Verschiedenheit 
der Titulatur darf wohl geschlossen werden, daß 
es für diese Kassabeamten einen offiziellen griechi- 
schen Titel nicht gab, sondern nur einen ägypti- 



tpvZag), 2. einen Bibliothekar oder Archivar {tzqo- 10 sehen. Wenn, was freilich recht unsicher ist. Pap. 



atQszrjs ßtßho&tjxqg), 3. einen Sekretär {ygafi- 
/tiatsvg), 4. einen nicht naher zu benennenden 
Tempeldiener. Sie erhalten allmonatlich ein regel- 
rechtes Gehalt (oywviov), der Tempelwächter 28, 
der Bibliothekar 30, der Sekretär 40, der Tempel- 
diener 19 Drachmen (BGü II 362), wozu viel- 
leicht noch Naturallohn kam. Die Abstufung 
des Gehaltes beweist, daß das Amt des Sekretärs 
wohl am meisten Arbeit erforderte (Otto II 21f.). 



Amherst II 58 der Priester auch den Titel y. führte, 
so scheint er auch als Kassahe amter fungiert zu 
haben (Otto II 143, 4). Hier mag auch das in Pap. 
Tobt. 1 97, 21 in Verbindung mit dem smoranxdv 
Uqecüv genannte ygajufiaTixöv hgstov erwähnt 
werden, offenbar eine Abgabe, über deren Natur 
noch Otto II 340 sich nicht zu äußern wagte. 
Jetzt ist uns das ygap,\iaxtx6v durch eine Reihe neuer 
Texte bekannt, besonders Pap. Hibeh I 110,23. 



Es ist nicht unmöglich, aber nicht beweisbar, 20 24. 26 (etwa 270 v.Chr.) und von Grenfell und 

daß die Niederschrift der BGÜ II 362 erhaltenen «--*■ "^.1. n : t _ nn n — vi _:-i. i .._-_i-i K _i. 

Abrechnungen des arsinoitischen Iuppitertempels 
von eben diesem Schreiber herrührt (Otto II 
H7, 4). 

Die Aufgaben der ägyptischen Tempelkanzlei 
sind nach Otto II 156—162 1. die alljährliche 
Aufstellung des Rechenschaftsberichtes des Tem- 
pels und gleichzeitig ebenfalls alljährlich die der 
Liste der Priester höherer Ordnung des betreffen- 



Hunt Hibeh Papyri I p. 292 wohl richtig erklärt 
als a ckarge for the benefit of tke numerous 
yga^azstg ; vgl. auch Pap. Tebt. I 61 (b) 342 
—345 (Anm.) und 97 (Einleitung). Weniger klar 
ist das yQafifiatiHov in der stark zerstörten Ab- 
rechnung BGU 820, 6. 28 (192/3 v. Chr.) und 
in der Quittung BGU" 828, 2 (byzantinische Zeit). 
r^afiftateTg als Hilfspersonal lassen sich 
für so viele Behörden nachweisen, daß wir sagen 



den Tempels, der sog. ygaqpt) ieqecqv, 2. die Füh- 30 dürfen , es habe sozusagen jeder Beamte seinen 
rung eines Registers über die Personalverände- °- 1 - - L - -=■-■■»>- --■■•■..._ i. i, »...<• .t.™ 
rungen innerhalb der Priesterschaft, besonders 
hei Todesfällen, 3. mannigfaltige andere, teils be- 
legte, teils zu erschließende Kanzleigeschäfte. 
Die Abfassung und Aufstellung von Priester de- 
kreten, die nach dem Dekret von Kanopos (Dit- 
tenberger OGIS I 56) Z. 73ff. Sache des Ober- 
priesters und der leQoygafißaxetg war, wenn man 
die hier genannten oi zov hgov ygafiftatetg mit 



Schreiber oder Kanzlisten gehabt. Auf die Frage 
nach Bestellung und Amtscharakter dieser Schreiber 
versagen uns die Papyri die Antwort ; soviel wir 
sehen, gab es hierbei weder Iteration noch Ku- 
mulation mit andern Ämtern. Besonders zahl- 
reich waren natürlich die y. bei der Steuererhe- 
bung, wo sie neben den ßoq&oi als Hilfspersonal 
der direkten Erheber sehr häufig in den Ostraka 
erscheinen, statt der Erheber selbst die Steuern 



den kQoyQafifiarets von Z 4 und 69 identifiziert 40 einziehen und Quittungen ausstellen (Wilcken 
(Dittenb erger I p. 109 n. 136), ferner die Ab- Ostraka I 618). Vielfach ist es nicht möglich, 



fassung von Ehreninschriften, von Inschriften zur 
Ausschmückung der Tempel wände und die Für- 
sorge für zweckmäßige Veröffentlichung von Be- 
scheiden der Regierung, die an die Tempel er- 
gingen, werden die Kanzlei immer nur gelegent- 
lich beschäftigt haben. Mehr und öfter nahm 
sie in Anspruch das Aufsetzen von Verträgen usw., 
wie sie die Verwaltung des Tempelbesitzes nötig 



den Charakter von bloß als y. bezeichneten Schrei- 
bern näher zu bestimmen, so den AnoXÄtortog 
yQ(afi(iaT£vg) in einem Verzeichnis von 25 Männern 
aus Ptolemäischer Zeit, Wilcken Ostrakon 1194 
Verso Z. 4. Mehrfach werden wir in solchen y, 
lediglich von Privaten angestellte Schreiber, Pri- 
vatsekretäre, vor uns haben, so in Wilcken 
Ostrakon 1166, einer Abrechnung aus römischer 



machte und vor allem die Erledigung der Tempel- 50 Zeit; ebenso AxoXXibviog AviiTidxgov. ygawiazevg 



korreapondenz , zumal mit der Regierung, wofür 
Otto II 160 zahlreiche Belege anführt und wozu 
S. 345 noch Pap. Tebt. II 293. 302. 313 nach- 
getragen sind. Die Tempelkanzleien fassen Do- 
kumente in hieroglyphischer, demotischer und 
griechischer Schrift ab. Die Hieroglyphen meißelt 
ein besonderer hgoyXv<pog ein, s. den Art. Otto I 
112. II 161, 2 und Pap. Leid. U., neu herausgegeben 
von Wilcken Melanges Nicole (1905) 581ff. Die 



'Ogvv/xsvovg in einer Inschrift bei Strack Arch. 
f. Pap. III p. 127 nr. 3 (= Dittenberger OGIS 
732), wobei Ornymenes, ein allerdings seltener 
Personenname, als sein Dienstherr zu fassen ist 
(Strack). D agegen ist es i atsam , über den dijfio- 
oiog yefa/ipaTevg) BGU 55 II 24 (175 n. Chr.) 
wegen der starken Zerstörung des Papyrus das 
Urteil zurückzuhalten; denn schon wiederholt 
haben später gefundene Urkunden die Erklärung 



eigentlichen Schriftsprachen sind das Demotische 60 gegeben. So konnten die xagd Aotgitovog 

Süf J« Griechische^ offiziell ^ zugelassen ist in ygaftftazeTg in Pap. Par. 31, 26ff., die Lum- 

„li .l_--.-l.__ T* i . , broso Recherches 347 als Angestellte der Ma- 



der hellenistischen Epoche, abgesehen von der 
allerersten Zeit, nur das Griechische (Otto II 
161). 

Eigenartig ist die Verwendung de» Amtstitels 
reafifiazets Pap. Lond. 41 Recto [S. 27] Z. 21 
für Kas_.abean.te, die den Vorstehern der ver- 
schiedenen zum großen Serapeum bei Memphis ge- 



gazinverwaltung betrachtet hatte, durch Pap. 
Lond. I 27 (S. 14) Z. 2 (= Pap. Lond. I 31 [S. 18] 
Z. 7) als Beamte der Königlichen Bank (zgdjze£a) 
erwiesen werden; s. Otto Priester u. Tempel n 
136, 2. Hingegen läßt sich nicht mit völliger 
Sicherheit der Charakter des Arist&rchos bestim- 



(L777 



r^anfiarst; 



r^fJifJiccTelg 



1778 



men, aus dessen offizieller und privater Korre- xotfvöv tg>*> xata] Kvtxqov yoaftfiaz[scov)) und 

. spondenz die zwischen das 36. Jahr des Phila- daß sie in Gemeinschaft mit den Dionysischen 

delphos (250/49 v. Chr.) und das 6. Jahr des Künstlern die Ehreninschrift für Olympias, die 

Euergetes (242/1) fallenden Schreiben Pap. Lille Frau ihres Vorgesetzten Theodoros (CIG 2619) 

nr. 12—17 stammen. Schreiber war er sicher, errichteten, ist eine einleuchtende Vermutung von 

vielleicht roszoyga^az^vg. Der Charakter des Waddington zu Le Bas UJ2796, der auch 

AnoXXdivtog 'Ia^vglcovog yQapftazsvaiv rGiv 6/nozi- Dittenberger OGIS 161, 4 beigestimmt hat. 

fifov rotg cvyy£V€m xai oiaov6fio>i atzüjvixäv x<iyg Es darf hier auch erinnert werden an die y. iw»- 

'Hgaxldaov fiegtöog in einer Inschrift vom Moeris- xay^dxatv im Vertrag zwischen Smyrna und den 
see, Gott Nachr. 1892 533 nr. II (= Ditten- 10 Bewohnern von Magnesia aus der Zeit Seleukos LT. 

berger OGIS 177) Z. 4 ergibt sich aus der Kallinikos (etwa 244 v, Chr.), CIG 3137 (= Mi- 

Natur der zum Hofstaate gehörenden öfioxiftoi che! Recueil 19 = Dittenberger OGIS 229) 

roZg ovyyeveoi, die gleich hinter den ovyyevetg Z. 46—48, wo der Zusatz ol ovxeg y. u5v xay- 

rangierten; vgl. Dittenberger OGIS nr. 104 n. 2 ftaxcov sie als bereits bei den Truppen vorhandene 

(S. 181f.), Art.V^oTi/xot und Olxovöpiog otxio- ständige Beamte deutlich scheidet von den nach- 

vwöv, sowie auch Dittenb erger OGIS 192 n. 9. her genannten ävdgsg cu-ioöeix&evzsg, die ad hoc 

Wie dagegen in dem Bittgesuch an den könig- bestellt wurden. 

liehen Hypomnematographos in einer Inschrift Zum Schluß stelle ich in alphabetischer Reihen - 

aus Euhemeria im Faijüm, Grenfell and Hunt folge eine Anzahl Schreiber verschiedener Res- 
Fayum Towns and their Papyri S. 48 (= Arch. 20 sorts zusammen. 

f. Pap. II 555 nr. 38 = Dittenberger OGIS Avztygayevg. Über seine Funktionen Br an - 

736) der xotvog ygafiftazevg Z. 27 k'ygayev dis o. Suppl.-HeftIS.90f.; dazu jetzt neue Be- 

IlToXs/Ltaiog AiSvfiov y.otvög yoapfiarevg aufzufassen lege aus früher Zeit in Pap. Hibeh I 29, 8. 27. 

ist, weiß ich nicht. " 32 (ca. 265 v. Chr.) und 110, 28, 

Auch im Heerwesen der Ptolemäer be- rqafifxaxsvg äyogavofieiov Pap. Oxy. 107, 
gegnen wir den y., die aber nicht als Schreiber 3, ein Schreiber des Notariats, über das einläß- 
fungierten, sondern zur Intendantur gehörten und lieber als o. Bd. I S. 885 zu handeln sein wird 
vor allem für das Rechnungswesen und die Ver- im Art. Fgatpetov oder Notariat, 
pflegung desjenigen Truppenkörpers, dem sie unter e O yQa{i[i[atsvg] iäv avdoa[a6S]a>v 
einem Strategen zugeteilt waTen, zu sorgen hatten. SOäou b ävnyQ atpev gm Pap. Hibeh I 29, 7 (etwa 
Ich erwähne den y. rüv tiio&o<p6ea>v iTiaecov aus der Mitte der Regierungszeit des Philadelphos, 
bei Wilcken Aktenstücke aus der Kgl. Bank etwa 265 v. Chr., s. Grenfell-Hunt Pap. Hibeh 
zu Theben, Abh. Akad. Berl. 1886 nr. 5. 6. 7, I p. 161) ist nicht völlig klar. Da es sich bei 
wohl auch Pap. Lille 10 frg. 1, 2, ferner den y. den ävdgdiioda (nicht Öovloi oder a6fiaxa) mög- 
r&v piö&oyÖQtev xe^äv Aktenst. 11 und den licherweise um Kriegsgefangene {aixfidlwTot) han- 
yQajtißüTsvg zdöv naxolxwv Inni a>v CIG 4698 delt, so möchte ich beim y. rc5v dvögcuzöSw nicht 
(= Dittenberger OGIS 102, zwischen 146—116 an ein standiges Amt denken, sondern an einen 
v. Chr.) und in der auf Thera gefundenen Inschrift ad hoc ernannten Schreiber, der, wie es scheint, 
aus der Zeit Philometor VI (181—146 v. Chr.) IG namentlich dem Pächter (xeXibvtjg) der Sklaven- 
XII 3 n r. 466, 9 EiQtjvaTog Nutlov [*AXs]£oav- 40 steuer zu seinem Rechte verhelfen soll. 
^ev? 6 yQafipaxsvg xßv xaxa KQqxyv xai SrJQafv *Ajto?,oyiozai ygafißctzetg als Beamte des 
xjal 'Aootvörjv zrjr ev [ITs] lojzovvtjöcot oxQaxioi- Archivs, und zwar speziell des naxaloysTov, der 
[r]ö}v xai fiazipwv xai otxov[6ft]og rßv avzcöv Registratur, sind bis jetzt nur in der vom J. 127 
toxcov, wozu zu vgl. Dittenberger OGIS 102 n. Chr. stammenden, für das ägyptische Archiv- 
n. 5, 9. Über die y. im ägyptischen Heerwesen im wesen ungemein wichtigen Urkunde Pap. Osy. I 
allgemeinen s. P.M. Meyer Das Heerwesen der 34 Col. 18 erwähnt, deren erste zwei Columnen 
Ptolemäer und Römer in Ägypten G5ff. Ich reihe eine vom Präfekten Flavius Titianus verfügte Re- 
hier an den y. ozQarrjyovVdöEfüg Orjßatdog gelung des Verhältnisses der Beamten der Lokal- 
Pap. Osy. III 602 (2. Jhdt. n. Chr.), über den ich archive zum zentralen Staatsarchiv im neuge- 
nicht mit Sicherheit zu urteilen wage, da die Ur- 50 bauten Hadriansarchiv (Aögtavi] ßtßXiofyxrj) ent- 
kunde erst im Auszuge publiziert ist. halten. Darnach sind die äxoXoytoxai Unterbe- 
Besonders gut kennen wir diese y. der Ptole- amte der Lokalarchive, die den Auftrag erhalten, 
maischen Truppen für die Zeit, wo Ky pro s unter Verzeichnisse der in den staatlichen Eegistra- 
der Herrschaft der Ptolemäer stand. " Da treffen turen deponierten Kontrakte mit kurzen, regesten- 
wir um die Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. in CIG artigen Inhaltsangaben anzufertigen und an das 
2625 (= Dittenberger OGIS 154) einen Seleu- Nanaion und das Hadriansarchiv in Alexandreia 
kos y, z&v övvdfiecov als Generalintendanten zu senden; Tgl. Z. 7—12 oi faxe 1 vvv h zai 
der gesamten auf Kypros stationierten Heeresmacht. xaxa).oydto <kiolo[y]taxai yga^iazsTg xaloi<nsvot 
Ihm sind die y. f die Zahlmeister der verschiedenen xarä xo Jia/.aiov z&og iylöytCso&caoav xä ovvaV.ay- 
Truppengattungen unterstellt. Statt y. xo>v 6vvd- 60 fmra xeQda/ußdvovzsg zd ze xcSv vofioygdqp&v xai 
fj.ean> finden wir die detailliertere Benennung stiI xr\g za ro5v o^ralXaaodvzoiv ovöfiaza xai zov dgi&{tov 
xaxa zi}v vijoor ygafifiazetag z<3v jie^ix(5v xai fa- z&v olxovofitcöv xai za eiörj to>v ovpßoXaicov xat 
srtxcöv dvvä(i£<m> Le Bas-Waddington ni 2781 xaxaxcngi^hoioav iv afitpozigaig raeg ßißho&tjxatg; 
{= Dittenberger OGIS 155) angewendet von s. Grenfell-Hunt Pap. Osy. I S. 70. 73, 
Theodoros, dem Sohne des Seleukos, der seinem Vater die die äjioXoyiozal mit Recht als bloße ,clerks\ 
im Amte nachfolgte, als dieser zum Strategenamte Schreiber oder Sekretäre der Archiwerwaltung, 
vorrückte. Daß die y. der verschiedenen Truppen- bezeichnen. Der Ausdruck o* /***£* vvv iv z$ 
gattungen auf Kypros ein Kollegium bildeten {to xaxcdoyeUp ajtoXoytozai yQaftfiateVg xalotipsvoi 



1779 



figafifiatstg 



Grammatik 



1780 



dieser Urkunde von 127 legt es nahe, sie mit lieh bezeugt ist er für die Kaiserzeit bloß durch 

den y. Höxakyyeiov von Pap. Oxy. IV 719, 6 vom Wilcken Ostrakon 1159 yQafifiaxfct) otzoXoy(las), 

J. 198 zu identifizieren. Der Schluß ist aber BGU 67, 5 {199 n. Chr.), wo die yQ(a^fiazeie) 

nicht ganz sicher, da auch andere Archivbeamte, mxol(oyto.g) statt der Sitologen selbst die Quit- 

die ,IUuminatoren', dxovioxal (s. Mitteis Herrn. tung ausstellen, und durch Pap. Lond. CCCLI. 

XXX [1895] 597) in Pap. Oxy. I 84 Col. I 12 Wilcken löst die Abkürzung durch aizokfoyUg) 

als oi xaXovfiEvoi eixoviovai bezeichnet sind, doch auf, Viereck liest BGU 67 yQfafiftazetgJ oizo- 

wohl weil die Urkunde von einem Kömer, dem X(6yoi) t möglich wäre wohl auch j-^a/jpwH 

Praefectus Aegypti ausgegangen ist. otzol(6y<»v). 

r e afi?iaT8tg der x&Vßaziozat, der wohl 10 ZxQsTßa, das Pap. Oxy. I 59, 9 (292 n. Chr.) 
hauptsächlich mit der Protokollführung betraute vorkommt, ist nicht etwa bloße Übersetzung von 
Gerichtsschreiber beim Gericht der Chrematisten, y., sondern scheint einen ständigen Gesandten der 
einer Art Gaurichter, wie die attischen xazä dtf- Stadt Osyrhynchos an den Hof des Präfekten zu 
pov$ dtxaozat, ist erwähnt in der 172 v. Chr. ab- hauptsächlich richterlichen Dienstleistungen zu 
gefaßten Inschrift von Ghazi(n) bei Krebs Gott. bezeichnen nach den Worten dnavzrjoai im zhv 
Nachr. 1892, 536ff. (=Dittenberger OGIS 106) fytyoviav (= Praefectur) xai jzQomdQsvoat za> 
Z. 14, nach dem sloaytoyevg und vor dem Gerichts- dxgdvzcp avzov dixaaztjQica; vgl. Wenger Arch. 
diener {vTzrjQhqg). An Stelle des fehlenden Artikels f. Pap. II56f. Wilcken ebd. II 128. Preisigke 
Xgrjuaztozai sei hier nachträglich verwiesen Stadt. Beamtenwesen im röm. Ägypten 25. 
auf die von Ditten berger a. a. 0. p. 184 ver- 20 [Schultheß.] 
zeichnete ältere Literatur und die neueste ein- Grammatik. I. Die Griechen. Unter- 
gehendem Untersuchung von Gradenwitz Das suchungen über den Ursprung, das Wesen und 
Gericht der Chrematisten, Arch. f. Papyrusforsch. die Formen der Sprache, was wir heute im 
III 22—43, ^ engeren Sinne unter G. verstehen, begegnen uns 

TQafifiazsvQ ötoixtfoecog, ein Schreiber verhältnismäßig erst spät bei den Griechen, und 
bei der Stotxtjatg (s. o. Bd. V S. 789f.) ist er- zwar waren es nicht nur ursprünglich, sondern 
wähnt in dem bloß im Auszug publizierten Briefe auf die Dauer von fast zwei Jahrhunderten 
Pap. Oxy. III 642 (2. Jhdt. n. Chr.). vorwiegend rhetorisch - stilistische oder logisch- 
Bloß hingewiesen sei auf Aiooxogog ygafi- dialektische Erwägungen t welche der sprach- 
tiaiEig e&vovg BXep/xsov äxo xo^EQxicov 30 wissenschaftlichen Forschung zugrunde lagen. 
(= a commereiis) in BGU 972, 1, einem Dar- Es fällt uns heute schwer, uns eine bereits durch 
lehensvertrag aus dem Latopolitischen Gau aus großartige literarische Schöpfungen ausgezeichnete 
dem 6./7. Jhdt. n. Chr. Kulturepoche vorzustellen, die weder eine syste- 

reapttazsts xazaloyetov, Schreiber der matische Formenlehre noch überhaupt eine fixierte 

Registratur (scribes of the reeorde offiee), sind grammatische Terminologie besaß. Es war daher 

erwähnt Pap. Oxy. IV 719, 6 (193 n. Chr.). Als eine wissenschaftliche Tat allerersten Ranges, ab 

solche Sekretäre sind uns durch ihre Funktionen man sich etwa im letzten Drittel des 5. Jhdts. 

bekannt, ohne daß ihr offizieller Titel angeführt in Hellas und zwar, soweit unsere Kenntnis 

ist, ein Hephaistion Pap. Oxy. III 485, 8 (178 reicht, zum erstenmal in der Kulturgeschichte 
n. Chr.) und ein Flavius AuTelius BGU 578, 8 40 des Menschen, der Erforschung der Sprache zu- 

(189 n. Chr.), Das xazaXoystov lag vermutlich wandte. Mögen auch die ersten Versuche einen 

in Alexandreia; s. Art. KataloyeTov und oben recht dilettantischen Charakter getragen haben, 

'JaoXoyiozai yga^azeig. so ist dennoch die griechische G. als Wissenschaft 

reapftazsvg xX V qovxo>v (s. d.). Die Rolle im Laufe der Zeit auf eine so feste empirische Basis 

dieses Schreibers lehrt uns Pap. Hibeh I 82, 15 gestellt worden , daß sie länger als anderthalb 

(238/7 v. Chr.) kennen, eine sehr interessante Ur- Jahrtausende kanonisches Ansehen genoß. Speziell 

künde. Im 6. und 7. Jahre des Eucrgetes sind ihre Terminologie hat sich mit unwesentlichen 

Kolonisten ins Faijüm entsandt worden. "A<pqos Modifikationen durch die Vermittlung des La- 

zeigt dem Asklepiades, der im Arsinoitischen Gau teinischen bis auf den heutigen Tag behauptet, 
eine nicht unbedeutende Stellung bekleiden muß, 50 Unsere Kenntnis der geschichtlichen Entwick- 

an, man habe als Schreiber der entsandten Kle- lung ist aber bis zum Erscheinen des kleinen Büch- 

rachen Isokrates bestellt, und ersucht ihn, diesem leins des Dionysios Thrax, im 2. Jhdt. v. Chr., 

bei der Ausübung seiner Amtspflichten (rä xazd worin uns ganz plötzlich, wie aus einer dunklen 

iyv yeafifiazeiav) nach Kräften behilflich zu sein, Tiefe, ein fertiges, wenn auch keineswegs in allen 

damit die Interessen des Königs aufs beste ge- Teilen einwandfreies System entgegentritt, infolge 

wahrt werden. Es läßt sich leicht ausdenken, des fast gänzlichen Verlustes der Originalquellen, 

welcher Art die Aufgabe dieses y. bei Neubezug höchst mangelhaft. Denn was uns die Spä- 

von Ländereien durch die Kleruchen gewesen sein teren, wie Varro, Quintilian , Gellius, Apollo* 

ma &- ^ t ^ nios Dyskolos, Herodian, Augustin, Sextus Empi- 

reapftazeve xgaxroewv äQyvQtxc3vFa.i>.G0ncus t die Kommentare zu Dionysios Thrax, des 

W" 1 533, 23 (Ende des 2. oder Anfang des Proklos zu Piatons Kratylos, des Ammonios zu 

3. Jhdts. n. Chr.) 'EQftia zm z[ov 'Iojtov Ilayyä Arist. tisqI sQn, t ferner die lateinischen Gram- 

ygafifiazei ^axzogoiv ägyvfßMcüv), s. Art/T^ax- matiker, vor allem Prtecian, über die Anfange 

roQeg. un ^ EntmcfcUingspliasen beriete 11 » entbehrt gar 

reaftftazevg der otzoXoyot. Daß diese in zu oft der nötigen Klarheit und historischen Zu- 

™ wem «pyrusurkunden ungemein häufig vor- verlassigkeit. Wag sich im allgemeinen darüber 

kommende Behörde (s. Art. SixoXoyot) einen feststellen laßt, möge im folgenden kurz daree- 

Schreiber hatte, ist selbstverständlich. Ausdruck- legt werden. 



1781 



Grammatik 



Grammatik 



1782 



Der Ruhm des Archegeten auf dem Gebiete der neoterischen Beobachtungen des Protagoras im 
grammatischen Forschung gebührt zweifellos dem Auge hatte (vgl. z. B. das berühmte Schlagwort 
größten der Sophisten, Protagoras von Abdera des Sophisten in v. 679 oQ&äg yaQ Xdyetg und Plat. 
< ca . 481 411). Seine Untersuchungen waren ver- Phaedr. 267 c), so werden wir auch in dem Ver- 
mutlich in einer Schrift betitelt jieqi dQ-d~6rr}zog twv schlag ällxxmQ (so übrigens schon Pind. OL 
övoudztov (vgl. Plat. Crat. 391b) oder itegi oqüoe- XII 4. Aesch. Ag. 1656) Und aXexzQvaiva, statt 
sielag (Plat. Phaedr. 267 c), falls dies nicht nur wie bisher doppelgeschlechtig aXexzQvwv , zu 
ein Teil seiner 'Mfötia war (vgl. Di eis Vor- bilden, nicht eine geniale Parodie, sondern eine 
sokrat.2 II 534, 9), niedergelegt. Nur weniges ist zufällig nicht bezeugte, aber vom Standpunkt de& 
uns aus diesem epochemachenden Werke über- 10 Protagoras durchaus konsequente und tatsächlich 
liefert. Arist. rhet. III 5 p. 1407b schreibt ihm gestellte Forderung erblicken dürfen. Wenn ferner 
die Unterscheidung der drei grammatischen Ge- Aristophanes sich darüber lustig macht, daß der 
nera zu {za yemj xcöv ovofidzwv di^Qsi, äggeva Nominalvokativ auf -et eine weibliche Endung er- 
xai d^Xsa xai oxevr}). Im engsten Zusammen- gibt (v. 684— 691), so müssen wir auch hier wohl 
hang mit dieser Entdeckung steht augenschein- annehmen, daß Protagoras auf solche scheinbar 
lieh die Beobachtung des Protagoras, daß die anomalen Flexionsformen aufmerksam gemacht hat. 
Endungen der Substantiva nicht immer im Sprach- Auch die Tempora soll er nach einer kurzen, aller- 
gebrauch das den Dingen von Natur zukommende dings alleinstehenden Notiz des Diog. Laert. X 9, 52 
Genus bezeichnen, und er scheute sich nicht, weit- (xg&xog fiipr} xqqvov diutgiae) unterschieden haben 
gehende Konsequenzen aus dieser Anomalie zu 20 und nach demselben (X 9, 53) dtslXS zezbv Xoyov 
ziehen. Vgl. Arist. soph. elench. XIV p. 173b, 17 ngebzog eis zhzapa, wx&Xrp, eq(oztjoiv, äji6xQtoiv r 
(Diels a. a. 0. II 535) oolotxiGfiog iazt dk SrzoXrjv ... ovg xat Jiv&fievag stire Xoyotv. Aus 
zovzo xai tioieTv xat py jroiovvza (paivsö&at xat Quint. inst. III 4, 10 Protagoran transeo, qui_ 
jwtovvza w doxüv, xa&dneQ 6 IlQayzayoQag üsysv, interrogandi , respondendi, <mandand% precandi 
ei 6 pvjvig xai 6 zii\l^^ ölqqev eöziv 6 [ih quod svxtoX^v dixit , partes solas putat, geht 
yaQ Xsycov fOvXofiev^v' ooXoixtCst fihv xaz ixelvov, zwar hervor, daß diese Einteilung sich in erster 
ov (paivszcu dk xoig äXXoig, 6 dz ^ovXöfisvov' <pal- Linie auf die rhetorischen Genera causarum bezog. 
rszat fisv, aXX ov aoXotxi£ei. Protagoras scheint Anderseits zeigt aber doch Arist.^ poet. 19 
also der Meinung gewesen zu sein, daß Dinge p. 1456b, 15 zi yaQ äv zig vnoXaßot ^fiaQzi]a^at f 
oder Eigenschaften, die naturgemäß dem Manne 30ot ÜQOfzayoQag imzi^, ort wxso&ai olöfievog 
besser anstehen, wie Zorn und Waffen, auch imzarzei Em<hv ^ffvtv ästSe &ed ( t zb yaQ xsXevaaiy 
grammatisch masculini generis sein müßten, und <pr)ot, noiztv zi rj pr}, Imza^ig ioztv, daß darin 
da auch sonst im Griechischen Wörter auf -ig, die Verbalmodalitäten (Optativ, Konjunktiv, In- 
-tog (z. B. o xäXig, rpdlxtg, aQzvg, xTg t yXdvtg, b f} dikativ und Imperativ) bereits implicite enthalten 
öig) nicht ausnahmslos weiblich sind, so glaubte waren, mögen diese dem Protagoras auch noch 
er umso eher in einem Falle wie jx^vig und nicht klar als terminologisch zu fixierende, syn- 
vermutlich in anderen , die jener Doktrin wider- taktische Kategorien zum Bewußtsein gekommen 
sprachen, nur Sprachfehler rügen zu müssen. sein. 

Was sh^j/I ,Helm' im besonderen betrifft, so mag Auf Protagoras folgt sein großer Landsmann 
immerhin, nach einer plausiblen Vermutung von 40 und erheblich jüngerer Zeitgenosse Demokri- 
Gomperz (Griech. Denker 12 354), noch die tos. In dem von Diog. Laert. LX 48 überliefer- 
weitere Erwägung hinzugekommen sein, daß die ten Schriftenverzeichnis befinden sich auch fol- 
einzigen anderen maskulinen Worte auf £ (näm- gende Titel: JIsqI gvfyiwv xai aQfiovirjg , IIsqI 
lieh tfwgaf, sioQTzag; gzvqu£) sämtlich auf Kriegs- xaXXoofofjs entcov, steqi i>v<pojva>v xai övoycbvtov 
rüstungen sich beziehen. Protagoras war, wie yQanfidzcov , 'Ovo/naoztx&v (sie) und xeqI qt/~ 
sein Homo-censura-Standpunkt zeigt, entschieden /idiwr .Wörter'. Über die erst genannten läßt 
Relativist; wenn er daher in der erwähnten Weise sich nichts mehr ermitteln, doch scheint es 
den Usus loquendi als inkonsequent zu meistern sich hauptsächlich um phonologische und me- 
versuchte , so war das allerdings ein unhisto- trische Untersuchungen gehandelt zu haben, wie 
risches Verfahren , aber es beweist, und dies ist 50 solche besonders auch für Hippias bezeugt sind ; 
für die Geschichte der G. das Wichtige, daß er vgl. Plat. Hipp, maior p. 285b ixeiva ä av axQt- 
sich die Sprache eben nur durch menschliche ßiozaza iniozaaat äv&Qa>xa>v diaiQtiv , xeqi ys 
Vereinbarung und nicht von Natur aus ent- ygafifj-dzcov dwapecog xai ovXXaß&v xai Qvd-püv 
standen dachte. Wir dürfen somit schon bei xai agpioviojv. Hipp. min. 368 b. Phaedr. 267 a. 
Protagoras den Keim jener großen Streitfrage Ob dem Sophisten die Priorität zukommt, läßt 
konstatieren, die unter verschiedenen Schlag- sich nicht entscheiden, da Piaton bekanntlich den 
Wörtern, wie dioei und <pi<oci, Analogie und Ano- Demokrit nie erwähnt. Aus der Schrift liegt 
malie, Jahrhunderte lang die antiken Sprach- ^^drö>r hat uus aber Proklos zu Piatons Crat. 
forscher in zwei große, feindliche Lager spalten (Diels a. a. O. I 395) eine höchst interessante 
sollte (s. u.). Einen wie verblüffenden Eindruck 60 Notiz erhalten , aus der wenigstens so viel her- 
diese scheinbar an der Oberfläche liegenden und vorgeht, daß Demokrit, wie Protagoras, sich zu 
und doch so völlig neuen Gedanken auf die Zeit- der Ansicht bekannt habe, daß zvxn «Q a y - ai °v 
genossen machte, zeigt die köstliche Persiflage yvoei zä ovopaza, entgegen der angeblichen Be* 
des Aristophanes (Wolken 659—692), der, wie hauptung des Pythagoras oder vielmehr seiner 
die atte Komödie überhaupt, bekanntlich oft nur Schule. Falls auf den Bericht des Proklos Ver- 
das konservative Urteil des Laienpublikums wieder- laß ist, hat Demokrit seine Theorie über den 
spiegelt. Wenn , wie dies mit Recht allgemein Ursprung der Sprache wie folgt zu erweisen ge- 
angenommen wird, der Komiker speziell jene sucht: öiost Xsyoov xa drö/Mta. diä zeooaQCov »r«- 



1783 



Grammatik 



Grammatik 



1784 



yjsiQrin6xGiv rovzo xatsoxetiaCsv 1) ix rrf? ofico- 
vv/Ltlag, denn wäre die Sprache tpvoei, so könnte 
nicht ein und dasselbe Wort verschiedene Be- 
deutung haben*); 2) ex rijg sioXvoyvvfiias, 
■denn verschiedene Wort* bezeichnen oft dasselbe; 
B) ix xfjg x&v dvofiax<üv fzexa&iöemg, ein ur- 
sprünglicher Name würde bei Annahme der 
■/piWt-Hypothese nicht mit einem anderen ver- 
tauscht werden, wofür Proklos als Beispiele Flaton 



Stellung, wie sie später namentlich Epikur 
(Diog. Laert.X 75) und Lucretius V 1027ff. ver- 
treten, eingenommen wird. Da Namen nach 
Piaton durchaus die lautlichen Nachahmungen des 
Wesens der Dinge sind, so kann die Bedeutung 
der Worte nur durch eine Analyse der sie bil- 
denden lautlichen Elemente, d. h. der Buch- 
staben und Silben, erkannt werden, und so findet 
denn auch Piaton in der Etymologie die beste 



und Theophrast anführt, die früher Aristokles, 10 Antwort auf jene Frage. Diese Etymologien 



bezw. Tyrtamon geheißen hätten**); endlich 
4)_ spricht gegen jene Theorie, daß es für manche 
Dinge noch keine Namen gebe (ix ök z-rjs i« 
■ofioimv iXXstipecog, vtovOfiov), denn man 
bilde zwar z. B. von cpQovrjaig cpQovsTv , aber zu 
dixaioovvrj fehle das entsprechende Verbum, was 
für eine Sprache, die tpvast oder vdftqt oder gar 
<&e0 sei {Plat. Crat. 384d. 425 d), so wird De 
mokrit etwa geschlossen haben, doch ein undenk- 



das Wort selbst kommt nicht vor Chrysippos vor — 
bilden nun den Hauptteil des Dialogs. Sie sind 
mit etwa sechs Ausnahmen (TIXovtcov 403 a, 
AtÖTjg ebd., 'Aygodtiri 406 c, IJaXXdg 406 d, avve- 
ois 412 a, ßovlrf 420 c) sämtlich von einer, 
man möchte sagen — grandiosen Unrichtigkeit, 
so daß fast alle Gelehrten darin nur eine Paro- 
die oder beabsichtigte Karikatur sophistischer 
Irrlehren erblickten, da man derartige Entglei- 



£ares Testimonium paupertatis ergäbe. Diese Be- 20 sungen einem Piaton nicht wohl zutrauen mochte. 



weisführung läßt freilich manches zu wünschen 
■übrig (vgl. dazu Gomperz a. a. O. I 2 317ff. 
458), aber schon die Polemik gestattet keinen 
Zweifel darüber, daß Demokrit eine Hypothese 
hier nicht zum erstenmal aufstellt, sondern daß 
die Frage bereits Gegenstand lebhafter Erörte- 
rung pro et contra geworden war (vgl. auch 
Xen. mem. III 14, 2). Sonst wird uns, gramma- 
tische Dinge betreffend, von Demokrit nur noch 



Diese Ansicht hält aber einer vorurteilslosen 
Kritik nicht stand. Zunächst muß im allge- 
meinen bemerkt werden, daß das Etymologisieren 
überhaupt zu allen Zeiten auf Griechen wie 
Römer eine ebenso unwiderstehliche Anziehungs- 
kraft ausgeübt hat, wie etwa das Licht auf die 
Motte und mit gleich verhängnisvollem Re- 
sultat. Ja man kann, ohne Widerspruch zu ge- 
wärtigen, getrost den Satz aufstellen, daß für 



berichtet (Eustath. zu II. IH 1 = Diels frg. 19. 30 das gesamte Altertum graphische und pho- 
20), daß er yififta, wie die Ionier, und ^w, statt ---*-:- -t-- x i~_ij -i~n.-;x j~~ __ j._^_i- .i. ..j._ 
y&nna und ftß gesagt, ferner, daß er die Buch- 
staben des Alphabets dekliniert habe (Öüzazog, 
&tjxazog), während sie sonst axXtxa seien. Doch 
war dies letztere gewiß nur eine stilistische Ma- 
rotte, die den Schluß, es habe Demokrit schon 
über die xXioeig ovofidzoyv Untersuchungen an- 
gestellt, kaum rechtfertigt. 

Aus dem Gesagten geht nun auch hervor, 



netische Ähnlichkeit das untrüglichste 
Kriterium für etymologische Verwandt- 
schaft abgab. Hätte Piaton seine Vorgänger 

— man pflegt jetzt in Ermangelung besseren 
Wissens besonders auf Antisthenes zu raten 

— ad absurdum führen wollen, so hätte ein 
so unerreichter Parodist unbedingt diese seine Ab- 
sicht doch etwas deutlicher durchblicken lassen, 
als dies im Kratylos tatsächlich der Fall ist. Im 



daß die Behauptung des Favorinus bei Diog. 40 Gegenteil charakterisiert den ganzen Dialog, trotz 
Laert. III 25, daß Piaton nQüzog i&ecoQtjas x^g zahlreicher Beispiele Somatischer Ironie, die bei 

*„„„.„.„„«. ^. ä/. .. a«. t b +„„ ä i.™. -:^+ Piaton nie fehlen, eine wohltuende Bonhomie, ein 

auffallender Mangel an jener polemischen Schärfe, 
die mit einer Satire, wie sie z. B. im Pro- 



yQapfiazixijg iijv &vva.{Mv den Tatsachen nicht 
ganz entspricht; doch besitzen wir immerhin in 
dem Dialog Kratylos, den Favorinus wohl haupt- 
sächlich im Auge hatte, die ausführlichste und 
tiefsinnigste Behandlung sprachwissenschaftlicher 
Probleme, die uns aus dem Altertum erhalten 
ist; auch werden dieselben Fragen gelegentlich 
im Theaitet, Euthydera und Sophistes berührt. 



tagoras, Gorgias und Euthydem zu Tage tritt, 
sich nicht vereinbaren läßt. Es kommt hinzu, 
daß auch andere Stellen , wo jede Ironisierung 
ausgeschlossen ist, wie z. B. Phaedr. 244b; rep. 
II 369 c, den Beweis liefern, daß Piaton diesem 



In jenem Dialog nun dreht sich bekanntlich die 50 , Sirenengesang der Wortbedeutung* sich nicht 

Untersuchung wiederum speziell um die Frage, hat entziehen können. Endlich müßte selbst Arist. 

ob die Sprache tpvoet entstanden sei, dies die 

Ansicht des Kratylos (383a), oder diaet, wie 

Hermogenes behauptet (384 d ov ydg tpvoei sxd- 

ctoj Ttsrpvxevai ovofia oMkv ovdevt, äXXä v6pta> 

y.ai efist Ttüv i&tadvxcor xe xai xaXovvxwv). So- 

krates-Platon sucht in eingehender Beweisführang 

die ^?i'3£(-Theorie als richtig zu erweisen, obwohl 

am Schluß des Dialogs eine mehr vermittelnde 



*) Daß in dem Spruch des Herakleitos (Diels 
I frg. 48) T(ü ovv x6t~a> ovopta ßiog y SQyov de 
(n&mlich ßtög) üdvazog dieses Argument nicht 
«hon antizipiert ist, beweist die antithetische 
Fassung. 

# **) Wir haben hier vielleicht einen Finger- 
***£» <**? Proklos die Originalschrift des De- 
mokrit nicht mehr vor sich gehabt hat. 



eth. Nie. VI o jene angebliche Persiflage voll- 
ständig verkannt haben, da er allen Ernstes eine 
der lächerlichsten Etymologien dem Kratylos direkt 
entlehnt hat (411 e oonpQoovvr} (hg G(o£ovca xijv 
(pQÖvrjoiv) ! * Wenn also von den rund 120 Ety- 
mologien des Kratylos nur sechs richtig erraten 
sind, so ist das eben dem Umstände zuzuschrei- 
ben , daß bessere ebensowenig einem Piaton, wie 
60 den Stoikern oder dem Varro , zu Gebote stan- 
den. Über den Kratylos vgl. besonders Ben- 
fey Über die Aufgabe des piaton. Dialogs Kraty- 
los, Abhdl. Goett. Gesellsch. der Wiss. XII 1866, 
189 — 330. Steinthal Gesch. der Sprachwissensch. 
I 2 41 — 114. J. Kirchner Die verschiedenen Auf- 
fassungen des piaton. Dialogs Kratylos, Progr. 
Brieg 1892. 1893. 1897. Eos en stock Piatos 
Kratylos und die Sprachphüosophie der Neuzeit, 



Progr. Straßburg 1893. Jowett Einleit. zur 
engl. Übersetzung 1871, und über die etymölo- 

fischen .Studien im Altertum überhaupt Lersch 
prachphilosophie der Alten Jll. Hecht De ety- 
mologiis apud poeta's Graecos obviis, Diss. Königs- 
berg 1882. Reitzenstein s. o. Bd. VI S. 807 
—817; Gesch. d. griech. Etymol., Leipzig 1897; 
Varro und Joh. Mauropus v. Euchaita, Leipzig 1901. 
F. Müller De veterum, imprimis Roman orum, 



senschaftlichen Problemen wohl vertraut, und 
die verhältnismäßig wenigen Äußerungen, die 
wir von ihm darüber besitzen, stellen namentlich 
in Bezug auf die genauere Terminologie und 
präzisere Fassung der Begriffe einen nicht ge- 
ringen Fortschritt über Piaton dar. Was die 
Frage nach dem Ursprung und . dem Wesen der 
Sprache anbelangt, so erklärt er kategorisch 
tpvaei rc5v övo[A,dz(x>v ovösv iaxtv (it. eq/h. 2), was 



studiis etymologicis I 268ff., Utrecht 1910; andere 10 teils psychologisch, teils logisch begründet wird. 
t.i .L *V„; r<„ j~™„^ nw*Av ^av ßo^li d Da difi Naturlaute nur Zeichen (avaoola) ge- 



Literatur bei Gudeman Grundr. der Gesch. d. 
klass. Philol.2 1909, 18, 1. 

Was sich sonst bei Piaton über G. findet, ist 
bereits bei Stob. flor. ni 14-16 M. gesammelt. Es 
ist nicht eben viel und von keiner besonderen Be- 
deutung oder Originalität. Die Scheidung der Buch- 
staben (oroixeut) in Vokale (ywvrjevia) und Kon- 
sonanten (afp ewet, Liquidae und o ; arpatva xal a<p- 
&oyya, Mutae), die Zusammensetzung der Worte 



Da die Naturlaute nur Zeichen (pvußoXa) ge- 
wisser Bewegungen der Seele seien (jta&rjfxaxa 
rijs ytvxijs), so müßten, wenn mit dem Laut das 
Wort gegeben wäre, alle Menschen dieselbe 
Sprache reden, das sei aber notorisch nicht 
der Fall (sz. squ. 1 atojieg ovSh ygd^^axa jzäat 
tot avxd, ovöe tpcovai al avrai) , daher ist der 
Xdyog eine fpcovtj ofjfiavxixi) xaxa Gvv$rjxr}V 
und kein otiyavov (c. 4), wie das z. B. Platon 



aus Silben und einige lautphysiologische Beob- 20 behauptet hatte. ^ Was^ die ^^ zf iS ^scog be- 
achtungen waren schon vor Piaton längst be- 
kannte Dinge und Gegenstand eifrigen Studiums 
gewesen (Crat. 424 c oi SM%eiQovvxeg zotg qv&- 
fxolg xSiv oxoi%u(üv — - ovwool yd@ xov Xeyov- 
aiv ol detvol xeqI zovxwv). Die einzigen von 
ihm erwähnten Kedeteile ovo/ua und gif/ta haben 
sich noch nicht zu den festen grammatischen 
Termini von Nomen und Verbum kristallisiert, 
sondern sind, nicht nur im Kratylos, sondern 



trifft, so scheint Aristoteles (je. Sq/h. 1) zunächst 
nur die zwei bekannten, bvo^a und Qf^m, anzu- 
nehmen, die sodann in den folgenden Defini- 
tionen, wie fast gleichlautend in der Poet. 20, 
dadurch differenziert werden, daß dem letzteren 
allein der Begriff der Zeit zugewiesen wird. 
Wenn, wie die Beispiele zeigen (vylua und vyiai- 
rei), Nomen und Verbum ganz deutlich als gram- 
matische Redeteile auftreten, so sind in der rhet. 



noch in den 'spätesten Dialogen, wie dem So- 30 III 2 und der top. VI 11 (andere Stellen bei 



phistes und Timaios, Bedeutungsschwankungen 
unterworfen. So ist Au (plXog ein Q^a, AfyiXog 
aber ein ovoita (Crat. 339 b), und im Sophist. 
261 e. 262 d, wie auch durchgängig im Kratylos, 
entsprechen ovo/ua und ^fffia durchaus unserem 
Subjekt und Prädikat, den zu einem Satze (Xdyog) 
notwendigen Elementen, was mit Unrecht von 
Steinthal in Abrede gestellt wird (a. a. O. I 2 
141). Im Crat. 421b ist dXtj&sia ein gftfia, und 



Bonitz Index Arist. s.v.) doch wieder beide als 
Satzteile betrachtet, obwohl Aristoteles bereits 
für Subjekt und Prädikat eigene Termini besitzt 
[öjioxsißsvov und xazrjyoqovfievov', s. Bonitz a. a. 
O.). Mit anderen Worten, noch dem Aristote- 
les sind ovofia und Qf^ia nicht ausschließlich 
gleichbedeutend mit Nomen und Verbum. Zu 
den ovoßa und Qftfm treten, für uns zuerst bei 
Aristoteles, als dritter Redeteil ovvdsopog, die 



ebenso t* im Sophist. 237 d, ja im Tim. 49 e 40 Konjunktion und Partikel, entgegen (vgl. Bonitz 



gelten toCto und rode als gr^aza und gleich 
darauf als dvöfiatal Endlich findet sich bei Pia- 
ton zwar eine Bezeichnung der grammatischen 
Tempora (Sophist. 262 c 6 Xdyog 5t]XoT jtsqi to>v 
övxoov t} yiyvofjievwv rj ysyovdza>v rj fisXXdvTCOv), 
doch hatte er darin in Hörn. 11. I 70 og $Sr} xd 
x idvza, xd x saaöfieva, xqö t iöyxa oder, wenn 
man dies nicht gelten lassen will, jedenfalls in 
Protagoras einen Vorgänger, der, wie wir gesehen 



s. v.). Die Poetik (c. 20) fügt diesem noch 
äg&Qov (Artikel und Demonstrativpronomen) 
hinzu. Wenn nun Varro de 1. 1. VIII 4, 11 und 
nach ihm die Späteren (siehe die Testimonia bei 
Goetz-Schoell zu Varro a. O.) dem Aristo- 
teles ausdrücklich nur zwei Eedeteile, vocabula 
ei verba , ut homo et equus et legit et currü, 
zuschreiben , so mag dies von den zwei Satz- 
teilen auf die Rede irrtümlich übertragen worden 



(S. 1782), die tuet} ypdvov zuerst schied. Letz- 50 sein. Größere Schwierigkeiten hat das Zeugnis 
. . ttt:„.l i.isii ' „ v„* t>i„4- — „;,. rt ^^« +«^ Aes Tiinnvs frlf> (»fitrm. v^rh. 2: de vi Demosth. 48 



teres Wort hat übrigens bei Piaton nie einen tech- 
nisch-grammatischen Sinn, auch mag es dahinge- 
stellt sein, ob das doppelte Präsens, das übrigens die 
Späteren einstimmig verworfen haben, auf Piatons 
eigenes Konto zu setzen ist. Auch der Akzent 
{TiQQotpdia) , der von der Musik auf die Worte 
übertragen wurde, wird gelegentlich bei Piaton 
erwähnt (Crat. 399 b ögeTa = Akut, ßaoeta Gra- 
vis); daß der Circnmflex (x£Qtoxoj(j.evq) fehlt, ist 



des Dionys (de comp. verb. 2; de vi Demosth. 48 
= Quint inst. 1, 4, 18) gemacht , der bei Ari- 
stoteles, Theodektes und ihren Zeitgenossen nur 
drei Redeteile anerkennt, während das <xq$qov 
erst den xt]g Uxcoixf^ algioecog fjysftövsg bezw, 
xolg negi Ztjvcava als vierter Redeteil verdankt 
werde. " Die meisten (so noch Sandys Hist. 
Class. Scholarship I 2 98) glaubten den unleug- 
baren Widerspruch dadurch zu beseitigen, daß 



wohl nur zufällig. Von der Erkenntnis des gram- 60 sie die Stelle in der Poetik iür interpoliert er- 



matischen Numerus oder des Activum und Pas- 
sivum finden sich bei ihm noch keine sicheren 
Spuren. 

Aristoteles hat, trotz des enzyklopädischen 
Zugs, der ihn in so hervorragender Weise aus- 
zeichnet, scheinbar der G. kein tiefgehendes oder 
dauerndes Interesse zugewandt. Dennoch zeigt 
er sich mit grammatischen und sprachwis- 



klarten, obwohl ein Anlaß zu einer solchen Inter- 
polation schlechterdings nicht vorliegt. Andere, 
wie Classen, Lersch und ähnlich Vahlen 
(Beiträge zur arist. Poet. III 233f.), vermuten, 
dem Dionysios habe eine andere rhetorische 
Schrift des Aristoteles (z. B. die esodixzeia) 
vorgelegen. Anderseits versuchen Vahlen und 
ihm folgend Steinthal die Angabe in der 



Poetat dadurch illusorisch zu machen, daß sie 
in üq&qov lediglich einen terminologischen Ersatz 
für ovvdeaftog erblicken, eine Auffassung, die aber 
im Wortlaut der Stelle keine Stütze findet. Die 
Aporie löst sich doch wohl am einfachsten durch 
die Annahme, daß dem Khetor, oder vielmehr 
seinem Gewährsmann, unsere Poetik nicht be- 
kannt war, finden sich doch bis zum Beginn 
unserer Zeitrechnung, mit etwaiger Ausnahme 
der Khetorik und Topik, überhaupt nur geringe 
Spuren einer Kenntnis der esoterischen Schriften 
des _ Aristoteles. Vgl. auch Cic, top. 3 qui ab 
*psts phihsopfos praeter admodum paucos igno- 
raretur Was uns sonst von grammatischen 
Beobachtungen, sei es eigenen oder fremden, bei 
Aristoteles begegnet, ist fast ausschließlich in 
t / oe £ 20 ' 21 und ^ sqwvsüxs enthalten. 
In der Poet. 20 werden nun folgende fägn M- 
\e<os aufgezählt: otoi X stoy, ovlXaßj, ovvöeofiog, 
ovofia Q? m a, Sq&qoy, nxüotg, Xöyog und mit iener 
analytischen Schärfe, die wir bei Aristoteles ge- 
wöhnt sind, definiert. 

Für das einzelne muß auf Vahlen a. a. 0., 
Steinthal 112 252-271 und auf Bywaters 
Kommentar z. St. verwiesen werden. Hier sei 
nur bemerkt, daß nx&mg, ,FIexion, Fall', das uns 
zuerst bei Aristoteles begegnet, ein noch sehr 
vieldeutiger Begriff ist und so ziemlich jede Wort- 
ableitung bezeichnet, incl. der Tempora und 
-Modi. Nur das Präsens des Verbums gilt dem 
Anstoteles nicht als mx&mg rov efoarog, ebenso 
wie sein Gegenstück xXrjotg nur den Nominativ des 
ovoua bedeutet. Termini für Casus und Numerus 
kennt aber Aristoteles noch nicht, obwohl ihm 
beide als xrwoeig ovo^dxcav gelten ; vgl. Poet. 20 
V usv xo Kam xd xovrov (genet.) i) xovxm (dativ.), 
owaivovoa . . . tj Öe rd xata xo ivi (singular ), 
r) TtokAoTg (plural.), oTov äv& e o>jzot & äv&ooiTioc 
und anal. I 36 p. 48, S9Bff.; top. V 4. Neben 
axevos, der Protagoreischen Bezeichnung des 
Neutrums, kommt bei Aristoteles auch ttexatf 
vor und zwar mit der Begründung, daß nicht 
alle ottsvt} auch die Endungen des Neutrums 
haben, wie z. B. 6 doxog und % xXiv n (Sophist 
elench. XIV 173b, 27ff.), aber gerade diese Beob- 
achtung der Inkongruenz hatte, wie wir sahen, 
Protagoras zu seinen reformatorischen Vorschlägen 
veranlaßt , so daß der Ausdruck una^v, ebenso 
wie das stoische oUhsQov, die Schwierigkeit nicht 
beseitigt, sondern umgeht. Auch die in der 
Poetik versuchte Unterscheidung der Nomina nach 
den Endungen entspricht nur teilweise dem em- 
pirischen Tatbestande (vgl. Vahlen und Bv- 
+ water z. St.). Betreffs der Lautlehre, die Aristo- 
teles ganz der G. vindiziert ß ygauuartxij jtdaag 
Veojget rag <pwvdg , Metaph. III 2. 1003 b 20) 
ist trotz mancher subtilen Erörterungen bei Ari- 
stoteles kein nennenswerter Fortschritt zu kon- 
statieren und, obwohl er in der G. ein wichtiges 
BUdungsmittel erkannt hatte (Pol. VIII 3, 1003 b, 
f. V V6afifuiTtx^ xai $ yga<pixt} zg^t^t xobg 

1% Pfh . hat weder er selbst DOch die peripa- 
tetißche Schule überhaupt, auch Theophrast nicht, 
diese Disziplin weiter ausgebaut. 

Äese Errungenschaft ist ein Ruhmesblatt der 
i t" a- B , au > den 8ie errichtet, ist erst 
füS» w «2^ enie v ? r S lei ^nde Sprachwissen- 
sclaft unterminiert und zu Fall gebracht worden. 



Über die Entwickelungsetappen sind wir, wie 
bereits hervorgehoben, fast gänzlich im Dunklen 
und im wesentlichen auf die stark zusammen- 
geschrumpften Notizen angewiesen, die Diog. 
Laert. in seiner Darstellung der stoischen Lehre, 
besonders in der Einleitung zum Leben des Ze- 
non, uns erhalten hat. Daneben zeigt uns das 
kleine Büchlein des Dionysios Thras den Bau in 
seiner Vollendung. Unser übriges Wissen beruht 
10 auf gelegentlichen Mitteilungen in sekundären 
(meist lateinischen) und oft schon getrübten 
Quellen ; im Wortlaut ist uns keine einzige, antik 
stoische Schrift über grammatische Dinge, so zahl- 
reiche Titel wir auch, namentlich von Chry- 
sippos kennen, überliefert. Außer dem eben Ge- 
nannten scheinen besonders Diogenes von Baby- 
lon oder Seleukeia (s. o. Bd. V S. 773ff.) und sein 
Nachfolger Antipatros von Tarsos (o. Bd. I 
S. 2515) die bedeutendsten Vertreter der stoi- 
20 sehen grammatischen Forschung gewesen zu sein; 
noch erheblich früher war, wie W. Schmid Philol' 
L5IX (1910), 440-442 wahrscheinlich macht^ 
der Stoiker. Ariston von Chios, der Lehrer des 
Eratosthenes , auf diesem Gebiete erfolgreich 
tätig gewesen. Nach Diog. Laert VII 55—58 
scheint nun die Lautlehre besonders von Diogenes 
von Seleukeia in einem Werke jtsgl (pavijg all- 
seitig begründet worden zu sein. Wie bereits 
Aristoteles schieden die Stoiker die inartikulierten 
30 Tierlaute von den artikulierten Lauten des Men- 
schen. Falls letztere aufgezeichnet werden 
{fyygaufiog) , entstehe das Wort {Xifa), dessen 
Elemente insgesamt aus 24 Buchstaben (oxotysta) 
bestehen. Vokale {(pmrrjevza) gäbe es sieben (a, 
*j n, h o, <w, v) und sechs Konsonanten (ä<pa>va', 
ß y 6 7i x t), wo die f/piyova, die ja bereits 
Aristoteles kennt, wohl nur durch die Flüchtig- 
keit des Exzerptors übergangen sind. In Betreff 
der Redeteile selbst sind die älteren Stoiker über 
40 die vier Aristotelischen (ovofia, gf^ia, avvSeouog 
und ag&gov) noch nicht hinausgegangen, Chry- 
sippos erreichte fünf (Diog. Laert. VII 192 liegt 
xä>v stsvtB Jixcoaewv und mgl ngoa^yogtxwv 2B.), 
indem er ovofia schlechthin als Nomen proprium 
faßte und es von dem Nomen appellativum (bvoua 
KQooijyoQixov), Mensch, Pferd, unterschied (Diog. 
Laert. VII 57, nach Diocles Magnes, und Prise. 

gramm. II 54, 8). Neben diesen Zeugnissen kommt 
alen, der dem Chrysippos ovoua, ^fr/a, ngo- 
hü&eoig, äo&gov, ovvdea/tog zuschreibt (Stoic. vet. 
frg. II 148 Arn.) nicht in Betracht. Antipa- 
tros von Tarsos fügte ^o6z Ve (Adverbium) hinzu, 
weil es begrifflich dem Verbum, der wandelbaren 
Form nach aber dem Nomen angehöre. Andere 
Stoiker zogen dafür die Bezeichnung navUxxng 
vor (Char. gramm. I 190, 24. 194, 20); beide Ter- 
mini sind später durch Imgg^^a verdrängt wor- 
den. Zu den äg&ga rechneten die Stoiker auch 
das Pronomen, wie Apoll, de pron. 4 p. 5, 13 
60 Seh. und nach ihm Prise, gramm. II 54, 12. 
III 492. 11 u. ö. bezeugen. Wie schon der von 
Aristarch herrührende Name dvxatwiita (Apoll, 
a. O. 1 p. 1, 12) zeigt, wurde das Pronomen in 
direkte Beziehung zum Nomen gebracht ; rag dvx- 
cowfttag asio^ev^avxeg ojio ttäv ovofidjory sagt 
Dionys. de comp. verb. 2, der also hier dem- 
selben Gewährsmann folgt, welcher dem Aristo- 
teles nur drei Redeteile, ohne äe&eor, zuschrieb 



Dionysodoros von Troizen zog den Namen stago- 
vofA-aoia, Tyrannion mjpisiatoig vor (Apoll, a. a. O.), 
ioch drangen diese Benennungen nicht durch. 
Wenn es bei Apollonios am Schlüsse heißt xai 
'AitoMtöföQog 6 'AfojvaTog xai 6 Oq$£ Awvoiog 
xai äg&ea Öetxxtxa z<W ävxo}vv/M.iag ixäXeoav, so 
sieht dies ganz wie ein späterer Zusatz aus; 
jedenfalls trifft die Behauptung für die uns 
vorliegende xe%vr) des Dionysios nicht zu. Ähn- 



längeres, für den etymologischen Standpunkt der 
Stoa anzuführen. Ürig. c. Cels. I 24 vof*f£ovoi 
ot &no Tfjs Sxoäg <pvaet (sc. eTvat za ovofAaxa) 
fitfiovfieveüv Twr stgtoTcov tpeov<dv xa ngayfiaxa 
xatf <5v xd ovoftaxa, xa&o Kai oxotzstd xiva ixv- 
fioXoytag shdyovaiv und Augustin a. a. O. Stoiei 
atdumant mdlum esse verbum euius non certa 
explicari origo possü . . . iamdiu quaerendum 
esse, dormo perveniatur eo, ut res cum sono 



liehe Diskrepanzen finden sich auch sonst. So 10 verbi aliqua simüitudine eoneinat, ut cum di~ 

behauptet Priscian (LT 54, 11), entgegen der ' "- J '-"' ~ *~'— u 

bestimmten Angabe des Diog. Laert. (s. o.), daß 
die Stoiker anch das Adverbium (ftscotfjg) nicht 
für einen unabhängigen Redeteil hielten, sondern 
quasi adieeiiva verborum nominabant, wäh- 
rend doch gerade das Adjektiv (em&etov) nie eine 
permanente Stelle unter den kanonischen fiigv} 
Xoyov behauptet hat. Die Stoiker haben ferner sionem ventum, ut usurpetur nomen non rei 
die xXrjostg övopdzwv , die nväaetg grjfidxwv, die similis, sed quasi vieinae. Diese vicinitas lote 
Sta&sostg (Genera verborum) , die Tempora sorg- 20 patet et per multas partes seeatur. Augustin 
fältig untersucht und schematisiert (vgl. Diog, zählt deren sechs auf: 1. per effieientiam (foedus 
Laert. VII 64 undB. Schmidt a. a. 0. 62ff.),nur a foeditate porei); 2. per effeeta (puteus quod 



eimus aeris Unnüum, equorum hinnitum . . . 
kaec verha ita sonare, ut ipsae res quae his ver- 
biß signißcantur. sed quia sunt res quae tton 
sonant, in his similitudinem tactus valere . . . 
haee quasi eunabula verborum esse erediderunt, 
ubi sensus rerum eum sonorum sensu eoneor- 
daret. Wo auch dies nicht ausreichte ad abu- 



bei den Modi läßt sich dies nicht mehr beweisen, 
so unwahrscheinlich es auch ist, daß sie gerade 
dieses Verbalverhältnis vernachlässigt haben soll- 
ten. Ein geradezu unsterbliches Verdienst hat sich 
aber die Stoa um die grammatische Terminologie 
erworben, die mit wenigen Modifikationen in die 
xsxvr} des Dionysios Thrax aufgenommen wurde, 



eins effeetum potatio est creditur dietus) \ 3. per 
id quo continetur (urbs von orbis); 4. per id 
quod continet (horreum von kordeum, ,mutata 
littera 1 ); 5. durch Metonymie und zwar a parte 
totum (mucro für gladius) oder a toto pars {ewpil- 
lus quasi capitis pilus). Wo es unentschieden 
ist, ob simüitudo oder vicinitas der Etymologie 



dann, wie bereits erwähnt, durch die Vermittlung 30 zugrunde liegt, folgt (6) progressiv usque ad 

-, T .a. _;_:„! j. _ir„„i — Ai — ttu„™«<.„„«™« contrarium (war' dvtirpQaatv) , wie lucus quod 

minime luceat, bellum quod res bella non sit, 
foedus quod res foeda non sit. Gegen diese 
pseudo-wissenschaftlichen Lehren scheinen die ale- 
xandrinischen Grammatiker protestiert zu haben. 
Deren Argumente hatte aller Wahrscheinlichkeit 
nach Varro im ersten Buch von de lingua lat. 
gesammelt. Vgl. VII 109 in primo volumine est 
quae dieantur, cur itvfioXoyixrj neque ars sit 



des Lateinischen samt offenkundigen Übersetzungs- 
fehlern, so genetivus und aeeusativus (ysvtxrj und 
aixiauHrj) statt generalis (so Priscian) und causa- 
tivus, auf uns sich vererbt haben. 

Ein satzbildendes Verbum, transitiv oder in- 
transitiv, mit persönlichem Subjekt nannten die 
Stoiker ein ovftßafta oder xazijyÖQtjfia {gcoxgdxyg 
nEQmatst, Tqvyayv ytXeT), ein unpersönliches Ver- 
bum mit einem obliquen Kasus utagacviißapa oder 



jiaQaxaxrjyoerjfia (2a)XQatst (u-zapiXei), verlangte 40 neque ea utilis sit, während im zweiten der ent- 



das Verbum ein Objekt, so hieß es iXatzov tj 
xaxijyoQrjfia {IlXdxwv Aloava qulet), das absolute 
Intransitivum hingegen ohne Dativ eXaxxov »} 
Magaovftßafia {jiBxa^iiXei). 

Von diesen und ähnlichen Betrachtungen zu 
einer wirklichen Syntax war zwar nur ein kleiner 
Schritt, aber da diese doch in erster Linie 
logisch- dialektischen Zwecken dienten und na- 
mentlich bei Chrysippos in unfruchtbare Subti- 



gegen gesetzte Standpunkt der Stoa, dem er selbst 
zugeneigt ist, dargelegt wurde. Doch ist er, wie 
dies bei unselbständigen Forschern ja meist der 
Fall ist, Eklektiker und unhaltbaren Kompro- 
missen ergeben, s. u. Die ganze Nichtigkeit 
dieser etymologischen Verirrungen haben, von dem 
gleich zu nennenden Philoxenos abgesehen , von 
Späteren wohl nur zwei erkannt, Galen in seinem 
verlorenen Werke siegt 6vo\mx<av dg&öxtjxog, wie 



litäten ausarteten, so war dies für einen wissen- 50 aus de Hipp, et Plat. dogm. 2, 2 erhellt ^ aXa£<ov 
__i__.ci.i •_!___ t^...j._-t._=ü -_r j — n.uj-i.. j^- ia 7l pdgxvQ r) hvfioXoyia . . . moi xqg £yd> (p&vijg 

sit£8sig~a xbv XgvoixTtov szvfioXoyovvra yjevdätg und 
Sext. Emp. adv. math. I 11, obwohl dessen Ar- 
gumente an Beweiskraft viel zu wünschen übrig 
lassen. Einen positiven, wissenschaftlichen Fort- 
schritt über die stoische etymologische Methode 
scheint im Altertum aber einzig und allein Philo - 
senos, ein Zeitgenosse des Varro, angebahnt zu 
haben, indem er an Stelle der proteusartigen 

rr i ...11 ■ J C<J.~_ ~:_„ W nv >Al 



schaftlichen Fortschritt auf dem Gebiete der 
Syntax bei den älteren Stoikern wenigstens 
nicht günstig. 

Wahre Orgien feierte aber die Stoa in der 
Etymologie. Chrysippos allein verfaßte zehn 
Bücher negi ixvfioXoytxoiv. Die Methode ist uns 
besonders aus Augustin de dialectica bekannt 
(s. Funaioli a, a. O. 282), dessen Darlegung 
doch wohl in der Hauptsache auf die uns ver- 



loren gegangenen Bücher von Varros de lingua 60 Zusammenaetzungstheorie der Stoa eine Wurzel- 

i-i_._. — m.i___i..L __.i. -jai _.i i. ableitungstheorie zu setzen suchte. Sie hat aber 

gegen die herrschende Anschauung nicht durch- 
dringen können, wenigstens sind nur ganz spo- 
radische Mitteilungen über dieses der Wahrheit 
so nahe kommende System una Überliefert. Vgl. 
H. Kleist De Philoxeni . . . sfcndüs etymologicis, 
Greifswald 1865. Reitzenatein Griech. Etym. 
339—347; M. T. Varro u. Joh. Mauropus 81—88. 



latina zurückgeht, wenn auch nicht geleugnet 
werden soll, daß vielleicht ähnliche Erörterungen 
Aber denselben Gegenstand in den diseiplinarum 
libri enthalten waren. Auf die Einzelheiten kann 
hier nicht eingegangen werden (vgl. dazu Stein - 
thal, Beitzenstein, F. Müller in den oben 
bereits erwähnten Werken). Es genüge hier, 
zwei wichtige Zeugnisse, ein kürzeres und ein 



F. Müller ä. a. 0. 73—77. Funaioli a. a. 0. 
p. XL 443—446. 

Bei dem Streite, ob die Sprache <pvoei oder 
ftiost (Iw^ijxff) sei, hatte es sich, wie wir sahen, 
vornehmlich darum gehandelt, inwieweit das Wort 
und der zu bezeichnende Gegenstand kongruent 
seien. In der Etymologie, die das ezvfiov (, Wahre'} 
oder die Wurzelbedeutung klarlegen sollte, glaubte 
schon Plato den Schlüssel zur Lösung des Prü- 



deren Zahl, nach Quintil. inst. I 4, 18 parum 
convenit, fahrt derselbe fort: aln tarnen ex 
idoneis dumtaxat auctoribus octo partes (sc: 
orationis) secuti sunt, ut Aristarchus et aetate 
nostra Palaemon, qui vocabulum sive appella- 
tiomm (ngooqyogia) nomini subiecerunt tarn- 
quam speciem eins (vgl. Dionys. Thrax p. 23, 2), 
ut ii, qui aliud nomen, aliud voeabulum faciunt 
(so zuerst Chrysippos, s. o.) norem. Aus der 



blems gefunden zu haben. Diese Untersuchungen, 10 ganzen übrigen Ausführung, die wohl Palaemon 
so unwissenschaftlich und irrig ihre Resultate und nicht Dionys de comp. 2, wie allgemein 



auch waren, mußten aber dennoch immer mehr 
die Aufmerksamkeit auf die empirische Tatsache 
lenken, daß die Worte in ihrer Bildung und 
ihrem -Gebrauch zahlreiche Anomalien oder In- 
konsequenzen aufwiesen, die eine Erklärung er- 
heischten. Wer nun die Sprache als etwas von 
der Natur Gegebenes betrachtete, konnte nicht wohl 
umhin, die Anomalie als das in der Sprache 



angenommen, entlehnt ist, da dort Aristarch 
nicht erwähnt wird, geht deutlich hervor, daß 
man auch über die Urheber und die Zeit der 
Hinzusetzung der weiteren Redeteile uneinig war. 
Dionysios Hai. a. 0. schreibt, wie wir sahen 
(S. 1788), den rfjg Zxanxrjg aigioewg -qysfzövEg nur 
vier Redeteile zu. Sodann fährt er fort ol peta- 
ysviozeQOi xd zigoorjyogixä öisXovzsg djro zöJv ovo- 



selbst herrschende Prinzip anzuerkennen, obwohl 20 /nazixcbv tievze Mzeyrjvavzo xa ngäxa pigr}. Da dies 
eine solche Annahme in Wahrheit auf jede wissen- wahrscheinlich zuerst von Chrysippos geschehen ist, 

schaftliche Erklärung a limine Verzicht leistete. ^«— ^—..-'-. a*~ n +„^„i™,, e«i,4.„ ^ »„«-■l. 

Dieser Theorie huldigte nun aber nicht nur C hry- 
sippos in einer Reihe von Schriften (xsgl zrjg 
owqfelas, jtsgi zr t g xaxa rag Xi^stg dvtofialiag), 
sondern auch die späteren Grammatiker stoischer 
Provenienz, insbesondere die Pergamener, an 
ihrer Spitze Krates von Mallos. Nach Varro de 1. 1. 
IX 1 suchte Chrysippos an dem gewöhnlichen 



dieser r^yefidiv der stoischen Sekte aber unmöglich 
unter den ftszaysvsazsQoi verstanden werden 
kann, so sieht man, daß Dionysios einer trüben, 
jedenfalls nicht stoischen Quelle folgt oder viel- 
mehr diese sehr flüchtig exzerpierte. Nach dem 
Pronomen (s. o.), so hören wir weiter, ot Ss za 
smggrjitaza, (adverbia) ötsXövzeg änd x&v g^pazoir 
Hai rag TigoÜEasig (praepositiones) djro tojv ow~ 



Sprachgebrauch (avvrjfcia, eonsuetudo) zu zeigen, 30 öeoptov xal zag ßszo%ag (participia) äno zäv 



daß similes res dissimilibus verbis et dissimiles 
similibus esse vocabulis notatas. Gegenüber die- 
sem Prinzip der Anomalie vertraten nun die alex- 
andrinischen Grammatiker, vor allem Aristo - 
phanes und Aristarch, den Standpunkt der 
Analogie, und zwar legten sie, wie es scheint, 
das Hauptgewicht auf die Deklinationsformen, 
ohne aber in diesen oder in der Konjugation 
die Existenz jeglicher Unregelmäßigkeit zu 



7igootjyogtx(ov, ot öe xal äXXag xiväg Jtgooayayövsg 
zo/näg Tiokla (man merkt die Ungeduld des Rhe- 
tors, sich auf diese Dinge überhaupt einzulassen) 
za agona poQia zfjg U&ajg ixofyoav. Als die 
acht Redeteile des Aristarch und seines Schülers 
Dionysios Thrax ergeben sich daher folgende: 
ovopa , Q-rjfia, fieroxy , agdgov , ävzcovvfita , Tigo- 
üeoig, exiQQr}pa, ovvdsofiog. Aristarch hatte dem- 
nach die Chrysippeiscbe Scheidung der Eigen- 



leugnen (vgl. Varro de 1. 1. X 74 analogia est 40 namen und Appellativa wieder aufgegeben, ob er 
verborum simÜium declinatto similis non re- aber zuerst das Partizipium und die Präposition 
™™,™f- -«««^«A'-.- „^,™„«^ t-^i, mK i. hinzugefügt, läßt sich nicht erweisen, wenn 

auch die Notiz des Priscian (II 548, 6), daß 
Tryphon die iizxoyji zuerst vom Verbum getrennt 
habe, zweifellos irrig ist. Daß die später kano- 
nische Zahl aber alexandrinischen, nicht stoischen 
Ursprungs ist, dürfte vielleicht auch in folgender 
Erwägung eine gewisse Stütze finden. Die 
zehnte der Platonischen Fragen des Plutarch 



pugnante consuetudine commwni). Doch wäh- 
rend die Anomaüsten nur mehr negativ die Op- 
position vertraten, machte Aristophanes den Ver- 
such, die Nomina unter fünf bestimmte Normen 
(xavöveg) , zu denen Aristarchos eine sechste 
fügte, zu bringen. Diese sollten das Kriterium 
abgeben, inwiefern zwei Nomina als analog zu 
betrachten sind (vgl. Varro de 1. 1. X 21. 



Char. gramm. I 117}. Da die Gegner aber 50 lautet : Aid ziUXdzmv stxs zov Xoyov e£ övoudzatv 

1W 1 Tl T 1TU üll lOnü flTinl f\TVAf\ t\ €\ CT + **1 ++ rt V\ ***ft A -Ia*iAM -._? jf _.../_ * , _ _ Jl _.Q... ^J - ...* 1 ' 1 



prinzipiell jede Analogie bestritten und jenen 
Regeln, wie begreiflich, nicht alle anomalen Er- 
scheinungen sich fügten, so kam es schließlich 
in dem Streit der Schulen dazu, daß sie sich 
gegenseitig nicht mehr verstanden (vgl. Varro de 
1. I. IX 1 ut neutrius videatur pervidisse t>o- 
luntatem), eine Beobachtung, die übrigens auch 
auf Varro und die Späteren zutrifft , was denn 



xal qtjfidrcüv xsQawvodai; und es wird in ka- 
suistischer Beweisführung der gänzlich mißlungene 
Versuch gemacht, zu zeigen, daß Piaton die 
übrigen Redeteile zwar gekannt, sie aber als 
von geringerer Bedeutung absichtlich ignoriert 
habe. Habe doch bereits Homer II. 1 185 in dem 
Verse aviog itov xXiGir}vde rb cov yegag b(po sv 
etbfjg alle Redeteile vereinigt (vgl. auch XXII 59 



zur Folge hatte ,^ daß die ganze Streitfrage im .tgog 6s /u zov dvczrjvov ht <pqov&ovt iXitjoor, wo 
Sande verlief. Über die stoische G. im allge- 60 der Scholiast bemerkt o^eicoxeov ozi zä 6xra> 

fisgtj zov Xoyov £%ti b oztxog). Da nun die An- 



meinen vgl. Lersch a. a. 0. R. Schmidt De 
Stoicorum grammatica, Halle 1839 (grundlegend). 
Schömann Die Lehre von den Redeteilen nach 
den Alten, Berlin 1862. Steinthal 112 71—160. 
279—374. 354—361. Wachsmuth De Cratete 
Mallota 8ff. Suse mihi Gesch. der alex. Lit. II 
7-^9, anderes bei Gudeman a. a. 0. 47. 

Nach einer kurzen Aufzählung der Redeteile, 



nähme der Allwissenheit Homers echt stoisch 
ist, die Stoiker aber keinerlei Anlaß haben 
konnten, ihre eigenen Entdeckungen zu verlangen, 
indem sie diese schon dem Homer zuschrieben, 
wohl aber ihren aleiandrinischen Gegnern vor- 
zuhalten, daß deren grammatische Neuerungen 
diesen Namen nicht verdienen, so hätten wir 



1793 



Grammatik 



Grammatik 



1794 



hier eine weitere Spur jener Polemik, die auch 
sonst zwischen den Grammatikern der perga- 
menischen und alesandrinischen Schule |hinrei- 
chend bezeugt ist: Vgl. Suidas s. 'Agiotag- 
Xog. Herodikos bei Athen. V 222 A. Bibaculus 
bei Suet. gramm. 11. Gell. N. A. II 25, 4. 
Doch sei dem, wie ihm wolle, mit der xix vv l des 
Dionysios Thrax, eines Schülers des Aristarch, 
hat die antike G., insbesondere die Laut- und 
Formenlehre, einen gewissen Abschluß erreicht, 
und es dürfte wohl kaum ein zweites Schrift- 
werk ähnlichen Umfangs geben, das sich mit 
dem Einfluß, den jenes kleine Büchlein ausgeübt 
hat, auch nur entfernt messen könnte. Der Fort- 
schritt der späteren xexvixoL bestand im wesent- 
lichen in der Erweiterung des empirischen Beob- 
achtungsmaterials, die zu einer genaueren Fest- 
stellung der Fiesionsschemata und der proso- 
dischen, wie orthographischen Regeln und Gesetze 
führte. Der epochemachenden Bedeutung des 
Werkes entsprechend sollen hier die Grundzüge 
der Z8XV?], mit Weglassung der Definitionen, die 
schwerlich in ihrer ursprünglichen Fassung uns 
überliefert sind, und anderen Beiwerks vorgeführt 
werden. Über die unbegründeten Zweifel an 
seiner Echtheit und sonstige Kontroversen und 
Probleme vgl. außer den bereits genannten 
Schriften besonders die Standard - Ausgabe von 
Uhlig, Leipzig 1884; dens. Heidelberger Gymn. 
Progr. 1881; Heidelberger Festschrift zur 36, 
Philol. Versainml. , Karlsruhe 1882. Cohn o. 
Bd. V S. 979—983. 

I. 1. Über die Grammatik und ihre Teile (s. u.). 
2. Ileoi ävayvcoaecog. 3. Ile^i xövov (Akzente). 
4. IltQi axiyprjg (Interpunktion). 5. liegt gaxptpSiag. 
6. (7b) JIsqi ozoixdöv (Buchstaben): tptovysvta 
(a, e, rj, i, o, v, co), 8i<pd , oyyoi (ai, av, ei, ev, oi, ov), 
Qvutpoiva (eonsonantes) die übrigen, von denen 
acht f}fj.l(p(ova (£, £, ys, X, /a, v, g, o), neun acpo>va 
(ß, y, <5, «, ,t, z, #, <p, x) sind. Von diesen wiederum 
sind die ersten drei fiiaa (mediae), die zweiten 
%pdd {tenues), die übrigen daosa (aspiratae), 
X, /tt, v, g sind dfiexäßoXa oder vygd (liquidae); 
vgl. hierzu besonders Dionys. Halic. de compos. 
verb. 14. 7. (8b) Über die Endungen der Nomina. 
7. — 10. ÜEgi ovXXaß^g (lang, kurz, aneeps). — 
IL 11. ITegl Xi^swg (Satz), deren acht Teile ange- 
gegeben werden. 12. 77s gl ovofiazog; 1) yivt): 
dgoEvtxövy ^Xvxöv, ovdezegov , auch xoivdv und 
imxotvov (aggrjv, &qXsta, axevog {ptsxa^v}) ; 2) siÖtj : 
zigwzoTVTzov (primitiva species , Ftf) und naga- 
y<oyov {derivativum), deren es sieben sind : maxgeo- 
wfiixöv (nyXeiörjg), xxrjxixöv {possessivum, I2Xa- 
zcovixov), avyxgiztxov (eomparativum), vtieqüezi- 
xöv (superlativum) , vtzoxoqicuxöv {deminutio 
vum)) siagdiwpLov (denöminativum , Qekov von 
■&E05), grjfiazutov (verbale, &iXyuc»v von <piXeTv); 
3) oxrjpata ovopazoyy: dsiXovv (simplex, Mzp,va>v\ 
ovv&ezov (compositum, 'Ayapipivtov), das aber, je 
nachdem die kompositionbildenden Wörter für 
sich allein stehen können, viererlei ist (Xetgi- 
oo(pog, 2o<poxXij$ , &tködr}ftog, TlEotxX^g), naga- 
ovv&ezov (decompositum, 'Ayauspvovidrjg) ; 4) agt&- 
ftoi (numeri) : evtxög, 5v'Cx6g, nXrj&vvxtxog, denen 
sich die evixot xaganx^geg xal xaza stoXX&v Xsyofte- 
voi (eoüeetwum, üy/tog), jilri&wTtxoi xaza httx&v 
te xal fhXx&v (pturcUia tantum, 'A&wvat, apt-epo- 
jsQot) anschließen; vgl. Arist inet. ÜI 5 noXXa 

pÄiily-Wfeaowa-KroU VII 



xal \6Mya (Dual? fehlt Poet. c. 20) xal & und 
Chrysippos szsgl r&v Sptxöiv xal TtXrj&vvrtx&v 
6 Bücher, wohl die Anomalie im Gebrauch der 
Numeri behandelnd; 5) UzwOEig (casus): dg&t}, 
auch ovofiaaxtxiq , sv-&eta (nominativus , casus 
reetus, simplex), ysvtxrj , auch xxtjuxrj, jiatgixtj 
(genetivus (Quintilian), patrius, patricus, pater- 
nus , communis, possessivus) , öoxtxiq auch ijzi- 
ozaXzixri (datwus (Quintilian), commendativus), 

10 atziazixri (aecusativus , inousatimis, eausativus), 
xXtjzixtj auch ztgogayogmuxrj (vocatwus , saluta- 
torius). Der stoische Terminus jiXdyiai ntcboeig 
(obliqui casus) fehlt bei Dionysios Thrax, ist 
aber den späteren Grammatikern wieder ganz ge- 
läufig; 6) die Arten der Nomina sind 24 oder 
vielmehr nur 23, da die letzte ftsrovaiaozixov 
eine spätere Interpolation ist: xvgiov (nomen 
proprium), npoaTjyogixov (appellativum), hzi&Bxov 
(adieetwum), yigög zt s'xov (TiaxrjQ, viog), d>$ itgög 

20 rt e%ov (vv$~ , $dvazog) , 6(iG>wftov (Aiag 6 TeXa- 
/nwviog), ovvcöwfiov (aog, $i<pog, /.idxatga, GTtd$r\, 
(pdayavov), yegcovvfiov (MsyajtEvdyg) , Öicovvpov 
("AXe^avögog oder ITdgtg) , ijid>vvuov ('Evooix&cav 
6 IIooEtd&v), efhixov (gentile, £>#v£), igouzTjfiaxi- 
xöv (interrogativum, xig, jtolog), dogtazov (indefini- 
tum, oaxig, SuioTog), ava<pogixov auch 6(i,ouüpazi- 
xov, Seixuxov, dvzaTzoäoxtxov (avafpogtxov, relaü- 
vum, similitttdo, demonstratwum , redditivum. 
xoiovxog), zzEgtXtjirztxov (a'&gotöztxov, eollectivum), 

30 minEQi&fisvov (distributivum, impertitivum, ixd- 
xegog) , jregiExztxöv (comprehensivwm , 8a<pv<ov, 
nagd'svwv), jieTzoirjfiEvov (onomatopoetisch, facti- 
cium, faetum a sono, fpXoiaßog, goi£°s)j ywixov 
(generale , £wov , <pvzov) , c'öixov oder elbixov 
(speciale, ßovg, mnog), xaxxixov (ordinale, ngä>- 
zog), dgid'pirjrixov (numerale, cardinalia), &7ioXe- 
Xvphov (absolutum, d-eog, Xdyog), Endlich werden 
dem Nomen auch die verbalen Sia&iaEig (affec- 
tiones), nämlich ivegyeta (activum) und xädog 

40 (passivum) zugeschrieben (xgixr\g 6 xglvaiv, xgixog 
6 xgivdfisvog). — in. 13 — 14. Hs gl grjuazog. 
Acht Teile : 1) syxXiasig (jzxcoOEig grjfxarixai bei Dio- 
nys. Hai. de comp. verb. 6 modi, qualitatis Status, 
indinatio): ogtaztxtj (indicativus , deßnitwus), 
ngogzaxzixi} (imperativus) , evxzixy (optativus), 
vTtozaxzixrj (subiunetivus), dsiagefttpazog (infyniti- 
tivus) ;vgl. TryphoTijtEgiOLJTagEpgjdTCüvxaijzQoatax- 
nx&vxal Evxxtxdv xal ajiX&g mdvxoiv ; 2} dta&soeig 
(verborum genera, signißeationes) : ivigyeta, 71a- 

SO^os, ueoozrjg (Stoiker: oq&ov, transit. activ., 
vxziov (supinum äkovo/uat , also eigentlich dem 
Deponens entsprechend), ovdhegov (intransit.) ; 
nach Dionysios Hai. ivegyrjzixr/ , 7iadt}ztxri, 
fieooztjg (incl. des zweiten Perfekts), avzcjzEJzov&og 
(xstgso&ai) ; 3) siör}\ Jigo&zözvxov (agaw) und 
xagdyaiyov (dgösvoi), s. o. ; 4) ox^paxa (figurae) : 
äjiXovv (simplex, (fgovä), ovv&ezov (compositum, 
xaratpgovw), xagaovv&ezov (decompositum, tpiXm- 
.t/;ül>); 5) dgt&fxoi: evixög, dvixog, xXij&irvtixds ; 

60 6) zigöoüjzia (personae) ; sigwxov, öevregov, xglxov ; 
7) xQÖvot (tempora) : iveaza>g, xageXrjXv&ojg, fiiX- 
Xtov (ivEOzüza, nagtyx'txdta, fJtiXXovxa ; vgl. auch 
Plat Soph. 262 c. Arist. top. 114, s. 0.). Die 
Vergangenheit zerfallt in vtagaxaxtxöv (itnper- 
fecium), jiaaaxetfteyov (ritetor, perfeetum), 
vicsQOwxeltxov (plusquamperfectum), aogiozov; 
B) txeqI ovCvyiag (eonktgatto), nach. Akzenten ge- 
ordnet: ßagtzova [6 bezw. 7, <L h.: Verba mit 

57 



«Um Charakter: a) ß, <p, ai, nt\ b) mit y, x, %, xx\ lieh erkennen, daß diese Tfyvn in übersichtlicher 

c) mit <S, #, ti; d) mit £, öo; e) mit X, p, v 7 q; und besonders für didaktische Zwecke geschickter 

f)Verbapura; [g) mit £ ip\ — i*£Qiojiomsva (drei: Gruppierung eine aus langer empirischer Beob- 

e, o, o) — eis t*i Xrjyovza, von denen drei auf letz- achtung hervorgegangene Materialsammlung dar- 

tere, eine auf ßagvrova zurückgeführt werden. — stellt. Anderseits ist es nicht minder klar, daß 

IV. 15. Ilsgl fteroxf}? (partieipium) teilt alle der tralatizische Stoff der analytischen Vertiefung 

Formen des nomen und verbum mit Ausschluß ermangelt und bereits zu einem an der Ober- 

der TtQoowna und iyxXiosig. ~ V. 16. liegt fläche sich haltenden Schematismus erstarrt war. 

ag &qov, hat gmera, numeri und casus, und ist Dies kann nur dem Umstände zuzuschreiben 
teils yiQoraxztxov (6) oder iitozaxzixov (8g). — 10 sein, daß Grammatiker ex professo, sei es in 

VI. 17. Uegl ärzcowfiias (pronomen perso- Pergamum oder Alexandrien, das bis dahin aus- 
wäre) hat folgende Akzidentien : personae, genera, schließlich von Philosophen , insbesondere den 
numeri, figurae, speeies, und zwar gibt es dulat Stoikern bearbeitete Gebiet nun in mehr tech- 
(ijiov) und ovv&ezot (spayrov) ; andererseits sind nologischer Weise behandelten. So lassen ins- 
sie jiQOitotvjzoi (primitiva, iym) oder ^agdyo)- besondere die Definitionen des Dionysios Thrax 
yoi{derivaUva,rip£i$, davon ^/ttErsgog), endlich an Klarheit und Schärfe viel zu wünschen übrig, 
aovvaQ&Qoi (iyd>) oder ovvoqüqoi (6 Sftög). — wobei aber nicht verschwiegen werden darf, wie 

VII. 18. liegt vtQo$soeo>g (praeposiiio). Sechs bereits angedeutet, daß diese in vielen Fällen 
sind einsilbig: iv, eig, i%, ovv, stqo, die nicht in nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt uns 
Anastrophe stehen können. Spätere führen aber zwei 20 vorliegen. Und so haben denn gerade hier spätere 

AnaTiaVmiöTi qti /TT^wi Tl T ^70 2t. f\A "Vir Alfl T? 1 ii:_l. _.l m i «.„»•!. 




sind entweder dnka (jidXai) oder ovv&sra (jtQojzaXai) den Begriffsbestimmungen und eine vertiefte Auf- 

und werden in 26 stör} geteilt: zä ds xqovov fassung des empirischen Tatbestandes oft mit 

(äßtapsva, temporalia, finiiiva), /zsoözrjtog (xa- Erfolg angestrebt, was besonders auch in einer 

Xwg, s. Uhlig Index s. v. p. 15 7f.), jiotorrjTog genauer differenzierenden Terminologie zu Tage 

(qualitatis, ßozQv&6v, bene), jioaorrjxog (quantita- tritt. Im übrigen zeigt sich aber selbst bei 

tis, TcoXXdxtg), ägtftfiov (numeralia, zgig), tomxd Apollonios in der Formenlehre kein wesentlicher 
(localia, ävco), evx^g (optativa, effls), oxszliaozixd 30 Fortschritt über die texvt] des Dionysios hinaus, 

(doloris, siajzaX), dgr^oscog, ouioyaoeaig {negativa), auch er löste das etzi&ezov (Adjektiv) noch nicht 

ovynarafsato>s (adnuentis , vai), aTzayoQsvoEoig als besonderen Redeteil vom ovopa ab, auch er be- 

{prohibitiva , dehortativa, ftydafiiög), jzaQaßoXijs, hielt die Dionysischen Akzidentien des Verbums, 

öpotfooecog ^ (similititdinis , comparandi, wajzeg), wie dessen Einteilung nach dem Akzent, bei. Durch 

■&avfta<mjeä (admirandi, ßaßal), eixaopov {dubi- die Kommentatoren des Dionysios, besonders 

tativa, tocüg), zdl-ecog (ordinativa, §§ye), d&Qol- durch Choiroboskos (s. o. Bd. III S. 2364), 

oea>S r (eongregandi, communicandi , äfia), naga- ist die alte t^tjj mit den Resultaten der späteren 

xelevoEcog (hartativfy äye), ovyxQtaeoig (compara- Forschung, namentlich des Apollonios, gleichsam 

tiva, (j,ölXov) } Ef>oriqoecos (nevoztxd, axvojnazixd, verschmolzen als kanonisches Schulbuch überr 
percontandi, interrogandi, nö&ev), imzdaeoig (in- 40 liefert und sodann in den Bearbeitungen des Mo- 

tentiva, Uav) } ovXXyy>Ecog (comprefwmionis, fehlt schopulos, M. Chrysoloras, Gaza und Laskaris in 

als Terminus bei den lateinischen Grammatikern, das Abendland eingedrungen, um auch hier ihren 

apa), anopcoztxd (iwativa^ ftä), xazwftoztxd (con- Siegeslauf weiter fortzusetzen. 

firmativa, affirmativa t vjJ), ßsßatataEtag (dem<m~ Während die überaus zahlreichen Schriften 

strativa, drjXad^),^Eztxd (yafiijzsov statt XQV Y^V' des Apollonios und auch des Herodianos über die 

oat), feiaofioy (svoi). — V1TI. 20. Ü£qi owdio- Formenlehre mit wenigen Ausnahmen verloren 

ftov. Es sind deren acht Arten: ovitxfexrtxoi sind, uns aber inhaltlich durch Priscian, so weit 

(a&Qotaztxoi, copuUitivae,^8v, ös, rs, xal, dXXd, er jene verstand, bekannt sind, ist das Werk des 

TJfdr, %öi, iöe, dz&Q, avzaQ, tjzot, xev, av), bia- Apollonios xegl avvzd^ecog z&v zov Xoyov jlieq&v 
&vxnxöi (dtaoaqprjztxoi, disiunetwae, disseetivae, 50 glücklicherweise zum großen Teil erhalten und 

V* j) TO h ßfy owaxzixol (contimtativae, el, elzsq, erst kürzlich in der vortrefflichen Ausgabe von 

efär}, eldfaEQ), ^aqaoyvwnzixoi (sithconiinuativoe, Uhiig dem Verständnis näher erschlossen worden. 

sMisiunctivae, sxei, ejisfasQ, ineidtj, MsiöfaeQ), Diese Schrift — sie gehört mit zu den schwie- 

alzco?.oytxoj (alzubÖEtg , aTzozEkeozixoi , causahs, rigsten der griechischen Fachliteratur — ist nicht 

effectiyae, Iva ätpoa, onmg, tvExa, ovvsxa, Si6, öiözi, nur die einzige über die Syntax, die uns aus 

xa& o, xa&' ort, *a#' öoov), djzoQijfiazixot (Stoiker: dem Altertum überliefert ist, sondern überhaupt, 

igaizijfiaztxoi, ix(woQr}zixoi,dubitativae, aQa,xaza, außer der Varronischen, die einzige, die uns be- 

ft(3r), övlXoyumxoi (emyoQixoL rationales, üla- kannt ist, denn die fünf Bücher des Pergameners 

tivae, colleetivae, äga, dXXd, dlka^Vy roiwv, zoi- Telephos ttsqI owrdg~z(og dürften wohl kaum den- 
yaQzoi, zoiyoftovv), TzaQajiXrjQWfiartxoi (expletivae, 60 selben Gegenstand behandelt haben. Über Inhalt 

replettvae, compktitae, 6rj, gd, vi, nov, zoi $fp>, der Syntax siehe, außer Uhlig, Steinthal 

<*e, ö^to, Teig, 7i(o,fiT}v t &v, <iv, vvv, ovv, yt — HS 339ff., den Artikel Apollonios o. Bd. II 

ar, xev [dwtjztxot]). Eine neunte Art (ivavriai- S. 138f., wo auch weitere Literatur verzeich- 

t«**utoi, Zftxyg, opuog) kennzeichnet sich durch net ist. 

w«_ de jiQogxiMaoi als späteren Zusatz. Auf Grund dieses Werkes ist nun Apollonios 
ir.ua? J 01 ^ zu wc ^* ßhren, eine eingehende als der wahre Begründer der Syntax aUgemein 
Juääk dieses grammatischen Lehrgebäudes zu betrachtet worden. Ohne seine zweifellos her- 
geben, aber schon ein flüchtiger Blick läßt deut- vorragenden Verdienste um diese Disziplin irgend- 



14 yv 



lirammatLk 



Grammatik 



179® 



wie schmälern im wollen, muß in einem histo- 
rischen Überblick über die Geschichte der an- 
tiken G. die Frage doch aufgeworfen werden, ob 
diese isolierte Ehrenstellung nicht vielmehr dem 
fast gänzlichen Verlust aller Vorgänger zum Teil 
zugeschrieben werden muß. Wir haben oben 
gesehen, wie nahe die stoische Lehre vom Satze 
syntaktisches Gebiet berührte. Es kommt hinzu, 
daß zahlreiche uns erhaltene Titel, wie ueqi ßag- 



II. Die Börne r. Vielleicht auf keinem 
anderen Gebiete wissenschaftlicher Tätigkeit liegt 
die Abhängigkeit der Römer von den Griechen 
so eklatant zutage, wie auf dem der grammati- 
schen Forschung. Nur in ganz vereinzelten Fällen, 
wo die Beschaffenheit der lateinischen Sprache 
eine Anlehnung an griechische Doktrin ohne 
weiteres ausschloß, wie z. B. in der Akzentlehre, 
den Genera der Verba, dem Ablativ und Artikel, 



ßagiofiov, ooXoixtopov , dxvQoXoylag , ovv&soscog, 10 mußte man eigene Wege aufsuchen. Von einer 



IXXr}vtofiov , mochten sie auch in erster Linie 
stilistisch-rhetorischen Zwecken dienen, doch un- 
zweifelhaft viele Beobachtungen und wichtiges 
Sprachmaterial, wie es uns bei Apollonios verar- 
beitet vorliegt, enthielten. Priscian, der sonst ganz 
offen gesteht, den Apollonios ausgeschrieben zu 
haben (z. B. II 1, 9. 2, 22. 54, 20. 61, 16. 439, 
22. 548, 5. 578, 1 und besonders 584, 20. III 24, 
27), hebt ausdrücklich hervor, daß er in der Be- 



originellen philosophischen Betrachtung über das 
Wesen und den Ursprung der Sprache, über die 
Etymologie, über Anomalie und Analogie, so leb- 
haft diese Fragen erörtert wurden, fehlt bei ihnen 
vollends jede Spur. 

Nach einer bekannten Nachricht des Säet, 
gramm. 2 war es kein geringerer als Krates von 
Mallos, das Haupt der stoisch-pergamenischen 
Schule, der um das J. 169 studium grammatieae 



handlung der Syntax, die das XVII. und XVILT. 20 in urbem intulit . . . ae nostris exempto fuit 
Buch füllt, diesem seinem Führer nicht in gleich "^ -'"»-* — J - — w-— — -^ ^-— -•- -i... ~ 
sklavischer Weise gefolgt sei (LEI 107, 24), was 
sich nur durch das Vorhandensein anderer be- 
deutender Quellen erklären läßt. Der dritte Teil 
Ton Varros de ling. lat., der die Bücher XIII 
— XXIV umfaßte, war ausschließlich der Syntax 
gewidmet (ling. VII 7, 110 tertio quemadmodum 
eoniungerentur vocabula. VIII 1). Bei einem so 
wenig schöpferischen Geiste wie Varro kann 



ad imifandum. Wenn auch hier, wie" der Zu- 
sammenhang lehrt, grammatica in dem weiteren 
Sinne von Philologie (s. u.) gebraucht wird, so 
kann es doch kaum zweifelhaft sein, daß Krates 
in seinen Vorlesungen [aeroaseis) seine römischen 
Zuhörer mit jenen sprachwissenschaftlichen Unter- 
suchungen bekannt machte, die ihn, wie wir 
sahen, in eine heftige Fehde mit Aristarch und 
seiner Schale verwickelten. Diesem Umstände 
«ine so umfangreiche Behandlung der Syntax 30 ist es denn auch zuzuschreiben, daß die ersten 



ebenfalls nur auf der ausgiebigsten Benützung 
früherer Forscher beruhen, und zwar kommen hier, 
mit etwaiger Ausnahme des Aelius Stilo, ledig- 
lich griechische, vielleicht nur stoische, in Betracht. 
An diese vorvarronischen, syntaktischen Schriften 
wird also auch Apollonios angeknüpft haben. 
In dem Werk jzeqI avvzd^ecog polemisiert Apollo- 
nios wiederholt gegen seine Vorgänger, verrät 
aber mit keinem Worte, daß er als Entdecker 



Versuche auf diesem den Römern neu erschlossenen 
Forschungsgebiet ein durchaus stoisches Ge- 
präge erhielten. Als erster wäre hier zu nennen 
der Dichter C. Lucüius (180—102), der sich be- 
kanntlich im 9. Buch seiner Satiren mit gramma- 
tischen Fragen und Reform vorschlagen befaßte 
(vgl, Marx Lucilius I p. 351—382 und Kommentar 
II S. 132-145). Daß er unter dem Einfluß stoischer 
Theorien stand, hat in einem besonders interessan- 



auftritt, wenn ihm auch daselbst kein solches 40 ten Falle schlagend erwiesen Sommer Hennes 
Geständnis über die Benützung seiner Quellen XLIV 70—77 (Lucilius als Grammatiker). Im 

entschlüpft ist, wie in der Einleitung zu tceqI *^«~— „~u.„.u— j:~ j«_«l: — ^v x 

ovv6eafi(ov (ixXEyofievoi jiag' ixdazov zcSr stqo 
rjftöJv zo xQ£iQ)deg usw.). Unter diesen Vor- 
gängern nahm nun höchst wahrscheinlich Try- 
phon die allererste Stelle ein und zwar nicht nur, 
weil Apollonios ihn oft in allen seinen erhaltenen 
Schriften, sei es zustimmend, sei es ablehnend, di- 
rekt zitiert, sondern vor allem deshalb — worauf 



übrigen gestatten die dürftigen Überreste es nicht, 
uns von dem Umfang und der Art seiner Er- 
örterungen ein klares Bild zu machen. Die ortho- 
graphischen Reformen des Tragikers L. Accius 
scheint er mit Erfolg bekämpft zu haben. Ortho- 
graphische Fragen spielen aber seit Ennius, Lu- 
cilius und Accius bis in die spätesten Zeiten 
bei den römischen Grammatikern eine sehr be- 



man bisher mit Unrecht nicht geachtet hat — 50 deutende Rolle, und zwar waren sie hier von 
weil an nicht weniger als 100 Stellen (die meisten griechischen Theoretikern begreiflicherweise ganz 

fehlen in den Indices von Schneider und Uhlig) — VVx — x ~ — — -* -'- 1 - A ^ *- '- ■■ J " 

dessen Namen zur Exemplifizierung gebraucht wird, 
und zwar auch da, wo der Verfasser ebensogut seinen 
eigenen, wie öfter (12mal), oder einen beliebigen 
anderen hätte wählen können, wie z. B. Aristar- 
chos, der zu demselben Zwecke 26mal herhalten 
muß. Diese Vorliebe für Tryphon kann nur darin 
ihren Grund haben, daß Apollonios ihn auch in 



unabhängig, soweit nicht etwa etymologische Er- 
wägungen in Betracht kamen. 

Der erste römische Grammatiker von Bedeu- 
tung war L. Aelius Stilo, der Lehrer Varroa 
und Ciceros. Von seinen Werken haben sich nur 
kümmerliche Reste erhalten, aber die Spuren 
seines Einflusses lassen sich vielfach verfolgen, 

namentlich Varro de lingua latina verdankt ihm 
_•_! ■ i_ i. r- _ _- ij. i j. ii_ 



der Tat weit ausgiebiger benützt hat , als wir 60 viel , wenn sich auch eine so weitgehende Ab- 



jetzt nachweisen können, denn unglücklicherweise 
deckt sich von dem wenigen, das uns von jenem 
sehr fruchtbaren Grammatiker erhalten ist, nichts 
mit den uns vorliegenden Partien des Apollonios. 
Alles in allem kann aber erst die Neuzeit sich 
rühmen, über Apollonios in der Syntai, wie über 
Dionysios Thrax in der Formenlehre, hinausge- 
kommen zu sein. 



hängigkeit, wie sie besonders Reitzenstein M. 
Terentius Varro und Job. Manropus, und ihm 
folgend F. Müller De veterom imprimis Roma- 
norum studiis etymologicis (s. o.) annehmen , mit 
unseren Mitteln wenigstens nicht erweisen läßt. 
Vgl. dazu Goetz Abh. der sftehs. Akad. der 
Wissensch. XXVII (1909) 67—89. Wie StÜo 
als Philosoph der Stoa sich anschloß (Cic. Brut. 



i/yy 



wrammaiLK 



urammaxiK 



jlöi/v 



206), so huldigt er auch als Grammatiker stoi- 
schen Anschauungen. Er war Anomalist gemäßig- 
ter Richtung, seine Etymologien sind stoischer 
Art, und der Titel seines Werkes, de proloquiis, 
entspricht ganz den stoischen mgl a^uofidtoiv, 
,über die Satzformen'. Es war dies jedenfalls 
die erste Abhandlung über ein Gebiet der Syntax 
in lateinischer Sprache, und daher scheint das 
ungünstige Urteil des Gellius (XYI 8, 2) nicht 



reichendes Verständnis gegenüber. Er ist und bleibt 
auch hier ein Korapüator größten Stils. Auf dem 
Gebiete der Etymologie, von deren verhängnis- 
vollem Zauber er wie kaum ein zweiter sich hin- 
reißen ließ, auf dem der Orthographie, in allen 
Fragen, die sich an den Ursprung und das "Wesen 
der Sprache , an den Streit der Analogisten und 
Anomalisten anknüpften, ist er für die spätere- 
Zeit die maßgebende Autorität geblieben, nur in 



ganz gerecht; vgl. Funaioli Gramm. Korn. frg. 10 der Formenlehre scheint man sich, und zwar schon* 



I S. 51 — 76 mit der dort angeführten Literatur. 
Ganz in stoischen Bahnen wandelte auch der 
wegen seiner Gelehrsamkeit hoch gepriesene P. 
Nigidius Figulus (ca. 99-45), von dessen um- 
fangreichem Werke, betitelt Commentarii grara- 
matici, ein 29. Buch zitiert wird. In der Frage 
nach dem Ursprung der Sprache vertrat er 
energisch den ^vffet-Standpunkt , und zwar mit 
der dem Chrysippos eigentümlichen Begründung 



früh, wie wir sehen werden, fast vollständig vor* 
ihm emanzipiert zu haben. Von den grammatischen 
Spezialschriften Varros kennen wir De antiquitate- 
litterarum, De utilitate sermonis (Anomalie ?), De 
similitudine verborum (Analogie), falls dies nicht 
bloß Untertitel von De lingua latina sind, De 
origine linguae latinae, De lingua latina 25 Bücher 
(daraus erhalten V — X). De sermone latino, Disci- 
plinarum libri IX (Buch I De grammatica). Zweifel- 



(Gell. X 4 = frg. 24 Fun.), In der Etymologie, 20haftist, ob liegt xä^axt^gtov (vgl. Usener Jahrb. 



wie die Fragmente zeigen, operierte er mit der 
ebenfalls stoischen Zusammensetzungstheorie. In 
der Formenlehre hat er manche feine Beobach- 
tung gemacht und sie in origineller Weise zu 
begründen versucht. Auch der Syntax hat er ein 
eingehendes Studium zugewandt; vgl. z. B. die 
Erörterung über den Gehrauch von quin (frg. 32 
Fun.) und über die Tempora (frg. 9 Fun.). Mehrere 
grammatische Termini, wie Casus rectus, inter- 



f. Phil. XCV 248) hierher gehört, sicher hin- 
gegen sind aber auch in dem großen Werk der 
Antiquitates grammatische Dinge behandelt wor- 
den (s. Goetz a. a. 0.). Die Quellenfrage, wie- 
die Benützung der einzelnen Schriften bei Späteren 
(z. B. Verrius Flaccus, Gellius, Augustinus) wird 
dadurch sehr erschwert , daß Varro wiederholt 
dieselben grammatischen, besonders etymologischen 
Gegenstände erörtert und sich gleichsam selbst 



rogantii, dandi, scheint er zuerst angewandt zu 30 exzerpiert hat; auch ist Varronisches Gut häufig- 



haben. Seine das ganze Gebiet der G., einschließ- 
lich der Orthographie und der Semasiologie, um- 
fassende Forschung ist aber wegen einer ge- 
wissen Dunkelheit des Stils (Gell. XIX 14, 3) früh 
in Vergessenheit geraten , doch hat Varro , der 
ihn in seinen erhaltenen Schriften nie nennt, ihm 
scheinbar viel mehr zu verdanken, als man bis- 
her angenommen hat. Doch mögen wir die Ver- 
dienste eines Aelius Stilo, Nigidius Figulus und 



erst durch meist nicht mehr sicher nachweisbare 
Zwischenquellen übernommen worden. Die gram- 
matischen Fragmente sind zuerst gesammelt und 
besprochen von Willmanns De M. Ter. Varronis. 
libr. grammat., Berlin 1864, jetzt in vortrefflicher 
Weise ediert von Funaioli a, a. 0. 183—371 
und Goetz-Schöll Varro 1. 1. p. 199—234. 

Ein grammatisches Lehrgebäude, im Sinne 
einer xiyvr} nach griechischem Muster, tritt uns 



vieler anderer, wie M. Antonius Gnipho, Cosco- 40 bekanntlich auch in de lingua latina nicht ent- 
nius, Servius Clodius, die für uns fast nur leere ...-.._ 

Namen sind, noch so hoch einschätzen, ihr Ruhm 
ist ausnahmslos verdunkelt worden durch die 
grandiose Gelehrtentätigkeit des M. Terentius 
Varro. Auch auf dem Gebiete der G., wie auf 
so vielen anderen, ist er für die römische Nach- 
welt eine unerschöpfliche Fundgrube des Wissens 
gewesen, und zwar schon frühzeitig, wie dies aus 
Vitruv. IX praef. 17 multi posterorum cum Var- 

rane conferent sermonem de lingua latina her- 50 faßte Buch II— VII, die eigentliche Formenlehre- 
vorgeht. Aber weder irgend welche stilistischen " ~ ~ 

Vorzüge, noch eine schöpferische Originalität, noch 
eine Kunst der Systematisierung — der seine 
Arbeiten charakterisierende Schematismus darf 
darüber nicht hinwegtäuschen — , haben ihm diese 
autoritative Stellung verschafft, sondern lediglich 
die kompilatorische Fähigkeit, das Wissen seiner 
Zeit aus dem ihm noch lückenlos zu Gebote 
stehenden Quellen material gleichsam in einen 



ist doch die Formenlehre daselbst nur 
unter dem Gesichtspunkt der Analogie und Ano- 
malie behandelt. Ob das Buch de grammatica. 
eine Art Kompendium der ganzen G. war, wissen 
wir nicht, da uns nur ein einziges Fragment 
daraus erhalten ist (49 Fun.). Das Werk de- 
lingua latina bestand nun nach des Verfassers; 
wiederholten Aussagen (V 1. VI 99. VII 5. 110. 
VIII 24) aus drei Teilen. Die Etymologie um- 



Buch VIII-XIII und die Syntax Buch XIV-XXV. 
Indem ich für die Etymologie auf R e i t z e n s t e i n,_ 
F, Müller, Goetz a. a. 0. verweise, sei hier 
ein kurzer Abriß der Varronischen Formenlehre 
gegeben — von seinen syntaktischen Anschau- 
ungen geben die wenigen Fragmente kein Bild — 
um einen Vergleich einerseits mit der jexvt) des 
Dionysios, die Varro wohl gekannt, aber nicht 
benützt hat, andererseits mit der Form der latei- 
Brennpunkt zu vereinigen. So kann denn auch 60 nischen G., wie sie uns seit Remmius Palaemon 



keine wichtige, sprachwissenschaftliche Entdeckung 
einwandsfrei auf Varro zurückgeführt werden, und 
keine neuen Perspektiven sind von ihm eröffnet 
worden. Ja, der Verlust seiner Quellen ermög- 
licht es nicht einmal mit Bestimmtheit zu sagen, 
in welchem Umfange er das Seobachtungsmate- 
rial selbständig erweitert hat. Nicht selten end- 
lich steht er seinen Quellen ratlos oder ohne hin- 



als ausgebildetes System begegnet, zu ermöglichen.. 
Die grammatische Forschung der Römer stand 
ursprünglich, wie wir sahen, im Banne stoischer 
Doktrinen. Eine starke aleiandrinische Gegen- 
strömung scheint sich aber etwa um die Mitte 
des 1. vorchristlichen Jhdts. in Rom fahlbar ge- 
macht zu haben. Einige Sparen davon sind be- 
reits bei Cosconiuß und Nigidius bemerkbar, und. 



iöUl 



urammattK 



urammatiK 



löua. 



einen sicheren Beweis liefert das einflußreiche 
Werk Caesars de analogia. Nicht minder zeigt 
eich Värro mit alexandrinischer Gelehrsamkeit 
allenthalben wohl vertraut, doch ist ihm diese 
Kenntnis insofern verhängnisvoll geworden, weil 
er, unfähig sich selbständig eine wissenschaftliche 
Überzeugung zu bilden, beständig zwischen beiden 
grammatischen Richtungen hin- und herschwankte 
und so zu unhaltbaren Kompromissen geführt 
wurde. Daß er sich dieses eklektischen Stand- 
punkts wohl bewußt war, zeigt de 1. 1. V 1, 9 
non solum ad Aristoplianis lucernam, sed etiam 
ad Gleanthis lueubravi. 

Die in der Formabwandlung (deelinatio, decli- 
natus, stzcöots) waltenden Gesetze werden von 
Varro, wie erwähnt, in direkte Verbindung mit 
der alten Streitfrage gesetzt, ob Analogie (lat. 
natura, ratio, proportio, similitudo, aequalitas) 
oder Anomalie (lat. usus, consuetudo, dissimili- 
tudo, inaequalitas) als Wortbildungsprinzip vor- 
herrsche, und seine umfangreiche Darstellung, die 
an Übersichtlichkeit und Klarheit viel zu wünschen 
übrig läßt, läuft schließlich auf die Bankerott- 
erklärung hinaus , daß eonsueiudo et analogia 
coniunetiores sunt inter se quam ei (sc. Chrysip- 
pos und Aristarchos) credunt, quod est nata ex 
quadam eonsuetudine analogia . . . consuetudo 
■ex dissimilibus et similibus verbis eorumque 
deelinationibus constat, neqite anomalia neque 
analogia repudianda (de 1. 1. IX 1 , 3). Den- 
selben Standpunkt vertritt noch einmal der ältere 
Plinius in seinen 8 Büchern Dubii sermonis 
{vgl. die Literatur bei Gudeman a. a. 0. 113). 
Auch Quintilian (inst. 16, 16) teilt dieselbe An- 
sicht, ja sie findet sich merkwürdigerweise be- 
reits , und zwar fast wörtlich übereinstimmend, 
bei Pindarion, einem Schüler Aristarchs (Seit. 
Emp. adv. math. I 202). So mag denn dieser 
zu jenen Gewährsmännern über die Anomalie und 
Analogie gehört haben, die Varro selbst erwähnt 
(de 1, 1. VIII 10, 23 de eo Oraeci Latinique 
[Stilo und Caesar?] libros fecere multos), und dies 
ist umso wahrscheinlicher, falls er, wie allgemein 
angenommen wird, mit jenem Ptolemaios identisch 
ist, den Apollonios de coni. 241, 14 Sehn. 6 avako- 
ynttxoz nennt. Vgl. auch Seit. Emp. adv. math. 
I 10. 

Nach dem Vorgang früherer, griechischer wie 
römischer Grammatiker (de 1. 1. "VT 5, 36. VIII 
23, 44. IX 24, 31. X % 17), nimmt Varro nur 
vier Redeteile {partes orationis) an : quae habet 
casus (Nomen), quae habet tempora (Verbum), 
quae habet neutrum (Adverbium und Partikel), 
quae habet utrumque (Partizipium), wozu noch 
hinzugefügt wird (VIII 23, 44), daß hos voeant 
quidam appellandi, dieendi, adminiculandi, iun- 
gewli, was mit jener Einteilung aber nicht ganz 
übereinstimmt. Das Nomen zerfällt in 4 Gruppen: 
1. provocabulum (quis, quae), 2. voeabulum (seu- 
tum, facilis), 3. nomen proprium, 4. verbum. 
Die Nomina haben sexum (virile oder mos, 
muliebre oder femina , neutrum) , muUitudo 
(unum, auch singularis, plura), casus (reetus, 
obliquiis). Für ersteren sagt Varro auch casus 
nominandei oder nominativus (X 2, 23) und 
casus voeandei, für letztere, teilweise nach dem 
Vorgang des Nigidius, casus communis oder 
patrieus, dandei, aecusandei oder aecusativus, 



und sextus casus qui est proprius latinus (X 
3, 62). Genetivus, dativus, ablativus finden sich 
zuerst bei Quintilian, voeativus bei Gellius, doch 
gehen diese später allgemein rezipierten Tennini 
wahrscheinlich auf Remmius Palaemon zurück. 
Die Anordnung der Nominalflexion nach den 
Nominativendungen kennt Varro noch nicht, wie 
auch declinatio sich erst bei Quintilian in dem 
engeren Sinne findet. Die Komparation (eontentio) 

10 wird VHI 39, 75—78 erörtert, und zwar nennt er 
den Positiv primum, den Komparativ medium 
und den Superlativ tertium. Eine bestimmte An- 
zahl von Konjugationen (ineiinationes , övCvyiai) 
begegnet bei Varro ebenfalls noch nicht, obwohl 
die Verschiedenheit des Charaktervokals ihm 
keineswegs entgangen war (IX 62, 109). Genera 
verborum sind zwei, faciendei und patiendei, 
doch scheint ihm auch vom Deponens eine leise 
Ahnung aufgestiegen zu sein (IX 61, 105 — 107). 

20 Für die drei Tempora hat Varro bereits die üb- 
lichen Bezeichnungen: praesens, praeteritum, 
futurum (VIII 8, 20), wofür, mit genauerer Über- 
setzung der griechischen Termini, bei Lucr. I 
461 transaetum, instet, sequatur steht; vgl. auch 
Rhet. ad Her. II 5, 8 und Cic. de inv. 1 39. Für die 
anderen Tempora : infeeta (discebam, disco, discam) 
und perfecta (didiceram, didiei, didieero) fehlen 
ihm noch feste Termini. Auch modus kommt als 
Terminus bei Varro noch nicht vor, doch erwähnt 

30 er sechs species declinatuum (de 1. 1. X 2, 31) : 
temporalis (legebam, lego), personarum (sero, 
seris), rogandi {legene ?), respondendi (ßngo, fin- 
gis), optandi (dicerem, dicam), imperandi (eape), 
eine Einteilung, die sich eng mit der stoischen 
berührt (Diog. Laert. IX 53; s. o.), aber kaum 
einen nennenswerten Fortschritt über die vier 
nv&fi&vEs köycov des Protogoras bezeichnet, wie sie 
denn auch in dem späteren System ignoriert wird. 
In den drei Generationen nach dem Erscheinen 

40 von de lingua latina wird die grammatische 
Forschung wohl kaum geruht haben, doch sind 
ihre Träger bis auf den Namen fast spurlos ver- 
schollen, aber um 50 n. Chr. etwa begegnen wir 
plötzlich einem Werke, das bis in die spätesten 
Zeiten grundlegend geblieben ist, der Ars gram- 
matica des Q. Remmius Palaemon, des Lehrers 
des Persius und Quintilian. Dieses epochemachende 
Buch, dessen Verfasser sich in einen stark pole- 
mischen Gegensatz zu Varro setzte — er nannte 

50 ihn porcusl — ist zwar verloren gegangen, aber 
sein Lehrgebäude hat sich in seinen Hauptzügen 
wenigstens, namentlich aus Charisius, rekonstruie- 
ren lassen. Spätere Grammatiker, wie Valerius 
Probus, Terentius Scaurus, Flavius Caper, Velius 
Longus und lulius Romanus, mögen das Beob- 
achtungsmaterial erheblich erweitert haben, aber 
an den Grundfesten scheinen sie nicht gerüttelt 
zu haben, und so lebte denn die Ars des Palae- 
mon fort in den grammatischen Kompendien und 

60 Lehrbüchern eines Cominianus (über diesen jetzt 
J. Tolkiehn Com., Leipzig 1910), Charisius und 
Diomedes bis auf Donatus, Martianus Capella, 
Cassiodorus und Isidoms. Einzig und allein 
Priscian nimmt hier eine mehr unabhängige Stel- 
lung ein, indem er im wesentlichen Flavius Caper 
mit den großen griechischen wjfrwfo/, Apollonios 
und Herodian, gleichsam kontaminierte. Über 
die Ars des Palaemon und deren Einfluß auf die 



VTLOULLUaUIAJ 



NtMibwelt, vgl. besonders Schottmüller De C. 
PlimVSectindi libris gTammaticis , Bonn 1858. 
Kars hall De Q. Remraii Palaemonis libris gram- 
matieis, Leipz. 1887. Bölte De artium scriptori- 
bus Latinis quaest., Bonn. 1886. Andere Litera- 
tur bei Schanz Rom. Lit. 112 334, Palaemon 
scheint sich enger als seine Vorgänger an die 
Alexandriner, vor allem an Dionysios Thrax seihst, 
angeschlossen zu hahen. 



Casus gibt es sechs: nominativus, 
geneUvus, dativics, accusafivus, vocativus, ablatio 
vits. Da die meisten dieser Termini, die, wie- 
wir sahen, von den Varronischen abweichen,, 
sich schon bei Qnintilian vorfinden, so werden 
sie wohl von Palaemon, wenn nicht erfunden, so- 
doch zuerst zur Geltung gebracht worden sein, 
und wenn diese für alle Folgezeit, wie erwähnt* 
kanonisch bleiben, obwohl, besonders bei Priscian r 



Im folgenden sei nun, wie oben bei Dionysios 10 andere Bezeichnungen und zum Teil richtigere, wie- 



Thrax und Varro, ein kurzer Umriß der Hauptsätze 
der lateinischen Formenlehre gegeben, wie sie von 
Palaemon fixiert, auch terminologisch, etwa um 
die Zeit des Quintüian vorlagen. Zahlreiche sub- 
tilere Unterscheidungen und nicht allgemein rezi- 
pierte Modifikationen werden wir dabei als der 
grundlegenden Ars vermutlich noch fremd nur in 
seltenen Fällen berücksichtigen dürfen. Für diese 
Entwicklungsphasen und Diskrepanzen sei auf die 



possessivus und causativus (s. 0.) begegnen , so- 
dokumentiert eben diese Tatsache sehr deutlich den 
gewaltigen Einfluß, den die Palaemonische Ars- 
ausgeübt hat. Was die Deklination anbelangt, so- 
scheint die Anordnung der Nominalflexion nach 
den Nominativendungen derjenigen, die sich nach 
den Genetiv singularis richtete, zeitlich vorange- 
gangen zu sein. Beide Behandlungsarten sind 
dem Varro noch fremd, oh aber die Vier- bezw. 



eingehende vergleichende Darstellung von L.Jeep 20 Fünfzahl für das alte Lehrbuch, angesichts der 



Zur Gesch. der Lehre von den Redeteilen bei 
den latein. Grammatikern, Lpz. 1893, verwiesen. 
Wie die Stoiker und Varro, ging man natur- 
gemäß von der Stimme aus (vox) und teilte sie 
in voees articulatae und confusae. Nur erstere 
können schriftlich durch Buchstaben (litterae) be- 
zeichnet werden (lateralis, scriptilis vox). Das 
Alphabet besteht durchgängig aus 23 Buchstaben 



{einschließlich zweier griechischer, y, %) ; die in bvo- 

nd in 9 mutae 30 Hchere gewesen zu sein, doch ist hier keine Über- 



cafes, 7 semivocales (flmnrsx) und 
(bcdgkkpqt) zerfallen, doch ließen Varro 
und Nigidius nur 17 gelten, mit Ausschaltung von 
h fc q x y %. Vgl. Marx Lucil. II 141—144. 
Eine Silbe entsteht aus der Verbindung eines Buch- 
stabens und eines Vokals, der prosodisch kurz oder 
lang ist und zwar entweder natura oder posittone. 
Von der Silbe schritt man zum Wort (dieiio), das 
als die geringste Silbenverbindung, die einen Sinn 
ergibt, definiert wird. Aus dictiones entsteht die 



Verwirrung, die gerade hier hei den Späteren 
herrscht, bereits angenommen werden kann, steht 
dahin, obwohl Bölte a. a. 0. diese Ansicht ver- 
tritt; s. auch Jeep a. a. 0. 172f. 2. Pronomen: 
Dem Pronomen werden dieselben Verhältnisse,, 
nur mit Hinzufügung von persona zugeschrieben, 
wie dem Nomen. Was die qualitas anbelangt, 
so scheint die Teilung in finita (Personalprono- 
mina) und infinita (quis, qualis) die Ursprung- 



einstimmung erreicht worden, Von personae 
werden stets drei (ego, tu, ille) angenommen. 
Für die übrigen Akzidentien galten dieselben 
Eegeln wie für das Nomen. 3. Verb um: Die 
Zahl der Verbalverhältnisse schwankte zwischen 
sieben und neun, doch scheinen folgende acht als 
die eigentliche Norm gegolten zu haben: quali- 
tas, genus, figura, numerus, modus, tempus r 
persona, coiviugatio. Die Teile der qualitas ver- 



oratio', vgl. auch Diom. gramm. 1426, 32 (viel- 40 borum sind: perfecta (absoluta, primitiva), in- 

leicht nach Varro) grammaticae initia ab eh- —«■-■«-■— t.^.--- *. ,_.._•... ,.•,._,_•._, 

mentis surgunt, elementa figurantur in litteras, 
litterae in syllabas eoguntur, syllabis comprehen- 
ditur dictio,dietiones eoguntur inpartes orationis, 
partibus oraiionis eonsummatur oratio, oratione 
virtus ornatur, virtus ad evüanda vitia exerce- 
tur. Man leitete nämlich ars von äoetri ab! 
Nach dem Vorgang des Aristarch nahm Palaemon 
8 Redeteile (partes orationis) an (Quintil. inst. 



eohativa, meditativa, frequentatim (iterativa). 
Es ist fraglich, inwieweit diese Einteilung, wie 
die schwankende Terminologie andeutet, schon 
in der Ars des Palaemon vorhanden war. Die- 
normale Zahl der genera (significationes) verbo- 
rum war fünf: activum und passivum (wohl das 
ursprüngliche), zu denen neutrum (vivo, ambulo) t 
commune (criminor te und a te) und deponens 
(simplex) hinzukamen. Wie beim Nomen war 



I 4, 20), indem er statt des griechischen Artikels 50 auch die figura verborum entweder simplex oder 

die Interjektion einsetzte. Trotz mancher gelegent- ' J ~ — J *:—■>->■-* i- *-^ --- 

liehen Schwankungen ist diese Zahl auch von den 
Kömern festgehalten worden. Es sind: Nomen 
(Substantivum ist keine antike Bezeichnung, doch 
kommt nomen substantivum vor, z. B. Priscian. 
gramm. II 154, 9), Pronomen, Verbum, Partici- 
pium, Adverbium, Coniunctio, Praepositio, Inter- 
iectio. 1. Nomen: Als Akzidentien (naoenofieva) 
begegnen durchgängig qualitas (species), genus. 



composüa, und diese letztere viererlei Art: ex 
duobus integris (con -dueo), ex duobus corruptis. 
(ef-ficio statt ex-fieio), sodann die Mischung 
heider (ae-cumbo und os-tendo). Der numerus 
ist singularis oder pluralis. Im allgemeinen 
nahm man fünf modi (inclinationes , h/xltcete) 
an , obwohl von einigen durch genauere Unter- 
scheidungen die doppelte Zahl erreicht wurde; 
finitus (finitivus, indicativus), imperativus, opta- 



figura, numerus, casus. Nach der Qualität sind 60 tivus, subiunetivus (coniunetivus) , infinitivus 

die Nomina entweder Eigennamen oder Appella- '• ^ ■- ^ ^-~ ^ — **■ • ^ _-.•.«-*-• j. 

tiva. Genera nominum gibt es fünf: maseulinum, 
femininum, neutrum., commune (kic, kaee ca- 
ms), protniseuum (mmotvor. passer, aqirila, die 
beide grammatisch formell Masculina sind, aber 
«och Feminina bezeichnen können). Die figurae 
mnUnum sind entweder simpliees oder compo- 
*äa*. Numerus ist entweder singularis oder 



(infinitus). Die Grandtempora sind natürlich 
instans (praesens) , praeteritum, futurum, und 
die Vergangenheit zerfällt in imperfeetum, per^ 
fectum, plusquamperfectum , mit Beibehaltung, 
wie auch sonst meist, der griechischen Termino- 
logie (s. 0.). Futurum ezaetum kommt bei den 
antiken Grammatikern nicht vor, wohl weil man 
es mit dem Konjunktiv des Futurums identifizierte, 



lova arammaxiK 

denn die alberne Bemerkung des Priscian (DU 
405, 17) , daß die Römer in weiser Erkenntnis 
der Unsicherheit der Zukunft ,non finiunt spa- 
tium futuri\ bedarf keiner Widerlegung. Die 
drei personae verborum beziehen sich seltsamer- 
weise auf die wirkliche , nicht auf die gramma- 
tische Person, indem die erste als die redende, 
die zweite als die angeredete und die dritte als 
die, von der man redet, betrachtet wird. Diese 
Anschauung ist griechisch, vgl. Steinthal II 2 
29 9f, Die Scheidung der drei Konjugationen 
(ordines) ging von den drei verbalen Endungen 
der zweiten Person indic. praes. activi (as, es, is) 
aus. Dieses Prinzip dürfte bereits Palaemon an- 
gehören. Dagegen beweisen die Versuche der 
Grammatiker, die überaus zahlreichen, anomalen 
Perfektformen in ein System zu bringen, ange- 
sichts der geringen Übereinstimmung in den Re- 
sultaten, daß die sonst für sie so autoritative 
Quelle hier nichts Brauchbares bot. 4. Parti ci- 
pium: Infolge der Mittelstellung zwischen Nomen 
und Verbum, die dieser Redeteil einnimmt, — 
es ist eine Übersetzung von uexo%fi — werden 
ihm teils Nominal-, teils Verbalak'zidentien zu- 
gewiesen, vom ersteren genus uiid casus, vom 
Verbum significatio (genus verbi) und tempus, 
von beiden figura und numerus. 5. Adverbium: 
Als TtageTtö^eva kommen in Betracht signifieaiio, 
eomparatio und figura. Die significationes, 
die nachweisbar bei Palaemon aufgezählt waren 
(Charis. gramm. I 187, 1), werden ziemlich ein- 
stimmig auf 21, mit unwesentlichen terminologi- 
schen Differenzen angegeben: tempus , locus, 
numerus, negatio, affirmatio (etiam), demonstra- 
tio (eece), hortatio (heia .■'), optatio (utinam), ordi- 
natio (deinde), interrogatio (cui), simüitudo (quasi), 
dubitatio (fortasse), invocatw (heus), responsio 
(heu), pröhibitio, communicatio (simul) , sepa- 
ratio (seorsum), eomparatio (magis), eventus 
(forte), qualitas (bene), quantitas (nimium). 

6. Coniunctio: Die Akzidentien sind hier drei- 
facher Art : potestas, figura, ordo. Die bei weitem 
verbreitetsten Arten der potestas (species) waTen 
fünf : copulativae, disiunetivae auch disiungendi, 
expletivae auch repletivae (equidem, quamvis 
usw.), causales (si, etsi, nam usw.), rationales 
auch ratweinativa (quia, ita, propterea u. ä.). 
Daß die Sechszahl, bei Dositheus durch Trennung 
der dubitativae (si, nisi, sive) von den causales 
gewonnen, eine ältere Abteilung darstellt, wie 
Jeep annimmt, ist nicht eben wahrscheinlich, 
da selbst Apollonios nur fünf Arten unterscheidet, 
während Priscian allein 17 aufzählt. Jedenfalls 
bildet hier Palaemon ebenfalls die Grundlage; 
denn nicht nur der Ausdruck expletiva, sondern 
auch die Fünfzahl selbst wird direkt auf ihn zu- 
rückgeführt (Charis. gramm. I 225,5. 226, 1. 
Diom. gramm. I 405, 16). Die figura ist auch bei 
diesem Redeteil simplex (nam) oder compositum 
(namque), der ordo dreierlei, nämlich praepesiti- 
vus (at), postpositivus (que) oder beides (etiam). 

7. Praepositio: Auch diese hat Palaemon ausführ- 
lich behandelt (Charis. gramm. I 231, 1. 232, 11). 
Von allen Redeteilen herrscht bei den späteren 
Grammatikern in der Behandlung der Präposition 
die geringste Übereinstimmung , sowohl in der 
Aufzählung als in der Annahme der Akzidentien, 
was hauptsächlich in dem adverbiellen Charakter 



urainmanK 



HHTO 



und' in der freieren Stellung seinen Grund- gei» 
habt haben wird (post longum tempus, longo 
post tempore). 8. Interiectio: Wie bereits er- 
wähnt, ist die Interiectio, die bei den Griechen 
zu dem Adverbium gerechnet wurde, von Palae- 
mon als selbständiger Redeteil eingeführt wor- 
den, um die durch den Ausfall des griechischen 
Artikels entstandene Lücke in der Achtzahl aus- 
zufüllen. Iul. Romanus (bei Charis. gramm. I 

10 190, 13) polemisiert zwar gegen eine solche Moti- 
vierung, kann aber seinerseits keinen besseren 
Grund dafür angeben. Aber wie jene Zahl vermut- 
lich schon für Palaemon traditionell geworden 
war, so wagte es auch ein Romanus nicht, die 
Konsequenzen seiner Überzeugung zu ziehen und 
entgegen der maßgebenden Autorität die Zahl 
auf sieben zu reduzieren. 

Im Vergleich mit der auf einer festen empiri- 
schen Basis errichteten Laut- und Formenlehre 

20 scheint man der lateinischen Syntax ein weit ge- 
ringeres Interesse entgegengebracht zu haben. 
Priscian verfügte, wie wir gesehen, neben Apol- 
lonios und Herodian, auch über lateinische Ge- 
währsmänner auf diesem Gebiete, aber wir wissen 
nicht, wer diese waren — Stiio, Varro und Nigi- 
dius hat er schwerlich direkt, wenn überhaupt 
benützt — ■, noch in welchem Umfange er jene 
ausgeschrieben oder gar welche Details er ihnen 
entnommen habe. Wohl hatte man nach griechi- 

30 schem Muster schon frühzeitig die Vitia Latini- 
tatis sorgfältig registriert, und die TJrbanitas 
orationis nach Möglichkeit zu umgrenzen versucht ; 
aber die leitenden Gesichtspunkte bei diesem Ver- 
fahren waren auch hier teils logisch-dialektischer 
Natur (vgl. Gell. XVI 8), teils und zwar vor- 
wiegend stilistisch- rhetorischer Art. 

So wird es denn auch dem despotischen Ein- 
fluß zuzuschreiben sein, den die Rhetorik schon 
in der ersten Kaiserzeit auszuüben begann, daß 

40 die eigentliche Erforschung der Syntax in den 
Hintergrund gedrängt wurde. An ihre Stelle trat, 
auch hier nach griechischem Vorgang (vgl. Ru- 
tilius Lupus unter Augustus), jene intensive Samm- 
lertätigkeit auf dem Gebiete der sog. Redefiguren 
(ö%r\pLaxa J.el;£a>s xal dtavotag, figurae orationis 
et sententiarum), die uns in erstaunlicher Fülle und 
bis in die feinsten Gedankenschattierungen aus- 
gearbeitet vorliegen ; vgl., außer Qnintilian Buch IX 
und den lateinischen Grammatikern von Chari- 

50 sius an, auch Gerber Die Sprache als Kunst, 
2 Bde., Berlin 1885 2. 

Werfen wir nun noch einen kurzen Rückblick 
auf die Geschichte der antiken G., wie sie im 
obigen zu geben versucht wurde, so sehen wir, 
daß der erste Impuls zur Erforschung sprach- 
licher Erscheinungen von den Sophisten ausge- 
gangen war, und zwar zu einer Zeit, als eine hoch- 
vollendete Literatur als Beobachtungsobjekt bereits 
zur Verfügung stand. Die sprachwissenschaftliehe 

60 Forschung lag aber jahrhundertelang ausschließ- 
lich in den Händen der Philosophen, was der 
theoretischen Ergründung linguistischer Probleme, 
wie auch der terminologischen Fixierung gram- 
matischer Kategorien zustatten kam. Piaton and 
die ältere Akademie, Aristoteles und der Peri- 
patos, ebenso wie die Epikureer, haben aber diesen 
Studien ein nur vorübergehendes Interesse zuge- 
wandt, hingegen hat die Stoa auf dem Gebiete 



der Gk bahnbrechende und jedenfalls für das ganze 
Altertum grandlegende Leistungen aufzuweisen. 
Das Verdienst, der G., insbesondere der Formen- 
lehre neues Leben eingehaucht, sie von den Fes- 
seln der Philosophie losgelöst und als eine auf 
empirischer Grandlage aufgebaute, unabhängige 
Disziplin hergestellt zu haben, gebührt den Ale- 
xandrinern; denn die wertvollen Untersuchungen 
der pergamenischen Schule trugen noch durch- 



heutzutage im großen und ganzen nur von histo- 
rischem Interesse ist, so hat dagegen die von 
ihr geschaffene Terminologie sich im wesentlichen 
siegreich behauptet und bietet damit einen der 
vielen eklatanten Beweise für den Einschlag 
antiken Denkens in der modernen Kultur. 

rgafiftaziMos {yqafiftaxixri sc. %e%vrj): Wie 
ygäpfta ursprünglich den Buchstaben oder das 
Geschriebene bezeichnet — im Sinne von einem 



L • i ri tT ° — «.*«.v^ uv » u .. U j. u .# V uv uo«in,uun — iin umuc yuu einem 

aus stoisches Gepräge. Die einzelnen Etappen 10 literarischen Schriftstück kommt das Wort nur 



der Entwicklung ließen sich nicht mehr genau 
feststellen, doch scheinen hier Ariston von Chios, 
Diogenes von Babylon, Chrysippos, Antipatros von 
Tarsus, Aristophanes von Byzanz und Aristarchos 
besonders schöpferisch gewirkt zu haben, bis uns 
in der ti%yr} des Dionysios Thrax ein abgeklärtes, 
wenn auch keineswegs vollendetes System, auf 
dessen Schultern aber alle Späteren stehen, ent- 
gegentritt 



ganz vereinzelt in der klassischen Zeit vor (z. B. 
Xen. mem. IV '2, 1), so bedeutet ygafifiaxixdg zu- 
nächst ganz folgerichtig den, der ygdfipaxa kennt, 
der lesen gelernt hat, im Gegensatz zu dem An- 
alphabeten, dyga^iaxog (vgl. Plat. Phileb. 19 b; 
Theaet. 207 b ; Republ. HI 402 b. Xen. mem. IV 
2, 20) und dementsprechend yga/nfiaxtxtj xixvq 
die Fertigkeit des Lesens (z. B. Plat. Crat. 431 e ; 
Soph. 253 a. Arist. Pol. VIII 3, 1337 b, 24; Top. 



Die sprachwissenschaftliehe Forschung der Bö- 20 VI 5, 142 b, 31). Dagegen heißt der Lehrer des 

I» UTllf/^a jlnWllt "FV.rt4-.-n-* ^T.rn.^.r.^J. ... _ J 1- — „- *. -. 1* * _H TT _ » I _ * . 



mer wurde durch Krates angeregt und kam so- 
mit zuerst ganz unter stoischen Einfluß; in der 
ciceronischen Zeit machte sich auch die alexan- 
drinische Richtung stark geltend, was den römi- 
schen Untersuchungen einen merkwürdig ungleich- 
artigen Charakter verlieh. Diesem Umstände ist 
es auch wohl zuzuschreiben, daß die weitere Ent- 
wicklung keine gradlinige war, sondern daß be- 
reits wenige Generationen nach Varro Eemmius 



Lesens zu allen Zeiten yga^axioxr^g (zuerst bei 
Plat. Prot 312 b; Euthyd. 279 e; Leg. VII 812 a) 
oder seltener yga^fiarodiSdoxakog. Vgl. auch Mart. 
Cap. III 229 yga/ifiauxtf dicor in Graeeia, quod 
ygafifit) linea et ygdfifiaxa litterae nwieupantur 
. . . hi?ieque mihi Bomulus (d. h. A 7 arro nach Asper 
gramm. V 547, 5 ; Isid. orig. I 3, 1) litter aturae 
nomen adseripsit, quamvis infantem me littera- 
tionem voluerit nuneupare sieut apud Graecos 



Palaemon, sich mit Bewußtsein von jener älteren 30 ygafi(iaxiazixri primitus voeitabar, Sext. Emp. 
Richtung emanzipierend und sich enger an Dio- adv. math. I 44 — 49. 



nysios Thrax anschließend, ein grammatisches Lehr- 
gebäude errichten konnte, das sich im wesentlichen 
für alle Späteren autoritatives Ansehen erwarb, 
mit alleiniger Ausnahme des Priscian, der wiederum 
die mehr stoische Betrachtungsweise, namentlich 
auf dem Gebiete der Syntax, sieb aneignete. Über 
diese syntaktischen Forschungen im Altertum war 
es schwer, infolge des fast gänzlichen Verlustes 



der OnginalqueUen, zu einem gerechten Urteil 40 liefert ist Theogenes, ein ganz unbekannter Käme, 



In der voralexandrmischen Zeit hatte sich der 
Begriff des Wortes dahin erweitert, daß ygafi- 
[tazixrj die Laut- bzw. Formenlehre bezeichnete. 
So bei Aristoteles in den oben angeführten Stellen 
(S. 1787). In dieser engeren und niederen Be- 
deutung faßte es auch Favorin (s. o.) und Schol. 
Dionys. Thrax p. 448, 6 H. dg^a^ht] fikv (sc. 
V ygauuaxixtj) oljio ßeayevovg (von Rhegion ? über- 



zu gelangen, obwohl manches darauf hindeutet, 
daß dieses uns so wichtig erscheinende Forschungs- 
gebiet in seiner vollen Bedeutung den antiken 
Grammatikern nur in ganz seltenen Fällen zum 
Bewußtsein gekommen ist. Andererseits haben 
sie im Gegensatz zu der modernen Anschauung (vgl. 
Goetz Art. Glossographie o. S. 1433—1466) 
Semasiologie, Lexikographie, und Glossographie, 
aber vor allen die Etymologie, stets als einen inte- 



den man aber nicht in Theodektes ändern darf), 
xeXeG&eioa de siagä tööv ÜEgtjiairjzixwv Uga^i- 
tpdvovg xe xai 'AqlgtoteXovs. Die weitere semasiolo- 
gische Entwicklung erhellt aus Clem. Alex. Zxgcoix. 
I 16, 79, 3 'AvriöaiQog 6 Kv/taTog XQ&Tog xov 
yQa^fiaxtxov ävii tov xgtxtxov (schon bei Ps.-Plat, 
Axioch. 366 e als Terminus für den Literatur- 
forscher oder Lehrer) eiorjyrjoaxo rovvofia xai ygau- 
fiavtxog uiQoorjyoQEvür} (vgl. auch Bekker Anecd. 



grierenden Bestandteil der formalen G. angesehen. 50 III 1140. Cramer Anecd. Ox. IV 310 26). "Evioi 



Wenn nun aber, trotz oft hervorragenden Scharf- 
sinns, intensiver Gedankenarbeit und eines ge- 
waltigen Sammeleifers die antike G. doch mehr 
oder minder an Äußerlichkeiten haften blieb und 
gegen alle Erwartung zu nur wenigen, wissen- 
schaftlich einwandfreien Resultaten gelangt ist, 
so hat dies zweifellos in erster Linie darin seinen 
Grund, daß die Griechen nur eine Sprache in den 
Kreis ihrer Betrachtung zogen und die R^mer, 



öe 'EgaToo&svt) tov Kvoyvaior tpa<fiv, ineiSt) ig~e- 
6ö>xbv ovzog ßtßlia ovo ygammrixa ivciygaipag 
(sonst nicht bezeugt), cbvofiäo&j] de ygafiparixog, 
ag vvv ovoftaCoftsv (3. Jhdt. n. Chr., falls die 
Worte nicht der Quelle selbst entnommen sind), 
xQäzog 2Iga£i(pdvT}s (Schüler des Theophrast). 
Etwa seit dieser Zeit also machte yqan^axtxog 
im weiteren Sinne dem früheren xqvzixög den Rang 
streitig, und zwar als vollkommenes Synonymon. 



obwohl sie wenigstens das Griechische als Ver-60Vgl. Dio Chn-sost. orat. 53 init. 'Agiaxagyog xai 
gleichsobjekt stets vor sich hatten, doch zu sehr " ' ' " * ' - 

in dem Bann hellenischer Doktrin standen, um 
sich einen freieren Blick für die Entwicklung ihrer 
eigenen Sprache zu wahren; haben sie doch das La- 
teinische gewöhnlich aus dem Äolischen abgeleitet, 
i?*«. t moderne vergleichende Sprachwissen- 
schaft konnte hier feste Grundlagen schaffen 
W«tta daher das Lehrgebäude der antiken G.* 



Kgdvij; xai eteqoi xhiovg xtöv vaxegor ygauua- 
nxßv xixj&evxaiv, utgoxegov de xgixixwv xai öq 
xat avrog 'Agtoxoxsk-qg, afp 1 ov tpaat ri)v xgvtixrpf 
xe xai ygaftfiaTtxqv aQ%i}v Xaßetv. Bekker Anecd. 
DI 1140 rö jiqozeqov xgiztxTj DJyexo (sc. y y&af*- 
fiaxtxij) xai oi xavttjv fteztovreg xgixtxoi. Gegen 
diese Gleichsetzung nun scheint aber die perga- 
menische Schule, die sich im Gegensatz zu den 



Alexandrinern mit Vorliebe des angeblich ehren- 
volleren Titels xgivtxog bediente, protestiert zu 
haben, indem sie, auf die frühere, engere Bedeu- 
tung zurückgehend, ^gafifiartxdg nur als eine Art 
Handlanger und yga/ifiaxix^ als eine minder- 
wertige Tätigkeit, als eine bloße sfimigia und 
keine rex v V oder gar entaxr)^ bezeichnete. Ein 
Echo dieses Streites tönt uns noch entgegen aus 
dem Epigramm des Xrateteers Herodikos (Athen. 
V 222 a) <pevyst\ 'Agioxaoxeioi . . . yoyvtoßofißvxsg, 
fiovoovXXaßotf oloi fte^itjke xo o<piv xai aqp&tv xai 
ro fiiv f)ös zo vlv, xoviy Vfüv stq av7tefi<pskov. Vgl. 
auch Sext. Emp. adv. math. I 79 eXeys (sc. 
Kgazrjg) diaysQEiv tov xgixixbv xov ygaftfiarixov • 
xai xov fihv xgixixov mdötjg, (prjai, öst Xoyixffi 
mioTrjiA.r}g efinsigov Eivat xov 6s yQa/j,f*axix6v oatXtög 
ylwcoiöv Hh\r\yr\xtx6v xai xgoowdlag aaoboxixov 
xai twv xovxotg jiagajiktjaicov Eidtjftova, Tiagb xai 
ioixsvai ixsTvov (isv ugytTSxzovi , xov de ygafx^ta- 
xtxbv VTzrjQEXj). I 248 Tavgiaxog 6 KgdzrjTog axov- 
GXY\q, woheq oi äXXot xQixixoi vTzoxdoocov xfl xgi- 
tixfj xijv yga/ufiaTixrjv, Schol. Dionys. Thrax p. 673 
ijzsysygaTixat yäg xo ziaqbv avyygafifia xaxä iiev 
xivag jxsgt ygafiftaTtxfjg, xara ök exeqovc izsqi xgt- 
rixfjg xsyyris ' xgtxtxij 5s Xiyexai v\ xex^i ex xov 
xaXXiaxov fXEgovg. Aus denselben Anschauungen 
gingen vermutlich auch die Schriften der beiden 
Pergamener Telephos tiooa %gi\ Eidevai xov ygafi- 
fiaxixov und des berühmteren Galen « dvvaxai 
xig eivat xgixixbg xai ygafi/xaxtxog hervor. 

In diametralem Gegensatz zu jener gering- 
schätzigen Auffassung von yga^^axixr] von Seiten 
der pergamenischen Schule nahmen die Alexan- 
driner das Wort im weiten Sinne des Sprach- 
und Literaturstudiums überhaupt, unserem Philo- 
logie' vollkommen entsprechend. So definiert denn 
Dionys. Thrax die re/vr} yga^fiaxtx^ als 'Efxjzstgta 
tbg im xo nolv zw staga jioitjxatg xe xai ovyyga- 
<psvoiv Xeyoßhcüv, die in folgende sechs Teile zer- 
fällt, von denen die ersten fünf auch als xex v V 
/itxod, äteXEOTsga, die letzte aber als texvt} /ue- 
ydXr}, ivxEXtjg, xiXeiog bezeichnet wurde. 1. avd- 
yvcoaig svxgißrjg xaxä Tigooayölav, sorgfältiges Lesen 
nach Akzent, Spiritus und Quantität, was eine 
keineswegs leichte Sache war, da die älteren Texte 
akzentlos, ohne Worttrennung und mit nur ge- 
legentlicher Interpunktion geschrieben waren; 
2. ig'-qyrjoig xaxä xovg kvv7idg%oviag Ttoirjzixovg 
xgoTiovs ,Erklärung der rhetorischen Figuren', so- 
wohl lig'Efog als ötavolag ; 3. yltooa&v xai laxo- 
gtöir jrgo/ECQog djidöoaig ,Wort- und Sacherklä- 
rung ' ; 4. ezvfiokoyiag evgeaig ; 5. dvaXoylag ixXo- 
y laude ,Darstellung der grammatischen Regel- 
mäßigkeit' ; 6. XQtötg xotfifidrcöv, o Sij xdXXtaxdv 
toxi ^idvxcov xöjv sv xfj xs/vfi. In 3. und 5. wie 
in dem Worte euxetgia, zeigt sich deutlich die 
alexandrinische Provenienz der xeyvr\ des Diony- 
sios. Eine direkt gegen diese Einteilung der G. 
sich wendende Auseinandersetzung, die nur drei 
Teile: 1. ioxogcxör, 2. xeji'ixov, 3. idialxEQov an- 
erkennt, ist uns von Sext. Empir. adv. math. I 
57—83. 91. 252 überliefert und auf Asklepiades 
von Myrlea (I 72) zurückzuführen. Eine Vier- 
teilung endlich, die von Usener dem Tyran- 
nion, einem der Lehrer Varros, zugeschrieben 
wird, gibt uns ein Schol. zu Dionys. Thrax 
p. 115, 8 Hilg. 1. dvayv&oTutov (wie oben); 
2. diöQ&ö>ztx6v ,recen$io, Textkritik'; 3. ilgi}- 



yrjztxdv ; 4. xqitixov ästhetische und literarische 
Kritik*. Eine sehr ausführliche Erläuterung zu 
der Dionysischen Einteilung liefert Rutherford 
Scholia Aristoph. III 157—455. In dem Kampf 
der Schulen blieb Alexandrien Sieger, und so be- 
hauptete auch bei Griechen wie bei Römern ygafi- 
(iaxixr) , bezw. ygafifiaxtx6g 7 in dem weiten Sinn 
des Berufsphilologen fast allein das Feld. Vgl. 
die grundlegende Abhandlung von Lehrs De 

10 discrimine vocabulorum <pddXoyog, ygaßfiauxdg, 
xgixixds, im Appendix zu Herodiani scripta tria, 
Berlin 1857, 379—401. 

Die Römer übernahmen mit der Sache auch 
die alexandrinische Nomenklatur. Gritims kommt 
bei ihnen, mit Ausnahme des Servius, der gram- 
matißm überhaupt nicht braucht, nur ganz ver- 
einzelt vor (zuerst bei Cic. epist. IX 10, 1 und be- 
sonders bemerkenswert Romanus beiCharis. gramm. 
I 236, 18 inter omnes crüicos grammaticos con- 

20 venu. Siehe Thes. ling. lat, III 1210 s. v.). Auch 
schlössen sie sich meist der Dionysischen Defi- 
nition und Einteilung der G. an. Vgl. z. B. Cic. 
de orat. I 187 in grammaticis poetarum pertrac- 
tatio, historiarum eognitio, verborum interpreta- 
tio, pronuntiandi quidem sonus. Varro frg. 234 
Fun. ut Varroni plaeet, ars grammatica, quae 
a nobis litteratura dicitur, scientia est eorum 
quae a poetis historicis oraioribusque. dieutUur 
ex parte maiore, eius prmcipwi officia sunt 

SQquattuor, ut ipsi plaeet, seribere, legere, intel- 
legere, probare, dafür frg. 236 leotio, enarratio, 
emendatio, iudicium. — leetio est varia cuiusque 
scripti enuniiatio serviens dignitati personarum 
exprimensqys animi hahitum cuiusque. enarratio 
est obscurorum sensuum quaestionumve (sc. fy- 
xrifxaxa) explanatio, emendatio est recorreetio 
errorum qui per scripturam dietionemve fiunt. 
iudicium est aestimatio qua poema ceteraque 
scripta perpendimus. Quintil. inst. I 2, 14 st 

40^ß loquendi ratione disserat (sc. grammaticus), 
si quaestiones explieet, historias exponat, poe- 
mata enarret. Der ursprüngliche Ausdruck für 
ygafifxaxtxr] bezw. ygafifAaxixdg im Lateinischen 
war literatura, literatus (literator)] diese Über- 
setzungen sind aber bald durch die griechischen 
Lehnwörter verdrängt worden, dafür aber in die 
modernen Sprachen eingedrungen. Vgl. Quintil. 
inst. II 1, 4. Diom. gramm. II 421, 9 und be- 
sonders Suet. gramm. 4 appellatio grammati- 

50 eorum Graeca consuetudine invaluit, sed initio 
literati voeabantur. Cornelius quoque Nepos li- 
bello quo distinguit lüeratum ab erudito, Uteratos 
vulgo qutdem appellari aü eos qui diligenter 
aliquid et acute scienterque possint aut dieere 
aut seribere, ceterum proprie sie appellandos poe- 
iarum interpretes qui a Graecis grammatici 
nominentur. 

Bei den Römern war aber daneben gram- 
matica auch in seiner engeren Bedeutung von 

60 G. xat E^oyJiv allgemein rezipiert, und zwar ohne 
jeden üblen Beigeschmack. Jene stoisch-perga- 
menische Geringschätzung der formalen G. scheint 
unter den Römern aber nur Seneca der Jüngere sich 
angeeignet zu haben. Man vgl. epist. 88, 3 gram- 
maticus circa curam sertrumis versatur et, si 
latius evagari vuÜ, circa historias, iam ut lon- 
gissime fönes suos proferat, circa carmina. 88, 
42 philosophi ad syttabarum distinetiones et 



coniunctionum ao praepositiönum pröprietates 
descendenwt et invidere grammaticis und be- 
sonders 108, 30 — 34, wo er die Funktionen des 
grammaticus gegenüber denen des philosophus 
und phihlogus in folgender Weise wiedergibt: 
eosdem libros (d. h. Cic. de rep.) cum gramma- 
ticus explicuit, primum verbat expressa, ,reapse' 
diei a Cicerone, id est ,re ipsa' in eommen- 
tarium refert, nee minus ,sepse c , id est ,se ipse 1 . 



\jiau<xiimiL 



rotJ 'AaxXrixtoQ 06ff.), Delphi (Homo 11 e Bull, 
helh XXIII 604), Priene (Wiegand und Sehra- 
der 260ff.), Vgl. &TLck"Ag>seis und *A<p*T.wQla 
(Reisch o. Bd. I S. 2715. 2717) sowie Jüthner 
Eran. Vind. 311ff. ( [Jüthner.] 

Grammion (t6 rqäfxfuov Steph. Byz.), Ort 

auf Kreta. K. Hoeck (Kreta 434) setzte die Lage 

nach Cor onelli am Kap Sidero ('Iolda>Qo$) am 

... ^ - nördlichen Küstenrand des nordöstlichen Aus-. 

deinde transit ad eaquae eonsuetudo saectdi 10 lhufers an, E. Falkener Theaters and other Re- 



mutavit, tamquam ait Cicero . . . , ,sumus { ab 
ipsa calce . . . revocaW. Heine quam nunc in eireo 
cretam roeamus, calcem antiqui dieebant. Deinde 
Ennianos eolligit versus et imprimis illos de Afri- 
cano scriptos . . . felieem deinde se putat, quod 
invenerit, unde visum sit Vergilio dicere ,quem 
super ingens porta tonat caeli 1 . Ennium hoc 
ait Homero subripuisse, Ennio Vergilium. esse 
enim apud Oiceronem in his ipsis de re- 



mains in Crete 19 beim jetzigen i EQr}fi6nolts i 
nördlich von Itanos (nördlich vom Kawos Pläka),. 
am Ostsaum der Insel, C. Bursian Geogr. v. 
Griechen!. II 577, 1. [Bürehner.] 

Grampius s. Granpius. 

Gramrianae (Tab. Peut. Gramrianis; Geogi. 
Rav. 191, 17 Grambianis; Itirt. Hieros. 566, 2- 
Bappiana. Nach Tomaschek Ztschr. Österr. 
Gymn. 1867, 711 Grampiana), Station der Kon-, 



publica libris hoc epigramma Enni. Während 20 stantinopler Heerstraße in Moesia super ior nördlich 

Seneca an den beiden ersten Stellen die Haupt- — XT -- v - : J — 1 -— ^ -— **-'■•---- ^ -->■■ 

aufgäbe des grammaticus in der cura sermonis 
oder der Formenlehre erblickt, so erscheint sie 
in der letzten etwas weiter ausgedehnt, indem es 
sich dort vornehmlich um eine allseitige, stili- 
stische Interpretation mit Ausschluß der sach- 
lichen Exegese, die teils dem Philosophen, teils 
dem phüologus zugewiesen wird, handelt. Aber 
weder im griechischen noch im lateinischen Sprach- 



von Naissus bei dem heutigen Aleksinac. Kanitz 
Römische Studien in Serbien 74. Jirecek Die 
Heerstraße" von Belgrad nach Constantinopel 20. 
Kiepert Formae orbis antiqui XVII. [Patsch.] 

Granarium, gleichbedeutend mit horreum r 
Kornspeicher, Fruchtboden, ein sachgemäß zu- 
gerichteter Raum zur Aufhebung der gesiebten 
und gereinigten Körner nach dem Ausdrusch des 
Getreides (Varro r. r. I 57. CoL I 6. Plin. XVIII 



gebrauch findet diese Einschränkung eine Stütze. 30 302. Fall. 1 19). 1. Ein zu ebener Erde gelegener, 
Für Ai» <«,„™> „„^oi«™^«^* u«™m,„ i^ gewö lbter, hoher Kornspeicher, über dessen Her- 
stellung genauere Anordnungen gegeben werden. 
Er sollte an der trockensten Stelle des Hof- 
raumes, fern von der Dungstätte, oder auf freiem, 
hochgelegenem Felde nach Norden liegen. Um 
das Eindringen von Nagetieren, Käfern, Korn- 
würmern und anderem Ungeziefer zu verhindern, 
sollte der Fußboden auf das sorgfältigste be- 
arbeitet werden. Die frisch aufgegrabene Erde- 
40 wurde mit ungesalzenem Ölschaume (amurca) 



Für die ganze nachalexandrinische Epoche ist 
und bleibt der grammaticus entweder der ,Fach- 
grammatiker' oder aber, bei den Römern aller- 
dings seltener als bei den Griechen, ist er der 
allseitige Schriftstellerinterpret, dem die sachliche 
nicht minder als die linguistisch-rhetorische und 
stilistische Erklärung obliegt. Vgl. J. A ister- 
mann De M. Valerio Probo, Bonn 1910 S. 17—23 
und die Art. Kgixixög und <PiX6Xoyog. 

[Gudeman.] 
reafifttj. Im Stadion (s. d.) die Ablaufslinie, 
an welcher die Läufer Stellung zu nehmen hatten, 
um den Lauf in einer geraden Reihe zu beginnen 
{vgl. Aristoph. Ach. 483. Poll. III 147), und des- 
gleichen die Ziellinie am Ende der Rennhahn. 
SchoL Pind. Pyth. IX 208 noxt ygaufin usv eot-nos 
yag avtyv tiqos tfj eo%&zn ygaupfj zov Sgöpov . . . 
sZ&Qaoaov Sk ygajufiijv Ttva, ijv ag%rjv ttal zeXog 
£i-/ov oi äycovtCoficvot. Oft auch bildlich, und 



benetzt und dann festgestampft. Auf diesen so 
vorbereiteten Boden kam ein Estrich zu liegen, 
der aus einer Mischung von ölschaum, Lehm, 
Ton und Sand bestand. Auch diese Masse wurde 
festgestampft und sorgfältig geglättet. Die 
Fugen zwischen Boden und Wand, sowie alle an 
der letzteren etwa befindlichen Öffnungen und 
Risse wurden verschmiert. Kalk sollte beim Bau 
des granarium nicht verwandt werden. In 
zwar für den Anfang: Bekker Anecd. p. 426, 19 50 diesem Raum wurde für jede einzelne Getreide- 



uro yga/ifztjg otov dr' ä.Qzfjg ' stgrjzat öi asto %f\g 
Tcüv ÖQOfxicov yQapiprjg, rjv afpeotv xai ßcdßtSa. xa~ 
iovotv. Ebenso für das Ende, speziell den Tod: 
Eur. El. 955. Diod. XVII 118. Wie der Name 
besagt, war y. ursprünglich nichts anderes als 
eine im Boden der Rennbahn gezogene Linie oder 
Furche, die Anfang und Ende der zu durchlau- 
fenden Strecke, des Stadion, kennzeichnete. Um 
das jedesmalige Ausmessen der Bahn zu ersparen 



art eine besondere Abteilung angelegt. Die 
Scheidewände fertigte man aus Lehm an, unter 
den anstatt geschnittenen Strohes Blätter vom 
zahmen oder wilden Ölbaum gemischt wurden. 
2. Ein aus Holz gebauter, auf Pfeilern oder Säulen 
ruhender Speicher (pensile), der es ermöglichte, 
daß der Wind von allen Seiten, selbst vom Fuß- 
boden her die lagernden Früchte bestreichen 
konnte. Dieser Aufbewahrungsort, der sich für 



und die Linien ein für allemal zu fixieren, hat 60 feuchte Gegenden als besonders zweckmäßig er- 
man später Steinschwellen gelegt und Rillen in die- wies, wurde von manchen Landwirten deswegen 

selben eingemeißelt Das war die ßaißle (Reisch ™— «-» •' j— r-_^.:j. ^ — t- j„ v-i«-« — 

o. Bd. II S. 2819), die in einigen Stadien noch 
ziemlich gut erhalten, aber nach ihrer Einrich- 
tung und Verwendung noch nicht ganz aufge- 
klärt ist Gefunden wurden solche Schwellen in 
Olympa* (Olympia II, Baudenkm. IL Bötticher 
Oiympia2 232), Epidauros (Ravvadias Tö &QÖy 



verworfen, weil das Getreide durch den beständigen 
Zutritt der Luft an Gewicht verlieren sollte. 
3. Die Granarien unter der Erde , welche die 
Luft abschließen sollten. Es waren dies Gruben 
(serobes, speluneac, ottQoi, aigoi) oder brunnen- 
artige Schachte (putei), deren Boden mit Spreu 
bedeckt wurde, um Luft und Feuchtigkeit und 



xoiö 



uranaaus 



VXIäLLLtLUU 



damit auch den Kornwurm (curculio) fernzuhalten. 
Siri fanden sich in Kappadokien und Thrakien, 
pidei im" diesseitigen Spanien, im Gebiete Karthagos 
und bei Osca in Hispania Tarraconensis (heute 
Huesca in Aragonien). Plinius, der die unter- 
irdischen Granarien als die besten bezeichnet, 



frg. 11, FHG II 238 zurückgeführten hypoplaki- 
sehen Thebelegende. Schol. Townl. beginnt rich- 
tiger mit dem Lemma 'YstonXaxCn (statt vjt» 
JlXdxtp) und läßt den Eingang rgavixog, oi de 
weg vor "ASgaftvc ng üsXaoyog xtX. Gemeint 
kann bei G. Nr. 1 und 2 nur sein der Gott oder 
Heros des troischen Flüßchens. [Tümpel.] 

3) Granikos (6 rgdvtxos Diod. XVII 19. StraK 
XU! 582. 587. 602. Mela 1 19. Plin. n. h. V 141. 



bemerkt noch, daß die vollen, noch nicht ge- 
droschenen Ähren (die in vielen Gegenden vom 
Halm kurz abgeschnitten wurden, s. Art. Ge- 
treide) auf diese Art aufbewahrt, eine ganz außer- 10 Plut. Alex. 16; parall. 11 ; Luculi. 11. Flor. III 5. 
ordentliche Haltbarkeit zeigten. Nach Varro (r. r. Arrian. exp, AI. I 13, 1 u. ö. Polyaen. 171, 24. 
I 57) hielt sich, so aufbewahrt, Weizen 50, Hirse Luc. dial. mort. 12, 4 rQrjvixos. Hom. II. XU 21 



100 Jahre. Das Herausholen der in den siri 
aufgehäuften ßetreidemengen war infolge der 
sich in dem geschlossenen Raum entwickelnden 
Gase nicht völlig gefahrlos. Varro (I 63) rät, 
um Erstickungsfällen vorzubeugen, die siri, be- 
vor man hinabsteige, um Getreide zu holen, 
einige Zeit offen stehen zu lassen. 4. Palladius 



= Hesiod. theog. 341. Quint. Smyrn. m 302. 
Suid. Hesych. Ptolem. V 2, 1 M. (edit. princ. 
Fgriviog), von der Ide der Troas (Hom. IL XII 19) 
durch die Adrasteia rinnender Fluß (Alexander 
d. Gr. nennt ihn Arr. Exp. AI. I 15, 6: ofiwQov 
Qevfxa) Kleinmysiens, jetzt an der Mündung Bigha- 
tschai. Nach Etym. M. = xq$vixo$ Bach der 



(I 19) versteht unter G, speziell auch die einzelnen 20 xq^ (!) nach Strab. XIII 582 von ygäg = Sieg(!> 
Abteilungen für jede einzelne Getreideart, von nach Heges. FHG III 70, 6 von r$aix6g (!). Zwi- 

denen der Kornspeicher eine große Menge enthielt. ~- T — "- '~ ™— ' ™ J ^— :1 — -»«-- 1-+ —■ 

5. Ein von drei Fuß dicken Mauern umgebener 



Raum ohne Öftnungen, in den das Getreide von oben 
herein geschüttet wurde. Über die Bedachung 
sagt Plinius (XVIII 301) nichts. [Orth.] 

Grandaus, korrupter (?) Name eines Asianus 
declamator der Augusteischen Zeit, von dem 
Seneca contr. I 2, 23 nur eine obszöne Sentenz 



sehen Priapos (s. Plan) und Kyzikos mündet er 
in die Propontis. Seine Ufer sind im Tiefland 
3—4 m hoch, flach und bewachsen. Nebenflüsse 
Rhesos und Heptaporos. Er ist berühmt durch die 
Schlacht (Frühsommer 334 v. Chr.), worin Alexan- 
dras d. Gr. die Perser unter Memnon besiegte, und 
durch eine Schlacht (73 v. Chr.) , in der Lucullus 
den Mithradates schlug. Schwerlich hat an seiner 



SCHLACHTFELD 

AM 

GRANIKOS 



mitteilt, die anscheinend M. Aemilius Scaurus 30 Mündung eine antike Stadt G, gelegen ; vgl. Tab, 
Mamercus (s. o. Bd. I S. 583, 139) 
wie eine solche des Hybreas angeführt 
hatte zum Beweise, daß die griechischen 
Deklamatoren nihil non et permiserint 
sibi et impetravertnt. Gertz konji- 
zierte Granaus (Kgaraog), man könnte 
auch an Granianus {Fgaviavög) denken. 
Buschmann C harakteristik d. griech. 
Rhet. beim Rhet. Sen., Parchim 1878, 
20 und Norden Ant. Kunstprosa I 
266 halten an der überlieferten Namens- 
form (roavSaog) fest. [Mim scher.] 

Grandetnm, von Iustinian erbau- 
tes obermösisches Kastell im Gebiet 
von Naissus; Procop. de aedif. 284, 9 
roavöezov, Tomaschek Die alten 
Thraker II 2, 89. [Patsch.] 

Grandimirnm s. Glandomirum. 

Grani mons, Station der Via Vale- 
ns, 6 mp. von Carsioli, Tab. Peut. 
[Weiss.] 

Graniannm pronrantnrium , zwi- 
schen Alista und Rubra an der Südost- 
küste Korsikas, Ptolem. 1LT 2, 5. 

[Weiss.] 

Granianus s. Clodius (Nr. 32), 
Fulvius (Nr. 65), Iulius, Licinius 
Silvanus und Pontius Faustinus. 

Granikos {rqdvixog). 1) Flußgott, 
Sohn des Okeanos und der Tethys, Bru- 
der von 24 andern Flußgöttern und 41 
älteren Schwestern, unzähligen jünge- 
ren im Okeanidenkatalog der Hesiodi- 
schen Theogonie 342. 

2) Nach dem Schol. AD Hom. H. 
IV 396 angeblich nach einer Überliefe- 
rung Held der sonst von Adramys (s. <L) 
erzählten und auf Dikaiarchos Hessen. 




H*ch K.u.fi. Kiepert w. BörchnW. 



1ÖI0 



Uranionaritun 



Granit 



1816 



Peut und Geogr. Rav. Über das Flußbett im 
Altertum und den Wintersee H. Kiepert Me- 
moir über die Konstruktion der Karte von Klein- 
asien und Türk. Arm., Berl. 1854, 55. Richter 
Wallfahrten im Morgenlande 424. Von Reisen- 
den {z. B. Chishull Travels in Turkey 59. 60 
im J. 1701, H. Kiepert Januar und 25. Februar 
1842, A. Mordtmann Skizzen aus Kleinasien 
Ausland 1857, 750) oft aufgesucht und berührt, 



antiche 220ff. 0. Müller Etrasker 12 230. 
Bruzza Ann. d. Inst. XLII [1870] 169f.), doch 
von den Griechen des Festlandes garnicht und 
von den Römern erst in der Kaiserzeit für Archi- 
tektur und Plastik verwendet worden ist ; nur in 
Kleinasien und den Inseln scheint er vereinzelt 
bei Bauten Verwendung gefunden zu haben (doch 
ist der Tempel zu Assos nicht von G., sondern 
aus dem dort heimischen Trachyt erbaut). Da 



<ia die Straße von Lampsakos nach Zeleia ihn 10 bekanntlich die Ägypter den G. mit Vorliebe 



überschreitet und die Residenzstadt des Unter- 
gouverneurs von Bigha (byzant. Pegai) an ihm 
liegt. Zur Geschichte vgl. o. Bd. I S. 141 7f. Über 
das Schlachtfeld: H. Kiepert Das Schlachtfeld 
am G. Globus XXXII (1877) 263f. Nach ihm 
bestand im Altertum der Edsche Göl nicht in der 
Ausdehnung von heute. Veränderung des Strom- 
laufs. Gegen ihn A. Janke Auf Alexanders d. 
Gr. Pfeden, Berl. 1904 Taf. 5. [Bürchner.] 

Gramonarium s. Gravionarium. 

Granis, nach Nearchos bei Arrian. Ind. 39 
Küstenfluß in der Landschaft Persis, 200 Stadien 
unterhalb der Königsburg Taoke in den Persischen 
Golf mündend. Nach Iuba bei Plin. n. h. VI 
■99 ist der G. für kleinere Schiffe befahrbar und 
fließt durch Susiana ; die östlich von ihm gelegene 
Landschaft hat Naphthaquellen aufzuweisen. Es 
ist klar, daß hier in der arsakidischen Periode 
Irans eine Grenzveränderung erfolgt sein muß; 



auch besonders für Skulpturen, verarbeiteten, so 
haben die Alten diesen Stein wesentlich dort 
kennen gelernt und darnach auch benannt. Allem 
Auschein nach ist es auf G. zu beziehen, wenn 
griechische Schriftsteller von äthiopischem Stein' 
sprechen; so sagt Herod. II 127, die erste Stein- 
schicht der Pyramide des Chephren sei Ud-ov 
At&iomxov notxttov, und in der Tat sind die 
beiden unteren Lagen von gesprenkeltem G. ; ebenso 
20 bei der äußeren Bekleidung der Pyramide des Mi- 
kerinos (Menkera), ebd. 134 (vgl. 176). Auch 
mit ägyptischem Stein' (Paus. I 18, 6 von Bild- 
säulen des Hadrian. Poll. VII 100. Themist. or. 
XIII p. 179 a von Säulen) könnte G., aber eben- 
sogut Basalt oder Porphyr gemeint sein (und 
ebenso Seneca ep. 115, 8 bei den columnae ex 
Aegyptiis arenis advectae). G. scheint auch der 
Stein zu sein, den Plin. XXXVI 63 nennt : circa 
Sgenen Thebaidü (invenitur) Syenites, quem 



offenbar haben die uns mehrfach genannten Könige 30 antea pyrrhopoecüon vocabant Dieser antike 



der Elymais die westlichen Teile der achämeni- 
dischen Persis an sich gerissen. Der G. ist sicher 
-der heute Schahpur genannte Fluß, der mit einem 
Delta unmittelbar nördlich der flachen Bucht des 
lieutigen Haupthafens Persiens, Buscher, mündet. 
Der Küstenvorsprung Ras Schatt verdankt seine 
Entstehung den Ablagerungen des Flusses. Der 
Schahpur ist einer der bedeutenderen Wasserläufe 
der Persis; er entsteht aus zwei Flüssen, dem 



fccnahpur und dem Deliki, von denen der letztere 40 teris,moxTkebaicumquempyrröpoecilonappella- 

<Ier HäUütfluß ist und ans fiirmtn fvmafliAn T.änore. du'muo stMn„Ä «,>„».«,»>„, ™ «,~..«„»4 tt;„,. „^„j Ä i 



Syenit (der mit dem heute so genannten Stein 
nicht identisch ist) darf als G. angesprochen wer- 
den, da sich in der Tat bedeutende Brüche von 
G. bei Assuan, dem alten Syene, finden, die die 
alten Ägypter ausgebeutet haben (s. W. M. Fun- 
de rsPetrie The arts andcrafts of ancient Egypt 
70f.). Auch ,thebanischer Stein' kann G. gewesen 
sein; Plin. a. a. O. 157: Etesium lapidem in 
iis (sc. mortariis medicinalibus) praetulere ee-' 



der Hauptfluß ist und aus einem typischen Längs- 
tal der noch das Zagrossystem fortsetzenden Per- 
ais zum Meer durchbricht. Erst in der hier weit 
ins Innere hineingreifenden Küsteuebene vereinigt 
er sich mit dem Schahpur. Der Deliki ist offen- 
bar der G. Aber auch der Name des anderen 
Quellflusses ist uns überliefert; er hieß Ratinus, 
wie Plin. n. h. VI 110 mehrere Hss. lesen. Dieser 
Name wurde in der sassanidischen Periode auf den 



vimus, . . . aliqui psaranum vocant. Hier wird also 
der Thebaicus lapis mit dem syenites identifiziert, 
dagegen vorher § 63 unterschieden: Thebaicus 
lapis interstinctus aureis guttis invenitur in 
Africae parte Aegypto adscripta, coticulis ad 
ferenda collyria quadam utiliiate naturali con- 
venüns. Wahrscheinlich ist der nvQQOJiotxlkog 
genannte Stein roter G. mit eingesprengten weißen 
Teilchen gewesen, der tpagavog aber schwarz- 



■ereimgten Fluß übertragen; die arabischen Geo-50wciß gesprenkelter (s. Blümner Technologie III 
'rauhen nennen den G. nähr Tfati-n TnnVft um 11 11 Tn H fl r ifa^ fl TO fl ;t hr.™™± ^™v n ™«T««i« 



graphen nennen den G. nähr Ratin. Taoke am 
G. heißt in der sassanidischen Zeit Tawag, bei 
den arabischen Geographen Tawwaz oder Tauwag. 
Vgl. Tomaschek Die Küstenfahrt Nearchs {S.- 
Ber. Akad. Wien CXXI 1890, 64f.). [Kiessling.] 

Granit. Welchen Namen das Gestein, das 
seit dem Ende des 17. Jhdts. G. heißt, bei den 
Alten geführt hat, steht nicht fest. Das kommt 
daher, daß der G,, obschon er auf den griechi- 



11, 1). In der Kaiserzeit kommt der Name Lapis 
Claudianus auf; man fing nämlich unter der Re- 
gierung des Claudius an, Steinbruche von schwarzem 
G. in der Thebais auszubeuten, wovon der Stein 
seinen Namen bekam (Hist. aug. Gord. tres 32, 2) ; 
der Berg, wo dieser graue G. gebrochen wurde, 
hieß darnach Mons Claudianus (ein praepositus 
operum marmorum monti Ctaudiano CIL LU 
25, aus der Zeit des Traian; bvzog nQog xotg rov 



sehen Inseln (auf Mykonos, Delos, Rheneia, im 60 K).avbiavov ipyoig rihäprov, CIG 4713 e). Doch 



nördlichen Teile von Nasos, im Südosten von Te- 
nos, auf Paros, los, Anaphe, Seriphos, s. Fied- 
ler Reise durch Griechenland LI 281. Neumann 
nnd Partsch Physical. Geographie von Griechen- 
land 210f.), vereinzelt auch auf dem Festlande 
(westlich von Thorikos, ün Lauriongebirge, s. d.) 
jnd in Italien auf den Inseln Ilva (Elba) und 
Igilinm (Giglio) vorkommt (Corsi Delle pietre 



meint Letronne Rec. d'inscr. I 136ff., daß dar- 
unter auch die nördlich davon belegenen Porphyr- 
brüche gemeint waren , die nach Plin. a. a. *0. 
57 unter Claudius erschlossen wurden (s. Art. 
Claudianus mons). Andere G.-Brüche wurden, 
wie die Inschrift CIL HI 75 lehrt, unter Sep- 
timius Severus zwischen Syene und Fhilae er- 
öffnet: iuxta Philo» novae lapicaedinae adtn- 



1817 



urainus 



wramus 



JL81P5 



ventae traetaeque sunt parastaticae et columnae, 
grandes et muUae. Blöcke dieses G.s, mit Zahl- 
zeichen des Steinbruchs versehen, sind an Ort 
und Stelle und auch in Rom gefunden worden, 
s. Bruzza a. a. O. 169. 200. 333ff. 

Die Römer haben den G. vornehmlich in der 
Baukunst verwandt, und zwar sowohl roten und 
weißen, den die Ägypter gern für Obelisken und 
Statuen verwendeten, wie schwarzen und weiß- 
oder graugesprenkelten, der namentlich zu mono 
lithen Säulen verarbeitet wurde, wie auf dem 
Traiansforum (daher Granito del foro genannt); 
vgl. Stat. silv. II 2, 86. IV 2, 27. leid. or. XVI 
5, 11. Ferner verwendete man ihn gern für Fuß- 
bodenplatten., Wandinkrustierungen u. dgl. In der 
Skulptur der Griechen fand der G. keine Ver- 
wendung (der Porträtkopf des Berliner Museums 
nr. 309, Furtwängler Samml. Saburoff Taf. 45, 
soll zwar von einer griechischen Insel stammen, 
ist aber wohl ägyptisch), und auch die Römer 
haben nur in Nachahmung ägyptischer Werke 
davon Gebrauch gemacht. Seine Verwendung zu 
Mörsern und Reibschalen für Medikamente, be- 
sonders für Augensalben und für Farben, erwähnt 
Plin. XXXVI 63. 157. Aus der prähistorischen 
Zeit stammen in Troia gefundene Gußformen aus 
G. (Seh lie mann Ilios 282) und eine in Mykenä 
gefundene Form zum Hämmern von Verzierungen 
aus Goldblech (Schliemann Mykenae 121 Fig. 
162. Blümner a. a. O. IV 238 Fig. 22 f). 

[Blümner.] 

Granius, Name eines Geschlechts, das im 
letzten Jahrhundert der Republik namentlich in 
Puteoli blühte und nach dem Ausweis der ver- 
sprengten Zeugnisse über einzelne seiner Mit- 
glieder kaufmännischen Unternehmungsgeist mit 
demokratischer Gesinnung paarte. Grabschriften 
von Granu in Puteoli CIL X 2187. 2484—2489. 
2607. 2651. Die inschriftlichen Belege für das 
Vorkommen von Granii auf Delos um die Mitte 
des 7. Jhdts. d. St. (vgl. Nr. 5 und 6) sind durch 
neuere Funde stark vermehrt worden und jetzt 
zusammengestellt Bull. hell. XXXI 443f. Von 
Praenomina begegnen hier A. L. M. P. Sp., als 
Cognomen (bei einem P. Granius) Gibber. 

1) Granius, Duumvir von Puteoli 676 = 78, 
hatte einen Konflikt mit Sulla, der bei Puteoli 
lebte und an der durch diesen Konflikt hervor- 
gerufenen Erregung starb {prineeps coloniae Val. 
Max. IX 3, 8; « e ^" Pht. Sulla 37, 3, s. o. 
Bd. IV S. 1563, 28ff.). Er kann A. geheißen 
haben (vgl. Nr. 6) oder mit C. Granius Nr. 3 
identisch sein. 

2) A. Granius, angesehener römischer Ritter 
aus Puteoli, auf Caesars Seite in den Kämpfen 
bei Dyrrachion 706 = 48 gefallen (Caes. bell, 
civ. III 71, 1). 

3) C. Granius C. f. als Bürge genannt in der 
Puteolanischen Bauinschrift von 649 = 105 (CLL 
I 577 = X 1781 = Dessau 5317 Z. 16), jeden- 
falls verwandt, wenn nicht identisch mit Nr. 1. 

4) Cn. und Q. Granii wurden nach Appian. 
belL civ. I 271 von Sulla im J. 666 = 88 zu- 
gleich mit Marius und seinen bedeutendsten An- 
hängern geächtet und ergriffen mit ihnen die 
Flacht. An den folgenden Stellen ist nur von 
einem G. die Rede, dessen Praenomen nicht an- 
gegeben wird. Dagegen bezeichnet ihn Flut. 



Mar 1 . 35, 8 nicht nur als Begleiter des Marin» 
auf der Flucht von Rom bis Minturnae, sondern* 
auch im Gegensatz zu dem Sohne des Marius ate 
dessen 7iQ6yovos, d. h. vor der Ehe geborenen 
Sohn oder Stiefsohn ; indes ist über eine frühere- 
Ehe der Iulia, der Gemahlin des Marius, mit 
einem G. sonst nichts bekannt. Der G., der mit 
Marius aus Rom gekommen war, trennte sich von 
ihm bei Minturnae (Plut. 37, 2), traf dann wieder 
10 mit ihm bei Aenaria zusammen und gelangte mit 
ihm nach Africa (Appian. I 280. Plut. 40, 1}. 
Weiterhin wird er nicht mehr erwähnt. 

5) M. Granius M. f., in spätrepublikanischer 
Zeit in Athen (IG II 1050); mit ihm könnte ein 
Freigelassener eines M., M. Granius Heras, auf 
einer allerdings wohl älteren bilinguen Inschrift 
auf Delos zusammenhängen (CIL III Suppl. 
14 203, 3). 

6) P. Granius, reicher Kaufmann aus Puteoli,. 
20 Belastungszeuge im Verresprozeß 684 = 70 (Cic- 

Verr. V 154). Ein P. Granius A. P. 1. auf Deloa 
(CIL HI Suppl. 14 203, 4) könnte ein Freige- 
lassener dieses Mannes sein; der andere Patron 
A. ist vielleicht ein Bruder dieses P., etwa Nr. Q, 
und Vater des A. Nr. 2, während der Sohn 
dieses P. der Folgende sein könnte. 

1) P. Granius, Sohn eines P., im J. 716 = 38 
in Athen (IG II 482). Noch ein späterer Decurio 
von Puteoli, P. Granius, führt das Kognomen 

30Atticus (CIL X 1783), und auch der P. Granius, 
der in spätrepublikanischer oder in Augusteischer 
Zeit dem Asklepios von Lebene auf Kreta für 
seine Heilung dankte (Dittenberger Syll. 2 805), 
dürfte diesem Zweige der Familie angehören. 

8) Q. Granius, ein Praeco, berühmt durch 
seinen Witz. Erzählt werden schlagfertige Ant- 
worten, die er dem Consul von 643 = 111 P. 
Scipio Nasica und dem Volkstribunen von &6$ 
= 91 M. Livius Drusus erteilte (Cic. Plane. 33 t 

40 vgl. Schob Bob. z. d. St. p. 259f. Or.), und eine 
Reihe anderer treffender Bemerkungen und Wort- 
spiele (Cic. de or. II 253. 281L; Brut. 172). Sein 
Witz verschaffte dem G. die Freundschaft de* 
RedneTS L. Crassus und ein bleibendes Denkmal 
in Buch XX (und XXI??) der Satiren des Luci- 
lius (Cic. de or. II 244. 253. 281; Brut. 160. 172;. 
Plane. 33; ad Att. VI 3, 7; ad fam. IX 15, 2. Gell. 
IV 17, 2, vgl, Lucilius ed. Marx I p. XLIX. 
II p. 153f. dazu Leo Götting. gel. Anzeig. 1906 r 

50 858); auch Cicero will ihn noch gekannt haben 
(Brut. 172). Das Pränomen Q. ist bei Cic. Brut. 
172 und bei Schol. Bob. p. 259 überliefert, so 
daß die Identifikation mit Nr. 10 bedenklich ist. 
0) Granius Petro, von Caesar zum Quaestor 
designiert, kam auf einer Seefahrt in die Ge- 
fangenschaft der Pompeianer in Afrika unter 
Metellus Scipio, verschmähte die von ihnen an- 
gebotene Freiheit und stürzte sich in sein Schwert 
(Plut. Caes. 16, 4). Da diese Episode im BelL 

60 Air. fehlt (eine ähnliche, doch verschiedene ebd. 
44, 2ff.; vgl. Val. Max. III 8, 7. Suet, Caes. 68), 
wird sie ins J. 707 = 47 gehören. 

10) A, Granius Stabilio, Freigelassener eines 
M. und Praeco, bekannt dnreh seine metrische 
Grabschrift, die nach einem bestimmten, von Gell* 
I 24, 4 in dem angeblichen Epigramm auf Pacn- 
vius auch literarisch Überliefertem Schema abge* 
faßt ist (CIL VI 32311 = Dessau 1932 ^ 



Bücheier Carm. epigr, 53}. Bücheier (zuletzt 
a. 0.) wollte in diesem Aulus (v. 4 Olus) Granras den 
aus Lucilius bekannten Praeco Nr. 8 sehen, dessen 
Pränomen Quintus dann zu korrigieren wäre. 
Vorsichtiger ist die Annahme von Marx (Lucilius 
H p. 153), daß die Stellung eines Praeco hei den 
G. gleichsam erblich gewesen sei (Tgl. ähnliche 
Fälle hei Apparitoren z. B. Dessau 1902. 1915. 
1934. 1955 als notwendige Folge der yon Momm- 



bär vorher werden bei Arnobius in bezug auf die 
Göttin Penta Fatua zwei Zeitgenossen des G M 
' Sex. Clodius und Butas, der Libertua Cafcos des 
Jüngeren, herangezogen, die aber auch der Zeit 
des Verrius nahe stehen (vgl. sonst auch Dal 
Pane Studi ital. IX 30). Über die Anordnung 
des Buches de indigitamentis findet sich eine 
nicht unwahrscheinliche Vermutung bei Kahl 
a. a. 0. 724. Nach Paul. Dig. L 16, 142 kom- 



sen St.-R. I 340. 343 charakterisierten Verhält- 10 mentierte G. F. außerdem die Sammlung der sog. 

™ ae "^ ru * 1 Leges regiae; wenn Hirschfeld wegen Ciceros 

Schweigen in der epist. ad fam. IX 21 (etwa 
J. 46) ihre damalige Existenz überhaupt in Frage 
stellt, so kann die Sammlung auch bei Entstehung 
nach dieser Zeit von G. behandelt worden sein 
(vgl. Schanz Gesch. d. röm. Litt. 13 1,43 und 
über die Schlußfolgerungen Hirschfelds Kalb 
Jahresber. CXXXIV 1907, 15ff.). Fragmente dieses 
Kommentars bei Macrob. III 1 1, 6 und wahrschein - 



nisse). ^ ^ [Münzer.] 

11) Granius, einer der von Plinius (I 28. 
XXVIII 42) zum 23. Buche seiner Naturgeschichte 
genannten griechischen medizinischen Quellen- 
schriftsteller. [Gossen.] 

12) Granius Flaccus, Esegetiker der Indigita- 
menta nach Censorin. 3, 2 : eundem esse Genium 
et Larem multi veteres memoriae prodidenmt, 
in quis etiam Granius Flaccus in libro quem 



ad Caesarem de indigitamentis scriptum reliquit, 20 lieh bei Verrius Fest p. 277 aM. ; jedenfalls ist sein 



Hat man hier unter Caesar, wie es am nächsten 
liegt, den Dictator zu verstehen, so ist die An- 
nahme berechtigt, daß die Schrift des G., wie 
bekanntlich die Res divinae des Varro, an ihn 
als Pontifex maximus gerichtet war, so daß die 
Blütezeit des G. wohl in die Endzeit der Eepublik 
fällt. Ferner führt Arnobius III 38 in Bezug auf 
die Götter Novensües zusammen mit Varro und 
anderen Schriftstellern aus der varronischen und 



G. unserem gleichzusetzen. Wer der Grapus der 
Überlieferung bei Fest. p. 214 bM. und der Elaus 
{Flaccus L'ion) der Append. Serv. III, II 524, 13 
Hag. sind, ist nicht auszumachen. Über die 
Stelle des Diomedes p. 365, 16K. (Aspiration des 
verbum inchoo) vgl. die Emendation des Ca sau - 
bonus und dazu Keils Gramm, lat. V 547, 9. 
Im übrigen s. den Art. Granius Licinianus. 
13) Granius Licinianus ist vielfach mit Gra- 



vorvarronischen Zeit einen G. ohne Zunamen an, 30 nius Flaccus zu einem Granius Flaccus Licinianus 



ebenso Macrobius I 18, 4 Varro et Granius 
Flaccus über Apollo, und noch ein G. erscheint 
bei Arnobius III 31, wo von Minerva die Bede 
ist. Ohne Zweifel handelt es sich überall um 
denselben Mann; ein gemeinsamer Zug, die Theo- 
krasie {IAber = Apollo Macrob., Minerva = Ijuna 
Arnob. III 31, Kovensiles = Musae Arnob. III 38; 
vgl. oben Genius — JWbei Censor.) verbindet diese 
Bruchstücke, die alle auf Cornelius Labeo zurück- 



ver einigt worden. Über ihn belehrt uns Macrobius 
I 16, 29 : Cornelius etiam Labeo primo fastorum 
Ubro nundinis ferias esse pronuntiat; causam 
vero huius varietatis (d. h. der Ansichten ; vorher 
werden Zeugen für die entgegengesetzte Meinung 
angeführt) apud Granium Licinianum libro 
seeundo diligens lector inveniet; ait enini nun- 
dinas Iovü ferias esse, si qtddem Flaminica 
omnibus nundinis in regia lom arietem soleat. 



zuführen sind, wenn auch hinsichtlich des Ma- 40 immolare, sed lege Rortensia effeetum ut fastae 

crobius nur mittelbar (vgl. Kettner Cornelius ' ~" "" " ' 

Labeo, Naumburg 1877, lOf. Kahl Philol. Suppl. 

V 723f. Wissowa De Macrob. saturn. fönt., 

Vratisl. 1880, 35ff.). Außerdem beruft sich der 

G. des Arnob. III 31, wie wohl auch der G. F. 

des Macrobius auf Aristoteles oder vielmehr 

Aristocles nach einer Vermutung von Rose 

(Aristoteles pseudepigr., Lipsiae 1863, 616f.) und 

Kahl (a. a. O. 760. 776; dazu Crusius ebd. 

807). Schwieriger sind andere Stellen des Arnobius 50 fastor. libris, Bonnae 1904, 26ff.), so würden sich 

"" u — *" :1 u — '' ~ : V.....L-:- au ß er dem für L. und Flaccus die gleichen Quellen- 
verhältnisse ergeben, was Kettn er betont (Com. 
Labeo p. 16). Aber gerade wenn diese Benützung 
anzunehmen ist, dann befremdet es, daß Labeo 
einen Gewährsmann, den er, nach seinen Aus- 
schreibern zu urteilen, G. oder Granius Flaccus 
zu nennen pflegt (vgl. Gr. Flaccus), hier nicht etwa 
Flaccus, sondern G. L. nennt; ist sie hingegen 
abzuweisen, so ist es auch nicht viel wahrschein- 



Diese Stelle hat irregeleitet; zu- 
sammen mit einer Anspielung auf die Flaminica, 
wie sie uns auch bei Granius (Flaccus) des Verrius 
Fest. p. 277 aM. begegnet, haben wir hier die 
antiquarisch-sacralrechtliche Auseinandersetzung 
eines Gelehrten, der den Gentilnamen des Flaccus 
trägt. Hätte nun Macrobius aus Cornelius Labeo 
geschöpft (hierüber Wissowa o. Bd. IV S. 1353f. 
und dagegen Litt De Verrii et Com. Labeon. 



zu beurteilen, auch weil eine genauere Kenntnis 
der Quelle hier versagt. Der G., den wir VI 7 
mit Sammonicus (Serenus), Valerianus (Valerius 
Antias: Peter Hist. Rom. rell. I 23. 243) und 
Fabius (Pictor) an zweiter Stelle als Zeugen über 
die Gründung des Capitoliums und den Ursprung 
dieses Samens genannt finden, ist nicht mit Sicher- 
heit zu identifizieren . Ebenso wenn Bremer (Iuris- 
prud. antehadr. I, Lipsiae 1896, 262) unter dem Flac- 



cus des B. V 18 entgegen Huschke (Seckel et601icher, daß ein so wenig gelesener Mann wie der 

Kubier, Huschkes Iurisprud. anteiustin., Lipsiae l,!A - ^ "" T --*----• 1 - J - m 

1908, 54) Verrius, nicht G. verstehen will im Hin- 
blick auf die Zitierweise an den angeführten Stellen 
des Arnobius, so ist diesem Grand gegenüber auf 
die übliche Benennung des Verrius (vgl. Funaioli 



Gramm. Rom. fragm., Lips. 1907/435. 522) und" 
auf Arnob. I 59 hinzuweisen. Inhaltlich würde 
die Steile auf G. wie auf Verrius passen; umnittel- 



angebliche G. F. L. auf zwei verschiedenen Wegen 
zu Macrobius gelangt ist. Ein Antiquar G. L. 
begegnet tatsächlich bei Serv. Aen. I 737 als 
Verfasser einer Schrift eenae suae, ein zweifellos 
richtiger Titel (Athenaios berichtet uns ja Über 
die Literatur der Aeütva), der auf ein Werk in 
Gestalt von bunten, gelehrten Tischgesprächen 
hinweist, wie sie zu Rom besonders in der Fronto- 



ireit im wirklichen Leben wie in der Literatur 
beliebt waren (vgl. Peter Geschichtl. Lit, über 
d. röm. Kaiserz, I, Leipzig 1897, 125); für die 
^Genitivendung ist vor allem Gellius' Einleitung 
zu Noct. Att. zu vergleichen. Hier konnte die 
Frage über die Nundinae leicht behandelt wer- 
den, wenn es freilich meiner Meinung nach 
auch nicht ausgeschlossen ist, daß bei Macrobius 
mit Anführung der Buchzahl und Weglassung 
des Werkes eine besondere Schrift über Sacral- 
altertümer gleich den dort vorangehenden ge- 
meint ist (vgl. Macrob. III 10, 4). Mit diesem 
Licinianus den gleichnamigen des Solin. II 10 zu 
identifizieren, ist durchaus geboten, ebenso den G. 
ebd. II 40, der auch antiquarische Dinge bespricht; 
die verschiedenartige Benennung könnte sich ähn- 
lich der des Aurelius Opillus durch Varro im Buch 
del. lat. erklären (vgl. üsenex Rh. Mus. XXIII 
682). Ob hierher auch der G. des Arnob. VI 7 ge- 
hört (vgl. Gr. Flaccus) ? Die Gleichsetz ung des Lici- 
nianus mit Flaccus wurde aber hauptsächlich durch 
die Entdeckung veranlaßt, die G- H. Pertz im 
J. 1853 in einem aus Ägypten nach London 
gekommenen Codex rescriptus (Brit. Mus. Add. 
17212) machte. Aus den heute wegen Anwendung 
chemischer Mittel nicht mehr lesbaren Pergament- 
blättern kam ein Historiker (Granius) Licinianus 
ans Licht (den Gentilnamen sah Pertz auf einem 
Blatt deutlich mehrere Tage lang, sein Sohn Carl 
nicht mehr, der Vorname Gaius ist ganz unsicher), 
in dem Pertz und die Bonner Herausgeber 
(Lips. 1858) den Caesarianer G. F. zu erkennen 
meinten. Die wichtigsten Anhaltspunkte gegen 
diese Annahme gaben jedoch die Bonner selbst 
durch den meines Erachtens sicheren Nachweis 
einer indirekten Anspielung auf die schon ge- 
schehene Vollendung des Olympieion zu Athen 
(p. 6, 8 Fl.), die unter Hadrian erfolgte, und 
durch die angemessene Deutung des Satzes mit 
der bekannten Kritik über Sallust: nam Sallu- 
stium non ut historic{um ai')unt, sed ut (p)ra- 
torem legendum (p. 33, 9) ; so ist Sallust von Fronto 
und den Frontoni anern beurteilt worden. Ihre 
Folgerung, die Schrift in der jetzigen Gestalt sei 
eine Umarbeitung aus der Kaiserzeit, entbehrt jeder 
Begründung und ist schon lange nachdrücklich zurück- 
gewiesen worden (Linker Jahrb. f. Philol. LXXVII 
1858, 632ff.). Auf das Zeitalter Frontos deutet 
auch die mit archaistischen Spuren stark vom Klassi- 
zismus abweichende Sprache des L. hin (vgl. hier 
besonders Flemisch Granius Licin., Donauwörth 
1898, 5ff.; Aren. f. lat. Lex. XI 265f.). Für die 
Annahme nun, daß der Historiker und der Anti- 
quar dieselbe Person sind, spricht alles; wie auch 
das Zusammengehen der Geschichte mit der Alter- 
tumsforschung an sich ebenso natürlich wie in 
Rom geläufig ist, so zeigt der Geschichtschreiber 
selbst oft antiquarische Interessen (z. B. p. 2 — 3 
Fl.). Daraus ergäbe sich als fester Terminus ante 
quem für L. die Zeit vor Solinus (und vor Labeo?), 
also wohl spätestens die erste Hälfte des 3. Jhdts., 
falls Solinus unmittelbar aus L. geschöpft hat; 
im anderen Falle (so urteilt Mommsen Solinus 
Ausg. 2 XV. XXIQ), die oben angegebene Zeit. 
Dahin führt auch Macrobius, der mit Ausnahme 
des Sammonicus Serenus (etwa 180—211) keinen 
Schriftsteller nach der Antoninen zeit zitiert (Peter 
a. a. O. 130, 2). Folglich muß die von Comp a- 



retti vermutete Identität des L. mit dem Lands- 
mann und Freund des Martial (ßh. Mus. XIII 457) 
aufgegeben werden. Die Schätzung des L. im 
Alterhim erscheint nicht gerade sehr groß; von 
dem Mann wissen wir nichts, eine einzige Hs. 
ist von seinem Geschichtswerk auf uns gekom- 
men, dessen größter Teil verloren ist. Die Über- 
reste gehören dem B. XXVI (?), XXVIII. XXXIII (?). 
XXXV und XXXVI an und umfassen einen Zeit- 

10 räum von etwa 85 Jahren (163 — 78 v. Chr.); die 
wichtigsten beziehen sich auf Antiochos IV. Epi- 
phanes, P. Lentulus , den Cimbrischeu Krieg, das 
Bellum civile des Marius, auf Sullas Aufenthalt in 
Griechenland und Lepidus. Die Erzählung schreitet 
annalistisch fort ; ohne inneren Zusammenhang fol- 
gen allerlei Ereignisse rasch aufeinander in einer 
äußerst ungeschickten und trockenen Darstellung; 
rhetorische und dichterische Färbung, Reden, per- 
sönliche Urteile, Sentenzen, geographische und 

20 politische Erläuterungen fehlen gauz und gar. 
Das ist eben das Programm des L. : p, 33, 8 Fl. 
Sallusti opus nobis oecurrit, sed nos, ut insti- 
tuimus, moras et non urgentia omittemus ; nam 
Sallmtium non ut historic{um ai)uni, sed ut 
{o)ratorem legendum : nam et temp(oray repre 
hendit sua e(t de}lieta carpit et cont{io?ies) 
in{s)erit et dat in co . . . . loca montes flu- 
m(ina) et hoc genus a(lia) et cul(paty et eom- 
pa(rat) disserendo. Freilich rnorae et non ur- 

SOgentia sind nicht für ihn alle die Kleinigkeiten, 
die immer wieder die fortlaufende Erzählung unter- 
brechen; Anekdoten, Merkwürdigkeiten, Wunder, 
charakteristische Züge bedeutender Männer, was 
wieder für jene Zeit paßt. Mit dem Hinweis auf 
die Stelle des Sallust wird die Quellen frage 
berührt: soll eine Benützung des Sallust hier 
vollständig abgelehnt werden, oder ist er für die 
nachsullanische Zeit als ein Gewährsmann anzu- 
sehen, dessen morae aber wegzubleiben haben? 

40 Denn daß hier ein einfacher Epitomator spricht, 
ist klar. Das vorhandene Material gestattet keine 
sichere Antwort, aber für das gesagte Zeitalter 
mußte sich einem Frontonianer Sallust von selbst 
darbieten. Es ist an sich wahrscheinlich, daß 
ihm neben Livius oder einem Liviusauszug auch 
andere Quellen zur Verfügung gestanden haben, 
obgleich der Versuch Dieckmanns, sie festzu- 
stellen (De Granu Licin. fönt, et auetoritate, 
Berolini 1896), als gescheitert gelten muß. Der 

50 Text des L. ist sehr lückenhaft und bietet ein 
reiches Feld für Vermutungen. Nach Pertz und 
den Bonnern haben Camozzi (Forocornel. 1900 
mit ausführlichem Kommentar) und Flemisch 
(Lipsiae 1904), der auch die Literatur vollständig 
verzeichnet (p. IV), den Text herausgegeben. Hier 
sei nur noch erwähnt M advig Über den Gran. 
Licin.. Kl. philol. Schriften, Lpz. 1875, 391ff. Vgl. 
auch P. Lehmann bei Traube Vorlesungen und 
Abhandlungen I 1909, 195. [Funaioli.] 

60 14) M. Granius Marcellus (der ganze Name auf 
der Münze und einem Ziegelstempel), prätorischer 
Proconsul von Pontus-Bithynien {praetor Bithy- 
niae Tac), wohl im J. 14/15 n. Chr. zur Zeit 
des Thronwechsels (unter Augustus geprägte 
Münze mit dem Namen des G., Muret BulL helL 
V 1881, 120), wurde im J. 15 von seinem Quae- 
stör Caepio Crispinus und von Romanus Hispo 
wegen Majestät« Verletzung und Erpressungen an- 



geklagt, von der ersteren Beschuldigung jedoch 
freigesprochen; de pectmiis repetundis ad reci- 
peratores itiim est {Tac. ann. I 74; auf denselben 
Vorgang spielt Suet. Tib. 58 an, jedoch irrig: 
damnato reo-, vgl. Muret a. a. 0.). Er besaß 
Ziegeleien im Gebiet von Tifernum Tiberinum 
(Ziegelstempel aus den J. 7 und 15 n. Chr. CIL 
XI 6689, 118. 119. Ihm Hermes XXXVII 160. 
Gamurrini Strena Helbigiana 1900, 97 = 



6 rgawog o$& 6 Aoxtymog otW' 6 SdQOTas 
xabtGQ noXXa ixsrevoavTi avx$ r uioXka 8h xal 
xeooxaQTegtfoavzt axpeAtjonv • Bcefcyte yäg avxoig 
xai ajiodtjfiäv xai ev%äg xal dvolag xai ava&üf- 
ftaxa, xal JioXXot xaV ixdorijv oi roiovrd xi <p£- 
povxeg öts&eov ' tjX&e ök xai avxog «? xal zfi jra- 
Qovojq, xt lazvawv, xal enoage navö" oaa oi %?- 
axsvovzdg xi stöiovotv, etv%s <5' ovdevog tÖjv ig {,y£- 
etav TEtv6vxcov). Im übrigen sind wir auf in- 

SCnriftlicllft Dflnkmalpv ort rrami Ä ™~ J:_ ja •_" 



Dessau H8647) G am ur?i si 1&" V^ loSli3^^.,T£riZ Z St 
gehenden Grund für ein. Verwandten des ziemlicher Anzahl erhaUef toben ; «Starinä 

mit T?iiliji'Mmi«4-Al1 <■>... 1 .. i i -»-. . 



jüngeren Plinius (vgl. Stein in Bursians Jahres- 
ber. CXLIV 291. 369). 

lo) Granius Marcianus, Senator, a. C. Graccho 
maiestatis postulatus, vim viiae sitae attulii 
Tac. ann. VI 38 (im J. 35 n. Chr.), Vielleicht 
Sohn des Granius Marcellus Nr. 14. [G'roag.] 

16) Granius, ein Arzt, wird von Plin. n. h. I 
unter den Quell enschrifstellern des XXVIIL Buches 



•j. -n t »j 7 Vi """ ,J " ) einige ÖUW 

mit Reliefdarstellungen geschmückt. Nach Aus- 
weis derselben war sein Kult besonders an der 
oberen Donau (Raetien) zu Hause. Auf einem 
im Donaubett bei Faimingen (bayr. Schwaben) ge- 
fundenen Epistyl wird der Gott im Verein mit der 
saneta Sygia angerufen (CIL III 5873, vgl. HI 
Suppl. p. 1854. Dessau 4651). Vielleicht gehörte 
dasselbe zu dem G.-Heiligtum, das sich bei Lau- 



K-5-imn« (wo ^^,£=SÄÄ 



haben) zitiert. [Stein] 

17) Gegen Granu führte der Schriftsteller 
Apuleius eben einen Prozeß für seine Gemahlin 
(Aemilia) Pudentilla, als gegen ihn selbst von den 
Verwandten seiner Frau eine schwerere Anklage 
erhoben wurde, Apul. apol. 1. Dies war im 
dritten Jahr seines Aufenthaltes zu Oea gegen 
Ende der Regierung des Kaisers Pius; vgl o 



Grenze) befunden zuhaben scheint. Aus der Gegend 
stammen die Inschriften CIL III 5874 (Zeit Helio- 
gabals ?, -fragmentarisch erhalten, der Dedicant 
Dionysius ist legatus Augusti). 5871 Apollim 
Granno Signum cum base. 5876 Apollim Granno 
M. TJlpius Secundus 1 leg(ionis) III ItalficaeJ 
cum signo argmim v. s. I L m. 5881 (,ara magna 
bonis litteris', einst im Kirchturm des Dorfes 



des Stadt- 30 vincialis ex voto l. l. m. Auch der im Kirch- 



18) P. Granius Paulus, avonetdus „^ „„„««- 
praefecten (unter Kaiser Pius) Q. Lollius Urbi- 
cus, daher Bruder der Grania Honorata, der 
Mutter dieses Stadtpraefecten , CIL VLTI 6705 
(aus Tiddis, einem der Pagi von Cirta in Nu- 
midien). 

19) Q. Granius (ziemlich allgemein ange- 
nommene Konjektur von Lipsius aus dem über- 
lieferten pisonemque gravius), klagte den (L.) 
Calpurnius Piso (den Augur) im J. 24 n. Chr 



a ht • w v i *j~ — s J m ' ^ UL ' genossm ues kj. erscneint. bo auf dem wecen 

4Ät H ldlg, l ng / n ' ^r- T m Jl S- 40 der bildlichen Darstellungen besonderf^chülen 
30) Grania Honorata. Gemahlin dp« M T.nllin= ii+»^ a*~ „..„ a r-i._^__. -=» ^ul™ 



20) Grania Honorata, Gemahlin des M. Lollius 
Senecio, Mutter des Stadtpraefecten unter Pias 
Q. Lollius Urbicus, des L. Lollius Senecio und 
des L. Lollius Honoratus, CIL VIII 6705 (Tiddis 
in Numidien). [Stein.] 

Orannona (Grannonum). Die Not. dign. occ. 
XXXVII 14 verzeichnet ,sub dispositione viri spec- 
tabilis ducis tractus Armoricani et Nervicani' den 
tribunus cohortis primae novae Armoricae, Gran- 



turm von Hausen (zwischen Dillingen und Lau- 
ingen) eingemauerte Stein CIL III 11903 ge- 
hört, wie es scheint, hierher; denn die von H 
de Villefosse Eev. epigr. IV 1901 p, 154 vorge- 
schlagene Ergänzung [in h. d.] d. [deo samto Apol- 
lini Granno et dejae sanetae Sifronae ... -7 item 
vahas [....] hat viel für sich, da die keltische 
Sirona auch auf anderen Inschriften als Kult- 
;enossin des G. erscheint. So auf dem wegen 



tnihtum Granmmertiium Granmmo (Gran.™™ k^tr^^X^ in a* u^lj .!, ™ D « n ™ d 



tnihtum Grannonentium Grannono {Grannono 
auch 12). Es ist wohl kein Grund, die Identität 
von G, und Grannonum zu bezweifein ; aber die 
Lage des Orts ist auf Grund dieses einzigen Zeug, 
nisses nicht bestimmbar; bedenklich die Identi- 
fizierung mit Gravinum (Tab. Peut). Desj ar- 
din s Geogr. de la Gaule I 293. S30f. Holder 
Altkeit. Sprachsch. s. v. [Ihm.] 

Gramms, keltischer Gott, der, dem Apollon 



Altar, der aus dem Kloster von Baumburg (Ge 
biet von Bedaium) nach Irsing kam, wo er als 
Weihwasserbecken diente (jetzt in München) CIL 
III 5888 (vgl. Suppl. p. 1839) Apollim Granno 
[et Sijronae (der weitere Text größtenteils un- 
leserlich). Auf der linken Seitenfläche (Abbil- 
dung bei Ch. Robert Revue celt. IV 138, besser 
beiKhnkenbergZtschr. d. Aachener Geschichts- 
vereins XIV 1892, Tafel zu p. 2) ist die Göttin 

noTYro 01-011+ in Tut,;,™ .._J r»_ll." m i i 



Ährenbüschel in den Händen; auf der rechten 
Apollo G., .dessen einziges Kleidungsstück ein 
den Rücken, die linke Schulter und den rechten 
Unterarm bedeckender Mantel ist' ; in der Linken 
tragt er eine große Lyra, die verstümmelte Rechte 
scheint das Plectrum gehalten zu haben. Ob das 
Sandsteinrelief, welches 1836 bei einer Mineral- 
quelle in Niedernau (unweit Rottenburg) mit 
Münzen, Scherben usw. gefunden wurde, wirklich 



l£^&ttj£^«€£^™^W^ 



genoß. Wie für Belenus (s. d.), so haben wir 
auch für G. wenigstens ein Schriftstellerzeugnis. 
Dio LXXVn 15, 6 (zum J. 215) berichtet, daß 
Aaiser taracalla, um Heilung von einer Gemüts- 
taankheit zu erlangen, sich mit beharrlichem Ge- 
bet und Opfern außer an Asklepios und Sarapis 
aacn an Apollon Gramms wandte, ohne daß sie 
ihm aber Hilfe brachten {ovxe Y oq 6 'AxölX&y 



Inschriften Württembergs 124 nr. 162) annehmen, 
bleibt unsicher (,der Gott ist reich gelockt und 
steht mit gekreuzten Beinen dem Beschauer zuge- 
kehrt. In der gesenkten Rechten hält er das 
Gewand, welches über den Kücken gezogen ist 
und über den linken Arm herabfällt. Dieser stützt 
sich auf eine Lyra, welche auf einem Postament 
steht*. Vgl. die ähnliche Darstellqng auf dem 



*.va<> UTaiWUS 

Trierer Viergötterpostament bei Hettner Die 
röm. Steindenkmäler in Trier nr. 37, Abbild, p. 27). 
Mit den Nymphen zusammengenannt ist der Gott 
auf dem Altar von Ennetach CIL III 5861 = 
11891 Apollini Granno et Nymphis C. Vidius 
lulius pro se et suis v. s. I. I. m. (Abbildung 
bei Haug und Sixt p. 7 nr. 10). Aus dem 
Lauinger Heiligtum soll ferner stammen, was 
keineswegs sicher ist, die in Brenz (Württemberg) 
eingemauerte Inschrift CLL HI 5870 in h. d. d. 10 
Apoll (ini) Granno Baienius Victor et Baienius 
Victor et Baünim Vietorinus fili eins ex vissu 
signum cum base (Haag und Sixt p. 23 nr. 29 
mit Abbild.). Weitere Inschriften wurden gefunden 
bei Neuenstadt a. d. Linde (Neckarkreis) CIL 
XIII 6462 = Brambach CLRh. 1614 (= Haug 
und Sixt nr. 387, die Inschrift ist überarbeitet, 
Lesart an einigen Stellen zweifelhaft); in Hor- 
burg (Elsaß) Brambach 1915 (= CIL XIII 
5315. Dessau 4649) Apollini Granno Mogouno 20 
aram Q. Licinifus) Trio d(e) s(uo) dfedieat) (vgl. 
Mogounus); in Branges bei Autun Rev. archeol. 
n. s. XXX 264 = CIL XHI 2600 (Dessau 4648) 
Deo Apollini Granno Amarcolitan, Veranus 
Verei f. Tilandei v. s. I. m.; in Trier Hettner a. 
0, p. 36 nr. 47 = CIL XIII 3635 (Dessau 4647 
in %. d. d. [djeo Apollinfi GJrafnnJo Pkoebfo) 
L. J[n]genuviu[s] Primanu[s] ex voto p(osuit) 
(auf der Oberiäche ein Einsatzloch zur Befesti- 
gung einer Figur); in Bitburg (1824 gefunden 30 
an einer schwachen, nie versiegenden Quelle, nebst 
vielen römischen Münzen und kleinen Hufeisen) 
Hettner nr. 48 (= Brambach 815. CIL XIII 
4129) in k. d. d. Apollinfi Granno] et Sirofnae] 
(mit stark zerstörter Reliefdarstellung der beiden 
Gottheiten ; auch die Rückseite der Votivpiatte war 
skulpiert); ferner die vielbesprochene metrische 
Inschrift aus Bonn aram dieavü [sjospiti Con- 
eordiae, Granno, Canienis, Martis et Pacis 
Lari, qui[n e]t deorum stirpe genito Caesari 40 
(Brambach 484. Hettner Katal. d. Bonn. Mus. 
nr. 67. Bücheier Carm. epigr. 20. Dessau 
1195. CIL XIII 8007), geweiht von dem Le- 
gaten beider Germanien Fulvius Maximus (Pro- 
sopogr. II 95 nr. 375) bei Gelegenheit der Mün- 
digkeitserklärung seiner Kinder, welche Zwil- 
linge waren (parens adidtae prolis geminae li- 
berum)', ein Fragment aus Erp (Reg.-Bez. Köln) 
Brambach 566 = CIL XIII 7975; eine Bronze- 
basis, bei Arnheim im Rheinbette gefunden, CIL 50 
XIII 8712 (vgl. Bonn. Jahrb. LVII 199. W. 
Froehner Collection Julien Gre"au: les bronzes 
antiques (1885) 14 nr. 48) Apollini Grann(o) 
ClfawLia) Paterna ex imperio. Aus Britannien 
ist bis jetzt ein G.-Denkmal bekannt, CLL VII 
1082 = Dessau 4646 (Musselburgh bei Edin- 
burgh ; verschollen) Apollini Granno Q. Lusius 
Sabiniamis proe(urator) Aug(usti) v. s. I. m.; 
ebenfalls verschollen die stadtrömische Inschrift CIL 
36 = Dessau 4652 Apoüini Granno et sanetae 
Sironae saerum. Endlich tauchte im J. 1818 
in einem Grabhügel bei Fycklinge in der schwe- 
dischen Landschaft Westmanland ein prächtiger 
Bronzeeimer auf, der aus einem Heiligtum des 
Gottes (vielleicht in Raetien) geraubt worden und 
auf unbekannten Wegen bis nach Schweden ge- 
langt ist; die Inschrift, die wegen des darin er- 
wähnten praefectus templi bemerkenswert ist, 

. Paoly-Wissowa-Kroll VII 



ürannus 



1826 



lautet : Apollmi Granno donum Ammülius Con~ 
stans praef. templi ipsius v. s.l. I. m. (so nach 
H. Willers Die römischen Bronzeeimer von Hem- 
moor 1901, 119; ungenau Orelli 1997 und Und- 
set Bull. d. Inst. 1883, 237; vgl. Ihm Bonn. 
Jahrb. CVin— CIX42). Nicht sicher ist die Les- 
art der Inschrift von O-Szöny (Brigetio, Pannon. 
sup.) CIL JJI 10972, die probeweise folgender- 
maßen ergänzt wird [templum Apollinis] Granfni 
cum eo]lumn[is et porticijbus sui[s a . . .] Fe- 
liee [.. . et euljtore loei [restitutum] . Gefälscht 
sind CIL LH p. 10* nr. 74* (Dacien) und CIL 
XIII 630* = Robert Epigr. de la Moselle I p. 12 
(Apollo, Sirona und Nymphae loci). Dagegen ge- 
hören selbstverständlich zu den G.-Denkmälern 
auch diejenigen, die den Apollo (ohne den Bei- 
namen) im Verein mit der Sirona nennen. So die 
Inschrift von Großbottwar (Württemberg) CIL 
XIII 6458 = Brambach 1597 = Haug und 
Sixt nr. 336 in h. d. d. Apollini et Sironae aedem 
eum signis C. Longinius Speratus vetferanus) 
legfionisj XXII pr(imigeniae) p(iae) ffidelis) et 
lunia Dem coniunx et Longini Pacatus Marti- 
nida Hilaritas Speratianus fili in stio posuerunt 
v. s, l. I. rn. Mueiano et Fabiano cos. (J. 201). 
Ferner CIL XIH 6272 = Brambach 919 (Nier- 
stein, an einer Quelle gefunden) deo Apollim et 
Sironae Iulia Frontina v. s. I. I. m., ein Stein 
aus Graux (dep. Vosges) CIL XIII 4661 Apollini 
et Sironae Biturix Mi f(ilim), und der Altar 
von Luxeuil (dep. Haute-Saöne) CIL XIH 5424 
(Dessau 4653) Apollini et Sironae idem Tau- 
rus, welcher Relief schmuck aufweist: auf der 
Vorderseite ein Fruchtgehänge mit Tänien, auf 
der Rückseite eine unbekleidete männliche Ge- 
stalt (anscheinend Apollon mit dem Plectrum in 
der Rechten), auf den Seitenflächen zwei weitere 
männliche, nur um die Hüften bekleidete Figuren, 
die eine mit, die andere ohne Bart, deren Deu- 
tung unsicher ist (vgl. die Abbild, bei Ch. Ro- 
bert Rev. celt. IV 139—141). 

Datiert ist nur die Inschrift von Großbottwar 
(J. 201). Vielleicht ist keine älter als das 2. Jhdt. 
Frühestens dem Ende des 2. Jhdts. gehören die 
Steine mit der Formel in honorem domus di- 
vinae an, ferner die Bonner ara Fulviana (weil 
iuridtei in Italien erst seit Marc Aurel vorkommen) 
und CIL m 5876 (legio III ItoJica unter Marc 
Aurel gebildet, Dio LV 24, 4) ; in die Zeit Helio- 
gabais gehört vielleicht CIL III 5874; CIL 
XIII 2600 wird von O. Hirschfeld als lapis 
parvus litteris saeeuli II bezeichnet ; die Buch- 
stabenform der Trierer Inschrift soll ins 1. oder 
2. Jhdt. weisen (wegen der Formel in h. d. d. 
eher 2. Jhdt.). Bemerkenswert ist, daß der Gott 
immer Apollo Grannus genannt wird; nur auf 
der metrischen Inschrift von Bonn fehlt der Zu- 
satz Apollo (das Zitat Grannus bei Holder 
Altkeit. Sprachsch. I 2039 beruht auf Irrtum). 

Der Name wird gewöhnlich auf zwei Arten 
gedeutet (s. Holder a. O. s. v.). Die einen 
leiten ihn ab von gälisch greann, neuir. grarmi 
(= Haar, Bart), andere (z. B. Bacmeister 
Kelt. Briefe 29) von ir. grian (= Sonne). Nach 
Glück (Renos 23) bedeutet das gallische grannos 
(durch Assimilation für gransos ? vgl. skr. ghrans, 
ghransas, solis ardor, solis Ivanen, darüas) 
,wara, heiß'. Das Epitheton Phoebus, das er 

58 



\j> j. auviu u.d 



auf der frierer Inschrift führt, scheint für die 
Auffassung als Sonnengott zu sprechen (dagegen 
Oaidoz Rev. archeol. 3, s<5r. VI 1885, 171ff.). 
Den Eönlera aber galt seit Caesars Zeit (b. G. 
VI 17 Apollinem morbos depdhre) der keltische 
Gott, den sie als Apollon bezeichneten, als Heil- 
und Gesundheitsgott ; und das bestätigen die In- 
schriften, welche ihn mit Hygia und den Nymphae 
zusammen nennen, sowie das oben angeführte 
Zeugnis Dions. 10 

Übet die angebliche Beziehung des G. zu dem 
Badeort Aachen (der Name Aquae Granni ist 
ohne Gewähr) s. Aquae Nr. 44 (dort weitere 
Literatur; Ygl. ferner Kisa Die römischen An- 
tiken in Aachen, Westd. Ztschr. XXV lff.). Vgl. 
auch Roschers Lex. s. v., sowie die Art. Gra- 
vionarium und Sirona. [Ihm.] 

N. Granonius, Sohn eines N. aus der Tribus 
Claudia (vgl. darüber Ihm Rh. Mus. LVII 318), 
hatte in seiner Vaterstadt Luceria die Würde 20 
eines Quattuorvirs bekleidet, vielleicht im J. 705 
= 49 , als die Stadt im Februar eine Zeitlang 
das Hauptquartier des Pompeius war, hatte ver- 
mutlich 699 = 55 unter P. Lentulus Spinther in 
Küikien als Centurio gedient (o. Bd. IV S. 1396), 
machte dann in derselben Stellung unter Pom- 
peius den Bürgerkrieg mit und fand in Athen 
sein Ende oder doch wenigstens sein Grab (In- 
schrift eines zylindrischen Cippus von der be- 
kannten athenischen Form CIL III 6541 a = D es - 30 
sau 2224). Ein N. Granonius scheint auch auf 
der sizilischen Inschrift IG XIV 382 b genannt 
zu sein. [Münzer.] 

Granoa {Tgävog Scyl. per. 47), Name eines 
östlichen Vorgebirges der Insel Krete, von J.Vos- 
sius (zur Stelle) in "Ixavog (s. d.) verbessert, 
C. Bursian Geogr. v. Griechenl. II 577, 1. 

[Bürchner.] 
Gramms, Fluß im Lande der Quaden (jetzt 
Gran), an dessen Ufern Marc Aurel das erste 40 
Buch seiner Selbstbetrachtungen schrieb (I 17 
xa. ev KovdSotg scgog x<p FQavovq). Zeuss Die 
Deuts chen 464 Müllenhoff Deutsche Altertums- 
kunde II 323. 337. 373. [Ihm.] 

Granucomatae, bei Plin. n. h. V 19 Name 
zweier Tetrarchien im Innern Syriens zwischen dem 
Gebiet von Cyrrhestice und dem von Emesa, also 
zum Bereich von Koilesyrien gehörend. [Beer.] 

Granu comatitae (Plin. n. h. V 19, 81), Be- 
zeichnung zweier Tetrarchien in Syria Kyrrhestica; 50 
sonst unbekannt. [Benzinger.] 

r^aäg orfj&os. Als Agesilaos 377 nach Ver- 
wüstung des südöstlichen Teils der thebanischen 
Feldmark an Theben vorbei nach Thespiai mar- 
schieren will, treten ihm die Thebaner nicht weit 
von der Stadt in fester Stellung entgegen. Von 
dem Ort heißt es bei Xen. hell. V 4, 50 ävxexd- 
favzo ixl Fgaog axq&Et . . . azevov rjv zavrjj ixist- 
xc5f xal Svoßazov xö -/coqiov, bei Polyaen. II 1, 12 
xäzeXdßovxo X6<pov vjieq zijg 68oy Svoßazov xaXov- 60 
(ifvov 'P£ag idog. Auf dieselbe Örtliehkeit bezieht 
sich Steph. Byz. s. Tdvayga: tt}v Sk rgaiav (IL 
II 4§8)jh>tot XJyso&at to vvv xrjg &t}ßaixijg xaXov- 
f*evw idog. Bei Polyainos ist Pgaiag konjiziert 
(8. d. Ausg. von Melber), ohne Grund, da der 
KBit der Ehea in Boiotien, besonders in Theben, 
«ureichend bezeugt ist (Gruppe Griech. MythoL 
1 88); bei Steph. Byz. ist 'Pias e3og von Meineke 



*Qct<pr] löse 

vermutet ein Genetiv fehlt augenscheinlich, der 
Zusammenhang führt auf Pgaiag, Dadurch, daß 
Agesilaos sich gegen die von Verteidigern ent- 
blößte Stadt wendet, veranlaßt er die Thebaner, 
auf den Hügeln entlang in der Richtung von 
Potniai (2 km südlich von Theben) zurückzueilen, 
und zwar wählen sie diesen Weg, weil er mehr 
Schutz bot; er war also nicht der nächste (Xen. 
§ 51f.). Ihre ursprüngliche Stellung befand sich 
demnach im Südosten von Theben, in der Hügel- 
gruppe, die heute Psilörachi heißt. Genauer läßt 
sie sich nicht bestimmen, weil die Oberfläche der 
aus weichem Konglomerat bestehenden Hügel sich 
außerordentlich verändert hat. Die Grenze gegen 
Tanagra, die E. Meyer Theopomps Hellenika 97, 
2 bei T. a. ansetzt, lag jedenfalls weiter öst- 
lich. Ulrichs Reisen u. Forschungen II 75. 
Melber Über d. Quellen Polyaens, Jahrb. f. Phil. 
Suppl. XIV 538f. (seine Darstellung der Vorgänge, 
die zu dem Treffen führen, ist ganz verfehlt). 
Kaupert Karte von Attika 1:100000. Vgl. 
Pgaiag yoyv (Marmarike) Ptolem. IV 5, 7. Anon. 
stad. mar. m. 19. Pgaog ydXa (Phrygien) Niketas 
Akominatos VI 8. KaXoygalag ßovvog Kinnamos 
H 40, 18. [Bölte.] 

Graphara s. Gaphara. 
Tga<pp 1) ist eine Art der öixtj (s. d. Poll. 
VIII 41 ixaXovvto at yga<pal xai Öixai, ov (asvzoi 
xal at Uxai ygarpai), und zwar die dixrj typoola 
(Demosth. XVIII 210) im Gegensatze zur idia. 
Lys. I 44. Isae. XI 32. 35. Mehrfach wird sie 
auch schlechtweg der dtxr} als dem Privatprozeß 
entgegengestellt, Isae. XI 28. Isokr. XVIII 51. 
Plat. Euthyphr. 4 a. Von dem Unterschiede 
handelt Demosth. XXI 42f. Andererseits aber 
schwankt der Begriff, indem vielfach den y. andere 
besondere Arten öffentlicher Prozesse an die Seite 
gestellt werden (so die ev&vvat [Xen,] resp. Athen, 
3, 2. Demosth. XVIII 124, [Demosth.] XL VI 6, 
ajtoyQcupai Lys. XVI 12. Demosth. XIX 209, diese 
und ev&wai Demosth. XVIII 249, tpdaetg [De- 
mosth.] LVIII 6, diese mit lvds%st S und ana- 
ytoyat Demosth. XXXIX 14). hier und da jedoch 
eine solche, insbesondere die sioayysXia xaxcöoscog 
oQtpavov, auch als y. bezeichnet wird (Isae. XI 
28. 81. 35. [Demosth.] LVIII 32), ein Beweis 
für die mangelnde Schärfe dieser Begriffe im 
griechischen Rechte. Es findet sich auch die 
Bezeichnung ygcupal tdiat in einem Gesetze bei 
Demosth. XXI 47 und ygatpai St]ßdatat XXIV 6, 
und man ist versucht, danach zwei Klassen zu 
unterscheiden, je nachdem das Verbrechen un- 
mittelbar den einzelnen und nur mittelbar den 
Staat (Krimmalverbrechen) oder unmittelbar den 
Staat und nur mittelbar den einzelnen schädigt 
(Staatsverbrechen). Indessen ist es fraglich, ob 
dieser Unterschied durchgedrungen ist, jedenfalls 
darf der Versuch von Brewer Wien. Stud. XXn 
264f. XXHI 37f., alle y. (im engeren Sinne) als 
iStat (privatvertretene) den eloayysXiai und tzqo- 
ßokai als öffentlich vertretenen (STjftootai) gegen- 
überzustellen, als mißlungen gelten. Denn weder 
läßt sich die umfassendere Bedeutung der y. noch 
die öffentliche Vertretung der EloayysXiai hin- 
reichend sicherstellen. Der letzteren widerspricht 
die starke Betonung der Rolle des Klägers selbst 
in einem so einfachen Falle wie [Demosth.] Xl/VU 
42 mit IxiXsvBr sloayykXlsw , oTtoäa&evxog X6yov 



i»ay 



Graphon 



Gratiana 



1830 



lxaxigq>,' mrvexatgijöa Säte . . . ngaozifin^vai. 
Mehr noch die Befugnis des Anklägers, die Sache 
fallen zu lassen, Din. I 94. Lys. XXX 34. [De- 
mosth.] LVIII 32, die im letzteren Falle bei einer 
sioayyeXfa xaxaooetag oQtpavov angesichts des Ge- 
setzes bei [Demosth.] XLHI 75 in der Tat wunder 
nimmt. Ebenso die Freigabe der Anklage in dem 
Gesetze des Timokrates, Demosth. XXIV 63. Der 
Hauptunterschied zwischen y. und dixq ist der, 
■daß in den ersteren jeder im Besitze der Ehren- 10 
rechte befindliche Athener zur Erhebung der 
Klage berechtigt war, Poll. VIII 41. Die Formel 
lautet bei Demosth. XXI 47 yga<pie$a> stgbg zovg 
fcöfiodhag 6 ßovXopevog 'A-d-tjvaioiv otg Eg~eaxtv. 
Darum werden die Mordprozesse , bei denen aus 
religiösen Gründen das Klagerecht auf die dveyjwztjg 
beschränkt war, CIA I 61 ölxai benannt. Ferner 
fiel in den y. die Buße des Verurteilten an den 
Staat, Demosth. XXI 47. XXIV 138; Ep. 3 p. 1481, 
wobei nur die y. äSixwg etgyßrjrat <hg ixoi%öv 20 
(Demosth.] LIX 66, ßovXevoecog und ipsv6syyga(pijg 
«ine Ausnahme zu bilden scheinen. Endlich ver- 
fällt bei den y, der Kläger, der nicht den fünften 
Teil der Stimmen erhält oder die Klage vor der 
Entscheidung fallen läßt, in eine Buße von 1000 
Drachmen an den Staat, Demosth. XXI 47. XXIV 7. 
XXII 21 und durfte künftig die gleiche Klageart 
nicht mehr anstellen, Harpocr. s. idv zig. Demosth. 
XXI 103. 

2) Die Klagschrift, auch bei den dt'xat De- 30 
mosth. XXVII 12. Dion. Hai. Dein. 3. Arist. 
Pol. VI 1331 b. Athen. IX 407c. Dittenb erger 
SyU.2 512, 20 aus Kalymna. [Thalheim.] 

Graphon (rgdqxov), örtlichkeit (xcogtov) auf 
der Insel Thera (s. d.), IG XII 3 nr. 345, 3. 

[Bürchner.] 
Grapso, Donaukastell in Moesia inferior, Pro- 
-cop. de aedif. 307, 46 Pgayjco. [Patsch.] 

Graptus, mit vollem Namen wahrscheinlich 
Ti. Iulius Graptus, Freigelassener des Kaisers 40 
Tiberius, blieb bis ins hohe Alter hinein am 
Kaiserhof. Unter Nero brachte er es durch Ver- 
leumdung dazu, daß (Faustus) Cornelius Sulla 
(Felix), der Consul des J. 52, gegen den Nero 



schon von früher her Argwohn hegte, nach Massilia 
verbannt wurde, im J. 58 (vor dem 19 Mai, 
s. Groag o. Bd. IV S. 1522), Tac. ann. XHI 47. 
Wahrscheinlich sein Name ist auf einer in Rom 
an der Via Portuensis gefundenen Bleiröhre zu 
lesen: Graptus Augfusti) l(ibertus) , CIL XV 50 
7466. Der Name seines Sohnes findet sich auf 
der Marmortafel mit dem Kalender von Antium, 
€IL X 6638 C IU 1 = CIL 12 p . 247: Ti. 
Iviius Grapti f. Nata[lis]. [Stein.] 

Gras (rgdg), Sohn des Echelas, Enkel des 
Penthilos, Urenkel des Orestes, Führer der Kolonie 
nach derAiolis, nachdem sein Großvater bereits 
Lesbos besiedelt hatte, Paus. II 2, 1 ; s. den Art. 
^ rai - [Hiller v. Gaertringen.] 

Grasos (Nicand. ther. 669) s. den Art. Kr a- 60 
sos Nr. 1. [Bürchner.] 

GraBsatores sind Wegelagerer, welche das 
gleiche Ziel wie Räuber, insbesondere Straßen- 
räuber, haben (Cic. de fat. 34, i f. Pauli, rec. sent. 
V 3, 4), aber die mit Strafe bedrohte Handlung 
der g., die grassatura, grassatio, ist doch nicht 
gleichbedeutend mit Raub (so Feuerbach) oder 
Straßenraub (so Mommsen). Die grassatura 



war als Vorbereitungshandlung für Raub, Raub- 
mord, Straßenraub mit der gleichen Strafe wie 
diese Verbrechen bedroht, auch wenn im einzelnen 
Falle kein Raub usw. nachweisbar war : Grassa- 
tores, qui praedcte causa id faciunt prommi la- 
tronibus habentur. et si cum ferro adgredi et 
spoliare instituerunt , capite puniurtiiw utique 
si saepius atque in itineribus hoc admiserunt. 
ceteri in metallum dantur vel in insulas rele- 
gantur (Dig. XL VIII 19, 28, 10). Nach Dig. 
XLVIII 8, 1 pr. wird als g. schon derjenige be- 
straft quzve hominis oecidmdi furtive faciendi 
causa cum tdo ambulaverit. Das römische Recht 
wandte hier den Satz an : dolus pro facto acei- 
pitur; in matefieiis voluntas spectatur, non exi- 
tus (Dig. XLVIII 8, 7 und 14). Die Begehung 
eines Raubes erscheint hiernach nur als mate- 
rielle Konsumtion des Verbrechens, ohne zum ge- 
setzlichen Tatbestand zu gehören. Schon Augu- 
stus hatte das aus den Bürgerkriegen stammende 
Unwesen der Wegelagerer bekämpft; auch Ti- 
berius hatte Veranlassung, energisch dagegen 
einzuschreiten (Suet. Aug. 32; Tib. 37). Die 
Strafe war in den schwersten Fällen Todesstrafe, 
sonst Zwangsarbeit oder Verbannung (s. o.). Li- 
teratur: A. Feuerbach Lehrbuch des peinlichen 
Rechts u (1847) §353. W. Rein Kriminalrecht 
der Römer (1844) 424ff. Th. Mommsen Rom. 
Strafrecht (1899) 629, 4. [Kleinfeiler.] 

Grassatnra s. Grassator. 
Grasse (der Name zweifelhaft, die Hand- 
schriften schwanken zwischen rgdooriv, Pgatotjv, 
rgdoxyv, der Ausschreiber des Prokop Theophanes 
p. 191, 1 9 de Boor hat XQdarjv oder Xgdaiv), Lust- 
schloß der vandalischen Könige, 350 Stadien von 
Karthago in der Richtung nach Hadrumetum zu 
gelegen, Procop. Vand. I 17, 8; muß ungefähr 
in der Gegend des von Ptolemaios (IV 3, 9 
[2 p. 621, 7 Müller]) erwähnten Aphrodisium ge- 
legen haben, s. o. Aphrodision Nr. 7 [Bd. I 
S- 2728]. [Dessau.] 

Grata, Tochter des Kaisers Valentinians I. 
und seiner zweiten Gattin Iustina, blieb unver- 
mählt. Sie überlebte ihren Bruder Valentinian IL, 
der 392 starb. Socrat. IV 31. Ambros. de obit. 
Valent. 36ff.; epist. 53, 5 = Migne L. 16, 1370. 
WS- [Seeck.] 

Gratia s. o. Bd. IV S. 1316. 
Gratiae s. Charites. 
Gratiana. 1) Donaukastell in Moesia inferior 
(Not. dign. or. XXXLX 27: Müiies primi Gra~ 
tianemes, Gratiana, vgl. Seeck Herrn. XI 75, 1). 
Wohl identisch mit dem von Procop. de aedif. 
308, 26 nächst Carsum verzeichneten rgaztard. 
Jirecek Das christliche Element in der topo- 
graphischen Nomenklatur der Balkanländer 72 
und Die Romanen in den Städten Dalmatiens 
während des Mittelalters I 15. 

2) Befestigter Ort an der Donau in Moesia 
superior östlich von Viminacium (Not. dign. 
or. XLI 26 Auxiliuin Gratianense, Gratiana; 
Hierocl. 657, 4 r e aTiavd) r wird im J. 534 n. Chr. 
von den Goten im Gepidenkriege bedrängt (Pro- 
cop. de bell. Goth, I 3, 15). Kanitz Römische 
Studien in Serbien 66. Jireöek Das christliche 
Element in der topographischen Nomenklatur der 
Balkanländer 72. [Patsch.] 

8) Giatiana(?), Ort mit Bischof (ßraUanm- 



sis) in der Provincia Byzacena, Victor Tit. II 23, 
101. [Dessau.] 

Öratianensis, Vir illustris in Gallien, Tisch- 
genosse des Kaisers Maiorianus im J. 461, Apoll. 
Sid. epist. I 11, 10. 13. [Seeck.] 

Gratianopolis. 1) s. Cularo. 

2) Afrikanische Stadt (Provinz Mauretania 
Caesariensis) , von der Bischöfe imJ. 411 (coli. 
Carth. I 135, hei Mansi Act. conc. IV 119) und 
im J. 484 (in Halms Victor Vitensis p. 69,10 
Maur. Caes, nr. 81: Gratianopolitanus) erwähnt 
werden. [Dessau.] 

Gratianus. 1) L. Turranius G. , Corrector 
Achaiae unter Diocletian (CIL III 6103), Praefectus 
urbis Romae 290— 291 (Mommsen Chron. min. 
I 66. CIL VI 1128 cum addit.). Erwähnt CIL 
VI 32120. 

2} Vater der Kaiser Valentinian und Valens 



(Dessau 758. Ammian. XXX 7, 1. 2. Vict. ep. 

45, 2. Symmach. or. I 3. Auson. grat. act. 8, 39). 20 nus non modo voluniate sed etiam exereiiio fuit. 



Ammian. XXVII 6, 4—16. Zosim. IV 12, 2. 
Hieron. chron. 2383. Auson. vers. pasch. IX 26. 
Symmach. or. 1 3. III 3^5). Gattin und Schwieger- 
mutter sollen dies dem Kaiser angeraten haben: 
(Vict. ep. 45, 4), weil dieser kurz vorher eine, 
schwere Krankheit durchgemacht hatte und mait 
für den westlichen Reichsteil Usurpationen fürch- 
tete, falls er ohne Hinterlassung eines anerkannten 
Herrschers starb (Ammian. a. O. Zosim. a. O.). 
Charakterschilderungen. Vict. ep. 47 r 
4 — 6: fuit autem Gratianus literis kaud medio- 
criter institutus: earmeti faeere, ornate loqui,. 
explicare controversias rhetorum more; nihil 
aliud die noetuque agere quam spiculis meditari 
swmmaeque voluptatis divinaeque artis credere 
ferire destinata. parcus cibi somnique et vini' 
ac libidinis victor, cuncttsque fuisset plemis- 
bonis, si ad cognoscendam reipublicae gerendae 
scieniiam animum intendisset, a qua prope alie- 



Aus niederem Stande bei Cibalae geboren, bekam 
er schon als Knabe den Beinamen Funarius, weil 
fünf Soldaten ein Tau, das er trug, ihm nicht zu 
entreißen vermochten (Ammian. XXX 7, 2. Vict. 
ep. 45, 2). Er diente als Protector domesticus 
in Salona (Ammian. XXX 7, 3. CLL IH 12 900), 
also wahrscheinlich am Hofe Diocletians nach 
dessen Abdankung, d. h. zwischen 305 und 316, 
Um 321 , als ihm sein älterer Sohn geboren 



nam dum exereitum neglegeret et paticos ear 
Alants, quos ingenti auro ad se tramtulerat, 
anteferret veteri ac Romano militi adeoque bar- 
barorum comitatu ac prope amicitta eaperetur,. 
ut nonnumquam eodem habitu iter faeeret, odia 
contra se müitum excitavit Eutin, h. e. XI 13: 
is pietate et religione omnes paene, qui ante 
fuerant prineipes, superabat. usu armorum stre- 
nuus, velox corpore et ingenio bonus erat, sed 



wurde, war er Tribunus in Illyricum und wurde 30 iuvenili exultatione plus fere laetus quam suf- 



dann Comes Africae (Ammian. XXX 7, 3. Symmach. 
or. I 1). Da er in diesem Amt in Verdacht kam, 
Geld unterschlagen oder die Untertanen geplündert 
zu haben, wurde er abgesetzt, aber nach einiger 
Zeit zum Comes Brittanniarum ernannt. Nach- 
dem er sich in das Privatleben zurückgezogen 
hatte, bewirtete er 350 oder 351 in seinem Hause 
den Usurpator Magnentius und wurde dafür von 
Kaiser Constantius mit Konfiskation bestraft 



fieiebat, et plus vereeundus quam rei publieae 
inier erat, Ammian. XXXI 10, 18: praeclarae in- 
dolis adulescens, facundus et moderaiits et belli- 
cosus et elemens, ad aemulationem leetorum pro- 
grediens principum , dum etiam tum lanugor 
genis mserperet speeiosa, ni vergens in ludi- 
briosos actus natura laxantibus proximis semet 
ad vana studia Caesaris Gommodi convertisset T 
licet hie incruentus, 19: intra saepta, quae 



(Ammian. XXX 7, 3). Als seine Söhne zu Kaisern 40 appellant vivaria, sagiüarum pulsibus erebris- 



erhoben waren, beschloß der Senat von Konstan- 
tinopel, ihm eine Statue errichten zu lassen 
(Themist. or. VI 81 d); eine andere wurde ihm 
in Cirta gesetzt (Dessau 758). 

3) Flavius G., römischer Kaiser 367—383, 
Enkel des Vorhergehenden, Sohn Valentinians I. 
Seine Mutter nennt das Chron. Pasch. 369. 378 
Marina, Socrat. IV 31, 10 Severa; aber was dieser 
von ihr erzählt, ist nachweislich romanhafte Er- 



de« toias conßcietis bestias , ineidentia multa 
parvi dueebat et seria, XXVII 6, 15 : quem ocu- 
lorum flagrantior lux commendabat vultusque et 
reliqui corporis iueundissimus nitor et egregia- 
pectoris indoles, quae imperatorem implesset 
cum veterum leetissimis eonparandum, si per 
fata proximosque lieuisset, qui viriutem eins 
etiam tum instabilem obnubilarunt actibus pra- 
Ambros. de ob. Valent. 74 = Migne L 16,. 



findung. Die Nachricht des Chron. Pasch, verdient 50 1380: fuit enim et ipse fidelis in domino, pius 

— .„ 1.. /ii„„i™ „i„ t-^;.... _i__ _„•_._ atque mansueius, puro corde; fuit etiam castus 

corpore, qui praeter coniugium nescierit feminae 
alterius consuetudinem. Er war von christlicher 
Gesinnung (Auson. grat. act. 9, 43. Ambros. ep. 1), 
die er auch selbst in einem an Ambrosius ge- 
richteten Briefe ausspricht (Migne L 16, 875). 
Er betete täglich (Auson. grat. act. 14, 63) und 
beschäftigte sich so eingehend mit der Dogmatik, 
daß er selbst über das Verhältnis von Vater und 



umsomehr Glauben, als Arcadius eine seiner 
Töchter Marina taufte (o. Bd. VI S. 917), dieser 
Name also im Kaiserhause heimisch war. G. 
wurde zu Sirmium (Vict. ep. 47, 1) im J. 359 
geboren (Hieron. chron. 2375; vgl. Socrat. V 11,9. 
Sozom. VII 13, 9. Vict. ep. 47, 7, wo vixit annos 
XXIV statt XXIX zu schreiben ist) , nach der 
Chronik des Hydatius am 18. April, nach dem 
Chron. Pasch, am 23. Mai (Mommsen Chron. 
min. I 239). Im J. 366 bekleidete er als nobilis- 6 



simus puer zum erstenmal das Consulat (Ammian. 
XXVI 9, 1. XXVH 2, 1. Symmach. or. III 2), 
dem nach seiner Thronbesteigung noch vier 
andere Consulate (371. 374. 377. 380) folgten. 
(Mommsen HI 523). Am 24. August 367 
(Mommsen 1 241. Socrat IV 11, 3. Vict ep. 47, 
1) wurde er zu Aiuiens auf Antrag seines Vaters 
zum: Augugtos ausgerufen (Mommsen a. O. 



60 Sohn als Lehrer auftreten konnte (Ambros. de 
spir. sanet. I 1, 19 = Migne L 16, 709). Auf 
seine Veranlassung widmete ihm Ambrosius die 
Schriften de fide und de spiritu saneto, und die 
erstere veranlaßte ihn, eine Kirche Mailands, die 
er vorher zu Gunsten der Arianer sequestriert 
hatte, dem orthodoxen Kultus zurückzugeben 
(Ambr. de spir. sanet. I 1, 19—21). Den Dona- 
tasten in Afrika trat er entgegen (Cod. Theod. 



XVI 6, 2) und erteilte dem heidnischen Vikar 
FLavianus, der ihnen Duldung gewährt hatte, 
■einen scharfen Verweis (Cod. Theod. XVI 5, 4; 
vgl. Seeck Symmach, p. CXIV). Über sein Vor- 
gehen gegen das Heidentum soll unter dem J. 382 
gehandelt werden. Frugalitat und Keuschheit 
<Auson. grat act. 14, 66); Freigiebigkeit, nament- 
lich gegen die Soldaten (Auson. grat. act. 2, 7. 
8, 40. 15, 71. 17, 77); Freude an körperlichen 
Übungen, vor allem am Pfeilschießen (Auson. 
grat act. 14, 64. 65) ■, Beschäftigung mit Rhe- 
torik (Auson. grat. act. 15, 68. Symmach. ep. X 
2, 5). Seinen Stil kennen wir aus dem Brief an 
Ambrosius, der eigenhändig geschrieben war 
{Ambr. ep. 1, 3), und aus dem an Ausonius (grat. 
act 4, 17. 9, 43. 11, 53). 

368. Der neunjährige Knabe begleitete seinen 
Vater bei einem siegreichen Feldzuge gegen die 
Alainannen (Ammian. XXVH 10, 6. 10. Auson. 
Mos. 422. Symmach. or. III 3. 7. 10). Der 
Dichter Ausonius scheint sich damals noch nicht 
in seiner Umgebung befunden zu haben. Denn er 
•spricht zwar davon, daß er das Hollager des 
Kaisers auf seinen Zügen begleitet habe (Gryph. 
praef. [XXVI 1] Bissul. 4, 4; epist. IV 81), aber 
so geschwätzig er über seine persönlichen Verhält- 
nisse ist, deutet er doch niemals an, daß er Zeuge 
bedeutender Kriegstaten gewesen sei. Doch scheint 
•er gleich nach Beendigung des Feldzuges an den 
Hof berufen zu sein. Denn schon Anfang 369 spielt 
Symmachus darauf an, daß G. von einem be- 
rühmten Schriftsteller unterrichtet werde (or. IH 
7), und Ausonius sagt, er habe um diese Zeit 
sein Tirocinium bei Hofe durchgemacht (Symmach. 
■ep. I 32, 4), Er unterrichtete G. zuerst in der 
Grammatik, dann auch in der Rhetorik (Auson. 
ad lect. 26; vgl. ep. IV 1; grat. act. 2, 7. 5, 22. 
24. 7, 30. 8, 39. 40. 10, 49. 18, 83 ; protrept 82 
und sonst), und wurde dafür später zum Comes, 
dann noch bei Lebzeiten Valentinians zum Quae- 
stör ernannt (Auson. ad lect. 35; grat. act. 2, 11. 
18, 83; protrept 90; ep. 18, 3). 

369 den 25. Februar hielt Symmachus seinen 
Panegyricus auf Gratian (or. III; vgl. Seeck 
Symmachus p. XL VI). 

374. Die zwölfjährige Constantia, nachgebo- 
re nc Tochter des Kaisers Constantius IL (o. Bd. IV 
S. 959), wurde aus dem Orient nach Gallien be- 
rufen, um mit G. vermählt zu werden (Ammian. 

XXIX 6, 7. 8; vgl. XXI 15, 6. Auson. grat. act. 
11, 53. Themist. or. XHI 167c. 168a). Sie gebar 
ihm vor 379 einen Sohn (August, de civ. dei V 25). 

375. Während G. in Trier zurückblieb, zog 
sein Vater gegen die Quaden an die Donau 
<Ammian. XXX 10,1. Zosim. IV 19, 1) und 
starb in Brigetio am 17. November (Mommsen 
Chron. min. I 242. Socrat. IV 31, 6. Ammian. 

XXX 5, 15. 6, 6). Damit gewann der sechzehn- 
jährige G. die selbständige Herrschaft über den 
westlichen Reichsteil. Doch wurde ohne sein 
Wissen schon am 22. November sein Halbbruder, 
der vierjährige Valentinian H. , in Acincum von 
den Soldaten zum Augustus ausgerufen (Momm- 
sen a. O. Socrat TV 31, 7. Ammian. XXX 10, 5. 
Rufin. hist. eccl. XI 12. Zosim. IV 19, 1). Doch 
zögerte G. nicht, ihn anzuerkennen (Auson. grat. 
act 2, 7. Oros. VII 32, 15). Um diese Zeit wurde 
Theodosins, der Vater des späteren Kaisers, in 



Karthago hingerichtet (Hieron. chron. 2391. Oros. 
VII 33, 7. Ambros. de ob. Theod. 53 = Migne 
L 16, 1404), wahrscheinlich noch auf Befehl des 
Valentinian. 

376 am 1. Januar wurde eine Proklamation, 
die das Programm der neuen Regierung enthielt, 
im Senat von Rom vorgelesen und von ihm mit 
großem Jubel begrüßt. Jedenfalls war sie von 
Ausonius ausgearbeitet, der als Quaestor berufen 

10 war, die kaiserlichen Erlasse zu stilisieren (Sym- 
mach. ep. I 13). Sie verkündete, daß G. nicht, 
wie sein Vater getan hatte, den Senat herunter- 
zudrücken, sondern ihm Ehre und Einfluß zu 
gewähren beabsichtige (Symmach. or. V 3. IT 
5. 6. 9). Der Lehrer, dem der Jüngling zu ge- 
horchen gewohnt war, gewann jetzt auch auf 
politischem Gebiete den beherrschenden Einfluß 
über ihn (Themist. or. XIII 174a; vgl. 171 d. 
173 a), was sich schon darin aussprach, daß die 

20 Ernennung seines Sohnes Hesperius zum Pro* 
consul Africae eine der ersten Regierungshand- 
lungen des Kaisers war. Denn jener ist schon 
am 10. März 376 in diesem Amte nachweisbar 
(Cod. Theod. XV 7, 3). Der Vater des Ausonius 
wurde durch die Titularwürde eines praefectus 
praetorio per Illyricum geehrt (Auson. epic. in 
patr. 52), sein Schwiegersohn Thalassius erst zum 
Vicarius Macedoniae, dann zum Proconsul Afri- 
cae ernannt (Seeck Symmachus p. LXXVHI), 

30 Magnus Arborius , der Sohn seiner Schwester 
(s. o. Bd. II S. 420), und die Gatten ihrer Tochter 
und ihrer Großtochter gleichfalls zu hohen Äm- 
tern befördert (Auson. epic. in patr. 49), so daß 
die Familie des Dichters in den folgenden Jahren 
die Verwaltung des westlichen Reichsteils völlig 
beherrschte. Auch wurde die Besoldung der 
städtischen Lehrer Galliens, aus deren Mitte 
Ausonius hervorgegangen war, am 23. Mai neu 
geregelt (Cod. Theod. XIH 3, 11). Vor allem 

40 aber zeigte sich seine Einwirkung darin, was er 
selbst (grat. act. 1, 3) mit den Worten ausdrückt: 
palatium, eum terribile aeeeperis, amabile prae- 
stitisti; d. h. die neue Regierung bezeichnete 
eine bewußte Reaktion gegen die vorhergehende ; 
war Valentinian durch harte Grausamkeit ver- 
haßt gewesen, so strebte sein Sohn unter Leitung 
des Ausonius danach, sich durch Milde populär 
zu machen (Auson. grat act. 15, 71. 16, 72, 
Symmach. or. IV 15). Sogleich wurden alle 

50 Steuerschulden erlassen und die Register, in denen 
sie verzeichnet waren, in den Städten des west- 
lichen Reichsteils auf offenem Markte verbrannt 
(Auson. grat. act. 16, 73. 74. Themist or. XUI 
175 c) und bald darauf verboten, bei Eintreibung 
von Steuerrückständen die Folter anzuwenden 
(Cod. Theod. IX 35, 2). Die Verbannten wurden 
amnestiert, die Untersuchungsgefangenen befreit, 
den Erben derjenigen, welche Valentinian hatte 
hinrichten lassen, die konfiszierten Vermögen 

60 zurückgegeben (Themist. or. XHI 171c. 174 b. 
175 a. 179 a— c. Ambros. de ob. Theod. 52 = Migne 
L 16, 1403). Den Präfekten von Gallien, Masi- 
minus, der als Anstifter und schlimmstes Werk- 
zeug der Grau samkeiten Valentinians galt (Am- 
mian. XXVni 1. Symmach. ep. X 2, 3; or. IV 
13. 14), ließ G. ans Pietät gegen seinen Vater 
noch bis in den Frühling 376 im Amte , verbot 
ihm aber, Dcnuntiätionen von Sklaven und Frei- 



gelassenen gegen ihre Herren anzunehmen {Cod. 
Theod. IX 6, 1. 2; vgL 19, 4. Symmach. or. IV 
10). Auch trat er durch ein Edikt der Furcht 
Tor neuen Hochverratsprozessen entgegen (Auson. 
grat. act. 15, 71) Aher da Maximinus dem jungen 
Kaiser gegenüber die Autorität des alten und 
erfahrenen Beamten gar zu stark betonte, wurde 
er entlassen (Symmach. or. IV 10—12) und schon 
vor dem 23. Mai 376 durch Claudius Antonius er- 
setzt (Cod. Theod. XIII 3, 11 ; vgl. o. Bd. I S. 2584) 
P/ d ? rch S ewann der Senat den Mut, den gefallenen 
Machthaber durch eine Gesandtschaft beim Kaiser 
anzuklagen, was seine Hinrichtung zur Folge hatte 
(Symmach. or. IV 12 ; ep. X 2, 3. Ammlan. XXVHI 
1, 57). Wieder wurde eine Proklamation an den 
Senat gerichtet und Symmachus, der mit Auso- 
nius Freundschaft geschlossen hatte und einen 
lebhaften Briefwechsel mit ihm unterhielt {Sym- 
mach. ep. I 13—43), mit ihrer Vorlesung beauf- 
tragt (ebd. X 2, 1). Auch seine Familie wurde 
hochgeehrt, sein Verwandter Virius Nicomachus 
Flavianus zum Vicarius Africae ernannt (Seeck 
Symmachus p. CXIV), seinem Vater auf Petition 
des Senats das Consulat für 377 verliehen, dessen 
Antritt freilich durch seinen Tod verhindert wurde 
(a. p. XLIH), Der Kaiser sorgte für die Korn- 
zufuhren Roms und traf Maßregeln gegen die 
Verschlechterung der Münze und die Übervor- 
teilung der Untertanen bei der Steuererhebung 
(Symmach. ep. X 2, 4). Endlich besuchte G. 
selbst die Hauptstadt des Reiches, vielleicht um 
dort am 24. August seine Decennalien zu feiern. 
Denn der eQozotos des Themistios (or. XTTT ) ist 
in seiner Gegenwart (165 d) in Rom (177 d. 178b; 
vgl. or. XV 191b) gehalten oder richtiger wohl 
vor den Toren der Stadt, um G. bei seinem Ein- 
züge zu begrüßen, da von diesem als von etwas 
Zukünftigem gesprochen wird (179b). Der Phi- 
losoph war von Kaiser Valens, der, wie es scheint, 
das Vorgehen seines Neffen etwas gar zu selb- 
ständig fand (Eunap, frg. 42 = FHG IV 31 
Zosim. IV 24, 4), als Bote oder Unterhändler zu 
G. nach Gallien geschickt worden (Themist. or. 
XIH 163c. 165d. 168a. 171b. 175c. XV 198 
a. b. XXXI 354 d) und von diesem wahrschein- 
lich nach Rom mitgenommen (Themist. XXXI 
354 d). Hier scheint G. eine Verfugung erlassen 
zu haben, die den privilegierten Gerichtsstand der 
Senatoren regelte, die Erhaltung von Roms alten 
Denkmälern zu sichern versuchte und die Auf- 
führung neuer Prachtgebäude erleichtern sollte 
(Cod. Theod. IX 1, 13. X 19, 8. XV 1, 19. Cod. 
lust. m 24, 2; die Datierung unsicher). Über 
Mailand (Ammian. XXVIII 6, 30) reiste er dann 
nach Gallien zurück und ist am 17. September 
wieder in Trier nachweisbar (Cod. Theod. IX 
35, 2). Wahrscheinlich geschah es in seiner Ab- 
wesenheit, aber kaum ohne seine Zustimmung, 
daß der Stadtpräfekt Furius Maecius Gracchus, 
der am 1. Dezember 376 und am 4. Januar 377 
im Amte nachweisbar ist (Cod. Theod. II 2, 1. 
LX 35, 3), den Mithraskult in Rom unterdrückte 
(Hieron. ep 107, 2 = Migne L. 22, 869. Prud. 
c Symmach. I 562). 

• 3 i? 7 * ,%'} Bt bis zum 29 - März in Trier nach- 
wewbar (Cod. Theod. IX 35, 3. XIV 3, 15. Vm 
&, 34. I 32, 3; unsicher datiert I 32, 2), am 
28. Juli u» Mainz (Cod. Theod. I 16, 13), am 



17. September wieder in Trier (Cod. Theod. XI 
2,3). Das Westreich wurde von Hungersnot und 
Pest heimgesucht (Ambr. in Luc. X 10 — Migne 
L. 15, 1807). Da die Goten, welche Valens in 
das Reich aufgenommen hatte, sich erhoben 
(Mommsen Chron. min. I 242), sandte G. seinem 
Oheim Hilfstruppen aus Pannonien und Gallien 
(Ammian. XXXI 7, 3—5. 9, 1). 

378. Nachdem schon im vorhergehenden Jahre- 
10 Hespenus, der Sohn des Ausonius, vom Proconsul 
Africae zum Praefectus praetorio Italiae befördert 
TL <°od Theod. I 15, 8. Vin 5, 34), wurde- 
jetzt der Vater zum Praefectus praetorio Gallia- 
rum erhoben (Auson. grat act. 8, 40). Sein Vor- 
gänger Antonius ist zuletzt am 12. Januar nach- 
weisbar (Cod. Theod. IX 20, 1. XI 39, 7), er selbst 
zuerst am 20. April (Cod. Theod. VIII 5, 35). 
Seine Mutter Marina, von der sich Valentinian 
hatte scheiden lassen, berief G. wieder an den 
20 Hof (Chron. Pasch. 378), wo sie nicht ohne Ein- 
fluß gewesen zu sein scheint (Ammian. XXVITT 
1, 57). 

Als die Lentiensischen Alamannen durch einen 
ihrer Landsleute, der unter den Leibwachen des. 
Kaisers diente, die Nachricht erhielten, daß ein 
Teil der gallischen Truppen dem Valens zu Hilfe 
gezogen sei und G. selbst ihnen zu folgen ge- 
denke (Ammian. XXXI 10, 3. 20), überschritten 
sie im Februar den zugefrorenen Rhein, wurden 
30 aber zurückgeschlagen (Ammian. XXXI 10, 4). 
Darauf sammelten sie ein Heer, das einige auf 
40000, andere gar auf 70000 Mann schätzten, 
und erneuerten damit den Angriff. G. ließ einige 
der nach Pannonien vorausgeschickten Truppen 
zurückkehren, zog das gallische Heer zusammen 
und stellte Nannienus und Mallobaudes an seine 
Spitze. Diese schlugen die Alamannen bei 4r- 
gentaria so gründlich, daß über 30000, darunter 
der König Priarius, gefallen sein sollen und die- 
40 jenigen, welche sich durch Flucht in die Wälder 
retteten, nur auf 5000 geschätzt wurden (Ammian. 
XXXI 10, 5-10. Vict. ep. 47, 2. Hieron. chron. 
2393. Oros. VH 33, 8). G. war unterdessen in 
Trier geblieben, wo er bis zum 1. Juni nachweis- 
bar ist (Cod. Theod. I 15, 9; vgl, VIII 5, 35). 
Doch als er jetzt den Zug nach dem Osten an- 
trat, beschloß er, unterwegs die Lentienser völlig 
zu vernichten. Er brach daher in den Schwarz- 
wald ein, ließ sich aber nach schwierigen und 
50 verlustreichen Gebirgskämpfen, in denen er per- 
sönlich tapfer mittat, zu einem Vertrage bewegen, 
nach dem die Alamannen ihm Rekruten stellten 
(Ammian. XXXI 10, 11-18. Auson. grat act. 2, 8). 
Dann zog er über Arbor Felix, Lauriacum, Bo- 
nonia nach Sirmium (Amian. XXXI 10, 20. 11, 6* 
vgl. Zosim. IV 24, 3), dann, obgleich er von 
einem Wechselfieber heimgesucht wurde, nach 
Castra Martis, wo ihm die Alanen ein Gefecht 
lieferten (Ammian. XXXI 11, 6). Seinen Comes 
60 domesticorum Richomeres sandte er mit einem 
Brief an Valens voraus, worin er bat, die Schlacht 
nicht zu übereilen, sondern seine demnächst be- 
vorstehende Ankunft abzuwarten (Ammian. XXXI 
12, 4. S). Doch eifersüchtig auf die Erfolge seines 
jungen Neffen, beschloß Valens, die Goten als- 
bald anzugreifen, um sich allein den Buhm des 
Sieges zuschreiben zu können (Ammian XXXI 
12, 1. 7; vgL Zosim. IV 24, 4). Er erlitt am 



9. August bei Hadrianopolis eine schwere Nieder- 
lage, die ihm selbst das Leben kostete (s. Valens). 
Als Victor, der sich aus der Schlacht gerettet 
hatte, dem G. die Nachricht überbrachte (Zosim. 
IV 24, 3), muß dieser, der schon in die thrakische 
Diözese eingerückt war (Auson. grat. act 18, 82), 
sogleich nach Sirmium zurückgekehrt sein; denn 
hier designierte er Ausonius zum Consuln für das 
folgende Jahr (Auson. grat. act. 9, 42). Offenbar 



Xni 3, 12. XI 31, 7), wo ihm Ausonius beim 
Niederlegen seines Consulats die Gratiarum actio 
hielt (Auson. grat. act 18, 80). 

380. Ein Sieg des Kaisers wurde in Kon- 
stantinopel verkündigt (Mommsen Chron. min. 
I 243), wahrscheinlich über die Alamannen (So- 
crat V 6, 2. Sozom. VII 4 , 1. Die Vandalen 
nennt Iord. Get. 27, 141). Da Theodosius, durch 
eine schwere Krankheit behindert, den Raubzügen 



verzweifelte er daran, den Kampf gegen die sieg- 10 der Goten nicht entgegentreten konnte (Iord. 

..^vi^„ a^™ ^11^+ „,,f„™,.i — M ™,i „_n+~ (} e k 27, 140; vgl. Socrat V 6, 3. Sozom. VII 

4, 3. Zosim. IV 34, 4), zog G. aus Trier, wo er 
bis zum 18. März nachweisbar ist (Cod. Theod. 
XI 16, 12; vgl. VI 35, 9. Xm 5, 16. 9, 3), über 
Mailand (Cod. Theod. XV 7, 4. 5 vom 24. April) 
und Aquileia (Cod. Theod. X 20, 10 vom 14. Mai, 
VI 35, 10 vom 27. Juni) nach Sirmium (Cod. 
Theod. VII 22, 11 vom 8. Sept.) und schloß mit 
den Goten einen Vertrag, durch den er ihnen 



reichen Goten selbst aufzunehmen, und wollte 
sich mit der Verteidigung des westlichen Reichs- 
teils gegen ihr weiteres Vordringen begnügen. 
Einstweilen suchte er den Zorn Gottes, den Valens 
nach seiner Meinung durch die Begünstigung der 
Arianer über sich heraufbeschworen hatte, dadurch 
zu besänftigen, daß er allen orthodoxen Geist- 
lichen, die durch jenen verbannt waren, die Rück- 
kehr gestattete (Theodor, hist. eccl. V 2). Zugleich 



gewährte er allen christlichen Sekten mit Aus- 20 Wohnsitze in Pannonien anwies und Korntribute 



nähme der Eunomianer, Photinianer und Mani- 
ehäer unbeschränkte Religionsfreiheit (Socrat. V 
2, 1. Sozom. VII 1, 3), was er aber schon im 
nächsten Jahre zurücknahm (Cod. Theod. XVI 5, 5). 
In seiner Not berief G. den Theodosius, der 
sich 374 als Dux Moesiae im Kampfe gegen die 
Sarmaten ausgezeichnet hatte (Ammian. XXIX 
6, 15) und daher die Kriegs weise der Donaubar - 
baren gut kennen mußte, aus Spanien an seinen 
Hof (Vict. ep. 47, 3. Theodor, hist. eccl. V 5, 2. 30 
Paeat paneg. XII 10). Vielleicht hatte ihn sein 
Comes sacrarum largitionum Eucherius, der wahr- 
scheinlich ein Oheim des Theodosius war (s. o. 
Bd. VI S. 882), auf diesen aufmerksam gemacht. 
Kaum an der Donau eingetroffen, schlug der 
jugendliche Feldherr die Sarmaten, welche die Be- 
drängnis des Reiches zu einem Plünderzuge be- 
nutzen wollten, mit geringen Streitkräften über 
den Strom zurück (Theodor, hist. eccl. V 5. 6. 



bewilligte (Iord. Get. 27, 141; vgl. Zosim, IV 
33, 2). 

381. G. scheint in Trier überwintert zu haben 
(Cod. Theod. VHI 5, 36 vom 27. Febr.); im Früh- 
ling zog er über Mailand (Cod. Theod. VI 22, 5. 
26, 2 vom 29. März) nach Aquileia (Cod. Theod. 
XV 10, 2 vom 22. April. XV 7, 8 vom 8. Mai) 
und kehrte dann nach Trier aurück (Cod. Theod. 
IV 22, 2 vom 14. Okt.). 

382. G. zog über Mailand (Cod. Theod. VIH 
4, 13 vom 3. Apr.), Brescia (Cod. Theod. XII 
12, 9 vom 10. Mai) und Padua (Cod. Theod. XIV 
18 vom 20. Juni) nach Viminacium an der Donau 
(Cod. Theod. Xn 1, 89; vgl. I 10, 1 vom 5. Juli), 
wahrscheinlich um hier einer neuen Bewegung 
der Goten entgegenzutreten. Dann kehrte er 
nach Mailand zurück (Cod. Theod. I 6, 8 vom 
22. Nov.), wo er den Winter zubrachte (Cod. 
Theod. XI 13, 1 vom 19. Jan. 383). Hier dürfte 



Themist. or. XIV 182 c. Pacat. a. O. Auson. grat. 40 der Bischof der Stadt, Ambrosius, großen Ein- 



act. 2, 7. 8) und rief dadurch bei G. die Über- 
zeugung hervor, daß er der geeignete Mann sei, 
um dem Ostreiche den Frieden wiederzugeben. 

379 am 19. Januar erhob G. in Sirmium den 
Theodosius zum Augustus und übergab ihm den 
Reichsten des Valens (Mommsen Chron. min. I 
243. II 14, % 60. Socrat. V 2, 3. Sozom. VII 2, 1. 
4, 1. Vict. ep. 47, 3. Theodor, hist. eccl. V 6, 3. 
Zosim. IV 24, 4). Um diese Zeit wurden die 



fluß über ihn gewonnen haben, und dem ist es 
wohl zuzuschreiben, daß er um diese Zeit (Am- 
bros. ep. 17, 10 = Migne L. 16, 963: ante bienwktm 
ferme) den Titel des Pontifex maximus, den er 
bis dahin noch geführt hatte (Auson. grat. act. 
7, 35), als erster Kaiser ablegte (Zosim. IV 36, 5) 
und durch ein Reskript die Reste des offiziellen 
Heidentums, die sich in Rom noch erhalten hatten, 
zu unterdrücken suchte (Ambros. ep. 17, 5. 16). 



Präfekturen von Gallien und Italien vereinigt 50 Er wies die staatlichen Leistungen , die bisher 



und durch Ausonius und seinen Sohn kollegia- 
lisch verwaltet, aber noch in demselben Jahre, 
nachdem Ausonius einen Nachfolger erhalten 
hatte, wieder geteilt (Seeck Symmachus p. LXXX). 
Der Kaiser blieb mindestens bis zum 24. Februar 
in Sirmium (Cod. Theod. VI 30, 1), am 2. Juli 
war er in Aquileia (Cod. Theod. VII 18, 2. XITI 
1, 11), am 30. Juli in Mailand (Cod. Iust. VI 
32, 4), wo er, wahrscheinlich durch Ambrosius 



für die Ausrichtung heidnischer Feiern bestimmt 
gewesen waren, teils dem Fiskus, teils der Area 
der Präfekten zu (Ambros. ep. 17, 3. 57, 2. Sym- 
mach. rel. 3, 7); die Gehalte der Vestalinnen, der 
Priester und ihrer Diener sollten künftig zur Er- 
leichterung der Tran Sportleistungen dienen (Sym- 
mach. rel. 3, 15. Ambros. ep. 18, 3. 12. 13), das 
unbewegliche Eigentum, das ihnen durch Testa- 
mente vermacht wurde, an den Fiskus fallen (Sym- 



beeinflußt, am 3. August ein Gesetz gab, durch 60 mach. rel. 3, 13. Ambros. ep. 18, 16); ihre Be- 



das er die Toleranz der Ketzereien , die er kurz 
vorher selbst verfügt hatte, wieder aufhob (Cod. 
Theod. XVI 5, 5). Dann zog er, da die Ala- 
mannen in Gallien Raubzüge machten (Socrat. 
V 6, 1. Sozom. VTI 4, 1), über Vicus Augusti 
(Aoste, s. o. Bd. LI S. 2370), wo er am 10. August 
nachweisbar ist (Cod. Theod. Xu 13, 4), nach 
Trier (Auson. grat act. 7, 34. 18, 82. Cod. Theod. 



freiung von den Munera wurde aufgehoben (Sym- 
mach. rel. 3, 11. Ambros. ep. 17, 4. 14. 18, 11); 
endlich wurde der Befehl gegeben, den Altar der 
Victoria, der bis dahin im Senatslokal gestanden 
hatte, zu entfernen (Symmach. rel. 3, 3. Ambros. 
ep. 17, 9. 14. 18, 1. 7. 10. 31). Die Majorität des 
Senats schickte eine Gesandtschaft unter Führung 
des Symmachus an den Kaiser ab, tun ihn zur 



uinuiuius 



Zurücknahme dieser Verfügungen zu bewegen. 
Doch der Papst Damasus übersandte eine Er- 
klärung der christlichen Senatoren an Ambrosius, 
die dieser dem G. zugehen ließ , und es so er- 
wirkte, daß die Gesandten gar nicht vorgelassen 
wurden (Ambros. ep. 17, 10. Symmach. rel. 3, 
1. 20). 

383. Es traten Ereignisse ein, welche die 
Heiden als Strafe der Götter betrachteten (Sym- 
mach. rel. 3, 15—17; ep. II 7, 3. Ambros. ep. 
18, 3. 19—21}. In den meisten Provinzen (Sym- 
mach. rel. 3, 15; ep. II 6, 2. 52, 1), vor allem 
in Africa {Symmach. ep. IV 74, 2) und Ägypten 
(Ambros. ep. 18, 19), deren Korn die Hauptstädte 
zu ernähren pflegte, gab es vollständige Miß- 
ernten, und wenn auch die Poebene, Gallien und 
Pannonien glücklicher waren (Ambros. ep. 18, 
21), so reichten ihre Erträge doch nicht aus, um 
eine furchtbare Hungersnot abzuwehren. In Rom 
griff man zu dem verzweifelten Mittel, alle 
Fremden auszuweisen (Ambros. de off. min. III 
7, 45. 49. Symmach. ep. II 7. 3. Anrmian. XIV 
6, 19. Themist. or. XVIII 222a. Liban. or. XI 
174). In Rätien fielen die Juthmigen ein (Am- 
bros. ep. 18, 21. 24, 8). Constantia, die Frau des 
Kaisers, starb und wurde am 12. September in 
Konstantinopel beigesetzt (Mommsen Chron. min. 
I 244) ; ihr Kind scheint ihr schon im Tode vor- 
angegangen zu sein, da Symmach. rel. 3, 19 an- 
deutet, daß G. ohne Leibeserben blieb. Zwar 
trauerte er ihr nicht lange nach, sondern ver- 
mählte sich gleich darauf mit Laeta (Zosim. V 
39, 4). Doch noch in dem Glück der Flitter- 
wochen traf ihn selbst der Tod (Sozom. VII 
13, 9. Socrat. V 11, 7. 8). 

G. hatte sich im Anfang dieses Jahres in 
Mailand aufgehalten (Cod. Theod. XI 13, 1 vom 
19. Jan. V 1, 3. XII 1, 95. XIII 10, 8. IX 27, 
5. XII 1, 99. 100; zuletzt den 2. Mai HI 1, 4); 
vom 21.— 28. Mai finden wir ihn in Padua (Cod 
Theod. XVI 7, 3. IX 1, 14. U 19, 5), von wo er 
über Verona (Cod. Theod. I 3, 1 vom 16. Juni) 
nach Rätien zog, um die juthungischen Ala- 
mannen abzuwehren (Socrat. V 11, 2. Sozom. VII 
13, 1). Hier erhielt er die Nachricht, daß Ma- 
ximus in Brittannien von den Truppen zum Kaiser 
ausgerufen und dann gleich nach Gallien über- 
gesetzt war (a. O. Sulp. Sev. chron. II 49 5; 
vit. Mart. 20, 3. Oros. VII 34, 9. Vict. ep. 47, 7. 
Zosim. IV 35, 3. 4. Rufin. hist. eccl. XI 14. 
Pacat. paneg. XII 23. 38. Mommsen Chron. 
min. I 461, 1183. 629. 646, 6. 9). G. eilte dem 
Usurpator bis Paris entgegen (Mommsen I 461, 
1183). Aber da er, selbst dem Sport des Bogen- 
schießens eifrig ergeben, eine Schar alanischer 
Schützen übermäßig bevorzugt hatte, fühlten sich 
die übrigen Soldaten zurückgesetzt und fielen von 
ihm ab (Zosim. IV 35, 2—5. Vict. ep. 47, 7. 
Ambros. in psalm. 61. 17. Hieron. ep. 60, 15 
= Migne L. 14. 1173. 22, 599. Pacat. paneg. XII 
23. 24). Mit einer kleinen Schar, die ihm treu 
geblieben war, wollte er über die Alpen fliehen, 
wurde aber am 25. August (Mommsen I 297. 
II 61) schon in Lyon durch den Verrat des Comes 
Andragathius getötet (s.o. Bd. IS. 2132). Richter 
Das weströmische Reich besonders unter den 
Jawem Gratian, Valentinian n. und Maximus, 
Berlin 1865. 



4) Britannier, wurde von den britannischen 
Truppen 407 auf den Thron erhoben, aber schon 
nach vier Monaten getötet, um Constantin m. 
Platz zu machen, Olymp, frg. 12 = FHG IV 59 
Zosim. VI 2, 1. 2. 3, 1. Oros. VII 40, 4. 

zi *, [Seeck.] 

Gratiarum collis (Xaohcov k6<pos) wird von 
Herod. IV 175 als Quelle des Cinypsflusses er- 
wähnt, angeblich 200 Stadien von der Küste 
10 entfernt, also nicht mit H. Barth Wanderungen 
318 mit einem in der Nähe von Leptis Magna 
gelegenen Hügel zu identifizieren. Vielleicht 
denselben Xaghcov A6<pog hat KaUimachos (Schol 
Pind. Pyth. V 32) erwähnt. Vgl. R. Neumann 
Nordafrika nach Herodot 25. Cowper The Hill 
of the Graces (London 1897). [Dessau.] 

Gratich . . ., zweifelhafter Beiname der rheini- 
schen Matronen auf der Inschrift von Euskirchen 
Brambach CIRh. 562 = CIL XIII 7971. Eben- 
20 dort die Widmung Matronis Ratheihis (CIL XIII 
7972). [Ihm .j 

Gratidius, römisches Geschlecht aus Arpinum. 
Der Name ist in der Untersuchung Schult« ns 
über die Namen auf -idius nur ganz beiläufig 
berücksichtigt (Klio II 192), weil er inschriftlich 
außerhalb Roms sehr selten vorkommt. 

1) Gratidius, wurde 666 = 88 nach der An- 
nahme der Sulpicischen Rogation, die dem Marius 
die Provinz Asien überwies, von Marius als sein 

30 Legat an den Consul Sulla geschickt, um dessen 
Heer zu übernehmen, und fiel der Wut der Sul- 
lanischen Soldaten zum Opfer, als erster in dem 
Bürgerkriege (Val. Max. IX 7b, 1. Oros. V 19, 4. 
Nur iiUaQxot im allgemeinen erwähnt Plut. Mar. 
35; Sulla 8E. 9 Anf.). G. ist gewiß ein Ver- 
wandter von Nr. 2 und somit von Marius selbst 
gewesen. 

2) M. Gratidius aus Arpinum, suchte dort 
nach römischem Muster die geheime Abstimmung 

40 einzuführen, und fand dabei heftigen Widerstand 
bei seinem eigenen Schwager M. Cicero, dem 
Großvater des Redners (Cic. de leg. ITI 36), wie 
auch dessen Abneigung gegen die griechische 
Bildung (Cic. de or. II 265) seiner eigenen Art 
(doctus Öraecis litteris Cic. Brut. 168) gerade 
entgegengesetzt war. Er klagte den C. Flavius 
Fimbria wegen Erpressungen an (vgl. Fimbria), 
ging dann als Praefect des mit ihm befreundeten 
Redners M. Antonius in dessen Provinz Kilikien 

50 und fand dort im Krieg mit den Seeräubern 652 
= 102 seinen Tod (ebd.). Sein Sohn ist durch 
Adoption in die ebenfalls aus Arpinum stammende 
Familie der Marier gelangt und heißt daher M. 
Marius Gratidiauus (Cic. de leg. III 36; Brut. 168). 

3) M. Gratidius (Vorname Cic. Flacc. 49), 
wohl ein Enkel von Nr. 2 (durch Nr. 1?) und 
deshalb mit Cicero und seinem Bruder durch 
amor fraie.rn.us verbunden (Cic. ad Qu. fr. I 
1, 10), war Legat des Q. Cicero in Asien 693 

60 — 61 und in den folgenden Jahren (Cic. a. O.). 

[Münzer.] 

4) M. Gratidius, arretischer Töpfer der frühe- 
ren Kaiserzeit CIL IX. XV. Ihm Bonn. Jahrb 
CII 126. [Oxd.] 

5) Gratidia, Schwester Ton Nr. 2, Gattin 
des M. Tallina Cicero und Großmutter des gleich- 
namigen Redners (Cic. de leg. IH 36). 

6) Gratidia, ist nach Porphyr, epod. 3, 7. 5 



io*i irrannanus 

43 ; sat. I 8, 23 der wahre Name der Ton Horaz 
so heftig angegriffenen Giftmischerin und Zauberin 
Canidia (s. o. Bd. HI S. 1476 Nr. 3). [Münzer.] 
Gratüianus s. Flavius (Nr. 98) und Nonius. 
Gration {Toaticov), Gigant, nach Apollod. I 
6, 2, 5 von Artemis getötet. Der sonst nicht 
überlieferte Name (auf der Berliner Schale des 
Aristophanes und Erginos, Furtwängler2531, 
heißt der Gegner der Artemis Gaion) gilt als 
korrupt, Konjekturen wie Aigaion, Elation, Eury- 
tion, Kration, Rhaion, Rhoition s. 0. Jahn Ann. 
d. Inst. 1863, 252 und Wagner Apollod. bibl. 
p. 16- [Weicker.] 

Gratlssimus , Praepositus sacri cubiculi bei 
Kaiser Leo L, baute in Konstantinopel die Kirche 
des heiligen Cyriacus und wurde, nachdem er 
sein Amt niedergelegt hatte, Mönch in dem mit 
ihr verbundenen Kloster, Theod. lect. I 17 = 
Migne G. 86, 173. [Seeck.] 

Gratos, kommandiert unter Herodes d. Gr. 
die Sebastener; in den Wirren nach dem Tode 
des Königs hält er es mit den Römern, Joseph, 
bell. lud. II 52; ant. lud. XVII 266; er rettet 
Jericho vor der Verbrennung durch den Usur- 
pator Simon und vernichtet diesen, Joseph, bell, 
lud. II 58; ant. lud. XVII 275f. Bei Emmaus 
rettet er eine römische Centurie vor dem Usur- 
pator Athronges, und dann vernichtet er zwei 
von dessen Brüdern, Joseph, bell. lud. II 63f. ; 
ant. lud. XVII 282f. Mit den Römern zusammen 
verteidigt er sich im Palast des Herodes in Jeru- 
salem gegen die Aufständischen, bis Varus zum 
Entsatz kommt, Joseph, bell. lud. II 74; ant. 
lud. XVII 294; vgl. Schür er Gesch. des jüd. 
Volkes 13 420f. [Willrich.] 

Grattia s. Baebius Nr. 48. 
Grattiiis. 1) Ankläger des Dichters Archias 
692 = 62 (Cic. Arch. 8. 12 nach der besten 
Lesart). ^ [Münzer.] 

2) Grattius, Verfasser eines Lehrgedichtes über 
die Jagd, lebte und schrieb zur Zeit des Augustus. 
Wir wissen von ihm nur durch die Erwähnung 
des Ovid im Kataloge der älteren Dichter seiner 
Zeit ex Ponto IV 16, 31 cum Varius Gracchus- 
que darent fera dieta tyrannis, Oallimaehi Pro- 
culin molle teneret iter, Tityron antiquas fpas- 
serque rediret ad herbas (so der gute Monacen- 
sis, tytirus antiquas et erat qui paseeret herbas 
die interpolierten Hss.) aptaque venanti Grattius 
{gratius Hss.) ar-ma daret und durch das uns er- 
haltene Fragment von etwa 540 Versen aus dem 
ersten Buche seines Epos. Das uns allein be- 
kannte Gentile ist mit Recht in der alten Hs. 
des Fragmentes mit doppeltem t geschrieben, wo- 
gegen die jungen Hss. Ovids nichts besagen (viel- 
leicht verstanden es die Schreiber gar als Ad- 
verbium) ; so, Grattius, ist uns dieser Geschlechts- 
name in einer ganzen Anzahl von Inschriften aus 
Rom (CIL VI 19117ff.) und den Provinzen über- 
liefert, wohingegen der andere Name Gratius 
nur ganz selten zu lesen ist (II 4970. 219 sicher 
schlechte Orthographie. IX 5920. XII 4123. 5865. 
XTV 983; über die Schreibung des Dichteruamens 
hat zuerst richtig geurteilt Buche ler Rh. Mus. 
XXXV 1880, 407). Als erster hat Barth aus 
v. 40 des Gedichtes at contra nostris inbeüia 
Una Faliscis geschlossen , daß G. aus Falerii 
stammte: viale haben den Schluß angezweifelt, 



Urattms 



1842 



aber mit der falschen Erklärung, nostris be- 
zeichne den Dichter nur als Italiker (wie 137. 
321, vgl. auch 540) im Gegensatze zu den gleich 
genannten Spaniern. Besonnene Interpretation 
muß diese Auffassung abweisen: die Wendung 
at contra setzt die nostri Falisci in Gegensatz 
zu den vorhergenannten Orten Cumae und Tiber- 
tal, nicht zu den folgenden Saetabes. Ich bin 
durchaus der Meinung, daß G. ein Falisker war, 
10 und kann höchstens die andere Möglichkeit noch 
zugeben, daß nämlich der Dichter in der reichen 
fruchtbaren Gegend (Nissen Ital. Landesk. II 
365. Hülsen o. Bd. VI S. 1972) ein Landgut 
erworben (so zuerst, freilich abweisend, Curcio 
Riv. filoL XXVI 1898, 56). Außer dieser einen 
Stelle lesen wir persönliche Anspielungen ira Ge- 
dichte nicht, wo sie ja naturgemäß auch nur 
vereinzelt eine Stelle hätten finden können; wir 
merken aber, daß der Dichter mit den Eigen- 
20 tümlichkeiten Italiens wohl bekannt ist: er er- 
wähnt den Flachs von Cumae und Tuscien (35f.), 
die langspitzigen Jagdspieße der Lucaner (120), 
den Ginster von Altinum (130), die umbrischen 
Hunde (171. 194), das Pe'ch von Vibo (416). 
schildert das Waldfest der Diana zu Aricia in 
erster Person, wie einer der daran teilgenommen 
(molimur, sistimus 483ft\), ja der Schluß des 
Fragmentes (leider jetzt verstümmelt) scheint ein 
besonders warmes, allgemeineres Lob von Italien 
30 enthalten zu haben, wobei jeder natürlich an die 
Einlage in Vergils Georgica (II 136ff.) erinnert 
wird. Im Tone echten Römerstolzes klingt die 
Deklamation über die luxuria aus, wo im Gegen- 
satz zu lydischer und griechischer Üppigkeit ge- 
rühmt wird v. 321 : at qualis nostris , quam Sim- 
plex ntensa Camillis! qui tibi eultus eratposl tot, 
Serrane , triumphos l ergo Uli ex habitu virtu- 
tisque indole priscae inposuere orbi Bomam 
eaput, aetaque ab Ulis ad eaelum virtus sum- 
40 mosque tetendit konores. Schlüsse, wie sie Werns- 
dorf u. a. gezogen haben, G. habe nur einen 
Namen gehabt, sei also Sklave oder Freigelassener 
gewesen, seine Kenntnis des Jagdwesens verrate, 
daß er selbst aueeps oder venator eines Vor- 
nehmen gewesen, braucht man heute nicht mehr 
zu widerlegen. Ich bin im Gegenteile geneigt, 
den Mann für vornehm und unabhängig zu halten, 
weil er es verschmäht hat, sein Werk irgend 
einem der Großen des Tages zu widmen. — Außer 
50 den uns zum Teil erhaltenen Cynegetica hat man 
dem G. noch andere Gedichte zuweisen wollen: 
den eingangs zitierten verderbten Ovidvers (ex 
Ponto IV 16, 33) tityron antiquas passerqm 
rediret ad herbas haben Madvig (Advers. crit. 
II praef. II) und Bergk (Opusc. I 667) so zu- 
recht renken wollen, daß G. als Verfasser von 
Bucolica charakterisiert würde (s. noch Ehwald 
Bursians Jahresber. XLIH 141. 143. CIX 273), 
das geht aber nicht ohne arge Gewalt : ich sehe 
60 nicht ein, warum der Vers unbedingt auf G. 
gehen soll, der mit v. 34 durchaus genügend 
gekennzeichnet ist; es wird von einem uns un- 
bekannten Bukoliker Passer die Rede sein (so 
schon Riese Ovidius HI p. XXXI). Ebenso un- 
zulässig ist der Versuch Sterns (Einleitung XX), 
aus den Versen des Manilius (II 43 — 45) dem 
G. ein Epos de aueupio zuzuschreiben: ich halte 
überhaupt die viel gebilligte Ansicht Scaligers 



vjiaiiuus 



104* 



(zu Manil. p. 104), daß die Worte des Manilius 
bella ferarum . . . refert auf G. gehen , für ganz 
falsch; hei Manilius, der diese ganze Einleitung 
sicher aus griechischem Dichter entnommen hat, 
werden nur Griechen genannt: Homer, Hesiod, 
Theokrit, also geht v. 45 auf Nikander, nicht auf 
Macer, und an G. ist ebensowenig zu denken, 
sondern an einen griechischen Kynhegetiker. 
Ganz unglücklich und willkürlich ist endlich die 
Hypothese Barths und van Vliets. Ovids Halieu- 10 
tica seien ein Werk des G. — Also es bleibt dem 
G. nur das uns überlieferte Fragment, dessen 
540 Verse die größere Hälfte des ersten Buches 
der Oynegetiea gebildet haben, was die alte Hs. 
ausdrücklich bezeugt, die den Titel gibt Gratti 
cynegetieon Hb. I, wie zuerst Pithou aus dem 
Thuaneus, dann Riese (Anth. lat. 12 p. XXXV 
2) richtig verstanden hat. Daß wir nicht mehr 
haben, hat nur die Verstümmelung unserer Hs. 
verschuldet: das ganze Werk (etwa 4 Bücher 20 
wie bei dem freilich auch nicht ganz vollständig 
überlieferten Ps.-Oppian) scheint sich bis in die 
Zeit der Merowinger erhalten zu haben. Was 
Curcio (Riv. filol. XXVI 1898, 59) vorbringt 
zum Beweise, daß G. nicht mehr als ein Buch 
geschrieben, ist nichtig. Über die Entstehungs- 
zeit des Gedichtes ist in letzter Zeit öfters ge- 
handelt worden {Curcio Riv. filol. XXVI 1898, 
55—69. C. Cessi Boll. filol. V 1898, 133—135. 
Curcio vor seiner Ausgabe S. IX). Als Termi- 30 
nus ante quem steht fest die Abfassung des oben 
zitierten Ovidbriefes, genauer die Verbannung 
Ovids (Ende 8 n. Chr.), da Ovid des G. Werk 
noch zu Eom (cum vivis adnumerarer) kennen 
gelernt hat; für die Begrenzung nach rückwärts 
sind zu beachten die Bekanntschaft (v. 174) mit 
Morinern und Britannern (also nach Caesars Zug 
im J. 55), die Erwähnung des Sturzes der Königs- 
berrscbaft in Ägypten (v. 312ff.), die doch wohl 
auf die Ereignisse des J. 30 geht. Nicht weiter 40 
führen uns die literarischen Beziehungen: zwar 
glaube ich nicht, daß Gratt. 348 Orcus . . . nigris 
orbem circum&onat alis eine Nachahmung von 
Hör. serin. II 1, 58 me . . . seu mors atris cir- 
cumvolat alis ist (ediert etwa 30 v. Chr.), aber 
die Imitation Vergils durch G. ist sicher: ganz 
unbestreitbar ist die Nachbildung der Georgica 
in Anlage (besonders Buch III) und einzelnen 
Wendungen (zu sichtende Liste zuletzt bei Pier- 
leoni Riv. filol. XXXIV 1906, 583—594); für 50 
Nachahmung der Aeneis freilich scheint mir aus 
dem Stellenverzeichnis bei Curcio Ausg. S. Xff. 
nichts wirklich durchschlagend zu sein. Es bliebe 
also ein Spielraum von etwa 30 v. — 8 n. Chr. 
Geburt, denn die zweite Ausgabe der Georgica 
lasse ich lieber außer Rechnung. — Das Werk be 
handelt nach einer Einleitung (1 — 23, dazu jeden- 
falls noch 61—74) die Jagdnetze und ihre Ver- 
fertigung (24 — 60), verschiedene kleinere Jagd- 
feräte (75—94), die Jagdspeere (95—149), die 60 
agdhunde, ihre Auswahl Zucht und Pflege (150 
—496), endlich die zur Jagd geeigneten Pferde 
(496 — Schluß): was in den verlorenen Büchern 
stand, läßt sich aus Ps.-Oppian einigermaßen 
erschließen: Beschreibung der verschiedenen Arten 
<te jagdbaren Wüdes und der mannigfachen 
Weilen der Jagd selbst. Im Mittelpunkt des 
Interesses stehen dem Dichter die von den Göt- 



tern geschenkten, aber von den Menschen durch 
ihre ratio ausgebildeten artes (das Wort kehrt 
etwa 20mal im Gedichte wieder): sein epikure- 
ischer Standpunkt wird besonders v, 400 beleuch- 
tet durch die Bezeichnung der religiösen Ge- 
bräuche als metus solaeia falsi. — Daß G. nach 
einem alexandrinischen Gedichte gearbeitet hat 
(an direkte Benützung des Ps.-Xenophon glaube 
ich ebensowenig wie Curcio Riv. filol. XXVI 
1898, 69. Einleit. S. XXV), scheint mir sicher; 
jedenfalls wird niemand des Ps.-Oppian Versiche- 
rung I 20 TQfjxetav sjiioTelßayftsv dragaov, ttjv 
fASQÖiuov ovjTca tiq e.fjg sTzdiijöev äotSats für bare 
Münze nehmen, ja ich möchte sogar aus dem Um- 
stände, daß G. im Prooemium sich nicht rühmt, 
als erster den Stoff lateinisch besungen zu haben, 
vermuten, daß schon irgend einer der älteren 
lateinischen Neoteriker Cynegetica geschrieben. 
Die gelehrte griechische Quelle des G. scheint 
besonders deutlich durch in den ganz singulären 
Angaben des Dichters über Derkylos den Arkader 
als Erfinder der eigentlichen Jagdkunst (v. 95ff.) 
statt des sonst dafür genannten Cheiron oder 
Aristaios (man beachte die Form der Polemik 
gegen andere Darstellungen mit stat fatna v. 100) 
und über Hagnon , den Sohn des Astylos , der 
zuerst den Glympischen Hund zum uezäyoov, zum 
Vorstehhunde ausgebildet (213—252). Daß der 
Dichter seiner Vorlage nicht sklavisch gefolgt 
ist, sondern sie frei umgearbeitet und namentlich 
durch allerlei echt italische Züge erweitert hat,, 
sahen wir schon oben. Überhaupt pflegt man die 
gestaltende Kunst, die dichterische Ader des G. 
zu unterschätzen (so zuletzt Pierleoni Riv. filol 
XXXIV 1906, 580—597), von den Neueren ist 
eigentlich nur Stern (S. XXIIIf.) dem Manne 
gerecht geworden. Die Freude an seinem Stoffe 
ist überall deutlich; die Wärme, mit der er die 
Bedeutung der Jagd für die Kultur der Mensch- 
heit betont, steht der Begeisterung des Dichters 
der Georgica nicht viel nach, und auch die Kunst, 
mit der er das unvermeidliche Technische bän- 
digt und durch verschiedene Einlagen und Schil- 
derungen zu beleben weiß, ohne doch in den 
rhetorischen Bombast eines Nemesian zu verfallen, 
verdient alle Anerkennung ; der einzige wirkliche 
Mißgriff ist für mein Gefühl die Anknüpfung der 
Deklamation über die luxuria an die Vorschrift, 
die jungen Hunde knapp in der Kost zu halten. 
Im übrigen wird er allen Anforderungen, die sein 
yivos an ihn stellt, vollauf gerecht. Besonders 
hervorheben möchte ich noch die maßvolle Art, 
mit der er den Sermo technicus der Jagd ver- 
wertet (eine Übersicht jetzt in meinem Index 
S. 48—53); daß wir heute einiges von seinen 
sachlichen Darlegungen nicht verstehen, ist nicht 
seine Schuld. Auch sonst ist die Sprache glatt 
und klar (einige cbza^ eiQt}fieva dürfen uns nicht 
wundernehmen, apprensare, cannabi(n)us, meto.- 
gon, nardifer, offectus, plagium, praedexter, ter- 
mitem, verutus), gelegentlich nicht ohne Schmuck: 
der Periodenbau ist nie ungefüge, auch hier hat 
der Dichter von Vergil gelernt. Metrisch und 
prosodisch bietet G. wenig Bemerkenswertes ; die 
Technik (einiges darüber bei Birt Ad hist hexa- 
metri lat. eymbola 1870, 57. Curcio Einleitung 
p. XXff.) Mit sich etwa in der Mitte zwischen 
Vergil und Ovid; die leichten Elisionen sind riem- 



1Ö4Ö 



«rattius 



Gratus 



1845 



lieh häufig, ohne doch den einzelnen Vers zu be- 
schweren; lange Vokale werden vor Monosyllaba 
oft elidiert (selbst härtere Fälle wie dabo et 23, 
ratio et 311. 327, animi et 450, medio in 486), 
aber auch vor längeren Wörtern wie inconsulti 
homines 4, ergo illum 105 u. a., s. noch 140. 
234. 246. 323. 328. 352. 392. 410. 483. 493; 
Versschlüsse mit zwei Monosyllaba sind nicht 
selten (199. 244. 279. 285. 456), nur einmal et- 



das Epigramm Anth. 391 und der G., der einst 
gewiß vollständig darin stand; nichts hindert 
anzunehmen, daß, als die Hs., von der wir jetzt 
nur noch zwei Quaternionen haben , noch unver- 
sehrt war, hinter dem G. auch der Nemesianus 
darin gestanden hat und von dort als Bruchstück 
in die älteren, jetzt Pariser Hss. 7561 und 4839- 
(beide saec. X) übernommen wurde. Aus dem 
jetzigen Vind. 277 wurde abgeschrieben der Thua- 



was so Hartes wie alterna valet res 80. Wegen 10 neus Paris, lat. 8071 saec. IX — X, aber bei Gratt. 



der Caesur ist allein als weniger glatt bemerkens- 
wert v. 240 et tarnen ut ne prima faventem 
pignera fallant; im Hiat freier nur 528 Nebroden 
liquere ferae; o quantus in armis und 249 hoc 
ingens merüum (est add. Aid.) , haec ultima 
palma tropaei, wo ich trotz v. 472 est nicht ein- 
setzen möchte. Dehnung in arsi ist möglicher- 
weise richtig in 294 tenet, 339 suis, sicher in 
43 sonipes , wo nicht mehr an das alte ss zu 



I 159 bat der Abschreiber die Lust verloren und 
aufgehört. Die zerstörte und auf die beiden Qua- 
ternionen 17 + 18 reduzierte Hs. (also ohne den 
Nemesian) hat dann kurz vor 1503 der Dichter 
und Philolog Giacomo Sannazar ex Heduorum 
itsque finibus atque e Turonibus mit nach Neapel 
gebracht. Seine beiden Abschriften, die zum 
erstenmal eine leidliche Rezension gaben, sind 
noch erhalten im Cod. Vind. lat. 277 fol. 74-85 



denken ist (vgl. comes 247. 454, dives 316, ter-20und 3261 fol. 43—72; wohl aus einer dritten ist 



mes 132); von den Kritikern zu unrecht beseitigt 
wird die Dehnung auslautenden kurzen Vokals 
vor schwerem Anlaut 142 generosä stirpibus und 
259 volpinä speeies, gut natürlich auch das kon- 
ventionelle taxique pinusque v. 130. Prosodisch 
ist sonst bemerkenswert eigentlich nur 175 veneris 
als conj., 86 sandyee gegen Prop. II 25, 45 
sandycis, 416 Hipponias gegen 'Lznwviov, denn 
der Hundename Petrönius 202. 206 hat nichts 



geflossen der erste Druck, die Aldina des Georg 
von Logau 1534. Von späteren Ausgaben haben 
Bedeutung die folgenden: die von Pithou in 
,Epigrammata et poematia vetera', Paris 1590 j 
von C. Barth, Hanau 1613, mit wichtigen Bei- 
trägen zur Erklärung; von van Vliet ,Venatio 
Nov-antiqua h. e. Autores rei venaticae ahtiqui 
. . . cum commentariis ex officina Elzevir 1645% 
dazu die ,curae seeundae' 1655, ein durch Be- 



mit dem Gentile Petrönius zu tun. — G. scheint 30 herrschung des Stoffes und scharfsinnige Besse- 

mit seinem Werke nicht viel Anerkennung ge- — v J — ^-^ — " " 

erntet zu haben; der Katalog, in dem ihn Ovid 
mit spielendem Zitat (v. 23 lusus earmine et 
armo dabo et venandi persequar artis) aufzählt, 
macht den Eindruck, daß aufgenommen wurde, 
wer nur irgend bekannt war. Wenn Nemesian 
den G. benützt hat (ich bin geneigt, es zu glauben 
trotz Curcio Riv. filol. XXVII 1899, 447ff.; nicht 
gesehen habe ich Fiegl Programm Görz 1890 



rangen hervorragendes Buch; von P. Burmann 
in^ den Poetae latini minores tom. I, Leiden 1731 
mit Sammlung der früheren Erklärungen; von 
Chr. Wernsdorf in den Poetae lat. min. vol. I, 
Altenburg 1780 (Nachdruck Paris 1824); von R. 
Stern, Halle 1832, mit nützlichem Kommentar ; 
von M. Haupt Ovidn halieutica, Gratii et Neme- 
siani cynegetica, Leipz. 1838, zum erstenmal auf 
kritischer Grundlage; von E. Baehrens in den 



und Rossi I cinegetici di Nemesiano e Grazio 40 Poetae lat. min. vol. I 1879; von Postgate im 



Falisco, Messina 1900; vgl. aber als sehr wichtig 
H. Schenkl a. a. O. 439), so hat er absichtlich 
den Vorgänger verleugnet, denn es ist natürlich 
Schwindel, wenn er sagt v. 5 Helicon . , . Castalii 
. . . mihi nova pocula fontis alumno ingerit . . . 
dueitque per avia, qua sola numquam trita rotis 
und 11 intacto premimus vestigia museo; sein 
ja auch nur als Bruchstück (325 Verse) auf uns 



Corp. poet. lat. vol. III 1900; von Gaet. Curcio 
in den Poeti lat. min. vol. I, Acireale 1902, einem 
schlechten Buche; zuletzt von mir in der Neu- 
auflage von Baehrens Poetae lat. min. vol. II 
fasc. 1, Leipzig 1910. Grundlegend für die Text- 
geschichte und Rezension war die vortreffliche 
Untersuchung von H. Schenkl Zur Kritik und 
Überlief erungsgesch. d. Grattius usw., Fleckeisens 



gekommenes Gedicht macht ganz den Eindruck, Jahrb. Suppl. XXIV 1898, 384-480. [Vollmer.] 
eine teilweise erweiternde Umarbeitung des ersten 50 i--+— •<-> ^-- ->-— /^— ~i — j;_- _•___ • 
Buches von G. zu sein. Sonst haben wir aus dem 
Altertum keine Spur einer Nachwirkung unseres 
Dichters; eine Anspielung in dem vermutungs- 
weise dem Angilbertus beigelegten Gedichte auf 
die Zusammenkunft Kaiser Karls mit Pabst Leo 
bei Paderborn (PAKarol. I p. 370, 174 retia 
quadruplüii coniunetaque linea limbo co Gratt. 
26f., erwähnt von Schenkl a. a. O. 425, leider 
von mir in der Ausgabe vergessen) ist jünger als 



Gratus. 1) Gratus, Consul Ordinarius im 
J. 280 n. Chr. mit Messalla, wohl dem Hause der 
Vettii Grati angehörig. [Groag.] 

2) s. Pomponius Vettius. 

B) Gratus zeichnete sich in der Zeit der Wirren 
aus, die nach dem Tode Herodes d. Gr. (4 v. Chr.) 
in Judaea entstanden. Er befehligte neben dem 
Reiteroffizier Rufus die 3000 aus Sebaste (Sa- 
na aria) ausgehobenen Kerntruppen des Königs und 
stellte sich auf die Seite der Römer in der Be- 



die merowingische Vorlage unserer Hs. Erhalten 60 kämpfung der aufrührerischen Juden, die sich 
ist uns, was wir von G. haben, dadurch, daß ein- ----- - _ 

mal zur Zeit der Merowinger (vielleicht für irgend 
einen Fürsten oder Großen) Gedichte gesammelt 
wurden, die von Tieren und Jagd handelten: aus 
dieser merowingischen Sammlung ist abgeschrieben 
der alte CocL Vind. lat. 277 saec. IX, in dem 
aarans ethalten sind die Verse der Eucheria Anth. 
390, 21—32, Ovids Halieutica (als Fragment), 



gegen die Bedrückungen des Procurators Sabinus 
empört hatten, Joseph, bell. lud. II 52; ant. lud. 
XVII 266 (zur Zeit des Pfingstfeetes 4 v. Chr.). 
Er machte dann der Erhebung des Sklaven Si- 
mon in Peraea ein Ende und tötete ihn eigen- 
händig, bell. Ind. II 57—59; ant. lud. XVII 275. 
276. Endlich besiegte er einen Bruder des aben- 
teuerlichen Hirtenkönigs Athronges, bell. II 63. 



64 ; ant, XVII 283. 284. Als der Statthalter yon 
Syrien , (P. Quinctilius) Varus , herbeikam , um 
die Ordnung in Palästina wiederherzustellen, zog 
ihm vor Jerusalem u. a. auch G. entgegen, bell. 
II 74; ant. XVII 294. [Stein.] 

4) Gratus, Enkel des Praefectus Praetorio 
Maiorianus, CIL III 124. [Seeck.] 

5) Gratus wird in einem apokryphen Brief des 
Kaisers Gallienus an Venustus genannt, er soll den 
erzürnten (M. Aurelius) Claudius (den späteren 10 
Kaiser) besänftigen, Hist. aug. Claud. 17, 3. 

6) . . . . s Gratus, procfuraior) Augftisti), 
vielleicht für den Sprengel der Alpes Graiae, in 
deren Gebiet die Inschrift CIL XII 5717 ge- 
funden wurde; Tgl. Th. Reinach Rev. arch. XV 
(1910) 347. [Stein.] 

7) s. lulius, Munatius, Pomponius, 
Silius, Valerius und Vettius. 

8) Gratus, Baumeister aus der letzten Zeit 
Pompeiis , genannt in einer mosaikartig in das 20 
Paviment des Atriums in dem Hause Reg. IX ins. 
■6 nr. 5 eingelassenen Inschrift CIL X 8146. Vgl. 
auch Mau Bull. d. Inst. 1880, 226. [Fabricius.] 

Gravete, Geogr. Rav. 62, 6, im nordöst- 
lichen Armenien. Da es unmittelbar nach Sanora 
{nördlich von Eriwan gelegen) genannt wird, ist 
es wahrscheinlich in der Nähe dieser Stadt zu 
suchen. [Kiessling.] 

Grayiacae, Ort in Noricum (Tab. Peut. Gra- 
viacis) , beim heutigen Tamsweg'? Mo m m s e n 30 
CIL III p. 622. [Ihm.] 

Gravinnm, Ort in Gallia Lugudunensis zwi- 
schen Bononia (Boulogne) und Iuliobona (Lille- 
bonne), Tab. Peut. Nach d'Anville das heutige 
Grainville, nach anderen anders. Desjardins 
Table de Peut. 22; Geogr. de la Gaule I 345. 
Holder Altkeit. Sprachach. s. v. Vgl. Gran- 
nona. [Ihm.] 

Gravionarinm , Ort in Germania Magna. 
Ptolem. II 11, 14 (r^aviov aotov, roavovdoiov,4:0 
ravQiordgiovHss., Grmiionarium ed. Rom,). Lage 
nicht bestimmbar; vgl. C. Müller zur Stelle, 
der an Aachen (Grani aquas ~ rgdvov oder 
Fgdvtov vaoov) denkt. [Ihm.] 

Gravis cae (so am häufigsten, Gravisea CIL 
12 p. 200 = VI 1283a. Vell. Pat. I 15. Tab. 
Peut. ; rgavioKot Strab. V 225), römische Bürger- 
kolonie, 181 v. Chr. von den Tresviri C. CalpuT- 
nius Piso, P. Claudius Pulcher, C. Terentius Istra 
ausgeführt, Liv. XL 29. Vell. Pat. I 15. CIL 12 50 
p. 200, als solche genannt Cels. Digest. XXXI 
30, zur Tribus Stellatina gehörig, CIL VI 2928. 
Kubitschek Irnp. Rom. trib. discr. 85, lag an 
der sumpfigen Küste südwärts von Cosa zwischen 
den Flüssen Marta und Mignone (Strab. a. O. 
Plin. XXXH 21. Ithi. marit. 498f. Rutil. Kam. I 
181f. O. Gerhard Ann. d. Inst. 1829, 198. Cuntz 
österr. Jahresh. n 86), an der Via Aurelia (Cels. 
Digest, a. 0.), wahrscheinlich beim heutigen Porto 
Clementino (Bor mann CIL XI p. 511). Eine 60 
abermalige Deduktion unter Augustus (Lib. colon. 
220) ist wohl nicht erfolgt. Mommsen Hermes 
XVTH 197. G. war ein kleines Städtchen (Strab. 
a. 0. notiyvtov ■ Serv. Aen. X 184 oppidum), das 
der Sumpfluft der Gegend erlegen ist. Schon 
tato (bei Serv. a. 0.) kennt den Übelatand, bringt 
damit den Namen in Zusammenhang (gravis aer), 
«na im J. 416 n. Chr. kann But Nam. a. 0, 



sagen : inde Gravisearum fastigia rara mdemm, 
quas premii aestivae saepe paludis odor. Von 
Produkten der Umgebung werden Wein und 
Korallen (Plin. XIV 67. XXXII 21) genannt. 
Curatores von G. erscheinen CIL VI 1408. XI 
3367, ein praeffectus) Gravise(anorum) et Tar- 
qfuinimsium) XI 3372. Sonst wird G. noch 
erwähnt CIL VI 3884 (domus). Liv. XLI 16 (176 
v. Chr. prodigium), Mela II 72. Sil. Ital. VIII 
475. Plin. IH 51. Ptolem. IH 1, 4. Macrob. Sat 
V 15, 4. Geogr. Rav. IV 32. V 2. Vgl. sonst 
Dennis Cities and cemeteries of Etruria IS 430ff. 
CIL XI p. SIL Nissen Ital. Landeskunde LI 
331. [Weiss.] 

Graidcenioi, nach Apoll. Rhod. IV 321 Volk 
au der unteren Donau. [Kiessling.] 

Graupius mons, Gebirge im südöstlichen 
Kaledonien (,Hüger. Holder Altkeit. Sprachsch. 
I 2040). Nur im Agricola des Tacitus wird als 
der Ort, wo sein Heer auf dem langen beschwer- 
lichen Marsch nach Kaledonien (s. d.) im siebten 
Kriegsjahr (84 n. Chr.) den kaledonischen Heer- 
fuhrer Calgacus stellte, dieses Gebirge genannt 
(29 admontem Graupium pervmit, quem tarn 
kostis insederat; so die Überlieferung, Grampium 
ist seit Piiteolan auf irrtümlicher Lesung beruhende 
Vulgata). Sicher ist nur, nach dem im ganzen 
verständlichen Hergang von Agricolas Feldzug 
nach dem Norden Britanniens, daß der Ort auf 
seinem Marsch vom südwestlichen Schottland, wo 
er im Jahre vorher jenseits des Clota (s. d.) Hi- 
bernien gegenüber gestanden hatte, nach der Ost- 
küste liegen muß, weil von da ab nach dem 
Siege die Umfahrt der Flotte um die Nordküste 
erfolgte (Agric. 38), ebenso wie Agricolas Rück- 
kehr nach Eburacum (s.d.). Daß die englischen 
Gelehrten seit dem 17. Jhdt. den Gebirgszug, 
der sich nördlich von Blair Athol quer durch 
Schottland von Südwest nach Nordost zieht, the 
Grampian mountains oder hills genannt haben, 
der schlechten Lesart der Vulgata folgend, hat die 
Herausgeber des Agricola oft getäuscht. Die Be- 
schreibung der Örtlichkeit bei Tacitus ist so all- 
gemein gehalten, daß sie zu genauer Feststellung 
des Ortes nicht ausreicht (vgl. Hübner Rom. 
Herrschaft in Westeuropa 37). [Hubner.] 

Grauthungi s. Greuthungi. 
Graxa, verschollene Siedlung in Apulien, nur 
bekannt durch Münzen, die gewöhnlich rPA. 
einmal rPASA als Aufschrift haben (Gar rucci 
Le monete deir Italia antica 119. Head HN 43. 
Cat Greek coins Italy 221). Nach der Haupt- 
fundstelle dieser Münzen bei Fasano ist dort der 
Ort zu suchen, M. Mayer Rom. Mitt 1897, 235; 
Philolog. 1906, 522. ' [Weiss.] 

Grefcia vicua, genannt CIL V 4962 (in Civi- 
date am Oglio befindlich): Vicani Grebiae, ist 
vielleicht das heutige Grevo am oberen Oglio. 

[Weiss.] 
Gredonense castrum, im Gebiet der Civitas 
Gabalum. Jetzt Grezes-le Chäteau (Oep. Lozere). 
Greg. Tur. hist. Fr. I 33. Longnon Geogr. de 
la Gaule au VIe siecle 529. Holder Altkelt. 
Sprachsch. s. Gredonum. [Ihm.] 

Gregorio«. 1) Metropolit von Korinth (in hsl. 
Überlieferung gelegentlich auch Georgios), mit 
dem Beinamen Ildgdog (vgl. z. B. Cod. Paris. 
Graec. 2669 rscogyiov (mxqqhqMtov Koqivüov, %ov 



iö4y 



Uregonös 



liregonos 



1SÖU 



jzq6zsqov üdgSov Svofia^ofisvov), griechischer gram- 
matischer Schriftsteller. Man meint, er habe 
diesen Beinamen, der wie die obigen Angaben 
nur durch die Titelüberschriften seiner Werke 
in den Handschriften bekannt ist, abgelegt, als 
er sein geistliches Amt in Korinth antrat (vgl. 
G. Koen in der Vorrede seiner Ausgabe S. XII). 
Der Terminus post quem seiner Lebenszeit ergibt 
sich aus einer Stelle seiner Schrift IIeqI ovv- 
xdgecog zov Xoyov , auf die hinwies AllatiuslO 
bei Fabricius Bibl. Gr. X (1721) 603: inet 
ovv xa iafißsta XoyoyQcupla zig zoxiv BvQvftfiog, 
trilcrbodw ooi xai xo ivdv^fiarinov er avxoTg. 

£%£l$ O.Q%k%V7ZOV ZOV JIlGtÖTjV, VE&zioOvg zov KaX- 

XixXijv, rov UxoizöTtQobQOfjbOV xai et zig zoiovzog, 
ev zoig siaXaiolg rov Qeoloyov, rov Eo<poxXfjv, ix- 
zog z&v jiottjzixöiv lÖtcofiätcov avt&v rä evfpga- 
äiozega zov Avxotpgovog xai s% zt zoiovzov. Er 
lebte also etwa um 1150 oder später, da er 
Nikolaos Kallikles (um 1118, vgl. Krumbacher20 
a. a. O. 744) und Theodoros Prodromos (um 1150, 
vgl ebd. 749) zitiert. Andererseits stammt nach 
Allatius (bei Fabricius Bibl. Gr. X [1721] 804 
= ebd. XII [1809] 127) eine vatikanische Hand- 
schrift G.s aus dem J. 1225, so daß er um 1200 
gesetzt werden kann (vgl. dazu eine Vermutung 
bei Gerber a. a. O. 9). 

Der Schriftsteller ist mit seinen Werken für 
uns wertvoll, nicht als interessantes und besonders 
hervorstechendes Individuum , sondern eher als 30 
Vertreter eines Typus aus der Zeit der byzantini- 
schen Renaissance. Seine persönlichen literari- 
schen Leistungen sind nicht sonderlich bedeutend, 
die Benützung von Quellen und Autoren zur Samm- 
lung von Belegstellen ist dürftig und oberfläch- 
lich, wenn auch die bedeutsame Tatsache nicht 
übergangen werden darf, daß bei ihm, dem Kom- 
mentator der Kirchenpoesie, im Hermogeneskom- 
mentar Romanos erwähnt wird (VII 1122 ed. 
Walz; s. dazu die Bemerkung von Papadopu-40 
los-Kerameus Byz. Ztschr. II [1893] 603). 

Erhaltene Werke: 1) Hsgi zcöv Idiwfmzcov z&v 
diatäxicov, mehr eine Materialsammlung und eine 
Vorarbeit für einen grammatischen Traktat über 
die Dialekte als ein ausgeführtes Werk, steht 
dieses Buch in der Mitte zwischen einem Lexikon 
von Ausdrücken aus den griechischen Dialekten 
und einer Scholiensammmng: vgl. die Worte der 
Einleitung: löov ooi xai zag diahsxzovs iyzstQi^w, 
oeßaazöJv /uoi xävzcov tptXoXoyoizazE , xegi d>v o ts 50 
4>ü.OTiovog 'Icödvvtjs efptkoTiövrjoe xai Tqv<pcov S 
"/Qafifiaztxös xai aXXoi sioXloi , oTg Ixavi) jisqi zä 
ßißXia TQißij xai aoxrjats yeyovev. Das Buch ist 
gegliedert in vier Teile über die 'Azd-ig, die Acog($, 
die 'lag und die AloXtg. Ueqi z/}g 'Az&töog 34 
äußert sich G. selbst in signifikanter Weise über 
seine Quellen : tos &v G^oXioig zotg slg &ovxv8iSqv 
MoQxiXXov tvQrjxafiEV , ebenso praef. p. 5 Seh, 
über seine Master: avtoi roiwv Azzixfjg {ih> (p@d- 
os<og xavöva zov xoipuxov 'AQiozotpdvtjv tiqo&v- 60 
fAtvoi xai Sovxvöidijv zov ijvyygatpea xai (Arj- 
ftoa&svrjv tov) gyroga, 'Iddog 8k 'haioxgdzriv zov 
"Iatva xai zov AXixagvaoea 'HqoÖozov } AatgiÖog 
zov TaQavzXvov *Aqxvxov xai ßeoxotxov rov za 
ßovxoXixa ovyygay}dfi£vov xai zfjg AioliSog AX- 
xatov , Tffot äv nsoi xaw SiaUxxa>v txav<ög Sta- 
Xdßotfiev. Wie in dem unten angeführten Kom- 
mentar zu Hermogenes neoi fte&ödov dtivözrjxog 



schrieb G. auch hier ohne sonderliche Kritik und! 
Urteil aus, was er in die Hand bekam, Scholien 
und Kommentare, und verschmähte es nicht, selbst 
Widersprechendes aneinanderzureihen. Untersucht 
sind die Quellen in den Abschnitten jisqi xfjg Aa>- 
glSog und 3tegi zrjg Ax&idog: Morsbach Rh. Mus. 
XXXI (1876) 567—581. Zuretti Atti della R. 
Acc. di Torino XXVH (1891/2) 572—592. Dar- 
nach sind in diesen beiden Abschnitten außer 
Johannes Philoponos, der in der Vorrede zitiert 
wird, benützt besonders Scholien und Glossen zu 
Pindar, Theokrit, Aristophaues und Thukydides, 

Ausgaben: Gregorius . . de dialectis, ed. Koen. 
Accedunt grammatici Leidensis et Meermanniani 
de dialectis opuscula.., Lugd. Bat. 1766 (mit 
wertvoller Vorrede und Sammlungen). Gregorii 
Corinthii et aliorum grammaticorum Graecorum 
libri de dialectis linguae Graecae . . ., ed. Schäfer,. 
Lips. 1811 (umfangreiche Sammelausgabe mit 
Kommentar und Indices, vor allem einem brauch- 
baren Index graecitatis). Beiträge zum Text bei 
Brambach Rh. Mus. XXII (1867) 449-451 und 
bei Morsbach und Zuretti a a, O. Vgl, 
fem er über das Buch, das im Zeitalter der Renais- 
sance Aktualitätswert hatte und häufig abge- 
schrieben und gedruckt wurde, Fabricius Bibl. 
Graeca IV (1708) 536 = Fabricius-Haeless 
ebd. VI (1798) 194—197; s. auch u. unter 5. 

2) Ano zfjg Etyyrjöewg zov {iqzoojtoXhov Kogiv- 
■&ov üg z6 Jisgt [ts&odov Ssivozqzog zov 'Egpoyevovg 
ßtßXtov (dies die Überschrift im Cod. Monac. 
Graec. 101 saec. XVI), Kommentar zu Hermogenes 
utsgi tieftodov dsivotrjzog. Das Werk liegt in zwei 
Rezensionen vor, deren Wert noch kontrovers ist 
(s. Gerber Quae in commentariis a Gregorio 
Corinthio in Herrn ogenem scriptis vetustiorum- 
commentariorum vestigia deprehendi possint, Ki- 
liae 1891, 1—28 und dazu Hammer Berl. Phil. 
Wochenschr. XIII [1873] 456-458 und Thiele 
Wochenschr. f. kl. Piniol. X [1893] 593-597). 
Die kürzere ist vertreten durch den Monacensis 
Graecus 101, der sich schon in seiner Überschrift 
als Exzerpt ausgibt, und darnach herausgegeben r 
Oratores graeci ed. Reiske VIII (1773) 883-971 •> 
die weitere und wohl auch etwas erweiterte Fas- 
sung (s. Gerber a. a. O. 3if.) liegt vor im Vin- 
dob, 16 saec. XVI und ist reproduziert Rhetores 
Graeci ed. Walz VII (1834) 1088—1352 (über 
Wert und Verhältnis dieser Rezensionen vgl. Ger- 
ber und dessen Rezensenten). Auch in diesem 
Werk schwelgt der Autor in oft etwas kritik- 
los und eilfertig zusammengetragenem Material. 
Hauptquelle ist Joannes Geometres (um 950/1000) 
(s. Gerber 29 — 41); ferner hatSchrader (Por- 
phyrii quaest. Homer, ad Diadem pertin. reliquias 
ed. Schrader [1880] 468; Porphyrii quaest. Homer, 
ad Odyss. pertin. reliquias ed. Schrader [1890] 98. 
207) gezeigt, daß G. einen Odysseekodex mit 
Porphyriusscholien am Rand einsah (das Zitat 
p. 1245 = Schol. HTVd n. 190ff.). Bernhardus 
Bursy De Aristotelis IJoXizrfag A&r}vaiwv partis 
alterius fönte et auetoritate, Jurjewi (Dorpati) 1897, 
weist nach dem Vorgang von v. St oj entin Neue 
Jahrb. f. d. class. Altert. CXLX (1879) 120 für 
ein Stück auf Psettos neol z&v ovcftaztav x&v 
Stxröv als Quelle hin; vgl. auch über Quellen und 
znm Text an Vermutungen and Beiträgen Walz 
Rhet Graeci IX 734f. (Nachträge) Angermann 



-*■ w « * uu eg unus 

J>e Aristotele rhetorum auctore, Lips. (Diss.) 1904, 
■25. 62. Caecilii CaLactini fragmenta, coli. Ofen- 
loch 1907 p. XIX und Gerber a. a. 0. 42—53. 
Demetrii Phalerei qui dicitur de elocutione libellus 
, , rec. Kademacher 1901 p. X. 

3. Hegt awtat-eoyg rov Xoyov ijzoi stegi xov fit) 
■ooloixi&iv, nach Krumbacher 588 ,wohl noch 
unediert 1 , auch nicht in der Statistik der Schrif- 
ten über dieses Thema bei Schepss De soloe 



(iregonos 



1852 



auch Mellot Catalogus codd. mss. bibl. re<?_ IL n™!!« ai™* a Jr. an T a ^*JT? S3JlC& : .W 



auch Mellot Catalogus codd. mss. bibl reff II 
1740 (Parisiis) p. 538 nr. 2669. 

\ ^f*V V£ ^ a s k xovg xavovag xoiv SsojtOTtxiöv 
ZoQtwv tov olov zeovov, xöiv TQifpöicov xal xavo- 
vcov xrjg ^teydXrjg ißdofmSog xal ztiv eoqt&v xf}g 
Seozoxov; erhalten beispielsweise im Cod. Vindob. 
theol. 128 (s. v. Nessel Catalogus . . codici . 
biblioth. Vindobon. 1690 p. 21 3f.). S. Allatius 
bei Fabricius Bibl. Graec. X (1721) 798—805 
= ebd. XII (1809) 122—127. 

Pseudepigraph oder zum mindesten als Werk 
O.s äußerst zweifelhaft ist 5) TIsqI tqotkov. Diese 
Arbeit, welche zov Xoyov stör) darstellen will, 
deöniert im Anfang in scharfer Gegenüberstellung 
stvoiokoyta und zgojrog und zählt auf und be- 
schreibt hierauf — meist unter Anführung von 
Beispielen ans Homer — folgende 27 rgfau: 
aUrfjoQia, fieza<pogä f xazaxQymg, psräXrjipig, vjieq- 
ßazov, ävaozQotprj, ovvsxdoy^, ovofiazozzoUa, fiszto- 



und Fabricius-Harless ebd. XII (Hamburg 
1809) 122—127. Koen in der/ Vorrede seiner 
obengenannten Ausgabe. Krumb ach er Gesch 
der byzant. Literat. 2 (1897) 17. 451. 588t 668 
679. 735. 745. 

2) Von Kypern, vor 1283, wo er Mönch und 
dann Patriarch von Konstantinopel wurde, Georgios 
geheißen, bedeutender byzantinischer Kirchenförst 
und Schriftsteller von großer Vielseitigkeit aus 

HAT Wi&li'. Hof T'fcirrjQTi-l-i-Miin-ri'U.-.** "D^ .J ^._ irr 



quelle über seinen Lebensgang bis zum dreiund- 
dreißigsten Jahre ist seine Autobiographie (s u ) 
und über sein Wirken im Patriarchen amt Geor- 
gios Pachymeres und Nikephoros Gregoros in 
ihren Geschichtswerken. Vgl. auch die kurze 
Zusammenfassung über sein Leben und seine 
kirchenfürstliche Tätigkeit bei Ephraemius, Chron 
v. 10 333-10347 (Migne Gr. CXLin p. 377). 
Sein Geburtsjahr, 1236/7, oder wenig später 
20 also rund 1240, wird durch die Tatsache be- 
stimmt, daß er nach der Einnahme von Byzanz, 
nach 1261 sein Studium im sechsundzwanzigsten 
Lebensjahr begann (s. p. 28 C. 25 C Migne), also 
spätestens 1236 oder wenig später geboren war 
(vgl. Matthaei a. 0. 20, 1; der Text der Stelle 
p. 21 A Migne, von der De Rubeis bei Misme 
33D. 34C. 35C. 36B. 42A ausgeht, ist durch- 
aus nicht nur nicht genügend gesichert, um solche 
Schlüsse zu erlauben, sondern auch in der da- 



,„.„/„ ' 1 ■--*.■!> r ~< -——j r*--»- ^iiiuaöc au enauuen, sonuern auca in der da- 

W ,wXT' 3deo T a ^ ™<>rlVQW«, f- 30 selbst gegebenen Form sprachlich unmöglich; l 



Asttpig, vjieoßoXrj, eiQOjrsta, aagxaofiog ijyovv %A.£vy, 
äozüofiog, ävzitpQaotg , ivavucoocg , ävzcovofmola, 
Afupißolla, ovltyyjig, atvtypia, exavfyoig , ££o%t], 
vozeooXoyta xai oyr\^a, Nirgends erscheint das 
Werkchen in der handschriftlichen Überlieferung, 
soweit ich nachprüfen kann, als Arbeit G.s (vgl. 
aber Allatius a. a. 0.), sondern geht vielmehr 
unier Tryphons Namen. Die Schrift wurde zu- 
erst von Allatius (a. a. O. p. 798 bezw. 122) 



die Lesart bei Matthaei 6). Er stammte von 
vornehmen Eltern, deren Wohlstand infolge der 
Okkupation seiner Heimatinsel Cypern durch die 
Latiner gelitten hatte, besuchte bis zu seinem 
fünfzehnten Jahre nach der ersten Ausbildung 
den Elementarunterricht (p. 21 A Migne), und 
anderer Unterweisung {dg zfjv KaUivtmoeoav 
nUovog TtmösvoEoig evaxev izifuzezai) eine frän- 






gebern Walz und Spengel und dann v. Nelsen 
<Tryphonis grammatici Alexandrini fragmenta, 
Berolini 1853 p. 100) folgten. Finckh (Zimmer- 
manns Zstchr. f. d. Altertumswissensch. V 1838, 
1058f.) hat dagegen erwiesen, daß das Schriftchen 
älter als G. ist, aber Entstellungen durch Zusätze 
und Auslassungen hat erfahren müssen. Aus- 
gaben : Anecdota Graeca e codd. reg. ed. Boisso- 
nade III (1831) 270—284 (unter dem Namen Try- 



naoadidofthyo tpcor^y), die ihn wegen unzureichen- 
der Kenntnis der fremden Lehrsprache wenig 
förderte, sowohl in der Grammatik als auch in 
der Aristotelischen Logik, welche beide Fächer 
daselbst gelehrt wurden. Dadurch wurde er eine 
Zeitlang den Wissenschaften entfremdet. Als die 
Neigung dazu wieder in ihm erwachte, verließ er 
heimlich seine Eltern, um die in jener Zeit weit- 
berühmten Schulen in Nicaea zu besuchen. Als 



^J»^^£^^^^»^^^^"^s^zs^^ 



—778 (vgl. ebd. 76 lf.). Ehetores Graeci, recogn. 
Spengel III (1856) 215-226. Emendationen und 
Konjekturen zum Test Finckh Philol. XXIV 
(1866) 545—548. S. auch Susemihl Gesch. d. 
griech. Lit. i. d. Alexandrinerzeit II (1892) 213, 372. 
Eine Fälschung nicht nur auf seinen Namen, 
sondern auch ihrem Inhalt nach ist die Schrift 
liegt ztjg Scunpovg diolixxov, gedruckt Aphthonii 
progymnasmata, rec. Petzholdt. Accessit Gregorii 



Corinfhü «7 f£L ^" VT. J ^\ raB r « 1C B U111 S0 P m e una neuere stufen der Wissenschaft nur 



schungen, besonders nach einem erfolglosen Ver- 
such, Nikephoros Blemmydes in Ephesos nahe zu 
treten (vgl. Nicephori Blemmydae curriculum vitae 
ed. Heisenberg 1896 p. XXIIf.), angelangt war, 
wurde er auch dort durch die Dürftigkeit und 
Oberflächlichkeit des Unterrichtsbetriebes aufs 
bitterste enttäuscht: man lehrte dort nur Gram- 
matik und Poetik und kannte Rhetorik, Philo- 
sophie und höhere Stufen der Wissenschaft nur 



• ., Lips. 1839, 79—102 (vgl. dazu den Brief des 
Herausgebers an Gottfried Hermann p. XVII- XX) 
feie entstand höchstwahrscheinlich nach dem Er- 
scheinen der Anecdota Oxoniensia ed. Cramer I 
1S3*k Vgl. Ahrens Rh. Mus. I (1842) 274-277 
mnptechriften: Leo Allatius De Georffiis et 

y iB i£!?S? 8 - diatrib »» Paiisii8 16S1 (= Flbri- 
<stns Bibl Graeca XL, Hamburg 1721) 798—805 



wahrer höherer Bildung kam er nahe, als nach der 
Rückeroberung Konstantinopels durch die Griechen 
(1261) er vom 26.-33. Lebensjahr (s. p. 27C Migne) 
die Unterweisung des Großlogotheten Georgios 
Akropolites erfahr. In dem Kreise der Schüler 
dieses Mannes, der die Seinen in Aristoteles, d. h. 
in dessen Sjllogistik, Analytik und Rhetorik, und 
in die geometrischen und arithmetrischen Systeme 



1853 



üregonos 



(jrregonos 



1854 



des Eukleides und Nikoraachos einführte, war er 
der jüngste und erzielte seinem eigenen Zeugnis 
gemäß nach anfänglichem Zurückbleiben hinter 
seinen Mitschülern auch in der praktischen Rede- 
kunst Erfolge. Diese Erfolge auf dem Felde 
rhetorischer Tätigkeit und gelehrten Studiums 
haben auch seine Laufbahn begründet. 

In den Hof klerus aufgenommen und vom Kaiser 
Michael Palaiologos zum Protapostolarios erhoben, 
förderte er erst die unionistischen Bestrebungen 
des Kaisers, während er später zu den schärfsten 
Gegnern der Union gehörte. Andronikos IL setzte 
ihn 1283 als Patriarchen von Konstantinopel ein, 
und er führte dieses Amt in Jahren voll kirch- 
licher Streitigkeiten, in denen er nicht immer 
glücklich operierte, bis zu seiner nicht völlig 
freiwilligen Abdankung (1287). Sein Unglück 
war es, daß er, eine beschauliche Gelehrtennatur 
und Schriftsteiler durch inneren Beruf und Neigung, 
wohl auf Grund seiner Leistungen um die Bil- 
dung der Zeit und seiner Tätigkeit als geistlicher 
und weltlicher Rhetor, zu einer Zeit in sein Amt 
kam, als in seinen Gegnern ihm Dogmatiker und 
Polemiker gegenüberstanden, denen er nicht völlig 
gewachsen war (über den Verlauf der Streitig- 
keiten im einzelnen s. beispielsweise Ehrhard 
a. a. O.). Er zog sich dann ins klösterliche 
Leben zurück, verbrachte den Rest seiner Lebens- 
zeit in Verbitterung, die der Schluß seiner Auto- 
biographie wiederspiegelt, dazu von körperlichen 
Leiden heimgesucht, und starb wohl bald nach 
seiner Abdankung (Georgios Pachymeres de An- 
dronico Palaeologo II 17, Bd. II S. 152, 1253 
ed. Bonn. Nikephoros Gregoros e Paf^ai'nr) toz. VI 
4, Bd. I S. 179, lff. ed. Bonn.). 

G. war ein Mensch, der sich durch seine Zähig- 
keit zu einer hohen literarischen Bildung und 
einer großartigen rhetorischen Fertigkeit im Sinne 
der Palaeologenepoche, deren Bildungsideal Treu 
oft glänzend geschildert hat (s. z. B. Byzant. 
Ztschr. II [1893] 100f.), emporgearbeitet hatte. 
Er hatte die Alten studiert und sich dabei nicht 
zum wenigsten dadurch gefördert, daß er, von 
Haus aus unbegütert, sich ihre Texte selbst ab- 
schrieb (s. p. 29 B Migne). Das gab seinem Stil 
in den Briefen und Enkomien jene formale Ge- 
wandtheit und alle die Eigenschaften, die sein 
Zeitalter schätzte. In Kirchenämter berief er 
daher nur Männer, die sich in ähnlicher Richtung 
durch geistige Tüchtigkeit auszeichneten (Nike- 
phoros Gregoros VI 6, Bd. I S. 181. 12 ff. ed. 
Bonn. ; s. auch Georgios Pachymeres de Andronico 
Palaeologo V 8, Bd. II S. 385, llff. ed. Bonn.). Die 
Bewunderung dankbarer Schüler und das Lob der 
späteren Generationen hat davon Zeugnis abge- 
legt; vgl. z. B. Nikephoros Gregoras'Fco^ai'«^ tat. 
VI 1, Bd. 1 S. 163, 9ff. Bonn,: yv T7)rixavTa 
äyijQ ev Xoyoig imoi]/iog zqi ßaathxo} ovyxazsi- 
Xeyfikvog xX^qq> recogyiog 6 ex Kvtzqov , og zov 
iv zatg ygatpatg svyEvij zfjg 'EXXdÖog Qv&piov y.ai 
rjjv 'AzztxiCovoav yl&aaav ixeivfjv , TiaXat nolvv 
V&7 xqwov Xifthjg xgvßivra ßv&otg, (pvoscag de$io- 
itfxi xaX qptXojzoviq zelscozeQa stgog <pmg ijyaye xat 
oIovei ztva ixaQioazo avaßkootv. Nikephoros Chum- 
nos jtQog xovg dvoxegxivovxag em . . . bei Bois- 
sonade Anecd. Gr. III (1831) 367: xa&tjye/Kov 
i/tol xai szatdsvxtjg xcu (tvoxaywyog victjo^s xal 
dt&daxalog ptezQt narrog tov xclt avtor ßiov . . . 



o szoXvg ixslvog trjv ooqptav, noXvg xal zovs X6yovg f 
zö (iiya davfia rov xmT TJftög ßtov, 6 stdvv rgrjyo- 
Qiog xzX. S. besonders S. 369. Ephraem, chron. 
10 3341 oofpo; zig ävrjQ rgijyoQiog Kvxq6-&€V ?,6- 
ycov aoepäv TtaiSsvfta, /uovoüjv eazia. Der Ver- 
fasser des Lexicon Vindobonense, Andreas Lopa- 
diotes, zitiert den Kyprier neben antiken Autoren, 
die ihm Zeugnisse für mustergültige Prosa bieten. 
Erhaltene Werke aus dem Bereiche der Profan- 

10 Schriftstellern: I. Attjytfoeatg /ueoixrjg loyog zä 
xa^ eaviov tcsqie%ol>v. Es ist dies eine schön 
und klar geschriebene Darstellung seines Lebens, 
voll Naivetät und ehrlicher, wahrer Auflassung 
der Dinge, geschrieben im Alter, nachdem er dem 
ihm so mühevoll gewordenen Amt des Konstan- 
tinopolitaner Patriarchats entsagt hatte. Der 
Schilderung seiner Jugend und seiner Bildungs- 
zeit bis zum 33. Jahre läßt er allgemeinere Be- 
merkungen über sein Wesen , seine gelehrten 

20 Neigungen und seinen Stil folgen. Gedacht ist 
dieses Werkchen — anders als Blemmydes' Auto- 
biographie aus etwa demselben Zeitalter (s. He isen- 
berg a. a. O. p. XXIX 55) — als Einleitung zu 
einem Sammelband mehrerer seiner Schriften, 
p. 20 A: xaxQtg uev zip ovvzeza%äzi zfyv ßißkov 
KvnQog jJ vfjoog ; p. 28 B : fjds tzov . . v\ ovyyQCKprj • 
xaXcö yao ovrot zrjv ävä %£LQag 7tvxxl^a' f p. 29 C. 
29 D. Aus dem Inhalt der Hss. bei Rubeis (s. 
Migne S. 31) und Matthaei (a. a. O. 23) darf 

30 man wohl entnehmen, daß diese szvxxig nach der 
Vita die Briefsammlung umfaßte. Ausgaben : 
Georgii seu Gregorii Cyprii , . vita, quae ex codice, 
Lugduno-Batav, . , . prodiit, ed. Fr. Io. Franc. 
Bern. M. de Rubeis, Venetiis 1753. Text der 
Ausgabe mit allen Beigaben reproduziert von Jos. 
Bergauer (Wien 1773) und bei Migne Gr. CXL1I 
17 — 228. Des Patriarchen G. aus Cypern Selbst- 
biographie . . . aus einer Hs. herausgeg. (griech. 
und deutsch) von F. C. Matthiae, Frankfurt a.M. 

40 1817 (abgedruckt nach neuem hsl. Material und 
mit wichtigen Beiträgen zum Text). 

II. Sammlung von über 200 Briefen, die meist 
von ihm selbst ausgegangen, teils auch an ihn 
gerichtet sind, darunter 5, die von dem Groß- 
logotheten Theodoros Megalon, seinem fleißigsten 
Korrespondenten und ehemaligen Schüler, abge- 
faßt sind. Als Adressaten in diesem Briefwechsel, 
den G. selbst sammelte, und der in zahlreichen 
Hss. vorliegt, erscheinen der Kaiser Andronikos 

50 und viele hohe Beamte, Georgios Akropolites, 
loannes Pediasimus, Nikephoros Chumnos u. a. 
(s. z. B. noch den nach Lambecius gegebenen 
Epistularum Index bei Migne a. a. O. 421 — 432). 
Nach ihres Autors Absicht sollten die Briefe — wie 
überhaupt die byzantinische Epistolographie dieser 
Zeit (vgl. z. B. noch Georgios Lekapenos) — nvog 
loytxf}g xaXXizcyviag V7zöf.tvt}fia bilden (s. Maxvmi 
monachi Planudis epistolae ed. Treu 1890, 187). 
So sind diese Stücke literarische aycaviafiaxa ext- 

SQdsixzixä, die, wie Nippes ihren Besitzer, den 
Adressaten durch Eleganz und Eigenart der Form 
erfreuen sollen, nicht wirkliche briefliche Mit- 
teilungen als Ersatz persönlichen Verkehrs. Nor 
ein Brief von allen , die bis jetzt veröffentlicht 
sind, ist mehr ein Brief in unserem Sinne, ein 
Mittel der Verständigung, ein Bericht: der Brief 
an den Kaiser Andronikos (bei Matthaei 25 
— 36: rtp ßaotXcT ine. stxoaryv elx ey o* AexißQiog 



ftrjvy vgl, evravdu ta siovtfQa ßovXtjfiaza *ara- 
sttv&otev). Hier finden sich die gleichen Vorzüge 
naiver, realistischer und lehenswahrer Schilderung 
wie in der Autobiographie. Hier hat der Gegen- 
stand, die Not der Zeit, dem Verfasser die Feder 
geführt, nicht konventionelle Schulung und Dres- 
sur aus der Jugendzeit her und rhetorische All- 
tagsmode. Da versteht man, daß G. sich über 
den Effekt der verbildenden rhetorischen Schul- 
übungen bei Georgios Akropolites reserviert äußern 
konnte (s, p. 25 D Migne). Eine Gesamtausgabe 
dieser Briefe, die die geistige Atmosphäre ihrer 
Zeit erläutern und ab und zu einige reale Facta, 
besonders zur byzantinischen Prosopographie uns 
bieten oder erschließen lassen würde, steht noch aus, 
sie ist von Treu, der schon einige Vorläufer dieser 
Arbeit geliefert hat T in Aussicht gestellt (vgl. Mem. 

de St, Pdtersbourg a. a. 0. 104). Bis jetzt 

sind außer einzelnen Stellen bei Treu (Maximi 
monachi Planudis epistolae 1890 p. 197. 241. 242. 
246. 261) folgende in sich vollständige Stücke aus 
dieser Korrespondenz publiziert: Td5v cpiXcov zivl: 
Georgii seu Gregorii Cyprii vita etc., ed. Rabeis 
1753, im Abdruck bei Migne 125 C— 127C. 
Ein Brief an den Kaiser Andronikos d. Ä. (nr. 132 
in Matthaeis Codex) bei Matthaei a. a. 0. 25 
—29 (29f. dazu Übersetzung). 8 Briefe an ver- 
schiedene Adressaten: Mor. Schmidt Index schol. 
aestiv. Jen. 1877, 9^-14 (Nachträge zum Text 
Theodori Pediasimi etc., ed. Treu 1899, 61), an 
Ioannes Pediasimus: Theodori Pediasimi eiusque 
amicoTiun quae extant ed. Treu, Potsdam 1899 
(Progr.), 481 (vgl. dazu P, N. Papageorgiu 
Byz. Ztschr. X 1901, 425-432 pass.). 13 Briefe 
an Johannes Staurakios, ediert und erläutert von 
Treu Memoires de l'academie de St. Pätersbourg 
Vllle serie VI 1 S. 94—107 (Nachträge zum Text 
Maas in Byz. Ztschr. XII 1903, 624. Vgl. auch 
die Zitate aus diesem Briefwechsel im Lexicon 
Vindobonense ed. Näuck 1867 p. Xlf. 

III. 1) Enkomion auf Andronikos II. Palaino- 
logos (1282— 1328) ; ine. faty ph, d,g oXydcög, 
liiywtt ßaoiXev; expl. dato övvdfiEOis dg bvvapiv. 
Die Rede wurde bald nach der Thronbesteigung 
des Kaisers 1282 oder 1283 abgefaßt, wieBois- 
sonade a. a. 0. I 379 n. 2 zeigt. Ausgabe bei 
Boissonade Anecd. Graeca I (1829) 359—390, Ab- 
druck bei Migne 387—418. 2) Enkomion auf 
Michael VIII. Palaiologos (1261— 1282): ine. xai- 
vov oväh, fcwxazs ßaotXsv\ expl. et zi stozs fuzd 
zavxa (fQovfjaat voyoovotv. Ausgabe bei Boisso- 
nade Anecd. Graeca I 313-358, Abdruck bei 
Migne CXLII 345—386. Beide Arbeiten, durch- 
aus im konventionellen Stil panegyrischer Reden 
gehalten, ,gehören zu den abstoßendsten Beispielen 
dieser Gattung*. Wendungen und Bilder, Ver- 
gleiche und Figuren weisen die typischen Züge 
der Rhetorik jener Zeit auf. Die Rede als Rede 
überwuchert alles, so daß für den Bericht nur 
weniger objektiver Tatsachen Raum vorhanden ist. 
Als Vorbilder aus dem Altertum haben vor allem 
Arbtides und Iulian gedient, denen gegenüber 
die gewiß nicht allzu seltenen Reminiszenzen ans 
der Bibel eine bescheidene Rolle spielen. Vgl 
aach seine Enkomien auf Heilige, die formal uud 
inhaltlich diesen Reden auf die Kaiser entsprechen. 
IV. Schubchriften. 1) Schuldeklamationen, 
w. 49 mit dem Briefwech- 



urwgunos 



1ÖOO 



drei im cod. Leid. Graec. 



sei überliefert, davon zwei (öl IJottÖei&xtu, äXXi?- 
Xwv iyevoavto u» 1 "A&Tjvalcov jifiXtoQxovfAevoi xxX, 
$tX6aotpos äjrsX&o>v etg dxgojzoXtv xai szeioas zov 
xvgawov ajzo&so&ai zyr <xqx*)v xxX.), herausgeg. 
von Schmidt Indices schol. Jen. 1875. 1875/6 
1877, 3-8); vgl. dazu Eberhard Jahresb! 
1874/5, 3. Bd. 522—525. 2) 'Eyxd^fitov eis rfr 
MXaooav sYt ovv eig ttjv tvv xadoXov tov vöazog 
(pvaiv , angefügt als Ineditum von Bonaventura 
10 Vulcanius, Herausgeber des Bändchens Aristoteles 
de mundo c. dupl. interpr. L. Apulei . . ., cum 
Schol. Bonav. Vulcanii 1591, abgedruckt zuletzt 
bei Migne Gr. CXLII 434—443. 3) Eine Abhand- 
lung tzsqI 2a>xQ&Tovg, bei Boissonade in der Über- 
schrift f .%Qeia genannt (nach hsl. Zeugnis); ine. 
ScöXQorovg fj,kv h-7iaivhr)v ol/uat . . .; expl. äg~icog 
de xai xovg ETiaivovg XaßsTv s%£t jiccp' ovöevdg. 
Ausgabe bei Boissonade Anecd. Gr. II (1830) 
269—273, abgedruckt bei Migne Gr. CXLII 417 
20—422. 4) Ein Schulbuch, erhalten nach Krum- 
b ach er a. a. O. 477 im cod. Vindob. phil. 
Graec. 195 fol. 85-93, Tanrin. 356 T 1 27 (jetzt 
B VI 48) p. 144— 152 v ; Harleianus 5735 und 
zum^Teil cod. Monac. gr. 201 saec. XHI fol. 61 
—67; es setzt sich zusammen aus einer pro- 
saischen Paraphrase Aesopischer Fabeln und 
mythologischen Stücken, die in rhetorisch abge- 
rundeter Form für den Jugendunterricht vorge- 
führt werden. Dabei hatte der Verfasser, der 
30 hier alter Praxis folgt, es selbst in seiner Auto- 
biographie beklagt, daß ihn sein Unterricht in 
der Jugend, der mit derartigen mythologischen 
Tatsachen operierte, nicht die gerechte Befriedi- 
gung gewährt hatte (p. 25 A Migne): ä ^arglSa 
fisv xazeXtpiE . . . eIx' ävxi xovxojv ovzat ßsyaXütpvf} 
xofiieiTai^ juiö&öv , xXiosig ovofidrtov ixftEXEzfjoat, 
xai Qfjfidzwv oyrjjaanofiovg xai xivrjaug xai wg fj 
Tvrdd^Eü) Ttalg fjQTidyr) xai q Jlqid^ov jzetixcoxs 
jzoXtg TtoXvszet öid rrjv yvvatxa xa/aovoa izoXi^oy 
40 . . . xai xa).Xa ooa 6 novr\xixog %OQog xazd ziva 
zßg ze X vt]g avxovofilav nXdxxu te xai (xv§evexat, 
vjöovijg {aev xd TioXXd ozoxa^öfievog , SXtya ös xijg 
dXq&eiag rpQovzi^v). Aus cod. Vindob. phil. Gr. 
195 fol. 901 hat Jacobs De progymnasmaticonmi 
studiis mythographicis , Marp. Ch. 1899 (Diss.) 
zwei jw&oi zuerst veröffentlicht: aj'HgaxXrfg xai 
JlXovzog (S. 38f.), b) 'AyafiE/AVfov CI<piyevEia lv 
AvXiSt) (S. 161). Diesen Ötrjyrjpaza folgen in 
derselben Hs. dann zwei andere: Kavbavir\g und 
50 'AXextqvcüp, die sich auch unter dem Namen des 
Libanios finden (vgl. Jacobs 8. 14). Ähnliches 
führten schon Nikephoros Basilakes (um 1150), der 
seinen pv&oi ? Fabeln, dir)yr}ftaxa t mythologische 
Stücke, folgen ließ, und Konstantinos Akropolites 
(Zeitgenosse G.s von Kypern) durch (s. Krum- 
bacher a. a. O. 477). 5) Sprich Wörtersammlung, 
herausgeg. von v. Leutsch und Schneidewin 
Paroemiographi Graeci I (1839) 349—378; s. da- 
zu p. XXXVI. Über Quellen und Wert dieser 
60 an sich heute für die Kenntnis der antiken Parömio- 
graphen so gut wie entbehrlichen Sammlung, die 
auf eine Epitome des Ps.-Diogenian zurückgeht, 
sowie neue handschriftliche Hilfsmittel vgl. Cru- 
sius Anal. crit. ad paroemiogr. Graec. 1883, 4lf. 
Brachmann Jahrb. f. Philol. Suppl. XIV (1885) 
341-350. 406—415. Cohn Philol. Suppl. VI 
(1891/3) 236—253. 

Über G.s bisher publizierte Schriften theolo- 



180/ 



uregonos 



thregonos 



1858 



gischen Inhalts, die polemische und dogmatische 
Literatur einerseits und die den Enkomien auf 
die Kaiser parallelen Enkomien auf Heilige (z. B. 
auf den heiligen Georgios und auf Euthymios von 
Madyta) andererseits, vgl. Ehrhard bei Krum- 
bacher Gesch. d. byz. Literat.2 1897, 98f. 204. 
Seitdem ist noch einzusehen Loparev Viz. Vrem. 
IV 1897, 337—401. 

Irrtümlicherweise wurde G. von Korinth als 
Verfasser eines Enkomions auf Georgios Akro- 10 
polites angenommen von Allatius De Georgiis 
etc. 423. Vgl. Boissonade Anecd. Graeca I (1829) 
352, 1 und ferner Treu Byz. Ztschr. V (1896) 543. 

Von den besprochenen Werken G.s von Cypern 
sind von Ivan Jegorovic Troickij ins Russische 
übersetzt: die Autobiographie (Christianskoje 
Ctenije 1870 II), der Brief an den Kaiser Androni- 
kos Palaiologos d. Alt. (ebd 1870 II) und der 
Schriftenwechsel zwischen ihm und Johannes 
Bekke (ebd. 1889). 20 

Hauptschriften: Allatius De Georgiis X 
(Hamburg 1721) 764-773. Fabricius-Harless 
XII (1809) 127—132. Migne Patrologia Graeca 
CXLII 8—16. Voigtländer Ztschr. f. d. histor. 
Theol. XLIII (N. F. XXXVII) 1873, 449—461 
(nicht sonderlich brauchbar). Krumbacher 
Gesch. d. byzantin. Literatur 2 1897. Ehrhard 
ebd. 94. 96. 97. 981 204. 447. 455. 476ff. 4791 
576. S. auch die Literatur über das Patriarchat 
von Konstantinopel. [B. A. Müller.] 30 

3) Gregorios (Thaumaturgos) , Bischof von 
Keocaesarea in Pontus um 2G0. Er hieß ur- 
sprünglich Theodorus, vertauschte diesen Namen 
aber mit dem damals beliebt werdenden Namen 
rQtjyÖQiog, vielleicht bei seinem Übertritt zum 
Christentum, jedenfalls noch ehe er Bischof wurde. 
Er stammte aus einer angesehenen heidnischen 
Familie in Pontus , verlor als vierzehnjähriger 
Knabe seinen Vater und beschloß, sich dem Rechts- 
studium zu widmen. Er hatte dies schon einige 40 
Jahre getrieben, als ihn eine Famüienpüicht nach 
Caesarea in Palästina führte, wo Origenes, aus 
Ägypten vertrieben, die theologischen Wissen- 
schaften lehrte. G., begleitet von seinem Bruder 
Athenodorus, war unschlüssig gewesen, ob er in 
Berytus oder in Rom seine Studien vollenden solle ; 
jetzt zog ihn der neue Lehrer so mächtig an, daß 
er fünf Jahre hindurch, ohne um Recht und Rede- 
kunst sich mehr zu kümmern, seinen Unterricht 
genoß. Beim Abschied hielt er eine Dankrede, 50 
die wohl durch Vermittlung des Pamphilus auf 
uns gekommen ist: sig 'Qgiyivtjg jtgoo(pa>vr}zixbg 
xai aavtiyvQtxog Xdyog. Darauf trat er in der 
Heimat in den Beruf eines Sachwalters ein; in 
dieser Zeit hat Origenes einen Brief an ihn ge- 
schrieben (s. Philocalia c. 13), nicht ohne Besorg- 
nis um die Vereinbarkeit seines weltlichen Wir- 
kens mit seiner Frömmigkeit. Aber nicht lange 
darnach hat der Bischof Phaidimos von Amaseia 
den G. und seinen Bruder zu Bischöfen in Pon- 60 
tus ordiniert: G. hat nicht bloß Neo caesarea, 
seine Residenz, in eine christliche Stadt ver- 
wandelt, sondern ringsumher in der bis dabin 
von der neuen Religion kaum berührten Provinz 
Gemeinden gegründet; seine außerordentlichen 
Erfolge bei der Missionsarbeit haben ihm den Ruf 
eines Wundertäters — dieser Beiname hängt an ihm 
so fest wie der des Theologen an Gregor von Na- 

P»nJy-Wis»owa-KroU VII 



zianz — eingetragen: als ihm 100 Jahre nach sei- 
nem Tod Gregor von Nyssa ein Enkomion schrieb 
und etwas später Rufinus in seiner Übersetzung von 
Eusebius Kirchengeschichte hinter VII 28, 2 einen 
besonderen Abschnitt zu Ehren des Thaumaturgen 
einschob (s. Euseb. hist. eccl. ed. Schwärt z LT 
953 — 956), traute man ihm schon die abenteuer- 
lichsten Heldentaten zu. — Kein Datum aus sei- 
nem Leben läßt sich ganz genau festlegen. Nach 
Eusebius, der in der Kirchengesch. VI 30. VII 
14 und 28 über ihn handelt, hat G. der ersten 
antiochenischen Synode wider Paulus von Samo- 
sata (268?) noch beigewohnt; auf der späteren 
um 270 scheint er nicht anwesend gewesen zu 
sein. Suidas setzt seinen Tod unter Aurelianus, 
d. h. zwischen 270 und 275. Das wird stimmen. 
Bischof war er jedenfalls während der Verfolgung 
des Decius 250 und der verheerenden Raubzüge 
der Goten und Boranen 253 und in den folgen- 
den Jahren; da Eusebius seine große Jugend bei 
der Ordination zum Bischof ausdrücklich hervor- 
hebt, hat er schwerlich nach Eusebius Meinung 
damals das kanonische Alter von 30 Jahren be- 
sessen. Die fünfjährige Studienzeit in Caesarea 
kann frühestens 232—237, spätestens 239—244 
angesetzt werden. Eusebius halt dafür, daß unter 
Gordian (238—244) die Trennung des G. von 
Origenes fällt, also rund 240/1; sehr wohl kann 
G. dann 242 oder 243 Bischof geworden sein, 
etwa im Alter von 25 Jahren, was auf ein Ge- 
burtsdatum um 217 oder ein wenig früher (215/6) 
führen würde. Ein schönes Denkmal der Pietät 
und dankbarer Begeisterung hat er sich selber 
gesetzt durch jene Dankrede (herausgeg. von P. 
Koetschau, Freibg. i. Br. 1894, vgl. Brink- 
mann Rh. Mus. N. F. LVI 1901, 55—76): hier 
siegt das Herz über allen Schwulst der Mode- 
beredsamkeit, , durch und durch rhetorisch, aber 
das erfreulichste Erzeugnis der damaligen Rheto- 
rik' (v. Wilamowitz Kultur d. Gegenwart I 4, 
195). Zwischen 254 und 258, als man die Schäden 
der Barbarenzüge zu heilen versuchen durfte, ist 
der , kanonische Brief' verfaßt, in dem G. einsich- 
tig mild Grundsätze über Behandlung der ge- 
fallenen' Christen aufstellt — erst später in ein- 
zelne canones zerlegt und dabei wohl auch ge- 
kürzt und erweitert (Routh Reliquiae sacrae III 2 
256 — 283), ein für die Geschichte der kirchlichen 
Disziplin unschätzbares Dokument. Aus noch 
späterer Zeit dürfte das Glaubensbekenntnis des 
G. stammen, ex&eoig zr\g Jtiozecos xazd djzoxd- 
Xvynv, aber von unangreifbarer Echtheit: be- 
merkenswert durch den philosophischen Ton, und 
echt origenistisch im Gegensatz gegen den Mon- 
archianismus (kommentiert bei Caspari Alte 
und neue Quellen z. Gesch. d. Taufsymbols 1879, 
1—64). In den Handschriften wird meist dem 
Nazianzener Gregor beigelegt die von dem Pon- 
tiker verfaßte knappe /tezdtpQaoig slg tov ixxXtj- 
oiaozTjv 2oXo{ioivxog. Bloß in syrischer Version 
ist eine Schrift G.s über die Leidensunfähigkeit 
und Leidensfähigkeit Gottes an Theopompos er- 
halten ; ganz verloren die von Basiliuß (ep. 210, 5) 
erwähnte öidls&g 7zg6g AiXtavdv, ein Dialog, in 
dem ein Heide für den christlichen Gottesbegriff 
gewonnen wird. Hieronymns (de vir. ill. 65) kennt 
noch Briefe G.s. Eine Anzahl von Schriftwerken 
ist zweifellos dem G. untergeschoben worden, 

59 



darunter jj xaza fisQOg ttfazis, eine apollinaristische 
Glaubensformel : unter den Fragmenten inCatenen 
n. dgl. könnte noch einzelnes Echte stecken; 
sicher nnecht sind die griechisch überlieferten 
Homilien. Vgl. Migne G. X. V. Ryssel G. 
Thauraaturgus, sein Lehen u. s. Schriften, Lpz. 
1880. Dräseke Ges. patrist. Untersuchungen 
1889, 94ff. lOSff. Harnack Gesch. d. altchristl. 
Lit. I 432-436. II 2, 93—102. Bardenhewer 
Gesch. d. altkirchl. Lit. II § 72. 

4) Gregorius, Bischof von Nazianzos (= Dio- 
kaisareia) in Eappadokien, gest. 390. Eine Art 
Autobiographie hat G. in einem Gedicht siegt tov 
eavxov ßiov {de se ipso), das 1949 jambische 
Senare umfaßt, hinterlassen: 98 andere Car- 
mina behandeln Einzelheiten ans seinem Leben ; 
und seine Briefe und Reden steuern auch noch 
allerhand Detail bei, so daß wir die Dürftigkeit der 
Mitteilungen über ihn in den kirchenhistorischen 
Werken des 4. und 5. Jhdts. verschmerzen können. 
G. wurde geboren zu Arianzus, einem seiner Fa- 
milie gehörigen Landgut in deT Nähe der kleinen 
kappadokischen Stadt Nazianz, im J. 329. Seine 
Eltern hießen Gregorius und Nonna, beide ge- 
bildete Menschen aus wohlhabenden Familien. 
Sie hatten schon lange in kinderloser Ehe gelebt; 
auf G, folgten dann noch eine Schwester Gogonia 
und ein Bruder Caesarius. Der Vater war noch um 
325 Heide (allerdings Hypsistarier) gewesen, fast 
SOjährig meldete er sich, dem Wunsch seiner 
Gattin nachgebend, als Katechumene, wurde bald 
darauf getauft und auch — schwerlich genau 
nach den kanonischen Vorschriften — zum Bischof 
von Nazianz erhoben. So ist der gefeiertste Lehrer 
der griechischen Kirche, den sie früh mit dem 
Titel des , Theologen' ehrte, als ,Sohn eines 
Bischofs' auf die Welt gekommen. In der Provin- 
zialhauptstadt Caesarea besuchte er die Schule; 
die höchste Ausbildung sollte, nachdem er auf 
Reisen in Palästina und Ägypten die Welt kennen 
gelernt hatte, Athen ihm spenden. Mindestens 
von 353 bis 357 hat er hier geweilt, den Prinzen 
Iulianus, den späteren Kaiser, keunen gelernt und 
mit^ dem ihm schon von Caesarea her bekannten 
Basilius (d. Gr.) Herzensfreundschaft geschlossen. 
Eine Fracht derselben, doch weiß man nicht aus 
welcher Zeit, ist die von Basilius und G. ge- 
meinsam hergestellte Sammlung von Perlen aus 
den Werken des Origenes, beste Ausgabe The 
Philocalia of Origen by J. Arm. Robinson 1893. 
Von 357 bis etwa 362 hat er als Privatmann bei 
den Eltern in Nazianz, wo er nunmehr die Taufe 
empfing, sich aufgehalten, mit der Absicht, dem 
ihm von der Mutter früh eingeimpften mönchi- 
schen Ideal nachzuleben, aber schon durch den 
Familienbesitz zu allerlei Verwaltungsgeschäften 
gezwungen; wiederholt hat er den damals in die 
Einsamkeit am Irisfluß geflohenen Freund Basi- 
lius aufgesucht. Wahrscheinlich 362 hat sich G. 
auf den Wunsch seiner Mitbürger von dem alten 
Vater zum Presbyter weihen lassen, gleich darauf 
»st er, von Eeue und Scham ergriffen, aus Nazianz 
verschwunden, hat aber noch vor Iulianus Tod, 
also im Sommer 363, sein Amt wieder aufge- 
nommen und in einer berühmt gewordenen Bede 
(or. 2) seine ,Flucht' verteidigt. In die 10 Jahre 
seines Presbyterats, von 362—372, fallt ein Teil 
«uner schriftstellerischen Leistungen; doch hat 



wieg uuvs 



1ÖOV 



er nicht bloß seine theologische Bildung jetzt 
vollendet, seine dogmatische Position endgültig 
gewonnen und sich die große Bibelkenntnis an- 
geeignet, die er besitzt, ohne sich eigentlich zum 
,. Schriftausleger berufen zu fühlen, sondern auch 
in die kirchlichen Streitigkeiten eingegriffen, meist 
im Interesse der Versöhnung. Sein und seiner 
Freunde stiller Einfluß hat in den 20 Jahren 
von 362 bis 381 die Provinz Eappadokien aus 
10 einer Brutstätte des radikalen Arianismus zur 
hohen Schule eines vornehmen, konzilianten und 
doch festen Jungnicänismus umgewandelt. Daß 
im J. 370 auf den erledigten Metropolitenstuhl 
in Caesarea Basilius erhoben wurde — auch der 
Vater Gregorius hat ihn ordinieren helfen — , war 
mit das Werk unseres G.: der Dank, den ihm 
Basilius dafür erstattete, indem er ihn nämlich 
372 unversehens zum Bischof in Sasima, einem 
erbärmlichen Dorf, das bisher nie einen Bischof 
20 besessen hatte, ernannte, fand bei G. nicht das 
erwünschte Verständnis. Er fühlte sich lediglich 
als das Opfer von Basilius' Ehrgeiz, der nach der 
Teilung der Provinz Eappadokien, wobei dem 
neuen Metropoliten in Tyana die Mehrzahl der 
Bischofssitze zugefallen waren, die Zahl seiner 
Suffragane zu vermehren strebte. Selbst die 
Bitten seines Vaters konnten ihn nicht bewegen, 
das bischöfliche Amt in Sasima wirklich zu über- 
nehmen. Vielmehr blieb er in Nazianz, half dem 
30 Vater dort noch in seinen Amtsgeschäften und 
führte nach dessen Tod dieselben allein weiter 
— auf Wunsch der Nazianzener, ohne sich übri- 
gens als Bischof von Nazianz zu gerieren. Als 
man ihn drängte, Farbe zu bekennen, floh er, 
da er wohl einsah, daß er in den Augen des 
Basilius nur Bischof in Sasima sein könne, 
nach dem isaurischen Seleukia; und über fünf 
Jahre hin hat sich Nazianz ohne Bischof be- 
holfen. Anfang 379 aber bot sich dem G., als der 
40 Tod des arianerfreundlichen Valens die kirchen- 
politische Lage von Grund auf verändert hatte, 
die Aussicht auf eine große Zukunft. Er ging 
nach Constantinopel und predigte dem kleinen 
Häuflein der nieänisch Gesinnten in dem Bethaus 
Anastasia — vor den Mauern der Stadt — allsonn- 
täglich das reine Evangelium, während fast die ganze 
Stadt unter dem Bischof Demophilus zur homöi- 
schen Partei schwur. Seinen Anhängern, deren Zahl 
die Anziehungskraft von G.s Kunst und Geist 
50 mit jedem Sonntag mehrte, galt er als der ortho- 
doxe Bischof von Constantinopel; daher sie alle 
es als freche Intrusion abwehrten, als ein Protege - 
des Petrus von Alexandrien, der cynische Philo- 
soph Maximus, mit dem Anspruch auf die bischöf- 
liche Würde in der Hauptstadt 380 auftrat. Der 
Kaiser Theodosius behandelte jedenfalls auch den 
G. als legitimen Anwärter auf die höchste kirch- 
liche Würde im Ostreich, denn ihm ließ er die 
den Arianern abgenommene Apostelkirche im No- 
60vember 380 ausliefern. Eine der ersten Hand- 
lungen des großen Konzils in Constantinopel im 
Mai 381 war die Erhebung G.s auf den bischöf- 
lichen Stuhl von Constantinopel : noch unter dem 
Vorsitz des Bfischofs) Meletios von Antiochien wurde 
dieseAufgabe erledigt. Bald darauf aber starb Mele- 
tios; G M der nunmehr den Vorsitz auf der Synode 
zu führen hatte, erkrankte, und über der Frage 
nach dem für Meletios zu bestimmenden Nach- 



folger in Antiochien kam es zwischen G. und der 
Mehrheit der Synodalen zum Bruch. Im Interesse 
der Versöhnung hatte G. den bisherigen Gegen- 
bischof des Meletios in Antiochien, den Altnicaener 
Paulinus vorgeschlagen. Nicht bloß die syrischen 
Bischöfe wollten davon nichts wissen, andere Ri- 
valitäten enthüllten sich nun, und im Zorn über den 
Eigensinn und Egoismus seiner Amtsgenossen warf 
ihnen G. die eben empfangene Würde vor die 
Füße; er erbat vom Kaiser seine Entlassung und 10 
zog sich nach der Heimat zurück. Die Synode 
wählte an seiner Stelle den kilikischen Laien 
Nektarios (381—397). Ein paar Jahre hat G. 
dann wieder Nazianz regiert, aber mit wachsen- 
dem Unmut über die rücksichtslose Agitation der 
ApoDinaristen in seiner Gemeinde; und als es 
ihm endlich gelungen war, dort die Wahl eines 
Gesinnungsgenossen, Eulalius, durchzusetzen, zog 
er sich vom öffentlichen Leben, wahrscheinlich 
auf sein Landgut in Arianz, zurück und ist da- 20 
selbst, in den letzten Jahren viel von Krankheit, über 
die er schon in Constantinopel nicht selten klagte, 
gepeinigt, wohl im Winter 389/90 gestorben (nach 
Hieronymus ein Triennium vor Abfassung des 
noch im J. 392 publizierten Werks De viris illu- 
stribus). G.s Werke füllen in Mignes Patrologia 
G. 4 Bde., 35-38. Im wesentlichen wird da ein Ab- 
druck der Benediktinerausgabe (Clemencet und 
Caillau) 1778—1840 geboten. Von einzelnen 
Werken sind seitdem verbesserte Sonderausgaben 30 
erschienen, so von orat. 27 — 31 : The five theolo- 
gical orations of G. by Naz. Edited by A. J. 
Mason, Cambridge 1899; von orat. 7 und 43: 
F. Boulenger Gr. de Naz. Discours funebres 
en Thonneur de son frere Cesaire et de Basile de 
Ce"saröe, Paris 1908; die zwei rhythmischen Ge- 
dichte von W. Meyer Abh. Akad. München, 
Philos. Kl. XVII 2, 1885 Beil. I 400— 409. 
Doch ist eine neue Gesamtausgabe dringend not- 
wendig; die von byzantinischen Gelehrten verfaßten 40 
Glossen und Kommentare zu G. , die jetzt zum 
großen Teil seine Werke füllen, sind ebenfalls 
nur mangelhaft ediert und haben ihre Aufgabe 
nicht lösen können, weil sie schon verdorbene 
Texte wie wir vor sich hatten : über die Absich- 
ten, die G. mit den wechselnden Formen seiner 
^Lieder' verfolgte, wird erst zu urteilen sein, wenn 
wir die ursprünglichen Formen kennen. Im all- 
gemeinen ahmt auch in ihnen G. die klassi- 
schen Muster nach , geht aber doch auch eigene 50 
Wege. — Wenn wir von dem absehen, was ent- 
weder nur in Übersetzung erhalten oder zweifel- 
haften Ursprungs ist, vollends von dem, was, 
wie namentlich das spätmittelalterliche Drama 
Christus patiens nur durch offenkundige Unter- 
schiebung oder infolge von Namensverwechslung 
unserem G. zugeschrieben worden ist, so besitzen 
wir von ihm Briefe, Gedichte und Reden. Fast 
250 Briefe, doppelt so viel Gedichte, darunter 
freilich auch ganz kurze Epigramme, 45 Reden, 60 
von denen einige entweder überhaupt nie wirk- 
lich gesprochen oder doch nachträglich erheblich 
umgeschrieben worden sind. In diesen Reden 
offenbart G. eine ungeheure Vielseitigkeit; bald 
ist er Lob-, bald Trostredner, bald Verteidiger, 
bald Ankläger — so die Xoyot o%T}hxsvuxol wider 
den toten Kaiser Iulian — , bald Exeget, bald 
Dogmatiker, bald Moralist, bald Kirchenpolitiker. 



wregonos 



löOZ 



Eins bleibt er immer: Rhetor, leider auch in 
seinen Briefen und seinen Gedichten, die darum 
so wenig poetisch wirken. In seinen eigentlichen 
Reden stört die Kunst ja nicht immer und er 
ist auch kein Schönredner; er versteht es z. B. 
in den theologischen Reden, die Lehre von der 
Gottheit des Sohnes und des heiligen Geistes in 
vollendeter Klarheit zu entwickeln, und wo er 
selber in Affekt gerät, weiß er den Leser auch 
mit sich zu reißen. Aber die gelehrten Remi- 
niszenzen, die Anspielungen nicht etwa bloß auf 
die biblischen Bücher, sondern nicht minder auf 
die klassischen Mythen und Philosophen, die 
massenhaften aus der Schule mitgebrachten Kunst- 
mittel, besonders auch Wortspiele und Häufung 
von fernliegenden Bildern ziehen die Aufmerk- 
samkeit des Lesers immer wieder von der Sache 
fort auf die Form und auf die Person des Red- 
ners : er arbeitet so viel mit Pathos bei Kleinig- 
keiten, daß man ihm die tiefe Leidenschaft nicht 
glaubt, auch wo sie hingehörte. Von den drei 
großen Kappadokiern macht dieser G. am stärk- 
sten den Eindruck des Dekadenten, trotzdem er 
an geistigen Gaben hinter den beiden anderen 
wahrlich nicht zurücksteht. Aber er hat lite- 
rarisch für die Kirche ausschließlich gearbeitet 
in Formen , die sich das Christentum nicht er- 
schaffen hatte und die G.s Art am wenigsten 
günstig lagen: er will die Blüte griechischer 
Kultur und zugleich die der neuen christlichen 
Geistesbewegung in Vereinigung darstellen. Dieser 
Aufgabe ist er nicht gewachsen. — Nicht bloß im 
Morgenland aber ist G. die von allen Parteien an- 
erkannte Autorität schon um 400 gewesen und es 
allezeit geblieben, sondern auch die Latiner reißen 
sich um ihn. Hieronymus {vir. ill. 117) rühmt den 
vir eloquentissimiis als seinen Lehrer, speziell 
im Schriftverständnis -— in der Tat hatte er von 
379 — 381 in Constantinopel seines Verkehrs ge- 
nossen — , und berechnet den Umfang seiner Werke 
auf 30 000 Zeilen. Er nennt dann eine Reihe von 
libri, z. B. Laudes Athanasii, Adversus Euno- 
mium libri II, wobei es sich um Reden handelt, 
sonst nur einem Liber hexametro versu virginita- 
tis et nuptiarum contra se disserentium : seeutus 
est Polemonium dicendi x a Q aHl ^Q a - Noch be- 
geisterter feiert Rufinus um 399 den G. in derPrae- 
fatio zu seiner Übersetzung von 9 (er selber sagt: 
etwa 10) Reden des Nazianzeners; G. ist ihm 
gleich unerreicht oder doch unübertroffen im Leben 
wie in Beredsamkeit, in fides wie in scientia. 
Diesem Werk des Rufinus, das leider eine höchst 
mangelhafte Wiedergabe des Originals darstellt, 
verdanken dann die späteren lateinischen Ver- 
ehrer des Kappadokiers G., wie schon Augustinus, 
so Leo d. Gr., Vigilius von Thapsus, Facundus 
von Hermiane, ausschließlich ihre Bekanntschaft 
mit seiner Weisheit. Siehe die Ausgabe von E n gel- 
brecht im Corp. scr. eccl. lat. 46, 1910, die 
einzige brauchbare des lateinischen G. G.s Reden 
waren gewiß sehr schwer so zu übersetzen, daß 
die Übersetzung ähnlich wirkte wie das Original ; 
Rufinus hat ihn aber auch weniger übertragen, 
als in seiner Muttersprache nachgeahmt. . Vgl 
die freilich längst nicht mehr genügende Bio- 
graphie von Ulimann 1825 (1866). J. R. Äs- 
mus Greg. v. Naz. nnd sein Verhältnis zum Ori- 
genismus, theolog. Studien und Kritiken 1894* 



*"v« Utl'VgUXlVS' 

314«; X. Hürth De Greg. Naz. orationibus 
funeferibus (Bissert. Argentor. XU 1907. 

5) Gregorius, Bischof von Nyssa in Kappa- 
dokien, gest. ca. 394, Er wurde als ein jüngerer 
Bruder des Basilius d. Gr. (o. Bd. III S. 52f.) 
geboren, vielleicht erst gegen 340. Er ist ähn- 
lich erzogen worden wie sein Bruder, war auch 
früher getauft worden, hat sich aher verheiratet 
und eine weltliche Laufbahn eingeschlagen. Um 
371 hat ihm gleichwohl, nachdem die Freunde, 
vor allem Gregorius von Nazianz, kräftig auf ihn 
eingewirkt hatten, sein Bruder die bischöfliche 
Würde in Nyssa aufgedrungen, einer im Westen 
Kappadokiens am Halys gelegenen Stadt. Unter 
der Regierung des Valens wurde er von dort ver- 
drängt, mußte sich eine Zeit lang versteckt halten, 
nach dem Sturz des Arianers aber hat ihn von 
379 bis Ende 394, wo wir ihn zum letztenmal 
auf einer Synode in Constantinopel antreffen, 
niemand im Besitz von Nyssa gestört. Er ist 
zwar oft und auf lange Zeit von seiner Gemeinde 
getrennt gewesen, aber das hing mit kirchlichen 
Pflichten zusammen : er war ein überaus fleißiger 
Besucher der Synoden, z. B. 379 in Antioehien 
381, 382, 383 und 394 in Constantinopel, wurde 
auch nicht selten an den Hof gebeten, um priester- 
liche Akte zu vollziehen, und eine lange Reise 
durch Palästina und Arabien hat er um 380 
auf den Wunsch einer Synode gemacht, um dort 
für Herstellung der kirchlichen Ordnung zu 
sorgen. Im Gesetz vom 30. Juli 381 (Cod. 
Theod. XVI 1, 3) wird er unter den Säulen der 
Orthodoxie aufgezählt ; bei Lebzeiten des Basilius 
hat er wohl etwas im Schatten des größeren 
Bruders gestanden, der mit seinen diplomatischen 
Fähigkeiten keineswegs immer zufrieden war. 
Hieronymus vir. ill. 128 interessiert sich für ihn 
nicht entfernt so lebhaft wie für den Nazianzener, 
obwohl er auch ihn im J. 381 in Constantinopel 
kennen gelernt hat; und Rufinus hat wohl etwa 
zehn Meisterstücke von Basilius und von G. 
von Nazianz, aber keins von G. von Nyssa ins 
Lateinische übersetzt. Ein Mißgeschick hat ihn 
auch insofern verfolgt, als es bis heute noch 
keine, den Benediktinerausgaben etwa der bei- 
den anderen Kappadozier gleichwertige Ausgabe 
seiner Werke gibt. Eine reichhaltige Sammlung 
von fast allem bislang Publizierten findet sich 
ja in Migne G. 44—46. aber einen Überblick über 
die Abstammung der Bestandteile gewinnt man 
nur mit Hilfe von Loofs Theol. Real-Encycl. 3 VII 
146f. Eine kritische Ausgabe vonForbenius 
1855 und 1861 ist in den Anfängen stecken ge- 
blieben; eine wirklich neue Rezension hat nur 
der Xoyog xaTTjxijuxos (6 fiiyag) in der Ausgabe 
von Srawley The catechetical oration of G. 
of Nyssa, Cambridge 1903, erfahren, dessen Test 
übernommen wurde von L. Meridier Discours 
catechötique , Paris 1908. Von der Korrespon- 
denz des Ny sseners sind bloß 26 Briefe erhalten; 
von eigentlichen Reden auch nicht soviele wie 
bei G. von Nazianz. Seine Rede gegen die 
Wucherer mag als Beispiel einer Moralpredigt, 
die auf den Protomartyr Stephanus als Lob- und 
die 381 und 385 gehaltenen Leichenreden auf 
den Antiochener Meletios, auf die sechsjährige 
Pffljswösin Pulcheria und die Kaiserin Flaccilla 
*to Trostreden herausgehoben werden. Unter den 



uregonos 



1864, 



asketischen Abhandlungen ragen hervor rngt 
jiüQ&svias und neQt rov xara &eöv a>t(mov f seine- 
Vita Macrinae, Lebensbeschreibung seiner früh 
verstorbenen Schwester Macrina, ist auch mehr 
ein asketisch-ethischer Traktat als eine Biographie- 
G.s Methode in der Exegese leidet an allen" 
Fehlern des Alexandrinismus , trotzdem findet er 
z. B. in der Auslegung des Vaterunsers sehr 
warme Töne und in der natürlich ganz mystischen 
10 Interpretation des Hohenliedes zeigt er, gegenüber 
einer massenhaften und festen Überlieferung be- 
merkenswerte Selbständigkeit. Wie ein Grundriß, 
der Glaubenslehre gibt sich die Oratio catechetica;. 
in dem Dialog mit Macrina tisqi yvxrjs xal ava- 
owoewg hat er auch die schwierige Dialogform- 
leidlich geschickt bemeistert. Seine polemischen Ab- 
handlungen: wider die Eunomianer zwölf Bücher^ 
gegen den Apollinarismus ävxtoQrjrixÖQ , xaÄ\ 
BifiaQfAiw^ zugunsten der menschlichen Willens- 
20freiheit gegen den astrologischen Wahn, gehören, 
zu den besten Stücken dieser Gattung innerhalb 
der griechischen Literatur; G. kämpft wenigstens^ 
nicht mit Schirnpfworten, sondern mit Gründen. 
Seine Rhetorik ist nicht so glänzend wie die des 
Nazianzeners, obwohl auch ihm das Ideal durch 
die Schule gegeben ist. Von der Metaphysik 
des Origenes, von der Gedankenwelt Piatons und 
den Neuplatonikern steht er gar nicht so fern 
ab, wie die Kirche es später wünschte; er hat. 
30 auch weit tiefere spekulative Bedürfnisse als 
seine berühmten Freunde. Jedenfalls ist er in 
den dogmatischen Formeln, die auch er ängstlich 
definierte und verteidigte, nicht untergegangen., 
Die Kirche hat von ihm nur aufgenommen, was 
er mit der Gemeinde-Orthodoxie gemeinsam hatte. 
Über seine Abhängigkeit von der rhetorischen 
Tradition vgl. J. Bau r er Die Trostreden des G.. 
von Nyssa in ihrem Verhältnis zur antiken Rhe- 
torik, Marburg 1892; eine Menge von dogmen- 
40 geschichtlichen Monographien über einzelne Punkte 
aus der Theologie oder Philosophie des Nysse- 
nere entschädigen uns nicht für den Mangel jeder 
befriedigenden Biographie: die bei Böhringer2 
1876 stellt kaum eine Vorarbeit dar. Freilich 
muß der Verarbeitung zunächst die Herausgabe 
der Texte in zuverlässiger Form vorangehen. 

6) Gregorius, Illiberitanus , Baeticus, Hispa- 
nensis zubenannt, Bischof von Elvira (Granada 
zwischen 357 und 400. Hieronymus berichtet 
50 im J. 392 (de vir. ill. 105) über ihn, seines Wis- 
sens sei er noch am Leben, wenngleich im höch- 
sten Greisenalter; geschrieben habe er diverso* 
medioeri sermone iractatus, et de fide elegantem 
librum. G. taucht für uns erst in den Bekennt- 
nisstreitigkeiten der letzten Jahre des Kaisers 
Constantius H. auf, mag also um 355 Bischof in 
seiner Vaterstadt geworden und kaum später als 
325 geboren sein. Er gehört zu den wenigen 
ganz unerschütterlichen Vorkämpfern der nicä- 
60 nischen Orthodoxie im Abendlande ; trotzdem ist 
über ihn nie die Strafe des Exils verhängt worden. 
Hilarius von Portiers hat uns im Opus historicum 
(Migne L. 10, 713) einen Brief des Bekenners 
Eusebius von Vercellae an G. aufbewahrt (wohl 
vom J. 360), wo dieser ihn dazu beglückwünscht, 
daß er sogar dem Hosiue, als der transgreasvr 
geworden war, Widerstand geleistet und den Ab- 
fall der Majorität von Bimini (359/360) nicht mit- 



1865 



Gregorios 



.Gregorios 



1880 



gemacht habe. Demnach kann er nicht mit dem 
-Mitgliede der arimmensischen Deputation {Hila- 
Tius, Migne L. 10, 702) namens G. identifiziert wer- 
den, da alle zehn Legaten umgefallen sein sollen; 
Ton ihm' rühmt aber Hieron. chron. z. J. 370, 
daß er gleichwie Lucifer von Calaris mcmquam se 
Arianae miseuit pravüati. Das klingt schon so, 
als habe sich G. der luciferianischen Sekte, die 
mit keinem je in Arianismus gefallenen Bischof 
-die Kirchengemeinschaft aufnahm, angeschlossen, 
und dies bestätigen uns nr. 2 und 2 a der Col- 
lectio Avellana (ed. O. Guenther Corp. script. 
*ccl. lat. 35 p. 15 — 35 und 46), ein im Winter 
383/4 am kaiserlichen Hof in Constantinopel von 
-den schismatischen Presbytern Marcellinus und 
Faustinus eingereichter libellus preeum und die 
vom Kaiser darauf an den zuständigen Präfekten 
■Cynegius erlassene ,Lex Augusta'. Die Presby- 
ter schildern mit kräftigen Farben die Nieder- 
lage, die Hosius erlitten, als er die weltliche Ge- 
walt gegen den ihm unbequemen Einzig- Stand- 
haften, G. von Elvira, aufbieten wollte : ihn selber 
lasse man auch seitdem unangetastet, nur die mit 
ihm in Gemeinschaft treten wollen, hätten schwer 
zu leiden. Laut § 90 des libellus precum hat 
G. um 365 den Lucifer in Sardinien besucht; 
der Kaiser hat ihm von 384 an freie Religions- 
Iibung gesichert. 

Die luciferianischen Presbyter scheinen unsern 
G. auch als Wundertäter rühmen zu wollen, von 
schriftstellerischen Leistungen, die sie doch dem 
Lucifer so hoch anrechnen, vermerken sie bei G. 
nichts. Zur Zeit des Konflikts mit Hosius (um 
358/9) ist er noch ein fast Unbekannter Mann in 
Corduba, rudis adkuc episcopus, nur apud Chri- 
stum non rudis vindex fidei. Indessen das Zeugnis 
des Hieronymus für seine literarische Tätigkeit 
läßt keinem Zweifel Raum. Schon Quesnel und 
Tille mont entdeckten den elegans Über ,de fide i 
wieder in einem teils ohne Namen überlieferten, 
teils dem Ambro sius, dem G. von Nazianz, dem 
Vigilius von Thapsus, dem Foegadius von Agen 
zugeschriebenen Traktat De fide orthodoxa contra 
Arianos, Migne L. 20, 31-50. 17, 549—568, zer- 
stückelt auch 62, 466—468 und 449—463. Augu- 
stinus (s. epist. 148, 2, 10) hat schon vor dem 
J. 413 diesen Traktat als ein Werk des G. von 
Nazianz zitiert und ihn offenbar, wie ein Teil 
unserer Rumi-Hss. bestätigt, innerhalb der Samm- 
lung von Beden des Nazianzeners, die Rufinus 
übersetzt hatte, vorgefunden. Aber so gewiß die 
andern neun Stücke jener Sammlung Überset- 
zungen aus — noch vorliegenden — griechischen 
Testen sind, so gewiß ist der Traktat de fide 
original lateinisch ; er ist auch älter als 400, und 
weist in allem in die Zeit, wo noch die altnicä- 
nische Theologie im Abendlande das Feld be- 
hauptete. Dem Rufinus darf man weder die Frech- 
heit noch die Unvorsichtigkeit zutrauen, daß er 
selber diese Abhandlung in sein Corpus Grego- 
rianum aufgenommen hatte, ebensowenig kann 
er der Verfasserschaft verdächtigt werden; ist 
aber ein Zufall im Spiel bei der Verkuppelung 
von De fide mit den neun Reden des Bischofs 
von Nazianz, so wird derselbe am ehesten be- 
greiflich, wenn auch ,De fide' den Namen eines 
Gregorius episcopus als Verfasser trug. Von allen 
Abendländern, auf die man geraten hat, läßt über- 



haupt nur G. von Elvira, dem Hieronymus ein 
Werk mit solchem Titel und solcher Haltung 
ausdrücklich zuschreibt, als Verfasser sich halten. 
Vgl. Hierzu Engelbrecht in Corpus scr. eccl. 
lat. Vind. 46 p. IX— XVI. 

1906 in Bulletin de litterature eccle*siastique 
public par Tinstitut catholique de Toulouse, p. 233 
— 299 hat Dom Andre* Wilma rt mit der Ab- 
handlung Les tractatus sur le Cantique attribue"s 

10 ä Gregoire d'Elvire einen entscheidenden Schritt 
getan, um die literarische Erbschaft des G. von 
Elvira wiederherzustellen. Er lenkt die Auf- 
merksamkeit auf die 1848 von Heine in seiner 
Bibliotheca Anecdotorum (aus spanischen Biblio- 
theken) an achter Stelle (teilweise nur fragmen- 
tarisch) publizierten ,Commentarii in Cantica Can- 
ticorum scripti* unter denen der erste ein ,Com- 
mentarius Gregorio Illrberitano adscriptus' ist (p. 
132—166). Die Hss. haben diesen Kommentar — 

20 in Wirklichkeit fünf Homilien über Teste aus den 
ersten Kapiteln des Hohenliedes 1, 1—3, 4 — 
dem Papst Gregor zugeschrieben, verraten aber 
durch Subscriptiones und Titel noch, daß diese 
Zuteilung auf späterer Konjektur beruht: Wil- 
mart hat es leicht zu erweisen, daß das Buch 
ebensogut zu dem Bischof von Elvira um 390 
paßt, wie schlecht zu dem Papst um 600. Und 
er fügt den zwingenden Beweis hinzu, daß der 
,Kommentar' zum Hohenlied dem gleichen Ver- 

30 fasser gehört wie die 1900 bekannt gewordenen, 
herrenlos umhergeworfenen 20 Tractatus Origenis 
de libris ss. scripturarum (ed. Batiffol-Wil- 
mart). Die Abfassungszeit, die Manier und die 
Theologie in beiden Büchern stimmen zu G. von 
Elvira; der Stil ist ein anderer als der in De 
fide; aber während jenes ja auch nach Hieronymus 
ein elegans Über sein sollte, hat G. sonst trac- 
tatus medioeri sermone verfaßt : eben dieser Stil- 
gattung gehören die mit lebhafter Phantasie und 

40 viel Willkür den Text ausnutzenden, ältere Ar- 
beiten unbefangen ausschreibenden und kombi- 
nierenden exegetisch-erbaulichen Betrachtungen 
über das Hohelied und gemischte Texte an. Wir 
wären demnach im Besitz einer ganz respektablen 
Hinterlassenschaft des glaubenseifrigen Spaniers, 
die von diesem festen Fundament aus vielleicht 
noch erweitert werden könnte. Vgl. P. Lejay 
L'heritage de Gregoire d'Elvire in Revue Bene"- 
dictine 1903 Oct. und zur Frage nach De Fide 

50 noch besonders Wilmart in La tradition des 
opuscules dogmatiques de Foebadius, Gregorius 
Hliberitanus, Faustinus, S.-Ber. Akad. Wien CLIX 
1, 9—24. — Ein gewichtiges Bedenken gegen 
Wilmarts Hypothesen hat Cuthbert Butler 
erhoben (Journ. of theolog. studies X 1909, 450 
—459). Die Zusammengehörigkeit der Homilien 
über das Hohelied und der Tractatus Origenis 
steht auch für ihn außer Zweifel, die Identität 
des Verfassers mit dem von De fide hält er für 

60 höchst wahrscheinlich, und fast alles spreche für 
G. von Elvira ; aber ein ungelöstes Rätsel bleibt 
vorläufig der von Butler geführte Nachweis 
einer Benatzung sowohl der von Rufinus ange- 
fertigten Übersetzung von Origenes Genesiskom- 
mentar als der Predigten des Gandentius von 
Brescia tin den Tractatus Origeniß Dl und IX 
(s. die Texte in Butler Jouxn. of theoL stu<L 
VI 1905, 587—598); damit wären die Tractatus 



unter die Grenze des 4. und 5. Jhdts. herabge- 
zogen. Bereits hat P. Brewer Wilmerts G. von 
Elvira durch Rufmus ersetzt und diesem dabei 
sogleich noch ein weiteres herrenloses Stück zu- 
erkannt — die Exhortatio S. Ambrosii ad neo- 
phytos de symbolo — in dem Buch über das 
sog. Athanasianische Glaubensbekenntnis, 1909, 
Exkurs 2 p. 151—178, was keinenfalls ein glück- 
licher Griff war. Aber ableugnen läßt sich jene 



uicgunua 



IÖOÖ 



mengestelltes. G. schreibt ein schauerliches La- 
tein ; er war sich seiner grammatischen Unbildung^ 
auch wohl bewußt und verspottete sich selber 
als loqtiem rustieus ; was damals gebildete Gal- 
lier noch an Kunstsprache zur Verfügung hatten, 
zeigte ihm ja sein Bewunderer, der spätere Bischof 
von Poitiers, Yenantius Fortunatus. Aber so ent- 
geht er auch der Phrase und dem zweideutigen 
Rhetorenstil. Sein kritisches Urteil in seinen Be- 



.11- . , ., . ,, " — ,o — " ™" v »«-« j^^c luicwicusui. oein Kmiscn.es Urteil m seinen B*>- 

und Gaudentius des G. drüben hüben, von älteren, 
heute verlorenen Schriften umgehen. Wohl aber 



könnte G., wenn er 325 geboren ist, noch um 
405 geschriftstellert haben, so gut wie Cassiodor; 
die decrepita s&nectus des Hieronymus im J. 392 
beruht nicht auf Personalkenntnis. Allerdings 
hätte dann Hieronymus in de vir. ill. natürlich 
andere Tractatus von G. im Auge als die nunmehr 



zurückeroberten. Vor der Entscheid^" werben 20 ^ ^ffa™ ^S'^to^^^S 
zuverlässige Texte aller dem G. von Avira zu- vnr a iw \^ZT, ZlfJ^Hf £5*' ^ 1S } 



zuverlässige Texte aller dem G. von Elvira zu- 
geschriebenen Werke abzuwarten sein ; die bis- 
herigen Ausgaben reichen noch nicht aus. 

7) Gregorius, Bischof von Tours, gestorben 
594. G. ist kurz vor 540 in Arverna, dem heu- 
tigen Clermont-Ferrand, geboren. Er stammte 
aus senatorischer Familie ; seinen ursprünglichen 
Namen Georgius Florentius vertauschte er nach 
dem frühen Tode des Vaters Florentius mit dem 



gesteckten Grenzen einer Prüfung unterliegen - 
selbstverständlich ist er maßlos wundersichtig" 
abergläubisch, voll Furcht vor dem nahen Weit- 
end« und mit allen Vorurteilen des guten Kirchen- 
mannes gegen Arianer wie Heiden behaftet. Über 
das Anekdotische kommt er nicht hinaus: einen 
inneren Zusammenhang sucht er weder auf zwischen 
den Personen und ihren Handlungen noch in der 
Entwicklung der Völker, Aber er hat gute Auzen 



vor allem aufrichtig bemüht, ohne Schönfärberei 
die Wahrheit zu sagen. Unermüdlich verbessert 
er sich selber; der Ubellus de episcopis Turo- 
nmsibus z. B., mit dem er das letzte Buch der 
Frankengeschichte schließt, weicht in einer Reihe 
von Angaben, immer zum Eichtigen hin, von den 
älteren Abteilungen des Werkes ab. Daß die 
Genauigkeit der Datierung ihm am Herzen liegt, 
ist schon ein gutes Zeichen; man wundert sich 



fin Oh ir der Saf P^l ^^t ^ S"^ & CUTm stdlantm rati <» bemüht hat 
^„™»Jf J BlB ^ h< ?f M™, von_ Cleimont, Er kommt sogar an die Heiligen - wie viel 



später ein Priester Avitus in derselben Stadt, 
lediglich mit dem Ziel, ihn zu einem guten Geist- 
lichen vorzubilden. Den asketischen Trieb in ihm 
steigerte eine Wallfahrt zum Grabe des heiligen 
Martinus in Tours um 563 ; 573 wählte man ihn 
in Tours zum Nachfolger des Bischofs Euphro- 
nius. Bis zu seinem Tode, 17. November 594, 



mehr an das Frankenvolk — heran mit einer ganz 
neuen Art des Interesses, dem Interesse des ge- 
borenen Gelehrten. ,Wißbegier und Sammeleifer 
dezimieren die keineswegs fehlende Anekdoten- 
psychologie'. Von seinen Werken besitzen wir 
eme musterhafte Ausgabe in den Monum. Germ 
Script, rer, Merov. I 1 u. 2, 1884 und 1885 von 



hat er dies An,« verwaltet und d^ i^ä£ 40 W.Trnd'i „TS. i^eh" (d Tb™ ÄTe 
keit, Weisheit und diplomatisches Talent dia vm, Tfc *.*{««,+ iäoo „^tII 1 ? ,_ ^ J"^ e 



keit, Weisheit und diplomatisches Talent die 
durch Brände furchtbar mitgenommene und in 
den merowingischen Thronstreitigkeiten heiß um- 
strittene Stadt wieder in die Höhe gebracht. 
Unter vier Königen hat G. es fertig gebracht, 
nicht bloß sich selber gegen die Anfeindungen 
der Parteigänger zu behaupten, sondern die Inter- 
essen der Stadt zu fördern; seine kluge Zurück- 
haltung von der politischen Agitation und von 
jeder Verfolgung persönlichen Vorteils verschaffte 50 
ihm zuletzt unter der Königin Brunhilde sogar 
großen Einfluß auf die Staatsgeschäfte. 

Als Bischof begann G. zu Schriftstellern ; mit 
dem ersten Werk, das er 575 begann, De vir- 
tutibus Martini episcopi libri IV, ist er nicht 
ganz fertig geworden, eine Reihe anderer Mirakel- 
sammlungen unterbrachen jene Arbeit; G.s 20 
Heiligenbiographien im Liber de vita patrum bieten 
aus der hagiograpbischen Literatur dieser Epoche 



Einzelzüge. Eine höchst bedeutsame historio- 
graphische Leistung sind die zehn Bücher der 
Histom Francorum, an der er auch fast 20 Jahre 
lauft bis kurz vor seinem Tode, gearbeitet hat. 
In Buch 1 gelangt er schon bis zum Tode des 
fe^en MATtums (kurz vor 400); von Buch 5 
— 1U bietet er lediglich Zeitgeschichte, Selbst- 
erlebtes und ans eigenen Aufzeichnungen Zusam- 



von Th. Ruinart 1699 abgedruckt in Migne L. 
71. Vgl. Lob eil Gr. von Tours und seine Zeit, 
Leipz. 2 1S69. Gabriel Mo n o d Etüde critique sur 
les sources de l'histoire merovingienne I; Gregoire 
de Tours, Paris 1872. Mas Bonnet Le Latin 
de Greg, de Tours, Paris 1890. C. A. Bernoulli 
Die Heiligen der Merowinger, Tübingen 1900 T 
Kapitel 5 (S. 88—121): die Heilige ngelehrsam- 
keit des Gr. von Tours. 

8) Gregor I. f Bischof von Rom. gest. 604. 
Im J. 540 wurde er zu Rom aus einer senatorischen, 
und namentlich in Sizilien reich begüterten, Fa- 
milie geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters 
widmete sich die Mutter dem Klosterleben, ließ 
indes ihrem Sohn eine standesgemäße Erziehung 
angedeihen. Er brachte es schon vor 573 in der 
Staatskarriere zum Praefectus Urbi, entsagte 
aber in plötzlichem Umschlag der Stimmnng 
allen weltlichen Aspirationen, verkaufte die väter- 



wobl am «*£*-„ wT+« -™-"" r™ *»¥,* am;u wei * UCIien Aspirationen, verkaufte die väter- 



Klöster, in deren eines, zu Rom, er selber eintrat. 
Die asketischen Übungen, denen er sieh hier un- 
barmherzig unterwarf, mögen den Grund zu seiner 
späteren Kränklichkeit — während der letzten 
Lebensjahre war er fast dauernd an das Bett 
gefesselt — gelegt haben. Gleichwohl zwang ihm 
Papst Benedict I. 577 das Amt eines Diatonen 
in Rom auf, und gleich nach seiner Thronbe- 



steigung sandte ihn Pelagius IL (579—590) als 
Apocrisiarius nach Constantinopel, ein Posten, der 
ihm bereits eine Anwartschaft auf die spätere 
Papstwürde verlieh. 585 kehrte er zwar nach Rom 
zurück und durfte als Abt sich der Leitung seines 
Klosters widmen, nahm indessen an den Curia- 
geschäften teil , und wurde nach dem Tode [des 
Pelagius, während die Pest in der Stadt wütete und 
die Langobarden sie von draußen bedrohten, ein- 
stimmig von Laien und Klerus zum Papst ge- 
wählt. Die Flucht vor dem verantwortungsvollen 
Amt, die ihm ernst war, hat ihm nicht geholfen ; 
am 3. September 590 wurde er ordiniert, am 
11. März 604 ist er gestorben (der 12. März ist 
der Tag seiner Depositio). Von seiner groß- 
artigen Tätigkeit als Politiker und Krrchenfürst 
kann hier nicht des näheren die Rede sein; das 
Ansehen Roms hat er auf dem edelsten Wege 
wiederherzustellen verstanden ; wo auch der Kaiser 
versagte, erwies er sich, oft mit den größten 
persönlichen Opfern, als Retter in der Not. So 
hat er die in Folge des Dreikapitelstreits mit 
Rom zerfallenen Provinzen leise wieder an Rom 
herangezogen und durch die Missionsarbeit an 
den Angelsachsen ein verlorenes Königreich in 
die innigste Abhängigkeit von Rom gebracht. 
Die einzigen Schatten fallen auf seine öffentliche 
Tätigkeit durch den leidenschaftlichen Titelstreit, 
den er mit Constantinopel führte, wo er sein 
servus servorum Dei dem oixovftsvtxoc naxQi- 
äexys des Johannes Jejunator gegenübersetzte, 
sowie durch die jubelnde Begrüßung, die er dem 
blutbefleckten Tyrannen Phocas 602 und 603 
zusandte, nur weil Kaiser Mauritius (582—602) 
dem Papst nicht immer hatte zu Willen sein 
dürfen und können. Die Urkunden seiner groß- 
artigen politischen und pastoralen Tätigkeit, zu- 
gleich die wertvollsten und reichhaltigsten Do- 
kumente für die Geschichte seines Zeitalters sind 
seine Briefe, ca. 850 Schriftstücke chronologisch 
geordnet und nach seinen Pontifikatsjahren in 
vierzehn Bücher zerlegt, Registrum Epistolarum, 
herausg. von P. Ewald und Ludw. M. Hart- 
mann in Mon. Germ. Epist, Tom. I u. II 1891 
und 1899. 

Für die übrigen Werke G.s sind wir noch 
auf die Maurinerausgabe von 1705 und 1744 oder 
den etwas verbesserten Abdruck bei Migne L. 
75—79 angewiesen. Wie sehr sie der Korrektur 
aus den Manuskripten bedürfen, mag man ersehen 
aus L. Hartmann Zur Orthographie Papst Gre- 
gors L, Neues Archiv f. D. Gk. XV 529. Charak- 
teristisch für seine literarische Eigenart sind die 
35 Bücher Moralia, oder Expositio in beatum 
Job, das halb gelehrte Exegese, halb ein Hand- 
buch der Ethik ist, begonnen in der Constanti- 
nopler Zeit, aber erst nach 590 vollendet und 
dem Bischof Leander von Sevilla gewidmet. Eine 
unbefangenere Auslegung liegt vor in den 40 Ho- 
milien über Evangelienperikopen (um 592, vgl. 
Pfeilschifter Die authentische Ausgabe der 40 
Evangelienhomilien Gregors d. Gr., Mönch. 1900) 
und in den zwei Büchern Homilien über Ezechiel. 
Sein Bestes an Lebensweisheit und Erfahrung in 
der Behandlung der Menschen hat er niedergelegt 
in den vier Büchern der Regula pastoralis; der 
religiösen Erbauung, doch anch der Exposition 
dogmatischer Grunalehren wie der von der Inter- 



zession der Heiligen und vom Fegfeuer, dienen 
die libri IV dialogorum de vita ; ef miramlü 
patrum italieorum et de aeternitate anima- 
rum. Diese Werke sind vom 7. Jhdt. an in 
allen Teilen der abendländischen Kirche eifriger 
gelesen worden, als die Meister, von denen G. sich 
doch ganz abhängig wußte, Amhrosius, Hieronymus 
und Augustinus. Er hat auf Jahrhunderte hin 
den Geschmack, den Geist, das Wissen und 
10 Wollen der lateinischen Kleriker bestimmt. Ein 
origineller Denker ist G. nicht gewesen; er ist 
auch kein hervorragender Schriftsteller, vielmehr 
breit und eintönig, aber wenigstens nicht mani- 
riert und spielerisch, dazu frei von Eitelkeit und 
ehrlich. Mit G. , der von sich behauptete, er 
verstände kein Griechisch — was sicher nur von 
seiner Unfähigkeit zu griechischer Schriftstellerei 
verstanden werden darf — hat sich das Abend- 
land definitiv der Vorherrschaft, ja überhaupt 
20 dem Einfluß der orientalischen Theologie ent- 
zogen. Er vertritt ganz und gar die Eigenart 
der mittelalterlichen Kirchlichkeit und redet doch 
noch in der Sprache der alten Zeiten als in seiner 
Muttersprache und fühlt sich noch mit den klas- 
sischen Theologen» wenn auch nur selten noch 
mit den heidnischen Klassikern in ununter- 
brochenem Zusammenhang. 

Große Verdienste hat G. sich jedenfalls um 
die Ausgestaltung des Kirchengesangs und der 
30 Liturgie erworben; wieweit aber der Cantus Gre- 
gorianus und das Sacramentarium Gregorianum 
unmittelbar sein Werk sind, läßt sich zur Zeit 
noch nicht feststellen. Daß die von Hieronymus 
verfertigte Übersetzung der Bibel aus dem he- 
bräischen Urtext — beim Neuen Testament die 
Revision nach der griechischen Vorlage — in der 
lateinischen Kirche überall sich an Stelle der 
älteren Teste als ,Vulgata< durchsetzte, ist eben- 
falls ein Verdienst des G. Unendlich vieles ist 
40 irrtümlich ihm zugeschrieben worden; bei inte- 
ressanten Kommentaren, wie dem zum Hohenlied, 
der unter seinem Namen geht, liegt wenigstens 
der Verdacht späterer Überarbeitung vor: eine 
Monographie, die dem Namen gerecht würde, steht 
noch aus; gerade die literarischen Probleme, die 
seine Hinterlassenschaft uns aufgibt, sind zum 
guten Teil noch nicht einmal angefaßt. Nur zur 
ersten Orientierung genügt Böhringer Die Kirche 
Christi und ihre Zeugen z I 4, 1879. [Jülicher.] 
50 9) Gregorius von Tours, Historiker der Mero- 
vingischen Zeit. G. wurde gegen 538 zu Arverni 
(Clermont-Ferrand) geboren. Er entstammte einer 
der vornehmsten romanisierten Familien. Da sein 
Vater früh starb, wurde er von seinem Oheim, 
dem Bischof Gallus, und von Avitus, dem nach- 
maligen Bischof von Clermont, erzogen. Im J. 573 
erhielt er von König Sigebert das Bistum Tours 
und war von nun an an allen wichtigen Ange- 
legenheiten des Frankenreichs beteiligt. Beson- 
60ders in den letzten Lebensjahren von hohem An- 
sehen im ganzen Reich, ist er am 17. November 
594 gestorben. G.s Hauptwerk, die ^Historia eccle- 
siastica Francorum', wie es in einigen Hss. heißt, 
oder richtiger die ,Zehn Bücher fränkischer Ge- 
schichten' (Wattenbach) kommt fnr die Encyklopä- 
die nur mit den ersten vier Büchern in Betracht, 
Sie erzählen in schlichter Weise, die kaum noch 
die klassische Rhetorik verBpttren läßt, die Urge- 



sciuente der Franken bis zum J. 575 (Sigeberts 
IM), nachdem eine Übersicht der Weltgeschichte 
wm biblisch- kirchengeschichtlichen Standpunkt 
vorausgeschickt tat. G.s Quelle ist in erster 
Linie die fränkische Tradition, und so ist selbst 
noch die Geschichte Chlodwigs an vielen Stellen 
mit Sagenhaftem durchwoben (Junghans Ge- 
schichte der fränkischen Könige Childerich und 
Chlodwich 1857. Monod Etudes critiques sur 
les sources de Phistoire Merovingienne 18721 
Daneben sind, natürlich abgesehen von zwei Schrift- 
stellern die wohl der römischen Zeit angehört 
Sil? 1 \ \ «ndüedene Annalen und Hei- 
ligenleben benützt; die Ansichten der Neueren 
gehen im einzelnen vielfach auseinander. Eine 
j£? e ^sicht % [U Kli rth Clovis 112 235- 
ffl f eher ls y wenigstens für die hier in Be- 
tracht kommenden Bücher, daß G. sein Werk 
noch einmal überarbeitet und wohl auch selbst 
herausgegeben hat. Auch sonst hat G. eine rege 
schriftstellerische Tätigkeit entfaltet. Eine voll- 
standige Übersicht gibt er selbst im Epilog der 
Frankengeschichte; Jalles dort Erwähnte, mit Aus- 
nahme des Tractatus Psalterii, ist uns erhalten. 
Wichtigste Ausgaben: M. G. H. Script, rer. 
Merov. I von Arndt und Krusch, dazu die Über- 
setzung von Giesebrecht in den .Geschicht- 
schreibern der Deutschen Vorzeit. Omond et 
Mono°d iTh n 8 r /1893 ' Würtlignng außer bei 

J?o ^Y attenbach I 7 103—112. Ebertia 
ii? 4' * . [Benjamin.] 

1UJ Praefectus praetorio Constantins d Gr • 

zu seinem Amtskreise gehörte Africa (Cod. Theod! 

IV 6 3. Opt. Mil. III 3. 10). An ihn gerichtet 

Ud. Theod. m 1, 2). Er machte einen miß- 
ST\ VerS Ä 5? Sekte der batisten zu 

Ä,1? $% - " °°- Erwälmt Iust * 

11) An einen 'G., dessen Sohn Schüler des 
Libamus war, ist irn J. 365 gerichtet Liban. ep. 1 505. 
nA 12) p Proculus Gregorius, Praefectus annonae 

5t,m M r,J ?7 7 (CIL XIY 137 * Cod - 

T?toVq i % 15) ' Quaestor sacri P alatii ™ 
J. 379 (Seeck Symmachus p. CXI CXXVI): Prae- 

tectus praetono Galliarum im J. 383 (Sulp Sev 

chron II 49, 2. Auson. de fast. (XXU)lülZ- 

erahnt (Symmach. ep. VII 88). Ein Sohn von 
™, bega ™ S6l t ne Laufba "n als Advokat (Sym- 

37-22 P CrUC ' CXXIV) - 8 ? mmach - e P- HI 

13) Praeses Cappadociae um das J. 385; an 

ihn gerichtet Greg. Naz. epist. 195 = Migne G 

srTiP^lw^ ^ 3 ' rö !? ischer Offizier, vonSni- 
scher Abstammung. Zur Ermordung des Tyrannen 

Wand? " *"*«*> «* ^ vo/ allem' seS 
hSSf« Z 1 ?^ 11 * 8 an ^ estache lt ™d an der Tat 
■ IW TJ\ * ed f en «™en haben (im J. 546, 
ffift y aDd - . n 2 7 -28j. Unter Iohanne 



Grekea, Ort im pisidisch-phrygischen Greöz- 
gebiet von dem nur das Ethnfkon % WCT? vrf ff auf 

cT^^L^l S . aghIr ' nördlicn ^mHoiraS- 
Gäl, überliefert ls t, Sterret Papers of the Amer. 

school, Athens in nr. 374, 3. ^ [Ruge.l 

ttrenikog, wmsche Form statt Granits* s. d. 

GreotMngi s. Greuthungi [Mrchuer J ' 

iUtrat im J. 527/8 mit einer großen Zahl von 
Jhir^ m in / on8t ^tino P el zum Christentum 

Gresia (Geogr. Eav. 204, 17) s. Grisia. 

e Gresinjs, Gresine ($ J^or** Steph! BjL 

■nTmown Zonar. 454), Städtchen der «irakischen 

Chersonesos. LBürchner.l 

90ffi o f euth ü^ fittöfches Volk, zuerst erwähnt 

20Hist aug Claud. 6, 2 unter SeyÄart«» A «m 

£»«/. neben Peuci, Austrogoti, Tervingi u. a 

p J i h °« ff " Deutsche Altertumskunde V 538H- 
rrc-b iö 2 cwm ^ ex aliis gentibus plerosgue 
pariter transtulwset (auf römisches Gebiet) id 
es ex Gtpedts Gmuthungis et Vandulis. Auch 

SS « n V; n E ? tr °P;.H 153 scheidet Ori^öW 
und Oruthung%. Wie aber Zeuss (Die Deut 
sehen 406ff.) ausführt, bezeichnen ^Ä7und 
30 Qreuthungt dieselbe Abteilung des Gotenvolkes, 
die östliche wahrend die Tervingi (= WisigotM) 
die wertliche repräsentieren. Die Wohnsitze des 
Volkes gibt nur Ammian genauer an; darnach 
reichten sie im Osten bis an die Anwohner des 
Dons die Alanen (XXXI 3, 1 Huni P ervc2 
mianorupiregtombus, quos Greuthungis eon- 
fines lanmtas comuetudo nominavÜ). Sonst 
??vT d \ S I°S selten erwah "t Ammian. Marc 
XXVII 5 6 (J. 367) (Valens) Greutkungos belli- 
40 eosam gentem adgressus est postque Uviora cer- 
tamma Athanarieum ea tempestate iudieem vo- 

tmitsstmum coegit in fugam. XXXI 3 5 

Greuthungorum vallem. 4, 12 VÜJiericus Greu- 
thmjorum rex 5 3 Greuthungi. Unter der 
Regierung des Theodosius (386) erscheinen sie an 
?k? D ° nai fiundungen, um überzusetzen, werden 
aber durch eine blutige Niederlage zurückge- 
wiesen Hydat. chron. 885 (Chron. min. II 15) 

50 vgl. Gonsul. Const. Chron. min. I 244 victi at- 
que ezpugnati et in Romania captwi addueti 
gern Greothgngiorum a nostrü Theodosio et 

il l n-AZ Slm ' IV 35 f der hier nur &™ An- 
fuhrer Oidotheus nennt, während IV 38 der Name 
des y i ks [efroe „ S x ^ iX 6v] in IlQoMyyov; ent- 
stellt ist s. Zeuss 407. 422. Müllenhoff 
Deutsche Altertumsk. V 539). Claudian. de IV 
cons. Honor. 623ff. schildert dasselbe Treffen iami 
Danumum fmuiam transnare Gruthungi, so 
60 lautet der Name bei ihm auch sonst, in Eutrop. 

11 l b l - 19 c 6 -./ 99 - 576 ' Als Mythisches Volk 
auch bei Smdas (s. oxfoag) xal OH m ,a ß e V( ov 
rivtov xQodootav Öfioylcoaooty zoTg Sxv&atg zote 
xalovfievoig rQovWyyots. Der Name ist bei Am- 
mian noch am richtigsten überliefert (Greutkuntri) • 
genauer lautet er Griutingi, Griutungi und be- 
deutet nach Zeuss 407 »Bewohner der Sand- 
gegenden, Steppen', während die Tervingi die 



unnei 



1874 



,Bewohner der (westlichen) Waldgegenden* sind. 
Man vermutet, daß die G. sich auch an der Be- 
siedlung Skandinaviens beteiligt haben, was z, B. 
O. Bremer Ethnographie der germän. Stämme 
§ 85. 96 als sicher annimmt. Es kommt darauf 
an, wie bei Iord. Get. III 22 zu lesen ist, wo 
unter den Völkern von Scandza nach den Gauthi- 
goth (s. Gautae) angeführt werden dehine Mixi 
(var. mixti) , Evagre (var. evagrae) , Otingis. 



Mullenhoff (im Index der Mommsenschen Aus-lObung y Q a<piov (so Pap. Lond. CXXI 399. 425 



seltener vor und bedeutet meist den Pinsel (Plin. 
n. h. XXXV 68. Vitruv I 1, 3), dagegen erscheint 
grwphium für G. seit der Augusteischen Zeit häufig, 
und zwar mit der in Lehnwörtern öfter zu beob- 
achtenden Kürzung der Länge im Hiat (Lindsay- 
Nohl Die lat. Sprache 49), s. Ovid am. I 11, 23 
quid digitos opus est graphio lassare tenendo. 
Ob diese Kürzung auch im Griechischen vorhanden 
war, ist nicht sicher zu sagen; die häufige Schrei- 



gabe p. 163 s. Otingi) liest dehine mixti Eva- 
greotingis, wobei freilich der erste Bestandteil des 
Namens rätselhaft bleibt (anders Zeuss 505). 

[Ihm.] 

GribOj von Iustinian restauriertes obermoesi- 
sches Kastell im Gebiete von Aquae, Procop. de 
aedif. 285, 20 rgißo. Tomaschek Die alten 
Thraker II 2, 89. [Patsch.] 

Griffel. Sobald ein Volk gelernt hat, zum 



Denkschr. Wien. Akad. philos.-hist. Kl. XLII) kann 
lediglich Itazismus sein; es braucht nicht, wie 
man angenommen hat, eine besondere Form yQ<x~ 
<ptov gegeben zu haben. 

Lat. graphium (mit der seltenen Nebenform 
graphius, Anthol. lat. IIS. 223) hat sich bis 
in das Mittelalter gehalten (Du Cange Gloss. med. 
et inf. lat. s. v.) und gilt als Stammwort von 
prov. grafis, afr. grafe, neufr. greffe (Körting 



Schmuck oder als \ erstandigungsmittel Bilder 20 Lat, rom. Wörterbuch); auch unser deutsches 
oder deichen zu ritzen, erfindet rh auch half! oin nT.'flFaif^n ^„^™ „i,™^iX,'4.^^„* /t^ vi ™ 



oder Zeichen zu ritzen, erfindet es auch bald ein 
besonderes Werkzeug, um die Kitzungen auszu- 
führen. Bereits die Bilderschrift auf den Ton- 
tafeln von Kreta setzt ein derartiges Instrument 
voraus (Maraghiannis Antiquite's Crdtoises I 
Taf. XXIII). Ob die Griechen dies Werkzeug 
aus dem Orient (Riehm-Bäthgen Handwörter- 
buch des bibl. Altert. LT 1435) übernommen oder 
es selbst erfunden haben, ist nicht zu ent- 



,Griffel' soll davon abgeleitet sein (F. K 1 u g e Etym. 
Wörterbuch). 

Dagegen ist lat. stihis kein Lehnwort ; gegen 
die früher beliebte Zusammenstellung mit griech. 
azvXos spricht der Vokal der ersten Silbe. Es 
gehört zur Wurzel stig, die in instigare instin~ 
guere Stimulus vorliegt (so Walde Lat. etym. 
Wörterbuch 595) und mit dem Begriff des Spitzigen, 
Eindringenden verbunden ist. So heißt stilus sonst 



scheiden. Für den Import spricht die Herkunft 30 im Kriegswesen und im Landbau ein spitzer Pfahl 
der nahe verwandten Schreibfeder aus der Fremde (Bell Afr. 31, 7. Pallad. IV 9 p. 109 Gessner), 



der nahe verwandten Schreibfeder aus der Fremde 
(s. Bd. VI S. 2098), für Bodenständigkeit die 
echt griechischen Benennungen. Diese fehlen noch 
in den ältesten Stellen, die eine Benützung des 
G.s voraussetzen: IL VI 169 yQayag h mvaxi 
urvHzqj, , Herodot z. B. VII 239 iv np £vXq> rov 
delziov sygayjE, beide Male bereits von der üblichen 
Art des Kitzens auf der Schreibtafel, dem wachs- 
überzogenen Diptychon, s. Bd. V S. 1 163. Doch 



daher kann das Wort auch vom Schreibwerkzeug 
gebraucht werden, das einem kleinen Pfahl mit 
scharfer Spitze gleicht. So kennt stilus bereits 
Plautus (z. B. Bacch. 715 in der Schilderung des 
Schreibgeräts stilum ceram et tabellas linum); 
schon bei Terenz hat es die bekannte Richtung 
auf die Bedeutung Schreibweise' genommen (prol. 
Andr. 12), ein Beweis doch wohl für seine häufige 



<-■uj.iT- T. jf rä ., . , ----■ ~ vwi jiuui. j.ö/, üiJi xjcwcia uuuii woui mr seine naunge 
steht hier schon das Zeitwort ygarpsiv ,ntzen', von 40 Verwendung. Auch stilus hat durch das Mittel- 
dem die Bezeichnungen für das Instrument abge- alter hindurch seinen Weg in die modernen Sprach 
leitet sind Wie zu r Xv<pa> .schnitzen* das Werk- gefunden, teils in eigentlicher, teils in übertragen 



zeug yAvyfc und yXwpetov heißt, stellen sich yga- 
<pig Und ygayeiov zu ygatpco. S. Plat. Protag. 
326 C: 01 ygapfiaziarai roTg pfoto öeivoTg ygdtpsiv 
J(öv naibcov V3toygäy>avTES yga/zjuag rfj ygatpidi 
ovzoi ro ygafifiazetov ötöoaoi xal ävayxd£ovöt ygd- 
(peiv xaza zrjv v(pi)yrjoiv zcöv ygaftfiöw. Das ge- 
bräuchlichere Wort ist ygaysTov, Machon schildert 



len 

Bedeutung. Sonst findet sich als lateinisches Wort 
für G. noch scriptorium (Isid. orig. VI 9, 1 und 
Corp. gloss. lat. VI 500), die farblose Übersetzung 
eines Puristen für ygatpetov. 

Für die Gestalt der G. haben wir zunächst 
zahlreiche antike Abbildungen: für Griechenland 
z. B. die Durisschale mit der Schulszene, auf der 



den Dichter üunpides mvaxtSa * ai 7ßa <pübv c£ VQ - 50 ein Jüngling ein Triptychon und ein yga^Tov in 



rtjfihov fyovTa (Athen. XITI 582c); auf dem 
Stein von Andros rühmt sich Isis, die Erfinderin 
der ygatpsta zu sein (Kaibel Epigr. gr. 1028, 
10f.). Das Deminutivum dazu ist ygatpeiStov, z. B. 
Etym. M. 240, 16 and zov ygaya) ygcupEiov 
y.ai ygatfEiöiov. Später können yoa<pi$ und yoa- 
(puov auch Schreibfeder (s. Bd. VI S. 2099) oder 
Malpinsel (Poll. VII 128) bedeuten; die Über- 
tragung vom geritzten auf das gemalte Zeichen 



den Händen hält (A. Furtwängler Beschr. der 
Vasensamralung zu Berlin 2285), und das hübsche 
Vasenbild der schreibenden Athene (Elite ceramo- 
graphique I 77); für Italien nenne ich die cam- 
panischen Wandbilder, die Schreibgeräte darstellen 
(W. Heibig Wandgemälde der vom Vesuv ver- 
schütteten Städte Kampaniens nr. 1721. 1722. 1726), 
ferner die Darstellungen schreibender Göttinnen 
(C. Cichorius Die Reliefs der Trajanssäule 



i : V^Ä- T f5f^A ! ^t Wahrscheinlich haben auch 60 Taf. 57 nr. 205. E. Petersen Marcussäule 

.„ r,, , ~ Taf ^ ^^ ^^ ^ ^^ Bilder lehren uns 

die wiederaufgefundenen antiken »tili, deren fast 
jedes Museum einige besitzt; Wattenbach (Das 
Schriftwesen im Mittelalter 2 182) zählt allein im 
Muse"e de Cluny ein Dutzend. Mannigfache Formen 
finden sich, von der einfachen Nadel bis zum 
künstlerisch ausgestatteten, dreiteiligen stilus 
(ältere Abbildungen zitiert bei Marquardt-Mau 



die Maler gelegentlich ihre Skizzen mit dem Griffel 
auf Wachstafeln entworfen. Blumner Termino- 
logie und Technologie IY 425. 

Die Frage, ob der G. einheimisch oder zuge- 
wandert ist, bleibt auch für die Römer unent- 
schieden ; sie besitzen zwar ein eigenes Wort, haben 
aber auch yga<pt<; und ygatpetov aus dem Griechi- 
schen übernommen, Von diesen kommt graphis 



uij-uiua 



Das Privatleben der Römer 801; neuere Abbil- 
dungen bei B a u m e i s te r Denkmäler des klassi- 
schen Altertums III 1585. W. Schubart Das 
Buch bei den Griechen und Römern 21). Ton 
den drei Teilen ist der mittlere selten selbständig 
ausgebildet ; wo er erscheint, ist er walzenförmig 
und soll der bequemen Handhabung dienen. Immer 
vorhanden ist am unteren Ende die Spitze; war 
sie vom vielen Gebrauch abgestumpft, so wurde 



sie vom Schreiber selbst nachgeschärft (Mark Cap. 10 spät wird Diptychon und Grapbeion abgelöst durch 

T fl?i vtvrt Hart "Pavuan «In Q+nnnfH^WU Au . 1^* A -vr_i_'T i — im« i • i»j i ■,«*'__-._ 



schichte zeigte, der G. lange benützt und zwar 
so lange, als man sich der Wachstafeln zum Auf. 
zeichnen von Notizen bediente, s. "Wattenbach 
a. a. 0. 67f. 18Sf.; anderes über spätlateinische 
Wachstafeln, die Anwendung der G. voraus- 
setzen, bei L. Traube Vorlesungen und Abhand- 
lungen I 91. Auch zum Linieren der Pergament- 
codices gebrauchte man ein griffelartiges Instru- 
ment, Gardthausen Griech. Palaeogr. 68. Erst 

ÖT\*lT r TITT 1F*T"J I ll WH 4— irrt T-ts-tw-t <n<H ,1 f*— -. -~1~ — Z _1J^._1** J Ü 1 



I 65 von den Parzen als Stenographen bei der 
Sitzung im Olymp stilos acuunt cerasque eom- 
ponunt). Das obere Ende zeigt häufig eine Ver- 
breiterung, meist in der Form eines flachen Spatens 
(so schon auf der Durisschale) : das dient dazu, 
das Wachs des Diptychons, in das die Buchstaben 
eingeritzt sind, wieder glatt zu streichen und so 
Kaum für neue Aufzeichnungen zu schaffen. Den 
G. umdrehen bedeutet daher tilgen (Hör. sat. I 
10, 72 saepe stüum vertas). 

Die Größe der G. ist verschieden, doch setzt 
die Handlichkeit wie bei unseren Bleistiften eine 
obere und eine untere Grenze. Als Stoffe, aus 
denen man die G. bereitete, bezeugen uns Schrift- 
steller und Funde hauptsächlich Bronze, Eisen, 
Knochen und Elfenbein. Eiserne G. werden es 
fast immer gewesen sein, mit denen man Bild und 
Schrift in das weniger nachgiebige Blei der de- 
fxiones (s. Bd. IV S. 2376) und in den Stuck der 



„ r — .. ^ — ~^, VJ ^ UUJ _. m,,j. «j.u,jjiiv ivlJ augciuöip uuiuu 

Notizbuch und Bleistift, oder auch durch Schiefer- 
tafel und -Griffel. 

Literatur außer den Stellen bei Baumeister 
(Blümner), Marquardt-M au, Wattenbach: 
Becker- Göll Gallus II 457. Blümner TerminoL 
u. Technol. I 326. [Wünsch.] 

Grillius, Verfasser einer lediglich auf Vergil 
bezüglichen Akzentlehre, die Priscian I 47 p. S5, 
27. 36, lf. (Grillim [ Gryllius H(alberstadiensis)] 
20 . . . ad Vergilium de accentibus scribens) zitiert 
und Joh. T o r t e 1 1 i u s , ein italienischer Gelehrter 
des 15. Jhdts. , als eine seiner Quellen genannt 
hat (ex unieo Grylli de accentibus ad Vergiliwm, 
euius parva fragmenia eomperimus, zitiert von 
S uringar Hist. crit. scholiastarum lat. II 1834, 
230f. ; Graefenhan Gesch. d. klass. PhiloL IV 
1850, 131 hielt G. für einen Lehrer Vergils!). Nach 
Priscian nannte G. den sog. Spiritus lenis levem, 
den asper flatilem. Dieser vor Priscian, also wohl 



J\ ände einritzte (s. die Graffiti des CIL IV). 30 vor 500, lebende Grammatiker wird identifiziert 

Mit bronzenen vonmeln. müssen die. ZnnhAvfAYtä (a WüvK .m*. "Pi.:„„ir, T . r ,+„n„\ ™:+ „:~„™ ~i.;a 



Mit bronzenen ygatpsia müssen die Zaubertexte 
geschrieben sein(Wessely Dcnkschr. der Wien. 
Akad. phil. hist. Kl. XXXVI 164. XLII 82 unter 
■ygatpEta); hier wirkt die Zauberkraft der Bronze 
mit (s. Bd. I S. 51); auf ähnliche abergläubische 
Vorstellungen geht es zurück, wenn einmal befohlen 
wird, zu schreiben xvTtQtqs yqatpdm yjvypnXdro) 
(ebd. XXXVI, Pap. Par. 1847). Eine Kuriosität 
sind silberne G. (Wattenbach a. a. O. 184). 



>. Hertz zur Priscianstelle) mit einem gleich- 
namigen rhetorischen Schriftsteller. Bhetoriea 
Grillt hat Fr. Dionysius de Burgo nach der Vor- 
rede seiner hsl. erhaltenen Expositio in Valerium 
Maximum benützt (nach Endlicher CataL codd. 
Lat bibi: Palat. Vindobonensis 1836, nr. CLXXVII 
p. 86). Diese Rhetorica wird wohl identisch sein 
mit den von Halm Rhet. Lat. min. 596—606 
publizierten Excerpia ex Grillii eommento in 



Die gewöhnlichen Stoffe zählt Isidorus auf, orig. 40primum Ciceronis librum de inventione. erhalten 



VI 9, 1: Graeei enim et Tuseiprimum ferro in 
ceris soripserunt, postea Romani iusserunt ne 
graphium ferreum quis kaberet . . . postea insti- 
tutum est, ut in eera ossibus seriberent, sicut 
indicat Atta in Satira dicens (Ribbeck CEF 3 
191): Vertamus vomerem In eera mucrone aeque 
aremus osseo. Dies Wissen geht, wie das erlesene 
Zitat beweist, auf einen Autor der alten Zeit zurück, 
im letzten Grund wohl auf Varro (s. GL I 55, 4 



in einem Bambergensis saec. XI, der aber auch 
nur einen geringen Teil des ganzen Werkes bietet, 
falls dieses, wie doch anzunehmen, die ganze Cicero- 
schrift kommentierte, da das Erhaltene nur bis 
Cic. inv. I 22 reicht; allerdings ist es auch mög- 
lich, daß G. sein breit angelegtes Werk überhaupt 
nicht vollendet hat. Ein Stück davon enthält 
der nach Halms Urteil (p. XV) ältere Frisingen« 
sis nr. 206, jetzt Monacensis lat. nr. 6406, ohne 



und 138,21: V arro dicit ,osse scribebant'). Das 50 Autornamen ; ein Faszikel von 16 Seiten dieses 

«■* j-i-n rt^TWTrt !■% *i4. ji. ITjioIs -l«L 1*. *-. _ u a. Tbl * ^.1 i irwTTT i-j-b Toll*«. ■__<■ _» * . 



hier erwähnte Verbot kennt Plinius n. h. XXXIV 
139 aus den vetustissimi auetores, wohl auch 
durch Varros Vermittlung (F. Münzer Beiträge 
zur Quellenkritik der Naturgesch. des Plin. 231f.), 
und setzt es in die Zeit des Porsenna. Grund zu 
diesem Verbot war der Umstand, daß die eisernen 
G. häufig, wo der Dolch fehlte, zur Waffe wurden 
(Plut. Mor. 968 E). So halfen sie Caesar ermorden 
(Suet. Caes. 82; s. auch Suet. Cal. 28 graphisque 



aus verschiedenen Libelli verschiedener Zeit zu- 
sammengestellten Codex gibt soviel wie Bamber- 
gensis p. 1—29 (für den letzten Teil ist dieser 
also die alleinige Überlieferung). 45 Zeilen mehr 
als der Bambergensis enthält am Schluß der von 
Halm nicht benützte Monacensis 3565 saec. XIV 
(s. Schepss Rh. Mus. XL VIII 1893, 482C). 
Ein geringer Teil ist auch erhalten im Bruxellen- 
sis 5350; der Anfang daraus abgedruckt im In- 



eonfossum) : der stilo wurde zum stiletto. Deshalb 60 ventaire des Manuscripts de l'ancienne bibL rovale 



ließ Claudius jedem, dem er Zutritt gewährte, 
vorher die ealamariae aut graphiariae theeae 
abnehmen (Suet. Claud. 35). Hieraus sehen wir, 
wer viel zu schreiben hatte, trug mehrere G. in 
emer Griffelbüchse bei sich; yga<pto^K7i gra- 
pkiarium nennen sie die Glossen (Corp. gloss. 

Im Mittelalter wurde, wie bereits die Wortge- 



des ducs de Bourgogne p. 107. Den Anfang des 
G.- Textes setzen mehrere Hss. als Einleitung 
dem Boethiuskommentar zu Ciceros Topik voran 
(Schepss a. a. O). Manitius hat Rh. Mus. 
XL VII 1892, Ergänz.-Heft S. 109, die Erwähnung 
von vier Hss. von G.s Rhetorik ans alten Biblio- 
thekskatalogen nachgewiesen, deren eine wahr- 
scheinlich identisch ist mit Halms Bambergen- 



1877 



Gnllius 



Grillius 



187S 



sis. Wegen G.s Geschwätzigkeit und seiner Vor- 
liebe für Abschweifungen hat Halm auch vom 
Erhaltenen nur ihm wichtig scheinende Abschnitte 
publiziert, vor allem den letzten über das Exorr 
dium, der eine Menge Cicerozitate auch aus 
nicht erhaltenen Reden enthält, so daß Halm 
den berechtigten Wunsch aussprach, es möchte 
von G. ein vollständiges Exemplar gefunden werden. 
Nur noch eine mittelalterliche Erwähnung des G. 
im I. Buche Benzonis episcopi Albensis ad Hein- 10 
ricum IV (Pertz Script, rer. Germ. XI 599) hat 
M. Haupt Herrn. I 47f. (= Opusc. III 3391) 
nachgewiesen. G. zitiert 598, 18 Quintüian (doch 
läßt sich seine Anführung in der erhaltenen In- 
stitutio nicht nachweisen) und 598, 20 einen Rhetor 
Eusebius. Diesen hat man mit Wahrscheinlich- 
keit identifiziert mit dem von Rufinus p. 581, 18 
Halm genannten lateinischen Autor de numeris, 
s. o. Bd. VI S. 1445, 38. Völlig unsicher aber 
ist die Gleichstellung dieses Eusebius mit dem 20 
Praefectus praetorio Italiae vom J. 395 (s. o. Bd. VI 
S. 1309, 15), die Teuf fei- Schwabe Rom. 
Litt. G. S. 1086, 3 vermutungsweise vorschlug, oder 
die von Jan Praef. Macrobii I 1848 p. XXX an- 
angedeutete mit dem im J. 354 auf Gallus' Befehl 
getöteten Rhetor Eusebios Pittakas aus Emesa 
(nicht Alexandreia, wie Jan angibt; s. o. Bd. VI 
S. 1445, 37. Seeck Briefe des Libanios 1906, 
140, VH); gibt es doch im 4. Jhdt. eine solche 
Fülle von Trägern des Namens Eusebios (s. Seeck 30 
a. a. 0. 137ff.J, deren noch mehrere als Sophisten 
oder Rhetoren bezeichnet werden, daß solche 
Gleichsetzungen reine Willkür bleiben. Größere 
Wahrscheinlichkeit kann man nur der Annahme 
beimessen, an der Cybulla De Rufini Antioch. 
commentariis, Königsberg 1907, 40f. und L. Jeep 
Philol. LXVII 1908, 16 festhalten, der Eusebius 
bei G. und Rufinus sei eine Person mit dem 
Gesprächsteilnehmer in Macrobius' Saturnalien, 
der darin mehrfach als berühmter Rhetor genannt 40 
wird (sat. I 2, 7. 6, 2. 24, 14. VII 9, 25): von 
diesem ist intensivere Beschäftigung mit Vergil 
anzunehmen, erwartet man doch sat. I 24, 14 von 
ihm einen de oratoria apud Maronem arte trac- 
tatus: das paßt zu der Schrift ad Vergüium de 
accentibus. Ist diese Identifikation richtig, so 
werden Rufinus und G. ins 5. Jhdt. gehören. 
Den Anfang des Grillianischen Kommentars 
macht ein Abschnitt, betitelt argumentum artis 
rfetorieae : von einem Vergüvers (Georg. IV 3) 50 
ausgehend zeigt er, der Redner müsse im Anfang 
seiner Rede die entgegenstehenden gravia beseiti- 
gen, was an Ciceros Rede de domo sua erläutert 
wird. Bei dem Versuche, eine Rhetorik zu schreiben, 
habe Cicero gleichfalls gravia zu überwinden ge- 
habt, nämlich Piatons Ansicht (nachdem Gorgias), 
die Rhetorik sei keine ars, und Aristoteles', sie sei 
zwar eine Kunst, aber eine schlechte. Darum gab 
Aristoteles argumenta et exempla verissima, nicht 
prooemia, epilogos oder locos communes, weil 60 
auf dem Areopag Herolde derartiges Gerede ver- 
hinderten (vgl. Aristot. rhet. I 1 p. 1354 a 23). 
Zu Cic, inv. I 3: Die incommoda der Rhetorik 
werden statu remotivo (vgl. z. B. Fortunatian. 
p. 93, 11. Sulp. Vict. p. 347, 14 u. a.) den 
imperüi homines zugeschoben, die keine wirk- 
lichen Redner sind : virtus autem doctrina dicüur, 
quae virtus in hotnine non nascitur, sed di- 



scendo adquiritur; das wird durch die Anekdote- 
vonPolemon und Xenokrates (s. Diog. Laert. IV 16) 
bewiesen und durch den Hinweis auf die nova 
progenies (Solianum 598, 10 hält H alm für Ver- 
schreibung aus Poüionem) in Vergils, divinipoetae, 
4. Ekloge. Dann eine Untersuchung des Begriffs; 
eommodttas, in der die oben genannten Aus- 
führungen Quintilians und des Eusebius sich 
finden. Zu inv. I 5 wird das Dilemma erörtert, 
warum Cicero hier die Gracchen lobe, sonst den 
Optimaten zuliebe tadele; es ruht auf der rich- 
tigen Beobachtung, daß Cicero, wie in seinen 
philosophischen und rhetorischen Schriften spä- 
terer Zeit (de orat. I 38; leg. III 20; fin. IV 
65), ebenso in seinen Senatsreden (Catil. I 28 ; 
har. resp. 41) die Gracchen verurteilt ; günstig,, 
wie inv. I 5, beurteilt er sie nur in seinen Reden 
vor dem Volke (Rab. perd. 12 u. 15; leg. agr. 
II 10). Marx (Praef. Auct. ad Herenmuni 79) 
meint, Cicero stand zur Zeit der Abfassung und 
Edition von de inventione der Volkspartei nahe,. 
G. urteilt: Cicero ergo, quod in quibusdam ora- 
tionibus illos repreiiendit, non verum iudicat, sed 
blanditur nobilitati. Zur Thesis verine sint sen- 
sits, inv. I 8, wird der Unterschied der erkenntnis- 
theoretischen Anschauungen der älteren und jünge- 
ren Akademie kurz erläutert; zu inv. I 9 bez. der 
corporis moderatio auf Hortensius (nach Cic. div. 
in Caec. 46) verwiesen ; zu inv. 1 10 die Statuslehre,, 
zu I 20 —22 die Lehre vom exordium eingehend 
erörtert. Dabei stimmt die Dreiteilung des genus 
obscurum (bei Cicero zweiteilig) überein mit 
Mar, Victorin. p. 196, 37f. Hervorzuheben ist 
noch G.s Zweiteilung der insvmmtio (p. 601, 31) 
nach Cicero, während Fortunatian. p. 110, 16 sie 
nach drei modi scheidet, wie G.s weitere Spaltung 
der dissimulatio in zwei Arten. Zu inv. I 21 
erläutert G. die Anwendung der einzelnen Arten 
der Exordien auf die verschiedenen Genera mit 
Beispielen aus Ciceronischen Reden; besonders 
wird auch die Frage erörtert, ob und wann das 
Exordium ganz fehlen darf (p. 604, lff.), sowie 
der Unterschied vom genus obscurum und anceps 
dargelegt (p. 604, 28f.). Aus dem zu inv. I 22 
Gesagten ist etwa die Definition von arrogantia 
hervorzuheben. Trotz seiner schwatzhaften Breite 
zeigt G. eine gewisse Selbständigkeit. Mehrfach 
tritt ein gewisses Interesse für Philosophie hervor, 
er liebt Begriffsdefinitionen. In Cicero und Vergil 
ist er gut zu Hause. Was sein Verhältnis zur 
sonstigen rhetorischen Literatur anbelangt, so ist 
ohne weiteres klar, daß der ausführliche Kommen- 
tar zu de inventione von Marius Victorinus ihm 
unbekannt ist; die oben hervorgehobene Überein- 
stimmung in einer Einzelheit widerspricht dem 
keineswegs. H alm hat p. XV erklärt, man könne 
des G. rhetorische Quellen nicht feststellen, nur 
meinte er, G. habe Fortunatians Rhetorik vor 
Augen gehabt. Dem kann ich nicht beipflichten. 
Die Übereinstimmungen gehen nicht weiter, als 
sie bei der Einheit der rhetorischen Schultradition 
der nachchristlichen Jahrhunderte, die meist auf 
Quintilian bezw. Cicero im letzten Grunde zurück- 
geht, natürlich ist. Auf eine kleine Verschieden- 
heit wurde schon oben hingewiesen; daß aber 
Fortunatian nicht G.s Vorlage ist, läßt sieb durch 
Vergleichung der beiderseitigen Angaben über die 
Statuslehre dartun. Die Lehre vom Zustande- 



ic/y wimenothyrai 

kommen dos Status selbst stimmt bei beiden nicht 
fiberein: Fortunatian (p. 82, lf.j vgl. Fortuna- 
ti an us o. Bd. VII) läßt die eontroversia ent- 
stehen aus intentio und depulsio, die auf aetion und 
syneehon zurückgehen ; diese vereint geben das eri- 
nomenon. G. läßt die eontroversia durch Dreierlei 
entstehen fp. 599, 17f.): si habuerit quod aecu- 
sator obieiat, quod defensor purget, quod iudex 
iudieet. Fehlt eines dieser drei, so wird das 



Grinincenses 



1880 



polis und vielleicht Tscharyk kjöi. G. Kiepert 
Karte Westkleinasiens IX. In der Nähe lagen 
Daldeis (s. d.) und Temenothyrai Flaviopolis 
{= TJschäk). Aus den Münzbildern kann man 
auf Fruchtbarkeit des Bodens, auf die Verehrung 
der Götter Men > Asklepios, Hygieia, Athena, 
Kybele, Zeus Laodikeus und Dionysos schließen. 
Verfassung in der Kaiserzeit Sijpog und ie e a 
ßwty, Imhoof -Blumer Festschrift für 0. Benn- 



V^Jv V a ' TVo JS^SSP^ 61 ^ bt ' 10dor f 204ff - Head-Sworönos <lozo Q ia N6f«oud- 
fortunatian da^eeren (v. 82. 12ff. läßt die asustn- ™.™ TT oirtf s.™_.+ ~„i „„„r. w £ L _ ^r. 



Fortunatian dagegen (p. 82. 12ff.) läßt die asysta- 
tae controversiae durch Fehlen der depulsio oder 
durch impudem seu turpis intentio entstehen, 
gibt dann die vier Herrn agor eis chen asystatae an 
(sXfekzovoa, ladZovoa, fiovo/negtjg, aTioQogX, denen 
er noch andere anderer Rhetoren anschließt. Von 
den drei Grillianischen asystata entspricht das 
erste, a parte aeeusatoris mangelhafte, deT Her- 
magoreischen ellipusa (Fortunatian. p. 82, 17), das 



totv II 216f. Sonst vgl. noch W. Ramsay Bi- 
shoprics of Phrygia I 144. 198. 239. 570. 571. 
595ft" [Bürchner.] 

Grinaioi (Qrynaioi, Grunaioi). Nach Ptolem. 
VI 13 sind sie ein nomadisierender Stamm der 
Saken, der im Sommer seine Herden auf den 
Almen der Pamir weidet. Der Name hat sich 
wohl bis heute in der Landschaft Goran erhalten. 
Iornand. de reb. Get. 5 entspringt der Iaxartes 



zweite, a parte ret, der eontroversia achromos 20 auf den montes Ghrinorum. Da, wo der Haupt- 



(Fortunatian. p. 83, 20, wo dasselbe Beispiel wie 
bei G.), das dritte, a parte iudicis, der Henna- 
goreischen aporos (Fortunatian. p. 83, 5, wieder 
gleiche Beispiele). G. läßt dann p. 600, 3 caeo- 
syntheta folgen, quae staut quidem, sed mate; 
denen entspricht das ungeschickte Einschiebsel 
hei Fortunatian über cawsystatae p. 83, 34. For- 
tunatian bietet also im ganzen betrachtet bezüg- 
lich der Status Hermagoreische Lehre aus andern 



qucllfluß des Oxus, der Panga, der zuerst das 
Pamirplateau im Süden begrenzt, scharf nach 
Norden umbiegt, liegt die Stadt Iskasim. Unter- 
halb dieser tritt der Oxus in die Alpenlandschaft 
Goran ein, die durch ihre Rubinminen berühmt 
ist. Das vorher meist sehr enge Tal ist hier 
etwa 9 km breit und sorgsam angebaut. Die 
Trümmer zahlreicher, jetzt verlassener Ortschaften 
auf beiden Ufern des Stromes zeigen, wie dicht 



„ .o : " " — -^*" <*«- 1 u^ucii «jiciu ues oiromes zeigen, wie dient 

Knetoren ergänzt, G. ein völlig anders aufgebautes, 30 bevölkert das Tal einst war. Zwischen imno- 
m sich geschlossenes Svst«m_ Vmi G ist. ala^ ^T.fü« ,™ ™: <?-■!._ -l.i_.i_i.. n ■, • r 



in sich geschlossenes System. Von G. ist also 
Fortunatian nicht benützt, der überhaupt nach- 
weisbar nur Cassiodorius, der ihn nennt, als Vor- 
lage gedient hat. Teuffel-Schwabe Köm. Lit.- 
G. 5 1890 § 445, 7. Ein paar Bemerkungen 
zum Text von Th. Stangl Philo! LIV 1895, 
354. [Münscher.] 

Grimenothyrai (ai Tgt/^vo^voai^ , über die 
Form des Namens Num. Chr. 1865, 172 [das 
jioÄiuxöv ist rQifievoftvQEts Münzen, das Ifhmöv 4Q 
ist rQif.ievo&vQii(u Ptolem. V 2, 15 (V 2, 13 M.) 
corr. Wadd. aus ToaipevöihQizai u. a„ rgiftt-vo- 
&vQltm Tzetz. Chil. XI 974 aus Ptolem.; vgl. 
BureschAusLydienl68AundImhoof-Blumer 
Festschrift für O. Benndorf 204ff.]; -ßvgat wohl 
dasselbe wie phrygisch teira [&r}gai] = modern- 
griechisch xäötQov), nach Ptolem. in Mysia Maior, 
nach anderen (W. M. Ramsay Hist. Geogr. of As. 
Min. 149. F. Imhoof-Blumer [s. 0.] Lyd. Stadt- 



santen, von ewigem Schnee bedeckten Gebirgs- 
kämmen gelegen, ist es außerordentlich schwer 
zugänglich. Die heutigen Bewohner sind jene 
Galca oder Tagik, deren Sprache wahrscheinlich 
eine direkte Nachfahrin der alten Avestasprache 
ist. Wir dürfen also in den G. einen iranischen 
Nomadenstamm sehen, der im Winter in der 
Tallandschaft hauste und im Sommer seine Herden 
auf die Pamir hinauftrieb. [Kiessling.] 

Grinario, Vicus der Civitas Sumelocennensis 
(Rottenburg), beim heutigen Köngen anzusetzen, 
wo die beiden folgenden Inschriften gefunden sind: 
1) in kfonoremj d(omus) d(ivinae) J(ovi) ofptimo) 
mfaximo) platiae d . . . cfwes ?> [Sujmelooene- 
s(es) vici Grinar(ionis) maceriam dfej sfuo) 
p(osmrunt); Hang und Sixt Die rö'm. Inschrif- 
ten Württembergs 383 nr. 497, vgl. Berliner phil 
Wochenschr. 1900, 316. Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. 
XIX 34; 2) [IJnk. d. d. [Gejnium et angfuemty 



münzen 4,61; Klemas. Munzen 232ft. : Maovicov 50 vicanis GrinarfanensibusJ platie Sumkocefa- 



rgifiEvodvQEOiv [Hof mann Le Numismate 1862 
— 1887 nr. 566]) in Maionien (Lydien), nicht mit 
Tgai'avö.ioh; zu identifizieren, wenn auch dieses 
zum Gebiet von G. gehörte. Die Prägung ist 
vielleicht in zwei Städten geschehen, in Traia- 
nopolis (s. d.) und im alten Vorort der Gri- 
menothyriten, in Flavia Grimenothyrai , der 
gegen das Ende der Regierung des Hadrianus 
oder unter Antoninus Pius entweder mit der 



nmsis) pfosuit), Haug und Sixt a. O. 385ff. 

nr. 498. Sonst pur erwähnt in der Tab. Peut. 
(Ablativ Grinarione) zwischen Samulocenis und 
Clarenrta. [Dam.] 

Grinciapana, obermösisches Kastell im Ge- 
biete von Remesiana, Procop. de aedif. 285, 1 
FQtyxuviäva. Tomaschek Die alten Thraker 
II 2, 89. [Patsch.] 

Grinincenses , Sidon. Apoll, epist VII 17, 3 



*ZSJZa V ^ reim 5 t ™! e . «fc* dweh Über- 60 fluetuantem regulam fratrum destitutorum seeun- 

vptW v f B 6 ^ 6 ' dahin seine Bedeutung dum statuta Urinensium patrum ml Qrinin- 

Ina p ** c }J^™gt°* (18&2) Asie Min. 77 censium festinus informa. Die örtlichkeit, wo sich 

und Radet En Phrygie 1 1895, 100 ist Traiano- die bei Avitus ep. 74 (65) und sonst erwähnten 

£™ri~ , lT -L aur * öre " t i nd G - etwa 4 km südlicher monasteria Grinincensia befanden, ist in Sainte 

von Giaur-ören = Tscharyk kjöi; dort befindet sich " ' ' '• ™ '" ■ 

die WeihinBchrift CIG in add. 3865b. (ßam- 
say Journ. hell stud. TTJI 528). Nach Buresch 
Ans Lydien 169 ist ünter-Giaür-ören Traiano- 



Colombe bei Vienne (Ferreoli basiüca, Greg. Tur. 
de virt. Inliani 1. 2; vgL Sidon. ApolL epist VII lj 
7} zu suchetL L n gn n Geogr. de la Gaule au VI« 
siecle424f. Holder Altk. Spracnsch.s.v. [Ihm.] 



1881 



Grinnes 



Groma 



1882 



Grinnes» Ort im Lande der Bataver an der 
von Lugdunum (Leiden) nach Noviomagus (Nym- 
wegen) führenden Straße, zwischen Caspingium 
und ad, Duodecimum, Tab. Peut. (Grinntbus). 
Sonst nur von Tac. hist. V 20 (Grinnes cohor- 
tium alarumque castra). 21 (zum J. 70) erwähnt 
(zusammen mit Vada). Lage nicht sicher bestimm- 
bar. Desjardins Table de Peut. p. 8. [Ihm.] 

Grion, das südlich vom Latinischen Golf ge- 
legene Gebirge, das sich bis Euromos (s. d.) und 
Chalketorion (s. d.) hinzog, Hekataios setzte es 
mit dem von Hom. II. LT 868 genannten <!>$iQä>v 
oqoc; gleich, Strab. XIV 635. Steph. Byz. s. v. 
Jetzt Kaschykly Dan, höchste Erhebung 1090 m. 

[Kroll.] 

Griphos s. Rätsel. 

Grippas, gotischer Anführer. Er schlägt im 
Winter 535 die Kömer unter Mundus in Dal- 
matien, wagt es aber erst nach einiger Zeit, 
Salona zu besetzen. Vor der drohenden Expedi- 
tion des Constantinus zieht er sich aber wieder 
aus der Stadt zurück und weicht dann weiter, als 
die Römer sich in Salona festgesetzt haben, nach 
Eavenna (Procop. hell. Goth. I 7). [Benjamin.] 

GrlselicAe, topischer Beiname der Nymphae ; 
die Göttinnen der Bäder oder Quellen von Gre*oulx 
(de'p. Basses - Alpes) , wo die Votivinschrift CIL 
XII 361 Nymphis Griselicis (2. Jhdt.) gefunden 
wurde; vgl. Borghesi Oeuvres ILT 245. Roche- 
tin Bull, epigr. V 199ff. Mowat Bull, de anti- 
quaires de France 1884, 299; Bonner Jahrb. 
LXXXIII 94, Holder Altkeit. Sprachsch. s. 
Griseli. [Ihm.] 

Grisia (so Iord. Get. 87, 15; Geogr. Eav. 
204, 17 Grema; Const. Porphyr, de adm. imp. 
40 6 Kgioog), Fluß in Dakien, der heutige Krisch, 
ungarisch Koros, linker Nebenfluß der Theiß. 
Zeuss Die Deutschen und die Nachbarstämme 
447f. Tomaschek Die alten Thraker II 2, 
100. Kiepert Formae orbis antiqui XVII Beibl. 
4 Anm. 38. Jung Römer und Eomanen in den 
Donauländern2 118. [Patsch.] 

Grod (pQdffi, bei Theophanes rogdäg), König 
der bosporitischen Hunnen unter Iustinian. Er 
ließ sich im J. 527/8 in Konstautinopel taufen. 
In die Heimat zurückgekehrt, geriet er deshalb 
mit seinem Volke in Konflikt und wurde von 
seinem Bruder getötet (loh. Malal. 431/432 = 
Theophan. 175/176). [Benjamin.] 

GroffeSj von Iustinian erbautes obermoesisches 
Kastell im Gebiete von Naissus, Procop. de aedif. 
284, 2 r^offtpeg. Tomaschek Die alten Thraker 
II 2. 89. [Patsch.] 

Groma. Das Visiennstrument der römischen 
Feldmesser, mit dem sie ihre wichtigste Aufgabe, 
das Abstecken gerader Linien (rigores), zunächst 
der Standlinie (deeumantts), dann der zweiten 
dieselbe im rechten Winkel kreuzenden Linie 
(cardo) und schließlich der zu ihnen parallel 
laufenden Linien (limites) — also die doppelte 
Aufgabe: 1. eine Gerade, 2. zu derselben in einem 
bestimmten Punkt die Senkrechte zu ziehen — 
bewältigten. G. ist der technische Name des Ge- 
rätes, denn so bezeichnen es die Feldmesser, und 
nach ihm heißen sie gromatici. Nebenformen 
sind croma (so Feldmesser I p. 285, 17. 286, 1 
in späten Stücken des gromatischen Corpus) und 
gruma, Nonius p. 44 ßoth: grumae sunt loca 



media in quae direetae quattuor congregantur 
et conveniunt viae; est autem gruma rnensura 
quaedam, qua fvm viae ad lineam dirigun- 
tur ut est agrimensorum et talium. Außer- 
dem kommt gruma in den Glossen vor ( gruma i 
ßaaihxr) yvcofir}, yvtbftwv, öwxtqo. fj xöiv yswpis- 
tqcöv; gruma: chzzga lExzovwq ; grumat: fJ,ezQst T 
€g~tooT, s. Feldm. II 336 und Glossen ed. Götz I 
S. 36. 264). Zu gruma gehört grumare (Glossen 

10 ed. Götz V S. 459 grumare. dirigere aequare) 
und degrumare (bei Ennius, Lucilius und Nonius 
a. a. O.). 

In den angeführten Glossen und bei Paulus 
(s. groma) wird g. mit yvmfiosv, was sowohl den 
Zeiger der Sonnenuhr wie das Winkelmaß be- 
deutet (s. Stephanus, Thesaurus), identifiziert; 
Suidas führt eine Nebenform von yv(6pax>v: yväfia, 
an und gibt dazu eine Definition, die nur auf die 
römische G. — in der zweiten Bedeutung (s. u.) 

20 ,Visierplatz' — paßt: yvöj/.ia. oliyov t^ö/r^ö rffg 
OTQazr)yi6og öxi]vf}g %(üqiov ti Sojisq dyoQa am- 
dsixjo, o §rj yvcöfia jzQooqyoQevsTo; vgl. Hygin, de 
mun. castr. 12: in introüu praetorii . . ad viam 
principalem gromae locus appellatur . . . Nun führt 
zwar von yvoipwv und yvc5 t ua zu <jr., von griechi- 
schem v zu lateinischem r kein Weg (falsch 
Stolz-Schmalz Hdb. d. klass. Altert. 112 283; 
schon O. Müller nahm Korruption des griechi- 
schen yvßfxa an, Etrusker H 152), dagegen würde 

30 griechisches yvä pa im Etruskischen zu groma 
werden — wie aus 'Ayafiisftvcov Agamemrun wird 
— und aus Etrurien soll ja das Auguralwesen 
und das zugehörige profane Gewerbe, die Feld- 
messerei, stammen (Feldm. I 27 nach Varro). Dann 
würde sich auch das Schwanken zwischen groma 
und gruma sofort erklären, denn das Etruskische 
hat nur ein Zeichen für ö und ü (V), sodaß 
etruskisches gruma (von yvtiSua) im Lateinischen 
sowohl groma wie gruma geschrieben werden 

40 konnte. Ist aber die Herleitung des lateinischen 
g. vom griechischen yveö/m (— yvtoficov) durch 
Vermittlung des Etruskischen sachlich möglich? 
Doch wohl, denn yvcbju,cov oder yveopa — was 
dasselbe ist — ist ein allgemeiner abstrakter, 
gerne mit xavdiv kombinierter Begriff = index, 
der auf jedes Werkzeug, mit dessen Hilfe etwas 
erkannt wurde, paßte. So werden denn mit Recht 
jene beiden gänzlich verschiedenen Instrumente 
yvdifioiv genannt. Es paßt ebensogut auf das 

50 später durch den Diopter verdrängte — und des- 
halb von Heron nur nebenbei erwähnte — Visier- 
kreuz, mit dessen Hilfe man die Richtung einer 
Geraden und das Lot zu derselben , erkannte', wie 
auf den eigentlichen Gnomon. Auch versteht man 
die bei Paulus und in anderen Glossen vorkom- 
mende Identifikation der G. mit dem Gnomon 
besser, wenn es neben dem yvwficov ein yvtöfia 
gab. Da das yvwfta durch den Diopter verdrängt 
war, lag es nahe, für das unbekannte Wort das 

60 geläufige yvtbpcov zu setzen. Aber bei Suidas 
hat sich die alte, richtige Gleichung yv&fia. 
groma erhalten. Daß bei den Griechen die 
Limitation, für die man ein Winkelkrenz braucht, 
althergebracht war, zeigen die Tafeln von Hera- 
kleia (s. O. Müller Etrusker II 158). 

unsere Kenntnis der G. beruht 1. auf den 
Schriften der Feldmesser (vgl. besonders p. 32, 18f. 
285, 15. 287, 25) und den Angaben in Heron 



Uroma 



•w. StöjiTQa?; 2. auf einem am Limes im Kastell 
Pftinz gefundenen und von H. Schoene im Jahrb. 
•d. Inst. 1901, 117f.) veröffentlichten Original und 
«iner auf dem Grabstein eines Mensors (im Museum 
xu Ivrea) erhaltenen Abbildung der G. 

Die G. besteht ans einem Stativ und dem 
■eigentlichen Instrument, welches aus einem auf 
das Stativ aufgesetzten eisernen Träger sowie 
€inem auf diesem ruhenden drehbaren Kreuz aus 
zwei eisernen Armen bestand. Die Länge der 10 
Kreuzarme und die Höhe des Trägers beträgt 
an dem Pfünzer Original ca. 35 cm. Damit die 
Kreuzarme, welche rechtwinklig zu einander stehen 
maßten, sich nicht verschoben, war das Kreuz, 
wie an dem Pfünzer Original deutlich zu sehen, 
in einen Holzrahmen eingespannt, der an den 
Enden der Arme mit Nageln befestigt war (vgl. 
Schoene Jahrb. d. arch. Inst 1901, 130 Fig. 3). 
Der Mittelpunkt und Drehpunkt des Kreuzes hieß 
umbüicus soli. Das Kreuz scheint Stella ge- 20 
nannt worden zu sein, denn Heron (n. ötöjitgag) 
nennt es dareglattog und auch bei Hygin. de mun. 
■castr. 12 kommt Stella in der Bedeutung Kreuz 
vor. Das eigentliche aus Kreuz und Kreuzträger 
bestehende Instrument hieß g., das Stativ ferra- 
menhim, weshalb man sagt gromam ferramento 
superponere (Hygin. de mun. cast. 12), Die 
Enden der Kreuzarme hießen eornicukt. An ihnen 
hingen die Visierfäden (fila, nerviae). Das In- 
strument und seine Anwendung veranschaulicht 30 
die beistehende von E. Fabricius entworfene Re- 
konstruktion. Die beiden an demselben Kreuz- 
arm hängenden Fäden stellen die Ebene dar, in 
deren Richtung die Gerade gezogen werden sollte. 
Da die Kreuzarme senkrecht zu einander stehen, 
tun es auch die beiden durch die Fadenpaare be- 
zeichneten Ebenen ßy , de. Es gilt nun zunächst 
den Schnittpunkt der beiden Ebenen, den um- 
büicus soli TJ genau über den auf einem Stein 



1884 



Kreuzes das Fadenpaar ßy in die Eichtung A B 
und visierte von ß über > nach der nächsten 
Eichtlatte, bis y durch ß verdeckt wurde : . . do- 



A.--~ 




B 



nec proxima (d. h. der dem Auge nächste Faden: 
ß) eonsumpto alterius (y) visu sola mtueatur ; 
tunc dictare moetas. Nun hatte man den ersten 
Limes ; das andere Fadenpaar ö s ergab dann die 

A , -."-„" »"VY- " " T" "*r W " D1 " "™ LL andere, die Senkrechte x y: aliis corniculis te- 

Jj ein Kreuz (deeussis) bezeichneten Punkt 40 nebis alium limitem. Die erste Manipulation 

aui dem Boden zu bringen, durch den der Limes das Einstellen des Instruments, wird beschrieben 



laufen soll. Das wurde durch ein vom umbüicus 
herabhängendes Lot erreicht, das auf den Punkt 
unten treffen mußte: ita ut in puncto lapidis 
cadat (s. u.). Um loten als auch um von Faden 
zu Faden sehen zu können, mußte der Raum unter 
TJ frei bleiben, also das Stativ exzentrisch ange- 
bracht werden. Das wurde am einfachsten er- 
reicht, wenn man die stella auf einen Querarm 



Feldm. I 287, 251, die zweite, das Visieren, ebd. 
32, 18f. Die erste Stelle lautet : figas ferramen- 
tum ad lapidem ita, ne in rigore limüis figas. 
fixo ferramento convertas umbilicum soli supra 
punctum lapidis et sie perpendas ferramen- 
tum ita, ut in puncto lapidis cadat Die zweite : 
ferramento (cod. : indomita) primo uti et omnia 
momenta perpenso dirigere oeulo (cod.: euius) 



aulsetzte. Derselbe mußte etwa in Augenhohe 50 ex omnibus corniculis extensa ponderibus et inter 



angebracht sein, um bequem unter U weg vi- 
sieren zu können. Ein gewöhnliches Dreifuß - 
stativ hätte kein bequemes Visieren gestattet, ein 
sehr hohes (so daß man zwischen seinen Beinen 
hindurch visieren konnte) war unhandlich. Da- 
mit das in TJ hängende Lot auf den Punkt unten 
(C) fiel, mußte das Stativ in einem Abstand von 
C eingesteckt werden , der der Entfernung des 
Punktes U vom Mittelpunkt des Stativs a ent- 



se comparata fila seu nervias ita perspicere, do- 
nec proxima eonsumpto alterius visu sola intu- 
eatur; tunc dictare moetas. Die erste im wesent- 
lichen zutreffende Rekonstruktion der G. gab 
Venturi Commentari supra la storia e teoria 
deir ottica (Belogna 1814); vgl, auch Legnazzi 
Del catasto romano (1882) 102, 272f. Die von 
H. Schoene (Jahrb. d. arch. Inst. 1901) und 
Albrecht (Das Weltall V 54) gegebenen Re- 



spraen: . . figas ferramentum ad lapidem Ha, 60 konstruktionen sind verfehlt. Eine die wesent- 
ne %n r%aore limitis ( A R\ finn* War.« ™™ A«„ i:„t, — t>_-j. ji.:i. ,i__ _ -.a ■, i ^ , .-, 



ne %n rigore limitis (Ä B) figas. Wenn man das 
Stativ in diesem Abstand aufgestellt hatte, brachte 
man den Punkt U durch Drehen des Querarmes 
über Punkt C : . . convertas umbilicum soli supra 
punctum lapidis. Der Querarm muß also in a 
drehbar gewesen sein. Nachdem C eingelotet 
]W ( v perpendas ferramentum ita, ut in puncto 
tapidts cadat), brachte man durch Drehen des 



liehen Bestandteile der g wiedergebende Darstel- 
lung der G. findet sich auf dem Grabstein eines 
römischen mensor (Schöne Taf. II). 

Verwendung der Groma. Ihre hauptsäch- 
liche Verwendung fand die G. bei der Limitation, 
der Einteilung des Lagers, der Stadt und der 
Feldflur durch ein System von sich rechtwinklig 
schneidenden Wegen. Zunächst wurde die G. 



1885 



Groma 



Gromatici 



1886 



nach feierlichen Auspizien (posita auspicaliter — beschreibt. Für ihn sind die vier Perpendikel 

groma, Feldm. I 170, 5) an dem Punkt aufge- nur zum Horizontalstellen der G. vorhanden — 

stellt, der zum Schnittpunkt der beiden Kardinal- wozu sie übrigens gar nicht dienen konnten, 

linien werden sollte und der von diesem Wege- Literatur: H. Schöne Das Visierinstrument 

kreuz wie das Visierkreuz selbst g. hieß (Hygin, der röm. Feldmesser (Arch. Jahrb. 1901, 1271). 

de mun. castr. 12). Nachdem mit Hilfe der Visier- Venturi Commentari sopra la storia e la teoria 

linie AB die eine der beiden Hauptlinien — ent- dell' ottica (Bologna 1814). G. Rossi Groma e 

weder der Decumanus, indem man nach Sonnen- quadro (Turin 1877). Legnazzi Del catasto ro- 

aufgang (Feldm. I 170. 3), oder der Cardo, in- mano e di aleuni instrumenti di geodesia (Padova 
dem man in der Eichtung der Mittagslinie visierte 10 1885). Cantor Die röm. Agrimensoren (1875). 

(188,14) — gefunden und. abgesteckt war, brauchte Rudorff Groni. Institutionen (Feldm. II 336f.). 

der Mensor nur durch das Fadenpaar de zu Tissot Etudes sur la condition des agrimenseurs 

visieren, um die zweite, sekundäre Hauptlinie — 89f. Vincent zu Heron n. bionxqaq p. 180 seiner 

im Verhältnis zu der Standlinie limes transver- Ausgabe (s. o.). [Schulten.] 

sus, Feldm. I 168, 1 — zu erhalten (vgl. Feldm. Gromatici. Die römischen Feldmesser heißen 

I 288, 4 : eomprehendas quattuor signa ea quae nach ihrem Instrument, der groma, G. Aber so 

posuisti in limitem: aliis cornieulis (de) tenebis sehr groma die technische Bezeichnung des Visier- 

alium limitem). Um die abgesteckten Linien zu apparates ist, so wenig ist gromatici der übliche 

kontrollieren, stellte man die G. am Endpunkt Name der Feldmesser. Das Wort kommt vor 
derselben auf und visierte zurück (reprehendere 20 nur bei Hyginus de mun. castr, 12 (. . professores 

metas, Feldm. I 33, 3). Damit war das die Basis eins artis. .gromatici sunt cognominati). Feldm. 

der Limitation bildende Kreuz gewonnen. Um I 166 (Über gromaticus Hygini) und Cassiodor 

die limites, die der einen Hauptlinie parallelen, var. III 52> wo das überlieferte (auetor) hyrum- 

die andere rechtwinklig schneidenden Wege an- meticus offenbar in gromaticus zu emendieren 

zulegen, wurden auf Cardo und Decumanus maxi- ist (Feldm. II 177). Die übliche Bezeichnung ist 

mus von deren Schnittpunkt bis zur Grenze der mensor (so bei den Feldmessern, s. II 502, im 

zu limitierenden Fläche Distanzen von 2400 Pedes tit. Dig. si mensor falsum modum dixerit 11. 6 

— dies ist die Seite der herzustellenden Cen- und in den Inschriften [s. u.], oft mit dem Zu- 

turien — abgemessen und durch Steine bezeich- satz agri (agrorum) (so Feldm. I 2 44. Dig. 11, 
net. Diese Centuriensteine sind der Ausgangs- 30 6, 1 : si mensor agrorum . . ; CIL Vlll 12 638) zum 

punkt für die im Abstand von 2400 Pedes zu Unterschied von anderen mensores (z. B. mensor 

den beiden Hauptlinien zu ziehenden Parallelen. frumentarius, machinarius, aedificiorum), wofür 

Auf ihren Mittelpunkt, der genau 2400 Pedes auch agrimensor (so Ammian. XIX 11, 8. Cassiod. 

vom nächsten tetrans (s. u.) entfernt sein mußte. var. IH 52. Cod. Iust. 3, 39, 3. CIL II 1598. VHI 

wurde die G. eingestellt, wie vorher auf den Mittel- 12 639. Nonius 5, 6 Roth) oder mensor agrarius 

punkt des den Umbüicus der ganzen Limitation (Feldm. I 251, 15. CIL VIDI 12636) gesagt wird, 

bezeichnenden Steines. Daneben kommt vor : finüores, was nach Nonius 

Die anderen Aufgaben, welche mit Hilfe der (5, 6 Gerlach-Roth) der alte Name der G. war 

G. zu lösen waren, lassen sich auf die beiden (ßnitores dicebaniur quos nunc agrimensores 
Grundaufgaben: 1. durch einen gegebenen Punkt 40 dieimus; finitwes heißen die G. beiPlautus (s. u.), 

eine Gerade zu legen , 2. auf dieser Geraden Cicero (d. 1. agr. II 13]), metatores (Lyd. de mag. 

in einem Punkt die Senkrechte zu errichten, zu- I 46. Cic. Phil. XI 5, 12. XIV 4, 10. Veget. II 7) 

rückführen. Es sind Einmessung der Peripherie — oft mit dem Zusatz castrorum — , decempeda- 

eines Grundstücks , wovon die Bestimmung der tores — von der zehnfüßigen Meßlatte, der meta 

Flächen der subseeiva, der zum Teil gerad-, zum oder decempeda — , geometrae (mehr für die Lehrer 

teil krummlinig begrenzten Centurienschnitzel ein als die Praktiker [vgl. Seneca ep. mor. 88 , 9], 

besonders wichtiger Fall ist (Feldm. I 81, 121), Col. V 1, 4. D. 50, 13, 1 [und in den späteren 

Übennessen eines Tales (eultellare, p. 33, 19) oder Kechtsquellen], CIL HI 6041 aus Berytus), divi- 

Flusses (varatio fluminis, p, 285), Wiederherstel- sores (Suet. Aug. 3 : inter divisores operasque 
lung eines limes (limitis repositio, p. 286f.) usw. 50 campestres) von deT divisio, der Landteilung. 

Fehler entstanden bei Anwendung der G., 1. Geschichte der Gromatik. Die 
wenn entweder das Visierkreuz nicht wagrecht ge- Kunst der G. berührt sich mit der der Augurn 
stellt war und der Punkt Z7 nicht lotrecht über dem (Niehuhr B. G. II i 386. O, Müller Etrasker 
Punkt des Steins lag, oder wenn man falsch visiert II 151). Denn die Limitation der Feldmark und 
hatte. Ersteres ist ein vitium ferramenti, letzteres des Lagers oder der Stadt sieht der Sache — Her- 
ein Vitium conspiciendi (p. 191, 18). Eine Kritik Stellung eines Orientierungskreuzes — wie den 
der Mängel der G. gibt Heron («. di OTizQag) : bei dabei vorkommenden Bezeichnungen — cardo, 
windigem Wetter bewegen sich die Perpendikel, decumanus, pars antica, postiea usw. — nach 
stellen also nicht mehr eine vertikale Ebene aus wie die Übertragung des Auguralritus vom 
dar ; es folgt der mathematische Nachweis der 60 templum auf profanen Boden, Je mehr die 
daraus sich ergebenden Fehler (p. 301f.). Die praktische Bedeutung der Limitation in den 
von Heron empfohlene Dioptra hatte statt der Vordergrund trat, um so mehr trat neben den 
beweglichen Fäden auf den Enden der Arme fest- Augur der Feldmesser. Ursprünglich mag das 
stehende Visiere. den Stadtplan und die Florteilung bestimmende 

Ein starker Irrtum ist es, wenn St ob er (D. Wegekreuz vom Augur mit dem lituus gezogen 

röm. Grundsteuervermessungen 74) die G. als ein worden sein (Feldm. LT 335), in historischer Zeit 

wirkliches Winkelkreuz — mit durchlöcherten tut das die Groma des Feldmessers (Feldm. II 

Aufsätzen auf den cornieula zum Durchvisieren 339. Nissen Templum 59). Die Herstellung 



\jrivmaut;i 



UTVAUilLlCl 



des durch Parallelen zu den beiden Hauptlinien 
gebildeten Wegenetzes innerhalb wie außerhalb 
der Stadt ist wohl tob jeher Sache der G. ge- 
wesen, denn dazu bedurfte es keiner auguralen 
Handlung', sondern bloß der feldmesserischen 
Technik. Ganz unabhängig von der Auguraldisziplin 
ist die private Tätigkeit der G. als Feldscheider. 
Sie ist uralt. Koloniegründung und Castrameta- 
tion setzen die öffentliche Tätigkeit der Gr. voraus : 



Cassius Longinüs fehlt in unserem Corpus. Er 
wird nur einmal von Hyginus de gen, controvers. 
(Feldm. I 124, 14) für eine Frage des Wasser- 
rechts als iuris auctor erwähnt und ist der be- 
kannte Jurist, Consul 30 n. Chr. (s. Krüger 
Gesch. d. Quellen d. r. Eechts 154); er ist wohl 
irrtümlich in jenes Autorenverzeichnis geraten. 
Dieser geringen Anzahl klassischer Gr. entspricht 
das tiefe Niveau der übrigen Stücke des Corpus 



das gibt einen, natürlich nicht auf ein bestimmtes 10 und besonders die entsetzliche Entstellung jenes 



Datum fixierbaren, Terminus ante quem. Die erste 
Erwähnung der G. findet sich wohl hei Flautus 
(Poen.prol. 49 : eius nuncregiones Umites eonfima 
determinabo, etus rei ego sum facim finitor). 
Eine alte Spur ihrer Tätigkeit sind die doch wohl 
auf die Gründung der Kolonien Mutina, Bononia 
usw. (um 183 v. Chr.) zurückgehende Limitationen 
der Poebene (Schulten Die röm. Flurteilung u. 
ihre Reste, Berlin 1898) und die gracchanischen 



guten Stücke durch spätere Bearbeiter. So be- 
schränkt die literarischen Leistungen der G. sind, 
so umfassend war ihre praktische Tätigkeit , be- 
sonders, auf militärischem Gebiet (s. unter II). 
Sie hielt mit der Ausdehnung des Imperium 
Schritt, denn überall, bei der Anlage der Grenz- 
festungen, der Grenzstraße (limites), der großen 
Heerstraßen, der Ordnung der territorialen Ver- 
hältnisse (Assignationen , Feststellung von Ge- 



Centuriensteine (CIL X 1024—1026. 3760. 3861). 20 meinden- und Provinzialgrenzen) spielt der Feld- 

An Bedeutung gewann die Tätigkeit des G. durch J: ~ ** — ±—ti~ «- *- ^ ■- * — • ^ ^ 

die Massenassignationen Sullas, Caesars und vor 
allem der Triumvirn. Durch sie spätestens muß 
die Kunst der G. eine gewerbsmäßige geworden 
sein. Die den X viri der Lex agraria des Rullus 
(63 v. Chr.) beigegebenen 200 fmitores ex equestri 
loco (Cic. de 1. agr. IT 13) sind nicht eigentliche 
Messer, sondern mit der divisio betraute Unter- 
beamte der decemviri. Dagegen ist uns Feldm. 



messer die Hauptrolle. So finden wir denn inschrift- 
liche Zeugnisse der G. in allen Teilen des Reichs 
(s. II), und ihre Schriften operieren mit Beispielen 
aus den verschiedensten Provinzen (Feldm. IE 
5211). Das Auftreten einer Schar schriftstellerisch 
tätiger G. in Traianischer Zeit dürfte dafür sprechen, 
daß die Gromatik damals ihr goldenes Zeitalter 
erreicht hatte. 

In der zweiten Hälfte des 5. Jhdts. (s. Feldm. 



I 212, 4 die von den Triumvirn Caesar, Antonius, 30 ü 174) wurden die Klassiker der Gromatik zu 



Lepidus mit den Mensoren vereinbarte lex loca- 
fioms erhalten. Es ist ferner bezeichnend, daß 
zwar noch Caesar die Castrametation den Centu- 
rionen überläßt , aber schon M. Antonius einen 
peritus metator hat (Feldm. II 321). Wenn mit 
der Reichsvermessung des Augustus sich auch die 
Namen der mit derselben zusammengebrachten 
G. verflüchtigen — der Feldm. I 239 in diesem 
Zusammenhang genannte Baibus ist kein anderer 



einem gromatischen Corpus vereinigt, das dann 
im 6. Jhdt. — es enthält Auszüge aus den 
Iustinianischen Pandekten und Cassiodor — durch 
Interpolationen und Hin znfügung jüngerer minder- 
wertiger Arbeiten eine neue Redaktion erhielt. 
Jenes ältere Corpus ist in der 1. und 3. Klasse 
unserer Handschriften : dem vielleicht noch aus 
dem 6. Jhdt. stammenden (s. Heinemanns 
Katalog der Wolfenbütteler Hss. II. Abt, Bd. 2 



als der im 2. Jhdt. lebende Verfasser der ex-40S. 124f.) Arcerianus, den vor der Verstümmelung 



positio omnium formarum (s. Feldm. II 177) — 
ist für uns Frontin der erste als grom atischer 
Schriftsteller auftretende G. An der Identi- 
tät mit dem bekannten Verfasser der Schrift de 
aquis urbis Roraae und der Strategemata ist nicht 
zu zweifeln (Feldm. II 102). Seine Behandlung 
der Gromatik zeigt, daß damals — unter Donii- 
tian — die Kunst der G. völlig entwickelt war 
und neben der gewöhnlichen Praxis eine Art gro- 



desselben gemachten Abschriften: J(enensis) und 
V(aticanus) und dem Erfurtensis, die jüngere 
Redaktion in der zweiten durch P(alatinus) und 
G(udianus) vertretenen Klasse erhalten (s. Momm- 
sen Bonn. Jahrb. LXXXXVI 272f.). 

Die Tätigkeit der G. überdauerte den Sturz 
des Westreichs. Wir finden sie in den alten 
Funktionen als arbitri (s. u.) unter Theoderich 
(Cassiod. var. III 52; s. Feldm. II 431) und in 



matischer Wissenschaft bestand. Für die späteren 50 einem Brief Gregors d. Gr. vom J. 597 (s. Brugi 

G. hatte er kanonisches Ansehen — den Gaius Dottrine giur. degli agriro. rom. 223). Dem ent- 

der G. hat man ihn genannt (Brugi Dottrine 

giurid. degli agrim. 71) — und man setzte seinen 

Namen gerne über spätere Schriften (s. Feldm. II 

146). Ebenfalls der Zeit Domitians oder Traians 

gehören die übrigen bedeutenden G. an : Baibus, 

Siculus Flaccus und Hyginus (s. Feldm. II 231). 

Als berühmtester G. der Traianischen Zeit nennt 

Baibus einen uns sonst unbekannten Celsus (Feldm. 



giur. degli agriro. rom. 223). 
spricht, daß das jüngere der beiden gromatischen 
Corpora und der älteste Codex im 6. — 7. Jahdt. 
entstanden ist (s. o.). Über agrimensorische Be- 
griffe in mittelalterlichen Urkunden spricht Nie- 
buhr (R. G. II 558 der 1. Aufl.). 

Ob das im Arcerianus enthaltene Bild eines 
den Gestus des Rechnens [digitis eompuians) 
machenden Mannes einen berühmten Mathematiker 



I 91: notum est omnibus, Gelse, penes te studio- 60 (Euklid?) — wie Mars (Jahrb. f. klass. Philol. 



rum nostrorum mattere summam). Ein Ver- 
zeichnis gromatischer Schriftsteller in einem der 
jüngsten Stücke des Corpus (Feldm. I 403, 18: 
twmina agrimensorum) nennt außer den erwähn- 
ten G. noch Agennus Urbicus, von dem wir eine 
Schrift de controversiis besitzen (Feldm. 1, 59-90), 
Harens Iunins Nipsus (Feldm. I 285—295), Cas- 
sini! Longraus und Euklides (s. Feldm. 1 372-392). 



Suppl. XXVII 195f.) will — oder vielmehr, woran 
man zunächst denken wird, einen G. darstellt, 
ist noch unentschieden. 

IL Staatliche Gromatici. Es ist zu unter- 
scheiden zwischen Zivil- und Armeefeldmessern. 
Erstere sind zum Teil, letztere durchaus Beamte. 
Während der Republik gab es G. als Beamte nicht. 
Noch unter den Triumvirn übertrug die Regierung 



j.ooy womauci 

die Assignation usw einem Feldmesser auf Grund 
eines regelrechten Mietvertrags, vgl. die Lex agraria 
vom J. 111 v. Chr. (Br nn s Font.e S. 90) : . . (agrum) 
. . omnem metiundum terminosqtte statiui curato 
. . opusque loeato. In der unzweifelhaft authen- 
tischen Feldm. I 212 erhaltenen Urkunde der 
Triumvirn steht: . . qui conduocerit, deewimtum 
latum ped. XL . . facito. Die feldmesserischen 
Arbeiten wurden also auf dem Wege der Staats- 
pacht (loeatio) vergeben, sogut wie andere ein- 10 
malige oder periodische Arbeiten. Es ist aber 
sehr wahrscheinlich, daß eben aus der Triumviral- 
zeit mit ihren Massenassignationen dauernd im 
Dienst des Staats tätige, fest angestellte Regie- 
rungsfeldmesser hervorgegangen sind. Ein solcher 
braucht nun zwar der von Cicero als Messer des 
M. Antonius genannte Saxa (s. o.) nicht gewesen 
zu sein, denn mit peritus metator bezeichnet ihn 
Cicero (de 1. agr. II 13) noch nicht als Beamten, 
Nach den Feldm. I 244 erhaltenen Aktenstücken 20 
wird in der Triumviralzeitvon Soldaten terminiert, 
was später die mensores tun (s. u.). Daraus, 
daß eine Agrarkommission ihre bestimmten Feld- 
messer hat (Cic. de 1. agr. II 13, 24: [decemviri\ 
fmitorum mutant), folgt auch noch nicht, daß 
dies Beamte sind. 

Zuerst werden die Feldmesser auf militäri- 
schem Gebiet in den Staatsdienst eingetreten 
sein, denn die Armee bedurfte beständig ihrer 
Kunst, während Assignationen u. dgl. seltener vor- 30 
kamen. Vielleicht hat die Augusteische Heeres- 
organisation an die Stelle der bisher mit der 
militärischen Feldmesserei betrauten Centurionen 
(s. o.) eigene mensores gesetzt. Aber auch auf 
zivilem Gebiet bedurfte der neugeordnete Staat 
festangestellter Feldmesser, denn man konnte un- 
möglich die zahlreichen gromatischen Aufgaben, 
welche das Weltreich auch auf zivilem Gebiet 
stellte, von Fall zu Fall in Akkord geben. Die 
gromatische Tradition führte die Begründung des 40 
(amtlichen) Feldmesserstandes auf Iulius Caesar 
zurück; man kannte einen Brief desselben, ge- 
wissermaßen die staatliche Anerkennung der Gro- 
matik (Feldm. I 395: nunc ad epistolam lulii 
Caesarix veniamus quod ad kuius artis origi- 
nem pertinet), 

a) Zivil feldmesse r. Die ältesten sicheren 
Zeugnisse für staatliche Zivilfeldmesser stammen 
aus der Zeit Vespasians (CIL X 8038: ut finiret 
procurator nunc scripsi ei et mensorem misi). 50 
Sodann werden amtliche zivile Mensores in der 
Korrespondenz des Plinius mit Traian erwähnt 
(ep. ad Trai. 17). In den jüngeren Stücken des 
gromatischen Corpus heißen die Regierungsfeld- 
messer togati Augustorum, wie die Juristen, offen- 
bar wegen ihrer richterlichen Befugnisse bei den 
controversiae agrorum (Feldm. II 322). In der 
Constantinischen Zeit bilden sie ein eigenes Bureau 
unter einem primicerius mensorum, der unter 
dem Chef der agentes in rebus und indirekt unter 60 
dem magister offieiorum steht (s. Not. dign. or. 
cap. 10: sttb dispositione v. ill. magistri offieio- 
rum sckola agentium in rebus et deputati eins 
scholae; mensores . . .). Kaiserliche, die Mensoren 
betreffende Erlasse wenden sich deshalb an den 
Magister offieiorum (so L. 1 Cod. Theod. de naen- 
soribus 6, 34 vom J. 404. L. 4 und 5 Cod. Theod. 
de metatis 7, 8). Der Primicerius avanciert nach 
. Pauly-'WJMowft-KroU VII 



urromaraci 



löyu 



zweijähriger Amtstätigkeit zum untersten Grad 
(dem der equites, s. Gothofredns Paratitlon zu 
Cod. Theod. 6, 27) der agentes in rebus (L. 1 
Cod. Theod. 6, 34). Nur scheinbar sind die im 
Cod. Theod. 6, 34 und 7, 8 behandelten mensores 
von den Feldmessern verschieden (s. Feldm. II 
322 Rudorff ; die Identität behauptet Mommsen 
Feldm. H 175). Ihr Amt ist dort das Quartier- 
machen (metare), aber diese jüngere Funktion läßt 
sich leicht aus der von jeher den G. obüegenden 
Castrametation herleiten : wenn sie sonst den 
Platz des Lagers und die Zeltplätze der einzelnen 
Truppenteile feststellten , so wurden sie , wenn 
man die Truppen einquartierte, naturgemäß die 
Quartiermacher. Dieser Zusammenhang ergibt 
sich auch daraus, daß nach dem zur Castrameta- 
tion gehörigen metare die Quartiere metata heißen. 
Trotz ihrer Tätigkeit bei der Armee sind diese 
Mensoren als Zivilfeldmesser zu behandeln, da sie 
unter dem magister offieiorum stehen, nicht unter 
dem magister utr. militiae. 

Im gromatischen Corpus führen einige Autoren 
den Titel v(ir) pferfectissimus), s. Feldm. I 307. 
309. 310. Diesen Rang mag der primicerius 
gehabt haben; im allgemeinen kommt er mehr 
den Lehrern als den Praktikern der Gromatik zu. 
So wird durch eine freche Interpolation Feldm. 

I 273 den Kandidaten des gromatischen Lehr- 
amts der Clarissimat, den approbierten Lehrern 
sogar die Spectabilitat zugeschrieben, s. Feldm. 

II 176 (Mommsen). 322 (Rudorff). Nach D. 27, 
1, 22 genossen vom Staate beauftragte G. die 
Immunität. Einmal findet sich die Bezeichnung 
mensor publicus (CIL V 5315), worunter wohl 
ein Gemeindefeldmesser zu verstehen ist. 

Um Regierungsfeldmesser zu werden, mußte 
man — wenigstens nach den Feldmessern — ein 
Examen ablegen (Feldm. I 273, 15: quieumque 
non fuerit professus super kae lege saneimus 
damnari si sine professione iudieaverit ut capi- 
tata sententia feriatur). Feldm. I 8, 26 wird unter- 
schieden zwischen 'gewöhnlichen und staatlich 
konzessionierten G. -. nam agrimensor omnis 
doetus centurias delimitare polest . . assignare 
autem nullo modo potest nisi sacra fuerit prae- 
eeptione ßrmatus. Iudikation und Assignation 
war also Vorrecht der staatlich zugelassenen G. 
In den kaiserlichen, militärisch besetzten Provinzen 
fungiert als Richter bei Grenzregulierungen stets 
ein Richter, nie ein Feldmesser (s. unter III 1 b), 
die Iudikation stand also selbst dem konzessio- 
nierten Feldmesser nur bei Kontroversen zwischen 
Privaten zu. Aber selbst der im Interesse von 
Privatpersonen tätige Feldmesser erhielt keine 
merees, sondern eine remuneratio , konnte nicht 
heati condueti belangt werden, sondern haftete 
nur auf Grund einer actio in factum für dolus 
(s. tit. Dig. si mensor falsum raodum diserit 11 
6); seine Remuneration konnte ihm prozessualisch 
nur durch cognitio extra ordinem erwirkt werden 
(D. 50, 13, li. Rudorff erklärt diese Abnor- 
mität historisch: die Tätigkeit der G. habe rieh 
aus der zu den operae liberales gehörigen der 
Augurn entwickelt, auf die der Mietskontrakt 
nicht anwendbar war und auch später habe zwi- 
schen G. und Privaten die für Miete wesentliche 
Verabredung über die Arbeit and den Mietspreis 
gefehlt (das Ackergesetz des 8p. Thoriua 3. 138). 

60 



l?m 



irromauei 



ijrromanci 



isya 



Dazu paßt, daß wenigstens die Lehrer der Geo- 
metrie mit Vertretern der studio, liberalia — 
Ärzten, Rhetoren n — auf eine Stufe gestellt wer- 
den (D. 50, 13, 1). Constantin d. Gr. verlieh 
ihnen deshalb auch die Immunität {L. 2 Cod, Inst. 
10, 66), welche ihnen zur Zeit der klassischen 
Juristen noch fehlt (Fragm. Vatic. 150. L. 22 pr. 
D. 27, 1); s. Tissot Etüde sur les agrim. 159. 

Als Zivilfeldmesser werden alle diejenigen 
mensores zu gelten haben, hei denen eine militä- 
rische Qualität nicht angegeben ist. Solche finden 
sich CIL I 1244. 1109. II 1598 (agrimensor). III 
1220. T 3155. 6786. 5315. VI 8912. 8913. VIII 
12636-12639. XII 4490. Unter diesen 14 Men- 
soren sind 8 als liberti bezeichnet (CIL VI 8912. 
8913. XH 4490. I 1109. 1244. V 3155. 6786. 
Vni 12639 — CIL VI 8912. 9913. XII 4490 als 
libb. Augusti), einer als Sklave (CIL VIII 12 637): 
die G. waren also wohl in der Regel Freigelassene 
(vgl. auch Suet. Aug. 3: inier divisores operas- 
que eampestres). Als solche mögen manche von 
ihnen zum Sevirat gelangt sein wie jener Aebu- 
tius (CIL V 6786) , der mensor und sevir war 
und auf seinem Grabstein die Groma und seine 
Seviratsinsignien darstellen ließ (s. Groma). 

Wie jeder Truppenkörper seinen eigenen Men- 
sor hatte, gehörten deren auch zum Personal 
höherer Zivilbeamten. Die Mensoren (mensor 
oder mensor agrorum CIL VIII 12 636f.) des 
Proconsuls von Africa kennen wir aus dem in 
Karthago gefundenen Friedhof seiner ofßoiales. 

b) Militärfeldmesser. Bas erste Beispiel 
eines Militärfeldmessers dürfte der eastrorwn 
metator Saxa im Dienste M. Antons sein (Cicero 
Phil. XI 5). Feldm. I 245, 5 wird ein von M. 
Antonius mit Termination beauftragter Soldat er- 
wähnt (im J. 34 v. Chr.). Vorher (bei Polyb. VI 
1) und Caesar (de b. G. II 17) war die Wahl der 
Lagerstelle und Verteilung der Lagerplätze Sache 
der Centurionen. Unter Traian, in dessen daci- 
schen Kriegen, ist mit militärischen Operationen 
beschäftigt der Feldmesser Baibus (Feldm. I 93, 
7). Später werden von den mensores, deren Auf- 
gabe die Verteilung der Lagerplätze sei, die 
metatores, welche die Lagerstelle auszosuchen 
hatten, unterschieden (Veget. II 7. Lyd. de mag. 
IV 46). Aber die beiden Funktionen waren wohl 
nicht scharf getrennt, denn auch metator bedeutet 
den Messer, und aus der bloßen Auswahl und Ab- 
steckung des Lagerplatzes — die Einteilung des 
Inneren war Sache der mensores — wird man 
kein besonderes Amt gemacht haben. Ferner 
heißen im Cod. Theod. die Quartiermacher men- 
sores, obwohl die Quartiere metata genannt wer- 
den (s. o.). Die metator es des Vegetius werden 
also eine besondere Abteilung der mensores ge- 
wesen sein. Auch kommt metator inschriftlich 
als Amt nicht vor. Eine Darstellung mit Meß- 
ruten das Lager absteckender mensores findet 
sich auf der Marcussäule (S. 56 des Petersen - 
sehen Textes), 

Bei den wichtigen Funktionen, welche die G. 
im Heerwesen zu verrichten hatten (Castrameta- 
tion, Arbeiten im Kriege, s. Feldm. I 92, 13), 
begreift es sich, daß jedes Korps seinen eigenen 
G. hatte. Wir kennen einen mensor leg.* II ad. 
(CIL HI 8 44), mehrere mensores leg. HI Aug. 
(CIL TOI 2856. 2946. 3028) und einen m. coh. 



Villi praet. (CIL VI 2692). Daß diese mensores 
Feldmesser — nicht mensores frumenti, wie Marb- 
el uar dt St.-V. 112 554 will — sind, folgt daraus, 
daß mensor überall sonst den Feldmesser be- 
zeichnet (s. o.) und daß der Rang der als Feld- 
messer fungierenden evocati Aug. (Feldm. I 121, 
7 und CIL III 586) dem der duplarü, zu denen 
nach CIL VUI 2564, 19 die mensores leg. IIlAug, 
gehören, entspricht (s. über evoeati und duplarü 

10 Marquardt St.-V. II 2 544). Die Vermessung des 
Getreides war Sache der frumentarii der Legion 
(Marquardt a. a. O. 491). Besondere neben 
denselben fungierende Getreidemesser werden als 
solche bezeichnet (CIL V 936 vet. leg. VUI Aug. 
. . mensor frumenti). Militärische mensores wer- 
den noch genannt: CIL VIII 2935 und VII 420 
menfsor) ex CG (= ducenario) impferatoris). 
Ducenarius -iieißt der über zwei Centurien be- 
fehligende sonst primus hastatus genannte Cen- 

20 turio (Veget. II 8). In der Regel hatten die men- 
sores legionis wohl als duplarü (nach CIL VIDI 
2564, 19) und evoeati (s. o.) eine Mittelstellung 
zwischen Gemeinen und Chargierten. Nur in 
Ausnahmefällen werden Centurionen als Messer 
fungiert haben. Hierher gehört, daß in den 
Donauländern mit der Iudikation und Termination 
zwischen zwei Gemeinden Centurionen betraut 
werden (CIL III 9832. 9973. 2882. 9864 a j nur ein- 
mal — 8472 — ein. praef. castrorum; vgl. hierzu 

30 Feldm. I 244, wo zweimal ein miles, einmal ein 
eenturio und einmal ein tribunus cohortis VI 
praet. auftritt). Das sind eben nicht ordentliche 
mensores — sonst würden sie als solche bezeichnet 
sein — sondern außerordentliche Kommissare für 
Grenzregulierung. In der merkwürdigen im Codex 
Arcerianus überlieferten Inschrift (Feldm. I 251) 
ist der mit der Versteinung betraute mesor agra- 
rius ein miles coh. VI praet., also ein Gemeiner; 
ebenso Feldm. I 244, 5. 11. Aus der Inschrift 

40 CIL III 8112, in der elf mensores genannt sind, 
hat Mommsen gefolgert, daß jede Cohorte einen 
Mensor, die erste deren zwei, also die Legion 
elf Mensoren gehabt hat. 

III. Praktische Tätigkeit der Groma- 
tici. Sie ist eine doppelte: 1. sind die G. tätig 
im Dienste des Staates vor allem a) bei der Ca- 
strametation , b) bei der Division und Assigoa- 
tion, c) bei den vom Staat vorgenommenen Grenz- 
regulierungen (controversiae agrorum) . Nicht h ier- 

50 her gehört die von Tissot (Etüde sur les agrim. 
68f.) den Feldmessern zugeschriebene Aufnahme 
des Katasters. Die Vermessung des Landes war 
nur die Grundlage für die von den Censusbe- 
amten vorzunehmende Schätzung des Grundstück- 
wertes und Feststellung der Steuer; 2. können 
die G. von Privatpersonen bei Vermessungen, Tei- 
lungen, Kontroversen usw. benutzt werden. Diese 
Tätigkeit gilt später als ein Ausfluß der amtlichen 
und unterliegt deshalb nicht den Normen des 

60 geschäftlichen Verkehrs (s. o.). 

1. Amtliche Praxis, a) Die Castrame- 
tation ist das militärische Gegenstück der di- 
visio adsignatio. Auch hier gibt es Teilung einer 
Fläche (des Lagers) in Parzellen (die Abteilungen 
des Lagers) und Anweisung derselben: hier An- 
weisung der Lagerplätze an die einzelnen Truppen- 
teile. Die Hauptquelle der Castrametation ist 
das im Areerianns überlieferte und schon in den 



1898 



Gromatici 



Gromatici 



1894 



Abschriften desselben dem Hyginus zugeschrie- 
bene Fragment de muniiione eastrorum (Ausgabe 
von Gemoll (Teubner) und v. Domaszewski 
{Leipzig 1887). Die Zeit der Schrift ist noch 
nicht sicher ermittelt, doch scheint sie ins 3. Jhdt. 
n. Chr. zu gehören (s. Marquardt St.-V. 112 601). 
Wie bei der Centuriation zieht auch hier der 
Feldmesser von seinem Standpunkt — groma — 
aus die beiden Standlinien und Wege : die dem 
■deeumanus entsprechende via practoria, welche 
die porta praetoria (Fronttor) mit der porta de- 
eumana verbindet, und den Querweg: via prin- 
■cipalis, den cardo des Lagers. Im übrigen sind 
die Grundbegriffe der Castrametation die der 
Centuriation : auch hn Lager gibt es eine pars 
antiea und postiea, seamna — strigae, rigores, 
•eine (porta) deeumana, eine via quintana (vgl. 
limes quintarius) usw. 

b) Bei der Adsignation hat der G. die Tei- 
lung der Feldflur in Centurien (divisio. ceniu- 
riatio) oder andere Flurteile (z. B. oblonge seamna 
und strigae, s. Feldm. II 290) vorzunehmen, so- 
dann innerhalb dieser Figuren die assignierfcen 
Ackerlose und außerhalb derselben die eximierten 
Parzellen und das Gemeindeland abzustecken und 
schließlich das Resultat in der Flurkarte (forma) 
und dem zugehörigen Flurbuch {commentarii) 
niederzulegen (s. Feldm. II 323—406). 

c) Iudikation. Bei Grenzstreitigkeiten, die 
den Staat angehen, also z. B. bei Streit zwischen 
^iner Gemeinde und dem Anlieger — dies kann 
eine andere Gemeinde, ein fiskalisches Territo- 
rium (z. B. territorium legionis) oder ein Privat- 
mann sein — beauftragt der zuständige Magi- 
strat — in der Eegel der Statthalter — wenn 
■er nicht selbst entscheidet (CIL III 7004), einen 
Einzelrichter (CIL IJI 2882. 9864 a) oder eine Kom- 
mission (iudices III 9338) mit der Schlichtung 
der controversia durch ein Verfahren an Ort und 
Stelle (arbürium von ar-bitere ~ ad-ire), das 
Ganggericht. Als Techniker fungiert dabei oft 
der G. (Feldm. I 244, 14 . . per . . centurionem 
•coh. . mensoribus intervenientibus und I 251). 
Der Richter ist in den uns bekannten Fällen 
meist ein Militär niederer Charge (so CIL III 9973. 
9864 a. 8472; Feldm. I 244. 251), nie ein Feld- 
messer. 

2. Privatpraxis. Die richterliche Tätig- 
keit der G. beschränkte sich also auf die zwi- 
schen Privaten geführten controversiae, von 
denen ihre Schriften handeln: Frontinus: Feldm. 
I 34—58, dazu Agennus Urbicus p. 59—90, Hy- 
ginus: Feldm. I 123—134. Über die iudieatio 
und advocatio der G. belehrt die ausführliche 
Behandlung der Controversen im gromatischen 
Corpus. Djre iudicatio bezeugt u. a. Frontin. 
(Feldm. I 15 ^ difficülimus autem locus hie est 
quod mensori iudieandum est, sed nee minus 
üle exaetus quod est advocatio praeManda) und 
Cassiodor (var. in 52 . . . agrimensori vero fmium 
iü orta committitur . . . iudex est utique artis 
*uae, forum ipsius agri deserti sunt . . . non 
ambulat iure communi, via est illa sua lectio, 
• . gressibus suis coneertantium iura discemit). 
Unter den Controversen sind solche (z. B. de po- 
süione terminorum, de fine, de rigore), bei denen 
die Feststellung des Feldmessers den Streit ent- 
-seheidet, der Feldmesser also Schiedsrichter ist, 



während bei anderen (de loeo, de proprietate, de 
alluvione usw.) die Tätigkeit des Feldmessers 
als des Sachverständigen (advooatus, s. Feldm. 
II 482) nur der des Richters zur Hand geht. So 
bilden denn die Controversen ein eigentümliches 
Mittelding zwischen juristischer und gromatischer 
Praxis (s. die ausführliche Behandlung bei Brugi 
Le dottrine giuridiche degli agrimensori rom., Ve- 
rona— Padova 1897 und unter Controversia). 

10 Apokryphe, in ein Gesetz , Cons tan tins einge- 
schwärzte Honorarsätze für feldmesserische Lei- 
stungen im Dienste Privater finden sich Feldm. 
I 273. Nach dem tit. Dig. si mensor falsum 
modum dixerit (11, 6) gilt die Tätigkeit des Feld- 
messers im Interesse Privater als benefioium, 
also als außerordentliche Gefälligkeit eines Be- 
amten. Der Feldmesser kann deshalb nicht lo- 
cati auf merces klagen, sondern er empfängt ein 
honorarium (L. 1 cit.), welches er vielleicht — über- 

20 liefert ist das durch D. 50, 13, 1 nur für die 
praeeeptores der Gromatik; zu bestimmt äußert 
sich Tissot a. a. 0. 141 — mit Hilfe des extra 
ordinem einschreitenden Iudex erlangen konnte. 
Gegen ihn gibt es ebensowenig eine Klage con- 
dueti, sondern nur eine solche in factum bei dolus 
malus (D. 11, 6, 1). In einem ägyptischen 
Papyrus (Herrn. 1897, 656) tritt bei einem Grenz- 
streit ein ogoösixing auf, eher ein amtlicher 
Schiedsmann als ein gewöhnlicher Feldmesser. 

30 IV. Lehrtätigkeit der Gromatici. Von 
ihr zeugt am beredtesten die auf uns gekommene, 
wesentlich zu Schulzwecken veranstaltete Samm- 
lung gromatischer Schriften und Materialien (Ur- 
kunden usw.). Aus ihr erklärt sich die Verhun- 
zung der gromatischen Klassiker durch Kommen- 
tatoren und Interpolatoren und die Textverderbnis. 
Als Lehrer nennen sich die G. auetores (Feldm. 
I 342, 14) und professores (64, 8. 181, 11). Auf 
Professoren der Geometrie — und höchstens in- 

40 direkt auch praktische Feldmesser — bezieht sich 
D. 50, 13, 1, wo sie mit den anderen Ver- 
tretern liberaler Disziplinen (Rhetoren und Gram- 
matikern) zusammen genannt und für den Fall 
der Honorarverweigerung — sie hatten ebenso 
wenig wie die Feldmesser eine merces — auf exbra- 
ordinaria cognitio des Präses verwiesen werden. 
Obwohl agrimensor genau dem griechischen ysco- 
fihorjg entspricht, bezeichnet doch geometra in der 
Regel den Geometrielehrer, nicht den Feldmesser. 

50 Doch sind die Feldmesser emsig bemüht, ihre Tech- 
nik mit der Geometrie zu verbinden. Daher die 
Aufnahme geometrischer Stücke ins gromatische 
Corpus. In Diocletians edictum de pretiis verum ist 
das Gehalt eines geometra mit 200 Kupferdenaren 
pro Schüler und Monat angesetzt (der Lehrer der 
Grammatik bekommt ebensoviel, der der Rhetorik 
250 Denare): Ausgabe von BlürüDer-Mommsen 
119. Bedeutende Lehrer wurden wohl mit dem 
Perfectissimat ausgezeichnet, denn mehrere unserer 

60 auetores heißen in den Hss. vfirj p(&rfeetissi- 
musj. Wie weit aber der Dünkel mancher G. 
ging, lehren die den Kandidaten den Clarissimat, 
den fertigen G. die Spectabilität beilegenden 
Interpolationen Feldm. I 273. Constantin verlieh 
den Lehrern der Gromatik Immunitäten (Cod. 
Inst. 10, 66, 2). 

Lehrgegenstand: Agennus Urbicus behan- 
delte die Feldmeßkunde in sechs Büchern. Das 



1895 



Gromatici 



Groucasim 



189S 



erste gab die institutio {uno emm libro insti- 
tuimm artifieem), das zweite die ars (wohl im 
allgemeinen), das dritte die ars metiundi, das 
vierte die eontroversiae agrorum, das fünfte und 
sechste handelte wie das dritte von der ars me- 
tiundi (Feldm. I 64). In der uns erhaltenen 
Sammlung 1 kommen folgende Gegenstände zur Dar- 
stellung: 1. die agrorum qualitates (condieiones), 
d. h. die bodenrechtlichen Kategorien; 



rias sunt (324,26), signa reguirenda oportet 
(812. 313, 10 usw.); Wörter: casale (315, 8), 
grandis durchweg statt magnus, ourtus = parvus 
(321, 8), fontana (330, 30),* eampamus (331, 22, 
wovon ,Campagna'), monticellus usw. Aus der 
Aufnahme von Elementen der theoretischen Geo- 
metrie in das Corpus der Agrimensoren folgt 
nicht, daß der Unterricht in der Geometrie Sache- 
der G. gewesen sei. "Der geometra, der Geometrie- 



auf diese Materie bezieht sich Feldm. I lf. (Fron- lOlehrer, war wohl in der Regel kein Feldmesser. 



tin), 113f. (Hygin), 140f. (Siculus Flaccus), 246 
{nomina agrorum) und 368 {de agris aus Isi- 
dorus). .2. Die Lehre von der Limitation {de 
limitibus constituendis): I 27 (Frontin), 108 (Hy- 
gin I), 166 (Hygin II), 246 {nomina limitum), 
358 {ratio limitum regundorum). 3. Die Gang- 
gerichte {eontroversiae agrorum) : 1 9 (Frontin), 
59 (Agennius), 123 (Hygin). Außer diesen drei 
offenbar Hauptelemente der Gromatik darstel- 



Jene geometrischen Stücke sind für den Unter- 
richt der Eleven der Feldmeßkunst bestimmt r 
nicht für den allgemeinen Jugendunterricht in der 
Geometrie, für den es vielmehr besondere Lehr- 
bücher gab, aus denen jene Stücke entnommen 
sind (Euklid, Boethius usw.). 

Literatur, Der Begründer der gromati- 
schen Studien* — abgesehen von den älteren ver- 
alteten Arbeiten (Goes in seiner Ausgabe usw. 




91 (Baibus expositio et ratio omnium formaruni-, 
nur der Anfang erhalten) ; I 209 f. (der sog. Über 
coloniarum , eine Bearbeitung italischer Flur- 
karten; s. Mommsen Rom. Feldm. 143—220); 
310 — 338 (die sog. casae litter arum : Beschrei- 
bung der forma von Höfen {casae) mit ge- 
nauer Angaben der fines; s. Feldm. II 406). 



eine neue Ausgabe der G. festlegte und 2. Das 
agrarische Recht (Rom. Gesch. II i 349-394), einer 
Grundlegung der gromatischen Disziplin, der Vor- 
gängerin von Rudorffs Gromat. Institutionen. 
Hauptschrift immer noch die ,Gromatischen In- 
stitutionen' Rudorffs (Feldm. II 227-464); ferner 
Mommsen in Feldm. II 174. An neueren im 



5. Lehre von den Grenzsteinen (305f. 340f. 30 wesentlichen auf jenen älteren beruhenden Arbeiten 



353. 357—364. 404), ein besonders oft behan- 
delter, weil praktisch hochwichtiger Gegenstand. 
6. Flächenmaße: I 94. 339. 367. 371. 402 
(Hohlmaße: I 374) und Gewichte: I 373. 7. Geo- 
metrische Stücke: I 296. 380 (I 354 Flächen- 
messung) und I 372 ,Euklid.' 393 (aus Cassiodor) 
der im Arcerianus enthaltene liber Aprofodüi et 
Betrubi Büß arehüectonis (ed. Cantor, Die röm. 
Agrim. S. 202f.) und andere Stücke (s. Bubnov 



sind zu nennen: Stob er Die römischen Grund- 
steuervermessungen (München 1877). P. de Tis- 
sot Etüde hist. et jur. sur la condition des agri- 
mensores (1879). Legnazzi Del catasto romano- 
(Verona- Padova 1887). F. Ruggieri Sugli ufficj 
degli agr. rom. . . specialmente rapporto alle ser- 
vitu prediali (Studi e docura. di storia e di diritto 
(1882) III 1—30. 195—223). Humbert bei 
Daremberg-Saglio s. Agrimensor (unkritisch). 



Gerberti opera mathem. p. 418). 8. Auszüge 40 Eigenen Wert haben folgende Arbeiten: die Be- 

S"l _. J. u _ _*. jT 0/?H fftF7{?\ U A^fsinJn^M ^.w-m^. Jli-im*. linwi ril»n/d |4AH IllWlAI'l n/lfl AH Cai^A rt f\Wt I J. VATI Tj V 1 1 f*l 



aus Gesetzen (I 267. 276) besonders aus der 
Materie vom Grenzstreit {ßnium regundorum), aber 
auch die hochwichtigen drei Kapitel der lex Iulia 
agraria (I 263; s. Bruns Fontes 6 96). Außer 
den spezifisch agrimensorischen Dingen wurden 
also auch mathematische und juristische traktiert, 
beides von den späteren auetores mit hervor- 
ragender Stümperhaftigkeit. So mengt Agennus 
in die Lehre von den eontroversiae agrorum seine 



handlung der juristischen Seite der G. von Brugi 
Le dottrina giurid. degli a. rom. (1897) ; die der 
mathematischen von Hultsch in Er seh -Grub er s 
Encyklopädie s. Gromatici (92. Teil S. 97— 105 r 
erschienen 1872) und Cantor in seinen Vorle- 
sungen über Gesch. d. Mathematik 12 502f. und 
Die röm. Agrimensoren (Leipz. 1875). Nicht zu- 
gänglich ist mir: G. Rossi Groma e squadra. 
owero storia delP agrimensura (Toriao 1877) und 



Weisheit von den statics der Rhetorencontroverse 50 Ciccolini Degli agrimensori presso i Romani an- 



(I 651) und die geometrischen Partien sind ganz 
aus einer lateinischen Bearbeitung des Heron ab- 
geschrieben (Hultsch s. Gromatici in Ersch- 
Grubers Encyklopädie. Cantor Die röm. Agri- 
mensoren). Für die historischen Unkennt- 
nisse der jüngeren G. dürfte bezeichnend sein, 
daß einer von ihnen den Kaiser Tiberius an die 
Triumvira schreiben läßt (Feldm. I 271, 2). Dem 
Inhalt entspricht die Form. Während die drei 
guten Autoren (Frontin, Hygin, Siculus Flaccus)60 
das knappe klare Latein der römischen Technik 
schreiben, stehen die späten Stücke — besonders 
die easae lüterarum — in Satzbau, Deklination 
und Wortschatz auf der Grenze der römischen 
und romanischen Sphäre. Beispiele: de latus se 
= a (auo) latere (I 310. 311 usw.), de super se 
311) vgl. ital. disopra, de sub rivo (316); casa 
tn mortie habere (320, 2); ütira vineam memo- 



tichi (Roma 1854). Über die Überlieferung der 
gromatischen Schriften s. Feldm. II 1—220. 
Mommsen in Bonn. Jahrb. 1896, 272f. Bub- 
nov Gerberti opera mathem. (1899), wo beson- 
ders die gromatischen Stücke, aber auch die übrige 
Literatur behandelt ist. [Schulten.] 

G rom' in {foo>vEia), nach Steph. Byz. = Hero- 
dian. I 276, 35 Lentz eine Stadt in Phokis; sonst 
unbekannt. [Bölte.] 

Grosphua s. Pomp ei us. 

Groncasim oder Croueasim (s. o. Bi IV 
S. 1726) nennen nach Plin. n. h. VI 50 die Saken 
im Norden des Iaxartes den Kaukasos; die Be- 
deutung des Wortes soll nive eandidum sein. 
Die leider ganz vereinzelte Notiz stammt gewiß 
von Demodamas, der im Dienste des Seleukoa 
und Antiochos als erster Grieche den Iaxartes 
überschritt (s. Plin. n. h. VI 49), und kann im 



Munde der iranischen Nomaden am Syr-Darja 
^der Sakä Hauroavarga, griechisch Amyrgioi) nur 
auf den Tien-schan zielen. Aber die Gleichsetzung 
mit dem indischen Kaukasos (Hindukus-Parapa- 
nisos, im weiteren Sinn auch den Himalaja um- 
fassend) war für den hellenistischen Griechen 
selbstverständlich; dadurch tauchte die neue geo- 
graphische Entdeckung unter in eine bereits tra- 
ditionell gewordene Anschauung und ging der 
wissenschaftlichen Erdkunde zunächst sofort wieder 10 
verloren. In der Mitteilung der Saken des Syr- 
Darja glaubte Demodamas offenbar auch den 
Schlüssel gefunden zu haben zur Erklärung der 
merkwürdigen, seit der makedonischen Eroberung 
Asiens üblichen Übertragung des Kaukasos namens 
auf den Parapanisos und Himalaja, wiewohl sich 
der sakische Ursprung dieser Bezeichnung sicher 
allein schon dadurch ausschließt, daß Alesanders 
Heer den Hindukus zuerst von Süden und Ära- 
■chosien her kennen lernte. Marquardt (Zur 20 
Geschichte von Eran II, Philol. Suppl. X 81) 
■erkennt in dem zweiten Element des Namens 
casim {gasim) besser als T o m as ch ek und andere 
{die skr. falpl vergleichen) das altiranische gasa 
{neupers. ga£ mit der Bedeutung schön, gut), 
das in nicht wenigen parthischen und ebenso in 
pontisch-skythischen Namen auftritt. [Kiessling.] 

Grovii oder Grovii, Völkerschaft an der Nord- 
westküste Hispaniens. Unter den Namen kallä- 
kischer Völker, die zuerst durch des Poseidonios 30 
Schilderung der Feldzüge des D. Brutus bekannt 
wurden, schienen mehrere den griechischen Gram- 
matikern, wie Asklepiades von Myrlea, ihren Phan- 
tasien von den Fahrten des Teukros, Odysseus 
und anderer griechischer Helden nach dem fernen 
Westen Bestätigung zu geben (s. Art. Amphi- 
lochoi Nr. 2, Callaeci, Helleni, Limia, 
ölisipo u. a.). In der Küstenbeschreibung 
des Varro, die auf Poseidonios ruht, scheint 
•diese Ansicht, obgleich ihr Poseidonios selbst 40 
widersprach, Ausdruck gefunden zu haben. Vom 
Durius aufwärts bis etwa zum Minius (Mela III 
10 a Durio ad flexum Grovi), im Bezirk von 
Bracara (Plin. n. h. IV 112 a Güenis (s. d.) 
eonvenhis Braearwm , Helleni, Grovi, eastellum 
Tyde, Graeeorum sobolis omrtis) t nach Ptole- 
maios am Minius selbst (II 6, 44 FqovIcov Tov- 
dat), der ihnen das eastellum Tyde zuweist (s. 
d.), das am Minho liegt, wohnten die Grovier, 
die Silius Gravier nennt und durch die Vermit- 50 
telung des Livius, wohl derselben Quelle folgend, 
auch mit dem Fluß Lethe oder Limia zusammen- 
bringt (I 235 quinque super Gravios — einige 
Hss. Grovios — luctntes volvit liarenas, inferttae 
populis referens oblivia. Lethes und III 366 et 
quos nune Gravios violato nomine Graium 
Oeneae misere domus Aetolaque Tyde), Auf In- 
schriften jener Gegenden kommt ein Bassus Me- 
dami f(üius) Crovus (CIL II 774 vielleicht Oro- 
vius zu schreiben) und eine Proeula Camali 60 
f(äia) Orovia vor (CIL II 2550). Die Erweichung 
des vielleicht ursprünglichen e zu g ebenso wie 
die Ablautung des a zu o entspricht den iberi- 
schen Lautgesetzen, kann aber auch auf Willkür 
der griechischen Berichterstatter beruhen. Ge- 
nauer sind die Wohnsitze des Volkes nicht fest- 
zustellen. [Hübner.] 

Qrudii, ein kleines von den Nerviern ab- 



hängiges Volk in Gallia Belgica, Caes. b. G. V 
39. Zeuss Die Deutschen 215. Desjardins 
Ge^ogr. de la Gaule II 436. Müllenhof f Deutsche 
Altertumsk. II 204. [Ihm.] 

Grnentla s. Druantium. 

Grumbestini, kalabrische Gemeinde, Plin. 
ni 105; wird in Verbindung gebracht mit dem 
heutigen Grumo landeinwärts Von Bari (Nissen 
Ital. Landeskunde n 858). Auf sie werden von 
Garrucci Monete dell' Italia 119 u. a. Kupfer- 
münzen mit rPY, vielleicht mit Recht , be- 
zogen. [Weiss.] 

Grnmentnm , Stadt, nach CIL 228 (Kaiser- 
zeit) mit Kolonierang (vgl. Mommsen Hermes 
XVIH 166) im binnenländischen Lukanicn (Strab. 
VI 254. Ptolem. HI 1, 61), rechts vom oberen 
Agri, wo der Sciagrabach mündet (Acta S. Laberii, 
Ughelli VII p. 493), beim heutigen Saponara. An 
der Spitze des der Pomptina zugewiesenen Ge- 
meinwesens (Kubitschek Imp. Rom. trib. discr. 
45) standen Praetores duoviri (CIL X 208. 221. 
226. 227), Aediles (208. 220. 224. 226. 227) und 
Quaestores (221. 224. 227). Im J. 215 sind die 
Römer gegen den Karthager Hanno bei G. sieg- 
reich, Liv. XXin 37. 207 sucht Hannibal die 
zu den Römern übergegangene Stadt zurückzu- 
gewinnen, Liv. XXVII 41, vgl. Lehmann An- 
griffe der drei Barkiden auf Italien. 241tf. Im 
Bundesgenossenkrieg stand sie gegen Rom und 
wurde erobert (Flor. H 6. Appian. bell. civ. 1 4L 
Sen. de benef. HI 23. Macrob. Sat. I 11, 23). 
An dem Neubau der Stadtmauer wird 57 und 51 
v. Chr. gearbeitet (CIL X 219. 220). Das Stadt- 
gebiet, welches ziemlich ausgedehnt war (vgl. 
Nissen Ital. Landesk. n 909f.), soll nach Geogr. 
Rav. IV 35 an das von Tarent angegrenzt haben. 
Nach Bauresten sind noch zu erkennen ein Theater, 
das Amphitheater von ziemlicher Ausdehnung (Not. 
d. seav. 1897, 180). Die ecclesia Grumentina wird 
erwähnt Gregor. I pap. registr. IX 209 (599 n. Chr.). 
Den Wein der Gegend preist Plin. XIV 69. Sonst 
ist G. noch genannt im Lib. Colon. 209 , von 
Plin. m 98, im Itin. Ant. 104, auf der Tab. 
Peut. Vgl. CIL X p. 27ff. IG XIV p. 177. 
Racioppi Storia dei popoli della Lucania 12 
(1902) 507. Nissen a. O. [Weiss.] 

Grumum, heute Grumo, zwischen Neapel und 
Atella, wird genannt in der Translatio S. Athanas. 
episc. Neap. Mon. Germ. ss. r. Langob. p. 451. 
Über Grum(um)o bei Bari s, den Art. Grum- 
b e s t i n i. [Weiss.] 

Grnthungi, Gmtuugi s. Greuthungi. 

Gryllos (o r Q vhog aus Plin. n. h. V 122; 
der Name vielleicht von dem grunzenden Ge- 
räusch des Wassers (?) oder von dem Aufenthalt 
von Schweinen im trockenen Flußbett?), ein 
Flußchen in der westklein asiatischen Landschaft 
Aiolis und zwar in dem Teil, der östlich von 
Lesbos liegt, bei Koryphantis (s. d.). R. Kiepert 
Karte v. Kleinas. B 1. I. A. Cramer Asia Min. 
I 132. [Bürchner.] 

Gryllion. 1) Parasit des Satrapen Menan- 
dros, Athen. VI 245 a. [WiUrichJ 

2) Ein Bildhauer (oder Maler?) aus der Zeit 
des Aristoteles, bei dem dieser Porträtstatuen 
(oder -bilder ?) bestellt hatte, die als Weihgeschenke 
aufgestellt werden sollten ; Testament des Aristo- 
teles bei Diog. Laert. V 15. [C. Eobert.] 



Gryllos {TqvXXos). 1) Habe die Dioskuren ent- 
sühnt, flach Philostephanoe frg, 34 (FHG EU 33) 
bei Herodian. st. pov. U&wg (p. 1 1 , 26). [Waser.] 

8) Vater des Sokratikers Xenophon, Athener 
CEextets), Diog. Laert. II 48. Paus. V 6, 5. Arrian. 
anab. II 8, 11. Strab. IX 403. Athen. X 427f. 
Denselben Namen führt: 

3) Der Sohn des Xenophon, Dinarch. bei Diog. 
Laert. II 52. Paus. I 3, 4. VIII 9, 5. 10. 11, 
6. IX 15, 5. Aelian. v. h. III 3. Geboren nach 10 
399, zu welcher Zeit nämlich Xenophon noch 
keine Kinder hatte (Xen. anab. VDZ 6, 34), wird 
er mit dem Bruder Diodoros in Sparta erzogen, 
Diog. Laert. II 54. Als die Eleier Skillus, den 
Wohnsitz des Xenophon, im J. 371 genommen, 
flieht G. mit seinem Bruder Diodoros nach Le- 
preon und von dort nach Korinthos, Diog. Laert. 
II 53. G. und sein Bruder werden von ihrem Vater 
Xenophon nach Athen gesandt im J. 362, Diog. 
Laert. 53. G. fallt in dem Eeitertreffen kurz vor 20 
der Schlacht hei Mantineia tapfer kämpfend, Ephör. 
bei Diog. Laert. 54. Paus. I 3, 4. [Kirchner.] 

Gryllus. Seine dunklen Badeanlagen auf dem 
Marsfeld in Rom erwähnt Martial. I 59, 3. IL 
14, 12. [Stein.] 

Grynchai (Ethnikon : oirgvy X ys hatte L. Roß 
als Einwohner einer Stadt [al rqvyxaiT] auf der 
Kykladeninsel Syros, heim jetzigen Maria della 
Grazia bezeichnet, Roß Griech. Inselreisen I 8. II 
26f.). In dem Verzeichnis der Tribute des atti- 30 
sehen Seebundes kommen unter den Pflichtigen des 
vt}ötQ}Tixog yoQös mehrmals die G. vor, einmal 
unmittelbar zwischen den Syriern und Rhenaiern, 
dann aber öfter unter den euböischen Städten, 
W. Larfeld Handb. d. griech. Epigr. II 1, 40ff. 
Darum hat G. Bursian Geogr. Griechenl. II 
425f. 466 A die Lage von G. in den Ruinen einer 
euböischen Stadt, beim jetzigen Neochöri, 2 Stunden 
nordwestlich von Awlonäri vermutet. Der Name 
ist in den Tributlisten r&vvxrjg, Bovyx^g g e - 40 
schrieben, U. Köhler Urkunden 197. Schon 
Boeckh Staatshaushalt der Athener II 678 hat 
richtig erkannt, daß der Ort G. und 'Pvyxcu /&>- 
qiov Evßotag des Steph. Byz. und Tqvzai, ndXig 
Evßoiag (vgl. Lycophr. AI. 374) dasselbe be- 
deuten. Die Ruinen: Ulrichs Reisen II 244f., 
Ber. d. Sachs. Ges. d. W. 1859, 134f. Bau- 
meister Skizze v. Eub. 14. S. Brynchai o. 
Bd. III S. 927. [Bürchner.] 

Grynche, Stadt auf Euboia, deren Name nur in- 50 
schriftlich überliefert ist. Die attischen Tributlisten 
bieten das Ethnikon rovyxrjg (oder vv), IG I 37. 
70. 229, 12 b. 236, 8 c. 244, 78. Journ. hell. stud. 
XXVIII 291 (Reste IG I 239, 77. 256 i 48), Kata- 
loge aus Eretria Anfang 3. Jhdts. v. Chr. rgvyxsig 
(Imal), rgvyxv&w (3), sonst die Abkürzungen Fov- 
yxv (2), r Q vy X (2), r e vy (1), r Q v (1). Der Anlaut 
ist 1 5mal sicher. Im 3. Jhdt. muß der Ort rqvy%r\ 
geheißen haben; rgvyxys könnte auch Verkürzung 
von FQvyxstijg sein und auf Pqvyx^ta zurückgehen 60 
(Dittenb erger Herrn. LXI 169rT.). Auf den 
attischen Tributlisten erscheint das Ethnikon sicher 
IG I 231, 12, nach wahrscheinlicher Ergänzung 
auch 233, 22 b in der Form Bgvyx^g, wozu der 
Ortsname Bgvyxeia heißen würde. Offenbar handelt 
es sich bei der verschiedenen Schreibung um Ver- 
snobe , «inen Laut wiederzugeben, für den das 
griechische Alphabet nicht ausreichte (Kühner - 



Blass I 143). Unter dieser Voraussetzung hat 
Boeckh weiter hierher gezogen Steph. Byz. 
r F6yxai, ^o> e fov Evßoiag und Steph. Byz. Tov^at, 
3z6Xig Evßotag. Avx6<pooov ök fteroHpodoog (ftsra- 
TtXdaag? Meineke) Tgvxavra xaXeT. Bei Lyk. 374 
heißt es auiiXot ts xai Tgvx aTa *«* *Qaxvg Nedcav. 
Dazu bemerkt Tzetzes Tgvxara xai Mdatv xae 
AiQycaoaae (375) oqt} Evßotag elol. Hermann 
(Opusc. V 240) nimmt an , Stephanos habe xar 
TQvxavia gelesen, und das hat Sehe er aufge- 
nommen; offenbar mit Recht, denn oniXoi ver- 
langt ein Attribut, Wie v. Holzin ger in seiner 
Ausgabe T^xavta als Vokativ erklären will, ist 
unverständlich. Endlich will Geyer bei Stephanos 
Tvp ... sou de xai Tvxalov oqos fj.exak'v 'Eqe- 
TQiag xai Boicotiag lesen Tqvxoiov = TQV%ag (Boicü- 
riag ist verderbt, Baumeister 42 und Geyer). 
Beweisen lassen sich alle diese Identifizierungen 
nicht. Nach Ausweis der Tributlisten war der 
Ort im 5. Jhdt. selbständig, aber unbedeutend; 
er zahlte in der ersten Periode 1000 Drachmen 
und wurde 425 mit dem Doppelten angesetzt. 
Im 3. Jhdt. genörte er nach den Inschriften zu 
den Demen von Eretria. Die Lage des Ortes 
ist ganz unsicher, nur soviel läßt sich sagen, daß- 
er in Mittel-Euboia , wahrscheinlich in seinem 
östlichen Teil lag. R. Kiepert Formae XV setzt 
es mit den zuerst von Ulrichs, dann von Bur- 
sian und Baumeister erwähnten Ruinen süd- 
westlich Neochöri, 3 Stunden südlich von Kumi 
gleich; so auch Stauropullos (154). Boeckh 
Staatsh. IIS .676. 678. Köhler Abh. Akad. BerL 
1869, 197. Ulrichs Reisen und Forschungen TT 
244f. Bursian Ber. Sachs. Ges. d.Wiss.l859,134f. 
Baumeister Topographische Skizze der Insel 
Euboia 14. 42. Bursian Geogr. II 425f. Zu- 
sammenfassend Geyer Topographie und Gesch. 
d. Insel Euboia I 73ff. Inschriften von Eretria. 
Stauropullos 'Eiptfft. &g X . 1895, 125ff. (dies 
die berichtigte Ausgabe statt 'Eyijft. ö.qx. 1869- 
n. 404; Bull. hell. H 277, 5; *E<p W . & QX . 1887 r 
82ff-). # [Bölte.] 

Gryne (JgtJw/), Amazone, von Apollon ver- 
gewaltigt am Gryneum nemus nach Schol. rec. 
Verg. Aen. IV 345, also offenbar Eponyme dieses 
Hains, von dem Servius z. d. St. nur weiß, daß 
er ein Apollonheiligtum enthielt. Die Verbin- 
dung von G. mit Apollon ist spät (Toepffer 
Attische Geneal. 191f.). [Tümpel.] 

Gryneion (rgöveiov, r^vveia [Neutrum und 
Femininum], auch Tqvvoi [Steph. Byz.]; über die 
Gründungssage s. Gryne; heute Tschifutkaleh, 
s. Pottier-Reinach Neeropole de Myrina 33. 
Schuchhardt S.-Ber. Akad. BerL 1887, 1213, 
v. Diest Petenn. Mitt. Erg.-Heft 94, 31), Küsten- 
stadt {fuit et Grynia, nunc tantum portus, olim 
[soli Hss.] insula adprehema s. Diest a. a, O. 
Plin. V 121) in der südlichen Aiolis , 40 Stadien 
von Myrina und 70 von Elaia entfernt, wurde 
zu den elf alten aiolischen Städten gerechnet 
(Herod. 1 149]; hier sollen die Griechen überlegt 
haben, ob sie gegen Telephos kämpfen sollten 
(Scyl. 98. Steph. Byz.). In den J. 439-429 
zahlt G. Vs- Talent als Mitglied des attischen 
Seehundes (Larfeld Griech. Epigr. II 1, 26). 
Vorübergehend herrschte hier Gongylos von' Ere- 
tria (s. d.), dem Dareios für geleistete Dienste 
ein Fürstentum in Teuthrania schenkte, nnd seine 



Nachkommen (Xen. hell. III 1,6); Qrwtmim in 
Phrygia castrum, aus dem Alkibiaaes durch 
Schenkung des Pharnabazos 50 Talente an Ein- 
künften bezog, kann derselbe Ort gewesen sein ; 
seine Bedeutung erhellt daraus, daß ein zwischen 
Magnesia und Smyrna im J. 244 geschlossener 
Vertrag iy rgvvdq) iv rtp isgtp tov 'AnioXXatvog 
aufgestellt wird (CIG 3137 = Dittenb erger 
229 [vgl. 266] 85). Noch Aristeides opferte hier 



Sohn des Apollon, Grynos, oder von einer Toch- 
ter des Gottes, Gryno (Serv. Verg. Bnc. a. a. O.: 
Apollini a Gryno filio — var. fUia — consecra- 
tttm, wofür aber auch a Gryno ißurypyli) film 
vermutet ist). Im übrigen knüpfte man auch an 
die Sagenmotive anderer ApollonheiligtÜmer an. 
So sollte Apollon in Gryneia den Drachen ge- 
tötet haben, Serv. Verg. Buc. a. a. O. add. Da- 
niel: oraculum Apollinis qui serpentem ibi oc- 



(51, 8 II p. 454, 5 Keil); über Reste des Gebäudes 10 eidit , vgl. Tb. Schreib er Apoll. Pythoktonos 



Rev. Arch. 1883 I 3611 Phil. W.-Schr. 1888, 830. 
v. Diest a. O. ; der heilige, gärtnerisch gepflegte 
(Paus, I 21, 7) Hain des Apollon [Gryneum nemus 
Verg. ecL VI 27 [u. Schol.] mit pavzEiop olqxoXov 
Hecat. FHG I 14 fieg. 211. Verg. Aen. IV 345) 
war durch ein Epyllion des Euphoriön (s. o. Bd. VI 
S. 1187) verherrlicht worden. Im 4.(?) Jhdt. 
Proxenieverhältnis mit Smyrna (Mova. x.B.x. iv 
2{tvQvr} Evayy. Ix°^ I (1873) 91. Im J. 335 er- 



39ff. Kalchas sollte hier gestorben sein: als 
Kalchas Reben pflanzte, prophezeite ein benach- 
barter Seher, er werde den neuen Wein nicht 
mehr trinken, und als der Wein fertig war und 
Kalchas den Becher schon in der Hand hielt, 
wiederholte jener die Prophezeiung ; Kalchas ge- 
riet darüber in solches Lachen, daß er daran er- 
stickte, Serv. Verg. Buc. a. a. O., wo dann weiter 
auch eine vom Myth. Vat. I 194. II 224 wieder- 



oberte Parmenion die Stadt und verkaufte die 20 holte Version folgt , nach welcher der bekannte 



Einwohner in die Sklaverei (Diodor. XVII 7, 9) ; 
im 3. Jhdt. prägte sie noch Münzen (Head- 
Svoronos HN II 86: auf den Reversen die Mies- 
muschel, vgl. Plin. n. h. XXXII 59 : circa Gry- 
nium ostrea), hatte aber wohl kaum noch Bedeu- 
tung (Plin. V 121) und geborte später zum Ge- 
biete von Myrina (Strab. XIII 622). R. Kiepert 
Karte von Kleinas. B I. Vgl. den Art. Gry- 
ne i o s. [Kroll-Bürchner.] 

Gryneios (rgvvEiog) , Epiklesis des Apollon 30 
von seinem Kult in Gryneia (s. d.) bei Myrina; 
Parthen. Delos frg. 6 bei Steph. Byz. s. Iqvvol 
(nach Schneider Callimachea frg. anon. 317 
rgw^toe), Orph. hymn. 34, 4. Verg. Aen. IV 345. 
Bei Strab. XIII 622 heißt der Ort Grynion, die 
Epiklesis daher rgwetg: Strab. XIII 618. Steph. 
Byz. s. 'Exaxowrjaoi, Das Heiligtum war eine 
alte Orakelstätte, der Tempel ein prächtiger Mar- 
morbau: fiavzsiov aQxalov xai vewg TroXvteXyg 



Streit des Kalchas und Mopsos , der zum Tode 
des Kalchas führte, in Gryneia spielte und Eupho- 
riön zitiert wird; verschiedene Vermutungen über 
Euphorions Version bei Knaack Jahrb. f. Philol. 
1888, 150. Immisch Klaros, Jahrb. f. Philol. 
Suppl. XVn (1890) 148ff. Gruppe Gr. Myth. 
294, 6. Münzen von Gryneia mit dem Kopf des 
Apollon , Cat. Brit. Mus. Troas , Aeolis 133 Taf. 
XXVI 8. 9. f [Jessen.] 

Gryneus (rgwe-us). 1) Epiklesis des Apol- 
lon bei Strab. XIII 618, wiederholt bei Steph. 
Byz. s. 'ExaTÖvvTjGoi ; s. Gryneios, 

2) Ein Kentaur bei Ovid. met. XII 260. 

[Jessen.] 

Grynos, Sohn des Eurypylos, des Königs von 
Mysien, der nach einem mit Hilfe des Pergamos 
glücklich geführten Kriege auf Apollons Geheiß Per- 
gamos und Gryneion gründet, Serv. Verg. Ecl. VI 
72. Vgl. Im misch Klaros 148f. ThrämerPer- 



Xt&ov Xsvxov , Strab. XIII 622. Steph. Byz. s. 40 gamos 243. Im Anfang des Scholions ist für a 



r@vvot. Berühmt war der heilige Hain : 'ÄttöX- 
Xavos xdXXtorov äXaog dfa&Q(av xai ftfi&Qaiv xai 
oaa x&v axägstotv oafirjg xagexstal nva i) ftiag 
ydorfr , Paus. I 21, 7 , vgl. Verg. Buc. VI 72f. 
nebst Servius, von dem auch der Reichtum an 
Quellen betont wird. Ort und Heiligtum hatte 
seinen Namen vielleicht von den heilkräftigen 
Pflanzen (yQvvrj, yQvvov), Jahn S.-Ber. d. sächs. 
Ges. d. Wiss. III (1851) 139ff. Hermeias von 
Methymna hatte ein eigenes Werk jisqi tov rqv- 50 
veiov "AnöXXatvog geschrieben, Athen. IV 149 d. 
Erwähnt wird das Heiligtum: Dittenberger 
Syll. 2 IV 229, 85 (CIG 3137). 266, 18. Aristid. 
I 536 Dindorf; das Orakel, dessen Bestehen 
B u r e s c h Klaros 70ff. für die spätere Zeit be- 
stritt, wird erwähnt: Philostrat. Apollon. Tyan. 
IV 14. Verg. Aen. IV 345; von Linnenpanzern 
als Weihgeschenken spricht Pausanias a. a. O.; 
mit dem Asylrecht hängt der von Varro bei Serv. 
Verg. Buc. VI 72 berichtete Brauch zusammen, 60 
daß Fesseln und Ketten den Verfolgten abge- 
nommen and an den Bäumen aufgehängt wurden. 
Nach der Lokalsage sollte Heiligtum und Stadt 
den Namen erhalten haben von Grynos, einem 
Sohn des Eurypylos und Enkel des Telephos 
(Serv. Verg. Buc VI 72). oder von einer Amazone 
Gryne, mit der Apollon ein Liebesverhältnis hatte 
(Serv. Aen. IV 345), vielleicht auch von einem 



Gryno filio nach Thilos Vorschlag wohl zu schreiben 
a Gryno {Eurypyli) filio. Eine Tochter Apollons 
Gryno aber verdankt ihr Dasein nur der Korrektur 
Daniels im Cod. Leid. (L), und damit sind die 
Erörterungen O. Jahns über den Namen (s. Drex- 
ler in Roschers Lei. s. Gryno) gegenstandslos. 
Vgl. Gryne und Gryneion. [Hoefer.] 

Grypos — Habichtsnase, Beiname des Seleu- 
kiden Antiochos VIII.; vgl. Bd. I S. 2480. 

[Willrich.] 

Gryps (rovyj), der Greif, das orientalisch- 
griechische Fabeltier. 

Übersicht: 

Name. 

A. Greif in den orientalischen Kulturkreisen. Vor- 
bemerkung. 

I. Im ägyptischen Kulturkreise. 
II. Im babylonischen Kulturkreise, a) Schlan- 
gengreif, b) Löwengreif. 
HI. Im chetitischen Kulturkreise. 
IV. Im kretisch-mykenischen Kulturkreise. 
V. Im ass)Tischen Kulturkreise, a) Schlan- 
gengreif . b) Löwengreil c) Vogelgreif. 
VI. Im persischen Knitorkreise. 
VIL Im phönizischen Kulturkreise. 
Vm. Zusammenfassung. 

B. Im griechischen Kulturkreise. 

L In der Literatur. 



II. In der Kunst. 1. Wesen und Verwendung. 

2. Verbindung mit Göttern, Menschen und 

Tieren. 3. Entwicklung des Typus, a) Der 

archaische Typus, b) Der klassische Typus. 

c) Der Löwengreif. — Literatur. 

Name. Die bisher aufgestellten Deutungen 

des Namens ygvy), ygvTtög entbehren sämtlich 

der überzeugenden Kraft. Vielfach hat man (vgl. 

Seeburg Encycl. 64) den Namen mit dem hebräi- 



Das ph taucht auch schon früh in den Formen 
der 8. Deklination auf (Plin. X 136 grypkäs, 
solche griechischen Kasusformen auch sonst häufig 
Tgl. Forcellini-de Vit Lex. lat. Georges Lex! 
d. lat. Wortformen. Neue-Wagen er Formen- 
lehre, s. Index). [Ziegler.] 

A. Der Greif in den orientalischen 
Kulturkreisen. 

Vorbemerkung: Mit Vogelgreif bezeichne 



sehen WS gleichsetzen wollen, dem er allerdings 10 ich im folgenden stets "das Mischwesen VusTöW 
lautlich zxemlich nahe steht; was das n im Auslaut körper, Vogelkopf, mit oder ohne Flügel- mil 
angeht, so heert es nicht fern, an einen ana.ln- S^lar,«-*™,.^ j„„ if,-„v __ e n?l 



angeht, so liegt es nicht fern, an einen analo- 
gischen Einfluß von yvtp, yvjiog zu denken. Dazu 
tritt bestärkend die Tatsache, daß die Funktion 
der G. und der Cherubim die gleiche ist: sie 
sind Diener und Wächter der Gottheit, und an- 
sprechend hat man das G.-Gold mit dem Para- 
dies, an dessen Pforte der Cherub steht (Gen. 
LH 24), verglichen. Wenn diese Gleichung richtig 



Schlangengreif das Mischwesen aus Löwen- 
körper, der häufig noch mit Schuppen bedeckt 
ist, Schlangenkopf, Löwenvorderfüßen und Vogel- 
hinterfüßen, mit oder ohne Flügel, zumeist noch 
mit Skorpionsschwanz; mit Löwengreif das 
Mischwesen aus Löwenkörper, häufig geschuppt, 
Löwenkopf, Löwenvorderfüßen, Vogelhinterfüßen^ 
Vogelschwanz, mit oder ohne Flügel. Für Varian- 



di. ' *■■ • - - \Wi -—-.,.,,.& "-~^s ' u g <,«oi,i±, t- aiü, uiiu uuei umiü juugei. mir varian- 
di, wofür mir einige Wahrscheinlichkeit vorhan-20ten dieser Haupttypen vgl. die einzelnen Teile 
den zu sein scheint, da es nicht WlbV ist. im r n ai - n, a ,-*"V™ s„„»j.- .!.._ «-..,, 



den zu sein scheint, da es nicht billig ist, im 
Falle einer solchen Wortherübernahme mehr als 
ein ungefähres Sichdecken der Begriffe zu for- 
dern, wie es hier vorliegt, so ist damit freilich 
nicht allzuviel gewonnen, da unsere Kenntnis 
des Wesens der Cherubim eine sehr ungenügende 
ist und nur das negative Resultat feststeht, daß 
Name und Begriff dieses Wesens den Hebräern 
aus einer für uns nicht mit Sicherheit zu kon- 



I. Der Greif im ägyptischen Kultur- 
kreise. Ägypten kennt nur den Vogelgreif- 
Typus, der aus einer Kombination von LOwen- 
körper und Falkenkopf besteht, zu der auch meist 
noch Beflügelung tritt. Seit dem N. E. läßt 
sich neben dem ureigentlichen ägyptischen Ty- 
pus eine durch vorderasiatisch-syrische Bildungen 
(siehe darüber unten) beeinflußte Variante ver- 
folgen, deren wesentliches Merkmal die aufge- 



statierenden Quelle zugeflossen sind (vgl. die 30 drehten Locken am Kopfe sind (z. B. G auf einem 
Literatur bei Furtwänsrler 1742 und Run. i^a™ß™i, fl p 4 ™^Tn iL-n-u^r»-?!" 



Literatur bei Furtwängler 1742 und Bau- 
dissin in Haucks Eeal-Encycl. f. pro! Theol 
u. Kirche VI 17. Gunkel zu Gen. III 24. Ben- 
zinger Hebr. Archäol.2 228). Trotz ihres un- 
bestreitbar stark hypothetischen Charakters scheint 
mir die Ansetzung einer solchen Quellengemein- 
schaft von G. und Cherub oder jedenfalls der 
Versuch einer Anknüpfung in dieser Richtung auf 
einem prinzipiell richtigeren Wege sieh zu be- 



finden als rein griechische Etymologien. Denn 40 0. pl. XCVI 41). 



in dem Grabe Ramses' III. gemalten Goldkorb [Abb. 
Prisse d'Avermes Lart egyptien. pl. LXXXIV 
11], G. als Gewandmuster auf einer Faienceeinlage 
aus Teil el-Jehudije aus der Zeit Eamses' I&. 
[Abb. Transactions VII pl. II nach S. 182], G. 
auf einem goldenen Armband der XIX. Dynastie 
[Abb. Ohnefalsch-Richter Kypros 81 Fig. 104], 
und der G.-Kopf dem Deckel eines Prunkgefäßes 
der XX. Dynastie [Abb. Prisse d'Avennes a. a. 



da der G. kein eigenes Erzeugnis des mythischen 
Denkens der Griechen, sondern der Kunsttypus 
wie die Sage in ihrem wesentlichen Kern über- 
nommen und nur in bescheidenem, niemals die 
Grundlinien verwischendem Maße fortentwickelt 
sind, so darf das gleiche für den Namen erwartet 
werden. So ist nicht nur Furtwänglers Ab- 
leitung von der indogermanischen Wurzel grahk 
»greifen*, die auch sonst wenig Gläubige gefunden 



£„v. J---ÜI- i. L- — I * i V , ,v s & — x.uici aus uci rreiutainmer aes öonnenüeuisrtums 

haben durfte, bestimmt falsch (vor allem aus laut- 50 des Neweserre" in Berlin Äg. Mus. nr 20041 und 
gesetzlichen Gründen), sondern auch die von Prf» 11- Ti o u t <.„<, n«,i, „„ t :„ J? t> t.a "m ^ .* 



gesetzlichen Gründen), sondern auch die von Prell 
witz (im Etymol. Wörterb. d. griech. Sprache) 
ist abzulehnen, nach dem der Name ypvy von 
yQVJioq ,krumm' kommen und von dem krummen 
Schnabel oder den krummen Krallen des G. ge- 
nommen sein soll; eher dürfte ygvjiög, das bei 
Xenophon und Piaton zuerst begegnet, von dem 
älteren yQvy abgeleitet sein. Im Lateinischen 
tritt schon früh neben gryps, grypis die Erwei- 
terung grypus, grypi auf (Pomp. Mela II 1, 1. 60 
III 7, 62. Plin. VII 10. XXXEn 66). Später wird 
sie durch die aspirierte Form gryphus ersetzt, 
wohl durch Anlehnung an oder Verwechslung mit 
grtphus, zu dem begrifflich die Zusammenwer- 
jung des G. mit der Sphim, vgl. S. 1922 die 
«rücke schlug. Aus gryphus sind die romani- 
schen Fortbildungen (ital. grifone, franz. griffen, 
span. ffnfo) und unser ,Greif « hervorgegangen. 



Der G. läßt sich in Ägypten bis in die prä- 
historische Zeit (also vor 3300 v. Chr.,) zurück- 
verfolgen, wie die Darstellungen auf einem Gold- 
blech, das als Griffverzierung eines Feuerstein- 
messers gedient hat (Abb. de Morgan Origines 
I 115 fig. 136), und auf einer Schminkpalette in 
Oxford (Abb. C apart Debüts de l'art 225 flg. 156) 
beweisen. Auf diesen Darstellungen (vgl. ferner 
Eelief aus der Weltkammer des Sonnenheiligtums 



Eelief aus Grab nr. 5 in el-Bersheh Abb. Grif- 
fith el-Bersheh LT pl. XVI) ist der G. ein Wüsten- 
tier, an dessen wirklicher Existenz nach ägyp- 
tischer Anschauung nicht gezweifelt werden kann, 
und auf das man genau so wie auf den Löwen 
und andere Tiere Jagd machen kann, wie es ein 
Eelief des M. R. in Beni Hasan (Abb. Newberry 
Beni Hasan LT pl. IV) so schön zeigt, während 
es seinerseits die Wüstentiere jagt und anfallt. 
Wichtiger ist die Verwendung des G. als Ab- 
bild des Königs. Ob hierfür der schon vorhan- 
dene bildliche Typus einfach übernommen ist, 
oder ob eine Neuschöpfung stattgefunden hat, 
läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. An 
sich wäre es nicht unmöglich, den G.-Typus in 
seiner Eigenschaft als Darstellung des Königs in 
analoger Weise zu erklaren wie die Entstehung 
des Sphinx, daß sich nämlich ans der doppelten 



Gleichung, erstens König — Horus (d. i. Falke), 
zweitens König = Löwe der G. als Bild des Kö- 
nigs entwickelt hätte. Wir hätten demnach in 
dem G. als Wüstentier und dem G. als Königs- 
tier zwei verschiedene Erzeugnisse der Phantasie 
zu sehen, die im Bilde nicht zu scheiden sind. 
Mit Sicherheit läßt sich der G. als König nicht 
vor dem M. E. belegen (vgl. den G., der zwei 
Feinde zertritt auf dem Pectoral Sesostris' III. 
[Abb. de Morgan Fouilles a Dahchour pl. XXI]), 10 
aber wahrscheinlich gehört auch er schon dem 
A. E. an, denn die Relieffragmente aus den 
Totentempeln des Sahurf und Neweserre' (Abb. 
Borchardt Grabdenkmal des Ne-user-re* Abb. 
29, 31, Blatt 8-12; MDOG nr. 34 Blatt 5), 
lassen sich, obwohl an sich, da der Kopf des Fa- 
beltieres nicht erhalten ist, sowohl eine Ergän- 
zung nach dem Sphinx- wie nach dem G.-Typus 
hin möglich ist, mit größerer Wahrscheinlich- 
keit als G. auffassen, wofür ein kleines Kalk- 20 
steinrelief des N. R. aus Abu Gurab (Berlin 
Ägypt. Mus. nr. 14805) spricht, das kaum et- 
was anderes als eine flüchtige Skizze nach den 
alten Reliefs sein kann. Als weitere Darstellung 
des G. als Königstier sind anzuführen : Skarabäus 
(Berlin Ägypt. Mus. nr. 3599), neben dem G. 
Beischrift .guter Gott', der liegende G. auf der 
Axt des Königs Ahmose (Abb. v. B i s s i n g 
Thebanischer Grabfund PI. I), Beischrift , Geliebt 
von Montu', der einen Feind zertretende G. auf 30 
einer Säule in Wadi es Sofra (Abb. L. D. V 75, 
die neben Königsringen sitzenden G. auf einem 
Pfeilerknauf in Ben Naga (Abb. L. D. V 55). 
Im Gegensatz zu der Fülle von Darstellungen 
des Sphinx als Königstier ist der G. als Königs- 
tier verhältnismäßig sehr selten. Das findet seine 
Erklärung darin, daß in dem G. die doppelte 
Übertragung (Löwe und Horus) liegt und daher 
die Persönlichkeit des einzelnen Herrschers ganz 
zurücktritt. Der G. ist eben Repräsentant des 40 
Königtums im allgemeinen, der Sphinx der je- 
weilige regierende Herrscher. Hierfür spricht 
auch, daß in den Schilderungen der Chetaschlacht 
Ramses IL häufig mit dem e Äft-Tier verglichen 
wird (z. B. de Rouge" Inscr. hieroglyphiques 241, 
44), das, nach seinem Determinativ zu urteilen, 
nichts anderes sein kann als der G. 

Als dritte Bedeutungsmöglichkeit ergibt sich 
für den G. in Ägypten seine Verwendung als 
göttliches (das trifft ja in gewisser Weise auch 50 
schon für den G. als Königstier zu) und dämo- 
nisches Wesen. So ist auf einem Relief in Edfu (Abb. 
Lanzone Dizionario di mitoligia egizia Tav. 
CLXXXI) der G., hier auf Lotosblüte in der Son- 
nenscheibe sitzend, eine Erscheinungsform des Re r 
von Edfu, oder Lanzone a. a. O. Tav. CCXXVI 
Bild des Er wr des .älteren Horus' (des 'Agötjotg 
oder *Aod>r)Qtc der Griechen), während ihn ein 
Relief in Dendera (Abb. Mariette Dendörah IV 
pl. LXVI) als ,Horus von Edfu, der große Gott, 60 
der Herr des Himmels* bezeichnet, und die Dar- 
stellung auf einer Kalksteinstele (Abb. Lanzone 
a. a. O. Tav. Xni) ihn unter Übertragung einer 
für den König geschaffenen Form (der G. zertritt 
hier zwei Feinde) auf den Gott für Amon ver- 
wendet. Es handelt sich in allen diesen Fällen 
um Gleichsetzungen der Spätzeit, für die bei dem 
völligen Durcheinanderfueßen der Gottheiten und 



ihrer Attribute in dieser Zeit keine Erklärung 
möglich ist. Als dämonisches Wesen tritt uns 
der G. entgegen auf einem Zauberstab des M. 
E. (Berlin Ägypt. Mus. nr, 14207 [Abb, Legge 
Proceedings XXVII PI. IV fig. 4]), auf der Met- 
ternichstele (Abb. Golenischeff Mettermchstele 
Taf. V, XX) , auf einem Relief in Dendera (Abb. 
Mariette Denderah IV pl. LXXXH) und auf dem 
Sarkophag Sethos 1 I. (Abb. Bonomi-Sharpe 
Sarkophagus of Oimenepthah I pl. XILT A); in 
letzteren Falle steht auf dem Bücken des G, ein 
Mischwesen mit menschlichem Körper und zwei 
Tierköpfen, das die Kombination von Horus und 
Set darstellen soll. 

Rein dekorative Verwendung des G. läßt sich 
nachweisen auf dem oben zitierten goldenen Arm- 
band der XIX. Dynastie (die antithetische Anord- 
nung der G. um pflanzliches Ornament in diesem 
Falle ist vorderasiatisch beeinflußt) und bei den 
G.-Köpfen zu beiden Seiten eines Beskopfes als 
Deckelschmuck auf einem Pmnkgefäß aus der 
syrischen Beute Sethos' I. (Abb. Prisse d\Aven- 
nes a. a. O. pl. XCVII 9) und dem oben schon 
angeführten Prunkgefäß aus der XX. Dynastie. 

Außer r hh ist, für das Fabelwesen auf dem 
Eelief in Beni Hasan (s. o.) der Name Sfr und in 
el-Bersheh (s. o.) der Name t$-t$ bezeugt, letzterer 
vielleicht mit Zerreißer (so Griffith a. a. O.) zu 
übersetzen, wenn das Wort mit dem Verbum 
tS-tif, determiniert mit dem Messer, zusammen- 
hängt, das etwa , zerstückeln, zerquetschen (so im 
Papyrus Ebers) bedeutet. Eine allgemeine, sämt- 
liche Typen umfassende Bezeichnung scheint dem- 
nach genau so wenig wie für den Sphinx be- 
standen zu haben. 

IL Der Greif im babylonischen Kul- 
turkreise, a) Schlangengreif. Der Schlan- 
gen-G. ist eine Mischung von Schlange, Löwe, 
Vogel und Skorpion. Das älteste Beispiel, das 
wir besitzen, die Darstellung auf der Steatitvase 
des Gudea (Abb. deSarzec-Heuzey Decouver tes 
pl. XLIV fig. 2 a — c), zeigt ihn uns als ein Wesen 
mit Schlangenkopf, von dem eine gedrehte Locke 
herabfällt, geflecktem Schlangenkörper, Schlangen- 
schwanz, der in einen Skorpionstachel ausläuft, 
Vogelhinterfüßen, Löwenvorderfüßen und Flügeln. 
Auf dem Kopfe trägt er eine einfache Hörner- 
mütze, aus der zwei leicht nach der Seite geneigte 
Hörn er hervorwachsen, die aus den kleinen Hörnern 
auf den Köpfen gewisser Reptilienarten hervorge- 
gangen sein dürften.. Die übrigen Beispiele zeigen 
im allgemeinen keine allzugroße Abweichung von 
diesem Typus. Völlig entsprechen ihm die Köpfe 
auf langem Halse, welche auf dem Kaltstein- 
relief Gudeas (Abb. Ed. Meyer Sumerier und 
Semiten Taf. VII) und dem Siegel Gudeas (Abb. 
Heuzey Rev. d'Assyr. VI 95) dem einführenden 
Gotte aus den Schultern wachsen, nur daß bei 
ihnen der Körper geschuppt ist, eine Erscheinung, 
die wir dann auch bei fast allen anderen finden, sei 
es, daß die Schuppen realistisch wiedergegeben 
(s. besonders den Schlangen-G- auf dem Relief 
aus emaillierten Ziegeln am Iätartore in Babylon, 
Abb. Delitzsch Babel und Bibel [2. Vortrag] 
13 Fig. 14) oder nur durch Strichmuster an- 
gedeutet werden (z. B. auf den Grenzsteinen der 
Kassitenzeit, vgL dam H. Prinz Astralaymbole 
Anhang I). Bei den jüngeren Beispielen fehlen 



yJL Jif a 



tfryps 



1908 



die Flügel, die Hörnennütze und aus den leicht liegenden Form bereits in der Haramurapi-Dv- 

seitlich geneigten klemen Hörnern des Ursprung- nastie für möglich hält). Genau so wenig ist 

liehen Typus suid zwei lange (häufig perspektivisch nun aber, im scharfen Gegensatz zu ägyptischer 

auch nur ems dargestellt), spitz zulaufende Hörner Auffassung (s. o.), das den Göttern ämeHtellte 

geworden An Stelle der Vogelhinterfüße treten Fabeltier als eine Erscheinungsform^erTttheit 

öfter auch Löwenhmterfüße (s. z. B. die Schlan- selbst aufzufassen; nur als ihrTttrfhut d h 

gen-G. auf den Grenzsteinen der Kassitenzeit). als Diener Träo-er Helfer for W ai ,r^++w+ 

über die Entstehung des Schlangen-G. können hat S^M^^mSj^B& 

wir zurzeit ebensowenig etwas sagen, wie über die von Göttern können*wir den Schlagen G in 
des Löwen-G. (s. u ) oder des Stiermenschen. Wir 10 Verbindung bringen. Auf den DaSungen aus 

ZTr™? i ami *. b ^ nü ^ i?,die*n Wesen der Gudeazeit (vgl. die oben Sffi Be? 

phantastische Kombinationen der Urzeit zu sehen, spiele) tritt er als heiliges Tier de? Gottes £ 

die m der Mischung verschiedener Elemente die gLida von Lagas auf (s ckzuEd Meyer Sume" 

dämonische Gewalt und Furchtbarkeit besonders rier und Semiten 45 und Heuzey Rev -W 

7^hZ^ Cken W f te * • , r v • YI 95ff ^ 0b dies die ältest * Anschauung istS 

den ZÄJZT ^Y 1 ,^^ dlC T Ui ? ie YerW ™g mit anderen Göttern nuf auf™ 
rShS MM?? g • altba ¥™ hen ^ ass J; Wären Übertragungen beruht, läßt sich zur~ 
nschen Fabe wesen immer wieder begegnen, auf zeit nicht entscheiden Mit Sicherheit kann ma^ 
de^Xl^ eite 1 die - 1 Gott Ä h 2* ™ *■**» besitz den Schlangen-G. seit der Kassi nzät auchTr 
Äft, alS / hr f > ttn jÄ ZWeit S S 1 d v 16 20 MaTduk und Nabu M Anspruch nehmen. Das zeigen 

?Ä1™ ^ V L **? ¥ ? h f^ T %- W ^ lc 5 e ™ allem die Bilder ** den ^steinen dieser 

Anschauung ist die ursprüngliche? Die heute Epoche, auf denen häufig (vgl. bes. Hinke New 

fast allgemein geteilte Ansicht geht dahin, in boundary stone of Nebuchadrezzar I. 28 %U 

abltSt? 11 ,' J e if en ve / schiedenen Gött r ™d 17 flg. 6j s. dazu H. Prinz Astralsymbole 

GotaÄ™^^- Werd ?' T e T me -. V ° n , der A ? han « J > der S^langen-G. neben den Götter- 

S D,mfJriTi D T«\ d f rVT*! 11 S ^T Schreirien der ^treffenden Gottheiten, auf denen 

(so Delitzsch Babel und Bibel [1. Vortrag 34 ; ihr Symbol (bei Marduk ist es die Lanze bei Nabu 

It rV m r e I n K i V" A B ° 4 ' 5 )> demnach der Schreibgriffel) steht, angeb acht st In spä^ 

betrach en D^tl /? i? ^^Ä.™ terer ^ ™ rd * Uch das nodl kombiniert Td 
betrachten. Daß diese Anschauung nicht haltbar 30 die Rangzeichen Marduks und Nabus, Lanze und 

ÄrfhtKT 6 De ?^ äle l »? klagendste. Schreibgriffel, werden einfach auf den EücJen 

ߣ \Z " ^'r al - eren W^/^t des liegenden Schlangen-G. gesetzt (z. B. auf dem 

Kamnf S ' rSth.T^ ^^ i?i5 ^ Sie g el neubabylonischer Zeit [AH- Coli, de Clercq 

SLnlf? 1 * ^v ^ Fa ^i tieT •? 5 pL H 26 J und dem «iegelabdruck auf einem 

S t ; • a UDgj de y aitl | e Bijder treten viel- Kontrakt aus dem 32. Jahre des Darius TAbK 

mehr erst m der assyrischen Kunst auf. Dagegen Menant Glyptique II 139 fig 1321) Für den 

sprechen weder die sogenannten Gilgamesdarstel- Schlangen-G. als Marduktier vgl au h noch be* 

TvS destwt r" l g6nden ZU beh ? ndelnden S0 ? deTS die zylinderförmige Lafurstange, ein Ge- 

lypen des Löwen-G., der einen zumeist in die schenk des Königs Marouk-nain-sum von Babvlon 
Kme^ gesunkenen Menschen anfällt Wäre darin 40 (Zeitgenossen Salmanassars IL von Is"vr1en)an 

ein Gott zu erbheken, so müßte er als der Sieger, Marduk (Abb. MDOG 1900 nr. 5, 14 Abb 8? 

es In^en S^tS^ ^T^ ^ ™ &nf der ^ Schlangen-G. neben Marduk der 

der F^^rrÄ arS ^ lling ? r^TVÜ Stab Und Ri ^ in der Linl£e n, in der Rechten 

der Fall ist (s. darüber weiter unten). Es folgt das Wurfholz hält, liegt. Als Tier des Samas 

t^TrnT- 1 Lbe ^ ra ^ n \ eines Fabeltieres an des Sonnengottes. 'lernVn wir den ScTlangen^ S 
einen Gott nicht auf einen vorhergegangenen Unter- auf zwei Siegelzvlindern der Hammurapidynaetie 

£Ä^^^^ kennett ^ La -l ard C ^ eMithrapl LITE 7 

Melmehr m ahnlicher Weise wie die Übertragung und Berlin V. A. 828 [Abb. H. Prinz Astral- 
z. B. des Stieres oder Löwen an einzelne Götter symbole Taf. XI], vgl. dazu Prinz Astralsvmbole- 

Zi^t^ZTrJf- V ES f0 . lgtdar r ab«r50inialtbabyIonisctKllturkrei S e,B^laS 
weiter (len spreche das hier mit aller VnrsifM ir.™ ^^^1;^^ n„i+\t„u. ;„ ir~_i.-~j .^'a ' 




ia S Hie SU* iZÄ denn hier erscheinen Zylinder ergeben, wenn^auf'dTe Zdchniing"VerTaß 
% 1W0W, ™ w m 'r "A™ ^^Igestalten (vgl. wäre. Als Tier des Ea nennt den Schlangen-G. 
K,I? 2? ™, Tei i- r£° lge d ^ Tl \ ma *' d * b " m danu schheßlich noch ausdrücklich der bekannte 
wXLEL?!! t^Jf" b ? SltZG £ daS Test aus dCT Bibliothek Assurbanipals (Cuneifonn 
IJ at fSlw nül f m ?"««««■ terte XVII P I. 42; vgl. dazu Bezold Ztschr. f. Ad- 
dern ? nS? B i bh °. thek . A f nrbanipals also aus syr. LX 114f. Puchstein a. a. O. 4191), der die 
£? L ^^ i ^ ^ d J°? em ^ R f he Ta " 60 Beschreibung einiger Fabelwesen enthält, denn 
S ,LS y ^ Chen ^ Zeit /«ynanden; sie unter dem K. 2148 Col. II 14-Col. DI 3 be- 
Zt uu^lw V °^ ing n? ^^ °L Cr . ea " schri ebenen Fabelwesen kann nur der Schlangen- 
lonlche zS *«n^ Cme ° afaenu W 1 l n » ltbftb t G - Steint sein, dafür spricht der Schlaukopf, 
STartiSiriSfcfr™ J^T\T adÜ ? i 5 e n T ? ch daß Hom anf derNase * deT wie ein Fkäpanzer 
gmTd IT tST^tSS ? 6 ' ^T ^"r? 11- ^ 8taltete ^^ ^ d ^ mit Klauen versehenen 
laiietn t^f ?£ £S?J S™-^ ' I' ß er " mße ' me Bezi ^^g ^uf Ea drücken die Schlnß- 
wenn er die Entetehung des Textes in der vor- .Lahm«' (allgemeiner Ausdruck für Fabeltier, so 



1909 



Giyps 



Gryps 



191(> 



auch im Weltschöpfungsepos [s. Weltschöpfungs- 
epos Taf. I Z. 121] gebraucht, natürlich nicht 
identisch mit dem Götterpaar Lahmu und Lahamu) 
der Tiämat zugehörig zu Ea'. Bildlich nachweisen 
läßt sich diese Zusammenstellung nicht, sie dürfte 
erst relativ spät erfolgt sein, hervorgegangen aus 
dem mehr und mehr zunehmenden Synkretismus, 
denn als Tier des Ea kennen wir seit der Ham- 
murapizeit sonst nur den Ziegenfisch. 



tier zu erblicken, wie die sonstigen Beispiele zei- 
gen, wo der Vogelschwanz, abgesehen von einigen- 
Ausnahmen (z. B. auf dem Täfelchen aus Perl- 
mutter [Abb. de Sarzec-Heuzey De"couvertee 
271 fig. C]) ständig wiederkehrt. Die auf einigen 
Exemplaren vorkommende Stilisierung des ge- 
schuppten Körpers ist analog der des Schlangen- 
G. Das Hauptunterscheidungsmerkmal vom Schlan- 
gen-G. ist außer dem Vogelschwanz der, mit Aus- 



Der oben erwähnte Schlangen-G. vom Istar- 10 nähme des Siegels des Gudea, ständig auftretende 
tore in Babylon ist ein Beispiel für eine mehr Löwenkopf. An Stelle der Vogelhinterfüße auf 

/löVrti'a'f lVfl T/aTTirjan/Inrn'* flau T^QVmH-iaT/ir? f-ccrjvnvi Triat* stind-f "D^Vl^ Xli-A-«rt*. "D rt -[ ^ «-I ^1 rt ^«^1^«. • _"U T. « ^i 



dekorative Verwendung des Fabeltierez (wenn hier 
allerdings vielleicht auch die Wächterrolle mit 
in Frage kommt), aber besonders wichtig, da wir 
dadurch auch den babylonischen Namen des Fa- 
beltieres feststellen können. Berichtet doch ]Se- 
bukadnezar in der E.LH.-Inschrift Col. VI 4ff. 
(Winckler K. B. IH % 21), daß er das Istar- 
tor in Babylon mit Stier- und mus-ruSSu-DM- 



einer Reihe älterer Beispiele finden sich bei etwas 
jüngeren genau so wie beim Schlangen-G. auch 
Löwenhinterfüße (so besonders bei Darstellung 
des Löwen-G. auf den Grenzsteinen der Kassiten- 
zeit, Hinke a. a. O. 28 fig. 11. 17 fig. 6. 76 fig. 23). 
Bei dem Löwen-G. -Kopf auf langem Hals als 
Götterzepter (s. u.) ist zu beachten, daß der Hals 
hier häufig die Wölbung der Brust wiedergiebt 



Stellungen geschmückt habe. Daß unter muS- 20 und sich dann in Bein schlangenhalsartiges Ge- 
ruSsu (früher sirrussu gelesen) ein Fabelwesen zu bilde fortsetzt. 



verstehen ist, dessen wesentliches Element die 
Schlange bildet, zeigt die sprachliche Bildung. 
(Delitzsch Handwörterbuch 576. Zimmern 
K. A. T. 503). Daß es unser Schlangen-G. sein 
muß, ist durch die Funde bei den deutschen 
Ausgrabungen in Babylon erwiesen (MDOG 1902 
nr. 12, 14ff.). Demnach wird man wohl auch in den 
sonstigen Erwähnungen des mus-rttSäu- Wesens 



Seiner Bedeutung nach erfüllt der Löwen-G. 
ähnliche Funktionen wie der Schlangen-G. Auch 
er ist in erster Linie ein Göttertier, sei es, daß. 
er eine Gottheit trägt (z. B. abgerolltes Siegel 
auf einer Tontafel aus Tello aus der Zeit der 
Dynastie von Ur, Berlin V. A. T. 2472 : männliche' 
Gottheit auf Löwen-G. stehend, oder ähnlich 
Berlin V. A. T. 2819, die Gottheit ist in diesen 



den Schlangen-G. zu erblicken haben; so wird 30 Fällen nicht zu identifizieren, dagegen ist auf 
a«* «.„*■_,«,*■*.. a\--_ „„„i, ,,„4™ a„„ ^^i™i Ä „4.™ dem Zylinder Menant Glyptique I 165 fig. 108- 

Rammän auf Löwen-G. stehend und auf dem 
Zylinder Ward Amer. Journ. of Arch. VI [1890} 
pl. XVIII 4 eine weibliche Gottheit, Strahlen- 
bündel in den Händen haltend, auf Löwen-G. 
stehend, der vor einen Götter wagen gespannt ist, 
dargestellt; vgl. hierzu auch noch die Zylinder 
bei W a r d in Old Testament and semitic studies I 



das mus-ruggu-Tier auch unter den Gefolgsleuten 
der Tiämat (Weltschöpfungsepos Taf. I Z. 121) ge- 
nannt, ferner spielt es eine ßolle als Gegner des 
Ellil in einem Kampfe dieses Gottes mit einem 
vielleicht labbu^) zu lesenden Ungeheuer, ist aber 
in diesem Falle nicht etwa mit labbu, wie man 
aus dem Texte wohl herauslesen könnte, identisch 
(der Test bei Jensen K. B. VI 1 S. 44ff. Un- 
gnad a. a. O. 31. Weber Literatur 68ff.). Vgl. 



361 fig. 1. 363 fig. 4. 364 fig. %, für den Löwen- 
ferner die Erwähnung eines t mu8-ruSSu tämtim' 40 G. als Zugtier des Götterwagens auch den Zy- 
in dem Ninibhymnus LT R. 19 nr. 2). Zimmern linder Berlin V. A. 242), sei es, daß er vor dem 
K. A. T. 3 504 geht aber zu weit, wenn er nun Symbol des Gottes oder dem Götterschrein als 



in sämtlichen in der babylonischen Mythologie 
vorkommenden Schlangen den muS-ru£§u sehen 
will, dazu liegt gar kein Anlaß vor. Bildliche Be- 
lege für die Bekämpfung des Schlangen-G. lassen 
sich, wie S. 1907 schon gesagt, weder in der alt- 
noch neubabylonischen Kunst beibringen. Auch 
für die oben nachgewiesene Zugehörigkeit des 



Wächter liegt (Beispiele dafür auf den baby- 
lonischen Grenzsteinen, vgl. dazu H. Prinz Astral- 
symbole Anhang I), oder hinter der Gottheit 
schreitet (so auf dem Siegel Gudeas). Etwas 
Neues ergeben die seit der Dynastie von ür zu 
belegenden Darstellungen, die den Löwen-G. im 
Kampf mit Mensch, Stiermensch, Löwen oder 



Schlangen-G. zu Marduk besitzen wir einen litera- 50 Stier zeigen (so z. B. die abgerollten Siegel auf 



Tischen Beleg (J e n s e n K. B. in 1, 134ff.). Nach 
einer Inschrift stellte der babylonische König 
Agum II. (um 1650) ein mwir-rw&?w-Wesen in Ver- 
bindung mit dem Bilde Marduks und der Sar- 
panitum auf, 

b) Löwengreif. Der Löwen-G. ist eine Mi- 
schung aus Löwe, Vogel und Schlange, in seiner 
Bildung aufs engste dem Schlangen-G. verwandt, 
aber doch durch eine Reihe von Merkmalen deut- 



Tontafeln aus der Zeit der Dynastie von Ur, Berlin 
V. A. T. 3399- 4365. 1116. 2588. 1478 ; die Zylinder 
Lajard Culte de Mithra pl. XXX 6, Coli, de 
Clercq I pL VIII 73. 74. 76, Berlin V. A. 827. 
826, Menant Glyptique I 202 fig. 131). Eine- 
symbolische Bedeutung dahinter zu suchen, geht 
nicht an, der Löwen-G. ist in diesen Fällen nichts 
anderes als das furchtbare Raubtier, das Men- 
schen und Tiere anfällt. Das oben erwähnte 



lieh von ihm geschieden. So stellen ihn denn 60 Löwen-G.-Zepter (z. B. sehr häutig auf den Grenz- 

die ältesten Monumente zumeist in direktem An- -*■-— ~> ^^ -•--•*- *--- --■ -n.n.. ^ 

schluß an den Schlangen-G. dar (vgl. z. B. den 
Lowen-G. hinter der Gottheit im Redegestus auf 
dem oben zitierten Siegel Gudeas). Bis auf den 
Vogelschwanz sind die beiden Typen hier völlig 
identisch, aber gerade auf Grund des Vogel- 
schwanzes haben wir schon anf dem Siegel Gu- 
deas ein vom Schlangen-G. zu trennendes Fabel- 



steinen) läßt sich für eine ganze Reihe Gottheiten 
nachweisen (vgl. dazu H. Prinz a. a. O.). Eine 
einheitliche Beziehung des Löwen-G. zu einem 
einzigen Gotte ergibt sich hiernach genau so 
wenig wie für den Schlangen-G., nnr sind wir 
hier noch viel weniger in der Lage, die einzelnen 
Gottheiten mit denen er verbunden wird, genauer 
zn bestimmen, wird er doch sogar in einem Falle 



mit einem dämonischen Wesen, dem Stiermensch, 
dem Löwen-G.-Köpfe auf langem Hals aus den 
Schultern wachsen (Terrakottarelief Berlin V. A. 
104, s. dazu Prinz Astralsymbole im altbabyl. 
Kulturkreise, Breslau 1910, 21 und 44) verbunden. 
III. Der Greif im chetitischen Kultur- 
Ire is. Die charakteristische Bildung des G. in 
■der chetitischen Kunst ist folgende : Löwen- 
körper, Flügel, Vogelkopf, auf dem ein kamm- 
artiger, meist aus drei Teilen bestehender Aufsatz 
sitzt, und von dem eine spiralig eingerollte Locke 
herunterfällt. Daß das spiralig eingerollte Orna- 
ment eine Locke sein muß, zeigt ein G.-Relief 
auf einem Orthostat vom Burgtor in Sendschirli 
<Abb. Ausgrabungen in Sendschirli III 222 
Kg. 121), hier fällt ein spiralig eingerollter 
Doppelzopf bis auf die Brast herab. Ganz 
singulär ist ein anderes Relief aus Sendschirli, 
bei dem der Schwanz in einen Vogel- oder Schlan- 
genkopf endet (Abb. a. a. 0. HI 206 Fig. 97 und 
Taf. XXXIV e; vgl. hierzu auch eine ganz ähn- 
liche Bildung bei einer Sphinx aus Sendschirli, 
Abb. a. a. 0.). Der chetitische G.-Typus tritt uns 
in seiner oben beschriebenen Form zuerst auf 
den abgerollten Siegelzylindern auf Tontafeln aus 
Kerkuk (etwa 100 km in der Luftlinie östlich von 
Assur gelegen) entgegen, die noch der ersten 
Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. angehören 
(vgl. dazu H. Prinz Astralsymbole Anhang LT). 
Von diesem Typus ist dann auch, wie oben schon 
ausgeführt, der ägyptische Typus des N. R. be- 
einflußt worden, während umgekehrt natürlich 
der Typus des Vogel-G. überhaupt von Ägypten 
nach Vorderasien gekommen ist. In der Haupt- 
sache ist der G. im chetitischen Kulturkreise das 
wilde Raubtier, das Löwen oder Gazellen packt (vgl, 
die Zylinder Lajard Culte de Mithra pl. XXVIII 
2 und LIV a 12 oder Tontafel aus Kerkuk, Berlin 
V. A. T. 5792 und den Zylinder Furtwängler 
Gemmen I Taf. I 6, in den letzten beiden Fällen G. 
im Ansprang). Im übrigen spielt der G. eine rein 
dekorative Rolle (vgl. die Siegelzylinder Lajard 
a. a. 0. pl.LVIII4, Furtwängler Gemmen I 
Taf. I 7, Berlin V. A. 3472. Coli, de Clercq 
I pl. XXVIII 299), von Beziehungen zu irgend 
«iner Gottheit oder von symbolischer Bedeutung 
läßt sich nichts feststellen. Ganz vereinzelt (z. B. 
Siegelzylinder Furtwängler a. a. 0. 1 Taf. 16 
und Lajard a. a. 0. pl. LVII 5) tritt neben dem 
Vogel-G.-Typus auch der aus Babylonien über- 
nommene Löwen-G. auf. Besonders wichtig ist das 
abgerollte Siegel auf einer Tontafel aus Kerkuk, 
Berlin V. A. T. 5792, wo die weibliche Gottheit 
des chetitischen Pantheons auf dem Löwen-G. 
sitzt (Abb. Prinz Astralsymbole Taf. XVII). 

IV. Der Greif im kretisch-mykenischen 
Kultur kr eise. Die kretisch-my kenische Kultur 
kennt nur den Typus des Vogel-G. Charakte- 
ristisch sind die lockenartigen Ornamente, die 
hier nicht nur vom Kopfe herabfallen, sondern 
zumeist auch noch den Flügelansatz umsäumen, 
ebenso findet sich öfter der kammartige Aufsatz 
auf dem Kopfe (so bei dem G., der eine Gazelle 
verfolgt, auf einer Holzschnitzerei, Berlin Ägypt. 
Mos. nr. 1882 [Abb. Perrot-Chipiez VI 829 fig. 
409], die wahrscheinlich aus dem Grabe des Sa* 
robibina, Propheten der Astarte und des Ba'al und 
Hohenpriesters des Amon unter Amenophis IV. 



[vgl. Ausf. Verz. der ägyptisch. Altert. * 205] 
stammt und dem kretischen, nicht dem syrisch- 
ägyptischen Kunstgebiete [so Furtwängler hei 
Röscher s. Gryps I 2 S. 1745] angehört). 
Diese formale Bildung verbindet den kretisch- 
mykenischen G. direkt mit dem chetitischen und 
dem von diesem beeinflußten ägyptischen Typus 
des N. R. Da auf Kreta und in der kretischen 
Einflußsphäre der G. erst seit der spätminoischen 

10 Zeit, also seit etwa 1600 nachgewiesen ist, so 
halte ich eine Beeinflussung und eventuell sogar 
eine Entlehnung aus Vorderasien nicht für aus- 
geschlossen, da die Kerkuktafeln, die auf den auf 
ihnen abgerollten Siegelzylindern den chetitischen 
Typus schon voll ausgebildet zeigen, noch etwas 
älter sein dürften (s. o.). 

Der kretisch-mykenische G. ist erstlich Götter- 
tier. So stellt eine Gemme aus dem Kuppelgrabe 
von Vaphio (Abb. Perrot-ChipiezVIpl. XVI 16 

20 [Furtwängler Gemmen I Taf. LT 39 ist undeut- 
licher]) eine männliche Gottheit dar, die einen G. 
am Leitseil hält. Auf dem goldenen Fingerring 
aus Mvkenai (Abb. Furtwängler Gemmen I 
Taf. VI 18) ist wohl die gleiche Gottheit zu er- 
blicken, nur ist hier am Leitseil ein sitzender 
weiblicher G., wie die Zitzen bezeugen, befestigt. 
In Verbindung mit einer weiblichen Gottheit findet 
sich der G. auf der einen Schmalseite eines Sar- 
kophages aus H. Triada (Abb. Parab eni Mon. ant. 

30 1909 Tav. ni), wo zwei G. einen Wagen ziehen, 
auf dem zwei weibliche Gestalten stehen, von denen 
die eine vielleicht die Magna Mater der minoischen 
Religion repräsentiert. Ganz ähnlich ist das Bild 
auf einer spätmy kenischen Vase aus Enkomi auf 
Kypros (Abb. Murray Excavations in Cyprus 
fig. 71, 927), nur läßt sich nicht feststellen, ob 
wir es hier mit Männern oder Frauen auf dem 
Wagen zu tun haben. Ebenfalls für den G. als 
Tier der Magna Mater spricht eine Gemme aus 

40Mykenai (Abb. Evans Journ. hell. Stud. XXI 
158 flg. 36): Zwei auf den Hinterfüßen stehende 
G., die Vorderfüße auf Basis setzend, auf der 
eine Säule mit Gebälklage steht, an der sie an- 
gebunden sind. Die Darstellung entspricht in 
ihrem Schema dem Löwen tor von Mykenai und 
dürfte nur eine Abbreviatur des Tempels der 
Magna Mater wiedergeben (vgl. dazu H. Prinz 
Athen. Mitt. 1910, 159f.). Als Wächter sind die 
beiden G. auf den schönen Fresken aus dem Thron- 

50 saal von Knossos, die zu beiden Seiten des Thron- 
sessels angebracht waren, aufzufassen (vgl. die 
Originale in der Ergänzung von Gillieron im 
Museum zu Kandia). Ganz exzeptionell ist die 
Darstellung auf einem in vier Felder geteilten 
Goldringe aus Pyrgos("?), der im Original zurzeit 
verschollen ist, von dem sich aber ein Gipsabguß 
in dem mykenischen Saale des Nationalmuseums 
zu Athen befindet. Allerdings ist die Echtheit 
dieses Ringes nicht ohne ZweifeL nur am Original 

60 wird sich diese Frage entscheiden lassen. Hier 
sitzt der G. auf einem AltaT und wird von Männern 
und Frauen adoriert. — Zweitens ist der G. im 
kretisch-mykenischen Kreise das wilde Raubtier 
(hierin dem Löwen völlig gleichgesetzt und ebenso 
wie der Löwe häufig lang hingestreckt im jagen- 
den Laufe dargestellt, z. B. die ausgeschnittenen 
Goldreliefs aus Mykenai [Abb. Schuchardt 
Schliemanns Ausgrabungen 230 Fig. 186]; die 



191S 



Gryps 



tfryps 



iyi4 



Reihe von dahinjagenden G. auf einer Dolch- 
klinge [Abb. Athenaion IX 10 D]; ähnlich die 
Darstellungen auf einem unpublizierten Schwert 
in Athen nr. 1865 und die Verzierung eines 
goldenen Knopfes, der als Krönung einer Haar- 
nadel diente [Abb. Schliemann Mykenae 232 nr. 
309], vgl. hierzu Furtwängler bei Röscher I 2 
S. 1745). So fällt z. B. auf einer Elfenbeinplatte 
(Abb. Ephem. arch. 1888 pl. VIII 6) der G. einen 



einander zu scheidende Typen. 1. Der babylo- 
nische Typus bleibt völlig gewahrt (z. B. Relief 
am Eingang zu einem kleinen Tempel in Nimrud 
[Abb. Layard Monuments II pl. V]; Siegel- 
zylinder Lajard a. a. 0. pl. XXXVII 4). 2. Der 
alte Typus wird verändert durch die Übernahme 
des Vogelkopfes an Stelle des Löwenkopfes (z. B. 
Siegelzylinder Lajard a. a. 0. pl. LIV B 6). 
Vom Vogel-G. ist der Lowen-G. dann nur noch 



Stier' an, auf einer Gemme (Abb. Furtwängler 10 dadurch zu scheiden, daß ersterer stets einen 



Gemmen I Taf. III 8) stürzt sich der Greif auf 
einen dahinjagenden Löwen, auf einer anderen 
(Abb. Furtwängler-Löschcke Myken. Vasen 
Taf. E 12) fallen G. und Löwe einen Stier an. 
Vereinzelt ist die Darstellung auf einem spät- 
mykenischen elfenbeinernen Spiegelgriff aus En- 
komi (Abb. Murray Excavations in Cyprus pl. 
II 872 A): Auf den Hinterfüßen stehender G. im 
Kampfe mit einem Manne, der im Begriff ist, ihn 



Löwenschwanz trägt, während letzterer seinen 
Vogelschwanz beibehält. 

In erster Linie ist der Löwen-G. in Assyrien 
wie in Babylon Göttertier. Sehr häufig ist die 
Darstellung einer männlichen, nicht näher zu be- 
stimmenden Gottheit, die auf einem aufrechtstehen- 
den oder liegenden Löwen-G. steht. Beispiele: 
Relief aus Assur (Abb. MDOG 1906 nr. 31. 24 
Fig. 7) ; Siegelzylinder L aj ar d a. 0. pl. LIV A 8 ; 



mit dem Dolche niederzustoßen. Diese Art des 20 Bronzestatuette aus der Gegend von Erzerum (Abb. 



Kampfmotivs, die wir hier auf spätmykenischem 
Boden zum erstenmal antreffen, ist dann die auf 
assyrischem, persischem und phönizischem Gebiet 
weitaus häufigste. Ihre formelle Ausbildung 
scheint sie demnach auf Kypros in der mykeni- 
schen Spätzeit gefunden zu haben. Nur ein lie- 
gender G. ohne jegliche Betätigung findet sich 
auf einer Elfenbeinplatte aus Mykenai (Abb. 
Ephem. arch. 1888 pl. VIII 14) und auf einem 



Heuzey Origines orientales de Tart pl. IX). Be- 
stimmen läßt sich die Gottheit dagegen auf der 
zylinderförmigen Lasurstange aus Babylon (Abb. 
MDOG 1900 nr. 5, 12 Abb. 2). Hier kann nach 
den Blitzen, die er mit beiden Händen schwingt, 
nur Adad als Gott in Frage kommen, und der 
Löwen-G., der neben ihm liegt und den die Gott- 
heit am Leitseil hält (neben der Gottheit liegt 
zudem noch ein zweites, nicht zu identifizierendes 



Schieber aus dem Kuppelgrab von Menidi (Abb. 30 Tier) , ist damit als Tier des Adad erwiesen. 



Kuppelgrab von Menidi Taf. VI 2). 

V. Der Greif im assyrischen Kultur- 
kreise, a) Schlangengreif. Der assyrische 
Schlangen-G. ist eine direkte Übernahme aus dem 
Baby ionischen und entspricht dem babylonischen 
deshalb völlig. Nur auf einem Siegelzylinder in 
Florenz (Abb. Menant Glyptique II 60 fig. 52) 
hat er an Stelle des Schlangenschwanzes einen 
Vogelschwanz, wahrscheinlich infolge Verwechs- 



Außer Adad wird dann auch noch sehr häufig 
die assyrische Istar mit dem Löwen-G. (der hier 
an Stelle des ihr sonst eignenden Löwen getreten 
ist) verbunden, sei es, daß sie auf ihm steht 
(z. B. Siegelzylinder Lajard a. a. 0. pl. XXXVII 
5), oder das Fabeltier ihren Thron trägt (z. B. 
Tonabdruck Coli, de Clercq II pl. X nr. 8 u. 9; 
Bronzeamulett Ward Amer. Journ. of arch. in 
[1887] 339 fig. 17). Für Löwen-G. als Thron- 



lung mit dem Löwen-G. Auch inhaltlich spielt 40 träger vgl. auch noch die Bronze Statuette Berlin 
der Schlangen-G. dieselbe Rolle wie in Babylo- V. A, 775 (Abb. bei Lehmann-Haupt Ma- 



nien. Er ist Göttertier, das in Beziehungen zu 
einer ganzen Eeihe Götter vorkommt. So kom- 
men auf der Assarhadonstele aus Sendschirli (Abb. 
Ausgrabungen in Sendschirli I Taf. I und S. 18 
Fig. 4) unter den symbolischen Darstellungen, die 
vor dem Haupte des Königs angebracht sind, zwei 
männliche Gottheiten vor, die auf dem Rücken 
eines Schlangen-G. bezw. eines Schlangen-G. und 



terialien 97 Fig. 66) und das Fragment eines 
Bronzethrones (Abb. Perrot-Chipiez II 725 
fig. 383), Beispiele aus dem Vangebiet, die aber 
hierher gehören, da sie völlig assyrisch beein- 
flußt sind. Rein dekorativ sind die Löwen-G. 
neben der stilisierten Form des heiligen Baumes 
(z. B. Siegelzylinder Coli, de Clercq I pl. XXXIX 
342 bis und Siegel konischer Form Lajard a. 



eines anderen Tieres stehen. (Auf eine Benennung 50 a. 0. pl. XLIII 26). Zwei Löwen-G. miteinander 
"' ^ • LL1 ------ D - L v: - ---i-x— — im Kampf erscheinen auf dem Revers eines Bronze- 
amuletts (Abb. Ward Amer. Journ. of arch. III 
[1887] 339 fig. 18 [ein ähnliches Exemplar in 
Paris, Abb. Longperier Mus£e Napoleon LTI. 
pl. I 4]!. Einen neuen Gedanken ergeben da- 
gegen die Kampfesszenen eines Löwen-G. mit 
einer Gottheit oder einem Dämon. Darin liegt, 
wie oben schon festgestellt, ein wesentlicher Unter- 
schied zwischen der babylonischen und assyri- 



dieser Gottheiten muß ich hier verzichten, es 
wäre ein zu großer Apparat dazu nötig). Ähnlich 
zwei männliche Gottheiten auf den Felsskulpturen 
von Maltaiya (beste Abb. jetzt bei C. F. Leh- 
mann-Haupt Materialien zur älteren Geschichte 
Armeniens und Mesopotamiens Taf. VII und S. 58 
Fig. 33 und S. 59 Fig. 34). Ob die Götter iden- 
tisch sind mit denen auf der Assarhadonstele, ist 
nicht sicher nachzuweisen, aber sehr wahrschein- 



lich. Als Tier des Marduk und Nabu, als das 60 sehen Auffassung. Aus der Fülle der Darstel- 



wir den Schlangen-G. auf Darstellungen der Kas- 
sitenzeit bis in die neubabylonische Zeit hinein 
auf babylonischem Gebiete kennen gelernt haben 
(s. o.), findet es sich auch in Assur, vgl. z. B. die 
Zylinder Coli, de Clercq I pl. XXXIX 343 bis 
und Berlin V. A. 508. 

b) Löwengreif. Der Löwen-G. auf assyri- 
schem Gebiete zerfällt in zwei formal streng von- 



lungen greife ich folgende heraus: 1. Das oben 
schon erwähnte Relief aus Nimrud: Mit dem 
Löwen-G. kämpft hier eine viergeflügelte Gott- 
heit, welche in den Händen Doppelblitee schwingt. 
2. Den oben zitierten Sißgetaylinder Lajard a. a. 
0. pl. LIV B 6 : Gott im Kampfe mit zwei Lttwen- 
G. 3. Den Siegelzylinder Menant Glyptique II 
45 fig. 23 = Lajard a. a. 0. pl XXXVn 4 : Gott 



XJ71U 



uryps 



Gryps 



1916 



■auf dahinjagendem Löwen-G. stehend , schießt 
mit dem Bogen auf Löwen-G., der auf den Hin- 
terfüßen steht. Ähnlich Lajard a. a. O. pl. 
XXV 5, jMenant a. a. 0. 46 fig. 26 und Coli, 
-de Clercq Ipl. XXXI 331. 4. Den Siegelzylinder, 
Lajard a. a. 0. pl. XXXIII 4: Gott auf liegen- 
dem Flügelstier stehend, mit dem Bogen auf 
lüwen-G. schießend. Besonders interessant ist 
nr. 3, das uns erstlich den Löwen-G. in der alten 
Auffassung als Träger der Gottheit und zweitens 10 
m der neuen als Gegner der Gottheit zeigt. Man 
hat diese Kampf szenen zumeist auf den Kampf 
Marduks mit der Tiämat gedeutet (so z. B Zim- 
mern K. A. T.s 5021, obgleich ihm die Differenz 
.zwischen Bild und literarischer Überlieferung 
nicht entgangen ist). Diese Auffassung läßt sich 
nicht halten. Tiämat als Gegner des Gottes auf 
unseren Darstellungen kommt nicht in Betracht, 
da weder im Schöpfungsepos, noch in der von 
Damascius überlieferten babylonischen Kosmogonie 20 
irgendwie eine Andeutung sich findet, daß man sie 
sich als Fabeltier vorstellte, sie bezeichnet vielmehr 
einfach das weibliche Chaosprinzip (Tiämat, Tämtu 
heißt wörtlich das Salzwasser', hebräisch Sinr-t ; 
Tgl. dazu Ungnad bei Greßmann Texte und 
Bilder zum A. T. I 2, 7). Eher in Betracht kom- 
men die elf im Gefolge der Tiämat befindlichen 
Dämonen (s. Weltschöpfungsepos Taf. IZ. 121-124), 
von denen wir einen, den mSuruSSu (Schlangen- 
G.) oben schon kennen gelernt haben, der aber 30 
hier wegfällt, da seine formale Bildung von der 
-des Löwen-G. abweicht. Unser Löwen-G., als 
Tier, das der Gott bekämpft, könnte ferner viel- 
leicht in dem Labbu (= Löwe) genannten Weson 
au erblicken sein, das nach einem Test der Assur- 
banipalbibliothek (Text schon oben zitiert (von 
Ellil bekämpft wird, allerdings kann für Labbu 
ebensogut Kalbu (= Hund) oder Ribbu (Ungnad 
a. a. 0. 31) gelesen werden. Ebenso fraglich 
wie die genaue Bestimmung des Fabeltieres, das 40 
der Gott bekämpft, ist die Benennung des Gottes 
selbst. Der Löwen-G., auf dem er bei nr. 3 
steht, ist einer ganzen Reihe von Göttern zu 
eigen, auch Bogen und Pfeil sind nicht aus- 
schließliches Merkmal eines einzigen Gottes. Ellil 
und Marduk als Bekämpfer fabelhafter Wesen 
haben die oben zitierten Texte ergeben, sie können 
also wohl in dem Gotte unserer Darstellungen 
erblickt werden. Da wir aber die Bildung dieses 
Kampftypus zwischen Gott und Fabeltier erst auf 50 
assyrischem Boden linden, so verdient genau so 
viel Beachtung ein Bautext Sanheribs, den uns 
die deutschen Ausgrabungen in Assur geschenkt 
haben (Meissner und Rost Bauinschr. San- 
heribs 98ff.; Ungnad a. a. 0. 29f. ; s. auch De- 
litzsch MDOG 1907 nr. 33, 36). In diesem 
Teste ist die babylonische Version einfach auf den 
assyrischen Beicbsgott Assur übertragen. Der 
König beschreibt ein im Neujahrsfesthaus des Got- 
tes Assur angebrachtes Bronzetor, auf dem dar- 60 
gestellt ls t, wie der Gott Assur ,in die Tiämat 
hinein' zieht in Begleitung anderer Götter and 
«ie und die Wesen in ihr bändigt. Assur als 
der Gott auf obigen Darstellungen hat demnach 
«enau so viel Berechtigung wie Marduk und E1HL 
™ I* w «n-G., auf dem der Gott steht, den wir 
tor Assur bisher nicht nachweisen können, spricht 
sieht absolut dagegen. 



Eine andere Deutung läßt vielleicht nr. 1 zu. 
Die Doppelblitze, welche der Gott hier schwingt, 
zeigen den Gott als den Sturm- und Wettergott, 
d. h. als Adad. Daß Adad hier, wie sonst nur 
die Dämonen, mit Flügeln versehen ist, ist recht 
verständlich bei seiner Eigenschaft als Gott, der 
in der Sturmwolke einherfährt. 

c) Vogelgreif. Der Vogel-G. ist (wie übri- 
gens auch die Sphinx) im Assyrischen eine direkte 
Fortbildung aus dem chetitischen Typus. Der 
dort vorhandene, aus drei Teilen bestehende, 
kammartige Aufsatz ist hier zu einem voll aus- 
gebildeten Kamm geworden, und genau so wie dort 
fallen vom Kopfe lockenartige Ornamente herab 
(vgl. besonders die G. auf den Gewandmustern 
aus Nimrud, Nord -West-Palast [Abb. Layard 
Monuments I pl. VIII, pl. XLIII, pl. XLVI]. Die 
Übernahme muß schon sehr früh erfolgt sein, wie 
der Siegelzylinder, Berlin V. A. 2975, zeigt,' der 
noch der älteren assyrischen Kunstepoche ange- 
hört. Die oben aufgeführten Gewandmuster aus 
Nimrud zeigen den G. als Raubtier, der Zy- 
linder Berlin V. A. 2975 als Jagdtier (ein Gott 
schießt hier auf den G.). Als Göttertier erscheint 
er auf dem Zylinder Lajard a. a. 0. pl. XXIX 
5, der hier auf ihm reitende Gott ist vielleicht 
ein e d em Mithra ähnliche Figur (so Furtw an gier 
bei Boscher I 2 Sp. 1750, der in dem Zylinder 
aber unrichtig eine persische Arbeit sieht). 

VI. Der Greif im persischen Kultur- 
kreise. Die persische Kunst kennt nur den 
Typus des Löwen G. Der Löwen-G. in Persien 
kennzeichnet sich deutlich als eine Übernahme 
aus dem assyrischen Formenschatz, dessen zwei oben 
geschiedene Typen (mit Löwenkopf oder Vogel- 
kopf) sich hier wiederfinden. Im einzelnen hat 
er aber eine Reihe, allerdings nur kleinerer Um- 
bildungen erfahren, die so weit gehen, daß man 
unter der Fülle der Beispiele kaum zwei Exem- 
plare findet, die sich völlig gleichen. So zeigt 
ein Skarabäoid aus Sparta {Abb. Furtwängler 
Gemmen I Taf. XI 19) den Löwen-G. mit Bocks- 
horn, Vogelhinterfüßen , aufgebogenem Flügel, 
Löwenkopf und Löwenkörper, ein Belief aus Susa 
(Abb. Dieulafoy L'acropole de Suse pl. XI) mit 
zwei nach außen geschwungenen, an der Spitze 
eingerollten Hörnern, Löwenkopf, Vogelhinter- 
füßen, Löwenschwanz, der Siegelzylinder Lajard 
a. a. 0. pl. LIV A 13 mit Bockshorn und Flügern. 
sonst ganz Löwe, ein Goldplättchen aus dem 
Oiusgebiet (Abb. Da Hon Treasure of the Oxus 
pl. XI 28) mit Vogelschwanz, Flügeln, auf dem 
Kopf Hörner assyrischer Form, sonst ganz Löwe, 
ein Relief aus dem 100-Säulensaal in Persepolis 
(Abb. Stolze Persepolis I Taf. LXII) mit Kamm 
auf dem Rücken (vgl. den Kamm des assyrischen 
G.), oder Stolze a. a. 0. I Taf. XXX mit Löwen- 
kopf, Löwenkörper, Kamm auf dem Rücken, 
Vogelhinterfüßen und Skorpionsschwanz. Andere 
Beispiele schließen sich an den zweiten assy- 
rischen Typus an, so ein Kalksteinrelief (Abb. 
Dieulafoy L'art antique de Perse 315 flg. 198): 
Vogelkopf und Kamm, Vogelschwanz und Vogel- 
hinterfüße, auf dem Kopfe Hörner wie oben. 

Zeitlich gehören diese Beispiele dem 6. — 4. 
Jhdt. an, zum Teil sind es rein griechische Ar- 
beiten (die Abhängigkeit der persischen Kunst 
von griechischer Technik ist ja bekannt). So, 



iyi/ 



u-ryps 



wryps 



l»l». 



■um nur eine Einwirkung der griechischen Kunst 
hervorzuheben , ist der nach innen eingebogene 
Flügel sicher ein Erzeugnis griechischer Formen- 
gebung, wir treffen ihn in der ionischen Kunst 
seit dem 7. Jhdt. auf Schritt und Tritt an ; im 
übrigen haben auch die rein griechischen Bil- 
dungen dieses Fabeltiers die altorientalische Fonn 
beibehalten. Häufig ist der persische Löwen-G. 
auch auf lykischen Münzen des 5. Jhdts. ; auch 
hier begegnen uns wieder die zwei Typen ent- 10 
vreder mit Vogelkopf (Beispiel: Cat. Brit. Mus. 
liycia usw: pl. V 7), oder mit Löwenkopf (Cat. 
Brit. Mus. Lycia pl. V 2). Zu erwähnen ist auch 
noch der Löwen-G. an dem Felsengrabe Kalekapu 
in Paphlagonien (Abb. Leonhard Paphlago- 
nische Denkmäler Taf. nach S. 20). Gerade die 
hier vorkommende Form des Löwen-G. datiert 
dieses Denkmal aber ins 5. Jhdt., und nicht wie 
Leonhard a. a. 0. 33 vorschlägt, in die Zeit 
vor dem Kimmeriereinfaü. Auch der paphlago- 20 
irische Typus geht mit seinen nach außen ge- 
schwungenen, an der Spitze eingerollten Hörnern 
völlig mit unseren Typen zusammen. Die letzten 
Ausläufer des orientalischen Löwen-G. dürften die 
häufig, besonders in der griechischen Kunst vor 
kommenden gehörnten, mit oder ohne Flügel dar- 
gestellten Löwen sein. Man hat den gehörnten 
Löwen neuerdings Tragelaphos (Müller Leichen- 
wagen Alexanders d. Gr. 59) nennen wollen, ein 
in der griechischen Literatur häufiger erwähntes 30 
fabelhaftes Tier. Dies geht nicht an, da der 
griechische Ausdruck jBockshirsch* zu prägnant 
ist, um in dem Löwen-G. erblickt zu werden. 

Hauptzweck der persischen Kunst ist, die 
Taten des Großkönigs zu schildern, sie ist des- 
halb in erster Linie eine höfische, daneben treten 
alle anderen Aufgaben völlig zurück. Die assy- 
rischen Kampfmotive zwischen einer Gottheit 
und einem Fabeltier werden einfach zu einem 
Kampfe zwischen Großkönig und Fabeltier um- 40 
geprägt. So ist die häufige Darstellung (z. B. 
Stolze Persepolis I Taf. IV. XXX. LXII LXIV) 
des Königs, der einen Löwen-G. niederstößt, oder des 
Königs, der auf Löwen-G. schießt (z. B. Siegeizylin- 
der Abb. Layard Niniveh and Babylon 607) zu er- 
klären. Auf der gleichen Anschauung basiert auch 
das Bild des Königs, der zwei Löwen-G. hinaushält 
(z. B. Siegelzylinder Lajard a. a. 0. XIX 7, Coli, 
de C lercq I pl. XXXIV 375 und 376). Im übrigen 
tritt der Löwen-G. in Persien rein dekorativ auf. 50 

VII. Der Greif im phönizischen Kultur- 
kreis. DerphönizischeG.-Typus schließt sich völlig 
an den oben behandelten mykenischen an, vgl. z. B. 
die oben zitierte spätmykenische Darstellung auf 
dem Elfenbeingriff aus Enkomi (Abb. Murray 
Excavations in Cyprus pl. II 872) mit der phöni- 
zischen auf der Elfenbeintafel aus Nimrud (Abb. 
Perrot-Chipiez H 535 fig. 249). Daß der phö- 
nizische Typus damit auch dem vorderasiatisch- 
chetitischen Typus in vielfacher Hinsicht gleicht, 60 
ist klar, da der mykenische G. ja vielleicht auch 
nichts weiter als eine Entlehnung aus dem cheti- 
tischen Kreise ist. Daß Eypros eine bedeutsame 
Rolle in der Entwicklung des phönizischen Misch- 
stiles gespielt hat, glaube ich immer mehr annehmen 
zu müssen; hier haben dann auch die Entlehnungen 
aus der spätmykenischen Kunst, die wir aus den 
Fanden in Enkomi kennen, stattgefunden. 



In inhaltlicher Hinsicht schließt sich der phöni- 
zische G. entweder dem ägyptischen Kreise 
(s. z. B. die Schale aus Larnaka, Abb. Longpörier 
Musöe Napoleon III. pl, XI : G. einen Feind zer- 
tretend), dem spätraykenischen (hierhin ge- 
hören besonders die Kampfszenen, die zumeist 
einen aufrechtstehenden G. im Kampf mit männ- 
licher Figur [ob Gott?], die ihn mit dem' Messer 
niederzustoßen im Begriff ist, darstellen, Bei- 
spiele : S chale aus Kurion [Abb . Perrot-Chi- 
piez III 789 fig. 552], die oben angeführte Schale 
aus Larnaka und die Schale aus Olympia [Abb. Per- 
rot-Chipiez III 783 fig. 550]) oder dem vorder- 
asiatischen Kreise an, s. besonders die ander 
stilisierten Form des heiligen Baumes empor- 
steigenden G. Beispiele : Silberschale aus Kypros 
[Abb. Ceccaldi Mon. ant, de Cypre pl. VHI 1], 
Skarabäus aus Tharros auf Sardinien [Abb. Annali 
LV Tav. G. 50], mit einer dünnen Goldschicht 
überzogene Silberplatte aus einem Grabe in Malta 
[Abb. May r S.-Ber. Akad. Münch. 1905 Taf. III 2]. 

VIII. Zusammenfassung. Die vorliegende 
Behandlung des G. -Typus in seinen verschiedenen 
Varianten ist das Ergebnis einer größeren Unter- 
suchung, für die der ganze Stoff neu durchge- 
arbeitet worden ist. Ich habe mich für den 
Zweck dieser Abhandlung natürlich auf das 
Wesentlichste beschränken müssen, und hoffe eine 
ausführlichere Behandlung in nicht allzuferner Zeit 
vorlegen zu können. Auf Furtwänglers grund- 
legende Behandlung bei RoscherI2 S. 1742ff. 
sei hiermit ausdrücklich hingewiesen. Es liegt 
auf der Hand , daß das neue Material der letzten 
20 Jahre zu erheblich neuen Resultaten fuhren 
mußte. Neben der rein formalen Behandlung 
kam es mir besonders darauf an, die religions- 
geschichtliche Bedeutung des Fabeltieres in den 
einzelnen Kulturkreisen aufzuhellen. Als Gesamt- 
resultat ergibt sich folgendes: Der Typus Vogel- 
G. ist in Ägypten entstanden, von dort in der 
ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. Geburt 
nach Vorder asien in die chetitische Kunst über- 
nommen. Der chetitische Typus ist dann seiner- 
seits maßgebend geworden für gewisse G. des Neuen 
Reichs in Ägypten, für Assyrien und wahrschein- 
lich auch für den kretisch-mykenischen Kreis. 
Abhängig davon ist dann in letzter Linie auch 
der phönizische G. Löwen-G. und Schlangen-G. 
stammen aus Babylonien, sie sind von hier aus 
sowohl in die chetitische Kunst wie in die assy- 
rische und persische gewandert. Inhaltlich haben 
alle Kulturgebiete den G. als wildes Raubtier 
und dämonisches Wesen gemein, daneben finden 
sich aber eine Fülle von Bedeutungs Varianten, so 
in Ägypten der G. als Repräsentant des König- 
tums und verschiedener Götter, in Babylonien, 
Vorderasien und den Gebieten der kretisch- 
mykenischen Kultur dagegen als Göttertier wie 
Stier, Löwe und andere Tiere. [H. Prinz.] 
B. Der Greif im griechischen Kultur- 
kreise. 

I. In der Literatur. In der außergrie- 
chischen alten Literatur erscheint eine irgendwie 
entwickelte G.-Sage nicht. Von den Griechen 
ist Hesiod der erste, der die G. erwähnt, wenn 
dem Scholiasten zu Aesch. Prom. 830 (xgcSzog 
'HoioSog hegarsvaaio zove ygüsiae) geglaubt 
werden darf. Nicht unwahrscheinlich klingt 



FurtwÄüglers Kombination (1768), der diese 
JJotiz mit der Nachricht hei Herodot. IV 32 
verbindet, daß Hesiod auch schon von den Hyper- 
boreern gehandelt habe, die dann in der Dichtung 
des Aristeas als Grenznachbarn der G. erscheinen. 
Die in ihrem Kern dauernd maßgebende Fassung 
hat die Sage um die Mitte des 6. Jhdts. durch 
Aristeas von Prokonnesos in seinem Epos 'Aqi- 
fiäoTiEia erhalten (vgl. Epic. Graec. frg. ed. Kin- 
kel p, 243ff. Bethe o. Bd. II S. 876ff.), dessen 10 
Bericht bei Herod. III 116. IV 13. 16 vorliegt, 
woraus dann Paus. I 24, 6 (vgl. Wernicke De 
Pausaniae studiis Herodoteis, Berlin 1884, 82. 
87) und Plin. VII 10 (mit Einmengung anderer 
Sagenzüge) schöpften. Aristeas erzählte, er sei, 
von apollinischer Begeisterung ergriffen und ge- 
trieben ((poißoXafuctog: das Wort ist, wie das 
Metrum zeigt, von Herodot, nicht von Aristeas), 
ms Land der Issedonen , nördlich der Skythen, 
gekommen; von diesen habe er gehört, daß über, 20 
d. h. nördlich von ihnen, die einäugigen Ari- 
maspen wohnten (vgl. Wernicke o. Bd. II 
S. 826), nördlich von diesen die G.; diese hüteten 
das Gold, das sich dort in großer Menge finde 
(yf,v avtevat bei Paus, gibt nichts über Herodot 
hinaus) und ihnen von den Arimaspen geraubt 
werde; nördlich von den G. kämen dann die 
Hyperboreer. Bestechend arteilt über diese Dich- 
tung Furtwängler 1768: ,Aristeas, in dessen 
Phantasie von seiner ionischen Heimat her die 30 
Gestalt der G. lebendig war, und der sie bei den 
Hyperboreern suchte' (weil sie wie mit andern 
Göttern, so auch mit Aristeas' besonderem Herrn 
Apollon verbunden waren, der jährlich in das 
LaDd der Hyperboreer zog) , .vernahm bei den 
Skythen eine jener so verbreiteten mannigfaltigen 
Sagen von gold- und schätzehütenden Ungeheuern, 
die von Kobolden bekämpft würden; letztere 
wurden zu dem einäugigen Arimaspen volk, erstere 
zu den griechischen G. gemacht 1 . Beachtenswert 40 
ist demgegenüber indes der Umstand, daß dieser 
Mythenbildung die überkommene Funktion des 
Kunsttypus G. als »göttlicher Wächter' entgegen- 
kam, und nicht auszuschließen ist es, daß auch 
der Grundgedanke des Mythus von Aristeas schon 
übernommen und dieser nur von ihm lokalisiert 
wurde. Fehlt dafür jede literarische Überlieferung, 
so legt doch die Tatsache, daß in der vorgrie- 
chischen Kunst schon der G. im Kampf mit 
Menschen oder Dämonen erscheint (vgl. S. 1910.50 
1914), diesen Gedanken nahe. Blieb, wie schon 
gesagt, die Dichtung des Aristeas dauernd der 
feste Grundstock der G.-Sage, so regte sich doch 
schon früh die Neigung zu tendenziösem Variieren. 
Denn (was noch nicht bemerkt worden ist) auf 
eine bewußt polemisch im Sinne der Zeusreligion 
jenem Ansatz des Aristeas entgegengestellte Ver- 
sion deutet Aesch. Prom. 803ff., wo Io vor den 
G. und Arimaspen gewarnt wird, die vor den 
Aithiopen im äußersten Osten wohnen. Die G 60 
nennt Aischylos o^vozouovg . . . Ztjvbg äxQayslg 
xyvag. Was für Apollon die Hyperboreer, sind 
^ t e ?Li e Aithi °Pen. bei denen er schon Hom. 
ü" i f znm °P ferfe «t weilt So hat der 
lnchter, der im Gegensatz zu Aristeas die G 
nebst den Arimaspen für Zeus in Anspruch nahm! 

SU* 1 ' S eytn&tsein von den Hyperboreern im 
worden hinweg zu dem heiligen Volk des Zeus 



iyp» 



±yzu 



iyai 



wyps 



tfryps 



192a 



im Osten translociert, vielleicht mit beeinflußt 
durch da» Wissen, daß der Kunsttypus des G. 
nicht von Norden, sondern von Süden und Osten 
kam. Nichts mit den G. zu tun haben die vier- 
füßigen Vögel, auf denen Okeanos und die Okea- 
niden im Prometheus des Aischylos erscheinen 
und die die Scholien zu v. 300 Wecklein und 
Eustath. z. Od. V 453 p. 1545 als yovjteg be- 
zeichnen. Daß Sophokles die G. in den noipives 
erwähnt habe, ruht nur auf einer ganz unsicheren 
Verbesserung der verderbt überlieferten Notiz 
des Hesych. s. yovjisg. Die geringen Reste 
der r&wae des Piaton (CAF I 604 Kock) er- 
geben nichts. Im Sinne der von Aischylos an- 
gedeuteten , von ihm (der noch öfter von G ge- 
handelt hat, wie Aristoph. Ran. 927ff. beweist) 
oder einem andern sicher näher ausgeführten 
Lokalisierung der G. bewegt sich nicht nur (wie 
Furtwängler 1770 hervorhebt) Lukian. dial. 
mar. XV 4, wo Notos gegen Zephyros den Trumpf 
ausspielt, daß er G., Elefanten und schwarze 
Menschen gesehen habe, und Epiphanios (Musto- 
xydes IvXXoy^ UXrjv. dvExööz. II 13), der die G. 
an eine Bucht des Okeanos bei Sonnenaufgang 
versetzt (vgl. Aisch. Prorn. 804E x6v tb ^oiJ- 
vama oroaxov 'ÄQtfiaojiov buioßduov oi %qvo6q- 
qvtov olxovoLv äfupi väfia HXovzcovog nooov 
zovzotg ov fitj sitia&. ztjXovgöv ök yfjv tfc~eig xs- 
latvbv <pvXov, oi ngog rjXiov vatovoi nrjyaig, 
sv&a uzorapög Afflioy) , sondern auch Philostrat. 
vita Apollon. m 48 (zä yag fyoia zavz rfvat 
r iv 'Moig xzl.) und Ktesias, der sicher diese 
Version, nicht die bezüglich der Lokalisierung 
so differierende des Aristeas, mit der Gold- 
ameisensage des Herod. III 102ff. kontaminierte. 
In dieser heißt es: Im Sande der Wüste, an 
welcher ein Stamm nördlicher Inder wohnt (die 
aber immer östlich vom Standpunkt des Hellenen 
bleiben; kurz vorher ist ein anderer Inderstamm 
des äußersten Ostens als den Aithiopen ähnlich 
bezeichnet worden!), gibt es Ameisen, kleiner als 
Hunde, größer als Füchse, welche in unter- 
irdischen Bauten wohnen und Goldsand her auf- 
bringen. Diesen Goldsand holen die Inder mittels 
genau beschriebener Zurüstungen und unter großer 
Gefahr wegen der außerordentlichen Schnelligkeit, 
mit der die Ameisen sie verfolgen, zur Zeit der 
größten Sonnenhitze, während deren die Ameisen 
sich in ihre unterirdischen Wohnungen zurück- 
ziehen. Diese fällt dort in den Vormittag, wäh- 
rend die Temperatur des Nachmittags der des 
Morgens bei den Abendländern gleicht. Damit 
ist wieder ihr Wohnen im fernsten Osten hervor- 
gehoben. Mit der G.-Sage verbinden diese Amei- 
sengeschichte die gemein samen Züge des Goldhütens 
und Rauhens und die außerordentliche Kraft und 
Schnelligkeit beider Tiere (als deren Symbol die 
G. die Flügel tragen), speziell mit der Aischylos- 
version die Lokalisierung im äußersten Osten 
und die (bei Herodot freilich ganz lockere und 
willkürliche) Bezugnahme auf die Aithiopen. 
Eine weitere bedeutungsvolle Berührung wird 
gewonnen durch Heranziehung von Sophocl. frg. 
26 N.8 aus den Ai&ioxeg, in dem die Ameisen 
TETQam:£Qöt (yag) väzov iv Ssofuitftaatv otprjxoi 
xeXaivoQivsg genannt werden. Die Vermutung 
Nabers (zu Phot. Lex. p. 217, wo das Frag- 
ment erhalten ist), daß diese von Sophokles so 



fenau beschriebenen Ameisen, wohl Äthiopiens, 
essen exotische Wunder der Dichter in diesem 
Stück ausgemalt haben dürfte, von den indisch- 
aithiopischen Goldameisen Herodots nicht zu 
trennen seien, klingt höchst wahrscheinlich und 
liefert uns mit der Beflügelung der fabelhaften 
Ameisen ein neues wichtiges Vergleichsmoment 
mit den G. An deren sehnige Magerkeit in den 
archaischen Monumenten erinnert man sich auch 



eines Zuges der Ameisengeschichte, indem er die 
G. das Gold ex eunieulis ausgraben läßt, was 
bei Herod. HI 102 und besonders Strab. XV 1, 
44 p. 706 (ans Megasthenes) von den Ameisen 
erzählt wird. Weniger zahlreich sind die Zeugen 
der Aischylosversion (vgl. S.. 1919). Einer der- 
selben, Philostr. vita Apollon, III 48, weiß noch 
einige Besonderheiten zu erzählen: das von den 
G. ausgegrabene Gold bestehe aus Steinen, mit 



bei der Beschreibung des eingeschnürten Leibes 10 Goldtropfen besetzt, die der Vogel mit seinem 



der Ameisen. So war die Verschmelzung beider 
Sagen, die uns zuerst bei Ktesias begegnet, schon 
ziemlich nahegelegt Sein Bericht, der in den 
Indika 12 und ausführlicher (vielleicht schon 
fortgebildet) bei Aelian. hist. anim, IV 27 vor- 
liegt, läßt die G. auf goldhaltigen Bergen Indiens 
nisten und liefert eine genaue Beschreibung von 
ihnen: sie seien vierfüßige Vögel von der Größe 
eines Wolfes , mit Schenkeln und Klauen des 



Schnabel abhaue ; vermöge seiner Flügel, die ihm 
übrigens kein eigentliches Fliegen, sondern nur 
ein Schwingen im Kreis ermöglichten, sei er 
sogar Elefanten und Drachen Überlegen, nur 
nicht den windschnellen Tigern (vgl. dagegen 
Aelian, S. 1921). Endlich bleibt eine an einigen 
Stellen angedeutete Kombination zu erwähnen, 
wonach die G. die Wächter des Goldes sind, das 
die Ameisen ausgraben; deutlich genug sagt dies 



Löwen, feuersprühenden Augen und einem Adler- 20 Aman, an ab. V 4, 3 (aveyQaym) ovSi rovg uvg- 

V/Ynf W1P iVlll <\\fr TCYinsi; dflrffi+pllf ,■ f\\(\ Pfldfvrn A&a JI«Vn." rfijir -rrvn vrvamfVir rwmfrr 1*3 c/Min^nnmi^ nf.AZ- 



köpf, wie ihn die Kunst darstellt; die Federn des 
Rückens seien schwarz, der Brust rot, der Flügel 
weiß, des Halses blau. An Kraft seien sie allen 
Tieren außer Löwen und Elefanten überlegen, 
und nur Junge sei es möglich zu fangen. Über 
die Goldgewinnung selbst gibt Aelian zwei Ver- 
sionen. Nach der Aussage der Baktrer gruben 
die G. das Gold selbst aus, bewachten es und 
bauten daraus' ihre Nester; was dabei herabfiele, 



firjxag rovg röv zqvoov orploiv ioya£o[AEVovg, ovdk 
rovg yQvnag rovg (pvkanag und Tzetzes Chil. 
XII 336 , bei dem die den Ameisen das Gold 
raubenden Inder bei Nacht marschieren (wie 
bei Ktesias-Aelian, vgl. S. 1921) xtoovimvoi zovg 
yQvxag. Hierher dürfte denn auch Clem. Alex. 
Paedag. II 12, 120 dtä zovzo zoi uvQuyxsg %qv- 
atoQvxovat xal ygvzieg x9 VO0f P v ^ aKO ^ ai sowie 
Hcliodor. Aethiop. X 26 zu ziehen sein, bei dem 



sammelten die Inder. Nach der Aussage der 30 Leute aus dem Troglodytenland erscheinen, zqv- 



Inder war den G. am Gold selbst nichts gelegen, 
und sie griffen die Goldsammler nur aus Be- 
sorgnis um ihre Jungen an. Darum benutzten 
die Goldsucher aus Furcht mondlose Nächte zum 
Ausgraben des Goldes, das sie in Säcken sam- 
melten ; eine solche Expedition erfordere drei bis 
vier Jahre. Über die so konstatierten drei 
Fassungen , die des Aristeas , des Aischylos, des 
Ktesias , hinaus hat die G.-Sage eine Weiterbil- 



aov rs xbv uvo^xiav xal yQvszoiv q'vvGüotda %qv- 
oatg dXvoeoiv fjvto%ov/*£vi]v TiQooxoui^ovzsg. In 
späterer Zeit hat man die G. mit den Sphingen 
und Hippalektryonen verwechselt: vgl. Phot. Lex. 
s. t7i7zaXexzov(tiv ' y@vip, dta zb zezgdaxslov elvat 
xal nz&Qvyag xal Qvyyog £%etv inittauxig • evioi 
zbv fiiyav aXf.xzQv6va. ■ svtöi ^aQaavjfiov. Hesych. 
s. isiJiaXsxtQv^v xbv fisyav alexzQVQVa rj zov 
yga.(p6/j.£Vöv iv zoTg UeQotxoTg stsgi.ozQcof.iaoi. ygu- 



dung in wesentlichen Stücken nicht mehr erfahren. 40 (povzai de oTov yQVJisg. Plaut. Äulul. 701 Pieis 



Sie treten einzeln oder kombiniert mit gelegent- 
lichen unwesentlichen Ausschmückungen vielfach 
auf. Vertreter der Aristeasfassung sind: Paus. I 
24, 6, vgl. S. 1919 ; wenn derselbe VHI 2, 7 mit- 
teilt, daß nach der Behauptung einiger (nicht 
namentlich Genannten) die G. ein geflecktes Fell 
wie Panther hätten, so ist das eine weitere Über- 
tragung von den Goldameisen, über die Nearchos 



divitiis qui aureos montes colunt (der also pix, 
pieis deklinierte; Non. p. 152 hat Pioi dimtüs 
usw. und bemerkt Picos veteres esse wluerunt 
quos Graeci grypas appellant). Fest. p. 206 
Picati appellantur quidam , quorum pedes for- 
mati sunt in specie?n spkingum, quod eas Dori 
ficas voeant. Isid. Hispal. orig. XX 11, 3 Spin- 
gae sunt, in quibus sunt spingatae effigies, quos 



bei Strab. XV 1, 44 p, 705 das gleiche zu be- nos gryphos dieimus. 

richten weiß; Steph. Byz. , der s. TaQxvvta das 50 Beziehung zu Göttern. Nach der er- 



Hyperboreervolk , bei dem die G. das Gold be- 
wachten , Tagxvratoi nennt und als Quelle Hie- 
rokles iv zolg (pdCozogoiv anführt; Mela II 1, 1, 
der sie mit den Skythen und Arimaspen ver- 
einigt; Apul. met. XI 24 gripes Hyperborei; 
(Taud. ad Seren. 8 Grypes Hyperborei pondera 
fulm soli; Serv. zu Verg. Ecl. VIII 27 in 
Byperboreis nascitur montibus wörtlich über- 
einstimmend mit Isid. Hisp. orig. XII 2, 17; 



schlossenen Beziehung der G. auf Apollon bei 
Aristeas und der deutlich ausgesprochenen auf 
Zeus bei Aischylos ist in den späteren Haupt - 
quellen von einer solchen Beziehung gar nicht 
mehr die Rede. Hingegen wird der G. von 
späteren römischen Dichtern mehrfach mit Apol- 
lon verbunden (Claud. de VI. cons. Honor. 30. 
Apoll. Sidon. epist. VIII 9, 5; carm. II 307 fährt 
Apoll auf einem G.-Gespann; vgl. Serv, und Prob. 



Solin. XV 22 setzt sie nach der Asiatica Sey- 60 zu Verg. Ecl. VIII 27), und die neuplatonischen 



thia und nähert sich damit der indischen Ver- 
sion, läßt sie auch außer dem Gold noch Edel- 
steine hüten; Plinius nennt XXXIII 66 (und 
auch X 136, wo er sicherlich dasselbe meint) 
das Skythenland als Heimat der G. und gibt 
VII 10 (wo er Berodotus et Aristeas Proeon- 
nesifjs zitiert, aber nur den ersterengelesen hat) 
ebenfalls die Aristeasversion, aber mit Einmischung 

Pauly-Wissowa-KroU VII 



Mythographen erklären ihn als Symbol der Wirk- 
samkeit des Gottes auf der Erde : Serv. zu Verg. 
Ecl. V 66 unde etiam tria insignia cirea eins 
simulacTum videmus: lyram, quae nobis cae- 
lestis harmoniae imaginem monstrai; grypem, 
quae eum etiam terrenum numen ostendit; sa- 
gittas , quibus infemus deus et rwxius indi- 
eatur, fast gleichlautend mit Mythogr. Vat. III 

61 



8, 16. Wenn vorher unter Zitierung von Por- 
phyrios' Buch, quem Solem appellamt, gesagt 
wird , daß der Herrschaft ApoUons in den drei 
Reichen die Namen Sol bei den superi, Liber 
pater auf Erden, Apollo bei den inferi ent- 
sprechen, so ergibt sich, daß in dieser synkre- 
tistischen Trias des Porphyrios der G. eigentlich 
dem Liber pater beigegeben ist als irdischer Ge- 
stalt Apollons, und somit widerspricht Sidonius 
Apoilinaris weder sich noch den Mythologie- 
gelehrten, wenn er carm. XXII 67 Dionysos 
mit G. fahren läßt. So ermangelte gewiß auch 
Nonnos nicht einer vollgültigen mythographischen 
Unterlage ähnlicher Provenienz, als er den vier- 
füßigen G. um den Thron der Nemesis fliegen 
ließ zum Zeichen, daß auch die Göttin ,die vier- 
fach geteilten Sitze der Welt durchwandelt' 
(Dionys. XLVITI 382ff.), und mehrere streitbare 
G. an den Wagen der Jungfrau Adrasteia spannte 
(XLVILT 452). Anlaß zu solchen Bemühungen 
gab den Mythographen die bildende Kunst, die 
seit Jahrhunderten den G. neben Apollon auch 
Dionys os_ und Nemesis vorzugsweise beiordnete. 
Wenn wir bei Nonnos den G. als oqvis äldoxtoQ 
im Gefolge der Nemesis kennen gelernt haben, 
braucht uns die Notiz bei Solin. XV 22 quippe 
visos discerpunt velut geniti ad plectendam ava- 
ritiae temeritatem nicht wunderzunehmen. (Auch 
sonst gibt Solin Verschiedenes über Plinius hin- 
aus, so daß dieser nicht seine Quelle sein kann, 
wie Furtwängler 1769 meint). In engerem 
Zusammenhang als die eben berührten sonstigen 
Beiordnungen steht mit der meistbezeugten Apol- 
lonbeziehung des G. die einige Male auftretende 
Version, die ihn mit Helios verbindet. Den Über- 
gang bildet die schon oben angezogene Claudian- 
stelle (de VI. cons. Hon. 30), wo Phoebus den 
G.-Wagen lenkt. Philostrat. vita Apollon. III 48 
bezeugt, daß bei den Indern die G. als heilige 
Tiere des Helios galten und in ihrer Kunst der 
Gott mit einem G.- Viergespann dargestellt wurde 
(was nicht für die , indische Kunst* in unserem 
Sinne, wohl aber für die spätere syrische richtig 
ist, vgl. Mon. d. Inst. IV 38, 11), und Epiphanios 
(Mustoxydes ZvlL SXtyv. avexd. II 13) erzählt: 
.Wenn im östlichen Hafen des Okeanosflusses die 
Sonne aufgeht und die Welt mit ihren Strahlen 
bescheint, dann breitet ein G. seine Flügel aus 
und fängt die Strahlen der Sonne auf, ein anderer 
zieht mit ihr bis zum Untergang' (was dann 
Epiphanios in christlichem Sinne auf die Che- 
rubim Gabriel, Michael und Gottes Zorn bezieht). 
Die Verbindung der G. mit Helios auf syrischem 
Boden dürfte sich in direkter Deszendenz von 
den altsyrischen Denkmälern herschreiben, die 
nicht selten den G. mit solaren Symbolen ver- 
einigen, und so wäre es, wie Furt wängler 1770 
bemerkt, ,möglich. daß die frühe Verbindung des 
G. mit Apoll auf dieselbe Wurzel zurückginge'. 
An einer Stelle wird einmal die besondere Feind- 
schaft der G. und Pferde hervorgehoben, Verg. 
Ecl. VUI 27 iungentur tarn grypes equis, wozu 
Servius nichts Neues zu bemerken weiß. Er- 
läutert wird die Stelle durch die Kuustdenk- 
mäler, die allerdings in den Darstellungen, die 
oenG. als Raubtier andere Tiere würgend zeigen, 
R 8 ?!»? 1 * ° ft ** Pferd erscneinen lassen; vgl. 



Deutungen des G.-Mythus, die teils die 
wahre Natur dieser Wesen, für die man ein 
reales Vorbild supponieren zu müssen glaubte, 
teils die Lage des Goldlandes der G., teils die 
in der mythischen Umhüllung verborgen gewähnte 
Methode der Goldgewinnung zu ergründen ver- 
suchten, sind früher (doch noch nicht im Altertum) 
mehrfältig aufgestellt woden. Es genügt, dafür 
auf Seeburg zu verweisen. 
10 II. In der Kunst. Über die Entwicklung 
und Verwendung des G.-Typus in der griechischen 
Kunst ist alles Wesentliche in der reichhaltigen 
und eindringenden Arbeit von Stephani und in 
den klaren, die Perioden sondernden Raumes von 
Furtwängler 1757ff. und 1770ff. gegeben. Ich 
darf mich daher an dieser Stelle mit einer Her- 
vorhebung der wichtigsten Momente begnügen. 
1. Wesen und Verwendung. Gemäß 
seiner Zusammensetzung aus Teilen des stärksten 
20 Vierfüßlers und des stärksten Vogels stellt der 
G. die aufs höchste potenzierte physische Kraft, 
zugleich durch den gewöhnlich aufgesperrten 
Schnabel und die geschmeidige Anspannung der 
Glieder größte Wut und Wildheit dar. Er wird 
daher, wie in den Kulturen, aus denen er zu 
den Griechen kam (vgl. S. 1903ff.), als starker 
Trabant und Wächter verschiedenen Gottheiten 
beigegeben, erscheint aber noch häufiger allein 
als allgemeines Symbol göttlicher Macht und 
30 Wachsamkeit. Daraus resultierte seine Brauch- 
barkeit als apotropäisches Symbol, und sicher- 
lich hat diese zu seiner vielfältigen Verwendung 
erheblich beigetragen; vgl. Stephani 119ff. 
Gern erscheinen zwei G. wappenartig, zu beiden 
Seiten eines Ornaments, seltener in Verbindung 
mit anderen Tieren (zuweilen wohl als deren 
Hüter), besonders Adlern, Eulen und Schwänen, 
auch Sphingen, auf altrhodischen und altkorin- 
thischen Gefäßen, weniger in der chalkidischen, 
40 altattischen und altetruskischen Keramik. Seiner 
Bedeutung als dämonischer Wächter und starker 
Abwehrer alles Feindlichen dankt der G. sodann 
seine reichliche Verwendung als Münztypus, die 
im 7. Jhdt. in Kleinasien beginnt und sich von 
da über die ganze griechische Welt verbreitet. 
In erster Linie stehen hier die Münzen von Teos 
und seiner Neugründung Abdera, die den G. 
gleichsam als Stadtwappen führten und die Ent- 
wicklung des Typus durch einige Jahrhunderte 
50 verfolgen lassen; nächstdem sind Assos, Phokaia, 
Ambrakia und Smyma hervorzuheben. Sodann 
ergab sich aus der apotropäischen Kraft des G. 
seine häufige Anbringung an allerhand Waffen, 
die quantitativ nur dem Gorgoneion nachsteht. 
Auf dem Helm der Athena hat er seit dem 
5. Jhdt, fast regelmäßig seine Statt, und schwan- 
kender, aber auch sehr häufig, ist sein Erscheinen 
auf denen anderer Götter (Ares, Dea Borna, 
Italia) und Menschen. Zu den Helmen treten 
60 andere Waffenstücke, besonders Panzer, die in 
römischer Zeit sehr häufig G., oft in Verbindung 
mit dem Gorgoneion zeigen. Nächstdem müssen 
die Kleidungsstücke genannt werden, die einge- 
webt (Apul. met. XI 24) oder in aufgenähten 
Goldplättchen G.-Muster trugen, Schmuckstücke 
aller Art, Nadeln und Gemmen. Bewußt apo- 
tropätsch ist gewiß auch das in spaterer Zeit 
nicht seltene Auftreten der G. an Sarkophagen 



und Aschenkisten, während man bei einer Eeihe 
weiterer Gegenstände zweifelhaft sein kann, ob 
die apotropäische Bedeutung des G. empfunden, 
oder ob er einfach als Ornament verwendet wird. 
Hier wären Ruhebetten und Sessel , deren Füße 
und Seitenlehnen als mehr oder weniger voll- 
ständige G. gebildet sind, Wagen, Schiffe, Lyren, 
Lampen, Kandelaber und allerlei Becken und 
Piedestale mit G. -Füßen von Marmor oder Bronze 
zu nennen; anzuschließen ist der Gebrauch des 
G. zu Wanddekorationen, in Friesen usw. All- 
bekannt sind die paarweise um Palmettenorna- 
mente gruppierten G. an den Pilasterkapitellen 
der Tempel von Milet und Priene des 4. Jhdts. 
und die ähnlich zu Seiten von Kandelabern an- 
gebrachten G. im Cellafries des Antoninus- und 
Faustinatempels an der Sacra via in Rom. Mehrere 
Wandgemälde von Pompeii und anderwärts zeigen 
G., mehrfach mit Gorgoneien oder Sphingen ver- 
bunden , wodurch wieder der apotropäische Cha- 
rakter in Erinnerung gebracht wird, und endlich 
-sind noch Mosaiken zu erwähnen. 

Während wir bei den zuletzt besprochenen 
Monumenten in die Zeiten der entwickelten Kunst, 
großenteils schon in die römische Periode hin- 
untergekommen sind, führt uns die Betrachtung 
der G, -Protome in die archaische Stilperiode 
zurück. Mit Vorliebe verwendete man Hals und 
Kopf des G. zum Schmuck bronzener Kessel und 
Kannen. Wir besitzen von solchen bronzenen 
Protomen eine nicht geringe Zahl. Der ältere 
Typus ist getriebene, der jüngere, der besonders 
durch reichliche Funde in Olympia repräsentiert 
wird, gegossene Arbeit. Eine bedeutsame lite- 
rarische Erwähnung dieser G.-Protomen findet 
sich bei Herod. IV 152, wo der bronzene Misch- 
krug, den die Samier nach ihrer ersten Fahrt 
bis Tartessos in das Heraion stifteten, beschrieben 
wird : jieot* äk avxov ygvsrcSv xe<paXat TigonQoaaoi 
siai. Außer an Kesseln wurden solche Protomen 
auch als Deichsellmopf, als Schildknauf, an Gold- 
schmuckstücken und andersartig verwendet. Im 
5. und 4. Jhdt. verschwindet die Protorae all- 
mählich zu Gunsten freierer dekorativer Be- 
nützung des G.-Kopfes oder -Vorderteiles. 

2. Verbindung mit Göttern, Menschen 
und Tieren. In der archaischen Kunst er- 
scheint der G. gewöhnlich allein oder wappen- 
hai't gepaart in ruhiger Lage, schreitend, sitzend 
oder liegend. Wenn er in einer Reihe mit an- 
dern Tieren verbunden ist, so besteht doch keine 
freundliche oder feindliche Beziehung zu den- 
selben. Von Beziehungen zu Göttern ist nur die 
{auch literarisch als älteste bezeugte) zu Apollon 
zuweilen angedeutet; das wichtigste Beispiel ist 
das alte Tempelbild des Apollon auf Delos, 
welches zu beiden Seiten emporspringende G. 
umgaben. Die klassische Zeit bringt die bedeut- 
same Änderung, daß der ruhige sitzende Typus 
mehr und mehr verschwindet (erst ganz spät 
auf Sarkophagen wieder öfter auftaucht) und 
statt dessen der G. in lebhafter Bewegung und 
in die verschiedenartigste Beziehung zu Göttern, 
Menschen und andern Tieren gesetzt dargestellt 
wird. Was den mit dem G. verbundenen Götter- 
kreis angeht, so bezeichnet Furtwängler 1773f. 
mit Recht das hier von Stephani 87ff. einge- 
schlagene Verfahren, jedesmal, wo eine Münze 



auf einer Seite einen Götterkopf, auf der anderen 
einen G. zeigt, ein enges Verhältnis zwischen 
beiden zu statuieren, als unangebracht und höchst 
bedenklich; man erhielte auf diese Weise Zeus, 
Hera, Herakles, Athena, Hermes und Aphrodite 
als Herren der G. , die im übrigen in der klas- 
sischen und späteren Kunst nur zu Apollon, 
Dionysos, Artemis und Nemesis ein festes Ver- 
hältnis aufweisen. Am ältesten und dauerndsten 

10 ist das zu Apollon. Das Tier begleitet den Gott 
auf allen Wegen, zum Kampf wie zum Spiel im 
Kreise der Musen, es dient ihm als Reittier und 
zieht seinen Wagen, trägt seine Leier und sitzt 
auf seinem Dreifuß, und oft, wenn der Gott selbst 
nicht anwesend ist, wird durch Verbindung des 
G. mit seinen Attributen auf ihn verwiesen; 
zwei G. wappenhaft um eine Leier oder einen 
Dreifuß gruppiert sind ein häufiges Ornament. 
Nicht viel seltener als mit Apollon tritt der G. 

20 im Gefolge des Dionysos auf. Am festesten ist 
diese Verbindung im Dionysoskult von Teos, 
dessen Münzen den G. (wie sonst den Panther) 
teils mit dem Gotte selbst, teils mit seinen At- 
tributen, Weintrauben, Bechern, Thyrsen, Efeu- 
blättern und -kränzen vereinigen. Weniger kon- 
sequent, doch auch sehr häufig ist das Verhältnis 
des G. zu Dionysos an anderen Orten und in 
andersartigen Kunstwerken dargestellt worden. 
Der Gott reitet oder fährt mit ihnen; das gleiche 

30 tun die Satyrn und Mainaden, oder sie uratanzen 
das Tier, oder es ist beim Keltern oder anderen 
bakchischen Verrichtungen gegenwärtig. Sarko- 
phage, deren Hauptseiten Szenen aus dem Leben 
des Dionysos darstellen, zeigen an den Schmal- 
seiten G., und mit Recht zieht Stephani 105 
auch die Kompositionen in diesen Kreis, in denen 
Barbaren G. aus Schalen tränken. Vielfach be- 
gegnen Zusammenstellungen des G. mit dem 
Ammonskopf, Theatermasken, Weingefäßen und 

40 sonstigen dionysischen Requisiten, auch Dolchen 
und Menschenköpfen, die Gefährlichkeit des 
rasenden Tieres wieder betonend. Die drittens 
zu nennende Artemis verdankt ihre einigemale 
belegte Vereinigung mit dem G. offenbar ihrem 
Bruder Apollon; auf dem von Strab. VTII 343 
erwähnten Gemälde des Korinthiers Aregon 
im Heiligtum der Artemis 'AXqjstcovla in Elis war 
Artemis avarpsgofiivf} im ypviios dargestellt. Erst 
spät, in römischer Zeit, dann aber sehr häufig, 

50 wird der G. der Nemesis als rächender Quälgeist 
(Äowff dUorajQ Nonn. XLVIII 382, vgl. S. 1923) 
beigegeben, und man läßt ihn dann gern die 
Tatze auf das Rad der Nemesis legen; so er- 
scheint er auch oft ohne das Beisein der Göttin 
als Symbol der rächenden Vergeltung. Gern 
wird dieses Symbol in Darstellungen des be- 
straften Eros oder der einander quälenden Eros 
und Psyche angebracht. Noch häufiger aber ist 
in der endlosen Reihe spielerischer Erotenkom- 

60 Positionen, die das Thema omnia vincit amor 
tausendfach variieren, gleich andern wilden Tieren 
der G. ohne das Rad und ohne jede besondere 
Beziehung eingeführt. 

Von Menschen ließ der Mythus nur das Volk 
der einäugigen Arimaspen und die Inder, also 
nur Barbaren, zu den G. in Beziehung treten. 
Als solche sind denn auch fast ausnahmslos die 
mit G. kämpfenden Menschen charakterisiert, .die 



seit dem Ende des 5. Jhdts. nicht selten darge- 
stellt werden (besonders in Denkmälern des süd- 
lichen Rußlands, wo man sich den Arimaspen 
benachbart fühlte). Die Zeit des Aufkommens 
dieses Motivs brachte es notwendig mit sich, daß 
die Einäugigkeit der Arimaspen von der Kunst 
ignoriert wurde. Einigemal sind statt Barbaren 
Amazonen eingeführt, ein fabelhafter Partner 
für das fabelhafte Untier. Noch später kommen 
Darstellungen auf, die Barbaren in friedlichem 
Verkehr mit den G. : auf ihnen reitend oder sie 
Schalen tränkend (eine häufige dekorative 



trryps 



iya& 



aus ^ _ _ 

Komposition) zeigen. Das Überwiegende aber 
ist der Kampf, und da man sowohl die skythen- 
artigen Arimaspen als die indischen Goldsucher 
reitend dachte, so ergaben sich natürlich die 
mannigfachsten Kompositionen von G., die be- 
rittene Jäger oder die Rosse abgestiegener, zu 
Hilfe eilender Jäger oder endlich, ohne Anwesen- 
heit von Menschen, nur Pferde, die Helfer ihrer 
Feinde und darum selbst ihre besonderen Feinde 
(vgl. S. 1923) anfallen und zerfleischen. Indessen 
sind auch Barbaren zu Fuß im Kampf mit den 
Ungetümen nicht selten. In dekorativer Ab- 
kürzung derartiger Szenen stellte man zuweilen 
Köpfe von Barbaren oder Amazonen, G. und 
Pferden zusammen. Als Göttertiere treten sie 
wiedei auf, wenn sie auf späten Bildwerken mit 
Giganten kämpfen. Da diese Darstellungen in 
dem längst entwickelten und verbreiteten G.- 
Mythus eine vollwertige Unterlage haben, so liegt 
kein Grund vor, an Beziehungen derselben zu 
den inhaltlich gleichen assyrischen und persischen 
Kompositionen (vgl. S. 1914, 1917) zu denken. 

Außer den Pferden, mit denen, wie eben ge- 
zeigt, eine besondere Feindschaft besteht, werden 
die G. , einmal aus ihrer archaischen Ruhe er- 
weckt und zu wütenden, blutdürstigen Raubtieren 
geworden, auch allen andern Tieren furchtbar 
und sind oft in fast ausnahmslos siegreichem 
Kampf mit Löwen, Panthern, Stieren, Ebern, 
Steinböcken und Widdern geschildert. Besonders 
häufig sind G. , Hirsche, Rehe oder Antilopen 
zerfleischend, dargestellt. Die schönsten und 
berühmtesten Kompositionen dieser Art sind die 
der Silbervase von Nikopol, von Stephani pl. 
1. 2. 3 abgebildet, p. 11 ff. beschrieben, die eine 
bei Furtwängler 1771 verkleinert wiederholt. 
Einigemal wird der Hirsch von einem auf dem 
G. reitenden Barbaren erlegt. Niemals bekämpfen 
G. sich gegenseitig. 

3. Entwicklung des Typus, a) Der ar- 
chaische Typus zeigt den G. ruhig schreitend, 
sitzend oder liegend, doch stets in wachsamer 
Anspannung des schlanken, oft übermageren 
Katzenleibes. Der Ausdruck der Wachsamkeit 
wird oft durch eine gleichsam präsentierend straff 
erhobene Vorderpfote erhöht. Der stark ge- 
krümmte, bisweilen ungebrochen die Schädellinie 
fortführende Schnabel ist fast immer drohend 
weit geöffnet. Der Adlerkopf zeigt stets lange, 
spitze, steil aufragende Ohren, fast stets eine 
vom Ohransatz am Hals herunterhängende Locke, 
häufig eine rückwärts vom Kopf ausgehende, frei 
abstehende Verzierung, die zuweilen in stilisierte 
"**"»- oder Blütenformen endigt und den Feder- 
L ii «ewisser Vogelarten nachgebildet sein 
Am <Ü«e Eigentümlichkeiten hat der 



archaisch-griechische G. mit ägyptischen, myke- 
nischen, assyrischen, chetitischen, phönizischen,. 
kyprischen Typen gemeinsam. Ein in seiner 
Entwickelung , wenn auch nicht in der Erfin- 
dung, dem griechischen G. spezifisch eigene* 
Merkmal ist hingegen der Knopf, der sich wie 
eine Art Hörn über den Augen erhebt und sieb 
in den besten archaischen Denkmälern zu einem 
,schönen hohen, wie gedrechselten Aufsätze'- 
10 (Furtwängler 1759) entwickelt, der sich in 
sehr glücklicher Weise der gedrungenen, scharfe» 
Stilisierung des Löwenadlers einfügt. Einen Au- 
satz zu diesem seltsamen Gebilde weist Furt- 
wängler 1758 in assyrischen Typen nach und 
vermutet, daß es hervorgegangen sei ,aus einer 
übertriebenen Bildung der Anschwellung über 
dem Auge, die, ins Phantastische gesteigert, die 
grausige Wirkung des Ungetüms erhöhen mußte'. 
Deutlich entspricht dieser Aufsatz dem Hörn des 
20 Schlangen-G. und des Löwen-G. Bezüglich der 
Kuppel, die fast regelmäßig auf dem Schaft dieses 
Hornes sitzt und oben wieder eine kleine Spitze- 
trägt, wurde mir die, wie mir scheint, recht be- 
achtenswerte Vermutung geäußert, man könne diese- 
als eine Giftdrüse gedacht haben, wie deren viele- 
Tiere, wenn auch nicht an dieser Körperstelle, be- 
sitzen. Rein griechisch, auch in der Erfindung, ist 
sodann die zu schöner Wirkung führende Auf- 
biegung der Flügel, eine Änderung des Über- 
30kommenen (und Realen), die wir stufenweise 
verfolgen können; der gleiche Prozeß ist übrigens; 
auch bei ähnlichen Flügelwesen, Gorgonen, Har- 
pyien und Sphingen, zu beobachten. 

Eine bemerkenswerte Abart des G.-Typus,. 
die den G.-Kopf und -Hals mit einem einfachen 
Vogelkörper mit weit gespreizten Flügeln ver- 
bindet, erscheint vornehmlich auf korinthischen 
Vasen. Sehr wahrscheinlich klingt Furtwäng- 
ler s Annahme (1762), daß ,zu dieser Bildung 
40 die in der archaischen Kunst so sehr verbreitete 
Gewohnheit, vom G. nur die Protome darzu- 
stellen, Anlaß gegeben habe'; sicher falsch aber 
ist seine Vermutung, Aischylos könnte mit seinen 
yQVTtäsroi (Aristoph. Ran. 929) solche Vögel ge- 
meint haben: ,G. -Adler' sagte der geniale Schöpfer 
der QTj/ua^ mnöxQviiiva und ßoeia statt des üb- 
lichen, etwas dürftig klingenden ygvyj. 

b) Der klassische Typus, dessen allmäh- 
liches Hervorgehen aus dem archaischen die- 
50 Münzen von Teos und Abdera am besten ver- 
folgen lassen, gibt außer den spitzen Ohren alle 
nicht der Natur entsprechenden Beigaben des 
G.-Kopfes auf (also Locke, Federschopf und 
Knopf) und fügte die dauernd kanonisch blei- 
bende , Stachelmähne' (oder, Strahlenkamm') hinzu,, 
die den Nacken entlang, oft über den Kopf bis 
zum Schnabel fortläuft. Offenbar ist sie von 
Seewesen, die sie verschiedentlich zeigen, auf 
den G. übertragen. Sie gestattete, den Hal& 
60 vogelartig länger zu bilden, ohne ein schwäch- 
liches Mißverhältnis zu dem starken Löwenleib zu 
verursachen, und erhöhte den grausigen Eindruck. 
Die stilisierende Aufbiegung der Flügel wurde zu- 
gunsten einer natürlichen Bildung aufgegeben. 

Der oben erwähnten Abart des archaischen 
Typus entspricht ein Hahn mit G.-Kopf auf einem 
Goldring aus dem 4. Jhdt. bei Stephani Compte? 
rendu 1870/71 pl. VI 18. 



1929 



G-ryton 



uubrata 



J.WWT 



c) Der Löwengreif. Neben dem weitaus 
herrschenden eigentlichen G.-Typus (Mischung aus 
Adler und Löwe) hat nur der von Furtwängler 
so genannte Löwen-G. (vgl. S. 1909. 1913. 1916) 
in Griechenland Eingang und sporadische Ver- 
wendung gefunden. In den älteren Monumenten 
ist diese, wenn er nicht isoliert erscheint, derart, 
-daß das Bewußtsein der Herübernahme dieser 
Bildung aus der persischen Kunst deutlich bleibt, 
indem der Löwen-G. fast immer im Kampf mit 10 
Persern dargestellt wird. Mehrfach wird er de- 
korativ verwendet, zuweilen in Korresponsion mit 
normalem G. Der Ort, wo er am häufigsten 
■erscheint, sind Münzen (kleinasiatische, nament- 
lich lykische, seit dem 5. Jhdt., mauretanische 
aus dem 1. Jhdt. u. a. m.), Gemmen und Schmuck- 
stücke seit dem Beginn des 5. Jhdts. Was die 
Bildung anlangt, so übernahm man im Anfang 
den persischen Typus ohne wesentliche Ände- 
rungen, stellte also einen Löwen mit gekrümmten 20 
Hörnern, aufgebogenen Flügeln, Löwenvorder- 
beinen, Adlerhinterbeinen und Adlerschwanz schrei- 
tend dar. Durchsichtige künstlerische Gründe 
veranlaß ten zuerst die Ersetzung der Adlerbeine 
<lurch Löwenbeine, sodann später des Adler- 
schwanzes durch den des Löwen, so daß etwa 
seit Mitte des 5. Jhdts. nur Flügel und Hörner 
den ,Löwen-G. ( vom Löwen unterscheiden. Immer- 
hin ist es (beim Fehlen jeder Überlieferung und 
•eines besonderen für dieses Gebilde passenden 30 
griechischen Namens) wahrscheinlicher, daß man 
■das Mischwesen yqvxp , als daß man es einfach 



einen Löwen nannte.' Nun erscheint es zuweilen 
auch sitzend, ebenso nicht selten nur das Vorder- 
teil oder der Kopf. Auf Münzen von Pantika- 
paion trägt der Löwen-G. eine Lanze im Maul, auf 
den mauretanischen König Boguds II. von Maure- 
tanien umgeben ihn Blitz und geflügelte Sonnen- 
scheibe. 

Literatur. Ludwig Seeburg Die Sage von 40 
den G. bei den Alten, 1. Stück, Diss. Göttingen 
{ohne Jahr, 2. Stück nicht erschienen); ders. in 
Ersch u. Grubers Allgem. Encyclop. I. Section, 
"90. Teil, 64ff. (sehr schwach). Stephani Compte 
rendu 1864, 50—141 (reichstes Material; einzelnes 
in einigen vor aufgehen den und folgenden Jahr- 
gängen des C. R.). A. Furtwängler Roschers 
Lexikon der griech. u. röm. Mythol. I 1742—1777 
(grundlegend). F. Dürrbach bei Daremb er g- 
Saglio Dict. des ant. II 2, 1668-1673. [Ziegler.] 50 

Gry ton, böotischer Vasenfabrikant des 6. Jhdts., 
bekannt durch die Signatur Fqvzcov ijtoifeos auf 
«inem Ölfläschchen, das die Gestalt eines mensch- 
lichen Fußes mit Sandale hat, jetzt im Museum 
zu Boston. Americ. Journ. II Ser. III 1899 p. 573. 

[C. Robert.] 

Guarizila, Bruder des Maurenchefs Antalas. 
Seine Festnahme und Hinrichtung durch Salomon 
war für Antalas ein Hauptbeweggrund zum Auf- 
stand des J. 544 (Corippus Iohannis II 28. LTI 60 
384. IV 366. Procop. bell. Vand. II 21 p. 504). 

[Benjamin.] 

Guba, Ptolem. V 17; raößßa in Arabia Pe- 
traea, zwischen Avaa und rvipagia. Ritter Erd- 
kunde 1 100. Robinson Palästina 1 298. Brün- 
now-v. Domaszewski Provincia Arabia 1909 
HI 250. 256. 268. Thomsen ZDPN XXIX 
111. [Beer.] 



Gubali (Geogr. Rav. 204, 1) s. Caput Bu- 
bali. ,. [ ? , atscb -l 

GubazeSj König von Lazica bis etwa 554. 
G. war der Sohn einer Römerin, wie denn die 
Könige seit alters her aus vornehmen konstanti- 
nopolitanischen Familien heirateten (Procop. bell. 
Goth. IV 9), und hatte die Insignien seiner Herr- 
schaft vom Kaiser empfangen, ja ihm stand, da 
er in der Liste der Silentiarii eingetragen war, 
ein jährliches Geldgeschenk zu (Procop. bell. Pers. II 
15. 29). Trotzdem trat er im J. 541 mit seinem 
Volke zu den Persern über, wozu hauptsächlich 
beitrug, daß die Römer seit der Erbauung von 
Petra den ganzen Handel des lazischen Hinter- 
landes monopolisiert und dadurch schwer bela- 
stet hatten (bell. Pers. II 15). Lange freilich 
hielt das Verhältnis zu Persien nicht vor, schon 
deshalb, weil die christlichen Lazen stets nach 
Westen gravitierten. 549 erbat und erhielt G, 
Verzeihung von Iustiniau und bewährte sich wäh- 
rend des ganzen folgenden Krieges mit den Per- 
sern, der eben um Lazica geführt wurde, als treuer 
Verbündeter der Römer und als tapferer Soldat, 
Procop. bell. Pers. II 29. 30; bell. Goth. IV 8 
—16). Als er sich aber schließlich in Konstan- 
tinopel über die Nachlässigkeit der römischen 
Offiziere, die an allen Mißerfolgen die Schuld 
trügen, beklagte, wurde dies sein Untergang. Der 
kaiserliche Finanzagent beim Heere Rusticus ließ 
den G. bei Iustinian persischer Neigungen halber 
verklagen und erreichte wirklich soviel, daß der 
Befehl gegeben wurde, G, solle zu seiner Recht- 
fertigung nach Konstantinopel kommen und, wenn 
er sich weigere, vogelfrei sein. Dies genügte dem 
Rusticus und seinem Freunde, dem Magister mi- 
litum Martinus. Bei der ersten besten Gelegen- 
heit wurde G. von Rusticus und einem Dory- 
phoros desselben, als er sich weigerte, am so- 
fortigen Angriff auf das persische Fort Onogu- 
ris teilzunehmen, erschlagen (Agath. in 2—4). 
Bury A History of the later Roman empire I 
427—455. [Benjamin.] 

Gubba s. Guba. 
Gubernator s. Kybernetes. 
Gabernatrlces, als Beiname der keltischen 
Matres von Hübner CIL VII 238 angenommen; 
schwerlich mit Recht, vgl. Bonn. Jahrb: LXXXIII 
157 nr. 348. [Ihm.] 

Gnbrata, Ortschaft im nördlichsten Teile Ba- 
byloniens, Station der von Hatra nach Ktesiphon 
führenden Straße, Tab. Peut., segm. XI 20 (schreibt 
Gibrata) und Geogr. Rav. 67, 6 P. Bei ihr 
setzte die Straße über den Tigris und zog dann 
an dessen östlichem Ufer entlang in 20 Millien 
(= 29,5 km) nach Pelloriarcha (Peliorarca) und 
in weiteren 47 Millien (= 69,5 km) nach Cham 
(Charcha). Letzteres ist offenbar mit dem Karkh. 
auch Karkh Fairüz der mittelalterlichen arabi- 
schen Schriftsteller identisch; s. auch den Art. 
Carcha o. Suppl. Bd. I S. 275; Pelloriarcha muß 
dann, der Distanzangabe zufolge, etwa dem beu- 
tigen TeU el-Kjmdämlje (ca. 34° 50' n.Br.) ent- 
sprechen. DeT Tigrisübergang und die Lokalität 
von G. ist demnach dicht unterhalb der Strom- 
enge el-Fatha und etwas oberhalb des 35° n. Br. 
zu suchen, wo jetzt die modernen Ansiedinngen 
es-Saffärlje und Suremlje liegen. Da sich dort 
der Tigris in viele flache Anne spaltet, so eignet 



sich diese Stelle gut zu einem Übergange ver- 
mittels Fähren, ja bei niedrigem Wasserstande 
ab wirkliche Furt ohne jedes Hilfsmittel. Tgl. 
zu dieser Lokalisierung Her z fei d in Memnon f 
(1907) 235f. Der Name G. zeigt deutlich ara- 
mäisches Gepräge. [Streck.] 

Gudila, einer der Maiores domus unter Theo- 
derich d. Gr. Als Vertreter des Königs nahm 
er an der römischen Synode von 501 teil fCas- 



umussa 



1982 



siod. 4*2 426. 429)7 Ynaei L^^t^ 10 X Tel Hill e J St Ä -itere Lite- 
was den Funktionen seines Amtes <Wh ällH ™1 ™T ^£JE}L e \^ m5 ? t ** Kretachmer 



-—-■."/■ ". uäo/üiD inner, 

was den Funktionen seines Amtes durchaus an- 
gemessen ist, in militärischer Stellung auf fCas- 
??v ^ Y t? 9 ' T S L Momm sen Neues Archiv 
Ätt t IL Ihn nennt die Ravemiater Inschrift 
CIL X 268. ^ [Benjamin.] 

Gndiono, Geogr. Rav. 101, 15. s. Adienus. 

(xuenfan, Chef des maurischen Stammes der 
brexes in der Byzacena ums J. 500 (Part seh 
Einl zu Corippus 6). Er hat anscheinend unter 



ein Penplus des inneren Meeres, Bemerkungen 
über die Grenzen der ErdteÜe und über Seit 
Ozean, Seine Weltkarte (vgl. Philipp! Zur Re- 

i S n !S' ^Jt 1 ^ 6 - des Ä^PP». Marburg 1880 r 
12, 48 Taf. I 5), seine Karte von Italien, das 
üild des römischen Kosmographen Castorius alles 
entnommen aus dem Brüsseler Cod. 6, findet man 
mit den Angaben über die den genannten Codex 
und die beiden Karten betreffende weitere Lite- 



rÄÄ^rsE^=-^-^^^lf 



S r fl ? er -,^f Ühmte Antalas (Corippus Iohannis 
DI 66. 107). [Benjamin.] 

Gngerni s. Cugerni. 

Guido. Wegen der engen Verwandtschaft 
seiner geographischen Abschnitte mit dem Geogr 
Ravemias (s. d.) wird ein sonst unbekannter Ita- 
liener des Mittelalters, Guido, unter den alten Geo- 
graphen genannt. Nach einer eigenen Angabe 
die in zwei Hss. erhalten ist (Ravennatis Ano- 



TKr. p-- - :— "~v . < JU1 * Ä *^reT;scnmer 
Die Entdeckung Amerikas in ihrer Bedeutung- 
für die Gesch des Weltbildes, Berlin 1892, 109, 
4 Atlas Taf. III Nr. 7. rBergerl 

t ^eliae. Eine in Tetz bei Jülich gefundene- 
Inschrift ist Guinehfijs geweiht, zweifellos ein 
Beiname der rheinischen Matronen. Brambacb 
™- ^3; Bonn. Jahrb. LXXXIII 151 nr 310; 
j rT , . 8 * Em zwir| gender Grund, sie mit 
dem tuchmehae (s. d.) zu identifizieren, liegt nicht 



[Ihm.] 



et Parthey BeroL 1860, 451f. praef. Xf. Die 
ältesten Weltkarten von K. Miller Heft III Statte 
1895, 54. Heft VI 1898, 23), schrieb er im J 1119 
sechs Bücher über geographische und historische 
Gegenstände, die nach Pinder und Parthey 
praef. X 'und K. Miller IH 54 in sechs Hss. er- 
balten sind. Während man ihn früher für den 
eigentlichen Eavennaten hielt (s. die Mitteilungen 
von Th. Oehler im Rh. Mus. f. Philol N F I 



Guiones. Plin. n. h7xXXVH 35 "Iredidti 
. . . Pytheas Guwmbus, Germaniae genti, adeoli 
aestttarium oeeani Metmnidis nomine spatia 
stadiorvm sex milium. Die beste Hs. bietet 
Gmonibus Vulgata ist Gutonibus. Vielleicht 
hegt der Name der Inguaeones zu Grunde, wie 
A. Riese (Das rhein. Germ. 476. 494) vermutet 
hat (vgl Detlef sen Herrn. XXXn 1897, 192). 
Zeuss Die Deutschen 1341 Müllenhoff Deutsche 



patt^aS^-Sä^v^asatt 



1842, 314), bringen die 'neueren bS^t i mpT'^I Quir(ina) Ametkystus, Baharicus 
weise dafür, J? a £ ^Äß? *I ™£^ «%»"*»?•' omnibuskonoribus 



weise dafür, daß G. t ein bloßer Kompilator und 
Plagiator (K. Miller VI 23), seine Beschrei- 
bungen oft wörtlich und meistens ohne die Quellen 
zu nennen aus Solinus, Isidor. Hispal., dem Iti- 
nerar. Antonini, Paulus Diaconus und die geo- 
graphischen Partien insbesondere, mitsamt dem 
Hinweisn auf die Heimatstadt Ravenna, aus dem 
Ravennaten abgeschrieben hat, nach Mo mm sen 
(über die Unteritalien betreffenden Abschnitte 



germ Stämme § 122 Anm. (hält an Gutorm fest, 
vgl. §51). S. auch den Art. Ab al us. [Ihm.] 

Guium, Stadt auf der Baliaris maior. Unter 
den oppida eivium Latinorum der Insel nannte 
?t5 n« St ^. des A S ri PP a Oinium et Tueim (Plin. 
111 77, Cimum eine Anzahl Hss., beides wohl 
= Guium). Nun wird auf einer der großen Ehren- 
inschriften aus Tarraco ein Cn. Gavius Chi. Gavi 
beteri ffilius) Quirftna) Ametkystus, Baharicus 



der rayennatischen Kosmographie BeXhte der 50 «Srift^ ^7 f™ j a ! ter «'"licher Grab- 



Kgl. Sachs Ges. d. Wiss. bist. phil. Klasse 1851, 
801. Vgl. K. Kretschmer Die phys. Erdkunde 
im christl. Mittelalter. Geogr. Abhandl. herausg. 
TA. Penck, Wien 1889, 24) aus einer lateini- 
schen Lbersetzung der erweiterten griechischen 
Vorlage des Werkes. Gegen diese Annahme einer 
griechischen Urschrift bei Mommsen und Beck 
(Annuaire de la bibl. Royale de Belg. 1851, 164} 
erklärte sich Müllenhoff (Über die Weltkarte 



tri rebus pubheis suis funetus und Flamen der 
diesseitigen Provinz genannt (CIL II 4218) Der 
Name Cinßum] ist nur durch Fälschung in eine 
™ ch " ft . aus Sineu gebracht worden (CIL II 
d708). Guium (oder Gdus), mit dem Ethnikon 
Guiuntanus, wie Magontanus Iamontanus auf den- 
selben Inseln, ist wahrscheinlich an der Bai von 
Campos im Süden von Mallorca zu suchen, wo 
bei Santagny eine Reihe altertümlicher Grab- 



,,„j KU TT y „\ v^«<=i uic TveiLKarte sicner; 



6 Anm.), doch brachte v. Gutschmid (Rh. Mus. 
Phl t 1 1 85 2» 438 J ^gen ihn für die Momm- 
sensene Auffassung hinreichende Belege bei. Was 
*j. der Hauptsache nach aus dieser Vorläse ex- 
ze^ierte ost TO n Pinder and PartheJ der 

d^ g mfi a% ^ TOn 447 an bei ^fügt J unter 
fi? Titel Guidonis Geographica, eine Beschrei- 
bw»g Ton Itahen, Sizilien, Sardinien und Korsika, 



öbJ9, zu denen neuerdings weitere hinzukamen) 
Das Latium vetus entspricht der phönizischen 
oder karthagischen Gründung: die Bai von Cam- 
pos bildet die erste natürliche Station auf der Fahrt 
desMago vonEbusos nach denBalearen (Hübner 
Rom. Herrschaft in Westeuropa 229). Der Name 
könnte phönizischen Ursprungs sein (von gew T 
Rucken, nach E. S ach au); doch bleibt das un- 
sicher; er kann auch iberisch sein, wie der von 



[Hübner.] 

™F U i I, £' nach Ptolem - IV 2 - n t 2 P- 600, 2 
Alüllerl Kustenfluß Mauretaniens , zwischen dem 

i??f?? t . des Am Psagas und der Stadt Igilgili 
(Djidjelh) ins Mittelmeer mündend. Vgl. Cat 
MaurCtanie Cösarienne 28. [Dessau.] 

GulusBft (rolöoow), zweiter Sohn des Xumi- 
ders Maesinissa, war vor Ausbruch des dritten 
Panischen Krieges, 150 v. Chr., als Gesandter 



iy3ö 



uumatnene 



itunum 



iy»4 



seines Vaters in Kaithago (Appian. Pun. 70) und 
wirkte dann in dem darauffolgenden Kriege gegen 
Karthago mit (Appian. a. O. 73). Als Massinissa 
starb (149/8 v. Chr.), folgte eT ihm mit seinen 
Brüdern Micipsa und Mastanabai nach. Da er 
kriegerisch war, ward ihm das Heerwesen über- 
geben (Appian. a. O. 106). Er führte dann bei 
der Belagerung Karthagos das numidische Kon- 
tingent, das den Römern zur Hilfe kam, und wird 
hier mehrfach erwähnt (Appian. a. O. 108f. 126), 
zuletzt aus Anlaß einer Unterredung, die er mit 
dem karthagischen Feldherrn Hasdrubal hatte. 
Dieser versuchte durch G.s Vermittlung billige 
Bedingungen zu erhalten (Polyb. XXXVHI 7. 
Diodor. XXXII 22). Polybios ist mit ihm in per- 
sönliche Berührung gekommen (Polyb. XXXIV 16 
bei Plin. n. h. VILT 31). Er starb vor seinem 
älteren Bruder Micipsa (vor 118 v, Chr.) (Sallust. 
lug. 5, 6). Sein Sohn war Massiva (Sallust. a. O. 
35). [Niese.] 

Gumathene, Landschaft im nordwestlichen 
Mesopotamien, deren Kamen nur Ammian. Marc. 
XVIII 9 , ein über genaue Ortskenntnis verfü- 
gender Berichterstatter, überliefert. Ammian ver- 
legt in diese nach ihm sehr fruchtbare Gegend 
das durch seine Thermen bekannte Abarne, das heu- 
tige JTschermlk, einen Flecken zwischen Euphrat 
und Amid-Dijärbekr, nördlich von Süwerek; vgl. 
dazu oben Suppl. Heft I S. 1, ferner Geiz er 
Georg. Cyprius 160—161 und v Hübschmann 
Indogerm. Forsch. XVI 464 (s. Jermuk). Durch 
diesen Fixpunkt sind wir im stände, die Lage 
von G. annähernd zu bestimmen; es kann sich 
nur um einen Landstrich westlich vom Euphrat, 
Östlich der Linie Dijärbekr-Karäga-Dagh und etwa 
nördlich von Süwerek handeln, mithin um den 
südlichen Teil der Landschaft Sophene. So auch 
in Kieperts Atlas antiquus (pl. Asia citerior) ein- 
getragen. Mit dem Namen G. ist vielleicht arab. 
al-Güma (syr. Gümthä, sonst ein Wort für , Grube', 
also etwa ,Einbuchtung' ?) zu identifizieren, das 
die arabischen Autoren des Mittelalters als Be- 
zeichnung einer Gegend östlich von Haleb (Teil 
des 'Afrlntales) und zweier Distrikte im Libanon 
(Gumat Basar] ja und G. r Akkär) kennen. (*üma 
(Gümthä) dürfte einen alten Gaunamen mit ur- 
sprünglicher Appellativbedeutung darstellen. Vgl. 
für die syrischen Güma's G. le Strange Pale- 
stine under the Moslems (Lond. 1890) 60. 352. 
466 und beachte auch S ach au S.-Ber. Akad. Berl, 
1892, 328, sowie M. Hartmann Das Liwa Haleb 
(Berl. 1894) 97. [Streck.] 

Gummi (ägypt. Icemai, kema, davon gebildet 
griech. xb xomtt, lat. cummi, später gummi 
[Schrader Reallex.314], vulgärlat.^wwma-a?»!, 
ital. gomma [sizil. gumma], prov. goma, franz. 
gomme, cat. gwna, Span, goma, ptg. gomma 
[Körting Lat.-rom. Wörterb. 498]). 1) G., ein von 
den Alten den Aromaten zugerechneter Klebstoff, 
wird zuerst von Herodot (II 86) in seinem Berichte 
über die ägyptische Einbalsamierung der Toten 
erwähnt. J)ie Ägypter balsamieren ihre Toten 
in dreifacher, mehr oder weniger kostbaren Weise 
ein. Bei der teuersten Art der Einbalsamierung 
wird die von den Einge weiden befreite Bauch- 
höhle mit Palm wein ausgespült, mit geriebenen 
reinen Myrrhen, mit Kasia und anderem Räucher- 
werk außer Weihrauch angefüllt und sodann zu- 



genäht. Nachdem die Leiche 70 Tage lang in: 
Natron aufbewahrt ist, wird sie gewaschen, mit 
aus Byssus geschnittenen Tuchstreifen umwickelt 
und mit G., dessen sich die Ägypter anstatt des 
Leims (avii xoUtjg) bedienen, bestrichen. Schließ- 
lich wird der Leichnam in dem hölzernem Abbild 
eines Menschen eingeschlossen und in der GTab- 
kammer aufrecht an die Wand gestellt'. G. wurde 
im Altertum von der Nilakazie (Acacia nilotica 

10 Del. = Acacia vera Willd.) gewonnen. Der Baum 
hieß altägypt. Cant, Sont, arab. Charad, auch 
Seger fetna und^ Sense-locht (Woenig Die 
Pflanzen im alten Ägypten 298). Die griechischen 
Bezeichnungen axav&a (Herodot , Theophrast, 
Dioscurides, Strabon, Athenaios) und äxama 
(Diosc. I 101) erklären sich aus den Stacheln 
(äxij) an Ästen und Zweigen. Plinius (XXIV 
107) nennt den Baum spina AegypUaea oder 
Arabica, den Saft aeaeia. Nach dem Berichte 

20 Herodots (II 96) wurden die Frachtfahr zeuge der 
Ägypter aus dem Holze der axav&a gebaut, deren 
Gestalt dem kyrenäischen Lotos sehr ähnlich und 
dessen tropfenförmig hervorquillende Feuchtigkeit 
{bäxQvov) G. sei. Aus der äxav&a zimmerten sie 
zwei Ellen lange Balken, die sie wie die Ziegel- 
steine übereinander legten. . . Der Stamm der 
äxav&a werde als Mastbaum gebraucht (iar<p de 
axavülvoj ^cWtc»). Theophrast (IV 2, 8) gibt 
eine Schilderung des Baumes. ,Der Stamm ist 

30 hoch, aber nicht gerade gewachsen. Den Stamm 
ausgenommen ist alles — Äste, Zweige, Blätter 
— dornig an dem Baume. Theophrast unter- 
scheidet zwei Arten der äxav&a, eine weiße und eine 
schwarze. Das Holz der ersteren ist schwach und 
der Fäulnis leicht ausgesetzt, das der letzteren 
dagegen fest und dauerhaft, so daß es gern zu 
Schiffsplanken verwandt wurde. Der in einer 
Hülse ruhenden Frucht (flXoßos) bedienten sich 
die Ägypter anstatt der Galläpfel zum Gerben 

40 des Leders. Die schönen Blüten dienen als Kranz- 
blumen, wegen ihrer Heilkraft wurden sie von 
den ÄTzten bei der Herstellung mannigfacher 
Heilmittel gebraucht. Das G. wird durch Ein- 
schnitte in die Rinde oder durch freiwilliges Aus- 
schwitzen gewonnen'. Ähnlich ist die Darstellung 
des Baumes bei Dioscurides (ed. Wellmann I 
101). Die in Ägypten wachsende axartfa ist ein 
baumartiges, strauchiges Dorngewächs von nicht 
geradem Wüchse, die Blüte ist weiß, die Frucht 

50 ebenso wie die Lupine in Hülsen eingeschlossen. 
Aus der Frucht wird Saft ausgepreßt, der, im 
Schatten getrocknet, schwarz ist, wenn die Frucht 
reif, gelblich, wenn sie noch unreif ist. Dieser 
letztere hat den Wohlgerach der Akazie. Das 
beste aus dem Dornstrauche gewonnene G, ist 
wurmförmig, glasglänzend, durchsichtig und holz- 
frei, demnächst ist noch das weiße G. wertvoll, 
während sich das harzige und schmutzige als 
unbrauchbar erweist. Plinius (XXIV 107. XDH 

60 65) führt außer der schwarzen und weißen Art 
noch eine grüne an; für die Gewinnung des G.s 
kommen aber nach ihm nur die beiden erst- 
genannten Arten in Betracht, Bezüglich des 
Holzes verdient die schwarze Art den Vorzug. 
Ihr Holz ist im Wasser unverändert, daher liefert 
sie das beste Schiffsbauholz, das Holz der weißen 
Art fault leicht. Nicht nur Äste und Zweige, 
sondern auch die Blätter haben Stacheln. Der 



Same befindet sich in Schoten, er wird anstatt 
der Galläpfel zur Zubereitung des Leders ge- 
braucht. Abgehauen schießt der Baum nach drei 
Jahren wieder auf. Der Dombaum wächst in 
der Nähe des ägyptischen Theben, 300 Stadien 
vom Nil entfernt, der mit seinem Wasser die 
waldige Gegend befruchtet. Das yohi ägyptischen 
Dornbaum gewonnene G. ist wurmförmig, grau- 
grün, rein und ohne Rindenteile. Strabon (IZ c. 809) 
erzählt, daß unweit Memphis bei der Stadt Acan- 10 
thus und dem Tempel des Osiris ein Hain aus 
thebamschen Dornakazien, von denen der G. her- 
komme, gelegen sei. Ein zweiter aus ägyptischen 
Dornakazien bestehender, dem Apollo geweihter 
Hain befand sich nach Strabon {IZ c. 813) an den 
™f enein «s Kanals, der von Abydos nach dem 
Nil führte. G. wurde von den Ärzten des Alter- 
tums vielfach zu Arzneizwecken verwandt. Dio- 
scundes (B c. 133) schreibt ihm eine stopfende Kraft 
zu den Arzneien beigemischt sollte es die Schärfe 20 
mildern. Mit Ei als Salbe angewandt verhinderte 
es bei Brandwunden die Blasenbildung. Plinius, 
der auch die Harze einer größeren Zahl von Obst- 
nnd anderen Bäumen bezw. Sträuchern als G 
bezeichnet, das freilich dem G. der Akazie nach- 
steht, weiß von allen G.-Sorten besondere Heil- 
kräfte anzugeben. Das G. aus der Sarkokolle 
einem sonst nicht bekannten Baume, wurde nach 
ihm außer von den Ärzten auch von den Malern 
gebraucht, es soll dem zerriebenen Weihrauch 30 
ähnlich gewesen sein. Die Akazie, von der 
\T e A£ furth 24 Arten im NUgeMete namhaft 
macht (Woenig 298 Anm.), bildet noch heute 
einen Hauptbestandteil des gesamten Baumwuchses 
Ägyptens und der Länder im Quellgebiete des 
Nils. Freilich hat das aus der Nilakazie miellende 
Or. seine ehemalige Bedeutung eingebüßt Es 
dient nur noch dem Hausgebrauche, während es 
auf dem Weltmarkte seine Stellung an G. anderer 
Akazienarten abgetreten hat. Dagegen hat das 40 
Holz der Akazie noch heute seinen Wert behalten, 
und auch ihre Fruchthülsen, die nach den Berichten 
des Theophrast (IV 28), des Plinius (XIII 65) 
und des Athenaios (XV 25 p. 477. 478) im Alter- 
tum zum Gerben des Leders verwandt wurden, 
werden noch heute unter dem Namen karrat auf 
allen ägyptischen Märkten zu demselben Zwecke 
feilgeboten (Woenig 302). [Orth] 

2) Name verschiedener afrikanischer Städte: 
1. in der Provincia Proconsularis, nahe bei Kar- 50 
thago, zwischen Manila und Carpis, nach Geogr. 
Bav. p. 349 (Gumis) und Guido 519 (Gumina) 
Vermutungen über die Lage bei Gau ekler Bull, 
archeolog. du Comitt* des travaux hist. 1893, 

3) In der Provincia Byzacena, wo im J. 484 
ein epzscopus Gummitaniis erwähnt wird (Not 

TÄ™ Ha l mS Vict0r Vitensis P- 68 - unsicher; 
ob hierher gehören ein epücopus phbis Gum- 

v£f^? W i n . Kartha S° ™ J. 523 (Mansi60 
viii b4ö) und ein ejmeopus ecclesiae civitatis 
wummasts, aus der Provinz Bvzacena, im J 649 

(Ma "" X J 28 J- „ ' [Dessau.] 

gumoarins s. Gomoarius. J 

s ^ttn^Steph.By2.* a ™*/a2V<*==Gomas, 

" g™[eb*d« 8 s. Gundobadus^" 2111 ^ 
tturtellT«, Gattin des Theodahat. Ihre Briefe 



\JI UUUCIUjUB 



I3ÖU 



aus dem J. 535 an die Kaiserin Theodors bei 
Cassiod. var. 5 21. 24. [Benjamin.] 

g undericus (rtv&aQis Procop. bell. Vand. I 
a 23 32; nach Wrede Über die Sprache der 
1^™ 53: Gu nthark), König der Vandalen 
406—428. Legitimer Sohn des Königs Godigi- 
selus, Halbbruder des Bastards Geiserieus der 
?? ™ der Regierung folgte (Procop. bell. Vand. 
13, 23), obgleich G. Söhne hinterließ, die in 
Afnca mit ihrer Mutter durch Geisericus getötet 
wurden (Vict. Vit. U 5, 14). Nachdem sein 
Volk durch die Franken eine schwere Niederlage 
erlitten hatte und sein Vater gestorben war 
vereinigte er seine Scharen mit denen des Alanen- 
königs Respendial (Renatus Profuturus Frigeridus 
bei Greg. Tur. II 9); gemeinsam besiegten sie 
die Franken (Oros. VII 40, 3) und brachen am 
AI. Dez. 406 über den Rhein in Gallien ein 
(Mommsen Chron. nun. I 299, 535. 465, 1230 
Zosim. VI 3, 1. Anon. de provid. 33 = Migne 
L. 51, 618. Andere Zeitbestimmung Oros. VII 
40, 3). Suebische Horden, vielleicht ein Best 
von dem vernichteten Heere des Radagais, der 
um dieselbe Zeit aus Italien über die Alpenpässe 
gekommen war, schlössen sich den Vandalen und 
Alanen an und verwüsteten mit ihnen Gallien 
K°7' VI ». 1- Oros. Vn 38, 3. 40, 3. Sozom. IX 
12, 3. Greg. Tur. II 2) bis an die Pyrenäen, an 
denen sie einstweilen umkehrten (Oros. VII 40, 3) 
um sich nordwestlich nach dem Kanal zu wenden 
Die Furcht, daß sie nach Britannien übersetzen 
könnten, bewog die dortigen Heere, schnell nach- 
einander erst den Marcus, dann den Gratianus 
endlich Constantin III. zu Kaisern auszurufen' 
Dieser landete 407 in Gallien und brachte den 
Barbaren eine so schwere Niederlage bei, daß 
sie nur durch die mangelhafte Verfolgung der 
völligen Vernichtung entgingen. Doch gelang es 
ihnen, sich wieder zu sammeln und ihre Raub- 
züge fortzusetzen (Zosim. VI 3). Durch den 
Verrat der barbarischen Hilfstruppen, denen der 
Schutz der Pyrenäenpässe anvertraut war (Oros. 
VII 40, 9. Sozom. IX 12, 2. 3), konnten sie am 
28. September oder 12. Oktober 409 in Spanien 
einrücken (Mommsen II 17, 42; vel I 246 
465, 1237. Greg. Tur. II 2. August 'ep. IIL 
1 = Migne L. 33, 422). Nachdem sie über 
ein Jahr das Land plündernd durchzogen hatten 
(Mommsen n 17, 46. 48. Oros. VII 40 10 
41, 2) . das außerdem durch Pest und Hungers- 
not furchtbar heimgesucht wurde (Mommsen 
u 17, 47. 48), teilten sie es 411 durch das Los 
unter sich, und den Vandalen des G fiel ge- 
meinsam mit den Sueben Gallaecia zu (Momm- 
sen II 18, 49. Oros. VII 40, 10). Indem sieden 
Kaiser Honorius als Oberherrn anerkannten (Oros. 
VII 43, 14), begannen sie, sich mit der roma- 
nischen Bevölkerung zu vertragen und an fried- 
lichen Ackerbau zu gewöhnen (Oros. VII 41, 7). 
Auch die Siege des Westgotenkönigs Valia in 
Spanien schadeten dem G. nicht, sondern ver- 
mehrten nur seine Macht. Denn bis dahin hatten 
die Alanen in dem Völkerbündnis die führende 
Stelle behauptet; in jenen Kämpfen aber litten 
sie so schwer, daß sie 418 nach dem Falle ihres 
Königs Addai keinen neuen mehr wählten, son- 
dern sich dem G. unterwarfen (Mommsen II 
19, 68). Seitdem führten er und seine Nachfolger 



lyav 



(jundenth 



Gundobadus 



den Titel rex Vandalorum et Alanorum (Vict. 
Vit. II 13, S9. III 2, 3; vgl. Procop. bell. Vand. 
I 5, 18. 19. 21. Apoll. Sid. carm. LT 379. Possid. 
vit. S. August, 28 = Migne L. 32. 57). So ver- 
stärkt, bekriegte er 419 den König der Sueben, 
Hermericus, drängte ihn in die Berge zurück und 
hielt ihn dort eingeschlossen. Doch durch die 
römischen Magistrate bewogen, ließ er 420 von 
ihm ab und siedelte mit seinen Völkern nach 
Baetica über (Mommsen II 20, 71. 74; vgl. 10 
Greg. Tur. II 2), wo die silingischen Vandalen, 
denen diese Landschaft durch das Los zugefallen 
war (Mommsen II 18, 49), durch König Valia 
völlig ausgerottet waren (Mommsen II 19, 67). 
Im J. 422 brach zwischen G. und den Römern 
Krieg aus. Der Magister Militum Castinus wurde 
mit einem großen Heer und westgotischen Hilfs- 
truppen gegen ihn geschickt, wußte ihn einzu- 
schließen und beinahe durch Hunger zur Über- 
gabe zu zwingen, wagte aber überflüssiger Weise 20 
eine Feldschlacht, wurde durch den Verrat seiner 
Hilfstruppen besiegt und mußte nach Tarraco 
fliehen (Mommsen II 20, 77; vgl. I 469, 1278. 
Salv. de gub. dei VII 11, 45). Im J. 425 wagten 
sich die Vandalen aucli aufs Meer hinaus und 
plünderten die Balearen. Karthagena und Se- 
villa wurden von ihnen erobert (Mommsen II 
21, 86). G. starb wahrscheinlich im J. 428 
(s. o. Bd. VII S. 936). P a p e n c o r d t Geschichte der 
vandalischen Herrschaft in Africa, Berlin 1837, 30 
10. 341. Dahn Die Könige der Germanen I 
143. Schmidt Geschichte der Vandalen, Leipzig 
1901. [Seeck.] 

Gunderith, Gepidenhäuptling zur Zeit Theo- 
derichs d. G., der im Bündnis mit einem anderen 
Gepidenfürsten Traserich Sirmium in seine Bot- 
mäßigkeit gebracht hatte. Im J. 504 sandte 
Theoderich gegen die Gepiden seinen Feldherrn 
Pitzia, der ohne Schwertstreich Sirmium dem 
gotischen Reiche gewann und den geängstigten 40 
Einwohnern der Stadt Ruhe verschaffte (Ennod. 
Panegyr. Theoderici 12, 61. Chron. Cassiod. = 
Mommsen Chron. min. II 160; vgl. Man so 
Gesch. d. Ostgoth. Reiches 61 und Dahn Könige 
II 18)- [Benjamin.] 

Gundevechug s. Gundiocus. 
Gundicharius , König der Burgunder in 
Gallien, wurde 435 oder 436 von Ae'tius besiegt 
und mußte um Frieden bitten, der ihm gewährt 
wurde. Doch schon im folgenden Jahre fiel er 50 
gegen die Hunnen, die ihm 20000 Krieger er- 
schlugen und sein Volk fast ausrotteten. Momm- 
sen Chron. min. I 475, 1322. 660, 118. II 22, 
108. 23, 110. 156, 1226. Apoll. Sid. carm VII 
23L [Seeck.] 

Gundiocus (so Mommsen Chron. min. I 305; 
Gunduieus Hilar. epist. 9, 1 ; Gundevechtis Greg. 
Tur. II 28), König der Burgunder, aus dem 
Geschlechte des Athanaricus (s. o. Bd. II S. 1934), 
Vater des Gundobadus, Godigisilus, Chilpericus 60 
und Godomarus (Greg. Tur. a. O.), vielleicht von 
einer Tochter des Patricius Flavius Ricimer, da 
Gundobadus dessen Neffe genannt wird (Job. 
Ant. frg. 209, 2). Er wanderte mit seinem Volke 
457 in Gallien ein und ließ .sich von dem West- 
gotenkönig Theodoricus, mit dem er ein Bünd- 
nis schloß, dort ein Gebiet zur Besiedelung an- 
weisen (Mommsen a. O.). Er war nicht Arianer 



1938 



und bekleidete 463 in Südgallien die Stellung 
eines römischen Magister militum (Hilar. a. O.). 

[Seeck.] 
Gundobadus {Gundebadus) , König der Bur- 
gunder und ältester Sohn des Gundiok. Zuerst 
begegnet er uns in Italien, wo er während der 
Agonie des Westreichs eine bedeutende Rolle 
spielte. Bereits an der Ermordung des Anthe- 
mius war er beteiligt (Juli 472; Mommsen 
Chron. min. I 664. Iohannes Antioch. 209, 1). 
War doch eine Schwester Ricimers Gundioks 
Gattin und G.s Mutter gewesen. So ist es nicht 
wunderbar, daß er von dem neuen Kaiser Oly- 
brius zum Patricius erhoben wurde, sei es vor, 
sei es — was wahrscheinlicher ist — nach Ri- 
cimers Tod. Jedenfalls hat G. diesen als Kaiser- 
macher abgelöst, und Glycerius war seine Krea- 
tur (Mommsen Chron. min. I 306. II 158, Cas- 
siod. Chron. Iohann. Antioch. 209, 2). Seitdem 
verschwindet G. aus Italien, vermutlich deshalb, 
weil ihn der sonst nicht bezeugte Tod seines 
Vaters in die Heimat rief (Bin ding 83). Übri- 
gens muß betont werden, daß die Identität des 
Patricius G. mit dem Burgunderkönig quellen- 
mäßig nicht bezeugt ist und daß seit altersher 
(s. bei Jahn I 543, 4) bis zur Gegenwart (Momm- 
sen Index zu Chron. min.) auch daran gezweifelt 
ist. Immerhin gewinnt die Sache durch einen 
Brief bei Cassiodor (var. I 46) an den König G., 
der auf der Voraussetzung beruht, daß dieser 
früher in Italien war, hohe Wahrscheinlichkeit. 
Gundiok hatte vier Söhne gehabt, doch da 
der eine spurlos verschwindet, so ist es wahr- 
scheinlich, daß das Reich der Burgunder nur in 
drei Teile geteilt wurde, die übrigens trotz Jahns 
Widerspruch (I 553), der G.s Brüder nur als Va- 
sallen gelten lassen will, mit voller Selbständig- 
keit nebeneinander standen. G.s Machtzentrum 
scheint, alles erwogen, Vienne gewesen zu sein 
(Bin ding 73). Was wir aus den nächsten zwanzig 
Jahren von G. und seinem Reich wissen, ist sehr 
sporadisch. Ob er z. B. an den Kämpfen be- 
teiligt war, die sein Bruder Hilperich an der 
Seite der Römer gegen den Westgoten Eurich 
führte, bleibt ungewiß. Jedenfalls ist G. wäh- 
rend Odoakers Regierung in Ligurien eingefallen 
und hat zahlreiche Bewohner als Gefangene fort- 
geschleppt (Ennod. LXXX. Vita Epiphanii 138— 
139). Im J. 494 wurden dieselben auf Bitten 
des heiligen Epiphanius, der als Theoderichs Ge- 
sandter zu den Burgundern gegangen war, wieder 
herausgegeben. Anderseits müssen auch Gebiets- 
erweiterungen gegen die Alemannen hin statt- 
gefunden haben, und zwar vermutlich vor 479, 
dem Todesjahr des Apollinaris Sidonius, durch 
dessen Fürsprache der aus der Civitas Lingonum 
vor den Burgundern geflohene Bischof Aprunculus 
des Sidorius Nachfolger in Arverni wurde (Gregor 
v. Tours H 23; doch vgl. Kaufmann Forsch. 
z. deutsch. Geschichte X 388). 

Weit wichtiger sind die Dinge, die als Vor- 
spiel zu dem großgermaniachen Konflikt von 508 
gelten müssen. Spätestens 494 hatte G. seinen 
Sohn Sigismund mit einer Tochter Theoderichs 
(Bin ding 303) verlobt and war so zu dessen 
neubegründeter Her rschaft in gute Beziehungen 
getreten (Ennod. LXXX Vita Epiphan. 163). 
Anderseits war auch mit Chlodwig eine verwandt- 



iyöy 



tfundoDadus 



(iuneus 



1940 



schaftliche Verbindung hergestellt. Chilperich, 
G.s Bruder, war vor 493 gestorben (Aber die 
Sage von seiner Ermordung durch' G. bei Gregor 
t. Tours II 28 Tgl. Binding 114), seine von 
katholischer Mutter geborene Tochter Chrote- 
childis aber war spätestens 493 Chlodwigs Ge 
mahlin geworden. Dennoch richtete sich die Ex- 
pansionslust und -kraft des Frankenstaates nach 
dem Alemannensieg gleichsam naturgemäß gegen 



lieh des Sieges über den westgotischen Bastard 
Gesalich bei Narbonne und der Eroberung der 
Stadt im J. 507 oder 508 genannt (Isid. Chron» 
min. II 282). Ob er persönlich an der Belage- 
rung von Arles und ihrer Aufgabe nach der Nie-: 
derlage durch Theoderichs Feldherrn Ibbas im 
J. 510 beteiligt gewesen ist, steht nicht fest. 
Jedenfalls verlor G. nicht nur alle bereits ge- 
machten Eroberungen, sondern auch Avignon stand 



die Burgunder ; die inneren Verhältnisse aber in 10 künftig unter gotischer Hoheit (Binding 213). 



G.s Reich kamen begünstigend hinzu. Was Gode- 
gisel bewogen hat, heimlich mit Chlodwig gegen 
seinen Bruder in Verbindung zu treten, steht nicht 
fest. Die Angabe des Vita S. Sigismundi (S. R. 
Merov. II 2) ist schon deshalb unbrauchar, weil 
unklar bleibt, ob sie sich auf die Zeit nach Gun- 
dioks oder Chilperichs Tod bezieht. Daß aber 
Godegisel katholisch gewesen sei und seine Ver- 
bindung mit Chlodwig auf der Glaubensgemein 



Friedlich sind sodann die letzten Jahre G.s 
hingegangen, in Nachgiebigkeit gegen den Ka-> 
tholizismus und seinen Vertreter Avitus, aber ge- 
wiß ohne daß er, wie Gregor v. Tours II 34 er- 
zählt, auch nur heimlich seinen Arianismus auf- 
gegeben hätte. Das Todesjahr 516 nennt Marius 
Avent. (Chron. min. II 234). 

G. war im ganzen eine friedliche und gerechte 
Natur, die dem harten Handwerk der damaligen 



schaft beruht habe (Kurth Clovis II 13), ist 20 Politik nicht gewachsen war. So ist es nur billige 



nichts als Vermutung. Wohl aber ist es Tat- 
sache, daß die zahlreichen Katholiken des Bur- 
gunderreichs, voran Bischof Avitus von Vienne, 
der auch mit Chlodwig in brieflicher Verbindung 
stand (Avitus Mon. Germ. Hist. A.A. VII Ep. 46), 
mit ihrer Lage unzufrieden waren und, indem sie 
vergeblich auf 'den Übertritt des Königs drängten 
(Avitus Ep. 21), wohl in einem Feinde die Hoff- 
nung auf inneren Zwiespalt erwecken konnten 



daß sein Name weniger fortlebt als der eines-' 
gewaltigen Staatsmannes, sondern als eines wohl- 
wollenden und gerechten Gesetzgebers ; fällt doch 
unter seine Regierung die Kodifikation des Bur- 
gundischen Rechts (Brunner Rechtsgeschichte 
I 332-340. 354. 358; Leges Burgundionum, Mon. 
Germ. Hist. Leges Sectio I Bd. I 1, herausgeg. v. 
de Salis). ;■ 

Literatur: Binding Das Burgundiseh-Roma- 



(die vielbenutzte Collatio Episc. Avitus 162 istSOnische Königreich I 1868. Se"cr6tan Le pre- 



eine Fälschung. J. Havet Oeuvres I). Chlod- 
wig also warf sich auf G. und schlug ihn, unter- 
stützt durch Godegisel, im J. 500 bei Dijon aufs 
Haupt, so daß G. nichts übrig blieb als nach 
Avignon, dem südlichsten Punkt seines Reiches, 
zu fliehen. Kaum aber war Chlodwig abgezogen, 
indem er nur wenige tausend Mann bei Gode- 
gisel zurückließ, so erhob sich G. wieder, be- 
lagerte seinen Bruder in Vienne, wo sich dieser 



mier Royaume de Bourgogne 1868. Jahn Ge- 
schichte der Burgundionen 1874 L. M. Hart- 
mann Das Italienische Königreich 1897, 155 usw. 

[Benjamin.] 

Gundobadns, Bruder des Gisclahadus (s. d.) t 
mit dem er im J. 523 das gleiche Schicksal er- 
litt. [Benjamin.] 

Guuens (rovvsvg). 1) Eponymer Heros der 
thessalischen Gonnoi, in der alten Ilias und Odyssee 



derweile häuslich eingerichtet hatte, eroberte die 40 fehlend, nach v. Wilamowitz (Herrn. XXX 186f. 

a* a .H nnd *«tH- «i^« Tt*,,A a » c,^;* A aa *„„ „„, jo,^ 1^^^ i n emer verloren gegangenen Schil- 
derung seines Nostos, die ihn nebst Prothoos am 
euboischen Kaphereusvorgebirge scheitern ließ; 
so das ps.-aristotelische Grabepigramm aus dem 
Peplos (28, 32) in der Anth. App. IX 37, I 115 
Jakobs. Apollod. Epit. IV 15 a R.W. Der Ver- 
fasser des Homerischen Schiffskatalogs übernahm 
(II 748) ihn als Führer von 22 Schiffen aus Ky- 
phos, voll von Enienen und PeiThaibern um Do- 



Stadt und tötete seinen Bruder sowie dessen ver- 
räterische Anhänger, während die Franken dem 
Westgotenkönig Alarich nach Tolosa zugesandt 
wurden (Chron. min. II 234; was Gregor von 
Tours II 32. 33 zu diesem Bericht des Marius 
Aventicus hinzugibt, unterliegt schon mannig- 
faltigen Bedenken. Procop. bell. Goth. I 12 ist 
chronologisch verwirrt und unklar). Seitdem war 
G. Alleinherrscher der Burgunder, und wie dies 



schon seiner Stellung zu gute kam, so suchte er 50 dona, Titaresios und Peneiosfluß (= Tzetz. Lyk. 



sich weiter zu befestigen durch Annäherung an 
die Katholiken seines Reiches (Avitus Ep. 5. 
Gregor v. Tours II 33) und an Chlodwig selbst. 
In die nächsten Jahre dürfte die Zusammenkunft 
der beiden Monarchen zu Auxerre gehören, welche 
die Vita Eptadii 8 berichtet (S. Rer. Meroving. 
UL vgl. Kurth II 247—249). 

Die logische Konsequenz von alldem war, daß 
beim Ausbruch des westgotischen Krieges von 
507 G. zur lebhaften Freude seiner katholischen 60 
Untertanen (Avitus Ep. 45) auf der Seite Chlod- 
wigs stand. Zwar hatte Theoderich noch un- 
mittelbar vor Ausbruch des Krieges, wie die 
anderen germanischen Fürsten, so auch G. durch 
eine Gesandtschaft gewarnt (Casa. var. III 2), aber 
anscheinend ist dieselbe infolge der großen Ent- 
fernung überhaupt zu spat angekommen. Im 
Kriege selbst wird Gk ausdrücklich nur gelegent- 



897). 12 axoloi vaiöv der Ainianen gibt ihnen der 
Katalog in Euripides Iph. 278 ; 22 Perrhaiber schiffe 
Diktys 1 1 7. Nach Steph. Byz. s. Föwoi war G. äxö- 
yovog Kixpov und gab der thessalischen Stadt Gon- 
noi (— Gonnos, Gonnussa) den Namen; nach dem-' 
selben s. Ahog nannten ihn einige Bruder des 
Ainos. Für erstere Angabe beruft sich Steph. 
Byz. fälschlich auf Homer; die zweite auch bei 
Eustath. Hom. IL n 478 p. 335, 18ff. 

2) Nach Lykophrons Kassandra 877ff. wird er 
als Führer der Kyphaier (906) mit seinen thessa- 
lischen Gefährten aus dem Schiffskatalog, Eury-. 
pylos und Prothoos, nach Teucheira bei Arsinog 
in der Kyrenaika unweit Ausigda am Kinnyps- 
(-yphos)-fluß verschlagen und zerschellt daselbst; 
grablos wird er betrauert. Zur Übertragung der 
thessalischen Sage nach Libyen mag die Wieder- 
kehr des perrhaibischen Flußnamens Lethaios bei 



1941 



Guntarith 



Cruntharius 



1942 



Hesperien (Strab. XIV p. 647) den Anstoß ge- 
geben haben (v. Wilamowitz a. O. 196, 1), der 
diesen Wassertod des G. aber lieber für eine 
Flüchtigkeit des Lykophron halten möchte, wegen 
der Scholien (s. Nr. 3). 

3) Apollod. bibl. frg. 15 aR. Wag. aus Tzetz. 
Lyk. 902 _= Heyne p. 386 läßt G. vielmehr ge- 
rettet werden und in Libyen Kinyps gründen. 
Nach Tzetz, Lyk. 902 lebte er mit anderen ver- 



vor der Schlacht freilich glaubte sich G. ent- 
deckt, ließ die Maske fallen und erhob offen das 
Banner der Empörung. Gegenüber dem energie- 
losen Areobindus hatte er vollen Erfolg, und es 
war selbst von G.s Standpunkt aus fast über- 
flüssig, daß er den Areobindus, mit dem er sich 
durch den wohl auch am Verrat beteiligten Bischof 
von Karthago, Reparatus (Migne Patrol. lat. 
69, 116. Chron. min. Mommsen II 2), in Verbin- 



schlagenen Genossen aus dem Troischen Krieg 10 düng gesetzt hatte, ermorden ließ. Wohin G.s 



lange Zeit weiter. Apollod. bibl. Epitome III 14 
R. W. wiederholt Hom. IL II 748 mit dem Zusatz, 
G. sei ein Sohn des 'üxvtov. Dem entspricht 
der mit zwölf Schiffen ,aus Argos' kommende G. 
Sohn des Ocitus und der Aurophite (-^ütt?) bei 
Hyg. fab. 97; fab. 81 nennt ihn (nach Munckers 
Lesung) unter Helenas Freiern. 

4) Vater der Laonome aus Pheneos, Schwieger- 
vater des Alkaios, Großvater Amphitryons heißt 



Pläne gingen, sieht man daraus, daß er daran 
dachte, die Witwe des Areobindus zu heiraten 
und durch ihre Vermittlung die Bestätigung von 
Iustinian als Amtsnachfolger ihres ersten Gatten 
zu erlangen. Aber ein Teil der kaiserlichen Trup- 
pen war innerlich gegen G., die Maurenchefs miß- 
trauten ihm wie der ungenügend belohnte An- 
talas oder waren ihm geradezu feindlich. An die 
Spitze dieser Elemente nun trat Artabanes, ein 



er Apollod. bibl. II 4. 5, 2 § 50 in einem Stemma, 20 kaiserlicher Offizier aus dem Hause der Arsa- 



das bei Paus. VIII 14, 2 mit dem Aufenthalt des 
Herakles bei Laonome und seiner Anlage der dor- 
tigen unterirdischen Abzugskanäle in Beziehung 
gesetzt ist. 

5) Araber, Hüter des Rechts, Lyk. 128, der 
im Auftrag der Semiramis einen Aufruhr der 
Babylonier und Phönizier dämpfte, nach Tzetzes z. 
d. St. Eustath. Hom. IL II 748 p. 335, 5 hebt her- 
vor, daß dieser G. Nr. 5 von G. Nr. 1 zu scheiden ist. 



kiden, der erst zuletzt und nur äußerlich zu G. 
übergetreten war ; ob neben ihm wirklich der 
Praefectus praetorio Athanasius (Corippus Io- 
hannis IV 234) entscheidend mitgewirkt hat, bleibt 
zweifelhaft. Artabanes also, der von G. an die 
Spitze seiner Truppen gestellt war, um gegen 
Antalas, der von G. derweile abgefallen war, zu 
marschieren, kehrte unter leeren Vorwänden nach 



Konstantinopel zurück, aber nur um einige Tage 
Fick Griech. Personennamens 385. 419 billigt 30 darauf den G. bei einem Gastmahl — am 36. 
die oben unter Nr. 1 gegebene Etymologie des Tage seiner Herrschaft — durch seine Dory- 
Steph. Byz. aus fovyot unter Ablehnung einer phoren ermorden zu lassen ; unmittelbar darauf 



Erklärung aus yovvös. Nach v. Wilamowitz 
(a. O. 196) ist rovrsvg falsch vokalisiert (für /w- 
vevs). [Tümpel.] 

Guntarith (Fov&aQig), aufständischer römi- 
scher Offizier in Afrika unter Iustinian. Er war 
ursprünglich Doryphoros des Solomo, der ihm 
wegen seiner Tüchtigkeit beim Bert i eraufstand 



wurden G.s nächste Anhänger in der Stadt er- 
griffen und getötet (Mai 546, Procop. bell. VancL 
II 25-28. Corippus Iohann. IV 369. 426. VI 
70—73. Ch. Diehl I/Afrique Byzantine 351. 

[Benjamin.] 
Gunthamundus (rovröapovvöog) , König der 
Vandalen und zweiter Sohn des Gentu, kam ge- 



des J. 539 die Führung der Vorhut anvertraute ; 40 maß dem vandalischen Hausgesetz nach dem Tode 
freilich wurde G._ geschlagen und nur durch das des Hunerich im Dezember 484 zur Regierung. 



Eingreifen des Oberfeldherrn gerettet (Procop. 
bell. Vand. II 19). Auch an der unglücklichen 
Schlacht bei Cillium nahm er teil im J. 544, 
wenn auch der Vorwurf des Corippus, daß er 
schon damals durch seine vorzeitige Flucht ver- 
räterischer Weise die Niederlage herbeigeführt 
habe, schwerlich begründet ist (Iohannis III 431). 
Wie sollte man es sonst erklären , daß G. es bald 



Wenn auch die Katholikenverfolgungen nicht so- 
fort aufhörten (Vict. vit. I 1. in 64), so traten 
doch schon 487 die ersten Milderungen ein, und 
im August 494 wurden sämtliche orthodoxen Kir- 
chen wieder eröffnet sowie die Geistlichen aus 
der Verbannung zurückberufen (Mommsen Chron. 
min. III 458—459; falsch Procop. bell. Vand. I 
8). Freilich wachte G. darum nicht minder über 



darauf zum Dux Numidiae gebracht hat? Bald 50 die Unabhängigkeit seines Reiches, und wie jede 



darauf freilich, unter dem unfähigen Patricius 
Areobindus im J. 546 hielt er die Zeit für ge- 
kommen, ehrgeizigen Plänen nachzugehen. Wäh- 
rend er einerseits die Maureuchefs zum Vorgehen 
gegen Karthago anreizte, schlich er sich auf der 
anderen Seite in das Vertrauen des Areobindus. 
Glückte der Plan, so sollte sich Areobindus kom- 
romittieren und G. als Retter des Landes durch 
en Kaiser an dessen Stelle gesetzt werden (bell. 



I 

Vand. II 25); anderseits versprach er dem Antalas, 60 benützen, völlig fehl, und der König mußte sogar 



Hinneigung zu Byzanz behandelt wurde, zeigt 
das Schicksal des Dracontius (Manitius Gesch. 
d. latein. Poesie 330). Schwere Kämpfe gegen 
die Mauren sowohl in der Byzacena wie sonst 
fallen in diese Regierung, brachten aber den Van- 
dalen überwiegend Erfolge (Procop. bell. Vand. 
I 8. Dracontius Satisfactio 213. CIL VIII 9286). 
.Dagegen schlug G.s Versuch, den Krieg Odoakers 
und Theoderichs zur Wiedereroberung Siziliens zu 



ihm die Byzacena und den halben Schatz des 
Areobindus abzutreten, wenn dieser ihn dafür 
als König des übrigen Afrika anerkenne. Areo- 
bindus wurde gewarnt, aber vergeblieh. Er ließ 
sich durch G. veranlassen, vor den Mauern Kar- 
thagos eine Hauptschlacht zu liefern, die dem 
G. doch nur dazu dienen sollte, im Kampfgewühl 
sich des Areobindus zu entledigen. Am Morgen 



auf den bisher von der Insel erhobenen Tribut 
verzichten (Mommsen Chron. min. II 159 zum 
J. 491. Ennod. Panegyr. Theodor. 13, 70). G, 
starb im J. 496, vielleicht am 3. Sept. (Schmidt 
Gesch. der Vandalen 112—115). [Benjamin.] 

Gnntharius. 1) Zweiter Sohn des Mero- 
wingers Chlodomer, der 524 gegen die Burgunder 
gefallen. Er fand mit seinen Geschwistern bei 



_ uubuvuinuiuuo 



der Großmutter Chrotechildis Aufnahme, als seine 
Mutter Guntheuka Chlodomers Bruder, Chlotar, 
heiratete. Im Alter von sieben Jahren wurde er 
durch Chlotars und seines Bruders Childebert 
List der Großmutter entrissen und ermordet (529 ?) 
(Gregor v. Tours III 6. 18). 

2) (Gunthecharius). Ältester Sohn des Mero- 
wingers Chlotar I. Es beteiligte sich im J. 533 
am Kampf gegen die Westgoten, ohne etwas aus- 
zurichten. Gestorben ist er vor seinem Vater, 
also vor 561 (Gregor v. Tours III 21. IV 3). 

[Benjamin.] 
Gnnthchramuug , Sohn des Merowingerkö- 
nigs Chlotachar I. aus seiner Ehe mit Ingunde. 
Beim Aufstand seines Bruders Chramm im J. 556 
wird er von dem Vater, der gerade gegen die 
Sachsen zu Felde lag, gemeinschaftlich mit seinem 
Bruder Charibert gegen den Aufrührer gesandt. 
Als aber nach Abbruch einer Schlacht wegen 
eingetretenen Unwetters Chramm das Gerücht aus- 
sprengen läßt, der Vater sei gestorben, lassen 
sich beide täuschen und kehren aus Sorge wegen 
der Erbschaft eilig in die Heimat zurück. Bei 
der Erbteilung nach Chlotachars Tod im J. 561 
erhielt G. Burgund ; seine Regierung fällt außer- 
halb des Kahmens der Encyklopädie {Gregor v. 
Tours IV 3. 16). [Benjamin.] 

Guutheuka, Gattin des Merowingers Chlodo- 
raer. Sie heiratete nach dessen Tode seinen Bruder 
Chlotar (Gregor v. Tours III 6). [Benjamin.] 

Guntia, Ort in Eaetien. Itin. Ant. 250 (zwi- 
schen Äugusta Vindelieitm und Celio monte). 
Not. dign. occ. XXXV 9 Guntia-, 20 praefeetus 
militant Ursariensium, Guntiae. Wohl mit Recht 
hat man auf diesen Ort die Stelle im Paneg. 
Constantio Caes. d. 2 (p. 133, 17) bezogen a 
ponte Rheni usqtte ad Danuvii transitum Gon- 
tiensem (Guntiensem Rhenanus). Wahrscheinlich 
das heutige Günzburg. Mommsen CIL III p. 721. 
Holder Altkeit Sprachsch. s. v. Vgl. Con- 
tiensis. [Ihm.] 

Guutiarius , Häuptling (<pvlaQ%os) der Bur- 
gunder, veranlaßte 411 gemeinsam mit dem Alanen 
Goar den Iovinus, sich in Mainz zum Kaiser aus- 
rufen zu lassen. Olympiod. frg. 17 = FHG IV 
61; vgl. Greg. Tut. II 9. [Seeck.] 

Gimugu (so die Hss. des Plinius n. h. 
V 2, 20; die Hss. des Itin. Ant. und des Geogr. 
Rav. schwanken zwischen Gunugus, Gunagus, 
Carmens usw., bei Ptolemaios Kavovxk; dasEthni- 
kon Gwmgutan- ausgeschrieben CIL VIII 9243), 
Küstenstadt Mauretaniens, 22 Mülien westlich von 
Iol Caesarea, von Kaiser Augustus zur römischen 
Kolonie erhoben, Plin. n. h. V 2, 20. Ptolem. 
IV 2, 5. Itin. Ant. p. 15. Geogr. Rav. p. 145, 14. 
346, 2 Parthey; nach Inschriftfunden beim Ma- 
rabut Sidi Brahira 3 km vom Dorfe Gouraja ge- 
legen, s. CIL VIII Suppl. p. 2025; Bischofssitz im 
J- 484 (Not. prov. Maur. Caes. n. 111, in Halms 
Victor Vitensis p. 70 Gunagüanus). [Dessau.] 

Guraioi, Arrian. anab. IV 25, 7. Indischer 
Clan in den Alpen des nördlichen Kabulistan, 
der zur Zeit Alexanders sein Weidegebiet wesent- 
ü ™^ gleichnamigen Flusse hatte; der Haupt- 
ort hieß Gorya. Neben dem großen Stamm der 
Aasakenoi, der vom Suastos bis zum Indus Täler 
Tino Almen im Besitz hatte, erscheinen die G. 
damals unbedeutend, wahrscheinlich waren sie 



jenem unterworfen. Später müssen sie aber an 
die Stelle der Aasakenoi getreten sein und die 
Vorherrschaft im nördlichen Kabulistan errungen 
haben; denn bei Ptolem. VII 1, 42f. führt das 
ganze Bergland zwischen Suastos und den Lam- 
bagai westlich vom heutigen Alingarfluß den 
Namen Goryaia, während die Assakenöi gar nicht 
verzeichnet werden. Namentlich gehören nunmehr 
zu G. der mittlere Talkessel des Kabul mit dem 
10 Hauptort Nagara oder Dionysopolis (die Strom- 
schnellen und die Enge beim heutigen Öelalabad 
mögen die Grenze gegen die Lambagai und die 
Parapanisaden gebildet haben) und zumindest der 
Unterlauf des größten Flusses Kabulistan s nach 
dem Kabul, des Choaspes. Die Zugehörigkeit des 
letzteren spiegelt sich auch in der irrigen An- 
setzung der Hauptstadt der G. am Choaspes wieder 
(bei Strab. 697; s. den Art. Gorya). Außer den 
erwähnten Städten macht Ptolemaios noch drei 
20 andere namhaft. Wenn unter diesen Drastoka 
und Barborana nur irrtümlich durch Ptolemaios 
von den beiden gleichnamigen Orten der Para- 
panisaden unterschieden worden sind, wie wahr- 
scheinlich, so muß sich die Herrschaft der G. 
sogar einmal bis in den Talkessel der Stadt Kabul 
erstreckt haben. Dasselbe scheint mir auch aus 
einer etwas rätselhaften Angabe bei Ptolem. VI 
18 hervorzugehen, wonach im Land der Parapa- 
nisaden ein Fluß entspringt, der ohne Namen- 
30 nennung nur bezeichnet wird als 6 jroöV xfj JP_o- 
Qvaia tc5 Kajvy ovfißakXaw. Der Konas ist der 
nördliche Quellfluß des Kabul, der Pangsir: so 
kann der mit ihm sich vereinigende Wasserlauf 
nur der Fluß von Kabul sein. Es ist deutlich, 
daß Ptolemaios zwei zeitlich verschiedene Quellen 
benützt und vereinigt hat. S. auch den Art. 
Gandaritis. [Kiessling.] 

Guraios, der letzte größte Nebenfluß des 
Kophen, bevor er selbst in den Indus einmündet, 
40 Arrian. anab. IV 25, 7. In der Beschreibung 
Indiens (IV 11) nennt ihn derselbe nach Mega- 
sthenes Garroias. Die Sanskritform des Namens 
ist Gauri (Lassen Ind. Alt. 112 140, 6), auch 
das Mahäbhärata nennt neben dem G. den Su- 
wästu. Kern (zitiert bei Marquart Untersuch, 
z. Geschichte von Eran II 244 [Philol. Suppl.- 
Bd. X]) vergleicht auch die Guruhä oder Ga- 
ruha der Brhat-Samhitä , worin sich derselbe 
Vokalwechsel zu dokumentieren scheint wie in 
50 den griechischen Namenformen. Heute heißt der 
G. Pangkora, aber als der Hauptfluß gilt der 
Swat (griechisch Soastos. s. d.}, mit dem sich die 
Pangkora vereinigt. Diese richtige Anschauung 
vertritt die Ptolemaioskarte (VII 1, 27), da sie 
nur den Suastos verzeichnet. Aber andere Teil- 
nehmer des Alexanderzuges hatten den G. als den 
Hauptfluß aufgefaßt, und durch dieses Schwanken 
der Quellen ist offenbar Arrian zu dem Irrtum 
verführt worden, die beiden Flüsse überhaupt zu 
60 trennen und jedem eine selbständige Mündung in 
den Kophen zuzuerkennen. Als Hauptfluß er- 
scheint der G. auch im Itin. Ales. (hsl. Poiu- 
raeus). Arrian hebt hervor, daß sich der Über- 
gang über den Fluß sehr schwierig für Alexanders 
Heer gestaltete wegen der Tiefe des Tales, der 
reißenden Strömung und der Anhäufung glatt 
gewaschener Felsblöcke im Bett. Die geographische 
Schilderung ist vortrefilich: in dem hochalpinen 



Bergland des nördlichen Kabulistans zwischen dem 
Hindukuä und Indus hat sich der Fluß ein außer- 
ordentlich tiefes, schluchtartiges Tal gegraben, 
dessen Wände schroff und fast unersteiglich auf- 
ragen, und in verhältnismäßig sehr kurzem Lauf 
hat er ein Gefälle von beinahe 2000 m. In dem 
Talsystem des G. und auf den benachbarten Almen 
weidete der indische Clan der Guraioi seine Herden 
(vgl. auch Ganderrtis). [Kiessling.] 

rovgdvioi, ein Volksstamm, Strab. XI 53110 
neben den Medern und den armenischen Sara- 
parai genannt. [Weissbach.] 

Garas, Bruder des Tigranes, ergibt sich in 
Nisibis an Lucullus. Plut. Luc. 32. [Willrich.] 

Gnrasinm, Ort in Etrurien unbekannter Lage, 
genannt von Diodor. XIV 109 als Schauplatz eines 
Kampfes zwischen Rom und Volsinii (387 v. Chr.). 

[Weiss.] 

Gurhatha s. G üb rata. 



Recht bezeichnet, indem er zugleich die richtige 
Verbesserung rä rovQiava gibt. Onomatologisch 
vergleicht sieh zu G. Guriauna in Medien, 

[Kiessling.] 

rovgiavva (soWilberg;Nobbe rovQictfiva ; 
andere rovQtawa), Stadt in Medien, Ptolem. VI 
2, 14. [Weissbach,] 

Gurke j griech. aixvog, axva, asxova Hes., 
oixvs zuerst bei Alcaeus, lat. cucumis. 

Name undHerkunft. Sixvg (St. tveku- zu 
St. teva- strotzen, Prellwitz Etym. Wörterb. 2 
1905) bedeutet nach Hehn (Kulturpfl.7 312ff.) 
das Strotzende, Zeugungskräftige, Samenreiche, 
indem bei der G. , wie bei dem lautlich ver- 
wandten ovkov (Feige) der Samenreichtum als 
besonders augenfällig hervortreten mußte. Eben- 
so will Hehn in cucumis G. und Cucurbita 
Kürbis den Eindruck strotzenden. Wachstums aus 
der Reduplikation erkennen. Die G., zu der 



Gurbicuui- von Iustinian erbautes ober- 20 Familie der Cucurbitaceen gehörend, ist von den 



moesisches Kastell im Gebiete von Naissus, Procop. 
de aedif. 284, 12 rovQßixov. Tomaschek Die 
alten Thraker II 2, 88. [Patsch.] 

Gurgenes (PovQysvrjs), König der Iberer zur 
Zeit Kaiser Iustins. Wie Prokop (bell. Pers. I 
12, 58) erzählt, schloß er sich den Römern an 
und erbat deren Hilfe gegen den Perserkönig 
Cabades, weil dieser seinen Abfall vom Christen- 
tum verlangte. Da er aber nur ungenügend unter- 



nahe verwandten Arten Kürbis und Melone in 
der ältesten Zeit sprachlich nicht immer zu 
unterscheiden, da die meisten angeführten Kenn- 
zeichen, wie Ranken, große Früchte an dünnen, 
schwanken Stengeln, Vielgestaltigkeit der Früchte, 
das Verspeisen der Früchte mit Gewürzen, schwere 
Verdaulichkeit, erfrischender Geschmack sowohl 
auf die G., wie auch auf den Kürbis, bezw. die 
Wassermelone, passen. Von den bei Plinius er- 



stützt wurde, so floh er mit seiner Familie und 30 wähnten Cucurbitaceen dürften mit einiger Be- 

Trf Oll Tl rt O f*Tl Cl "f 4" in /llO T^flri-la'-Vi V_*_i.»4__ ti Innin/iTin« _f_rt i-_4-.-Hn.-_ „-_-_-L_,_^ J- ___.,_- .___L__\*_-_. _,"..-_ Till^^ *"_-._-. -_-■.,..£-__-,• __._ •_ 



Freundschaft in die benachbarten lazischen Ge- 
birge, wo ihm die Perser nichts anhaben konnten. 
Später scheint er nach Konstantinopel gekommen 
zu sein ; auf jeden Fall trat sein Sohn Peranius 
als Offizier in kaiserliche Dienste. [Benjamin.] 

Gurgites, afrikanischer Ort, Bischofssitz schon 
im J. 256, Sententiae episcoporum in Harteis 
Cyprian 458 n. 74 {Felix a Gurgitibus). Hierher 
gehört auch wohl Primianus (episc.). Gurgai- 



stimmtheit Cucurbita als Flaschenkürbis, cucumis 
als G., pepo als Wassermelone und melopepo als 
Melone bezeichnet werden (v. Fischer-Benzon 
Altdeutsche Gartenflora 1894, 94), umso mehr, 
als Plinius bei melopepo zum erstenmal Süßigkeit 
und Duft als besonderes Kennzeichen hervorhebt. 
Die Cucurbitaceen treten bei ihrem strotzenden 
Bildungstrieb in so mannigfachen Abweichungen 
auf, daß sich sehr wahrscheinlich Namen für ein- 



fcwsis. Not. episc. Byz. n. 78 vom J. 484, in Halms 40 zelne Arten im Verlaufe der Zeit geändert und 
Victor Vitensis 67. [Dessau.] auf andere ihnen ähnliche Arten übertragen 

Gurgos. athenischer Goldschmidt, nur be- haben. Während Hehn annimmt, daß alle 
kannt durch seine Grabschrift auf einem jetzt Cucurbi 
wieder verschwundenen Inschriftstein, IG DT 3582. 
Kaibel Ep. gr. 46 bezweifelt die Richtigkeit 
der Namenslesung. [C. Robert.] 

Gurgures(.) montes, anscheinend bessere 
Überlieferung Burbures montes, Varro r. r. II 

1, 16 (Thesaur, ling. lat. s. v.), identifiziert Nissen v o 

Ital. Landesk. I 237 mit dem M. Teraünills im 50 garis Ser.) gewesen sein könnten', eme Behaup^ 

__**-_ \irtl 1 . .-i rt _■._-_ .1 Uah.-»1 (itiH nifnl — *- ~\ -L ______ l_ _______ Tl - __ _ 1_ __ __ Tfc _____ j*^i _-__-_ _Tf* 



Cucurbitaceen aus Asien und zwar speziell aus 
Südasien, die meisten jedenfalls aus Indien, 
stammen, vertritt Engler (bei Hehn? 318) die 
Ansicht, daß die Heimat der echten Kürbisse in 
Amerika zu suchen sei (s. den Art. Kürbis), 
während die im Altertum erwähnten Kürbisse nur 
Flaschenkürbisse oder Calebassen (Lagenaria vul- 



sabellischen Bergland. [Weiss.] 

Gnriane, Stadt in Margiana nach Ptolem. VI 
10. Es ist die Festung Ghurian im nordwest- 
lichen Afghanistan, am Herirüd, westlich von 
Herät, wo der Fluß aus der Ostwestrichtung nach 
Norden umbiegt. G. lag also in Wahrheit in 
Aria. mag aber eine Zeitlang zu Margiana gehört 
haben. G. besaß zumindest eine große strate- 
gische Bedeutung, die es im J. 208 zum Schau 



tung, die bereits v. Fischer-Benzon a. O. 89ff. 
aufgestellt hatte. Als Heimat der Melone (Cucu- 
mis melo L.), zu der Cucumis chate L. als wilde 
Stammform gehöre, bezeichnet E n g 1 e r (bei Hehn 
a. O.) das südliche Asien und das tropische Afrika, 
als Ursprungsort der Wassermelone (Citrullus vul- 
garis Schrader) dagegen das südliche Afrika, von 
wo aus sie nach Ägypten gekommen sei und sich 
dann nach Südeuropa und Asien verbreitet habe 



platz eines entscheidenden Kampfes zwischen dem 60 (s. den Art. Melone). Über das Vaterland der 

baktrischen König Euthydemos und Antiochos III. ^ 1_JL — T "* ' — " 3 T 1 ' ^ '" - 

machte. Jener hatte hier seine Streitkräfte kon- 
zentriert, um die Linie des Areiosflusses gegen 
den anrückenden Gegner zu verteidigen, Polyb. 
X 49, 1, wo die Hss. Tayovgiav haben und alle 
Herausgeber TaiiovQiav verbessern, — eine geo- 
graphische Ungeheuerlichkeit, wie v. Gutschmid 
(Geschichte von Iran 37, 4) die Konjektur mit 



G. vermochten Linne" und Lamarck noch keine 
Auskunft zu geben. Willdenows (1805) An- 
sicht, die G. stamme aus der Tartarei und Indien, 
fand bei den Botanikern keine Annahme. De Can- 
dolle sprach im J. 1850 in Hinblick auf das Vor- 
kommen eines Sanskritnamens sukasa aus, daß 
die Heimat der G. im nordwestlichen Indien zu 
suchen sei. Nach A. Engler (bei Hehn" 318) 



ist höchstwahrscheinlich die Heimat der G. Ost- 
indien, von wo sie frühzeitig nach dem Westen 
vorgedrungen sei. Verhältnismäßig spät scheint 
sie dagegen nach dem östlichen Asien gelangt zu 
sein.. Erst im 2. Jhdt. n. Chr. soll sie in China 
Eingang gefunden haben (Brettschneider 
Briefe vom 23. und 26. August 1881). Daß die 
G. bereits in den ersten Kulturepochen im alten 
Ägypten bekannt war, beweisen bildliche Dar- 



derGr. zurückgegangen zu sein. Nach v. Fischer- 
Ben zon (92) wird sie in der botanischen Schrift 
Physica der hl. Hildegard (1098—1179) und in 
dem , Buche der Natur' des Konrad v. Megenberg 
(1309—1374) nicht erwähnt , wahrend Albertus 
Magnus im sechsten Buche de speeiebus quarun- 
dam plantarum seines Werkes über die Pflanzen 
cueumer nennt. In den Glossarien, in denen sie nur 
selten aufgeführt wird, ist die lateinische Bezeich- 



stellungen auf alten ägyptischen Wandgemälden 10 nung eueumer, die deutsche erdaphil, erthappl, 



(Woenig Die Pflanzen im alten Ägypten 207). 
I>ie angebauten Arten waren Citrullus vulgaris 
Schrad., Cucumis melo L. , Cucumis chate L., 
Lagenaria vulgaris L, (Woenig 201. A. Braun 
Z. f. Ethnologie 1877 303f. bei Engler-Hehn 
319). Das älteste Schriftzeugnis für Cucur- 
bitaceen findet sich im vierten Buch Mosis XI 5. 
Die Worte kisckuim und abattikim, welche 
Luther mit Kürbisse und Pfeben übersetzt hat, 



ertappet. Wie im Altertum sind auch im Mittel- 
alter Gr. und Kürbis gelegentlich verwechselt wor- 
den (Kurbiz-Oucurbita vel eueumer, A. H. Hoff- 
mann [v. Fallersieben] Althochd. Glossen 1826 bei 
R. FischerBenzon 93). Vom 16. Jhdt. ab ist 
die Kultur der G. wieder verbreitet. Melchior 
S eb i z i u s in seinem Buche über den Feldbau (1 579) 
hält den Genuß der G. für gesundheitswidrig. Er 
rät, sie lieber den Maultieren, Mauleseln und ge- 



gibt Kautzsch (Textbibel 1899) mit G. und Me- 20 meinen Eseln, als Menschen zur Nahrung zu geben. 

i ^„j„_ a„.-u tj„i_ *^ *».. j:„. ^._ Leonard Fuchs (1542) begreift unter G. auch 

Kürbis und Melonen, doch unterscheidet er sie 
von der Coloquinta, der wilden G. Rhagorius 
(1669) macht bereits einen Unterschied zwischen 
weißen, grünen und Schlangen-G. Camerarius 
1611 bildet letztgenannte G. unter dem Namen 
Cucumeres Ion gl ab (Rümpler lilustr. Garten- 
bau-Lexikon 1882). 

Der Anbau. Der zur Saat bestimmte G.- 



lonen wieder. Auch Hehn tritt für diese Über- 
setzung ein in Anlehnung an Celsius Hiero- 
botanicum I 356. II 247. Mit Beziehung auf 
das arab. battieh Wassermelone erkennt Engler 
(bei Hehn 7 319) in abattiMm die letztgedachten 
Früchte, umso mehr, als die Septuaginta die 
Übersetzung xexoves, nicht /u^XoTiiTroveg (Zucker- 
melonen) hat. Was die G. an der biblischen 
Stelle anbelangt, so ist nach Hehn an die ägyp- 



tische Cucumis chate L. , eine große längliche 30 Samen soll nicht alt sein, weil er zu den am 



Frucht, zu denken. Im prähistorischen Europa 
hat sich keine einzige Cucurbitaceenart nach- 
weisen lassen (Engler bei Hehn 7 319). Weder 
in den Pfahlbauten Italiens, noch in denjenigen 
Savoyens und der Schweiz haben sich G.-Kerne 
gefunden. Der Umstand, daß die baskische 
Sprache für die G. keinen Namen besaß, zeigt, 
daß diese Kulturpflanze nicht vor den Ariern 
nach Europa gekommen ist. In Griechenland 



wenigsten dauerhaften gehört (Theophr. h. pL 
VII 5). Um wohlschmeckende, zarte, weiße 
Früchte zu erzielen, sollten die Kerne, bevor sie 
ins Land gelegt wurden, zwei Tage lang in 
Milch (Pall. Schafmilch) eingeweicht werden 
(Theophr. h. pl. VIII 3; de caus. pl. III 9. Plin. 
XIX 5. Pall. IV 9). Zur Erzielung kernfreier 
Früchte wurde empfohlen, den Samen drei Tage 
lang vor der Aussaat in sabinisches öl zu legen 



und Italien scheint die G. nicht vor dem 5. Jhdt. 40 (Geop. XII 19), oder ihn mit zerriebenem Flöh- 



v. Chr. Eingang gefunden zu haben. Homer 
und Hesiod kennen sie noch nicht. Ersterer er- 
wähnt zwar an zwei Stellen (II. II 572 und 
XXHI 299) die Stadt Sikyon, doch werden beide 
Stellen als spätere Einschiebsel betrachtet (Hehn 7 
311). Bei Hesiod heißt diese Stadt noch Mv\- 
noivr\ Mohnstadt, den Namen Sikyon G.- (oder 
Kürbis-)Stadt erhielt sie erst später nach Einfüh- 
rung der aus Asien erhaltenen Cucurbitaceen. Das 



kraut (yvUtov, eulex, culix Plin. XIX 5) ein- 
zumachen (Pall. IV 9). Hat man Überfluß an 
Wasser, so bedarf nach Columella (XI 3) die G. 
nur geringer Pflege. Wird der Samen in trockenes 
Land gelegt, das man nicht leicht bewässern 
kann, so sind im Monat Februar anderthalb Fuß 
tiefe und drei Fuß breite Gräben zu ziehen, 
zwischen denen ein acht Fuß breiter Raum 
bleiben soll, damit sich die Ranke ausbreiten 



altgriech. oixvog ist in das neugr. avxvä überge- 50 kann (Pall. IV 9). Diese Gräben sind zu einem 



gangen. Von neugr. äyyovgta (äyovgog = äoogog 
unreif), das, wie das persische ankhara, auf eine 
altarische Wurzel zurückgeht, sind abzuleiten das 
böhm. okurha, russ. oguree und poln. ogörek. 
Ihnen sind wiederum entlehnt nhd. G. (zuerst um 
1500), ndl. agurkje, engl. gherJein (kleine G.), 
dän. agurke. Auch die esthnischen Bezeichnungen 
uggurüs, ukkurits, urits gehen auf äyyovgiov zu- 
rück (De Candolle Der Ursprung der Kulturpfl., 



Drittel ihrer Tiefe mit Stroh auszufüllen, auf das 
man so lange Dungerde legt, bis der Graben 
halb voll ist. Dann sät man an den Quinquatren 
(19.— 23. März) die G.-Kerne darauf und begießt 
sie, bis sie zu keimen beginnen. Demnächst 
wirft man in Zwischenräumen weitere Dungerde 
hinein, bis der Rand des Grabens erreicht ist. 
Bei solcher Behandlung, meint Columella (XI 3), 
werden die G.-Pflanzen den Sommer hindurch 



deutsch von Goeze 1882 331f. Kluge Deutsch- 60 auch ohne Bewässerung aushalten und Früchte 



etym. Wörterbuch* 123). Aus dem lat. cucumis, 
vielleicht verwandt mit curvatura wegen der ge- 
Jcrürninten Form der G. , sind entstanden franz. 
coneombre, itaL cocomero und cocomerello, span. 
eohombro, engl, cueumber, oberdeutsch Kukumer 
und Kümerling. Ital. citrwlo, citrittolo von eitru- 
Iw, also eigentlich kleine Zitrone (Schrader 
JReaHei. 484). Im Mittelalter acheint der Anbau 



von angenehmerem Geschmack erhalten, als wenn 
die Pflanzen bewässert wären. In wasserreichen 
Gegenden soll man frühzeitig säen, doch nicht 
vor dem 1. März, damit die Verpflanzung nach 
der Frühlingsgleiche erfolgen kann. Weil die 
G.-Pflanzen Unkraut dulden, hielt man ihr Be- 
hacken und Bejäten nicht für erforderlich. Um 
frühzeitig G. zu gewinnen, wurden die Pflanzen 



, \A Ul B.C 



in Körben {xo<pwoi, cophini) oder irdenen Töpfen 
(xegdfua, fietilia) gezogen. Die Anzucht geschah 
in folgender Weise. In die mit Dungerde an- 
gefüllten Körbe bezw. Töpfe wurden die G.-Kerne 
gelegt und mäßig feucht gehalten. An warmen, 
. sonnigen Tagen setzte man die Gefäße vor das 
Haus, wo sie vor dem Winde geschützt waren, 
Bei ungünstiger Witterung und besonders bei 
Frost wurden sie wieder in das Haus getragen. 
In dieser Weise verfuhr man bis zur Frühlings- 10 
gleiche. Dann setzte man die Körbe in die Erde . 
und erhielt demnächst frühzeitig Früchte (Col. 
XI 3. Geop. Xn 19). Um große und schwere 
G.-Kübel ohne zu viele Beschwerde aus dem 
Hause in das Freie und wieder zurück in den 
geschützten Raum zu befördern, hatte man Räder 
unter ihnen angebracht. So haben die Gemüse- 
Gärtner (olitores) des Kaisers Tiberius, auf dessen 
T?afel an keinem Tage G. fehlen durften, ihre 
hängenden Gärten' (hortos pensiles) auf Rädern 20 
in die Sonne geschoben und sie im Winter hinter 
Glaswände {inira specularium munimenta) ge- 
stellt (Plin. XIX 5). Noch ein anderes Ver- 
fahren, Früh-G. zu erhalten, führt Columella 
(XI 3) an. Ein gewisser Bolus aus Mondes in 
Ägypten zog auf sonnigem, gutgedüngtem Acker 
abwechselnd eine Reihe Pfriemen- oder Garten- 
kraut (vag&r)!;, ferula) und eine Reihe Brombeer- 
stauden, die in Gärten aufgezogen waren. Nach 
der Frühlingsnachtgleiche schnitt er von beiden 30 
Pflanzen die Stengel wenig unter der Erde ab, 
erweiterte die Markröhren der stehengebliebenen 
Stengel mit einer Holzspitze und legte darauf 
Mist hinein. Die nunmehr eingelegten G.-Kerne 
empfingen ihr Wachstum von dem Pfriemenkraut 
bezw. der Brombeerstaude und wurden nicht allein 
durch ihre eigenen Wurzeln ernährt, sondern auch 
durch diejenigen ihrer Mutter. Die auf solche 
Weise in die Stauden hineingelegten Kerne sollten 
auch bei Kälte G. liefern. Infolge der Berührung 40 
der G. durch Frauen sollte das Wachstum der 
Pflanzen gehemmt werden, Columella warnt daher, 
Frauen den Zutritt zu den G.-Pflanzungen zu ge- 
statten. Zur Zeit der monatlichen Reinigung soll- 
ten die jungen Früchte beim Anblick der betreffen- 
den weiblichen Personen verdorren. Die G. nehmen 
jede Gestalt an, die man ihnen beim Wachsen 
gibt. Sie werden lang und zart, wenn man zwei 
Hand breit unter ihrem Standort ein mit Wasser 
gefülltes Gefäß aufstellt. Schon nach einer Nacht 50 
wird man sehen, wie sich die die Feuchtigkeit 
liebenden Gewächse nach dem Wasser ausstrecken 
(Plin. XIX 5. Pall. IV 8. 9. Geop. XII 19). Um 
langgestreckte Früchte zu erzielen, steckten manche 
die Blüte mit der Spitze der Ranke in ein Rohr, 
dessen Knoten vorher sämtlich durchlöchert waren. 
Werden die jungen Pflänzchen in tönerne Formen 
von Menschen- oder Tiergesichtern gepflanzt und 
eingeschlossen, so nehmen die Früchte die betreffen- 
den Gestalten an (Pall. IV 9. Geop. XU 19). 60 
Werden die G. durch Wasser angezogen, so meiden 
sie dagegen ängstlich das Öl, das ihnen zuwider ist 
(Plin. XIX 5). Bei Donner drehen sie sich um, 
gleichsam erschrocken (Pall. IV 9. Geop. XII 19). 
Was die verschiedenen Sorten anbelangt, so waren 
die italischen sehr klein und grün, die iu den 
Provinzen gezogenen sehr groß, gelb (eerinus) 
und schwarz. Die größten G. wuchsen in Moesien, 



die bedeutendste Zucht war in Afrika. Die 
Griechen unterschieden drei Arten G.: die lako- 
nische, die oxvTaltas (stocklange G.) und die 
boiotische. Von diesen gedieh die lakonische am 
besten, wenn sie fleißig begossen wurde. Die 
beiden anderen Arten bedurften der Bewässerung 
nicht (Theophr. h. pl. VII 4). 

Verwendung. Geschält wurde die G. nach 
Galen mit Senf und Salz frisch gegessen. Apicius 
(III 6) empfiehlt, sie mit Pfeffer, Polei, Honig 
oder Rosinenwein, Fischlake und Eppich, auch 
mit Eppichsamen, Fischbrühe und Öl mit Pfeffer 
bestreut zu verspeisen. In Fischlake oder Fisch- 
laken wein gelegt, erregt sie kein Magendrücken 
oder Aufstoßen. Man bewahrt die G. in Salz- 
wasser auf und kocht sie mit Quitten. In 
Scheiben an Fäden aufgeschnürt, wurden sie im 
Januar als etwas Besonderes verspeist (Athen. 
IX 4). Nach Dioskurides (II 162) ist die G. für 
Leib und Magen bekömmlich, sie kühlt, verdirbt 
nicht, ist gut für die Blase und ruft durch ihren 
Geruch aus der Ohnmacht zurück. Ihr Same 
treibt mäßig den Harn und hilft mit Milch oder 
Süßwein bei Blasengeschwüren. Ihre Blätter mit 
Wein aufgelegt heilen Hundsbiß , mit Honig 
Epinyktiden (SitiwHTtdes t Blattern, die nachts her- 
vorzubrechen pflegen). Die Wurzeln der wilden 
G. heilen Aussatz, der aus ihrem Samen ge- 
wonnene Milchsaft wurde zur Herstellung eines 
Abführungsmittels, des iXaztJQtov, verwandt. 

Literatur: Magerstedt Der Feld-, Garten- und 
Wiesenbau der Römer 1862. Hehn Kulturpfl. 
und Haustiere" 1902. v. Fischer-Benzon Alt- 
deutsche Gartenflora 1894. De Candolle Der 
Ursprung der Kulturpflanzen, deutsch von Goeze 
1882. Schrader Reallexikon der indogerman. 
Altertumskunde 1901. [Orth.] 

Gurra s. Gurza. 

Gurthonum, Örtlichkeit in der Civitas Cabi- 
lonensium, heut Gourdon (dep. Sa&ne-et-Loire), 
35 km südwestlich von Chalon-sur-Saöne. Das 
dort befindliche Kloster erwähnt Greg. Tur. in 
glor. confess. 85 apud monasterium Gurthonen- 
$im. Longnon Geogr. de la Gaule au VIe siede 
218. Holder Altkeit. Sprachsch. s. v. [Ihm.] 

Garalis, Name zweier westsardinischer Sied- 
lungen (Ptolem. III 3, 7. Vin 9, 3) ; rovqovkk 
xakaia wird mit Padria, rovQovlk via mit Cug- 
lieri identifiziert; vgl. G. Spano Memoria sopra 
l'antica cittä di Gurulis vetus oggi Padria, Cag- 
liari 1 867. D e 1 a M ar m o r a Voyage en Sardaigne 
II 366. 403 (beides von mir nicht gesehen). Pai* 
Memorie d. accad. d. Lincei scr. III vol. VII (1881) 
339. CIL p. X 824. [Weiss.] 

Gurza (die Einwohner Gurxemes auf In- 
schriften [s. u.], die Stadt anscheinend Gurra in 
der Tab. Peut., Topfr bei Polyb. I 74), Stadt 
in Byzacium, nördlich von Hadrumetum, vgl. CIL 
VIII p. 17 u. Suppl. p. 1162). Patronatsurkunde 
des se?iatus populusque eivitatium stipendiario- 
rum pago Gurzenses mit dem Proconsul von Afrika 
aus dem J. 12 v. Chr. (CIL VHI 68. Dessau 
6095); andere der civitas Gurzensis aus dem 
J. 65 n. Chr. (CIL VIII 69). Angehörige der 
Stadt auch in mehreren Grabschriften der .Stadt 
Rom (CIL VI 36277. 32757). [Dessau.] 

Gurzll, wird mit Mastima (Pluto) und Sini- 
fere (Mars) als eine Hauptgottheit der Mauren 



von Corippus öfters genannt (Joh. II 109 405 
IV 669. 684. 1139. V 116. Vn 304. 619). Er 
scheint als Sohn des Ammon betrachtet worden 
zu sein (TV 669 Amnionitis), und seine Bilder 
waren scheußlich (IV 1139 korrida signa). Sonst 
ist aus dem Dichter nichts zu entnehmen. In- 
schriftlich scheint G. nicht bezeugt zu sein, son- 
dern nur die dii Mauriei im allgemeinen' (CIL 
VIII 2637-2640. 9S27). * [Cumont] 

Gurzubanthon, Ort an der Küste des Schwar- 
zen Meeres, zwischen Sinope und dem Halys 
Anon. peripl. Pont. Eux. 24, dessen Name sich 
in dem kleinen Weiler Gözifet erhalten hat. 

1891 VIII 79. Hamilton Reisen in Kleinasien, 
ubers. von Schomburgk I 283. (Rüge 1 
Gestatio (so nur Petron. 21, 6. 31, 8 und 

Td Vt S! '. a Ä häufi £ er 9^stm (Martial. X 48, 
i.6. XL 61, 4. 52, 12; gustum Apic. 4, 5. Porphyr 
zu Hör. sat. I 3, 6), auch promulsis nach dem 
dabei gereichten mulsum (Cic. ad fam. IX 16 8 
2i'TT^ 0d 5 f ri 9täa memo, (Plut, qnaest. conviv. 

YI1 *Ä 3 ?' 733F )' heißt das T<» den Haupt- 
gerichten, der eigentlichen cena (daher ante ce~ 
nam ohne eigentliche Zählung als Gang und 
° hn , e f a™, Ma Crob . m 13, 12; vgl. Hör. sat. 
11 4, 35tt.) auf dem gustatorium (Petron. 34 1 
Plin. ep. V 6, 37. Martial. XIV 88) oder pro- 
mulsidare (Petron. 31, 9. Ulpian. Dig, XXXIV 
4 19,10; promulsis Tertull. de paUio 5) auf- 
getragene Vorgericht, das aus allerlei die Ver- 
dauung befördernden oder den Appetit reizenden 

/^L-T ^ agen durch Aufst oßen erleichternden 
(Martial. X 48, 10 nictatrix mmtha) Speisen- 
bestand, die übrigens nach Zeit, Mode, Geschmack 
und Verhältnissen des Gastgehers wechselten. 
Zum festen Bestände der G. gehörten Eier so 
daß ab ovo ad mala sprichwörtliche Bezeich- 
nung für Anfang und Ende werden konnte (Hör 
sat. I 3, 6 mit Porphyrios Erklärung); erwähnt 
werden sie in den Menüs bei Varro de r r I 

?; U r. Ä ad fam ' IX 20 ' !• Hor - sat. H 4, 12. 
Martial. V 78, 5. X 48, 11. XI 52, 8. Sodann 
nehmen einen breiten Raum in der G. allerlei 
pikant bereitete kalte Gemüse und Salate ein 
Am häufigsten wird die lactuca genannt (Hör' 
sat. II 8, 8. Martial. X 48, 9. XI 52, 5. XIII 
14), ferner Kohl (brassica), Lauch (p&rri), Krause- 
minze (mentha), Malven, Rauten, Grünkohl, Rüben, 
Kohlrüben, Artischocken, Kürbisse, Melonen Gur- 
ken, Spargel, Oliven, Maulbeeren, Sauerampfer 
usw. mit allerlei scharfen und pikanten Zutaten: 
für die Belege vgl. Marquardt. Umfassende 
\ erzeichmsse für die G. geeigneter Speisen geben 
die Arzte, besonders Cels. II 29. Zu den Ge- 
müsen und Salaten treten die verschiedensten 
borten von Obst und Pilzen und besonders 
Schnecken, Muscheln, Seeigel und Austern in 
reicher Auswahl, roh oder gekocht, auch gesal- 
zene F^che und pikante Fischsaucen. Bei üp- 
pigeren Gastmählern gab es auch warme Gerichte 

SS»? S-'tt 80 - beiße Wärste Md geratene 
Hasebmause mit Honig und Mohn bei dem Schlem- 
mer Tnmalehio (Petron. 31), Geflügel bringt in 
bescheidenem Maße die ferne Küchebei Hof «at 
ü«r; lli w ^ 1 ? ^? vielarti g das Pontifikal- 
22. *w Mw 5» 1 »- m 13, 12. In diesem sind 
»och festere Braten (Reh und Wildschweine) 



schon in der G. vertreten, wofür wir nur einen 
zweiten Beleg, Hör. sat. II 8, 6, haben, wo aber 
oftenbar das Auftragen eines Ebers gleich zum 
Beginn das verächtliche Lächeln jedes feineren 
Essers über die Protzenhafügkeit des Parvenüs 
Nasidienus erregen soll. Bezüglich der Geschichte 
der G. hören wir, daß die ältere Zeit sie noch 
nicht kannte und die Mahlzeit nur aus zwei 

mSS^?' de \^ w ^ JJ nd äenpocula, bestehen 
10 ließ (Serv. z. Aen. I 723. 726. VIH 283) Gerade 
die Hauptbestandteile der späteren G,, Salate 
Gemüse und Austern, wurden früher zum Nach' 
tisch eingenommen (Plut. quaest. conviv. VIII 
9,8 p 733 F. [Verg.] Mor. 74. Hör. lat 11 4 

p 9; ^ t - XI I IU) - Vgl. Marq*aidt-Manl)2 
Privatleben der Römer 2, Leipzig 1886 323f£ 
Becker-Göll Gallus III, Berlin 1882, 325ff 
Mau o. Bd. III S. 1896. TZiefflerl * 

Gutae s. Gautae. L^egier.J 

20 Gnthalus. Plinius n. h. IV 100 (Solin. 20 2} 
nennt ihn als ersten Fluß in' einer von Osten 
nach Westen vorwärtsschreitenden Aufzählung 
der ms Nordmeer fließenden Ströme Germaniens* 
als zweiter folgt die Weichsel, dann die Elbe' 
In dieser Reihe fehlt die Oder, die Cluver darum 
im G. erkennen wollte. Karl Müller (zu Ptolem 
III 5, 1) dachte an den Luttafluß, den der Geogr 
Rav. 175, 10 neben der Weichsel aufführt- er 
teilte G. in Lutta (oder Gutta!) und Alus und 
30 verglich mit dem letzteren die Alle, den großen 
Nebenfluß des Pregel. Jedenfalls zwingt die geo- 
graphische Anordnung bei Plinius, den G. im 
Pregel oder Memel zu suchen. [Kiesslingl 
Gutones s. Butones, Guiones 
Gutruatus, b ei Caes. bell. Gall. VII 3, 1. 
,5 ? 8 ' L ist mcht Eigenname, sondern ein 
keltischer Titel; s. Gutuater (Holder Altkeit. 
Sprachsch. I 2045t). [Münzer.] 

in n ™ tta > B emame eines unbekannten römischen 
40 Geschlechts. Ein Capuaner G. nahm auf selten 
der Demokraten als Feldherr am Sullanischen 
Bürgerkrieg teil (Appian. bell. civ. I 416; seine 
zuletzt von Linden De hello civili Sullano 
[Diss. Freiburg 1896] 64, 77 angenommene Iden- 
tität mit dem ebd. 431 genannten Albinus ist 
unrichtig). Ein Ti. Gutta (Pracnomen Cic. Cluent. 
9H. 12/) gehörte zu den bestechlichen Richtern 
im Prozesse des Oppianicus 680 = 74 (Cic 

™S 1Uen o In, 75 " J 78 - 98 " 103 - 127 ' vgl. Schol! 

50 Fers. 2, 19) und wurde später auch wegen Am- 
bitus angeklagt (Cic. Cluent. 98) und 684 = 70 
aus dem Senat gestoßen (ebd. vgl. 127. 130) 
Ein G bewarb sich um das Consulat mit Milo 
für ,02 = 52 (Cic. ad Qu. fr. IH 8, 6), muß 
also vor 700 = 54 Praetor gewesen sein. Der 
Zusammenhang dieser drei Männer ist nicht zu 
ermitteln [Münzer.l 

Guttalos s. Guthalus. 
Gutturninm {guturnum Goetz Corp. gloss. 

oUIat, II 36, 35; guturneum ebd. V 24, 15 und 
i% 17) ist die Kanne, ans der nach der Mahl- 
zeit den Schmausenden das Waschwasser über die 
Hände gegossen wurde, mit engem Halse für 
das tropfenweise Ausgießen (Fest. epit. 98 13 
Müller = 70, 13 Thewrewk: gutturmum vm ex 
quo aqua %n mamts datur ab eo quod provter 



wahrscheinlich auch mit euturnium gemeint in 
Fest. epit. 51, 1 Müller = 35, 32 Thewrewk, 
wonach es auch zur Opferspende gedient hat 
(ctäwrn&wn vas quo in sacrificiis vinum funde- 
batur), wenn nicht eine Verwechslung mit dem 
verwandten guüus vorliegt (vgl. den umgekehrten 
Fall Goetz Corp. gloss. lat. II 202, 31 : trulleum 
et gutum et aqniminale z £ Q v ißt° v > ^sotov). Das 
G. wurde gewiß aus verschiedenen Stoffen her- 
gestellt. Ton ist bezeugt Goetz Corp. gloss. lat. 10 = Aelian. hist. an. V 14*. Antigen. Car. de mirab. 



uyaros, uyara, uyarae J.y&4 

Form ist unbekannt Den Gedanken Benndorfa 
(Vasenbilder III 118) und -Furtwänglers 
(Samml. Sabouroff zu Taf. 73), in den halbkuge- 
ligen, reliefgeschmückten, hellenistischen Gefäßen, 
den sog. megarischen Bechern eben die G. 
wiederzuerkennen, hat Robert 50. Winckelm.- 
Progr. 3 mit Recht abgelehnt. Vgl. Pottier in 
Daremberg-SaglioDiction.111674. [Zahn.] 
Gyaros, Gyara, Gyarae (»? riaQog Aristot. 



II 36, 35 guturnum: elöog oxevovg oozQaxivov. 
Literatur: Marquardt-Mau Privatleben 655. 
Daremberg-Saglio Dictionnaire n 1674 (Pot- 
tier). [Zahn.] 

Guttus (gulus, guitulus bei Plautus, vgl. 
Forcellini Lex.), ein Gefäß, das seinen Inhalt 
nur langsam, tropfenweise hergab (Varro de 1. 1. V 
124: qui vinum dabant ut mtnutatim funderent 
a guttis guttum appellarunt. Schol. luv. HI 



ausc. 25. Arat. = Strab. X 486. Strab. X 485. 
Mela II 7, 11. Tac. ann. III 68. Arrian. anab. IV 4. 
Luc. Tox. 17f. Philostrai Apoll. VII 8. Itin. 
Ant. 529, 2. Suid.; Gyara, ae: Plin. IV 69. VIII 
104. 222; Gyarae, arum luven. I 73. X.170. 
Plut. exil. 8. Steph. Byz.), ein kleines (luvenal. : 
brems Gyarae), nur 23 (nach andern 17) qkm 
großes hafenloses {N. KozooßtXP.ijs Neos Xif.ievo- 
8dxrt}^ 10) Eiland in der Mitte der nördlichen 



263; vgl. Gutturnium). Es diente zum Aus- 20 Gruppe der Kykladen (Plin. n. h. IV 69: der 



gießen des Weines, besonders bei der Opferspende 
(Horat. sat. I 6, 118. Plin. n. h. XVI 185), des 
Speiseöles (Gell. n. a. XVII 8, 5) , des Salböles 
beim Bade und in der Palästra (luv. HI 263 mit 
Schol. XI 158. Goetz Corp. gloss. lat, II 36, 
30. III 324, 64. V 654, 16). Der G. wurde aus 
verschiedenem Material hergestellt, aus Buchen- 
holz (Plin. n. h. XVI 185), aus Ton (Horat. sat. 
I 6, 118, trotz Willers Bronzeeimer von Hem- 



Sporaden), 14, 5 km von der Nordwestspitze 
UszQtttjs (C. Bursian Geogr, v. Griech. irrig 
Strimessos) von Syros, jetzt rißQog (Jaros) und 
zä rtoitga (Jura) genannt (es gibt aber jetzt 
ein zweites kleineres Fiovga, nördlicher zwischen 
IIinEQi, WaftovQa und Ilekayov^oi gelegen). Der 
alte Name G. wird von L. Grasb erger Orts- 
namen 205 mit yialov zusammengebracht. Es 
wäre also etwa an die Ähnlichkeit des Aus- 



moer 104. Gell. n. a. XVII 8, 5), natürlich 30 sehens mit dem einer Harnischhälfte {yvalov 



auch aus Metall, der das Salböl bergende unter 
anderem aus Hörn, der kostbarere aus Rhinozeros- 
horn (Martial. XIV 52. 53. luv. VII 130). Schon 
aus der Mannigfaltigkeit der Verwendung geht 
hervor, daß G, Gefäße verschiedener Form und 
Größe bezeichnete, sie mußten mir einen engen 
Hals haben, der die Flüssigkeit langsam aus- 
fließen ließ. So ist der für das Speiseöl und der 
für die Spende dienende G. wahrscheinlich eine 



&d>Qaxog, Paus. X 26, 5) zu denken. G. ist rings 
von Keos, Kythnos, Syros, Tenos und Andros im 
Abstand von etwa 19 km Radius umgeben. Seine 
Küstenurorandung ist unregelmäßig, die Süd- 
spitze setzt sich in einem kleinen Inselchen (jetzt 
rö riaQovrjoi = Möweneiland) fort. Die Umrisse 
von G. haben etwa das Ansehen eines schief auf- 
gerichteten Blockes mit jähem Steilabsturz nach 
Süden und einer sanfteren Abdachung nach Norden. 



Kanne, wie sie öfter in Opferbildern dargestellt 40 Der höchste Gipfel erhebt sich zu etwa 300 m. 

;o+ tm~ fi j:„ j„„ c-„h.«i „„^im^ A^f^ Das Gestein ist graugrüner Glimmerschiefer mit 

dünnen Lagen von kristallinem Kalk und streicht 
nach Westnordwesten. Eisenerze sind nicht vor- 
handen , so daß die Notiz bei Ailian von dem 
Eisenreichtum der Insel auf einem Irrtum be- 
ruhen muß. Die Oberfläche ist felsig, öde und 
wssserarm, die Küste steil und hafenlos. Nur 
an der Ostseite sind einige kleine offene Buchten 
mit Sandstrand, wo Boote landen können; hier 



ist. Die G. , die das Salböl enthielten, dürfen 
wir jedenfalls in den runden, länglichen, flachen, 
aus verschiedenen Stoffen hergestellten Salbge- 
fäßen wiedererkennen. Die jetzt übliche Be- 
ziehung des Wortes auf eine Gattung schwarz- 
gefirnißter, mit Reliefs verzierter, attischer und 
unteritalischer Tongefässe (Form Furtwängler 
Vasensammlung Berlin Taf. VI 242. 243. 244. 
Walters History of ancient pottery I 200. 503. 



Pagenstecher Calen. Reliefkeramik 126. 128) 50 gibt es auch leidlich fruchtbare Erde, und Reste 

ist nicht bezeugt, ebensowenig für die römischen — m __-.,,.. 

Gefäße, die Cohausen in den Annalen des 
Vereins für nassauische Alterfcumsk. 1879 272ff. 
Taf. VI besprochen und G. genannt hat (vgl. auch 
Walters a. a. O. II 469). Literatur: Fried- 
länder zu Martial XIV 52. 53. Marquardt- 
Mau Privatleben 650. Daremberg-Saglio Dic- 
tionnaire H 1674 (Pottier). [Zahn.] 

Gyale (yvdkq oder yvä/.as, jedenfalls mit 



von Terrassen mauern zeigen alten Anbau an. In 
der Nähe liegen unweit einer Quelle und eines alten 
Molos die dürftigen Ruinen des antiken Fischer- 
und Purpiirmnschelsammlerdorfes , dessen Armut 
bekannt war. Immerhin wurden zwischen 300 
und 200 r. Chr. auf G. autonome Kupfermünzen 
geprägt (Head-Sworönos 'Iot. Nop. I 616. 
Catalogue of the Brit Mus. , Islands 100). Die 
Averse zeigen einen turmgekrönten Frauenkopf, 



yvalov verwandt), nach Philetas bei Athen. XI 60 die Büste der Artemis oder einen Hirsch, so daß 
467 c Bezeichnung eines Trinkgefäßes bei den wir auf deren Verehrung zu G. schließen dürfen, 



orü angtistias gtätatim flucti. Vgl auch li an 
o. Art. Aqnaemanile). Dasselbe Gefäß ist 



Megarern, nach Hesych (yvedag, ridos .-zoTqgiov 
Tiaga MaxeÖooi; vgl Etym. M. 243, 13) ein Trink- 
gefäß bei den Makedonen, das sie nach Marsyas 
(ebenfalls bei Athenaios, vgl. die Bemerkung von 
v. Wilamowitz in Kaibels Ausgabe) anch zur 
Opferspende brauchten (vgl Ritsch 1 Opusc. I 
463. Hoffmann Die Makedonen 71). Seine 

Pudy-Wtesowa-KroH VII 



die Reverse Perseus oder eine Ähre, so daß doch 
etwas Ackerbau (auf den noch erhaltenen Ter- 
rassen vielleicht auch Weinbau) getrieben worden 
zu sein scheint. Man erzählte sich , daß die 
Mäuse einst so überhandgenommen hätten, daß 
sie Eisen gefressen und die Bewohner genötigt 
hätten, vor ihnen zu weichen (Plin. n. \ VHI 

62 



104. 222). GL war in der römischen Kaiserzeit 
ein gefurchterer Verbannungsort für Staatsver- 
brecher (luven. 1 73. Tac. ann. IV 30. Plut. exiL 8), 
da das hafenlose und darum wenig besuchte Eiland 
die Flucht erschwerte. So wurde z. B. unter Kaiser 
Tiberius C. Silanus wegen Erpressung und Maje- 
stätsverbrechens nach G. verbannt (Tac. ann. III 68). 
Im Anfang der römischen Kaiserzeit mußten die 
Bewohner von G, jährlich 150 Drachmen Abgabe 
zahlen. Sie sendeten 29 v. Chr. an Kaiser 10 worden ,~wie" sonst zuweilen Athena und Anaitis 



gnost. Kanones bei Cramer Anecd. Oxon. II19 r 
108 F6qü (lies rvyä) ■ 'A&iprä eyx&Qtös. Über 
die gemeinsame Quelle von Schol. Lykophr. und 
Hesych. vgl. Wentzel 'Eäuth^tms VII 19. 
Nach Eustath. Hom. 11. 366, 3 führt Athena die 
Epifclesis G. von einem Kult in Koloe an der 
Fvyaia HpLvr\. Die gewöhnlich als Artemis Ko- 
loene (s. d.) aufgefaßte Anaitis von Koloe wäre 
danach gelegentlich auch als Athena G. erklärt 



Augiistus eine Gesandtschaft, die um Ermäßi- 
gung bitten sollte, da sie kaum 100 aufbringen 
könnten (Strab. X 485, der mit einem der Ge- 
sandten nach Korinthos fuhr). Bei Reisenden des 
angehenden Mittelalters zuweilen genannt, Itin. 
Ant. 529,2. Fiedler Heise durch GriechenL II 
158ff. L. Roß Inselreisen I 5. II 170f. C. Bur- 
sian Geogr. v. GriechenL II 348ff. 467. A. Phi- 
lippson Beiträge zur Kenntnis der griechischen 



identifiziert werden (vgl. o. Bd. I S. 2031, 4 unter 
Anaitis}. Allein die erste Silbe Tv ist für die 
Epiklesis bei Lykopin*, kurz, für den Namen des 
Sees bei Hom. II. II 865 lang. 

2) Tochter des Gyges, Mutter des Antiphos 
und Mesthles, nach der falschen Erklärung von 
Hom. IL II 865 rd> Vvyair] zexe XC(avtj als tw 
Tvyaif] (= die Tochter des Gyges) tehs Upivfi 
{= tzolqol rfj Mpvrj), Schol. und Eustath. (p. 366, 4) 



Inselwelt 34. British Admiralty Chart nr. 1817. 20 zu Hom. II. a. a. 0. w [Jessen.] 

N. KotaoßiXlrjQ Neos Ai/xsvoSetxnjg 2 10. Gygaie, Gygaia liiime, Gygamim stagnum (tf 

[Bürchner und Philippson.] Fvyacy Xiiivt] IL XX 391, vgl. II 865 = Strab. 



Gryftg. 1) Ein Gefährte des Aineias, für den 
der Beiname fortis typisch ist (Verg. Aen. I 222. 
612). Bei dem Sturme, welcher Aineias nach 
Afrika treibt, wird G, gerettet (ebd. Sllff.). In 
den Leichenspielen für Anchises steuert er das 
Schiff Chimaera und gelangt als dritter ans Ziel 
(ebd. V 118ff.- vgl. Hyg. fab. 273). Auch kämpft 



Ivyairj 

XIII Q2Q. Quint.Smyrn.Xr68. Herodot. I 93; 
rf Tvyaia Upivr] Strab. XIII 626. Hesych.; Gy- 
gaeum stagnum Plin. n. h. V 110), ein See in 
Lydien (Lotungen 130 m Tiefe, R. Kiepert 
Karte t. Kleinas. C I). Später hieß er Kokon 
Xlfxvt] (s. d.), jetzt Mermerc göl (= Marmor- 
see). Der antike Name hängt in irgend einer 



er mit Glück gegen die Rutuler. Von ihm leitete 30 Weise mit dem des Königs Gyges (s. d.) zu- 



sich nach Serv. Aen. V 117 das patrizische Ge- 
schlecht der Geganii her, welches Vergil (a. a. 0.) 
wohl absichtlich, weil es in späterer Zeit un- 
würdige Mitglieder hatte (Plin. n. h. XXXIV 12), 
nicht erwähnt, während er den Zusammenhang 
der übrigen Steuermänner mit vornehmen römi- 
schen Familien hervorhebt, 

2) Ein mit der Keule bewaffneter Latiner, 
den Aineias zusammen mit seinem Bruder Kis- 



sammen (dessen Grabhügel daran? Herodot. I 
93). Im Süden befindet sich eine uralte Nekro- 
polis. Von ihr stammen polierte Nephritheile 
(mehrere in meinem Besitz). Südöstlich sind die 
Ruinen des Tempels der Artemis Koloene (s. d.) 
und südlich der sog. Tumulus des Alyattes neben 
vielen anderen Grabhügeln am Abfluß des Sees 
zum Hermos bei Bin Tepö (= 1000 Hügel) und 
Phalloi. Der See war von Menschenhand ange- 



seus tötet (Verg. Aon. X 3 18ff.). Die Waffe kommt 40 legt, damit Sardeis vor den Überschwemmungen 

:i "~ ""'' J "™ TJ -"' 7 — :1 "■*- ,7 " "- bewahrt bleibe, Herodot 193. Mannert Geogr. 

VI 3, 364. Chandler Travels 367ff. A. Pro- 
kesch -von Osten Denkwürdigkeiten III 19. 
24. 49f. v. Richter Wallfahrten im Morgenl. 
800. Beaujour Voyages II 470. W. Hamil 
ton Researches in As. min. I 144f., vgl. Journ. 
hell. Stud. I 87. [Buichner.] 

Gyges. 1) Mcrmnade, Urgroßvater des gleich- 
ligen Königs, Vater und Großvater eines Das- 



ihm und dem Bruder zu, weil sein Vater Me- 
lampus mit Herakles nach Italien gekommen war. 

[0. Eossbach.] 
rvf} erscheint als Feldmaß bei Homer Od. 
VII 113 und IL IX 578f. in den Zusammen- 
setzungen TETgayvov und rifievog Tisvzrjxovxöyvov. 
Nach Eustath. zu Od. XVIII 371—374 bedeutete 



nanngen Königs, 



das xtxQayvov ein Stück Feld, das ein rüstiger 

Arbeiter in einem Tage bepfliigen konnte. Über 

den Betrag der y. sind wir im Ungewissen; viel- 50 kvlos nach Nikolaos von Damaskos frg. 49 (= FHG 

leicht hat die IL IX 579 und Od, XVIII 374 ILT p. 382). 

erwähnte y, dem späteren h)Mqov entsprochen, 



während Öd. VII 113, wie es scheint, ein Maß 
von 12 Plethren gemeint ist. Hultsch Metro- 
logie 2 40—42. Gegen die Annahme von Ridge- 
way Metrological Notes 7, daß die ■-. ein Ob- 
longum von 1 Stadion Länge und 1 Plethron 
Breite gewesen sei, habe ich Liter. Centralbl. 
1888, 1555 mich ausgesprochen. 



p. 882). 

2) Gyges, König von Lydien, Begründer der 
Mermnaden-Dynastie und als historisch hervor- 
ragende Persönlichkeit zugleich Träger eines 
Sagenkreises. Rein Geschichtliches ergeben für ihn 
die zeitgenössischen Nachrichten aus den Annalen 
des AssjTerkönigs Assurbanabal (668 — 626) und 
eine Erwähnung bei Archilochos; Geschichtliches 
mehr oder minder stark mit Sagenhaftem ver- 



Unter dem Namen yvrjg ist ein Ackermaß 60 mischt drei zusammenhängende griechische Be- 
aus Lakonien nach Tarent und von dort nach richte, nämlich der auf Xanthos den Lyder zu- 



Herakleia am Siris übertragen worden. Es hat 
wahrscheinlich 48 Plethren älteren griechischen 
Maßes = 4,76 Hektar enthalten. Hultsch Me- 
trologie 2 41, 6. 668ff. [Hultsch.] 

Gygafa (rvyaia). 1) Epiklesis der Athena, 
Lykophr. 1152 nebst Schol.; eine andere Form 
ist Oyga, Hesych. Ivyä-'AShfvä iyx<*>QW, Theo- 



rückgehende, bei Nikolaos von Damaskos frg. 49 
(FHG III 380ff.) und 62f. (ebd. 395f.), der des 
Herodotos I 8—14 und Piatons Erzählung in der 
Politeia II 359 D. Am meisten wirklich oder 
möglicherweise Historisches ist aus Xanthos teils 
direkt zu entnehmen, teils durch Scheidung des 
Geschichtlichen vom sicher Sagenhaften mittelbar 



iy&Y 



ttyges 



ttyges 



1958 



zu gewinnen. Dazu treten eine Anzahl historisch 
wertvoller oder verwertbarer Einzelnachrichten 
bei anderen klassischen Autoren. Wir betrachten 
1. das geschichtlich Gesicherte, 2. die 
möglicherweise historischen Nachrichten, 
3. die Chronologie, und werfen schließlich 4. einen 
Blick auf die mythischen Züge und Motive. 

1. Als geschichtlich feststehend wird zu 
gelten haben, daß G., der als Sohn des Daskylos 
Mitglied der am lydischen Hofe seit langer Zeit 10 
einflußreichen und teils geachteten, teils gefürch- 
teten Familie der Mermnaden war, sich durch 
Entthronung des letzten Heraklidenkönigs der 
Herrschaft bemächtigte und daß ihm. dabei die 
'Gemahlin dieses Herrschers, mit der er in ehe- 
hrecherischen Beziehungen stand, in irgend einer 
Weise behilflich war. Die Usurpation ging nicht 
ohne Widerstand von statten, namentlich wider- 
setzte sich Lixos, der Vertreter der mit den 
Mermnaden rivalisierenden Adelsfamilie der Tylo- 20 
nier, dem neuen Herrscher, und daß er (Xanthos 
bei Nie. Damasc, FHG III 384) die Lyder vorher 
vor den Anschlägen des G. gewarnt habe , er- 
scheint nicht ausgeschlossen. 

Die Befestigung seiner Herrschaft hatte G. 
großenteils der Unterstützung des delphischen 
Orakels zu verdanken, das er durch reiche Weih- 
geschenke in Gold und Silber gewann und be- 
lohnte. Der von ihm herrührende Schatz wurde 
von den Delphiern nach dem Namen des Gebers 30 
als Fvydöa; bezeichnet (Herodot. I 14). Lixos 
wurde vom Hofe und vom Angesicht des Königs 
verwiesen, und als er später doch einmal mit G. 
zusammentraf, nur mit Mühe durch die Umgebung 
des Königs vor der Hinrichtung geschützt (Nie. 
Dam., FHG III 385f.). 

Als zielbewußter und energischer Herrscher hat 
G. sein Augenmerk auch auf die Ausdehnung der 
lydischen Herrschaft bis zum Ägäischen Meere hin 
gerichtet. Er hat Milet (Herodot I 15), Smyrna40 
(ebd. und Paus. IV 21, 3. IX 29, 2 , vgl. auch 
Dositheos, FHG IV 401 frg. 6 [aus dem 3. Buche 
■der Lydiaca]) und wahrscheinlich (Nie. Dam. frg. 62, 
■Sage, aber doch mit historischem Kern, so richtig 
Schubert Gesch. d. Könige v. Lvdien 37, anderer 
Meinung Ed. Meyer Gesch. d. Altert. I § 454 A) 
auch Magnesia, vermutlich das am Sipylos, be- 
kriegt und Kolophon (Herodot. I 15) zeitweilig in 
Besitz genommen. Nach Strabon XIII 590 hat er 
auch die ganze Troas beherrscht und es den 50 
Milesiern ermöglicht, die Kolonie Abydos zu 
gründen. So wird auch Daskyleion. das zur Zeit 
des dritten Mennnadenkunigs Sadyattes sicher 
existierte (frg. 63), mit Duncker Gesch. des 
Altertums s II 582 als eine Gründung des G. zu 
betrachten sein, die er nach seinem Vater be- 
nannte. Ebenso wird man auch erfolgreiche Be- 
strebungen gegenüber den karischen Städten und 
Dynasten in Betracht ziehen dürfen. Doch 
werden alle diese Erfolge seiner Regierung durch 60 
den Einfall der Kimmerier rückgängig gemacht 
oder in Frage gestellt worden sein. Der Ein- 
fall der in der Chersone3US Taurica, der heutigen 
Krim heimischen Kimmerier, die sei es ein thraki- 
scher Stamm waren, sei es ein Bindeglied zwi- 
schen den Thrakern und den westlichsten Iraniem, 
•den die Steppen Bußlands bewohnenden skoloti- 
-schen Skythen, bildeten, gehört in den Zusammen- 



hang einer großen Völkerbewegung, die thrakische 
Völker sowohl östlich um das Schwarze Meer wie 
westlich über die Meerengen nach Vorderasien 
brachte, und an der auch z. B. als Dränger und 
Verfolger der Kimmerier skythische Völkerschaf- 
ten, besonders die A(I)schkuzäer, östlich um den 
Kaukasus durch den Paß von Derbent am Kaspi- 
schen Meer herum in die nachmalige Atropatene, 
heute Azerbaidjän, die nordwestlichste Provinz 
Persiens, eindrangen. 

Die Kimmerier (assyr. Gimirraia) waren 
gegen Ende des zur Zeit Sargons II. von Assy- 
rien (722—705) durch die zentralen Kaukasus- 
pässe, über die heute die grusinische und die 
ossetinische Heerstraße führen, in Vorderasien 
eingebrochen, wo ihr Ansturm zunächst die nörd- 
lichen Provinzen des vorarmenischen Großreiches 
Urartu-Chaldia traf: der durch die Assyr er uns 
überlieferte Selbstmord (714 v. Chr.) Rusas 1 L, 
seines mächtigen Beherrschers, des unermüdlichen 
Gegners Sargons, wird damit zusammenhängen. 

Rusas 1 Sohn Argistis II. hat offenbar Mühe ge- 
habt, den Kern des Reiches zu erhalten und die 
dort angerichteten Verheerungen einigermaßen zu 
heilen. Herodots Angaben (I 103 und IV 1, 12) 
werden so durch die Angaben der assyrischen In- 
schriften (Win ekler Altorientalische Forschgen. 
I 484ff. [1897]), sowie durch den Befund, der sich 
aus den einheimischen Keilinschriften für die Ge- 
schichte Urartu-Chaldias ergibt, vollauf bestätigt. 

Erst Rusas IL, dem Enkel Rusas' L, gelang 
es, das Reich in seinem vollen Umiang wieder- 
aufzurichten und die Zerstörungen, die an dessen 
Peripherie durch die Kimmerier angerichtet wor- 
den waren, zum Teil durch Neugründungen wieder 
gutzumachen. Mit den Kimmeriern, die er auf 
gütlichem Wege oder mit Gewalt aus seinen Ge- 
bieten entfernt hatte und mit denen auch Assar- 
haddon von Assyrien (681 — 668) seinerseits zu 
kämpfen hatte, stand er schließlich im Bunde 
gegen den Assyrerkönig , mag auch eine An 
zahl von ihnen in Sold genommen haben (vgl. 
Knudtzon Assyrische Gebete an den Sonnen- 
gott I 149ff. Lehmann - Haupt Die Einwande- 
rung der Armenier im Zusammenhang mit den 
Wanderungen der Thraker u. Iranier, Verhandl. 
XIII. Orient. Kongreß zu Hamburg 1902, 130; 
Materialien zur älteren Geschichte Armeniens u! 
Mesopotamiens [Abh. Gott. Ges. d. Wiss. 1907 
IX 3] 67. 178; Armenien einst u. jetzt I [1910] 
S. 14, 172). Auf ihrem weiteren Zuge nach Westen 
zerstörten die Kimmerier Sinope und überfluteten 
das moschisch-phrygische Reich, wo der letzte 
Midas (Mita von Musku) sich gleich Rusas I. das 
Leben nahm. Weiter westwärts vordringend, 
brachen sie dann in Lydien ein, um später mit 
den von Westen her über die Meerengen nach 
Kleinasien vorgedrungenen Völkern thrakischen 
Stammes, besonders den Treren, zusammenzu- 
treffen und wohl auch gemeinsame Sache zu 
machen (vgl. noch unter Chronologien. S. 1962ff.). 

Um sich der Kimmerier zu erwehren, knüpfte 
G. mit Assyrien Beziehungen an, die vom König 
Assurbanabal als eine Unterwerfung geschildert 
werden. Auch werden in dessen Annalen die Er- 
folge des G. gegenüber den Kimmeriern auf diese 
Mitwirkung Assyriens zurückgeführt. Dem G. 
soll in einem Traume der Gott Assur erschienen 



iaoy 



uygea 



irygea 



lybiP 



sein und zu ihm gesprochen haben; , Die Fiiße 
Assurbanabals umfasse, und du wirst durch, seinen 
Namen deine Feinde besiegen. Von eben dem 
Tage an, da er meine königlichen Füße umfaßte, 
besiegte er die Kimmerier'. Die unbestimmte 
Ausdrucksweise läßt vermuten, daß es sich höch- 
stens um eine bescheidene Hilfsendung aus den 
Lydien nächst benachbarten kilikischen Provinzen 
des assyrischen Reiches, Hilakku und Kui, gehan- 



weiter zu folgern sein, als daß G, zufällig zur Zeit 
eines Kimmeriereinfalles in höherem Alter eines; 
natürlichen Todes gestorben ist. 

2. Zu den Punkten, die möglicherweise aber 
nicht sicher geschichtlich sind, gehört die- 
Frage, ob G. außer mit dem von ihm durch Mord 
beseitigten Könige noch mit einem anderen An- 
gehörigen des Heraklidenhauses zu kämpfen ge- 
habt hat. Nach Nikolaos heißt der von G. be- 



delt haben kann. Wichtiger als die assyrische 10 seitigte letzte Heraklidenkßnig Sadyattes, nach 

..,*_ n „:.i™ a:„ i«_i.- TT_ t __^4. Herodotos (und den Chronographen) Kandaules. 

Nun erscheint bei Plut. quaest. graec. 45 die- 
Nachricht von einem offenen Kampfe zwischen 
Kandaules und G. Die Frage, warum der Zeus, 
von Labranda in Karien ein Beil in der Hand, 
hält, wird dort dahin beantwortet: 6'zi 'HgaxXrjg 
'bzxolvzrjv wioxTEivaQ xal ftsra z&v allayv ojiloiv 
avrfjg kaßihv zov Tiilsxvv, 'O/LKpaAtj ö&oov öeöco- 
xev oi de fiEt 'O/Mpdlyv Avh&v ßamlüg i<poQovv 



wäre G. sicher die urartäische Unterstützung ge- 
wesen. Jedenfalls ist ein erster Ansturm der 
Kimmerier abgeschlagen worden, und G. hat Assur- 
banabal zwei gefangene kimmerische Häuptlinge 
übersenden können. Nachdem diese erste Gefahr 
vorüber, hat sich dann G. mit Psammetich (663 
—610) von Ägypten verbündet, der zunächst in 
der seit Assarhaddon assyrischen Provinz Ägypten 
unter assyrischer Oberhoheit das Fürstentum Sais 



gleich seinem Vater Necho beherrscht hatte, dann 20 avrov, tag zi iw ätiew isqwv ex diadoxys naga- 



aber das assyrische Joch abwarf und Ägypten unter 
seiner, der 26. Dynastie selbständig machte (s. u. 
S. 1964). Bei einem erneuten Einfall der Kimmerier 
soll dann G. seinen Tod gefunden haben. Auch hier- 
über drücken sich Assurbanabals Inschriften wieder 
höchst unklar aus. Als G. sich mit Psammetich 
gegen Assyrien wandte , so heißt es , habe der 
Assyrerkönig zu den Göttern „gebetet: ,Vor seinen 
Feind werde sein Leichnam geworfen, und man 



Xafißdvovros ' ä%oi Kavdm'drjg azux^iwoag hl z<av 
staiocov <poosiv sdooxev, STiel Öe rvytjg äitoöiag- 
EJtoXsftEt jzoog avTÖv, rjk-&sv "ÄQOfjhg ex MvIsojv 
ETiixovqog zoj Tvyri {.teza dvväfiecog , xal zov ze- 
KavftavXrjv xal zov foaiQov avzov diaipdeioEt • xal 
zov xifoxvv slg Kagtav sxofiioe fiera xdv cülAcov 
?.aqpvg(ov usw. Hier gilt es zwar, einen Kultbrauch 
zu erklären, aber die Nachricht von dem Kampfe* 
könnte davon unabhängig sein. Da nun G. mit dem 



möge seine Gebeine fortführen'. Wie ich Assur 30 Könige, den er ermordet hat, schwerlich in offenem 



gebeten, erfüllte es sich; vor seinen Feind wurde 
sein Leichnam geworfen, und man führte seine 
Gebeine fort. Die Kimmerier, die er unter sich 
getreten hatte (deren er Herr geworden war), 
kamen heran und warfen sein ganzes Land nieder. 
Nach ihm setzte sich sein Sohn auf seinen Thron. 
Das böse Werk, das die Götter, die mich stärken, 
auf das Erheben meiner Hände hin an dem Vater, 
seinem Erzeuger vollführt hatten, meldete er mir 



Kampfe gelegen haben kann, so müßte man ent 
weder die Nachricht von der Ermordung des Königs,. 
in der alle Quellen übereinstimmen, für falsch 
halten, oder aber mit Schubert Gesch. d. Könige- 
von Lydien (Breslau 1884) 32ff. annehmen , daß 
nach der Ermordung des Sadyattes noch ein anderer 
Angehöriger der Dynastie namens Kandaules den 
Usurpator bekämpft hat, wobei ganz dahingestellt 
bliebe, ob G. dabei wirklich von den Karern unter- 



durch seinen Boten , erfaßte meine königlichen 40 stützt wurde. Bei Herodot läge dann eine der bei 



Füße und ließ sagen: ,Du bist der König, von 
dem Gott wissen will. Meinem Vater fluchtest 
du und Böses geschah ihm (wörtlich wurde in 
[vor] seinem Angesichte vollführt). Mich, den 
Knecht, der dich fürchtet, segne, und ich will 
dein Joch tragen." " Die unbestimmte Form des 
Gebetes wird hier in dem Bericht über dessen Er- 
füllung beibehalten, was sehr verdächtig ist. So 
wie sie dastehen, können die Worte besagen sollen, 



ihm so häufigen Personenverwechslungen vor. An 
Stelle des heraklidischen Königs wäre der letzte 
Vertreter des heraklidischen Geschlechts getreten. 
Andererseits ist doch aber offenbar auch bei Plut. 
Kandaules der König, von dem G. abgefallen 
ist, und es muß unentschieden bleiben, ob der 
Nachricht bei Plut. das Gewicht eines selbständigen 
Zeugnisses zukommt, oder ob nicht lediglich der 
aus Herodot bekannte Gegensatz zwischen G. und 



daß G. im Kampfe mit den Kimmeriern gefallen ist, 50 Kandaules in einen lydisch-kari sehen Konflikt 

oder aber, daß er angesichts der Kimm erierge fahr — ^ — •*-*-•-->- -• — i ..-?-•*. _^. . ■, T 

sei es wie Rusas I. und Midas durch Selbstmord, 
sei es durch eine Revolution ums Leben gekommen 
und ,sein Leichnam vor die Feinde geworfen worden' 
ist. Wäre aber ersteres der Fall gewesen, so hätten 
die Assyrer das sicher erheblich deutlicher und 
nachdrücklicher hervorgehoben. Eine Revolution 
aber erscheint um deswillen ausgeschlossen, weil ja 
die Dynastie un erschüttert blieb und die Thronfolge 



unberechtigterweise als Leitmotiv von der Legende 
hereingetragen worden ist. Beachte übrigens auch 
Plin. n. h. XXXV 55 : Candaules , qui et Myr- 
silus voeitaius est, 

3. Chronologie. Das Zeitalter des G. 
ist Gegenstand einer eingehenden Untersuchung 
H. G elz er s gewesen (Rh. Mus. XXX [1875] 230ff.), 
deren wesentliche Ergebnisse Gültigkeit behalten.. 
Es können hier nur die Hauptpunkte berücksichtigt 



glatt von statten ging, trotzdem G. ein Usurpator 60 werden, und ferner die Einzelheiten, soweit sie durch 



war. Von einem Selbstmord des G. aber würden 
die Assyrer doch wohl ebenso gut berichtet haben 
wie von dem Rusas 1 I., den sie freilich durch assy- 
rische, gegen Westen erfochtene, sehr fragwürdige 
Erfolge zu begründen suchen. So wird möglicher- 
weise, umsomehr als auch die griechischen Be- 
richte nichts Besonderes über G.s Tod melden, aus 
den mysteriösen assyrischen Wendungen nichts 



neue Funde oder durch Fortschritte, besonders im 
Verständnis der keilinschriftlichen Berichte, be- 
dingt sind. Den Tod des G. und den zweiten Kim- 
meriereinfall berichten nicht alle Fassungen der 
Annalen Assurbanabals, sondern nur die späteren 
des Cylinders A (H. Rawlinson The euneifonn 
inscriptions of Western Asia LTI [JJI R] 3, 5S.\ 
j ond des Bassam-Cylinders (V R 2, 95£). Die- 



i.yoi tiygea 

.älteste Fassung, die des Cylinders B, kennt nur die 
durch den ersten Einfall begründete Huldigung. 
Dieser Cylinder B ist geschrieben unter dem Epony- 
mat des Belsunu, das nicht vor das J. 650 fällt 
./George Smith setzte es 646, P eis er Mitt. Vorder- 
as. Ges. VI (1901) 131 ins J. 649, C. H. W. Johns 
Proceedings of the Society of Biblical Archeology 
XXIV (1902) 235ff. ins J. 648. Der nächstliegende 
Schluß ist also, daß G. nach 650 gestorben ist und 



uyges laoa 

Schreibfehler, wie in der Series' (die Ardys 48 
statt wie Kanon, Synkellos und Barbarus 38, 
und Alyattes 45 statt 49 Jahre gibt) , seien. Allein 
dagegen spricht der Umstand, daß Eusebius mit 
der ihm eigenen Sauberkeit und Klarheit gerade im 
ersten Buche Königslisten und Jahreszahlen sehr 
sorgfältig nach der Quelle zusammenstellt, während 
die Zahlen des Kanons usw. wenig zuverlässig, 
bezw. zurecht gemacht sind. Eine ganz analoge 



daß seine auf 35 — 38 Jahre (s. u.) angegebene Re- 10 Erscheinung wie bei der lydischen Liste, zeigt 



gierungszeit zunächst annähernd auf ca. 685 — 650 
zu setzen ist. Das wird bestätigt durch Archilochos 
(frg. 25 Bergk) ov poi zä rvysco zov xoXvxqvoov 
jälst. Daß G. damals noch lebte, brauchte an sich 
daraus nicht bestimmt gefolgert zu werden, da der 
Dichter ja auch einen wegen seines Reichtums sprich- 
wörtlichen, verstorbenen Herrscher meinen konnte. 
Da aber Archilochos (frg. 74. Bgk.) die totale 
Sonnenfinsternis vom 6. April 648 v. Chr. (Ginzel 



auch die Textgestalt der korinthischen. Auch 
dort bietet uns der armenische Text des Eusebius 
(und ebenso Synkellos) dieselben Zahlen des Dio- 
doros, während unmittelbar an den Diodorisehen 
Auszug ein Königsverzeichnis mit den kirchlich 
rezipierten Zahlen angehängt, wird und dieses hin- 
wiederum wird im Kanon, in der Series Regum 
und bei Samuel vor Ani reproduziert.' Nach diesen 
Angaben hätte nun G. von 687 bis 652 regiert. 



Specieller Kanon der Sonnen- und Mondfinsternisse, 20 Dagegen beruht die in der neueren Literatur mehr- 



Berlin 1899, 167ff.) erlebte, die nach obigem so 
nahe an G.s Lebensende heranreicht, so bestätigt 
sich der erste Eindruck, daß es sich um einen 
.zeitgenössischen Herrscher handelt, tatsächlich. 
Andererseits erscheinen aus diesem und weiteren 
Gründen (s. u.) drei antike Ansätze von G.s 
Regierungszeit als falsch. 1. Nach Herodot folg- 
ten den Atyaden 22 Herakliden mit 505 , so- 
dann 5 Mermnaden mit 170 Jahren 14 Tagen. 



fach begegnende Angabe, ,nach den Chronographen' 
falle die Eroberung von Sardes durch die Kim- 
merier und der Tod des G. ins J. 657 (Ed. Meyer 
Gesch. II l § 295 S. 459, H. Winckler Altorient. 
Forsch. I 495), auf einem Mißverständnis (s. u. 
S. 1964), nicht, wie Maspero Histoire III 428 
n. 4, der seinerseits an 652 festhält, annimmt, aul 
einer Berücksichtigung assyrischer Angaben. 
Zu den Nachrichten, die wir sonst über das 



Die Regierung des letzten Mermnaden Kroisos 30 Vordringen der Kimmerier haben, paßt das J. 652 



•endigte mit dem Fall von Sardes, den die alexan- 
drini sehen Chronographen (Apollodor bei Diog. 
Laert. I 38. Sokr. ebd. I 95. Euseb. a. Abr. 1470 
= Ol. 58, 3. Exe. Barbari p. 446) in den Herbst 
■Ol. 58, 3 — 546 setzen, was durch die Nachricht 
4er Annalen des letzten babylonischen Königs 
Nabonid, wonach im dritten Regierungsjahre des- 
selben 547 v. Chr. Kyros mit seinem Heere den 
Tigris bei Arbela überschritt, um gegen Lydien 



als das der Eroberung von Sardes recht wohl. 
Da sie zu Assarhaddons Zeiten bereits Urartu 
von Osten kommend hinter sich gelassen haben 
(o. S. 1958), so fällt ihr Vordringen nach Phry- 
gien in die Zeit nach 680, so daß von den 
beiden Daten für den Selbstmord des letzten Midas 
676 den Vorzug vor %% verdient. G.s Gesandt- 
schaft an Assurbanabal und sein Sieg über die 
Kimmerier mag dann mit Geizer um das J. 660 



(ana mat Lu-u[d~di]) zu ziehen (Klio II [1902] 40 zu setzen sein. Die keilinschriftliche Tontafel 



S. 344 und was dort zitiert), aufs beste bestätigt 
wird. Danach hätte G. 716 v. Chr. zu regieren be- 
gonnen ; Herodot gibt ihm 38 Jahre bis 679/8. 

2. Nach der mit Ardys I (Ol. 1) beginnenden 
Liste des Africanus (bei Euseb. im Kanon [78ff. 
84ff. Schoene] , in der Series regum [p. 14] , bei 
Synkellos [455, 10 ed. Bonn.] und in den Excerpta 
Barbari [p. 44b]) hätte G. 36 J., 698-663, regiert. 

3. Nach Euphorion bei Clem. Alex, ström. I 



K 2675 erwähnt sie und den zweiten äypti- 
schen Feldzug Assurbanabals 663/2; vgl. Mar- 
q uar t Chronologische Untersuchungen 710 [76]ff.), 
dagegen noch nicht die auf diesen folgende ver- 
gebliche Belagerung von Tyrus. — Als Führer 
der Kimmerier, die Sardes eroberten, nennt Stra- 
bon (in 61) den Lygdamis, der schließlich in 
Kilikien zugrunde gegangen sei. Aus assyrischen 
Nachrichten wissen wir in der Tat, daß Dug- 



<vgl. Plin. n. h. XXXV 55) hätte er Ol. 18 ( = 708fF.) 50 dämme, König nördlicher Völker, unter Assur- 
J n - v Ll --- ""«— - banabal die assyrische Grenze überschritt: das 
kann, soweit Kleinasien in Betracht kommt, nur 
in Kilikien gewesen sein, das Assurbanabal unter- 
worfen hatte (und zwar — nach der Huldigungs- 
gesandtschaft des G. ; da der kilikische Tribut 
in K 2675 noch nicht, sondern erst in Cylin- 
der B erscheint). Als Nachfolger Dugdammes 
nennt Assurbanabal dessen Sohn Sandaksatru. 
Es hat also mit dem Tode des Lygdamis seine 



zu regieren begonnen, und da Xanthos (Clem. 
Alex. 1 132| die Gründung von Thasos, an der Archi- 
lochos (frg. 21), G.s Zeitgenosse, teilnahm, Ol. 18 
setzt, so wird dieser Ansatz auf Xanthos zurück- 
gehen. Vielleicht liegt all diesen falschen Be- 
rechnungen eine Verwechslung, sei es mit dem 
Geburtsdatum unseres G„ sei es mit dem Todes- 
datum des älteren G. zu Grunde. 

Es bleibt nun noch eine vierte, nicht von vorn- 



herein zu verwerfende Berechnung übrig. In der 60 Richtigkeit, und dieser kann sehr wohl den An- 



Chronik gibt Eusebios dem Alyattes und dem 
Kroisos 49 und 15 Jahre in Übereinstimmung mit 
Kanon, Synkellos und Barbarus, dagegen im Wider- 
spruch zu diesen dem G. 35 (statt 36), dem Ardys 
37 (statt 38), dem Sadyattes 5 (statt 15) Jahre. 
,Zwar auf den ersten Blick 1 , sagt Geiz er 241, 
,könnte man geneigt sein anzunehmen, daß die 
Abweichungen von den Zahlen des Kanons bloße 



laß für die Huldigungsgesandtschaft des Ardys 
gegeben haben, da ,das gemeinsame Interesse, 
welches Assur und Lydien, auch den Assyrern 
deutlicher zum Bewußtsein' gekommen sein wird, 
,als die Kimmerier in Kilikien an der assyrischen 
Grenze standen'. Eine Schwierigkeit aber bleibt 
bestehen ; da Cylinder B nicht vor 650 geschrieben 
sein kann, läßt sich 652 für den Tod des G. nur 



unter der Voraussetzung halten, daß er bei Ab- 
fassung von Cylinder A zwar schon erfolgt, aber 
noch nicht in die assyrischen Berichte aufge- 
nommen war. Dies würde erst geschehen sein, 
als Ardys die Beziehungen zu Assyrien wieder an- 
geknüpft hatte, eben nach dem Tode des Lygdamis- 
Dugdamme. Und sieht man näher zu, so wird 
diese Voraussetzung durch den Bericht der Cylin- 
der A und Em geradezu gestützt , da es ja dort 



iryges 



iyt>* 



äußerste untere Grenze ausnutzen. Cylinder B 
läßt den Ausgang des babylonischen Aufstandes 
noch nicht ahnen : es ist daher weit berechtigter, 
ihn 649 oder 650 anzusetzen, womit der Beginn 
des babylonisch-vorderasiatischen Aufstandes ins 
J- 653 (654) rückt Um 654/3 wird man daher 
des Gr. Abfall und Psammetichs Erhebung anzu- 
setzen haben: letzterer benutzte diese kostbare- 



hÜJftt Tr^F^^F 5 ^' d A a es J a n dort Gelegenheit, um mit seinen unterägyptischen 
™ Hl** t7 l e ^?^ G ;,^/^ e ä ö ^ 10 Kollegen aufzuräumen. Dieser Ansatf Cdin 



von dem, was seinen Vater widerfahren, Kunde 
gegeben hatte. So hatte es Greiz er, dem 
Maspero beistimmt, stillschweigend angenom- 
men, undWinckler hält es sogar unter der — 
irrigen — Voraussetzung, daß G. bereits 657, 
acht Jahre vor Abfassung des Cylinders B (,649') 
gestorben sei, für denkbar. Auch ist es ganz im 
Sinne der assyrischen königlichen Annalistik, die 
Niederlagen zu vertuschen, Erfolge zu übertreiben 



erwünschter Weise bestätigt und noch näher ein- 
geschränkt durch die Stele, die von der Adop- 
tion der Äthiopin Nitokris durch Psammetich I 
handelt und die zeigt, daß in seinem neunten 
Regierungsjahre, 654 v. Chr., Psammetich bereits- 
Herr von Oberägypten war, das er von der äthiop- 
pischen Oberherrschaft befreit hatte (s. Breast ed 
Ancient Records of Egypt. IV (Chicago 1906) 4 
p. 477fl\). Um dieselbe Zeit muß er seine All- 



«+roh+ rlaß A ar \\>i> n j n e- ■■- -"«""~ ^ f ■*""■;• uju uitjseiue ieix murj er seine A 
strebt, daß der Abfall des G erst berichtet wird, 20 einherrschaft in Ägypten durchgeführt haben 
als er mit seinen T^nlo-Pn Qa «13^^«^ «t,«™, — ,!„„ a_ ., . T 9 ". 1 ; I 7>: wuu n * UL11 ' 



als er mit seinen Folgen als glänzend überwunden 
hingestellt werden kann. Doch ist damit die Frage 
noch nicht völlig erledigt. Cylinder B berichtet 
nicht nur von G.s Gesandtschaft, sondern auch 
vom Beginn des von Samassumukin angezettelten 
großen Aufstandes gegen Assurbanabal. An die- 
sem waren so gut wie alle Assyrien unterwor- 
fenen Völker beteiligt, unter anderen auch die 
Fürsten von Aithiopien (,Meluhha- = Meroe). G s 



So erweist sich in der Tat der von Geizer 
begründete Ansatz von G.s Tod auf 652 als höchst 
wahrscheinlich und so gut wie gesichert. Danach 
ist in dem, chronologisch auch aufseitcn des 
alten Orients infolge Versagens der assyrischen 
Eponymenlisten so wenig gesicherten, 7. Jhdt. 
v. Chr. ein chronologisch fester Punkt gewonnen, 
der der Beurteilung der historischen Entwicklung 
in mehrfacher Richtung zugute kommt. Wir 



Abfall aber bringen Cylinder- A und W I in 30 gewmnen e^ ZZ Xh^nkT^ den Be- 
Zusammenhang mit dem des Psammetich. dem %i nn ™n Samaaa,,«.,^™ ' ff™ ,__< £L_ f n ße 



Zusammenhang mit dem des Psammetich, dem 
G. Hilfstruppen — die karischen und ionischen 
Söldner bei Diodor (I 66, vgl. Herod. II 152) — 
gesandt habe. So ist es höchst wahrscheinlich, 
was zuerst G. Smith vermutet hat, daß sowohl 
der Abfall des G. wie die erneute Begründung 
der ägyptischen Selbständigkeit unter Psamme° 
tich, dem Begründer der 26. Dynastie in den Ge- 
samtzusammenhang dieser allgemeinen Aufstands- 



ginn von Samassumukins großem Aufstande, er- 
kennen , daß er im Westen nicht bloß die phü- 
nizischen und syrischen Kleinstaaten (einschließ- 
lich Judas unter Manasse) in Mitleidenschaft zog r 
sondern daß Lydien und Ägypten in gegensei- 
tigem Einverständnis davon wesentlich berührt 
wurden, und können 654/3 als den Termin der 
Wiedergeburt Ägyptens unter Psammetich be- 
trachten, von dem bisher mit Sicherheit nur der 



i» _ -l a -"—* — ^vi.i^iwiiiiiiaiajiua- uiauiiLtm, von aem Disner mit Sicherheit nur dei 

bewegung gehören. Di|se endete im J. 648 mit 40 Regierungsantritt (663) als Koni ven Sais be 
fc r . S !! b _ S ^ rb r? n ^^., Sama i äumukins ™<l_der kannt gewesen war. * 



Eroberung Babylons ; ihren Beginn, der im Epo- 
nymat des Assurdurußur stattfand, setzt man viel- 
fach mit G. Smith in das J. 650, womit sich 
unter obiger Voraussetzung der Ansatz von G.s 
Tode ins J. 652 nicht vertrüge. Aus Gründen, 
die mit den G. betreffenden Erwähnungen kei- 
nerlei Berührung haben, ist aber von C. P. Tiele 
Geschichte Babyloniens und Assyriens II 388f. 



Bemerkt sei noch, daß diese Eroberung von 
Sardes durch die Kimmerier 652 wohl zu unter- 
scheiden ist von einer späteren Eroberung, die 
den Treren im Verein mit den Lykiern gelang: 
beider Eroberungen hat nach dem (gegen Ed.M e v e r 
Gesch. d. Altert. II § 372 A S. 587) hier einwand- 
freien Zeugnisse des Kallisthenes Kallinos ge- 
dacht, der als älterer Zeitgenosse des Archilochos- 



linH vnn f v f a v, / ü iVT \. ^' vx v»u, u« a,iö .«Lerer Zeitgenosse aes Arcmiochos 

E? fWA Bi ! h V M? u r«Tl U : 5 ° gl ?5l gesehen werden ™fl (, Lehmann - 



kin (Assyriol. Bibl. VIH), Teil I (1892) S. 6 der 
Beginn des großen Aufstandes im J. 652 als das 
Wahrscheinlichste bezeichnet worden. Cylinder B 
muß nämlich vor der Beendigung des Aufstandes, 
also spätestens früh im J. 648 geschrieben sein. 
Der Krieg aber gegen Samassumukin begann 
unter Assurdurußur und ist ferner bezeugt für 
dieEponymate des Sagabbu, des Belharran- 
sadua, des Ahi-ilaia, dem dann Belsunu 



Haupt Griechische Gesch. bis Chaironeia [Ein- 
leitung in die Altertumsw.. herausg. von Gercke 
und Norden] III S. 72). Da Kallinos sie noch 
erlebt hat, so muß sie unter Ardvs (652—615) 
erfolgt sein. Und in der Tat berichtet ja He- 
rodot (I Inj, daß unter Ardys die ,Kimmerier* 
Sardes bis auf die Burg erobert hätten. Unge- 
nau ist hierbei nur, daß Herodot, wie es im 
Altertum allerdings meist geschehen ist, die 



o^Tnlo+ ™a™ „----._, -™ ,««. u .uvlouiiu .-tu« tum allerdings meist gesehenen ist, die 
wurdf wlr^'J^ Cylmder ?-Ä efaßt 60 Treren mit denKimmeriem identifiziert. Waren 

dÄi Tnd f*Z f P r ^"^f f fh 4sS r Sie d0ch als tische Nomadenvölker beide 

652 G s iSn d -f^p 1 deS v U ? tand ? S Jf«™«rwandt; so werden sie sich, nachdem die 

offerJtundLJ Ibf» d l g T Ps «tioh sein Treren von Westen über die Meerengen, die 

Zrirfr feili - T °S A / S ' Tiei l: l em T ° d ZUr Kin ^erier von Osten her durch den Kaukasus 

Ä aUe in^ET? «?o deS eroberte J n ' müß *f n ™ wertliehe Kleinasien vorgedrungen waren, viel- 

TofcriX war ZI 652, 7- m ^ md T 6S G ' S fach auch zu Semein^men Raublugen vereinigt 

ändern JöÄfrtt WCTde ^ ¥" ™ d riUnmntor vermengt haben. Diese zweite 

mmn aem J. 648 znteüen, heißt mm aber die Eroberung von Sardes läßt sich sogar noch ge- 



nauer bestimmen, nämlich auf das 7. Regierungsjahr 
des Ardys. Nach Ps.-Skymnos 768 wurde Istros 
zur Zeit der Kimmerier, nach Eusebius (Schöne 
II 87) OL 31, 1 gegründet. E. "Roh de hat nun 
Rh. Mus. XXXIII 199f. gezeigt, daß das 7. Jahr 
des Ardys eine Epoche bildete, nach der sowohl 
Suidas wie Eusebios die Zeit des Dichters Alk- 
man bestimmten, und nach der Rechnung des 
Africanus (o. S. 1961) fiele das 7. Jahr des Ardys 
ins Jahr Ol 30, 4 = 657/6 v. Chr. (Euseb. Chron. 
Schöne II 87). Also Istros zur Kimmerierzeit 
Ol. 31,1 gegründet, und das 7. Jahr des Ardys 
= Ol. 30,4 eine Epoche. Daraus hat Ed. Meyer 
(Gesch. d. Altert. 1 1 § 452 A S. 545) scharfsinnig 
geschlossen, daß es wohl der Kimmerier- (rich- 
tiger Treren-)Einfall gewesen sei, der dem 7. Jahr 
des Ardys zur Bedeutung einer Epoche verholfon 
habe. Hier ist dann aber eine unzulässige Ver- 
schiebung eingetreten, wenn Ed. Meyer (Gesch. d. 
Altert. II ! S. 459) schreibt : , wenige Jahre später 
erfolgte deT große Zug der Kimmerier gegen Lydien 
(nach den Chronographen 657 v. Chr.), G. selbst fiel 
im Kampf . . . Allmählich gelang es dem Ardys, 
dem Sohn des G. , die Kraft des Seiches wieder 
zu sammeln', undWinckler (Forschung. I 495), 
Meyer folgend, den Tod des G. im Kampfe mit 
den"Kimmeriern 657 nach den Chronographen er- 
folgen läßt. Dabei ist völlig vergessen worden 
1. daß es sich um das 7. Jahr des Ardys handelt, 
das unmöglich für das Endjahr seines Vaters G. 
in Betracht kommen kann, der nach Africanus 663 
atarb, und 2. daß selbst die Berechnung von Ardys' 
7. Jahre auf 657/6, weil die Ansätze des Africanus 
zu hoch sind (S. 1961), sich nicht halten läßt. 
Möglicherweise war es diese Trerennot, die Ardys 
wieder zum Gott Assur beten lehrte. Nähere 
Gründe für Ardys' Gesandtschalt an Assurbanabal 
werden in Cylinder A und Rm nicht angegeben und 
die Kimmerier dabei nicht etwa genannt (8. 1959). 
Seit dieser Botschaft des Ardys werden, wie seit 
G.s erster Gesandtschaft und bis zu dessen Abfall, 
ständige Beziehungen zwischen den Höfen von 
Ninive und Sardes aufrechterhalten worden sein, 
,Seinen Reiter, den er (G.), um mich zu begrüßen, 
beständig entsandt hatte, ließ er nicht mehr 
kommen'. Nachgetragen sei liier noch, welches 
Aufsehen das Erscheinen des ersten lydischen 
Gesandten in Ninive verursachte, und welche 
Mühe es machte, sich mit ihm zu verständigen, 
da von den Beamten niemand im Besitz seiner 
Sprache war, bis man einen des Lydischen nicht 
ganz unkundigen Assyren fand, der eine notdürftige 
Verständigung ermöglichte (Assurbanabal Cyl. E 
Z. lff. George Smith History of Assurbanipal 
p. 76f.; Keilinschriftl. Bibl. II 172f; und dazu 
Maspero Histoire HI 393). 

4. Von den mythischen Elementen, die 
sich an G, als eine dynastisch bahnbrechende 
und bedeutende Persönlichkeit anknüpften , ist 
als ein weitverbreitetes Motiv am leichtesten er- 
kennbar die Geschichte von dem Ring, der gleich 
der Tarnkappe usw. die Kraft hat, seinen Träger 
unsichtbar zu machen (Plat. II 359 D, X 612 B). 
In deT deutlich als eine Mär erkennbaren Ge- 
schichte, wie der letzte Heraklide dem G. seine Ge- 
mahlin nackt gezeigt habe (Herodot. a. O. Iustin. 
I 7, 17f.), hat C. Fries (OrientaL Lit.-Ztg. 1910, 
* 3461) eine Verwendung des Entschleierungsmotivs 



\jyges ±»oo 

erkannt, das ursprünglich einen Wesenszug der 
assyrischen Göttin Istar bildet, die z. B. bei ihrer 
Höllenfahrt beim Passieren der sieben Tore der 
Unterwelt allmählich ihrer sämtlichen Schmuck- 
stücke und Gewandungen entkleidet wird, bis 
sie völlig nackt dasteht. Schließlich geht auch, 
die Drohung des G., er werde den lixos, sobald 
er ihm begegne, unverzüglich an Ort und Stelle 
lebendig begraben lassen, offenbar in irgend einer 

10 Weise auf einen alten, vielleicht in der Rich- 
tung des Bauopfers liegenden Kultbrauch zurück. 
Literatur, soweit nicht schon zitiert: Radet 
La Lydie et le Monde Grec au temps des Mer- 
mnades. [Lehmann-Haupt ] 

Den Ausgangspunkt der mit G. verknüpften 
griechischen Sagen bilden wohl die für helleni- 
sche Anschauung märchenhaft reichen Weihge- 
schenke in Delphi (Herod. I 14. Athen. 231 e). 
Der sprichwörtliche Reichtum des Königs (s. o. 

20 Archil. frg. 25. Lucian. paras. 58, seine Schatz- 
kammern stehen, ein echtes Märchenmotiv, für 
jedermann offen, Philostr. vit. Ap. Tyan. 336 K.) 
fand seine volkstümliche Erklärung durch die 
Sage vom unsichtbarmachenden Wunderring (Plat. 
Rep. II 359 d— 360 a; danach Cicero de offic. ITI 
38. Philostr. Her. 137, 31 K.), der dem armen 
Hirten zur Königsherrschaft verhalf und kraft 
dessen ihm alle Schätze der Welt zur Verfügung 
stehen. G. und sein Ring sprichwörtlich als un- 

30 erreichbare Wunderdinge Plat. Rep. X 612 b. Lu- 
cian. bis accus. 21 ; nav. 42. Suid. s. rvyov 
ÖaHTvhog. Diogen. II 20. Apost. V 71. XV 
85. Tzetz. Theog. 12. Der Wunderstein fand 
sich nach Philostr. vit. Ap. Tyan. 89, 28 K. im 
Kopf gewisser indischer Schlangen. In der Sa- 
genwendung, daß G. mit Hilfe seines Ringes die 
Königin verführt (Plat. Rep. II 360 a), oder sie 
erst, ohne selbst gesehen zu werden, nackt sieht 
(Herod. I 8, doch s. o.), ist wohl der Einfluß 

40 einer offiziellen lydischen Überlieferung fühlbar, 
nach der der eigentliche Stifter der neuen Dyna- 
stie ein Gott ist, der der Königin heimlich beige- 
wohnt hat. Die Fvyairi HpLvr\ Hom. IL II 865. 
Herod. I 93. Strab. XIH 626 scheint auf eine 
Wassergottheit hinzuweisen; s. auch E.Müller 
Philologus 1852, 253. E. Curtius Arch. Zeit. 
1853, 150. [Weicker.] 

3) rvyqs, var. rvrjs, hundertanniger, fünfzig- 
köpfiger Riese , mit Kottos und Briareos Sohn 

50 des Uranos und der Ge, Hesiod. Theog. 149. 
714. Apollod. I 1,-1. Palaeph. 19. Schob Plat. 
leg. All 795 c. Tzetz. Theog. 64; s. o. Bd. III 
S. 834 ; TQtzoTTdzoQ£$ bei Suid. und Etym. M. s. v. 
nach Kleitodemos , FHG I 363; txviqpioi ävefioi 
Schol. Hesiod. Theog. 149, oder Jahreszeiten, G. 
zeiftEgivög xatgög ebd. Von Uranos gefesselt, 
werden sie von Zeus und den Göttern befreit, 
Hesiod. Theog. 617f., und helfen ihnen im Kampfe 
gegen die Titanen, die sie im Tartaros binden, 

60 Theog. 713f, und bewachen, Theog. 734. Wie 
Briareos (s. Röscher Myth. Lex. I 1643) wird 
G. mit den Giganten verwechselt Ovid. fast. IV 
593; am. II 1, "12. Trist. IV 7, 18. Seit Herc. 
Oet. 167. Herodian. I 61 f 16. H 639. 678. 
Bekker Anecd. III 1359. Etymologien s. Prel- 
ler-Robert Gr. Myth. 49, 2. 

4) Troianer, von Turnus getötet, Verg. Aen. 
IX 762. [WttcfceT.] 



A^u* uyuaas 

Gylidas. Archon in Delphoi im Jahre des 
attischen Archön Simon (590/89), Hypoth. Pind. 
Pyth. III p, 298 Boeckb. Mann. Par. ep. 37 ; 
vgl. Busolt Griech. Gesch. 12 697, 1. Pomtow 
Philo!. LIV 211. [Kirchner.] 

Gylippos. 1) Sohn des Klean dridas, Spar- 
tiate. Daß er nicht Vollbürger, sondern nur ein 
Bastard (jtö&ag) gewesen sei, wie Aelian. var. hist. 
XII 43 erzählt, ist nicht glaublich. Im Winter 



bynppos 



1968 



möglich. Er baute die Gegenmauern weiter und 
trat dem Feinde kräftig entgegen. Im ersten 
Treffen ward er besiegt, aber im nächsten wurden 
die Athener geschlagen, ihre Überlegenheit im 
Felde gebrochen, und damit wandte sich ihr 
Glück, Thuc. VII 3. 5. G. machte sich mm auf, 
um die Sikelioten zum weiteren Beistand aufzu- 
fordern, und mit Erfolg. Im Frühjahr 413 v. Chr. 
.,_,. ™ ■. ,. _ r . Ai , . kam er mit Verstärkungen zurück und veranlaßte 

415/4 v, Chr., als die Syrakusier gegen Athen m 10 die Syrakusier, nunmehr auch den Seekrieg in die 
Smrta nin Hilf* w™ ward „ iw« ™„ a*„ Hand zu ne h meiK Während der ersten Seeschlacht 



Sparta um Hilfe baten, ward er ihnen von den 
Spartanern als Befehlshaber bestimmt, Thuc. VI 
93 , 2. Durch diese Aufgabe wird ihm eine 
leitende Stellung im sizilischen Kriege zu teil, 
dessen Geschichte, wie sie Thukydides erzählt, 
die seinige umschließt. Was Diodor XIII und 
Plutarch im Nikias berichten, stammt aus Thuky- 
dides und hat kaum selbständigen Wert. 

Von seinen früheren Schicksalen ist nichts be- 



gelang es ihm, das von Nikias befestigte Plem- 
myrion zu nehmen, ein schwerer Verlust für die 
Athener, Thuc. VII 21 ff. Vgl. Polyaen. I 42. 
Die Folge war ein neuer Zuzug der Sikelioten; 
je mehr die Athener in Nachteil gerieten, desto 
mehr Feinde fanden sich gegen sie zusammen. 
Es gelang den Syrakusiern, ehe die Hilfsflotte 
unter Demosthenes eintraf, die attische Seemacht 



kannt; er wird sich bereits als tüchtigen Kriegs- 20 zu besiegen; G. hatte das unternehmen zu Lande 



mann gezeigt haben; jedenfalls hat er sich auf 
Sizilien als umsichtigen, entschlossenen Führer voll- 
auf bewährt. Im Frühsommer 414 v. Chr. setzte er 
sich mit wenigen Schüfen und Mannschaften in 
Bewegung (über ein günstiges Vorzeichen auf der 
Fahrt berichtet Seneca nat. quaest. I 1, 14), er- 
hielt aber schon bei Leukas über die Lage des 
belagerten Syrakus so ungünstige Nachrichten, 
daß er auf einen Entsatz der Stadt nicht mehr 



durch einen Angriff auf die Stellung der Athener 
unterstützt (Thuc. VII 37); die Führung zur See 
nahm er nicht in Anspruch, sondern überließ sie 
den Syrakusanern und Korinthern. Es folgte die 
Ankunft des Demosthenes und der athenische An- 
griff auf Epipolai, der vollkommen fehlschlug, 
Thuc. VII 43f. Dieser unverhoffte Glücksfall er- 
weckte in G. die Hoffnung, die athenischen Streit- 
kräfte ganz zu besiegen. Er bereiste auf neue 



S?S 6 ; ^^wohl^gingen^ermidderKorinthieTSOdie sizilischen Städte und kehrte mit ansehn- 

liclien Verstärkungen zurück; auch eine pelopon- 
nesische, inzwischen eingetroffene Schar brachte 
er mit und beschloß, die Athener zu Land und 
zu Wasser anzugreifen , Thuc. VII 46. 50. Die 
Athener gedachten nunmehr abzuziehen, als die 
verhängnisvolle Mondfinsternis (27. August 413 
v. Chr.) sich ereignete, die sie veranlagte, noch 
27 Tage zu bleiben, und damit ihr Verderben her- 
beiführte. Während die syrakusanische Flotte 



Pythen, um wenigstens Italien zu retten, mit vier 
Schiffen möglichst schnell hinüber. In Tarent 
machte G. Station und versuchte vergeblich Thurii, 
wo er von seinem Vater her Verbindungen hatte, 
zu gewinnen. Auf der weiteren Fahrt ward er 
durch einen Sturm wieder nach Tarent zurück- 
geworfen und konnte erst nach einigem Aufent- 
halt die Reise fortsetzen, Thuc. VI 94. 104. In 
Lokri erfuhr er, daß Syrakus noch nicht ganz 



eingeschlossen, und daß es noch möglich sei, 40 den Athenern ihre zweite siegreiche Schlacht 
Entsatz zu bringen. So machte er sich sofort lieferte, unternahm G. einen Angriff aufs feind- 



auf nach Himera, das den Athenern feind war, 
um von hier aus Syrakus zu erreichen. Er ge- 
langte über ßhegion und Messana glücklich nach 
Himera; denn Nikias hatte seine Anwesenheit in 
Italien anfangs kaum beachtet, und die attischen 
Wachtschiffe waren noch nicht in der Meerenge 
angelangt. In Himera fand er Aufnahme und 
Unterstützung, ebenso schickten Selinus, Gela und 



liehe Lager, jedoch ohne den gewünschten Er- 
folg (Thuc. VII 53). Dann half er bei den Vor- 
bereitungen zur letzten großen Seeschlacht (Thuc. 
VII 65, 3) und leitete schließlich den Kampf 
gegen die abziehenden Athener, um ihre völlige 
Vernichtung herbeizuführen, Thuc. VII 74, 2ff. 
Als sie nach dem ersten Tage sich unerwartet 
gen Süden wandten und zu entkommen schienen, 



einige Sikeler Hilfstruppen. Seine Ankunft, der 50 wurde G. beschuldigt, daß er sie absichtlich habe 



damit bezeugte Beistand Spartas belebte den Mut 
der Sikelioten. Er sammelte im ganzen etwa 
3000 Mann und kam über Ietai glücklich bei 
Epipolai in Syrakus an, gerade zur rechten Zeit; 
denn schon dachten die Syrakusaner an Frieden, 
Thuc. VII lf. Seine Anwesenheit ward ent- 
scheidend für den Ausgang des Krieges. G. über- 
nahm den Oberbefehl, brachte dazu eine ansehn- 
liche Verstärkung mit und gab der syrakusischen 



entschlüpfen lassen (Thuc. VII 81); man ging 
aber schleunigst an die Verfolgung, bis das Ende 
erfolgte. Zuerst kapitulierten Demosthenes und 
seine Leute, dann Nikias. Nikias versuchte ver- 
gebens, freien Abgang zu erlangen, und ergab sich 
dann persönlich dem G„ da er zu ihm das meiste 
Vertrauen hatte. Daß beide athenischen Feld- 
herren umgebracht wurden, ist gegen den Willen 
des G. geschehen, Thuc. VII 85f. G. blieb den 



Kriegführung die Einheit, Zuversicht und Tat- 60 Rest des Jahres in Syrakus und kehrte erst im 

kraft, die ihr bis dahin gefehlt hatte (vgl. Plut, ~ ' - ' - — . - - 

Nik. 19, der sich mit Recht gegen die Behaup- 
tung des Timaios wendet, daß die Syrakusaner 
anfangs über G. gespottet hätten. Eine wertlose 
Anekdote über die Axt, wie er -sich Gehorsam 
verschafft, bei Polyaen. strat. I 42, 1). Zunächst 
machte er den Athenern die vollständige Ein- 
schließung, die Vollendung der Ummaaernng un- 



nächsten Frühling in die Heimat zurück. Den 
athenischen Schiffen, die ihn bei Leukas angriffen, 
entkam er glücklich, Thuc. VIII 13. 

Seine weiteren Schicksale sind unbekannt. Er 
verschwindet und taucht erst nach dem Ende des 
Krieges wieder auf. Er ward überführt, einen 
Teil des Geldes, das er im Auftrage Lysanders 
nach Sparta brachte, auf die Seite gebracht zu 



1969 



Gylis 



FitfivacriaQxog 



1970 



haben. Nach dem gewöhnlichen Bericht ging er 
in die Verbannung, nach Poseidonios nahm er 
sich das Leben. Diodor. XIII 106, 8. Plut. Lys. 
16f.; Nie. 19. 28; Pericl. 22; de lib. educ. 14 
p. 10 B. Poseidonios bei Athen. VI 234 A. So 
ist er ein bekanntes Beispiel spartanischer Geld- 
gier geworden. Es scheint fast, daß seine Red- 
lichkeit schon auf Sizilien angezweifelt ward, 
Thuc. VII 81, 1. 86, 4, 

Literatur: Holm Geschichte Siciliens II 38fF. 
Freeman-Lupus Geschichte Siciliens III 179ff. 

2) Spartiate, Vater der Agiatis, der Gattin 
des Agis IV. und des Kleomenes III., Plut. Cleom. 
1 ; s. o. Bd. I S. 808, 58. [Niese.] 

Gylis. 1) Gvlis aus Lakedaimon. Siegt zu 
Olympia im Lauf Ol. 33 = 648, Afric. bei Euseb. 
I 198. [Kirchner.] 

2) Spartiate, 394 v. Chr. Polemarch und 
nach der Schlacht bei Koroneia Stellvertreter des 
verwundeten Agesilaos. Als solcher unternahm 
■er einen Einfall ins lokrische Gebiet. Auf dem 
Rückzuge überraschte ihn die Nacht, und er fand 
mit vielen andern seiner Leute durch die ver- 
folgenden Lokrer seinen Tod, Xen. Ages. 2, 15; 
hell. IV 3, 21f. [Niese.] 

Gylon, Athener (ix KsQa^äoyy). Mütterlicher 
Großvater des Redners Demosthenes. Wie Aischi- 
nes (III 171) erzählt, soll er die pontische Stadt 
Nymphaion verraten haben. Zu Tode verurteilt, 
verläßt er Athen, geht nach dem Pontos, wo er 
von den dortigen Machthabern Kepoi erhält. Hier 
soll er eine reiche skythische Frau geheiratet 
haben. Daß G. mit einer Geldstrafe belegt wurde, 
erzählt auch Demosthenes (XXVIII 2. Schäfer 
Demosth. 12 261. 264. 267). Aus der Ehe des 
G. mit jener fremden Frau entstammen zwei 
Töchter ; die eine heiratet Demosthenes von Leu- 
konoe, die andere Demosthenes von Paiania, der 
Vater des Redners, Demosth. XXVIII 3. Aisch. 
III 172. Schäfer Demosth. 12 268. 

[Kirchner.] 

TvfivaaiaQx°Sf der Träger der yvfxvaoiaQyJa : 
Vorstand des Gymnasion, Schulvorstand, Fest- 
ordner, Spielleiter, Neben der Form y. kommt 
yvfzvaatdo/ij; vor; Aischin. I 12 und inschriftlich 
in Chcrsonesos Taurica, Dionysopolis, Goelbazar, 
Herakleia in Makedonien, Kyme, Mylasa, Nakrasa, 
Pantikapaion, Tanais und Tomis. Da die Gym- 
nasiarchie auch von Frauen bekleidet wurde, 
rindet sich das Wort als Femininum, nur einmal 
begegnet die Form yvjuvaata(>yi;Cl<jrhlS2 (Kyrene). 
Im Lateinischen erscheint gymnasiarchus z. B. 
Cic. Verr. I [ 4 , 42 , inschriftlich gymnasiurcfia 
CIL III 336 (Apamea Myrlea) und 12415 (bei 
Nikopolis ad Istrum). Das Verbum yv^vamaQ- 
ytlv (Poll. III 67) findet sich oft in den Formen 
yvfivaoiaqyiäv , yvfivaoiaoy^aas usw. Gleichbe- 
deutend mit dem G. ist der äoycov rov yv/iraaiov 
in Berroea, LeBas II 1331 und der tTiftskrj^e 
tov yvnvaatov in Chalkis, Oesterr. Jahresh. I 
Beibl. 48, von dem zu unterscheiden ist der 
£jzift€Är]Tt}g yvpvaotagyja; (Eleusis . 'E(pt)ß. agy. 
1883, 78, 6 und Phaseiis, Bull. hell. XVI 443) ; 
bei Plaut. Bacch. 427 erscheint er als gymnasii 
praefeetus. Die literarische Überlieferung allein 
mit ihrem einseitigen Interesse für Athen ist 
unzureichend, um das Wesen und die Bedeutung 
*der Gymnaaiarchie, deren Geschichte zugleich ein 



Beitrag zur Geschichte des Bildungs Wesens bei 
den Griechen ist, zu erkennen. Als wichtigste 
und ergiebigste Quellen haben wir die Inschriften, 
daher sich die Notwendigkeit ergibt, das ver- 
streute inschriftliche Material zu sammeln und 
zu sichten, wobei die alphabetische Ordnung der 
Städte sich als die bequemste empfiehlt. Die 
Papyrus, die für Ägypten vor allem in Betracht 
kommen, konnten nur anhangsweise erwähnt 

10 werden. Da das Material naturgemäß nicht 
lückenlos und auch nicht für alle Orte gleich 
vollständig ist, können die Schlüsse, die daraus 
gezogen werden, nur auf eine gewisse allgemeine 
Gültigkeit Anspruch erheben. Die Inschriften 
geben uns zunächst Aufschluß über die Aus- 
breitung der Institution : mehr als 650 Inschriften 
nennen den G. , beziehungsweise die Gymnasi- 
archie an 209 Orten (außer Ägypten) für die 
Zeit vom 5. Jhdt. v. Chr. bis zum 4. Jhdt. 

20 n. Chr. in allen Ländern griechischer Zunge. 
Datierte Inschriften finden sich an 85 Orten, 
darunter weisen 50 Orte Inschriften aus der Zeit 
vom 5. bis 1. Jhdt. v, Chr. auf, 106 Orte liegen 
in Kleinasien und Syrien. Unter den erhaltenen 
350 Namen von G. finden sich 97 römi- 
sche, darunter 18 Aurelier; Frauennamen er- 
scheinen 20. Da das Wesen einer Institution 
nicht bloß in einer bestimmten Phase ihrer 
Entwicklung erkannt werden kann, soll in dem 

30 allgemeinen Teile der Versuch gemacht werden, 
die Phasen der Gymnasiarchie in historischer 
Abfolge darzustellen mit Berücksichtigung der 
ähnlichen Einrichtungen; der besondere Teil gibt 
nähere Details für Athen und die Städte außer 
Athen sowie für die G. der Privatvereine. 
Übersicht nach Ort und Zeit. 
1. Adada (Kara Baulo) IGE III 372. 373. 

2. Aigai (Cilicia) Mova. x. ßtß?,. II 47 oo\ 

3. Aigina IG IV 4. 4. Akalissos IGE III 649. 
40 5. Akmonia CIG 3858. 6. Akrai IG XIV 213. 

7. AkraipMa IG VII 2712. 4134. 8. Alabanda 
Bull. hell. X 307, 2. 9. Alinda (Koskinia?) Bull, 
hell. XV 340, 5. 10—11. Amorgos IG XII 7: 
Aigiale 421-426. 515 (2. Jhdt. v. Chr.). Minoa 
233-235. 12. Amphipolis österr. Jahresh. I 18 1 
(1. Jhdt. v. Chr.). 13. Anapa (Gorgippia) Laty- 
schew II 403. 14. Anaphe IG XII 3, 253 
(2./1. Jhdt. v. Chr.). 15. Anazarbos Head HN 
p. 599 (Zeit Hadrians). 16. Andros IG XII 5. 
50 720. 17. Antikyra IG IX 1, 7 (nach 212 n. Chr.). 
18. Apameia Kibotos Bull. hell. XVII 308. 6 
= Ephem. epigr. VII 436 (ca, 155 n. Chr.) 
= Rev. Et. gr. n 30. Athen. Mitt. XVI 148. 
TAM. 19. Apameia Myrlea CIL HI 336. 20. Aper- 
lai IGR III 692. 21. Aphrodisias CIG 2766. 
2774. 2777, 2778. 2785. 2789. 2814. Le Bas 

III 1592. 1601. 1602 a. 1619. Bull. hell. IX 
75, 5. XIV 237. Anz. Akad. Wien 1893, 100. 
TAM. 22. Apollonia (Pisidia) IGR m 320. 

60 23. Apollonia-Sozopolis Arch.-epigr. Mitt. X 164, 6. 
24. Apollonis (Lydia) Bull. hell. XI 87, 6. Denk- 
schr. Akad. Wien LIII m\ 96. 97. 25. Argos IG 

IV 584. 589. 26. Ariassos Bull. hell. XVI 429, 
59. 27. Arneai IGR HI 640 (2. Jhdt. n. Chr.). 
TAM. 28. Aspendos IGE HI 804. 29. Assos 
IGR IV 256 (1. Jhdt. n. Chr.). 30. Athen IG I 
35 b (421 v. Chr.). H 606 (4. Jhdt. v. Chr.). 
1229 und 1340 (346/5 v. Chr.). 1181 (338/7 v. Chr.). 



1971 



Fi*fivaaüt(>xo$ 



rvfivaaCctQxog 



1972 



1233b und 1233 c (4. Jhdt. v. Chr.). 1353 (229 
v. Chr.). 465. 481. 482. 979. 1046. 1197. 1221. 
1227. 1230—1233. III 2. 89. 100. 103. 105. 107. 
109. 118. 658. 659. 722. 1016 (54—65 n. Chr.) 
und viele Ephebeninschriften ; vgl. (Xen.) rep. 
Athen. I 13. Plut. Nikias 3; Anton. 33. 31. 
Attaleia (Pamphylia) IGR III 777. 782. 783. 
TAM. 32. Babylon Klio IX 352, 1 (109/8 v. Chr.). 
33. Ealanaia Athen. Mitt. XVII 88, 2. 34. Bal- 
bura Le Bas III 1222. Reisen II nr. 237. 
35. Bargylia Le Bas III 496. 36. Berroea Le 
Bas II 1331 = Duchesne-Bayet nr. 134 unter 
Keletron. 37. Blaundos Denkschr. Akad. Wien 
LIV nr. 270 = 38. Borganlü (Bithynia) Izvestija 
II 112. 39. Caboucie (Syria) Bull. hell. XXVI 
169, 9. 40. Chaironeia Plut. Kimon 1. 41. Cherso- 
nesos Taurica Latyschew 1 195 (3. Jhdt. v. Chr.). 
IV 153. Journ. d. Minist, f. d. Volksaufkl. (rus- 
sisch) 1905, 261 (2. Jhdt. n. Chr.). 42. Chios 
Dittenberger Syll.2 254. Athen. Mitt. XIII 
173f., 14. \d, 17. 'A&rjvä XX 272 9 oö\ 43. Delos 
IG II 985 (102—94 v. Chr.). Michel Recueil 
641 (2. Jhdt. v. Chr.). Dittenberger Or. 343. 
346. 366. 369. Bull. hell. III 376, 16. XIII 420. 
XV 2511 XXIX 229. XXXI 435, 27. XXXII 
414. XXXIII 489, 12. XXXIV 146, 34 (178/7 
v. Chr.). 44. Delphi Bull. hell. XVIII 97, 14 
(2. Jhdt. n. Chr.). XXXIII 571 (1. Jhdt. v. Chr.). 
45. Dionysopolis (Thrakien) Arch.-epigr. Mitt. 
XVII 210, 102. 46. Dorylaion Dittenb erger 
Or. 479. 47. Dymae Bull, hell IV 521. 48. Elaia 
Dittenberger Or. 332 (138—133 v. Chr.). 
Athen. Mitt. XXXII 386. 49. Eleusis IG II 
614 b (290/89 v. Chr.). 'E<f W . a QX . 1883, 78,6. 
139,13. 1897,43, 13 (211 v. Chr.). 1895, 111, 
27. Bull. hell. VI 436. XIX 113, 1. 50. Ephesos 
CIG 2986. Anc. Gr. inscr. 500. 587. österr. 
Jahreah. VIII 128f. TAM sehr oft. 51. Epidau- 
ros IG IV 1432. 1467. 52-53. Euboia: Chalkis 
'Ewp. aex. 1892, 168, 68 (192 v. Chr.). 'A&rjvä 
VI 175, 2. XI 272, 2. Eretria Amer. journ. arch. 
XI (1896) 173. 188 (2. Jhdt. v. Chr.). Philo!. 
X 300 (1. Jhdt. v. Chr.). 54. Erythrai CIG 
3134. Le Bas III 53. Eev. Et. gr. XIV 297. 
Abh. Akad. Berl. 1909, 59, 15 und 16 (ca. 100 
v. Chr.). Österr. Jahresh. XIII Beibl. nr. 46. 
55. Eumeneia CIG 3886. 56. Euromos Le Bas 
m 314—318. 57. Gerasa IGR III 1351. 58. Goel- 
bazar (Bithynia) Bull. hell. XXIV 406, 90/91. 
59. Gytheion Le Bas II 243a. 60. Halikar- 
nassos Le Bas III 502. Newton Halicarn. II 
nr. 12a. 12b. 12c. Anc. Gr. inscr. 898. Bull, 
hell. IV 202. 402. XIV 102. 103. S.-Ber. Akad. 
Wien CXXXII 29, 2. 61. Herakleia am Lykos 
Rev. phil. XXIII 284, 7. 62. Herakleia (Make- 
donien) Bull. hell. XXI 162. 63. Herakleia am 
Salbakos CIG 2953 c. Arch.-epigr. Mitt. XX 64. 
67. Bull. hell. LX 75, 5. 338, 21. 340, 22. 

64. Hierapolis Inschr. v. Hierapolis nr. 278. 336. 

65. Hieropolis-Kastabala Journ. hell. Stud. XI 
250, 25. 66. Hypata IG IX 2, 31. 56. 67. Iasos 
Bull. hell. XI 213f., 2-5. 217, 10. Eev. Et. gr. 
VI 166,4. 175,9. 176, 10. 178, 12. 187f., 32 
33. 37-42 (Ephebenkataloge von 34—92 n. Chr., 
die nach Haussoulli er Rev. phil. XX 97 aus 
Didyma stammen). 68. Idebessos IGR TU 648. 
652. 69. Hcaria Movo. h, ßtßl. I 139. 70. Hion 
Dittenberger Or. 212 (306—280 v. Chr.). 



CIG 3616-3619. Bull. hell. VII 272, 15. 71. Io- 
tape IGR III 831. 833. 834. 72. Kadyanda IGR 
III 516. 73. Kallipolis Bull. hell. IV 518 = XXV 
325 = Dumont Melanges 100z 4 ; bei Liebe- 
nam unter Chersonesos. 74. Kalymnos Athen. 
Mitt. XIII 188. 75. Kandyba Denkschr. Akad. 
Wien XLV nr. 27. 76-77. Keos IG XII 5: Iulig. 
620. 621. Koresia 647 (3. Jhdt. v. Chr.). 78. Ke- 
ramos Journ. hell. Stud. XI 124, 7. 126, 9. TAM. 

10 79. Kibyra Lc Bas in 1213 vgl. Reisen LT 
nr. 242 (73 n. Chr.). 80. Kios Bull. hell. XY 
482 (109 n. Chr.). XVI 320, 1. Athen. Mitt. 
XXIV 421, 15. 8i. Kolossai Le Bas III 1693b. 
82. Kolybrassos He ad HN p. 601. 83. Komana 
(Cappadocia) Grothe Meine Vorderasienexpeditiorc 
I. LXXIII nr. 5. 84. Kormos Denkschr. Akad. 
Wien XLV nr. 35. 38. 85. Korvdalla IGR III 739. 
(125-143 n. Chr.). m. WPaton-Hicks 34 
(3. Jhdt. v. Chr.). 107—111. 114. 119. 371. 392, 

20 Herzog Koische Forschungen 61 nr. 15; vgl. 
Joseph, bell. lud. 1 422 (1. Jhdt. v. Chr.). 87. Kran- 
non IG IX 2, 459—461 (2. Jhdt. v. Chr.). 
88. Kyaneai Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 28 
(2. Jhdt. v. Chr.). 89. Kvme CIG 3524. 3529. 
90—94. Kvpros: Chytria CIG 2627. Kition CIG 
2626. IGR III 980. 982. Lapethus IGR III 933 
(29/30 n. Chr.). Paphos CIG 2637. Ditten- 
berger Or. 164 (146—116 v. Chr.). 165. 166. 
582. IGR III 950. Salamis CIG 2630. IGR III 

30 993. 994. 95. Kyrene CIG 5132. 96. Kys Bull, 
hell. XI 306, 1 (52 n. Chr.). 97. Kvthera Dit- 
tenberger Syll.2 506. 98. Kyzikos CIG 3660. 
Journ. hell. Stud. XXUI 89 (47 v. Chr.). IGR 
IV 145. 99. Lagina Newton Halicarn. II nr. 96. 
97. Bull. hell. V 189, 11. XI 31, 45. 148, 49. 
157, 63. Reisen I nr. 134 a. TAM. 100. Lao- 
dikeia am Lykos CIG 3945. Athen. Mitt, XXVII 
271, 2. 101. Larisa IG IX 2, 506 (2. Jhdt. 
v. Chr.). 511. 517 (3. Jhdt. v. Chr.). 539. 54h 

40 620. 102. Lemnos IG Xn 8, 25 (2. Jhdt. v. Chr.). 
27 (3. Jhdt. n. Chr.). 103—104. Lesbos: Eresos 
IG XII 2, 527. Mitylene 82. 134. 208. 211. 232. 
244 vgl. 258. 105. Lilybaeum IG XIV 276. 
106. Loryma^j^. dg/. 1907, 211, 3. 107. Lydai 
Journ. hell. Stud. X 55, 6. 108. Magnesia am 
Maiandros Inschr. v. Magnesia nr. 116. 153. 158. 
163. 164. 179. 109. Magnesia am Sipylos Denkschr. 
Akad. Wien LIV nr. 1 (2. Jhdt, v. Chr.). 110. Man- 
galia Arch.-epigr. Mitt. XIX 107, 60. 111. Mcr- 

50 mere (Lydien) Denkschr. Akad. Wien LIII nr. 126. 
112. Massilia IG XIV 2444. 2445. 113. Megara 
IG VII 29. 31. 97. 98. 114. Melos IG Xn 3, 
1091. 115—117. Messenia: Kastelia Journ. hell. 
Stud. XXV 48, 9 (2. Jhdt, v. Chr). Korone Le 
Bas II 305. Journ. hell. Stud. XXV 45, 4. 
Methone Journ. hell. Stud. XXV 41, 1. 118. Mi- 
letopolis IGR IV 130. 119. Miletos mit Bran- 
chidai und Didyma CIG 2880. 2881. 2885. Anc. 
Gr. inscr. 898. 914. 922. 924—926. Journ. hell. 

60 Stud. VI 353, 108. Athen. Mitt. XVIII 268, 2. 
Rev. phil. XI 42, 16. XX 99. XXI 42. 17. 44 r 
19. XXm 318, 34. Dittenberger Or. 472. 494. 
120. MylasaCIG 2693d. Le Bas LH 395. 407. 
Athen. Mitt. XIV 110, 66. XV 267, 19, TAM. 
121 Myra Reisen H nr. 82. 122. Nakoleia CIG 
add. 3847b = Le Bas III 1011 unter Ankyra. 
123. Nakrasa Le Bas III 1601. Athen. Mitt. 
XXIV 217, 45. 124. Naios IG XH 5, 39. 125. Nea- 



1973 



Fvfjivätrüx(ix $ 



rvfivccGiapxog 



1974 



polis IG XIV 729 (81 n. Chr.). 745. 126. Netüm 
IG XIV 240. 127. Mkaia CIG 3749. 3750. 
128. Nikopolis ad Issum Bull. hell. XXI 164 
(3./4. Jhdt. n. Chr.). 129. Nikopolis ad Istrum 
(Umgebung) CIL III 12415. 130. Nisyros IG 
XII 3, 104. 131. Notion Österr. Jahresh. VIII 
163 (219—215 v. Chr.); vgl. Bull. hell. XXX 349. 
132. Njsa BulL hell. VII 272, 15. 133. Odessos 
Antike Denkm. aus Bulgarien nr. 92 (1. Jhdt. 
v. Chr.). 134. Oinoanda bei Termessos Bull. hell. 
X 229, 9. IGR HI 493 (2. Jhdt. n. Chr.). 

135. Olbia La ty sehe w IV 459 (3. Jhdt. v. Chr.). 

136. Olympia Inschr. v. Olympia 283. 433. 437. 
468. 940 (2. Jhdt. n. Chr.). 137. Opus IG IX 1, 
285 = Le Bas II 1009 unter Narvke (1. Jhdt. 
n. Chr.). 138. Orchomenos IG VII 3218. 3221. 
3224. 139. Panamara Bull. hell. XI 375f. XII 
82f. 252, 32. 264, 49. XV 185f. XXVIII 23f. 
238f. 140. Pantikapaion Latyschew IV 211. 
141. Paros IG XII 5, 137 (1, Jhdt. v. Chr.). 
138. 144. 145. 232. 290 (1. Jhdt. v. Chr.). 
292 (292/3 n. Chr.). 464. 1019. 1026. 142. Pa- 
tara TAM. 143. Patmos Dittenberger Syll.2 
681. 144. Pednelissos? (Syrt) Lanckororiski TI 
nr. 259. 145. Peparethos IG XII 8, 642 (3, Jhdt. 
v. Chr.). 146. Pergamon CIG 3551. Le Bas 
III 1723 c. Inschr. v. Pergamon nr. 9. 252. 323. 
440. 448. 457. 458. Dittenberger Or. 764 
(139—133 v. Chr.). 486. Athen. Mitt. XVI 88, 1. 
XXIV 168, 7. 170, 30. XXVII 99, 98. 101, 99. 
127. 146. XXVIII 152. XXIX 161, 3. 170, 14. 
XXXII 244f. 315f. XXXm 376f. XXXV 401f. 
"OuijQOQ II 296. III 202. Imhoof-Blumer Klein- 
asiat. Münzen 506. 147. Perge IGR III 794. 
Lanckororiski I nr. 29. TAM. 148. Pessinus 
Dittenberger Or. 540 (1. Jhdt. n. Chr.). 
149. Petelia IG XIV 637. 150. Phalanna IG IX 
2, 1238. 151. Phaseiis Bull. hell. XVI 443. 

152. Philadelphia (Lydien) CIG 3417. 3429. 

153. Philadelphia (Syrien) Revue biblique V (1908) 
571. 154. Phintia (Gela) IG XIV 256 (1. Jhdt. v. 
Chr.). 155. Phokaia CIG 3413. 156. Plataiai IG 
VII 1668. 1669. 4239. 157. Priene Inschr. v. Pr. 
181 (ca. 300 v. Chr.). 99. 104. 108 (129 v. Chr.). 
111-114 (1. Jhdt. v. Chr.). 147. 174. 158. Prosa 
Smoyos IX nr. 10 - Rh. Mus. XXVH 319, 2. 
Arch. Anz. 1903, 39. 159. Prusias am Hypios 
IGR III 68. 1422 (214 n. Chr.). 160. Pydnai 
Reisen I nr. 96. 161. Region IG XIV 616. 
162. Rhodos IG XII 1, 3. 46. 839. 163. Sala- 
mis IG II 594 (127/6 v. Chr.). Wilhelm Bei- 
träge nr. 89 (2. Jhdt, v. Chr.). 164. Samos 
Bull. hell. V 480f, 3. 4. 7. 165. Samothrake 
IG XII 8, 238. 166. Sardeis CIG 3462. 167. Se- 
leukeia am Kalykadnos Denkschr. Akad. Wien 
XLIV nr. 181. 168. Selge Lanckoron'ski II 
nr. 249. 169. Sestos Dittenberger Or. 339 
(125 v. Chr.). 170. Sidon Bull. hell. HI 261, 5. 

171. Sidyma Reisen I nr. 39. 43. 47. 50. 52. 

172. Sikyon Plut. Arat, 53 (3. Jhdt. v. Chr.). 

173. Silandos (Selendi) Michel Recueil 643 
(2. Jhdt. v. Chr.). 174. Sillyon Lanckororiski 
I nr. 58-60. 175. Sinope CIG 4157. 176. Si- 
phnos IG XII 5, 484. 177. Sirra CIG 2007 
(1. Jhdt. n. Chr.). 178. Smyrna CIG 3185. 3201. 
3779. Movo. x. ßtßL II 57, 137 vgl. m 138 
nr. 179. 179. Soluntum IG XIV 31h 180. Sparta 
CIG 1326. 1336. 1340. 1347-1349. 1351. 1353. 



1354. 1356—1358. 1363. 1365. 1366. 1369. 1371- 
1379. 1381. Bull. hell. IX 514. Annual of Br. 
Seh. XII 451. Xm 189, 43. XIV 126, 50 (2. Jhdt. 
n. Chr.). 181. Stratonikeia (Caria, vgl. Panamara) 
CIG 2719. 2720. 2724. Le Bas ni 517. 525. 
182. SyedraHead HN p. 612. 183. Synnada Bull, 
hell. XVII 284, 86. 184. Tabai Bull. hell. XIV 
625, 27. 185. Tanagra IG VII 557 (h Jhdt. 
v. Chr.). 186. Tanais Latyschew II 439. 440. 

10 442. 446—448. 451. 187. Tarmia (Mughla) BulL 
hell. X 490, 1. 491, 2. 188. Tarsos Bull. hell. 
VH 325, 24. Strab. XIV 674. 189. Tauromenion 
IG XIV 422. 430 (1. Jhdt. v. Chr.). 190. Tegea 
Le Bas II 1517. Bull. hell. XVII 17, 21. 19, 23. 
20, 24. XXV 275, 12 (194/5 n. Chr.). t Et PiP L. 
äQ X - 1906, 52. 191. Tenos IG XII 5, 818 und 911 
(2. Jhdt. v. Chr.). 880-886 (1. Jhdt, v. Chr.). 
192. Teos Dittenberger Syll.2 523 (ca. 300- 
v. Chr.). CIG 3060. 3086. 3087. Le Bas III 

201558. 193. Termessos Lanckororiski II nr. 7 
—11. 53. 89. 120. CIG 4363. TAM. 194. Thasoa 
IG XII 8. 377 (4. Jhdt. v. Chr.). 458. 459. 
195. Theben Diog. Laert. VI 90. 196. Themi- 
sonion Michel Recueil 544 (119 v. Chr.) = Bull, 
hell. XIII 335, 4 unter Eriza. 197. Thera IG 
XII 3, 331. 338. 339. 34h 342. 396-398. 460. 
461. 496. 1299. 1314 (3/2. Jhdt. v. Chr.). 
198. Thespiai IG VII 1777. 1825. 1856. 1885 
(4. Jhdt. 11. Chr.). Plut. amat. 10. 199. Thes- 

30salönike CIG 1967. Duchesne-Bayet Memoire 
nr. 2. Akrj&eia 1906 nr. 42, 3. 5. 7. 10. nr. 48, 
23. 30. 33 (244 n. Chr.). 36. 40. 200. This- 
bai IG VII 2235. 201. Thuria Michel Re- 
cueil 612 (3. Jhdt. v. Chr.). 613 (2. Jhdt. v. Chr.). 
202. Thyateira CIG 3479. Bull. hell. X 411, 5. 
Rev. Et. anc. III 265, h Denkschr. Akad. Wien 
LIV nr. 69. 203. Tlos TAM. 204. Tomis und Um- 
gebung Arch.-epigr. Mitt. VI 24, 48. VIII 12, 
26. XV 95, 14. XIX 222, 89. 223, 90. 205. Tralleis- 

40 CIG 2922 (1. Jhdt. n. Chr.). Athen. Mitt. VIII 
318, 2. XXI 262. Dittenberger Syll.2 674. 
SterrettEpigr. journ. 389. Papakonstantinu 
ToaXlw nr. 148. 206. Trapezopolis CTG 3953 c. 
207. Trozen IG IV 749 (4. Jhdt. v. Chr.). 753- 
(3. Jhdt. v. Chr.). 208. Tyndaris Cic. Verr. II 
2, 42 (1. Jhdt. v. Chr.). 209. Xanthos CIG 4275. 
Reisen I nr. 77. 96. 98. 210. Unbekannter Herkunft 
ist ein beim Albanersee gefundenes Gewicht mit 
Erwähnung des G. IG XP7 2417, 1. 

50 Ägypten. Über die Gymnasiarchie in Ä gypten 
handelt F. Preisigke Städtisches Beamtenwesen 
im römischen Ägypten, Halle a. S. 1903 c. VI 
S. 53—68. Hier seien nur einige Stellen ange- 
führt. 211. Museum in Alesandria Ditten 
berger Or. 713 (250 n. Chr.). Archiv f. Pa- 
pyrusf. II 566, 128. 567, 130. IV 238. 212. Kairo- 
Archiv II 548, 26 (185-181 v. Chr.). V 162, 7 
(2./1. Jhdt. v, Chr.). 213. Lvkopolis CIG 4707. 
214. Naukratis Archiv II 543, 18. 215. Thebai 

60 Dittenberger Or. 194 (42 v. Chr.). 216. Sakha. 
(Xous) Dittenberger Or. 708 (180—192 n. Chr.). 
Arsinoe BGU I 112 (58—60 n. Chr.). Fayum 
BGU I 109. 184. 324. 347. Grenfell An Ale- 
xandrian erotic frg. 47 (148 n. Chr.). 50 (260 
n. Chr.). Oxyrhynehos, Oxyrh. Pap. I 33. 54 
(201 n. Chr.). 55. 59. 60 {323 n. Chr.). 71 {303 
n. Chr.) u. ö. II 237. 257 (95 n. Chr.). IH 471. 
477. 501. 507. 512. IV 715 (131 n. Chr.). 716 



{186 'n. Chr.). Hermopolis, Corpus Papyror. Her- 
mopol. Inr. 53. 57. 

Wenn wir zur Ergänzung dieser Übersicht 
-das Verzeichnis der Gymnasien (s. den Art.) 
heranziehen, so finden wir bestätigt, was Plat. 
.■symp. 9 über die <pdoyv/nyaoTia und <pdooo<pta 
-der Griechen und rep. \ T II 535 D. über das Ver- 
hältnis des (pdoyvf.tvaaTrjg zum (pdofta^g sagt, 
und daß Mommsen E, G, V 334 mit Recht 
behauptet: ,Die allgemeine Bildung ist wahr- 10 
scheinlich nirgends weiter verbreitet und ein- 
greifender gewesen als in Kleinasien'. 

Allgemeines. Eine Einrichtung, die so 
viele Jahrhunderte und in so vielen Städten 
griechischer Zunge bestand, mußte manchen 
Wandlungen unterliegen; richtig bemerkt schon 
Krause Hell. I 183: ,Dic Gymnasiarchie war 
nicht zu allen Zeiten in demselben Staate und 
nicht in allen Staaten dieselbe'. Bei der Dar- 
stellung der Gymnasiarchie wurden verschiedene 20 
Ansichten aufgestellt, bald wurde diese, bald 
jene Seite ihrer Wirksamkeit hervorgehoben, vor 
allem aber die Streitfrage aufgeworfen: ,War die 
Gymnasiarchie ein Amt oder eine Leiturgie?' 
Über die früheren Ansichten vgl. Dumont Es- 
sai I 219f. und Grasberger III 463. Gras- 
berger III 464 hält daran fest, der G. sei 
nach der Bedeutung des Wortes der Vorsteher 
•der Gymnasien und Palästren gewesen und habe 
■eine praktisch-pädagogische Tätigkeit entfaltet, 30 
verweist auch 470, 2 mit Recht auf die ver- 
schiedene Konstruktion des Verbums yvpvaotao- 
jeiv. Vom 2. Jhdt. v. Chr. an aber sei die 
Gymnasiarchie nichts weiter als die Bestreitung 
der Kosten für den gymnastischen Unterrichts- 
betrieb, III 469; vgl. Dumont 219. Le>y Rev. 
Et, gr. XIV 370. Demnach wäre die Gymnasi- 
archie aus einem Amte zu einer Leiturgie ge- 
worden. Ahnlich ist die Auffassung bei Rani- 
say Cities 444 und Chapot La pro?. Rom. 40 
procons. d'Asie 279: der G. habe ursprünglich 
■die Aufsicht über die Erziehung gehabt, sei aber 
zu einem Lieferanten des Öles herabgesunken. 
Die entgegengesetzte Ansicht: die Gymnasiarchie 
sei in der älteren Zeit eine Leiturgie gewesen, 
erst später ein Amt geworden, finden wir ver- 
treten durch Menadier Qua condicione Ephe- 
sii . . 90 , Lieben am Städte Verwaltung 373 und 
Schneider Die griechischen Gymnasien und 
Palästren 79, 3 vgl. 129. Hicks Anc. Gr. inscr. 50 
p. 48 behauptet, die G. hätten mehr finanzielle als 
disziplinare Aufgaben gehabt; vgl. auch Bürch- 
ner Ephesos 52. Poland Gesch. d. griech. 
Vereinsw. 401 sieht in den G. wohl staatliche 
Beamte und Leiter des Gymnasion, in den meisten 
Fällen aber nur Verwalter von Geldern. Abel Rev 
bibl. V (1908) 571 weist den G. vor allem die 
Ölverteilung in den Gymnasien und Bädern zu; 
daß yvuvaotaoxEiv fast gleich sei aXstysiv und 
ilatodsTsiv, bemerkt Ditten berger zu Or. 479 60 
und 622. Da die Quellen für die Gymnasiarchie 
<lie Kennzeichen sowohl des Amtes als der Lei- 
turgie bieten, will Gilbert II 372 Anm. die 
Gymnasiarchie als Leiturgie von der Gymnasi- 
archie als Amt bestimmt geschieden wissen und 
Dumont Essai I 229 sowie ihm folgend Fou- 
gdfes Bull. hell. XV 268f. unterscheidet vier 
Arten der Gymnasiarchie. Glotz, der in dem 



/ Vfivtx<Fia(>%og 



iyvt> 



trefflichen Artikel Gymnasiarchie (Daremberg 
et Saglio Dictionn. II 1675—1684) das gesamte 
Material behandelt, versucht, Typen der Gym- ' 
nasiarchie festzustellen, ohne daß es ihm trotz 
redlicher Mühe gelingt, diese Typen scharf zu 
sondern, und gelangt zu dem Resultate: Die 
letzten drei Jahrhunderte v. Chr. hat die Gym- 
nasiarchie als Hauptaufgabe die Leitung der 
Jugend in Griechenland, auf den Kykladen und in 
Sizilien; vom Ende des 2. Jhdts. v. Chr. an und 
beinahe auschließlich in den Städten Kleinasiens 
läßt sie die Mitbürger durch die freiwilligen 
Leistungen des vornehmen und reichen Gym- 
nasiarchen Anteil an seinem Vermögen gewinnen. 
Gardiner Greek Athletic sports and festivales 
502 nimmt diese Aufstellung, deren Richtigkeit 
sich nicht bestreiten läßt, an. Wie in späterer 
Zeit agyaL und IsitovQylai, die oft zusammen 
erwähnt werden, z. B. Ankyra IGR III 194, Ar- 
neai IGR III 640 (2. Jhdt. ri. Chr.) , Ephesos 
TAM, Miletos CIG 2885 d, Minoa IG XII 7, 233, 
Nakrasa Athen. Mitt. XXIV 217, 45 unterschieden 
wurden, läßt sich nicht bestimmen; wird doch 
bisweilen dieselbe Würde einmal als &Q%r), dann 
als XstrovQyia bezeichnet: so die Stephanephorie 
in Nysa Bull. hell. IX 124 B. In Priene wird 
Inschr. v. Pr. 4 (332—306 v. Chr.) und 112 (84 
v. Chr.) die yga^ißareia als XsirovQyla, in 113 
abwechselnd als XsizovQyla und ägxrj erwähnt, 
nr. 174 wird die Gymnasiarchie unter den Lei- 
turgien aufgezählt, nr. 112 aber ägxy genannt. 
Die Gymnasiarchie selbst erscheint bald als aQ/jj, 
wie zahlreiche Beispiele unten zeigen, bald" als 
XetrovQyia. Gytheion Le Bas II 243a (2. Jhdt. 
n. Chr.) heißt es /nrjzE aQ%ovzog fiijösvog /Lirjre 
yvpvaoidoyov xcoXvovrog, also ein Gegensatz zwi- 
schen a.Q%tov und y., wie Plut. praec. gcr. reip. 
31. Mylasa CIG 2693 d übernimmt ein Bürger 
aXetrovoy^zog <öv das G.-Amt, Panamara Bull, 
hell. XXVIII 37, 21: aXsixovgyrioin. xai äre- 
Xetq TExsmrjvevog iyv{ivaoiaQyf}osv. Ein Gegen- 
satz zwischen Amt und Leiturgie besteht nicht: 
jedes Amt ist eine Leiturgie, da es sowohl an 
die persönliche Tätigkeit als an das Vermögen 
Ansprüche stellt, wie andererseits auch die Lei- 
turgie nicht bloß Geldopfer auferlegt, sondern 
auch mit persönlichem Dienste verbunden ist. 
Aristot. Pol. VI (IV) 4, 1291 gebraucht den 
Ausdruck aoytjv Xeizoveystv und ähnlich in der 
Inschrift aus Stiris: Michel Recueil 24 (2. Jhdt. 
v. Chr.); vgl. Martin bei Daremberg-Saglio 
Dictionn. III 1095. v. Wilamowitz-Moellen- 
dorff Staat und Gesellschaft der Griechen 161 
u. ö\ Eine richtige Bemerkung über die Gym- 
nasiarchie macht Le>y Rev. Et. gr. XIV 370: 
L'aneienne liturgh comportait deux elements, 
un devoir de directum ei une prestation peeu- 
niaire; mit dem Zurücktreten der einen Seite 
änderte sich die Stellung des G. Die kmfiüzta 
und rpdozifiia des G. wird in der Inschrift Tbera 
IG XII 3, 33 i, öajiävrj und aatftaxix?} xaxoxa&ia 
in Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 330, 2 erwähnt. 
Inwiefern diese beiden Tätigkeiten mehr oder 
weniger hervortreten konnten, kann an der hi- 
storischen Entwicklung der Bedeutung des Gym- 
nasion (s. d.) erkannt werden. Solange das 
Gymnasion bloß Turnanstalt war, konnte der 
G. als ,Turninspektor' (Mommsen R. G. V 334) 



fungieren ; mit der Ausgestaltung des Gymnasion 
zum staatlichen Festplatz und zum , Bürgerkasino' 
(Mommsen R. G. V 326) mußte sich die Stel- 
lung des G. ändern. Insofern das Gymnasion 
als Exerzierplatz der Epheben diente, führte die 
.Aufsicht der Strategos; vgl. Ziebarth österr. 
Jahresh. XIII 109. Das Gymnasion diente als 
Übungsplatz für die Teilnehmer an religiösen 
Aufzügen, besonders an den Fackel Wettlaufen : 
in Koresia IG XII 5, 647 interveniert der G. 
beim Fackelwettlauf, ähnlich in Aigiale IG XII 
7, 515. In Patmos Dittenberger Syll.2 681 
(2. Jhdt. v. Chr.) sind die XaimadiGzai und 
aXeifpofievoi die Klassen eines und desselben 
Gymnasion. In Athen erscheinen die G. im 
5. und 4. Jhdt. v. Chr. als Leiturgen mit der 
Sorge für gewisse Fackelläufe betraut, und auch 
im 2. Jhdt. v. Chr. werden als Teilnehmer an 
Fackelwettläufen genannt Besucher des Lykeion: 
IG II 444 veavioKOi, 445 ävögsg sy Avxsiov. Es 
geht aber nicht an, die Gymnasiarchie schlecht- 
hin als identisch mit der Lampadarchie zu er- 
klären, wie Dumont Essai I 220. Blümner 
Privataltert. 338, Grasberger III 466 und Gil- 
bert II 372 Anm. getan; Martin (Daremberg- 
Saglio Dictionn. III 912) bemerkt richtig, daß 
beide Funktionen geschieden sind. Aristoteles 
(VIII [V] 8, 1309) erwähnt die Lampadarchie als 
Leiturgie neben der Choregie. Ao-putabagym 
{Xa{ixado.Q%oi) sind uns zum Teil neben G. be- 
zeugt: Athen IG I 35 b. II 444. Chios Abh. 
Akad. Beil. 1909 II 59, 14. Delos Bull. hell. 
XIV 504, 6 (250 v. Chr.). VI 146. XV 255. 263. 
Eumeneia Bull, hell, VIII 237, 7. Ephesos CIG 
3018. Herakleia Pontica Bull. hell. XXII 473. 
Keos, Koresia IG XII 5, 647. Lesbos, Mytilene 
IG XII 2, 134. 258 (ÖQottayerfoas). Faros IG XII 
5, 173. 174. 176. Patmos Dittenberger Syll. 2 
681 (mit Bemerkung). Samos Michel Recueil 
901 (2. Jhdt. v. Chr.). Smyrna Arch.-epigr. Mitt, 
IX 133. Teos Athen, Mitt. XVI 291, 17 (Lei- 
turgie!). Termessos Lanckororiski II 133. un- 
richtig erklärt Li eben am 375, 2 den Lampa- 
darchos als zum Dienerpersonal gehörig. Da der 
G. bei der Vorbereitung und vielfach auch bei 
der Ausführung einer Festfeier tätig ist, können 
wir ihn als Festordner bezeichnen. Die wichtigste 
Aufgabe des Gymnasion war, als Übungsstätte 
für die körperliche und geistige Ausbildung, als 
staatliche Unterrichtsansftilt zu dienen. Zur Auf- 
sicht bestellte der Staat besondere Beamte, die 
an verschiedenen Orten verschiedene Namen 
führen. Piaton leg. VI 764 C verlangt die Ein- 
setzung von f.iovoixrjg xai yvfxvaozixfjg aoy M ovzeg, 
die für die zweckmäßige Einrichtung der yvtivd- 
oia und ÖtdaoxaXela. für den Unterricht und für 
die Aufsicht über die Besucher Sorge tragen. Da- 
mit stimmt die Angabe einer Inschrift aus Perge, 
Lanckoronski I 29: yv/nvaotdgyog fjyt}aazo zov 
yvfivaoiov xai ztjg zcor irfv^ßtov xai vetov ooxpoo- 
avvrjg xQoeozrj, Aristot. Pol. VII (VI) 8, 1322 b 
betraut mit der Aufsicht über die svxoauia die 
yvvatxovofiia , vofiOfpvXaxia , Tiatöovofda , yvfiva- 
otaQyJa; IV (VII) 17 bezeichnet er die xatöovo- 
fioi als äQzovTEG. In Trozen wird der G. Char- 
mos im 4. Jhdt. v. Chr. geehrt, weil er für die 
Epheben und Neoi gesorgt hatte, onatg evzax- 
züvzt IG IV 753. Noch im J. 194/5 n. Chr. 



erscheint in einem Ephebenkatalog zu Tegea, 
Bull. hell. XXV 275, 12 ein G. und ein Hypo- 
G. Damit haben wir auch eine Zeitbestimmung 
für die Tätigkeit des G. als Gymnasial- und 
Schulvorstand; sie läßt sich vom 4. Jhdt. v. Chr. 
bis Ende des 2. Jhdts. n. Chr. verfolgen. Zunächst 
diente das Gymnasion den Übungen der Epheben,, 
Paus. VII 27, 5. Theophr. VII (XXI) 5. IG VII 
2849 ; daher erscheint der G. als eigentlicher 
10 Ephebenmagistrat, entsprechend dem athenischen 
Sophronistes, später Kosmetes. Grasberger III. 
315 irrt, wenn er den Paidonomos den genannten 
athenischen Beamten gleichsetzt. Teles sagt bei 
Stob. Flor. III 235 , 72 : eqpTjßos ysyovsv , ?.{i- 
jzaXiv xoay,^Tt}v (poßstiai , zov jzatdorgtßtjv , zov 
huXoiiayov , röv yitftvaaiaoyov, vsio Ttdvzoiv rov- 
tojv fiaoziyovzai usw. ; vgl. Epiktet. dissert, III 

7, 19 zig avzovg ziaifevosi; rlg £<prjßaQyos; zig 
yv/nvaoiaQyog ■ Plut. arnat. 9: ei de aoyst ß@£- 

20 tpovg rj tit$1] xal xeudog 6 diddoxaXog , scpij- 
ßov öe yvfivaaiäpyog; 10 (von den Thespiern). 
. . . zovg yvuvaoiaQyovg Jia,Qcbg~vvoV aQyovai yäg- 
foyvQbig ra>v siprjßaw. Daher bezeichnen sich 
die Epheben nach ihrem G.: Teos Le Bas III 
1558: oi s'(pi]ßoi oi vjzo yvfivaoiagy_ov. Aber nicht, 
bloß die Epheben, sondern auch andere Alters- 
klassen benützten das Gymnasion und standen 
daher unter der Aufsicht des G. In Sikyon 
nahmen am Leichenzuge des Aratos (3. Jhdt.. 

30 v. Chr.) aaTÖEg und £(pt]ßot unter Führung des 
G. teil : Plut. Arat. 53. Schon seit dem 4. Jhdt. 
v. Chr., nicht erst, wie Ziebarth Griech. Ver. 111 
meint, seit dem 2. Jhdt. v. Chr., treten die veoi 
auf, die allmählich das Übergewicht erlangten;. 
seit dem 1. Jhdt. v. Chr. kommen noch die ye- 
govrcg, TtoeoßvTEQOt, 7taxEQE$ hinzu. Diese Alters- 
vereine hatten als ihren Mittelpunkt das Gym- 
nasion, der G. hatte die gute Sitte zu über- 
wachen: v. Wilamowitz-Moellendorff Gott. 

40 Gel. Anz. 1900. 579. Poland Gesch. d. gr. 
Vereinsw. 102. Wir finden besondere Bezeich- 
nungen: y. xiig ziole (og oder %<bv xo/uztöv. 
Hypata IG IX 2, 56; Iotape CIG 4411a; Kos 
Paton-Hicks 108. 111 ; Kios Bull. hell. XV 482; 
Laodikeia a. L. CIG 3945 ; Magnesia a. M. K e r n 
nr. 164; Miletos (Branchidai) Rev. phil. XXI 
42, 17; Thyateira CIG 3479. r. z&v naideov At- 
taleia (Pamphylien) Lanckoronski I 8.9; Ere- 
tria Amer. journ. areh. XI 173; Kypros, Lapethus 

50 IGR III 933. T. xüv i<pyß(üv. Kos Paton- 
Hicks 108—110; Lesbos, Mytilene IG XII 2, 134 
(st $e(Ö); Notion Österr. Jahresh. VIII 163; Priene 
Inschr. v. Pr. 1 11. r.ttövvioi v : Attaleia Lancko- 
roriski I 8. 9; Halikarnassos Ber. Akad. Wien 
CXXXII nr. 4; lasos Bull. hell. XI 213. 2; Rev. 
Et. gr. VI 178, 32: Kos Paton-Hicks 107-109. 
111; Lesbos, Mytilene IG XII 2, 134: Miletos. 
Athen. Mitt. XVIII 268, 2. Rev. phil. XX 99, 4. 
XXI 42: Patara TAM; Pergamon Athen. Mitt. 

60 XXXII 260, 8 ; Priene Inschr. von Priene 1 11—114 v 
Rhodos IG XII 1, 839 (y. veäzseog — y. z&v vicw f 
vecüZEoa yvftpaatagyia — y. zätv vecov, Vgl. van Gel- 
der Gesch. der alt Rhodier 259); Sidyma Reisen 
143; Stratonikeia CIG 2720. 2724. LeBasIH 
525; Xanthos Reisen I nr. 96. 98. r. %&v ye^attäv. 
Aphrodisias TAM; Attaleia Lanckoronski I 

8. I. tcö*> yegovzoiv'. Stratonikeia CIG 2720;. 
Tabai BulL hell. XIV 625, 27. V. rfc yegov- 



■aiag: Blaundos Denkschr. Akad. Wien LIV 270; 
Hierapolis Jude ich nr. 336; Hieropolis-Kasta- 
Iiala Journ. hell. Stud. XI 250, 25; Magnesia 
a. M. Kern nr. 164; Müetos Athen. Mitt. XVIII 
268, 2. Rev. phil. XXIII 318, 34; Myra Reisen 
II nr. 82; Sidyma Reisen I nr. 50. 52; Xanthos 
CIG 4275. r. TÖiv jzgeaßvTEQcov: Iasos Hey. 
Et.gr. VI 166. 176. 187; KosPaton-Hicks 119; 
Magnesia a. M. Kern nr. 163; Rhodos IG XII 1, 



l VfivaaiaQxo$ 



lysu 



berger Or. 339; Silandos Michel Rec. 643 
(2. Jhdt. v. Chr.); Tarmia Bull, hell. X 490. 
3, 4; Thessalonike Duchesne^Bayet nr. 2. 
r. und jratäovoftog begegnet uns in Elaia 
Inschr. von Perg, 246; Laodikeia a. L. CIG 
3945. österr. Jahresh. VIII 164; Magnesia a. M. 
Kern nr. 98 u. ö.; Notion österr. Jahresh. VIII 



163; Smyrna CIG 3185; Termessos Lancko- 
ronski II 7f.; Themisonion Michel Rec. 544; 
46 [y. jtQsaßvjsoog = y. jtöv xQsoßvTsgow, die 10 Tralleis Papakonstantinu nr. 40. 148; auf Rho- 
Bedenken Polands 98, es handle sich noch nicht dos erscheint neben dem y. ein inioxdzag xöiv 
um eine völlig entwickelte Gerusie, sind unbe- zrai&tov (1. Jhdt. v. Chr.) IG XII 1, 43. 55. Einen 



y., vxoyvfivaöiagxos und i(pr}ßaQ%og finden 
wir in Apollonis Bull, hell XVIII i58; Kios 
Bull. hell. XV 482; Lesbos, Mytilene IGR IV 
100. 101; TegeaBull. hell. XXV 275, 12; Thera 



gründet), r. tcöv xaTtgatv. Miletos CIG 2880. 
journ. hell. Stud. VI 353. Rev. phil. XX 99. 
XXI 42. 44. Nach dem Gymnasion bezeichnet 
ist der y. iv Avxsitp in Epidauros IG IV 1467 

und der y. iv VXv^tsup in Megara IG VII 31. IG XII 3, 342. 542. 1299 (auch izatdovd^og). 

Nicht selten hatte ein G. die Leitung aller Gym- r., vjroyvfivaalagxog und naibovoitog be- 

nasien, z. B. Branchidai: y. nävTwv tqjv yv/iva- gegnen uns in Kos Paton-Hicks 34. 55' Per- 
<j(W ( CIG 2885. Anc. Gr. inscr. 922; Didyma : 20 gamon Athen. Mitt XXXII 244,' 4 (127 v.'Chr.). 

y. Tidrzmv xQßtog D ittenb erger Or. 472 mit r., ifprjßagxog und jtaidov6fto S erscheint 

Bemerkung; Pergamon: y. 7idvro>v tcäv yv/uva- in Ephesos Anc. Gr. inscr. 481. TAM; Mi- 

■aimv Athen. Mitt. XXXII 330, 61. Den Amts- letos CIG 2885. Rev. phil XXI 212, 16. Anc. 

Bereich des G. lassen folgende Bezeichnungen er- Gr. inscr. 924. 925 ; Priene Inschr. von Priene 




otcöv l'&vovg Bull. hell. XXI 162; Lagina y. iv t<$ 
jtsQtxoliq} TAM; Panamara y. iv dfKpotEQotg roig 



fiog hat Kyzikos aufzuweisen CIG 3660. IGR 
IV 145. 154. Journ. hell. stud. XXXKI 89. Unter 



yvpvactotg xai iv m> ieg<p sssoutoXitp Bull. hell. 30 allen diesen werden wir Beamte zu verstehen 



XV 199. 141; Pergamon y. iv xotv(p tyg 'Aoiag 
Le Bas III 1723c (vgl. die ayelaQxla — Epheb- 
archie im Avxioiv to xoivov IGR III 648); bei 
Nikopolis ad Istrum gymnasiarcha empori Pire- 
temium CIL III 12415. Während dieser Zeit 
ist der y. der ägycov tov yv/nvaai'ov, wie er in 
Berroea Le Bas II 1331 erscheint; vgl. Hesych. 
s. v. yvfivaataQxoQ ' äqx<ov fvazov, der g~vaxog war 
■ein Teil des Gymnasion. Er gehört als solcher 



haben: den Timbovöuog bezeichnet Aristot. Pol. 
IV (VII) 17 als aQxtov , ebenso Hesych. s. v. : 
aqxn «? xagä Adxcooiv. In dem Hypo-G. will 
Glotz 1679 einen Adjunkten sehen, den sich der 
G. selbst gibt; richtiger erklärt ihn Krause 
Pauly Eealencykl. III 983 als Stellvertreter des G. 
Gelegentlich seien einige mit vno- gebildete Ämter- 
bezeichnungen angeführt: vjzayooavopog Smyrna 
Rev. Et. gr. XII 386, 14; vTroö^ßiovoyög Hie- 



zu den aoyovxeg tov yvpvaolov, wie die Inschrift 40 ropolis-Kastabala Journ. hell. Stud. XI 247, 17; 
aus Kvzikos Journ. hell. Stud. XXXIII 89 sa^t ^oazQaz^og Paros IG XII 5, 1019; Tenos XII 



aus Kyzikos Journ. hell. Stud. XXXIII 89 sagt, 
zu den negi Ttjg izaideiag zcöv Tzatöojv xai zajr 
i<pr)ßa>v ztjQovvzeg , wie wir in der Inschrift aus 
Notion nach der österr. Jahresh. IX Beibl. 59 ge- 
gebenen Ergänzung lesen, zu der Beamtenhie- 
rarchie des Gymnasion (Glotz), zu dem Education- 
Departement of a Greek state, wie Hasluck Cy- 

zikus 258 sich ausdrückt. Wir finden einen y. 
n „A „;™„ '__ - ' _. _..i> i 



5, 88Öf.; VTzozdfusvojv Didyma Rev. phil. XXIH 
149, 30. Über den Ephebarchos s. d. Glotz 1679 
meint, Ephebarch sei kein Beamter, sondern nur 
ein von den Epheben selbst verliehener Ehren- 
titel, Lieben am 350, der Ephebarch sei aus der 
Reihe der Epheben genommen, Pol and 90 will 
in ihm keinen eigentlichen Beamten sehen. Da- 



und einen vjzoyvftvaotaQxog auf Amorgos: gegen erscheint der Ephebarch als Beamter nach- 
IG XII 7,235 (Minoa). 421—425 (Aigiale); De- 50 gewiesen , wenn wir ihn in Ephesos Anc. gr. 
los Bull. hell. XV 251 (vor 166 v. Chr.); Hali- inscr. 481 mit der Verwaltung einer für das 



karnassos Le Bas III 502; Melos IG XII 3, 1091 ; 
in Messenien Journ. hell. Stud. XXV 41. 1. 2 
i Methone). 48, 9 (Kastelia); auf Naxos IG XII 
5, 39; Paros IG XII 5, 232. 1019. 1026; in 
Thuria Michel Rec. 612 (3. Jhdt. v. Chr.)- Tlos 
TAM; Tresen IG IV 753 (3. Jhdt. v.' Chr.). 
r. und ifpffßaQxog kommt vor in Akmonia 
CIG 3858; Akalissos IGR Hl 649; Apameia Ki- 



das 
Gymnasion bestimmten Stiftung betraut sehen, 
wenn es in der Inschrift Branchidai Anc. gr. 
inscr. 925 heißt: etpijßaoyog äxoSsix&sis tzooi- 
ozarai tov yvfivaoiov und in Philadelphia Le Bas 
III 643: iqorjßag/ov zg/Joavza zijv aQXW' Zie- 
barth Schul w.~52 meint mit Berufung auf IG 
XII 2, 134, ein Schulaufsichtsbeamter, der Ephe- 
barch . sei mitunter aus privaten Mitteln ange- 



botos Rev. Et.gr. II 30f. (ca. 155 n. Chr.j ; Aphro- 60 stellt worden; nach der Lesung Cagnats IGR 
disias CIG 2760. Rev. Et. gr. XIX 92, 8 ; Apollonia IV 101 : xaodaxov xb t« xotet iavzbv iwMapyov 
Pisidien IGR III 319. 320; Argos IG IV 584. ist eine solche Annahme unnötig. Nebenbei sei 



589; Berroea Le Bas II 1331; Iasos (Didyma?) 
Rev. Et. gr. VI 187f. ; Idebessos IGR III 648; 
Äana Mova. *. ßtßl. I 139; Kolossai Le Bas 
ni 1693b; Korone Le Bas II 305; Odessos 
J>enkm. aa* Bulgarien nr. 92. 114; Philadelphia 
CIG 3417. Le Bas III 649; Sestos Ditten- 



nnötig. 

bemerkt, daß der Ephebarch in manchen Städten 
mit der Leitung der Epheben betraut erscheint, 
ohne daß ein G. erwähnt wird: so in Deuriopus 
Denkscbr. Akad. Wien XV/XVI (1869) 168, 44; 
in Pompeiopolis (Paphlagonien) werden als Beamte 
in der dorch Cn. Claudius Severus eingerichteten 



1301 Al'fiVtXOUXfJ^U^ 

Üphebeia nur Ephebarchen genannt: Bull. hell. 
XXVII 826, 31. Die Gymnasiarchie erscheint oft 
als &qxv bezeichnet, was auch L^vy a. a. O. 
371 erwähnt, der aber mit Unrecht meint, es sei 
parun abus signifieatif geschehen. In Akraiphia 
IG VII 2712 heißt es von Epameinondas, der zum 
zweitenmal G. ist: im t>;? wpcuw/? aQxng rjgi- 
<srtos iv z(ö yv{4.vaot<p, wo doch wohl seine erste 
■Gymnasiarchie zu verstehen ist. Sonst finden 



eine wesentliche Rolle spielte das älsUpstv und 
es oblag dem G. die Beschaffung des nötigen 
Öles , wofür von der Staatskasse oder aus Stif- 
tungen Gelder bestimmt waren. Bei der schlechten 
Finanzlage der Städte aber mußte der G. Zu- 
schüsse aus Eigenem machen, oft die Kosten ix 
z<Jjv IMtov bestreiten. Es hat dann den Anschein, 
als sei der G. aus einem Verwaltungsorgane des 
Staates zu einem Wohltäter der Gemeinde ge- 



wir sie als aQxn bezeichnet in Amphipolis österr. 10 worden , Gymnasiarchie bedeutet dann die Un- 



Jahresh. I 181 (1. Jhdt. v. Chr.); Eretria Amer. 
journ. arch, XI 173f. (2. Jhdt. v. Chr.); Koresia 
IG XII 5, 647 (3. Jhdt. v. Chr.); Pergamon 
Athen. Mitt. XXXIII 271; Priene Inschr. von 
Priene 113, 114; Sestos Dittenberger Or. 339 
<125 v. Chr.); Tarsos Bull. hell. VII 325, 54; 
Tenos IG XII 5, 818 (2. Jhdt. v. Chr.) ; 880 
— 886; Teos CIG 3086 {stQooTavza Ttjs dox^j?; 
v<rl. Tralleis Athen. Mitt. XXVI 237, 1 : aigefak 



kosten des Amtes eines G. , z. B. Mytilene IG 
XII 2, 82: to ziäv xfjg yv{tvaoia.Qxicis', Pergamon 
Athen. Mitt. XXXIII 382, 3: to. yivdfisva x^g 
yvnvaairaQxiag äval<i}(iaza\ Priene Inschr. YOn 
Priene 114: svapsorog iv roig xfjg yv^vaaiagx^ 
dvalotfiaoiv. Diese Seite der Gymnasiarchie tritt 
besonders hervor, wo der G. als Spielleiter' er- 
scheint. Das Gymnasion diente auch als Übungs- 
platz für die großen Nationalspiele und für 

\ • f. i * __l t.. »:„.^i. Tri vtth 



ayogavdnog xQoiaw] rfjg aQXvjs; Mylasa Le Bas20Agone mannigfacher Art, In Aigiale IG XII 7, 
III 405: atosfcig narijyvQidext]g noosott] rrjg 515 (2. Jhdt. v. Chr.) haben die empsXipai im 
> ...t_\ \v./.v. nrri A9Q?: fYanfTinciT wit-H dip VWpinA mit dem G. den Avmv zuleiten: in Ili< 



agy/jg). Auch CIG 4295 (Xanthos) wird die 
Gymnasiarchie als a.Q%r) anzusehen sein. In 
anderem Sinne ist in Korydalla IGR III 739 
(2. Jhdt. n. Chr.) der Ausdruck agyal gebraucht : 
XIV heißt es tqiwv yvjuvaotaQx^f dQyag dvede- 
£azo, dagegen XIX: hilsasv zgelg yvf.ivaoiaQyJag. 
Auf das Amt weist auch hin yvfivaaiaQx&v mit 
dem Genetiv: Alexandria Arch. f. Papyrusf. IV 



Vereine mit dem G. den dycov zu leiten ; in Ilion 
Dittenberger Or. 214 (306—280 v. Chr.) heißt 
es vom G. tc&stco 6e xai dy&va xä>v veow; in 
Dionysopolis Arch.-epigr. Mitt. XVH 210, 102 
erscheint ein yv^vaoidgxf}? xatvojv äycovcov und 
in Panamaia BuU. hell. XXVin 37, 21 ein yvp- 
vaataQxv aa $ T0 ^ s ro ^ ^ eo ^ äyiavag. So erscheint 
neben dem Agonothetes (s. d.) auch der G. mit 



238: y. räv öveiv yvpvaoicor; Aphrodisias TAM: 30 der Leitung der Agone betraut und fand Ge- 



y. T&vysoatthv) Halikarnassos S.-Ber. Akad. Wien 
CXXXII 29, 4: y. ztjg ysQOvalag; Iasos Bull. hell. 
VI 213: y. röiv vecov. Rev. Et. gr. VI 175: y. täv 
jsoödgojv yvixvaomv usw.; vgl. yQä^^azsvaag ttjg 
xoXeok Tralleis CIG 2931. Als Beamte erscheinen 
die G. in der Datierung: bei Weihungen, Ephe- 
benkatalogen und Siegerverzeichnissen, die in 
ihren Wirkungskreis fallen. In Lindos auf Rhodos 
IG XII 1, 839 findet sich ein inwwpog yvfxva- 



legenheit, durch Beschaffung des Öles, Aussetzung 
von Preisen usw. für die prächtige Gestaltung 
der Agone zu soTgen. Nicht selten finden wir 
verbunden dytovo-fr strjaag xai yvfivaotaQ- 
yrjoag: Aspendos IGR III 804; Aphrodisias Le 
Bas III 1619; Attaleia (Pamphylien) IGR III 
783; Caboucie (Syrien) Bull. hell. XXVI 169, 9; 
Eleusis 'Etpnu, dgx- 1883, 78, 6; Ephesos TAM; 
Herakleia a. S. Bull. hell. IX 338, 21. 340,22; 



olagyog veojTsgog. Sonstige Beispiele für die Datie- 40 Kandyba Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 27; 



rung sind: Apollonis (Lydien) Bull. hell. XVIII 158. 
Michel Rec. 643; Babylon Klio IX 352, 1 (109/8 
v. Chr.): Berroea Le Bas II 1331; Chalkis *A$qvä 
XI 272, 2; Chios CIG 2214; Delos Bull. hell. 
XV 252; Halikarnassos Newton Halicarn. II nr. 
12 a— c. Anc. Gr. inscr. 898; Iasos Rev. Et. gr. 
VI 190f.: Ikaria Movö. x. ßtßX. I 139; Ka- 
lymnos Athen. Mitt. XIII 188; Kios Bull. hell. 
XV 482; Kyzikos CIG 3660 vgl. 3665; Megara 



Kition IGR ILT 980; Magnesia a. M. Kern 
nr. 153; Miletos CIG 2881; Neapel IG XIV 
729; Panamara Bull. hell. XII 82, 8; Pergamon 
Inschr. von Perg. 456; Pessinus IGR III 230; 
Plataiai IG VII 4339; Thessalonike 'AXrj&eia 
1906 nr. 489, 40. Das Gymnasion diente als 
Festplatz der Stadt zur Bewirtung der Bürger, 
für xavqyvQEig, bildete den Mittelpunkt des öffent- 
lichen Lebens. Wir finden es begreiflich, daß 



IG VII 29. 31; Messenien: Kastelia Journ. hell. 50 der G. oft als Spielleiter erwähnt wird. Daher 



Stud. XXV 48, 9; Miletos Anc. Gr. inscr. 924. 
925; Naxos IG XII 5, 39; Netum IG XIV 240; 
Paros IG XII 5, 137. 138. 1019. 1026; Perga- 
mon Athen. Mitt. XXIX 99; Petelia IG XIV 
637; Plataiai IG VII 1668; Samos Michel 
Kec. 901: Tanagra IG VII 557; Teos CIG 3087; 
Thessalonike CIG 1967. Duchesne-Bayetnr.2; 
Thuria Michel Rec. 612. 613. In Krannon IG 
LX 2, 459 (3. Jhdt. v. Chr.) finden wir den G. 



erscheint er auf Münzen: He ad HN p. 601. In 
Ephesos TAM nennt eine Inschrift einen yv/uva- 
oiagy^aag xavqyvQscog, in Epidauros IG IV 1432 
einen yv/nvaataQy^oa; xai dyogavofitfoag iv zaXg 
utavqyvQYjöiv, in Silandos Bull. hell. XI 105, 26 
einen dXetxpag iv tü> äva>&sv yvuvaolco xovg 7za- 
rrjyvQiCovrag xoXsizag. In Mylasa Le Bas III 
405 und Pergamon Inschr. v. Perg. 163 er- 
scheint der Ttavriyvoiaoxog als dqyjli m Nakoleia 



in der Datierung eines Proxeniedekretes, in Larisa 60 CIG add. 3847 b ein äg^ag jijg legmzdTTjg tov 



IX 2, 517 u. Ö, in Freilassungsurkunden. Zu 
erwähnen sind noch die Verzeichnisse der G. von 
54—65 n. Chr. in Athen IG ILT 1016 und der 
14 G. nach dem Stephanephoros Hegemon in Iasos 
Rev. Et. gr. VI 189, 37. Als Gymnasialvorstand 
mußte der G. persönlich tätig sein, hatte die 
Aufsicht über die Anstalt und ihre Besucher 
i sowie über deren Aufführung und Ausbildung ; 



üeov 3 Axd?,X<ovog navrjyvQsaig ; Panegyriarchen 
(s. d.) finden wir in Aizanoi, Branchidai, Eleusis, 
Ephesos, Erythrai, Knidos, Kos, Kyzikos, Magne- 
sia a. M., Mastaura, Mopsuestia, Mytilene, Ni- 
kaia, Nysa, Pergamon, Philadelphia, Prosa, Sar- 
deis, Sparta, Thyateira, Tomis und Tralleis. 
Die Kosten erfuhren eine bedeutende Steigerung 
dadurch, daß nicht bloß Bürger und deren Stihne 



Zutritt in das Gymnasion und Anteil an den 
Spenden, besonders öl, erhielten, sondern auch 
Frauen, Fremde und Sklaven (s. den Art. Gym- 
nasion). In dieses Stadium der Gymnasiarchie, 
in dem die persönliche Tätigkeit gegenüber den 
Geldleistungen zurücktrat, fällt die Bekleidung 
der Gymnasiarchie durch Frauen: Aphrodisias 
TAM; Arneai TAM; Erythrai Rev. Et. gr. XIV 
297; Euromos CIG 2714; Herakleia a. S. Bull, 
bell IX 338, 21 ; Kyrene CIG 5132; Lagina Bull, 
hell. XI 145, 46. 157, 63; Magnesia a. M. Kern 
nr. 158; Nakrasa Le Ba8 III 1661; Panamara 
Bull. hell. XV 197, 140; Paros IG XII 5, 292 
(292/3 n. Chr.); Pednelissos Lanckoronski II 
259; Sidyma Reisen I nr. 43; Sillyon Lancko- 
ronski I 59. 60; Termessos Lanckoronski 

II 7. 9. 10; Trapezopolis CIG 3953c. Schnei- 
der 129 erklärt den weiblichen G. dahin, daß 
diese Frau mit den Übungen der Jungfrauen in 
Beziehung gestanden sei. Vielleicht ist es an- 
gezeigter, zur Erklärung die Inschrift aus Pana- 
mara Bull. hell. XV 197, 140 anzuführen: iyvft- 
vaotdQxr/os de xal f} Ugeia xaig yvvai^iv zo xe 
D.atov xal juvga xal xa xeXsiQxaxa xtöv älsi/M/nd- 
tcov äfp&ova tzoqiCovgol. Daraus ist auch die 
Tätigkeit der Frau, die als yv^ivaoiagxog zwv 
yvvaixmv bezeichnet wird, in Dorylaion Dit- 
tenberger Or, 479 (2. Jhdt. n. Chr.) zu ver- 
stehen. In Sillyon Lanckoronski I 59 er- 
scheint eine Frau als yvfivaoiagxog iXaiov fteaet, 
ihr Vater war drj/uovgyog xal y. EJLalov d-iascog 
vgl. nr. 60. In Aspendos IGE III 804 wird 
Ti. Claudius Erymneus geehrt als yvfivaöiagx*}- 
oag aXeiftfjtaotv iXxvoxotg-, vgl. Stratonikeia CIG 
2719: yvizvaaiagx^oavToq iXxvöxü} iXako. Le Bas 

III 517: yvfivaotaQxqaavTEs . . . £ v yv/nvaaicp eX- 
xvaxov ix Xovx^gatv edooxav. Danach wird zu 
erklären sein die yvjuvaoiagyia iXxvartj in Pana- 
mara Bull, hell XXVIII 42, 27. In Delphi Bull, 
hell XVIII 97, 14 (2. Jhdt. n. Chr.) heißt es 
von dem yvfivaoiagxog Archelaos evyatiyßelg sjrtSi] 
ovxog <piXoiif.iaig xal TzoXvxsX&g dXiipsv nag ä/nlv; 
damit vergleiche ich die Inschrift aus Karyanda 
Le Bas III 499: sXaiov ov xgbg zo dofikv avxqj 
Stdtpogov Staviftcor , aX?.a a<p&ovov ix rtov idian> 
ävaXioxcov %dgiv xfjg zcöv zzoXXcov evqpr/jiuag . . . 
In Dorylaion Dittenberger Or. 479 lesen wir 
von Asklepiades : yvnvo.oia.gyoG ex xCjv ISiwv iXev- 
Sigtov xal Sovloiv cL-rö ägxofisvijg ijuigag i'otg 
vvxtbg ögaxzolg ix Xovxrjgajv, in Herakleia a. S. 
Arch. : epigr, Mitt. XX 67 heißt es yvfivaotdgxov 
xov da szovg fjfiioag xal vvxzog dgaxxolg äoa- 
Xtvzoig, Sonst wird äXdq>eiv häufig zu yv(.i- 
raaiag'/elv hinzugefügt, z. B. Akraiphia IG VII 
4134; Bargylia Le Bas III 496; Erythrai Rev. 
Et. gr. XIV 297 (yvfivaoiagyrjoaoa -Tat äleiyaoa 
ix Xr}väv nag" SXor xov eviavxov <V SXtjg r) pigag . .1 ; 
Nakoleia CIG add. 3847 b; Nisyros IG XII 3, 
104; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 376, 1; 
Panamara Bull. hell. XXVIII 37, 21. rvftvaatag- 
zyoag xal iXato&Exrjaag findet sich in Alinda 
Bull. hell. XV 540, 5 und Kys Bull. hell. XI 306, 1 
(52 n. Chr.), ein iXatodixjjg in Ankyra IGE III 
199; Ephesos TAM; Hierapolis Judeich nr. 32. 
Hier seien Beispiele angeführt für die Bestreitung 
der Kosten für das öl aus der Staatskasse oder 
ans einer Stiftung, vgl. Mommsen Ephem. 
epigr. VII 439. In Apameia Kibotos wurden 



aus der Staatskasse 15000 Denare für 6 Monate 
gegeben, Bull. hell. XVIII 308, 6 = Ephem. 
epigr. VII 236; in Attaleia (Lydien) bestimmte 
Euarestos im Testamente den Ertrag eines Grund- 
stückes zig eXaiod-eaiav eines Tages in jedem 
Jahre, Bull. hell. XI 399. In Blaundos heißt 
es yevtioErai t) ziagoxy xov iXatov xal f\ äXXrf 
ftsgajzita aus dem Ertrage , Denkschr. Akad. 
Wien LIV nr. 270, in Deuriopos: dXu<povar)$ rfjg- 

10 jioXecog ex rtov vnb . . . ÖEÖofievoyv Ö7}vaoicov t 
Denkschr. Akad. Wien XV/XVI 168, 44.^ In 
Eretria stiftete zu Anfang des 1. Jhdts. v. Chr. 
Theopompos dem Volke dg iXaioxgdaxiov 40000» 
Drachmen, damit von den jährlichen Zinsen das 
Öl für das Gymnasion gekauft und das Volk von 
diesem Aufwände befreit werde, Philol. X 300 
= Rangabe Ant. hell. nr. 689. In Gytheion 
berichten zwei Inschriften von ölstiftungen : 
Phainia Bromion hat 8000 Denare geschenkt, 

20 Le Bas II 243a, Eutychos 5000 Denare dg- 
eXtaiviov, , Erpj]ft,. äg% t 1892, 191, 3. In Iasos 
sind 5000 Denare gestiftet für das Gymnasion 
der Neoi, Rev. Et. gr. VI 157, 3, deren Zinsen 
jährlich verwendet werden slg rd iXaiogxdöxiov 
des sechsten Monats ; ebd. 177, 12: der G. Dio- 
dotos hat sein ganzes Vermögen hinterlassen 
elg äXijtiftu. In Iotape CIG 4411a hat Kendeos 
mit seiner Frau Mas eis xb yv/nvdoiov 15 000 De- 
nare gegeben dg re SiavojLiag . . xal . . . olvoÖo- 

30 aiag xal yvftvaoiagyiag rtov 7ioXuxi>jv. In Magne- 
sia am M. lesen wir Bull hell. XII 204: -q xov 
ilatov XQVMS t° zlv xaxdllt]log jzalioxa xal ävav- 
xa.iox6.xv} xdlg aoißaot xätv av&QOiTicov xal tzXeov 
ToTg yegovxwv , xb hz diöö/LiEvov jraga zijg jioXeois 
etp' exäoxy} r)fi£gat kXaiov sk~&xovv &yei fikv XEiptr}v 7 
avxagxhg de ovx iaxiv. Auch in Pergamon wurden 
Gelder für die Kosten der Gymnasiarchie, vor 
allem für das öl, aus der Staatskasse gegeben: 
Athen. Mitt. XXXIII 382, 3: xwv vo^cCo/j-svcov 

40 jiagä zijg xoXscog yogriyelodai öiafpögcov elg xa 
yivoftEva Tfjg yv/uvaoiagytag dvaloifiaxa ; vgl. die 
Inschrift aus Salamis IG II 594: ngos zo psgt- 
o&hv avx(p sig xö l'Xaiov ix zcov iöioiv jrgogsöajid- 
vtjoe. In Prusias am H. IGE III 68 wird ein 
ägyvgozafiias zäv iXaio>vixow y_orjfj.dx(ov erwähnt, 
vgl. Athen. Mitt. XII 177. 8." Bull. hell. XXV 
78, 210. In einem Gesetze über einen gymnischen 
Agon xu Sparta (1. Jhdt. n. Chr.) lesen wir die 
Bestimmung: 6 yvuvaoiag%os xazd zov vö/nov 

50 äXeiyttv nagi&i xolg axoygaipanevotg, Annual XII 
451, 3. In der Rechnungsurkunde von Tauro- 
menion IG XIV 422, 136—155 erscheinen die 
G. mit einem Verbrauch von 44i/ 2 Hektoliter 
Öl. In Amphipolis Osten. Jahresh. I 181 hat 
der G. Philippos n,av xb itegto&kv avxon ix ztov 
drjfwotaiv dtd<pogov eis xb eXatov den Neoi ge- 
schenkt. Die hohen Kosten der Gymnasiarchie 
boten ihren Trägern Gelegenheit, ihre ydozifiia 
und (pdodo^ia zu zeigen ; schon vom G. Charmos 

60 in Trozen IG IV 749 (4. Jhdt. v. Chr.) heißt 
es: slg xovg äywvag dx6ÖEtg~ir zxoiovfievog tpiXo- 
öok~iag xal dgex^g. So finden wir die ehrenden 
Beifügungen erklärlich bei yvfivaoiagxfoas'- &i- 
rzdvatg Idebessos TAM; ivoö^g Nikaia CIG 3749. 
h66$o)g xal ixMpavoig Kos Paton-Hicks 109. 
110; b>66^o>i xal <pdoxdfxcog Kos Paton-Hicks 
107. 108 ; biioriuoK Balanaia Athen. Mitt. XVII 
88, 2j btupavüe Selge Lanckoronski II 249; 



lyeö 



ZvfiyctalaQxos 



Tv^ivccmaqific, 



1986 



xaXäg xai <ptkod6£a>g Apameia Kibotos Athen 
, Mitt. XVI 148; xdXwg xal fieyaXodo^oig Kyme 
CIG 3524; XafviQ&g Magnesia a. M. Kern 163; 
Sparta GIG 1381; XafijiQtbg xal ftsyaXoywxoig 
Iasos Bull. hell. XI 213, 2; XafmQäg xai <pdo- 
86£(*>$ Apolloma (Pisidien) IGR III 320; Xafijig&g 
xai <piXozsificog Ilion CIG 3616; (isyaXojiQEJttig 
Balbura Le Bas III 1222; Prusias a. H. IGR 
lTI 68; fi£yaXoyvx6Jg Sparta CIG 1371; xoXv- 
xsXäg Aphrodisias Le Bas III 1601; Iotape CIG 
4413 d; xeXstcog Apollonia-Sozopolis Arch.-epigr. 
Mitt. X 164, 6 (vgl. die yvfAvaatagxia xsXia in 
Panamara, Bull. hell. XXVIII 42, 27) ; <pdoM£<os 
Sidyma IGR Hl 596; <pdoxd/ucog Idebessos IGR 
Hl 653; Sparta CIG 1358. 1366 (vgl. yvfiva- 
mdgxrjg (pdoxsifiog in Dionysopolis Arch.-epigr. 
Mitt. XVn 210, 102). Die Gymnasiarchie er- 
scheint als eine <piXozifila, z. B. Iotape IGR 
III 831 : yvßvaotagxog xö ß xal <V aloivog yvfi~ 
vaoiagxog xal xag Xomag <pdött[iiag uidaag dao- 
nXtjgdioag; vgl. Plut. Nikias 3. Diese <pdoxi\ila 
war eine Bürgerpflicht der späteren Zeit und an 
die Stelle der alten Leiturgien getreten: v. Wi- 
lamowitz-Moellendorf Staat 185. Das be- 
deutet der Ausdruck yv/uvaatagxiav teXeTv: Apol- 
lonia (Pisidien) IGR III 320; Korydalla IGR m 
739 xix; Lagina Bull. hell. XI 31, 45; Miletos 
Dittenberger Or. 494; Panamara Bull. hell. 
XII 84, 9; Sidyma Reisen I nr. 43; Termessos 
Lanckoronski II 89. Die Kosten selbst wurden 
oft von anderen bestritten; aus der Kasse eines 
Tempels, z. B. in Pergamon aus der des Askle- 
pios, Athen. Mitt. XXXIII 388, 6; in Ephesos 
aus der der Artemis: TAM yvftvaoiagxovorjg xfjg 
■&eov xfjg alcovlov yvfivaatagxiag und Anc. Gr. 
inscr. 500: yvfj.vaoiagxovvzcov zag yvfivaaiaQxiag 
h[X6yco? xrjg ^Agxifuj 'Sog ; aus einem Vermächt- 
nisse , z. B. Apollonia (Pisidien) IGR III 320 : 
yvfivaoiagxiav t£?Joavxa xata dta&^xriv xov dve- 
ipiov ; von hochgestellten Personen , z. B. von 
Antonius in Athen Plut. Ant. 33, in Alexandria 
Cass. Dio L 5. 27; Tarsos Strab. XIV 674, 
von Kaiser Titns in Neapel IG XIV 279 , von 
Kaiser Hadrian in Athen 'E<ptjp. dgx- 1883, 78, 6. 
Zur Führung der Geschäfte wurde dann ein sm- 
fisXrjxrjg yvpvaotaQxlag hestellt, wie er in Eleusis 
'Rptjfi. dgy. 1883, 78, 6 und Phaseiis Bull. hell. 
XVI 443 erscheint^ in Phokaia CIG 3413 findet 
sich der Ausdruck ijitfisXrj^EVTog xfjg yvfimatag- 
Xiag. Zu vergleichen ist der imftEXijxijg xrjg &eov 
Avxovgyov xaxgovofii'ag in Sparta (2. Jhdt. n. 
Chr.) Annual XIII 184. XIV 89. 107, 5 (mit Er- 
klärung von Woodward 118). Füt diese Phase 
der Gymnasiarchie kommt noch die Konstruktion 
des Verbums yvftvaotagxtTv mit Dativ oder Ak- 
kusativ in Betracht, wie' wir sie auch in Athen 
finden werden. In Lagina Newton II nr. 97 
lesen wir: iyvfivaotdgxqoe iv zfi TtoXn xy xfjg 
xXsidbg aonxjj; Reisen I nr. 134a: xotg noXd- 
raig yvfivaatagxiag xal ioztdaetg e.-iexeXeo£ ; in 
Panamara Bull. XXVIII 46, 31 heißt es: yvptvaai- 
agxrjoavzsg xdog zvxr) xal rjXtxia. XV 247, 140: 
3'. xai zij kogxjj xal navrjyvgu xov &sov ; in Tabai 
Bull, hell. XIV 625, 27 wird ein yvftvaotaezyaag 
rtör yzgövtwv x<p xotr<p erwähnt. Mit dem Ak- 
kusativ erscheint yvvaotagxelv: Panamara Bull, 
hell. XXVIII 37, 21: yeyvfivaoiaQxijXQjs 6k zovg 
xov teov äyävag. 260, 86: Eyvftvaoidgxf]oe nyv 
Paalr-WiSsowa-KroU TU 



KagdXtjiptv zov ate<pdvov t Pergamon Athen. Mitt. 
XXXII 312, 34: yv/tv. xa swsaxaidexata Nt- 
xrjtpdgta; Stratonikeia Bull. hell. XI 375, 1: tjjv 
iogzijv xüv Uarafiagsimv zag Ssxa tffiegag lyv\i- 
vaoidgxrjoav; Thyateira Denkschr. Akad. "Wien 
LIV nr. 69: yvfiraaiaQxiqaavta. Jidvza xa yvfx- 
vdaia öig. 

Nachdem eine Übersicht über die verschiedene 
Bedeutung der Gymnasiarchie gegeben ist, er- 
10 sehen wir, daß die Bezeichnung, die von Gym- 
nasion genommen ist, ihre Berechtigung behält 
• und die Tätigkeit des G. auch in der -letzten 
Zeit mit dem Gymnasion zusammenhängt: in 
Panamara verteilen G. iv yvfivaofy sXatov ilxv- 
otöv, Le Bas III 517; in Stratonikeia CIG 2719" 
leeen wir : ^ yvfivaoiagxtjoag IXxvoxq iXaiq), iv fj 
yvfivaotagxta xal äyatva ix x&v idicov htoitjö'e. 
Daß auch bei den Verteilungen für die Aufsiebt 
über die Anstalten und für die Aufrechterhaltung 
20 der Ordnung gesorgt werden mußte, ist selbst- 
verständlich; vgl. v. Wilamowitz-Moellen- 
dorff Staat 110: ,Die Unterhaltung der staat- 
lichen Turnplätze, was zugleich die Aufsicht über 
sie in sich schloß, die Veranstaltung der gym- 
nastischen, musikalischen und dramatischen Auf- 
führungen sind immer durch Leiturgien besorgt 
worden. Der Reiche trug die Lasten, hatte da- 
für auch das Kommando und die Ehre'; 161: 
,In der Römerzeit werden die Familien', aus 
30 denen G. genommen werden , zu einer Art von 
Honoratioren, einem Munizipaladel'. Die Gym- 
nasiarchie trug von Haus aus einen aristokra- 
tischen Charakter: (Xen.) de re publ. Atb. I 13 
und Aristot. Pol. VI (IV) 15, und bis in die letzte 
Zeit gehörten die Träger derselben vornehmen, 
reichen Familien an; in manchen Familien war 
die Gymnasiarchie erblich. Einige Beispiele mö>en 
angeführt werden: In Alabanda Bull. hell°X 
307 stammt der G. M. Antonius Meleager aus 
40 königlicher Familie; in Aphrodisias CIG 2766 
wird der G. bezeichnet als ytvovg ngöizov xal 
ivdoq'ozdxov, in Arneai IGR III 640 als dv%g ix 
xwv xgoxEvovztüv iv zrp h'üvet, in Attaleia (Pam- 
phylien) IGR III 782 als yivovg legattxov y Vf i- 
vaoiagxtxov agxtEgaxixov , in lasos Rev. Et. gr. 
VI 182, 24 als ngoydvcov yEvö/ievog XEixovgyüv, 
in Ilion CIG 3616 als xöofiog x^g jioXetog; in 
Paphos Dittenberger Or. 164 war Potamon 
xoiv iv Kvxg<p ysyvfivaoiagjmxdxcov xal tjyEzogsv- 
dOxdxayv, in Branchidai CIG 2881 wird der vibg 



xai Exyovog agyiegecov , . . . yvptvaotdgxtov , in 
Samos Bull. hell. V 485, 7 ein dutdyovog iegiav 
xal dgxiegiojv xal yvfivaoiagyav erwähnt. Der 
in Adada von der (paftdia geehrte agyiegebg xüv 
Zeßaoiüv und yv/Ävaaiagxog Bianor IGR III 372 
gehörte einer reichen und vornehmen Familie 
an, deren Mitglieder priesterliche und kommu- 
nale Ämter bekleideten und ihren wohltätigen 
Sinn durch Stiftungen bewiesen ; vgl. Herrn. XXIH 
60 538f. Ti. Flavius Leosthenes war azoaxr,ybg bil 
xovg oxXixag xal yvftvaaiagyog IG HI 658, Ti. 
Claudius Archon, Herold des'Areiopag, imi^Xtjxijg 
xrjg jioXeaig, äycovo&h?};, yvfivaoiagxog, azgaznydg. 
BulL hell. XIX 113. In Neapel gehörte die 
Gymnasiarchie zu den angesehensten Magistra- 
turen und ging allen Munizipalämtern mit Aus- 
nahme der Demarchie voran: Friedländer Sitt.- 
Gesch.3 II 647, vgl. Ruggiero Dizion. epigr. m 

63 



1987 



rv/iivamaexog 



rb{jtvcc(rfai>x £ 



1988 



596. Als Träger der Gymnasiarchie erscheinen 
außer den genannten Mitgliedern des Kaiserhauses 
auch Agrippina in Mytilene IG XII 2, 208. 258, 
ebensoPhilippina ebd. nr. 232. Von Antonius 
berichtet Cass. Dio L 27, er habe in Alexan- 
dria nur als y. gelten wollen, wie er in Athen 
{Plut. Ant. 33) /uctot tüv yvfivaoiaQxtx&v «v 
Ifiattq) xal tpaixaoiotg stQorjst. Wir begreifen den 
Stolz auf dies Amt und auf die Herkunft von 
G.: Philostrat. Apollon. v. TyanaIV 32 berichtet 
uns die Antwort, die ein spartanischer Jüng- 
ling auf die Frage: jiaxqQ di aot vavaXrjQog 
iyivszo i} ndmiog;' gab: ,ajiaye, yvfivaotaQXoi re 
xal s<pogoi xal uiaxQovdfiot sidvxsg'. Der G. Ap- 
pianos aus Alexandria verlangte, mit den In- 
signien seiner Würde geschmückt in Rom vor 
den KaiseT geführt zu werden, und erwiderte 
dem Kaiser: Ich bin ein Edler und G., s. Arch. 
f. Papyrusf. I 37. 

Nachdem die verschiedenen Seiten der Gym- 
nasiarchie im allgemeinen dargestellt sind, wende 
ich mich zu den Einzelheiten. 

L Athen und die Athen untertänigen 
Orte. In Athen ist uns für das 5. und 4. Jhdt. 
v. Chr. die Gymnasiarchie als iyxvxXiog Xeizovq- 
yia bezeugt: Andok. I 132. Isokr. XYI 35. 
Demosth. XX 21. Isae. VI 60. Bekk. Ann. 250. 
Poll. III 67. Im Lex. Segu. JBekk. Ann. 255) 
s. yvfivaoiaQzot heißt es: oi ägxovzeg xtöv ?>a/u- 
TiaöoÖQOf^iöiv und Hypothesis zu Demosth. XXI 
p. 510: ngovßdXXsxo d(p exdax^g (pvkijg sig yv/a- 
vaoiaQXOQ , Xa(ißdva>v %qv\p.axa dg xö yvfivd£eiv 
zovg imxEXsoovrag xr\v loQtfjv.. . ; ihre Aufgabe war 
es, für die Fackelwettläufe an den großen Pa- 
nathenaeen, den Hephaistien, Promethien und 
an den Festen des Pan die entsprechende Zahl 
von Wettläufern einzuüben, sie mit dem Nötigen 
zu versorgen und während der Übungszeit zu 
verköstigen: Schol. Sam. zu Demosth. IV 36 und 
LVII 43 (Bull. hell. I 11). Harpokrat. s. Xapjidg. 
Ihre Bestellung erfolgte jährlich: nach der An- 
gabe des Scholiasten wurde je einer aus jeder 
Phyle gewählt: exsiqoxovsTzo. Die Inschrift IG 
I 35b (421 v. Chr.) hat den Ausdruck oi yvfi- 
yvptvaaiaQxoi f}Qt]}iEvoi eis rä Hooftr/d-eia- Die 
Bestellung aus der Phyle bezeugt auch Demosth. 
XXXIX 7. Isae. 36 und die Erwähnung der 
Phyle in Inschriften: IG II 606 (4. Jhdt. v. Chr.) 
enthält einen Beschluß der Lampadophoroi der 
Aiantis für ihren G.; aus 346/5 v. Chr. ist uns 
der Sieg der Akamantis unter dem G. Xenokles 
berichtet IG II 1229 sowie die EhruDg der <pv- 
Mxat für den G. der Hephaistien IG II 1340. 
Aus dem J. 338/7 v. Chr. ist uns die Weihung 
des gewesenen G. der Kekropis bekannt IG II 
1181- Daß auch der 8ij[iog in Betracht kam, 
lehrt Isae. II 42: iyvfj,vaoidQxovv iv rät dtj/xp 
und IG II 1233c (4. Jhdt. v. Chr.): Mtyaxfye 
äre&rjxe . . . ats<pava>&slg v.-ro dtj/ioz&v . . yvf-i- 
vaoiag/_d>v; vgl. Haus soui Her La vie munici- 
pale cn Attique 169, 1. Alb. Martin in Darem- 
berg-Saglio Dict. ITI 1909 spricht die Ver- 
mutung aus, es seien jährlich nicht alle zehn 
Phylen in den Wettkampf eingetreten, sondern 
nur fünf; daher auch jährlich nur fünf G. ge- 
gewahlt worden-, dem widersprechen aber die 
Angaben des Scholiasten. Nach Aristot. *A&. noX. 
57 vgL PolL VIII 90 hatte der ßaatXsvg die Vor- 



standschaft aller Fackelwettläufe; Gilbert I 
241 meint, der ßa^tXsvg habe die G. ernannt; 
Glotz 1675 und Gardiner 501 nehmen an, der 
ßaotXsvg habe die Wahl aus der von den Phylen 
vorgelegten Liste vorgenommen. Die von ihnen 
angeführten Stellen bewiesen dies nicht, es ist 
vielmehr nach der Angabe der Inschrift IG I 35 b 
und des Scholiasten anzunehmen, die Wahl habe 
unter dem Vorsitze des ßaadevg aus den einzelnen 

10 Phylen stattgefunden. Bezüglich des Sprach- 
gebrauches ist zu beachten, daß die Phyle im 
Dativ, das Fest selbst entweder mit sig und Ak- 
kusativ, im bloßen Akkusativ oder im Dativ 
steht: IG I 35b: yvfivaoiaQ%ot sig xa IlQOftrj- 
&sta; Lys. XXI 3 (405 v. Chr.): iyvpvaöidQ- 
yovv fte JlQO/j,rj$£ia; Isae. VII 36: yeyv/nvafftdg- 
yrjxa dg IlQOfirjd'eia <pdozlfiwg; IG II 1181: 
yvpvaöiaQxyaas KexQOXtöt qwXfj sig üava&^vaia 
xa (isydXa; 1340: y. rd'Hyaioztai Andok. I 132: 

2fyyv{tvaoiaQxov'H<paiazeioig; vgl. dvdgdoi xal staiol 
yvfivaGiaQy&v IG II 1233 c. Zum Vergleiche des 
Sprachgebrauches seien angeführt: IG I 337a: 
sxoQtjyst, ^Mjf^Öt; Delos Ball. hell. VII 105 
(286 v. Chr.): ixoQqyeöav sig 'AzioUtovia ; 118 
(203 v. Chr.): l/oßjyyjjöaw AjzoXXdwia; Mylasa 
Le Bas III 409 : x°9VY^ aiQv&elg dg zovg dytH- 
vas; Parion Bull. hell. XVII 550, 48: dyogavd- 
liog dg xa HavaiMjvata. Daß die G. nur bei ge- 
wissen Fackelwettläufen tätig sind, ist wohl dar- 

30 aus zu erklären, daß die Übungen dazu im Gyni- 
nasion stattfanden, vgl. Schömann-Lipsius 
I 501, und der Lauf selbst vom Gymnasion seinen 
Anfang nahm; vgl, Wecklein Herrn. VII 437f. 
Unrichtig bezieht Thumser 694 die Gymna- 
siarchie auch auf die Hermaeen, Theseen und 
Epitaphien. Daß nur reiche Leute die Gymna- 
siarchie leisteten, ist von selbst klar: genannt 
werden Alkibiades: Isokr. XVI 35. [Andok.] IV 
42; Nikias: Plut. Nikias 3 (der hinzufügt exsQag 

iOxoiavxag <ptXoTt/iiag); Lysias, der als Metoike dazu 
verpflichtet war und im J. 405 v. Chr. zwölf 
Minen dabei aufwendete, Lys. XXI 3. Von einer 
Aufsicht dieser liturgischen G. über die Gymnasien 
im allgemeinen ist nichts bekannt; vgl. Glotz 
1676. J. v. Müller Griech. Privatalt. (Handb. 
IV2 2j 185,1. Gardin er 501. Jedenfalls lassen 
sich die bei Aischin. I 12 eingerückten Gesetzes- 
stellen nicht für diese Zeit verwerten, wie es 
Grasberger III 464 getan. Dagegen mußte 

50 ihnen das Aufsichtsrecht über die Teilnehmer an 
den Übungen für den Fackelwettlauf zustehen, 
um die evxoofila aufrecht zu halten. 

Es kann nicht Zufall sein, daß mit Ende des 
4. Jhdts. v. Chr. die Erwähnungen der G. als 
Leiturgen der Fackelwettläufe aufhören, trotzdem 
die Ephebeninschriften die Teilnahme der Ephe- 
ben an den Fackelwettläufen erwähnen : zag Xapi- 
Tidöag BQafiov IG II 467. 469—471. Für die 
Theseia ist IG II 444 (200—189 v. Chr.) ein 

60 XafiTradagxäv der Aige'is und der Akamantis ge- 
nannt; 979 gibt ein Siegerverzeichnis, datiert 
nach einem G. , 1036 die Weihung eines ge- 
wesenen G. an Apollon; vgL 1196 = III 103. 1197. 
1221. 1227. III 105. 107—110 (Weihungen der 
Sieger an den Theseia und Epitaphia, datiert 
nach dem G.). 89 Weihung des exi/teXrjxtjg Av- 
xelov an Apollon, datiert nach dem G. Mit Be- 
ziehung auf HI 105 (Weihung eines G. an Her- 



1989 



rvfJtvaofaQXog 



rvfivam'-aQXOC 



1990 



mes) nahm Grasberger LI 252 eine jährige 
allgemeine Gymnasiarchie für sämtliche ßing- 
schulen Athens an. A. Martin in Daremberg- 
Saglio Dict. III 912 hat richtig erkannt, daß 
zu Ende des 4. Jhdts. v. Chr. die Gymnasiarchie 
zu einem Amte wurde, das auch in der Eaiserzeit 
fortbestand neben den aus der Mitte der Epheben 
bestellten G., deren Aufgabe die Beschaffung des 
für die Übungen erforderlichen Öles war. Diese 
Umgestaltung der Gymnasiarchie ist in Verb in- 10 
düng zu bringen mit den Eeformen des Deme- 
trios von Phaleron, durch die die alten Leiturgien 
im wesentlichen abgeschafft wurden ; vgl. v. Wil a- 
mowitz - Moellendorff Staat 111. Holm 
-Gr. G. IV 76; Eh. Mus. LH! 492f. s. o. Bd. IV 
S. 2823f. Ferguson Klio VIII 338f. IX 323f. 
Sund wall De institutis rei publicae Athenien- 
sium post Aristotelis aetatem commutatis 8f. (be- 
sonders über den Agonothetes, der vom Volke, 
das die Choregie leistete, zum persönlichen Leiter 20 
bestellt wurde). Im J. 229 v. Chr. ehrt 6 örj- 
/*o? 6 'A&yvaioiv einen gewesenen G., IG II 
1353, während die Ehrungen des 4. Jhdts. v. Chr. 
von der Phyle oder von einem Demos ausgingen. 
Zu Ende des 2. Jhdts. v. Chr. setzten die G. 
die ä&Xa aus bei den Theseia und Epitaphia, 
IG II 465 ; das Aussetzen der Preise werden wir 
auch sonst als Aufgabe der G. als Vorstände 
der Gymnasien kennen lernen. Die in IG II 481 
(80 v. Chr.) und 482 (34/3 v. Chr.) erwähnte 30 
Gymnasiarchia muß von der des 5. und 4. Jhdts. 
v. Chr. verschieden sein: es wird erwähnt, der 
Kosmetes hahe vermögende Bürger zur yv/ava- 
cwezta, zu einer Leistung für die Epheben, be- 
stimmt ; es wird ein yv/nvaoiagx^oag fj,rjvag Svo ge- 



In welchem Verhältnis der G. zu dem noch 262/3 
n. Chr. (IG in 1202) genannten Vorsteher des 
Diogeneion (ö sni Aioyspeiov) stand, wissen wir 
nicht. Bezüglich der Epheben-G. sei auf o. 
Bd. V S. 2740 verwiesen, wo Thalheim 
richtig bemerkt, daß nur Bürgersöhne den Titel 
G. führen, bei Fremden aber, die die Kosten für 
das öl trugen, der Ausdruck tfXetyfev gebraucht ist. 

Nach Analogie ihrer eigen en Verfassung sandten 
die Athener in die von ihnen direkt abhängigen 
Gemeinden wie andere Beamte, so auch einen 
y. mit den Funktionen eines xoafiTjx^g und jähriger 
Amtsdauer zur Leitung des Gymnasion, dessen 
Tätigkeit durch Gesetze und Volksbeschlüsse 
bestimmt war. 

InEleusis heißt es von Aristophanes: x £l Q°~ 
xovrjftelg yvftvaolaQxog TtQoeoxt} rov yvftvaolov IG 
II 614b (290/289 v. Chr.); von Theophrastos : 
%£iQoxovri&eig y. habe er zd ze xazd xd yvpvdoia 
evxdxzcog xal axoXov$c»g zolg vofioig geleitet, 
*Eq?W. Aqx. 1897, 43, 13 (ca. 211 v. Chr.). Ge- 
nannt werden in Inschriften von Eleusis auch 
aus späterer Zeit G. : Bull. hell. VI 436. XIX 



nannt, der für die Ephebengymnasiarchie spricht. 
Üher die Zahl der G. in den letzten drei Jahr- 
hunderten v. Chr. ist uns nichts bekannt; im 

1. Jhdt. n. Chr. scheint es einen jährigen G. 
gegeben zu haben, wie aus IG III 1016 (Liste der 40 
<r. von 54 bis 65 n. Chr.) hervorgeht. Wieder- 
holte Bekleidung des Amtes ist bezeugt IG HI 

2. 107. 722. Über die Tätigkeit dieses staat- 
lichen G. erfahren wir nichts; für eine persön- 
liche Intervention spricht vielleicht, was Plut. 
Ant. 33 berichtet. Auf die G. der späteren Zeit 
passen die bei Aischin. I 12 angegebenen Be- 
stimmungen, die Erzählung über Karneades Plut. 
de garr. 21 und [Plat.] Erysias 379 c. Wenn 
eine Vermutung gestattet ist, hatte der G. für 50 
die evxoopiia der Besucher der Gymnasien, viel- 
leicht auch für die Abhaltung von Agonen zu 
sorgen, während für die Anstalt selbst ein 
eigener sm/neXjjxrjg bestand: ein solcher wird für 
das Lykeion IG HI 89 und für das Hadrians- 
gymnasion IG III 10 genannt. Für das Vor- 
handensein eines staatlichen G. in Athen kann 
auch der Umstand sprechen, daß die Athener 
seit dem 3. Jhdt. v. Chr. in die ihnen unter- 
tänigen Gemeinden einen G. als Vorsteher des 60 
Gymnasion schickten und die Epheben den Titel 
wie die anderer Beamten übernehmen. Als Ab- 
zeichen trug der G. einen Stab , wie wir aus 
Vasendarstellungen und aus der oben angeführten 
Stelle aus Teles schließen können. Beispiele 
dafür, daß die G. in der Kaiserz eit vornehmen 
Familien angehörten und hohe Ämter bekleideten, 
wurden bereite im allgemeinen Teile angeführt. 



133. 'E<pw. äQx. 1883, 139, 13. 1895, 111, 28. 
1905, 111. L. Meminius erscheint als ixtfteXt)- 
iqg yvfivaotaQxfas &eov ASgiavov , 'Ewnu. dgy. 
1883, 78, 6. 

In dem Kleruchendekret von Salamis, IG n 
594 (127 v. Chr.), wird Theodotos geehrt, der 
als x^Qoxovrj&ek y. die geziemenden Opfer dar- 
brachte, die äXsupdftevoi bewirtete, die Hermaia 
feierte, Aufwand für die ölbeschatrung machte, 
die monatlichen Übungsmärsche leitete, sein Amt 
Ötxaicog xal xaxd xovg vdfiovg führte, viele Be- 
weise seiner qpdoxcjiia gab, die südliche Mauer 
der Stoa erbaute und Rat und Volk Rechnung 
legte. Der Wortlaut des Dekretes erinnert an 
die athenischen Ehrenbeschlüsse für den Sophro- 
nisten, IG II 563 b (334/3 v. Chr.), und die Kos- 
meten, z. B. IG II 465 (2. Jhdt. v. Chr.). 

Auf Delos haben wir zwei Perioden der Gym- 
nasiarchie zu unterscheiden: 1. die Zeit der Unab- 
hängigkeit (vor 166 v. Chr.) und 2. die der Herr- 
schaft der Athener, vgl. Fougeres Bull. hell. 
XV 268f. In der Zeit der Unabhängigkeit be- 
stand die Gymnasiarchie als Amt und die Lam- 
padarchie. Der G. bestimmte im Verein mit dem 
Archon die ä&Xa aus den von den zaftlat erhal- 
tenen Geldern, Bull. hell. XXXIV 146, 34 (178/7 
v. Chr.); ihm zur Seite stand ein Hypo-G., Bull, 
hell. XV 251. Nachdem die Athener die Herr- 
schaft über die Insel erhalten hatten, sandten 
sie jährlich einen Beamten dorthin, der den Titel 
führte: y. dg Af/Xov oder y. dg ro h AtjXo) yvu- 
vdoiov, IG IT 985 (102-94 v. Chr.). Daß er 
durch yjtiqoxovia bestellt war, zeigt die Inschrift 
Bull. hell. XIII 420 (163/2 v. Chr.): Apollonios 
aus Laodikeia wird geehrt, weil er tätig war für 
die Ausbildung der xalÖsg, k'<pt)ßot und veavtcxoi 
im Gebrauche der Waffen zur Zufriedenheit der 
dd x £l Q orov °vt*evoi yvftvaaiagzoi. Ein anderer 
Apollonios leitete als G. die Hermaia der Knaben, 
Bull. hell. XV 263, 4. Gorgias, der um 140 
v. Chr. geehrt wurde, brachte Opfer dar, leitete 
den Agon der Panathenaia, machte Aufwendungen 
für die a&Xa, xaxd xov zijg dgx^S xqovov dveargdtpr] 
tptXod6£cos xal d£icog rov te zojzov xal x^g xov 
Stjfiov jiQoaig£oe<a$ und legte Rechnung, BulL 



1991 



TvfivacCaqxog 



hell XIH 413; die aexb die Gorgias bekleidete, 
war die Gymnasiarchie, wie Homolle 418 rich- 
tig bemerkt. Der G. hatte die Kompetenz des 
attischen Kosmetes gegen die Epheben, wie V. 
v. Schoeffer De Deli insu3ae rebus 207 er- 
kannte. Er erscheint daher in der Datierung 
von Ephebenurkunden , z. B. Bull. hell. XXXI 
435, 27. XXXII 414. XXXIII 489 u. ö. Daß es 

neben dem staatlichen G. auf Delos auch Epheben- ^ -, , 

G. sab. zeifft die Inschrift BulL hell. XI 245f., 10 Aischin. I llf. mit Schol.; 39. Eine Grabstele- 

P ._ _C? . „ o ..l ii i. ti t> x. -tonn t nnn *- « nn *!■*** 



rv(iva<riaQ%o$ 1 M v & 

XU 7, 515 wird für die hitfieXrjxai, die zugleich, 
mit dem G. bei dem dya>v tatig sind , ein Alter 
von mindestens" 30 Jahren verlangt In der Schul- 
ordnung von Teos Dittenherger Syll. 2 523 
finden wir für den Paidonomos ein Alter von 40- 
Jahren festgesetzt. Diese Altersbestimmungen 
stehen im Einklänge mit der Anschauung der 
Griechen, daß zur Leitung der Jugend politische- 
Reife erforderlich sei, vgl. Aristot. 'Aßt]v. jtoL 42.. 



in der 47 Kamen von xatdsg aufgezählt werden, 
die eingeteilt sind in Uoeis, dycorofthat, la^ma- 
da.Q%ai und yv/&vaolaQ%ot. 

IL Außerhalb Athens. Hier soll zu- 
sammenfassend angeführt werden, was wir über 
die Bestellung, über die Zahl, über Iteration und 
Kumulation, sowie über den Wirkungskreis des 
G. erfahren. 

Bestellung. Trotz der Zweifel, die Scheff- 



aus Prusa Rev. arch. 1879 I 209 nennt uns einen 
G. von 53 Jahren. Wenn es von Thrason (La- 
gina Bull. hell. XI 31, 45) heißt: sTshosv . . . 
yvfivaaiaQ/J av & v ^ l ^ v ^ £M « wog, kann es sich 
nicht um das Amt handeln, ebenso nicht, wenn 
gesagt ist y. axo ^owxtjg fifaniagx Aphrodisias 
Le Bas in 1601 A und Sparta CIG 1347, oder 
y. mjv vicov iv xaidi: Stratonikeia Le Bas IH 
643. Von etwaigen Kenntnissen, die verlangt 



ler De rebus Teiorum 63 gegen die Bestellung 20 worden wären, wissen wir nichts; aber wenn es 



durch das Volk äußert, ist doch anzunehmen, daß 
der G. durch das Volk bestellt wurde; ausdrück- 
lich bezeugt ist dies in Chalkis 'Efpytt. agz- 1892, 
168, 68: x £i e oxoVf }^' g ^ vno tov drjpov j\; Eretria 
Amer. journ. arch. XI 173f: aioedeig vno tov 
bfjfiov y.\ Magnesia a. S. Denkschr. Akad. Wien 
LIV nr. 1 : x^gozonj^slg . . VTtb tov örjfiov y. aal 
ox£(pavij(p6gog ; Pergamon Athen. Mitt. XXXII 
274, 19: xaxaaxrjGag 6fj(xo^ vgl. auch Koresia 
IG XII 5,647; Teos Dittenherger Syll.2 523. 30 
In Mylasa erscheint der G. durch die Phyle be- 
rufen: Le Bas III 407 äft«#*t? vxo rijg yvlijg. 
Außer den angegebenen Ausdrücken findet sich 
aißsio&at Amorgos (Minoa) IG XII 7, 233. 234; 
Amphipolis Österr. Jahresh. I 181; Pergamon 
Athen. Mitt. XXXIII 380, 2; Phintia (Gela) IG 
XIV 256; Sestos Dittenherger Oi\ 339 (da- 
selbst auch xagoxkrjöeig); a^iovv Thera IG XII 
3, 331; änoösixvvvai Herakleia (Makedonien) 

-11 11 l .11 TVT 1 i?rt -n^ t u_ „ ü- 110 



sich um den Schulvorstand handelte, wird die 
Bildung des Bewerbers berücksichtigt worden sein, 
wie wir dies in der Inschrift aus Branchidai Anc 
Gr. inscr. 925 ersehen: Melanion hat seine Bil- 
dung im Gymnasion erhalten, stand als Epheb- 
archos dem Gymnasion vor und wurde schließlich 
selbst G. Daß hei den G. als Beamten der Wahl 
eine Dokimasie folgte, ist wohl nirgends bezeugt,, 
aber selbstverständlich. 

Zahl. Die Zahl war verschieden, je nach- 
dem ein G, die Aufsicht über das gesamte Unter- 
richtswesen der Stadt führte (s. Ziebarth Schul- 
wesen 97) oder nur über ein Gymnasion, bezw.. 
eine Altersklasse, die gewöhnlich ihr eigenes Gym- 
nasion hatte (s. den Art. Gymnasion). Zwei 
G. werden erwähnt in Akrai IG XIV 213; 
Aphrodisias TAM; Ephesos Anc. Gr. inscr. 500; 
Hypata IG IX % 56; Iasos Bull. hell. XI 213. 
214. Eev. Et. gr. VI 193, 41; Keramos Journ- 



Bull. hell. XXI 162; Priene Inschr. v. Pr. 112. 40 hell. Stud. XI 124, 7; Kypros (Lapethus) IGR 

_ — m n i i t j"% wtt c\ f\* > n i I • ^ TtT ("iÖO /tr^iAu ii «.-lJ CnU«\ . T »-mt t»rt I ■ _ 1 Y 'J Pk/1 1 ■ 



114; yiyvso&ai Anaphe IG XII 3, 253; Hiera- 
polis J u d e i c h nr. 278. 336 ; Notion Österr. Jahresh. 
VIII 163 ; Odessos Denkmäler aus Bulgarien nr. 92 : 
Sinope CIG 4157; xa&tavdvai Chaironeia Plut. 
Kimon 1 ; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 376, 
1; Perge Lanckoronski I 29; xeozetgiCeiv 
Thera IG XII 3, 331 ; vgl. Minoa IG XII 7, 233; 
Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 380, 2. Der 
Amtsantritt wird bezeichnet durch dvaSixea&a 



in 933 (Vater und Sohn); Larisa IG IX 2, 541 ; 
Netum IG XIV 240; Orchomenos IG VII 3221; 
Petelia IG XIV 637; Stratonikeia Le Bas IIL 
517; Tanagra IG VII 557; Tauromenion IG XIV 
422; Termessos Lanckoronski II nr. 7. 120; 
TAM (Mann und Frau) ; Thespiai amat. 13 (vgL 
IG VII 1777). In Tenos sind IG XII 5, 881. 
883. 885. 911 zwei, sonst einer genannt. In 
Halikarnassos werden Anc. Gr. inscr. 898 und 



tvv dorm Korydalla IGR in 739; slgiival Kya- 50 N e w t o n Discov. II 702, 12c zwei, dagegen 



neai Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 28; sktg 
%£0&at ek ri]v oqxv}v Sestos Dittenherger Or. 
339; imzsigeTv rrjv &Qxrjv Amphipolis Österr. 
Jahresh. I 181; la^ßdvstr zijv yvfivaotagzlav 
Priene Inschr. v. Pr. 113 (vgl. Branchidai Xaßojv 
zt}v TiQoyYiTziav CIG 2880) ; vnofieveiv Mylasa CIG 
2693 d; Sestos s. o.; Thera IG XLT 3, 331 (lvtf- 
uetvE yvfivaotaezfjoat); v<ptoraadat Aigina IG IV 
4; Sparta CIG 1365 (vgl. vtpEözr} r»)r oTQazrjyiav 
Smyrna CIG 2178). 

Bedingungen. Für die Gymnasiarchie als 
Amt war das Bürgerrecht Voraussetzung ; kam es 
hauptsächlich auf Geldleistung an, war die Gym- 
nasiarchie also Leiturgie im späteren Sinne, so 
wurden auch Fremde und Frauen zugelassen. Was 
das Alter betrifft, so bestimmt das Sakralgesetz 
Toa Koresia IG XII 5, 647 für den G. ein solches 
von 30 Jahren, In der Inschrift von Aigiale IG 



Newton II 702, 12a. b, sowie Bull. hell. XIV 
103, 7 drei G. erwähnt Drei G. nennt die In- 
schrift CIG 2214 auf Chios, entsprechend den drei 
Abteilungen der Epheben, in Sparta CIG 1353 
vgl. 1349 finden wir drei aitovtoi yvfivaaiaQx 01 - 
Die Leitung aller Gymnasien durch einen G. wird 
besonders hervorgehoben z. B. Branchidai: y. 
TiävTcov xwv yvfivaotcov CIG 2885. Anc. Gr. inscr. 
922; Didyma: y. ndvvav notörog Dittenherger 
60 Or. 472 mit Erklärung; Pergamon: y. ndytcov 
rö>v yvfxvaoiofv Athen. Mitt. XXXII 330, 61. 

Amtsdauer. Diese entsprach der der anderen 
Ämter ; gewöhnlich betrug sie ein Jahr, daher die 
svtavatog yvfivaotaQxfa i n Alabanda BulL helL X 
307 und Panamara Bull. hell. XXVTQ 23, 2. 
Jährige G. haben wir oben in Eleusis, Salamis 
und auf Delos erwähnt; sonst finden wir sie in 
Aigina IG IV 4; Herakleia a. S. Arch.-epigr^ 



1VVÖ 



i vfivamct(>%o$ 



Mitt. XX 64. 67; Hierapolis Judeich nr. 278. 
336; Kypros (Salamis) IGR IH 993. 994; Kyzi- 
kos Journ. hell. Stud. XXIII 89; Magnesia a. M. 
Kern nr. 163; Magnesia a. S. Denkschr. Akad. 
Wien LIV nr. 1 ; Megara IG VII 97 ; Orchome- 
hob IG VII 3224; Panamara Bull. hell. XU 83; 
Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 380, 2; Phintia 
YGela) IG XIV 256; Themisonion Michel ßec. 
544; Thessalonike 'Atffata nr. 489, 23. Sechs- 
monatliche Gymnasiarchie wird in Gerasa Dit- 
tenherger Or. 622 und in den Beamtenverzeich- 
nissen von Tenos IG Xn 5, 880-886 erwähnt. 
Vier Monate waren die G. im Amte in Didyma 
Kev. phil. XXI 44, 19; Magnesia a. M. Kern 
nr 164 (auch die Agoranomie war daselbst vier- 
monatlich); Tralleis Athen. Mitt. VHI 318, 2. 
In Amphipolis finden wir eine TtQwzr} XQifirjvog 
4es G. Österr. Jahresh. I 181; Cumont meint, 
das akademische Jahr sei in Amphipolis in Tri- 
mester eingeteilt gewesen, ich glaube aber, es 
ist eine dreimonatliche Gymnasiarchie anzunehmen. 
Eine zweimonatliche Gymnasiarchie der Gerusie 
begegnet uns in Magnesia a. M. Kern 164. Eine 
bestimmte Zahl von Tagen dauerte die Gymna- 
siarchie in Lagina, Panamara und Stratonikeia; 
vgl. Nilsson Griechische Feste 27f. In Phila- 
delphia (Syrien) erscheint Maphtas als y. öS yt*s- 
qS>v 8vo 3*ä ßiov, hatte seine Funktion an zwei 
Tagen lebenslänglich auszuüben, ßev. bibl. V 
(1908) 571. Eine Reihe von Jahren finden wir 
■G. im Amte : zwei Jahre Artemon, zugleich Prie- 
ster der Hygieia und der Sophrosyne, in Synnada 
Bull. hell. XVII 284, 86; auf Thera war Baton 
auf zwei Jahre, dann immer wieder auf ein Jahr 
gewählt und bekleidete das Amt 6 Jahre, IG XII 
3 331. Q. Veranius Philagros war in Kibyra 
12 Jahre G., CIG 4380 = Le Bas III 1213 
A-C ; vgl. Reisen II nr. 242. Im J. 73 n. Chr. 
stiftete der Mann für die Stadt ein Kapital von 
400 000 rhodischen Drachmen, damit aus den 
Zinsen desselben eine atöviog yviivaaiaQxfa «in- 
gerichtet werde. Die aicoviog yvf*vaaiagxf a 
wird außerdem erwähnt in Aphrodisias Rev. Et. 
gr. XIX 142, 74; Ephesos TAM; Kos Joseph, 
bell. lud. I 422; Magnesia a. M. Athen. Mitt. 
XIX 23, 15; Rhodos (Lindos) IG XII 1, 839 
(r} ÖS atuivog . . . vzoiteoa yv/AvaöiaQxta). Damit 
steht im Zusammenhange der aitovtog yv{iva~ 
viaQxog in Sparta, CIG 1326. 1349. 1353. 1365. 
1379. Bull. hell. IX 514, 6; der yvftvaotaex°s 
^' alwvog in Aphrodisias CIG 2777; Blaundos, 
Denkschr. Akad. Wien. LIV nr. 270 ; Iotape IGR 
in 831; Mytilene IG Xn 2, 211; Pergamon 
Inschr. v. Perg. 440 ; Termessos Lanckoronski 
II nr. 8. 9. 11 TAM; der y. eig tov aiöiva 
Mytilene IG XH 2, 208. 232 und die alävios 
yvnvaotaQxh KyTene CIG 5132. Über die 
Bedeutung des Zusatzes alatviog und <V aiüvog hat 
Wilhelm DenkschT. Akad. Wien XLIV p. 153 
Näheres ausgeführt und mit seiner Erklärung: 
^es ist ein Ehrentitel der dem Stifter selbst zu- 
kommt' Beifall gefunden. Doch bedarf die Frage 
*iner neuen Untersuchung, zumal in der letzten 
Zeit in Sparta auch ein osuwvrjg alcbvtog bekannt 
TOrde, Annual XIV 131, 56. 

Iteration. Zweimalige Bekleidung der Gym- 
nasiarchie (Sevtega yvptvaataex^y ?• ™ ? u * *■) 
. ist bezeugt in Aigina IG IV 4 (das zweitemal 



ixäv); Akraiphia IG VII 2712. 4134; Elaia 
Athen. Mitt. XXXII 386; Iotape IGR IH 881; 
Keramos Journ. hell. Stud. XI 124, 7; Massiüa 
IG XIV 2445; Miletopolis BulL hell. XII 193, 
3; Panamara BulL hell. XV 203, 144; Pedne- 
lissos Lanckoronski II nr. 259; Pergamon 
Athen. Mitt. XXXV 468, 52; Pydnai Reisen 
I nr. 96; Sestos Dittenherger Or. 339; Sirra 
CIG 2007; Sparta CIG 1365; Termessos L an cko- 
lOronski H89; Thespiai IG VU 1885; Thya- 
teira, Denkschr. Akad. Wien. LIV nr. 69. Toig 
y.: Apameia Kibotos TAM; Aphrodisias Le Bas 
III 1592; Keramos Journ. hell. Stud. XI 126, 
9; Xanthos Reisen I nr. 77. In Epidauros 
war Cn. Cornelius Pulcher vier Jahre hindurch 
G., IG IV 1432. In Ephesos bekleideten T. Fla- 
vius Aristobulos und sein Sohn Fl. Pythion zum 
sechstenmal die Gymnasiarchie ev Mya> xfjg *Aq- 
rifiidog Anc. Gr. inscr. 500. Ein e^dxig y. findet 
20 sich auf Kos, Paton-Hicks 392, hndxis y. in 
Panamara, BulL hell. XH 85, 10 und auf Pat- 
mos, Dittenherger Syll.2 402, foxdxig y. Pan- 
amara Bull. hell. XU 87, 11 und endlich nol- 
Uxtg y. in Prusias a. H. IGR III 1422. 

Kumulation. Dafür müssen einige Bei- 
spiele genügen. Ein ozetpavrjipooog xal y. wird 
erwähnt : Aphrodisias CIG 2785 ; Apollonis Bull, 
hell. XI 87, 6; Bargylia Le Bas ni 496; Euro- 
mos CIG 2714; Herakleia a. S. CIG 3953 c; 
30 Iasos Rev. Et. gr. VI 176; Magnesia a. S. Akad. 
Wien. Denkschr. LIV nr. 1 ; Nakoleia CIG 3847 b ; 
Sardeis CIG 3462. ÜQVzavtg xal y.: Ephesos, 
TAM; Herakleia a. S. BulL hell. IX 340, 22; 
Idebessos IGR III 648; Kandyba Akad. Wien. 
Denkschr. XLV nr. 27 ; Kormos IGR in 658 ; 
Lydai Journ. hell. Stud. X 55, 6; Silandos Mi- 
chel Rec. 643. Ayfuaveyös xal y.'. Iotape IGR 
in 831; Nisyros IG XII 3, 104; Perge IGR 
III 794; Seleukeia a. Kai. Denkschr, Akad. Wien 
40 XLIV nr. 181; Sillyon IGR UI 800; Tarsos 
Bull. hell. VII 325, 34. Agasikles war in Cher- 
sonesos Strateg, Priester, G. und Agoranomos, 
Latyschev I 195 (3. Jhdt. v. Chr.), Dapsiles 
in Kios tiqwxos äg/av, Politarch, Priester des 
Herakles und Agoranomos, Athen. Mitt. XXIV 
411, 4. Besonders zu beachten ist die Beklei- 
dung von Priestertümern durch G.: in Ephesos 
TAM erscheint ein tegevs rüv sq^ßcay xal y., 
in Lapethus Le Bas ni 2773 ein y % aal tegevs 
50tc5v h yvfivaotq) dsüv, vgl. den i^ßagxog xal 
legevs in Aktnonia CIG 3858. Von noch größerer 
Wichtigkeit ist, daß der y. als dgxtsQevg erwähnt 
wird: Adada IGR III 273; Alabanda Bull. hell. 
X 307, 2 ; Aphrodisias CIG 2766 ; Ariassos IGR 
UI422; Aspendos IGR in 804; Dionysopolis 
Arch.-epigr. Mitt. XVU 210; Iotape IGR III 
831; Keramos BulL hell. XI 126; Kypros (Sa- 
lamis) IGR 994; Lagina TAM; Olympia Inschr. 
v. Olymp. 283; Paros IG XH 5, 292; Pessinus 
60 IGR in 230 ; Prusa Arch. Anz. 1903, 39 ; Sirra 
CIG 2007 ; Stratonikeia CIG 2719. 2720 ; Syn- 
nada Bull. hell. XVn 284; Thasos IG XII 8, 
458. 459. 

Rechenschaftsablage. In den Inschriften 
von Delos und Salamis erscheint die Rechen- 
schaft3ablage seitens des G. nach Ablauf seiner 
Amtstätigkeit ausdrücklich erwähnt Wie wir 
unten sehen werden, erhielten die G. von Seiten 



J.WSO 



IVfivaauxQxos 



rvnvctGtctQ%og 



199$ 



des Staates Gelder zur Bestreitung der Kosten für 
die Instandhaltung und Erweiterung der Anstalt, 
für die Opfer und Agone usw., wir werden auch 
außerhalb Athens die Verpflichtung zur Rechen- 
schaftsablage annehmen. In der Inschrift aus Orcho- 
menos IG VII 3221 heißt es: yvfivaoiaextfoavzeg 
xai ix tijQ asgiaarjag rb [sgy'ijov i&oirjoav; dies läßt 
sich dahin erklären, daß die Gr. von dem Überschusse, 
der sich bei der Abrechnung ergab, einen Bau 
errichteten. 

Wirkungskreis. Dieser war durch vöfiot, 
Instruktionen für das Amt, geregelt, vgl. Zie- 
barth Schulwesen 34. Das Sakralgesetz von 
Koresia IG XII 5. 647 enthält Bestimmungen 
über die Neueinführung des Amtes des Gr., über 
das dazu erforderliche Alter, über die Amtspflichten 
und Rechte. In Mylasa, CIG 2963 d, heißt es 
von Amyntas: VTze'fietve yvfivaoiaqxog , ngooers- 
Z&elg näatv locog xai fitoojrovtjQOJs xal dxoXoir&oog 
xolg vopotg; in Teos Dittenberger Syll. 2 
523, 28f. : Daß aber sowohl die Knaben wie die 
Epheben in den Unterrichtsstunden tüchtig ge- 
bildet werden, darüber haben Paidonomos und G. 
zu wachen, xaftoxt kxaz£g(o avz<ov nqomhaxxat 
xaxa. xovg vdfiovg. Der yv/iivaotaQXtxog vdßog 
in Aigiale IG XII 7, 515 enthielt Bestimmungen 
über Agone, an deren Leitung der G. beteiligt 
war. Wenn auch, wie Li eben am 373 bemerkt, 
der Wirkungskreis des G. nach Umfang und Be- 
deutung örtlich und zeitlich verschieden war, 
können wir uns doch im allgemeinen ein Bild 
von der Wirksamkeit eines griechischen Gym- 
nasialdirektors machen; vgl. Ziebarth Schul- 
wesen 86f. und österr. Jahresh. XIII 109f. Als 
Beamte hatten die G. in ihrem Tätigkeitsbe- 
reiche jene Rechte, die nach Aristot. Pol. VI 
12, 1299 a allen Beamten zustehen: ßovXevza&ai 
xai XQivai xai Smxdi-at. In Teos hatte der G. 
das Recht, im Vereine mit dem Paidonomos die 
Lehrer für das Fechten, Bogenschießen und Speer- 
werfen unter Vorbehalt der Bestätigung durch 
das Volk anzustellen, Dittenberger Syll. 2 
523, 21 f. Auf eigene Kosten konnten sie Lehrer 
anstellen, wie wir dies in Eretria und Perga- 
mon erfahren: Amer. journ. arch. XI 173f. Athen. 
Mitt. XXXII 279. 11. XXXni 376, 1. Viel- 
leicht hatte der G. die Meldung der Kandidaten 
für das Lehramt entgegenzunehmen und bei der 
Wahl derselben zu intervenieren, wie es für die 
Paidonomen die Eudemosinschrift in Miletos be- 
stimmt. Wiederholt wird das gute Einverneh- 
men mit den Lehrern erwähnt: Priene Inschr. 
v. Priene 113; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 
380; Sestos Dittenberger Or. 339. Wir 
werden ihm auch das Eecht zuerkennen, den 
Lehrern einen Urlaub zu gewähren, wie dies dem 
Paidonomos in Miletos zustand, und einen Ferial- 
tag ZU geben {dfpihai tx zwv fxa&rjudza>v). Über 
seine Intervention beim Aufsteigen aus der Klasse 
der naUeg in die e<ptjßoi und dieser in die vioi 
wird unten das Nähere gesagt werden. Um seine 
Anordnungen auch durchzusetzen, mußte ihm ein 
Strafrecht zustehen: in Koresia, IG XII 5, 647, 
konnte der G. die Ungehorsamen mit einer Drachme 
bestrafen; Plaut. Bacch. 427: medioeris gym- 
nasii praefeeto poenas pender es. Auf das Eecht, 
körperliche Züchtigung zu verhängen, läßt die 
oben angeführte Stelle aus Telea und die Erzäh- 



lung bei Diog. Laert. VI 90 {KJs&rqg iv Oijßai? 
vjzö tov yvfivaaiaQxov {laoziyoi&etg xai eXxöfievo? 
tov nodos . .) schließen. In Aigiale IG XII 7,. 
515 heißt es : avayxa££xo> 6 yvfivaataQ%og TQoixo3i r 
ozcoi av SvvjjTai. Daher erklärt sich auch der 
Ausdruck avaxriQozfjg, avoxrjota, avar^Q&g in den 
Ehrendekreten für G. in Pergamon, z. B. Athen. 
Mitt. XXXII 273, 10. 279, 11. XXXIII 380, 2. 
Sehen wir nun, was uns die Inschriften über die- 
10 Tätigkeit der G. im allgemeinen melden. InAigina. 
IG IV 4 wird die Sorge für die xaza xov yvpvaoiov 
svxooßta xal degoTzifa twv äXettpoptsvojv, in Amphi- 
polis Österr. Jahresh. 1181: imftHua xaza zb yvp- 
vdmov, in Phintia IG XIV 256: Smpeleta xal 
(pdoxavla xarä xb yv/ivdoiov erwähnt, das Gesetz 
von Koresia, IG XII 5, 647, bestimmt, daß der 
G. xäXXa ijiL^.EX.Eiad'at zä xaza, xb yvftvaatov und 
die Jugend monatlich dreimal zur Übung in den 
Waffen hinausführen soll. Er erscheint als tiqo- 
20oxdxtjg des Gymnasion in Eleusis, IG II 614 b r 
Branchidai CIG 2881, Thera IG XII 3, 331. 
In Kerynia auf Kypros Rev. Et. gr. XVIII 212: 
heißt es von dem G. : diayvXdoöow xt}v svstQs- 
izetav xai evxoofitav xov yvfivaoiov, in Minoa IGr 
XII 7, 234 : xrjg sieQi xbv zotzov evxoa/ni'ag xr\v 
re äXXrjv imfieXeiav xotov/tevo; , in Perge Lancko- 
ronski I 29: tfyijoaxo tov yv/avaatov xai rrjg zwv 
i<ptjß<ov xai viajv aoxpQoavvrig ngosoxr}, in Priene 
Inschr. v. Pr. 114: ijzeSojxe tov iavrov C^Xov sie 
30 ze zijv zov xojzov (pdoöo^iav xai dg zr}v xcov aXet- 
<pofXEvcov xowwviav, in Sestos Dittenberger 
Or. 339 : xfjg xe evxa^iag tüv eiptjßtDv xai xäv 
veoiv JTQOEVoq{h}, xfjg xe äXXtjg £vo%r]/iioovvi}s xaxa. 
zb yvftvdaiov dvzsXdßezo, auf Thera IG XII 3 r 
331: xijv aQfioCovoav evra^iav avzdg xs <svvexr\- 
Qtjosv xai xov xönov xai xa>v dXeupofihatv ex- 
x£ve<szsqov xai (piXoxi/aozsQov ezi jzoXXqJ Jtgoeoxd- 
xtjcev. Nach den in Ehrenbeschlüssen sonst noch 
hervorgehobenen Verdiensten lassen sich die Pflich- 
40ten der G. in folgende Gruppen gliedern: 1. Auf- 
sicht und Sorge für die Anstalt. 2. Religiöse- 
Obliegenheiten. 3. Leitung der Erziehung und 
des Unterrichts der Besucher der Anstalt. 4. Ver- 
waltungstätigkeit. 

1. Aufsicht und Sorge für die Anstalt. 
Außer den schon angegebenen Stellen, wo die 
Anstalt, zoTzog, erwähnt ist, bezieht sich die jiqo- 
axaata tov zönov, Priene CIG 2906, des Dios- 
kurides auf seine Tätigkeit als G. Über Ein- 
50 schreiten und unter Leitung des G. erfolgt die 
Ausbesserung und Erweiterung der Anstalt entr 
weder auf Kosten des Staates, z. B. in Petelia 
IG XIV 637 : dveoxevdaÖT} ix xowGw XQT}/^dxa>v 
(ffroa?) oder auf eigene Kosten, z. B. Kyme CIG 
3524 : L. Vaccius hziaxsvdaag xb yvfxvdotov ; The- 
misonion Michel Rec. 544: ixs/ueXrjaaro xaza- 
axevdaac iv z(p yvftvaoio) i^iÖgav. In Hypata 
IG IX 2, ö% haben die zwei G. die Beiträge- 
eis iT]y ixioxevijv xoü yvfivaoiov aufzuzeichnen, 
60 Beispiele s. Art. Gymnasion. Sie sorgen für 
Ausschmückung : in Eretria errichtete der G. El- 
pinikos dem Hermes eine Statue im Gymnasium, 
Amer. journ. arch. XI 171, in Sestos schmückte 
Menas die Anstalt durch eine Kapelle mit einer 
Statue, Dittenberger Or. 339, in Apamea Myr- 
lea, CIL HI 336, lesen wir: saeellum gymna- 
siareha dedicavit. Auch fftr die Unterrichts- 
mittel sorgte der G. : in Chalkis 'Adtjvä IX 456 



1997 



rvp,vctaiaq%o$ 



für die xaxajiaXxat, in Pergamon Athen. Mitt. 
XXXLTI 376 für SnXa, in Priene Inschr. v. Pr. 
112 für xo%qvxo$, xgixot, otpaXQat und Sjtla. 
In Priene Inschr. v. Pr. 112, 96f. ist vonZosi- 
mos berichtet exavoe rb xaxvtoxrjQiov öict xov 
ysiuötvog oXov . .] vgl. die Obsorge für vyteta in 
Pergamon, Athen. Mitt. XXXII 273, 10. 

% Religiöse Obliegenheiten. Das Gym- 
nasion schloß sich an ein Heiligtum an, hatte 
seinen eigenen vads oder olxog; wie Ziebarth 
Schulwesen 56 bemerkt, stand das städtische 
Schulwesen im Zusammenhange mit dem städti- 
schen Kultus; wir finden es daher begreiflich, 
daß der G. Opfer darzubringen hatte. In Syn- 
nada erscheint der G. als Priester der Hygeia 
und Sophrosyne, Bull. hell. XVII 284, 86: Ge- 
sundheit und Besonnenheit sollten im Gymnasion 
erreicht werden. Opfer an die Götter des Gym- 
nasion durch den G. werden uns in Eretria 
\mer journ. arch. XI 171, Sestos Ditten- 
berger Or. 339 und Tenos IG XII 5, 818 ge- 
nannt. In Minoa, IG XII 7, 233f. heißt es : cvexev 
xrjg sxdozöv x&v mokiz&v xai twv dXei<poftiva)v 
oaizrjQiag xai evavÖotag dvötag inezeXsöe. Für 
Elis berichtet Paus. V 4: svaytpt de öjvpva- 

claex°S s' Tt xa%l ei ' ff *j"* Ka ^ * xamov "°£ T0 ? 
AhcoXqi; damit ist zu vergleichen die Weihung 
einer G.-Statue an Hermes und Minyas in Or- 
chomenos IG VII 3218. In Hion hat der G. 
ein Opfer für den König Seleukos darzubringen, 
Dittenberger Or. 212, in Notion für Athenaios, 
Österr. Jahresh. VIII 163. In Kyaneai ist ihm 
die Opferung eines Rindes aufgetragen, Denk- 
schr. Akad. Wien XLV nr. 28. In Aigiale IG 
XII 7, 515 hat der G. selbst am Festzuge teil- 
zunehmen und für die Beteiligung der Jugend 
zu sorgen. Er erscheint tätig bei der Feier der 
Herakleia in Chalkis, Österr. Jahresh. I Beibl. 48, 
der Hermaia außer in Delos und auf Salamis in 
Odessos, Denkm. aus Bulgarien nr. 92; Teos, 
CIG 3087. Wie der Kosmetes in Athen^ IG II 
466, interveniert er bei der (xvr^oig züv iyrjßow 
in Pergamon Dittenberger Or. 764; daher 
ist wohl auch die Ehrung eines G. durch Mysten 
erklärlich in Pessinus IGR III 230. Hier mögen 
Beispiele von Weihungen durch G. angeführt 
werden: an Aphrodite: Akrai IG XIV 213; an 
Apollon : Athen IG II 1046 ; Loryma, 'Etprjfi. dgx- 
1907, 211, 3; an Hermes: Hvpata IG IX 2, 31; 
Keos IG XII 5, 620. 521; Kythera, Ditten- 
berger Syll. 2 506; Priene Inschr. v. Pr. 181 
(300 v. Chr.); Smyrna CIG 3799; Thera IG 
XII 3, 396. 397; an Hermes 'Evay<bnog: Athen 
IG TI 1181; an Hermes und Herakles: Amorgos, 
IG XII 7, 254 (Minoa). 421—425 (Aigiale); Chios, 
Athen. Mitt. XIH 173, 14; Delos, BuU. hell. XV 
251; Delphi BuU. hell. XXIII 571; Dyroae Bull, 
hell. IV 521; Opus IG VII 285; Paros IG XII 
5, 232. 290; Siphnos IG XII 5, 484; Tarmia 
Bull. hell. X 491, 4; an Helios, Hermes und 
Herakles: Tarmia Bull. hell. X 490, 3; an Isis 
und Sarapis: Halikarnassos S.-Ber. Akad. Wien 
CXXXn 29, 4; an Themis: Rhamnus IG II 
1233 c. 

3. Leitung der Erziehung und des Un- 
terrichts der Besucher der Anstalt. Es 
kann nicht Aufgabe dieses Artikels sein, über 
das Ziel der Erziehung und des Unterrichtes 



1 Vfivaatagxoi; i y y o 

bei den Griechen zu handeln: es mögen einige 
Stellen genügen, die durch die G.-Inschriften 
eine Bestätigung finden. Piaton Gorg. c. 4 wird 
die yviivammri als auf die eve$Ca twv oatfid- 
x(äv bezüglich erklärt, leg. V 743 D heißt es : zavza 
5' iozi tpvxt) xai aüiia, a ^w^t? yvßvaoxtx^s xal 
zijg allv\g naibeiag ovx av jiots yhoixo ägia Xoyov, 
VI 764 C werden 2 ägxovxsg fiovaix^e «a* yvpva- 
oxixfjg verlangt, der eine wegen der Unterweisung, 
10 der andere wegen der Wettkämpfe, rep. II 376 E 
wird die (lovoixr) für notwendig erklärt und VII 
535 D sind pafrqfiaza und yvfivdaia unterschieden. 
Solon bezeichnet als Ziel der Gymnasialbildung 
Lucian. Anacharsis 20 : fidXtoza öh xai If cbiavxog 
xovxo jzQOVOOvftsv, OTiü>g oi noXTzai äya&ol fxkv zag 
ijjvxdg, lo%vQoi dk xa o<bfiaxa ylyvotvxo. [Plut.] de 
Hb. educ. 11 spricht von der evs^ia xüv otofiärcov, 
bezeichnet die evza^ia und aaxpeoövvt] als e<po- 
Siov eis xb yr ( Qag , 15 finden wir den Ausdruck: 
20 gvxoö/xia xai aoxpQoovvtj und 16 : ehza^ia xal 
xoofAiöztig x&v 7tai6oiv. Hauptpflicht der G. war 
die Tipoozaola vicov. Amphipolis Österr. Jahresh. 
1 181 ; Miletos CIG 2873; Thera IG XII 3, 331 ; 
vgl. Mylasa CIG 2693 d. In Trozen IG IV 749 
sorgte er für die Epheboi und Neoi, ontos evxax- 
x&vxi\ vgl. Athen, IG II 471 : das Volk zeigt den 
größten Eifer für die dyoiyij xal evzat-ia der 
Epheboi. In Pergamon sorgte der G. für die 
ayoiyrj der Epheboi und Neoi, Inschr. v. Perg. 

30 464. Athen. Mitt. XXXLTI 380, 2, für die äyfoyt) 
xai jzatöeia, Inschr. v. Perg. 458. Athen. Mitt. 
XXXII 312, 34. 315, 40; für die äywyrj xai xoa- 
fudztjg Athen. Mitt. XXXIII 376, 1. XXXV 401, 
1 ; für die noudsia xai xoayaoxr\s Inschr. v. Perg. 
252; für die evza^la xai naidsia Athen. Mitt. 
XXXV 469, 53. Für die evxa&a und die jku- 
deta sorgte Menas in Sestos Dittenberger Or. 
339, für die svxocftia Melanion in Branchidai 
Anc. Gr. inscr. 925, für svxoo^la xal itaifola 

40Chares in Themisonion Michel Rec 544, für 
die svxagta der G. in Eretria Amer. journ. arch. XI 
173f., die Sorge für die öoxpßoöwr; wird erwähnt in 
Perge Lanckoronski I 29 und Tenos IG XII 
5, 911 : e<pt}ßoi . . . xoi negi yv{ivaoiaQ%ov dei ftq&e- 
ovxa oaxpQöovva Ijv&eoy. In Iasos Rev. Et. gr. 
VI 182, 24 wird der G. Kydias geehrt jzoXXijv 
imf.dXuav notTjcdfisvög ^&ovg xai naidüas, in 
Pergamon der G. C. Iulius Sacerdos xovg iza- 
zgiovg vopiovg xai tf&r} draveaiodfievog , Athen. 

50 Mitt. XXXII 321, 50 und in Priene, Inschr. v. 
Pr. 114, 18f. t Zosimos, der durch seine Maßnahmen 
das Korps der viot aTioxazeaiTjoev eis frjv aQ%alav 
xd£iv. Nach diesen allgemeinen Fächern wurden 
die Epheben eingeteilt in evzaxxoi, (pdoTzovot 
und evexxai, s. Ziebarth Österr. Jahresh. XHI 
111. Die evza&a finden wir unter den Prüfungs- 
gegenständen in: Herakleia Pontica Bull. hell. 
XXII 493; Massüia IG XIV 2445; Samos Mi- 
chel Rec. 900; Athen. Mitt, XXVH1 353; Ta- 

60nagra IG VIT 552; yäojiovia : Samos Michel 
Rec. 900 vgl. Athen IG II 478 ; eve&a : Hera- 
kleia Pontica Bull. hell. XXII 493; Samos Mi- 
chel Rec. 900. TraUeis Michel Rec. 906. 907. 
Die saudeta umfaßte die körperliche und gei- 
stige Ausbildung, acüfj.axtxa xai fiovaixa (ia{h)- 
fiaza, Inschr. v. Pr. 112. In Athen IG II 465 
(2.- Jhdt. v. Chr.) wird der Kosmetes Demetrios 
belobt, weil er auch jiQoiazi] rfc zvxa£ias~ x&v 



iifrfßcov xat T-iJff Sv rots ua&fifiaöiv ysvofievtfg htt- 
avaaiae sjzefisXtf&ij, und der G. in Pergamon Athen. 
Mitt. XXXIII 376, 1: Jtgdvotav knoi^aaxo z%g 
siegt jzdvza zd fta&tjpaTa doxrjOE&g. In Koresia 
IG XII 5, 647 hatte der G. die Jugend dreimal 
monatlich zur Übung in den Waffen hinauszu- 
führen, in Eretria bestellte der G. Elpinikos auf 
seine Kosten einen Fechtmeister, Amer. journ. 
arch. XI 173, ebenso wohl auch der G. in Per- 
gamon, Athen. Mitt. XXXIII 376, 1. Während 10 
so für die yvfivixt) ivegysia gesorgt wurde, finden 
wir auch die povoixfi nicht vernachlässigt: es 
erscheinen ix <piXoXoyiag ftaürffiara. erwähnt in 
Priene Inschr. v. Pr. 113: daher berief der G. 
Mantidoros einen 'Opijoixdg <pd6Xoyog aus Athen 
auf seine Kosten nach Eretria, Amer. journ. arch. 
XI 188 II, der eben erwähnte Elpinikos stellte 
einen Khetor an, ebd. 173 I; Zosimos Inschr. 
t. Pr. 112, 73 einen ygapßaxixog in Priene; in 
Pergamon nahm der G. die fremden Dozenten, 20 
die Vorlesungen im Gymnasion hielten, gut auf, 
Athen. Mitt XXXIII 380, 2, ebenso Menas in 
Sestos, Dittenberger Or. 339. So sehen wir 
die G. für alle Unterrichtsfächer Sorge tragen: 
daß sie dabei persönlich tätig waren, ersehen wir 
daraus, daß der G. in Eretria sich im Gymnasion 
aufhielt (Sftpovsvoag), Amer. journ. arch. XI 1731, 
in Myjasa CIG 2693 d es heißt : xgoosvsxfck 
jiäotv tGöig xai fitooftovtjgcog xai ätcoXov&cag xoig 
vopotg; vgl. auch Sestos Dittenberger Or. 30 
339, ferner aus dem Ausdruck ydostovla für den 
G. in Eretria Amer. journ. arch. XI 190 III und 
Phintia IG XIV 256. In Teos hatten Paidono- 
mos und G. den Gesetzen gemäß darüber zu 
wachen, daß die Knaben und die Epheben in den 
Unterrichtsstunden tüchtig ausgebildet werden, 
Dittenberger Syll.2 523, 281 Über die Fort- 
schritte gaben die Prüfungen, asioöeigetg, Auf- 
schluß, die in Form von dy&vsg abgehalten und 
für die von Seiten der G. gewöhnlich auch die 40 
ä&ka ausgesetzt wurden. In Priene Inschr. v. 
Priene 113 werden ewo/iot axodeifatc erwähnt 
vgl. 114; öiaÖQOfiat veranstaltet der G. z. B. in 
Notion Österr. Jahresh. VIII 63; Pergamon 
Dittenberger Or. 764; Athen. Mitt. XXXII 
272, 9; Samos, Bull. hell. V 481, 4; Minoa, IG 
XII 7, 233; a&la ausgesetzt vom G. z. B. in 
Eretria, Amer. journ. arch. XI 173, I; Pergamon, 
Inschr. v. Perg. 252. Auf Grund der Prüfung 
erfolgte die Aufnahme in die höhere Abteilung; 50 
vgl. Hepding Athen. Mitt. XXXII 387 und die 
Eintragung in die Listen, für deren Herstellung 
wohl die G. zu sorgen hatten: Opus IG IX 1, 
285 : A. AiXiov Tavgov xov yvfivaoiaQxov °* &e- 
xot&evxeg vti" ai'Tov; Pergamon. Athen. Mitt. 
XXXII 325, 52: zov yvfiraaiagxov oi vti avzov 
Ixxot&ivxsg EtpTjßoi, vgl. 279, 11: zf;g Exxgiaecog 
rüv £<ptjßcov; Silandos Michel Rec. 643: oi £v- 
xöi&ivzsg etpyßot; vgl. Halikarnassos Anc. Gr. 
inscr. 898: otöe äveßqoav d; dvdgag yvfxvaot- 60 
aQxovvroiv . . . ; Pompeiopolis Bull. hell. XXVII 
326, 11: oi £vxgt&h>zeg h zfj . . . iyTjßetq; Si- 
dyma Reisen I nr. 52: svBygd^aav vitd EveX- 
4>6vxog yvfivaaiaQxtjaavzo; xf t g yegovoiag 7ig*ozov, 
vgL nr. 50; Tegea Bull. hell. XVII 24, 20: yvft- 
raotaQxog dvsygayev . . . vjioyvpvaaiagxov , • . . 
*<Pnß*Q%or, VJ#ws; e Thera IG XH 3, 338/9: 
6 yvpvmftagxog xai 6 vjzoyvf*raoiaQx°£ drrygayrav 



tös iqnjßeövavzag ; vgl. auch die nach den G, da- 
tierten Bphebenlisten und Siegerverzeichnisse. 
Da bei den körperlichen Übungen das dXsi<petr 
eine große Rolle spielte, so daß die Besucher 
des Gymnasion als dkst<p6(xsvoi bezeichnet werden 
{s. Art. Gymnasion), gehörte zu den Pflichten 
des G. auch die Sorge für die Beschaffung des 
nötigen Salböles : iXaiov jtagoxrj z. B. Minoa IG 
XII 7, 233. Dabei hatte der G. Gelegenheit, 
seine d<pdagy vgia und <pdo§o£ia zu beweisen, wie 
es in Amphipolis Österr. Jahresh. I 181 heißt. 
Daher erklären sich die Ausdrücke: y. ex %&v 
Iditov z. B. in Aphrodisias Rev. Et Gr XIX 
136, 68; Ariassos Bull. hell. XVI 429, 59; Do- 
rylaion Athen. Mitt. XXH 480; Herakleia (Ma- 
kedonien) Bull. hell. XXI 162; Kallipolis Bull, 
hell. XXV 325, 2; Kos Paton-Hicks 392; 
Lagina TAM; Magnesia a. M. Kern nr. 164- 
Megara IG IV 97. 98; Mytilene IG XII 2, 134; 
Olympia Inschr. v. Ol. 940; Plataiai IG VII 
1669; Salamis IG II 594; Sirra CIG 2007; Syn- 
nada Bull. hell. XVII 284. 86 ; Thisbai IG VII 
2235; Tralleis Athen. Mitt. VIII 318, 2; y. nag' 
iavzov: Aphrodisias TAM; Themisonion Michel 
Rec. 544; Tralleis Athen. Mitt. XXI 262; y. 
dtogedv: Arneai IGR III 641; Kypros (Lape- 
thus) Dittenberger Or. 583; Orchomenos IG 
VII 3224; y. xgolxa: Paphos Dittenberger 
Or. 582. Vgl. Poll. III 67, wo aus den Angaben 
die Beziehung auf eine Leiturgie zu erschließen ist. 
Als Führer der Besucher des Gymnasion tritt 
der G. auf bei öffentlichen Aufzügen: Amorgos 
(Aigiale) IG XII 7, 515 und Kyaneai Denkschr. 
Akad. Wien XLV nr. 28; bei der Einholung eines 
Königs: Elaia Dittenberger Syll.2 332; Kyzikos 
ebd. 365 ; bei feierlichen Begräbnissen Priene Inschr. 
v. Pr. 99. 104. 108. 111. 113; Sikyon Plut. Arat 
53 ; vgl. auch Pergamon Athen. Mitt. XXXDT 275 ; 
Miletos Ziebarth Schulwesen 128. Der G. führte 
an Festtagen die Jugend auch in das Theater im 
Gymnasion: Bargylia Le Bas III 496; Iasos Rev. 
Et. gr. VI 168, 5; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 
382, vgl. Ziebarth österr. Jahresh. XIII, 110; 
über den Besuch des Theaters durch die jidlösg s. die 
Inschrift aus Pagai österr. Jahresh. X 19. Wo der 
G. der Vorstand eines Altersvereins war, vertrat er 
diesen auch vor dem Rate und dem Volke: Iasos 
Rev. Et. gr. VI 166, 4: Beschluß des Rates und 
des Volkes xsgl d>v ixijX&ov oi xosoßviegot Öia 
xov yvfivaatdgxov Xgvoi7inov . . . ; in Magnesia 
a. M. Kern nr. 102 dagegen heißt es: 6 agxcov 
tüjv ytgövxoiv iTisX&üJv ixt ze xqv ßovXrjV xai xov 
dtfttov. Die Anforderungen an die Vermögens- 
leistungen waren besonders groß, wenn die Gymna- 
siarchie bekleidet wurde zur Zeit eines Landtages 
(&' äyogaiag) wie in Apameia KTbotos Bull. hell. 
XVII 308 oder bei hohen ölpreisen: Lagina Bull. 
hell. V 189, 11: y. xdoag xrjg iogzt t g tf/iEoag ovxog 
zov eXaiov xifL\g .... und Thyateira Denkschr. 
Akad. Wien LIV nr. 69: y. iv xf\ ixeftßallovötf zov 
eXaiov xufitoiga. Daher oft die Schwierigkeit ein- 
trat, jemand zu finden, deT die Gymnasiarchie über- 
nahm: Aigina IG IV 4, und es rühmend hervor- 
gehoben wird, wenn jemand av&aigszog die Gymna- 
siarchie bekleidete Lapethus, Dittenberger Or. 
583 und Nikopolis a. Issus Bull. helL XXI 164. 
Verwaltungstätigkeit. Zunächst war der 
G. tätig bei der Verwaltung der für das Gym- 



* •Y**' 



"TA"*» 



aiasion bestimmten Gelder: in Aigiale IG Xu 7, 
515 wird bestimmt: oi ijxifteXtjxal Adyov ajioöid6- 
TCooav zoig ds jzgvxdvsat xai z<p yvftvaoidgx<p; 
in Anaphe IG XLT 3, 253: dazoStSdroj dd xüt 
xaz' d/ui yevoftsvwi yvfivaotdgxtot . . . 6 ds yvfivaat- 
agypg dvaygayjdTco rd ysyovdxa xifiia siazdlav • o 
dexa Sajxavdorjt, xofiiodo&Q} ix xov xoivov. In 
Eretria Philol. X 300 = Eangabe Ant Hell, 
nr. 689 findet sich in der Inschrift, betreffend die 



I VfJLVCXGtCCQXOq 



2UU2 



eine Statue; ebenso in Balanaia, Athen. Mitt. 
XVII 88, 2; in Eretria durch eine Statue im 
Gymnasion, Dittenberger Syll.2 935 ; in Kera- 
mos, Journ. hell. Stud. XI 124, 7, durch eine 
Statue, die der Geehrte selbst errichtet Be- 
gräbnis im Gymnasion für den gewesenen Stepha- 
nophoros und G. finden wir in Aphrodisias Bull. 
hell. IX 75, 5. Einen goldenen Kranz erhielt 
der G. auf Chios Athen. Mitt. XIII 175, 17, das 



Stiftung des Theopompos (40 000 Drachmen für lOKteruchendekTet von Salamis' IG DT 594 weist 



-das öl), die Bestimmung: xov ds äavstofidv x&v 
diaqpögcüv ylvea&ai vnö ze tcov Jigoßovkcov xai xov 
yvfiraoidgxov, djzodiöooßcu dk vst avztäv xaz 1 ivt- 
avzov xai Xoyov öiä zov oweSgiov. In Magnesia 
a. S. Denkschr. Akad. Wien LIV nr. I lesen die 
Herausgeber Z. 71: ovx aigdfisvog zö svoixtov(^) 
and rwv xotiqvv und erklären es als Abgabe für 
die Benützung der zur Aufbewahrung der Kleider 
dienenden tötiou In Magnesia a. M. Kern nr. 116 



als Ehrenbezeugung auf matvog, X gvaovg ozStpa- 
voe und Aufstellung des Ehrenbeschlusses im 
Gymnasion. In Phintia IG XIV 256 wird der 
G. Herakleides in der Halia mit einem Kranze 
aus Ölzweigen bekränzt, der Beschluß auf eine 
Stele aufgezeichnet und im Gymnasion aufgestellt. 
In Kyzikos Journ. hell. Stud. XXIII 89 bekränzt 
das Volk den Demefcrios. Menas wird vom VoUie 
in Sestos, Dittenberger Or. 339, bekränzt, 



wird eine ötavo M yvßvaotao X iH n erwähnt. Die 20 seine eixtov im Gymnasion aufgestellt, er selbst 



G. in Hierapolis Judeich nr. 278 haben das 
4jze<pava>ztx6v zu verteilen und die Sorge für ein 
Heroon nr. 336. In Trozen IG IV 749 sorgte 
der G, Charmos für die Vermehrung der Ein- 
künfte des Gymnasion. Ferner war der G. be- 
rufen zur Ausführung von Volksbeschlüssen, die 
seinen Amtsbereich betrafen: auf Kos Paton- 
Hicks 34 hat er nebst anderen die Bekränzung 
der Sieger zu besorgen; in Kyaneai Denkschr. 



erhält sigosögia bei den Agones. Rat und Volk 
von Themisonion, Michel Rec. 544, ehrt den 
Chares durch maivog und ngoedgia an den jähr- 
lichen Agones. Die vom Rate, Volke und von 
den Römern beschlossenen Statuen werden in 
Apameia Kibotos, Bull. hell. XVII 380,6, von 
Stadtvierteln errichtet; in Ilion ehrten die ein- 
zelnen Phylen den gewesenen G. durch Statuen, 
CIG 3615-3618. Häufig sind Ehrenbezeugungen 



Akad. Wien XIV nr. 28 hat er die Aufzeichnung 30 durch die Keoi: in Kandyba ehrten sie den 

eines t* )hrpnhe>*n\iln<zeA= - i™ \T-,rr,ih^„ T„„ — U„n ,t i 3 .1 i . , ,*' , 



eines Ehrenbeschlusses; in Kyzikos Journ. hell. 
Stud, XXIII 89 und Odessos Denkmäler aus Bul- 
garien nr. 92 die Verkündigung der Bekränzung; 
in Philadelphia CIG 3417 die Aufstellung einer 
Statue des Diogenes, der der Gerusie eine Spende 
gemacht; in Smyrna CIG 3185 die Bekränzung 
eines Wohltäters, in Thespiai IG VII 1885 die 
Errichtung einer Statue zu veranlassen. Auf 
Thera IG XII 3, 1299/1300 (100 v. Chr.) lesen 



wir: der Paidonomos, der G. und die zaplat 40 gamon Inschr. v. Perg. 440 (Ä osßaoxii atvodog 
avsyoayav yeyovoza svegyexav 'IciSoigov Zvgaxo- ---■'-* ^ • - - - * - r - '■ 
atov wohl auf Grund eines Volksbeschlusses. In 
Pergamon erfahren wir von dem G. Straton Athen. 
Mitt. XXXH 279 und von dem G. Agias Athen. 
Mitt. XXXIII 380, daß sie für die ordnungs- 
mäßige Auszahlung des Gehaltes an die Lehrer 
Sorge trugen; vgl. Ziebarth österr. Jahresh. 

Als Hilfspersonal werden 6tjfi6aiot erwähnt in «»«mcu U i H ^menuc: oi veavioxoi in j^ansa, iu 
Pergamon Inschr. v. Perg. 252 und in Priene 50 IX % 620. 621; Phalanna ebd. 1238; oi naXat- 
inscnr. y. Pr. 112, 112; über die 1-zifieXrjrai und arglxai in Chytria auf Kypros CIG 2627- oi 
oioixyzai s den Art. Gymnasion. photxot auf Paros IG XII 5, 290; oi haiooi. 

Ji-nrenbezeugungen. Für die Verdienste, xai ow^ug yäot in Prusa Arch. Anz 1903 39 



Alexandros durch eine slxwv yoajtz^ und einen 
goldenen Kranz, Denkschr. Akad. Wien XLV 
nr. 27 ; in Kyaneai den Anticharis durch agoe- 
ögia bei den Agones , einen goldenen Kranz und 
eine sixäv x a ^n ebd. nr. 28. Weitere Ehren- 
bezeugungen der Neoi finden wir in Aphrodisias 
Le Bas III 1602a; Halikarnassos Bull. hell. IV 
106,6. 402,14. XIV 102,6; Ilion CIG 3619; 
Sirra CIG 2007; Xanthos Reisen I nr. 98; Per- 
gamon^ Inschr. v. Perg. 440 {fj osßaoxf} ovvodog 
xcov vio3v). Neoi und Epheboi erscheinen als 
Ehrende : Alinda (Koskinia) Bull. hell. XV 540, 5 ; 
Teos CIG 3086; Thera IG II 3, 496; Epheben 
allein z. B. Delos Bull. hell. III 376. 16, Solun- 
tum IG XIV 311; die Gerusia z. B. Iasos Bull, 
hell. XI 215, 5; Gerusia im Vereine mit Rat und 
Volk z. B. Aphrodisias Rev. Et. gr. XIX 136, 68. 
TAM; Trapezopolis CIG 3953c. Sonst wären zu 
erwähnen als Ehrende : oi reavtoxoi in Larisa, IG 



die sich die G. erwarben, zeigten sich die Ge- 
meinden sowohl als auch die einzelnen Alters- 
vereine dankbar durch Ehrenbezeugungen mancher- 
lei Art, von denen nur einige Beispiele angeführt 
seien. In Minoa ehrt der Demos auf Antrag der 
d/^KpdfiePot den gewesenen G. durch einen gol- 



unter den Ehrenbezeugungen seitens der dXsitpo- 
fievoi zeichnet sich die auf Thera, IG XII 3, 331, 
aus: Baton wurde nach den ersten zwei Jahren 
seiner Gymnasiarchie geehrt durch einen dallov 
ozicpavog und durch Aufzeichnung des Ehren- 
r . r ... -. ^„ u & ^„ l .^ 11 ^. l ,j. UUi4jU einen gui- beschlusses im Gymnasion. nach weiteren drei 
aenen Kranz und eine äxd>v yganz^ im Gymna- 60 Jahren durch l-zaivog, xgvaot oziyavot, dxd>v 
sion l(j XII 7, 235; m Arneai durch xgoedgia, ygcuiztj, Anbringung der "Kränze im Gymnasion, 
in V v°^I„ aT s^ v °L™i d '1^\ x ^*ß KB LH 640; Aufzeichnung des Ehrenbeschlusses und Auf- 



m Kyme CIG 3524 durch eviatpa xai diotg und 
««oVf? sv zqi yvfivaoio}. In Amphipolis wird der 
Ehrenbeschluß für den G. Philippos neben seiner 
eixmv aufgestellt an dem hervorragendsten Platze 
des Gymnasion, österr. Jahresh. I 181. In Ak- 
monia CIG 3858 ehrt den G. Rat und Volk durch 



Stellung desselben im Gymnasion. 

Nach den bisherigen Ausführungen können 
wir uns ein Bild des G. besonders als Schalvor- 
stand machen: er erscheint nicht als Bureau- 
mensch, der nur nach den Vorschriften handelt, 
sondern als Patriot, d«r titig ist fftr die Aus- 



hreitung und Vervollkommnung des Unterrichts, 
wodurch er beiträgt zum Ruhm seiner Vaterstadt. 
Mantidoros in Eretria, Amer. journ. arch. XI 188 n, 
bezeichnet seine Gymnasiarchie als Vertrauensamt 
(SyzeiQur&eiaa mozig) wie der Eosmetes Timon in 
Athen IG II 467. [Plut.] de lib. educ. 11 ver- 
langt, daß die dycoyt} r<av aatdwv auch für die 
Tcivr^xEQ zu erstreben ist; in diesem Sinne sehen 
wir Dioskurides in Priene, CIG 2906, tätig, auch 
den Annen den Besuch des Gymnasion möglich 
zu machen; vgl. auch Zosimos in Priene Ins ehr. 
v. Pr. 112, 99f. In Eretria bewirkten die G. 
Elpinikos und Mantidoros (Amer. journ. arch. XI 
173f.) eine Steigerung der Frequenz des Gym- 
nasion. Zosimos in Priene gewann die Lehrer 
zur Mitarbeit Inschr. v. Pr. 113, und Straton 
sowie Agias in Pergamon suchten die Lehrer 
pflichteifriger zu machen, damit die Schüler auch 
größeren Nutzen ziehen vom Unterrichte. In 
Athen (IG II 467) wird die opovota und <ptXia 
der Epheben hervorgehoben, für die der Kos- 
nietes gesorgt hatte; auch der G. wirkte für den 
Gemeingeist der ihm unterstehenden Altersklasse. 
Daß er in seiner Tätigkeit auch seine Ereigiebig- 
keit durch Bewirtungen, Spenden mancherlei Art 
usw. zeigte, beweisen die bereits angeführten Bei- 
spiele, und wir finden es begreiflich, daß in der 
Inschrift aus Sparta (CIG 1365) als Begründung 
für die Ehrung eines G. gesagt ist: zf ( g (isyako- 
jtgsnslag xai zfjg Eni rfj ösvxigq. yv/nvaotagxio: 
äovvaglzov xai dwxsgßXtfzov Jigovoiag xai (piXo- 
Teif/tas. Er wirkte durch sein Beispiel, wie es 
in dem Ehrendekret für Herakleitos in Priene 
(Inschr. v. Pr. 117, 1. Jhdt. v. Chr.) heißt: de/ 

710XE f.lhv XQCoßvTEQOVS TtfMtiV (5? yOVECS , TOVS Öh 

xa&r}Xtxag (hg döeX(povg , xovg dk veojzegovg <hg 
jiaiöag, äßsfijnov zov ßtov tst^gijxsv xai ovöevl 
xax&v aiziog yiyovs ovMjioze, noXXotg 8k zojv 
fisytotfov aya$t!Jv jtagaixiog , tioXLxov xaXbv 
Tiagddstyfia Tiagaaz^aag <hg ix natbüag xb elxbg 
zotg viatg tov tdiov ßtov. 

III. Gymnasiarchen in Privatvereinen. 
Hier kommen nur jene Vereine in Betracht, die 
durch den Zusammenschluß von Landsleuten, von 
Augehörigen desselben Berufes oder desselben 
Kultes gebildet waren und auch für die Er- 
ziehung und körperliche Ausbildung ihrer Mit- 
glieder sorgten. So finden wir in Elephantine 
(Philo!. LIII 82, 3. Jhdt. n. Chr.) einen G., in 
Omboi oi ix tov iv "Opßotg yv/uvaoiov als staats- 
rechtlich anerkannte Genossenschaft, Arch. f. Pa- 
pyrusf. V 410, vgl. II 548, 26, die Weihung des 
y. xai oi ix tov yvfiraoiov (Ptolemaeeizeit). In 
den Städten an der Kordküste des Schwarzen 
Meeres schufen sich die dort lebenden Griechen 
ihr Gymnasion und hatten ihren G.: so in Gor- 
gippia (Anapa) Latyschew LT 403: in Panti- 
kapaion Latyschew IV 211: in Tanais Laty- 
schew II 439. 440. 442. 446—448. 453 (2. und 
3. Jhdt. n. Chr.). Auch in Tomis Arch.-epigr. 
Mitt. XIX 222, 89. 90 handelt es sich um den 
G. eines Vereines. In Ephesos gab es einen 
Verein der Ärzte, der einen G. hatte, Österr. 
Jahresh. Vm 128. 130. 133. Auf Rhodos be- 
stand im 1. Jhdt v. Chr. ein xoivöv, das auch 
seinen y. hatte, IG XII 1, 127: es erscheint ein 
Rhodier, ein Antiochier, ein Amphipolite, ein 
Solier in dieser Stellung. Die Mitglieder des 



vjvixHiasuuiii äw* 

Vereins waren Fremde und hatten als solche 
keinen Zutritt zu den staatlichen Gymnasien* 
Ziebarth Schulwesen 140. Auf Keos (Paton- 
Hicks 371) begegnen wir einem y. 2egamaozäv. 
Nicht richtig sagt Poland {Vereinsw. 402) von 
der Inschrift Prusa Arch. Anz. 1903,39: .eine 
Genossenschaft von Freunden feiert ihren Gym- 
nasiarchen' ; nach dem Wortlaut der Inschrift 
ehrten oi tov jigsoßvTcgov 'ÜfpsXioivog etatQot xai 

10 owrj&Eig den Archiereas und G. Sakerdos als zov 
iavröiv dta ßtov svsgyhyv. In Goelbazar (Bull, 
hell. XXIV 906, 90f.) erscheinen unter einem 
efiTtogidgxfjg ein otvonootdoxys > yvftvaaidg%ijg t 
ygafifiazevg, yegovotaozijg tov vsoxztatov S/mogiov ; 
damit ist zu vergleichen der ggmnasiarcha empört 
Piretensium CIL III 12415. Vielleicht ist dar- 
unter ein Verein von Kauf leuten zu verstehen. 

Literatur. Krause Gymnastik I 1 79-205. 
Pauly E,-Enc.l III 978-983. Dumont Essai sur 

20r<Jphebie attique I 219-225. J. Menadier Qua, 
condieione Ephesii usi sint inde ab Asia in i'or- 
mam provinciae redaeta (1880) 90-92. Scheffler 
De rebus Teiorum (1882) G\t, Guiraud Les as- 
semblees provinciales (188 7) 133. Grasberger 
Erziehung u. Unterricht im klassischen Altertum 
III 463 — 472. Girard L'e'ducation Athenienne 
au Ve et au IVe siecle avant J. C. (1889). G. 
Fougeres Bull. hell. XV 268f. M. Clerc De 
rebus Thyatirenorum (1893) 62f. G. Glotz in 

30 Daremberg-Saglio Dictionn. II (1896) 1675-1684, 
Schoemann-Lipsius I HOL 501. 551. Her- 
mann- Thumser 687f. J. v. Müller Die griech. 
Privatalt. (Handb. IV 1, 2) 178. 185. W. Liebe - 
nam Städte Verwaltung im römischen Kaiserreich 
(1900) 731 349f. 373f. 545—548. J. LevyEtu- 
des sur la vie municipale de l'Asie Mineure in 
Rev. Et. gr. XIV (1901) 368-371. Chapot La 
province Romaine proconsulaire d'Asie (1904) 153f. 
279. N. Exarchopulos Das athenische u. das 

40 spartanische Erziehungssystem im 5. und 6. Jhdt. 
v. Chr. (1909). J. O eh ler Epigraphische Bei- 
träge zur Gesch. der Bildung im klass. Altertum 
(1909); Das humanistische Gymnasium im klass. 
Altertum (1909). E. Ziebarth Aus dem griech. 
Schulwesen (1909) 96f. E. Normann Gardiner 
Greek Athletie sports and festivals (1910) 500 
—503. U. v. Wilamowitz-Moellendorff 
Staat und Gesellschaft der Griechen (1910) 122. 
161. F. W. Hasluc k Cyzicus (1910) 258f. 

50 [J. Oehler.] 

Gymnasium. A. Bei den Griechen: Fv^- 
rdotov, auf Kreta Ögöfiog Gr. Dial.-Insch. 4991 
vgl.Suid. s. Sq6{ioiq ; die Bezeichnung y vj.t v ä g findet 
sich auf Amorgos (Aigiale) IG XII 7, 447 (yv/tvädog 
iv ze/uevei vgl. Minoa 254 : yvfxvaoiov ze^evst) und 
Astypalaia IG XII 3, 202, bezeichnet: Übungs- 
platz, Turnanstalt, Unterrichts- und Erziehungs- 
anstalt, staatlichen Festplatz. Die erhaltenen 
Definitionen der Lexikographen und Scholiasten 

60 sind unzureichend, um die Bedeutung des G.s zu 
bestimmen: Poll. III 154 nennt es unter den 
XOJQta zijg aoxrjoEfng und IX 43 unter den Teilen 
der Stadt ; Hesych. s. yvftvdotor • töszos, h o*j ayoi- 
vt^ovrai ; Etym. M. s. yvptvaoia • oi xdnot , otzov 
zyvfivdCovro, besonders die Athleten, rj Xovrga 
fj mmxoi dy&veg . . . ; Suid. s. yvfiv data • dXet- 
xffiQta 7} ßaXaveta § lovxgd ; Schol. Dem. XX 21 
yvfAvdata ' ßaXaveta tj dXemrqgta ij Xovtßd, Es 



&v\jo vjryinriasiuni 

bezeichnet den Platz, wo man sich unbekleidet 
übte: Eustath. zu II. XXIII 683. Suid. s. yvp- 
vdata. Isid. Et. VIII 6, 17 gymna&ivm ex eo 
dictum est, qttod iuvenes niedi exereentur in 
campo ...; vgl. Schneider 18. Boisacq Dic- 
tionnaire e"tym. 158: yvfivdotov ,lieu d'exercice'. 
Die Angaben der Schriftsteller, die Inschriften 
und die erhaltenen Ruinen ermöglichen es uns, 
die Entwicklung des G.s von der einfachen Lauf- 



tryinnasium 



2005 



pos Paus. III 22, 9. 21. Astypalaia: Damatrios- 
G. IG XII 3, 202 (3. Jhdt. v. Chr.). 22. Athen: 
yvftvdota IG II 466 - 468 ; y. tatv e<prjßoiv (?) 
251 b (305/4 v. Chr.). Kvvooagyeg IG I m. 201. 
204. Athen. Mitt. XXXI 134. Her. V 63. VI 
116. Dem. XXIII 213. XXIV 114. Plut. Them. 
1. Paus. I 19, 3 u. a. Avxeiov IG II 240 (tö y. rö> 
xaTa Avxewv); 444—486. III 89. Dein. XXIV 
114. Paus. I 19, 4 u. a. 'AxaÖ^eta IG II 47L 



bahn (ögofiog) bis zu den Prachtanlagen für kör- 10 III 63. Xen. hell. II 2, 8. Lys. XVIII 10. Dein. 



perliche und geistige Erziehung, die zugleich den 
Mittelpunkt des öffentlichen Lebens bildeten, 
nach den oben angegebenen Bedeutungen zu ver- 
folgen. 

Bedeutung des Gymnasions. Diese er- 
gibt sich aus dem Gewichte, das die Griechen 
auf die gymnastische Ausbildung legten: Plat. 
Symp. 9 bezeichnet die (pdoyvftvaarta als etwas 
dem Hellenen Eigentümliches; vgl. Aelian. v. h. 



XXIV 114. Harpokr. a. v. Plut. Kimon 13 u. a. 
FfTok^talov (gegründet 275 v. Chr.) IG II 468 ; 
471. 482. Paus. I 17. 2. Aioyevetov (gegründet 
229 v. Chr.) IG II 470. IH 5. 741. 1184. 1202 
(262 n. Chr.). 1218. 3 E<p m i. a 9X . 1893, 67 (140 
—150 n. Chr.). Plut. quaest. " conv. IX 1, 1. 
r. Tgfiov Paus. I 2, 5. [\ fcov 'Aögiavov IG 
III 10. IV 1474. Paus. I 18, 9. r. des Zevg 
Kegaiog und der "Avda (von Boiotern errichtet) 




Jüthners Besserung des überlieferten eqnjßEla). 
Paus. X 4, 1 zweifelt, ob ein Ort TioXtg genannt 
werden kann, der keine agxeia. kein yv(.tvdmov y 
kein Theater, keine Agora hat. Traian sagt: 



Österr. Jahresh. I Beibl. 48 'Etprjft. dgx- 1892, 168, 
68 (192 v. Chr.) ; yvpvdoia (260-247 v. Chr.) Geogr. 
gr. min. I 105. Titus-Herakles-G. Plut. Titus 16. 
27. Chios Athen. Mitt. XIII 566. 'Adtjvä XX 164f. ; 



gymnastü mdulgent Grwculi Plin. ep. X 40. V/tfeetov y. CIG 2221. 28 Delos IG II 985. Bull. 
Anstid. XV 232 preist die Pracht der G. in hell. XIII 413. Eupator-G. Dittenber*er Or. 
Smyrna, dagegen wird die Verödung der G. be- 367. 29. Delphi Paus. II 8. Bull. hell. XX III 56$ 
klagt von Athen, V 213 d. Dio Chrysost. or. 30,30(4. Jhdt. v. Chr.). 565 (258 v. Chr.). 566. 570 
17. Aristid. XX 261. XLI 513. Selbst die Sv- (250-221 v. Chr.). 572. XXIV 464. 30. Elatea 



bariten hatten G. Athen. XII 518 f; bei Plautus 
wird das G. oft erwähnt, auch die Mehrzahl z. B. 
Amph. 1011. Plat. leg. VI 761 C verlangt die 
Anlage von yvjuvdoia; rep. III 404 B bezieht er 
die yvfivaonxrj besonders auf den Krieg, vgl. leg. 
VII 813 D. VIII 830 D. Arist. Pol VII 11 spricht 
von za, yv/iivdota x&v xosaßwegeov. Nach diesen 
wenigen Angaben schon werden wir voraussetzen 



Bull, hell X 382, 18. 31. Eleusis IG 11614 b. 
32. Elis Strab. VIII 337. Paus. V 15, 8; Aa- 
Xiuuov y. Paus. V 15, 7. 33. Ephesos Strab. 
XIV 634; yvfivdota Xen. hell. III 2, 11. TAM; 
y. Le Bas III 141. Journ. of phil. VII 140; 
dgyjüov y. Anc. Gr. inscr. 618 b; xaivbv y. TAM; 
to avm y. TAM. 34. Epidauros : rot y., Avxswv 
IG IV 1467. 35. Eretria Am. joum. arch. XI 



können, daß jede Stadt ein oder mehrere G. hatte ; 40 173. 188 (2. Jhdt. v. Chr.). Philol. X 300. 36. Ery- 
Pausanias nennt in 20 Städten G., die folgende thrai 'Afojvä XXI 347f. (2. Jhdt. v. Chr.). 37. Gy- 
statistische Übersicht führt 128 Orte an, für die "---'- T - T ' TT ^ Jrt ""■"" ^ ^ — " 
G. bezeugt sind. 

Übersicht nach Ort und Zeit. 1, Adada 
(Kara Baulo, Pisidien): xb Seovtjgsiov y. Sterrett 
Wolfe exped. 426. Ägypten: 2. Alexandreia 
Strab. XVII 795; rä Iv rfj Nixiov Ovo y. Ar- 
ohiv f. Papyrusf. IV 238. \ Kairo ebd. II 548, 
26 (185-151 v. Chr.). 4 Aigina IG IV 4. 43. 
45. 46; dfKpözega xd y. Rev. Et. gr. XV 138, 3. 
5. Aizanoi CIG 3831 a« (161-180 n. Chr.). 6. Akrai- 
phia IG VII 2712. 4134. 7. Akriai Paus. III 
22, 5. 8. Alexandria Troas : iegov y. CIG 3588 c. 
Amorgos IG XII 7: 9. Aigiale 515 (2. Jhdt. v. 
Chr.) : yvfivdg 447. 10. Minoa 235. 254. 11. Am- 
phipolis Österr. Jahresh. I 181 (1. Jhdt, v. Chr.). 
12. Anaphe IG XII 3. 253. 13. Ankyra: tö zov 
UoXvetöov y. Arch.-epigr. Mitt. IX 145, wohl das 
ebd. 115, 67 genannte TloXmidov. 14. Antikvra: 



theion Le Bas II 243 a (161/9 n. Chr.). 38. Ha- 
liartos IG VII 2849. 39. Halikarnassos : ;>. zb <Pi- 
linnsiov Class. Eev. VIII 217 = österr. Jahresh. 
XI 53. Newton Halicarn. II p. 687 (3. Jhdt. 
v. Chr.): tö dvm y. Newton ebd.; y. tCmv £<pt]- 
ßoyv Le Bas III 1618. 40. Herakleia am Aso- 
pos (Thessalien) Liv. XXXVI 22 (191 v . Chr.). 
41. Hierapolis: to fiti^ov y, Jude ich nr. 6 b, c. 
50 42. Hypata IG IX 2, 31. 56. 43. Iasos Bull, 
hell. XI 213, 2. Rev. Et. gr. VI 187, 32; xi> 
zmv vfoiv y. Rev. Et. gr. VI 157. 3; zd zecoaga 
y. ebd. 175, 9. 44. Jerusalem Makkab. 1, 12. 
45. Ilion IGE IV 212. 46. Iotape CIG 4411. 
47. Kadyanda TAM. 48. Kaliatis Antike Denk- 
mäler aus Bulgarien nr. 94 (100 v. Chr.). 49. Kios. 
Bull. hell. XVI 320, 3. 50. Knidos Anc. Gr. 
inscr. 787; Antigonos-G. ebd. 797 = Rh. Mus. 
XXIX 25 (3. Jhdt, v. Chr.). 51. Koloe' : zb 2s- 



dgyalovy. und ein zweites Paus. X 36, 9. 15. An- 60 ßaozbv y. Rev. Et. anc. IV 264, 14. 52. Ko- 
tiochia (Syrien) Athen. V 195 c. X 493 b. XII rinthos: y. zb äo/alov Paus. II 4, 5. 53. Kos:y. 
o27e. Bull. hell. XXX 338 (3. Jhdt. v. Chr.). xibv veojv Paton-Hicks nr. 8. 54. Kreta, Gortyn 
16 -^P nrodisias J ri> Atoytviavbv y. CIG 2782; Gr. Dial.-Inschr. 4991 (ög6/io S = y.). 55. Kvaneai 



y. CIG 2796. Bull. hell. IX 75, 5. 17.,Apol- 
lonis (Lydien): rot ovo y. irp^ßoiv Rev. Et. gr. 
III 6. 18. Argos: nav y. IG IV 597. 602; yvp- 
vdoia 606 ; y. KvXdgaßig Paus. H 22, 8. 19. Ar- 
.neai IGE III 639 (112—117 n. Chr.). 20. Aso- 



Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 28. 56. 'Kyme 
CIG 3524. Kvpros: 57. Kerynia Rev. Et,' gr. 
XVII 212 (nach 27 v. Chr.). 58. Kition Rev. 
arch. 1885, 345 (246—221 v. Chr.). 59. Lape- 
thus Dittenberger Or. 583. 60. Salamis: y. 



■dl/Vi uyiiuutBiuiu 

*$/tov Le Bas III 2756. 61. Kythera Ditten- 
b erger SyU. 2 506. 62. Kyzikos Journ. hell. 
-Stad. XXHI 89. 68. Lagina: tb Svco y. Bull. 
TiclL XI 146, 46. 64. Laodikeia a. L. Am. journ. 
arch. in 345 (129 n. Chr.). 65. Las Paus. III 
24, 7. 6Q. Lesbos, Mytilene IG XII 2, 134. 
■67. Magnesia a. M. : yvfivdma Kern nr. 179. 
•68. Magnesia a. S. Denkschr, Akad. Wien LIY 
nr. 1 (2. Jhdt. v. Chr.). 69. Mantinea Paus. YIII 
■9, 8. Bull. hell. XX 125. 70. Megalopolis Paus. 
VIII 31. 8. 71. Megara Paus. I 44, 2; VXvft- 
mIziqv IG VII 31. 72. Messene Paus. IV 32, 1. 
73. Miletos mit Branchidai und Didyma Anc. Gr. 
inscr. 925; advza rä y. ebd. 922; y. rb JlroXs- 
jiästov (gegründet zwischen 266 und 261 v. Chr.) 
■ebd. 925 b; zb $avorlvetov y., rb ftiya y„ y. tov 
Kmitwog CIG 2881. 74. Mylasa CIG 2962. 
75. Myi-a IGR III 739 XIX. 76. Neapolis Strab. 
V 246. 77. Netum: c hg<ovetov IG XIV 240. 

78. Nikaia Plin. epist. X 39. Strab. XII 566. 

79. Nikopolis Strab. VII 325. 80. Notion : 'Oftf- 
getov österr. Jahresh. VIII 163. 81. Nvsa: y. 
z&v viw Strab. XIV 649f. 82. Olbia'Laty- 
schen I 22. 83. Olympia Paris. V 15, 8. VI 
6, 3. 21, 2. 24. Oropos : dab yvpvaattov IG VII 
414 (366-338 v. Chr.). 85. Panamara Bull. hell. 
XXVIII 49, 36 ; t« y. XI 279. 283 ; tä ovo y, XXVIII 
257, 80 ; dfitpörega zä y. XV 199 ; exdxega zä y. XV 
185; zb'AÄgidvstov'Avratveivov y, XXVIII 45. 86. Pa- 
tos IG XII 5, 129. 292. 87. Pellene: dgxaiov y. 
Paus. VII 27, 5, 88. Pergamon: y. xüv aaidcov 
Inschr. v. Perg. 467. Athen. Mitt. XXVII 160. 
XXXII 433, 286 ; y. röiv r*W Le Bas in 1723a. 
Inschr. v. Perg. 461. 466. Athen. Mitt. XXVII 
1G0 ; xavriyvQtxbv y. Inschr. v. Perg. 463 A. Athen. 
Mitt. XXIX 152, 1 (139-133 v. Chr.); tä y. 
Athen. Mitt. XXIV 178, 30; itdvra rä y. XXXII 
330, 61; dfnpozsga zä y. Inschr. v. Perg. 458; 
rb V (= reaoaga) y. Athen. Mitt. XXXII 315, 
40; rä Tihzs y. ebd. 321, 50. Der xziarrjg S£ 
yvfivaaicov Le Bas III 1723 c bezieht sich nicht 
auf Pergamon, sondern auf das xoivbv 'Aaiag, wie 
bereits Curtius Herrn. VII 44 richtig bemerkt 
hat. 89. PergeLanckoronski I nr. 29. 90. Pe- 
rinthos Arch.-epigr, Mitt. Vni 220, 50 (1. Jhdt. 
v. Chr.). 91. Phanagoria Latyschew II 360 
(2. Jhdt. n. Chr.). 92. Phigaliä Paus, VIII 39, 
6. 93. Phintia (Gela) IG XIV 256. 94. Priene 
Inschr. v. Pr. 108 (ca. 129 v. Chr.). 112. 114. 
95. Regium Theophr. h. pl. IV 56. Plin. n. h. 
Xn 1, 7. 3. 96. Rhodos Polyb. V 88, 5 (217 
t. Chr."). IG XII 1 , 3. 97. Salamis (Insel) IG 
II 594 (127 v. Chr.). 98. Samos: Eros-G. Athen. 
Xni 561 d. 99. Sardeis Polyb. XXXI 10; zb 
y. yegovotag Mova. x. ßißX. 1876 1878 p. 25. 
100. Sebastopolis (Karien) Bull. hell. IX 346, 30 
(116/7 n. Chr.). 101. Sebastopolis (Pontos) IGR 
in 115. 102. Sestos Dittenberger Or. 339 
{125 v. Chr.). 103. Sikvon Paus, n 10, 1, 7. 

104. Silandos: zb äroj y. BuU. hell. XI 205, 26. 

105. Smyrna: yvftvdaia Aristides XV 232. XX 
261 ; ein y. und das Homereion erwähnt Strab. 
XIV 646; Asklepios-G. Philostr. vit. sophist. II 
26; Mifivegfiswv CIG 3376. 106. Sparta IG IV 
939. 940. CIG 1306. 1353. Be Bas II 194 c. 
Annoal XII 452; tä y. CIG 1384. Aelian. v. h. 
Xu 43. Eurykles-G. Paus, m 14, 6; y. x&v 
tg»jßtLH> xal t&v via» Plut. Kimon 16. 107. Stra- 



uyumatumu avuq 

tonikeia (Karien) CIG 2719. Le Bas III 517. 
108. Sybaris Athen. Xn 518 f. 109. Synnada 
Bull. helL XI 219, 13. 110. Syrakusai Cic. Verr. 
n 4, 52. Liv. XXLX 19. Athen. V 206 e; 71- 
fioksovzeiov Plut. Timol. 39. Nepos Timol. 5, 
111. Tanagra Paus. IX 22, 3. 112. Tarsos: y, 
zoiv vswv Strab. XIV 673. 113. Telmessos Bull, 
hell. XIV 169, 3. 114. Teos Dittenberger 
Syll.2 523 (ca. 300 v. Chr.). CIG 3085. 115. Ter- 

lOmessos Lanckorofiski II 8—11; rä y. ebd. 5. 
116. Theben IG VII 2537; rb "Mdov y. Paus. 
IX 23, 1 ; Herakles-G. ('HgäxXeiov) Paus. IX 11, 
7. 117. Themisonion Michel Rec. 544 (114 v. 
Chr.). 118. Thera IG XII 3, 327. 331; rb h 
Om y. 528. 534. 119. Thespiai: ro äva> y. IG 
VII 1777 vgl. Bull. hell. XXVI 297, 16. 120. Thya- 
teira Bull. hell. XI 465, 31 ; rä y. Bull. helL X 
420, 29 ; zb fisya y. BulL hell. X 420, 29 und 
besser Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 40; rb 

20 zgizov y. Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 69 ; rä 
jiQoira. y. xal xarä rb dg%aXov xb rgirov CIG 3502. 
3503. Athen. Mitt. XXIV 235, 77. 78. Denkschr. 
Akad, Wien LIV nr. 65-68. 121. Tralleis Strab. 
XII 759. Athen. Mitt. VIII 334, 15 ; rä zgia y. 
ebd.318,2 ; gymnasiumCÜAlI 7146. 122. Trozen: 
xb y. rb 'IjmoXvzeiov IG Vn 754 (3. Jhdt. v. Chr.) ; 
y. 753. 123. Xanthos (Letoon) : xb sv tioXei y. 
IGR HI 605. 124. Damaskos Joseph, bell. lud. 
I 422. 125. Tripolis ebd. 126. Ptolemais ebd. 

30 127. Elephantine Philol. LIII 82 (232 n. Chr.). 
128. Omboi Archiv f. Pap. V 410 (136/5 v. Chr.). 
Wir sehen demnach für die Zeit vom 5. Jhdt. 
v. Chr. bis zum 3. Jhdt. n. Chr. in allen Län- 
dern, wohin hellenische Bildung gedrungen , G. ; 
ergänzend tritt hinzu die Übersicht über die Gym- 
nasiarchen, s. d. 

Geschichte des Gymnasions. Fou- 
geres unterscheidet vier Perioden in der orga- 
nischen Entwicklung des G.s: 1. der bloße ögö- 

40 fiog ; 2. die archaische Periode, der die drei alten 
G. Athens angehören ; 3. die hellenische und hel- 
lenistische Periode vom 4.-2. Jhdt v. Chr.; 
4. die griechisch-römische Periode. Schneider 
dagegen behandelt 1. den Dromos in Sparta; 
2. die Palästren und G. des übrigen Griechen- 
lands bis zu den Perserkriegen ; 3. die gymnasti- 
schen Übungsanstalten von den Perserkriegen bis 
auf Alexander d. Gr. ; 4. die gymnastischen Übungs- 
anstalten der hellenistischen und römischen Zeit. 

50 Gegenüber dieser Einteilung möchte ich hinzu- 
fügen die Bestimmung des G. nach den oben an- 
gegebenen Stufen: 1. das G. als Übungsplatz 
(Exerzierplatz, Übungen für Feste) ; 2. als Turn- 
anstalt; 3. als Unterrichtsanstalt; 4. als öffent- 
licher Festplatz. Doch sollen diese verschiedenen 
Stufen nicht getrennt behandelt werden, da für 
die einzelnen Perioden die Quellen nicht gleich 
ergiebig sind, in vielen Städten auch die An- 
stalten die Entwicklung zeigen. Über den Ur- 

60 sprung und das Alter der G. hat Schneider 
eingehend gehandelt und ich folge ihm in seinen 
Aufstellungen: die G. als Anstalten sind zuerst 
bei den Doriern eingerichtet worden und reichen 
in das 7. Jhdt. v. Chr. zurück ; richtig sagt Cic. 
de orat. n 5, 21 : saeculis multis ante gymnasia 
intenta sunt quam in eis phüosophi garrire 
coeperunt. 

Das Gymnaaion eine öffentliche, staat- 



iwij vryumasiuiii 

liehe Anstalt. Vgl. Ziebarth Schulw. 30f. 
Schneider 32f. Das G. wird als Staatsgut ge- 
nannt in Byzantion Aristot. Oec. II 1346 b, 17 
und in den kleinasiatischen Städten: Appian. 
bell. Mithr. 63, aufgezählt neben staatlichen Ge- 
bäuden von Paus. X 4, 1. Plut. amat. 11. Ari- 
stid. XX 261. XLI 513. Der Staat beschließt 
die Erbauung eines G. : Priene Inschr. v. Pr. 
108 (die xaxaaxsvr) yv/iivaaiov xazä noXiv) vor 
129 v. Chr., Mkaia Plin. ep. 40, sorgt für die 10 
Wiederherstellung: Athen IG II 240 (307/6 v. 
Chr.). Halikamassos österr. Jahresh. XI 53f. ; in 
Petelia IG XIV 637 heißt es : unter zwei Gymnasi- 
archen äv£Oxeväo#i] [y oroä] ex riüv xoiväv i^rniä- 
rcov. Auf Delos finden sich unter den Aufwendungen 
aus der Staatskasse auch solche für das G. Bull, 
hell. XXVII 77 (250 v. Chr.), ebenso in Delphi 
XXIII 565 (258 v. Chr.): zov yvpvaotov xäv i:ii- 
fi,i?.eiav, XXIV 464: zov yvfivaaiov z-rfc 87ztfi.sA.etag 
firfvoiv ff . . . , zffi vÖQaycoylas zfj$ eis zb yvfi- 20 
väotov ... In Ilion heißt es in der Inschrift 
IGR IV 212 (124 n. Chr.) $ ßovXij xal b dfyoe 
. . . jiagsyojQtjGE xo xs yvfivdatov. Im Bereiche 
des G. befanden sich öffentliche Gebäude : in Ale- 
xandreia (Ägypten) ein dtxaazrJQiov Strab. XVII 
795, in Elis das ßovXsvztjQtov Paus. VI 23, 5, 
in Sardeis wurde im G. Gericht gehalten, Polyb. 
XXXI 10. Der staatliche Charakter des G. geht 
auch aus den Widmungen für das G. oder von 
Gjfinnasiarchen hervor : Ephesos Anc. Gr. inscr. 30 
618 b : xelovag rfj jtoXst «iV rb aQxcüov y. ; Hali- 
kamassos TAM: ein Gymnasiarchos Etaidt, 2a- 
gaTiiäi xal T(p örfftep ; lasos Rev. Et. gr. VI 187, 
32 : deT Gymnasiarchos Sopatros zrjv oroäv rq> 
Srif-Hp xal zoig veotg . . . xai dvs&tjxEv rb yvfivd- 
atov zqi dr/ftq)] Kos Paton-Hicks 114: Gym- 
nasiarchos und Hypogymnasiarchos ro'tg vmig xal 
rdj dt)fiq> vgl. aucli Branchidai Anc. Gr. inscr. 
924. 925; Termessos Lanckoroiiski II 5: ro 
äyaXita zov "Egcozog rfj nazgiöi ; Thisbai IG VII 40 
2235 : der Gymnasiarchos rtp ozoäv xai. zqv el'ao- 
frov xal zäg &vgag 'EQfA.f}, 'HgaxXsi xai rfj jioXet. 
Auch die zahlreichen Ehrenbezeugungen der Ge- 
meinde für Verdienste um das G. und die Auf- 
stellung dieser Ehrenbeschlüsse im G. finden durch 
den staatlichen Charakter des G. ihre Erklärung ; 
Beispiele folgen unten. Die gesetzlichen Bestim- 
mungen über die G. zeugen gleichfalls für den 
staatlichen Charakter der Anstalt: den Sklaven 
war der Besuch verboten in Athen : Plut. Sol. 1 ; 50 
sept. sap. conv. 7. Aischin. I 137; auf Kreta: 
Ar ist. Pol. I 5 ; in Sparta war es nach Aelian. 
v. h. XII 43 vgl. Harpokr. s. ftödojy eine Be- 
günstigung der Mothakes, mit den Söhnen ihrer 
Herren im G. üben zu dürfen. Für die vöSot 
war in Athen der Kvuosarges bestimmt: Dem. 
XXin 213. Plut. Them. 1. Suid. s. Kwoaagyes ; 
Harpokr. a. vodela; Bekker Anecd. 274. Dieb- 
stahl im G. wurde besonders streng bestraft in 
Athen: Dem. XXIV 114; vgl. Aristot. Probl. 60 
XXIX 14. Der Staat bestellte auch Beamte zur 
Aufsicht über die Anstalt und seine Besucher, 
s. Gymnasiarchos. Die Lehrer wurden vom 
Staat angestellt und besoldet, z. B. in Pergamon 
und Teos. 

Gymnasion und Palaistra. Neben dem 
G. erscheint als Übungsanstalt die Palaistra, die 
Ringschule, z. B. Poll. m 154. Über die Be- 



uryiimaaimii AVIV 

Stimmung der beiden und ihr Verhältnis zu ein- 
ander sind verschiedene Ansichten aufgestellt, 
worden, von denen nur die letzten angeführt wer- 
den sollen. Ziebarth Schulwesen 28 bezeichnet 
die Palaistra als private Vorschule, Schneider 
30 behauptet, die Palaistra sei wenigstens zu Athen 
Privatanstalt gewesen. Gothein Athen. Mitt. 
XXXIV 122 bemerkt, G. und Palaistra seien in 
späterer Zeit ziemlich gleichbedeutend gebraucht 
worden, und bezeichnet in der Anmerkung Sehne i- 
der s Versuch, Palaistren als Knabenschulen, G. 
als Jünglingsschulen festzulegen, als recht unzu- 
reichend begründet. Ich glaube, wir können be- 
züglich der Palaistra feststellen: sie bildete an 
manchen Orten eine vom G. verschiedene öffent- 
liche Anstalt: auf Delos BulL hell XXVII 67f.. 
(250 v. Chr.) finden wir unter den staatlichen 
Ausgaben auch Aufwendungen auf die Palaistra : 
ojpiviov eiq TiaXaiaxgav, xdöog Iv jiaXaiorgai, iega 
zet "EXetdvsi zä ysvö/Aeva sv zet TiaXaiazgat, elatov 
elg jzalaiozgav ... In Magnesia a. M, Kern 
nr. 102 ersucht die Gerusie um die Erlaubnis, 
eine %aXxi\ eixojv des Eubulides in der Palaistra 
aufstellen zu dürfen; in Mylasa, wo nach CIG 
2962 G. und Palaistra getrennt waren, heißt es 
von dem Gymnasiarchos : dvaßifiaat xoofiiqoag rtjv 
TtaXatargav ; in Theangela errichtete der Demos 
zu Ehren eines Königs eine Palaistra Athen. Mitt. 
XII 334. In Miletos wird eine Stele mit dem 
Volksbeschlusse zu Ehren des Eudemos in der 
naibixrf itaXaiaxga aufgestellt Ziebarth Schul- 
wesen 8 Z. 84. Wenn in Halikamassos die vsot^ 
solange das Philippeion-G., das G. der veoi, ver- 
fallen war, die jzatötxrj naXalorga benützten, muß- 
diese eine öffentliche Anlage gewesen sein, österr. 
Jahresh. XI 56, 2. Öie Palaistra bildete einen 
wesentlichen Bestandteil des G., vgl. Gardiner 
467: die Palaistra konnte bestehen ohne ein G., 
aber kein G. ohne Palaistra, vgl. das Lykeion in 
Athen Plut. X or. vit. 7 und das G. in Knidos 
Anc. Gr. inscr. 797. Daher erklärt sich die 
Ehrung eines Gymnasiarchos durch die izaXawzgl- 
zai in Kerynia auf Kypros CIG 2627, durch die 
d/.Ei<pd/nevoi iv rfj ysgovzixfj jiaXaiaxgq auf Samos 
Bull. hell. V 480, 3 ; durch diese Inschrift wird, 
auch bezeugt, daß die Palaistra nicht bloß Knaben- 
schule war, vgl. schon Schömann-Lipsius I 
551. Wenn sich in Teos CIG 3086 dxäXaiozgot 
der Ehrung für den Gymnasiarchos anschließen, 
können wir darunter diejenigen Besucher des G. 
verstehen, die die Palaistra des G. nicht benütz- 
ten. Wenn die Palaistra einen wichtigen Be- 
standteil des G. bildete, ist es verständlich, daß 
das Wort Palaistra auch zur Bezeichnung des 
ganzen G. gebraucht wurde: so wird es zu ver- 
stehen sein (Xen.) rep. Athen. II 10. Poland 
Gesch. d. griech. Vereinsw. 103 irrt aber, wenn 
er die fieze/ovreg xr t g iv Ota TiaXalazgag IG XII 
3, 526f. mit den Mitgliedein des dortigen G. XH 
3, 528. 534 für identisch hält. Krause'£i./.i?n x « 
I 109 meint, y. werde außer in dem Droinos von 
Sparta nicht zur Bezeichnung eines Teiles der 
Gesamtanstalt gebraucht, sondern bezeichne immer 
das Ganze: eine Inschrift in Delphi Bull. hell. 
XXIII 565 beweist, daß auch ein Teil der ganzen 
Anlage als y. bezeichnet wurde. Palaistra als- 
Privatturnschule begegnet uns häufig : zu den von 
Schneider 30f. angeführten Beispielen für die- 



Benennung derselben nach dem Besitzer oder 
Xeiter fuge ich hinzu: Athen IG II 444. 445: 
szäideg ix rfjg Ttfteov xaXafozgag : 446 : yialSsg ix 
"Ärttyevov naXaiozQa;; Delos Bull, hell. XV 255 : 
der Paidotribes läßt xovg ix xrjg iavzov naXaioxgag 
aufzeichnen; 264 wird ein stprjßevoiv ex xifc Nixr)- 
gdzov xai NixfjQaxov AXe^avögicov naXafozQag ge- 
nannt; vgl. die Zusammenstellung 266f. 

Lage des Gymnasions. Plato leg. VII 



österr. Jahresh. XIII 113f. müssen wir annehmen, 
daß bis gegen das Ende des 3. Jhdts. v. Chr 
noch ein viertes G. , ein Knaben-G. , in Müetos 
bestand. Vier G. sind bezeugt in Iasos. Ephe- 
sos zählte nachFalkener fünfG., bekannt sind 
vier. Fünf G. finden wir in Pergamon (Athen. 
Mitt XXXm 321, 50). In Thyateira müssen 
wir vier G. annehmen: außer dem nq&tov, öev- 
zeqov, xqLxov wird noch ein (.teya y. erwähnt; vgl. 



Qf\An ™,.i„ t- ' • » -«— "6' ■" **uvv, c(tiTov wiru noca ein «w r. erwähnt: vel 

804 C verfangt wot ro aozv yvjtvama xai et x J>- 10 Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 39. Die iößte 



oia To$txfi$ xe usw. Wir finden außerhalb der 
Stadt die G. angelegt in Adada Sterrett Wolfe 
«exped. 426, in Akriai Paus. HI 22, 5 , in Argos 
Paus. I 44, 2. Liv. XXXIV 26, 2, in Athen die 
■drei alten G.^ Akademie Plat. Lysis 1. Paus. I 
29, 2. Suid. s. AxaS^ia (pigodateior). Liv. XXXI 
24; Lykeion Plat. Lysis 1 ; Kynosarges Plut. Them. 
1 (ßoi TivXüv). (Plat.) Axiochos 1 , in Ephesos 
Strab. XIV 634, in Herakleia (Thessalien) Liv. 



Zahl von G. weist Athen auf: die drei alten G 
dazu kommen ein G. der Epheben (IG II 251b' 
falls die Ergänzung richtig ist), das Ptolemaion' 
das Diogeneion, das Hermes-G., das G. Hadrians 
(Ziebarth Schul w. 45 bezeichnet es unrichtig 
als Traians-G.) und das von Boiotern gestiftete 
G. des Zeus Akraios und der Antha. 

Bezeichnung. Die einzelnen G. sind be- 
zeichnet: 1. nach einem Gotte, einem Heros oder 



XXXVT 99 i„ w OMt , tw t V o - Vr-i oa . m Xt- L ' na,Ufl einem uotte, einem Heros oder 

AXXV1 22 in Megara Paus I 44 2, m Niko- 20 einem Heiligtum: so das Asklepioa-G. in Sinyrna 

polis am Ister Skab VIII 325 (fr f Qoaoxda,), das Eros-G .auf Samos, das Ho&leMJ. ? n Theben 

n l^^:'l3l ^Ä 113 ™* ™ *. *» Hermes-G. in Athen, dTS 



In der Stadt finden wir G. : in Athen die späteren ; 
in Elis Strab. VIII 337; Knidos Anc. Gr. inscr. 
787; in Megalopolis Paus. VIII 31, 8; in Nikaia 
Strab. XII 566; in Priene (*ara xoXiv) Insehr. 
v Pr. 108; in Sikyon Paus. II 10; Tarsos Strab. 
XIV 673; Xanthos (fr x6Xei) IGR III 605. Be- 
vorzugt wurde die Nähe eines Flusses oder einer 



des Zeus Akraios und der Antha in Athen; die 
Akademie in Athen, das Iolaos-G. in Theben, das 
'InTioXyzeiov in Trozen, das 'O^qsiov auf Chios 
und in Notion; das Ävxetov in Athen und in 
Epidauros, das 'OXvftnUiov in Megara ; nach Titus 
Flamininus und einem Gotte benannt ist das 
Titus-Herakles-G. in Chalkis; 2. nach einem Ka- 



suelle- \stvriiliun TP yttT QftoT - - T on \ 1L ^--™™s-^ m Unauas; 2. nach einem Kö- 



Ehs am Pencios Strab. VIII 337. Paus. VII 23 
«; Herakleia am Asopos Liv. XXXVI 22; Korin- 
thos bei der Lerna Paus. II 4, 5; vgl. Aelian. 
var. bist. VIII 14; Las an der Quelle ralaxto 
Paus. III 24, 7; Sardcis (xQfon) Mova. x. ßißX. 
1876/8, 25 ; SpaTta in der Nähe des Eurotas Liv. 
XXXV 35; Tarsos am Kydnos Strab. XIV 673. 
Wo die G. nicht an einem Gewässer lagen, wurde 
4urch Wasserleitungen für das notwendige Wasser 



G. auf Delos, das *hod>vstov in Netuni, das UzoAs- 
[ideiov in Athen und in Miletos; 3. nach einem 
Kaiser : so das A^idrstov y. in Athen, das 'ASgtd- 
vetov'Avxmvstvoi' y. in Panamara, das Zeov^qewv y. 
in Adada, das <Pavozlv£iov y. in Didyma; auf 
welchen Kaiser sich das lEßaoxor y"m Koloe" 
bezieht, ist nicht bekannt; 4. nach einem berühm- 
ten Staatsmanns: das Ttfioh-övruov in Syrakus 
(von Schneider 65 fälschlich nach Korinth ge- 



o-^Arrrf Im fti. Ti A - * i i. ■ V t. *i ,r,^ wl o c u ii ö i u « r oo iaiscmicn nach Korinth ge- 
13; ZrlJ Tf^ 1 ^ ^^^ an- 40 setzt); 5. nach dem Gründer: so das Atoy^l 
gegeben werden. Aut einen zweiten Punkt für in a^ » A n * a *.. * *_t._.j- ... ' , 



gegeben werden. Auf einen zweiten Punkt für 
die Anlage des G. hat Gothein 118f. nach- 
drücklich hingewiesen: es ist die Anknüpfung an 
eine Kultstätte. Außer der Akademie ist auch 
das Lykeion und der Kynosarges zu nennen. In 
Korinthos lag das alte G. in der Nähe des Tem- 
pels des Zeus und des Asklepios, Paus. II 4, 5 ; 
in Sparta stand rechts vom Dromos ein Heilig- 
tum des Asklepios, Liv. XXXV 35. Besonders 



in Athen, das Jioysnaröv in Aphrodisias , das 
Damatrios-G. in Astypalaia, das Eurykles-G. in 
Sparta, das KvXdgaßts-G. in Argos, das Laiich* 
mion in Elis, das Mtfirigfmov in Smyrna, das y. 
Kamxoivog in Miletos, das G. des Polyeides, auch 
IIöXyEtdov genannt, in Ankyra, das &dvuietov in 
Halikamassos , das den vioi diente. Außerdem 
finden wir das G. bezeichnet nach der Alters- 
klasse, für die es bestimmt war: so das y. xür 



A; a ^ -n„„- l r Vi . . " B " ,IUC15 Kianse, mr uic es oestinnnt war: so das v xtiv 

d e & e Beziehung zu Asklepios ist zu beachten : 50 ™'oW in Pergamon, y. i^ß av Apollonis (Lydien) 
*u finden es erklärlich, daß Asklepios. der über und Äthan. „ ™, zLLl?L) ,2.^\}l^r 



wir finden es erklärlich, daß Asklepios, der über 
die heranwachsende Jugend wacht, seinen Tem- 
pel im G. zu Pergamon hat. Athen. Mist. XXX ni 
421; Gothein 125 erklärt den Tempel im G. 
zu Pergamon unrichtig als einen des Herakles. 
Über die Tempel im G. selbst wird bei den 
Bauten die Piede sein. 

Zahl. Die Zahl der G. war verschieden nach 
der Größe und nach den Mitteln der Stadt, so- 



und Athen, y. xojv e<pt}ßcov xai zon' vimv in Sparta, 
•/. iwr viiov in Halikamassos, Iasos, Kos. Nysa,' 
Pergamon und Tarsos, y. yeoovoiag in Sardeis, 
das yeoovztxov (v.) in Nysa. Auch nach dem Alter 
wird es benannt : so das agyatov y. in Antik vra, 
Elis, Ephesos, Korinthos und Pellene, das xaivbv 
y. in Ephesos; oder nach der Lage: das aveo y. 
in Ephesos, Halikamassos, Lagina, Silandos und 
Thespiai, das y. fr ti6?.ei in Xanthos, das xaxä 




lermessos, Theben. In Panamara wird außer den 
awei U. auch ein *Aö@iavetov 'Avzoovstvov yvuvdatov 
genannt. Drei G. finden wir in Halikamassos, 
S ■¥B%. m Salam is auf Kypros (xqItov y. Le 
Bas IÖ 2756) und in TraUeis/ In Müetos kennen 
thi Oreitf., nach den Ausführungen Ziebarth s 



Pergamon, ein Ieqov y. in Alexandria Troas, ein 
peya y. in Miletos und Thyateira, ein fn;l£ov y. 
in Hierapolis, ein tqi'xov y. in Salamis auf Kypros 
und in Thyateira. 

Bestimmung des Gymnasions. Das G. 
diente zunächst als Übungsplatz der jungen Burger- 



VJ TILlUrtEJlUIU 



söhne für den Kriegsdienst; dort wurden die 
Paraden abgehalten: so im Lykeion und in der 
Akademie zu Athen, Bekk. aneed. 277: Avxstov 
yvftvdotov yv 'A&tfvtjot, anb AvxeIov rtvbs 'AnöX- 
Xojyog ovofiao&ev , sv tß xai tag axqaximxixdg 
i^szdastg knoiovvxo; Vgl. Xen. 'l7inaQ%. III 
1. 6. 14. IG II 467. 478. Agesilaos ließ in 
Ephesos seine Truppen in den G. exerzieren, 
Xen. hell. IH 4, 16f. = Agesil. I 25. Auch nach- 
dem die Ephebie ihres militärischen Charakters 10 
entkleidet und das G. zur Erziehungs- und Unter- 
lichtsanstalt geworden war , blieb es vor allein 
für die Epheben bestimmt, wie dies die Inschrif- 
ten aus Athen zeigen. In Haliartos IG VII 2849 
lesen wir von der Tätigkeit eines Philosophos : 
ifttdt&s TioiEiadfiEvoz ev zv yv{tvaolv a^oXdöSmv, 
zotf re sKpstßoig'staidevoiv] in Delphi Bull. hell. 
XXIII 572 von dem Grammatiker Menander: 
aTtoxad'rjiMvog sv xöii yvfivaciwi xai dtaxi^d^ievog 
cyoXdg. Von Pellene berichtet uns Paus. VII 27, 20 
5: yvf&vdoiov de d.Qx e i QV & i<pv)ß<*>v fxäXioza dvsl- 
zat ßE?Jxr]v ' ovÖe ig zip noXizsiav iyyQaqpfjvai 
jiQozegov xa&saztjxev ovdsvi xqiv äv sfprjßevatüai, 
von Sikyon Paus. II 10, 6: aatdevovot svxav&a 
(nämlich im G.) szi xovg itpijßovg; vgl. [Plat.] 
Axiochos 4: ijzsidäv öe xi$ slg itptfßovg ^yyQo,tpfj, 
xoa/^irjzjjg xai <pößog xeiqojv, meiza Avxeiov xai 
^Axaö^uta xai yvßv<xöiaq%ia xai Qaßöoi xai xanüv 
aftszQia und das im Art. Gymnasiarchos Aus- 
geführte. Die G. dienten ferner als vorbereitende 30 
Übungsplätze für die Festspiele: so in Athen für 
die Fackelläufe, s. Gymnasiarchos, in Delphi 
und Olympia für die Teilnehmer an den Agonen. 
An das G. schloßen sich andere Altersklassen 
an, so daß es zum Mittelpunkte des öffent- 
lichen Lebens, zum ,Bürgerkasino' (Mommsen 
E. G. V 326, 1) wurde , wo Feste , Beteilungen 
und Volksbewirtungen stattfanden. Im G. wur- 
den auch die Vorlesungen abgehalten: in Delphi 
die eines Geschichtschreibers Gr. DiaL- Insehr. 40 
2724, in Lamia IG IX 2, 62 die der epischen 
Dichterin Aristodama aus Smyrna. Zutritt zum 
G. hatten nicht mehr Bürger allein, sondern auch 
Fremde, Frauen und Sklaven. Für die Bestim- 
mung des G. als Erziehungs- und Unterrichts- 
anstalt, sowie als staatlicher Festplatz geben uns 
die Inschriften näheren Aufschluß, daher im 
Folgenden darüber eingehender gesprochen wird. 
Das Gymnasion als Erziehungs- und 
Unterrichtsanstalt. Seit dein Umsch wunge 50 
in der Jugenderziehung zur Zeit des Peloponne- 
sischen Krieges und "der Aufnahme der huma- 
nistisch-literarischen Bildung in den Gymnasial- 
unterricht bildete das G., wenn auch nicht die 
einzige, so doch die wichtigste höhere öffentliche 
Unterrichtsanstalt für die körperliche und geistige 
Ausbildung. Melanion, der als ävrjQ oaxpooov xai 
xexaiSevftEvog bezeichnet wird, hat seine Bildung 
im G. erhalten, Anc. Gr. inscr. 925 (Branchidai) 
dxo ze zfjg nQovzrjg TjXtxiag ^i]Xa>zr}g xojv xalliozmy CO 
yevdfievog dveoxQajtxat iv x0 yv{tvaoi'q> (pü.o^.ovmv 
xai <pdo(ia&(öv xai etii za xdXXioxa exidtSovg 
iavxöv kv ze zoXg olxeiotg xf^g tfXtxiag Traidsv^aacy 
xazayivdfisvog xai iv xoig xazd tptXoooqpiav Xoyotg 
ixavfjp efiv xai ngoxo^ijv ia/^xdg. Der Staat führte 
die Aufsicht durch besondere Beamte, die Gym- 
nasiarchen, Sophronisten, Paidonomoi (s. <L). Die 
Lehrer werden bezeichnet als ütat&evzai, Athen 



IG II 478. 1098; Elaia Mova. x. ßtßX, 1875/6, 
18, 105; Ephesos österr. Jahresh. VIH 135; 
Kallipoüs Dumont Melanges 100a; Pergamon 
Insehr. v. Perg. 252 u. o\; Priene Insehr. v. Pr. 
112—114; Rhodos IG XII 1, 918; Smyrna CIG 
3185. 3376; Themisonion Michel Rec. 544; 
Thespiai IG VII 1861 und alsöiSdaxaXoi, Athen 
IG II 215b. 471; Kos Dittenberger Syll.2 
619 und Themisonion Michel a. Ü. Als Lehrer 
der gymnastischen Fächer erscheint der naido- 
%Qißf}9, Athen IG II 316. 467; der oTiXopdxog, 
Delos Bull. hell. XIH 420 (für natdsg, fytjßoi 
und vsavioxot); Eretria Amer. journ. arch. XI 
173; Teos Dittenberger Syll.2 523; der xaxa- 
XEXza<p£zt]g , Athen Aristo! A&. noX. 42. IG n 
316; der äyfoijs t Athen IG II 467; der zo^dxfjg 
Athen Aristot. a. O. IG II 316; Teos a. O.; 
der äxovxiozrjg, Athen Aristot. a. O. IG II 316. 
467; Teos a. O. Für die humanistischen Fächer 
finden wir: ygaßjttaztxoi Athen IG II 478. 481. 482 ; 
Delphi Bull. hell. XXIII 572; Priene Insehr. v. Pr. 
112; <pdöoo<poi Athen IG II 466—468. 471. 482; 
Haliartos IG VII 2849; fäzoQss Athen IG II 
481. 482; Eretria Amer. journ. arch. XI 173; 
cptXoXoyog Eretria a. 0. 188; Priene Insehr. 
v. Pr. 112. 113; yEWfiEZQtjg Kallipolis Dumont 
Melanges 100 a. Als Musiklehrer wird in Teos 
a. 0. ein xidagtoxt}; oder yjäXxtjg bestellt. Die 
regelmäßigen Vorträge der Lehrer werden be- 
zeichnet als ayoXaU Athen IG II 466f. ; Delphi 
Bull. hell. XXIH 572; Eretria Amer. journ. 
arch. XI 173. 188; die Vorträge auswärtiger 
Dozenten als äxQodastg Athen IG II 466—468. 
481. 482; Pergamon Athen. Mitt XXXIII 380, 
2. XXXV 401, 1; vgl. österr. Jahresh. XIII 110; 
Sestos Dittenberger Or. 339 und imÖEtg'Etg 
Haliartos IG VII 2849 vgl. Lamia IG IX 2. 62. 
Die Unterrichtsfächer lernen wir kennen aus den 
Siegerlisten über die in den G. abgehaltenen 
Prüfungen (dycovagia, djtodsi^sig, diaögoftai), zum 
Teile auch aus den Aufzeichnungen über öffent- 
liche Agone, für die die Teilnehmer in den G. 
geübt wurden. Als allgemeine Fächer finden wir: 

1. Evzag~ia, gutes Betragen, in Ervthrai Abb. 
Akad. Berl. 1909, 59, 14; Herakleia Pontica Bull, 
hell. XXII 493; Massilia IG XIV 2445; Samos 
Athen. Mitt. XXVIII 353. Michel Rec. 900. 
Tanagra IG VII 557. Über Evza^ia als Muse 
der Gymnasiarchen vgl. Athen. Mitt. XXXV 469. 

2. Eve^ia, gute körperliche Verfassung, in Ery- 
thrai, a, O.; Herakleia Pontika a. 0.; Samos 
Michel Rec. 900; Tralleis Michel Rec. 906. 
907. 3. 4>do7iovia, Fleiß, in Ervthrai a. 0. und 
Samos a. 0.; vgl. Anc. Gr. inscr. 925 rpdoxovaiv. 
4. HoXviia&ta, enkyklopädisches Wissen, in Ery- 
thrai a. 0. und Teos CIG 3088. In Pergamon 
erscheinen die Epheben eingeteilt in evzaxtoi, 
yäo-tovoi und svsxxat Athen. Mitt. XXXITI 388f. 
IGR IV 482. österr. Jahresh. XIII 111. Über 
die TurnfächeT, aatftaxtxä fiad^ßaxa Insehr. von 
Priene 112, xd iv zfi yvfiraoioj yvfAvdoftaxa Akrai- 
phia IG VII 4134, wird im Art. Gymnastik 
eingehend gehandelt: ich muß mich begnügen, 
einige Beispiele anzuführen. In Athen sind es 
die d@6fj.oi in den Gymnasien IG H 466 — 469. 
471; d&izos, ÖiavXog, dXxij IG HI 1148f.; in 
Babylon Klio IX 352, 1 t6£ov, dxdvztov, -ihgeüiv, 
donig, SoXt^og und axddior , in Chalkis Österr. 



avio wymnasram 

Jahresh. I Beibl. 48 66lt%os, ozd&tov, SiavXog, 
xdXij, aivyfty, siavxgäxiori auf Chios CIG 2214 
Sohxog, malt}, jrvyfttf; auf Keos x6g~ov f dxovxtaia; 
auf Samos Bull. hell. T 480 xazaniXzt], dxovziov, 
Tofov, 07ilot&a%ia, öiavXog, 6ff6/xog, 4vgsafiaxia ; 
in Sestos Dittenberger Or, 339 diaxovxtafiög, 
onlojLtan'a, öiazogst'a; in Tralleis Michel Rec. 
906f. 6ntovztaia f zo'^ixrj, Sgö/nog. Über die Turn- 
fächer berichtet auch Lutian. Anacharsis 7 und 
Lexiph. 5. An humanistischen und musikalischen 
Fächern lernen wir kennen: Athen IG III 1148 
— 1151 ivxoSftiov , Koitj/ua, isuvixiov, Xöyoi xqo- 
TQBjitutoL Plut. quaest. conv. IX 1, 1 (im Dioge- 
neion) ygäftpaza, ysoifiezQi'a , Qrjzooixd, ftovötxrj; 
Chios CIG 2214 ävdyvwotg, ^a^xoibla } tpaX/j.ög, 
xtdagioftog ; Kos Paton-Hicks 59 diaxidagto- 
judg Ziebarth Schuhv. 121 ötarpaXftog • Larisa 
IG IX 2, 531 xaxaXoyij jiaXaid und xaxaloyt) via, 
ivxeofuov Xoyixov und ivxojfttov imxöv; Mag- 
nesia a. M. Kern nr. 107 fxeXoygayla, xtöagto- 
fj,6g, xi&aoanöta, £a>yQa<pia, dgidfir}Ztxr}; Perga- 
mon Athen. Mitt. XXXV 436, 20 xaXXiygayta ; 
Teos CIG 3088 dvdyvcoatg , vjioßoXfj, £a>yQa<pta, 
xaXXiyQatpia. Dittenberger SyU. 2 523 fxovoixa, 
xal xiöagiCetv 7} ytdXXetv. Die Besucher des G. 
werden im allgemeinen bezeichnet als oi dno 
yvjuvaaiov: Ägypten Archiv f Pap. II 157; Delos 
IG XIV 236; Elateia IG IX 1, 128; Kition auf 
Kypros Rey. arch. 1885, 345; Oropos IG VII 
414 ; oi fL-ro yvfiraalov vsaviaxoi Antiochia Syrien 
Bull. hell. XXX 330; oi ix xov y.: Aigina IG IV 
45. 46; Kairo Archiv f. Pap. II 548, 26; Nysa 
Strab. XIV 650; Trozen IG IV 754; oi iv x<p y. 
Rhodos Polyb. V 88, 5 ; oi dütodvofiEvot stg z6 y. 
Chalkis 3 Ey W . äQ%. 1892, 168, 68; Phintia IG 
XIV 256 vgl. Lysias 'Axoandöftaxa LH 75 v Aq- 
Xtjmog . . djieÖvaazo sig zfyv avxrjv ziaXaiGZQav . , 
Sämtliche Teilnehmer an den körperlichen Übungen 
des G. sind zu verstehen unter den älsupdfievoi, 
s. Ziebarth Schulw. 76—79. Die Wichtigkeit 
des d)>£i(pEo$ai beweisen die Angaben in den at- 
tischen Ephebeninschriften qXsiipovzo ivösXexäs 
iv zoig yvfivaöloig IG II 466—468 u. Ö.; vgl. 
Plut. Them. 1. AXsupofisvoi werden genannt: Ai- 
gina IV 4. Rev. Et. gr. XV 138, 3; Delos Bull, 
hell. XV 245. XXVni 148; Delphi Bull. hell. 
XXHI 570; Haluntium IG XIV 369-371; Mi- 
noa (Amorgos) IG XII 7, 234. 235 ; Notion österr. 
Jahresh. VTEI 163; Pergamon Inschr. v. Perg. 
463. Athen. Mitt. XXIX 152, 1. XXXII 272, 
9. XXXV 409,3; Priene Inschr. v. Pr, 114; Re- 
gion IG XTV 616 add.; Salamis IG II 594; 
Samos Bull. hell. V 480, 3; Sestos Ditten- 
berger Or. 339; Tauromenion IG XIV 432; 
Thera IG XII 3, 331 ; Trozen IG IV 790. 792^ 
Dagegen werden die Teilnehmer an den wissen- 
schaftlichen Vorträgen bezeichnet als awo^oXa- 
orat: Delos Bull. hell. XXXII 430, 31; Perga- 
mon Inschr. v. Perg. 463. Andere Bezeichnungen 
sind: fia^zai Athen IG III 775; Delphi Bull, 
hell. XX 716; Ephesos Anc. Gr. inscr. 548; Kos 
Paton-Hicks 43, und ovfufoixrjxai Athen IG 
m 774 a und Delos Bull. hell. XV 263. Nicht 
bloß Bürger hatten Zutritt, sondern auch fihoi- 
xot Paros IG XII 5, 290; £mu Pergamon Athen. 
Mitt XXIX 152, 1. XXXV 422, 11 und naQoixot 
Pergamon Athen. Mitt. XXXII 415 vgL Inschr. 
v. P. 249; Priene CIG 2906; Inschr. v. Pr. 



uymnasmm 



üül& 



113. 123; vgl. auch die Erwähnung Fremder lu- 
den Ephebenlisten von Athen und Delos. Piaton 
(rep. V 452) verlangt , daß auch, die Frauen ia 
der Gymnastik zu unterweisen seien. In Teos 
genossen Knaben und Mädchen zusammen Unter- 
richt, Dittenberger Syll.2 523. In Chios be- 
suchten die xÖQai das G., Athen. XIII 566. In 
Pergamon (Inschr. v. Perg. 463) stehen die tzclq- 
&£voi, die Klasse der Madchen, offenbar in Ver- 

lObindung mit dem Knaben-G. In der Siegerliste* 
der Schulagone erscheint auch eine Tation, Athen. 
Mitt. XXXV 436, 20. Wenn in Smyrna (CIG 
3185) an der Bekränzung des Athenodoros neben 
dem Gymnasiarchos, den Paidonomen, den Paides 
sich 6 im zfjg evxoöfMas und die jzag&Evot be- 
teiligen, können wir annehmen, daß es dort 
eine gymnasiale Mädchenschule gab. Über das 
Eintrittsalter läßt sich keine feste Regel auf- 
stellen: auf Diaria (Mova. x. ßißX. I 139 — Rev. 

20phil. XXXIH 8) ist das Grabgedicht des zwölf- 
jährigen Philokles erhalten, von dem es heißt r 
ovd' iotöstv 'Eqpirp yvfivaoiov tiq6e8qov, der also 
das G. noch nicht besuchte. Vertreten erscheinen 
unter den Besuchern alle Altersklassen: nalfcg t 
Sytjßoi, viot und ysQovzeg. In Athen übten in 
den G. für Fackelwettläufe naiSeg und ävÖQEg 
IG II 1233c (4. Jhdt. v. Chr.); im 2. Jhdt. 
v. Chr. erscheinen unter den Teilnehmern an 
den Theseia ävögsg iy Avxeiov IG 11 445 und 

30 vsaviaxoi iy Avxeiov IG II 444. 446. ITaTdsg 
und ävögeg als yv(iva£6{ievoi erwähnt Dio Chry- 
sost. 73, 6; bei ArLstides (XLI 513) heißt es: 
yvfivaota 6s avzots ävägdai xai üimoi 8tt:qp&agrac. 
Uaide; werden in Verbindung mit dem Gymna- 
siarchos, also als Besucher des G. , genannt in 
Aigiale IG XII 7, 515; Attaleia (Pamphylien) 
Lanckororiski I 8. 9; Chios CIG 2214;* Ere- 
tria Amer. journ. arch. XI 173. 188; Koresia IG 
XII 5, 647; Mylasa Le Bas III 407 nach Zie- 

40barth Schulwesen 33, 1; Sikyon Plut. Arat. 53; 
Teos CIG 3086. 'Etprfßoi außer Athen in Apollo- 
nis (Lydien) Rev. Et gr. III 6; Babvlon (zu- 
gleich mit vtot) Klio IX 352, 1; Chios CIG 2214; 
Halikarnassos Le Bas III 1618; Phintia IG XIV 
256 u. öfter. Neoi; in Attaleia Lanckoronski 
I 8. 9: Aigiale IG XII 7, 515; Chios CIG 2214; 
Iasos Rev. Et. gr. VI 157, 3; Kos Paton- 
Hicks 8; Nysa Strab. XIV 649 [g^ßoi und 
vioi)- s Pergamon Le Bas III 1723a. Inschr. v. 

50 Perg. 461. 466. Athen. Mitt. XXVH 160; Priene 
Inschr. v. Pr. 112; Sparta Plut. Kimon 16 (äpy- 
ßoi xal vsaviaxoi); Tarsos Strab. XIV 673; Teos 
CIG 3085. 3086; Thera IG XII 3. 496. v Avd Q e;: 
Chios CIG 2214; Thessalonike CTG 1969. A'- 
Qovzeg: Sardeis Mova. x. ßtßX. 1876/8, 25; ye- 
gaiot Attaleia Lanckoronski I 8; TiQsoßvzeqoi 
Aigiale IG XLT 7, 515. Von Interesse mag es 
sein, die Klasseneinteilung der Epheben kennen 
zu lernen, vgL Ziebarth Schulwesen 75: in 

60 Apollonis (Lydien) finden wir e<ptjßot StetsTg, 
itpksioi , TJftterek Bull. hell. X 415. XI 87, 6. 
XVIII 158, 3. Rev. Et. gr. in 69; auf Chios 
CIG 2214 stfijßoi recözEQoi, psooi und xgsoßvTSQOi; 
in Halikarnassos S.-Ber. Akad. Wien CXXXII 29, 
2, vgL Anc. gr. inscr. 925 und Herakleia Pontica 
BulL helL XXII 493 E<pt)ßoi veatzegot; auf Naios 
IG Xu 5, 39 xsQiowoi und szQOJisgiowoi; in Tomis 
Axch.-epigr. Mitt VI 24, 47 jtQOtjyov/ievoi und in 



Thuria neben den sqoijßot (Michel Eec. 621) auch 
TQizigsree ebd. 613. Auf Kos (Paton-Hicks 43) 
werden unterschieden ävrjßoi = acüdsg und f)ß<5v- 
xsg = £<pt}ßoi. Die Teilnehmer an den Herakleia 
in Chalkis (österr. Jahresh. I Beibl. 48) sind 
gegliedert in statSeg Tiafiixatdeg , sg^jßoi, aysvswi 
und ävÖQeg, in Thessalonike erscheinen CIG 1969 
naiÖEg, dyevsioi und ävögsg. Auf Kos gab es die 
Einteilung der jzcä&sg in vecotsqoi, Paton-Hicks 
59 und TzQeaßvzeQoi, Ziebarth Schulwesen 121. 10 
Als eine Zwischenstufe zwischen den veavioxoi 
und yEQOvzsg erscheinen in Thyateira die dxfia- 
ozat, die Männer in den besten Jahren, die sich 
gleich den anderen Altersvereinigungen an das G. 
anschlössen, Denkschr. Akad, Wien LIV nr. 50. 
Außer den regelmäßigen Besuchern des G. , die 
dort ihre Übungen abhielten und Unterricht ge- 
nossen, werden erwähnt in Eretria ot aXlot ol 
vnb zi}v dgxw (^- es Gymnasiarchos) nemzovTEs 
Amer. joiirn. ot* arch. XI 173. 188 und oi aXXoi 20 
oi ßovXöjusvoi zijv dno zoiovzojv d>(ps)Jav int-di- 
XEo&ai 173; ot aXXot ndvzeg oi olxeicog Staxsi- 
f/svoi xgog natöeiav 188; ot ftsxsxovrsg zov yvpL- 
vaoiov Teos CIG 3085; Thera IG XII 3, 528. 
534; Thyateira Denkschr. Akad. Wien LIV 
nr. 69 ; oi dno zov y. EvJiaroQiozac auf De- 
los IG XIV 236. Die Sx yvfivaoiov &iaoti3- 
zai in Aigina (IG IV 43) , oi fiiaoölzcu in 
der Weihung an Hermes und Herakles zu 
Mylasa (BulL hell. V 106) und oi diaöäxaiZO 
ot . . ex yvfjLvaaiov tQtzov in Salamis auf Kypros 
(Le Bas III 2756; s. Ziebarth Schulwesen 
77, 1) bezeichnen wohl Schülerverbindungen. Über 
die Klassenlisten hat Ziebarth Schulwesen 70f. 
das Nähere gesagt. Über den Unterrichtsbetrieb 
berichten die Inschriften wenig: in Halikarnassos 
wurden die vioi in den Schriften der Alten unter- 
wiesen, Le Bas III 1618; dem Dichter C. Iulius 
Longianos wurde die Ehre zuteil, daß seine Werke 
von Staatswegen in den Bibliotheken aufgestellt 40 
und für den Unterricht der vioi benützt wurden. 
Aus der Inschrift 316 aus Priene können wir 
schließen, daß die Schüler die Werke des Hero- 
dotos, Tyrtaios und Thukydidcs lasen. Im G. 
von Miletopolis war wohl für Unterrichtszwecke 
die Gnomensammlung aufgestellt, die uns in- 
schriftlich erhalten ist, Journ hell. Stud. XXVII 
62, 3 = Bull. hell. XXXIII 402, 401. Beson- 
deres Interesse erwecken die uns inschriftlich 
erhaltenen Schülerleistungen: in Athen ein ttqo- 50 
TQFnxtxog Xöyog (IG III 52; 2. Jhdt. n. Chr.) 
und eine dem extdetxxtxov yevog angehörende 
Rede 53. In Pergamon (Inschr. v. Perg. 203) 
sind drei Gedichte über das Thema ,Der Streit 
der Städte um Homer' erhalten, die aus einem 
Wettbewerb im G. hervorgegangen sind. In 
Priene (Inschr. v. Pr. 316) lesen wir die Antwort 
eines Schülers auf die Frage nach den sparta- 
nischen Ephoren; unter den angeführten IS amen 
ist nur einer wirklich Ephoros gewesen, die Ant- 60 
wert verrät demnach eine geringe Kenntnis der 
Geschichte. Über die Schulprüfüngen vgl. Zie- 
barth Schulwesen 116f. Hatten die Besucher 
des G. ein Schulgeld zu entrichten'? In der In- 
schrift von Pergamon (Le Bas LTI 1720c s. In- 
schr. v. Perg. zu 273) ist die Rede von vioi und 
natdec, sowie von d<po)QiOfxev<ov iaodttov. Zie- 
barth 71 erklärt io66iov als Schulgeld. Die 
P»uly-Wtesow*-Kroll VII 



Inschrift aus Pergamon (Athen. Mitt. XXXHI 380) 
lehrt uns, daß die vioi den fremden Dozenten 
eine Zahlung (sto<p oga) leisten mußten. Von 
Dioskurides rühmt die Inschrift aus Priene (CIG 
2906 . . zov Si zonov xoivoxoirjodftEvog xai zoig 
8id zv%r)v xaxtjv {.irj fistalaßovatv avzov , was 
Boeckh richtig dahin erklärt, Dioskurides habe 
den Zutritt zum G. auch denjenigen ermöglicht, 
die wegen ihrer Armut davon ausgeschlossen 
waren, weil sie zu dem notwendigen Aufwände 
nichts beitragen konnten. Eine Abgabe für die 
Benützung der zur Aufbewahrung der Kleider 
dienenden totioi, ein Ivoixiov, wurde in Magnesia 
a. S. eingehoben, Denkschr, Akad. Wien LIV 
nr. 1. Über die Bestreitung der Kosten für den 
Betrieb des G. vgl. auch Athen. Mitt. XXXV 419. 
Das Gymnasion als staatlicher Fest- 
platz. Als solcher erscheint das G. bei Spei- 
sungen, bei Verteilungen und bei der Veranstal- 
tung einer jravrjyvQtg ; daraus können wir auch 
auf die Größe der G.-Anlage schließen. In Ai- 
gina (IG IV 4) heißt es E&olvqoe xovg dhifpo- 
lAsvovg; da die Bewirtung durch den Gymnasiar- 
chos erfolgte, fand sie im G. statt. Ausdrücklich 
gesagt ist in Akraiphia (IG VII 2712), der Gym- 
nasiarchos Epameinondas Itzs&oivijoe — zrjv n6Xw 
iv xoy y. und ^glazcae ztjv sioXiv h zöi y. In Ai- 
giale (IG XII 7, 515) und auf Paros (IG XII 5, 
129) fand die dyfiod-oivia, der Volksschmaus, im 
G. statt. In Panamara (BuU. hell. XV 206, 146) 
lesen wir idemvioav zr\v nöXw iv xoj y.; XXVIII 
49, 36 Öef-iooadftsvot iv x<p y. ztaoav zv%t}v xal 
rßtxiav Toiw ywatx&v und in Stratonikeia (CIG 
2719 vgl. 2720) iv xcp y. deixvevoag xovg TioXdzag 
jidvxag. C. Sallustius Appianus wird in Silandos 
geehrt dleitpag iv xq) ävoy&Ev y. zov; %avr\yv- 
giCovrag TioXeixag xal xovg i^idrf^iovvxag ndv- 
zag . ., Bull. hell. XI 105, 26. Im G. erfolgte 
die Verteilung von öl, besonders seit mit der 
Turnanstalt ein Bad verbunden war; in Strato- 
nikeia (Le Bas III 517) wird von Ti. Claudius 
Aristeas gesagt iv y. zXaioy sXxvozov ix Xovzrjoojv 
eScoxev. Dabei wurden auch Sklaven berück- 
sichtigt; in Dorylaion (Dittenberger Or.) wird 
ein yvfivaaiagxog eXev&eqcov xal ÖovXa>v erwähnt, 
in Gytheion (Le Bas II 243a) hatten neben den 
Bürgern und den £evot xaQemdtjfiovvzeg auch 
Sklaven Anteil an dem äXsifxfta. In Argos (IG 
IV 597. 602. 606) heißt es &evxa elaiov iv rs 
yvfivaohtg xal ßaXavsiotg bovXotg xai iXev&EQotg, 
in Nisyros (IG XII 3, 104) vom Gymnasiarchos 
tferrci slatov xäoi iXev&igotg xal xolg xazoixovai ev 
NiovQ(p xal xolg imdrffiovai. ITäoa zvyr\ xal rjXixia 
wurde bedacht in Lagina (Bull. hell. XI 149) 
und in Panamara (BulL hell. XI 383. 3. XV 
203, 144. XXVIII 257, 80), wo auch die Frauen 
einen Anteil erhielten. Im G. wurden Ehren- 
beschlüsse und Statuen solcher Personen aufge- 
stellt, die sich um das G. verdient gemacht 
hatten: in Amphipolis österr. Jahresh. I 180; 
auf Chios CIG 2221; Delos Bull. hell. X1XI 413; 
in Delphi Bull. hell. XXHI 570; Eretria Amer. 
journ. arch. XI 173. 188. PhiloL X 300; Ery- 
thrai 'Afrqvä XXI 347; Halikarnassos Le Bas 
III 1618. Österr. Jahresh. XI 53, 1 ; Kallatis Ant. 
Denkm. aus Bulgarien nr. 94; Kios Bull. hell. 
XVI 320, 3; Kyme CIG 3524; Kyzikos Journ. 
helL Stud. XXIII 89; Miletos Aac. Gr. inscr. 

64 



925b; MinoalG XII 7, 235; Olbia Latyschew 
I 22; Paros IG XII 5, 292; Pergamon Inschr. 
v. Perg. 252; Salamis IG XII 594; Sestos Dit- 
tenberger Or. 339; Sparta Le Bas II 194c. 
IG IV 940; Synnada Bull. hell. XI 219, 13. 
Eine besondere Ehre war die Bestattung im G. : 
Aphrodisias Le Bas III 1601, Athen: Philiskos 
aus Thessalien wurde in der Akademie begraben, 
Philostrat. v. soph. II 30; Knidos Ana Gr. 



und einen oixog gestiftet Dittenb erger Or. 339, 
in Themisonion hat Chares für die Herstellung 
einer igedga iv zqj y. gesorgt Michel Kec. 544, 
auf Thera IG XII 3, 1314 der Gymnasiarchos mit 
dem Hypogymnasiarchos tö äXstJirrjgwv dem Her- 
nies und Herakles geweiht, in Thisbai IG VII 2235 
erseheinen als Gyimiasiarchenwidmung axoä xal 
■fj eaodog xal ai i%q<xi. Diese keineswegs voll- 
ständige Aufzählung zeigt, welche Sorge von Seite 



inscr. 787; Kyme CIG 3524; Syrakusai Plut. 10 der Aufsichtsbehörde dem G. gewidmet wurde. 



Timol. 39. Nepos Timol. 5. 

Anlagen, Bauten, Ausschmückung des 
G y m na s i o n s. Sollte das G. seiner Bestimmung 
entsprechen, so mußte es die notwendigen Räum- 
lichkeiten für die Körperübungen und für die 
Abhaltung der wissenschaftlichen Vorträge um- 
schließen. Daß es sich um Bauten handelt, be- 
weisen die Angaben: spizgrjoßhxog xov xaza zo y. 
xvxXov in Mantinea Bull. hell. XX 125, Cyno~ 



Erwähnt werden folgende Teile des G. : ein vaog 
(vavog) in Kyme CIG 3524, Lapethus Ditten- 
b erger Or. 583, Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 
421, ein Sacellum in Apamea Myrlea CIL LH 336. 
Auch der oixog wird als Kapelle" zu fassen sein in 
Hypata IG IX 2, 31, Mantinea Paus. VIII 9, 8 
und Sestos Dittenberger Or. 339; oixog = 
Kapelle: Knidos Ana Gr. inscr. 813: Kovgq xal 
AaimtQi oixov xal ayalpa dvi&qxsv; Smyrna CIG 



sarges et Lycium incemum est in Athen Li v. 20 3163: oixov zalg Nepaosoiv dviigtooEv; Thisbai 



XXXI 24, gymnasium ineendio amissum in 
Nikaia Plin. ep. X 39. Die in der Beschreibung 
Vitruvs angegebenen Teile des G. behandelt ein- 
gehend Schneider 88f., ich kann mich daher 
begnügen, die inschriftlich erwähnten Teile an- 
zuführen, und stelle zunächst die von Gymnasiar- 
chen errichteten und gewidmeten Anlagen zu- 
sammen. In Apamea Myrlea dedizierte der gym- 
misiareha ein sacellum CIL III 336, in Assos 



IG VII 2232: ©solg Zsßaozolg xal zfj noXsi zov 
oixov xal zbv Aiovvaov Ejiotrjoav* Sonst bezeichnet 
oixog , Zimmer, Saal': in Branchidai CIG 2881 
(o tqitos oixog), Pergamon Athen. Mitt. XXXH 
257, 8 (6 jigäxog olxos). XXXV 439, 24 {oxoai 
xal oixoi). Für diesen Tempel oder diese Kapelle 
war an manchen Orten ein Priester bestimmt: 
Ephesow TAM und Lapethus s. o. ; sonst hatte der 
Gymnasiarchos die religiösen Funktionen zu ver- 



errichtete Q. Lollius Philetairos xtjv otodv xal 30 richten s. Gymnasiarchos. Ferner finden wir 
rove x f fnvnr rmV *ä n mZ ,'v«»™^ ™i™ -ev™ em T fy evog [ m (j. . Aigialc IG XII 7, 247; Minoa 



xovg xEiovag zovg tfj oxoä, iyofihovg, seine Frau 
stiftete ein ßaXavelov CIG 3569. Als Gymnasiar- 
chen Widmungen finden wir in Athen einen Xovzqojv 
IG II 1196 = III 103, in Halikarnassos ziooaoa 
ßdfga Le Bas III 502, in Hypata IG IX 2, 31 
i£ibga, oixog, Xovxgtov und iyxövtjua. Theudas 
hat in Iasos rovg Xi&lvovg xavxiXXovg xov y. auf 
eigene Kosten errichtet und xov tieqI avzovg xoo/tov 
ausgebessert Bull. hell. XI 213, 2, Sopatros ebd. 

tiiF Hirt **£*>.* im,^ _**_*? '_ . _ — "— » / ^__T 1 Tl 



ebd. 254, daher die Götter des G. bezeichnet er- 
scheinen als ivzefisviot fcol Priene CIG 2906. 
Auch das Movoöjv zipsvog in Halikarnassos Le 
Bas ni 1618 und das CIG 2692 in Mylasa er- 
wähnte xsfAEvog gehörte wohl zum G. Wenn im 
G. von Knidos Ana Gr. inscr. 797 ein oyxdg 
erwähnt wird, so bildete dieser den eigentlichen 
Kultort des Heroons, vgl. Usener Rh. Mus, XXIX 



für die viot und jtgsaßvzsgoi. eine ozod erbaut Rev. 40 34. 39. Von anderen ^Anlagen werden erwähnt: 



Et. gr. VI 187, 32, ein anderer eine ozod xal 
dvi&tjxs to y. z<p d^fia> ebd. 182, 25. Hierokles 
hat mit seiner Frau das ßaXavelov neu aufgebaut 
und mit seinen Anlagen und seinem Schmucke 
gewidmet in Keramos Joum. hell. Stud. XI 126, 9. 
In Kyme widmete L. Vaccius Labeo den Neoi das 
ßaXavfjov und besserte das G. aus CIG 3524, auf 
Kythera weihte Onasipolis zo xvgtavtjgiov xal zb 
xövioixa dem Hermes Dittenberger Syll. 2 506. 



ein äzoBiov xov avoi y. in Lagina Bull. hell. XI 
146, 46, ein xgodzgeior xov {isydXov y. in Thya- 
teira Bull. hell. X 420, 29, ein vTia&oov im Delphi 
Paus. X 8, 8, in Olympia Paus. VI "21, 2 und in 
Thyateira Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 40. Als 
Teile der Gymnasialanlage sind ferner in schrift- 
lich bezeugt: 'Axgoazrjgiov Erythrai 'A&ijvä XXI 
347. 'AltiJixzTiQiov Aphrodisias CIG 2782; Keramos 
Journ. hell. Stud. XI 123, 6; Pergamon Le Bas LH 



Adrastos errichtete im G. zu Lapethus einen 50 1723 a. Inschr. v. Perg. 466. 553; Thera IG XII 
Tempel und eine Statue des Kaisers Tiberius 3, 1314. rvfivdmor Delphi Bull. hell. XXIH 565. 
Dittenberger Or. 583, in Miletos ein Gymna- Agopog Knidos Anc. Gr. inscr. 797. 'Eyxovipa 
siarchos zovg xlovag pizet zijg Aapahovog azoäg Hypata IG IX 2, 31. 'E&dga Kyaneai Denkschr, 
W. < T r Wr ^9fi nnf Ttr<.i^ TP. vtt q moi ^ Akad> Wien XLV nr. 28; Melos IG Xn 3, 1091; 

Myra IGE HI 739 ; Pergamon Athen. Mitt. XXXII 
257, 8; Sebastopolis Bull. hell. IX 347, 30; The- 



Anc. Gr. inscr. ^26, auf Melos IG XII 3, 1091 der 
Hypogymnasiarchos Bakchios zdv rs iftdgav xal 
tö äyaXfia. Auf Paros IG XII 5, 292 veranlaßte 
Aurelia Leite in dem seit langem baufälligen G. 
Herstellungen und Erneuerungen, und auf Pepa- 
rethos IG XII 8, 642 errichtete Eukratides einen 



misonion Michel Rec. 544. 'Ecprjßixrj i^iÖga 
(vielleicht das viel gesuchte iqnjßelov) Priene 
Inschr. v. Pr. 112. 'Hhoxä^uvog Smyrna CIG 3148. 



AovzQcoy. Unter den vielen Gymnasiarchenwid- 60 'Hptxvxliov Halikarnassos ÖsterT. Jahresh. XI 56. 



mungen zu Pergamon sei erwähnt, daß Diodoros 
in dem unbrauchbar gewordenen G. der Xeoi einen 
wguzavöSi ein xorioxtfotov, eine i^edga fiaofiagivrj, 
ein Xovxobv fiagfidgivov und ein QiQol.oyiov errich- 
tete Athen. Mitt. XXX 257, 8. In Priene wird unter 
den Verdiensten des Zosimos die Aufstellung zweier 
Hermen von der iyrjßtxt) efddga angeführt Inschr. 
T. Pr. 114. Menaa hat in Sestos einen Xovzoow 



Tb d-egfibv zov y. (eella caläarii) Tralleis CIL Hl 
7146. Ov^iklr] Knidos Anc. Gr. inscr. 797. Kdv- 
xe/Ioi Iasos Bull. hell. XI 213, 2. Kaxvtaxr\Qtov 
Priene Inschr. v. Pr. 112, vgl die Stiftung des 
Königs Attalos für Chios zig zrjv zov nvgbg xavaiv 
iv r<p y. 'A&qvä XX 164. Kaxadgofit] Kyzikos 
Journ. hell. Stud. XXIH 89. Kdviapa Kythera 
Dittenberger Syll.2 506. Kortorfgiov Pergamon 



Athen. Mitt. XXXII 257, 8. KvxXog Mantinea die in die Inschriften von Mylasa (Athen. Mitt. 

BulL hell. XX 125. Aövzrjges Pergamon Inschr. XIV 108, 64) und Pergamon (Athen. Mitt. XXXlII 

t. Perg. 252. Aovxgov Knidos Anc. Gr. inscr. 797; 183, 4), sowie die in Smyrna von Strabon (XTV 

Pergamon Athen. Mitt. XXXH 257, 8. Aovzooiv 646) erwähnten Bibliotheken dürfen wir als mit 

Athen IG n 1196 = HI 103; Hypata IG IX 2, dem G. der betreffenden Stadt verbunden ansehen. 

"31; Peparethos IG XII 8, 642; Sestos Ditten- Nach Athen. V 207 d ließ Hieron von Syrakus 

"berger Or. 339 (vgl. den Xovxga>v dvögsiog und auf seinem Prachtschiffe yvfivdatov xal rnghtatov, 

X. yvvaixElog in Oropos Amphiar. IG IV 4225, sowie ein ax^aoz^gtov msvxdxXivov, ßißXio&qx V v 

4. Jhdt v. Chr.). Svozog Delphi BulL hell. XXIII g X ov & avry anlegen. Daß die Lehrer ihren 
560; Pergamon Athen. Mitt. XXLX 152, 1. Oixog 10 Schülern ihre Bibliothek zur Verfügung stellten, 

Branchidai CIG 2881; Pergamon Athen. Mitt. erfahren wir aus Philostr. vit. soph. LI 21: Pro- 

XXXII 257, 8; XXXV 439, 24 vgl. S. 371. Uaga- eulus hatte in seinem Hause eine ^jxt} ßtßXtov 

dgoplg Delphi Bull. hell. XXIII 465; Eretria Am. für die Schüler k xb jzX^gco/4a zfe dxgodaeojg; 

journ. arch. XI 173; Mylasa Athen. Mitt. XIV vgl. auch die Erzählung Plut. Alkib. 17: Alki- 

108, 64; Pergamon Inschr. v. Perg. 252 = Athen. biades gab dem Lehrer eine Ohrfeige, weil dieser 

Mitt. XXXII 273, 10. Ilsgmaxo? Pergamon Athen. einen von ihm verlangten Homer nicht besaß. 

Mitt. XXXII 257, 8. JlegiaxvXoi' Delphi Bull. Ein wichtiger Faktor für die geistige Ausbildung 

Tiell. XXIII 560. Ilvgiaxijgior Kythera Ditten- war auch der Besuch des Theaters: im G. von 

berger Syll. 2 506; Thespiai IG VII 1777; für Epidauros war ein Theater, Athen. Mitt. XVII 
Chaironea s. Plut. Kimon 1. Izod Assos CIG 3569 ; 20 96. 283; über den Theaterbesuch der Zöglinge 

Delphi BulL hell. XXIII 563; Myra IGR III 739; vgl. Ziebarth österr. Jahresh. XIII 111. In 

Panamara Bull. hell. XXVIII 46, 30; Pergamon den G. befanden sich Parkanlagen, s. Schneider 

Dittenberger Or. 461; Thisbai IG VII 2235. 62f. Gothein 120f. In Alexandria umschloß 

Zyaigwxiqgiov Aphrodisias TAM; Delphi Bull. das G. dtxaozrfgiov xal älorj , Strab. XVII 795, 

hell. XXIII 560. 565. XXIV 464. TexodazvXov auf Astypalaia IG XII 3, 202 werden erwähnt 

Sebastopolis Bull. hell. IX 347, 30. c YÖga- yvpvdg , xgdra, Stvdgea; von den drei alten G. 

ycoyta Delphi Bull, hell. XXIV 464; Mylasa Athens heißt es Geogr. gr. min. I 98: ndvxa 

CIG 2962. 'QgoXöyiov Pergamon Athen. Mitt. xazädevdod zs xal toig eödysai aooiöt). Für die 

XXXII 257, 8. Über die Bestimmung der ein- Akademie kommen in Betracht die Erwähnungen 
■seinen Teile s. Schneider 52f. 88f. Zur Aus- 30 bei Aristoph. Nub. 1005. Plut. Kimon 13. Suid. 

stattung des G. gehörten die für die gymnasti- s. 'Axatynia • yvpvdoiov r\v iv 'A&rjvatg ngodozeiov 

sehen Übungen nötigen Geräte: erwähnt werden äXoüdeg; Plin. n. h. XII 1, 9 erwähnt die be- 

xazandXxai in Eretria "Equtjfi. dgx- 1892 nr. 68, rühmten Platanen der Akademie. Den lucm im 

ÖTila in Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 376, 1 Kynosarges finden wir Liv. XXXI 24 angegeben. 

und Priene Inschr. v. Pr. 112, in Priene Inschr. In Nikopolis befand sich das xifisvog für den 

v. Pr. 112 xa'ygvxog , xgtxoi und otpaTga. Ver- pentaeteri sehen Agon h äXaet syovzt yv/uväoiov 

bunden mit dem G. war frühzeitig ein Bad: xal ozdötov, Strab. VIII 325. Das G. in Region 

Aristoph. Av. 140. Plat. leg. VI 761 C verlangt, hatte besonders schöne Platanen aufzuweisen, 

-die Jünglinge sollen Turnplätze für sich und Theophr. hist. plant. IV 56. Plin. n. h. XII 1, 7. 
Xovzgd ■dsgf.id für die Greise herstellen. Paus, X 40 Gothein 132 sagt mit Recht: ,die Wurzeln der 

36 erwähnt Xovzgd im G. zu Antikyra; Lukian. griechischen Gartenkunst sind in den G. mit 

Kigrin. 13 verbindet yv^vdoia und Xovzgd; in seinen Anlagen zu suchen'; im Art. Gartenbau 

Argos IG IV 606 heißt es $v xs yv/uvaaiotg xal o. Bd. VII S. 768f. ist dies nicht genug her- 

ßaXaveiotg, ähnlich Panamara Bull. hell. XV 187, vorgehoben. Die ganze Anlage war mit einer 




Usener Rh. Mus. XXLX 30f. Schueider 54. genannten ornamenta yvfivaoitab^ , hat Ziehen 
Für die körperliche Ausbildung war außer Sod/tog Berl. phü. Wochenschr. 1906, 636-668f. gehandelt, 
und Bad auch wichtig das ozdöiov: von Nikopolis 50 Vor allem sind zu nennen die Statuen 1. von 

berichtet Strab. VIH 325 : h äXosi typvxi yvp- Göttern. Im Lykeion stand eine Statue des Apol- 

vdaiov xal oxäötov, von Theben Paus. LX 11, 7: Ion Lykeios, Lukian. Anach. 7. Zahlreich sind 
zov 'HgaxXeinv P'yezai yv/irdotov xal axdbtov, in die Erwähnungen von Statuen der eigentlichen 

Priene lag das Stadion neben dem unteren G., G.-Götter Hermes und Herakles, die in Sestos be- 

Wiegand Priene 258f. Verbunden mit dem G. zeichnet werden als xaftiöovfihot iv zcö y. dsot, 

war eine Bibliothek, die der geistigen Aus- Dittenberger Or. 339,63; in Lapethus ebd. 

bildung diente: in Athen erfuhr die iv IJzoXe- 583 als o'i iv yvfivaaiqt -deoi. Heraklesstatuen 

fiaioi ßißXto&t'ixt] durch die Epheben eine Er- sind erwähnt z. B. in Hi'erapolis Judeich nr. 27, 

Weiterung IG II 468. 480. 482, eine Widmung Thyateira Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 40. 
von ßvßXta durch Epheben berichtet IG II 466 60 Tralleis Bull, hell XVIII 5, 1. Hermes erscheint 

und 478 frg. d. In Delphi erbaute das xotvbv als yv^tvaatov xgöndgog in Ikaria Rev. phil. XXXin 

TÄr ditffixxvovfüv (97 — 102 n. Chr.) aus den Gel- 8. Hermesstatuen finden wir z. B. im Ptolemaion 

«lern des Heiligtums eine Bibliothek, die wohl zu Athen Paus. I 17, 2, in Phigalia Paus. VIH 

mit dem G. verbunden war, BulL hell. XX 720. 39, Priene Inschr. v. Pr. 114, Sikyon Paus. II 10; 

XXIII 576. Die Schriften des Dichters Longia- vgl. Farneil The Cults of the greek states V 

nos wurden in Halikarnassos auf Staatskosten 70f. Hermes, Herakles und Thescus erwähnt 

in den Bibliotheken aufgestellt zum Unterrichts- Paus. IV 32 im G. zu Messene. Nach Athen, 

gebrauche für die Neoi, Le Bas in 1618. Auch XDII 561 d wurden in den G. neben Eros aufge- 



\m y .uiii a ai uui 



stellt Hermes und Herakles, 5 ph Xoyov, h 8k maios Philadelphos, das Hieroneion in Netum 

ahtJls jigoEotüe. In Termessos weihte der ge- eine solche des Königs Hieron. Antiochos Epi- 

wesene Gymnasiarchos eine Statue des Eros, phanes machte Aufwendungen auf die G in 4ri- 

Lanckoroiiski II 5. Eine Statue des Hypnos tiochia Athen. X 439 b. Kaiser Hadrian stiftete- 

als AoxXfjmv cwßwpos wird im G. zu Ephesos das Hadrian-G. in Athen und schenkte der Stadt 

erwähnt Journ of phil. VII 140, 1. Nikestatuen Smyrna 1000 Myriaden Denare, <V &v zd ze toS 

finden wir im G. zu Elaia Athen. Mitt. XXXn ohov i^dgia i&noijfa xai yvuvdatav z&v xazä 

386 und Sebastopolis Bull. hell. IX 346, 30. Als ^ Aolav ^jW^Saro/phüostr vit soph 

ovv®Qovoi xolg xaxa nalaioTQav feoTg waren die I 25, 2. Ramsay bemerkt Cit. I 72, 1, Hadriaii 
ayaXfiara ter evseyezai im G. aufgestellt, vgl. 10 habe in Laodikeia a. L. das G. zu hauen ange- 

Athen Mitt. XXXV 411. Bas G. von Knidos ordnet oder vielleicht selbst während seiner An- 

schmuckte eine Statue des Pan Anc. Gr. inscr. 797. Wesenheit dediziert. Die Gemeinden zeigten sieht 

L Statuen des Gründers, von Königen und Kai- dankbar durch Ehrenbezeugungen mancherlei 4rt 

^"V^n p ™ le ™ aion zu Atnen stand d as eherne besonders durch Verleihung des Titels *«W* 

Standbild des Königs Ptolemaios Paus. I 17, 2, in Pergamon erscheint ein k«W zijg axoüg In-- 

in Lapethus em JyaXjia des Kaisers Tiberius sehr. v. Perg. 461, ein xztaztjg xov dUmx m lov 

Dittenberger Or. 583. Eine vier Ellen hohe im G. der Neoi 466 (vgl. die Spende von 7000O 

vergoldete Bronzestatue des Königs Attalos HL Drachmen für da* Aleipterion 553), ein xxiozng 

hatte der Gymnasiarchos im G. zu Pergamon auf- zov y. Omboi Arch. f. Pap. V 416 (3 Jhdt r. 
gestellt Athen. Mitt. XXXIH 376, 1. 3. Ver-20Chr.), Termessos Lanckororiski II 8 11 T\M 

schiedene andere Statuen : in Athen war im G. (xrtotQia 9) ; in Sebastopolis Journ. heU. Stud. XX 

eine vergoldete Statue des Berosos errichtet Plin. 153 lesen wir die Ehren für einen jwätos Avotfrg 

n. h. VII 37, 123. Eine Statue des Herodotos . y. und in Telmessos IGR III 539 = TAM II 12 

wird im G. zu Halikarnassos Le Bas III 1618, für einen r^cjiazgidi yvfivaciov xapioduevog. Nicht, 

ein aytdfta des Antmous im G. zu Mantinea bloß der Ruhm einer Stadt wurde durch Grün- 

Paus. VIII 9, 4 erwähnt. In G. zu PeUene war düng und Ausgestaltung der G. vergrößert, son- 

em marmornes Standbild des Prornachos, der drei- dem es wurde auch die wirtschaftliche Lage der- 

£ tiS!. 1 ! ges l egt hatte ' aufgestellt, selben gehoben, weil einer berühmten Lehran- 

Paus VII 27, 5. Dazu kamen noch die Statuen stalt von allen Seiten Schüler zuströmten wie- 
der Personen, die sich als Vorsteher oder Wohl- 30 wir für Smyrna aus Philostr. vit soph I 25 2 

täter um die Anstalt verdient gemacht hatten, II 26 ersehen. Daß die Städte oft mit großen 

femer von Zöglingen. Außer Statuen werden Altäre Kosten G. erbauten und dabei Über ihre Mittel 

erwähnt z. B. em Altar des Herakles und Eros im hinausgingen, ersehen wir aus Plin ep X 40 

G. zu Elis Paus. VI 23 des Kaisers Tiberius im Zur Errichtung, bezw. zur Wiederherstellung eines- 

i*; T z T u TherajGXII3,471. Gemälde erwähnt Paus. G. mußten die Städte, als sie ihre Unabhängig- 

A- w- 11 ? G - Z n n M antmea, IX 22 in Tanagra. keit verloren hatten, die Erlaubnis des Königs, 

Die Wände enthielten Siegerlisten und Schüler- z. B. Halikarnassos Österr. Jahresh XI 56 2 

Verzeichnisse, die Siegespreise selbst wurden im (ixetSy ßcwdevg üxoXEpaloQ xQcoßevoaufrne tr& 

(j. aufgehängt, s. Ziebarth Schulwesen 114f. xöXecog aw^etjasv) oder des Kaisers einholen, 
Zum Schmucke des G, trug auch bei die axov- 40 z. B. Nikaia Plin ep X 39 40 

rW<r die in Myra IGR III 739 und Panama™ Verwaltung des Gyninasions. Die Auf- 

Bull. hell XXVI II 45, 30 sowie > die ^e&otg, sieht und Verwaltung der gesamten Gymnasial- 

die in Sebastopolis Bull. hell. IX 346, 30 er- anläge führte in der Regel der betreffende Gvm- 

wahnt wird. Vvir sehen, daß das G. der Gegen- nasialbeamte, s. Gymnasiarchos. Das G. besaß 

stand eifriger Fürsorge war, und daß man durch seine eigene Kasse und Vermögensfähigkeit: wir 

die Pracht der Anlage für den Ruhm der Vater- ersehen dies aus der gemeinsamen Kasse der 

stadt sorgte; häufig sind die Erwähnungen von attischen Epheben TG II 467, sowie daraus, daß 

Aufwendungen und Stiftungen, die von Fürsten, dem G. Grabmulten zufielen: Alexandria Troas 

Beamten und Privaten auf das G. gemacht wur- CIG 3588 c da>osi sig zd kgov y. ¥ 5000 und 
den. Die xaxaoxsv^ des G. wird erwähnt in 50 in Koloe Rev. Et. anc. IV 264, 14 äxozei'oei iriJ 

Ephesos TAM (ödvxa ek ztjv xataoxsv^v zov xat- Zeßaozy y. KoXotjvüv X 2500. In diese Kasse 

™V*\S ™ \- y8C H W o J 22 - Priene Inschr - flossen di e Beiträge der Besucher der Anstalt, 

y. Pr. 108 (Moschion gab 3000 Drachmen), die Erträgnisse der Stiftungen, Spenden und Geld- 

««»tttrq in Ankyra CIG 4015 Halikarnassos strafen; aus ihr wurden die Ausgaben für 

Österr Jahresh. XI 56 2 (334000 Drachmen auf- Ehrenbezeugungen, soweit sie nicht der Geehrte 

gewendet) Hypata IG IX 2, 56, Kyme CIG 3524, selbst oder die Staatskasse trug, bestritten: in 

i-viT - ol a \ /, I 16 w™ 4 ™* auf Paros Phi ntia IG XIV 256 finden wir die Bestimmung, 

i V ^' l- \^t ä r ^ 0lfe Exp " 42ß ^ b daß WaxovTd/iegos der Kosten aus der Staate- 

Aur. Anüochianus 3500 Denare für das G., in kasse, das übrige aus der Kasse des G. gezahlt 
Aizanoi CI 3831 a8 (161-180 n. Chr.) heißt es 60 werden sollte. Mit der Verwaltung der GT-Kasse- 

dovra aoyvgiov Big zo ■/., in Iasos erfahren wir waren an manchen Orten besondere imuelnrat 

von einer Spende von 5000 Denaren für das G. und öioixrjxai betraut: in Athen wird eini*««- 

der JJeoi Rev. fit. gr. VI 157, 3; in Iotape gab X n xfc Avxaiov IG III 89, ein int/teXtjjfc y. &7ov 

Kendeos mit seiner Frau Mas 15 000 Denare eis 'AdgtavoB IG III 10 und IV 1474 erwähnt In 

SJ.Kt-fi+i. i"o/I° n P 101 ™, Ton Syrakus be- Iasos nennen uns Inschriften einen foowizht 

ncnxei Atnen. V Mb c: eajtovdaxet xai neßi Uq&v x^Q&tovrißsk vsto xüv nmo&vxiQW Rev E^ gr. 

*ot yvti*ao£o>v xa.xaaxsvdg . . Das Ptolemaion VI 169 und Stotxijxal x&y vi<av ebd. 157 3, in" 

in Athen war eine Stiftung des Königs Ptole- Kyzitos CIG 3665 erscheint unter den Erhebe» 



\jtviuu<isiuiu 



i±ii±aovoa 



ein M. Aur. Eutyches Stotxtjz^g. Die in Hali- 
karnassos österr. Jahresh. XI 53, 1 erwähnten 
emfieXrjxai xov y. bildeten eine Kommission, die 
mit der Aufsicht über die Bauführung des G. 
betraut war; vgl. die entfteXijral ßovXsvzrjQiov xai 
xov aQxelov in Iasos Anc. Gr. inscr. 493. Außer 



21. Unter Traianus errichtete Licinius Suras den 
Römern ein G. Cass. Dio LXVIII 15; Dio er- 
wähnt LXIX 4 äyoQa. xal xb <pdstov xo xe yvfivä- 
oiov, xä zov Tgatavov stoi^/iaxa. Bei Aurel. Vict. 
Caes. 14 lesen wir: Hadriantts Athents reversus 

v gymnasia doetoresqtte curare oeeepit. Von Com- 

den eigentlichen G.-Magistraten hatten die Ästy- modus berichtet Herodian. 1 12, 4 /^eytozov yy/nvd- 
nomoi und Agoranomoi. denen die Aufsicht oiov xazaaxevdoag. Diese wenigen Nachrichten 
über die Bauten überhaupt zufiel, die Obsorge über das G. in Rom lassen erkennen, daß es 
für das G. : so erklärt sich die Stiftung eines 10 nur für den Betrieb gymnastischer Übungen 
aXsi7ixf)Qtov durch zwei Agoranomoi in Keramos bestimmt war und nicht die große Bedeutung 
Journ. hell. stud. XI 123, 6; vgl. die Artikel. hatte wie in den griechischen Städten. Sehr 
In Kallatis Ant. Denkmäler aus Bulgarien 94 häufig findet sich in den lateinischen Inschriften : 
weisen die nQÖßovXoi für die Aufstellung eines gymnasium dedit, </. bedeutet »gymnastische 
Volksbeschlusses den Platz im G. an. Als Hilfs- Spiele'. Eine Sammlung der Stellen s. Rug- 
l>ersonal der G. -Beamten werden ä^ootoi in Per- giero Dizion. epigr. HI 596 f. Im selben Sinne 
gamon Inschr. v. Perg. 252 und Priene Inschr. v. ist auch die griechische Inschrift aus Thespiai 
Pr. 112 genannt; weleher Art die vom Gymnasi- Bull. hell. XXVI 297, 16 zu verstehen: Poly- 
.archos Metrodoros in Pergamon Inschr. v. Perg. krates wird von den in Thespiai Handel treibenden 
252 eingeführte yvXaxij war, läßt sich nicht 20 Römern geehrt srowro^ avadelg xal amolg yvfxvd- 
bestimmen. oiov xal äXuftfia dia ßiov. 

Über die aufgedeckten G.-Anlagen hier zu Literatur. Krause Hellenika 180 f. Pauly 

sprechen, ist nicht meine Aufgabe: sie beweisen R.-Enc.i III 983—989. Petersen Das Gynma- 
■durch die Fülle und Pracht der Räume ebenso sium der Griechen nach seiner baulichen Ein- 
wie die inschriftlichen Zeugnisse die hohe Schätzung richtung (Hamburg 1858). Grasb erger Er- 
•des G. War dieses doch die Jugenderz iehungs- zieliung und Unterricht im klassischen Altertum 
statte für die äax^aig und (pdoTiovia xwv viaiv, III 396 f. Baumeister Denkmäler, Gymnasion 
** ojv ai zöjv vsoiXEQcav tpvxal Jtgog dvögefav (609—611). Fougeres in Daremberg-Saglio 
AftdXojfiEvat xaXäg ayovzai xolg ijdsoiv tzqos vlqb- Dict. II (1896) 1684—1698. K. Schneider Die 
zt}v Inschr. von Sestos Dittenberger Or. 339. 30 griechischen Gymnasien und Palästren nach ihrer 
Mit Recht sagt Ziebarth Schulwesen 140: geschichtlichen Entwicklung (1908). K. J. Free- 
Ein G. und Epheben darin bedeuten den An- mann Schools of Hellas from 600 to 300 B. C. 
fang der Hellenisierung eines fremden Volkes, (1907). E. Ziebarth Aus dem griechischen 
und Wilcken Arch. f. Papyrusforsch. V 414 be- Schulwesen (1909). J. Oehler Das humanistische 
tont den Einfluß des G. auf die Erhaltung grie- Gymnasium im klass. Altertum (1909). M. Got- 
chischer Sitte in der Fremde. Die hellenischen he in Der griechische Garten, Athen. Mitt. XXXIV 
Elemente scharten sich im Barbarenlande um G., (1909) 100—144, bes. 118-132. Durm Die 
die aber nicht Staatsinstitute waren, sondern pri- Baukunst der Griechen^ (1910). E. N. Gardin er 
vate Anstalten, Privat-G. Neben den öffentlichen. Greek Athletic sports and festivals (1910) Chapter 
Tinter staatlicher Aufsicht stehenden G. gab es 40 XXII : The Gymnasium and the palaestra 46 7f. 
Anstalten dieser Art, die von Vereinen erhalten [J. Oehler.] 

wurden, s. Gymnasiarchos. In Ägypten bilde- Grmnasius, Sophist aus Sidon, zuerst unter 

-ten die Besucher des G. staatsrechtlich anerkannte Constantin d. Gr. tätig, Verfasser von fXBXhat, 
Genossenschaften oder Vereine schon im 2. Jhdt dg ArjpoodEvyv vsioptvrifia und andern Schriften 
v. Chr. In jeder Stadt und in jedem Dorfe wurde (Suid. s. rvfivdaiog). Er wurde 355 durch den 
eine offizielle Liste der Leute mit Gymnasial- Praefecten Strategius Musonianus aus Constanti- 
bildung geführt, und nur aus dieser Liste wurden nopel nach Antiochia berufen (Liban. epist. 403), 
die Kandidaten für die zahlreichen kommunalen wahrscheinlich um dort das Amt eines Consularis 
Ehrenämter genommen. Ziebarth Schulwes. 141. Syriae anzutreten. Denn das Lob, das ihm von 
Zum Schlüsse sei noch etwas über das Schick- 50 Liban. epist. 418 gespendet wird, paßt nur aut 
sal zweier G. gesagt: das Diogeneion in Athen, einen Beamten dieser Art. Im nächsten Jahre 
gegründet 229 v. Chr., wird zuletzt inscliriftlich trat er die Rückreise an (Liban. epist. 417. 421), 
-erwähnt 262 v. Chr. IG III 1202, bestand dem- verweilte längere Zeit in Nicaea (Liban. epist. 
nach fast ein halbes Jahrtausend. In Arneai 418. 451. 475) und war 457 wieder in Constan- 
dagegen wurde das G. im zweiten Jahrzehnt des tinopel (Liban. epist. 488). An ihn sind gerichtet 
2. Jhdt. n. Chr. in ein xaodyjov, eine mansio, Liban. epist. 403. 488. [Seeck.J 

Herberge, umgestaltet IGR "Tll 639. Gynmastes {yvftvaimjs) , aer Trainer. Der 

B. Gymnasium bei den Römern. Liv. Ausdruck taucht erst bei Piaton auf, während 
XXIX 19" (204 v. Chr.) berichtet, daß dem P. vorher nur die Bezeichnung jiaiöorQißijg (s. d.) 
Scipio der Aufenthalt im G. zu Svrakus zum 60 üblich war. Seine Einführung knüpft Galen 
Vorwurfe gemacht wurde. Über die* Abneigung Thrasyb. 33 (V 870K. 79, 3H.) an das Aufblühen 
der Römer gegen die griechische Gymnastik und der Berufsathletik, mit welcher kurz vor Piaton 
Athletik vgl. Friedländer Sittengeschichte II 8 die Kunst der Gymnasten ihren Anfang genommen 
491 f. Aber in der letzten Zeit der Republik habe. Doch treten Athleten (s. o. Bd. I S. 2050f.) 
fanden die Turnanstalten auch Eingang in Italien, schon viel früher auf, und mit ihnen ist wohl 
so daß kaum eine Villa ohne G. war; vgl. Cicero. auch eine frühere Existenz von Trainern gegeben. 
Erst Nero baute ein öffentliches G.: Suet. Nero Piaton faßt den G. regelmäßig auf als den Ver- 
12. Tac. ann. XIV 47. XV 22. Cass. Dio LXI treter der Gymnastik (s. d.) im Sinne von Leibes- 



vji \ ixuiaa wjo 



liymnastes 



202S 



, o e: yvpvaozrjs Politic. 267 e; Leg. III 684c 
IV 720 de. XI 916 a; yvfiv aanxog Phaedr. 248 d; 
Gorg. 464 a; Prot. 313 d; Politic. 295 c. Und es 
ist wahrscheinlich, daß hier noch die ursprüng- 
liche Bedeutung des um jene Zeit neu geprägten 
Terminus vorliegt. Seine Einführung dürfte dem 
Erfinder der wissenschaftlichen Leibespflege und 
Heilgymnastik, Herodikos von Selymbria (s. d.), 
zu verdanken sein, der sich diese Bezeichnung bei- 



cife. Solche G. begegnen bei Galen unverhohlener 
Verachtung; denn was) sei von solchen zu erwarten, 
die eben erst aufgehört haben, sich in unnatür- 
licher Weise zu überladen und dem Schlafe hin- 
zugeben, die das körperliche Training nur be- 
trieben, um Siege zu erkämpfen und, als sie sich 
ungeeignet erwiesen und keinen Kranz erlangen 
konnten, sich plötzlich dem Gymnastenberufe zu- 
wendeten? (Gal. Thrasyb. 37). 



KnVliljf f ^ eines Paidotnben wegen 10 Am ausführlichsten und im Zusammenhang 
Kränklichkeit aufgeben mußte und an sich und hat sich Philostratos in der Schrift über Gvm- 
anderen seine neue Heilmethode erprobte. Als nastik mit dem Wesen der Trainer befaßt und 



G. wurde fortan ein Trainer bezeichnet, der die 
Fähigkeit besaß, die körperlichen Verhältnisse 
seiner Pfleglinge zu beurteilen und ihr Training 
auch in diätetischer Beziehung zu leiten. Er 
mußte also gewisse medizinische Kenntnisse be- 
sitzen. Auf diesem Standpunkt steht auch Aristot. 
Polit. VIII 3 p. 1338 b 6 jzaQaöorew zovg jiatÖag 



;- n , . ^iun.iucv,IIUJ XLlIMCiia, itlLtJJ UHIJ^S 111 Z Weiter 

yvfivaaztxr} xm jimdorQtßix V . tovtojv ya Q % per 20 Linie. Die Hauptsache bleibt auch" für ihn die 



sioiav nva notet xrjv sgiv rov am/mrog . f} 3k ta 
sQya. G. klang daher vornehmer als Paidotrib, 
und es scheint, daß sich gerade die Trainer der 
Beruf sathleten mit Vorliebe so zu nennen pflegten. 
Doch kam seit Aristoteles noch eine dritte Be- 
zeichnung hinzu, nämlich äfoixttjg (s. d.). Die 
Rivalität mit den ärztlichen Diätetik ern. die sich 
naturgemäß entwickelte, hatte zur Folge , daß 
letztere statt des entwerteten Titels G. einen neuen 



eingehende Weisungen über ihre Ausbildung ge- 
geben. Im Gegensatze zu den rein theoretischen 
Ausführungen Galens, die ihm übrigens unbe- 
kannt waren, verlangt er Kap. 14, offenbar in 
Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse,, 
vom G. auch die Kenntnis 4 der Paidotribik, d. h. 
des _ praktischen Turnens, allerdings in zweiter 



Beaufsichtigung der hygienischen Seite des Trai- 
ning, von der der Paidotrib nichts versteht. Vor 
allem aber ist bei Philostrat Arzt und G. nicht 
identisch, wohl aber muß letzterer zu allen Ein- 
griffen befähigt sein, die mit hygienischen Mittel» 
durchführbnr sind, ja er kann mit Diät und Mas- 
sage auch Krankheiten bekämpfen. Chirurgie und 
Pharmakologie bleiben also den Ärzten vorbe- 
halten. Nach Kap. 15 muß es ebenso wie bei 



Begriff der Hygiene eingeführt und der fateiv6c m»whpn lmi,™ - a „k x~„ x .ma. < --.. * , , 



Begriff der Hygiene eingeführt und der vytetvog 
dem G. entgegengestellt, ohne daß jedoch diese 
Terminologie durchgedrungen wäre. Denn Galen, 
der an Piaton und Aristoteles anknüpft, greift 
auf den alten Namen wieder zurück, verficht aber 
die Ansicht, daß nicht die Trainer, sondern nur 
die Mediziner als G. bezeichnet werden dürfen. 
Sie brauchen als solche in der Ausführung der 
Übungen nicht bewandert zu sein, sondern sind 



gegeben haben : 6 za ÖQopixa döms ra xdv nalai- 
ovroiv aal xayx(iaTta£6vzcov ovx L-iioirjasrai i) 6 

jutjg mpexat. 

Was der G. im einzelnen wissen muß, wird 
von Philostrat in der zweiten Hälfte seines Werkes 
dargelegt. Als Vorbildung wird Kap. 25 und 26 
beansprucht ein gewisser Grad rhetorischer Übung 
° -----. -.—---;-- — --";* """""« «»"" sowie Kenntnis der gesamten Physiognomik, d h 
Theoretiker, die die Wirkung (^ t? ) jeglicher 40 der Augenethik, der* Körperproportionen und der 
Bewegung, insbesondere der Leibesübungen auf Säfte. Diese Kenntnisse sind bei der Assentierun- 
den Körper kennen müssen und sie je nach der der Athleten von Wichtigkeit, wo es fernerauch 



Individualität auszuwählen haben: Gal. VI 157 
Kühn avzijg ßhv yag xfjg xaxa ja£qo$ vlr\$ ixdozijg 
tojv T£%vÖ>v faieiQös iaztv 6 yvfAvaozrjg, f) yvpva- 
ozrjg iaztv st dk arof avzrjv ftsdacuro, zrjv je 
7ioi6xr}ta xat xijv dvva/xiy avrixa yvoioi£si; vgl. 
ebd. 152f. Der praktische Turnlehrer ist aber 
der Taidotribe, der die hygienischen Weisungen 



darauf ankommt, die Tauglichkeit nach der Art 
der Eltern und eventueller hereditärer Belastung 
zu beurteilen (Kap. 27—30). Auch muß der G. 
beim Anblick des Athletenkörpers imstande sein 
anzugeben, zu welchen speziellen Übungen ein 
jeder geeignet ist (Kap. 31—35), ja er muß auch 
die jeweilige Kondition des Athleten beurteilen 



j M f« „„ v„f rt i„ m i ä4 . V°v ■ "v W . U gt,. w j^nrciuge Auiiuiuun ues Atmeten oeurteilen 

des Gr. zu befolgen hat und diesem insofern unter- 50 können und danach das Training individuell ge- 
geordnet ist. Er steht zu ihm in einem ahn- «fal+er, rtf™ aü «q\ tt^.^j. i.Jl „_i.i ™_-,_ .A. 



geordnet ist. Er steht zu ihm in einem ähn- 
lichen Verhältnisse wie der Koch zum Arzte oder 
wie der Soldat zum Feldherrn, d. h. er führt die 
Übungen unter der Leitung des G. kunstgerecht 
aus, kümmert sich jedoch nicht um deren hygie- 
nische Wirkungen (Gal. VT 143. 15of.; Thrasvb 
45, V 892 K. 95, 18 H.). Die theoretische For- 
derung nach strenger Scheidung der Kompetenz 
des G. und Paidotrib en, die Galen aufgestellt hat, 



stalten (Kap. 48—53). Hieniit hat wohl Philostrat 
die_ Anforderungen formuliert, die man in der 
Kaiserzeit an einen vollkommenen G. stellen 
konnte. Die Wirklichkeit wird jedoch hinter 
diesem Idealbild meist stark zurückgeblieben sein 
und die große Masse der Trainer zwar im gym- 
nastischen Handwerk bewandert, im übrigen aber 
von geringer Bildung gewesen sein. 

Immerhin hat sich eine Reihe von Vertretern 



um „j a • j T. ■ ' ,~ " t $ *~.\ ' iinuicjinii nai sich eine neme von Vertretern 

wurde in der Praxis nie befolgt, da sich die 60 dieses Berufes sogar zu literarischer Tätigkeit 
™3££- ? ^* Met . en .. °b sie nun tiefer gehende aufgeschwungen, und die umfängliche Gvmnasten- 
medizinische Kenntnisse besaßen oder ni^ht h*. KW**™,- *& .:„„+ ™j„±:„^ * j • ^ vf l L 



medizinische Kenntnisse besaßen oder nicht, be- 
liebig den einen oder den anderen Namen' bei 
legten. Auf dem Athletendiplom aus dem J 194 

£P^V (Ke ^ on and Bel1 Greek p ap- in the 
Bnt Mus. m S. 218 Z. 63) führt der Schatz- 
meister des Vereins Proklos, welcher Periodonike, 
also Berufsathlet war, offiziell den Titel yvpva- 



literatur, die einst existierte und jetzt bis auf 
geringe Reste verloren ist, blieb wegen ihrer wert- 
vollen Beiträge zur Hygiene auch von Ärzten 
und Philosophen nicht unbeachtet. Die G., die 
sich vermutlich oder erwiesenermaßen literarisch 
betätigten, waren folgende (vgl. die betreffenden 
Artikel): Ikkos von Tarent in der ersten Hälfte 



auzy i*ymnasies 

des 5. Jhdts., Herodikos von Selymbria, der Be- 
gründer der Heilgymnastik oder Iatraleiptik, der 
etwas später lebte, Diotimos, dessen Ausführungen 
stegi idQmTcov von Theophrast frg. IX 11 (III 
143 Wimmer) zitiert werden, endlich die von Galen 
so ausgiebig benützten G. Theon von Alexandreia 
und Tryphon, von denen ersterer IIeqI twv xaxd 
fisgog yvpLvaoloyy in vier Büchern, rvfivaartxd in 
mindestens 16 Büchern verfaßte, aus denen uns 
Galen auch einige Fragmente bewahrt hat. Diese 
und ähnliche Werke der G. , auf deren Inhalt 
auch aus Philostrats Schrift über Gymnastik 
Rückschlüsse gezogen werden können, enthielten 
nicht etwa Anleitungen zur praktischen Durch- 
führung der gymnastischen Übungen, sondern sie 
befaßten sich kurz gesagt mit dem hygienischen 
Detail des athletischen Training- Die Leibes- 
übungen (yvfivdata) selbst werden nur im Hin- 
blick auf ihre Wirkungen auf den Körper be- 
handelt und klassifiziert {sTSij), insbesondere ihr 
Ausmaß (j.dzQa) angegeben und die üblen Folgen 
der Überanstrengung (xöjzog) bekämpft. Ein vier- 
tägiger Zyklus, die sogenannten Tetraden, wird 
von Theon und Tryphon als besonders geeignete 
Trainiermethode empfohlen. Wichtige Partien 
handelten ferner in großer Ausführlichkeit von 
der Nahrungsaufnahme , der Massage [rfiiyng), 
den Bädern und anderen diätetischen Einzelheiten, 
von der Euexie und Gesundheit im allgemeinen. 
Vgl. Gal. Thrasyb. 46. Gal. VI 93. VII 546. VIII 
107. XIII 5. Daß nicht nur Ärzte, sondern 
auch G. vyi£ival TzgayfiarsTat schrieben, bezeugt 
Galen. VI 164. 

Neben den literarisch tätigen G. werden auch 
andere namhaft gemacht, die sich sonst auf irgend 
eine Weise, als Athleten oder Trainer, hervor- 
getan haben, z. B. Hippomachos von Elis (Aelian. 
var. hist. II 6. Plut. Dion 1). Melesias von 
Aigina (Pind. Ol. VIII 71 und Schol. zu 70 und 
71), Teisias (Phil. Gymn. 20), Eryxias (ebd. 21), 
Öecundus (Gal. VIII 254), über welche die Spezial^ 
artikel zu vergleichen sind. 

Über das Auftreten des G. in der Öffentlich- 
keit teilt Philostrat mit, daß seine Kleidung bei 
den Spielen in einem Tribon bestand ; nur in 
Olympia mußte er nackt auftreten, weil sich dort 
angeblich einst eine Frau, Pherenike, als G. ein- 
geschlichen hatte, um ihren Sohn zum Siege zu 
führen (Kap. 17; vgl. auch Paus. V 6. 8). Als 
Attribut trug er angeblich die Striegel (Kap. 18). 
Bei den Lakedaimoniern war er der Lehrer der 
militärischen Taktik, da Krieg und Gymnastik 
eng zusammenhängen (Kap. 19). Zu den Fest- 
spielen begleiteten die G. ihre Athleten, führten 
mit ihnen in Olympia die von den Hellanodiken 
vorgeschriebenen Vorübungen durch (Kap. 54) 
und spornten sie beim Ernstkampf gelegentlich 
durch Zuspruch. Tadel. Drohung oder List zum 
Siege an. Solcher Beispiele weiß Philostrat Kap. 
20—24, obwohl er nur eine Auswahl trifft, mehrere 
zu berichten (vgl. auch Schol. Pind. Ol. XI 19). 
Aber auch üblen Einfluß konnten sie ausüben, 
wenn sie das Bestreben mancher Athleten, sich 
mittels Bestechung einen mühelosen Sieg zu ver- 
schaffen, durch Darlehen auf Wucherzins unter- 
stützten (Kap. 45). 

Darstellung von G. auf Monumenten , insbe- 
sondere Vasen bildern mit Palästraszenen erkennen 



UYiUUODUA. 



zu wollen, ist ein müßiges Unterfangen ; denn im 
5. Jhdt. ist ja der Begriff, wie wir sahen, über- 
haupt erst aufgekommen, und in der Folgezeit 
dürfte es schwerlich je gelingen, die Trainer von 
den Kampfrichtern und vor allem die G. von den 
Paidotnben mit Sicherheit zu unterscheiden. Lite- 
ratur: Krause Gymnastik und Agonistik d. Hell. 
218ff. Grasb erger Erziehung und Unterr. I 
263ff. Hermann-Blümner Griech. Privatalt. 
10 335. Spathakis Athen. I 322. J. B. Egger 
Begriff der Gymnastik bei d. alt. Philos. u. Mediz. 
Diss. Freiburg (Schweiz) 1903, 18f. 49ff. 61 f. 65f. 
87ff. 98. Jüthner Philostr. über Gymnastik 3ff. 
Gardiner Greek athlet. sports a. festiv., Lond. 
1910, 503ff. [Jüthner.] 

Gymnastik (yvfivaan^). 

I. Name und Begriff. 
Das Wort ist verhältnismäßig jung und vor 
dem 5. Jhdt. nicht nachzuweisen. Von yvpv&friv, 
20 yvftvog abgeleitet, bedeutet es ursprünglich wört- 
lich die Übung des nackten Körpers, später über- 
haupt das athletische Training in der Palästra 
und dem Gymnasion und was damit zusammen- 
hängt. Doch variiert der Sinn bei den verschie- 
denen Schriftstellern je nach dem Standpunkt, 
den sie der Sache gegenüber einnehmen, beträcht- 
lich, insbesondere trachten die Philosophen und 
Mediziner als Gegner der berufsmäßigen Athletik 
einen andern als den landläufigen Begriff mit 
30 dem Namen zu .verbinden. So geht aus der Auf- 
zählung der Übungen in der Hippokratischen 
Schrift tieqI dtatrrjs II 61—66, die um 400 v. Chr. 
entstanden ist, hervor, daß der Verfasser nicht 
bloß an das palästrische Training dachte, sondern 
den Begriff Gr. viel weiter faßte. Et teilt näm- 
lich die Anstrengungen (novoi)^ ein in natürliche 
(«ctra (fvaiv) und gewaltsame (dta ßirjg). Zu ersteren 
rechnet er das Sehen, Hören, Sprechen, Denken; 
halb natürlich, halb gewaltsam sind die Spazier- 
40 gänge, gewaltsam schlechtweg endlich die eigent- 
lichen gymnastischen Übungen, wie sie in der 
Palästra vorgenommen werden. Piaton tadelt in 
seinem Staate (404 A. B) die Athleten wegen ihrer 
Schlafsucht und Empfindlichkeit gegen Änderungen 
der Lebensweise und schreibt den Wächtern des 
Staates eine einfache G. vor, die hauptsächlich 
aus Vorübungen für den Krieg bestehen und mehr 
den Mut als die rohe Kraft fördern soll. Der 
Begriff G. wird von ihm hier über die Palästra 
50 hinaus derart erweitert, daß er sogar die Be- 
wegung vor der Geburt im Schöße der Mutter, 
den Tanz, das Reiten und alle Arten kriegeri- 
scher Übungen dazu rechnet (vgl. auch Leg. VII 
813 D. VIII 832 Dff.). Ein ganz anderer Inhalt 
verbindet sich in den übrigen Dialogen mit dem 
gleichen Worte, indem dort an vielen Stellen mehr 
das medizinisch-diätetische Moment betont und 
unter G. etwa die Heilgymnastik oder Kunst der 
Leibespflege gemeint ist; vgl. Gorg. 464B, wo- 
00 nach die G. und die Heilkunde, da sie beide den 
Körper zum Objekte haben, als Schwesterkünste 
hingestellt werden, deren Vertreter, Ärzte wie 
Trainer, das Verhältnis der Nahrungsaufnahme 
und Arbeitsleistung zu beobachten nnd zu regeln 
haben (Prot. 313 D; Gorg. 517 D. E; Crit. 47 B; 
Eiast. 134 C— E). Der Unterschied zwischen 
beiden Künsten ist im wesentlichen der t daß die 
G. den gesunden Körper zn pftegen und auszu- 



VTJIUUaStilK 



2U3U 



bilden, die Medizin den tranken zu heilen hat Dieser exklusive, den Berufsgymnasten feind- 

£& m Ä J^ m 4 VSf k1 52 , A - B ' ; /t h - f Uge S > d P™ kt der Ärzte wirdvon dem 7er- 

^80; Theag 123B) Beide Künste sind aber fasser der einzigen uns erhaltenen Schrift über 

so verwandt, daß sie Symp. 186 E dem gleichen G., Philosixatos, nicht geteilt, der sich vielmehr 

Schutzpatron Asklepios zugewesen werden können. in seiner Auffassung den Praktikern des TraS 

^LlT^S^J^ offenbar nähert, /eine Definition der V2 



in der Terminologie, die auch mit dem Streit wissenschaftlichen Wert beilegt den zu erweS 

Ttriben^ ^? Spliare t^T^ ^ Pai - ^ Hauptzweck seiner Schriftli dI PaidotnS 
dotnben (s. d.) zusammenhing, ist die Meinung oder praktische Tumkunst ist ein Bestandteil der 
des Zdtgenossen Isokrates interessant: Antid. 181 selben, der dem Gymnasten nicht ^nbekann seTn 

oZL £ T 7 *T l ™ ***' *** <*. ** ***> in der E ^l jeloch durch taÄl n 
o^ara r V v ^or^ß^v, Vf y yvfivao^ ^„ unter der Aufsicht des Gvmnasten versehen wird 

3 r EQ Lj i* 6 -* T^ z rv do ™<P™' 5 e * Sein eigenstes Gebiet, dem der Paidotribe fern- 
?-•;,- *™ . faidotnbik nicht gleichberechtigt 20 steht , ist die medizinische Seite." Nur er ver- 
wie bei Aristoteles, sondern die G. bildet einen mag ,die Säfte zu reinigen, den Überschuß aus 
Teil der Funktionen des Paidotriben, der hier also dem Körper zu entfernen , eine Ctku7 einzu 

A ^tählc^fälÄVt e 7 r T r TS^-J^ l6iten °* r diö Kör Pertemperatur zu erhöhen^ 
Allmählich lallt jedoch der theoretische Teil des sogar Krankheiten, wie Katarrhe. Wassersucht 
Training immer mehr dem Gymnasien zu ( s . d.). Schwindsucht, Epüepsie zu heiTen sowei d es 
Im Sinne von ,Leibespflege< konnte aber die durch Diät und Massage mö-Hch st' al mit 

ttoHK™?* GymnaStGn r V ° n ^ n W»i«h«L Mitteln. ^Jen^M (MÄ d 

der Tat enttS iT T LT n ^n™'- T* m Iatllk ' Um den es si <* bei d <* <>• handelt, ist 

der lat entstand im 3. Jhdt. v. Chr. ein Korn- also die Hygiene, die der Gymnast ebenfalls be- 

5ÄW d6r n UCh 1D ^' Terminologie zum 30 herrschen muß, 'während die Verabreicnuno von 

Ausdruck kam. Da in der bisherigen Bezeich- Medikamenten sowie chirurgische Eingriffe Sache 

^JSZl^I 1 ?™ da ^, tÜ1 f^^ Dde d6r ÄT2te Seien * Trotz di ^ s ^arkerfm dS 

If An 31 , ' daß d ? e ^spflege sehen Einschlages faßt Philostrat die G. nicht 

den Gymnasten zukomme, was die Arzte unter ,vie die Ärzte im Sinne von Heil-G sondern 

strttos^ t) im 3 ü 'vTt • **** v™ 1 ' ^ ^ ^ Wetfckäm P fe ™ Auge, ist also der 
Stratos (b. d.) im 3. Jhdt v. Chr. ein neuer Name von den Ärzten und Philosophen so sehr ver- 
geschaffen, der jenen in der Mitte zwischen Me- höhnten Berufsathletik geuXeWid G bedeutet 
dum und G hegenden Zweig entsprechend be- ihm das, was die Athleten und auch dfc breiteren 
olt^an ÄdÄ' ^r^f^' ^Volksschichten darunter verstandet habe A le - 
sollte an Stelle der Platonischen G. treten, und dings verfolgt seine Schrift den Zweck die ver 
mit letzterem Terminus nur jener Teil der Hygiene derblichen Auswüchse dieser Cst zu bekämpfen" 
bezeichnet werden, der sich speziell mit den TT „ P J lt* »eiampien. 
^ljym.ÄiGU VI 135 K.) Dieser a ) Literatur. * Die FachUteratur über das 
Standpunkt wird spater auch von ^ Galen, der gymnastische Training ist bis auf geringe Beste 

ÄÄ Verl0fen **"»**> ™ ß ^ «ehrTetScht cl 

ZL l\n «rVl £ ^' Em ^T S Sem . er H Ä'" * 9Wesei1 sein " Der Löwenanteil daran fiel den 

giene teilt er die Medizin worunter er im all- Theoretikern, den Gymnasten, zu während die 

fn TwH HW. -i nSt W der Leibe Äf ™ tel * ^idotriben naturgemäß zurückstanden Von M- 
derLi^ÄV ^J 1 ^^ Thempie, undSOgenden Gymnasten (s. die einzelnen Art und 

nl W?«J« ,^ / 1C w- r ter ' dlG 6r aber Gj^uastes) ist uns literarische Betätigung be- 

als Wissenschaft von den Wirkungen sämtlicher kannt Ikkos von Tarent in dei cSen Hälfte 

Leibesübungen definiert (^ v% , fa & w^, des 5. JMts> wird Yon Plat m p ?ot 3 6 D in vor 

411 %^Zr2VTT tg ifTlT* . Th v aS " nebjnster l^erarischer Gesellschaft angeführt, doch 

41 Js.fi, gehören hieher also auch Rudern, Graben, ist uns von seiner schriftstellerischen Tat Xit 

^^te^^$sr<* und Arbeit r- r st nichts überliefert ÄS ™ s^- 

iJie Kunst der Palastra und des Gymnasions aber bria, ein Zeitgenosse des Prota^oras der Erfinder 

sei nur ein kleiner Teil der echten G., der außer- der HeibG. oder Iatraleiptik l" K nSSsv' 

Sn V EuexTe nfr < $ 3muuten ' ^ in <ler athleti- s tem sicherlich auch aus^ührLohzuV Dar teUmTg 
heifazufCd aSlrpS 5 n ™ aturi f<* en Gesund- 60 gebracht, und wenigstens die Grundlinien seine! 

werde Nfch ^ st ^dS^H - U T h ? g ^ pfl ? t ?. e ° rie hat nnS daS M ^nexzerpt bewahrt f SappL 

h*rA'\ i " e ' h ° nde ™ die Arz te seien da- Aristot. HI 1 p. 14f. Diels Henu XXVIH 421ff 

TrE^ .^1 die ( ,?".^ 1 e^ygifniaene Theone, das zitiert Theophr. frg. IX 11 eine Stelle die vom 

m^pr^Ä ^ Sch ™ iße ^ delt - Besonders berS 'aber wa 

^^iS^^^^^ d r a lH ban ^?' derA l^driner Theon, der Verfasser einer Schrift • 

zu tmL raiastra dem Paidotriben zufallt, nichts ™ 9 i T <5 V xa ra f^gos yvpvaoicov in 4 Büchern 

und yvftvaonxd m mindestens 16 Büchern, die 



2033 



Gymnastik 



Gymnastik 



2ÖM 



verloren sind, aber von Galen benützt und heftig vereinzelten Bemerkungen zu besonders hervor- 
bekämpft wurden. Auch der sonst unbekannte ragenden Athleten versehen, wurde die Sieger- 
Zeitgenosse Theons , Thryphon , wird von Galen liste später zu einer Art Chronik des Hochfestes 
als gymnastischer Schriftsteller erwähnt. des Zeus — so offenbar von Eratosthenes — , 

Den Paidotriben sind offenbar praktische Turn- endlich zur Weltchronik ausgestaltet. Wir be- 
büchlein zuzuschreiben, die in der Literatur sitzen Fragmente von Phlegon von Tralles (FHG 
Spuren zurückgelassen haben (Epict. HI 20, 10. HI 602ff. Krause Olympia 412ff. Herum nat. 
26, 22. Gab VI 142. Anth. Pal. Xn 206. Luc. scr. I 94ff. Keller), auf einem Papyrus von Oxy- 
Asin. 9f.) und jetzt durch Papyrusbruchstücke rhinchos (Grenfell-Hunt Oxyrh/ Pap. II 222) 
vertreten sind: Grenfell-Hunt Oxyrh. Pap. 10 und die vollständige Liste des Sextus Iulius 
IH 466, wo eine Reihe von Ringergriffen kom- Africanus in Eusebius Chronica (ed. Schoene I 
mandiert wird, und ebd. VI 887, der sich jedoch 193ff.). Eine weitere Quelle waren die verlorenen 
nicht, wie die Herausgeber meinen, auf das Ringen Schriften xeqi dya>vo)r des Duris von Samos, Kal- 
bezieht, sondern Kommandos beim Faustkampfe limachos, Istros, Kleophanes/Theodoros vonHiera- 
enthält. Das ist alles, was uns von den cigent- polis, ferner die Periegeten, deren erhaltener Ver- 
liehen Fachschriften bekannt ist. treter Pausanias uns auch auf diesem Gebiete 

Doch war die G. ein so wichtiger Faktor im eine Fülle von Belehrung in Einzelheiten bietet, 
privaten wie öffentlichen Leben während des ganzen Nicht unerwähnt bleiben dürfen endlich die 
Altertums, daß sie auch sonst in der Literatur zahlreichen Inschriften, insbesondere diejenigen, 
•eine hervorragende Rolle spielt und bald in ge- 20 welche sich auf die Ephebenerziehung und die 
legentlichen Bemerkungen, bald in ausführlicher Gymnasien, sowie auf die Festspiele in allen 
Darlegung Beachtung findet. Für die älteste Zeit Teilen der griechisch-romischen Welt beziehen, 
kommt das Epos in Betracht, das zwar noch b) Monumente. Wir haben gesehen, daß 
nicht den Namen , aber die Sache sehr wohl in der Literatur das turnerische Moment zurück- 
kannte. Später bilden die Epinikien (Pindar, und das hygienisch - agonistisclie stark in den 
Bakchylides) eine Fundgrube für unsere Kenntnis. Vordergrund tritt. In der Tat würde unsere 
Vom 5. Jhdt. an sind es die Ärzte und Philo- Kenntnis von der G. manche Lücke aufweisen, 
sophen, die sich vom hygienischen bezw. vom wenn nicht die monumentale Überlieferung eine 
ethisch-politischen Gesichtspunkt für den Gegen- glückliche Ergänzung lieferte. Bei der Wichtig- 
stand interessieren. Unter den ersteren nament- 30 keit , die man dem athletischen Sporte beimaß, 
lieh die Verfasser von Schriften jigqi diatzij;, ist es begreiflich, wenn sich die große und die 
voranPs.-Hippokrates(FredrichHippokr. Unters. Kleinkunst, ebenso wie das Kunsthandwerk des 
Slft. 169ff. Jüthner Philostr. Gymn. 34f.) T seit dankbaren Stoftes bemächtigte, umsomehr, als ja 
300 v. Chr. Erasistratos und die übrigen Hygie- diese Lebensäußerung vielfach auch in den Mythos 
niker, von denen wir nur aus Galen Kunde haben, projiziert wurde und auch auf diesem Umwege 
endlich dieser selbst, namentlich in seiner Hygiene, dann in die Kunst Eingang fand. Ein Umstand 
dein Thrasybulos (ttoteqoi' tatQtxijg ^ yv/ivaouxfjs trat besonders fordernd hinzu: die Herrschaft 
ton xo vywivov) und der Schrift über den kleinen des nackten Athletenideals in der Kunst seit dem 
Ball. Unter den Philosophen ist nächst Pytha- 6. Jhdt. (s. u.) und die damit zusammenhängende 
goras und den Sophisten (Protagoras schrieb 40 Verehrung schöner Knaben und Jünglinge. Dem 
zzsgi -rdk7]g) insbesondere Piaton hervorzuheben, Zeitgeschmack Rechnung tragend, suchten die 
der in vielen seiner Schriften, im Zusammenhange Künstler ihre Modelle in den Palästren und 
aber besonders im Gorgias , im Staate und den Gymnasien und übertrugen das dort abstrahierte 
Gesetzen die G. zum Gegenstand seiner Betrach- Schönheitsideal, das im Polykletischen Kanon und 
tungen machte. Berücksichtigt wurde sie auch ähnlichen Mustern seine ziffernmäßige Fixierung 
von Aristoteles , Theophrast und den Kynikern erfuhr, auch auf die Götter und mythischen Ge- 
und Stoikern, welch letztere wir noch als die stalten. Die Bildnerei lieferte zahlreiche Athleten- 
entschiedensten Gegner der Athletik kennen lernen statuen, insbesondere die Siegerbilder in Olympia, 
werden. Delphi und den übrigen Festplätzen, wobei nach 

Eine Schrift, die sich speziell mit der G. be- 50 dreifachem Siege sogar Porträtähnlichkeit zuge- 
faßt, hat sich nur von Philostratos erhalten: lassen wurde. Manche erhaltene Athletenfigur 
xsßl yv^vaanx^g, nicht eines Fachmannes, son- dürfte auf einen solchen Ursprung zurückgehen, 
dem eines Sophisten Werk, der für die in Miß- Eine besonders reiche Fundgrube aber bilden die 
kredit geratene Athletik eine Lanze brach und zahllosen Tongefäße mit gymnastischen Darstel- 
das Training auf wissenschaftliche Höhe zu heben lungen, namentlich aus dem 6.— 4. Jhdt. , die 
suchte, Obwohl, wie wir sahen, die Paidotribik uns besser als alles andere die Vorgänge in der 
in die G. einbeziehend, befaßte er sich doch nicht Palästra und bei den Wettkämpfen illustrieren, 
mit der praktischen Ausführung der Leibesübungen, nicht zu vergessen mythische Darstellungen (s. u.) 
sondern fast ausschließlich mit der hygienischen wie den Ringkampf des Herakles mit Antaios, 
Seite der Gymnastenkunst (Ausgabe von Jüth-60des Theseus mit Kerkyon, des Peleus und der 
ner, Teubner 1909). Thetis oder der Faustkampf des Polydeukes und 

Eine weitere Fundgrube für gymnastische Amykos. Eine besonders wichtige Gruppe bilden 

Notizen waren die für die einzelnen Feste ver- hier die panathenäischen Amphoren (vgl. jetzt 

faßten Siegerverzeichnbse, insbesondere die Ol vm- Brauchitsch Die panath. Preisamph.. Teubner 

pionikenlisten (Jüthner a. O. 60ff.). Von Hip- 1910), die auf der einen Seite die Athena, auf 

pias aus Elis inauguriert, von Aristoteles, der der anderen aber die Darstellung gymnastischer 

mit Kalüsthenes auch die Pythioniken verzeich* Übungen zeigen. Von den übrigen Vasen erwähne 

kete , ausgeführt und mit einer Einleitung und ich als für die Kenntnis der G. besonders ergiebig 



uyiuiiasuit 



■und lehrreich: den noch unveröffentlichten sf. 
Stamnos in Würzburg 325 B, sowie den von Vulci 
Mus. Etr. n. XYII (XXII) la, die Münchner rf. 
Schale Arch. Ztg. XXIV Tat 11 = Schreiber 
BilderatL I Tal XXI 3, die beiden Schalen des 
Duris Wien. Vorl. VIII 1 und VI 9, die rf. Schale 
in Paris Bibl. Nat. 523, abg. Hartwig Meister- 
schal. Taf. XV, die rf. Schalen Gerhard Auserl. 
Vas. IV 271. und im Brit. Mus. E 78 abg. Journ. 
hell. Stud. XXVI pl. XIII. Für die Tümische 
Zeit kommen Denkmäler wie das tuskulanische 
Mosaik Mon. d. Inst. VI. VII Taf. 82 (= Schreiber 
a. 0. Taf. XXin 10) in Betracht oder das Athleten- 
mosaik im Lateran (Secchi Mosaico Antonin., 
Tafel), während für die etruskische G. auf Wand- 
gemälde wie Mon. d. Inst. V 16. Mus. Etr, II 94. 
MicaliMon. ant. 1833 tav. LXXzu verweisen ist. 
Neben den Gegenständen der Kunst und des 
Kunsfhand werks dürfen auch die Gemmen und 
Münzen nicht außer acht gelassen werden , auf 
denen vielfach auch Statuen nachgebildet sind. 
Ich verweise beispiclshalber auf die Gemme Mi- 
call Mon. CXVI 16 oder auf die Ringerszene 
der Münzen von Aspendos oder Alesandria (Gar- 
diner Journ. hell. Stud. XXV 271) oder den 
Diskobol auf den Münzen von Kos (a. 0. XXVII 
30). 

III. Geschichte. 
Bei keinem Volke des Altertums wie auch 
der Gegenwart hat die G. eine solche Bedeutung 
gewonnen und eine so großartige Ausgestaltung 
erfahren wie bei den Griechen, und als vollendete 
Trainierkunst ist sie gewiß ureigenstes Produkt 
des griechischen Nationalcharakters, ebenso wie 
man die Ausbildung des modernen Training der 
englischen Rasse zuschreiben muß. Aber auch 
die Anfänge aller Leibesübungen überhaupt in 
Griechenland zu suchen, wäre nicht berechtigt. 
Denn mit Hecht erblickt Philostr. Gynm. 16 ihre 
Entstehungsursache in der natürlichen Fähigkeit 
des Menschen zu ringen, zu boxen und zu laufen 
und meint daher, daß die G. dem Menschen an- 
geboren sei. Dir Erwachen war also nicht an 
einen Ort, an ein Volk gebunden, sondern konnte 
unter günstigen Umständen überall vor sich gehen. 
So ist denn die Sache in der Tat älter als die 
erreichbare Geschichte der Griechen und auch bei 
anderen Völkern nachweisbar. Ägyptische Grab- 
gemälde von Beni-Hassan (E ose Ihn i Mon. dell' 
Egitto tav. XCIV— CIV. Krause Gynin. 237, 
12 Taf. XXV-XXVIIL Perrot-Chipiez Hist. 
de l'art I 792f.| zeigen gymnische und orche- 
stische Szenen aller Art, und" die kretischen Funde 
aus minoischer Zeit haben merkwürdige Dar- 
stellungen von Faustkämpfen zutage gefördert, 
die bald von nackten, bloß mit Perizoma beklei- 
deten Jünglingen, bald von gewappneten Männern 
ausgeführt werden (vgl. das berühmte Steatitrv- 
ton von Hagia Triada, Eendic. Acad. Lincei XTV 
(1905) S69ff., das Pysisfragment Ann. brit. school 
of Ath. Vn S. 95 Fig. 31 und das Tonsiegel ebd. 
IX S. 50 Fig. 35). Nicht unerwähnt bleiben 
mögen auch die durch zahlreiche Darstellungen 
ans mykenischer Zeit bezeugten Stierspiele, die 
offenbar hervorragende Körperkraft und Gewandt- 
heit voraussetzten (A. R e i c h e 1 Athen. Mitt. XXTV 
85C); doch wird dadurch für die Träger der 
kretiseh-mykenisehen Kultur noch nicht die Eig- 



nung und Vorliebe für jene Art der G. erwiesen, 
die später bei den Griechen einen solchen Auf- 
schwung genommen hat. Ihre Einführung war 
vielmehr den nächsten Völkerschichten vorbehal- 
ten, die von Norden her an das Gestade des 
Ägäischen Meeres vorrückten. Dem kriegerischen 
Charakter dieser Stamme entsprach auch die Art 
ihrer Wettkämpfe: das Wagenrennen, der Wett- 
lauf, der Bing- und Faustkampf, der Stein- und 
10 Speerwurf und das Bogenschießen. Dort, wo sich 
die neuen Einwanderer, die Achäer und Dorer, 
festsetzten, so namentlich im Peloponnes, er- 
standen die Hauptstätten für die Wettkämpfe, 
und Lakedaimon ward später der Hort der G. 
und körperlichen Ausbildung. 

Homerische Zeit. Die ältesten historischen 
Nachrichten bringt das Homerische Epos. Aber 
schon hier finden wir die gymnastischen Übungen 
auf einer solchen Stufe der Vollkommenheit, daß- 
20 vorher eine lange Entwicklungsdauer vorausgesetzt 
werden muß. Es finden sich nicht nur fast sämt- 
liche Arten von Übungen, die in historischer 
Zeit gepflegt wurden, sondern auch ihre Durch- 
führung ist, soviel wir sehen können, in vielen 
Einzelheiten bereits vollkommen auf der Höhe 
späterer Vollendung, ja es gibt sogar sozusagen 
Spezialisten in einzelnen Kämpfen, die ihre Über- 
legenheit nicht bloß ihrer natürlichen Anlage, 
sondern gewiß auch fleißiger Übung zu verdanken 
30 hatten. Auch diente die G. schon damals ago- 
nistischen Zwecken einerseits, dem Vergnügen 
und der Erholung andererseits, doch huldigen 
nur die Vornehmen dem Sport, oder wenigstens 
wird im höfischen Epos nur auf sie Bücksicht 
genommen. Ein Menschen alter zurück verlegt 
übrigens der Dichter selbst die Sitte Verstorbene 
durch gymnastische Wettspiele zu ehren, wenn 
er den greisen Nestor IL XXIII 629ff. erzählen 
läßt, wie er als junger Mann bei den Leichen- 
40 spielen für Amarynkeus alle anderen im Faust- 
kampfe, Bingen, Laufen und Speer wurf überragte, 
im Wagenrennen den kürzeren zog. An Cbungen 
reicher sind die im XXIII. Gesang geschilderten 
Leichenspiele des Patroklos. Nach dem Wagen- 
rennen, das nicht hieher gehört, steht auch hier 
der Faustkampf an der Spitze (664—699), in 
welchem der kundige Epeios gegen Euryalos 
Sieger bleibt. Bemerkenswert ist, daß bereits 
Faustriemen in Verwendung kommen. Es folgt der 
50 Ringkampf zwischen Aias und Odysseus, der un- 
entschieden bleibt (700—739). In beiden Fällen 
sind die Kämpfer nur mit dem Zoma bekleidet. 
In dem folgenden Wettlaufe (740 — 797) kommt 
der Oilide Aias zu Fall und wird zweiter, wäh- 
rend Odysseus den Preis davonträgt, Antilochos 
mit dem dritten vorlieb nehmen muß. In dem 
AVaflFenkampfe zwischen dem Telamonier Aias 
und Diomedes kommt ersterer in Gefahr, so daß 
die Achäer dem Kampfe ein Ende machen. Eine 
60 solche Hoplomacbie ist allerdings nicht mehr zu 
der später sogenannten G. im eigentlichen Sinne 
zu rechnen. Wohl aber wiederum der im An- 
schluß beschriebene Fernwurf mit dem gewaltigen 
Solos aus Gußeisen, den Achill als Preis setzte. 
Polypoites wirft den Klumpen mit Leichtigkeit 
viel weiter als der Telamonier Aias und als 
Epeios. Es folgt ein Tanbenschießen mit dem 
Bogen. Den letzten Preis aber erhält Agamem- 



20S7 



Gymnastik 



Gymnastik 



2038 



non ohne Kampf. Die gleichen Übungen wie in 
der Ilias sind auch in der Odyssee noch im 
Schwange: VIII 109ff. laufen die Phäaken um 
die Wette und üben den Kingkampf, Sprung, 
Scheibenwurf und Faustkampf. Von Euryalos 
verhöhnt, ergreift auch Odysseus (186), ohne sein 
Gewand abzulegen, einen gewaltigen Diskos, 
größer als der der Phäaken, und schleudert ihn 
weit hinaus über die Marken aller übrigen. Auch 



auch in der Entwicklung der G. einen Wende- 
punkt bedeuteten, unter dem Einfluß deT histo- 
rischen Ereignisse die wichtige Änderung vor 
sich gegangen, daß die Pflege der Leibesübungen 
und der Wetteifer in der Geschicklichkeit und 
Kraft von den vornehmen Ständen allmählich 
auf das Volk und die Bürger überging, ja daß 
ihr eine wichtige Aufgabe im Staate, namentlich 
in Bezug auf Jugenderziehung zufiel. Der An- 



rühmt er seine Tüchtigkeit im Faust- und Eing- 10 stoß hiezu ist ohne Zweifel von den eingewan- 
kampf (IV 342ff.) und Wettlauf, sowie im Bogen- derten Dorern ausgegangen, die ja auch in histo- 
sehuß und Speerwurf, und ist bereit, sie zu be- rischer Zeit in Bezug auf G. lange die Führung 



weisen. Alkmoos lehnt ab mit dem Bemerken, 
das Boxen und Eingen sei nicht der Phäaken 
stärkste Seite, wohl aber überragen sie die übrigen 
in der Schiffahrt, im Lauf und Tanz und in der 
Musik, was dann in entsprechenden Aufführungen, 
insbesondere einem orch estischen Ballspiele des 
Halios und Laodamos bewiesen wird. Bezeichnend 



behielten, nach der Überlieferung speziell von den 
Kretern und Lakedaimoniern: Thuk. I 6, 5 (,1a- 
y.Eäaifiörioi) iyv/ivcö-drjöav rs jiqwxoi y.al i; rä 
tfavcQOV äzzodvvzEs Utto. ftsia tov yvfivä&a&at; 
rßshfavjo. Plat. Rep. V 452 C rJQ%ovTO röiv yv/4- 
vaatcov zzqwtoi fikv KqfjTzq, znzixa Aaxebatftövioi, 
Bestätigt werden diese Nachrichten zunächst durch 



für den sportmäßigen Betrieb der Leibesübungen 20 die lakedaimonische Tradition, welche der nebel- 
ist, daß die Achäer während des Grolles des haften Gestalt des Gesetzgebers Lvkurgos (s.u.) 
Achüleus sich am THsknswnrf. S™»«-. ™d TWan. auc ;h ^ Fürsorge für die leibliche Ausbildung 

der spartanischen Jugend und zwar männlichen 
und weiblichen Geschlechtes zuschrieb, und für 
Kreta durch gewisse Einrichtungen in der Bürger- 
schaft. Einen der ältesten Beweise für die Wich- 
tigkeit der G. im Staate bietet das Gesetz von 
Gortyn, das zwar jetzt in das 5. Jhdt. versetzt 
_ wird, aber doch wohl einen weit älteren Zustand 

gespielt hat, freilich ganz anders als in der hi- 30 kodifiziert (vgl. Dareste etc. Eec. des inscr. 
storischen Zeit. Obwohl sich an der jungen Stelle juiid. gr. 40b*f., 437f.). Dort wer 



Achüleus sich am Diskoswurf, Speer- und Bogen- 
schießen erfreuen (II 774), und daß die Freier 
der Penelope sich die Zeit vor dem Mahle mit 
Scheibenst h wung und Speerwurf vertreiben, gegen- 
seitig ihre Kräfte messend. Aus alldem geht 
hervor, daß die G. zur Zeit Homers, wenn auch 
noch nicht systematisch betrieben, doch bereits 
eine wichtige Bolle im Leben des freien Mannes 



des Schiffskatalogs auch eine Andeutung der Ver- 
breitung des Sportes im Volke {Xaoi) erkennen 
läßt, ist er doch im ganzen ein Privileg der Vor- 
nehmen. Dient er ja doch zum Zeitvertreib und 
Spiele, dem nur die Fürsten huldigen können, 
oder als Maß jener körperlichen Tüchtigkeit, 
über die wiederum nur die Besten des Volkes 
verfügen. Ein allgemeiner Wettbewerb ist ebenso 
ausgeschlossen wie ein ausgebildetes Spezial- 40 Sklaven waren hievon auldrückllc}7aüsgeschlossen 



verden zwei Alters- 
klassen, Jünglinge und Männer, nach dem Ver- 
hältnis zum Gymnasion, bei den Kretern dgö/uo? 
(Suid. s. ögöfiotQ), als a^68(to(.ioi und doo/uei? 
bezeichnet (Hermann-Thumser Staatsaltri42). 
Diejenigen, welche 10 Jahre in der Männerabtei- 
lung absolvierten, hießen dexäöoofwi (Hesych. 
s. v.). Dies ist ein Beweis, daß" alles au/die- 
gymnastische Ausbildung aufgebaut war. Diö 



Training. Doch ist das agonistische Prinzip, der 
Drang, seine Kräfte mit einem Gegner zu messen 
und durch dessen Besiegung Ruhm zu ernten, 
sowie die Freude an Wettkämpfen jeder Art 
schon bei Homer ebenso lebendig, wie dies später 
ein Hauptcharakteristikon des Griechenvolkes 
bildet, und schon damals hat dies auf die G. be- 
fruchtend eingewirkt. 

Dorer. Nationalfeste. Der Schleier, der zeichnend ist, daß die erste Erneuerung der Spiele 
sich auf die unmittelbar folgende geschichtliche 50 von dem dorischen Nationalhelden Herakles : - 



Arist. Pol. II 5, 1264 a 21). Von besonderer 
Bedeutung ist die Tatsache, daß das älteste Na- 
tionalfest der Hellenen, bei dem gymnastische- 
Wettkämpfe veranstaltet wurden , das Hochfest 
des Zeus, im Peloponnes, wenn auch nicht auf 
streng dorischem Boden, begründet wurde. Hie- 
bei möge die mythische Vorgeschichte Olympias 
außer acht bleiben , obwohl es wiederum be- 



Entwicklung senkt, verdeckt uns zunächst auch 
die Fortschritte, welche die G. damals gemacht 
hat. Anlaß zu gymni sehen Spielen werden auch 
weiterhin die Leichenfeierlichkeiten für vornehme 
Tote gegeben haben, zumal sich diese Sitte auch 
in historischer Zeit erhalten hat und mehrfach 
nachweisen läßt (s. o. Bd. I S. 841). und daher 
die Vermutung nahe liegt, daß auch die großen 
Nationalspiele der Hellenen in letzter Linie auf 



Werk gesetzt sein soll, und die endgültige Be- 
stimmung der Satzungen kein Geringerer als 
Aristoteles neben dem König von Elis Iphitos 
auch dem Lvkurgos zuschreibt (Flut. Lvk. lj. Do- 
rischer Einfachheit entspricht es wohl auch am 
besten, daß von kostbaren Preisen wie in home- 
rischer Zeit nunmehr keine Rede mehr ist, und 
daß ein unscheinbarer ölkranz als äußeres Zeichen 
des unermeßlichen Ruhmes dem glückliehen Sieger 



einen Totenkult zurückgehen (Roh de Psyche 2 60 genügt, während z. B. die Athener an den Pan- 



151). Mit dem Götterkult wurden die Wettkämpfe 
frühzeitig verbunden. Die älteste Nachricht im 
Homerischen Hymnus auf Apollon 149, wonach 
dieser Gott auf Delos durch Faustkämpfe und 
Tanz geehrt wurde. Während aber in homerischer 
Zeit der Sport im wesentlichen Sache der Vor- 
nehmen war, ist in der Zwischenzeit bis zur 
Grfindung der Nationalfestspiele, die naturgemäß 



athenäen die Sieger mit kostbarem öle beteilten. 
Der Kreis der Teilnehmer an dem Wettkampfe 
ist in der ersten Zeit ein lokal beschränkter, und 
wenn nach dem Ausweise der Olympionikenlisten 
bis zur 20. Olympiade ausschließlich Peloponne- . 
sier verzeichnet werden, so mag das verschiedene 
Gründe haben, wird aber sicherlich auch mit der 
Entwicklung der G. zusammenhängen. Freilich 



«vüj uyiirnuaun. 

*nuß festgehalten werden, daß nach neueren 
Forschungen der älteste Teil der Olyinpiadenliste 
nicht als völlig zuverlässige Quelle anzusehen ist, 
da ihr Verfasser Hippias vieles nur kombiniert 
haben wird (vgl. Jüthner Phil. Gymn. 67 f.). 
Dies bezieht sich aber wohl mehr auf die chro- 
nologischen Ansätze als auf die mitgeteilten Tat- 
sachen selbst, die auf alter elischer Tradition 
beruhen können. 



\xyiuua»u& övw 

boten der Eleer zurückgeführt, das Stadion auf 
eine Art Fackellauf vor dem Anzünden des Opfers, 
der Diaulos entstand dadurch, daß Läufer den 
Festgesandtschaften entgegenliefen, um sie zu 
begrüßen, und wieder zurückkehrten , um deren 
Ankunft zu melden; der Waffenlauf, der den 
Agon beschließt, bedeutet nach der Ansicht des 
Philostratos, der andere Meinungen bekämpft, 
den Übergang vom Gottesfrieden zum Kriegszu- 



In den ersten 50 Olympiaden spielt sich nach 10 stand , der Faustkampf sei eine Erfindung der 

Ulis Pvllfll+.nTlPTl T/1S+J1T1 faof j-iio rrocpat-rt+n Avic< T nirfl/loimftnifli. Ain an rinn .tt. 'kr, "U «1 „..(.«,. TT^^C 



•den uns erhaltenen Listen fast die gesamte Aus- 
gestaltung der gymnastischen Wettkämpfe ab, 
und sollte nicht alles der Wahrheit entsprechen, 
so ist diese Überlieferung wenigstens ein Zeugnis 
dafür, wie man sich die erste Entwicklung der 
■G. und Agonistik im Altertum vorgestellt hat. 
Man konnte dieselbe nicht nur den vollständigen 
Olympiadenlisten entnehmen, sondern auch aus 
Auszügen ersehen, die, wie es scheint, in die 



Lakedaimonier, die so den unbehelmten Kopf 
schützen mußten , Ringkampf und Pankration 
aber sind dem Kriege zu Nutzen erfunden. Diese 
Nachrichten, denen kaum ein historischer Wert 
beizumessen ist, sind nicht darnach angetan, 
unsere Kenntnis von der damaligen Entwicklung 
der G. ernstlich zu erweitern. 

Greifbare Resultate lassen sich in Bezug auf 
die allmähliche Verbreitung des gymnastischen 



lüstori sehen Einleitungen dieser Listen aufge- 20 Sportes aus den Angaben über die Heimat der 



nommen waren (vgl. Jüthner a. 0. lllff.). 
lialten sind uns mehrere Beispiele: IG II 978 
= Dittenberger Syll.a II 669. Paus. V 8, 5 
—9, 2. Phil. Gymn. 12 und 13. Sehr gekürzt 
auch Plut. quaest. eonv. V 2. Diese Auszüge 
führen die Daten an, wann die einzelnen Karapf- 
arten in Olympia eingeführt sein sollen. Die 
Reihenfolge der gymnastischen war: Ol. I ~ 776 
v. Chr. der Stadionlauf, Ol. 14 = 724 der Doppel- 



Sieger in der älteren Zeit gewinnen, wobei aber 
nicht bloß die Olympiadenliste des lulius Afri- 
canus heranzuziehen ist, die fast nur die Sieger 
im Stadionlauf enthält, sondern auch sonstige 
Nachrichten, wie sie von H. Förster Olympische 
Sieger, Progr. 1891—92 zu einem reichhaltigen 
Verzeichnis verarbeitet sind. In den ersten Olym- 
piaden werden, wie gesagt, nur Peloponnesier 
bekränzt, und zwar Athleten aus Elis, Messene, 



lauf, Ol. 15 = 720 der Dauerlauf, OL 18 = 708 30 Korinth , Dyme, Kleonai; als der erste Dolicho- 



das Pentathlon und der Ringkampf, OL 23 = 688 
Faustkampf, Ol. 33 = 648 Pankration, Ol. 37 
= 632 Wettlauf und Ringkampf der Knaben, 
Ol. 38 = 628 Fünfkampf der Knaben, Ol. 41 
= 616 (oder Ol. 60 = 540) der Knabenfaust- 
kampf, Ol. 65 ^ 520 Waffenlauf, Ol. 145 = 200 
Knabenpankration. An diese allmähliche Ent- 
wicklung der olympischen Wettkämpfe knüpft 
Philostr. Gymn. 13 die Bemerkung; zavxa ovx 



drom figuriert ein Spartaner, im weiteren Ver- 
lauf kommt Megara, Epidauros, Sikyon, Hype- 
resia, Athen und Theben hinzu, und bevor das 
erste Jahrhundert des Bestandes der Spiele zur 
Neige ging, siegte ein Bürger von Smyrna Ono- 
mastos im Faustkampf, und er bekundete in seiner 
Kunst eine solche Sachkenntnis, daß die Eleer 
nach dem Berichte in den Listen von ihm die 
Boxregeln ausarbeiten ließen, was mehr als sein 



■av ,«o: Soxei xad 1 " ev ovraat imgeXüelv dg äy&vag 40 Sieg beweist , daß der Faustkampf damals in 

■ovÖ" av oxovSao&rjvat jzoze 'Hlelotg xai "ElXtjot T — '-- *-.—•.«- — i- -i j.m .t. ... t^-j....: _i_i 

naoiv, €i fit-j yvfxvaatixr} ixedidov xai rjoxsi avtd • 
xai yag avzai i&v ä&ktjTÖiv al vixat xal zolq 
yvfivaOTat; — ov fietov 77 toi$ a&?.ijratg — tzqös- 
xuvtat. Philostratos möchte also die Entwick- 
lung der gymnastischen Agonistik vom einfachen 
Lauf bis zu der schließüchen Mannigfaltigkeit 
der Wettkämpfe als Verdienst der berufsmäßigen 
<}. hinstellen, welche die einzelnen Übungen der 



Ionien bereits zu hoher sportlicher Entwicklung 
gelangt war. Auch die Kolonien in Großgriechen- 
land werden allmählich in den Bereich herein- 
gezogen. 

Sparta. Aber das klassische Land der G. 
ist bis tief in das 6. Jhdt. Lakonien, dessen Vor- 
rang auf dem olympischen Sportplatz während 
dieser Zeit unbestritten war. Fiel ihm ja gleich 
bei der ersten Einführung der meisten Übungen 



Reihe nach erfunden und ausgestaltet habe. Das 50 der Sieg zu: abgesehen von dem ersten Dolichos- 
ist aber insofern unhistorisch , als ja , wie wir sieger Akanthos waren Lakonier auch der erste 



wissen, die meisten Kampfarten lange vor der 
■ersten Olympiade schon Homer bekannt und im 
wesentlichen ausgebildet waren. Die Überlieferung 
von der allmählichen Einführung in Olympia muß 
also wohl andere Gründe haben, und G a r d i n e r 
-Greek athlet. Sports 52 denkt daran, daß der Ur- 
heber der Olympionikenlisten Hippias die von 
ihm aufgetriebenen Daten der ersten Erwähnung 



Sieger im Pentathlon Lampis, im Ringkampf 
Eurybatos (nach anderen aus Lusoi), im Knaben- 
ringkampf der fünffache Sieger Hipposthenes, im 
Knabenfünf kämpf Eutelidas. Die ganze Erzie- 
hung der spartanischen Jugend ging darauf aus, 
tüchtige und abgehärtete Krieger zu erzielen, 
weshalb dort auch die G., und zwar in ihrem 
ganzen L'mfang, als Vorübung zum Kriege eine 



der älteren Kampfarten als Daten der Einführung 60 hervorragende Rolle spielte. (Vgl. Schoeniann- 
^intrug. Durch nichts begründet ist auch die Lipsius Griech. Altert. 264. Freeman Schools 
Annahme Philostrats, daß die berufsmäßige G. 
so hoch hinaufgereicht habe. Und was er uns in 
den Kap. 3—11 über den Ursprung der einzelnen 
Kampfarten berichtet, beruht wohl ebenfalls auf 



bloßer Kombination, was schon aus der Art der 
Darstellung, namentlich z. B. im Kap. 7, hervor- 
geht Darnach wird der Dauerlauf auf die Kriegs- 



of Hellas 1907, 26ff. Eiarchopulos Erz. tu 
Unterr. in Sparta u. Athen im 5. und 4. Jhdt. 
v. Chr. 1909, 32ff.). Im einzelnen sind wir be- 
treffs der Organisierung der gymnastischen Aus- 
bildung nicht genau unterrichtet, im allgemeinen 
aber wissen wir, daß niemals athletische Technik, 
sondern ausschließlich Körperkraft, Ausdauer und 



öv*a vjrjrimuwtiÄ. 

Gewandtheit bezweckt wurde (Anthol. gr. II 625). 
Daher wurden die Fechtmeister oder Hoplomachen 
von Sparta ferngehalten (Plat. Lach. 182 E) und 
keine Paidotriben angestellt : Plut. apophth. Lac. 
27 TOtg itakaiovöi uiaidotQißag ovx £<piaT<xrov, tva 
. pi] xexvqs <UA' aQszfjg r\ q>tloxi/j.ta yevrjrat. Das 
Geschäft des Turnlehrers wie auch des Taktikers 
(Phil. Gymn. 19) versah der Gymnast (s. d.). 
Daß die Lakonier den Faustkampf und das Pan- 
kration gänzlich verschmäht hätten, wie in den 10 
Handbüchern zu lesen ist (vgl. Jüthner Phil. 
Gymn. zu 138, 35), beruht anf irriger Interpre- 
tation. Der Faustkampf, dessen kunstmäßige 
Ausbildung dem lakonischen Stammheros Poly- 
deukes zugeschrieben wird, gilt ja als lakonische 
Erfindung (Philostr. Gymn. 9), und als Vorübung 
zum Kriege mußten gerade diese beiden Kampf- 
arten besonders gnte Dienste geleistet haben. 
Verboten war den Spartanern nur in den öffent- 
lichen Spielen darin aufzutreten, da beim Faust- 20 
kämpf sowohl wie beim Pankration die Entschei- 
dung, wenn nicht Kampfunfähigkeit eintrat, da- 
durch herbeigeführt wurde, daß sich der Unter- 
liegende ausdrücklich für besiegt erklärte. Einer 
solchen Möglichkeit aber durfte sich kein Spar- 
taner aussetzen. So sind die betreffenden Stellen 
zu verstehen: Plut. Lyk. 19; apophth. Lykurg. 

4. PML Gymn. 9. Sen. de benef. V 3, 1. Die 
Pflege der beiden Übungen der Abhärtung halber 
beweisen Stellen wie Philostr. Gymn. 58fine;30 
Imag. II 6. Xen. resp. Lac. IV 6, und die Nach- 
äffung der spartanischen Boxlust durch die La- 
konomanen in Athen, Plat. Prot. 342 B. Ergänzt 
wurde die gymnastische Ausbildung der sparta- 
nischen Jugend durch gewisse Turnspiele wie den 
Platanistas (s. d.) und gewisse Mittel der Ab- 
härtung, wie die dtapaouycoöts (s. o. Bd. III 

5. 325), worauf hier nicht näher eingegangen 
wird. 

Spezifisch spartanisch ist es, daß auch die 40 
Mädchen eine ähnliche gymnastische Erziehung 
erhielten wie die Knaben, damit sie, wie Philostr. 
Gymn. 27 sagt, einmal die häusliche Arbeit besser 
verrichten und gesunde Nachkommen zur Welt 
bringen können. Sie wurden zum Laufen, Ringen, 
Schwimmen, Diskos- und Speerwurf angehalten 
und unter freiem Himmel abgehärtet (Xen. resp. 
Lac. I 4. Plat. Rep. V 452 A ; Leg. VJJI 833 C, 
D. Plut. Lyk. 14. Aristoph. Lys. 82. Cic. Tusc. 
disp. II 15). Bekleidet waren sie hierbei mit 50 
einem kurzen Gewände. Da ihre Wettkämpfe 
und Spiele öffentlich waren, wurde auch ein ge- 
sundes Verhältnis beider Geschlechter zueinander 
erzielt (Schoemann-Lipshis 268f. Hermann- 
Thumser 180). Übrigens gab es an den He- 
räen zu Olympia einen Wettlauf für Mädchen 
über 500' (Paus. V 16, 2ff.) und in späterer Zeit 
im Gymnasion zu Chios einen Ringkampf zwi- 
schen Jünglingen und Jungfrauen (Athen. XLTI 
566 E). Über Frauen-G. in Kyrene vgl. Boeckh60 
zu Pind. Pyth. IX 102 p. 328 und im allge- 
meinen Meyer De virginum exercitat. gymn. ap. 
veteres, Progr. Clausthai 1872. 

Der Vorrang Spartas auf dem Gebiete der G. 
war zeitlich begrenzt. Es tritt später zurück und 
steht zur Zeit des Aristoteles in der G. sowohl 
wie im Kriege den übrigen Staaten nach (Polit. 
Vm 4, 1338 b 24ff.). Aristoteles erklärt die 



seinerzeitige Superiorität damit, daß Sparta da- 
mals der einzige Staat war, der seiner Jugend 
eine gediegene militärisch-gymnastische Erziehung- 
angedeihen ließ und dadurch die übrigen Staaten» 
übertraf, als diese aber seinem Beispiele folgten,, 
dieses Übergewicht einbüßte. Dies entspricht ins 
der Tat der historischen Entwicklung ; denn Sparta 
wurde der Lehrmeister des übrigen Griechenland 
auf dem Gebiete des Krieges und Sportes, ward 
aber später in der physischen Ausbildung von 
den übrigen Staaten zum mindesten erreicht, auf 
geistigem Gebiete aber insbesondere von Athen; 
weit überflügelt. 

Die Zugkraft der großen Nationalspiele und 
damit Hand in Hand die Verbreitung des athleti- 
schen Sportes läßt sich in der Folgezeit daran 
erkennen, daß nunmehr auch die westlichen Ko- 
lonien hervortreten : Ol. 33 siegt der Syrakusaner 
Lygdamis in dem neu eingeführten Pankration^ 
Ol. 41 Philytas aus Sybaris im Kuabeufaustkampf. 
In dem spät eingeführten Knabenpankration, Ol. 
145, wurde zuerst ein Ägypter aus Naukratis: 
ausgerufen. Die immer weitere Verbreitung des 
agonistischen Interesses zeigt sich auch darin, 
daß sich in Olympia zu den Schatzhäusern des 
Mutterlandes auch solche der Kolonien gesellen^ 
noch im 7. Jhdt. von Gela, im 6. von Metapont,. 
Selinus, Sybaris, Byzanz, Kyrene. Bei diesem 
kolossalen Aufschwung der Agonistik konnte ein 
einziges National fest auf die Dauer nicht genügen r 
und es folgte im 6. Jhdt. die offizielle Einfüh- 
rung der übrigen großen Festspiele, der Pythien r 
Isthmien (582) und der Nemeen (573), die in ihren 
Anfängen jedoch beträchtlich älter sind. Über 
die Nationalspiele vgl. zuletzt Gardiner a. O. 
194—248, über das agonale Prinzip bei den Grie- 
chen auch Burckhardt Griech. Kulturgesch. 
IV 89ff. 

A t h e n i m 6 . J h d t. Zur Verbreitung der G. irr 
jener Zeit trug aber nicht bloß der Aufschwung der 
Agonistik bei, sondern noch ein anderer, viel wich- 
tigerer Umstand, der oben schon angedeutet ist 
und der diese Kunst erst so recht zum National- 
eigentum der Hellenen und zu einem integrierenden* 
Bestandteil und einem unterscheidenden Merkmal 
ihres Nationalcharakters gegenüber andern Völkern 
gemacht hat. Es ist dies die Tatsache, daß unter 
dem Einflüsse der Dorer und insbesondere der 
Lakedaimonier auch die anderen Griechenstämme' 
der G. in der Erziehung ihrer Jugend einen her- 
vorragenden Platz einzuräumen begannen. Wir 
können diesen Vorgang besonders in Athen 
genauer verfolgen. Hier hat die Vorliebe für die 
Leibesübungen ziemlich bald Eingang gefunden. 
Nach den Olympiadenlist cn und nach dem Aus- 
zuge IG LI 978 (s. o.) war der erste athenische 
Sieger in Olympia der Stadionläufer Pantakles 
Ol. 21 (ß96) ; der auch in der darauffolgenden 
Olympiade siegte, bald darauf folgte Eurvbos und 
Stomas. Im Diaulos siegte OL 35 (640) der Ty- 
rann Kylon und unmittelbar darauf Phrynon im 
Pankration. Also schon im 7. Jhdt. weist Athen 
Meistcrleistungen in der G. auf, und wenn solche- 
aus dem 6. Jhdt. nicht berichtet werden, so hängt 
dies wohl mit der Lückenhaftigkeit unserer Über- 
lieferung zusammen; denn gerade in jener Zeit 
erfährt die G. in Athen einen großartigen Auf- 
schwung. Dies erklärt sich vor allem dadurch,. 



■daß der große Gesetzgeber Solon (Archon 594/3) 
der Jugenderziehung nach dorischem Muster be- 
Tiufs Vorbereitung für den Krieg eine gymnasti- 
sche Grundlage gab und die Teilnahme an den 
Leibesübungen gesetzlich regelte. Die Jugend 
wird in Musik im weiteren Sinne und in G. unter- 
richtet, und zwar in den Schulen von Elemen- 
tarlehrern, in den Palästren von Paidotriben, und 
die Turnschulen mußten von Sonnenaufgang bis 



Hellene hatte Zutritt zur Konkurrenz bei den 
großen Nationalspielen, wo nur die persönliche 
Tüchtigkeit zu Ehre und Ruhm . verhalf. Ein 
entschieden demokratischer Zug kommt auch in 
der sportlichen Betätigung zur Geltung, und der 
Adel mußte seinen einst unbestrittenen Vorrang 
an körperlicher Tüchtigkeit in freiem Wettbe- 
werb zu behaupten suchen. Die Vornehmen ver- 
schmähten dies nicht, und noch gegen Ende des 




-..lliebgew^ ilulJi ^M 

Sport setzte der Jüngling und der erwachsene 
Mann auch weiter fort. Aber ebenso wie bei den 
Dorern ist das Training das ausschließliche Vor- 
recht der Freien, dem Sklaven war es ausdrück- 
lich verboten, gymnastische Übungen vorzunehmen 
{Aischin. a. 0. 138. Plut. Solon 1). Dagegen 
ist es ein Verdienst der sozialen Reform Solons, 



(Hcrod. V 22). 

Naturtraining und Anfänge der Ath- 
letik. Die großartige Entfaltung der gymni- 
schen Agonistik zeitigt nunmehr einen Umschwung, 
der für die weitere Entwicklung der Cr. von grund- 
legender Bedeutung war. Es vollzog sich all- 
mählich der "Übergang von der NatuT zur Kunst. 



,i ß n- .. , „ . : "" uuu i uiHij.ij.L-ii iici t, ucigaijii vuxt u.er maiUT zur Ji.unst. 

daß die gymnastische Erziehung definitiv auf- 20 Die großen Ehrungen und Vorteile, die mit einem 



hört ein Vorrecht des Adels zu sein. Auch der 
gemeine Bürger hat fortan die Möglichkeit, ja 
die Pflicht, sich jene Kraft und Geschmeidigkeit 
des Körpers anzueignen, die ihm Selbstgefühl 
und freies, selbstbewußtes Auftreten in der Volks- 
versammlung und vor Gericht verschafft. Auch 
2u dein sportlichen Betriebe spornte Solon an, 
indem er für einen Sieg in Olympia als Ent- 



Sieg namentlich zu Olympia verbunden waren 
(s. o. Bd. I S. 847ff.), mußten dahin führen, daß 
man auf Mittel und Wege sann, um die sportliche 
Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Denn die natür- 
lichen Anlagen und die im gewöhnlichen Leben 
gebotene Gelegenheit, die Körperkraft und Ge- 
schicklichkeit zu üben, konnten bei der kolossalen 
Konkurrenz auf die Dauer nicht mehr genügen, 



S 1 ^^^* 8 ^^ ^^^^^ 61 ^ ^ mußte vielmehr allmählich" einV'sor^äSge,' 
Sieg an den Isthmien 100 Drachmen bestimmte 30 sv -^---^-- -■• -~ * - — - B - — s - ' 



«eg _. _ 

{Plut. Sol. 23. Diog. Laert. 1 55). Er wird auch 
an der glanzvollen Ausgestaltung der Panathe- 
näen (s. d.) , die von Euseb. Chron. II 94 Schoene 
in das J. 566 v. Chr. verlegt wird, beteiligt 
gewesen sein, wodurch für Attika selbst ein sport- 
liches Zentrum geschaffen wurde. Auf welcher 
Höhe der Entwicklung die G. in Athen schon 
im 6. Jhdt. stand, dafür bietet die älteste pan- 
athenäische Amphora und die zahlreichen sf. Va- 



ystematische Vorbereitung zum Wettkampfe Platz 
greifen. Besorgt wird diese durch kundige Trainer, 
und es bildet sich ein Stand von Berufsathleten, 
die in der Beteiligung an Wettkämpfen ihre Le- 
bensaufgabe erblicken. Den genauen Zeitpunkt 
für diesen Übergang anzugeben, wird wohl nie 
gelingen, da er sich ja auch nicht auf einmal 
vollzog, sondern offenbar einen längeren Zeitraum 
in Anspruch nahm. Daher wissen auch die Alten 
den Beginn der kunstmäßigen Athletik nicht an- 




des iMkosthenes (Benndorf Wien. Vorlegebl 
1889 Taf. VII), des Amasis (Adamek Unsignierte 
Vasen des Amasis Taf. II) u. a. 

Die mächtige Entwicklung der G., die wir 
;an Sparta und Athen speziell ins Auge gefaßt 
haben, wird mehr oder weniger intensiv auch 
in den übrigen Staaten der Hellenen vorauszu- 



er meint damit die Gymnastenkunst — die Ver- 
mehrung der Übungen bei den olympischen Spielen 
zur Folge hatte. Damit projiziert er die Exi- 
stenz der kunstmäßigen G. und Athletik bis ins 
7. Jhdt., was ja, buchstäblich genommen, aus- 
geschlossen und nur seiner Sucht zuzuschreiben 
ist, die von ihm verherrlichte Kunst möglichst 



c,^™« -~* n 1 7- ,"""""-" .~i»« oai A- io t) Luc vun iiiiii ^ernerrnence j\.unst möglicnst 

etzensem. Der praktische Hauptzweck war die 50 alt zu machen. Sein Schluß ist gerade umzu- 



körperliche Ausbildung und Abhärtung für den 
Krieg, dazu die Erzielung von Gesundheit und 
Geschmeidigkeit des Körpers. Das Mittel hierzu 
waren allerhand Leibesübungen sportlicher und 
kriegerischer Art, dann aber auch Spiel, insbe- 
sondere Ballspiel und Tanz. Musikbegleitung 
war nicht bloß bei letzterem, sondern auch beim 
Turnen üblich. Die Feste der einzelnen Gemein- 
den boten Gelegenheit, die körperliche Tüchti^ 



kehren: nicht die G. hat den Aufschwung der 
Festspiele verursacht, sondern durch diesen wurde 
die kunstmäßige G. ins Leben gerufen, um durch 
systematisches Training für den Wertkampf ent- 
sprechend vorzubereiten. Übrigens steht Philo- 
stratos mit sich selbst im Widerspruch, da er 
Kap. 43 für das ursprüngliche, natürliche, von 
der Kunst noch unberührte Training viel jüngere 
Beispiele anführt, nämlich den Polymestor aus 



\^n- ^ -u o---— • —- -v Y wji™ 5 Alling- neispieiu amnmr, namucn den roivmestor aus 

reiL AT. VaChse , nden ,J . Ugen,i - aber auch der 60 Milet < 596 T - Chr 0> d " als H ^te Hasen im Laufe 
reifen Manner zu prüfen und zu messen und rli«p ^i^^L j m t;,.'.-,.-. ,™ x- , ~T A * 7! 



reifen Männer zu prüfen und zu messen, und diese 
kleinen lokalen Agoue konnten als Vorspiel für 
die großen panhellenischen Feste angesehen wer- 
den. A\ir können annehmen, daß sich in Olympia 
die besten Kämpen aus den verschiedenen Staaten 
Unechenknds zum Wettkampfe zusammenfanden 
Jeder taugliche freie Mann nahm zu Hause an 
<ler gymnastischen Ausbildung teil, und jeder freie 



einholte, den Tisandros von Naxos (um 540), der 
seinen Körper durch Schwimmen stählte, den 
Alesias, wohl identisch mit Amesinas (Afric. zu 
OL 80 = 460), der sich mit einem Stier zum 
Ringkampfe trainierte, und Pulydamas von Sko- 
tussa (408 v. Chr.), der mit einem Löwen rang. 
Ist sein Ansatz in Kap. 13 viel zu früh, so fallen 
namentlich die beiden letzten Beispiele in eine 



\-t yiuutiaiiiJi 



m yxuuia.au.iji. 



Zeit, wo die Trainierkunst gewiß schon in voller 
Blüte stand. Natürlich konnten aber auch Ago- 
nisten ohne fachmäßiges Training gelegentlich 
einen Sieg davontragen. Zu spät setzt den Ur- 
sprung der kunstmäßigen G. auch Gab Thrasyb. 
33 an. Aus dem Umstände, daß der Name yv/n- 
va<fzr)s (s. d.) erst bei Piaton auftritt, schließt 
-er, daß die Athletik kurz vorher aufgekommen sei. 
Doch sprechen verschiedene Umstände für ein 
höheres Alter. Die ersten olympischen Siege sind 10 
freilich noch nicht durch Kunst, sondern auf Grund 
natürlicher Anlage und Übung erkämpft worden. 
Aber schon die Erzählung von Onomastos aus 
Smynia, der OL 23 (688) den Eleern die Regeln 
des Faustkampfes diktierte, muß als Hinweis aut 
den Beginn einer kunstmäßigen Übung aufge- 
faßt werden, und da solche Regeln doch von den 
Bewerbern gelernt werden mußten, wird wohl 
früher, als man gewöhnlich annimmt, eine Art primi- 
tiver Trainierkunst aufgekommen sein, die sich 20 
einerseits in den Athletenfamilien vererbte (man 
vgl. im 5. Jhdt. die Diagoriden auf Rhodos), 
anderseits auch durch Unterricht verbreitet wer- 
den konnte. Ohne ein frühzeitiges Ansetzen eines 
gewissen Training hätte in der sf. Vasenmalerei 
des 6. Jhdts. nicht jener Athletentypus geschaffen 
werden können, der schon so deutlich auf eine 
-die Athleten uniformierende Lebensführung hin- 
weist. Ich meine gerade ältere Beispiele, wie 
die beiden oben genannten Stainnoi, ferner den 30 
in Paris Bibl. nat. 252 (de ßidder Catal. I 
p. lo'O. Gardin er a. 0. 418) oder die Gefäße 
des Nikosthenes, wie die Amphora im Brit. Mus. 
B 295 abg. Gardiner a. 0. 420 oder Wien. Vor- 
legebl. 1890-1891 Taf. IV sowie des Amasis: 
Adamek Unsign. Vasen Taf. II. Hier werden 
zwar mit noch unzulänglichen Mitteln, aber mit 
einem gesunden Naturalismus, der freilich bald 
der nivellierenden Herrschaft des Athletenideals 
zum Opfer fiel, beleibte Kämpferfiguren mit 40 
gewaltiger Muskulatur gezeichnet, die in ihrer 
typischen Erscheinung als Beweis für die Exi- 
stenz eines Athletenstandes in der damaligen Zeit 
angesprochen werden müssen. Die Darstellungen 
auf den Stamnoi sind übrigens auch dadurch 
interessant, daß die Athleten sämtlich noch mit 
dem Leibschurz versehen sind, der seit Homer 
bei gymnastischen Übungen, anfangs auch bei 
den olympischen Spielen üblich war. Seine Ab- 
schaffung daselbst wird einem Zufall zugeschrie- 50 
ben. Der Stadionläufer Orsippos von Megara soll 
in der 15. Ol. (720) den Schurz beim Laufen 
verloren oder abgeworfen und so den Sieg erlangt 
haben, und seitdem sei die völlige Nacktheit vor- 
geschrieben worden, die der G. den Namen ge- 
geben hat (Paus. I 44, 1. Anth. Pal. App. 272). 
Etwas besser stimmt mit den Vasenbildern die 
Nachricht bei Thuc. I 6, 5, daß das Aufgeben 
des Schurzes in Olympia kurz vor seine Zeit fallt. 
Doch dies nur nebenbei. Die geringe Einschät- 60 
zung des Laufes und Ringens, die Tyrtaios frg. 12 B 
zum Ausdruck bringt , ist zu allgemein gehalten, 
um zu entscheiden, ob er schon eine kunstmäßige 
Ausübung im Auge hatte. Dagegen werden die 
verächtlichen Worte, die Xenophanes frg. 2 B der 
G. widmet, und der Vergleich mit seiner eigenen 
,ootpirj' eigentlich erst klar, wenn man bereits 
.eine Art athletischer Kunst voraussetzt, Ihre 



ersten Anfänge dürften also schon im 6. Jhdt. zu 
suchen sein. 

Wie man sich die vor aufgehende gute alte 
Zeit des natürlichen Training etwa vorzustellen 
hat, das schildert mit begeisterten Worten Phi- 
lostr. Gymn. 43 au der Stelle, mit deren Chro- 
nologie wir uns oben befaßt haben. Sie lautet 
im Zusammenhange : , Unter G. verstanden r die 
Alten eine wie immer geartete körperliche Übung. 
Es übten sich aber die einen durch Tragen schwerer 
Lasten, die anderen, indem sie in der Schnellig- 
keit mit Pferden und Hasen wetteiferten, oder 
indem sie dicke Eisenplatten gerade und krumm 
bogen oder sich mit kräftigen Zugochsen zu- 
sammenspannen ließen, schließlich Stiere bän- 
digten oder gar Löwen. Das taten Männer wie 
Polymestor und Glaukos und Alesias und Puly- 
damas aus Skotussa. Den Faustkämpfer Tisan- 
dros aus Naxos, der um die Vorsprünge der Insel 
herumschwamm, trugen seine Anne weit ins Meer 
hinaus, sich selbst und den Körper trainierend'. 
Das meiste, was hier Philostratos anführt, sind 
Anekdoten, die an einzelne teilweise namhaft ge- 
machte Athleten anknüpfen. Die Erwähnung der 
Eisenplatten geht auf das Geradbiegen einer Pflug- 
schar durch Glaukos, was von Philostr. 20, von 
Paus. VI 10, 1 erzählt wird. Solche vereinzelte 
Vorkommnisse sind für das systematische Trai- 
ning selbst von geringem Wert gewesen , da- 
gegen muß das Tragen von Lasten, das Heben 
und Stemmen von Gewichten eine wesentlich 
wichtigere Rolle gespielt haben, wie schon die 
Zahl der Belege beweist. So soll Mi Ion von Kro- 
ton einen vierjährigen Stier auf die Schultern 
gehoben und im Stadion zu Olympia herumge- 
tragen haben (Athen. X 412 e. Dorieus in Anth. 
Gr. App. 20). Noch übertrotfen wurde er von 
Titormos, der einen gewaltigen Stein, den Milon 
kaum bewegen konnte, auf die Schulter hob und 
ein Stück weit trug (Aelian. v. h. XII 22), wäh- 
rend der neunjährige Theagenes ein Bronzebild 
vom Marktplatz auf der Schulter nach Hause ge- 
schleppt haben soll (Paus. VI 11 , 2). Solche 
Kraftleistungen wurden auch verewigt. In Olym- 
pia wurde ein Sandsteinblock von etwa 150 kg 
gefunden mit einer Inschrift aus dem 6. Jhdt., 
welche wörtlich besagt, daß ein gewisser Bybon 
ihn mit einer Hand über seinen Kopf ,hinüber- 
warf (Olympia V 717. Jüthner Ant. Turng. 
22. Gardiner Journ. hell. Stud. XXV1T 21). 
Wie diese gewaltige Leistung zu verstehen ist, 
ist noch nicht ganz aufgeklärt. G a r d i n e r Athlet, 
sports 83 denkt an ein Heben mit beiden Hän- 
den und Balanzieren und Schleudern mit einer 
Hand; vielleicht war es eine Art Steinstoßen. 
Viel mächtiger ist der auf Thera gefundene vul- 
kanische Block von 480 kg, dessen von der Wende 
des 6. Jhdts. stammende Inschrift besagt. Eu- 
mastas, Sohn des Kritobulos, habe ihn vom Boden 
aufgehoben (IG XII 449). An solche Beispiele 
mag auch Philostratos gedacht haben. 

Er schildert abeT nicht bloß das einstige 
natürliche Training, sondern in der festen Über- 
zeugung, daß das üppige Leben der Athleten in 
der späteren Zeit den Niedergang der G. ver- 
schuldet habe, spendet er auch der ursprünglichen 
einfachen Lebensweise ein Überschwengliches Lob : 
,Man badete in Flüssen und Quellen und war 



*v*i ixymnaauit 

gewöhnt auf der Erde zu schlafen, teils auf Häuten 
hingestreckt, teils auf Lagerstätten aus Heu von den 
Wiesen. Als Speise diente ihnen Gerstenbrot und 
aus Kleienmehl hergestelltes ungesäuertes Weizen- 
brot, imd das Fleisch, das sie genossen, war vom 
Ochsen, Stier, Bock und Reh, und sie salbten sich 
mit öl vom wilden Ölbaum und vom Oleaster. Daher 
blieben sie bei ihren Übungen gesund und pflegten 
spät zu altern. Sie beteiligten sich bald acht, 
bald neun Olympiaden lang an den Wettkämpfen, 
waren zu schwerem Waffendienst geeignet und 
kämpften um die Mauern, auch hierin keineswegs 
ohne Erfolg, vielmehr durch Prämien und Trophäen 
ausgezeichnet und den Krieg als Vorübung für 
die G., die G. als Vorübung für den Krieg be- 
trachtend. 1 Damit faßt Philostrat die Zeit bis 
ins 5. Jhdt. hinein zusammen und ignoriert die 
Überlieferung von einer älteren fleischlosen Diät, 
wo die Athleten nebst Brot nur Käse (Paus. VI 
7, 10) und getrocknete Feigen (Diog. Laert. VIII 
1, 12) erhalten haben sollen. Es wird nämlich 
die Einführung der Fleischkost erst nach 500 an- 
gesetzt und entweder dem Läufer Dromeus von 
Stymphalos (484 v. Chr.) oder einem Aleipten 
Pytbagoras (Rufus bei Oribas. I 40. Plin. n. h. 
XXHI 121) oder — mißverständlich — dem 
Philosophen Pythagoras zugeschrieben (FHG III 
579, 17, Diog. Laert. a. 0.). Die geschilderte 
asketische Diät mag eine Zeitlang bei manchem 
Trainer beliebt gewesen sein, daß sie jedoch in 
der alten Zeit immer üblich war, ist nicht wahr- 
scheinlich und stimmt auch nicht mit dem Bilde, 
das man sich gemeiniglich von den älteren Athleten 
machte. Die Vorstellung eines gewaltigen Kämpen 
war von der eines gewaltigen Essers unzertrenn- 
lich. Dies trifft schon bei dem mythischen Vor- 
bilde jenes älteren Athletentums Herakles zu, und 
auch von historischen Persönlichkeiten war in dieser 
Hinsicht manche launige Erzählung im Umlauf. 
Milon hat den jungen Stier, den er, wie wir 
hörten, im Stadion herumgetragen hatte, allein 
an einem Tage aufgezehrt und auch sonst beim 
Schmausen seinen Mann gestellt. Ähnliches wird 
von Theagenes und Astyanax erzählt (Ath. X 
412DfT.). Im Vergleiche mit den Subtilitäten des 
Training und der Lebensweise der Athleten, die 
später bei den Gymnasten beliebt, den Ärzten 
aber ein Greuel war, erschien Philostrat die ge- 
schilderte Lebensführung gesund und zweckmäßig, 
da sie den Athleten seinen sonstigen Pflichten, 
insbesondere als Staatsbürger und Verteidiger des 
Vaterlandes nicht entfremdete. Jene Athleten 
waren, was später nicht der Fall ist, nach der 
Meinung Philostrats auch für den Kriegsdienst 
tauglich. Im einzelnen läßt sich dies nicht er- 
weisen, daß aber im allgemeinen eine tüchtige 
gymnastische Ausbildung Überlegenheit im Kriege 
mit sich brachte, war allgemeine und auch histo- 
risch begründete Ansicht. Exemplifiziert wird 
insbesondere mit der Schlacht bei Marathon, deren 
Verlauf, wie ihn Herodot schildert, uut durch die 
körperliche Tüchtigkeit der Athener begreiflich 
wird. In der Tat, ein Sturmlauf über 8 Stadien 
in voller Waffenrüstung wäre, wenn überhaupt, 
nur hei einer gymnastisch ausgebildeten und wohl 
trainierten Mannschaft denkbar. Auch die Ge- 
wandtheit im Ringen soll bei Marathon und dann 
auch bei Thermopylai im Nahkampfe den Ans- 



irymnastiK 



Ü04S 



schlag gegeben haben, wie Philostratos Gymn. 1 1 
behauptet, und nach Plutarch quaest. conv.II 5, Z 
sollen die Spartaner beiLeuktra von denThebanernt 
bezwungen worden sein, weil diese im Kingkampf 
geübter waren. Die G. steht also in der älteren 
Zeit durchaus noch im Dienste des Staates, 
entfremdet niemand seinen Bürgerpflichten. 

Von den Perserkriegen bis etwa Ale- 
xander. Der glückliche Ausgang der Perser- 
10 kriege, der in so hohem Maße das National- 
bewußtsein der Hellenen weckte und kräftigte 
und allenthalben die Pflege nationaler Eigenart 
zur Folge hatte, mußte naturgemäß auch die- 
Begeisterung für das körperliche Training erhöhen, 
das zu den Erfolgen der Hellenen soviel bei- 
getragen hatte, ähnlich wie die Befreiungskriege- 
zu Beginn des 19. Jhdt. in Deutschland das 
Turnerwesen zeitigten. Namentlich in Athen 
wurde damals die Demokratisierung und all- 
20 gemeine Verbreitung des Sports im Volke fort- 
geführt, und ebenso wie sich Athen nunmehr zur 
politischen Großmacht aufschwingt, übernimmt 
es auch die Führung in gymnastischer Beziehung, 
während Sparta etwas mehr zurücktritt. Zu den 
beliebtesten Vorwürfen der attischen Vasenmalerei 
des 5. Jhdts. gehören bekanntlich gymnastische- 
Szenen aus der Falästra. Zu den Wettspielen 
kommt nach der Schlacht bei Plataiai zur Feier 
des Sieges ein neues Fest in jener Stadt hinzu, 
30 die Eleutheria, an denen insbesondere der Waffen- 
lauf gepflegt wurde. Die großen panhellenischen: 
Feste aber erleben als Versammlungsplätze des- 
vereinigten Griechentums einen neuen Aufschwung, 
und zur Feier der dort errungenen Siege ertönt 
die Leier eines Simonides, Pindar und Bakchylides. 
Die Berufsathletik, deren Anfänge, wie 
wir sahen, wohl ins 6. Jhdt. zurückreichen, wird 
im 5. Jhdt. allmählich völlig ausgebildet. Da für 
die Konkurrenten bei den Festspielen der einzige 
40 heiß erstrebte Zweck die Erlangung des Sieges 
war, wurde das Training und dann auch die be- 
sondere Diät ausschließlich auf die betreffende 
Übung abgestimmt. Die Methode der Vorübungen 
wurde immer mehr ausgebildet, und ältere Athleten, 
die während ihrer Laufbahn bei ihrem eigenen 
Training und bei wiederholtem Auftreten im Wett- 
kampfe Erfahrungen gesammelt hatten, über- 
nahmen, wenn ihr Alter den Mitbewerb nicht 
mehr erlaubte, den Unterricht des jungen Nach- 
50 wuchses, und so entwickelte sich ein Stand der 
Trainer, zunächst Paidotriben (s. d.). später Gym- 
nasten (s. d.) genannt die nunmehr auf die Ent- 
wicklung der gymnasiischen Technik großen Ein- 
fluß nahmen und deren Unterricht für den Erfolg 
des Athleten ausschlaggebend wurde. Dies geht 
schon aus dem Lobe hervor, das ihnen Pindar 
und Bakchylides neben den Athleten selbst spenden. 
Erwähnt werden von ihnen Menandros (PintL 
Nem. V 48. Bacch. XII 192'i, Melesias (Pind. OL 
60 VIII 54; Nein. IV 03. VI 110}, Orseas (Isthm. 90), 
Das (Ol. X 18). Daß sich die Aufmerksamkeit 
solcher Trainer jetzt nicht mehr bloß auf die 
technische Einübung der Athleten im Ringen, 
Boxen und den anderen Arten des Wettkampfes, 
sondern frühzeitig auch auf die Lebensweise, be- 
sonders die Nahru^satifnahme ihrer Zöglinge 
richtete, beweisen die Nachrichten über Ikkos von 
Tarent (s. d.), der 476 einen olympischen Sieg 



2049 



Gymnastik 



Gymnastik 



2050 



im Pentathlon davontrug (vgl. Jüthner Phil. 
Gymn. 8). Er soll bei seinem Training eine 
mäßige Lebensweise geführt, die Nahrungsauf- 
nahme in bestimmten Grenzen gehalten und weder 
ein Weib noch einen Knaben berührt haben (Plat, 
Leg. VLH 839 E und Schol. Aelian. bist. an. 
VI 1 ; var. hist. XI 3). Er hat also bereits die 
Grundprinzipien einer rationellen athletischen 
Diätetik befolgt, die er dann später als Trainer 



yayta (s. o. Bd. I S. 2058f.) oder Zwangsdiät, 
die in systematischer Überfütterung insbesondere 
mit Fleischnahrung bestand. So erschienen denn 
die Athleten nach wie vor als starke Esser (Xen. 
mem. I 2, 4), und ,wie ein Kinger essen' war eine 
sprichwörtliche Redensart (Aristoph. Pas 331). 
Diese überkräftige Nahrungsaufnahme, verbunden 
mit entsprechend zugemessenem Schlafe und Leibes- 
übungen, bildete nun das rationelle athletische 



auch an anderen betätigte. Die berühmtesten 10 Training. Angestrebt wurde damit das sogenannte 



Trainer scheint aber Athen hervorgebracht zu 
haben. Denn so ist wohl das von Pind. Nem. 
V 49 zunächst an die Adresse des Menandros 
gerichtete Kompliment zu verstehen: xev & «^ 
ji&avüv Tmzov as^lrjtaloiv h'ftßsv. In Athen, wo 
die Volksbildung überhaupt auf einer relativ 
höheren Stufe stand, werden auch die Trainer, 
die gewöhnlich nicht gerade den gebildetsten 
Klassen entstammten, auf einem höheren geistigen 



athletische Wohlbefinden (tj cjt 1 axqov svsgia 
Hippokr. bei Gal. protrept. 11), das in möglichst 
starker Muskel- und Fleischentwicklung bei all- 
gemeiner Gesundheit bestand. Doch machte man 
bald die Beobachtung, daß die so erzielte Euexie 
nicht ein festes und dauerndes, sondern ein höchst 
schwankendes Wohlbefinden bedeute, und vor allem 
erhoben die Ärzte ihre warnende Stimme : Hippocr. 
Aphorism. 13 (TV 458 L.) ev tolat yvfivaariHotaiv 



Niveau gestanden sein und schon in dieser Hin- 20 ai in vlxqov svel-iai otpalegaf, ijv iv rq> iaxdrcp 



sieht, die gerade in diesem Berufe nicht gering 
anzuschlagen ist, die Genossen von anderwärts 
überragt haben. Hand in Hand mit der fort- 
schreitenden Vervollkommnung des Training und 
mit der Entstehung eines eigentlichen Trainer- 
berufes geht die Tatsache, daß sich nunmehr auch 
die Pflege der G. und die Teilnahme an den Wett- 
kämpfen immer mehr und mehr zu einem Lebens- 
berufe ausgestaltet, daß ein Athletenstand ge- 



ewoiv. Vgl. auch tisqi dmittjg vy. 7 (VT 82 L.); 
st. dtak. d£. 3 (II 244 L.). Die Athleten waren 
nämlich von der so subtil ausgeklügelten Lebens- 
weise durchaus abhängig, und jede Änderung daran 
hatte die nachteiligsten Folgen für die Gesund- 
heit, außerdem fehlte eine wichtige Vorbedingung 
für dauernde Widerstandsfähigkeit, nämlich die 
Abhärtung. Die Athleten erlangten zwar die 
Fähigkeit, unter gewissen genau bestimmten Um- 



schaffen wird. Die Fälle, wo sich ein von Natur 30 ständen Hervorragendes im Eingen oder Boxen usw. 



aus kräftiger, durch die Art seines bürgerlichen 
Berufes körperlich gestählter Mann ohne kunst- 
mäßige sportliche Ausbildung in die Schranken 
wagte, werden sicherlich immer seltener, die Regel 
ist vielmehr, daß nur solche Bewerber, die nicht 
nur die körperlichen Anlagen, sondern auch die 
Zeit und das Vermögen haben, um sich dem 
Training als Lebenslauf zu widmen, die Konkurrenz 
an den großen Wettkämpfen aufnehmen können. 

Wenn die von Staats wegen für jeden taug- 40 
liehen Bürger vorgeschriebenen Leibesübungen 
die harmonische Durchbildung des ganzen Körpers 
bezweckten und für Strapazen aller Art abhärten 
wollen, so soll hier möglichste Überlegenheit über 
die Gegner in einer bestimmten Übung erreicht 
werden, in welcher der Athlet als Mitbewerber 
auftreten will. Die Folge eines solchen Training 
ist Spezialisierung und Einseitigkeit und das 
äußere Merkmal desselben eine einseitige Entwick- 



zu leisten, sie waren aber für einen bürgerlichen 
Beruf oder namentlich für den Kriegsdienst meist 
gänzlich untauglich (Philostr. Gymn. 44). Aus- 
nahmen wie der berühmte rhodische Pankratiast 
Dorieus, welcher Periodonike war und außerdem 
noch viele Siege erfochten hatte, und der sich 
dann gegen Ende des 5. Jhdt. an der Spitze 
thurischer Schiffe im Kampfe gegen Athen hervor- 
tat, bestätigen nur die Regel. 

Die Folge dieser immer mehr zutage tretenden 
praktischen Unbrauchbarkeit der Berufsathleten 
war ein immer größer werdender Gegensatz 
zwischen dieser Bcrufs-G. und der vom Staate 
als Bestandteil der Jugenderziehung vorgeschrie- 
benen, die wir als pädagogische G. bezeichnen 
können und auf deren weitere Entwicklung wir 
später zu sprechen kommen. 

Einsichtige Männer, denen vor allem das 
Wohl des Staates am Herzen lag, machten immer 



lung einzelner Körperteile. Nach Xen. symp. II 17 50 wieder aufmerksam auf die praktische Wertlosig- 



bemerkt Sokrates tadelnd, daß die Beine der 
Dauerläufer übermäßig stark werden und die 
Schultern schwach bleiben, während bei den Faust- 
kämpfern das Umgekehrte der Fall sei. Er selbst 
will durch Tanz eine gleichmäßige Entwicklung er- 
zielen (vgl. auch Xen. mem. LTJ 8, 4). Diese körper- 
liche Einseitigkeit war allerdings eine unerwünschte 
Folge des Spezialisicrens, aber die Diät, die nun 
den Athleten vorgeschrieben wurde, hatte, Wenig- 



keit der Vorbereitung für die Wettkämpfe und 
des athletischen Training. Die, wie erwähnt, von 
Tyrtaios und Xenophanes zum Ausdruck ge- 
brachte Geringschätzung übertrifft noch Eurip. 
frg. 282 N. Er stellt die Athleten als das 
größte Übel von Hellas hin: xaxoJv yäg orxcov 
(jLVQtoiv xa&' TLV/Ma ovöh xaxtov iotiv dSXrjzoiv 
yhovg. Denn als Sklaven ihrer Gefräßigkeit 
verbrauchen sie das väterliche Erbe, statt es zu 



stens bei den Schwerathleten d. i. den Ringern, 60 mehren, und verdienen auch nicht die ihnen 



Boxern und Pankratiasten den Zweck, möglichste 
Körperfülle hervorzubringen, die bei jenen Übungen 
sowohl im Angriff wie in der Verteidigung von 
großer Bedeutung war. Da diese Übungen die 
beliebtesten waren und auch das sorgfältigste 
Training erheischten, so bildeten die Vertreter 
derselben die eigentlichen athletischen Typen. 
Erreicht wurde die Körperfülle durch die ärayxo- 

Paaly-Wl»80ira-Kioll VII 



gespendeten Ehren ; denn was nütze ihre Fertig- 
keit im Ringen, Diskoswurf und Faustkampf dem 
Staate, insbesondere im Kriege ? Abgelehnt wird 
die Athletik auch von Sokrates. Er, der selbst 
auf Körperpflege bedacht war und deren Vernach- 
lässigung bei anderen tadelte, da man dadurch 
kriegsuntüchtig werde, war anderseits ein Feind 
von Überladung mit Speisen sowie von Über- 

65 



auoi 



uymnastiK 



Uymnastifc 



2052 



Anstrengung (Xen. mem. I 2, 4. III 12; symp. 
II 17). Sein Schüler Piaton bekämpft sie eben- 
falls als wertlos für den Staat Eep. III 404 A.B: 
, Schlafen doch die Athleten ihr Leben lang, und 
wenn sie von der Torgeschriebenen Lebensweise 
nur ein wenig abweichen, verfallen sie in heftige 
Krankheiten. 1 Die Wächter oder Krieger seines 
Idealstaates, die keine schwankende Gesundheit 
haben dürfen, da sie auf Feldzügen dem Wechsel 
des Wassers, der Nahrung, Hitze und Kälte aus- 
gesetzt sind, bedürfen eine Gr., die sie für alle 
diese Strapazen stählt Sie geht über die Palästra 
hinaus und umfaßt auch Tanzen, Reiten und alle 
Arten kriegerischer Übungen (vgl. auch Leg. VII 
794ff. YIII 832 D-834 D). Sie muß aber im 
Jugendunterricht mit der Musik schwesterlich 
vereint und durch sie gemildert sein. So hat 
Piaton die Ablehnung der Athletik am klarsten 
formuliert und am ausführlichsten begründet. 
Zwischen ihr und der pädagogischen Gr. gibt es 
keine Brücke. Etwas milder urteilt Piatons 
großer Schüler Aristoteles, der betreffs der päda- 
gogisch-politischen Verwertung der G. ganz mit 
seinem Lehrer übereinstimmt, namentlich die ver- 
rohende Wirkung derselben, wie sie sich z. B. beim 
einseitigen Betriebe der Lakedaimonier einstellte, 
durch Grammatik, Musik und Graphik mildern 
will. Er lehnt jedoch die eigentlich athletische 
Ausbildung nicht so entschieden ah, sucht viel- 
mehr gewissermaßen zu vermitteln. Im Knaben- 
alter ist sie auch bei ihm verpönt, aber vom 
17. Lebensjahre an erklärt er sie für angezeigt 
und läßt Anstrengungen und sogar Zwangsdiät 
zu, offenbar in der Erwägung, daß bei der Er- 
ziehung der Jugend deren Konkurrenzfähigkeit in 
den Nationalspielen, wenn sie erreichbar ist, nicht 
außer Betracht bleiben darf (Polit. VIII 4, 1339 A 

4. IV 1, 1288B 16). Ihm schwebt also ein Mit- 
bewerb der Bürger vor, die sich nicht ausschließ- 
lich die G. als Beruf gewählt haben, wie ein 
solcher wohl zu allen Zeiten vereinzelt vor- 
gekommen sein wird. Entschiedene Gegner der 
Berufs-G. sind dann wieder insbesondere die 
Kyniker und Stoiker, jedoch immer unter Aner- 
kennung des erziehlichen Wertes eines ent- 
sprechenden Turnens, Allerdings ist uns ihre 
Stellungnahme nur aus gelegentlichen Nachrichten 
bekannt (vgl. Norden Neue Jahrb. Suppl. XVIII 
298ff. Jüthner Philostr. Gymn. 46f.). 

Diese Meinung der Philosophen findet dann 
ein Echo bei Männern des praktischen Lebens. 
Epaminondas z. B., dessen Jugend noch in das 

5. Jhdt. fällt, strebte bei seiner körperlichen 
Ausbildung nicht so sehr Korperkraft als Schnellig- 
keit an, da erstere nur den Athleten, letztere 
aber für den Krieg nützlich sei. Er übte sich 
daher im Lauf und Ringkampf und im übrigen 
nur im Gebrauch der Waffen (Plut. apophth. 
Epam. 3 p. 192 D. Com. Nep. Epam. 2, 4). 
Ich füge gleich hier aus späterer Zeit den Philo - 
poimen hinzu (Plut. Philop. 3), der, ein erklärter 
Nachahmer des Epaminondas, ihm auch in der 
Abneigung gegen die G. folgte, ja ihn übertraf, 
indem er sich selbst und seine Soldaten ganz 
von ihr fernhielt, da sie den Körper für den 
Krieg untauglich mache. 

„^J e Gymnastik als Erziehungsmittel. 
Mit dieser Abneigung der Intelligenz gegen das 



berufsmäßigg Athletenwesen war aber, wie wir 
sahen, allgemein die Ansicht verbunden, daß der 
G. in ihrer edlen Form eine wichtige Aufgabe 
bei der Erziehung der Jugend zufallen müsse, 
und wie dieser Theorie die Praxis entsprach, dar- 
über sind wir besonders für Athen genauer 
unterrichtet (vgl. jetzt auch Preeman a. a. 0. 
118ff). Was Solon und Peisistratos auf diesem 
Gebiet bestimmt hatten, wurde weiter ausgestaltet. 

10 Der Knabe besuchte einerseits die Elementar- 
und Musikschule, anderseits die Palästra, wo er 
unter der Leitung eines Paidotribcn, der ja von 
dieser Beschäftigung seinen Namen hat, den 
Leibesübungen und Turnspielen oblag. In welchem 
Alter damit begonnen wurde, ist nicht genau 
bekannt (Grasberger I 239ff. Girard 194). 
Fortgesetzt wurde dieser Unterricht bis zum 
Eintritt ins Ephebenalter. Wie es scheint, wurden 
alle gymnastischen Übungen vorgenommen, die 

20 gefährlicheren wie Faustkampf und Pankration 
natürlich mit entsprechenden Vorsichtsmaßregeln 
(Grasberger I 298ff. Girard 185ff.). Eine 
wichtige Rolle in der körperlichen Ausbildung 
fiel auch dem Tanze zu, sowie gewissen Spielen, 
wie dem Ball- und Reifenspiel, dem Seilziehen, 
Ephedrismos (s. d.) u. a. (Grasberger I 98ff.). 
Wenn der Knabe dann als Ephebe in das 
Gymnasion eintrat, so war er gymnastisch 
bereits vollkommen durchgebildet. Dort be- 

SOgann nun vor allem die Ausbildung des 
jungen Mannes für den staatlichen Waffendienst, 
und was die Theorie, insbesondere Piaton, wie 
wir sahen, in dieser Hinsicht verlangte, das ist 
in wesentlichen Zügen hier in die Praxis umge- 
setzt (s. o. Bd. V S. 2787ff.). Das Schwergewicht 
des Unterrichtes liegt auf der militärischen Seite, 
denn vier Lehrer (ojiko/täxog, rogozqg, axovziozrjg, 
r„axa7teXxa<phy}$, vgl. Arist. resp. Ath. 42, 3 und 
die Inschriften), sind hiefür eingesetzt. Aber das 

40 eigentliche Turnen wird nicht vernachlässigt, 
denn zwei Paidotriben, später wenigstens einer, 
überwachen das gymnastische Training. Wenn 
auch über die spezielle Durchführung desselben 
genauere Nachrichten fehlen, so genügt, um die 
Bedeutung der G. auch für den Ephebenunter- 
richt klar zu machen, das A y orhandensein berufs- 
mäßiger Trainer sowie ein Hinweis auf die dem 
Kosmeten obliegenden Öllieferungen und über- 
haupt auf die großartigen turnerischen Einrich- 

50 tungen in den Gymnasien (s. d.) nicht nur in 
Athen, sondern in der ganzen griechischen Welt. 
Offenbar sind von den Epheben alle Übungen des 
Stadion und der Palästra gepflegt worden. Aber 
weit entfernt, Selbstzweck zu sein, diente dieses 
Training nur dazu, um den Körper zu kräftigen 
und für den Krieg tauglich zu machen. Das 
lebhafte Interesse, das die Jugend dem in der 
G. enthaltenen sportlichen und agonistischen 
Element entgegenbrachte, zeitigte auch päda- 

60 gogisch-ethisehe Früchte. Die Inschriften, unsere 
Hauptquelle für die Kenntnis der Ephebie vom 
4. Jhdt. angefangen, enthalten naturgemäß nur 
wenig über den Betrieb, dagegen ausführlichere 
Angaben über öffentliches Auftreten der Epheben. 
Dem militärischen Charakter ihrer Erziehung 
entspricht die Teilnahme an Waffenparaden und 
Waffendienst, ferner hippischen und nautischen 
Veranstaltungen, die mehrfach erwähnt werden. 



2053 



Gymnastik 



Gymnastik 



2054 



Doch bleibt auch die eigentliche G. nicht un- 
berücksichtigt. In einer gut erhaltenen Inschrift 
aus dem Anfang des 1. Jhdts., die als Typus 
«eines Ehrendekretes für die Epheben und deren 
Kosmeten hervorgehoben werden kann (I G DI 467), 
wird Z. 33 anerkannt, daß die Epheben ohne 
Unterlaß in den Gymnasien trainiert wurden 
(qlelqpovTO ivdeiexäs ^ v T °t$ yvfitaoioig)^ und 
Z. 84, daß der Kosmet täglich dabei anwesend 
war. Ausdrücklich erwähnt werden von den 10 
Übungen nur der Lauf, speziell der Fackellauf 
(kafinäs s. d.): Z. 12 ovvszeXsoav Öe xai tovg 
ÖQOfiovg rovg sv xöig yvfivaowtg xai xolg kouzois 
ay&aiv anavxag und Z. 13 xäg XafiJiädag sÖQauov 
otTidoag. Die Epheben haben auch an vielen 
gymnastischen Wettkämpfen teilgenommen und 
zwar anfangs, soviel wir wissen, nur an den 
Theseia und hier nur im Fackellauf und Speer- 
wurf (vgl. z. B. IG II 444, 64. 445, 63 und 76), 
später in der Kaiserzeit jedoch werden nebst den 20 
Theseia auch noch neu eingesetzte Wettkämpfe 
genannt, und zwar die Antinoeia in Athen und 
Eleusis, Adrianeia, Philadelphia , Kommodeia, 
und hier nehmen die Epheben bereits an allen 
Übungen teil; genannt werden: döhxog, ozddtov, 
öiavXog, Tiälr], nayx.Qa.xiov., otzXov, Xafinäs (IG 
in 1129. 1147. 1148). Die Ephebenerziehung, 
wie sie sich in Athen entwickelte und immer 
mehr ausgestaltet wurde, ward dann für andere 
Gricchenstädto, ja allmählich für die gesamte 30 
griechische Welt vorbildlich. Allenthalben ent- 
standen Gymnasien und wurden Gymnasiarchen 
eingesetzt, und mit dieser Institution wurde auch 
die G. als wichtiges Erziehungsmittel in die 
entferntesten griechischen Gaue getragen und in 
zahlreichen Wettkämpi'en betätigt. Über die 
Verbreitung vgl. O eh ler Bd. V S. 2741ff. und 
die Art Gymnasion und Gymnasiarchos. 

Dieser rationellen Erziehung brachte man in 
Athen allerdings nicht immer das gleiche Interesse 40 
entgegen. Während im 6. und Anfang des 5. 
Jhdts. die Pflege der G. sehr in Mode war und 
nach den Perserkriegen im Strudel der nationalen 
Begeisterung einen Höhepunkt erreichte, tauchen 
in der 2. Hälfte dieses Jhdts. Klagen über ent- 
schiedenen Rückgang auf. Aristophanes beklagt 
«ich, daß die Jünglinge lieber auf dem Markte 
Politik treiben und prozessieren, als sich in den 
■Gymnasien aufhalten, und daß eine so geringe 
Lust am Training vorhanden sei, daß niemand 50 
den Fackellauf ausüben könne. (Nub. 1002ff. ; 
Ran. 1087). Das mag satirisch übertrieben sein, 
enthält aber gewiß ein Körnchen Wahrheit und 
entspricht der damals einreißenden Indolenz. Von 
Ps.-Andoc. Alkib. 22 und 39 wird die Schuld an 
diesem Umschwung dem Alkibiades zugeschrieben. 
Das Nachlassen des Interesses am athletischen 
Sport laßt sich übrigens auch in der Vasenmalerei 
erkennen, wo um 440 eine Wandlung zu be- 
obachten ist. Vorher gehören die Leibesübungen 60 
der Jünglinge in den Palästren zu den beliebtesten 
Stoffen. Nun hört es plötzlich auf. Die Andeu- 
tung des Lokales ist nicht mehr so sorfältig, 
irgend ein an der Wand hängendes Gerät muß 
genügen, die Jünglinge aber stehen meist be- 
kleidet in Gruppen umher und schwatzen, ohne 
«ich dem Sporte zu widmen. Da die Vasen- 
"fabrikanten natürlich von dem Geschmack ihrer 



Kundschaft abhängig waren, ist diese Tatsache 
für das allgemeine Nachlassen der Turnluat 
bezeichnend. Im 4. Jhdt. zeigt sich ein noch 
deutlicherer Rückgang, offenbar eine Folge des 
Verlustes der Selbstständigkeit. Um die Wende 
dieses Jhdts. begann die Frequenz der Epheben 
rasch zu sinken, und es scheint, daß damals die 
Teilnahme nicht mehr obligatorisch war, (s. o. 
Bd. V S. 2738t). Später bessern sich die Zu- 
stände wieder, aber immerhin stehen wir vor 
der Tatsache, daß sich vom Ende des 5. Jhdts. 
angefangen eine immer geringere Zahl junger 
Leute einem rationellen gymnastischen Training 
unterzieht; man überläßt dies immer mehr den 
Berufsathleten. Die G. hat als Sport jede An- 
ziehungskraft verloren und die Jeunesse doree 
wendet sich viel lieber dem vornehmen Pferde- 
sport zu, den nur wirklicher Reichtum mitmachen 
kann. Aristophanes hat diese Passion in den 
Wolken köstlich persifliert. 

Heilgymnastik. Aber nicht bloß als Sport, 
nicht bloß als Berufsathletik und endlich als 
Element der Jugenderziehung war die G. von 
Bedeutung. Längst hatte man in ihr auch die 
hygienische Seite und ihre Verwendbarkeit für 
die Heilkunde entdeckt, insbesondere seitdem das 
wichtige Prinzip des Gleichgewichtes in Nahrungs- 
aufnahme und Arbeitsleistung erkannt und zuerst 
von den knidischen Ärzten Euryphon und Hero- 
dikos literarisch verwertet war (GomperzGriech. 
Denker 1 231. Fredrich Hippokr. Unters. 
21 7f.). Die berufliche Arbeit und Kraftabgabe 
muß durch ein entsprechendes Nahrungsquantum 
aufgewogen und umgekehrt muß eventuelle 
Überernährung, um unangenehme gesundheitliche 
Folgen zu vermeiden, durch entsprechende körper- 
liche Betätigung, also bei Müßigen durch Leibes- 
übungen wettgemacht werden. Nirgends aber 
war die Einhaltung dieses Prinzips notwendiger 
als beim Training, und es ist kein Zweifel, daß 
hier die Praktiker längst einen richtigen Vorgang 
beobachtet haben werden. Die Grundlage zu 
einem System athletischer Diätetik hat vielleicht 
Ikkos gelegt. Für das Studium der Wechsel- 
wirkung von Nahrungsaufnahme und Arbeits- 
leistung war in der Palästra ungleich reichere 
Gelegenheit, als sie den Ärzten sonst zu Gebote 
stand. Die Zweckmäßigkeit einer diätetischen 
Vorschrift sowie die Folgen von Exzessen jeder 
Art konnten an den anschließenden Kraftleistungen 
sofort verläßlich gemessen werden. Niemand 
also war so wie der Gymnast in der Lage, durch 
unausgesetzteBeobachtung der Nahrungsaufnahme, 
des Schlafes, der verschiedenen Arten von Leibes- 
übungen, Einreibungen mit ÖL Massage und 
Bäder an einer Reihe von Individuen zu tieferen 
Kenntnissen auf dem Gebiete der Diätetik zu 
gelangen und besser festzustellen, welche von 
diesen diätetischen Maßregeln bei einem bestimm- 
ten Individium und einer gewissen Kondition 
am Platze sind. Diese nach der Erfahrung ge- 
regelte G. und Diätetik hatte gewisse heilsame 
Wirkungen für die Gesundheit dessen, der sich 
ihr unterzog, und zeitigte jenes körperliche Wohl- 
befinden {evE^ia), das als der Idealzweck der G. 
vorschwebte (Aeschin. I 189. Plat. Gorg. 450 A. 
Clem. Alex. Strom. VI 17, 157). Welches Gewicht 
auch in den Gymnasien darauf gelegt wurde, 



Ö055 



Gymnastik 



Gymnastik 



2056 



beweisen die hiefür eingesetzten Agone der 
sv*%ia r deren Sieger inschriftlich, verewigt wurden, 
wovon uns allerdings nur Beispiele außerhalb 
Athens in Tralles, Samos, A'idin bekannt sind 
(Dittenb erger Syll.2 672, 3. 673, 3, 16. 674, 
5). In Athen wird der "Wettbewerb der evavdgla 
(s. d.) eine ähnliche Bedeutung gehabt haben 
(Dittenb erger a. O. 672 n. 2). War das Turnen 
als Mittel für eine gesunde körperliche Ausbildung 
bei der Erziehung dar Knaben und Jünglinge 
vorgeschrieben, so unterzogen sich ihm reife 
Männer, ja auch. Greise freiwillig, vor allem eben 
aus hygienischen Gründen und in dem Ausmaße, 
wie es dieser Zweck erheischte (Xen. symp. I 7. 
Isoer. Demonic. 14. Diog. Laert. 67. Luc. Lexiph. 5. 
Ath, Xlt 547Dff Galen. V 899. VI 764. XI 365, 
370). Die nötigen Vorschriften aber wurden von 
einem erfahrenen Trainer gegeben, der die Salbung 
vornahm und die Leibesübungen beaufsichtigte. 
Daher kommt seit dem 4. Jhdt. auch die Bezeich- 
nung äleixjqs auf (s. d.). Am liebsten wurde 
diese Leibespflege mit dem üblichen Bade ver- 
bunden, und es ward frühzeitig dafür gesorgt, 
daß nicht nur der vornehme Athener, sondern 
auch die breiten Volksmassen der Wohltat einer 
hygienischen Lebensweise teilhaftig werden 
konnten: Ps.-Xen, resp. Ath.' 2, 10 xai yvuvdaia 
xai Xovrga. xai anohvxr}Qta rolg ßkv Tilovoloig iozlv 
töia iviotg, 6 de dijfzoc avtog avroj olaoSofieltat 
I8t(f jtalaloTQag Ttoklas, airodvrrjQia , lovrgojj'ag ' 
xai TtXetai tovmöv anoXavet 6 oylog r} oi oliyot 
xai ol svSaifioveg. Badehäuser und Turnplätze 
wurden häutig miteinander verbunden, da sie ja 
ohnedies einen Teil der baulichen Erfordernisse 
gemeinsam hatten (d^odvxrJQtov^ aksair^giov^ 
Wandelhallen u. a. ; vgl. Blümner Privataltert. 
213). Während also die athletische G. nur die- 
jenigen angeht, die sich berufsmäßig dem ago- 
nistischen Wettbewerb weihen, die G. als päda- 
gogisches Element für die heranwachsende Jugend 
von Wichtigkeit ist, bildet die hygienische G. 
einen wichtigen Faktor im Leben eines jeden 
Bürgers, der bei ihr Erholung und Erfrischung 
von des Tages Arbeit suchte und durch sie seinen 
Körper gesund erhielt. Insofern kommt diesem 
Zweige unzweifelhaft die größte Verbreitung und 
das weitestgehende Interesse aller Kreise zu. 
Piaton, in dessen Schriften sich das gesamte 
griechische Leben wunderbar spiegelt, behandelt 
in seinem Staate und seinen Gesetzen unter 
entschiedener Ablehnung der Berufsathletik aus- 
führlich die pädagogische G., versteht aber, wie 
oben bemerkt, in allen andern Schriften unter 
yvfivaozutq nichts anderes als diese Kunst der 
Leibespflege (Jüthner Philostr. Gymn. 40). Auf 
diesem Gebiete hatte inzwischen Herodikos von 
Selymbria (s. d.) bahnbrechend gewirkt. Von 
Haus aus Paidotrib, hatte er in Palästren reiche 
Erfahrungen auf dem Gebiete der Diätetik ge- 
sammelt, und als er durch Kränklichkeit (<pdioig 
Prot. ser. num. vind, 9) gezwungen war, seinen 
Beruf aufzugeben, kam ihm der Gedanke, sein 
Leiden durch die in der Palästra üblichen diä- 
tetischen Mittel zu bekämpfen, d. h. ein genaues 
Regime mit genauen Bestimmungen über Speise, 
Bewegung, Massage usw. einzuhalten. Als es 
ihm gelang, sein eigenes Leben auf diese Weise 
zu verlängern, wendete er den gleichen Vorgang 



auch bei anderen an, die sich bei ihm bei Er- 
krankungen Rats erholten, und wurde so der Er- 
finder einer gymnastischen Naturheilmethode, 
die den Gedanken der beiden Knidier Euryphone 
und Herodikos ausbaut. Von PHnius n. h. XXIX 
4 wird sie als Iatraliptik bezeichnet (Jüthner 
a. 0., 9ff. 32). Damit tritt die G. in Konkur- 
renz mit der Medizin, und wahrscheinlich war 
Herodikos der erste, der sich als Gymnast (s. d.) 

10 bezeichnete, was bald Nachahmung fand, da dieser 
Titel vornehmer klang als Paidotrib, und es beginnt 
eine Rivalität zwischen Gymnasten und Ärzten, 
die dann so lange dauert, als überhaupt G. ge- 
trieben wird. Die Mißgriffe, die sich Herodikos- 
zu Schulden kommen ließ — er ließ auch Fieber- 
kranke turnen, Ps.-Hippokr. Epidem. VI 3, 18 
(V 302 L.); vgl. auch Cael, Aur. morb. chron. 
HI 8 — waren den Ärzten eine willkommene- 
Handhabe zu scharfer Kritik, aber auf die Dauer 

20 konnten sie sich dem vielen Guten, das die Me- 
thode enthielt, nicht verschließen. Und während 
der echte Hippokrates an medizinische Verwendung- 
der G. noch nicht gedacht hatte, rinden rationell 
abgestufte Leibesübungen in das Hippokratische 
Corpus bei verschiedenen Krankheiten Aufnahme 
(Epidem. VI 1, 5 [V 268 L.]; ». vova. II S5 
[VII 86]; 3t. Stab. 6$. [v6&.\ 1 176. 16ff. [II 516]). 
Im TiQÖQQ. II 1 [IX 6 L.] ist die Heilgymnastik 
bei Krankheiten bereis als etwas Bekanntes voraus- 

30 gesetzt [tovg twc vovoojv ü'vexa yv^ivaCojU£vovg 
xai zakamcdQEovrag), und von Plat. Eep. III 406f. 
wird die Methode als die gegenwärtig herrschende- 
bezeichnet. Die Heilgymnastik des Herodikos 
wird also eine Zeitlang in Mode gewesen und wie- 
heutzutage manches angepriesene System auch 
übertrieben worden sein. Was brauchbar an ihr 
war, fand jedoch in die medizinische Literatur 
Eingang, zuerst, soviel wir nachweisen können, 
in der Hippokratischen Schrift 71, öiahys (etwa 

40 um 400 v. Gh.), die sich LT 61 — 66 bereits aus- 
fuhrlich mit der G. befaßt (Jüthner a. 0. 34} 
und für eine Reihe ähnlicher jetzt verlorener 
Werke vorbildlich war (Fred rieh Hippokrat. 
Untersuch. 169ff.). Auch Piaton konnte sich 
der neuen Richtung nicht entziehen. Im Tim. 
89 A-D erkennt auch er die neu erfundene Heil-G. 
als berechtigt an und läßt Diät und G. auch 
zur Heilung von Krankheiten zu. Der Wider- 
spruch, in den er sich seihst mit der spöttischen 

50 Ablehnung Rep. III 406 AB setzt, erklärt sich 
dadurch, daß er in seinem von spartanischer 
Strenge durchwehten Staatsideal eine Methode, 
die kränkliche Bürger künstlich zu erhalten sucht, 
ohne daß sie dem Staate je wieder nützlich sein 
können, entschieden ablehnen muß. In der 
Praxis hat sie Piaton rückhaltlos anerkannt. Er 
hat nicht nur unter yvfivaartx^ wie wir sahen, 
die Leibespflege verstanden, sondern sie auch 
als Schwesterkunst der Medizin angesehen, den 

60 Gymnasten und Arzt oft zusammengestellt und 
Symp. I 186 E beide Künste dem gleichen 
Schutzpatron Asklepios untergeordnet. Dieses 
Hervorheben und Betonen des medizinischen 
Teiles an der G. ist ein Beweis, daß sich 
das Publikum damals hierar besonders interes- 
sierte (Jüthner a. O. 37ff.). Mußte man aber 
die Nützlichkeit der gymnastischen Diätetik zu- 
geben und hatten sie die Ärzte in ihre Kunst, 



2057 



Gymnastik 



.einbezogen, so wollten sie anderseits den Gym- 
nasten noch nicht die Berechtigung zugestehen 
sie auszuüben, da sie ihnen die zum Ordinieren 
nötigen Kenntnisse absprachen. Daher auch die 
Reaktion gegen die bisherige Bezeichnung der 
Leibespflege als yvfivaoTixrj und die Schaffung 
des neuen Begriffes vyisivrj durch Erasistratos 
im 3. Jhdt. v. Ch. (s. 0.), sowie später die heftigen 
Angriffe der Ärzte der Kaiserzeit, insbesondere 
Galens auf die Berufsgymnastik (s. u. und Jüth- 10 
ner a. 0. 51 ff.). 

Hellenistische Zeit. Da die G. auch in 
der hellenistischen Zeit eine gleichmäßige Fort- 
entwicklung erfahren hat, wurde in der bisherigen 
Darstellung schon vielfach in diese Periode vor- 
gegriffen. Charakteristisch für dieselbe ist einer- 
seits auf dem Gebiete der Konkurrenzen das fast 
ausschließliche Dominieren der Berufsathletik, 
die nunmehr immer raffiniertere, aber auch rohere 
Formen annimmt und deutliche Zeichen der 20 
Korruption zu zeigen beginnt, anderseits die durch 
das elementare Vordringen des Hellenentums 
bedingte Ausbreitung der Sportslust in die ent- 
legensten Gegenden. Über das Raffinement des 
athletischen Training, namentlich die verfeinerte 
Diät, die mit der Einführung der si'zilischen 
Schlemmerei wohl schon zu Piatons Zeit ein- 
setzte, weiß PhiL Gymn. 44 Merkwürdiges zu 
berichten. Diese neue Diät verweichlicht die 
Athleten, .indem sie sie die Untätigkeit lehrt 30 
und die Zeit vor den Übungen dazusitzen, voll- 
gepfropft wie libysche oder ägyptische Mehlsäcke, 
ferner Feinbäcker und Lususköche einführt, wo- 
durch nur Schlecker und Fresser gezüchtet werden, 
und mohnbestreutes Weizenbrot aus feinem Mehl 
vorsetzt, mit gänzlich regelwidriger Fischkost 
mästet und die Natur der Fische nach den Fund- 
steilen im Meere bestimmt — fett seien die aus 
4em Schlamm stammenden, mager die von den 
Klippen, fleischig die vom offenen Meer, Blüten- 40 
taug bringe nur kleine hervor, Algen saftlose — , 
ferner das Schweinefleisch mit wunderlichen 
Weisungen verabreicht. Sie schreibt nämlich 
vor, die Schweine am Meer als unbrauchbar anzu- 
sehen wegen des Meerknoblauchs, dessen die Ufer 
voll sind und voll die Dünen, sich auch vor solchen 
nächst den Flüssen zu hüten, weil sie Krebse 
fressen, und zur Zwangsdiät bloß die mit Kornel- 
kir sehen und Eicheln gemästeten zu verwenden'. 
Das Ziel und Resultat einer solchen Kost war 50 
bei den Schwergewichtsathleten nunmehr mög- 
lichste Korpulenz, nolvoa.oy.ia (Luc dial. mort. 
X 5. Eustath. IL XXIII 261). Mag ein solches 
Training vom sportlichen und hygienischen Stand- 
punkt noch so verwerflich sein, man scheint da- 
durch eine zwar einseitige, aber in dieser Ein- 
seitigkeit umso wirksamere Hypertrophie der 
Muskulatur erzielt zu haben, die zu gewissen 
Übungen im hohen Grade befähigte und eine 
Konkurrenz nicht ebenso trainierter Bewerber so 60 
gut wie ausschloß. 

Leider scheint mit dieser Überentwicklung 
der Körperkraft auch Roheit Hand in Hand ge- 
gangen zu sein. Allerdings sind Anzeichen von Ver- 
rohung des Kampfes schon früher vorgekommen. 
In der ersten Hälfte des 5. Jhdts. hat der Ringer 
Leontiskos aus Messana in Sizilien seine Gegner 
" nicht niedergerungen, sondern durch Zerbrechen 



uryiuuasuji. awo 

der Finger bezwungen (Paus. VI 4, 3). Ähnlich 
hat später (um 364 v. Chr.) der sikyonische Pan- 
kratiast Sostratos seine Gegner behandelt und 
davon den Beinamen Akrochersites erhalten (Paus. 
VI 4 1; vgl. Förster Olymp. Sieger 202, 349. 
R ei seh 0. Bd. I S. 1198). Bezeichnend für den 
Zug der Zeit ist aber, daß beim Boxkampf in 
hellenistischer Zeit offiziell jene Totschläger aus 
harten Riemen {ayaiQa, vgl. Bd. III S. 1320) 
eingeführt wurden, die furchtbare Verwundungen 
zur Folge hatten, ja das Leben der Faustkämpfer 
gefährdeten. 

Die üppige Lebensweise der Athleten konnte 
auch auf Abwege führen und durch Verführung 
zu Exzessen aller Art, z. B. auch auf erotischem 
Gebiete, das Gegenteil von dem erstrebten Zwecke 
zur Folge haben. In ursächlichen Zusammenhang 
mit dieser Üppigkeit bringt Philostr. Gymn. 
45 auch das unredliche Vorgehen und die Be- 
stechungen bei den Kampfspielen, die immer 
mehr einzureißen begannen. Die leistungsfähigen 
Athleten verkaufen den Sieg, um das Wohlleben 
führen zu können, die anderen, die durch das 
üppige Leben leistungsunfähig geworden waren, 
sind genötigt, sich den Sieg mit Geld zu er- 
kaufen. Selten kamen solche Unregelmäßigkeiten in 
Olympia vor. Aber Pausanias (V 21, 2—17) weiß 
doch eine Reihe von Fällen aufzuzählen, von 
denen der älteste sich 388 v. Chr. ereignete. Die 
schuldigen Athleten wurden von den Eleern zu 
empfindlichen Strafsummen verurteilt, die dann 
zur Aufstellung der Zeusbilder (Zanes) bei den 
Schatzhäusern verwendet wurden . Leibliche Strafen 
für solche Vergehungen, auch Ausweisung aus 
dem Stadion, sind bezeugt durch Dion. Hai. ars 
rhei VII 6 und Dio Chrys. XXXI 119. Vgl. 
auch Dittenberger Syll.2 689 (3. Jhdt. v. 
Chr.) und PhiL Gymn. 45. Der Siegeskranz war 
eben nach wie vor etwas so heiß Erstrebtes und 
hatte eine solche Ehrung in ganz Hellas zur 
Folge, daß selbst unerlaubte Mittel in Anwen- 
dung gebracht wurden. .,..,. 

Das Interesse an der G. und Agorustik in 
jener Zeit können wir bei der Mangelhaftigkeit 
unserer Überlieferung im übrigen nur an einzelnen 
Anzeichen erkennen. In Athen erstreckte sich 
die segensreiche Wirksamkeit des verdienstvollen 
Staatsmannes und Redners Lykurgos auch auf 
diesen Zweig des öffentlichen Lebens. Er richtete 
sein Augenmerk auf die Ausbildung der Epheben, 
er baute das Lykeion-Gymnasion um und rich- 
tete darin eine Palästra ein, und für die pan- 
athenäischen Spiele schuf er das steinerne Sta- 
dion (Jude ich Topogr. v. Ath. 83). Die make- 
donischen Machthaber bringen den hellenischen 
AVettspielen ein reges Interesse entgegen. Philipps 
politische Beweggründe hiefür und seine Be- 
strebungen namentlich in Delphi sind bekannt. 
Doch hat er auch in Makedonien bei großen Fest- 
lichkeiten, z. B. der Hochzeit seiner Tochter Kleo- 
patra, bei der er ermordet wurde, gymrusche und 
musische Wettkämpfe veranstaltet und in Aigai 
olvinpische Spiele eingerichtet. Sern Sohn Ale- 
sandros war körperlich tüchtig durchgebildet und 
insbesondere ein guter Läufer, doch scheint er 
gegen die rohe Athletik, wie sie sich im Faust- 
kampfe und Pankration äußerte, entschiedene 
Abneigung empfunden au haben, wenigstens soll 



övt»i7 uryumasbin. 

er diese Übungen bei den von ihm veranstalteten 
"Wettkämpfern nicht zugelassen haben (Plut. Alex. 
4, 5f.). Aber die Möglichkeit einer Beteiligung 
an dem Wettlauf in Olympia war für ihn nach 
einer Anekdote bei Plutarch nur deshalb ausge- 
schlossen, weil er nur mit Königen als Mitbe- 
werbern auftreten mochte, und wie er einen olym- 
pischen Sieg bewertete, zeigt die Behandlung des 
Olympioniken Dionysodoros von Theben (Arrian. 
anab. II 15, 4). Es heißt, daß der für die gym- 10 
nastischen Übungen nötige feine Staub bis aus 
Ägypten herbeigeholt und den Feldherrn Ale- 
sanders bis ins Feldlager nachgeführt wurde (Plut. 
Alex. 40. Plin. n. h. XXXV 168. Aelian. var. 
hist. IX 3. Athen. XII 539 C). Durch Alexan- 
ders Züge ward hellenische Kultur und damit auch 
Interesse für gymnastischen Sport überallbin in 
den Orient getragen, und die Diadochen setzten 
auch in dieser Richtung das Werk ihres großen 
Vorbildes fort. Es wurden nicht nur allenthalben 20 
Gymnasien und Palästren errichtet und die Jugend 
nach dem Muster des Mutterlandes gymnastisch 
ausgebildet, sondern auch das Interesse an den 
großen Nationalspielen breitete sich im Orient 
aus, zumal als allmählich auch die neuen helle- 
nistischen Staaten zum Wettbewerb in Olympia 
zugelassen wurden. So lieferte z. B. Ägypten, 
seit im J. 272 v. Chr. Perigenes von Alexandria 
im Laufe gesiegt hatte, während des 3. Jhdts. 
noch manchen olympischen Sieger (Förster 437. 30 
447. 459. 464. 473. 481 usw.), und auch die 
Herrscher zeigten ihr Interesse für die G. Pto- 
lemaios Philadelphos erbaute in Athen ein Gym- 
nasion, das Ptolemaion. Während die älteren 
Gymnasien, Akademie, Lykeion,Kynosarges, außer- 
halb der Stadt lagen, wurde das Ptolemaion im 
nördlichen Teile der Stadt selbst errichtet. Auch 
das Diogeneion befand sich in der Stadt. Einen 
Beweis für sein sportliches Interesse gab nach 
Polybios (XXVTI 7 A) ein späterer Ptolemäer (IV), 40 
und die Geschichte ist bezeichnend für den na- 
tionalen Gegensatz zwischen Ägypten und dem 
Mutterlande. Um den Ruhm der Unbesiegbar- 
keit des gefürchteten Kleitomachos zu zerstören, 
hatte Ptolemaios den Aristonikos im Faustkampf 
ausbilden lassen und schickte ihn als Gegner des 
ersteren nach Olympia. Die Sympathie der Zu- 
schauer, die anfangs auf der Seite des Schwächeren 
stand, schlug um, als Kleitomachos sich darauf 
berief, daß er für die Ehre Griechenlands, Ari- 50 
stonikos für den Ruhm des Königs Ptolemaios 
kämpfe, und es gelang ihm, den Fremdling zu 
besiegen. Mit diesem zunehmenden Interesse im 
Osten scheint ein Schwinden desselben im Westen 
Hand in Hand zu gehen. Dies kann man aus 
dem fast völligen Zurücktreten der sizilischen und 
italischen Namen in den Olympion ikenlisten schlie- 
ßen. Ührigens tritt auch Sparta, zum Teil auch 
Athen, in den Hintergrund, während Aitolien, 
Achaia, die jüngeren Städte des Peloponncs nebst 60 
dem Orient die olympischen Sieger hefern. Auch 
Angehörige besserer Stände verschmähten es hier 
nicht, sich gelegentlich, besonders in ihrer Jugend, 
an den Wettspielen zu beteiligen Aratos von 
Sikyon, der große Stratege und Staatsmann des 
AcMUchen Bundes, war in seiner Jugend erfolg- 
reicher Ftofkämpfer (Plut. Arat. 3). Boris von 
ßamos, der spatere Tyrann (Förster 398), siegte 



irymrjasiiK zuoir 

324 im Knabenfaustkampf. Einen olympischen' 
Pentathlonsieg und viele andere Siege erkämpfte 
Gorgos von Messene (Förster 465. Polyb. V 
5, 4). Gerade in den Stammländern der grie- 
chischen G. , in Sparta und Athen , wo sie als 
edler Sport und Bestandteil der Jugenderziehung 
stets in Ehren stand, scheint man ihre unauf- 
haltsame Fortentwicklung zur Berufsathletik per- 
horresziert zu haben, und da ohne das athletische 
Training die Aussicht auf einen olympischen Sieg 
sehr herabsank, gab man allmählich auch die* 
Konkurrenz bei den großen Nationalspielen auf 
und wird sich immer mehr auf die Beteiligung 
an den heimischen Lokalagonen beschränkt haben. 
So sehr nun, wie wir sahen, die professionelle 
Athletik mit ihrem überfeinerten Training von 
der Intelligenz und namentlich den Ärzten ver- 
achtet wurde, es ist nicht zu leugnen, daß mit 
ihrer Hilfe ganz hervorragende Leistungen und 
Rekorde zustande kamen. Es war nach wie vor 
keine Seltenheit, daß einzelne Athleten eine ganze 
Reihe von Jahren hindurch in Olympia und ander- 
wärts viele Siege hintereinander erkämpften. Für 
diejenigen, die in den vier großen Nationalspielen^ 
den Olympien, Pythien, Isthmien, Nemeen Sieger 
waren, kam die Bezeichnung Periodoniken ('s. d.), 
d. h. Sieger in einer Periodos auf. Solche Sieger 
waren z. B.: Sostratos (Förster 349), Cheilon 
(384), Herodoros (395), Antenor (409), Philinos 
(441),Epitherses (510), Agesarchos (529). Darunter 
war Philinos vierfacher Periodonike und hatte* 
außerdem noch Siege zu verzeichnen. Noch höher 
war es vielleicht einzuschätzen , wenn es einem 
Athleten gelang, in Olympia an demselben Tage- 
in mehreren Übungen zu siegen, z. B. in drei 
Laufarten. Dies war schon einmal in älterer 
Zeit, 512 v. Chr., dem Phanas aus Pellene ge- 
lungen. Jetzt wiederholten sich solche Leistungen 
in kürzeren Zwischenräumen. Unerreicht aber 
war hierin Leonidas von Rhodos, der vier Olym- 
piaden hintereinander, 154 (164 v. Chr.) —157 
(152 v. Chr.) je im Stadion, Doppellauf und 
Waffenlauf zugleich siegte, also in dieser Zeit 
zwölf olympische Kränze davontrug, eine uner- 
hörte Leistung, die auch unerreicht blieb (Afric. 
zu Ol. 157). Ein solcher dreifacher Sieg an 
einem Tage brachte dem Athleten den Beinamen 
rytaaztjs (Afric. zu OL 154). Es glückte später noch 
dem Hekatomnos (32 v. Chr., Förster 551) und 
mindestens zweimal dem Hermogenes mit dem 
Beinamen Hippos (zuerst 81 n. Chr.. F. 654). Auch 
in der Gruppe Stadion-Diaulos-Dolichos siegte 
einmal Polites (69 n. Chr., F. 64 8). Viel schwieriger 
und daher auch ungleich ruhmreicher war ein 
Doppelsieg im Ringkampf und Pankration an 
demselben Tage. Der glückliche Sieger wurde 
dann als Nachfolger des Herakles, dem dieser 
Doppelsieg zuerst gelungen war, gepriesen und 
erhielt den Ehrentitel xagädot-oz oder xagado- 
%ovlxr)$ (Plut. comp. Cimon. et Luculi. 2). Der 
erste derartige Heraklessieger (Ssvxs^og dtp" 'Hqcl- 
xXiovg) war Kapros aus Elis im J. 212 v, Chr. 
(Förster 474, wo die übrigen Heraklessieger 
aufgezählt sind). Solche Leistungen waren vorher 
niemals erreicht worden und sind daher offen- 
bar der Vervollkommnung der Trainiermethode 
zuzuschreiben. 

In den bisher geschilderten Formen und 



ZUOl 



trynmasiiiÄ; 



^v 



UlUäBUlL 



mannigfachen Auswüchse bereits stark in den 
Vordergrund traten. Wenn sich infolgedessen schon 
bei den Griechen zahlreiche Stimmen erhoben 
hatten, welche die G. in dieser Form als unge- 
eignet für die Erziehung der Jugend und als für 
den Kriegsdienst geradezu schädlich hinstellten, 
so konnte der praktische Sinn der Römer, denen 
nur die Ausbildung für den Staatsdienst und Krieg 
vorschwebte, sich zu einer solchen nutzlosen, zeit- 
10 raubenden Tätigkeit um so weniger hingezogen 
fühlen. Von einer Aufnahme der griechischen G. 
in das Programm der Jugenderziehung konnte 
also keine Rede sein. Nur der Diskoswurf wurde 
zu den Jugendspielen des Marsfeldes hinzuge- 
nommen (Hör. cann. 18, 11 ; sat. II 2, 13 ; ars 
p. 380. Mart. XIV 164). Abstoßend wirkte ferner 
die völlige Nacktheit, die nach römischem Ge- 
schmack das Schamgefühl verletzte (Cic. Tusc. 
IV 33, 70 ; de rep. IV 4), und als Folge hiervon 



Zweigen nahm dann die Fortentwicklung der G. 
auch in die römische Periode hinein ihren Fort- 
gang. Bevor aber das Augenmerk auf diesen 
durch Ausartung und Verfall unserer Kunst cha- 
rakteristischen letzten Zeitraum gerichtet wird, 
ist es interessant zu sehen, wie die Römer, nach- 
dem sie dem griechischen Einfluß Tür und Tor 
geöffnet, die griechische G. , diese ureigenste 
Äußerung des hellenischen Nationalcharakters, 
bei sich aufnahmen. 

Die Gymnastik bei den Römern. G. in 
der kunstmäßigen Ausbildung, wie sie die Grie- 
chen pflegten, war den Römern vor dem Ein- 
dringen des Hellenismus unbekannt. Natürlich 
aber betrieb ihre Jugend wie die aller kriegeri- 
schen Völker von jeher solche Leibesübungen, die 
geeignet waren, den Körper zu stählen und zum 
Kriegsdienst tauglich zu m achen (vgl. M a r q u a r d t 

Privatl. d. Römer 12 11 7f.). Auch bei den Rö- . .. 

nicm war der Wettlauf wohl die älteste Übung, 20 und von dem in den griechischen Gymnasien und 



und nach Liv. IX 16, 13 hat Papirius Cursor 
hierin alle übertroffen. Dazu kam an eigentlichen 
gymnastischen Übungen noch der Sprung, das 
Ringen und der Faustkampf (Dionys. VII 73. 
Cic. de leg. II 15, 38. Liv. I 35. Veget. I 9f. 
Sen. ep. 15) und dann das mehr kriegsmäßige 
Speerwerfen und Fechten (Sen. ep. 88. 19), 
ferner Reiten und Schwimmen, besonders auch 
das Ballspiel. Alle diese Übungen wurden von 



Palästren üblichen, mit üppiger Lebensweise ver- 
bundenen Müßiggang befürchtete man Verweich- 
lichung und Sittenverderbnis. Besonders bezeich- 
nend hierfür ist Plut, aet. Rom. 40 rö yag £t}Qa- 
XoKpeiv v<pecoQÖjvzo oi 'Patfioüoi otpödga xai xolg 
"EXXtjoiv oiovxai firjösp ovzcog atrtov öovXstag ye- 
yovevat xai fxaXaxiag <x>$ rä yvfivdaia xai ras na- 
Xalargag jioXvv äXvv xai oxoXrjv hxtxxovGag xalg 
jioXem xal 'xaxoo%oXLav xai xo scatSEQaotelv xai 



der Jugend am liebsten auf dem Marsfelde 30 xo diaqp&eigsiv rä owpaxa rtöv vicov vxvoig xai 



betrieben. Cato der Ältere hat seinen Sohn im 
Speerwurf, Waffenkampf, Reiten, Schwimmen und 
Faustkampf selbst unterrichtet (Plut. Cato m. 20). 
Aber auch agonistische Verwertung der G. kommt 
schon in alter Zeit vor, und hier hatten die Rö- 
mer an ihren Nachbarn, insbesondere den Etrus- 
kern, die ihre Gräber mit umfangreichen gym- 
nastischen Darstellungen schmückten, hervor- 



ragende Vorbilder. Solche öffentlichen Schau- 
spiele, ludi publiei (s. d.) , bestanden, wie schon 40 ist bereits hervorgehoben worden. Abei 
die oben angeführten Stellen beweisen, vornehm- tive Beteiligung an denselben war nicht 



angeführte 
lieh aus Wettlauf, Ring- und Faustkampf (vgl. 
Marquardt Staatsverw. III 2 525). Besonders 
beliebt war der letztere und man holte sich gute 
Faustkämpfer auch aus Etrurien, Latiuni. Cam- 
panien und Afrika (Liv. I So. Suet Aug. 45; 
Calig. 18). Dieser altitalische" Faustkampf ent- 
behrte der Armatur und unterschied sich dadurch 
von dem später eingeführten griechischen, neben 



üi£Qtn,äTois xat xtvtjGBGiv £vqv§(ioi$ xai Stahatg 
axQtßSaiv, v<p' &v eXa&ov sxQvivxeg xcäv onXcov 
xai äyoTitfaavTsg äv& otiXit&v xai hmkmv ayaß'&v 
svTQdnsXot xai siaXaiozQizai xaXoi Xeyecftat. Vgl. 
auch Tac. ann. XIV 20. Wird die G. also als 
pädagogisches Element entschieden abgelehnt, so 
findet sowohl die agonistische wie die diätetische 
Seite bei den Römern ein neues Heim. 

"Wie beliebt die Ludi bei den Römern waren, 

Aber die ak- 
wie bei 



den Griechen ein ängstlich gehütetes Vorrecht 
des freigeborenen Bürgers, sondern man überließ 
die Konkurrenz lieber berufsmäßigen Teilnehmern, 
die man sich, wie gesagt, vielfach von auswärts 
kommen ließ. Diese Schaustellungen waren mit 
den Gladiatorenspielen in gleiche Linie gestellt» 
ohne deren Beliebtheit zu erreichen. Als die grie- 
chische G. bekanntwurde, lag der Gedanke nahe, 
dem er noch unter Augustus bei öffentlichen 50 neben den einheimischen Kräften, später auch 

0_*.1_„ ul J. ...:_,] /ei i. „ Cl /"'TT "V 1A7J nnonntiliafili/ili enl oTiü vr\T\ rn-i ö^lii a^Vion K-ni\r+ril 3+-7ßn 



Spielen erwähnt wird (Suet. a. O. CIL X 1074 
pugiles caiervarios et pyetas ; sie traten also auch 
im Massenkampfe auf). Diese Spiele erfreuten 
sich einer großen Beliebtheit und wurden von 
der Masse feineren Genüssen, wie szenischen Auf- 
führungen, oft vorgezogen (Terent. Hecvr. prol. 
25. Hör. ep. II 1, 185). 

Insofern war der Boden für die Aufnahme 
der griechischen G. gewissermaßen vorbereitet, 



ausschließlich, solche von griechischen Sportplätzen 
bei den Spielen zu verwenden, und diese Neue- 
rung war den römischen Zuschauern nicht un- 
willkommen. Immer aber genossen die Fechter- 
spiele und Tierhetzen den Vorzug. Das erste 
Auftreten griechischer Athleten in Rom veran- 
laßte M. Fulvius Nobilior 186 v. Chr. (Liv. XXXLX 
22). Dem Sulla gelang es 81 v. Chr., anläßlich 
seines Triumphes über Mithridates sozusagen die 



doch zeigte es sich, daß letztere bei den Römern 60 olympischen Spiele nach Rom zu verlegen. Denn 



von allem Anfang an auf eine gewisse Abneigung 
stieß und bei ihnen nie ganz heimisch wurde. 
Dies hatte verschiedene Gründe. Vor allem ist 
nicht zu übersehen, daß die Römer mit der grie- 
chischen G. zu einer Zeit bekannt wurden, wo 
dieselbe ihre Blütezeit bereits hinter sich hatte, wo 
das Ziel immer mehr in athletischer Kunstfertig- 
keit gesucht wurde und die oben geschilderten 



die von ihm veranstalteten Wettkämpfe übten 
eine solche Anziehungskraft auf die griechischen 
Athleten aus, daß in Olympia mit Ausnahme des 
Stadionlaufes wegen Mangel an Teilnehmern keine 
Übungen abgehalten werden konnten. Und so 
wurden bei besonderen Gelegenheiten auch von 
M. Scaurus, C. Curio, Pompeius und Caesar ath- 
letische Wettkämpfe veranstaltet (Friedländer 



£WO 



wymnasmK 



uymnastifc 



2064 



SittengescK II 8 483f. Reisch o. Bd. I S. 866), 
tou den Kaisern schließlich regelmäßig wieder- 
kehrende Festspiele gegründet. Die wichtigsten 
waren: nnter Angustus die "Axrta in Nikopolis, 
die den olympischen Spielen nachgebildeten Augu- 
stalia in Neapel, die Eeronia in Rom, insbeson- 
dere die von Domitian 86 gestifteten Capitolia, 
worüber die Spezialartikel nachzusehen sind. 
Durch diese nach griechischem Muster eingerich- 
teten Wettkämpfe wurde der Schaulust der breiten 
Massen gefrönt und so unter dem Vortritt der 
Kaiser ein gewisses äußerliches Verhältnis zur 
kunstgemäßen griechischen Athletik hergestellt. 
Die Athleten genossen in Eom gewisse Privile- 
gien und ein größeres Ansehen als Schauspieler 
und Gladiatoren (vgl. Gardiner Athlet. Sports 
174f. Friedländer a. 0. 496f.). 

Von tieferer praktischer Wirkung auf die Le- 
bensführung des römischen Bürgers war jedoch 
das Eindringen der hygienischen G. Seit Augu- 
stus das Heerwesen umgestaltet und die Truppen- 
aushebung in Italien beschränkt hatte, war für 
die Jugend die Notwendigkeit, sich für den Kriegs- 
dienst vorzubereiten, entfallen und nur für die- 
jenigen geblieben, die sich speziell dieser Kar- 
riere widmen wollten. So wurden die altitali- 
schen Leibesübungen für die breiten Massen in 
dieser Hinsicht immer mehr entbehrlich. Da- 
gegen trat ein anderer Gesichtspunkt in den Vor- 
dergrund, nämlich das gesundheitliche Moment. 
Nach Marqnardt Privatl. a. 0. trieb man jetzt 
G., um eine frische Farbe zu haben (Cic de offic. 
I 36. 130), gut zu schlafen (Horat. sat. II 1, 8), 
mit Appetit zu essen und mit Vergnügen zu baden, 
während zum Kriegsdienst erfordert wird eine 
iuventus balnearum nescia (Veget. I 2), mit 
andern Worten, die Heil-G. oder Iatraliptik fand 
in Eom Eingang (Plin. n. h. XXIX 4). Die An- 
fänge ihrer Beliebtheit reichen bis in die Zeiten 
der Republik zurück. Dem Scipio Africanus wurde 
die Vorliebe für die Palästra vorgeworfen (Liv. 
XXIX 19, 12), und Varro r. r. II 1, 1 machte 
die ihm unliebsame Beobachtung, daß auf jeder 
Villa ein Gymnasion zu finden sei. Durch die 
gymnastische Methode glaubte man sich bis ins 
hohe Greisenalter gesund zu erhalten (Aelian. 
frg. 110 Herch. Petron. 28). In der Kaiserzeit 
war dann das griechische Turnen mit seiner Mas- 
sage und seinen Bädern sehr verbreitet und galt 
bei vielen als wichtiges Hilfsmittel zur Erlan- 
gung körperlicher Ausbildung und Gesundheit 
(Sen. ep. 15). Kaiser Nero, der für griechische 
Agonistik und G. große Vorliebe hegte, gewährte 
reichliche Ölspenden (Tac. ann. XIV 47, Suet 
Nero 12), und seine Freigelassenen ließen sich 
für ihre Gymnasien, wie einst die Feldherrn Ale- 
xanders, den feinen Sand vom Nil kommen 
(Plin. n. h. XXXV 168. Suet Nero 45). Als 
nun auch die Jugend, die in früherer Zeit nur 
die urwüchsige und zweckdienliche altitalische G. 
getrieben hatte, allmählich an der überfeinerten 
griechischen Methode Geschmack zu finden be- 
gann, da erhoben sich unter den Römern zahl- 
reiche warnende Stimmen, die auf die verderb- 
lichen Folgen für die Gesundheit an Leib und 
Seele aufmerksam machten. Die Jugend werde, 
» hieß es, durch landfremdes Gehaben, durch 
gymnastische Übungen, Müßiggang und schänd- 



liche Liebschäften entarten (Tac. ann. XIV 20), 
Laster und Sittenverderbnis ziehe mit der grie- 
chischen G. ein (Plin. n. h, XV 19. XXIX 26. 
XXXV 168), die aus griechischen Gymnasien aus- 
gehobene Jungmannschaft sei schlaff und unfähig 
Waffen zu tragen (Lucan. Phars. Vn 270). In 
der Opposition, befindet sich auch Martial. VII 
32. XIV 49, und den Gegensatz zwischen einst 
und jetzt schildert anschaulich der jüngere Pli- 

lOnius Paneg. 13: postquam exercitationibus no- 
stris non veteranorum, aliquis, cui decus mu- 
ralis aut civica, sed graeculus magister adsi- 
stit, quam magnum est unum ex omnzbus pa- 
trio more, patria virtute laetari usw. Als An- 
hänger der der G. feindlichen stoischen Philo- 
sophie hat insbesondere auch Seneca energisch 
Front gemacht (vgl. z. B. ep. 88, 18). In der 
Praxis kam es auch gelegentlich zur Abschaffung 
einzelner besonders sittenverderbend wirkender 

20Agone, wie desjenigen zu Vienna 'unter Traian 
(Pliiu ep. IV 22). 

Diese Reaktion des nationalen Römertums 
gegen das Eindringen einer fremden Sitte konnte 
aber der immer mehr um sich greifenden Vor- 
liebe für die griechische G. keinen Einhalt ge- 
bieten. Nicht nur im öffentlichen Badeleben 
spielten die Aleipten (s. d.) eine große Rolle, son- 
dern die meisten vornehmen Häuser hatten unter 
den Sklaven auch Athleten (Sen. ep. 15, 3. 9), 

30 die bei dem Herrn die Stelle von Gymnasten ver- 
traten, seine Lebensweise beaufsichtigten. Auch 
ließ man gelegentlich Lieblingssklaven in der 
Palästra ausbilden (Stat. Silv. II 1, 110). Auch 
die Frauen beginnen sich für die Sache zu inte- 
ressieren. Bei den von Domitian eingeführten 
ersten Capitolien traten auch Jungfrauen im Wett- 
kampf auf, dock schaffte man dies gleich wieder 
ab. Indes fanden sich Frauen, die sich privat 
dem griechischen Sport hingaben und das be- 

40 schwerliche Training mitmachten (luv. 2. 53. 6, 
426. Mart. VII 67), den ausübenden Athleten 
wendeten sie vielfach ihre Gunst zu (Tertull. 
Spect. 22. Mart. VII 57. luv. 6, 356). Und 
ebenso wie bei Nero und Domitian, so ist auch 
bei späteren Kaisern die Vorliebe für die G. zu 
beobachten, so bei Hadrian, Marc Aurel (Gal. VI 
406 K. Hist. aug.' M. Antonin. 4), L. Verus (Hist. 
aug. 4), Commodus (cap. 17. Pescenn. Niger 
1. Dio LXXII 22), Alexander Severus, der 

50 sich besonders im Ringen auszeichnete (Hist. 
aug. Alex. Sev. 27). Die Beteiligung der Römer 
an den öffentlichen Spielen ist aber nie eine 
lebhafte gewesen, die vornehmen Stände haben 
sich so gut wie ganz ferngehalten. Während es 
keine Seltenheit war, daß Männer ritterlichen 
oder senatorischen Ranges sich im Theater, Cir- 
cus oder der Arena aktiv beteiligten, erfahren 
wir nur von einem vornehmen Jüngling, Pal- 
furius Sura, dem Sohne eines Consularen, der 

60 sich öffentlich im Ringkampf, und zwar angeb- 
lich mit einer spartanischen Jungfrau, sehen ließ 
(Schob luv. 4, 53). Im übrigen spricht eine, wie 
es scheint, verderbte Überlieferung von einem 
Römer Gaius, der 72 v. Chr. einen olympischen 
Sieg im Dauerlauf gewann (Förster Sieger 554). 
Plut. tuend, sanit. 5 nennt einen Pankratiasten 
Regulas , Mart. IX 72 einen siegreichen Faust- 
kämpfer Liber; vgl. auch luv. 3, 68. Die Lei- 



2065 Gymnastik 

stungen der Römer auf dem Gebiet der G. scheinen 
also über einen mäßigen Dilettantismus nicht 
hinausgekommen zu sein, die Führung hatten 
nach wie vor, auch in den italischen Spielen, die 
griechischen Athleten. Über alle diese die G. 
bei den Römern betreffenden Fragen gibt aus- 
führlich Aufschluß Friedländer Sittengesch. 
II 8 483ff. ; vgl. auch Polke Num qua fuerit apud 
Rom. ars gymn., Progr. Gleiwitz 1863. 



Verfall der Gymnastik. Die geschilderte 10 zugelassen wurde. 



Gymnastik 2066 

der die Gewähr bietet, daß wohl bei jedem Kampf 
einer der Rivalen am Platze bleibt, und der mit sport- 
licher Ausführung des Faustkampfes jedenfalls 
nichts mehr zu tan hat. Es sollte vielleicht die 
Athleten von dem Ehrgeiz, sich gerade in solchen 
Übungen hervorzutun, ablenken, wenn in Olympia 
nach dem Doppelsieg des Nikostratos 37 n. Chr. 
niemand mehr zur Bewerbung um den Herakles- 
preis und den Titel eines Nachfolgers des Herakles 



Vorliebe einzelner Kaiser für die griechische G. 
und Agonistik verschaffte derselben in der nach- 
christlichen Zeit eine letzte Blüte. Es fanden 
sich reiche und ehrgeizige Männer, deren Wohl- 
taten auch der G. zugute kamen. Sie errichteten 
neue Gymnasien, die sie mit Stiftungen dotierten, 
oder sie veranstalteten mit großem Aufwand für 
ihre Mitbürger neue lokale Festspiele u. dgl. 
Hier ist vor allen Herodes Atticus (s. d.) hervor- 



Ein weiteres charakteristisches Merkmal dieser 
Periode ist die Reklame und die Prahlsucht, die 
in den Inschriften der Ehrenstatuen zu beobachten 
ist und die mit der einfachen Sachlichkeit der 
älteren Zeit auffallend kontrastiert. Alle Neben- 
umstände, die den betreffenden Sieg als besonders 
glänzend erscheinen lassen konnten, z. B. daß der 
dargestellte Sieger im Ringkampf nie zu Falle 
kam {äxrcQTos) oder nie die Chance eines etpedoog 



zuheben, der die Stadien von Delphi und Athen 20 (s. d.) hatte, und Ähnliches wurde entsprechend 
in Stein baute und mich rlpm "fiVofnln+7 t™ Alvrm. TiairnvivrA'hril-.jvr. ^«,1 x,™«« ™^- «:„ j„„„..±: a* _ 



in Stein baute und auch dem Festplatz von Olym- 
pia in hervorragender Weise seine Fürsorge zu- 
wendete. Ein neuer Aufschwung auf sportlichem 
Gebiete war die Folge dieses privaten Interesses. 
Aber dieser Aufschwung trug bereits die ersten 
Spuren des Verfalls in sich. Einer der Gründe 
desselben war die enorme Ausbreitung, die zur 
Kosmopolitisiermig und immer größeren Entfrem- 
dung von der ursprünglich echt griechischen Eigen- 



hervorgehoben, und wenn gar ein derartiger Sieg 
zum erstenmal errungen und damit ein Rekord 
aufgestellt war {^Quitos av$oa>jta>v u. dgl,), wurde 
dies mit Stolz vermerkt. Beispiele zusammen- 
gestellt von Reisch o. Bd. II S. 2055. Gardiner 
a. O. 179ff., besonders bezeichnend die den M. 
Aurelius Asclepiades verhimmelnde Inschrift IG 
XIV 1102, der allerdings eine Unzahl von Siegen 
erkämpft hatte und einer der erfolgreichsten 



art führte Die Zahl der Agone wuchs ins Maß- 30 Athleten des 2. Jahrh. n. Chr. gewesen sein muß. 



lose, sodaß es namentlich im Osten des Reiches 
kaum einen größeren Ort gab, der nicht seine 
Spiele gehabt hätte , die vielfach zu Ehren der 
Kaiser veranstaltet und nach ihnen benannt wur- 
den (vgl Reisch o. Bd. I S. 860f. Schmid 
Attic. IV 571, 19. Gardiner a. O. 170. 180. 
Jüthner Wien. Stud. XXIV 285ff.). Die großen 
Nationalspiele haben jetzt nicht mehr panhelleni- 
schen, sondern ökumenischen Charakter, und der 



Interesse für Rekordleistungen, das ja in gewissen 
Grenzen von jeher vorhanden war, zeigt übrigens 
schon Plin. n. h. VII 83f. 

Als Beweis für die großartige Entfaltung der 
G. als Kunst oder Handwerk in jener Zeit kann 
ferner der Umstand gelten, daß sich die aus- 
übenden Künstler, die Berufs athleten, in Genossen- 
schaften zu organisieren beginnen. Ansätze zu- 
solchen Vereinigungen auf kultlicher Grundlage 



Wettbewerb steht somit gleichsam der ganzen 40 mögen schon früher vorhanden gewesen sein, die 



Welt offen (vgl. Olympia V 54.436). Die kolos- 
sale Verbreitung auch auf nichthellenischem Boden 
konnte natürlich nicht ohne Wirkung auf die 
Entwicklung der G. bleiben, und insbesondere 
macht sich der Einfluß Roms in gewissem Sinne 
nachteilig bemerkbar. 

Die Vorliebe der Römer für Gladiatorenspiele, 
Tierhetzen und Naumachien gab auch dem Ge- 
schmack der Menge außerhalb Italiens eine neue 



eigentlichen Athletenvereine (^varog, ovyoSog) sind 
aber nicht vor Hadrian sicher nachzuweisen. Diese 
Körperschaften, deren Zahl eine bedeutende ge- 
wesen sein muß, zogen von Agon zu Agon, um 
in den Wettkämpfen aufzutreten, und obwohl wir 
über ihre Einrichtung und Wirksamkeit sehr wenig 
wissen, können wir annehmen, daß sie für die 
Entwicklung der G. nicht ohne Einfluß waren. 
Schon wegen der großen Konkurrenz mußten sich 



Kichtung, und diese römischen Spiele werden auch 50 die einzelnen Vereine bemühen, das gymnastische 



in Griechenland eingeführt, z. B. in Korinth, ja 
auch in Athen, wo sie nicht nur im panathenäi- 
sehen Stadion, sondern sogar im Dionvsostheater 
abgehalten wurden (Dio Chrrs. XXXI" 121). Die 
Folge davon ist ein starkes Sinken des sport- 
lichen Niveaus. Das Volk findet Gefallen an den 
rohen und blutigen Schauspielen und interessiert 
sich nun kaum mehr für das rein Gymnastische. 
Die roheren Übungen wie Faustkampf und Pan- 



Training nach Möglichkeit zu vervollkommnen und 
neue Methoden zu ersinnen, um ihre Mitglieder 
tüchtig auszubilden. Besonders angesehen war im 
2. Jhdt. die ovvoöog %voxtx7} xdv negi xbv ' Hoax/Ja 
a&XrjT(öv legoveiHütv otetparsiTüiv (IG XIV 1054f.J, 
die zu Beginn des 4. Jhdts. als tega t-vönxi} wqi- 
Tiohoxtüi} otxovfizvixTj aivoSog (IG XIV 956b 19) 
bereits den ganzen Erdkreis umfaßte. Im einzelnen 
verweise ich auf R e i s c h o. Bd. II S. 2056ff. P o 1 a n d 



kration, die ohnedies stets in der Gunst des 60 Griech. Vereins**. 190f\ 147tf. Gardiner a. O. 
„v.,_ _._,.,., 174ff ^ Friedländer s ittengesclli HB 297f. 

Die Verfeinerung des Training, die in der 
Kaiserzeit offenbar ins Maßlose übertrieben wurde, 
könnten wir genauer verfolgen, wemi nicht die 
gymnastische Literatur (s. o.) fast ganz verloren 
gegangen wäre. Aber aus den Angriffen, die von 
medizinischer Seite, namentlich Galen, dann von 
Philostratos u. a. dagegen unternommen wurden, 



Pöbels standen, finden fast allein noch Beachtung, 
und die fortschreitende Verrohung, die man hier 
beobachten kann, ist eine Konzession an die neue 
Geschmacksrichtung. Der ohnedies schon allzu 
gefährliche harte Riemen, die oydiga, genügt dem 
Blutdurst der schaulustigen Menge nicht mehr, 
es wird ein metallenes Mordinstrument erfanden 
(8. Caestus), ein Totschläger gefahrlichster Art, 



ÜU67 



uynmasttK 



urymnasu& 



können wir uns immerhin eine annähernde Vor- das in starre Systeme gezwängte Training zeitigte* 
Stellung bilden. Die Diät, die Nahrungsaufnahme die Auswüchse in physischer und moralischer Be- 
wurde durch genau festgesetzte Kegeln bestimmt ziehung, die damit verbunden waren, bei denken- 
und namentlich auf reichliche Fleischkost und den Menschen vielfach eine lebhafte Opposition 
genaues Einhalten der Zeiten für Anstrengung hervor. Die Meinung über den Wert der G. war 
und Schlaf Gewicht gelegt, ein Vorgehen, das ja, wie wir sahen, schon in alter Zeit, als sis 
von Galen als gesundheitswidrig getadelt wurde sich noch in einfacheren Formen bewegte, sehr 
(IV 753. VI 180 K.). Vgl. auch o. Bd. I S. 2058f. geteilt. Dichter, Denker und Ärzte befaßten sich 
und die oben zitierte Philostratosstelle Gymn. 44, zu allen Zeiten mit der Frage nach der Berech- 
wo der Autor sicherlich nicht nur die Vergangen- 10 tigung und dem Werte der G- und Athletik, die 
beit, sondern auch seine Zeit im Auge hat. Für also von jeher eine Streit- und Tagesfrage dar- 
überaus wichtig beim Training der Athleten hält stellte, zu der ein jeder gebildete Mensch irgend- 
man die Einreibungen mit öl und die Massage, wie Stellung nehmen mußte. Gewiß bot sie auch, 
und da diese auch in der für die Laien bestimmten namentlich in der Kaiserzeit, ein beliebtes Thema 
Heil-G. unentbehrlich waren und von den für rhetorische Übungen und Disputationen pro 
Ärzten zu hygienischen Zwecken angewendet wur- und contra. Das schaulustige Volk hatten die 
den, haben an der Ausbildung der Methoden Ärzte Athleten und ihre Trainer natürlich überall auf 
wie Gymnasten gleichermaßen mitgearbeitet (s. u.) ; ihrer Seite, zugleich aber auch alle diejenigen, 
Besondere Sorgfalt aber verwendeten die zünf- welche auf die breiten Massen wirken wollten, 
tigen Gymnasten auf die Vervollkommnung der 20 insbesondere die Sophisten, unter denen begeisterte 
eigentlichen Trainiermethode, d. h. auf die Art Anhänger der Gymnastenkunst zu finden waren, 
und Weise, wie die Athleten in den Leibesübungen wie Dio von Prusa XXVIJI und Ps.-Plut. xf.qi^ aoxr)- 
selbst praktisch ausgebildet wurden , wie man oecog. Dazu bieten Inschriften und Papyri wich- 
ihre Kräfte in Anspruch nahm, um die Leistungs- t-ige Beweise für das Ansehen der Athleten und 
fähigkeit bis zu dem höchsten erreichbaren Grade ihrer Vereine in der Kaisei zeit (s. o. und z. B. 
zu steigern. Es gab verschiedene derartige Trai- CIG 5906-5914, Wessely Coip. papyr. Herniop, 
niermethoden, über deren Nutzen gestritten wurde. I n. 52—62. Kenyon-Bell Greek Pap. in the 
Bekannt ist uns nur das aus einem Zyklus von Brit. Mus. III [1907] 214ff.). 
vier Tagen bestehende sog. Tetradensystem. An- Die Opposition, die sich gegen diese unbe- 
gewendet wurde es von den Gymnasten Theon 30 dingte Verhimmelung der G. wendet . ist zwei- 
von Alexandria und Tryphon, die es wahrscheinlich facher Art. In entschiedenem Gegensatz stehen, 
auch erfunden hatten. Bei Gal. Thrasyb. 47 (V wie schon angedeutet, die Mediziner, an ihrer 
898 K. 99, 19 H.) und bei Phil. Gymn. 47 wird Spitze als besonders enragierter Gegner Galen, 
der Vorgang näher beschrieben, wobei allerdings Bei Besprechung des Begriffes wurde gezeigt, daß 
Unterschiede in der Terminologie zu konstatieren er der Athletik, die er als Afterkunst {y.axoz^vla) 
sind, welche die Sache selbst aber nicht berühren. bezeichnet, den edlen Kamen G. überhaupt ab- 
Bei Galen wird offenbar auf die faktische Beihen- spricht und nur die hygienische Seite dieser 
folge kein Gewicht gelegt (vgl. Jüthner Phil. Kunst, also die Heil-G., gelten läßt. Besteht 
Gymn. 285ff.). Der Vorgang war folgender: Am nämlich die Gesundheit im Ebenmaß, so bringt 
ersten Tage wurde vorgenommen die naQaoxevr} 40 die athletische G. im Gegenteil ein Übermaß her- 
oder das uiagaoxtvdCov yvfiväaiov , welches aus vor. indem sie die Fleischfülle vermehrt und ver- 
einer energischen, raschen und kurz dauernden dichtet und eine Menge überaus dicken Blutes 
Bewegung bestand (vgl. auch Gal. VI 222) und hervorbringt; denn sie will nicht bloß die Kraft, 
auf den Höhepunkt der Anstrengung vorbereiten sondern auch die Masse des Körpers erhöhen. 
sollte. Dieser letztere war das am zweiten Tag Die Folge dieses unnatürlichen Zustandes bleibt 
angesetzte smTfüvav oder rtltiov yvpväoiov, auch nicht aus. Die einen verlieren plötzlich die Sprache, 
tcaraöxevrj genannt, welches, wie schon der Name die anderen das Gefühl und die Bewegung und 
sagt, in der höchsten Entfaltung der Kräfte be- sind ganz vom Schlag gerührt, oder es springt 
stand, die Übungen also so zeigte wie im Ernst- ihnen zumindest ein Gefäß und sie erleiden einen 




jedoch anderen Nachrichten widerspricht, 
dritter Stelle folgende ävsots oder aTtoÜEQaxeia in der Ringschule sind die Athleten zugerichtet 
ist nach dem verderbten Text bei Philostratos wie die Liten Homers: lahm, schielend , zer- 
kein vollständiges Ausspannen, sondern ein Nach- schunden und verstümmelt: xegi \uxq. aqp. 5 (V 
lassen und allmähliches Wiederaufnehmen der 910 K. 102 M.). Außerdem aber werden sie, wie 
Bewegung, die dann am vierten Tage bis zur schon Piaton richtig bemerkt hat (P.ep. HI 410 b), 
mittleren Stärke anwächst. Dieser nämlich, ^ fürs praktische Leben gänzlich untauglich. Galen 
LtsoEvovoa oder fjLEQiopös , bringt eine mäßige hat sich selbst überzeugt, daß er kräftiger war 
Leistung, die man sich als eine Art Markieren 60 als die angeblich besten Agonisten, die schon 
der betreffenden Übung vorstellen kann. Dieser zahlreiche Kränze im Wettkampf davongetragen 
Zyklus scheint der bekannteste und verbreitetste hatten ; denn für Märsche und militärische Dienst- 
gewesen zu sein. Andere Gymnasten hielten leistungen, noch mehr für bürgerliche und Feld- 
wiederam andere Trainieimethoden für zweck- arbeiten, oder wenn es galt einen kranken Freund 
dienlich, und wir werden sehen, daß sich Philo- zu pflegen, kurz zu irgend einer Beihilfe in Rat 
«trat energisch gegen die Tetraden wendet. und Tat waren sie unbrauchbar wie Schweine. 
Überhaupt riefen die Folgen, welche diese bis Thrasyb. 46 (894 K. 96f. H.). Nicht das un- 
in äußerste Subtilitäten ausgearbeitete Diät und rationelle athletische Training also, sondern eine 



(ävu» urymnasbiK. irymnasajt zu/v 

von den Ärzten kontrollierte und auf ihre Wir- streng individuell behandelt, wozu der Gymnast 
kungen berechnete gesunde Bewegung und Lebens- allerdings mit einer Reihe vou Kenntnissen aus- 
weise ist die von Galen zugelassene Art der G., gerüstet sein muß, die eine wissenschaftliche 
wobei die Übungen der Palästra, rationell ange- Behandlung des Training ermöglichen (Kap. 48 
wendet, natürlich nicht ausgeschlossen sind. Der — 54), Danach ist also die G. auf eine falsche- 
.hygienische Zweck wird Gal. VI 167 folgender- Bahn geraten und muß reformiert werden, dann 
maßen formuliert: xotvoe fih ovv 6 ngöxegog aber repräsentiert sie einen wertvollen Bestand- 
exonos (nämlich die Ausscheidungen) Öltp zq> teil des Wissens und Könnens des Menschen. 
yvfivaolq» rar a&krjtäv xe xal x&v bxiovv sqyov Der archaistische Zug, der auf den ver- 
ävayxatov ev zä> ßiq> diaTrgarrovtav olov tfroi 10 schiedensten Gebieten für jene Zeit eharakteri- 
axamrovxcov • xal yag xaxdvov ovo xovg jtdvxag stisch ist und der auch aus derartigen Reform- 
iXdyofisr dvai aaostovg' irnggüactt ze za oregea bestrebungen auf dem Gebiet der G. hervor- 
holet rov £<6ou xal xevöJoai xa TtsQtxxdifxaxa. leuchtet, scheint an dem konservativen Verhalten 
Die andere Art der Opposition richtet sich Spartas auch in der Kaiserz eit Nahrung gefunden 
nicht gegen die Institution als solche, sondern zu haben. Dort wurden die veralteten Lykur- 
gegen die Richtung und Entwicklung, welche die gischen Vorschriften neu belebt, und allenthalben 
G. genommen hat. Es entsprach dem Zuge der regte sich in der Literatur neues Interesse für 
Zeit, wenn man auch auf diesem Gebiete wie auf die Sitten der Lakcdaimonier. Baren Konserva- 
so vielen anderen von der entarteten Gegenwart tivismus auf dem Gebiete der Jugenderziehung 
seine Blicke zurücklenkte auf eine bessere Ver- 20 und der Leibesübungen haben die Ausgrabungen 
gangenheit und als Laudator temporis acti die der Engländer in Sparta durch neugefundene in- 
gute alte Zeit als Muster hinstellte und wieder schriftliche Belege erhärtet (Ann. Brit. seh. Ath. 
zu beleben suchte. In die graue Vorzeit verlegt XLT. XIII und Gardiner a. O. 18Bff.). 
Lukian den Schauplatz seines Dialogs Anacharsis, Aber alle theoretischen und praktischen Ver- 
worin Solon den wißbegierigen Barbaren in ein suche, den fortschreitenden Verfall der altehr- 
athenisches Gymnasion führt und ihm, da er das würdigen Kunst hintanzuhalten, waren vergeblich, 
Treiben der jungen Leute unbegreiflich zwecklos zumal im 4. Jhdt, unter den Lehrern der Jugend 
findet, in begeisterten Worten die Segnungen der die Abneigung immer entschiedener hervortritt 
palästrischen Leibesübungen preist: eine Apo- (Himer. XXII 7. Liban. ep. 1119). Die Sache 
logie der G. der guten alten Zeit, die die An- 30 hatte sich in sich selbst überlebt, und äußere 
griffe auf die moderne Athletik in die richtigen Umstände kamen hinzu, die ihren Untergang be- 
Grenzen verweisen will. Erhebt sich diese Schrift schleunigten. Auch die Scheinfreiheit , die sich 
nicht wesentlich über das Niveau einer leichten Hellas lange Zeit bewahrt hatte, ging allmählich 
feuilletonistiscben Plauderei, die allerdings einen verloren , und als das Christentum unter Con- 
Beitrag zu einer wichtigen Tagesfrage liefern soll, stantin als Staatsreligion Eingang fand, richtete 
so ist der Essay des Philostratos über G. (s. o.) sich der Kampf gegen alle Einrichtungen, die dem 
schon etwas ernster zu nehmen, da der Autor, Heidentum irgendwie zur Stütze dienten. Dazu 
wenn auch einen ähnlichen journalistischen Zweck gehörten aber vor allem auch die auf kultlicher 
verfolgend und ohne eigene technische Kennt- Grundlage erwachsenen panhellenischen Feste und 
nisse, doch auf technischen Quellen aufbaut und 40 die dort abgehaltenen Wettkämpfe. Ihr Glanz 
durch klare Stellungnahme zu den Auswüchsen erblaßte immer mehr und mehr, sie wurden der 
der modernen Athletik und durch tieferes Ein- Reihe nach abgeschafft, und in der 293. Olym- 
gehen auf die Sache selbst ein höheres Interesse piade (393 n. Chr.) , unter Theodosius I., wurde 
beansprucht. Gesichert ist dieses in hohem Maße, auch das Hochfest des Zeus in Olympia zum 
da die Schrift die einzige erhaltene Abhandlung letztenmal gefeiert. DeT letzte Olympionike, 
über G. aus dem Altertum darstellt. Auch Phi- dessen Name uns erhalten ist, war der armenische 
lostratos hat in der Kontroverse betreffs der G. Prinz Varazdates, der 385 einen Sieg im Faust- 
Stellung genommen, und zwar gegen die Miß- kämpf davontrug. In den Provinzen, namentlich 
griffe der Berufsathletik, aber fü r eine rationelle im Orient, fristeten manche öffentlichen Spiele, 
und auf wissenschaftlichen Prinzipien aufgebaute 50 z. B. zu Antiochia in Syrien, noch eine Zeitlang 
G., die als solche in Schutz genommen und ge- ihr Dasein (Corsini Diss. agonist. I 11. IV 11. 
priesen wird. Die verhängnisvollen Folgen des Krause Olympia 210). 
verfehlten Training der Gegenwart sind raili- IV. Die Gymnastik im Mythos. 
tärischeUntauglichkeit. Trägheit, Verweichlichung, Wie sich jede Lebensäußerung der Griechen 
moralische Verkommenheit. Die Gründe sind die in ihrem Mythos wiederspiegelt, so wird natür- 
überfeinerte Kost , die auch bei Knaben obliga- lieh auch die G. in die höhere Sphäre der Götter 
torische Zwangsdiät und träge Lebensweise, vor und Heroen projiziert und die Repräsentanten 
allem die pedantische Anwendung des Tetraden- der kraftvollen männlichen Jugend unter ihnen 
zyklus ohne Rücksicht auf die Individualität der mit ihr in Verbindung gebracht. Von den Göt- 
Athleten (Kap. 44—47). die sogar den Tod zur60tern ist es besonders Apollon und Hermes, von 
Folge haben kann (Kap. 54). All das muß anders den Heroen Herakles und Theseus, die hier in 
werden, und als Vorbild schwebt vor das erfolg- Betracht kommen und die als Patrone der Turn- 
reiche natürliche Training der guten alten Zeit, kunst angesehen wurden. Andere kommen hin- 
das bei einfacher Kost und natürlichen Kraft- zu, und auch was Homer uns über die trojanischen 
Übungen ohne medizinische Finessen instinkt- Helden berichtet, gehört, streng genommen, hie- 
mäßig das Richtige traf. Diesem Ideal kann her und ist nur als Spiegelbild der ältesten Ver- 
man sich wiederum nahern, wenn man die ge- hältnisse und als erste Nachricht an die Spitze 
Jährlichen Tetraden verwirft und den Athleten der geschichtlichen Entwicklung gestellt worden. 



Apollon wurde als schöner, kräftiger und 
siegreicher Heldenjüngling vorgestellt (Hymn. in 
Apoll, Pyth. 271. Callim. ApoU. 36. Apoll. Rhod. 
Il 674 ff.). Nach einer olympischen Legende 
hatte er den Hermes im Lauf, den Ares im 
Faustkampf besiegt (Paus. V 7, 10), desgleichen 
im Faustkampf den Phorbas (Hymn. in Apoll. 
"211. SchoL Hom. II. XXIII 660; vgl. auch 
Gerhard Auserl. Vasenb. 70 und Paus. X 32, 



II»IIIIMHI,III 



Habich Jahrb. XIII (1898) 61f. Gruppe Gr. 
Myth. II 13401 Spathakis Athen. I 320. 
Färnell Cult. of the gr. stat. V 28ff. 

Herakles war der körpergewaltigste unter 
allen Heroen und somit der gegebene Trager 
aller gymnastischen und athletischen Tugenden. 
Unter seinen Taten kommen für die Palästra 
insbesondere die Ringkämpfe in Betracht, die er 
mit verschiedenen Unholden ausfocht. So mit 



6). Doch pflegte er auch andere Übungen z. B. 10 Acheloos in Aitolien, der übrigens als Svaycbvtog 



<ien Diskoswurf, und er soll mit der Scheibe 
seinen Liebling Hyakinthos getötet haben (Phil. 
Imag. T 24). In Sparta hatte er den Beinamen 
Kdgvsiog Ago^aisvg (Paus. III 14, 6. CIG 1446), 
in Kreta hieß er ÖQOjuatog (Plut. quaest. conv. 
VIII 4) und wurde neben Hermes und Herakles 
als Vorstand der Gymnasien und Palästren und 
als Vorbild und Hüter der männlichen Jugend 
verehrt. Die apollinischen Feste wie die Gymno- 



verehrt wurde (Phil. Heroic. II 146. 29 Kays.; 
s. o. Bd. I S. 214tf.), Antaios in Libyen (Bd. I 
S. 23401), Eryx in Sizilien usw. (Bd. VI S. 604), ja 
auch der Kampf mit dem nemeischen Löwen 
gehört hieher. Doch war er nicht bloß ein ge- 
waltiger Ringer, sondern auch Pankratiast und 
hat in beiden Kämpfen Siege davongetragen (s. o. 
und Paus. V 8, 4. Schol. Pind. Pyth. p. 297. 
Hygin. 273). Ihm wird von einer älteren Über- 



paidien in Sparta, die Theoxenien zu Pellene, 20 lieferung die Stiftung und Ordnujig der olyni- 
JJ T »-^- 1 --— — T\-i_-Li — j j-~ *i~^~ — — ™^ pischen Spiele zugeschrieben (Pind. Ol. III llff. 

XI 42ff. Lysias bei Dion. Hai. Lys. 30. Kal- 
lim. in den Aitia, Schneider II 64f.), während 
nur jüngere Nachrichten vor ihm den idäischen 
Herakles als Gründer ansetzen. Dort siegte er 
auch im Faustkampf und Pankration (Paus. V 
8, 4) und wurde daher von Archilochos in einem 
Hymnus als xaXXlvtxog gepriesen, So wurden denn 
auch allenthalben gymnische Spiele veranstaltet, 



-die Pythien zu Delphi und die Aktia waren mit 
gymnischen Agonen verbunden. Vgl. Krause 
•Gvmn. 52 f. 170 ff. Röscher Myth. Lex. I 242f. 
Preller-Robert Gr. Mvth.4 I 272ff. Wer- 
nicke Jahrb. VI 2 15 f. 

An Hermes wird bei Homer und im Hymnus 
•die Schnelligkeit und Kraft hervorgehoben, und 
diese beiden Eigenschaften haben ihn offenbar 
auch zum Gott der G. und Agonistik und zum 



Ideal der trainierenden Epheben gemacht, da es 30 die seinen Namen trugen (Herakleen). Er galt 
ja bei den gymnastischen Übungen und Wett- «nwnhl als Vorbild für die Erheben und Paläst- 



kämpfen in der Tat vor allem auf Schnelligkeit 
und Kraft ankommt. Als Patron der Leibes- 
übungen und Spiele hatte er den Beinamen äyco- 
viog oder ivaycöviog (z. B. Pind. Ol. VI 79; Pyth. 
II 10; Isthm. I 60. Schol. Nem. X 53. Simonid. 
bei Athen. XI 490 F. Aristoph. Plut. 1161. Hör. 
«arm. 1 10, 3. Ovid. Fast. V 667. CIG 251. 1421. 
4377. Kaibel Epigr. gr. 295. 948). Die Pa- 



sowohl als Vorbild für die Epheben und Paläst- 
riten wie auch insbesondere für die Berufsathleten 
und wurde demnach in zwei Grundtypen darge- 
stellt. Einerseits der bartlose jugendliche, als 
dessen Modell der palästrisch ausgebildete attische 
Ephebe vorgestellt werden kann, dem Athleten- 
ideal des 5. und 4. Jhdts. entsprechend, mit 
leichtem, schlanken Körperbau. Solche Statuen 
waren neben Hermes, Eros und den Dioskuren 



lästren und Gymnasien waren ihm heilig, galten 40 in den Gymnasien zu sehen; (vgl. z. B. Furt- 
ais seine Stiftungen und wurden nach ihm be- wängler bei Röscher I 2156—2160. 2179). 



nannt (so in Athen Paus. I 2, 4), und dort sowie 
an den Eingängen von Stadien standen auch 
seine Bilder, Altäre und Inschriften, die ihn ver- 
herrlichten (Paus. V 14, 9. VIII 32, 3. 39, 6. 
I 2, 5. 17, 2. Phil. Gymn. 16; vgl. auch Röscher 
Myth. Lex. I 2391)." Zu Tanagra erscheint er 
-als Ephebe im Kampfe an der Spitze der Epheben 
mit einer Striegel bewehrt (Paus. IX 22, 2). An 



Der zweite Typus, der sich in nachalexandrini scher 
Zeit entwickelte, zeigt den Habitus eines Berufs- 
athleten: gewaltige Gliedmaßen, kolossale Mus- 
kulatur, ein mächtiger Nacken bei verhältnismäßig 
kleinem Kopf und kurzer Hals. Diesen Typus 
repräsentiert am besten der sog. Herakles Farnese. 
Die Verehrung, die ihm die Athleten als Schutz- 
patron ihrer Zunft entgegenbrachten, zeigt sich, 



verschiedenen Orten wurden ihm zu Ehren Wett- 50 wie wir sahen, auch darin, daß man seine 



kämpfe von Knaben und Jünglingen veranstaltet 
("EQfiata, s. d.), so zu Pheneos in Arkadien, Pellene 
in Achaia. Kvdonia auf Kreta, zu Athen, Svra- 
kus und Teos (Paus. VIII 14, 10. Schol. Pind. 
Ol. VII 156. Aischin. Timarch. 10. Plat. Lys. 
206 D. 223 B samt Schol. Teophr. Char. 27. CIG 
3087). Hermes selbst zeichnete sich in einer 
Reihe von Kämpfen aus, so im Faustkampf. Lauf 
und Diskoswurf, und wurde auch als jugendlicher 



Leistungen nachzuahmen und zu erreichen suchte 
(devrsgog aq?' 'HgaxXEovg), ferner darin, daß sein 
Name in den Titel von Athletenvereinen auf- 
genommen wurde (ovvoöog $voxixi) zojvjisgi'Hga- 
xlm; vgl. Prell er Gr. Myth. HS 259ff.). 

Theseus ist ein Abbild des Herakles auch im 
Hinblick auf sein Verhältnis zur G. Das Muster 
eines attischen Epheben, ist er natürlich auch in 
alle Künste der Palästra eingeweiht und ver- 



Athlet mit dem Diskos oder der Striegel dar- 60 sinnbildlicht im Kampfe mit Unholden, wie 



gestellt (Korinna frg. IIB. Heracl. incredib. 9; 
Tgl. auch den Art. Herme s). Spätere Sagen- 
formen feiern ihn als Lehrer der G- (Luc. dial. 
deor. 26, 2) und als Vater (Phil. imag. II 32) 
oder Geliebten der Palaistra (Serv. Aen. VIII 138). 
Näheres darüber bei Krause Gymn. 169ff. 
Bo s eher. Hermes der Windgott 36ff. und Myth. 
Lex. I 2367f. Preller-Robert a. O. 4l5ff. 



übrigens auch Herakles oder z. B. auch Poly- 
deukes, den ersten Triumph kunstmäßigeT G. über 
rohe Gewalt. Der Gegensatz scheint allerdings 
nicht konsequent durchgeführt, da Plat. Leg. 
796 A auch den Antaios, Kerkyon, Epeios und 
Amykos als Erfinder von Kunstgriffen im Ringen 
und Faustkampf bezeichnet. Lides nach Paus. 
I 39, 3 war Theseus der Erfinder der Ringkunst 



zwo uymnasnK 

und hat den Kerkyon aocplq. niedergerungen; vgl. 
die Schale des Duris (Gerhard Auserl. Vasenb. 
JII 234. Baumeister Denkm. III 1789 und 
die übrigen von Klein Euphronios 71fr". zusammen- 
getragenen Darstellungen, ferner Wernicke 
Jahrb. VI 208ff.). Auch den Minotauros bekämpft 
Theseus zwar in älterer Zeit mit dem Schwert, 
später aber mit den Künsten der Pale und des 
Pankration (Baumeister III 1790f.). Es war 
eine naheliegende Pikanterie, ihn auch mit seinem 10 
dorischen Urbild Herakles im Kampfe zusammen- 
zustellen, der dann natürlich unentschieden blieb 
(Phot. bibl. cod. 190 p. 151 Bekk. Eustath. II. 
V 589, 40). Auch Theseus wurde in Gymnasien 
und Palästren durch Altäre und Standbilder geehrt, 
so z. B. zusammen mit Hermes und Herakles im 
Gymnasion zu Messene (Paus. IV 32, 11, und ihm zu 
Ehren wurden zu Athen gymnische Agone (Theseia) 
veranstaltet (Mommsen Feste d. St. Athen 278ff.). 

Von sonstigen Mythen, in denen die G. eine 20 
Rolle spielt, sind vor allem zu erwähnen meh- 
rere Episoden der Argonauten sage (vgl. Jessen 
o. Bd. II S. 743ff ). Zu Ehren des Thoas ver- 
anstaltete Iason auf Lemnos Kampfspiele, deren 
Preise in Gewändern bestanden (Belegstellen o. 
Bd. II S. 755). Philostr. Gymn. 3 läßt damals 
den Iason zum erstenmal fünf Übungen vereinigen 
und so das Pentathlon erfinden. Telamon wai- 
der beste im Diskoswurf, Lynkeus im Speerschuß, 
in Lauf und Sprung die Söhne des Boreas , Pe- 30 
leus überragte alle im Ringkampf und blieb da- 
durch auch Sieger im ganzen Pentathlon. Vor 
der Einfahrt in den Bosporos entwickelt sich 
zwischen Polydcukcs und dem Bebrykerfürsten 
Amykos der auf der Ficoronischen Cista so schön 
verewigte Faustkampf um die Quelle, der mit der 
Niederlage und Fesselung des Barbaren endigte 
(s. o. Bd. II S. 759f.). In Iolkos wurden nach 
dem Tode des Pelias die berühmten äßla Ixi 
üsUa gefeiert, die am amykläi sehen Thron und 40 
auf der Kypseloslade dargestellt waren. Herakles 
war Kampfrichter. Es gab Pferderennen, einen 
Faustkampf zwischen Admetos und Mopsos. Ringen 
zwischen Iason und Peleus oder nach dem ko- 
rinthischen Deinos, Berlin 1655 (Mon. d. Inst. X 
Taf. 4. 5), zwischen Peleus und Hippalkimos oder 
nach Apollod. III 9, 2 zwischen Peleus und Ata- 
lante, außerdem Diskoswurf und Wettlauf, worin 
Iphiklos siegte. Die Preise waren Dreifüße (vgl. 
Preller GrMvth. 113 338ff. Weizsäcker bei 50 
Röscher Myth. Lex. III 1859). Der Ringkampf 
zwischen Peleus und Atalante ist auch sonst, 
wenn auch ohne Bezug auf die Leichenspiele des 
Pelias auf sf. Vasen dargestellt (vgl. besonders 
Gerhard Auserl. Vas. 237. ferner 177), dann 
auf einem etru^ldschen Spiegel (Gerhard Etr. 
Spiegel Taf. 224). Im Ringkampf hat Peleus 
nach der älteren Sagenversion auch seine Ge- 
mahlin Thetis gewonnen (vgl. hierüber Bloch 
bei Röscher Myth. Lex. III 1834f.). Atalante er- 60 
scheint dann auch in anderem Zusammenhang als 
sportfrohe Jungfrau, nämlich im Wettlauf mit 
ihrem Freier Hippomenes oder Melanion, der sie 
durch die List der goldenen Liebesäpfel besiegt 
(E scher o. Bd. II S. 1894f.). 

V. Verhältnis zur Kunst. 

Für die griechische Kunst wurde die griechi- 
sche G. von grundlegender Bedeutung, und Fuit- 



wängler sagt mit Recht, daß erstere ohne letz- 
tere nicht denkbar sei. Die griechische Kunst 
steht von allem Anfang an unter dem Zeichen 
der G. und hat sich von diesem Einfluß nie 
ganz freigemacht. Dadurch unterscheidet sie sich 
auch von der des Orients. Während den Ägyp- 
tern, Babyloniern und Assyriern die G. in grie- 
chischem Sinne unbekannt war, und ihre Kunst, 
daher auch nicht den gymnastisch durchgebil- 
deten Körper kannte, übernimmt die griechische 
Kunst frühzeitig von der G. die völlige Nackt- 
heit und bildet das nackte athletische Ideal, ja 
auf dieses Ideal ist die griechische Kunst zu- 
nächst ganz gerichtet. Wir haben darin ein Haupt- 
merkmal derselben zu erkennen, durch das sie 
sich von der Kunst aller anderen Völker und 
Zeiten wesentlich unterscheidet. Ebenso wie die 
kunstgemäße G. der griechischen Kultur eigen- 
tümlich war, so ist auch das gymnastische Ideal 
der griechischen Kunst ausschließlich eigen und 
sonst nirgends anzutreffen. Seine Herrschaft ist. 
ein beredter Beweis dafür, welche Rolle die G, 
namentlich vom 6.-3. Jhdt. v. Chr. beim Volke 
spielte, denn nur unter ihrem Einfluß konnte 
der Zeitgeschmack, der sich in jener Erscheinung 
ausprägt, diese Richtung einschlagen. Ein Haupt- 
moment ist hiebei eben die völlige Nacktheit der 
Athleten bei den Übungen. Die vom Training 
herrlich durchgebildeten gesundheitstrotzenden 
Körper der turnenden Jugend zogen die Aufmerk- 
samkeit und Bewunderung der Zuschauer auf sich 
und bei den Wettkämpfen wird nicht bloß die 
Energie und Körperkraft, sondern auch die Schön- 
heit angestaunt. Tyrt. frg. 10 v. 29 schildert 
den Eindruck eines schönen Jünglings auf Männer 
und Frauen. Herod. V 47 erwähnt Philippos. 
aus Kroton, der in Olympia gesiegt hatte und 
als der schönste der Hellenen angesehen wurde. 
Wegen seiner Schönheit errichteten ihm die Be- 
wohner von Egesta ein Heroon. Auch Kallikrates 
war nach Herod. IX 22 seinerzeit der schönste 
der Hellenen. Die gleiche Bewunderung jugend- 
licher männlicher Schönheit spricht aus^ den zahl- 
reichen sog. Lieblingsinschriften der Vasenmaler 
des 5. Jhdts. (Klein Lieblingsinschr.2) und den 
übrigen Nachrichten über die Knabenliebe der 
Hellenen (vgl. Bethe Rh. Mus. LXII 438), die 
in ihren lasterhaften Auswüchsen die Palästren 
und Gymnasien entweihte, in ihrer edlen Form 
als ästhetisches Wohlgefallen an der Schönheit 
und im Sinne der platonischen Liebe im 5. und 
4. Jhdt. in Athen offenbar von hervorragender 
gesellschaftlicher Bedeutung war. Dieser Er- 
scheinung mußte also auch die Kunst und das 
Kunsthandwerk Rechnung tragen. Die Bestel- 
lung von Siege rstatuen mag den Anlaß zu dem 
bisher unerhörten Versuch gegeben haben, den 
Menschen völlig nackt zu bilden ; denn den Sieger 
so im Bilde festzuhalten, wie er den Sieg er- 
rungen, war naheliegend. Aber man ließ sich 
durch die Ehrfurcht vor den Göttern nicht ab- 
halten, auch sie völlig nackt darzustellen, ja bil- 
dete kämpfende Krieger, wie in den Äginagie- 
beln, entgegen der Wirklichkeit fast ganz nackt. 
Das läßt sich mir dadurch erklären, daß das 
nackte athletische Schönheitsideal, das unter dem 
Einfluß der G- geschaffen worden war, den Kunst- 
geschmack allmählich so souverän beherrschte, 



uryiuuasuit 



uymnastijf 



uuve 



daß es sich gegen alle Bedenken und unter allen Am besten bekannt ist uns die Auffassung der 
Umständen rücksichtslos durchsetzte. Die alte- argivischen Schule durch die Entdeckung des Do- 
sten Beispiele sind die sog. archaischen Apollon- ryphoros oder Kanon des Polykleitos (s. d.) und 
figuren(Deonna Apollonsarchaiques, Genf 1909), seines Diadumenos, welche beweisen, daß dort 
die allenthalben in Griechenland gefunden wur- etwas mehr die Körperkraft betont wurde, wän- 
den und unter denen sich gewiß manches Bildnis rend man zu Athen eher die Schlankheit und 
eines siegreichen Athleten befindet, wie die Be- Eleganz der Formen bevorzugte, zu der sich später 
Schreibung des Standbildes des Arrachion in Phi- auch der Sikyonier Lysippos bekannte. Trotz 
galia bei Paus. VIII 40, 1 beweist. In der Dar- dieser Verschiedenheiten einzelner Schulen und 
Stellung des menschlichen Körpers ist in engen 10 Künstler kann die Wiedergabe des männlichen 
Grenzen an einzelnen dieser Figuren ein gewisses Körpers in der Epoche des freien Stiles des 5. Jhdts. 
Schwanken der Proportionen zu beobachten. Bald bei Betrachtung aus größerer Distanz als einheit- 
«legante Schlankheit wie am Apollon von Tenea, lieh gelten. Das 4. Jhdt. und die Folgezeit hatte 
<ler die Körperentwicklung eines Läufers zu haben diesem Athletenideal nichts Wesentliches hinzu- 
scheint, bald Schwere und Gedrungenheit wie an zufügen, doch verleitet der damals einsetzende 
«iner Statue in Delphi (Gardner Handb. of gr. Realismus gelegentlich auch zur Darstellung einer 
seulpt Fig. 134), für die wohl ein Schwerathlet über das Ebenmaß hinausgehenden Körperfülle. 
Modell gestanden. Dazwischen aber eine lange wie sie den Berufsathleten eigen war. Ein Bei- 
Reihe von Figuren, die ein Mittelmaß repräsen- spiel bietet die auf das J. 336 v. Chr. datierte 
tieren. Und dieses entspricht auch dem damaligen 20 panathenaische Amphora des Britischen Museums 
Stand der Athletik in der eine Spezialisierung als (abgeb. Jüthner Ant. Turng. 83. Gardiner 
Selbstzweck erst allmählich Eingang fand und eine Athlet, spoits 407) oder der Herakles Farnese. 
harmonische Durchbildung des Körpers , wie sie In der römischen Kaiserzeit griff man erst recht 
insbesondere beim Pentathlos selbstverständlich auf die großen Vorbilder des 5. Jhdts. zurück 
war, noch als Eegel gelten konnte. Nur die Läufer und bildete auch die römischen Imperatoren und 
werden bereits eine Ausnahme gebildet haben. ihre Angehörigen in der herkömmlichen athleti- 
Dieses Ebenmaß ist in hohem Grade, aber bereits sehen Idealform ab. Die Ausschließlichkeit der 
in konventioneller Einförmigkeit, z. B. an den Herrschaft dieses männlichen Ideals geht ferner 
Giebelfiguren von Ägina zu beobachten, und es daraus hervor, daß es in deT ersten Zeit auch die 
ist kein Zufall, daß diese Insel durch ihre Ath- 30 Bildung der weiblichen Gestalt beeinflußte und 
leten berühmt war. die, den vornehmen aristo- sich assimilierte. Die ältesten Frauenfiguren er- 
kratischen Kreisen angehörig, von Pindar und scheinen schlank, mit schmalen Hüften, breiter 
Bakchylides in den Siegesliedern verherrlicht wur- kraftvoller Brust und straffer Muskulatur. Erst 
den. Die Spezialität, in welcher ein Athlet ge- gegen Ende des 5. Jhdts. kommen spezifisch weib- 
siegt hatte, wurde daher nicht durch die körper- liehe Züge auf. und erst das 4. Jhdt. bildet ein 
liehe Differenzierung am Siegerbilde, sondern durch eigentliches weibliches Ideal. Ganz ähnlich ver- 
Attribute angedeutet; z, B. durch solche des fährt man bei der Darstellung von Kindern, die 
Waffenlaufes (Paus. VI 10, 4), einen Diskos (Di- zwar einen entsprechend kleinen, aber im wesent- 
skobol des Myron, Diskosträger im Vatikan HeU liehen athletisch durchgebildeten Körper erhalten, 
big Führer 2 338), einen Speer (Dorvphoros des 40 Aber nicht bloß die Bildnerei, sondern auch 
Polyklet), Halteren (Paus. V 26, 3. 27, 12. VI die Kleinkunst hat die Herrschaft des athletischen 
3, 10) oder Faustriemen (Schol. Find. Ol. VII Ideals verspürt, vor allem die Vasenmalerei. Ath- 
1), auch durch die Stellung des Körpers und der letische Darstellungen treten frühzeitig auf. An- 
Arme (Paus. VI 10, 3 axia^iayovrtog ök 6 äv- fangs hängt- dies wohl mit dem Totenkult zu- 
ÖQias xagfyerai oyjifia). Dieses natürliche Eben- sammen, bei welchem Leichenspiele, wie wir 
maß der lebenden Modelle, die den Künstlern wissen, von besonderer Bedeutung waren und auch 
auf den Sportplätzen zur Verfügung standen, hat für die Grabvasen den Stoff lieferten. Die my- 
sie in ihrem Streben nach idealer Auffassung der thischen Kämpfe (s. o.j, namentlich des Herakles, 
menschlichen Gestalt gewiß unterstützt; denn kommen hinzu, den Hauptanstoß aber gab doch 
was sonst an schönen Motiven einzeln mühsam 50 die allmähliche Verbreitung des gymnastischen 
hätte zusammengesucht werden müssen, das fan- Sportes. Das Eindringen des athletischen Ideals 
den sie in manchen durch die G. zur Vollkom- kann man nun auch auf den Vasenbildern deutlich 
menheit entfalteten Körpern von Natur glücklich beobachten. Die ältesten sf. Tongefäße zeigen 
vereint und ohne weiteres für künstlerische Nach- jenen Typus bärtiger Athleten mit ansehnlicher 
ahmung geeignet. Doch hätte es bei dem emi- Körperfülle und stark entwickelter Muskulatur, 
nenten künstlerischen Vermögen der Griechen die uns bestimmte, die ersten Anfänge der Be 
dieses günstigen Umstandes gar nicht bedurft. rufsathletik bis in jene Zeit hinauf zu verlegen. 
Denn während die orientalische Kunst bei der Diese Gestalten verschwinden schon auf den jün- 
Darstellung eines kräftigen Körpers gern zu Über- geren sf. Vasen und machen hier und nament- 
treibungen neigt-, ist der Kunst der klassischen 60 lieh in der rf. Malerei dem idealen Ebenmaß des 
Epoche der Griechen derartiges fremd, da sie athletisch durchgebildeten Epheben Platz, das von 
nicht nur nach Darstellung von Kraft, sondern nun an in konventioneller Einförmigkeit auf jeden 
auch von Schönheit strebt. Die Schönheit aber Körper angewendet wird, so daß die dargestellten 
beruht im Ebenmaß. Athleten wie Brüder oder Angehörige einer großen 
Die richtigen Proportionen des menschlichen Familie anmuten. Das Wunderbare aber ist, daß 
J^fPff 8 Juden denn ein Problem, das sich jeder diese stetige Wiederholung und Variierung des 
bedeutendere Künstler stellt, das aber in den ver- gleichen Typus in der Groß- und Kleinkunst 
«chiedenen Schulen eine verschiedene Lösung findet. keineswegs ermüdend wirkte. Ebenso wie er bei 



avn uymnasnK 

kriechen und Römern Jahrhunderte hindurch den 
Kunstgeschmack beherrschte, so werden auch wir 
nicht müde, an dem Statuenreichtum unserer Mu- 
seen die Modellierkunst der Alten zu bewundern. 
,Diese griechischen Männergestalten sind eben 
■die herrlichsten Menschen, die die Kunst aller 
Zeiten geschaffen hat.' Über die Beziehungen der 
Cr. zur Kunst vgl. Waldstein The influence of 
athlet. games upon gr. art, Friday 1883. Lange 



irymnastiK 



5507« 



Taf. 4. Gerhard Trinksch. u. Gef. Tal XIII 
6). Auch konnte dabei einer dem andern helfen 
(Luc. Anach. 1. Die sog. Petersche Bronzecista 
im Mus. Greg. (B) I Taf XXXVII 1, wovon das 
betreffende Detail auch bei Schreiber Bilderati. 
I Taf. XXIII 9. Erotensarkophag Müller-Wie- 
soler IJ, LH 653a). Knaben besorgen das Ge- 
schäft an einem siegreichen Faustkämpfer, ver- 
kannt von Dütschke Ant. Bildw. II nr. 177. 



Darstellung d. Menschen in d. alt. griech. Kunst. 10 Die Berufsathleten jedoch, die sich einem regel- 
Straßburg 1899. Furtwängler Die Bedeutung rechten Training unterzogen, ließen das Einreiben 



der Gymnastik u. d. griech. Kunst. Monatsschr. 
,Der Säemann' 1905. Gardiner Athlet, sports 
86ff. 

VI. Die Übungen. 

Vorbereitung. Vorgenommen wurden die 

gymnastischen Übungen in der Palästra und dem 

Gymnasion, und zwar unter der Aufsicht von 

Trainern, welche Paidotriben, Gymnasien und 



und Massieren unter Anwendung großer Sorg- 
falt von einem geschulten Gymnasten oder Aleipten 
vornehmen, welch letzterer von diesem Geschäft 
ja auch den Namen hat (vgl. auch Üaio^iattjg 
Aeg. Pap. Berl. II n. 576). 

Als Zweck der Einölung wird von Lukian an- 
gegeben, der Körper solle elastischer (svrovtoTe- 
qov) und dann auch glatt und schlüpfrig gemacht 



Aleipten hießen (s. die betr. Artikel). Ihre Auf- 20 werden , um das Zupacken beim Eingen zu er- 



gäbe war es, nicht nur die turnerische, sondern 
auch die hygienische Seite des Training zu leiten, 
und dazu gehörte, abgesehen von deT Regelung 
der Diät, insbesondere die Salbung, die vor und 
nach dem Turnen vorgenommen wurde (äfel<p£iv, 
auch gt]ga/.oiipeTv , Jüthner Phil. Gymn. 308 
— 311). Bei Homer noch unbekannt wurde die 
Einreibung mit öl nach Thuc. I 6, 5 zuerst von 
den Lakedaimoniern eingeführt, und nach Phil. 



schweren (Anach. 24 u. 28), doch ist damit die 
Wirkung gewiß nicht erschöpft, sie ist vielmehr 
vor allem eine hygienische und wird von der spä- 
teren Medizin mit der feucht -warmen Qualität 
des Öles erklärt. Sehr genau wurden die ver- 
schiedenen Arten der Massage auf ihre Wirkung 
hin unterschieden (vgl. o. Bd. I S. 1360 und Art. 
Tgifftg). Schon Hippocr. de offic. medici 17 (III 
322 L.) ( wozu Galens Kommentar I 26 (XVHl 2. 



Gymn. 43 verwendete man hierzu in der guten 30 871ff. K.) zu vergleichen ist, lehrte, daß die harte 



alten Zeit Öl vom wilden Ölbaum {noxtvov te 
(xai) (pvkia<; £%qiöv avTovg Kttia). Später war 
jedoch feines Olivenöl im Gebrauche und bildete 
die Hauptausgabe bei der Erhaltung der Gym- 
nasien. Erst in der Kaiserzeit kam man auf den 
Gedanken, das öl mit Wachs zu verdichten und 
so eine Art Salbe herzustellen (xiJQa>fj.a. xtjqs- 
Zatov Plut. quaest. conv. II 4. Gal. VI 445. XIII 
lOOöf. Oribas. II 57. Sen. ep. 57, 1. Plin. n. h. 



Massage den Körper binde, die weiche löse, die 
reichliche mager mache, die mäßige befleische. 
Andere haben das noch weiter ausgeführt. Von 
Galen werden wir über die Arten, die Durchfüh- 
rung und Anwendung sowie über die Wirkungen 
der TQtyng im 2. und 3. Buch seiner Hygiene 
ausführlich unterrichtet und er zeigt insbesondere, 
in welch enger Verbindung sie mit der G. steht. 
Ja als passive Bewegung zählt er sie sogar zu 



XXVIII 51. Mart. IV 19, 5. luven. III 68. VI 40 den Leibesübungen. Die Einreibung, die dem 
246). Die Einölung hatte namentlich beim Ringen Turnen vorangeht, nennt er die vorbereitende 

miil PflnVvatirvn m'nfvn Vipsrmrlivi'iin Sinn (\ ai<* ATia^li (-ms*r.*w„„*.r,^.j;\ Aia iif/il^l-,« ;l.™ f^l^i- Az„ U.VH,. ri 



und Pankration einen besonderen Sinn (Luc. Anach. 
1), scheint aber nach Ausweis der schriftlichen 
und monumentalen Überlieferung bei allen Übungen 
ohne Unterschied angewendet worden zu sein. 
Die gleich zu erwähnende Petersche Cista be- 
weist es für den Faustkampf, der Atalantekrater 
Mus, ital. II Taf. 2 a. Theoer. XVIII 22fl*. Epict, 
III 23, 2. Stet. Theb. VI 576 (vgl. dagegen Plut. 



(xaoaoxEvaoTiKri), die, welche ihm folgt, die Schluß- 
pflege (ajio$£QQ.jieia, s. u.). In der Kaiserzeit wur- 
den aber die Methoden überaus fein differenziert 
und die Wirkungen der einzelnen Arten der Mas- 
sage genau beobachtet; vgl. Gal. VI 96S., der 
dort ein Zitat aus der G. des Gvmnasten Theon 
wörtlich anführt (Jüthner Phil. Gymn. 19ff>. 
Nach der Qualität unterschied man harte, weiche 



quaest. conv. II 4) für den Lauf, die rf. Schale 50 und gemäßigte Massage, die quantitativ in ver- 
in Bologna Giardini 29 für den Speerwurf Ovid. schiedenen Graden verabreicht wurde. Durch 
met. X 176 für den Diskos wurf. Die Epheben Kombination ergaben sich dem Theon sechs, dem 



haben sich sogar beim Tragen des Stieres ge- 
salbt: Strab. XIV 2. Und so verkündete denn 
nach Schluß der olympischen Spiele der Herold 
ausdrücklich die Einstellung der Salbung: Phil. 
Gymn. 7. 

Nachdem sich der Athlet vollkommen ent- 
kleidet hatte, holte er sein Öltiäschchen {kr}xi<- 



Galen, der auch bei der Quantität eine Mittel- 
stufe annimmt, sogar neun Unterarten, die auf 
das genaueste beschrieben und nach ihren Wir- 
kungen und Anwendungen unterschieden wurden. 
Manche Gymnasten ließen sich hier Übertrei- 
bungen zuschulden kommen, die wiedernm das 
Mißfallen Galens erregen : Es sei ein Zeichen von 



&ior\ hervor, das zu Hause oder in einem be- 60 Unkenntnis, zu meinen, ,daß die Einreibung der 

«ATlllAmn "R-inyn Aay Indult /.-. .llr* K _4- J J 1 -. _ f\ .. . .1. .!•..•■ 11- 1 



sonderen Raum der Anstalt (s. die Art. 'AXetx- 
TTjQtov und Elaeothesium) gefüllt wurde, und 
indem er daraus das öl über seinen Körper in 
die andere Hand träufelte, rieb er dasselbe am 
ganzen Körper ein (vgl. z. B. den Salber in Mün- 
chen 165 = Friederichs-Wolters Gypsabg. 
462 und ähnliche Statuen wie in Dresden 38 und 
sonst, ferner Vasenbilder wie Arch. Ztg. 1879 



Quere nach, die einige auch die runde nennen 
den Körper verhärtet, verdichtet, schnürt und 
zusammenzieht, in gerader Richtung aber ver- 
dünnt, lockert, erweicht und löst*. Durch den 
Mangel an logischer Einsicht gelangen die meisten 
Gymnasten dazu soviele Unterschiede der Ein- 
reibung anzunehmen, daß man sie nicht mehr 
recht zählen kann. Sie unterscheiden solche, die 



UU7^ 



Uymnastik 



Gymnastik 



2080 



unter freiem Himmel, unter Dach oder im Halb- 
schatten vorgenommen werden, ferner an einem 
windigen oder windstillen, einem warmen oder 
kalten Ort, in der Sonne, im Bade, vor dem Bade 
oder in der Ringschule, kurz man verliert sich in 
subtile und unfruchtbare Differenzierungen (Galen. 
VI 93ff.), Die Wirkungen der Massage richten 
sich nach ihrer Eigenart. Sie kann sein erwärmend, 
Fleisch mehrend oder mindernd, entfettend usw. 



und schwer zu packen sind (vgL Jüthner Phil. 
Gymn. 297). 

Nach den Übungen war der Körper der Ath- 
leten mit einer Schichte von öl, Schweiß, Staub 
und Lehm bedeckt, die nunmehr entfernt werden 
mußte. Das geschah mittelst der Striegel (ozXey- 
yk, gvcTQa, strigüis, s, d.), die ein sichelförmig 
gekrümmter, mit einem Stil versehener Löffel 
war (beschrieben Apul. Flor. X 13), gewöhnlich 



Über die Verwendung des Öles in der G. haben 10 aus Erz oder Eisen, gelegentlich auch aus an- 



int allgemeinen gehandelt Krause Gymn. 230ff. 
360ff. 4061L Grasberger Erz. u. Unt I 341ff. 
Petersen Gymnas. d. Griech. 13. 41f. Küppers 
Apoxyomenos. Besnier beiDaremberg-Saglio 
IV 168. Jüthner Phil. Gymn. s. Sachregister. 
Neben dem öl spielt auch der Sand oder Staub 
(xovig) als hygienisches Mittel eine Rolle. Ein 
Hauptraum der Palästra, der eigentliche Ringplatz, 
war nach ihm benannt {xovlorga, y.ovi<yr^giov t auch 



derem Material. Da sie auch im Bade verwendet 
wurde, also ein Gerät des täglichen Lebens war, 
finden wir sie nicht bloß auf zahlreichen Dar- 
stellungen , insbesondere Vasenbildern , sondern 
es sind auch viele Exemplare aus dem Altertum 
erhalten (Mus. etr. I 65. 2. 67, 2. Mus. Borh. 
VII 16. Schreiber Bilderatl. XXI 5. Bau- 
meister Denkin. I 244). Auf Vasenbüdern oft 



mit Salbgefäß und Schwamm als Badegerät, 
xoPiOfta: Dittenberger Syll. 2 II 506), weil er 20 z. B. Gerhard Ant. Bild w. 67. 1, 2; vgl. Krause 
ganz mit tiefem Sand bedeckt war, in welchem Gymn. 6271 932. Becker-Göll Charikles III 
sich die Eingenden wälzten, sich auch bewarfen 110. Guhl-Koner« 367f. Kei nach Bull. hell. 



und so ihre gesalbten Leiber über und über be- 
staubten: Sen. ep. 58 a ceromate nos apfw (d. h. 
fxpij, s. d.) excepit (Petersen Gymnas. 39, 11. 
Buesgen Gymnasii Vitruv. palaestra llff. Fou- 
geres bei Daremberg-Saglio II 1688). Der 
Sand wurde, wie es scheint, in Körben (hövsws 
ojtvgk Pol! X 64) aufbewahrt oder herbeigeschafft. 



X 296ff. Hartwig Jahresh. IV 15Iff.). Ausge- 
führt wird die Prozedur der Reinigung (äsiogv- 
siv, auiöczlsyyl&tv Luc. orat. praec. 17) gewöhn- 
lich von dem Athleten selbst, wie man dies an 
dem Apoxyomeiios des Lysipp (Heibig Führer 2 
I 32), an der Bronze von Ephesos (Benndorf 
Forsch, in Eph. I Taf. VI. VII), an einem at- 



Wenigstens findet sich ein solcher Sandkorb z. B. 30 tischen Relief (Ann. d. Inst. 1862 T. d'agg. M. 



auf panathenäischen Amphoren wie München 449, 
auf späten Sarkophagen (vgl. Heibig Führer 2 
654. 859 und Müller-Wieseler II, LH 653 b), 
auch auf einem pompeianischen Wandgemälde (vgl. 
Jahrb. 1889, 135). Die Bestaubung des Körpers 
wurde auch unabhängig vom Ringen als hygieni- 
sches Mittel angewendet. Vom Standpunkt der 
Elementenlehre und in seinen Wirkungen gilt der 
Staub so ziemlich als das Gegenteil vom Öl. Er 



Furtwängler Bedeut d. Gymn. 11) und an 
einer Reihe von Vasenbildern beobachten kann 
(besonders instruktiv für den ganzen Vorgang bis 
zur Reinigung mit Wasser Gerhard Auserl. 
Vas. IV 277, ferner Ann. d. Inst. 1856 Taf. XX. 
ArcJi.-epigr. Mitt. V Taf. 4. Rom. Mitt. III 199. 
Müller- Wieseler I, LVIII 320; vgl. auch Hart- 
w i g Jahresh. IV IM ff. VI 19ff..). Doch gehörte das 
Schaben auch zu den Geschäften des Gymnasten 



ist seiner Natur nach trocken und kalt und dient 40 (Phil. Gymn. 18). Der so vom Körper abge- 



daher gegen Hitze und Feuchtigkeit (Ps.-Hippocr. 
sc. diah. II 64 [VI 580 L.]. 65 [582]. Gal. VI 
162. 316. 367). Nach Lukian. Anach. 29 ver- 
mindert er die Schlüpfrigkeit der Glieder und 
indem er den Schweiß zurückhält, bewahrt er 
die Kräfte und schützt vot Verkühlung bei Luft- 
zug, befördert auch die Reinhaltung des Körpers 
(vgl. auch Phil. Gymn. 42 und Krause Gymn. 
233L Hermann-Blümner Privatalt. 350), 



kratzte Schmutz (ozXf.yyiafia J strigmentum) war 
nicht bloß ein Leckerbissen für die in die Pa- 
lästra mitgebrachten Hunde (Hartwig Meistersch. 
Taf. LXII 3; Berliner Hydria 2178). sondern 
wurde auch als Arzneimittel verwendet (Plin. 
n. h. XXVIII 50). 

War der Schmutz im Groben entfernt, so ging 
es auch an die Reinigung mit Wasser, die ur- 
sprünglich an einem Waschhecken (Schreiber 



Daß mit der allmähligen Verfeinerung der Dia- 50 XXIII 3. Hartwig Meistersch. Taf. LXVII 



tetik der feine Staub aus Ägypten herbeigeholt 
wurde , ist schon oben bemerkt worden, ja nicht 
genug daran , man machte auch genaue pharma- 
kologische Unterschiede zwischen den verschie- 
denen Sorten von Staub (Phil. Gymn. 56 und dazu 
den Kommentar von Jüthner. Gal. VI S28f.). 
Ähnlich wie der Staub wurde auch der Schlamm 
hygienisch verwertet, in welchem eine besondere 
Art des Ringens vorgenommen wurde (Luc. 



S, 258. Pottier pL 91. Gaz arch. 1887, 111. 
'EffW. ägz. 1890 Taf. 2. Bull. com. XLT Taf. 23) 
oder an einem Brunnen vorgenommen wurde 
(Schreiber XXI 9). Später gab es im Gym- 
nasien (s. d.) ausgedehnte, mit allem Komfort 
ausgestattete Badeanlagen. Zu einem kompli- 
zierten Vorgang hat die spätere kunstmäßige G. 
diese Behandlung nach den Leibesübungen aus- 
gebildet (dxo&eQansia), ja dieser Art der Erholung 



Anach. 8. Phil. Gymn. 53 ; vgl. auch Plut. quaest. 60 in dem oben behandelten Tetradenzyklus einen 



conv. II 4. Gal. Thrasyb. 37. Phil. Gymn. 16). 
Die für dieses Wälzringen bestimmte Schlamm- 
tenne befand sich offenbar in einem gedeckten 
Raum (Luk. Anach. 2. 16). Die diätetische Wir- 
kung des Schlammes lag in der Feuchtigkeit. Einen 
praktischen Vorzug erblickt Lukian (Anach. 28) 
darin, daß die sich in demselben wälzenden mit 
öl und Schweiß bedeckten Körper aalglatt werden 



eigenen Tag (äreot; Phil. Gymn. 47) zugewiesen, 
an welchem hauptächlich Massage und leichte 
Leibesübungen, dann Bäder verordnet waren. Der 
äno&eQcuteia hat Galen das zweite Kapitel des 
dritten Buches seiner Hygiene gewidmet Sie 
besteht nach ihm vornehmlich aas leichter Mas- 
sage und Anhalten des Atems (s. u.), dann ans 
mäßiger Bewegung (197) und wannen Badern (202. 



2081 



Gymnastik 



Gymnastik 



2082 



226). Nach seiner Ansicht ist auch inmitten der 
schweren Übungen, nicht bloß als Abschluß, diese 
Behandlung anzuraten (180). Ihr Zweck ist, die 
Erschlaffung (xosiog) hintanzuhalten , bezw. zu 
kurieren (vgl. auch Oribas. VI 16, 2ff.). 

Aus dem Gesagten ist zu ersehen, daß das 
Einölen und Massieren des Körpers während der 
ganzen Entwicklung der G. in historischer Zeit 
einen der wichtigsten Behelfe des Training bil- 
dete. Dies geht schon daraus hervor , daß die 10 
Bezeichnung alsl<pa> allmählich die Bedeutung 
.gymnastisch ausbilden, trainieren' erhielt (Schol. 
Pind. Ol. VIII 77 p. 199ff. Boeckh. Schol. Pind. 
Nein. IV 155) 'AXet<pof.tat aber ist soviel wie 
,sich dem Training widmen, turnen', daher älei- 
fpöfizvoi die trainierenden Epheben oder Athleten 
(IG II 467. III 739. Dittenberger Syll. 2 681, 
20; OGI 339, 73. 85. 764, 5. Hcsych. s. xalwotga). 
Kraftübungen. Es ist bereits oben er- 
wähnt worden, daß der Begriff G. von manchen, 20 
z. B. Piaton oder Galen, nicht auf Übungen der 
Palästra beschränkt, sondern in weiterem Sinne 
aufgefaßt wurde. Besonders ausführlich hat sich 
letzterer darüber geäußert in seiner Hygiene VI 
133ff. Danach gibt es eigentliche Leibesübungen 
(yvfivdaia fiövov) und Verrichtungen, die "als 
Leibesübungen Verwendung finden können (ov 
yvfivdata fiovov, alla xai ßgya, auch novoi, Ar- 
beiten, genannt VI 85f.). Über letztere, zu denen 
er z. B. Graben, Rudern, Ackern, Lastentragen, 30 
Reiten, Fechten, Marschieren, alle Handwerker- 
arbeiten und andere Verrichtungen zählt, ist hier 
natürlich nicht zu handeln, über das Ballspiel 
sowie sonstige gymnische und Jugendspiele vgl. 
den Artikel Spiel (Krause Gymn. 290—333. 
Grasberger I 1. Abt). Hier interessieren uns 
nur die eigentlichen Leibesübungen. Bei ihrer Auf- 
zählung werden neben den agonistischen Übungen 
im engeren Sinn, auf die wir im folgenden zu 
sprechen kommen, auch solche genannt, die man 40 
schlechthin als Kraftübungen mit und ohne Turn- 
geräte bezeichnen kann, wie solche auch heutzu- 
tage in den Turnschulen vorgenommen werden. 
Die wichtigsten von ihnen , wie sie von Galen 
a. O. und einzelnen anderen Schriftstellern er- 
wähnt werden, sollen im folgenden zur Sprache 
kommen. 

Die Ausführung von Kraftproben und Bravour- 
stücken ist uralt, und die meisten derartigen 
Anekdoten werden von Milon von Kroton erzählt 50 
(Förster Ol. Sieger 122. Gal. VI 141). Vom 
Heben und Stemmen gewaltiger Steinblöcke war 
oben die Rede. Jene Übungen der Muskeln und 
Gelenke aber, die einerseits als Vorschule für die 
agonistische G., anderseits als hygienische Mittel 
dienen können, haben in der Palästra erst mit 
der Ausbildung der kunstmäßigen Athletik ihren 
Einzug gehalten, zum Teil sind sie wohl erst von 
späteren Ärzten erfunden worden. Wir wollen 
sie in zwei Gruppen besprechen, je nachdem hie- 60 
bei Geräte zur Verwendung kommen oder nicht, 
und letztere zuerst ins Auge fassen. 

Hierher gehören zunächst jene Geh- und 
Laufübungen, die GaL VI 144 xiruh'Cetv und 
hcTileOgiCeiv nennt. Beim ersteren ging man auf 
den Fußspitzen einher und bewegte rasch die ge- 
streckten Arme, den einen vorwärts, den andern 
rückwärts. Letzteres war ein Vor- und ßück- 

Panly-Wissowa-Xroll VII 



laufen innerhalb eines Plethron auf immer kür- 
zerer Strecke, bis man in der Mitte stehen blieb 
<jgl. auch Oribas. VI 14, 6, dazu Daremberg 
in der Ausgabe I 655. Krause Gymn. 373. 
511). Von dem Verfasser der Schrift jisqI <W- 
jrjq 63 wird auch ein nichtgymnischer Lauf in 
den Kleidern {ol ev tqj i/mtitp öq6(ioi) erwähnt. 
Auch Springen nach vorn und rückwärts und 
abwechselndes Heben der Füße kommt vor (Ori- 
bas. VI 14, 9). 

Eine Reihe von Übungen diente zur Kräftigung 
der Hände. So die yuqovofxia (s. d.), auch n. 
diatr. 64 erwähnt, eine Vorübung für den Faust- 
kampf, oft gleichgesetzt der oma/na/Ja, dem 
Seheinkampf, einer Art Faustkampf ohne Gegner, 
Avobei die Hiebe und Stöße in die Luft geführt 
wurden. Dazu kommt dann die äxg^xeig/a oder 
der äxeoxeiQiopos , zu dem allerdings schon ein 
Gegner nötig war, ^ gegen den man die Hände ge- 
brauchte, ohne es jedoch zu einer Umschlingung 
kommen zu lassen; vgl. Reisch o. Bd. I S. 1197f. 
Gardiner Journ. hell. Stud. XXVI 13f. Weitere 
Handübungen, die in zz. ötalt. 64 erwähnt wer- 
den, sind nagaasio^ma wohl eine Art Schlenkern 
der Arme als Vorübung für den raschen Lauf 
über ein Stadion, mit dem es in der Wirkung 
verglichen wird, ferner die dvaxtvfaaza und 
dvaxovqpiGfiaia, wohl einfache Handbewegungen, 
wie auch bei Oribas. VI 14, 9 xal fihv ötj xal 
dm tüjv yeigäiv iaztv 6£v yvfivdatcv Öpoicp zqotzco 
yvfivdaaobai, x^ek tov xaxixuv alzrjgag sm- 
OTzsvdovza zag xtvrjöeig avziov eis jivxvoTTjtd re 
äfia xal rdxog, el'ts tivI; z&ikoi zig, shs ^cogtj 
sivyftfjg ärazsirstv dxXiog. 

Zur Kräftigung der Rumpfmuskeln diente das 
Rumpfbeugen (Gal. VI 146. Oribas. VI 14, 14), 
der Brustkorb aber wurde durch Lungen-G. ge- 
stärkt, die beim hygienischen Turnen von großer 
Wichtigkeit gewesen zu sein scheint. Die Übung 
bestand teils in starkem Atemholen, auch Singen 
(Gal. VI 146), teils im Anhalten des Atems, was 
später als Bestandteil der Apotherapie oder Er- 
holungsübung angewendet wird (nr. Utah. 64. Gal. 
IV 461. VI 17Öff. Vn 940. Oribas. VI 16, lOff. ; vgl. 
die Oribasiusausgabe von Daremberg I S. 655 
und Daremberg-Saglio II 2, 1700). Andere 
Kraftübungen, die man überall ohne besondere 
Vorbereitung ausführen kann, gibt Galen VI 141 
an: einer umfaßt den anderen in der Mitte und 
verschränkt die Finger, und dieser soll sich dann 
befreien; oder man schleppt einen, den man an 
den Weichen umschlungen hat und der nach vorne 
überhängt und eventuell noch den Oberkörper 
auf und ab bewegt; oder man sucht sich Brust an 
Brust zurückzustoßen oder am Nacken zu packen 
und herabzuziehen. 

Das Geräteturnen, dem wir uns nun zuwenden 
wollen, scheint im Altertum nicht so ungewöhn- 
lich gewesen zu sein, als man ans dem Schweigen 
unserer Handbücher schließen könnte. Hinzuzu- 
rechnen ist vor allem eine Arbeitsleistung, die 
von jeher in der Palästra notwendig war, näm- 
lich das Graben (axdxxetv) zum Lockern des Bo- 
dens der Ringschule und zur Herstellung des 
oxäfxfxa (s. d.). Das Instrument war eine große 
Spitzhacke (axajtdvi}, axcupeTor, dixeXAa), die aul 
Vasen mit Palästradarstellungen in der Hand der 
Palästriten oder in den Boden eingehackt über- 

66 



2VÖÖ 



uymnasiiK 



uymnastiK 



au»4 



aus häufig- abgebildet ist: ersteres Gaz. arch. 1887, 
112f„ Innenbild der Münchner Schale 1160; letz- 
teres z. B. auf der bekannten Münchner Palästra- 
schale. Daß das Graben als Leibesübung galt, 
beweist Flut, an seni resp. ger. 18 und Galen an 
der angeführten HauptsteÜe, besonders auch Schol. 
Theoer. IV 10 oi yixe yvfivaozai xovxoig 8%Qoi>vxo 
vtzeq yvpivaoias tfj oxajtdvji oxa,7ixovtES xai xa 
ävco fJ,eQr} ävagQcavvvTss ; Ygl. Athen. XII 518 D. 

Von besonderer Wichtigkeit als Kraftübung 10 
war, wie auch heutzutage, das Hantelturnen (äXxtj- 
QoßoXla, 3. d.). Von den Ärzten der Kaiserzeit 
angelegentlichst empfohlen, bestand sie in der 
Bewegung der mit den Halteren (s. d.) belasteten 
Anne oder, wenn das Gerät vom Boden aufgehoben 
wurde, auch im Beugen des. Rumpfes. Bei den 
Schriftstellern findet sich häufige Erwähnung: 
Gal. VI 141. 147. Antyll. bei Oribas. VI 34. 
Aretaios morb. diut. I 2 (XXIV 299 K.). Epict. 

I 4, 13. Plut. a. 0. Luk. Lexiph. 5 6 ds poXvß- 20 
daivag ysQfjtadiovg dgaydr^v sjcov i%et(wß6X£L Arte- 
mid. I 55. Themist. orat. XXIII 291 B. Mart. 7, 67. 
14, 49. luv. 6, 421. Sen. ep. II 3, 4 u. s. Die 
Sache muß aber bedeutend älter sein, da man auf 
Vasenbildern des 5, Jhdts. Athleten mit Halteren 

in vorgeneigter Stellung abgebildet findet, die kein 
Sprungschema vorstellen kann, sondern nur als 
Hantelübung Sinn hat: Krause Gymn. 395ff. Taf. 
IX b 25 d u. XVI. Hartwig Meistersch. LXX 
3b. Jüthner Ant. Turng. 16f. Fig. 16, wo auch 30 
ausführlicher darüber gehandelt ist. S. dagegen 
Gardiner Athlet. Sports 304. 

Ein weiteres zur Kräftigung der Arme die- 
nendes Gerät war der Korykos (s. d.), ein läng- 
licher, mit einer körnigen Substanz (Sand, Korn, 
Mehl, Feigen) gefüllter schlauchartiger Ledersack, 
der an einem Seil so aufgehängt war, daß er 
einen Gegner im Faustkampf oder Pankration 
markieren konnte, gegen den man stoßend und 
drängend vorging. Für ersteren Zweck war ein 40 
kleinerer, für letzteren ein größerer und schwererer 
bestimmt. Im Gymnasion diente hiezu ein eigener 
Raum, das xcoqvxeiov (s. d.). Eine ähnliche Vor- 
richtung wird auch heute noch von den Faust- 
kämpfern benützt. Erwähnt wird diese Übung 
{xcüQvxofmxia oder xojQvxoßoXla) in der Schrift 
Tz. Ötah 64. Pkt. Leg. VIII 830 B. Phil. Gymn. 
57. Besonders ausführlich Antyll. bei Oribas. 
VI 33. Dann auch Plaut. Rud. 721. Hesych. s. v. 
Darstellungen sind selten. Ein sich übender Faust- 50 
kämpfer auf der Ficoronischen Cista Wien. Vorl. 
1889 Taf. 12 (Schreiber Büderatl. XXIV 7) 
und ebd. die Karikatur Ann. d. Inst. 1870 tav. 
d'agg. R = Reinach Rep. I 324. Vgl. Krause 
Gymn. 104. 313f. Petersen Gymnas. 12 und 
37, 10. Daremberg-Saglio Dictionn. I 1541; 

II 1688. Jüthner Phil. Gymn. 305f. 

Daß man schließlich später auch noch andere 
Geräte wie das Seil oder Reck kannte, beweist 
Galen VI 140, der das Seilklettern (dvagQi/axai 60 
öia ajroivtov xaftasieg sv xa/.aiatQq yvfiväZovoi 
tovq naZ&ag) sowie das Hängen am Seil oder Reck 
erwähnt. 

Agonistische Übungen, d. h. solche, die 
nicht bloß zur Kräftigung in der Palästra vor- 
genommen, sondern auch in ernstem Wettbewerbe 
bei den öffentlichen Kampfspielen vorgeführt 
worden. Da Über die einzelnen Arten die aus- 



führlichen Spezialartikel Auskunft geben, genügt 
hier ein orientierender Überblick, und im Übrigen 
wird auf jene Artikel und auf die am Schlüsse 
angegebene Literatur hingewiesen. Es sind folgende: 

1. Wettlauf, öq6(io$ oder xq6%os, die einfachste 
und wohl auch älteste Übung. Bare Unterarten 
sind: a) Der einfache Lauf, axddiov t bei welchem, 
wie schon der Name besagt, die Rennbahn, in 
Olympia 192 m, einmal zurückgelegt werden 
mußte, b) Doppellauf, dtavXog, d. i. der Lauf über 
die Rennbahn und zurück Wurde er in Waffen- 
rüstung ausgeführt, so hieß er c) öjiXlz-qg. d) Dauer- 
lauf, SoXtyog. Während es bei den eben genannten 
mehr auf Schnelligkeit ankam, erforderte er Kraft 
und Ausdauer. Die Länge wird verschieden an- 
gegeben, 7—24 Stadien, was die Vermutung nahe- 
legt, daß das Ausmaß von Fall zu Fall festgesetzt 
wurde, d) Roßlauf, ftmiog, welcher vier Stadien 
betrug, e) Der Wettlauf als Bestandteil des Penta- 
thlon (s. u.). Nicht für die großen Wettkämpfe, 
sondern vornehmlich für die attischen Epheben 
von Bedeutung war die Xafinad^QOfila und ora<pv- 
lo&Qö{iia ; vgl. die betreffenden Artikel und dazu 
Gardiner Journ. hell. stud. XXIII 261ff. ; Athlet 
sports 270ff. 

2. Das Ringen (stdlij), eine offenbar ebenfalls 
uralte Übung, da sie den waffenlosen Kampf Mann 
gegen Mann darstellt. Zu unterscheiden ist das 
Ringen im Stand (ög&ri, auch ataduxia ndXt}) und 
das Wälzringen (dXtvdyoig , xvXtaig), doch sind 
darunter nicht zwei ganz verschiedene selbständige 
Unterarten zu verstehen, sondern Erscheinungs- 
formen des Ringkampfes, die ineinander über- 
gehen konnten. In Olympia und wohl auch bei 
den anderen Wettspielen war zum Siege ein drei- 
maliges Werfen erforderlich (Phil. Gymn. 11), und 
zwar war eine Niederlage wahrscheinlich dann 
gegeben, wenn mit der Rückseite des Rumpfes 
von der Hüfte aufwärts der Boden berührt wurde 
(Jüthner Phil. Gymn. 212f.). Kam man sonst- 
wie zu Fall, so mußte eben auf dem Boden bis 
zur Entscheidung weitergekämpt werden. 

3. Der Faustkampf (jtwj^jJ), der mit einer 
Faust wehr ausgeführt wurde. Das war zuerst der 
weiche Riemen, der um die Hand gewickelt wurde 
ipeiXixcu), dann der harte Riemenring (o<paioa. 
ifxag d^vg), schließlich in römischer Zeit ein Tot- 
schläger aus Metall (a. Caestus). 

4. Pankration, die Verbindung von Ring- und 
Faustkampf, daher ohne Faustriemen ausgeführt. 

5. Pentathlon oder Fünfkampf, aus fünf 
Übungen zusammengesetzt: a) Sprung {äXfta), bei 
Flötenbegleitung mit in den Händen gehaltenen 
tiprunggewichten (d/.xr l Q€g, s. d.) ausgeführt, die 
anfangs länglich und kolbenförmig, später sphäroid 
waren. Nach der verbreitetsten Ansicht handelte 
es sich um einen einfachen Weitsprung, doch hat 
man aus manchen Angaben, insbesondere über 
den Phayllossprung von 55' (Anth. Pal. App. 297) 
auf Dreisprung geschlossen (Hueppe Allg. Sport- 
2tg. 1899. Küppers Arch. Anz. XV (1900) 104ff. 
154 f. Dagegen Gardiner Athlet, sports 308ff.), 
b) Wettlauf, c) Scheibenschwung (SiaxoßoXia) mit 
dem kreisrunden, gewöhnlich bronzenen Diskos, 
Zu den betreffenden Artikeln vgl. auch Gardin er 
Joum. helL Stud. XXVII lff. ; Athlet sports 313ff. 
d) Speerwarf in die Weite, ausgeführt mit dem 
Schlmgenspeer (äxarwov, s. d. und dazu Jüth- 



21)85 



Gymriesiae 



Gymnias 



2086 



ner Ant. Turng. 86ff. Gardiner Journ. heU. Stud. 
XXVII 24ME; Athlet, sports 338ff.). e) Ringkampf. 

Diese Übungen wurden nach Phil. Gymn. 3 
in leichte {xovtpa) und schwere (ßagiiTega) einge- 
teilt. Zu ersteren gehörten alle Laufübungen, zu 
letzteren Pankration, Ringkampf und Faustkampf. 
Das Pentathlon war aus beiden Arten gemischt; 
denn Ringen und Diskoswurf galten als schwer, 
Speerwurf, Sprung und Lauf als leicht. 
VII. Literatur. 

Zusammengestellt werden hier nur die selb- 
ständigen zusammenfassenden Darstellungen, wäh- 
rend auf einschlägige Partien in Handbüchern 
über Altertümer nur im allgemeinen hingewiesen 
sei. H. MercurialisDe arte gymnastica, Amster- 
dam 1573, zuletzt 1672. P. Faber Agonisticon, 
Lugduni 1592. G. Loebker Gymnastik der Hel- 
lenen, Münster 1835; Gymnastik in Athen 1864. 
J.H.Krause Theagenes, Halle 1835; Olympia, 



Schömann-Lipsius I 138. 177. Hermanne 
Thumser I 126. Busolt Handbuch IV2 1, 1, 
14. 93. 6. Durrbach in Daremberg-Saglio 
Dict. II 1705. Beloch Gr. G. I 154, 1. De 
Sanctis: Argo e i Ginneti in Sacci di storia 
antica e di archeologia (1910) 235X [J. Oehler.] 
Gymnetes. 1) s. Baliares. 

2) rvfivrjzeg, Völkerschaft in Aithiopien, nach 
ihrer Nacktheit benannt, Plin. n. h. VI 30. 190. 

10 Nicht zu verwechseln mit den G., Plin. n. h. V 
8, 43, die mit den Pherusii und Perorsi zu- 
sammen genannt werden. [Pieper.l 

3) Tvprrjzeg, FvftvtfTeia. In den griechischen 
Kriegen der älteren Zeit rückten neben dem ho- 
plitisch bewaffneten Aufgebot noch eine Anzahl 
Bürger mit ins Feld, deren Bewaffnung aus Wurf- 
lau zen, Bogen und Schleudernbestand, der schweren 
Waffenstücke vor allem des Schildes entbehrte; 
sie waren wenigstens in Athen kein regelmäßiger 



Wien 1838; Pythien, Nemeen und Isthmien, Lpz. 20 Teil des Bürgerheeres (Thukyd. IV 94) und scheinen 
1841 ; Gymnastik u. Agonistik der Hellenen, Lpz. J - *--=— • i, -~ - n - a — - *-- 
1841 ; außerdem die einschlägigen Art. in Paulys 
Realencykl. M. H. E. Meier Olympische Spiele in 
der Encyclop. v. Ersch-Gruber. F. Haase Palä- 
strik ebd. L. Grasberg er Erziehung u. Unter- 
richt, Würzb. 1864-1881. J. Bintz Gymnastik der 
Hellenen, Gütersloh 1878 (mit Angabe der älteren 
Literatur). H.Jäger Gymnastik der Hellenen, 
Neubearb. Stuttgart 1881. A. Bötticher Olym- 

-nin TJn^l™ 1SQQ "D d~li~„-~J T '^J a: Ul.; 



da freiwillig sich dem Auszuge angeschlossen zu 
haben. Die allgemein übliche Bezeichnung für 
die Leichtbewaffneten ist y, t auch wohl \piXot. 
Bei den Spartanern vertraten ihre Stelle in älterer 
Zeit Heloten (nach Herod. IX 29 noch bei Pla- 
taiai). Wie große Massen solcher y. dem hopli- 
tischen Aufgebot gelegentlich gefolgt sind, zeigen 
des Thukydides Angaben (IV 90. 94): aus Theben 
wie aus Athen waren 424 je 7000 Hopliten aus- 



-pia, Berlin 1883. P. Girard L'e'ducation Athe- 30 gerückt. Bei den Boiotern waren außerdem über 



nienne %, Paris 1891. Jüthner Über antike Turn- 
geräte, Wien 1896. B. Leonardos "Olvfmla, 
Athen 1901. Egger Begriff der Gymn. bei den 
alten Philosoph, u. Media., Diss. Freiburg (Schweiz) 
1903. Freemann Schools of Hellas, Lond. 1907. 
Gardiner in einer Reihe wichtiger Aufsätze im 
Journ. hell. Stud. XXIH (1903) 54ff. 261 ff. XXIV 
70ff. 179ff. XXV Uff. 263ff. XXVI 4ff. XXVII 
lff. 249ff. Bussemaker-Fougeres Art. Gym- 



10 000 ynloC, während die Zahl der attischen 
xptXoi noch größer war; und nach des Herodot 
Angabe (IX 29) sollen den -5000 Spartiaten 35000 
Heloten, je sieben auf den Mann, zum Kampfe 
gerüstet gefolgt sein, Ihre ursprüngliche Ver- 
wendung war die von Tyrtaios geschilderte, wo- 
nach sie hinter den Schwerbewaffneten stehend, 
durch deren Schilde geschützt, das Gefecht mit 
ihren Geschossen, auch wohl nur einfachen Feld- 



nastica in Daremberg-Saglio Dict. des ant. 40 steinen, eröffneten ; späterhin, z. B. in der Schlacht 



112, 1699ff. Jüthner Philostratos üb. Gymnastik, 
Leipz. u. Berlin 1909. Gardiner Greek athletik 
sports and festivals, Lond. 1910. [Jüthner.] 

Gymnesiae s. Baliares. 

rvfivYiaiot, Gymnesier, nach der allgemeinen 
Ansicht Bezeichnung der leibeigenen Bauern 
in Argos, Steph. Byz. s. Xlog. Geogr. gr. min. 
H 422 (Eustathius). Poll. ni 83 nennt sie 
yvfivrjres und vergleicht sie den Heiloten der 



bei Delion 424 erhielten sie ihren Platz neben 
der Reiterei auf den Flügeln, Im großen und 
ganzen scheinen die y., vielleicht mit Ausnahme 
der syrakusischen , die unter Gylippos Führung 
Gutes leisteten, eine ziemlich minderwertige Bei- 
gabe zum Hoplitenheere gewesen zu sein; für 
den Gang der Schlacht sind sie ohne jede Be- 
deutung gewesen, so sehr, daß Thukydides die 
10000 tpdoi der Boioter bei Delion bei seiner 



lakedaimonier, den Penesten der Thettaler und 50 Beschreibung der Schlacht selbst einfach mit 



den Korynephoroi der Sikyonier. Beloch Gr. 
G. I 154, 1 bemerkt, der Name wäre zur Be- 
zeichnung der Leibeigenen wenig passend, da 
auch die ärmeren Klassen der Bürgerschaft mit 
leichter Rüstung dienten. Aristot. Pol. II 9, 
1269 a erwähnt die G. nicht, obwohl er die Pe- 
nesten und Heiloten anführt; Etym. Traject. 
(Ruhnk. ad Tim. 213j wieder setzt die Heiloten 



Stillschweigen übergeht. [Droysen.] 

GJymnias, Hauptort der Skytinoi im Chalyber- 
land, der den Griechen durch den Rückzug der 
Zehntausend bekannt geworden war, Xenophon 
anab. IV 7. 18f. nennt G. eine große und volkreiche 
Stadt, (Ephoros bei) Diodor. XIV 29 schreibt die 
Stadt Gymnasia, das Volk Skythinoi. Die Be- 
richte über den Rückzug der Zehntausend be- 



llen athenischen ^xeg, den argi vischen G. gleich. stimmen die allgemeine Lage von G. mit Sicher- 
Wit werden mit Durrbach in Daremberg- 60 heit südlich 



Saglio Dict II 1705 darunter eine minder be- 
rechtigte Bevölkerungsklasse verstehen, die Aristot. 
PoL VTII (V) 3, 1303 a und Plut. mul. virt. 245F 
als jiegioixot bezeichnen, während sie Her. VI 83 
äovXoi nennt. De Sanctis Argo e i Ginneti 
.236 meint, die G. seien in der historischen Zeit 
verschwunden, zu irgend einer Zeit frei geworden. 
Westermann bei Pauly Real-Enc.l III 1021. 



von Trapezunt im Talkessel von Bai- 
burt. in dem die zahlreichen Quellbäche des 
Tschoroch (Harpasos) sich zum Hauptfiuß ver- 
einigen; die genaue Stelle muß noch gefunden 
werden, Folgende sind die Hauptetappen des 
Rückmarsches, die zu dieser Ansetzung führen. 
Die Verwechslung des Pasin, wie der Oberlauf 
des Araies noch heute heißt, mit dem kolchischen 
Phasis und die dadurch gerechtfertigt« Erwartung', 



2U87 



(jymnopaicuen 



Grynmopaidieii 



2088 



an- diesem Flusse am schnellsten das Schwarze 
Meer erreichen zu können, hat die Griechen ver- 
führt, aus dem Bergland zwischen den großen 
Quellnüssen des Euphrat östlich ins Araxestal 
abzubiegen. Nachdem sie ihren Irrtum erkannt, 
brechen sie natürlich nordwärts durch und durch- 
ziehen die Bergkantone der Taochoi bis nahe an 
die Ursprünge der Kura. Von hier erreichen sie 
in sieben Tagen mühsamsten Auf- und Absteigens 



nische Heer hatte am fünften Tage des attischen' 
Monats Hekatombaion die große Niederlage hei 
Leuktra erlitten; schwerlich mehr als zwei Tage 
später gelangte die Trauerbotschaft nach Sparta. 
Es war der letzte Tag der Gr., der Chor der Männer 
(6 avÖQiHog xoq6q) schon aufgetreten. Da geschah, 
es , daß die Ephoren als Aufsichtsbehörde den 
Chor nicht abtreten ließen, sondern es gestatteten 
oder vielmehr durchsetzten , daß er seine Vor- 



durch das Bergland der Chalyber (s. u.) den Har- lOführung beendigte, Xen. hell. VI 4, 16, davon 



pasos und zwar notwendig hoch am Oberlauf, 
unweit des Stromdurchbrucb.es durch die äußersten 
Pontischen Ketten, weil sie nunmehr acht Tage- 
märsche durch ebenes Terrain, d. h. wenig über 
der Talsohle des Tschoroch flußaufwärts rücken, 
vorbei an den reichen Dörfern der Skythinoi bis 
zu ihrer Stadt G. Von dieser beginnt sofort der 
neue und letzte Aufstieg zur Höhe des Küsten- 
gebirges oberhalb von Trapezunt. Wenn es heißt, 



„ „ Plut. Ag. 29, der noch bemerkt, daß 
die Stadt gerade von Fremden gefüllt war, und 
daß der Wettkampf im Theater stattfand. Dieses 
Zuströmen von Fremden bezeugt Xenophon an 
einer anderen Stelle (mein. I 2, 61, daraus auch 
Plut. Cim. 10); ein reicher Spartaner, Lichas r 
hatte sie an den G. bewirtet. Außer den Chören 
gab es an den G. auch Wettkämpfe, an denen 
es auf Ertragen von Hitze ankam, Piaton Gesetze 



Laß die Griechen zwischen Kyros und Harpasos 20 633 c xaQzsQrjostg rfj zov xviyovg- gcofitj öta/ia- 

iai.^ t„™ i™- M n n a«, nu„i„i™ .-u™ X ofthmv. Eingehender beschäftigte sich mit den 

Bräuchen und ihren geschichtlichen Anlässen der 
Lakone Sosibios, Mitglied des alexandrinischen 
Museion unter Philadelphos. Athenaios XV 678 b.c 
erzählt aus ihm von den thyreatischen Kränzen 
(&vgsartxoi), zu seiner Zeit ipehvot genannt, aus 
Palmzweigen (tpolvtxes) hergesteUt, welche die- 
Chorführer am Erinnerungsfeste für den Sieg bei 
Thyrea trugen, zu dem Zeitpunkte, da sie (<8ze) 



sieben Tage lang die Berge der Chalyber über- 
steigen und darauf den Gau der Skythinoi durch- 
queren, so haben wir den Chalybernamen aufzu- 
fassen nicht in dem engen Umfang der eigent- 
lichen Sitze des Stammes, sondern in dem weiteren 
Sinn eines geographischen Territoriums, zu dem 
auch der Gau der Skythinoi, der Distrikt der 
Chaldaioi am oberen Lykos und schließlich das 
eigentliche Chalybergebiet oberhalb von Themis- 



kyra gehörten: das alles zusammen bildete , das 30 auch die G. begingen. Von diesen Chören stände 



Chalyberland' oder, wie Ephoros-Diodor unter 
Verallgemeinerung eines anderen Teilnamens sagt, 
r\ Xa?.&aio)v xa?.ovfisvij x^9 a - Noch andere faßten 
dieses ganze, zum Paryadres gehörige Bergland zu 
einer geographischen Einheit zusammen unter dem 
Namen Armenochalybes, die nach Plin. n. h. VI 
12 im Süden von Trapezus beginnen und nach 
VT 29 so weit nach Osten reichen, daß sie noch 
oberhalb der Colchieae solitudines gegen die Kau- 



der eine, aus Knaben gebildet, im Vordergründe- 
(rechts die Greise, wie man mit Wyttenbach 
aus Plut. inst. Lac. 338 ergänzen muß), links 
die Männer ; sie tanzten nackt und sangen Lieder 
des Thaletas und Alkman und die Paiane des 
sonst ganz unbekannten Lakoniers Dionysodotos. 
Ein Teil der Schilderung, die Herodot I 82 von 
dem Kampfe um Thyrea giebt, mag ein Nach- 
klang dieser Lieder sein; der Sieger Othryadas, 



kasischen Keraunien hin und neben den Moschi 40 den ein ionischer Schuljunge später sogar zum 



sitzen, also wirklich wie bei Xenophon nahe am 
Quellgebiet der Kura. Sie gehörten politisch 
noch zu Armenien, unterschieden sich aber von 
den Bewohnern des Binnenlandes dadurch, daß 
sie nicht wie diese das phrygisch-armenische Idiom 
angenommen, sondern die alte autochthone Landes- 
sprache bewahrt hatten. [Kiessling.] 

Gvmnopaidien (FvjuvoxaidCcu). Die G. werden 
im 5. Jhdt. oftmals genannt. Bei diesem Feste 



Ephoren avancieren ließ, vgl. Inschr. Priene 316, 
war des unsterblichen Nachruhms sicheT. Der 
Herodotischen Chronologie folgend, setzt E. M ey e r 
II § 469 diesen Kampf um 550. Auf die Chöre, 
die auch die Erzählung vom leuktrischen Boten 
kennt, bezieht sich auch die gleichfalls auf Sosi- 
bios zurückgehende Hesychglosse rvju.vojcatdia 
(L, Weber Quaest. Lacon. 1887, 57, 14), der das 
Auftreten von nackten Chören auf der Agora für 



schaute Damaratos, der abgesetzte König von 50 dieses Pest bezeugt, aber die Angabe der erioi r 



Sparta, als Archon, und Leotychidas, der neue 
König, von seinem Ehrenplatze zu, und verhöhnte 
dieser den unglücklichen Vorgänger, der ob der 
Beschimpfung entrüstet die Zuschauermenge (&???- 
xqov) verließ, Herodot. VI 67 ; Zeit bald nach der 
Absetzung, die E. Meyer Gesch. III § 189 A. 
491/0 annimmt. Im Sommer 417 paßten die 
Demokraten in Argos für ihren Staatsstreich die 
Zeit ab, in der die Lakedaimonier die G. feierten. 



daß die Epheben an ihm um den Altar im Amy- 
klaion liefen und dabei einander auf den Rücken 
schlagen, verwarf (vgl. aber die angeführte Stelle 
der Platonischen Gesetze und den Scholiasten da- 
zu). Nach Pausanias III 11, 9 hieß der ganze 
Markt in Sparta Xogög, weil auf ihm die G. statt- 
fanden, an denen die Epheben zu Ehren des Apol- 
lon tanzten. Daß die Epheben an Stelle der 
Greise, Männer und Jünglinge getreten sind, 



Diese hatten endlich, nachdem sie lange Zeit alle 60 könnte hellenistisch-römische Neuerung oder Ver- 
Mahnungen ihrer Freunde in den Wind geschlagen, — L ~ a —' ri *-- T ^ ' 

den Vormarsch bis Tegea angetreten, und dessent- 
wegen die G. aufgeschoben, als ihnen der volle 
Sieg der Demokratie gemeldet wurde. Daraufhin 
gaben sie es auf und kehrten nach Hause zurück, 
um nunmehr die vertagte Feier in Gemütsruhe 
in begehen. Noch bedeutsamer war eine dritte 
Feier, die wir kennen, vom J. 371. Das sparta- 



sehen des Pausanias sein. Der genannte Apollon 
wird in erster Linie als der Pythaeus gelten 
können, dessen Standbild an der Agora Pausanias 
eben erwähnt hatte. Wenn Bekker Anecd. 234 
statt seiner den Karneios nennt, so beruht dies, 
wie Nilsson Gr. Feste 141 mit Recht bemerkt,, 
auf einem Irrtum. Trotzdem hat Wolters Arch. 
Jahrb. XI 1896, 7ff. die äußere Erscheinung der 



uu»y 



ttynaaa 



uynaiKotnoinas 



wm 



Koryphaioi an den G, treffend an der sehr alter- 
tümlichen Bronzestatuette aus äem Arayklaion er- 
läutert, die einen nackten Leierspieler mit dem 
charakteristischen »thyreatischen* Kopfputz dar- 
stellt und ein Weihgeschenk eben dieses Chor- 
führers sei. Denn wir dürfen es uns nicht ver- 
hehlen, daß das am Staatsmarkte von Sparta und 
<lem Kulte des mit dem Herren von Delphoi jeden- 
falls nahe verwandten Pythaeus haftende Fest 
zwar ein räumlich und inhaltlich eng begrenztes 10 
ist, das, wie wir gern glauben wollen, von be- 
scheidenen Anfängen durch den Sieg gegen Argos 
zu nationaler Bedeutung erhoben ist (obwohl ja 
der thyreatische Kranz auch wohl eine ander- 
weitige Erklärung finden könnte), daß aber die 
Sitte und die religiöse Vorstellung, die sie ge- 
schaffen, sehr viel allgemeiner war. Auch wenn 
wir also für Sparta die Beziehung zum Karneios 
leugnen, müssen wir doch ähnliche Tänze im 
Karneioskult anderer dorischer Gemeinwesen, wie 20 
Thera mit seinen d^ann', als verwandt an- 
nehmen. Es gilt hier zunächst scharf zu scheiden, 
um sich nachher mit umso ungestörterer Freude 
den weiteren Ausblicken hinzugeben. Was sich 
uann als ältere gemeinsame Vorstufe, was als 
Parallel- oder Tochterkult oder Brauch heraus- 
stellen wird, kann nur eine weitgehende religions- 
geschichtliche Betrachtung ergeben. 

Daß der Name der G. nicht von den yv/woi 
jccuäeg, sondern vom yvfiv&s utaiCetv aller Alters- 30 
stufen herzuleiten ist, zeigen die drei Chöre, deren 
Tanz nach Aristoxenos bei Athen. XIV 630 d ein 
feierlicher, dem tragischen ähnlicher war. Wie- 
weit andere, den Knaben oder vielleicht später 
auch den Epheben eigene Übungen und Schau- 
stellungen zu dem spartanischen Feste gehörten, 
ist zweifelhaft; nur aus der Platonstelle kann 
man sichere Folgerungen ziehen. Die Trennung 
von den Kameen läßt sich auch heortologisch 
sichern, da dieses Fest in die Mitte des Karneios, 40 
■des attischen Metageitnion , gehört, während die 
G. , wie wir sahen , in den Anfang des voran- 
gehenden Monats, des attischen Hekatombaion, 
fielen, woraus sich ein Zwischenraum von wenig- 
stens fünf Wochen ergibt. 

Literatur: Verdienstlich der Thesaurus von 
Stephanus-Dindorf s. rvfivojiatdiat , yvfivo- 
jzaiöix?} und (ablehnend) yvftvojtoöia. Weber a. 
a. O. über Sosibios und die Lexikographen, die 
hier nicht ausführlicher als nötig behandelt sind. 50 
W T olters a. a. O. ausgehend von der schönen 
archaisierenden Statue aus Pompeii, die er auf 
■den Pythaeus zurückführt. Nilsson a. a. O. 
[Hiller v. Gaertringeu.] 

Gynadftj eine in Afschar, zwischen Beische- 
hir Göl (Karalis) und Egherdir Göl gefundene 
Inschrift enthält den Namen Sfjfiog rwadeatv; 
sie ist vermutlich von Terziler verschleppt, da- 
her wird der Name mit großer Wahrscheinlich- 
keit auf die Ruinen vom Siwri Kalessi übertragen, 60 
Sarre Arch.-epigr. Mitt. 1896, 56; Reise in 
Kleinasien 1896, 137f. [Rüge.] 

VvvatKtia #eof s. Bona D e a. 

rvratxovöftoi, eine in den griechischen Staaten, 
besonders in späterer Zeit offenbar häufige Poli- 
zeibehörde, deren Aufgabe ja in ihrem Namen 
deutlich gegeben ist. In Athen kann sie zur 
Zeit des Aristoteles noch nicht existiert haben, 



da er sie in der 'A&. nol. nicht erwähnt und in 
den Politika (TV 12, 9. VT 5, 18) geradezu eine 
nichtdemokratische Behörde nennt. Wenn sie 
dann doch nicht gerade selten auch für Athen 
erwähnt wird (Philochoros und die der Komiker 
Timokles und Menander bei Athen. VI 245. Pollux 
VIH 112, Harpokr. s.on %Mas, Hesych. s, TtXdtavog), 
so wird die Vermutung richtig sein, daß das Amt 
erst von Demetrios Phalereus geschaffen wurde 
und in Zusammenhang mit seiner uns bekannten 
Luxusgesetzgebung steht (vgl. Cic. de leg. II 26, 
66. Gilbert Hdb. I 177. 178). Jene Zitate bei 
Athenaios zeigen uns zugleich, daß sie damals 
in Athen mehr waren als nur Weiberpolizei, auch 
auf den Tafelluxus bezieht sich ihre Tätigkeit 
(Philoch. kaxQTiow rag iv ratg olximg avvoöovg sv 
ze rotg ydftotg xav ratg äklatg flvatatg ; sie achten 
darauf, daß die Zahl der Teilnehmer am Mahl 
30 nicht überschreitet, Timocl. Men. a. a. O.). 
Sonst wissen wir noch, daß sie eine Strafe bis 
zu 1000 Drachmen auferlegen konnten (Harpokr.) 
und daß die Namen der Bestraften durch An- 
schlag an einer Platane im Kerameikos zur öffent- 
lichen Kenntnis gebracht wurden (Hesych.). Einige 
andere charakteristische Einzelheiten über die 
Tätigkeit der y. erfahren wir aus andern Orten. 
In einer Inschrift aus Andania werden genaue 
Vorschriften über die Feier der dortigen Myste- 
rien gegeben (Dittenberger Syll. insc. Graec. 
653, 26. 27. 32) ; darnach hat der extra hierfür 
vereidigte y. auf die Befolgung der minutiösen 
Kleidervorschriften von selten der Frauen und 
auf die Ordnung im Festzuge zu achten. Aus 
Gambreion sind uns inschriftlich (Dittenberger 
a. a. O. 879) Vorschriften über Trauerkleidung 
und Trauerzeit für Männer und Frauen berichtet ; 
der dort erwähnte, vom Volke gewählte y. hat 
offenbar die Aufsicht gehabt. In Magnesia am 
Maiandros haben die y. für ein großes Zeusfest 
neun Jungfrauen zu bestimmen, wie die naido- 
vofioi neun Knaben. Feiner finden wir das Amt 
noch erwähnt für Milet (CIG II 2881), Syrakus 
f Athen. XII 20 p. 251), Samos (Gilbert Hdb. 
II 152). [Boerner.] 

Gynaikopolis {Fwaataiv szohg Strab., Pwat- 
HoojtoXtg Steph. Byz.), Hauptstadt des Nomos 
Gynaecopolites, des XII. unterägyptischen Gaues 
zwischen Hermopolis und Momemphis, Strab. XVLI 
803. Plin. n. h. V 9, 49. Münzen aus der Kaiser- 
zeit. Vgl. die Karten bei Parthey Zur Erdkunde 
des alten Ägypten. Zu den Münzen vgl. Parthey 
Die Gaumünzen Ägyptens. Beiträge zur älteren 
Münzkunde, heraasgeg. von P i n d e r und Fried- 
lander, Berlin 1851. 137ff., ferner Brugsch 
Geogr. Inschr. I 142. [Pieper.] 

Gynaikothoinas {rwaixo&oivag) , Epiklesis 
des Ares in Tegea, weil die Frauen hier ein be- 
sonderes Ares-Fest feierten mit einem Opfer- 
schmaus, von dem die Männer ausgeschlossen 
waren. Das Reliefbild des Ares G. stand in Te- 
gea an der Agora. Die Legende besagte nach 
Paus. VIII 48, 4, die tegeatischen Frauen hätten 
im Kriege gegen die Spartaner zurzeit des Cha- 
rillos (s, o. Bd. III S. 2143) bewaffnet ihren 
Männern beigestanden, wobei sich besonders Mar- 
pessa-Choira (vgl. Paus. VIII 47, 2; von einer 
Königin Perimeda-Choira spricht in ähnlichem 
Zusammenhang Deinias bei Herodian. sibqi ftov. 



&$.' &-II 913 Lentz. Gramer Änecd; Oxon. IH 
268,. 17J aiisaeichnete; nach dem Siege hätten sie 
ohne < die /Männer Siegesopfer für Ares und ihren 
eigenen Opferschmaüs gefeiert. Während bei 
manchen Ares - Festen die Teilnahme auf die 
Männer beschränkt war (z. B. Paus. III 22, 7), 
findet "sich ein Frauenkult des Ares mit einer an 
Telesilla anknüpfenden ähnlichen Legende in Ar- 
gos (vgl. Lucian. amor. 33: iv "Jgyet &eog äQt- 
■&/j,eTzat yvvcuxäv "äq^q). Vgl. Immerwahr 
Kulte u. Mythen Arkadiens I 164f. Nilsson 
Griech. Feste 403. 407f. [Jessen.] 

Oyndes (iw<%), Fluß in Babylonien; vgl. 
Herod. I 189. 202. V 52. Ps.-Tibull. IV 1, 142. 
Sem de ira HI 21. Ammian. Marc. XXIII 6. Oros. 
II 6. Nach Herodotos (I 189ff.) eröffnete Kvros 
seine Operationen gegen Babylon mit der Bändi- 
gung des wilden G. durch Ableitung desselben in 
360 (runde Zahl!) Kanäle, eine Arbeit, welche 
das ganze Heer einen vollen Sommer über be- 
schäftigt haben soll. Begründet wird dieses Vor- 
gehen vom griechischen Historiker anekdotenhaft 
mit der Erzählung, daß eines der heiligen Bosse 
des Kyros ertrank, als man sich anschickte, den 
Fluß mit Fahrzeugen zu überschreiten, worauf 
der Perserkönig den Schwur tat, den Fluß so 
seicht zu machen, daß ihn künftig Weiber durch- 
waten könnten, ohne sich die Kniee zu benetzen. 
Eine belagerungstechnische Erklärung dieser Ab- 
leitung des G. gab Bill erb eck in den Mitteil, 
der Vorderasiat. Gesellsch. III (1898) 72f. 75. 
Win ekler meint (Altoriental. Forsch. I 508ff. 
II 254), daß der Erzählung Herodots ein glaub- 
würdiges, historisches Faktum zugrunde liege, 
nämlich, daß Kyros sich genötigt sah, behufs wei- 
teren Vordringens gegen Süden das oberhalb der 
medischen Mauer (zwischen Opis und Sippar) lie- 
gende Land, das zum Schutze gegen den von 
Norden kommenden Feind unter Wasser gesetzt 
war, durch Anlegung von Abzugskanälen trocken 
zu legen. Unter dem G. ist, wie der ganze Ver- 
lauf der Espedition des Kyros nahe legt, kaum 
ein anderer Fluß als die unterhalb Baghdäds in 
den Tigris fallende Dijälä zu verstehen, die über 
ein kompliziertes Kanalsystem verfügt. Der nörd- 
lichere "Adhaim kommt viel. weniger in Betracht. 
Der obere Zäb, an den San da (Mitteil, der 
Vorderasiat. Ges. VIT 49f. 78f.) denkt, ist wohl, 
wegen der großen Entfernung von Babylon, ganz 
ausgeschlossen. Der Umstand, daß Herodot, etwas 
ungenau , die Quellen des G. , gleich denen des 
unteren Zab und des armenischen Araxes, ins 
Land der Matiener, der südlichen Anwohner des 
heutigen Urmiasees, verlegt, kann für eine der- 
artige nördliche Lokalisierung des G. nicht ernst- 
haft in die Wagschale fallen. Auch die Kerkhä 
(Eulaios), der erste bedeutende Nebenfluß des 
vereinigten Euphrat und Tigris, dürfte — gegen 
Forbiger Bandb. d. alt. Geogr. II 68 — schwer- 
lich in Frage kommen.. Die Identifizierung des 
G. mit der heutigen Dijälä vertreten: Mann er t 
Geogr. der Griechen und Römer V 2, 430—432. 
Ritter Erdkunde IX 419—421. Billerbeck 
a. a. 0. Winckler a. a. 0. Hommel Grundr. 
der alt Geogr. u. Gesch. (1904) 293. 295. Herz- 
feld in Memnon I (1907) 120, 2. 126. Letzterer 
meint (a. a. 0. I 125, 1) auch, daß sich der alte 
Äanne G. m Aba '1-gund erhalten habe, der durch 



arabische Tutoren des Mittelalters bezeugten Be- 
nennung eines der Kanäle des Kätul-Nahrawän- 
Systems, welches das DijälÄ-System Wuzt. Noch 
unsicherer ist Herzfelds weitere Vermutung 
eines Zusammenhanges des Ortsnamens Iskäf banl 
'I-gunaid (am Nahrawän, südlich der Dijälä) mit 
G. Nach Ps.-Tibull hieß die vom G. durchflossene 
Gegend Babyloniens Arectaei campi (s. schon o. 
Bd. II S. 619); die Lesung Arectaei ist unsicher. 
10 r [Streck.] 

rVVTJ S. KvQtO£. 

Gynnis {Fvwtg), Beiwort des Dionysos, Anon, 
Laurent. 5, 7 = Schoell-Studemund Anecd: 
Gr. 268 Aiovvaov yvvidog; in Emesa mit andro- 
gynem Kultbild, Theodoret. episc. Cyrens. eccles. 
bist HI 3 = Migne Bd. 82, 1093: Aiovva<$ x<& 
yvviSi, var. ywaiooösi. [Jessen.] 

Gypaieus (Tvmuev?), Epiklesis des Apollon, 
Altar auf dem Gipfel des Lysson-Berges bei 
20Ephesos, Konon 35, wo eine längere Geschichte 
erzählt wird, die den Namen G, dadurch erklärt, 
daß Geier einen Hirten gerettet hätten. Über 
diese Legende vgl. Höf er Konon 101. Beziehungen 
des Geiers zu Apollon sind im übrigen selten, 
vgl. Gruppe Griech. Mythol. 1231. Wernicke 
o. Bd. II S. 110. [Jessen.] 

Gypsaria. 1) Tvipagia (Ptolem. V 17, 4; iden- 
tisch damit ist Cypsaria Tab. Peut), in Arabia 
Petraea, dritte Station an der westlichen Straße 

30 von Aila am Meerbusen von f Afcaba nach Jeru- 
salem , 48 Millien von Aila entfernt, zwischen 
Gerasa und Lysa*, nicht identifiziert. Ritter 
Erdkunde XIV 94—98. jBenzinger.] 

2) Name verschiedener afrikanischer Örtlich- 
keiten: 1. Oypsaria taberna, in Tripolitanien, 
an der Straße von Gigthis nach Sabrata, 31 Mil- 
lien von diesem (Tab. Peut.); vgl. Geogr. Rav. 
141, 2. 350, 15). Vermutungen über die Lage bei 
Tissot Geographie de l'Afrique II 209. 

40 2. VvxpaQta hfirjv, an der Küste von Maure- 
tania Caesariensis, nächst dem Malvaiiuß und der 
Grenze der tingitanischen Provinz, Ptolem. IV 2, 2 
p. 592 Müll. Vgl. Müller a. a. 0. Cat LaMaure- 
tanie Ce'sarienne 158. Unsicher, ob mit einer die- 
ser Ortschaften identisch der Bischofssitz {Qypsa- 
riensü), von dem zwei rivalisierende Vertreter im 
J. 411 in Karthago zur Disputation erschienen,. 
Coli. Carth. I 128 (Mansi IV 106). [Dessau.] 
Gypsltis {rvynzis f} rv&hrjg vfjoog Ptolem.; 

50 rvyt}(s Steph. Byz.). Insel an der Westküste des 
Arabischen Meerbusens; Ptolem. IV 7, 36 Nobbe. 
Steph. Byz. [Pieper.] 

GypSDm. Wir nennen heute Gips ebenso- 
wohl ein meist in erdiger Form, bisweilen auch 
als Gestein auftretendes, aus wasserstoffhaltigem 
schwefelsaurem Kalk bestehendes Mineral, als die 
daraus, nachdem es durch Glühen von seinem 
Wassergehalt befreit ist, bereitete Masse, die zu 
mannigfaltigen Zwecken benützt wird. Ebendas- 

60 selbe ist der Fall mit der antiken Bezeichnung 
yvxpog und gypsum. Zwar kommen im Griechi- 
schen zur Bezeichnung des in der Technik ver- 
wendeten Gipses noch andere Benennungen vor. 
So bedeutet zizavog zwar sonst in der Kegel 
Kalk, aber bei Ps. -Hesiod. scut Herc. 141 ist 
diese Bedeutung unmöglich, indem es vom Schilde 
heißt: näv fiev ydg xvxXco zixdvw Xevtctp »' 
Uetpavrt T}AexxQ(p ff {tnola^inks ir/v, weshalb schon 



die Schonen annahmen, daß G. gemeint sei. 
Freilich hat Deiters De Hesiod. scuti descri- 
ptione (Bonn 1858) 61, indem er v. 143, wo der 
xvavos genannt ist, verwarf, für xixdvtp xvdvq> 
eingesetzt (von Göttling-Flach angenommen); 
und Peppmüller Variat im ps.-hesiod. Herakles- 
Schild 3 folgte darin insoweit, als er xvavtp 
für das ursprüngliche hielt, an dessen Stelle xi- 
tävq* erst trat, nachdem v. 143 bei einer zweiten 



bezogen wurde , bezeugt Plut <Juaest. nat. 10 
p. 914 C. Das Verfahren -bei der Herstellung aus 
Gestein war dies , daß man besonders harte, 
alabaster- oder marmorähnliche Stücke nahm und 
sie, um die Hitze zu erhöhen, zusammen mit 
Kuhmist verbrannte, worauf das Zurückbleibende 
zu feinem Pulver zerstoßen wurde, Theophr. de 
lap. 69 : xaiovoi Ss xai iv ^oivw-fl xal ev Svqiq 
xafiivevövxEQ avrtjv [xai xaiovxsg] • xaiova ös 



Fassung durch einen Rhapsoden eingesetzt worden 10 ftdkioza xovg fiaQftaQovg xal änlovaxEQovg, cxEQsai- 



war. Aber gleichviel, ob das Wort hier schon 
dem ursprünglichem Gedicht angehört oder nicht, 
auf jeden Fall konnte zhavog schon iin Altertum 
auch G. bedeuten; und so hat auch Hesych. s. 
v. es neben anderen Bedeutungen durch yvipov 
XQitffia erklärt, zizarcofthag als ysyvtpa>fih>ag und 
xixavcoxi} XQ° a a l § yvyioozi} 7} XevxöxQoog. An- 
scheinend hat man in der älteren Zeit G. und 
Kalk nicht unterschieden und daher zhavog für 



xdzovg fiev tta,Qawd'Evx£<; (ßöXtxov, i'vexa) zov &äz- 
tov xateo&ai xai jiiäÄkov . boxsi ya@ d'SQfiöxazov 
eivai zivQoi'&ev xal nXsiozov %qovov Öiafieveiv. 
OTZzrjoarzsg Ös xojizovoiv avxrjv wgxsq zfjv xoviav. 
Zur Ergänzung der Lücke ist benützt Plin. a. a. 
0.: qui coquitur lapis non dissimilis alahastri- 
tae esse debet aut marmoroso (daher wird wohl 
auch anstatt anzXovaxiQovg zu lesen sein dXaßd- 
azgove) in Syria durissimos ad id eligunt co- 



beide Stoffe gebraucht, während später die ße- 20 eimtqus cum ßmo buhulo , ut celerius urantur. 



deutung Kalk überwog, vgl. Luc. hist, conscr. 62. 
Po 11. VII 124, wo yvy>os von xhavos gesondert 
genannt ist. So scheint, daß auch andere gips- 
ähnliche Minerale bisweilen die Bedeutung G. 
bekommen haben: so eines, das oxigov heißt und 
bei Aristoph. Vesp. 925 zwar Käserinde bedeutet, 
aber daneben auch eine Erdart, wie der Schol. 
zu v. 926 bemerkt: ozi Xiyezat xai yrj gxiqqus 
Xtvxf) xtg ws yvywg (die beiden letzten Worte 



Wenn Plinius hinzufügt : omnium aittem Optimum, 
ßeri conpertum est e lapide speeulari squamamve 
talem liabente (darnach Isid. or. XVI 3, 9), so ist 
damit das von den Alten als Ersatz für Glas be- 
nützte Marienglas, das ursprünglich G.-Kristall 
ist, gemeint mit den verwandten Arten vielleicht 
Faser gips. 

Die Verwendung des G. war eine sehr mannig- 
faltige. Wichtig war er zunächst für die Bau- 



werden freilich von Dindorf als späterer Zusatz 30 kunst, in der ihn die griechische Technik vielfach 



eingeklammert) ; vgl. Phot. 522, 7. Schol. Hesiod. 
scut. 141 ; für die Form oxiggog Suid. s. v., 
femer Hesych. s. oxsiqog, und axvgog bei Poll. IX 
104, wo es eine Art Kreide zu sein scheint ; da- 
her wird oxtQQiirjg bei Zonar. 1651 direkt als 
G.-Arbciter, yvy>ef.m,läöxr}g, erklärt. Auch Xazvm}, 
sonst eigentlich der Abgang, Splitter und Staub 
beim Behauen der Steine (vgl. Blümner Tech- 
nologie III 93), wird im Sinne von G. gebraucht, 



als Bindemittel, wie Kalk, verwendet zu haben 
scheint nach Theophr. a. a. 0. 65 15 de yXtaxQo- 
xrjg xal ßeQfiöxt^g ozav ßgex^ff ftavfAaöxrj. %Qwvzai 
ydg szgög zs xä olxodofxrjfjiara xbv Xföov 31eqi%e- 
ovreg xav zt aXXo ßovXoivrai xotovxov xoXXrjöat, 
zu urteilen ; er diente da wohl weniger zur Ver- 
bindung der Steine untereinander, als zum Ver- 
putzen der Decken und für Gesimse, und Theo- 
phrast rühmt ebd. 66 die außerordentliche Halt- 



s. Poll. a. a. 0. Schol. Aristoph. a. a. Ö. und zu 40 barkeit des gut präparierten und so verwendeten 



Nub. 261. Schob Pind. Pyth. V 124. Man nahm 
es aber überhaupt mit Bezeichnung verwandter 
Stoffe nicht so genau, und so nennt z. B. Theophr. 
de lap. 62 eine Erdart, die in Epeiros beim 
Tymphegebirge vorkam und wie die melische, 
kimolische u." a. von Walkern, Malern u. a. zum 
Weißen benützt wurde, yvyog, allerdings mit der 
Bemerkung (ebd. 64), daß sie speziell bei den Um- 
wohnern des Athos und der Naohbargegenden so 



G. : Sav/Miorrj ds xai (ij) to%vg • oze ya(> 01 lldoi 
gtjywvzat rj dia<pEQOvxat f} yvyjog ovx ävlrjOi, noX- 
käxig di xai xd ftsr jistixwxe xai vtpfjgrjTai xd 
5' arm XQEfid/tEva fizvEt öWExö/HEva zfj xoXXrjCet. 
Für diese Verwendung wurde der pulverisierte 
G. mit Wasser angefeuchtet und der Teig mit 
Hölzern umgerührt, ebd. 66: xoyjavxeg dk xai 
v6(oq ijn^EorzEg zaQazzovoc £t':Xotg, zfj %eiqi yaQ 
ov dvmvxat dtä zijv $eQ/.iozt}za (doch bemerkt 



genannt werde. Doch sind alle diese teils miß- 50 Lenz Mineral, d. Griech. u. Rom. 27, 111, so 



bräuchlichen, teils mißverstandenen Bezeichnungen 
immer ungewöhnlich und yvyog das übliche ge- 
wesen, wie im Lateinischen gypsvm (die neutrale 
Form ist die stehende; gypsus ist selten, vgl. 
Corp. gloss. lat. in 132, 53. V 610, 5). 

Der natürlichen Beschaffenheit nach unter- 
scheiden die alten Naturforscher vornehmlich zwei 
Arten von G. : den durch Glühen aus Gestein ge- 
wonnenen und den in Erdform ausgegrabenen; 



arg erhitze sich der G. nicht, wohl aber der 
Kalkstein, wenn er stark gebrannt und dann mit 
Wasser übergössen wird). Die hergerichtete Masse 
muß aber sofort benutzt werden, weil sie sehr 
schnell erkaltet und erstarrt, ebd.: ßge/ovoi öe jtö- 
6 a ZQ'd ta xqos xrjv /geiav mv (Öe) iuxqov xqoxeqov, 
xa%i' Tirjyvvxai xai ovx toxi öieXsIv. Plin. 183 : 
gypso madido statim utendum est, quoniam ce- 
lerrime coli; tarnen iiirsus tundi sc et in fa~ 



und zwar bezog man letzteren am besten aus 60 rinam resolvi patitur. Auch bei den Römern 



Kypern, wo er in großen Mengen noch unter 
der Erdoberfläche gegraben wurde , ferner auch 
aus Perrhaebien, vom Tymphegebirge u. s. : wäh- 
rend er durch Glühen besonders in Phoiuikien, 
Syrien und bei Thurii in Unteritalien gewonnen 
wurde, s. Theophr. de lap. 64, darnach Plin. 
XXXVI 182 (phoiniMscher auch Theophr. de 
igne66); daß gebrannter G. auch von Zakynthos 



fand der G. beim inneren Ausputz der Häuser 
Anwendung für das sog. Weißwerk, opus alba- 
rium. in dem Gesimse (daher auch coronarium 
ojnts genanntj, Decken, Gewölbeverzierungen eben- 
so in einfacher architektonischer Profilierung wie 
in reicherer figürlicher Ausstattung hergestellt 
wurden, Plin. a. a. 0. : usu* gypsi in albarüs 
sigillis aedificiorum et ooronis yratissimtis. Isid. 



XVI 3, 9.. XIX 10, 20 (vgl. über opus albarium 
glümner Technol. II 141ff. 147m). In der 



Regel war der für diese Zwecke verwendete Stuck 

Gipsstuck, d. h. aus Gips, Kalk und Sand bereitet, 

obschon Vitruv. VII 3, 3 von der Verwendung 

des Gipses abrät : in hisque (sc. coronis) minime 

gypsum debet admiseeri, sed ex creto marmore 

uno tenore perduei uti ne praeeipiendo nonpatia- 

tur um tenore opus inareseere Daß solche Gips- imww , jLrnairen nat sich von solchen Arbeiten 

!r™^^ ™*i «« gSÄT Zetgar 

ITLTJ^r ^J^JE>J$L?L"¥* H md *' »™ «nii«!«» die neuerdings bekannt fe- 



G, gewesen sein mögen, vgl. Friedländer Dar- 
stell, aus d. Sittengesch,5 III I92f, (doch gehört 
Mart. IX 47 nicht hierher, da dort gemalte Titel- 
bilder in Büchern gemeint sind). Auch wo es 
sich um plastische Bildwerke für vorübergehende 
Dekoration handelte, nahm man G., vgl. Hist. aug. 
Sever. 22, 3: die eircensium cum tres Victo- 



riolae more solito essent locatae gypseae cum 
palmw, Erhalten hat sich von solchen Arbeiten 



tov vaov (der Artemis in Stymphalos) tat 6 9 o<p& 
JiEjiot^fisvai xal at ZTVfupqh'öes sfolv ' oQVidsg' 
aa(pÖig psv ovv yakestbv fjv diayvävai uiotsqov 
£vlov noirjua r)v tj yvyov • TsxfiaiQofiivoig de fyüv 
zyalvETO elvai gvlov n&llov i) yvyov. Damit 
meinte wohl auch Pausanias Werke aus Gipsstuck, 
nicht aus reinem Gips ; auch die Gipsreliefs, die 
als Gräberfunde verschiedentlich erwähnt werden 



aus Gipsstuck sein. Bei den römischen Stuck- 
reliefs, von denen sehr schöne Proben sich erhalten 
haben, sind mir Untersuchungen ihrer Bestand- 
teile nicht bekannt, doch dürfte auch hei ihnen 
neben Kalk G. zur Verwendung gekommen sein. 
Hergestellt wurden die Stuckreliefs teils aus freier 
Hand, teils in Modellformen, für die ebenfalls G. 
benutzt wurde ; in einem Hause zu Pompeii sind 
eine größere Anzahl solcher Formen gefunden 



wordenen (vgl. Höron de Villefosse Oomfte 
rendu de FAcad. des Inscr. 4. Ser. XX [18921 
187ff. über vier im Louvre befindliche bemalte 
Gipsbüsten von El Kargeh) fein modellierten und 
reichbemalten Köpfe von Mumienkästen, von 
denen interessante Proben bei Flinders-Petrie 
The arts and crafts of ancient Egypt (Edinb 
und London 1909) Fig. 135-138 abgebildet sind. 



aus Uipsstuck sein. Bei den römischen Stuck- in d i« ' VphnHr ^«-ir««o+i™ + j: ™__ 



in die Technik der Künstler tun; die-genaue Über- 
einstimmung des einen Kopfes (Fig. 138) mit dem 
noch erhaltenen Schädel, wobei nur die Fleisch- 
partien durch eine bald feinere, bald stärkere 
Gipsschicht ergänzt sind, zeigen, daß der Aus- 
führung jedenfalls eine Totenmaske zugrunde ge- 
legt wurde. 

Häufiger noch scheint der G. bei der Klein- 
plastik Anwendung gefunden zu haben. Jene 



ÄÄMEss? äK=-S%^^«*4: 



ein Stuckarbeiter seine Werkstatt gehabt habe 
s. Overbeck Pompeji * 380. ' 

( In dieser Verwendung des G. zu künstlerischem 
Schmuck von Bauwerken liegt schon die Bedeu- 
tung ausgesprochen, die der G. auch als Mate- 
rial für die bildende Kunst beanspruchen darf. 
Für die eigentliche große Plastik fand er frei- 
lich nur selten und mehr als Surrogat, aber doch 
schon frühzeitig Verwendung. Als Theokosmos 



und die Kömer sigilla und die teils Kindern als 
Spielzeug dienten, teils Nippfiguren, Weihgaben 
u. dgl. waren, wurden zwar in der Regel aus dem 
dauerhafteren gebrannten Ton hergestellt, doch 
auch aus Gips, s. Bekker Anecd. 272, 31 : x6 Qn , 
xal zb fiutQÖv dyaXfidztov rb yvxpivov nal nifkt- 
vov, ä(p o% nal xoQojzM&og 6 xavxa noiüv xa- 
Xelxat. Etvm. M. 530, 11. Suid. s. xooo7ilü#ot. 
Timai. Lex. s. xoQonla&oi. Auch von diesen Ar- 



Tempel des olympischen Zeus das Götterbild ah* M^ri^i, ™~ ,-~ _-u~i^_ • *tJ? , V. , 



Tempel des olympischen Zeus das Götterbild aus 
Gold und Elfenbein herzustellen, brach der Pelo- 
ponnesische Krieg aus, als erst der Kopf des 
Gottes in diesem Material hergestellt war; der 
Geldmangel nötigte den Kunstler, das übrige 
aus Ton und Gips herzustellen, wie Paus. I 40, 
4 berichtet. Höchst wahrscheinlich war dies un- 
scheinbare Material bemalt und vergoldet; Schu- 
bart Rh. Mus. XV 88 vermutete, der Körper sei 



Materials nur wenig erhalten ; im Compte Rendu 
de la Comm. archeol. de St. Pötersbourg f. 1875, 
Atl. Taf. I bildet Stephani kleine Gipsfigür- 
chen ans einer Niobidcndarstellung ab, die als 
Verzierung an einem Holz Sarkophage angebracht 
waren, vgl. ebd. 5ff. 

Wenn nun im großen und ganzen der G. 
in der alten Kunst als Material von Bildwerken 
immer eine untergeordnete Rolle spielte, so war 



ans „ta^ta, .Ton, HänOe und mi" Ton ft 50 ^»-^ "be™ MSl "l™ 
und die ganze Statue mit Gewändern b^klm^ rh „„ ^™ j:„ ai^h, __ ., „ ,„, hI ' 



und die ganze Statue mit Gewändern bekleidet 
gewesen, doch ist letzteres wenig wahrscheinlich. 
In Kreusis, der Hafenstadt von Thespiai, fand 
Pausanias nach IX 32, 1 eine Sitzstatue des Dio- 
nysos aus bemaltem G., freilich nicht in einem 
Tempel, sondern in einem Privathause. Auch 
christliche Schriftsteller erwähnen G. als Mate- 
rial von Götterstatuen, so Arnob. VI 14 eom- 
mixtum glutiaum gypso. Prudent. apoth. 458. 



da aus ihm die Abgußformen und Modelle her- 
gestellt wurden, wofür er sich seiner Beschaffen- 
heit nach vorzüglich eignete, Theophr. de lap. 67 
öia<pEQEtv 6k äoxel xal tiqo; ajtof.iäy(iata tzoXv 
Tbtv äXXa>v,^ Et? o xal zQüvTat päMov xal fiäkioft'' 
oi ,t€qI ttjv 'Elkdda, yhaxgÖTtjTi xal Xeioir^zt. Daß 
auch die alten Künstler "ihre Arbeiten nicht aus- 
führten, ohne vorher ein Modell davon gemacht 
zu haben, ist nicht zu bezweifeln ; wenn Plinius 



TW+ iaJ ö ij * t. i ö" n i" Jt "' ^ JO - * u Hauen, ist ment zu bezweitem ; wenn Plinius 

S a.r Ä- J T"°S\ te Imd - °' S * V T L I 43G " 60 ( XXXV 153 ) *« erst seit Lysistratos, dem Bruder 
In der Kaiserzeit erfahren wir von G nsbüsten T,v*mn« nw;^ ™^„„ isß + <';<!. Z...1. 



in der Kaiserzeit erfahren wir von Gipsbüsten 
von Philosophen, die als Zimmerschmuck dienten 
luv. 2, 4f., und namentlich Ärmere, die sich Mar- 
morbüsten nicht leisten konnten, werden zu die- 
sem Ersatz gegriffen haben, weshalb von den mit- 
unter ohne Angabe des Materials als Schmuck 
SS ™atJ£liotheken genannten Porträtbüsten 
(Hin. XXXV 5. Lucian. Nigr. 2) manche aus 



Lysipps, üblich werden läßt (erevitque res in 
tantum, ut ntdla signa statuaeve sine argilla 
fwrent), so ist er damit (die Richtigkeit des Wort- 
lautes vorausgesetzt, s. u.) sicherlich ebenso im Irr- 
tum, wie wenn er es (ebd. 156) als besonderen 
Vorzug an Pasiteles rühmt, daß er immer nach 
vorher gefertigtem Modell gearbeitet habe (nihil 
umquam feeit antequam finxü). Die Künstler 



"JF B 



urypsum 



zuy» 



machten zunächst das Modell ihrer Figur, mochte wo von den Erfindungen des Butades berichtet 
Äie für Bildhauerarbeit oder Erzguß bestimmt ist, betrachtete, der später vom Rande an einer 
sein, in Ton; aber sie werden schwerlich dies falschen SteUe in den Text gesetzt worden sei; 
Tonmodell direkt zur Arbeit benützt haben, da derselben Ansicht war Furt wängl er (Neue Jahrb. 
es dafür erst hätte gebrannt werden müssen und Suppk-Bd. IX 59; Über Statuenkopien im Altert, 
nicht überall die dazu erforderlichen Öfen in der [Abhandl. Akad. München, Phil. hist. Kl. 1896] 
oft notwendigen beträchtlichen Größe vorhanden 544ff.). Damit würde also die Erfindung der G. -Ab- 
sein mochten, auch dabei immer die Gefahr des güsse dem fast sagenhaften sikyonischen Töpfer Bu- 
Schwindens und der Veränderung einzelner Par- tades zugeschrieben werden, was wenig glaublich 
tien vorlag (vgl. Blümner a. a. O. 119f.). Da 10 ist; daher haben Overbeck (a. a. O. 176, 1) und 
lag es denn nahe, daß man vom Tonmodell eine Rein ach (Revue archeol. N. S. XLI [1902] II 
Negativform in G. herstellte und von dieser dann 5ft\) den Passus wohl mit Recht an seiner Stelle 
«inen positiven Abguß , der nun dem Bildhauer belassen. Allerdings muß es dabei als fraglich 
als Modell diente und zu dem schon in der alten bezeichnet werden, ob Plinius diese Erfindung 
Skulptur gebräuchlichen Punktieren benützt wurde. mit Recht dem Lysistratos zuschrieb oder ob sie 
Daß diese Erfindung in der Tat alten Datums ist, nicht schon älteren Datums war (über G.-Abgüsse 
zeigen ägyptische Funde von G.-Köpfen, die allem im Altertum handeln Welcker Akad. Kunstmus. 
Anscheine nach als Modelle für Künstler abge- zu Bonn 4f., Furtwängler und Reinach a. 
gegossen waren und bis in die 18. Dynastie zu- a. O.; die Abhandlung von Perkins Du mon- 
rückgehen, s. Flinders-Petrie a. a. O. 144 20tage en plätre chez les anciens 1869 kenne ich 
Fig. 133f. Und auch für Griechenland werden nur aus dem Zitat bei Collignon Hist. de la 
wir weiter zurückgehen müssen, zumal die Stelle sculpt. Grecque II 728, 2). Daß sie die Alten 
des Plinius über Lysistratos kaum so haltbar ist, überhaupt kannten , geht auch aus der oben an- 
wie sie überliefert ist. Sie lautet (XXXV 153): geführten Bemerkung des Theophrast über ano- 
hominis autem imaginem gypso e faeie ipsa ftäyftaza hervor; wenn Furtwängler a. a. 0. 
primus omnium expressit ceraqice in mm for- die Erfindung, G. -Modelle den Marmorstatuen 
mam gypsi infusa emendare insiituii Lysistra- zugrunde zu legen, erst dem Pasiteles zuschreiben 
tus Sieyonius .... hie et simüitudines reddere möchte, so spricht dagegen außer Theophrast auch 
instituit; ante eum quam pulcherrimos faeere die Stelle bei Plut. de soll. anim. 36 p. 984 B 
studebant. idem et de signis efßgies exprimere 30 (auf die Rein ach aufmerksam gemacht hat), 
invenit, erevitque res in tantum, ut nulla signa wonach Abgesandte des Ptolemaios Soter von 
statuaeve sine argilla fierent. quo apparet anti- zwei Statuen in Kirrha die eine mitnahmen, die 
quiorem hane fuisse soientiam quam fundendi andere aber, die sie zurücklassen mußten, ab- 
aeris. Hier ist also zuerst vom Abnehmen von gießen ließen. Es gab also im Altertum ebenso 
Gesichtsmasken nach dein Leben die Rede. Das G.-Werke, die den Künstlern als Modell dienten, 
Nehmen von Totenmasken war eine alte Erfindung, als G.-Abgüsse von berühmten Kunstwerken ; 
in Ägypten schon zur Zeit Amenhoteps IV. be- auch die oben erwähnten Porträtbusten aus G. 
kannt, wie dessen noch erhaltene Totenmaske be- werden solche Abgüsse von marmornen oder 
weist (Flinders-Petrie a. a. 0.); daß die myke- bronzenen Originalköpfen gewesen sein. Und 
nischen Goldmasken auch über der Leiche gemacht 40 daß man nicht nur bei statuarischen Werken, 
zu sein scheinen, mag hier nur beiläufig bemerkt sondern auch bei Herstellung von Geräten u. dgl. 
werden , da es sich um ein anderes Material aus Erz nach G. -Modellen arbeitete, zeigt Plinius 
handelt. Daß der Brauch in Griechenland nicht a. a. 0. 155 idem (seil. Varro) magnißeat Ar- 
unbekannt war , lehrt eine noch erhaltene , bei cesilaum L. Lurnlli familiärem, cuius proplas- 
Hagia Triadha am Friedhof vom Dipylon gefun- mala (das ist der technische Ausdruck für Modell) 
dene gipserne Totenmaske (vgl. v. Sybel Katal. pluris venire solita artifieibus ipsis quam alio- 
d. Skulpt. zu Athen 208 nr. 2921). Für Abgüsse rum opera; ebd. 156 Octavio equiti Romano 
nach dem Leben aber ist dies die einzige uns eratera faeere volenti exemplar e gypso factum 
vorliegende Notiz ; denn um diese viel schwierigere talento. 

Prozedur, nicht um Abnehmen von Totenmasken, 50 Was endlich den Schluß des besprochenen 
wird es sich wohl handeln, obschon Plinius es Passus bei Plinius anlangt (erevitque — aeris), 
nicht ausdrücklich sagt, und so wird die Stelle so ist dieser sicher mit Recht auch von Over- 
auch in der Regel verstanden (vgl. Brunn Gesch. beck und Reinach a. a. 0. als nicht hierher 
d. griech. Künstler I 402ff. OveTbeck Griech. gehörig bezeichnet worden. Das Arbeiten nach 
Plastik ir+ 166f. Springer-Michaelis Haudb. einem Tonmodell (argilla) hat mit der Erfindung 
d. Kunstgeschichte P 393; abweichend Benn- von G.-Abgüssen fertiger Statuen nichts zu tun; 
dorf Antike Gesichtshelme und Sepulcralmasken und der Schluß, diese scientia sei älteT als die 
73 , der daher auch die Notiz des Plinius , daß Erfindung des Erzgusses (die die Alten doch ins 
erst Lysistratos das Abnehmen von Totenmasken 6. Jhdt. v. Ohr. versetzten), zeigt, daß der Satz 
erfunden habe, verwirft). Daß Lysistratos das Ab- 60 nichts mit Lysistratos zu tun hat Reinach will 
formen über den lebenden Menschen zuerst ein- ihn auf Butades § 152 beziehen; Uriichs in 
führte, ist daher wohl möglich. Anders steht es der Chrestom. Pliniana schob ihn im selben §, 
mit der zweiten Angabe, daß er zuerst Abgüsse aber hinter plasticen ein, sodaß er sich auf die 
(und man darf in diesem Zusammenhang wohl Erfindung und Ausbildung der Tonbildnerei über- 
sagen G.-Abgüsse) von Statuen genommen habe. haupt bezog. 

Brunn (a. a. 0. 403) fand das so unglaubhaft, Auch die alten Töpfer, soweit sie ihre Ge- 

„daß er den ganzen Schluß des §, von idem et fäße nicht aus freier Hand auf der Drehscheibe 

bis fundendi aeris, als einen Nachtrag zn § 152, formten, bedienten sich gipserner Modellschüsseln, 



■wie' denn G.sFormen fauch für Terrakottareliefs 
Üblich Trarerji In der römischen, Töpferei kamen 
solche G.-Formen Tornehmlich für Lampen und 
Terrasigillata- Gefäße in Anwendung (Reste derart 
im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich). 
Eigene Bezeichnungen für den Gr.- Arbeiter sind 
nicht häufig. Im Griechischen findet sich erst 
ganz spät hei Cassiod. var. VII 55 die Bezeichnung 
gypsoplastes, bei Zonar, 1651 yvipstmkäoTrjg; häu- 
figer ist im Lateinischen gypsarius, obschon nur 10 
auf Inschriften nachweisbar, s. CIL IX 5378. XII 
4479; plasia gupsarius im Ed. Diocl. 7, 30. 

Was sonstige Verwendung des G. anlangt, 
so sind deren verschiedene namhaft zu machen. 
Von Aithiopien berichtet Herod. III 24, daß man 
dort die auf ägyptische Art einbalsamierten oder 
sonst mumifizierten Toten mit G. überzog und 
bemalte. Daß in Griechenland die Maler G. ge- 
brauchten (dg) svia xoiv naxb. tr/v r£%rr}v } bemerkt 
Theophr. de lap. 67 ; wahrscheinlich nahmen sie 20 
ihn zum Grundieren der Holztafeln, vielleicht auch 
bei der Bereitung der weißen Farbe. An derselben 
Stelle erwähnt Theophrast, daß einige G.-Sorten, 
wie z. B. der tymphaische, von den Walkern an- 
statt der sonst üblichen Walkererde benützt wurde ; 
darnach Plin. a. a. 0. 198 Qraecia pro Cimolia 
Tymphaico utitur gypso. Um Eisen gegen Rost 
zu schützen, versah man es u. a. mit einem aus 
Bleiweiß, G. und Pech bereiteten Überzuge, 
Plin. XXXIV 150: a r obigine vindieatur eerussaSO 
et gypso et Hquida pice; vgl Isid. XVI 21, 7. 
Sodann scheint es nach der Inschrift CIG 3159, 
wo von einer Statue avv ßdcsi dgyvQerj ympov 
fieaxfj die Rede ist, daß man G. zur Füllung 
hohler Teile von Metallarbeiten nahm. 

Sehr ausgedehnt war die Verwendung des 
G. in der Landwirtschaft. Bei Fässern mit 
Konserven, besonders Trauben und Äpfeln, oder 
sonst luftdicht zu haltenden Dingen wurden die 
Deckel, die dann noch manchmal verpicht wurden, 40 
erst eingegipst, was mit yvyovvj gypsare, be- 
zeichnet wird; s. Colum. II 10, 16. XII 10, 4. 16, 
4. 39, 2. 44, 6. Plin. XV 62. XX 97. Geop. 
IV 15, 13; ebd. 17. VI 16, 1. VIII 26, 1. Auch 
bei Flaschen, Amphoren u. dgl. war Verschluß 
mit G. üblich, s. die amphorae vitreae diU- 
genter gypsatae Petron. 34, 6. Colum. XII 12, 
2. 16, 2. 41. Pallad. IV 10, 18; zerbrochene 
oder gesprungene Tongefäße wurden mit G. 
gekittet, Arist. Vesp. 926 mit Schol.. und Cato 50 
r. r. 39 gibt dafür das Rezept, wobei Wachs, 
Harz und Schwefel mit G. zu mischen sind. 
Sodann werden aber auch Früchte, die man kon- 
servieren wollte, direkt in G. eingelegt, indem 
man sie entweder direkt in leingepulverten 
trockenen G. bettete. Colum. XII 44, 4: non- 
müli sicco flore gypsi oblinunt uvas, quas non 
nimium maturas vifibus detraxerunt. Plin. XV 
64: mala generosissrma eadevi ratione erttstant 
gypso vel cera. Pall. III 25, 26 : alii in patina 60 
nova sicco gypso obruunt separata cydonia, oder 
die erst getrockneten in Binsen wickelte und mit 
G. bedeckt in Fässern einlegte, wie es in Li- 
gurien mit Trauben geschah nach Plin. a. a. O. 
66. Daß man Weine, besonders solche, die leicht 
umschlugen, gipste, ist eine bekannte Tatsache, 
die schon Theophr. de lap. 67 erwähnt, der es 
allerdings nur für Italien bezeugt, doch war das 



Verfahren sehr verbreitet j vgl. Colum. XU 28, 3. 
Plin. XIV 120 : Africa gypso mitigat asperita- 
tem. Plut. quaest. nat. 10 p. 914 C; Man nahrii 
dazu feinsten G., der wie beim Mehl flos hieß,, 
und tat ihn zum jungen Most, Colum. XII 20, '8i 

26, 2. 36. Poll. XI 14, 6. Geop. VI 18. VII 
12, 5; auch bei eingekochtem Wein tat man G: 
hinzu, Colum. XII 21, 3. 26, 2. Daß man auch 
Gerste im Speicher der Konservierung halber mit G, 
vermischte, erwähnen die Geop. II 30, % die Ver- 
wendung beim Düngen Pallad. IV 10, 5. G. war- 
auch notwendig bei der Herstellung künstlicher 
Graupe, Plin. XVIII 115. Geop. III 7, 1; vgl. 
Blümner a. a. O. I 56. Um Hühnern, die ihre 
Eier auffraßen, dies abzugewöhnen, füllte man 
ausgeblasene Eierschalen mit G. und warf diese- 
den Hühnern hin, Geop. XIV 7, 5, 

Die Verwendung des G. als Färbemittel wurde- 
schon oben erwähnt ; so benützten es auch Schau- 
spieler, um sich weiße Hände zu machen , vgl. 
Cic. ad fam. VII 6, 1 ; ein Bestreichen mit G. zum 
Z wecke einer Kriegslist erwähnen Herod. VHI 

27. Paus. V 1, 11. In Rom wurden Sklaven, 
die auf der eatasta, einem Schaugerüst, zum Ver- 
kauf gestellt wurden, die Füße mit G. geweißt T 
Tib. II 3, 60. Ovid. am. I 8, 64; vgl. luv. 1, 111. 
Plin. XXXV 199 nennt dafür Kreide als Material. 

In deT Medizin fand der G. nur äußerliche- 
Anwendung, gegen Blutungen, zu Verbänden u. 
dgl. , Diosc. V 133. Cels. II 33 und öfters bei 
Galen ; innerlich wandte man ihn nicht an, weil 
er für giftig galt (Plin. XXXVI 183). Plinius 
empfiehlt verschiedene Gegenmittel bei einge- 
tretener Vergiftung XX 1 78. XXIII 83. XXVIII 1 29. 

Vgl. im allgemeinen Blümner Technologie 
II 140If. III 101 ff. A. Jacob bei Daremberg- 
Saglio Dict. des antiqu. II 1714ff. [Blümner. 1 

GypsuSj Bergwerke in Ägypten, wohin in den 
späteren Zeiten der Römerherrschaft schwere Ver- 
brecher verbannt wurden, Cod. Iust. IX 49, 26. 
Novell. 22, 8. 142, 1. [Pieper.] 

f Gyrai (Oyre; a£ rv Q ai [Hom. Od. IV 500f.] 
TtiTQai von yvoög , randgebogen; s. den Art. 
Gyras; Adj. rvgai6g\ rvgairj nhgt} Od. IV 506. 
Bei Steph. Byz. s. IIvvk~ wird Fvq^ erwähnt ; vgl. 
Quint. Smyrn. XIV 570). Nach SchoL gr. in 
Hom. Od. Dind. I 218, Hesych. vgl. Diogeneian- 
Hesychios s. Fvgdg und dem Scholiasten Eusta- 
tbios 1507, 7 sollen diese felsigen Klippen in der 
Nähe von Mykonos oder Mykone, einem südöst- 
lich von dem Kykladeneiland Tenos gelegenen 
Inselchen, sich befunden haben, nach anderen bei 
dem euböischen Vorgebirg Kaphareus. Auf sie soll 
der kleinere Aias geworfen worden sein, nachdem 
Poseidon die Felsen zerspalten hatte. Inwiefern 
G. mit Gyras (s. d.) auf der Insel Tenos zu- 
sammenzubringen ist, ist ungewiß. H. Kiepert 
FOA XII setzt G. mit Fragezeichen südlich dicht 
an Tenos an. [Bürchner.j 

Gyraieis s, Gyras. 

Gyrapsios (Fvgäiftog), Beiname des Zeus auf 
Chios, Lykophr. 537 nebst Tzetz. Potter (Comm. 
in Lycophr. , abgedruckt in Tzetz. Schol. ed. 
Müller III 1481) meinte, die Beinamen Drymnios, 
Promantheus, Aithiops, Gyrapsios (Lykophr. 536f.) 
paßten besser für Apollon; doch ist wenigstens 
Aithiops durch Eustath. Hom. Od. 1385, 62 
gerade für Zeus bezeugt. [Jessen.] 



Gyras (i? Fügäs [Diogeneian-Besychios], Gy- 
raieis [ot Fcgatetg Inschr.]; G. von der rund- 
lichgebogenen Form des Berges; vgL Schol. Ly- 
cophr. Alei. 390. Die Bewohner des Berges 
rveaite, L. Roß Inscr. ined. LI lOOff. CIG 2836. 
Der Name ähnlich wie fj yvnidg, öeigdg, xoddg, 
gayds, ajiddg , x° l $fe), 1 km langer Höhenzug 
(ogog) mit der höchsten Erhebung von 718 m, 
auf der Kykladeninsel Tenos, in deren östlichstem 
Teil, jetzt Tzykniäs, der brandig riechende (?) Berg ; 
vgl. Hauttecoeur L'ile de Tinos 7A die An- 
gabe vom Vorhandensein einer Schwefelmine. 
L. Roß Inselreisen I 20. C. Bursian Geogr. v. 
Griechenl. n 445, 2 und nach diesem A. Milia- 
rakis Kvxlahtxd 12 setzen G. vermutungsweise 
gleich mit Qyrai petrai (s. d.); vgl. zur Geologie 
A. Philipp son in Petermanns Mitt, Ergänz.- 
Heft CXXXIV 20 und Karten, N. Kots owillis 
Neos Atfievodeixzrjs'Z 19. [Bürchner.] 

Gyre s. Gyrai. 

Gyn s. Giri (mons) o. S. 1369. 

Gyridas, Spartiate, Anhänger der makedonisch- 
achäischen Partei. 219 v. Chr. gehörte er der 
Gerusia an und ward damals bei der Revolution, 
die zum Anschluß an die Aetoler und zur Wahl 
des Lykurgos führte, bei Gelegenheit eines Festes 
umgebracht, Polyb. IV 35, 5. Niese Gesch. der 
griech. u. makedon. Staaten II 425. [Niese.] 

Gyrinna s. Sappho. 

Gyrisini, eine Völkerschaft oder Gemeinde in 
der Umgegend von Castulo, im diesseitigen Hi- 
spanien. Sie werden nur in Plutarchs Leben des 
Sertorius bei der Erzählung eines Abenteuers, 
das der junge Sertorius in Castulo (s. d.) bestand, 
wahrscheinlich nach Poseidonios, genannt: die 
von Castulo überfallen nachts die römische Be- 
satzung und holen sich Hilfe dazu von ihren 
Nachbarn (Sertor. 3 ciaga räv a.öTvyen6vo3v Fv- 
gtooivotv). Der Ort Gurisoena oder Curisona (vgl. 
Iloiturgi, Iliturgi) muß also ganz nahe bei 
Castulo gelegen haben ; seine Lage ist nicht ge- 
nauer zu ermitteln. Wahrscheinlich wurde er 
schon damals zerstört. [Hübner.] 

Gyrtios (Fvgttog), Vater des Hyrtios, TL XIV 
512. Eustath. IL z. d. St. [Hoefer.] 

rvQztbv und rvQTibvr) (nach Pape = Ecken- 
dahl). 1) Stadt in der Pelasgiotis (Strab. IX 441. 
443), und zwar im Nordosten dieser Provinz; denn 
sie wird manchmal zu der Landschaft Perrhaibia 
(Strab. IX 439. VII 329 frg. 14. 16. Schol. Apoll. 
Rhod. I 57. Steph. Byz. s. v.), manchmal zur 
Magnetis gerechnet (Strab. VII 329 frg. 14. 16. 
Plin. n. h. IV 16. Eustath. IL 933, 26). Sie lag 
nach Strabon VII 329 frg. 14 auf dem rechten 
Ufer des Peneios. Doch ist diese Nachricht nicht 
zuverlässig, and die Lage von G. ist wegen der 
verworrenen Angaben Strabons ungewiß. Leake 
Travels in Northern Greece III 382 setzt es 
an auf der Magula bei Bei Tatar, einem Ort 
zwei Standen nördlich von Larisa, auf dem linken 
Ufer des Peneios, Georgiades QtaoaXia^ 1894, 
154 nördlich von Bakrina auf das rechte Ufer 
des Peneios. Am wenigsten Wahrscheinlichkeit 
hat Bursian Geogr. von Griechenl. I 61, 65 für 
sich, der es bei Makrichori vermutet. Nach Liv. 
XLII 54 lag G. zwischen Phalanna und Elatea. 
Am Wege von Larissa nach G. lag das Grab des 
Hippokrates, Medici Graeci ed. Kühn vol. XXLII. 



Sorani vita Hippocratis p. 853. Von unklarem 
Zusammenhang ist die Angabe bei Ptolem. III 
13,43, daß G. in Stymphalia lag, und das Bei- 
wort dfooteyes, das G. in Orph. Argonaut. 146> 
führt. VgL ferner Hesych. s. v. Polyb. XVin 
22. G. war nach der Sage eine Gründung der 
Phlegyer; nach Schol. Apoll. Rhod. I 57 ist e& 
von Gyrtone, der Tochter des Phlegyas, nach 
Steph. Byz. s. v. und Eustath. H. 333, 22 von 

10 Gyrton, dem Bruder des Ixion und Phlegyas, ge- 
gründet. Anders Orph. Argonaut. 145. Daher 
wurden die Gyrtonier den Phlegyern gleichgesetzt, 
Strab. VII 329 frg. 14. 16. IX 442. Steph. Byz. 
s.v. SchoL IL XIII 301. Eustath. IL 333, 26. 
337, 14. 933, 25. Heroen von G. beteiligten sich 
am Argonautenzug, Apoll. Rhod. I 57 (der Lapithe 
Koronos, Sohn des Kaineus), und am Troianischen 
Krieg, IL II 738 (Polypoites, der Enkel des Ldon). 
Auf Münzen von G. erkennt O. Rossbach den 

20 Lapithen Kaineus, einen alten Kriegs- und Todes- 
gott, und sein weibliches Gegenstück Kainis, Neue 
Jahrb. VII 1901, 410-411. G. erweist sich mehr- 
fach als thessalische, nicht perrhäbische Stadt. 
Kipp Thessal. Studien, Halle 1910, 107. 116. 11£. 
Nach Thucyd. II 22 sendete sie 431 v. Chr. Hilfs- 
truppen nach Athen. Die Zugehörigkeit zu Thes- 
salien ist inschriftlich bezeugt SGDI II 1720, 8. 
2580, 123. 2599, 1. IG IX 2, 534, 12 {0 £ ooaXol 
sx Fvgxtövog). Auch stammen aus G. mehrere 

30 thessalische Strategen (K r o o g De foederis Thes- 
salorum praetoribus, Diss. Halle 1908, 59. 60). 
G. wurde 191 v. Chr. von Antiochos (Liv. XXXVI 
10) und 171 v. Chr. von Perseng (Liv. XLII 54) 
bedroht, aber nicht eingenommen. Ethnikon 
rvQtwviog. Inschriften von Tatar Magula IG IX 
% 1034—1039 ohne Nennung des Stadtnamens. 
Münzen geprägt von 400—190 v. Chr. , Catal. 
of Greek Coins Brit. Mus., Thessaly to Aetolia 
by P. Gardner p. 20 pl. III 5. 6. pl. XXXI 3. 

40HeadHN251. Bull. hell. V 290. Schlosser 
Münzen des allerh. Kaiserhauses, Wien 1893, 
S. 9. [Stählin.] 

2) FvQzayv, eponymer Gründungsheros der 
perrhaibi sehen Stadt in Thessalien, Bruder des 
Phlegyas, Steph. Byz. s. v., während die Orph. 
Argon au tik I 143 diese Gründung vielmehr dem 
Phaleros, Sohn Alkons, zuschreibt. [Tümpel.] 

Gyrtone (rvQTtövfj), eponyme Heroine der 
perrhaibischen Stadt in Thessalien, deren horoe- 

SOrischen Namen sie trägt, SchoL Apoll. Rhod. I 
57. [Tümpel.] 

Gythelon (Fufotav Herodian. II 459, 6. I 371, 
3 Lentz = Steph. Byz. Diod. XI 84, 6. Lykophr. 
98. Polyain. II 9. Polyb. V 19, 6. Skyl. 46. 
Strab. VIII 363. 343. Xen. hell. I 4, 11. VI 5, 32, 
das Ethnikon fvdiäxtjg Steph. Byz. Inschr. Münz- 
legende; Qytkeum Cic. off. III 49. Liv. nach 
Weissenborn zu XXXIV 29, 2 überall. Plin. IV 16; 
rvdiov Lok. dial. mer. 14, 2. 4. Paus. I 27, 5. 

60 III 21, 4—9. 22, 1. 3. 24, 6. VIII 50, 8. Plut. 
Kleom. 29; Philop. 14. Polvain. II 9. Ptolem. 
IC 14, 32; Gythium Plin. VI 214), Hafenstadt 
Lakoniens, kam erst zu Bedeutung, ab das an 
offener Sandküste der Eurotasebene gelegene Heloa 
seine Rolle als Seestadt infolge des Anwachsens 
des Schwemmlandes und des Größerwerdens der 
Schiffe verloren hatte. Da mußte der Seeverkehr 
des Eurotasgebietes eine geschützte Landestelle 



an der Gebirgsküate seitwärts der sumpfigen 
Mfindungsebene aufsuchen, und zwar kam, nach 
■der Lage der Hauptstadt, dafür nur die West- 
seite des Lakonischen Golfes in Betracht. So ist 
an der nordwestlichen Ecke des Golfes an der 
«rsten geeigneten Küstenstelle Gr. entstanden. 
Denn hier ist die Landverbindung (jetzt Fahr- 
straße) nach Sparta durch das Hügelland der 
Bardunochoria leicht; auch nach Südwesten ge- 



weist. Die ebenfalls im Süden der Stadt ange- 
gebene Stätte des Zeus Kappotas, auf der Orestes 
von seiner Raserei ausgeruht haben sollte, hat 
man nicht gefunden. 

G., eine Periökenstadt, trat in der Geschichte 
erst hervor, als die Spartaner eine Flotte zu 
bauen begannen; seitdem war es ihr stark be- 
festigter Kriegshafen, zugleich aber auch der 
einzige nennenswerte Handelshafen Lakoniens 



küste bei Oitylos und nach Messenien, in welch 
letzterer Richtung ein antiker Fahrweg verlief 
(Philippson Peloponnes 200. 249). Von der 
Mündungsebene des Eurotas wird G. durch eine 
Anzahl von Hügelvorsprüngen und kleinen Ebenen 
getrennt. Am ersten dieser Vorsprünge nördlich 
der Stadt entspringt eine starke Quelle, die im 
Altertum durch einen Aquädukt zur Stadt geleitet 



wnrrlp ^ ™j ^;7t 7 ■ V 8"* c "" u ^ "out rnuopoimens .üemunung von Nabis 

wurde. So sind die Landwege ms Innere Lako- 20 wiedererobert (Liv. XXXV 25-27 Plut PmTon 
mens und auch Messeniena ffünsti^: filrdiV Plr.bHR. ih P«« n wirr K n- «7t o .., • ,„ • rnuop. 



mens und auch Messeniens günstig; für die Schiffe 
aber bietet ein im Süden der Stadt vorspringen- 
der, 186 m hoher Kalkhügel, Larysion der Alten, 
und ein vorgelagertes kleines Felseiland, Kranae", 
jetzt Marathonisi (Fenchelinsel), leidlichen Schutz 
vor den Südwinden. Der Hügel Larysion war dem 
Dionysos geweiht, zu dessen Ehren auf der Höhe 
im Frühjahr eine geheimnisvolle Feier veranstaltet 
wurde; oben sind Trümmer eines Kastells vor- 



wüstet (Thuk. I 108, 5. Diod. XI 84, 6. Paus" 
I 27, 5. Busolt III 326, 1). 369 vermochte 
Epamemondas die Stadt nicht zu erobern (Xen 
M 1 ; T? 5 ' m - PolYaen - H 9. historisch wertlos! 
s. Melber Jahrb. f. class. Phil. Suppl. XIV 557f.) 
195 wurde sie nach kräftigem Widerstände von T. 
Quinctius Flamininus eingenommen (Liv XXXIV 
29. Ehrendekret der Bürgerschaft SGDI 4565), 
192 trotz Philopoimens Bemühung von Nabis 

WlAflAT(ii*ATiäi-f /T.i'tt TVV17 nt nn i-n__. t.j -, 



14. Paus. VIII 50, 7ff.). Später gehörte sie zu 
den Eleutherolakonen (Paus. III 21, 7) und war 
in römischer Zeit eine blühende Stadt. Den M 
Agrippa hat sie als Euergetes geehrt (SGDI 4569)] 
den Herodes Attikos als Soter und Ktistes (IG 
III 668). Unter den Ausfuhrprodukten war auch der 
in der Nähe gewonnene architektonische Schmuck- 
stem von Krokeai. Purpurfischerei und Färberei 
wurden in G. betrieben. Man verehrte in der 



"hinrt™ fw TU. y -";""""»»"*- wurueu in tr. Detneben. Man verehrte in der 

banden. Der Abhang gegen das Meer hieß 30 Stadt auch einen Meergott unterdem Namen 
Migomon; hier stand ein Tempel der Anhrodite W,,,,, (P*.™ ttt 01 n % „ ' Jt. 1. _5^ **>™ n 



Migonion; hier stand ein Tempel der Aphrodite 
Migonitis, dessen Stiftung dem Paris zugeschrieben 
wurde, der auf dem Eiland Kranaä seine Ver- 
bindung mit der geraubten Helena vollzogen haben 
soll. An diesem selben Abhang zieht sich das 
moderne Hafenstädtchen hinab bis zu der un- 
mittelbar von dem Eilande geschützten Bhede; 
-es ist erst am Anfang des 19. Jhdts. entstanden 
und hat der Insel den Namen Marathonisi er- 



ytecov (Paus. III 21, 9. Gaedechens Der Meer- 
gott Glaukos 1901). Im Mittelalter sank ihre 
Bedeutung gegenüber Monemvasia ; endlich scheint 
sie verschwunden zu sein. Über die Neugrün- 
dung s. o. 

Karten: die beste Le Bas Voyage archeol 
Jtirj.pl. 26, am zugänglichsten Curtius Pelop! 
II Taf. XII. Admiralty Charts 3342. Beschrei- 
bung der Ruinen: zusammenfassend Frazer 



halt™ ,w ,u U ■ a j — r j , . UJ1 S uwr ÄUinen: zusammenlassend Frazer 

Ä G%:tdfLTt,tfJZ 3 ^«ESL™ W«-" 8 » 1 * ^«-en Literat«, a m 



Namen G. verdrängt wird. Der malerische, aber 
enge und schmutzige, von Mücken und Fieber 
heimgesuchte Ort hat ziemlich regen Verkehr als 
einziger Hafen für die Eurotasebene (Ausfuhr von 
Knoppern, Seide u. a.) und zählt (1896) 4061 Ein- 
wohner. Ein Damm führt zur Insel hinüber, auf 
<ler eine Kapelle, ein Leuchtturm und einige 
andere Gebäude sich befinden. 

Die antike Stadt aber lag nördlich vom La- 



besten Skias IlQaxTtxd 1891, 27ff. Negris 
Att. Mitt. 1904, 342, Geschichte: Weber De 
Gytheousw., Diss. Heidelb. 1833, 20ff. Philipp- 
son Pelop. 216. 249. Niese Nachr. Gott. Ges. d. 
Wiss. 1906, 115. Kulte: Wide Lakon. Kulte 
398f. Zeus Kappotas: Wide 20f. üsener Eh 
Mus. LX 12. Solmsen Rh. Mas. LXII 337 
Inschriften: CIG I 1392. IG III 668. SGDI 



rysion in einer kleinen Ktt^n^; \om~Uf«, 50 Le^LeV^^Ä^l? 2, w ^"V 
wo der künstliche Hafen (Strab. VIII 363) g! veTus b?s Geta*, Legende mEA^Yfit 
zu suchen ist. bs 711 <\m Rft nft.*n l^^Jv,™ t „i, tr„,^ L', %^ llu r fJ^UAius* , W lue 



zu suchen ist, bis zu den sanften Jungtertiär- 
hügeln reichend, welche sie landwärts umrahmen. 
Die Reste der Stadt, meist der römischen Zeit 
entstammend, sind im wesentlichen: einige Trüm- 
mer der Akropolis auf dem Hügel nördlich des 
Baches von Selenitza, ein Theater am Fuß des- 
selben, Ruinen, die als Agora gedeutet werden, 
Grabkammern, zwei Sarkophage an der Küste, 



Lak. Kulte 398f. Head HN 133. Head-Svo- 

ronos 'lax. t. Noju. I 542; Cat. Brit. Mus. Pelop. 

n m.» [Philippson-Bölte.] 

(xythius las man früher als Namen eines 

Flusses in Lakonien bei Pomp. Mela II 3, 51, 

wo jetzt das hsl. Cynthius wiederhergestellt ist' 

_ [Bölte.] 

iirTtynoi (?). Auf einer Inschrift von Mualitsch 



uerestaat ist an einem Felsen eine große recht- n?..™ 1 

»ÄBÄÄ £ ^SS *"- 8 »'"•»-- * «• ^ ti- 



li. 



Hanropfer. Der Grieche sieht im Haar den 
Sitz seiner Kraft. Direkte Reste dieser Anschauung 
sind Hom. E. I 528ff. und Artem. oneiroer. I 18 ; 
vgl. Pringsheim Archäol. Beitr. 8, Münch. 1905. 
Hermann Gottesdienstl. Altertümer d. Griechen 
Heidelb. 1846, § 35, 18. Über xögvßßog , xqg>- 
ßvlog, thtiyEs s. Bremer Die Haartracht des 
Mannes, Gießen 1911. Jedoch möchte ich mich 
dem Gedanken Hausers Tettix, Österr. Jahresh. 
1906 anschließen, daß das auf den Helmen usw. 
angedeutete Haar symbolisch die Kraft des Trägers 
darstellen soll, wenngleich ich die Bedeutung, die 
er diesem Schmucke beilegt, sehr übertrieben 
finde. Thetis beschwört Zeus, indem sie seinen 
Bart und seine Kniee berührt, beides Sitze der 
Kraft, vgl. Hom. H. I 500. VIII 370. X 454. 
XXII 338. 

Später ist jiqos yzvetov einfache Bittformel, 
vgl. Soph. El. 1208. Eur. Med. 65. 709. Eury- 
sakes in Soph, Aias 1171ff. hält sein Haar und 
das seiner lebenden Verwandten in der Hand, um 
jeden bei seinem und seiner Verwandten Leben zu 
beschwören, die Leiche seines Vaters zu schonen. 
Das Haar vertritt hier nicht die frischen Zweige, 
die deT ixfatjs in die Hand zu nehmen pflegt, 
wie Schneidewin-Nauck zu dieser Stelle meint. 
Das gefangene Weib wird an den Haaren weg- 
geschleppt, Hom. H. VI 464 ; ausführlicher Aisch. 
Sept. 327f., besonders kraß in Aisch. Hiket. 429ff. 
882ff. Über die hierauf bezüglichen Vasenbilder 
s. Engelmann in Bosch ers Myth. Lei. Art. 
Kassandra. Der Sieger bemächtigt sich des Be- 
siegten vollständig, wenn er seine Haare in seine 
Gewalt nimmt. Von dem Verluste eines bestimm- 
ten Haares hängt der Verlust des Lebens ab. Für 
Nisos vgl. Aischyl. Choeph. 613ff. ; Kroll Die 
Locke des Nisos, in Skutsch Gallus u. Vergil II, 
Leipzig 1906, zeigt, daß es sich u. a. um ein 
allgemeines Märchenmotiv handelt. Verwandt 
hiermit ist die Erzählung über Komaitho . vgl, 
Tzetz. Lyk. 932. In Schol. Hom. Od. XI 321 
rät Ariadne, Theseus solle dem Minotauros Haare 
abschneiden und dem Poseidon opfern; hier ver- 
fällt das Ungeheuer genau wie beim Opfer dem 
Gott, der nicht seinen Beistand verweigern wird, 
es ganz in seine Gewalt zu bringen. Skylla und 
Komaitho sind keine Unterweltsgottheiten, wie 
Wieseler Haaropfer, Piniol. LX 71 1, noch weniger 
Himmelserscheinungen, wie A. Schultz Eurypy- 
los, Melanippos und Komaitho, Jahrb. f. Pbilol. 
XXVLT (1881) 307 annimmt. Ähnlichkeit mit 
der Simsonsage ist vorhanden; aber es fehlt das 
Reiigionsverbot , die Haare zu schneiden, vgl. 
Schwally Sem. Kriegsaltertümer, Leipz. 1901, 
I 69. Das verhängnisvolle Haar wird so mittel- 
bar zum Palladium der Stadt; über Palladien s. 



v. D ob schütz Christusbilder, Teite u. Untersuch. 
XV III c. 1. Die Locke des Medusenhauptes ist 
Palladium der Stadt Tegea, vgl. Paus. VIII 47, 5, 
weiter ausgeführt durch Apoll. II 7, 3; irrig ist 
die Ansicht Roschers Die Gorgonen und Ver- 
wandtes, Leipzig 1879, 81, daß es sich um Blitz- 
zauber handele. Das Haar hat die Macht des 
Medusenhauptes selbst; die Feinde werden von 
lähmendem Entsetzen ergriffen , wenn man es 

10 ihnen zeigt. 

Der Tod des Menschen tritt ein, wenn ihm 
Thanatos Kopfhaare wegschneidet, vgl. Eur. Alk. 
73. Aen. IV 695; weiter abgeschwächt ist der 
ursprüngliche Sinn, wenn der Tod das Haar des 
Menschen nur zu berühren braucht, um ihn sterben 
zu lassen, Stat. silv. II 1, 146. Thanatos schneidet. 
die Haare mit dem Schwerte weg ; der ursprüng- 
liche Gedanke ist wahrscheinlich, daß er ihn mit 
dem Schwerte tötet, vgl. Pinza La conversazione- 

20 d. teste umane usw. , Memorie della Societä Geo- 
grafica Italiana vol. VII 305-492. 

Die ängstliche Sorgfalt, die Haare nicht in 
die Gewalt anderer Menschen bezw. Gottheiten 
kommen zu lassen, zeigt die Vorschrift für den 
Flamen Dialis, vgl. Gell. X 15, 15, für seine Frau 
Ovid. fast. HI 397. IV 229. 

Zu bestimmten Zeiten, Geburt, Geschlechts- 
reife, Hochzeit, ist der Einfluß der Dämonen leich- 
ter möglich und deshalb besondere Vorsicht nötig. 

30 Das erste Haar ist besonders für die Verzauberung 
geeignet, deshalb wird es den Göttern geopfert. 
In Athen ist hierfür das {zdov benannte Opfer- 
fest bestimmt, vgl. O. Müller Jahrb. für klass. 
Phil. 1899 Suppl. XXV 865, der dies Opfer für 
Knaben und Mädchen annimmt. Lipsius Die 
Phratrie der Demotionidai, Leipz. Stud. XVI 165 
sucht zu beweisen, daß das tisTov für die Mäd- 
chen, das xoi'Qeiov für die Knaben stattgefunden 
habe bei der Einführung in die Phratrie. Ich 

40 möchte mich den Ausführungen Müllers an- 
schließen. DeT Hergang des Opfers ist bekannt, 
z. B. aus Etym. M. 553, 41 s. xovgsüug. Ferner 
das Mellephebenopfer, vgl. Hesych. II p. 730. 
Bei der Geschlechtsreife fand für die Knaben und 
Mädchen ein neues Opfer statt. Für die Knaben 
sehen wir dies besonders aus den Inschriften im 
Tempel des Zeus Panamaros. veröffentlicht durch 
Dechamps und Cousin Bull. hell. XII (1888) 
479ff. Ähnliche Gebräuche bei der Geschlechts- 

50 reife der Jünglinge finden sich in Delphi, vgl. 
Plut. Thes. 5 ; für Troizen Lukian ntgi Tijg 2v- 
qLtiz fcov 60. Die letztere Stelle wird erst 
verständlich, wenn man für rfjot dk siaQ-fävoioi 
das in den Hss. stehende wiot de veotat wieder- 
einsetzt. Man findet auch hier wieder das zwei- 
malige H. der Knaben, in den ersten Lebens- 



jähren, und bei der Reife, wobei auch der erste 
Bartschnitt geopfert wird. Petron. sat. 29, 8. 
Suet. Nero 12. Hierhin gehören auch die viel- 
fach überlieferten H. an Flußgötter, z. B. Paus. 
TOI 41, 3. Nonn. Dionys. in 343. Für die 
Mädchen fand das Heiratsopfer statt. Berühmt 
als Opferstellen waren Megara, das Grab der 
Iphinoe, Paus. I 43, 4, Die Gräber der Hyper- 
boreerinnen zu Delos, vgl. Herodot. IV 34; an 



naaroprer 



2108 



Ähnlich verhält es sich mit der Entstthnnng 
des Orest, die z. B. nach Procop. bell. Pnn. I 
17, 13 in Komana stattgefunden hat; hier liegt 
der Gedanke vor, daß die Furien keine Gewalt 
mehr über ihn haben würden, wenn er sein Haar 
im Tempel der ihm gut gesinnten Artemis opfere. 
Die hierauf bezüglichen Vasenbilden sind be- 
sprochen von Ö. Müller Dorier I 335, 4, 

Das Haaropfer als Substitutionsopfer. 



., £■,, ii . j . ° \ -' "-*> «■« -ua.ö iiaaiupici tUS OUUSlltUTilOnSO'Dier 

ihre Stelle traten später Arterais und Apollon. 10 Nach Hom. Od. III 445 und XIV 422 werden 

dem Opfertiere die Haare, die mitten auf der 
Stirae , vgl. Aen. VI 245, zwischen den Hörnern 
wachsen, abgeschnitten und verbrannt. Hierdurch 
wird das Opfertier stellvertretenderweise geopfert; 
vgl. Stengel Opfergebräuche deT Griechen, Leip- 
zig 1910, 46. Unrichtig sind die Ansichten von 
0. Jahn Archäol. Beitr., Berlin 1874, 381 
und Schwenk Rhein. Mus. IV (1839) 555, die 
es als einleitende Weihe auffassen. Ohne weiteres 



Es ist schwer zu entscheiden, ob das H. der Jüng- 
linge an die Hyperboreerinnen ursprünglich ist, 
oder erst seit Einführung des Apollonkultes statt- 
gefunden hat. In Troizen haben die Bräute dem 
Hippolytos ein H. dargebracht, vgl. Eurip. Hipp. 
1425. Paus. II 32, 1. Lukian. a. a. 0. Hier 
liegt die Möglichkeit vor, daß die Ehe ursprüng- 
lich mit dem Gotte vollzogen wurde und später 

«ine Ablösung durch das H. erfolgte. Daß es « _ __ uo „ CiüC atuuuaaai . vnne wmerea 
sich hier um die Ablösung emes Menschenopfers 20 zu verwerfen ist die Behauptung Wilkens 
handelte (Bummler Kl. Schrift. II 195) ist gar Über das H., Rev. col. intern. IV 1887 374* 
nicht anzunehmen. Direkt falsch erscheint mir --■«■■- — - ' 

die Ansicht von Frazer The Fortnigthly Review 
1904, 988: ,das H. wäre dazu bestimmt gewesen, 
die Götter zu stärken, damit sie weitere Frucht- 



barkeit dem Lande verleihen könnten ; ohne Opfer 
wären sie verhungert'. 

Natürlich liegt beim Heiratsopfer auch der 
Gedanke vor, daß die Gottheit reichen Kinder- 



,man habe die Haare weggeschnitten, um der 
Seele den leichteren Austritt aus dem Körper zu 
sichern*. 

Das Menschenopfer ist ebenso vollzogen worden ; 
vgl. Jahn a. a. 0., der Bildwerke bespricht, auf 
denen Kalchas die Iphigenie zu opfern im Begriffe 
ist. Deutlich ist dies im Medeiakult zu Korinth 
erhalten, wo 7 Knaben und Mädchen die Haare 



segen verleihen möge, aber nur insofern, als sie 30 geschoren wurden; ursprünglich wurden sie dar- 
«me mögliche Bezauberung fernhält. Die erhal- auf geopfert; vgl. Paus. II 3, 7. 



tenen Epigramme zeigen den ursprünglichen Zweck 
dieser Opfer nicht mehr: das Gebet um viele 
Kinder ist noch erhalten; meist sind es Dank- 
opfer für keusch zugebrachte Jugend u. ä. Bot- 
tich er Baumkultus der Hellenen, Berlin 1859 
nimmt irrigerweise die in den Epigrammen ver- 
tretenen Ansichten für die ursprünglichen. Die 
älteste Form des Heiratsopfers finden wir im Ein- 



Beim Totenopfer scheren sich die Verwandten 
und Sklaven die Haare und geben sie dem Toten 
mit, z. B. Hom. IL XXIII 134ff. Soph. El. 51ff. 
Aischyl. Choeph. 6 und 168ff., besonders ist Eur. 
Alk. 98ff. zu nennen, wo sich die meisten Reste 
dieses Brauches finden. Ursprünglich soll nach 
Dümmler KL Schriften II 194 und 0. Schrader 
Totenhochzeit, Jena 1904, 337 die Frau dem Manne 



rww f? l f ???^ al i 6I iV-.i^ 1 ; Phn - 40 ^ den Tod folgen. Sklaven, Tiere u. a. werden noch 



n. h. XVI 44. Festus in 57 (ed. Müller). 

Die Wöchnerin ist dem Einflüsse der Dämonen 
ebenfalls sehr zugänglich; vgl. Röscher Die Zahl 
40 im Glauben, Brauch und Schriften der Semiten, 
Abh. sächs. Ges. XXVII (1909) 93ff„ der ihre 
Unreinheit auch für die Griechen nachweist. Nach 
dieser Zeit opfert sie alles, was mit ihr in Be- 
rührung gekommen ist, vor allem ihr Haar, das 
sie vorher unter keinen Umständen schneiden 



Hom. IL XXIII geopfert, wo neben den alten rohen 
Sitten sich bereits der Übergang zu den späteren 
milderen findet. Später bringen nur Verwandte 
eigenhändig das H. dar, z. B. Aischyl. Choeph. 197 
und Eurip. Or. 106. Dann wird es Sitte, daß 
beim Tode eines Fürsten alle Untertanen gleich- 
falls ihr Haar scheren und mitgeben • das älteste 
Beispiel ist beim Tode des Patroklos; auch den 
Pferden, die man doch nicht alle opfern konnte, 



, 7- t-t — ---«-— w^^v^vu i.ciuon, u^c iHijji uuen jiiijuü an« opiern Konnte. 

SrS«! 011 !? 6 Dämonen Gewalt^ üb e^ sie 50 werden die Mähnen geschoren. Die größten H. 

j™/\„*„_i».„ j haben wohl beim Tode des Masistios, Herod. 



erlangt hätten. Bekannt ist dies Opfer besonders 
für Titane; vgl. Paus. II 11, 6. Die auf dieses 
Opfer bezüglichen Epigramme der Anth. Pal. VI 
200ff. zeigen, daß an Stelle des Reinigungs- 
opfers das Dankopfer getreten ist, bestehend aus 
den gleichen Opfergegenständen. Das Seil im 
Heraklestempel zu Erythrai, vgl. Paus. VII 5, 5, 
ist wahrscheinlich aus solchen H. der Frauen 
entstanden; man hatte seine Bedeutung nach 



iri„#-i, — j tt ii i- " MCUluu s ua "- u nutiiustii (jegenstana aur, Dei dessen Uarbnngung 

imfuhrung des Heraklesdienstes vergessen und 60 einzig der gute Wille geschätzt sein wilP/was 



IX 24, und des Hephaistion, Plut. Pelop. 34, 
stattgefunden. Die Überlebenden wollen also mit 
dem Toten vereint bleiben. Dieser Meinung ist 
auch Robertson Smith Die Religion der Se- 
miten, übers, von Stube 260, Freiburg 1899. 
Rohde Psyche 16 faßt dies H. als .symbolische 
Vertretung wertvollen Opfers durch einen an sich 
nutzlosen Gegenstand auf, bei dessen Darbringung 



erklärte es so, wie wir bei Pausanias lesen. 

Die yälXoi schnitten, wenn sie aus dem Dienste 
der Kybele schieden, ihr langes Haar, das sie bei 
den Festen wild zu schütteln pflegten (Gruppe 
Griech. Myth. 1539), ab und opferten es mit den 
nbrigen Kultgegenständen (Anth. Pal. VI 51), um 
altes abzulegen, was mit der Göttin in Berührunsc 
gafewnmen war. . 



meines Erachtens mit dem Zwecke des H,s nicht 
in den geringsten Zusammenhang gebracht werden 
kann. Wilkens Ansicht a. O. 359, H. habe auch 
bei den Römern in den ältesten Zeiten stattge- 
funden, ist schon widerlegt durch Donat zu Terenz 
Phormio 91f. f ebenso unrichtig ist seine Be- 
hauptung 380: ,man brachte es (das Haar) den 
Göttern oder Manen dar, zum Zwecke der Er- 



%\m Haartracüt und marac&mucis 

haltung des ihnen verfallenen Lebens.' Wie Seier 
Rh. Mus. N. F. IX (1854) 277 faßt es als Sühne- 
opfer auf, ohne zu sagen, wofür es eine Sühne 
sein soll. Samter Geburt, Hochzeit, Tod 128, 
Leipzig 1911, meint, es fände statt, , damit der 
Tote den Opfernden verschone' ; dies hätte aber 
den entgegengesetzten Erfolg, der Tote würde im 
Besitze des Haares den Lebenden in seiner Ge- 
walt haben. Unrichtig für die Griechen ist die 
Ansicht Frazers Burial customs 99, daß die 10 
Hinterbliebenen sich dem Toten gegenüber un- 
kenntlich hätten machen wollen. Das Zerraufen 
des Haares z. B. Hom. IL XVIII 27. XII 77. 
XXIV 710. Soph. Oed. Col. 1260 u. a. ist höchste 
Steigerung des Schmerzes, ohne Gedanken an Blut- 
opfer, was Smith Rel. d. Sem. 260 meint, d. h. 
für die Griechen nicht. Vgl. W. Wundt Völker- 
psychologie IV (1910) 102. 

Das Haar wird häufig zum Gegenstand eines 
Gelübdes gemacht, z. B. IL XXIII 14Öff. Es ist 20 
das Zeichen der höchsten Dankbarkeit für Be- 
seitigung einer Gefahr; denn der Opfernde gibt 
sich dadurch ganz in die Gewalt des Gottes. Ver- 
kehrt verstanden haben das Opfer Achills Eustath. 
zu IL XXIII 146 und Frazer The golden bough 
I 370, die es als H. bei der Geschlechtsreife auf- 
fassen. Besonders schön ist die Schilderung der 
Locke der Berenike in Catull LXVI, der Kalli- 
machos nachahmt. Schiifbrüchige geloben ihr 
Haar für den Fall der Errettung den Meergöttern, 30 
vgl. Lukian liegt rdv ml pttoftov Gvvovxoiv 1. luv. 
XII 81. Auf dem Schiffe darf das Haar nicht 
geschnitten werden, weil es Sturm herbeiführt, 
Petron. sat. 104, 5. Die Meergötter wollen sich 
dessen bemächtigen, dessen Haare sie in der Ge- 
walt haben. Beim Eidopfer Hom. IL III 271ff. 
XIX 254f. nehmen die schwörenden Fürsten die 
Haare des Opfertieres in die Hand. Die Haare 
können nicht wie sonst verbrannt worden sein, 
weil beim Opfer für Unterirdische kein Feuer 40 
angezündet wird, vgl. Stengel Opfergebräuche 
der Griechen I9r\; sie sind vielleicht mit dem 
Opfertier verscharrt oder insMeer geworfen worden. 

Zum Zauber sind Haare immer verwendet 
worden. Liebeszauber s. Apul. metam. III 14, 
zum Geburts zauber war das Auflösen des Haares 
nötig, vgl. Ovid. Fast. III 257 und Serv. Aen. 
IV 518, ferner Preller Rom. Myth.3 273f., Ber- 
lin 1881, Röscher Myth. Lex. Art, Iuno Lucina, 
ferner Rieß o. Bd. I S. Soff. Über die Zeit des 50 
Abschneidens der Haare vgl. Rieß a. a. O. 40. Im 
allgemeinen kann ich auf meine demnächst er- 
scheinende Monographie: Das Haar in Religion 
und Aberglauben der Griechen verweisen. 

[Sommer.] 

Haartracht und Haarschmuck. 
A. Griechenland. 

Literatur: K. O. Müller Handb. der Archäo- 
lgieS 474ff. J. H. Krause Plotina oder d. Kostüme 
des Haupthaares bei den Völkern der alten Welt, 60 
Leipzig 1858. Hermann-Blümner Lehrbuch 
der griech. Privataltertümer (1882) 204ff. Blüm- 
ner Leben und Sitten der Griechen I 76ff. Pot- 
tier bei Daremberg-Saglio Artikel coma. 
Heibig Das homer. Epos2 236ff Baumeister 
Denkmaler I 6l5ff. Sittl Die Patrmerzeit der 
griech. Kunst 25ff. Iwan Müller Handb. des 
iL Alt. Bd. IV 1, 2, 95ff. Guhl-Koner-Engel- 



üaartraent und JiaarscnmucK a 1 1 u 

mann Leben der Gr. u. R.ß 297ff. H. Hofmann 
Untersuchungen über die Darstellung des Haares 
in der areh.-griech. Kunst, Neue Jahrb. Suppl. 
XXVI 1900. Amelung Gewandung der Griech. 
und Römer, Leipzig 1903. Pernice bei Gercke- 
Norden Einleitung in die Altertumswissenschaft 
LT 44ff. Studniczka Beiträge zur Geschichte 
der altgriech. Tracht 124ff. L ermann Altgriech. 
Plastik 108ff. Heibig Sopra il trattamento della 
capellatura e della barba all' epoca Omerica, Atti 
dei Lincei Ser. III vol. V lff. Bremer Die Haar- 
tracht des Mannes in archaisch-griechischer Zeit, 
Diss. Gießen 1911. 

I. Vorgriechische Zeit. Haarschmuck ist 
schon aus der Kykladenkultur des dritten Jahr- 
tausends bekannt, über die Tracht des Haares 
aber geben die vielen primitiven ,Idole ( keine 
Auskunft. Unter den Diademen ragen die goldenen 
Kettengehänge aus Troia II hervor (Schuchhardt 
Schliemanns Ausgrabungen 2 Abb. 37. 38). Von 
einem auf die um den Kopf zu legende Binde 
aufgenähten Goldblechbande hängen über der 
Stirn kürzere und an beiden Seiten längere Kett- 
chen mit Blechanhängern herab, die Schnüren 
mit Schnurquasten nachgebildet sind (Praehistor. 
Ztschr. II [1910] 156). Daneben kommen auch 
einfache mit einer Binde geknüpfte Goldbänder 
vor (Schuchhardt a. a. O. Abb. 39). Ewas 
breiter und mit nach oben abstehenden drei- 
eckigen ausgeschnittenen Zacken geschmückt ist 
das Silberdiadem von Amorgos ('E<pr)fi, agx- 
1898 Taf. 8, 1 [S. 186]). Die vielen aus dieser 
Epoche erhaltenen Schmucknadeln als Haarpfeile 
zu deuten, fehlt jeder Anhalt. Ebenso bei den 
.Haarnadeln' aus dem kretiseh-mykenischen Kul- 
turgebiet. Ein derartiger Haarschmuck ist in 
späterer Zeit Griechenland vollkommen fremd, 
und die Erklärung dieser Nadeln als Gewand- 
hefteln die einfachste und gegebene. 

Auch aus den Zeiten der Minoischen Kultur 
sind zahlreiche Diademe erhalten, die ebenso wie 
die älteren ursprünglich regelmäßig auf Binden 
aufgenäht oder im Nacken mit einem Bande zu- 
sammengeknüpft waren (E<pij}t. ägx> 1899, 123 
Taf. 10, 1. Murray u. a. Excavations in Cyprus 
Taf. VI lff. Pollak Klass. ant. Goldarbeiten 
im Besitze von Nelidow Taf. IVf. nr. 6 — 9. Journ. 
hell. Stud. HE 1892, 210 u. a.). Der Gold- 
schmuck aus den mykenischen Schachtgräbern 
(Schuchhardt a. a. O. 211ff.) gehört nur zum 
geringen Teil zur Tracht, er stellt den Beschlag 
der ursprünglich vorhandenen Holzsärge dar (S t a i s 
'Eyrjfi. aQx. 1907, 31ff.). In dieser Zeit ist für 
beide Geschlechter die Tracht des langen Haares 
durch die zahllosen Darstellungen gesichert. So 
tragen auch die Keftiu der ägyptischen Wand- 
gemälde stets volles langes Haar, das bisweilen 
mit einem Bande geschmückt ist. Auf dem 
Vorderkopf lösen sich meist eine oder mehrere 
Locken von der Masse des Haares ab (s. Wil- 
kinson Manners and customs of the ancient 
Egyptiens 2 pl. 2 A.; vgl. Fimnien Zeit u. Dauer 
der kret -mvk. Kultur 73. Zu viel sieht in diesen 
Locken Haus er Österr. Jahresh. IX [1906] 125). 
Die arbeitenden Schichten der Bevölkerung dagegen 
tragen kurzes Haar, so die Arbeiter im Erntezug 
auf dem Steatit-Gefäß von Hagia Triada (Mon. 
ant. Xm [1903] Tav. I/LTI S. 85/86. Bulle.Der 



*JJ.1J. XlitcU LidClH Will XlcUll BUllill UÜÄ. 

schöne Mensch. Taf. 36. Ihren voranziehenden 
Herrn [kaum Aufseher] schmückt langes Haar). 
Aus primitiven Terrakotten oder geometrisierenden 
Daxstellungen, die kein langes Haar zeigen (wie 
auch die Kriegervase Furtwängier-Löschcke 
Myken. Vasen Taf. XLII/III), darf man aber noch 
nicht auf Haarschur schließen (Ed. Meyer Ge- 
schichte des Altertums 12 2, 702 § 514. 705 
§ 516). Ebenso wie die Männer tragen auch die 



der Frauen muten die Hüte der Tonköpfe von 
Palaiokastro (Annual IX [1902/3] 370f.) fast mo- 
dern an. Einen hohen Turban trägt die Priesterin. 
aus Knossos (Göttin?) a. a. 0. S. 75f. = Bulle 
ä. a. 0. Taf. 35, 3. Eine hohe, dem späteren 
TtoXog entsprechende Krone, die nach oben in. 
Zacken endend gedacht ist, tragen fast regel- 
mäßig die göttliche Wesen darstellenden unzäh- 
ligen Idole (z. B. Seh lie mann Mykene Taf. 19 



Frauen meist hing in den Nacken herabfallendes 10 u. a. ; Tiryns Taf. 25 ; vgl. auch die Göttinnen 



Haar, das bisweilen mit einer Binde oder einem 
Diadem geschmückt ist, vgl. z. B, die Tänze- 
rin von Knossos Annual VIII (1901/2) 55; das 
Mädchen ebendaher, a. a. O. VII (1900/1) 57 
Fig. 17; die betende Frau in Berlin, Perrot- 
Chipiez Hist. de Tart VI 754f. Abb. 349/50 (wo 
Thiersch fälschlich Schlangen sieht) und zahl- 
reiche Gemmen, z. B. Furtwängler Antike 
Gemmen Taf. II 19. 25. 26. 29. 45. Taf. VI 2. 



Furtwängler Gemmen II 26 = Perrot-Chi- 
piez VI Taf. 16, 5). 

II. Die griechische Männerhaartracht. 

a) Nach den Denkmälern. Die Geschichte der 
griechischen Männer-H. , wie sie die erhaltenen 
Denkmäler lehren, stellt den siegreichen Kampf 
der Haarschur gegen die Tracht des langen Haares 
dar. Die Tracht des freien Mannes ist ursprüng- 
lich das lange Haar, Hörige und Unfreie tragen 



3. 4 u. a. Um nichts anderes handelt es sich 20 das Haar kurz geschnitten; man vergleiche naraent- 



auch bei den Frauen auf dem bekannten mykeni- 
schen Goldring (a. a. O. Taf. IT 20. Schuchhardt 
a. a. O. 321 Fig. 295), auf dem Schliemann 
Mykene 402 Turbane sah. Auch diese Frauen 
zeigen die frei aufragenden Stirnlö'ckchen (es 
handelt sich nicht um Blumen, wie Furtwäng- 
ler a. a. O. annimmt, sondern um in auch sonst 
vorkommender Weise stilisierte Haare, vgl. auch 
die Gemme aus Mykene, Athen. Mitt. XXXIV 



lieh die korinthischen Tontafeln, Antike Denk- 
mäler I Taf. 8, 3 b. 6. 7. 12. 23. 24. 26 u. a. 
Im Gebiet der ionischen Kultur tritt das kurze 
Haar erst im 6. Jhdt. auf Caeretaner Hydrien und 
jüngeren klazomenischen Malereien häufiger auf 
und setzt sich erst im 5. Jhdt, in diesem Kreise 
ganz durch. Die älteren spartanischen Denkmäler 
{ Heroenreliefs Athen. Mitt. II [1877] Taf. XXff. 
[der Jüngling Taf. XXVb trägt die Haarrolle 



[1909] 90 Fig. 8). Nichts weiter als eine Form 30 und kein kurzes Haar] und ,kyreneische' Schalen 



der Stilisierung des langen Haares ist auch die 
»Zipfelmütze' der Frau auf der mykenischen Elfen- 
beinplatte Schuchhardt a. a. O. 343 Abb. 309 
(die von Schuchhardt als weitere Parallele her- 
angezogene Sphingenranke hat natürlich erst 
recht nichts damit zu tun; vgl. Weicker Der 
Seelenvogel 16f.). Das Haar der Frauen ist bis- 
weilen schon im Nacken in einen Knoten aufge- 
nommen, z. B. Goldring, Furtwängler a. a. 0. 



[einzige Ausnahme Sisyphos, Studniczka Ky- 
rene 25 Fig, 19]) zeigen ebenso wie die Bilder 
der korinthischen Keramik regelmäßig langes 
Haar. Dieselben Verhältnisse herrschen ursprüng- 
lich in Attika, Da man die geometrischen äl- 
teren Zeichnungen ausschalten muß, beginnt hier 
die Überlieferung mit den Pbaleronvasen. In 
Attika kommt das kurze Haar erst bei den 
schwarzfigurigen Meistern der zweiten Hälfte des 



Taf. II 21 u. a. Die Göttin auf der Gemme 40 6. Jhdts. auf, tritt bald (auf den Vasenbildern 



a. a. 0. Taf. II 28 (Brit, Mus. Cat. 83) hat ihr 
Haar auf dem Wirbel in einen Schopf zusammen- 
gefaßt, wie es im klassischen Griechenland für 
Mädchen Brauch war, s. S. 2135. Eine andere 
Frauenfrisur , die ganz zu dem raffinierten Ro- 
kokokostüm der Kreterinnen paßt, kommt später 
nicht wieder vor: die ganze Haarmasse ist zu 
einem spitzen Kegel auf dem Kopfe aufgebaut 
und mit breiten Bändern zusammengebunden 



des epiktetischen Kreises) als gleichberechtigt 
neben die alte Tracht und kommt noch in der 
ersten Hälfte des 5. Jhdts. zur Alleinherrschaft. 
Nicht einmal vor den Göttern macht in der 
Folgezeit die demokratische Sitte Halt (s. Hauser 
Österr. Jahresh. IX [1906] 104). In der Mitte 
des 5. Jhdts. erhält Zeus die später für ihn ty- 
pischen, nur bis zum Schulteransatz herabfallen- 
den Locken (Furtwängler Meisterwerke 67). 



(Terrakotten von Petsofa, Annual of the Br. seh. 50 Die argivische Schule gibt ihm kurze Zeit sogar 



of Ath. IX [1902/3] Taf. VIII. XI 18. 19; die 
Hauptfigur auch Bulle Der schöne Mensch Taf. 
35. 1; ebenso auf cyprischer Amphora Furt- 
wängler-Löschcke Myken. Vasen, Text 28; vgl. 
Fragment a. a. 0. Taf. XL nr. 422). Eine von 
dieser nicht sehr verschiedene Frisur der Männer 
zeigen vielleicht zwei Reliefköpfchen aus Elfen- 
bein (Schuchhardt a a. 0. 342 Abb. 308 und 
Bull. hell. II [1878] PI. XVIII 2; s. dagegen 



ganz geschorenes Haar (a. a. 0. 407ff.). In einem 
Falle erscheint selbst Athen a so (Florentiner 
Gemme, Furtwängler Ant Gemm. Taf. XXXIX 
nr. 29. Meisterwerke 27, 3 zitiert Furtwäng- 
ler außerdem die Anesidora-Schale , jetzt Mur- 
ray White vases in the Brit. Mus. PI. XIX, wo 
der Kopf der Athena ergänzt ist. Im Parthenon- 
fries trägt sie eher die Haarrolle). 

Der gewöhnliche Schmuck des Männerhaares 



Reichel Homer. Waffen 2 102ff., dessen Deutung 60 ist eine Binde oder ein Diadem (s. u. Abschn. V). 

durch die gleichartig stilisierten Barthaare, die ^— -*--- *— ^— ^ ^ j ^ ^. r^- 

keinesfalls als Backenlaschen zu erklären sind, 
zweifelhaft ist. Die von Furtwängler a. a. 0. 
herangezogene Bronze aus Tiryns, Schlie- 
mann Mykene Fig. 12, trägt jedenfalls eine 
Mütse oder Helmkappe wie die Göttin Annual 
B. S. A. IX [1902/8] 59 und der Krieger a. a. 0. 
TOI [1901/2] 77). Unter den Kopfbedeckungen 



Daneben treten die verschiedenartigsten Frisuren 
auf. Eine der ältesten ist die Nackenumschnü- 
rung, bei der der Schopf oben im Nacken mit 
einer Binde (vgL milesische Kanne im Louvre 
A 316 = Pottier Vases I Taf. 12) oder einem 
Metallring bezw. einer Spirale zusammenge- 
schlossen wird. Sie trägt Dias XVll 52 Euphor- 
bos, dessen Locken xQ va V J£ xa * a@yvq<p iaqrf- 



2113 Haartracht und Haarschmuck 



Haartracht und Haarschmuck 2114 



H(ovto (Heibig Das hom. Epos 2 242. Scholien lff.). In derselben Zeit sind auch die ionischen 
Dindorf II 127. IV 145). Vielleicht gehört Frisuren der Nackenum schnürung und des auf- 
auch Hom. E. II 872 hierher. Die Heimat der gebundenen Schopfes zuerst mit Sicherheit in 
Nackenumschnürung ist der ionische Osten, wie Attika nachzuweisen. In der zweiten Hälfte des 
ihr Vorkommen auf indischen, milesischen u. a. 6. Jhdts. ist der aufgebundene Haarschopf in 
Tongefäßen (s. Bremer 17ff.) beweist. Mit der Attika für Männer wie für Frauen die bräuch- 
ionischen Kultur dringt sie dann nach Sikyon, lichste H., nur die streng nationalen ,Kleinmeister' 
Sparta und Korinth, wie die Vasen zeigen (z. B. verschmähen die Frisur. In diese Zeit gehören 
Arcb. Ztg. 1883 Taf. 10. 1881 Taf. 11—13; argi- auch die bekanntesten Beispiele, die ,wagenbe- 
visch-korinthisches Bronzeblech aus Athen, Journ. 10 steigende Frau' (Brunn-Bruckmann Denkmäler 
hell. Stud. XIII [1892/3] 259 Fig. 26). In Taf. 21. Athen. Mitt. XXX [1905] Taf. XI) und der 
Attika "kommt, ilift Tracht zuerst Tipi flpTi rtain TTprmp.a (a. a A Taf YTT\ \ T f\n A&v AW^aI;« Tk^ 



1890 Tai'. 11. 12. Menschen tragen sie erst auf rotfiguiigcn Vasenmalerei. Während sie aber von 
den Gefäßen altatti sehen Stils, auf denen na- Frauen aus allen Kreisen der Bevölkerung ge- 
mentlich die Frauen in der fremden Tracht er- tragen wird, beschränkt sie sich unter den Män- 
seheinen (z. B. Francoisvase, Furtwängler- nern auf die vornehmen Bevölkerungsschichten. 
Reichhold Gr. Vasenmalerei Taf. 1—3, 11— lä: In den 60er Jahren verschwindet sie auch in 
elf Frauen, einige Männer). Von den Meistern 20 Attika. Eins der jüngsten Beispiele ist der 
des attischen schwarzfigurigen Stils zeichnet be- Apoll des Paionios, Arcb. Jahrb. XXI (1906) 
sonders Amasis gerne die ionische Tracht. Mit lb5. Zum Aufbinden des Haarschopfes dient 
dem Beginn des letzten Viertels des 6. Jhdts. meist eine einfache Binde, bisweilen ein Me- 
ist die Nackenumschnürung wieder verschwunden tallreif , in Attika seit dem Ende des 6. Jhdts. 
und tritt nur noch bisweilen in der Kunst wieder mit Vorliebe ein Blattdiadem. Danebenher geht 
auf. Zur Umschiiürung dient entweder die Binde die Sitte, das Haar in eine Metallspirale zu 
selbst (z. B. korinthische Tontafel, Antike Denk- zwängen und mit dieser an der Kopfbinde oder 
mäler I Taf. 8 nr. 16 b), breite Metallringe, wie auch direkt im Haar festzuhalten. Aber schon 
bei den ,kvren eischen' Schalen oder Drahtspiralen. um die Wende des 6. und 5. Jhdts. kommt diese 
Letztere sind jedenfalls die euhss IL XVIII 401 30 Form aus der Mode, ihr letztes Vorkommen zeigt 
(vgl. Hclbig Commentationes in honorem Moirmt- der Marmorkopf von rler Akropolis, Athen. Mitt. 
seni 1877. 619ff.j Homer. Epos» 242ff. Anders VI (1881) Taf. 7, 1 = Arch. Jahrb. XI (1896) 
Hadaezek Österr. Jahresh. VI [1903] 121). 291 Fig. 30. Es kommt auch vor, daß nicht 

Eine bienenleibähnliche Umschnürung des der ganze Schopf hochgebunden wird, sondern 

ganzen Schopfes kommt nur selten vor (vgl. nur ein Teil der Haarmasse, wie es der Apoll 

Bremer 22), und zwar nur bei Frauen (korinth. von Piombino (Brunn-Bruckmann Taf. 78) 

Becher. Studniczka Tracht 34; Chalkid. Vase, zeigt (s. Bremer 291; Beispiele aus der Vasen- 

J.mrn. hell. Stud. 1884 Taf. 4L Graef Akro- maierei: Gerhard Auserl. Vasenb. III Taf. 172. 

polisvaseii, Text S. 63 nr. 585). 187). Die wenigen Beispiele zeigen aber, daß 

Die Sitte , das Haar im Nacken mit einer 40 die Frisur eine Ausnahme blieb." Eine andere 

Binde am Kopf hochzubinden, so daß es im Bogen Form weiß man der Frisur in Klazomenai zu 

über seine Binde wieder herabfällt, ist ebenfalls geben (s. Bremer 23), Am TVirbel werden die 

durch ionische Vermittlung nach dem Festland ge- Haare fest zusammengezogen und dicht am Kopf 

kommen (s. Arch. Jahrb. XI [1896] 268ff. Bremer umschnürt, daß sie "in ihrer ganzen Masse als 

21 iL). Die Tracht stammt aus Assyrien, wo sie großer Busch vom Kopf abstehen, wie z. B. 

bis ins vierte Jahrtausend hinauf zu verfolgen ist Murrav Terracotta Sarcophagi Taf. 1. 3. 6. 

(vgl. Siegehibdrikke , z, B. Delitzsch Handel Köm. Mitt. 1888 Taf. 6. Wenn man im 5. Jhdt. 

und Wandel in Altbabylonien 12 Abb. 10). In häufiger bei Silenen eine ähnliche, aber verküm- 

Griechenland tritt sie zuerst im 8. Jhdt. auf (Ken- inerte Haaranordnung findet (so z. B. Furt- 
taur auf sikyonischer Lekythos, Arch. Ztg. 1883 50 wängler-Eeichhold Taf. 48), so steht diese 

'laf. in). Im 6. Jhdt. ist die Tracht dann im Frisur natürlich nicht in Zusammenhang mit der 

ganzen ionischen Gebiet verbreitet. Daß der auf- klazomenischen, sondern ist eine durch den Mangel 

gebundene Nackenschopf nach der Peloponnes der Haarfülle bedingte Nachahmung des aufge- 

nicht kam, ist aus seinem Fehlen auf ,kyre- bundenen Nackenschopfes. 

neischeir und korinthischen Vasenbildern zu Während der aufgebundene Nackenschopf aus 

schließen. In Attika ist unsere Frisur mit Be- Assyrien nach Griechenland kam. scheint die 

stimmtheit erst um 560 auf der Francoisvase Sitte, die einzelnen Haarsträhnen am unteren 

(Furtwängler-Reichhold a. a. 0. Taf. 1—3, Ende zu umschnüren, aus Ägypten über Kreta 

11 — 13) nachzuweisen, auf der sie siebenmal nach Griechenland gekommen" zu sein (Stud- 
bei Frauen auftritt. Vielleicht aber erscheint sie60niczka Arch. Jahrb. XI [1896] 287f. Bremer 

hier schon im 7. Jhdt. auf Phalerongefäßen 30f.'|. Die Verbreitung der Tracht scheint sehr 

(s. Bremer 25; Arch. Jahrb. II [1887] 46 beschränkt gewesen zu~sein: außer der kretischen 

Fig. 6 und 7. 55 Fig. 19 201. Das von Hero- Sitzfigur. Perrot-Chipiez Histoire de Tart VTII 

dot V 82ff. erwähnte gescheiterte Unternehmen 434f. und den delphischen Argiverkolossen (Ho- 

Athens gegen Ägina gehört jedenfalls in die molle Fouilles de Delphes IV Taf. 1/2) findet 

erste Hälfte des 6. Jhdts. In diese Zeit also fallt sie sich nur bei dem Torso von Ohios, Lechat 

nach Herodot die Annahme ionischer Gewandung Sculpture 173ff. 

duTch die attischen Frauen (Studniczka Tracht Die Sitte, den ganzen Haarschopf an seinem 

Fauly-WiSBOwa-Kroll VH 67 



2115 Haartracht und Haarschmuck 

unteren Ende in einen Knoten zusammenzuschnüren, 
die jEndumschnürung' , ist in Attika heimisch 
und hier schon im 8. Jhdt. nachzuweisen (Arch. 
Jahrb. II [1887] Taf. 3, Spätdipylon-Kanne) ; 
vgl. Bremer 31ff. Dann begegnet hier die 
Tracht auf einer Amphora der Vurva-Gattung 
(Athen. Mitt. 1893 Tai'. 2), und sie ist weit ver- 
breitet auf den Gefäßen altattischen Stils (auf 
der Francoisvase Furt w an gier- Reichhold 
Taf. 1—3, 11—13 im ganzen 22mal, davon nur 
dreimal hei Frauen). Am bekanntesten ist die 
Frisur von zwei Epheben-Grabstelen aus der pe- 
rikleischen Mauer (Brunn-Bruckmann Taf. 457 
= Conze Alt. Grabreliefs I Taf. 5 und Athen. 
Mitt. 1907 Taf. 21). Besonders bei den Klein- 
meister-Schaleu, die am alten Stil und alten 
Sitten treu festhalten, tritt diese attische Frisur 
hervor (z. B. Anier. Journ. of Arch. 1905, 288ff.). 
In den 30er Jahren des 6. Jhdts. verschwindet 
aber die Tracht bereits. Sie wird durch den auf- 
gebundenen Nackenschopf verdrängt. Von Attika 
kommt die Tracht nach Ausweis der Münzen 
noch nach Korinth (Babelon Traite des mon- 
naies gr. et r. PI. XXXVI 18-23), nach Phokis 
(a. a. 0. PL XLII 8ff.) und Arkadien (PL XXXYITI 
8, 11). Für Korinth ist sie auch durch Keramik 
bezeugt (z. B. Antike Denkmäler I Taf. 7, 25. 
II Taf. 24, 8. Taf. 30, 18). Korinth wiederum 
vermittelt die Frisur nach Knidos (Babelon 
a. a. 0. PL XVIII 13—16), Ambrakia (a. a. 0. 
PL XL 1) und Leukas (a. a. 0. PL XL 3-7). 
Nach Ägina wird außer dem Spiegelgriff (E<pT)f,i. 
ixqx- 1895 Taf. 7) auch die pompeianische Ar- 
temis (Brunn- Bruckmann Taf. 356) gehören 
(vgl. Bremer 36, 35). In einer Modifizierung 
lebt die Frisur in Attika auch noch im 5. Jhdt. 
als Frauen-H. fort: das untere Ende des Haares 
wird nur einfach umschnürt , nicht knopfartig 
zusammengebunden, wie man es an der Madrider 
Kopie der Athena Parthenos sieht (Drunn- 
Bruckmann Taf. 511). Selten tragen auch 
Männer so ihr Haar (Silene auf Vasen; der 
Jupiter Exsuperantissimus in Berlin, Kekule 
S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 387ff.; Griech. Skulp- 
tur 2 56). Auch die Haarkapsel der Frauen, 
die das untere Ende des langen Haares verbirgt, 
die gegen Ende des 6. Jhdts. auf attischen Vasen 
auftritt und im Anfang des 5. Jhdts. weit ver- 
breitet ist, ist jedenfalls aus der Endumschnü- 
rung hervorgegangen, z. B. Gerhard Auserl. 
Vasenb. III Taf. 174f. 176. IV Taf. 297. 301. 
Der Brauch, die Haare auf der Kopfbinde 
aufzurollen, die Haarrolle, ist in der Peloponnes 
heimisch, Furtwängler 50. Berliner Winckel- 
mannsprogramm 128fl\ Bremer 36ff. Drei ver- 
schiedene Gruppen der Frisur sind nach Furt- 
wängler zu unterscheiden: 1. Das hintere Haar 
ist in einen Wulst aufgerollt, das Haar des Vorder- 
kopfes ist in die Stirn gekämmt und endet liier 
in Löekehen. Die Form begegnet ausschließlich 
bei männlichen, meist jugendlichen Figuren. 
Hanptbeispiel : der Apollon vom Westgiebel zu 
Olympia; 2. die Rolle tritt am Vorder- und 
Hinterkopf auf. Die Frisur wird von jugend- 
lichen männlichen wie weiblichen Figuren ge- 
tragen, man vergleiche den Apollontypus, dessen 
Hauptexemplar die Mantuaner Statue ist (Furt- 
Wftngler a. a. 0. 139, 61), und Münzen von 



Haartracht und Haarschmuck 2116 

Arkadien , Brit. Mus. Cat. Peloponnes. PI, 31 t 
22. 3. Das Haar des Vorderkopfes ist nach 
beiden Seiten zurückgestrichen und die ganze 
Haarmasse am Hinterkopfe aufgerollt. Es ist 
eine Frauen-H., die nur selten bei Männern 
erscheint. So trägt sie z. B. der Dionysos aus 
Herciilaneum (Brunn-Bruckmann Tai 382) 
und zwei Zeusstataetten aus Olympia (Olympia 
Bd. IV nr. 43, 45). Von Frauen vergleiche man 

10 die Hesperide und die sitzende Athena aus den 
Metopen von Olympia. Während die beiden ersten 
Formen in der ersten Hälfte des 5. Jhdts. ver- 
breitet sind, hält sich die dritte Form, die eigent- 
liche Frauenfrisur, noch lange. Um 500 kommt 
die Haar rolle aus der Peloponnes nach Attika, 
aber hier weiß man die Strenge der Frisur, die 
ja schon zur völligen Haarschur überleitet, durch 
verschiedene Modifizierungen zu mildern. Zu- 
nächst wird das Haar nicht in ganzer Masse auf- 

20 gerollt, sondern vorher in einzelne Strähnen ge- 
teilt, wie es der Knabe von der Akropolis {'Eyi^t. 
<xqx- 1888 Taf. 3) oder einige Personen der 
Iliupersis-Schale des Brygos (Furtwängler- 
Reichhold Taf. 25) zeigen. Beim Achill der 
weißgrundigen Schale aus der Fabrik des Eu- 
phronios (Berlin 2282. Hartwig Meisterschalen 
Taf. 51) sind diese einzelnen Strähnen vor dem 
Einrollen noch mit je einem Ringe von einander 
abgetrennt (vgl. Furtwängler im Katalog und 

30 a. a. 0. 131, 25. Bremer 38. Früher glaubte 
man fälschlich, hier einen Zopf erkennen zu 
müssen). Dann aber werden diese einzelnen 
Wülste der Rolle durch ein außen um den Kopf 
herumgebundenes Band noch einmal wieder in 
je zwei Teile geteilt, wie bei einem Jüngling auf 
der Schale des Peithinos in Berlin (Hartwig 
Meistersclialcn Taf. 24, 1. 25; Außenseite B, 
zweites Paar). Diese Frisur muß man in allen 
jenen Fällen erkennen, in denen man früher auf 

40 Vasenbildern glaubte einen Doppelzopf dargestellt 
xu sehen, wie Gerhard Auserl. Vas. III Taf. 184 
oder auf der Scherbe, Arch. Jahrb. VI 1891 Taf. 
ld = XI 1896, 259 Fig. 2. Durch die Tatsache, 
daß der vermeintliche Zopf nie am Ohre vorbei- 
beifuhrt, wie er es müßte, sondern mit dein 
Ohre abschließt, ist diese Deutung gesichert. 
Oi't wird diese horizontal geteilte Haarrolle auf 
Vasenbildern nur durch einen wagrechten Strich 
im Nackenhaar angedeutet, so Gerhard A. V. 

50 III Taf. 151. Hartwig Meisterschalen Taf. 65 
— ßQ u. a. Aus der Fülle der Beispiele erhellt, 
daß die Haarrolle in Attika in der betreffenden 
Zeit weit verbreitet war, namentlich in den bei- 
den Abarten : da diese Teilung auch auf Münzen 
von Leontinoi wiederkehrt (He ad HN 130, 
79. Babelon a. a. 0. PL LXXIII nr. 10-12. 
Arch. Jahrb. XI [1896], 259 Fig. 4), so wird 
es sich um eine ionisch-attische Umänderung der 
peloponnesischen Rolle handeln. Im griechischen 

60 Osten freilich wird bei Männern die Frisur nicht 
allzu verbreitet gewesen sein. In Attika hält 
sie sich etwas länger als der aufgebundene Nacken- 
schopf, muß dann aber auch der Haarschur weichen. 
Im Parthenonfries noch trägt sie Zeus. Im Kult 
spielt sie als Tracht des eleusinischen Hierophan- 
ten noch lange eine Bolle (BulL com. VII Im 
tav. 1—5). 

Ebenso wie die Haarrolle ist auch die Sitte, 



2117 Haartracht und Haarschmuck 

-die Haare des Vorderkopfes mit der Binde in 
der Art des aufgebundenen Nackenschopfes hoch- 
zubinden, auf dem Festland heimisch (s. Bremer 
41ff.). Die ältesten Beispiele finden sich auf 
spartanischer (,kyreneischer ( ) und korinthischer 
Keramik (z. B. Arch. Ztg. 1881 Taf. 11—13. 
Arch. Jahrb. I [1886] Taf. 10). Auch in Attika 
ist die Frisur in der ersten Hälfte des 6. Jhdts. 
verbreitet (s. Francoisvase, Für twängler-R eich- 
hold Taf. 1-3, 11-13. Wien. Vorlegebl. 188810 
Taf. IV. 1889 Taf. V, 2). Später aber findet 
sich die Frisur nur in Ausnahmefällen. Häufiger 
wird die Tracht von der archaisierenden Plastik 
benützt, ein archaisierender Jünglingskopf aus Rom 
in der Frankfurter städtischen Galerie (nr. 1-59, 
unpubl.), ein Isisköpfchen, Arndt Einzelverkauf 
nr. 179/80 u. a. zeigen sie. Thr bekanntester 
Vertreter ist der Zeus Talleyrand, bei dem die 
Haare des Vorderkopfes ebenso wie die beiden 
langen Seitenlocken mit je einem besonderen 20 
Bügel des Diadems hochgebunden sind. Das 
Aufbinden der Seitenlocken kommt auch sonst 
häufiger vor, vgl. die .Artemis von Gabii* in 
München (Glyptothek nr. 214. Arndt Einzel- 
verkauf nr. 838/9). Der Madrider Hypnos, Brunn- 
Bruckmann529 und der Praxitelische Sauroktonos 
(Bulle Der schöne Mensch Taf. 70) tragen die 
Schläfenlocken m einem kleinen Knoten über der 
Binde (s. Klein Praxiteles 144). Es ist die Tracht, 
die bei Lukian. deor. dial. LT, 2 Eros dem Zeus 30 
rät anzulegen, damit er in Liebesangelegenheiten 
Glück habe. 

Die jüngste dieser Frisuren der Männer ist 
der Doppelzopf, der vom Beginn der Perserkriege 
an auf den Inseln als Jünglingstracht verbreitet 
ist und sich bis an das letzte Viertel des 5. 
Jhdts. hält (s. Athen. Mitteilungen VIII [1883] 
24öff. IX [1884] 232ff. Stndniczka Arch. Jahrb. 
XI [1896] 25711. Curtius im Text zu Brunn- 
Bruckmann Taf. 601—604 Anm. 3. Bremer 40 
43rT.j. Die Masse des Haares wird am Hinter- 
kopf in zwei Zöpfe geflochten, diese um den 
Kopf herumgelegt und am Vorderkopf miteinander 
verknüpft. Auf Vasenbidern ist die Tracht nicht 
zu finden. In der Plastik findet man sie am 
Kasseler Apoll und seinen Repliken, die dem 
Pythagoras von Samos zugesprochen werden (s. 
Klein Kunstgeschichte I 403). Dann trägt sie 
der Omphalosapollon (Brunn-Bruckmann 
Taf. 42) und seine Verwandten (s. zuletzt Stud- 50 
niezka Kaiamis, Sachs. Abhandl. XXV [1907] 
92f.), sowie der mit den olympischen Giebelfiguren 
(über deren Herkunft s. Furtwängler Archaeo- 
logische Studien für Brunn 69 ff,) zusammen- 
gehörige Jünglingskopf aus dem Perserschutt 
der Akropolis, Brunn-Bruckmann Taf. 460. 
Bei den Arbeiten der äginetischen Schule begeg- 
net der Doppelzopf außer bei dem Zugreifenden aus 
dem Ostgiebel des Aphaiatempels auch bei dem 
Bronzekopf eines Jünglings in Neapel (Brunn- 60 
Bmckmann Taf. 506; s. Furtwängler 
Meisterwerke 677 Anm.). Auf Münzen von Ainos 
trägt Hermes in der zweiten Hälfte des 5. Jhdts. 
den Doppelzopf (Brit Mus. Catal. Thrace 77, 2ff.). 

b) Nach der literarischen Überlieferung. Den 
Denkmälern der ältesten Zeit entsprechend, kennen 
auch die alten Epen nur lang wallendes Haar. 
Die Belege hat Heibig Das homer. Epos 2 



Haartracht ufid Haarschmuck 2118 

236ff. gesammelt. Das ständige Epitheton der 
homerischen Achäer ist xd^rj xoftomvzeg (a. a. O. 
236, 3). Daß man darunter ein freies Herab- 
fallen des langen Haares zu verstehen hat und 
keine künstliche Anordnung in einer konven- 
tionellen Haartracht', wie Heibig a. a. O. es 
annahm, hat Harald Hofmann a. a. O. 182ff. 
gezeigt. Das zeigen auch Ausdrücke wie IL I 
529 laixat ijzsgQcooavio ävaxtog xgazog äst ä$a- 
vdtoio (Zeus) und Hymn. in Apoll. Pyth. 272 
xahfjs etivfisvog wßovg. Aber schon Archilochos 
verspottet übergroße Lockenfülle (frg. 58, 162). 
Ende des 5. Jhdts. ist das xo/näv auf die Ritter 
beschränkt (Aristoph. Eq. 588; Nub. 14; Lysistr. 
561. Satyros bei Athen. XII 534 c). Der Sieg 
des kurzen Haares ist nicht so sehr auf die 
Demokratie (Haus er Österr. Jahresh. 1906, 75ff.) 
als auf den Einfluß der Palastra zurückzuführen 
(Lukian. dial. meretr. V 3. Philostrat. imag. II 
32; Her. X 9 p. 715). Man begnügt sich 
aber meist mit einem mäßigen Haarschnitt, 
das h zqw xsiQsoftai ist Zeichen der Dürftig- 
keit und des Geizes (Theophr. Char. 10. Plut. 
Dys. 1). Als völlige Haarschur wird auch die 
Strafe des Ehebrechers aufzufassen sein, Aristo- 
phan. Acharn. 849: Kgarivos del xsxaQfxivog 
\*.oiyJ>v /Lud. iiayalqq. Langes Haar ist wie schon 
Eurip. Bacch. 448 auch in späterer Zeit Zeichen 
besonderer Weichlichkeit (Aristot. Physiogn. 3 p. 
38. Ps.-Phokylides 210f.). Als Zeichen der Trauer 
tritt die Haarschur auf Hom. Od. IV 198. Athen. 
XV 675 A. Aristoph. Plutos 572. Plat Phaid. 
p. 87 c. Aischines xaxa KtrjoKpiovTog p. 605 R.; 
vgl. Becker Charikl. III 156ff. Als Zeichen der 
Staats trauor wird sie Herodot I 82 von den Ar- 
geiern nach ihrer Niederlage bei Thyrea als Ge- 
setz beschlossen. Auch die im Kult seit den älte- 
sten Zeiten bräuchliche Haarweihe bedingt das 
Tragen kurzer Haare: Winckelmann Kunst- 
geschichte IV 2, 2. Wieseler 385. Herniann- 
Blümner207. Krause 76f. Studniczka Arch. 
Jahrb. XI (1896) 261. Becker Charikles III2 236. 
Den Knaben wird beim Eintritt in das Epheben- 
alter an der hovqsüu? tuiIqo. (Hesych. s. xovQsöi- 
tu. Poll. VIH 9, 107. Athen. XI 494 F; vgl. 
A. Mommsen Heortologie 309), dem dritten Tag 
des Apaturienfestes, in feierlicher Zeremonie ihr 
Haar, das schon lange vorher einer Gottheit be- 
stimmt ist, geschnitten. Vorauf gehen die oivio- 
r/jQia (Hesych. s. v. Phot. Lex. p. 321). Der gött- 
liche Empfänger ist mit Vorliebe ein Flußgott 
(vgl. Aischyl. Choeph. 6. Paus. I 37, 2. Pollux II 
30), doch auch Artemis (Suid. s. xkoxov. Stat. 
Theb. VI 616ff.) u. a. Auch schon bei kleineren 
Kindern kommt die Weihe vor; vgl. Nonius s. 
eirros. Anth. PaL VI 155. Censor. de die natal. 
I 9, 10. Wieselei* a. a. O. und Salmasius 
Epist. de caesarie virorum et mulierum coma 
(Lugd. Bat. 1644) 268f. Nicht unwichtig ist der 
Ort. wo die heilige Handlung stattfindet (Theophr. 
Char. 21. Plut. Theseus 5. Hom. IL XXLTI 145 
u. SchoL). Für Frauen und ältere Männer handelt 
es sich meist um die Form der Totenspende (Hom. 
IL XXIH 135ff. Soph. Elektr. 449ff. Euripid. Alk. 
429) und des Haarraufens bei der Trauer (Lucian. 
de luctu 11; vergL Gerhard AuaerL Vasenb. DU 
Taf. 214. Perrot-Chipiez Bist, de l'art Vül 
77 u. v. a.) ; oder die Weihung tritt ein, wenn maa 



üxiy jaaarcracnE unu naarscnmucK 

einer großen Gefahr entronnen ist (s. Bull. hell. 
1888, 479). So weihen die Mädchen von Delos 
den dort verstorbenen hypeThoreischen Jungfrauen 
vor ihrer Hochzeit eine um eine Spindel ge- 
wickelte Locke (Herodot. IV 34. Paus. I 43, 4). 
In Sikyon widmen die Frauen der Hygieia ihr 
Haar und behängen deren Kultbild dicht damit 
(Paus. II 116, 6). Nach Stat. Theh. II 234f. (s. 
Schol.) weihen die Frauen von Athen ihr Haupt- 



naariracni una uaarscnmuejc ziair 

Die Makedonen tragen Ms zur Schlacht von? 
Arbela nach der Überlieferung langes Haar und 
Bart (Synes. <J>aXaxQäg iyxa^/iiov 16), von da 
an kurzes. 

Die verschiedenen auf Denkmälern nachweis- 
baren Haartrachten lassen sich aus der Literatur 
nicht belegen. Die euböischen Ahanten (Hom. II. 
II 542) tragen wohl schon den aufgebundenen 
Nackenschopf; die Thraker (Hom. H. IV 533) 
haar der Pallas. In Sparta werden den Mäd- 10 tragen eine hohe Frisur (dxQoxofwi). Die Plut. 

Thes. 5 erwähnte 9i}Cffk zeichnet sich durch 
vorne kurz geschnittenes Haar aus. Die "Exrogeia 
Poll. II 28 ist wohl in Zusammenhang zu bringen 
mit dem dvayatxi^iv rijv x6fxr\v Poll. II 2-5, dem 
Empor sträuben der Stirnhaare, das in myronischer 
Zeit für Gottheiten auftritt (s. FurtSvängler 
Meisterwerke 363). Es gehört zum Charakter des 
Achill (Heliodor. Aethiop. II 35. Philostrat imag. 
392 K. 24), und die Bildnisse Alexanders zeigen 



chen am Hochzeitstage von der vv/Kpsvrgia die 
Haare geschnitten (Plut. Lyk. 15. Lucian. Fugit. 
27). In Troizen erhält Hippolytos das Haar der 
Jünglinge und Mädchen vor der Hochzeit (Lucian. 
de Syr. dea 60). In Megara endlich sind es 
(Taus. I 43, 4) die verheirateten Frauen, die ihr 
Haar am Grab der Iphinoe niederlegen. Über 
den Sinn dieser Weihungen s. Hauser Österr. 
Jahresli. 1906, 124ff. Philosophen sind in ihrer 




u. a.), die andern durch Vernachlässigung ihre 
Gleichgültigkeit irdischen Dingen gegenüber dar- 
tun (Gell. noct. att. IX 2. Aristoph, Av. 1282 
u. a.), und noch andere ilixe asketische Strenge 
durch völlige Haarschur beweisen (Lucian. vit. 
auet. cap. 20 u. a.) , s. die Belege bei Her- 
niann-Blümner 207, 3; Krause 79, 2. Die 



uväotiiiov oder dväoillov rgiycoiia Poll. IV 138. 
Arist. Physiogn. V p. 81. VI p. 151. Das Gegen- 
teil ist im'oeioTog (Poll. IV 147), Die älteste mit 
einem Namen genannte Frisur ist das xegag (Hom. 
II. XI 385); vgl. Heibig Hom. Epos 2 241. 
Bremer 49. Heibig will die Frisur in großen 
Spirallocken erkennen, die bisweilen auf arehai- 



Sklaven tragen von Anfang an kurzes Haar (s. 30 sehen Denkmälern begegnen, namentlich auf einem 



Aristoph. Av. 911. Olympiodoi* zu Plut. Akib. p. 
148 ed. Crcuzer u. a. ; vgl. Herinanu-Biümner 
92. K. O. Müller Doner* II 266). Über die 
ävdoajiod(i)dt]s #m'£ vgl. Koek zu Aristoph. Av. 
911. Schol. Arist. Thesm. 836. Im gewöhnlichen 
Leben begnügt man sich mit einem mäßigen 
Haarschnitt, der ,«f/t?/ xovgd (Theopbr. Cliar. 26. 
Aelian var. bist. III 19; vgl. Hermann-Bl ü m- 
ner 207, 5). Pollux II 29" unterscheidet als For- 
men der xovgd: xT^og, oxdqiov, zigöxozxo., rispt- 40 
zgö^aXa, Die xgöxozza (s, auch Photios s. v.) 
bezeichnen die kurzen Stirn-, die xEgizooya/.a die 
Nackenlöckehen. Über die beiden erstcren Formen 
des Haarschnitts hat Wieseler Jahrb. f. Phil. 
1855. 3571Y. die in Betracht kommenden Stellen 
gesammelt. Das oxärptov (mit dem Napf, axdq»]. 
geschnitten) ist die Tracht der kleinen Leute und 
Sklaven, der y.r r Tog die sorgfältigere Frisur der 
Vornehmen. 



von ihm a. a. O. publizierten Buccherohenkel (vgl. 
auch Mon. d. Inst. II 2 u. a.J. Diese aber gehören 
nicht zur Tracht, sondern zur Kiinststilisicrung. 
Ein Seholion bringt die Frisur zusammen mit 
den xooüjvcu des Sophron (Kaibel frg. 1Ö3) in 
Zusammenhang mit der attischen Krobylo st rächt 
(Dindorf I 389). Da beide sprachlich in den- 
selben Zusammenhang gehören, trifft diese Er- 
klänmg wohl das Richtige. 

Am bekanntesten und in der Überlieferung 
am meisten genannt ist der altattische Krobylos. 
S. dazu K. o; Müller Dorier-2 II 266; Handbuch 
der Archaeologie 3 476, 5. C onz e Nuove Memorie 
delV instituto archeol. 408ff. Jahn Griech. 
Bilderchroniken, herausg. v. Michaelis 1873, 46, 
301. Heibig Commcntatioues in honorem Th. 
Mommsoni 1877, 616. Birt Rhein. Museum 



XXXIII (1878) 625 ff. Heibig Rhein. Museum 

XXXIV (1879) -184 f. Schreiber Ath. Mitt. VIII 
Über Sparta s. K. O. Müller, Dorier^ II 50(1883] 246 ff. IX (1884) 232 ff. [danach: Ferro t- 

266. Krause a. a. O. 72. Becker Charikles III Chipiez VIII 044. Heron de Villefosse 

290. Hermann-Blümner 206, 1. Iwan Müller Mon. Piot I 62. Collignon Hist. de la sculpt. 

a. a. O. 106. Daremberg-Saglio a. a. O. 13591*. 

In Sparta sind die Verhältnisse umgekehrt wie 

in Athen: Kinder tragen kurzes, die Männer, 

nach der Überlieferung seit Lykurg, langes Haar : 

Her. VII 208. Plut. Lvs. 1 ; Lvkurg 22.' Aristot. 

Rhet I 9 p. 1367 a. 2S~ Die attischen Lakonisten 

ahmen das nach, s. Aristoph. Av. 1281. Plat. 



Gr. I 363]. Studniczka Arch. Jahrbuch 1896, 
248 if. Klein Geschichte der griech. Kunst I 
255. Haus er Österr, Jahreshefte 1906, 75 ff. 
Petersen a. a. O., Beiblatt 78ff. Hauser a. 
a. 0. 1907. Beiblatt 10 ff Petersen Rhein. 
Museum 1907, 540 ff. Haus er Österr. Jahres- 
hefte 1908, Beiblatt 87 ff. Kjellberg Eranos 



Com. frg. 124 Koek. Zur Zeit des Achaeischen 60 IX (1909) 164 ff. Bremer a. a. 0. 50ff. Die 



Bundes ist nach Paus. VII 14, 2 die xovgd 
bereits durchgedrungen. Diese spätere Sitte ist 
Plut Alkih. 23, 3; de adul. 7 fälschlich auf 
ältere Zeit übertragen (s. auch o. Bd. LH S. 31). 
Die Nachricht Herodot I 83, die den Beginn des 
xofiäv in der Mitte des 6. Jhdts. festsetzt, ist 
höchst verdächtig (s. auch Müller Aegin. 72. 
Studniczka Tracht 5, 14) und jedenfalls falsch. 



älteste Schriftstelle, tue man für den Kro- 
bylos in Anspruch nahm, das Fragment des 
Asios (bei Ath. XII 525 F), hat mit der Frisur 
nichts zu tun (Bremer 5iff.j. Es handelt sich 
um Chitone, von deren Saum Fransen aus Gold- 
blech in Blütenform herabhängen, wie am Kleid 
der Frau vom Wagen von Monte Leone (Brunn- 
Bruckmann Taf. 386/7, s. Textabbildung) die- 



lOUUU U1|U , 



L'UlllUUO. 



in ihrer Form an das Insekt erinnern (vgl. 'Eq>r}p, 
ag%. 1906, 89) und durch den beim Aneinander- 
schiagen entstehenden Lärm zum Vergleich mit 
Zikaden herausfordern. Kogvpßog und xöov/ißog 
bezw. xoQvf.ißj) und xoovfißrj sind urspr. synonym 
(Häuser I 87. Bremer 53). Die klassische 
Erwähnung der Tracht steht bei Thukydides I 6 
xät oi jrgsoßvrsgot avzolg zöiv evSatf.i6vo)v dta 
tÖ dßgodiaizov ov ztoXvg xgovog Exsidij yvz&vdg 
je Xtvovg STtavaai'TO (pogovvzsg xat ygvoöJv rezzi- 10 
ycov evegoei xgoißvXov dvadovf.tsvoi z&v iv zfj 
scstpaXfj tqi%öjv. dtp' ov xai 'lutvcov zovg ;ige- 
cßvzegovg xaza to k~vyysrhg sxl ,~zoXv avzr\ f\ oxsvij 
xazloysv. Bei Suidas ist eine Stelle des Nicolaos 
von Damaskus überliefert (FHG III 395, 62), die 
wahrscheinlich auf Xanthos' Lydiaka 2urückgeht, 
also in die Perserkriegzeit gehört. Mit einer 
breiten goldenen Binde (ozgö<pog) ist das Haar 
eines jungen Stutzers in einen Korymbos auf- 
gebunden. Im J. 424 erscheint in den Rittern 20 
desAristophanes der verjüngte Demos zezziyotpögag 
dg/aloj ayj)f.tan XaßTzgög (1331). Dazu kommt 
als vierte und letzte selbständige Erwähnung 
Herakleides Pontikos bei Athen. XII 512 C. 
Die Selbständigkeit bestreiten Studniczka 
251. Petersen I 78. II 548, dafür treten ein 
Hauser 183. II 11. III 87. Kjellberg. Bremer 
56. Nach Herakleides trugen die Helden von Mara- 
thon xogvjußovg . . . dvadovfievoi roiv zgiy&v 
Xgvoövg zsxriyag zisgi to [iszcojtov xai zag xöt.tag 30 
(Birt xoggag). — Der Krobylos ist also eine 
Frisur, die zuletzt nur noch ' von alten Leuten 
(Thuk.), früher aber auch von jungen (Xanthos) 
getragen wurde und die zusammen mit dem 
Linnenchiton, d. h. in den 60er Jahren des 5. Jhdts. 
verschwindet. Daß xgcoßvXog eine Frisur und 
keinen Teil der Haare bezeichnet, ist jetzt all- 
gemein angenommen (vgl. HauserI87 und da- 
gegen II 16f.). Kögvpßog und xooißvlog gehören 
etymologisch zusammen mit V'kera, ragen, sich er- 40 
lieben, anschwellen (Prellwitz Etymol. Wörterb. 
d. gr. Spr.), die Frisur muß sieh also in irgend 
einer Form vom Kopfe ablieben (vgl. Curtius 
Grundzüge der gr. Etym. 517). Bis zu Conze 
glaubte man den xgoißvXog in der Haarschleife 
|s. S. 2135) zu erkennen, die erst im 4. Jhdt. 
auftritt (vgl. S t u d n i c z k a 256). S c h r e i b e r a. 
a. 0. glaubte ihn im Doppelzopf gefunden zu 
haben, der ebenfalls zeitlich und seinem Ver- 
breitungsgebiet nach (s. o.) ausgeschlossen ist 50 
{Studniczka 257 ff). Auch die Theorie Haus er s 
ist unhaltbar, obwohl in weitesten Kreisen rück- 
haltlos anerkannt; die Gegengründe bei Peter sen 
und Bremer 60 ff. Von Herakleides ausgehend 
schließt Hauser, daß man mit xgwßviog den 
Stirnschopf bezeichnet habe, der mit einem breiten. 
Haare nachbildenden Toupet aus Goldblech, eben 
dem z£ZTt$, verhüllt gewesen sei. Herakleides 
aber spricht nicht von der Stelle, an der der 
xQojßvlog sitzt, sondern gibt nur den Platz der 60 
zezziycg mit xsqi tö fiszco^ov xai zag xöttag an. 
Einen Parallelbeweis versucht Hau 5 er (I 85 ff.) 
ausgehend von Xenophon anab. V 4, 13. Die 
politischen Mossynoiken tragen liier Lederhelnie 
olaxsQ za Tla^pXayovixd , xgcoßvlov eyovza xazd 
fieaov, iyyvraza xiagoetdij. Die Helme haben 
also ganz so wie ein ndgog, d. h. die phrygische 
Mutze, einen xQtoßvXog in der Mitte. Da nun 



bei drei Metallhelmen, die Haus er a. a. 0. bei- 
bringt, deren oberer Teil die phrygische Mütze 
nachahmt, auf der Stirn Stirnhaare nachgebildet 
sind, so schließt Haus er, ,da xgoißvXog sich in 
der Mehrzahl der Fälle sicher auf Haare bezieht, 
da an mehreren den Mossynoikenhelmen mindestens 
nah verwandten Exemplaren in der Mitte ein 
Haarsehopf sitzt, so kann wohl kein Zweifel 
bestehen, welchen Teil Xenophon mit xgwßvXog 
bezeichnete. Also für Xenophon bedeutet xgay- 
ßyXog auch Stirnschopf' (I 87). Wäre der Schluß 
richtig, so wäre es unerfindlich, was die Angabe 
xaza fiscov bezweckt, sie wäre sinnlos. Aber der 
Schluß ist falsch, denn die Stirn liegt nicht 
xaza fieaov der Helme. Die Mossynoikenhehne 
sind nicht aus Metall, sondern aus Leder, und 
diese Haardarstellungen gehören erst der Über- 
tragung des Helmes in Metall an. Wie man 
Beinschienen und Brustpanzer dem Teile des 
Körpers, den sie zu schützen haben, anpaßte, so 
auch den Helm (Petersen II 544. Bremer 61). 
An Lederhelmen ist ein solches goldenes Stirn- 
schild nicht nachweisbar. Xanthos, Thukydides 
und Aristophanes (Eq. 1325) widersprechen klar 
einer solchen Annahme der Tettigophorie am 
Helm, und auch aus Herakleides ist sie nicht zu 
schließen. Nur eins kann an der phrygischen 
Mütze xgoyßvXog genannt werden, der in der 
Mitte sitzende vorragende, leicht nach vorne 
gebogene Knauf (Studniczka 255), wozu zu 
vgl. die Benennung der hohen Schiffsenden Hom. 
II. IX 241 xoQVfißa und des Berggipfels Herodot 
VII 218, 14 xoQvmßog. Diesen Knauf haben auch 
die Mossynoikenhehne. 

Die vielbesprochene Erwähnung des xgoißvlog 
bei Lukian nXoiov rj evyai 3, wo die Frisur eines 
ägyptischen Knaben mit der alten Tracht ver- 
glichen wird (avaSeäe[i£vov stg tovtzigo) zqv xd^r\v 
etc dfMpoTEQa jov t.iBid}7iov aTirjyjusvrjv), ist eben- 
falls für die Beurteilung der alten Tracht wertlos, 
denn aus Lexiph. 13 geht hervor, daß Lukian den 
xgoyßvlog sich als Zopf vorstellt. Ein solcher 
ist aber nach der Überlieferung der Denkmäler 
ausgeschlossen. So ist bei Lukian auch aus den 
zhztysg. die sonst erscheinen (s. Birt 628. Kjell- 
berg 165. Bremer 58), ein zhzi^ geworden. Eben- 
sowenig wie man die unter dem H a u s e r sehen Gold- 
toupet verborgene, flach an den Kopf angedrückte 
Frisur xgcoßv?.og benennen kann nach dem Wort- 
begriffe, "paßt der Name zezzi* auf diese Metall- 
scheiben. Vgl. Petersen I 83. Pernice bei 
Gercke-Norden Einleitung in die Altertums- 
wissenschaft IT 45. Kjellberg 170. Bremer 63. 
Auch die von Hauserl 89 abgebildete Zikaden- 
larve vermag schon wegen des Größenunterschieds 
der verglichenen Objekte hier nicht zu vermitteln. 
Die troi sehen Diademe (Haus er 1 114) dürfen kei- 
nesfalls herangezogen werden. Ausschlaggebend für 
die Beurteilung der Hauser sehen Ansicht ist, 
daß sie mit der monumentalen Überlieferung un- 
vereinbar ist. Haus er vermag, wie er selbst I 99 
zugibt , .kein sicheres, zwingendes Beispiel einer 
attischen Darstellung zu nennen, wo Männer diese 
Goldscheiben direkt über den Stirnhaaren tragen'. 
Die Punktreiheu auf heller Firnisunterlage um die 
Stirne herum bezeichnen nicht, wie Haus er über- 
zeugt ist, einen ,MetalltettixS sondern nur die kurz- 
geloekten Haarenden, da sie ebenso wie über der 



Stirn auch im Nacken vorkommen (Bremer 64). 
Ebenfalls um stilisierte Darstellung der wirklichen 
Stirnhaare handelt es sich hei den von Hau s e r für 
den griechischen Osten herangezogenen Beispielen 
(a. a. 0. 65f ). Der Zeus TaUeyrand trägt die auf- 
gebundenen Stirnhaare (s. o. und a. a. 0. 42). Auch 
der von H a u s e r herangezogene Goldschmuck stützt 
nicht seine Theorie. Die mykenischen , Diademe' 

sind ineist Sargbeschlag (s. o. unter I; Stais o , ^ 1U . C „ 

'Eytjfi. aQ%. 1907, 31 ff.), und ihr Ornament ist 10 die eine Nike auf dem ^aterFurtwängTer- 



vermutungsweise nachzuweisen, kommen also nicht 
in Betracht. Auch hier gestatten die Denkmäler 
nur eine Lösung: man nannte die so- sehr häufig; 
beim xQmßvkog auftretenden Blattkränze zhriyeg. 
vgl. Kroisos Furtwängler-Reichhold 113; 
Zeus Furtwängler-Reichhold 16; Arch. Ztgl 
1875 Taf. 10. Hipparch Arch. Ztg. 1883 Tal 12 
u. v. a. Sie bestehen aus einer Binde, auf die 
dünne Goldblätter aufgenäht sind; vgl. die Binden,. 



nicht aus Haaren, sondern Blüten (Arch. Jahrb. 
XXIII [1908] 209ff. Jolles) entstanden. Das 
Schmuckstück aus Kairo Archäol. Anz. 1901, 210 
diente zum Halten des Nackenschopfes, s. Edgar 
Catalogue gen. des antiq. de Caire ; Graeco-egyptian 
Coffins, Masks and Portraits nr. 33216 u. a. 
Endlich ist auch bei den noch übrigen Beispielen 
aus der Plastik (Bremer 67) nur Haarstilisierung 
anzuerkennen. Die vier wirklichen Toupets, die 



Reichhold Taf. 20 oder ein Erot a. a. O. Taf. 
124 in der Hand tragen. Die Namenübertragung 
ist ebenso entstanden wie der Vergleich der Blüten- 
bleche, die am untern Rocksaum der Saunier gegen- 
einanderschlagen, mit dem Insekt. Werden zwei 
bis drei Blätter an derselben Stelle auf die Binde 
aufgenäht, oder wie bei erhaltenen Kränzen (z, B. 
einem Exemplar im Antiquarium kgl. Mus. zu 
Berlin) auf ein Metallband aufgelötet, so erinnern 



Hau s e r beibringt (I Fig. 25. 26. 35. 36; vgl. B r e m e r 20 sie wirklich an die charakteristische Rückenansicht 



68) sind Grabfunde, und sie gehören zusammen 
mit den Gesichtsmasken in Zusammenhang mit 
dem Totenschmuck. So ist es zu erklären, wenn 
auf der Schale im Museo Gregoriano (Heibig 
Führer^ II 1251, Abb. Hauser 1 100) Pluton und 
Persephone ein solches Diadem tragen. Nach alle- 
dem ist Hausers Theorie entschieden abzulehnen, 
denn auch die xQcnßv/.oi %ovooT, die Plutarch de 
Pyth. or. 24 D die Pythia wie andere Kleidungs- 
stücke ablegt, sind ihr eine haltlose Stütze. 

Es gibt überhaupt nur eine Frisur, die nach 
ihrer Verbreitung und dem Wortbegriffe des hqw- 
ßvkog für diesen in Betracht kommt Schon Conze 
hat in dem aufgebundenen Nackenachopf richtig 
den xQOißvlos erkannt, und Studniczka hat die 
Hypothese weiter ausgeführt. Von dem über- 
hängenden Teil des Schopfes hat der Frucht- 
büschel des Efeu den Namen xögvfißog (Bremer 
69; Belege s. Epheu). Seine Verbreitung, örtlich 



einer Zikade, und das bei jeder Kopfbewegung 
eintretende raschelnde Klirren der kleinen Blech» 
wird den Anstoß zur Naiuengebung gegeben habeiK 
Im Parthenoninventar von 400/399 (CIA II 2, 
645; s. Petersen II 548. Hauser IH 90 Anm. 
Bremer 71 f.) übertrug man den Namen sogar 
auf die blütenförmigen Anhänger der Halskette» 
(vgl. Arch. Ztg. 1884 Taf. 9 nr. 11, 12. Arch. Jahrb. 
II 1887 Taf, 8, 3). So auch wohl im Inventar 
30 des samischen Heraion, Curtius Inschr. u, Stud. 
zur Gesch. v. Samos, Progr. 1877 nr. 6. Athen. 
Mitt. Vn 367. Haus er I 93. CIA II 2, 766 
Z. 20 wird es sich um eine wirkliche Zikade 
handeln. Nach Etym. M. 310, 51 heißt äerxgaßvXos 
auf Cypern xoqSväi] und in Persien xiäagig. Zu 
ersterem Namen ist zu vgl. Aristoph. Nub. 11. 
Ein anderer Name für die zezziyes ist vielleicht 
y.akafiiSeg (s. Hesych. s. xakctftig) : ursprünglich 
gleichbedeutend mit dem xdZa/jog geht der Name- 

werden 



und zeitlich, ist eng verbunden mit dein langen 40 auch auf die ovgty^ über. Von dieser aus werde] 
Chiton. ^ Als Männertracht ist er wirklich aus- die Ksgvrlrai . . . rovg fuxgovg zhxiyag xaiapiöa 
schließlich Frisur der evöaifioveg. Seine Blütezeit ' T ' ^ "■ .... 

in Attika ist (s. o.) das erste Drittel des 5. Jhdts., 
dieselbe Zeit, in der auch der xgcoßvkog nach 



der "Überlieferung seine Hauptverbreitung genoß. 
Nur dadurch, daß zu diesem richtigen xooßv/.og 
die zezzr/sg fehlten, war es möglich, daß später 
noch neue Theorien (Schreiber, Haus er) auf- 
treten konnten. Eine Haarnadel (Conze) kommt 



genannt haben. Kaum anders als bei den rhztyeg 
wird es also zu verstehen sein, wenn der Name- 
auch xoGftaQiöv n ziegi zovg siloy.a^iovg und %qv- 
oovv jTEgiroayjjÄwr bezeichnet. 

III. Kinderhaartracht. Bis zum Epheben- 
alter behalten die Knaben, auch nachdem sich die 
Haarschur allgemein durchgesetzt hat, ihr langes 
Haar. Dann erst wird das Haar in Form einer 



nicht in Betracht, und die Goldspiralen (Stud- 50 Weihung an eine Gottheit abgeschnitten (s. o. 

niezka) ebensowenig. Sie widersprechen der u. II). Kunstvolle Frisuren sind natürlich selten, 

literarischen Überlieferung (Herakleides) wie der vgl. Athen. XII 16. Damit das Haar nicht in 

monumentalen, die lehrt, daß sie zur Perserkrieg- die Stirne fällt, wird es in einen Knoten über 

zeit schon außer Gebrauch waren. Wenn schon derselben aufgebunden. In der Zeit der Perser- 

der Name Tettix für eine solche Drahtspirale kriege kommt diese Frisur, der Stirnknoten, auf, 

mißlich ist, seist der Plural rezziyes ausgeschlossen. s. Für tw an gl er Meisterwerke 678ff. ; Inter- 

Die Zikaden sitzen nach Herakleides xsgi to fäzw- mezzi 5f. Die ältesten Beispiele sind der Dom- 

w y.ai zag xopag (Birt xöogag). Da die rhriye; auszieher (Brunn-Bruckmann Taf. 321) und 

nur für Attika erwähnt werden, so sind sie jeden- ein Kopf in Berlin (Für twän gier Meisterw. 

falls eine speziell attische Tracht, für die in Ionien 60 Taf. XXXII). Es folgt der Eros Soranzo in St. 

(Xanthos) die Binde eintrat. Da sie nun nach Petersburg (Arch. Ztg. 1878 Taf. 16 Springer- 

dem Begriff der l'vegoig , wahrscheinlich um das Michaelis* Abb. 362), eine Bronzestatuette im 

Haar oder einzelne Haarpartien geflochten waren' Louvre (Bulle Der schöne Mensch 2 Taf. 45 p 

(Kjellbergi, so wird man an eine Art Binde zu ^Dionysos'), ein Jünglingskopf daselbst (Abb. Furt- 

denken haben, die ja auch wirklich in verschiedenen wängler a. a. O. Fig. 132). der Kopf des Herzogs 

Foraaen in der fraglichen Zeit den Schopf auf- v. Devonshire, Furtwängler Intermezzi lfil Taf. 

»rodet. Auf eine Binde aufgenahte goldene Zikaden I— IV, eine Gruppe von Votivfiguren aus Boiotien 

(Sittl Patrizierzeit 29) sind nirgends auch nur (z. B. Athen. Mitt 1890, 360f.; vgl. Furt wäng- 



ler Sammlung Sabouroff Bd. II Terrak. Ein! 12f.), 
der Triptolemos des eleusinischen Reliefs und 2 
Figuren aus dem Parthenonfries (Iris im Ost- und 
Sklavenknabe im Westfries). Es trägt den Stim- 
knoten auch ein Knabe in Madrid (Arndt-Ame- 
lung Einzelverkauf 1593— 1598), das, Mädchen von 
Antium' (Brunn-Bruckmann Taf. 583/4), der 
jüngste Niobide und der Knabe mit der Gans 
des Boethos (Brunn-Bruckmann Taf. 433 und 



kehrenden Beiworten tfvxopios, xaXXfco/uos, svszXo- 
xapiog, xaXXtnXoxafiog, XiaaQonXöxafiog u. a. die 
Schilderung der Toilette der Hera (Hom. II. XIV 
175ff.) und Simonides frg. II 65ff. Längerhält sich 
bei den Frauen von den Frisuren, die sie mit den 
Männern gemeinsam haben, die Haarrolle (speziell 
in der 3. Form), die auch im 4. Jhdt. noch weit 
verbreitet ist (vgl. Conze Att. Grabreliefs I Taf. 
29. 31. 32. 59. 65. 101. Eleusin. Berief Brunn- 



Münch. Glyptothek Furtwängler nr. 268). Von lOBruckmann Taf. 7 und Münzen, speziell aus der 
- - - rate auf dem Grabrelief TToas: Antandros (Brit. Mus. Cat.TroasTaf.Vni), 



Frauen trägt ihn Chaircstrate 
Conze Att. Grabreliefs Taf. CLXXIY nr. 893. 
In zwei Fällen begegnet er auch bei Männern : Piia- 
mos auf dem Skyphos des Hieron und Makron, 
Furtwängler-Keichhold Taf. 85 (so auch 
Furtwängler im Text) und bei einem bärtigen 
Kopf in Florenz (Amelung Florentiner Antiken 
S. 3JVff., Titeltafel; KeplikMuseoTorlonia886). Vgl 
endlich den Aktaion Furtwängler-Reichhold 



Lesbos (a. a. O. Taf.XXXIV 12f), Antissa (XXXV 
1 1), Mytilene (XXXVII 1 4f.) usw. usw. Große lange 
Zöpfe scheinen die Frauen auf dem ostgriechischen 
Elfenbeineimer aus Chiusi (Mon. d. Inst. X Taf. 
38 a. Bohl au Aus ion. u. ital. Nekropolen 119 
Abb. 64) zu tragen (oder auch hier Umschnürung 
des ganzen Schopfes*?).- Da eine niedrige Stirn 
zu allen Zeiten als schön gilt (vgl. Horaz Od. 



Taf. 115 und Hauser im Text. Der Stirnknoten 20 1 33, 5; Lukian, dial. meretric I 2), so versucht 



ist vielleicht der oxottvg (vgl. Hermann-Blüm- 
ner a. a. O. 207, 4. Wieseler a. a. 0.), s. Pam- 
philos bei Athen. XI 494 F: ajioxdgsiv zbv oxöl- 
Ivv £'<pt]ßoi und Hesych. s. v. oy.ollvg * xoQv<pij q 
xaTalslsi^vr) xiüv tqixüjv ' nveg de {.tallov \jjlüX- 
?.or], xkoxafiav, auch'Eustath. Od. p. 152», 18 
(oxo/JLts), Poll. II 30 (var. aeioVüs), Dioscoridcs 
parab, II 93 (übertragen). Auf einem Irrtum 
beruht wobl Hesych. xorvotpögcov • oxolkwfpÖQow. 



man schon früh, deren Höhe künstlich au ver- 
ringern, indem man die beiden Teile des in der 
Mitte gescheitelten Haares nicht glatt zu den 
Ohren führt, sondern sie in einem Bausch her- 
abhängen läßt und über den Ohren mit der 
Binde befestigt eder gar um die Ohren herum- 
führt, s. z. B. auf Straußenei aus Vulci, Perrot- 
Chipiez Hist de l'art III 859 Fig. 627; streng 
rf. Pelike in Wien Furtwängler-Eeichhold 



Auch der xÖQvyog Hesych. s. v. gehört jedenfalls in 30 Taf. 72 ; Artemis auf Aktaionkrater (a. a. 0. 



diesen Zusammenhang. — Der Scheitelzopf tritt all- 
gemein erst im 4. Jhdt, auf. Die auf dem Scheitel 
über der Stirn zusammengezogenen Haare werden 
in einen kleinen Zopf geflochten, der bis auf den 
Hinterkopf fällt (vgl. "Furtwängler Meister w. 
543. 679). Das älteste Beispiel ist ein Knabe auf 
der Stele der Polyxene, Conze Att. Grabreliefs I 
Taf. LXVI und gehört noch ins 5. Jhdt. Mit dem 
4. beginnt die geschlossene Beihe der Beispiele, 
vsrl. Samml. Sabouroff II Taf. CXL 3. Mon. d. 40 
Inst. IV (1845) Taf. XX. Archaeolog. Stud. für 
Brunn 90 Taf. 3. Brunn-Bruckmann Taf. 176 
(Koren vom Erechtheion) : Arch. Ztg. XVHI (1860) 
Taf. 133/4 (Xanten er Erzfigur). Arndt-Amelung 
Einzelverkauf nr. 1—2; Ohairippe auf dem Grab- 
relief Conze Att. Grabrel. Taf. CLXVI m. 862. 
Der Name dieses Kinderzopfes ist oxocxiog, wie 
aus dein Namen selbst hervorgeht (s. Schol. Thuk. 



Taf. 115; dazu Hauser im Text 291); Brunn- 
Bruckmann Taf. 356, Artemis ausPompei; Fi- 
guren vom Aphaiatempel in Aigina, z. B, Furt- 
wängler Aeg. Tal 98 nr. 177; Kopf in Mün- 
chen, Eesidenz, Arndt-Amelung Einzelverkauf 
928f. ; Mädchenfiguren von der Akropolis (z. B. 
Brunn-Bruckmann Taf 556, s. darüber L er- 
mann a. a. 0.); Kopf in Koni, Einzelverkauf 
422/3 usw. 

2. In der Übergangszeit treten verschiedene 
Frisuren auf, die auf Frauen beschränkt sind. 
Der einfache Haar knoten im Nacken findet sich 
in voller Ausprägung zuerst bei der esquilini- 
schen Venus (Brunn-Bruckmann Taf. 305, 
Kopf allein Arndt-Amelung Einzelverkauf 
481/2). Er ist aus der Haarrolle entstanden, vgl. 
elcusimschcB Relief Brunn-Bruckmann Taf. 7 
und Mädchen auf Krater aus Falerii Furtwäng- 
lei-Keichhold Taf. 17/18, auf Pvxis a. a. 0. 



I 6. 3. Phot. Lex. p. 156 Pors. Hesych. s. xqw- ... 

ßv/.os\ vielleicht ist auch der nau.og (Hesych. s. 50 Taf. 57, 1 u. a. Der Haarknoten hält sich bis 
olnozjoia. Eurip. Bacch. 113) und die aemh tqi'/Öjv in die römische Zeit. Beispiele: sog. Niobiden- 
Poll. II 30 damit identisch. '— Einen in der Art trophos (Arndt-Amelung, Einzelverkauf nr. 

364/5); Aphrodite von Ostia. Fri eder ich s-\\ ol- 



des Doppelzopfcs um den Kopf he ruingelegten 
Zopf trägt ein Knabe auf der Stele der Aiohestrate 
(Conze Ath. Grabrel. Taf. LXVIII). 

IV. Fraueuhaartracht. 

1. Solange die Männer langes Haar tragen, 
entspricht die Frauenhaartracht der der Männer 
(schon erkannt von Senilis Aen. X 832), nur 



ters 1455; die knidische Aphrodite (Brunn- 
Bruckmann Taf. 161 oder Arndt-Amelung 
Einzelverkauf nr. 216-218); hellenistisch: .Ar- 
temis München Glyptothek Furtwängler 204. 
Arndt-Amelung Einzelverkauf nr. 864/5 usw. 
Eine richtige Haarschleife im Nacken an Stelle 



mit dem Unterschied, daß */ i^/t rag xö/nag 60 des Knotens trägt z. B. ein Kopf des 5. Jhdts. 



(fd.oTtyvia (Strab. X 3, 8) bei ihnen immer mehr 
ausgeprägt gewesen ist (vgl. Synesios tfa/.axgäg 
iyxtbiftiav C 21 xal xaßäxaE, oi ßrj'/.vöoiat toi'/o- 
TzXdoza Tiarzsg dotv), sie immer neue Variationen der 
feststehenden Frisurentypen erfanden und fremde 
Frisuren schneller übernahmen als die Männer (s. o. 
S. 2122\ Welche Pflege sie von jeher dem Haare 
angedeihen ließen, zeigt neben den stets wieder- 



in München, Besidenz, Einzelverkauf nr. 931 und 
der Madrider Hvpnos Brunn-Bruckmann Tai 
529. — Die Sitte, den Haarschopf in der Art wie 
beim klazomenischen Schopf (s. o. unter II) hart 
am Kopfe abzusclmüren, so daß er als Busch, 
dessen Länge mit der Schere beliebig geregelt 
wird, vom Kopfe absteht, tritt in der Mitte des 
5. Jhdts. auf (Furtwangler-Keichhold Tat 



17/18. 107). Ausnahmslos handelt es sich bei 
dieser" Frisur um die Tracht junger Mädchen. 
Ursprünglich wird das Haar im Nacken umschnürt, 
im 4. Jhdt. aber, wo sich die Tracht weitester 
Beliebtheit erfreut, auf dem Wirbel. Auch diese 
Frisur hält sich durch die hellenistische Epoche 
hindurch. Beispiele: Furtwängler-Reichhold 
Tat 8/9. 10. 40. 59. 68. 78, 1, 2. 79. 80, 1. 87 
usw. Archacol. Jahrb. XI (1896) 21 Fig. 2. 
Arndt-Amelung Einzelverkauf nr. 595. Conze 10 
Att. Grabreliefs II Tai CLXXII nr. 887. Zum 
Abschnüren dient ein Band, das oft mit Trod- 
deln verziert ist. Auf diese Frisur paßt am be- 
sten der Käme des lafutddiw, das Pollux im Ver- 
zeichnis der Komödienmasken junger Frauen (IV 
154) anführt als iöia tqi/<»v nXsyfjtaroQ dg 6§v 
axoirjyovrog. Die Erklärung- paßt ebensogut auf 
diese Frisur wie die wörtlich gleiche, die Suidas 
u. a. vom xgwßMos geben, auf diesen. Beide 
dg d£v aJToltjyovat. Das ?Mf.uiddiov tragen nach 20 
Ps.-Dikaiarch die Frauen von Theben auf dem 
Wirbel. 

Im 4. Jhdt. tritt die sog. ,Melonenfrisur< auf, 
für die die Teilung der Haarmasse in einzelne 
Streifen, die von der Stirn nach dem Hinterkopf 
laufen, charakteristisch ist. Am Hinterkopf wer- 
den die Haare in einen Schopf (Bull. hell. VIII 
[1844] PI. XV), Knoten oder aufgewickelten Zopf 
zusammengefaßt (Furtwängler Sammlung Sa- 
bouroff II Taf. LXXXVIII. Arndt-Amelung 30 
Einzelverkauf nr. 66). Über die Frisur Fabri- 
cius Bull. d. Inst. 1883, 69f. Furtwängler 
Sammlung Sabouroff II zu Taf. CXXV/VI und 
CXLIX 1. Am bekanntesten ist die Frisur von den 
beiden Hereulanenserinnen in Dresden (Brunn- 
Bruckmann Taf. 558 und 310). Im 4. Jhdt. 
hat die Tracht ihre Haupt Verbreitung (z. B. Por- 
trätköpfe Arndt-Amelung Einzelverkauf 496. 
1291/2. 1188/9. Brunn-Bruckmann Taf. 13; 
Grabrelief der Demetria und Pamphile. C o u z e 40 
Att. Grabrel. I Taf. XL. Brunn-Bruckmann 
Taf. 528; Stele derMalthake, Conze Taf. XLVI). 
In hellenistischer Zeit spielt die Melonenfrisur 
besonders als Tracht am Ptolemäerhofe eine Rolle, 
wo sich namentlich Arsmoe und Berenike nach 
Ausweis ihrer Münzen dieser speziell jugendlichen 
Frisur bedienen. Auch die Terrakotta-Mädchen- 
figuren der hellenistischen Zeit zeigen sehr häufig 
diese Tracht. Jetzt erhalten sie auch jugend- 
liche Göttinnen, Artemis (Münzen 3. Jhdt, Arch. 50 
Ztg. 1880 Taf. 17, 3. Brit. Mus. Guide 2 pl. 42, 
18. 46, 25) und Kora (z. B. Clara c pl. 430, 
775). Zur Melonenfrisur ist zu vergleichen die 
y.öurj öiaxoiöov ijOx^iiivt] (Luc. am. 3). 

Die Haarschleife, die vom Apoll von Belvedere 
(Brunn-Bruckmann Taf. 419) und von der kapi- 
tolinischen Venus(Brunn-B ruckmann Taf. 373) 
allbekannt ist, tritt um die Wende des 5. und 
4. Jhdts. auf. Sie ist eng verwandt mit dem Stirn - 
knoten, dessen ausgeprägteste Vertreter wie der 60 
Kopf des Herzogs von Devonshire (Furtwängler 
Intermezzi Iff. Taf. I— IV) schon zu ihr über- 
leiten. Über die Haarschleife s. Furtwängler 
SamraL Sabouroff zu Taf. 22; Meisterwerke 665, 
1. Klein Praxitel. Studien i6ff. Studniczka 
Arch. Jahrb. XI (1896) 256 f. Die ältesten Bei- 
spiele finden sich auf dem Thetisbild aus Ka- 
hutos (Salz mann Camiros Taf. 58. Wien. Vor- 



legebl. II Taf. 6, 2), auf der Vase Compterendu 
1860 Taf. 2 und der Kertscher Pelike Furt- 
wängler-Reichhold Taf. 69, sowie auf den 
Musenreliefs von Mantineia (Brunn-Bruck- 
mann Taf. 468). Als Tracht der Kunst hält sie 
sich bis in die späteste Zeit des Altertums. Von 
der hellenistischen Zeit an tragen sie auch Jüng- 
linge. So wird sie namentlich ein Charakteristi- 
kum des Apoll. Von Göttinnen tragen sie be- 
sonders Aphrodite und Artemis. 

Die Sitte, Zopfe um den ganzen Kopf herum- 
zulegen, wird ebenfalls erst im 4. Jhdt. Brauch, 
s.auch Hause r im Text zuBrunn-Bruckmann 
Taf. 598. Hofmann a. a. O. 197 versucht sie 
irrtümlicherweise weiter zurückzudatieren. Bei 
den spartanischen Heroenreliefs handelt es sich 
nur um eine Form der Stilisierung der Stirnhaare, 
und sein Beispiel aus dem 5. Jhdt. (Friederichs- 
Wolters 1045) ist identisch mit Conze Att. 
Grabreliefs Taf. 69 , das er selbst ins 4. Jhdt. 
setzt! Auch diese Zöpfe sind speziell Tracht junger 
Mädchen: Bronzekopf in Neapel Brunn-Bruck- 
mann 385; Terrakotte Furtwängler Samml 
Sabouroff II Taf. LXXXI. Conze a. a. O. Taf. 
LXXI ; drei kleine Mädchen a. a. O. Taf.CCXXXVIII 
nr. 1131. CCCLHI nr. 1666 a. Die Frisur ist, 
wenn der Zopf weiter nach unten rückt und den 
Haarrand über der Stirn wie a. a. O. Taf. CVIII 
verdeckt, direkt zugehörig zu jener Fülle über- 
ladener Frisuren der hellenistischen Zeit, die 
ihrerseits überleiten zu den kunstvollen Coiffuren 
der Damen der römischen Kaiserzeit. Zu der 
dringend nötigen Sichtung und Durcharbeitung 
dieses reichen Materials fehlen noch die nötig- 
sten Vorarbeiten. Den Reichtum der Formen 
lehren besonders Terrakotten (vgl. z. B. Stackel- 
berg Gräber der Hell. Taf. LXXVlfV). Eine be- 
stimmte, im Maeandertal heimische Frisur, bei 
der die Haare in zwei Abteilungen zurückge- 
strichen und in einen kleinen Knoten zusammen- 
gebunden sind, hat Bulle im Test zu Arndt- 
Amelung Einzelverkauf nr. 1 342 3 ausgeschieden; 
eine andere Gruppe Arndt Glvptotheoue Ny- 
Carlsberg zu Taf. 16 S. 23. 

Mit der letztgenannten Zopffrisur, die Conze 
Att. Grabreliefs Taf. CVIII zuerst auftritt, ist 
wohl der oyxog zu identifizieren, der nach Pollux 
onomast. IV 133 zo vxeo to xqöö'jjxov dvkyov dg 
vtfos /.aßdosidh trö o%rjiian ist. Die ziKExrdvai 
He.sych. s. fxo/i/w) bezeichnen einzelne Flech- 
ten. Zxtioa. v.-z6o.-ieioa wird den einfachen Kno- 
ten bezeichnen (Pollux II 31. IV 149). In helle- 
nistischer Zeit wird falsches Haar zuerst aus- 
giebiger verwendet, vgl. die Belege bei Stephanus 
s. xyvixjj, qpsvdx?], evrotxov, nooxdfttov xqog- 
thzdv (Pollux II 30j . xö'iiai .-looo&eTot (zuerst 
Xen. Cyrop. I 3, 2. Lukian. Alex. 3), ai rrgöofc- 
tol «zuerst Aristoph. frg. 321 Kock). 

3. Schon seit der archaischen Zeit spielen 
unter den yvraixEia <poot]uata Hauben und 
Kopftücher eine große Rolle. Während das 
große Kopftuch (s. xorjbsuvov) zum Ausgang nur 
umgebunden wird, bilden diese einen wesentlichen 
Bestandteil der Frisur selbst. Eine Namensamm- 
lung bei Aristophanes frg. 320 Kock. Die bekann- 
teste Haarberge ist der xexgvipaXog; s. Win ekel - 
mann Kunstgeschichte, herausg. von Lessing 149. 
Descr. des Pier. gr. du Cab. de Stoach p. 417. 



Becker Charikl. ni 304. Heibig Hom. Epos 2 
157ff. Furtwängler Berl, Phil. Wochenschr. 
1888, 458. Studniczka Beitr. z. Gesch. d. alt- 
griech. Tracht 129ff. J. Müller a. a. O. 86, 4. 
Es handelt sich um ein Haarnetz : denselben 
tarnen führt auch das sackartige Jagdnetz (Xen. 
■ Cyr. VT 7. Plut. Alex. 25); der eine netzartige 
Magen der Wiederkäuer (Aristot. de part. an. III 
13) und der Pferdemaulkorb (Xen. de re eq. 6. 
7f. Pollux I 184. X 55; vgl. Pernice Griech. 
Pferdegeschirr, 56. Berl. Winckelmannsprogr. 6ff.). 
Der Verfertiger heißt xsxQv(pa).ojiX6xog (Crit. bei 
Tollux VII 179). Auch mit Steinen kann das 
Ketz verziert sein (Agasios Schob Anth. Pal. V 
276 v. 10: xai ki&oxoA.k^taiv 7r)Jyfzara xexqv 
cpdloiv); vgl. überhaupt Anth. Pal. V 260. VI 
206. 207. 219. 275. Aus den xexQtxpaXoi rosig 
m nlamlm CIA II 787 Z. 18 (Inv. d. Brauronion 
339/3. Michaelis Parthenon 311, 140) ist für 
die Form des Netzes nichts zu erschließen (Stud- 
niczka Vermutungen z. gr. Kimstgesch. 19; a. 
a. O. 130, 23). Die nlaiaia sind viereckige Fächer 
an den Wänden zum Aufbewahren von Weihge- 
.schenken, die 70. 74. 98. 127 usw. wiederkehren. 
Der xsxQvtpaJ.o? kann nicht direkt, sondern nur 
mit einer Binde am Kopf befestigt werden (Ari- 
stoph. Thesm. 257: xexovydkov 6st xai fuhoa;). 
Danach hat man den x£XQv<pa).og in den kleinen 
im Nacken sitzenden und mit einer ein- oder 
mehrmals um den Kopf gewundenen Binde be- 
festigten Haarnetzen zu erkennen, die im 5. Jhdt, 
auftreten und namentlich im 4. Jhdt. verbreitet 
sind. In der Plastik zeigt sie eine Gruppe von 
Köpfen, die Furtwängler im Anschluß an seine 
.Lemma' dem Phidias zuschreibt (Meisterw. 98, 1, 
z. B. Arndt E.-V. nr. 435/6), die Hera Barberini 
in Rom, das Relief von Pharsalos Brunn-Bruck- 
mann Taf. 58 und ein Kopf in München (Einzel- 
verkauf 934; vgl. auch die Gruppe von Fäl- 
schungen Furtwängler Neuere Fälschungen 
v. Ant. 24ff.). Auf Münzen begegnet er häufig 
auf bekannten syrakusanlschen Münz typen. Sehr 
häufig auf Vasen: Furtwängler-Reichhold 
Taf. 8/9, 30. 59. 68. 79. 97. 120. 3. 129; Arch. 
Ztg. 18S2 Taf. 5. Das Festbinden mit der Binde 
zeigt ein Fragment im Stil des Duris, Hartwig 
Festschrift für Benndorf m. Anth. Pal. V 276 
heißt die Binde dra<3«Q,u>/ (dpyvgwjj). So auch in 
den vielbesprochenen Versen Ilia* XXII 468E, 
wo der Andromache ihr Haarschi nuck vom Haupt 
fällt (s. Art. 'Avaösöfirf). Helbi<* a. a. O. und 
Über den Pileus d. alt. Italiker (S.-Ber. Akad. 
Münch. 1880. 527ff.) will den xsxqvtpalog deshalb 
in hohen steifen Hauben sehen, die im 5. Jhdt. 
auf etruskischen Wandgemälden vorkommen (Abb. 
a. a. O. 63ff. ; vgl. Elfenbeinreliefs Rom. Mitt. 
1906 Taf. 15/16; ionische Amphora Furtwäng- 
ler-Reichhold Taf. 21; italisch-ionische Kanne 
Arch. Anz. XIX [1904] 60). Auf Münzen von 
Knidos begegnen sie im 6. Jhdt. (Brit. Mus. Cat. 
Caria PI. XIII nr. 8). Gegen diese Auffassung 
wendete sich mit Recht Studniczka und J. 
Müller a. a. 0., denn ein solcher Bedeutungs- 
wandel ist unglaubhaft. Schon stets fiel auf. daß 
diese Schmuckstücke Hom. II. XIV 170ff. bei 
der Toilette der Hera nicht erwähnt werden, und 
tatsächlich ist der xexQvtpakog an Denkmälern 
homerischer Zeit nicht nachweisbar. In Wirk- 



lichkeit fällt nun der Vers 469 ans dem Zusammen- 
hange heraus. Er ist später eingefügt zur Er- 
klärung der dsauara myalöevza. Nur bei dieser 
Annahme ist die Tracht des xEXQvcpakog mit dem 
allgemeinen homerischen Brauch in Einklang zu 
bringen. Auch auf Männer werden einmal die 
xexQvtpaloi übertragen : in . der Diadochenzeit 
tragen sie die verweichlichten spartanischen Großen 
(Antiph. bei Athen. XV 28). Diese sind purpurn 

10 wie Anth. Pal. VI 207. 

Die Sitte , das Haar mit einer mehrmals um 
den Kopf geschlungenen Binde aufzubinden (z. B. 
Furtwänger-ReichholdTaf. 28. 30. 35. 57,3. 
Arndt E.-V. 12031 Ant. Denkmäler I Taf. 33. 
Arch. Jahrb. XXI [1906] 165ff. usw.) führt schon 
im 6. Jhdt. dazu, den ganzen Kopf haubenartig 
zu umwickeln (Kleinmeisterschalc München 16 ; 
Arch. Jahrb. XXII [1907] 104 Abb. 23/24. Arch. 
Ztg. XL [1882] Taf. 11 u. v. a.). So entsteht die 

20 Nachtmütze (Aristoph. Thesm. 257f.). die xsyakt} 
xEot'&sTog , die auch bei Tage benützt wird-, s. 
Studniczka. Tracht 130. Heibig Hom. Ep.2 
225, 7. J. Müller a. a. O. Sie ist im 5. und 
4. Jhdt. allgemein verbreitet, z. B. Furtwäng- 
ler-Reichhold Taf. 106. 73. 43—45. 94. 92. 
61. 63. 93. 71. 24. 4. 57, 2; Lapithinnen vom 
Olympia- Giebel, Brunn-Bruckmann 454f. E.- 
V. nr. 1732/3 usw. Den Akt des Umlegens des 
Tuches zeigt die Terrakotte Furtwängler 

30 Sammlung Sabouroff II Taf. CXXX. Häufig sieht 
aus dem Haubentuch auf dem Scheitel ein Haar- 
busch heraus, wie Furtwängler-Reichhold 
Taf. 33. 46. 85 u. a.; so auch auf dem Relief 
aus Nemi (Springer-Michaelis Handbuch 8 I 
1 78 Fig. 340. Furtwängler Antike Gemmen 
III 2661V). Beim Gelage tragen auch Männer zu- 
weilen die xeyaXr) JZEol&Eiog , z. B. Mann auf 
Hischylosteller , Berlin 2100 (Jahrb. I [1886] 
Taf. 12). Singular ist das Kopftuch auf dem 

40 Becher des Hieron Furtwängler-Reichhold 
Taf. 85: es ist an einem metallenen Stirnband 
befestigt und fällt, die ganze Haarmasse ver- 
deckend, in den Nacken herab. Ein darüber um 
den Kopf gelegter Reif oder eine Binde hält noch 
einmal das Ganze. Daneben kommen richtige 
Hauben vor (z. B. Dienerin der Hegeso, Brunn- 
Bruckmann Taf. 436), meist mit einem Knopf 
(Furtwängler-Reichhold Taf. 35; Grabstele 
Brunn-Bruckmann Taf. 417) oder einem Zipfel 

50 (Furtwängler-Reichhold Taf. 23. 53) in der 
Mitte über dein Wirbel. — Die Art, wie die sog. 
Sappho in Berlin (z. B. Baumgarten-Poland- 
Wagner Hell. Kultur 2 Abb. 209) ihr Haar mit 
der Binde im Nacken breit, über der Stirn schmal 
umwunden trägt, leitet über zu der Form des 
adxxog, einer Binde, die hinten breit die Haar- 
masse umfaßt und über der Stirn mit einem 
kleinen Knopf geknöpft wird (CIA II 758 col. II 
13. Aristoph. Thesm. alt. frg. 320, 13 K. u. a.), 

60 z. B. Furtwängler Samml. Sabouroff Taf. CXIX. 
CXLITI 3. Springer-Michaelis Handbuch 8 
303Abb.557. Furtwängler-ReichholdTaf.79. 
Conze Att. Grabrel. I Taf. XXV; Grabrel. aus 
Thasos, Brunn-Bruckmann Taf. 232; Votiv- 
relief, E.-V. nr. 562; ,Peitho' im Parthenonfrieä 
(Michaelis VI 39; E.-V. nr. 726). Eine Abart, 
bei der um den Vorderkopf eine verhältnismäßig 
schmale Binde herumläuft, die sich am Hinterkopf 



stark verbreitert und in eine kleine Haube über- 
geht, ist die o<p£v&6vt) bezw. omw&ootpevdövij (z. B. 
Poll. T 96; s. Stephanus s. v.). Die Form ent- 
spricht der Schleuder und der Fassung des Finger- 
ringes, die denselben Namen führt. Beispiele: 
Conze Att. Grabrelicfs Taf. CCLXV nr. 1198. 
Stackeiberg Gräber der H. Taf. LXVI1L Die 
HeTa vom C apitol (F u r t w ä n g 1 e r Meisterw. 117. 
Einz.-V. 457/8 = Antike Denkmäler I Taf. 55). — 
In makedonischer Zeit kommt ein Kopftuch auf, 10 
das nur den Vorderkopf bedeckt; .dasselbe ist 
vorne zusammengerafft und mit einer Schleife ge- 
bunden; es breitet sich nach dem Oberkopfe aus, 
läßt aber den Hinterkopf frei' (Furtwängler). 
Dies Kopftuch trägt die sog. Methe in München 
Glyptothek Furtwängler 246. Brunn-Bruck- 
mann Taf. 125; ein Kopf im Palazzo Pitti in 
Florenz (Arndt-Amelung Einz.-Verk. 232/3, 
vgl. Festschr. f. Overbeek 98), die trunkene Alte 
in München Glypt. Furtwängler 437. Brunn- 20 
Brück mann 394 und die Brautmutter Doris im 
Hochzeitszug des Poseidon vom Altar des Cn. 
Domitius Ahenobarbus, München Glypt. Furt- 
wängler 239. Brunn-Bruckmann 124 (im 
letzten Falle etwas weiter in den Nacken fallend). 
Dazu kommen ein Heraklesköpfehen Einzelverk. 
743, 4 und Hermaphroditen, Furtwängler Sta- 
tuenkopien im A. I, Abb. Akad. Münch. 1896. 
582ff. 

V. Diademe, Haarbinden. Homer kennt 30 
zwei Diadem formen: orEtfän] und äftnvs. Hym- 
nus V 7 tragen die Hören goldene äf.mvxes, 
Aphrodite oze<pävt]v evthxtov xalijv xQ vaE ^ r i v - 
Letztere ist also wertvoller. Über den äfiavg 
s. Heibig Hom. Epos 2 157. Reichel Homer. 
Waffen- 144. Häuser Österr. Jahresh. 1906, 
111. Bremer 13. 48; vgl. Art. Ampyx. Der 
dfiTtvt ist ein metallenes Stirnband, das auf eine 
Binde aufgenäht ist, ebenso wie das Stirnband 
der Herde (z. B. Hom. IL V 358. 3G3. 720. VIII 4ö 
382). Beispiele aus der Vasenmalerei : Poseidon auf 
korinthischem Pinax. Antike Denkmäler II Taf. 30, 
18; Frau auf Scherbe aus Teil Defenneh a. a. O. 
Tai'. 21, 1. Als hohen Aufbau tragen die Frauen 
der melischen TongcfäfcSe im 7. Jhdt. den äunvS: 
Conze Melische Tongef. Taf. IV und Titelvignette 
(= Arcli. Ztg. 1854 Taf. 02). Eine ähnliche 
Form trägt .Leukothea" Brunn-Bruckinann 
Taf. 228. Vom 5. Jhdt. an ist der «/an? auf 
die Frauen beschränkt, seine Form wird immer 50 
reicher, namentlich durch nach oben aufragende 
Blatter und Blüten, die ebenso aber auch in die 
einfache Binde eingesteckt werden (Beisp. des Am- 
pyx im 5. und 4. Jhdt. : Furtwängler-Reich- 
hold Taf. 38f. 20. 30. 40. Furtwängler Samml. 
Sabouroff I Taf. LXVi. Dieser a^i,ivg heißt auch 
xoovtftozqg (Hesych. s. v. : xöotiov yvvaty.siov z6 
siegi n)v x€<fa/.r/v yovoiov). Eine Abart des 
a/wß hat Hauser "(Österr. Jahresh. IX (1906) 
lOlff.) ausgeschieden, die orkcyyig. Über sie 60 
Schob zu Aiist. Eq. 580 yovooiv eka.ot.ia zo xtoi 
rfj xefpakij. Poll. VIII 9 decua at/oveoytther, o 
mg! tf] xetp-alij <fogovotv t Hippoloch. bei Athen. 

IV 128C XQO£OT€<paVü}XEt 6e xal i'xaorov 

mieyyidi xQvof], Daß es sich um eine Form des 
äfatv^ handelt, zeigt das delische Inventar von 
250 (Bull. hell. 1903, 87 Z. 10), das ein mXey- 
ytdtov zqvoovv hii tmviÖiov auffährt. Die Form 



des Metallteiles muß natürlich dem Schabeisen 
ungefähr entsprochen haben. Die als Trinkge- 
schirr benutzten Stlengiden (Aristpph. Thesm. 
588) gehören auch hierher, sicher aber nicht die 
von Haus er ebenfalls herangezogenen Kampf- 
preise Xen. anab. I 2, 10. 

Die oTS(pdvt} ist ein um den ganzen Kopf 
herumlaufender geschlossener Metallreif, wie es 
sein Name sagt-. Dieser wurde auch auf das die 
Helmkappe umsäumende Metallband (Hom. IL 
VII 12, X 30. XI 96) und auf den unter der 
Glaüe stehen gebliebenen Lockenkranz übertragen 
(Poll. V 144). Frühere Ansicht: Gerlach Phi- 
lologus XXX 494; vgl. Savignoni Mon. ant. 
VII (1897) 86f. He 1 big Hom. Epos* 157; 
s. Hom. IL XVTH 597. Hesiod. Theog. 578. Anth. 
Pal. VI 274. Callix. b. Athen. V 201 D. 202 B. D. 
Aelian. var. hist. I 18. Aristoph. Eccl. 1034. 
Luc. am. 41. Herodot. VIII 118. Aristoph. 
Eq. 968 als Zeichen von besonderem Luxus. 
Varianten der Bezeichnung lür dieselben Schmuck- 
stücke gibt Euripides Medca 1160 x& vo °v$ ÖT£ '~ 
tpavog; 983 yovoÖTSvxiag oiF.<pavog; 1186 XQ V ~ 
oovs Tzköxog; 785 xkoxog xgvor/kazog; 978 X9 va U 
ävadeofo]. Diese drei Ausdrücke ozzqpavog, nkö- 
y.os und avadia/iii] bezeichnen also nicht ver- 
schiedene Schmuckstücke, sondern man brauchte 
sie durch- und nebeneinander für denselben 
Schmuck, d. h. dann eben den Reif. Von be- 
sonderen Formen des zu allen Zeiten getragenen 
einfachen Reifs ist die älteste der ionische Haar- 
reif, der im 6. Jhdt. im griechischen Osten -ver- 
breitet ist. Er hat eine geschwungene Form, 
die bis zu den Schläfen dem Haarrand folgt, im 
Bogen, oft mit scharfem Knicke, die Ohren um- 
geht itTid sieb dann im .Nacken zusammenschließt. 
Über Verbreitung s. Bremer 14f. Als äpnvl; 
trägt den ionischen Reif x. B. die Karyatide 
vom Knidierschatzluiuse in Delphi (Homolle 
Fouilles de Delphes IV Taf. 20). als geschlossenen 
Reif findet man ihn auf den Friesen des Knidier- 
schatzhauses in Delphi (Homolle a. a. O. Taf. 
11 — 14} und des Siphnicrsch atzhaus es (a, a. 0. 
Taf. 9f. Athen. Mitt. 1909, 162), auf klazo- 
menischen Sarkophagen (Antike Denkmäler I 
Taf. 45. II Taf. 58) und sonst. Die letzten Aus- 
läufer dieses Reifs finden sich in Etruricn (z. B. 
Wandgemälde Mon. d. Inst. V Taf. 34. IX 
Taf. 13—14) und in Attika in einem geschwun- 
genen mit Maeandermuster verzierten Reif, den 
in der ersten Hälfte des 5. Jhdts. die Frauen 
tragen. z.B. Furt wängler-Reichhold Taf. 52. 

In der zweiten Hälfte des 6. Jhdts. tritt in At- 
tika der Kranz als Hauptschmuck des Haares 
auf. Natürlich handelt es sich in vielen, wenn 
nicht gar den meisten Fällen , um einen natür- 
lichen Kranz, aber schon wenn der Kranz den 
aufgebundenen Schopf zu tragen hat fs. o. II), 
muß man einen Metallkranz annehmen. Entweder 
bandelt es sich um einen Kranz in Form eines 
«u.-rrj, der hinten mit einer Binde zugebunden 
wird , wie es zahlreiche erhaltene Goldkiänze 
zeigen, oder aber die einzelnen Blätter waren auf 
die Binde aufgenäht, die Form, in der wir oben 
(unter Hj die rhrtyss erkannt haben. Eine solche 
Binde mit aufgenähten Blüten tragen Amphi- 
trite und eine zweite Frau (Mon. d. Inst. I 
Taf. 52f.) in der Hand, mit aufgenähten Blättern 



Nike (Furtwängler-Eeichhold Taf. 20) und 
ein Erot, a. a. 0. Taf. 124. Ein ähnliches 
Schmuckstück hält auch noch eine Frau auf der 
Deckelsehale aus Kertsch a. a. 0. Taf. 68 in 
der Hand. Um einen gleichartig gearbeiteten 
Kranz handelt es sich, wenn die Blätter nur 
nach einer Seite vom Reif abtreten, d. h. nach 
oben, wie bei der Athena Furtwängler-Reich- 
hold Taf. 14 oder dem Zeus Hartwig Meister- 



vorkommenden Binden erkennen, die an ihrem 
rund abschließenden Ende einen oder mehrere- 
Faden zum Zusammenbinden haben (z. B. Furt- 
wängler-Reichhold Taf. 5. 26/7. 57, 1. 77. 
96/97 Dionysos; Furtwängler im Text: Mitra), 
und die gerade im Kult (a. a. 0. Taf. 19. Arch. 
Ztg. 1880 Taf. 16), namentlich auch zum Schmuck 
der Grabdenkmäler, eine Rolle spielen. Über 
ftlrga auch Becker Charikl. II 393f. Auch 



schalen Taf. 68. Diese Kranzform leitet direkt 10 avtäqfia bezeichnet eine einfache Binde (Euripid. 



über zu dem Einstecken von Blättern und Blüten 
in die Binde, das nach dem Zeugnis der Vasen- 
bilder im 4. Jhdt. so überaus verbreitet war. 
Im Anfang des 5. Jhdts. ist in Attika als Jüng- 
lingstracht eine Diademform verbreitet, bei der 
über der Stirn von dem glatten Reif oder einer 
Binde (so z. B. Hartwig Meisterschalen Taf. 61) 
eine Spitze in die Höhe ragt (Bremer 17). In 
dem einen Falle ist eine offene (Mon. ant. XVII 



Hippol. 83; Elektra 882; Inventar der Brau- 
ronia [Michaelis Parthenon 307ff.j 157 ävä- 
drji-ia xowlXov). Fast ausschließ lieh im Kult 
verwandt wird das axififia (Euripid. Or. 12 als 
Zeichen der Königs würde), s. Hom. IL I 14. 28. 
Euripid. Hiket. 36. 470; Bakeh. 350; Ion 224. 
522. 1310. 1838. 1389, weitere Belege bei Stc- 
phanus, vgl. auch oTs^uanalog Öixt]?.ov (Hesych.) ; 
oreftfiazias , Bein. d. Apoll., Paus, ni 20, 9;. 



[1906] Taf. 10) oder geschlossene (Artemis Furt- 20 ars^uaröco, Euripid. Heracl. 530. Hierher gehört 

wängler-Rei'chhold Taf. 115) Blüte oder ein die geknotete V\' ollbinde , die noch in römischer 

Blatt in die Binde gesteckt (so auch wohl auf 

der Stele Borgia Brunn-Bruckmann Taf. 416), 

in dem andern handelt es sieh um ein Diadem. 

das sich vorne verbreitert und über der Stirn e 

in eine Spitze zuläuft, z. B. Mon. ant. XIV (1904) 

S. 918 Fig. 116. Mon. d. Inst. III Taf. 12. Als 

Königsreif trägt- dies Diadem ein späterer Fürst 

in der Münchener Residenz (Arndt-Amelung 

E.-V. 965f. Arndt Strena Helbigiana 1 Off.). DiesSOpios (z. B. Arndt-Amelung E.-V. 121f. 1139L 



Zeit zur Priestertracht gehört (Furtwängler 
Meisterwerke 558) und von der Iuno Ludovisi 
bekannt ist (s. auch Arndt-Amelung E.-V. 
1121f. Gerhard Auserl. Vas. HI 243. Furt- 
wänglcr-R eichhold Taf. 19). Endlich ist 
unter den Binden noch die breite wulstartig 
zusammengelegte Rollbinde zu erwähnen, die seit- 
dem 4. Jhdt. erscheint. Sie eignet dem Askle- 



ronie zugespitzte Diadem ist im 4. Jhdt, als 
Kindertracht weit verbreitet; vgl. Conze Att. 
Grabrelicfs Taf. CLVI nr. 815. Taf. CLXI nr. 
827. Taf. CLXII nr. 828. Bd. II Taf. CXC1V 
= Arndt-Amelung E.-V. 564. Göttliche Wesen 
tragen seit den ältesten Zeiten statt des ein- 
fachen Reifs einen hohen Aufsatz , den Kalathos 
oder Polos (s. den Art. Kalathos), von dem die 
Mauerkrone (s. d.) eine Abart ist. 



1319f. 1317) und Herakles (s. Furtwängler 
Meisterwerke 433. Brunn-Bruckmann Taf. 
338. 545. 6121). Einmal trägt sie ein Dioskur 
(Einzelverkauf 13581) und auch der jugendliche 
Dionysos (Klein Praxiteles 414, 2. Einzelver- 
kauf 11231). Sie ist nach Furtwängler (a. a. 
Ü.) keineswegs eine einfache Siegerbinde, son- 
dern scheint entlehnt vom Symposion'. Viel- 
leicht darf man mit der Rollbinde das oiQÖtpiov 



Neben dem metallenen Diadem oder Haarreifen 40 identifizieren, das der eleusinische Hierophant 



trägt mau seit den ältesten Zeiten (vgl. den 
.Apoll" von Orchomenos. vom Ptoion [Bull. hell. 
XXXI [1907] PL XX u. Fig. 5 und 6] u. a.) die 
einfache Binde. Ihr gewöhnlicher Name ist 
Tcm-ta (Belege bei Stephanus s. ratvia, rai- 
ridior. Taivtöoj). So heißt auch die Siegerbinde, 
z. B. beim Polykletischen Diadumcnos (Lucian. 



träsrt, vgl. Arne In ng Atti della Pontif. Accad. 
rom. di arch. 1905. 132ff. Rizzo Rom. Mitt. XXV 
[1910]156ff. (DittenbergerSYll.anr.409. Plut. 
Arist. V 6, 7. Arrian. Ep. diss. III 21, 16). Über 
die Kränze, die bei den Symposien gebraucht 
werden, s. den Art. Sretpavos. 

VI. Das gepflegte Haar f ftfetpa, Find. Isthm. 
IV 10: ■/höi), Sopli. El. 52. Ps.-Phokylides 212) 
rollt sich meist von selbst in Locken auf. Locke 



Philops. 18. Bulle Der schöne Mensch ^ Taf. 50), 
und die weiße Königsbinde der späteren Zeit. Lu- 
cian. Ploion39; Nekr. dkl. XIII 4. Die /u'xjm 50 = oorkiyt (Callim. frg. 22, bezeichnet auch die 
ist speziell Frauentracht. Bei Männern bezeichnet Fänger des Tintenfischs), nlxivvog (Anth. Pal. V 

197 u. a.l, ßoGTQv/og (Athen. X wird das C einem 
ßoorovz<o dkiyfievf» verglichen; Euripid. Bakch. 
749. Änth. Pal. XI 66 u. a. ; vgl. Krause _69). 
Die langen Lockenstvähnen vor den Ohren heißen 
Poll. II 28 xaoojTtöeg. Auch die homerischen 
aidxa«oe(Helbig 170. Hofmann 184) können 
nach dem Urteil der Denkmäler keine ^ Zöpfe, 
sondern nur Locken bezeichnen, die freilich bis- 



sie Weichlichkeit i Aristoph. Thesm. IOOj. Asien 

ist die Heimat der plrna, die Asiaten tragen sie 

(Herodot I 195. VII 62: vergl. Verg. Aen. IV 

216), und als Import aus Lydien kommt sie nach 

Griechenland (Aikmann frg. 23 v. 67f. Bergk. 

Pind. Nem. VIII 25). Purpurn ist ihre Farbe 

im Parthenoninventar (Michaelis Parthenon 

297. 26 1. bei Pindar i'a. a. O.'i ist sie .t£.to(*j/.- 

fih-T], bei Anakreon frg. 65 Ber^k xo/.vdrfano?. 60 weilen auoh künstlich gedreht wurden (Hera. Hom. 

Auch im Kult spielt die uiroa eine Rolle. Plut. IL XIV 175ÜJ. So stark, wie man aus den sti- 



spielt 

Mor. 304 c trägt sie ein Heraklespriester ywai- 
xeiav evöedv/xeroz ioftrya; vgl. p. 672 A. Athen. 
XII 531 A. Entsprechend werden Schiffe mit 
einer (.dtqa umwunden, Athen. XII 5350. und 
Athen. V 198 D eine Statue (eine ratvia wird in 
diesem Zusammenhang Lucian. Philops. 19 ge- 
nannt). Man möchte die ^irga in jenen häufig 



lisierten Frisuren verschiedener Denkmäler ge- 
schlossen hat (zuletzt Haus er im Text zu Furt- 
wängler-ReiehhöldTallllS.270), wurdedies 
Lockenwickeln aber jedenfalls nicht getrieben. 
Das Gegenteil ist ttravödQtz (Plat. Euthyphr. 
p. 2B u. a.J. Kahlköpfigkeit ist nach dem Ur- 
teil der Denkmäler sehr häufig, gilt aber immer 



^jlöö uaartracnt und. Maarseümuck 

»ls Zeichen von Häßlichkeit (Hom. IL II 218. 
Lucian. Ploion am Ende u. v. a.). Auch Frauen 
sind nicht davon verschont (Stratonike, Gemahlin 
'des Seleukos, Lucian. pro imag. 5). [Bremer.] 
B. Rom, 
Für die weiblichen Haartrachten der römischen 
Republik sind uns keine monumentalen Zeugnisse 
•erhalten. Als konventionelle Tracht verheirateter 
Frauen erwähnt Varro VII 44 den tutulus , ein 



Haartracht und Haarsclimuck 2136 

dei Lincei I 577), deren Deutung nicht unwahr- 
scheinlich ist. In den folgenden Jahren erfahrt 
die Tracht, wie aus den Münzbildnissen derOctavia, 
des Marcus Antonius Gattin, hervorgeht, keine 
Änderung, auch an dem jugendlichen Bild der 
Livia im Louvre (Bernoulli II 1 89) ist sie ge- 
wahrt, doch hat hier die steife Typik einer freieren 
und leichteren Auffassung Platz gemacht, was 
sich auch an einer Münze der Iulia, Oetavias 



auf dem Wirbel des Kopfes sich erhebendes', von 10 Tochter beobachten läßt (Rostowzew Tessera- 



Binden umwundenes, schopfartiges Toupet, eine 
Tracht, die ein Gemälde aus Herkulancum uns 
Als hochzeitlichen Schmuck der jungen Frau vor- 
führt, Guhl-Kohner Leben der Griechen und 
Eömer 581, 591. Frauenbildnisse vom Ende der 
Republik (so das Grabrelief Museo Chiaramonti 
13 a, Amelung-Katalog) zeigen die Tracht der 
der Fulvia, die weiter unten ihre Besprechung 
finden wird. Vom Beginn der Kaiserzeit aber 



lalit sich der rastlos fortschreitende Wechsel und 20 locker gehalten und reich ineinander verschlungen. 



rum sylloge 2). Livia trägt diese Frisur während 
der ganzen Regierungszeit des Augustus und den 
ersten Regierungsjahren des Tiberius, wie der 
Florentiner Cameo bezeugt, der Livias und des 
Tiberius capita coniugata darstellt (Bernoulli 
II 1 Taf. 27, 8); diesem muß die Livia Borghese 
im Louvre annähernd gleichzeitig sein. In beiden 
Darstellungen ist die Frisur in großartigen und 
prächtigen Zügen ausgeführt, die Seitenhaare sind 



Wandel der H. an den Bildnissen der römischen 
Kaiserfrauen, insbesondere den meist genau da- 
tierten Münz- und Gernmenbildnissen, bis in die 
-Zeit Constantins im einzelnen genau verfolgen. 
Von den historischen Frisuren ist von vorn- 
herein der unveränderliche Typus der Idealfrisur 
zu trennen, den man den Kaiserfrauen zu verleihen 
pflegte, wenn deren Auffassung als eines göttlichen 
Wesens vorherrschte, jene Tracht, welche durch 



Im Jahre 17 n. Chr. hat Livia jedoch ihre Tracht 
geändert und die neue Frisur angenommen, denn 
diesem Jahre gehört der erwähnte Pariser Cameo 
an, der uns Livia mit der claudischen Zopfschleife 
zeigte. Bis in die ersten Jahre des Tiberius also 
ist die Dreiteilung des Haares, die Scheite lrlechte 
und der Stirnwulst nachzuweisen, dessen litera- 
risches Echo die Verse Ovids bilden: Exiguum 
nodum summa sibi fronte relinqui üi pateant 



die beiderseits vom Scheitel herabflutenden ,iuno- Zöaures, ora rotunda volunt fars am. III 189f.). 



nischen' Wellen, durch den runden, lockeren, von 
•einer Binde umwundenen Knauf im Nacken charak- 
terisiert ist. Dieser durch die hellenische Kunst 
geschaffene, in letzter Linie durch Skopas und 
Praxiteles ausgebildete Ideal typus kennzeichnet die 
Darzustellende als Göttin, über Raum und Zeit 
erhaben. Mit ihm erscheint Livia auf dem Wiener 
Sardonyx als Kvbele (Bernoulli Rom. Ikono- 
graphie II 1 Taf. 27, 2), im Relief von San Vitale 



Der neuen Tracht, die mit jener der Übergangs- 
zeit erst rivalisierte und sie dann ablöste, begegnen 
wir zuerst auf den Münzen der Antonia, der Ge- 
mahlin des Nero Drusus. Demnach ist die neue 
Frisur ungefähr im ersten Jahrzehnt v. Chr. neben 
der bisher allein herrschenden aufgekommen. Das 
Haar ist der Länge nach genau in der Mitte ge- 
scheitelt und fällt leichtgewellt zum Nacken; hier 
ist es lose zu einer Schleife wiederaufgenommen 



zuttavenna (Bernoulli laf. 6. Conze Familie 40 und mit einem Band umwunden. Ein literarisches 



des Augustus) und auf den Münzen mit der Auf- 
schrift Salus Augusta, Pietas, lustitia,; wir finden 
die gleiche Tracht an den Münzbildnissen der 
Messalina, Octavia Neronis, Doinitia, Diva Sabina 
<Cohen Monn. de TEmpire rom. I und II). Zu- 
weilen geraten Einzelheiten aus derzeitgenossischeu 
Mode in die Ideilfrisur, so am Bilde der Livia 
im Pariser Cameo (Furtwängler Ant. Gemmen I 
Taf. 60), so an der ,Hera Ludovisi' (Furtwängler 



Zeugnis für die Gleichzeitigkeit beider Frisuren 
bietet sich uns in den zum Teil- angeführten 
Versen des Ovid. Nachdem er für das runde 
Antlitz den Stirnwulst, nodus, empfohlen, fährt 
er fort: Longa probat faeies capitis discri- 
m i n apur i (die ar s am . ist z w i sehen 1 v. — 1 n. Chr. 
entstanden. Schanz Rom. Lit -Gesch. II 1, 191). 
Diese einfache Tracht des gescheitelten und 
lose zum Nacken fallenden Haupthaars ist z. B. 



Meisterw. 55ff.), wo jedesmal am Vorderkopf die 50 die der ,Clvtia' des Britischen Museums (Hüb ner 
Haare in der Form r\cr Tdpslfrisnr VmhoTiflal+ ^r] Riu„: „:^„- r>* ;..\ ,i:„ .i..„ i. • j:^ i.. 



Haare in der Form der Idealfrisur behandelt sind, 
während über dem Nacken die Zopfschleife liegt, 
«in charakteristischer Zug der claudischeu Mode. 
Für die Modefrisuren in der Zeit des Überganges 
von der Republik zur Monarchie geben uns die 
Münzen der Fulvia, in den Jahren 43—40 v. Chr. 
geprägt, genauen Aufschluß. Zwei parallele Scheitel 
trennen das Haar des Vorderkopfes in eine mittlere 
und zwei seitliche Partien. Die mittlere Partie 



Bildnis einer Römerin) , die demnach in die Zeit 
Antonius zu datieren ist. 

Die Zopfschleife gewahren wir auch über dem 
Nacken der camilli der Ära Pacis Augustae (Sieve- 
king österr. Jahresh. 1907, 187, 58), während 
das in klaudischer Weise kurzge >chnittene Haupt- 
haar der Knaben nicht von der weiblichen Mode 
beeinflußt ist. Das nämliche scheint der Fall 
zu sein bei den camilli auf dem Relieffragment 



ist gerade nach vorn gezogen, über der Stirn 60 des lateran. Museums Benndorf-Schoene 486 
schleifenartig wieder nach rückwärts genommen; Taf. 13, 1. 



die seitlichen Partien sind glatt dem Schädel an- 
gelegt und ziehen sich gleichfalls zum Hinterhaupt, 
wo alle drei Partien in einen runden, straffen 
Knauf vereinigt sind. Mit peinlicher Exaktheit 
wird diese Tracht dargestellt in einer den Münzen 
g?nz entsprechenden Form an der ,Pulvia' der 
Kopenhagener Glyptothek 595 (Heibig Mon. 



■ - -■ j ■"■ • 

Die allgemeine Mode verharrte nicht bei dieäer 
schlichten und natürlichen Frisur. In welcher 
Weise sie dieselbe bald reicher und natürlicher 
zu gestalten wußte, zeigen uns die Bildnisse der 
älteren Agrippina, insbesondere die Statue von Cer- 
vetri im Lateran (Bernotilli II 1 Taf. 19 Heibig 
Führer I 672) und der prächtige Kopf 316 der 



2137 Haartracht und Haarachmuck 



Haartracht und Haarschmuck 2138 



Münchener Glyptothek, welche aus zwingenden 
Gründen auf die ältere Agrippina gedeutet werden 
müssen. Da sehen wir eine vordere etwa hand- 
breite Partie des gescheitelten Haares, in künst- 
liche Wellen gelegt, von der übrigen Haarmasse 
deutlich unterschieden, um Stirn und Schläfen 
ziehen. Gleichzeitig diesen Bildnissen ist die 
Matrönenbüste 630 der Kopenhagener Glyptothek, 
doch nicht mit Agrippina selbst identisch (Rom. 
Mitt, 1892, 236. Furtwängler-Ulrichs Denk- 
mäler 150. Arn dt-B ruckmann Sammlung 
griechischer und romischer Porträts 71 IL). 

Dieser breite Saum künstlich ondolierter Haare 
wandelt sich nun zu einem Kranz zierlicher Löck- 
chen, indem man jene vordere Haarpartie halbkurz 
schnitt und die Enden ringelte. In allen anderen 
Bildnissen begegnet uns Agrippina mit dieser 
Tracht, so in derBüste des Kapitols (Bernoulli H 
1 Taf. 15. Hclbig 1 313), auf dem , Cameo mit den 
Fruchthornbüsten' zu Wien (F u r t w ä n g 1 e r Ant, 
Gemm. III 320) u. a., insbesondere auf sämtlichen 
— nach ihrem Tode geprägten — Münzen. In drei 
Reihen wohlgeordnet folgen hier die Lückchen 
aufeinander, durch die Scheitelung weit von ein- 
ander getrennt. So muß sieh Agrippina in der 
letzten zu Rom verbrachten Periode ihres Lebens, 
19 — 29 n. Chr., getragen haben. Daß aber um 
das J. 17 n. Chr. der Wechsel der Mode ein- 
getreten war, der aus den künstlichen Wellen 
ums Angesicht den zierlichen Löckchenkranz 
werden ließ, beweist der Pariser Cameo. Die 
sitzende Frau in der Ecke rechts — buchst wahr- 
scheinlich Livilla — trägt eben diesen Locken- 
kranz. Diese Mode zeichnet der unter Tiberius 
dichtende Manilius V 140 .. . . tortos in fluetum 
ponere erines Aul vinclis revocare comas ei 
i-erti'ce denso Fingern 

Auch Livia hat diese Mode angenommen und 
zeigt sich uns mit dem Löckchenschmack in der 
Kopenhagener Büste 611 (vgl. Heibig Rom. Mitt. 
1887, 3f."Taf.L Arndt-Bruckmann 6/7) und im 
höchsten Alter auf einer Bleitessere (Rostowzew 
Rev. num. 1898, 79. ^trena Helbigiana 2(.i2). Unter 
Caligula ändert sich die Tracht nicht, ebensowenig 
in den ersten Regierun gsjaliren des Claudius ; doch 
auf dem Sardonyx im Gemmenkabinett des Haag 
(Furtwängler AG I 304). der höchst wahr- 
scheinlich um 43/44 n. Chr. entstanden ist. sehen 
wir die Lückchen beiderseits um den »Scheitel viel 
näher zusammengezogen, die Haare kürzer ge- 
schnitten. Eben diese Änderung läßt sich auch 
an den frühesten Bildnissen der jüngeren Agrip- 
pina beobachten, besonders deutlich wird " der 
Unterschied an dem erwähnten, sicher vor 54 ent- 
standenen Cameo mit den Fruchthornbüsten. weil 
hier die jüngere und die ältere Agrippina einander 
gegenübergestellt sind. Immer üppiger wird das 
Löckchengewirr ; an der zu Olympia gefundenen 
Statue (Ausgrabungen zu Olympia III 256. Taf. 
63, 2. Arch. Jahrb. IX 109) bleibt nur mehr 
wenig Raum für den Scheitel über. So werden 
die Löckchen, erst schmückendes Beiwerk, zur 
Hauptsache und verdrängen das ursprünglich 
charakteristische Moment der Frisur, die Scheite- 
lung. Die Zopfschleife im Nacken bleibt unver- 
ändert. Auf den Münzen wie der olympischen 
Statue der Poppaea (Ausgrabungen ILT 2-59 Taf. 
63, 6. 64, 2. 3), Darstellungen, die zwischen 62— 65 



entstanden sind, zeigt es sich endlich, daß der' 
Scheitel ganz und gar verschwunden ist unter der 
den ganzen Vorderkopf bedeckenden Löckchen- 

masse. Statt des Längsscheitels wird jetzt ein 
Quer scheitel, von Ohr zu Ohr, übers Haupt ge- 
legt, vor diesem die Haare gestutzt und gelockt,. 
zur Zeit Othos auch zuweilen in Stufen gebrannt, 
z. B. an dem Frauenkopf der Florentiner Uffizien, 
Dütschke ILT 46. Indem nun vor dem Quer- 

10 scheitel die Löckchen immer höher aufeinander 
sich bauten und allmählich ein hohes Toupet 
bildeten, entstand die charakteristische Tracht der 
flavischen Periode. 

An den früheren Bildnissen der Iulia Titi und 
Domitia ist das Löckchentoupet verhältnismäßig 
niedrig und tritt nur wenig über die Kontur des 
Kopfes hinaus, an den späteren Münzbildnissen 
der Iulia, die zwischen 81 — 90 datiert sind, ebenso 
an den späteren Darstellungen der Domitia sehen 

20 wir das Löckchentoupet bedeutend, manchmal ums 
Doppelte erhöht, sodaß seine Höhe der halben 
Höhe des Antlitzes gleichkommt. Dies ist der 
orbis comarum des Martial II 66; hierauf beziehen 
sich auch die Verse des Papinius Statius: Celsae 
proeul odspice honorcs Suggestumque eomae 
(Silv. I llBf.). Ausdrücklich ist hier von Haaren 
die Rede, aus welchen die Damen den hochge- 
türmten Bau über ihrer Stirn errichteten, nicht 
gebrauchten sie dazu Metall, wie vermutet worden 

30 ist, indes ist auch auf sämtlichen Darstellungen, 
seien es Münzen, Gemmen, Skulpturen, der Cha- 
rakter der Haare stets mehr oder weniger deut- 
lich gewahrt. — Für diejenigen Bildnisse, an 
denen das Löckchentoupet zu noch größerer Höhe 
als bei Domitia sich erhebt, ergeben sich aus den 
Porträts der kaiserlichen Frauen selbst keine 
Analogien, sie gehören in die Zeit Traians. Daß 
unter Traian neben anderen Trachten auch der 
flavische Löckehenwutst fortbestand, beweist die 

40 Frisur der camilli auf den Reliefstreifen zwischen 
den Säulenkapitellen des Triumphbogens zu Bene- 
vent, der 114 n. Chr. errichtet wurde (Häuser 
Osten-. Jahresh. IX 124. Strong Rom. Sculpt. 
223). Indes nimmt das Toupet statt der runden 
eine mehr schildförmige Gestalt an. Besonders 
schöne Beispiele sind: Die sitzende Frau zu 
Chatsworth House (Furtwängler Jonrn. hell. 
stud. 1901, 221 Taf. 15. Strong 366 Taf. 
115). Kopf 23 der Stanza degli irnperatori des 

50 Kapitols (Arndt-Bruckmann 72 7f.), ein 
Matronenbildnis zu Wien (v. Sacken Beschreibg. 
d. antik. Skulpt. d. K. K. Sammlung zu Wien 
Taf. 29). Auch andere künstlichere Formen 
des Löckchentoupets geboren in die Spätzeit 
des flavischen Frisur entypus und leiten zu den 
traianisch-h adrianischen Typen über: Das Tou- 
pet ist zum Teil aus Löckchen, zum Teil aus 
strahlig auseinander gebreiteten Haaren gebildet 
(so an der ,Inlia Titi' der Kopenhagener Glypto- 

60 thek 662. weiche mit deren sicheren Bildnissen 
keine Ähnlichkeit besitzt), oder statt der kleinen 
Löckchen türmen sich große Spiralen und Schnecken 
auf, so an den Köpfen 665 und 666 der Kopen- 
hagener Glyptothek. 

Das Bild der Mode unter Traian zeigt sich 
uns als ein überaus mannigfaltiges, doch ist den 
meisten Trachten das gemeinsam, daß sie über- 
dem Antlitz einen hohen, möglichst kunstvollen. 



4iQv naanracni una naarsciiniucK 



naartracüt und uaarscümucir. 2140 



Aufbau errichten. An dem jugendlichen Bildnis sich über den beiden Haarstreifen noch ein dritter, 
■der Plotina in der Münchener Glyptothek (B er- so am Kopf 261 des Museo Chiaramonti. 
Tio ulli II 2 Taf. 30) ist dieser Aufbau gebildet Sabina selbst hat gleichzeitig mit dieser noch 
■durch zwei übereinander aufsteigende Reihen andere Frisuren getragen. Auf Münzen, die 
großer Spiralen oder Voluten, gegen die Stirn e frühestens 128 geprägt sind, sehen wir die ge- 
ist er abgegrenzt durch einen bandartigen Saum scheitelten Haare leicht gewellt zurückgestrichen, 
kurzgeschnittener Haare, über dem Nacken liegt um den Wirbel 2U einem runden Nest lose zu- 
die Zopfschleife. Später trug Plotina — minde- sammengewunden, was auch die Tracht des in 
stens vom Jahre 112 an, dem ihre frühesten Münzen vielen Exemplaren erhaltenen Porträttypus ist 
angehören — die Haare zu einem großen Wulste 10 (Bernoulli 112 128). Andere Darstellungen zeigen 
strahlenförmig^ ausgebreitet. Diese Tracht treffen die Haaie über der Stirn ein wenig aufgesträubt, 
wir auf zahlreichen Privatbildnissen, die also in dann zum Nacken gezogen und über demselben 
die zweite Hälfte der Begierungszeit Traians zu einem von der claudischen Zopfschleife wohl 
anzusetzen sind, z. B. an der ,Eleerin', gefunden zu unterscheidenden Haarsaek oder Chignon auf- 
in Olympia (Ausgrabungen ni 260 Taf. 64, 4. 5). genommen. Endlich sind die Haare auf anderen 
Der gleichen Zeit gehört auch die Tracht der Bildnissen in einem großen Flechtenkranz oder 
Marciana, deren Porträt der Konservatoren- Turban ums Haupt geschlungen. Die überaus 
palast bewahrt (Arndt-Bruckmann 744f.) . große Zahl privater Bildnisse, welche gerade durch 
Über dem die Stirne abgrenz enden Löckchen- diese letztere Frisur charakterisiert sind — bei- 
saume erhebt sich ' ein förmlicher Strahlen- 20 spielsweise seien erwähnt die Sancia Pieris zu 
kränz von aufrecht stehenden hohen Haarrollen; Kopenhagen (Altmann 215 Fig. 174). die sog. 
hinter diesem sind die Haare in Flechten ge- ältere .Agrippimv im Kapitolinischen Museum 
dreht und diese zu einem das ganze Hinter- (Bernoulli III, 245 Fig. 44) — beweist, daß der 
haupt bedeckenden turbanartigeu Nest zusammen- Flechtenturban die meist verbreitete und all- 
gewunden. Im Jahr 112 und wahrscheinlich gemeinste Mode wenigstens der späteren Periode 
bis zu ihrem Tode (114) trug Marciana über dem Hadrians war. 

Stirnsaum eine doppelte Reihe von Haarbögen, Da die ältere Faustina bereits im dritten Jahre 
wie ihre Münzen bekunden. Diese Tracht kenn- der Regierung ihres Gemahls starb (Mommsen 
zeichnet auch die : Marciana' des Museo nazio- Herrn. VIII 204), spiegelt ihre Tracht die weitere 
nalezu Neapel (Bernoulli 112 Taf. 32), indes 30 Entwicklung der Haartracht in den Jahrenl38- 141 
erscheint die Deutung mindestens unsicher, — wider. An der Statue aus Olympia f Ausgrabungen 
Den doppelten Stockwerkbau über der Stirne zeigt III Taf. 07, 1. 69, 3. 4) ist das Haupt noch von 
auch Matidia, die Mutter der Sabina, auf ihren einem sehr weiten Flechtenturban in der Art der 
Münzen, die nach 114 geprägt, sind (sie selbst letzten Frisur Sabinas bekrönt; an allen anderen 
starb noch vor 119), und im Marmorbild des Bildnissen Faustinas aber erscheint der Turban 
Louvre (Bernoulli 112 Taf. 34). Der Aufsatz zu einem kleinen ländlichen Ringe zusammen- 
ist gebildet durch zwei halbmondförmige Haar- gezogen, welcher gerade auf der Scheitelhöhe des 
touren, aus ineinander gewobenen Flechten. Um Kopfes sitzt. Auf sämtlichen Münzen und Skulp- 
das Hinterhaupt schlingt sich wieder der Flechten- turen, z. B. dem Relief der Antoninus- Säule im 
turban. — Diesen doppelten Stockwerkbau der 40 G-iardino dellapigna trägt Faustina diesen Flechten- 
Frisuren trifft der Spott luvenals : Tot premit ring auf dem Haupte. Darnach können die zahl- 
ordinibus, tot adkuc compagibus altum Aedificat reichen Privatbildnisse, welche diese Frisur charak- 
caput . . (sat VI 502f.). terisiert, zeitlich genau bestimmt werden. Über 
Noch zwei andere Frisuren überliefern uns die die Weiterentwicklung der Frisur geben uns die 
camilli des Beneventer Triumphbogens als mo- frühesten Porträts der jüngeren Faustina Kunde ; 
dischc Trachten des Jahres 114. Wir sehen ein- ein solches besitzen wir in der zu Olympia aua- 
mal das Haar gescheitelt und ums Angesicht in gegrabenen Statue (Ausgrabungen III Taf. 68, 1. 




sehen Museum (Arndt-Bruckmann 748. Alt- Faustina. Ferner wird diese Frisur überliefert. 




Zeit vor allem das runde Flechtennest charakte- Mus. Chiaram. 79, welcher im ersten Jahrzehnt 

ristisch ist, die Ondulation tritt auch in andern der Resnerung Marc Aureis verfertigt worden ist. 

Perioden _ auf. Sodann zeigen uns einige der Privatbildnisse mit einer Tracht, die jener ersten 

camilli ein doppeltes Haardiadem, bestehend aus der jüngeren Faustina entspricht, sind also inner- 
kurzen, bogenförmigen Haarlocken. Diese letztere 60 halb der ungefähren Grenzen 145 —165 anzusetzen; 

Tracht, die sich also frühestens 114 nachweisen als Beispiele seien erwähnt der prächtige Portrat- 

läßt, setzt sich unter der Regierung Hadrians köpf des Lateranischen Museums, Benndorf- 

tort und erscheint noch auf einer alexandrinischen Schoene 88 (Arndt-Bruckmann 175f.), eine 

Münze der Sabina aus dem Jahre 133. Für die Statue im Prado zu Madrid (Arndt-Bruck- 

xYivatbildnisse, die diesen doppelten Haarstreifen mann 758). 

tragen, ergeben sich also ziemlich weite zeitliche Die Weiterbildung der H. läßt sich an den 

,2{ ain J e g' "k Beispiel sei 342 der Münchener Bildnissen der Kaiserin Faustina, . der Lucüla und 

•Ulyptothek genannt, an einigen Porträts erhebt Crispina genau verfolgen. Zunächst rückt das 



•J141 Haartracht und Haarscümuck 



rtaartracüL una naaraüimiui;* ^a*^ 



runde Flechtennest vom Wirbel noch weiter herab dieselbe Tracht Iulias zeigen (so Wad dington 

bis oberhalb des Nackens und wandelt sich zu Eec. gen. pl. V .16), wie ja diese Frisur auch an 

einem dicken Knaufe, die Scheitelung bleibt be- den zahlreichen sicheren Marmorbildnissen typisch 

stehen. Das Vorderhaar ist meist in tiefe, regel- ist (so zu Wien, v. Sacken und Kenner Tal. 

mäßige Wellen gebrannt oder fällt in schlichter 29, 143, Kopenhagen 724. im Louvre cat. somm. 

Mass! zum Nacken. Dies ist die Frisur des in 1104. 1107. 1109 u. a.). Für die Privatbildnisse 

einer Reihe von Exemplaren erhaltenen Porträt- mit dieser Tracht — hier waren z. B. Gall. 

tvpus der jüngeren Faustina, wie 609 des Thermen- lapid. 2, Giardino della pigna 189, Lateran, 

museums (Arndt-Bruckmann 7561, im Louvre Museum B.-S. 47 zu nennen — ergeben sich also 
Bernoulli 112 Taf. 57) u. a. Nach Ausweis der 10 als zeitliche Grenzen, bis zu welcher diese Tracht 

Münzen hat Faustina diese Frisur in den J. 162-1 QCy nachzuweisen ist, die J. 193—207. 

getragen. Gegen Ende des Jahrzehnts ändert Dies ist für die alleinige Herrschaft einer 

sich die Tracht in geringen Zügen: das Vorder- Mode eine ziemlich lange Zeit; darum ist es nur 

haar bildet einzelne Strähnen, die kunstvoll in- natürlich, wenn eine neue Frisur der alten am 

einander verschlungen sind. Dies ist die Tracht Ende die Herrschaft streitig macht. Das ist die 

der Lucilla auf ihren Münzen aus den J. 164— Tracht der Plautilla Augusta, auf den 202—205 

169 wie am Kolossalkopf aus Karthago im Louvre geprägten Münzen [hier sei bemerkt, daß die 

(Bernoulli 112 Taf. 60). Auch Faustina nahm ,Melonenfrisur, die man auf einigen Münzen 

die Frisur an und trug sie noch im J. 174, wie Plautillas sieht, niemals eine römische Modefrisur, 
die Münze mit der Aufschrift maier mstrorum 20 sondern eine (spät-) griechische ist, mit der man 

beweist (C o h o n III 149) ; aus diesen Einzelstrahnen zu Rom Kinder oder Mädchen in sehr jugendlichem 

bildete man endlich kunstvoll S-Bögen, die uns Alter zierte]. Das Haar ist an den genannten 

ein Münzbildnis Faustinas aus dein J. 177 zeigt. Münzbildnissen der Plautilla in Scheitel gelegt, 

Das Bestreben, um Stirn und Schläfen die welche den Schläfen parallel laufen. Am Hmter- 

Haare besonders künstlich zu bilden, führt zu haupt ist es in ein großes flaches Nest zusammen- 

weiteren Formen. Bei Crispina, die im J. 177 geflochten, dies ist aber nicht mehr der große, 

Commodus vermählt wurde, sehen wir die vordere bis zum Wirbel aufsteigende Haarschopf der 

Partie gerade nach aufwärts gekämmt, sowohl Iulia Domna, sondern schmiegt sich ganz und 

auf den Münzen wie dein .Oetavia' genannten gar der unteren Biegung des Schädels au. Auf 
Kopf im Louvre, der niemand anders als Crispina 30 vielen Münzen sehen wir das Geflecht noch weiter 

darstellt (Mongez- Vis conti Iconogr.rom.pl. 45; herabrücken und über dem Nacken der Haupt - 

vgl. Bernoulli 112, 246j. Auch das Flechtemiest masso des Haares gänzlich eingefügt, sodaß es 

im Nacken ändert sich; es vergrößert seinen gar nicht aus der Kontur des Kopfes tritt. Die 

Umfang, wird aber so flach, daß es sich ganz Masse des Haares, welche die Ohren gänzlich 

dem Hinterhaupt anschmiegt. Nach den Münzen bedeckt, ist über dem Nacken in Form eines 

hat Crispina diese Frisur noch im J. 182 getragen. Helmnackenschixines zurück und aufwärts gebogen. 

Niemals aber tritt uns Crispina mit der Tracht So ist die Form erreicht, die nunmehr für das 

entgegen, die durch die zierlichen S- Bögen um ganze dritte Jahrhundert charakteristisch bleiben 

Stirn und Schläfen charakterisiert ist In späteren soll. Diese Tracht wird mehr und m ehr Mode 
Jahren zeigt sich uns Crispina mit ganz schlicht, 40 und verdrängt die ^modische 1 Tracht, die bis- 

fast strair zum Hinterhaupt genommenem Haupt- her Iulia Domna getragen. Auch die Kaiserin 

haar, das zu einem großen und flachen, das ganze selbst ging zur neuen Mode über; an der prächtigen 

Hinterhaupt bedeckenden Nest zusammengesteckt Büste 354 der Münchener Glyptothek (Ber- 

ist. Genau diese Frisur treffen wir aber auch noulli 113, Taf. 19), gewiß niemand anders als 

auf den Münzen der Titiana aus dem J. 193, es Iulia Domna selbst, läßt sich der Übergang von 

muß die zuletzt geschilderte Tracht unter der der alten zur neuen Frisur beobachten, da hier 

ganzen Kegierungszeit des Commodus die herr- die Wellenperücke tief nach abwärts, bis fast zu 

sehende Mode gewesen sein. Ein besonders den Schultern fällt, andererseits die Haare am 

schönes Beispiel dieser Tracht bietet Kopf 725 Hinterkopf noch bis zum Wirbel aufgenommen 
der Kopenhagener Glvptothek (Arndt-Bruck- 50 sind. Auf allen späteren Münzen — mit der 

mann 505), vielleicht ein Bildnis der Titiana Aufschrift Iulia Pia Felix Augusta — hat sich 

selbst (?). Ebenso ist diese Tracht charakteristisch Iulia ganz und gar der neuen Mode zugewandt, 

für Manlia Scantilla und Didia Clara. Die Haar- so auch in dem Porträttypu; C. Mongez-\i- 

traeht, nicht aber die Züge der letzteren trägt sconti pl. 49, 8 (Bernoulli II 8 44). Da sehen 

Kopf 717 der Kopenhagener Glyptothek (Arndt- wir die tief herabwallende, ondolierte Haarmasse, 

Brück mann 567 f.). * welche die Ohren gänzlich bedeckt, die ,Helm- 

Welche Änderung an dieser Frisur in den nackenklappe' und darin eingeflochten das 

ersten J. des Septimius Severus eintritt, bekunden schneckenförmige Nest. Dies ist also die herr- 

die frühesten Münzen der Iulia Domna (mit der sehende Mode unter Caracalla. auf Grund der 
Aufschrift Iulia Domna Augusta). Die vom 60 Münzen bis 217 nachweisbar. Viele Privat- 

Scheitel in üppiger Fülle herabflutende Haannasse porferäts, meist Iulia Domna ohne genauere Prü- 

ist jetzt in tiefe künstliche Wellen gebrannt, sonst fung bezeichnet, sind durch diese Tracht 

bleibt die Frisur durchaus die gleiche. Sie ist charakterisiert (so z. B. das prächtige Matronen- 

uns noch für das J. 204 bezeugt durch das Por- bildnis zu Dresden, Augusteum 140). Ein lite- 

trät der Iulia auf dem Bogen der Argentarii zu rarisches Echo findet die Frisur in der Schrift 

Rom, welcher im J. 204 erbaut wurde (CIL VI Tertullians de eultu feminarum VII 2 : affigihs 

1035). Noch weiter führen die griechisch -klein- praeterea neseio quas enormüates suhtilium at- 

asiatischen Münzen, welche noch für das J. 206/207 que textilium capülamentorum, nunc in gaUri 



2143 Haartracht und Haarschmuck 

.modum quasi vaginam capitis et operculum 
verticis, nun in eervicem retro suggestum. Das 
runde Geflecht im Nacken, zu welchem das 
natürliche Haar in der Kegel wohl nicht mehr 
ausreichte, vergleicht er mit Brotwecken (vos vero 
additis colluras quasdam) oder Schildbukeln 
(aut scuti umbilicos). Insbesondere findet der 
Brauch der römischen Damen, zu jener unge- 
heuerlichen Haartracht fremdes Haar zu Hilfe 
zu nehmen oder das eigene zu färben, Tertullians 
schärfsten Tadel (video quasdam capülum croeo 
vertere}.^ Vor allem mochte das Blondhaar der 
Germaninnen zur Perüeke willkommen gewesen 
sein ; die Spuren rötlicher Farbe, die sich an der 
Iulia Domna zu Wien erhalten haben, zeigen, 
daß wir uns die Wellenperücke in leuchtendem 
Blond vorstellen müssen (vgl. Krause Plotina 
193ff.; Nicolai Über den Gebrauch der falschen 
Haare und Perücken, Berlin 1801). 

Es ist naturgemäß, wenn auf diese seltsame 
Mode eine Reaktion erfolgte. In den nächsten 
Jahren nach Iulias Tode werden, wie uns die Bild- 
nisse der Maesa und ihrer Tochter Soaemias 
zeigen, die gescheitelten Haare glatt an den 
Schädel angelegt und straff zum Nacken gezogen, 
wobei die Ohren bald frei, bald bedeckt sind; 
über dem Nacken werden die Haare in der ge- 
wohnten Form aufgebogen, und in die Biegung 
wird wiederum das schneckenförmige Geflecht 
eingefügt. Dies ist die charakteristische Tracht 
der Frauen Elagabals und muß die Mode ca. 
218—225 gewesen sein. In diese Zeit gehören 
also auch die Privatbildnisse, welche durch sie 
gekennzeichnet sind, so die Köpfe 732 und 733 der 
Kopenhagener Glyptothek, so die Porträt- Venus 
auf dem Sarkophag des Lateran. Mus. (B.-S. 41. 
Robert Die antiken Sarkophag-Reliefs III 1, 22 
Taf. 5, 21), zu Dresden die sog. ,Mamaea', 
Augusteum III Taf. 14G, 1. 

Auch Iulia Mamaea trug noch in den ersten 
Jahren der Regierung ihres Sohnes Alexander Se- 
verus diese einfache Form, wie uns eine alexandri- 
nische Münze des J. 224 beweist. Dann aber kam 
es wiederum in Mode, das Haar in tiefe, parallele, 
4juer laufende Wellen zu legen. Die Scheitelung, 
die Form des Helmnackenschirms, das schnecken- 
förmige über dem Nacken eingefügte Geflecht, 
all dies bleibt bestehen, nur die Ohren sind 
frei gelassen — dies ist der einzige Unterschied 
gegenüber der sonst völlig gleichen Tracht Iulia 
Doninas in ihrem späteren Alter. Bereits auf 
den Münzen des J. 226 tritt uns Mamaea mit 
dieser Tracht entgegen (Wad ding ton Rec. gen. 
pl. IG, R), und es bleibt von nun an die Frisur 
unverändert die ganze Regierungszeit des Alexander 
Severus und der Mamaea hindurch. Denn unter- 
schiedlos auf sämtlichen Münzen und den — sehr 
zahlreichen — Marmorporträts (über diese letz- 
teren s. Bernoulli 113, 109 ff.; manche Privat- 
bildnisse mit Mamaeas Frisur tragen mit Un- 
recht ihren Namen, so 742 und 743 zu Kopen- 
hagen, 583 des Mus. Torlonia) erscheint Iulia 
Mamaea mit dieser Tracht, ebenso Orbiana, ihre 
Schwiegertochter, auf ihren Münzen und der 
mit Recht auf sie bezogenen Büste des Louvre, 
cat somm. 1054 (Bernoulli H 3 Taf. 31). Dem- 
nach hat diese Mode mindestens ca. 226—235 
geherrscht. Indes ist ihre Bauer nicht auf diese 



Haartracht und Haarschmuck 2144 

Zeit beschränkt, wenn auch bald eine neue- 
Frisur ihr die alleinige Herrschaft streitig macht. 
Trancmillina, Gordians HL Gattin, hat nach dem, 
Zeugnis der Münzen neben der neuen Tracht auch 
die Mamaeas getragen, ferner begegnen uns; 
Otacilia Severa, Herennia Etruscilla, Salonina 
und endlich Zenobia auf ihren sämtlichen Münzen 
mit dieser Frisur, die seit Mamaea völlig unver- 
ändert bleibt, Sie ist also nach Mamaeas Tode 
10 noch bis 271 nachweisbar. Für die privaten 
Bildnisse ergeben sich also sehr weite Grenzen. 
Als Beispiel sei hier nur der berühmte Porträt- 
kopf der Penthesilea auf dem Sarkophag des 
Belvedere genannt (Robert II 1, 113, Taf. 39). 
Neben der Tracht Mamaeas kam unter Gor- 
dian III. eine neue Mode auf, welche sich in 
einem ganz charakteristischen Zuge von der bis- 
herigen, deren Formen sie sonst durchweg bei- 
behält, unterscheidet. Vom Nacken sind jetzt 

20 die Haare, die bisher die eingeflochtene Schnecke- 
bildeten, in einem breiten Flechtenbande oder 
einem dicken Zopf vornüber zur Scheitelhöhe des- 
Kopfes gezogen und dort festgesteckt. Daß Tran- 
quillina, die im J. 240 Gordians III. Gemahlin 
wurde, bereits im ersten Jahr ihrer Kaiserwürde- 
diese Frisur trug, bezeugt eine Münze aus Ami- 
sus (Wad ding ton pl. X 18), die gleiche Tracht 
zeigt der mit Sicherheit auf Tranquillina zu 
deutende Porträttypus (Bernoulli II 3, 13Sff.). 

30 Auch in der folgenden Zeit, unter der Regierung 
des Philippus Arabs, bleibt diese Frisur, wie die 
Münzen und das Marmorbildnis der Otacilia 
Severa in der Münchener Glvptothek 356 (Ber- 
noulli II 3 Taf. 44. Furtwängler Katalog, 
Am dt -Brück mann 560) bekunden, Mode und 
bleibt unverändert in der Zeit der Herennia Etru- 
scilla, der Cornelia Supera. die im J. 253 mit 
Aemilian die kurze Zeit der Kaiserwürde teilte — 
erstere trägt nur die Vorderhaare glatt dem Schädel 

40 angelegt — und endlich der Salonina. So ist 
ihre Fortdauer auch unter Valerian und Gallien 
verbürgt. In den späteren Jahren der Regierung 
Galliens pflegte man das Flechtenband weiter, 
bis zur Stirne vor, zu legen, wie eine Münze 
aus dieser Periode bezeugt ('Cohen V 490, 1). 
In der folgenden Zeit verschwindet die Ondo- 
lierung des Vorderhaares, das Flechtenband bleibt 
zur Stirne vorgelegt. Dies bezeugen die Münzen 
der Severina, die 270—275 mit Aurelian den 

50 Purpur trug. Die Münzen der Galeria Valeria, 
Galerians Gemahlin, die nach 318 geprägt sind 
(vgl. Maurice Rev. num. 1005, 181 f., Taf. 4), 
verbürgen die gleiche Tracht noch für die 
J. 308-311. 

Ein Teil der Münzen Galerias zeigt indes am 
Bilde dieser Tracht eine geringfügige Änderung, 
welche für die Folgezeit beharren sollte: Eine 
vordere Partie ist um Stirn und Schläfen besonders 
kunstvoll ondoliert und nur bis zu dieser Partie 

60 ist das Flechtenband vorgelegt. Das ist die 
Frisur der Fausta, Constantins Gattin, und der 
Flavia Helena Augusta. ist also für die J. 308/11— 
324/328 erwiesen. Bis in diese Zeit bleibt 
also ungefähr vom J. 240 au ein charakteristischer 
Zug der Haartracht bestehen. Das vom Nacken 
zur Höhe des Kopfes gezogene und dem Kopfe 
glatt angelegte Flechtenband (Scheitelzopf). Die 
Veränderungen, welche sich uns in den Einzel- 



2145 Haartracht und Haarschmuck 

heften des Typus ergaben, liefern Stützpunkte, die 
privaten Bildnisse genauer zu bestimmen. So 
gehört z, B. der früheren Periode des Typus 
das Porträt der Blaera Vitalis im Louvre an 
(Cat. somm. 350 ; abgeb. Duruy-Hertzberg 
Gesch. der Rom. Kaiserzeit ITI 371); bis zur 
Stirne vorgeschoben ist das Flechtenband bei 
355 der Münchener Glyptothek, am Grabrelief 
der Dichterin im Giardino della pigna 208 ; dem 
letzten Stadium des Typus begegnen wir auf 10 
dem Gemmenbildnis einer christlichen Familie 
(Furtwängler AG I Taf. 48, 32). 

Aber auch diesmal — unter Constantinus — 
treffen wir neben der alten eine neue Tracht, die 
jener die Herrschaft streitig macht und sie end- 
lich verdrängt. Ein Teil der Münzen der Helena 
Augusta zeigt Stirne und Schläfen zunächst um- 
zogen von den regelmäßigen "Wellen des ge- 
scheitelten Haares, über dem Nacken ist das 
Haar in der alten Form aufgebogen, von da legt 20 
es sich in einer wulstigen Flechte wie ein Kranz 
ums ganze Haupt rings herum. Daß der durch 
diese Tracht charakterisierte Kopf 773 der Kopen- 
hagener Glyptothek (Arndt-Bruckmann 58) 
Helena selbst darstellt, ist nicht unwahrscheinlich, 
wenn auch immerhin fraglich. Unter dem Flechten- 
kranz ziehen sich kleine Löckchen ums Angesicht. 
Diese Tracht ist also für die J. 324—328 nach- 
weisbar. Daß sie eine allgemein verbreitete war, 
ergibt sich aus der verhältnismäßig großen Zahl 30 
privater Bildnisse, welche sie tragen, beispielsweise 
seien erwähnt: 552 und 762 der Kopenhagener und 
361 der Münchener Glyptothek, 175 der K. Samm- 
lung zu Berlin, das Bild auf dem christlichen 
Sarkophag aus den Katakomben von Syrakus, 
Gaz. arch. 1877, 157 Taf. 25. 

Endlich wird uns aus der Zeit Constantins 
eine weitere höchst einfache Frisur überliefert auf 
den Münzen der Fausta und Helena Crispi. Das 
gescheitelte und schlicht gewellte Haar ist über 40 
dem Nacken zu einem kleinen runden Knauf zu- 
sammengeflochten, ganz in der Art der jüngeren 
Faustina. Stil und Ausführung lassen gewiß 
untrüglich erkennen, welcher der beiden Perioden 
Bildnisse mit dieser einfachen Tracht angehören. 
Steininger Die weiblichen Haartrachten im 1. 
Jhdt. der römischen Kaiserzeit, München 1909. 

Daß auch bei den Männern Sorgfalt und 
Kunst aiif die Pflege des Haupthaars verwendet 
wurde, läßt sich schon aus der Sitte, unbedeckten 50 
Hauptes zu gehen, schließen. Varro d. r. r. II 
11, 10 überliefert, daß die Römer bis zum J. 454 
d. St. langes Haupthaar — ebenso wie lange 
Barte — getragen haben. Indes mag diese Sitte 
nicht so plötzlich und allgemein verschwunden 
sein. Wird doch von dem älteren Scipio erzählt, 
wie die lang herabwalleude Mähne (promissa 
caesaries, Liv. XXVIII 35. Sil. It. VIII 561) zur 
Pracht seiner äußeren Erscheinung beigetragen 
habe (die Frage über das Bild des Scipio ist durch 60 
die Untersuchungen von Dennison American 
Joum. 1905, liff. Haus er Berliner philol. 
Wochenschr. 1907, 599 in eine neue Phase ge- 
treten ; der glatzköpfige Typus kann darnach nicht 
mehr in Frage kommen). Cato Censorius dagegen, 
der wie den Bart so die Haare nicht zu stutzen 
pflegte (intonsus, Hör. od. II 15, 11), ebenso 
später Marius (Plut. Mar. 41. Appian bell. civ. 

P*uly-WIs»ow»-Kroll VH 



Haartracht und Haarschmuck 2146 

167) scheinen sich in auffallenden schroffen Gegen- 
satz zur herrschenden allgemeinen Mode der kurz 
gestutzten Haare gestellt zu haben. 

Die H. in den letzten Jahrzehnten der Republik 
ist uns durch gleichzeitig oder annähernd gleich- 
zeitig entstandene Bildnisse, die sich zeitlich 
zum Teil genau bestimmen lassen, wohl bekannt. 
Eine Münze Sullas, im J. 59 von seinem Enkel 
geprägt (Bernoulli R. Ikon. II Münztaf. 23 
bis 25) zeigt uns den Feldherrn mit kurzem, 
schlichtem, nach vorn gekämmtem Haupthaar. 
Das Bildnis des Hortensius (Herme der Villa Al- 
bani) und das in verschiedenen Exemplaren er- 
haltene, nach verschiedenen Typen gearbeitete 
Porträt des Cicero, die früheren Münzbildnisse 
des Pompeius und des Caesar zeigen sämtlich die 
gleiche charakteristische H.: Vom Hinterhaupte 
wie vom Wirbel des Kopfes ist das kurz geschnit- 
tene glatt anliegende Haar in wirren Büscheln, 
ohne irgend welche künstliche Anordnung, nach 
vorne zu Stirn und Schläfen gezogen. Nach dieser 
Tracht gehören also z. B. das sog. Bild des Pom- 
peius im Pal. Spada zu Born, ebenso die von 
Bernoulli E. Ikon. I Taf. 8 und 9 dargestellten 
Bildnisse sicher in die Zeit des Pompeius, ihre 
Identität ist natürlich damit nicht erwiesen. Das 
nämliche gilt von den vielen mit größerer oder 
geringerer Wahrscheinlickeit auf Caesar bezogenen 
Köpfen. Daß aber zu Caesars Zeit bereits auch 
künstlichere und sorgfältigere Frisuren zu sehen 
waren, beweist schon seine Äußerung, daß er 
nicht die fetten und schön frisierten Leute fürchte 
(tovs Jza%et$ zovtovs xai xöfj,rjraz t Plut. Ant. 11; 
Brut. 8). Wie wir uns diese künstliche, gefällige 
Frisur, welche gewiß die jüngere Generation mit 
Vorliebe tragen mochte, vorstellen müssen, das 
zeigen uns gerade einige Münzen Caesars selbst, 
noch deutlicher eine Münze, welche die Köpfe 
des Pompeius und seines Sohnes Sextus einander 
gegenüber zur Darstellung bringt, geprägt ums 
J. 36 v. Chr. (Cohen Me"d. cons. 34. Bernoulli 
R. Ikon. I Münztaf. n 47. 48). Die Haarbüschel 
sind ganz gleichmäßig gestutzt, ihre Spitzen zu 
Reihen, die regelmäßig aufeinander folgen, geord- 
net; das gesamte Haar liegt glatt dem Schädel an. 
Auch Caesar folgte , nach Ausweis der Münzen , 
dieser Mode und mußte, da man bei ihm eine 
gewisse Absicht vermutete, den bekannten Spott 
über sich ergehen lassen. Besonders schön und 
charakteristisch zeigt sich die Frisur auf der durch 
die Inschrift bezeichneten Büste des Sallust in 
in Petersburg (Bernoulli R. 1. 1 202). Deutlich 
und scharf ausgeprägt erblicken wir sie ferner 
auf sämtlichen Münzen des M. Antonius, und durch- 
weg sind durch sie die Bildnisse des Octavianus 
Augustus charakterisiert. Als Beispiel sei nur 
die jugendliche Büste im Mus. Chiaramonti (Ber- 
noulli R. I. TI 1, Taf. 2) genannt. Demnach ist 
das militärisch kurz geschnittene Haar, nach vorn 
gestrichen und in Reihen von Büscheln wohl geord- 
net, die modische Frisur in der Zeit der ausgehen- 
den Republik und des beginnenden Imperiums. 

Erinnern wir uns, daß während der Regierung 
des Augustus die Damen begannen, um Stirne 
und Schläfen die Haare zu stutzen, zu kräuseln 
und zu zierlichem Löckchenkranz ums Angesicht 
zu ordnen, so werden wir uns nicht wundern, 
wenn wir eine diesem Entwicklungsgang ent- 

68 



2147 Haartracht und Haarscbmuck 

sprechende Weiterbildung- der Frisur auch hei den 
Männern finden. Wenn hei Augustus noch manch- 
mal durch wirre Büschel die Reihen unterbrochen 
werden, wenn die Haare über der Stirae sich zer- 
teilen, so ist bei Tiberius und Claudius sorgfältig 
und genau die Reihenfolge der Haarbüschel fest- 
gehalten, über der Stirne der kunstvolle Kranz 
kurzer, gerade in die Stirne hereingekämmter Löck- 
chen oder Fransen geschlossen, sorgfältig sind 
deren Spitzen gedreht. 

Besonders deutlich wird diese Entwicklung 
der H. an dem Relief in San Vitale zu Ravenna 
(,Familie des Augustus', s. o.), wo sich der Ver- 
gleich der Frisur des Tiberius mit jener des 
Augustus bietet; die Tracht des Claudius zeigt 
besonders charakteristisch die Panzerstatue in der 
vatikanischen Rotunde (Bernoulli II 1 Tat'. 17). 
Und wie die Frauen jener Zeit den ,claudischen 
Zopf über den Nacken fallen ließen, so zieht 
sich auch das Haupthaar an den Bildnissen der 
Männer — so auf sämtlichen Münzen des Nero 
Drusus, Germanicus, Caligula, Claudius — tief 
über den Nacken hinab , wo es gescheitelt und 
nach vorne gekämmt ist. Dieser letztere Zug, 
das Haar über dem Nacken zu scheiteln und 
nach vorne zu kämmen, bestand also seit den 
Zeiten der Republik unverändert fort. 

Noch eine weitere Neuerung bekunden die 
Bildnisse des Claudius und zwar gleich die Mün- 
zen des ersten Jahres seiner Herrschaft: das Haar 
am Vorderkopf ist in leichte Wellen, die der 
Stirne parallel laufen, künstlich gebrannt (Cohen 
I 164; Marmorkopf des Braunschweiger Museums, 
Bernoulli II 1 Taf. 18), wie dies in ähnlicher 
Weise die Porträts der Frauen des Claudischen 
Geschlechtes beobachten ließen. Die Tracht im 
Zeitalter Neros ist die natürliche Weiterbildung 
oder Steigerung dieser Züge: tiefe, parallel zur 
Stirne laufende Ondolation des vom Wirbel nach 
vorne ziehenden, kurz geschnittenen Haupthaares, 
tief hinab wallendes gescheiteltes Nackenhaar, 
ein dichter Kranz künstlicher Locken ums Ange- 
sicht: das ist die charakteristische neronische 
Haartracht, die auf sämtlichen Bildnissen Neros 
die gleiche bleibt und, wie zahlreiche Privat- 
bildnisse beweisen, die allgemeine Tracht des 
Zeitalters ist. Otho trägt sie in sämtlichen Dar- 
stellungen in außerordentlich charakteristischer 
Ausbildung. Daß häufig dazu Perücken und zwar 
mit Vorliebe blonde verwendet wurden, geht aus 
Petron. 110 hervor. Suetons Tadel ist natürlich 
ungerechtfertigt, doch überliefert er den Namen 
der Frisur (Nero 51): Circa cultum habitumque 
adeo pudendus, ut comam semper in gradus 
formätam, peregrinatione Achaica etiam pone 
verticem summiserit. Daß auch in der flavischen 
Periode diese Mode fortbestand, geht aus der Be- 
merkung Quintilians inst. or. I 6, 44 hervor 
(comam in gradiis frangere). 

Indes kam unter den Flaviern eine andere 
Tracht in Schwung, welche das Spiegelbild der 
weiblichen Löckchentoupets jener Periode ist. Das 
Haar wird viel kürzer geschnitten und in zahl- 
lose kleine, zierliche Löckchen geringelt. Als 
Beispiele seien die Büste des Vespasian zu Neapel 
nnd der Kolossalkopf des Titna (ebd. Bernoulli 
H 2 Taf. 7. 8. 10) genannt. Daß auch unter 
Domitmn und Nerv* das den ganzen Kopf be- 



Haartracht und Haarschmuck 2148 

deckende Gewirr von Leckchen, die nur größer 
und buschiger werden, Modefrisur blieb, beweisen 
die sämtlich durch sie charakterisierten Bildnisse 
dieser Kaiser. Zu beachten ist, daß stets die 
Löckchenmasse dem Schädel eng anliegt; nahe 
dem Schädel mußten die Haare geschnitten, mit 
dem ealamistrum gebrannt und jedenfalls durch 
reichliche Salbe festgehalten werden. Die Voraus- 
setzung war natürlich dichter Haarwuchs; wie 

10 dem Mangel abgeholfen wurde, sagt uns Martial 
VT 57 und gibt uns auch den Namen der Frisur 
an: Meniiris fictos unguento Pkoebe, eapillos 
Et tegitur pietis sordida calva comis, Tonsorem 
eapiti non est adhtbere neeesse: Rädere te me- 
lius spongea, Phoebe, potest. Also auch aufge- 
malt konnten die kleinen Löckchen zur Not 
werden! In der Plastik wird das Löckchenge- 
kräusel vielfach durch zahlreiche Bohrlöcher wieder- 
gegeben. Die Menge der durch sie charakteri- 

20sierten Bildnisse beweist, daß die Tracht eine 
allgemeine und dauernde war. Sie ist auch sehr 
häufig an pompeianischen Wandgemälden zu be- 
obachten, hier auch den Göttern verliehen; als 
Beispiel sei die Liebesszene zwischen Mars und 
Venus erwähnt (Mus. Borb. III 35, Baumeister 
Denkmäler 623). 

Die H. des traianischen Zeitalters bedeutet 
die Reaktion gegen dieses zierliche, allzu gekün- 
stelte Löckchengekräusel. Traian ließ sein Haupt- 

30 haar in langen Strähnen, ganz schlicht, zur Stirne 
fallen ; über der Stirn sind die Strähnen sorg- 
fältig gestutzt und die Enden gedreht und etwas 
geringelt. Dies ist Traians H. auf seinen sämt- 
lichen Porträts und die zahlreicher Privatbildnisse 
z. B. der schönen Büste 561 im Mus. Chiaram. 
(Bernoulli I Taf. 9. Amelung Katalog). Auch 
diesmal gibt ein ganz unwesentliches Moment den 
Ausschlag für die weitere Entwicklung der Frisur: 
Die traianische Tracht läßt die Spitzen der in 

40 die Stirne fallenden Haarsträhne ein wenig sich 
nach aufwärts krümmen; diese oft kaum merk- 
liche Aufbiegung wird allmählich gesteigert, und 
es entstehen über der Stirne große, mit sorgfäl- 
tiger Kunstgebildete, schneckenförmige Rollen oder 
Locken, auch das Haupthaar selbst wird wieder 
in regelmäßige Wellen oder Stufen gebrannt. Die 
Höhe und Größe dieser Rollen über der Stirne 
geben der neuen Tracht ihr eigentümliches Ge- 
präge und lassen sie deutlich von der claudischen 

50 Tracht unterscheiden. Dies ist die H. im Zeit- 
alter des Hadrian, mit der uns der Kaiser selbst 
in seinen sämtlichen Bildnissen entgegentritt. 
Wiederum ist es eine ganz natürliche, man möchte 
sagen, logische Weiterentwicklung, welche diese 
Frisur nimmt, künstlicher, reicher sich gestaltend. 
Allmählich werden nicht nur die Haare ums Ant- 
litz zu Rollen und Schnecken geformt, sondern 
diese nehmen auch vom Haupthaar wiederum Be- 
sitz, bis endlich den ganzen Schädel ein üppiges 

OOGekräusel hoher, starker Haarrollen, Schnecken, 
Spiralen bedeckt deren Höhe und Üppigkeit die 
neue Tracht von der im Prinzip ähnlichen fla- 
vischen aufs deutlichste unterscheidet. ' Diese 
Entwicklung hat die H. im Zeitalter des Anto- 
ninus Pins genommen, wie die sämtlichen Bild- 
nisse des Kaisers selbst und des Aerius Veras 
bekunden. Noch dichter, mächtiger wird die 
LockenfüUe unter Marc Anrel und behält ihre 



2149 Haartracht und Haarschmuck 

charakteristische Gestaltung, die in der Plastik 
•durch starke Unterhöhlung und ausgiebige An- 
wendung des Bohrers dargestellt wird, während 
4er ganzen Regierungszeit dieses Kaisers bei. 
Als Beispiel sei auf dessen Münzen und die kapi- 
iolinische Reiterstatue verwiesen. Daß die Frisur 
-der überaus dichten Löckchenfülle schon die des 
-ersten Jahrzehntes der Regierung Marc Aureis 
war, beweisen die Bildnisse des Lucius Veras, von 
■dem auch überliefert ist, daß er seine Haare mit 
Goldstaub puderte; erwähnt seien ferner als genau 
datierte Privatbildnisse die Porträtköpfe des Alce- 
^tis-Sarkophages, der gleichfalls im ersten Jahr- 
zehnt von Marc Aureis Regierung entstanden ist 
(Mus. Chiaram. 179, Katalog v. Amelung). Unter 
Commodus bleibt die Tracht die gleiche, denn 
auf den frühesten wie den spätesten Münzen, 
ebenso an der höchst wahrscheinlich in den 
letzten Jahren seiner Regierung entstandenen Büste 
«les Konservatorenpalastes (Bernoulli II 2 Taf. 
61) trägt Commodus das mächtige, in dichter 
Fülle die Stirne umziehende Lockengekräusel, das 
auch er nach Hist. aug. Comm. 17 mit Gold- 
-staub puderte. An den Bildnissen des Pertinax 
und Didius Iulianus läßt sich keine Änderung 
beobachten, unter Septimius Severus besteht gleich- 
falls das Lockengekräusel fort mit dem einen 
charakteristischen Unterschied, daß man die Haare 
in spiralförmig gedrehten Locken weit in die 
Stirne hereinfallen ließ, sodaß sie — ein passendes 
Gegenstück zur Wellenperücke der Iulia Domna 
— in prunkvollem Kranz das Angesicht umzogen. 
So zeigt sich uns Septimius Severus auf dem 
Bogen der Argentarü zu Rom aus dem J. 204. 
Allmählich trat, wie auf die Wellenperücke der 
Frauen, eine Reaktion ein. Auf den jugendlichen 
Bildnissen des im J. 211 ermordeten Geta, welche 
-die Frisur aus den letzten Jahren des Septimius 
Severus überliefern, sind die Haare wieder kurz 
zu Büscheln, die nur zum geringen Teil gelockt 
sind, gestutzt, auch Caracalla trägt zwar Löck- 
chen, die über den ganzen Kopf sich kräuseln, 
doch ist das ganze Haar bedeutend zugestutzt; nur 
in der wulstigeren Form unterscheiden sich diese 
Löckchen von den flavischen. 

Die Entwicklung führt dahin, daß das ganze 
Haar endlich so kurz geschnitten wird, daß der 
Schädel fast kahl erscheint, keinenfalls dessen 
Konturen durch die Haare und deren Frisur irgend- 
wie beeinflußt werden. Während von Elagabal 
die Haare noch in kurzen Büscheln, wenn auch 
ganz schlicht, getragen werden, zeigen sämtliche 
Bildnisse des Alexander Severus die gesamten 
Haare ganz kurz am Schädel geschnitten, so 
z. B. die Kolossalstatue in Neapel und die Büste 
im Louvre (Bernoulli II 3 Taf. 28, 30). 

Da sämtliche Bildnisse der auf Alexander 
«Severus folgenden Kaiser bis Valerianus das Haar 
in gleicher Weise ganz kurz geschnitten zeigen, muß 
diese H. eine allgemeine und bleibende gewesen 
sein, nachweisbar ist sie also bis ca. 260. Schon 
•vorher aber hatte die Tracht begonnen, reicher 
wiederum und künstlicher sich zu gestalten: man 
ließ die Haare wieder länger wachsen, über der 
Stirne wurden sie gescheitelt und über den Schläfen 
zu zierlichen Löckchen geringelt. Diese Tracht 
ist die des Gallienus und läßt sich auf einer 
Münze desselben (Cohen IV 438) schon für das 



Habitancium 



215^ 



J. 256 nachweisen. Auf den Münzet» des Pösta- 
mus, welche die Mode der J. 258 — 267 überliefern, 
erscheint das Gelock beiderseits des Scheitels 
üppiger und reichlicher als bei Gallienus, dann 
tritt eine neue Mode auf und zwar zuerst auf 
den Münzen des Victorinus aus den J. 265—268. 
In langen schlichten Strähnen ist — der traia- 
nischen Mode ähnlich — das Haar gerade in die 
Stirne hereingekämmt, die Enden sind leicht 

10 gekrümmt; diesmal entwickelte sich die Tracht 
in der Weise weiter, daß die Strähnen zugestutzt 
wurden, sodaß sie geradlinig die Stirne oben be- 
grenzten und in den Schläfen ein ganz charak- 
teristisches scharfes Eck bildeten. Von diesem 
Eck umzogen die Haare in einem ununterbrochenen 
Bogen, mit dem Barte sich vereinend, das ganze 
Antlitz. Auf den Münzbildnissen sämtlicher 
Kaiser von Claudius Gothicus bis Constantinus 
ist dieseraußerordentlich charakteristische Rahmen, 

20 den das zugestutzte Haupthaar mit dem Bart zu- 
sammen ums Angesicht bildet, dargestellt; als 
zeitliche Grenzen für die nachweisbare Herrschaft 
der Mode ergibt sich die Regierungszeit des Clau- 
dius Gothicus 268—270 einerseits, der Ausgang 
des Licinius andererseits (323). 

Daß in dieser langen Zeit eine neue H. auf- 
kam, welche die alte endlich ablöste, ist natür- 
lich. Die Münzen Constantins zeigen ausnahms- 
los das Haupthaar vom Wirbel in langen Strähnen 

30 zu Stirn und Schläfen vorgekämmt, und zwar ist 
es wiederum in tiefe Wellen gebrannt, um die 
Stirn sind die Enden zu einem Kranze zierlicher 
Locken eng gereiht (Kolossalbüste des Constantin 
zu Rom, Capitol, Petersen). Diese Tracht ist also 
der des Nero nicht unähnlich; wie hier Verwechs- 
lungen möglich sind, zeigt das Beispiel des Kopfes 
417 der Münchener Glyptothek, den man für Otho 
hielt, während er einen der Söhne Konstantins 
darstellt (Furtwängler Glyptoth.). Indes läßt 

40 doch nie ein Kopf aus der Zeit Constantins das 
zierliche, feine Gekräusel der Haarbüschel, wie es 
für Nero charakteristisch ist, erkennen. Die H. 
bleibt bei den Söhnen Constantins wie Magnen- 
tius im wesentlichen die gleiche, an den Bild- 
nissen des Iulianus Apostata wie des Theodosius, 
endlich den Münzbildnissen des Honorius ist die 
Ondolation verschwunden; in langen Strähnen 
fallen die Haare vom Wirbel nach vorne und 
bilden um Stirne und Schläfen einen dichten, 

50 vollen Kranz mit ihren gleichmäßig zugestutzten 
Enden (Koloß des Theodosius (?) in Barletta ist 
durch diese Tracht charakterisiert, Bernoulli 
II 3 Taf. 56). [Steininger.] 

Hababa s. Ababa o. Bd. I S. 4. 
Habessog s. Antiphellos. 
Habicht s. 'I£ea£. 

Habilis, ein südgallischer Töpfer, der Sigil- 
lataware auch nach Deutschland, England und an 
die Donau ausführte, wahrscheinlich um die Wende 

60 des 1. Jhdts., CLL HI. Vn. XLT. XIH. [0x6.] 
Habitancium oder Eabitancum, als römische 
Militärstation in Britannien nachgewiesen durch 
die Inschrift CIL VII 996 Habüanci prima 
stat(iowe), lag bei Risingham nördlich vom Hadrians- 
wall. Hier war der Standort der cohfors) I Van- 
gionum mfüiaria) eq(uitata), welche nach nr. 
1003 unter Septimius Severus ein Kasteütor mit 
den Mauern von Grand auf wiederherstellte. Es 



2151 



Habitatio 



Habitatio 



2152 



tritt daselbst nr. 1001 auch die cokforsj Uli Galflo- Lebenserfahrungen (factum) ermitteln ließ. Daran» 
mm) eq(uitata) auf, sowie unter Caracalla neben ergab sich, daß man auf diesem schwankenden 
der Vangionencohorte nr. 1002 Raeti gaesati et Boden sich nicht an strenge altrönüsche Verbal- 
explforatores Habitaneienses ?/. Aber auch zahl- auslegungen anklammern konnte und das über- 
reiche Votivsteine (nr. 994ff.) und Grabschriften lieferte Recht nur anwandte, soweit dies passend 
(nr. 1013ff.) sind daselbst gefunden worden, so schien im Einklänge mit der Regel (Dig. TU 
daß die Station in militärischer und bürgerlicher 8, 12, 2) : neque enim tarn stricte interpretandae 
Hinsicht ziemlich bedeutend gewesen sein muß. sunt voluntates defunctorum. P. Girard Manuel 

[Haug.] elementaire* 369, 2 (übersetzt durch v. Mayr 

Habitatio ist ein solches Recht auf eine 10 Gesch. und System des römischen Rechts, Berlin 
Wohnung in einem fremden Hause, das gegen 1908,402,4) erläutert die Bemerkung des Mode- 
jedermann (dinglich) gewährt ist, also nicht von stinus (Dig. IV 5, 10) dahin, daß die Testa- 
einem Schuldverhältnisse des Eigentümers zu einer toren hei der H. eher Lebensverhältnisse als 
bestimmten Person abhängt, wie die Rechte des Rechtskategorien vor Augen hatten (etwas ab- 
Mieters, dem h. im technischen Sinne nicht zu- weichend, aber im Sinne übereinstimmend, v. Mayr 
kommt. Es beruhte in der Regel auf letztwilligen a. a. O.), Dies traf jedoch wohl selbst dann 
Verfügungen, konnte aber auch aus einem Ver- häufig zu, wenn sie die Namen solcher Rechts- 
trage hervorgehen, Inst. II 5. Dig. VII 8 de usu kategor ien in einem Sinne, der diesen nicht zu- 
et habitatione (über die Form derartiger Verträge kam, gebrauchten (vgl. hiezu namentlich Puchta- 
s. den Art. Servitus). Die H. betraf möglicher- 20 Krug er Institutionen io II 285), so z. B. bei der 
weise nur einzelne Räume eines Hauses, während Wendung ususfruetus Imbitatimis , die wegen 
der usus aedium das ganze Haus umfaßte (Paul. ihrer Ungenauigkeit den Juristen Kopfzerbrechen 
Dig. VII 8, 19: usus pars legari rwn potest ist machte, Dig. VII 8, 10, 2. Cod. Iust III 33, 13. 
freilich nicht auf räumlich abgegrenzte Teile, son- Aus der Redeweise der rechtsunkundigen Par- 
dern auf Anteile zu beziehen). Daß die H. aber teien läßt sich aber wohl kaum erklären, warum 
ebensowohl wie der usus an einem ganzen Hause das von ihnen begehrte Recht der H. dem Ein- 
möglich war, ergibt sich aus Cod. Iust. HI 33, 13, flusse der capitis deminutio und des mm usus 
woselbst berichtet wird, daß manche in dem entzogen war, mag dies nun sogleich oder erst 
Namen eines usus kabitationis einen ungenauen später geschehen sein, wie in Puchta- Krügers 
Ausdruck für das Eigentum an einem Hause ge- 30 Institutionen 10 285 vermutet wird. Eher würde 
sehen haben. es sich aus der Annahme erläutern lassen, daß 

Es ist daher schwer, das dingliche Wohnungs- die H. ursprünglich kein Wohnungsrecht ge- 
recht von dem Rechte der Benützung (usus) und währte, sondern nur einen Erlaß des Mietzinses, 
von dem Nießbrauche eines Hauses zu unter- So Girard a. a. 0. 369, 1. v. Mayr 402, 3. 
scheiden, und zwar nicht bloß im römischen, Es wird dies daraus gefolgert, daß nach einer 
sondern auch im heutigen Rechte. Während aber älteren Ansicht (Dig. VII 8 , 10,3), die seit 
in diesem die genannten Befugnisse im wesent- Rutilius (Consul 649) wegfiel, die H. im Zweifel 
liehen gleichartig sind, finden wir zwar auch im nur ein Jahr lang dauerte. Diese Schlußfolge- 
römischen Recht ihre Ähnlichkeit anerkannt, Dig. rung ist jedoch nicht zwingend. Einen Anhalt 
VII 8, 10 pr. (in Puchta-Krügers Institu- 40 für die Entscheidung der Frage gibt lediglich 
tionen W 285 wird sogar eine ursprüngliche Gleich- der Umstand, daß Modestinus (Dig. IX 5, 10> 
Stellung vermutet), ihre Unterscheidung wird aber die H. ( indem er ihre Widerstandskraft gegen die 
anderweitig scharf betont, weil für die H. und capitis deminutio bespricht, mit dem legaturn 
dem neben ihr genannten Recht auf operae (vgl in annos singulos vel menses auf eine Stufe stellt, 
Dig. VII 7 und 8) einige Rechtsregeln galten, die das nicht ununterbrochen, sondern nur zeitweilig 
auf den usus keine Anwendung fanden. Nament- wirkte. Hält man dies fest, so kommt man zu 
lieh unterlagen h, und operae nicht dem Unter- der Meinung (R. Leonhard Institutionen, Leip- 
gange durch capitis deminutio (s. d.) und non zig 1894 §84, 5), daß h. und operae ebenfalls 
usus (s. Servitutes), Dig. VII 8, 10 pr. und nur gelegentlich (etwa bei einem Besuch in Rom) 
XXXDII 2, 2. Endlich konnte nach Iustinians 50 ausübbare Rechte sein konnten (wenn auch nicht 
Entscheidung einer alten Zweifelsfrage (Cod. Iust. in jedem Falle waren) , während der usus auf 
HI 33, 13. Inst. II 5, 5) der Inhaber einer H. eine ununterbrochene Nutzung hindeutete. Für 
die Wohnung vermieten, nicht aber einem andern die Anwendbarkeit der H. auf Peregrinen vgl. 
unentgeltlich überlassen (Dig. VII 8, 8 pr.). insbesondere auch Czyhlarz Lehrbuch d. Insti- 

Modestinus erwähnt als Grund dafür, daß die tutionen^. 10 123. 

capitis deminutio des Berechtigten der H. keinen Aus dem angeführten Gesichtspunkte erscheint 

Abbruch tat: quia teile legaturn in facto pothis es verständlich, warum bei der capitis deminutio, 

quam in iure consistit, Dig. IV 5, 10 (s. Capi- die in alter Zeit oft mit dem Wegzug in eine 

tis deminutio). Das Wort factum als Gegen- Kolonie zusammenfiel, das Wohnrecht oder Sklaven- 
satz von ins deutet hier , wie sonst vielfach, 60 benutzungsrecht nicht erlosch, weil solche Rechte 

darauf hin, daß der Begriff der H. im alten Ius vielleicht nur gelegentlich ausgeübt werden soll- 

civile und seinen besonderen Quellen noch nicht ten. Dies erklärt auch, weshalb die kurze Zeit 

so scharf abgegrenzt war, wie die Begriffe usus des non usus für derartige intermittierende Rechte 

und ususfruetus, und daher nicht den überliefer- nicht passend zu sein schien. Mit Recht spricht 

ten Quellen, sondern dem täglichen Leben zu ihnen v. Czyhlarz Lehrbuch der Institut »- w 

entnehmen war. Darum mußte man das Nähere 123 eine ,Alimentennatur* zu. Ähnlich Cuq Le» 

aus dem Willen der Parteien herleiten, der sich institutions juridiqaes des Romaine H, Paris 1902, 

wiederum in der Regel nur als Niederschlag von 286: eile a te caractere d'tm seeours personnü ; 



X1D3 



jbLaDitano 



riaDromacnos 



Z1Ö4 



ygL auch F. Leonhard in Birkmeyers Ency- ger» II 5 Anm. 6). Fraglich ist, ob dies, wie 

klopädie 2 130. überhaupt die verschiedenen nur für usus und 

Sohm Institutionen is 422 § 69c sieht das ususfruetus erwähnten Regeln, auch auf die H. 

Unterscheidungsmerkmal des usus von der H, Anwendung fand. Zu allgemein spricht wohl 

nicht in der Ständigkeit der Ausübung, sondern für die operae Terentius Clemens Dig. VH 7, 5. 

darin , daß der Berechtigte bei jenem sich den Eine Gleichstellung der H. mit usus und usus- 

Wohnraum innerhalb des Hauses wählen durfte, fruetus galt wohl zweifellos für die Kautions- 

bei letzterer nicht. Dies Wahlrecht des Usuars pflicht, Dig. VDZ 9, 5, 3 (Pietro Bonfante Diritto 

ist allerdings bezeugt, Dig. VH 8, 22, 1; doch Romano, Firenze 1900, 311). Zweifelhaft ist sie 
steht nicht fest, ob es nicht auch bei der H. ge- 10 dagegen für das dem usuarius (nach Riccobono 

gölten hat, wenigstens da, wo der Umfang des a. a. O. erst in später Zeit) gegebene Recht auf 

Wohngebäudes dies rechtfertigt. Gartenbenützung und beschränkten Fruchtgenuß 

Der andere Punkt, in dem die H. vom usus in villa, Dig. VII 8, 12, 1. Es wird das wohl 

unterschieden wird, ist die mit ihr verbundene von der Beschaffenheit der eingeräumten Woh- 

Befugnis, das volle Wohnrecht gegen Entgelt zu nung abgehangen haben. Das gleiche ist jeden- 

tibertragen, während man dem Usuar eines Wohn- falls anzunehmen von dem Wohnrecht des Vaters 

hauses nur die Befugnis gab, neben sich einen an Stelle des berechtigten Sohnes (VII 8, 17) 

Mieter anzunehmen, Dig. VH 8, 4 pr. 8 pr. (auch und von dem Anteil des Wohnungsberechtigten 

dies nur, sofern nicht dadurch ein Anstandsgebot an der Ausbesserung des Daches (VH 8, 18). 
verletzt wurde) fr. 7 ebd. Iustinian gewährte dem 20 Über entsprechende Regeln des attischen Rechts 

Inhaber der H. diese Vermietungsbefugnis in An- fehlt es an Quellen, Beauchet Histoire du droit 

lehnung an eine Ansicht des Marcellus. Diese prive - de la röpublique Athenienne in, Paris 1897, 

rechtfertigte sich dadurch, daß der Wohnungs- 173. 

berechtigte, falls er einen Mietzins statt der Literatur s. o. den Art. Capitis diminutio. 
Wohnung erlangte, sich dafür eine andere Woh- Girard Manuel elernentaire de droit Romain 4 , 
nung nehmen oder eine solche in einem ihm etwa Paria 1906, 368. 369 = v. Mayr Geschichte und 
gehörenden Hause ohne Verlust an seinem Ein- System des römisch. Rechts, Berlin 1908, 402. 
kommen behalten konnte, so daß ihm der er- Cuq Les institutions juridiques des Romains II, 
wähnte Zins in der Tat das Wohnen erleichterte Paris 1902, 285. 286. Bonfante Diritto Romano, 
(vgl. Cod. Iust. III 33, 13, 1: ut mercedem acci- 30 Firenze 1900, Sil. Costa Corso di storia del 
piat). Wollte der Wohnungsberechtigte dagegen diritto Romano, Bologna 1902, 130. Puchta - 
die Wohnung einem andern unentgeltlich ein- Krüger Institutionen l<> 285 §255. Holder In- 
räumen, so konnte sie ihm dann auch nicht ein- stitutionenS 179. v. Czyhlarz Lehrbuch der In- 
mal mittelbar zum Wohnzwecke dienen. Daher stitutionen $> io , Wien 1908, 123. Sohm Insti- 
durfte er die H. in solcher zweckwidrigen Weise tutionen ^ 1908, 422 § 96c. R. Leonhard In- 
nicht verwenden, Dig. VII 8, 10 pr. (dasselbe galt für stitutionen 1894, 292 (§ 84 V). 387 (§ 126, 2). 
operae legatae,Vsi^.Dig.XXXni 2,2). v. Jhering Jörs in Birkmeyers Encyklop.i 115, 6 (woselbst 
fand diese Abweichung vom Rechte des usus so sich weitere Literaturangaben finden). F. Leon- 
anstößig, daß er in Dig. VH 8, 10 pr. statt ha rd in Birkmeyers Encyklopäd.2 130. Wind- 
donare locare lesen wollte (Jahrb. f. Dogm. Xn40scheid-Kipp Pand. 9 I 1060 (§ 208). 1103 
342ff.), vgl. Huschke Archiv f. civ. Pr. LXLTI (§ 216 Anm. 3). [R. Leonhard.] 
462ff. Kipp- Windscheid Fand. 9 § 208 Anm. 4. Habitus, ein gallischer Terrasigtllatafabrikant, 
1060 § 216. Anm. 16. 1103. dessen Waren besonders an dem Niederrhein ge- 

Auffallend freilich bleibt, warum man nicht funden worden sind ; anscheinend aus dem l.Jhd. 
bei dem usus aedium ebenfalls ein Vermietung«- und vielleicht identisch mit Q. lulius Habiftus), 
recht annahm. Nach der Meinung des Labeo, CIL XIH 10 010, 983. 13. 1069. VH 1336, 525. 
Dig. Vn 8, 12, 6 verlangte man hier durchaus [Oxe\] 
■eine eigene Benützung oder Mitbenützung des L. Habonius, Vormund eines Knaben Iunius 
Usuars neben dem Mieter, cum ipse uti debeat und Bauunternehmer, von dem Stadtpraetor C. 
(sc. usuarius). Man klammerte sich also an den 50 Verres 680 — 74 als Werkzeug seiner Habgier 
Wortsinn des Ausdrucks usus an, getreu der gegen den eigenen Mündel benutzt (Cic. Verr. I 
strengen Auslegungsweise des älteren Rechts, von l32ff. 140. 149f.). [ Münzer.] 
der sich Marcellus nur bei den Rechtsformen der Habreas, Makedonien Doppelsöldner Alexan- 
h. und operae frei machte. Auch Czyhlarz ders d. Gr., der bei der Belagerung von der Haupt- 
Lehrbuch der Institutionen 9- w 123 rechnet die stadt der indischen Maller 326/5 umkam (Arrian. 
h. und die operae nicht zum ius civile, was anab. VI, 9,3). [Sundwall.] 
meines Erachtens auf das ältere im civile ein- Habromachos. 1) Habromachos (I), Sohn des 
zuschränken ist. Umgekehrt erklärt Cuq (Les Mantias, Archon in Delphoi ca. 126 v. Chr. 
institutions juridiques des Romains U, Paris 1902, (Curtius Anecdota 34. CIG 1699. Bull. hell. 
286) den Unterschied der h. und der operae WXXU, 9; vgl. Pomtow o. Bd. IV S. 2593. 2645). 
vom usus und ususfruetus daraus, daß die Regeln 2) Habromachos (II), Sohn des Athambos, 
der erstgenannten Rechte älter seien , als die Archon in Delphoi ca. 87 v. Chr., in der Xn. oder 
Servitutentheorie. Doch deutet die in diesen XLTL Priesterzeit (BulL hell. XXH 37, 1; vgl. 
Regeln enthaltene Nichtbeachtung der capitis Pomtow o. Bd. IV S. 2594. 2650). 
deminutio eher auf spätere Anschauungen hin. 3) Habromachos (HI), delphischer Archon 
Übrigens brachen sich auch bei dem usus freiere ca. 76 v. Chr., in der XU. — XVI. Priesterzeit 
Auflassungen Bahn (Riccobono Stndi in onore (Bull. hell. XXII 37, 1; vgL Pomtow o. Bd. IV 
di V. Scialoja 1904, 581ff Inst. Iust. ed. Krü- S. 2594. 2651). [SundwalL] 



napron 



zi ÖD* 



flabron. 1) Athenischer Archon im J. 458/7, 
DioÖor. XI 79 (wo Bt<av überliefert ist). IÖ II 
5, 971 frg. f. ool. H 14. Eurtäfh. Vita Pindari 
(p. 90 Westermann) steht im oqx- 'Aßtovog. 
v. Wilamowitz Aristot. u. Athen II 301, 20 liest 
"AßQwvog, welchen er ins J. 518/7 setzt. 

[Kirchner.] 

2) Habron, nach Suidas s. v. aus Argos — 
typische Figur für üppiges Leben im Sprichwort, 



von Lentz passim und dazu praef. I p. CXLUC 
Schneider zu ApolL HI 47; außerdem Con- 
stantin. Porphyrog. de admin. imp. 23). Wenn 
wir hier auf alexandrinischem Boden stehe» 
(Tryphon selbst hatte gleiche Werke verfaßt) r 
so ist doch H. selbständig genug, um ein- 
zelne Theorien des Aristarchos anzugreifen 
und seine eigene Meinung gegenüber der seinem 
Lehrers zu behaupten. Yor allem interessant ist 



"AßQwvos ßiog Zenob. I 4 (— Apost. I 4. Diogen. 10 seine Polemik gegen die Aristarcheische Bezeich- 
I 2). Arsen, viol. I 4. Suid. Harpokr. I 12 Bekker, nung der Pronomina als U&tg xarä x e 6oa>jta 

wohl nicht identisch mit dem Argiver H. bei — y - ' — T T "•- ° *- ' L - 1 " "^ "'"^ 

Plut. amat. narrat. II 1. Redender Name wie häufig 
im Sprichwort (Crusius Anal. er. ad paroemiogr. 
Gr. 54. 55, 1), dem Roman, der Popularphilosophie 



usw.; vgl. Gerhard Phoinix v. Kolophon 68, 2. 
Parallelbildung zu aß(>a, vgl. Meineke zu Me- 
nander 25. Wagner zu Alkiphron I 34. 11. 

[Hausrath.] 



av^vyoys (vgl. Lersch Sprachphil. d. Alt. II 109); 
daß diese Auffassung auch von Tryphon geteilt 
wurde, nahm Stiehle ohne weiteres an auf Grund: 
von dessen Werk zzzqI jiQoa&noiv, welchem er alle 
Fragmente über Fürwörter zuschrieb (Philol. VI 



454; vgl. Lersch a. a. 0. II 107); man vergleiche- 
indessen v. V eisen Tryphon. fragmenta, Berolini 
1853, 24. 26. 31. Die übrigen Stellen über Pro- 



3) Sohn des Kallias {zaptiag atQaTicoztxcbv im 20 nomina finden sich bei Apollonios de synt. II 



J. 338/7? Prosop. Att. nr. 10), Exeget und Ver- 
fasser eines Werkes liegt foQzcöv xal dvatüv 
Steph. Byz. s. Bazrj), von dem Fragmente nicht 
erhalten sind. [Jacoby.] 

4) Habron, griechischer Grammatiker, der 
in Rom lehrte. Sein richtiger Name ist zweifellos 
"Aßqoiv (Bechtel-Fick Griech. Personenn. 39), 
die Hss. aber zeigen daneben auch die Schreibung 
"AßQ(ov oder "Aij.ßQCJv. Als Schüler des Aristar- 



53. 68. 151 (ilie letzte Stelle wieder gegen Ari- 
starchos; Beispiele aus Piaton gegenüber den 
Homerischen des großen Alexandriners); III 45 
und de pronom. 51, 9 Sehn, (hier anders als- 
Tryphon). Eine Meinungsverschiedenheit zwischen 
Schüler und Meister wird uns in einem Fragment 
des zweiten Traktats ausdrücklich bezeugt über 
die Einreihung von Wörtern wie 'Qxeavivrj unter 
die 7iaTQ(ow^,ixd (so wie H., u. a. auch SchoL 



cheers Tryphon von Alexandria aus dem republi- 30 Dionys. Thr. 369, 7. 528, 14 Hilg. Prise. I 68, 5; 



kanisch-caesarischen Zeitalter (Suid. s. Tgiapav; 
dazu Bapp Leipz. Stud. VIH 107ff.), blühte H. 
wohl noch unter Augustus und darüber hinaus. 
Seiner Abkunft nach war er ein Sklave, wie ja 
viele Lehrer der Grammatik in der römischen 
Periode; konnte doch Hermippos der Berytier ein 
Buch TtEQi tü>v ev ^aidsia diajzQsxpavroiv öovlmv 
schreiben. Ihm verdanken wir auch die biogra- 
phischen Nachrichten über H., von Suidas auf- 



vgl. Schneider a. a. ü. 12) oder unter die 
xagcovvita, Schol. Hesiod. Theog. 389 (Flach 
Prol. z. Ausg. 120). Zu demselben Traktat ge- 
hören jedenfalls die anderen Zitate von Stephanos 
Byz., ferner Schol. Hom. IL 69. Cramer Anecd. 
Paris. III 283, 27 und vielleicht auch Etym. M. 
430, 24. Teogn. Cr. II 83, 7 (= Herod. von 
Lentz passim). Es werden hier nur Eigennamen 
behandelt, xazQOivvfiixd wie i&vixd, mit Ausnahme- 



bewährt {vgl. Ps.-Zonar. Lex. und die sog. Eudokia 40 des letzten Passus (über Tryphon vgl. v. Velsen 



106 Fl.) durch die Vermittelung einer Epitome 
des 'Ovofiazoiöyog von Hesychios (Wachsmuth 
Symb. philol. Bonnens. 138ff. Daub Jahrb. f. 
Philol. Suppl. XI 436; Stud. zu d. Biogr. d. Suid. 
145. Flach Hesychü Mil. Onoraat. LXII). $qv$ 
% 'Podtog wird unser Grammatiker in dem kurzen 
ßiog genannt ; die Deutung von H i 1 1 s c h e r (Jahrb. 
f. Philol. Suppl. XVIII 386), H., aus Phrygien 
gebürtig, habe in Rhodos studiert und seinen 



a. a. O. 57). Nahe verwandt mit dem eben er- 
wähnten Buch ist die Schrift siegt xtiitcxojv, SchoL 
Dionys. Thr. 371, 7 H.; davon ein längeres und 
wichtiges Stück ebd. 532, 33 vielleicht aus 
Apollonios (Schneider a. a. O. 44); vgl. außer- 
dem zu S. 224, 1 Krit Anm. Die Stelle bei 
Choiroboskos in Theodos. Oan. 145. 1 H. (Etym. 
M. 624. 57; Gud. 429, 8. Cramer Anecd. Oxon. 
1 310, 16. IV 418, 20; \gl Lentz zu Herod. II 



Ruhm erlangt, ist weder an sich unwahrscheinlich 50 792, 15) über die Paragoge ö*e bei Verbalformen 
noch nach dem Wortlaut unmöglich; analoge Fälle läßt sich schwerlich einer der genannten Schriften 
kommen bei Suidas s. IldfMpüog u. a. vor (U rl i ch s 



Rh. Mus. XVI 247f.) und auch schon vielfach bei 
Athen, u.a., z.B. II 58 ein Bezug auf <PvXaQxog, wozu 
Müller FHG Ip. LXXVIII ; man vergleiche außer- 
dem Frye Leipz. Stud. VI 102. Daß H. unter den 
Grammatikern ein gewisses Ansehen genoß, erhellt 
daraus, daß zwei Männer wie Apollonios und sein 
Sohn Herodianos ihn benutzt haben, wenn freilich 



zuweisen. [Funaioli.] 

5) Habron, Maler unbestimmter Zeit, doch 
schwerlich älter als das 4. Jhdt, malte nach Plin, 
n. h. XXXV 141 amicam et Cancordiam et deorum 
simvlacra. Der 'Opovota hat man durch Kon- 
jektur (Amicitia) eine <Päla zur Seite gestellt, was- 
allerdings sehr verlockend ist; denn Philia hat 
nicht nur ebenso wie Homonoia einen Kult gehabt, 



auch Apollonios ihn zu bekämpfen pflegt, ohne 60 sondern wird bei Dion von Prusa auch mit dieser 



scharfe Ausdrücke zu sparen; auf die beiden gehen 
jedenfalls fast, wenn nicht, alle uns erhaltenen 
Bruchstücke des H. zurück. Sie sind noch nicht ge- 
sammelt. Die meisten belehren uns über Flexion 
und Abstammung der Pronomina oder über Wort- 
bildung, wie auch zwei Werke zitiert werden nsql 
ärratvvftias (Apoll, de synt I 101) und siegt 
MaQGxrvmov (Steph. Byz. viermal; vgl Herod. 



zusammen angerufen. Andererseits stehen in den 
Aufzählungen von Werken oft die verschiedensten 
Vorwürfe nebeneinander, und von den Zeiten des 
Pausias und Apelles ab haben unzählige Maler 
ihre , Freundinnen' gemalt. Letzteres ist unab- 
hängig von der Frage, ob ein Maler schon durch 
ein einfaches Hetärenporträt Anspruch auf die 
Bezeichnung als Pornograph erwirbt, mit welcher 



XLUOTUUWUUS 



Polemon in seinem Buche siegt x&v iv JStxväivt 
mv&xwv ziemlich freigebig gewesen zu sein scheint. 
Philia ist überdies auch als Nymphen- und Frauen- 
name bezeugt und wäre nach Haus er Berl. phil. 
Wochenschr. XXX 1421 Anm. ein passender He- 
tärenname (vgl. auch Th. Kein ach Bev. et. gr. 
XXI 209); die amiea könnte also am Ende gar 
Philia geheißen haben, womit sich die Frage zu 
einem Knoten schürzt, den man besser nicht 
durchhaut Furtwängler Dornauszieher und 10 
Knabe mit der Gans 95, darnach Seilers The 
eider Plinys chapters on art 166, berichtigt und 
ergänzt durch Höfer in Koschers Mythol. Lex. 
' unter Philia. Brunn Gesch. d. griech. Künstler 

II 299. Ein Maler Nessos, Sohn eines H., wird 
Plin. n. h. XXXV 146 beiläufig erwähnt. 

[Pfuhl.] 
Habronichos, Sohn des Lysikles, aus Athen. 
Er war im Jahre 480 auf einem Schiffe bei den 
Thermopylen stationiert, um die Verbindung der 20 
Streitmacht des Leonidas mit der bei dem Vor- 
gebirge Artemision befindlichen griechischen Flotte 
herzustellen; nach Leonidas 1 Untergang über- 
brachte er ihr die Nachricht davon (Herod. VIII 
21). Im J. 479 war er Mitgesandter des Themi- 
stokles in Sparta ; er und Aristeides trafen später 
dort ein und meldeten Themistokles , daß der 
Mauerbau bereits genügend vorgeschritten sei 
(Thuc. I 91, 3). Mit Ed. Meyer (Herrn. XL 561ff.) 
und Busolt Klio V 255ff. halte ich Thukydides , 30 
Bericht über die Geschichte des Themistokleischen 
Mauerbaues der Hauptsache nach für geschichtlich; 
speziell hat man keine Ursache, H. als Mitge- 
sandten zu bezweifeln, wie B. Keil (Anon. Arg. 
294, 1) es tut, dagegen Ed. Meyer a. a. O. 568. 
Über H. noch Busolt Griech. Gesch. 2 II 681. 

III 1, 46. Kirchner Prosop. att I nr. 20. 

jSwoboda.] 

Habronides, Athener, Trierarch um 357/6 
v. Chr. (IG II 793f 52. 961, 6). [Sundwall-l 40 

Habryllos, Sohn des Athenaios, Thessaler, 
Strateg der Magneten um 130 v. Chr. (IG IX 
4, 1108). f Sundwall.] 

Hactara, unbekannter Ort in Hispania Tar- 
raeonensis, nach dem Itin. Ant. p. 404, 5 bei 
Acci (heute Guadix). [Schulten.] 

Hadad (semitisch -nn, vielleicht abgekürzt 
in -in in Theophorennamen : griech. "ASaöog Bull, 
hell. VI 1882, 497. 498 = Dittenberger Syll.2 
767. Joseph, ant. lud. LX 93. Inschriften aus 50 
Khahab und Bora s. u. oder Zevg "Aöaöng Bull, 
hell. XVI 1892, 161 ; "Adarog Bull. hell. VI 1882, 
195. 496; "Admdos Phil. Bybl. FHG III 569; 
Adadii [= Gen. Adddov] Plin. n. h. XXXVII 186; 
Adad Macrob. Sat. I 23. 17) ist der gewöhnliche 
Name des großen syrischen Gottes, des Paredros 
der Dea Syria (s. &.) oder Atargatis (s. d.). Deo 
enitn, sagt Macrobius Ca. a. O.) von den Syrern, 
quem summum maximumque venerantur. Adad 
nomen dederunt . . . Hunc ergo ut potentissi- 60 
mum odorant deum, sed subiungunt eidem deam 
nomine Adargatin. Philo Byblius (a. a. O.): 
"AScadog ßaatüvg dsätv. Die Etymologie dieses 
göttlichen Namens ist unbestimmt. Der Cha- 
rakter des Gottes berechtigt die Annäherung mit 
dem arabischen hadda verbrechen, krachen'. Die 
Erklärung von Macrobius (a. a. O.) : cüts nominis 
interpretatio signißcat unus wnu* stützt sich auf 



eine Verwirrung mit dem syrischen Wort had f wel- 
ches ,eins' bedeutet (Noeldeke in Schenkels 
Bib.-Lex. I (1869) 392. Ed, Meyer ZDMG XXXI 
1877, 734. Bosch er Lex. I 2900f.). 

Derselbe Gott heißt Ramän oder Rammän. 
Hesych. s. 'Paftäg • 6 vytiorog fisog. Steph. Byz. 
s. Aaodlxsta erklärt Qapdv&as (1. gafiavaüas mit 
Salmasius) durch d^' vyovg 6 foög- gdfiav yag 
xo vyx>s, ä-dag öi 6 &t6g. In dem ersten Wort 
muß man Kammän verstehen , umsomehr als der 
bezeichnete Gott den Blitz schleudert. Bau- 
dissin (in Herzogs Realenc.3 XVII 5) versteht 
unter dem zweiten Ausdruck nN ,du bist'. Man 
kann auch denken an das Zeitwort nrN s er ist 
gekommen' ; vgl. fiagav d§d in I Kor. 16, 22. 

Die meisten der göttlichen Namen haben in 
der Bibel beabsichtigte Verstümmelungen erlitten. 
Dasselbe Verbot, welches den Namen Jahwe wegen 
seiner Heiligkeit traf, traf auch die fremden gött- 
lichen Namen wegen Unreinheit. So ist in n Kön. 
5, 18 EAmmÖn, welches Granatapfel bezeichnet, 
eine freiwillig falsche Aussprache für Rammän 
(LXX 'Pefiftdv). Man hat also unrecht gehabt, 
sich nach Movers auf diese Bezeichnung zu 
stützen, um sich einen Granatapfelgott einzubilden 
und Theorien aufzustellen, die nichts bestätigt. 
Die Darstellungen legen niemals den Granatapfel 
in die Hand des Gottes. Aus den verschiedenen 
Etymologien, die man für den Namen Eamman 
vorgeschlagen hat, ist die wahrscheinlichste ans 
dem babylonischen ramämu .schreien, brüllen 1 
hergeleitet. Kammän würde der .Brüller', der 
,Donnerer' bezeichnen (Zimmern in Schrader 
Die Keilin sehr. u. d. Alte Testament 3 445). Man 
findet die beiden göttlichen Namen vereinigt in 
Hadad-Eimmön (lies Hadad-Eammän) Sach. 12, 
11 (s. u.). Dieses Wort, aus zwei göttlichen an- 
einander gestellten Namen gebildet, hat Ähnlich- 
keiten im Semitischen, hauptsächlich in dem Na- 
men der Atargatis (Dussaud Notes de mytho- 
logie svrienne 82f. Andere Erklärungen Sau- 
dis sin" in Herzogs Eealenc.3 VII 293f.). 

Der Name Kewan (der Planet Saturn) paßt 
nicht auf den großen syrischen Gott (Drexler 
in Koschers Lex. II il79f.). Man muß die 
Verwechslung mit dem syrischen Apollon (Luc. 
de dea syra 35. 36. 37. Macrob. Sat. I 17, 661 
= Nebo des Ps.-Meliton in Cureton Spicil. sy- 
riac. 44f. ; vgl. Heüopolitanus) vermeiden. 
Man hat vielfach, aber mit keinem Recht, den 
kleinasiatischen "Abayvovq (Hesych. s. v.) in 'Ada- 
bovg verwandelt. 

Seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. stellt 
die ideographische Keilschrift IM den Gott Adad 
(ohne Aspiration im Babylonischen) oder Ram- 
män in den Eigennamen (Zimmern a. a. O. 443) 
dar. Die alten babylonischen Mythen, besonders 
diejenigen der Sintflut mit dem Helden Sisuthros 
schreiben eine wichtige Rolle dem Adad oder 
Rammän zu. Der Gebrauch dieser beiden Namen 
scheint früher zu sein als die ältesten Urkunden, 
und man kann nicht entscheiden , ob der eine von 
beiden, z. B. Adad, wie man es vorgeschlagen 
hat (so Zimmern), syrischen Ursprungs ist. In 
dieser letzten Gegend erwähnen die el-Amarnas 
und Ta'anneks Täfelchen den Gott, öfters ideo- 
graphisch, manchmal phonetisch. Hommel (Alt- 
israel. Überliefer. 220) nimmt an, daß die Schrei- 



her Adad in Phönizien angenommen haben, als 
Ersatz des phönizischen Ba c al. Der Gott H. er- 
scheint nicht in den phönizischen Texten. Es 
ist schwer zu sagen, welches der Ersatz für H. 
in der phönizischen Mythologie war, aber in einem 
vorgeschrittenen Zeitalter würde es vielmehr Re- 
schef sein als Baal-Schamim ,der Herr des Himmels* 
(s. Baisamem), wie Lidzbarski (Ephem. f. sem. 
Epigr. I 251f. II 122) und Lagrange (Etudes 
sur les religions s&nitiques 2 93) es vorgeschlagen 
haben. Man muß bemerken, daß in Babylon 
Adad der Sohn des Ann war, der den Himmel 
darstellt. Ami. nnd nicht Adad, stimmt mit Bai- 
samem oder Coelus überein. Die Verwechslung 
kommt aus der Tatsache her, daß das Beiwort 
xsQavnog, welches auf den H. paßt, auch dem Bai- 
samem zugeschrieben worden ist. 

Die Vorstellung des H. ist dieselbe in Syrien 
wie in Mesopotamien. In Babylonien halt der 
Gott das Blitzbündel, manchmal die doppelte Axt 
nnd steht auf einem Stier. Auf den Kudurru 
(Grenzsteinen) wird Adad durch sein Symbol dar- 
gestellt : das Blitzbündel oder ein liegender Stier, 
darüber Blitzbündel, oder noch der Blitz auf einem 
thronartigen Gestell, vor dem der Stier liegt (J. 
de Morgan Delegation en Perse, Memoires I 
171ff. Frank Bilder u. Symbole babyl.-assyr. 
Götter 30ff.). Er ist der Gott des Blitzes und 
des Gewitters; er erschüttert die Berge. Er ist 
wohltätig, wenn er den Regen, welcher fruchtbar 
macht, ausgießt, er ist der Zerstörer, wenn er 
die Sintflutregen und die Überschwemmungen 
erzeugt. Die Sintflut ist die Bestätigung seines 
Zornes, auch hat er den Titel des t Herrn der 
Sintflut*. Da er mit dem Blitz, mit dem Hunger 
und dem Tode schlägt, so bekleidet er, beson- 
ders in Assyrien, das Ansehen eines furchtbaren 
Kriegsgottes, der dem Assur beigesellt wird. Der 
hettitische Gott, den man Teschub nennt und 
der mit dem Blitz und der Axt bewaffnet ist, 
scheint der Ersatz des Adad zu sein. Die Yer- 
ehrung des Adad hat sehr lange Zeit in Meso- 
potamien gedauert, wie es der Theophornamen 
'Aöadvadivazi}s beweist, den man in Tclloh auf 
zweisprachigen Ziegelsteinen (aramäisch-griechisch) 
aus dem 3. oder 2. Jhdt. v. Chr. aufgefunden 
hat (CISem. II 72). 

Die ackerbautreibenden Völker Syriens haben 
ganz besonders in H. eine Gottheit angebetet, 
welche eine Beschützerin der Ernten ist. Die se- 
mitischen Texte, die in den deutschen Sendschirli- 
ausgrabungen entdeckt worden sind, bestätigen, 
daß im 8. Jhdt. v. Chr. H. der erste der Götter 
in Nordsyrien war. Die Statue des H., die gegen- 
wärtig im Museum von Berlin aufgestellt ist, 
zeigt den Gott stehend, bärtig, eine Hörnermütze 
tragend. Die Arme und der untere Teil der Bild- 
säule sind zerbrochen (F. von Luschan Aus- 
grab, in Sendschirli 44ff,). Die Inschrift welche 
auf dem Gewand eingraviert ist , qualifiziert viel- 
leicht den Gott als ,Herr der Wasser' (D. H. 
Müller). Sie erklärt, daß diese Statue errichtet 
wurde durch den König- Panammu, Sohu des 
Qaral, zum Zwecke, um nach seinem Tode seinen 
eigenen Kultus demjenigen des Gottes beizuge- 
sellen. Die Nachfolger von Panammu müssen 
dem H. Opfer bringen, sie sollen Panammu zu 
gleicher Zeit mit dem Namen des H. anrufen, 



indem sie sagen: ,Möge die Seele des Panammu 
mit H. essen und möge die Seele des Panammu 
mit H. trinken* (Lidzbarski Handbuch NE 
440ff. Cooke Text-Book of nord-semit. inscr. 
159ff.). 

Das größte Heiligtum des H. in Syrien war 
dasjenige von Hierapoüs (Mabbog, jetzt Man- 
bidsch, s. Bambyke), nicht weit vom Enphrat. 
Kurz vor Alexander d. Gr. trug der Oberherr, 

10 welcher diese beherrschte, den Namen e Abd-Hadad', 
,Diener des H.< Er wird auf den Münzen (Babe- 
lon Perses Achemcnides nr. 314. 315) im Gewand 
des Hohenpriesters dargestellt, welches so von 
Luc. de dea syra 42 beschrieben ist. Unter Antio- ' 
chos I\'. Epiphanes weisen die Münzen darauf, daß 
H. gleichbedeutend war mit Zeus, aber er behält 
den Stier zu seinen Füßen (Babelon Rois de 
Syrie nr. 645). Lucian 31 schreibt alle Züge 
des Zeus der goldenen Statue zu, die in dem 

20 Tempel zu Hierapolis errichtet ist ; aber er macht 
darauf aufmerksam, daß die Eingeborenen ihm 
einen anderen Namen gaben und daß der Gott 
zwischen zwei Stieren saß. Diese Beschreibung 
wird bestätigt durch die Münzen der Stadt, welche 
auf beiden Seiten des Heiligtums die zwei großen 
syrischen Gottheiten H. und Atargatis darstellen. 
Links ist H. mit Kalathos und Zepter zwischen 
zwei Stieren sitzend (Six Numism. Chronicle 
1878, 120. Imhoof-Blumer Grieeh. Münzen 

30 235). Der syrische Gott wird ebenso auf einem 
Relief aus Rom dargestellt (CIL VI 117). 

Der Mythus der Sintflut, welchen Lucian 12 
in Hierapolis erzählen hörte, muß mit dem Kultus 
des H. in Verbindung gebracht werden. Der 
Held AtvaaXlmva xov 2iav&ca (so Butt mann 
anstatt Sxv&sa) ist kein anderer als der baby- 
lonische Sisuthros. Einige Leute behaupteten, 
daß er den Tempel errichtet hätte über der Öff- 
nung (yäöfiia), durch welche die Wasser der Sint- 

40flut herausgeflossen waren. Man sah eine Er- 
innerung an dieses Ereignis in dem Ritus des 
Vergießens von Wasser im Tempel, in der Tat 
ein alter prächtiger Ritus, der bestimmt war. 
den Regen herbeizuführen und eine gute Ernte 
sich zu sichern. Zweimal jährlich und laut eines 
Orakels des syrischen Apollon stiegen die Prie- 
ster und die Gläubigen mit großem Gepränge 
an die Ufer des Euphrat hinab, um dort Wasser 
zu schöpfen. An der Spitze der Prozession trug 

50 man das Semeion, das Bild der Göttin Simia 
(s. d.), der Tochter des H. Die Pilger, welche 
aus ganz S3 r rien, Arabien und den Ländern jen- 
seits des Euphrat gekommen waren, brachten jeder 
nach Hierapolis eine Vase, gefüllt mit Wasser 
des Flusses und sorgfältig verschlossen. Ein Auf- 
seher (äkEXTQvav = ^120, nicht ydiXog) , welcher 
sich bei dem Heiligtum aufhielt, empfing die 
Opfergabe, bestätigte den Verschluß und brach 
ihn entzwei. Dann trat der Gläubige in den 

60 Tempel und goß das Wasser der Vase in die 
schon erwähnte Öffnung (Luc. de dea syra 13. 
33. 48). Die symbolische Darstellung dieses Ritus 
wird durch ein babylonisches Relief (J. de Mor- 
gan a. a. O. 177) geliefert, worauf man Adad, auf 
seiner Brust eine Vase haltend, sieht, aus wel- 
cher zwei dünne Wasserstrahlen hervorsprudeln. 
Eine andere Zeremonie bestand darin, die Sta- 
tuen des H. und seiner Paredros bis an den be* 



naaaa 



3JLOZ 



nachbarten See des Tempels (Luc. 47) zu bringen. 
Der Ritus des Herabsteigens zum Wasser (xavd- 
ßaati = semit. yerid) war in ganz Syrien ver- 
breitet (G. Hoff mann Ztschr. f. Assyr. 1896, 
241. Isid. Le>y Revue des Ctudes juives XLIII 
1901, 1921?.). Er hatte zum Zweck, die Quellen 
wiederzubeleben und den Regen herbeizuführen. 

In einem späteren Zeitraum wird der Gott 
durch die Sonnenkulte verdorben; sein Kopf ist 
mit Strahlen geschmückt : simulaerum Adad 
insigne cernitur radits inclinatis (Macrob. a. 
a. O.). Die Identifikation mit dem Sonnengott 
wird besonders in Heliopolis-Ba' albeck scharf be- 
grenzt, wo sie an den Typus des Heliopolitanus 
(s. d.) anstößt. Im römischen Zeitalter ist H. 
oft unter dem Titel luppiter optimus maximus 
{CIL VI 117. 399) verborgen, oder unter einer 
lokalen Identifikation (Balmarcodes , Dolichenus, 
Hadaranes, Heliopolitanus, s. d.), aber seine Na- 
tur ist entweder durch den Stier oder durch die 
Erwähnung seiner Paredros, der syrischen Göttin 
Atargatis . oder derjenigen Simia oder Simios, 
seiner Kinder, verraten. Diese göttliche Familie, 
besonders in Hierapolis, bildet die dii syri (CIL 
HI 1961), welche unter mehr oder weniger modi- 
fizierten Formen in einer großen Zahl von syri- 
schen Städten angebetet werden. In Rhesus trägt 
der Gott Hörner und vielleicht das Henkelkreuz. 
In der rechten Hand hält er den Blitz und in 
der Linken eine Ähre; zwei Stiere sind zu seinen 
Füßen (Imhoof-Blumer Monnaies grecques 440 ; 
Choix Taf. VII nr. 223). In Raphanea ist der 
sitzende und mit dem Himation bekleidete Gott 
mit dem Kalathos bedeckt. Er hält einen Kranz 
in der Rechten und ein Füllhorn in der Linken. 
Im Felde ist ein Adler auf beiden Seiten abge- 
bildet; zu seinen Füßen ein Stier (Wroth Catal. 
of the greek coins of Galatia Cappadokia and 
Syria 267). Die Münzen von Dium tragen auf 
der Rückseite das Bild des H. mit dem Kalathos 
bedeckt. Er hält in der Rechten ein Zepter, 
worüber ein Adler schwebt, und in seiner Linken 
eine Nike ; zwei Stiere sind zu seinen Füßen 
(Wroth a. a. O. 303)', In dem griechisch-römi- 
sehen Zeitalter wird H. auf dem Libanon und in 
Phönizien wie der Baodevg $e6)v (Philo Bybl. 
a. a. O.) verehrt. Er ist der üeög fisytotog des 
Heiligtums von Kal'at Fakra (Dussaud Notes 
de myth. syr. 116). Laut örtlichen Fortbestehens 
alten Begriffs wohnt der Gott auf höchsten Gipfeln. 
Daher trägt er auf einem Altar in Rom (Gauck- 
ler Comptes rendus Acad. des inscript. 1907, 
144f.) die gleichwertigen Titel Aißavscorijg und 
axQ(to)QtiTt]g. Diesen letzteren Ausdruck darf 
man nicht auf eine bestimmte Gegend beziehen, 
er muß aber auf die Definition von Steph. Byz. (a. 
a. O.) a<p vtfovg 6 ßeos zurückgeführt werden. 
Gleichwohl kann man in der Gegend des Libanon 
nicht entscheiden, ob der verehrte H. nicht ganz 
speziell Heliopolitanus (s. d.) ist, oder ob solche 
örtliche Gottheit (so Balmarcodes [s. d. u. Suppl.], 
der Simia als Tochter hat) mit dem H. aus Hiera- 
polis identifiziert worden ist oder mit dem Helio- 
politanus. 

Damaskus war ein wichtiger und alter Kultus- 
ort der dii syri. Die Bibel erwähnt im 9. Jhdt. 
v. Chr. syrische Könige namens Ben-Hadad (auch 
die Keilinschriften) und einen König Tabrimmön 



(lies Tab -Ramniän). Seit diesem Zeitalter besaß 
H. oder Rammän den Haupttempel von Damaskus 
(H Kön. 5, 18). Es ist möglich, daß sein Götzen- 
bild dargestellt wird mit einer Ähre in der Hand, 
angelehnt an zwei Stiere, auf der Rückseite einer 
Tetradrachme von Antiochos XII. (Dussaud 
Journal Asiatique 1904, LT 199f.), während andere 
daraus wieder den H. von Hierapolis erkennen 
(Babelon Rois de Syrie CLXXIII). Im römi- 

10 sehen Zeitalter ist er der luppiter Damascenus 
(s. d.), aber der alte Name bestand neben dem 
neuen. Josephus (ant. lud. IX 93) sagt, daß H. 
(~A8ado$ nicht "Adep mit Niese), den er mit einem 
König verwechselt, noch zu seiner Zeit als Gott 
von dem damaszenischen Volke verehrt wurde. 
Sein Zeugnis wird durch die Widmung eines Ein- 
geborenen bestätigt, die man in Khabab (Tra- 
chonitis), nicht weit von Damaskus gefunden hat: 
Zasöog 'Oiaoov szioyaev röj $£(p 'Adddqt (Dus- 

20 saud und Macler Mission dans les regions de- 
sert. de la Syrie moyenne 642). Die Erwähnung 
der Simia neben dem Jaribolos (s. d.) beweist, 
daß dieser palmyrenische Gott auf H. zurückge- 
führt worden ist. 

Die Tontäfelchen aus Ta c annek (nr. 5. 6) schei- 
nen seit dem 15. Jhdt. v. Chr. zu bezeugen, daß 
der Kultus des H. in der Ebene Jezreel oder 
Megiddo ausgeübt wurde. Eine formelle Erwäh- 
nung wird in Sach. 12, 11 bewahrt: ,An jenem 

30 Tage wird groß sein die Klage in Jerusalem wie 
die Klage um Hadad-rimmön (lies Hadad-Ram- 
män, s. o.) in der Ebene von Megiddo'. Aber 
man muß nicht daraus schließen auf die Identität 
von H. mit Adonis oder Tammuz. Die Sage von 
Kombabus (Luc. 19ff.) beweist, daß man neben 
den dii syri eine Gottheit mit dem Typus von 
Tammuz anbetete, die man von II, deutlich ab- 
sondern muß. In der Sachariastelle ist nur eine 
Vermengung des Kombabus-Tammuz mit H. zu 

40 sehen. Die Verwechslung ist wahrscheinlich her- 
beigeführt worden durch die Tatsache, daß die 
beiden Götter im selben Tempel vereinigt waren. 
Es ist nicht unwahrscheinlich , daß in einer 
früheren Epoche der Kultus des H. auf gewisse 
israelitische Mittelpunkte eingewirkt hat. So er- 
klärt sich die Darstellung des Jahwe durch einen 
jungen Stier. In Askalon, wo es einen berühmten 
Kultus der Atargatis gab (vgl. Dea Syri a), wird 
nicht ihr Paredros von den Schriftstellern er- 

50 wähnt, abeT das kann nur H. sein. Dagon ist 
der Paredros von Astarte, nicht von Atargatis. 
Um zu endigen, was sich auf Syrien bezieht, so 
mögen wir Plinius Erwähnung gewisser Stein- 
fetische aufstellen: Adadu nepkros sive renes, 
eiusdem oculus, digüus; deus et hie colüur a 
Syris (Plin. n. h. XXXVII 186). Man könnte 
wahrscheinlich vergleichen die Fetische, welchen 
man gewöhnlich den Namen des Osirisauges gibt, 
und die Votivhände. welche die Hand des Gottes 

60 selbst darstellen. Vgl. auf einem Tontäfelchen 
aus Ta'annek : , Wenn sich der Finger der (Göttin) 
Aschirat zeigen wird, so möge man sich (es) ein- 
schärfen und (es) befolgen' (Hroznv in Sellin 
Teil Ta'annek 114). 

Im J. 128/7 v. Chr. wird in Delos erwähnt 
die Errichtung eines Tempels für die syrischen 
Götter (ASdrcot xai 'Ara^y6xei faois statgiois) durch 
einen Hierapolitaner, der zum Priester erwählt 



ist {Hauvette-Besiiault Bull. hell VI 1882, 
496f,). Auf demselben Platz hat man eine Wid- 
mung gefunden 'YdQdtaft/ inr/xöan, welches Wort 
man unrechtmäßigerweise von Hadran, Hadaranes 
stammen läßt (Bull. hell. VI 1882, 500 = Dit- 
tenb erger SylU 770). Hoff mann (Ztschr. 
f. Assyr. 1896, 250f.) hat richtig bemerkt, daß 
*YdQeuH anstatt e YöqsZ aus vdgevg war, aber man 
muß in ihm nicht den jungen Gott Ichthys (s. 
d.) wiedererkennen, der von Atargatis geliebt 
wurde. Ichthys verbirgt eine Zusammenstellung 
von Simios und Kombabus-Tammuz. Nach den 
letzten Entdeckungen (Ro u s s e 1 Compt. rend. Aead. 
des inscript. 1910, 522) wurde Hydreus in Delos 
nicht in dem Heiligtum der syrischen Götter, 
sondern in dem der ägyptischen Götter verehrt. 

Born hat zwei Widmungen dem IOM gelie- 
fert (CIL VI 117. 399), welche dem H. zuge- 
schrieben werden müssen. Man hat neulich ent- 
deckt, daß der iucus Furrinae in Rom, auf der 
östlichen Seite des Ianiculus, während der Kaiser- 
zeit dem Kultus mehrerer syrischen Gottheiten 
geweiht worden war. Ein Altar war dort #s<p 
"Adddcp AißaveGiTfl und &eq> Addöqt äxgfwjQEiTi] 
(s. o. und Gauckler a. a. 0. Clermont-Gan- 
neau Recueil d'archeol. Orientale VIII 51). Aus 
Spalato eine Widmung dis syris (CIL III 1961). 

Literatur: Roschers Mvth. Lex. s. Ada'd 
[Röscher] I 1987ff. II 1179ff. [Drexler]. 2900 [Ed. 
Meyer]. Baudissin in Herzogs Realenc.3 VII 
288ff. XVII 8ff. mit der älteren Literatur. Gruppe 
Griech. Mythologie II 1585. [Dussaud,] 

Hadaranes. In Nicha am Fuße des Djebel 
Siman (Liban) ist ein architektonisch interessantes 
Tempelchen in antis entdeckt worden, das nach 
einem dort gefundenen Cippus dem Gotte Hada- 
ranes oder Hadraws geweiht war (Puchstein 
Arch. Jahrb. XVI 1901, 158. CIL III 13608; 
vgl. S. 232874). Ein anderer Tempel des H. stand 
in Deir Kala unweit von Ba'albek (Ronzevalle 
C. R. Acad. Inscriptions 1901, 479. CIL TU 
14385). Nach den arg verstümmelten Reliefs der 
Votivsteine scheint der Gott ganz wie Hadad (s. 
d.) dargestellt zu sein, d. h. entweder auf einem 
von zwei Stieren umgebenen Thron sitzend, oder 
stehend, von einer Scheide umschlossen, mit dem 
Kalathos auf dem Haupte (Ronzevalle a. a. O. 
und Melanges Fac. orient. Beyrouth I 228). H. 
war also nur eine Lokalibrni der großen Gott- 
heit von Heliopolis-Ba'albek. Sein Name bedeutet 
wohl ,der Angesehene' (Vogue Journ. Asiatique 
VIII 1896, 324ff.). Er ist unzweifelhaft mit dem 
Gotte Hadran ("p-ir;) identisch, der nach Ps.-Me- 
litos syrischer Apologie (Otto Corpus Apol. IX 
505, 426) in Hierapolis-Mabug verehrt wurde 
(v. Baudissin Studien zur semitischen Religions- 
gesch. I 312). Die merkwürdige Inschrift CIL 
III 13608 lautet : Hoemaea virgo dei Hadaranis 
quia annis XX panem non edidit (sie) iussu 
ipsius dei v. I a. s. Geweihte Jungfrauen be- 
fanden sich also in seinem Klerus, und im Dienste 
dieses landschaftlichen Gottes der Fruchtbarkeit 
wurde nicht nur die Keuschheit befohlen, sondern 
auch die Enthaltung von Brot als löblich be- 
trachtet, was auch sonst in semitischen (Frazer 
Adonis, Attis, Osiris 1907, 189) und kleinasiati- 
sehen (Iulian. Or. V 174 A. Hepding Attis 
156) Feldkulten vorkommt [Cumontj 



naana 



Ziö* 



Hades a. Inferi. 

Hadra, Nebenfluß des Po aus dem Apennin,. 
Tab. Peut., vielleicht der Torrente Arda, an dem 
Fiorenzuola liegt. [Weiss.] 

Hadramitaes. AdramitaeundChatramis. 

Hadranon s. A dr an o n. Bezüglich desNamens 
sei folgendes nachgetragen. Die griechischen Auto- 
ren schreiben den Namen stets ohne Aspiration : 
"4dQavov und ro "Adgavov Diod. XIV 37, 5. XVI 
10 68,10 (wo eine Handschrift %6v äd^avov hat); 
3 A$qclv6v und xo 'Aöpavöv Steph. Byz. s. v. und 
Plut. Timol. 12 (zweimal) und 16 (wo der Pala- 
türus 168 äögavov schreibt), "über die Betonung" 
vgl. Lob eck Pathol. serm. Gr. prolegg. 181 (dem 
entgegenzuhalten ist, daß der Name nicht grie- 
chisch ist). Ebenso lautet das Ethnikon überall 
'ÄSgavTtat: Diod. XVI 68, 9. 69,3. Plut. TimoL 
12 (zweimal) und 16; Diod. XXLTI 4, 1 schreibt 
Dindorf 'Adgavtrat , doch sind hier die An- 
20 gaben der Neuausgabe über den hsl. Befund 
abzuwarten. Münzen und Inschriften der 400 
gegründeten Stadt schreiben selbstverständlich 
AAPANON und AAPANITAI. Hingegen ist 
der Name des Gottes, nach dem die Stadt 
benannt ist, mehrfach aspiriert überliefert ('Aöga- 
vog, s. o. Bd. I S. 405, 30), und die Römer schrie- 
ben konstant Badranum (Sil. It. XIV 250) 
und Hadranitani (Plin. III 91 in der alphabeti- 
schen Aufzählung der civitates condieionis La- 
30 tinae, welche die Aspirierung als Originalschrei- 
bung des Plinius sicher stellt). T Tmgekehrt lautet, 
der vom Gottesnamen abgeleitete Personenname 
bei Livius ebenso Adranodorus wie bei Polybios- 
'A&qav6h(üQ<K. Eine Entscheidung, ob der Name- 
das H ursprünglich hatte oder nicht , ist hier- 
nach nicht mit Sicherheit zu geben, doch ist vor 
einer Unterschätzung der beiden lateinischen 
Zeugnisse mit Hinweis auf die Geschichte des- 
Namens Henna (a. d.) zu warnen. — In Mendo- 
40 lito bei Adernö sind in den letzten Jahren ver- 
schiedene Reste einer sehr alten Sikuleransied- 
lung zu Tage gekommen, vor allem ein außer- 
ordentlich großes Bronzelager, das teils rohes- 
Material teils Gegenstände verschiedenster Art 
(Waffen, Werkzeuge, Geschirr u. s. w.) , sämtlich 
sikulischer Provenienz, enthält und entweder ein 
sakrales Depot oder das Lager eines Bronze Schmie- 
des darstellt. Also hat sich die griechische- 
Gründung an eine ältere sikulische Ansiedlung 
50 angeschlossen. Vgl. P. Orsi Not. d. seavi 1909,. 
387f. [Ziegler.] 

Hadranos wird in der Literatur öfters statt 
Adranos überliefert, s. d. [Eitrem.] 

HSLäreu8{AÖgEvg) 7 ,der die Früchte reif macht' r 
ein Sondergott in der Umgebung Demeters, anö- 
rfjg zur xagjzüv ädQvvoswg, Etym. M. s. v. 

| Eitrem.] 

Hadria (so die spätere Form. Hatria mit 
archaischen Buchstaben auf einem bei Atri ge- 
60fundenen Gefäß, CIL IX 6389 3. HA x auf den 
im 3. Jhdt. v. Chr. geprägten Münzen, Cat. Greek 
coins, Italy 42f. Head BN 19f. Garrucci Mxhu 
Ital. antic. 33), eine vorröralsche Siedlung, wi» 
die Funde der Umgebung zeigen (Not. d. seavi 
1901, 190f. 1902, 2291), lag an Stelle des heutigen 
Atri (442 m) , sechs Millien von der Küste landein- 
wärts (Plin. n. h. III 110) in Picemrm, Strab. 
V 241. Feldm. 252. Plin. a. O. PtoL IH 1, 17. 



Z1Ö& 



AdQiecveia 



Panl. bist. Lang. II 19. Nach Unterwerfung 
des Küstengebiets wurde in der Zeit zwischen 
290 und 286 hieher eine Kolonie gelegt (Liv. 
epit. 11), deren Gebiet im Norden an den Vo- 
rnan us (humeetata Vbmano Hadria Sil. Ital. 
Vltl 438). im Süden wahrscheinlich bis zu dem 
heutigen Fino reichte. Der Matrinus, welcher 
nach Strab. a. ü. ästd rqs 'ASgiaveöv nokewg ins 
Meer fließt, sjfwr enlvstov if\g 'Adgfag ijtcowftov 
iavrov, wird die Piomba sein, deren Mündung 10 Nachfolger das Mausoleum Hadriani (Hist. aug. 



XLituiiaueuiu aiuv 

Hadriani mawoteum, seiner Größe wegen. auch 
Moles Hadriani genannt, die heutige Engelsburg 
(Castel S. Angelo) am rechten Tiberufer beim Pons 
Aelius ; vgl. Ki e p e r t-Hul s e n Formaeurhis Romae 
p. 45. Lanciani Forma urbis Romae 7. 14. 

I. Geschichte des Baues. Als sich die 
Grabkammern des Mausoleums des Augustus ge- 
füllt hatten (Cass. Dio LXIX 23), erbaute Hadrian 
in den Gärten der Domitia für sich und seine 



wohl der Station Macrinü der Tab. Peut., 18 Mil- 
lien von Castrum Novum, entspricht. Die Via 
CaeciHa, ein Zweig der Salaria, verband H. mit 
der Hauptstadt (Barnabei Rom, Mitt. III 3f. 
Hülsen Not. d. seavi 1896, 95, s. o. den Art. 
Caecilia via. Persichetti Rom. Mitt. XXIII 
284). Von da konnte man auch die Via Valeria 
bis an die Aternusmündung und dann die Küsten - 
straße nordwärts nach H. einschlagen (Itin. Ant. 



Hadr. 19 feeit . . . sui Hominis pontem et sepvl- 
crum iuxta Tiberim). Wann der Kaiser mit 
dem Bau begann, ist unbekannt ; (vgL Hirsch- 
feld Kais. Grabstätten in Rom, S.-Ber. Akad, 
Berl. 1886, 1160 und Gregorovius Kaiser Ha- 
drian 2 503); eingeweiht wurde er erst 139 von 
Antoninus Pius, der die Leiche Hadrians, die 
vorläufig in der puteolanischen Villa Ciceros bei- 
gesetzt worden war, und die Überreste der bereits 



308; vgl. auch den Umweg über Asculum 306). 20 vor Hadrian verstorbenen Sabina und seines 

T r ■. tt___.=i.-i _.__ — t. tt _„.„. Adoptivsohnes L. Aelius Veras darin bestattete; 

vgL Hist. aug. Pius 5 Hadriano apud Baias 
mortuo reliquias eins Bomam pereexit sanete 
ac reverenter atque in hortis Domitiae colloeavit- 
Cass. Dio a. a. O. hayr\ de (nämlich Hadrian) 
xpog avr($) z<p sioxafitij viQog tf} ysfpvga jfj Allta * 
ivtav&a ya@ ro ftvfym xateoxevaoato und CIL 



Im Krieg gegen Hannibal verharrte H. treu 
bei Rom, Polyb. III 88. Liv. XXII 9 (Verwüstung 
der Feldmark im J. 217). Sil. Ital. VIII 438 
(J. 216). Liv. XXVII 10 (J. 209). Als Kolonie- 
erscheint H. auf den Inschriften CIL IX 5016. 
5020. Dessau 919 und bei Plin. a. 0.; sie hatte 
nach dem Namen ihres Freigelassenen Venerius 
(CIL IX 5020) zu schließen den Beinamen Ve- 
neria, vielleicht als Veteranenkolonie Sullas. 



IV 984f. mit der ebd. p. 185f. angeführten Lite- 
ratur. Zu Marini Iseriz. doliari 37 und Preller 



Der dem PaullusFabiusMa_imus als Patron von 30 Regionen 211ff. vgl. Hirschfeld a. a. O. Anm. 65. 



der Kolonie in dem zu ihr gehörigen Tempelbe- 
zirk am Monte Giove gesetzte Stein Dessau 919 
kann nicht, wie Barnabei a. O, meint, über 
die Zeit der Begründung der römischen Bürger- 
kolonie Aufschluß geben, H. gehörte der Tribus 
Maeciaan, Kubitschek Imp. Rom.trib. discr. 64. 
Von hier stammte nach Hadrians eigener Angabe 
die später nach Spanien ausgewanderte Familie 
dieses Kaiser?, der Quinquennalis der Stadt war 



Im H. fanden von Hadrian an bis auf Sep- 
timius Severus wahrscheinlich alle Kaiser und 
fast sämtliche Mitglieder des Kaiserhauses ihre 
Grabstätte ; nur Didius Iulianus wurde im Grabe- 
seines Großvaters, des Juristen Salvius Iulianus, 
an der Labikanischen Straße bestattet; (vgl. Hist. 
aug. Did. Iul. 8). Da aber die hauptsächlichste 
Benützung unter Pius, Marc Aurel und Commo- 
dus fällt, wird der Bau bisweilen geradezu als 



quasi in alia patria, Hist. aug. Hadr. XIX 1. 40 Marri Antonini sepulerum (Hist. aug. Seyer. 19),. 
I 1. Aurel. Vict. epit. 14. Sonst wird H. noch Antoninorum sepulerum (ebd. 24) und 'Aptojvi- 

rüov (Cass. Dio LXXVI 15, 4. LXXVIII 9 u. ö.) 



erwähnt Liv. XXIV 10. XXXIV 45 (Prodigien). 
Itin. Ant. 310. 313. Tab. Peut. Cassiod. var. I 
19 (. . praecipimuSf ut Adrianae civitatis eu- 
rialtum insinuatione sitseepta, quicumque Qo- 
thorum fiscum detreetat implere, cum ad aeqni- 
fatem redhibitionis artetis usw.), Orthogr. 9 
p. 200 Keil, der ager Hadrianus, einstmals an- 
geblich im Besitze der Liburner, Plin. n. h. III 



bezeichnet). 

Erhalten sind wenigstens dem Wortlaute nach 
die Grabschriften Hadrians und seiner Gemahlin 
(CIL VI 984 Imp. Caesari divi Traiani Par- 
thiei fitio divi Nervae nepoti Traiano Hadriano 
Augusto pont. max. trib. pot. XXII imp. II 
cos. HI p. p. et divae Sabinae imp. Caesar T. 



112. Feldm. 227. Über größere Reste der an- 50 Aelius Hadrianus Antoninus Aug. Pius pontifex 

._•!____ c^it xt.x n • ^a/m , ni * -.r^o mQX tribun. potest. II cos. II design. III p. p. 

parentibus suis), des Antoninus Pius (gest. 161 , 
CIL VI 986; vgl. Hist. aug. Marcus 7). seiner 
Gemahlin Faustina (gest. 141 : CIL VI 987) und 
der drei Kinder des Kaisers M. Aurelius Fulvus, 
M. Aurelius Galerius Antoninus und der Aurelia 
Fadilla (CIL VI 988—990), des Adoptivsohnes 
Hadrians L. Aelius Caesar (gest. 138; CIL VI 
985), dreier bereits vor der Thronbesteigung des 



tiken Siedlung Not. d. seavi 1901, 181f. 1902, 
4f. Vgl. die bei Kehr Italia Pontificia IV (1909) 
307 angegebene Literatur, CIL IX p. 480 und 
Nissen Ital. Landesk. II 431. [Weiss.] 

"ÄSgidveia, Feste mit Agonen zu Ehren des 
Kaisers Hadrian gefeiert. In Athen IG XIV 739. 
IG III 20; C A. tcov tyiißtov IG IH 121. 1108. 
1114. 1119 usw.; in Ephesos IG XIV 739. 1113. 
1102 Z. 26. IG HI 129, ClG 2987 b. Vgl. Arch. 



Ztg. IX 398; in Smyrna IG XIV 1102 Z. 28 60 Vaters verstorbener Kinder des Marc Aurel, des 



('AdQtdvia VÄifixia) j in Kyzikus CIG 3675, {'Aöqi- 
dvta y OXv(ima); in Attuda CIG 3952; in Rom 
IG HI 128; in Rom, Neapel, Puteoli CIG 32«8. 
Vgl IG IH 162 und die öfteren Erwähnungen 
in Inschriften in Röhls Index zum CIG, auch 
Bull. helL LX 68ff. und im allgemeinen Beurlier 
Le eulte impe'r., Paris 1891. [Stengel] 

Hadrlanenm. 1) Hadrianeum, Hadrianium, 



T. Aurelius Antoninus, T. Aelius Aurelius und 
der Domitia Faustina (CIL VT 993—995), des 
Kaisers L. Aurelius Veras (gest. 169, CLL VI 
991 ; vgl. Hist. aug. Veras 11 1 und des Commodus 
(gest. 192, CIL VI 992 ; vgl. Hist. aug. Conimod. 20 
und Cass. Dio LXXLTI 2. Zu seiner Bestattung im 
Mausoleum durch Pertinax vgl Hist. aug. Com- 
mod. 17). 



JLXCvLU -MUJJU M-MJt 



Die Beisetzung des Marc Aurel und der 
jüngeren Faustina im H. iat zwar nicht ausdrück- 
lich überliefert, jedoch zweifellos (Hirsch feld 
a. a. 0. 1161, Jordan-Hülsen Topogr. I 3, 
664, 107; vgl. auch CIL VI p. 186). Zur Be- 
stattung des Pertinas, dessen Leichnam zuerst 
in der Familiengruft seiner Gemahlin und später 
wohl auch im H. Aufnahme fand, vgl. Hirsch- 
feld a. a. 0. Anm. 69. 



.Euuiiiaiteuui «J.VO 

Kömer 2 Fig. 852 und 8.' 776f.). Über einen 1,50 m 
hohen Sockel lief eine Reihe rechteckiger (ca. 
2 X 4 m) Platten mit den Grabschriften, dann 
folgte eine einfache Quaderteilung, oberhalb der 
wieder ein mit Bukranien und Festons geschmückter 
Fries lief, von dem ein Rest noch in der Re- 
naissancezeit erhalten war. An den Ecken waren 
die Seiten von Pfeilern mit korinthischen Kapi- 
tellen (vgl. Lanciani The ruins and excav. 555 



Sicher wurde Septimius Severus (Herodian IV 10 Fig. 211) flankiert (vgl. die hauptsächlich nach 



1, 4. Cass. Dio LXXVI 15, 4 xai /.tszä zovzo ta dorn 
ig vögiav 3ioo<pvQOv ki&ov iußkn&h'za ig ze ryv 
'Pmf.tyv Ixopiofh} xai ig tö Avrcovtvetov ajiezid'n; 
vgl. Hist. aug. Sever. 19 Hiatus sepulcro Marei 
Antonini und 24 urnulam . . . Antoninorum 
sepulcro itlaiam), sein Sohn Caracalla (Cass. Dio 
LXXVTII 9 zov $ ovv'Avzan'ivov zo ze aoiua sxavd-i), 
xai to. ooza iv t<p Avzwvivsltp XQvqpa vvxzbg ig 
ztjv 'Ptö/itjv pcofiio&svza he&t] ; vgl. Hist. aug. 



Angaben Jac. Sansovinos und Giuliano da 
Sangallos entworfene Skizze bei Hülsen Eöm. 
Mitt. 1891, 141). Von dem radial verlaufenden 
Mauerwerk des Unterbaues aus Ziegelwerk und 
Peperin wurden in der letzten Zeit größere Partien 
aufgedeckt (Jordan-Hülsen Topogr. I S, 666). 
Über diesem Unterbau erhob sich der zylin- 
drische, fast doppelt so hohe Hauptbau mit einem 
Durchmesser von ca. 64 m, in dessen Zentrum 



Macrin. 5), seine Gemahlin Iulia Domna und sein 20 sich die Grabkammer (8 m im Quadrat und 12 m 
zweiter Sohn Geta im Mausoleum bestattet (Cass. TT - n i -« n ^'- - " " "" ■ n 

Dio LXXVIH 24, 8. Zu der Notiz in der Vita des 
Geta 7, wonach er maiorum sepulcro, hoc est 
Severi, quod est in Appia via euntibus ad por- 
tam dextra, speeie Septixonii extruetum, quod 
sibi ille vivus ornaverat bestattet worden wäre, 
Hirschfeld Wiener Stud. 1884, 125ff.). 

Die Grabschrift des Hadrian und seiner 
Gemahlin befand sich bis zum Ende des 16. Jhdts. 



Höhe) befand. Dieser Rundbau, dessen äußere 
Architektur und statuarischer Schmuck ebenfalls 
verloren gegangen ist, war wahrscheinlich durch 
einfache Quaderteilung, nach anderen duTeh Pi- 
laster oder Säulen gegliedert, auf denen sich 
oberhalb des Simses Statuen, befanden; vgl. 
FuTtwängler S.-Ber. Akad. Münch. 1904, 409; 
über die angebliche Herkunft der 24 Säulen aus 
Pavonazetto in S. Paolo fuori le mura vom Grab- 



oberhalb des Haupteinganges, die übrigen Grab- 30 mal Hadrians (Rom. Mitt. 1888, 95 und Hülsen 



Schriften waren zu beiden Seiten in die Außen- 
wand des Grabmals eingelassen. Zur Anbringung 
-der Inschriften Hülsen Rom. Mitt. 1891. 142f. ; 
(vgl. Lanciani The ruins and excav, 557 Fig. 212), 
aur Fassung des Wortlautes Hirschfeld Gräbst. 
1161, über die Anordnung Mommsen Ber. d. 
säcbs. Ges. 1850, 306 und CIL a. a. O. 

Die Aufsicht über das Mausoleum führte ein 
proeurator mausoki-, vgl. CIL VI 8686 M. VI- 



ebd. 1889, 242) vgl. Beschreibung d. St. Rom II 
1, 413 und Richter Topogr. 5 * 362; zu den 
Statuenresten, die sich in mittelalterlichen Bauten 
beim Ponte S. Angelo fanden, Jordan-Hülsen 
Topogr. I 3, 667, 118. 

Den ganzen Bau krönte eine hohe Basis, die 
eine Kolossalstatue Hadrians oder eine Quadriga 
trug. Zu dem zugleich mit einem Kolossalkopf 
des Antoninus Pius im Kastell gefundenen Kopf 



pius Aug. L Aeglus proc. mausolaei, dazu 40 des Hadrian (jetzt in der Rotunde des Vatikan; 



Hirschfeld a. a. O. Anm. 63. 

II. Beschreibung des Baues. Der Bau 
selbst (vgl. Bunsen Beschr. d. St. Rom II 1, 
404ff.), von dem uns Prokop eine ausführliche 
Beschreibung gibt (bell. Goth. I 22 p. 106 Aöoia- 
vov zov 'Ptouaimv aiToxodrogog zd<pog sgat Tivkag 
AvgjjXia; ioziv, äxix<ov zov xegtßökov oaov U&ov 
ßoktjv, Mafia koyov ä^tov • xexoinzat yäg ix ki&ov 
Jlaglov xai oi ktöot ig äkkrjkoiig fiefwxamv ovöhv 



Visconti Museo Pio-Clem. VI 45', Heibig 12 
n. 305; zu dem Bukranienfries des Oberbaues 
(Borsari Not. degli scavi 1892 Fig. 10) Hülsen 
Rom. Mitt. 1893, 324 und Jordan-Hülsen 
Topogr. 666. Die früher besonders durch die 
Rekonstruktionen von Piranesi, Canina u. a. 
verbreitete Ansicht, die auf den Rundbau einen 
zweiten, kleineren, mit Säulen geschmückten 
Rundbau von gleicher Höhe setzten, erscheint 



<ikka ivzbg i/ovzeg. IlhvQai bh avzov ziaaaoig 50 durch den tatsächlichen Befund und die Unter- 



eiöir toat alktjkaig, evgog ftev oyebov tt ig Xld-ov 
ßokijv ixdoTt} syovoa, fifjxog di vtisq zb zijg nokeoig 
zsiyog. 'Ayäkuaza ök ävio ix ki&ov eloiv zov 
avzov dvdgwv ze xai inntov &avfidöta ola), war 
mit dem Campus Martius durch den Pons Aelius 
verbunden und bestand aus einem mächtigen, 
über 10 m hohen quadratischen, heute fast ganz 
verbauten Unterbau von ca. 84 m Seitenlänge aus 
Tuffquadern, dessen antike Marmorverkleidung 



suchungen Borgattis (Castel S. Angelo, Storia 
e descrizione) widerlegt. 

Der Zugang zu der Grabkammer erfolgte 
durch das in der Mitte der Südseite befindliche 
Portal. Ein ca. 25 m langer und 6 m hoher 
Gang führt zu einer Nische; von dieser bog zur 
Rechten eine sanft ansteigende Rampe ab, die 
sich spiralförmig an das Äußere des Baues an- 
schließend in die genau im Zentrum des Massivs 



jetzt gänzlich fehlt. Über die äußere Gestaltung 60 liegende Grabkammer führte. Diese Rampe setzte 



dieses Basaments sind wir aus zahlreichen archi- 
tektonischen Aufnahmen des 15. und 16. Jhdts. 
ziemlich genau unterrichtet (vgl. u. a. Richter 
Topogr. 2 279 Abb. 30. Zusammenstellung von 
Hülsen Rom. Mitt. 1891. 140 und Hülsen- 
Jordan Topogr. I 3, 666. 115. Rekonstraktions- 
zeichnung von Hülsen-F. O. Schulze Rom. 
Mitt 1891, 138; vgl. dazu Durm Baukunst der 



sich dann als Spiraltreppe bis zur Spitze des 
Baues fort; vgl. Thiersch Arch. Jahrb. 1910, 87. 
Über die oberhalb des Grabraumes befindlichen 
Teile des Baues Jordan-Hülsen Topogr. 667; zu 
dein Porphyrsarkophag, in dem sich Hadrians Ge- 
beine befunden haben sollen, Jordan Topogr. 
II 433; vgl. Lanciani The ruins and exe. 555. 
Umgeben war das Grabmal mit einem Schranken 



2169 



Hadrianeiim 



Hadnaneirm 



217!> 




aus Marmor nnd Bronze, der ungefähr 120 m der große Abzugskanal, der mit dem Basament 

Seitenlänge hatte. Geschmückt war das Gitter parallel lief, ausgeräumt und zugänglich gemacht 
wahrscheinlich 
Bronze, die jets 

vgl. Borsari Not. degli , , . 

Petersen bei Amelung Skulpt. d. vat. Mus. Befestigungswerke verstärkt; seit der Besetzung 

I 894 n. 225f. und Taf. HC. Hülsen Rom. Roms durch die königlichen Truppen 1870 dient 

Mitt. 1904, 97f. Zu den Mauerresten aus Guß- der Bau militärischen Zwecken, 

werk zwischen der Quaimauer des Flusses und J. B. Piranesi Le antichita Romane IV 
den Fundamenten des Unterbaues Hülsen Rom. 10 Taf. 4-12. C. Bunsen in der Beschreibung 

Mitt. 1893, 323; vgl. Borsari a. a. O. 420. d. Stadt Rom II 1, 404ff. W. Becker Topo- 

III. Spätere Schicksale des Baues. (C. graphie 660f. Canina Gli edifizj di Roma antica 

ea Sülle rovine di Roma am Schluße der IV Taf. 284-286. F. Re ber Die Ruinen Roms 2 




BorgattiCastel S. Angelo 37ff). Vielleicht zog 1888, 129. M. Borgatti Castel Sant 1 Angelo 
schon Aurelian. sicher iedoch Honorius das Mau- in Roma. Storia e descrizione (Roma 1890). 

, ^ " r, -. ii -i- ._ Tt ■ XT„i-:„ :~ j~~i; ™„,^ 1 QOO .4 litt" ^^A 




secus XIII, minores XVIII), daß der Bau wohl The mausoleum of Hadrian and the Castle of 

infolge seiner besonders günstigen Lage zu den Sant 1 Angelo (Rome 1910). Rivoira Di Adriano 

wichtigsten Befestigungen der Stadt gehörte; vgl. architetto e dei monumenti Adrianei (Rendiconti 

Richter Topogr. 2 72. deUa R. accademia dei Lincei 1909) 172^F. 

Von Theodorich wurde das H. vielleicht als 30 2) Hadritmeum im Marsfelde (Notitia reg. 
Kerker benützt; als die Goten 537 unter Viti- IX: basilicam Matidies et Mareianes, templum 
ges den Bau zu stürmen suchten, warfen Beli- divi Antonini et columnam coelidem . . ., Hadria- 
sars Soldaten mehrere Statuen, die das Grabmal neum; im Curiosum erscheint das H. nicht er- 
sehmückten. auf die Angreifer herab. 546 mußte wähnt). Dieser Tempel wurde von Antoninus 
Narses das Kastell dem Totila übergeben. Da Pius 145 errichtet (Hist. aug. Anton. 8 opera 
dem Papste Gregor d. Gr. während der Pest dus haee extant: Romae templum Hadriam, 
(590) über dem Mausoleum der Erzengel Michael, honori pafris dicatmn), nachdem der Kaiser 
sein Schwert in die Scheide steckend, erschienen trotz des Widerspruches im Senat durchgesetzt 
sein soll, gründete Bonifatius IV (608—615) zum hatte, daß Hadrian Divus genannt werde (Hist. 
Andenken an diese Erscheinung auf der Höhe 40 aug. Verus 3 qua die togam virilem Verus acce- 
des Grabmals eine Kapelle des hl. Michael pit, Antoninus Pius in oeeasione, qua patris 
[S. Angelo inter nubes oder usque ad coelos; templum dedieabat, popido liberalis fuit ; zu dieser 
Armellini Chiese di Roma a 774. Gregoro- liberalitas Hülsen-Jordan Topogr. I 3, 608, 
vi us Gesch. d. St. Rom im Mittelalter III 277f.), 19). Weitere für die Zeitbestimmung des Baue* 
an deren Stelle Paul III. die Marmorstatue des wichtige Zeugnisse Hülsen a. a. 0. 609, 20. 
Engels von Montelupo, Benedict XIV 1740 dessen Was die Identifizierung dieses Tempels mit 
Bronzestatue von Verschaffelt setzte. Größeren noch erhaltenen Ruinen anbetrifft, hat zuerst 
Schaden erlitt der Bau 998 durch die Belagerung H. Lucas (Zur Geschichte der Neptunsbasilica 
des Crescentius durch Otto III.; im 12. Jhdt. be- in Rom, Prgr. d. Kaiser Wilhelm s-Realgynm. 
Tuächtigten sich die Orsini des Grabmals und 50 Berlin 1904, 21ff.) aus stilistischen und tech- 
benützten dieses als Festung. Die gänzliche nischen Eigentümlichkeiten des Baues selbst und 
Zerstörung durch die Römer erfolgte April 1379 der dazu gehörigen Reliefs mit den sog. Nationeu- 
während des Kampfes Urbans VI. gegej\ seinen darstellungen geschlossen, daß die in dem seit 
Widersacher Clemens VII. (Gregorovius VI Innozenz II. als dogana di terra, heute als Börse 
502f.). Alexander VI. verband um 1500 Engels- dienenden Gebäude auf Piazza di Pietra ver- 
bürg und Vatikan durch einen langen gedeckten bauten Ruinen (bisher gewöhnlich mit basilica 
Gang, 1527 diente sie Clemens Vll/als Zufluchts- Neptuni oder templum Neptum bezeichnet; por- 
ort vor den Soldaten Karls V. T diesem Papste ticus Neptum zuerst E. Q. Visconti Museo Pio- 
und seinen Nachfolgern als Kerker. Unter Paul Clem. III 61 not. c, früher auch therm(a;e 
III. erhielt der Oberbau seine jetzige Gestalt, 60 Agrippin(a)e, Federzeichnung des A. Strozzi 
Paul IV. ließ es 1556 mit einer Befestigung aus 1474 im Cod. Laurent, dei Kedi 77, tempio di 
Wall und Graben in Form eines fünfstrahligen Marte, Palladio Archit. IV cap. 15, dann por- 
Sternes umgeben. 1624—1641 nahm Urban VlII. ticus, basilica und templum Antonini Pii ge- 
jene Umbauten vor, die der Engelsburg im wesent- nannt) Überreste des von Antoninus erbauten Ha- 
uchen die Gestalt gaben, die sie noch heute driantempels sind; vgl. Beb er Ruinen Roms 25 7if. 
besitzt. 1822-1826 wurde der Innenbau frei- Der TempeL ein korinthischer Peripteros von 
gelegt, der Gang zur Grabkammer und diese kolossaler Größe, erhob sich auf einem ursprüng- 
selbst vom Schutt befreit, 1826 und 1827 auch lieh ca. 5 m hohen, jetzt zum Teile unter dem 



jSWX 



uaananeum 



juaananis 



2172 



Straßenniveau liegenden Unterbau (zur Gestalt 
der Basis Villain Temple de Marc-Aurele pl. 

I n. 3) und hatte an den Langseiten wahrschein- 
lich 15 ca. 15 m hohe Säulen (vgl. Reber 
257f.) aus weißem Marmor, denen je 8 Säulen an 
den Breitseiten entsprachen. Erhalten sind noch 

II Säulen der nördlichen Langseite und größere 
Reste der einst mit Marmorplatten bedeckten, aus 
Peperinquadern bestehenden Celiamauer, während 
die Südseite völlig zerstört erscheint. Auch Teile 10 
vom antiken Architrav und Fries sind noch er- 
halten (Lucas a. a. 0. 4), Gesims und Attika 
sind moderner Zubau. Vom Innenbau der Cella, 
der als Tonnengewölbe mit halbrunder Abschluß - 
nische konstruiert war, sind noch größere Partien 
vorhanden. Abbildungen: Beb er 256f. Strack 
Baudenkm. d. alten Rom Tat 17. Petersen Vom 
alten Rom 3 81, Abb. 61 u. a. Vgl. Lanciani 
Bull. com. 1878 tav. 4 5. 1883 tav. 1/2. 

Ringsherum war der Tempel mit einer viel- 20 
leicht zweigeschossigen Porticus umgeben, deren 
Reste sich größtenteils 1878 fanden; von den 
Grundmauern der Westseite fand sich ein Stück 
in den Kellern des Palazzo Cini (vgl. Canina 
Edifizj I 312), von denen der Nordseite in Kellern 
der Via dei Bergamaschi; vgl. Lanciani Forma 
■urbis Romae 15. In der Mitte der Westseite 
(und dementsprechend vielleicht auch an der 
Ostseite) scheint sich ein reichgeschmückter Ein- 
gangsbau mit Säulen aus Giallo antico befunden 30 
zu haben (vgl. Urlichs Beschr. d. Stadt Rom 

III 3, 150. Lanciani Bull. com. 1878, Uff. und 
Not. degli scavi 1878, 65; dazu Lanciani Bull, 
com. 1883, 25ff. undPellegrini Bull. d. Inst, 
1878, 105f. Zum Architrav, Fries und Gesims 
der Porticus Lucas a. a 0, 6). Hochreliefs mit 
Darstellungen weiblicher Figuren — Personifika- 
tionen barbarischer, dem römischen Volke unter- 
worfener Stämme und Flachreliefs mit Trophäen- 
bildern schmückten den Bau (zuerst zusammen- 40 
gestellt von Lucas Arch. Jahrb. 1900, liF. ; 
vgl. Lanciani Bull. com. 1878, 21ff. Neu be- 
arbeitet von Bienkowski De simulacris barb. 
gentium, Krakau 1900; vgl. Jatta Le rappresen- 
tanze figurata delle provincie Romane, Rom 1908), 
Während man nun früher gewöhnlich annahm, 
daß sich diese Darstellungen am Sockel des Tem- 
pels befanden — unter den Säulen die Bilder der 
römischen Provinzen, in den Interkolumnien die 
Trophäen; vgl Richter Topogr, 2 242, Lan-50 
oiani a. a. 0. 23f. und Petersen Vom alten 
Rom 2 82f. — will sie Lucas (Jahrb. 3 und Prgr. 
18f.) auf die Attika des Baues versetzen. Vgl. 
dazu Bienkowski a, a. 0. 62 mit eigener Re- 
konstruktionsskizze. 

Im ganzen fanden sich bisher 20 Personifika- 
tionen; drei sind jetzt im Neapler Museum (Saal 
der puteol. Basis; Bienkowski Fig. 53. 54. 59. 
Gerhard-Panofka Neapels ant. Bildwerke 58 nr. 
187 und 94f. nr. 313. 322), eine im Palazzo Farnese 60 
^Bienkowski Fig. 62. Matz -Duhn Ant. BUdw. 
in Rom III 3623 a), zwei im Palazzo Odescalchi 
(Bienkowski Fig. 63. 64. Matz-Duhn III 
3623), sieben im Hofe des Konservatorenpalastes 
(Bienkowski Fig. 65. 67. 69. 71. 73—75; vgl. 
Michaelis Rom. Mitt. 1891, 54. Bull. com. 1878, 
288f. und 1883, 263f.j, eine im Giardino della 
Pigna (Amelung Skulpt d. vat. Mus. I 835. 53 



Taf. 94), zwei in der Villa Doria Pamfiü (Bien- 
kowski Fig. 79, 80. Matz-Duhn HI 3529, 3794). 
Vier einst in der Vorhalle des Pantheon auf- 
gestellte Provinzen sind verschollen; drei davon 
finden sich in Skizzen im Cod. Barb. XLVIII 101, 
die vierte wird uns nach Lucas' Vermutung von 
Demontiosius Gallus Romae hospes (1585) p, 13 
gegeben. Vgl. Bienkowski Fig. 81—84. 

Von den Trophäenreliefs sind 9 bekannt; drei 
stehen im Konservatorenpalast (Lucas Jahrb. 
Fig. 22, 23, 25 ; Bull. com. 1878, 284 n, 4-6), 
zwei im Neapler Museum (Gerhard- Panofka 
52 n. 175. 199; Abb. Mus. Borb. III tav. 58), 
eines im Palazzo Altieri (Lanciani Ann. d. Inst. 
1883, 8), drei sind verschollen und nur durch 
die Skizzen des oben genannten Cod. Barb. (vgl, 
Lucas Jahrb. Fig. 24. 26) bekannt. 

Zu den Fundnotizen vgl. Jordan -Hülsen 
Topogr. I 3, 609, 21; über die Benennung der 
einzelnen Darstellungen Lucas Jahrb. 28ff. 

Architektonische Aufnahmen von den Resten 
des Baues und seiner Restauration (vgl. Lucas 
Prgr. 13ff.): A. Palladio I quattro libri dell' 
architettura (1570) 1. IV cap. 15 ,Del tempio di 
Marte 1 , J. B. Piranesi Campus Martius (1762) 
tab. 34 (Frontansicht) und 35 (Innenansicht). 
Desgodetz Les ödifices antiques de Rome (1822) 
pl. 64-66 ,Basüique d' Antonin. 1 A. Villain Re- 
staurations des monuments antiques (1824) , Temple 
de Marc-Aurele (danach Bienkowski De simul. 
barb. gentium 52. 53. 63); Canina Gli edifizj di 
Roma antica (1848) II tav. 148 Portico e tempio 
di Nettuno. Vgl. Bull. com. 1878, lOff. 1879. 140. 
1898, 163. Not. degli scavi 1878. 64. 92. 1879, 
68. 240. 267. 314. 1880, 228. 1883, 81. 1898, 40. 

Ältere Ansichten des Baues in Stichen, Holz- 
schnitten und Handzeichnungen ausführlich Lu- 
cas Prgr. 6ff. 

Literatur: Beschreibung d. Stadt Rom III 3, 
115. W. Becker Topographie 637. Reber Die 
Ruinen Roms 257r£ 0. Gilbert Gesch. u. Topogr. 
d. Stadt Rom III 126. R. Lanciani The ruins 
and exca vations of ancient Rome 489ff. O.Richter 
Topographie 2 242f. H. Lucas Zur Geschichte 
der Neptunsbaailika in Rom (Berlin 1904). Jor- 
dan-Hülsen Topogr. d. Stadt Rom im Alter- 
tum I 3, 6081; vgl. Kiepert-Hülsen Formae 
urbis R. 14 {basilica Neptuni) und 79 (templum 
Hadriani). Rivoira Di Adriano architetto e dei 
monumenti Adrianei (ßendiconti della R. acca- 
demia dei Lincei 1909) 172ff. [Gall.] 

Hadriani circus s. Naumachia. 

Hadrianion {'Adgiantöv) heißt im 2. Jhdt. 
n. Chr. der athenische Schaltmonat, dem bis 
dahin der Name üooidewv ß zukam, IG III 1121. 
1124 u. ö.; vgl. Bergk Jahrb. f. Philol. LXXLX 
(1859) 194. Der Monat ist zu Ehren des Kaisers 
Hadrian benannt, der sich besonderen Anspruch 
auf den Dank der Athener erworben hatte 
(Mommsen Feste der Stadt Athen 168. 465), 
und für die Benennung ist doch wohl ein Fest 
Hadrianeia die Voraussetzung, das sich außer für 
Ephesos, Kyzikos und Smyrna (Inschr. v. Olymp. 
237, 8. Bull. hell. XXVIII [1904] 85, 17) für Eleusis 
£E(pt}iu dgx- 1883, 19) nachweisen läßt. S. auch 
den Art. Hadrian os. [Bischoff.] 

Hadriftiris, Phyle in Antwoupolis in Ägypten, 
geschaffen zugleich mit der Gründung der Stadt 



z,x(o naananoi pros viympon 

durch Hadrian 130 n. Chr., BGÜ I 301, 2. Hl 
709, 24. P. Oxv, Vin 1110, 4. W. Weber Unter- 
such, zur Gesch. Hadrians 249ff. [Walter Otto.] 

Hadrianoi pros Olympon (oi 'ASgiavoi Jtg6$ 
v OXv(tstov [Münzen Head- Sworonos 'lazog. No- 
fMdjw. DI 41. Imhoof- Blumer Kleinasiatische 
Münzen 20f., 505] oder iv 'ÖXvuth?), Städtchen 
im kleinasiatischen Mysien in der Provincia Asia 
{in byzantinischer Zeit [Ramsay Hist. Geogr, 
Asia min. 161] in Bithynien), gegründet vom Kaiser 
Hadrianus an einem westlichen Paß des mysi- 
schen Olympos am linken Rhyndakosufer (Wad- 
aington Rev. Nmnism. 1852, 90. Der Flußgott 
ist auf Münzen dargestellt) und nach ihm benannt, 
Heimat des Redners P. Ailios Aristeides (geb. 129 
n. Chr.) Aristid. hg. I6y. TJJ 596 (s. hierzu Ram- 
say 437); vgl. Bd. II S. 886. Said. Socr. hist. 
■eccl. VH 36. Hierocl. 693. 1. Concil. Nicaen. 
II 51. 572 Conc. Chalc. 176. Not. episc. I 197. 
VHI 208. IX 117, heutzutage Ruinen bei Edir- 
nüs oder Adranos. Als Entfernung von Poimaenon 
(bei Eski Mandschäs) wird bei Aristeides 160 
Stadien südöstlich angegeben. S. hierüber und 
über die Entfernungen von Kyzikos, vom See 
von Miletopolis, von Pergamon Ramsay Hist. 
Geogr. of As. min. 157. 437. Sestini Lettere 
Numism. VHI 14. v. Hammer Umblick auf einer 
Reise von Constantinopel nach Brussa 84. W. 
Leake Asia min. 272. Marquardt Cyzicus 25. 
W. Hamilton Researches in Asia minor I 90ff. 
Außer den oben angeführten Stellen bei Ramsay 
noch S. 160. [Bürchner.] 

Hadrianopolis. 1) SrQazovittsia 'Aögtavo- 
noXt$ (Münzen ; Inschrift von Kyrk agätsch, L e B a s- 
Waddington Asie min. nr. 1043), mysolydische 
Stadt im Kaikostal (Gelerabe - tschai) in Westklein- 
asien, nahe bei Germe in Mysien (s. d.). Rainen 
bei Silerik, Hamide und Gebeier, westlich von 
Gelembe\ R. Kiepert Karte v. Kleinas. B I. H. 
wohl 123 n. Chr. bei Gelegenheit des Besuchs durch 
den Kaiser Hadrianus genannt. Imhoof- Blumer 
Griech. Münzen 1890, 199—202; Lyd. Stadt- 
münzen 3. 28ff. Head- Svoronos Tarop. No/niof*. 
B 69. Wohl zu unterscheiden von H. in Karien. 
Der Beiname H. wurde der Stadt Stratonikeia 
(s. d.) wohl 123 n. Chr. vom Kaiser Hadrianus 
gegeben. Zu unterscheiden von dem südlicher 
gelegenen Stratonikeia in Karien (s. d.). Die 
Münzlegende 2TPATONIKEQN . KAIKOS mit 
Flußgott und die Inschrift (s. o.), die bei Kyrk 
agätsch in der Nähe vom alten Germe in My- 
sien gefunden wurde, beweisen die Verschieden- 
heit. In letzterer ist von einer ßovXij und einem 
dijfios 'AdgtavonoleiToüv Zxoaxwuükoiv die Rede. 
Später noch Münzen unter ^Caracalla, Iul. Main- 
maea, Valerianus und Galliehus. S. den Art. Stra- 
tonikeia in Lydien. 

2) Hadrianupolis Chaon. (fj 'AdgtavovxoXt; Hie- 
rocl. 651, 8. Procop. de aedif. TV 1, 4. Not, episc. 
Ht 550), Stadt in der epeirotischen Chaonia, zur 
Zeit des Kaisers Iustinianos Iustinianopolis ge- 
nannt. Procop. de aedif. IV 1,4; später Drino- 
polis, Not. episc. X 623. XIII 474. Leake Tra- 
vels m North. Greeee I 76. Kiepert FOA XVI. 

3) Hadrianupolis Kar. (ij 'AÖQtavovnoXtg, Steph. 
Byz. s. 2jgarovitcsia) t Name der Stadt in Karien 
nach der Neubegründang durch Kaiser Hadrianus, 
jetzt Eski bissar, R. Kiepert Karte v. Kleinas. 



mananopoiis 



2174 



C i. Die Münzen mit der Aufschrift AA PIANO- 
nOAEITQN CTPATONEIKEÜN gehören zu 
Stratonikeia 'in Mysolydien. S. Nr. 1. [httirchner.] 

4) Hadrianopolis, Stadt in Bithynien (später 
zu-Honorias gezogen). lustin. novell. 29, l.Hiero- 
kles 695, 3. Not. episc. I 265. III 215, VIII 317. 
IX 226. X 337. XJJI 197. Münzen von Hadrian 
an, der auf ihnen xuottjs heißt. H. Kiepert und 
Perrot (Galatie et Bithynie I 45) verlegten es 

10 in die Umgegend von Viranschehir ; dort ist es 
auch von Mendel durch Inschriften fixiert worden, 
Bull. hell. XXV 5f.; R. Kiepert Karte von Klein- 
asien A III und FOA VHI, Text 2. Dadurch 
erledigt sich die Annahme von Tomaschek 
S.-Ber. Akad. Wien, phil.-hist. Cl. 1891 VIH 76 
und Ramsay Asia Minor 323, 193. 318, die an 
Zafaranboli denken. Die früher H. zugeschriebenen 
Münzen gehören anderen gleichnamigen Städten 
an, Iiuhoof-Blumer Journ. internat. arch. 

20 numism. I 207. 

5) Stadt in Pisidien, Hierokles 672, 11. Not 
episc. I 420. III 373. VII 197. VLTI 474. IX 383. 
X486, XIII, 336. Cinnam. II 5. Sterret Papers 
of the American school, Athens II 168 nr. 160 
hat in Kara Agha, nordwestlich von Ikonion, eine 
Inschrift mit 'AdgtavojtoXsirijg gefunden; dort in 
der Gegend muß auch die Stadt gelegen haben; 
vgl. auch Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien, 
phil-.hist. CI. 1891 VIII 103. Anderson Journ. 

30 hell. Stud. XVIU 116. R.Kiepert FOA VIII, 
Test 121 Die Gleichsetzung mit Thymbrion 
(Ramsay Asia Minor 42, 140, 359, 393) ist mehr 
wie unsicher. Münzen mit AAPIANOIIOAITQN, 
Imhoof-B lumer Kleinasiatische Münzen I 232f . 
Head HN 564. Catal. Brit. Mus. Phrygia 
LXIV, 225. [Rüge.] 

6) s. Zephyrion Ciliciae. 

7) s. Olympos Lyciae. 
$)(ÄdgiavovnoXt$, bei späteren Byzantinern auch 

40 'ASgiar. Name mehrerer von Kaiser Hadrian gegrün- 
deter oder erneuerter Städte, s. Hist. aug. Hadr. 20 
multas civitates Hadrianus appellavit ut ipsam 
Carthaginem et Aihenarum partem), Stadt in 
den keraunischen Bergen in Epeiros, durch Ha- 
drian gegründet, von Iustinian I. erneuert und 
Iustinianopolis genannt, Hieroki. syn. 657. Pro- 
cop. de aedif. IV 1. Wahrscheinlich gehören ihr 
die Ruinen aas römischer Zeit am linken Ufer des 
Drynos unterhalb Libochowo an. Leake North. 

50 Gr. I 75f. Bursian Geogr. I 19. 

9) Stadt in Thrakien, an der Mündung der 
Tundscha (Tonzm) in die Maritza (Ilehros), in 
fruchtbarer Niederung (40 m), das untere Tal der 
hier schiffbar werdenden Maritza und die Straße 
von Mitteleuropa nach Constantinopel beherrschend, 
deren letzte Hauptstation sie bildet. Der Platz 
war jedenfalls, schon ehe Hadrian ihn zur Gründung 
einer neuen Stadt ersah, von einer thrakischen 
Siedelang eingenommen, doch stimmen die An- 

60 gaben über deren Namen nicht überein. Ammian. 
XIV 11. 15. XXVII 4, 12. Eutrop. VI 8 nennen 
Uscudama als älteren Namen, über den vgl, 
Tomaschek Die alten Thraker II 2, 57f. Ver- 
einzelt ist die Benennung Omieis bei Steph. Byz. 
s. rovetg. Eust. za Hom. p. 291. Häufig findet sich 
dagegen der Name Orestias, Hist. aug. HeHog. 
7, 8 Orestam . . urbem Hadrianus suo nomini vvti- 
dieari iussii. Zonar. XVII 23 'OgsouAda . .ovzat 



2175 



Hadrianopolis 



Hadrianos 



2176 



JidXai 17 Ttoktg ixaXetro rov ßaoiXeotg AÖQtavov, 
Niket. Chon. Nikeph. Greg. Leon, Chalkok. u, a. 
gebrauchen mit Vorliebe diesen Kamen, welcher 
makedonischen Ursprungs zu sein scheint, s. H. 
Kiepert Lehrbuch 330. A. Dumont Mel. d'epigr. 
(Paris 1892) 322 nr. 1. Die Münzen reichen 
von Hadrian bis Gordian, s. I). Kalopathakes 
Thracia prov. Rom. (Lips. 1893) 35 ; ebd. Nach- 
weis der spärlichen Inschriften, dazu M. Fara- 

nikas e Ett. $doL ZvlL XXVII (1900) 389-393, 1018. Lebensjahr, Mitglied des KXeyMetov genann- 
wo nr. 2 'EßQvCekpts Zev&ov für das Fortleben ten Kreises Ton Herodes' vorzüglichsten Schülern, 



S. Baedeker Ägypten 205 und Gayet Notice 
relative aux objets recueillis a Antinoe, Paris 1903. 

[Pieper.] 
HadriauoB. 1) 'Aößiav6s t als römischer Bürger 
wahrscheinlich Claudius Hadrianos (Gr oag Wien. 
Stud. XXTV 264, 3), griechischer Sophist au& 
Tyros, geboren spätestens im J. 113 n. Chr. 
(Clinton Fast. Rom. II p. 119 zum J, 131), 
Schüler des Herodes Attikos in Athen in seinem 



thrakischen Volkstums zeugt. Administrativ ge- 
hörte H. seit Diocletian zur Provinz Haemimon- 
tus (s. d.), deren Hauptstadt sie war, s. Ammiau. 
a. a. O. Not. dign. or. X, dazuBöcking S. 242; 
als Straßenstation erscheint sie in Int. Ant. 137. 
175. Tab. Pcut. Im 4. Jhdt. befanden sich dort 
bedeutende Waffenfabriken (fabricae . . . scutaria 
et armorum Not. dign. a. a. O.) , deren Arbeiter 



in Rivalität mit Aristeidcs (Suid. s. Adgiavog) ; 
scheint später auch in Ephesos aufgetreten zu 
sein (Philostr. vit, soph. p. 107, 25 Kayser). Nach 
dem Tod des Herodes , dem er die Leichenrede 
hielt, wurde er etwa 1 76 dessen Nachfolger auf dem 
Lehrstuhl für Rhetorik (Suid. s. 'Hqwö^ 'lovktog)^ 
Von hinreißender Beredsamkeit, voll von Selbst- 
gefühl und glänzend im äußeren Auftreten, wurde 



gegen die Goten als besonderer Heeresteil fochten, 20 er vom athenischen Volk hoch gefeiert, zum 



Ammian. XXXI 6. Ein großes Gebäude , wahr- 
scheinlich ein Nymphaeum, findet sich auf einer 
Münze mit der Aufschrift aögtav OIJOAITÜN, 
s. Rom. Mitt. XXI (1906) 93. Über die Topo- 
graphie und Lokalgeschichte der Stadt ist aus 
vortürkischer Zeit sonst wenig bekannt ; sie wird 
meist nur im Zusammenhang mit Ereignissen er- 
wähnt, die sich in ihrer Nähe abspielten, so in 
den Kämpfen zwischen Constantinus und Licimus, 



athenischen Bürger gemacht und wesentlich in 
folge seiner allgemeinen Beliebtheit von der Schuld 
an der Tötung eines ihm unbequemen Sophisten 
vom Statthalter von Achaia freigesprochen. Nach 
Herodes" Tod hörte ihn Marens Aurelius hei einem 
Besuch in Athen und zeichnete ihn besonders aus. 
Damals scheint er auch mit dem Consul Cn, 
Claudius Severus bekannt geworden zu sein, dem, 
er vermutlich das römische Bürgerrecht verdankt, 



Ammian, exe. Vales. 17. 24. Zosim. II 22, 3, 30 und dem er später in Ephesos eine Statue ge- 



dann unter Constantius (354 n. Chr.), Ammian. 
XIV 11, 15 und besonders in den Kämpfen mit 
den Goten und der großen Schlacht daselbst im 
J. 378, Ammian. XXXI 6, 1—16, 2, dazu Gib- 
bon Hist. of Decline usw. c. 26. Im J. 586 hielt 
die Stadt eine Belagerung durch die Avarcn aus, 
dagegen wurde sie wiederholt von den Bulgaren 
und später von den Kreuzfahrern verwüstet, Theoph. 
103. 284, 500f. de Boor. Theophyl. Simok. I " 



setzt hat (Groag Wiener Stud. XXIV 261ff.). 
Auch in Rom, wohin er dann als Lehrer dei 
Rhetorik an dem von Kaiser Hadrian gestifteten 
Athenäum versetzt wurde, erregte er die größte 
Bewunderung selbst derjenigen, welche nicht 
Griechisch verstanden. Galen. XIV 627. 629 K. 
erwähnt seine Anwesenheit bei anatomischen De- 
monstrationen mit der Bemerkung, H. sei damals 
noch QTJicoQ, nicht Sophist, d. h. noch nicht In- 



5. LT 17. Seit 1204 zum lateinischen Kaisertum 40 haber der römischen Professur gewesen. Diese Epi- 



gehörig, wurde sie in der letzten Phase des wieder- 
hergestellten byzantinischen Reiches frühzeitig 
(1361) eine Beute der Türken, die bis zur Er- 
oberung von Konstantinopel hier ihren festesten 
Sitz und noch bis in das 17. Jhdt. zeitweilig die 
Residenz ihrer Sultane hatten. Hiedurch wurde 
der Stadt ein wesentlich anderer Charakter auf- 
geprägt, den sie bis heute bewahrt hat. Den 
Namen veränderten die Türken in Edreneh oder 



sode muß jedenfalls nach 163 fallen. Als er schon 
im Sterben lag, übertrug ihm Commodus noch 
(spätestens im J. 192) das Amt eines kaiserlichen 
Sekretärs. Er starb im 80. Lebensjahr. Seine 
Schüler sind die Sophisten Polydeukes, Proklos 
und Apollonios von Naukratis, Apollonios von 
Athen, der Lykier Herakleides und Quirinus von 
Nikomedia. Das Pathos seiner Reden übte er 
durch Studium der Tragödie. Für Lobpreisungen 



Edirneh; eine Schilderung zur Zeit der Machtfülle 50 der Schönheit einer Stadt empfiehlt ihn als Muster 



des Osmanentums (17. Jhdst.) gibt der türkische 
Geograph Hadschi Chalfa, s. Jos. v, Hammer 
Rumeli und Bosna (Wien 1812) 1 — 15. Über ihre 
Geschichte in neuereT Zeit s. bes. v. Hammer- 
Purgstall Gesch. d. osman. Reichs 2 Register, 
über den heutigen Zustand Baedeker Konstan- 
tinopel (1905) 31ff. Meyer Türkei (1902) 68ff., 
beide mit Plan. Außerdem vgl. C. Jirecek Heer- 
straße von Belgrad nach Konstantinopel (Prag 



Menand. de encom. (Walz Rh. Gr. IX 244, 19). 
Nach Suidas s. v. schrieb er technische Schriften 
(5 Bücher jieqI l&t&v loyw, 3 Bücher mgi rwv 
h xalg azäoeatv ibi<a^ax(ov), fiekhat, 7 Bücher 
Metamorphosen, epideiktische Reden, einen Phala- 
ris, eine Trostrede auf den kaiserlichen Sekretai 
Celer. Vgl. im ganzen Philostr. vit. soph. II 10 
p. 89— 94 K. Erhalten glaubt man von ihm vier 
kurze psÄhat und einige Sentenzen, die zuerst 



1877) 47f. 132f. H. v. Moltke Briefe über Zu- 60 von Leo Allatius (Excerpta varior. Gr. sophistar. 



stände in der Türkei (Ges. Werke VIII). Th. 
Fischer in Kirchhoffs Länderkunde v. Europa 
II 2 (1893). [Oberhammer.] 

10) c AÖQtavov3zoXts (Steph. Byz. s. v.) = 'Avxtvoeta 
Antinoe in Oberägypten, S. Bd. I S. 2442. 
In den J. 1902/3 haben dort Ausgrabungen statt- 
gefunden, die bedeutende Überreste bloßlegten, 
so ein Theater, Triumphbogen, Säulengänge usw. 



et rhetor., Rom 1641) herausgegeben, dann in 
Walz Rhet. Gr. I 526-533 und in Hincks 
Polemo p. 44 — 51 abgedruckt sind. Es ist jetzt 
erkannt, daß alle diese Stücke außer dem ersten 
(über ein wegen Giftmords angeklagtes Weib, 
das nicht verbrannt werden kann, als durch ein 
anderes Weib, welches dann wegen Zauberei eben- 
falls zu verbrennen der Rhetor beantragt — solche 



2177 



Hadrianothera 



Hadrumetam 



2178 



vsto&iam mögen ihm nach Philostr. vit. soph. 
p. 94, 9 K. den Beinamen yorje eingetragen haben ; 
s. übrigens Über diesen Beinamen auch Di-els 
S.-Ber. Akad. Berl. 1884, 344, 1. W. Schmid 
Atticismus II 2, 1) von Iamblichos sind (Her- 
cher Herrn. I 362ff.). Daß er (wie Kayser 
zur Einzelausgabe von Philostr. vit. soph. p. 346 
meint) in Luc Demon. c. 14 gemeint sei, ist 
nicht wahrscheinlich (Bergk Griech. Lit IV 551, 
45). Eine Ausgabe von H.s Schriften besaß Liba- 
nios (ep. 546), der auch (T. HI 362 R.) eine 
Trauerrede von ihm auf den Geliebten des Kaisers 
Veras, den Tänzer Paris, erwähnt (Rohde Kl. 
Sehr, n 96, 1). Er wird auch identisch sein mit 
dem Verfasser einer homerisch stilisierten 'AXs- 
tavÖQiag in mindestens sieben Büchern, aus der 
Steph, Byz. s. "AozQaia und 2dveia zitiert. 

[W. Schmid.] 
2) 'AÖQiavög, Bezeichnung des vierten ägypti- 
schen Kalendermonats Choiak (Dezember), häufig 
in den Papyri und auf den Ostraka der Kaiser- 
zeit; vgl. Wilcken Gr. Ostraka I 810. Die 
Beziehung des Namens ist klar; s. auch den Art. 
Hadrianion. [Bischoff (nach Dittenberger)]. 



Hadrianothera oder Hadrianotkerae ( 



Qat] 
Ety- 



'AÖQiavofrqgai) , in Mißverständnis der alten Ety 
mologie des Namens (s. den Art. Hadrianus 
und W. Ramsay Hist. Geogr. of As. Min. 437). 
Cass. Dio LXIX 10. Hist. aug. Hadr. 20. Hie- 
rocl. 663 'Aögtavov &f)Qat geschrieben, Hadrianu- 
teba Schreibfehler in der Tab. Peut. Geogr. Rav. 
Georg. Cedren. hist. I 437 B. Not. Episc. I 153. 
III 86. VII 139. VIH 164. IX 71; Not. episc. 
X 212. XIII 72 'Ayetavov öijoai. S. auch 'Axv- 
gaovg in Not. episc. Der zweite Teil des Namens 
ist wohl mit dem kleinasiatischen -teira-thyrai 
(— befestigte Stadt) zusammenzubringen , im 
kleinasiatischen Mysien (später Hellespontos) an 
der Straße zwischen Müetopolis und Pergamon. 
Münzen: Head-Sworonos r lazog, JSo^itafi. B' 
41. Imhoof-BIumer Kleinas. Münzen 21. Die 
Behörden oTQaztjyoi oder ägxovieg. Großbronzen 
mit dem Namen des Lieblings des Kaisers Ha- 
drianus ATA&OC HPQC ANTJNOOC (vgl. o. 
Bd. I S. 2440f.). Ramsay ,Achyraüs ist ent- 
weder der byzantinische Name von H. oder einer 
benachbarten Feste an ihrer Stelle', vgl. Notit. 
episc. ed. Parthey Index s. 'Axvgäovg. Über die 
Distanzangaben der Tab. Peut. Ramsay 167. 
Die Stelle von H. bei Achyraüs mit Fragezeichen 
bei R. Kiepert Karte von Kleinas. B 1 bei 
Balikesri im antiken 'Anlag nediov (s. o. Bd. I 
S. 2801) angesetzt. Über H. auf einem Hügel 
bei Bey-Kjoi 5 km von Kebsud I. A. Munro 
Journ. hell. Stud. XXI (1891) 234f. [Bürchner.] 

Hadrianus. 1) Beiname des Kaisers P. Aelius 
Hadrianus (117—138 n.Chr.), s. Aelius Nr. 64, 
und mehrerer Verwandter seines Hauses, Aelius 
Nr. 63. 65 ; SuppL-Heft I S. 14, auch des Kaisers 
Pins (138 — 161), den H. wenige Monate vor 
seinem Tod adoptierte und der sich als Kaiser 
Imperator Caesar T. Aelius Hadrianus Antoni- 
nus Augustus Pitts nannte, s. Aurelius Nr. 138. 
Einer seiner Enkel, ein Sohn des Kaisers Marcus 
und der jüngeren Fanstina, führt gleichfalls den 
Namen H., s. Aurelius Nr. 144. [Stein.] 

2) Hadrianus, als Proconsul von Asia unter 
Traian auf Münzen aus Thyatira genannt (Wad- 

Paaly-WiB80w*-KroU VII 



ding ton Fast. d. prov. As. nr. 117. Head Cat. 
Greek coins, Lydia p. CXXH 304,1. Heberdey 
österr. Jahresh. VIH 1905, 232). Nach der Titu- 
latur Traians zu schließen, fungierte er zwischen 
103 und 113 (Heberdey weist sein Proconsulat 
einem der J. 102/3, 105/6, 110—112 zu). Mit 
dem nachherigen Kaiser Hadrian hat er, wie zu- 
erst Waddington zeigte, nichts zu tun. Viel- 
leicht kann er mit dem Consular C. Ca . . . . 
10 [SJtatüius Sevents Haßrianus] identifiziert 
werden (Not. d. seav. 1907, 545 Rom; ein T. 
Statilius Maximus Severus Hadriamcs ist von 
123 bis 138 als Besitzer großer Ziegeleien nach- 
zuweisen; das Gentile Ca . . . läßt sich etwa zu 
Ca[ssius] ergänzen, vgl. Cassius Hadrianus o. 
Bd. LTI S. 1723, und [Statjilius Cassius Tauri- 
mts, Frater Arvalis im J. 155). [Groag.] 

3) Beiname anderer Männer, s. Cassius 
Nr. 46; Claudius Nr. 170; Lucceius; Stati- 

20 li u s Maximus Severus ; TJ 1 p i u s. 

4) Hadrianus, Praefectus Aegypti im J. 379 (?) 
Exe. lat. Barb. 62 b bei Schöne Eusebii chronica 
I S. 238. 

5) Hadrianus, Alexandriner (Claud. carm. min. 

21 [80]. 22 [39], 20. 55-58). Als Comes sa- 
crarum largitionum im Occident erwähnt am 6. 
August 395 (Cod. Theod. V 14, 35), als Magister 
officiorum nachweisbar vom 5. Juli 397 (Cod. 
Theod. VI 26, 11), bis zum 16. März 399 (Cod. 

30 Theod. VI 27, 11), als Praefectus praetorio Ita- 
liae (Symm. epist. VI 34. Cod. Theod. XI 20, 

3. XIII 5, 31. XVI 5, 37. 6, 4. 5) vom 27. Febr. 
401 (Cod. Theod. I 10, 6. Cod. Iust. X 16, 11) 
bis zum 5. Okt. 405 (Cod. Theod. XI 20, 3 ; vgl. 
aus dem J. 401 Cod. Theod. Vni 2, 5. XI 7, 16. 
XV 1, 41, aus dem J. 403 Cod. Theod. VI 27, 13. 
VII 18, 11-14, aus dem J. 404 Cod. Theod. VII 
5, 2. VIII 5, 65. XHI 5, 31. XVI 8, 17, aus dem 
J. 405 Cod. Theod. II 8, 24. XV 1, 43. XVI 2, 35. 

40 5. 37. 6, 4. 5. Const. Sinn. 2. Cod. Iust. XI 59, 11; 
undatiert Cod. Iust. XI 71, 3), und zum zweitenmal 
vom 3. Aug. 413 (Cod. Theod. XV, 14, 13) bis 
zum 3. März 414 (Cod. Theod. VI 29, 11. VII 

4, 33. 8, 12 ; wohl falsch datiert vom 30. Jan. 
416 Cod. Theod. VII 13, 21). Claudian griff seine 
Raubgier in einem bissigen Epigramm an (carm. 
min. 21 [80]), sah sich aber später gezwungen, 
ihn in der Deprecatio ad Hadrianum ^carm. min. 

22 [39]) um Verzeihung zu bitten , mit welchem 
50 Erfolge, ist unbekannt. Birt Claudü Claudiani 

carmina p. XL 

6) Rufius Synesius Hadirianus (so), Praefectus 
urbis, CIL VI 32202. [Seeck.] 

Hadrias s. Adria. 

Hadrumetum , phönizische Stadt (tyrischer 
Gründung, Solin. XXVII 9) an der afrikanischen 
Küste (Sali. lug. 19). Die Notiz des Stephanus 
Byzant. von einem Gründer 'Adgvfujg ist wert- 
los. Der phönizische Name ist unbekannt; bei 
60 den Römern heißt die Stadt Hadrumetum, und 
zwar mit Aspiration nach dem Zeugnis der Münzen 
aus dem Beginn der Kaiserzeit, der überwiegenden 
Mehrzahl der Inschriften und mancher älteren 
Handschriften, z. B. aes Puteanus des Livius (XXX 
29, 1) ; bei den Griechen 'ASqvfitjg {Scylax peripl. 
110. Polyb. s. u. Strab. XVII 834), 'AS^^jos 
'Ad^vpttjTov, 'AÖQovftijTOf oder 'ASQOVftijxov {Schrei- 
berversehen sind: 'AÜedftvroe, 'ASedftrjxos, 'Adgä- 



2179 



Hadruinetum 



Hadyliön 



2180 



ftevrag; s. B-öissevain zu Cass. Dio XLI1 58, 2). 
Zur Zeit der karthagischen Großmacht von dieser 
abhängig» wurde H. von Agathokies im J. 310 
zur Übergabe gezwungen (Diodor. XX 17), bildete 
im J. 202 den Stützpunkt der Operationen Han- 
nibals, der dort landete und dorthin von Zama 
aus floh (Polyb. XV 5, 3. 15, 3. Nepos Hann. 6. 
Liv. XXX 29, 1. 35, 4. Appian. Lib. 33. 47). 
Im dritten Pumschen Krieg stellte H. sich auf 



eine Gottheit, wahrscheinlich Saturnus frugifer, 
sich genau ebenso abgebildet findet wie auf einer 
Bronzemünze von H. (Cohen HI ed. 2, 421 nr. 
68ft\; vgL MülleT Num. de TAfr. suppl. 42). 
Ihre Bedeutung verdankte die Stadt dem. Handel 
und der Fruchtbarkeit ihres Gebietes und des 
Hinterlandes. Von dem Handel zur Kaiserzeit 
geben Zeugnis die in Ostia und Born gefundenen, 
Fan(nius i }J JPort(unatus) colfonia) Hadr(umeto) 



die Seite der Kömer (Appian. Fun. 94) und er- 10 und ähnlich gestempelten Amphoren (CIL XV 



hielt nach Zerstörung Karthagos als populus 
Über seinen Besitzstand garantiert (lex agraria 
vom J. 643, 3. 79; vgl. Mommsen Ges. Sehr. I 
125). Anfangs 708 war die Stadt von dem pom- 
peianischen Führer C. Considius Longus besetzt 
und leistete dem Dictator Caesar, der dort ge- 
landet war und dort sein Teneo te, Africa ge- 
rufen haben soll, Widerstand, wofür sie nach der 
Entscheidung bei Thapsus mit einer hohen Kon- 



3375ff.). Wie Karthago, scheint die Stadt einen 
inneren (öder gar mehrere innere) und einen 
äußeren Hafen besessen zu haben; den eothon 
erwähnt und unterscheidet davon einen äußeren 
Hafen das Bell. Afr. 62. 63, über die Beste dieser 
Anlagen (von Natur war der Ort altuevog , Sta- 
diasm. maris inagn. 116) s. Tissot Geogr. de 
1' Afrique II 144ff. Schiffswerften erwähnt Strab. 
XVII 834. Auf die Fruchtbarkeit des Gebietes, 



tribution belegt wurde (Bell. Afr. 3ff. 62ff. 97). 20 zugleich auch auf den Kult des Saturnus Fru- 
Vielleicht hat Caesar auch italische Kolonisten gif er bezieht sich der Käme Frugifera der tra- 
dort angesiedelt; es scheint wenigstens, daß die ---"-*— -tr-i— -•- in.~ ai„ ta^^i ™„ tt 
Buchstaben C. I. H. auf einigen dort gefundenen 
Ziegeln cfolonia) I(ulia) Hfadrumeto) zu lesen 
sind (Villefosse Bull, de la societe" archeol. de 
Sousse III 200; vgl. CIL VHI p. 2319). Indes 
hatte diese Kolonie keinen Bestand , und H. er- 
scheint auch in der früheren Kaiserzeit als op- 
pidum liberum (Plin. n. h. V 4, 25). Unter 



ianischen Kolonie. Über die Identität von H. 
mit der tunesischen Handels- und Hafenstadt 
Susa (jetzt französisch Sousse) kann nach den 
Angaben der alten Geographen (Mela I 7, 34. 
Plin. V 5, 35. Ptolem. IV p. 622 Müller) und Iti- 
nerarien (Tab. Peut. Itin. Ant. 52. 55. 56. 58. 
493; Stadiasm. maris magn. 116), besonders aber 
nach der Entdeckung des Inschriftfragments 



Augustus prägte die Stadt Kupfermünzen (Müller 30 CIL VIII S. 11138 kein Zweifel sein. Über die 
Num. de V Afrique II 51ff.), zum Teil mit dem wenigen sichtbaren Reste des Altertums s. Tis- 



Bildnis derProconsum der Provinz Africa (Müller 
a. a. O. 52 nr. 27—29, vgl. Mommsen Ges. 
Sehr. IV 183ff.). Gründer der römischen Kolonie 
war Traian, von dem sie den Namen eolonia 
Concordia Ulpia Traiana Augusta Frugifera 
Hadrumetina erhielt (CIL VI 1687 = Dessau 

6111); eol. Conc ist auch CIL VIII 11138 

erhalten; Ulp. Badr. CIL VI 220 = Dessau 



sot Geographie de 1'Afrique II 150ff. (nach 
D aux). In der neuesten Zeit haben Ausgrabungen 
Beste römischer Privathäuser oder Villen — in 
einer solchen fand sich ein Mosaik mit dem 
Bilde Vergib (Arch. Jahrb. 1898, 114) — sowie 
römische Nekropolen und frühchristliche Kata- 
komben freigelegt; vgl. u. a. Gauckler Bull. 
archeologique du comite' des travaux historiques 



2163; K eolonia Itin. Ant. 58, ähnlich Pto-401904, 431fT. Gauckler, Gouvet und Hannezo 



lern. IV 3, 9, u. a.). In diese Zeit mag der lang- 
wierige Prozeß gehören, den H. mit dem 
benachbarten Thysdrus über die Zugehörigkeit 
eines Minervatempels führte (Frontin. Grom. 57, 
3. 87, 29 Lachm.). Nachdem H. schon in der 
früheren Kaiserz eit, als Sitz des procurator regio- 
nis Hadrumetinae (s. o. Bd. III S. 1115) Haupt- 



stadt eines Domänen- und Steuerbezirks gewesen 

war, wurde es unter Diocletian Hauptstadt der 

neuen Provincia Valeria Byxacena (Procop. de 50 Dem. auch Theop. [FHG I 307 frg. 17< 

aedif. VI 6). Kaiserliche Erlasse in H. publiziert diese Form zitiert. Suid.). Das H. bildet 



Musees de Sousse (in Musees de l'Algerie et de 
la Tunisie), Paris 1902, 4°. Die römischen In- 
schriften s. CIL VIII p. 14, Suppl. p. 1160, auet. 
p. 2320ff. [Dessau.] 

Hadyliön (ro ASvhov (oqos) Theopompos, FHG 
I 323 frg. 264 = Strab. IX 424 ; Hadylius {mons) 
Plin. n. h. IV 25; 'ffivXiw Hut. Süll. 16f. Po- 
lyaen. 13,5; 'HdvXuov Dem. XIX 148; Schol. 
ed. Dind. VIH 406, 11. Harpokr., der außer 

307_frg. 17ß ] f&r 
einen 



Cod. Theod. I 9, 2. VI 28, 2; vgl. Mommsen 
Ges. Sehr. H 390. Unter lustinian, der die von 
den Vandalen niedergerissenen Mauern der Stadt 
wiederherstellen ließ, erhielt sie den Beinamen 
Iustinianopolis (Procop. a. a. O.; Bischofs-Unter- 
schrift vom J. 553, Mansi IX 106); Bischöfe 
der Stadt werden vom J. 255 ab (Sent. episcop. 
m\ 3, in H a r t e 1 s Cyprian 437) öfters erwähnt. Ge- 



Teil des Kalkrückens, der vom Parnass ostwärts 
am Nordrande des Kopaisbeekens hin bis zum 
Euripos zieht. Der westlichste Teil des Rückens 
(heute Paröri) reicht bis zu dem 1,75 km breiten 
und 3 km langen Durchbruchtal des Kephisos. 
Die Fortsetzung östlich des Kephisos heißt Ve- 
trisa oder Berg von Karamusa. Von seinem Nord- 
westende springt der Burgberg von Parapotamioi 



bürtig aus H. soll der Kaiser Clodius Albinus 60 vor. Der Rücken der Vetrisa hat eine Kamm- 



nach seiner im allgemeinen wenig glaubwür- 
digen Vita, Hist. aug. Clod. Alb. 1. 4. 12 
gewesen sein; die Nachricht, von mir Herrn. 
XXIV 354 angezweifelt, ist von Hirschfeld 
(ffistor. Zeitschr. LXXTX 1897, 454) geschützt 
worden durch den Hinweis auf Münzen mit der 
Aufschrift Saeetäo frugifero, die Clodius A1M- 
nu» als Caesar hat schlagen lassen, auf denen 



höhe von 300 -400 m ü. M., der höchste Punkt 
erhebt sich bis zu 543 m ü. M. Der Abfall ist 
steil nach Norden wie nach Süden. Etwa 6 km 
östlich vom Kephisos bildet ein tief eingeschnit- 
tener Paß (höchster Punkt 204 m ü. M.) die 
Grenze dieses Abschnittes. Diesen Paß benutzt 
der gerade Weg von Chaironeia nach Hyampoüs. 
Der Berg Östlich des Passes heißt Mavro Vuno. 



218t 



Haeüjii 



Hafer 



2182 



Südlich von Vetrisa und Mövto Vüno.^ieht "sich 
mit etwas ; abweichender Richtung (Nordwest- 
Südost) der Kalkrücken der Durdovana .vom Ke- 
phisos bei Bisbardi bis nach Skripu. Den Zwi- 
schenraum zwischen Mavro Vuno und Durdovana 
füllt eine Faltenmulde aus Schiefer, deren nie- 
drige Hügel die Ebene am Kephisos boi Kara- 
musa von dem Kopaisbecken nördlich von Skripu 
trennen. Die antike Überlieferung geht zumeist 
auf die geographischen Exkurse zurück, die Theo- 10 
pompös anläßlich der Kämpfe von 352 (s. o. 
Bd. III S. 657, 2ff.) und 338 gab; dazu tritt 
selbständig Plutarch. Bei diesem ist die auf die 
Lage von Parapotamioi bezügliche Stelle (Sulla 
16) schwer verderbt, s. Schwartz bei Kromayer 
Antike Schlachtfelder II 361, 6. Die Angaben, 
daß der Kephisos das H. vom Parnass trennt 
<Theopomp. bei Strab. IX 424. Polyaen.), daß 
Parapotamioi an ihm lag (Plut. Theopomp, bei 
Strab. a. a. O. u. 416. Schol. Dem.), ergeben mit 20 
Sicherheit, daß das H. mit der Vetrisa gleich- 
zusetzen ist. Wie weit man das H. sich nach 
Osten erstrecken ließ, vermögen wir allerdings 
nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Denn Theo- 
pompos befand sich in dem Irrtum, daß sich von 
Parapotamioi bis Orchomenos bei Skripu ein zu- 
sammenhängender Bergzug erstrecke, und diese 
Vorstellung beherrscht die ganze antike Über- 
lieferung mit Ausnahme Plutarchs. Als Teile 
dieses Zuges werden genannt H., Akontion und 30 
Hyphanteion (Strab. IX 424) oder Hormision (Schol. 
Dem.). Das Akontion ist die Berggruppe der 
Durdovana, und daß diese in keiner Verbindung 
mit der Vetrisa steht, ist vorher gezeigt worden. 
Der ortskundige Plutarch (Süll. 17) läßt denn 
auch Archelaos zwischen H. und Akontion lagern, 
d. h. in der Ebene bei Karamusa. Theopomps 
Irrtum wirkt übrigens auch noch in der neueren 
Literatur nach, z. B. bei Meineke Vind. Strab. 
147. Frazer Paus. V 187. Kiepert Formae40 
orb. ant, XIV Text 2. Politisch wird das H. 
meistens zu Boiotien gerechnet (Harpokr. Suid. 
Schol. Dem. Plin.) , einmal auch zu Phokis (Schol. 
Dem.). In Wirklichkeit wird die Grenze über 
seinen Kamm verlaufen sein. Bittner Denk- 
schr. Akad. Wien. Math.-Nat. Cl. XL 1878, 10. 
Philippson Ztscbx Ges. Erdk. Berl. XXIX 1894, 
5. 24; Thess. u. Epir. 19f. Leake N. G. II 
97. 191ff. Bursian Geogr. I 164. Kromayer 
Antike Schlachtfelder I 140f. II 367. Karten : 50 
Philippson Ztschr. Ges. Erdk. Berl. Taf. 1. 
Kromayer II Karte 10. Photographie (Stand- 
punkt Chaironeia) Athen. Mitt. XXVHI 1903, 
304. [Bölte.] 

Haedui s. Aedui. 

Haegra s. Egra Nr. 2. 

Haeinimontus, nach der Reichs einteilung Dio- 
kletians vom J. 297 eine der sechs Provinzen der 
Dioecese Thracia, benannt nach dem Gebirge 
Haimos (s. d.), vom dem sie jedoch nur den öst- 60 
liehen Teil bis zum Pontes umfaßte, dazu das 
Tal des Tonzos (Tundscha) und des mittleren 
Hebros (Maritza) mit der Hauptstadt Hadriano- 
polis. Andere Städte der Provinz waren Anchia- 
los, Debeltos (Deultum), Plotinopolis usw. Hist. 
aug. Claud. 11; Aurel. 17 (bei de St ellen antici- 
pierend, s. Momms en Hermes XXV 1890, 231). 
Amm. Marc. XXVTI 4, llf. : Thraciae omnes in 



dictonem veterum, transiere nostrorwm hooque. 
modo post pro&inetus aneipites r&i publieße 
sex provindae sunt quaesitae. Inier quas prima 
ex fronte, quae Jtlyriis est epnßnis, Thracia 
speciali nomine appeUatur : quam Phüippopolis, 
Mimalpias vetus, et Beroea amplae civitates 
exomant. post haue H. Hadrianopolim habet, 
quae dieebatur Uscudama, et Anchialon, civitates 
magnas. Not. dign. or. I 118. II 55. XI 32. 
XXVI 5, 12. (Verwaltung durch einen praeses 
sub dispositione vicarii dioee. Thrac). Laterc. 
Veron. IV. Polem. Silv. Lat. V. Cod. lustin. VII 
62, 23. Procop. de aedif. IV 11 Aifiifiovrov. 
Hieroki. syn. 635 *Exaoxta Al/Mfitovrov vno ijye- 
(,tova. Const. Porph. Hom. II depo, tdv xalovftevov 
@Qqxt} — £jiaQ%ia Aifiifiövzov, v<p" qyefiova. Über 
die kirchliche Einteilung s. Not. episc. ed. Parthey 
I 38f. 74. 486ff. III 580ff. IV 38. VIII 38. 78. 
540. X.Nil. Doxop. 295. Außerdem Mommsen 
Hist. Sehr. II 561ff. G e 1 z e r Themenverfassung 
(Abh. Sachs. Ges. W. XVIII) 25. [Oberhummer.] 

Haemodae nennt Mela III 54 als eine Insel- 
gruppe bei Iuverna (Irland): Trigmta sunt Or- 
cades — , septem Haemodae. Die drei folgenden 
Worte contra Germanium metae gehören wohl 
nicht zu H, sondern sind zu lesen contra Ger- 
maniam Vectis (Wight), zumal da der cod. Vat. 
4929 veeti hat. Wenn aber Plinius IV 103 auf- 
führt: XL (h'cades—VIl Aemodae, XXX Hae- 
budes, so beruht das ohne Zweifel auf Mißvei> 
ständnis (vgl. K. Müller zu Ptolem. II 2, 10), 
und Haemodae sind als identisch anzusehen mit 
den Ebudes, Haebudes, Aebudae. S. Hebudes. 

[Haug,] 

Haemus. 1) Komöde in der flavischen Zeit, 
luv. III 99. VI 198; vgl die Schol, Jahrb. f. class. 
Philol. Suppl. XXII 407. XXIII 412. [Stein.] 

2) s. Haimos. 

Haera s. Aeracura. 

Haera dea s. Hera. 

Haeresis {al'aems), die ,Wahl- ( oder ,Sonder- 
meinung' wird im Strafrecht der späten Kaiser- 
zeit gegenübergestellt dem allgemeinen und rich- 
tigen Glauben (ßdes catholiea orthodoxa). Im 
weiteren Sinn ist Häretiker jeder Andersgläubige, 
jeder, der vom allgemeinen und richtigen Glauben 
abweicht, also auch der Heide und der Jude; 
im engeren und strengen Sinn ist Häretiker nur 
der heterodoxe Christ, der das Christentum be- 
kennt, aber nicht das offizielle, durch die staat- 
liche Autorität fixierte (s. den Art. Heterodoxia). 
Sowohl der .mangelnde* wie der ,mangelhafte 
christliche Glauben' (Mommsen) werden als sitt- 
lich verwerf lieh behandelt und von der staatlichen 
Gesetzgebung als Verbrechen verfolgt. Die Strafen 
sind verschieden; sie bestehen meist in Ehren- 
und Vermögensnachteilen; Todesstrafe wird nur 
ausnahmsweise angedroht. Näheres unter He- 
terodoxia. [Hitzig.] 

Hafa, Straßenstation im nordwestlichen Sar- 
dinien, Itin. Ant. 82; vgl. Kiepert FOA XIX. 
CIL X tab. V. [Weiss.] 

Hafer (Avena sativa L ). Namen des Hafers. 
Das Sanskrit hat keinen Namen für H. Die 
griechischen Bezeichnungen sind: 1. ßsopog, später 
fiQüfiog (ngriech. ßQw/ui], auf Kreta £at (v. Held- 
reich Nutzpflanzen 4), eine Erklärung des Wortes 
ist noch nicht gefunden worden ; 2. atyUanp, das 



218S 



Hafer 



Hafer 



218* 



an ftf£, Ziege, anklingt. Lat. avena vom Stamme 
cm§- durch Anlehnung an das Suffix Sna aus 
avina, auig-snä (Pedersen IF Y 421 Zupitza 
Gutt Slf. Schrader Reall. 320), altslav. ovisu, 
ovestt; niss. oveau; lit. avi%ä, lett. ausos, ost- 
jaHsch abis, apr. wy&e. Die Verbindung von 
avena mit ovis jSchaf* (Jakob Grimm Gesch. d. 
deutschen Spr. 66. Thurneysen Thes.) ist eben- 
so wie die mit ai. avasä -m ,Nahrung' (Fick 



9 t 2) : Tüv bh 6/ntHOjtvQQJv xai 6ftotoxQi&&v, otov 
£stäs zitpyg bXvQag ßgäftov atyiktoaog, lozVQiizazor 
xai polieret xaQTtttofievov tf £etd- xai yag nok&Q- 
qiCov xai ßa&vQQiCov xai szolvxdXafiov . o Ss *aj>- 
jzbg xov<f6tazog xai jigoaipd^g stäai zolg teöoie., 
T(3v Sk äklcov 6 ßQOftoe nokvQQi^og yag xai ofixog- 
xal jtoXvxalafiog .... satt de $vo ravza xai 6- 
fiotovara zolg xvgotg ij zs feta xai y xt<pr}, 6 d'aU 
ytitoys xai 6 ßgopog cSojrep aygi' äzxa xai avrj- 



vgl. Wörterb. d. indogerm. Spr. 13 502. Fröhde 10 fisga. inixagniiszai 8k ts<podga xai 6 alytXcoyr 



BB in 11 u. a.) nach Walde Lat.-etym. Wör- 
terb. 2 72 zurückzuweisen. Nach Solmsen KZ 
XXXVII 6a 1 wohl erst im Ai. aus der Bedeu- 
tung ,Fördcrung, Labung, Erquickung' , vgl. 
äva-h, entwickelt. Bez. der deutschen Bezeich- 
nungen bemerkt Kluge Etym. Wörterb. 7 186: 
Haber nhd. haber ahd. kabaro, die Form Hafer 
erst mhd., sie entstammt dem Ndd., andd. katoro 
kavoro, ndl. kaver, aschw. hafre, hagre, finn. 



zijv yf\v xai sozi JioXvggi^ov xai Tiolvxdlaftov * 
f\ de atga siavreXwg äzitjQMOfiivov. Hier werden 
unter den weizen- und gersteähnlichen Pflanzen 
auch ßQOfj.og und aiyikary aufgeführt. Zwar 
wird ihnen nicht der volle Wert der Kultur- 
pflanzen beigelegt, doch zählen sie nicht wie der 
Lolch (atQa) zu den Unkräutern. Galen (de alim. 
facultatibus I 14 ed. Kühn 522f.) bemerkt, daf> 
H. besonders häufig in Asien und zwar vornehm- 



kakra aus dem Germ, entlehnt. Engl, oats aus 20 lieh in Mysien oberhalb Pergamum vorkomme. 



angls. ate. Für den Ursprung der deutschen 
Sippe ist nach Kluge das g in aschwd. hagre 
(fmn. Jcakra) zu beachten. Die übliche Ableitung 
von anord. hafr., angels. hxfer Ziegenbock (lat. ea- 
per, griech. xäiigog) sei daher unmöglich. Das kel- 
tische eoirce, cuiree, eeireh ist wohl mit der ger- 
manischen Bezeichnung des H. zu vergleichen 
(Schrader bei Hehn 7 553), alb. terSere erklärt 
G. Meyer (Etym. Wörterb. 430) aus trimensanum 
von trimense. 

Anbau des Hafers. Im ägyptisch- semi- 
tischen Kulturkreise des Altertumes wurde H, 
nicht angebaut, dasselbe gilt von Indien. Wie 
das Sanskrit, so haben auch die späteren indischen 
Sprachen keinen Namen für H. (Low Ara- 
mäische Pflanzennamen 1281). Erst die Eng- 
länder haben in Indien H. als Pferdefutter ange- 
sät, auch im heutigen Ägypten wird es kultiviert 
(Schweinfurth und Ascherson Beiträge zur 



Er diene als Futter für Zugtiere, sei aber kein 
Nahrungsmittel für Menschen. In Zeiten der 
Hungersnot werde H. auch zu Brot verarbeitet,, 
das aber nur wenig Nährstoff enthalte und dem 
Geschmacke kaum zusage. Wie die zl<pn werde 
H. auch in Wasser gekocht und mit süßem Wein 
oder gegorenem Most oder mit Wein und Honig^ 
angerührt (Hoops Waldbäume und Kultur- 
pflanzen 4071). Schließlich berichtet im 4. Jhdt. 
30 n. Chr. der Lexikograph Hesychius, daß H. als 
Futter für die vierfüßigen Tiere gebaut werde; 
und in manchen Gegenden wild wachse; vgl. 
auch Geop. XVIII 2, 6 : Tgo<ptjv de nagaßkrjzhv 
xvzioov xai {irjdtxijv, rj Z^Xiv, rj ßgofjtov. Über 
die medizinische Verwendung von ßg&uog und 
aiyiX<o\p spricht sich Dioscurides II 116 und IV 
137 und 138 aus. Wird man nach allem der von 
Körnicke, Hoops, Gradmann u. a. in neuester 
Zeit ausgesprochenen Ansicht, daß die Griechen 



Flora Äthiopiens 298). In China wird des H. erst 40 den Saat.-H. gekannt und angebaut haben,. 



in einem historischen Werke über die J. 626—907 
n. Chr. gedacht (De C and olle Urspr. d. Kul- 
turpfl. 472). Hingegen scheint bei den Griechen 
der Anbau des H., wenn auch in recht beschränk- 
tem Umfange, in eine verhältnismäßig frühe Zeit 
zurückzugehen. Bei Homer wird allerdings diese 
Halmfrucht noch nicht erwähnt, auch haben sich 
unter den Getreideresten, die in Hissarlik (Alt- 
Ilion) gefunden sind, H.- Körner nicht gezeigt. 



beipflichten müssen, so darf doch nicht unerwähnt 
bleiben, daß er selbst als Futterpflanze von unter- 
geordneter Bedeutung war, zu menschlicher Nah- 
rung aber nur in Ausnahmefällen verwandt 
wurde. Die Römer verstanden unter avena bald 
Saat-H., bald Wild-H. Dieser letztere kann an 
den fünf nachstehenden Stellen nur in Betracht 
kommen. Cato r. r. 37, 5 Frumenta face bis 
sarias runcesque avenamgue destringes (raufe 



Wohl aber besitzen wir aus dem Anfange des 50 aus). Cic. de fin. V 30, 9 : Ne seges quidem 



4. Jhdts. v. Chr. ein untrügliches Zeugnis dafür, 
daß H. in Griechenland selbst zur Ernährung 
der Menschen gebraucht wurde, Der Arzt Dieu- 
ches, der um jene Zeit gelebt hat, berichtet: 
yivsrai 6e ältptzov xai gltio zov ßgöfiov, (pgvyEzai 
de ovv r<p a%i>Qq> stäv t dnoTiiqaostai zs xai rgt- 
ßszai xai eQvxszat xa&djtsQ xai zo xgt-frivov aX<pi~ 
zov. zovzo zo aXtpizov xqüzzov xai ä(pv<fa>T€Qov 
iozt zov xqi&Lvov (XXI veter. et clar. medic. 



igüur spicis uberibus et crebris, $i avenam 
uspiam videris. Ov. Fast. I 69: Et careant 
loliis oeulos vitiantibus agri Nee sterilis eulto 
surgat avena loco. Verg. Eel. V 37: Infdix 
lolium et steriles naseuntur avenae. Verg. Georg. 
I 154: Infelix lolium et steriles dominantur 
avenae. Verg. Georg. I 226: Exspectata seges 
vanis elusit avenis (Heyne: aristis). Dagegen 
wird man Verg. Georg. I 77: ürit enim Uni 



Graec. varia opuscula ed. F. de MatthaeL Mos- 60 eampum seges, urit avenae, ürunt Lethaeoper- 



quae 1808, 39, abgedruckt von Schrader bei 
Hehn 7 553). Mit Körnicke Handbuch des 
Getreidebaus I 200 darf man wohl annehmen, 
faß es sich in diesem Rezepte um die Verwendung 
von Saat-H., nicht von Wild-H. (avena fatua) 
handelt. Noch beweiskräftiger dafür, daß die 
alten Griechen schon den Kultur-H. kan nten, 
ist die Stelle bei Theophrast (bist plant Vm 



fusa papazera somno an Kultur-H. zu denken 
haben. Das gleiche gilt für Colum. II 10. 1K 
14. PHn. n. h. XVH 56. XVIH 143. 149. 205. 
Die wenigen Stellen, an denen H. erwähnt wird, 
sind Beweis genug dafür, daß er in der römischen 
Landwirtschaft eine nennenswerte Bedeutung- 
nicht gehabt hat Bei Colnmella (IE 11) erfahren 
wir, daß die Saatzeit des H. auf der italischen. 



Halbinsel der Herbst war; nördlich des Po fiel streckt sich anf die nördlichen und westlichen 

Sie, wie auch noch heute (v. Märten s Italien LT Teile Englands. In Deutschland wurde H. im 

122), in den Monat März, und zwar dauerte sie Mittelalter viel gebaut. Die christlichen Glaubens- 

bis zu den Quinquatren (19. bis 23. März), die boten aus Irland und England förderten vor allem 

zu Ehren der Minerva gefeiert wurden. (Plin. auch den H.-Bau. Das erste Getreide, das in 

XVIII 205). Daß H. den Boden entkräftet, er- der Umgegend St. Gallens gesät wurde, war H. t 

wähnen außer Vergil(GeoTg.1 77). Columella (II 14) H.-Mus das älteste Nahrungsmittel in dieser 

und Plinius (XVII 56), die auf die Vergilsche neuen Siedlung (Ars Gesch. des Klosters St. 

Stelle Bezug nehmen. Verwendet wurde H. als Gallen 1811, 41). Aus H.-Mehl wurden flache 
Orünfutter (Col. II 11), auch mit anderen Futter- 10 Kuchen, Laib genannt, gebacken. In Alemannien 

pflanzen vermengt (Plin. XVIII 143). Nach v. das auch noch späterhin Spuren römischer Kultur 

Märten s (s. o.) wird in Norditalien auch heute bewahrt hat, beruhte der Ackerbau auf einer ein- 

H. grün gemäht, oft mit Wicken untermengt. fachen, den Römern entlehnten Dreifelderwirtschaft, 

Daß er auch als Heu bei den Schafen Verwendung deren Fruchtfolge Roggen, H., Brache bildete. Die 

fand, erwähnen die Geop. (XVILT 2, 6). Winterfrucht war Boggen, die Sommerfrucht H. 

Die Worte ,avena Oraeea, eui semen non (Stalin Wirtembergischc Gesch. 1841—47, 229). 
eadiV (Plin. XVIII 143) können wohl zu der Auch in der alemannischen Schweiz gehörte H. zu 
Annahme führen, daß die Eömer den Saat-H. den wichtigsten Getreidepflanzen (Joh. v. Müller 
erst von den Griechen kennen gelernt haben. Gesch. der Schweiz I 214). In dem Breviarium 
Hoops (409) weist eine solche Ansicht zurück 20 Karls d. Gr. vom J. 812 wird der Anbau des H. 
mit dem Bemerken, die Bezeichnung , griechischer ausdrücklich vorgeschrieben. H.-Bier erwähnt die 
H\, finde ihre Erklärung darin, ,daß der Anbau hl. Hildegard. 1290 wurde in Nürnberg verboten, 
des Kultur-H. von den Griechen damals wohl in aus H., Korn, Dinkel und Weizen Bier zu brauen, 
umfassenderem Maße und rationeller betrieben nur Gerste sollte verwendet werden (Raum er 
wurde als von der Römern'. Die Stelle Plin. Hohenstaufen V 33). Andererseits ordnete im J. 
XVIII 93 : Adieiuntur his genera bromos et tra- 1433 der Rat von Augsburg an, alles Bier aus 
■gos, externa omnia, ab Oriente inveetae oryzae H. zu brauen, eine Verordnung die erst 1550 
similia, würde freilich, falls hier bromos = avena widerrufen wurde (Stetten Kunst-, Gewerbe- 
ist, dafür sprechen, daß der Saat-H. in Italien und Handwerksgosch. der Reichsstadt Augsburg 
von außen eingeführt worden ist. 30132, bei Volz. Beiträge zur Kulturgesch. 151). 

Saat-H. wurde von den Römern nur als Vieh- Auch in Norwegen wird in einer alten Schrift 

futter angebaut, nicht auch als menschliches von 1331 H.-Malz erwähnt (Schub eler Kulturpfl. 

Nahrungsmittel. Plinius (XVIII 149) spricht Norwegens 145, bei Kör nicke 203). Zur Nah- 

seine Verwunderung aus, daß die Völker Ger- rung wurde H. in Deutschland nicht überall und 

maniens H.-Grütze als einzigen Brei genießen, meist nur von der geringeren Bevölkerungsklasse 

für ihn ist H. kein Getreide, sondern nur eine gebraucht. Namentlich in rauheren Gegenden 

Ausartung desselben {prirmvm omnium frumenti verstand man sich darauf, guten H.-Brei zu be- 

mtium avena est et hordeum, in eam degenerat, reiten. In Hungerjahren wurde er noch später 

■sieut ipsa frumenti sit instar, quippe cum, Ger- zu Brot gebacken (Körnicke 201), sonst wurde 
maniae populi serant eam neque alia pulte Wm, wie noch heute, als Pferdefutter angebaut. 

vivant. In der Tat ist H. für die Volksernäh- Zu diesem Zwecke sät man ihn, wenn auch nur 

rung besonders der nordgermanischen Stämme in geringem Maße, in einigen Landstrichen Süd- 

bisin die neueste Zeit von größter Bedeutung europas an, wo er wohl seit dem Altertum nicht 

gewesen. In der Edda sagt im Harbardhsliodh in Vergessenheit geraten war. In Griechenland 

Thor zu dem Fährmann Harbard : Ehe ich aus- wird H. auf Kreta, im westlichen Peloponnes und 

fuhr, aß ich in Ruhe Hering und Habermus: Chalkis auf Euböa in größerem Maßstabe ange- 

davon hab 1 ich noch genug (übers, v. Simrock baut (v. Heldreich Nutzpflanzen Griechenlands 

66). Daß Hafer-G. nur die Nahrung armer 4). In Italien ist der Anbau des H., der Hitze 

Leute war, im Hause der Reichen dagegen ,dünne und Dürre nicht verträgt, auch für erhitzend gilt, 
Brote 




In Norwegen, wo gegenwärtig doppelt so viel H. schlechteste Boden eingeräumt (v. Märten s 
angebaut wird, als alle übrigen Getreidearten Italien 122). In Spanien wird er nur in den 
zusammen, dient die größere Hälfte des Ertrages kältesten Gebirgsgegenden, wo Roggen und Gerste 
zur Nahrung der Menschen, das übrige wird als nicht gedeihen, angepflanzt (Körnicke 202). 
Pferdefutter gebraucht. Aus dem H.-Mehl wird Über die Heimat des Hafers gehen die 
entweder Grütze hergestellt oder sog. Fladbröd, Ansichten auseinander. Da seine wilden Stamm- 
flaches Brot, das zu runden Scheiben aufgerollt formen überallhin verschleppt sind, so läßt sich 
wird (Körnicke 203). Auch bei den Kelten ist 60 aus ihrem Vorkommen nicht feststellen, wo er 
der Anbau des H. und seine Verwendung zu zuerst als Kulturpflanze angebaut worden ist. 
menschlicher Nahrung sehr alt, dafür sprechen C. Hausknecht (Mitt. der Geogr. Ges. in Jena 
schon die besonderen keltischen Namen eoirce, ILI 1855, 231ff.) meint, Griechen und Römer hätten 
cuiree, eorca, aremorikanisch kereh. Li Schott- erst die Kultur des H. durch die Germanen 
land, auf den Orkney- und Shetland- Inseln ist kennen gelernt, die in dem Wild-H. (Avena fa- 
H. die wichtigste Nahrung des Landvolkes und tua L.) ein gutes Futter für ihre Herden gefunden 
der geringeren Leute, die keine sitzende Lebens- und ihn deshalb in solchen Gegenden, in denen 
weise führen. Der Gehrauch des IL-Mehls er- er nicht vorkam, angebaut hätten. Dieser An- 



2187 



Hagamasüa 



Hägarenoi 



2188 



sieht tritt Körnickö (205) entgegen. Wild-H. 
habe nicht als Weidefutter dienen können, weil 
et in Deutschland auf Boden mit einer Gras- 
narbe mcht vorkomme. Der Umstand, daß Wild-H. 
ebenso wie Kultur-H. gegen Winterkalte empfind- 
lich sei, weise auf seinen südlichen Ursprung hin. 
Körnicke glaubt, daß die Heimat des H., bezw. die 
Gegend, wo er zuerst angebaut wurde, im Süd- 
osten zu suchen sei, dafür spreche der frühe 



der vielleicht sein älterer Bruder : wär~ zusammen 
und dann allein regiert, s. die Münzen bei .V. 
A. Smith Catal. ofthe coins in the Indian mu- 
seum Calcutta I p. 195/6. Der Titel — die Vor- 
gänger bezeichnen sich als Eäjas — weist un& 
auf ein Abhängigkeitsverhältnis hin. Die An- 
wendung des persisch-parthischen Satrapentitels 
— meines Wissens hier uns zuerst in Indien be- 
gegnend — macht es alsdann wahrscheinlich, daß 



Anbau in Kleinasien. Kleinasien, Armenien, auch 10 sein Aufkommen mit den Eroberungen des Par- 
Zentralasien könnten die Heimat des Kultur-H. therkönigs Mithridates I. im nordwestlichen In- 



sein. Über die griechischen Inseln sei er nach 
Sizilien und Großgriechenland gekommen. An- 
dererseits könne er sich auch aus Zentralasien 
längs der Nordküste des Schwarzen Meeres nach 
Westen ausgebreitet haben und so zu den Ger- 
manen an den Rhein gekommen sein. Hiergegen 
wendet Gradmann ein, daß ,der Flug-H. in 
Südschweden häufig genug vorkomme, um zur 



dien um 140 v, Ohr. (Diodor. XXXIII 20. Oros. 
V 4, 16ff.) zusammenhängt, daß die Begründung 
der Satrapie Mathurä als direkte oder wenigstens 
indirekte Folge dieser Eroberungen anzusehen sei j 
für den Zusammenhang dieser Gründung mit dem 
Vordringen der Parther in Indien sprechen auch- 
die Namen dieser und der folgenden Satrapen, 
die parthisch-persischen Charakter haben (daß die- 



Nahrung gesammelt zu werden. Es sei nicht 20 Satrapen ihrer Nationalität nach Saka-Skythen ge- 



einzusehen, warum die Empfindlichkeit gegen 
Winterkälte zwingen sollte, mit der Ursprungs- 
vermutung gerade in das kontinentale Klima des 
Ostens, vollends nach Zentralasien zu gehen; das 
mittlere und südliche Deutschland mußte den 
Bedingungen mindestens entsprechen'. Ohne der 
Frage von der Herkunft des Saat-H. näher zu 
treten, die zurzeit noch nicht entschieden ist, wird 
man daran festhalten müssen, daß nicht das 



wesen sein müssen, ist durchaus nicht sicher, 
wenn auch möglich). Daß H. in direkter Abhängig- 
keit vom parthischen Großkönig gestanden hat, 
ist freilich nicht anzunehmen, da der indische' 
Besitz den Parthern sicher nicht lange in vollem 
Maße geblieben sein dürfte, sondern er wird wohl 
als Vasall zu dem damals von Maues im west- 
lichen Pend schab, also eben auf parthischem Ge- 
biet, begründeten Reiche gehört haben — sei es,. 



Mittelmeergebiet, sondern Europa nördlich der 30 daß dieser König sich nur tatsächlich oder auch 



Alpen das eigentliche Kulturgebiet des H. ist. 
In den Alpengebieten ist H. bereits in der 
Bronzezeit angebaut gewesen, das beweisen die 
H.-Funde aus den bronzezeitlichen Pfahlbauten 
von Montelier und der Petersinsel im Bieler See 
und vom Lac du Bourget in Savoyen, sowie aus 
einer gleichfalls bronzezeitlichen Schicht der 
Sirgensteinhöhle bei Schelklingen (Schwäbische 
Alb) (Gradmann 16). Auch in den bronze- 



sogar schon rechtlich vom Partherreich unabhängig 
gemacht hat. Auf das Reich des Maues weist 
uns die enge Verbindung der Satrapen von Ma- 
thurä mit denen von Taxila hin , die sicher dem 
Maues Untertan gewesen sind; mit der Erobe- 
rung von Mathurä durch den griechisch-indischen 
König Menander ist die Abhängigkeit von Maues 
nicht in Verbindung zu bringen, da die Erobe- 
rungen Menanders im östlichen Indien vorüber- 



zeitlichen Niederlassungen Dänemarks haben sich 40 gehenden Charakter tragen und auch schon in 



H.-Körner gefunden (Gradmann 16). Der hi- 
storischen Zeit gehört ein Fund aus der römischen 
Ruine zu Buchs im Kanton Zürich an. Dem 10. 
bis 11. Jhdt. gehört der H.-Fund von der Hünen- 
burg bei Einteln an, wo mit anderen Getreide- 
arten wenige H.-Körner gemischt vorgefunden 
wurden (Hoops 411). Von den H.-Funden aus der 
slavisch- mittelalterlichen Zeit führt Buschan 
(Vorgesch. Bot. 60) die aus den Burgwällen von 



die 50er Jahre des 2. Jhdts. v. Chr. fallen. V. 
A. Smith ZDMG LX 51f. 68f. LXI 408. 419 p 
The early history of India2 187ff. 204f. 2 Uff. 

[Walter Otto.] 
Hagana, Satrap von Mathurä (Muthra an 
dem Jumna [rechter Nebenfluß des Ganges]) etwa 
im letzten Viertel des 2. Jhdts. v. Chr., der mit 
seinem wohl jüngeren Bruder Hagämäsha zu- 
sammen geherrscht hat; s. die Münzen bei V. 



Ahrensburg und Poppschütz und den Pfahlbauten 50 A. Smith Catal. of the coins in the Indian mu- 



auf der Dominsel in Breslau und von Wismar an. 
Literatur: Heer Pflanzen der Pfahlbauten 
16f. Hehn Kulturpflanzen und Haustiere ' 550, 
dazu Schraders Bemerkungen 7 553. De Can- 
d o 1 1 e Ursprung der Kulturpflanzen 471 ff. Haus- 
knecht über die Abstammung des Saathabers, 
Mitt. der Geogr. Ges. Jena IÜ (1885), 231— 
242. Körnicke Handbuch des Getreidebaus I 
200ff. v. Fischer-Benzon Altdeutsche Garten- 



seum Calcutta I 195 und im übrigen den Art, 
Hagämäsha. [Watter Otto.] 

Hagarenol oder, wie die besser beglaubigte 
Lesart lautet, 'AyaQrjvoi, Volk in Arabien, er- 
wähnt von Arabius Anth. Plan. 39, 3 und Mo- 
schop. sched. 144, angeblich Abkömmlinge der au& 
dem alten Testamente (I. Mos. 16, 1. 25, 12) 
wohl bekannten Hagar, der ägyptischen Magd der 
Sara und der Mutter des Ismael (ähnlich wie die 



flora 164. Buschan Vorgeschichtl. Botanik 5 7ff. 60 Ismaeliten, die nordarabischen Stämme, als Ein- 



Schrader Reallei. d. indog. Altertumsk. 320ff. 
Hoops Waldbäume u. Kulturpflanzen im germ. 
Altert. 403ff. Gradmann Der Getreidebau im 
deutschen u^ römischen, Altertum 15ff. [Orth.J 

Hagämäsha^ Satrap von Mathurä (Muthra 
an dem Jumna [rechter Nebenfluß des Ganges]) 
etwa im letzten Viertel des 2. Jhdts. v. Chr.; 
er hat zuerst mit einem Satrapen Hagana (s. d.). 



gewanderte im Gegensatze zu den rein arabischen 
Stämmen auf Ismael, den Sohn des Völkervaters- 
Abraham, als Stammvater zurückgeführt werden, 
die südlichen Stämme, die loktaniden. auf Iok- 
tan, den Sohn Ebers). Jedenfalls sind die H. 
identisch mit den Hagriim der Bibel (L Chron. 
5, 10. 19f. Psalm 88, 7), mit welchen die Stamme 
jenseits des Jordan Krieg führten, und mit den 



äiöV 



nageiauaa 



xo-gc 



im nördlichen (wüsten) Arabien in der Nachbar- 
schaft der Nabatäer und Chaulotäer an der Ka- 
rawanenstraße von Ägypten nach Babylon woh- 
nenden *Ayoaioi bei Strab. XVI 767 (nach Era- 
tosthenes). Ptolem. V 19, % Steph. Byz. (vgl. 
Agraioi Nr. 2) oder "AyQeeg, wie sie Dionys. 
perieg. 956 mit Rücksicht auf sein Metrum nennt. 
Seit der Zeit des Islam weist auf sie der ara- 
bische Name Hagar (.Dorf;- .Stadt', auch Be- 
zirk'), mit welchem sowohl die Hauptstadt der 
Küstenlandschaft Bahrain am Persischen Meer- 
busen in der jetzigen Provinz el-Ahsä, um Gerrha 
(s. Gerrha Nr. 2), als die ,Stadt' xax Qoxnv 
als auch nach ihr die ganze Landschaft bezeichnet 
wurde. Noch heute führen ihren Namen die 
Beni Hagar an der Westküste des Persischen Meer- 
busens, nordwestlich von el-Kattf, 27° nördl. 
Breite. Mit dem in der geographischen Literatur 
der Araber erwähnten Stamme der Haggär, einem 
Zweige der e Odrä (Asra), der eben für jene Ge- 
gend bezeugt ist, in welcher Eratosthenes und 
Ptolemaios die 'AyQaTot wohnen ließen, sind die 
H. wohl nicht zusammenzustellen (unentschieden 
Sprenger Die alte Geographie Arabiens 1875, 
288), sicherlich nicht mit den von Plin. n. h. 
VI 154. 159. 161 erwähnten Agraei, einem süd- 
arabischen Stamme (s. Agraioi Nr. 3) und mit 
der von Plin. VI 156 genannten Stadt Hagra 
(s. Agra und Egra Nr. 1 u. 2; die Zusammen- 
stellung der 'Ayghg mit Egra, dem heutigen 
el-Higr, ist von manchen versucht worden). Da- 
gegen darf man die Hagriten noch immer in den 
aramäischen Hagaränu der assyrischen Inschriften, 
so der Inschr. 1 Sanh. 45 (Keilinschriftl. Bi- 
bliothek LT 84) erblicken; der von Delitzsch 
(Wo lag das Paradies? 1881, 238f.) dagegen 
erhobene Widerspruch, dem sich mehrere Se- 
mitisten anschließen, erscheint nicht hinreichend 
begründet; gegen Delitzsch sprach sich auch 
Glaser aus (Skizze der Geschichte u. Geographie 
Arabiens 1890 II 12f. 407f.), wenn auch nicht 
mit durchweg überzeugenden Gründen, wie denn 
namentlich seine Heranziehung der von Plinius 
(n. h. VI 120) genannten Stadt Agranis am 
Euphrat berechtigten Zweifeln unterliegt. An- 
nehmbar ist auch die Identifikation der Chau- 
lotäer , welche nach Eratosthenes Nachbarn der 
Agraioi waren, mit den Halatu, welche gleich- 
falls in der zitierten Inschrift Sanheribs genannt 
werden. Im Mittelalter bedeutete der Name H. 
soviel als Saraceni. [Tkac.] 

Hageladas, Sohn des Argeios, von Argos, der 
führende Meister der älteren argivischen Bild- 
hauerschule und Lehrer des Polyklet und des 
Myron , lebte vom dritten Viertel des 6. Jhdts. 
bis zum zweiten Viertel des 5. Jhdts. und ist zu 
scheiden von seinem gleichnamigen Enkel, dem 
Sohne oder vielleicht Neffen des Argeiadas, der 
ein Zeitgenosse Polyklets war. Letzterer war den 
griechischen Gelehrten nur aus einzelnen Signa- 
turen seiner Werke bekannt und wurde daher 
von seinem berühmten Großvater nicht geschie- 
den. Die Folge war eine heillose Verwirrung 
der Chronologie, die für uns noch dadurch ver- 
schärft wurde, daß ein unwissender Spätling in 
das Hauptzeugnis, SchoL Aristoph. Ean. 501, in 
welchem der Herakles Alexikakos des H. nach 
der großen Pest von 431/0 datiert wird, die zeit- 



lich widersprechende Angabe einschob , H. sei 
Lehrer des Pheidias gewesen. Diese Angabe haben 
dann Suidas und Tzetzes mitsamt einer Korrup- 
tel des Namens {Geladas) übernommen. Sie ist 
gegenüber der wohlbezeugten Angabe, daß Hegias 
der Lehrer des Pheidias gewesen sei, unbedingt 
zu verwerfen und auch nicht in der von Furt- 
w an gl er Meisterwerke 80f. versuchten konzilia- 
torischen Weise durch die Annahme zu halten, 
10 daß Hegias Schüler des H. gewesen sei. Weiteres 
s. den Art. Hegias. Das Datum in dem Scho- 
lion stammt von Apollonios, und zwar nach 
v. Wilamowitz Aus Kydathen 154 dem Sohne 
des Chairis, der um 100 v. Chr. lebte, geht also 
auf die beste hellenistische Forschung, vielleicht 
auf Apollodor von Athen und damit auf urkund- 
liche Zeugnisse zurück. Aus Apollodors Chronik 
hätte es nach Kalk mann Quellen der Kunst- 
gesch. des Plinius 41 Plin. n. h. XXXIV 49 
20 übernommen, Kalkmann hält demgemäß be- 
dingungslos an der von Thiersch und Sillig 
aufgestellten, auch von W. Klein früher ver- 
fochtenen Annahme fest, daß das Zeugnis gut und 
daher der Beleg für die Existenz eines jüngeren 
H. sei (vgl. auch S. 65f.). Er stellte sich damit 
in Gegensatz zu der von Brunn begründeten, 
besonders von Overbeck und Robert verteidig- 
ten herrschenden Meinung, nach welcher der Ge- 
währsmann des Apollonios eine frühere Pest mit 
30 der bekannten großen verwechselt oder gar die 
ganze Datierung aus dem Beinamen Alexikakos 
des Herakles, auf welchen das Scholion gar nicht 
eingeht, erschlossen habe — ein Verfahren, das 
bei Pausanias, nicht jedoch bei einem hellenisti- 
schen Gelehrten verständlich ist. Neuerdings 
hat Frickenhaus Arch. Jahrb. XXVI alle 
gegen die Glaubwürdigkeit der Datierung in dem 
Scholion erhobenen Einwände entkräftet, vor 
allem die auf den Beinamen Alexikakos begrün- 
40deten, die sich mit besserem Rechte umkehren 
lassen: denn wenn der delphische Apollon die 
Athener anwies , den alten Apollon des Kaiamis 
nach Erlöschen der Pest zum Alexikakos zu er- 
nennen, so spricht das nicht gegen, sondern für 
die gleichzeitige tdgvatg einer Statue des Hera- 
kles Alexikakos im alten Herakleion von Melite 
(den Beweis für das Alter des Heiligtums will 
Frickenhaus in den Athen. Mitt. XXXVI 
führen, s. u.). Wer demgegenüber anführt, daß 
ÖOThukydides die Nutzlosigkeit aller religiösen 
Mittel bezeuge, vergißt, daß der Glaube die 
Religion macht und kennt weder Priester noch 
Gläubige. Endlich beruht die Annahme einer 
Pest um 500 auf der ganz unsicheren Ergänzung 
einer Grabinschrift die überdies älter als 520 zu 
sein scheint, also vor den Beginn der Tätigkeit 
des alten H. fällt. Wer es demnach für methodisch 
möglich hält, eine ältere Pest ad hoc zu erschließen, 
muß noch die Un Wahrscheinlichkeit hinnehmen, 
60 daß die Statue von den Persern verschont worden 
wäre ; denn eine Pest nach 480 könnte unmöglich 
verschollen sein (Beispiele verschonter vorpersischer 
Bronzen gibt Wolters Athen. Mitt. XVI 160). 
Der somit für das letzte Drittel des 5. Jhdts. 
bezeugte H. kann nicht der Altmeister von Argos 
sein; denn dieser hat ziemlich sicher vor 507, 
höchstwahrscheinlich jedoch bereits in den J. 520 
und 516 Statuen olympischer Sieger geschaffen. 



Brunns Annahme, die Statuen seien viel später 
als die Siege, scheitert daran, daß der eine 
Sieger bereits 507 hingerichtet wurde ; wenigstens 
darf man methodischerweise nicht ohne Grund 
mit der schwachen Möglichkeit rechnen, daß seine 
späteren Nachkommen dennoch seine Statue ge- 
weiht hätten. Damit schwindet zugleich jede 
Berechtigung dazu, die anderen Statuen für 
wesentlich jünger als 520 und 516 zu halten 
(Brunn Gesch. d. griech. Künstler I 68ff, , da- 
gegen Roh er t Arch. Märchen 95). Andererseits 
muß H. bis gegen 460 gelebt haben, denn erst zu 
dieser Zeit beginnt die Tätigkeit seines Schülers 
Polyklet. Da er kaum vor seinem 20. Jahre 
selbständig gewesen sein kann, wäre er damals 
etwa 80 Jahre alt gewesen. Es ist deshalb nicht 
möglich, mit Sicherheit zu entscheiden, ob die ins 
nächste Jahrzehnt zu setzende Statue des Zeus 
Ithomatas, die die Messenier für ihre neue Heimat 
Naupaktos machen ließen und später in die alte 
zurückbrachten, von ihm oder von seinem Enkel 
herrührt. Die Überlieferung darüber bei Paus. 
IV 33, 2 ist neuerdings gut gegen die in der 
vorigen Generation beliebte, an Willkür streifende 
Hyperkritik verteidigt worden (Frazer Paus. III 
439. Hitzig-BlümnerPaus. II 176. Fricken- 
haus a. a. O.). Für die Familie des H. er- 
gibt sich ein durch fünf Generationen reichen- 
der Stammbaum in folgender Weise. Die von 
mehreren Künstlern signierte Basis des großen 
Weihgeschenkes des Praxiteles in Olympia, die 
älter als der Bauschutt des um 460 errichteten 
Zeustempels ist, trägt unter anderen die Inschrift 
AgyetaSag • Hayelatda \ xagyeio (Dittenberger 
Inschr. v. Olympia nr. 631. Löwy Inschr. griech. 
Bildh. nr. 30). Daß Argeios ebenso wie das zu- 
gehörige Patronymikon Argeiadas Eigenname, 
nicht Ethnikon ist, darf hier so wenig bezweifelt 
werden wie bei Plin. n. h. XXXIV 50, wo ein 
jüngerer Argeios unter den Schülern Polyklets er- 
scheint; denn nicht nur die Wortstellung: Poly- 
clitus discipulos habuit Argium, Asopodorum 
. . . Demeam Clitorium, die ja zur Not auf Miß- 
verständnis einer poetischen Quelle zurückgehen 
könnte (Kalkmann a. a. 0. 41), verbietet, dem 
Demeas von Kleitor einen Asopodoros von Argos 
zur Seite zu stellen, sondern die Verbindung die- 
ser Wortstellung mit der Tatsache, daß Name 
und Patronymikon häufig in derselben Familie 
wechseln. Argeiadas ist also der Sohn des H. 
und der Enkel des Argeios, nicht der Sklave des 
Argivers H. (i . Wi 1 a m o w i t z Lectiones epigra- 
phicae, Ind. lect. Gott. 1885/6, 12. Eobert 
Arch. Märchen 97). Argeiadas ist älter als Poly- 
klet, Argeios II. jünger: es liegt also sehr nahe, 
in ihnen Großvater und Enkel, die den Namen 
des Urahnen Argeios I. fortpflanzen, zu erkennen. 
AVie von selbst fügt sich nun der jüngere H. als 
Enkel des älteren in die Lücke und es entsteht 
folgender Stammbaum (Scholl Hist. philol. Auf- 
sätze für Curtius 117ff. Frickenhaus a. a. 0.): 
Argeios I 



-nagtuauas 



äiyz 



Argeiadas 

Hageladas II 

Argeios II 



Auf Grund der Altersverhältnisse hat früher 
Eobert a. a. 0., später Mahler Polyklet 6f. 
und darnach Klein Gesch. der griech. Kunst I 
340. II 142. Michaelis-Springer Handbuch 
d. Kunstgesch. 19 210, bestritten, daß H. der 
Lehrer des Polyklet gewesen sei, wie Plinius (n. 
h. XXXIV 55) aus guter Quelle berichtet (Xeno- 
krates? Kalkmann a. a. 0. 55). Mahler will 
Argeiadas dafür einsetzen. Das ist angesichts 
10 der urkundlichen neuen Datierung Polyklets ein 
methodisch unzulässiges Schematisieren; als ob 
Künstlergenerationen und Schülerfolgen wie die 
Kettenglieder aneinandergereiht und nicht viel- 
mehr mannigfach mit einander verzahnt wären. 
Warum soll der Altmeister H. mit achtzig Jahren 
nicht so frisch wie Tizian mit neunzig Jahren 
gewesen sein und daher natürlich trotz seines 
weniger bedeutenden Sohnes Schüler gehabt haben? 
Über die Schreibung des Namens 'AysXäöag vgl. 
20 Löwy a. a. 0. XVIII nr. 30. 

Von Werken des älteren H. sind folgende 
überliefert: 1. Siegerstatue des Läufers Anochos 
von Tarent in Olympia, 520 (Paus. VI 14, 11); 
vgl. Hyde De Olympionicarum statuis a Paus, 
commemoratis nr. 132; 2. Quadriga des Kleo- 
sthenes von Epidamnos in Olympia, 516; der 
Sieger stand neben seinem Wagenlenker, den 
Pferden waren die Namen Phoinix, Korax, Kna- 
kias und Samos beigeschrieben, offenbar oben am 
30 Sockel; zur Bedeutung der Namen s. Hitzig- 
Blümner Pausanias II 584. Das Bildwerk stand 
hinter der panhelleiüschen Dankweihung für den 
Sieg von Plataiai, dem großen Zeus südöstlich 
vom Zeustempel (Paus. VI 10, 6), vgl. Hyde a. 
a. 0. nr. 99; 3. Siegerstatue des Pankratiasten 
Timasitheos von Delphi, der 507 wegen Teilnahme 
an dem Handstreich des Isagoras in Athen hin- 
gerichtet wurde (Paus. VI 8, 6. Herod. V 70ff.), 
vgl. Hyde a. a. 0. nr.* 82; 4. Pferde und gefangene 
40 messapische Frauen, bronzenes Weihgeschenk 
deT Taren tiner in Delphi, aufgestellt in der Nähe 
des Schatzhauses der Sikyonier (Paus. X 10, 6; 
11, 1) an der Südseite der unteren heiligen Straße, 
wo Pomtow Klio VIII 326ff. einen Kesi der 
Stützmauer des Unterbaus erkennt. Eine An- 
zahl in der Nähe gefundener Steine sind nach 
den Resten der Weihinschrift mit ziemlicher 
Sicherheit der Basis zuzuweisen (Pomtow a. a. 
0. und Delphika H 14); die nur aus runden 
50 Zapfenlöchern bestehenden Standspuren gestatten 
keine Vermutung über die Anordnung der Figuren, 
wie daraus drastisch hervorgeht, daß Bulle Klio 
Vm 333ff. vor der Auffindung des nahezu 
entscheidenden Inschriftrestes aus der Anord- 
nung der Löcher einen Schiffskampf erschließen 
und die Steine daher dem Weihgeschenk der 
Liparäer zuweisen wollte. Sein Gedanke, daß 
die Pferde und die Frauen in bnnter Reihe da- 
gestanden hätten, führt zwar zu einer formal 
60 befriedigenden Anordnung, nicht jedoch zu einer 
im Archaismus belegten Sockelform (S. 331) ; da- 
gegen hält er mit Recht daran fest, daß es sich 
wirklich um erbeutete Bosse und Frauen, nicht 
um ein Viergespann oder Reiter und Frauen oder 
gar um Reiter und Fußkämpfer handle, wie 
grundlos vermutet worden ist. Das Weihgesehenk 
ist aus paläographischen und anderen Gründen 
{schwere Niederlage der Tarentiner im J. 478) in 



SJiyö 



Hageladas 



2194 



das erste Viertel des 5. Jhdts. zu setzen (Bour- 
guet Fouilles de Delphes m 1, 77. Pomtow Klio 
VIII 329). Pomtows beiläufige Ausetzung in 
das Jahrzehnt zwischen Marathon und Salamis ist 
zu eng begrenzt, da einerseits die Schriftformen 
nicht auf zehn Jahre genau zu datieren sind, 
andererseits H. noch lange nach 480 gearbeitet 
hat; vgl. Hitzig-Blümner Paus. ILT 687f. 
5. Statue einer Muse mit Harfe (Barbitos), die 



für äginetiseh, Kekule v. Stradonitz und 
Winnefeld Bronzen aus Dodona Taf. 1; s. auch 
S. Reinach Repert. de la stat. II 1 f. LTI 1. Bei 
der Statue des H. wird die altertümlifhe Aus- 
breitung in der Fläcbe gemildert gewesen sein. 
Für die Einzelformgebung darf auch aus den 
besten, darin sehr bestimmten Münzen nichts ge- 
schlossen werden; sie stand vermutlich auf der 
gleichen Stufe wie bei dem sog. Münchner Zeus 
mit zwei anderen Musen des Kanachos und des 10 (Heros, Brunn-Bruckmann Denkm. griech. und 



Aristokles zusammen aufgestellt war, wodurch 
die Zuweisung an den älteren H. gegeben ist: 
Epigramm des Antipater von Sidon, Anthologie 
II 15 nr, 35 Jacobs. 

Von keinem dieser Werke besitzen wir irgend 
welche Anschauung, dagegen vermitteln uns Münz- 
bilder wenigstens die Motive zweier Statuen, von 
welchen sich ebensowenig wie von einer dritten 
von Pausanias genannten Figur sagen läßt, ob sie 



röm. Skulpt. Taf. 1 22 ; H i r t h - B u 1 1 e Der schöne 
Mensch 2 Taf. 46 S. 95f.). Als nächstes Beispiel 
für das Nachleben des Motivs in dieser Zeit 
vergleicht Frickenhaus a. a. 0. die Kleinbronze 
Brit. School Annual III Taf. 10, 1; eine späte 
Umbildung bei Blinkenberg Aarborger f. nord. 
oldkynd. 1900, 67 = Rein ach a. a. 0. in 1 nr. 2. 
Der Tatbestand gestattet keine Entscheidung, ob 
der alte H. als Greis der neuen Zeit nicht mehr 



von dem älteren oder von dem jüngeren H. her- 20 ganz gefolgt ist, oder ob sein Enkel als weniger 
^i,-™ i a+„+,,„ -i™ v— t4.t_ — 4»„ .»-..'.A.. bedeutender Meister anfangs noch in alten Schul- 
traditionen befangen war, wie Frickenhaus an- 
nimmt. 2. Mit dem Zeus Ithomatas eng verbunden 
ist eine sehr ähnliche undatierte Bronzestatue, die 
wir auch aus Münzen kennen: der Zeus nalg in 
Aigion, der ebenfalls bei dem jeweiligen Jahres- 
priester wohnte (Paus. VLT 24, 4. Journ. hell. Stud. 
1886, Taf. 67 R 12 f Gat. Brit. Mus. Pelop. Taf. 4 
nr. 12. 14. 17. Hitzig-Blümner Pausania3 II 



rühren. 1. Statue des Zeus Ithomatas, inoiißri 
dk if äexys ToXg otxTjoaatv iv NavjiäxTat Msöotj- 
vloiv (Paus. IV 33,2), ein Ausdruck, der sich nach 
dem Sprachgebrauch des Pausanias und im Zu- 
sammenhange seines Textes nur so verstehen läßt, 
daß die Auswanderer sich ein Bild ihres heimischen 
Gottes machen ließen, das sie bei der Rückkehr 
in die alte Heimat natürlich mitbrachten. Ro- 
bert (Arch. Märchen 94) will bei dieser von 



ihm übrigens abgelehnten Auffassung die Echt- 30 Münztaf. IV 16 f.). Die beste Münze läßt keinen 
heit des Bildes bezweifeln, weil die Messenier "-— ■*-' - -■>-- DP - 1 - -" 
nach der Einnahme von Naupaktos zunächst zer- 
streut worden seien. Da das Bild jedoch klein 
und leicht genug war, um jährlich in das Haus 
des neugewählten Priesters gebracht zu werden, 
so versteht es sich von selbst, daß Flüchtlinge, 
vermutlich der Priester und seine Familie, die 
Figur mitgenommen haben. Emigrantentraditionen 
erlöschen auch heute noch nicht so leicht, be- 
sonders wenn sie von Gottes Gnaden sind. Vgl. 40 



im übrigen die schon oben angeführte Literatur. 
Kaum gangbar ist der von Thraemer vorge- 
schlagene Ausweg, daß schon vor 456 flüchtige 
Messenier Aufnahme in Naupaktos gefunden hätten 
(Collignon Gesch. d. griech. Plastik I 335, 1). 
Die Statue ist aLso in den fünfziger Jahren des 
5. Jhdts. entstanden, war höchst wahrscheinlich 
aus dünn gegossener Bronze und dürfte höchstens 

lebensgroß gewesen sein. Auf den vom 4. Jhdt. x ^ _, 

ab verfolgbaren messenischen Münzen, die überdies 50 Vasenmalerei II 8). "'Die Grundlage der Annahme 
oft mit Meaaäfvioi) *I&a>ti(alot) bezeichnet sind, von Frickenhaus ist hypothetisch und vordem 

Erscheinen seines Aufsatzes über das Herakleion 



Zweifel an dem Knabenalter: Svoronos Journ. 
internat. num.Il 1899, 302, Taf. 14, 11 ; überdies fin- 
det sich wiederholt die Beischrift Alyiecov actis. Die 
vollständige Gleichheit des Motivs weist die Figur 
dem Meister des Ithomatas zu. 3. Das gleiche ist 
sehr wahrscheinlich für die Bronzestatue des bart- 
losen Herakles in Aigion, von welchem Pausanias 
a. a. 0. ganz dasselbe wie von dem Zeus xae; 
berichtet. 

Sicher dem jüngeren H. gehört das letzte be- 
zeugte Werk, der Herakles Alexikakos von Melite, 
der durch die große Pest in den Anfang der 
Zwanziger Jahre des 5. Jhdts. datiert wird. Von 
dieser Statue glaubt Frickenhaus a. a. 0. wenig- 
stens den Typus mit Hilfe eines Statuettentorso 
aus Athen und einer Gemme nachweisen zu können. 
Zwei frageweise geäußerte Vermutungen von 
Furtwängler bedürfen heute keiner Widerlegung 
mehr (Roschers Myth. Lexikon I 2159; Griech. 



herrscht nun ein Zeustypus, der nicht wohl jünger 
als die Mitte des 5. Jhdts. sein kann, durchaus 
vor: er gibt offenbar den Ithomatas desH. wieder 
(Cat. Brit. Mus. Pelop. Taf. 22 passim. Journ. hell. 
Stud. 1886 Taf. 66 R 4, 5. Hitzig-Blümner, 
Pausanias I Münztaf. III 20, 21. Michaelis- 
Springer 19 211 Abb. 393). Der Gott steht in 
halber Ausfallstellung mit vorgesetztem linken 

Hain .rl«^ i*t* XT»:» 1^'^l.i- T • J_ ^ 1 1 1j_ -j_ 



von Melite in den Athen. Mitt. XXXVI nicht 
nachzuprüfen: der fragliche Torso, abgebildet 
von Watzinger Athen. Mitt. XXLX 238f., ist 
nämlich neben dem kleinen Heiligtum am West- 
abhange der Akropolis, in welchem Dörpfeld 
u. a. trotz schwerer Bedenken das Dionysion in 
den Sümpfen erkennen wollen, gefunden worden; 



Bein, das im Knie leicht gebogen ist, und holt mit 60 und dieses Heiligtum hält Frickenhaus für das 



der erhobnen Rechten aus, um den Blitz zu schleu- 
dern; auf der vorgestreckten Linken sitzt der 
Adler. Das Motiv ist reif archaisch und bereits 
um 500 voll entwickelt, wie eine Anzahl Klein- 
bronzen lehrt: Michaelis a. a. 0. Abb. 394. 
Karapanos Dodone Taf. 12, 4. Olympia Ergeb- 
nisse IV Taf. 7 nr. 43. 45 j mit gestrecktem Bein 
Taf. 8 nr. 44. Das beste Exemplar hält Kekule 



Herakleion. Falls das richtig ist, wäre es gut 
möglich, daß die Statuette ein Weihgeschenk im 
Typus des Alexikakos war; der Fundort schließt 
jedoch weder aus, daß sie aus einem anderen 
Heiligtum in dieser Gegend — Watzinger a. a. 
0. denkt an das des Herakles Menytes — noch 
daß sie ans einem Privathause stammt. Die kunst- 
geschichtliche Stellung der Statuette wird von 



aiy& 



Hageladas 



Hageladas 



219® 



Füicken haus und Watzinger verschieden be- 
urteilt. . Klar ist, daß sie zu einem Kreise von 
Heraklesdarstellungen ans der Mitte des 5. Jhdts. 
gehört, dessen Hauptvertreter die sog. Theseus- 
herme Ludovisi (Brunn-Brnckmann Taf. 329, 
1), ein Torso in Dresden (Arch. Anz. 1894, 170. 
Arndt-Amelung Einzelaufnahmen ant. Skulpt. 
184), zwei unvollendete Statuetten aus Athen in 
Madrid (Arndt-Amelung a. a. 0. nr. 1721. 



urteilt, gerät er auf diese Weise in doppelten 
Widerspruch mit sich selbst. Denn erstens ver- 
wendet er eine augusteische Gemme, obwohl er 
das Fehlen des Typus auf den Münzen der Kaiser- 
zeit damit erklärt, daß das Heiligtum damals nicht 
mehr bestanden habe — was nach Ausweis der 
Ruinen bereits für das 1. Jhdt. v. Chr. gilt; zweiten» 
ist die Figur auf der Gemme rein attisch (man 
vgl. z. B. den Diadumenos Farnese, Brunn- 



S. Reinach Repert. II 207, 7) und Athen, Natio- 10 Bruckmann Taf. 271. Michaelis-Springer 



nalmuseum nr. 2573, sowie einige Gemmen sind 
(Furtwängler Meisterwerke 450 Abb. 70; Gem- 
men I. Taf. 43, 30. Taf. 39, 20 = Röscher Myth. 
Lex. 1 21 56). Die Theseusherme und der Dresdener 
Torso sind allem Anschein nach Repliken der 
gleichen Statue, die dem Doryphoros in Größe und 
Proportionen genau, im Motiv mit dem wesentlichen 
Unterschiede entsprach, daß Arme und Kopf im 
Gegensinne bewegt waren. Der Kopf ist von rein 



a. a. O. 259. Bulle a. a. 0.2 Taf. 49), während 
Frickenhaus selbst den Polykletischen Charakter 
der Statuette betont und annimmt, der Herakles 
Alexikakos des jüngeren H. habe den Athenern den 
allgemeinen Charakter der Polykletischen Kunst 
vermittelt. Was nun endlich den Statuettentorso- 
aus Athen betrifft, so stellt Frickenhaus zwar 
durchaus richtig einen wesentlichen Unterschied 
in dem schlanken Aufstreben der Statuette gegen- 



attischem Typus und steht in enger Beziehung zu 20 über der breiten Entfaltung des Hermentypus fest, 

Myron (vgl. Arndt-Amelung nr. 243f.); ferner —~- ¥> — -^ at ~- ^--' L -- tj •■■■ -■ 

ist die Rechte, welche die Keule schultert, mit 
dem Unterarm viel mehr nach außen gedreht als 
der Speerarm des Doryphoros. Die gleichzeitige 
Gemme Meisterwerke 450, 70 verändert den Typus 
dieser Statue dadurch, daß sie den vom Löwenfell 
umschlungenen linken Unterarm auf einer Säule 
ruhen laßt. Ganz anders ist der Rhythmos der 
Madrider Statuette, denn bei ihr sind Stand- und 



seine Bewertung dieser Beobachtung ist jedoch 
methodisch nicht unbedenklich. Weder im 4. Jhdt. r 
in welches Watzinger die Statuette schwerlich 
mit Recht setzt — das Vorhandensein einer ziem- 
lich unnötigen Stütze für den rechten Unterarm,, 
die etwas kleinliche Angabe der Holzmaserung 
an der Keule und die ursprünglich kräftige Poli- 
tur der Oberfläche sprechen für eine bedeutend 
spätere Entstehung — , noch selbst in der Kaiser- 



Spielbein vertauscht (daher , weicht die Bewegung 30 zeit pflegen so kleine Statuetten treue Repliken 
der Hüften ab'!); sie gibt also mit geringen Ab- großer Statuen zu sein; sie pflegen vielmehr 
weichungen im einzelnen das Spiegelbild des Dorv- Motiv und Forrnffebunsr nur in den Grundzeiten zu 



veichungen im einzelnen das Spiegelbild des Dory 
phorostypus, welchem die griechisch-römische Gem- 
me bei Furtwängler Taf. 43, 30 so genau ent- 
spricht, daß er darin den Herakies des Polyklet 
erkennen möchte — was freilich nach Lippolds 
Ausführungen Arch. Jahrb. XXIII 208tf. seine 
Bedenken hat. Auch der Kopf der Madrider 
Figur ist von anderem Typus als der des Theseus, 



Motiv und Formgebung nur in den Grundzügen zu 
bewahren. Wir sind daher so lange nicht be- 
rechtigt, die von Frickenhaus hervorgehobenen 
Eigentümlichkeiten der Statuette ihrem Vorbilde 
zuzuschreiben, bis andere zuverlässigere Repliken 
den Beleg dafür erbringen. Daß sie auf das 
Original des Hermentypus zurückgeht, ist frei- 
lich auch nicht wahrscheinlich. Denn ganz ab- 



jedoch ebenfalls attisch (die Figur ist irrig beur- 40 gesehen davon, daß sie nicht mehr polykletische 



teilt bei Arndt-Amelung a. a. O. IV 57). Die 
schöne augusteische Gemme endlich gibt, wie 
Furtwängler zu Taf. 39, 20 mit Recht bemerkt, 
einen rein attisch-pheidiasischen Typus wieder. 
Bar steht das bei Frickenhaus nicht erwähnte 
unvollendete Figürchen in Athen, Nationalmuseum 
nr. 2573 sehr nahe; der Kopf ist dort etwas 
nach rechts gewendet; Unterschenkel und linke 
Hand fehlen. Es bleiben zwei Statuettentorscn 



Elemente zeigt als viele attische Figuren, ist die 
Form der Pubes von dem verbreiteten Typus der 
Tyrannenmörder abgeleitet, steht also im Gegen- 
satz zu der polykletischen Bildung an der Herme. 
Ein so auffälliger Einzelzug ist aber schwerlich 
auf Willkür des Kopisten zurückzuführen. Wie 
vielfach der Grundtypus von der Mitte des 5, Jhdt. 
ab von den verschiedensten Künstlern variert wor- 
den ist, hebt mit Recht hervor P. Herr mann 



der Athener und ein von Watzinger a. a. 0.50 Arch. Anz. 1894, 169f. Damit schwindet jede 



beschriebener in Budapest. Letzterer steht der 
Herme auch in der Strenge der Formgebung und 
in Einzelheiten so nahe, daß er eine ungewöhn- 
lich sorgfältige Statuettenreplik zu sein scheint. 
Der bedeutend kleinere Athener Torso, der vom 
Hals bis zum Knie 0,35 m mißt, zeigt dagegen 
so starke Abweichungen, daß Frickenhaus 
ihn im Gegensatz zu Watzinger auf ein 
anderes Original, eben den Herakles Alexikakos 



des jüngeren H. zurückführt. Den linken Unter- 60 geworden ist. 



Möglichkeit, von dem Herakles Alexikakos des 
jüngeren H. mehr zu sagen, als was sich von selbst 
versteht: daß er von der Kunst des damaligen 
argivischen Schulhauptes Polyklet abhängig ge- 
wesen sein wird. Da es sich nun auch fragt, ob 
der Zeus Ithomatas und der Zeus jralg von ihm 
oder von seinem Großvater herrühren, trifft auf 
ihn zu, was Frickenhaus von seinem Großvater 
sagt: daß er wieder vollkommen zum Schatten 



arm möchte er nach der letztgenannten Gemme 
halb erhoben mit Löwenfell und Bogen er- 
gänzen, und schließlich glaubt er, in der Gemme 
geradezu den Alexikakos erkennen zu dürfen, weil 
eine beigefügte Säule die Figur als Kultbild cha- 
rakterisiere. Da er anscheinend nur nach der 
Zeichnung bei Boscher und ohne Kenntnis von 
FurtwÄnglers Bemerkungen in den .Gemmen' 



Was den altern H. betrifft, so dürfen zwar die 
Münzbilder des Ithomatas und des Zeusknaben so- 
wie die Angabe, daß der Herakles in Aigion bartlos 
gewesen sei, für ihn nur noch frageweise verwendet 
werden. Damit ist jedoch nicht, wie Fricken- 
haus meint, etwas Wesentliches für die Kenntnis 
seines Stils verloren. Der Zeusknabe und der 
Herakles dienten Knabenkulten ; ihre Jugendlich- 



2197 



Hageladas 



Hägelatlas 



2196 



keit war also mit dem Auftrage gegeben und be- 
rechtigte nie zu dem Schlüsse, H. habe sie aus 
künstlerischen Gründen so gebildet, nü mistts 
praeter leves genas. Nicht anders steht es mit dem 
verbreiteten Bewegungsmotiv der Zeusstatuen. 
Dagegen wissen wir auf Grund einer Beweis- 
führung, die kaum weniger zwingend ist als eine 
Signatur, Wichtigeres von der Kunst des älteren H., 
als uns kleine Münzbilder oder gar Notizen über 



das Wesentliche der Körperformen durch Verein- 
fachung und Hervorhebung der Grundzuge vor- 
herrschen, abstrakte Form und architektonischer 
Rhythmos den Eindruck bestimmen: es ist das 
Erbe des geometrischen Stils, dessen Vollender 
Polyklet ist. Der flach S-förmige Schwung, der 
sich bei Polyklet vom Doryphoros bis zum Diadu- 
menos steigert und den schmiegsamen Rhythmos 
der Werke des Praxiteles beherrscht, kündigt sich 



Äußerlichkeiten lehren könnten. All die Eigen- 10 bei.denaltargivischen Statuen leise, aber vernehm- 



tümlichkeiten, welche die Werke der von Polyklet 
geführten argivischen Schule in der zweiten Hälfte 
des 5. Jhdts. im Gegensatze zur attischen und ioni- 
schen Art zeigen, rinden sich weitgehend vorgebildet 
in einem großen Kreise von Skulpturen der ersten 
Hälfte des Jahrhunderts. Eine originale Klein- 
bronze reinsten Stiles stammt aus der Argolis und 
trägt technische Kennzeichen argivischerHerkunft; 
viele andere dem weiteren Kreise angehörige sind 



lieh an; wie das Körperideal des Polyklet, so hat 
auch dieses Schema erst Lysipp, der doch den 
Doryphoros seinen Lehrer nannte, überwunden. 
Wir dürfen somit glauben, daß der argivische 
Typus des nackten jugendlichen Mannes uns den 
Stil des älteren H. kennen lehrt. Der Einfluß 
dieses Stiles auf andere Kunstschulen scheint kaum 
geringer gewesen zu sein als der des Polykletischen 
Stiles, welchem seine unmittelbaren Ausläufer 



peloponnesisch. Eine Apollonstatue gleicher Rieh- 20 parallel sind ; er ist in der attischen Kunst be- 



tung hat wahrscheinlich in Sparta gestanden; zwei 
engverwandte olympische Siegerstatuen sind aus 
peloponnesischem Marmor. Es ist darnach zweifel- 
los, daß dieser Stil der argivische aus der späteren 
Blütezeit des H. ist. Freilich ist nicht zu beweisen, 
daß dieses oder jenes Werk, z. B. die von Stephanos 
und anderen kopierte Jünglingsfigur, von H. selbst 
stammt; daß aber der Altmeister, dessen Schüler 
nicht nur der einheimische Polyklet, sondern auch 



sonders deutlich, aber auch in der ionischen, be- 
sonders der nordionischen Kunst am olympischen 
Zeustempel kenntlich. Namen vermögen wir hier 
freilich nicht zu nennen; wenn Furtwängler den 
pompeianischen Apollon dem Hegias, den er sich in 
enger Abhängigkeit von H. denkt, zuweisen wollte, 
so ist" das ebenso unwahrscheinlich wie un erweislich 
(Meisterwerke 81). Unsicher und bei aller inneren 
Berechtigung äußerlich wenig beglaubigt ist auch 



nach Plin. n. h. XXXTV, 57 Myron von Eleutherai30 Furtwänglers Zuweisung eines weit verbreiteten 



war, der eigentliche Schöpfer des Stiles ist, folgt mit 
Notwendigkeit aus seiner überragenden Stellung, 
Wenn es Polyklets Großtat war, ,daß er den Rhyth- 
mos des Manneskörpers rein dargestellt hat', so hat 
H. ihm die Bahn gebrochen. Zu der idealen Ver- 
einigung von Natur und Stil, auf welcher die Größe 
der klassischen Kunst beruht, hat er ein Haupt- 
element des Stiles beigesteuert. 

Die beiden hervorragendsten in Kopien er- 



Typus der bekleideten weiblichen Figur an H. 
(Arch. Studien Brunn dargebr. von Furt- 
wängler, Körte, Milchhöfer 83f.). Es fehlt 
hier eine in Argos lokalisierte festgeschlossene 
Gruppe von Werken als Träger eines Stiles, der 
sich anderwärts deutlich als Ausstrahlung von 
diesem Zentrum kundgäbe; man kann den Tat- 
bestand so auffassen, aber man braucht es nicht; 
die vermutlich korinthischen Spiegelstützen von 



haltenen Werke dieser altargivischen Schule sind 40 diesem Typus genügen nicht zum Beweise, ebenso- 

Ja« T^i«/wli« rw t\ j\r* W + mrvl'ifiwr^r» *iv\/l vi/*** l J.ifYvi*in*\!iJiirtTv ntAnt/» iim AiiKAnli/iTilrAii- t\ rm t\ j*iv-i r*f\v\ ryv\ I unnliT linkt 



der Jüngling des Stephanos und der,Gymnopädien- 
Apollon 1 von Pompei und Mantua. Den besten 
Eindruck des letzteren vermittelt die pompeianische 
Bronzereplik, wenn es auch nicht ohne weiteres 
sicher ist, daß die Gußform von einem Gipsabguß 
des Originals genommen ist (Bulle a. a. O. 90 
Taf. 43. Brünn-BruckmannTaf.302. Michae- 
lis a. a. O. 234 Abb. 428. Winter Kunstgesch. 
in Bildern Taf. 38, 10). Die Figur des Stephanos 



wenig die Äußerlichkeit der dorischen Tracht. Daß 
der gleiche Geist wie in der Kunst des H. in diesen 
wunderbar strengen und herben Peplosfiguren 
herrscht, ist freilich offenbar (Arndt möchte sie 
für sikyonisch halten, Glyptothek Ny Carlsberg, 
Text zu einem Kopf des ,Aspasia'typus). 

Furtwängler 50. Berliner Winckehnanns- 
progr. 125ff. ; Meisterwerke 78. 751 ; Samml. Somzee 
53ff. Gf.; S.-Ber. Akad. Münch. 1897, II 130f. 133. 



erweist sich durch die Recensio der Repliken als 50 1899, II 570. 579. 583ff. 1905, I 265. Stud- 



manierirt-, den besten Gesamteindruck gibt der 
Neapler Orestes, Brunn -Bruckmann Taf. 306. 
Bulle a. a. O.l Taf. 57. Winter Kunstgesch. 
i. Bildern Taf. 79, 7, der beste Kopf im Lateran ist 
abgebildet bei Furtwängler Meisterwerke 405. 
Die beiden Statuen rühren sicher nicht von dem 
gleichen Meister her; wenigstens müßte man diesen 
sonst von fremden Einflüssen so abhängig denken 
wie die Vasenmaler, bei welchen auch der schlanke 



niezka Rom. Mitt, II 97: Athen. Mitt, XI 449. 
XII 375. Wolters Arch. Jahrb. XI lff. (Gym- 
nopädien- Apollon). Bulle a, a. O. 89fl. 100 Taf. 41. 
43. Herrmann bei Arndt-Amelung E. A. 
ant. Skulpt, nr. 550, vgl. nr. 4. Lechat Sculpt. 
att. avant'Phidias 380fT. 454f. Joubin Sculpt. 
grecque 141 83ff. 92ff. 109ff.; Mon. grees I lff. T. 15. 
Michaelisa. a.O. 210. Collignon-Thraemer 
a. a. O. I 332ff. II 716ff. 72*2. Busolt Griech. 



kleinköpfige Typus des Stephanos-Jünglings eine 60 Gesch. 112, 562, 1. Deonna Apollons archaiques 



Weile beliebt war (von signierenden Malern ist sein 
Hauptvertreter Duris, von welchem ihn Hieron - 
Makron für kurze Zeit übernommen hat). Der 
Apollon ist etwas fortgeschrittener als der Jüng- 
ling, sein Rhythmos gelöster, seine Flachentührung 
weniger straff, sein Kopftypus anders. Dennoch 
liegt beiden das gleiche Ideal zu Grunde: die 
Mechanik des Standmotivs soll organisch klar sein, 



366. Vgl. Mariani Bull. com. 1901, 165ff, 71ff. 
Die von Waldstein im Journ. hell, stud, XXTV 
129ff. begonnene, in der Class. review fortgesetzte 
Polemik gegen Furtwängler hat die Sache nicht 
gefördert. Ihm folgt Klein Geschichte der griech. 
Kunst I 385. 333ff. 377, zu dessen Behandlung 
des IL die obigen Ausführungen fast durchweg im 
Gegensatze stehen. Das gleiche gilt für Mattier 



2199 



Hagesandros 



Hagesandros 



2200 



Polyklet 6f. 13f. und Jo üb in a. a. 0. 109ff. Der aus 
den Unterschieden von Proportionen und Köpfen 
der einzelnen argivischen "Werke hergeleitete Ein- 
wand ist von Furtwängler im Toraus wiederlegt 
worden; der Stil ist diesen zeitlich und individuell 
bedingten Unterschieden übergeordnet. Daher 
lassen sich keine einzelnen Werke, wohl aber der 
Stil auf H, zurückführen. [Pfuhl.] 

Hagesandros von Rhodos wird von Plin. n. h. 



metzengilde zuzuweisen (z. B. Dnmont Inscript 
et mon. fig. de la Thrace nr. 65). Die Kunst- 
blüte von Rhodos liegt also auch für Dion in 
der Vergangenheit. 

3. Werke eines Athanodoros (Athenodoros) 
sind in Italien inschriftlich und literarisch be- 
zeugt. Die Inschriften nennen den Vatersnamen 
H. nebst Ethnikon und stimmen paläographisch 
in allem Wesentlichen mit den datierten rhodi- 



XXXVI 37 zusammen mit Polydoros und Atheno- 10 sehen Inschriften überein. Die in Italien ge- 



doros als Meister der Laokoongrappe genannt. 
Eine in ihrer Gesamtheit erdrückende Fülle von 
Wahrscheinlichkeitsgründen zwingt dazu, ihn 
gleichzusetzen mit H., Sohn des H. von Rhodos, 
Vater oder Bruder des Bildhauers Athanodoros, 
dessen Lebenszeit ganz ins 1. Jhdt. v. Chr. fällt. 
Die glückliche Ergänzung der rhodischen Künstler- 
inschriften durch die dänischen Ausgrabungen in 
Lindos hat Blinkenberg und Kinch ermög- 



fundenen Sockelsteine, auf welchen die Inschriften 
stehen, sind durchweg farbig und mit einer Aus- 
nahme klein. Furtwängler Bonn. Jahrb. XCIII 
1892, 60 vermutet daher, daß wenigstens auf 
den kleinen Sockeln auch farbige Skulpturen ge- 
standen haben, wie solche in Kleinasien anschei- 
nend bereits im 2. Jhdt. vorkamen; neben der 
großen Sockelplatte ist ein Gewandrest aus weißem 
Marmor gefunden worden (Löwy Inschr. griech. 



licht, den Stammbaum einer Familie, in welcher 20 Bildh. nr. 203). Es versteht sich, daß die Tat- 



die Namen H. und Athanodoros immer wieder- 
kehren, durch vier Generationen in zwei Jahr- 
hunderten zu verfolgen. Die Gleichsetzung des 
letzten Athanodoros, Sohnes des H , mit dem gleich- 
namigen Bildhauer, dessen Künstlerinschrift aus 
dem J. 42 v. Chr. stammt, darf als sicheT gelten 
(Bull, de Tacad. de Danemark 1905, 79). Die 
weitere Gleichsetzung dieses Athanodoros und seines 
Vaters oder Bruders H. mit den beiden Bild- 



sache so wenig wie die Vermutung mit den obi- 
gen Worten des Plinius vom marmor maculosum 
zu einem Gegengrunde irgendwelcher Art ver- 
bunden werden darf. 

4. Der Stil der Laokoongruppe ist der spät- 
hellenistische Barockstil, dessen Anfänge frühe- 
stens an das Ende des 3. Jhdts v. Chr. zu setzen 
sind. Da er sich im Gegensatz zum Klassizis- 
mus zu einer Art asianischer Koine entwickelt 



hauern dieses Namens bei Plinius beruht auf 30 hat, reichen seine Ausläufer bis zur Erstarrung 



folgenden Gründen (vgl. besonders Förster 40. 
Philol.-Versamml. 76ff.; Arch. Jahrb. VI 191ff. 
XXIff. Amelung Skulpt. d. vatik. Mus. II 184ff.). 
1. Plinius muß von Künstlern einer früheren 
Zeit sprechen ; denn erstens schließt er seine Aus- 
führungen über den allerhand Zufällen unter- 
worfenen Ruhm der Künstler, in welchen die 
Meister des Laokoon an erster Stelle eines der 
letzten Abschnitte stehen, mit folgenden Worten : 



der spätantiken Kunst; im 2. und selbst im 3. 
Jhdt. n. Chr. ist er noch sehr verbreitet und 
lebendig. Die Laokoongruppe ist jedoch ein Werk 
von so außerordentlicher Durchbildung aller Dar- 
stellungsmittel, daß sich ihre entwicklungsge- 
schichtliche Stellung innerhalb des Stiles be- 
stimmen läßt. Auf diesem Wege kann man, 
ohne schematisch zu verfahren, die Mitte des 
2. Jhdts. v. Chr. als obere Grenze für die Ent- 



haee sint dieta de marmoris scalptoribus summa- 40 stehung der Gruppe feststellen. Eine untere 



que claritate artißcum, quo in traetatu subit 
mentem, ?wn fuisse tum auetoritatem maculoso 
marmori (XXXVII 44) ; zweitens rühmt er die Lao- 
koongruppe in den stärksten Ausdrücken, wäh- 
rend er sonst über die ganze Kunst seiner Zeit 
— sehr mit Unrecht — scharf aburteilt (XXXIV 5. 
XXXV 5 ; nur der Nerokoloß des Zenodoros, den 
er bei der Arbeit sah, hat ihm imponiert: XXXIV 
46) ; drittens führt er die rhodischen Bildhauer als 



Grenze ist aus der Geschichte des Barockstils 
allein nicht zu gewinnen, sehr wohl jedoch aus der 
allgemeinen Kunstgeschichte durch Ausschließung 
derjenigen Epochen, deren Stile, Stilstufen und 
technische Gewohnheiten in Rom und im Reich 
eine Einordnung der Laokoongruppe nicht ge- 
statten. Man wird auf diese Weise den Anfang 
des 1. Jhdts. n. Chr. als untere Grenze für ein 
Nachleben des individuellen Stils der Gruppe be- 



Beispiel dafür an, daß gemeinsame Arbeit meh- 50 stimmen können. Der Beweis kann hier umso- 



rerer Künstler an einem Werk dem Ruhme jedes 
einzelnen nachteilig sei; er stellt also ein Miß- 
verhältnis zwischen dem Werk und dem Ruhm 
der Meister fest, was angesichts seines hohen 
Lobes bei Zeitgenossen widersinnig wäre. 

2. Dion von Prusa sagt in seinein unter Titus 
geschriebenen Rhodiakos (v. Arnim Leben und 
Werke des Dio von Prusa 210f.) kein Wort von 
einer glänzenden Kunstblüte in Rhodos, bezeugt 



weniger im einzelnen geführt werden, als die Ent- 
wicklungsgeschichte der Stile in der Kaiserzeit 
noch keine zusammenhängende Darstellung er- 
fahren hat und nur einem kleinen Kreise von 
Forschern in den Grundzügen bekannt ist. Auch 
Wickhoffs berühmte Charakteristiken sind viel 
zu einseitig, um richtig zu sein. Folgende An- 
deutungen mögen wenigstens den Weg weisen. 
Da die Bewegungsmotive keine genaue Da- 



vielmehr mittelbar das Gegenteil, wenn er die60tierung innerhalb des Barockstils gestatten, ist 
Rhodier ob deT üblen Gewohnheit tadelt, ältere n " ' ' " ' " ' 1# — 

Ehrenstatuen auf neue Namen umzuschreiben. 
Eine glänzende und einflußreiche Künstlerschaft, 
wie sie durch die Inschriften für das 1. Jhdt. 
v. Chr. bezeugt ist, würde gegen eine solche 
Schädigung sicher politische Mittel gefunden 
haben; vergleichbar ist die Gewohnheit, die Straf- 
gelder fttrWiederbenutzung alter Gräber der Stein- 



von der Formbehandlung auszugehen. Bei dieser 
ist im allgemeinen zwischen der architektoni- 
schen Grundlage und der Oberflächenbildung zu 
scheiden. Die Grenze zwischen beiden beginnt 
sich im Barockstil in der Weise zu verschieben, 
daß die Bewegung der Oberfläche besonders an 
den Köpfen immer mehr in die Tiefe greift : das 
Knochengerüst wird teils verschleiert, teils scheint 



2201 



Hagesandros 



Hagesandros 



2202' 



es sogar die Bewegung der Weichteile mitzu- 
machen. Diese von Skopas vorbereitete Entwick- 
lung beginnt mit den Gruppen des Attalischen 
Weihgeschenkes in Athen, die aus verschiedenen 
Gründen nicht wohl von einem anderen als von 
Attalos I. gestiftet sein können, also ans Ende 
des 3. Jhdts. zu setzen sind. Die erhaltenen Fi- 
guren sind keineswegs einheitlich im Stil. Einige 
zeigen den aus Lysipps Schule hervorgegangenen 
frühhellenistischen Stil der großen Gallier noch 
rein, andere stehen dem Barockstil des großen 
Altars ganz nahe, wieder andere vermengen beide 
Stile (z. B. v. Bienkowski Darstell. cL Gallier 
45f.) : die übliche Scheidung einer 1. und 2. per- 
gamenischen Schule erweist sich daher als irrig. 
Dem Laokoon ähnelt am meisten der tote bär- 
tige Gigant, nicht nur im Kopfe, sondern auch 
im Gesamtmotiv und in der Wölbung der Brust 
und der Einziehung des Leibes, die auch bei 
anderen Figuren des Weihgeschenkes vorkommen. 
Die tektonischen Formen des Kopfes sind be- 
wegt, aber klar und nicht durch überreiches Or- 
nament von Einzelformen verschleiert. An den 
pathetischen Köpfen des großen Altars greift die 
Bewegung der reicher gegliederten Oberfläche be- 
reits tiefer: das feste Gerüst seheint mitzu- 
schwingen, ohne jedoch seine tektonische Funk- 
tion ganz zu verlieren. Beim Laokoon ist kein 
Gerüst mehr kenntlich : wie flache Gewässer sich 
bei Sturm in steilen Grundseen gleichsam mit 
ganzem Leibe aufbäumen, so hat die ursprüng- 
liche Bewegung der Oberfläche hier alle Formen 
aufgewühlt ; man hat mit Recht von eineT kaut- 
schukartigen Verschiebung gesprochen. Wäre diese 
Entwicklungsstufe, die ein Äußerstes an Ausdruck 
ermöglicht, vor der Mitte des 2. Jhdts. erreicht 
worden, so müßte sie in der pergamenischen Kunst 
nachzuweisen sein. Auch die Entwicklung der 
Oberflächenbildung allein führt auf eine ähnliche 
obere Grenze. Sie läßt sich mittelst datierbarer 
Porträts in ununterbrochener Folge von Lysipp 
über den Demosthenes des Polyeuktos von 280 
und den Chrysippos des älteren Eubulides aus 
dem Ende des 3. Jhdts. bis zu dem sehr viel 
weiter entwickelten Homer verfolgen. Diesen 
mit dem Homereion von Smyrna zu verbinden 
und in dessen von Sauer erschlossene Glanzzeit 
um die Mitte des 2. Jhdts. zu setzen, liegt sehr 
nahe ; wenigstens empfiehlt kein datierbares Werk 
eine frühere Ansetzung (Sauer 47. Philol.-Ver- 
samml. 21 ; Arch. Anz. XVIII 1903, 201). Im 
Laokoon ist der Stil des Homer mit dem perga- 
menischen Barock verschmolzen und beides in 
der Mischung gesteigert; ferner zeigt der ori- 
ginale Laokoon mehr Routine und weniger Frische 
als die Kopien des Homer (vgl. besonders Furt- 
wängler-Urliehs Denkmäler griech. u. rom. 
Skulpt. 2 168f.). Es liegt daher nahe, ihn nicht 
zu dicht an die obere Zeitgrenze heranzurücken. 
Wenn als untere Grenze der Beginn des 1. Jhdts. 
n. Chr. bezeichnet worden ist, so beruht dies 
nicht auf dem Vorhandensein verwandter Werke 
in dieser Zeit, sondern auf dem Fehlen entschei- 
dender Gegeninstanzen ; die verschiedenen Ströme 
des Späthellenismus hatten damals noch nicht 
alle eine neue Färbung angenommen. In der 
Zeit von Claudius bis Domitian hätte jedoch ein 
Werk von der allgemeines Anlage des Laokoon- 



kopfes sich unmöglich der ganz anderen Auffas- 
sung solcher Formen entziehen können, die nach 
Ausweis der Porträts damals nicht nur in Rom 
herrschte. Ein Vergleich des Laokoon mit dem 
herrlichen Vespasiankopf des Thermenmuseums 
zeigt am eindringlichsten, daß -zuviel Verwandt- 
schaft vorliegt, als daß gleichzeitig so viel Ver- 
schiedenheit möglich wäre. Die trockene, be- 
stimmte Formgebung, die Träger des Ausdrucks 

10 am Laokoon ist, kann nicht gleichzeitig sein mit 
dem leicht dahingleitenden Spiel von Licht und 
Schatten, um dessentwillen diese Zeit solche Auf- 
lösung der Formen suchte — ein Kunstwollen, 
das allgemein, auch in Architektur und Orna- 
mentik herrschte und bis in den Osten drang. 
Wenn Klein Gesch. d. griech. Kunst m 322 
am Laokoon eine , illusionistische FormenspTache' 
findet, so ist das fast ebenso falsch wie seine 
Behauptung, das dem Laokoon am nächsten 

20 stehende Werk sei — die Nike von Samothrake ! 
Auch die Formanalyse legt also die Gleichset- 
zung der Künstler bei Plinius mit den inschrift- 
lich bezeugten Rhodiern nahe. 

Eine allgemeine Bestätigung endlich bietet 
nach Amelung Rom. Mitt. XX 2211, das we- 
nige, was wir von der Gruppenkomposition des 
Barockstils wissen: die streng geschlossene Re- 
liefkomposition des Laokoon steht im Gegensatz 
zu der unplastischen Auflösung, die sich für 

30 einige Gruppen der späteren pergamenischen Kunst 
nachweisen läßt, und deren Extrem Alkiphron 
schildert: die freie Verteilung von Figuren auf 
bepflanzten Felsen (frg. 5, M eine ke 80; vgl. 
Dilthey Arch. Zeit. XXXVI 48). Das Kompo- 
sitionsprinzip des Laokoon scheint demgegenüber, 
selbst wenn man einen gewissen Zwang des Auf- 
stellungsortes annimmt, bewußt klassizistisch zu 
sein und daher auch hinauszugehen über den per- 
gamenischen Altarfries, an welchem weniger Klassi- 

40 zismus als Typentradition der Flächenkunst vor- 
liegt. Das Kriterium verliert jedoch dadurch an 
Wert, daß auch die Laokoongrappe in einer Typen- 
tradition steht, die sich nicht nur an Einzelmo- 
tiven über den von Alexander durchbohrten Perser 
auf dem Mosaikbilde bis zu den Kämpfertypen 
des 5. Jhdts. (Milchhöf er Prometheus 39. Brunn 
Kleine Schriften II 465f.) und selbst zu der chal- 
kidischen Vase mit dem Kampf um Achills Leiche 
(Mon. d. Inst. I Taf. 51) zurückverfolgen läßt, 

50 sondern sich bereits in klassischer Zeit zu drei- 
figurigen Laokoongruppen verdichtet hatte, wie 
ein etruskischer Skarabäus lehrt (Furtwängler 
Gemmen I Taf. 64, 30. Förster Arch. Jahrb. 
XXI 1906, 14 Abb. 6). Wenn man sich daher 
die Laokoongruppe von einem älteren hellenisti- 
schen Bilde abhängig denkt (Milchhöf er a. a. 
O. Furtwängler-Urlichs a. a. O. 120. Ro- 
den wal dt Komposition d. pomp. Wandgemälde 
264 ff.), so darf man diesem Bilde keine wesent- 

60 lieh höhere Originalität der allgemeinen Erfin- 
dung als der Gruppe zuschreiben. Diese echt 
griechische Typentradition in der bildenden Kunst 
wie in der Dichtung (Furtwängler Gemmen DU 
206. 450. Förster a. a. O. 13ff. Studniczka 
Arch. Jahrb. XXII 138ff.) läßt auch den alten Streit 
um das Verhältnis zwischen der Laokoongruppe 
und Vergil als zwecklos erscheinen. Datierungs- 
merkmale sind daraus vollends nicht zu gewinnen. 



&ä\JO 



üagesanaros 



Jttagesistratos 



22U4 



-- Ob einem von den drei Bildhauern ein wesent- 
lich höherer Anteil an dem Werke zukommt' als 
den beiden anderen, läßt sich nicht sagen ; denn 
selbst wenn H., der bei Plinius in nicht alpha- 
betischer Aufzahlung an erster Stelle steht, der 
Vater seiner Mitarbeiter war, braucht er nicht 
mehr und Besseres als diese beigetragen, ge- 
schweige denn die ganze Komposition, wie sie jetzt 
vor uns steht, auf einen Wurf gefunden zu haben. 



losigkeit gegenüber den relativen Größenverhält- 
nissen ihrer Figuren hat sich die griechische 
Kunst von Anfang an gewöhnt: aus gegenständ- 
lichen Gründen wurden kleine Adoranten großen 
Göttern und Heroen gegenübergestellt, aus for- 
malen Gründen Isokephalie oder auch bei un- 
gleichen Raumhöhen Änisokephalie durchgeführt 
Gerade im Späthellenismus sah man an zahl- 
losen Grabreliefs und sicher * auch an den ganz 



Umgekehrt ist es nicht berechtigt, den Athano- 10 gleichartigen Statuengruppen der Heroa ver- 

doros deshalb für den Bedeutendsten zu erklären, n„i™j„;i„„;i vi,,:-..,™ ^._ .-t. — t. ._._•._.. , 

weil wir zufällig von besonderen Ehrungen durch 
seine Mitbürger wissen und ein paar vermutlich 
auf ihn bezügliche Nachrichten (Isis Athenodoria, 
vgl, Förster Arch. Jahrb. VI 195f.; feminas 
nobiks, Plin. XXXIV 86, s. u.) sowie zwei oder drei 
Signaturen von ihm aus Italien besitzen; zwei 
andere Signaturen lassen sich ebensogut in Poly- 
doros ergänzen (Amelung Skulpt d. vatik. Mus. 



schwindend kleine Diener neben ihren heroisierten 
Herren; selbst zwei- oder dreijährige Kinder wer- 
den viel größer gebildet als Diener, deren Pro- 
portionen auf ein bedeutend höheres Alter weisen 
(z. B. Arch. Jahrb. XX 1905 Tal 4 S. 78 Abb. 
15). Der Laokoon ist nun bei allem Katuralis- 
mus in Einzelzügen durchaus ein Ideal werk. Auch 
im Hellenismus sind aber die besonders unhar- 
monischen Formen halbwüchsiger Knaben von 



II 193f.)._ Wir kommen über die Gemeinsamkeit 20 der Idealkunst abgelehnt worden, obwohl Ansätze 



der Arbeit nicht hinaus, und daß die Worte des 
Plinius : de consilii sententia fecere summi arti- 
floes sich darauf beziehen, versteht sich für jeden 
Unbefangenen von selbst und geht überdies aus 
dem Zusammenhange deutlich genug hervor (För- 
ster Arch. Jahrb. XXI 13). Es ist befremd- 
lich, daß Lachmanns übel angebrachte Gelehr- 
samkeit ganze Generationen dazu veranlassen 
konnte, den Wald vor Bäumen nicht zu sehen 



zu ihrer Übernahme gemacht waren (vgl. den 
,Agon' von Tunis, Hauser bei Furtwängler- 
Reichhold III 2, 2. L. Curtius Arch. Anz. 
XXIV 207f.). Es ist das ein Rest des klassi- 
schen Empfindens, demgemäß Aristoteles, etwas 
verspätet — wenn man will, klassizistisch — 
Kinder als zwergenhaft unproportioniert und da- 
her häßlich bezeichnet. All diese Momente durften 
zusammengewirkt haben , und das klassizistische 



und von dem gar nicht vorhandenen geheimen 30 Moment ist daher nicht im gewöhnlichen Wort- 
Rate des Titus bis zur Bule von Rhodos herum- sinn als reaktionär, sondern als traditionell zu 



zuraten — welch letzteres W. Klein den Stoff 
zu einer artigen Novelle geliefert hat (Gesch. d. 
griech. Kunst III 319f.). Glücklicher ist Ke- 
kules Gedanke, der Ausdruck des Plinius stamme 
vielleicht aus einem Epigramm, das nach Ame- 
lungs Vermutung am Sockel der Gruppe ge- 
standen haben könnte (Kekule" Zur Deutung 
und Zeitbestimmung des Laokoon- 16. Amelung 
a. a. 0. 158). 

Eine Polemik gegen frühere Irrtümer erübrigt 
sich durch die obigen Ausführungen und durch 
den Hinweis auf Försters ungemein verdienst- 
volle Untersuchungen; nur eins wäre im Hin- 
blick auf Roberts Bemerkungen o. Bd. II S.2047. 
Bd. IV S. 2079 hervorzuheben: Damophon von 
Messene ist jetzt fest in die erste Hälfte des 2. 
Jhdts. v. Chr. datiert, wohin der Stil seiner Skulp- 
turen in Lykosura ihn von jeher verwies (D i c kin s 



bezeichnen. — Was endlich die Ergänzung des 
rechten Armes des Laokoon betrifft, so ist Stud- 
niczkas Warnung gegen vorschnelles Vertrauen 
auf den Pollackschen Arm zu beherzigen (Arch. 
Jahrb. XXII 140f.): der um i/ 9 kleinere Maß- 
stab und der offenbare Stilunterschied machen 
es äußerst fraglich, ob er von einer Replik der 
Gruppe stammt. Die verschiedenen Ergänzungs- 
40 versuche sind kritisch behandelt von Amelung 
a. a. O., wo auch die Literatur bis 1906 zusam- 
mengestellt ist ; nachzutragen ist als wichtig nur 
Furtwängler Bonn. Jahrb. XCIII 58ff. ; Denkm. 
griech. und röm. Skulptur 2 120; Gemmen a, a, 
O., als neu Klein Gesch. <L griech. Kunst LEI 
226. 305ff. 

Daß H. auch Grab- und Ehren statuen in den 
üblichen späthellenistischen Typen verfertigt hat, 
darf an sich angenommen werden (vgl. Brunn 



Annualof the Brit. School at Athens XII 109ff. 50 Gesch. d. griech. Künstler I 474) und wird durch 



XIII 856ff.). 

Daß das Werk des H. und seiner Mitarbeiter 
in Form und Ausdruck ein Äußerstes und Letztes 
in der geradlinigen Entwicklung der griechischen 
Kunst darstellt, ist bei aller Verschiedenheit der 
Datierung und Bewertung im Grunde stets emp- 
funden worden, nicht zum wenigsten von Brunn 
und Furtwängler, die den Laokoon für fak- 
tisch oder doch entwicklungsgeschichtlich älter 



die Standspuren zweier Bronzefiguren auf einem 
Sockel des Athanodoros noch besonders empfohlen 
(Bull, de Lacad. de Danemark 1905, 82): ein 
Mann und eine Frau in gegensätzlichem Rhyth- 
mos, wie so oft auf Grabreliefs (z. B. Arch. Jahrb. 
XX 53, dazu 66). Es liegt deshalb auch näher, 
die erwähnte Angabe des Plinius XXXIV 86: 
Athenodorus feminas nobiles fecrit, auf den Rho- 
dier als auf den gleichnamigen Schüler Polyklets 



- — — - — ~" .„»^^^ogugvuiwiimu »ll^i mci aia s*ui ucii gicigmiamigeu renaler iuiyjucLö 

als den pergamenischen Altarfries hielten. Die 60 oder gar auf den archaischen Athanodoros zu be- 
letzte zusammenfassende Behandlung von Arne- ' * " " 
lung a. a. O. schließt mit dem Befremden dar- 
über, daß in dieser Epoche genauester Natur- 
kenntnis, die so viele vollendete Kinderbilder ge- 
schaffen hat, die Söhne dennoch wie verkleinerte 
Jünglinge proportioniert sind; Analogien seien 
keine Erklärtmg. Eine historische Erklärung ist 
vielleicht auf «bigende Weise möglich. An Sorg- 



ziehen (vgl. o. Bd. n S. 2046. 2048). [PfuhL] 

Hagesare tos, aus Larissa?, Strateg der Thes- 
saler um 49/48 v. Chr. (Caes. bell. civ. m 80; auf 
Münzen des thess. Bundes). [SundwalL] 

Hageslas s. Hegias Nr. 1. 
Hageglsferatos, Ephoros in Sparta, Herbst 
427— Herbst 426 (Xen. helL II 8. 10; in einer Weih- 
inschrift ans Tainaron, IGA 88). [SundwalL] 



332UÖ 



nagesippös 



Hageslppos, Priester des Helios auf Rhodos, 
Eponym (IG XII 1, 1067). [SundwalL] 

Hairia (Ayia fj xaXovfdvt) Conatant. Porphyr, 
them. I p. 38), Ort in Karien. [Bürchner.] 

Haglas .(ÄyitK , Ayias) von Troizen , ist als 
Verfasser des kyklischen Epos der Nooxoi in der 
Chrestomathie des Proklos genannt (Kinkel 
Frg. Epicor. p. 52). Er ist vermutlich erst von 
hellenistischen Gelehrten, jedenfalls nicht vor dem 
4. Jhdi, als Dichter dieses dem Homer abge- 10 IX. Priesterzeit (Curtius Anecd. 33. We scher - 
sprochenen kyklischen Epos vermutet worden, wie Foucart 27. Pomtow N. Jahrb. 1889, 572 und 
Stasinos für die Kimma. usw. Gute Grammatiker o. Bd. IV S. 2643f. und Anm. 2). 



man hier mit ^Recht seit Jung-ernxann "Apupts. 
Wahrscheinlich ist auch an der anderen Stelle 
'Avlas Korruptel für "Afupts (Meine ke FCG I 
404. Kock CAF II 250 frg. 51). [A. Körte.] 

Hagion {[zö] "Aytov). 1) Gail hatte zu 
Stadiasm. m. m. 338f. statt 'Ayvetov (s, den Art. 
Hagneion) "Aytov vorgeschlagen. [Bürchner.] 

2) Hagion (I), Sohn des Echephylos, delphi- 
scher Archon kurz nach 130 v. Chr. während der 



Stasinos für die JLvxpia. 

pflegten zu zitieren 6 xa KvuiQia, 6 xovg Nooxovg 
utotrjvas, eventuell mit Nennung eines oder mehrerer 
vermuteter Dichternamen, von denen die spätere 
Tradition nur je einen festhielt. H. war wie 
Stasinos u. a. ein alter Dichtername ohne Gedicht, 
also geeignet, mit einem Gedichte ohne Dichter 
verbunden zu werden, v. Wilamowitz Homer. 



3) Hagion (II), Sohn des Polykleitos, delphi- 
scher Archon um 104/3 v. Chr. während der XI. 
Priesterzeit (CIG 1700, Bull. heU. XXII 18 u. 16; 
vgl. Pomtow o. Bd. IV S. 2647L). Priester der 
XL und XII. Priesterzeit (vgl. Pomtow N. Jahrb. 
1889, 520. 575). 

4) Hagion (III), Sohn des Dromokleidas, del- 



Unters. 344ff. Wir wissen nichts von ihm , von 20 phischer Archon um 68/7 v. Chr. während der 



dem ihm zugeschriebenen Noatot ist mehr zu ge- 
winnen. Welcker Epischer Cyklus I 3 260ff. 

Mit diesem Epiker ist fälschUch ein Gelehrter, 
der 'AoyoitKa geschrieben hat, FHG IV 292f. 
.-+■ Add. 670, von M ein eke Com. I 417. v. Wila- 
mowitz Homer. Untersuch. 180, 26 identifi- 
ziert worden. Er wird zitiert bei Clemens Ales, 
ström. I 104, 2 p. 139 S (wo aiyiag überliefert ist) 
neben Derkylos für die Ansetzung der Iliupersis 



XIV.— XVI. Priesterzeit (Le Bas 959. 960; vgl. 
Pomtow o. Bd. IV S. 2594. 2653). 

5) Hagion (IV), Sohn des Dion, delphischer 
Archon um 42 v. Chr. während der XLX. Priester- 
zeit (Bull. hell. XX 49; vgl. Pomtow o. Bd. 
IV S. 2657f.) [SundwalL] 

Hagna {'Ayva) , häufiges Epitheton vieler Göt- 
tinnen, wie der Aphrodite (besonders auf Delos, 
u. a. o. Bd. I S. 2749. Röscher Myth. Lex. I 



auf einen Tag des Monats Panemos zwischen 30 1814. Nilsson Griech. Feste 382), Ariadne (s. o. 



lauter Gelehrten (vgl. Schol. Euripid. Hecub. 910). 
Weiter in Schol. Euripid. Troad. 16 wieder neben 
Derkylos für die Dreiäugigkeit des Zeus Herkeios 
in Ilios. womit zu vergleichen ist Pausanias (II 
24, 3) Notiz, auf der argivischen Larissa sei ein 
dTeiäugiges Xoanon des Zeus gewesen, von Sthene- 
los aus Ilios dahingebracht. Auch Athenaios (III 
86 F) zitiert H. mit Derkylos zusammen für eine 



Bd. II S. 808. Nilsson a. a. O.), Artemis, Ata- 
gartis (Dea Syria, Röscher Myth. Lei. 1 1814), 
Athena, Chariten, Demeter (u. a. o.Bd. IV" S. 2741), 
Eos, Erinyen, Hekate, Hören, Iris, Kora, Leto, 
Mise, Musen, Nemesis, Seirenen (Parthenope), 
Themis u. a. und personifizierter Begriffe wie 
Eunomia (o. Bd. VI S. 1129) und Physis. Beleg- 
stellen bei Bruchmann Epitheta deorum s. v, 
Sonderkultname der Kora in Audania, Ditten- 



zur Trompete geeignete Muschel aoxQaßrjXos {Mül- 
ler vermutet H. auch in dem überlieferten Avyeiag 40 berger Syll. II 388, 84 und Paus. IV 33, 4, 
Schol. Twl. [= Eustathios] zu Hom. IL XI 690, s. o. Bd. I S. 2117ff. Nilsson 339f., wie, neben 



dessen a AQyoXixüv als Zeugnis über Herakles, 
Neleus , Nestor neben Telesarchos 'Agyctfoxä hier 
angeführt werden). Alle Stellen passen für einen 
Gelehrten, und die drei ersten schließen einen 
Dichter aus. Der Irrtum, ihn für den kykli- 
schen Dichter zu halten, beruht auf C- F. Her- 
manns aueb paläographisch schlechter Konjek- 
tur zu Athenaios XIII 610 C, die von v. Wilamo- 



Demeter, in Lakonien CIG I 1449, in Akrai IGS 
204 und Tauromenion IGS 431. [Weicker.] 

* Hagnagora, Messenierin, Schwester von Aristo- 
menes, Führer der Messenier, zuerst mitEuergetidas, 
nach seinem Tode mit Tharvx aus Phigaleia ver- 
heiratet (Paus. IV 21, 2. 24, 1). [SundwalL] 
Hagnaios ('Ayvafos). 1, Zur ersten Hexa- 

,.._..__ menos gehöriger Monat im Kalender von Halos 

witz? Robert Homer. Becher 4L 16, Kaibel50in der Phthiotis, IG IX 2, 109a, 28. 71 { c Ayv(a- 



unbegreiflicherweise gebilligt ist. Die Stelle lautet: 
Namen von Helden im hölzernen Pferde wirst du 
kaum nennen können xal ovdh xavx kx xmv 
ZrrjQiyoqov , oyoXf] yaq , dXX' sx rfj; aaxdxov 
Agyeiov 'JXiov jiepotÖög • ovrog yag xapinöXXovs xt- 
vaq xaxttehv. Die Überlieferung, daß Agias von 
Trozen die Nostoi gedichtet habe, genügt wahr- 
haftig nicht, ihm auch ein Gedicht über die Zer- 
störung Ilions zu geben, und nun gar für aaxd- 
tov zu schreiben Ayhv xov. Sollte diese Kon- 60 
jektur aber wirklich richtig sein, so würde immer 
noch nicht auf ein Epos geschlossen werden 
müssen, ebensogut könnte auch hier ein mytho- 
gTaphisches Werk gemeint sein. [Bethe.] 

2) Hagias, als Dichter einer Komödie Zto- 
ygayog einmal genannt, Bekker Anecd. I 113. 
Bei Pollux (HI 36), wo derselbe Name im Par. 
A steht, haben /7 und C 'Apipiac, deshalb liest 



v)atog 109b, 24), von Bischoff Jahrb. f. Philol. 
1892, 483 an die vierte Stelle des mit der Herbst- 
nächtgleiche beginnenden Jahres gesetzt. 

2. Siebenter oder achter Monat im Kalender 
von Pyrasos in der Phthiotis, IG IX 2, 133. 
H. ist eine sprachliche Variante des ionischen 
Monatsnamens Hagneion (s. d.) und hat wie dieser 
seinen Namen vermutlich von gewissen Hand- 
lungen im Kult der 'Ayva oder der ayval &eaL 

[Bischoff.] 
"Ayvag tegijvrj, ein Brunnen im Haine Kar- 
ne(i)asion bei Andania, wird erwähnt in der 
großen messenischen Mysterie Umschrift aus Kon 
stantinoi (SGDI 4689. Ziehen Leges sacrae 
nr. 58) Z. 84ff. — § 17 tag Ptgärae zä$ tbvojtaa- 
fdvag bta xwv ägzaiatr iyygaupcov "Ayvas xai xov 
yeyevijfteyov txotI xq, xßdva ayalftaxog. Damals 
(100/90 v. Chr.) war also Hagna die Nymphe des 



ii£i\H 



uagueion 



Brunndns, die Statue, wie van der Loeff ver- 
mutet, vielleicht erst, von Mnasistratos errichtet. 
In der Zeit des Paueanias war diese Hagna mit 
Köre gleichgesetzt worden (TV 38, 4 )J 8k Ayvif 
K6gas Tt}$ Arffiyteog eoztv imxXijats ' vöcoq <5' 
avetotv ix nqyfis nag 1 avro zo ayaXfia). Van 
der Loeff De Messeensche mysterien. Hande- 
lingen van het Zesde Nederlandsche Philologen- 
congres 1910 (8. 8 des Sonderabdrucks), im übri- 
gen s. Ziehen z. d. St. pßölte.j 

Hagneion (td AyveXov Stad. mar. m. 338f.). 
1) Seestation an der nordwestlichen Küste der 
Insel Kreta, C. Müller vermutet als Form des 
sonst für Kreta nicht bekannten Ayveiov H. Gail 
hatte "Aytov vorgeschlagen. [Bürchner.] 

2) 'Ayvyiatv, auch 'Ayrscbv, Kalendermonat in 
Ephesos, Le Bas IE 1537, 7, und in Magnesia 
am Maiandros, Inschr. v. Magn. a. M. 1. 100. 
111. Die Zeit des Monats im Jahre ist nicht 
bestimmt. Sein Name bezieht sich wohl auf 
gewisse Handlungen im Kult der 'Ayvd, d. i. 
der Kora oder der dyvai #mi, d. i. der Demeter 
und Kora (Koscher Myth. Lex I 1814), wie sie 
z. B. unter dem Namen ayveZeu von den Prieste- 
rinnen der Demeterheiligtümer in Kos zu beob- 
achten waren, Herzog Arch. f. Religion swiss. X 
400. Eine sprachliche Variante des H. ist der 
Hagnaios (s. d.) einiger phthiotischer Kalender. 

[Bischoff.] 
Hagneon ([6] 'Ayvecov, vielleicht zu schreiben 
'Ayveäv von ayvog = Xvyog), berüchtigte Ürtlieh- 
keit von Sardeis in Lydien, Athen. XII 515 F. 
S. den Art. Sardeis. [Bürchner.] 

Hagnias. 1) Tiphys, der Steuermann der Argo- 
nauten, wird 'AyvtdSijs genannt Apoll. Rhod. I 
105. Orph. Argon. 122. 542. 690 Ab. Tzetz. 
Lycophr. 890. Der Beiname ist als Patronymi- 
kon von einem 'Ayviag oder "Ayvtog (Apollod. I 
9, 16 Tttpvg 'Ayviov) gebildet. Fick-Bechtel 
Gr. Personenn. 367 leitet den Namen Tiphys vom 
boiotischen Hafenplatze Tt<pai oder 2t<pai ab, 
und im Beinamen vermutet infolgedessen Gruppe 
Griech. Myth. 548, 5 eine Andeutung eines De- 
meterkultes ebendort. Aber alles bleibt unsicher, 
solange nicht einmal festgestellt werden kann, 
ob der Vater 'A. oder r A. hieß. Möglich wäre ein 
Zusammenhang zwischen ciyvog in seiner medizi- 
nischen Anwendung {s. o.) mit der Hesychglosse : 
Ttqwc 6 eytäXttjs, vgl Usener Götternamen 
229. Maass DLZ 1896, 327, und über den eroti- 
schen Alpdämon Röscher Ephialtes (Abh. sächs, 
Ges. d. Wiss. 1903) 54, 158. [Eitrem.] 

2) Athenischer Archon (IG II 372. 617) um 
die Mitte des 3. Jhdts. [Kirchner.] 

3) Athener, Sohn des Polemon aus Oion, 
wurde als Gesandter von den Lakedämoniern ge- 
tötet 396 v. Chr. {lsaios XI 8, vgl. Harpocr. s. 
Ayviag. Oxyrh. Pap. V 145). Über die Streitig- 
keiten um seinen Nachlaß vgl. [Dem.l XLLTI 23f. 
lsaios XI 8f. 

4) Athener, aus Ikaria, Trierarch um 361?, 
356/5 und 323/2 ([Dom.] L 41. IG II 794b 94. 
811 d 157). Derselbe in einer Weihinschrift (IG LI 
1317 und H V 1317). 

5) Athener, Sohn des Dromeas aus Erchia?, 
Trierarch um 326/5 (IG H 808 a 150). [Sundwall J 

lSf** * eine ^y™? 116 . deren Name mit der 
Lokalisierung der Sage von Zeus Geburt und 



Hagnon 



2208 



Kindheit in Arkadien verbunden ist (Schoemann 
Opusc. ac. H 235. 263). Auf dem Berge Lykaion 
nennt man einen Ort K^ytia und sieht in ihm, 
nicht in Kreta, den Geburtsort des Gottes. Die 
drei Naiaden Theisoa, Neda und H. haben das 
Kind gepflegt. Über Versuche, die drei Gewässer 
noch heute zu fixieren, vgL Bursian Geogr. von 
Griechen! II 236. Pausan, übers, v. Frazer IV 
383; ed. Hitzig-Blümner III 1 p. 355. Nach 
10 Theisoa eine Stadt genannt, die noch Pausanias 
als Dorf in dem Distrikt von Megalopolis kennt. 
Eigentümlich ist der H. ihre Verbindung mit 
einem eigenartigen Regenzauber, Sie hat Sommers 
und Winters die gleiche Menge Wassers. In Fällen 
anhaltender Dürre spricht der Priester des lykäi- 
schen Zeus unter Opfergaben ein Gebet in das 
Wasser hinein und berührt es an der Oberfläche 
mit einem Eichenzweig. Alsbald steigen nebel- 
ähnliche Dämfe auf und verdichten sich zu regen- 
20 spendenden Wolken. Ähnliches glaubte man (Myth. 
Vat. II 78) von dem Halsband der Harmonia. Es 
hatte Generationen hindurch Unheil gebracht. In 
fontem proieetum hodie cerni dieitur; quod si 
quis attrectaverit , dieunt solem offendi et tem- 
pestatem oriri. Dieses Aufrühren der Quelle, 
das Peitschen des Wassers, scheint ein sympathe- 
tischer Akt zu sein und den Regenritualen anderer 
Völker zu vergleichen zu sein, in denen etwa 
Steine in das Wasser hineingeworfen werden. 
30 Vgl. J. Grimm Deutsche Mythologie I* 564f. 
W. Schwartz Jabrb. f. kl. Phil. CXXVII (1883) 
115ff. Preller-Robert 1129,1. DerZusammen- 
hang der Rollen der H. als einer Amme des Zeus 
und als eines Regendämons ist unverkennbar, wenn 
auch in der schließ liehen Tradition sehr heterogene 
Vorstellungen vereinigt sind, aus denen besonders 
sich ein sympathetischer Akt und eine Nährung 
des Regendämons durch seine ,Bräute' heraus- 
heben. Dargestellt war H. auf einem Schautisch 
40 im Bezirk der großen Göttinnen an der Agora zu 
Megalopolis, eine Hydria in der einen und eine 
Phiale in der anderen Hand, in Verbindung mit 
Anthrakia (s. o. Bd. I S. 2392) und Neda, die 
das Zeuskind trägt. Dieselbe Neda fand auch in 
der Lokalisierung der Zeussage in dem messe- 
nischen Ithome ihre Stelle (Paus. IV 33, 1). Reich- 
licher ist die Naiadenschar vertreten auf dem Altar 
im Tempel der Athene Alea zu Tegea, wo Rhea 
und Oinoe, die letztere mit dem Zeuskind, um- 
50 geben sind auf der einen Seite von Glauke, Neda, 
Theisoa, Anthrakia, auf der anderen von Jde, H., 
AlMnoe und Phrixa. Vgl. Paus. VIDI 31, 2. 38, 
21, 47, 2. Stoll in Röscher Myth. Lex. Immer- 
wahr Die Kulte u. Mythen Arkadiens I 19. 213ff. 
Gruppe Griech. Myth. u. Religionsgeschichte II 
830, 7. 818ff. [Süß.] 

Hagnodemos, Athener, Sohn des Hagnon aus 
Acharnai, Trierarch um 356/5 und 334/3 (IG H 
804 A b21. 794 b 88 d 4). [SundwaR] 

60 Hagnodoros. 1) Athener aus Amphitrope, 
verschwägert mitKritias, einem von den 30Tyranneu 
(Lys. M 55). 

2) Aus Kyzikos, siegt zu Olympia in unbekannter 
Kampfart OL 160=140 v, Chr., Afjric. bei Euseb. 
I 210. [SundwalL] 

Hagnon* 1) Aus Peparethos, siegt zu Olympia 

im Lauf OL 53=568 v. Chr., Afiric bei Enseb. 1201. 

2) Athener, Sohn des Nikias ans Steiria, wird 



22U9 



Hagnomdes 



Habuenkämpfe 



2210 



als Strateg für das J. 440/39 im Sommer 440 
nach Samos gesandt (Thuk. I 117), gründet 437/6 
als oIxwttjs der athenischen Ansiedler Amphipolis 
(Thuk. IV 102. V 11. Schol. Aesch. DI 31). Wieder 
431/0 Strateg geht er mit der athenischen Flotte 
nach Potidaia im Anfang des Sommers 430, von wo 
er unverrichteter Sache wieder heimkehrt (Thuk. 
II 58, vgl. v. Wilamowitz Aristot. und Athen 
LI 248), und beantragt in der Volksversammlung 
die Absetzung des Perikles, wahrscheinlich in der 
letzten Prytanie des J. 431/30 (Plut Pericl. 32, 
vgl. v. Wilamowitz Aristot. und Athen II 248. 
S w o b o d a Hermes XXVILT 543). Strategiin ,T. 429/8 
befehligt er im Winter 429 in Thrakien (Thuk. II 
95,3). Unter den Friedensunterhändlern beschwört 
er den Frieden zwischen Athen und Sparta 421 
(Thuk. V 19. 24). Schon in fortgeschrittenem Alter 
wird er in das Kollegium der Probulen 413 gewählt 
(Lys. Xn 65; vgl. Thuk. VLU 1). Sein Sohn ist 
der bekannte Staatsmann Theramenes (vgl. die 
Belege bei Kirchner Pros. Att. nr. 171). 

3) Aus Teos, Schmeichler Alexanders d. Gr., 
Nauarch des Antigonos, von den Athenern unter 
Thymochares 316 auf Cypern gefangen genommen 
(Plut. Alex. 22. 40; Phylarch bei Athen. XII 
539a A. IG II 331, 8, vgl. Dittenberger Syll.a 
213 nr. 4. 5). [Sundwall.] 

4) Aus Tarsos, Neuakademiker, Schüler des 
Karneades, der nach Cic. Luculi. 16 dem Klei- 
tomachos an Begabung {ingenium) gleichstand. 
Im Ind. Acad. Herc. 23, 4 (p. 84 Mekler) werden 
seine trefflichen Aufzeichnungen von Vorlesungen 
des Karneades, bei Quintil, II 17, 15 seine ,Ah- 
klage schrift gegen die Rhetorik' erwähnt. Das 
Zitat bei Athen. XIII 602 d bezieht sich auf 
erotische Dinge und ihre Regelung in Sparta. 
Vgl. Plut. soll. anim. 12. Schol. IL IV 101 (I 
173, 24Dind.). Zeller Phil, d, Gr. IV 525. 

[v. Arnim.] 
Hagnonides, Athener, Sohn des Nikoxenos 
aus Pergase, erwähnt als Antragsteller in einer 
Seeurkunde des J. 325/4 (IG II 809a 14£), wurde 
von Deinarchos im Harp alischen Prozeß angeklagt 
iDion. Hai. Dinarch. 10 p. 654, 2; vgl. Hyperid. 
I 40, 4. Schäfer Demosth. Hl 2 325, 3. Blaß 
Att. Ber. III 2 2, 299 n. 26), flüchtete nach dem 
Lamischen Kriege aus Athen und durfte durch 
Phokions Vermittelung im Peloponnes bleiben 
(Plut. Phoc. 29. Schäfer Dem. IIP 392), von 
hier kehrte er nach Antipaters Tod und nach 
dem Zusammenbruch des oligarchischen Regi- 
ments nach Athen wieder, wo er als Phokions 
Ankläger auftrat 318 (Plut. Phoc. 33f. Niese 

I 243). In einem Dekret aus dem J. 318/7 wird 
H. als Antragsteller erwähnt. Später ist er selbst 
zum Tode verurteilt worden (Plut. Phoc 88j. Viel- 
leicht ist er mit dem H. , der den Philosophen 
Theophrast wegen Gottlosigkeit verklagt hatte, 
identisch (Diog. Laert. V 37. Niese 1 315, 1). 

[Sundwall.] 
Hagnolheoß. 1) Athenischer Archon (IG n 458. 

II 5, 458 b. Academ. philos. index Hercul. p. 89 
col XXV 10 Mekler) im J. 140/39 nach v. Wila- 
mowitz bei Mekler. Bei Paus. VII 16, 10 
muß für AvriMov (Arch. Ol. 160, 1 = 140/39) 
geschrieben werden "Ayvo&eov; vgL Jacoby Apol- 
lodow Chronik 1902, 388. Kolbe Attische Arch. 
L19. [Kirchner.] 

Fmtdy-WlMowa-KroU VII 



'Ayvovs vtifyjj, eine Quelle am Lykaionge- 
birge in Arkadien, erwähnt Paus. VLH 38, 3f. 
An ihr haftet ein alter Regenzauber, den in 
Zeiten der Dürre der Priester des Zeus Lykaios 
vollzog. Daraus folgert Kuruniotis mit Recht, 
daß die Quelle in der Nähe des. Gipfels zu suchen 
ist. Da nun von den drei Nymphen des Ly- 
kaions, die das Zeusknäblein pflegen (Paus. a. 
a. O.), Neda dem Westabhang, Theisoa dem Nord- 

lOabhang (Paus. VIII 38, 9) angehört, so werden 
Curtius (Pelop. I 303) und Kuruniotis recht 
haben, wenn sie die Quelle der Hagno in der 
heutigen Quelle Korites wiedererkennen. Diese 
entspringt in einer kleinen Schlucht, die zum 
Hippodrom hinabführt, etwa zehn Minuten unter- 
halb des Gipfels sv fieost Ave(i6qqvlxi oder 0a- 
tovQs'Cao. Wenige Meter von dieser Quelle ent- 
fernt hat Kuruniotis die Reste einer großen 
Brunnenkammer ausgegraben . Kuruniotis *E<p. 

20«^. 1904, 162 {IIiv. 7, 1 zeigt die Schlucht) 
und 1910, 33. Die andern Versuche, die Quelle 
zu lokalisieren, bei Frazer Paus. IV 383. Hitzig- 
Blümner Paus. III 1, 255. Kuruniotis 'Ey. 
äg%. 190-1, 158. Der Plan der Espedition scient. 
de Moree II pl. 33 ist unzureichend. [Bölte.] 

H agn u Keras {[to] 'Ayvov xegas Hesych.), 
Vorgebirge bei Knidos auf der dorischen Cherso- 
nesos Knidia. S. den Art. Knidos. 

[Bürchner.] 

30 Hagnuö (Ayvovg , Demotdkon 'Ayvovoiog), mittel- 
großer attischer Demos, zur binnenländischen 
Trittys der Phyle Akamantis gehörig. Die Lage 
des Gaues im südlichen Teile der Mesogeia und 
zwar am Nordostabhang des Lauriongebirges, süd- 
lich vom heutigen Dorfe MagxdsiovXo (s. Karten 
von Attika XIII) ist durch den Fund mehrerer Grab- 
inschriften von Hagnusiern gesichert (s. Lüper 
Athen. Mitt. XVII 399 mit Anmerkung; vgl. 
Mi Ichhof er Karten von Attika Text III— VI 

40 S. 11 ; Abhdlg. Akad. Berl. 1892, 23; Athen. Mitt. 
XVII 259. Kirchner Pros. Att. II 495). Bei 
der Neuordnung der Phylen im J. 307/6 trat 
IL in die neue Phyle Atj^T^täg über und 
wurde schließlich ums J. 200 bei der Gründung 
der Phyle 'ArraXig dieser zugewiesen; s. Steph. 
Byz. 'Ayvovg • dtjfiog sv jfj 'Azzittjj zfe AijjHijTQtahog 
(jpvXffg, zivig 6k ttjs Axaf.tavu8og r} <bg <Pqvvi%os 
jfjg AxzaXtdog. Die Bedenken, die Dittenberger 
Herrn. IX 410 gegen diese Nachricht geltend 

50 macht, hat Kirchner Rh. Mus. 1904, 300 
unter Hinweis auf das Schicksal des Demos Atene 
(s. d.) zerstreut. [Kolbe.] 

Hagra s. Agra und Egra Nr. 1. 
Hannenkämpfe {äXsitTQv6va>v äywvsg, ovp- 
ßolat). Als Themistokles die Athener zur Schlacht 
bei Salamis führte, erblickte er auf dem Wege 
zwei kämpfende Hähne. Sofort ließ er die Trup- 
pen halten und wies sie auf das Schauspiel hin. 
.Diese Hähne mühen sich nicht ab fürs Vater- 

60 lan<L noch auch für die heimischen Götter, nicht 
für die Helden der Vorzeit noch für den eigenen 
Ruhm, nicht für die Freiheit und nicht für Weib 
und Kind; sie kämpfen aus bloßem Ehrgeiz; 
keiner will dem andern unterliegen'. Die Worte 
haben gewirkt; man weiß ja, wie sich die Athener 
bei Salamis schlugen. Dieses Ereignis führte 
dazu, daß die Athener nach Beendigung der 
Perserkriege beschlossen, es seien alljährlich ein 



Tag lang im Theater H. abzuhalten. So ungefähr 

berichtet Aelian II 28. Das Geschichtlein sieht 

aus wie die bekannten aitiologischen Erzählungen. 

Immerhin sind staatliche H. im Theater etwas 

auffällig, so daß wohl irgend ein ungewöhnliches 

Ereignis deren Einführung bewirkt haben kann. 

Soviel aber dürfen wir aus Aelian schließen, daß 

die Hellenen die H. im Theater bis zum Schlüsse 

der Perserkriege hinauf zu verfolgen vermochten, „ ^.^ Vi „ v „ ^„^ ilAi „ tlllcll iiiW1I1 1U aer 

und in der Tat erwähnt schon Pindar Ol. XII 10 Hand trägt (Daremberg-Saglio I Abb, 213 



J-LiUlUtUlAtMUpit; £>&l* 

(z. B. Guhl und Koner Abb. 655. Reinach 
Repert. d. vases II 138); letzteres düTfen wir 
folgern einmal aus der Alektryonophor getauften 
Petersburger Statue (Köhler L'Älectryonophore). 
Sie stellt einen bartlosen, gekleideten Mann dar, 
welcher einen Sack mit zwei Hähnen an der 
Schulter hängen hat. Dazu kommt ein nachher 
zu behandelndes Mosaik aus Pompeii, wo ein 
Jüngling einen Sack für 'seinen Hahn in der 



20 den ivdofta%a,s äXexrojg. 

Auf dem Steinsitze des Dionyspriesters aus 
dem Dionystheater in Athen sehen wir eine ge- 
flügelte Schutzgottheit, die zwei Hähne auf ein- 
anderhetzt (Beule Rev. arch. N. F. VI 349 mit 
Abb. PI. 20. de Witte eb. XVII 377). Ein 
antiker Fries in der Kirche Panagia Gorgopiko 
zu Athen enthält Bilder aus dem athenischen 
Festkalender. Im Relief für den Monat Posei- 



= Schreiber Bilderatlas LXXIX 1) und viel- 
leicht ein Sargrelief im Collegio Romano mit 
einem sackartigen Gegenstande auf einem Tische. 
Jahn Arch. Beitr. 438 meint allerdings, es sei 
eine Börse, übrigens bewahrte man auch im 
Käfig Hähne auf (Winckelmann Pierres gra- 
vees de Stosch 134, 702). 

Nun der Kampf selbst. Das Bild eines Ge- 
fäßes im Mus. Greg. (II 5, la — Baumeister 



deon (Dezember/Januar) sitzen drei Kampfrichter 20 Denkm. I Abb. 695 = Daremberg-Saglio 
hinter einem Tische, auf dem fünf Paar Siemes- Abb. 2121 zeip-t uns zwpi o-pklpiflptp Jüno-Un, 



hinter einem Tische, auf dem fünf Paar Sieges- 
kränze liegen. Vor dem Tische sind zwei kämp- 
fende Hähne auf einem Palmzweig stehend ab- 
gebildet (Daremberg-Saglio I Abb. 183. 
Bötticher Philol. XXII 397f.). Nach diesen 
beiden Darstellungen fanden die H. im Monat 
Poseideon im Theater des Dionys statt. Die 
waffenfähige Mann schaft war gesetzlich verpflichtet, 
denselben beizuwohnen (Lukian. Anach. 37). Wie 



Abb. 212) zeigt uns zwei gekleidete Jünglinge 
einander gegenüber, den einen am Boden kauernd, 
den andern gebückt. Jeder hält einen Hahn in 
den Händen, den er dem anderen nähert; durch 
dieses Gegenüberhalten suchte man die Tiere zu 
reizen. Auf einem Sargrelief des Louvre (Rei- 
nach Rep. de la Statuaire I 79 und 88) sehen wir 
zwei Hähne einander gegenüber, die von je einem 
Knaben oder einer Schutzgottheit zurückgehalten 



weit diese Bestimmung zurückreicht, können wir 30 werden. Der eine faßt sein Tier um den Hals, der 

allerdings nicht f>ntsphmrlf>n anrloro vtir-Aa/*\rl- Aa-m ^; n ^ Ain Ai.».„ ™;4- J~„ 



allerdings nicht entscheiden. 

Die H. blieben aber keineswegs auf den ge- 
nannten Festtag beschränkt; sie bildeten viel- 
mehr eine beliebte Unterhaltung der Athener das 
ganze Jahr hindurch. 

Plat. leg. VII 789 B weist darauf hin, daß 
in Athen jung und alt gewisse Arten von 
Vögeln aufzieht und sie zum Kampfe gegen- 
einander abrichtet. Damit nicht genug, nehmen 



andere verdeckt dem seinen die Augen mit den 
Händen. Auch Hennen sind nicht selten beim 
Kampfe zugegen. Sie sollen ebenfalls die Tapferkeit 
des Hahnes erhöhen (z.B. Reinach Rupert, des 
Vases 1147. 310. 423. Collignon-Couve Vases 
d'Athenes 649. 712 = Heydemann Vasenb. V 
3. Jahn Vasens. zu München 1295. KretschmeT 
Kuhns Zeitschr. XXXIII 560, 2, 3). Anderseits 
scheint man die streitenden Tiere durch Zurufe 



sie die kleineren in die Hand, die größeren unter 40 augefeuert 2U haben. So dürfen wir vielleicht 



den Arm und spazieren mit ihnen stundenlang, 
um sie ausdauernder zu machen. Dies gilt vor 
allem für Wachteln uud Hähne. Aber nicht alle 
Sorten von Hähnen waren zum Kampfe gleich 
gut geeignet. Als die tüchtigsten Streithähne 
wurden jene von Rhodos und von Tanagra ge- 
schätzt, in zweiter Linie jene von Melos und 
Chalkis (Plin. X 48. Varro r. r. III 9, 6. Suid. 
s. TavayQdioi ähxxogiaxoi). Besonders die tana- 



schließen aus Darstellungen des H. mit Inschriften } 
die sich aus scheinbar sinnlosen Buchstabenreihen 
zusammensetzen (Collignon-Couve649. Becq 
deFouquieres 152). Endlich wurden die Hähne 
sogar mit Stäben aufeinandergehetzt (Furtwäng- 
ler Geschn. Steine in Berlin 6790 u. pl. 49 = Im- 
hoof-Blumer und Keller Tier- und Pflanzen- 
bilder Taf. XXI 33). 

Über den Ausgang des Kampfes sind wir genügend 



gräischen scheinen sich großer Beliebtheit erfreut 50 unterrichtet, am besten wohl durch das erwähnte 
zu haben. Paus. IX 22. 4 nennt deren zwei Mosaik aus Pompeii (Daremberg-Saglio I 

*"*"" "~ "'" ' -" ' ' " "" Abb. 213 = Schreiber Bilderatlas LXXIX 1). 

Man sieht eine Halle mit Pfeilern und geschmück- 
tem Fries im Hintergrunde; davor eine bärtige 
Herme. Vorn stehen zwei Hähne einander ge- 
genüber. Der Sieger streckt sich hochmütig; 



Arten, (xäytpoi und xooav<poi genannt ; nach Suid. 
s. 'AXexxgvova a&lr)xt}v TavayQaXov hatten sie 
auch den Beinamen Evygvet;. 

Nicht selten fütterte man die Hähne mit 
Knoblauch (ay.ÖQoda) und glaubte dadurch ihren 
Mut und ihre Streitsucht zu erhöhen (Xen. con- 
viv. 4, 9. Aristoph. Acharn. 165 mit Schol. ; 
Equit. 494 mit Schol. Suid. s,'Eoxo & oÖtofi£vo$). 



des Besiegten Gefieder ist zerzaust; er blutet 
und läßt den Kopf hängen. Neben ihm stützt 
ein Jüngling betrübt den Kopf auf den linken 



Auch eherne Sporen (xaijxxqov) legte man ihnen 60 Ann; ein kleiner Knabe hält weinend beide 

beim Katrmfe an- pine rp**h+: orranoaTno Siffö TTönrlö v^r <1c.o ß A[I ;Af T\a-r I3 A e.;+~«. A™ o^™« 



beim Kampfe an: eine recht grausame Sitte 
(Aristoph. Aves 759. 1365 je mit Schol. Suid. 
S. tiXtjxtqov). 

Wie wurden die Hähne zum Kampfplatze 
hin und vom Kampfplatze weggetragen? Teils 
unter den Armen oder im Mantel, teils aber in 
Sacken. Ersteres erhellt aas der angeführten 
Platonstelle, auch aus Suid. s. MsXijtos und Vasen 



Hände vor das Gesicht. Der Besitzer des siegen- 
den Vogels eilt mit einem Kranze frohlockend 
auf seinen besiegten Gegner zu, während ein 
zweiter Knabe mit beiden Händen einen Palm- 
zweig fortträgt Aus anderen Quellen wissen wir, 
daß der siegreiche Hahn auch übermütig die 
Flügel zusammenschlug und krähte; hie und da 
endete der Kampf mit dem Tode eines Tieres 



^dio naoneoKampie 

<vgl. Demosth. LIV 9. Plin. X 24. Daremberg- 
Saglio I Abb. 214 = Schreibe r Bü deratlas 
LXXIX 4. Weisser Lebensbilder XXXVTII 6. 
Fiivtwängler a. a. O. 3279. 3280. 5794—5802. 
■6791. 7896. 8334). Nach den Wachtelkämpfen 
schrie man dem besiegten Tiere ins Ohr, damit 
es die Stimme des Siegers nicht höre und da- 
durch mutlos werde (Poll. IX 109). Ob wir das- 
selbe nicht auch für den H. annehmen dürfen? 
Als Siegespreis war gewöhnlich der unterlegene 
Hahn bestimmt. ,Ich bin dein , Du aber mein, 
wenn ich siege. So ist es Sitte bei den Kämpfen 
der Vögel mit Purpurkamm', sagt Theokrit XXII 
71 ; und Aristoph. Aves 70 Jch bin ein Sklaven- 
vogel. — Wurdest du von einem Hahn besiegt?' 
Der Scholiast zu der Stelle bemerkt: ,Es war 
bei den H. Sitte, daß der Unterlegene dem 
Sieger folgte. Vgl. Suid. s. 'Hxxrjd>t]$ vife air}- 
&äas. Ferner kennen wir ein Sargrelief (Jahn 
Arch. Beitr. 439) mit zwei Eroten, deren einer 
den Fuß auf den Kopf des besiegten Hahnes 
setzt, zum Zeichen, daß er nun ihm gehöre. 
Auch Geldpreise wurden wenigstens in späterer 
Zeit ausgesetzt, wie sich aus Columella VIII 2 
und dem schon erwähnten Relief bei Jahn Arch. 
Beitr. 43 7f. ergibt, wenn anders dort eine Börse 
und nicht ein Sack auf dem Tische liegt. 

Wo wurden die H. abgehalten? Vom Dio- 
nystheater haben wir gesprochen. Dann sagt 
Aischin. Tim. 53 : ,er verbrachte den Tag in der 
Spielhalle (xvßsiq>) , wo der Spieltisch (rt]?.ta) 
aufgestellt wird und wo man die Hähne auf- 
einander losläßt und Würfel spielt*. Dazu Suid. 
s. TtjHa ,ein viereckiges Gestell, wo man Mehl 
verkauft und auf dem die Hähne gegeneinander 
losgelassen werden'. Es ist zwar etwas auffällig, 
daß anderwärts, z. B. nach Poll. und nach den 
Scholien zu Aristophanes die xyXia nur bei den 
Wachtelkämpfen zur Verwendung kam, und daß 
sich auf bildlichen Darstellungen, soviel mir be- 
kannt, keine Spur von einer xrjlia vorfindet. Aber 
die Angabe des Aischines ist so klar, daß wir 
annehmen müssen, die H. haben vielleicht in 
Spielhallen und Kneipen auf einer zrjXta statt- 
gefunden. Sonst benützte man etwa einen freien 
Platz (Rein ach Vases I 423). Die panathe- 
näischen Amphoren stellen oft gymnastische Wett- 
kämpfe dar, während auf der Gegenseite die 
beiden Säulen rechts und links von deT Göttin 
mit Hähnen gekrönt sind (z. B. Reinach Vases 
I 68. 69. 210—213. 215. II 204). Andere Ge- 
fäße haben auf dem Halse Hähne in wappen- 
artiger Anordnung, und auf dem Bauche sind 
Turnübungen unter Leitung eines Turnlehrers 
dargestellt (z.B. Collignon-Couve 716). Weiter 
sehen wir kämpfende Hähne vor einer Hernie 
(z- B. Furtwängler a. a. O. 5807. 6790. Arch. 
Ztg. XXIV (1866) Taf. 207, 1. Daremberg- 
Saglio I Abb. 214 — Benndorf-Schöne Later. 
Mus. 189). Mit der Herme wollte der Künstler 
jedenfalls einen Raum einer Turnschule andeuten 
(vgl. auch Collignon-Couve 812), und die 
panathenäischen Gefäße bringen den Hahn in 
unzweideutige Beziehung mit den gymnastischen 
Übungen, Die Halle auf dem oben beschriebenen 
Mosaik aus Pompeü macht übrigens ganz den 
Eindruck eines Thermensaales. In diesen Zu- 
sammenhang dürfen wir vielleicht anch einige 



uannenKampie 



3214 



Gemmen bringen (Furtwängler a. a. O. 5808 
— 5812), auf deren Bild wir einen siegreichen 
Hahn mit Kranz im Schnabel und mit Pahnzweig 
auf einem Rauchaltar erblicken. Denn in den 
gymnastischen Übungsanstalten waren Altäre 
vorhanden. Auch auf dem Relief eines Grab- 
steines im Lateran (Daremberg-Saglio lAbb, 
214 = Arch. Ztg. XXIV (1866) Taf. 207, 1 
= Schreiber Bilderatlas LXXIX 4) ist die 

10 Turnschule durch eine Herme bezeichnet. Davor 
steht ein dreibeiniger Tisch mit Kränzen und 
Palmzweigen. Der siegreiche Hahn, der einen 
Kranz hält, wird von seinem Besitzer umarmt; 
der unterlegene Hahn ist tot, und sein kleiner 
Herr geht weinend mit ihm ab. Dieser Gaben- 
tisch erinnert uns an jenen auf dem eingangs 
erwähnten Festkalender in Athen; ein Gabentisch 
ist ebenfalls vorhanden auf dem schon zweimal 
angeführten Relief im Collegio Romano. Da liegt 

20 nun die Annahme sehr nahe, daß nicht nur im 
Dionystheater zu Athen , sondern auch in Gym- 
nasien oder Palästren etwa H. mit Preisverteilung 
stattfanden. 

Der Zusammenhang zwischen Turnschule und 
H. ist an sich schon einleuchtend; es war eben 
ein Sport, den vor allem junge Leute trieben. 
Und zwar war dieser Sport neben den Wachtel- 
kämpfen und der Pferdeliebhaberei ziemlich ver- 
breitet und bildete ein wichtiges Kapitelchen in 

30 der Unterhaltung gewisser Kreise zu Athen. ,Wir 
nennen sogar alle Lebewesen schön, ein Pferd 
oder einen Hahn oder eine Wachtel' heißt es bei 
Plat. Hipp, mal 295 C; und im Lysis 211 E ,Ich 
für mich möchte einen guten Freund lieber haben 
als die beste Wachtel oder den besten Hahn auf 
Erden, und bei Gott sogar lieber als ein Pferd 
oder einen Hund*. Nebenbei sitzt der Sprecher 
im Lysis in einer Palästra. ,Die Reichen bilden 
sich alles mögliche ein', meint Plut. de tranqu. 

40 12; ,sobald sie aber keine vorzüglichen Hunde oder 
Pferde oder Hähne haben, sind sie mutlos'. Auch 
Sportausdrücke, vom H. hergenommen, machten 
die Runde, so soxogodiofisvog fidxtj ,knob lauch- 
gestählt für die Schlacht* (Aristoph. Equit. 494), 
ov /AT} stQomt rovxoiaiv ioxogoöiofisvoig ,du wagst 
dich doch nicht an die knoblauchgestählten Leute 
heran' (Acharn. 166), dann atgs stXijHiQov el fxa- 
yß ,heb den Sporn auf, wenn du kämpfen willst' 
(Aves 759); alqs TiXrjmQov d,uvrTT}Qiov ,heb den 

50 Sporn zur Abwehr auf' war ein Sprichwort nach 
Suid. s. siXf s xxQov. 

Infolge seiner Verwendung bei den Kämpfen 
war der Hahn ein geschätztes Tier und bildete 
ein beliebtes Geschenk. Auf einer Vase des 
Hiero hat ein bärtiger Stann einem Jüngling im 
Gvmnasium einen Hahn geschenkt (Reinach 
Vases II 138; ähnlich II 274). Auf dem Innen- 
bilde eines Trinkbechers aus Vulci (R e i n a c h 
Vases II 276) steht Hermes, der Schutzgott der 

60 Tum schulen; auf der Außenseite sitzt eine Ball- 
spielerin, der ein bekleideter Mann einen Hahn 
darreicht Ahnliche Darstellungen Collignon- 
Couve 801. 802. 813. 

Übrigens stehen diese Gaben meist mit der 
Knabenliebein Beziehung. BeiCollignon-Couve 
1298 beobachten wir gar, wie ein Satyr einem 
Knaben einen Hahn anbietet, wie aber das Kind 
das Geschenk zurückzuweisen und zu fliehen 



2215 



Haifisch 



Haimatites 



2216 



scheint. Zudem lassen die Vasenmaler auch Zeus Es darf als sicher gelten, daß das Mineral, das 

einen Hahn dem schönen Ganymed schenken die Alten aifmrtrrfs (oder atjmzizig, Theophr. de 

(Rein ach Vases I 334. 335), und daß die Sitte lapid. 37) nannten, mit unserem H. identisch ist, 

des Hahnengeschenkesr an schöne Jünglinge "bis da die Beschreibung dazu stimmt und der Stein 

in die späteste Zeit hinein dauerte, bezeugt Petron. unter den Edelsteinen aufgeführt wird, Theophr- 

sat. 86. a. a. 0. : nvxvrf 8k xal alfiathts • avxv & av%fid>- 

Die Volkstümlichkeit der H. hat einen Schutz- dys xal xara zovvofxa d>s alfiarog £ijqov nennyo- 
gott derselben gezeugt. Wir haben ihn schon zog. Plin. XXXVII 169: l\aematitis in Aethio- 
auf dem Sessel des Dionyspriester getroffen. Be- pia quidem prineipalis est, sed et in Arabia et 
zeichnend ist aber besonders die Darstellung auf 10 in Afriea invenitur, sanguineo colore, non omtt- 
der Innenseite eines korinthischen Spiegeldeckels tendis promissis ad coarguendas Magorum in- 
im Museum zu Lyon (Rev. areh. XVII PL 13 sidias. In der Tat ist der H. in der alten 
= Daremberg-Saglio I Abb. 181 = Schrei- Glyptik sehr häufig, besonders in der alten orien- 
ber Taf. LXXTX 5). Ein nackter Hermaphrodit talischen der babylonischen Siegelcy linder (vgl. 
sitzt auf einem Kleidungsstücke und hält in den Krausse Pyrgoteles 124); in Griechenland be- 
vorgestreckten Händen einen Hahn. gegnen wir ihm bereits in mykenischer Periode unter 

Es wäre ein Irrtum zu glauben, die Athener den sog. Inselsteinen (Milchhöfer Die Anfänge 
allein hätten die H. gekannt. Die bildlichen Dar- der Kunst in Griechen! 42), und in der archai- 
stellungen und Schriftdenkmäler weisen uns auch sehen Epoche, obschon bei weitem nicht so häufig 
anderswo hin. Plutarch z. B. spricht ja allgemein 20 wie im Orient. Die klassische Periode aber ver- 
von den Reichen, ohne Beschränkung auf einen schmähte ihn durchaus, ebenso die griechisch- 
bestimmten Ort; Vasen führen uns nach Korinth römische Glyptik. Dafür spielt er in der späteren 
und nach Tanagra; Plm. X 21 erwähnt Pergamos, Kaiserzeit in Ägypten und Syrien infolge der 
und von derselben Stadt spricht Petron; ein H. abergläubischen Richtung, aus der die Abraxas- 
war auf den Münzen von Dardanos dargestellt gemmen hervorgingen, wieder eine große Rolle, 
(Poll. IX 84). Einen einzelnen Hahn sehen wir da er in der chaldäischen Magie als besonder» 
auf Münzen von Ephesos, Himera, Karystos auf zauberkräftig galt, s. Furt w angle r Die antiken 
Eüböa, Korinth, Leukas, Seihras usw.; vgl. Im- Gemmen II 396. Das erwähnt auch Plin. a. a. 
hoof-Blumer und Keller Taf. V und S. 34f.; 0.: Zachalias Babylonius in iis Hbris, quos 
de Witte Eev. arch. XVII 379. Das Goldelfcn- 30 seripsü ad regem Mithridat&m , gemmis humana 
beinbild der Athener im Tempel auf der Akro- fata attribuens hanc, non eontentus oeulorum 
polis zu Elis hatte einen Hahn auf dem Helme et iocineris medieina decorasse, a rege etiam 
als Andenken an die Kämpfe in Athen (Paus. VI aliquid petituris dedit eandem litibus iudieiis- 
26, 3). Freilich werden nicht all die genannten qm interposuit, in proeliis etiam exangui sa- 
Münzbilder gerade mit den H. in Verbindung stehen. lutarem pronuntiavü. Man glaubte also, daß 

Die angeführten Bilder und Schriften reichen der Stein seinem Träger bei Bittgesuchen , Pro- 

vom 5, Jhdt. bis in die römische Zeit hinein, ein zessen, Gerichtssachen nütze und zugleich blut- 

Zeichen dafür, daß die H. sich Jahrhunderte stillend oder blutbildend wirke. Daher rühmt, 

lang forterbten. ihn auch das ps.-orphische Gedicht der Lithika 

Ja die Sarkophage sagen uns, daß auch die 40 v. 662ff. und Damigeron de lapid. 9 (beide her- 

Römer diesen Sport nicht selten pflegten. De ausgeg. von Abel, Berlin 1881); vgl. Isid. orig. 

Witte a. a. 0. 381 führt sogar einen Sarg aus dem XVI 8, 5: de qua promittunt Magi quiddam ad 

Moselgebiet an; auf römischen Kupferbarren ist coarguendas barbarorum insidias. 

ebenfalls ein H. dargestellt (Imhoof-Blumer Seine hauptsächlichste Verwendung fand aber 

und Keller S. 35), Weitere Angaben bei De der H. bei den Alten in der Heilkunde, indem er 

Witte a. a. 0. 378. äußerlich und innerlich angewandt wurde, gegen 

Literatur: Jahn Archäol. Beiträge 1847, Krankheiten der Augen, besonders bei Blutungen 
437f. De Witte Ann. d. Inst. XXXV (1863) usw.. s. Diosc. V 143. Plin. XXXVI 144ff. 158. 
2331; Revue Archeol. XVII (1868) 372f. Becq Cels. V 7. Galen. X 330. 388. XII 195. 732. 775. 
d eFouquier es Les jeus des anciens, 1869 (18732) 50 XILT 31 r>. Veget. mulom. I 20,2. VI 12,3. Zu 
148f. Daremberg-Saglio Dictionn. des anti- diesem Zwecke wurde er in ähnlicher Weise be- 
quites I 180f. (v. Saglio). Becker- Gull Chari- handelt wie der sog. phrygische Stein (Diosc. IV 
kies I, 5. Szene mit Anm. 6f. Hermann- 140. Plin. XXXVI 173), d. h. er wurde mit Wein- 
Blümner Griech. Privataltert. 1882, 115f. und zusatz gebrannt, unter Benutzung des Blasebalgs r 
Anm. 4. [K. Schneider.] doch nicht wie jener mit Wein gelöscht. Diosc. 

Haifisch S. Pa Xeog. TV 143 : xaierai <T IfupEQÖig xoi (povyim Xidqt, zov 

Haimatites* Hämatit oder Blutstein (auch ol'vov xeoiQoaivofdvov (Spengel neQtvgrffievov). 
roter Glaskopf ) heißt heute eine sowohl in Lagern Plin. XXXVI 144: uritur ut Phrygius' sed non 
wie in Gängen mit anderen Roteisensteinarten restingidtw vino. Man unterschied mehrere Arten,, 
vorkommende Abart des Roteisensteins von lang- 60 teils nach der Herkunft, teils nach der Beschaffen- 
faseriger, kmmmschaliger Struktur, glänzender heit; Diosc. a.a.O. gibt Ägypten als Bezugsort 
Oberfläche und einer Farbe, die zwischen dunkel- an (vgl. Clem. Alex, protr. IX 48 p. 43); Plin. 
stahlgrau und blutrot liegt (vgl. Max Bauer XXXVI 146f. zählt nach Sotacus auf: äthiopi- 
Edelsteinkunde 603f. King The precious stones sehen als besten, den afrikanischen, speziell andro- 
476). Der größte Teil dieses Minerals wird heute damas genannten (Isid. or. XVI 4, 17), den 
in den Hochöfen verschmolzen t bessere Stücke arabischen (diese drei auch XXXVII 169. Isid. 
teib zum Polieren von Metall benutzt, teils zu XVI 8, 5), den sog. hepatites, der gebrannt müti- 
Rmgrteraen, Schmuckstücken n. dgL verarbeitet. te$ hieß, und den sehistes, der von manchen för 



2217 



Haimon 



Haimotx 



aai» 



eine andere Gattung betrachtet wurde (vgL Diosc. Pind. Ol. II 16 p. 64 Drachmann; er hatte auf 
IV 144; es ist wahrscheinlich Toneisenstein, s. der Jagd einen ipupvliog getötet und floh des- 
Blüm ner Technologie IV 209). Die heutige halb nach Athen. Seine Nachkommen koloni- 
Medizin macht vom H. keinen Gebrauch mehr. sierten mit den Argivern Rhodos und gingen dann 

Vgl. Blümner Technologie III 68. 277ff. nach Akragas. Von ihnen sollte die Familie des 

IV 268ff. Nies Zur Mineralogie des Plinius Theron abstammen. Vgl, Gruppe Griech. Myth. 

(Mainz 1884) 22. [Blümner.] u. Religionsgesch. I 266. 

Haimon (Al'pav appellativisch , kundig', vgl. 8) Thebaner, Vater des Maion, der nach Hom. 

Hom. D. V 49 atfiova &*iQns)- 1) Eponym der IL IV 394ff. dem Tydeus zusammen mit Poly- 
Atfiövts (s. Alfiovia = Osoacdta) , Sohn des Pe- 10 phontes einen Hinterhalt gelegt hat. Schwerlich 

lasgos , Vater des Thessalos : Ehianos bei Schol. ursprünglich identisch mit Nr. 9. 
Apoll. Rhod. m 1090. Als seine Mutter galt Melia, 9) Haimon, Sohn des Kreon. Die epische Oidi- 

die ihn mit Zeus gezeugt haben sollte, wie wir podie weiß von ihm zu erzählen, daß er der 

jetzt aus dem Epigramm aus Larisa: Ovdsvb; kh schönste und lieblichste aller Knaben gewesen sei, 

§va[zov] MsXia [Zajvbg Ö' eUysvoa, yaofia IJs- die die Sphinx verschlungen habe (Peisandros im 

laoyiäöaigAfyovay£iva[ i m>a(IG-iX% 582; 1. Jhdt. Schol. Eur. Phoin. v. 1760 mit den beiden im 

t. Chr.) wissen. Dieselbe Genealogie kehrt wieder Monacensis erhaltenen Versen der Oidipodie I 

bei Val. Place Argonaut. IV 118ff. ; vgl. hierzu p. 414f. Schwarte; vgl. dazu Bethe Thebanische 

KernDe epigrammate Larisaco commentariolus. Heldenlieder 7. Apoll. hibL TU 54 W.). Im Drama 
Eostocker Festschr. für Greifswald 1906. Als Sohn 20 ist er der Geliebte der Antigene, worüber Bethe 

des Thessalos, nicht Vater, wie bei Ehianos, be- 0. Bd. I S. 2403 d , nach dessen Meinung das 

zeichnet ihn Eustath. II. II 681 p. 321, 24ff. Liebesverhältnis der beiden aus alter Sage stammt, 

(vgl. Schol. Bd. III p. 145 Dind.). Nach Steph. Für Maion, den Sohn des H. und der Antigone, 

Byz. s. Ai^ovia ist H. der Sohn des Chloros xov ist namentlich außer dem bei Bethe Angeführten 

lit-XaoyixoZ'. In dem larisaeischen Epigramm liegt auf Heydemann Über eine nacheuripideische 

offenbar eine Polemik gegen die genealogischen Antigone, Berlin _ 1868 und Gruppe a. a. 0. I 

Versuche vor, H. von Pelasgos oder Chloros ab- 536, 7 zu verweisen. 

zuleiten. Als Sohn eines anderen Gottes , nämlich 10) Haimon, Vater des Laerkes {Alfioviör}$) ; 

des Ares, erscheint H. beim Schol. Apoll. Rhod. II sein Enkel AUdmedon versteht nach Patroklos die 
504. Daß Thessalien nach H. früher Alfiovia hieß, 30 Eosse des Achilleus am besten zu lenken, II. XVII 

bezeugt außer Schol. Apoll. Rhod. m 1090 und 467; vgl. Robert Studien zur Ilias 357. 
Eustath. a. a. O., der dafür richtiger Aifioveg 11) Haernon Mavortius ein tapferer Rutuler, 

sagt, Strab. IX 443. 444. Eine Quelle Alfiovia Verg. Aen. IX 685. 

in Thessalien nennt Aelian. nat. an. VIII 11. Man sieht aus diesen elf Nummern, daß der 

Hervorzuheben ist noch das theraeische Epigramm Name H.' als griechischer Heroenname verbreitet 

für Admetos , den Sohn des Theokleidas, kQ?a ist. Wie weit der einzelne Name als Abkürzung 

*Asi6)l<ovo$ Kaweiov diä yevovg (IG XII 3, 869), von 'AvÖQaifioiv, 'Ijuiaifiaiv oder Evaiftoiv aufzu- 

das mit dem Verse beginnt : Ei n na$ Aifio- fassen ist, kann nicht entschieden werden. S. dar- 

visvoi ysvog noXiolo ^eQtftog. über Gruppe a, a, O, II 1323, 2. 

2) Sohn des Alektor, Enkel des Magnes, Vater 40 12) Haernon, ein Hund des Aktaion nach Hyg. 
des Hyperoehos, Urgroßvater des Prothoos: Eu- fab. 181. [Kern.] 
stath. IL II 756ff. p. 338, 23fT. 13) Haimon (ATfitav), ein Bach Ostlich von 

3) Sohn des Lykaon, Gründer von Haimoniai Chaironeia. Um die genauere topographische 
in Arkadien, Paus. VIIT 44, 1 (nach 3, 3 liegt Festlegung haben sich bemüht Kr omay er Antike 
eine Lücke vor; vgl. Hitzig-Blümner zu der Schlachtfelder 1 161, 1, Sotiriadis Athen. Mitt. 
Stelle). Apoll bibl HI 97 W., der neben ihm XXX 1905, 113ff., Kromayer Ant. Schlachtf. 
Euaimon (vgl. dazu v. Premerstein Athen. II 372.1 und Karte 10. Drei Bäche fließen öst- 
Mitt. XXXIV 1909, 243) nennt, so daß hier eine lieh von Chaironeia vom Thuriongebirge nach 
Identifikation der beiden Heroen unmöglich ist. Nordosten hinab, der erste unmittelbar am Dorfe 
Steph. Byz. s. Alfiovia, der aber nur Pausanias 50 Kaprena, der zweite 400 m weiter östlich aus 
ausschreibt. Schol. Lycophr. 481 (II p. 173 Scheer). dem Tal der Panagia Lyküressi, der dritte wieder 

4) Aitoler, Sohn' des Thoas, Vater des Oxvlos, 1100 m weiter östlich aus dem Tale Karamet 
des oixiozrji von Elis, Ephoros bei Strab. X 463. am Keratapaß. Ihnen entsprechen drei antike 
464 C. Paus. V 3, 6, vgl. über die Kolonisation Namen, die nur bei Plutarch erhalten sind : Md>- 
von Elis durch die Aitoler H. v. Keitz De Aeto- giog Süll. 17, MoXos Süll. 19, Al'ticov Demosth. 
lorum et Acarnanum sacris. Diss. Halle 1911, 19 und Thes. 27. Sotiriadis 115 hält Morios 
22ff. und über diesen Haimon Gruppe Griech. und Molos für identisch; beide Namen sind aber 
Myth. u. Rel. 1379, 6. hsl überliefert (Kromayer 372, 1). Er schaltet 

5) Nach Paus. V 4, 6 Vater des Iphitos {xbv weiter (113f.) den Bach von Käprena als Trocken- 
st "lytxov x6 imyQa/Afia zb h "Okvfmla rpr\a\v 60 bach aus, indem er den Ausdruck xox&fuov bei 
Atpovog xdlda elvai, 'EXXrfvtov dk 01 noZlol ITga- Plut. Demosth. preßt; eine Vergleichung der sämt- 
£coviöov y.ai ov% Afyovos sfoai <paot). liehen Stellen zeigt aber, daß Plutarch mit den 

6) Haimon (xß«W), Gefährte des Nestor, H. Ausdrücken xoräftiov, Q£v/ia, @evf.iäxior, qsi&qov 
IV 296, von Robert Studien zur Ilias 488 mit lediglich aus stilistischen Gründen wechselt. So 
Recht als eine Reminiszenz an den Eponymen gleicht er den Bach im Tal der Panagia Lykü- 
des arkadischen Haimoniai aufgefaßt. , ressi mit dem H., den Bach im Tale Karamet 

7) Haimon, Sonn des Polydoros, Enkel des mit dem Molos. Kromayer hält den Bach von 
Kadmoö nach Menekrates (FHG II 344) bei SchoL Kaprena für den Morios, den zweiten für den 



zziy 



Haimonia 



Molos, den dritten für den H. Prüfen wir die 
Gründe! Der Morios fließt nach Plutarch am 
Fuß des Orthopagos; in diesem erkennt Kro- 
mayer II 368 den Bergzug, der in dem Petra- 
chosfelsen endet, während So tiriadis' Gleich- 
setzung mit ,der steilen Bergwand der heutigen 
Kerata* weder dem Wortlaut Plutarchs gerecht 
wird, noch zu den erzählten Vorgängen paßt 
(Kromayer 368, 1. 372, 1). Der Morios ist 



Alfiovtg 



2220 



nung oft vor: vgl. z. B. KaÜimachos frg. 113 B 
"AQXfievoi, w s fjpcoeg dir 1 Alfjzao Kvzalov avrt? 
ig äezatyv sjiXsov Atßovfyv und frg. 124 ; Horat 
carm. I 37, 19. 20 venator in eampis nivalis 
Haemoniae; Ovid. met. I 568 est nemus Hae- 
moniae, praerupta quod undique elaudü süva: 
vocant Tempe; II 542 pulehrior in tota quam 
Larisaea Coronis non fuk Haemonia; in den 
Orph. Argonaut. 78 sagt Jason zu Orpheus: eW 



per] na.Qa ro Molov qel&qov. Aus der sprach- 
lich und sachlich unklaren Stelle läßt sich nicht 
entscheiden, ob der Name Molos dem zweiten 
oder^ dem dritten Bache zukommt. Üher den H. 
endlich habenwir nur die Angabe (Demosth. 19) 
n<XQaQQ8t jiaQa zö 'HgdxAetor, onov xazeozQazo- 
xeSevov oi"Ett7jvsg. Denn in dem weite/ vor- 



Hierzu gehört auch die von Apoll. Rhod. erwähnte 
Alfwvi'jj jtEzorj (s. Nr. 3). Vgl. Kern De epi- 
grammate Larisaeo commentariolus , Kostocker 
Festschr. für Greifswald 1P06, 6f. S. Nr. 2. 

2) Quelle in Thessalien, Aelian. nat. an. VIII 
11; s. Nr. 1. 

3) Afaovfy TtixQr} (in Thessalien) von ApolL 
Ehod. III 1243 unter den Kultstätten des Posei- 



«„„„„■k ^ ci . ,"7, *" --" >»cn.ci vui- j.uiua. in iziö unter den 
ausgehenden Satz w ds &e m wdovzd yaoiv etvat 20 don genannt ■ s Nr 1 
jia Q ^v ev Xatgoiveia Jioxdßtov f ux e 6v elg rar 4) Haimonia (Aiaavia), 



Krj<pto6v iftßdlXov liahen wir nicht eine topo- 
graphische Angabe Plutarchs, sondern den ganz 
unbestimmt gehaltenen Versuch anderer, den 
Thermodon zu lokalisieren, der in einem Orakel- 
spruch vorkam. Dieser Name scheint in Orakel- 
sprüchen geradezu eine feste Stelle gehabt zu 
haben (vgl. z. B. Herod. IX 43), und für die Er- 
klärung sonst unbekannter geographischer Na- 



alter Name von Ephe- 



sos, Hesych. s. At^iovia. Guhl Ephesiaca 1843, 
25 nr. 8; dort auch über die Artemis Haimonia 
und die thessalischen Pelasger als alte Bewohner 
von Ephesos._ [Kern.] 

5) s. Haimoniai. 

Haimoniai (Afawtai). 1) Eine alte, der Sage- 
nach von Haimon (Nr. 3), dem Sohne des Lykaon, 
mm h " H . - v j~"""i,"r -" £~"Sr ± '"T"'; 1 T ^ a ~ gründete Stadt zwischen Megalopolis und Asea 
Ser, rL^v!? die Behandung der Home- 30 in Arkadien, die zu Pausanias' Zeit nur noch ein 
SS w? n ei n - be T° fe e E ° utine ent ~ ^Qlov war, Paus. VIII 44, 1. 2, vgl. 3, 3 (s. 
* lck _ el i Wö^Herakleionlag, wissen wir nicht. auch Steph. Byz. p. 50, 4rF. Mein.). Bursian 

Geogr L y. Griech. II 227. Döring Journ. helL 



- i. V ~™— w-i^ja j.«j fi , "MiJCH nrii Jin;iHj. 

Denn die beträchtlichen Eeste einer Tempelan- 
lage, die Sotiriadis bei der Kapelle Hagia Pa- 
raskevi im Tal der Panagia Lykuressi ausgegraben 
hat (117iT.), haben keinen direkten Hinweis auf 
Herakles erbracht, während Weihungen an andere 
Götter gefunden sind, und alle andern Argumente 
versagen gegenüber dem Nachweis, den Frick e li- 



tt aus Athen. Mitt, XXXVI 1911,'ll3ff. geliefert 40 Paus. IV 412 



Stud. XV 1885, 31 und Taf. I (Karte). [Kern.] 

2) Aißoviai Paus. VIII 3, 3. 44, 1.2; Alfiovta 
Steph. Byz.), eine Ortschaft nicht weit von Megalo- 
polis an der Straße nach Tegea. Loring Journ. 
hell. Stud. XV 1895, 31 verlegt sie in die Nähe 
des heutigen Kusvänaga. Zustimmend Frazer 



, . J o TT ln -"ü, "UU. gC HCl Olli 

nat, daß Herakles, soviel wir bis jetzt wissen 
überhaupt keine Tempel gehabt hat. Die Schlacht 
von 388 hat am Keratapaß stattgefunden (So- 
tiriadis Athen. Mitt. XXVIII 1903, 327. Kro- 
mayer Wien. Studien XXVII 1905, I6ff.). Aber 
daß die Griechen deshalb vor der Schlacht im 
Tale KaramCt am Ausgang des Ke'ratapasses ge- 
lagert haben müßten, wäre doch ein sehr un- 
sicherer Schluß. Die reichliche Wasserversor- 



[Bölte.| 
Ai'poves, alte thessalische Völkerschaft, deren 
Eponym Haimon (Nr. 1) war, und nach der Thes- 
salien Haimonia (Nr. 1) genannt ist. Vgl. Steph. 
Byz. p. 50, 4. Skymn. v. 616 Mein, und nament- 
lich Piiid. Nem. IV 88ff. ITattov de Ttag noSl 
XazQiav 'IaoXy.bv nofapiq yegi nQozgandiv II^kEvg 
xaosdwxev Aipovsoocv. Vgl. v. Wilamowitz 
zu IG IX 2, 582. [Kern.] 

Haemonides. 1) Priester des Phoebus und 



gung im Tal der Panagia Lykuressi, wie sie So- 50 der Trivia in La'tium Verg len X 537ff 
tiriadis ^esn>n1dpT+. W V/mn+n ^v,, ™o,i „.. ^ TT . -■ .' * . „ . "'' 



tiriadis geschildert hat, konnte sehr wohl zu- 
gunsten dieser Örtlichkeit geltend gemacht wer- 
den. Es bleibt also vorderhand unentschieden, 
wie die Namen Molos und H. auf die Bäche von 
Panagia Lykuressi und Karamöt zu verteilen sind. 

[Böltc] 
Haimonia. 1) Die Landschaft der Afyovtg, 
die nach Plin. n. h. IV 14 mit der thessalischen 
Pelasgiotis identisch ist, wozu die zu einer Statue 



2) Haemonides, ein von Penthesileia vor Troia 
erschlagener Grieche, von Quint. Smyrn. Posthorn. 
I 229 aus Hom. IL XVII 467 (vgl. Haimon 
Nr. 9) entnommen. 

3) Haemonides, so werden Laerkes und Maion 
in der Ilias nach ihren Vätern genannt (s. Nr. 2 
und Haimon Nr. 8 und 10). [Kern] 

Atfiovieig werden oft Thessaler genannt; s. 
Haimonia Nr. 1. Steph. Byz. s. Ai^tovia p. 50 f 



r if r ^ Ubl *™ ^ wozn *»e zu einer Statue Haimonia Nr. 1. Steph. Byz. s. Ah 
er ,f 9 el l a F eh0re " d f Ins ^ ft *™ ^risa IG 1X60 3 und s. OlyaUa p. 488, 4 Mein, öfters bei Apoll: 
stimm! (X WS £±7Z*"l. ir5 *£%*?) ? h °?^; B ' K I Ü9 - X Y lOTO; .. auch die metr&he 



^iiinmt. JltQi &eooatias xai Aipovlag hieß ein 
Buch des Baton von Sinope nach Athen. XIV 
639 e (FHG IV 849). Der Name H. wird später 
warn auf das ganze Thessalien übertragen (schon 
i^uidar [s. den Art. Atpiovsq} wendet so den Na- 
men Haunones an)j namentlich bei griechischen 
und römischen Dichtern kommt diese Bezeich- 



Inschrift aus Thera IG XII 3, 869, 5. [Kern.] 
Atfioviog = AtfioriEvg. 1) s. Steph. Byz. 

p. 50, 3 Mein. J 

2) Atfiovtog, Vater der Amaltheia nach Phere- 

kydes frg. 37 (Müller FHG I 82). [Kern.] 
Aiftovis, die Haemonierin. Steph. Byz. &.Olra- 

Ua p. 488, 5 Mein. [Kern.] 



2221 



Haiiuos 



Haimos 



2222 



HalmOfi, Personifizierung des thrakisehen Ge- 
birges. Bildliche Darstellungen des Berggottes 
gibt es auf Münzen; vgl. Drexler inEoschers 
Myth. Lei. I 1816f. Als Sagenfigur ist H. ver- 
schiedentlich verwandt worden. 

1) Sohn des Boreas und der Oreithyia (Steph. 
Byz. s. Affioe)* Seine Gemahlin ist Ehodope 
(Ovid. met. VI 87ft. Ps.-Plut. de fluv. 11, 3), 
beider Sohn ist Hebros, der thrakische Strom 
zwischen Khodope- und H.-Gebirge (Serv. Aen. I 
317). Die Sage von H. und Ehodope (Ovid. 
Ps.-Plut.) berichtet, daß die Liebenden Geschwister 
waren (dieses nur bei Ps.-Plut.) und sich gegen- 
seitig in ihrer Leidenschaft die Namen Hera und 
Zeus gaben. Dafür wurden sie von den erzürn- 
ten Göttern in Berge verwandelt. Erfunden ist 
die Geschichte von irgend einem unbekannten 
hellenistischen Dichter (Euphorion??) nach dem 
Vorbild der einen Keyxversion. 

2) Philostr. Her. II 15ff. (p. 157 K.) erzählt 
von H., dem Sohne des Ares, der neben Heloros 
und Aktaios, den Söhnen des Istros, Bundesge- 
nosse des Telephos von Mysien ist. Getötet wird 
er im Kampfe mit Palamedes, Diomedes, Sthene- 
los (aus Philostr. : Tzetzes Antehom. 273). Philo- 
strat schöpft aus pergamenischer Poesie; vgl. 
Robert Arch. Jahrb. H 253ff. Thraemer Per- 
gamos 322. 385. Brückner Arch. Jahrb. XIX 
Anz. 218ff. B rückner setzt die Dichtung in die 
Regierungszeit Eumenes IL und sucht die histo- 
rischen Grundlagen im einzelnen nachzuweisen. 
In H. sieht er einen Ausdruck pergamenischer 
Ansprüche auf Thrakien. 

3) Ein , Tyrann' von ThTakien , der gegen 
Byzas, den Gründer von Byzanz, zu Felde zieht. 
Byzas tötet ihn auf dem Gebirge, das von dem 
Gefallenen den Namen empfängt. Hesych. 111, 
IJargia Kcovömvz. c. 17. Die Vita Constantini 
des cod. 22 bibl. Angel. (Preger Script. Orig. 
Const. Fase. I p. 8 ; vgl. Praefat. p. IV) fügt noch 
ein Orakel hinzu, das Apollon dem Byzas gab; 
vgl. Ps.-Codinus JläxQta Kavor. Preger Fase. 
II p. 229. 

4) Unklares berichtet Eustath. zu Dion. Per. 
783 aus Arrians Btßwiaxä über einen H., König 
der Skythen. Nach dessen Sohne sei ein ponti- 
scher Fluß Eridios genannt worden, und später 
habe sich aus diesem Namen die Form Iris ent- 
wickelt. [P. Friedländer.] 

5) Atpov und AJuog (auch ATftog , Ha^rnus; 
Honte, Emno Tab. Peut; byz. Atpos nr\d. v E/ufAOjy > 
"E/Ltfiova; im Türk. als Vorgebirge Emineh burun 
am Schwarzen Meer; doch ist der H-Laut ur- 
sprünglich, s. C. Jirecek Heerstraße 140 und 
W. Tomaschek Die alt. Thraker II 2 90). thraki- 
scher Name des zwar nicht höchsten , aber als 
Wasser- und Länderscheide am schärfsten ausge- 
prägten Gebirges der südosteuropäischen Halbinsel, 
jetzt mit dem türkischen Namen Balkan (= Ge- 
birge), bulgarisch Stara Planina (,der alte Berg'j 
benannt. Den Griechen war die erste Kenntnis des 
Gebirges zweifellos durch Vermittlung der Thraker 
über die Kolonien an der Nordküste des Ägäischen 
Meeres und der Westküste des Pontos zugekommen. 
Wir finden es daher schon bei den Logographen 
als Atßov zo öqos, so bei Hekat. 143. Hellan. 
101. Dion. Mil. 2 nach Bekk. Anecd. 362; t«? 
AT/«? S&i Pherek. 104 in Schol. Apoll. 1 211. 



Die Maskulinform, wohl beeinflußt durch die Per- 
sonifikation des Gebirges, worüber Drexler in 
Boschers Myth. Lex. I 1816L, findet sich zuerst 
bei Her. I 49, doch geht die Neutrumsform noch 
längere Zeit daneben her, s. Steph. Byz. ATfios, 
ogog ©Q^xrfg ■ XiyeTat xal ovöfzsQoyg c5? oi uiok- 
koi). Herodot ist der erste Schriftsteller, dem 
wir nähere, obschon zum Teil noch unsichere Nach- 
richten über das Gebirge verdanken. Die Flüsse 

10 Atlas, Auras und Tibisis (s. die Art.), welche 
Her. a. a. O. sx zov Aißov x€w xogv<pea>v ent- 
springen läßt, sind wahrscheinlich in jenseitigen 
Zuflüssen der Donau aus den Südkarpaten zu er- 
kennen, von welchen durch den Skythenzug des 
Dareios eine dunkle Kunde zu den Griechen ge- 
langt sein mag, wie ja auch der Name der Kar- 
paten , freilich entstellt als Flußname Karpis, 
Herodot bekannt war. Von den südlichen Donau- 
zuflüssen kennt er Athris = Jantra, Noe's und 

20 Artanes (s. die Art.), sowie den Isker (Kiog var. 
Smog) , den er ganz zutreffend in der Rhodope 
entspringen und in einem Durchbruchstal {fieaov 
(f/JCcov zov ATßov) zur Donau abfließen läßt. 
Thuc. II 96 nennt diesen Fluß "Ooxiog und be- 
zeichnet den H. als Naturgrenze zwischen Thra- 
kern und Geten mit Worten (Ivzog zov Acftov 
ze oQOvg xai zijg 'Podöjiqg @Q<xxag — metra xovg 
vjiBQßdvti Alfiov Fizag),- welche auf eine Be- 
nützung der Gebirgspässe in jener Zeit schließen 

30 lassen. 

Die ältesten Heerzüge , so des Dareios (513) 
und wahrscheinlich auch des Philipp IL (339) 
gegen die Skythen führten wohl längs der Küste 
oder in geringer Entfernung davon zur Donau. 
Der erste , welcher über den westlichen Balkan 
einem Heer den Weg bahnte, war Alexander 
d. Gr. auf seinem Zuge gegen die Triballer (335 
v. Chr.). Nach den dürftigen Angaben bei Arrian. 
I 1 dürfte es der nur 988 m hohe Baba Konak- 

40 Paß, einer der tiefsten Einschnitte des Gebirges, 
östlich von Serdike (Sofia) gewesen sein (D r o y s e n 
Gesch. Alex. d. Gr. 1^ 121 A. und Jirecek a. a. 
O. suchen den Übergang noch weiter östlich). 
Unter den militärischen Unternehmungen der 
Folgezeit ist die Expedition Philipps V. von 
Makedonien im J. 181 v. Chr. am merkwür- 
digsten, über welche uns Liv. XL 21f. einen 
wertvollen Bericht aus Polybios erhalten hat. In 
dem für jene Zeit begreiflichen Irrtum, von der 

50 Höhe des H. einen strategischen Überblick vom 
Pontos bis zur Adria gewinnen zu können, be- 
stieg der König, von Stoboi aus durch das Land 
der Maider ziehend, in drei Tagen den Gipfel, 
bei dem man an den Vezen (2200 m) oder selbst 
an den Jumruktschal (2375 m), den Kulminations- 
punkt des Gebirges, denken kann. Oster Eine 
Bergfahrt König Philipps IH. Ztschr. D. u. Ost. 
Alpenv. 1886, 263-272 will die Besteigung in 
den Rilo Dagh verlegen, wo der Muss Alla, mit 

60 dem Olymp um die höchste Erhebung der gan- 
zen Halbinsel streitend, 2930 m erreicht. Doch 
scheint dies nach dem Quellenbericht und aus 
technischen Gründen minder wahrscheinlich. Das 
Gebirge wird als unwegsam und mit dichtem 
Urwald bestanden geschildert; die Temperatur- 
abnahme mit der Höhe war sehr empfindlich. 
Vom Originaltext des Polybios ist uns nur durch 
die Polemik Strabons VH 313 ein offenbar ent- 



stelltes Zitat (XXIV 4 Büttner-W.) erhalten, wo- 
nach Polybios selbst die Sichtbarkeit beider Meere 
behauptet hätte, was nach dem Text des Livius 
nicht der Fall war. Ein anderes Fragment des 
Polybios (XXXIV 10, 15 Büttner-W. aus Strab. 
IV 208) nennt als höchste Erhebungen Thra- 
kiens den H. nebst Rhodope und Dunax (Donuca 
bei Liv. XL 58), letzteres wahrscheinlich = Eila 
planina 2680 m, s. H. Kazarow Ztschr. f. kl 
Phil 1905, 930ff. ' 10 

Wertvolle Angaben verdanken wir Strabon, 
der (VII 313) die Bedeutung des H. als Wasser- 
scheide wie als Naturgrenze zwischen der thra- 
kisch-hellenischen Welt und den Barbarenländern 
an der Donau scharf charakterisiert, so auch VII 
323 und 329, 10 als Nordgrenze Thrakiens bezw. 
des makedonischen Reiches. Daß er das am Pon- 
tes (IX 440) beginnende Gebirge als einen ein- 
heitlichen Zug sich westlich bis zur Adria fort- 
gesetzt denkt (tqöjiov zivä t0 "Iotqoj nagaUrjU 20 
savt xd Te 'IklvQixä xai za IJaiovina xai w Qgq- 
xia öpy [uav 7zm$ yga^v djtozsXovvza difavv- 
aav äxo rov 'Aöqiov juex(> 1 nQOS zov Ilovtov), ist 
ein Irrtum, den er nicht nur mit dem Peripl. 
Pont. Eux. p, 13 und byzantinischen Schrift- 
stellern wie Anna Komm 451 Paris, u. Nikeph. 
Greg. I 375 Bonn, teilt, sondern der auch unsere 
Karten bis in die erste Hälfte des vorigen Jhdts. 
beherrschte. Erst der Forschung der letzten Jahr- 
zehnte war es vorbehalten, zwischen den Falten- 30 
gebirgen des nord-südlich streichenden dinarischen 
Systems im Westen der Balkanhalbinsel und des 
in der Fortsetzung des Karpatenbogens nach Osten 
schwingenden Balkansystems, sowie der alten 
thrakischen Masse, zu der Rhodope und Kilo 
Dagh gehören, scharf zu scheiden. 

Nichts Neues bietet Ptolem. geogr. III 11, 
5, der den H. nur als Grenzgebirge der Provinzen 
Thrakien und Moesien kurz erwähnt. Den Kö- 
rnern wurde das Gebirge zuerst durch den Zug 40 
des Lucullus (72 v. Chr.) bekannt (Ammian. Marc. 
XXVII 4, 11 imperator Lucullus, qui cum du- 
rissima gente Bessorum conflixit omnium pri- 
mus, eodemqite impetu Haemimontanos acriter 
resistentes oppressit). Von den römischen Geo- 
graphen wiederholt Pomp. Mela II 2 den Irrtum 
von der Sichtbarkeit beider Meere, während Plin. 
n. h. IV 41 die Höhe mit den Worten Haemi 
excelsitas VI m. p. subitur und IV 45 mons 
Haemus vasto iugo procumbens in Pantum kenn- 50 
zeichnet und XXXI 53 der Quellen und Wälder des 
Gebirges gedenkt. Von großem Interesse ist eine 
Münze der lulia Domna aus Nillopolis, den Berg- 
gott als Jäger darstellend, auf einem Felsen 
sitzend, zu dessen Seite ein Baum und ein Bär 
sich befinden, s. Dumersan Eev. numism. VHI 
(1843) 17f. Cat. Brit. Mus. 48ff. Head HN 235. 
Die wesentlichen Züge des Landschaftsbildes, der 
Hochgebirgscharakter, die Bewaldung und der 
Wildreichtum kommen hierin prägnant zum Aus- 60 
druck. Auf das Hinaufragen der höchsten Gipfel 
über die Baumregion deutet übrigens auch die Be- 
zeichnung Calvus mons Kcdßofiovvtig Theophyl 
Sunok.98 (vielleicht der Jumruktscbal'?). 

Eine Reihe von geographischen Angaben ver- 
«wnken wir Ammianus Marcellinus. Hauptstelle 
j XXI , 10 ' 3f - wo die Annäherung von Eho- 
dope nnd H. bei dem vielgenannten, von der spä- 



Maimos 



2224 



teren Überlieferung als /Traianstor' bezeichneten 
Paß der Succi (843 m) zwischen Serdike und 
Philippopolis, der Grenze von Oriens und Occi- 
dens (Jirecek 30—35. 63. 81. 92. 129), geschil- 
dert wird. Der dort hervorgehobene Steilabfall 
nach der thrakischen und die sanfte Abdachung 
nach der illyrischen Seite (pars quae lllyrieum 
spectat mollius edita mlut fneauta subiiide su- 
peratur. Latus vero e regione oppositum Thra- 
öiis prona humilitale deruptum Mneque et inde 
fragosis transitibus inpeditum difficile seanäitur 
etmm nullo vetante) bezieht sich wohl nur auf 
den erwähnten, von der Eisenbahn jetzt im Paß 
von Vakarel (745 m) umgangenen Engpaß, trifft 
aber auf den ganzen H. zu, der sich nach Süden 
steil zu dem von der oberen Tundscha durch- 
flossenen Längstal senkt, nach Norden aber sich 
allmählich abdachend sein Vorland in der bul- 
garischen Kreidetafel bis zum Steilrand der Donau 
vorschiebt (ab ipsis IRstri margimbus — con- 
surgit Ammian. a. a. O.). An anderen Stellen 
erwähnt Ammian. Marc, die celsorum iugo, mon- 
tium und Haemi montis abseisos scopulos (XXXI 

7, 2f.) sowie die Haemvmontanas angustias (ebd 

8, 1) und vergleicht XXVLT 4, 51 die Gebirgs- 
umrahmung Thrakiens mit dem Halbkreis eines 
gewaltigen Naturtheaters [in eornuti sideris mo- 
du?n efßngunt theatri faeiem speeiosam), dessen 
nördlichen Flügel der H. bildet (partem sinistram 
aretois obnoxiam stdlis Haemimontanae celsi- 
tndines elaudunt). 

Mit Ammian schließt die antike Geographie 
des H. Die zahlreichen Erwähnungen bei byzan- 
tinischen Historikern können hier nicht weiter 
verfolgt werden. Reiches Material hierüber findet 
sich bei Jirecek Die Heerstraße von Belgrad 
nach Constantinopel und die Balkanpässe (Prag 
1877) und Archäol. Fragmente aus Bulgarien 
(Arch.-cpigr. Mitt. aus üsterr. X 1886, 43—104 
129—209 Taf. 7 ; besonders wichtig für die Ge- 
schichte des Bergbaues und der Verkehrswege 
im H.). Von den Römerstraßen über den H. 
scheint jene durch den Traianpaß (1650 m), welche 
von Philippopolis direkt nördlich zur Donau führte, 
die älteste und meistfrequentierte gewesen zu 
sein. Die Tab. Peut. verzeichnet die Stationen 
sub radice (Südseite), Montemno (Kastell auf der 
Paßhöhe, Enron bei Geogr. Rar. TV 7), ad radiees 
(Nordseite). Die am Weg von dort nach Phi- 
lippopolis gefundene Inschrift CIL III 6123 läßt 
darauf schließen, daß die Straße unter Nero an- 
gelegt worden ist. Erst spätere Überlieferung 
hat sie mit dem Namen Traians verknüpft (zqi- 
ßog Tgatavov im J. 601 bei Theophyl. Simok. 
320). Weiteres s. bei Jirecek Heerstraßen 156ff. 
Westlich davon führte ein durch zahlreiche Ka- 
stelle befestigter Paß von Serdike im Iskerdurch- 
bruch nördlich an die Donau bei Col. Ulpia 
Oescus, wo eine Brücke die Verbindung mit der 
längs der Aluta zum Rotenturmpaß führenden 
Straße herstellte. Später wurde dieses schwie- 
rige Defile" ganz verlassen und der leichtere Über- 
gang über den Baba Konak-Paß (s. o.) gewählt. 
Erst durch Kanitz (1871) und Toula (Mitt 
Geogr. Ges. Wien 1876, 252) wurde das roman- 
tische Tal neu erschlossen, das jetzt von einer 
landschaftlich ebenso reizvollen als für die Ver- 
bindung des Beckens von Sofia mit Donau-Bai- 



£225 



Hailaos 



Halai 



2226 



garien wichtigen Eisenbahn durchzogen wird, s. 
Jirecek 158ff. und Meyers Türkei (6, Aufl., 
1902, 74ff. mit Karte). 

Westlich des Iskerdurchbruches führte noch 
durch den Gincipaß (1450 m), den jetzt die Straße 
von Sofia nach Lom Palanka durchzieht, ein 
Römerweg, von dessen Vorhandensein antike Ka- 
stellruinen, Inschriftfunde bei Berkovica und der 
Name des am Nordausgang gelegenen Dorfes Kli- 
sura zeugen, der auf ein römisches clausura weist. 10 
Diese Benennung ist nämlich analog ital. ohiusa, 
deutsch Klause, seit dem 6. Jhdt. als xXsioovga 
In die griechische Volkssprache übergegangen und 
hat sich innerhalb der Grenzen des oströmischen 
Reiches auch bei den slavischen Völkern erhalten, 
s. Jirecek 142. 161. 

Von den Übergängen östlich des Traianpasses 
sind der aus der neueren Kriegsgeschichte (1877/8) 
wohlbekannte Schipkapaß (1300 m) und der nie- 
drige Dobralpaß zwischen Karnabat und Schumla 20 
zwar nicht in den Itineraren bezeugt, aber, wie 
es scheint, durch Funde als antike Verkehrswege 
gesichert, Jirecek 148ff. 152. Letzterer ist 
wahrscheinlich das ,Eiserne Tor' (Sidygä) der 
Byzantiner des 9.— 13. Jhdts., wogegen die Türken 
■die beiden westlich davon gelegenen Pässe von 
Kotel und Slivon als Demir Kapu bezeichneten. 
Endlich führt ein zu allen Zeiten viel benutzter, 
im Mittelalter mit verschiedenen Namen bezeich- 
neter Übergang über die nur mehr 4 — 500 m Höhe 30 
erreichenden Ausläufer des Gebirges von Anchia- 
los am Schwarzen Meere nach Marcianopolis , s. 
Jirecek 146ff. und zur Übersicht des ganzen 
Gebietes die Karten von Kiepert Formae orb. 
ant. XVII (mit Text) und CIL III Suppl. Tab. IV. 

Nicht zu vergessen ist endlich die große Be- 
deutung, welche dem H. nicht bloß als lokale 
Naturgrenze zwischen zwei Landschaften bezw 
Provinzen, sondern als ein Teil der Scheidelinie 
zwischen römischer und griechischer Kultur zu- 40 
kommt. Wie der Paß der Succi (s. o.) als Grenze 
zwischen dem lateinischen Westen und dem grie- 
chischen Osten galt, die sich von hier zwischen 
Macedonia einerseits und Illyricum andererseits 
zum Adriatischen Meere hinzog, so bildete der 
H, eine Mauer für die Verbreitung griechischer 
Sprach? und griechischen Wesens nach Norden, 
das in byzantinischer Zeit unter dem Einfluß 
des Christentums die einheimischen Völkerschaf- 
ten Thrakiens absorbierte. Jenseits dieser Linie 50 
herrschte lateinische Sprache und römisches Wesen, 
das von der Slavenflut des 6. und 7. Jhdts. großen- 
teils verdrängt, sich gleichwohl im rumänischen 
Volkstum und in den seit dem Mittelalter als 
»Vlachen' bezeichneten romanisierten Urbewohnern 
erhalten hat; letztere haben sich unter dem Druck 
der Völkerverschiebungen als ein stammfremdes 
Element [Kutxovlachen. Zinzaren, KagayovviÖes) 
bis in die nordgriechischen Gebirge (Olymp, Pin- 
dos) vorgeschoben, in Dahnatien und Istrien sind 60 
die letzten Reste der unmittelbar in der römischen 
Kolonisation wurzelnden romanischen Idiome erst 
in neuester Zeit durch das von Venedig ausstrah- 
lende italienische Volkstum überwuchert worden. 
S. hierüber O b e rh um in e r in Dahnatien, herausg. 
von E. Brückner (Wien 1911) lOOff. nnd im all- 
gemeinen Mommsen R. G. V. 
. Die neuere Erforschung des EL, der in der 



Literatur seinen historischen Namen stets bewahrt 
hat, bis seit dem russisch-türkischen Krieg von 
1829 (Übergang des Generals Diebitsch ,Sabal- 
kanskij') dio türkische Benennung Balkan in den 
Vordergrund trat, beginnt mit A. Boue" La Tur- 
quie d'Europe 4 B. 1840 und. W. Grisebach 
Reise in Rumelien 1841. Seither haben besonders 
F. v. Hochstetter Jahrb. d. Geol. Reichsanst. 
1870 und (seit 1875) F. Toula Denkschr. Akad. 
Wien 1896 ; Compte RenduIX. Congr. g6o\. intern. 
1904 (Re"sume der bisherigen Arbeiten), zuletzt 
J. Cvijic Das pliozäne Flußtal im Süden des 
Balkan (Wien 1909) die Kenntnis des Gebirges 
gefördert. Ausführliche Schilderungen enthalten 
C. Jirecek Das Fürstentum Bulgarien 1881 und 
Ph. F. Kanitz Donaubulgarien und der Balkan, 
3 Bde. 1880/2,; eine übersichtliche Darstellung 
geben Th. Fischer in Kirchhoffs Länderk. v. 
Europ. 112 (1893) 84ff. und A. Philip pson Europa 
(1906) 269ff. Die besten Karten sind derzeit die 
Blätter der vom k. k. militärgeogr. Institut in 
Wien herausgegebene Generalkarte von Mittel-, 
europa 1 : 200 000. [Oberhummer.] 

Hairai (al Aloai), s. o. Suppl.-Heft I S. 39. 

Cn. Hains Diadumenianus, proefurator) Aug(u- 
storumj u[t]r[ar]umqite Mauritaniarum , Tin- 
gitanafe et Caesfariensis)] ', CIL VIEL 9366 (Cae- 
sarea = Scherschell): die Kaiser sind Septimius 
Severus und seine Söhne. Ohne Zweifel verwandt 
mit ihm ist Cn. Haius Diadumenus, der seinem 
Freigelassenen die Grabschrift in Puteoli (Not. 
d. seavi 1891, 204) setzt. [Stein.] 

Halai ('Akal, Demot. 'Alaisvs). 1) AXal Ai£o)- 
rtdss ist einer deT großen Demen in der Küsten- 
trittys der Kekropis (s. Steph. Byz.). Nach der 
Reihenfolge der Küstendemen bei Strabon (IX 398) 
lag H. zwischen Anagyrus und Aixon. Die Lage 
von Anagyrus in der Nähe des heutigen Dorfes 
Vari am Sudostfuß des Hymettos ist durch in- 
schriftliche Funde hinreichend gesichert. Danach 
ist anzunehmen, daß 'Alal Ai^caviösg der erste 
Küstendemos auf der Westseite des Hymettos war 
(s. Karten von Attika Bl. VIH Vari). Seine ge- 
naue Lage wird, wie zuerst Löper Athen. Mitt. 
XVII 410 erkannt hat, durch die beiden Salzlachen 
zwischen Kap Zcoot^q und Kap Punta bestimmt. 
Nun haben nach Steph. Byz. s. Zcoarfg die Halaeer 
am Kap Zoster ein Heiligtum des 'AjioXXojv Za>- 
att}Qiog besessen; folglich hat dieses Kap zum 
Demos 'Mal Al£o?vtdeg gehört. Aus diesem Grunde 
verlege ich mit Löper 342 die Stätte des alten 
H, — südlicher als Milchhöfer — an die Stelle, 
wo der von Athen kommende Weg nach Osten 
umbiegt, um durch den Bergeinschnitt des flacher 
werdenden Hymettos nach Vari zu führen. Ist 
dieser Ansatz richtig, so muß mit Löper der 
große Demos Al^cövrj in die Gegend von Hagios 
Nikolaos (bei Kap Punta) bis Pimari verlegt wer- 
den, in der überaus zahlreiche Grundmauerspuren 
zu finden sind. M i 1 c hh ö f e r verschob diese beiden 
Demen weiter nach Norden und setzte an der 
oben beschriebenen Wegbiegung (nahe bei Kap 
Zoster) einen der größten Demen, Euonymon aus 
der Phyle Erechtheis, an. Gegen diese Annahme 
spricht der Umstand, daß das Gelände in jener 
schmalen Küstenebene nicht für eine zahlreiche 
Bevölkerung hinreicht. Es kommt hinzu, daß 
der Fundort der Euonymeer-Grabsteine weiter im 



2227 



Halai 



Halamardfiis?) 



2228; 



Norden, wenn auch auf derselben Seite des Hymet- südliche Schmalseite hart an den Strand heran- 
tos, liegt. Nur bei einem — Antikenbericht nr. tritt. Diese ist etwa 100 m lang und zeigt Beste 
772 — lautet die Fundangabe ,in der Gegend einer guten Quadermauer. Anderswo bemerkte 
von Chirana, nordwestlich Vari'; dagegen ist Lolling ein Stück Polygonalmauer; an meh- 
nr. 745 und Lop er Athen. Mitt. XV 341 A. reren Stellen war die Mauer mit Ziegelstücken, 
m Pirnan, 747 in Chasani und nr. 735, sowie ausgebessert. Kutorga spricht von zwei Rund- 
IG II 2064 sogar in Trachones gefunden. Wenn türmen und einem viereckigen; Lolling dessen 
überhaupt die Pundtatsachen Rückschlüsse auf die Eeisen in die J. 1876/7 fallen, erwähnt "inen 
Demenansetzung gestatten, so darf man liier fol- halbrunden und den viereckigen. Von den beiden 
gern, daß Euonymon im nördlichen Teil unserer 10 Ecken der Akropolis sprangen nach Kutorga 
Küstenebene bei Trachones und Chasani gesucht zwei kleine Steinmolen ins Meer vor, Lolling 
werden muß. Milchhöfer hat im Text der sah nur noch den östlichen. Der Strand am Fuße 
Karten von Attika I— III 29 diese Möglichkeit der Akropolismauer ist mit großen Platten belegt 
erwogen; er lehnte sie aber damals ab, ,da Euo- und derselbe Belag zieht sich nach Kutorga 
nymos ein Sohn des Kephisos heißt'. Die Halt- auch noch etwa 100 m weiter nach Westen hin. 
losigkeit dieses Argumentes hat er später selbst Nach dieser Seite verlegt Kutorga die Wohn- 
eingesehen und Abh. Akad. Berl. 1892, 12 den stadt. Das Tal von H. erstreckt sich etwa eine 
Fundtatsachen höhere Geltung eingeräumt. Eben- Stunde weit nach Osten. In ihm und nament- 
so hat er o. Bd. VI S. 1157 Euonymon richtig lieh an seinem Nordrand hat Lolling viele antike 
fisle » t *!,,>* 20 Gräber festgestellt. Unweit der Kapelle des Hag. 
2) Mai AgaiptjvtÖES (Demot. 'AXatevg) ist ein loannis Theologos befindet sich ein kleiner Salz- 
mittelgroßer Demos in der Küstentrittys der see. Ob die Inschriften IG IX 1, 256— 266", 
Phyle Aige'is. Nach der Aufzählung bei Strab. die Lolling in Malesina (früher Mallenitsa oder 
TX 399 lag er an der Ostküste von Attika nörd- Mellenitsa) und dem benachbarten Kloster Hag. 
lieh von Brauron (vgl. Steph. Byz. s. v.), peta& Georgios abgeschrieben hat, aus H. stammen, 
<p7]yew S rov tiqos MaQaftwvt xai BQavQwvog). Aus ist keineswegs sicher. Denn zwei Reliefs, die 
dem Distinktiv 'A&aqprjvtdsg ist zu schließen, daß Lolling in dem Kloster sah, waren aus Cheliadu, 
dieses H. in der Nähe des alten Demos Aga- südöstlich von Proskyna. dorthin gebracht (s. 
<pt}v lag, den Milchhöfer o. Bd. II S. 379 rieh- den Art. Korseia). Sonstige Literatur bei Fra- 
tiger als Löper Athen. Mitt. XVII 362 oberhalb 30 z er Paus. V 134. Bursian Geogr. I 192. 
des modernen Raphina am ,Mcgalo Rheuma' sucht [Bölte j 
(s. Karten von Attika XI Raphina). Da sich 4) [aiJAlm (Stad. mar. m. 322f.), Küsten- 
südlich davon in der schmalen Küstenebene Station in der Mitte der Südküste der Insel Kreta 
zwischen Brauron und Araphen ein Salzsee — s. C. Müller z. d. St,; vgl. den Art. Lasaia. 
Aliki — befindet, werden wir dazu geführt, AlaX [Bürchner.] 
Aea<pt}v(öe$ in der Gegend östlich vom Salzsee 5)"AXat, Ort in der Kvrcnaika, Anonym. 
unterhalb der Hügel des heutigen Velanidesa stad. mar. magni 61. " [Pieper 1 
anzusetzen (s. Milchhöfer Abh. Akad. Berl. Halaisa s. Alaisa. Über die Frage "der 
1892, 15 und Löper Athen. Mitt. XVII 360. Schreibung vgl. zu Ha dran on. 
Kirchner Prosop. Att. II 504}; s. Art. Ära- 40 Ilalaisos s. Alaisa. 

phen und Phegada). [Kolbe.] Halala, Ort in Kappadokien, am Fuß de* 

3) 'Mai, eine ursprünglich lokrische Stadt, Tauros, in dem Arniia Faustina. die Gemahlin 

trat vermutlich im 4. Jhdt. (s. den Art. Larym na) des Kaisers Marcus Aurelius , 176 starb. Hist, 

dem böotischen Bunde bei und war von da an aug. M. Anton. 26, 4. 9. Demnach ist es sehr 




H. wie Larymna und Anthedon auf Sullas Be- X 313. XIII 172. Const. Porphyr, de them. I 
fehl zerstört, der 84 den Überlebenden die Rück- 50 I P. 7. Es wird gewöhnlich mit den Ruinen 

kehr in ihre Heimat gestattete (Phit. Süll. 26). von Pezrnektschi, nordwestlich von den Kilikischen 

Die Angaben Strabons und Pausanias führen mit Pforten identifiziert, Ramsay Asia Minor 346. 

vollkommener Sicherheit auf eine Ruinenstätte Janke Auf Alexand. d. Gr. Pfaden 112, 172, 216. 

am östlichsten Winkel des Opuntischen Meer- Oberhummer und Zimmerer Durch Syrien u. 

busens, von der Kutorga (Revue archeol. N. S. Kleinas. 168. Neuerdings verlegt es Ramsay 

II 1860, 390ff.) und Lolling im Urbaedeker nach der Ruinenstätte zwischen Bajal und Porsuk, 

(s. darüber Bulle Orchomenos I 116, 2) eine ge- östlich von Eregli, weil Meilensteine mit Colonia 

nanere Beschreibung gegeben haben. Beide wider- Faustiniana (CIL III 12213L) erkennen ließen, 

sprechen sich zwar in einigen Hauptpunkten, daß die Straße dort gelaufen ist, Jahresh. Österr. 
lassen aber darüber keinen Zweifel, daß die Kü-60 Arch. Inst. 1904 Bcibl. 109. Geogr. Journ. 1903, 

stenlinie der kleinen Bncht auf der Carte de la XXII 402f. Dann stimmen aber die Angaben 

Grece nicht richtig gezeichnet ist. Die Ruinen der Itinerare zu wenig, R. Kiepert FOA VTII, 

liegen unmittelbar am Strande wenige Minuten Text 18. [Rüge.] 

nördlich von der Kirche Hag. loannis Theologos. Halamardfns !) ist als Beiname des Mars 

Am besten 7u erkennen sind die Mauern der genannt auf der Votivinschrift von Hörne bei 

kleinen Akropolis. Diese nimmt ein Plateau ein, Roermond: Marti Jlaiamard sacrutn. T. Domi- 

da* sich nur mannshoch aus der Ebene erhebt, t(ius) Vindex e(enturioJ leg. XXfX] U »., v. 

und bildet ein langgestrecktes Bechteck, dessen *. I m. t CIRh 2028. K. Christ Bonn. Jahrb. 



2229 



Halasarna 



Hali 



22SO 



LXXIV 192. v. Grienb erger Ztschr. f. deutsches 
Alt. XXXV 388. CIL XIII 8707 (wo die übrige 
Literatur). Grien berger zieht die Ergänzung 
Halcwnardo vor (nicht Halamardi) und erklärt das 
Wort "aus dem altn. halt — Mann und *mardus 
= Mörder, also äv6Qoxz6vog (anders K. Christ 
a. a. O.). Jedenfalls scheint es nach dem Fundort 
germanisch zu sein, trotz des sonst keltischen <J 
(= englisch th). [Haug.j 



Atrides, Sil. Ital. a. a. 0. Argolicus, ,Servius' zu 
Aen. Vlil 285 abweichend Neptuni fitius, als 
welcher er im Salierliede der Veienter (vgl. D e e ck e 
a. a. 0.) zur Verherrlichung ihres von ihm ab- 
stammenden Königshauses gefeiert wurde. Als 
Agamemnons Gefährte oder auch sein Sohn hätte 
er nach dessen Ermordung seine Heimat verlassen 
und wäre nach vielen Irrfahrten (Styl) in Etru- 
rien angelangt (Ov.). Bei Vergil dagegen ver- 



Ifalasarna {[%] Maodgva , kleinasiatischer 10 birgt sein Vater, ein Seher (vgl. II. XI 329), ihn 



Name , vgl. Mioaova) , Demos und Örtchen an 
der Südostküste der Insel Kos, Paton-Hicks 
Inscr. of Cos nr. 7, 3. nr. 367, 6. Herzog 
Kölsches 166; jetzt Ruinen südlich von Kardä- 
mena. Swoboda Wien. Stud. XI 65ff. R. Kie- 
pert Karte von Kleinas. D I. [Bürchner.] 

Haie s. Hali eis. 

Haieis (AXstg, gen. "Ahvtog, Demot. Mevtioi), 
Name eines Demos, einer Örtlichkeit und eines 



in dem Walde; als er aber in hohem Alter stirbt, 
zieht sein Sohn in den totbringenden Kampf 
gegen Aeneas und leistet hier dem König Turnus 
kräftige Hilfe. Er ist Führer von , tausend Völ- 
kern' aus kampanischer Gegend, Aurunker, Sidi- 
kiner, Osker usw., und wird von Pallas, dem 
Sohne des Arkaders Euander, getötet. Die ganze 
Geschichte von H. scheint zunächst aus dem Stadt- 
namen Falerii mit ihren Einwohnern Falisci 



Flüßchens an der Kordwestküste der Insel Kos, 20 herausgesponnen zu sein. Den nächsten Anlaß 



Paton-Hicks Inscr. of Cos nr. 31, 10. nr. 344, 
7. Herzog Koisches 165. R. Kiepert Karte 
von Kleinas. D I. [Bürchner.] 

Haies, Ales, Haiesos (6 "Alyg [Gen. "AXyTos], 
Paus. VII 5, 5. V1TI 28, 2. Tzetz. Lycophr. 868; 
bei Plin. n. h. V 116 Halesus). 1} Flüßchen nahe 
bei Kolophon im kleinasiatischen Ionien, jetzt 
Awdschi tschai (= Fluß der Jäger), R. Kiepert 
Karte von Kleinasien C I. Vgl. den Art. Ales 



dazu bot die auffallende Übereinstimmung faliski- 
scher Kriegs- und Kultgebräuche (Dion. Hai. I 
21), vor allem des bekannten Iunokultes (Ovid. 
am. a. a. 0.) , mit ähnlichen griechischen , und 
diesen letzteren von der griechischen Hauptstätte 
des Herakultes , Argos , und zwar durch einen 
möglichst vornehmen Troiakämpfer herzuleiten, 
war den römischen Antiquaren eine leichte Sache. 
Auch die nationale Sonderstellung der Falisker 



o. Bd. I S. 1367. Er soll das kälteste Wasser 30 (s. Bor mann CIL XI 1 p. 465) kann mitgeholfen 



Ioniens geführt haben. Tschucke hatte (ad 
Lycophr. 868) statt Aat^svrog 'Al^sriog vermutet, 
das 0. Müller in der lateinischen Übersetzung 
der Minmermosstelle bei Strab. XIV 634 ein- 
setzt. [Bürchner.] 

2) "Akijs, Flüßchen in Lucanien, heute Alento, 
der bei Velia mündet, Cic. ad Att XVI 7, 
5; fam. VII 20, 1. Vib. Sequ. 146 R. Etymo- 
logische Spielerei bringt seinen auch an der klein- 



haben , und als H. erst Etrusker geworden war, 
konnte er auch als Führer der südlicheren, von 
den Etruskern einmal inne gehabten Landschaften 
auftreten, s. 0. Müller Etrusk. 21 169. IT 285ff. 
Deecke Roschers Myth. Lex. s. v. [Eitrem,] 

Halex , Flüßchen in Bruttium , heute Alice, 
wird zuerst von Thuc. III 99 gelegentlich 
eines Landungsgefechtes der mit Rhegion ver- 
bündeten Athener gegen die Lokrer im J. 426 



asiatischen Westküste vorkommenden Namen in 40 genannt, das zur Einnahme eines lokrischen Ka- 



Zusammenhang mit der Entstehung des Namens 
Elea (Velia). Steph. Byz. s. Elea. Strab. VI 
252 (Interpolation). [Weiss.] 

Haiesa s. Alaisa. 

Hulesion (to A/.r/oiov tieMov) , wenig ausge- 
dehnte Ebene in Troas, diesseits (d. h. nördlich) 
vom Vorgebirge Lekton , jetzt Babä burnü (Strab. 
XIII 605), am Unterlauf und Delta des Satnioets 
(jetzt Tuslä [Salinen- Jtschai), der die Lage seines 



stells exi x(p "Alyxi xoiafioj führte; vgl. Busolt 
Griech. Gesch. III 1081. Er bildete nach Ti- 
maios frg. 64. Strab. VI 260 die Grenze der 
beiden griechischen Gemeinden. Über die an- 
geblichen verschiedenen Eigentümlichkeiten der 
an den Ufern lebenden Zikaden Timaios. Strab. 
a. 0.; vgl. Hitzig-Blümner Paus. II 2, 560. 
Erwähnt wird der H. noch von Dionys. Perieg. 
367. Priscian. perieg, 361. Avien. descr. orb. 515, 



Flußbettes im Lauf der Zeit stark verändert hat. 50 Suid. s. *AXt}i;. Vgl. auch Nissen Ital. Landest. 



Diller Americ. Institute I (1882) 215. R. Kie- 
pert Karte v. Kleinas. B I. Im Osten des Tales 
erhebt sich neben Steinsalz enthaltendem (Leake 
Asia min. 274) Gebirg der Tuslä Tepe, bei T schäm 
f= Tannen-)kjöi befinden sich die Ruinen des 
alten Tragasai. Bei Hermolaos — Steph. Byz. s. 
Tgayaoai ist h faeigq) (nicht 'Hxeigcp) zu lesen; 
s. Meineke Epim. II 7 21 f. [Bürchner.] 

Halesus (Halesus Plin. n. h. V 116). 1) s. 
den Art. Haies (Ales). [Bürchner.] 

2) (var. Halaesus und Alesm), der Arche- 
get der Falisker und Gründer der etruskischen 
Stadt Falerii, Ovid. am. m 13, 31ff.; fast. IV 
73f. Plin. n. h. III 51 nach Cato. Solin. H 
7. Serr. Verg. Aen. VTI 695. Nach SiL ItaL 
Vlil 476 soll er auch die etruskische Hafenstadt 
Algium gegründet haben. Vergil Aen. VII 723 
nennt ihn Agamemnontus , Ovid. am. a. a. 0. 



II 955. [Weiss.] 

Hali, skythisch-niaiotischer Stamm auf dem 
asiatischen Ufer der Maiotis. Plin. n. h. VI 19. 
Die hsl. Lesart a Cimmerio aeeolunt Maeotici 
hali sernis Serrei usw. wurde von Hermolaus 
Barbarus (1492) nach Ptolem. V 8, 13 korri- 
giert in Vali SerbL Die Korrektur billigte 
Müllenhoff Deutsche Altertumskunde LTI 49 
und ganz neuerdings auch May hoff in seiner 
60 vorzüglichen Recensio der geographischen Bücher 
der nat. hist., obwohl sie geographisch ganz un- 
wahrscheinlich ist, da jene Völkerschaften der 
Ptolemaioskarte am Kaspischen Meer sitzen. 
Detlefsen verbindet in seiner letzten Ausgabe 
wie die meisten älteren Herausgeber Halisemi. 
Da aber die Tab. Peut auf der Sindischen Halb- 
insel die Ortschaft oder Regio Haie verzeichnet» 
auf die K. Müller (zu Ptolem. p. 919) mit Recht 



ZZÖ1 



Hau 



Halia 



2282 



aufmerksam gemacht hat, so ist die Unterschei- 
dung eines skythischen Stammes dei H. geo- 
fraphisch durchaus gerechtfertigt, auch wenn die 
enachbarten Serni noch nicht entdeckt oder 
»wiederhergestellt* sind (sollte Serdi zu lesen sein, 
so daß sich darin die Sardetae verbergen würden, 
welche die Tab. über Haie ansetzt und welche 
von Plin. n. h. IV 83 Sardi genannt werden? 
Der letztere kennt sie freilich im Westen der 
Maiotis, aber vereint mit den Siraci, die auf der 
Ptolenmioskarte noch im Osten des Sees wohnen ; 
also eine westwärts gerichtete Wanderung der 
beiden Stämme. Derselbe Wechsel des Stamm- 
vokals bei dem thrakischen Volk der Sardi oder 
Serdi). 

Haie liegt auf der Tab. Peut. an einer Route 
der kindischen Halbinsel auf der Ostseite des 
Kimmerischen Bosporus, die sieh wiederherstellen 
läßt, obwohl auf der KaTte im Norden des Schwar- 
zen Meeres alle Linien und Zahlen der Itinerare 
ausgefallen sind. Sie beginnt in Chimerium 
(Plin. n. h. VI 18 ultimoque in ostio Cimme- 
rium quod antea Chimerion vocabatur\ so rich- 
tigere Lesart bei May hoff für Cerberüm Det- 
lefsens), also in der Nordwestecke der Halb- 
insel. Darauf folgen Bruani {Abitrani des Geogr. 
Rav.), Amyrni, beides wohl Stammesnamen, Ma- 
eara, Haie, Chritionis, Sopatos. Über Macara und 
Haie findet sich Momm., das ist das Denkmal der 
bosporanischen Königin Komosarye, den Göttern 
Anerges und Astara errichtet. Zwischen Sopatos 
und dem nach Osten folgenden Phamacorium 
(Phanagoreia) ist auf der Tab. ein sehr großer 
Zwischenraum freigelassen und beweist, daß die 
beiden Orte nicht durch eine Routelmie verbun- 
den werden dürfen. Wie das in sich zusammen- 
hängende, das Kubanlinmn im Norden umgehende 
ItinerarPhanagoreia—Stratoclis—Cepos— Hermo- 
nassa— Sindecae mit dem westlicher gezeichneten 
Chimerium — Sopatos zu verknüpfen sei, lernen 
wir aus Geogr. Rav. p. 172, 5—8 und 368, 8 
—16, Beide Male wird entweder ganz oder 
wenigstens mit seinen ersten Stationen das letzt- 
genannte Itinerar an Hermonassa angeschlossen, 
unter Einfügung einer oder zweier, auf der Tab! 
nicht erwähnter Zwischenstationen (das eine Mal 
Eteobrocon, das auch Stammesname sein kann, 
und das andere Mal Eteobrocon und Latirita). 
Also müßten die Routen in der graphischen Dar- 
stellung eigentlich übereinander anstatt neben- 
einander stehen; nur die Schmalheit des verfüg- 
baren Kartenraums hat dem Zeichner der Tab. 
diese Anordnung unmöglich gemacht und eine 
Zeichnung aufgenötigt, durch welche die gra- 
phische Verbindung der beiden Itinerare aufge- 
geben werden mußte. Hermonassa lag am Ost 
ufer des Kubanlimans (Korokondamitis Xiuvrj). 
Deutlich lief von hieraus die eine Straße wie 
die ältere russische Poststraße über die schmale 
Landenge zwischen dem Liman und dem Aftanis- 
see (lacus Sahnarum) westwärts nach der Ingres- 
sionsbucht von Phanagoreia; die andere wandte 
sich erst nach Norden gegen Temrjuk (Tyrambe), 
iun dann gleichfalls westlich umbiegend und die 
nördliche Landenge zwischen dem Aftanissee und 
der Maiotis überschreitend Kimmerion am nörd- 
lichen Ausgang des Bosporus zu erreichen. 

Die erste Station nach Chimerium, Bruani 



heißt beim Geogr. Rav. Britani und Abritani; 
das ist der Gau oder Clan der Abrinatai (bei 
Steph. Byz. i&vog TIovxix6v), dem danach der 
Landstrich im nordwestlichen Winkel der Sin- 
dischen Halbinsel zugeteilt werden muß, vielleicht 
in Gemeinschaft mit einem Clan der Amyrni, die 
auf der Tab. nach Bruani folgen. Auf der sich 
anschließenden Landenge, zwischen den beiden 
Ausflüssen des Aftanissees iil die Maiotis, dem 
10 Tathis und Antikeites , wohnten nach Ausweis 
der Inschriften die Thatai. Damit rückt Haie, der 
Gau der H., in die sumpfige Niederung am Unter- 
lauf des Kuban, sei es nach Norden oder nach 
Süden vom Fluß; ihre südlichen Nachbarn waren 
die Sinder. Die im Südwesten mit den H. be- 
ginnende Reihe der maiotischcn Stämme bei 
Plinius erweist sich zuverlässig. [Kiessling.] 

Halia. 1) "Mir} ßo&jn$ im Nereidenkatalog 
II. XVIII 40 (zum Texte Lehrs Arist.2 264). Der 
20 Chor der Nereustöchter , von der antiken Kritik 
mit der pedantischen Begründung des 'Hotödsiog 
xaQaxztje athetiert, ist da, die Thetis zu heben. 
Die anmutigen und klingenden Namen malen das 
Phantastische der Meennädchen ; Aischylos empfand 
das, wenn er in dem den Myrmidones folgenden 
Drama Nrjgddss den Chor aus ihnen bildete ; die 
antike Kunst stellte öfters den Reigen der Meer- 
mädchen dar. Auf Frauenscenen im Hause sind 
die Namen des schönen Klanges wegen, sonst 
30 ohne innere Beziehung, öfters übertragen worden; 
vgl, H. Hey dem ahn Über die Zusetzung hero- 
ischer Inschriften bei Genredarstellungen, Comm. 
Mommsen. 170ff., wo 172 ein Vasenbild aus Gnathia 
im Neapler Museum nr. 2296 (abgeb. Mus. arch. 
Napol. N. S. II 1) mit sieben mit Putz beschäf- 
tigten Frauen, deren drei die Nereidennamen Ne- 
saie, Klymene, H. tragen. Die Nymphe erscheint 
Hesiod. Theog. 245 in der Verbindung @6t\ WAXfy 
rioösaaa. Ob wir 0aXCtj (Schümann Opusc. LT 
40 174f.) oder WAlty abtrennen, steht bei uns; für 
'AUr) entschied sich nach Homer schon Valckenaer. 
Vergü bildet Aen. V 826 ; Georg. IV 338 Spioque 
Tkaliaque. Der Nereidenkatalog im Homerischen 
Demeterhymnus (418ff.) führt diese Nymphe nicht; 
bei Hygin Praef. hat Bunte Halie eingesetzt. 
Apoll.* Bibl. I 11 W. 'AXhj. 

2) Halia in der rhodischen Sagengeschichte 
bei Diod. V 55. 4, 7 als Schwester der Teichinen, 
von Poseidon Mutter von sechs Söhnen und einer 
50 Tochter, Rhodos Im Wahnsinn, den Aphrodite 
über die Söhne sendet, von diesen geschändet, 
stürzt sie ins Meer und ward ferner als Leukothoe 
verehrt. Den Bemühungen von M. Mayer Gig. 
u. Titan. 44t, Bethe Herrn. XXIV 427ff. (vgl. 
Art. Heliadai), Tümpel (Philol. L 1891, 431) 
ist es gelungen, in dem stark kompilierten Be- 
richt Diodors Sonderung verschiedener Parallel- 
versionen vorzunehmen. Dadurch ergibt sich, daß 
die von ihm genannte Kapheira eine Parallelngur 
60 zu H. ist (Tümpel a. a. O. 45). Doch ist sie 
nicht mit Tümpel (Roschers Myth. Lei. II 
953) mit den Kabiren zusammenzubringen und 
auf eine Aphroditegestalt zu deuten ; ansprechen* 
der wird der Name von Preller-Robert Griech. 
Myth. I* 606, 3 mit den KutpTjyideg nhgai ver- 
bunden. Pindar (Ol. VII 14» nennt in dem Ge- 
dicht an Diagoras von Rhodos (im J. 464) die 
Aphrodite Mutter der Rhodos; daneben findet 



2233 



Halia 



Halia 



STJ34 



sich bei ihm die Sage des Emportauchens der 
Insel aus dem Meere (54ff.), Schol. Pind. a. ä. 
O. löl Drachm. bemerkt dazu szgh ITivSagov ök 
tovto ov% tax6Qf}%o. Das ist glaublich; Tirno- 
kreon von Rhodos, der Feind des Themistokles 
(Plut. Themist. 21. Suid. s. v.), scheint sich in 
Stoffen aus anderer Sphäre bewegt zu haben. 
Pindar, der selbst nicht nach Rhodos fuhr, hatte 
also von Diagoras die seiner Zeit in Rhodos ge- 



ders Athens, einigermaßen Aufschluß geben ; vgl. 
Brandis o. Bd. V S. 2163ff. 

Proxeniedekrete von Korkyra, IGIX1, 685 
—688 (=CIGn 1841-1844 = Collitz Gr. Dial.- 
, Inschr. 3200—3203), die eine geschlossene Gruppe 
aus gleicher Zeit bilden und den ersten Jahrzehnten 
des 2. Jhdts. v. Chr. angehören (Boeckh zu CIG II 
1841 setzt sie um Ol. 140 [220 v. Chr.], Dit- 
ten berger zu IG IX 1, 685 einige Dezennien 



läufigen Geschichten über die Art der Entstehung 10 später), haben die Formulierung Bofr xät äUat 



der Insel und ihre mythischen Genealogien als 
Material erhalten. Seinen Angaben gegenüber 
kennzeichnet sich die Sage von H. als Mutter der 
Rhodos als spätere Vergröberung: die Salzflut 
selbst, aus der das Eiland erwuchs, muß nun in 
Person als seine Mutter gelten. Die Pindarscho- 
lien 24 c, 25 zeigen das spätere Bemühen, Aphro- 
dite zu eliminieren und durch Amphitrite zu er- 
setzen ; die Apoll, bibl. 1 28 hat denn auch Amphi- 



tiqo^svov £tfj,Ev (rag Jioliog xöüv KoQxvQaioiv) zov 
ÖEiva. Ewa in dieselbe Zeit gehört die Stiftung 
des Aristomenes und seiner Gemahlin Psylla für 
die Honoriemng der dionysischen Künstler, IG 
IX 1, 694, 1—38 (= CIG II 1845 = Collitz 
3206 = Recueil des inscr. jurid. gr. II p. 118ff. 
nr. XXV B) mit dem angehängten Ratsdekret 
über die Verwaltung der gestifteten Gelder (Z. 39ff.). 
Der Ratsbeschluß Aviederholt Z. 83 die Bestim- 



trite. Die Behandlung der Sage bei v. Gelder 20 mung der Stiftungsurkunde Z. # 18f., die. Stadt 



Gesch. d. alt. Rhod. 52. 55. 336 ist mißglückt ; 
abgesehen von einem falschen Pindartext ist seine 
Annahme einer altrhodischen Göttin H. unhalt- 
bar. Leukothea, deren Verehrung in Rhodos wir 
aus der Verknüpfung mit H. bei Diodor rück- 
schließen, wird gerade in östlichen Gegenden 
mehrfach verehrt (v. Wilamowitz Hom. Unt. 
139 und die Liste bei Schirmer in Roschers 
Myth. Lex. II 201 8f.). In den fälschlich Lukian 



Korkyra soll, sobald das Kapital samt Zinsen 
auf 180 Minen angewachsen ist, diese zinstragend 
anlegen, die dionysischen Künstler engagieren 
und dann (es ist nicht ausdrücklich gesagt, ob 
sofort) die Dionysien leiern und von da an diese 
Feier alle zwei Jahre wiederholen, falls nicht ein 
Krieg es verhindert, ßovXas wai dXiag vxeqüs* 
jLievas, d. h. in welchem Falle Bula und H. die 
Vertagung, Verschiebung vornehmen. Hier funk- 

J-i f ^_^ Ä n..l» —mm~ Jl TT -cirTi'U-n.t'mrl A X r~i TK7"ilVfcl Am« 



zugeschriebenen Amores cap. 2 (Helm Lukian u. 30 tionieren Bula und H., während die Wahl der 
Menipp. 854f.) werden die Poseidonsöhne mit den 011 ° ^^ Man« wtAVnrlMi VmrwaltnnmtftmrmV 
rhodischen Heliaden verwechselt (s. d.). 

3) In der lydischen Genealogie bei Dion. Hai. 
I 27 findet sich H. als Gattin des Kotys, Tochter 
des erdgeboren en Tyllos, Mutter der Asie und 
des Atys. Kotys selbst gilt als Sohn der Oke- 
anostochter Kallirrhoe. 

4) Nach Phrygien führt die von Aelian nat. 
an. XII 39 angeführte Sage, daß Sybaris 1 Tochter 



aus drei Mann bestehenden Verwaltungskommis- 
sion der Stiftung nicht als so wichtig erachtet 
wird und daher vorgenommen wird , Sxdozov 
hiavtov fiyvog Ma^aviog z}i ßovXäi t} alla. Wich- 
tiger dagegen erschien die bei einer Klage wegen 
Pflichtverletzung durch die Verwaltungskommis- 
sion zu entscheidende Frage, ob die Mitglieder 
der Kommission ihre Pflicht versäumt und das 
Geld nicht ausgeliehen haben, obwohl sie dazu 



H. in einem Artemishain mit einem Drachen sieb 40 imstande gewesen wären (Swarol idvxe;). Über 



verbunden und Mutter der VfpioysveTg geworden 
sei. 

5) Nach der Ortslage am Meere zu verstehen 
ist der bei Steph. Byz. s. GsooaXovlxr) genannte 
ältere Name H. für diese Stadt ; ebenso 

6) der mit'AXteig mwA'AXUj] wechselnde Name 
H. des argolischen Städtchens (Skyl. 50. Hesych. 

[Malten.] 



die Frage, ob sie bona fide oder dolo malo ge- 
handelt haben , entscheidet daher Bula und H.: 
7i£Qt <Ss töv aövvdzov ßovXa xai aXia Litytyvoj- 
axhtß (Z. 72), d, h. der Souverän, der, wie der 
Singularis zeigt, als Einheit gedacht ist. Hin- 
gegen legen der Festordner (äycovo&eiag ) und die 
Verwaltungskommission (ot %£tQi£orz8s to dgyv- 
qiov) Rechnung nur beim Rate ab. Ein Bruch- 
stück einer ähnlichen Stiftungsurkunde, deren 



s. Ali(a)). 

7) s. Halieis. „ 

8) 'AXia (dXiaia [dXtaoois]). A. heißt die Volks- 50 Einzelbestimmungen verloren sind, ist CIG LT 1842 
Versammlung in einigen dorischen, vor allem = Collitz 3207. Ein älteres, nach W. Vi seh er 

und Dittenberger dem Ende des 4. Jhdts. an- 
gehöriges ProxeniedekTet aus Korkyra, IG IX 1, 
682 (= Greek Inscr. Brit, Mus. nr. 166 = Col- 
litz 3199 = Cauer DelectusS 89) hat im Prä- 
skript die sog. abgekürzte Form mit noo^vov 
.-rom d dXia xbv dsiva; vgl. auch Swoboda 
Griech. Volksbeschlüsse 279. Wenn es überhaupt 
eines Beweises bedürfte, so würden die Verbin- 
60 düng ßovXd xal dXüa und die ihnen zakommen- 



w estgriechischen Demokratien, wofür in Sparta 
dTti'/la eintritt (s, Suppl.-Bd. •a.AjieX'Aa). e A. hat 
wie exxXrjoi'a die ältere Benennung äyogd ersetzt, 
die nur in verhältnismäßig wenigen Staaten er- 
halten blieb, z. B. in Delphi (s. Szanto o. Bd. I 
S. 878). Es ist nur Zufall, daß d. im allgemeinen 
in ziemlich jungen Inschriften vorkommt; denn 
das Wort ist zweifellos alt und nicht speziell 
dorisch, wie u. a. Herodot (s. u.) beweist. 

Die Inschriften geben uns nur ein Bild von 
der geographischen Verbreitung der d., sind aber 
unausgiebig für die Frage ihrer Organisation und 
Kompetenzen. Hiefür und für die Frage des Vor- 
sitzenden, des Geschäftsganges, der Antragstellung 
und der Beschlußfassung können, mit Vorsicht ver- 
wendet, die Nachrichten über die Volksversamm- 
lungen der übrigen griechischen Staaten, beson- 



den Kompetenzen zur Genüge beweisen , daß d. 
die Volksversammlung ist. Weiteres über die 
Verfassung von Korkvra bei Gilbert Hdbch. 
H 234. 

Die «. rinden wir auch in Epidamnos, der 
Kolonie von Korkyra, die erst kurz vor dem 
Ausbrach des Peloponnesischen Krieges ihrer 
oligarchischen Verfassung einen mehr demokra- 



ÖÄÖO 



nana 



Halia 



2286 



tischen Charakter gab. Ich nehme unbedenklich 
an, daß Aristoteles in seinem Berichte Polit. V 
1, 6,p. 1301b «V de xr\v rfXiaiav ssidvayxsg sazt 
ixt x<bv fr xcjj izoXixev{j.axt ßaht&tv zag dß^ccj, 
oxav emy;r)<pl£?]Tai ag%rj xtg t das in der Kolonie 
doch wohl so gut wie in der Mutterstadt übliche 
Dialektwort d. durch das gemeingriechische rjXiaia 
ersetzt hat. Über die Verfassung von Epidamnos 
s. Gilbert II 236f., über die Aristotelesstelle 
Anm. 5 a. E. 10 

In Großgriechenlaud begegnet uns die d. in 
H e r a k 1 e 1 a , der Kolonie Tarents , in d en gro ßen 
herakleensischen Tafeln IG XIV 645. 646 (= CIG 
III 5771. 5575 = Eecueil d. inscr. ]urid. gr. I 
p. 193ff. nr. XII); vgl. Tai I 8ff. dveyQarpav zol 
ogtorai toi atpsfifrzeg im zcbg %d}QQ}g ztog laqwg 
zto Atovvoa> (folgen fünf Namen), xa&ä [&q]i^av 
xai sTF.Qital-av xai avvsfiizQrjaav xai ipsoi^av xöiv 
^HqaxXdwv äta[y]v6vza>v fr xazaxXrjxmi dXlat. 
Dieselbe Formel beim Kataster der Güter der 20 
Athena Polias Taf. II 10; kürzer Taf. I 99 xadd 
toi 'HQaxleiöi öiiyvov, wodurch die Identität von 
a. und 'HQaxXelot bewiesen ist. Die xaxdxXrjzog 
d, bezeichnet offenbar, wie die ovyxXtjzog (sx- 
xlqaia) in Athen, die außerordentliche, für diesen 
besonderen Zweck einberufene Volksversammlung 
(Eecueil: faites en execution du decret rendu 
par le peuple dHeraeüe dam une assemblee 
convoquee ä cet effet). Es ist mir durchaus wahr- 
scheinlich, daß auch in der oben erwähnten Stif- 30 
tungsurkunde von Korkyra IG IX 1, 694 Z. 52 
siQOxaQV^avieg fr xaQvxxat pt) fielov r} ä/nsgag 
zu schreiben ist. Boeckh CIG II 1845 



und Blaß bei Collitz III 3206 lesen fr Aa- 
Qvxräi als Ortsbezeichnung für den Versamm- 
lungsplatz. Wescher (Bev. arch. XII [1865] 
Sllff.) dem sich auch Dittenberger (IG IX 1, 
694) angeschlossen hat, schrieb gewiß richtiger 
xagvxTät und ergänzte dazu dUai, Nur durfte 
W es eher sich nicht zur Erklärung auf xtjQvx- 40 
zog at£(pavog berufen, womit ja lediglich die Ver- 
kündigung der Bekränzung in öffentlicher Ver- 
sammlung bezeichnet ist Das zutreffende Ana- 
logon zur xaovxxd (d.) von Korkyra bietet die 
xazäx/^zog ä. von Herakleia und die ovyxXrjxog 
(ßxHh]öta) von Athen. 

In Großgriechenland ist d. ferner bezeugt für 
Begium durch IG XIV 612 (= Dittenberger 
Syll. 2 323) sbol-s rät dXiat xaüdxeo rät eaxX^zcoi 
xai zäi ßovXät. Die Inschrift stammt allerdings 50 
erst aus römischer Zeit, Der als Tz^svog xai 
svBoyizag geehrte Cm Aufidius T. f. könnte der 
Sohn des T, Aufidius sein, der 69 v. Chr. Pro- 
consul von Asia war (Moni rasen). Damit der 
Beschluß der H. giltig ist, muß die Beratung 
und Zustimmung nicht bloß in der ßovld, die 
einen xoooxdzag hatte (Gilbert Hdbch. II 239), 
sondern auch in der coxl^zog vorausgegangen 
sein. Schon der Name, sodann die enge Verbin- 
dung xaMxeg xät £ox?.tjra>t legt die Annahme 60 
nahe, daß die mxXr\xog eine zwischen ßovXd und 
d. stehende kleinere Volksversammlung ist, viel- 
leicht ein Überbleibsel einer früheren, oligar- 
chischen Verfassung. Das beste Analogon für 
die kleinere Volksversammlung, der offenbar bloß 
die Altbürger angehörten, hat bereits Ditten- 
berger beigebracht, zwei Dekrete aus Mylasa in 
Karlen ans den J. 367/6 v. Chr. und 361/0 



v. Chr., Le Bas-Waddington m 377. 378 

(= CIG 2691c. d = Dittenberger Syll.2 95 
= Michel Eecueil 471) mit der Formel «So& 
MyXaosvaiv, ixxXqottjs xvQttjg yevoftfrqg, xai ens- 
xvQOiaav al xQslg tpvXat. Hier sind, wie schon 
Waddington sah, al zgelg <pvXal die allein in 
die Phylen eingetragenen Altbürger, ohne deren 
Zustimmung die Beschlüsse der Gesamtekklesie 
nicht gültig waren. Der Grund dieses Bestäti- 
tigungsrechtes der xQsig <pvXa{ kann nicht ledig- 
lich in der Herrschaft des Mausolos gesucht 
werden (so Brand is o. Bd. V S. 2200, 15); es 
ist vielmehr das erhalten gebliebene Vorrecht 
der streng in sich abgeschlossenen Altbürger- 
schaft. Die kleinere Volksversammlung umfaßt 
jeweilen die geringere Zahl der Höherberechtigten, 
deren Zustimmung zu den Beschlüssen der grö- 
ßeren Versammlung notwendig war; vgl. auch 
Gilbert II 310, 1. Das Vorhandensein einer 
kleineren Volksversammlung neben einer größeren 
ist für Sparta durch fj fuxga IxxXyoia bezeugt 
und indirekt für Gytheion durch edo£e zwi Öd/ton 
(zäi rv&sazäv) fr zate fiteydXatg <bzüXaig , Dit- 
tenberger Syll.2 330, 41 (= Collitz 4568); 
vgl. Dittenberger Anm. 20 und Le Bas-Fou- 
cart 243 (Gytheion). 

Damit erledigt sich das Bedenken von B ran - 
dis o. Bd. V S. 2165, eine zwischen Rat und 
d. stehende kleinere Volksversammlung anzu- 
nehmen, und sein Versuch, die saxX^xog von Re- 
gium als außerordentliche Volksversammlung zu 
erklären. Für eine solche kennen wir sonst nur 
die Bezeichnung ovyxXrjxog, jigooxXtjzog, ijisiaxXrj- 
rr "- nicht aber kaxX^zog. Zudem würden wir 



dann bei d. einen Zusatz wie frvopog oder xvqüx 
erwarten. Ferner ist nicht einzusehen, weshalb 
für ein so einfaches Geschäft, wie die Prosenie- 
verleihung für einen römischen Magistraten, neben 
der ordentlichen noch eine außerordentliche Volks- 
versammlung einberufen worden wäre. Aller- 
dings sind die Beispiele nicht selten, die bei 
Verleihung von xpofrvta und TioXtxda eine dop- 
pelte Beratung oder Lesung bezeugen ; aber dann 
erfolgt die Beratung in zwei aufeinanderfolgenden 
ordentlichen Volksversammlungen: fr rät ösvxsgov 
ixxXrjGia oder«u Svo ixxXrjöiag (Brandis 2196f.). 
Schon aus diesem Grunde wird auch in der unten 
zu besprechenden Inschrift aus Akragas IG XIV 
952 £Öo$£ zäi äXiai xa#ct xai tat avyxXr/zcot mit 
ovyxXt]xog nicht, wie Brandis will, die außer- 
ordentliche Volksversammlung bezeichnet sein. 
Hier, wie in der Inschrift aus Eegiuni, verbietet 
übrigens schon der bestimmte Artikel (zäi cvyxXqxai 
bezw. xät EoxXrjzrjjt) die Auffassung von Brandis. 
Der Auf Zeichnungsbeschluß des Proxeniede- 
kretes von Kegium IG XIV 612, 5 zdv de ßovXäv 
tu dXiaapia xoXatpa/itfrav elg %a?.xa>fiaza dtooa xo 
ftev äva&£u£iv dg xb ßovXsvzrjQiov t xö de ojio- 
oztXmi r% f at(o Avtpidico, gibt uns zugleich das 
einzige Beispiel für aXiaopa. = ddyfia zog äXtas. 
Denn an den zwei Stellen, wo äXianfta sonst noch 
vorkommt, IG XIV 256, 4 (Gela) und IG XT7 
952, 7 (Akragas), bezeichnet dXiaofia in ßavXäg 
äXlaofta nicht den »Beschluß', sondern die , Ver- 
sammlung' des Rate3. Der auf Grund des Probu- 
leoma des Bates gefaßte uns vorliegende Beschloß 
heißt in den Aufeeichnungsbeschlüssen beider In- 
schriften xo döy/ta v6de. 



2237 



Halia 



Halia 



22S8 



Auf Sizilien finden wit die H. in Gehi in der 
wohl aus römischer Zeit (1. Jhdt. v. Chr.) stam- 
menden Inschrift IG XIV 256 (= CIG III 5475 
= Cauer Del. 2 198), gefunden in dem 281 v. Chr. 
gegründeten Phintias (jetzt Licata), mit der Formel 
»5ofe xai aliai xa[l zät ßJovXät. Über Lesung 
und Ergänzung s. Kaibel z. St Die Bekränzung 
des durch den Beschluß geehrten Gymnasiarches 
findet statt fr rät äXiai (19f.). Die Identität von 



Zeit des Epos übliche Benennung ayogd erhalten 
geblieben ist. Vgl. z. B. Swoboda 269. 307. 
309, aber Dittenberger Syll.2 306, 41f. fr xon 
fiTjvi xät IIoizQonioJi fr zäi frvöuan sxxlqotai. 
Nach der Mitte des 4. Jhdts. finden wir in dem 
delphischen Volksbeschluß über die Erneuerung 
der Promantie für die Thurier, Ath. Mitt. V (1880) 
202 nr. 62 nach der Ergänzung von Ditten- 
berger Histor. polit. Aufsätze, Ernst Curtius ge- 



ä. und Sfjfiog beweist die ,Vexkündigungsformel' 10 widmet 292 nr. II 8[ovqI]oiq djto66[fie]v xav 

7. 20 6 däfiog xuiv reXwioyv iaaivei xai ozeyavy 7tQo[fia]vxv)tav st [qo] aXcoixäv [ovJxtDt^ Tapav- 

t^. * i.-„. i.„ r^i — i. „„„ [xl]vov, [KX]Bo[ddfiov (Baunack [K]lsa>vo[s]) 

und einen dritten Namen. Zu dieser Urkunde vgl. 

Pomtow Eh. Mus. LI 351ff. und Homolle Bull. 



xbv yv/nvaaiagxov. Ein fragmentiertes Dekret aus 
Phintias IG XIV 257 (= CIG III 5476) weist die 
gleiche Gestaltung des Präskriptes auf; über die 
Verfassung von Gela s. Gilbert II 258. 

In Akragas lautet IG XIV 952 (= CIG III 
5491 = Cauer 2 199) nach 210 v. Chr., dem Jahre 
der Eroberung durch die Römer, die Beschlusses- 
formel Z. 10 kdo£s zät aliai xa$a xai rat avvxXrj- 



hell. XX 678ff. Dittenberger Syll.2 94 n. 4 
erklärt die TtQoaXt&rai jetzt zweifellos richtig als 
die Vorsitzenden der Volksversammlung (<L). Die 
früher auch von ihm vermutete Identifikation mit 
den drei ßovXevovxec der delphischen Psephismen 



tau qi, d. h. der Beschluß der H. ist gefaßt 20 ist unmöglich, da diese drei ßovXevovzEg in der 

v J,.™ Tr^-^^l-lr.,,.^. ^I^.v. -»'.....]„-„., m-nr) o+ivnmf (vlmWmn T Ti-Vnn/lö V. 9H ovni annf. sind TliA "RrmlrtinTi 



nach dem Vorschlage der GvyxX-qzog und stimmt 
mit ihm überein. Sprachlich würde nahe liegen, 
die avyxXtjzog von Akragas als eine kleinere 
Volksversammlung zu betrachten, ähnlich der 
?,oxXr)Xog von Regium (s. 0.); doch ist eine solche 
nicht wohl denkbar als einzige vorberatende In- 
stanz, sondern nur als eine der o. koordinierte 
oder höchstens zwischen ihr und der ßovld steheude 
Versammlung. Da auch die sprachlich noch näher- 



liegende Bedeutung .außerordentliche Volksver- 30 II p. 809. 



gleichen Urkunde Z, 20 genannt sind. Die Funktion 
der ftQoaJa&zai bestand, wie ihr Name sagt und 
bereits J. Baunack bei Collitz GDI II p. 845 
nr. 2676 sah, darin, den gestellten Antrag vor das 
Volk zu bringen und in der d. mündlich zu ver- 
treten. Gegen die Annahme B aun ack s , es handle 
sich im Proxeniedekret für die Thurier um eine erste 
Verleihung, nicht eine Erneuerung der Proxenie 
(äjio&ofiEv) vgl. Dittenberger Syll. 2 Add. vol. 



Sammlung' hier nicht angenommen werden darf 
(s. 0.). so wird man nicht umhin können, avyxl-q- 
zog hier als eine freie Bezeichnung für den Bat 
zu fassen, obgleich die Inschrift auch die ßovXd 
ausdrücklich nennt. Diese war nach den drei 
dorischen Phylen gegliedert, von denen je eine 
mit einem nooayoQag und einem yqaß^iazsvg in 
der H. den Vorsitz führte (Gilbert II 258). In 
der Inschrift aus Akragas bezeichnet, wie bereits 



Als staatsrechtlichen Terminus für Volksver- 
sammlungen können wir d. selber für Delphi nicht 
mehr nachweisen, wohl aber für die Versammlung 
der delphischen Phratrie der Labyaden durch die 
nicht nach 400 v. Chr. fallende große Inschrift 
Bull. hell. XIX (1895) 5ff. = Dittenberger Syll.2 
438 = Baunack bei Collitz 2561 = Michel 
Recueil 995. Die Labyaden formulieren ihre Be- 
schlüsse wie die Gemeinde Z. 19ff. eöo£e Aaßvd- 



angedeutet, dXiaofia in dXiaofta exzag btfirfvov 40 öatg Bovxaxiov ^irjvog ösxdzai, im K[dgjr]ov, fr 
(Z. 7) die , Versammlung' der H. unter dem Vor- zdi dllat, av/x ydyoig hexaxbv oydorjxovxa övoiv. 
sitz der Phyle der Hylleis, während der Beschluß Daß d., was durch diese eine Stelle nicht völlig 



Z. 22 mit bdyfta bezeichnet ist. Ebenso verhält 
es sich mit der fast ganz gleich formulierten In- 
schrift von Gela IG XIV 256. ^ Dort steht Z. 4 
ßovXäg aMaafta zä[g] dsvzipag £g~a/itr}Vov t wo man 
sieh übrigens fragen könnte, ob nicht das von 
Kaibel verbesserte ßovXäg dXidofiaza dsvzEoag 
i^a/n^vov des Steines richtiger sei; denn auf ein 



ausgeschlossen wäre, nicht das Versammlungs- 
lokal, sondern die Versammlung selber bezeichnet, 
zeigen Z. 41 xarayogeizat fr zäi dXiat zäi [texa 
Bovxdzta (vgl. dazu (Dittenberger Anm. 24) und 
Z. 191 a[t d' dJXiav no'iovzwv v.Qxoi[v djndt}, 
dxozEioäzot) odsXör, xai ovy%eoi, djtoxeiodzoi o&eXov. 
Hier begegnet uns dXiav izoietv, womit das aus 



regestenartiges Ausschreiben des sog. .Betreffs' 50 Herodot bekannte (s. u.) dXlr\v notüa&at zu ver 
des protokollierten Beschlusses weist auch der gleichen ist 



Inhaltsvermerk arefpdvov yvftvaatdQy/t) hin. Auch 
in der Inschrift von Gela heißt der Beschluß der 
H. ddy,ua (Z. 25). Im Ab stimmungs vermerk am 
Schluß der Inschrift von Akragas Z. 28 6/uoyvo>- 
ftoveg zov ovveÖqiov Tidvze; bezeichnet doch wohl 
ovve6qiov ganz allgemein die Versammlung, also 
hier die unter Vorsitz der ovyxXr\xog bezw. ßovld 
abgehaltene Versammlung der d. Solch freie Ver- 



Sonst finden wir auf dem griechischen Fest- 
lande als Synonymum von d. in Argos aXiala, 
das Caillemer bei Daremberg-Saglio Dict. 
d. antiqnit. gr. et rom. u. Halia unrichtigerweise 
als Bezeichnung des Volksgerichtes von Argos, 
entsprechend der attischen rjXtaia. glaubte auf- 
fassen zu dürfen. Die stark zerstörte Inschrift 
aus Argos IG IV 557 (= CIG I 119) hatte im 



Wendung Staate rechtlicher Termini, die früher ihre 60 Präskript, wie Wilhelm Arch.-ep. Mitt. XX (1897) 



ganz bestimmt umschriebene Bedeutung hatten, 
ist in römischer Zeit nicht eben selten. 

Das einzige Beispiel für a. im griechischen 
Mutterlande bot bis in neuere Zeit Thuria in 
Messenien, Le Bas-Foucart 300a Z. 5 (Swo- 
boda Gr. Volksbeschl. 307). Dazu kommen jetzt 
noch zwei Beispiele besonderer Art aus Delphi, 
wo für die Volksversammlung die alte, bereits zur 



nr. 18 sah, die Formulierung äXtaiat e]So£s 
xeXeifat] mit der auch anderwärts nicht seltenen 
Bezeichnung der Vollversammlung als xeXeia oder 
züetog (s. Swoboda Gr. Volksbeschlüsse 309). 
Es wird damit nicht lediglich eine zahlreich be- 
suchte Volksversammlung bezeichnet (Ditten- 
berger Syll. 2 271 n. 1 frequens contio) ; sondern 
es liegt der Bezeichnung die Fiktion zugrunde, 



.nana 



ZZ4U 



daß die Volksversammlnng , vollzählig* sei, wenn ein to the study of greek dialects § 55 p. 47 unter 
gewisses lOnimmn von Teilnehmern anwesend ist. ausdrücklicher Billigung, ferner Opitz im Index 
Dieselbe Fiktion haben wir in Athen im Aus- zu Collitz IV 3 S. 450. Es ließe sich jedoch 
druck jidvTEs'A&fjvaiot heim Fassen eines yjjgw,wa erwägen und untersuchen, worauf mich Schwy- 
en ävÖQt: als jzdvzec 'A&tjvacoi gilt eine Volks- zer aufmerksam machte, oh nicht Fränkels. 
Versammlung mit mindestens 6000 Stimmenden. Erklärung sich halten ließe unter Annahme einer 
Entsprechend muß das Gesetz in Argos Destimmt einzeldialektischen Öffnung von nn« vor ge- 
haben, wie viel Bürger anwesend sein mußten, wissen Konsohantenverbindungen. 
damit die d. als zsXeta galt. Die durch Eurip. Orest. 872ff. und die Scho- 
Dieselbe Formulierung finden wir in den x&- 10 lien dazu angeregte Frage nach dem Verhältnis 
fiai von Argos, in Mykenai und Nemea (über von Pron (f) ITqü>v) und AJaaia in Argos soll 
den Begriff der xco^ia s. Dittenbcrger Syll, 2 hier nicht weiter erörtert werden; vgl. im all- 
271 Anm. 3), am vollständigsten in der zwischen gemeinen Gilbert Handb. II 79ff. Ich stimme 
197—195 v. Chr. zu datierenden Inschrift von Ed. Meyer Fron und Haliaia in Argos, Philol 
Mykenai IG IV 497 (= !£: w . d QX . 1887, 155 XLVIII 185ff. (= Forschungen z. alt. Gesch. I 
= Dittenberger Syll. 2 271 = Collitz 3315 104) bei, daß üqwv und AXiaia identisch sind 
= Michel Recueil 173) Ssöig • dyaMi Tv%at. und den Vorsprung der Larisa bezeichnen, wo 
dXtatai Böge zeXdai zwv Mvxavdtov, unvollständig Volksgericht und Volksversammlung, wenigstens 
in der nicht nach dem 3. Jhdt. fallenden Inschrift ursprünglich, zusammentraten. Daraus folgt aber 
aus Nemea IG IV 479 (= Bull. hell. IX [1885] 20 nicht, daß das Volksgericht in Argos ebenfalls 
352 nr, 4 = Collitz 3320; vgl. dazu Swoboda ähala hieß; daß damit vielmehr die Volksver- 
Philol. XLVLTI [1889] 762f.j, wo nur ahaim Sammlung bezeichnet wird, beweisen die oben 
Zfiofrv sicher ist. Zu Beginn des 2. Jhdts. wurde, angeführten Inschriften, von denen die aus My- 
wie wir durch Liv. XXXII 25 wissen, die Ha- kenai bereits Ed. Meyer verwendete, während 
liaia von Argos von den Strategen präsidiert. Swoboda Philol. XLVIII 763 die aus Nemea 
Früher gab es einen jiQoarär^g xov ö^ov, der nachtrug. Daß aber trotzdem die Benennung 
die Volksversammlung zusammenberief, wenn wir der argivischen Volksversammlung als dUaia 

aniiölirriöTi /Iiirfön /loft Aon Ton+ 11 ii (U-iirA unt. ;-™„^ ,-1,.,:.-. ,_:+ A J „™ ^li' .1 tr .n • l i 




IG IV 497 sind es die Saptiogyoi, die den Antrag Hierher gehört auch, wenn die Interpretation 

an die Haliaia einbringen und dort vertreten. von Richard Meister richtig ist, dkiaaotg, d. 

Ihr Sprecher oder Vorsitzender ist mit dem sprach- h. dliaötg in der in Hermionc gefundenen archai- 

lich noch nicht sicher erklärten d^revs öafitog- sehen Bronzeinschrift von Argos aus der Samni- 

y&v ö Mva bezeichnet. Daß IG IV 517, 4 mit hing Tyszkiewicz IG IV 554 (- Roehl Imag.2 

dJer/reve der Vorsitzende des Kollegiums der p. G7 = Michel Recueil 583). Zur Schreibung 

Hieromnamonen bezeichnet ist, unterliegt keinem mit oo vgl. 'Agioorova, yQaoofidzov , Öa^sveaa&o 

Zweifel. Außerdem begegnet uns äfefaeve IG dieser Inschrift. Frühere Erklärer lösten auf 
IV 553, 3. 616, 3. 5. 10, doiqzEve 497, 4 (dgr/- 40 [AI d]e öixdoCotro '■ rov ygaoojiidioy '■ hevexa 

xbve dafitoQyär, wo Brandis O. Bd. V S. 2174 zag \ xazaftiowg \ i? rag dltaaatog ■ rgho xat 

daniOQyoiv kaum richtig als Partizip statt als Gen. öa/usvioo&o \ Svg 'Ä&avaiar und glaubten in ätia- 

Plur. auffaßt). 557, 1. 923, 2 und in aQ^zeve atg das Gegenteil von xaiäßeaig erblicken zu 

Aicav ßtoXäg oEVTtQas am Schlüsse des aus der müssen, so z.B. Robert Monum. ant. dei Liucei 

Mitte des 4. Jhdts. stammenden, in Smyma ge- I (1891) 593: ,atti di deposüo o di ritiro'. 

fundenen Schiedsspruches von Argos im Streite Froehner Rcv. archeol. 1891, II, 51 wies zwar 

zwischen Melos und Kimolos IG XII 3, 1259 mit Recht daraufhin, daß in Argos und Mvkenai 

(= Le Bas III 1 = Collitz 3297). Der Sinn die Volksversammlung d/.iata hieß, faßte aber 

von dgr/reve, über das Max Fränkel S.-Ber. dtiaooig doch als .Gerichtssitzung*. Peppmüller 
Akad. Berl. 1898, 637ff. gehandelt hat, ist klar, 50 Wochenschr. f. kl. Phil. 1891, 861 fand, es könne 

unsicher ist die Erklärung der Form. Nach ebensogut die .Sitzung' als den »Beschluß' der 

Fränkel 638, 1 gehört es zu fge in or^zog, dXiaia bezeichnen, Übersetztedann aber unrichtig 

ptjroa, 6r)T(aQ mit a als syllabischem Augment , auf Grund eines Volksbeschlusses'. Anders Th. 

statt e (Ähren s De dial. I 229) und heißt eigen t- Reinach Rev. d. <5fc gr. IV 171. V 357. R. 

lieh ,war Sprecher ; d^zsvs blieb als vereinzelte, Meister Indog. Forschungen Anz, I (1891) 202f. 

erstarrte Form dieses Verbums auch in jüngeren, löst dagegen auf i(xj rag dXtdaoiog mit assimi- 

aber archaisierenden Inschriften erhalten. So Im- liertem sx, betrachtet dUamg offenbar allgemein 

sen Unters, z. griech. Laut- und Verslehre (1901) als Versammlung des Volkes, nicht des Gerichtes 

262f. lehnt die Erklärung von Fränkel ab, da und übersetzt den Passus so: ,Wenn er sich aber 
Wandel von «gzn ag nur nordwestgriechisch, 60 zu verantworten hat wegen der verbrauchten 

nicht peloponnesisch-dorisch sei, ebenso die Be- Gelder (yqaoofidzov von ygäoofta, , das Aufgezehrte' 

hauptung von H. Searl A lexicographical study zu yodo>; io&ico; vgl. otxog ia&iezai; Hesych. 

22, a sei der Rest von ava. So Im sen selber io&ie . dvdXtoxs u. ä.), so soll er wegen seiner 

betrachtet a als prothetischen Vokal, aus dem Aussage aus der Versammlung fliehen und sie 

Stimmton von f entwickelt, nimmt also ein Prä- bekanntmachen angesichts der Athene'. Eine 

sens dQijzevo) an, so daß äfgtjzsve mit temporalem endgültige , einwandfreie Erklärung der Stelle 

Augment zu lesen ist. Ihm folgen Thumb steht meines Wissens noch aus. 

Handb. § 121, 7 stillschweigend, Bück Introduct. Schließlich ist äXiaia auch nachzuweisen für 



2241 



'Aha Ca 



Haliartos 



2242: 



das zu Argos gehörige Epidauros durch die im sich 'AXiaQzog. Das Gebiet von H., die 'AXtagzia 

Asklepieion gefundene Inschrift IG IV 928 aus (s. E. Meyer Theopomps Hellenika 96) nahm das 

der ersten Hälfte des 2. Jhdts. v. Chr. mit dem ganze Südufer der Kopais ein und umfaßte jeden- 

sehr unsicheren 6kta[i]a {ifvjy ev[z]6s'AöxX[a- falls die nördlichen Vorketten des Helikon; wo 

sztstov (Z. 4). die Südgrenze verlief, ist unbekannt. Im Westen 

Ganz vereinzelt erscheint dUa in dem mit bildete die Grenze gegen Koroneia ein Felsrücken, 

deS6x&ai z$ dd/uc? z<öv BvCavzt'cov xat IIsQir&icov der vom Westende des Leibethrion gegen die 

formulierten Ehrendekret von Byzantion für Kopais hinausläuft und mit dem steilabbrechenden 

Athen vom J. 339 v. Chr., eingelegt in Demosth. Tilphusion, der heutigen Petra, dicht an den Sumpf 

XVIII 90 : Aaiidyijtos h zu, dXty sXefrv. JSeben 10 herantrat (Paus. IX 33, 3). Im Osten reichte das 

der d)Ja ist hier um diese Zeit die ßwXd Repräsen- Gebiet bis Onchestos (Strab. IX 412), wo ein 

taut der obersten Staatsgewalt (Gilbert Handb. Sattel von Schiefer und Konglomerat die Vorhöhen 

II 19$)- des Helikon mit einem isolierten Kalkberg west- 

Herodot gebraucht wiederholt dltyv xoisto&at lieh vom Phagäs verbindet (Philip pson Ztschr 

oder ovXXsysiv = eine Versammlung veranstalten, Ges. Erdk. Berl. 1894, 17). Viele Quellen und die 

einberufen nach Schweighäuser I 125 (dXirjv Bäche, die vom Gebirge kommen und freilich im 

zw neQO&v ssioirjöaxo). V 29. 79. VII 134, be- Sommer alle vertrocknen, befruchten das Land, 

sonders vom Heere, wofür er auch aXt£uv ozqo,- namentlich die Ebene östlich der Stadt, wo heute 

%6v sagt VII 12. I 80a. I 77. 119, das dann in das Dorf (Megalo) Mulki liegt. Der zu H. ge- 

der Korne wieder auftritt. 20 hörige Teil der Kopais war besonders wasserreich. 

Literatur: Caillemer Art. Halia et Halia- Daher heißt H. IL Fl 503 ao^a«, was Stat Theb 

stai in Daremberg-Saglio Dict. d. antiq. gr. Vn 274f. umschreibt (vgl. zur Dentung der Stelle 

et rom. III 31 (1896). Gilbert Handb. d. griech. Helm Wochenschr. für Kl. Phil. 1908, 209) und 

Staatsaltert. II 309 (beide jetzt unvollständig). Nonn. Dionys. XIII 71 mit vög^v & e A. nach- 

ejt , , r , „ , [Schultheß.] bildet. Die Angabe Strabons IX 411 = ApoUodor 

Miata 8. ^Aia (Schwartz o. Bd. I S. 2867, 52f.) fritzoS iv mtvöS 

Ualiaios {Miaws), Kalendermonat von Dreros, zcoQup fieza^v vjisqxeiusvov öqovs xat t« s Kemal- 

P lt i en ,nKo^ SylL2463)106 " CollitzDia1 '- Sos U ^^ cnarakterisiert die Lage der Stadt 

Inschr.4952C21:TotJ//»;fo?TOvÄb|^OÄae/ov^Tot;| treffend. Zwischen den Dörfern Masi und Siacho 
'Mtaiov, woraus hervorgeht, daß er im Jahre jeden- 30 erhebt sich ein spitzer Berg (vielleicht der von 

falls später lag als der Komnokarios. Der Xame Plut Lys. 29 erwähnte Alopekos), dessen steiler 

ist herzuleiten von der bei den Doriern üblichen Fuß weit nach Nordosten vorspringt. Dicht an 

Bezeichnung für Volksversammlung dUa. bezw. diesem entlang zog zu allen Zeiten die Straße, die 

ahaia (Gilbert Handb. d. griech. Staatsaltert. die östliche und die westliche böotische Ebene 

II 309 1. Dittenb erger Syll. 2 271 A. 1) und miteinander verbindet, die Hauptverkehrsstraße 

deshalb vergleichbar dem Monat Apellaios , der Mittelgriechenlands. Nördlich der Straße springt 

nach den dneXXai, der Bezeichnung für die lako- wie ein Vorgebirge ein breiter, flacher Hügel aus 

mschen Volksversammlungen und für die Ver- dichtem gelbem Kalkstein weit in die Niederung 

Sammlungen der Phratrien in Delphoi, benannt vor. Seine Fläche steigt nach Norden hin zuerst 
lst - _ ,. . [Bischoff.] 40 langsam an; hier lag die Unterstadt. ,Dann er- 

Haliafcmon (Miox/hov) wird als älterer Name hebt sich darüber der Südrand der Akropolis von 

des Flusses Inachos bei Argos angegeben [Plut.] nur mäßiger Höhe. Die Akropolis hat die Gestalt 

de fluvns 18, 1 (VTI 312, 7 Bern.); vgl. Stob. eines verschobenen Vierecks mit vielfach ausge- 

Flor. 100, 10. FHG IV 291, 4. [Bölte.] zackten und unterhöhlten Seiten* nach Norden. Osten 

Haliardi (AXlagöot), sonst unbekannter Volks- und Westen, wo die Felsen 15—17 m hoch steil 

stamm im Innern der Provinz Africa, Ptolem. gegen die Ebene abbrechen. An der Südost-Ecke 

IV 3,25 p. 640 Müller, vgl. Tissot Geographie der Akropolis ,steht ein 9 Schritt langer und 

1^ i?^SS I 454 " • [Dessau.] 4 Schritt breiter Turm, an den sich nordwärts ein 

Haliartia s. Haliartos. polygonales Mauerstück anschließt. In der Nähe 
Haliartis s. Kopais. 50 des Turmes liegt das besterhaltene Stück der süd- 

Hahartos. 1) Der Spiritus asper des Anlauts liehen Akropolis mauer. Auf einer doppelten Reihe 

ist direkt bezeugt nur durch die ältesten Münzen von horizontalen Quadern ruht ein polygonaler 

(550-500) mit dem Zeichen B- Der zweite Buch- Überbau mit sorgfältig gearbeiteten Fugen. Etwas 

stabe war m der epichorischen Aussprache ein q. weiter westlich springt der Rand des Hügels etwas 

Die Münzen des 5. und 4. Jhdts. tragen die Legen- weiter vor; nördlich von diesem Vorsprung be- 

den ARI, ARIARTIO^, API. Damit stimmen merkt man eine zweite polvgonale Mauer die 

oioj? a S hriften aUS H * iiberein IG vn 1795 " wahrscheinlich als Stützmauer gedient hat. An 

2724b. 2848. 4143. Endlich haben wir das Zeug- den Vorsprung schließt sich weiter eine schlecht- 

ma des Lokalforschers Armemdas (FHG IV 339; gefügte Mauer aus großen und kleinen Polvgonen 
8. o. Bd. H S. 1187. Radtke Heim. XXXVI 42f. 60 an. Andere Mauerstücke rinden sich an der Nord- 

kaema junger als 300') bei Steph. = Herodian. ostecke und in der Mitte der Westseite ; letzteres 

I Sil, 11 Lentz: Agfievidag 6 iv (?) z£ q 'Agi- hat eine Breite von 9\ Von der Stadtmauer sind 

oqzov <p V ety. Die Form mit X begegnet erst auf noch weniger zusammenhängende Reste erhalten. 

Münzen der letzten Periode (338—315) mit AAI, Am Rande des Hügels, der sich von dem Turm 

«oL den ^c^^ 11 IG TO 2724 (von Ptoion), bis zur Quelle Stemenias hinzieht, sieht man eine 

2850 (nach 168), CIG 1542, 7 = Syll. 2 236 ziemlich bedeutende Strecke aus schönen Quadern, 

(ans Achaia). In den literarischen Texten herrscht Im Inneren des Stadigebiets lauft «ine langge- 

durchaus die Form 'AX/aera:, gelegentlich findet zogene Mauerlinie parallel mit dem Sftdrand der 

Pmly-WiMowa-XrolI VII 7J 



J.XOIU.CU. UVO 



AAl&GZCtl 



&&9A 



Akropolis. Ihren westlichen Endpunkt durch- 
schneidet eine Ton Süden kommende zweite Mauer. 
Sie beginnt in der Nähe eines Hügels in der Süd- 
west-Ecke des Stadtgebiets, auf dem' die Funda- 
mente eines viereckigen Baus liegen. An seinem 
Südrand und ostwärts in der Nähe der Straße 
liegen einzelne Quadern und Mauerstrecken' (nach 
Lolling Urbaedeker 218f.; s. darüber Bulle 
Orchomenos 1 116, 2). Am Nordwestfuß des Burg- 
felsens entspringt die reiche Quelle Amoti. die 
Kissusa bei Plut. Lys. 28; denn die Thebaner 
hatten bei ihrem Angriff die Stadt zur Linken, 
gingen also nördlich um sie herum. In geringer 
Entfernung vor der Westfront der Stadt liegen 
mehrere Erdhügel bei einigen Quellen. An dieser 
Stelle hafteten vielleicht die Erzählungen von Alk- 
mene und Rhadamanthys (s. o. Bd. I S. 1365, Slff.). 
Auch das Grab des Lysander hatten die Haliartier 
sich angemaßt (Paus. IX 32, 5. 33, 1), während 
er nach Plut. Lys. 29 im phokischen Panopeus 
begraben war. Das Heroon des Kekrops (Paus. 
IX 33, 1) war vielleicht erst von den Athenern 
errichtet (Gur litt Über Paus anias 225). Die be- 
herrschende Lage an der wichtigsten Verkehrs- 
straße Mittelgriechenlands gab der Stadt mehr 
noch als die Fruchtbarkeit ihres Gebiets früh eine 
bedeutende Stellung. Sie hat neben Theben, Ta- 
nagra und Pharai allein unter den böotischen 
Städten größere Silbermünzen ältesten Stils (550 
—500) geprägt. Bei Delion 424 kämpften die 
Haliartier mit den andern Umwohnern der Kopais 
im Mitteltreffen (Thuc. IV 93). Im Wüschen 
Bunde bildete H. zusammen mit Koroneia und 
Lebadeia einen Kreis, jj,£qos (Hellen. Oxyrh. bei 
E. Meyer Theopomps Hellen. 183). 305 fiel vor 
den Mauern der Stadt Lysander (Xen. hell. III 4, 
17ff. Plut. Lys. 28f. Diod. XIV 81. Paus. IX 
32, 5). Im dritten makedonischen Krieg brachte 
ihre rümerfeindliche Haltung der Stadt das Ver- 
derben. Sie schloß sich an Perseus an (Polyb. 
XXVII 1, 8. 5, 3. Liv. XLII 44. 46), ward in- 
folgedessen von dem Praetor C. Lucretius be- 
lagert und trotz kräftigen Widerstandes der von 
Koroneia aus unterstützten Bürgerschaft gestürmt. 
Die Bürgerschaft wurde niedergehauen, 2500 
Mann, die sich auf die Burg geflüchtet hatten, 
ergaben sich am andern Tage und wurden in 
die Sklaverei verkauft. Die Stadt wurde ausge- 
plündert und dem Erdboden gleichgemacht (Liv. 
XLII 56. 63). Das Gebiet erhielten die Athe- 
ner (Polyb. XXX 21, 9; Strab. IX 411). die es 
durch einen Epimeletes (o. Bd. VI S. 164. 16) 
verwalten ließen. IG VII 2850 erhält eine Ehrung 
für einen Epimeletes durch den Synodos der Kyne- 
goi, deren Tamias er war. Daß das Stadtgebiet 
wieder besiedelt worden sei, wie Dittenb erger 
meint, folgt daraus keineswegs (Holleaux 112, 1). 
Strabon sagt (LX411) Atiagzog vvr övxeu eoxtv. 
und Pausanias (IX 33, 3) weiß aus der Stadt nur 
einen Zug zu berichten: iv 'A/.idQto) Se doi vaoL 
xal aqptoiv ovx dydl/naza eveoziv, ovh OQOfpog 
ijieoziv ov /Atjv ovds oig zirnv Exöu'jdrjaav , ovde 
xovxo i]8vvd(irjv ztv&io&ai (zum Ausdruck Eobert 
Paus, als Schriftst. 43). Die Yergleichung von 
IX 32, 5 und X 35, 2 ergibt, daß nach Pana- 
mas' Vorstellung die Stadt 480 wegen ihres An- 
Behlusfles an die hellenische Sache durch eine 
Abteilung des persischen Heeres zerstört und die 



Tempel infolge eines Schwurs der Hellenen nicht 
wieder aufgebaut worden waren. Daß die Tempel- 
ruinen, die Pausanias sah, aus dem J. 480 herrühr- 
ten, erklärte Bursi an für unglaubhaft. Koepp 
Arch. Jahrb. V 268f. verwies den Schwur der 
Hellenen ins Gebiet der Fabel und zweifelte die 
Zerstörung durch die Perser an (274 u, Anm. 22). 
Endlich hat Ho 11 e au x Kevue de Philologie XIX 
1895, 109ff. die Behauptung des Pausanias als ein 
10 grobes Mißverständnis erwiesen. Die Zerstörung 
von 480 erwähnt nur Paus. ; Herodot, der die Ge- 
walttaten der Perser genau aufzählt, schweigt von 
ihr; er nimmt von dem allgemeinen Medismos der 
Böotier nur Plataiai und Thespiai aus (VLTI 32f. 
50, 2) ; und bei Plataiai haben die Haliartier nicht 
mitgekämpft. Dagegen weiß Paus, nichts von der 
Zerstörung von 171. Es ist so gut wie sicher, 
daß Paus, durch den Ausdruck IIbqoixq; jidXeftog, 
den z. B. Polybios gebraucht (III 3, 8. 5, 4. 32, 8 
20 u. ö\), irregeführt wurde und den Bericht seiner 
Quelle über den dritten makedonischen Krieg auf 
den Perserkrieg übertrug. Über den Namen: 
O. Müller Minyer 2 469 mit der älteren Literatur. 
Meister Bezzenb. Beitr. VI 1882, 48f.; Dialekte 
1252. Kühner-Blaß 1279. Münzen: Imhoof- 
Blumer Numism. Ztschr. III 1871, 334ff.; Head 
HN2 345; Head- S vor onos e Ivt. x. vop. I 433. 
Inschriften: IG VII 2848—2850. 2852. 2855 
—2857. 'E<p. a QK . 1909, 56. Geschichte und Topo- 
30graphie:Imhoof-Blumer350ff.BursianGeogr. 
I 232 f. Vis eher Erinnerungen 558ff. Frazer 
Paus. V 164ff. (die sonstige ältere Literatur 166). 
Hitzig-Blümner LII 1. 49 lf. 

2) In Messenien bei Ptolem. III 14, 42 beruht 
offenbar auf einem Irrtum. [Bölte.] 

Jl alias s. Half eis. 

'AliaaraLi begegnen uns bloß in einem Statut 
betreffend Übernahme öffentlicher Arbeiten etwa 
aus dem 3. Jhdt. v. Chr. aus Tegea in Arkadien, 
40Le Bas-Foucart II 340 e (= Collitz 1222 
= Cauer2 457= Hoffmann Griech. Dial. I 
p. 25 = Michel Recueil 585). Man wäre ge- 
neigt, in diesen a. die Mitglieder der dlia, 
d. h. der Volksversammlung, also Vollbürger, zu 
sehen; doch stimmen ihre Funktionen nicht recht 
dazu. Eine Bestimmung der Verordnung lautet: 
es dürfen nicht mehr als zwei Anteilhaber (äoi- 
väveg) sich zur Übernahme öffentlicher Arbeiten 
zusammentun, sonst wird jeder Anteilhaber mit 
50 50 Drachmen gebüßt und die d. sollen die Buße 
eintreiben (sjieXaodo&wv dz ol äXiaoxat Z. 18f.). 
Die folgende Bestimmung verleiht den H. die 
Kompetenz, auf Grund einstimmigen Beschlusses 
(öuod'Vf.taöov ^dvreg) einem Unternehmer zu ge- 
statten, mehr als zwei öffentliche Arbeiten gleich- 
zeitig zu übernehmen, Z. 25ff. et h äv [z]ig 
tzXeov ?/ ovo igya eyj) tojv IeoGjv rj z€>v dafi[o]- 
aloiv y.ax" d 6s ztra zgd^ov, oxtvi du firj ol aha- 
azai xaoszdk~covoi öfio&Vfjtaöov xdvzEg, £a/*ioa#a> 
60 (folgt die Spezifierung der Bußen). Das sind 
Funktionen, die für die Gesamtheit der Bürger 
nicht recht passen. Nun könnte man freilich 
darauf hinweisen, daß wir in Athen nicht selten 
Sektionen von Heliasten, die ja nicht Geschworene 
sind, sondern das Volksgericht, in Funktionen 
sehen, die sie uns nicht als Richter, sondern als 
Vertreter des Gesamtsouverans zeigen; jedoch ist: 
mir wahrscheinlicher, daß die d. von Tegea eine 



2245 Halie(ensis?) exploratio Halieis 2246 

Behörde waren; so Foucart zur Inschrift, Cail- 
lemer bei Daremberg-Saglio m 4 und Gil- 
bert Handb. II 129, 4. Auffällig und ungewöhn- 
lich bleibt aber die Verwendung des Wortes d. 
für ein Beamtenkollegium. [Schultheß.] 

Hallc(ensisS) exploratio auf einer im Feld- 
berg-Kastell 1892 entdeckten Inschrift luliae 
Mameae Aug., matri Severi Alexandri Aug. 
nfostri), castrorttm, senattis patriaeque, explfo- 
ratio) Haliefensis?) Alexandriana devota numim 10 der Epidauria und Korinthia, ^wie sie im Auf- 



Dittenberger Ind. lect. Hai., Sommer 188$, 
De sacris Ehodiorum Vff. Athen. XIII 561 E. 
Aristid. rhet. 43 p. 808 Dind. (I 547). Appian. 
bell. Maced. XI 4. Daremberg-Saglio V 4. 
Nilsson Griech. Feste 1906, 427. "AXeia in 
Philadelphia und Tralles werden erwähnt CIG 
3416. 3427. 3428. Athen. Mitt. VHI (1883) 332 
nr. 12. f [Stengel.] 

Ualielon ^AXietov), ein Berg auf der Grenze 



evus. Jacobi und Mommsen Limesblatt nr. 1 
<1892). CIL XIII 7495. Unter den numeri der 
Zeit seit Hadrian kommen vielfach exploratores 
vor, aber auch exploratio (v. Domaszewski 
Westd. Korr.-BI. IX 1889, 49) für numerus ex- 
ploratorum. Da die solchen numeri beigefügten 
örtlichen Benennungen sonst das Standquartier 
bezeichnen (besonders Divitim&es von Deutz), 
so wird auch H. nach Mommsen auf die Gegend 



trage des Achäischen Bundes 242/35 v. Chr. von 
einer megarischen Kommission festgesetzt wurde 
(s. o. Bd. I S. 165, 24ff.). Die Grenze geht nach 
dem Schiedsspruch Z. 12 ml rar xogvqpäv xov 
Aheiov und ebi6 zov AXtstov weiter. IG P7 926. 
SGDI 3025. Dittenberger Syll.2 452. Michel 
Receuil 20. Die genauere Festlegung der Grenz- 
linie ist bisher nicht versucht worden. [Bölte.] 
Halieis ? Seestadt der Argolis. Die Stadt 



von Homburg zu beziehen sein. Zur Erklärung 20 heißt AXisig IG I 433, 3. IV 952, 70. Herod. 



des Namens weist v. Cohausen (Nass. Ann. 
1893, 28) auf die reichen Salzquellen der Wetterau 
hin. In Verbindung damit ist ohne Zweifel auch 
die rätselhafte Stelle der merkwürdigen Mainzer 
Inschrift CIL XIII 6763 Z. 11 und 12 zu bringen, 
wo ein Beamter aus der Zeit Gordians namens 
Annianus in einer Votivinschrift vom J. 242 in 
der Keine seiner Ämter auch aufführt: cfurator?) 
e(ensihu&y civitfatium) adm(inistrand%s) li[mi- 



VII 137. Thuc. I 105, 1. Xen. hell. VI 2, 3. 
Strab. VIH 373. Steph. Byz. s. 'Alu% und Tt- 
Qwg (daraus Eust. 286, 28, wo Alislg statt 
AXr}lg zu lesen ist); Alia Pseudoskyl. peripl. 50; 
'Afy Steph. Byz. s. AAai; AXixrj Paus. II 36, 1. 
"Alvaog Kallimachos bei Steph. Byz. (vgl. Schol. 
Aristoph. Lysistr. 403) — Schneider Callimachea 
n 442 frg. 186; vgl. Dittenberger Herrn. XLII 
3, 1. Die Einwohner heißen AZtelg Xen. helL 



tis? Germ]an(iae) Haliq(uensium?J et Ckali-dOXV 2, 16. VII 2, 2. Diod. XI 78, 2. Antigonos 



tanofrum? Vgl. Ihm Bonn. Jahrb. LXXXIV 
93f., wo an sizilische Städte gedacht ist, Momm- 
sen Limesblatt nr. 1 (1892) Sp. 14ff., wo auf 
die damals neuentdeckte Inschrift der e. H. hin- 
gewiesen wird. Zu beiden Inschriften vgl. auch 
M e u r e r Bonn. Jahrb. XCV 1 93f. 207f, [Hang.] 

Halicor, Sklave des P. Clodius, nach der Er- 
mordung seines Herrn 702 = 52 von Milo zu Tode 
gefoltert (Ascon. Milon. 30, 25 K.S.). Der Name 
ist vielleicht in den Hss. verderbt. [Münzer.] 

lAlteta hieß ein in Rhodos dem Helios ge- 
feiertes Fest Es gab [.iwQa r A., die jahrlich, 
und {leyäXa r A., die penteterisch begangen wurden 
(Dittenberger Syll. 679). Diese gehörten zu 
den angesehensten Festen Griechenlands und wer- 
den in den Inschriften vom 3. Jhdt. v. bis ins 
3. Jhdt. n. Chr. häufig erwähnt. Aus dem ihnen 
(Dittenberger Syll. 609) beigefügten Worte 
Aijzavdfiia hat man geschlossen (Hiller v. Gaert- 



von Karystos mQt lst-£a>g (Wilamowitz 174) 
bei Hes. ovg AtpQodir^g «s Athen. III 88 a (wo hsl. 
AtoUav) und bei Athen. VTI 297 e. Strab. VIII 
373. Hes. s. 'AXla; der einzelne Bürger heißt r Mt- 
xog IG IV 951, 120. 952, 19. 69. Paus. II 36, 
1. Das Gebiet heißt 'AXidg Thuc. II 56, 5. IV 
45, 2; Ahxrj Steph. Byz. s. 'Alal (zur Textge- 
staltung s. Gurlitt 457); 'AXia Hes. Die Be- 
völkerung von H. stammte aus Tiryns (Herod. 
40 VTI 137 'AXteig oi m TigvvOog). Als die Argeier 
ihrer Sklaven Herr geworden waren, die nach der 
großen Katastrophe im Haine des Argos die Ober- 
hand in der Stadt bekommen hatten, zogen die 
Sklaven nach Tiryns; daraus entstand der Krieg 
zwischen Argos und dieser Stadt, der zu ihrer 
Zerstörung führte (Herod. VI 83. Busolt Griech. 
Gesch. III 1, 122). Der Zeitpunkt dieses Ereig- 
nisses ist nicht überliefert; wahrscheinlich erfolgte 
es einige Jahre vor der Zerstörung von Mykene 



ringen Herrn. XXLX 16. Schoemann-Lipsius 50 (Diod. XI 65. Busolt 244. E. Meyer For- 

I -^ j %*i rtrtli S 1 -i- nu J- "TT tt^\ J—O J3^^ Til ~" ' fJ 1 T^/^f\ Ct /"1 1 T 1 1 j TTT ^ *■ i ^ \ 1 



Griech. Altert, II 557), daß die Feier im zweiten 
Panamos, einem in jedem zweiten Jahr einge- 
schalteten Monat, stattfand. Vgl. N i 1 s s o n Tim- 
bres amphoriques de Lindos, Kopenhagen 1909, 
123ff. Wie die meisten großen Feste wurden sie 
durch eine Prozession und ein Opfer eingeleitet (Xen. 
Ephes. V 11, 2), dann folgten musische, gymnische 
(Istros im Schol. Pind. Ol. Vn 146. IG XH 73. 
74. Arciu-epigr. Mitt aus Österreich VII 1883, 110 



schungen I 103, 3; Gesch. d. Alt. III 514f.), also 
etwa 465, mit Rücksicht auf die Schicksale der 
Vertriebenen eher früher als später. Die vertriebene 
Bevölkerung fand Aufnahme bei den Hermioneern 
(Eph. frg. 98 bei Steph. Byz. s. 'AhsTg und Ti- 
qvvg). Strab. VLTI 373 (= Apollod.) ol Sk oixr)- 
zoQsg ol /[liv ix [xfjg] TiQW&og outf^dov dg 'Eni- 
öavgov, ol Ö£ s[x tf ( g MiSeag, Meineke Vind. 
Strab. 120] dg zovg 'AluTg xalovfiivovg wider- 



nr. 2. Eev. archeol. n. s. XIH 1866, 163 nr. 12 und 60 streitet der gesamten sonstigen Überlieferung; 

13. AfllPTl Mit* TVT T?Q\ nnA "kin-rvlc^,! \„™,y Cr,-.,. „' /Ort\ V 1. A W„,J-1,,„+ A™ A„ A 11 A 



13. Athen. Mitt. XVI 172) und hippische Agone 
(ßev. arch. a. a. O. 185 nr. 10. IG XH 58. Bull, 
hell. XTV 277 B Z. 2), an denen sich auch vornehme 
Frauen beteiligten (Athen. Mitt. XXV 107). 
Fremde Staaten schickten Theorien. Der Preis 
bestand in einem Kranz von Weißpappellaub 
<SchoL Pind. OL VII 146). Die in Betracht 
kommenden Inschriften s. IG XU in<L Ferner 



Svoronos 1 (20) Versuch, den Wortlaut der Quelle 
wiederherzustellen, überschreitet die Grenzen des 
Erreichbaren. Die Hermioneer nahmen die An- 
kömmlinge nicht in ihre Stadt auf, sondern er- 
laubten ihnen, sich an der Küste ihres Landes 
eine selbständige Stadt zu erbauen. Sie haben 
dabei offenbar auf eine Vermehrung ihrer Wider- 
standskraft gegen die Eroberungspolitik von Ar- 



2247 Halieis Halieis 2248: 

gofl^fferecbnet. Die Ansiedlnng maß aber auch 
im !Emveraehmen mit Argoa erfolgt sein, denn 
zu Beginn des ersten Peloponnesischen Krieges 
befand sieh die Stadt im Besitz der Argeier 
(Herod. VII 137, s. Stein z. d. St.; Svoronos 
21). Daraus würde es sich auch erklären, daß 
die Bevölkerung nicht den Namen Tirynthier bei- 
behielt, wie man es erwarten sollte, sondern einen 
neuen Namen empfing. Der Name 'AXtstg deutet 

auf die Hanptnahrungsqxielle der Bevölkerung, 10 bäum; unter den Beizeichen sind bemerkenswert 
sie waren Fischer; so verstand Ephoros den Namen " 
(elsyovzo 6s ovrcog ötä zo üioXXovg rtöv TjQfito- 
vs(ov äXiEvoftevovg xazä zovzo zo pzQog omsXv rijg 
X f ogag), so Apollodor {&(datrovgyoi ziveq ävögsg); 
darauf deutet auch die Kamm-Muschel auf ihren 
Münzen (Svoronos 21), sie beweist aber nichts 
für den Fang der Purpurschnecke, an den Svo- 
ronos wegen der koq<pvqü 'Eq^iovik^ Plut, Alexi, 
36 denkt. Hierher gehören auch die beiden Frag- 



viele vorzüglich erhaltene Exemplare bekannt ge- 
worden sind. Daß die Münzen nach H. gehören, 
hat Svoronos erkannt (21ff. Head HN2 443)- 
Tiryns ist nach der Eroberung durch Argos nie-, 
wieder autonom gewesen. Die Legenden TIPYN- 
&JQN usw. zeigen, daß die Bewohner von H. 
damals den Anspruch erhoben, Tirynthier zu sein- 
Die Haupttypen sind Herakles, Apoljon, ein weib- 
licher Kopf; rechts Harpe \md Keule, Palm- 



Muschel und Traube. Von den weiteren Schick- 
salen der Stadt erfahren wir nichts. Die ge- 
wundene Erklärung Apollodors (Strab. VIDI 373 
'Egpiövri ... rjg xi}v TiaQallav s%ovoiv 'AXtetg 
leyoiisvoi daXazzovQyoi riveg avögeg) klingt genau: 
so, als sei sie aus dem Namen herausgesponnen ;. 
und die grenzenlose Verwirrung in den Artikeln 
r AXai f c AXmg, Ti'ovvg des Stephanos läßt darauf 
schließen, daß schon seine Quellen (vgl. Herodian. 



mente des Antigonos (s. 0.): das eine berichtet 201 240. 316 Lentz) die Stadt nicht mehr kannten 



von dem Erstlingsopfer an Poseidon in der Thun- 
fischfangsaison ; das andere erwähnt eine lokale 
Benennung einer Art Meerschnecke. Mit der 
Salzgewinnung, wie Bursian II 98 und Hitzig- 
Blümner III 650 meinen, hat der Name lAXtsig 
nichts zu tun (Dittenberger 5, 1). Nachdem 
der Spartaner Aneristos durch einen kühnen Hand- 
streich die Stadt den Argeiern entrissen hatte 
(oXxaSt xazojiküioag jzX^oet dvdQÖiv Herod.), blieb 
sie zusammen mit Epidauros, Trozen und Her- 30 
mione dem Bunde mit Sparta treu. 459/8 erlitten 
die Athener bei einer Landung im Gebiet von H. 
eine Niederlage durch die Korinther und Epidau- 
rier (Thuc. I 105, 1. Diod. XI 78, Busolt in 
1, 3ö3ft\), die Verlustliste der ercehtheischen Phyle 
verzeichnet IG I 433, 3 = Syll.2 9 (s. Ditten- 
berger A. 8 über die Zeit des Ereignisses). 
430 erfolgte wieder eine Landung der Athener 
(Thuc. II 56), weitere Verwüstungen 425 (Thuc. 



und durch das eigenartige System der Benen- 
nungen nicht hindurchzufinden vermochten. Zu 
Pausanias 1 Zeiten (II 36, 1) war die Stadt jeden- 
falls verlassen, die Gegend hieß 'Alixij seil. xa>öa r - 
was Pausanias als Stadtnamen auffaßt (Ditten-- 
beiger 4 f.). Seine eigene Erklärung beweist, 
daß ihm entweder der Name 'Mtstg unbekannt 
war, oder daß auch er die Zusammengehörigkeit 
von 'AXielg und 'AXixog nicht erkannt hat. 

Der Versuch, die Lage von H. zu bestimmen, 
muß von Pausanias ausgehen (vgl. die Karte). Er' 
kommt von Trozen nach Hermione und geht über- 
Mases weiter nach Asine bei Nauplia; in die Route 
Hermione-Mases ist die Erwähnung von H. einge- 
schoben, es lag also westlich von Hermione. In die- 
ser Gegend finden sich an drei Stellen Reste antiker 
Ansiedlungen, während wir nur zwei antike Namen 
kennen, eben H. und Mases. Letzteres wird er- 
wähnt Hom. IL II 562 und deshalb von antiken 



IV 45, 2). 394 kämpfte das Kontingent von H. 40 Geographen besprochen, Apollodor bei Strab. VIII 



am Nemeabach auf Seiten der Lakedaimonier 
(Xen. hell. IV 2, 16). Auch zur spartanischen 
Flotte stellen sie Schiffe 373 (Xen. hell, VI % 
3). 369 kommen sie den Spartanern zu Hilfe 
(ebd. VII 2, 2). In allen drei Fällen handeln sie 
gemeinsam mit den andern drei argolischen See- 
städten; Xenophon nennt sie immer in fester 
Reihenfolge Epidauros, Trozen, Hermione, H. Ob 
der Spott der athenischen Komödie dieser Zeit 



376 und Steph. Byz. Sonst begegnet es nur noch 
bei Paus. II 36, 2, zu dessen Zeit die Bewohner 
von Hermione es als Hafenplatz (ijiivetov) be- 
nutzten. Die erste antike Siedlung findet sich 
südlich von Kastri, dem alten Hermione, etwa 
5 km westlich von Kap Musaki gegenüber der 
kleinen Insel Guridetit (soMiliarakis auf seiner 
Karte und S. 253, dagegen 242 und im Index Gari- 
tetit). Hier hatte de Vaudrimey (Boblaye 61) 



über die Trunksucht der Tirynthier und ihre 50 die Ruinen einer hellenischen Festung festgestellt. 



Neigung zu albernem Gelächter auf die Bewohner 
von H. gemünzt ist (Svoronos 26f.), bleibt min- 
destens zweifelhaft (Ephippos bei Athen. X 442 d 
= Frg. Com. II 251 Kock. Theophr. bei Athen. 
VI 261 d). Dem Ende des 4. Jhdts. (Fränkel, 
Svoronos 26; nach Dittenberger dem 3. 
Jhdt.) gehören die He ilungs wunder an Einwoh- 
nern von H. an, die die Inschriften aus dem 
Hieron von Epidauros berichten (IG IV 951, 120. 



Auf der englischen Seekarte 1525 ist an dem 
Südostabhang des kleinen Berges gegenüber der 
Insel eine Mauer eingezeichnet, die zu dem Gipfel- 
plateau emporsteigt und dessen Nordseite umzieht. 
Miliarakis endlich erwähnt (242. 253) Reste einer 
antiken Mauer, Reste einer Mole unter dem Wasser 
und einen aus großen Blöcken erbauten vierecki- 
gen Ziehbrunnen. Bedeutender und besser be- 
kannt sind die Reste einer zweiten antiken Sied- 



952, 19. 69 = SyU.2 802. 803); vgl. Paus. II 36, 60 hing an der Südwestseite des Hafens von Cheli, 



1, wo r AXixog Xoyog überliefert ist; v. Wilamo- 
witz Herrn. XIX 449, 2 wollte 'AXixofv ztvojg 
Ä.6yog lesen; probabler wegen des Plurals orfflaig 
Gurlitt 439 'Altxcöv Xoyog. Gegen Ende des 
4. Jhdts. hat H., wahrscheinlich gemeinsam mit 
Hennioiie, Aigina und Korinth (Svoronos 32f.), 
Münzen schlagen lassen, von denen besonders 
durch einen Fond in der Gegend von Kxanidi 



einer elliptischen Wasserfläche von fast 1,5 km 
größter Länge, die durch eine schmale etwa ebenso 
lange Einfahrt mit dem Meere verbunden ist. 
Südöstlich von dem inneren Ende der Einfahrt 
ist der Mauerring einer antiken Stadt fast voll- 
ständig erhalten. Gute große Brecciaquadern bilden 
die Fassaden, im Innern Füllwerk nach Fricken- 
haus und W. Hüller 38, denen die Mauertechnik_ 



2Ji einer Entstehung im J. 465 zu passen scheint. 
Ihre Aufnahme wird den Plan der englischen 
Seekarte 1502 wesentlich berichtigen. Auch im 
Wasser am Ufer sind Mauern zu erkennen nach 



Miliarakis 253 und Adelpheus 182. Dieser 
erwähnt außerdem zahlreiche prächtige Gräber 
des 5. und 4. Jhdts. in Kösta und Phlambura. 
Ganz spärlich sind die Angaben über die dritte 




^»«Hjuig an der Bucht Kiladia, Die franzö- 
sische Karte Terzeichnet antike Ruinen an der 
Jiordostecke; nach Boblaye 62 hat de Vaudri- 
mey nur verschiedene antike Trümmer gesehen 
und einen Damm oder Deich. Noch unbestimmter 
äußert sich Miliar akis 252. Während nun die 
^ranzosen und die englische Seekarte H. nach 
Guridötit und Mases nach Cheli verlegten, haben 
alle andere Forscher mit Recht H. nach Cheli und 
Mases nach Kilädia verlegt (Leake, Curtius, 
Burs ian Miliarakis, Frazer, Fricken- 
haus und W. Müller). Für die Lage von Mases 
entscheidet Pausanias, dessen Route sich auf der 
Karte mit vollkommener Sicherheit verfolgen läßt: 
Leakes und Miliarakis Deutungen der Stelle 
zu widerlegen, erscheint nicht nötig; über die 
Gegend Müiar akis 246. 248. 252. Pausanias 
verlaßt Hermione II 35, 11 vermutlich durch das 
lor das Frickenhaus und W. Müller 37 fest- 
gestellt haben (vgl. deren Plan auf Taf. I), und 
schlagt die direkte Straße nach Mases ein (36, 1), 
d. h. er folgt der antiken Straße am Nordabhang 
des Berges, an dessen Ostende Kastri liegt, des 
antiken Pron (Paus. II 35, 11); diese Straße hat 
rnuadelpheusl79ff. nachgewiesen. Nach etwa 
7 Stadien zweigt links der Weg nach H. ab (zum 
Ausdruck vgl X 35,1), und zwar führt dieser 
zwischen Pron und Thornax-Kokkygion hindurch, 
i qTa U m ents P r echender Entfernung von etwa 
1300 m von Kastri trennt eine tiefe Einsenkung 
den Pron von seiner östlichen Fortsetzung, dem 
Prophitis Ihas ■ dieser ist also der Thomas/ Durch 
diese Einsenkung gelangt man in die Gegend 
Kappan an der Bucht Hag. Anargyri. Irgendwo 
am Thornax-Kokkygion (xq6s jotg ncoaot) befindet 
sich ein verfallener Apollontempel; an diesem 
vorbei führt ein Weg nach Mases für die, die 
von der direkten Straße abgebogen sind (36, 2 
mit Eückverweisung auf den Anfang von 8 1). 
Die direkte Straße kann nur durch den Avlön 
zwischen Prophitis Ilias und Aspro Vunö nach 
dem heutigen Städtchen Kranfdi geführt haben, 
^ ff « der Fortset zung des ersten Stücks am 
Nordfuß des Pron. Wer von dieser Straße ab- 
biegt und zwischen Pron und Prophitis Ilias 
(Ihoroax) hindurch nach Käppari geht, gelangt 
durch das Tal der Quelle Pikrodäphni, zwischen 
Prophitis IHas und den Disküria ebenfalls nach 
Kramdi. An diesem Wege muß der Apollon- 
tempel gelegen haben. Führt aber der direkte 
Weg nach Mases zunächst in die Gegend von 
Kranidi, so muß Mases an der Bucht von Kilädia 
gelegen haben. Durch den Avlön kann nie ein 
direkter Weg nach dem Hafen von Cheli geführt 
haben; dieser ging immer durch das Tal der 
Pikrodaphni-Quelle. H. lag nach Pausanias links 
von dem Wege nach Mases, seine Angaben führen 
uns nur bis in die Gegend Käppari ; einen direkten 
Anhalt, um zwischen Cheli und Guridetit zu ent- 
scheiden, gibt er nicht. Unbedingt für Chäli 
spricht Pseudskyl. peripl. 50 (nach der Erwähnung 
des epidaunschen Gebiets am Argolischen Meer- 
busen): AXitx xal ktfi7}v • avztj eaziv ixi x<p tnofian 
rov AeroXutov Hohiov (dann folgt Hermione). 
Und die antiken Beste, die sich bei Ch<m finden, 
V**** nach ihrer Bedeutung und ihrem Alter 
TOrtrefflKih su der Geschichte von H. Hat also 
H. am Hafen von Cheli gelegen, so bleiben die 



imunnina 



£>&0& 



Buinen von Guridetit unbenannt. Es muß aber 
ausdrücklich betont werden, daß eine Anzahl von 
Schwierigkeiten bleiben, die wir nicht erklären 
können. Die Notiz bei Steph. Byz. 'Mai: iozt 
xai hega aatavTiov Mdoyzos paßt nur auf die 
gegenseitige Lage von CheU und Guridötit. Ferner 
die Ujivri Maares (Steph. Byz. s. Mdarjg) ist bei 
Kilädia nicht nachzuweisen ; die einzige Xiuvn 
in f«M ist der Salzsee von Ververönda bei 
10 bei ChCh. Endlich müssen wir annehmen, daß 
Pausanias nicht bemerkt, daß der Nebenweg nach 
Mases und der Weg nach H. von Käppari bis- 
zur Pikrodäphni zusammenfallen. Dagegen würde 
wieder vf ( oog Maorjzig (Steph. Byz.) bei Chöli 
nicht unterzubringen sein (vgl. den Art. Ha- 
liussa), während wir sie andernfalls mit der In- 
sel Koronis (einheimisch Korön, Miliarakis 229. 
256) gleichsetzen würden, die vor der Bucht von 
Kiladia hegt. — Über den Namen: Ditten- 
20 berger Herrn. XLII 2ff. Geschichte: Svo-ronos- 
Journal international d'arche'ol. numism. X 1907, 
13C Euinen: Boblaye Recherches 61f. Milia- 
rakis rsoiyQafpia'ÄQyohöos xai KoQiv&iag. Adel- 
pJieus n Q a}iTtxa xov hovQ 1909. Frickenhaus 
und W. Mü II er Ath.Mitt. XXXVI 1911. Curtius- 
Pclop. H461ff. BursianGeogr. II 96ff. Frazer 
Paus. HI 297f. Der Weg des Pausanias: Leak* 
Pelop. 286f. Miliarakis 252. Heberdey Die 
Reisen des Pausanias 49. Bober t Pausanias 
30 als Schriftsteller 229. Karten: Carte la Grece. 
Admiralty Charts 1525 und 1502. Miliarakis 

ßölte.] 
AXiEVfia Oeov, ÜXaos (Ptolem. in 5, 4).. 
Gottes Fischfang nannten die bosporanischen 
Hellenen einen baumreichen Küstenplatz auf der 
Westseite der Maiotis zwischen den Flüssen Aga- 
ros und Lykos (Berda und Kalmius), an der 
Bucht, welche die südwärts vorspringende Land- 
spitze Bjelo Sarai einschließt. [Kiessling 1 
40 Halieus ('Mietg). 1) Epiklesis des Dionysos in 
Halieis (Argolis), wo das Kultbild im Meer ge- 
badet wurde, Philochor. frg. 194 bei Schol. Townl 
gpm. II. VI 136 nach Tümpel Philol. 1889, 
681ff. %Qr)0}iQs Mo&t} toi S 'AXievatv hv izovtoj 
(statt Tone?) Atowoov 'AXäa ßaTui^otze. v. Wi- 
lamowitz (Schol. Hom. ed. Maass) hatte an 
einen attischen Dionysos Haiaieus in Halai ge- 
dacht und deshalb 'Maisvoiv und Aiövvaov AXaäa 
vorgeschlagen. [Jessen>] 

oU l) Haheus, Arzt, von dem Galen einige Medi- 
zinen erwähnt, XIDT 645. 785. 802. 1032. Er 
gab nur die Rezepte; herstellen ließ er die Heil- 
mittel von einem Valerius Paulinus (X77T 1025), der 
sie aber bisweilen verpfuschte (1026). [Gossen.] 

Halitarna {Mvxaova cod. Ps.-Skyl. 35, d. i. 
*AlUa.Qva\ Halüarna Plin. n. h. IV 3; 'Mixvova 
Strab. nach Steph.; Aixvqva und 'AtHigva codd. 
Strab. X 459), Ortschaft an der Küste von Ai- 
toüen nach Artemidoros bei Strab. a. a. O. 7 
60'MtxvQva Hcöftt], fc vxiQxeixat Kcdvöwv h xfi 
(i£ootaia oraSioig zgidxovia. Strabon bemerkt 
nicht, daß Artemidoros diese Orte irrtümlich auf 
die Ostseite des Euenos verlegt, s. Schwarte 
o. Bd. I S. 2869, 47ff. Durch Strabons unklare 
Darstellung ist wieder der Irrtum bei Steph. 
entstanden 'AluwQva xcbfttj 'AxaQvavüxg. Auf 
Grund der Entfernungsangabe hei Artemidoros 
setzt Woodhouse EL mittwega zwischen Misso- 



2253 



Haiikaraaäsos 



MaJiir.amassos 



22Ö4 



longi und Bochöri (am Euenos) bei der ver- 
lassenen Siedlung Chflia Spitia an, die 5, 5 km 
von Kurtagä, der Lage von Kalydon, entfernt 
ist. An der Westseite des Hügels von Chilia 
Spitia ist ein Stück Mauer erhalten, in der Nähe 
Beste eines römischen Bades. Leake Northern 
Greece HI 533. Bursian Geogr. 1 133. Wood- 
house Aetolia 114. [Bölte.] 
Halikarnassos, Halikarmsos (ion.), Eali- 



Dial.-Inschr. nr, 5727 — 5734. Reisen im südwestl. 
Kleinasien I 11, 1. Münzen: Catal. oftheBrit. 
Mus. Caria 102f. Imhoof-Blumer Kleinasiat. 
Münzen 46 (vielleicht sind Stücke, die man Aigai 
zugewiesen hat, H. zuzurechnen) 128. Inventaire 
Waddington nr. 2354ff. Head-Sworonos lor. 
NofMOfi. B' 150f. ; vgl. dort über die Münzinschrift 
AMB2IM3£0VUA<k ^ auseinandergehenden Mei- 
nungen von P. Gardner, Newton und Head. 



karnasos (Mneagväaoog , 'MtxaQvrjoös , 'Ahxa^ lOFränkel (Arch. Zeit. XXXVII (1879) 27 faßt 
, m.i...ji_i.n.. T_-._-i._i.ci.™ — j TiT,-;„„ rt _. g j e a | g ^ mv0 ^~ (^ n _ Artemis) £pl otjfAa (Hof- 
mann D. griech. Dial. III 78 nr. 175). 

Lage. Wenn man zu Schiff aus dem Kera- 
mischen Seebusen an der Insel Arkonnesos (s. o. 
Bd. II S. 1170) sich der kreisförmigen Hafen- 
bucht von H. nähert, so bieten mitten zwischen 
hohen Hügeln (daher im Mittelalter Miotj ge- 
nannt [Ross Reisen nach Kos, Halikarnassos 
usw. 30f. 50f.]) gelegen, die Ruinen des Theaters 



vaoög [Schriftsteller, Inschriften und Münzen; 
einheimische Form auf einer Inschrift vor dem 
J. 443 v. Chr., Anc. Greek Inscr. IV i 50 nr. 886: 
'AhxaQvaTöc , wohl ähnlich wie Halikarnaschös. 
T ist aafim-tads s. o. Bd. I S. 1613 unten; vgl. 
H o f fm ann Die griech. Dialekte HI 72ff. nr. 17 1 ]), 
von Einwanderern aus Trozen an einer Hafen- 
bucht des Keramischen Golfes (jetzt K6ß<pog %r\g 
K&) bei Sahnakis, Isthmos und Zephyrion oder 



ZeyvQCt (Strab. XIV 656) an der iSüdsteilküste 20 (Vitruv. II 8, 14: tkeatri eurvaturae similis) 



der karisch-halikarnassischen Chersonesos ange- 
legte Stadt, jetztRuinen bei Budrüm(türk. = Keller, 
Kasematte), d. h. unterirdische Kammern, vgl. den 
Namen Budrümia für die westliche Ruinenstätte 
des alten Ephesos. Wahrscheinlich waren die 
Arkaden, auf denen das Konak des türkischen 
Gouverneurs steht (s. Plan südlich von HI, west- 
lich von der Burg der Johanniterritter), oder die 
dölot Anlaß zur türkischen Namengebung. Die 



und terrassenförmig im Halbkreis die anderen zahl- 
reichen antiken Reste an Mauern, Türmen, Tem- 
peln und Privatgebäuden unter den Feigenbäumen, 
Getreide- und Rebenfeldern neben den weißge- 
tünchten Häusern aus neuerer Zeit über dem 
alten ZephjTion, dem Kastell der Johanniter (Plan 
nr. VIII), einen bezaubernden Anblick. Noch an- 
ziehender müssen die antiken Reste in unver- 
sehrtem Zustand ausgesehen haben. Die älte- 



Ableitung des antiken Namens aus einer semiti- 30 sten Ansiedelungen waren wohl auf den felsigen 
sehen Sprache ist wohl auszuschließen. Analoge und erhöhten Landvorsprüngen , auf Sahnakis 
Elemente scheinen einerseits 'AXhaQva und Ald- 
octQva, andererseits KaQvrjöojzohg = Lyttos auf 



Kreta, Küqvoq, Kapvla (Steph. Byz.), 'Axagvavia 
u. a. zu enthalten. Bei 'AMxaQva = Chalkis in 
Aitolia (Steph. Byz. s. Xalxlg) erinnert Fick (Vor- 
griech. Ortsnamen 87) an AXtxaQvaoaog , das er 
S. 117 und 162 als hettitischen oder aber lele- 
gischen Namen auffaßt. 

Hauptwerke: Spratt Remarks on the Dorian40 204 rerum natura ab 

Peninsula, Archaeologia XLIX (1886) 346f. Jür- xitque . . . Zepkyrium Halle* 



(Arr. anab. 1 23, 3, Plan nr. II), einem südwest- 
lichen Kap der Steilküste der Hafenbucht (jetzt 
Kaplan Kalessi = Tigerschloß), und auf dem am 
antiken 'Ia&ßog (s. Steph. Byz.) gelegenen riesigen 
Felsblock Zstpvgiov (nr. VIII; Philon bei Her- 
mol, bei Steph. Byz.), der durch Anschwemmungen 
des Meeres aus einem Eiland jedenfalls schon 
zu Zeit der Gewährsmänner des Plin. n. h. II 
absiulit . . . mari iun~ 
imrnaso mit dem Fest- 



gen s De rebus Halicarnassensium I, Diss. Hai. 
1877. Newton Travels and Discoveries in the 
Levant. London 1865f. I 320ff. II 58ff. : A Hi- 
storv of Discoveries at Halicarnassus, Cnidus and 
Branchidae, London 1862f. I. II 1 und II 2; 
Papers respect. the Excav. at Budrum, London 
1858. Inschriften (nach dem epigraphischen Ap- 
parat der Kiemasiatischen Kommission in Wien) : 



land verbunden worden ist Es waren beide wohl 
geeignet als Stützpunkte für den Betrieb der 
Freibeuterei, insbesondere zur Zeit der sog. ,Thalas- 
sokratie' der Karer, ganz besonders das zwischen 
zwei Reeden gelegene Zephyrion, das dann von 
Leuten aus Trozen in Besitz genommen, später aus 
den Materialbeständen des Maussolleions von Tür- 
ken befestigt und um 1404 n. Chr. durch den deut- 



CIG nr. 2655—2669. 8698. Add. p. 1106. Ha- 50 sehen Ritter Heinrich Schlegelholt aus derselben 



milton Asia Min. II p. 31 und 458 nr. 257-278. 
Le Bas Asie Min. III nr. 501—510. nr. 1571 
bis. Newton Essays on Art and Arch. app. lff. ; 
A History II 2 nr. 3 a. 6 a. 12 a. 12 b. 12 c. 74 
-77 a. Sauppe Gott. Nachrichten 1863, 303. 
BuU. hell. IV (1880) 2951 VI 191. XIV 90f. 
XV 54 8f. XVIII 25f. Athen. Mitt. XV 2521 
Arch.-epigr. Mitt. XIX 127. Rev. Arch. XXIV 
(1872) 110. Paton in Class. Rev. VHI (1894) 



unerschöpflichen Fundgrube zu einer der stärksten 
Burgen der Johanniterritter umgestaltet wurde 
(Newton A History II 2642j. Die Stätte hatte 
einen Vorzug vor vielen Festlandanlagen, einen 
ausgezeichneten Hafen mit einem seeretus portus 
(Vitruv. II 8. 11) den man von der See her nicht 
überblicken konnte, also eine Art Arsenal (Ross 
Reisen IV 38) und außerdem eine Reede für kleine 
Fischerfahrzeuge zur Verfügung, war also eine 



217f. Journ. hell. Stud. II 98. XVI (1896) p. 234 60 Niederlassung an einem Doppelhafen (Hirschfeld 

__ o„ ^^r TT ,™ t>^^ ^r *__■„„. Curtius-Festschrift 364). Die Stadthäfen sind 

etwas versandet (am Gestade nur mehr 3 m tief). 
Einer der Häfen war im 4. Jhdt. v. Chr. an seinen 
Molen, von denen jetzt noch ansehnliche Reste 
vorhanden sind(K o tso willis Niog Atf*€voözixTt}g 2 
489), durch eine Kette verschließbar, Scyl. 99; 
der andere lag der Insel (also wohl der froheren 
Insel Zephyrion) gegenüber, und neben ihm be- 



nr. 36. XXVIII 108. British Museum Ancient 
Greek Inscr. IV nr. 886—920. Keil Herrn. XXIX 
(1894)249—280. Hula und Szanto S.-Ber.Akad. 
Wien CXXXH (1895) 28ff. Michel Recueil 
nr. 452. 454. 835. 854. 1196-1200. Dittenberger 
Syll.2 nr. 10. 11. 601. 641 ; Orient. Graec. nr. 16. 
23. österr. Jahresh. XI 53f. nr. 1^6. Dessau 
Inscr. sei. lat. nr. 635. 8771. 8858. Collitz Gr. 



-fand sich ein Flüßchen mit Wasser auch zur 
• Sommerzeit {jetzt jtoxa^ög). Die Gegend hatte 
Quellet; die berühmteste davon hieß 2aXpaxtg 
im Gebiet der SalmaMteer (Strab. XIV 656 Ovid 
met. IV 302ff. Vitruv. II 8), deren Wasser man 
entmannende Kraft zuschrieb. Die Strandgegend 
ist heute noch fruchtbar an Feigen, Getreide und 
Heben (Mediterranean Pilot IT [1882] 146). Vom 
TqUvXov (Arr. Alex. I 22, 1. 4), das wir mit 
Ross Reisen IV 41, 19 wohl an der westlichen 
Mauer ansetzen müssen, von dem aus der Weg 
nach Myndos (jetzt rxiovpovaxXl hfiavi) begann, 
waren es bis dahin 220 Stadien (Stadiasm. m. m. 
§ 276), die Fahrt aus dem Hafen von H. nach Kos 
wurde auf 180 (richtig 100) Stadien berechnet (a. a. 
275), nach Keramos längs der Küste waren es 
300 Stadien (Müll er zu Ptol. V 2, 8; nach Aussage 
der heutigen Landleute 6 Stunden, nach Mylasa 
12 Stunden Weges). Die Höhen, die die Stadt 
nach Norden (auf Pedasa zu) umgeben, sind uns 
dem Namen nach nicht bekannt. Nur den antiken 
Namen eines Hügelzuges, der sich nordostwärts 
gen Karyanda erstreckt und mindestens teilweise 
im Besitz der Halikarnassier war, kennen wir: 
Lide, Lida (Herodot. I 175. Haussoullier Bull, 
hell. IV [1880] 295), jetzt Kaplan Dagh (= Tiger- 
höhe). 

Schicksale, Mythos, Geschichte. Die 
beschicke Kariens (s. d.) waren lange Zeit auch 
die der alten Ansiedelungs statten am Kerami- 
schen Golf. Schon früh — wenn wir den Ge- 
sandten der Halikarnassier, die im J. 26 n. Chr. 
(Tac. ann. IV 55) die Ehre eines Tempelbaus 
für Tiberius in Korn erbitten wollten, glauben — 
im J. 1200 v. Chr. erfolgte die Einwanderung 
von Leuten aus Trozen und vielleicht von Ar- 
geiern nach dem Zephyrion (Herodot, VII 99 
OIG 2655. Strab. XIV 653. 656. Paus. II 30* 
8 [Hermol. bei Steph. Byz.]). Gilbert Griech] 
fetaatsaltert. 167 bemerkt, daß. nach dem Dialekt 
der Inschriften zu urteilen, die Kolonieaussendung 
von Trozen aus der vor dorischen Periode der Stadt 
stammen müsse. Trozen ist eben aus dem Sy- 
noikismos der altionischen Ortschaften Antheia 
und Hypereia entstanden, s. o. Bd. I S 2357 
und 2362. Des Herodotos Worte sind: r6 S&vog 
axo<patvo> itav iov Acoqixov, AXixaQvrjoaiag fihv 
TjootCrjvwvg. Daß dorische Leute unter den An- 
siedlern waren, entnehmen wir der allerdings an- 
gestrittenen (s. o. Bd. V S. 1878) Stelle des Kai- 
limachos bei Hermol. bei Steph. Byz. s. 'Ältxao- 
vaooög, indem die dorische yvXt] Avfiaiva in H 
bestand. Daß andere Griechen sich an der Be- 
siedelung beteiligt haben, erschließen wir aus 
Strabons Worten (XTV 656): olxtoxai V avxfjg iys- 
vorro äXXot xe y.ai Av^g perä Tqo^viojv. Nach 
Vitruv. II 8, 12 und Mela I 16, 3 ist H. Kolonie 
der Argeier. Im Auge zu behalten ist, daß Trozen 
Städten benachbart war, die ursprünglich von 
Karern bewohnt gewesen waren: Epidauros und 
Hermione, und daß dorische ovroixoi in Trozen 
erst bei der Rückkehr der Herakleiden aufge- 
nommen wurden: Paus. H 30, 10: 'HeaxlBt&öv 
yaQ xazeX&ovztav idifcvzo xal ol Tgoityioi ovv- 
oikovs Aa> 6 aa>y z(5v % "Agyovg xal xQÖzeoor 
m Agyelcoy ovxe S xarfxoot. Als Führer der tro- 
zemaehea Kolonie wird Anthes genannt (Strabon 
und Pausawas). Der halikamassische Priester- 



xuuuuuna.gäo5 



ZZÖÖ 



nameAnthas findet sich in CIG nr. 2655: ys- 
ywriftevovs dito z^i tcxlascog xaxä ysrog tsQmg xov 
Ilooeidßvog xov xaxdev&evxoe tJjro xäv xfjv <bro<- 
xiav sxTqoiCJ}voq dyayovxcov Hoost&aivi xal 'Atz6X- 
k£ Parth £ n - erot u wi^d sogar von einem 
Antheus aus H. und aus königlichem Stamm ge- 
sprochen. Da in einer Inschrift des 5, Jhdts. v Chr 
eines Beschlusses zugunsten verbannter Mitbüreer 

10?T5^h^ h **$ Ko ^ ei \ ten ^annt werfen 
10 (Michel Recueil nr. 451) : 6 avXXoyog ,..6 AXt- 
xagvoTimv xal Salfirnttzitw xal Avyöautg, so 
könnte man vermuten, daß das Quartier Salma- 
kis selbst im 5. Jhdt. v. Chr. ein gesondertes 
Gemeinwesen mit einem ngönms ht&wuog war 
Die ältesten Schicksale von H. sind uns unbe- 
kannt, H. Mitglied der dorischen Hexapolis (s 
d.), bis Agasikles, Sieger im Agon der triopi- 
schen Spiele, den gewonnenen Dreifuß bei sieh 
behielt Herodot. I 144. Dann H. ausgeschlossen, 
20 wahrscheinlich unter der Oberherrschaft des Kroi- 
sos (560-548 v. Chr.). Von da an bis auf 196 
— 129 v. Chr. war H. niemals mehr frei. Per- 
sische, athenische, lakedaimonische Vorherrschaft 
Hekatomnos und seine Nachkommen, Alexandras 
und die Diadochen und Römer. Nachdem Har- 
pagos Karien unterworfen hatte (Herodot. I 174fA 
war wohl ein Dynast oder xigawog von den Per- 
sern eingesetzt worden. Auswanderung von Bür- 
gern zu Amasis (Herodot. II 178. in 4, 11 In 
30 der ersten Hälfte des 5. Jhdts. v. Chr. residierte in 
H. das halbkarische Geschlecht des Lygdamis, im 
4. Jhdt. das karische Geschlecht des Hekatomnos. 
Um 480 v. Chr. wird Artemisia genannt (Herodot. 
VII 99. Suid. s. niygtjg, Üavvamg, 'Hgodoxog), die 
bei der Seeschlacht von Salamis mit fünf unter 
30 dorischen Schiffen — 100 ionische, 60 aioli- 
sche auf der Seite der Perser — gegen die fest- 
ländischen Griechen kämpfte (Herodot. VH 93) 
Ihr waren H., Kos, Nisyros und Kalymnos unter- 
40 tan, die sie nach dem Tod ihres Mannes Maus- 
solios für ihren Sohn Pisindelis verwaltete. Auf 
Pisindelis folgte Lygdamis, unter dem die Grie- 
chen in H. ihre Unabhängigkeit wiedergewinnen 
wollten. Panyasis wurde dabei getötet, Hero- 
dotos mußte sich nach Samos flüchten. 460 
-457 v. Chr. wurde nach einem Aufstand eid- 
lich festgelegt, daß die Autonomie von H. von 
Lygdamis anerkannt, die Anhänger der Karer 
aber begnadigt würden. Vertrag in ionischer 
50 Sprache Hoffmann Griech. Dialekte LTI 72ff 
nr- 171. Michel Recueil nr. 451. H. war viel- 
leicht mit Salmakis zusammen Mitglied des atti- 
schen Seebundes — wahrscheinlich unabhängig 
von fremden Dynasten, Kirchhoff Stud. zur 
Gesch. d. griech. Alphab. 3 8f. — und bezahlte 
zum Kagixog <pÖQog eine mäßige Kontribution: 
1% Talente von 454 v. Chr. bis gegen die Mitte 
des 5. Jhdts., von 447 aber 2 Talente, 441 v 
Chr. 1 Talent 4840 Drachmen, 428 aber wieder 
60 12/ 3 Talente. Larfeld Griech. Epigr. II 1, 36ff. 
Im 5. Jhdt. die Vereinbarung des avXXoyog auf 
der legt} äyogy zwischen den Halikarnassiern, den 
Salmakiteern und Lygdamis (Michel Recueil 
nr. 451). Zur Zeit des Peloponnesischen Krieges 
gehört« H. kaum zu der großen persischen Sa- 
trapie, deren Hauptstadt Sardeis war, erst nach 
dem Königsfrieden im 4. Jhdt war Karien eine 
eigene Satrapie und kam unter die karischen Dy- 



2257 



HaLkarnassos 



Halikamasaos 



2258 



nasten. Anders Kirch ho ff Stud. z. Gesch> des 
griech. Alphabets 8f. In der oben angeführten 
Inschrift und in anderen werden als Stadtbehörden 
genannt : eponyme Prytanen mit yQafijtiaxevg, Mne- 
monen, xafitai, i$sraaxai, ein jicoXrjvfjt; und neun 



ayöQav6(Äot. Die ßovXtf (die oberste Staatsgewalt) 
hatte wenigstens 100 Mitglieder, der ö^ftog etwa 
4000 (Gilbert Griech. Staatsaltertümer 170). 
Die Stadt bestand wohl so, wie sie Aleiandros 
334 v. Chr. antraf, der sie lange belagerte, ziem- 




lich gut befestigt mit einer turmgeschützten Mauer 
(s. den Abschn.), die sich im Bogen um Salmakis 
auf den Anhöhen zu einem Talsporn hinzog und 
südwärts bis zum Gestade östlich vom Zephyrion 
reichte. Im 4. Jhdt. Freundschaftsbezeigung für 
Troizen, Michel Eecueil nr. 452, Bundesgenossen- 
schaft mit Athen. 389 beklagt sich H. über Thra- 
sybulos, Lys. Erg. XXVIU 2, 11. 17. Isoer. Pan. 



(XU) 100. Hekatomnos hatte seine Residenz von 
H. nach Mylasa (s. d.) verlegt gehabt. Erst 
Maussollos LT. (377—351), der Sohn des Heka- 
tomnos, verlegte als Satrap (efaiflgajm/ftw) des 
Artaxerxes, Mnemon und Ochos (359 v. Chr.) den 
Sitz der Dynasten wieder nach H., Diod. XV 90. 
Die Gründe setzt Vitruv. II 8. 11 auseinander: 
die feste und günstige Lage am Meer, das grie- 



iifliitn w iiaottyp 



naiiKarnassos 



2H6U 



chische rührige Element, die Möglichkeit, Glanz 
nach außen zu schaffen. Er suchte H. in jeder 
Weise zu heben, wie es Dionysios in Syrakusai 
getan hatte, zu verschönern und zur schönsten 
Stadt Kariens zu machen (Diod. XV 90. XVII 
23). In seine Zeit fällt vielleicht der Mauerbau. 
362 v. Chr. SynoiMsmos: er zog aus sechs binnen- 
ländischen Lelegerniederlassungen (Strab. XIII 
611. Judeich Athen. Mitt. XIII 339f.j, nach 
Jürgens De rebus Hai. I 39ff.: Euralion (s. o. 10 
Bd. VI S. 1238), Medmasa (s. d.), Pedasos (s. d.) f 
Sibde, Telmessos und Theangela (Suangela) Leute 
zur Verstärkung der Bevölkerung von H. herbei. 
Mylasa blieb nur das Hauptheiligtum der Karer 
mit dem Dienst des Zeus Labraundeus (CIG II 
2691 d. Michel Eecueil nr, 471). Dem großen 
Bund gegen Artaxerxes trat er 362 v. Chr. bei 
und mischte sich in die große Politik. Sein Haupt- 
verdienst um H. war, daß er die Stadt auf alle 
Weise zu verschönern suchte (s. u. Palast, Tempel, 20 
Bildwerke u a.). Auch bemächtigte er sich der Stadt 
Latmos (Aristot. oecon. II 13, daraus Polyaen. VII 
23). Zwischen H. und Athen bestanden freund- 
schaftliche Beziehungen (Wilhelm Herrn. XXIV 
23). Ihm folgt e352 seine Schwester und Frau Arte- 
misia, die einen rhodisehen Angriff auf H. durch 
List vereitelte (Diod. XVI 45, 7. Vitruv. JI 8, 
14), Ehodos zurückeroberte und die Aristokraten 
von Ehodos wieder in die Höhe brachte (s. des 
Demosthenes Eede Rhod. [XV 11]. Geizer Eh. 30 
Mus. XXXV 517). Sie behielt Chios, Kos und 
Ehodos in ihrer Gewalt. Sie begann zu*Ehren 
ihres Mannes das Maussolleion zu erbauen und 
veranstaltete prächtige Spiele usw. zur Erinne- 
rung an ihn (Gell. n. Att. X 18. Suid. s. ßso- 
ösxjTjg, 'loopcgÜTf};). 350 folgte ihr ihr Bruder 
Idrieus, evjtoQdnazos zöiv vvv tzbqI rjzieiQov (Isoer.), 
dessen Erhebung gegen den Perserkönig unglück- 
lich ausging {Aristot. rhet. III 4, 1406). 344 v. 
Chr. folgte auf ihn Ada, seine Schwester und 40 
Witwe. 340 nahm ihr ih.T Bruder Pixodaros das 
Keich bis auf Alinda (s. o. Bd. I S. 1489). Ihre 
Hand ließ er dem Philippos Arrhidaios antragen, 
die aber Olympias und Alexandros (der spätere 
Große) haben wollten (Plut. Alex. 10). 334 v. 
Chr. folgte auf Idrieus sein Schwiegersohn Othon- 
topates (nach einer Münze Mionnet Suppl. nr. 
561 ; bei den Schriftstellern meist 'OgovioßaTys), 
Er war ein Perser von Geburt. Perser besetzen 
H. Ihn setzte Alexander d. Gr. ab, als er nach 50 
längerer Gegenwehr (Sprichwort bei Suid. s. xottol 
oTQart]Yoi) H. außer der Burg Salmakis und der 
Burg Zephyrion (damals noch auf einer Insel, 
Arrian. anab. I 23 : zrjv äxgag rt]v h? zfj vijotp 
unnötig in 'Joxowtjoov geändert) einnahm (Droy- 
sen Gesch. d. Hellenism. I 1, 210). Beschrei- 
bung der Belagerung, der auch durch einen Graben 
befestigten Stadt bei Diod. XVII 23f. Arrian. 
anab. I 20, 5 u. a. Newton History II 1, Blff. 
Zuerst griff er die Stadt mit Belagerungsma- 60 
schinen im Osten, dann im Westen beim Tgi- 
TtvXov (I 22, 4) an, und eroberte sie, nachdem 
die Leute in ihr selbst einen Teil angezündet 
hatten, mit Ausnahme der Salmakis. Obwohl er 
die Stadt gern unversehrt erhalten hätte, ließ er 
doch die Häuser dem Erdboden gleichmachen 
(Diod. XV II 24 zt/v jioXiv ek iÖatpog xataoxaipas. 
Arrian. anab. I 23, 5. Gurt h. AI. M. II 9, 



10) und legte eine Besatzung von 3000 Mann 
Söldner und 200 Reiter unter Ptolemaios hin- 
ein. Die Herrschaft übergab er der Ada, die er 
adoptiert hatte. Die Bürgerschaft wurde in die 
sechs Flecken aufgelöst, die vierzig Jahre früher 
Maussollos in seiner neuen Hauptstadt vereinigt 
gehabt hatte. Allmählich erhob sich H. wieder. 
Wann der zweite östliche Mauerzug (s. Plan) an- 
gelegt wurde, ob bei der Wiederherstellung der 
Stadt nach 334 v. Chr. oder später (s. u.), ist 
nicht klar. Die Formen der Verfassung blieben 
jedenfalls auch in der wiederhergestellten Stadt 
die gleichen wie auch noch zur Zeit der Ab- 
hängigkeit von den Ptolemäern, an die trotz, 
scheinbar freier Verfassung Anträge durch Ab- 
gesandte der Stadt gestellt werden mußten (New- 
ton History II 2, 687; s. u.). Die karischen 
Dynasten (über deren Chronologie und Stellung 
Jürgens s. o. 56ff.) haben 323 v. Chr. zu regieren 
aufgehört. Karien fiel an Asandros, den Sohn 
des Agathon (s. o. Bd. II S. 151 5f. Nr. 3. FHG 
III ms. Diodor. XVIII 3, 39. Arrian. success. 
AI. 6. lustin. XIII 4, 15), 321 v. Chr. wurde di& 
Herrschaft von Perdikkas an Eumcnes übertragen 
(s. o. Bd. VI S. 1084), bei der Teilung von Tri- 
paradeisos 321 erhielt Asandros wieder Karien, 
führte 314 auf Seite des Kassandros den Krieg 
in Karlen gegen Ptolemaios, den Strategen des 
Antigonos (Diod. XLX 68, 2ff.), wurde 313 von 
den Athenern (CIA II 234. Michel Eecueil 
nr. 115) wegen seiner Unterstützung von Athenern, 
die in sein Land gekommen waren, geehrt. 311 
von Antigonos abgesetzt; im Friedensvertrag 
zwischen diesem und seinen Gegnern Ptolemaios,. 
Lysimachos und Kassandros, werden alle griechi- 
schen Städte Sudwestkleinasiens, also auch H. 
für frei erklärt (Diod, XIX 105, 1), in H. eine- 
Besatzung des Antigonos gehalten, die zusammen 
mit Demetrios Poliorketes 309 des Ptolemaios 
von Ägypten Angriffe zurückschlägt (Diod. XX 
27, 1. Plut. Demetr. 7 z. E. ; s. o. Bd. IV S. 2772). 
301 kam Karien an Lysimachos, 281 nach der 
unglücklichen Schlacht des Lysimachos bei Koru- 
pedion wohl an die Seleukiden; gegen Ende des 
3. Jhdts. stand H. unter der Oberhoheit der 
Ptolemäer (Newton History II 1, 69. 2, 687. 
689. 693; vgl. üsener Eh. Mus. XXIX 4M.), 
in denen niedergelegt ist, daß mit Erlaubnis des 
Ptolemaios Philadelphos oder Eucrgetes in H. 
ein Gymnasion erbaut würde, daß einem Ptole- 
maios eine Säulenhalle: 'AxöMtovt xai ßaodet 
ITro/^jiaiQ) 6 dfjfiog ztjv ozoäv geweiht wurde. 
228 v. Chr unternimmt Antigonos Doson oder 
Physkos oder Epitropos (s. o. Bd. I S. 2418) einen 
erfolgreichen Zug nach Karien gegen die ägyp- 
tische Oberherrschaft (Polyb. XX 5, 11. Trog. 
proL 28. Usener a. a. O.). H. war aber später 
noch in den Händen der Ptolemäer. 205 ver- 
einigten sich Philippos V. von Makedonien und 
Antiochos III. d. Gr. zur Aufteilung des ägypti- 
schen Eeiches nach dem Tode des Ptolemaios 
Philopator (s. o. Bd. I S. 2463). 203—201 er- 
obert Philippos viele Städte Kariens, wohl aber 
nicht H. (Polyb. XVI 10, 11). Denn unter den 
Städten, aus denen er 196 v. Chr. eine Besatzung 
herausziehen und sie den Kömern übergeben mußte, 
befindet sich H. nicht (Polyb. XVIII 27 — Liv. 
XXXm 30). 192 war H. frei und stand auf 



Z2SG1 



üalikamassos 



HaJikärrjassos 



2262 



Seite der Kömer, unterstützte den Livius Salina- 
tor (Liv. XXXVII 10. 16), blieb selbständig, 
während das übrige Karien (und Lykien) 189 den 
Bhodiern gegeben wurde (Polyb. XXTI 7, 27. 
XXIII 3 = Liv. XXXVII 55. Appian. Syr. 44). 
129 (s. o. Bd. PI S. 964) wurde aus Mysia, Aiolis, 
Lydia, lonia, Karia und Doris (ohne Ehodos) die 
Provincia Asia gebildet (Cic. pro Flacc. 27, 65). 
Vielleicht gehörte die Peraia noch den Ehodiern 



sprochen hatte, sagt XV 90 von H. nur exwaap 
dttgöjtoXtv ä£t6loyov; vgl. XVII 25 und Strab, 
XTV 656. Vitruvius aber (II 8, 11) nimmt als 
summa arx den Höhenrücken an, der sich öst- 
lich von dem Gräberfeld nach Osten dehnt. 
Aquädukte: Zisternen finden sich viele im 
Stadtraum, z. B. in der Nordwestecke der Stadt- 
mauer, Newton History II 2, 278. Eeste der 
Aquädukte s. am Hafen. Gräber: Im Norden 



(Strab. XIV 651). 88 ist H. auf kurze Zeit ein 10 und im Westen des Stadtraums sind viele Felsen- 



Teil des Gebietes des Mithradates (Appian. Mithr. 
21). Es folgt die Zeit (62-58 v. Chr.) des Über- 
handnehmens der Seeräuber, die die Städte H. 
und Ephesos an der Westküste Kleinasiens plün- 
derten (Cic. Quint. fr. I 1, 8) , so daß Quintus 
Tullius Cicero die Stadt wiederherstellen mußte. 
Beschluß der Halikarnassier , der gewisse Vor- 
rechte den Juden gewährt (Joseph, ant. XTV 10, 
23). Hierauf Plünderung durch Verres (Cic. Verr. 



gräber, ebenso bei Plan nr. II und beim "Aytog 
ttdiQyios im Osten, Newton History II 1, 278. 
333ff. 340f.; rn&ot 337. Gebiet: Im 5. Jhdt. 
v. Chr. : neben der jtohg werden als Örtlichkeiten 
in der Inschrift Michel Eecueil nr. 835 genannt: 
zo "Agyog, 77 (?) Kdaa, zö (?) Kevaqov, za (?) Koza, 
fj KvoyQtoaig, f) Atör}, s. o. Herodot. I 175, »;? 
AvQiaoög , jj(?) Ovaoaog , ra(?) ITovvofiova , ij 
2a).fiaxig, rj (?) 'Qv£<ooovaoög, r\ (?) 'ÜOTigdovvog. 



I 19, 49). 26 n. Chr. schickte auch H. eine Ge- 20 Zur Zeit Alexandros d. Gr. gehörten Telmissos 



sandtschaft nach Eom (Tac. an. IV 55), um sich 
um die Ehre zu bewerben , dem Kaiser Tiberius 
einen Tempel weihen zu dürfen, die aber den 
Smyrnäern gewährt wurde. 395 n. Chr. wird H. 
ein Teil des byzantinischen Eeiches. 1402 von den 
Johann iterrittern erobert; 1404 aus den Werk- 
steinen des Maussolleions das Castello 4L S. Pietro 
durch den deutschen Eitter Heinrich Schlegelholt 
aufgeführt (Newton History II 1, 74). Der 



und die Insel Taramptos (?) (jetzt Tarandos) zu 
H. ; vgl. Bev. Arch. 1896, 94. Außerdem wird 
noch eine ddlaooa mit einem ogxvvclov genannt. 
S. noch Dorion pedion Hermol.- Steph. Byz. 
S. Bd. V S. 1563 und den Art. Hekataie. 
Gymnasion: Mit Einverständnis des ägyptischen 
Herrschers (Newton History II 1,69. 112, 687) 
errichteten im 3. Jhdt. die Halikarnassier ein 
Gymnasion. Newton (History II 1, 277) ver- 



Name H. verschwindet fast ganz, das Gebiet der 30 mutet, daß bei den Euinen des b} r zantinischen 



Stadt zwischen den Mauern heißt Miar} , d. h. 
der dort zwischen Gestade und Anhöhen gelegene 
Hecken oder tabia (d. h. die Verschanzung), Corio- 
lano Cippico im J. 1472 (p. 269) neben dem 
Castel S. Pietro (ehemals Zephyrion oder Zecpi'Qa) 
(Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV yiii 39). 
über die Schicksale von H, im Mittelalter und 
unter den Rittern Sainte-Croix Sur la Chrono- 
logie des Dynastes ou Princes de Carie, Memoir. 



Klosters 'Ayia Magiva plate XLVIII, wo Spratt 
und Eoß das Maussolleion vermutet hatten, ein 
Gymnasion gestanden habe. Häfen: Nach Scyl. 
98 hatte H. zwei Häfen, darunter einen verschließ- 
baren. Kai ällog foßijv zzeqI tt)v vvjOOv (d. ll. 
Plan nr. VII) östlich davon. Vitruvius II 8 unter- 
scheidet zwei Häfen, einen als secretus portus 
latens moenibus (Korrektur von L, Eoß) wohl 
als Arsenal zu denken. Er ist kaum gleich dem 



de l'Inst de France Classe d'hist II (1815) 561. 40*Ae«7töc: hfirjv des Skylax (Plan nr. VII). New- 



582. Newton On the Sculptures from the Mauso- 
leum of H., Classic. Mus. XVI. 

Agora Vitruv. II 8: ganz unten längs des 
Hafens (westlich von Plan nr. VI). Aus den Wor- 
ten est constitutum (nicht erat) könnte man 
schließen, daß die Agora erst unter Maussollos 
dort eingerichtet wurde. Hier ist wohl auch die 
Stätte der hgy äyog^ des 5. Jhdts. (Michel 
Eecueil nr. 451) anzusetzen. 'AxQolidog Vitruv. 



ton History II 1, 271 u. a. setzt ihn westlich 
von Zephyrion an, Judeich Kleinasiat. Stud. 
249f. östlich davon. Nach Vitruvius (II 8) fuhr 
Artemisia fossa facta unbemerkt nach Osten,, 
ohne aus dem großen Hafen fahren zu müssen. 
Hauptstraße (platea ampla latitudine. Bei 
Vitruv. II 8, 14 verglichen mit der yraecinetio 
[Öid£a)fia] eines Theaters), führte vom Tor nach 
Myndos zum Tor nach Mylasa, Arrian. an. I 20, 4. 



II 8, 11: in summa aree media Martis fanum h0 21, 1. An ihr lag das Maussolleion. Mauern 



Habens statuam eolossi , quam aagöhi^ov nomi- 
nant, nobüi manu Leockaris (so die beste Les- 
art) faetam: harte autem statuam alii Leocka- 
ris. alii Timothei putant esse (vgl. Plin. n. h. 
XXXVI 4) eine Kolossalstatue des Ares, New- 
ton History I 49. Akropolis (r) ziohg axga; 
Strab. IX 657: ditzr} <5 n tjv, vgl. Diodor. XVII 
23 axQfmoltat xakalg ttExoo^ttjfisvrj). Wenn man 
das Stadtbild übersieht, glaubt man mehrere 



und Türme aus der Zeit des Maussollos, s. 
Judeich Athen. Mitt. XV 142 und den Art. 
Mylasa, vielleicht (Newton History II 1, 268) 
aus späterer Zeit: Von den antiken Stadtmauern 
aus Trachyt, Kalkstein und Tuff sind noch recht 
wohl erkennbare, dem Gelände ausgezeichnet an- 
gepaßt* Züge vorhanden (Newton History II 1, 
267). Die Teile, die dem Gestade näher Waren, 
hat man im Mittelalter als Baumaterial ver- 



Akropolen unterscheiden zu müssen. Auch die 60 wendet. Durch Türme, deren viele noch in Stock- 



Salmakis und die Zephyrionbefestigung könnten 
als solche in Betracht kommen. Aber in späterer 
Zeit ikamen nur zwei, die Salmakis (Plan nr. II) 
Arrian. a n. I 23, 3) und Zephyrion, Zephyra 
(Plan nr. VUI) in Frage, die bei Arrian. an. I 
23 SxQa *i kw rjy vt}aq> genannt wird (Gronovs 
Andemngsvorschlag unnötig) ; Diodoros, der XVII 
23 von mehreren Akropolen der Stadt H. ge- 



werkshöhe vorhanden sind (schwächster Punkt 
334 v. Chr. ,Tripylon' beim Tor nach Myndos), 
und unmittelbar vor der Belagerung durch Alex- 
andros d. Gr. waren sie auch durch 30 Ellen 
breite, 15 Ellen tiefe Gräben (Arrian. an. I 20, 8) 

geschützt, die Alexandros teilweise ausfüllen ließ, 
'stlieh von der 3tadtmauer ist auf eine ansehn- 
liche Strecke noch ein anderer Mauerzug erhalten, 



i™ ft J • Eln ^ U -? *"?*£• *** S6i Ke Stadt zu 
irgend einer Zeit nach Osten viel ausgedehnter 

Äanssolleion aus der Mitte des 4. Jhdts v Chr 
{nach 351. Cic Tusc III 81. Strab. XIV 969 
Geil, n. a XI 8 : Vitruv. n 8, 14: per median* 

que platea ampla latitudij facta iTZa 



am\r± 



?fl # r: Y ^:F M t n - de Y n «Pect. Paus. VIII stelW Z Ä?.^i os «S an , 8 Uüd ™ r Her- 



?fi tTT?! 4 '? 1 " 1011 - deVnspect. Paus VIII 

1911 OH? 6 "Tri or 5f B s P ectac ^, Anstach 
nLt ™ ß tabula ' Bis auf den hmtigen Tuff 
nennt man großartige Grabmäler Mausoleen Es 
wird genannt (Nachweise bei Schott): m^ Jhdt 
n. Chr. (Gregor. Naz. epigr. 57), im 10 (Const 

anecd. I 286) im 12. (Eustath. H. XXIII 12981 

L i.! 1 "?* das Mau ssolleion aus. Dann 
war noch bis ms 15. nachchristliche Jhdt da 

™d LT me K T ^ ma ( = Tersohanzmig) nannte 
Wn W SS01 T ^ enteils verschüttet war 
dessen JSame erhalten Coriolano Cippico 269 
PYYiv, (Jomaschek S.-Ber. Akad. Wien 

SS + W Ö} ' Die Stätte des " ach 335 V Chr 
Richteten Bauwerks war bis auf Newton TisS 



Vitruv. II 8,11. Plin. n. h. XXXV 172 XXYVT 

47 an. Ziegelsteinen gebaut und mit StuS und 

dicht am Hafen und war 80 angelegt, daß MW 
soüos 6 men Überblick nach We&»?Z 
und die daneben befindlichen Tempel u^d fach 
Süden i über den Hafen hatte. Infolge dTr lefch 

fcS™ 8 V Ukti ° n *? eS öeMlldes ™den dessen 
Baumaterialien zur Auffüllung des Grabens auf 
dem Isthmos zu VTTT <w p! * ..^ aDens aut 



2265 



Htüikobastagon 



Halürius 



2266 



qo4» r rT *■ ' ■"• ö-amiiion Asia inin TI A^ «± jj. • j Tt ' aw«wce.uiijiien reii 

32ff. luid Boß) Stellen gesucht word en a™;^/)^ ?V\? er Nähe der Q uelle Salmakis 
manchen schon an dem ? richtig oi' vp™,S2 3 °P em « Eeste: Newton History II i 273f Ares 
worden, s. di, „r^iS 6 ! V rt Tautet tempel, gesucht von Rnß T^iL. n 1-f^ . eS 



Stellung des S^^jSSuT^S 

I e t a em tl S 3o7 8 " ?*& , Etwas "oduTZ 
einem MnL v SChe S ^ len in einer Eeih e mit 

Jjouiiier Voyage Pittorcsque I pl. 99—101 
Newton Historj II 1, 276 Am Fuß der öst 

geÄ Ue , r d6S *™»M*™ wmde dS Int hri£ 
gefunden, die Yon einer Weihung einer Stoa- 
^o^ W ßaadj moX bricht New: 

ton HlStorj nrmnv.,1 ..... O .... .i l S , > 

einem Ecks - 

Ll lh Tf tU T r: ^^itetempel, Hermestempel 
(vgl Bemerkung zu a^^od/««, ^rf, [R a P t . 
geber Bull inst. Arch. Rom. 1839, 182] von 
Newton His orj II 1, 274i Mythos Von HerT 

dir Ä ^ ? V ' ^t 8 ' W im süd westlichen Teil 



manchen .7C j S««cai: woraon, aber von 

Trden , J ? ™ de ™ nchtig™ Ort vermutet 
Boß ^J' k u ^™ htf ertigte Polemik des I, 

iJln^SL W A^ eism ^ 39 ' Arcllitekten 
waren featyros und Pitheus (Vitruv. VII 12) Die 
Bildhauerarbeiten stammten von Brvaxis C 

Soff r7 30 ^ °verbeck Gt. Plastik II 60fF 

T H„> P^t?" ^" Ber - ^d- Manch. 1882 114ff 

TnnJS 6 ' - n T bau ' der H. ein msQov (Peristvli ^A\\^ mn ^ tj ■ "T ™ -'»f 1 ^ «twas 

«n 2p jomschen Säulen trug, übe? dem P S ^40 Ä« d?r '7 , Bu "? on , rtat *J des byzantinischen 

von ^t^ Cdlafrie«* HI. eine Pyramid^ ,f f£ "^/^.^M«;«, Newton Histoiy n 

S, ^ tufen ' "■ ein Kedestal, V. auf der W,Vn PYYYTr Is ? ^ nd Sera P ls ' S '- ßer - A ^ad. 

iss\ £i « + Y / dner Journ - hel1 - s *ud. xni 

liehen W tat ? e , deS Mauss °U^ mit einem gött- 
ÄÄSf TOn P ^hios. Nach Plfnius 

bots 63 luß (= 19! 2 ]n) eine ri L 

Ztt^n Ä °-Ä» ^ Westen, A! 



tempel, gesucht von Kofi Brisen IV 3bf. in dem 
nordwestlichen Winkel der Stadtmauer NeT 

lZ?f°? U }' 268 Sagt ' die ^damente (neben 
einer Zisterne) seien nicht die eines Tempels 
sondern eher emes Wachtturms. Nach ihm stand 

^d^JHV*^ Üb6r dem Ma ^^Ueion 
und nordwestlich von der dorischen Stoa : s S 81 lff 

SS Gr ? e ^ ter Und d6r ^raephone" etwas 



A h i^ t'n- r lun ~> Aine na-, Parthenos- 
Jl Arten »sheihgtum: Michel Becueil nr. 835. 

ninoflTz « de rV Art - Hekatai e und die Vereh- 
rung des Ä W ffare^off. Terrasse: etwa in 
Mitte des antiken Stadtraums noch Osten u 
au Jt^: T h .^ e c ^n S tliche Terrasse 
S-iiiSin - e {! ^f f ne Saulenh alle oder ein 
^Z$™IJ" vr£™Ä en , hat Zephyrion, 



ÖC ,v v } / t, Xlalen - auf dem 14 t)4 n. 
Chr. die Burg der Johanniter gebaut wurde, war 

worden Zur Zeit des Alexandros d. Gr ist es 
noch nicht landfest gewesen (CIG 2656, 26) da 

u -v -■ .euer { ivzo) m Kärchers TT^Tr T d ^ , Hafen f ossa f aGta V*™- 

awidzeichnnnffln, Karlsruhe IV p IVin Qu a an 8 T U ^™ erkt ^ Osten fährt und da Arrian. 
tremere de Quinev ttXM\ V™»; i -n™ 5. , n n " : 2a da7on spneht, daß ein Teil der B«at 
Archeol. Hirt ; Ges^ i ^L^.? 6 _? 1 ^; 60 ^,334 sich nach Sahnakis und nach 4 „fiS« 




Archen! " TTi^r- ^ r??^ ^ ssai dc ^issert. 

nl XYY i? 1 !? G ? SCh " d * Ba «tunst Atl. pl. X 14 

™ \f- Canma (1840) Archit. Antica II tay 

Ix>ndou g iRfi ? rl M^^um at H. restored, 
Hambg ^ u C a hr -^ eter ? en D " Mausoleum 
ton Httory II 1* M#° p 'i ? f toa ™ d New * 



W *» Tf) v^ooy gerettet habe. Der Vorschlag 

Shr "r 8 '- 8 ?** dißSer Worte T ^ r ^fl««fc^o«rS 
schreiben ist unnötig und scheint auf einem un- 

ÄÄ ff ™* Arkonnesos zu beruhen; denn 
das i Eiland 4&™?«k jetzt Oräk Ada) üegt 
nicht innerhalb der Stadt, sondern ist 5 km da™ 
entfernt. Beschreibung des Felsvorsprnngs mw. 
U an ' [BurchnerJ 



HftlffcobastfigOll (t<1 'Mtxoßdarayov = Meer- 
saline, ey'%<oQia>$ imÄeyoftSvij), alter Weg anMeeres- 
salinen und Fischteich bei Smyrna im antuen 
lonien, im Gebiet des Klosters x<äv Aifißmv bei 
Smyrna, genannt bei einer Grenzbeschreibung. 
Acta et Diplom, ed, Miklosich und Müller IV 
lOf. Vgl. Tomas chek S.-Ber. Akad. WienLXXIV 
vni 28. [Bürchner.J 

Halikyui ('AAtitvat Steph. Byz. s, v. = Theo- 
pomp, frg. 328 Grenfell-Hunt. Diod. XIV 48 , 4 
fbergestellt von Gronovius, äyxvgai die Hss.]. 
'AZutvaToi Thuc. Vn 32, 1. Diod. XIV 54, 2. 55. 
7. XXII 10, 2. XXIII 5. Steph. Byz. s. v.; 
. . . KYAIOI2 eine attische Ins chr. beiitoehler 
Athen. Mitt. 1879, 30f. Halieyemis Cic. II. Verr. 
III 13. 91. V 15. Plin. III 91), eine kleine Stadt 
Siciliens, wird seit C luv er gewöhnlich mit dem 
modernen Salemi, etwa 33 km östlich von Lily- 
baion, identifiziert mit Hinweis darauf, daß beide 
Namen auf ,Salz f deuten. Mit Kecht betont Bc- 
loch Herrn. XXVIII 631. daß dieser Ansatz auf 
sehr schwachen Füßen ruht. In der Gegend von 
Salemi muß die Stadt allerdings gesucht werden , 
da sie nach Angabe des Steph. Byz. s. v. zwischen 
Lilybaion und Entella lag. Da bei Thuc. VII 32, 1 
— wo allerdings nicht ganz unbegründete Zweifel 
gegen die Richtigkeit der Überlieferung des 
Namens erhoben worden sind, da H. in einem 
Atem mit dem ostsicilischen Eentoripe genannt 
wird; man hat auch an zwei Städte des Namens 
H. gedacht — die Halikyaier zu den Sikelern ge- 
rechnet, bei Diod. XIV 48, 4 und 55, 7 den Si- 
kanern entgegengestellt werden, so ist wohl dar- 
an festzuhalten, daß H eine sikelische Stadt 
war, und der Versuch Holms (I 61; Freeman- 
Lupus 1 103. 502 stimmt bei), sie für die Sikaner 
zu vindizieren, muß ebenso abgewiesen werden 
wie Ungers These (Piniol. XXXV 210ff.), H. sei 
eine Elymerstadt gewesen. Auf dem hypothe- 
tischen Boden der Frage nach der vorgriechischen 
Besiedlung SiciUens ist Achtung vot der Über- 
lieferung das erste Gesetz. Die wenigen uns er- 
haltenen Notizen aus der Geschichte von H. 
erweisen sie als Kleinstadt , die, für gewöhnlich 
gemäß ihrer Lage in der Einflußsphäre Karthagos 
stehend, jedem Eroberer ihre Tore öffnen muß. 
Welche Bolle H. in den westfälischen Wirren 
um die Mitte des 5. Jhdts. gespielt hat, ist leider 
bei dem trümmerhaften Zustande der oben zitierten 
attischen Inschrift unmöglich mit irgend welcher 
Sicherheit zu eruieren, vgl. Freeman-Lnpus 
II 513—518. Im Kriege zwischen Syrakus und 
Athen steht H. gleich den andern Sik eiergemein- 
den zu Syrakus (Thuc. VII 32, 1). Im Feldzug 
des Dionysios gegen Motye vom J. 397 gehört 
es anfänglich zu den wenigen Städten, die den 
Karthagern treu bleiben (Diod. XIV 48, 4) und 
wechselt dann zweimal die Farbe (Diod. XIV 54. 
2. 55, 7). Von Pyrrhos wird H. 278/7 (Diod. XXTT 
10, 2), von den Kömern 263 (XXIII 5) gewonnen. 
Cicero rechnet H. zu den sine foedere immunes 
etpitates ac liberae (Verr. HI 13) und berichtet , 
daß Verres von den dort ansässigen Fremden durch 
seinen Abgesandten P. Naevius Turpio 15000 
Sesterzen über den Zehnten hinaus erpressen ließ 
(Verr. m 91 j vgl. auch V 15). Plin. TU 91 zählt 
die Haiicuenses zu den stipendiarii. Münzen 
und Inschriften von H. sind bisher nicht bekannt; 



inschriftliche Erwähnungen finden sich außer in 
der oben besprochenen attischen Inschrift bei 
De Kossi Inscr. Christ. I p. 242 nr. 573. p. 407, 
nr. 916. Vgl. Holm Geschichte Siciliens im 
Altert. 161. 358 usw. Freeman-Lupus Gesch. 
SiciUens I 103. H 513ff. usw. [Ziegler.] 

Halikras s. Lykos. 

Halimede CAh-fuqdt] , wohl ,die im Meere 
waltet'), Nereide bei Hesiod. Theog. 255. Apol- 

lOlod. I 2, 7. [Eitrem.] 

Halimetus, erwähnt 699 = 55 von Cic. ad 
Att. TV 12. r piünzer.] 

Halimns (Ahfxovg, Demot. 'Ahfiovoiog), einer der 
kleineren Demen im städtischen Bezirk der Leon- 
tis. Nach Strab. IX 398 war H. dem Phaleron 
benachbart, und daß es am Meere lag, geht aus 
dem Namen hervor. Im Bereich dieses Demos 
nennt Pausanias ein Heiligtum der Demeter Thes- 
mophoros (I 31, 1), das identisch ist mit dem 

20 Demetertempel beim Vorgebirge Kcohdg, s. Hesych. 
KoyhaQ ' San 8k xai Arjfir}tQOQ tegop avrö&i zzolv- 
oxvlov. Von großer Wichtigkeit für die topo- 
graphische Ansctzung von H. ist ferner De- 
mosthenes 1 Angabe , daß es 35 Stadien von 
Athen entfernt war (LVII gegen Eubul. § 10). 
Demnach ist der Demos, wie Milch höf er in 
den Karten von Attika (Text H 1— 4) des näheren 
ausgeführt hat, in der Gegend des Kaps rgsTg 
avqyoi südlich von Georgios zu suchen, das die 

30 phalerische Bucht im Osten abschließt; dieses 
Kap ist die Kcohdg der Alten. Das Vorhanden- 
sein der Salzteiche bei Georgios ist eine Bestä- 
tigung für die Eichtigkeit der topographischen 
Festlegung des Demos H. (vgl. Milchhöfer 
Karten von Attika, Text II 1 — 4 und Abh. 
Akad. Berl. 1892 Anhang S. 23. Lop er Athen. 
Mitt. XVII 3781'.). Die früheren Topographen 
Hannot Recherches sur la topographie des deines 
de l'Attiquc 70f. Ulrichs Reisen H 1C0 und 

40Bursian Geographie von Griechenland I 361 
setzten fälschlich den Demos Phaleron bei Tgetg 
xvgyoi an und waren infolgedessen gezwungen, 
H. weiter nach Süden zu suchen, was sich mit 
Demosthenes' Entfernungsangabe nicht verträgt 
(s. Phaler). Es bleibt noch die Frage zu erörtern, 
ob H. zum Stadtbezirk oder zur Paralia ge- 
rechnet werden muß. Nun steht fest, daß zur 
Küstentrittys der Leontis die Demen Sunion, 
Potamae, Deiradiotai und Phrearrioi gehören, die 

50 sämtlich im Süden der Halbinsel liegen. Des- 
halb ist es wenig wahrscheinlich, daß H. zum 
Küstenbezirk zu rechnen ist, denn es würde eine 
vollkommene Enklave bilden. Dagegen sprechen 
die von Lop er Athen. Mitt. XVII 389ff. zu- 
sammengestellten Demen- uud Prytanenverzeich- 
nisse sehr entschieden für die Zuweisung von 
H. zum Stadtbezirke. Löper hat nämlich er- 
kannt, daß die Deinen nach ihrer lokalen Zu- 
sammengehörigkeit aufgeführt werden, wenn es 

60 auch vielleicht zu viel behauptet ist, daß in dem 
Prytanenverzeichnis IG LT 864 jede der drei Ko- 
lumnen je eine eine Trittys repräsentiert. Da 
nun IG II 864 und 991 H. neben anderen Demen 
mit dem städtischen 2xa[ißovidai vereinigt ist, so 
hat Löper den zutreffenden Schluß gezogen, daß 
es gleichfalls zum Stadtbezirk zu rechnen ist (vgl. 
a. a. O. 378—392. Milchhöfer, der Abh. Akad. 
Berl. 1892, 19 H, als Enklave des Küstenbezirkes 



bezeichnete, hat Athen. Mitt. XVHI 294ff. seine 
Ansicht zu Gunsten von Löpers Vorschlag ge- 
ändert, v. Wilamowitz Aristo! und Athen II 
156. Kirchner Prosop.Att.H 507). [Kolbe 1 
Haiion s. Alion. " J 

Halios. 1) Halios, Sohn des AUdnoos in der 
Odyssee VIII 119. 370. 

2) Halios, ein Lykier der Ilias in einer län- 
geren Namenliste V 678. Die dort Aufgezählten 



Äaurrnotmos 



2268 



werden Ton Odysseus getötet. (AuVdtr S w rd 10 07 tÄ^° yiQfm * P' * 538 ' 556 ' XX 
der Name zitiert: Ovid. met^Xm ^8 feZr ™ ^£L?° ^JT¥ sein ™*' ?«: 



der Name zitiert: Ovid. met. XIII 258, ferner 
Tzetz. Hom. 98). - Der Name, der immer an der- 
selben \ersstelle steht - "AXcog ze und 'Aktiv » 
im dritten Fuß'— ist in der Odyssee einer der 
auf Meer und Schiffahrt bezüglichen Phaiaken- 
namen, in der Ilias ist er ganz" farblos. 

3) Halios Geron (AXiog ysgcov). Nach Dio- 
nysios Byz. p. 20 (Wescher) Kultname eines Meer- 
gottes, der bei Byzanz auf einer Höhe am Bos- 

"imnia Bin TTail-;»^.-« t o -i^ -. . . 



des Herakles und Kyknos als (menschlich gebil- 

Berlin 1732, Gerhard AuserL Vas. 122f. Schließ- 

Jf r?lf SlCh d 5 e Bezeicn ™g Halios Geron bei 
den Dichtern und zwar bei Homer (immer äXtoto 
reeovrog als Versschluß) für Proteus Od. IV 365, für 
Phorkys Od. XHI 96. 345. Ferner heißen die ÜeZ 
madcnen xovgai aXhto ySgorzog Od. XXIV 58 und 
nTnJfS r4>www IL I 538. 556. XX 



porus ein Heiligtum besaß. Der ^^^20^^"^!^"^^' ^ 
dene Staatskult war auf Grund einer Träumer- mert SL T.TJS" K^Ll* %*, s ^ 



i rü j i 8 " um "c»<ijj. x/er uamn verbun- 
dene fetaatskult war auf Grund einer Traumer- 
schemung eingerichtet worden. Halios Geron 
wurde von den einen mit Nereus, von andern mit 
Ihorkys oder mit Proteus identifiziert, während 
wieder andere ihn für den Vater der Semistra er- 
klärten, einer byzantinischen Nymphe, die die 
Amme der Keroessa, der Tochter der lo, gewesen 
ist (Dion Byz. p. 12). Nach einigen habe er dem 
lason und den Argonauten den Weg gewiesen und 



_„_, . 1V , ±MMai . l geneigt sein wira, sse- 
reus zu verstehen, obgleich dessen Name bei 
Homer gar nicht und JV TO ,ö* nur im Anfang von 
IL XV in vorkommt. Bei Hesiod hat Nereuf den 
Zusatz ov r ao xaXSovot yc 9 ovxa (Theog. 234), und 
die Meermädchen sind N m f P g XO vga t dXiolo y£- 
90VTOS ijheog. 1003). Pindar Pyth. IX 94 zi- 
tiert ein Wort des äXtog yi^v (in dem die Schol. 
den Nereus sehen) : xeXvog alvslv xai xbv ir&o6y 
Tiavxi & V ßa>i ouv xs dixat xaXä q^ovx' IW«r 

Uno TTiTüTid n™«™ -17 * n t. ^ ' 



„;„ a T -, V ö - cu " cg g« wiesen una Antü 

sie durch die Enge geführt ,Aavxi a xov ßdvxecog 30 kiese, 

(der sonst linlmVanTif d/.T.^«+\ ' ' t 



(der sonst unbekannt scheint) xb ysvog ÖW In 
Gythion m Lakonien wurde ein Ge T on verehrt 
ein Meergott, den man mit Nereus gleichsetzte 
( i £ J>? ? 1 ' TT 8) " Schließlich wurde nach Schol. 
Apoll. Rhod. n 767 .bei den Iberern', d. h. in 
einer griechischen Kolonie Spaniens ein Geron 
verehrt, den man mit Glaukos identifizierte. Es 
gab dort eine riavxov äxga, die, wie der Ver- 
gleich mit Arten, ora marit. 263f. Gerontis arx 

Ipnrr TimT-il nTiA^. ^.z~ ~ rr' v ,-^ T 



, °r~. --— " ^]j VB . autii uii i^pos senim- 

raert mithin die ursprüngliche Selbständigkeit des 
Namens Halios Geron durch. (Den yücov in On- 
chestos im Hain des Poseidon, der im Homeri- 
schen Hermeshymnos 187ff. dem Apollon Aus- 
t? ^ bt ' i^ ü ^eaer bei Furtwängler Bronze- 
funde 97 mit der Gestalt des Halios Geron gleich- 
gesetzt. Das bleibt unsicher.) 
. *) 5f llos ^ Posoid on (AXtov dk TQiatmr) steht 
Anth. Plan. 214, poetisch, nicht als echte Epi- 



^^KeUrWer^ ^»M heißt der Teil derat- 

Götterlehre III 158; U. keLtoi^^^J^''^ ÄfS«^ ^ 



Götterlehre III 158; rgl Meineke Anal. Alex 
f.V' v*nn De Menelai itinere 19). Diese 
drei Zeugnisse lehren, daß (Halios) Geron wirk- 
lich Eigenname war, und beweisen, daß die an- 
tiken und modernen Identifikationen dieser gött- 
lichen Gestalt mit irgend einem andern Meer«*ott 

iü 1 rf?- B >, Gaedechens ' GIaukos tJ« Meeresgott, 
190 den Geron m Gythion = Glaukos setzt) falsch 
sind; vgl. v. Duhn a. O. Der Name Halios 



,. „.. , . , [P. Frieuländer.l 

9) Aliog dorisch — "Hho$. 

Haliotropios {Ah(n 9 6mo$) , Monat in Epi- 
damnos, Kern Inschriften von Magnesia a M 
46 und doch wohl auch in Apollonia in Illyrien 
trotz des bei Kern a. a. O. 45 überlieferten 
Halotropios. Der H. ist Monat der Sonnenwende 
und wahrscheinlich der der Sommersonnenwende. 
„ ,. „ [Bischoff.l 
Hahpedon (AXtxeöov) heißt der Teil der at- 
ihen EberiR rl*>r ci^"h 4,^ ,,„,v,:ü ä it- * 



M«h : Bronzen von Olympia Taf.XXXIX „. 699 : JL»?^'*T?± ^. J°J , ?? ra I >lus „ ch .5 ^ 



blech: Bronzen von Olympia Taf. XXXIX nr 699- 
vgl dazu Furtwängler Bronzefunde v. Olvmpia 
(Abb Akad Berl. 1879) 96: Herakles kämpft mit 
dem fisehleibigen Ungeheuer, das auf attischen 
Vasen gewöhnlich Triton geoannt wird. Merk- 
würdig an dieser DarsteUung ist. daß Halios Ge- 
ron hier die /eichen der Verwandlung (in Schlange 
und Feuer) hat. Denn diese Verwandlung sieht 
man sonst nur bei dem Kampf des Herakles mit 
dem "mpTiachli/f'h f»/in+^i+^i -kt r r. 



— ~ > --- "*^" im uuuiittciuaren An- 

scauiß an den xüi<po; h^v im Norden des Piraeus 
westlich der langen Mauern erstreckt. Bei Hesych. 
s. y.: 'Alfasddv Tiveg rov Ueigaia (paatv. sou Si 
xai xotvojg xÖtio^ Sg nälm fikv f)v Mlazza, av&tg 
ds xsöiov iyi-vEio finden wir eine Erinnerung 
an die Tatsache, daß dieses Gebiet ursprünglich 
vom Meer bedeckt gewesen war. Hieraus ist 
der stellenweise sumpfartige Charakter der salz- 
üaltigen Ebene zu erklären (Xen. hell. II 4 34 



^-s^^^^JT^-^SS^^ 



und rhetis), wahrend die attischen Tritonvasen 

R^TT^^Ä Zeigen " Jenes a ^haische 
Bronzeblech ako gibt diese beiden Sagen gleich- 
sam noch undifferenziert, und dazu paßt dir un- 

sebers Myth. Lei. I 2192f.; Philol. Untersuch. 
aia a». ferner kommt Halios G«ron beim Kampf 



„ -, — „ „ V .. 1JS/ . ^u, w^u^iapniscue Ein- 
setzung ist zuerst von Milchhöfer auf Grund 
des Xenophontischen Berichtes über den Gang 
des Treffens zwischen König Pausanias und 
fhrasybulos (hell. II 4, 30ff. zum J. 403) richtig 
bestimmt worden (Karten von Attika Text I 36? 
gegen Leake Topographie v. Athen 277f. und 
Bursian Geogr. Griechenlands I 264, die auch 
die Halmyns (s. d.) genannte Osthälfte der Ebene 
zum H. rechneten). Literatur bei Judeich To- 



Halirrhothios. 1) Sohn des Poseidon, athe- 
nische Sagengestalt. Für H. gibt es zwei Tra- 
ditionen, Stiftungslegenden des Blutgerichts auf 
dem Areopag. Für die erste Tradition tritt als 
ältester Zeuge Hellauikos iv ä CAz&£6og\ ein, 
frg. 69, FHG I 54 aus Suidas. Etym M. Svra- 
7fm tefrw ZQtioifiw [Bekker Anecd. 444] s. 
Aeetoe xayog. Da die Tradition im wesentlieW 



2üey 



Maürrnotnios 



naniaia 



£C&i\S 



einheitlich ist, so darf man wohl auch die Einzel- tbv nara Kixgoxa Aristodem in SchoL Find. OL 

rieiten, die für Hellanikos nicht bezeugt sind, X 83 b), im Marmor Parium ist er in Kranaoa 

schon bei ihm voraussetzen. Er kommt noch ein- Regierung hinabgeschoben (vgl. Jacoby Marm. 

mal auf die Sage zurück, als er von dem Prozeß Par. 137). 

des Orest spricht, frg. 82 = SchoL Eurip. Or. In der zweiten Tradition will H. aus Zorn, 
1648 Philochoros im zweiten Buch der Attliis daß sein Vater Poseidon durch Athene besiegt 
(Steph. Byz. s. 'Agetog uidyog) stimmt mit Hella- worden ist, deren heiligen Ölbaum umhauen. Da- 
nikos wörtlich überein. Euripides deutet zwei- bei schlägt er sich selbst mit der Axt und stirbt 
mal (El. 1^68; Iph. Taur. 945) auf die Geschichte (SchoL Aristoph. Nub. 1005. SchoL Aristeid.), 
als etwas Bekanntes hin, und ebenso ist sie den 10 oder das Eisen springt vom Stiel und schlägt ihm 
Kednern (Demosth. XXIII 66. Deinarch. I 87. den Kopf ab (Serv. Georg. I 18). Der Name 
Als Tones der Bede: Aischinesbrief 11, 8; alle- ftoQiai wird ojtö (x,öqov xai rov <povov xov 'AXtg- 
mal in sehr ähnlicher Formulierung. Aristeides qo&iov erklärt (Schol. Aristeid. Suid. Phot. s. po- 
Panathen. XIII 170 D. [Liban. IV 402 B. kann Qtai, ausgeschrieben bei Apostol. XI 75). Po- 
len nicht identifizieren]) wie den Mythographen seidon klagt den Ares als Herrn des Eisens an 
und Grammatikern (Apoll, bibl. II i' 180. Paus. (Schol. Aristeid.). Diese zweite Tradition ist zwar 
I 21, 4. 28, 5. Agallis r) Ks^xvgata im SchoL auch lokal gebunden, durch die heilige Olive im 
BT IL XVIII 483. 490. Schol. Pind. Ol. X 83. Pandroseion, scheint aber künstlicher als die erste 
SchoL Aristeid. III 64 ü. Etvm. M. s. /uoptav. Serv. und wohl später zu sein. Man wird bei ihr daran 
Georg. I 18. Schol. Iuven.'lX 101), den Chrono- 20 zu denken haben, daß dem Areopag die Beauf- 
graphen (Marmor Parium ep. 3. Euseb. Abr. 509) sichtigung der heiligen Oliven (fioglai) zustand, 
und anderen Autoren (Lukian. jt. ogy.. 39) ge- und daß das Abhauen eines dieser Bäume der 
läufig. Die Stellen sind zusammengebracht und rQ a< PV aoeßeias unterlag (Philipp i Areopag und 
geordnet bei Jacoby MarmoT Parium 29. Zur Epheten 155f.). Aber man begreift nicht recht, 
Genesis der Sage vgl. v. Wilamowitz Isyllos wie Ares rechtlich hier hineingezogen werden 
IGQif. " konnte; höchstens hätte doch das Beil im IIqv- 
H. ist Sohn des Poseidon und der Nymphe xavslcoi verklagt werden können (nach Demosth. 
Euryte. (Nur Schol. Pind. nennt Bathykleia, in Aristokr. § 76, Harpokr. s. em IlgvzavEicoi). 
was auf eine abweichende dichterische Behand- 2) Halirrhotios der Arkader. Pind. OL X 70 
lung zu deuten scheint; doch ist die Beziehung 30 wird unter den Siegern im ersten olympischen 
auf den Athener H. nicht ganz sicher, vgl. Schluß Agon genannt : dv innotoi de xh^aaiv anb Mav- 
dieses Artikels!). Er tat der Alkippe, der Tochter nvmg Sä^og cökigo&iov (so Boeckh). Die ver- 
des Ares und der Kekropstochter Agraulos, Ge- schiedenen Lesungen und Interpretationsversuche 
walt an und wird dafür von Ares getötet (Hei- s. in den Scholien. Daß der Athener H. geineint 
lanikos, Apollodoros, Pausanias usw.), mit einem sei, wird abgelehnt mit der Begründung, die Chro- 
Beile nach Etym. M. s. noQiav. Am ausführlich- nologie stimme nicht (Aristodem.). Ein Scholion 
sten ist Schol. Aristeid.: Als sie Wasser holen sagt 'AXiqq6&io$ Mavzivevg 6fMovv(tog z<ot 'Ajhj- 
geht, versucht er es zum erstenmal. Darauf klagt vaion 8g r\v llooudävog xai Ba&vxXeias, wo nicht 
sie es dem Vater. Der schickt sie abermals Wasser ganz sicher ist, ob man die Genealogie auf den 
holen und paßt auf, so daß er den H. auf frischer 40 Athener beziehen soll. Ein anderes Scholion gibt 
Tat ertappt und tötet. Das genaue Lokal gibt die Schreibung 2rjqog 'MiqqoMov, belegt den Se- 
Pausanias I 21, 4: die Quelle ist die im Askle- ros aus Hesiod (frg. 106) und nennt ihn (aus 
pieion am Südabhang der Akropolis entspringende Hesiod?) einen Sohn des H., der ein Sohn des 
(vgl. Athen. Mitt. II 1877, 183L 253ff. XXI 1896, Perieres und der Alkyone ist. Didymos erklärte 
Sllff. Girard L'Asclepieion 11). v. Sybel H. an dieser Stelle für einen Beinamen des Po- 
Athen. Mitt. X 1885, 97 hat ohne Grund vermutet, seidon, ohne aber, wie es scheint, einen wirk- 
Alkippe sei der ursprüngliche Name dieser Quelle liehen Beleg zu haben. [P. Friedländer.] 
gewesen). Damit erhält die Geschichte ihre scharfe HftlJsarmi (>J 'Miaagra; der Bildung und viel- 
und offenbar echte örtliche Fixierung. Oben auf leicht der Bedeutung nach verwandt mit Haia- 
der Burg ist beim Erechtheion das Kekropion und 50 sarna , s. d. 1) Städtchen im kleinasiatischen 
das Heiligtum der Pandrosos (Judeich Topogr. Mysien (in der Troas), Xenoph. an. VII 8, 17; 
v. Athen 251 f.), das Heiligtum ihrer Schwester h. gr. III 1, 6. Die Nachkommen des verbann- 
Aglauros wird unter dem nördlichen Steilabfall ten Spartiatenkönigs Demaratos, dem von Darcios 
gesucht (Judeich 272) : am Südabhang die Quelle; H. (nebst Pergamon , Teuthrania und Gambrion 
nordwestlich vom Burgabhang der Areshügel, auf [s. o. Bd. IV S. 2030]) geschenkt worden war, 
dem nun der Rest der Sage vor sich geht. Po- blieben lange in diesem Gebiet (Paus. ITI 1, 8) 
seidon verklagt den Ares wegen der Bluttat an und schlössen sich an Thibron an. 
seinem Sohn, und die Götter sitzen zu Gericht. 2) 'AXtaagva (codd. Strab.XIV 657), Örtchen 
Das ist die Einsetzung des Blutgerichts auf dem d. h. wohl Demos auf der Insel Kos ; inschrift- 
Areopag, bei dem die Blutsverwandten des Ge- 60 lieh ist der Name 'Maaaova bezeugt, und wohl 
töteten (Poseidon !) die Pflicht der Anklage haben. auch so an der Stelle zu schreiben ; vgl. den Art. 
und mit dieser Einsetzung gleichzeitig ist dessen Halasarna. [Bürchner.] 
Benennung (Euseb. Abr. 509 'Agsiog xäyog ixlrjfiij Halitaia (17 'Mtxaia Paus. VII 5, 10: Valcke- 
xai Sixaar^Qtor xaxsazrj). Die Bezeichnung na- naer schlug AXmea vor, nach Etym. M. 60, 47 
yog wurde auch erklärt Stä xbv "Agea kxti nr\- 'AXtatijs Urjyi) iv 'Etpiotp; Pape-ßenseler ver- 
iavza zb 86qv (Hellanikos. SchoL Aristeid.). Die muten, daß 'AXizaia zu schreiben ist. Vgl. Hamil- 
Chronographen setzen den Vorgang unter Kekrops ton Asia min. II 25), war Stadtquelle in Ephesos; 
(Abraham 509 = Kekrops 49 : Euseb. ; AXtQQA&tov b. o. Bd. V S. 2802. [Bürchner.] 



Ü/I 



nainnerses 



naiiiisaa 



zs r& 



Hallthftrges. 1) Asios von Samoa (bei Paus. 
Vil 4, 1) zählt unter den Söhnen des Ankaios 
von Samos und der Samia, der Tochter des Fluß- 
gottes Maiandros, einen EL auf, von dem wir sonst 
nichts wissen. 

2) Halitherses ist in der Odyssee ein Itha- 
kesier. Er heißt Maozogiörjg (II 158), Sohn eines 
Mastor (Mao-zogidyg an gleicher Versstelle II. XY 
438). Er versteht sich auf Vogemug (Od. II 158ff.). 
Als Odysseus nach Troia zog, hat eT ihm die Rück- 
kehr nach 20 Jahren vorausgessagt (Od. II 171ff.). 
Den Freiern deutet er ein Vogelzeichen auf hal- 
dige Heimkehr des Odysseus und warnt sie (Od. II 
164ff.). Mit Mentor gehört er zu den väterlichen 
Freunden Telemachs (Od. II 253, darnach XVII 68). 
Zuletzt tritt H. Od. XXIV 451 mit einer Ansprache 
an die Ithakesier auf gerade wie in Od. LT, ja er 
"beruft sich auf diese frühere Eede. Ersichtlich ist 
dieser H. vom Dichter der Telemachie erfunden 
worden. 

3) Ein Halitherses stand in dem argivischen 
Weihgeschenk zu Delphi, das die argivischen 
Heerführer gegen Theben darstellte, neben dem 
Wagen des Amphiaraos (Paus. X 10, 3). Die 
Liste der Heerführer ist die abgeänderte der The- 
bais (Bethe Thehan. Heldenlieder 110, 3. Pomp- 
tow Klio Vni 1908, 1951 321ff.), nur daß Adrast 
als Kämpfer zählt und Parthenopaios als Nicht- 
Argiver fortgelassen ist. H. gehört sonst nie zu 
den Helden. Nun kommt aber auf der korinthi- 
schen Amphora (Berlin 1655) mit dem Auszug 
des Amphiaraos ein Halimedes vor, also in ganz 
ähnlicher Verknüpfung wie H. in Delphi. Dar- 
aus hat man auf die Identität der beiden Ge- 
stalten geschlossen (Eobert Herrn. XXV 1890, 
412. Pomptow a. a. O.), sei es, daß hier oder 
dort ein Irrtum, sei es, daß eine Variante in der 
Namensform vorliege. Völlig sicher ist die Iden- 
tifikation nicht, sie führt auch zunächst nicht 
weiter. [P. Friedländer.] 

Halityrns, ein jüdischer Schauspieler, der bei 
Nero und Poppaea Sabina in Gunst stand. Er 
gewährte dem Josephus, als dieser nach Eom 
reiste, um sich einiger von dem Procurator (An- 
tonius) Felix verhafteter jüdischer Priester anzu- 
nehmen, in Puteoli Gastfreundschaft und ver- 
schaffte ihm bei Poppaea Sabina die Erfüllung 
seiner Bitte , Joseph, vit. 16 , im J. 63 n. Chr. 
(vgl. vit. 5. 13). [Stein.] 

Hali (i SS a ( e A/.tovaaa Paus. II 34, 8; 'AXiovoa 
codd.), eine Insel an der Küste der Hermionis ; 
ihre Identifizierung wird erschwert durch die 
Verwirrung, dieinPausanias' Darstellung herrscht. 
Pausanias erreicht 34, 6 von Trozen kommend 
nicht weit östlich von Hermione das Meer, er- 
wähnt das im äußersten Osten der Halbinsel 
gelegene Kap Skyllaion und läßt nun eine Reihe 
von Inseln und Vorgebirgen folgen, die zwischen 
Skyllaion und Hermione liegen sollen, tatsächlich 
aber zwischen der Stadt und einem weiter west- 
lich gelegenen Punkte in west-Östlicher Abfolge 
liegen (Heberdey 46). Die Verwirrung hat 
Schell erkannt, dann Bursian besprochen; 
endlich hat Lolling durch Vergleichung der 
Pausaniasstelle mit den wirklichen Verhältnissen 
die^ Sachlage im wesentlichen geklärt Die lite- 
rarische Seite der Frage iat vielfach erörtert, die to- 
pographi*che hat nur noch Miliarakis be- 



handelt (vgl. die Karte zum Artikel Hali eis). 
Geht man von dem Endpunkt iler Route bei 
Pausanias aus, so ist die dxtjy ml Uooefötov die 
Landzunge Bistis, der atyuzXdg ftt}voei6^g die 
Bucht Hag. Anargyri, Hydrea = Hydra, Apero- 
pia = Dokös, Buporthmos = Kap Musäki, Tri- 
krana = Trikeri, Kolyergia = Kap Milianös (auf 
der französischen Karte fälschlich Mylonas, Lol- 
ling 108), Aristera = Spetsopüla, das auch Ra- 

lOsteri genannt wird (Miliarakis 255) oder Ara- 
steri (Lolling 112), Pityussa = Spetsai (die 
ältere Form Petsai, Miliarakis 256t). Es folgt 
die Insel H. ; es scheint das nächstliegende, 
in ihr die Insel Chinitsa zu erkennen, die süd- 
lich vor der Einfahrt in den Hafen von Cheü 
liegt. Lolling (111) hielt sie offenbar für zu 
unbedeutend; deshalb erklärt er: die Halb- 
insel westlich von Cheli, , welche jetzt durch 
den Salzsee von Ververonda sowie einen schmalen 

20 nur aus Humus bestehenden niedrigen Isthmus 
mit dem Lande zusammenhängt, bildete eine 
Insel und ist H.' (ebenso Heberdey auf seiner 
Karte und Hitzig-Blümner). Ob die beiden 
Isthmen wirklich so jungen Ursprungs sein kön- 
nen, darüber gewinnt man auch aus Philipp - 
sons knapper Bemerkung (Pelop. 50) keine Ge- 
wißheit. Die englischen Seekarten zeigen zwi- 
schen Cheli und dem Salzsee Erhebungen, die 
für Dünenbildungen zu beträchtlich sind. Nun 

30 paßt aber die Charakteristik, die Pausanias von 
H. gibt, ausgezeichnet auf Chinitsa: naQsysrat öh 
avtrj lifih'a ivoQfzioaö&at vavotv Ijztzrf^stov. Nach 
der englischen Seekarte 1502 besteht die Insel 
aus zwei Flügeln, die durch einen kurzen, schma- 
len Isthmos verbunden sind; so entstehen zwei 
kleine Häfen; der nördliche ist etwa 60 m breit 
und greift 100 m tief ins Land ein. Bei süd- 
lichen Winden mochte es den Küstenfahrern 
allerdings willkommen sein, hier Schutz zu 

40 finden (ivoQ/j.ioao&at). Lollings Erklärung: ,Der 
bequeme Hafen bei H. ist Porto Cheli' istr sprach- 
lich und sachlich unmöglich. Ein etymologischer 
Zusammenhang zwischen dem Namen der Insel 
und dem Namen der Stadt Halieis (s. d.) t die 
mit großer Wahrscheinlichkeit an dem Hafen 
von Cheli gelegen hat, ist jedenfalls nicht her- 
zustellen (s. Dittenb erger Herrn. XLII 5, 1). 
Ist also H. die Insel Chinitsa, so ist das Vorge- 
birge Bukephala = Kap Korakiä, und Kap Thynni 

50 ist das (westliche) Vorgebirge Skyllaion. Schon 
Heberdey (48) sah sich zu dem Schluß ge- 
drängt, daß ein Vorgebirge im Westen ,durch 
Namensähnlichkeit (oder Gleichheit?) Anlaß zu 
der Verwechslung mit dem Sky Ilaion gab'. Vor- 
sichtiger wird man sagen, daß es Periploi gab, 
die das Skyllaion falsch auf die Westseite von 
Hermione verlegten; von zwei Vorgebirgen des 
Namens ist nirgends die Hede. Artemidor. bei 
Strab. VIII 368: 6 fikv (6 'AgyoXtxog xölnog) 

60 (i£%Qi iov ZxvX/.atov . . . ., 6 $£ (6 'Ee/xiovixdg) 
(i£XQt xoog ATyivav xzL ; Plin. n. h. IV 18 nennt 
Hermione zwischen Skyllaion und Isthmos. Pau- 
sanias selbst setzt das Skyllaion östlich von 
Hermione an (34, 7. Heberdey 46; Eoberts 
gegenteilige Auffassung (229) ist mir unver- 
ständlich). Deshalb ist es allerdings wahrschein- 
lich, daß er den behandelten Abschnitt einem 
Periplus entnahm, wie zuerst Lolling behaup- 



22 fö 



nauzoneö 



tete, dem sich Kalkmann und Reitz und be- 
sonders nachdrücklich Heberdey angeschlossen 
haben. Bursian und G u r 1 i tt nehmen an, Pausa- 
nias habe sich bei der Bearbeitung seiner eigenen 
Notizen geirrt (s. dagegen Heberdey 47, 54), 
und ähnlich denkt sich Robert die Sache. Wie 
der Irrtum möglich war, wird damit nicht erklärt. 
Schell De agro Troezenis 11. Bursian Geogr. II 
86, 3. lOOff. Lolling Athen. Mitt. IV 1879, 
105ff. Kalkmann Paus. d. Perieget 181. Reitz 10 
De praep. vm$ ap. Paus, usu locali, Diss. Frei- 
burg 1891, 20. Gurlitt Über Paus. 439f. He- 
berdey Die Reisen des Paus. 46ff. Robert Paus, 
als Schriftsteller 228. Miliarakis recoyQayta 
'AßyoXidog xal KoQiv&iag. Frazer Paus. IJJ 
291f. Hitzig-Blümner Paus. 12, 644. Karten: 
Carte de la Grece. Admiralty Charts 1525. 1502. 
Miliarakis. [Bölte.] 

Halizones, Volk an der Nordküste Klein- 
asiens, Hom. IL II 856. Strab. Xn 549f.; vgl. 20 
Alybe. [Buge.] 

Halkyone. 1) Die Namensform Halkyone ent- 
behrt der sprachlichen Berechtigung und dürfte 
durch volksetymologische Verknüpfung mit äXg 
entstanden sein; richtig ohne Aspiration, s. o. 
WernickeBd.IS. 15790*. Zu Wernickes Aus- 
führungen ist hinzuzufügen, daß die unter Nr. 5 
(a. O. 1581) genannte Alkyone mit der Mar- 
pessa und nicht ihrer Tochter Kleopatra identisch 
sein muß, wie eine genaue Interpretation der Ilias- 30 
stelle IX 557fi*. ergibt, vgl. Anecd. Graec. Paris. 
(Gramer) 4, 5, 3. Nimmt man das gegenüber der 
bisher stets vertretenen Ansicht an, so lösen sich 
verschiedene Rätsel der Marpessasage. [Sittig.] 

2) Nach Plin. n. h. IV 27 eine Stadt am Mali- 
schen Meerbusen. Sie ist sonst unbekannt, Kip 
Thessalische Studien, Halle 1910, 38. [Stählin.] 

Halkyoneus. 1) Sohn des Antigonos Gonatas, 
nahm an dem Feldzuge gegen Pyrrhos teil, in 
dem dieser seinen Tod fand (o. Bd. I S. 2415), 40 
und wurde von seinem Vater getadelt, weil er 
Pyrrhos 1 Kopf im Triumphe zu ihm brachte (Plut. 
Pyrrh. 34). Er fiel noch bei Lebzeiten seines 
Vaters in einem Treffen (Plut. com. Apoll. 33. 
119 c. Aelian. var. bist, in 5). [Kroll.] 

2) s. Achyoneus. 

Halt) onis s. Alkyonis. 

Halma {äl/na), der Sprung als Leibesübung. 
Vor alters stellte er einen selbständigen Wett- 
kampf dar, bei welchem auch ein Preis zu ver- 50 
dienen war (Phil. Gymn. 3). So bei Homer, wo 
er zwar nicht in der Ilias, wohl aber Od. VIII 
103. 128 bei den Phaiakenspielen erwähnt wird. 
In historischer Zeit wird er bei den Wettkämpfen 
nur als Bestandteil des Pentathlon (s. d.) zuge- 
lassen. Krause Gymn. 285 setzt auch dei den 
Griechen wie im jetzigen Turnen Weitsprung, 
Hoch- und Tiefsprung voraus, doch ist der letzt- 
genannte auch in der einzigen Stelle, die 
Krause anführen kann, Sen. ep. 15, gar nicht be- 60 
zeugt, und ebensowenig können die von de Ridder 
in Daremberg-Saglio HI 6 für Hoch- und 
Tiefsprung angegebenen Beispiele denselben er- 
weisen. Als Übung in der Palästra oder zu 
hygienischen Zwecken könnten ja beide zuge- 
lassen worden sein, daß jedoch im Wettkampjf 
nur der Weitsprung üblich war und auch in der 
Palästra vornehmlich geübt wurde, geht aus der 

Pa.TÜy-WIssow»-Kron VII 



monumentalen und schriftlichen Überlieferung 
einhellig hervor. Sicher ist ferner auch, daß er 
in historischer Zeit mit Halteren (s. d.) ausgeführt 
wurde und, wie das Pentathlon überhaupt, von 
Flötenspiel begleitet war. Letzteres bezeugt 
Paus. V 7, 10. VI 14, 10. Ps.-Plut. de mus. 26. 
Phil. Gymn. 55. Vgl. Krause Gymn. 389.482. 
Pinder Fünfkampf 97f. Mie Jahrb. f. Phil. 
CXLVII 792. Haggenmüller Fünfkampf 
15. Leonardos Olympia 691 Auch auf 
Vasenbidern, z. B. Sprung allein unter Flöten- 
begleitung Inghirami Vasi fitt. I 83, mit 
anderen Übungen Gerhard Auserl. Vas. 260 
(Reinaeh II 129); Ann. d. Inst 1846 tav. 
dagg. M (Rein ach I 272). Wien. Vorl. D 5. 

Nicht völlig einig ist man dagegen über die 
Art der Ausführung, und man schwankt, ob man 
einen einfachen oder einen Dreisprung anzuneh- 
men habe. Für letzteren entscheiden sich Wass- 
mannsdorf Monatschr. f. d. Turnw. 1885, 
270. Fedde Fünfk. d. Hell. 1889, 22fi. M. 
F a b e r Philol. L 478ff . H u e p p e Allg. Sport- 
zeitg. 1899. Küppers Arch. Anz. XV 104ff. 
1541; Monatschr. 1900. Ein solcher Dreisprung 
besteht aus zwei Sprungschritten und einem 
dritten Sprung mit beiden Füßen und wird 
heute noch als 7ir}br}p,a in Griechenland geübt. 
Als Stütze für diese Annahme wird zunächst 
angeführt Bekker Anecd. 224 ßaziyQ xb äxQov rov 
t&v 3ievxa-dla>v cxäfifiarog , a«p' ov aXXovxat xo 
TiQ&Tov. SiXevttog, Svfiftayog öi zö fisoor, d<j?' ov 
älöfisvoi ndXiv sg~äXXovxat, ferner die beiden aus 
dem Altertum bekannten kolossalen Rekord- 
sprünge: vor allem der mehrfach bezeugte des 
Phayllos von Kroton (s. d, und G a r d i n e r 
Journ. hell. Stud. XXIV 71m 771) über 55 Fuß, 
worauf das Epigramm gemacht wurde nevr'' ml 
7ZF.vzr}H0vw TioÖag TiqdrjöE $avXXog (Schol. Plat. 
Crat. 413 A. Schol. Aristoph. Ach. 213) und 
als zweiter der des Lakoniers Chionis mit 52', 
vgl. Afric. bei Euseb. zu Ol. 29 JLiovig Aäxcov 
otadtov ' ov xo aXpa vß' tzoS&v. Verglichen mit 
dem modernen Sprungrekord von 24' ll 3 / 4 '' er- 
scheinen die beiden Leistungen bei einfachem 
Sprung unmöglich, und man müßte einen Fehler 
der Überlieferung bzw. fabelhafte Übertreibung 
voraussetzen. Dies nimmt denn auch Gar- 
diner a. O. 70ff. in ausführlicher Darlegung 
an und hält im Anschluß an ältere Gelehrte wie 
Krause, Grasberger u. a. nur einen ein- 
fachen Weitsprung im Altertum für möglich. 
Eine absolut sichere Entscheidung scheint das 
vorhandene Material noch nicht zu gestatten. Die 
Anhänger des Dreisprungs müssen zugeben, daß 
die gesamte ältere schriftliche und monumentale 
Überlieferung hievon gänzlich schweigt, und daß 
sich Schwierigkeiten bei der Anbringung des 
mittleren ßaxrjg ergeben, den Gegnern wiederum 
fällt die Aufgabe zu die angeführten allerdings 
sehr jungen Zeugnisse zu erklären oder zu eli- 
minieren. Von dieser Grundfrage abgesehen 
laßt sich über den Vorgang im einzelnen manches 
feststellen. 

Das H. wurde, wie gesagt, durchaus mit 
Sprunggewichten ausgeführt. Hauptstelle dafür 
ist Phil. Gymn. 55 aXxr)Q öe stevxa&Xtov pkv 
svgtjfta, £VQ7}xai $e ig to SXfta, a<p" ov dt) xai 
&v6fiaezai' oi vag y6f*ot to mfötjfta xo^jiwzbqov' 

72 



2275 



Halma 



Haknyris lacus 



3276 



tfyotifttpoi z&v iv ay&vt r<p xe avXtp Jigoosyslgovoi 
Wf strjÖöivta xai zq> aXrfjQt TtQOQekaxpQVVOvat ' 
rtOfar6g ts yag zcäv %etQ(5v acqioXTjg xai zo ßfj/na 
iÖgaiov ts xai evotjfiov sig rtjv yfjv äyet. xovzl ds 
6tz6gov 8.$iov ol väfiot öijkovatv • ov yäg £vy%co- 
qovoi dtafiEtQelv tö tttfdqfta, Ijv pr} aQzicog £%tj tov 
ixvovg. Dazu Aristot. Probl. V 8, 881 b 5 6 phv (sc. 
Ttsvta&kog) ßEi^ov aXXerat sxcor ij fiij s%(av oä.T^Qag. 
Die Sprunggewichte beschweren also nicht den 



beschwerten Arme nach vorwärts gestreckt, 
letztere, wie er schon fast den Boden erreichend 
die Arme mit den Hanteln zurückreißt, um im 
Niedersprung nicht voxwärtszustürzen, sondern 
ein ßrjfia sdQaZov zu gewinnen. Der während des 
Sprunges durch die Hanteln nach vorwärts ver- 
schobene Schwerpunkt wird im letzten Augen- 
blick wieder rückverlegt und, so die Vorwärts- 
bewegung des Körpers durch den Rückstoß 



Athleten, sondern erleichtern die Übung, sie be- 10 aufgehoben, der Athlet würde sonst auf das 
wirken Sicherheit in der Bewegung der Hände Gesicht fallen. Die Darstellung zeigt auch, wie 



und den verlangten festen und eleganten Nieder- 
sprung. Über die Handhabung besagt die Stelle 
nichts, hier müssen die Monumente aushelfen, 
wobei aber alles auszuscheiden ist, was ein zu- 
fälliges Hantieren mit den Hanteln bedeuten 
kann und nicht mit voller Sicherheit auf den 
Sprung selbst gedeutet werden muß; so werden 
z, B. diese Geräte mehr oder weniger eilig her- 



die Länge des Sprunges markiert wurde. Man 
sieht nämlich mehrere aufrechtstehende Striche, 
die mit naiver Perspektive offenbar Furchen im 
Boden vorstellen. So auch auf einer Gemme, 
jetzt Furtwängler Ant. Gemm. XVII 42. Auf 
diese Furchen, ßod-Qog nach Schol. Pind. Nem. 
V 19, spielt Pindar a. 0. an: fJiaxQa pot Öy 
amö'&ev aiftaty vjtoaxdjtroi xis (vgl. Krause 



beigetragen (rf. Schale des Brit. Museum E 58,20Gymn. 394). Gemessen wurde die Weite des 



abgeb. Gardiner a. 0. 190, Fig. 10). Deut- 
lich hierher gehörig ist zunächst eine Gruppe von 
Darstellungen wie z. B. Ann. d. Inst. 1846, tav. 
d'agg. M (andere Beispiele bei J ü t h n e r Ant. 
Turng. 13, 11): der zurückgeneigte Oberkörper 
der Athleten ruht auf dem etwas eingeknickten 
einen Bein, während das andere leicht vorgesetzt 
oder erhoben erscheint und die bald höher, bald 
niedriger vorgestreckten Hände die Hanteln 



Sprunges nach Poll. III 151 mit einem xaveov. 
Um den Niedersprung zu erleichtern und unge- 
fährlich zu machen, mußte der Boden in der 
richtigen Entfernung gelockert werden. Der be- 
treffende Platz hieß dann rä soxafiuiva oder 
axdfifia (s. d. und Gardiner a. 0. 705.), 
Phayllos, der darüber hinaus auf festen Boden 
sprang, soll sich ein Bein verletzt haben (Suid. 
s. vtzeq ra eaxafifieva 7tt)öäv). Die AbspTung- 



halten. Daß _ hier ein Aufwärtsschwingen der 30 stelle, die man sich nicht als Sprungbrett, son- 



Hanteln bezeichnet ist, wie Gardiner 185 
meint, scheint mir nicht richtig. Näher liegt 
anzunehmen, daß sich der Athlet unmittelbar 
vor dem Anlauf zum Sprung oder vor dem Ab- 
sprung selbst befindet, und damit entsteht auch 
die Frage, ob das H. mit oder ohne Anlauf vor- 
genommen wurde (G a r d i n e r 187ff.). In der 
Palästra ist sicherlich beides geübt worden, denn 
eine Reihe von Darstellungen zeigt auch trainie- 



dern als Sprungsehwelle vorzustellen hat, hieß 
ßarfg (s. o. und Bd. III S. 122). 

Aus der oben angeführten Stelle in Aristot. 
Probl. ist wohl zu schließen, daß der Sprung 
auch ohne Halteren geübt wurde, was ja das ur- 
sprüngliche gewesen sein muß und noch bei Ho- 
mer üblich war. In historischer Zeit kann dies 
jedoch nur zur Übung vorgenommen worden 
sein, da bei den Wettkämpfen ausnahmslos Hal- 



rende Hantelträger im Gehen oder Lauf (Mus. 40 teren vorauszusetzen sind. Gardiner a. Ö. 



Greg. XVII 1 a. Gerhard Aus. Vas. 259. 260. 
294. Mon. d. Inst. I, XXII 8 — Arch. Ztg. 
1881, IX 1. Klein Euphronios 306. Mus. 
Borb. XIV 56, besonders deutlich am tuskula- 
nischen Mosaik Mon. d. Inst. VI. VII 82), aber 
jener Typus mit vorgestreckten Händen ist doch 
mit einem Anlauf weniger leicht in Einklang 
zu bringen. Zu Beginn desselben hätte das 
Schema wenig Sinn, und als Mittelstellung einer 



193f. hat es versucht, eine Reihe von Vasendar- 
stellungen hierauf zu beziehen, welche junge 
Athleten in meist vorgeneigter Stellung und vor- 
gestreckten Armen aufweisen. Doch ist Hau- 
ser Arch. Jahrb. X 182ff. rechtzugeben, der solche 
Darstellungen für den Wettlauf in Anspruch 
nimmt (vgl. Bd. V S. 1719). Literatur: Krause 
Gymn. B83ff. Grasberger Erz. u. Unterr. 
I 298ff. J ö t h n e r Ant, Turng. 3ff. G a r d i- 



Bewegung scheint es mir kaum durchführbar. 50 n e r Journ. hell. Stud. XXIV 70n\, 179; Grcek 



Am leichtesten verständlich bleibt es als Moment 
unmittelbar vor dem Absprung, analog dem Ziel- 
schema bei der Diskobolie (s. d. Bd. V S. 1187): 
Der Athlet wird im nächsten Moment mit den 
Halteren nach rückwärts ausholen und dann sie 
vorwärts schwingend den Absprung bewerk- 
stelligen. Das würde dann für einen Sprung vom 
Stand sprechen. 

Für den Flug durch die Luft und den Nie- 
dersprung kommen nur zwei Vasenbilder in Be-60 
tracht, die jedoch alles in wünschenswerter Deut- 
lichkeit illustrieren. Es ist dies die rf. Schale 
Bourgignon Arch. Ztg. 1884 Taf. 16, 2 B 
(Jüthner a. 0. 15, Fig. 13) und die sf. Am- 
phora des Brit Mus. B 48 in Journ. hell. Stud. 
H 219 und Arch. Jahrb. V 243, 35 (Jttth- 
&er Fig. 14). Erstere zeigt, wie der Springer 
durch <fie Luft saust die Beine und hantel- 



athlet. sports 295ff. A. de Ridder in Darem - 
b e r g - S a g 1 i o III 5ff. L e g r a n d ebenda IV 
1056. f [Jüthner.] 

'ÄXficovia. Nach Steph. Byz. s. Mtvva ist 
H. eine Stadt Thessaliens, die späteT Minya ge- 
nannt wurde, vgl. Plin. n. h. IV 29 Almon, Minya 
lag nach IG LX 2 r 521 Z. 30 in dem Bergland 
nördlich von Mopsion und dem Zusammenfluß 
des Europos und Peneios. [Staehlin.] 

Halmos {"Alfiog, var. für v AX(wg) s. AI mos 
ö. Bd. I S. 1590. 

HalmydesEWS s. Salmydessos. 

Halmyris laeus an der Donaumündung. Plin. 

n. h. IV 79 : primum ostium Feuces ; ex 

eodem alveo et super BtstropoUm locus gigmtur 
TXmp. ambitu, U. voeant. Die Beschreibung 
läßt keinen Zweifel, daß wir den See unter den 
geographisch sehr interessanten Liman- und Haff- 



2277 



Halmyris lacus 



*AX<vct 



2278 



bildungen im Süden des Donaudeltaa zu suchen 
haben. Ea lassen sich heute drei untereinander 
in Verbindung stehende Seen unterscheiden, die 
durch die enge Mündung Poritsa zum Meer sich 
öffnen. Am nächsten der Donau der yezero Ra- 
sim, ein typisches Liman, der untergetauchte und 
durch eine Kehrung fast völlig geschlossene Trich- 
ter einer prähistorischen Hauptmündung der Do- 
nau, noch heute durch den Dunavatsuarm mit 
dem Strom in Verbindung. Auf dem großen Li- 10 
man steht senkrecht ein sehr viel kleineres, jetzt 
durch eine ganz schmale Zunge zweigeteilt. Durch 
eine sumpfige Halbinsel werden sie im Süden von 
der Lagune oder dem Haff Sinoe geschieden, ein 
der Küste parallel gerichteter Strandsee, durch 
eine enge Rinne kaum noch mit der Portitsa- 
münde kommunizierend, an Größe dem Liman 
Rasim vergleichbar, aber von diesem durch die 
wesentlich andere Entstehung verschieden; er 
stellt eine durch Küstenwall und Nehrung all- 20 
mählich abgedämmte Meeresbucht dar. Die enge 
Zusammengehörigkeit der Seen und des Stromes 
ist von den hellenischen Ansiedlern in dem Na- 
men ihrer am Rand der Seen gelegenen Kolonie 
Istros gut zum Ausdruck gebracht worden. Die 
Gründung läßt zugleich die besondere Bedeutung 
erkennen, welche den Seen einst zukam : sie waren 
der natürliche Hafen der Donaumündung und die 
alte Eingangspforte zu dem weiten, vom Strome 
durchflössen en Hinterland. Das läßt auch schließen, 30 
daß im Altertum der Dunavatsu noch bedeutend 
und wassereich genug und eine bequem schiff- 
bare Straße war (s. Art. Hieron stoma). Aber 
zu den Hauptmündungen der Donau wurde er 
von den Geographen doch nicht mehr gezählt, 
wie die oben angeführte Beschreibung des Pli- 
nius am besten zeigt. Es ist falsch, wenn Bran- 
dis (s. o. Bd. IV S. 2119f.) in der Dunavezmün- 
dung (bezüglich in der Portitsamünde der Seen) 
das Hieron stoma sehen will (s. Art. Hieron 40 
stoma). 

Beziehen wir die 63 Meilen des Plinius wirk- 
lich auf den ambitus des H. lacus, so würde dieser 
nur das Liman Rasim umfaßt haben. Dieser Be- 
schränkung widerspräche aber die weitere An- 
gabe des Geographen über die unmittelbare Nach- 
barschaft des Sees und der Stadt Istros, da diese 
nach den erhaltenen Itineraren mit aller Sicher- 
heit viel weiter im Süden und am Rand des Haffs 
Sinoe gesucht werden muß. Die Küstenfahrt 50 
zwischen Istros und der heiligen {= S. Georg-) 
Mündung der Donau finden wir auf 500 Stadien 
geschätzt (Strabon, Arrianos, Anonymos ; die Pto- 
lemaioskarte ergibt 425); den Landweg bemißt 
die Tab. Peut ad stoma (sicher auch die heilige 
Mündung, wie der Vergleich mit dem Geogr. Rav. 
ergibt ; die Station dürfte am Ausfluß des Duna- 
vatsu aus dem Georgs arm gelegen haben) zu 480 
Stadien. Zwischen Istros und dem südlicheren 
Tomis (dessen Stelle archäologisch genau bestimmt 60 
ist zwischen Anadolkiöi und Palasi, nordwestlich 
von Constantsa ; vgl. Contogiorgi Sul sito delT 
antica citta di T., Constanza 1884) wird die 
Küstenlänge auf 250 Stadien berechnet (Strab.). 
Alle diese Zahlen vereinigen sich, um Istros auf 
-dem Plateaurand zwischen dem winzigen yezero 
Devenderen und der Sinoelagane in der Nähe 
«des Steppendörfchens Karanasib zu filieren. 



Danach scheint notwendig, den H. lacus auch 
auf das Haff Sinoe auszudehnen und die 63 Meilen, 
anstatt auf den Umfang, auf die Länge des inneren 
Uferrandes zu beziehen. Also müssen die gene- 
tisch so verschiedenartigen und heute auch räum- 
lich bestimmt geschiedenen Seebildungen im Alter- 
tum nicht bloß als ein See gegolten, sondern 
wirklich einheitlichere Gestaltung besessen haben. 
Diese Forderung wird ohne Schwierigkeit durch 
die Annahme erfüllt, daß damals die ganz nie- 
drige und völlig versumpfte Schwemmlandhalb- 
insel gegenüber Portitsa noch nicht bestand, viel- 
mehr die Lagune Sinoe sich in ganzer Breite 
gegen das Liman Razim öffnete. Das wird auch 
unabhängig vom Gang dieser Untersuchung allein 
durch die Lage der griechischen Seestadt Istros 
an der Lagune und ihre Bestimmung als Donau- 
hafen gesichert ; denn diese setzen notwendig eine 
freie, ungehinderte Zufahrt nicht nur vom Meer, 
sondern ebenso vom Liman und dem Donauarm 
voraus, während heute das Haff so gut wie völlig 
abgesperrt liegt. Ebenso läßt sich kaum be- 
zweifeln, daß die Portitsamünde im Altertum be- 
trächtlich breiter war und von der sich eben erst 
bildenden Nehrung noch kaum gefährdet wurde. 
Vgl. über die Seen Peters, den besten Kenner 
derDobruga, in denDenkschr. Akad. Wien,naturw.- 
math. Kl. XXVII = 1867, 99. [Kiessling.] 

Halna, in der Verbindung maris'halnad; 
etruskischer Beiname eines ganz jungen Mars auf 
zwei Spiegeln (Gerhard Etrusk. Spiegel Taf. 166, 
Chiusi, und 257b, Bolsena; vgl. Religionsgesch. 
Versuche und Vorarb. III 1 , 27). Näheres unter 
Maris. [Thulin.] 

AXtöa hieß ein Fest, das man, wie die großen 
Eleusinien, zum Teil in Athen, zum Teil in Eleu- 
sis (Dittenberger Syll. 640. Schol. Luk. diäl. 
mer. VII 4. Rh. Mus. XXV 557. Bekker aneed. 
384) der Demeter, Köre und dem Dionysos zu 
Ehren feierte (Bekker aneed. 385. Dittenberger 
Syll. 640, 7f. 192, 21f.). Schon im Altertum 
leitete man den Namen von äXcog ab und erklärte 
es für ein Tennenfest (Philochoros bei Harpokr. 
s. "AXcja bei Müller FHG 161 I 411; vgl. Paus, 
bei Eustath. IL IX 530 p. 772, 25). Daneben 
aber wird berichtet, es sei eitl tfj ropifj rä>v 
apiTtkXoiv xai rfj ysvoei tov ajioxsifiivov rjÖrj ofvov 
(Schol. Luk. a, a. 0.) oder sm ovyxoftidfj idv 
xaQjtäiv (Bekker aneed. 385) begangen worden. 
Es fiel in den Poseideon (Philoch. a. a. 0. Fou- 
cart Bull. hell. VII 387. 514ff. Mommsen 
Athen. Feste 360), eine Jahreszeit, mit der wenig- 
stens das ml zofifj tw äfixilcov nicht stimmt. 
Nilsson (De Dionysiis 95ff. ; Griech. Feste 329) 
meint, Fest und Opfer hätten den Zweck gehabt, 
die Gottheit um Gedeihen der eben aufkeimenden 
Saat anzuflehen, Bischoff (Schoemann-Lip- 
sius Griech. Altert. H 507), wir hätten darin 
,ein Fest des Land- und Feldbaus überhaupt zu 
sehen', doch dürfen wir es wohl genauer als ein 
Erntedankfest bezeichnen. Über die Feier erfahren 
wir nur Einzelheiten. Es fand eine Prozession 
dem Poseidon zu Ehren statt (Bekker aneed, 384. 
Eustath. a. a. 0.; vgl. Pringsheim Archäol. 
Beitr. z. Gesch. des Elens. Kults, München 1905, 
113, 3). Die Inschriften erwähnen demotische 
(Dittenberger Syll. 640) und Strategenopfer 
(Dittenberger SylL 192; rgfEiptift, Aq X . 1883 t 



2279 



Haloissus 



Halonnesos 



2280 



114fE.) r«r te Aijfiyzgi xai rst K6qei xai tois äX- 
Xotg ösoTe ole xätQiov rjv (vgl. Ditten berger 
Syll. 587, 125. 620 mit Anm. 22 II S. 415); eine 
Inschrift ans der Zeit des Commodus bezeugt 
wenigstens für damals offizielle Beteiligung der 
Epheben (IG III 1147). Daneben kamen natür- 
lich auch Privatopfer vor, und zwar lag es der 
Priesterin der Demeter ob, die Tiere an der ia^dga 
tV tfj avlfj "EUvolvi zu opfern ([Demosth.] LIX 



Griechen 'AXtivtj, bei den Türken Pascha limani 
von der gleichnamigen Hafenstadt. Inschriften; 
Muratori T. m p. MDCCLXXIV 9. CIG mv 
3696. Guter Hafen (daher jetzt Pascha ltmäni) r 
der durch das Eiland />o<f (vielleicht antik 'ii^d, 
bei Plin. n. h. Y 151 vielleicht Phoebe, türk. kojün 
adasch! [= Schafinsel]) vor dem Nordwind ge- 
schützt wird, Po eocke Travels in the East DOC 
c. 121 . Je d e ö n ÜQoixow^aog 37f. Gegenwärtig 



116 p. 1385). Auch Wettkämpfe fehlten nicht, 10 an Reben reich. Kot sovfiÜi&Mog Ai^evoSeixrrjg 

2) Plin. n. h. II 202 und V 137 Eiland zwischen 
Lebedos und Teos an der ionischen Küste West- 
kleinasiens aus dem Meer aufgestiegen, vielleicht 
Verwechslung mit Halonnesos (jetzt Ataßdtsg) 
zwischen den Golfen "Epßarov (jetzt EgrilaT) und 
jetzigem Megaivta, weil bei Plinius nur Halonne- 
sos bei Samothrake erwähnt wird. Die Ordnung 
in der Aufzählung bei Plin. n. h. V 137 ist arg 



unter denen ein äycuv Tiaiqiog erwähnt wird, und 
bei denen auch öffentliche Auszeichnungen be- 
kannt gemacht wurden (Dittenberger Syll. 192 
Z. 29, 77. 246 Z. 47. Bull. hell. VIII 201). Aus 
dem von E. Eohde entdeckten und im Rh. Mus. 
XXV 557 publizierten Scholion zu Luk. dial. mer. 
VII 4 geht hervor, daß die Frauen an den C A. 
der Demeter, Köre und dem Dionysos Mysterien 
feierten und auch eine teXet^ yvvaix&v ev'EXevöTvi 



stattfand. Wahrscheinlich hat eine dem Geschlecht 20 gestört. Es werden dort iam hae drea Ephesum 
j__.™.!-n--ji j. _. Ti_i._j......_ j„t^ x.„ ei g Uae pj s { s t rai j voeantur Inselchen vor Aiolis 

(z. B. Pordoselene) aufgezählt. [Bürchner.] 

Halonesi, nur von Plin. n. h. VI 169 (nach luba) 
an der schwer zu deutenden Stelle (vgl. Era- 
t a n o s) erwähnt , welche einzelne Inselgruppen 
des Roten Meeres aufzählt, Inselgruppe in der 
Nähe der ägyptischen Küste gegenüber der Trog- 
lodytike (dem Gebiete der Bisarin), nördlich vom 
Ras el-Anf. C. Müller (Geogr. gr. min. I 55. 69) 



der Philleiden entnommene Priesterin der Demeter 
diese Weihe vollzogen (Phot. s. &dXstöai. Topf f er 
Att. Geneal. 92ff.). Die ausgelassenen und ob- 
szönen Scherze und Begehungen der Frauen schil- 
dert das Scholion ausführlich. Von diesem Teil 
der Feier waren Männer ausgeschlossen. Be- 
stimmte Speisen waren den Mysten verboten. Das 
Fest muß mehrere Tage gedauert haben. Außer 
den zitierten Stellen s. Hermann Gottes dienstl. 



Altert. 2 § 57 Anm. 4ff. Daremberg-Saglio V 30 identifiziert die H. mit den Schowarit-Inseln (nach 



4f. Rubensohn Mysterienheiligtümer ir5ff. 
Pfuhl De Atheniens. pompissacr. 66. Momm- 
sen Athen. Feste 359ff. Foucart 3 E(pi)ft. aQ%. 
1887, 5. [Stengel.] ' 

Hftloissns, einer der vielen Lokalgötter im 
Gebiet der Pyrenäen, nur auf einem Marmor- 
cippus von Gajan bei St. Lizier, jetzt in Toulouse, 
nachweisbar. Die Inschrift lautet nach CIL XLTI 
14 . . . Baloisso C. Pomptinius Superbus ; rechts 



den Angaben Moresbys) 24° 24'— 19' nördlicher 
Breite- Zu diesem an und für sich nicht un- 
wahrscheinlichen Ansätze stimmt auch die Lage 
des von PJinius zuvor erwähnten mons Pente- 
dactylos (Gebel Ferag, 23° 37') und der hierauf 
genannten Insel Topazos, d. i. der Insel Seberget 
(Smaragdinsel) oder St. Jean (23° 36'; über die 
Breitenangabe bei C. Müller a. a. O. und bei 
Sprenger Die alte Geographie Arabiens 1875, 



und links sind Opfergefäße in Relief angebracht; 40 37 s. u.'Gebadaei). Die Aufzählung der Inseln 



Tgl. Barry Rev. arch. 1867, 372. Sacaze Inscr. 
ant. des Pyrenees nr. QQ. [Haug.] 

Hai on. In einer russischen Version der Aber- 
kios-Vita lautet der Name des Ortes, der sonst 
Aulon (s. d.) genamit wird, Halon: höchstwahr- 
scheinlich ist das die richtige Form, Lüdtke- 
Nissen Abercii titulus sepulcralis 33. [Rüge.] 

Halone (17 'AXdtvt]), Name mehrerer kleiner 
Inselchen und Eilande. Die Herkunft des Namens 



bei Plinius ist verworren , namentlich durch die 
Erwähnung der Insel Cardamme, welche un- 
bedingt beträchtlich südlicher liegt als die H. 
und die Topazos-Insel, mag man sie nun nach C. 
Müller der heutigen Insel Makaur oder nach 
Sprenger a. a. 0. 70 der von Ptolem. VT 7, 44 
(mit den Maßen 71° 0', 16° 0') verzeichneten 
Insel KagSafXrivt} und diese deT Kamarän-Insel, 
Breite 15° 20' gleichsetzen; von ihrer Lage hatte 



von H. Nr. 1) wird bei Steph. Byz. mit der Berei- 50 weder Plinius noch Ptolemaios eine richtige Vor- 



tung von Seesalz zusammengebracht (vgl. Mar- 
quardt Cyzicus 37. Jedeön ITqoixSwtjo. 134, 3). 
Es ist aber das Wort eher mit äXcog = Tenne zu- 
sammenzubringen, umsomehr als es sich im ganzen 
um flaehe Inselchen handelt, die stellenweise von 
Erhebungen nur bis zu 213 m Höhe begrenzt 
sind. 

1) Diogenes. Steph. Byz. 'Mcovr} und Bioßixog, 
so bis auf die Zeiten der byzantinischen Kaiser; 



Stellung. [Tkac\] 

Halonnesos, Inselchen zwischen der thraki- 
schen Chersonesos und der Insel Samothrake, Plin. 
n. h. IV 74. An dieser Stelle liegt wohl ein Fehler 
vor, indem der Schriftsteller ein paar Namen, z. B. 
Gethone (von Plin. n. h. V 138 als Getane insula 
ante Troada aufgeführt) und Lamponia (als Städt- 
chen der Troas Lamponion, Lamponeia, Lamponia 
bekannt [s. d.]) und Alopeconnesus (bekannt als 



dann AvXoivia, AvXcovog vr t aog, bei Meletios 60 Städtchen der thrakischen Chersonesos, s. o. Bd. 



Pscjygatpta exd. Ä 441 auch "AltöwTjaog.' Jedeön 
IlQoix6vvr}(so$, 'Ev KojvJTtoXst 1895, 40f. Dichte- 
rische Namen H.8 im Altertum waren Nebris (von 
den äußeren Umrissen; Neuris hieß nach Plin. 
n» h. V 152 Proikonnesos) und Prochone (Ver- 
schreibung vielleicht aus »Prokonnesos*. Plin. n. h. 
V 152 bat als eigenes Eiland Porphyrione (Her- 
molaoa-Steph. Byz. g, v. Jetsiger Name bei den 



I S. 1597) hieher geraten sind; vgl. o. Bd. VH 
S. 1335 Art. Gethone. In der angegebenen 
Entfernung: inter Chersonesunt ei Samothracen, 
tärimque fere XV (sc. m. p.) Halone&os liegt 
auch nur annähernd überhaupt keine Insel; vgl. 
Bnrsian Geogr. Griechen! II 390, 2. PliwW 
Angaben kommen denen zustatten , die H. Nr* 1 
(s. <L) in %ytoc 2t(j&zis suchen. {Bürchner.] 



JQUUUUVB UOÖU» 



Halonoft nesos, byzantinischer Name für 
Halone, s. d. Nr. 1. [Bürchner.] 

Halontlon s. Alontion. Über die Schreibung 
vgl. den Art. Hadranon. [Ziegler.] 

"AXog. 1) Gewöhnlich Maskulin. Bei Strab. 
IX 433 und Steph. Byz. s. v. auch Feminin. Auf 
einer delphischen Inschrift IG IX 2 addenda ul- 
tima 205 IA Z. 22 Feminin mit dem Bei- 
namen Axatxri. Derselbe Beiname bei Strab. IX 
433. Die antiken Etymologien von aXäa&ai Steph. 
Byz. s. v. Etym. M. 70, 8 zeigen, daß die Alten 
zur Schreibart 'AXog neigten. Doch wird die Form 
"AXog vorgezogen. Sie ist von der am Fuß des 
Stadtberges entspringenden Salzquelle abzuleiten 
{abgebildet Atheu. Mitt. 1906, 24). H. ist eine 
Stadt der phthiotischen Achäer und gehört im 
Schiffskatalog zum $&ia>Tty.ov rttos des Achilleus, 
II. II 682. Strab. IX 432. Niese Der homerische 
Schiffskatalog 19. Als den Gründer von H., das 
dabei allerdings als eine Stadt Ätoliens, nur in 
einem Pariser Scholion als eine Stadt Thessaliens 
bezeichnet ist, gibt ein Hesiodfragment (Kzach 
frg. 9. KernN. Jahrb. XHI 1904, 17) den Aloeus, 
dagegen Steph. Byz. s. v. den Athamas an. Die 
Lage ist durch Strab. IX 433. 435. Plin. n. h. 
IV 28 und Pompon. Mela H 44 bestimmt. H. 
ist von Iton 60, von Theben 100, von Pteleon 
110 Stadien entfernt. Es liegt auf einem Aus- 
läufer der Othrys, der die Talebenen des Plata- 
nos und des SaJamvrias scheidet, am Südrand der 
krokisehen Ebene, dem phthiotischen Theben 
gegenüber. Auf der oben bezeichneten delphischen 
Inschrift ungefähr vom J. 145 v. Chr. setzt sich 
H. mit Theben über gewisse Gebiete, die offen- 
bar in der Ebene nördlich von H. zwischen dem 
Meere und Gebhge zu suchen sind, gütlich nach 
dem Schiedsspruch des Larisäers Makon ausein- 
ander. Während das Stadtgebiet von H, im 
Korden an das von Theben grenzte, reichte es 
im Süden bis an die Grenze der Malier, Strab. 
IX 433, das heißt bis an den Südfuß der Othrys. 
Kip Thessal. Studien, Halle 1910,47. 

Der älteste Teil der Stadt ist mit 2 m dicken 
kyklopischen Mauern umgeben und dürfte in die 
homerische Zeit zurückreichen. Er liegt sehr fest, 
aber auch sehr unbequem hoch über der Ebene 
auf einer Bergkuppe, die durch eine Einsenkung 
vom Hauptzug der Othrys getrennt ist. Die 
Stadt dehnte sich gegen Osten den Abhang 
des Berges hinunter weiter aus. Herodot (VII 
173), Demosthenes (XIX 163), Artemidor (bei 
Strab. IX 433) betrachten sie als Seestadt, ob- 
wohl sie ungefähr 2 km von der Küste entfernt 
liegt. In den Perserkriegen scheint H. der Haupt- 
hat'en Thessaliens gewesen zu sein, Herod. Vn 
173. 197. Von 400—344 v. Chr. prägte H. als 
autonome Stadt Münzen , obwohl es zu den von 
den Thessalern abhängigen Städten Achaias ge- 
horte. Am Ende dieser Periode lag es mit Phar- 
salos im Streit; e> war mit Athen verbündet und 
lehnte sich gegen die makedonische Oberherrschaft 
auf. Parmenion belagerte die Stadt, während über 
den Philokratischen Frieden verhandelt wurde. 
Philipp nahm die Stadt eigens von dem Frieden 
ans und zerstörte sie völlig, Demosth. XIX 36 
mit Schol. 39. 159. 163. 334. Schäfer Demo- 
sthenes und seine Zeit H 2 264. Ihr Gebiet nahm 
er den phthiotischen Achäern und gab es den 



Pharsaliern, Demosth. XI 1 mit Schol. Strab. IX 
433. Eine Lücke bei Strabon enthält uns den 
Namen des oder der Neugründer vor. Gegen. 
Kramers Ergänzung awcp[xiaav 0aQ0aXioi] 
sprechen gewichtige Gründe. 

Die Neugründung der Stadt erfolgte ganz 
nach dem Gesichtspunkt der Bequemlichkeit, am 
Fuß des Berges, neben dem fließenden Wasser 
des Amphrysos (= Kephalosis), der zugleich die 

10 eine Seite der Mauer schützte. Doch lag die 
Stadt, wahrscheinlich des sumpfigen Geländes 
halber, auch jetzt nicht ganz am Meere, sondern 
hatte den Hafen außerhalb der Stadtmauern. 
Diese bilden ein regelmäßiges Viereck, dessen 
Seiten fast einen Kilometer lang sind. Die 
Mauer ist mit Quadern verkleidet und 2, 70 m 
dick, und war mit zahlreichen viereckigen Türmen 
verstärkt. Die Westmauer lehnt sich an den Fuß 
des Berges an, die Nordmauer an den Bach 

20 Kephalosis, die Ostmauer ist von den Bauern und 
den Türken abgetragen (Ussing Griech. Eeisen 
u. Studien 109f.). Von dieser jüngeren Stadt 
gibt es Münzen, die den lokalen und nationalen 
Charakter von H. beibehalten und in das 3. Jhdt. 
gesetzt werden, Catal. Greek Coins Brit. Mus. 
Thessaly to Aetolia by Gardner 13. Darunter 
sind solche mit dem Zeichen AX = "A%amv, 
die der Zeit von 302—286 angehören. Sie be- 
weisen, daß die Stadt wieder frei von Pharsalos 

30 und achäisch war, ja wahrscheinlich zu einem 
selbständigen Bund der Achäer gehörte (Gard- 
ner a. a. O. p. XXIX. Kip a. a. O. 60). Die 
NeugTündung hängt vermutlich mit dem Auf- 
treten des Demetrios Poliorketes in Thessalien 
zusammen (Niese Gesch. d. griech. u. mak. 
Staaten I 347). H. war noch am Beginn der rö- 
mischen Zeit eine wohlhabende Stadt, wie die 
langen ' Freilassungslisten unter den Strategen 
Ptolemaios und Italos zeigen (zwischen 48 und 

40 30 v. Chr. nachKroog De foederis Thessalorum 
praetoribus, Diss. Halle 1908, 26, 60). Doch ist 
bis jetzt kein delphischer Hieromnemon der Achäer 
aus H. bekannt, das in dieser Hinsicht an Be- 
deutung hinter den anderen Hauptorten der 
Achäer zurücksteht. 

Die Stadt hatte den uralten Kult des Zeus 
Laphystios, mit dem das Geschlecht des Atha- 
mas zusammenhing, HeTod. VLI 197. Ihm wurden 
in Zeiten der Dürre Menschenopfer zur Vertrei- 

50 bung der Regenlosigkeit dargebracht, Plat. Minos 
315c. O. Müller .Orchomenos s 156. Farnell 
Cults of the Greek States I 42. Ni 1 s s o n Griech. 
Feste 1906, 10. Zeus besaß ein re/usvo; mit aXoog. 
Das Rathaus hieß Xrj'ijov, das wichtigste Heilig- 
tum der jüngeren Stadt gehörte der Artemis Pan- 
achaia. In ihrem Tempel wurde der oben er- 
wähnte Vertrag mit Theben aufbewahrt. Ihr 
Kopf erscheint auf Münzen der Achäer von 302 
—286 v. Chr., Gardner a. a. O. pl. X 17 p. 48. 

60 Ferner ist aus makedonischer Zeit ein Priester 
des Apollon überliefert, IG IX 2, 112. 

In den Inschriften wird H. uioXig genannt, 
hat eine ßovXjj , 184/3 v. Chr. drei Archonten, 
die wahrscheinlich 146 durch xayoi ersetzt worden 
(Kip a- a. O. 62), einen Hipparchen und einen 
halb- oder ganzjährigen zafuag. Die im Register 
von IG EX 2 nr. 1322 zu H. gerechneten ägxeoxo- 
not und 'A&rivä TToXidg müssen zum phthiotischen 



Theben bezogen werden, da die Inschrift dort starb, Tac. ann. XII 66. Suet Claud. 44, 2. 

gefunda» ist, Arvanitopullos IJgaxzixd 1907, Auch unter Nero, dem er sich durch diese Tat 

166. über den Kalender von H. handelt Ren seh empfohlen haben mochte, scheint er eine ftble 

De manumissionum titulis apud Thessalos, Diss. Eolle gespielt zu haben. Dennoch verschonte 

Halle 1908, 128. Die Münzen der Stadt zeigen Galba, als er die verworfensten Subiekte Neros 

den bärtigen Kopf des Zeus Laphystios und den hinrichten ließ , gerade Tigellinus und H um 

Widder mit Phrixos oder Helle, Inschrift AAEQN, nicht nachgiebig gegenüber den Forderungen der 

Gardner a. a p. 18 ■ pL. XXI 1. n 6. Head Menge zu erscheinen, ja er verlieh diesem sogar 

H ?o^ L J nS( * riften I( f K 2 > 107 - 1B 1- 1321 ein prokuratorisches Amt, Su,et. Galba 15, 2 (4l 
-1325 add. ult. 205 IA Im Mittelalter erhob 10 Dio exe. LXIV 3, 3 wV « T^XXlvov xal aXXovc 

Bull. hell. XV 1891, 565. XXIII 1899, 396. G ian n o - l(iberiusj proe(urator), dessen Sklave sich in der 

pul os Ot ovo fteaattovtxol 'M/tvQot, Athen 1904, stadtrömischen Inschrift CIL VI 8833 nennt 

14.19. Moderne Beschreibungen bei Leake Tra- rsteinl 

vels in North. Greece IV 336. Ussing Griech. Halter, äXzfc (von SUouat oder SXua Phil 

Keisen und Studien 109f. Bursian Geogr. v. Gymn. 55) = Sprunggewicht oder Hantel Die 

Griechenland I 78. Athen. Mitt, 1906, 23-27. Form dieses Gerätes wechselte im Laufe der 

Georgiades ßsaoaXia, Volo 1894, 222-223. Zeit, Das älteste erhaltene Exemplar ist der 

(Tiannopulos #0iüm*d, Athen 1891, 50-53. Bleihalter aus Eleusis, jetzt im Zentralmuseum 
I) Halos, Name einer Kome von Demetrias 20 in Athen, abgeb. 'Etptift. a eX - 1883 190 (Phi- 

m der thessalischen Landschaft Magnesia; er ist Hos), J ü t hn er Ant. Turng. 3, den der sieg- 

aus dem Ethniion AXeig geschlossen, das IG IX reiche Epainetos gewidmet hat. Er bildet ein 



2 .'_,^°? Z '„ 5 ( 2 - Jhdt v. Chr.) einem der an den Langseiten Eingedrücktes ParaUelepiped 
Demetrias beigeschrie- von 11,5 cm Länge, 3,56 cm Breite, 2,5— 3,8 cm 



städtischen Strategen von „„„„„ „„ 16V1Ivllilv . 

ben ist und ebd - UJ3 auf einer bei Demetnas Dicke, läßt sich also "'bequem packen"' "üiiTei^ 
gefundenen Grabschrift vorkommt. Die genaue Seite trägt die Weihinschrift. Von diesem Uni- 
Lage läßt sich nicht bestimmen. Der Gedanke kum abgesehen zeigt der H. vom 6. Jhdt. an 
SS T^ i^" 1 - hel - ^ S?P L 90 Sr 337 > nach AÄwe« der Originale und Darstellungen 
i^Ä !*.'• " ** t a - Ä 1 ^ 18 ^? R g . e ' namentlich auf Vasen der Reihe nach drei Grund- 
ZÜS Wahrscheinlichkeit Denn ein 30 formen : die Kolbenform, die sphäroide und die 
Burger von H., das durch Inschriften des 2. Jhdts. zylindrische. Bei der ersteren wird das Ursprung- 
t^Äw ^n eSe S k a "5 n n h V n i^T lich W Oblongem verlängert, gebogen und an 
auch mT,1 K^ rZlTl d ? D0 ? 1 S i k iTn 6 den Enden zu zwei annähernd gleichen Kolben 
82 101 Studien Halle 1910, erweitert, die wie durch einen dicken Griff mit- 
\\ Tini™ i^r+v i -4. ^*± \ einander verbunden sind. Später ist der vordere 
r^de^T»^^ Kolben re S clmä % g^ßer und daher beim 
TXl ÄSf , • 1064 aus Alcolea am Sprung besonders wirksam. Beispiele bei J ü t h- 
unteren Baetis,: centurme Ores(is), Mawmsfrs), „er a O. 4 Fig. 2. Diese Form zeigen Votiv- 

fm ( TsZsk> lZ^f Jt ^^k ITT haltCTen auS Blei Und ^ inKopenCer ,1er- 

HÄft "i <V J SchutC tJ < 40ner e[n offcnbar P raktisch verwendeter Heihal- 

TonÄÄ? ■ ' ( M ° av ?r ] ' d J ö > M <*restochter< t er, abgeb . Mi / ali Mon mt C Xin 6, der 

SesvchT vJfTIir'ti^r Vv7r°^T*r 3 Pf ™ d 3 Unzen ™& sowie ein P ^ ahn icher 

GoebeV LeriloJ ™ hL ^i^if f 4 " H " im Brät Museum, abgeb. Gardiner Journ. 

trite bei Hom. Od. IV 404 wo von den S< , 7' Solche . S P r " n |g cwlchte wurden 

vsnote „aUft AXooMvv di Eede ist, w?e V 422 Z^t^Z™" 7 ^ ^T^ ™™ n " 

^^. - 2) Beiwort der Thetis^Hom. II XX S?) ve f kl Z R L ^1* y ^« M ^Ä L J" ' X ?i 
nnH im Plnral aiini- w ™?<in« u„ii tju j n , n Tert1 ' Rom. JMitt. V 3d3. Von der zweiten Art 

437/21. 1204,1) nannte eme Nereidi HZtos. Ä'± °' ^' .''"e ' ™'_ «"W"» ^»« 

fcloie sfhorS Od IV 4oT Ah' Diese zweite endliche Form tritt erst mit der 

Hesych. Suid. Apoll. Soph. 21, 21 Schol Apoll L V ^ } ' , Erhalten . ha ^ ? lch stei ' 

Hhol IV 1599. Bekker Anecd Gr 384 P 1 5.™^ "v l™ ^* Hantel P aa / + , aus 

Ve-1 PtpIIpt Ttr,>i P r-t fi„- M T. Ar^iT t — 7 Konnth, jetzt im Xationalmuseum zu Athen, 

Vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I oo4. ein rechter H und ein Fragment eines solchei ; 

Halotropios s. Haliotropios. l ^^ fin [lo?^ " r Sie f sind ab f bild ^ E <™"- a ^ 
u i + . t. i ,r 60 1Ö83. 103. Furt wangler Bronzen v. OL 

Halotus, , ein Eunuch, Vorkoster am Hof des IV 180 (vgl. auch Jüthner a. O. Fig. 8 u. 9). 

hmsets Claudius. Agnppma bediente sich «einer Eine mit diesen Stücken gut übereinstimmende 

?,Lff Ä e ^^ d ^.5 ais ^ ail . s demT ' ebenzu Beschreibung bietet Paus. V 26, 3 von den 

IfcSuf^- ^_ b ?™ c hügte Goschenn Locusta Sprunggewichten einer Agonstatue desMikythos: 

dt^i£ e i° db i^ ende Mischung her, H. hatte oi & dlw^e o$ro t ^ovrm orffta J«M.- 

dl 7v^1 ÄU8 flhran « » ^«nehmen. Er reichte *^l w ^Qa^soriQov lal oi* bTax Ql ßi<na- 

5^n O^R e S e T P^ » b »eitete Speise, an xov ™ et <pe 9 ovc eiotv fruov, xzm>l n v*to. de räc xal 

d«m Genuß Claudius am 13. Oktober 54 n. Chr. t oi s ÄJi&o« «3r JT^ A^«, *a*^* e A T 



dxdvoiv atmtöog. In Einzelheiten herrscht natür- 
lich große Verschiedenheit, immer ist aber die 
längliche Grundform sowie die Handhabe vor- 
handen, die bei dem Stück aus Olympia genau 
der Form der zupackenden Finger angepaßt ist, 
ohne jedoch eine Öse zu bilden. Die Länge der 
erhaltenen Exemplare beträgt 25 — 29 cm, " das 
Gewicht schwankt von 2 bis gegen 4,6 kg. 
Während die länglichen H. bis rund 500 



Mart. XIV 47. luven. VI 421. Sen. ep. II 8, 4 
und VI 4, 1. Die Ärzte haben diese gesunde 
Übung unter die Leibesübungen aufgenommen, 
aber erfunden ist sie offenbar in der Palästra. 
Luk. Lesiph. 5 verlegt sie in ein öffentliches 
Gymnasium: xätteiOirjKSQ rjnofAEv i$ zo yvfivaaiov 
. . . 6 de fioXvßdalvag ^js&aad/ows äpäyöriv ex°> v 
eyuQoßolu (vgl. auch Mart. VII 67), und nach 
«*<, *«- -x^v,.. — ™~ ^— -~~ Iamblichos wurde die a. von den Pythagoräern 
v^ChrwohTdlern^übUch waren." finden wir im 10 neben Lauf und Eingkampf selbständig geübt^: 



5. Jhdt. beide Arten ohne merklichen Unter- 
schied nebeneinander verwendet, gelegentlich auf 
einunddemselben Bilde vereinigt (z. B. Jüth- 
ner a. a. O. Fig. 10), und so waren sie wohl 
auch bei den öffentlichen Spielen ohne Unter- 
schied im Gebrauch. Wenn Pausanias zweimal 
(V 27, 12 und VI 3, 10) alxrJQag aQxaiovg er- 
wähnt, so beweist das nur, daß zu seiner Zeit 
eine ganz neue Form üblich war; welche von 



Vit. Pyth. c. 21 p. 97 oi Öh xal a%zr}Qoßo\iq % 
XetQovofA,ia xqos rag rwv owfiaTwv lo%vg ta ev&Era 
imtriä£vovT£5 sxXsyso&ai yvpvama. Alle diese 
Nachrichten beziehen sich jedoch auf die Kaiser- 
zeit, und für die Beantwortung der Frage, ob 
Hantelturnen auch schon in der klassischen Zeit 
üblich war, sind wir auf die Monumente ange- 
wiesen. Aus diesen ist es aber in den meisten 
Fällen nicht zu erweisen, da die Schemata fast 



den beiden alten Formen er aber im Auge hat, 20 immer mit dem Sprung in Zusammenhang ge- 



läßt sich nicht entscheiden. In römischer Zeit 
wurde nämlich, unbestimmt seit wann, eine zy- 
lindrische Form verwendet, die noch in einem 
Exemplar im Brit. Museum (G a r d i n e r Greek 
athlet. sports 301 Fig. 61) erhalten ist. Es ist 
aus Kalkstein, 7V 2 Zoll lang, und zeigt Vertie- 
fungen für die Finger der Hand eingearbeitet. 
Einfachere Zylinder ohne diese Einarbeitungen 
pflegen an Baumstämmen römischer Kopien von 



bracht werden können, so all das, was Gardiner 
Journ. hell. Stud. XXV 192 vorbringt-. Dagegen 
scheint eine Darstellung hieher zu gehören, die 
der englische Gelehrte a. O. und Athlet, sports 
304 im Gegensatz zu Jüthner Ant. Turng. 17 
als Niederschwung beim Sprung erklärt. Es ist 
dies das Außenbild einer rf. Schale in Bologna (C er- 
tosa 179), abg. Jüthner a. O. und Gardiner 
a. O. Von einem Paidotriben im Mantel beobachtet 



Athletenstatuen angebracht zu sein (Beispiele 30 strecken zwei symmetrisch einander gegenüber- 



zusammengestellt Jüthner a. O. 10, vgl. Fig. 

11). Wie sie gehandhabt wurden, zeigt ein pom- 

peianisches Wandgemälde der kleinen Palästra, 

Rom. Mitt. III 202. Fig. 4 und das tuskulanische 

Mosaik (Jüthner Fig. 12). Sie sind offenbar 

gemeint bei Luk. Anach. 27 ftoXvßötdag x Ei Q°~ 

7zlr}$eig iv zalv %eqoTv £%ovtes. Lexiph. 5 6 öe 

ttoXvßdaivag ^.ua&'ovs dgdydtjv F.yav bxeiqo- 

ßolet. Hesych. s. XEQßäStog ' ££C(XctAjJ#»7? Xi&og. , , - ^, - 

Cael. Aurel. de morb. acut, et chron. V 2, 38 40 stelle). Die folgende Bemerkung besagt, daß 

numipidos . . ., quo$ palae&tritae alxfjQag appel- diese Kraftübung unter die übrigen Leibesübungen 

Und. Verwendet wurden die H. einerseits beim gelegentlich einzustreuen ^ist: xaoakrjmcoi Öi xal 

Sprung zur Erhöhung des Schwunges (vgl. Hai- xov<poi$ 6ßoi<og aal ßageotv sg nävxa yvfivdaia 

m a), anderseits wie unsere Hanteln zur Kräfti- nXriv xov dvajiavovrog. Krause Gymn. 395ff. 



gestellte Epheben in Schrittstellung und stark 
vorgebeugt die Hanteln nach abwärts. Es sieht 
aus, wie wenn hier auf Kommando geturnt würde. 
Ähnlich Krause Gymn. Taf. IXb, 25 d. Mus. 
Borb. III 13 = Krause XVI 56. Hartwig 
Meistersch. Taf. LXX Bb. Die Wirkung der &. 
schildert Phil. Gymn. 55 yvpväCovai de oi ftkv 
fiaxQol rdjv aXzr)Q<ov wfiovg re aal /«(@aj, ol de 
a(patgo£tdscg xal SaKxvlovg (vgl. auch die Epiktet- 



Jüthner Ant. Turng. 16ff. Gardin er Journ. 
hell. Stud. XXIV 192f. ■ Greek athlet. sports 
31 Off. [Jüthner.] 

Hai um. Tac, ann. VI 41: Halum et Arte- 
müa Parthica oppida; also ist H. sicher mit 
50 Chala-Albania gleichzusetzen. S. den Art. Al- 
bania 2fr. 2. [Kiessling.] 

Hains (AXovg, -ovvzos. Paus. VIII 25, 2), eine 
Örtlichkeit am Ladon im Gebiet von^ Kleitor, 
deren Lage nicht näher zu bestimmen ist. Ver- 
mutungen bei Leake Morea II 272; Pelop. 228. 
Curtius Pelop. I 374. Bursian Geogr. II 263, 
2. Frazer Paus. IV 287. [Bölte.] 

Halykai (oi 'ÄJ.ixai — Meeressalinen, vgl. den 

r( ™ 7 ™, ... ,.. r .,^ r Art. Halikobastagon), bei dem neueren Smyrna 

xtvovuevcw. avzöjv zs zmv 7 vavat,ouivoiv iußat- 60 in Ionien, Acta et Diplomat* ed. Miklosich und 

" Müller IV 14; vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad. 
Wien CXXIV vin 28, später in den Portulanen 
,Saline\ [Bürchner.] 

Halykos. 1) s. Halieis. 

2) s. Lykos. 



gung der Armmuskulatur (vgl. 'A/.zrjooßoXia). 
Jüthner Ant. Turngeräte 3ff. t wo auch die 
ältere Literatur angeführt ist. de R i d d e r in 
Daremberg-Saglio III 5ft\ Gardiner 
Journ. hell. Stud. XXIV 181ff.; Greek athlet. 
üports 295ff. [Jüthner.] 

'AXzrjQoßolia , das Hantelturnen, von den 
Ärzten der Kaiserzeit als Kraftübung empfohlen 
(s. o. Bd. VTI S. 2083). Am ausführlichsten ge- 
schildert von Antyllos bei Oribas. VI 34 (I 532 
B. D.) (.T£pi dX.Tr/ooßoliag) .... Jta^opa 8e sazt 
avztjjv zwv aXzzjOoyv, r { yäo ßdXXovzat xaga. pegos 
Td>v xttQ&v ixzEivo^dvcov re xal msyxafAzixQvzoiv , 
ij ttoazovvzat fiovov h cioordoct rdiv ytiQ&v 
flov%a±ovoö)V (.hg za tzoXXcl ßgaxsiäv zs xivrjoiv 



vovzcov xai avaaetovzcov zotg nvxzaig opowg, v\ 
xazä avvvEVOiv zzjg QaxEtüg zaig y&aai 7iagsyxa}Ui- 
xovzojv zwv yv[iva£oj.t€vü)v. Eine besonders kom- 
plizierte Übung dieser Art beschrieben bei Gal. 
VI 147 (vgl. auch 141), Auch sonst häufig er- 
wähnt: Oribas. VI 14. Aretaios morb. diut. I 2 
(XUV 299K). Epikt. I 4, 13. Arfcemid. onir. 
I S5. Paul. Aegin. IV 1. Etym. M. 71. 20. 



Halys (der Name kommt von den Salzquellen 
im oberen Stromgebiet, Kretsehmer Einleitung 
in die Geschichte der griecK Sprache 208) , der 



größte Fluß Kleinasiens, entspringt an den Grenzen 
Ton Kappadokien und Pontos auf dem Antitauros, 
fließt zuerst gegen Westen, wendet sich dann, 
durch Galatien und Paphlagonien strömend, gegen 
Norden und ergießt sich in den Pontos, Herod. 
I (?, 72. Arrian. peripl. Pont. Eux. 2lf. Ano- 
nymus peripl. Pont. Eux. 24f. Strah. XII 544. 
546. 12. Plin. n. h. VI 6, 8. Ptolem. V4, 2. Seine 
Größe (bei Xen. anab. V 6, 9 übertrieben auf 
zwei Stadien angegeben, vgl. Herod. I 75), machte 10 
ihn von jeher zum Grenzflusse. Er schied in 
alten Zeiten das lydische und persische Reich, 
Herod. I 72. Thukyd. 1 16, später in Verbindung 
mit dem Tauros Kleinasien von dem übrigen 
Asien, Herod. I 28. Strab. Xn 534, XVII 840. 
Diod. XVII 54. Curt. IV 11, 5. Er trennte die 
Matiener von den Phrygiern, die Kappadokier 
{SifQot) von den Paphlagoniern, und auch bei 
seiner Mündung die Gebiete von Amisos und 



j3.axi«iuiyaut)ii 020*0 

Hymnus auf Aphrodite 258ff. Hier heißt es von 
den Nymphen des Idagebirges: 

at g' mfre {hyroig omt 1 a&avazotoiv movrat, 
öngor fisv C&ovoi xal äfißgotov eldag edavatr, 
ferner 

zfjat & afi t^eXdzai ßk ögvsg vipixaQvvot 
yEtvojLtBvflöiv stpvoav im yßovi ßcartavsiQj] 
xaXai, xnXffrdovoai . . . 

tiU' oxs hsv 8r) fiotga siaQsaxqxn d-avdroto, 
äCävstai fihv itQ&Tov im yßovi öivdgm xaXa 
qpXotog ff dfi<piJieQl (p&ivvd'ei, Ttinxovot «5 1 fei öCot 
x<bv de #' öfiov yv%i] Xeikei qpdog tfeXtoio, 
Das lange und doch begrenzte, weil sympathetisch 
an das Leben des Baumes gebundene Leben der 
Nymphe gab Gelegenheit zu Zahlenspielereien, zu- 
gleich auch zu einer Übertragung dieser Mittel- 
stellung zwischen Sterblichkeit und Unsterblich- 
keit auf alle Nymphen. Daher die Berechnung 
Hesiods frg. 171 Kzach, wo in der Stufenfolge 



Sinope, Herod. I 6, 72. V 52. Strab. XH 544. 20 Mensch, Saatkrähe, Hirsch, Rabe, Vo^el Phoinix 



546. Jetzt Kisil-Irmak. Die ausführlichste Be- 
handlung des ganzen Stromgebietes steht bei 
Eitter Erdkunde von Asien 1858 XVIII 236— 
448, auch heute noch von Wert. Allerdings ist 
der größte Teil des Flußlaufes erst viel später 
genauer bekannt geworden; 1893 haben die 
deutschen Offiziere v. Flottwell, v. Prittwitz 
und Gaffron, Märcker, Kannenberg den H. 
von der Breite von Angora abwärts verfolgt (Ver- 



zicht Palmbaum) an letzter und höchster Stelle in 
der Langlebigkeit die Nymphen genannt werden. 
Zum Zusammenhang dieser allgemeinen Vor- 
stellung (worüber noch vgl. Serv. Aen. I 372. 
Lactant. zu Stat. Theb. IX 376. VI 88) speziell 
mit dem H. -Begriff vgl. noch Plut. de def. or. 
11. Wenn Ausonius in seiner Übersetzung der 
Hesiodeischen Spielerei (Id. 18, VII 5 Peiper) im 
Anschluß an den Phoenix ales am Schluß sagt: 



handl. d. Ges. f. Erdk. Berlin XXI 1894, 69; 30 Quem nos verpetuo decdes praevertimus aevo. 



dazu Karten in der Ztschr. d. Ges. f. Erdk. Berlin 
XXXIV 1899 und Petermanns Mitt. Erg.-Hett 
114); 1896 haben Oberhummer und Zimmerer 

weiter stromaufwärts das große Stück zwischen 
Avanos und Köprü-Köi aufgenommen (Ober- 
hummer und Zimmerer Durch Syrien und 
Kleinasien 1899, 219f. Die Karte auch in 
Petermanns Mitt. 1897). Jetzt sind nur kleine 
Strecken im Mittel- und Unterlauf noch nicht 



Nymphae Hamadryades , quarum logissima 

vita est, 
so kommt er damit, schwerlich mit Bewußtsein 
und besonderer Absicht, zu dem Ausgangspunkt 
des ganzen Problems der Zeitdauer des Nymphen- 
lebens, zurück. Bei Pindar kommt die ursprüng- 
liche Bedeutung des Namens klar zum Ausdruck, 



wenn er (vgl. Plut. a. a. 0. und amat. XV. 

Pindar frg. 165B.) die H. hoösvögov tsk^coq 
genauer bekannt. Am bequemsten findet man 40 aliavog Xayovaag nennt, 
den ganzen Flußlauf bei E. Kiepert Karte von Die antike Defmitioi 



ganzen jiumaui bei n. Xiep< 
Kleinasien B IV. C IV. B III. A IV. [Rüge.] 

Haffl. 1) Harn, der bekannte Sohn des Noah 
Gen. 5, 32. 10, lfi'., grieeh. Xap, bei Joseph. Xdfmg. 
Joseph, ant. lud. I 4, 1. 2. 6, 2. 3. Ioann. Ant. 
frg. 1, 21. Suid. s. v. Phil, de sobriet. 10 über- 
setzt Xdfi mit &8Qfir). 

2) Harn, ?; Xdfi = AXyvTirog, Suidas, daher 
yfl Xdfi s. j&aviiaöia. [Pieper. 



Die antike Definition und Erklärung des Na- 
mens öiä xo a/ia xaig ÖqvoI ysvv&o'&at jj (p&sl- 
geo&at begegnet Schob Apoll. Rhod. II 477. 
Etym. M. s. v. Phavorinus s. v. , lateinisch 
Servius Ecl. X 62, Probus Georg. I 11, Ser- 
vius Aen. III 34 cum arboribus et naseuntur 
et pereunt geht nach den Apolloniosscholien auf 
Mnesimachos zurück . also auf jenen Phaseliten, 
für den wir überhaupt gerade diesen Schollen 



Hamadryaden. BamadryadesXympkae,quaehOd.ie Verantwortung überlassen müssen (vgl. Su- 



eum arboribus et naseuntur et pereunt, Dryades 
vero sunt, quae inter arbores habitant. Diese 
Definition des Servius zu Verg. Ecl. X 62 ent- 
hält den entscheidenden Unterschied: Wie der 
Name das innige Verwachsensein von Baum und 
Weib bezeichnet, so herrscht hier die Vorstellung 
von dem sympathetischen Leben einer Nymphe 
und ihrem Baum. Diese .Bauraseelen* haben 
zunächst nichts zu tun mit den in den übrigen 



semihl Gesch. der gr. L. i. d. A. II 392. FHG 
IV 453). Da Schol. Apoll. IV 1412 desselben 
Mnesimachos Ausführungen über die verschiedenen 
Nymphenklassen mit Angabe des Werkes Aid- 
Koofioi zitiert werden (vgl. auch Servius Aen. 
I 500), so ist kein Zweifel über die genauere 
Herkunft. Daß dieses Werk ein mythologisches 
Handbuch gewesen sei, ist durch nichts zu be- 
weisen, der Titel scheint »Klassifizierungen' zu 



Nymphengruppen repräsentierten Dämonen, die 60 bedeuten, womit ja das einzige Zitat sich leicht 



in einem bestimmten Bezirk ihr Wesen haben. 
Die erstere Vorstellung findet einen besonders 
lebhaften Ausdruck in der mythischen Verwand- 
lung von Personen in Bäume und wird durch 
religionsgeschichtliche Parallelen gestützt (Mann - 
hardt A. W. u. F. 4ff.). 

Ihren ersten klaren Ausdruck lesen wir, frei- 
lich ohne das Wort selbst, in dem Homerischen 



vereinigt. Unter dem Ötdxoaftog verstehen ja in 
ähnlichem Verstand einige antike Interpreten den 
Homerischen Schiffskatalog. Die Apolloniosscho- 
lien und das Etym. M. fügen unter Berufung 
auf Charon von Lampsakos mit einem im wesent- 
lichen gleichen Wortlaut eine Erzählung bei, die 
zeigt, daß das Verhältnis der Nymphe zu ihrem 
Baum frühzeitig nicht nur jener ZahlenspielereL 



Äsow nauiauryauen 

sondern auch novellistischer Erfindung Nahrung 
bot. Khoiios sieht eine Eiche in ihrem Stand 
gefährdet und sich schon zur Erde neigen und 
veranlaßt ihre Stützung. Die Nymphe dankt 
ihm und verstattet ihrem Retter einen Wunsch. 
Der erhält den Genuß ihrer Liebe unter der Be- 
dingung, jedes andere Weib zu meiden. Liebes- 
bote ist die Biene. Der Liebhaber, den einst 
eine Botschaft gerade beim Brettspiel in Er- 
regung trifft, läßt sich zu bittern Worten gegen 
die H. hinreißen und wird bestraft; vgl. FHG 
I 35. Daß diese Geschichte gerade in den xxi- 
Otts des Lampsakeners gestanden habe, ist ganz 
unerweislich. Eine Spielerei mit Einsilbern am 
Ende des Verses gibt u. a. dem Ausonius den 
Vers ein (de hist. 7, VH 10, 7 Peiper) Non sine 
hamadryadis fato cadit arborea trabs. Auffallend 
ist die Ausdrucksweise einer Kallimach eischen 
Stelle (hym. IV 78ff.), die im übrigen sich von 
der üblichen Auffassung nicht unterscheidet. Die 
allgemeine Flucht der Ströme und Länder läßt 
eine H. für ihre Existenz fürchten. 
^H 8* v7io8tvt]&€laa yogov djiBTtavoaro vvp<pn 
avxo'i^o^v MeXit] xa.1 vsioyXoov says Jtaostriv, 
ijXixog do&ßaivovaa tisqi Öqv dg' , mg iöe yo.ixr\v 
QEiofxh 1 )-} 'EXtxoivog. s^ial &sat, vTiiaxz Movoai, 
j] q heov Efhovxo roxe Ögv3g fjvixa vv/Aipai; 
vv^xpai ui-v yaiQovatv ots ÖQvag ö'/ußpo; äe£si, 
vvfi<pat & av y.laiovoiv ort Sovatv ovx hi (pvkXa. 
Hier wirkt freilich der anfangs erwähnte Chor- 
reigen mehr als stereotyper Schnörkel der Nym- 
phenzeichnung denn als organischer Bestandteil 
des ganzen Gedankens. Ob die scharfe Formu- 
lierung dieser seltsamen Sympathie als eines 
poetischen Vorwurfs einen Hieb auf die noch zu 
behandelnde abweichende Fassung der Vorstellung 
durch Apollonios Rhodios enthält, muß dahinge- 
stellt bleiben. Etwas outriert ist die Ausführung 
der üblichen H. -Vorstellung in einer Novelle des 
Ovid met. VIII 755ff. Eine alte heilige Eiche 
wird von Erysichthon gefällt, 
Non dileeta deae solum, sed et ipsa lieebit 
Sit dm, mm tauget frondente caeumim terram 



xuuueiui v ttticii 



eontremuit gemitumque dedit 
et pariter frondes. pariter palleseere glandes 
coepere ae loiigi pallorem duoere rami 
cuius ut in trunco feeit manus impia vulnus, 
haucLaliter fiuxit dücusso cortice sang uis 
quam solet ante aras ingens ubi victima taurus 
coneidit abrupta cruor e cerviee profundi. 
Die sterbende Nymphe droht ihrem Mörder Strafe 
an: 

Nympha sub hoc ego sunt Gereri gratissima ligno 
quae tibi factorum poenas instar e tuorum 
vaticinor morüns nostri solacia leti. 
Der pointierte Zug des blutenden Baumes hat, wie 
die Erwähnung bei Serv. Aen. III 34 zeigt, seinen 
Eindruck nicht verfehlt. Bei der Schilderung eines 
gefällten Waldes erwähnt Statuts Theb. VI 113 
den Zug nee amplexac dimittunt robora nym- 
phae. Das hohe Alter der Waldung war da- 
durch bezeichnet, daß er nicht nur alte Menschen 
aberdauert hatte, er soll 95 nymphas etiam mit- 
tasse superstes faunorumque greges, wo das Scho- 
lion Nymphae diu vivunt et tarnen m&riuntur 
in Verbindung mit dem Text zeigt, daß die Vor- 
stellung der langlebigen und doch sterblichen 



Nymphe hier nur den Zwecken der poetischen 
Steigerung dient und ihrem ursprünglichen Sinn 
entrückt ist. 

Eine in den Lykophronscholien des Tzetzes 
(zu 480) berichtete H.-Geschichte wird wiederum 
auf Charon von Lampsakos , zugleich aber auch 
auf den Epiker Eumelos zurückgeführt. Des 
letzteren Beteiligung ist auch sonst durch Zeug- 
nisse der Apollodoreischen Bibliothek (TU 8, % 2. 

10 III 9, 1, 1. Kinckei EGF 194f.) sichergestellt. 
Arkas, der Sohn des Zeus und der Kallisto, der 
Tochter des Lykaon, sieht auf der Jagd eine H. 
Chrysopeleia gefährdet. Er lenkt den Gießbach, 
der sie zu entwurzeln droht, ab und erhält ihre 
Liebe. Sie gebiert ihm die Stammväter der Ar- 
kader. Diese nennt daher Lykophron a. a. O. 
die £370^0* ägvog. Einer euhemeristischen Ten- 
denz verdankt wird die von Athenaios (IH 87 b) 
dem Epiker Pherenikos zugeschriebene Genealogie 

20 der Bäume , "OfvXov rov 'Ogetov 'Aßadgvddi xfj 
ädsXqpfi iiiyhxa fisz älXoiv yswfjoai KaQvav, Bd- 
Xavov, Kqdvsiav, MoQStxr, AiyetQov, HziXear, *A[i- 
TtsXov, 2vx^v xal xavxag Hfiadgvddas vvfiq?a$ 
xaXsiö&ai xal an avröiv noXXd züv Öevdoaw Ttoog- 
ayoosvso&ai. Hier erwähnen wir auch die von 
Antoninus Liberalis auszugsweise aus Nikanders 
'Ersgotov/nsva (ß) mitgeteilte Verwandlungssage: 
Miletos, der Sohn des Apollon und der Aka- 
kallis, der Tochter des Minos, wird von der 

30 Mutter aus Furcht vot ihrem Vater ausgesetzt. 
Wölfe schützen auf Weisung des Apollon das 
Knäblein, das schließlich von Hirten erzogen wird. 
Miletos gründet Milet und heiratet Eidothea, die 
Tochter des Karerkönigs. Ihre Kinder sind Kau- 
nos und Byblis. Die letztere weist alle Freier 
ab, unsägliche Liebe zu Kaunos macht sie rasend. 
Sie will sich von einem Felsen herunterstürzen, 
wird aber von Nymphen zurückgehalten. Kai 
avxrjv ijlXa^av an äv&gcoTicov dg daifiova .xal 

40 oivdfiaaav 'AftadQvdda vvj,i(pT}v BvßXiSa. Vgl. Ovid. 
met. IX 447ff., wo freilich die Naiaden aus ihr 
eine Quelle machen. Deutlich ist die euheme- 
ristische Umdeutung des alten Volksglaubens in 
der Sage von Dryope (s. d.). Die TochteT des 
Dryops, von den H. zur Gespielin gemacht, wird 
von Apollon verführt, später verheiratet. Die 
H. entführen sie aber wieder und lassen an ihrer 
Stelle eine Schwarzpappel entstehen. Zwei Frauen 
verraten die Entrückung der zur Nymphe Gewor- 

50 denen und werden zur Strafe in Fichten ver- 
wandelt. Ant. Lib. XXXII aus Nikanders 'Exeq. a. 
Bei Ovid. met. IX 330ff. wird Dryope in einen 
Baum verwandelt zur Strafe dafür, daß sie eine 
Lotosblume gepflückt und damit die Nymphe 
Lotis verletzt hat. Charakteristisch für Apollo- 

* nios Rhodios und Nonnos ist die Vorstellung 
eines Weiterlebens der H. nach der Vernichtung 
ihres Baumes oder wenigstens der Möglichkeit 
einer Trennung. Apollonios läßt den Vater des 

60Paraibios im Walde Holz fällen und dabei die 
H. mißachten, die ihn anfleht : 
fiTj xafisEiv TzoEfwov Sgvog ijXtxog, f} ent novXov 
aiixiva xQißeoxs dirjvexeg. 
Ihm bringt daher die geschädigte Nymphe Ver- 
derben und seinen Kindern, B 475ff. Nonnos, der 
Hadryaden promiscue mit H. gebraucht, schildert 
das Entsetzen, mit dem die Nymphen ihre zer- 
störten Bäume verlassen, B93f. : 



£i£tvx najuauryauen 

'ASgvdösg 8s 
vjXixeg cjövqovto XtTidaxia divögsa Nvfupai. 
xai tig evjTTOQ&oio öiyaCofisvoto xogvfitßov 
ovyxQOvos axQrjÖEpvos 'AfiaSgvdg äv&oge dd<pvt}g, 
ix JTizvog öe tpvyovaa ßaz<p stodt zzagSsvog äXXq 
ay%itpavr}q äyögsvae fierqXvdi yehori Nvf4<pfl xzX, 
Gerade diese Vorstellung der Trennung von 
Nymphe und Baum, Seele und Leib, scheint 
ihm ein dankbares, interessantes poetisches Sujet, 
das die verschiedensten Variationen verträgt. Die 10 
Nymphen bitten, ihre Bäume zu verschonen, sie 
selbst aber zu töten: 

100 vXozdfiot, to.Se ösvöga 7iagiX§£T£ , fxr} {pvtaAä<pvr] s 
TSfiVEtE dstXatyg r£zit](ieva- <pelöso , zkxzaw, 
SXxd&a fxij TEXeo-fig mzvibdea Öovgara T£/M>G>vg 
{iq goÖtcov tpavoete &aXaaaaitjg Ag?goöiztjg. 
xal, ögvio^tog, xvfiäitjv jioqe pot %äQtv , dvzi 

XOQVflßoJV 

xöjize (is aoTg sislixsoai, xal fj/.i£Z£Qov öta /.ia£ov 

xf>£ov ävvjiKpEmoto aao(pgova yalxov 'A&tfvtjg, 20 

oq)QO. &avco xqq ydfioio xal "Atdi siagMvog h'Xüco, 

siaen vijig Egcorog, ajisg IHxvg, oid zs Adtfvrj. 

Man sieht, daß die Verwandlungssagen stark den 

Vorstellungskreis beeinflussen. Gleichwohl findet 

sieh eine Scheidung der mythischen, in den Baum 

verwandelten Person und der Nymphe, die ,aus 

dem Baum geworden ist' : 

113 7iaQ$Evir}s £fj,ipv?,ov l'yto (pdßov, ozxi xal avzi] 
ex Öd(pv7]s yeyavia 8t(bxofiai, oid ze Adrpvr\, 
Die fliehende, von ihrem Baum völlig emanzi-30 
pierte Nymphe wünscht u. a.: 
149 tvf\v ösvdgeov aXlo xal ex ögvog dg dgvag e'Xticü. 
Vgl. noch Nonnos XXII 84ff.: 
dXXd rig tfvefidevzog vjieQxmpaaa xogi\ußov 
ix laaiov xeve&vog Afiaögvdg äv&oge Ntiftyr}' 
%etQt Ös dvQoov syovoa <pvrjv IvSdXXszo Bdxyrj, 
fiifitjXijv Ögvosvzi sivxa^opisvr) xgiya xiooq}. 

tos (pafthrj xaMvogoog 'Aptadgvdg ojyjro Nvfupf), 
d>g tzzeqov rfz vorjfia, fu-zaXXdg'aoa de /aogcptjv 40 
tov<pvi}g ogvt&i öiizgeye (pvXXdöog vXtjg 
r/Xtxog aiooovaa xazd dgvdg. 
XXXVII 20f. ist es wiederum das Holzfällen 
im Wald, das zu der Bemerkung Veranlassung 
gibt: 
xai zig Aftaögvddcov fisTavdaziog tmiys NvfMpy, 
striyaty d* dxiyijzog ärjßsi ftiyvvzo nötigt}, 
was man rationalistisch so interpretieren kann, 
daß der gefällte Baum in das Quellwasser am 
Boden stürzt; vgl. noch XLIV 12. XL VII 460. 50 
XLVIII 519ff.: 
rjXtxog avzojMzka&Qog vxegxtiywoa xoQVftßov . . . 
6fir{Xtxt xev&sto ddfivfp 
SvacifiiEvr] dgvÖEvza ndhv Öduov. 
XLVIII 641. XXX 293. XVII 311. XL VIII 201. 
Das Schwinden der ursprünglichen, nun nicht 
mehr lebendig empfundenen Vorstellung gibt außer 
zu solchen poetischen Spielereien zugleich auch 
Gelegenheit zu gelehrten Tüfteleien über das Ver- 
hältnis von Nymphe zu Baum. Aus dem Baum 60 
ist die H. entstanden nach Paus. X 32, 9 , der 
sich dafür auf eine poetische Tradition glaubt 
berufen zu dürfen (oTat zd dgyalov X6ya> t0 xotr}- 
Täv iqmovzo dnö zs äXXcov dtvdgtov xal pdXtota 
ojm> Täv Öqvüv). Hierzu paßt der oben ange- 
fahrte Vers Nonnos B 114. Umgekehrt Eustath. 
IL VI 420 (652, 32) d Q veg di avx&v yivovxau 
-Eine merkwürdige Vorstellung trägt das Horaer- 



ilamaeuia 



2292 



scholion zu IL XX 8 vor, dem die H. die vvfttpat 
S7ti tcöv 8evdga>v sind. 

Wie früh der eigentliche Sinn des H.-Glaübens, 
von verwandten und doch verschiedenen religiösen 
Vorstellungen mannigfach durchkreuzt, abblaßt, 
beweist schließlich die schablonenhafte, konven- 
tionelle Verwendung des Namens als eines poeti- 
schen Schnörkels und schließlich eine gewisse 
Grenzvenvischung zwischen 'den einzelnen Nym- 
phengattungen in der poetischen Terminologie. 
Klischeeartig mutet schon der Reigen an, den 
H. zur Syrinx des Pan nach einem Platonischen 
Epigramm (Anth. Pal. IX 823} aufführen; nicht 
minder auch die Wendung eines Epigramms des 
Marianus Scholasticus (IX 668), der in einem 
Baumfeld ein evöiov 'Afmdgvddajv dßgoxd/xuov sieht. 
Die Dichterin Moiro bemüht in einem Epyllion 
(VI 189) die H., die sie nozapov xogai nennt, da 
ihre Bäume am Ufer des Flusses stehen, um 
Schutz für Kleonymos: 

og zdöe xakd 
EtGafP VTial Ttizvoiv vfjtfii, fieat, t-dava. 
Die geschraubte Genealogie sollte die Konjektur 
'AvLygtddsg beseitigen. Die völlige Vermengung 
der poetischen Nymphenbenennungen veranschau- 
licht Propertius, der I 10 bei der Geschichte von 
Hylas abwechselnd von Nymphae, Dryades, Adrya- 
des und Hamadryades redet, ebenso Ovid fast. 
IV 231, der von einer Naiade redet, w r o wir die 
echte H. -Vorstellung zu fassen glauben: 
Naida volucribus sueeidit in arbore factis 
lila perit, fatum naidos arbor erat. 
Für den farblosen, konventionellen Gebrauch des 
Namens vgl. ferner Catull. LXI 23. Prop. II 32, 
37. 34, 76. Ovid. fast. II 155; met. XIV 624 und 
schließlich met. I 690: 

Inier hamadryadas celeberrzma Nonaerinas 
Naias una fuit 
So hängt ein enttäuschter Jäger Anth. Pal. XI 
194 seine Hunde statt der fehlenden Jagdbeute 
,dem Pan, den Nymphen, Satyrn und H.' auf. 

Vgl. Adryaden o. Bd. I S. 421. Dryaden 
o. Bd. V S. 1742; ferner Mannhardt a. a. O. 
Schoemann Op. ac. II 127ff. Welcker Griech. 
Götterlehre III 57h\ Lehrs Pop. Aufs. 2 114ff. 
Preller-Robert Griech. Myth. 721ff. Stoll bei 
Röscher s. Hamadryaden I 1824fF. Bloch bei 
Röscher s. Nymphen III 1, 522ff. [Süß.] 

Hamae, Ort mit dem campanischen Bundes- 
heiligtum, drei Millien von Cumae entfernt, Liv. 
XXIII 35. 36, wo es im J. 215 zu einem für 
die Römer glücklichen Gefecht gegen die Cam- 
paner kam. Eine im Gebiet von Giugliano nord- 
östlich von Cumae gefundene Inschrift (Not. d. 
seavi 1885, 81) nennt H. und ist ein Anhalts- 
punkt für die Lokalisierung. Vgl. Nissen Ital. 
Landesk. II 715. [Weiss.] 

Hamaeum litus, ubi auri metalla, Plin. 
n. h. VI 150 (diese Namensform verdient vor der 
wenn auch durch die Plinius-Hss. besser beglau- 
bigten und jüngst wieder von Detlefsen Die 
geographischen Bücher ... des Plinius . . . 1904 
befolgten Schreibung Mamaeum den Vorzog), 
Teil der Westküste Arabiens, von Plinius nach 
den Clari (s. d.) und vor der Regio Canauna (s. d.) 
erwähnt. Sprenger Die alte Geographie Ara- 
biens 1875, 52 erblickt darin ,die Küste Hamidha, 
welche ihren Namen von einem Kodommol gegen- 



azua 



mmaKtyon 



über liegenden Städtchen hat'. Anspruch auf 
Zustimmung darf jedoch eher die Deutung Gla- 
sers (Skizze der Geschichte u. Geographie Ara- 
biens 1890 II 32) erheben, wonach das H. Utas 
seinen Namen , ersichtlich von Hamma hat, einer 
Ortsbezeichnung, die gerade in 'Aalr häufig vor- 
kommt 1 und Plinius dasHammaungefähreine Tage- 
reise östlich von Sabjä' meint; dann ist das nach 
Plinius durch seine Goldbergwerke bemerkens- 
werte litus H. ,der Küstenstrich von Sabjä, wahr- 10 
schemlich bis gegen Konfuda'. In dieser Gegend 
sucht Glaser 29f. auch die Debai (s. d.), deren 
Land nach Artemidor bei Strab. XVI 777 und 
nach Agatharcliides 95 M. von einem Goldsand 
führenden Flusse bewässert und auch sonst gold- 
haltig war. Nun finden nach Glasers persön- 
lichen Erkundigungen in eben dieser Gegend, 
zwischen Konfuda und Mersa Halj, die Beduinen 
noch heute sehr häufig Gold, und auch der ara- 
bische Geograph HamdänT kennt in derselben 20 
Gegend Minen. Ebendahin führt auch die von 
Plinius unmittelbar nach dieser Goldküste er- 
wähnte Regio Canauna , etwa zwischen 19 ° 8' 
und 18° 36' nördl. Breite; ,denn 11/2 Stunden 
nordöstlich von Konfuda gibt es noch heute einen 
Ort Kanaunä, den auch Hamdäni, Gezlre 181, 15 M., 
meinen dürfte 1 (Glaser 32). [Tkac.] 

Hamaktyon, Kommandeur der Leibeskadron 
(fjysfitov %r\g ßaoiXixrjS iXtjg) unter Seleukos II,, 
und zwar etwa in den 30er Jahren des 3. Jhdts. 30 
v. Chr., da er nach Polyaen. IV 9, 6 an der 
Schlacht von Ankyra — der Bruderschlacht zwi- 
schen Seleukos IL und Antiochos Hierax — teil- 
genommen haben muß ; er hat mit seiner Truppe 
den König auf deT Flucht nach der Schlacht be- 
schützt. [Walter Otto.] 

Hamath s. Epiphania Nr. 3. 

Hauiavchae. Dieser Beiname der Matronen 
rindet sich nur einmal auf einer Inschrift von 
Altdorf bei Jülich, jetzt in Köln, CIL XIII 7864 : 40 
Matronis Hamavehis C. lulius [PJrimus et G. 
Iulius Quartus ex i[m]perio ipsarum . . . I. m. 
Nach Kern und Ihm ist der Beiname zu er- 
klären aus dem Gau. Hameland oder Hamaland, 
dessen Name wieder von dem Stamm der Chamaven 
(mit Schwund der Ableitungssilbe av) herkommt, 
Ihm Bonn. Jahrb. LXXXIII (1887) 23 n. 307. 
Die Formel ex imperio ipsarum ist gerade bei 
den Matronensteinen sehr häufig. S. den Art. 
M a t r o n a e. [Hang.] 50 

"Afia^a, auch af.iag'a bei Homer, Hesiod und 
Diog. Laert. (Ausg. Cobet), d^aia bei Arat. 
(ed. Maaß) 93 ; Verkleinerung äjua^ig Herodot LTJ 
113. Aristoph. Wolken 864. 880, zusammenge- 
setzt aus du -+- atja (Kretschmer K. Z. XXIX 
349. Prell witz Etym. Wörterb. 302). 

I. Teile dieser Wagenart nach Pollux 1253: 
die Achse {ä^cov); die Räder {xgoyoi), fest mit 
der Achse verbunden; die Achse drehte sich in 
zwei Achsen scheren (df*ag~rj?iöÖeq), welche ihrer- 60 
seits, durch die daraufliegenden Run gen stücke 
(HXa fiatgala) verstärkt, unten an den Wagen- 
rungen (Oawot) befestigt sind. Letztere bilden 
zugleich die rechte und linke Seite des Gestelles 
(vjiEQieQta), das in der Mitte der Leiter (xXifia£) 
liegt. Dazu kommen die Deichsel (qv/ios), das 
Joch (Cvydg, £vyöv) mit dem Jochbogen (C«i5- 
yXf)) t dem Joehröcken (imoCvytov) usf. Piaton 



Afxa§ct ZZV4; 

(Theaet. p. 207 A) nennt dazu noch die ävruyes. 
Das sind sonst Reifen, welche den Wagenstuhl 
umrahmen (s. 0. Bd. I S. 2645), in unserem 
Falle also die Reife der vTtsgzsgia. Diese wird 
von Pollux I 144 als z6 SXov ijzt-d?]fx.a, als Ober- 
gestell des Wagens bezeichnet und Hesych stimmt 
mit ihm üb er ein. Neben der Klimax, der leiter- 
artigen Brücke oder Bank, kann imegzegia nur 
ein auf dieser Bank liegender Kasten sein, wie 
wir ihn etwa bei Reinach Repert. des vases II 
110 oder I 214 abgebildet sehen. Ich ziehe 
letzteres Beispiel heran, trotzdem es sich um 
einen Rennwagen auf einer panathenaischen Vase 
handelt; das Gefährt stimmt nämlich auffällig 
mit den Angaben des Pollux überein. 

IL Bei Homer bedeutet d. ein Gefüge von 
Achsen, Rädern und Bank ohne Oberge stell und 
Deichsel, während der voll ausgerüstete und mit 
Tieren bespannte Wagen den Namen d^vt} hat 
(IL XXIV 266f. 150. 189; Od. VI 37. 69. 72f. 
260). Immerhin lassen sich nach dieser Annahme 
nicht alle einschlägigen Stellen restlos erklären. 
In H. XXIV 711 und 782 hat d. die Bedeutung 
,Lastwagen', steht also, wo man äntjvt} erwarten 
sollte. Auch Buchholz (Hom. Real. LT 220f.) 
kommt nicht über diese Schwierigkeit hinaus. 
Lafaye bei Daremberg-Saglio IV 1, 504 
setzt überhaupt die ä. der dnr]Yi\ gleich; und 
wenn wir die Angaben des Pollux mit dem an- 
geführten panathenaischen Rennwagen , auf dem 
übrigens der Lenker sitzt, vergleichen, so dürfen 
wir Laf ayes Behauptung annehmen, mit der Ein- 
schränkung, daß wir die ajnjj>»? als Maultierge- 
spann, die a. im allgemeinen eher als Ochsen- 
gespann ansehen müssen (s. 0. Bd. I S. 2695). 
Bei Xen. anab. VI 4 , 22 und 25 wird der Zug- 
ochse geradezu ßovg iwb ä[idk~v}s genannt. 

IIL Die ä. diente zu allen Zeiten als Last- 
wagen. Dazu konnte sie des Obergestelles oft 
entbehren. Meist wird sie einachsig gewesen 
sein; doch werden auch vierrädrige erwähnt 
(Hom. Od. IX 241. Herodot. I 188. Lucian. 
Toxar. 46). Die Räder waren teils Scheiben-, teils 
aber Speichenräder (letztere z. B. Schreib er 
Bilderatlas LXII 10. Daremberg-Saglio HI 2 
Abb. 5160). Als Waren, die auf der a. beför- 
dert werden, nenne ich nur Steine (Hom. Od. IX 
241; IL XII 448, Xen. de re equestri IV 4; 
anab, IV 7. 10. Thuc. I 93), Holz (Hom. Od. X 
103; IL XXIV 782) und Reisig (Herodot. IV 62 
und 69), Getreide (Xen. Cyrop. HI 4, 18), Wasser, 
Wein und Mehl (Herodot. I 188. Xen. anab. I 
10,18. Schreibera.a. O. Daremberg-Saglio 
a. a. 0.), Nieswurz (Plat. Euthyd. p. 299 B), 
Wäsche (Hom. Od. VI 74). Im Kriege diente 
die a. als Troßwagen (Xen. anab. I 7, 20. IH 2 r 
27. VI 4, 22; Cyrop. IV 3, 1. Thuc. IV 100. V 
72); auch im landwirtschaftlichen Betriebe wurde 
sie natürlich verwendet (Aelian. var. hist. V 14), 
und endlich benutzte man sie zur Wegschaffung 
von Leichen (Thuc. IV 48), im Skythenlande so- 
gar als Leichenwagen des Königs (Herodot. TV 
71). Das sind aber bei weitem nicht alle Klas- 
sikerstellen , in denen das Wort d. vorkommt. 
Eine Dipylonvase (abgeb. Schreiber Bilderatlas 
XCTV 6 = Reinach Rupert des vases 1 190) stellt 
ein Leichenbegängnis dar. Der Sarg mit dem Toten 
Hegt auf einem vierrädrigen Wagen; im Leichen- 



.enge sehen wir ebensolche Gefährte mit kästen- 
«rfcigem Aufsatz, auf dem der Fuhrmann steht. 
Ein Leichnam auf einem zweirädrigen Wagen ist 
bei Schreiber a. a. O. 4. 5, sowie bei Eeinach 
a. a. O. I 220 dargestellt. Biese Leichenwagen 
«werden, wie die skythischen, wohl nichts weiter 
-als d. sein; vielleicht müssen wir dem zuletzt an- 
geführten den Namen ajirjvr} beilegen, weil er von 
meinem Maultierpaare gezogen wird. 

IV. Das a. genannte Fahrzeug befördert aber 
auch Menschen, Wenn zwar Plat. Gorg. p. 471 B 
erzählt, daß Archelaos von Makedonien den Per- 
-dikkas und dessen Sohn Alexander betrunken 
machte und sie auf eine ä. warf, so meint er damit 
offenbar einen gewöhnlichen Lastwagen. Dagegen 
ist das Geschichtlein von Kleobis undBiton bekannt, 
die ihre Mutter zum Apollontempel führten , und 
zwar, wie Herodot I 31 erzählt, in einer d. War 
-diese auch ein Bauern wagen? Bei den einfachen Ver- 
hältnissen der alten Zeit wäre es nicht unmöglich. 
Doch kann man mit gleichem Bechte voraussetzen, 
die Priesterin des Apollon habe auf einem kabrio- 
letartigen Fahrwägelein gesessen, wie jene ver- 
schleierte Dame auf dem erwähnten Vasenbild 
bei Reinach II 110. Der junge Fuhrmann sitzt 
vorn im Kastenboden und hält Peitsche und Zügel 
in den Händen. Wir kennen übrigens eine Solo- 
nische Bestimmung, nach der die Frauen des Nachts 
nicht zu Fuß ausgehen durften, sondern auf einer 
d. fahren mußten, während ihnen eine Laterne 
oder Fackel voranleuchtete (Plut. Sol. 21), Weiter 
wissen wir von einer spartanischen Festgesandt- 
schaft, die auf a. mit Weib und Kind nach Delphi 
fuhr. Als sie im megarischen Aigeiroi an einem 
Teiche lagerte, da stießen betrunkene Gesellen 
die Fahrzeuge ins Wasser hinein, sodaß mehrere 
Mitglieder der Gesandtschaft umkamen. Die Übel- 
täter wurden von den Amphiktyonen mit Tod 
oder Verbannung bestraft, und ihre Nachkommen 
■erhielten den Übernamen ,Karrenschieber, a^a- 
£oxv?aozai (Plut. quaest. graec, 59). Wahrschein- 
lich waren solche Gesandtschafts- oder Eeisewagen 
mit einem Zelte überspannt, vielleicht wie wir 
es auf einem Münz bilde aus Ephesus sehen (Da- 
remberg-Saglio IV 1, Abb. 5704). Ob nicht 
auch die ä. zu dieser Klasse der Eeisewagen zu 
zählen ist, in welcher Empedokles seine Todes- 
fahrt nach Messina unternahm? (Diog. Laert 
VIII 2, 11); vgl. einen ähnlichen Fall bei Diodor. 
XX 2-5, 4, wo ein Wagen (%ia) mit Verdeck 
{oxyrrj) erwähnt ist. Das vierräderige dopa wird 
wohl eine ä. sein. Auf a. haben ferner die atheni- 
schen Frauen ihre Wallfahrt zu den großen My- 
sterien nach Eleusis gemacht. Wir wissen, daß 
sie dabei von den Wagen herab einander Spott- 
reden zu schleuderten (Aristoph. Plnt. 1013. Plat. 
Leg. I p. 637 B. Suid. s. za kr. töSv dßa;&v 
aarnfj-ftara), wie denn solche Scherze in tcov df.ta- 
■fejv auch an den Festzügen der Anthesterien und 
Dionysien üblich waren (Suid. a. a. 0. und s. 
*£ dftä^. Girard Education athenienne 90 2 ). 
Eine ähnliche Sitte erwähnt Suid. a. a. O. von 
Alexandria. Dort haben besonders dazu beauf- 
tragte Männer If äfidfy; den Bewohnern ihr Sün- 
denregister verlesen. Das hieß man .Seelenreini- 
gnng*. Von den Festwagen bei den genannten 
athenischen Anlassen geben uns Vasenbilder eine 
Uare Vorstellung. Man vgl. Daremberg-Saglio 



naimtuw» 



az&o 



I 2, Abb. 2204. IV 1, Abb. 5702 u. 5703. Bau- 
meister Denkmäler Abb. 2321. Beinach Repert. 
de la statuaire I 38. Arch. Zeit. XVI (1864), 
Taf. 185 u. 186. Sie hatten verschiedene Formen 
und waren je nach Geschmack und Reich'tum des 
Teilnehmers ausgestattet. Ein Abbild davon geben 
wohl auch die Kinder wägelein, wie sie bei Girard 
a. a. O. 91 = Daremberg-Saglio I 1 Abb. 829 
und FI 1 Abb. 2427 = Reinach Repert. des 

10 vases 117 dargestellt sind. Es werden dies aua- 
gtdsg sein, die etwa an den Diasien den Knaben 
geschenkt wurden (Aristoph. Wolken 864). 

V. d. hießen endlich bei den Griechen die 
Nomadenwagen skytbischer und anderer Völker- 
schaften (Herodot. I 216. IV 114. 121. Lucian 
Anach. 18). Nach Hippokrat. ziegi deg. 18 waren 
sie vier- bis sechsräderig, mit Tuchzelten um- 
schlossen, bedacht und in zwei bis drei Räume 
eingeteilt: die Fahrzeuge der heutigen Zigeuner 

20 werden kaum sehr verschieden davon sein. 

VT, «. = Pflug bei Hesiod. op. 426. 453; 
Sternbild nach Arat. 92. 

VII. Die d. als Lastwagen ist dem römischen 
plaustrum sehr ähnlich. Vgl." dazu Blümner 
Rom. Privataltert. 458. Lafaye bei Daremberg- 
Saglio behandelt die d. unter dem Stichworte 
Plaustrum. 

VIII. 'H d.xov ßovv (sx<pegEt oder sXxei) Sprich- 
wort gleich unserem , verkehrte Welt' (Suid. s. v. 

30 Lucian dial. mort. 6, 2). Die Wendungen: aal 
ßoäg . . . djaxEQ £* äpdl-rjs Demosth. XVIII 122 
und sg afzatys ^aQQrjotäCetou. Lucian. Iup. trag. 44, 
etwa ,frei heraussagen', olag djudg'ag ß?.ao<prj/nicov 
bei Lucian Eun. 2 usw. haben ihren Ursprung in 
den angeführten Spottreden. 

Als Literatur kommt sozusagen einzig in Be- 
tracht der erwähnte Artikel von Lafaye bei Da- 
remberg-Saglio IV 1, 504f. [K. Schneider.] 

Hamaxanteia (Apa^dvzeia , Demot. 'Aftag'av- 
40 zevg) , mittlerer Demos der Phyle Hippothontis, 
über dessen Zugehörigheit zur Stadt- oder Küsten- 
trittys nichts Sicheres festzustellen ist (vgl. Mi 1 ch - 
höfer Abh. Akad. Berl. 1892, 33 und Lop er 
Athen. Mitt. XVII 415. 418. Kirchner Prosop. 
Att. II 511). [Kolbe.] 

Hamaxia, kleine Stadt in den westlichen 
Teilen von Cilieia aspera. Strab. XIV 669. Stad. 
mar. magni 208 (mit unsicherer Lesart). Beide 
Stellen stimmen nicht überein, insofern als 
50 nach Strab. H. östlich von Korakesion liegt, 
und nach dem Stadiasmus westlich. Es wird 
jetzt mit der westlich gelegenen Euinenstätte 
von Sinek Kalessi identifiziert, wenn auch ohne 
bestimmten Grund. Eine Menge Inschriften sind 
daselbst gefunden worden. Heberde v und 
Wilhelm Denkschr. Akad. Wien, phil.-h'ist. Cl. 
XLIV 1896, 136f. Münzen: Catal. Brit. Mus. Cili- 
eia XXXIV, 3. [Rage.] 

Hamaxitia (fj 'Aaa^aia Strab. X 473), Be- 
60zirk der Stadt Hamaxitos in der Troas, s. den 
Art. H amaxi tos Nr. 1. [Bürchner.] 

Hamaxitos tf A/xasndg Thuc. Vm 101; 
'Aftd£iTo; Diod. XIV 38 ; "Apa^itos Hennolaos-Steph. 
Byz. s, v. ; Plin. n. h. V 124 [V 107 Hamaocitus 
von H. Nr. 2]). Der Name scheint griechisch zu 
sein und mit -q &fm£ir6; — Heerstraße zusammen- 
zuhängen). 1) Städtchen in der Troas an der See 
(im&akaTTt&ta Xen. an. IH 1, 13), in der Nahe vom 



2297 



Hamükar 



Hamükar 



2298 



troischenLarisa (Strab. IX 440) und von Neändreia, 
das höher lag (Strab. XIII 606) gleich am Vor- 
gebirg Lekton (Strab. XHI 604) nicht ganz 233 
(in Wahrheit aber schon in Luftlinie 230) Stadien 
nach Naustathmon (s. d.), Strab. XIII 612. Die 
Ruinenstätte beim jetzigen Gök (d. h. blau) tepe\ 
R. Kiepert Karte von Kleinasien B I. H. ist 
vielleicht von Achaiern gegründet worden. Als 
das alte Chryse von dem Teil der Kiliker, die 



Gefecht (Diod. XI 20, 5) warf er die Besatzung- 
in die Stadt zurück, deren Verteidigung Theron 
persönlich leitete, und schloß nun Himera von 
der Seeseite im Norden und von der Landseite im 
Westen her ein (vgl. die Karte bei Freeman 
History of Sic. II 186). Auf den.Hilferuf Therons- 
rückte Gelon mit dem Hauptheer heran und schlug 
östlich von Himera sein Lager auf; in der sich ent- 
spinnenden Entscheidungsschlacht unter den Mauern 



nach Pamphylien wanderten, verlassen war (Strab. 10 der Stadt kam H. um, und das karthagische Heer 



XIII 612), wendeten sich die übrigen in die Nähe 
von H. Dort sind die Reste des berühmten 
Tempels. Thuc. VIII 101 ist bei Erzählung einer 
Fahrt aus den lesbischen Gewässern nach Rhoiteion 
nicht die richtige topographische Reihenfolge ein- 
gehalten, indem Lekton, dann Larissa, dann erst 
H. aufgezählt ist. Nach Aelian. bist. an. XII 4 
verehrte man zu H. die Mäuse göttlich ; vgl. Strab. 
XIII 604. 613. H. war zinsbar an Athen 425 



wurde nahezu vernichtet (wohl Juni 480 v. Chr.). 
Über den Verlauf der Schlacht sind zwei Be- 
richte vorhanden, ein sehr summarischer bei Herod. 
VII 166, der auf karthagischer Quelle beruht und 
erzählt, während des Kampfes, der den ganzen 
Tag dauerte, habe H. im Lager den Göttern 
Opfer dargebracht; als dann gegen Abend der 
Sieg sich auf die Seite der Griechen geneigt 
habe, da habe sich der Feldherr in die Flammen 



AJ.11 WVt. Uli). -Li. «m AlllüUUl a±± mm/u i-" iiuiuv, ««, "»»" "- - 

v Chr. Dann erobert von Manias (s. d) ; Derky- 20 gestürzt und sei so spurlos zugrunde gegangen. 

..", / -i-n tt n <-iji\ ..-i i. TT onn „ m. « T\ „„,„14-^ T, ™ T\i ^A "VT Olf n-rria.H-.onA mit dfWtl 



lidas (s. o. Bd. V S. 241) erobert H. 399 v. Chr. 
Aus dem 4. vorchristlichen Jhdt. stammen M 
= Münzen vonH.Head-Sworonos Tor, Nofuop. 
B 75, die als Münzbilder den Kopf des Apollon, 
die Lyra und die ilische Athena zeigen; vgl. noch 
Cat. Brit. Mus. Troas XXI 56. Inventaire Wad- 
dington nr. 1146f. 310 v. Chr. wurden die Leute 
von H. durch Lysimachos in Antigoneia (d. h. 
Alexandreia Troas) angesiedelt, Strab. XIII 593; 



Der zweite bei Diod. XI 21 f. erhaltene, mit dem 
auch Polyaen. I 28, Frontin. I 118 in Zusam- 
menhang zu bringen sind, geht nach Freeman 
Hist. of Sic. II 518ff. Busolt Gr. Gesch. 11^ 
793. Meyer Gesch. d. Altert. III 397 auf IV 
maios zurück ; darnach leitete Gelon die Schlacht 
mit einem Überfall des Lagers durch seine Rei- 
terei ein, die von den Karthagern irrtümlich für 
ein selinuntisches Hilfskorps gehalten ward; gleich 

k j? j„^. • .3 ^_ itYnwuvn-Fi-ii'l-ta aiüVi iin+a-nin- 



vi. Judeich Kleinasiat. Studien 39. Nach der 30 im Anfang des in der Morgenfrühe sich entspin- 



Ruinenstätte wurde lange geforscht. Leake Asia 
Min. 273. H. Prokesch von Osten Denk- 
würdigkeiten III 362. 

2) Nach Plin. n. h. V 107 eine Stadt am 
karisch-dorisehen Golf in Kleinasien. S. Archaeo- 
logia (London 1886) XLIX 345. [Bürchner.] 

Hainilkar = Abd Melqart, d. h. Diener Mel- 
quarts, in den Hss. oft verwechselt mit Himilcon 
= Chimilkät oder Achimilkät, d. h. Freund der 



nenden Kampfes (Diod. XI 22, 1) ward H. ge- 
tötet. Vielleicht ist dies die syrakusische Ver- 
sion, die Herodot kannte, und der er die kartha- 
gische vorzog. Einen dritten Bericht gab Aischy- 
los im Glaukos Pontios (Schob Eurip. Phoen. 
1194. Schol. Aristoph. Ran. 1403), und aus ihm 
sind vielleicht zwei Zeilen erhalten, die von einer 
Wagen- und Reiterschlacht sprechen: wenn sie 
sich wirklich auf den Kampf bei Himera beziehen, 



Königin ( Astarte); vgl. darüber Schroeder Die 40 so würden sie dem Bericht Diodors widersprechen, 



phöniz. Sprache 104. Beide Namen sind scharf 
zu trennen. 

1) Hamükar, Sohn des Mago (Iust. XIX 1), 
nach Herod. VII 165 wohl richtiger Sohn des 
Hanno, der seinerseits ein Sohn des großen Staats- 
mannes und Feldherrn Mago gewesen sein mag 
(so Schaefer Rh. Mus. XV 1860, 3P8ff., da- 
gegen Busolt Gr. Gesch. II 2 788, 1), und einer 
Syrakusanerin (Herod. VII 166) König, d. h. 



nach dem Wagen und Reiter der Karthager in 
einem Seesturm zugrunde gingen (Diod. XI 20, 
2). Mit Polyaen. I 27, einer Verkleidungsge- 
schichte im Stil des Duris, ist überhaupt nichts 
anzufangen. Da die beiden einzigen uns erhal- 
tenen Berichte sich in dem wichtigsten Punkt, 
dem Tode H.s, direkt widersprechen, so ist über 
den Verlauf der Schlacht nichts zu ermitteln (so 
Ed Mever, während Busolt Rh. Mus. XL 1885, 

-_„„. J i ... i____ t\- j : — u.,« Tl^^^lTf- 



Suffet der Karthager und Feldherr in dem großen 501 50ff. manches aus dem Diodoreischen Bericht 



Angriffskrieg, den sie 480 gegen die sizilischen 
Griechen begannen. Im Frühling des genannten 
Jahres, nach der Gewohnheit der Karthager ziem- 
lich spät, also etwa Ende Mai, landete er mit 
einem bedeutenden Heer, das aus Karthagern und 
ihren afrikanischen Untertanen, außerdem aus 
iberischen, ligurischen, italischen, sardinischen 
und korsischen Söldnern bestand (Herod. VII 165). 
in Panormos an der Nordküste (Diod. XI 20, 2). 



füT historisch hält). Auf die innere Wahrschein- 
lichkeit des karthagischen Berichts hat Free- 
man a. a. O. mit Recht hingewiesen. Die eigen- 
tümliche Bemerkung Herodots (VII 166), wonach 
H. in allen phönizischen Pflanzstädten, vornehm- 
lich in Karthago selbst, einen Opferdienst und 
eine Säule habe, ist wohl schon richtig von Mo- 
vere (Phönizier I 612) gedeutet, der hier eine 
Verwechslung von H. = Abd Melqart mit dem 



Die von Herodot und Diodor gegebenen Zahlen 60 Gotte Melqart selber vermutete. So auch Meltzer 



beruhen natürlich auf Übertreibung ; in Wirklich- 
keit wird das karthagische Heer kaum größer als 
Gelons Entsatzheer gewesen sein, das Diod. XI 
21, 9 auf 50 000 Mann zu Fuß und 5000 Reiter 
angibt. Nach kurzer Rast in Panormos brach 
H. gegen Himera auf, dessen durch Theron von 
Akragas vertriebener Tyrann Terillos in Karthago 
Aufnahme gefunden hatte. Durch ein glückliches 



Gesch. d. Karth. I 512 und Busolt Gr. Gesch. 
112 794, 4, während Ed. Meyer Gesch. d. Alt. 
III 490 sie stillschweigend verwirft H.s Söhne 
waren nach lustin. XIX 2, 1 Himilkon, Hanno 
und Geskon. 

Chronologie der Ereignisse. Für die 
Datierung der Ereignisse kommt vor allem die 
zuerst von Ephoros (Diod. XI 1, 4) ausgesprochene 



■*»*iui7 nanniKar 

Vermutung in Betracht, daß die Karthager im 
Einverständnis mit Xerxes und gleichzeitig mit 
ihm, richtiger vielleicht auf geinen Befehl (Schol. 
Pind. Pyth. 1 146) ihren Krieg3zug unternommen 
hätten; hei Diod. XI 20, 1, wo Ähnliches berichtet 
wird, hegt nach Ed. Meyer Gesch. d. Alt. HI 
397 Timaios zugrunde, der also wohl aus Ephoros 
.schöpfte. Ephoros Ansicht wird von den meisten 
Neueren geteilt (so Meltzer Gesch. d. Karth. I 
209—214. Holm Gesch. Siciliens I 197f. Free- 
man Hist. of Sic II 510ff. Busolt Gr. Gesch. 
112 788f. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 397) 
während Beloch Gr. Gesch. I 390, 2 und Niese 
s. o. Bd. VII S. 100 9f. das persische Bündnis für 
eine Konstruktion des EphoTos erklären und den 
Krieg durch die Lage Siziliens für hinreichend 
begründet halten. Jedenfalls war Ephoros Ver- 
mutung nur möglich, wenn man im Altertum von 
der Gleichzeitigkeit der Ereignisse im Westen und 
Osten überzeugt war. Tatsächlich sagt denn auch 
schon Herod. VII 166, Salamis und ffimera seien 
an einem Tage geschlagen, offenbar die im 
Volke verbreitete Ansicht; Diod. XI 24, 1 setzt 
nach Timaios aus sehr durchsichtigen rhetorischen 
Gründen den Sieg von Himera gleichzeitig mit 
der Niederlage bei den Thermopylen an ; Aristot. 
poet. 26 begnügt sich mit der einfachen Fest- 
steilung, Salamis und Himera seien xara tovs 
avTovg yoovovg geschlagen. Wahrscheinlich fällt 
indes die Schlacht bei Himera etwas früher (so 
Busolt Gr. Gesch. IP 791A.), da nach dem zu- 
sammenhängenden Bericht bei Diodor die Ereig- 
nisse sich ziemlich Schlag auf Schlag entwickelt 
haben. Unmöglich «dagegen ist die Datierung auf 
481, die nach Niebuhr Vorlesungen über alte 
Gesch. II 120 zuletzt Holm Gesch. Siz. I 209 
in eigentümlichem Gegensatz zu seiner I 197 ge- 
äußerten Ansicht vom Zusammenwirken der Perser 
und Karthager versucht hat. Sie beruht auf einer 
Stelle in Gelons Antwort an die griechischen Ge- 
sandten bei Herod. VII 158, wo dieser sich auf 
einen früheren Karthagerkrieg bezieht, bei dem 
ihm die Ostgriechen trotz seines Aufrufes auch 
nicht geholfen hätten. Dieser aber kann mit H.s 
Zug nicht identisch sein, da er ausdrücklich als 
ein Bachekrieg für Dorieus bezeichnet wird, also 
ein Angriffskrieg Gelons sein müßte, während bei 
Himera 480 die Karthager zweifellos die Angreifer 
waren. Entweder ist also jener erste Krieg wie 
die ganze Unterhaltung Gelons mit dem Gesandten 
eine Erfindung zur höheren Ehre der sikeliotischen 
Griechen, durch die Herodot getäuscht worden ist 
(so Meltzer Gesch. d. Karth. I 493ff. Freeman 
Hist. Sic. II 515, der mit Recht auf die abwei- 
chende Darstellung bei Polyb. XII 26 b = Epho- 
ros hinweist, Busolt Gr. Gesch. 112 790, 1 ^d 
Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 356). oder es sind 
w_e Niese (s. 0. Bd. VII S. 1008) vermutet, frühere 
Kämpfe Gelons mit den Karthagern gemeint, aus 
der Zeit, da er noch Tyrann von Gela war. 
__ . J5> Hamilkar, mit Hasdrubal (s. d.) zugleich 
ieldherr der Karthager in der Schlacht am Kri- 
misos, die von Meltzer Gesch. d. Karth. I 516 
nach Volquardsen (Über d. Quellen Diodors 100) 
^i'-V 3, T0I i Beloch und Freeman richtiger 
nut Diodor ins J. 339 gesetzt wird, Beide Feldherrn 
«mfigo an der Spitze eines bedeutenden Heeres — 
<Ue totüm des Timaios bei Diodor und Plutarch 



Hamilkar 



2800 



sind übertrieben; es mögen rund 40 000 Mann 
gewesen sein — im Frühjahr 839 nach Sizilien 
und landeten in Lilybaion, schwerlich viel vor 
Ende Mai, da die Schlacht selber in der zweiten 
Junihälfte stattfand (Plut. Tim. 29) ; nach Plut 
Cim. 19 war es der 27. Thargelion. Von dort 
marschierten sie auf der großen Straße nach 
Panormos, wurden aber dort, wo diese den 
Krimisos (nach Beloch jetzt der Piume freddo, 
10 der m seinem Unterlauf den Namen Piume San 
Bartolommeo führt), zwischen Calatafimi und 
Alcamo überschreitet, unvermutet von Timoleon 
angegriffen und völlig geschlagen. Nach Holm 
Gesch. Siziliens I 343f. Freeman Hist. of Sic. 
IV 323 und Meltzer Gesch. d. Karth. I 518, die 
wohl hauptsächlich darauf sich stützen, daß Ti- 
moleons Marsch durchs Akragantinische ging (Diod. 
XVI 48, 3), ist der südliche Krimisos gemeint, 
der östliche Quellfluß des Hypsas, der bei Selinus 
20 ms Meer gelit, heute Beiice genannt. Der Verlauf 
der Schlacht ist aus den Quellen noch ziemlich 
deutlich zu erkennen: ein Teil des karthagischen 
Heeres hatte bereits den Fluß überschritten, als 
er plötzlich von Timoleon angegriffen und in den 
Strom zurückgeworfen ward; in die dadurch ent- 
standene Verwirrung ward dann der Rest des 
Heeres hineingezogen. Die Verluste der Karthager 
waren sehr schwer; die Trümmer der geschlagenen 
Armee zogen sich auf Lilybaion zurück. Beide 
30 Feldherrn wurden abgerufen und durch Geskon, 
Sohn des Hanno, ersetzt, Diod. XVI 81, 3; s. o. 
VII, 1322, 2. 

Hauptquelle für die Ereignisse ist Timaios, 
der uns in einer doppelten Bearbeitung bei Diod. 
XVI 77-81 und Plut. Tim. 25—29 vorliegt. Den 
Charakter der Erzählung hat wohl Plutarch treuer 
bewahrt, während Diodor. in Einzelheiten vorzu- 
ziehen ist, so in der Angabe über die Stärke von 
Timoleons Heer, das er auf 11000 beziffert (Diod 
40 XVI 78, 3 vgl. mit 79, 1, dazu die Verhältnis- 
zahl 78, 5 und 77, 4), während es bei Plutarch 
nur 6000 sind (c. 25; vgl. Arnold Timoleon 157. 
Gumbinnen 1850), und ebenso über die Größe der 
karthagischen Verluste (Diod. XVI 80, 5 vgl. mit 
Plut. Timol. 28. 29). Neuere Darstellungen bei 
Holm Geschichte Siziliens II 207ff. Freeman 
Hist. of Sic. IV 318ff.. vgl. I 80f. Beloch Gr. 
Gesch. II 588f. 

3) Hamilkar, karthagischer Emissär im Haupt- 
o0 quartier Alexanders d. Gr., wo er durch Parmenio 

eingeführt ward und sich als Verbannten ausgab. 
Er berichtete über Alexanders Pläne und Taten 
nach Hause, kehrte nach dem Tode des Königs 
nach Karthago zurück, wurde aber dort des Ver- 
rates angeklagt und hingerichtet. Hauptstelle 
lustin. 21b, 1—7 vgl. Oros. IV 6, 21. Frontin. 
12, 3. Sein Beiname lautet bei Oros. Rhodanus, 
die Hss. des Iustinus haben ähnliche Formen, der 
cod. Harleianus des Frontin hat Rodinum. Viel- 
60 leicht ist zu lesen Rhodium, so daß dieser H. 
derselben Familie angehörte wie Hannibal Nr. 6. 

4) Harniikar, möglicherweise identisch mit 
Nr. 2, Feldherr der Karthager auf Sizilien in den 
ersten Kämpfen des Agathokles. Er kommandierte 
die Streitkräfte in Syrakus im J. 319, als Aga- 
thokles aus dem Inneren gegen die Stadt heran- 
rückte, brachte aber eine Vermittelnng zustande, 
die Agathokles den Weg zur Herrschaft bahnte. 



aa.ui 



mjxtUKar 



namxiKar 



aauu 



Agathokles soll ihm große Versprechungen gemacht 

haben, wohingegen er dem Tyrannen 5000 Söldner 

überließ . hieraus schließt lustin. XXII 2, 6, daß 

H. hochverräterische Absichten gehabt und sich 

für einen Handstreich auf Karthago Agathokles 

Mitwirkung habe sichern wollen. Sowohl Meltzer 

I 354ff. wie Beloch Gr. Gesch. III 1, 193 halten 

das für ausgeschlossen: das Gerede scheint daher 

entstanden zu sein, daß Agathokles 5000 von H. 

entlassene Söldner sofort in seine Dienste nahm 10 Schubert Agathokles. Niese Gesch. d.gr.-i 

(so Meltzer Gesch. d. Karth. a. a. O. und da- Staaten I439ff. 452ff. Beloch Gr. Gesch. 

nach Niese Gesch. d. griech.-maked. Staaten I " ' ' 

439). Im J. 313 vermittelte er zum zweiten Mal 
den Frieden zwischen Agathokles und dessen 
Feinden Diod. XIX 70—72; ward aber deshalb 
von den karthagischen Bundesgenossen in Kar- 
thago angeklagt und sollte beseitigt werden, als 
sein plötzlicher Tod ihn einem schlimmeren Ge- 
schick entzog, Inst. XXII 3, 2 ff. Nach Polyaen „ „ _ 
V 3, 9 wäre er sogar nach Afrika zurückgekehrt. 20 sich eines gallischen Söldnerkorps und verheerte 



verübten Grausamkeiten; doch ist er hinlänglich 
durch den fürchtbaren Charakter des Rassenkrieges 
erklärt, der sich auch bei andern Gelegenheiten 
(vgl. Diod. XIX 103 Ende) offenbart. Hauptcmelle 
Diod. XIX 102—109. XX 29—30; einzelnes bei 
lustin. XXII 3, 9 und 8, 2. Polyaen. VI 41, 1—2. 
Neuere Darstellungen bei Holm Geschichte Siz. 
II 232ff. Freeman Hist. of Sic. IV 384ff. 423ff. 
Meltzer Geschichte der Karthag. I 363ff. 383ff. 

Niese Gesch. d. gr.-mak. 

- - - - in 

1, 194ff. 203ff. Die Chronologie steht durch die 
Sonnenfinsternis vom 15. Aug. 310 fest, die am 
Tage nach Agathokles Abfahrt stattfand; fraglich 
ist nur, ob die Schlacht am Eknomon 311 oder 
310 stattfand; vgl. Beloch a. a. O. III 2, 203. 
6) Hamilkar, Feldherr der Karthager im ersten 
Punischen Krieg, übernahm an Stelle des vor 
Akragas geschlagenen Hanno den Befehl, entledigte 



Seinen Sturz, an dem nicht zu zweifeln ist, er- 
klärt Meltzer wohl richtiger durch einen System- 
wechsel in Karthago, das seit der Schlacht am 
Krimisos eine zuwartende Politik betrieben hatte. 
jetzt aber, durch Agathokles Erfolge beunruhigt, 
die Zeit zum Handeln gekommen glaubte. Haupt- 
stellen Diod. XIX 70—72. lustin. XXII 2—3; 
vgl. dazu Holm Gesch. Sic. II 221 ff. Freeman 
Hist. of Sic. IV 521f. Meltzer Gesch. d. Karth. 



alsdann mit der Flotte die Küsten Italiens (Zonar. 
VIII 10 b). Im Jahre 260 erscheint er neben 
Hannibal Nr. 3, der die Flotte kommandiert, als 
Führer des Landheeres; als solcher belagerte er 
Segesta und schlug die Römer unter C. Caecilius 
(Zonar, VIII 10 — 11), ward aber durch Hanni- 
bals Niederlage bei Mylai zur Aufhebung der 
Belagerung gezwungen und zog sich auf Panor- 
mos zurück. Von hier aus überfiel er bald nach- 



I 354ff. 522ff. Niese Gesch. der griech.-maked. 30 her ein bundesgenössisches Kontingent der Römer 



Staaten I 433, 9. Beloch Gr. Gesch. III 1, 188 
—193; für Einzelheiten Schaefer Rh. Mus. XV 
1860, 393 und Schubert Agathokles. 

5) Hamilkar, Feldherr der Karthager, Sohn 
Geskons (nicht des nach der Schlacht am Krimisos 
zurückberufenen, s. Niese Gesch. d. griechisch- 
makedon. Staaten 1439, 2 gegen A. Schaefer, 
doch hat Niese seine Meinung neuerdings ge- 
ändert s. 0. Bd. VII S. 1322, 2). gleichzeitig mit 



bei Paropos (heute Collesano nach Holm Gesch. 
Siz. I 70) und brachte ihm schwere Verluste 
bei, nach Polyb. I 24, 4 4000, nach Diod. XXIII 
14 sogar 6000 Mann. Nach der annalistischen 
Überlieferung nahm er sodann durch Verrat 
Henna und Kamarina (Diod. XXIII 9), befestigte 
259 Drepana durch die Entvölkerung der Stadt 
Eryx (Diod. XXIII 9. Zonar. 8, 11. 387 d) und 
brachte 258 dem Consul A. Atilius bei Lipara 



H. Nr. 4 in Sizilien, nach dessen Tode er das Korn- 40 eine Schlappe bei (Zonar. 8, 12 a. Polyaen. VIII 



mando übernommen zu haben scheint (lustin. 
XXII 3, 6). Im Frühjahr 311 landete er mit 
bedeutenden Truppenmengen auf der Insel, zog 
die dort noch stehenden Truppen heran und ver- 
schanzte sich am Berge Eknomon, westlich von 
der Mündung des südlichen Hirn er as, während 
Agathokles auf der andern Seite des Flusses auf 
dem Phalarion ein Lager bezog. Er schlug Aga- 
thokles, als dieser (Juni 810 vtio xvva ovotjs xi}$ 



20, 1). Im Jahre 257 auch Oberbefehlshaber der 
Flotte kämpfte er nach Polybios (I 25 vgl. 27, 
1) unentschieden bei Tyndaris, während er nach 
Oros. IV 8. Zonar. 8, 12, vielleicht auch Polyaen. 
VIII 20, 1 eine Niederlage eTlitt. In der großen 
Seeschlacht am Eknomon kommandierte er den 
linken Flügel und verstand durch geschickte 
Manöver, die römische Flotte auseinanderzuziehen, 
ward aber dann in die allgemeine Nieder- 



ojqcls, Diod. XIX 109, 5) einen Sturm auf sein 50 läge mit hineingezogen. Polyb. I 27, 6ff. Wäh- 

t _ 1 1 _? 1 _. M 1 ■ _. __T_ /^IaI«. _ ^„ .rl Am* tW ».VI _-,_Ili. , ,-»_ /Inn Tn*-i4-J-rt t w\n rth A fri'l-n i»nin 



Lager unternahm, und verfolgte ihn bis nach Gela, 
alsdann wandte er sich ins Innere und brachte 
einen großen Teil Siziliens auf seine Seite. Die 
Abfahrt des Agathokles zum Angriff auf Karthago 
am 14. Aug. 310 vermochte er nicht zu hindern, 
sandte aber 5000 Mann zur Unterstützung der 
Vaterstadt nach Hause zurück; sein Angriff auf 
Syrakus schlug fehl (Diod. XX 16, 1). Im folgen- 
den Jahr (im Frühsommer, Diod. XX 29, 3) kehrte 



rend die Überbleibsel der Flotte nach Afrika zum 
Schutz der Vaterstadt zurückgingen, blieb er auf 
Sizilien .Polyb. I 29, 4. Eutrop, II 21. Oros. 
IV 8. Val. Max. VI 6, 2. Zonar. 8, 12). Kurze 
Zeit darauf ward auch er zurückberufen, ging 
mit 5000 Mann Infanterie und 500 Reitern nach 
Afrika hinüber und übernahm nun zusammen 
mit Hasdrubal, Sohn des Hanno, und Bostar 
(3. 0. Bd. III 189, 1) den Oberbefehl über das Ver- 



er mit einem großen Heere, in dem sich auch die 60 teidigungsheer, das indessen bei Adyn (Uthina 

1 ■_■_._? tt__.i i__.-L_i.__.j___ T.-1 l ir.u n_,_,_l- A TT rt *.l. TT X-rn. T,™ T?_»_ 



syrakusanischen Verbannten befanden, zur Belage- 
rung der Stadt zurück, ward aber, ehe der Angriff 
auf Syrakus begann (so Niese I S. 452f. und 
Beloch III 1, 198, 2), bei einem Überfall ge- 
schlagen, gefangen und grausam von den Syra- 
kusanern hingerichtet. Sein Tod erscheint Free- 
man und Meltzer unverdient, nach Beloch war 
er eine Repressalie für die an den Kriegsgefangenen 



vgl. Meltzer Gesch. d. Karth. II 570) von Re- 
gulus besiegt ward (Polyb. I 30, 1—13). In 
richtiger Erkenntnis der Sachlage ordne te er sich 
dann dem Xanthippos unter (Zonar. Vlll 13 c 
vgl. mit Polyb. I 32, 5) und erhielt nach der 
Besiegnng des Regulu__ ein Kommando gegen 
die abtrünnigen Nnmider und Mauretanien die 
er für ihren Abfall hart bestrafte (Oros. IV 9, 



p^iiniUft f- 



namuxar 



29U* 



9 etwa 254/3 t. Chr.). Hauptqueüen Polyb. I 
24, 4—80, 2 (letzte namentliche Erwähnung 
H.s), dazu die annalist ische Überlieferung Diod. 
XXm 9—14. Zonar. VUI 10—11, 387 B—D. 
Oros. IV 8— 9, auch Polyaen. VUI 20. Neuere 
Behandlungen Neumann- Faltin Das Zeitalter 
der punischen Kriege 108ff. Holm Geschichte 
Siz. m 16f. 347f. Meltzer Gesch. d. Karth. 
II 276. 282. 292ff. Beloch Gr. Gesch. III 1, 



bung bei Polyb. I 56, 3—8 wird die Heirkte ge- 
wöhnlich mit dem Monte Pellegrino hei Palermo 
identifiziert, so von Schuhring Topographie von 
Panormos I 24—26, Freeman Hist. of Sic. I 
I 254f. (gute Karte), Meltzer Gesch. d. Kar- 
thager I 342fT., auch von Holm Gesch. Siz. m 
254, der indessen einige Bedenken geltend macht. 
Neuerdings hat dann Kromayer (Festschr. d. 
WieneT Eranos zur Begrüßung d. Phil.-Vers. in 



6771 2, 233ff. Mommsen R. G. I 519ff. und 10 Graz 1909, 225) die Richtigkeit der Identifizier 



Niese Grundriß d. röm. Gesch. lölf. 520ff. 

Hauptfrage bleibt, ob dieser tüchtige und ener- 
gische Feldherr mit H. Barkas (s. u. Nr. 7) zu 
identifizieren ist, wie dies bereits im Altertum 
(Cic. de off". HI 26, 97. Zonar. VIII 10, 387 b) 
und neuerdings von Ranke (Weltgesch. II 1, 
183) geschehen ist. Gegen die Bemerkung Ran- 
kes hat sich sehr entschieden, aber ohne Angabe 
jeglicher Gründe Meltzer Gesch. d. Karth. II 



rung geleugnet und die der Heirkte entsprechende 
Örtlichkeit auf der nordöstlichen Abdachung des 
Monte Castellaccio, 7 km nordwestlich von Pa- 
lenno, gesucht. Von hier aus führte H. drei Jahre 
lang gegen die Römer in Panormos Krieg, wäh- 
rend zugleich seine Flotte die Küsten Italiens 
bis nach Kyme hinauf brandschatzte. Vielleicht 
gehören die Zonar. VIII 15, 397 c und Front. IH 
10, 9 erwähnten Kämpfe in diese Zeit (Polyb. 



570 gewandt, während die übrigen Forscher sich 201 56, 10—57, 8). Schließlich doch wohl von 

it nöT mücüu l-*Tiril7"r nidliT nfflonKüT-f l*i n h j-i« 'I^n-I- As*** TTj^-wT-rJ-rt -,t.-*w4-».-!^"U*-i»-. /"O^Itt'U.-I ^ ^. , A..^.].,.,lL T t-<i 



über diesen Punkt nicht geäußert haben. Tat- 
sächlich steht der Identifikation nichts im Wege 
außer der Notiz bei Nep. Harn. 1, wonach dieser 
primo hello Punieo, sed temporibus extremis 
admodum adulescentulus exercüui praeesse eoe- 
pit. w T as niemand für eine hervorragende Beglau- 
bigung halten kann, zumal H.s Kriegführung von 
246 ab keineswegs den Eindruck eines Anfängers 
macht. Sehr viel schwieriger ist die Identiflka- 



der Heirkte vertrieben (Polybios' Ausdruck I 58, 
1 ist nicht ganz klar), warf er sich 243 auf die 
Stellung am Eryx (S. Giuliano bei Trapani), nahm* 
die seit 259 verlassene, ca. 150—200 m unterhalb 
des Gipfels auf einein kleinen Plateau gelegene 
»Stadt ein und schob sich auf diese Weise zwischen 
die römische Besatzung im Tempel auf dem 
Gipfel der Eryx und das römische Belagerungs- 
korps, das am Südfuß des Berges auf der Pizza 



tion mit jenem andern H., der nach Diod. XXIV 30 Argenteria am Wege nach Drepanon lag. Als. 
19 zusammen mit Bostar von den römischen Be- Hafen und rückwärtige Verbindung (Polyb. I 58, 



hörden der Familie des Eegulus als Geisel über- 
geben und von ihr auf das furchtbarste mißhandelt 
ward. An der Sache selbst ist nicht zu zweifeln 
(vgl. Niese Grundr. der röm. Gesch. 102, 2); 
daß beide Geiseln vornehme Männer, womöglich 
ebenfalls Feldherrn waren, ist natürlich, und die 
Zusammenstellung beider Namen legt die Ver- 
mutung nahe, daß beide in der unglücklichen 



3) diente ihm die kleine Bucht bei Tonnara di 
Bonagia, deren Entfernung der Angabe des Poly- 
bios (30 Stadien = 5 km) ziemlich entspricht. 
Die mannigfachen Streitigkeiten über die ürtlich- 
keit (Holm Gesch. Siz. 3541 s. o. Bd. VI 
S. 602f.) sind jetzt durch die genaue Aufnahme 
des Geländes erledigt, die Kromayer und Veith 
vorgenommen haben (Klio X 1910, 461—477 mit 



Schlacht bei Adyn gefangen und nach Rom ge- 40 guter Kartenskizze). Auch hier setzte H. seine 

TvKa/>Tl + limr^an cinrl fiTfr\ W l a c- n c n "G,1 TTT V<i™«^r,.„ n ;„^ f„«+ Jii„ J^„ T> ;; J? — i,...-jl J 



bracht worden sind (vgl. Niese s. o. Bd. III 
789, 1, der aber den Tod Bostars erst nach 243 
ansetzt, was natürlich für H. unmöglich ist). 
Tatsächlich erwähnt Polyb ios nachher ihre Namen 
nicht mehr, wohl aber berichtet die annalistische 
Überlieferung, daß H. 255 in Karthago war. So 
gut sonst die Sache paßt, um den furchtbaren 
Haß H.s gegen Rom zu motivieren, so scheint 
doch in der oben gegebenen Geschichte chrono- 



Kampf es weise fort, die die Römer fortwährend 
in Atem hielt (Polyb. I 58, 4—5), bis durch 
Catulns' Sieg bei den Aegatischen Inseln (Mai 
241) seine Stellung vom Meere abgeschnitten und 
dadurch unhaltbar ward. Nach der Schlacht von 
den karthagischen Behörden zum Oberbefehls- 
haber mit unumschränkter Vollmacht ernannt (Po- 
lyb. I 62, 3), knüpfte er sofort Verhandlungen mit 
Catulus an und vereinbarte die Friedensprälimi- 



logisch nicht recht Raum für sie zu sein, da H. 50 narien, die Polyb. I 62, 8—9 im Wortlaut vor- 



schon 253 wieder als Feldherr gegen die Numider 
erscheint. Eingliedern ließe sie sich höchstens 
254, dann aber muß man die Notiz des Zonar. 
8. 13. 391c verwerfen. 

7) Hamilkar, genannt Baraq, d. h. der Blitz 
(Meltzers Bedenken gegen diese Erklärung II 
582 sind wenig durchschlagend), Feldherr der 
Karthager im eisten Punischen Krieg, Sohn 
eines Hannibal (Nep. Hann, 1) und Vater des 



legt. Für sich selbst und seine Leute verlang- 
te er freien Abzug mit allen militärischen Ehren 
der wohl ohne Schwierigkeiten bewilligt ward 
(anders Nep. Ham. 1. Zonar. VHI 17). Sodann 
führte er die Truppen nach Lilybaion zurück und 
legte dort das Kommando nieder (Polyb. I 66, 1); 
ob auf Betreiben der Gegenpartei oder weil es 
nur für Sizilien gegolten hatte, wie MeltzerLT 
369 meint, muß dahingestellt bleiben. Haupt- 



großen Hannibal; wenn identisch mit Nr. 6, etwa 60 quellen für diesen ersten Abschnitt sind Polyb. I 



285 v. Chr. geboren. Im Frühjahr 246 (nach 
der annalistischen Überlieferung 247. s. u. unter 
Chronologie) an SteUe Karthalos (Zonar. 8. 16, 
397 a) zum Oberbefehlshaber der Seestreitkräfte 
ernannt (Polyb. I 56, 1), waif er sich sofort auf 
die Küsten Lukaniens und Bruttiums, die er 
gründlich verheerte, und setzte sich dann auf der 
HfflAte bei Panormos fest. Nach der Beschrei- 



56—66, der seinem eigenen Geständnisse nach 
(c. 18. 19) auf Philinos und Fabius Pictor zurück- 
geht, während Diod. frg. XXLT— XXTV fast nur 
auf Philinos beruht. Daneben steht die annali- 
stische Tradition, von deren Hauptvertreter Livius 
nur die Inhaltsangaben der Bücher erhalten sind, 
für uns besonders vertreten d urch Eutrop. I 18,. 
3—27. Cass. Dio bei Zonar. VUE 10—17 und 



2305 



Hamiliar 



JdamüKar 



2306 



Oros. IV 8, 6; vgl darüber Meltzer Gesch. d. 
Karth. II 557f. Neuere Darstellungen Holm 
Gesch. Sizil. HI 24ff. Mommsen R. G. I 531ff. 
Meltzer Gesch. d. Karth. II 338—356. 

Söldnerkrieg. Unmittelbar nach dem Ende 
des ersten Punischen Krieges brach in Afrika der 
Söldnerkrieg aus (241—238), in dem zuerst Hanno 
den Oberbefehl übernahm; indessen mußte er 
nach einigen Mißerfolgen sich es gefallen lassen, 
daß ihm H. an die Seite gesetzt ward (Polyb. I 
75, 3). Dieser umging sofort die feindliche 
Stellung am Makar, schlug den Anführer der 
Söldner Spendios und erzwang die Aufhebung 
der Belagerung von Utika (Polyb. I 75, 5-76). 
Seinerseits von Spendios eingeschlossen befreite 
er sich mit Hilfe des Numiderhäuptlings NaTha- 
vas durch ein glückliches Gefecht, in dem 10000 
Söldner fielen (Polyb. I 77, 1—78, 15); die 4000 
Gefangenen entließ er oder stellte sie in sein Heer 
ein. Um die Wirkung dieser Milde nicht auf- 
kommen zu lassen, reizten die Führer Mathos, 
Spendios und Autaritos die Söldner zu der furcht- 
baren Verstümmelung Geskons und der übrigen 
in ihrer Hand befindlichen Gefangenen, die den 
Erfolg hatte, daß nunmehr auch H. jeden Ge- 
danken an Milde aufgab. Inzwischen waren Hanno 
und H. in Streit geraten, der dadurch beigelegt 
wurde, daß Hanno zurückberufen ward und Han- 
nibal an seine Stelle trat (Polyb. I 82, 1- 10). 
Unterdes belagerten die Söldner Karthago, wur- 
den aber bald durch die methodische Krieg- 
führung H.s in solche Bedrängnis gebracht, daß 
ein Teil von ihnen unter Spendios, Autaritos und 
Zarzas sich gegen ihn wenden mußte. Diese 
wurden von H. in dem Engpaß Prion einge- 
schlossen und nach verräterischer Gefangennahme 
der Führer völlig vernichtet (Polyb. I 84, 1—85, 
7), Sofort wandte sich H. nun gegen Mathos, 
den er in Tunis belagerte, ward aber durch die 
Niederlage seines Mitfeldherrn gezwungen, die 
Belagerung aufzuheben (Polyb. I 86). Neue Ver- 
stärkungen brachte Hanno heran; beide Feldherrn 
schlössen unter Vermittlung des Rates eine Ver- 
söhnung und wandten sich gegen Mathos, der 
in einer letzten Entscheidungsschlacht besiegt 
ward. H. brachte endlich noch Utika zur Unter- 
werfung (Polyb. I 87, 1—88, 7) und damit den 
ganzen Söldnerkrieg zu Ende. Einzige Quelle 
für den Krieg ist Polyb. I 75 — 88 offenbar im 
wesentlichen nach karthagischen Quellen, s. Melt- 
zer Gesch. der Karth. III 588f. ; Diodors Dar- 
stellung XXV 2—6. 9, die nur fragmentarisch 
erhalten ist, hängt völlig von Polybios ab, wie 
Mommsen Rom. Forschungen II 266 gezeigt 
hat. Auf Polybios gehen auch die summarische 
Darstellung bei Nep. Ham. 2 und sonstige ver- 
streute Notizen zurück. Neuere Darstellung Neu- 
in an n-F alt in Zeitalter der pun. Kriege 164 
— 181. Meltzer Gesch. d. Karth. II 357—392. 

Letzte Jahre und Tod. Die Wegnahme 
Sardiniens und die schweren Bedingungen, die 
Rom von neuem Karthago auferlegte, hatten dort 
eine furchtbare Erbitterung erregt, so daß es H. 
leicht ward, das Volk für einen Krieg zu gewinnen, 
der ihm Ersatz für Siziüen schaffen sollte. So 
ward er im Frühjahr 237 nach Spanien geschickt, 
wohin er seinen neunjährigen Sohn Hannibal mit- 
nahm (Polyb. H 1, 5; s. auch Hannibal). Den 

Pauly-Wte80w»-XroU VII 



Übergang bewerkstelligte er nach Polyb. Hl, 6 
zunächst auf dem Landwege und dann übei die 
Meerenge von Gibraltar; wenn Meltzer Gesch. 
d. Karth. II 592 die Worte des Geschichtschrei- 
bers nicht als ein klares Zeugnis für den Zug zu 
Lande ansehen will, so leitet ihn offenbar das 
Bestreben, hier Polyb. mit Diod. XXV 10, 1 in 
Übereinstimmung zu bringen, wo xarmievos steht. 
Doch ist bei der notorisch flüchtigen Art des 

10 Exzerptors auf ein einzelnes Wort schwerlich viel 
Gewicht zu legen. — Gegenüber dieser Polybia- 
nischen Darstellung aber gibt es nun eine zweite, 
in den übrigen Quellen hervortretende, die zuerst 
Meltzer (jetzt Gesch. d. Karth. II 357f. 392ff.) 
als von der karthagischen Gegenpartei H.s her- 
rührend erkannt hat. Diese Auffassung der an- 
tibarkinischen Partei ist dann vor allem von der 
römisch-nationalen Geschichtschreibung angenom- 
men worden. Nach ihr lag die Sache so, daß 

20 H. unmittelbar nach der glücklichen Beendigung 
des Söldnerkrieges von seinen Feinden angeklagt 
ward, er habe durch seine maßlosen Verspre- 
chungen in Sizilien den Aufstand hervorgerufen. 
Indessen wußte er mit Unterstützung des jungen 
Volksführers Hasdrubal, zu dem er in unerlaubten 
Beziehungen stand, freigesprochen und mit Hanno 
dem Großen zusammen in den Numiderkrieg ge- 
schickt (Appian. I 4). Als dann Hanno infolge 
von Verleumdungen zurückgerufen ward, führte 

30 er gegen den Willen der Behörden das Heer nach 
Spanien hinüber (Appian. 14, II 2. Zonar. VIII 
17 fin.) Der Zweck dieser ganzen Darstellung 
liegt auf der Hand: es soll gezeigt werden, wie 
H. von Anfang an aus egoistischen Motiven 
heraus und ganz im Gegensatz zu den kartha- 
gischen Behörden auf den großen Entscheidungs- 
kampf zwischen beiden Mächten hingearbeitet 
habe (vgl. die klassische Stelle Nep. Ham. 3—4). 
Zurückzuführen ist sie auf die Bestrebungen der 

40 antibarkinischen Partei, die nach dem Sturz des 
großen Hannibal den Argwohn des Siegers be- 
schwichtigen und mit Rom wieder in ein besseres 
Verhältnis kommen wollte. Diese Auffassung 
aber kann dem Zeugnis des Polybios gegenüber 
umsoweniger ins Gewicht fallen , als dieser sie 
bis zu einem gewissen Grade teilt (III 9, 6ff.) ; 
nur daß es ihm nicht einfällt, deswegen die Tat- 
sachen zu verändern. 

In Spanien angelangt, stellte H. zunächst den 

50 früheren Besitz der Karthager wieder her (Polyb. 
II 1. 6. Diod. XXV 14) und legte zu ihrem Schutz 
"Ay-ga ).Evxi) (röm. Lucen tum, jetzt Alicante; vgl. 
Hübner zu CIL III 4 7 9f.) an; dann begann er unter 
harten Kämpfen die allmähliche Unterwerfung 
der spanischen Völkerschaften (Polyb. II 1, 6— 8). 
Unterstützt ward er dabei von Hasdrubal, der 
sein Schwiegersohn geworden und ihm nach Spanien 
gefolgt waT; diesen scheint er noch einmal auf 
kurze Zeit zur Unterdrückung eines Numiderauf- 

60 Standes nach Afrika zurückgesandt zu haben 
(Diod. a. a. O.). Nachdem er bedeutende Erfolge 
erzielt und die Herrschaft Karthagos in Spanien 
begründet hatte, fiel er im Winter 229/8 tapfer 
kämpfend (P olyb. II 1, 7. Front. LT 4, 17. Appian. 
I 5. Zonar. Vm 19, 401 D) bei der Belagerung 
von Helike (Diod. XXV 14 im Gebiet derVettonen? 
Nep. Ham. 4). 

Quellen. Polyb. II 1, 5-9. III 9. 10. Diod. 

73 



2307 



Hamilkar 



Hamilkar 



2808 



XXV 10—19. Appian. I 4. 5. Nep. Harn. 1— 4 ' 
Öros. IV 13f. Zonar. VIII 19, 401. Daß Diod. 
vom Ende des Söldnerkrieges ab nicht mehr Poly- 
bios, sondern einer sehr stark antibarkinisch ge- 
färbten Quelle folgt, hat zuerst JVIeltz er richtig 
ins Licht gesetzt (Gesch. d. Karth, II 592, Tgl. 
auch 857f. 392ff.). Von derselben Auffassung sind 
auch die meisten übrigen Quellen beeinflußt, 
Ackermann Untersuchungen zur Geschichte des 
Barkas, Kostock 1876. 0. Gilbert Bom und 
Karthago in ihren gegens. Beziehungen 241-218 
v. Chr.. Leipzig 1876. Egelhaaf Analekten z. 
Geschichte, Stuttg. 1886. Faltin über den Ur- 
sprung des 2. punischen Krieges, Progr. Neuruppin 
1887. He ss c lb arth Hi stör. -krit. Untersuch, zur 
3. Dekade des Livius, Halle 1889. Neuere Dar- 
stellungen: Neumann-Faltin Das Zeitalter 
der punischen Kriege 240 — 249. Meltzer Gesch. 
d. Karthager II 392-404. Mommsen B. G, I 
562ff. 

Chronologie. Auszugehen ist Tom Beginn 
des 2. Punischen Krieges, der nach allgemeiner 
Überzeugung im Frühling 218 ausbrach. Damals 
war Hamilkar 10 JahTe tot (Polyb. III 10, 7); 
die untere Zeitgrenze für seinen Untergang ist also 
Frühling 228, und er fiel im Laufe des J. 229/8, aber 
sicher näher dem Ende zu, da Polybios sich sonst 
seiner Gewohnheit gemäß genauer ausgedruckt 
haben würde. Dies war im neunten Jahre seiner 
Feldhermschaft (Polyb. II 1, 8. Nep. Harn. 4 u. a,), 
also muß sein Übergang nach Spanien, da er 
doch in der guten Jahreszeit gekommen sein wird, 
Frühjahr 237 stattgefunden haben. Der Auszug 
aus Karthago selbst fällt einige Monate früher 
ins Ende 238; damals war der im Frühsommer 
247 (vgl. Polyb. XV 19, 4) geborene Hannibal et- 
was über neun Jahre alt (swaeirjs Polyb. a. a. O. 
und sonst überall). Nun geschah aber der Aus- 
zug, wie Polybios zweimal hervorhebt (II 1, 5, 
III 10, 5) unmittelbar nach dem Ende des Söld- 
nerkrieges, der drei Jahre und vier Monate dauerte 
(Polyb. I 88, 7. Diod. XXV 6 mit vier Jahren 
vier Monaten beruht vielleicht auf Flüchtigkeit 
des Exzerptors). Dieser brach unmittelbar nach 
der Ankunft der Söldner aus Lilybaion aus, 
also August/September 241. Andrerseits ist zwi- 
schen dem Frieden und der Schlacht bei den 
Aegaten nicht viel Zeit verflossen (vgl. Polybios 
Darstellung I 62, 3 ogecog, § 5 u. 7 ngo&vitcog) ; 
diese ward, also im Frühjahr 241 geschlagen, 
nach Eutrop. II 27 a, d. VI Id. Marl., d. h. wie 
Varese und Beloch Gr. Gesch. III 2, 213 ge- 
sehen haben, infolge der römischen Kalenderver- 
schiebung am 10. Mai 241. H.s Abzug fällt also 
bald nach Hochsommer 241. nachdem er zwei 
Jahre (Polyb. I 58, 6) auf dem Ervx gelegen 
hatte; er war demnach Hochsommer 243 dorthin- 
ge kommen. Vorher hatte er oys^ov i.-zi rneTg 
sviavTovg auf dem Heirkte Krieg geführt (Polyb. 
I 56, 11), d. h. vom Ende des Sommers 246 ab, 
er muß also im Anfang deT guten Jahreszeit 246 
nach Sizilien gekommen sein und den Sommer 
mit der Verheerung der Küsten Italiens zuge- 
bracht haben. Seine Ankunft geschah nun nach 
Polyb. I 56, 2 im 18. Kriegsjahr, eine Angabe, die 
allgemein auf Philinos zurückgeführt wird; der 
Krieg müßte also, wie Varese und Beloch Gr. 
Gesch. III % 231ff. schließen, tatsächlich erst 268 



ausgehrochen sein und nur 23 Jahre gedauert 
haben; die widersprechende Äußerung des Polyb., 
der I 63, 4 ausdrücklich 24 Jahre angibt , führt 
Beloch auf Fabius Pictor zurück. Allein die 
Rechnung stimmt nur, wenn polybianische Kriegs- 
jähre zu verstehen sind; es ist aber sehr wohl 
möglich, daß Philinos, der den Timaios fortsetzte, 
nach dessen Olympiadenjahren rechnete: dann be- 
gann der Krieg mit Ol. 129, 1 im Hochsommer 

10 264 und sein 18. Jahr endete 246 im Hochsommer; 
kurz zuvor war Barkas ins Amt getreten. Auch 
die andre Angabe des Philinos, nach dem die 
Belagerung Lilybaions im 14. Jahr begonnen ward 
(Polyb. I 41, 4 ; auch hier steht T<p TioUfUü, nicht 
der Genetiv), läßt sich damit vereinigen: sie fing 
Frühjahr 250 an, nachdem auf die Nachricht Tom 
Siege bei Panormos Juni 251 (nach Beloch 250) 
größere Eüstungen vorangegangen waren (Polyb. 
I 41, 3). Der Krieg begann also im Olympiaden- 

20 jähr 129, 1 und endete im 24. Jahre Öl. 133, 4, 
etwa Anfang September. Dies ist die Bechnung 
des Polybios, mit der sieh seine sämtlichen Zeit- 
angaben in Einklang bringen lassen. Daneben 
gab es noch eine zweite, deren Spur zunächst 
bei Liv. XXI 2, 1 vorliegt. Danach lagen zwischen 
dem Ende des ersten Punischen Krieges und H.s 
Übergang nach Spanien fünf Jahre; hier sind 
also die Schlacht bei den Aegaten und der Frie- 
densschluß auf 242 angesetzt, und demzufolge 

30 berechnet sich die Kriegsdauer auf 23 Jahre (Ined. 
Vaticanum. Eutrop. II 27). In sich ist diese 
Bechnung ebenfalls ausgeglichen (so gegen Niese 
Gruudr. der römisch. Geschichte* 109, 4); doch 
verdient die des Polybios den Vorzug, der des- 
wegen auch sämtliche Ansätze oben entnommen 
sind. 

8) Hamilkar, Geskons Sohn, ward im Jahre 
218 von Ti. Sempronius Longus mit der gesamten, 
annähernd 2000 Mann starken Besatzung auf Malta 

40 gefangen genommen, Liv. XXI 51, 1 — 2. 

9) Hamilkar, Flottenchef von Hannib als Bruder 
Hasdrubal, der nach dessen Abzug das Ober- 
kommando von Spanien übernommen hatte, ging 
beim Vormarsch von Neukarthago Frühjahr 217 
nach dem Ebro mit der Flotte vorauf, Polyb. LTI 
95, 2. In ähnlicher Stellung befand er sich noch 
212 nach Polyb. VIII 1, 8 ; doch scheint es, als 
ob er damals in Sizilien kommandierte, worauf 
indessen bei der abgerissenen Natur eles Exzerpts 

50 nicht viel zu geben ist. Jedenfalls stand er 
wieder beim Heere Hasdrubals, als dieser seinen 
Zug nach Italien antrat, blieb jedoch in Nord- 
italien zurück, wo es ihm im J. 200 gelang, einen 
Aufstand liguriseber und gallischer Stämme an- 
zuzetteln, Liv. XXX 10—11. Er eroberte Placentia 
und Cremona, worauf der Senat seine Auslieferung 
in Karthago verlangte. Da die Karthager dazu 
nicht imstande waren, verbannten sie ihn und 
konfiszierten seine Güter (Liv. XXX 19). Kurz 

60 darauf ward er vor Cremona von dem Prätor L. 
Furius angegriffen und besiegt, wobei er selber 
in der Schlacht fiel (c. 20). Indessen erzählt der- 
selbe Livius (XXXII 30), er sei im Jahre 197 bei 
einem großen Siege über die Insubrer und Ceno- 
manen vom Consul C. Cornelius Cethegus gefangen 
genommen und später (XXXIII 23) im Triumph 
aufgeführt worden. Entweder folgt Livius hier einer 
andern Quelle, oder es handelt sich am zwei ver- 



2309 



Hamillus 



Hammo 



2310 



«chiedene Männer, was hei der Häufigkeit des 
Namens nicht ganz ausgeschlossen wäre. 

10) Hamilkar, genannt der Samnite, mit Kar- 
thalo Führer der demokratischen Partei in Karthago 
kurz vor dem Ausbruch des dritten Punischen 
Krieges. Beide vertrieben die Parteigänger Mas- 
sinissas aus der Stadt, worauf dieser seine beiden 
Söhne Gulussa und Micipsa als Unterhändler nach 

Karthago sandte. Auf Betreiben H.s wurden sie ... 

indes ffar nicht vorgelassen und mußten unver- 10 doch soll es nach der von H averfiel d Anto- 

. . P ^ t _i. __?!_.„_ 3^' . ; v„_*;„1 TT U „^~ W„11 T? A „™.+ (m aar , IfiQQI IKK ™>WVflfcm+- 



örient hinweist, aus welchem die Bömer meistens 
ihre Bogenschützen bezogen, so hat Hodgson 
die Göttin H. und die Cohors Hamiorum beide 
aus Syrien hergeleitet, wo eine bekannte Stadt 
Hamath oder Hamä am Orontes lag. Nur ist 
diese nicht mit Apamea zu identifizieren, wie 
Hodgson gemeint hat, sondern mit Epiphaneia. 
Der alte Name lebte neben dem neuen fort und 
hat sich bis heute behauptet (s. Hamath). Je- 



richteter Sache abziehen; dabei überfiel H. noch 
den Gulussa, was den Anlaß zum Ausbruch des 
Krieges gab. Appian. VIII 68. 70. Die Vorgänge 
gehören ins J. 150, zwei Jahre vor Massinissas 
Tod (App. a. a. O. vgl. mit Pol. XXXVII 10, 2). 
IV) Hamilkar, vornehmer Karthager, ward 
selbfünft nach der Kriegserklärung der EömeT 
abgesandt, um die Unterwerfung Karthagos zu 
erklären. Die Gesandten kehrten jedoch ohne 



nine Wall Report (Glasg. 1899) 155 veröffent- 
lichten Ansicht D r i v e r s unstatthaft sein, Bamii 
und Hammifs) von dieser Stadt herzuleiten. 

[Hang.] 
Hammo. Auf Tausenden von Votivinschriften 
aus Karthago (CISem. I 180ff. usw.) und Nord- 
afrika (z. B. Cirta 192) oder aus den punischen 
Kolonien von Malta (CISem. I 123), Sizilien (138), 
Sardinien (147) wird ein Gott Ba'al Ch(a)m(mä)n 



bestimmte Antwort zurück, Polyb. XXXVI 3, 8ff.20*[tin b?n genannt und im eigentlichen Phönizien 



12) Hamilkar, mit dem Beinamen Phameas, 
Feldherr der Karthager im dritten Punischen 
Kriege, kämpft gegen Scipio Aemilianus, Polyb. 
XXXVI 8, 1—2. Bei Appian heißt er Himilkon 
und wird später von Scipio für die römische 
Sache gewonnen. 

13) Hamilkar, Verfasser einer Schrift übeT 
Landwirtschaft, Col. XII 4, 2. [Lenschau.] 

14) Hamilcar, angesehener Mann in Leptis im 
J. 647 = 107 (Sali. lug. 77, 1). [Münzer.] 

Hamillus (bei Martial. Amillus), ein Lehrer, 
der seine Schüler geschlechtlich mißbraucht, Mar- 
tial. VII 62. luven. X 224. [Stein.] 

"Aftutjiot s. o. Bd. V S. 256. 

Hamiroei, Volk in der südlichen Arabia feUx, 
nur von Plimus (n. h. VI 158) nach den Home- 
ritae (Himjar, s. Homeritae) und vor den_Ge- 
dranitae (s. d.) erwähnt, wohl die Benü c Amir 
ben $a'sa, welche, hauptsächlich im Negd seß- 



kommt El Chamman (-jün dn) »Knecht des (Got- 
tes) Melki Aschtart' vor (Ma'süb: Clermont- 
Ganneau Kec. arch. orient. I 81ff. ; vgl. Umm 
el r awämTd: CISem. I 8). Die immerfort wieder- 
kehrende Widmung in Afrika lautet: ronb roib 
yan b?ab T"!Ntn 5?a "jD ,Der Herrin, der T(a)- 
n(i)t , Antlitz des Baal, und dem Gebieter, dem 
Baal Ch(a)m(ma)n ( . So häufig auch diese Formel 
30 sich wiederholt, so ist doch ihre genaue Bedeu- 
tung noch unsicher und man hat daran weit- 
läufige Kombinationen geknüpft, aber ,eine ein- 
zige Bilinguis könnte da mehr helfen als un- 
zählige weitere Exemplare* (Nöldeke bei Doma- 
szewski Beligion des röm. Heeres 75). Was den 
letzten Namen betrifft, so hat man Baal Cham- 
man als den Herrn einer vermutlichen Kultstätte, 
also den Ba'al von Chamman (d. h. von Afrika'?) 
aufgefaßt (Halevy Melanges de critique et d'hi- 



haft '(Sprenger Die alte Geographie Arabiens 40 stoire 1883, 426), und man hat weiter darauf 



1875, 212), vom Wädl Ahwar bis Abjan wohnten, 
also Nachbarn der Himjaren waren (vgl. Glaser 
Skizze der Geschichte und Geographie Arabiens 
1890 II 140). Gegenüber dieser durch die Namens- 
form und die örtliche Beziehung zu den Him- 
jaren gestützten Aufstellung Sprengers (gegen 
seine Vermutung, daß bei Plimus statt Home- 
ritae mit der Mehrzahl der Hss. Nomeritae zu 
lesen sei, s. Gedranitae), verliert an Wahr- 



hingewiesen, daß der Bebellahamon der Inschrift 
CIL III 7954 eigentlich Be f el Hamon heißen soll, 
d. h. der Herr des (Dorfes) Hamon (Le"vy Cultes 
dans le Talmud [Sep.-Abdr. Eev. Studes Juives 
XLIIIj 1901, 6. Dussaud Notes de myth. syrienne 
1903, 26). Andere haben Chamman von dem 
Stamme zKn abgeleitet und diesen Ba'al als 
den glühenden (fervidus) erklärt und ihn als 
einen Sonnengott betrachtet, was doch wohl nur 



scheinlichkeit Glasers (a. a. O. 141) Vermutung, 50 eine späte Auffassung ist (s. u.). Am wahr- 
daß ,die 'Amur (= die 'Ämiriten) im Wädl scheinlichsten bleibt, daß Chamman mit den Cham- 
*" - n n i. _.. i! — TT7=j r j._ X-, mänliri identisch ist, den abgöttischen Säulen, die 

in dem Alten Testament öfters verpönt werden 
(Lev. 26, 30. Jes. 17. 8. Ez. 6,4. 6. IL Chron. 



A^kän und zwar dort, wo dieser Wädl den Na- 
men Mughail (vielleicht = el-Ghail, da in jener 
Gegend m als Artikel gebraucht wird), hat', hier 
vielleicht noch besser passen. [Tkac.] 

Hamnianientes, Volk in Africa, anscheinend 
unrichtige Lesart jüngerer Hss. und älterer Aus- 
gaben von Plin. n. h. V 5, 34 für Amantes (Atlan- 
tes? Sieglin), s. 0. Bd. I S. 1724. [Dessau] 



14, 3. 34, 4. 7). Ba f al Chamman wird also der 
.Herr der Säule' sein, das heißt, den semitischen 
Vorstellungen entsprechend, die Gottheit, die in 
dem heiligen Stein verkörpert ist und verehrt 
wird (s. die Art. Baitylia, Ammudates). Da- 



Hammi(gl) erscheint auf einer Votivinschrift, 60 mit stimmt, daß statt des Ba'al Chamman in Phö- 
die in Thirlwall castle bei Carvoran, d. h. in «;««• ™ n^™™™ ™«>w. imWi«> » i=t a^pti 



dem von den Römern Magni (?) genannten elften 
^tandlager des Hadrianswalls entdeckt wurde, in 
der Dativform de(aje Hammi, CH, VII 750. Da 
neben dieser Göttin auch nr. 758 deae Suriae, 
759 dea Syria, sowie 752 /. 0. m. Seliopo- 
lit. vorkommt, da ferner die dort stehende eoh. 
I Hamiorum sagiüar(ioru7n) nr. 748 auf den 



nizien El Chamman verehrt wurde: er ist eben 
der ,Gott deT Bildsäule-. 

Frühzeitig wurde der semitische Ba'al Cham- 
man mit dem ägyptischen Gott Amun, gT. 
"A/j-ftcüv verschmolzen (vgl. o. Bd. I S. 1856 und 
CISem. I 288 s.). Der Zeus Ammon wurde, be- 
sonders seitdem Alexander als sein Sohn galt, 
weltberühmt, und von Kyrenc aus verbreitete sieh 



V5X1 



Hammon 



Hampaicora 



2812 



sein Kult in Nordafrika (s. o. Bd. I a. a. O.). Auch im mittleren Reich spielt er eine recht un- 
Eine neulich in Tripolitanien entdeckte Inschrift bedeutende Rolle, seine Stellung beruht darauf, 
ist dem Adon Arnim (oder Amman) pst*> "pN^ daß e , r sozusagen der Privatgott der XII. Dynastie* 
gewidmet: es ist kaum speziell der ägyptische i 8 *» ^fe aus Theben stammt, wo Amon seinen_ 
(Clermont-Ganneau Rec. darch. orient. YII Wohnsitz hat. Einen bestimmt ausgeprägten 
86) oder der punische (Lidzbarski Eph. sem. Charakter hatte der thebanische Lokalgott in 
epigraph. III 1909, 60) Gott gemeint, sondern älterer Zeit nicht. Er mag ursprünglich ein 
yielmehr beide zusammen. Die lateinischen In- Zeugungsgott gewesen sein, doch ist diese Eigen- 
schaften deuten ebenfalls auf eine synkretische straft fast in Vergessenheit geraten und nur der 
Gleichsetzung der beiden Gottheiten, worauf schon 10 Umstand, daß er gelegentlich ithyphallisch dar- 
die Schreibung Hammo für "A/x/nmv hindeutet. In gestellt wird, erinnert daran. Sonnengott ist 
einem Weihepigramm aus Auzia in Mauretanien Amon erst seit dem neuen Eeich (nur ganz selten 
(CIL VIII 9018 = Bücheier Carm. epigr. 253) kommt er früher als Sonnengott vor). Erst diese 
ist Iuppiter Hammon neben der Dea Caelestis Zeit > besonders der Ausgang der XVIII. Dynastie^ 
(s. o.) angerufen und als corniger, wie der Zeus nat * flm die überragende Stellung verschafft, die 
der libyschen Oase, bezeichnet (vgl. Sil. Ital. III er dann seit der Spätzeit wieder verlor. Zur 
10: Inter aniielantis Garamantas corniger Harn- Zeit Alexanders spielt er in Ägypten kaum eine 
mon u. IX 298), und er wird auch mit Widder- Eo ^ e 5 senr bedeutend ist dagegen sein Ansehen 
hörnern dargestellt (Perrot et Chipiez Histoire ^ei den Griechen, und nur so erklärt sich Ale- 
dc l'art ILT 73, ZDMG LIX 512. Ph. Berger 20 ^anders Zu;? nach der Amonsoase. Von anderer 
Gazette archeol. 1879, 138). Merkwürdig ist "die Literatur sei vor allem hingewiesen auf Erman 
Zusammenstellung einer Inschrift aus Karthago Aeg. .Religion passim und die sehr interessante,. 
(Cagnat Annee epigr. 1899 nr. 46 = Dessau aber mit Kritik zu lesende Darstellung in Schnei- 
Inscr. sei. 4427): Iovi Hainmoni, barbaro Sil- ^ers Kultur und Denken der alten Ägypter, 
vano (vgl. CIL VI 378: Iovi Hamm&ni et Sil- Abschnitt Religion. Eine ausreichende Mono- 
vom), womit Dessau eine Widmung dis Mauris graphie über Amon fehlt. Das Heiligtum der 
barbaris vergleicht. Strabon erwähnt eine äxqa Amonsoase ist von einer deutschen Expedition 
"Afificovog BaXtöan>o$ bei Thapsus, und Vcrgil (Aen. 1900 untersucht worden, doch gibt es darüber 
IV 198) nennt H. als den Erzeuger von Iarbas nocn keme wissenschaftliche Publikation (Reise- 
(vgl. auch Sil. Ital. V 357. VI 675. XII 459). 30 Bericht: Steindorff Durch die libysche Wüste- 
Auch außerhalb von Afrika wird wohl der Ba f al zur Amonsoase, Leipzig 1905). Was die Schrei- 
Chamman unter dem Namen H. angerufen : Sol- Dun £ Hammon angeht, so bietet die obenstehende 
daten verehren ihn als einen Heeresgott (CIL III Ansicht Cumonts die einfachste Lösung. Die 
3463 [Aquincum]. 13604 [Aere in Syrien]. 11128 Kömer werden nach der Schreibung des Namen» 
[Carmmtum]; s. v. Domaszewski Religion des ^ en ^ ott YOn den Puniern ühernoramen haben, 
röm. Heeres 73; vgl. auch CIL III 3729 |Va- sonst würde man kein h im Anlaut erwarten, 
lentia]. XI 3077 [Falerii] und III 75 [Philae] [Pieper.] 
1. O. M. llammoni Chnubidi lunoni reginae; HammOnius, lateinische Form des griechi- 
vgl. CIG 4893 Xvovßu to} nat "A^mmvi. sehen Ammonios (o. Bd. I S. 1862ff.J, von Leuten 
Daß dieser punisch- ägyptische H. sich zu 40 ägyptischer Herkunft bisweilen als römischer 
einer großen Weltgottheit emporgehoben hat, Gentilname verwendet (vgl. W. Schulze Zur 
entspricht der allgemeinen Entwicklung des se- Crcsch. latein. Eigennamen 121f.). [Münzer.] 
mitischen wie des römischen Heidentums. In dem Ham<piar(e) neben amyiare und amrptiare 
Gedicht von Auzia wird er als Himmelsgott To- (mit unerklärtem t) etru skischer Name des Sehers- 
nans genannt. Wie alle die Ba'alim wurde er und Königs /i^tpidgaos von Argos. Die Form 
auch als Sonnengott angesehen, was ja Amün-Rä mit anlautendem h (Deecke Bezz. Beitr. II 1877 
in Ägypten seit der ältesten Zeit war (vgl. Ma- —1878. 186. Lattes Rendic. d. R. Ist. Lomb. 
crob. Sat. I 21, 19). Man könnte sich wundern, di sc. e lett. Ser. IL Vol. XLII 1909, 803) und 
daß dieser der höchsten Himmelsmacht gleich- nicht geschriebenem Schluß-e findet sich zweimal 
gestellte Ba r al Chamman, der auf zahllosen puni- 50 bei Gerhard Etr. Spiegel IV Taf. 359 (orig. ine), 
sehen Inschriften immer wiederkehrt, Verhältnis- vgl. IV 1 S. 112: zwischen den sitzenden Seher 
mäßig so feiten als H. in Afrika erscheine, wenn kam<piar und den ruhig dasitzenden, resigniert 
es nicht sehr wahrscheinlich wäre, daß sein zu Boden schauenden Aias (aivas) tritt eine be- 
Name gewöhnlich mit Saturnus (s. d.) übersetzt flügelte und bekleidete Schicksalsgüttin, dem Aias 
ist (Gseil Mei. Ec. franc. de Rome XVI 1896, eine aufgewickelte Rolle entgegenhaltend, auf der 
465). — Bäthgen Beiträge zur semit. Religions- die Worte stehen: la\a \ aivas \ hamyiar; zum 
gesch. 1888, 25ff. Ed. Meyer in Roschers Mvth. Typus dieser todverkündenden Schicksalsdämonen 
Lex. s. Baal I 2871 ff. v. Baudissin in Herzog- s. Her big Abb. Akad. Münch. XXV 1911, Abh. 
HauckRealencycl.il 3 330. Lagrange Etudes sur 4 S. 12ff. Die etruskischen Belege des Namens- 
les religio™ semitiquesä 1905, 86ff. [Cumont.] 60 bei Deecke Bezz. Beitr. LT 1877—78, 165; über 
Hammon = Amon, dem bekannten ägypti- Amphiaraos in der monumentalen etruskischen 
sehen Gott, s. den ausführlichen Art. Pietsch- Überlieferung s. o. Bd. I S. 1892. [Herbig.] 
manns Ammon o. Bd. I S. 1853, mit dessen Hanipsicora (Liv. ; Hampsagoras graecisiert 
Ausführungen ich im wesentlichen einverstan- Sil.), Führer der Sarden in dem von Karthago 
den bin. Die Frage, wann Amon znerst er- unterstützten Aufstande gegen die römische Herr- 
scheint, ist heute nicht sicher zu beantworten. schaft 539 = 215; zuerst wurde sein Sohn Hostus. 
Doch ist für einen Kult das Gottes im alten in seiner Abwesenheit von P. Manilas Torquatos 
Reich noch kein sicherer Beleg erbracht worden. geschlagen; darauflieferte Manlios dem H. selbst 



2313 



Hanf 



Hanf 



2314 



und den mit ihm verbündeten Karthagern eine der dem Flachs fast ganz gleichkommt bis auf 

zweite erfolgreiche Schlacht, in der Hostus fiel; die Dicke und Höhe, worin H. diesen weit über- 

H. entkam zwar, gab sich aber auf der Flucht trifft. H. wächst von selbst und gesäet (avto- 

selbst den Tod (Liv. XXIII 32, 10. 40, 3—41, 7 päty xal oneiQOßivri). Die Thraker weben aus 

aus römischer Quelle; poetisch ausgeschmückt ihm Stoffe, die den linnenen ganz ähnlich sind; 

mit Hervorhebung des Hostus Sil. Ital. XII 342 wenn sich jemand erst darauf versteht, so kann 

—419; vgl. Zonar. IX 4 Anf. ohne Nennung des er nicht unterscheiden, ob der Stoff aus Flachs 

jv ' [Münz er.] oder Hanf ist. Wenn er aber noch keinen H. 

Hanf (Cannabis sativa L.). Name: altgriech. gesehen hat, so wird er den Stoif für linnenen 

xdvvaßiCt x&vvaßosy ngr, xawäßi, lat. cannabis, 10 halten.' Von Thrakien aus wird der H. einerseits 

eannabus, it. canape, eanapa, rum. eanapa, alban. unmittelbar zu den germanisch-slaYisch-littauischen 

kanep, kerp, prov. eanebe, cambre, franz. ehanvre, Stämmen, andererseits zu den Griechen gekommen 

span. eanama, ptg. eanhamo, ndl. Jcennep (Prell- sein. (Schrader Reall. 331). In Griechenland 

witz Et. Wörterb. d. gr. Spr.2 Körting Lat.- scheint er vornehmlich in der Landschaft Elis 

rom. Wörterb. 3). Die nordeuropäischen Bezeich- angepflanzt gewesen zu sein. Pausanias (VI 26) 

nungen: ahd. hanaf, mhd. kanef, nhd. Hanf, meint, ,ein jeder, der geeigneten Boden besitze, 

jmgls. Iioenep, engl, hemp, nord. hampr. aschwed. könne H. anpflanzen.' Immerhin wird er nicht in 

hamper m. und hampa /"., neuschwed. hampa, allen Teilen Griechenlands angebaut gewesen sein; 

■dän. kamp sind nicht dem griech.-lat. aavvaßig- war doch Athen genötigt, seinen Bedarf an hänfenen 
cannabis entlehnt, vielmehr gehen sie mit diesen 20 Schiffstauen aus anderen Ländern zu beziehen 

auf eine gemeinsame Quelle zurück. Schrader (Xenoph. respubl. Ath. 2). Nach Sizilien und 

(bei Hehn Kulturpfl. u. Haustiere v 190L; Reallex. Unteritalien verpflanzt kam der H. unter unyer- 

331) vermutet, daß in dem öeremissischen leene, ändertem Namen nach Mittelitalien und weiterhin 

knie ,Hanf' die einfachste Form des Namens zu nach Gallien. Daß am Rhoneflusse bereits im 

•erblicken sei. Der zweite Bestandteil -bis oder 3. Jahrh. v. Chr. die H.-Kultur geblüht haben 

-pis finde in deT syrjänischen und wotjakischen muß, erfahren wir aus Athenaios (V p. 206), der 

Benennung des H. (Ursprung, der Nessel) pis, uns berichtet, Hiero IL habe für sein bei Athenaios 

pw die entsprechende Form. Hiernach würde geschildertes ungeheueres Prachtschiff H. von den 

cannabis eigentliche ,Hanfnessel' bedeuten. Zu Ufern des Rhodanus bezogen. — Von den römi- 
y.ävvaßts, das selbst ein Lehnwort ist, stehen alt- 30 sehen Schriftstellern erwähnt Lucilius zuerst den 

.slav. konopolja, lit. kanapes, altpreuß. knapios, H. (Lucilius ed. L. Mueller ex libris incertis 

pers. kanab, arab. eannab in dem gleichen laut- 111: vidimus vinetum thomice eannabina). Cato 

liehen Verhältnis wie die germanischen Bezeich- und Vergil nennen den H. nicht. Nach Varro 

nungen (Kluge Et. Wörterb. d. d. Spr.7). Ein (I 23, 6) wurde H., ebenso wie Flachs, Binsen 

■den slavischen Sprachen eigentümliches Wort für und Spartgras auf Feldern gezogen, um das 

H.: russ. penka, poln. _pcewfca, czech. penck, penka Material für Stricke und Taue zu liefern. Der 

dürfte nach Schrader (bei Hehn 7 589) den beste H. war der bei Alabanda in Karien wach- 

Skythen oder Sarmaten entnommen sein, neupers. sende (Alabandica), der vornehmlich zu Netzen 

und afghan. beng , hang, vedisch hhanga Hanf, verwandt wurde. Man unterschied bei ihm drei 
sendisch banha Trunkenheit, Banga Name des 40 Qualitäten der Faser: die schlechteste befand sich 

Daeva der Trunkenheit. nächst der Rinde und dem Marke, am besten war 

Herkunft und Geschichte. H. findet sich die mittlere, welche Mittelhanf (rnesa) hieß, die 
wildwachsend südlich vom Kaspischen Meer, in zweite Sorte wurde mylaseischer H, (Mylasea) ge- 
Mittel- und Südrußland, sowie in Sibirien vom nannt. Der roseische H. (Rosea) im Sabinerlande 
Ural bis Dahurien (Eng ler bei Hehn 7 190). De soll Baumes höhe erreicht haben (Plin. XIX 174). 
Oandolle (Ursprung 184) meint, die Skythen Die Pflanze und ihr Anbau. Der ange- 
hätten ihn um 1500 v. Chr. aus Asien nach Süd- baute H. (xdvvaßts npieqog, auch xavvdßtov und 
rußland gebracht. Im westlichen und mittleren ayoivöorgotpov \py>pwiov und oz@E<pa>, also Stricke 
Europa ist H. während der jüngeren Steinzeit, der drehend] genannt) hat übelriechende, der Esche 
Bronze- und wohl auch der Eisenzeit unbekannt 50 ähnliche Blätter, lange einfache Stengel und eine 
gewesen. Weder in den Schweizer Pfahlbauten, runde Frucht (Diosc. ILT 155). H. verlangt fetten, 
noch in der Poebene oder sonst in vorgeschicht- gedüngten, was ser ungs fähigen oder natürlich 
liehen Schichten ist H. gefunden worden (Bu- feuchten, lockeren, tiefbearbeiteten Boden (Col. 
seh an Vorgeschichtliche Botanik 115). Die II 10, 21. Geop. II 31), er kann daher nicht 
Ägypter kannten den H. nicht, in der Umhüllung überall angebaut werden (Varr. I 23). Die Aus- 
der Mumien hat sich keine H.-Faser gefunden. saat soll um Frühlingsanfang sein (Plin. XIX 173), 
Auch den Phöniziern war er fremd, und in den bei feuchter Witterung kann sie bis zur Früh- 
hebräischen Religionsbüchern wird seiner noch lingsgleiche (Col. II 10. Paü. LTI 5) hinausge- 
nicht Erwähnung getan. Die Mischna spricht schoben werden. Auf den Quadratfuß rechnete 
von den textilen Eigenschaften des H. als eines 60 man 6 Körner (Col. II 10. XI 2). Je dichter 
wenig bekannten Gegenstandes. Wohl aber wird gesät wird, um so feiner wird der H. (Plin. XIX 
H. schon in den ältesten chinesischen Schriften, 173). Nach der Reife zur Zeit des Herbstäqui- 
besonders in dem 500 Jahre v. Chr. geschriebenen noktiums wird der Same abgestreift und an der 
iHu-hing 1 mit seinen beiden zweihäusigen Formen Sonne, im Winde oder im Rauche getrocknet. Die 
genannt(Bretschneider bei de Candolle 183). Pflanze selbst wird nach der Weinlese ausgerissen 
Von den griechischen Schriftstellern gedenkt zu- und in den Abendstunden durch Abschälen ge- 
«rst Herodot (TV 74 und 75) des H. als einer reinigt (lueubrationibus deooriUa purgatur. Plin. 
neuen Pflanze. ,Im Lande der Skythen wächst H. f XTX 173). 



2315 



Hanf 



Hannas 



2316 



Verwendung des H. Der H. wurde zur 
Verfertigung von Stricken benutzt (Biosc. III 155. 
Plin. XIX 173). Erwiesen sich die aus spartum 
hergestellten Stricke in süßem- und Seewasser als 
besonders dauerhaft, so gab man doch im Trocknen 
den aus H. verfertigten den Vorzug (Plin. XIX 29). 
In Karien wurden treffliche Jägernetze aus H. 
angefertigt (Gratii Falisci et Olympii Nemesiani 
carm. ven. 46f.). H. gehört zu den ältesten 
Arzneimitteln. Im Berliner Papyrus und dem 
Papyros Ebers findet er sich unter den ägypti- 
schen Heilmitteln. Das Pharmakon Nepenthes 
des Homer wollen einige auf das aus dem H. 
bereitete Berauschungsmittel, Haschisch, beziehen 
(Berendes zu Diosc. III 155). Nach Herodot 
(IV 74. 75) haben die Skythen die gerosteten 
H.-Körner zur Herstellung von Schwitzbädern 
verwandt. ,Nach der Bestattung eines Verstor- 
benen reinigen sich die Skythen also: zunächst 
reiben sie den Kopf ein und waschen ihn ab. 
Alsdann stellen sie drei Stangen so auf, daß sie 
gegeneinander gelehnt sind. übeT die Stangen 
ziehen sie wollene Decken, spannen diese recht 
fest und werfen glühendheiße Steine in eine in 
diesem Zelte aufgestellte Wanne. Hierauf schlüpfen 
sie in das Zelt und streuen H.* Samen auf die 
glühenden Steine, von denen nun ein solcher 
Dampf ausgeht, daß kein griechisches Schwitzbad 
besser sein kann.' H. zu Saft verarbeitet galt in 
das Ohr eingeträufelt für ein gutes Mittel gegen 
Ohrenschmerzen. 

In der Symbolik der Träume legt Artemidoros 
(III 59) dem H. eine ähnliche Bedeutung bei wie 
Spartgras und Lein. A ev x ea xoXg fikv tpoßovfievoig 
iaxt <poßegd * cxeqqozeqov yäg xal q?0QxtxcoT£Qov 
E7iayEt tov qpoßov ' xal xotg dovkoig ßaadvovg 
siQoayoQEvei xal eXevdsQtav xölg xivrjct (für i?.ev- 
■&EQiav rotg ahrjoi, für das sich verschiedene Les- 
arten finden, schlägt Hercher in der Anm. vor 
xal öeouä xolg kXsv&SQOtg) xal yag xÖJixszai xal 
xazavzXexzstat ' xotg Ös ev xQvtpfj BtdyovGi fyXiipzig 
xal OT£vo%6}Qla$ ot]fiatvEi xal xovg ouioötf/tovs 
enavdyei, xal fidliozd ye oiav dianövzioi woi ' xal 
yaQ avrij ÖiaJidvTiög xofd&zat (Art. 191, 16ff.). 
xdvvaßtg de vüeqsjiixeivei zä arjfi.aivdf.isra vjio 
zfjs kevxiag xal rov Xtvov (Lein ist günstig inbezug 
auf Eheschließung, Freundschaft und Hoffnungen) 
xal ßaödvovg vnzQßaXkovoag xivdg otjfiaivei xal 
öeOfia svrova (Art. 192, Iff.). 

Die zweihäusigen Formen des H., die männ- 
liche und weibliche, sind frühzeitig erkannt worden. 
GL LH: canape. i. agre genera sunt duo mascu- 
lus et femina quae est efficax 587, 73. 608, 68. 
Infolge von Verwechselung wurde freilich die 
kleinere, schwächere und weniger zu verwertende 
männliche Pflanze, die in der Vorstellung des 
Volkes als die weibliche erschien, die weibliche 
femella genannt, die größere weibliche aber 
männlich maseulus. Die beiden Namen haben 
sich dann im Deutschen als Fimmel und Mäschel, 
Maschel, Hasch in dem früher gebrauchten Sinne 
erhalten. Auffallend ist, daß in alten Pflanzen- 
glossaren der Kultur-H. öfter die Bezeichnung 
agre und agrius = wild führt CGL UI agrio 
canapin 631, 21; agriics. canape 543, 4; agre. 
i. canape 552, 44. Colm. Glos«, a. . ton (d. i. 
agrion) kanepf 17 (v. Fischer-Benzon Alt- 
deutsche Gartenflora 87f.). 



Literatur: Hehn Kulturpflanzen und Haus- 
tiere 7 188ff., dazu Schraders Bemerkungen 7 589^ 
De Candolle Ursprung der Kulturpflanzen 183f. 
v. Fischer-Benzon Altdeutsche GartenfloTa 87f. 
B u s c h a n Vorgeschichtliche B otanik 1 1 5ff. S ehr a- 
der Keallex. d. indogerm. Altertumsk. 331. Hoops- 
Waldbäume und Kulturpflanzen im germ. Alter- 
tum 472f. [Orth.] 
Hanhavaldns 5 ist in der Trierer Inschrift 

10 CIL ITI 3682 als königlicher Prinz der Burgun- 
der genannt. [Haug.] 

Hannas. *) 1) Hannas L, Sohn des Sethi (im 
Neuen Test, lautet sein Name "Avvag, bei Josephos- 
"Avavog ; der Name ist abgeleitet von *£rt) wird 
im J. 6 n. Chr. von dem syrischen Statthalter 
P. Sulpicius Quirinius als Hoherpriester einge- 
setzt an Stelle des beim Volk wegen zu großer 
Willfährigkeit gegen Rom verhaßt gewordenen 
Joasar (Joseph, ant. lud. XVLH 26); daß er zu 

20 demselben Hause wie dieser gehört habe (dem des 
alexandrinischen Juden Boethos), zu welcher An- 
nahme Grätz Geschichte der Juden LTI 5 737f. 
neigt, ist nicht zu beweisen. Er hat verhältnis- 
mäßig lange, bis 15 n. CIit., das Amt bekleidet, 
dürfte also eine geschickte Mittelstellung zwi- 
schen den Parteien eingenommen haben ; er selbst 
hat der saddueäischen Partei angehört und konnte 
als Sadducäer die streng jüdische Richtung natür- 
lich nicht befriedigen (Acta Apost. IV 1. 6. V 17. 

30 Tosephta Menachot 13, 21). Warum er von dem 
neuen Procurator Valerius Gratus abgesetzt wor- 
den ist (Joseph, ant. lud. XVIII 33f.), wissen 
wir nicht. Auch nach seinem Rücktritt hat er 
noch eine sehr einflußreiche Stellung eingenom- 
men, ist sogar offenbar der einflußreichste Mann 
des jüdischen Synedrions, dessen wahrer Führer 
gewesen ; denn nur dann erklärt es sich befrie- 
digend, daß H. sowohl bei Luk. III 2 als auch 
Act. Apost. IV 6, zu einer Zeit, als sein Schwie- 

40 gersohn Joseph Kaiaphas Hoherpriester war, nicht 
nur als a.Qxi£Qzvg bezeichnet — diesen Titel schei- 
nen die abgesetzten Hohenpriester stets beibe- 
halten zu haben — sondern sogar vor ihm an 
erster Stelle genannt und dadurch Act. Apost. 
IV 6, wo es sich um eine Versammlung des Sy- 
nedrions gegen die Apostel handelt, gleichsam 
als dessen Präsident hingestellt wird (Schürer 
Geschichte d. jüd. Volk. LT> 256. 274f.). Auch 
bei Johan. XVIII 13ff. tritt uns diese führende 

50 Stellung entgegen ; denn vor ihm, nicht vor Kaia- 
phas hat das erste Verhör Jesu stattgefunden. 
Für die ganz besondere Bedeutung des H. spricht 
schließlich auch, daß außer dem Schwiegersohn 
alle seine fünf Söhne das Hohepriesteramt be- 
kleidet haben (Joseph, ant. lud. XX 197f.). H. 
muß sehr alt geworden sein ; nach Joseph, a. a. O. 
scheint es sogar, als wenn er noch die Amtsein- 
setzung seines gleichnamigen Sohnes im J. 62 
n. Chr. erlebt hätte. 70 n. Chr. war er freilich 

60 schon tot ; denn der Circumvallationswall des Titus 
hat auch das Grabmal des H. berührt (Joseph . 
bell. lud. V 506). Haußleiter in Herzogs Real- 
encvkl. f. prot. Theol. u. Kirche 13 555. Sief- 
fert ebd. VH3 408. 



*) Ich behandle ihn hier unter der von Luther 
für ihn eingeführten Namensform, da er bei dem 
Buchstaben A keine Erwähnung gefunden hat. 



3317 



Hannas 



mnniDai 



Zöis: 



2) 'Hannas IL (bei Josephos "Avavos, s-, Han- 
nas I.), Sohn des Vorigen, wird im J. 62 n. Chr. von 
Agrippa LT. zum Hohenpriester ernannt als letzter 
der fünf Söhne H.s I. (Joseph, ant. Ind. XX 197f.); 
er ist wohl auch der jüngste gewesen (seine vier 
Brüder treffen wir als dg^isgEtg von 16 bis etwa 
42 n. Chr., Joseph, ant. lud. XVIII 34. XLX 
316), aber damals jedenfalls auch schon ein 
Mann in höheren Jahren (Joseph, bell. lud. IV 



mäern in die Hände gefallen und getötet worden. 
Der Tod des H. ist etwa im Februar — März 68 
n. Chr. erfolgt. Man war so erbittert gegen ihn, 
daß man dem Toten das Begräbnis verweigert 
hat (Joseph, bell. lud. IV 151—325). An der 
Anfachung des Bürgerkrieges ist nicht ihm die 
Schuld beizumessen, sondern den Zeloten; auch 
ist es unbeweisbar, daß er es insgeheim mit Rom 
gehalten habe. Mit ihm scheint das Element 



151. 238), trotzdem aber kühn und wagemutig 10 beseitigt worden zu sein, das allein noch im- 
(Joseph. ant. lud. XX 199), ein glänzender, hin- stände gewesen war, die Schreckensherrschaft der 
reißender Redner (Joseph, bell. lud. IV 162ff. ZMn+p.n ^hziiw^r™. Grätz Geschichte d. Juden 
321). Er war ein eifriger Anhänger der saddu- 
eäischen Partei (die Kombinationen von Grätz 
Geschichte d. Juden III 5 749ff. aus talmudischen 
Quellen sind freilich sehr gewagt) und ist gegen 
seine Gegner scharf vorgegangen, hat sie als Ge- 
setzesübertreter durch das Synedrion verurteilen 
und sie sogar in Überschreitung seiner Kompe- 



Zeloten abzuwehren. Grätz Geschichte d. Juden 
HF 443f. 475. 489. 512ff. urteilt infolge seines 
Eintretens für die Zeloten über H, nicht richtig. 
S. noch Schür er Gesch. d. jüd. Volkes I 3 581. 
607. 618f. II 4 256. 273. [Walter Otto.] 

Hannibal ? Name einer ganzen Reihe kartha- 
gischer Heerführer und Staatsmänner. 

1) Sohn Hasdrubals L, Enkel Magos, Inst 



tenz steinigen lassen (die Angabe des Joseph. 20 XIX 22 ; sonst nicht weiter bekannt. 



ant. lud. XX 200, daß damals auch Jakobus, 
der Bruder Jesu, hingerichtet worden sei, ist nicht 
gesichert, sie beruht wohl sogar auf Textinter- 
polation, Schürer Gesch. des jüd. Volkes 13 
581ff.), Infolge dieser Kompetenzüb er schreitung 
haben die Pharisäer die baldige Absetzung des 
H. leicht durchsetzen können (Joseph, ant. lud. 
XX 200—203). Die Amtsenthebung mag den H. 
römer feindlich er gemacht, ihn den Pharisäern, 



2) Sohn Geskons, Enkel von Hamilkar L, 
König d. h. Süßet der Karthager im J. 410, als 
das Hilfegesuch der Einwohner von Egesta gegen 
die griechische Stadt Selinus anlangte. Von den 
karthagischen Behörden zum Feldherrn bestellt, 
unterbreitete er zunächst den Streitfall zwischen 
Segesta und Selinus den Syrakusanern zur Ent- 
scheidung, sandte aber dann Egesta ein Hilfskorps 
von 50 00 Libyern und 800 Rampanern. Gleich- 



überhaupt der Menge genähert haben, jedenfalls 30 zeitig begann er gewaltige Rüstungen , die er 
hat er auch in den folgenden Jahren eine poli- "- 1 * ""- u ™ w '"-*~- " 1AQ *«»<■«-*•*+'> tü*a yttt 
tische Rolle gespielt, wobei er sich freilich im 
Bewußtsein der Stärke Roms den Gemäßigteren 
anschloß (Joseph, bell. lud. IV 319-321 ; Josephos' 
Nachruf ist allerdings sicher panegyrisch ge- 
färbt) ; immerhin finden wir H. zu Beginn des 
jüdischen Aufstandes in leitender Stellung. Er 
ist gegen Ende des J. 66 n. Chr. in einer Volks- 
versammlung zusammen mit Joseph ben Gorion 



auch noch im Winter 410/9 fortsetzte, Diod. XUI 
43, 5 — 44, 6. Im Frühjahr 409, wahrscheinlich 
Anfang Mai, setzte er dann mit einem bedeutenden 
Heer — die Zahlenangaben bei Timaios (100000 
Mann) und bei Ephoros (200 000 nach Diod. XIII 
54, 5) sind natürlich gewaltig übertrieben — nach 
Sizilien über und landete am Kap Lilybaion. 
Nach Erstürmung des Kastells Mazara schloß er 
Selinus vollständig ein und eroberte es nach neun- 



mit der Verteidigung von Jerusalem betraut und 40 tägiger, mit unerhörter Heftigkeit geführter Be- 

n " "" stürmung. Die Bevölkerung ward vernichtet; 

nur wenige entkamen. Diesen gestattete er die 
Rückkehr und übergab ihnen ihre geplünderte 
und der Mauern beraubte Vaterstadt, die von nun 
an den Karthagern Tribut zahlte (Diod. XIII 54, 1 
—59, 3). Fraglich ist, ob die Zerstörung der Tem- 
pel auf H. zurückgeht; der Befund der noch vor- 
handenen Ruinen deutet mehr auf eine Zerstörung 
durch Erdbeben, vgl. Benndorf Die Metopen 



zugleich als eine Art oberster Gouverneur der 
Stadt bestellt worden {xüv xaxa zijv nölw 
äjidvzoiv avTottgdxoiQ, Joseph, bell. lud. II 562f. 
648). In dieser Eigenschaft finden wir ihn dann 
gleichsam an der Spitze der revolutionären Zen- 
tralregierung in Jerusalem und insofern z. B. auch 
in Galiläa gegen den dortigen Statthalter, den 
Historiker Josephos, eingreifend, um diesen von 
seinem Posten zu entfernen; er hat freilich ihm 



gegenüber bald eingelenkt (Joseph. vital89ff.216rT. 50 von Selinus 9 ff. Freeman Hist. of Sicily IV 474. 
309ff.). H. hat als Gemäßigter versucht, die im v "^ A *~ ^««-^«« ™« K*Ur»„ n ^»„Ato «^ 



Laufe des Aufstandes immer zügelloser werdende 
radikale Partei der Zeloten im Zaum zu halten ; 
er ist ihnen freilich schließlich erlegen (Joseph, 
bell. lud. IV 651). Als nämlich im Winter 67/8 
n. Chr. die Zeloten sich immer entschiedener gegen 
die leitenden Kreise wandten, um selbst die Macht 
in die Hände zu bekommen, hat es vor allem die 
Beredsamkeit des H. verstanden, einen Teil des 



Nach der Einnahme von Selinus wandte sich 
H. gegen die Stadt Himera an der Nordküste, 
die er, verstärkt durch bedeutende Scharen von 
eingeborenen Sikulern. ebenfalls einschloß. Gleich 
im Anfang waren die Karthager durch eine Mauer- 
bresche eingedrungen, wurden aber von den Bür- 
gern wieder herausgetrieben, die nunmehr ihrer- 
seits Zuzug aus den anderen Griechenstädten — 
4000 Mann unter Diokles — erhielten. Darauf 



Volkes zum offenen Kampfe gegen die Zeloten 60 hin unternahmen sie einen Ausfall, der zuerst 
" T ' ■ 1 J " t- j- -. -rr r. ge k r glücklich verlief, dann aber durch H.s per- 

sönliches Eingreifen mit schweren Verlusten für 
die Griechen zurückgewiesen ward. Nunmehr be- 
schlossen die Bürger auf Diokles 1 Bat, in der 
Nacht abzuziehen; einem Teil gelang es, zu Lande 
unbemerkt zu entkommen, die andern bestiegen 
die gerade von Syrakus anlangende Flotte. Un- 
mittelbar darauf ward die von Verteidigern ent- 



in Jerusalem zu bestimmen. In diesem Kampfe 
haben H, und die Ordnungspartei — H. erscheint 
auch hier durchaus als der eigentliche Führer — 
zwar zuerst Erfolge errungen, als aber die Ze- 
loten die Idurnäer für sich gewannen und diesen 
endlich den von der Ordnungspartei gewehrten 
Eintritt in die Stadt verschafften , da sind die 
Gemäßigteren unterlegen. IL ist dabei den Idu- 



üöiy 



jtianmoai 



nanm&ai 



aaau 



blößte Stadt erstürmt und dem Erdboden gleich 
gemacht. 3000 Gefangene ließ H. an der Stelle 
abschlachten, wo sein Ahn geendet hatte ; die ge- 
raubten Kunstwerke wurden nach Karthago ge- 
schleppt (Cic. in Verr. II 2, 86). Dann löste H. 
das Heer auf und ging unter Zurücklassung einer 
starken Besatzung nach Karthago zurück, frühe- 
stens Ende August 409 (Diod. XIII 59, 4—62, 6). 
Diese Unternehmung H.s war das erste Zeichen 



i&xovza xeii hiaxoaiotg ereotv). Nicht ganz SO 
glatt ist das Jahr des ersten Kriegszuges zu ge- 
winnen. Diodor erzählt die Vorgänge unter Dio- 
kles 409/8 ; also nach seiner Rechnung begann 
der Feldzug im Frühling 409. Gegen diesen An- 
satz hat Be loch Einspruch erhoben: da im J. 409 
die Flotte der sizilischen Griechen noch im Osten 
tätig sei, so müsse H.s erster Kriegszug ins J. 408 
verlegt werden, denn es sei doch undenkbar, daß 



eines Umschwungs in der auswärtigen Politik 10 Syrakus und Selinus im Angesicht der furchtbaren, 



Karthagos, die seit der Niederlage bei Himera 480 
sich jedes Eingreifens auf Sizilien enthalten hatte. 
Die Ursache dazu lag offenbar in dem Zusammen- 
bruch der Macht Athens vor den Mauern von 
Syrakus, der sofort die griechenfeindlichen Ge- 
walten im Osten wie im Westen auf den Plan 
brachte. Der Ausgang des Feldzugs von 409, der 
wohl zunächst eine Art Yersuch im großen dar- 
stellte, hatte der Kriegspartei recht gegeben, und 



sie bedrohenden Gefahr nicht schon spätestens 
im Frühjahr 409 ihre Schiffe heimbeordert hätten. 
Dagegen ist zu sagen, daß nach Xen. hell. I 2, 
10 kurz nach der Schlacht bei Ephesos, die ent- 
weder Juni 410 oder 409 anzusetzen ist, der 
Untergang von Selinus bereits bekannt war. An- 
dererseits hatte H. seine Vorkehrungen in solcher 
Stille getroffen, daß man Anfang 409 weder in 
Syrakus noch in Selinus etwas von den Schreck- 



nun rüstete man sich in Karthago, den Feldzug 20 nissen ahnte, die das Jahr bringen sollte, und 



in größerem Maßstäbe zu wiederholen. Auch dies- 
mal ward H. zum Feldherrn erwählt, doch ließ 
er sich seines hohen Alters wegen seinen Neffen 
Himilkon als Mitfcldherrn beigeben. Nach sorg- 
fältigen Vorbereitungen erschien er im Frühjahr 
406 mit einem noch größeren Heer als das erste 
Mal in Sizilien und wandte sich sofort gegen 
Akragas, dag er zum Anschluß oder wenigstens 
zur Neutralität aufforderte. Nach der Zurück- 



deswegen ruhig die Schiffe bei der peloponnesi- 
schen Flotte beließ. Erst der Fall von Selinus 
und der Vormarsch auf Himera belehrte die Po- 
litiker von Syrakus eines besseren, und nun riefen 
sie die Flotte zurück, die dann noch rechtzeitig 
vor dem belagerten Himera eintraf. Vgl. über 
diese Verhältnisse Lenschau Philologus VIII 
Suppl.-Bd. 325ff. (1900). Schwierigkeiten dagegen 
machen die Worte Xenophons hell. I 1, 37 xal 



Weisung seiner Anträge rückte er mit dem ganzen 30 6 Eviavxog k'Xqysv, hv $ Küqx^övioi 'Avvißa yyov- 
TTpfirp an nnrt s/>h1nR Mp R+.aM. Am sterh n/hm- phov oxQaxsvaavxEQ Iw Zixzliav Uxa (xvQtdai 



Heere an und schloß die Stadt ein, starb aber 
gleich im Anfang der Belagerung an der Pest 
etwa Juni 406 (Diod. XIII 80, 1-7. 85, 1-86, 3). 
Quellen. Hauptquelle ist Diodor im XIII. 
Buch, der wie die Heereszahlen erweisen, durch- 
weg auf Timaios beruht; einzelnes bei Frontin. 
strat. III 10, 3—4 (beidemal handelt es sich 
nach Meltzer Gesch. d. Karth I 510 um die- 
selbe Sache). — Neuere Darstellungen bei 



oxgaxtäg algovatv kv rgtol f.tijai ovo jröJietg *EXh\~ 
vtdag Ss7uvovvxa xal l^isgav. Am besten fährt 
man, wenn man mit Meyer a.a.O. diese Worte 
als eine Interpolation desselben Mannes ansieht, 
der unmittelbar darauf in I 2, 1 hinter r<p Sk 
aU<p hei sicher falsch das Olympiadenjahr 93, 
1 und den Namen des Archons Euktemon 408/7 
interpolierte: denn dann ist der ivtavxog in I 1, 



Holm II 80, 421—424. Freeman Hist of 40 37 eben das Jahr, das Euktemon 408/7 vorauf- 



Sicily in 446-524 (mit guter Karte). Meltzer 
Gesch. d. Karth. 1254-274. 509-511. Beloch 
Griech. Gesch. II 83ff. Meyer Gesch. d. Altert. 
V 62—73. Für die Topographie immer noch 
maßgebend Schubring Topographie von Akra- 
gas 19. 66, doch vgl. Holm a. a O. 426 Taf. IX. 
Freeman IV 728. Schneck Akragas-Girgenti, 
Breslau 1911, 26. 

Chronologie. Auszugehen ist von der Ein- 



geht, nämlich Diokles 409/8, und somit stimmten 
der Interpolator, der ja auf Timaios zurückgeht, 
und Diodoros hier überein. Allein möglich bleibt 
es doch, daß I 1, 37 echt ist, und dann ist mit 
dem hiavxog eben das den Ereignissen von I 2 
vorausgehende Kriegsjahr gemeint, also je nach- 
dem man die Ausfahrt Thrasylls mit H a a c k e 
in das Frühjahr 410, oder mit Dodwell (nach 
Dionys. zu Lys. or. 32) unter Glaukippos 409 



nähme von Akragas, die nach Diodor XIV 91, 1 50 setzt, entweder das Kriegsjahr 411/0 oder 410/9. 

kurz vor der Wintersonnenwende erfolgte. Die ^ — ---=-3- -■>-- • T ...i... v . i 

Belagerung hatte nach Diod. a. a. O. im ganzen 
acht, nach dem Interpolator bei Xen. I 5, 21 
nur sieben Monate gewährt, woraus Meltzer I 
510 mit Recht schließt, daß die Einnahme im 
achten Monat stattfand, die Belagerung demnach 
im Mai begonnen haben muß. Fraglich ist das 
Jahr, insofern Diodor die Vorgänge unter Kairias 
406/5 erzählt, während Xen. a. a. O. das Jahr 



Dann würde man eben einen Irrtum Xenophons 
anzunehmen haben, der diese in dem entfernten 
Sizilien spielenden Vorgänge nicht genau mehr 
zu datieren vermochte. Zweifellos richtig ist, 
wie auch Meltzer hervorhebt, das h xqioi ftrjoi: 
fiel Selinus Ende Mai, so kann Himera Anfang 
bis Mitte August zerstört sein. Umso eher er- 
klärt sich das Erscheinen der noch im Juni bei 
Ephesos tätigen Flotte der Syrakusier vor Himera, 



des Antigenes 407.6 angibt. Beide Angaben sucht 60 und ebenso begreift man, warum H. nach der 



Meyer V 65 in der W T eise in Einklang zu bringen, 
daß er annimmt, Xenophon habe den Anfang, 
Diodor das Ende der Belagerung im Auge. Diese 
würde danach in das julianische J. 406 fallen, 
und dazu stimmt dann genau Diod. XIII 905, 
wonach die Einnahme von Akragas fast 260 Jahre 
vor die Eroberung Karthagos fallt (Ende 406 bis 
Mitte 146 = ZtniiQov zavtrjg t^j altoosüig oxe&öv 



Einnahme von Himera den Feldzug abbrach: 
offenbar langte die Zeit Ende August zu einem 
größeren Unternehmen nicht mehr. Doch kann 
der frühe Abbruch auch mit dem oben betonten 
Charakter des Krieges als eines Versuchs im 
großen erklärt werden; insofern war der Zweck 
erreicht, als der ganze Verlauf des Krieges die 
innere Schwäche Siziliens deutlich offenbart hatte. 



2321 



itannibai 



üaurubai 



Z3ZZ 



8)' Nach Zonar. VIII 10 Sohn des Geskon, 
Feldherr der Karthager im Beginn des ersten 
Punischen Krieges. Während er als Flottenchef 
mit dem Geschwader bei Lipara lag, wurden die 
Mamertiner von Hieron am Longanos besiegt (269 
nach der gewöhnlichen Ansicht, die Meltzer 
Geschichte der Karthager II 550ff. verteidigt; 
richtiger 265, vgl. Beloch Gr. Gesch. III 1, 
669, 2 § 104). In der darauf folgenden Verwir- 
rung gelang es H. , eine karthagische Besatzung 
in die Burg von Messana zu legen, die indessen 
durch das Ungeschick des Kommandanten Hanno 
bald wieder zum Abzug gebracht ward (Diod. 
XXII 13, 7. Zonar. V1TI 8; Polyb. I 10, er- 
wähnt nur die Tatsache, nennt aber keinen Namen). 
In eines der nächsten Jahre mag der von Fron- 
tin, IV 1, 19 erwähnte Vorfall gehören, wonach 
H. ein römisches Korps zur Übergabe zwang und 
unters Joch schickte; wenigstens deutet darauf 
die Erwähnung des Consuls Otacilius (entweder 
Marcus 263/2 oder Titus 261/0, wenn die Sache 
nicht in den zweiten Punischen Krieg gehört). Im 
J. 261 kommandierte H. in Akragas, wo er von 
den Körnern vom Juni bis in den Dezember hin- 
ein belagert ward. Unmittelbar nach der Nieder- 
lage des Entsatz heeres unter Hanno am Toros- 
hügel glückte es ihm, die römischen Linien zu 
durchbrechen und die Besatzung ohne größere 
Verluste durchzubringen (Polyb. I 17, 5 — 19, 3, 
erste namentliche Erwähnung H.s 18, 7). Wohl 
zum Lohn dafür erhielt er im folgenden Jahre 
das Flottenkommando in Sizilien und nahm sein 
Standquartier in Panormos (Polyb. I 21, 6), von 
wo aus er die Küsten Italiens verheerte (Zonar. 
VIII 10, 386 B. Gros. IV 7, 7). Hier in Pan- 
ormos erfuhr er auch von der Ankunft des Con- 
suls Cn. Cornelius vor Lipara und entsandte Bo- 
odes mit 20 Schiffen, um ihn aufzuheben, was 
diesem auch gelang, Pol^yb. I 21, 6—8. Wie sich 
aus dem ganzen Zusammenhang, besonders aus 
§ 9 und dem folgenden ergibt, war lediglich die 
Unvorsichtigkeit des Consuls an dem Unglück 
schuld; nicht eine Treulosigkeit des punischen 
Führers, wie in der annalistischen Überlieferung 
erzählt wird (Liv. per. 17. Val. Max. VI 6, 
2. Flor. I 18. Eutrop. II 20. Oros, IV 7. Po- 
lyaen. VI 6, 5. Zonar. VIII 10, 386 D). Indessen 
muß doch auch Polybios diese Erzählung gekannt 
haben, da er ihr VIII 35, 9 Glauben beimißt 

Kurz darauf war H. mit der Verwüstung der 
Küste um Mylai beschäftigt, als die römische 
Flotte unter C. Duilius anfuhr. Sofort warf sich 
H. mit 130 Schiffen auf die Römer, erlitt aber 
infolge der Verwirrung, die die römische Erfin- 
dung der Enterbrücken anstiftete, eine empfind- 
liche Schlappe, bei der sein Admiralschiff, die 
Heptere des Pyrrhos. genommen ward und er 
selber nur mit knapper Not der Gefangenschaft 
entging (Polvb. I 23, 2-10; vgl. Zonar. VIII 
10. Oros. IV 7, 7—10. Eutr. II, 20 dazu die 
Inschrift der Colamna rostrata des Duilius, CIL 
I 195, über deren Echtheit Wolf Hin S.-Ber. 
Akad. Münch. 1890, 293—321 gehandelt hat, 
während Niese Rom. Gesch. 4 101, 2 sie für ein 
Produkt der ersten Kaiserzeit erklärt, das nach 
Livius gemacht sei. Vgl. auch das Elogium des 
Duilius, CLL I 1 2 1 1). Dagegen ist die Erzählung 
des Polyb. I 21, 10-11 von einer früheren Nieder- 



lage H.s gegen die römische Flotte, die er bei 
einer Rekognoszierung an der Küste Italiens er- 
litten habe, ganz unwahrscheinlich. Einzelne Aus- 
drücke und auch die Verlustangaben stimmen 
genau mit dem Bericht über Mylai überein, so 
daß Beloch Gr. Gesch. III 1, 677, 1 hier wohl 
mit Recht eine Dublette zur Schlacht von Mylai 
erkennt, die sich vielleicht mit der Version des 
Philinos deckte. Die Sache wird dadurch noch 

10 wahrscheinlicher, daß die Erzählung bei Polybios 
im engsten Zusammenhang mit dem Überfall von 
Lipara steht, hei dem von einer Treulosigkeit des 
punischen Führers nicht die Rede ist, was ja zu 
Philinos karthagerfreundlicher Tendenz sehr gut 
passen würde. Dann hätte also an das Bruch- 
stück aus Philinos (I 21, 4—11 Überfall von Li- 
para und Treffen von Mylai) Polybios unmittel- 
bar den Bericht des Fabius über die Seeschlacht 
c. 22 und 23) angefügt, ohne zu merken, daß 

20 er zweimal dasselbe erzählte. 

Nach der Niederlage von Mylai begab sich 
H. nach Karthago (Polyb. I 24, 5), wo er zwar 
seines Amtes entsetzt ward (Zonar. VIII 11, 
387 C), sonst aber keine Strafe erlitt, was wohl 
weniger auf die von ihm angewandte List (Diod. 
XXIII 10, 1. Val. Mas. VII 3 ext, 7. Zonar. 
VIII 11, 387 C. Aurel. Vict. de vir. ill. 38), als 
auf seine gute Stellung zur herrschenden Partei 
zurückgeht. Jedenfalls ward er sofort mit einer 

30 neuen Unternehmung, und zwar diesmal nach 
Sardinien betraut. Hier jedoch ward er von den 
Römern in einem Hafen eingeschlossen und ver- 
lor den größten Teil seiner Schiffe, worauf er 
von seinen erbitterten Untergebenen gekreuzigt 
(Polyb. I 24, 6. Liv. per. 17. Zonar. VIII 11), 
nach einer andern Version (Oros. IV 8, 4) ge- 
steinigt wurde (259/8). 

Quelle : Polyb. I 18—24, daneben die annali- 
stische Darstellung bei Diod. XXIII 7—9. Zonar. 

40 VIII 10, 385 B— 12, 389 C. Oros. IV 7, 5—8, 4. 
Neuere Behandlungen: Neumann-Faltin Das 
Zeitalter der pun. Kriege 76ff. 102ff. Mommsen 
R. G. 16 517ff. Meltzer Gesch. d. Karth. II 250 
—286. 506ff. Niese Gesch. d. griech. u. maked, 
Staaten II 179. Beloch G. Gesch. III 1, 669ff. 
und bes. 2, 233f. über die Chronologie der Be- 
lagerung, die er abweichend von Meltzer richtig 
in 261, nicht 262 verlegt. 

4) Sohn des Vorigen, Unterbefehlshaber des 
50 in Lilybaion eingeschlossenen Himilkon, trug zur 

Vereitelung eines Verrats gallischer Söldier bei, 
Polyb. I 43, 4. 

5) Genannt der Rhodier, ein vornehmer Kar- 
thager; er erbot sich die Blokade von Lilybaion 
im ersten Punischen Kriege zu brechen und Nach- 
richten von den Belagerten zu bringen, was ihm 
vermöge der Schnelligkeit seines Schiffes im An- 
gesicht des römischen Heeres gelang (250/49), 
Polyb. I 46, 4ff. Er wiederholte den Versuch mehr- 

60 mabs mit gutem Gelingen und hob dadurch den 
Mut der Belagerten, ward aber schließlich doch 
von den Römern gefaßt und geriet samt seinem 
Schiffe in Feindeshand, Polyb. I 47, 7-10. 

6) Sohn des Hamilkar, befreundet mit AdherbaL 
dem Kommandanten von Drepana, fährte den in 
Lilybaion belagerten Karthagern 10000 Söldner 
zu, indem er von den Aegaten aus mit 50 Schiffen 
unmittelbar vor den Augen der Römer die Hafen- 



t laiiuiuai - 



nanmoai 



,332^ 



einfahrt gewann (250/49), Polyb. I 44, lff. Durch 
diese Verstärkung ward der erste große Ausfall 
der Karthager aus Lilybaion ermöglicht, den H. 
wohl noch mitmachte; gleich darauf verließ er 
in der Nacht mit seinen Schiffen den Hafen von 
Lilybaion und ging nach Drepana zum Adherbal, 
(I 46, 1). Dieser H. ist sonst nicht bekannt; nur 
Oros. IV 10, 2 nennt ihn einen Sohn des besiegten 
Hamilkar. Wenn der Zusatz mcti nicht lediglich 
auf Rechnung des Orosius zu setzen ist, der hier 
einen Zusammenbang herstellte, wo in seinen 
Quellen keiner zu finden war, so könnte mit dem 
vidi nur der Besiegte vom Eknomon (256) ge- 
meint sein, d. h. Hamilkar Nr. 6. Dann aber 
kann dieser kaum mit Hamilkar Nr. 7 Barkas 
identifiziert werden. 

7) Vielleicht derselbe wie Nr. 6, ward von 
den Karthagern anstatt Hannos, der mit Hamil- 
kar Barkas in Streit geraden war, diesem im 
Söldnerkrieg (241-238) als Mitfeldherr beige- 
geben, Polyb. I 82, 12. Er siegte mit beim 
Prion, beteiligte sich an der Unterwerfung des 
Landes und übernahm bei der Belagerung von 
Tunes die östliche, Karthago zugekehrte Seite. 
Infolge seiner Nachlässigkeit ward er jedoch von 
dem Söldnerführer Mathos geschlagen, gefangen 
und an dasselbe Kreuz geschlagen, an dem kurz 
vorher der am Prion gefangene Söldnerführer 
Spendios geendet hatte, Polyb. I 86, 5ff. 

8) Hannibal, Sohn des Hamilkar Barkas, der 
größte Feldherr des Altertums. 

1. Jugend- und erste Feldherrnjahre. 
Das Geburtsjahr H.s ergibt sich aus der bekannten 
Erzählung vom Schwur am Altar, die uns an 
einer ganzen Eeihe von Stellen überliefert ist 
(Polyb. HI 11, 5. Liv. XXI 1, 4. XXXV 19, 2ff. 
Nep. Hann. 2. Val. Max. IX 3 ext. 3. Maxtial. 
IX 44. Sil Ital. I 81-43. Flor. H 62. Oros. 
IV 14. Aur. Vict. de vir. ill. 42). Übereinstimmend 
wird H.s AlteT damals auf neun Jahre angegeben ; 
da nun der Auszug nach Spanien, bei dem jener 
Vorfall sich ereignete, ganz im Frühjahr 237 
stattfand, so ist Frühjahr 247 die obere Grenze 
für H.s Geburt. Sie kann aber auch nicht viel 



später angesetzt werden, da Polyb. XV 19, 3 den 
Feldherrn sich in einer Rede an den Senat Ende 
202 als über 45 Jahre alt bezeichnen läßt. Da- 
nach ist H. wahrscheinlich Mitte 247 geboren; 
dazu stimmt die Notiz bei Zonar. VIII 21, 405 D, 
wonach er bei Übernahme der Feldherrnwürde im 
J. 221 26 JahTe gezählt habe. Mit der Nach- 
richt Eutrops m 7, 2, daß er bei der Belagerung 
Sagunts 219 erst 20 Jahre alt gewesen sei, ist 
nichts anzufangen; wahrscheinlich ist der Einer 
ausgefallen. Nep. Hann. 3. 2 gibt 25 Jahre, nimmt 
also als Geburtsjahr 246 an, was mit Livius' An- 
sätzen stimmen würde. Frühjahr 237 also ging H. 
mit dem Vater nach Spanien, wo er blieb; erst 
nach 36 jähriger Abwesenheit, nach seiner Nieder- 
lage bei Zama Ende 202, ist er in die Vaterstadt 
zurückgekehrt (so Polyb. XV 19, 3 = Liv. XXX 37, 
vgl. die abgeleiteten Stellen XXX 30. 35 und bes. 
vvt XXVI1 21 *- AIlerdm gs findet sich bei Liv. 
XXI 33ff. eine Erzählung, aus der hervorgehen 
würde, daß H später nach Karthago zurückgekehrt 
und erat von Hasdrubal Dach Spanien zurückbe- 
?!.-*?■ AUein ^S 6861 "»* davon, daß die ganze 
beschichte sich durch ihre schmutzigen Einzel- 



heiten als Erfindung der antibarküiischefl- Partei 
"kennzeichnet, leidet sie auch an einer, inneren; 
chronologischen TJnwahrscheinlichkeit : wenn H. 
erst nach dem Tode des Vaters d. h. frühestens 
Anfang 228 nach Spanien zurückging, so stand er 
im 19. Jahr und konnte also nicht mehr als vias- 
dumpubes (Liv. XXI 3, 2) bezeichnet werden. Wie 
dem auch sei, seine drei ersten Kriegsjahre diente 
er unter seinem Schwager Hasdrubal ab, wobei er 
10 sich besonders als ReiteTgeneral auszeichnete (Liv 
XXI 4, lff. 10. Appian VI 6. Nep. Hann. 3)* 
Nach dem Tode Hasdrubals (221) ward er sofort 
zum Oberfeldherrn gewählt (Polyb. II 36, 3. HI 
13, 3. Liv. XXI 3, 1) und vom Volke einstimmig 
bestätigt (Polyb. HI 13, 4). 6 

Noch im selben Sommer (221) unternahm H. 
einen Kriegszug gegen die Holkaden, die er be- 
siegte und deren Stadt Althaia (Kartala bei Li- 
vius) er einnahm, darauf führte er das Heer in 
20 die Winterquartiere nach Neukarthago zurück 
(Polyb. III 13, 5-8. Liv. XXI 5, 3-5). Im folgen- 
den Jahr (220) besiegte er die Vaccäer am oberen 
Duero und nahm ihre beiden Städte Helmantika. 
(Liv. Bermandiea, Polyaen. VII 48 — Plut. de 
mul. virtut. 10. Salmatis, vielleicht das jetzige 
Salamanca) im ersten Anlauf, Arbukala erst nach 
langer Belagerung. Auf dem Kückwege wurde 
er von einem großen Heer der Karpetaner über- 
fallen, doch gelang es ihm, den Tajo als Deckung 
30 zwischen sich und die Feinde zu bringen und 
diese beim Übergang über den Fluß vollständig- 
zu besiegen (Pol. IÜ 14, 1—10, vgl. Front. II 7, 
7). Nachdem dadurch die Ruhe in Spanien völlig- 
gesichert war, ging er nach Neukarthago in die 
Winterquartiere. Hier empfing er eine römische 
Gesandtschaft, die in betreff ' Sagunts Vorstel- 
lungen erhob , aber von ihm abgewiesen wurde t 
(Polyb. III 15, 5—13). Im Frühjahr brach dann ' 
H. nach Sagunt auf, das er nach achtmonatlicher 
40 Belagerung eroberte und zerstörte (Polyb. HI 17, 
1—9 Herbst 219), worauf er zum drittenmal 
Winterquartiere in Neukarthago bezog (Polyb. ILT 
33, 5). Da durch sein Vorgehen gegen Sagunt 
der Krieg unvermeidlich geworden war (s. den 
Art. Karthago unter Geschichte), so traf er seine 
Anordnungen für den Aufbruch, wobei er die 
Berichte der schon vorher von ihm ausgesandten 
Kundschafter über die Alpenpässe und die Stim- 
mung in Oberitalien verwertete (Pol. III 34, 5-(i). 
50 Das Oberkommando in Spanien erhielt sein Bruder 
Hasdrubal ; die Verteilung der zurückgelassenen Be- 
satzungen nahm er noch selber vor — Dislokations- 
plan nebst genauen Zahlenangaben bei Polyb. III 
33, 6ff. nach H.s eigener Aufzeichnung ebd" § IS 
— und wartete die formelle Kriegserklärung Kar- 
thagos ab. Sobald die Nachricht davon eingetroffen 
war, rief er das Heer aus den Winterquartieren 
zusammen und setzte den Tag des Aufbruchs fest. 
Quellen. .Hauptquelle Polyb. in 13, 3h\, 
60 daraus abgeleitet, aber mit selbständigen Zusätzen, 
deren Herkunft noch nicht sicher festgestellt ist, 
Liv. XXI 3 — 15. 21, 1 — 5; ferner die sog. annar 
listische Überlieferung bei Flor. U 22, 1 — 14. 
Eutrop. HI 7—9. Zonar. VHI 23, 409 Äff. Oros. 
IV 14ff., die ohne selbständigen Wert ist; ein- 
zelnes bei Frontin. H 77 (Angriff der Karpe- 
taner). m 10, 4 (Sagont); neuere Behandlungen 
Mommsen B. G. I 570ff. Xeumann-Faltin 



2S2£ 



Hannibal 



Haüaibal 



232© 



Das Zeitalter der punischen Kriege 255ff. M e 1 1 z e r 
Gesch. der Karthager II 417—456. 601—611. 

Chronologie. Auszugehen ist vom Beginn 
des Krieges im Frühjahr 218; vorher erwähnt die 
Hauptquelle Polybios deutlich dreimalige Winter- 
quartiere in Neukarthago, also muß H. 221 das 
Kommando übernommen haben. Dies geschah 
unmittelbar nach Hasdrubals Tod, der nach Polyb. 
II 36, 1 im ganzen acht, nach Liv. XXI 2, 3 



Austritt in die Ebene fcu erdrücken. Es kam also 
darauf an, Born so lange wie. möglich im unklaren 
über seine eigentliche Absicht zu. lassen, und da- 
zu dienten offenbar die Kämpfe- am; Jibro,- deren 
große Bedeutung hier hervortritt, Mit .Absicht 
zog H. sie so lange hin, bis ; er die Nachricht er- 
hielt, daß P. Cornelius Scipio mit seinem Heere 
zu Schiff nach Massilia abgezogen sei, offenbar 
um von dort mit Hilfe der Massalioten zur See 



oeto ferme annos den Oberbefehl geführt hatte. 10 nach Spanien zu gelangen und die Karthager dort- 



Da nun Hamilkars Tod ins Spätjahr 229 anzu- 
setzen ist (s. o. S. 2307), so muß Hasdrubal im 
J. 221 ermordet sein und zwar ziemlich spät, so 
jedoch, daß in diesem Kriegsjahr noch Zeit zu der 
Unternehmung gegen die Holkaden blieb. Also 
Hamilkars Tod gegen Ende 229 , Hasdrubals Er- 
mordung und Übernahme des Kommandos durch 
H. etwa August/September 221. Diese auf Po- 
lybios beruhenden Ansätze sind bei weitem der 



festzuhalten. Sofort überschritt jetzt H. ; v sogar 
unter Zurücklassung des Gepäcks (Polyb. III 3 5, 5), 
die Pyrenäen und gelangte in Eilmärschen bis 
zur Rhone (Liv. XXI 24, 3): tatsächlich , gelang 
es ihm, das Heer gerade noch hin überzubringen, be- 
vor Scipios Reiter diesem die Nachricht brachten, 
daß der Feind, den er noch am Ebro vermutete^ 
nur wenige Tagemärsche von ihm entfernt schon 
diesseits der Rhone stehe. Unmittelbar nach dem 



ganz verkehrten Chronologie des Livius vorzu- 20 Rhoneübergang bog H. nach Norden ab und zog 

ziehen, der Hamilkars Ankunft in Spanien auf — 1 *- 1 — 1Vä - " + *■"-■-+« -« ■w«««™. a™ 

236, seinen Tod auf 227 und Hasdrubals Ermor- 
duug auf 220 verschiebt. Dann müssen die spa- 
nischen Kriege H.s einschließlich der Belagerung 
Sagunts in das J. 219 zusammengedrängt werden, 
was offen mit der genauen Angabe der Winter- 
quartiere streitet, vgl. Liv. XXI 14, 3. Doch hat 
auch Livius 1 Chronologie ihre Verteidiger ge- 
funden, vgl. Meltzer Gesch. d. Karthager II 

„rma n tx l l . . p TT- J. f7J__._l TlT T71 VTTTT 



am linken Ufer stromaufwärts, ein Manöver, das 
seit Liv. XXI 31, 3 damit erklärt wird, er habe 
eine Schlacht mit Scipio vermeiden wollen, um 
möglichst rasch über die Alpen zu kommen. Allein 
dazu stimmt H.s Verhalten nicht; zunächst ging 
er in vier Tagen bis zur Insel, wo er einige Zeit 
verweilte, dann legte er nach Polyb. III 50, 1 in 
zehn Tagen 150 km zurück, d. h. bedeutend 
weniger als seine Truppen nachher beim Alpen- 



393f. Q. Egelhaaf Hist. Ztschr. N. F. XVII 30 Übergang unter den schwierigsten Verhältnissen 



43 lff. W. Sieglin Die Chronologie der Be- 
lagerung von Sagunt, Leipz. 1878. Buzello De 
oppugnatione Sagunti quaestiones chronologicae, 
Rönigsb. 1886. Oehler N. Jahrb. XLIII 421f. 
(1891). Thiaucourt Les causea et Torigine de 
la seconde guerre punique, Paris 1893. 

2. Hannibals Angriff auf Italien. So- 
weit auch die Ansichten über die Einzelheiten des 
H.-Zuges auseinandergehen, so hat doch darüber 



zurücklegten (Polyb. HI 56, 3 , vgl. mit 39, 9). 
Das sieht nicht sehr nach übergroßer Eile und 
nach der Absicht aus , aus Scipios Nähe fortzu- 
kommen , vielmehr wird man zu der entgegen- 
gesetzten Auffassung gedrängt, daß H. nur des- 
wegen mit so geflissentlicher Langsamkeit vor- 
wärts zog, weil er Scipio hinter sich herlocken 
und zur Schlacht verleiten wollte, je weiter von 
dessen Operationsbasis Massilia entfernt, um so 



niemals ein Zweifel bestanden, daß das eigentliche 40 besser. Denn wenn Scipio jetzt mit dem ganzen 
Ziel des karthagischen Feldherrn die Vernichtung Heere nach Oberitalien ging, so konnte er, der im 
der römischen Herrschaft in Italien gewesen ist. 



Zur Erreichung dieses Zieles aber standen H. nur 
dann ausreichende Streitkräfte zur Verfügung, 
wenn es ihm gelang, in Italien selbst eine Ope- 
rationsbasis zu gewinnen, von ihr aus die römische 
Feldarmee in vernichtenden Schlägen zu besiegen 
und auf diese Weise das feste Gefüge der rümi- 



Besitz der bequemeren Küstenpässe war, vor H. da 
sein und diesem unmittelbar nach der Ankunft in 
der Poebene mit frischen Kräften entgegentreten. 
Viel bessere Chancen bot H. die Schlacht: numerisch 
war er dem Consul überlegen, und mit einem Siege 
mußte er von vornherein rechnen, wenn sein Unter- 
nehmen gelingen sollte. Der Sieg aber würde nicht 



sehen Bundesgenossenschaft zu zertrümmern, auf nur die Poebene , sondern wahrscheinlich auch 
der die Weltstellung Roms beruhte. Diese Ope- 50 die bequemeren Küstenpässe frei gemacht haben, 
rationsbasis konnte nach Lage der Dinge, d. h. Allein Scipio tatH.de n Gefallen nicht zuschlagen; 



bei der unbedingten Überlegenheit der Römer zur 
See nur in Oberitalien gesucht werden, wohin H. 
auf dem Landwege gelangen mußte; sie bot dem 
karthagischen Feldherrn zugleich in den noch nicht 
völlig unterworfenen gallischen Völkern ein vor- 
treffliches Ergänzungsmaterial für sein Heer, und 
auf sie hatte er denn auch von Anfang an sein 
Augenmerk gerichtet, wie die Entsendung der 



in richtiger Erkenntnis, daß sein Platz in der 
Poebene sei, ging er dorthin zurück. Immerhin 
war er zu sehr römischer Soldat, als daß er es ge- 
wagt hätte, den wohlerwogenen Plan des Senats,, 
umzustoßen; deshalb schickte er sein Heer, das 
für Spanien bestimmt war, auch wirklich dort- 
hin: er selbst ging allein zurück und hoffte mit 
den in der Poebene zerstreuten Streitkräften noch 



Späher zeigt. Andererseits waren sich die Römer 60 rechtzeitig zur Stelle sein und H. sofort ent- 



der Gefahr, die von Norden drohte, wohl bewußt ; 
sie hatten den Ebrovertrag mit Hasdrubal nur 
geschlossen, um Zeit für die Niederwerfung Ober- 
italiens zu gewinnen. H. mußte also befürchten, 
daß sie von vornherein seinen Plan durchschauen 
und somit Zeit gewinnen würden, überlegene 
Streitkräfte nach Oberitalien zu werfen, tun sein 
vom Alpenmarsch ermüdetes .Heer sofort heim 



gegentreten zu können. Diese halbe Maßregel 
war sein Unglück; sobald H. das erfuhr — nach 
Polyb. III 61, lff- war er davon unterrichtet — , 
forcierte er den Alpenmarsch und langte tatsäch- 
lich mit einem so bedeutenden Vorsprung in 
Italien an, daß sein Heer völlig schlachtbereit 
war, als der Consul heranrückte. Über den Ge- 
samtplan Es und die Durchführung im einzelnen 



ZÖZ/ 



üanmbal 



Hannibal 



1. v. Vincke Der zweite punische Krieg n. der 
Kriegsplan der Karthager, Berlin 1841. Henne- 
hert Histoire d'Annibal, Paris 1870/91. Neu- 
mann-Faltin Das Zeitalter d. punischen Kriege 
1883, 270. W. Streit Zur Gesch. des 2. punisch. 
Krieges, Berlin 1887; vor allem aher Delbrück 
Gesch. der Kriegskunst I 320ff. und die grund- 
legende Darstellung Konr. Lehmanns Die An- 
griffe der drei Barkiden auf Italien, Leipz. 1905, 
llff. 143ff. I51ff., von denen die obige Auffassung 
in einigen Punkten abweicht. 

Noch ein Punkt bleibt vor der eigentlichen 
Darstellung za erledigen, die Berechnung der 
Stärke des Heeres, das H. zur Verfügung stand. 
Nur eine authentische Angabe darüber ist vor- 
handen; auf der Erztafel im Heiligtum der Hera 
Lacinia, die Polybios selbst einsah (III 56, 4), be- 
zifferte H. selber das Heer, mit dem er die Po- 
ebene erreichte, auf 20 000 Mann zu Fuß und 
etwa 6000 Reiter. Für den Ausmarsch aus Neu- 
karthago dagegen gibt Polyb. m 35, 2 das Heer 
auf 90 0UO Mann Fußvolk und 12000 Reiter an, 
eine Zahl von ganz unbekannter Provenienz , die 
ihm den Anlaß gegeben hat, geradezu erstaun- 
liche Verlustzahlen zu berechnen. Die Unter- 
werfung der Ebrolandschaften mußte 20 000 Mann 
und 1000 Reiter gekostet haben, denn nach 
Detachierung weiterer 20 000 Mann und 2000 
Reiter, die zur Hälfte zurückgesandt wurden , zur 
Hälfte am Ebro stehen blieben (Polvb. III 35, 3), 
waren nur 50 000 Mann und 9000 Reiter übrig, 
mit denen H. über die Pyrenäen ging (Polyb. 
III 35, 7). Der durchaus friedliche (s. u.) Marsch 
durch Gallien bis zur Rhone müßte abermals be- 
trächtlichen Abgang verursacht haben, denn beim 
Rhoneübergang hatte er nur noch 38 000 Mann 
nnd 8000 Reiter (Polyb. III 60, 5) und endlich 
kostete ihn der Alpenmarseh noch beinahe die 
Hälfte seiner Armee, nämlich 18000 Mann und 
■2000 Reiter. Man sieht, welche Mühe es Po- 
lybios gemacht hat, die Anfangszabl des Heeres 
mit der durch H.s ausdrückliches Zeugnis fest- 
stehenden Stärke beim Eintritt in die Poeben e 
in Einklang zu bringen. Seine Angaben sind 
ebenso abenteuerlich wie die des L. Cincius Ali- 
mentus bei Liv. XXI 38, 3, der von H. selber 
gehört haben wollte, daß er seit dem Rhone- 
übergang 36 000 Mann verloren habe. Delbrück 
<326ff.) und Lehmann 131ff. tun also ganz recht, 
alle diese Angaben zu verwerfen und die Stärke 
H.s bei Ausmarsch nach eigener Schätzung zu 
berechnen; die von ihnen gewonnenen Zahlen 
(40 000 bezw. 36 000 Mann) kommen der Wahr- 
heit jedenfalls erheblich näher, als die überlie- 
ferten. Mehr hatte hundert Jahre früher Ale- 
xander auch nicht, als er auszog, das persische 
Weltreich zu erobern. 

Im Frühjahr also 218, wahrscheinlich im Mai, 
verließ H. mit einem Heere von 35—40 000 Mann 
Neukarthago, überschritt den Ebro und unter 
warf in blutigen Kämpfen (pera tiq)1^q <p&o L ,äs 
arögtSy) die Völker zwischen Ebro und Pyrenäen 
<Polyb. in 35, 2. Liv. XXI 22, 5-23, 6). Zur 
Besatzung ließ er Hanno mit einem stärkeren 
Truppenteil zurück. Sodann überschritt er die 
Pyrenäen, rückte in Eilmärschen (Polyb. III 41 
S, vgL Liv. XXI 24, 3) ohne größere Kämpfe 
ha rar Rhone und setzte in sechs Tagen das 



2328 



Heer, am siebenten noch die Elefanten über (Polyb. 
m 42-45, 5. Liv. XXI 36, 6-38, 12). Die 
Stelle des Übergangs lag nach Polyb. III 42, 1 
nur vier Tagemärsche von der Mündung entfernt; 
sie kann also weder mit de Luc (Histoire du 
passage des Alpes par Hannibal 42ff.) bei Roque- 
maure, noch mit Lehmann 15fF. bei Eüenne 
des Sorts und Mornas gesucht werden, sondern 
lag vielmehr weiter stromabwärts, näher am Delta, 
10 etwa bei Beaucaire, wo auch später die große 
Straße den Strom überschritt. Von der Über- 
gangsstelle ging der Marsch in vier Tagen bis 
zur Insel, die nach dem übereinstimmenden Zeug- 
nis von Polyb. III 49, 5 und Liv. XXI 31, 4 
durch den Zusammenfluß von Isara und Rhone 
gebildet ward. Da indessen die Beschreibung bei 
Polybios nicht stimmt, man auch unmöglich in 
vier Tagen bis zur Isaramündung gelangen kann, 
so liegt wahrscheinlich eine Verwechslung mit 
20 der Durance vor. Auf der Insel schlichtete er 
den Streit zweier Häuptlinge (Polyb. III 49, 8ff., 
ausführlicher Liv. XXI 31, 5), dann bog er nach 
Livius links ab und zog durchs Gebiet der Trika- 
stiner, Vokontier, Trikorier bis zur Druentia, wo- 
mit nun natürlich die Isara gemeint sein muß: 
auch die Beschreibung des Flusses bei Livius 
paßt viel besser auf sie, als auf die Durance. 
Von dem Flußübergang erwähnt Polybios nichts, 
der hier besonders stark gekürzt hat; er bietet 
30 nur die Angabe, daß H. von der Insel bis zum 
Beginn des Alpenanstiegs 150 km (III 50, 1) zu- 
rückgelegt habe. Dies würde etwa in die Gegend 
von Rovon führen, und es ist sehr wohl mög- 
lich, daß H. hier sofort und nicht erst, wie Leh- 
mann meint, bei Cularo (Grenoble) die Isere 
überschritt, weil er auf diese Weise den Bec de 
l'Echaillon umging, der ein schweres Marsch- 
hindernis auf dem Südufer bildete (vgl. die Karte 
bei Lehmann). Von hier an erfolgt nun der 
40 eigentliche Alpentibergang, der in allen wesent- 
lichen Punkten von Polyb. III 50, 1-56, 2 und 
Liv. XXI 32, 6—38, 1 übereinstimmend erzählt 
wird; er dauerte 15 Tage und fand gegen die 
Zeit des Frühuntergangs der Pleiaden statt (Liv. 
XXI 35, 6. Polyb. III 54, 1), d. h. also Ende 
Oktober, eine Zeitbestimmung, die durch das Ein- 
treten des ersten Neuschnees als richtig erwiesen 
wird. Der Ort des Übergangs war bereits im 
Altertum und ist jetzt wieder seit Jahrhunderten 
50 Gegenstand der Kontroverse. Die einen (Neu- 
mann, Hennebert) lassen Hannibal bis Gre- 
noble dem Lauf der Isere , dann dem des Drac 
folgen und von hier erst ins Tal der Durance, 
dann über den Mont Genevre ins Tal der Dora 
Riparia übergehen; ihre Ansicht beruht im we- 
sentlichen auf der Erwähnung der Durance nach 
der Isere bei Livius. Andere (Oslander, Jul- 
lian) nehmen ebenfalls an, daß H. zunächst im 
Iseretal aufwärts zog, dann aber lassen sie ihn 
60 durch das Tal des Are, die Druentia des Livius, 
den Mont Cenis ersteigen und von hier den Ab- 
stieg ebenfalls ins Tal der Dora Riparia nehmen. 
Lehmann endlich, wie ebenfalls schon andere 
(z. B. de Luc, Wickham und Cramer) vor 
ihm, ist der Ansicht, daß H. fast bis zur 
Quelle das Iseretal benutzt und nun von da ans 
über den kleinen St. Bernhard ins Tal der Doxa 
Baltea gelangt sei,. Dazu stimmt, daß nach Pol. 



ZÖ29 



üanmbal 



nanniDai 



Z3ÖV 



III 56, 2 der Karthager zuerst auf die Insubrer 
getroffen sei. Nach Liv. XXXI 38, 6 allerdings 
waren dies nach allgemeiner Ansicht die Tau- 
riner, allein Livius hat hier das Volk, mit dem 
H. zuerst feindlich zu tun bekam, für dasselbe 
gehalten, in dessen Gebiet sein Zug endete. 
Jedenfalls läßt sich seine Angabe nicht dafür als 
Argument verwerten, daß H. das Tal der Dora 
Riparia d. h. also über den Mont Genevre oder 
Mont Cenis herabkam. Im allgemenein spricht die 
Wahrscheinlichkeit entschieden für den kleinen 
St. Bernhard, wie zuletzt Lehmann dargetan hat 
(55ff. 71ff.). Die Literatur s. bei Lehmann 
VIII — X, dazu Colin Annibal en Gaule, Paris 
1904, und Camille Jullian Histoire de la Gaule 
I 4 51 ff; Jahresberichte des philol. Vereins in 
Berlin (Ztschr. f. d. Gymnasialwesen 1898ff.). 

Nach kurzer Rast, die er den Truppen gönnte, 
unterwarf H. zunächst die mit den Insubrern 
verfeindeten Tauriner und besiegte dann den 
Consul P. Cornelius Scipio, der inzwischen über 
Pisa und die Apenninpasse nach Oberitalien ge- 
langt war und die dortigen Streitkräfte an sich 
gezogen hatte, in der Reiterschlacht am Tessin 
(Pol. HI 51-65. Liv. XXXI 39-46), bei Vic- 
tumulae (Liv. XXI 45, 3) südöstlich von Vercelli. 
Dann überschritt er den Po und folgte dem ver- 
wundeten Gegner bis Placentia, wo er ein Lager 
aufschlug und last das ganze Pogebiet zum Auf- 
stand brachte. Um nicht abgeschnitten zu wer- 
den, zog sich der Consul näher an den Apennin 
heran und nahm hinter der Trebia Aufstellung 
(Polyb. III 66, 1-68, 5. Liv. XXI 47, 1—48, 7 ; 
beide begehen den Irrtum, Placentia links von der 
Trebia anzusetzen, s. Neumann-Faltin a. a. O.). 
H. folgte ihm und schlug in einer Entfernung 
von 7 km ebenfalls ein Lager auf, so daß der 
Fluß zwischen ihm und seinem Gegner lag; un- 
mittelbar darauf nahm er Clastidium durch Ver- 
rat (Polyb. III 69, lff. Liv. XXI 48, 8ff.). In- 
zwischen war der zweite Consul, Ti. Sempronius 
Lorigus, vom Senat aus Sizilien heimberufen, wo 
er den Übergang nach Afrika plante. Von Ari- 
minum aus — wie sein Heer dorthin gelangte, 
ist unsicher, vgl die widersprechenden Angaben 
bei Polyb. HI 61, 10. 68, 12 ff. und Liv. XXI 51, 6 
— kam er dem Kollegen zu Hilfe und vereinigte 
sich mit ihm im Lager an der Trebia. Da H. 
wußte, daß er zum Kampf entschlossen war, so 
suchte er ihn noch besonders dazu zu reizen, indem 
er ein Gefecht der Leichten in einem ungünstigen 
Augenblick abbrach (Polyb. III 69, 5—14. Liv. 
XXI 51, 2—11). Auf diese Weise gelang es ihm, 
den Consul über die Trebia auf das wohl vor- 
bereitete Schlachtfeld zu locken und hier völlig 
zu besiegen (Mittwinter 218). Nur 10 000 Mann 
brachen durch und retteten sich nach Placentia, 
wohin sich auch ein Rest Versprengter noch 
flüchtete, so daß den Römern die Schlacht rund 
20000 Mann gekostet haben muß. H.s Zweck 
war erreicht, die Operationsbasis gewonnen, end- 
lich bezog er die Winterquartiere in der Po- 
ebene, wahrscheinlich ziemlich nahe dem Nord- 
abhang des Apennin (Polyb. LU 70, 1—74, 11. 
Liv. XXI 53, 1—56, 9). 

Quellen. Hanptquelle in diesem ganzen ersten 
Teil des Feldzuges ist Polyb. HI 35-74, der hier 
einen gekürzten Auszug einer älteren kartha- 



gischen Quelle , vielleicht Seilenos, bietet. Da- 
neben hat nur Liv. XXT 22 — 56 selbständigen 
Wert; doch geht das Urteil über das Verhältnis 
der Quellen sehr auseinander. Das Wahrschein- 
lichste ist, daß Livius den Bericht des Polybios 
zu Grunde legte und hier und da aus andern 
Schriftstellern ergänzte, jmter denen vielleicht 
aber auch die Quelle des Polybios, also Seilenos 
war. Vgl. über das Verhältnis bei den Quellen 

10 vor allem Hesseibart h Histor. krit. Unter- 
suchungen zur 3. Dekade des Livius, Halle 1889, 
der eine direkte Benützung des Polybios durch 
Livius erwiesen hat. Ferner Peter tjber die 
Quellen des 21. und 22. Buches des Livius, Pforta 
1863. Soltau Livius Quellen in der 3. Dekade, 
Berlin 1894. A. Sanders Die Quellenkontami- 
nation im 21. und 22. Buche des Livius, Berlin 
1898 und für die vorliegende Partie besonders 
Konr. LehmannSlff. Die übrigen Quellen Nep. 

20 Hann, 3. 4. Flor. I 22, 1—14. Eutrop. III 7—9. 
Appian. Hann. 4ff. Zonar. Vni 23, 409A-25, 
412 C. Oros. IV 14 — 15; dazu einzelnes bei 
Polyaen. VII 48 (Einnahme von Salmatis), Frontin. 
II 7, 7 (Abzug der Karpetaner), II 10, 4 (Sagunt) y 
II 5, 23 (Trebia) haben keinen selbständigen Wert. 
Neuere Darstellungen bei Neumann -Faltin 
270—319, Lehmann 11-185. Über die Chrono- 
logie der Ereignisse s. u. 

3. Die Gewinnung einer neuen Opera- 

30tionsbasis in Unteritalien. Über die Er- 
eignisse des Winters in Oberitalien sind wir nur 
durch Livius unterrichtet. Danach machte H. zu- 
nächst den vergeblichen Versuch, sich des Hafens 
von Placentia zu bemächtigen, und eroberte das 
Kastell Victumvia (Liv. XXI 57, 9—14). Bei den 
ersten Anzeichen des Frühlings versuchte er den 
Apennin zu überschreiten, was sich aber infolge 
des schweren Wetters als unmöglich erwies (Liv. 
XXI 58, 1—11). H. ging daher auf Placentia zu- 

40 rück, wo ihm Sempronius ein hitziges aber un- 
entschiedenes Treffen lieferte (XXI 59, 1—9). Der 
Consul rückte darauf nach Lucca, H. ins Gebiet der 
Ligurer, wo ihm mehrere vornehme Römer aus- 
geliefert wurden, vgl. Jung Hannibal bei den Ligu- 
rern in Wien. Stud. XXIV (1902) 152ff. 813ff. Von 
allem diesen erwähnt Polybios nichts, außer der 
kurzen Notiz, daß H. im Keltenlande überwintert 
habe. Da die Ereignisse fast sämtlich den Römern 
günstig und nachteilig für H. sind, so werden 

50 sie der römischen annalistischen Überlieferung 
entstammen, die Livius ja eingestandenermaßen 
öfter benützt hat. Einen Schritt weiter geht 
Varese (Cronologia Romana vol. I Roma 1908, 
258—272), indem er das Reitergefecht, bei dem 
H. verwundet wird fc. 57, 9) , für eine römische 
Dublette des Treffens am Ticinus erklärt, und 
ebenso soll der Kampf bei Placentia (c. 59. 1) 
die annalistische Darstellung der Trebiasehlacht 
sein, die Livius seinem Bericht einfügte, ohne zu 

60 merken, daß er zweimal dasselbe erzählte; wahr- 
scheinlich geht sie auf den schönfärberischen Be- 
richt des Consuls an den Senat #(Polyb. III 75, 
1) zurück. Dies ist nun sicher unrichtig, da 
der Consul in seinem Bericht den unentschiedenen 
Ausgang des Kampfes dem Sturm zuschrieb, 
während die Schlacht in c. 59, 1 infolge der ein- 
brechenden Dunkelheit abgebrochen werden mußte. 
An sich enthalten die von Livius erzählten Ereig- 



2331 



Hannibal 



Hanuibal 



2382 



misse nichts Un wahrscheinliches; daß das immer- übernahm sie gerade Servilius, vgl, Neumann- 
hin doch noch etwa 20 000 Mann starke römische Faltin 328, 1) und begab sich nach dem ihm 
Heer in Placentia und Cremona während des zugewiesenen Posten Arretinm in Etrurien; in- 
ganzen Winters mit einem Mann wie Tib. Sem- zwischen wird Servilius auch seinerseits nach 
promus an der Spitze, ruhig dagelegen habe, ist Ariminum gekommen sein, obwohl das nicht er- 
nicht sehr glaublich. Eigentümlich ist die Notiz, wähnt wird. Bei Polyb. III 77, 1 sieht es so 
daß der Consul nach Lucca gegangen sei; dann aus, als ob beide Consuln direkt von Rom aus 
bat es sich wohl bei der c. 59, 1 erwähnten in die ihnen angewiesenen Stellungen gelangen. 
Schlacht um einen erfolgreichen Durchbruch eines Sobald H. hörte , daß Flaminius vor Arretium 




Thouret Rh. Mus. N. F. XLII 426. Strittig ist kürzesten Wege, um nach EtTurien zu gelangen. 
besonders die Chronologie. Nach Polyb. III 54, Merkwürdig ist, daß die Quellen den Apennin- 
1 war beim Alpenübergang die Zeit des Früh- Übergang gar nicht, dagegen sehr ausführlich den 
Untergangs der Pleiaden (Ende Oktober) in der Marsch durch die Sümpfe schildern (Polyb. III 
Nähe, vgl. auch Liv. XXI 35, 6 oeeidente iam 79, 1—12. Liv. XXII 2, 2—11), deren Lage leider 
sidere Vergiliarum, H. muß also Ende Oktober nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist (vgl. dar- 
in Italien angelangt sein. Rechnet man für die über die Literatur Nissen Rh. Mus. XXII 565; 
Nachricht nach Rom und die Rückberufungs- 20 Ital. Landesk. I 208. Neumann-Faltin 330ff. 
ordre an Tib. Sempronius in Liiybaion vierzehn Faltin Herrn. XX 71ff.; Rh. Mus. N. F. XXXIX 
Tage bis drei Wochen, so kann dieser etwa in 556. Jung Wien. Stud. XXII [1902] 152—193. 
der zweiten Novemberwoche aufgebrochen sein. 313—824. Fuchs Wien. Stud. XXIV [1904] 118 
Der Marsch bis Ariminum dauerte (Polyb. 61, —150). Strabon V 217 verlegt sie noch in die 
10—12. 68, 12—15) vierzig Tage, was für die Polandschaft, was Niese Grundriß d. römischen 
Entfernung von 1400 km allerdings sehr kurz Geschichte 4 114, 2 für richtig hält, während 
erscheint (vgl. Varese a. a. 0. 271); indessen Nissen die Sümpfe im Tal des Ombrone unter- 
auch wenn man darin nur die Zeit für den Marsch halb von Pistoja am unteren Arnolauf sucht, 
bis Rom sieht, so bleibt es immerhin möglich, Jung meint, H. sei aus dem Gebiet der Ligurer 
daß der Consul in rund 60 Tagen von Liiybaion 30 über den Paß von Pontremoli ins Arnotal vor- 
bis zum Kriegsschauplatz an der Trebia gelangte. gedrungen (außer Liv. XXI 59, 10 läßt auch 
Die Schlacht muß also etwa Ende Dezember oder Nep. Hann. die Karthager aus Ligurien kommen) ; 
in der ersten Januarhälfte geschlagen sein, und das würde ebenfalls die Ansetzung am unteren 
dazu stimmt wieder Polybios' Angabe ovmjs t/;? Amolauf erfordern. Für diese Auflassung spricht 
ojqcls 7t£ol zag x^tt^etvag tQoitag Polyb. III 72, 3. Polyb. III 82, 1, bei dem H. unmittelbar nach dem 
Dann fallen die übrigen von Livius genannten Marsch durch die Sümpfe von der Gegend von 
Ereignisse etwa in den Vorfrühling des J. 217. Fiesole aus an Flaminius vorbei in Etrurien ein- 
Gegen diese Chronologie erhebt Varese Ein- bricht. Ganz anders Josef Fuchs, bei dem H. 
Spruch, indem er sich vor allem auf den Schlacht- von Forli, nördlich vom Apennin aus, zwischen 
bericht bei Liv. XXI 59, lff. stützt, der nach ihm 40 den römischen Heeren durch auf der Linie Mel- 
die richtige Darstellung der Trebiaschlacht gibt. dola-S. Piero-Bibbiena über den Mandriolipaß 
Diese schloß sich also an den Apenninübergang ins obere Arnotal gelangte, das damals weit und 
H.s im Vorfrühling 217 an, und so kommt er zu breit überschwemmt war. Bei seinem Weiter- 
der Ansetzung des Sieges an der Trebia auf den marsch an Flaminius vorbei läßt sich dann ge- 
April 217. Dadurch wird die Chronologie wesent- nau der Ausdruck des Livius XXII 3, 6 laeva 
lieh verschoben: H. erschien nach Varese im relicto hoste Faesulas pefens medio Etruriae agro 
November 218 in Oberitalien , die Schlacht am praedatum profectus geltend machen. Die Sache 
Ticinus fällt spät in den November, sodaß aller- ist nicht zu entscheiden, da die beiden Haupt- 
dings sehr reichlich Zeit für den Truppenmarsch zeugen Gegenteiliges berichten. 
Lilybaion-Ariminum bleibt. Doch scheitert die 50 Nach dem Marsch durch die Sümpfe rückte 
Ansicht Vareses an der Schlachtbeschreibung H. an dem bei Arretium stehenden Consul vor- 
selber; wenn der Einbruch der Dunkelheit die Ent- bei tiefer in Etrurien hinein unter fortwährenden 
Scheidung verhinderte, so kann eben die Schlacht Plünderungen und Verheerungen, die darauf be- 
nicht im April erfolgt sein. Denn H.s Gegen- rechnet waren, den H. wohlbekannten Charakter 
angriff erfolgte am Nachmittag um 3; es wäre des Flaminius als Draufgänger nur noch mehr 
also im April noch reichlich drei Stunden hell zu reizen. Tatsächlich eilte denn auch Flami- 
gewesen, so daß eine Entscheidnng sehr wohl nius, ohne die Ankunft seines Kollegen zu er- 
möglich war. Vielmehr deutet dieser Umstand warten, in Eilmärschen hinter H. her, der ihm 
darauf hin , daß die Schlacht (59, 1) innerhalb auf der Straße von Cortona nach Perugia, da wo 
der eigentlichen Wintermonate , also November 60 diese am Nordufer des trasimeni sehen Sees ent- 
bis Februar geschlagen sein muß. Es muß also lang ging, einen Hinterhalt legte. Infolge mangel- 
bei der alten Chronologie des Polybios verbleiben. hafter Aufklärung rückte der Consul in das ziem- 
Im Frühling 217 versammelten sich die römi- lieh einem Hohlweg ähnelnde Gelände ein, wo sein 
sehen Truppen in Ariminum, wohin das Heer Heer von den rings auf den umgebenden Höhen 
von Placentia und Cremona zu Schiff gelangte, aufgestellten Karthagern angegriffen und fast in 
(Liv. XXI 63, 1. 15). Dort übernahm Flaminius der Marschordnung zosammengehauen wurde. Nor 
die vier allerdings in ihrem Bestände verminder- die Spitze, 6000 Mann, vermochte sieh durch- 
ten Legionen des Polandes (nach Appian. Hann. 8 zuschlagen, ward aber schon am folgenden Tage 



2883 



Hannibal 



Hannibal 



2834 



von H.s Unterführer Maharbal umzingelt und zur learern ab, dem es gelang, einen Teil der Reiterei 
Übergabe genötigt (Polyb. III 82, 1—85, 6. Liv. zu vernichten und den Best zur Übergabe zu 
XXII 4, 1—7, 5 nach Fabius Pictor). Von Ver- nötigen (Pol. III 86, 1-5. Liv. XXLT 8, 1—9, 1). 
lustangaben ist bei Livius die Zahl des Fabius Nach Appian. Hann. 10, der einen etwas ab- 
erhalten, 15 000 Gefallene; nach Polybios gab es weichenden Bericht hat, soll das Treffen am See 
-ebensoviel Gefangene. Dagegen ist die Zahl der von Plistia stattgefunden haben (Jung Wien. 
10 000 Versprengten bei Livius sicher zu hoch Stud. XVIII 1896, 99ff.}. Inzwischen marschierte 
gegriffen : tatsächlich wird Flaminius nicht viel H. durch Umbrien weiter — der mißglückte An- 
mchr als 30000 Mann gehabt haben. Über den griff auf Spoleto ist wohl römische Erdichtung 
Ort der Schlacht ist lange gestritten worden 10 — nach Picenum bis ans Adriatische Meer, wo 
(Nissen Eh. Mus. XXII 565ff. Stürenburg er seinen Truppen Euhe gönnte und zur See mit 
De Komanorum clade Trasimenna et Caunensi, Karthago in Verbindung trat (Pol. III 87, 1—5. 
Leipz. 1883. .1889. Faltin Rh. Mus. XXXIX Liv. XXII 9, 1—5). Hier führte er auch die 
260ff. Voigt Berl. philol. Wochen^chr. 1883 Neubewaffnung der Afrikaner aus den römischen 
nr. 50. Grundy Journ. ofPhilology XXIV (1895) Beutestücken durch (Polyb. LTI 87, 3). Nach wei- 
83ff XXV (1896) 273ff. HendeTson ebd. teren Verwüstungen des bundesgenössischen Ge- 
XXV 112ff. Fuchs Wiener Stud. XXVI (1904) biets an der adriatischen Küste ging er nach 
118ff. Reuß Kilo VI (1906) 226ff. E. $ade"e Apulien, wohin ihm der mittlerweilen ernannte 
Klio X 48—60). Meist entschied man sich für Dictator Fabius mit den zwei Legionen des Servilius 
die kleine Ebene von Tuoro am Nordwestufer 20 und zwei neuen folgte. Fabius vermied die offene 
des Sees, bis Kromayer auf dem Grazer Philo- Feldschlacht und suchte H. in kleineren Gefechten 
logentag 1909 sich für eine Stelle weiter öst- und Überfallen Abbruch zu tun (Polyb. III 85, 6 
lieh zwischen Passignano und Montecolognola er- -90, 6. Liv. XXII 9, 7-12, 12. Plut. Fab. 5). Nun 
klärte, wo das Gelände genau den Schilderungen brach H. über den Apennin in Samnium ein, das 
bei Livius und Polybios entspricht (Neue Jahrb. er ebenfalls verwüstete, und gelangte von Alliiae 
f. d. klass. Altert. 1910 1.185—200). Die da- im oberen Volturnustal über den Paß, den Polybios 
gegen erhobenen Einwände von Fuchs (Ztschr. Eribianus, Livius Callicula nennt, bei Cales vorbei 
f. d. Bsterr. Gymn. LXII 1911, 97ff.) und Reuß in die reiche Fruchtebene am unteren Volturnus 
(Rh. Mus. 1910, 352—358) sind meines Erach- nach Casilinum. Von hier aus brandschatzte er die 
tens durch Groebe völlig widerlegt (Ztschr. f. 30 weite, prachtvolle Ebene und den angrenzenden 
d. österr. Gymn. LXII 1911, 590-600). Schwie- Ager Falernus; als er jedoch, mit ungeheurer Beute 
riger ist es, über die Zeit der Schlacht ins reine beladen , auf demselben Wege abziehen wollte, 
zu kommen. Nach der Erzählung, wie sie bei verlegte ihm Fabius, der inzwischen Casilinum 
Livius und Polybios vorliegt, muß man annehmen, und die Pässe besetzt hatte , den Weg. Nur 
daß die Ereignisse sich Schlag auf Schlag voll- durch List gelang es H., dennoch durchzubrechen 
zogen haben, daß also zwischen H.s Aufbruch und dem Römern eine empfindliche Schlappe bei- 
und der Schlacht am Trasimenus höchstens 3—4 zubringen (Polyb. III 92, 1 -94, 6. Liv. XXII 
Wochen liegen, und demzufolge wird die Schlacht 13, 1—18, 4. Plut. Fab. 6. 7). Dann wandte er 
meist in den Ausgang April gesetzt. Allein mit sich nach Gereonium an der Nordgrenze Apuliens, 
vollem Recht macht Varese a. a. O. darauf auf- 40 eroberte die Stadt — nach Livius war sie teil- 
merksam, daß diese Ansicht völlig mit Polyb. V weise durch ein Erdbeben zerstört und von den 
101, 3—5 (vgl. 95, 5) unvereinbar ist, wo erzählt Bewohnern verlassen — und bezog hier dieWinter- 
wird, daß Philipp von Makedonien die Nachricht quartiere (Polyb. III 100, 1—8. Liv. XXII 18, 
von der Niederlage am Nemeenfest, d. li. Ende 5—10). Dabei erfocht der Reiteroberst Minucius in 
Juli oder Anfang August, empfing und daraufhin Abwesenheit des Dictators einige kleine Vorteile 
aofort Friedensunterhandlungen mit den Aitolern über ihn (Polyb. III 100, 9—102, 11. Liv. XXII 
einleitete. Nun war die Nachricht allerdings über 23, 9-24, 14. Plut. Fab. 8. 9), die m Rom derartige 
Makedonien gegangen (s. Polyb. a. a. O.), allein Begeisterung erregten, daß man Minucius zum 
es ist doch völlig unmöglich, "daß die Kunde von zweiten Dictator ernannte. Die Sache steht, so 
einem so gewaltigen Ereignis drei Monate ge- 50 seltsam sie ist, doch durch Polyb. III 103, 3 und 
braucht haben soll, um bis zu Philipp zu ge- die Weihinschrift des Minucius CIL I 1503 fest; 
langen. Das Höchste sind etwa vier Wochen, und danach ist Liv. XXII 31,8 Versuch, eine Pro- 
wenn man das annimmt, so kommt man auf Ende dietatur zu konstruieren, als spätere Erfindung ab- 
Juni für die Schlacht am Trasimenus und Ende zuweisen (vgl. auch Niese Rom. Gesch.* 115, 1). 
Mai als Datum für H.s Aufbruch. Allerdings Bald darauf ließ sich Minucius unvorsichtigerweise 
wäre das reichlich spät, allein es scheint, als ob mit den ihm zugefallenen zwei Legionen in einen 
die Karthager überhaupt selten vor Mitte Mai Kampf mit H. ein, der mit seiner Niederlage ge- 
ausrückten. Anzumerken ist immerhin, daß die endet haben würde, wenn ihm nieht Fabius mit 
offizielle römische Chronologie den 21. oder 22. dem Rest des Heeres zu Hilfe gekommen wäre 
Juhi als Schlachttag bezeichnete (Ovid. fast, VI 60 (Polyb. III 103, 1—105, 11. Liv. XXII 25, 1—31, 
705). 11. Plut. Fab. 10—13). Die Zeit ist nicht ganz 
Inzwischen hatte sich auf die Nachricht von sicher. Nach Livius (XXII 31 , 7) neigte sich 
H.s tjbergang über den Apennin der Consul Cn. Fabius 1 Dietatur dem Ende zu und es war medium 
Servilius von Ariminum aus in Marsch gesetzt, autumni (c, 32, 1), woraus sich ergibt, daß Livius 
um dem Kollegen zu Hilfe zu kommen; die die Schlacht am Trasimenus etwa Ende April 
Reiterei , 4000 Mann unter Cn. Centenius, hatte setzt. Nach Polybios HI 106, 1 (vgl. Plut. Fab. 
er vorausgesandt. Sobald H. davon hörte, schickte 14, 1) legten die Dictatoren ihr Amt erst nach 
er gegen sie Maharbal mit Nnmidera und Ba- der Consulwahl nieder, d. h. Anfang 216 1 was 



iODo üannioai 

nur dann stimmt, wenn die Schlacht Ende Juni 
stattfand. Dies wird das Richtige sein (s. o.); 
inzwischen übernahmen bis zur Ankunft des 
Aemilius und Terentius Varro die Consuln des 
J. 217, Servilius Geminus und der an Fkminius' 
Stelle nachgewählte Atilius Regulus das Heer 
(Polyb. in 106, 2. Liv. XXIX 32, 1). Der Rest 
des Winterg verging ohne Zwischenfälle. Trotz 
seines glänzenden Sieges bedeutete für H. der 
Feldzug des J. 217 einen Mißerfolg. Die gallische 
Operationsbasis hatte er aufgegeben, offenbar weil 
die erwartete Massenerhebung der Kelten gegen 
die römische Herrschaft nicht erfolgte: nur eine 
ziemlich große Anzahl Gallier hatte Dienste bei 
ihm genommen. Andererseits hatte er eine neue 
Operationsbasis noch nicht gewonnen, da trotz 
seiner unbezweifelten und durch Fabius' Verhal- 
ten glänzend bestätigten Überlegenheit im Felde 
sich bisher kein einziger römischer Bundesgenosse 
ihm angeschlossen hatte. 

Spät im Frühjahr, sicherlich nicht vor Ende 
Mai 216, brach H. von Gereonium auf und nahm 
zuerst Cannae mit den dort lagernden Vorräten 
weg. Inzwischen hatte in Rom die Kriegspartei 
wieder die Oberhand gewonnen, weil man von 
einer Fortsetzung der hinhaltenden Kriegführung 
des Fabius den Abfall der Bundesgenossen fürch- 
tete. Die Consuln hatten also den Befehl zu 
schlagen; es ist spätere Erfindung, wenn wie bei 
Livius und teilweise auch schon bei Polybios 
Varro die Hauptschuld an der Schlacht zugewiesen 
wird. Beide Consuln nahmen deshalb sofort nach 
ihrem Erscheinen Fühlung mit H., der bei Can- 
nae lagerte. Der Ort der Schlacht ist sehr um- 
stritten, besonders ob er auf dem linken oder 
auf dem rechten Ufer des Aufidus lag (Hessel- 
barth De pugna Cannensi, Gott. 1874. Schwab 
Das Schlachtfeld v. Cannae, Progr. d. Wilhelms- 
Gymn. in München 1897/8. Wilms Beil. d. Wil- 
helms-Gymn. in Hamburg 1895. Fry Engl. bist. 
Review XII (1897) 748ff. Hartwig Berichte d. 
freien deutschen Hochstifts 1898 treten für das 
rechte, Stürenhurg Progr. d. Thomasschule in 
Leipzig 1883 und besonders Delbrück Gesch. d. 
Kriegskunst I 291 ff. mit größerem Recht für das 
linke Ufer ein). Nach einigen kleineren Gefech- 
ten kam es zur Schlacht von Cannae, die mit 
einer vernichtenden Niederlage der Römer endete 
(Polyb. III 107, 1—118, 12. Liv. XII 34, 1-61, 
15). Über den Kampf liegt ein ausgezeichneter 
Bericht bei Polyb. 113ff. vor, den Delbrück 
in letzter Linie auf H. selbst zurückführt; auch 
Livius hat ihn benutzt und stellt die Sache 
mit kleinen Abweichungen ebenso dar; die beste 
Analyse der Schlacht, der man fast in allem zu- 
stimmen kann, hei Delbrück I 281—304. Über 
die Verluste lauten die Angaben sehr verschieden, 
Polyb. III 117, 1 Technet 67 000 Mann an Toten 
und 5630 Reiter, dazu 10000 Gefangene, die bei 
der Einnahme des Lagers gemacht wurden, so 
daß nur 3000 Mann zu Fuß und 370 Reiter ent- 
kommen wären. Liv. XXII 49, 15 gibt 45 500 
Mann Infanterie und 2700 Reiter als tot an; ge- 
fangen sind nach ihm 3000 Mann und 1500 Reiter ; 
von den 17000 Mann, die sich nachher im Lager 
zusammenianden, sollen noch 6000 Mann ent- 
nommen sein (vgl. c. 50, 11 und 52, 4). Umge- 
kehrt wird H.s Verlust von Polybios auf 5700, 



Hannibal 



283$ 



von Livius auf 8000 angegeben, Liv. XXII 52, 4 r 
Delbrück ist geneigt, den geringeren Angaben 
des Livius Glauben zu schenken; richtig ist vor 
allem seine Bemerkung (a. a. O. 297), daß die 
Zahl der Entkommenen viel größer gewesen sein 
muß, da die Römer aus ihnen zwei Legionen 
bilden konnten. 

Unmittelbar nach der Schlacht begann der 
Abfall der Bundesgenossen, doch bezeichnet die 
10 Liste bei Liv. XXII 61, 11—12 nicht die zunächst 
Abgefallenen, sondern das Abfallgebiet in seiner 
größten Ausdehnung. H. selber drang in Sam- 
nium ein, nahm Compsa durch Verrat und machte 
einen vergeblichen Versuch, sich Neapels zu be- 
mächtigen. Dagegen schloß sich Capua ihm an 
(Liv. XXIII 1—10, die Bedingungen Liv. XXHT 
7, 1) , was den Abfall vieler anderer Städte zur 
Folge hatte (Polyb. VII 1, 4). Nuceria und Acerrae- 
eroberte er, während Nola und Casilinum ihm, 
20 hauptsächlich durch Claudius Marcellus verteidigt' 
widerstanden; dann bezog er die Winterquartiere 
in Capua (Liv. XXIII 14, 5-18, 16). Was den 
früh (schon bei Livius von Maharbal) gegen H. 
erhobenen Vorwurf betrifft, daß er nicht sofort 
nach der Schlacht einen Versuch auf Rom ge- 
macht habe, so ist so viel jetzt allgemein zuge- 
standen, daß H.s Heer dazu in keiner Weise aus- 
reichte, ganz abgesehen davon, daß es doch auch 
in der Schlacht gelitten hatte (vgl. Delbrück 
30 309, der 20 000 Verwundete annimmt, was aller- 
dings meines Erachtens viel zu hoch gegriffen 
ist). Allenfalls genügten seine Truppen, Rom zu 
zernieren, allein dies Unternehmen hätte nur dann 
Aussicht auf Erfolg gehabt, wenn die karthagische 
Flotte die See beherrscht hätte, woran kein Ge- 
danke war. Endlich lag eine Belagerung Roms 
in diesem Zeitpunkt durchaus nicht in H.s Kriegs- 
plan, der erst den italischen Bund zertrümmern 
wollte, wozu jetzt die beste Aussicht vorhanden 
40 war. So begnügte er sich damit, eine neue und 
viel günstigere Operationsbasis in Unteritalien 
gewonnen zu haben, die ihm Verbindungen nach 
allen Seiten, vor allem mit der Heimat, gewährte. 
Quellen: Mit der Schlacht von Cannae bricht 
die zusammenhangende Erzählung des Polybios 
in Buch Hl ab, auch Livius schließt mit ihr sein 
XXII. Buch, was schwerlich Zufall ist. Für das 
Verhältnis beider Schriftsteller gilt das oben Ge- 
sagte, Wenig Neues bietet Plutarch im Leben 
50 des Fabius und des Marcellus: er beruft sich 
auf Livius, benutzt aber wohl eine Livius sehr 
nahestehende Erzählung und hat seiner Gewohn- 
heit nach auch noch einiges aus andern Schrift- 
stellern, z. B. Poseidonios, angefügt. Ziemlich 
wertlos ist Appians Bericht, wie das D e 1 b r ü c k 
an der Schlacht von Cannae nachgewiesen hat 
(29807), und das Gleiche gilt von den übrigen 
Darstellungen bei Xep. Hann. 4 ff. Uro?. Eutr. 
Zonaras. Interessant ist die Notiz bei Macrob. 
60Sat. I 16, 26, wonach Q. Claudius (doch wohl 
Quadrigarius, der nach Liv. XXV 10, 2 die An- 
nalen des Acüius aus dem Griechischen über- 
setzte) als Schlachttag a. d. IV Non. JSexL, d.h. 
also den 2. August, angab. Wenn das richtig 
sein sollte, so müßte H. noch später, nicht vor 
Ende Juni, die Winterquartiere von Gereonium 
verlassen haben , da die Ereignisse von da bis 
zur Schlacht nach der Darstellung bei Livius 



Zööi 



xianniDai 



und Polybios kaum mehr als einen Monat erfordert 
haben können. Vareses Versuch (Cronologia Ro- 
mana 28 und 280ff.), die Schlacht in den Sep- 
tember hinabzurücken, scheitert daran, daß dann 
Polybios sie nicht im III. , sondern im VII. Buch 
erzählt haben würde, wo Capuas Abfall berichtet 
wird. Offenbar fiel die Schlacht kurz vor das 
Ende der 140. Olympiade, also spätestens An- 
fang August. Neuere Darstellung Neumann- 
Faltin 327—363. 

4. Der Krieg in Italien bis zur Schlacht 
am Metaurus (215—207). Übersicht. Das 
J. 215 zeigt H. auf dem Gipfel seiner Macht, 
die süditalischen Bundesgenossen fielen ihm zu, 
das Bündnis mit Makedonien, der Tod Hierons 
von Syrakus erweckten die vorteilhaftesten Aus- 
sichten für die Zukunft; nur in Spanien hatten 
die Römer einige Vorteile erzielt. Allein sofort 
erfolgte der Niedergang, da die Heeresleitung in 
Karthago, anstatt den besten Feldherrn, den sie 
hatte, an der wichtigsten Stelle zu unterstützen, 
ihre Kraft auf die Nebenkriegsschauplätze zer- 
splitterte. Dadurch gelangten die Römer in die 
Lage, den Vorteil der überlegenen Volkskraft für 
sich auszubeuten: H.s Untätigkeit in den 3. 214 
—212 zeigt deutlich, wie er durch die geringe 
Stärke seines Heeres, das nur einmal einen ganz 
geringen Ersatz von Karthago erhielt, an einer 
energischen Kriegführung verhindert ward. So 
vermochte er Capua nicht zu entsetzen, und damit 
tiel sein eigentlicher Plan, die Zertrümmerung 
des italischen Bundes , in sich zusammen. Die 
letzte Hoffnung beruhte nun darauf, daß er durch 
Hasdrubal noch einmal aus Spanien Verstärkung 
bekam — wahrscheinlich hatte dieser Gedanke 
schon im ursprünglichen Kriegsplan der Karthager 
gelegen. Mit seinem Mißlingen war die letzte 
Aussicht geschwunden; insofern ist die Schlacht 
am Metaurus die Entscheidungsschlacht des ganzen 
Krieges. 

Im Herbst und Winter, während H.s Heer in 
Capua in den Winterquartieren lag, eroberte sein 
Unterfeldherr Himilkon Bruttium (Liv. XXIII 30, 
1—9, vgl. das Bruchstück des Polyb. VII 1, 3 
— 4 über die Belagerung von Poetelia). Im An- 
fang des Sommers bezog H. ein Lager auf dem 
Berge Tifata, wo ihn die Gesandten Konig Phi- 
lipps nach mancherlei Fährlichkeiten erreichten 
(Liv. XXIII 33, lff.). Mit diesem schloß er ein 
Bündnis, dessen Bedingungen Liv. XXIII 33, 10 
— 12 angibt; es ist interessant, daß der von Polyb. 
VII 9, 1 — 17 ausführlich mitgeteilte Eid H.s 
außer den allgemeinen Versicherungen gegensei- 
tiger Hilfeleistung nur die Bestimmung enthält, 
daß im Fall des Sieges die illyri.schen Besitzungen 
der Römer Philipp zufallen sollen (vgl über das 
Verhältnis beider Berichte Egelhaaf Hist. Ztschr. 
X. F. XVII 456). Im übrigen setzte H. seine Be- 
mühungen fort, einen Seehafen zu gewinnen, in- 
dessen mißlang der Anschlag auf Cumae, und H. 
ging in das Lager auf dem Tifata zurück, wo er 
eine neue Gesandtschaft Philipps antraf, da die 
erste bei der Rückkehr von den Römern abge- 
fangen war (Liv. XXII 39, 1 — 4). Alsdann brach 
er gegen Marcellus in Nola auf, während gleich- 
zeitig Hanno, der an Himükons Stelle getreten zu 
sein scheint, aus Bruttium anrückte (Liv. XXITT 
43, 5-6). Nach einem unglücklichen Treffen unter 

P«üy-Wi8Sowa-KroU VII 



muiniuai 20oo 

den Mauern der Stadt (Liv. XXIII 44, 3—46, 5. 
Plut. Marc. 9 — 12), dessen Bedeutung in der römi- 
schen Überlieferung gewaltig aufgebauscht worden 
ist, sandte er Hanno nach Bruttium zurück, er 
selbst ging nach Arpi in die Winterquartiere (Liv. 
XXIII 46, 8. XXIV 3). Während des Sommers — 
die Zeit ist ungewiß, s. den Art. Hieronymos — 
wahrscheinlich aber noch in Campamen empfing 
er die Gesandtschaft des Königs Hieronymos, der 

10 durch den Tod seines Großvaters Hieron zur Re- 
gierung gelangt sofort Verhandlungen mit H. 
anknüpfte. Dieser sandte aus a ein er Umgebung 
H, (s. Nr. 9) den Trier archen, Hippokrates und 
Epikydes nach Syrakus, um dort die karthagische 
Sache zu fühien (Polyb. Vn 2, Sff. Liv. XXIV 
6, 1). Hingegen blieben die ihm zugedachten 
Verstärkungen aus, sie waren mit seinem Bruder 
Mago nach Spanien und ein zweites bedeutendes 
Korps nach Sardinien dirigiert worden. Nur ein 

20 kleines Korps numidischer Reiter landete in Süd- 
italien und vereinigte sich mit den Truppen des 
dort operierenden Hanno (Liv. XXIII 41, 10 — 12); 
vielleicht sind dies die c. 13, 7—8 erwähnten 
4000 numidi scheu Reiter. 

Auf die Nachricht, daß die Römer damit Sum- 
gingen, Capua zu belagern, brach H. im Früh- 
jahr (Liv. XXIV 12, 3) von Arpi auf und bezog 
sein altes Lager auf dem Tifata. Hier empfing 
er ein paar vornehme Taren tiner, die ihm die 

30 Stadt in die Hände zu spielen versprachen. H. 
beschloß, ihnen zu folgen, versuchte indes ver- 
geblich, vorher noch Puteoli und Nola zu über- 
rumpeln (Liv. XXIV 13. 17). Vor Tarent ange- 
langt, erkannte er, daß die Römer ihm zuvor- 
gekommen, waren, und bezog in Salapia die Win- 
terquartiere (Liv. XXIV 20). Hier erhielt er im 
Sommer 213 die Nachricht, daß der Consul Fa- 
bius Arpi durch Verrat genommen habe, wobei 
beinahe 1000 Spanier zu den Römern überge- 

40 gangen waren (Liv. XXIV 45—47); weiteres er- 
wähnen unsere Quellen in diesem Sommer über- 
haupt nicht. Nach Liv. XXV 1 soll H. den Sommer 
über untätig in der Nähe von Tarent gelegen 
haben, in der Hoffnung, sich dieses für ihn un- 
mein wichtigen Hafens zu bemächtigen. In der 
Tat gelang es ihm, durch den Verrat einiger 
vornehmer Tarentiner die Stadt zu gewinnen, 
wobei freilich die Burg in den Händen der Römer 
blieb (Polyb. VIII 24, 3—34, 15; darnach Liv. 

50 XXV 7 — 11 , der nur die wenig rühmliche Rolle 
verschweigt, die der römische Stadtkommandant 
C. Livius bei der ganzen Sache spielte). Nach 
Polyb. VIII 34 (36) fand die Einnahme während 
des Winters statt also entweder Ende 213 oder 
Anfang 212 ; daher das Schwanken der Autoren, 
das Livius XXV 11 fin. erwähnt. Wenn er selber 
sich für 212 entscheidet, so steht dies mit seiner 
eigenen Angabe XXVII 25 in Widerspruch, wo 
nach Livius die Burg fünf Jahre lang, bis zur 

60 Wiedereinnahme der Stadt durch Fabius (209) ge- 
halten habe. 

Die Untätigkeit H.s während der J. 214/3 
und die gleichzeitigen Erfolge der Scipionen in 
Spanien haben offenbar denselben Grund, der uns 
nur aus einer flüchtigen Erwähnung bei Appian. 
Iber. 15 bekannt ist: den schweren Krieg Kartha- 
gos mit Syphai von Numidien, zu dem Hasdru- 
bal aus Spanien abgerufen ward und der erst im 

74 



2339 



Haimibal 



Hannibal 



2340 



Laufe dee J. 213 beigelegt ward. Mit dem J. 212 
begann auf beiden Kriegsschauplätzen, in Spanien 
wie in Italien, der Krieg von neuem. Auf den 
Hilferuf der Campaner sandte H. zunächst seinen 
General Hanno aus Bruttium, um die Campaner 
zu verproviantieren (Liv. XXY 13); nach dessen 
Niederlage bei Benevent (Liv. XXIY 14, 1 —16, o, 
vgl. Varese a. a. 0. 240ff.) folgte im Frühjahr 
212 (nach Liv. XXV 15 frumenta iam in herbü 



Karthago hauptsächlich für den Krieg in Spanien 
gerüstet ward (Liv. XXVLT 5). Gleich im Früh- 
jahr des folgenden J. 209 (Liv. XXTII 12 vH 
primus in agris pabuli copia fuit) warf sich 
Marcellus wieder auf H., um dessen Aufmerksam- 
keit von Tarent abzulenken, gegen das der andere 
Consu.1, Fabius Maximus, einen Handatreich plante. 
In der Nähe von Canusium kam es zu einer 
dreitägigen Schlacht (Liv. XX YII 12—14, nach 



erant, also zweite Hälfte des Mai) ein Hilfskorps 10 Plut. Marc. 25f. dauerte sie nur zwei Tage), die 



von 2000 Numidiern, wahrscheinlich unter Hanno 
und Bostar (Liv. XXV 15 vgl. mit Appian. Hann. 
36 und Liv. XXVI 12). Inzwischen belagerte er 
die Burg von Tarent (Appian. Hann, 33) vergeb- 
lich, gewann aber unmittelbar darauf Metapont 
und Thurioi (Liv. XXV 15, nach Appian. Hann. 
34f. auch Herakleia). Nach dem Fall des Tib. 
Sempronius Gracchus (Liv. XXV 17) brach er 
nach Campanien auf, lieferte den Consuln ein un 



zuerst unentschieden blieb, am zweiten Tage siegte 
H. ; am dritten angeblich wieder Marcellus, aber 
mit sehr schwerem eigenem Verlust, worauf H. 
nach Bruttium abzog (Liv. XXVII 15). Inzwischen 
ging Tarent an Fabius verloren (Liv. XXVII 15f. 
Plut. Fab. 21—23), H., der in Eilmärschen aus 
Bruttium herbeieilte , kam zu spät , vermochte 
aber noch Metapont zu retten. In der Nähe muß 
er überwintert haben, um gleichzeitig Fabius in 



entschiedenes Gefecht (Liv. XXV 19) und verfolgte 20 Tarent und Marcellus in Yenusia in Schach zu 



den abziehenden Claudius nach Lucanien. Hier 
vernichtete er das Heer des M. Centenius Paenula 
und unmittelbar darauf das des Praetors Cu. Ful- 
vius bei Herdonea (Liv. XXY 21, 1—10, nach 
Yarese a. a, O. 282 eine Dublette der Schlacht 
bei Herdonea von 210), während ein abermali- 
ger Versuch auf die Burg von Tarent und ein 
zweiter auf Brundusium mißlangen (Liv. XXV 
22), worauf H. die Winterquartiere bezog. Im 



halten (Liv. XXVII 20. 22, nach Plut. Marc. 26 

extr. bezog dieser bei Sinucssa in Campanien die 
Winterquartiere). Als im Frühjahr 208 der neue 
Consul Crispinus Lokroi angriff, zwang H. ihn, 
die Belagerung aufzuheben, und folgte ihm bis zu 
seiner Vereinigung mit Marcellus bei Yenusia. 
Zwischen den drei römischen Heeren stehend, ge- 
lang es ihm, zuerst der Besatzung von Tarent, die 
zur Belagerung von Thurioi auszog, eine schwere 



Frühjahr 211 brach er auf, um endlieh Capua 30 Niederlage beizubringen (Liv. XXVII 27), bald 



zu entsetzen und schlug sein Lager angesichts 
der römischen Befestigungen am Tifata auf. Aber 
der Sturm auf das Lager des Appius mißlang 
(Polyb. IX 3, 1—4, 6. Liv. XXVI 4-6 nennt 
gerade Fulvius); offenbar hatte H. nicht ge- 
nügend Truppen, die römische Stellung zu 
forcieren. Deswegen entschloß er sich , um die 
Consuln von Capua fortzulocken, zum Marsch auf 
Rom , wohin er durch Samnium auf einem Um- 
wege (Polyb. IX 5, 8, nach Liv. XXVI 8 extr. 40 
auf der Via Latina) gelangte. Am Anio, drei 
Milien vor der Stadt, schlug er ein Lager auf 
und kam auf einem Rekognoszierungsritt bis 
vor die Tore Roms: da aber sein Heer bei weitem 
nicht ausreichte, die Stadt zu belagern oder gar 
einen Sturm zu wagen, so blieb ihm nichts anderes 
übrig, als abzuziehen, zumal der Zweck der ganzen 
Diversion, die Aufhebung der Belagerung von 
Capua, nicht erreicht war. Beim Abzug nach 



darauf legte er den Consuln einen Hinterhalt, wo- 
bei Marcellus getötet, Crispinus tödlich verwundet 
und zum Rückzug nach Campanien gezwungen 
war (Liv. XXYII 28f. Plut. Marc. 29. 30). Viel- 
leicht fallt in diese Zeit der bei Appian. Hann. 49 
erwähnte Einbruch nach Campanien , wobei er 
die Einwohner von Atella nach Thurioi verpflanzte. 
Dann entsetzte er abermals Lokroi und über- 
winterte im Tarentmischen (Liv. XXYII 40). 

Vielleicht hat sich H.s Genialität niemals 
glänzender gezeigt, als in diesen Jahren, wo er, 
eingeklemmt zwischen den numerisch weit über- 
legenen Heeren der Römer, trotzdem seine Über- 
legenheit im Felde behauptete und bald hierhin, 
bald dorthin vernichtende Schläge austeilte : seine 
Lage ähnelt in mancher Hinsicht der Friedrichs 
d. Gr. nach der Niederlage von Kunersdorf. Und 
endlich begannen sich auch die Folgen dieses 
mit beispielloser Zähigkeit geführten Kampfes 



Süditalien fügte er der ihn verfolgenden Besatzung 50 geltend zu machen. Nach Polyb. LX 44, 1 — 4 



Roms noch eine empfindliche Schlappe zu (Polvb. 
IX 5—7, 9. der Bericht bei Liv. XXVI 8, 1—11, 1 
ist völlig unbrauchbar, vgl. H. Haupt Melanges 
Graux 1884. 23ff.)- Er scheint im Tarentinischen 
überwintert zu haben. 

Im Frühjahr 210 verlor H. Salapia (Liv. XXVI 
38. Appian. Hann. 45 — 47) und einige kleinere 
samnitische Plätze an Marcellus . was indessen 
durch seinen Sieg über den Proconsul Cn. Fulvius 



herrschte im J. 210 eine derartige Teuerung in 
Italien, daß sich der Senat genötigt sah, von Pto- 
lemaios Philopator Hilfe zu erbitten. Liv. XXYII 
4, 10 hat den eigentlichen Zweck verschwiegen 
und eine einfache Ehrengesandtschaft daraus ge- 
macht. Im folgenden Jahre, 209, wurden zwölf 
launische Kolonien schwierig (Liv. XXVII 9-10 ; 
warum die Erzählung legendarischen Charakter 
tragen soll, vgl. Niese Rom. Geschichte-* 125, 



Centumalus bei Herdonea mehr als ausgeglichen GO 3, ist nicht abzusehen) ; auch in Etrurien be- 



ward (Liv. XXVII 1. Plut. Marc. 24). Später 
kämpfte er unentschieden mit Marcellus bei Nu- 
mistro (Liv. XXYII 2. Plut. Marc. 24) und zog 
sich darauf nach Apulien zurück, wo er Winter- 
quartiere bezog, da es bereits spät im Jahre war. 
Seine Untätigkeit erklärt sich auch diesmal aus 
der numerischen Schwäche seines Heeres; Ver- 
stärkungen waren abermals nicht verfügbar, da in 



gannen Unruhen (Liv. XXVII 8), die sich 208 
in erhöhtem Masse wiederholten (Liv. XXYII 24). 
Inzwischen hatte Hasdrubal bei Baecula sich aller- 
dings mit schweren Verlusten durchgeschlagen; 
im Winter 208 stand er in Südgallien, im Früh- 
jahr wollte er die Alpen überschreiten. Alles 
drängte zur Entscheidung. H., im allgemeinen 
von den Absichten seines Bruders unterrichtet, 



2341 



Hannibal 



Hannibal 



2342 



Torach im Frühjahr 207 aus den Winterquartieren 
auf, zog zunächst alle verfügbaren Truppen 
aus Bruttium zusammen und erzwang bei Gru- 
mentum in Lucanien gegen Claudius Nero den 
Durchzug (Liv. XXVII 41 , der natürlich wieder 
von einem römischen Siege zu berichten weiß). 
Dann zog er noch die Besatzung von Metapont 
heran und rückte nach Canusium vor, wo er Clau- 
dius Nero gegenüber zunächst Halt machte, um 



es ihm beliebte, ohne daß die an Zahl weit über- 
legenen Feinde ihn daran zu hindern wagten. So 
bleibt nichts übrig als einzugestehen, daß wir 
die Motive nicht kennen, die H. bewogen, bei 
Canusium stehen zu bleiben ; wer an historischen 
Analogien Gefallen findet, mag sich, daran er- 
innern, daß auch Napoleon gerade im kritisch- 
sten Moment seiner Feldherrnlaufbahn, zwischen 
seinem Sieg bei Dresden und der Völkerschlacht 



weitere Nachrichten von Hasdrubal zu erwarten 10 bei Leipzig, eine solche Periode fast lethargischer 



(Liv. XXVn 42). Allein dessen Boten waren im 
Gebiet von Metapont aufgefangen und dem Con- 
sul Claudius Nero ausgeliefert, der nun den kühnen 
Entschluß faßte, mit 6000 Mann Kerntruppen 
dem Kollegen zu Hilfe zu kommen und den Rest 
H. gegenüber in fester Stellung stehen zu lassen 
(Liv. XXYII 48); er war auch nach dem Abzug 
H. ? der schwerlich mehr als 15 000 Mann hatte, 
immer noch um das Doppelte überlegen (vgl. 



Untätigkeit durchlebt hat, die vielleicht auf sein 
körperliches Befinden zurückzuführen ist (vgl. A. 
Fournier Napoleon I. III IGOff.). 

Quellen: Von der Schlacht von Cannae ab, 
mit der Polybios drittes Buch abschließt, bildet 
der zusammenhängende Bericht des Livius in den 
Büchern XXIII— XXYII die Grundlage der Dar- 
stellung. Von Polybios ist gerade genug erhalten, 
um den geringen Wert der Livianischen Darstel- 



Lehmann Die Angriffe der drei Barkiden 265f.). 20 lung erkennen zu lassen; man vergleiche beispiels- 



Der Plan gelang ; Ende Juni erlag am Metaurus 
Hasdrubal der Übermacht. H, erfuhr von der 
Schlacht erst durch das Haupt des Hasdrubal, 
das Claudius ihm zuwerfen ließ, und zog sich 
nun ins Gebiet von Bruttium zurück, wo er seine 
Kräfte konzentrierte. So der Bericht des Livius, 
der allerdings, besonders in den Kapiteln 40-42 
vollkommen wirr erscheint. Die vielen Kreuz- und 
Querzüge, die Livius hier H. zuschreibt, mögen 



weise den kurzen, nüchternen Bericht des Grie- 
chen über H.s Marsch auf Rom mit der legenden 
haften Ausschmückung, die Livius den Ereig- 
nissen gegeben hat. Auf seine Parteilichkeit, mit 
der er gewisse, den Römern ungünstige Einzel- 
heiten verschweigt, ist ebenfalls schon hinge- 
wiesen. Sehr hübsch hat Streit in seiner oben er- 
wähnten Schrift auf die Lügenhaftigkeit der Be- 
richte über die Verlustzahlen des karthagischen 



übrigens zum Teil mit der Konzentration seiner 30 Heeres aufmerksam gemacht : wenn man die An- 



Truppen zusammenhängen ; sie völlig verständlich 
zu machen, ist auch Lehmann nicht gelungen 
(237—254). Die Hauptfrage bleibt immer die: wie 
war es möglich, daß H. sich durch einen so 
plumpen Streich täuschen ließ, zumal die Ab- 
wesenheit des Consuls sicher nicht 12 Tage, wie 
Livius meint, sondern mindestens 20 Tage ge- 
dauert haben muß (Lehmann 248rT.), und ruhig 
bei Canusium stehenblieb? Lehmanns eigene 



gaben des Livius addiert, so kommen für die Jahre 
215-203 über 120 000 Mann heraus, d. h. beinahe 
dreimal so viel als H. jemals nach Cannae an Sol- 
daten zusammen gehabt hat. Auch unterliegt es 
keinem Zweifel, daß sich mehrfach Dubletten bei 
ihm finden, indem er nach verschiedenen Quellen, 
ohne es zu merken, mehrmals dasselbe berichtet : 
die dreimalige Niederlage H.s vor Nola ist viel- 
leicht das treffendste Beispiel. Im ganzen ist es 



Vermutung, er sei gar nicht stehen geblieben, 40 um unsere Kenntnis des italischen Krieges nach 



sondern am Adriatischen Meer bis zur Aternus- 
mündung vorgerückt, beruht nur auf einer Zeit- 
bestimmung des in solchen Dingen sehr unzu- 
verlässigen Livius und findet in unser n Quellen 
nicht die geringste Stütze (249ff.). Annehm- 
barer erscheint auf den ersten Blick Yareses 
Erklärung (Cronologia 304f.), der die Schlacht in 
den Anfang November setzt: nach ihm glaubte 
H. infolge der vorgerückten Jahreszeit und des 



Cannae nur mäßig bestellt, wo wir auf Livius 
allein angewiesen sind. Die übrigen ihm ver- 
wandten Quellen ergeben ebenfalls nicht viel 
brauchbares Material; von Diodor ist sehr wenig 
erhalten, Nepos behandelt diese Periode sehr 
summarisch, und das gleiche gilt von Eutropius, 
Orosius und Zonaras (Cassius Dio), der hier nur 
dann und wann etwas Eigenes hat, wie z. B. bei 
der Niederlage des C. Centenius. Eine besondere 



Ausbleibens jeglicher Nachrichten von Hasdrubal, 50 Stellung nimmt Plutarch im Marc, und Fab. Mas. 



daß dieser den Plan der Vereinigung für dies 
Jahr aufgegeben habe; er zog sich also nach 
Metapont in die Winterquartiere zurück, und nun 
erst erfolgte Claudius Neros Abmarsch nach Nor- 
den. Aber ganz abgesehen davon, daß die An- 
setzung der Schlacht in den November schweren 
Bedenken unterliegt (Yarese 2 09 ff. vgl. mit Leh- 
mann 195ff., der sich mit Soltau für das über- 
lieferte Datum 22./23. Juni ausspricht, während 



ein. Im ganzen deckt sich seine Darstellung mit 
der des Livius; charakteristisch ist die Neigung 
zu einer gewissen novellistischen Art der Erzäh- 
lung mit häufiger Verwendung der direkten Rede 
(Marc. 10 die Geschichte von L. Bantius, auch 
von Liv. XXIII 15, 7 — 16, 2 übernommen, Fab. 21 
die Vorgänge beim Verrat Tarents), die an einer 
Stelle buchst eigentümlicherweise auch bei Ap- 
pian in der Geschichte von Dasius und Blattius 



Oehler sie in den April setzt, vgl. den Art. Has- 60 (Hann. 45 -48) wiederkehrt. Bei Liv. XXVI 



drubal), steht auch von dem Rückzug H.s nichts 
in den Quellen : alle fassen die Sache so auf, daß 
er ruhig in Canusium stehen geblieben ist. Schließ- 
lich könnte man ja vermuten, daß H. durch die 
überlegenen Streitkräfte der Gegner in Süditalien 
festgehalten wäre ; allein der Verlauf der ganzen 
Erzählung, auch bei Livius, zeigt doch, daß H. 
vollkommen das Feld behauptete und hinzog, wo 



ist diese rein referierend wiedergegeben ; es scheint 
danach, als ob in allen diesen Fällen Plutarch. 
Appian und Livius auf dieselbe Quelle zurück- 
gehen, die noch nicht ermittelt ist (vielleicht deT 
bei Plutarch sowohl im Marc, wie im Fab. mehr- 
fach angeführte Poseidonios'?). Neuere Dar- 
stellungen: Neumann-Faltin Das Zeitalter 
der panisch. Kriege 374 — 478, Niese Grundr, 



2343 



Hannibal 



Hannibal 



2344 



der röm. Gesch.* 116fF. Über den Feldzug des Sempronius, mußte aber, als dieser den Proconsul 
J. 207 vgL R. Oehler Der letzte Feldzug des Crassus heranzog, sich vor den überlegenen Streit- 




ging (Liv . 

ratur berücksichtigende Arbeit von Konr. Leh- Appian. Hann. 56), Um sich gegen das Umsich- 
mann Die Angriffe der drei Barkiden auf Italien greifen des Abfalls (Liv. XXX 19) zu schützen 
(1905, 190ff.). In betreff der Chronologie ist und sich einen neuen Stützpunkt zu schaffen, 
in erster Linie neben den älteren Arbeiten von verpflanzte H. die treugebliebenen Bewohner von 
Matzat Köm. Chronologie 1883/4, Holzapfel 10 Petelia und Thurioi nach Kroton, das nun Haupt- 
Köm. Chronologie 1885, Matzat Zeittafeln für waffenplatz ward (Appian. Hann. 57). Hier kam 
die J. 219 bis 201, 1880, Soltau Röm. Chronol. es im Sommer 203 noch einmal zu einem Kampf 
1889, Unger in J.Müllers Handb. Bd. I 3 779 mit den Römern, dessen Ausgang nach Liv. 
besonders das bereits oben erwähnte Buch von XXX 19 ungewiß war, was wohl eine Nieder- 
Varese Cronologia Romana 1909 zu vergleichen. läge verschleiert. Inzwischen aber hatte sich die 
Varesc glaubt daß der damalige römische Kaien- Lage der Karthager durch Seipios Erfolge derartig- 
der drei bis vier Monate gegen die natürliche verschlimmert, daß sie H. zum Feldherrn mit 
Jahreszeit im Rückstand war, daß also die Con- unbeschränkter Vollmacht ernannten (Appian. Lib. 
suln tatsächlich nicht im März, sondern erst etwa 31) und ihn aus Italien abriefen. Eine Flotte 
im Juli ihr Amt antraten. Hieraus ergeben sich 20 (nach Appian. Hann. 58 unter Hasdrubal , Sohn 
seiner Ansicht nach eine Reihe von Verschiebungen, des Geskon, der aber nach Lib. 36 damals aus 
die sich zum Teil noch aus den in der Erzählung Karthago verbannt war), erschien in Italien, um 
verwobenen natürlichen Jahrangaben erkennen die Überfahrt des Heeres zu sichern; von den bei 
lassen ; übrigens nimmt er keinen Anstand, wenn seinem Abschied aus Italien verübten Grausam- 
diese natürlichen Jahreszeitangaben mit seiner leeiten H.s weiß nur die spätere Überlieferung- 
Theorie nicht übereinstimmen, sie für sekundär, (Diod. XXVII 9. Appian. Hann. 58-60), nicht 
d. h. aus der Berechnung des betreffenden Schrift- Livius (XXX 19) zu erzählen. Nach sechzehn- 
stellers entsprungen zu erklären. Eine Haupt- jährigen Kämpfen im Lande (Liv. XXX 28. Ap- 
stütze seiner Ansichten findet er in den Trium- pian. Hann. 60. Polyb, XI 19, 3; wenn er in 
phalfasten,- CIL 12 43ff. (besonders herausgegeben 30 dem Rückblick XXIII 13 von 17 Jahren spricht, 
von G. Schön Abh. arch.-epigr. Seminars Wien so hat er die gesamte Kriegsdauer im Auge, eben- 
1893), die indessen manchen Forschern wieXiese so Diod. XXIX 19), also im Laufe des Sommers 
Röm. Gesch. 4 11 als späteren Ursprungs und aus 202 verließ H. Italien und landete nach kurzer 
den jüngeren Historikern entlehnt gelten. Vor Überfahrt wohlbehalten mit dem Heer in Africa, 
allem nimmt er an, daß seit Mitte des Krieges nach Liv. XXX 25 in Lcptis, nach Diod. XXVII 
die Consuln meist erst im zweiten Sommer des 10. Appian. Lib. 33 in Hadrumetum, wohin er 
von Juli bis Juli reichenden Consulatsjahres ins erst von Leptis gelangt sein müßte. Hier ver- 
Feld zogen. Im einzelnen sind die Abweichungen stärkte er sich durch ein nuniidisches Reiterkorps- 
gegen die herkömmliche Chronologie ziemlich (Polyb. XV 35, vgl. Diod. XXVII 10 = Appian. 
stark; so setzt Varese die Trcbiaschlacht April 40 Lib." 33) und rückte dann Scipio nach Zama ent- 
218, die Schlacht am Trasimenus Anfang August gegen. Ob die bei Appian. Lib. 37—39 erzähl- 
217, die bei Cannac September 216, den Abmarsch ten Ereignisse, wonach H. noch einmal durch 
Hasdrubals aus Spanien April 207, die Schlacht Masinissa den Frieden vermittelt, dann aber vom 
am Metaurns November 207. endlich die Schlacht Volke gezwungen wird, doch loszuschlagen, auf 
bei Zama etwa Marx 201. Im einzelnen unter- Wahrheit beruhen, ist sehr zweifelhaft: die Ge- 
licgen diese Ansätze mannigfachen Bedenken, die schichte mit dem Reitertreffen vor Zama, in dem 
zum Teil schon im vorhergehenden angedeutet sind. Scipio siegt (Appian. Lib. 36), sieht bedenklich. 
5. Das Ende des Krieges. Hannibal als nach Valerius Antias aus (vgl. Liv. XXX 29). 
Feldherr. Nach der Niederlage seines Bruders Allzuviel Zeit scheint zwischen der Ankunft in 
zog sich H. auf Bruttium zurück; aus den beiden 50 Afrika und der Schlacht nicht stattgefunden zu 
nächsten Jahren wird nur berichtet, daß Hunger haben, da sie jedenfalls noch in das J. 202. Ende 




Syphax' Sohn . fand primis Saturnalibus statt (Li 1 

nach Sardinien verschlagen, wo sie größtenteils XXX 36j. Varese allerdings verschiebt nach 

in die Hände der Römer geriet (Appian. Hann. seiner Theorie, daß damals der offizielle römische 

54 = Coelius Antip. bei Liv. XXVIII 46, auch Kalender um vier Monate zurück war, die Schlacht 

die Gesamtzahlen stimmen). Vorwiegend hielt in den Anfang April 201 (Crom Rom. 54), kann 

sich H. bei Locri und beim Tempel der Hera sich aber nur auf eine Notiz des wenig zuver- 
Lacinia auf. wo er damals die große punisch- 60 lässigen Zonaras (IX 14, 441c) stützen, wonach 

griechische Inschrift herstellen ließ (Liv. XXVIII Scipio zur Schlacht roü Zaoag eTzddftipavtos auf- 

46). Durch den Friedensschluß der Römer mit brach. 

Philipp 205 ward seine Lage weiter verschlimmert. Ende November 202 also lagen sich die beiden 

Magos (s. d.) Diversion nach der ligurischen Küste Heere bei Zama gegenüber. Es gab zwei Orte 

nützte ebenfalls nichts : im Winter ging durch dieses Namens, der eine, ostliche, nicht weit von 

einen Handstreich Seipios von Sizilien aus Lokroi Karthago, der zweite, westliche, bei dem numidi- 

verloren (liv, XXIX 6—7. Appian. Hann. 55). sehen Orte Naraggara. Die Nachricht, daß die 

Im folgenden Sommer besiegte R den Consul Schlacht fünf Tagemärsche von Karthago (Liv. 



2345 



Hannibal 



Hannibal 



2346 



XXX 29, nach Westen zu Polyb. XV 5, 3) ge- 
legen habe, gibt für das östliche Zama den Aus- 
schlag (vgl. über den Ort Mommsen Herrn. XX 
144. Tissot Geographie comparöe de Tancienne 
DT 571. 577/ Joh. Schmidt Rh. Mus. 



vollständig zurücktritt. An seineT Stelle erscheint 
die Umfassungsschlacht mit Umgehung auf beiden . 
Flügeln, wie sie zuerst im Keim in Alexanders 
Treffen gegen Porös enthalten ist. Ihre voll- 
Afrique II 571. 577/ Joh. Schmidt Rh. Mus. kommenste Ausbildung hat sie, wie Delbrück 
XLIV 1889, 397ff. v. Wittinghausen Wien. richtig erkannt hat (a. a. O. 281ff.), bei Cannae 
Stud. XIX 1897, 282ff.). Die Lesart Naraggara, gefunden, wo die Kavallerie , der sonst die Um- 
auf die Konrad Lehmann (Der letzte Feldzug . gehung zufällt, noch durch den Seitenangriff des 
des Hannib absehen Krieges, N. Jahrb. Suppl. XXI Fußvolks unterstützt wird, was dann zu völliger 
527f., auch separat, Leipz. 1894) und Delbrück 10 Einkreisung und Vernichtung des Feindes geführt 
(Gesch. der Kriegskunst I 345ff.) ihre gegenteilige hat. Indessen sind schon die Schlachten am Ti- 
Ansicht gründen, steht nur in einer Handschrif- cinus und an der Trebia ähnlich als Umfassungs- 
tenklasse bei Liv. XXX 29, 9; der Puteanus hat schlachten gedacht, nur daß das System hier 
nareara, auch bei Polyb. XV 5, 14 steht ftaoya- noch nicht in so künstlerischer Vollendung wie 
qgv. Unmittelbar vor der Schlacht fand eine bei Cannae erscheint (Delbrück a. a. O. 303). 
Unterredung der beiden Feldhcrrn statt (Polyb. Scheinbar als etwas ganz Neues tritt dazu nun 
XV 6, 1—8. 14. Liv. XXX 30. 31, kürzer Appian. die Erfindung ,der Treffentaktik bei Zama, die 
Lib. 39), die indessen ergebnislos blieb. Am Tage Delbrück ebenfalls zuerst klar erkannt und dar- 
darauf erfolgte die Schlacht, die nach hartem gestellt hat (334ff.). Allein sie ist aus dem Prin- 
Kampf mit der Niederlage H.s und der Vernich- 20 zip der Umgehung organisch entwickelt : das 
tunff seines Heeres endete: die Entscheidung zweite Treffen hat, infolge des Mangels an leich- 
biachte der Rückenangriff der von Laelius und ter Keiferei, dem H. ohne Erfolg abzuhelfen be- 
Masinissa geführten, weit überlegenen Eeiterei müht war, eben die Bestimmung, seitwärts aus- 
(Polvb. XV 9,1—16,6. Liv. XXX 32—34 und gezogen zu werden und nun seinerseits den Flanken- 
der unbrauchbare Bericht Appians Lib. 40—47; angriff auszuführen. Bemerkenswert ist, daß Scipio 
beste neuere Darstellungen bei Lehmann und dieser taktischen Wendung sofort mit demselben 
Delbrück a. a. O.). Nur mit wenigen Reitern Manöver begegnet, was Delbrück a. a. Ö. 338 
entkam H. nach Hadrumet (Polyb. XV 15, S. für eine geniale Eingebung des Moments zu halten 
Liv. XXX 35 ; die übertriebene Entfcrnungsan- scheint. Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich, 
gäbe 3000 stad. = 560 km hat erst Appian. Lib. 30 da sich derartige Bewegungen nicht improvisieren 
47). wo er einen Teil seines Heeres zurückgelassen lassen, und auch bei H. war es nicht das erstemal, 
hatte. Dann eilte er nach Karthago und riet daß er dies Manöver anwandte. Wie die Erfolge 
selber zum Frieden (Polyb. XV 19, 1—9. Liv. der Scipionen in Spanien viele Iberer in seinem 
XXX 37), den er auch durchsetzte. Heere unzuverlässig gemacht hatten (Appian. Hann. 
Quellen: Der Bericht des Livius, mit den 30, vgl. Liv. XXV 30. 49), so scheint auch der 
Bruchstücken des Polvbios ; die schlechtere Fassung, Numiderkrieg des Syphax gegen Karthago (ca. 21 5 
wesentlich auf römischen Annalisten wie Coelius —213) für H. verderbliche Folgen gehabt zu haben 
und Valerius Antias beruhend, bei Diod. XVII und (Zonar. IX 3, 422 D): bereits 211 gab es nach 
Appian. Hann. und Lib. ; Nepos und lustin geben Liv. XXVI 10 gegen 1200 numidische Überläufer 
nur kurze Notizen. Neuere Darstellungen außer 40 in Korn, und rechnet man Verluste, wie den von 
den genannten Neumann-Faltin 506—550. Salapia, mit wo 500 numidische Reiter vernichtet 
Zielinski Die letzten Jahre des 2. punischen wurden, so kann man sich leicht berechnen, daß 
Krieges. Leipzig 1880. von den glänzenden Reiterschwadronen, die zuerst 
Über das Feldherrngenie H.s hat im Alter- auf italischem Boden H.s Überlegenheit begründe- 
tum nur eine Stimme geherrscht: Polvbios ergreift ten, schon fünf Jahre später nicht allzuviel vor- 
iede Gelegenheit, sein Lob zu singen (IX 22, 1. handen war. Es ist also wohl anzunehmen, 
XI 19, 1-7. XV 15, 3—16, 6. XXIII 13, 1-2) daß H. Schritt für Schritt durch den Mangelan 
und auch Livius kann, so schwer es ihn ankommt, Reiterei, für die kein Ersatz kam, zur Treffentaktik 
nach dieser Seite nicht umhin, ihn rückhaltlos an- gekommen ist, und wenn wir nicht für den Krieg 
zuerkennen (Li\\ XXI 4. XXVIII 12. XXX 35); 50 seit 216 einen so eminent unmilitärischen Schrift- 
die meisten haben in ihm den ersten Feldherrn steller wie Livius als einzige Quelle hätten, so 
des Altertums gesehen (vgl. noch Diod. XXIX 19. würden wir die organische Entwicklung derTreffen- 
Iustin. XXXI 4, 10—12). Wie hoch er selber taktik aus der Umfassungsschlacht wohl noch 
sich gestellt hat, ist aus der zweifelhaften und ganz gut beobachten können. Dann aber wird 
nur zur höheren Ehre Seipios erfundenen Ge- Scipio, der doch bis 209 in Italien war und den 
schichte des Claudius Quadrigarius bei Liv. XXXV Krieg mit größtem Interesse verfolgte, dies Mano- 
14. Plut. Flam. 21 (ausführlicher und der gemein- ver seinein Gegner abgesehen und es in Spanien 
samen Quelle näherstehend App. Syr. 10. 11) nicht selbständig zur Anwendung gebracht haben: in 
zu entnehmen; soviel geht indessen daraus her- der Ausdehnung deT Flügel bei llipa 206 läßt 
vor, daß H. die Feldzüge Alexanders und Pyrrhus 60 selbst die Darstellung des Livius (XXVni 14) 
eingehend studiert hat, und in der Tat finden noch etwas Ähnliches erkennen, 
sich in der Scblachtanlage von Cannae und Eine Stelle für sich nimmt die Schlacht am 
Gaugamela gewisse Ähnlichkeiten (vgl. Delbrück Trasimenus ein, die sich als ein Überfall auf dem 
Geschichte d. Kriegskunst I 2891). Umso merk- Marsche mit außerordentlich geschickter Benützung 
würdiger ist es, daß der taktische Grundgedanke des Geländes darstellt ; auch darin ist H, offenbar 
Alexanders, das von Epameinondas übernommene ein Meister gewesen, wie sich das noch bei späteren 
Prinzip der Durchbruchsschlacht mit nachfol- Gelegenheiten (Polyb. 1H 104,4—6. Liv. XXII 1 
gendßr Aufrollung der feindlichen Linie, bei H. 28, 5 Treffen gegen Minucius ; Liv. XXV 21 erste 



2347 



Hannibal 



Harmibal 



Schlacht bei Herdonea), freilich nicht wieder mit 
. so glänzendem Erfolge gezeigt hat. Eben die 
Schlacht am Trasimenua aber läßt nun eine der 
hervorragendsten Feldherrneigenschaften H.s er- 
kennen: die Fähigkeit, seinen Gegner völlig zu 
durchschauen und auf die Vorausberechnung von 
dessen Handlungen seine eigenen Pläne zu grün- 
den. Auch die Trcbiaschlacht und Cannae legen 
davon Zeugnis ah, vor allem aber die Durchfüh- 
rung des Landmarsches nach Italien, die bereits 
vorher geschildert ist. Überhaupt ist der ganze 
Kriegsplan ein Meisterwerk darin, daß H. es 
vermochte, ihn den jeweiligen Umständen an- 
zupassen, wie der Wechsel der Operationsbasis 
zeigt. Auch die Gewinnung der auswärtigen 
Bundesgenossen, die Heranziehung Philipps, das 
sofortige und zunächst erfolgreiche Eingreifen in 
Syrakus zeigt, daß H. neben seiner unvergleich- 
lichen Feldherrnkunst auch staatsmännische Be- 
gabung besaß : insofern hat Polybios rech t, wenn 
er ihn als die Seele des Krieges gegen Rom be- 
zeichnet (Polyb. IX 22, 1-6)/ Dazu kommt 
noch eins, was die antiken Schriftsteller, die 
mit den Schäden des Soldnerwesens besonders 
vertraut waren, immer zuerst hervorheben: die 
feste Manneszucht und unbedingte Treue seiner 
Soldaten, die auch unter den schwersten Umständen 
niemals gewankt hat. Endlich umgab ihn eine 
Schar fähiger Generale, die nicht bloß unter seiner 
Leitung Vorzügliches leisteten, sondern auch selb- 
ständig zu operieren verstanden wie Maharbal, 
Myttones, Hanno, Sohn des Bomilkar ; die mei- 
sten werden sicher aus seiner Schule hervorge- 
gangen sein, wenngleich er zweifellos schon einen 
Stamm tüchtiger Offiziere von seinem Vater und 
Schwager übernommen hat. 

Fragt man nun nach den Umständen, die 
schließlich doch das Scheitern H.s herbeigeführt 
haben, so wird man zunächst immer die unge- 
heure Zähigkeit und Aufopferung der Römer 
nennen, der es im Verein mit dem unerschöpf- 
lichen Menschenmaterial Italiens auch nach ver- 
nichtenden Niederlagen immer wieder gelang, mit 
numerischer Überlegenheit aufzutreten, sowie die 
Treue der mittelitalischen Bundesgenossen, die 
erst in der Zeit von 211—206 bedenklich ins 
Wanken geriet. Auch die Untätigkeit und das 
\ ersagen der Bundesgenossen H.s in Makedonien 
und Syrakus hat vieles zur Niederlage beigetragen ; 
dennoch wäre es verkehrt, mit Ne u m a n n - F a It i n 
(560f.) darin die eigentliche Ursache zu erkennen. 
Diese lag vielmehr zunächst darin, daß die kartha- 
gische Macht bei weitem nicht so fest gefügt war. 
wie die römische, und selbst in den glänzendsten 
Zeiten des Krieges durch Aufstände gelähmt ward 
(Appian. Hiber. 15, vgl. Diod. XXVI 23. Liv. 
XXIV 49). Weiter standen ihr in bezug auf das 
Menschenmaterial bei weitem nicht solche Hilfs- 
quellen zu Gebote wie den Römern, obgleich auch 
so ihre Leistungen nach Cannae gar nicht so ge- 
ring anzuschlagen sind, ohne daß sie freilich auch 
nur im entferntesten das Maß der römischen Opfer- 
willigkeit erreichen. Allein der Hauptfehler bleibt 
der, daß diese schon an sich geringeren Verstär- 
kungen nicht da, wo sie in erster Linie am Platz 
gewesen wären, nämlich in Italien verwandt, son- 
dern über Sizilien, Sardinien, Spanien zerstreut 
wurden. Und dies wieder läßt erkennen, daß H. 



2348 



doch eben nicht selber die Zentralleitung in der 
Hand hatte, sondern daß diese in Karthago saß. 
und oft genug von antibarkinischen Einflüssen 
geleitet ward. Wenn H. endlich unterlag, so 
sind seine Mitbürger allein schuld gewesen, wenn- 
gleich ja auch schließlich — das soll nicht ge- 
leugnet werden — Scipios Tüchtigkeit viel zur 
ungünstigen Entscheidung des Krieges beigetragen 
hat. Als Feldherrn beide zu vergleichen, ist 
10 nicht angebracht ; Scipio nimmt zu H. etwa das- 
selbe Verhältnis ein wie Gneisenau zu Napoleon I. 
6. Letzte Jahre und Tod. Persönlich- 
keit. Unmittelbar nach seiner Niederlage war 
H. nach Hadrumet geeilt und hatte hier bereits 
ein kleines Heer um sich vereinigt (Appian. Lib. 
47. 55. Com. Ncp. Hann. 6, 4). Mit diesem 
scheint er, unterstützt von Mago, allmählich die 
karthagische Herrschaft in Afrika innerhalb der 
m dem Friedensschluß gebotenen Grenzen wieder- 
20 hergestellt zu haben, bis die Römer im J. 200 
seine Abberufung verlangten (Nep. Hann. 7, 4). 
Die Karthager gehorchten, wählten ihn aber für 
das J. 197 zum Suffeten (ebd.). Während seiner 
Amtszeit setzte er wichtige Reformen durch: er- 
brach die Macht des karthagischen Rates, indem 
er die lebenslängliche Amtsdauer auf ein, höch- 
stens zwei Jahre beschränkte (Liv. XXIII 46) 
und trat den zahlreichen Unterschleifen bei der 
Erhebung der Zölle wirksam entgegen, so daß 
30 nicht bloß die römische Kriegsentschädigung regel- 
mäßig bezahlt werden konnte (Liv. XXIII 47. Nep. 
Hann. 7, 5), sondern sogar noch Überschüsse erzielt 
wurden (Nep. Hann. 7, 5). Hierdurch zog er sich 
den Haß der Gegenpartei zu, die ihn in Rom ver- 
leumdete (Liv. XXXIII 45. Appian. Syr. 44). Als 
im folgenden Jahr eine römische Gesandtschaft 
erschien, um Grenzsstreitigkeiten mit Masinissa 
zu schlichten — ihr geheimer Auftrag ging da- 
hin, sich über H.s Pläne zu unterrichten (Liv. 
40 XXXIII 47, nach Iust. XXXI 2, 11 sogar ihn zu 
ermorden) — hielt H. es für geratener zu fliehen. 
Nach der genauen Angabe bei Nep. Hann. 7, 6 
fand seine Flucht im J. 196 statt; wenn Livius 
a. a. O. sie unter dem J. 195 erzählt, so liegt 



das daran, daß er ihn als den eigentlichen An- 
stifter des Antiochos zum Kriege gegen Rom er- 
scheinen lassen will, wie Niese Grundriß der 
röm. Gesch. * 132, 1 gesehen hat. Doch wird 
das hvianische Datum von Holleaux Herrn. 

50XLIII 296f. verteidigt. Die Flucht wurde mit 
großer Heimlichkeit ins Werk gesetzt (Liv. XXXIII 
49), H. wandte sich zunächst nach Tyros, wo er 
mit großer Auszeichnung aufgenommen wurde 
(Liv. a. a. O. Iust. XXXI 2, 1—5). Den gleichen 
Empfang bereitete ihm Seleukos, Antiochos" Sohn, 
in Antiochia (Liv. XXXIII 49), dann begab er 
sich nach dem Hoflager des Königs, den er in 
Ephesos erreichte (Liv. a. a. 0. Appian. Syr. 4). 
Auf Antiochos' Befragen entwickelte er hier seinen 

60 Plan, der im wesentlichen darauf hinauskam, den 
Krieg nicht auf Griechenland zu beschränken, 
sondern nach Italien hinüberzuspielen und zugleich 
Karthago und das noch im Aufstand befindliche 
Spanien (Iust XXXT 3, 5—10) in Bewegung zu 
setzen (Liv. XXXIV 60. Appian. Syr. 7). In der 
Tat machte er durch den Tyrier Ariston einen 
Versuch, in Karthago für das Bündnis mit An- 
tiochos Stimmung zu machen (Liv. XXXIV 61. 



2349 



Hannibal 



Hannibal 



2350 



Iust. XXXI 4, 1—3. Appian. Syr. 8), der aber 
von der Gegenpartei vereitelt ward. Im Zusammen- 
hange damit stand jedenfalls die von Nepos (Hann. 
8, 1) erwähnte und genau auf das J. 193 (im 
dritten Jahr nach der Flucht) fixierte Anwesen- 
heit H.s und Magos in Cyrene, das sie erst ver- 
ließen, als jede Aussicht auf eine Erhebung Kar- 
thagos geschwunden war. H. kehrte nach Ephesos 
zurück, wo er mit der römischen Gesandtschaft 
unter P. Villius, nach Claudius Quadrigarius auch 
mit Scipio Africanus zusammentraf (Liv. XXXV 
14. Plut. Flam. 21). Sein häufiger Verkehr mit 
ihnen erregte des Königs Argwohn (nach Appian. 
Syr. 9. lustin. XXI 4, 4— 9 war das gerade die Ab- 
sicht der Römer, wovon Livius a. a. 0. natürlich 
nichts wissen will); doch wußte er sich durch die 
bekannte Erzählung vom Schwur am Altar (s. o. 
S. 2323, 8 die Stellen) zu rechtfertigen. Noch ein- 
mal redete er einer energischen Kriegführung das 
Wort (Liv. XXX 6, 7. Iustin. XXI 5, 1—10), 
ohne damit durchdringen zu können; wahrschein- 
lich ist es im Sinne seiner weitergehenden Pläne 
gewesen, wenn er das Bündnis mit den Aetolern 
widerriet (Diod. XXIX 3). Allerdings soll der 
König später nach dem Mißlingen seines Vor- 
stoßes nach Griechenland H.s Warnungen als 
richtig anerkannt haben (Liv. XXXVI 15. Diod. 
XXIX 3. Iust. XXI 6, 6), aber H.s Anteil am 
Kriege war jedenfalls sehr gering. Er führte 
den einen Flügel einer unbedeutenden Flotte, die 
bei Side von den Rhodiern angegriffen wurde, und 
ward in die Niederlage seines Mitfeldherrn hinein- 
gezogen (Liv. XXXVII 23. 24, kurz bei Nep. 
Hann. 8, 4. Appian. Syr. 22; Iust. XXXI 6, 7 
— 10 berichtet irrtümlich, daß M. Livius sein 
Gegner gewesen sei). Im Frieden verlangten die 
Römer seine Auslieferung, sowohl in den Prä- 
liminarien (Polyb. XXI 17, 7), wie im endgültigen 
Vertrag (Polyb. XXI 45, 11. Liv. XXXVII 45. 
Diod. XXIX 10. Iust. XXII 4, 1). Rechtzeitig vom 
König benachrichtigt, rettete H. sich zunächst 
nach Gortyn auf Kreta, wo er eine Zeitlang lebte 
(Nep. Hann. 9. Iustin. XXXII 4, 3—5). Darauf 
begab er sich zu König Prusias von Bithynien, 
den er in seinem Kampf gegen Eumenes unter- 
stützte; in einer Seeschlacht verschaffte er ihm 
den Sieg über seinen Gegner (Nep. Hann. 10 
—11. Iust. XXXII 4, 6 — 7. Gründung von Arta- 
xata Strab. XI 14, 6 528'?). Zufällig erfuhr T. 
Flamininus von dem Aufenthalt H.s bei Prusias 
und teilte ihn dem Senate mit, der sofort durch 
eine Gesandtschaft mit Flamininus an der Spitze 
die Auslieferung fordern ließ. Ob der König 
dabei eine zweideutige Kolle spielte , wie Livius 
XXXIX 50 andeutet, oder ob er sich anständig be- 
nahm, wie Nep. Hann. 12, 2 erzählt, und T. Fla- 
mininus die Hauptschuld zuzuschreiben ist. wie 
Flut. Flam. 21 und App. Syr. 1 1 in einer wirren Notiz 
behaupten, läßt sich nicht mehr erkennen. Sicher 
ist, daß H„ um den Verfolgungen der Römer zu 
entgehen, sich selber vergiftete, nach Liv. XXXIX 
50 und Atticus bei Nep. Hann. 13 im J. 183, 
nach Polybios (bei Nep. ebd.) 182, nach Sulpi- 
cius 181 (ebd.). Trotz der Übereinstimmung des 
Livius und Atticus ist 183 als Todesjahr des- 
halb weniger wahrscheinlich, weil bei dieser An- 
setznng vielleicht die Absicht mitgespielt haben 
kann, die drei berühmtesten Feldherrn ihrer Zeit, 



Scipio, Philopoimen und H. in einem Jahre ster- 
ben zu lassen. Das Datum des Polybios hat die 
meiste Wahrscheinlichkeit für sich. Quellen: 
Da die großen Historiker von der Schlacht von 
Zama ab nur noch einzelne Notizen gaben, die 
sich wesentlich auf seine Flucht aus Karthago, 
seinen Aufenthalt am Hoflager des Antiochos und 
seinen Tod beschränkten — mehr hat wedeT Li- 
vius noch Appian, die zum Teil wieder die rö- 

10 mischen Annalisten wie Antias und Quadrigarius 
erkennen lassen — so ist die weitaus wertvollste 
Quelle für uns die Lebensbeschreibung H.s bei 
Nepos. Man erkennt deutlich die Absicht, das 
auch bei andern Erzählte kurz abzutun und da- 
für die minder bekannten Partien ausführlich und 
mit genauen Zeitangaben zu erzählen. In einigen 
dieser Znsätze stimmt Nep. zu Iustin; seine Quelle 
war wohl eine ältere Lebensbeschreibung H.s, die 
er in der oben angedeuteten Absicht exzerpierte. 

20 Mit Bezug auf persönliche und private Ver- 
hältnisse H.s fließen unsere Quellen nur ziemlich 
spärlich. Er war der älteste Sohn des großen 
Hamükar, seine beiden jüngeren Brüder (Has- 
drubal (f 207) und Mago (f 203 oder 193) 
gingen ihm im Tode voraus. Außerdem waren 
mindestens zwei, wahrscheinlich ältere Schwestern 
vorhanden. Die eine war an Hasdrubal (Nr. 5) ver- 
heiratet, der sie aber überlebte ; die andere hatte 
eine Tochter, die bereits 210 mit Masinissas Oheim 

30 vermählt war (Liv. XXIX 29). H. selbst war 
mit einer Spanierin aus Castulo vermählt (Liv. 
XXIV 41), doch scheint die Ehe kinderlos ge- 
blieben zu sein. Von einem illegitimen Ver- 
hältnis weiß Appian. Hann. 43 zu berichten; 
die Sache ist aber offenbar nur erfunden , um 
H.s Untätigkeit gegen Ende der Belagerung Ca- 
puas zu erklären. Iustin. XXXII 4, 9— 12 hebt 
gerade seine Enthaltsamkeit auch in diesem 
Punkte hervor. An Bildung war H. jedenfalls 

10 den meisten seiner Gegner überlegen; er verfügte 
über bedeutende Sprachkenntnisse (Zonar. VIII 24, 
41 1 D.) und hatte literarisch gebildete Leute um 
sich wie Seilen os und Sosylos von Lakedaimon 
(nach Diod. XXVI 4 aus Ilion), die beide seine Ge- 
schichte schrieben (Nep. Hann. 13, 3). Sosylos 
war zugleich sein Lehrer im Griechischen, das 
H. mündlich wie schriftlich beherrschte. Nepos 
(c. 13. 2) erwähnt eine Schrift an die Rhodier 
über die Neuordnung Kleinasiens (188), und viel- 

50 leicht hat er auch den Eid Pol. VII 9, 1—17 
selber aufgesetzt. Außerdem existieren eine Menge 
mündlicher Äußerungen von ihm in den Quellen, 
deren Echtheit natürlich zweifelhaft ist. Authen- 
tisch scheinen der Witz auf Kosten Geskons vor 
der Schlacht von Cannae (Plut. Fab. Mas, 15) und 
die bittere Äußerung, die ihm Liv. XXX 44 in 
den Mund legt; wenigstens entbehren sie der 
rhetorischen Zuspitzung , die meist Verdacht er- 
regt. Was endlich seinen Charakter selber be- 

60 trifft , so darf man nicht vergessen , daß das 
meiste, was wir nach dieser Seite hin erfahren, 
so die bekannte Charakteristik bei Liv. XXI 4 
römischen Schriftstellern entstammt, deren Pa- 
triotismus sich in der Verunglimpfung des Feindes 
nicht genug tun konnte: auch hier bildet das 
Charakterbild Napoleons I., wie es in der ersten 
Hälfte des vorigen Jahrhunderts bei deutschen 
Schriftstellern erscheint, eine erwünschte Parallele. 



2351 



Hannibalianus 



Hannibalianus 



2352 



Der Hauptvorwurf gegen um ist der der Grausam- 
keit, aber sämtliche Belege (z. B. Diod. XXVI 14, 
1—2. Appian. 28. 31. 59. öO u. a. m.) entstam- 
men römischen Quellen. Polybios erwähnt kein 
einziges Beispiel und hat ihn IX 22 gerade 
gegen diesen Vorwurf sehr wirksam vertei- 
digt, indem er manches der Umgehung H.s, 
das meiste aber dem Zwang der Verhältnisse 
zuschiebt. Jedenfalls spricht die Achtung, mit 
der H. stets den gefallenen Feind behandelte (s. 
die Belege oben) dagegen; sie sticht ebenso vor- 
teilhaft von der Roheit des Claudius Nero, der 
ihm Hasdrubals Kopf zuwerfen ließ, wie von 
der Gemeinheit des Fabius Marimus ab, die 
dieser nach der Einnahme von Tarent gegen die 
Bruttier verübte (Flut. Fab. Mas. 22). Ebenso 
steht es mit der Treulosigkeit, die H. vorgeworfen 
wird: hier wissen selbst die römischen Quellen 
kein Beispiel anzuführen, daß H. einen beschwo- 
renen Vertrag verletzt oder ein gegebenes Wort 
gebrochen habe. Dagegen scheint es mit seiner 
Habsucht etwas auf sich gehabt zuhaben; Poly- 
bios" Verteidigung in der angeführten Stelle (IX 
24ff.) ist jedenfalls viel lauer, und er scheint 
geneigt, einiges zuzugeben. Daß H. vom Vater 
her sehr begütert war, ist zweifellos; er besaß an 
der Küste südlich von Karthago Landhäuser und 
Schlösser, und das Li v. XXXI 48 erwähnte wird 
nicht das einzige gewesen sein. Bei seiner Flucht 
rettete er nur die bewegliche Habe, alles andere 
ward konfisziert (Nep. Hanu. 7, 7), allein schon 
190 erscheint er wieder im Besitz bedeutender 
Barmittel (ebd. 9, 2. Inst. XXXII 4, 8—5). Das 
Wahre wird sein, daß er kein Verschwender war 
und sein Geld zusammenzuhalten verstand. Auch 
von dieser Seite fällt kein Schatten auf die 
düstere Gestalt des Helden , dessen überragende 
Größe an der Jämmerlichkeit seines Volkes zu 
gründe ging. 

9) Karthagischer Offizier aus H.s Hauptquar- 
tier, ward von ihm in Begleitung des Hippokrates 
und Epikydes nach Syrakus zu Hieronymos ge- 
schickt (Polyb. VII 2, 3); von dort ging er weiter 
nach Karthago zwecks weiterer Verhandlungen 
(Polyb. VII' 2, 6). Er wird als Trierarch H.s 
bezeichnet und ist wahrscheinlich derselbe wie 
der von Polyb. IX 24, 5 in H.s Umgebung er- 
wähnte H. Monomachos, auf den er manche an- 
geblich von dem großen H. begangene Grausam- 
keiten zurückführt. 

10) Sohn des Boinilkur, war gleichzeitig mit 
Hasdrubal und Mago 215 als dritter Feldherr der 
Karthager in Spanien. Mit den beiden andern 
ward er von den Scipionen bei Illiturgi und 
Intibili besiegt (Liv. XXXITI 49, 5). 

11) Mit dem Beinamen rpao (d. h. der Star), 
Führer der numidisch gesinnten Partei in den 
Kämpfen, die dem dritten punischen Krieg vorauf 
gingen (Appian. Lib. 68 1 , ward vertrieben und 
begab sieh zu Masinissa (Appian. Lib. 70). 

[Lenschau.] 

12) Harmibal. Diesen Xanien gab Mettius 
Pompnsianus einem seiner Sklaven. Kaiser Donri- 
tian legte dem Mettius unter anderem auch diesen 
Umstand zur Last, als er ihn später verbannte und 
dann hinrichten ließ, Suet Dom. 10, 2. [Stein.] 

Hannibalianus. 1) Einer der großen Feld- 
herren, die aus der Schule des Kaisers Probus her- 



vorgegangen sind, so wie Asklepiodotus u. a., 
auch die späteren Kaiser Carus, Diocletian und 
Constantius I., Hist. aug. Prob. 22, 3; s. Anniba- 
lianus o. Bd. I S. 2258. 

In einer noch ungedeckten lateinischen In- 
schrift aus Oescus werden Afranius Hannibaliarms 
und Iul(ius) Asclepiodotus als v(iri) em/inentis- 
simp prap'[f(eeti) praetforioj] genannt Es ist 
kaum zweifelhaft, daß dies dieselben zwei Männer 

10 sind , die als Feldherren unter Probus erwähnt 
werden. Ebenso treffen wir dieselben zwei auch 
im J. 292 zusammen an als Consules ordinarii ; 
doch war der Gentilname des Asklepiodotus bis- 
her nicht bekannt. 

Während dieser im J. 296 (spätestens seit 
April 298 war er Praefectus praetorio) als Prae- 
fectus praetorio des Constantius I. diesen Kaiser 
in der Besiegung des Allectus unterstützte (Viet. 
Caes. 39, 42. Eutrop. IX 22, 2. Hieronym.-Euseb. 

20 cd. Schoenc p. 187, s. Oros. VII 25, 6: s. Seeck 
o. Bd. IV S. 1042. Bd. I S. 1584), wurde Afranius 
Hannibalianus im J. 297 Stadtpraefect (Chrono- 
graph des J. 354 bei Moni ms en Chron. min. I 
66). Seeck o. Bd. IV S. 1041 vermutet, daß er 
der leibliche Vater der Flavia Maximiana Theo- 
dora war, der Stieftochter des Kaisers Maximian, 
mit der sich Constantius I. in zweiter Ehe ver- 
mählte; denn ein Sohn aus dieser Ehe heißt 
gleichfalls H. Dann wäre die Gemahlin des 

30 Afranius Hannibalianus die Entropia gewesen 
(Seeck o. Bd. VI S. 1519), die spätere Gemahlin 
des Kaisers Maximian. 

Als einen seiner Vorfahren sieht Groag österr. 
Jahresh. X 288f., den [ Afranius j Hannibalianus 
an, der in der Genealogie der Claudia Capitolina, 
der Angehörigen einer aus Tralles stammenden 
senatorisclien Familie, genannt ist, Athen. Mitt. 
XXI (1896)^1131 " [Stein.] 

2) Hannibalianus, eines von den sechs Kindern, 
40 die Flavia Masimiana Theodora dem Kaiser Con- 
stantius I. gebar (Eutrop, IX 22, 1). Wo die 
Söhne aufgezählt werden, steht sein Name an 
zweiter floh. mon. passio S. Artemii 7. Zonar. 
XII 33 ]V. 645 a) oder dritter Stelle (Chron. Pasch. 
a. 304) oder wird auch ganz weggelassen (Soor. 
III 1. 6). Dies erklärt sich wohl daraus, daß 
er früh starb. Jedenfalls wurden nach dem Tode 
Con.stautins d. Gr. nur zwei seiner Halbbrüder, 
Dahnatius und Constantius, ermordet (Iulian. epist. 

50 ad Athen. 270 c, d); der dritte scheint also nicht 
mehr am Leben gewesen zu sein. 

3) Flavius Hannibalianus (Cohen MMailles 
imperiales VII2 303), Sohn des Dahnatius, des 
Bruders Constantius d. Gr. (Anon. Val. 6, 35. 
Vict. epit. 41, 20. Ammian. XIV 1, 2), vermählt 
mit dessen Tochter Constantia (Anon. Vales. a. O. 
Ammian. a O. Philo stör g. III 22). In Narbo 
war er durch den Rhctor Exuperius unterrichtet 
worden (Auson. prof. Burd. 18, 9). Er wurde 

00 von seinem Oheim zum rex regum et Pontiearum 
gentium ernannt (Anon. Vales. a. O. ; vgl Momm- 
sen Chron. min. I 235. Vict. epit. 41, 20) und 
wahrscheinlich dazu bestimmt, das Perserreich, 
das Constantin am Ende seiner Regierung zu er- 
obern beabsichtigte, als Secundogenitur des römi- 
schen Kaiserhauses zu beherrschen (Seeck Ge- 
schichte des Untergangs der antiken Welt IV 
24 ff.). Anfang 338 wurde er von den Soldaten 



2353 



Hannibalis casfcra 



Hanno 



2354 



in Constantinopel ermordet (Zosim. II 40, 3. Iu- 
lian. epist. ad Athen. 270 c. 281 b ; or. VLL 228 b. 
230 a. Äthan, hist. Ar. ad mon. 69. Ammian. 
XXI 16, 8. XXV 3, 23. Liban. or. XVIII 10. 
Seeck a. a. O. IV 28). [Seeck.] 

Hannibalis castra s. Castra. 

Hanno (griech. "Awtov) , Name einer großen 
Reihe karthagischer Heerführer und Staatsmänner. 



Ar. pol. VIII 6, 2. 1307 a, 5). Doch ward er ge 
fangen und auf grausame Weise hingerichtet, wor- 
auf seine Familie das gleiche Schicksal traf (Tust. 
XXI 4, 1—8). Nach A. Schäfer Eh. Mus. XV 
3911 und E. Meyer Gesch. d. Alt. V 511 sind 
seine Söhne Hamükar, der öiaßl?]i%i$ &W em- 
Mpsvoz Tfj TvgoavviSi ävrjgs&r] (Polyaen. V 11), 
d. h. also' wohTmit dem' Vater zu Grunde ging, 
und Geskon. der nach der Schlacht am Krimisos 



1) Nach Her. VII 165 Vater Hamilkars I , s. d. 

2) Sohn Hamilkars I. (Inst. XIX 2,1), wahr- 10 zurückberufen ward und damals entflohen sein 
einlich identisch mit dem Seefahrer (s. Nr. 26) müßte (Meltzer Gesch. d. Karth. I 314f.). 



scheinlich 

und dem bedeutenden Feldhcrrn, der hei Trog, 
prol. XLX den Beinamen Sabellus führt. Der- 
artige, von auswärtigen Völkern abgeleitete Bei- 
namen me r P6dcog, 2avvtTT)g ( = Sabeilus), Bqsttws 
kommen bei karthagischen Familien öfter vor 
(vgl. die Art. Hannibal und Mago); ihr Ur- 
sprung ist noch nicht völlig geklärt. H., der da- 
mals an der Spitze des herrschenden Geschlechts 
stand, scheint besonders in Afrika Kriege geführt 20 teilung (Diod. XX 60, 3). 



4) Feldherr im Kriege gegen Agathokles, 
kommandierte in der Schlacht vor den Toren 
Karthagos den rechten Flügel, wobei er tapfer 
kämpfend fiel (Diod. XX 10, 1. 12. 3. lust. XXII 
6, 6). 

5) Feldherr in demselben Krieg gegen Areha- 
gatlios, Agathokles Sohn, schlug dessen Unter- 
fehlherrn Aischrion und vernichtete seine Ab- 



(i) Kommandant der karthagischen Besatzung 
in Messene, die Hannibal Nr. 3 nach der Schlacht 
ain Longanos dorthin gelegt hatte. Er brachte 
zwar zuerst der römischen Flotte unter Ap. Clau- 
dius eine Schlappe bei, machte aber dann Frieden s- 
anerbietungen. die freilich zurückgewiesen wurden 
(Zonar. VIII 8—9. 383 a-d). Nach dem Über- 
gang des Claudius ließ eT sich abermals zu Ver- 

fj ^ handlungen bewegen und verließ die von ihm be- 

Er wurde gestürzt und scheint ebenso wie sein 30 setzte Burg, ward aber von den Römern gefangen 



yu haben; auf ihn geht also wohl die Unter- 
werfung des karthagischen Landgebiets zurück, 
vgl. Dio Chrys. or. 25 p. 313, der von ihm sagt, 
er habe die Karthager aus Tyriern zu Afrikanern 
gemacht. Indessen scheint die bedeutende Stel- 
lung des Magonischen Hauses doch Besorgnis in 
Karthago erregt zu haben; insbesondere gegen H. 
wurden allerlei Beschuldigungen erhoben (Plin. 
VHI 55. Plut. pracc. rei publ. ger. 3. vgl. Nr. 26). 

ITt iimTilü (T/iofiiT7f -i-in/5 Q/«Vi Ulli f flViPTlQn WlA KflTl 



Bruder Geskon in die Verbannung gegangen zu sein. 
Über diese A r orgänge, die der Mitte des 5. .Ihdts. 
anzugehören scheinen, vgl. Ed. Meyer Gesell, d. 
Alt. III 679-689. Meltzer Gesch. d. Karthager 
I. Sein Sohn ist wahrscheinlich Himilkon, der 
Mitfeldherr Hannihals im J. 406 (Diod. XIII 80, 
2); vgl. A. Schäfer Rh. Mus. XVI (1860) 391ff. 
3) Feldherr der Karthager im Kriege gegen 
Dionys I. (lustin. XX 5, llff.); wahrscheinlich ist 



und verlor die Stadt, wofür er von den Karthagern 
bestraft ward (Zonar. VIII 9. 383 c. d). 

7) Nach Diod. XXIII 1, 2 Sohn des Hannibal, 
landete 264 in Sizilien, zog seine Truppen in 
Lilybaion zusammen und befestigte Akragas, das 
er für Karthago gewonnen hatte, schloß dann ein 
Bündnis mit Hieron und belagerte Messene zu 
Wasser und zu Lande (Diod. XXIII 1, 1—3), 
ward jedoch von den Römern geschlagen (Polyb. 



der vierte und letzte Krieg 368 gemeint (Diod. 401 12, lff. ohne Nennung des Namens). Im J. 261 



XV 73, lff.). Nachdem H. seinen Gegner Sunia- 
thos, der Verrat gegen ihn plante, gestürzt hatte, 
gelang es ihm, in Sizilien bedeutende Erfolge zu 
erzielen. Vielleicht geht auf ihn die Kriegslist bei 
Polyaen. V 9 (vgl. Schäfer Rh. Mus. "XV 391. 
Meltzer Gesch. d. Karth. I 51 5). Der Krieg ward 
indessen nach dem Tode des Dionysios bald bei- 
gelegt, worauf H. nach Afrika zurückging und 
dort ebenfalls offenbar in Kriegen gesren die ein 



landete er mit bedeutenden Streitkräften (50 000 
Mann zu Fuß. 6000 Reitern, 60 Elefanten nach 
Philinos bei Diod. XXIII 8) in Lilybaion und 
marschierte von dort nach Herakleia, um den in 
Akragas eingeschlossenen Hannibal zu entsetzen. 
Nach Polyb. I 18, 8 befand sich H. schon als 
zweiter Strateg in Sizilien und nahm dort die von 
Karthago gesandten Verstärkungen in Empfang. 
Von Herakleia Minoa aus eroberte er zunächst 



heimische Bevölkerung Erfolge errang! Trog. prol. 50 Herbessos, wodurch dem römischen Belagerungs- 



20). Im -T. 345 ging er mit einem großen Heer 
nach Sizilien, wo er die kampanischen Söldner in 
Entclla belagerte (Diod. XVI 67. 2). Dann muß er 
sich gegen Syrakus gewandt und einen Teil der 
Stadt in seine Gewalt gebracht haben (Diod. XVI 
29, 2 ohne Namen). Doch wußte er Timoleons 
Landung nicht zu verhindern und scheint deshalb 
zurückberufen worden zu sein; wenigstens ist 344 
bei Diod. und Plut. Tim. 17 Mago Befehlshaber der 



beer die Zufuhr abgeschnitten ward (Polyb. I 18, 
8—11. Diod. XXIII 8), dann näherte er "sich der 
belagerten Stadt, lieferte den Römern ein glück- 
liches Reitergefecht und besetzte den Toroshügel, 
der nicht ganz 2 km von der Stadt entfernt war. 
Auch in dieser Stellung beschränkte er sich auf 
kleine Gefechte (Polyb. I 19. 1—5). Erst auf 
dringendes Ersuchen des in Akragas eingeschlosse- 
nen Heeres entschloß er sich zur Schlacht, die 



karthagischen Streitkräfte. Hier in Karthago ver- 60 aber mit einer völligen Niederlage des Entsatz_ 



suchte nun H., dessen Macht sehr bedeutend ge- 
wesen sein muß, die Verfassung umzustürzen und 
für sich die Alleinherrschaft zu gewinnen. Zunächst 
wollte er den gesamten Rat ermorden, was ihm 
zweimal mißlang ; dann verließ er Karthago und er- 
hob offen die Fahne des Aufruhrs, in den er auch 
die unterworfene Bevölkerung hineinzuziehen hoffte 
{daher die Zusammenstellung mit Pausanias bei 



heeres endete (Gesamtverluste bei Diod. XXILI 

8. 1: ihre Höhe beweist, daß die Heereszahl hei 
Philinos stark übertrieben ist). Die Trümmer 
des Heeres zogen sich nach Heraklea zurück 
(Polyb. I 19, 5—11). Hierauf ward H. durch 
Hamilkar ersetzt und in Karthago mit einer Geld- 
buße von 6000 Goldstücken bestraft (Diod. XXIII 

9, 2, vgl. Zonar. VIII 10. 386b). Anf diese und 



JLLOU-UU 



die vorhergehenden Kampfe bezieht sich auch 
wohl die bei Frontin. III 16, 3, vgl. Diod. XXIII 
8, 3 erwähnte Kriegslist, durch die er 4000 auf- 
ständische Gallier dem Consul Otacilius, entweder 
Marcus 263/2 oder Titus 262/1, ans Messer lieferte. 
Im J. 258/7 scheint er mit Hannihal (Nr. 3) zu- 
sammen auf Sardinien befehligt zu haben; nach 
dem Tode seines Mitfeldherrn brachte er den 
Kömern eine Schlappe bei (Zonar. VIII 12, 389 c). 
Bei Eknomon kommandierte er den rechten Flügel, 
ward geschlagen und zog Hamilkar mit in seine 
Niederlage hinein (Polyb. I 27, 5. 28, ltf.). Nach 
der Schlacht knüpfte er, um Zeit zu gewinnen, 
Verhandlungen an, ging dann aber mit seiner 
Flotte nach Afrika voraus, um die Hauptstadt zu 
schützen (Zonar. VIII U, 390 a-b). Später ver- 
schwindet seine Spur; möglicherweise ist er mit 
dem Admiral der letzten Karthagerflotte bei den 
Ägatischen Inseln identisch, vgl. Nr. 12. 

8) Im J. 259/8 Anführer der Flotte , die zur 
Verteidigung von Sardinien und Corsica bestimmt 
war, fiel tapfer kämpfend vor Olb ia und ward 
von dem römischen Consul L. Cornelius Scipio 
ehrenvoll bestattet, Orcs. VI 7. Val. Max. V 1, 2. 
Dagegen scheint es nach Zonar VIII 9. 388 a 
gar nicht zu einem ernsthaften Kampf vor Olbia 
gekommen zu sein. 

9) Sohn des Hasdrubal, einer der drei Feld- 
herrn gegen Regulus 256 bei Polyb. I 30, 1. 

10) Sohn des Hamilkar, Haupt der Gesandt- 
schaft an Regulus nach Diod. XXIII 12, 1. 

11) Nach Zonar. VIII 15. 396 b karthagischer 
Kapitän, mit seiner Pentere bei Lilybaion ge- 
fangen, worauf sein Schiff den Kömern als Mu- 
ster diente. Hier liegt wahrscheinlich eine Ver- 
wechslung mit Hannibal Nr. 5 vor. 

12) Im J. 241 Admiral der karthagischen Flotte, 
die dazu bestimmt war, Hamilkar auf dem Eryx 
xu verproviantieren und dessen Soldner an Bord 
zu nehmen. Zu diesem Zweck ankerte er bei 
Hiera, um den günstigen Wind abzuwarten, ward 
aber von Lutatius Catulus zum Kampf bei den 
Ägatischen Inseln gezwungen und trotz tapferer 
Gegenwehr (Diodor. XXIV 11, 1—3) völlig ge- 
schlagen (Polyb. I 60, 2—3. 61, 1—7). Wegen 
seiner Niederlage erlitt er in Karthago den Kreu- 
zestod (Zonar. VIII 17. 398 c). Über den Tag 
der Schlacht — nach Eutrop. II 27 am 10. März 
VI Id. Marl. — vgl. Varese Stndi di Stör. ant. 
III 4, Bei och Gr. Gesch. III 2, 213 und wieder 
Varese Cronologia Romana I 37ff. ; darnach fand 
sie in Wirklichkeit Mitte Mai 241 statt. 

13) Ward von den Karthagern im Beginn des 
Söldnerkrieges, also 240 oder 239, nach dem auf- 
ständischen Sardinien geschickt, aber von seinen 
Soldaten verlassen und von den Aufständischen 
gekreuzigt [Polyb. I 79, 3|. 

14) Von der jüngeren annalistischen Über- 
lieferung der Große genannt, war während der 
letzten Jahre des ersten Punischen Krieges Feld- 
herr der Karthager in Libyen (Polyb. I 67. 1) 
und hatte als solcher durch schonungslose Bei- 
treibung der erhöhten Kriegssteuern sich überall 
verhaßt gemacht, hingegen das Wohlwollen der 
karthagischen Regierung erworben (Polyb. I 71, 
1 — 3). Außerdem hatte er glückliche Kriege mit 
den Libyern geführt und ihre Stadt Hekatonta- 
pylos erobert, dabei aber eine ungewöhnliche Müde 



walten lassen (Polyb. I 73, 1. Diod. XXIV 10,. 
2). Beim Beginn des Söldnerkrieges führte er 
zunächst die Verhandlungen mit den Aufständi- 
schen in Sikka, die sich aber zerschlugen (Polyb. 
I 67, 1 — 13), und wurde dann von der Stadt zum 
Oberbefehlshaber gewählt (I 73, 1). Dies erwies 
sich als ein Fehler, da H. zwar äußerst ehrgeizig 
(Diodor. XXIV 10, 1) und als Organisator aus- 
gezeichnet, aber im Felde wenig brauchbar war 
10 (Polyb. I 74, 1-2); jedenfalls war er nur den 
Krieg mit den leicht entmutigten Numidern und 
nicht mit Hamilkars kriegsgeübten Scharen ge- 
wöhnt. Nach einem kleinen Erfolg bei ütika 
ging er sofort nach Karthago zurück, als ob da- 
mit der Krieg beendet wäre: inzwischen aber 
ward durch einen zweiten Angriff der Söldner 
sein Lager genommen (Polyb. I 74, 10). Zum 
zweitenmal ausziehend versäumte er mehrfach 
die günstige Gelegenheit zu schlagen, so daß sich 

20 die Stadt endlich genötigt sah, die Leitung des 
Krieges Hamilkar Barkas zu übergeben und H. 
selbst anderweit zu verwenden (Polyb. I 74, 13. 
14). Obwohl er nun Feldherr blieb (Polyb. I 
81, 1), scheint doch diese Entfernung vom Korn- 
mando den Grund zu dem Hasse gelegt zu haben,. 
mit dem er später Hamilkar Barkas, sein Hau& 
und seine Anhänger verfolgte; als er kurze Zeit 
nachher, nach der Ermordung Geskons, von Ha- 
milkar zum Kriege herangezogen ward, entstand 

30 sofort Streit zwischen beiden (Polyb. I 82, 1—4), 
der erst dadurch geschlichtet ward, daß das Heer r 
von der Stadt vor die Wahl gestellt, H. absetzte 
(Polyb. I 82, 12). An seine Stelle trat Hanni- 
bal Nr. 6. Nach dessen Tode aber ward H. wieder- 
gewählt, und nun fand unter Vermittelung der 
Regierungsbehörden eine feierliche Versöhnung 
zwischen Hamilkar und II. statt; beide zusammen 
besiegten die letzten Trümmer des Söldnerheeres 
(Polyb. I 87, 3—10). Dann wandte sich H, der 

40 Belagerung von Hippo zu und zwang binnen 
kurzem die Stadt zur Unterwerfung (Polyb. I 88, 
3). Als kurze Zeit darauf ein neuer Aufstand 
der einheimischen Bevölkerung sich erhob, wurden 
abermals beide Feldherrn zu seiner Unterdrückung 
ausgesandt, doch uardH., wie es heißt infolge von 
Verleumdungen, bald abgerufen (Appian. Ib. 4. 5). 
Es war klar, daß bei dem in Karthago herr- 
schenden Gegensatz der Parteien H. bald infolge 
seines Ansehens das Haupt der den Barkiden 

50 feindlichen Partei werden mußte, und als solcher 
mag er schon bei den Anklagen, die nach dem 
Ende des Söldnerkrieges gegen Hamilkar erhoben 
wurden, seine Hand im Spiele gehabt haben (Ap- 
pian. Ib. 6). Immerhin behielt Hamilkar die 
Oberhand und setzte es durch, daß er nach Spa- 
nien gesandt ward ; seine dortigen Erfolge drängten 
zunächst H. in den Hintergrund. Doch versäumte 
er keine Gelegenheit, vor den Barkiden zu warnen 
und gegen sie zu arbeiten. Wenn auch sein Auf- 

60 treten Liv. XXI 3. 4 bei Hannibals angeblicher 
Sendung nach Spanien kaum historisch ist (vgl. 
o. die Bern. S. 2323f.), so machte sich sein Ein- 
fluß umso stärker geltend, als die römischen Ge- 
sandten nach dem Angriff Hannibals auf Sagunt 
in Karthago erschienen, um Genugtuung zu ver- 
langen; damals riet H. nicht nur energisch vom 
Krieg ab, Bondern verlangte auch Hannibals Aus- 
lieferung (Liv. XXI 10, 2. Zonar. VIII 22. 408 c). 



Zöö/ 



Hanno 



Hanno 



2358 



Auch -wahrend der ersten Jahre des Krieges, selbst 
216 nach Cannae (bei Zonar. VLIL 26. 414 d schon 
vorher) bemängelte er die Erfolge Hannibals und 
riet zum Frieden (Liv. XXIII 12, 8-13, 6. Zonar. 
IX 2. 421 b). Während der späteren Kriegsjahre 
tritt er in unsern Quellen persönlich nicht mehr 
hervor; doch wird die Mangelhaftigkeit der Han- 
nibal gewährten Unterstützung auf seinen Ein- 
fluß zurückzuführen sein. Erst am Schlüsse des 



— 8). Dann rückte er auf Hannibals Geheiß bis: 
Nola vor, wo er die Nolaner vergeblich zum Ab- 
fall zu bringen suchte ; darauf ward er vom Ober- 
feldherrn nach Bruttium zurückgesandt (Liv. XXIII 
43, 6—44, 2), Hier gewann er Lokroi und Kro- 
ton (Liv. XXIV 1-2). Im folgenden Jahre (214) 
rückte er aus Bruttium gegen Samnium vor, an- 
geblich mit 17000 Mann Bruttiern und Luka- 
niern , sowie 2000 afrikanischen Reitern , ward 



Krieges nach Zama begegnen wir ihm wieder: 10 aber bei Benevent von Tiberius Sempronius Grac- 



damals schützte er mit Hasdrubal Böckchen zu- 
sammen eine römische Gesandtschaft vor den Miß- 
handlungen des karthagischen Pöbels (Appian. 
Lib. 34) und ward kurze Zeit darauf selber an 
der Spitze einer Friedensgesandtschaft zu Scipio 
geschickt (Appian. Lib. 49). Dagegen ist es sicher 
eines von Appians gewöhnlichen Versehen, wenn 
dieser ihn auch noch kurz vor 150 in Karthago 
als Parteiführer nennt (Appian. Lib. 68). H. d, 



ehus vollkommen geschlagen , so daß nur 2000 
entkommen sein sollen (Liv. XXIV 14—16. Zonar. 
IX 4. 424 b). Bald darauf brachte er seinerseits 
Gracchus in Lucanien eine schwere Wiederlage 
bei (Liv. XXIV 20, 1) und besiegte im folgenden 
Jahr (213) Tiberius Pomponius Veientanus, den 
er auch gefangennahm (Liv. XXV 1—3). Wäh- 
rend des J. 213 belagerte er die Burg von Tarent 
(Appian. Hann. 33). erhielt dann aber den Befehl, 



Gr. kann nicht viel nach 280 geboren sein und 20 Capua zu verproviantieren. Er begab sich nach Bene- 



war demnach schon beim Ausgang des Krieges ein 
hochbejahrter Mann. Vielmehr war es irgend ein 
anderer H., dem Appian fälschlich die Bezeichnung 
6 fi-syag beilegt. Über H. d. Gr. und die Wirk- 
samkeit der antibarkinischen Partei, insbesondere 
darüber, daß sie mit ihrer Art der geschichtlichen 
Auffassung unsere gesamte Überlieferung beein- 
flußtet, s. Meltzer Gesell, d. Karth. L 357ff. 
15) Karthagischer Offizier, ward von Hanni- 



vent und ließ alles vorjährige Getreide zusammen- 
bringen (c. 23, 5), um von dort aus Capua zu ver- 
sorgen. In seiner Abwesenheit ward das Lager 
von dem Consul Q.Fulvius erstürmt und sein Heer 
vernichtet, so daß er nur mit wenigen Begleitern 
Bruttium erreichte (Liv. XXV 13—14). Nach Ap- 
pian. 37 wäre es Hannibal selber gewiesen, der bei 
Benevent stand; er sei aber auf H.s Huf, der damals 
in Lucanien stand, dorthin gegangen, und nun sei 



bal nach Unterwerfung der Ebrolande als Gou-30in seiner Abwesenheit die Katastrophe erfolgt; 



verneur dieser Gegenden mit dem Gepäck des 
Heeres und einer namhaften Besatzung zurück- 
gelassen; angeblich waren es 10000 Mann Fuß- 
volk und 1000 Reiter (Polyb- III 35, 3—5. Liv. 
XXI 23, 2—3 s. o. S. 2327 Hannibal Nr. 8). 
Bei Oros. IV 14, heißt er mit einer auch sonst 
vorkommenden Verwechslung (vgl. auch Nr. 16) 
Mago. Noch im selben Jahre ward er von Cn. 
Scipio bei Kissa angegriffen, geschlagen und gc- 



doch beruht dies wahrscheinlich auf einer Verwechs- 
lung. In Bruttium gewann H. mit Mago dem Sam- 
niten zusammen Thurioi (Liv. XXV 15. Appian. 
Hann. 34), später kommandierte er in Metapon- 
tum, von wo er im Frühjahr 207 zu neuen Aus- 
hebungen nach Bruttium gesandt ward (Liv. 
XXVLt 42). So die Laufbahn des tapferen Gene- 
rals nach der annalistischen Überlieferung, in der 
es von Niederlagen wimmelt; man wird daher 



fangen (Polyb. III 76, 6. Liv. XXI 60, 1—9. 40 Varese (Cron. Rom. 24 Off.) recht geben, wenn er 



Zonar. VIII 25. 421a). 

16) Sohn des Suffeten Bomilkar (nach Appian. 
20 Neffe Hannibals , schwerlich richtig) , hervor- 
ragender General in Hannibals Hauptquartier, 
von diesem fast dauernd mit selbständigem Kom- 
mando betraut. Er tritt zuerst beim Rhoneüber- 
gang hervor, wo er durch seine Umgehung der 
Gallier die Überschreitung des Flusses ermöglichte 
(Polyb. III 42, 6—43, 9. Liv. XXI 27, 2. 28, 3; 



annimmt, daß hier mehrfach Dubletten vorliegen, 
zu denen einmal die Namen der römischen Heer- 
führer Ti. Sempronius Longus und Ti. Sempro- 
nius Gracchus, ein ander Mal geographische Be- 
zeichnungen den Anlaß gegeben haben mögen. 
Da nach 207 H.s Name in Italien nicht mehr 
genannt wird, so ist es nicht ausgeschlossen, daß 
der tüchtige Offizier nach Karthago zurückging, 
zumal Hannibal, nach der Metaurusschlacht auf 



bei Zonar. VIII 23. 400 c— d wird auch an dieser 50 Bruttium beschränkt, ihn eher entbehren konnte. 



Stelle Mago genannt). Bei Cannae kommandierte 
er den rechten Flügel (Polyb. III 114, 7; bei 
Appian. 20 ist es der linke); wenn Liv. XXII 
46, 7 statt dessen Maharbal nennt, so rührt die 
Verwechslung wohl daher, weil hier die numi- 
dische Reiterei stand, mit der Maharbals Name 
gewöhnlich verknüpft ist. Später kommandierte 
H. in Bruttium und Lucanien; die Belagerung 
von Poetelia, die bei Liv. XXIII 30, 1 noch 

TJ,'.™:ii i^:j._i. ■ j l.-i ■ tt ii/\ 



Dort erscheint bei Appian. Lib. 24 ein H.. Sohn 
des Bomilkar. der nach dem nächtlichen Überfall 
Scipios auf Hasdrubal, Geskons Sohn, und Syphax 
(203) zum Oberbefehlshaber gewählt war. Er 
suchte Hasdrubal den Römern in die Hände zu 
spielen . was ihm freilich mißlang , verleumdete 
ihn aber mit Erfolg in Karthago (Appian. Lib. 
29. 30). Ein Angriff, den er bald darauf mit 
Hamilkars Flotte zugleich auf Scipio vor Utica 



Himilkon leitet, wird bei Appian. Hann. 30 60 unternahm, ward abgeschlagen (Appian. Lib. 30); 

schon diesem H. zugeschrieben; Polyb. MI 1, 3 "' 

nennt überhaupt keinen Namen. Noch im J. 215 
ward er von Tiberius Sempronius Longus bei Gru- 
mentum geschlagen und zum Rückzug auf Brut- 
tium genötigt (Liv. XXIII 37, 10-12), wo er 
die aus Karthago anlangenden Verstärkungen auf- 
nahm (Liv. XXLH 41, 10—12, wahrscheinlich 
waren es 4000 Numider, vgl. Liv. XXIII 13, 7 



später wird er nicht mehr erwähnt. 

17) Vornehmer Karthager, hatte in Sardinien 
den Aufstand gegen Rom geschürt, ward aber 
215 bei der Niederlage der Sarden und Karthager 
von den Römern gefangen (Liv. XXIII 41, 1). 

18) Ward mit 100O Mann zu Fuß und 1000 
Reitern Capua zu Hilfe gesandt (Appian. Hann. 36) 
und übernahm dort zusammen in Bostar (s. o. S. 789) 



2359 



Hanno 



Hanno 



2360 



das Kommando. Beide versuchten vergeblich, H. 
nach einem Abzug von Rom zu einem neuen An- 
griff auf Capua zu bewegen (Liv. XXVI 12). 

19) Führer der karthagischen Truppen auf 
Sizilien nach Himilkons Tod (212). Mit Epi- 
kydes, der nach der Einnahme von Syrakus zu 
ihm geflüchtet war, und dem von Hannibal ge- 
sandten Libyer Muttines schlug er sein Haupt- 
quartier in dem festen Akragas auf, von wo aus 
Muttines das Land durch seine Streifzüge insur- 
gierte. Auf dessen Erfolge eifersüchtig, beredete 
er Epikydes, das Lager in Muttines' Abwesenheit 
an den Himera (offenbar ist der südliche gemeint) 
.zu verlegen, ward aber hier von Marcellus ange- 
griffen und völlig geschlagen (Liv. XXV 40—41), 
Nach Marcellus' Abzug erhielt er namhafte Ver- 
stärkungen, nach Liv. XXVI 21 8000 Mann zu 
Fuß und 3000 Eeitcr, und verteidigte mit ihnen 
Akragas gegen den heranrückenden Laevinus. 
Törichterweise jedoch gab er zum zweitenmal 
seiner Abneigung gegen Muttines nach und er- 
nannte an dessen Stelle seinen eigenen Sohn zum 
Führer der numidischen Reiterei. Aus Rache da- 
für verriet Muttines die Stadt den Römern, worauf 
H. und Epikydes nichts weiter übrig blieb, als mit 
wenigen Begleitern nach Karthago zu flüchten (Liv. 
XXVI 40 im J. 210). Hohn Gesch. Siz. III 04ff. 

20) Ward nach dem Abzüge Hasdrubals nach 
Italien von den Karthagern als dritter Feldherr 
nach Spanien gesandt, vereinigte sich mit Mago, 
worauf beide von Scipios Unterfeldherrn Silanus 
besiegt wurden (Liv. XXVIII 1—2). H. geriet in 
Gefangenschaft und ward nach Rom gesandt (Liv. 
XXVIII 4 zum J. 207). 

21)^ Unterbefehlshaber von Hannibals Bruder 
Mago in Spanien, unterstützte diesen nach der 
Schlacht von Ilipa in der Neuschöpfung des Heeres 
(Liv. XXVLU 23), ward aber am Guadalquivir 
von L. Marcius angegriffen und völlig geschlagen, 
sodaß er nur mit wenigen entkam (Liv. XXVIII 
30). Eine ganz eigentümliche Darstellung findet 
sich bei Appian. Iber. 31: danach war das Heer 
H.s größer und die Verluste bedeutend geringer. 

22) Vornehmer junger Karthager, fiel als An- 
führer der Reiterei in einem Landungsgefecht yregen 
Scipio (Liv. XXIX 29 zum J. 204)." 

23) Sohn des Hainilkar, nach dem Tode von 
Nr. 22 Fü lirer der karthagischen Reiterei gegen 
Scipio im J. 204, die er durch Anwerbungen unter den 
Numidern bald auf 4000 Mann brachte (Liv. XXIX 
34). Er bemächtigte sich der Stadt Salaeca, ward 
aber von Scipio und Massimssa zum Kampf ver- 
lockt, umzingelt und getötet iLiv. a. a. ().). Wegen 
der Namen sgl eich heit mit Nr. 22 hat schon Livius 
seine Bedenken gehabt (Liv. XXtX 35, 2): zu- 
gleich erwähnt er, daß nach Coelius Antipater und 
Valerius Antias H. nur gefangen, nicht getötet ward. 
Dies stimmt zu Appian. Lib. 14, wo H. nur ge- 
fangen und später gegen Massini ssas Mutter ausge- 
liefert wird. Dasselbe erzählt Zon. IX 12. 438b. c; 
doch ist bei ihm dieser H. ein Sohn von Hasdru- 
bal Geskons Sohn. Offenbar geht die auch sonst 
stark abweichende Darstellung der jüngeren Über- 
lieferung auf einen der genannten Annalisten zurück. 

24) Bei Appian. Lib. 68 fälschlich der Große 
genannt (s. Nr. 14 am Ende), Führer der römischen 
Partei in Karthago vor dem Ausbruch des dritten 
KÄrthagerkrieges. 



25) Genannt der Weiße, verhindert es, daß 
die gesamte karthagische Reiterei dem Beispiel 
des Himilkon Phameas folgte und zu den Römern 
überging (Appian. Hann. 108). [Lenschau.] 

26) Hanno der Afrikafahrer. In dem berühmten 
Heidelberger Paradoxographencodex 398 (Lon- 
doner Abschrift Müller FHG V 1 prol. XVIII; 
Philol. Anzeig. 1877, 129. Wescher Dionys. 
Byz. 78) ist erhalten ein zuerst 1533 in Basel 

10 bei Froben hinter dem Geleniusschen Arrian ge- 
drucktes kleines Stück äwoovog xaQyrjdoviayv 

ßaOl'/Jcoq JZEQITZXOVS TÜ>V V7ZEO T«? TJQaxUoVS OTT}- 

Xag ?>ißvx65v Trjg yrjg (asqwv ov aal ävt-{hjxev sv 
T{jj %ov xqqvov TSfievsif 8r}).ovvxa zdSe (v. Gut- 
scn mid Kleine Schriften IV 597). Es ist oft 
allein oder mit anderen Geographica zusammen 
ediert, kommentiert, übersetzt worden; wichtig 
sind die Ausgabe von Müller Geogr. Gr. mim I 
am Anfang, Fischer De H. C. periplo, Leip- 

20 zig 1893, und die vortreffliche Behandlung von 
Illing Progr. Wettingym., Dresden 1899 (leideT 
ohne Karte). Kiepert Formae orbis ant. X 
1908 gibt eine Karte zur Hannofahrt, offen- 
bar ohne die Illing sehe Arbeit zu kennen, 
aber im engen Anschluß an die Karten von 
Müller Tafelband zu Geogr. Gr. Min. 1. 2 
und Vivien de St. Martin Le Nord de 
rAfriijue dans l'Antiquite 1863, 2. über Kan 
Tijdschr. nederl. aardrijksk. genootschap 1891 

30s. Rüge Peterm. Mitt. 1894, 184, Sonstige 
Literatur bei Fischer 4 und Meltzer Gesch. 
d. Karthager I 505. H. war wohl ein kartha- 
gischer Suffet; man hat sich vergebens bemüht, 
ihn mit einem der bekannten Träger dieses Na- 
mens zu identifizieren. Plin. II 169 datiert ihn 
Carthaginis potentia florente , was ebenso unbe- 
stimmt ist, wie der allgemein zu fassende Zusatz 
sieut eodem tempore Himilco. Die Versuche, 
bei Herodot Kenntnis von H.s Entdeckungen 

40 nachzuweisen , sind als widerlegt zu betrachten; 
ein vorsichtiger Schluß ex silentio Hcrodoti scheint 
erlaubt (Illing 5. 7. Meltzer 231. Unger 
Rh. Mus. XLII 183). Auch ist nicht möglich, 
H. zeitlich vor die Expedition des Sataspes zu 
legen (Herod. IV 42. St. Martin 330. Fischer 
86). Genauer läßt sich die Zeit nicht fixieren, 
che die Geschichte der karthagischen Kolonien 
in Marokko nicht erforscht ist. Einen Terminus 
ante quem ergeben die Benützungen H.s bei 

50 Spateren. H. fuhr nach einem Beschluß der 
Karthager (g 1 das y't'jtpiofia, mit 2 beginnt erst 
der Bericht) aus mit 60 Fiinfzigruderern und 
30000 Kolonisten, um libyphönizische Städte 
zu gründen (60 Schiffe sind eine Einheit der kar- 
thagischen Marine, Tarn Journ.helL Stud. XXVIII 
228; die zweite Zahl scheint falsch; nur drei 
Chiliaden?). Die Fahrt ging über die Säulen 
hinaus an der Westküste Afrikas hin; ihre Länge 
ist aus dem Periplus nicht genau mehr zu be- 

60 rechnen (Arrian. lud. 43). Kolonien worden ge- 
gründet: Thymiaterion (Mehedia a. d. Sebu- 
mündung), Soloeis (Kap Ghir, nach Fischer 
Kap C antin), Karikon Teichos, Kytte, Akra, Me- 
litte, sämtlich nördlich vom Lixosfluß, in dem 
der Wad Draa sicher erkannt scheint. Eine an 
diesem angelegte Kolonie erwähnt der gerade hier 
wohl verstümmelte Periplus nicht, Eratosthenes 
und Artemidor kannten jedenfalls hier die Stadt 



2361 



Hanno 



Hanno 



2362 



Lixos oder Lygx, Strab. XVII 825. 829. Dann 
kam man zur Insel Kerne (semitischer Name, 
Oberhummer Phönizier in Akarnanicn 1882, 
38), wo die letzte Kolonie angelegt ward, und 
zum Flusse Chre[me]tes. Von den Säulen bis 
Kerne hatte die Fahrt solange gedauert, wie von 
Karthago bis zu den Säulen. Die Weiterfahrt 
am Westhorn vorbei bis zum Götterwagen und 
Südhorn war lediglich Entdeckungsfahrt. Die 



werken elamitische Häuptlinge lebendig schinden, 
Maspero Hist. ancienne d. peuples de l'Orient 
class., les Empires 415. Mexikanische Gebräuche 
bei Brühl Kulturvölker Altamerikas 415. Son- 
stige Kenntnis der Alten von afrikanischen Zwerg- 
völkern Waser Rosch. Myth. Lex. ,Pygmaien' 
3316). Am Gabun kehrte H. um, weil es ihm 
an Lebensmitteln mangelte; Arrian spricht von 
stollal amy/aviai , die ihm die Weiterfahrt er- 



Lokalisierung ist hier noch strittig: Kerne undlO schwert hätten; stand davon einst im Periplus, 



Chretes vermuten Fischer, Illing, Rüge wohl 
richtig am Sakiet el Hamra, während Müller 
die Insel in Herne 23 ° 54' oder Argonin 20 ° 
35', den Fluß im S. Jean 19° 50', St. Martin 
und Kiepert die erstere bei Elbow Kap ungefähr 
1 ° nördlich des Kreises, den zweiten im Senegal 
fanden. Ist aber das hohe waldige Gebirge § 12 
in Sierra Leone (Illing) am Kap Verde (Müller. 
St. Martin, Kan, Kiepert) oder Kap Rlanco 



oder ist das Hypothese des Eratosthenes? Mög- 
lich , daß die an der Westküste Afrikas auf der 
südlichen Halbkugel das ganze Jahr wehenden 
Südostpassate H. ebenso gehindert haben , wie 
seine portugiesischen Nachfolger. Wie Hannibal 
auf dem Lakini on im Heraheiligtum einen punisch- 
griechischen Bericht von seinen Taten zurück- 
ließ, als er von Kroton nach Karthago zurück- 
fuhr (über solche Tempelberichte Maaß Arch. 



(Fischer) und das Westhorn § 14 am Cestosfluß 20 Jahrb. XXII 21; über die Sitte orientalischer 



in Liberia (Illing) am Rio Grande in portug. 
Guinea (Müller, St. Martin, Kiepert) oder 
am Kap Verde (Fischer) zu suchen? Dagegen 
hat aber meines Erachtens Illing bewiesen, 
daß im Götterwagen der Kamerunpik zu sehen 
ist und in dem Busen am Südhorn der Gabun 
mit Kap Esterias oder die Corisco Bai (Sieglin 
Woch. Klass. Philol. 1910, 700; den Götterwagen 
identifizieren Müller, Kan, St. Martin, Kie- 



Herrscher, selbst inschriftlich Zeugnis von ihren 
Taten abzulegen, Jacoby o. Bd. VI S. 963), 
so hat H. im Tempel des Kronos (wohl Baal- 
Moloch) eine Erzählung seiner Erlebnisse auf- 
gestellt. Und wie Polybios jene Inschrift sich 
abschrieb, so hat ein griechischer Forscher etwa 
Anfang des 4. Jhdts. den Bericht des H. über- 
tragen , die panischen Götter- und Ortsnamen 
durch griechische ersetzend (Müller Praef. 24. 



pert mit dem Monte Sagres-Kakoulima, Fischer 30 Illing 9. 12), denn auf jenes punische Original 



sucht ihn hinter Kap Mesurado bei Monrovia; 
für das Südhorn gibt der letztere Kap Palmas, 
die ersteren die Gegend bei Insel Sherboro in 
Sierra Leone). Schon Burton (vgl. Peschel- 
Ruge Gesch. d. Erdkunde 2 23) dachte an den 
KameriiTiberg, der noch heute vulkanisch ist; 
nachdem für April 1906 Solfatarentätigkeit be- 
zeugt war, fand am 29. April 1909 und folgende 
Tage eine große Eruption statt: Globus XCI 



müssen letzten Grundes alle sonstigen Nachrichten 
zurückgehen. Über den Einfluß, den die Kennt- 
nis der H. -Fahrt auf die Zonenlehre und andere 
geographische Theorien im 4. Jhdt. geübt hat, 
vgL die Vermutungen von Schiaparelli Vor- 
läufer des Kopernikus, Altpreuß. Monatschr. XIII 
1876, 101. Der früheste Benutzer war wohl 
Promathos von Samos, von Aristoteles zitiert 
Üb. de inund. Nili SO und Meteor. I 13. 21, der 



161. XCV 323. Neuere Forschungen von Vanse-40 den Cremetes — Xm/ih^g oz eis rtjv f£g> qe"i $ä- 



low, die mit Illings Resultat übereinstimmen 
sollen, kenne ich nur aus Hut t er Wanderungen 
und Forschungen im Hinterland von. Kamerun 
1902, 4. Gegen Illing scheint zu sprechen, daß 
glücklicher Erfolg solcher Riesenfahrt auf einen 
Schlag unwahrscheinlich ist; die Portugiesen 
sind vor Prinz Heinrich nur bis Kap Bojador 
gekommen, erst 1433 werden die gefährlichen 
Riffe umsegelt. Indessen sehen sich auch die 



Xarzav — mit dem Nil auf dem afrikanischen 
Silbergebirge entspringen ließ (Parts ch Abh. 
Leipz. Ges. Phil. Hist. Kl. XXVII 579. Der 
Name Promathos darf nicht geändert werden, in 
der ionischen Form ITgö/i^o; ist er mehrfach 
belegt, vgl. auch Promathidas und Promathion. 
Bolchert Siegl. Qu. u. Forsch. XV 1908, 42). 
Danach vielleicht (vgl. zum Folgenden überall 
Fischer 109 — 120 1 Ephoros, der Khotxov iE~iyog 



übrigen Gelehrten genötigt anzunehmen, daß H. 50 und Kerne kannte frg. 96. 96 aM. , wohl auch 



erheblich weitergefahren ist; wir müssen in ihm 
einen gleich Pytheas unbegreiflich mutigen und 
glücklichen Entdecker sehen. Arn Götterberg 
fand H. auch seine Gorillen, keine Affen, sondern 
behaarte Menschen, die Zwergvölker, wie Illing 
mit glücklichem Scharfsinn erkannt hat (seine 
Konjektur tqi? .itsoo'h; ist unmöglich: vielleicht 
oiozoig fitxQots?). Rüge Peterm. Mitt. 1906 
Lit-Ber. 88 zweifelt die Pygmäendeutung an. indem 



Theophrast . wenn auf ihn Mirab. ausc. 37 zu- 
rückgeht, Eudoxos und Timosthenes (Plin. VI 
198. Wagner Erdbeschr. d. Timosth.. Leipz. 
Diss. 1888, 40) ; ob Euthymenes (Aristeid. Aigypt 85, 
Keil 11290) und Ophelias -Apel las von ihm sprachen, 
ist unsicher (Strab. XVII 826. wo H. absichtlich 
nicht genannt ist, Marc. Heracl. Geogr. Gr. 
min. I 565. Müller Praef. 24). Sicher nahm 
auf H Bezug Eratosthenes, den Arrian. Ind. 43 



er die Abhäutung eines Menschen für unmöglich er- 60 wiedergibt (vgl. auch oben die Lixosfragej. Doch 



klärt; diese wird aber erwiesen durch antike Zeug- 
nisse, ethnologische Parallelen und die Behaup- 
tungen moderner Mediziner (Marsvag. Plnt. Pelop. 
21. Phlegon Trall. frg. 63. Gruppe Griech. Myth. 
u. Rel. Index s. Haut. Micha 3, 2. Märtyrertod des 
Apostels Bartholomaeus und des heiligen Doro- 
theas im Apostelindex bei Schermann 1907, 
199. Assurbanipal läßt auf assyrischen Bild- 



ist Bergers Annahme, der Irrtum des Nepos 
bei Plin/VI 199, daß Karthago und Kerne unter 
gleichem Meridian gelegen seien , gehe auf Era- 
tosthenes zurück, der H.s Periplus als Grund- 
lage der Geographie des westlichen Afrika an- 
gesehen habe, sehr zweifelhaft (Eratosth. 93. 
208; Gesch. d. Erdkunde* S99. Frick Bnrsians 
Jahresber. XXIII 553. Knaack o. Bd. VIS. 368). 



2363 



Haos 



Harac 



2364 



Die Notiz von den Häuten der Gorgades-Gorillen 
im Iuno-Astarte-Tempel , die man bis zur Ein- 
nahme Karthagos habe sehen können , verdankt 
Plinras wahrscheinlich dem Polybios (Plin. VI 
199. 200. V 8. 9. Cuntz Polybios u. s. Werk 51. 
Klotz Berl. Phil. Woch. 19U8, 1053), der bei 
seinem Interesse rar die Zonenlehre (Schrift tz&qI 
zi^g xsgi zov iorjfisQivov oixtjoeag) wohl die Wichtig- 
keit des H.-Berichtes erkannte und auf seinen 
Spuren die mauretanische Expedition mit Panaitios 10 
auf sieben Schiffen Scipios unternahm (Cichorius 
Rh. Mus. LX1II 220). Iuba hat den Periplus 
ausführlich herangezogen (Athen. III 83 b. Plin. 
V 8 = Solin 24, 15. Peter Progr. Meißen 1879, 
5); auch Nepos handelte über ihn (Peter Hist. 
Rom. Rel. II zu frg. 6 der Exempla; vgl. aber 
Wissowa o. Bd. IV S. 1411. Klotz Quaest. 
Plin. geogr. 18; Berl. phil. Woch. 1908, 1055), 
wenn auch schwerlich aus unmittelbarer Kenntnis; 
dies gilt sicher für Mela III 90 und Plinius II 20 
169. V 8. VI 198, die irgendwie auf Nepos und 
Statius Sebosus zurückgehen (Detlefsen Geogr. 
Afrikas b. Plin. u. Mola, Sicgl. Qu. u. Forsch. 
XIV 1908,53. Klotz Qaest. passira). Solin. 24, 
15 stammt aus Plin. V 8 und 56, 12 aus VI 
■200, wobei ihm betreffs Xenophon von Lampsakos 
eine Flüchtigkeit passiert ist; doch hatte wohl 
auch dieser gleich allen Plin. VI 198—200 zi- 
tierten Autoren von H. gesprochen. Aus Solin 
schöpft Mart. Cap. VI 621; vgl. auch Isidor. 30 
Etymol. XIV 6, 9. Die Kachrichten über H., 
die sich nicht mit den Angaben des Periplus 
decken, lassen sich zwanglos teils auf eine ein 
wenig ausführlichere Fassung desselben zurück- 
führen, teils sind sie spätere Kombinationen, 
Fabeleien, Flüchtigkeiten. So sind die Tagfahrten 
im erhaltenen Periplus lückenhaft (Arrian. Ind. 43 
ist verworren, Illings Behandlung 37 läßt noch 
Zweifel übrig). Sichere Fabeleien der Späteren 
sind Palaephat. 32. Diod. III 54. Stat. Sebos. 40 
bei Plin. VI 36. Plin. V 7 cnj Mela III 93. H.s 
Glaubwürdigkeit ist oft angezweifelt worden, 
sicher zu Unrecht; der schlichte Bericht, den man 
ja nicht mythologisch deuten soll (Roh de Gr. 
Rom. 180. 195. Weicker Scelenvogel 18), ist 
von fabelnder Renommisterei weit entfernt; einer 
der ältesten Afrikaforscher erzählt knapp und 
treu, was er gesehen, dem Gott seiner Väter, 
der ihn in fernen Meeren beschützte. 

27) Hanno, ein Tierfreund und Sonderling, der 50 
erste Löwenbändiger. Plin. n. h. V1I1 55. Plut. 
praec. ger. reip. 3. 799 E. Maxim. Tvr. diss. 32. 
Ael. var. hist. XIV 30. Mars Griech. Märch. 
von dkb. Tieren 06. [Daebritz.] 

Haos wird auf einer einzigen Inschrift der 
Africa Proconsulari s erwähnt (CIL VIII 4641 
= 16759): Haos aufgfustoj] saerum L. Lepi- 
dius saterdos hoc loco initiatus aram posnit . . . 
H. ist also wohl eine einheimische numidische 
Gottheit, wie Gurzil <s. d.) eine maurische ist. 60 
Anders Drexler in Rosehers Myth. Lex. I 1827. 

[Cumont.) 

Haphe s. K6vt$. 

Hat . . findet sich als Gottesname auf einem 
1904 am Ölrain bei Bregenz gefundenen altar- 
förmigen Votivstein, von mir gesehen. Die (voll- 
ständige) Inschrift lautet Deo. Har \ Aurel. \ 
Augustus | v. s. 1. 1, m. An eine Abkürzung ans 



Harmogius zu denken (s. d.), geht wohl nicht 
an. [Haug.] 

Hara. hara (ära) bei den römischen Agrar- 
Schriftstellern ein Abschlag für Schweine- und 
Gänseställchen. 

1. Abschlag für Schweine. Varro (II 4, 14. 
15) fordert, daß jede tragende Sau ihren eigenen 
Absehlag erhalte, worin sie die Ferkel werfen 
und säugen könne, ohne von anderen Schweinen 
belästigt zu werden. Diese Abschläge befanden 
sich, wie noch heutzutage, unter Dach. Sie sollten 
etwa 3 Fuß tief, ein wenig breiter und so hoch 
sein, daß die Sau keinesfalls herausspringen und 
sich Schaden zufügen konnte. Oben waren sie 
offen, damit der Sauhirt bei seinem Rundgaug 
bequem hineinsehen, sich von dem Wohlbefinden 
der Alten und der Ferkel überzeugen und et- 
waigen Übelständen, wie dem Drücken der Ferkel 
durch die liegende Sau, leicht abhelfen konnte. 
Die Türe zu diesem Abschlag war über einer fuß- 
hohen Schwelle angebracht, deren Höhe das Her- 
auslaufen der noch kleinen Ferkel verhindern 
sollte, wenn sie allzu frühzeitig der ins Freie 
drängenden Alten folgen wollten. Der Abschlag 
sollte häufig vom Hirten gereinigt und mit einem 
die Feuchtigkeit aufsaugenden Material, wie Sand 
oder dgl., bestreut werden. Columella (VII 9) und 
Falladius (III 26) wiederholen fast wörtlich diese 
Vorschriften, indem Columella noch besonderes 
Gewicht darauf legt-, daß den kleinen Ferkeln 
die Möglichkeit genommen werde, die Schwelle 
zu überschreiten und in andere Abschläge einzu- 
dringen, da jede Muttersau nur ihre eigenen Ferkel, 
nicht die eines fremden Wurfes säugen solle. Auch 
er betont, wie wichtig es sei, den Abschlag rein 
zu halten, indem er für das beim Fressen un- 
reinliche Tier ein reinliches Lager als Notwendig- 
keit hinstellt. 

2. Varro (III 107, 3. 4), Columella (VIII 14) 
und Palladius (I 30, 2) führen auch dasselbe 
Wort H. für die kleinen Verschlage der Gänse 
an. In dein großen, für die Gänse von dein übri- 
gen Vieh abgesonderten Hofe, dem eigentlichen 
Chenoboscion, müssen unter Dach kleine viereckige 
Abschläge aus Bruch- oder Ziegelsteinen errichtet 
werden, deren Größe etwa 2^2 bis 3 Fuß im Qua* 
drat beträgt. In diesem, mit weichem Stroh be- 
schütteten Ställchen brütet die Gans ihre eigenen 
Eier aus und behält die Jungen die ersten Tage 
bei sich. Später wurden, wie es scheint, die 
Gänschen in einer Zahl, die zwanzig nicht über- 
steigt, ohne die Alte in den Abschlägen unter- 
gebracht. Die Türen zu diesen Ställchen sollten 
fest und gut verschließbar sein, um dem Raub- 
zeug den Eingang zu wehren. Der Boden mußte 
stets reinlich und weich mit Stroh beschüttet 
sein. 

3. Hara suis als Schimpfwort von dem Skla- 
ven Tranio in Plautus Mostellaria 40 gebraucht. 

[Orth.] 
Harac (sie!, nicht llarae), Ortschaft in der 
syrischen Steppe, Tab. Peut. Identisch mit dem 
"Agaya des Ptolem. V 15, 24 ; so wird dort statt 
"A&aya zu lesen sein; vgl. dazu o. Bd. I S. 339 
(Art. Adacha). Der Ort existiert noch heute 
als unbedeutendes Dorf (mit etwa 20 Häusern) 
an der Straße Palmyra-ed Der (am Euphiat), 
25 km Östlich von Palmyra. Auch die arabi- 



2365 



Harauso 



"Äfftet 



2366 



sehen Geographen kennen ihn als Arak (TTrak). 
Vgl. B. Moritz Zur antiken Topographie der • 
Palmyrene (Abh. Akad. Berl. 1889) 26. M. Hart- 
mann Ztsclvr. d. Deutsch. Palästinavereins XXII 
135. Le Strange Palestine under the Moslems 
{Lond. 1890) 3^5. Kiepert FOA Heft V (1910) 
S. 4a. Baedeker Palästina u. Syr.' 326, 

[Streck.] 

Harauso oder Harouso, Beiname eines ört- 
lichen Gottes Boceus (s. d.) von Boucou en Sau- 10 
veterre de Nöbousan im Val d'Aur in den Pyre- 
näen, einem Seitental am obersten Lauf der Ga- 
ronne im einstmaligen Gebiet der Convenae in 
Aquitania. Diesem (wohl iberischen) Lokalgott 
haben zwei Angehörige derselben Familie, wahr- 
scheinlich Vater und Sohn, zwei Marmoraltäre 
geweiht (jetzt im Museum zu Toulouse), CIL XIII 
78 Bocco Harausoni M. Val(erius) Fuscus v. s. 
I. in. und 79 Bocco Harousoni M. Valerhis Fusci- 
nus v. s. I. m. Holder Altkeit. Sprachsch. s, v, 20 
Röscher Myth. Lex. s. v. [Keune.] 

Haren ati bin s. Arena cum. 

Hariasa, örtliche niederrheinische Gottheit. 
Der dea Ilariasa war im J. 187 n. Chr. von 
einem aus Xanten (Colon ia Ulpia Traiana) stam- 
menden beförderten Reitersoldaten einer in Köln 
stehenden Ala eine Inschrift geweiht, welche 1674 
zu Köln gefunden wurde, seitdem aber ver- 
schollen ist, CIL XIII 8185. Röscher Myth. 
Lex. s. v. [Keune.] 30 

Harii. Nach Tac. Germ. 43 einer der fünf 
Hauptstämme der in historischer Zeit zwischen 
Sudeten und Weichsel wohnenden Lugier: latis- 
sime, patet lAigiorum nomen in plures eivitates 
diffusum, valentissimas nominasse suffiewt, 
Ilarios, Helveconas, Manimos, Ilelisios, Nahar- 
navalos. Ihre Sitze lagen wohl im heutigen 
Schlesien, an der oberen Oder. Sie werden sonst 
nicht erwähnt; nach Much Stammsitze 28. 40. 
Schmidt Gesch. der deutschen Stämme 475 40 
sind sie identisch mit den Charini, die Plinius 
n. h. IV 99 als Teil der Vandilier nennt. Müllen- 
hoff Z. f. d. Altertum IX 247 vermutete, daß 
sie gar kein Volk, sondern nur die Kriegerscharen 
der lugischen Völker gewesen sein. An Macht 
Übertrafen die H. alle Nachbarn und wußten sich 
ihnen durch sehr eigenartige Kriegsbräuehe furcht- 
bar zu machen: Tac. Germ. 43 ceterum Harii 
super vires, quibus enumeratos paulo ante popu- 
los anteceduni, truces insitae feritati arte ac 5(1 
tempore lenocinantur : nigra smüa, tineta Cor- 
pora; atras ad prodia noctes Jegunt ipsaque for- 
midine atque umbra feralis exercitus ter rarem 
inferunt, nullo hostium sustinente novum ac 
relut infernum adspeetum; vgl. Weniger Archiv 
für Religionswissenschaft IX 201 ff., nach dem die 
merkwürdigen kriegerischen Sitten der H. einen 
religiösen Hintergrund haben: anders Müllen - 
hoff D. A. H 117. IV 490. [Rappaport] 

Harimella, Göttin, welcher ein Gamidiahus 60 
{Gamidianus?) zu Birrens bei Middlebv in Bri- 
tannia einen (jetzt verschollenen) Altair geweiht 
hat, CIL VII 1065. Der Stifter war vermutlich 
ein Angehöriger, arefarius) nach Hübner, 
ar(morum) cfustos) nach Bergk, der eohors II 
Tungrorum; die Gottheit ist daher eine germa- 
nische (harimella = Volksgericht , Malstatt), 
ihrem Namen ähnlich ist der Name einer Ort- 



schaft Harimalla an der Maas unterhalb Heri- 
stall in Belgien. Bergk Zur Geschichte u. To- 
pogr. d. Rheinlande in röm. Zeit 124 (Bonn. 
Jahrb. LVTI 29). Koscher Lex. d. gr. u. röm. 
Mythol. s. v. [Kenne.] 

Hariobaudus. 1) König eines Teils der Ala- 
mannen, die er gemeinsam mit seinem Bruder 
Macrianus beherrschte. Als Iulian 359 verwü- 
stend in ihr Gebiet eingefallen war, baten sie um 
Frieden und erhielten ihn bcwillisrt, Ammian. 
XVIII 2, 15. 17. 18. 

2) Hariobaudes, Tribunus vacans, von Iulian 
im J. 359 als Gesandter und Späher bei den Ala- 
mannen benutzt. Ammian. XVIII 2, 2. 7. 

[Seeck.] 

Haris ? Ort in Kleinarmenien, an der Straße 
Draconis-Zimara, Tab. Peut. XI 1 (Miller). Nach 
R. Kiepert Karte von Kleinasien B V und FOA 
VIII, Text 16 ist es = Gökseki; Yorke Geogr. 
Journ. 1896 VIII 465 vermutet, daß es mit 
Hassis (s. d.) identisch ist. [Rüge,] 

Hariza, auf der Tab. Petit. Ortschaft Ar- 
meniens an der Route von Artaxata nach Rau- 
gonia, von diesem 24, von jenem 80 röm. Meilen 
entfernt. Die Strasse lief im Araxestal und zwar 
am Südrande aufwärts nach dem Hauptorte Ka- 
gyzman, der altarmenisch Kalzvan heißt (Hüb s ch - 
mann Altarmenische Ortsnamen 363) und von 
Tomaschek dem leisen Namenanklang zu Liebe 
mit Colchion der Tab. Peut., 24 Meilen westlich 
von Raugonia gleichgesetzt wird (s. o. Bd. III 
S. 2022 Art. Chadas). Aber die Distanzen der 
Tab. Peut. würden dann sehr stark überschätzt sein, 
so daß eher Raugonia in Kagyzman seinen Platz 
finden dürfte, zumal es Kreuzungspunkt mehrerer 
Straßen und durch Vignette ausgezeichnet ist. 
H. muß dann weiter östlich in der Nähe von 
Parnaut gelegen haben. K. Müller (zu Ptolem. 
p. 941) wollte H. mit Aruzis der Ptolemaios- 
Karte gleichsetzen , auch er durch Namenan- 
klänge wenig glücklich geleitet. [Kiessling.] 

'ÄQßia. 1) Wagen im weitesten Sinne des 
Wortes. Homer und Xenophon bezeichnen mit ä. 
besonders den Streitwagen, PindaT und andere 
hauptsächlich den Rennwagen. Bei Homer werden 
noch die Streitwagen zum Wettrennen benützt ; 
vgl. vor allem IL XIII 286. 304. 319. 334f. 
Aber auch später behielt der Rennwagen im all- 
gemeinen die Form des alten Kriegs wagens bei ; 
vgl. Reinach Repert. des vases II 124. 125. 70. 
I 199. Teile des ä. nach Homer IL V 838. VI 
42. X 475. XIII 30. Pollux I 142f. VII 116 und 
Lexikographen. Man vergleiche darüber den Art, 
Kriegswagen. Ginzrot Die Wagen u. Fuhr- 
werke der Griechen u. Römer usf.. Münch. 1817 
Bd. I, bes. S. Ulf. Saglio Art. currus bei 
Daremberg-Saglio I 2 S. 1633f. (Hauptarbeit 
mit vielen Abbild.). Hei big Das homer. Epos 
aus den Denkmälern erläutert 88f. Nuoffer Der 
Rennwasren im Altertum I. Teil . Diss. Leipzig 
1904. " [K. Schneider.] 

2) Ortschaft in Boiotien. Der Name wird in 
Zusammenhang gebracht teils mit dem Untergang 
des Amphiaraos , Paus. I 34, 2. IX 19, 4; Apollo- 
doros (Schwartz o. Bd. I S. 2867, 47) bei Strab. 
IX 404; weitere Stellen bei Unger Thebana 
Paradoxa 164ff.; o. Bd. I S. 1888, 4ff. ; teils mit der 
Errettung des Adrastos, Apollod. s. o. nach Philo- 



2367 



r 'AQfia 



Harmachis 



2368 



choros FHG I 392. Eustath. 266, 35 = Schol. B 
IL II 499, vgl. Knaus s De Steph. Byz. Ethn. 
exemplo Eust., Diss. Bonn 1910, 43. Bethe Theb. 
Heldenl. 66. H. lag nach Paus. IX 19, 4 an der 
Straße von Theben nach. Chalkis zwischen Teumes- 
sos (heute Messowuni) und Mykalessos, Tgl. Paus. 
I 84, 2 und Strabon s. o. Danach hat Ulrichs 
Reisen und Forschungen II 2!) die kleine Euinen- 
stätte von Kastri mit H. identifiziert. Sie ist 
auf der Carte de la Grcce eingetragen und liegt 
auf Kauperts Karte von Attika 1 : 100 000 
nordwestlich von dem verlassenen Dorfe Kapan- 
drfti auf dem Ausläufer des Lyko Yuni , um 
dessen Fuß die moderne Straße von Theben nach 
Chalkis nordwestlich von Punkt 156 herurnbiegt. 
Vgl. Bursian Geogr. I 217. Hitzig-Blttmner 
Paus/ III 1, 442. Eine genaue Beschreibimg der 
Ruinen gibt Lolling Urbaedeker 19 (s. darüber 
Bulle ürchomenos I 116, 2): ,Die Befestigung 
nimmt nur den dem Wege nach Chalkis am 
nächsten gelegenen Teil der oberen Fläche ein. 
Trotz der geringen Ausdehnung der Ruinen (kaum 
100 Schritt lang und breit) kann man doch 
innerhalb der größeren Umfassungsmauer noch 
eine kleinere, den Westteil der Befestigung ein- 
nehmende 35' breite Abteilung erkennen. Im 
Inneren des größeren östlichen Raumes bemerkt 
man Reste alter Bauten. Türme sind nicht vor- 
handen , dagegen springt von der Ostmauer ein 
besonderer Torbau hervor, der zur Hälfte zerstört 
ist. Die Mauer ist 5' breit und aus kleinen und 
nicht immer sorgfältig behauenen und geglätteten 
Polygonen aufgebaut*. Nach Ulrichs sind die 
Nordmauer und die Quermauer aus großen be- 
hauenen Steinen erbaut. Leake N. G, II 247 
passierte die Stelle von H., ohne es zu merken, 
und sptzt infolgedessen H. und die anderen Ort- 
schaften 250fi. zu weit nach Osten. Roß (Wan- 
derungen I 109) hält Dritsa für H.; dorther 
stammen also auch die Steine IG VII 629 und 
634. Frazer, der die Gegend nur aus der Ferne 
gesehen hat (Paus. V 66), verlegt H. in den Paß 
von Rhitsona (62). H. wird im Schiffskatalog er- 
wähnt (IL LT 499). Später hat es vermutlich erat zu 
Mykalessos gehört, dann zu Theben (Meyer Theo- 
pomps Hellenika 97), eudlich in hellenistischer 
Zeit zu Tanagra (Strab. s. o. und 405 ~ Apollodor 
nach Schwartz o. Bd. I S. 2867 , 54). Nach 
Fhilochoros (s. o.) genossen die Einwohner Isopo- 
litie in Argos. Strabon nennt H. eine *«,«?? egt]^og 
(IX 404), und Paus. IX 19, 4 sah nur noch loehzia, 
3) Einen See in Boiotien namens H. erwähnt 
Aelian. rar. bist. III Ab. Philippos II. ist durch 
ein Orakel vor dem uo/m gewarnt; er meidet in- 
folgedessen den Ort H. (Nr. 2) nach Val. Max. I 8, 9. 
Xepot. ep. Val. Max. 1X21. Doxopatres rhet. Graeci 
II 475. 2öff. Walz. Aelian dagegen überliefert eine 
Variante, die den Philippos ermordet werden läßt 
rt/v &r}ßa\'yJ]v -zegie'/.Oövto. /Jßvtjv Ttjv xakoviisrip' 
Zlofia. Offenbar liegt ein grobes Mißverständnis 
vor, und damit verliert auch die topographische 
Angabe allen Wert. Ampelius 8, 9 Boeotiae lacus 
saeer, ubi Amphiaraus deioratus est vermag sie 
nicht zu stützen. Damit sind auch die Versuche 
hinfällig, den See zu bestimmen: Ulrichs Reisen 
und Forschungen I 258 (— Paralimni). Bursian 
Geogr. I 200 (= Literi); vgl. R. Kiepert For- 
mae XIV Text 3. [Bölte.] 



4) Felsen imParnassos, heute »? Ilavayia (Roßt 
, Königsreisen II 86, 12). Strab. IX 2, 11 p. 404 
. . . "ÄQfxazog zov xaxa ti?v Azxix^v , o satt sibqi 
$v\f}v , drjfiov r7\q 'AtrtKv^, opoQOV xfj Tavaygq,. 
Die hier erwähnte örtlichkeit verdankt ihren 
Namen der eigenartigen Geländeformation. Schon 
von Athen aus kann man den langgestreckten. 
Felsrücken sehen, der nach Westen steil ab- 
fällt, so daß in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit 

10 mit dem Wagenstuhl eines antiken Streitwagens 
vorhanden ist. In der Richtung auf dieses H. 
pflegten die Pythaisten in Athen vom Heiligtum 
des Zevc "AatQaTtaloQ aus alljährlich zu bestimm- 
ten Zeiten innerhalb dreier Monate den Blitz zu 
beobachten; vgl. Strab. IX 2, 11 a. O. ßhmov- 
tojv (sc. tojv flv&atOTäv) mg siti zo "Aq(.ia xai 
zöte xsfuidvzojv rifv ftvoiav dg AsXqpovg , ozav 
aozgdymvTa löoaat. Milchhöfer Karten von Afr- 
ika Text VII/VI1I 10. [Kolbe.] 

20 Harmachis. 1) Eine besondere Form des ägyp- 
tischen Gottes Horus (s. d.) als Sonnengott, äg. 
Har-achte, d. i. Horus, der im Horizont befindliche, 
der Gott der aufgehenden Sonne. Die griechische 
Form "ÄQ/nax'-i ist so zu erklären : die Sphinxe, be- 
sonders der Sphinx von Gizch, gelten spätestens 
seit dem neuen Reich als Bilder des Horus und 
heißen als solche : Har-em-acht, Horus im Horizont 
= 'Ag/uayj;. Mit diesen haben die Griechen den 
Har achte, der im Ägyptischen davon unterschieden 

30 wird, identifiziert; s. Er man Die Sphinxstele; S.- 
Ber. Akad. Berl. 1004, 16. L^ieper.] 

*2) Harmachis (der Name zuerst fälschlich 
Ilormt [Brugsch Ä. Z. XVI 44 1 und Ilorhotep 
[Ro vi 11 out "Rev. arch. N. S. XXXIV 333] ge- 
lesen) begegnet uns in demotischen, aus der The- 
bais stammenden Papyri, die allgemeine Erwä- 
gungen der Zeit des fünften Ptolemaios zuweisen 
(Spiegelberg Dem. P. Berl. 3142 -4- 3144. 3145. 
Dem. P. London, publ. Rev. e"gypt. II 16. Dem. 

40 P. Marseille, publ. Rev. egypt. I 121, 1), als Name 
eines ägyptischen Königs, dessen Herrschaft nach 
den Datierungen mindestens sechs Jahre gedauert 
hat. Man hat diesen einheimischen König mit Recht 
allgemein mit dem großen, sowohl in Unter- als 
Oberiigvptcn ausgebrochenen Aufstand, der uns 
für die 'Zeit von 207/6 — 186/5 v. Chr. bezeugt ist 
[s. z. B. hierogl. Inschr. Edfu. publ. Ä. SS. X VI 44/5. 
P. Tor. I 1 Col. 5. 27ff. Gr. Inschr. P. S. B. A. X 
382. Polyb. XXII 7), in Verbindung gebracht und 

50 ferner als sein Herrschaftsgebiet Oberägypten an- 
genommen. Wieweit freilich hier seine Macht 
gereicht hat, ist ungewiß, da wir aus derselben 
Zeitperiode noch zwei weitere oberägyptische Ge- 
genkönige. Anehmachis und Hr . . . (s. d.) kennen, 
für die 14 bezw. 10 Reglernngsjahre bezeugt sind 
(für Anehmachis vgl. Dem. P. Marseille, publ. Rev. 
egypt. II 148, 7); es müssen also zum mindesten 
zwei Herrscher zugleich in Oberägypten geboten 
haben. Unbegründet ist ferner die Behauptung 

60 Revill outs Rev. egypt. X 86f., daß H. auch 
über Memphis geherrscht habe (Spiegelberg 
Arch. f. Papyrusforschung III 146). Die Be- 
deutung des H. ist überhaupt früher allgemein 
übertrieben worden, vor allem im Anschluß an 
eine Vermutung von Brugsch, derzufolge man 
H. und ebenso auch Anehmachis als äthiopische 
Könige aufgefaßt hat, die Oberagypten fBr sich 
gewonnen hätten (Rcvillout Rev. egypt. I 



2369 



Harmais 



'Agfia flauet 



2370 



148f. II 145ff. Krall S.-Ber. Akad. Wien, Phil, 
hist. Kl. GV 369ff.). Dagegen Bouche-Leclerq 
Hist. des Lagides I 365, 2. IV 318, dessen Zweifel 
an der Geschichtlichkeit dieser Könige freilich 
zu weitgehend ist (die Aktpräskripte sind eine 
unbedingt zuverlässige Quelle). Die alte Auffas- 
sung ist aber jedenfalls durch den inzwischen 
bekannt gewordenen dritten König erledigt: man 
hat in H. einen einheimischen Führer der Auf- 
ständischen zu sehen, einen der ägyptischen dvvä- 
oiai, wie uns Polybios a. a. O. deren mehrere 
namentlich nennt Bedeutungslos wird man sich 
aber H. doch wohl nicht vorstellen dürfen ; da- 
für spricht nicht so sehr sein Königstitel als 
die Tatsache, daß er sich immerhin längere Zeit 
gehalten hat und daß nach ihm datiert worden 
ist. Sehr wohl möglich ist es, daß H., wenn er 
auch nicht Athiopenkönig war, doch von diesem 
unterstützt worden ist (Agatharehides stegl sgv&gäg 
■ßaläcorjs, Geogr. gr. min. I 111). Die Zeit des 
H. läßt sich nicht genau bestimmen, da wir mit 
der Möglichkeit des Nebeneinander-, Regierens' 
zu rechnen haben; da aber in Anbetracht der 
sachlichen Angaben einer Urkunde vom 7. Jahre 
des Anehmachis (Spiegelberg Dem. P. Berlin 
3146 A u. B) dieser ein Dokument vom 6. Jahre 
des IL vorausgegangen sein muß, so darf man 
H. etwa in die erste Hälfte der Aufstandszeit 
setzen. [Walter Otto.] 

Harmais (Manetho bei Jos. c. Apion. 1, 14 
Agimig ; Sothisbuch p. 293 nr. 46 'Agfiaiog ; Afri- 
canus Dyn. 18 nr. 14 'Agfisaig; Eusebius I b 1 
Dyn. 18" nr. 12. Eusebius kanon. Sync. p. 135 
Ügfiatg). Bei Manetho und seinen Epitoma- 
toren ein König der 18. ägyptischen Dynastie, 
wahrscheinlich zu identifizieren mit dem König 
der Denkmäler Haremheb. Er ist der Neube- 
gründer des ägyptischen Reiches nach den Thron- 
wirren unter den letzten Ketzerkönigen (Nach- 
folgern Amenophis IV.). Unter Amenophis IV. 
bereits ein hochstehender Offizier, mit dem Kö- 
nigshause vielleicht verwandt, gelangte er unter 
den kurzlebigen Nachfolgern des königlichen Fa- 
natikers zu gewaltigem Einfluß. Ein treuer An- 
hänger des alten Amonglaubens, ist er offenbar 
durch die Unterstützung der Amonspriestersehaft 
auf den Thron gelangt. Er stellte die alte Reli- 
gion im Lande wieder her und war bemüht, das 
Andenken an die Herrschaft der Ketzer gründlich 
zu vernichten. Zu größeren Kriegen kam er nicht, 
den Rückgang der ägyptischen Herrschaft in Sy- 
rien konnte er nicht aufhalten. Ein großes De- 
kret von ihm erzählt, wie er der Rechtsun Sicher- 
heit im Lande zu steuern suchte. Vgl. die Dar- 
stellungen ägyptischer Geschichte z. B. Wiede- 
mann I 408." Ed. Meyer 269. v. Bissing 53; 
bes. Breasted-Ranke 315ff. und Ed. Meyer 
Äg. Chronologie 8Sff. [Pieper!] 

Harmaktika (Ptol. V 10, 2) s. Armastika. 

"ÄQtArdfia^a, persischer Reisewagen, hauptsäch- 
lich für Frauen. Das Gefährt kam naturgemäß 
zuerst den kleinasiatischen Griechen zu Gesichte, 
von welchen es wohl auch den aus ägfia und 
$ßtt£a zusammengesetzten Namen erhielt. Nach 
Griechenland gelangte diese Wagenart unseres 
Wissens zum erstenmal in der Zeit der Perser- 
kriege, ohne indessen dort heimisch zu werden. 
Herodot VII 83 spricht von den zehntausend 



Unsterblichen im Perserheere des Xetxea, die 
auf a. ihre Kebsweiber und eine zahlreiche Diener- 
schaft mit sich führten; und IX 76 erzählt er, 
daß nach der Schlacht bei Plataiai eine Frau zu 
den Griechen übergelaufen kam, sich dem Pau- 
sanias zu Füßen warf und ihn bat, er möge sie 
doch befreien. Sie sei die Tochter des Hegetorides 
aus Kos und vom Perser Pharadantes gewaltsam 
zum Kebsweibe gemacht worden. Von dieser 

10 Frau heißt es ,sie schmückte sich und ihre Mägde 
reich mit Gold, und in ihrem schönsten Kleide 
stieg sie aus der d, aus.' 

Die persische Gewohnheit, Frauen auf d. mit 
in den Krieg zu nehmen, beschränkte sich nicht 
auf die Zeit der Perserkriege. Auch Xenoph. 
Cyrop. IV 3, 1 erwähnt Perser, denen ihre recht- 
mäßigen Gattinnen samt Nebenfrauen, also ein 
ganzer Harem in d. auf dem Feldzuge folgten. 
Außerdem nennt Curtius III 3, 23 fünfzehn sog. 

20 d. mit den Künigskindern und ihren Erziehern, 
welche hinter den Wagen (currus) der Königin 
Mutter und der Gemahlin des Dareios einher- 
fuhren. Nach Diod. XVII 35, 3 fanden die 
Makedonier nach der Schlacht bei Issos das per- 
sische Gefolge im Lager des Dareios. Der Schrift- 
steller erwähnt die Reisewagen ebenfalls, gibt 
ihnen aber den allgemeinen Namen aQfxaza, ohne 
die 15 d. des Curtius auszuscheiden. Dagegen 
fügt er eine wichtige Bemerkung hinzu, daß näm- 

30 lieh die Frauen das Heer nach alter Persersitte 
begleiteten. 

Die d. wurde aber nicht etwa ausschließlich 
in Kriegszeiten verwendet; sie bildete vielmehr 
den gewöhnlichen Reisewagen vornehmer Perse- 
rinnen. Auf der d. fahren z. B. Panthea, die 
Gemahlin des Abradates (Xen. Cyrop. VI 4, 11), 
das Gefolge des Kyros (Xen. Cyrop. III 1 , 8), 
die Kilikerkönigin Epyaxa (Xen. anab. I 2, 16), 
Stateira, die Gattin des Artaxerxes Mnenion (Plut. 

40 apophth. reg. 173F; Artaxerxes 5). Wir wissen 
auch, daß gelegentlich sogar Männer die d. be- 
stiegen (Herodot. VII 41. Xen. Cyrop. HI 1, 40. 
Aristoph. Acharn. 70). Wenn zwar Lysitheides 
den Themistokles auf einer d. zu Artaxerxes führen 
läßt, so tut er dies nur, um seinen Schützling 
ungeschoren fortzubringen. Diodor XI 56, 7f. und 
Plutarch Them. 26 bezeugen nämlich überein- 
stimmend, daß die Perser ihre Gattinren, Neben- 
frauen und Sklavinnen auf verdeckten Wagen zu 

50 befördern pflegten, um sie den Blicken der Neu- 
gierigen zu entziehen. Diodor sagt em axijvqg 
xexovfifiht^g , Plutarch im r<Lv do/^atia^öjv und 
zwar vnö oxtp'dq xvxXa) vttQiyQaypihag, Diese 
Sitte machte sich Lysitheides zunutze. 

Wie wir aus den beiden Stellen ersehen, hatte 
die d. — denn daß DiodoT hier mit der (uiY\vr\ eine 
d. meint, ist doch klar — ein ringsum laufen- 
des Verdeck oder einen Verschlag; diese oxr\vr\ 
konnte aber weggezogen werden, wie aus Xen. 

60 Cyrop. VI 4, 11 erhellt. Denn nach jener Stelle 
wurde Panthea in die H. geführt und die Ver- 
schnittenen und Dienerinnen xaxafiXivavzeg xclte- 
xäXvyav zfj oxtjrfi. Es wird weiter nichts sein 
als eine avÄaia oder ein staganhaofia , eine Art 
Vorhang. Die verdeckte aniqvri des Diodor war 
nämlich ebenfalls mit izoXvxeXeot Jic^cuteido/iaoiv 
ausgestattet, und Stateira fahr auf einer d. mit 
zurückgeschlagenen Vorhängen {avXtäa) oder gar 

7ä 



2371 



Harmastus 



Harmatelia 



2372 



ohne solche (yvptv fy r&v ciaQa7tszaof4,dro>v) , damit 
die Untertanen sich ihr grüßend nahen konnten. 
Die Vorhänge waren oft reich geschmückt, einzelne 
Wagenteile vergoldet oder aus Grold (Diodor. XVII 
35, 3. Lucian epist. saturn. II 29). 

DeT Umfang der ä. mußte gelegentlich ziem- 
lich groß sein, Panthea wurde ja in dieselbe 
hineingelegt, und die persischen Gesandten bei 
Aristoph. Acharn. 70 versichern, daß sie in den 



vorhebt und Diodor wenigstens andeutet, Trenn 
er die Belagerung der Stadt an die Ereignisse 
im Eeiche des Sambos anschließt und sie außer- 
dem die ,letzte Stadt der Brachmanen' bezeichnet, 
die er fälschlich als ,e&vo? 1 und zwar gerade das 
A r olk des Sambos auffaßt. 2. H. ist die letzte, 
d. h. südlichste Stadt dieses Königs (Curt.: in 
regno imo), sehr nahe bei Patala (Gart, kine in 
proximam gentem Pataliam perventum est); 



weich gelegen haben. Übrigens benützte das 10 vgl. auch Strab. C 701. 3. H. stand unmittel- 



weibliche Kriegsgcfolgc die Reise wagen wohl auch 
als Lagerstätte. 

Die g. war jedenfalls vierräderig. Lafaye bei 
Darernberg-Saglio I1T 1 veröffentlicht unter 
Abb. 3701 ein assyrisches Relief aus dem Briti- 
schen Museum, das er zur Erklärung des Namens 
d. herbeizieht. Wir sehen da einen vierräderigen 
Wagen; darüber liegt auf der Vorderachse ein 
halbkreisförmiger, nach vom geschlossener Kerb, 



bar am Indus (so ausdrücklich Curtius; dasselbe 

folgt aber auch ans Diodor, wenn er sofort den 
xazäutiovg Alexanders ds zov ' Qxf.gi'Öv anschließt). 
Freilich mag man einwenden, daß diese An- 
setzung nur eine Kombination sei , verursacht 
durch die irrige Verknüpfung der hierher gehö- 
rigen Ereignisse mit der Strom fahrt nach Patala. 
Aber gerade bestimmte Angaben in den Schriften 
der ExpedLtionsteilnchmor über die Lage H.s am 



der als Standort der Kutscher diente; dahinter 20 Indus und die Nachbarschaft Patalas scheinen in 



steht auf der hinteren Achse ein geschlossenes 
Verdeck. Das ganze Gefährt sieht einer Post- 
kutsche nicht unähnlich. Der Vorderwagen mit 
dem Korbe soll nun nach Lafaye die aoua sein, 
und in der Tat gleicht er einem griechischen 
Kriegs- oder Rennwagen; den Ilinterwagen mit 
dem Verschlag nennt der französische Gelehrte 
die <%ua£u der Reisenden. Die Erklärung ist nicht 
ganz von der Hand zu weisen, trotz des assyrL 
sehen und nicht persischen Ursprungs des Reliefs 3 
und obgleich die eigentliche Kutsche kleiner ist, 
als man nach den vorstehenden Ausführungen er- 
warten sollte. Mehr als 4 — Personen fanden 
darin keinen Platz, und liegen konnte man nicht 
in ihr. Doch werden kaum alle Reisewagen van 
gleichem Umfange gewesen sein. 

Schließlich dürfen wir nicht unerwähnt lassen, 
daß Aelian XIT 01, Athenaios V 206 E und Dio- 
dor XVIII 26. 1. 5 dem Leichenwagen Alexanders 
d. Gr. den Namen «. beilegen, 
nach Diodor vierräderig. Auf den zwei Achsen 
lag ein Gestell; auf diesem ruhte ein ionisches 
Peristyl, von einem gewölbten Dache überragt: 
innerhalb des Peristyis hing ein goldgewirktes 
Netz. Offenbar sah der Leichenwagen des großen 
Makedonien* einer «. gleich, woraus wir wieder 
schließen dürfen, daß" d^r persische Reisewagen 
ungeiähr die Gestalt eines heutigen Leichen- oder 
Gesellschaftwagens besaß 



kritischen Geistern die Vorstellung hervorge- 
rufen zu haben, wenigstens die Einnahme H.s oder 
überhaupt alle Unternehmungen im Land der 
Praesti und des Sambos müP>ten nach der defi- 
nitiven Abfahrt der Flotte Alexanders von der 
viel weiter im Norden gelegenen Hauptstadt des 
Musikanos nach Patala stattgefunden haben. So 
erklärt sich jedenfalls die falsche Anordnung der 
Ereignisse am besten. 
Das Land des Musikanos kann nur in den 
sehr fruchtbaren Strichen beim heutigen Bhakar, 
die Hauptsta.lt desselben in der Paüuenstätte 
des seit dem 10. Jhdt, verfallenen AI Kur, etwas 
südöstlich von Bhakar, gesucht werden. Zwischen 
Bhakar und Haideivibad (= Patala) dehnt sich 
die große westliche Ausbiegung des heutigen 
Induslaufes, die das ältere Ilaupfcbett des Stro- 
mes, Purum genannt (s. u. Indus), fast gerad- 
linig abschneidet; mag jenes damals überhaupt 
Derselbe war 10 noch nicht bestanden haben, auf diesem ist jeden- 
falls die Flotte Alexanders abwärts gefahren. 
Von Al-Rör unternimmt Alexander seinen Streif- 
zug gegen Pm-tikinos (Oxikanos) und die Praesti, 
die keinesfalls, wie Lassen wollte, am alten In- 
dus südlich von den Müshika zu suchen sind. 
Sonst würde sich Alexander natürlich der Flotte 
bedient haben und in ijbereiastinnirjng mit sei- 
nem Hauptplan, die Mündung des Stromes und 
den Ozean zu erreichen, von der Hauptstadt des 



Als Zugtiere für die d. dienton nach Plut. 50 Musikanos, wo alles auf das beste geordnet schien 



Alex. 13 Maultiere; auch der Leichenwagen Alex- 
anders war mit Maultieren bespannt. 

Literatur: Ginzrot Die AVagen u. Fuhrwerke 
der Griechen und R">mer, München 1817 I 453. 
Lafaye bei Darernberg-Saglio III 1. 1'. 

[K. Schneider.] 

Harmastus (Plin. n. h. VI 29. 30) s. Anna- 
s tika. 



und ihn nichts mehr hielt, sofort flußabwärts 
gefahren sein. Da die Landexpedition von den 
Praesti sofort ins Land der , Berginder* und des 
Sambos ausgedehnt wurde und dieses sicher 
zwischen dem neueren Strombett und dem ga- 
drosischen Randgebirge gelegen war, wird das 
Fürstentum des Porti kanos gleichfalls am west- 
lichen Rand der Tndusnicderung , nach Westen 
von Bhakar und nach Norden von Sehwän (= Sin- 



Harmatelia, Stadt im Flachland des unteren ..__ 

Indus, Diod. Sic. XVII 103 und Curt. IX 8, 17ff., 60 domana, Residenz des Sambos) angesetzt werden 
der aber den Namen der Stadt nicht nennt. Die müssen. Von Sindomana kehrte Alexander an 



Feststellung ihrer Lage stößt auf große Schwie- 
rigkeiten, weil die hier sieh abspielenden Ereig- 
nisse des Alesanderzuges bei Arrian überhaupt 
übergangen, von Diodor und Curtius nachweis- 
lich falsch eingeordnet sind. Von ihren Angaben 
sind folgende wichtig: 1. H. gehörte zum Land 
des Rsdja Sambos, wie Curtius ausdrücklich her- 



den Puräna-Indus zurück und sicherte H., ,die 
äußerste Brahmanenstadt', von der er sich dann 
wieder nach Norden flußaufwärts wandte, um 
den unterdessen gleichfalls abgefallenen Musikanos 
zu züchtigen and die in seiner Hauptstadt statio- 
nierte Flotte wiederanerreiclien. Av&aemxatdtslous 
nach Patala wurde dann E. ein zweites MaI berührt. 



2873 



Harmateus 



Harcnatios 



2874 



Man sieht, die Bestimmung der Lage H.s 
hängt wesentlich von der Ansetzung Patalas ab, 
die freilich strittig ist. Wir werden es in Hai- 
deräbäd finden (s. u. Patala). Dann kann H. mit 
Cunningbam kaum anderswo gesucht werden als 
in der berühmten mittelalterlichen Stadt Bräh- 
manäbäd, 80 km nordöstlich von jenem. Die teil- 
weise sehr gut erhaltenen Ruinen liegen an einem 
alten Indusarm und breiten sich weit in der 
Wüste aus, die sie umgibt, seitdem sich der Strom 10 
von hier völlig zurückgezogen und die kostbaren 
Trrigations wässer mit sich fortgetragen hat. Die 
Katastrophe fällt ins 10. oder spätestens 11. Jhdt. 
und wird von der Tradition, nicht ohne Zu- 
stimmung der geologischen Wissenschaft, auf 
starke Erdbeben zurückgeführt. Wenn sich die 
mittelalterliche Stadt durch ihren Namen als 
eifrige Verehr erin der brahmani sehen Religion 
bekennt, so war auch im Altertum der Einfluß 
der Priester hier besonders stark. Als sich Haupt- 20 
stadt und Land des Sambos schon völlig unter- 
worfen hatten, flammte in H. noch einmal der 
von den Brahmanen zu religiösein Fanatismus 
gesteigerte nationale Widerstand gegen die Ma- 
kedonen hell auf. Die Stadt heißt oyvoä (offen- 
bar durch ihre Lage am alten Indusstrom) xai 
ft-eyäki] ; die Einwohner vertrauten auf ihre Tapfer- 
keit, ihre vergifteten Wallen und die ÖvcymQiai, 
die wohl in den zahlreichen, vom Indus sich 
abzweigenden Bewässerungskanälen bestanden. 30 
Einige" Diodorhss. lesen Harmafa satt H. , eine 
alte "Lesart, die schon Steph. Byz. kennt und 
zitiert (s. Harmah Ein ähnlich zusammengesetzter 
Ortsname fand sich an der Malabarküste, Arma- 
gara. Lassenf I. A. II 188, 2) erklärt das Sanskrit- 
wort Arinatala als /Palastboden'. [Kicssling.] 

Harmateus CAo/mzsvs). Fpiklesis des Hermes 
in Erythrai. Dittenberger Sylt II 2 600, 142 
'Eo/inv TJvliov 'AQpatiox;. Der Gott des Verkehrs 
{.C En odios) ist" auch der Beschützer der Wagen- 40 
fahrcr. der Gott der Agone (>, Enagonios) ist 
auch der Schutz der Rennfahrer. [Jessen.] 

Harfmajtios, Bildbauer, arbeitete gemeinsam 
mit Hera[klci]des, Sohn des Aga[u]os von Ephe- 
sos. eine als Mars ergänzte Figur in Louvre 
»r. 111. Clarac, Musee de Sculpt. Taf. 313. 1439, 
die spätestens in hadrianischer Zeit, wahrschein- 
lich jedoch früher entstanden ist. Die Datierung 
beruht auf den Schriftformel! der an der stanim- 
fnrmigcn Stütze angebrachten Signatur und auf 50 
dem m augusteischer Zeit besonders beliebten 
Gewandmotiv, das zu einer für den spätesten 
Hellenismus und die erste Kaiserzeit bezeichnen- 
den Gruppe von Motiven gehört. Gegenüber 
Löwvs vorsichtiger Bewertung der Schriftkri- 
terien (2.— 1. Jhdt.. vielleicht noch später) gibt 
Kaibel an, daß die Form des £ erst in ha- 
drianischer Zeit auftrete lliiwy Insehr. griech. 
Bildhauer 293. IG XIV 1214).' Ob dies Ergeb- 
nis der allgemeinen Statistik zwingend ist, kann 60 
fraglich sein, denn das £ zeigt die gebrochene 
Form nicht immer, sondern nur auf der Wölbung 
neben dem Astknorren. Der Mantel ist so um 
die Hüften geschlungen, daß er die Unterschenkel 
frei läßt; ein Bausch legt sich vom Rücken her 
auf die linke Schulter, das Ende fallt über den 
linken Unterarm nach außen. Die Hauptbeispiele 
dieses Motivs, das wohl zuerst an dem in sulla- 



nische Zeit gehörenden Friese von Lagina auf- ' 
tritt (Reinach Rep. des Rel. I 171, 2. 175, 35), 
sind zwei Großbronzen augusteischer Zeit und das 
Augustusrelief von S. Vitale in Ravenna (Ber- 
no ulli Rom. Ikonographie II 1 Taf. b\ Arndt 
bei Brunn-Bruckmann Denknl. gr. u. röm. 
Skulpt. Text zu Taf. 550 Abb. 2; Rev. arch. 
1905 V 37). Von den Bronzestatue a stellt die 
eine aus Herculaneum Augustus dar; sie ist als 
Iuppiter ergänzt (Arn dt a. a. O. Abb. 1. Clarac 
Taf. 405, 694). Die andere aus Rom trägt einen 
bereits im Altertum aufgesetzten Kopf des Septi- 
mius Severus, läßt sich jedoch nach der Arbeit in 
frühere Kaiserz ei t, nach der Ornamentik der Schuhe 
in augusteische Zeit setzen (Für twä n gier Samml. 
Somzee 46, 70 Taf. 30. S. Rein ach Rep. de 
la stat. II 57-3, 2). In der bei Panzerstatuen 
üblichen ganz hohen Schürzung erscheint das 
Motiv bei der ausgezeichneten Statue Domitians 
im Vatikan, Amelung Skulpt. d. vat. Mus. I 
Taf. 21, 129. Ebenso gemeint ist es bei der 
Darstellung des Iupiter conservalor auf Erz- 
münzen Domitians , nur ist dort der linke Arm 
hoch erhoben, also frei vom Gewand (Over- 
beck Griech. Kunstmythol. II Münztafel II 39). 
Eine ähnliche Statue in Dresden ist als Iuppiter 
ergänzt (Clarac Taf. 400, 677). Vereinzelt und 
in mehr oder minder aufgelöster Form findet 
sich das Motiv noch auf Sarkophagen (z. B. 
Robert II Taf. 15 T 25a). Nach den Abbil- 
dungen undatierbar sind z. B. der sog. Mareellus, 
Clarac. Taf. 925, 2344 A, dessen Kopf nicht 
zugehört (Bernoulli Röm. Ikonogr. II 1, 125), 
und die etwas abweichenden Statuen in Beziers, 
S. Rein ach Repert, III 278. 4 (Motiv des Po- 
seidon von Melos), und in Rom, Clarac Taf. 550, 
1162. Matz-Duhn nr. 85 (Philoktet? ?). Bei 
sitzenden Figuren erfährt das Motiv eine Ab- 
wandlung in der Weise, daß das meist zurück- 
gezogene rechte Bein vom Mantel mehr bedeckt 
wird" während das linke bis über das Knie nackt 
heraustritt; ferner ist der linke Arm erhoben 
wie bei dem 'Iuppiter conse.rvator. Auch die 
Sitzfi^urcn dieses Tvpus gehören der ersten Kaiser- 
zeit an (z. B. Clarac Taf. 919, 2330. 935, 2386 
[Kopf modern]. R ei nach Rep. II 583, 2 [Kopf 
fremd]. 582, 6 [eine mißlungene Zeichnung der- 
selben Figur I 561. 2V|*. Ungleich häufiger ist 
ein verwandtes Motiv, das ebenfalls am Friese 
von Lagiuu verkommt (Bull. hell. XTX Taf. 12. 
Rein ach 17=1, IS): der Mantel läßt die Schulter 
frei, bedeckt aber die Beuge des linken Armes 
meist in größerer Masse (z. B. Winter Kunst- 
ge=ch. in 'Bildern Taf. 81. 7. Amelung a. a. O. 
Taf. 76, öf»l [Kopf fremd]. Clarac Taf. 917, 
4357 A. 944. 2419 [Kopf fremd]. 952. 2446 B 
[Kopf fremd]. Rein ach Rep. II 572, 7. 573, 1. 
5. 8. 574, 3. 4. III 5, 1. 160, 1. 275, 1 [Kopf 
fremd] |. Bei der Panzerstatue des Augustus von 
Primaporta ist der Mantel wieder wie beim Do- 
mitian höher geschürzt Von den bei O ver- 
beck Griech. Kunstmythol. II 141 augeführten 
Zeus- bezw. Iuppiterstatuen dieses Typus ist nur 
bei einer, nr. 43, der Kopf wenigstens schon im 
Altertum aufgesetzt, die anderen können eben- 
sogut von Kaiserstatuen herrühren (daß der 
Kopf von nr. 40 fremd ist, gibt Heibig an, 
Führer durch (L SammL in Eom2 II nr. 820). 



2375 



Harmatios 



Harmatios 



2376 



Auch dies Motiv kommt in entsprechender Ab- fremdem Kopf) auf einen Hermes der Wende des 
•Wandlung hei Sitzstatuen tot, z. B. Reinach 5. und 4. Jhdts. v. Chr. zurück. 'Ihm folgt 
Rep. II 582, 5 (falls die Abbildung den Origi- Rein ach a. a. 0., der in sehr oberfläch- 
nalzustand wiedergibt), und klingt auf Sarko- lieber Weise zu zeigen sucht, daß die als At- 
phagen hie und da nach, (z, B. Bob er t II fache gearbeitete Kleinbronze aus Veii auf eine 
Taf. 10, 22; die Medeasarkophage greifen auf die Alexanderstatue zurückgehe, die im 3. Jhdt. v. Chr. 
ältere Form zurück). Ein drittes Motiv läßt den unter dem doppelten Einfluß des Leochares und 
Mantel in einfacher Schicht die linke Schulter des Alexander Helios von Chares entstanden sei. 
und den Arm verhüllen , eine nur bei der uns Träfe das zu , so würde damit die historische 
beschäftigenden hohen Schürzung seltene Form. 10 Stellung des H, und Herakleides sowie des ganzen 
Die einzige stehende römische Forträtstatue dieses Kreises verwandter Motive vollständig verschoben. 
Typus, die ich nachweisen kann, ist zugleich der Die erstere Behauptung ist unbewiesen; es ist 
einzige Vertreter der hohen Schürzung in der dazu nur zu bemerken, daß Arndt nach dem 
späteren Kaiserzeit; der ,Aelius Verus' im Louvre, Ergebnis der hier vorgelegten Untersuchung das 
d'Escamps Marbres Campana Taf. 91. Eei- Verhältnis zwischen den Augustusfiguren und dem 
nach Rep. II 573, 3. Ihm entsprechen zwei Poseidon von Melos genau auf den Kopf stellt. 
Kleinbronzen aus Veii und Alexandria, deren Der Text zu E. A. 332 und Reinachs Auf- 
Deutung auf Alexander d. Gr. auf sich beruhen satz sind jedoch Musterbeispiele dafür, wie eine 
mag, da sie gewiß nieht älter, womöglich jünger motivgeschichtliche Untersuchung nicht geführt 
als das 1. Jhdt. v. Chr. sind (E ein ach Rev. 20 werden soll. Zunächst wird ohne weiteres vor- 
areh. 1905 V 36, Taf. 11; Eep. II 505, 6. ausgesetzt, daß ein in der ersten Kaiserzeit ver- 
III 274, 6. 8- Schreiber Bildnisse Alexanders breiteter Typus nach einem klassischen Vorbild 
145) ; ferner griechische Grabreliefs der ersten kopiert sein müsse — eine Methode, nach welcher 
Kaiserzeit, wie Photogr. des Instituts G.-R. 504, schon Dutzende hellenistischer Figuren ins 4. Jhdt. 
und mit gewissen Abweichungen auch späthelle- gesetzt worden sind. Ferner wird erklärt , der 
nistische ~ '""* ' m m ' n n * " 1 ~ 1 
254, 

desluppitert „ . . . 

118, 2, und Reliefs vom Bogen des Titus über den d, Antiken v. Florenz nr. 199. Der Asklepios 
des Trajan in Benevent bis zum Bogen des Sep- 30 trägt ein langes Himation, der Hermes eine zur 

timius Severus, sowie an Sarkophagen (Rein ach Seite gezogene Chlainys. Wie kann unser um die 

Eep. des Rel. I 61, 4. 64, 1. 274, 1. 270, 2. Hüften geschlungener Mantel ein Zwischending 

Robert Sarkophage III Taf. 24, 83. Clarac zwischen diesen Trachten sein! Er entspräche 

Taf. 146, 116). Die Beispiele auf Reliefs sind dem berühmten Kreuzungsprodukt von Ente und 

vereinzelt und zeigen teils eine Lockerung des Kaninchen. Indessen soll die spätrotfigurige Vase 

Motivs, teils die Neigung, den Mantel wieder Compte rendu de St. Pctersbourg 1862 Atl. Taf. 3 

tiefer herabzulassen. Eine Sitzfigur dieses Ty- den Schlußstein des Beweises liefern: der eleu- 





und des Claudius von Lanuvimu und Olympia, Kults 84ff.) soll die gleiche Tracht zeigen. Daß 

s. Hegias Nr. 2; es findet sich vereinzelt und die Vase dem Ende, nicht deT ersten Hälfte des 

gelockert noch auf Sarkophagen, die ja durchweg 4. Jhdts. oder gar dem Ende des 5. Jhdts an- 

mit älterem Gute schalten (Robert II Taf. 8, gehört, mag aus dem Spiele bleiben. Aber 

21, T. 6, 20). Ein fünftes Motiv hat für sonst das am Bein gehaltene Ferkel ist für die Be- 

unbekleidete Figuren wenig Beifall gefunden, urteilung der Tracht nicht gleichgültig. Furt- 

offenbar weil es keinen glücklichen Kompromiß wängler fand hier die Schürzung des Schweine- 

zwischen idealer und realer Tracht darstellt; hirten, wozu man den Eumaios der Niptravase 

ein reines Beispiel bietet der Fries von Lagina, Mon. d. Inst. IX Taf. 42 vergleichen kann, 
a. a. O. 174, 24; bei römischen Porträtstatuen 50 Näher liegt jedoch eine andere Erklärung, auf 

pflegt die Schürzung weniger hoch zu sein, Rei- welche Pringsheim hinführt: es ist im wesent- 

nach Eep. II 572, 5. liehen die Tracht des Opferdieners , die wir aas 

Dieser ganzen Gruppe von Motiven ist die vielen Darstellungen kennen ; man könnte es eine 

hohe Schürzung eigentümlich; sie stehen damit Vorstufe dazu nennen: mit einem Griff kann die 

im Gegensatz zu der großen Masse der klas- typische Schürzung hergestellt werden. Diese 

sischen und hellenistischen Gewandfiguren, von Tracht ist nun für eine gewisse Klasse von 

der Alxenorstele und vom Zeus von Olympia Mysten typisch: wir finden sie auf einem eleu- 

bis zum Poseidon von Melos und den späthelle- sinischen Relief aus römischer Zeit bei großen 

nistischen Ehrenstatuen und Grabreliefs. Ihre Knaben, zwischen Männern und Frauen in ge- 
allgemeine Verbreitung ist auf die erste Kaiser- 60 wohnlicher Tracht, die alle Bakchen tragen, bei 

zeit beschrankt ; die Ausnahme des späteren einzelnen von den figürlichen Gefäßen, in welchen 

,AeHus Verus* bestätigt nur die Regel. Ganz Furtwängler Eubuleus erkennt, z. B. Winter 

anders urteilt jedoch Arndt a. a. O. und Arndt- Typenkatalog H 245, 7, und auf dem Pinax der 

Amelung Einzel- Aufnahmen antiker Skulpturen Ninnion, TBwP* *M- 1901 Taf - *» ■* ei Knaben mid 

zu nr. 332. Er führt nämlich die AugustuB- Mädchen, jedesmal im einzelnen etwas verechieden. 

fignren von Herculaneum und S. Vitale auf den Das Vorkommen bei bartigen Mannern wider- 

Iuppiter tonans des Leochares und eine der zahl- rät die naheliegende Beziehung auf xoÖec iup" 

Teichen Porträtstatuen des zweiten Typus (mit iar(as\ die Beziehung auf das Ferkelopfer, sei es 



UUl U±U IUVO 



hei der Einweihung, sei es anderweitig, ist jedoch 
auf Grund der erstgenannten Vase und der Terra- 
kotte offenbar. Endlich hat Overbeck Griech. 
Kunstmythol. II 574, 101 eine Statue des 4. Jhdts. 
herangezogen: den sog. Hermes vom Capitol, 
Clarac Taf. 859, 2170. Arndt-Amelung E. A. 
nr. 455f. (vgl. Heibig Führer 12 343 nr. 521. 
Furtwängler Samml. Somzee 54f., wo die kunst- 
geschichtliche Stellung richtiger beurteilt ist als 



älteren Motiven entwickelt worden sind. Brunn 
über Herakleides, Gesch. d. griech. Künstler I 
5711 584. Overbeck Gesch. d. gr, Plastik H< 
457. Collignon-Baumgarten Gesch. d. gr. 
Plastik II 733. [Pfuhl.] 

Harmatius ('ÄQ^dnog) s. Armatus. 

Harmatus (Harmatoti ; 6 'ÄQfiarovg Thuc. 
VTII 101 u. a., var. 'AQfiazovvza mit aiolischer 
Psilosis; 6 'Agfidrcov Phot 31b, 37 var. 'E&f^a- 



Meisterwerke 525). Man hält ihn für Hermes, der 10 rovg), Name vielleicht aus griechischem Sprach- 
eine Eede mit der Rechten demonstriere , wie er o-nt_ Vorc-ehir** der kleinasiatischen Aiolis nord- 



denn auch auf gleichzeitigen Vasenbildern nach- 
zuweisen ist (z. B. Mon. d. Inst. V Taf. 22). Nun 
ist aber mindestens der Zeigefinger ergänzt; der 
Jüngling kann sehr wohl etwas gehalten haben. 
Da ferner ein ähnlicher Typus bei Opferdarstel- 
lungen, allem Anschein nach auch auf dem 
Iphigenienbilde des Timanthes vorkommt, so liegt 
immerhin die Möglichkeit vor, den Hermes als 



gut. Vorgebirg der kleinasiatischen Aiolis nord- 
westlich vom ela'ütischen Busen, im Mittelalter 
(Tomas chek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV vm 
25) Marteluzo, Maurolaco, Montesagro, jetzt 
Tschynär burnü (= Ahornvorgebirg). Nach Arte- 
midoros bei Strab. XIII 622. In Handschriften 
und älteren Ausgaben (z. B. von Poppo 1828) 
sind an der Thukydidesstelle die Wörter xarav- 
zihqv Mt}^t>f.tvijg fälschlich zu ig c Aop.aTOvvra 




tes gehören und vielleicht aus einer jener lockeren 
Gruppen stammen, die uns so fremdartig anmuten 
(vgl. Brunn Gesch. d. griech. Künstler II 760 
«. Athleten. Furtwängler Dornauszieher und 
Knabe mit der Gans 25). Doch selbst zuge- 
geben, daß die alte Auffassung mehr für sich 



ischen Meeres, südwestlich von Karpathos, nord- 
westlich von Kasos. H. Kiepert FOA XII und 
Text a. e. [Bürchner.] 

Harcnene s. Armene. 

Harmiae, Völkerschaft Innerlibyens, zwischen 
dem Thalagebirge und den Fauces Garamanticae. 



hat, so wäre die Tracht eine durch Situation 30 Müller zu Ptolem. I p. 748 sucht sie in der 
und Haltung begründete Ausnahme; vor allem Gegend des heutigen Hermaua, westlich von 
aber entspricht sie unserem festen Typus nur Mursuk; Vivien de St. Martin LeNorddeTAfr. 



458 denkt an den Ourghmastamm (Ihn Khaldoun 
III 288); beides ganz unsicher. [Fischer.] 

Harmodios (s. Aristogeiton o. Bd. II S. 930 
und Suppl. I S. 133). 1) Zu der Erzählung von 
dem Tyrannenmord vgl. noch Kopp Jahrb. f. kl. 
Altert.' IX (1902) 609ff. (631 Versuch einer Er- 
.. o klärung, warum nach der freilich verschieden ge- 
festen Typus recht deutlich machen (z.°B. La- 40 deuteten Stelle (s. insb. Wilcken Herrn. XXXII 
bor de Vases Lamberg Taf. 14. Mon. d. Inst. 478f.) Arist. 14#. stok. 18,1 nicht Hipparch, son- 
dern Thessalos als derjenige angegeben wird, ä<p" ■ 
ov xal avvißt] n)v aQ%rjV avzoig yzvio&ai r&v xa~ 
kCov) ] de Sanctis 'ArWg S09ff. (spricht sich gegen 
die Aristotelische Wendung aus. hält an dem pri- 



ganz allgemein , denn der Mantel ist umgekehrt 
um den linken Arm geschlungen. Sie stellt 
sich damit zu einer kleinen Gruppe klassischer 
Gewandmotive . die im einzelnen noch stärker 
voneinander abweichen als die Gewänder der 
Mysten und dadurch gerade das Fehlen des für 
die Wende des 5. und 4. Jhdts. vorausgesetzten 



III Taf. 49. Compte rendu de Petersb. Atl. 1862 
Taf. 5. 1865 Taf. 4, 1. Mon. d. Inst. nouv. ann. 
1830 Taf. 6). In einer dieser freien Formen 
erscheint das Motiv bei einer späthellenistischen 
oder frühkais erheben Jünglingsfigur aus Magnesia 
(AVatzinger Magnesia 208). — Keinerlei An- 
knüpfung nach oben vermag ich für den ersten 
und den vierten Typus nachzuweisen; nur der 



vaten Charakter der Motive aus allgemeinen Grün- 
den fest, unter Anerkennung des legendenhaften 
Charakters der Überlieferung auch bei Thuky- 
dides). Busolt Gr. Gesch. H? 380ff. — Zu den 



seltene Tvpus des .Aerius Veras' findet zwar nicht 50 bildlichen Darstellungen: Hauser Rom. Mitteil. 

bei nackten, aber wenigstens bei gepanzerten XIX 163ff. (Die Farnesische Gruppe kann mit 

oder wie die . Frauen mit langem Chiton be- Sicherheit als eine Nachbildung des jüngeren 

kleideten Männern auf spätapulisehen Vasen und 

etruskischen Urnen vollkommene Analogien (Für t - 

wängler-R eich hold Griech. Vasenmalerei II 

Taf. 89 f.) ; ein kleiner Mantel ist bereits auf dem 

Polygnotischen Krater aus Orvieto in dieser Weise 

umgelegt — und zwar wieder bei aufgestütztem 

Fuß (Furtwängler-Reichhold II Taf. 108. 



Werks nachgewiesen werden). Meier ebd. XX 
330 (Rekonstruktion der Farnesischen Gruppe). 
Kopp a. a. O. Studniczka Jahrb. f. d. klass. 
Altert. XVII (1906) 545ff. (über das Verhältnis 
der beiden Darstellungen). — Die von Xerses ge- 
raubte Gruppe wurde wahrscheinlich unter der 

v o __ _ Doppelregierung des Seleiikos I und Antiochos I 

Michaelis a. Jö. 239 Abb. 435 links). Auf60Soter (293 281) zurückgesandt, Hauser a. a. O. 



den Urnen finden sich die Hauptzüge des Motivs 
hie und da auch bei stark bewegten nackten Fi- 
guren (Körte Urne etrusche I Taf. 87, 4. II 
Taf. 30, 6). Es bleibt also dabei, daß das Motiv 
der Statue des H. und Herakleides nicht auf Leo- 
chares zurückgeht, sondern zu einer Gruppe von 
Gewandmotiven gehört, die erst im 1. Jhdt. 
v. Chr. durch hohe Schürzung aus verbreiteten 



180ff. Über den Standort s. Judeich Topogr. 
von Athen 303. [J. Miller.] 

2) Athener, Sohn des Proxenos aus Aphidna, 
Nachkomme des Tyrannenmörders, diente als Sol- 
dat im Korinthischen Kriege (Isae. V 11), be- 
kämpfte 371 in der Volksversammlung den Be- 
schluß , den Feldherrn Iphikrates zu ehren (Dio- 
nys. HaL de Lysia XII p. 477, 12f. Plut. apo- 



phtheg, reg. et imp. 187 b. [Lys.] frg. 36—43. 
Sauppe Ör. Att. II 1781). Vgl. den Stamm- 
baum seiner Familie bei Kirchner Pros. Att. 
nr. 2232. [Sundwall.] 

3) Harmodios aus Lepreon (FHG IY 411. 
Susemihl Gr. Üt.-Gesch. II 399, 314), arkadi- 
scher Lokalhistoriker , der tibqi t&v xazd <Ptyd- 
},siav {iiaQa <&iya).ivoi frg. 2 M.) vofdizoiv schrieb 
mid nur von Athenaios in den Partien über beijzva 



dite finden wir sie durchgängig in der thebani- 
schen Sage und bei den darauf zurückgreifenden 
Schriftstellern, Aischyl. Suppl. 1041, Tgl. 1038.' 
Hellanikos Botamad, FHG I 47, 8. Eurip. 
Bacch. 1357. Diodor. IV 2. Ovid. A. a. III 86. 
Apollod. III 4, 2, 2. Hvgin. fab. G u. 148. Eustath. 
Dionys. per. 391. Ps.-Kallisth. I 46 (p. 51 C. 
Müller). Schob Pind. Pyth. III 153 b. IG XIY 
1285 Ü 2, 1 u. ö. Zum Gemahl wird ihr Kad- 



bei den verschiedenen Völkern und über Trink- 10 mos gegeben, dessen Name langst eine einwand- 
gefäße_zitiert wird (IV 1 48Fff. =*> XI 479 C. X4 12B. freie Herlcitung aus dem Griechischen gefunden 



XI 465 D). Titel, Inhalt und Sprache führen auf 
hellenistische Zeit : frg. 2 erinnert die Charak- 
teristik der Phigaleer an die ,Städtebilder' ; frg. 3 
ist dio Namensform ix &t.ali-iag erhalten, "die 
überall sonst und auch im Titel durch das später 
durchgedrungene (Paus. VIII 39, 2} <PiydlF.ia er- 
setzt ist. Eine nähere Bestimmung wird viel- 
leichtauf Grund der arkadischen Inschriften mög- 



hat, Pick Wörterbuch 114 66. Fick-Beohtel 
Griech. Pcrs. 156. Prellwitz Etym. Würtcrb. 2 
214; vgl. Evxaöuog Paus. X 19, 4; EvxadfttÖTjg 
IG II 1, 586 und Hesych. xdS/wg' ööqv, Xdcpog, 
doxig- KQfßF.s und dazu die von M. Schmidt 
erwähnte Phrase Aischyl. Eumen. 766. 

Daß II. von alters her nach Böotien gehört, 
wird durch das Zeugnis Hesiods, mit dem die 



lieh sein, Einen Verfasser von xcof.ion6ovfiF.va 20 anderen nicht wetteifern können, völlig gesichert; 

H. hat es nicht gegeben. Schol. 'Von. Aristoph. er vorsetzt sie in seiner Genealogie in den Kreis 

fast ausschließlich in Böotien verehrter Götter und 
Heroen; «lern Kadmos gebiert sie Ino, Semele, 



stoph. 
Vesp. 1239 ist der Name aus dem Fragment der 
JIslaQyoi I 503, 403 Kock eingedrungen und hat 
den Autornamen verdrängt. [Jacoby. | 

Harmogius kommt auf der Inschrift CIL III 
5320 = Dessau 4566 zu Seekau in Steier- 
mark, dem alten Solva der Provinz Noricum, als 
Beiname des Mars vor : Marti Latobio Ilarwogio 

Toutati Sinaii Mag . . . enio. Da die andern hier d _ .__...___, 

stehenden Beinamen des Mars keltisch zu sein 30 im megarisehen Nachbargebiet heimisch, auch der 
scheinen, jedenfalls Toutates (= Teutates, Lucan. Gatte der Autonoe hat .sich schließlich als alter 
Phars. I 441), so ist das auch von Harmogius 
anzunehmen. Als selbständiger Gott erscheint 
er CIL III 4014 = Dessau 4568 Harmoyio 
Aug(n,üo) saerum, wiewohl IL hier zweifelhaft 
ist, zu Pcttau, der römischen Kolonie Poetovio 
an der Drau in Oberpannonion. Merkwürdiger- 
weise kommt aber auch in denselben Gebenden 



Agane, Autonoe und als Sohn den Polydoros, der 
übrigens für die böotischc Sage eine bloße FüU- 
figur bildet. Semele, die alte phrygiseh-thrakische 
Gottheit (Kretschmer Aus der Anomia 17ff.) 
hat in Eöotien Heimatrecht erworben. Agaue und 
Autonoe sind dort alt eingesessen, Ino ist hier und 



ein Mars Marmogius oder Marmogius allein vor 



Böoter erwiesen, vgl. den theophoren Namen 
^AowT.^öÖMoog IG Vif 538. Als Thebancrin kennt 
H. auch Flaton Phaed. 95 A. Die gleiche Descen- 
denz wie Hesiod geben der Böoterin die späteren 
Schriftsteller, z. B. Pind. Pvth. XT 7. Eurip. 
Phoen. 8. Diodor IV 2. Schob Find. Pvth. III 
153b. IG XIV 1285 II 2. 1 u. ö. vgl. Leo Herrn. 
XV 307. Hecht alte Reminisccnzcn an den böoti- 



(s. Marmogius). Die Möglichkeit ist wohl noch 40 sehen Kult dürften auch in der Notiz des Pau- 



zu erwägen, ob nicht doch auch auf der Seckauer 
Inschrift Marmogio m lesen ist, da die Buchstaben 
H und M sich hie und da sehr nahe kommen. 
Eine etymologische Deutung ist unseres Wissens 
noch nicht versucht. [Hang.] 

Hannokydes, Phoker, Stratcg und Führer der 
phokischen Truppabteilung im Heere des Mardo- 
nios 479 (Herod. IX 17). [ Sundwall. | 

Harmon aus Gonnos, Strateg der Thcssaler 
zur Zeit des Augustu.s iIG IX 4, 10-14). 

[Sundwall. [ 

Harmonia. 1) Der Name dieser Gestalt der 
büotisehen Sage ist völlig durchsichtig : er be- 
deutet die Zusammenfügung, die Verbindung 
und den daraus hervorgehenden Einklang, vgl. 
auch Prellwitz Etymologisches Wörterb. 2 53. 
Abzulehnen ist es, mit Crusius (in Roschcrs 
Mythol. Lex. I 2. 1831i darin eine volksetymolo- 
gitehe Umbildung einer ursprünglich mit Hermes 



sanias IX 16, 3 vorliegen, der auf der Kadmeia 
von Theben drei archaische Holzbilder erwähnt; 
sie sollten Weihgeschenke der H. sein. ioyaodfjvat 
ös hxb dxooozoXtcov ä r.alg Käöftov vavoiv >}»■ 
ti'la jtsnoujftt'va. 

Als Vertreterin der in der Welt waltenden 
Ordnung und Schönheit gehört IL in Aphrodite* 
heiligen Kreis l P r e 1 1 c r - R o b e r t 378) ; noch ehe 
sie Einigkeit und Gesetzlichkeit in Staat und Ge- 
50meinde schafft (Plut, Pelop. 19). knüpft sie die 
jene begründenden Familienbande, stattet die 
Krauen mit Anmut und Lieblichkeit aus und wird 
zur gütigen Schützerin liebender Gemeinschaft und 
froher Lebenslust. Mit Chariten. Hören. Hebe und 
Aphrodite verbindet sie nicht nur der in Mittel- 
griechenland entstandene Homerische Hymnus auf 
Apoll (vgl. Leo Herrn. XV 308. Sikes and Allen 
The Homeric hyinns 6$), sondern auch Aischylos 
(Suppl. 1040) läßt sie, umgeben von Pothos, 

lohe 




sionen ihr durch den Namen klar bezeichneter 
Charakter überall zu Tage tritt. 

Sic wird schon bei Hesiod theog. 937 cf. 975 
erwähnt, wo sie als Tochter des Ares und der 
Aphrodite und Schwester des Phobos und Deimos 
eischeint. Als Tochter des Ares und der Aphro- 



ovog 
gnonCata- 

logue des vases peints du muse~e national d'Athenes 
nr. 1588, p. 503ff„ abgebildet in der 'E<ft}tt. oqx- 
1897, pl. IX u. X, besprochen p. 129). Vor Augen 
geführt wird uns Aphrodite mit ihrem Gefolge, 
das aus "Egctc, ji^ftovia, JJst&m, K6gt], "Rfhi und 
"IfteQos besteht. Auf dem Bilde einer eichel- 



fönnigen attischen Lekythos mit Goldsehmuck 
treffen wir Aphrodite, die nach links auf den auf 
ihrer Hand hockenden Eros schaut. Von links 
naht Peitho, dann folgt Hygieia, unten steht Tyche, 
die zut Mittelgruppe gehurt, an die sich rechts 
eine inschriftlich als H. bezeichnete Jungfrau an~ 
schließt (G. Körte Arch. Zeitung XXXVII 95f. 
Leo a. O. 307). 

Als H. die ihr vom böotischen Kult gezogenen 
Grenzen überschritt und ins attische Land gelangt 10 
war, dessen Kunst und Wissenschaft im 5. Jhdt. 
nach all den glänzenden Siegen herrlich erblühten, 
da trag Aischylos Bedenken, sie für die Tochter 
des rauhen Kriegsgottes, des verderblichen Ares, 
auszugeben und erklarte die segenspendende, 
staatscrhaltcnde Göttin für die Tochter des 
Zeus (Prometh. 551 : a^u. '?). Auf der von 
ihm bezeichneten Bahn folgte Euripidcs, der in 
der blondgelockten H. die Urheberin anmutiger, 
heiterer Kunst und das Prinzip der unvergäng- 20 
liehen zu Ebenmaß und Einheit strebenden 
Wissenschaften erblickt und ihrem, nicht der 
MnemosvTie Schoß die Neun zahl der Musen ent- 
stammen laßt (Medca 830f, ; vgl, Haupt Opusc. 
II 174. Leo a. (.).). Ähnlich weit wird ihr Wesen 
auch der alexandriniache Epiker Kapiton (im 
zweiten Buche seiner Erotika, s. Athen. X 425c) 
gefaßt haben, wenn sie bei ihm den olympi- 
schen Göttern den Wein kredenzt, nicht minder 
der Gewährsmann des Lactantius Placidus (('omni, 30 
Stat. Theb. TI 286), der sie mit Zeus zusammen 
dio Chariten erzeugen Hißt; an deren Stelle tritt 
als Charis selbst H., die in Libyen so genannt 
wird nach Nonnos XIII 339. All diese Ideen- 
kreise, in denen sich die letztgenannten Schrift- 
steller bewegen, dürften zum geistigen Eigcntume 
der hellenistischen Epoche gehören und verdanken 
ihr Dasein vielleicht dem Libyer Kallimachos 
(vgl. auch Crusius in Boschers Lex. T 1. 1832). 

Nach einer andern Lichtung wird ihre Ursprung- 40 
liehe Natur von den Philosophen verändert, die 
ihr Bereich derartig erweitern, daß ihre in der 
thebainschen Sage schärfer unirissenc Gestalt fast 
zur Allegorie verblaßt. Von den Stellen des Eni- 
pedokles. die sie erwähnen (Di eis Frum. d. Vorso- 
knitikei-s B 27. 3 [183. 24]. B 9l\ 4' [199. -1. 20 : . 
B 122, 2 [209, 10] I, ist besonders die letzte be- 
merkenswert, wo von der Erilnmtter. der weit- 
blickenden Sonnenjungfrau, der AfjQi; a/itaii'tooa 
und der I-Jo/YM'/?; i)ffi.FQÖmi$ usw. gesprochen wird. 50 
l'erülimter sind die Kapitel des Phitunisehen 
I'haidnn (41 ff. p. 91 Uff.): Snkrates wendet sieh 
hier gegen eine sicher herrschende philosophische 
Ansicht, nach der die Seele eine doiwria darstelle; 
mit feiner Ironie sagt er zu Schluß dieser Er- 
örterung zu den beiden Thebanern Kebes und 
Simmias: Ehr dij rd fttv'Aofzoviag fjfäv iij; Orjßai- 
y.i); i'Äsd ^ojg, cbg k'oixz, /atTQiojg yiyovFY und leitet 
dann das Gespräch y,\\ Kadmos über, der als xeo/zog 
verstanden wird. Diese Gedankengänge sind wieder 60 
möglicherweise von Plotin selbst, sicher aber von 
den späteren "Neupiaton ikern aufgenommen, und 
jene ganzen Anschauungen von der H. haben dann 
im Bunde mit orphiscli-my «tischen Spekulationen 
das gewaltige Bild gezeitigt, das Nonnos in seinen 
Dionysiaka vom W T alten und Wirken der ßtoaoöog 
(XJÄ 333), navzQotpos (XLI 314) und na/z/uTjTCOQ 
(XLI 277) 'Agftovta entwirft; sie wird bei ihm 



zur allbeherrschenden, welterhaltenden Göttin; 
ihre Dienerinnen 'AvtoMij, Avotg, Msa^fißQzdg und 
"Agxzog vertreten die vier Himmelsgegenden (XLI 
283). Ebenfalls harren 'Aarvvofzeia (v. 291) und 
EvQwofiv) (v. 312) ihrer Befehle; sie besitzt die 
Tafeln, auf denen die Geschicke der Welt ver- 
zeichnet stehen, und die die Namen der sieben 
Planeten tragen (v. 340f.). Zu trennen Ist sie 
jedoch als solche von der bei Nonnos daneben oft 
erwähnten Gattin des Kadmos. vgl. hierzu Kohl er 
'["her die Dionysiaka des Nonnos 24if., 82f. über 
die Gemahlin des Kadmos bei Nonnos s. Schöne - 
wolf Nonniana (Marburg. 1909) 24ff. 

Die Romane, die rationalistisch aufklärende 
Tendenz verfolgten, wußten natürlich auch H. um- 
zudeuten. Als typisches Beispiel für die ganze 
gewöhnlich Euhemerismus genannte Richtung 
wird man stets die Geschichte von der Flöten- 
spielern! H. anführen, die mit dem Koche Kadmos 
dem sidonischeu Könige durchbrennt (Euhemeros 
im 3. Buche seiner hon dvaygacprj bei Athen. 
XIV 658 1 vgl. Zielinski Archiv f. Religions- 
wissenschaft IX 57, 1). Derartige Berichte nahmen 
Spätere in rührender Einfalt für Ernst; so hat 
denn auch der Seholiast zu Eurip. Phoen. 7 als 
wichtigstes Faktum uns folgendes zu verraten: 
ÄEQxi/Äog Otjßafox) Tivog AgdtiOvrog, "Äveoig de vlov 
cf,r t oiv shai rr\v 'Agfiovcav dvyaTFQa, ov cpovsvoag 
KdÖftog i.yi-)fif.v 'Apuoviav, vgl. FHG IV 387, 4. 
Ähnlich lautet die Erzählung Palaiph. jifqI «jt. 
IV 10: Kati/tog xywv yvvatxa'Afia^ovida, fji ovofta 
2<piyg, yltinv F,i.g &r)ßag xai djroxrstvag AQaxovra 
r-i'jv is ovoiav xai ßaodsiav 7to.Qilcße, fiexa de xai 
rtjr äÖF/.ipfjv Aoäxortog, tji ovofta 'A@fiQvia< 

Damit haben wir uns schon der im ganzen 
Altertume hochberühmten Hochzeit des Kadmos 
und der H. zugewandt. Sie hat ihresgleichen nur 
an den Hochzeiten des Peleus und der Thetis (mit 
der sie Pin dar Pyth. III S9ff. wegen der vorher 
gegebenen Zusammenstellung von Kadmos und 
Peleus verbindet, vgl. auch den ovog von Eretria, 
an dessen unterem Rande Peleus und Thetis im 
Ringkampfe dargestellt sind), ferner des Admetos 
und der Alkestis (s. u.) und schließlich an der 
des Zeus und der Hera (von deren Feste die gol- 
denen Apfel der Hesperiden Nonnos XIII 351ff'. 
auf die thebanisebe Hochzeit überträgt). Zeus 
hatte, sc» hieß es. die H. Ares' und Aphroditeiis 
Tochter, dem Kadmos zur Gattin bestimmt, und 
am festlichen Tage verließen alle Göiter ihre 
himmlischen Gemächer, um auf der Kadmeia mit 
ihren Lieblingen gemeinsam zu feiern. Auch die 
Chariten und Hören kamen, das Fest zii ver- 
schönen, und als Glanzpunkt des Tages galt der 
erhabene Augenblick, als die Musen ihr herrliches 
Lied anstimmten. Das alle« war in einem Hesio- 
deischen Epyllion mach Art des Ki)vxag ydfiog) 
besungen, und ein Vers daraus ist noch in dem 
dritten der Hvnmen. die die Sammlung der Theo- 
gnidea beginnen, auf uns gekommen. Denn dort 
heißt es: Motoai xai Xöotrsg, xcvgai Aiög, al' 
.TOTg Kv.bj.wv j lg ydtwr l/.dovoai. xaÄöv deiaar'' 
F.xog m J um xa/.dv cfü.vv Iot(- to b' ov xalov ov 
tflXov ioriv (Bergk PLG II * 110. S. auch 
Bethe Thebanisehe Heldenlieder 101). Daß 
der letzten Partie eine besondere Bedeutung zu- 
kommt, die nicht aus den Theognidea selbst her- 
zuleiten ist, zeigt die Bezugnahme darauf bei Euri- 



jiaruiuiu.il 



XliUIUUUlä 



Jtides Phoen. 814 kuiz vor der Nennung der" Hoch- 
zeit zu Theben; als Sprichwort erscheint der In- 
halt des Verses Eurip. Bacch. 881. Hat Lys, 216c. 
Nicht nur die Hochzeit der H. und die Teilnahme 
der Götter daran wird bei vielen Schriftstellern 
erwähnt (z. B. Pind. Pyth. III 88ß\; frg. 29, 6. 
Eurip. Phoen. 822; Hypsipyle Oxyrh. Pap. VI 
p. 43, 377. Apollod. III 4, 2, 2. Onestes Anth. 
Pal. IX 216. Schol. Eurip. Phoen. 4 usw.), sondern 
auch der Sang der Musen (Theogn. 15. Pind. Pyth. 
in89ff. Hellanikos FUG I 47, 8. Nonnos V 103 
usw.; vgl. Preller-Robert 489). Noch zu Pau- 
sanias 1 Zeiten galt als sehenswert in Theben das 
Gemach der H. und die Stelle, wo die Musen die 
Hochzeitsweise angestimmt hatten (Paus. IX 12, 3). 
Die bildende Kunst hat sich ebenfalls mit 
Vorliebe der Darstellung der berühmten Feier zu- 
gewandt; so sah man am amykläischen Throne 
des Bathykles, der, wie gefundene Reste gelehrt 
haben, aus dem Ende des 6. oder Anfang des 
5. Jhdts. stammt, die Götter, die zur Hochzeit 
der H. Geschenke bringen (Paus. III 18, 11 ; 
Tümpel Jahrb. f. Philol. Suppl XI 666 nimmt 
mit Hinweis auf die Francoisvase an, daß auch 
die Eltern der H., Ares und Aphrodite, zugegen 
waren}. Wichtiger als dieses Zeugnis ist uns eine 
noch erhaltene Zeichnung auf einer kleinen 
schwarzfigurigen attischen Amphora aus Rhegion, 
auf der Apollon (inschriftlich bezeichnet) im langen 
Kitharodengewand die Phorminx spielend neben 
einem von einem Löwen und einein Eber ge- 
zogenen Wagen einherschreltet ; auf diesem stehen 
Aag^ovfound Käoopoz fßenndorf Wien. Vorlege- 
bl. C VII; auf das Bild hat Robert aufmerksam 
gemacht, besprochen ist es bei v. Wilamowitz 
Isyllos 187, der gleich die Parallele mit der Hoch- 
zeit des Admet zog, vgl. auch Herzog Götter- 
vereine 15). Derartige merkwürdige Gespanne 
finden sich z. B. auf der Würzburger Phineusvase 
{Furtwängler- Reichhold Griech. Vasenmalerei 
209n\, Taf. 41), wo Dionysos 1 Wagen von den zu 
ihm gehörigen Tieren, dem Löwen, dem Panther 
und zwei Hirschen gezogen wird; ähnliche Dar- 
stellungen erblicken wir auf den altionischen Gold- 
ringen aus Etrurien (Furtwängler Antike Gem- 
men III 85), von denen ich einen aus der Zeit 
um 600 v. Chr. stammenden namhaft mache; wir 
sehen einen unbärtigen Mann auf einem Wagen, 
der wie der des Eadnios mit Löwen und Eber 
bespannt ist, voran schreitet ein unbiirtiger ge- 
flügelter Dämon (Furtwängler Antike Gemmen 
I Taf. VII 3, II p. 32); man wird mit Furt- 
wängler (a. 0. III 85) den unbärtigen Mann 
Admet benennen, dem Apollon Löwen und Eber 
an den Wagen schirrt, damit jener Pelias" Be- 
dingungen erfülle und sich die schöne Alkestis 
erringe. So war es auch am amykläischen Throne 
dargestellt. Mit Recht hat nun Crusius in Ko- 
sehers Lex. II 1, 842 den Schluß gezogen, daß 
auch Kadmos dieselbe Aufgabe wie dem Admet 
gestellt worden sei für die Gewinnung der H. Mit 
der Töne Zauberinacht vollbringt für ihn der Gott 
die Tat. Darauf kann sieh das Fragment des 
Pindarischen Hymnus {frg. 32) beziehen. Doch 
scheint das nicht die einzige Forderung gewesen 
zu. sein, die man an Kadmos richtete. Auf einer 
in Vulci entdeckten, jetzt im Berliner Antiquarium 
befindlichen Vase ans dem Beginne des 4. Jhdts. 



(Furtwängler Katalog H 2ÖS4, ein gleiches 
Stück in der Neapeler Sammlung nr. 3226. Wiener 
Vorlegebl. I 7), die in Athen arbeitende Dorer, 
vielleicht Tarentiner, verfertigt haben (Kr et Sch- 
mer Griech. Vaseninschr. 212), bemerken wir 
Kadmos im Kampfe mit demthebanischenDrachen; 
anwesend sind dabei die Götter, und neben Kad- 
mos nehmen wir (die durch Inschrift bezeichnete) 
'ÄQfiovia wahr. Das Bild, das wir vor uns sehen, 

10 wird, wie schon Reisch (in Roschers Lex. II 1, 
836, 4) annahm, wegen seiner Kompositionsart 
auf ein Gemälde des 5. Jhdts. zurückgehen, das 
anscheinend unter Polygnotischem Einflüsse steht. 
Kadmos vor dem Drachenkampfe zeigt uns auch 
eine Vase aus der Krim (Eremitage nr. 2189, 
Compfce rendu 1860, pl. 5, reproduziert in Roschers 
Lex. II 1, 8391), doch ist es hier nicht sicher, ob 
H. zugegen ist. Nehmen wir zu dem Zeugnisse 
der Berliner Vase die oben zitierten rationalisti- 

20 sehen Berichte, nach denen Kadmos den Drakon 
tötet und die von ihm bewachte H. freit (vgl. 
H. D. Müller Myth. d. griech. St. II 322), so 
müssen wir folgern, daß auch die Tötung des 
Drachens Voraussetzung für die Erringung der 
göttlichen Braut war. Vielleicht dürfen wir die 
Sage unter Vergleich der nordischen Sigurdar- 
kvieta und vieler anderer Erzählungen dahin er- 
gänzen, daß H. als Göttin nur dem der Sterb- 
lichen folgen will, der der kühnste der Männer 

30 ist, und um ihr diesen Wunsch zu gewähren, stellt 
Zeus ihr einen Wächter, und er oder Ares legen 
dem, der um sie zu werben wagt, noch neue Auf- 
gaben auf. Sie vollbringt ein Liebling der Götter, 
der aus fernem Lande übers Meer her gekommen 
war. Wie weit es möglich sein wird, die einzelnen 
Züge der Sage bei Hesiod nachzuweisen, kann nur 
eine genauere Prüfung der Kadmoserzählungen 
dartun. 

Als weiter der Sagenkreis, der die Gestalt 

40 des Oedipus umgibt , mit dem Kadmosmythos 
verbunden wurde, da fragte man sich, wie der 
Fluch, der auf den Nachkommen des Götterlieb- 
lings Kadmos und der H. lastete, seine Erklärung 
fände, und nun knüpfte die Sage an die Hoch- 
zeitsgaben an. DaB die Götter Geschenke zu 
der glänzenden Feier brachten, wie einst zur Hoch- 
zeit der Thetis ist schon für die alte Fassung selbst- 
verständlich (vgl. Hellanikos FHG 1 47, 8), doch man 
setzt jetzt hinzu, daß Unsegcn an diesen gehaftet 

50 habe. Unter ihnen werden besonders ein goldener 
Ogino; und ein prächtiger .t«üo? namhaft gemacht. 
Die Halskette kennt schon Hesiod, der sie als äyalpta 
bezeichnet (frg. 233); der älteren Version wird 
vielleicht noch Pherekydes folgen, der sie ein Ge- 
schenk der Europa nennt (FHG 1 83,45 = Apollod. 
III 4. 2. 3), die übrigen erwähnen diesen tffpatoTo- 
xsvHtov oofiov als Gabe des Hephaistos (z. B. 
Stat. Theb. 271f ; nach Apollod. III 4, 2, 3 gibt 
ihn Hephaistos an Kadmos und dieser erst an 

60 H.) oder der Aphrodite (Eurip. Hypsipyle Oxyrh. 
Pap. VI p. 43, 378. Diodor IV 65. SchoL Pind. 
Pyth. IH 167a. Schob Eurip. Phoen. 71 tl a. m.), 
der ihn Hephaistos verfertigt hat (vgL Nonnos 
V 138). Pausanias IX 41, 2 teilt mit* daß das 
Halsband in einem alten AphroditeheUigtitm in 
Amathus auf Kypern gezeigt wurde, und seines 
Besitzes rahmt sich auch z. B. das Artemigion 
auf Dolos (BnlL hau. XIV 408, 2). Hephaistos 



AJ.»IUUVI1A<* 



soll es mit einem Fluche belegt haben aus Grimm 
•darüber, daß ihn seine Gattin mit Ares betrog 
(Stat. Theb. 27 IL). Auch der Besitzerin des 
Peplos folgte nach dem Plane des Hephaistos 
dadurch Unheil, daß ihr eine verbrecherische 
Nachkommenschaft in Laios 1 Geschlecht erwachsen 
sollte (Hygin. fab. 148, wo das Gewand Geschenk 
4er Athena und des Hephaistos ist). Das setzt 
also bereits das burleske Liebesabenteuer des 
Ares voraus und paßt nicht zu der alten Sage, 
paßt auch nicht für Böotien, denn dort finden wir 
•erst in ganz junger Zeit die Figur des Hephaistos. 
Welche Rolle das Halsband und der Peplos in 
■den übrigen thebanischen Liedern spielt, darüber 
vgl. man die Art. Alkmai on. Bethe o. Bd. I 
S. 1551, Eriphyle, Bethe o. Bd. VI S. 462 
und Polvneikes V. Wolff in Rosehers Mvth. Lex. 
III 2, 2669. 

Dies alles ist, wie gesagt, der alten Sage 
völlig fremd. Nach ihr leben Kadmos und H. 
von den Göttern reich gesegnet in Theben, bis 
sie alt und hochbetagt in die elysischen Gefilde 
-entrückt werden, paxägwv ig alav (Eurip. Bacch. 
1339; xoiijzai xal fiv&oyg&tpoi Schol. Pind. Pyth. 
II [ 153 b). Dort im Nordlande weileu sie dann durch 
höhere Macht zurückverwandelt ewig jung und ewig 
schön im Kreise seliger, gottbegnadeter Wesen, die 
von den Unvollkommenheiten des irdischen Da- 
seins nichts erfahren; davon mag ein altes Ge- 
dicht berichtet haben (Roh de Psyche II 4 369, 2) ; 
der Glaube ihrer Heimat macht sie zu Heroen, 
die in Schlangengestalt verehrt wurden. Denn 
als Schlangen erscheinen die Seelen der Ver- 
storbenen, die guten Geister, die das Haus 
schützen; vgl. Kroll Antiker Aberglaube 11. 
Mit Recht weist Kroll a. O. auf die Erzäh- 
lung von Piatons Schüler Hcrakleides hin, nach 
dessen Tode sein Leib verschwand und dafür eine 
Schlange auf dem Lager gefunden wurde. Jene 
Verwandlang des Kadmos geht ursprünglich in 
Theben vor sich; die Erinnerung daran hat sich 
bei Philostrat (imag. I 18) bewahrt. (Das Frag- 
ment aus Euripides FTG 930, das Valckenaer 
der Tragödie Kadmos hat zuschreiben wollen, und 
zu dem Nauck p. 496 vermutungsweise die bei 
Horaz epist. II 3, 187 erwähnte Verwandlung des 
Kadmos hinzunimmt, darf hier nicht gebracht wer- 
den, da man es richtiger mit v. Wilamowitz Aus 
Kydathen 141 uud 228 dem Euripideischen Erech- 
theus zuweisen wird). Die Verwandlung in Schlangen 
und die Entrückung ins Gefilde der Seligen kom- 
biniert die Sage und läßt Kadmos undH. aus Theben 
auswandern und auf einem Ochseiiwagen (vgl. 
aber Schol. Pind. Pyth, III 153b, wo es ini 
ÖQaxovTojr äofiazo; heißt) nach Norden ziehen 
dorthin, wo die Schlangenmenschen, die 'Eyy^let; 
wohnen. (In dem Namen erkennen wir das Wort 
p/ic, im Altindischen akis, von dem syjeXv; an- 
guilla hergeleitet ist). Die Encheleer führten, 
so fährt die Sage fort, damals Krieg gegen die 
Hlyrier; es war ihnen geweissagt worden, ihnen 
sollte der Sieg zufallen, wenn sie Kadmos und 
H. zu Führern hätten. Schon Herodot V 61 
kennt eine derartige Sage von der Wanderung 
nach Norden, doch spricht er allgemein von Kad- 
meern, die unter der Herrschaft des Leodamas, 
des Sohnes des Eteokles, von den Axgivern ver- 
trieben zum Lande der Encheleer sich wenden. 



Dann gab es noch einen alten Orakelspruch 
(Herodot IX 43), nach dem nordische Barbaren, 
Illyrier und Encheleer, das delphische Heiligtum 
ausplündern, danach aber sämtlich zugrunde gehen 
sollten (vgl. auch Eurip. Bacch 1359, wonach 
Kadmos ihr Heerkönig ist). Kadmos besiegt nach 
Übernahme der Führung die Illyrier, beherrscht 
die Encheleer und wird später mit H. zusammen 
in eine Schlange verwandelt (vgl. auch Nonn. 
10XLIV 107ff. XLVI 364ff. IV 418ff); nach Apol- 
lod. III 5, 4, 2 wird er darauf nochmals ins 
elysische Gefilde geschickt. Nach der älteren 
Version bleiben sie beide in Illyrien. dort gibt 
man ihnen einen Sohn Illyrios, der Eponym der 
Illyrier ist (Apollod. III 5, 4, 2; Eustath. zu 
Dionys. Per. 389; ihren Aufenthalt in Illyrien 
erwähnen noch Strab. I 46. VII 326. Parthen. 

c. 32, p. 87, 14ff. Diodor. XIX 53. Hvgin. 
fab. 6. Pausan. IX 5, 3. Nonn. IV 419. XLIV 

20 116. XLVI 364. Tzetzes Chü. IV 708 und die 
nachher Genannten), und geographische Weisheit 
wußte später an zwei wohl schlangenförmige 
Steine irgendwo im lUyri sehen anzuknüpfen, die 
Kadmos und H. darstellen sollten (Ps.-Skyl. 
Peripl. 24, Geogr. Gr. m. I 31 in der Nähe des 
Rizusflusses. Kallim. frg. 104; vgl. auch Schol. 
Pind. Pyth III 167. Dionys. Per. 395), während 
andere Leute ihren rvfißog kannten (Apoll. Rhod. 
Arg. I\ r 517. Phylarch bei Athen. XI 462 b 

30 nennt ihr /nvrj,usior. Dionys. Per. 390 ; vgl. 
Tzetzes Chü. IV 394. Eustath. zu Dionys. Per. 
391). Spätere knüpfen weiter an die Verwand- 
lung an und sehen darin die Strafe dafür, daß 
Kadmos einst den Drachen, der dem Ares heilig, 
nach manchen dessen Sohn war, erschlagen hatte 
(Hygin. fab. 6. Eustath. zu Dionys. Per. 391). 
Diese ganze Verwandlungssage, die also in 
Illyrien lokalisiert wird, rinden wir poetisch be- 
handelt bei Ovid (metamorph. IV 5 63 ff., vgl. III 

40 98). Es erwächst uns die Aufgabe, hierzu die 
Quelle aufzusuchen. Die Zusammenstellung der 
Encheleer mit den Illyriern beruht zweifellos auf 
einem etymologischen Spiele; die eigentliche Form 
des Namens der Illyrier liefert uns die attische 
Inschrift IG I 277, 20, wo wir kt/lvgios lesen 
(vgl. auch Kretschmer: Einleitung in d. Gesch. 

d. griech. Spr. 245) : jedoch wurde die Aspiration 
nicht lange in dem Namen bewahrt; die Sage 
brachte ihn deshalb ohne weiteres mit lV.o> zu- 

50 sammen, das die schlängelnde, ungeradlinige Be- 
wegung bezeichnet z. B. Nikander Ther. 478. Der- 
selbe Dichter erwähnt Ther. 607ff. eine Schlange 
unz* tjr F§gsy>£ AqiKojv xal Ndgovo; o/Or] \ 
Ziboviov Kdö/toio ßsuttihov 'Aouovirjz rz. \ sv&a 
hvoi daax?S)Ts vouor oTttßovoi boaxome. Dazu be- 
merkt der Scholiast, daß Drilon (der heutige Drino 
hiane) und Xaron Flüsse in Illyrien seien (vgl. 
Eratostlienes Geogr. 3 bei Steph. Byz . s. A vg gäxtov). 
Dort wohnten Kadmos und H., die in Sehlangen 

60 verwandelt worden seien, wie Dionysios sage. Aus 
der angeführten Stelle geht klar hervor, daß Nikan- 
der die Verwandlung des Kadmos und der H. in 
Illyrien gekannt hat, und da wäre es doch höchst 
wunderbar, wenn er sich diese Geschichte für 
seine hEgoiovfieva hätte entgehen lassen. Ovid 
wird demnach auch hier Nikander benutzt haben, 
dazu vielleicht die Hypomnemata des Theon zu 
der Stelle (vgl. auch Bethe Herrn. XXXIX lff.J. 



2387 



Harmoma 



Harmonieus 



2S88 



Die Verbindung der H. mit Kadmos hatte im 
Gefolge, daß diese ebenfalls von Böotien aus in 
den samothrakisch.cn Kult übernommen wurde, vgl. 
Kern Herrn. XXVl?f. Dort erscheint sie als Tochter 
der Elektra oder, wie Hellauikos im ersten Buche 
seiner troiamschen Geschichten sie nennt, Elek- 
tryone (vgl. Wilam owitz Herrn. XIV 458) und des 
Zeus und als Enkelin des Atlas und der Hcsione 
(Hellanikos und Tdomeneus von Lampsakos FHG 
II 494. 18. Schol. Apoll. Bhod. Arg. 1 016. Ephoros 
FHG I 235. 12. Schal. Eurip. Phocn. 7. Schol. 
Eurip. Phoem 1159); ihre Brüder sind Dardanos. 
der auch Polvarchcs, und Eetion. der auch Iasion 
heißt (vgl. Prcllcr-Kobert 855). Ephoros a. 0. 
erzählt, daß Kadmos an Samothrake vorüber- 
fahrend die H. geraubt habe . auf Samotlirake 
suche man sie bei den Pesten (vgl. auch hob eck 
Aglaoph. II 678). Demagoras (FHG IV 378, 1 
Schol. Eurip. a. 0.) laßt die von Libyen kommende 
Elektra nach famothrake gelangen ; dort gebiert 
sie dein Zeus Eetion. Dardanos und H. : es heißt 
dann weiter: xov Ök Kddf_iov xctoanliovia ■ exi 
QtpriGiv r/]g äözlyrig (astu Oäaov fivi]di)vai re xal 
(.ivovf.if.vov ihelv zr/v'ÄQffOriav, zrocroiai b'c'Athjräg 
aoTTÜoai avzt')v. Danach findet die heilige Hoch- 
zeit statt (vgl. auch Alnaseas FHG III 154. 28 und 
Aman FHG III 598, 64fA Welcher Wert der 
Version, nach der Kadmos die Elektra zum Weibe 
nimmt, zukommt, laßt sich nicht entscheiden (vgl. 
Schol. Eurip. Phoen 5). Fei DiodorV^O. der nach 
B ethes Ycrmuturg (Herrn. XXIV 424) in dieser 
Partie seines Werkes möglicherweise auf Apoll o- 
dors Pchiffskatalog zurückgeht, lesen wir eine aus- 
führliche Schilderung der Hochzeit des Kadmos 
und der H. auf Samotlirake. Es erscheinen auch 
hier die Götter zur Feier und spenden ihre Gaben: 
Demeter schenkt die Getreidefrucht, Hermes eine 
Lyra, Athena das berühmte Halsband und den 
Peplos, dazu Flöten, Elektra schließlich ra t»)<; 
fiF.yäXr<q xakcrutvj-jq /.djtooc toiv Oewv itgu fiy.ru. 
xvfißälojv xal Tvftjzdrcor xal tu>v ogyia'Cfh'Toyv. 
Besonders wird Apolls Spiel auf der Kithara und 
das der iluisen auf der Flöte hervorgeholien. 
Diese Szenen waren in gleicher Weise wie die 
thebanische Hochzeit sehr geeignet, in einem 
Epos ausgemalt und verherrlicht zu werden. Wir 
haben das nicht nur für Demagoras von Samos 
anzunehmen, sondern er hat in der Behandlung 
dieses 3Fotives einen hivalen in dem Dichter 
Hemdes von Prione gefunden, der in einem Ant- 
wortschreiben der Iriener an die Samothrcikier 
genannt wird, und der nach der Inschrift (Hiller 
v. Gaertringen Inschriften von Prione GM. 7. um 
100 v. Chr.) der f.ifjü^JF.o y I\äi)i.iov xa iA/juo\vi'ug] 
in seinem Epos gedacht bat. Sein Gedicht trug 
ihm diis Ehrenbürgerrecht von Saniothrake ein. 
(Alles Wesentliche hat Hiller v. Gaert ringen 
in den Pemerkungen zu der Inschrift gegeben). 

Das Suchen der H.. das einen Teil "der fest- 
lichen Gebräuche bildet, erklärt sich daraus, daß 
man jene mit der samothrakischen Köcri verband: 
veranlaßt wurde die Zusammenstellung durch die 
Gleichsetzung des jüngeren Kabiren mit dem 
thebanischen Kadmos; unerlaubt ist es jedoch, 
die Köre in den Mysterien vom Böoter Kadmos 
statt von dem Kabiren geraubt werden zu lassen 
(vgl. Preller-Robert 856). Nach C o n z e (Arch. 
Untersuchungen auf Samothrake II 26 ; vgl. auch 



I Taf. XXXV— XL1I) und Eobert (Preller 856, 

1) war vielleicht das Suchen der Köre im Giebel des 

neuen Kabirentempels vom Bildhauer dargestellt. 

Ob mit der samothrakischen Kultlegende dio 

Notiz des Vibius Sequester. Geogr, Fat. m. 149: 
Lelhacus fons insulac Greta e ita dictus 7 quod 
II. Cadmon ohliia dititar in irgend welchem Zu- 
sammenhange steht, läßt sich nicht ausmachen; 
vgl. auch Crusius in Boschers Mvth. Lex, II 1. 

10 860 

Von Abbildungen der H. sind noch zu berück- 
sichtigen die auf tyrischen Münzen Cat. Brit. 
Mus., Phoenicia 283', pl. XXXIV 2 : Kadmos mit 
der Chlamys über der Schulter, sonst nackt, in 
der Linken einen Speer haltend, ergreift mit der 
Beeilten die gleiche Hand Hs., die mit langem 
Chiton und Himation bekleidet sich ihm nach 
rechts zuwendet. Die Färse dahinter spielt auf 
Thebens Gründung an. Unsicher ist es. ob die auf 

20 der thebanischen Münze Brit. Mus. Cat. Central 
Greece 72 pl. XII 10 (44 ti 42G v. Chr.) befind- 
liche sitzende Figur mit langem Chiton als H. an- 
zusehen ist. .Nicht auf die samothraki sehe Heroine 
zu beziehen sind die Bilder Gerhard Etrusk. 
Spiegel III 196 und 200. Taf. CCV und CCIX. 
Das Sarbophagrclief der Villa Alb an i betrachtet 
man jetzt mit Pocht als Darstellung der Hoch- 
zeit des Feleus und der Thctis, Helbiir Arch. 
Ztg. X XIV 2 Ö 1 ff. O.So h m i d t Arch. "J alirb. II 

?A)Yi r i: vsrl. Crusius in Koscher« >fyth. Lex. II l t 
832. 3." 

Is'elien der thebanischen H. erwähnt der Sdo- 
liast Apoll. Khod. Arg. II 900 (= FHG I 75, 25): 
'Aofioria [rrftq-tj als Glosse zu dem folgenden 
Worte zu streichen] Aw'c, tjc y.al "Agecoc 'Afia^ovac; 
(■trat (} }jüt f I'f{ifixvö}jc, v)>. t':i£Tat 'AjwÄXtörtos (II 
i'92, vgl. Nteph. Bvz. s. 'Axfwvia). In den Scho- 
llen zu II. III 180 werden dafür Ares und die 
eponvine Nuiiphe Armeniens 'Agitfvhj genannt; 

40 das ist GeoüTapheiierfimlunt'; v^l. Crusius a. O. 
830, 3. 

Im allgemeinen vergleiche man die stets wert- 
vollen Pemerkungen bei Pro 1.1er- Kobert. dann 
Gruppe Griech. Mythologie und Crusius' sehr 
eingehende und irründliehe Abhandlungen H. 
und Kadmos in Eoschers Mvth. Lex. I '/, 1830ff. 
and II 1. 82Iff. S. auch den Art. Kadmos. 
A?s Personenname erscheint ^m/w/a öfter, z. B.: 

2) Anuorio. Tochter des Svralusaners Gclon, 
50 Valer. Vax. X 2. Liv. XXlV 241. 

3) Anthol. Pal. ATI 337. eine Frau nus Megara. 

4) K i e s e r i t z ky u nd W a t v. i n g e r Griech. 
Gralireliefs aus Siidrußland nr. 293 p. 51 . '1/3. Jhdt. 

5) IG XII 3 Suppl. 1302. 50. Freigelassene 
des Theräers Aristodikos. 

«) IG XII 2. 321, Tochter des Lesbiers 
Strvmcn. [Sittig.] 

7) Harnvuiia, Tochter Gelons, Enkelin Hie- 
raus IT. von Svrakus, war mit einem vornehmen 
00 S}rakusitr Tbemistos vermählt (Liv. XXIV 24), 
ward 214 nach ihres Bruders Hieronymos Er- 
mordung auf Volksbeschluß getötet (Liv. XX IV 
25). [Lenschau.] 

Harmonien s, Demos in Antinoupolis;,er ge- 
hört zur Phyle Sabina. Seine Einrichtung dürfte 
zugleich mit der Schaffung dieser, d. h. 2 agleich 
mit der Gründung der Stadt durch Hadrian 130 
n. Chr. erfolgt sein, P. Lond. HI 1164 f 38; 



23«y 



mrmonios 



XllUUlUiOlO 



i23; k27. P.Hamburg 15, 3. 16, 12. P. Oxy. 
YIII 1110, 9; s. Paul M. Meyer P. Hamburg 

I p. 66. [Walter Otto.] 

Harmonios. 1) Beamter in Syrien und dann 
in Arabien, im J. 364 wegen Erpressung verfolgt. 
Liban. epist. 1302, 

2) Grammatiker in Trier, in der zweiten Hälfte 
des 4. Jhdts. n. Chr., beschäftigte sich mit Homer- 
kritik. Auson. epist. 18, 26—30. [Seeck.j 

Harmoniiis irions, nur von Amin. Marc. XXII 
8, 17 unter der Form Armonius erwähnt, wofür 
Hirschfeld Harmonim schreibt, a. o. Ud. II 
S." 1200); von ihm kommt der Thermodon. H. 
de la Viile de Mirmont will wegen Apoll. Phod. 

II 992 Aemonius lesen, Ke\ r . phil. 1891, 84f. 

[Enge.] 
Harmosilas, eponvmcr Priester in Phodcs, 
2. oder 1. .Jhdt. v. Chr., Kai bei IG1 2393, 
X45t'. [Sundwall. | 

'ÄQpooxai, Vögte, Befehlshaber der spartani- 
schen Garnisonen, Statthalter. Neben der Form 
ä/ofioörij; findet sich die ionische Form ägfioofrjp 
Xen. bell. IV 8. 39; vgl. Hesych. s. v. und in 
einer Inschrift des 4. Jhdts. v. Chr. aus Kythera 
Athen. Mitt V 231; das Verbum do/mfetr = 
Harmost sein Xen. reip. Lac 14, 2 und 4 , vgl. 
Lukian. Toxar. 17. Nach Schob m Find. Ol. VI 
154 gab es 20 H. der Spartaner. Thuk. IV 53 
berichtet, daß nach dem von Perioiken bewohn- 
ten Kythera jährlich aus Sparta ein xvdijQodixtis 
als agy/t geschickt wurde; in schriftlich ist für 
Kythera im 4. Jhdt v. Chr. ein Adenau dros äguo- 
oTj/o bezeugt Athen. Mitt. V 231. und nach Xen. 
hell IV 8, 8 (393 v. Chr.) ließen die Athener 
ihren Mitbürger Kikophemos als Harmostes auf 
Kythera zurück, AVir können mit Eecht in dem 
Kytherodikes einen der 20 H. sehen und annehmen, 
daß die H. als Vögte jährlich von Sparta in die 
Perioikenstiidte geschickt wurden, um die kom- 
munale Selbstverwaltung dieser Städte zu ül er- 
wachen; daß sie eine spartanische Besatzung 
i<PQf,vnä) befehligten, zeigt die Stelle bei Thuk. 
IV 53~ vgl. B el och Gr. G. I 282. S c h o e m an n - 
Lipsius I 4 211 f. Anderer Art waren die von 
den Spartanern in die auswärtigen unterworfenen 
Städte geschickten H. Hesych. s. v. bezeichnet 
den H. als i^t/iüijTijg, Siiid. und Harp. s. v. er- 
scheinen die H. als ÜQ/orurc, vgl. Thuk. IV 57 
und 117, Bekker aneed. 206 als tf^ovoan/m^Hh 
als aoyorTf.g xal (foovonoyoi. Ihre Tätigkeit in 
der Fremde gibt Xen. reip. Lac. 14. 4 an; äo- 
ftöfrrTt" im ^t'vTji. Die Einsetzung der H. galt 
als /eichen der spartanischen Herrschaft: Dem. 
XVIII f j 6. Aischin. II 77. Isokr. IV 117. XIV 
13, und war besonders durch Lvsandros erfolgt: 
Plut. Lvs. 13. Paus. IX 32, 9. Erwähnt werden 
Alkamenes auf Leshos Thuk. VIII 5. Eteonikos 
auf Thasos Xen. hell. I F 32, Lelotus in Hera- 
kleia Trachinia Xen. hell. I 2. 18. Hippokrates 
in Chalkedon Xen. hell. I 3, 5. Klearchos in 
Byzantion Xen. hell. I 3, 15. Kallibios für Athen 
Xen. hell. II 8, 18, Derkylidas in Abydos Xen. 
hell. IV 8, 3—5. Über das übermütige Treiben 
der H., die ihrer verantwortlichen Stellung selten 
gewachsen waren und die Verbündeten fast wie 
die Heloten der Heimat behandelten , wurde viel- 
fach geklagt; Plut. Lys. 19. Isokr. IV llOf. , vgl. 
Xen. reip. Lac. 14, 2. Nach Xen. hell HI 5, 



12 wurden auch freigelassene Heloten als H. ein- 
gesetzt. Nach dem Sturze der spartanischen Herr- 
schaft erfolgte die Vertreibung der H. : Paus. VIII 
52, 4. IX 6, 4, 

Als Stadtvögte sind auch anzusehen der ag- 
ftooTtjs der Sinoper in Kityora Xen. anab. V 5,. 
19, die H. der Thebaner in den achaischen Städten 
Xen. hell. VII 1, 43 und in Sikyon Xen. hell. 
VII 3, 4 und 9. Wenn die Ergänzung der In- 
10 schrift Bull. hell. X 125, Z. 55: 6 vm-mordnis 
xal ol a[ofiü]omi richtig ist, gab es zu Thessa- 
lonike im 3. Jhdt. v. Chr. fünf H. ; über ihre 
Tätigkeit läßt sich nichts sagen. Literatur: 
Westermann in Pauly E.E. III 1069f. Gil- 
bert I 2 39. 95. Lecrivain in Haremberg et 
Saglio Dictionn, III 10. Busolt Handb. FV~2 ], 
1 98 316. Schoemann-Lipsius T* 93. 2111 
Beloch Gr. G. I 282. II 115. [X Oehler.] _ 
'Aquqowoi, Beamte in Sparta, die die Ani- 
20 führung der Frauen zu überwachen hatten : Hesych. 
s. äcfiöavvoi " dgxv xt ? & v AaxsÖaiftori Lil Trjg evxoc- 
fttag TtSv yvvaix<Zv. Die Definition legt einen 
Vergleich nahe mit den ol im ii\Q evxoafiiag tüv 
■zagdsvurv in Pergamon, Inscbr. v. Perg. 463 und 
dem 6 im rijs evy.ocfiias sc. xüv mxQ&evaiv in 
Smyrna, CI(r 3185, unter denen wohl keine 
Beamten, sondern Lehrer zu verstehen sind. Nicht 
unwahrscheinlich ist es daß in Sparta später die 
ywatxovmwi die Funktion der a. ausübten, vgl. 
30Annual Brit, School Athen XIV 124. Literatur: 
Westermann Paulv E.E. IIP 1070. Xv.Müller 
Hondb.rva 1,2, 110.5. Gilbert 12 66. Schoe- 
mann-Lipsius I 4 254. [J. Oehler.] 

Harmozeia (yßooq bei Arrian; in den Plinius- 
hss. Arwysia regio, verschrieben aus Armuxiu) 
hieß die flache Küstenlandschaft Karmanicns auf 
der Ostseite der Straße von Hormüz, die noch 
heute ihren Namen trägt, zwischen dem Eingang 
des Persischen Golfes und dem steilen Außen rand 
40 des wilden, unzugänglichen Berglandes Baskird 
(ßesäkird, bei Ptolem. Kanthonike). Der GauBiyä- 
bän, den wir heute hier rinden, entspräche IL 
völlig, wenn er nordwärts den inneren Winkel 
der Meerenge und die Mündung des Ananis (Fluß 
von Munal») erreichen würde. Aler gerade die 
fruchtbare Alluvialebene dieses bedeutendsten kar- 
manischen Wasscrlaufs war der Hanptteil des An- 
tiken Gaues, wie Nearch uns lehrt, der ihn zuerst 
uns nennt (bei Arrian. Ind. 33, 2 und Iuba-Plin. 
50 n. h. VI 107 t. F.s ist auch nicht ausgeschlossen. 
ja wahrscheinlich, daß sich H. noch weiter nach 
'Westen erstreckte, dem großen Bogen der Straße 
von Hormüz bis zur Clarcnceenge folgend und 
damit die gesamte, bis 40 km breite karma- 
nische Flachküste unter den steilen Bandgebirgen 
umfassend — in dieser Ausdehnung eine ge- 
■ .schlossenc geographische Einheit. Denn dadurch, 
daß Nearch von der Ananismündung nicht durch 
die Clarencestraße , sondern an der Außenseite 
60 des kanonischen Inselgßrtels entlang gefahren 
ist, blieb die West^rcnze H.s ungenannt und un- 
bekannt. Dagegen' fiel sicher die Grenze im Süd- 
osten annähernd mit der Südgrenze von Biyabän 
zusammen; sie lag am Sabis Creek, dem Fvodi- 
Gez (Taniariskenßuß) . und hei der persischen 
Festung Kunäri, die der Stadt Sabis entsprechen 
mag, 800 Stadien nördlich von der karmanisch- 
gadrosischen Grenze (am Bäß al Küh, Vorgebirge 



Karpella der Ptolemaioskarte). Iuba bei Plin. 
n. h. VI 107: ab initio eius (Carmaniae) ad 
f/umen Säbim C p. } inde virteas coli et arva ad 
flumen Ananim XXV milium spatio; regio 
■vocatur Armuxia. Dieser Beschreibung liegt 
Nearchs Küstenaufnahme zu Grunde und zwar 
in der ausführlicheren Fassung, die uns verloren 
ist. Denn nur so erklärt sich, daß Plinius oder 
bereits König Iuba versehentlich die für ein 
kleineres Kiistenstück unmittelbar südöstlich von 10 
der Ananismündung geltende Zahlenangabe von 
"200 Stadien auf die ganze Küste zwischen jener 
und dem Sabis übertragen hat. Nearch rechnete 
im ganzen dafür 800 Stadien, ebensoviel wie vom 
Sabis zur gadrosischen Grenze, da sein vorletzter 
Ankerplatz vor Erreichung des Ananis, von Ar- 
rian kurzweg 7ig6; alyialoi egfyurp bezeichnet, 
also ohne Ortschaft, offenbar in der sehr gün- 
stigen Mündung des schiffbaren Tamariskenflusses 
gesucht werden muß. Hier zuerst wurden von 20 
Nearch das arabische Gegen gestade und das Kap 
Musandan gesichtet, die Natur der Meerenge und 
der Aufschluß eines ungeheuren, dem Mittelmeer 
vergleichbaren Golfes erkannt. 

Darum setzt fortan die von Eratosthenes ab- 
hängige griechische Erdkunde hier das Stoma des 
Fersischen Meerbusens an (Eratosth. bei Strab. 
C_. 765 Ende [vgl. C. 726J: ott to /ulv ozöua 

€tVai OlSt'OV QVZUiS CÜ£ T i'f f AQ[l6£cQV tov tijs 

Kagfiaviag axgcoTrjgiov xfjs 'Agaßiag ä<pogÜTai zo 30 
iv Maxais und bei Ainmian. Marc. XXIII 6, 23 : 
ex Harmoxonte Carmaniae promontorio usw.), 
und bestimmt sich das karmanische Vorgebirge, 
das die Meerenge flankiert, mit völliger Sicher- 
heit in dem allerdings nur flachen Küsten vor - 
Sprung Ras Kunäri, etwas im Süden von der 
Mündung des Tamariskenflusses. Die Überliefe- 
rung i£ 'Agf.io^ojv tov r. «. a. hat Anstoß erregt 
und die von Casaubonus vorgeschlagene Ver- 
besserung in e$ c Agfio£ovTos tov usw. fast allge- 40 
meine Billigung gefunden; aber Marcianus (pe- 
riplus maris ext. I 27) schreibt wie Strabon : 
£.t( 'AgfiöCwv äxgcoTTjoiov und äxö tov *Aguö£oyv 
<mg., wonach auch bei Ptolem. VI 8 aus "_e,«cCo?' 
uxqov r Aoii6£oiv axgov herzustellen ist. Also 
hatte es Eratosthenes Vorgebirge der Harmozoi 
genannt, aus geographischen Rücksichten, um ihm 
einen leicht verwendbaren Namen zu geben; ein 
Kap , Harmozon' hat es an Ort und Stelle natür- 
lich nicht gegeben. Die Harmozoi sind die An- 50 
wohner der Landschaft H., die wohl Xearch und 
Eratosthenes richtiger Harmozia geschrieben hat- 
ten. Hartnoxaei heißen sie bei Plin. n. h. VI 
110, wahrscheinlich nach dem Bericht des One- 
sikritos a promunturio (sie!) Carmanis iun- 
guntur IV Das Kap der H. ist hier kurzweg 
das Vorgebirge; ebenso VI 109 a flumine Arabi 
promunturiumipsum inhabitant usw., nämlich 
die Carmani. wie Mela III 75, aus derselben la- 
teinischen Vorlage schöpfend, uns belehrt. Nach SO 
Plin. VI 98 folgt auf den Hyctanis (= Ananis) 
promunturium Carmaniae, ex quo in adver sam 
oram ad gentem Arabiae Maeas traieetus distat 
L. p. t d. n. das Kap der H. galt manchen Geo- 
graphen als das .karmanische Vorgebirge' xax 
i£ox$v, unzweideutig bestimmt durch seine Lage 
am Stoma des Persischen Meerbusens. Erato- 
sthenes und seine Schule (Strab. C. 726) dagegen 



unterschied es durch jenen Zusatz von dem »ersten' 
Kap Karmanieus, das nach Süden in den Ozean 
hineinspringt, die Karpella äxga der Ptolemaios- 
karte. 

Die auf das Vorgebirge bezüglichen Angaben 
des Plinius (VI 98. 109. 110} finden sich freilich 
in geographisch auf das ärgste verwirrtem Zu- 
sammenhange und scheinen auf den ersten Blick 
kaum verweitbar. Sie gehen aber alle drei im 
letzten Grunde auf Onesikritos zurück und sind 
Plinias durch mehrere Zwischenquellen vermittelt 
worden, deren erste (Alexander Polyhistor) den 
Periplus der iranischen Küsten in Nearchs Fahrt 
entgegengesetzter Richtung, von West nach Ost 
beschrieben hat; die jüngere, lateinische hat ver- 
sucht, ihn wieder in die Ostwestrichtung umzu- 
setzen, mit dem zweifelhaften Erfolg, daß die 
ostwärts auf die Ichthyophagen folgenden Oreiten 
und Arbieis und Örtlichkeiten des Indusdeltas wie 
der Portus Macedonum ( = 'A?.e^dvSgov Xifitjv) in 
die Nachbarschaft Karmaniens übertragen worden 
sind. Derselben Ungeschicklichkeit ist Plinius 
zum Opfer gefallen, wenn er das Kap der H. an 
der Persischen Meerenge im Westen der Hycta- 
nismündung ansetzt (VI 98). Die Sicherheit 
unserer Ansetzung am Ras Kunäri wird dadurch 
nicht erschüttert, Vielmehr ergibt sich als un- 
anfechtbares Resultat, daß auch der Bericht des 
Onesikritos wie derjenige Nearchs selber die re- 
gio H. an dem Punkt der karmanischen Küste 
beginnen ließ, der das gegenüberliegende ara- 
bische Vorgebirge zuerst in Sicht bringt. 

Hatte Eratosthenes irrig den Eingang des 
Persischen Golfes gleichsam auf eine Linie zwi- 
schen den beiden Vorgebirgen reduziert, so ist später 
den letzten wissenschaftlichen Vertretern der grie- 
chischen Erdkunde die lange, nord-südliche Erstrek- 
kung der Meerenge nicht mehr verborgen geblieben. 
Sie wird jetzt richtiger charakterisiert als Ein- 
schnitt zwischenzweiGebirgstficken, denBergender 
Asaboi auf der arabischen Seite, und dem .runden*, 
mächtig aufsteigenden Pik der Semiramis auf 
der karmanischen , den man freilich auch am 
Kap der H. über die niedrigeren Vorberge der 
Küstenlandschaft herüberragen sieht, dessen ganze 
majestätische Form aber nur dem auf dem ara- 
bischen Gegengestade Stehenden sich enthüllt, 
ein wenig vergleichbar dem Taphiassos, dem 
schönen Eckpfeiler der Meerenge von Ehion. So 
hat ihn der ungenannte Kaufmann gesehen, dem 
wir den Periplus des Erythräischen Meeres ver- 
danken (Geogr. gr. min. I § 35 p. 284). Auf 
ihm und anderen Zeitgenossen beruht die bessere 
Darstellung der Ptolemaioskarte und die Be- 
schreibung Marcians (periplus m. ext. I 27). Als 
der eigentliche Eingang der Meerenge gilt ihnen 
richtiger nicht mehr das Kap der H. , sondern 
Kap Karpella (so Marcian ausdrücklich!). 

Ptolemaios und Marcian geben als Entfer- 
nung zwischen den beiden Vorgebirgen 750 Sta- 
dien, bis auf eine geringe Differenz mit Nearch 
übereinstimmend. Dagegen haben sie die an sich 
schon übergroße Zahl Nearchs von 800 Stadien 
zwischen der Ananismündung und dem Kap der 
H. noch auffällig erhöht, stimmen aber auch 
untereinander nicht überein, da Marciaa insge- 
samt 1400 Stadien rechnet, die Positionen der 
Ptolemaioskarte etwa 1200 ergeben. Von den 



_S3_*3 



mrmozeia 



narmozeia 



aay<- 



Einzeldistanzen dieser Küstenstrecke bei Ptole- 
maios und Marcian interessieren uns hier die auf 
eine Stadt Harrmt&a bezüglichen. Sie wird uns 
im Altertum nur von ihnen genannt; für die 
Auffindung ihrer Lage ist die Entscheidung zwi- 
schen beider Angaben grundlegend. Doch birgt 
sich, wie schon längst gesehen, die Stadt offen- 
bar auch in Hermupolis bei Ammian. Marc. XXII I 
6, dessen Geographie von Iran in ebenso nahen 

t. ■ T T1J.-1 J .:,~ ~4-„"Ui 1„ ^„- ~D„ 



Flußlandschaft am Ananis ein wahres Paradies i 
<piliu 8i 7]örj xal ziafttpoga ravTfl tjv, wie auch 
der Perser selbst sie preist, der schönste Garten 
Irans zu sein. Im Ananis wurde Gold gewaschen ^ 
auf Gold, Silber Kupfer, Eisen, Zinnober, Rötel 
und Steinsalz (dessen Lager eine interessante geo- 
logische Formation der Küstenregion und In sein r 
namentlich der Insel Hormüz bilden, darnach 
die Hormüz Salt Formation gerannt) ließen die 



Beziehungen zu Ptolemaios steht wie der Pe- 10 Achaemeniden in den Randgebirgen graben (One- 

"1 ~1T_ _ *_ T~li- _ 1 j-t-r» i-, 1 ^ -. „ rt-t rtlni rt-J- A t rt Itov nil^wl + j-.,-! It.«-! Q+-v»nl^ I ' ^f^ß "Pti fi __ nnn riüi T*l-m 



riplus Marcians. Ptolemaios zeichnet die kar- 
manische Küste vom Ananis zum Kap der H. 
in südwestlicher Richtung; indem sie hier all- 
mählich nach Norden zu einem kleinen Vorsprung, 
dem genannten Vorgebirge, umbiegt, entsteht im 
Osten des Kaps eine kleine Bucht. An dieser 
ist die Stadt Harmuza angesetzt, kaum 200 Sta- 
dien vom Vorgebirge, über 1000 Stadien vom 
Ananis entfernt! So die Ptolemaioskarte, mit 



sikritos bei Strab. C. 726 Ende und bei Plin. 
VI 98). Aber noch diente keines dieser Pro- 
dukte zur Belebung des Handels. Wir haben 
gar kein Recht, wie gewöhnlich geschieht, schon 
für die Zeit Alexanders eine Stadt H. am Minäb- 
flusse und an der Stelle der persischen Festung 
anzunehmen; auch nicht unter dem Namen Sal- 
mus, den Diodor. Sic. XVII 106, 4 der ztolig 
Ttagadaläöötos gibt, in der angeblich Nearch ge- 



der Marcians Zahlen so völlig unvereinbar bleiben, 20 landet und mit Alexander zusaminm engetroffen 



daß über ihre selbständige, von Ptolemaios un- 
abhängige Entlehnung aus einem topographischen 
Qu eilen werk kein Zweifel obwalten kann. Dieser 
nicht näher bestimmbare Periplus maß 800 Sta- 
dien für die Küstenlänge zwischen Stadt und Vor- 
gebirge H. Das ist aber genau die Entfernung, 
die Nearch zwischen dem Stoma (am Kap H. !) 
des Persischen Golfes und dem Ananis annahm. 
Die Übereinstimmung beruht schwerlich auf Zu- 



sei. Aber nach Nearchs eigenen Worten lagen 
der Ort des Zusammentreffens und das makedo- 
nische Standlager fünf Tagemärsche landeinwärts ; 
mit Recht sucht darum Tomaschek Salmus in 
Guläsgird, weit im Innern auf dem Hochplateau. 
Noch der griechische Kaufmann der zweiten Hälfte- 
des 1. .Jhdts. kennt und nennt nur zwei persi- 
sche Emporia und Welthäfen, Charax Spasinu 
am Schatt el-Arab und Omana an der westga- 



fall, vielmehr hat nach aller Wahrscheinlichkeit 30 drosischen Küste (peripl. mar. Erythr. 35. 36). 



die topographische Quelle Marcians Nearchs Zahl 
zugrunde gelegt. Also stand die Stadt Harmuza 
am Ananis (Mlnäb). Marinos-Ptolemaios aber 
dürften durch die Übereinstimmung der Namen 
verleitet worden sein, entgegen den Angaben der 
Küsten beschreibungen die Stadt in die unmittel- 
bare Nachbarschaft des Vorgebirges zu rücken. 
Aber diese Lage wird allein schon durch die Be- 
trachtung der topographischen Gestaltung der 



Man sieht, das karmanische Küstenland hat auch 
jetzt noch nicht Teil an dem großen Durchgang- 
handel des Persischen Meeres, wenn auch wahr- 
scheinlich die Stadt Harmuza damals schon ge- 
gründet war, da sie Marinos in seinen topo- 
graphischen Quellen vorfand. Sehr verkehrt ist 
die Harrnoxa regia des Geogr. Rav. (p. 52) mit 
der karmanischen Küstenstadt gleichgesetzt wor- 
den. Das Itinerar enthält die Straße von Perse- 



Küstenlandschaft sehr unwahrscheinlich ; man muß 40 polis nach Ekbatana, die auch die Tab. Peut. ver- 

--■- 1 — 1 -~ — - 7 — zeichnet, und die Königsburg liegt an dieser wenig 
nördlich von der persischen Hauptstadt, offenbar 
die Ruinenstätte Murghäb mit dem berühmten 
Cyrusgrab. 

Die Blütezeit Harmuzas beginnt deutlich erst 
in der Sasanidischen Epoche, vielleicht geweckt 
und begünstigt durch die Großkönige selbst ; we- 
nigstens wird von der Tradition unter den Grün- 
dungen des Stifters der Dynastie, Artachslri Pä- 



erwarten, den Vorort in den zentralen und zu- 
gleich von der Natur am besten ausgestatteten 
Strichen zu finden. Diese gruppieren sich um 
den Ananis. Hier residierte auch nach Nearchs 
Schilderung der vjzagxo* des karmanischen Kü- 
stenlandes, der zuerst Alexander d. Gr. die Kunde 
der glücklichen Ankunft der Flotte überbrachte. 
Freilich läßt Nearchs Bericht klar erkennen, und 
was aus dem Werke des Onesikritos erhalten ist, 



bestätigt, daß damals im karmanischen Küsten- 50 pakan (gestorben 241) ausdrücklich auch Hör- 

"I ^ . . _1 ^ _. _ >1_ l__* u _X^ Ji' ~.l. -_ /^ ____ „T__ w_. „*. *-m^ *.Z .->1t wi^ ww #-*,-• *■**-» -»-l ^* J- ihn . U ftnmft n Inrtilmnlnitor/in 1 An_ 



lande noch kein städtisches Gemeinwesen sich 
entwickelt hatte, noch kein Hafenplatz, in dem 
Handel und Verkehr das iranische Binnenland 
mit den Gestadeländem des Indischen Ozeans 
verknüpften. Selbst mit dem nahen arabischen 
Kontinente scheint noch kaum ein lokaler Aus- 
tausch stattgefunden zu haben. Hinter dem 
stark sumpfigen Strand- und Lagunengürtel üppig 
wuchernder Mangroven lag das karmanische Küsten- 



müz genannt. Da Kosmas Indikopleustes (An- 
fang des G. Jhdts.) in seiner christlichen Topo- 
graphie zwar die indischen Ausfuhrhäfen, leider 
aber nicht auch die persischen Eingangsemporien 
des östlichen Handels namhaft gemacht hat, fehlen 
noch direkte Zeugnisse, um den Anteil der letz- 
teren und die Bedeutung des Sasanidischen Hor- 
müz sicher bestimmen zu können. Nach der mus- 
limischen Eroberung Irans unter den Abbasiden 



land noch einsam mit seinen Dattelpalmen- und 60 unterrichten uns die arabischen Geographen voll- 
rx 1.~.-_~_ „^_._ txt_.-__._i. n-_ m au f. } nnen gut H. als Haupthafen des Persischen 

Golfes, wetteifernd mit Siräf, dem halbwegs zwi- 
schen der Meerenge und der Euphratmünde ge- 
legenen Emporion, und vorzüglich die Einfohr 
nach dem Norden und Chorasän vermittelnd. Die 
Trümmer der arabischen Stadt H. hat man am 
Ufer des Mlnäb Creeks, etwa 6 englische Meilen 
von der persischen Feste und 9 von der Fluß- 



Orangenhainen, seinen Weingärten voller Riesen- 
trauben, seinen Obstbäumen und Kornfeldern, 
deren künstliche Bewässerung die meisten Wasser- 
läufe schon lange vor Erreichung des Meeres auf- 
zehrt (Arrian. Ind. 32, 5. 33, 2. Strab. C. 726. 
Plin. n. h. VI 107). Nur den Ölbaum vermißte 
das griechische Auge, aber nach der Öde und 
Wüste der gadrosischen Küste dünkte es die 



2395 



Harmozike 



Harpagos 



2396 



mttndung entfernt aufgefunden. Wahrscheinlich 
dürfte hier auch die sasanidische und noch früher 
die aTsakidische Gründung gestanden haben. 
Unter den letzten Abbasiden war H., seiner geo- 
graphischen Geschlossenheit angemessen, ein selb- 
ständiges Königreich ; die Namen seiner arabischen 
Fürsten kennen wir. Einer von ihnen, um 1300, 
glaubte seine Hauptstadt den mongolischen Ein- 
fällen allzu preisgegeben und tat den bedeut- 



an der Südküste der Propontis. Andere verlogen 
den Ort des Eaubes an das Vorgebirg Dardanioh 
oder Dardanis (s. Plan des Hellespontos). Als 
Gemeinde bezahlte H. zum 'EXX-gojtovxiog <p6go$ 
des Athenischen Seebundes von 439 —421 v. Chr. 
je 300 Drachmen, Pedroli Studi di Storia Aut. I 
(1891) 155ff, Larfeld Handb. d. gr. Epigr. II 1, 
24ff. 410 nimmt die athenische Flotte 8 Schiffe 
der Peloponnesier bei Priapos und H. Die Stelle 



«amen Schritt, ihre Bürgerschaft, ihre Handels- 10 von H. wird von R. Kiepert Karte von Klein- 



kontore und Hafenaulagen auf die nahe Insel zu 
verpflanzen, die seitdem bis heute den alten Na- 
men usurpiert hat. Nach dieser radikalen Um- 
wälzung erhebt sich H. während des 14. — 16. 
Jhdts., zuerst noch unter der arabischen Dyna- 
stie, dann unter portugiesischer Herrschaft, zu 
jener höchsten, fabelhaften Blüte, die immer von 
neuem die größte Bewunderung und das Staunen 
der Weisenden aller seetüchtigen Nationen her- 



asien Bl bei einer Lagune zwischen Grauikos- 
und Aiseposmündung angesetzt. [Biirchner.] 

flarpagion s. Harpagia. 

Harpago {äg^dyg), eine lange Stange mit 
einem eisernen Haken vorn, Liv. XXX 10, 16: 
asseres farrco unco praeßxi , an einer Kette 
hängend, verwendet bei Belagerungen zum Ein- 
reißen von Mauern , Palisaden u. ä., Caes. bell. 
Gall. VII 81. Auetor B. Hisp. 16. 2, oder auch 



vorrief; es wurde einer der ersten Welthäfen, in 20 im Seekrieg, um feindliche {Schiffe heranzuziehen, 



dem alle oeeiden tauschen und orientalischen See- 
mächte und Landesprodukte sich trafen. Wie 
ein lateinisches Distichon, kaum übertrieben, sagte : 
Si terrarum orbis, quaqua patet, annulus esset, 
Illius Ormishwi gemma decusqne forel. 
Vgl. Lord Ourzon Persia and the Persian que- 
stion II 413-427. 

Tomaschck leitet den Namen TL ab von 
der Hauptfrucht der Küstenlandsehaft, der Dattel 



also ähnlich der marius ferrea. Plin. n. h. XVII 
209 und dem corvus (s. o. IM. IV S. 1665). 

[Liebenam.] 
Harpagos. 1) Meder, Angehöriger des könig- 
lichen Hauses des A^tyages (avi)o oixijiog Herodot. 
I 108). wird Verräter an dem König; die Erzäh- 
lung des Herodot (I 108— IM 117-119) von 
dem Anteil des H. an der Aussetzung des Kyros 
und von seiner grausamen Bestrafung soll wohl 



(npers. khurma), und vergleicht die arabische Be- 30 den Verrat entschuldigen. Er setzt sich mit 



Zeichnung des Königreichs Hormüz. Moghistän. 
die sicher Dattelland bedeutet. Das scheint be- 
stechend, wird aber sehr zweifelhaft durch die 
Wiederkehr desselben Namens auf dem Hoch- 
land der Persis ; denn llarmoza regia, nördlich 
von Persepolis, (s. o.) liegt längst außerhalb der 
nördlichen Grenze der Dattelpalme und noch mehr 
der Dattelkultur, deren Produkt; im Gegenteil 
nach jenen Distrikten eingeführt wird (vgl. Th. 



Kyros in Verbindung und geht in der ersten 
Schlacht zu Kvros über (550 v. Ohr.), Herodot. 
I I23f. 127. 129. Er ist daran! Feldherr des 
Kyros im Kampf gegen die Lyder ; seine Kriegslist 
entscheidet den Kampf bei Sardes Herodot. I 80. 
Nach Diod. IX 85 ist er es, der als der Statt- 
halter der Meeressatrapie die Griechen abweist, 
als sie nach Untergang des lydischen Kelches in 
ein 'Vertragsverhältnis zu Kvros treten wollen. 



Fischer Die Dattelpalme, Erg.-Heft 64 zu Pe-4*iAls Nachfolger des Mazares unterwirft er die 



termanns geogr. Mitteil.). Also kann H. hier 
nicht von der Frucht abgeleitet werden, und wir 
sind genötigt, für beide Ortsnamen ein anderes 
Wurzelwort anzunehmen. Wie aus ähnlichem 
Grunde die parallele, von Hübschmann Alt- 
armen. Ortsnamen 405 versuchte Herleitung des 
Namens der altarmenischen Ortschaft Annavasen 
von armav .Dattel' scheitert. Vgl. Tomaschck 
Küstenfahrt Nearehs "0 — 47. [Kiessling.] 



ionischen Städte, die Karer und Knidos, die Lv- 
Merund Kaunier. Herodot. 1 162—168. 171. 174 
— 177 (Treuber Gesch. d-'rLvkler Ol). Duncker 
Gesell, d. Altert. IV* 254 IT. ":-J3Cff. II 760. Bu- 
solt Griech. Gesch. II - 505fT. Präsek Gesch. d. 
Meder u. Perser 2 >7. 209f. 223. Aus dem Um- 
stand, daß in Xanthos auf einer Inschrift des 
5. oder wahrscheinlicher des 4. Jhdts. der Sohn 
eines IT. genannt wird (OIG 4269 = Kai bei 



Harmozike (Strab. O. 5 | il) s. Ärmastika. 50 Epigr. gr. 70ty. ist geschlossen werden, daß 

die Familie des H. dort ein erbliche? Amt 
oder Reich besessen habe. Dieser Schluß, als 
vorschnell mit Recht von Treuber a. a. O. 94 
abgewiesen, wird noch aufrecht erhalten von Prä- 
sek a. a. O. VI 233, 4. Dagegen trifft aller- 
dings die Person des H. bei Herodot so sehr 
in den Vordergrund, daß die Annahme einer 
.Harpagidcntradition' als Quelle des Berichts bei 
(Hekataios? und) Herodot gerechtfertigt erscheint. 



Harouso s. Harauso. 

'AQjtayfjg ygaqpjj, öffentliche Klage auf Raub, 
srheint an manchen Orten existiert zu haben, vgl. 
Lukian. ind. voc. c. 1 VQa- r fh r ''^ IO ™ JÜTyua 
rroog to Tau em rmr f.xtu <Payri}n-iojr ßta; vrrag- 
yövTviv xai ägxayt];. Xen. Kyr. I 2,6 syyJ./j- 
uara xai xlotcT^z xeu agziay^g nai ßtag. Im atti- 
schen Recht ist sie nicht nachzuweisen , obwohl 
auch Plat. Leg. XI 933 e. XII 941b und Arist, 



Plut. 372 die u. von der y.Xo.-ifj trennen, vgl. OONöldeke Aufs. z. pers. Gesch. 13. Schubert 



Meier-Lipsius Att. Proz. 157. Lipsius Att. 
Recht 442. [Thalheim.] 

Harpagia {Harpagion; zä Ao^dyta Herrao- 
laos-Steph. Bvz. s. -g 'Aoxayia. Schol. II. XX 
234; tö 'Aojiäywv Thuc/VIH 107. Strab. XIII 
587), einer der Orte, wo Ganymede8 von Zeus ge- 
raubt worden sein soll, örtlichkeit bei Kyzikos 
Zwischen den Gebieten von Kyzikos und Priapos 



Herodots Darstellung der Cyrassage 74ff. v. Gut- 
schmid Kl. Sehr. V 40f. ; insbesondere Präsek 
Berl. Stud. XI 3, 12£ Bnsolt a. a. 0. 112 500, 
2, wo noch weitere Literatur. 

2) Persischer Feldherr (Enkel des Vorigen? 

Präsek Gesch. <L Med. n. P«rs. 222), nimmt im 

ionisehen Aufstand den Histtaios ^fangen und 

laßt ihn im Einverständnis mit Artaphrenes hin- 

• 



25SOT 



. MärpaKuaes 



narpaios 



aay» 



richten, Herodot. VI 28. 30. Bnsolt a. a. 0. 

II 555. [J. Miller.] 
Harpaktidea, athenischer Archon im J. 511/10, 

Aristot. 'A&rjv. jioX. XIX 6. Derselbe Name auf 
dem Marm. Par. ep. 45 'A[o]si[axzidgg]; vgl. 
Jacoby Mann. Par. 173. [Kirchner.] 

Harpalianos ($Xdßiog 'Ag^a[Xiav]6g ITsio(s)- 
svg (IG III 1069); der Name ist hergestellt von 
Wilhelm^??,«. &q%. 1005, 251 nr. 15). atheni- 
scher Archon um dieselbe Zeit wie Archon Epaphro- 
deitos, der um 178 n. Chr. anzusetzen ist, Dit- 
tenb erger Syll. 737 nr. S. [Kirchner.] 

Harpalis, Archon auf Delos um '210, Homolle 
Archives de l'intendence sacree a Dolos. Sehoef- 
fer o. Bd. IV S. 2501. [Sundwall.] 

Harpalos ('ÄQ^aXog). 1) Makedone, vielleicht 
Bruder des Machatas und Oheim des H. Nr. 2), vgl. 
Schaefer Demosthenes H 2 13, 4. E' - spielte als 
Befehlshaber in Amphipolis dem Tphikrates eine 
Anzahl Amphipoliten in die Hände, Demosth. 
XXIII 140. Vielleicht ist er der Vater von Ale- 
xanders Satrapen Kalas 6 Aoxälov, Arrian. anab. 
I 14, 3. Diodor. XVII 17, 4. 

2J Vornehmer Makedone, Sohn Ae< Machatas 
(Arrian. anab, III 6, 4) und Bruder des Philip- 
pos, der von Alexander die Satrapie Indien 
erhielt. Er brachte seine Jugendjahre am Hofe 
des Königs Philippos zu, wurde aber nach dem 
Ausbruch des Zwiespalts zwischen Philippos und 
Alexander als Vertrauter des letztem mit Near- 
chos, Erigyios. Laomedon und Ptolemaios aus 
Makedonien verbannt, Arrian. anab. III 0, 5, 
Plut. Alex. 10, dazu Schaefer Demosthenes III- 
05, 2. Nach Philipps Tode wurden diese Männer 
von Alexander in seine Nahe berufen und be- 
sonders begünstigt; H, wurde, weil er zum Kriegs- 
dienst körperlich untauglich war, zum Schatz- 
meister ernannt ("ÄQ^aXor öl- im rtar /ogndrcjy, 
ort avTfii xo oagia kq ta Tialfitta ay/jslor gi> Ar- 
rian. anal). III 0, ; auf schlotternden, hinkenden 
Gang weist vielleicht der Übern :imc IlaXXtögs, 
der H. in dem Satvrdrama Agen beigelegt wurde, 
vgl, Athen. XIII '505 f). Allein schon " vor der 
Schlacht bei Issos macht-; sieh H. eines — nicht 
näher bezeichneten — Vergehens schuldig und ging 
mit einem schlechten Menschen namens Tauriskos, 
der ihn dazu angestiftet hatte, durch. Er blieb 
als Verbannter in Megaris , bis ihn Alexander 
unter Zusicherung völliger Straflosigkeit zur 
Rückkehr aufforderte. Neuerdings würdigte ihn 
der Konig seines Vertrauens, indem er ihn wie- 
derum zum Schatzmeister einsetzte, Arrian. anab. 

III 0, 7. Als solchem unterstellte er ihm u. a. 
die erbeuteten persischen Schätze, die Pannenion 
in die Burg zu Ekbatana gebracht h-itte. Arrian. 
anab. III 10, 7. In das obere Asien sandte H. 
dem lesehungrigen König auf dessen Wunsch 
allerlei Bücher nach , Plut. Alex. 8. Als Ober- 
einnehnier für alle neu eroberten Länder (t<J)V 
i)> BaßvXoirt ■dgaat'Qojy aal iGw ^ooaodcov ti)v 
<pv/.ax?p> xsmoxsvuh'o; Diodor. XVII 108. 4) re- 
sidierte II. zumeist in Babylon. Während Ale- 
xander in den fernen Osten zog, überlieb sich hier 
H. auf Kosten des königlichen Schatzes den üp- 
pigsten Vergnügungen, ließ seine Tafel vom Per- 
sischen Golfe her verproviantieren und verschwen- 
dete ungeheure Summen auf seine Hetären Py- 
th(i)onike und Glykera, die eT, als die berühmtesten 



seiner Zeit, eigens hatte aus Athen kommen 
lassen, Diodor. XVII 108, 4—6. Pyfch(i)onike, 
die wie eine Königin in Babylon lebte (Philemon 
im Baßvlo'jvwg frg. 10 bei Athen. XIII 595 c, 
Kock II 482), gebar ihm eine Tochter, Plut. 
Phok. 22. Als sie .starb, ließ IL sie in Babylon 
mit fürstlichem Gepränge bestatten (Poseidonios 
frg. 22 bei Athen. XLII 594 e, FHG III 259) 
und errichtete ihr zwei prunkvolle Denkmale, 

10 das eine in Babylon (vgl. das Fragment aus dem 
Satyrspiel Agen bei Athen. XI H 595 f), ein 
zweites später in Attika (Theopompos in dem 
Briefe an Alexander frg. 277 bei Athen. XIII 595 
a— c, FHG I 325). Von dem letztern, das an 
der heiligen Straße nach Eleusis gelegen und 
als Heiligtum der Pyth('i)onike Aphrodite ausge- 
stattet war (s. o. Bd. IS, 2735, 23ff., wo aber 
die insehriftliehen Zitate auf einem Irrtum be- 
ruhen , vgl. Conze Philol. XIV 150. Dittcn- 

20bcrgcr zu IG III 3823], handeln außer Theo- 
pompos noch Dikaiarchos frg. 72 bei Athen. XIII 
504 f -595 a, FHG II 26fif. Diodor. XVII 108, 5. 
Paus. I 37. 5. Plut. Phbk. 22. Die Glvkera (ein 
Artikel über sie fehlt o. Bd. VII S. 1437) ließ 
IL nach dem Tode der Pyth(i)onikc aus Athen 
kommen, im Palaste zu Tarsos Wohnung nehmen 
und sich dem Volke gegenüber als ßaai'Xiaaa ge- 
berden; in der syrischen Stadt Ehossos weihte 
er ihr ehernes Standbild. Theopompos iv roig 

30 jtt-gl tTjg Xiaq 'EjzwtoXrjg frg. 278 bei Athen. XIII 
586 c (FHG I 325); Brief an Alexander frg. 278 
bei Athen. XTII 595 d (FHG I 325). Kleitarchos 
frg. 21 bei Athen. XIII 580c (Scriptores rer. 
Alexandri 83). Glykcras Zusammenleben mit IL 
wurde in dem Satyrdrama Agen verspottet: Frag- 
mente bei Athen. XIII 536d. 5^5e— 590 b. Ebenda 
finden sich Anspielungen auf die auch sonst (Dio- 
dor. XVII 108, 6) bezeugte Tatsache, daß H., 
■wohl auf das Betreiben der Glykera, den Athe- 

40 nern reiche Getreidespenden zugewandt hat und 
zum Dank dafür von ihnen mit dem Bürgerrecht 
beschenkt worden i*t. Von II.s Bemühungen um 
die Anlage und Pnege der königlichen Gärten 
in Babyion und besonders von seinem mißlun- 
genen Versuch, den griechischen Efeu zu akkli- 
matisieren, ist die licde bei Thcophrastos a. 
rpvT^v Igtooi'u; IV 4. 1. Plut. Ales. 35; quaest. 
conv. 048 c d. Angeblich sandte H. , als Ale- 
xander in Indien weilte, 700>') Mann zur Ver- 

50 Stärkung des Heeres, die im Herbst 326 beim 
Hydaspe.s eintrafen,- Gurt. 1X3.21. Aman weiß 
hievon nichts. Sicher ist, daß IL. wie manche 
andere Statthalter, an eine Rückkehr Alexanders 
aus Indien nicht geglaubt hatte. Als er sich 
hierin getäuscht sah. machte er sieh im Herbst 
325. um Alexanders Strafgericht zu entgehen, 
mit Glykera und dem Töchterchen derPyth(i|onike 
auf die Flucht, begleitet von 6O00 eigenmächtig 
angeworbenen Söldnern und im Besitz von 5000 

00 Talenten aus dem königlichen Schatze. Vgl. das 
Fragment aus dem .Agen' bei Athen. XIII 5>5e. 
Dio'dor. XVII 108. «! Aman, bei Phot. bibl. 
cod. Ül p. 08b, 21 (aus der lückenhaften Stelle 
Arrian. anab. VII 12, 7); zur Chronologie vgl. 
Beioch Gr. Gesch. III 2, 362. Mit einem Ge- 
schwader von 30 Schiffen, das er zusammenge- 
■bracht hatte, segelte er nach Kap Sunion (Früh- 
ling 324), in der Erwartung, am ehesten bei den 



von ihm früher beschenkten Athenern Aufnahme bewirkte durch einen Volksbeschluß, daß EL in. 
zu finden, Curt. X 2, 1. Tzetz. Chil. VI 164ff. Gewahrsam genommen und seine Gelder am 
Die Nachricht von seiner Flucht kam Alesander nächsten Tage auf der Burg deponiert wurden, 
so unerwartet , daß er ihre Überbringer zuerst bis ein von Alesander Bevollmächtigter zur Über- 
ais falsche Angeher festnehmen ließ, Plut. Alex. nähme komme. Diese Rede des Demosthenes. 
41. Als die Kunde sich bestätigte, war er gegen wird von Dkm. Hai. st. z^e Xexzixrjs At}f*oc&e- 
H. und Athen gleich sehr aufgebracht und vovs dstvoztjTng 57 zitiert unter dem Titel ev r<p 
sann auf Rache, Curt. X 2, 1, vgl. Bei och pt} ixöovvai "Agnakov. H. mußte sofort die vor- 
Gr. Gesch. III 2, 363. Daß H. die Absicht handene Summe angeben, und Demosthenes be- 
hatte, die Athener zum Krieg gegen Alexander 10 richtete danach dem Volke, daß es 700 Talente 
aufzureizen, schließt Köhler S.-Bcr. Akad. Berl. seien. Am folgenden Tage, als die Gelder über- 
1890, 572 aus dem namenlos überlieferten, je- nominell wurden, fand sich nur die Hälfte vor». 
doch wahrscheinlich aus der Lücke bei Arrian. Philochoros bei Ps.-Plut. X orat. vit. 846 b 
anab. VII 12,7 stammenden Fragment bei Bek- (dazu Schaefer Jahrb. f. Philol. LXIJ (1851) 
ker Anecd. Gr. I 145, 18 avtos dz k 'A&rjvag 235f.; Demosth. III 3 310, 1). Hypereides gegen 
zl&wv d)$ ixxofofjuooaiv rovg 'A&yvaiovs siQÖg Demosthenes (frg. ITI col. 8—10 ed. Blaß 8 und 
'A/Jgavöoov . . . Aber obwohl sich viele Athener ed. Kenyon 1906}. Darauf stellte Demosthenes- 
dem H. Verpflichtet fühlten — z. B. Phokions den Antrag, der Areopag solle den Verbleib der 
Schwiegersohn Charikles hatte von ihm 30 Talente Gelder untersuchen und gegen die der Bestechung 
für die Besorgung des Denkmals der Pyth(i)onike 20 Schuldigen solle gerichtlich vorgegangen werden j. 
empfangen (Plut. Phok. 22) — , so wagte es die Straflosigkeit wurde denen zugesichert, die bereits 
Bürgerschaft doch nicht, einem Manne, der offen empfangenes Geld freiwillig zurückerstatten wür- 
als Verräter an Alexander auftrat, den Zutritt den, Plut. Demostn. 26. Deinarch. I 4. 51. 82fL 
zu gestatten. Auf den Antrag des Demosthenes Hypereides gegen Demosthenes (frg. VII BI.3 
wurde H. nicht eingelassen und der Komm an- = IX Kenyon, col. 34), dazu Schaefer Demosth- 
dant von Munichia, Philokles, eidlich verpflichtet, III 2 311. Plötzlich entkam H. aus seiner Haft - r 
seinem Geschwader die Einfahrt in den Hafen die näheren Umstände sind nie aufgeklärt wor- 
von Peiraieus, wenn nötig mit Gewalt, zu wehren. den ; ohne Zweifel hatten dabei solche , die von 




(?catafyy>öfi£vov zqv siohv). .... . ... 

rückgewiesen segelte H. mit seinen Söldnern Kreta ein. Hier wurde er von dem Spartaner 
nach Kap Tahiavon, der damaligen Hauptwerbe- Thibron ermordet, der sich der noch übrigen 
statte. Hier ließ er sein Geschwader und die Schätze und der Schiffe bemächtigte, Ps.-Plut. 
Söldner zurück (Diodor. a. a. O.) und kam mit X or. a. a. O. Hypereides gegen Demosthenes frg. 
nur zwei Schiffen und einem Teil des geraubten IV col. 12. Paus. I 37, 5. II 33,4. Plut, Dem. 
Geldes zum zweitenmal nach Athen. Diesmal 25. Diodor. XVII 108, 7f. XVIII 19, 2. Aman, 
ließ ihn Philokles ein ; er geriet dadurch in den ra /nsrä 'Ate%. bei Phot, bibl. cod. 92 p. 70 a, 
Verdacht, von H, bestochen zu sein, Deinarch. Ilft. Bekker (Arrian. cd. Dübner p. 242). Strab. 
III 2ff. Diodor. a. a. O. Plut. Demosth. 25. dazu 40 XVII 837. Nachdem der Areopag sechs Mo- 
Schaefer Demosthenes ILI2 308, 1. Blaß At- nate mit der Entscheidung gezögert hatte (Jü- 
tische Beredsamkeit ITI2 317. H. stellte sieh, n]aaoav *£ pyrog Deinarch. I 45), erklärte er 
sein Geld und seine Schiffe dem attischen Volke endlich 324/3 eine Anzahl Männer für schuldig 

.... ,-w^-, j -»-* ,1 r\* \ .1 "1 ~ J ^~"L J* Ä "O^J-^X^^ «« Air* n^rt r^n rld-n TTq T_ 




zur 
bis . 

mitgebrachten « v «....~ vt .. /t ...... „.-.,-,-=. -~~ — „ ; . 

'Ag-idhioi) sehen wir schon in den Werfturkunden II 6): der Hauptredner war Stratokies (Deinarch. 

der nächsten Jahre (IG II 811b, 141ff. 812 a, I 1. 20f.), außerdem werden genannt Hypereides 

143f.) der athenischen Flotte einverleibt. Seinen (dessen Rede y.axa Arjpoodhovg in größeren 
Aufenthalt in Athen benützte H., um zahlreiche 50 Bruchstücken erhalten ist, vgl. auch Ps.-Plut. X 

Politiker zu bestechen. Philokles , Hagnonides, or. vit. 848 f ) , Pytheas , Menesaichmos , Hime- 

Ariistogeiton, Moirokles, Demon, Kallisthenes, raios. Patrokles (Ps.-Plut. X or. vit. 846c): einer 

Aristonikos, Kephisophon , Deroades, Charikles der Redner hielt die erhaltenen, von dem Met- 

(vffl Plut praec ger. reip. 808 a), und auch De- oiken Deinarchos aufgesetzten (Ps.-Plut. X or. vit. 

mosthenes wurden dessen bezichtigt und zum 850 c) Reden gegen Demosthenes , An stogeiton 

Teil später deswegen (mqi t&v 'AoTtaXsiwv) in und Philokles, vgl. Blaß Attische Beredsamkeit 

Prozesse verwickelt, vgl. Timokles" in der Ko- ni? 309ff. So wirkte die von Hypereides ge- 

mödie Arlog frg. 4 bei Athen. VIII 341f. (Kock führte Kriegspartei, die dem Demosthenes die 

n 452). Dionys. Hai. Dein. 10 p. 654. Hyper- Gefangennahme des H. nicht verzieh (ein Zitat 
eides g. Demosth. Deinarchos I_m. Phokion 6 0bei PolL X 159 aus einer Rede des Hypereides 

wies ein Angebot des H. zurück, Plut. Phok. 21. fciig 'AgsiMov t! m yevdfe ist ohne Gewahr), 

Als nun Antipatros und die Königin Olympias mit der makedonischen zusammeri. Das ijgebnis 

brieflich die Auslieferung des H. und seiner war, daß Demosthenes Demades und Philokles 

Schätze verlangten und ebenso Philoxenos, Ale- zu Geldbußen verurteilt worden. Anstogeiton 

xanders Statthalter in Kilikien, diese Forderung ging straflos aus. Die Schuldfrage kann 1 hier 

persönlich in Athen vertrat (Diodor. a. a. O. nicht untersucht werden, vgL darffber HoUeck 

Paus, n 33, 4. Plnt. de vitioso pudore 531a), Der Harpalische Prozeß des Dtmoaaenes, Progr. 

widersetzte sich Demosthenes dem Begehren und Beutheu 1892. AI« schuldig bezeichnen den De- 



mosthenes außer seinen Anklägern Theopompoa 
bei Plut. Demosth, 25. Plut. o&yxQ. Demosth. 
Cic. 3. Ps.-Plut. X or. vit. 846 b. Zu seinen 
Gunsten (vgl. auch Demosth. Brief U 14. III 
42) fällt jedoch stark ins Gewicht, daß der nach 
Bhodos geflüchtete und dort von Philosenos ver- 
haftete Kassenführer (züv xeVf t ^ rcov Sioixtjr^g) 
des H. im Verhör den Demosthenes unter den 
Empfängern Harpalischen Geldes nicht genannt 



achiedener griechischer Heroinen. 1) Amazonen- 
ahnliche Jungfrau aus Thrakien, mit der Vergil 
die waffengerüstete Venus, wie sie ihrem Sohne 
Aeneas erscheint, vergleicht, Aen. I 315ff. Von 
ihr wird weiteres berichtet bei Serv. Aen. a. 
a. O. und in abgekürzter Fassung bei Hygin. 
fab. 193. Ihr Vater war Harpalykos, König eines 
thrakischen Stammes (der bei Serv. Amymonii, 
bei Hygin, auch fab. 252, Amymnei heißt, wo- 



hat, Paus. II 33, 4f. Im Lamischen Kriege wur- 10 für man jetzt gewöhnlieh Amymni liest, s, d.). 



den die zurückgebliebenen Schätze des H. von 
den Athenern unter Leosthenes zur Anwerbung 
von Söldnern gegen die Makedonen verwendet, 
Diodor. XVIII 9, 4. Im allgemeinen vgl. v. D uhn 
Jahrb. f. Phil. CXI (1875) 33ff. Schaefer De- 
mosthenes III 2 304ff. 320ff. Beloch Gr. Gesch. 
III 1, Ölff. [Stähelin.] 

3) Makedonier, Feldherr und Gesandter des 
Königs Perseus an Eumenes II. von Pergamon 



Dieser wollte sie, als ihre Mutter gestorben war, 
zu seiner Nachfolgerin auf dem Throne erziehen, 
und so wurde das Kind durch die Milch von 
Stuten und wilden Tieren ernährt und, schon ein 
Mädchen, mit Waffengebrauch vertraut gemacht. 
Ihr Vater war aber ein strenger Herrscher, wurde 
in einem Aufstande getötet, und H, flüchtete sich 
in die benachbarten Wälder, wo sie als Jägerin 
und Räuberin lebte und die Ställe der Bauern 



(Liv. XLII 14, 2f. Diodor. XXIX 34. Appian. 20 hart heimsuchte. Zuletzt wurde sie, als sie einen 



Maced. 11, 3. Hut. Aem. Paul. 15). Derselbe 
wohl identisch mit H., Sohn des Polemaios aus 
Beroia, Hieromnemon des Königs Perseus in 
Delphoi 178/7 (Bull. hell. VII 427f. nr. VI. Dit- 
tenberger Syll.2 293, 5). [SundwalL] 

4) Sklave Ciceros (fam. XVI 24, 1 vom J. 710 
— 44). [Münz er.] 

5) Unsere Nachrichten genügen nicht, um von 
seinen Leistungen ein klares Bild zu gewinnen. 



jungen Ziegenbock geraubt hatte, in Jagdnetzen, 
die für Hinden aufgestellt waren, gefangen und 
darauf getötet. Sodann entbrannte ein Streit 
unter dem Volke, wer der Besitzer des Böckleins 
wäre; viele wurden getötet, und deshalb feiert 
das Volk immerfort die verstorbene H. durch 
Scheinkämpfe an ihrem Grabe, um sie zu ver- 
söhnen. Einige haben als weiteres Beispiel der 
Tapferkeit H.s erzählt, daß sie einmal ihren Vater 



Wir wissen nichts von seiner Herkunft (der Name 30 aus der Hand der Geten oder der von Troia mit 



weist nach Boiotien oder Nordgricchenland). H. 
muß jünger als Kleostratos (Censorin. 18, 5) und 
älter als Meton (Avien. II 1366ff.) sein. Nach 
Censorin. 19, 2 hat er das Jahr auf 365 Tage 
13 Stunden bestimmt ; darauf wird er sein neues 
System der Oktaeteris gegründet haben (Censorin. 
18, 5). Beide Angaben sind angefochten, die erste 
gewiß mit Recht: Scaliger (De emend. temp. 68) 



Neoptolemos zurückkehrenden Myrmidonen ge- 
rettet habe, und zwar mit solcher Schnelligkeit, 
daß sie besonders deswegen berühmt geworden 
sei (Verg. , schneller wie der rasche Hebrus', der 
wenigstens im oberen Laufe ein iorreiis ist, 
ebenso Sil. Ital. II 7Sf.). 

Die ganze ätiologische Dichtung ist über Kult- 
gebräuche beim Grabe einer jung gestorbenen 
Heroine aufgebaut Diese rituellen Scheinkämpfe 



setzt 12, Ad. Schmidt (Handb.d.gr. Chronol. 421) 

7 statt 13 Stunden; beides gleich unsicher. Aus 40 sind besonders aus dem Gebiete der Iruchtbar- 

Wien a. a. O. folgert Ad. Schmidt a. a. O., keitsgottheiten (Demeter, Damia und Auxesia) 



folgert 
der Zyklus sei neunjährig gewesen. Aber wenn 
der Kalender des H. t wie aus Avien zu erschließen, 
aus lokalen Gründen die Jahreswende in den 
Winter legte (dagegen Ad. Schmidt 393f.), ist 
Aviens Ausdruck (qui solem hiberna novem putat 
aetliere volvi . . .) für die Oktaeteris korrekt, d. h. 
in den neunten Winter fällt der Ablauf der Periode. 
So hängt Schmidts Versuch, für H. einen Zyklus 



bekannt. Hier aber wird es direkt ausgesprochen, 
daß der Kampf und der Siegespreis, ein Böcklein, 
zur Erinnerung an die wehrhafte Jungfrau ein- 
gestiftet sind -und als Sühnungsritus für unge- 
recht vergossenes Menschenblut gelten. Daß H. 
schnell ist und raubt, liegt schon im Namen. 
Daß sie auch rettet (obgleich dieser Zug auch 

„^ ._ „„ ; J in der von H. jedenfalls stark beeinflußten Camilla- 

2*f6 =8*3-9 Jahren zu konstruieren, in 50 sage hervortritt), ist vielleicht sekundär. Aber 



der Luft, ganz abgesehen davon, daß ein so um- 
fangreicher Zyklus in so früher Zeit außerordent- 
lich unwahrscheinlich ist. Unsere Quellen wußten 
eben nichts Genaueres über sein Schaltsystem, 
und Avien, der sein Wissen sicherlich auch hier 
seinem Aratkommentar verdankt, mag ihn heraus- 
gegriffen haben, weil von des H. 9 Wintern aus 
der Übergang zu den 19 JahTen Metons formell 
hübsch zu gewinnen war (vgl. Unger in Iw. 



daß der Tapfern nachgesetzt wird, daß sie den 
Verfolgern erliegt und jung sterben muß, ist das 
Wesentliche, dessen immerfort gedacht wurde und 
womit man ihren Heroinen kultus begründete. So 
hat sie dasselbe Schicksal erreicht wie so viele 
andere heroisch verehrten Jungfern. H. trägt so- 
wohl artemisische wie amazonenhafte Züge, und 
deshalb faßt sie Gruppe (Gr. Myth. 1294) als 
Artemis selbst oder eine ihr verwandte Sturm- 



Müllers Handb. 12 736. Ideler Handb. d. math. 60 gottheit auf, Preller Myth. 2 II 152 als Winds- 



u. techn. Chrono! I 306. Ginzel Handb. d. math. 
u. techn. Chronol. H 386). ' [Rehm.] 

6) Von ihm erwähnt Galen XIII 928f. ein 
Zugpflaster und XIV 167 (im 2. Buche sieqI dvti- 
dotatv) ein Mittel gegen viertägige Fieber. 

[Gossen.] 

Harpalyke ^Aona-Xvxr} Jtaubwfllfin', Fick- 
Bechtel Gr. Personenn. 382. 398), Name ver- 

P»oly-Wl8sow»-Kroll TU 



■raut, Crusius Roschers Myth. Lex. 1839 als dem 
.Kornwolfe* parallel (vgl. Mannhardt Mythol. 
Forsch. 262 ff.), welche letztere Auffassung Knaac k 
Rh. Mus. XLTX 529ff. mit weiteren Analogien aus 
der Camillasage, besonders dem Umstände, daß 
der Vater die CamiBa in Baumrinde gehüllt an 
seine Lanze bei der Rettung befestigt habe, zu 
stützen sucht. Die Rettung des Vaters schreibt 

76 



2403 Harpalyke 

Cr us ins der höfischen hellenistischen Richtung 
zu. Die Herkunft aus ,Thrakien 4 mag ursprüng- 
lich sein, denn nach Daulis (Phokis), wo die 
Thraker saßen, weisen viele Spuren, vgl. Nr. 2 
und Harpalykos — der Scheinkampf Aavlig 
in Argos (Hesych. s. v.) wird wohl ebendahin ge- 
hören. Dagegen ist der Kampf mit Neoptolemos 
sekundär: der Sohn des Amazonenbezwingers 
Achilleus hat sich sehr leicht als ein passender 



Harpasa 



2404 



blutige Mahlzeit, wo der Vater sein Kind ißt, 
werden rituelle Realitäten die Grundlage darge- 
boten haben. Ein altes mythisches Element bietet 
auch der Raub und die Rückführung der Braut, 
die ursprüngliche Form der Eheschließung. Die 
Namen weisen jetzt bestimmt ins Gebiet der 
chthonischen Mächte hinüber (vgl. die Abstam- 
mung des Iphiklos, H. Nr. 2), während der Einfluß 

^ der Atalantesage (Scboineus als Vater und die 

Gegner der der Penthesileia ähnlichen H. dar- 10 arkadische Heimat, wie umgekehrt Atalante selbst 



geboten. 

2) Nach Athen. XIV 619 e eine Jungfrau, die 
aus verschmähter Liebe zu einem Iphis starb, 
und deren Erinnerung sich noch in einem Wett- 
gesange der Jungfrauen namens H. lebendig er- 
hielt. Es liegt nahe, in dieser H. eine neue Form 
der an erster Stelle angeführten zu sehen, eben 
weil sie jung und — wie die erste Amazoneiihafte 
Liebe der Männer verschmähend — so jetzt um- 



Tochter einer Klymene heißt , Apollod. HI 105) 
die ursprüngliche Bedeutung der schnellen Läuferin 
noch durchschimmern läßt. Auch die Medeasage 
(Zerstücklung des jüngeren Bruders) scheint von 
Einfluß gewesen zu sein. Mit den Namen Kly- 
menos und Presbon (vgl. Gruppe Gr. Myth. 220, 
13) gelangen wir in die Nähe der alten Thraker 
über Orchomenos (Paus. IX 37, 1). Hier wird der 
König Klymenos während eines Festes getötet, 



gekehrt selbst verschmäht, sterben muß. Dann 20 und die Gegnerschaft des Herakles gegen seinen 
wird Iphis eine Kurzform des Minyaden Iphiklos Sohn und Nachfolger erinnert wiederum an den 
(s. d.) sein, der Sohn einer Klymene (Periklymene) Zug desselben gegen die Neliden. Der Braut- 
heißt und als unerreichbarer Läufer, wie H. Nr. 1, werber Alastor, der Sohn de_s Neleus, hat folg- 



und als Besitzer vieler Rinder — folglich ein 
begehrenswertes Ziel sowohl wie der natürliche 
Antagonist einer JßaubwölfiV — bekannt war. 
Vgl. auch die Sage vom kyprischen Iphis und der 
widerspenstigen Anaxarete, Ovid. met. XIV 698ff. 
(vgl. Anton. Lib. 39), wo die Rollen umgetauscht 
sind. 



3) Tochter des Klymenos, deren grausige Ge- 
schichte Euphorion behandelt hat, s. Parthenios 
13 und die Schol. IL XIV 291. Der ArgiveT 
Klymenos (oder Periklyraenos), Sohn des Teleus, 
hat mit Epikaste die Söhne Idas und Theragros 
und die Tochter H. Der Vater wird von Liebe 
zu seiner schönen Tochter ergriffen und verkehrt 
mit ihr, anfangs heimlich. Nachdem ihr Bräuti- 
gam, der Neleide Alastor, mit ihr nach der Hoch- 
zeit schon auf dem Heimwege war, führt der 40 
Vater sie mit Gewalt zurück und verkehrt jetzt 
mit der Tochter vor aller Augen. Um sich zu 
rächen, tötet H. ihren jüngeren Bruder (Presbon 
in den Homerscholien genannt) und setzt ihn 
während eines Volksfestes dem Vater als zube- 
reitete Fleischspeise vor. Dann betet sie zu den 
Göttern, um den Menschen entrückt zu werden, 
und wird demnach zum Nachtvogel XaXxlg ver- 
wandelt, während ihr Vater sich selbst tötet. 
Kürzere und abweichende Fassung gibt Hyg. fab. 50 



lieh seinen tieferen Grund. Für die weitere Be- 
deutung des Klymenos-Hades kann eine Notiz in 
den Biasscholien verwertet werden , der zufolge 
der Nachtvogel XaXxig mit Zeus verkehrt habe 
und deshalb von Hera verwandelt worden sei. 
Über alle drei H. vgl. Crusius Roschers Myth. 
30 Lex. 1835ff. (Eitrem.] 



Harpalykeia {'ÄQnaXvxeia Steph. Byz; mög- 
licherweise nicht aus griechischem Sprachgut), 
Ortschaft (jiöhg) Phrygiens, d. h. des östlichsten 
Kariens, vielleicht wie Harpasa im Gebiet des 
Harpasos gelegen, Gründung der Gordioteichi- 
ten (s. d.). [Bürchner.] 

Harp alyko 8 (zur Etymologie vgl. H a r p a 1 y k e). 
1) Vater der Harpalyke Nr. 1, König der Amym- 
ner. s. o. 

2) Lehrer des Herakles in der Fechtkunst, 
Theokrit XXIV USff. (bei Apollod. H 4, 9 wird 
dafür Autolykos genannt), Sohn des Hermes (als 
Palaistrit), aus Phanoteus in Phokis gebürtig. 
Seine Meisterschaft und sein schreckeneinflößen- 
des Aussehen während des Ringens wird gerühmt. 
Die ,thrakische' Heimat deutet auf die Identität 
dieses H. mit dem Vater der Harpalyke Nr. 1 T 
die aucli durch ihren Vater zu allerlei Leibes- 
übungen aufgezogen wurde 

3) Reisegefährte des Aeneas , der vor dem 

1 f ^___ -11 __ X^llJ. TT" \ ™ VT «7t: 



Lanzenwurfe Camillas fällt, Verg. Aen. XI 675. 
Die Gleichheit der Camilla mit Harpalyke erklärt, 
wie ein H. in der dichterischen Phantasie hier 



206 (vgl. fab. 238. 246. 255. Lactant. Plac. zu 
Stat. Theb. V 120. Nonn. Dionys. XTJ 7l£): 
Klymenos ist hier Sohn des Schoineus (Oineus 
fab. 238, fehlerhaft), König in Arkadien, die 
Tochter setzt — eine Steigerung des Effektes — 
ihren eigenen, vom Vater gezeugten Sohn dem 
Vater während der Mahlzeit vor und wird darauf 
vom Vater selbst getötet. Diese Fassung schreibt 

Crusius a. O- mit Rohde Griech. Romano 30 „. . -_-„ . 

wegen ihrer größeren Knappheit und dramatischen 60 von Priene angesetzt; über die Varianten der 
Steigerung einer spätgriechi sehen Tragödie als Position s. die Ausgabe von U Muller; jetzt 



plötzlich auftauchen kann. 

4) Sohn des Arkaders Lykaon, Apollod. TU 
8. 1. [Eitrem.] 

Harpasa (zä "Aonaoa Ptolem. V 2, 19 [15 
M.]). Stadt des kleinasiatischen Kariens (Plin. n. 
h. V 109), von Ptolemaios östlich und nördlich 



Vorlage zu. Man sieht sofort die Ähnlichkeit 
dieser Geschichte mit der Thyestesmahlzeit und 
besonders der thrakischen Tereusgeschichte. In 
Wirklichkeit scheint diese H. mit den beiden vorigen 
identisch zu sein: das zugekommene erotische 
Element fahrt hier , wie der Fall in Nr. 2 war, 
die tragische Entwicklung herbei, und für die 



Arpas Kalessi zwischen Nysa und Antiocheia. Bei 
H. cautes mirabüis Plin. n. h. H 210, nach. Her- 
molaos-Steph. Byz. s. v. nach dem Flußchen 
Harpasos jetzt Akfcschal (s. Harpagos) genannt, 
an dessen rechtem Ufer Ruinen liegen. Nach Hie- 
rocl. 688, 6 im konsularischen Karien (Hauptstadt 
Miletos), Bischoftsite dem Metropoliten von Stau- 



2405 



Harpasos 



Harpastum 



2406 



xopolis untergeordnet, Notit. ep. I 332. VIII 
383; in HI 285. IX 293. X 400 al %&ta<jat. 
E. Kiepert Karte von Kleinasien CIL H. Kie- 
pert FOA IX. Ramsay Histor. Geogr. As, 
Min. 423. Münzen: Head-Sworonos 'loxogla 
Nofiifyidzcov II, 153. Cat. Brit. Mus. Caria. Münzen 
I autonom: M mit Apollon, Dionysos. Inschr.: 
örjuoq, ovyxXrjxog, II kaiserliche von Domitian 
bis Tranquillina. Inschriften: tsgh avyxXrjxog, 
Sfj/Aog "AöTtaorjvwv. Typen: Flußgott Harpasos, 10 
Göttin, die der ephesischen Göttin ähnelt, Zeus, 
kämpfende Athena, Apollon Kitharodos, Artemis 
Kynegetis. Münzen mit der Aufschrift des Pro- 
consuls von Asia Ti. Iulius Candidus Celsus. 
Homonoiamünzen mit Neapolis (in Karien?). 

[Bürchner.] 
Harpasos (6 %o7iaoog OGIS nr. 271 und nr. 
279. Quint. Smyrn. 10, 144. Apoll. Aphr. in 
Etym. M. Hermolaos-Steph. Byz. s. v.; Etymo- 
logie ungewiß, möglicherweise wegen des Ausgangs 20 
auf -aaoq aus kleinasiatischem Sprachgut , vgl. 
A. Fick Vorgriech. Ortsnamen 30). 1) Neben- 
flüßchen des karischen Maiandros von Süden. 
Fr entspringt aus dem Tauros an der Grenze 
zwischen Skiritis und Kibyratis und wendet sich 
4er Hauptstrecke nach nach Nordnordwest, jetzt 
Aktschai = Weißbach. An ihm liegen die Ruinen 
von Xyotis, Hyllarima (s. d.), Neapolis, Harpasa 
(s. d.). Fast auf seinem ganzen Lauf ein Winter- 
bach. An ihm wurde 229/8 v. Chr. der Seleu-30 
kidenprinz Antiochos von Attalos geschlagen, so 
daß er Asien dem Pergamener preisgeben mußte. 
H. Kiepert FOA IX. R. Kiepert Karte von 
Kleinasien GH. [Bürchner.] 

2) "ÄQxaaog (Xen. anab. IV 7, 18, verderbt zu 
"ÄQTzayog Diod. XIV 29, 2) , Fluß Armeniens bei 
den Chalybern und Skythenen, vier Plethren breit, 
jetzt Dzoroch, türk. Tscharuksu. Im Mündungs- 
gebiet hieß er Acampsis (s. d.). [Baumgartner.] 

Harpagte , Leibnärrin von Senecas (erster) 40 
Gemahlin, blieb dann in seinem Hause; sie er- 
blindete später, Sen. ad Lucil. V 9. [Stein.] 

Harpastum, dgnaoröv zu agnaCco, rapere, ein 
Ballspiel. Der dazu benutzte kleine, harte Ball 
<Poll. IX 105) hat bei Epiktet und Artemidor 
Oneirocrit. I 55 den gleichen Namen wie das 
Spiel, während Martial ihn mit dem Mehrzahl- 
wort karpasta bezeichnet. Nach Athen. I 14 F 
war H. der zu seiner Zeit übliche Name für das _ 
ehemals <pamv8a oder (psvlvba genannte Spiel. 50 
Poll. IX 105 sagt nach einer kurzen Beschrei- 
bung der Pheninda ebenfalls: eixd^oizo $' uy 
sivai i\ dia rov fiixgov oepatgiov o ex xov aoTid- 
C« iv ojvö/taazai • zdya 8' äv xal rijv Ix zrjg /tia- 
XaxffS ocpaioag xatdiäv ovza> ng xa/.oirj. Da Athe- 
naios beifügt, H. sei sein Lieblingsspiel (8 iy<o 
xdvzcov iiäXioxa äoxäZofiat), so müssen wir ihn 
wohl als urteilsfähig anerkennen und annehmen, 
zu seiner Zeit habe man im allgemeinen nicht 
mehr Pheninda gespielt. Auch aus Pollur ergibt 60 
sich dasselbe ; nur scheint er kein großer Spieler 
gewesen zu sein und weiß daher nicht recht, ob 
das H. oder das Spiel mit dem weichen Ball der 
früheren Pheninda entspreche. Freilich hat die 
Pheninda in gewissen (regenden doch noch fort- 
bestanden, wie sich aus Clem. Alex. HI 10, 50 
entnehmen läßt. So erkl ärt es sich denn auch, 
wie Eustath. m Od. VUI 876 Pheninda und H. 



als zwei selbständige Spiele auffahren kann, wenn 
wir diese Angabe nicht der Bücherweisheit des 
Bischofs von Thessalonike zuschreiben wollen. 
Die Nachrichten über H. lassen sich in zwei 
Gruppen scheiden. Einmal sagt Epiktet II 5 : 
16 vom H : Xqitiqv iv zovztp v\ svgv&fAia h^ zovtq 
v\ T&yvr), zo xd%og, r\ svyvco/ioavvtj , tv iyoi fitjd^ 
äv rov xöXnov sxTstvco , Svvcoftat XaßsTv avxo ' o 
&?, av ßaXa>, Xafißdvsi. av dh fisTa xagaxßG «ai 
<poßov Sexcbfis&a q ßäXXcopev v.vx6, noia ht nat- 
did, siov U ris svora&qoet, xov de ng ro ££i}$ 
öyt-tat iv avjfj ; 6XK 6 fisv iget ,ßdXe% o 6h ,jiq 
ßdXys', 6 öe ,fii] ävEßcJjg'. zovzo dr] fiäxr) sott 
xal ov jzatdid. Und II 5, 19 bemerkt er: wg 
aoxaozlq) naitatv. xal xt eml iv fdom aQnäojiov; 
zl Cn v usw - Dazu k<> mmt Galen de parvae pilae 
esercitio 2 oxav ydg owiordfievoi jzqos dXXrjlovg 
xal änoxwXvovzsg vtpagftdoai rov fiszag'v Sicuio- 
vmat, ftsytorov avro xal oyodQoTazov (yvfivdotov) 
xaMozazai. Galen nennt zwar den Namen H. 
nicht; aber da er mit Epiktet ziemlich überein- 
stimmt, dürfen wir die Stelle schon für unser 
Spiel beanspruchen. Da ergibt sich nun im we- 
sentlichen folgendes: ein Mittelspieler hat die 
Aufgabe, den ihm zugeschleuderten Ball aufzu- 
fangen. Seine Spielgenossen suchen ihn aber 
daran zu hindern. Was geschah, wenn ein anderer 
dem Mittelspieler den Ball wegschnappte, wissen 
wir nicht genau. Vermutlich wurde dieser selbst 
Mittelspieler und hatte den Ball weiter zu werfen. 
Denn weiter geworfen wurde derselbe, wie schon 
Epiktet andeutet (ö 8h äv ßdXco Xafißdvei). Zwei- 
tens müssen wir auch die Nachrichten über die 
Pheninda berücksichtigen. Da erfahren wir aus 
Schol. Clem. Alex. a. O. : n-cadiä ^ tpsvlvba roiavxij • 
o(palQav xQaxtöv xig x(üv xaiCdvxcov aatdcov , eha 
h£Q(ü JiQodetxvvg zavzrjv , h&Qq> avtrjv exsjxsfi- 
zisv. djvdfiaozat de r} vito <Paivlvdov xov ytQmrov 
ivgovrog ?} äzio rov tpsvaxi^siv , o iaziv ditazäv • 
xal yaQ yxdza 6 hsgoi p,hv dsig~ag srego) de 
emSovg. Ganz ähnlich drückt sich Poll. IX 
105 aus. Also ein Spieler bemächtigt sich des 
Balles, bezeichnet einen Mitspieler, dem er ihn 
zuschleudern wolle, wirft ihn aber einem andern 
entgegen. Diese Angaben haben wir mit den 
vorangehenden zu verbinden, um nicht mit Athe- 
naios in Widerspruch zu geraten. Die Brücke 
findet sich, wenn wir vom Ballwerfer der Phenincla 
ausgehen. Dieser mußte sich erst seines Balles 
bemächtigen. Dieses y.QazElv gestaltete sich nach 
und nach zum agna&iv aus, wie wir es aus den 
Schilderungen Epiktets und Galen s kennen lernten ; 
der Ballwerfer der Pheninda ist weiter nichts als 
der Mittelspieler im H. 

Also hat das H. zwei Teile: erst muß ein 
Spieler den Ball erhaschen, doTtäC^tv, und nach- 
her ihn als Mittelspieler weiterwerfen, so zwar, 
daß er einen bezeichneten Spielgenossen täuscht. 
ysvax&t, (L-razä. Den Namen hat unser Spiel 
vom ersten Teil, vom &gxäfrtv. 

Das H. verlangte von den Spielern große Si- 
cherheit im Werfen wie im Auffangen des Balles. 
Epiktet hat, wie wir gesehen, deutlich genug dar- 
auf hingewiesen. Galen, a. O. lobt das Spiel 
vom medizinischen Standpunkte aus wegen der 
vielen dabei vorkommenden Bewegungen des Halses 
(zQaxr}Xtoftoi) und anderer Körperteile, wodurch 
eine gleichmäßige Ermüdung eintrete. 



2407 



Harpina 



Harpina 



2*u» 



Der Ball fiel begreifücherweise oft in den 
Sand und wurde staubbedeckt zusammengelesen ; 
Martial. IV 19, 6 und VII 32, 10 bezeichnet ihn 
deshalb als harpaata pulverulenta. Hier und 
da gibt es dann ein lustiges Bildchen, wie wenn 
z. B. bei Martial. XIV 48 der Liebhaber des An- 
täus unter mächtigen Halsverrenkungen den Boden 
küßt und den Ball im Sande statt in der Luft 
erhascht (hase rapit Antaei velox in pulvere 
draucus, grandia qui vano colla labore faeit). 
Der Ball gelangte in soviele Hände, daß ihn 
Artomidor Öneirocrit. I 55 mit einer Hetäre ver- 
gleicht, weil er bei keinem bleibt und zu vielen 
geht. Natürlich ging es da nicht immer fried- 
lieh her, und ein zaudernder Mittelspieler bekam 
allerlei Zurufe zu hören. Wir haben solche be- 
reits bei Epiktet gesehen. Andere überliefert 
Antiphanes bei Athen. I 15 A Gelegentlich ent- 
stand dann ein solches Gewirr, daß Epiktet ge- 
radezu von einer Schlacht spricht. 

Es wäre ein unfruchtbares Unternehmen, den 
Kegeln über das H. ins einzelne nachgehen zu 
wollen. Die Aufstellung der Spieler um den 
Mittelmann herum ä. B. bleibt einfach unklar. 
Man hat das Fußballspiel zum Vergleiche herange- 
zogen, oder auch das Lawn-Tennis, und sich da- 
bei auf Sidonius Apollinaris ep, V 17, 7 gestützt. 
Dort heißt es vom vir illustris Filimatius: qui 
eum frequbnter de loco stantum med icurrenlis 
impulsu submoveretur, nune quoque aeoeptus in 
aream tarn pilae cor am- praetervolantis quam 
superiectae, nee inter eider et tramitem nee cave- 
ret, ad hoc per eatastropham saepe pronatus 
aegre de ruinoso ftexu se recolligeret , primus 
hvdi ab aecentu sese removit. In diesem Spiele 
haben wir aber eine eigentliche Mittellinie, axvoog, 
welche beim H. fehlt, ebenso einen umherrennen- 
den Mittelspieler. Mit H. und Phcninda dürien 
wir die Stelle meines Eraehtens auf keinen Fall 
in Verbindung setzen. Auch mit dem erwähnten 
Bruchstück aus Antiphanes können wir nicht viel 
anfangen, da der Text verderbt ist und z. B. von 
Kaibel nach Sidon. Apoll, zurechtgestutzt wurde. 

H. wurde von männlichen Personen gespielt. 
Martial VII 67 nennt zwar eine Frau, die saubere 
Philaenis. Aber der Dichter bezeichnet sie selbst 
als Mannweib, die alles tut, was sich für Frauen 
nicht schickt. Das Spiel scheint in Rom recht 
verbreitet gewesen zu sein; aber auch in Griechen- 
land war es wohl heimisch, 

Literatur: Grasberger Erzicjiung u. Unter- 
richt I 94f. Becq de Fouquieres Les jeux des 
anciens 204f. J. Marquardt Claudii Galeni de 
parvae pilac exercitio librum edidit, Güstrow 1879. 
Marindin The game of Harpa tum or Pheninda, 
in Class. Rev. IV 145f. Lafaye bei Darein- 
berg-Saglio s. Pila IV 1, bes. S. 476. Mar- 
«juardt-Mau Privatleben d. Pionier 846. Blüm- 
ner Rom. Privataltert. 441. [K. Schneider.] 

Harpina (ÄQmva Strab. VIII 357. Paus. VI 
21, 8. Luc. de inorte Peregrini 35. Steph. Byz. 
= Herodian. I 258, 16 Lentz; "Aomwa ein Teil 
der Pausaniashss. ; Lobeck Pathol. 222), eine 
Ortschaft in Elis, die Pau«anias in der Route 
von der arkadischen Grenze nach Olympia (VI 
21, 3-22, 1) erwähnt. Da Pausanias § 5 vom 
rechten Alpheiosufer auf das linke übergeht, so 
folgert Robert (238), daß wie Phrixa so auch 



alle folgenden örtlichkeiten und somit auch H. 
auf dem linken Ufer des Flusses gelegen hätten. 
Daß Curtius 1 (108) Textänderung in § 5 nur 
zu neuen Schwierigkeiten führt (Heberdey 76), 
wird man Robert (2391) zugeben müssen, viel- 
leicht auch, daß Pausanias bei der Schlußredak- 
tion dieser Stelle von der Vorstellung beherrscht 
war, die Pisaia habe sudlich vom Alpheios ge^ 
legen (Robert 241) — andere Stellen seine» 

10 Werkes sprechen trotz Robert (239) vielmehr 
dagegen — , tatsächlich gehören doch die ört- 
lichkeiten , die Pausanius nach Phrixa nennt r 
wieder dem rechten Alpheiosufer an (Boblaye 
129). Eine Gegend, die ,von Erinnerungen an 
Pelops und Oinomaos durchsetzt ist' (Robert 
238), kann nicht von Olympia durch eine solch& 
Verkehrsschranke getrennt sein, wie sie der Al- 
pheios bildet (Part seh 9). Dazu kommen noch 
die Angaben Lukians und Strabons, die Robert 

20 (240, 1) nicht nach Gebühr gewürdigt hat. Pere- 
grinus hat sich für seine Selbstverbrennung na- 
türlich eine Stelle ausgesucht, die von Olympia 
bequem zu erreichen ist; viele begeben sich zu 
Wagen dorthin, Lukian selbst bricht um Mitter- 
nacht zu Fuß auf. Das alles ist nur verständ- 
lich, wenn Olympia und H. auf demselben Ufer 
des Alpheios lagen. Die weitere Angabe ozdöiot 
xävTsg omoi sihoüiv anb trjq 'O^vfAmag xatä rov 
ivijioSoofiov ajiiovrcov xoog e'(o führt uns im Al- 

30 pheiostal aufwärts bis in die Gegend zwischen 
dem Bach, der östlich der Kapelle des H. Ilias 
und dem, der westlich von dem Dorfe Viliza ent- 
springt. Als ebenso eindeutig erweist sich die 
Strabonstelle : naga 6h xrjv 'OlvfMiiar eörl xal ff 
"Aosttva, xal avrrj i(öv 6xrd> (Niese Genethliakon 
1910, 33ff.), öS %s (d. h. durch deren Gebiet) 
qsi jioraßdg ITaQ-dsviag, wg dg <Pagaiav aviovzayv. 
So die hsl. Überlieferung, deren Verständnis erst 
Partsch (8) erschlossen und durch Heranziehung 

40 von Polyb. IV 77, 5 gesichert hat. Es handelt 
sich um" eine Straße, die von Lala aus über die 
Hochfläche der Pholoe nach Norden zog, und die 
man vom Alpheios aus entweder durch das Tal 
des Kladeos oder durch das des Parthenias er- 
reichte. Danach ist der Parthenias der Bach,. 
der westlich von Muriä in den Alpheios fällt 
und heute nach dem östlich von Lala gelegenen 
Dorfe Bakireika benannt wird (Boblaye, Cur- 
tius, Kaupert, Partseh). Der Parthenias ist 

50 nun alier der erste Punkt t den Pausanias § 7 
nach Phrixa erwähnt; wir haben damit die Ge- 
wißheit, daß die Periegese von hier an wieder 
der Straße auf dem rechten Alpheiosufer folgt. 
In dem Harpinates, den Pausanias § 8 danach 
erwähnt, werden wir also den Bach von Viliza 
erkennen (Partsch), und aus den Worten ov 
.-ro/r cbio zovzov tov xozafiov xöXeojg 'AoTilvrj? ■ . 
ioEima tbigern, daß dies westlich von dem ge- 
nannten Bach gelegen hat (Bursian, Frazer) 

60 in Übereinstimmung mit Lukian. Kaupert und 
Partsch verlegen H. an den Bach, der östlich 
der Kapelle des H. Ilias entspringt, unterhalb der 
Kapelle der Panagia. Leake, Curtius, Frazer 
suchen H. bei Miräka, das indessen nur etwa. 
10 Stadien von der Altis entfernt ist Daß 
Major Harriott 1831 nördlich von Miraka be- 
trächtliche Reste von alten Mauern sah flUake 
Pelop. 218), kann nichts beweisen, da jeder An- 



halt fehlt, um ihr Alter zu bestimmen. Übrigens 
würde dieser Punkt auch zu weit von der Straße 
abliegen , der die Periegese des Pausanias folgt. 
Boblaye Recherches 128f. Leake Morea II 211. 
Ourtius Pelop. II 50. Bursian Geogr. II 
287. Heberdey Die Reisen des Pausanias 74fi 
Partsch Olympia, die Ergebnisse der Ausgra- 
bungen, Testband I. Frazer Paus. IV 94f. 
Blümner-Hitzig Paus. II 2, 658. Eobert 



2) Harpokras, Freigelassener des Kaisers Clau- 
dius, der ihm das Vorrecht (das wenigstens in 
späterer Zeit nur Konsularen zustand, vgl. Momm- 
se'n St.-R. I 3 397) erteilte, sich in einer Sänfte 
durch die Stadt tragen zu lassen, sowie die Be- 
fugnis, öffentliche Schauspiele zu geben, Suet. 
Claud. 28,1. Später ließ ihn. Claudius töten, 
Senec. apocol. 13, 5 (überliefert ist die Namens- 
form Arpoeras). Wenn die stadtrömische In- 



Pausanias als Schriftsteller. Carte de la Grece. 10 schrift CIL VI 9016 auf ihn zu bezieben ist, 



dann ersehen wir daraus, daß er von dem Kaiser 
Claudius selbst freigelassen wurde und daher Ti. 
Claudius Arphoeras (sie) hieß, Procurator des 
Kaisers und zweiter Gemahl der lulia Phoebe war. 
3) Harpokras (überliefert ist die Form Arpo- 
eras), ein Alexandriner, ließ sich unter Nero als 
Vielfresser in Rom sehen, wie der Chronograph 
vom J. 354 berichtet, Mommsen Chron. min. I 
146. Denselben Mann erwähnt Suet. Nero 37,2 
oder "Sachiötika gelegen hat , " stellte zuerst 20 als Vielfresser aus Ägypten, ohne seinen Namen 



Kaupert in Curtius und Adler Olympia und 
Umgegend. 1883 Bl. I. Partsch Übersichtskarte 
der Pisatis in Olympia, die Ergebnisse der Aus- 
grabungen, Mappe Bl. I. [Bölte.] 

Harpinates s. Harpina. 

Harpleia (xä %gxAsta) erreicht Paus. III 20, 
7 vom Eleusinion aus. Daß dies südlich von 
Sparta am. Fuß der steilaufsteigenden Vorkette 
xles Taygetos bei dem Dorfe Kalyvia tis Sochäs 



v. Prott fest, Athen. Mitt. XXIX 1904, 8, dazu 
Karte Taf. 1. Weitere Untersuchungen und 
Grabungen haben mit vollkommener Sicherheit 
ergeben, daß das Heiligtum am nördlichen Rande 
des Dorfes lag. Karo Aren. Anz. 1909, 11 5. 1910, 
164. Rhomaios HoaxTiKa rov foovg 1909, 294. 
Dawkins Journ. hell. stud. XXX 1910, 359. Ann. 
Brit. School Ath. XVI 12ff. Woodward ebd. 58tf. 
Vom Eleusinion rechnet Pausanias 15 Stadien bis 



zu nennen; Nero habe gewünscht, ihm auch 
lebende Menschen zu fressen zu geben. 

4) Harpokras, ein Arzt zur Zeit des Kaisers 
Traian (Plin. ep. X 5, 2), geboren im ägyptischen 
Distrikt Memphis (X 10, 1), ein Freund des 
jüngeren Plinius, der ihn häufig seinen iatra- 
liptes nennt. X 6, 1 bedankt sich jener bei Traian, 
daß er diesem unverzüglich das römische Bürger- 
recht geschenkt habe mit Umgehung der gesetz- 



Lapithaion, von dem Dereion nicht weit entfernt 30 mäßigen Reihenfolge , wonach ein Ägypter (vgl. 

ist, weiter von hier 20 Stadien bis H. Danach Wilcken Pap. Arch. V 427) erst das alexandri- 

nische Bürgerrecht erlangen mußte, ehe er das 
römische erhalten konnte. X 7 gibt ihm der Kaiser 
auch das alesandrinische. Er muß dem Plinius 
sehr nahe gestanden haben: X 10, 1 exprimere 



hat v. Prott (13) Lapithaion und Dereion bei 
Anogia und Sotira südlich von Kalyvia Sochiotika 
augesetzt und H. bei Xerobamkos oder Xiro- 
kampi (14). Dies Dorf liegt auf der breiten, ge- 
neigten Schotterfläche, die sich zwischen den Ab- 
fall des Gebirges und das eigentliche Flachland 
«inschiebt, eine Lage, die mit Pausanias' Aus- 
druck xa&rjxorm ä%Qi rov jzsSiov vollkommen über- 



verbis non possum, quanto nie gaudio ajfecerint 
epistulae tuae, ex-quibus eognovi te Harpocrati, 
iatraliptae meo, et Alexandrinam c-imtatem tri- 
buisse. Zu dem Titel iaxgaldnTrjz stimmen die 



einstimmt. Im wesentlichen zustimmend Orme- 40 Salben und Pflaster, die Galen auf ihn zurück- 



rod Ann. Brit. School Ath. XVI 65f. Über die 
antiken Reste bei Xerokambos, namentlich die 
berühmte Bogenbrücke, s. v. Prott 13. Boss 
Wanderungen H 10. 243f. Bursian Geogr. II 
132 mit weiterer Literatur. [Bölte.] 

Harpokras. 1) Ein Grieche oder mindestens 
ein Mann griechischer Bildung, steht im Dienste 
der Äthiopenkönigin Kandake im J. 13 v. Chr., und 
zwar anscheinend in prominenter Stellung (CIG 
III 5080; vgl. hierzu Lepsius Denkmäler aus 50 
Ägypten und Äthiopien VI gr. nr. 407 mit den 
Bemerkungen von W'ilcken Herrn. XXVIII 154fr. 
GaTdthausens Augustus und seine Zeit LT 2, 
45G gegen Wilckens Interpretation erhobene 
Einwände sind irrig). Ob H. allerdings, woran 
Wilcken zu denken scheint, als Haupt einer 
äthiopischen Gesandtschaft an Augustus geschickt 
worden ist. erscheint mir nicht sicher; dagegen 
spricht vor allem Z. lf., wo gerade bei einem seiner 
Begleiter der Begriff des xoeoßsvzrj; (keine An- 60 
deutung des ,Mitgesandten' findet sich hier) her- 
vorgehoben wird . während H. gar keinen Titel 
führt. Sollte er nicht vielmehr nur diesen Ge- 
sandten und seinen Sekretär — man müßte dann 
allerdings wohl an einen römischen denken — 
zu seiner Königin hinaufgeleitet, die fremde Ge- 
sandtschaft nur gleichsam eingeholt haben? 

[Walter Otto.] 



führt; so Xn 631 (Ohrenpflaster), 754 (ein'J^o- 
KQäxEiov genanntes Mittel), 943 (gegen Bräune), 
Xin 729. 840 (Wunden zuzuheilen), 838 (ein 
Hamostaticnm) und 978 (ein Malagma). Die Zeit 
ist bestimmt durch die Nennung des Statthalters 
von Ägypten, (C.) Pompeius Planta: zwischen 98 
und 100 n. Chr. ^ [Gossen-Stein.] 

5) Harpokras (?), Verfasser von 'O^vjUTitovtKai; 
s. o. Bd. I S. 896, 20. [Jacoby.] 

Havpokrates. 1) Ägypt. etwa : Har-pe-chrod 
= Horus, das Kind, besondere Form des Gottes 
Horus. Wann sie zuerst vorkommt, ist nicht sicher 
festzustellen, seit der 26. Dynastie wird sie ziem- 
lich häufig und besondere Verbreitung erhielt die 
Verehrung des Gottes seit der Einrichtung des 
Serapiskultes durch die Ptolemaeer in Alexan- 
dria. Da die verschiedenen Formen des Gottes 
Horus schwer auseinanderzuhalten sind, werden 
alle zusammen unter Hotus behandelt werden. 

[Pieper.] 

*2) Eponymer Priester in Rhodos, 2. oder 1. Jbdt. 
v. Chr. CIG III praef. nr. 150. [SundwalL] 

Harpokration. 1) Ägypter (Liban. epist. 371), 
Dichter (Liban. epist. 367. 727. 728), Lehrer, 
unterrichtete zuerst in Antiochia und wurde dann 
im J. 358 durch Themistius nach Constantinopel 
berufen (Liban. epist. 367. 371. 729). 

[Seeck.] 



2411 



Harpokration 



Harpokratiofi 



2413 



2) Harpokration aus Argos, Platoniker, Schüler identisch mit einem Manne, dessen xixvrj hei dem 
des Attikus (nach Procl. in Tim. 93 c I 305, 6 Anonymus Seguerianus, der Epitome des Coxnutus 
Diehl), der Zeit Marc Aureis an gehörig, Verfasser nach Graeven, öfter zitiert wird, auch hier in 
eines Platonkommentars in 24 und eines Piaton- Gesellschaft mit Neokles und rhetorischen Leh- 
lexikons in zwei Büchern (Suid. s.AQjioxQazteovAQ- rem der ersten Kaiserzeit, Es ist wohl am ver- 
yecog), Suidas nennt ihn ov/j,ßia)ri)g Kaioaqog, wor- nünftigsten, den Suidasartikel und alle weiteren, 
aus man nicht auf Identität mit dem gleichnamigen Angaben auf eine Persönlichkeit zu beziehen^ 
Grammatiker, dem Lehrer des Kaisers Veras (Hist. vielleicht einen jüngeren Zeitgenossen des Hermo- 
aug. Ver. 2) schließen darf. Die Erklärung des genes (Graeven Cor nuti Epitome XXX. LXVHI). 
Mythos im 10. Buch der Republik (Procl. in Plat. 10 Die Zitate zur Statuslehre müßten dann aus der 
remp. ed. Kroll II 96, 12) war wohl in dem von ts^vtj QjjzoQixfj stammen. Ob die v7io-&iosig röüv 
Suidas genannten großen Piatonkommentar ent- I6ya>v YasQtöov diesem H. gehören, könnte man 
halten. H. folgte seinem Lehrer Attikus in der in Zweifel ziehen. Einesteils fällt auf, daß die 
zeitlichen Auffassung der Weltschöpfung im Ti- Anführung mit xal erfolgt, während alle anderen 
maios (die Welt ist, weil geschaffen, ihrer Natur Schriften asyndetisch aufgezählt werden, andern- 
nach vergänglich, unvergänglich nur durch Gottes teils , daß ein ähnlicher Titel bei Gaius H. er- 
Willen, Schol. Vat. z. Procl. in remp. II 377, scheint. 

15 Kroll), dem Numenius in der Lehre von den 4) Harpokration Gaius. An vierter Stelle wird 

drei Göttern und der Annahme eines doppelten hei Suidas Gaius H. genannt, und es heißt von 
Weltschöpfers (Procl. in Tim. I 304, 22 Diehl), 20 ihm : xQtjftaxtoag oo<pioz?]g sygays nsgi zejv'Avzi- 

sowie in der Ableitung des Bösen aus dem Leibe yäjvzog ox^)ftdz(ov stsgl xcov 'Yjie^ldov xal Avoiov 

(Iamhl. de anima bei Stob. Ecl. I 375, 15, 380, Xöycav xal ivsQa. Die Übereinstimmung der Cha- 

14 W.). Vgl. Aen. Gaz. p. 16 Barth. Herrn, in rakteristik (x^fiaziaag aoq>iaxf}g) und die Ahn- 

Phaedr. p. 75 Ast. Zeller Phil. d. Griech. IV 3 lichkeit zweier Titel {bnoftiosig xc5v köycov e Yxs- 

803. 805, 1. V 3 216, 4. 223. [v. Arnim.] gidov: tieqI zwv Ystegldov laytnv) weckt den Ver- 

3) Unter den Männern des Namens, die Suidas dacht, daß bei Suidas irgend eine Verwirrung 
verzeichnet, erscheint an erster Stelle ein Aerius eingetreten ist, doch gibt es keine Möglichkeit, 
Harpokration, der als xQtifiaztaag ootpiot^g charak- diese Mutmaßung schärfer zu begünden. Bei der 
terisiert wird und jzsqi xüv öoxovvzcov rolg qy\- Häufigkeit des Namens ist an sich wahrschein- 
toqöiv rjyvoija&ai xal iuiod-eaeig z&v Idycov 'Yxe- 30 lieh, daß mehrere Persönlichkeiten mit Namen 
Qidov, TieQi xov xaxsyevo&cu xvjv 'Eqoöözov Igzo- H. als Ehetoren und Sophisten bekannt geworden 
Qiav, mgi zlüv Ttagä Esvoq>&vxi zd&cüv, jieqI rix- sind. In Athen hat sich ein in guten trochäi- 
vr)G Q^TOQiy.rjg, jtsgl idsajv geschrieben haben soll. sehen Septenaren abgefaßtes Grabepigramm etwa 
An dieser Schriftstellern fällt zunächst die lexi- des B. Jhdts. n. Chr. gefunden, das einen H. als- 
kographische Beschäftigung mit Xenophon auf Qijza>g und fpiMaoyog preist (Kaibel Epigr. gr. 
(denn es ist nsgi zwv szaqa Esvofp&vzi }J%ea>v zu 106); leider fehlt das Praenomen, und so sind 
emendieren) ; sie hat nur Sinn in einer Zeit, die wir auch hier nicht in der Lage , die Gleichset- 
den Autor zum Zwecke der Nachahmung stu- zung mit einem sonst bekannten H. zu wagen, 
dierte. Dio Chrysostomus ist für uns der erste, [Radermacher.] 
der p((Ar}oi$ Xenophons empfahl (Usener in der 40 5) Verfasser eines Lexikons zu den zehn Ked- 
Vorrede seiner Spezialausgabe der sogenannten nern. Über sein Leben sind wir nur aus Suida» 
tezvri des Dionys von Halikarnass) ; im 2. Jhdt. s. v. unterrichtet: c ÄQ7zoy.Qaxi(ov 6 BcdsQiog X9V~ 
haben wir dann in Annan einen echten Vertreter /uartoag, 4v TC °9> 'AXs^avdQsvg- Ae^stg xä>v t q^- 
der Xenophonromantik. Die feindselige Stellung, xoqwv , 'Avßye&v avvayojyi'jv. Das an zweiter 
die H. zu Herodot einnahm, ist dazu das Gegen- Stelle genannte Werk ist verloren , erhalten da- 
stück; man denke an Plutarchs Schrift de Hero- gegen unter seinem Namen ein Rednerlexikon, 
doti malignitate und die entsprechenden Äuße- zuletzt herausgegeben von D in dorf Oxford 1853. 
rungen des Favorinus. So würde man etwa in die Vorrede des ersten Bandes zählt XI — XIV 
Hadrians Zeit gelangen , aber eine Schrift tieqi die früheren Ausgaben auf (Editio princ. Aldina 
iöewv verbietet, H. von Hermogenes allzu weit 50 1503, Bekker stellt auch hier den Text auf eine 
abzurücken. Nun wird bei Syrian und in den neue hsl. Grundlage, Berlin 1833); Bd. II gibt 
Scholien zu Hermogenes tisqi oxdoeoov öfter ein H. eine bequeme Zusammenstellung der An merkungen 
zitiert (vgl. Glöckner Quaestiones rhetoricae 95. früherer Herausgeber und Bearbeiter. Daß wir 
Schilling Quaest. rhet. selectae 742). Der noch weit entfernt seien von genauer Kenntnis 
Mann charakterisiert sich durch eine gewisse Selb- der Hss., betonte mit Recht Kalkhoff (De codtL 
ständigkeit der Ansichten; er nahm 14 Status epitomes Harpocrationeae, Diss. philo!. Halenses 
an (Walz V 328), stellte die Tiagayga^ an die VIII 1887, 143); der Bearbeiter des H. für die 
Spitze (Syrian. II 60, 14 u. a.), erklärte die Ord- Lexicographi Graeci, Wentzel, hatte die Güte, 
nung von si^ixöztjg und tzq6$ zi für gleichgültig mir die noch nicht gedruckten Resultate seiner 
{Walz IV 519). Vor allem, er hat gegen Hermo- 60 Untersuchung der Hss. für diesen Artikel zur Ver- 
genes polemisiert (Walz VII 349, 25. 350, 29). fügung zu stellen; über den Plan der Ausgabe 
Ferner erscheint in den Walz -Scholien ein H. vgl. S.-Ber. Akad. Berl, 1895, 487. 

mit einer Definition des svdvfiTjfia und snev&v- Das Lexikon des H. ist doppelt überliefert, 
Mfia. Sieht man sich die Stellen (V 410. VII in einer vollständigeren Fassung -und ^ einer kür- 
752. 763) genauer an, so erkennt man, daß es zeren, der sog. Epitome. Die ansffltabcnere Fas- 
sich um Listen von ogot handelt, die wohl zeit- snng steht in jungen Hss., A — Angehe. Roman, 
lieh geordnet waren und in denen H. vor Neo- 3 saec. XV mit dem Titel 'Aexoxgaztoros X^t- 
kles seine Stelle hat. Dieser H. ist zweifellos xov x&v texa favietov, daneben iwei nahe Yer- 



2**5 



joarpoEramou 



xuti yv tu. auuu 



wandte Hss. saec XV, Riccard. Floren t, 12 und liehe Reichtum Didymeischer Kommentare in 
Loudim 16 C XVII, in deren Vorlage das Lexikon unserem H. zusammengestrichen ist (Blass a. a. 
anonym war, der Name des H. in den beiden O. 160. Cohn a. a. O. 828, 2), während der 
Abschriften ist nur eine Vermutung der Schreiber. von Diels-Schubart a. a. O. und in der Bibl. 
Aus der großen Zahl der übrigen Hss. der aus- Teubn. 1904 herausgegebene Berliner Papyrus 9780 
führlicheren Fassung kommen für die Konstitu- mit den Fragmenten aus dem Buch des Didymos 
tion des Textes noch in Betracht M = Vat. gr. über Demosthenes, also aus einem avyygafißa, 
871 saec. XIV und P = Cantabr. Trin. Coli. 1, keine Berührung mit H. zeigt (Leo Nachr. Gott. 
S saec. XIV; hervorzuheben ist, daß wieder im Ges. 1904, 267). Nach der Auffindung der Höh- 
Cantabr. Bibl. Acad. Dd. IV 63 saec. XIV das Lexi- 10 xda °A$rjva(a>v des Aristoteles wurde ihr Ver- 
kon anonym ist. Exzerpte aus dieser ausführ- hältnis zu H., der sie oft zitiert, mehrfach unter- 
licheren Fassung stehen in G = Laur. 58,4 saec. sucht (v. Wilamowitz Aristoteles und Athen 
XV des Michael Apostoles, in dem Darmstädter 1 114, 27. 12S, 3. 213, 51. 227, 82. II 255. 
Exzerpt des Darmst. 2773 und dem Oxforder Ex- Bursy De Aristotelis IJohxeiag 'Aß^vatov partis 
zerpt des Barocc. 50 saec. X1H = Cramer An. alterius fönte et auetoritate, Diss. Jurjewi (Dor- 
Oxon. II 488. Dagegen ist unabhängig von der pati) 1897, 32ff. 94. 111. 137). Die Benutzung 
vollständigeren Fassung, wie Kalkhol f a. a. O. der Attizisten hatte Boysen De Harpocrationis 
176 gegen Bernhardy Quaest. de Harpocrationis lexici fontibus, Diss. Kiel 1876, 83 behauptet, sie 
aetäte auetarium, Ind. lect. Halle 1856 gezeigt wird mit Recht abgelehnt von Stoj entin Jahrb. 
hat, die Epitome der Hss. D = Paris. 2552 saec. 20 f. Phüol. CXLX (1879), 113, von Freyer Leipz. 
XV und E = Palat. Heidelberg. 375 saec. XIII Stud. f. klass. Philologie V 1882, 263 und von 
(Leydens. Univ. Bibl. XVIII 33 E saec. XV ist Cohn a. a. 0. 826, der darauf hinweist, daß die 
nach Dindorf I p. XIV von Kalkhoff a. a. 0. Attizisten gar nicht in erster Linie Redner er- 
150 als Abschrift von E erwiesen worden). Die klären; Berührungen sind also aus Benutzung 
Hss. DE haben den mit Suidas stimmenden Titel gemeinsamer Quelle zu erklären. 
M£eis tcöv bixa q?jz6qcov GvXlsyeXotu Ttaga 'Aqtio- Für die Zeitbestimmung des H. ist einzig 
xeaxiwvog zov yQafifiaztxov, aber eine noch nicht sicher der Terminus post quem, den die jung- 
näher bekannte Hss. in Jerusalem 425 saec. XIV sten zitierten Schriftsteller Dionysios Sohn des 
(Papadopulos-Kerameus c h e ooolvfxirtxi} Bi- Tryphon (s. o. Bd. V S. 985, 1) und Dionysios 
ßlto&qxij II, Petersburg 1894, 542), zu E gehörig, 30 von Halikarnass geben, Augusteische Zeit; da- 
hat den Titel rQa^ixazixr} xaza axoiiiov %ov <Poe- nach hat H. M. E. Meier Opuscula acad. LI 1863, 
vi/ov (Wentzel brieflich). 147 ihn in die Zeit des Tiberius gesetzt. Da 
" Während die ausführlichere Fassung in der die Hss. zeigen, daß der Name des H. für den 
Nebenüberlieferung erst spät erscheint, also an- Verfasser des Lexikons durchaus nicht fest sitzt 
scheinend auf die Hs. eines Gelehrten zurück- und außerdem dieser Name häufig ist (Fabri- 
geht, der sie hervorzog (Kalkhoff a. a. O. 161), cius Bibl. Graeca ed. Harles. VI 1798, 249. 
wurde die Epitome in einer E nahestehenden, Maussac Diss. crit, de Harpocratione 1G14 bei 
aber ihm vorausliegenden Redaktion fast voll- Dindorf II p. V— XVII), scheint mir die Identi- 
ständig in die Xvvayayi) ?J£ea>v xQtjoi/Awv auf- fikation mit einem datierten Namensträger aus- 
genommen, die gemeinsame Vorlage für Photios, 40 sichtslose Spielerei. Valesius in seinen Bemer- 
Suidas und das sechste Bekkersche Lexikon = kungen von 1682 bei Fabricius a. a. O. 249 
Bekker An. gr. I 1814, 319 (Wentzel S.-Ber. hat an den von Libanios epist. 367 und 371 er- 
Akad. Berl. 1895,480. Reitzenstein Der An- wähnten Ägypter H., einen Dichter und Lehrer, 
fang des Lexikons des Photios 1907 XXXLT). Die gedacht, also an das 4. Jhdt., während man in 
aus der Nebenüberlieferung zu rekonstruierende neuerer Zeit (Cohn Griech. Lexikogr. in J. Mül- 
Hs. tritt neben die erhaltenen Hss. der Epitome lers Handb. H^ 1 [1900], 590. Christ Griech. 
und beweist ihre Existenz spätestens im 9. Jhdt. Lit.-Gesch.* ebd. Vn [1905] 803. Sandys A 
Da das Lexikon des H. Wort- und Sacher- history of class. scholarship I 2 [1906] 325) sich 
klärung zu den Rednern gibt, so sind in letzter für die Vermutung zu entscheiden pflegt, die zu- 
Instanz seine Quellen Rednerkommentare des Di- 50 erst mit Bestimmtheit Gyraldus im Dialogus 
dymos und Historiker, die Atthidographen durch V de poetarum historia, zweifelnd Casaubonus 
Vermittlung des Istros, Aristoteles, Apollodoros, in seiner Anmerkung zu der gleich zu nennenden 
Eratosthenes u. a., wie sie in Dindorf s Index Stelle, beide mit Zustimmung zitiert bei Maussac 
scriptorum aufgeführt sind. Direkt lag ihm wohl a. a. O. p. XVI. ausgesprochen hat. Danach ist H. 
schon eine Zusammenstellung dieser hervorragen- der von Iulius Capitolinus in seiner Biographie 
den Gewährsmänner in einem Onomastikon vor; des L. Verus II 5 (= Script, hist. Aug. I 69, 
seine eigenen Zusätze, sprachlich-exegetische Glos- 19 Peter) genannte Lehrer dieses Kaisers, gehört 
sen, erkennt man durch Vergleich mit dem fünften also ins 2. Jhdt. Jedoch ist dies nur eine Mög- 
Bekkerschen Lexikon t das auf demselben Ono- lichkeit, und das Fehlen aller Zitate aus der Zeit 
mastikon beruht (Wentzel S.-Ber. Akad. Berl. 60 nach Augustus spricht entschieden füT die vor- 
1895, 483. Cohn Jahrb. f. Philol. Suppl. XHI her angeführte Ansicht von H. M. E. Meier. 
1884, 826). Neuere Funde haben an zwei Stellen Bei dieser Datierung müssen allerdings spä- 
den Vergleich mit den Vorlagen ermöglicht ; das tere Zusätze anerkannt werden. Leicht erledigt 
auf Didymos beruhende Lexikon zur Aristocratea sich Strabon, der s. Asvxag und Aixatov genannt 
des Demosthenes (von Blass Herrn. XVII 1882, wird; er steht nur in der vollständigeren Fas- 
150 ans Pap. Berolin. 5008 herausgegeben, wieder- sung, nicht in der Epitome, ist also später Zu- 
holt von Diels-Schubart BerL Klass.-Teite satz, wie Meineke gesehen hat, dem Dindorf. 
I 1904, 78) zeigt deutlich, wie sehr der Ursprung- I 191 mit Recht folgt Dagegen liegt das Ver- 



hältnis zu Athenaios komplizierter ; D i n d o r f 
hatte I p. XXI ohne eigene Nachprüfung seinen Vor- 
gängern die Abhängigkeit des H. von Athenaios 
nachgesprochen und sogar für die Datierung des 
H. benutzt. Unter den Übereinstimmungen hebt 
sich zunächst ein Komplex heraus, der eine ein- 
zelne Partie des Athenaios angeht, XIII 585 f 
— 593 a ; sie gibt ausdrücklich im Anfang als ihr 
Thema die Erwähnungen der Hetären bei den 
siohztxol, den Rednern an. Die Konkordanzen 
sind, wenn ich nichts übersehen habe, folgende : 
Harpokr. s.'Avzixvga = Athen. XIII 586 f 
„ Aqtvag = „ „ 586 a 

Nale = „ „592 c 

„ Ndvnov — „ „ 587 au. 582 e 

„ 2tvdmt} = n „ 586 a 

„ <&avoaxQaztj = „ „ 586 a 

Alle diese Artikel (mit zufälliger Ausnahme von 
Avzixvga) stehen auch in der Epitome, gehörten 
also schon spätestens im 9. Jhdt. zum Bestände 
des H. Ein Vergleich der Stellen zeigt, daß bei 
H. im allgemeinen ein Exzerpt aus Athenaios 
steht. Entscheidend für die Frage, ob Benut- 
zung des Athenaios durch IL selbst, wie Din- 
dorf wollte, oder spätere Interpolation des H. 
aus Athenaios anzunehmen ist. scheint mir der 
Anfang des Artikels Ndvnor. 

Harpokr ation s. v. 

JVdvviov. 'Yjisgstötjg sv zau xaza üazQoxXhvg, 
et yvr'jotog. 'A^ioXXoSooQog iv x&t tzeqi xwv 
Iratguiv öiä zo ßaXXov rbv xajiylov xaza- 
<p aye.lv x.t.X. 



xi.aijJviLiau.uu wxi.\j 

fiel und nun zur Motivierung des Beinamens der 
Nannion ein Zeugnis angeführt wurde, das gar 
nicht sie, sondern die Niko anging. In dieser 
Redaktion exzerpierte ein für Redner interessierter 
Mann die Partie aus dem Buch Xin des Athe- 
naios und schrieb seine Exzerpte an den Eand 
seines H. ; von dort kamen sie in die Überliefe- 
rung, bevor die Epitome sich abzweigte. Ob er 
den Widerspruch der Stelle über Nannion emp- 

10 fand, wissen wir nicht ; jedenfalls hat er nicht, 
wie Valesius bei Dindorf II 342 und Heyne 
Apoll. Bibl. I 1803, 452 meinten, eine eigene 
Konfusion angerichtet. Unsere heutige Fassung 
des Athenaios an dieser Steile beruht darauf, daß 
der Epitomator zunächst die Quellenangabe Apol- 
lodor, außerdem wegen des deutlichen "Wider- 
spruchs den Machonvers wegließ; glücklicher- 
weise übersah er den Rückverweis auf 582 e, aus 
dem der ursprüngliche Tatbestand klar wird. Für 

20 das Verhältnis zwischen H. und Athenaios ergibt 
sich also, daß die Übereinstimmungen mit dem 
Buch XTII des Athenaios sämtlich Zusätze eines 
späteren Lesers sind ; sie haben keine Bedeutung 
für die Datierung des H. 

Anders ist das Verhältnis zwischen Harpokr. 
s. Eyyv&rjK-r} und Avxtovgysig und Athen. V 199 c 
und XI 486 c aufzufassen ; an der ersten Stelle 



Die durch den Druck hervorgehobenen Stellen 
lehren ein Doppeltes. Dem Verfasser des H.-4Q 
Artikels lag eine etwas reichere Fassung des Athe- 
naios vor, was durchaus nicht überraschend ist, 
da unsere einzige Hs. des Athenaios bekanntlich 
dem 10., die Redaktion dieses H.- Artikels aber 
spätestens dem 9. Jhdt. angehört. In dieser et- 
was reicheren Fassung des Athenaios war also 
die Echtheit der Hypereidesrede bezweifelt, als 
Quelle für den Beinamen der Nannion Apollodor 
genannt und endlich der Machon vers zitiert, auf 
den unser jetziger Athenaios nur verweist. Daß 50 
aber von einer Benutzung des Originalwerks des 
Athenaios durch H, selbst nicht die Rede sein 
kann, beweist die Übereinstimmung beider Stellen 
in der Verstümmelung des Apollodorzeugnisses, 
das ursprünglich folgendermaßen lautete: Apol- 
lodor sagt, Nannion habe den Beinamen ATg~ ge- 
führt (es folgte der uns nicht überlieferte Grund) ; 
denselben Beinamen habe man auch ihrer Kol- 
legin Niko gegeben, und den Grund dafür über- 
liefere Machon in den Versen i^iExaXsJzo usw. 60 
Diesem so rekonstruierten Apollodorzeugnisse (das 
gut mit der Scheidung der beiden Trägerinnen 
des Namens Phryne XIII 591 e zusammengeht) 
fügte Athenaios eine Verweisung etwa mit iooxsQ 
ngosmofisv bei, weil er den Machon vorher in 
weitem Umfang ausgeschrieben hatte; der Epi- 
tomator strich das Apollodorzeugnis so zusammen, 
daß die erste auf Nannion bezügliche Hälfte weg- 



Athenaios XIII 587 a und 582 e 

587 a Navviov ds 'YjieQEiörjg /nrrj^ovsvsi iv xmi 
xaza TlacQOxHovs (frg. 144 Blass). avxr\ öh ozt 
Ät£ ijisxaXstzo Jtgostxoftzv (582 e) dia to 0aXX6v 
zov xa.7iifA.ov ig~aval&oat. 
582 e wird aus Machon iv ralg smyQafpofihaig 
Xgsiaig von einer Hetäre Niko erzählt 

FJiexaXetTo <V Aig, 
ort zov fxsyav xazstpay ioaarrjv jiozs 
SaXXov. 

ist H. reicher, hat z. B. das Zitat des Dai machos, 
an der zweiten Stelle wird der Didymoskommentar 
von H. und Athenaios zitiert; so gehen wohl 
diese beiden Konkordanzen auf die . gemeinsame 
Quelle zurück, und die Benutzung des Athenaios 
beschränkt sich demnach auf die eine Partie 
des dreizehnten Buches durch einen späteren Leser. 
Literatur (soweit nicht schon angeführt) : Co- 
bet Collect, crit. 1878. 168—184, dazu E ge- 
il olff Bursians Jahrcsber. XVII (1879), 113—116. 
Stein Diss. Göttingen 1891 XV 1. Kaibel Herrn. 
XXX 1895, 439. Sauppe Aasgew. Schriften 
1896, 112. 139. 662. 735. 

6) Griechischer Grammatiker unbekannter Zeit, 
Lehrer eines Dios (s. o. Bd. V S. 1080, 53), schrieb 
einen Iliaskommentar (Schol. A zu II. IX 453). 

7) Als Rhetor und Philosoph gefeiert Anth. 
Pal. app. 320. [H. Schultz.] 

8) Arzt aus Mendes in Ägypten, schrieb etwa 
im 1. Jhdt. n. Chr. neei alaxovvztov, Athen. XIV 
648 b erwähnt aus dieser Schrift den Namen eines 
Obstkuchens. 

9) Arzt, von dem Galen XII 629 eine Salbe 
gegen Ohrenfluß beschreibt. 

10) Schriftsteller der späteren römischen Kaiser- 
zeit aus Alexandreia. Sein noch unediertes^Werk 
tisqI tpvmxöäv dwä/teatv, das die medizinischen 
Kräfte der Tiere, Pflanze» und Steine behandelt, 
ist handschriftlich in Madrid (cod. Matrit. bibl. 
nat. 4631 aus dem J. 1474) vorhanden und zwar 



in der Weise, daß Abschnitte der dasselbe Thema 
behandelnden Schrift Kvgavideg des Hermes Tris- 
megistos dazwischen geschrieben sind. Diese 
berufen sich überhaupt häufig auf H. So heißt 
es z. B. F. de M<51y Les lapidaires de l'anti- 
quite LT. 3, daß die Kvgavidsg aus der Schrift 
eines Ferserkönigs Kyranos xai ix tö>v 'Aqjio- 
xgart'&vog 'AXefavdQetog uigog xr\v olxdav foyaisga 
zusammengestellt seien; S. 4 wird eine Stelle 
wörtlich zitiert; S. 8 und 10 lesen wir, Kyranos 
urteile darüber so, H. so; ferner wirdH. S. 21. 24, 
42. 43. 48. 49 erwähnt, also nur im 1. Buch des Her- 
mes Trismegistos ; eteqov (sc. ßißXtov) ov% evQOftev 
sagt dieser an der letzten Stelle. Im Marc. app. 
cl. V 13 heißt der vollständige Titel ix x<bv zov 
c AQ7ioxQaxio3vog zov 'AXs^avbgeojg aeol (pvoix&v 
Svvdjusoiv Z<bi<öv ze (pvzcüv xai Xföcov, ä eygaips 
nQog rtjv iUav dvyazega. Im Coislin. 158 ßißXtov 
"AQ7iaxQo.xicovog , ovv&soig zov Kvgavov ßaodzcog 
tisqI xö Xi&cov Jtsxtivmv zs xai t%&v(0V xai ßoza- 
v&v xaz äXyaßrjxov. Der Anfang der Schrift 
zeigt hier einige Abweichungen. In dem oben 
erwähnten Madrider Kodes steht außerdem noch 
ein Brief des H. an einen osßaazog Kaloag, der 
eine Vorrede zu dem Werke eines Syrers Necepsus 
sein soll. Die sich hier findende Bemerkung, 
der Autor habe in Asien Grammatik gelehrt, be- 
vor er nach Alexandrien gegangen sei, woselbst 
er die berühmtesten Philologen in Schatten ge- 
stellt habe, hat schon Iriarte Cat. cod. Matrit. 
Graec. 432 veranlaßt, ihn mit dem bekannten 
Rhetor Valerius Harpokration (s. d.) zu identi- 
fizieren ; und Mely Les lap. de Pantiqu. II 1, 
pref. IX behauptet: V Harpoer ation qtii figure 
dans les Öyranides est Selon toute vraisemblanee 
l'ami et le correspandant de Libanius. Aber 
man mag eher an eine Interpolation in jenem 
Briefe glauben, als dem berühmten Grammatiker 
Schriften aulbürden, in denen Dinge vorgetragen 
werden, von denen zur Quacksalberei kein großer 
Schritt mehr ist. Dagegen kann, was Tertull. 
de coron. 7 (I 433, 1 \)ehler) als Lehrmeinung 
eines H. mitteilt: Efeukränze auf dem Kopfe 
schützten vor Trunkenheit, ohneBedenken unserem 
H. zugeschrieben werden. Vgl. Salmasius Exer- 
cit Plin. 796. Fabricius Bibl. Graec. VI 250. 
Di eis Handschriften d. ant. Ärzte n 41. 

[Gossen.] 
Harpyien. 1. Als gewöhnliche Form des 
Namens jener Fabelwesen, die wir H. zu nennen 
pflegen, ist uns "Aqxvicu überliefert. Nur zwei 
sichere Belege gibt es bisher, die eine hiervon 
abweichende Schreibung aufweisen. Das Etymo- 
logikum Magnum enthält p. 138, 21 folgende 
Notiz : "Aoxviai ' Kai cikEOvao(.iGti xov E äoexvtat. 
Auf diese" Form machte Fick aufmerksam und 
führte sie, um die Wirkung eines vielleicht im 
Homerischen Epos beabsichtigten Wortspieles zu 
erhöhen, in die Odvssee ein (I 241. XIV 371. 
XX 77, vgl. Fick 'Odvssee 2 u. 320, s. aber 
auch W. Schulze K/Z. XXIX 235, 1). Die 
inschriftliche Bestätigung lieferte dann für die 
Form die auf Aigina gefundene sf. Schüssel dee 
Berliner Museums (FurtwänglerK atalog 1 1 682 , 
publiziert von demselben Arch. Ztg. XL 197 Taf. 9 
n. 10. S. dazu auch Ed. Schmidt Münchener 
areb. Stud. 263. Inschrift ('Apeitvia Dual) und 
Zeichnung habe ich am Original verglichen); 



auch auf der Phineusschale des Wagner sehen 
Kunstinstituts der Universität Würzburg (Furt- 
wängler-EeichholdGriech. Vasenmalerei 209ff. 
Taf. 41; verfertigt auf einer der ionischen Ky- 
kladen, vielleicht Naxos, kaum vor der Mitte des 
6. Jhdts.; vgl. dazu die hei Furtwängler ge- 
gebene ausführliche Literatur und außerdem Ed. 
Schmidt a. O. 340) stellt das erhaltene API.... 
möglicherweise den liest von 'Agesivia dar. Wenn 

10 es auch dem Belieben des einzelnen überlassen 
bleiben muß, diese Form in den heute uns vor- 
liegenden Text des Homer oder Hesiod einzu- 
setzen, so müssen wir meines Erachtens doch 
wohl annehmen, daß sowohl den Grammatikern 
als auch den Vasenmalern jene aus den alten 
Epen übermittelt worden ist. Die Inschrift der 
Würzburger Vase ist noch insofern bemerkens- 
wert, als wir aus ihr ersehen, daß der Vasen- 
maler das Wort ohne Aspiration läßt, während 

20 er den Buchstaben A in ^Ügat schreibt. Der h 
Anlaut entbehrt der etymologischen Berechtigung. 
Die Zusammenstellung mit agnata haben 
schon die Alten vorgenommen (vgl. u. a. Hesych. 
s. äQxvta un<i r AQxvtag. Schol. Lycophr. Alex. 267. 
Schol. Odyss. I 241. Etym. Gud. s. "Agjivta und 
"AQjtviat, Etym. M. s. "AqTwiat. Myth. Vat. II 13. 
Die Schol. Lycophr. Alex. 267 wollen das Wort noch 
von sv täi aegi nsz£G§ai herleiten). Kretschmer 
Griech. Vaseninschriften 208, vgl. 56 verbindet das 

30 Wort richtig mit lat. sarpo, lettisch sirpe Sichel, 
kslav. srüpü, rüss. serpü, vgl. ahd. sarf scharf (s. 
auch Prellwitz Etym. Wörterb. 2 54) und setzt als 
ursprüngliche Flexion an ägeTWia, *ägjivtäg mit 
wechselndem Akzente wie die übrigen Femi- 
nina auf -tfi (vgl. Joh. Schmidt K. Z. XXV 
36); a im Anlaut ist prothetisch (Kretschmer 
a. O. 56. Prellwitz Gott. Gel. Anz. 1886, 763. 
W. Schulze K. Z. XXIX 235, 1. Kretschmer 
K. Z. XXIX 427). 

40 Die eigentliche Bedeutung des Wortes erhellt 
aus dem Vergleiche der beiden Odysseeverse XX 
66 : ü)$ Ö' Öze IJavöagiov xovgag ävilovzo tiveklat 
und XX 77 : z&pga Sh rag xovgag äQmnai avi]~ 
(jsiyjavzo (vgl. Hesych. äonviat • al x&v dvifiav 
ovorgotpat, tivsiXat. Eustath. comm. 1414. 38. 
Schol. Odyss. I 241). 

2. Hom. II. XVI 150 wird die agxvia Jloddgyt] 
genannt ; bei Hesiod Theog. 267 heißen die beiden 
H., die Töchter des Thaumas und der Elektra, 

50UaUw und 'Qxvniht) ^Üxvnobn stellen Sittl 
Wiener Stud. XII 42 und Fick Hes. Ged. 33 
aus Apollod. I 9,' 21, 7 her, doch liegt wohl bei 
Apollodor einfach eine Vertauschung vor). Nach 
Apollod. a. O. heißt die eine Nixo&oy oder 
'AsXXdnovg (dazu ist *AeXlu> Kurzform), die andere 
'Qxvxöbr) oder 'Qxv&örj ; hierzu wird als dritte 
zugefügt Kelatvöi Tzetz. zu Lycophr. Alex. 165. 
Verg. Aen. III 209. Val. Flacc. Argon. IV 453 
(Töchter des Tvphon). Serv. Aen. III 209. Myth. 

60 Vat. I 111. Mvth. Vat. II 13 Töchter des Pontes 
und der Ge, III 5, 5 des Poseidon. Hyg, fab. 
14 im Argonautenkatalog, wo ihre Eltern Thaumas 
und, wie der Frisingensis hat, Ozoinenesind (o£ofiat^ 
bei Hippocr. = c£<u, der Name beruhte dann auf 
hellenistischer Erfindung). Derselbe Kodex bietet 
als Namen der H. Alopie, Acheloe, Ocypete; das 
hat Bursian verbessert. 

3. Wie noch im heutigen Hellas die Land- 



bewohnet meinen, daß in den alles mit sich fort- 
reißenden Wirbelstürmen unheimliche Geister, 
die Neraiden einherziehen, so schrieben schon die 
Alten die trockenen, ausdörrenden Winde der Ein- 
wirkung besonderer Dämonen, der H., zu (vgl. 
B. Schmidt Volksleben der Neugriechen I 123ff. 
Mannhardt Antike Wald- und Feldkulte 90ff. 
100. 101. 202. 206. Weniger Arch. f. Eelig. 
X 72. S. auch Neumann u. Parts eh Physi- 



ph&den, die | vorher Plotai hießen, entfliehen. 
Das sind ursprünglich Inseln , die nirgends loka- 
lisiert sind, sie liegen eben im Jenseits ; erst spater 
versucht man sie geographisch festzulegen, so im 
Ägäischen Meere (Hyg. fah. 14, vgl. Gruppe 
Griech. Myth. 398, 2), im Ionischen ("Verg. Aem 
HI 210. Val. Flacc. Argon. IV 512, ähnlich läßt 
man den Unterweltsherren Neleus in Pylos ge- 
bieten), oder man setzt sie weithin nach Westen, 



kaiische Geographie v. Griechenland 114ff.). Ob 10 in die sizilische See, wohin ja auch die Fahrt 



die Griechen sich diese Sturmgottheiten in älte- 
ster Zeit als gespenstische Rosse gedacht haben, 
wie sie die deutschen und skandinavischen Volks- 
sagen uns schildern, läßt sich nicht sicher er- 
mitteln. Hom. II. XVI 149ff. wird die ägavta 
IToödQyt} als Mutter der Eosse Xanthos und Ba- 
lios erwähnt (vgl. Hom. II. XIX 400. Quint. 
Smyrn. VIII 155), die sie ßoaxofäv-t} ?,etftcövL jiaga 
göov 'üxsavolo dem Zephyros gebar. Auch andere 



des Odysseus geht und wo des Aiolos Inselreich 
ist (Dionys. Per. 465. Eustath. comm. und paraphr. 
dazu. Schol. Apoll. Ehod. Argon. II 297). In 
Skythien heimisch sind sie nach Peisandros SchoL 
Apoll. Ehod. Argon. II 1088. An den Eingang 
zum Hades werden sie, wie andere schreckliche 
Wesen, verwiesen von Pherekydes (Diels II 2 1, 
509), Vergil (Aen. III 215. VI 289) und Silius 
Ital. (Pun. XIII 599); als Hunde des Zeus er- 



durch Schnelligkeit berühmte Eosse stammen der 20 scheinen sie bei Apoll. Ehod. Argon. II 289 (vgl 



Sage nach von der H. ah, so die Dioskurenrosse 
Phlogeos und Harpagos (Stesichoros frg. 1, PLG 
III 205 von Podarge), Areion (Quint. Smyrn. IV 
570. Eustath. comm. 1051, in alter Zeit ist 
Erinys die Mutter, Preller-Eobert Griech. 
Myth. 590) und die Bosse des Erechtheus 
(Nonn. Dionys. XXXVII 159, von der Si&ovlq 
r ÄQjivia), vgl. Preller-Eobert Griech. Myth 
559, 4. In der Odyssee I 241. XIV 371. XX 



77 (danach Paus. X 30, 2; zu den Versen 30 H. nicht kennt. 



Hesych. s. v. Aiog xvvsg Hygin fah. 19 Myth. Vat. 
I 27. II 13. III 5, 5), wie Lucan. Phars. VI 733 
stygische Hunde der Hekate nennt ; vgl. Serv. Aen. 
IH 209 (Eohde Eh. Mus. L 3. Stengel Herrn. 
XXXV 634). Aus den Worten Vergils Aen. IH 
2 1 5 hat dann Donat ihre Unverwundbarkeit her- 
geleitet (Serv. Aen. III 242, vgl. Berthold Eeli- 
gionsw. Versuche und Vorarb. XI 1), während 
die ältere Sage eine solche Eigenschaft an den 



s. v. Wilamowitz Homer. Unters. 63) haben 
die H., deren Zahl nicht näher bestimmt wird, 
deutlich die Punktion von Todesgenien (Conze 
Heroen- und Göttergestalten 46), die Odysseus 
wie die Töchter des Pandareos ins Eeieh des 
Hades entrückt haben sollen (Eohde Psyche I 4 
71ff. 248, 1; Eh. Mus. L lff. Dieter ich Ne- 
kyia56\ 1. Stengel Herrn. XXXV 684f. Malten 
Arch. f. Eelig. XII Sil. Steinmetz Arch. Jahrb. 



4. Wie sich die Griechen das Äußere der H_ 
dachten, darüber läßt sich aus dem Verse Hom. 
IL XVI 150 nichts Sicheres entnehmen (vgl. Eoss- 
bach Arch. Ztg. XLI 174, 11: doch kennen wir 
(gegen Rossbach) eine roßgestaltige Medusa 
(Bull. hell. XXTI pl. 5), zumal da noch die Mög- 
lichkeit hinzukommt, daß hier das Wort ägjwta 
im Sinne eines reinen Epithetons gebraucht ist;, 
denn Podarge erscheint nie als Name einer der- 



XXV 48). Gegenüber den von Eohde und Die- 40 ienigen H die in der phineussage als Sturm- 



t er ich vertretenen Ansichten ist zu bemerken, 
daß in den Odysseeversen weniger Wert darauf 
zu legen ist, oh Lebende oder Tote von den H. 
entführt werden, als darauf, daß der Eaub durch 
sie ein ruhmloses Ende bezeichnet, vor allem, daß 
den Dahingerafften kein rvftßog aufgeschüttet wird, 
an dem ihnen die GTabspenden dargebracht wer- 
den, nach hellenischer Eeligion ein furchtbares 
Geschick. 



dämonen auftreten. Für die Figur Furtwängler 
Antike Gemmen I Taf. VII 39. 40. III 101 ist, 
wie Furtwängler selbst erkannt hat (a. O. 
III 444), die Benennung H. nicht genügend ge- 
rechtfertigt. Wichtiger für uns ist Hesiods Zeug 
nis Theog. 265ff. , der dem Thaumas und der 
Elektra zu Kindern gibt *Iqiv | t)vk6{aovs <5' Aq- 
xviag 'AeXÄa> x 'üxvnhrjv ts. Daraus geht wohl 
„ hervor, daß Hesiod sich die schönlockigen H. als 



Als Sturmgeister stehen die H. in enger Be- 50 Schwestern der^ Iris nicht als schreckliche Unge- 



Ziehung zum Seelenreicbe. Des Menschen Seele 
kommt und geht vom Windhauche getragen (Ari- 
sto! de anim. I 5, p. 410 II 29f.), die im Sturme 
dahinfahrenden Geister sind selber abgeschiedene 
Seelen (Eohde Psyche I* 249 ; Eh. Mus. L 3ff. Eo- 
hert Herrn. XXXV 662. Man möge auch an die 
semitischen Vorstellungen vom nr* denken). Ihr 
Wohnsitz ist im Eeiche des Unbekannten, im 
fernen Westen, da wo man auch den Eingang 



tüme vorgestellt hat; dann hätte er sie auch 
wahrscheinlich der folgenden Gruppe, die dem 
Phorkys und der Keto entstammt, zugewiesen 
(Töchter des Typhon sind sie erst hei Val. Flacc. 
Argon. IV 428); als Attribut gibt ihnen Hesiod 
Flügel. Ebenso scheinen sie in den Theognidea 
715 gedacht zu sein, wo der Dichter die Schnellig- 
keit ihrer Füße rühmt. Als geflügelte Frauen 
ohne sonstige nichtmenschliche Zutat treffen wir 



zur Unterwelt hin versetzt ; wo die Sonne ins Meer 60 s ie auch auf den beiden sf. Vasenbildern des Würz- 



sinkt, wachen sie über die goldenen Äpfel der 
Hesperiden im Göttergarten (Epiraenides und Aku- 
silaos, Diels II 2 1, 496, 9. 513, 5), ja bei Epi- 
menides werden sie den Hesperiden gleichgesetzt 
(Diels a. O., vgl. Kern De Orph. Epim. Pherec. 
theogoniia 65. 76. Studniczka Kyrene 26). 
Nichts anderes besagt es, wenn sie in der Phi- 
neussage zu ihrem uralten Wohnsitze, den Stro- 



burger und des Berliner Museums (s. o.). Auf 
der ersten Schale werden den H. sowie den 
Boreaden je vier Flügel an den Schultern ge- 
geben, von denen zwei nach oben gebogen sind, 
ferner haben sie an den Stiefeln Flügel, ganz so, 
wie es die ionische Kunst liebt. Auf der ägi- 
netischen Schussel des Berliner Antiquariiims be- 
sitzen sie gemäß der idtattischen Technik zwei 



Schulterflagel. Nicht anders erscheint die Bil- 
dung der Dämonen auf der kyrenaischen Vase 
Naukratis I pl. VIH. IX p. 53 (Journ. hell. Stud. 
X 1S3, vgl. Catalogue of Greek and Etrusc. 
vases II B 4, p. 50. Stndniczka Kyrene 17ff.). 
Ausgezeichnet sind sie auch hier durch wallendes 
Haar (Studniczka a. O. 18). Ansprechend hat 
Studniczka a. O. 26 die weiblichen Wesen, 
die von links auf den Silphionbaum zustürmen, 
H., die männlichen Boreaden genannt, wenngleich 
Crusius Philol. LH- 708 in jenen die Nymphen 
der vier Pflanzstädte Kyrenes, in diesen die drei 
Phylenhcroen erblickt. Immerhin würde die Deu- 
tung auf den südlichen , austrocknenden Wüsten- 
stunn und den Feuchtigkeit spendenden, von Nor- 
den her wehenden Seewind, die beide den Silphion- 
baum umgeben, keine unpassende sein (vgl. auch 
G. Smith Journ. hell. Stud. XIII 103h\ Eo- 
b e r t Herrn. XXXV 662. Fr tlri n g h a m Amer. 
journ. of arch. IX 425f.). 

Außerdem erwähne ich hier die Darstellung 
der H. auf der Volutenamphora der Sammlung 
Jatta zu Ruvo, einer Vase frühunteritalischen 
Stiles (Furtwängler-Eeichhold Taf. 60, 2 
p. 304, dazu die Literatur p. 302, 3); auf ihr 
erscheinen sie als weibliche geflügelte Wesen, von 
denen namentlich das letzte als widerwärtiges 
Geschöpf durch Hakennase und kurzes Haar mit 
beinahe semitischem' Typus charakterisiert ist. 
Die Vase ist aus dem Kreise attischer Künstler, 
wohl des Aristophanes und Erginos, hervorge- 
gangen {Furtwängler a. O. 305; Meister- 
werke d. Plast. 151 f.) und zeigt durch die An- 
gabe der Terrain wellen auf die Kunst des großen 
Thasiers Polygnot hin. Wahrscheinlich ist es, 
daß wir hier die Reproduktion eines Polygnoti- 
schen Tafelgemäldes vor uns haben, und ich ver- 
mute, daß wir damit eine andere Erwähnung der 
H. kombinieren dürfen. Wenn Polygnot 474 nach 
Athen kam und hier als Freund des Kimon das 
damals herrlich aufblühende Athen mit seinen 
Kunstwerken schmückte, da wird wohl auch der 
Mann, der auf einem andern Gebiete der füh- 
rende Genius war, und der selbst bei Marathon 
und Salamis, als es galt, den Perser aus dem 
Lande zu weisen, mit den Waffen in der Hand 
mitgeholfen hatte, Athens Größe zu begründen, 
dem zeitgenössischen Meister volle Bewunderung 
gezollt haben, und jeder Athener wußte, was die 
Worte der Pythia in den Eumeniden 50f. besagen 
sollten eiSdv jiot t/6t] fPirscos yeyQaixiävag \ det- 
nvov (psgovaag. Das Bild des Polygnot aber mag 
seinerseits vielleicht wieder Bezug genommen 
haben auf die dramatische Fassung der Sage; 
wenn auch die Tatsache, daß auf der Vase Phi- 
neus in der von der Bühne entlehnten Königs- 
tracht mit Ärmelchiton und Mütze mit Zacken - 
kämm gezeichnet ist, natürlich keinen Anhalt 
gewährt, so ist es doch immerhin denkbar, daß 
eine Aufführung der Aischyleischen Tragödie Phi- 
neus, die 472 zum erstenmal erfolgte, Polygnot zum 
Schaffen des Kunstwerkes anregte. Auch auf dem 
rf. attischen Vasenbilde (Millingen Anc. uned. 
mon. I Taf. 15, p. 40 = Stackeiberg Gräber der 
Hellenen Taf. 38, p. 32. Duc deLuynes Ann. 
d. Inst. 1843, 15f. Fla seh Arch. Ztg. XXXVTH 
139: häßliches Profil, struppige Haare) und der 
rf. Amphora des britischen Museums aus Ka- 



meiros (Catalogue of the Greek and Etrusc. yases 
TU E 302 p. 219. Flasch Arch. Ztg. XXXVm 
Taf. XII 2 p. 142: jugendlich schön, mit nicht 
sehr großen Flügeln ausgerüstet) weicht die 
Zeichnung der H. nicht wesentlich von dem 
bisher besprochenen Typus ab. Die Deutung 
des Bildes der Nolaner Amphora (Wiener Vor- 
legeblätter CVIII 1, 4. Jh. Flasch Arch. Ztg. 
XXXVHI Taf. XII 1 p. 143f. De Witte 
10 Arch. Ztg. XXXIX 1631; vgl. auch Catalogue 
Durand nr. 628) auf Phineus wird mit Eecht 
von Petersen Arch.-epigr. Mitt. VI 52ff. 
W assner De heroum eultu 56 These VI und 
Klein Griech. Vasen mit Liehlingsinschr.2 143 
abgewiesen. Für durchaus unangängig halte ich 
es, auf der rf. Oinochoe Mon. antichi XIV 89f. 
eine Darstellung des Phineusabenteuers erblicken 
zu wollen ; neben anderen Gründen bestimmt mich 
dazu der Umstand, daß die von Eizzo H. ge- 
20 nannten Wesen , nach der Abbildung zu urteilen, 
männlich sind. Als geflügelt dahinstürmende 
Jungfrauen schildert sie (vielleicht Apoll. Ehod, 
Argon. II 187ff. 223ff. 227. 252. 2671F., doch s. 
u. und) Apollöd. I 9, 21, 3. Daß die römische 
Anschauung eine Vermischung mit den Sirenen 
vorgenommen hat, kann nicht befremden, da die 
Köm er auch z. B. die Satyrn mit Bocksbeinen be- 
gaben, etwas, was sich ja noch in unserer Zeit ein 
Nietzsche geleistet hat. (Verg. Aen. m 216. 233. 
SO Ovid. mct. VII 4. Stat. Theb. VHT 256, der sie 520 
famulae lovis nennt. Val. Flacc. Argon. IV 457. 
Myth. Vat. II 143 usw., vgl. auch Schol. Lycophr. 
Alex. 267. 653, so denn auch Dante Inferno XIII 
13f.nach Vergil: Ale hanno late f e colli e visi hu- 
mani, \ Pie con artigli, e pennuto il gran venire). 
Die Gelehrten scheinen jene Bildung wohl fast 
allgemein für römische Erfindung zu halten (vgl. 
Furtwängler Arch. Ztg. XL 204. Frothing- 
ham Amer. journ. of arch. IX 425), doch haben 
40 die Eömer meines Erachtens das, wie so vieles, 
dem hellenistischen Kulturkreise entnommen : be- 
rufen kann man sich dabei auf Lykophron, der 
seine Alexandra ja allerdings wohl sicher nach 
197 gedichtet hat (v. 653); vielleicht sind auch 
die bei Apoll. Ehod. II 188 erwähnten Krallen 
schon als Vogelkrallen zu denken, vgl. Blas» 
Eumeniden p. 75. Der Argonautenkatalog bei Hy- 
gin, der sie als geflügelte Wesen mit Hühner- 
kopf und Hühnerfüßen, aber menschlichen Armen, 
50 Brust und Schenkeln beschreibt (fab. 14). kann 
keinesfalls auch schon wegen der Nennung der 
Mutter Ozomene (vgl. Apoll. Ehod. Argon. II 
191) auf einer älteren als höchstens der helleni- 
stischen Anschauung fußen. 

Da für die archaische und klassische Zeit der 
griechischen Kunst sich nichtmenschliche Ge- 
staltungen der H., bei denen die Deutung durch 
die Verbindung mit der Phineussage völlig ge- 
sichert ist, bis jetzt, soviel ich sehe, nicht nach- 
60 weisen lassen, so müssen wir bei der Entschei- 
dung der Frage, ob wir den ziemlich häufig er- 
scheinenden beflügelten Figuren, die oben Men- 
schen- oder Gorgonenkopf, statt der Füße jedoch 
Vogelkrallen aufweisen, den Namen H. zuerkennen 
sollen, zum mindesten zu einem ,non liquet* kom- 
men (eine solche Figur z. B. auf einer Berliner 
Vase aus Vulci Furtwängler Katalog I 2157. 
Engelmann Arch. Jahrb. I 211, vgl. Amer. 



joum. of arch. III 226: ein Todesdämon mit Me- 
duse nhaupt, vier Flügeln, unten Vogelkrallen, hält 
zwei zappelnde Knaben, diese im Typus des streng 
rf. attischen Stiles, ähnlich auf der in Picenum 
gefundenen bronzenen Situla Fiorelli Not. d. 
scavi II 114. Arch. Ztg. XLH 144f. Engel- 
mann Areh. Jahrb. I 211 : der Dämon hält die 
Knaben mit dem Fuße auch an der Hüfte fest; 
auch andere Fabelwesen (wie auf einer Gemme, 
die in die Zeit um 600 gehört, Furtwängler 10 
Ant Gemmen III 103 (menschliche Figur mit 
Vogelleib), dann Catalogue of sculpturc I nr. 47, 
- 44 p. 88 der archaischen Periode des Artemisions 
von Ephesos angehörig [menschliche Figur mit 
Vogelbeinen], Mionnet Suppl. V 503 Münze von 
Abydos [Vogel mit Sphinxkopf], vgl. auch Arch. 
Ztg. V 148 Taf. X 24. Ann. d. Inst. XVII 7f. 
Head HN 451 [500/480 v. Chr.], andere Münzen 
hei Imhoof-Bluraer Monn. gr, 46G, Sarko- 
phagbild Journ. hell Stud. IV 4) dürfen wir nicht 20 
ohne weiteres für H. ausgeben. Schließlich ent- 
hehrt es auch der Berechtigung, wenn wir die 
an dem berühmten Monument von Xanthos auf- 
tretenden geflügelten weihlichen Wesen als H. 
deuten (Gerhard Arch. Ztg. III 76. Curtius 
Ges. Abhd. II 171. Fnrtwängler Arch. Ztg. 
XL 204. Frothingham Amer. journ. of arch. 
IX 425). Wir haben schon deshalb auf sichere 
Benennung schlechterdings zu verzichten, da wir 
es möglicherweise mit Wesen der lykischen Eeli- 30 
gion zu tun haben, deren Name uns dann völlig 
unbekannt wäre. Über das H.-Monument. das 
«in Meisterwerk der ionischen Kunst im aus- 
gehenden 6. Jhdt. darstellt, möge man folgende 
Abhandlungen vergleichen und dort gegebene Ver- 
weise berücksichtigen: Fellovs A Journal of an 
Exe. in Asia Minor 231 ; An aecount of discoveries 
in Lycia 140. Curtius Arch. Ztg. XIII lff. = Ges, 
Abhd. II 1 64m Vorwort X. Friederichs -Wol- 
ters Bausteine nr. 127—130. Eavet Mon. de 40 
Tart ant. I pl. 13-16. Brunn-Bruckmann 
Denkmäler Taf. 146f. Benndor f-Xiemann 
Reisen im südwestlichen Kleinasien I 85 ff. 108. 
n 196f. Bcnndorf Österr. Jahresh. III 101. 
Perrot et Chipiez Histoire de l'art VIII 331 ff.; 
vgl. Pieller-Eobert 559, 3. Weitere sogenannte 
H. z. B. Catalogue of vases III E 477 p. %H. 
Catalogue of sculptnre I nr. 116 p. 66 (aus Xau- 
kratis, wie auf dem Denkmal von Xanthos), ebenso 
Arch. Jahrb. VII Anz. 105,2(freierStildes5. Jhdts.); 50 
vgl. v. Fritze Arch. Jahrb. IX Anz. 75; Berl.philol. 
W r oehenschr. XIV v33f. dazu Conzc ebd. und 
Arch. Jahrb. X Anz. 106, auf der Ciste von Prae- 
neste. Monum. ined. VI pl. LXIV 3, Fignr aus 
Pompeii. Rom. Mitt. II 124, etruskischc Terra- 
kotte Gazette archeol. XII, pl. XXXIV. Terra- 
kotten aus Tarsos, Arch. Jahrb. XI Anz. 304 usw. 
Über den Seelenvogel vgl. Weicker Seelenvogel; 
,Seirenen ; in Roschers Myth. Lex. IV 60 lff. 

Unsicher bleibt auch die Deutung der rein 60 
menschlichen geflügelten Figur auf einer atti- 
schen sf. Lekvthos in Dresden, Arch. Jahrb. XI 
Anz. 210, 31 .* 

Über die Darstellungen der H. im allgemeinen 
vgl. C. Smith Joum. hell. Stud. XHI 103ff. 
Frothingham Amer. journ. of arch. IX 425. 
Harris on Prolegomena to the study of Gr. reliff. 
176ff. 



5, Über die Entwicklung und die Versionen 
des Mythos von den H. und Phineus hat zuerst 
grundlegend gehandelt Hill er v. Gaert ringen 
De Graecorum fabulis ad Thraces pertinentibus 
(Berl. 1886) 56ff., dessen Darstellung noch 
heute als durchaus maßgeblich zu gelten hat. 
Die älteste literarisch bezeugte Verbindung des 
Sehers Phineus mit den H. genannten Sturm- 
dämonen liegt uns in den Hesiodeischeu Gedichten 
vor, und zwar sind uns die Fragmente aus dem 
dritten Buche der Kataloge, das man als eine 
yrjs siegiodos bezeichnet hat, im wesentlichen in 
den vorzüglichen Scholien zu Apollonios Ehodios 
erhalten, die in ihrem Kerne auf den gründlichen 
und zuverlässigen Gelehrten Theon zurückzuführen 
sind. Daß die Phineussage im dritten Buche 
der Kataloge mit der Argonautenfahrt verbunden 
war, beweisen die erhaltenen anderen Bruchstücke 
dieses Teiles. Die Argonauten gelangen auf ihrer 
Fahrt nach Korden ans Gestade des thrakischen 
Bosporos. Dort denkt sich der Dichter den Sitz 
des Phineus, was deutlich daraus zu erkennen 
ist, daß ihm zu Söhnen Thynos und Marian- 
dynos gegeben werden (frg. 53*Ezach). Ihm war 
einstmals die Wahl gelassen zwischen schnel- 
lem Tode und langem Leben, das mit Blindheit 
verbunden sein sollte. <Pivsv$ Ök tov (mxqov 
XQOVOv i-rjs oyecog tiqoexqivsv (frg. 52 — Schol. 
Apoll. Rhod. Argon. II 178: ttoXvzqövioq eijero 
ixällov eivai q ßlsTZEiv). Die Entscheidung wird 
möglicherweise schon in frühester Jugend ihm an- 
heimgestellt worden sein, nicht begründet als Strafe 
des Zeus dafür, daß er das von den Göttern für 
die Zukunft Beschlossene an die Menschen ver- 
riet. Weil er so unbesonnen wählte, sandten die 
Götter, vielleicht Helios, die H., zwei an der 
Zahl, Aeilo und Okypete. Die raubten dem blin- 
den Seher die Speisen, die ihm täglich vorge- 
setzt wurden. Als die Argonauten ihn aufsuchen, 
urn über ihre Fahrt von ihm Auskunft zu er- 
langen, macht er zur Bedingung hierfür die 
Befreiung von den H. Die Argonauten wil- 
ligen ein und setzen ihm Speisen vor. Sofort 
nahen sich auch die H. und wollen ihm das Mahl 
entreißen; da stürzen Kaiais und Zetes, die Bo- 
reassöhne, mit gezückten Schwertern hervor und 
verfolgen die H. ; übers Meer geht die wilde Jagd 
bis zum äußersten Westen; schon drohen die H. 
den Boreaden zu entkommen, als diese sich im 
Gebet an den Zeus auf dem Berge Ainos, der 
den Süden der Insel Kephallenia beherrscht, wen- 
den (frg. 57) ; Zeus gewährt es ihnen, daß sie 
die H. auf den Strophaden, die damals noch Plo- 
tai hießen, ereilen (möglich ist es, daß hier noch 
ein etymologisches Spiel mit dem Namen Aine- 
sios {TiaQaivioj) eingeschoben war ; die Strophaden 
liegen gegenüber von Triphylien : eine dieser In- 
seln heißt noch heute Strophadia) ; die Boreaden 
schwingen die Schwerter, um den H. den Todes- 
streich zu versetzen ; da erscheint der Windgott 
Hermes (vgl. Eo scher Hermes der Windgott), 
hindert jene an ihrem Tun, leistet aber den Schwur, 
daß fortan Phineus von der Plage der H. be- 
freit sein solle. Dann kehren die Boreaden zu 
den Argonauten zurück. Höchst ungeschickt und 
weit hergeholt ist in der Erzählung die Etymo- 
logie, die die Strophaden benannt werden läßt 
nach den Boreaden of tjvgarro töm Aü argaq>epreg 



2425 



Harpyien 



(Schol. Apoll. Khod. II 297) ; das Ursprüngliche 
ist, daß der Name der Inseln zusammengebracht 
wird mit den ßogsäSsg -dveXfaxi (vgl. Serv. Aen. III 
209), von denen es hieß orgoipdösg Ss naÄt/Mzetes 
äztoveovrai. So etwas wird die Vorlage des Kata- 
logdichters gehabt haben, eingefügt ist bei diesem 
der Passus, um den Zeus Ainesios zu erwähnen, 
dem wohl ein längerer Hymnos gewidmet war. 
Dadurch wird andererseits gesichert, daß die 
Boreaden die H. wirklich auf der Verfolgung 10 Theognis 715 und bei den Lyrikern Ib}-kos und 



aarpyien a*zo 

das beweist auch wieder die Verbindung mit der 
Argonautenfahrt (vgl. frg. 52 Ezach). In den- 
selben Zusammenhang setzt den Mythos der Dich- 
ter der NavitäxTui i'^rj, der die H. bis zu dem 
kretischen Arginoeishügel entfliehen laßt, Schol. 
Apoll. Ehod. Argon. II 299. Das letzte Faktum 
erwähnt auch Pherekydes im Buche ö (Schol. 
Apoll. Ehod. a. O.). Die Sage muß sich großer 
Beliebtheit erfreut haben, da ihrer nicht nur bei 



ergriffen. Nur Hermes verhindert ihre Tötung 
(frg. 58). Ausdrücklich erwähnt der Scholiast 
Apoll. Ehod. Argon. JJ 296: xaxa ds 'Haiodov 
xai 'Avrijiiaxov xal 'Anollmviov ov xxüvovxai (frg. 
59), denn nach der älteren Version, die sich 
bei Ibykos und Telestes, sowie im Aischyleischen 
Phineus erhalten hat, werden sie erschlagen 
(nach der Ergänzung von Gomperx bei Philo- 
dem Jiegl svosßsiag, Herkul. Stud. II 18; vgl. 



Telestes (in seinem Dithyrambos 'Agyco, s. o.) ge- 
dacht wird, sondern auch Darstellung fand am 
Kasten des Kypselos (Paus. V 17, 11, zweite Hälfte 
des 7. Jhdts. H. Stuart Jones Journ. hell. Stud. 
XIV 68 pl. 1 benützt mit Eecht das Würzburger 
Bild zur Rekonstruktion der Partie, vgl. Löschcke 
Arch. Ztg. XXXIV 1 13, 17), am amykläischen Throne 
des Bathykles (Paus. III 18, 15, wie die Eeste 
zeigen, Ende des 6. oder Anfang des 5. Jhdts,) 



Ibykos frg. 49. Bergk PLG III 250; vgl. auch 20 und auf den beiden oben erwähnten sf. Vasen 
Oppian. Kyn. II 624, der ihre Tötung kennt; (auf der Würzburger Schale erscheinen die Hören 
in anderer Weise wird sie bei Apollod. I 9, 21, als natürliche Feinde der alle Vegotationvernich- 



5 und 7 vorausgesetzt). Die Rekonstruktion der 
Hesiodeischeu Darstellung muß vielfach hypothe- 
tisch bleiben und ist sehr schwierig, da hierbei 
das wichtigste Zeugnis, Pindar, in unserem Falle 
versagt; Näheres s. unter Phineus. 

Bevor wir uns den anderen Schriftstellern, die 
die H.-Sage behandelt haben , zuwenden , haben 
wir noch zwei Fragmente zu beachten, die unter 30 
dem Namen Hesiods gehen. Ephoros erzählt bei 
8 trab. VII 302, daß Hesiod in der sog. y-ffg nsvio- 
&o$ den Phineus von den H. zu den skythischen 
Galaktophagen entführt werden läßt (frg. 54), auch 
soll Hesiod "wohl in dem gleichen Gedichte nach 
Strabon VII 300 (frg. 55) die rossemelkenden 
Skythen erwähnen. Man ordnet jetzt beides in 
das dritte Buch der Kataloge ein und meint, daß 
unter yfjg xegiodog der Sondertitel dieses Buches 



tenden H., Gattin des Phineus ist hier Erichtho, 
darüber Furtwänglcr-ReichrioldGriech.Vas.- 
Malerei 210). Abzulehnen ist die Deutung des 
Eeücfs der ephesischen Columna caelata auf die 
Phineussage (vgl. Robert Arch. Ztg. XXXVII 
115, der eine andere Erklärung im 39. Berliner 
Winckelmannsprog. 37f. vorträgt). 

Das Folgende möge sich im wesentlichen auf 
kurze Notizen beschränken, Näheres s. Phineus. 
Hesiods Katalogen folgt Antimachos in seiner 
Lyde; eine bedeutendere Abweichung läßt sich 
nicht konstatieren, nur erwähnte er nicht den Zeus 
Ainesios, sondern leitete den Namen Strophaden 
vom azQatpfjvai sk tovjzloco her (Schol. Apoll. 
Rhod. II 296). Hellanikos FHG I 50, 38. Schol. 
Apoll. Ehod. II 178 macht Phineus zum Sohne 
des Agenor und scheint damit einer Quelle zu 



verstanden sei. Wenn die Argonauten wirklich 40 folgen , die sich bei Apollonios Ehodios wieder- 
bei ihrer Durchfahrt durch den Bosporos. wo " """' 

Hesiod zweifellos doch sich Phineus ursprünglich 
wohnend denkt, Kunde von Phineus erhalten 
hätten und ihn im Lande der Skythen im Norden 
aufsuchen, wohin Phineus geschleppt worden ist, 
was geschah nach der Verfolgung der H."? Wurde 
er von den südlich von Kephallenia umkehrenden 
Boreaden in seine Heimat am Bosporos zurück- 
gebracht, und begaben sich die Boreaden noch 



findet. Dieser behandelt ausführlich die Sage 
Argon. II 17611". Die Argonauten landen in Bi- 
thynien, wo Phineus, Agenors Sohn, weilt. Er 
hatte die ihm von Apoll verliehene Sehergabe 
mißbraucht und den Menschen Zeus' hochheilige 
Beschlüsse verkündet; der strafte ihn deshalb mit 
Blendling und ließ ihn von den H. geplagt wer- 
den, die ihm die Speisen zumeist entführten, den 
Eest aber mit scheußlichem Dunste anhauchten. 



einmal nach Norden, um wieder zu ihren Be- 50 Er bittet die Argonauten nun ihn ans seiner 



gleitern zu stoßen? Das hätte doch, um andere 
Schwierigkeiten unbeachtet zu lassen, ein wunder- 
liches Dichtwerk abgegeben. Es ist klar, hier 
liegt eine uralte Sage vor, nach der Phineus zu 
den Galaktophagen entrückt ist. ähnlich wie die 
Töchter des Pandareos von den H. geraubt wur- 
den. Eine Wiederkehr aus dem Nordlaude war 
nicht in dieser Fassung vorgesehen. Dann ergibt 
sich aber auch, daß die hier erwähnte yfc xsoio- 



Qual zu erlösen, da ja doch die Boreaden seiner 
Gattin Kleopatra verschwistert seien. Es folgt 
die Vertreibung der H. durch die Boreaden, die 
jene bis zu den Plotai verfolgen. Iris hindert 
die Tötung ihrer Schwestern, schwört jedoch, 
daß Phineus fortan unbelästigt bleiben solle. Die 
H. bergen sich in den Klüften der kretischen 
Berge; die Plotai aber werden Strophaden um- 
benannt. Phincu.s schmaust zusammen mit den 



bog in keinem Zusammenhange mit dem dritten 60 Argonauten und verkündet ihnen ihre nächste Zu- 



Buche der Kataloge stehen kann, dem man jene 
Fragmente mit Unrecht anreiht. Es ist das die 
einzige Version des Phineusmythos, in der die H. 
Todesdämonen darstellen, während sie sonst durch- 
weg als W^indgötter erscheinen. In den großen 
Ehoien mag die Phineussage ähnlich gelautet 
haben wie in den Katalogen; Phineus wird hier 
geblendet, weil er dem Phriios den Weg zeigt, 



kunft. Kreta als Zufluchtsort der H. erwähnt 
auch der hellenistische Dichter Neoptolemos von 
Parion, Schol. Apoll. Rhod. Argon. II 299. Be- 
merkenswert ist, daß Apollonios in den meisten 
Punkten sieh nicht an die Hesiodeischen Kataloge 
anschließt; wahrscheinlich diente ihm besonders 
eine korinthische Quelle (Eumelos?) als Vorlage. 
Eine bedeutende Umänderung der Sage nahmen 



die Tragiker vor. Sie ließen Phineus an seinen 
eigenen Kindern freveln und sich dadurch in 
schwere Schuld verstricken. Im Phineus des 
Aischylos (der unter dem Archonten Menon mit 
der Tetralogie Phineus, PerseT, Glaukos und Pro- 
metheus siegt; vgl. Hypothosis zu den Persern 
und Athen. X 421 f) befreien die Boreaden Phi- 
neus von den H. und töten sie (s. o.). Daß es 
in dem Drama an Anspielungen auf Athens große 



narpyitjn 242ö 

oder Okythoe" (oder Okypete) mit Namen, entflieht 
über die Propontis hin bis zu den Echinaden, die 
danach Strophaden hießen. Dort sinkt sie zu- 
sammen mit ihrem Verfolger ermattet nieder, 
Apollod. 19, 21, 7. Die Boreaden gehen mit 
den H. zugrunde nach Apollod. III 15, 2. Seneca 
erwähnt Medea 784f. die Grotte, zu der die H. 
sich flüchten, Vergil Aen. III 21 Off. läßt sie auf 
den Strophaden im Ionischen Meere weiterleben. 



Zeit, namentlich auf die Befreiung der thrakMO Wenig besagen die Bemerkungen über die H. bei 



sehen Küstenbewohner von den Persern, nicht 
gefehlt haben wird, ist ziemlich sicher, möglich 
ist es auch, daß die Parallele H.-Perser, Boreaden- 
Athener xu ziehen erlaubt war, vgl. auch 0. Mül- 
ler Griech. Lit-Gesch. II 85; Kl. Schrift. I 3941 
(Fragmente s. in S i dg wicks Ausgabe des Aischy- 
los 258n\). Sophokles scheint nur in dem einen 
Stücke Phineus die H. erwähnt zu haben, wäh- 
rend die Tympanisten und der andere Phineus 



Plut. de vit. aer. al. S. Lucian pro imag. 20; 
Tim. 18; Diss. c. Hes. 1. Sext. Empir. adv. ma- 
them. I 262. Claudian XXVI 27f. Eudoc. 416. 
Horat. sat. II % 40. Ovid. metam. VII Sf. ApuL 
metam. X 15. Seneca Phoen. 63. Myth. Vat. HI 
6, 33. Quint. Smyrn. I 169 $oai genannt, vgl. 
I 169. IV 513. X 395. Orac. v. 197 Wolff xoöyai 
genannt, Anth. ap. ep. II 743, 1 Cougny x a ^ E ^, 
vgl. Bruchmann Epithet. deor. 43. Das Epi- 



sie wohl nicht kennen; s. jetzt zum Aiscbyleischen 20 gramm, das Marcellus auf Veranlassung des Hero- 

Phineus und zum ersten Phineus des Sophokles 

Osyrh. Pap.Vm 1 05, 34ff. Veranlaßt war die Strafe 

dadurch, daß Phineus seine Söhne PaTthenios und 

Kramhos (über Plexippos und Pandion nach der 

Version bei Apollod. III 15, 3. Scbol. Sophocl. 

Antig. 980 vgl. Usener Gütteniam. 63. 21) auf 

die Verleumdung seiner zweiten Gattin Idaia 

hin blendet (Josephs- oder Hippolytosmotiv, vgl. 

v. Wilamowitz Eurip.Hippolytosp.34f.). Die 



des Attikus für dessen um 161 nach Chr. gestorbene 
Gattin Annia Regula verfertigte, nennt die H. 
xXco&äes und fiilatvat IG XIV 1389 i 14. 

Hervorzuheben wären noch die euhemeristi- 
schen Auslegungen der Sage. Nach Palaiphatos 
(jisqI äniaxoiv XXII. Apostol. 18, 68) ist Phineus 
ein alter blinder König von Paionien, dessen 
Töchter 'Epdosta und 'ÄQjivQEia sein Vermögen 
verschwenden (vgl. auch Tzetz. zu Lykophr. Ales. 



H., die hier (oder bei Aischylos, vgl. W. H. van 30 165; Chil. I 219). Zetes und Kaiais, die Söhne 



de Sande Bakhuyzen De parod. in comoed. 
Aristoph. 189) xaza^äazai, ETG frg. 648 ge- 
nannt werden, peinigen ihn so, daß er anzusehen 
ist wie eine ägyptische Mumie (frg. 646, vgl. 
Apoll. Rhod. Argon. II 197ff.). Ferner waren 
die H. wohl verglichen mit fidaraxf-; (= dxQiösg 
frg. 650), denn der Ausdruck wäre für die alle 
Vegetation vernichtenden Sturmdämonen gut ge- 



eines Mannes Boreas, die seine Nachbarn sind, 
vertreiben die Töchter und verhelfen dem Phineus 
wieder zu seinem Vermögen. Nach Herakleitos 
[Titoi anioTtov Vffl) sind die H. Hetären ; jedes- 
mal wenn sie Phineus' Vermögen durchgebracht 
hatten und er im Elend war, verließen sie ihn 
und kehrten erst wieder, wenn er neues erworben 
hatte (anderes bei Eustath. comm. 1712, 24). Jene 



wählt. Schließlich findet sich bei Asklepiades in Deutungen sind wohl daraus hergeleitet, daß man 

seinen Tragodumena folgende Version (FHG III 40 Verschwender als H, bezeichnete. Nennt doch 

302, 3. Schol. Odyss. XII 69) : die zweite Gattin des 

Phineus, der der Sohn des Phoinix ist (Schol. Apoll. 

Rhod. II 178), tötet die Kinder der Kleopatra, der 

ersten Frau des Phineus. Zeus läßt Phineus die Wahl 

zwischen Tod und Blindheit. Phineus entscheidet 

sieh für die letzte Strafe, zu der Helios noch die 

H.-Plage fügt. Diese Version darf man vielleicht 

für das Aischyleische Drama in Anspruch nehmen, 

vgl. Hiller v. Gaertringen a. O. 63. Über 

die Komödie Theopomps Phineus (Athen. XIV 049b) 50 



wissen wiT nichts Näheres. Die von II e y d c m a n n 
Arch. Jahrb. I Anz. 300 veröff entlichte' Phlyaken- 
darstellnng auf einer Oinochoe im Musee eeraiui- 
que de Sevres (nr. 80) wird von Ziehen Arch. 
Jahrb. VII Anz. 75 auf Phineus gedeutet; das 
halte ich für völlig unbewiesen. "Die weiteren 
Behandlungen der Sage von Phineus und den H. 
und die kompilatori sehen Berichte der Mytho- 
graphen können wir hier kurz abtun. Die' Ver- 



such Aristophanes (Pax 810f.) die Brüder Mor- 
simos und Melanthios, die zwar schlechte Tragö- 
dien schrieben, aber stets auf ein gutes Mahl 
hielten, lopyovsg di[)o(pdyoi } ßrxxihöoxonoi ägirviat. 
Zur Benennung räuberischer Menschen bedienen 
sich des Wortes Apoll. Sid. epist. V 7, 4 und 
Rutil. Xam. I 608n\ Weiteres zu den rationalisti- 
schen Deutungen s. bei Fulgent. I 9 p. 6341 (p. 21 
Helm). III lfp. 734 (p. 79). Myth. Vat. III 5, 6. 
" A 6. Entwicklung der Sage: Wie noch jetzt in 



Hellas zu heißer Sommerszeit verzehrende Wirbel- 
stürme von Süden her heranfegen und Windböen 
Wolken von Saud über das sonnendurchglühte 
Feld hinpeitschen, der Vegetation Feuchtigkeit 
und Nahrung raubend, und, wenn dann Jahie 
kommen und gehen, doch immer wieder im Wechsel 
der Zeit, in ewiger Wiederkehr dieselben unheim- 
lichen, dämonischen Gewalten die Luft dureh- 
toben, so war es auch einstmals; da antwortete 



bindung mit der Argonautenfahrt scheint überall 60 auf die Frage nach dem Grunde der Erscheinung 



vorausgesetzt zu sein. Die Boreaden befreien den 
blinden Phineus von den H. und verfolgen sie 
bis zu den Strophaden (Hyg. fab. 13), ihre Tötung 
hindert nach Val. Flacc. Argon. IV 516 ihr Vater 
Typhon. Nach anderer Version stürzt die eine 
H., Nikothoe oder Aellopus, in den peloponnesi- 
sehen Tigresfluß, der von da ab Harpys genannt 
wird (Apollod, I 9, 21, 6) , die andere Okypode 



dem Bewohner hellenischer Erde, dessen kind- 
lichen Glauben an eine AUbeseelung der Natur 
noch kein wissenschaftlicher Zweifel zu erschüt- 
tern sich erdreistete, die Sage: Hoch oben im 
Norden liegt das Ziel der wilden Jagd, dort wohnt 
ein uralter Seher, den suchen die im Stnrme 
einherfahrenden H. T schönlockige Göttinnen, heim. 
So oft er sich zu Tische setzt, rauben sie ihm 



sein Mahl, und so leidet er denn ewige Qual, 
wie auch den großen Frevlern in der Unterwelt 
ewige Pein beschieden ist. Das ist der Kern 
des Mythos, der nun allmählich erweitert und 
anagestaltet ward, zunächst nach zwei Eichtungen 
hin. Man fragte einmal nach der Ursache der 
Blindheit des Sehers. Ursprünglich ist er von 
Geburt an blind; denn in der alten Sage wird 
nur dem die Sehergabe verliehen, dem von An- 
beginn seines Lebens verwehrt ist, das Tages- 10 
licht und die Gegenwart zu schauen /vgl. Hill er 
v. Gaertringen a. O. 65). Erst die Späteren 
erklären die Blindheit für ein Leiden, das die 
neidischen Götter gesandt haben, ein Gedanke, 
den hernach Aischylos und Sophokles in reinerer 
Gottesanschauung zu ändern unternahmen. Ande- 
rerseits verwandelte die Sage die ewige Qual in 
eine zeitliche. Die vernichtende Wirksamkeit der 
hei'ßen Südwinde konnte nur durch die Söhne 
des kalten Nordsturmes, die Boreaden, aufgehoben 20 
werden. Die jagen ihnen nach und töten sie ; 
an der Tötung von Gottheiten, die in alter Zeit 
der hellenischen Sage ebensowenig fremd ist 
wie der germanischen, nahmen Spätere Anstoß; 
man sagte, die H. hätten sich schließlich, als sie 
am Rande des Okeanos angelangt seien, auf 
schwimmende Inseln gerettet, wo sie sich ver- 
borgen hielten bis zum Abzüge der Boreaden, 
d. h. bis der Wind wieder umsprang und nach 
Norden zurückjagte. Von orgotpädeg mXlm spricht 30 
noch die orphisehe Argonautenerzählung 671ff. 
Das führte dazu, den Plotai den Inselnamen 
Strophaden zu geben (Apoll. Rhod. Argon. II 295ff. 
Schol. Apoll. LT 207. Verg. Aen. III 209. Myth. 
Vat. I 27. II 142). 

Als die Fahrten der Griechen nach Norden 
hin sich ausdehnten und die Besiedlung der thra- 
kischen Küsten begann, da werden heimkehrende 
Schiffer ihren Landsleuten von den Wundern jener 
Gegenden erzählt haben ; darunter war auch das 40 
Märchen vom alten Seher, den die H. peinigten; 
sein Wohnsitz wurde nunmehr an den öden, 
steinigen Strand der Propontis verlegt. Wahr- 
scheinlich ist es, daß erst hier der Seher den 
Namen Phineus (vgl. F i c k - B e c h t e 1 Griech . Pe r- 
sonennamen 433) als Eponym der Stadt Phincion 
(Steph. Byz.), später Phinopolis erhielt (Strab. VI 
319: fort d'ovzog eQ7]/uog alytalog xal Äi&ojdqg. 
Ptol. III 11, 4. Mela II 23. Plin. n. h. IV 45. 
Steph. Byz.). Die neuerdings gegebene Zusammen- 50 
Stellung des Wortes Phineus mit div- ist meines 
Erachtens abzuweisen. (Man will doch nicht etwa 
den dorischen Begründern von Phineion zumuten, 
daß sie den Namen ihres angeblichen Gottes und 
der nach ihm benannten Stadt mit dem äolischen 
Vertreter der labialisicrten Gutturalis vor hellem 
Vokale im Anlaute versahen. Außerdem besteht 
Verdacht, daß $iv- mit alter dentaler Aspirata 
beginnt). Als die Gegenden am Pontos bereits 
genügend bekannt waren, läßt die geographische 60 
Weisheit der yfjg Tisgiodog, die eine alte Ent- 
rückungssage voraussetzt, den Phineus von den 
H. zu den Galaktophagen nach Skythien entführt 
werden. Nach dem Angeführten gewinnen wir das 
eine Sagenzentrum, das ins Gebiet der Kolonisten 
von Phineion, d. h. wahrscheinlich ins Megarische 
zu verlegen ist. Da die MegarenseT die Lokali- 
sierung der Phineuasage an der Küste der Pro- 



pontis, die von ihren Stammesgenossen damals 
besiedelt wurde, vornahmen, so mußte die Ver- 
folgung der H. bis zur südlichsten Grenze des 
ägäischen Meeres vor sich gegangen sein, also biß 
Kreta. Hier sollen sich die H. in einer Höhle 
unter dem Arginoeishügel verborgen haben (vgl. 
auch Maaß Gott Gel. Anz. 1890, 379, 2). Es wäre 
nicht ganz ausgeschlossen, daß man in alter Zeit 
dort auch Gräber der H. gezeigt hätte. Eine 
andere Sagenversion scheint am Korinthischen 
Meerbusen ihren Sitz zu haben. Wir haben es 
hier mit- mittelgriechischer (wohl ätolischer) Sage 
zu tun, wie sie später vielfach in den Hesiodei- 
schen Katalogen ihren Niederschlag gefunden hat. 
Für diese ergibt sich durchaus ungezwungen, daß 
die H. bis zu den Strophaden fliehen. Die Jagd 
geht an Kephallenia vorbei, auf deren Berg Ainos 
(im Süden der Insel) der Zeus Ainesios ein Heilig- 
tum hatte (Kleon im Periplus und Timosthenes 
in seinem Buche über die Häfen, Schol. Apoll. 
Rhod. Argon. II 297. Eine Münze von Pronnol 
aus dem 4. Jhdt. zeigt den Kopf des Zeus Aine- 
sios, He ad HN 358). Nicht weit von jener Insel 
liegen die EcMnaden "HfaSog ävxa Hom. II. II 
626, die Apollod. 19, 21, 7 wohl nicht nur auf 
Grund einer bloßen Verwechslung anführt. Wenn 
dem so ist, setzt ihre Erwähnung sicher recht 
altes Sagengut voraus, da der Name mit keiner 
etymologischen Spielerei verbunden ist. Die Phi- 
neuserzählung und damit überhaupt die Boreaden 
werden mit der Argonautensage in der Argolis 
oder besser auf einer der dorischen Inseln (dort 
hat z. B. auf Thera Boreas Kult, IG XII 3, 357, 
vgl. Hiller v. Gaertringen a. O.) verbunden 
worden sein, und es ist möglich, daß erst hier 
Elektra, die bei Hesiod allerdings die böotische 
Heroine ist, den H. zur Mutter gegeben wurde. 
Diese als Kinder der auf Rhodos verehrten Sonnen- 
tochter Alektrona zu denken, wäre nicht unpassend 
(vgl. v. Wilamowitz Herrn. XIV 458). Wohl 
erst durch die Aufnahme des Thrakers Phineus 
in den Sagenkreis der Argolis ist die Zusammen- 
stellung mit dem Arkader Phineus hervorgegangen, 
der in den Kreis des Mykeniers Perseus einge- 
ordnet ist; Anknüpfungspunkte hierfür ergaben 
sich nicht nur durch die Namensgleichheit, son- 
dern auch durch die Beziehung zwischen Gor- 
gonen und H. und der Ähnlichkeit dieser wieder 
mit den stymphalischen Vögeln (vgl. Myth. Vat. 
1111.1116,25. Hiller v. Gaertringen a. 0.69). 
In Arkadien spielt die Sage von Phineus und den H. 
nach Serv. Aen. III 209; vgl. Myth. Vat. 1 27. 111. 
II 13. 142. III 5, 5f. Lact. Plac. Theb. VHI 255. 
Die Verlegung der Strophaden ins sicilische Meer 
wird man bei den sicilischen oder unteritalischen 
Lyrikern finden. Durch spätere Lokalsage kam die 
H. hinein, die sich in den Harpys stürzt. Der 
Name Harpys .der alles mit sich fortreißende* 
kann sehr gut noch in historischer Zeit für einen 
Fluß im Peloponnes in Gebrauch gewesen sein. 
Er ist natürlich nicht erst aus der Verbindung 
mit dem Namen H. entstanden (Ag^vg heißt z. 
B. auch Eros bei Parthenios, frg. 9 und Hesych). 
Bei den Tragikern scheint schließlich noch Ein- 
fluß der Sagenwelt Milets vorzuliegen, denn dort 
mag Eidothea, Phineus Gemahlin, die auch Eury- 
tia (d. h. Tochter des Eurytos) genannt wird, 
heimisch sein (vgl. hierzu Eobert bei Hiller 



2481 



Harra 



uaruspices 



24&£ 



v. Gaertringen 70, 257); das Motiv der Ver- 
wandtschaft der Boreaden mit Phineus' Gattin 
stammt wohl aus der attischen Version des 5. 
Jhdts. (vgl. Hiller v. Gaertringen 58). Doch 
ist eine ganz zuverlässige Entscheidung bei alle- 
dem nicht möglich, wie auch die meisten unter 
nr. 6 vorgetragenen Dinge höchstens Wahrschein- 
lichkeit, aher keine Sicherheit für sich beanspruchen 
dürfen. Über dieH. im allgemeinen vgl. Prell er- 



der allgemeinen Annahme zu der Sippe^ gr. x°qH 
Darm, aisl. gorn Darm, gatrnar pl. Eingeweide, 

ai. hirä Ader, lat. hira Darm. Schwierigkeit 
macht das u und Verdacht erregt die wechselnde 
Schreibung des Wortes in den Inschriften. Man 
hat deshalb gemeint, daß das Wort oder sein 
erster Teil ein Fremdwort sei. Die Herleitung 
aus dem angeblichen chaldäischen Wort für Leber 
HAB, die A. Boi ssier zuerst aufgestellt, aber 



Robert Griech. Myth. Berard im Dictionnairc 10 selbst zurückgenommen hat, muß jetzt ganz auf- 

i ■ . .. /t\ 1 Ci„„1* \ 1 J™ J„ JZ~ T TTAT3 „äTK„ 



d. ant. grecques et romaines (Daremberg-Saglio) 
V I3ff. Gruppe Griech. Myth. und in Boschers 
Myth. Lex. die Artikel von Enge lmann Harpyien 
I 2, 1842ff. und von Jessen Phineus III 2, 2357ff. 

2) "A^nvia heißt ein Hund des Aktaion in 
Aischylos' Toxotides (frg. 245 Sidgwick), ebenso 
nach Ovid. nietam. III 215. Hygin. fab. 181. 

3) "Anjivta heißt eine Stadt im Lande dcrEnche- 
leer, d.i. Illyrien, nach Steph. Byz. Ihr Be- 



gegeben werden, da die Lesung HAB völlig un- 
bewiesen ist (s. Jastrow Ztschr. f. Assyriologie 
XX 1906, 105). Ebenso verfehlt ist aber der 
Versuch, das auffallende w in haruspex aus dem 
Etruskischen zu erklären, da wir oben festgestellt 
haben, daß die etruskische Form des Wortes 
liarispex ist. Pokrowskij Bh. Mus. 1906, 187 
weist darauf hin, daß die ä- Stämme in Zusammen- 
setzungen auch auf -Ö enden (Brugmann Grandr. 



wohncr: "AQnvirJTqs Polyb. bei Stcph. Byz. Hero- 20 II 24) und erklärt haruspex ans häro-spex, hari- 



dian I 281 Lentz. f Sittig. 

Harra. Auf einem Grenzstein bei Chursunlu, 
östlich vom Nordosten de des Akschehir Göl (R. 
Kiepert Karte von Kleinasien C III) steht: 
"Oqoi gvv ■&£({> pjpi'wi' "Aqocov (oder "Aqqcov*})) 
zwischen Chursunlu und Harranlar liegen Buinen, 
die für H. in Anspruch genommen werden können, 
Anderson Journ. hell. Stud. XIX 293. [Buge.] 

Harran s. Karr ha i. 



spex als eine selbständige Bildung neben der alten 
Form haruspßx nach Komposita mit % am Ende 
des ersten Teils, z, B. extispex (vgl. Jordan 
Hermes VII 193). Nach den Inschriften zu ur- 
teilen ist jedoch die Nebenform harispex nebst 
ihren Varianten arispex , haryspex, ar(r)espex 
eher auf die Rechnung der Etrnsker zu schreiben, 
bei denen das Wort ein Fremdwort war. In der 
lateinischen Literatur ist harispex nie eine leben- 



Harsiesis, Sohn des Peteharsemtheus , wohl 30 dige Form gewesen. Auch das h sitzt in dem 



der Stellvertreter des Vorstehers des berühmten 
Horustempels zu Edfu im J. 224/3 v. Chr., Spie- 
gclberg Dem. P. Eleph. 5 = Bubensohn P. 
Eleph. 26. [Walter Otto.] 

Harudes s. Charudes. 

Harnspiees. *) gl. Die überlieferten 
Formen. In der Literatur besonders der klassi- 
schen Zeit ist die Form haruspex unendlich 
häufiger als aruspex (bis Varro 16 : 6, von Cicero 



Worte so fest, daß der Versuch O. Kellers, es 
durch volksetymologische Anlehnung an ieqooxo- 
tzoc zu erklären, nichts für sich hat. 

§ 3. Das etruskische Wort für haruspex ist 
enthalten in der Bilingue von Pisaurum, CIL XI 
6363 [L(arsj Cajfatius L(artis) f. Ste(llatina) 
haruspe \ fulguriator ; etrusk. Cafates I/r. Lr. 
nets'vis trutnvt frontat (s. Deeckc Etr. Forsch, 
u. Stud. V 32). Den zwei lateinischen Worten 



bis Clandianus 206 : 17 ; nur bei Propertius (2 mal) 40 haruspex fulguriator entsprechen hier drei etru- 



und Val. Maximus (8 mal) ist die Form ohne h 
durchgehend überliefert), die Form harispex da- 
gegen nur ganz sporadisch (Terent. Phorm. 709 
nach cod. Bemb. Fest. M. p. 229 Th. p. 284. 
Gramm. Lat. VII, Velius Longus 73, 9 und 10 
arispex ab ari[u]ga, quae es[se]t Iwstia, non 
aruspex. In Plin. n. h. XXXII 23 ist harnspices 
zu schreiben, da bei ihm sonst überall (11 mal) 



skische. Aber nets'vis, das zuerst steht und in 
der Inschrift Fahre tti 560 ter h, t. XXX nae. 
eleu | pednal \ netsvis (s. De ecke a. a. O.) der 
einzige Titel ist, muß gewiß der dem haruspex 
entsprechende Haupttitel sein. Auf einem Skara- 
bäus (Furtwängler Gemmen Taf. XIX 8) liest 
man neben einem Opferschauer, der exta in der 
Linken hält, die etruskische Beischrift natis, 
wohl mit dem ersten Teil des nets'vis identisch 



haruspex überliefert ist). In den Inschriften sind 
die Tonnen mit h mehr als sechsmal häufiger als 50 oder wenigstens verwandt (Bugge Bezz. Beitr. 
32: 10 nämlich CIL II 898. 4311. V XI 1886, 30). Über mts Garn. 799 s. Torp Etr. 



die ohne k (62 : 

5704. VI 32 439. 2166. X 3680f. XI 3382. 2295f.), 
aher die Formen mit u nur wenig häufiger als 
die mit i {y oder e). Dabei ist aber besonders zu 
bemerken, daß harispex (event. arispex, haryspex, 
arrespex) die Hauptform in Etrurien ist (CIL XI 
633. 1850. 2305. 2345. 2385. 3158. 3390. 7131. 
7137; harysp. XI 1355, arisp. 3382, arresp. 
2295f.; dagegen haruspjex nur XI 2952. 4194 



Beitr. II 111. Frontac, wahrscheinlich Lehnwort 
aus dem Oskischen {vgl. die osk. Inschr. Fahre tti 
28. 79 t. LV tanas numerus: f runter , etwa 
ßgovzooxojnjg), ist fulguriator. Zur Deutung des 
trutnvt, das nur hier vorkommt, verdient ange- 
führt zu werden die Inschrift von Iguvium CIL XI 
5824 L. Veturius \ Bufio \ [ajvispex extispicus 

- / -~~ i [sac]erdos publieus j [e]t primtus, aus der her- 

mii'C Imnispex die "regelmäßige Form in Rom 60 vorgeht, daß bei den Umbrern die Aufsicht über 
und den außeritalischen Besitzungen, während im * — : ~~ ™ J v - 4 - ^ ~"*" 1 ^«*« ls "" ™ »»" 
übrigen Italien die Formen mit u und * ab- 
wechseln. 

§2. Etymologie. Haruspex gehört nach 

*) Die Abkürzung Thulin E.D. bezieht sich 
auf meine Arbeit: Die etruskische Disciplin I-III, 
Göteborgs Högskolas Äxsakrift 1905. 1906. 1909. 



Auspicia und Exta bei einem Priester lag, wie bei 
den etruskischen H.. während den römischen 
Augurn nur die Auspicia oblagen. Ein Titel wie 
sacerdos würde gut passen für die weite Berugnia 
des etruskischen Priesters (vgL CIL X S680f.). 
Lydns de ost. a 2, 8 A nennt unter seinen etruski- 
schen Quellen Ta&ronl w *$ #wws«feH> . . . {xai 
Ka}xbwvt fegä (Torp Ute, Bei*& H 41 übeMötzt 



^433 



Hafuspices 



wie De ecke etruskisches tnet mit saeer). Die 
faliskische Form soll nach Deecke haraefnja 
sein, CIL XI 3159 HARAC\ I ACVBAT (auf 
zwei Ziegeln). Es liegt nahe , das Wort frontac 
(s. o.) zu vergleichen, und, da der in 3159 er- 
wähnte C. Clipmrim M, /". Sohn des M. G[U]- 
pmrio , . karispfex] in 3158 ist, karaena als 
,Sohn des hara& zu deuten. Aber freilich ist 
diese Suffixbildung bis jetzt nur bei Nomina be- 
legt, und die Lesung selbst steht nicht fest (das 10 
Original ist verloren). 

§ 4. Geschichte der Haruspices. A. Die 
Königszeit und die Zeit der Republik. 
Die H. kennen wir nur, insofern sie in Beziehungen 
zu Rom getreten sind. Diese Beziehungen aber 
gehen naturgemäß in die graue Vorzeit zurück, 
die etruskische Zeit Roms , für die die Worte 
Livius' I 56, 4 itaque cum ad publica prodigia 
Etrusei tantum vates adhiber&ntur sehr glaub- 
lich klingen. Sein Zeugnis IX 36, 3 habeo am- 20 
tores, vulgo tum Romanos pu&ros 7 sicut nune 
Graeeis, ita Etruscis liiteris erudiri solitos hat 
besonders Furtwängler Gemmen III 269 gegen 
grundlosen Zweifel verteidigt: ,etruskisch lernten 
die Römer damals, um höherer Bildung teilhaftig 
zu werden'. Die Hauptträger der griechisch- 
etruskischen Kultur aber waren die Priester, deren 
heilige Bücher auf fast alle Verhältnisse des 
Staats- und Privatlehens Bezugnahmen. Die Lite- 
ratur war hauptsächlich sakral. 30 

Die griechische Kultur fand zuerst den Weg 
nach Rom über Etrurien, ehe die direkten Ver- 
bindungen anfingen, die dem etruskischen Einfluß 
starken Abbruch machten. ,Das Griechische, sagt 
Furtwängler Gemmen III 270, stand zunächst, 
wie es scheint, in engerem Verhältnis zu der 
plebeischen Bevölkerung und wuchs mit dieser 
an Macht, während die altrömisch-patrizische Re- 
ligion mit dem Etruskischen näher zusammen- 
hing.' Auf dem sakralen Gebiet überlieferten 40 
die Sibyllinischen Bücher zuerst unmittelbar die 
griechische Lehre, und in den ersten Jahrhunder- 
ten der Republik wurden sie öfter als die H. 
offiziell zu Rat gezogen. Aber vom zweiten Puni- 
schen Krieg an, der Zeit der größten nationalen 
Erregung, war das Ansehen der H. in Rom in 
stetem Steigeil, so daß sie schon im 2. Jhdt. v. Chr. 
fast ebenso häufig wie die Sibyllinischen Bücher 
(16:22), im ersten fast ausschließlich (12:5) 
über die Staatsprodigien befragt wurden, wie es im 50 
Gesetzvorschlag Cicero s zu klarem Ausdruck kommt 
(de leg, n 21 prodigia portenta ad Etruscos haru- 
spices [et ar. Hs.], si senatus iussit, deferunto). Ein 
gutes Zeugnis gab ihnen im J. 186 v. Chr. der 
Consul Postumius in seiner Rede über die Unter- 
drückung des griechischen Kultus der Bacchana- 
lien, obgleich diese von Etrurien nach Rom ge- 
kommen waren: in zahllosen Fällen, sagte er, 
hätten sie neben den Pontifices und dem römi- 
schen Senat die nationale Religion gegen das 60 
Eindringen fremder Kulte geschützt (Liv. XXXIX 
16, 7). Wie stark ihre Macht über die Ge- 
müter der Römer im 2. Jhdt. v. Chr. war, erhellt 
am besten aus Obseq. 18 (152 v. Chr.) turbinis 
vi in campo columna ante aedern lovis deeussa 
cum signo aurato, cumque aruspiees respondis- 
sent magistratmim et sacerdotum interitum fore, 
omnes magistratufs] se protmus abdieaoemmt. 

Fwüy-Wlraowft-Knrfl TU 



Haruspicea 

Wenn sie aber absichtlich falsche Antworten 
gaben, so drohte ihnen der Tod (Gell. IV 5, 5). 
Der römische Senat sorgte auch selbst dafür, daß 
das Ansehen der etruskischen H. nicht sank, in- 
dem er Söhne der vornehmsten Männer in den 
12 Etruskerstädten dazu bewog, sich ihrer Kunst 
zu widmen (Cic. div. I 92). 

Besonders die Aristokraten in Rom standen 
immeT in naher Beziehung zu den H. r die oft in 
ihren Antworten ihre der Demokratie wie auch 
der Königsherrschaft feindliche Gesinnung zum 
Vorschein kommen ließen (Cic. har. resp. unten 
§ 40). Die Gründung der Kolonie des C. Grac- 
chus auf dem Grund Karthagos suchten sie im 
J. 121 v. Chr. zu verhindern (Appian. bell. civ. 

I 24, 105), gleichfalls im J. 99 das Ackergesetz 
des Volkstribunen Sex. Titius (Obseq. 46), im 
J. 84 die von Cinna geleiteten Komitien (Appian. 
bell. civ. I 78, 359). Octavius warnten sie im 
J. 87 vor Marius (Appian. bell. civ. I 71, 326), 
Cicero standen sie gegen Catilina bei (Cat. Cat. 
III 19f. Obseq. 61). Andererseits bekämpften 
sie eifrig die drohende Alleinherrschaft sowohl 
Sullas, der Etrurien den Todesstoß gab, wie Cae- 
sars und Augustus (Plut. Sulla 7. Cic. div. II 52. 
Serv. Buc. 9, 46. Appian. bell. civ. IV 4, 15). 

Die Feldherren und die Provinzstatthalter 
hatten H. in ihrem Stab als Eingeweideschauer 
und Deuter der Ostenta (Liv. VIII 9, 1 Decius 
340 v. Chr. ; XXHI 36, 10 Fabius 215 v. Chr. ; 
XXV 16, 3 T. Sempron. Gracchus 212 v. Chr.; 
XXVH 16, 15 Fabius 209 v. Chr.; XXVH 26, 14 
= Plin. XI 189 Marcellus 208 v. Chr. Medioum 
haruspic&m praeconem. erwähnt Cicero in Verr. 

II 27. 33. III 28, 54. 137 als einflußreiche Leute 
im Gefolge des Verres). Sulla (Cic. div. I 72 
Postumius) und Caesar (div. I 119. Val. Max. 
VLTC 11,2. Suet. Caes. 81 Spurinna) hatten 
eigene Leib-H. , eine nach dem oben Gesagten 
leicht erklärliche Vorsichtsmaßregel. Der summus 
haruspex, der nach Cic. div. LT 52 Caesar den 
verderblichen Rat gab, nicht sogleich nach Afrika 
zu gehen, war gewiß nicht sein Spurinna. Diesen 
hatte er sogar in den Senat aufzunehmen gewagt, 
was Cicero verurteilt (ad fam. VI 18). 

Mit dem Bundesgenossenkriege hatte Etrurien 
für immer seine politische Rolle ausgespielt, und 
ein Jahrhundert nachher war sogar seine Sprache 
ausgestorben (Skutsch s. Art. Etruskische 
Sprache o. Bd. VI S. 780 § 8 meint mit Unrecht, 
daß die H. noch zur Zeit des Iulianus ihre Ritual- 
bücher etruskisch gelesen haben. Ammian. Marc. 
XXV 2, 7 bezeugt im Gegenteil ausdrücklich, daß 
sie den libri Tarquitiani, d. h. der lateinischen 
Übersetzung folgten). Aber erst in jener Zeit 
tritt die etruskische Disziplin in die römische 
Literatur ein. M. Tarquitius Priscus, der die 
heiligen Bücher ins Lateinische übersetzt«, scheint 
ein älterer Zeitgenosse Varros gewesen zu sein, 
Nigidius und Varro übermittelten die Kenntnis 
der Disziplin weiteren Kreisen. Der Etrusker 
Caecina, der Freund Ciceros und Schüler des Po- 
seidonios. behandelte die Blitzlehre wissenschaft- 
lich. Und sogar in die griechische Literatur drang 
das Etruskische ein (Staseas, Attalus, Arrianns 
s. u. §§ 16. 39). 

B. Die Kaiserzeit. Augustus, der sich 
gegen Blitze durch ein Seekalbsfell zu schützen 

77 



2485 



Haruspices 



Haruspices 



2436 



«lichte und auf Ostenta sehr achtete (Suet. Aug. 
90. 92), folgte gewiß gern dem Bat des Maecenas, 
einige H. selbst zu ernennen (Cass. Bio LH 36, 3). 
"Über h. Imperatoris, Augusti, Augustorum s. § 7. 
Nach Anweisung der H. (Suet. Aug. 20) erbaute 
er den palatinischen Tempel, in dem nach dem 
Zeugnis des Servius Aen. VI 72 nunmehr auch 
die etruskischen Bücher wenigstens teilweise mit 
den Sibyllinischen zusammen aufbewahrt wurden 



ganz beherrscht zu haben scheinen. Plinius d. J. 
erzählt, daß zur Zeit Neros der verhaßte Angeber 
Regulus immer die H. über den Ausgang der 
Prozesse befragte {Plin. ep. VI 2, 2), und Plinius 
d. Ä. sagt n. h. VIII 102 föbris extisque, circa 
quod magna mortalium portio hae ret Das- 
selbe bezeugt im 3. Jhdt. Herodian Vlll 3, 7. 
Die Scriptores hist. Aug. lassen erkennen, daß 
man häufig die H. über die Omina und Prodi- 



(libri Begoes nympkae, quae artem scripserat 10 gia imperii befragte. Wie tief die etruskische 



fulguritarum [1. fulgurzatorum nach CIL XI 6363] 
apiid Tuscos). Aber er erließ ein Verbot, die 
H. über den Tod jemands zu befragen (Cass. Dio 
LVI 25). Dies ist die erste uns bekannte Ver- 
ordnung gegen die H. Tiberius ging auf diesem 
Wege weiter, wenn er den Bürgern untersagte, die 
H. ohne Zeugen zu befragen (Suet. Tib. 63), ( ein 
Verbot, das über die Verbreitung jener Sitte keinen 
Zweifel läßt. Claudius dagegen, der Etrusker- 



Disziplin in den Vorstellungen des Volkes wur- 
zelte, lehren uns aber am besten die Schriften 
der christlichen Schriftsteller (Tertullian, Arno- 
bius, Lactantius, Augustinus), die sie als einen 
gefürchteten Nebenbuhler des Christentums mit 
bitterem Ernst bekämpften , und besonders die 
Verfolgungen der christlichen Kaiser. 

Die Verfolgung der H. wurde im J. 319 Tom 
Kaiser Constantin durch eine rigorose Verordnung 



forscher und Etruskerfreuiid ," suchte die Lehre 20 eingeleitet; die H., die die Schwelle eines Bürger- 



und Institution der H. durch Eingreifen von 
staatswegen zu reformieren und aufrecht zu halten ; 
der Senat beschloß auf seinen Antrag hin, den 
Pontifices eine Kevision der etruskischen Lehre 
aufzutragen (Tac. aim. XI 15). So weit war es 
also jetzt gekommen, daß die Pontifices, die 
Wächter des patrius ritus, die Aufsicht über die 
H. erhielten, deren Lehre Claudius selbst als 



hauses, sei es auch das eines alten Freundes, be- 
treten, sollten verbrannt, die Leute, die sie be- 
fragen, deportiert und die Angeber belohnt werden 
(Cod. Theod. IX 16, 1). Kurz nachher beschränkte 
er jedoch ausdrücklich das Verbot auf private Be- 
fragung (sacrifieia domesticä)'. auf den öffent- 
lichen Altären und in den Tempeln sei es erlaubt, 
zu opfern und dabei die H. zu befragen (ebd. IX 



heimisch den fremden (externae super stitiones) 16, 2). Er erneuerte also in der Hauptsache das 
gegenüberstellt. Jene Revision war aber gewiß da- 30 Verbot des TiberrHs. Auch die staatliche Be- 
mals nötig wegen des weit vorgeschrittenen Syn- fragung ließ er bestehen , indem er die H. als 
kretismus zwischen etruskischer Religion.Astrologie Blitzdeuter bei fulgura publica und primta lega- 



(Nigidius) und griechischer, besonders stoischer 
Philosophie. 

Obgleich die Literatur der Kaiserzeit die H. 
nicht oft erwähnt, geht dennoch aus einzelnen 
Zeugnissen hervor, daß sie sowohl im Staats- wie 
im Privatleben eine bedeutende Rolle spielten. 
Über die publica fulgura wurden sie, wie es 



lisierte (ebd. XVI 10, 1). 

Im J. 357 erließ aber Constantius ein allge- 
meines Verbot gegen jede Art von Divination 
unter Androhung der Todesstrafe (ebd. IX 16, 4). 
Kaiser Iulianus aber hob es sogleich auf und 
hatte selbst immer H. in seinem Gefolge. Wie 
eifrig er sich der Haruspicin widmete, schildert 



scheint, immer befragt (Claudius, Tac. ann. XIII 40 lebhaft sein Zeitgenosse Ammianus Marcellinus 
24 urbem prineeps lusiravü ex response liaru- (XXI 2, 4. XXII 12, 6f. XXHI 5, 10. XXV _ 4, 
spieum, quod Iovis ac Minervae aedes de caelo 



taetae erant. luven, sat. 6, 587 atque aliquis 
senior qui publica fulgura condit. Cod. Theod. 
XVI 10, 1 320 n. Chr. si quid de palatio nostro 
out ceteris operibus publicis degmtatum fulgore 
esse constiterü, retento more teteris observantiae, 
quid portetidat, ab haruspieibus requiratur), 
wahrscheinlich auch über monstra (Tac. ann. XV 



17. 6, 1). Seine Nachfolger, die wieder das 
Christentum begünstigten, erneuerten zwar die 
Verordnungen gegen fremde oder verbrecherische 
Magie ; aber sie erlaubten ausdrücklich die eigent- 
liche Haruspicin (Eingeweideschau), wenn sie nicht 
in böser Absicht ausgeübt werde (Cod. Theod. 
IX 16, 7f.). Erst der eifrige Zelot Kaiser Theo- 
dosius verbot sie wieder ganz und gar im J. 385 



47. Phlegon frg. 54). Beim Wiederaufbau des 50 (ebd. XVI 10, 9' und 12). 



capitolinischen Heiligtums im J. 70 bestimmten 
sie über die Form und das Baumaterial , sowie 
auch über die Riten der Grundlegung (Tac. hist. 
IV 53). Die Inschriften bezeugen, daß es kaiser- 
liche H. (§ 7) und Legions-H. (§ 8) gab. und daß 
der ordo haruspicum LX mindestens noch im 
3. Jhdt. bestand {% 5). Alexander Severas. der selbst 
mit der Disziplin vertraut war, errichtete sogaT 
staatlich besoldete Lehrstühle der Haruspicin wie 



Nach seinem Tode hören wir den Dichter 
Claudianus in Rom die etruskische Weissagekunst 
als noch lebendig besingen (in Eutrop. I 11). 
Das gehört vielleicht nur zu seinem gelehrten 
Apparat. Dagegen traten im J. 408 wirklich 
etruskische Blitzbeschwörer in Rom auf, die dem 
Bischof Innocentius versprachen, die Stadt gegen 
Alarieh durch herabgezauberte Blitze zu schützen 
(Zosim. V 41). Ihrer Forderung, die Kunst öffent- 



der übrigen praktischen Wissenschaften (Hist. aug. 60 lieh auf dem Forum ausüben zu dürfen , wagte 
Alex Sev 27 6. 44. 4 rhetoribus, grammaticis, er jedoch nicht nachzukommen, weshalb sie wieder 

- ■ ' - abzogen. Im J. 409 ließ Honorius die Schriften 

der Mathematici verbrennen; die Vegonischen 
waren wohl schon von Stilicho (Ruifl. Itin. H 51) 
mit den Sibyllinischen zusammen verbrannt wor- 
pen. Aber die Ausübung der Haruspicin war 
nicht au diese Bücher gebunden, und Verbote 
gegen sie finden wir noch im 7. Jhdt. n. Chr. (s. 



haruspieibus, mathematicis, meehanicis, archi- 
tectis salaria instituit et auditoria decrevit et 
diseipulos cum annonis pauperum filios modo 
ingenuos dari iussit). 

Im Privatleben standen die Deutungen der H. 
hoch im Kurs, besonders auf dem Gebiete der 
(eigentlichen Haruspicin) Eingeweideschan, die sie 



2437 



Haruspices 



Haruspices 



2438 



Muller Etrusk. II 18, 65). Ein merkwürdiges 
Zeugnis dafür, daß das Studium und die Kenntnis 
der etruskischen Disziplin noch im 6. Jhdt. nicht 
ausgestorben war, gibt uns das Buch des Joh. 
Laurentius Lydus ksqi dioonmitov, das viel mehr 
Echtes und Wertvolles enthält, als Wach smuth 
{Praefatio) gemeint hat. 

§ 5. Ordo haruspicum LX. Nach der 
Tradition soll die von Tages in Tarquinii offen- 
barte Lehre (s. o. Bd. VI S. 725) zuerst von 
-den Vornehmsten, den Lucumonen, der zwölf 
Staaten aufgezeichnet sein (Cic. div. II 50. Fest. 
359 s. Tages, Censor. IV 13 diseiplinam quam 
lucumones tum Etruriae potentes exscripserunt. 
Comm. Bern. Lucan. I 636 duodeeim prineipum 
pueris). Die Lehre* selbst hatte auch ein echt 
patrizisches Gepräge, wie schon die häufig vor- 
kommenden Worte prineipes, reges, regalia usw. 
bezeugen, und war vom Anfang an im Besitz des 
Adels, bei dem sie von Vater zu Sohn fortge- 
pflanzt wurde (Cic div. I 92, s. u. ; de leg. II 9, 21 
Etruria prineipes diseiplinam doceto. Tac. ann. 
XI 15 primores Etruriae sponte aut patrum 
Romanorum impulsu reiinuisse scientiam et in 
famüias propagasse). Noch zur Zeit Ciceros 
hatte der Adelige Caecina die Disziplin von seinem 
Vater erlernt (Cic. ad fam. VI 6), und die In- 
schriften XIV 164 patri et magistro und XIIC 
3694 ob memoriam — magistratorum et paren- 
tum suorum bezeugen, daß diese Sitte weiter 
fortlebte. Neben die offiziellen H. traten aber 
Privat-H., die die Ausübung der Kunst zu einem 
Gewerbe machten (s. z. B. Cic. div. I 132 vicani 
haruspices . . . qui qua-estus causa hariolantur) 
und das Ansehen des Berufs herunterzogen (Cic. 
div. II 51 Öaio mirari se aiebat quod non ri- 
deret haruspex, karuspicem cum vidisset; div. 
I 132 Verse des Ennius, 131 des Pacuvius ähn- 
lichen Inhalts; vgl. Plaut. Mil. 692 haruspicae. 
Aruspex vel pexor rustieus hieß eine Komödie 
des Pomponius nach Nonius 516 M. 830, 15 L.). 
Als daher die Söhne des Adels zu wenig Neigung 
zeigten, sich der Disziplin zu widmen, griff der 
römische Senat, dem daran lag, zur offiziellen 
Sühnung der Prodigia würdige Vertreter der Dis- 
ziplin herbeiziehen zu können, regelnd ein und 
verordnete, daß in jedem Staat des etruskischen 
Verbands eine bestimmte Zahl junger Adliger 
sich für jenen Beruf ausbilden sollte (Cic. div. I 92 
quocirca hem apud maiores nostros senatus tum, 
cum fiorebat Imperium [ — 2. Jhdt v. Chr.], de- 
crevit, ut de prineipum filüs sex singulis Etru- 
riae populis in diseiplinam traderentur, ne ars 
tanta propter tenuitatem hominum a religionis 
auetoritate abdueerentur. Val. Max. I 1,1 ut . . 
decem prineipum filii senatus consulto singulis 
Etruriae populis pereipiendae saerorum disci- 
plinae gratia traderentur. Müller Etrusk. II 4, 
13 und Christ schreiben X ex statt sex, Schen- 
kel bei Bormann österr. Jahresh. 1899, 134, 
5 [se]X, Traube bei Furtwängler Gemmen 
Hl 271 A halt sowohl sex bei Cicero wie decem bei 
Val Maximns für Konjekturen der Schreiber statt 
«iner ausgefallenen Zahl, die vielleicht V gewesen 
sei). Damit war der Anfang gemacht zu einer 
Organisation und gleichmäßigen Vertretung der 
etruskischen zwölf Staaten, ans der zweifellos die 
Zahl 60 (5 X 12) des ordo haruspicum LX her- 



vorgegangen ist; die Überlieferung erlaubt uns 
nur nicht, zu erkennen, ob diese Zahl schon da- 
mals fixiert wurde. In seinem Gesetzesvorsehlag 
sagt Cicero de leg. II 9, 21 nur kurz: Etruria 
prineipes diseiplinam doceto. Sein Ausdruck 
summus haruspex (div. II 52) beweist, daß eine 
Rangordnung der H. damals bestand. Das erste 
sichere Zeugnis des ordo haruspicum LX gibt 
eine 1890 vor der Porta Salaria zu Born gefundene 

10 Inschrift vom Ende der Eepublik: CIL VI 32439 
h. Vinuüeius L. f. Pom. JmcuIIus, arispex ex 
sexaginta ... (s. Gatti Bull. com. 1890, 140ff. 
Bormann Österr. Jahresh. II 1899, 134). Bor- 
mann meint, daß erst Augustus diese Körper 
schaff geschaffen habe, da nach Cass. Dio LH 
36, 2 der Etrusker Maecenas ihm den Rat gab, 
einige H. und Auguren selbst zu ernennen. Das 
ist aber nur eine unsichere Vermutung. In der 
Literatur wird der Ordo nur einmal berührt, 

20 nämlich in der von Tacitus wiedergegebenen Rede 
des Kaisers Claudius im Senat über Reformen, die 
sich auf das eollegium haruspicum und ihre 
Lehre bezogen (Tac. ann. XI 15; s. o.). 

Daß diese Körperschaft in Tarquinii, wo nach 
der Tradition der Religionsstifter Tages aus der 
Erde emporgestiegen war (Cic. div. II 50), ihre 
Kasse und also ihr amtliches Zentrum hatte, hat 
Bormann a. a. O. 135 aus der Inschrift CIL 
XI 3382 ... ex ordine arispicum LX, euraiori 

BOareae bis, IUI vir. iure dieundo, [ijtem aedili 
. . . erschlossen. Dort sind auch die Reste zweier 
analoger Inschriften gefunden worden, die zwei 
berühmte Lehrer, den Übersetzer der Disziplin 
M. Tarquitius Priscus und einen anderen, dessen 
Name fehlt, verherrlichen — und wahrscheinlich 
unter ihren Bildnissen im Amtslokal der H. an- 
gebracht waren (CIL XI 3370. Bormann a. a. 
O. 129ff.). 

Der Vorsitzende des Kollegiums hieß magister 

40publicus haruspicum (CIL VI 2161 ; wahrschein- 
lich ist auch XI 4194 [InteTamna] zu ergänzen 
[mag. publ. hjaruspicum LXbis, wo Bormann 
[mag. ordinis] vorschlägt) oder auch haruspex 
Primarius de LX (Lugdunum XUI 1821). So 
verstehe ich auch XIV 164 (Ostia) fdius patri 
et magistro, liarp de LX (= Jiaruspici pri- 
maria de LX), das Mommsen unrichtig so 
interpunktiert und ergänzt: filius patri et magistro 
(haruspicum) pfublieo) de LX. In VI 2164f. 

50 werden zwei Brüder M." Valerius Quirinus, Satur- 
ninus und Bassus, die Kriegstribune der Leg. III 
Cyrenaica gewesen waren, harispices maximi ge- 
nannt. Auch dieser Ausdruck bezieht sich wohl, 
ebenso wie summus haruspex bei Cic. div. II 52, 
auf den Präses der Körpers chaft Die Mitglieder 
heißen arispex ex sexaginta (VI 32439) , haru- 
spex de LX (VI 32275) , ex ordine haruspicum 
LX (VI 2162. XI 3382) oder einfach ordinattis 
(VI 2166). Viele von den in diesen Inschriften 

60 Erwähnten waren angesehene Leute: VI 2161 
pontifex und dietator Albanus, XI 3382 IJIIvir 
iure dieundo und aeditis in Tarquinii. XI 4194 
Uli vir i. d. und Kriegstribun. VI 2164f. Kriegs- 
tribune; der arespex ordinatus VI 2166 aber ein- 
facher Soldat. Von den 12 Inschriften gehören 
8 nach Rom, wo der ordo gewiß seine Wirksam- 
keit hauptsächlich entfaltete. Daß er im 3. Jhdt. 
n. Chr. ein Amtslokal dort besaß, beweist die 



2489 



Haruspices 



Haruspices 



2440 



Inschrift VI 2161, die eine Schenkung o(rdini) alters im State der Feldherren und Statthalter 

£! f t In+lfalt ( s - °- § 4 A * Knegstnbune und gemeine Sol- 

S 6 üTe städtischen Haruspices. Auch daten haben wir schon unter den H. gefunden 

die Kolonien und Muni zipien hatten ihre oßtaiel- (CIL VI 2164-2166. XI 4194) Aber als ein 

£n h!"4 CIL X 3680f. Misenum. XII militärischer Offizial erscheint der harus(p«c/ 

3254 Nimcs Xin 3694 haruspices publßei) leg(toms) erst in Inschriften des 3. JMts n. Chr. 

^MiTTr{everorum) HI 1114t' Apulum, Da- (VIII 2809. 2586 I. 57 Lambaesis, Numidien, a. 

T'tf^T^ae) ss. AttAsötieta Uomaszewski Die ,Relig ion des_ ***** 

krriana rParenzo) XXIV p. 252 harusp. publ. Westdeutsche Ztschr. XIV 111). Vgl. CIL VLLL 
tePomT^ Die Stiftung Iffl 676|T(m5m 10 2567 20 Helvius Calvus Q» Aar. Cas. = Ca*™ 

harusJcibfus) collleais) d, d. deutet darauf, daß Lambaesitanis) und Pais Suppl. ItaL 39 j ((jalli* 

Sfl Sen Der har(uspex) pitblficus) pH- spex. Aurcliaims untersagte seinen Soldaten, den 

SrL, IX 1540 war gewißVr Präses des Kol- H. Geld zu geben (Hurt. aug. Aur. 7 8 a medi- 

SZ 7 „ ip^ventum «'* araiis curentur, haruspietius nihil dent). 

l0gl D?e H ™ n cht" selten in ihren Städten f 9. Liberti als Haruspices. Die etru- 

hochbedeutende Männer: V 99 Comum Ullvir skische Religion übte, wie o. § 5 erwähnt, von* 

nocnDeaeuienue m^ an der Mel au aber w ganen auch> 

cTci Ä l ^Ät ^ d£ :« &««to M er dies Amt .nicht beibehielt sondern der 
S.f„ ® V 99 Comum. X 5420 20 römische Senat wiederholt eingreifen mußte, um 

sevirolaulni XI G^Faventia. XH3254Nimes ihn dazu anzuhalten. Unter den H der In- 

Vllir IZustalisJ; und Vlllviri: IX 4622, s. Schriften erscheinen mjojh. : «mge «^^ 

o TX 5447 Falerio Picenum Vlllvir gratmtus soweit man sehen kann nur als Privat^.. £iu 

U^l/Ä Der pranesÄcbe H. IX 3964 (Alba Pocen.) P fg«« P^ljg- 

XIV 2992 war oft**» toter cheurimies, der H. wamjdi« haruspex. 4908 (^^ ^™2' 

aus Pola dbm. Dem Mitglied des ordo LX Q. Oaeth Ql Sar. harusp^ XI 13E i5 fl*na£ 

Oppius Placidus hatte der Senat zu Lyon einen. Die in IX 544/. X ^2° '3 ; , 5- XI 633 erw ahn 

-n -u ■ i^„ ^„^o,^ fYTTT ^fi,9.^^ Der har ten H. waren mit Libertmen verneiraten. uiv 

SrtÄenl X 368 Ä J^ -d Bestimmung, daß die Staate freigeboren sein 
rge^esZldotumereatus. Sogar einen römi- 30 muBter i hielt noch Alexander S™»«*^ 

schrn Ritter finden wir im 2. Jhdt. in Poitiers, als er Sohne der ] Armen . den ^ 8 "" n ^ H S 

XTTC 1131 spicin als Schuler zuwies (Hist. aug. Alex. »ev- 

Die Stadtbeamten hatten ihre eigenen besol- 44, 4 pauperum filios m f"%^l\ u& m& 

deten H die in der Lex Coloniae Genetivae yoin § 10. Haruspices und ? a ? e ? dot ^ £ ft 

J U t Chr (CIL II 5439 Urso, Spanien) an zweit- H. gehörten nicht zu den romischen Priester- 

letltr Stelle unter den Bedienten (lictares Mnos, schatten, sondern wurden in der Rege Won Etru- 

accensos sina scribas binos, viatores binos, nen jedesmal herbeigerufen wenn der btaat sie 

wäbnt werden und weniger Gehalt als die Lic- har% nat, deor. II 11), und der ntus eW 
terenb kommen der dc S ö Duumvirs ÄS Ä des40wurde von dem patrius ^.^*«»J"^ 

Ute ESC (falsch für D). Aus dem Ausdruck Aber das Eingreifen des r T\ sche \^™ ts "g 

XI 25M (Tu ana) decurllis haruspex scheint Erhaltung der Disziplin ^«eist am besten daß 

hervorzu-ehen daß diese H. wie die übrigen die Römer sie nicht entbehren konnten. Der Em- 

geordneten Beamten in Decurien .erteilt ^^^^^ 

W T7 Die kaiserlichen Haruspices. Dem ganz aufging, andererseits neue ^J^ ^ 

Beispiel Sullas und Caesars, die eigene H hatten. den Eingang tanden ^f^^ ^ gjtas 

folgten die Kaiser, über den Eat des Maecenas A tererbte vertraten ( Ll '- ^^^'^S 

s f § 4B. Der H. Galbas war der von Plinius mius 186 v. Chr Tac. ann. X 1 !\ Claudius) 

hochgeschätzte Schriftsteller Umbrich« Melier 50 Schließlich als der ^nat anf *en A^ag des 

(Suet Galba 19. Tac. hist. I 27, 2. Hin. n. h. Claudius die Disziplin unter ^ntoUeJer 

X 19 haruspicum in twstro azvo peritisstmus; Pontihces stellte 1^.^. ^ShnkS 

ind auet 1 XI gut de etrusca diseiplina sem- man sagen, offiziell in den staatlichen Kultus 

psit). Und die Inschriften bestätigen, daß es aufgenommen unter den 

kaiserliche H. gab. die sehr angesehene Leute und Es lallt daher nicht auf, daß man unter aen 

wenStens im 3 Jhdt, besoldete Beamten waren H. der Kaiserzeit einen flamen Martwlis findet, 

rvTlier 2™63 2715. X 472U Ein adiutor CIL XTV^ 4178c (Lanuvium oder Ancia) ja: m 

Zruspicum imperatoris war nach VI 2168 selbst 3. Jhdt. sogar einen P?^Yl 2161 Häufiger 

XiJier Kitte? und pontifex Albanus. Der X aber ^"^ÄS 
4721 erwähnte ka^pex Augfati) nfostry L- 60 und zwar oft außerhalb ^ ^ fW*J^ 

Vibius Portunatus war zugleich magister a studus jf^us XIV ^J^^nJ ^%\1^ 

L. Fonteius Flavianus VI 2161 war sogar ■ ponfa X 3680f. C™™g^™" w y h fä ( 5San ft) 

fex und dietator Mbanus. Dem ordo XL ge- ex .9 er ^f^^Z^l^Jb») -Z> e^zi 

Ute er sowie anch der in VI 216B erwähnte ^^^^^^dSt ^uTi^e^^ 
*Tt Ü5 ion.baruBpices. H. waren B eit JQ». V WB (Ai) — MF« A^ 



*««««. in Ul4f. (Apulum, Dacien) [SM injvißto sedtmm parte* cwlttm tn ™W e ^J™V*™_ 

Äto^ torf. LX 1540 (Beneventum) Mm «orfttm» semnd* ad mwidwm tertmad 

wntemZiG Liberali, har. publ. primaria reliquum est ab ooeasu ad septerdriones. Has 

t IT DieHaruspices Etrusker? Die in Herum in quaternas diwsere parHs , ex quibm 

4erLiterat£ erwklmten H. (a. Thulin E.D. III oeto ab exortu **"%*'»*> f^*^?™ 

iMVtragT alle gut etruskische oder in Etnirien appellamredextras die Deutung Körtes Böm. 

iSute Namen sogar noch der haruspicinae Mitt. XX 360, 1 (oeto ab exortu = octoab ex- 
trü^Apruneulis Gallus im Gefolge des Iulia- 10 orte ad oeeasum) ist meine ich, spachheb nj- 

P Zl Timm an Marc. XII 1, 2 ; vgl. apruntial möglich und wd durch die vorhergehenden Vv orte 

CTE 3834T Es St gar kein Zweifel, daß mit Plin. II 142 laeva prospera wsHmattiur qmn,am 

^rinSmm ftlU bei Cic div. I 92 und Val. Max. Iowa parte mundi ortus widerlegt). Ostblitze 

{ TSrnsÄe AÄ gemeint sind, wie Cicero waren also Glücksblitze die westlichen brachten 

L den Sto anBdTüeHich sagt fem pr^ Unglück, aber je nördlicher sie waren fd« Norden 

3i« AmpKm»» rfo«to. Aber'da es unter den war ja Wohnung der Gotter) um «^edeotan^ 

^ 3 ._-»■-•„- :+ ™'„ n . «nanWaiW T7wM , Mln.RHfiTifl voller erschienen sie (vgl- berv. Aon. 11 t»_yd 




^S^'T^Xia^ (Fun. n HB«- dg-, g« 
au die Namen der H in den Inschriften dieser septentrionem ab ooeasu attvigunt), die gluck- 
et w rd dasTelbe beweisen (s. Thulin E.D. HI lichsten die vom Nordosten (144 cum a pnma 
155f. . Als Severus den Professoren der Haru- caeli parte venera et m ^« J 
spicin Söhne der Armen als Schüler anwies, war summa feheitas portenditur^ quäle SuUae die- 
keine Rede davon, daß sie Etrusker sein mußten. tatori ostmtum datum accepitnus) Die H be- 
Zur Z^ des lulianus herrschte völlige Freiheit obachteten deshalb genau di» ^^8 J^» 
Ommian Marc XXII 12 7 J. 362: et quisque, nicht nur des kommenden, sondern auch des zu- 
^^r^äi^^: s*«**™ «*$*Ä4 rücklaufenden BUtzes (Hin. ™J^J^- 
prof^Js . ?. sine M e »el praesUtutis ord^ ^ = .^^ Z?£äF^^ 
Die Lehre: diseiplina Etrusca. reditus, sive ab ietu resüÜ ignis sive apere emi~ 
S 12. Da ich oben Bd. VI S. 727 eine kurze fecto aut igne consumpto Spiritus remeat-, vgl. 

I I i b r i f u durales jm terra quogue arbitratur quae infera appel- 

S 13 Die Blitzbücher enthalten die Lehre tat . . . omnia e superiore caelo deeidmUa obh- 

von der Erforschung und Deutung, der Sühnung quos habent ietus, haee auten \^J°P a '* i £: 

und Beschwörung der Blitze; die Überlegenheit 40 r^a rectos). Wenn wir nun diese echt etru ki_ 

de Etmsker in dieser Kunst wird oft hervorge- sehen T^hren (*^ ./f»^; n ^ to f«^f 

hoben (Cic. div. I 92 Etruria autem de eaeh reeti) etwas ™°J^ert bei Aman™ Stob Plo^ 

taeta scientissume animadvertü. Sen. nat. quaest I p. 238 wiederfanden t s - R T . h ^^^^5i 

II 32 Dionys IX 6, 4). Unsere Kenntnis davon so ist damit bewiesen, daß Arnanus Etruskisches 

erdanken w^r besonde s den Darstellungen Sene- aufgenommen hat. Entweder hat er denPImiua 

■a, nät ouTest^ II 31-41 und Plinius' n. h. II selbst oder eine ihnen gemeinsame Quelle benutzt 

137-l^^rimnpteacbUch auf dem Werk des Dieser Arrianus kann also sehr gut der bekannt 

Etruskers' Caecina des Zeitgenossen Ciceros, Schriftsteller sein (s. y. Wilamowitz Hermes 

^%^1^^ V ^^^^^ Di« » Blitzgotter und die 11 
SSÄ ^Tonitruale Kigidii bei Job Manubien Auf ^«*^£*^ 
|dus de ost. c. 47 52, 26^38 steckt sicher viel ™^^™«*^ t tlcÄTt 
^ U Die Himmelsregionen und die den Blitz gesandt hatte. Es gab nämlich neun 
Blitzgötter. Die H. teilten "den Himmel wegen Götter die Blitze werfen durften (Plm n h H 
der BlLchau in 16 Regionen, während die Römer 138). Der Blitzgott vor allen war jed «* J«ft£ 
nur 4 unterschieden (Cic. div. II 42. Serv. Aen. luppiter der aus aUen Region^ «meBhtae 
VIII 427)- 16 sind auch die Randregionen der sandte (berr. Aen. Y1SI 427. X In. Mart. Lap 
Bronzeleber von Piacenza (Körte Rom* Mitt. XX I 46 ut est in ommbm) aber besonders , to 
348-379), und in 16 Himmelsregionen wohnen 60 Regionen im Norden besaß, wo wir in sowohl 
die Götter nach Martianus Capeila I 41-61 (s. bei Martianus Capella als auch auf der ^ Bronze 
Religionsgesch. Versuche und .Vorarbeiten III: 1 finden (in den Randregionen der Bronze 7 .und 
Thulin Die Götter des Hart Cap. u. der Bronze- 8 tin in der angrenzenden I^nregion 1 8 tuu» 
leber von Pi«.); zu der Zahl 16 s. Thulin a. a. bei Körte Rom. Mitt XX 355 bezw. . Beg. .15. 
O 69 1 Jastrow ReUg. Babyloniens H 406, 3 16 und 1' nach Deecke. Bei Mart Cap. 145 
gerade 10 eine häufig erwähnte Zahl in Leber- -47 in der, 3 ersten Regionen; vgl. Ps.-Acro 
lhanberichten*. Daß diese Einteilung gegen Süden Hör. carm. I 12, 19 seeundum ^™P™™*V*> 
«rentiert war, bezeugt Plinius n. h. U 143: « vd disputattones, gm Jovem pnmam seeundam 



Z44ö naruspices 

et terttam partem caeti solum toahmt in fulmi- 
nibtts tenere. Daß die Berechnung im Norden 
anfängt, sahen wir oben aus Plin. II 143). 

Iuppiter hatte aber auch drei Blitzarten oder 
Btanubien (Serv. Aen. I 42 in libris Etruseorum 
lectum est iaetus fulminum manubias dici. 
Plin. II 138 Jovem trina ia&alari). a) Die erste, 
die er nach eigenem Beschluß schleuderte, war 
mild und warnend (Sen. nat. quaest. II 41 monet 
et placata est), h) Seine zweite Manubie r über 
die er erst seinen Rat, die Zwölfgötter oder di 
Consentes (Cbmplices) hören mußte, kam mit 
drohendem Donner und zersplitternder Kraft und 
war immer gefährlich (Sen. nat. quaest. II 41 
seeundam mittit quidem Iuppiter sed ex eonsilii 
sententta, duodeeim enim deos advoccä; — ne 
prodest quidem impune. Fest. 129 alterae quae 
maiores sint ae veniant cum fragore diseutiant- 
que). Diese di Consentes entsprechen den zwölf 
&soi ßovXaToi der Ägypter, den Tierkrcisbüdern, 
die im römischen Bauernkalender als sechs Götter- 
paare erscheinen, von denen gleichzeitig der Gott 
untergeht, die Göttin heraufkommt und umge- 
kehrt (Boll Sphaera 478. Yarro bei Arnob. a. 
n. DI 40 kos Consentes et Complices Etru-sci — 
nominani quod una oriantur et oeeidant una 7 
sex mares et totidem feminas, nominibus ignotis 
et miserationis paroissimae). Marti an I 41 nennt 
sie senatores deorum , qui Penates ferebantur 
Tonantis ipsius (vgl. Arnob. III 40 penates lovis 
nach Nigidius) und stellt sie in die erste Kegion 
neben Iuppiter. 

c) Die dritte, durch Feuer verheerende und 
alles umgestaltende Manubie durfte er nur im 
Einverständnis mit den verhüllten hohen Gott- 
heiten, den Moiren der Etrusker, aussenden (Sen, 
nat. quaest. II 41, 2 tertiam manubiam idem 
Iuppiter mittit sed adhibüis in consilium diis 
quos superiores et involutos vocant, quin vastat 
in quae ineidit et utique mittat statum priva- 
tum et publicum quem invenit: ignis enim 
nihil esse quod fuit patitur). 

Von den übrigen 8 Blitzgöttern, die je eine 
Manubie hatten, kennen wir nur uni-lmxo, menrva-- 
Minerva, s'e#&m$-Vulcanus (Serv. Aen. I 42), 
maris-Maxs und sofr-es-Saturnus (Plin. n. h. II 
139. Serv. Aen. VIII 429). Die Blitze Iuppiters 
waren blutrot (Ps.-Acro Hör. carm. I 2, 1 — 4 
lunonis (so lese ich statt omnes) manubiae albae 
et nigrae pallida coruscatione esse dieuntur, 
lovis rubra et sanguinca), die der Iuno blaß und 
regenbringend (Serv. Aen. I 42 cum nubes suae 
sint. VIII 429), die des Mars rötlich (Serv. Aen. 
Vm 429) und zündend (Plin. II 139), die der 
Minerva sturmbringend (Serv. Aen. XI 259). 
Saturnus sandte die fürchterlichen Winterblitze 
(Plin. H 138f. infera, s. o. ; der Ausdruck a Sa- 
turni sidere deutet auf astrologische Umdeutung 
der etruskischen Lehre). 

§ 16. Blitzarten. 1. Nach der Stärke und 
Wirkung des Blitzschlages unterschied man nach 
Sen. nat. quaest. II 40 drei Arten : a) genus quod 
terebrat, der wunderbare, schnell hindurchdringende 
Blitz, der das Innere traf, ohne die Außenteile 
zu beschädigen {= Plin. n. h. II 137 quod darum 
voeant. Serv. Aen. II 649 quod afflat. Sen. nat 
quaest II 31. 53); b) genus quod dissipat, der 
zerschmetternde Blitz, der mit heftigem Donner 



naruspices 



Ü44* 



und Sturm verbunden war (= Serv. Aen. II 649 
quod findit.TAZ disiieiens idemque fragosum)', 
c) genus quod urit, der zündende oder schwärzende 
Blitz (manifesta ardoris vestigia imprimit, quod 
aut urit mit fuseat). Diese Einteilung ist nach 
Sen. nat. quaest. II 41 den Etruskern und den 
(griech.) Philosophen gemeinsam, und sehr Ähn- 
liches findet man bei Arist. meteor. m 1 , 7 
wieder (Di eis Doxogr. 452. Lydus de mens. c. 175. 

10 178), und noch mehr bei Arrian. Stob. I p. 237f. r 
der Griechisches und Etruskisches zusammenge- 
arbeitet hat. Aber was sie den Griechen ent- 
lehnt, haben die Etrusker jedenfalls frei verwertet, 
denn diese drei Arten entsprechen genau den drei 
Manubien Iuppiters, mit denen sie Verrius Flac- 
cus, wahrscheinlich nach Caecina, ausdrücklieb 
gleichstellt: Fest. 129 Manubiae lovis tres ere- 
duntur esse, quarum unae sint minimae, quae 
moneant placataeque sint, alterae quae maiores 

20 sint ac veniant ohm fragore discutiantque, ter- 
tiae his ampliores, quae eum igne veniant usw. 

2. Die hierin enthaltene Lehre, daß ein mäch- 
tigeres Zeichen siegt, wird näher ausgeführt Fest. 
2 14 Peremptalia fulgura Qraeeus (Th. d. P- 
Grapusf) ait vocari , quae superiora fulgura 
vel (ut Hs.) portenta vi sua peremant duobus 
modis, prioribus tollcndis, aut maiore rnanubia y 
ut tertia seeundae, seeunda primae cedat. nam 
ut omnia superentur fulgure sie ietum fulgur 

30 manubiis vinci. Fest. 245. Sen. nat. quaest. II 
49, 2). Sie gehört bekanntlich auch der römischen 
Auguraldisziplin (Serv. Aen. III 374 atispieiorum 
gradus ; Ecl. IX 14 minor a enim augüria maiori- 
bus cedunt). Attest ata heißen aber die Blitze, 
die vorher gegebene Zeichen bestätigen (Sen. nat. 
quaest. LI 49, 2 quae prioribus eonsentiunt. Fest. 
Paul. 2. Fest. 289 renovativa). 

3. Man unterschied ferner Blitze, die für uns 
etwas bedeuten, solche, die nichts bedeuten und 

40 solche, deren Bedeutung uns entgeht (Sen. nat. 
quaest. II 50f.). Der aus der römischen Augural- 
lehre bekannte Satz auspicium observantis est 
(Sen. nat. quaest, II 32, 6) ist also auch etrus- 

- kisch, wie Plin. n. b. XXVLTI 17 deutlich her- 
vorhebt (T hui in E.D. I 69f.). 

4. Der römischen Einteilung in auspiciaim- 
petrativa und oblativa entspricht zum Teil (a. 
und c) die etruskische Einteilung der Blitze (Sen. 
nat. quaest. II 39; vgl. Serv. Aen. VTA 524) in 

50 a) genus eonsiliarium: cum, aliquid in animo> 
versantibus suadetur fulminis ietu aut dissua- 
detur; b) genus auetoritatis: post rem faetam 
venu quam bono futuram malove sigmficat und 
c) genas Status : ubi quietis, nee agentibm qitic- 
qu/im nee eogitantibus quidem, fulmen inter- 
venit et auf minatur aut promittit aut monet. 
Ein fulmen eonsiliarium s. Ammian. Marc. XXLTI 
5, 12. Zu dem genus Status gehören die moni- 
toria, quibus docetur quid cavendwm sit (Caecina 

60 bei Sen. nat. quaest. II 49), pestifera, quae mor- 
tem exiliumqu portendunt (ebd.), dentanea, quae 
speeiem periculi sine perieulo adferunt {ebd.; 
Schmeisser schreibt ostentanea nach Serv. Aen. 
VLTI 429 ostentatorium est, quo terror ineuütur)^ 
fallacia, quae per speeiem alicuius boni noeent 
(ebd.), poHtulatoria, quibus saerifieia mtenmssa 
aut non rite facta repetuntw (ebd. » Fest 245 
postularia). 



5. Nach der Dauer der Wirkung unterschieden 
die Etrusker fulmina perpetua, finita und pro- 
rogativa. 

a) Die perpetua beweisen die Beziehungen der 
etruskischen Disziplin zu der Astrologie. Wie das 
Horoskop der Chaldäer gelten nämlich die an 
der Geburtsstunde gegebenen Zeichen {fulmina 
privata, familiaria) für die ganze Lebenszeit 
eines Menschen. Der Geburtsstunde glcichge- 



49, 2 erwähnt fulmina atterranea quae in eluso 
fiimt [inelusa feritmt coni. Gercke] und fulmina 
obruta, quibus iam prius pereussa nee procu- 
rata feriuntur. 

Blitze in Mauern bezogen sich auf den Feind 
nach Fulgurale Labeonis, Lyd. de ost. 47 c: von 
der Seite, wo die Mauer vom. Blitz geschädigt 
wird, seien Feinde zu erwarten. 

Bezeichnende etruskische Deutungen sind foL 



eines jM-eiustaieu. fei xjcuuiuöoumiu.^ b'"w S v ^ — —~ ~ ~- - " 

stellt werden andere wichtige Einschnitte imlOgende. Im J. 65 v. Chr. wurden H. aus ganz 

• - ■ 1 -i Tll : . ~„T ,~_,™ Di:+„^T.lÄ«/i nnnli T?/vm 



Leben, wie wenn er sui iuris wird oder zum 
erstenmal heiratet (Sen. nat. quaest. LI 47. Plin. 
n. h. II 139). Gleichfalls beziehen sich die am 
Gründungstag gegebenen Zeichen {fulmina pu- 
blica) auf die ganze Existenz der Stadt. 

b) Die finita , sind die zeitlich bestimmten 
(Sen, a. a, O. quae ad diem utique respondent. 
Plin. II 141 in fulgurum interpretatione eo pro- 
fecit sewntia, ut Ventura alia fmito die praeei- 



Etrurien wegen schwerer Blitzschläge nach Kom 
gerufen. Die Gesetztafeln schmolzen: die H. ver- 
kündigten den Untergang der Gesetze und des 
Rechts. Das Bild des Stadtgründers wurde be- 
schädigt: die Stadt und das Imperium sei in 
größter Gefahr. Statuen berühmter Männer wur- 
den umgestürzt: von vornehmen Leuten drohe 
die Gefahr. Götterbilder wurden zerschmettert: 
die Tempel seien vor Brand zu schützen (Cic. 



nat .. .). Eine solche Deutung gaben die H. 20 Cat. LH 19; div. I 20. LT 45.47. Obseq. 61b. 



dem Augustus, als ein Blitz den ersten Buch- 
staben des Namens Caesar unter seinem Bild auf 
dem Capitol weggerissen hatte : nach hundert (C) 
Tagen werde er vergöttert werden, weil aesar 
das etruskische Wort für Gott sei (Suet. Aug. 97. 
Cass. Dio LVI29. Über aisar s. Skutsch o. 
Bd. VI S. 775). 

c) Die prorogativa sind diejenigen, deren 
Drohung durch Sühnriten bis um zehn (für den 



Arnob. VII 40. Aug. civ. d. II 27. Cass. Dio 
XXXVII 9, 11). 

Den Rittern und den Jungfrauen wurde in- 
famia angekündigt, weil die Tochter eines römi- 
schen Ritters von einem Blitzschlag getötet und 
entblößt und der Schmuck ihres Pferdes verletzt 
worden war (114 v. Chr., Obseq. 37. Oros. V 15, 
21. Plut. quaest. Rom. 83). Der Tod des Solda- 
ten Iovianus durch einen Blitz war wegen seines 



iJlUIlUllg um Uli uuiiuiiLCii \JJ.o uiii Lwui v-iua «v." i^" iv '""""" ~^v,~ „„„„ „„„_ ..-._ _-a- 

Staat bis um dreißig) Jahre verschoben werden 30 hohen Namens besonders verhängnisvoll (Ammian. 
können (Sen. a. a. O. quorum minae differri Marc. XXIII 5, 12f.). 



possunt, averti tollique non possunt. Plin. II 
139 ceterum existimant non ultra deeem annos 
portendere privata — , publica non ultra triee- 
simum annum. Vgl. u. § 39). 

§17. Blitzdeutungen. Der getroffene Ort 
oder Gegenstand gab in der Regel von selbst 
die Deutung her. Fulmina regalia nannte man 
die in öffentliche Plätze oder Gebäude der Stadt 



Dem Vornehmen, der einen Blitzschlag über- 
lebte, wurde großes Glück prophezeit: seine Nach- 
kommen würden großen Ruhm erlangen (Serv. 
Aen. II 649 sane de fulminibus hoc scriptum 
in reconditis invenitur , quod si quem prinei- 
pem civitatis ml regem fuhnen afflaverit et 
supermxerity posferos eius nobiles futuros et 
aeternae gloriae. Über prineipem und regem s. 



einschlagenden, die dem Staat mit innerem Streit 40 § 5). Vgl. Fest. 245 Pullus lovis dieebatur Q. 



und Umsturz der bestehenden Verfassung drohten 
(Fulgurale Labeonis, Lydus de ost. 47 c sfMpvllavQ 
ze xöXeuovs xal azdasig xcu rov itohTerfiarog 
ävatQOTzyv brilot), zur Zeit der Königsherrschaft 
wohl mit dem Tode des Königs, zur Zeit der 
Republik mit dem verhaßten Königtum (Sen. a. 
a. O. II 49 regalia cum forum tangüur vel 
comitium vel principalia urbis liberae loea, 
quorum significatio regnum ewitati minatur). 



Fabius, cui Eburno eognomen erat propter can- 
dorem, quod eius natis fulmine ieta erat. 

§18. Das Sühnen der Blitze. Durch die 
richtige Sühnung war man imstande, die Dro- 
hungen der Blitze abzuwehren, zu mildern oder 
aufzuschieben (Sen. a. a. O. II 37 nach Caecina 
proeuranda existimant fulmina et expiationes 
non dubitant prodesse aliquando ad summovenda 
pericula, aliquando ad levanda, aliquando ad 



Die Blitze, die Heiligtümer trafen, wurden 50 differenda. Über fulmina prorogattva s. o.). Die 
-u 4~~~ -£)„„::+„«- ™/.^«,^a+ ir:n Ttli+T \-n A on TT InänfhpTi anrb trprn die Drohungen . um die 



je nach dem Besitzer gedeutet. Ein Blitz in den 
Tempel der Iuno wurde auf die Frauen bezogen 
(Liv. XXVII 37, 7). Wenn jemand gegen Iup- 
piter gefehlt hatte, so traf er eine Eiche in seinem 
Hain, sagt ein Vergiliuserklärer (Tun. Philarg. 
Verg. Buc. I 17, vgl. Ps.-Acr. Hör. carm. I 12, 
59f.). Nach dem Fulgurale Labeonis bei Lydus 
de ost. 47 waren Tempelblitze den Vornehmen 
und Hof leuten gefährlich {ioZg ivöö^oig tov no/.i- 



H. häuften auch gern die Drohungen, um die 
Wirkung der Sühnmittel zu erhöhen (Cic. div. II 
24). Aber Fälle wie Appian bell. civ. IV 4 be- 
weisen, daß es auch fulmina inevitabilia gab 
(Sen. a. a. O. LT 50, 2 nach Attalus), deren Ver- 
kündigungen durch keine Sühnungen abzuwenden 
waren; vgl. fulmina finita o. § 16, 5. 

A. Die Blitzbestattung. Die erste Auf- 
gabe der H. war, die Spuren des Blitzes zu ent- 



rsvuazog xal zolg xegi zijv ßaaiieiav avXt}v 6 xiv- 60 fernen : sie reinigten den Ort und begruben, was 
a i ' \ r^n.^ c^imivim nniimf iiv.il iVii-an Aar Ttli+i fTo+rt+o+ f\Afr 7*>rsfli m pttprt hatte (T/uean. 



övvos Evoifqipei). Den Sühnern selbst und ihren 
Kindern drohte ein Blitz, der einen geschlossenen 
Tempel Iuppiters getroffen hatte, mit Untergang 
(Obseq. 44, 102 v. Chr. Aedes lovis clusa fid- 
mine ieta. cuius expiationem qui primus mon- 
straverat AemiHus Potensis aruspex praemium 
tulity ceteris celantibus quod ipsis liberisque 
exitium portenderetur). Seneca nat quaest II 



der Blitz getötet oder zerschmettert hatte (Lucan. 
bell. civ. I 606. Sen. de dem. I 7, 1; nach Schol. 
Pers. II 26 auch steinerne Blitze). Dann hegten 
sie den Platz ein (Lucan. VIII 863. Apoll. Sid. 
carm. IX 193f.) und weihten ihn dem Gotte, 
dem Bie auch ein Sühnopfer (bidens) darbrach- 
ten (Lucan. I 608f. Pers. II 26). Da» Blitagrab 
trug die Inschrift fulgur eonditum (GEL Xu 1047. 



VI 30871. X6990; fulgus condit X 1603; ful- 
gur divom conditum Xll 3048 Nimes; fidgur 
divom Xn 3047—3049. Vn 561. V 6778) oder 
saerum publicum fulguris XI 1024 (Brescello), 
In der Literatur heißt es aber bidental , nach 
der Erklärung' der Alten von ovis bidens (nach 
C. Lindsten Eranos 1908, 21 bidens = bis edens 
, wieder kauend'), wahrscheinlich weil der Zweizaek 
bidens einstmals das Symbol des Blitzes war 



oder zwei von ihnen, wie bei Liv. XLIE 20, 1). 
Nach der sog. Verordnung Numas war die Süh- 
nung den Pontifices anvertraut (Liv. I 20, 7 
pontifex edoceret quae prodigia fulmmibus aliove 
quo uisu missa suseiperentur atqice eurarmtur). 
Aber nach den Prodigienberichten werden diese 
hauptsächlich bei außerrömischen Blitzen in An- 
spruch genommen (T hui in E.D. 1 114) und nach 
176 v. Chr. ist kein Fall mehr bezeugt. Die 



(üsener Eh. Mus. 1905, 22. Thulin E.D. I 96). 10 Inschrift von Interamna CIL XI 4172 lovi Pul- 
Auch die Pontifices bestatteten den Blitz. mini Pulguri Tonanti Bustius L. f. {G)aepio 



Das Grab hieß aber puteal (Fest. 333), weil es 
wie der Tempel des Dius Fidius, des römischen 
Blitzgottes, unbedeckt sein mußte und deshalb 
durch eine brunnenähnliche Öffnung in Verbin- 
dung mit der Luft stand (ein solches Blitzgrab 
mit der Inschrift [fjulgur dium ist in Rom ge- 
funden worden : ein steinerner Sarg , über dem 
vier Mauern gleichsam einen Brunnen bildend 



pont. ex s. e. dedieavit ist zeitlich nicht zu be- 
stimmen. Wegen Blitze, die in templa oder loca 
publica Roms eingefahren waren, wurden die H. 
oder die Decemvirn befragt, und nach 167 v. Chr. 
(liv. XLV 16) ist nur ein einziges Mal bezeugt, 
daß die Decemvirn über ein Blitzprodigium ge- 
hört worden sind, Cass. Dio XXXLX 15, 1 57 v. 
Chr., wo politische Gründe mitspielten. Sonst 



sich erheben, Thulin E.D. I 102). Und statt 20 immer die H., und zwar bis in die Zeit Constan- 
zes blutigen Opfers brachten die Pontifices ein tins hinein (s. § 4 B). 



Sühnopfer von Zwiebeln, Haaren und Sardellen 
dar (Plut. Numa 15, 14. Ovid. fast, in 285ff. 333 
—345. Arnob. V 1). Den durch den Blitz Er- 
schlagenen begrub man am Orte des Blitzschlags 
ohne die sonst üblichen Zeremonien (Plin. n. h. 
II 145. Fest. 178 s. occisum. Quintil. decl. 274). 
Nach Plutarch soll dieser pontifikale Ritus noch 

zu seiner Zeit bestanden haben. Aber etwa aus ._ 

der Zeit der Antonine ist eine besondere Priester- 30 dam et precationibus vel cogi fulmina vel im- 

Cifl ho Tt o rw n*ia*rt r\*j* n fc/.i-//iii/A?An -i v\ AALimfiK «1™ iU a» a«h .-a4* ^. _-i- . *V X — TV _ _i. J " _ * TJ 1* "I _ j. T 



§19. Die Blitzbeschwörung. Mit Recht 
behauptet WissowaRel. 106, die Blitzbeschwö- 
rung als eine priesterliche Kunst sei der otruski- 
schen Superstition eigentümlich, den Römern von 
Anfang an fremd. Durch Opfer und Gebete 
vermochten die etruskischen Priester die Blitze 
abzuwenden oder herabzuzaubern (Plin. n. h. II 
140 exstai annaliwm memoria saeris 



schaff saeerdotes bidentales in schriftlich bezeugt 
(s. Bidental o. Bd. III S. 430), die wohl in 
späterer Zeit das Blitzbestatten besorgte. 

B. Für die Sühnung der vom Blitz getroffenen 
Bäume gab es besondere Vorschriften, durch 
welche die H. als die priesterlichen Lehrer des 
Volks in der Gartenbaukunst auftreten konnten : 
nur bestimmte Baumarten durfte man propfen, 
denn sonst würde die Sühnung nach einem Blitz- 



petrari). Jene Kunst, die in Italien heute noch 
fortlebt (Bellucci La grandine nelV Umbria, 
Perugia 1903, 31f. Eselsschädel und Gebete), be- 
schreibt näher Colum. X 341 et tempestatem 
Tuscis avertere saeris. 344 hinc caput Arcadici 
nudum eute fertur aselli I Tyrrenus föxisse Tages 
in limite ruris, j utque Iovis magni prohiberet 
fulmina Tarchon \ saepe suas sedes praecinxit 
vitibus albis. Die weißen Roben waren Glücks- 



schlag erschwert werden; und auch die Zahl der 40 bäume, die nie vom Blitz getroffen wurden, ebenso 



Propfungen wurde durch Rücksicht auf die Süh- 
nung beschränkt (Varro r. r. I 40, 5. Plin. n. h. 
XV 57. XVII 124. Thulin E.D. I 107). Die 
getroffenen Bäume selbst standen da als arbores 
infelices oder religiosae, dem Blitzmal vergleich- 
bar (Plin. n. h. XIV 119 prolibare diis nefastum 
habetur vina — praeter inputatae — vitis ful- 
vnine taetae. XVI 24). Im heiligen Hain der 
Fratres Arvales , wo keine entweihten Bäume 



wie der Lorbeerbaum Plin. n. h. II 146. XV 153 
(das Gegenteil haliphloeos XVI 24). Opfer erwähnt 
auch Ovid. fast. V 301 als wirksames Mittel. 
Über die angeblich etruskischen Worte arse verse 
als Feuerbeschwörung auf den Wänden Fest. ep. 
18. Plin. n. h. XXVIII 20 s. Skutsch o. Bd. VI 
S. 776. 

Zwei Arten herabgezauberter Blitze sind uns 
durch Caecina Sen. nat. quaest. H 4 49, 3 über- 



stehen durften, wurden alle getroffene Bäume 50 liefert: 1) kospitalia, wenn man durch Opfer den 



entfernt und verbrannt, neue an ihrer Stelle ge- 
pflanzt und zur Sühnung den Göttern des Hains 
je zwei Opfertiere {arietes verveees oves ge- 
schlachtet (Acta fratr. Arval. Henzen S. 21 3f. 
224 n. Chr). Das blutige Sühnopfer deutet auf 
etruskischen Ritus. 

Auch hier hören wir von besonderen Priestern, 
den strufertarii, die den vom Blitz getroffenen 
Bäumen unblutige Opfer aus Kucben darbrachten 



Gott einladet, als Gast und Ratgeber herunter- 
zukommen (vgl. Plut. Numa 15. Ovid. fast. lH 
285ff. Liv. I 81. Plin. XXVIII 14); 2) auxiliaria, 
wenn man ihn anfleht, mit Blitzen zu Hilfe zu 
kommen. Von einem solchen Blitz aus der grauen 
Vorzeit erzählt Plin. n. h. II 140: vetus fama 
Etruriae est impetratum, Volsinios urbem de- 
populatis agris subeunte monstro, quod voeavere 
oliam, evocatum a Porsina suo rege. Ein anderer 



(Fest. 294; ep. 295 qui quaedam sacrißeia ad 60 begegnet uns am Eingang des Mittelalters, Zosim. 

nrhnt'P.s fttJnnri/frv fnrit>hn<ni • o-n R?I fnvniiiwi ™m/ t . V/Il.t. n £ A Ti fi*, .Um« na ti^ift*- .-In /.Vi "hiar 



arbores fulgoritas faciebant ; ep. 85 feretumgenus 
tibi . . . strue altera genere tibi. Vgl. Acta 
fratr. Arval. Henzen S. 134 struibus et fertis). 
C. Staatliche Sühnungen. Der römische 
Senat beschloß Sühnungen der publica fulgura 
entweder ex deereto pontificum oder ex responso 
karuspieum oder iussu decemvirum (eve ntuell 
befragten sie alle drei, wie bei Liv. XXVII 87, 2, 



V 41 ; s. o. § 4 B fin. Aber es heißt doch hier 
Evyfj xai xarä rä jiaxgta -degemetq, also wie bei 
Plinius saeris et preeatiombus. 

Aber die häufigste Form des Blitzzaubers 
war gewiß die mit Regenzauber verbundene: das 
Hemmziehen des lapis numalis hat Usener 
Rh. Mus. 1905, 19, 1 richtig als einen Versuch, 
das Donnerrollen nachzuahmen und dadurch Ge- 



DU1UJO 

witter hervorzurufen, erklärt. Und das Zeugnis 
des Fulgentras, das diesen Ritus der etruskischen 
Doktrin zuschreibt, trägt alle Spuren der Echt- 
heit (s. §.25). 

LI. Libri haruspicini. 

§ 20. Die auf den Tages zurückgeführte Lehre 
von der Eingeweideschau war der ursprünglichste 
und wesentlichste Bestandteil der etruskischen 
Disziplin. Haruspex ist der Titel des Priesters, 
auch wenn er fulgura oder ostenta behandelt, und 
haruspicina bezeichnet oft die ganze Disziplin 
(Cic. div. I 91. II 28. 37 u. ö.). Aber in engerem 
Sinne ist haruspex der extispex (Cic. div. II 109 
haruspices et fulguratores et interpretes ästen- 
torum), und die Bücher von der Eingeweideschau 
heißen libri haruspicini (div. I 72). In dieser 
Kunst waren die Etrusker anerkannte Meister 
(Cic. div. 1-73 extorum cognitiani se maxime de- 
diderunt Vgl. die Etymologie Varros Isid. XIV 

4, 22 Tuseia . . rbio zov frvoai). Sie verstanden 
die Sprache zu deuten, die die Götter durch be- 
stimmte Zeichen der Eingeweide redeten (Tib. II 

5, 13 lubrica signavit eum deus exta notis) und 
so Prophezeiungen zu machen, während die Römer 
bei jedem Vorhaben nur untersuchten, ob die eoeta 
in Ordnung waren oder nicht, um zu wissen, ob 
die Gottheit zustimmte (iitare) oder nicht (non 
perlitatum est), d. h. sie stellten an den Gott 
eine Frage, die er mit ja oder nein zu beant- 
worten hatte (Cic. div. II §2 quando ea nos extis 
exquirimus? aui quando aliquid eimmodi ab 
hantspice inspectis extis audivimus ?). Der 
etruskische Tennin us ist deshalb consulere exta, 
der römische inspicere exta (Serv. Aen. IV 64 
aruspices enim exta consulere dieuntur, eum 
inspieiuni). Wie bei den römischen auspicia 
impetrativa die legum dictio, das Fragestellen, 
sehr wichtig war, so mußten die Römer auch bei 
der Opferschau im voraus bestimmen, von welchem 
Gotte sie Antwort zu bekommen wünschten, und 
konnten mit einem Opfertiere nur diesen Gott 
befragen (Liv. XLI 14, 7: immolantibus lovi 
singulis bubus. Cic. div. n 38 cum pluribus 
diis immolatur, qui tandem evenit, ut Utetur 
aliis , aliis non Utetur? . . . ut Apollinis exta 
bona sint, Dianas non bona. Liv. XLI 15, 4 
ceteris dis perlitatum ferttnf, Saluti Petilium 
perlitasse negant). Dagegen hat die Bronzeleber 
von Piacenza (s. § 14) mit ihren Regionen und 
Göttemamen uns gelehrt, daß die Etrusker den 
Göttern bestimmte Wohnungen an der Leber so 
wie am Himmel zugeteilt haben. Sie konnten 
also nach dem Platz jedes Zeichens entscheiden, 
welcher Gott zu ihnen aus den Eingeweiden sprach 
(Plin. n. h. XI 195 haruspices fei Neptuno et 
liumoris potentiae dieavere). 

§21. Hüstiae animales und consulta- 
toriae. In der etruskischen Opferlehre unter- 
schied man hostiae animales und eonsultatoriae 
(Serv. Aen. IV 56 duo enim genera hostiarum 
sunt: unum in qua voluntas dei per exfa ex- 
quiritur; alterum in quo sola anima deo sacra- 
tur : unde etiam aruspices animales hostias ap- 
pellant = Macrob. Sat. HI 5, 1 ; ebd. 5 vel ani- 
?nalibits vel eonsultatoriis. Serv. Aen. III 231 
animales kosttae, quae tantum immolantur ; V 
483 meliorem : aptiorem, nam animalem hostiam 
dal; Georg. IV 539 ut tantum oeeidantur; Aen. IV 



64 aruspices exta eonstdere dicuntier). Mit den 
eonsultatoriae wird die ganze folgende Untersu- 
chung sich beschäftigen. Die animales, deren Leben 
und Seele den Göttern geweiht wurde, ohne daß 
man die exta prüfte, führen uns auf die mysti- 
schen Lehren, die die etruskische Religion der 
Orphisch-pythagorcischcn Doktrin verdankt und 
in den Acherontischen Büchern aufgezeichnet 
hatte: durch Opfer bestimmter Tiere, die ge- 

10 wissen Göttern dargebracht wurden, konnten die 
menschlichen Seelen zur Unsterblichkeit gelangen 
(Arnob. a. n. II 62 Etruria libris in Aeheron- 
iicis pollicetur, eertorum animalium sanguine 
numinibus certis dato divinas anim,as fieri et 
ab legibus morlalüatis educi. Vgl. Serv. Aen. 
IH 168 Labeo in libris qui appellantur de diis 
ammalibus - - aii esse quaedam, sacra , quibus 
animae humanae aertantur in deos, qui appel- 
lantur animales, quod de animis fiant. hi autem 

20 sunt dii penates et viales). Diese Seelen sind 
diejenigen, die am letzten Ziele der Seelenwan- 
derung, der Vergötterung, angelangt sind (Furt- 
w an gl er Gemmen III 259). Auf etruskischen 
Gemmen erscheint häufig Hermes- Turm als der 
Gott, der die Seelen aus der Unterwelt herauf- 
holt und zu neuem Leben erweckt (Furtwängler 
Gemmen III 203. 254ff.). Martianus Capeila II 
142 läßt die durch einen Trank unsterblich ge- 
machte Philologia danken, daß sie nicht erst in 

30 die Unterwelt habe hinabsteigen müssen, um durch 
solche Opfer heraufgezaubert und unsterblich zu 
werden (quod nee Vtdimn cum itxore conspe- 
xerit, sieut suadebat Etruria ; s. Müller Etrusk. 
II 94, 42), 

Zwei Arten dieser sacra Ackeruntia oder 
Proserpinae unterscheidet Servius Aen. VI 149 
unum tieeromantiae . . . aliud sciomantiae . . ., 
in neeromantia . . . sanguis est necessarius, in 
sciomantia vero, quia umbrae tantum est evocatio, 

40 suffieit solus interitus. Von etruskischer Necyo- 
mantie sprechen -Tertulliau apol. 13, Clemens 
Alex, protr. 11 P. 

§ 22. Probatio und Consultatio, Für 
die äußere Prüfung der Opfertiere ist nichts für 
die Etrusker Eigentümliches überliefert. Denn 
die Bestimmungen, daß das Tier gesund sein 
mußte (Serv. Georg. III 491 colligi nisi ex sana 
metima futura non possunt) und nicht am Altar 
Widerstand leisten durfte (Serv. Georg. II 395; 

50 vgl. Aen. IX 624. Macrob. III 5, 8), sind allge- 
meine Opferregeln. . 

Bei der Befragung der exta kamen, soweit 
die Texte Auskunft geben, nur Schaf und Rind 
(Kalb) in Betracht. Von diesen ist jedoch das 
Schaf die eigentliche liostia consultatoria. Die 
Bronze von Piacenza, sowie die Alabasterleber 
von Volterra (s. Thulin Religionsgesch. Versuche 
u. Vorarb. II 4 Taf. III 2), gehören Schafen (L. 
Stieda Anatomisch-archäol. Stud. , Wiesbaden 

60 1901, 47), wie auch die erhaltenen babylonischen 
Lebern. 

Ursprünglich untersuchten die H. , wie die 
Chaldäer, nur die Leber und die Gallenblase. 
Plinius bezeugt, daß sie erst im J. 274 v. Chr. 
angefangen haben, das Herz zu prüfen (n. h. XI 
186). Die Lungen erwähnt erst Cicero (div. I 
85). Die Leberschau ist aber so vorherrschend, 
daß exta, wenn nicht näher bestimmt, immer auf 



die Leber zu beziehen ist (z. B. Hin. n. h. XI 
189 oaput extorum = eaput iecoris u. ö.). 

§ 23. Die Leber. Eine kranke, verküm- 
merte Leber verkündigt Unglück (Lucan. I 618 
terruit ipse color vatem. . . . tobe ieeur madi- 
dum. Sen. Oed. 357 tabidum), eine ungewöhn- 
lich große Glück und Zuwachs an Macht (Obseq. 
69 Gaesari . . . immolanti duplieia exta ap- 
paruerunt. Seeutae sunt cum res prosperae. 
Plin. n. h. XI 190 Augusto . . . ioeinera repli- 
cata intrinsecus ab ima fibra reperta sunt, re- 
sponsumque duplicaturum intra annum Impe- 
rium, -= Sueton. Aug. 95 ita enim ob nimiani 
niagnitudinem se replicuerant exta, ut duplicia 
viderentur = Cass. Dio XLV 35 Strza rjnaxa. 
Verdoppelung des Vermögens Plin. ep. II 20, 13). 
Günstig -war gleichfalls eine starke Haut um die 
Leber (Amraian. Marc. XXII 1, 1 operimento 
dupliei), ungünstig eine dünne (Sen. Oed. 361 
tenuis membrana). 

In der etrusfcischen Leberschau unterschied man 
drei Teile der Leber, nämlich eaput iocineris, 
pars faniüiaris und pars hostilis sive inimica. 

1. Caput iocineris, der Processus pyrami- 
dalis oder caudatus (früher lobus Spiegelii ge- 
nannt) , war der Hauptgegenstand der Unter- 
suchung (Gic. div. LT 32 eaput iecoris ex omni 
parte düigentissime considerant). Sowohl auf 
der etruskischen Bronzeleber, als auch auf der 
babylonischen Terrakottaleber (Brit. Mus. Bu. 
89 — 4 — 26, 238; s. Thulin E.B. II Taf. II) 
ist es eine dreiseitige Pyramide, die die natür- 
liche Form stilisiert wiedergibt (die Spitze ist 
im natürlichen Zustand henintergebogen). Aber 
es variiert sehr stark . und ist deshalb für die 
Mantik um so ergiebiger (Plin. n. h. XI 189 
eaput extorum — magnae varietatis). Dasselbe, 
was von der Leber im ganzen galt, finden wir 
auf das eaput übertragen. Ist es besonders groß, 
so bedeutet das Glück (Liv. XXVII 26, 13 Mar- 
cellus 208 v. Chr. prima kostia caesa iecur sine 
capite inventum, in seeunda . . . auetum ctiam 
visum in capite; nee id sane karuspici placuisse, 
quod seeundum trunea et turpia exta nimis 
laeta apparuissent. Plut. Marc. 29 ij ts xacpalr] 
juiye&og imeo<pvsg avmy„e. Plin. n. h. XI 189 ge- 
minum eaput. Val. Max. I 6, 9 eaput iocineris 
duplex), sein Fehlen oder eine verkümmerte Form 
verkündigt größtes Unglück, besonders den Tod 
(Cic. div. LT 32 nihil (haruspices) putant aeeidere 
potuisse tristius). Kein Zeichen erscheint häufiger 
als dieses eaput defuit oder twn inventum est 
(Liv. XXVII 26, 13. XXX 2, 13. XLI 14, 7. 15, 3. 
Obseq. 17. 35. 47. 52. 55. Plin. n. h. XI 189). 
Ein Spalt in ihm bezeichnet Umwälzungen: in 
Ovid. met XV 794 die der Bürgerkriege nach 
dem Tode Caesars, Liv. VIII 9, 1 (s. u.) den Tod 
des Decius. Aber dem Unglücklichen verspricht 
dieses Zeichen eine Wendung zum Bessern (Plin. 
n. h. XI 190 eaput extorum tristis ostenti eae- 
sum quoque est praeterquam in sollicitudine ae 
metu. tune enim peremit curas). Zwei Häup- 
ter deuten auf Zwiespalt (Lucan. I 626f.). Seneca 
Oed. 359-361 verbindet mehrere Unglückszeichen : 
capita bina . . . utrumque eaesum tenuis abseon- 
dit eaput membrana. Dagegen war eine kranz- 
ähnliche Bildung auf dem eaput ein Siegeszeichen 
(Hut Sulla 27, 6. Augustin. c d. II 24). VgL 



Jastrow Belig. II 306 f oben — gut, unten — 
schlecht*. 

Wie die Leber selbst, so hatte auch das eaput 
eine pars familiaris und eine pars hostilis, Liv. 
VLTI 9, 1 Deoio eaput iocineris a famUiari parte 
eaesum haruspex dieitur ostendisse: alioqid 
aeeeptam dis hostiam esse, d. h. auf den Dechis 
selbst bezog sich das Unglückszeichen, sein Heer 
siegte. 

10 In der griechischen Hieroskopie bezeichnet 
Xoßög speziell das eaput iecoris, und tjtkiq akoßov 
oder isqcl äloßa ist der Ausdruck für eaput deest. 
Aus Nie. Ther. 560 rJTzarog äxQorarov xegöai 
koßov, ög T£ TQani'Qrig EKtpvsxai geht hervor, daß 
der ganze Lobus caudatus mit den beiden Er- 
höhungen, dem Processus papillaris und pyrami- 
dalis, roänsCa hieß. Auf der erwähnten babylo- 
nischen Leber ist er durch eine höhere Lage an- 
gegeben. Der Pyramidalfortsatz selbst, der in 

20 den Omentexten eine ganz hervorragende Rolle 
spielt, heißt ,Horn der Hand' = /Finger 1 (Schu-Si 
= uhänu), aber auch ,Kopf der Leber* (Sag-Ur 
= rescfi kabitti), der ganze Lobus mit den beiden 
Erhöhungen ,Mitte der Leber' (Jastrow Die 
Relig. Babyloniens II 230f.). Von Bedeutung ist 
jedoch nur der Pyramidalfortsatz , der in römi- 
schen Texten allein in Betracht kommt, obgleich 
auf der Bronze auch der Warzenfortsatz vor- 
handen ist. 

30 2. Pars familiaris und hostilis. In den 
ausführlichen Texten der chaldäischen Leberschau 
herrscht durchgehend das Prinzip ,rechts = gün- 
stig, links = ungünstig' und ,rechts auf denFragen- 
den bezüglich, links auf den Feind 1 (Jastrow 
Die Eelig. Babyloniens II 238. 244 u. ö.). Auf 
die Frage Ciceros div. II 28 quo modo est con- 
latum inter ipsos (haruspices), quaepars inimica T 
quae pars familiaris esset? ist die richtige Ant- 
wort: sie haben es von anderen gelernt. Ein un- 

40 günstiges Zeichen auf der pars familiaris ist 
dem Fragenden ungünstig (Liv. VIII 9, 1 ; s. o.). 
Ein gutes Zeichen auf der pars hostilis ist dem 
Feind günstig , dem Fragenden also gefährlich 
(Sen. Oed. 362 hostile valido robore insurgit latus 
septemque venas tendit. Lucan. I 621 venasque 
minaces hostili de parte videt, d. h. die pars 
hostilis war kräftig entwickelt). 

Daß cella der Terminus technicus der H. für 
pars (hostilis oder familiaris) gewesen ist, sagt 

50 der Scholiast Comm. Bern, zu Lucan. I 621 (s. o.): 
diver sae venas sunt, quas aruspices eellas dieunt, 
hostium, amicorum et alia huiusmodi. Oum 
erqo aspiciunt ioeinera, intelligunt quae cella 
nee eat (iaeeat corr. Usener mit B), quae pars 
saliat (s. Blecher De extispicio 173). Statt der 
sinnlosen Worte diver sae venae sunt empfiehlt 
Otto DLZ 1909, 1042 die Lesung B s venas in 
duas partes dividebat; dann müssen aber die 
Worte et alia huiusmodi gestrichen werden. 

60 Die natürliche Scheidung in einen rechten 
und einen linken Lappen ist auf der Bronze von 
Piacenza beiderseits durchgeführt (s. Körte Rom. 
Mitt. XX 357). Es fragt sich nur, ob diese Teile 
mit den partes familiaris und hostilis identisch 
sind. Körte meint so; aber er scheint mir das 
stärkste Argument dagegen aelbat gegeben zu 
haben, indem er festgestellt hat, daß jene Schei- 
dungslinie zugleich die Ostwestlinie i*t (a. a. O. 



360f.). Daraus folgt nämlich, da die 16 Band- 
regionen der Leber zweifellos in Beziehung zu den 
16 Himmelsregionen stehen , daß auf der Leber 
wie am Himmel die Westseite die ungünstige, 
und also der obere Teil der beiden Lappen die 
pars hostilis ist, die Ostseite die günstige: also 
der untere Teil der Lappen pars familiaris. Die 
Götternamen der Bronze, die wir deuten können, 
stimmen nur zu dieser Annahme (Thulin E.D. II 
28). Dieses Resultat fällt jetzt nmsoweniger auf, 
als Jastrow (Die Relig. Babyloniens 11353,4) 
festgestellt hat, daß in der chaldäischen Leber- 
schau die Bestimmungen Rechts' und ,links' sich 
nicht auf den rechten und linken Lappen, sondern 
auf den oberen und unteren Teil beziehen: der 
Priester hielt den rechten Lappen sich zugewandt, 
als er die Leber beobachtete. 

§ 24, Fissa oder Streifen auf der Leber- 
fläche. Sehr wichtig war in der Haruspicin die 
Beobachtung der fissa (Cic. nat. deor. LTI 14 
quis invenit fissum iecoris?; div. I 16 quid 
fissum in extis, quid fibra valeat ateipio. I 118 
singulis ieeorum fissis. Fronto p. 137 Naber 
sieut in extis diffisis^a plerumque minima et 
tenuissima maximas significant prosperitates). 
Nach deTen Erscheinung auf der pars familia- 
ris oder hostilis nannte man sie fissum fami- 
liäre oder vitale (dem Leben drohend) : Cic. div. 
II 28 . . . quod fissum periculum, quod commo- 
dum aliquod osienderet ; 32 fissum familiäre et 
vitale traetant. Ein fissum. brachte Gewinn, ein 
anderes Verlust (Cic. div. II 34. 32). 

Solche Streifen oder kleine Spalten erscheinen 
besonders auf den Schafslebem sehr häufig. In 
den chaldäischen Texten werden sie so oft be- 
rücksichtigt, daß Boissier Choix de Textes 120 
mit Recht sagen kann: ,Les haruspices assyriens 
sont des ,fissiculfitores i '. Je nach der Zahl und 
dem Erscheinungsort gaben sie günstige oder 
ungünstige Zeichen. 

§25. Fibra. Fibra, häufiger fi.br ae, ist das 
Wort der Dichter für exta oder ieeur. Als Ter- 
minus technicus soll es die Spitze (der Leber) 
bedeuten nach Serv, Georg. I 120 iocineris ex- 
tremae partes fibrae a nonnullis appellantur 
(vgl. Cic. div. I 16 quid fibra valeat, aeeipio, 
Plin. n. h. XI 190 ab ima fibra. Lucan. I 622 
fibra pulmonis tatet); nach einer anderen Version 
Serv. a. a. 0. fibrae per iecur, id est venae quae- 
dam et nervi. Wenn die fibrae rot waren, drohte 
Dürre: Fulgentius germ. ant. Helm p. 112, 11 
Labeo, qui diseiplinas Etruseas Taget is et Baci- 
tidis quindeeim voluminibus explanavit. ita ait : 
,Fibrae iecoris sandaracei coloris dum fuerint, 
manales tune verrere opus est petras'. Analoge 
Beispiele der chaldäischen Denkmäler haben mich 
dazu bewogen, dieses Zitat, das den lapis vnana- 
lis der etruskischen Disziplin zuteilt, für echt 
zu halten (s. Thulin E.D. n 48f.). 

§ 26. Die Gallenblase war besonders dem 
Neptunus und dem Mars geweiht. Denn Plinius 
sagt n. h. XI 195 Taurorum feite aureus duci- 
tur color. Jiaruspices id Xeptuno et umoris po- 
tentiae dieavere geminumque fuit divo Augusto, 
quo die apud Aetium vicit. Und auf der Gallen- 
blase der Bronzeleber ist der Name maris voll- 
ständig, von ne&uns nur der Anfangsbuchstabe 
eingeritzt (Thulin E.D. II 21; s. ebd. und 45 



die Übereinstimmung mit chaldäischer Vorstellung. 
Vgl. Jastrow Die Relig. Babyloniens II 305 »eine 
Vertiefung am Kopfe des Gallenblasengangs be^ 
deutet Regenguß'). Eine sehr große {geminum) 
Blase verkündigte demnach einen Seesieg. Ein fei 
nigrum war dagegen ein böses Zeichen (Sen. Oed. 
358). Aus Cic. div. II 32 ab aqua aut ab igni peri- 
cula monent (haruspices) scheint hervorzugehen, 
daß ein fei rubrum Feuersgefahr prophezeite. 

10 §27. Herz und Lungen, Als man anfing, 
diese Organe mit zu beobachten, übertrug man 
auf sie die Prinzipien der Leberschau. Das Fehlen 
des Herzens war Vorzeichen des Todes (Cic. div. 
I 119 Caesar und Spurinna) , ein krankes Heiz 
gleichfalls ein böses Omen (Sen. Oed. 356 cor 
marcet aegrum. Lucan. I 624 cor iacet). Eine 
Fettbildung um die Spitze verkündigte aber Glück 
(Plin. n. h. XI 186 in corde summo pinguitudo 
quaedam est laetis extis); s. o. § 23, 1. 

20 Ein Spalt in der Lunge (vgl. eaput eaesum) 
nötigt zum Aufschub (Cic. div. I 85 quid enim 
habet haruspex cur pulmo incisus etiam in bonis 
extis dirimat tempus et proferat diem?). Ein 
fissum vitale (s. § 24) beschreibt Lucan. I 622 
pulmonis anheli \ fibra lotet parvusque secat 
vitalia limes. Fibra lotet entspricht dem eaput 
defuit. 

% 28. Die Extispicin und dieBlitzlehre. 
Den Zusammenhang zwischen diesen beiden Teilen 

30 der Disziplin erkennen wir schon an den 16 Rand- 
regionen der Bronzeleber, die den 16 Regionen 
des Himmels entsprechen. Auch die Termino- 
logie war zum Teil gemeinsam. Mit den ful- 
gura § 16, 3 vergleiche man die muta exta (Fest. 
Paul. 156 ex quibtts nil divinationis animad- 
vertebant), mit den fulgura auxiliaria die exta 
adiutoria (Fest. 157 ab in(cendio ut caveamus 
aut) a mneno . . . finium deminutionem) ; den 
fulgura regalia entsprechen die regalia exta (Fest. 

40 289 quae potentihus insperatum honorem polli- 
centur. privativ et humilioribus hereditates, filio 
familiae domifiationem). Die im letzten Beispiel 
enthaltene Doppeldeutung, die eine für die Regie- 
renden und den Staat, die andere für Privatleute 
und Leute niedrigen Rangs, zeugt von auffallen- 
der Übereinstimmung zwischen der etruskischen 
und der chaldäischen Divination (s. Jastrow II 
246 und Anm. 1. 258). 

Besondere Beachtung verdienen drei ganz ahn- 

50 liehe Antworten, die die H. den Consuln gaben, 
als diese im Auftrag des Senats vor dem Anfang 
eines neuen Krieges opferten (hostiis maioribus) 
und um einen glücklichen Ausgang baten: Liv. 
XXXI 5, 7 (200 v. Chr. gegen Philipp) haruspices 
respondere laetaque exta fuisse et prolationem 
finium i'ictoriamque et triumphum portendi; 
XXXVI 1, 3 (191 gegen Antiochus) . . terminos 
pop. Rom. propagari: vietoriam ae triumphum 
ostendi. XLII 30, 9 0171 gegen Perseus). Die 



gegen 
60 H. wußten, daß der Senat keine ungünstigen 
Antworten annahm (Liv. XLI 15, 4 senatus . . . 
usque ad lüationem sacrifieari iussit) und ver- 
standen dessen Wunsch nachzukommen. Wie hier 
nur die Deutung , nicht die Zeichen , aus denen 
sie herausgelesen wurde, mitgeteilt werden, so 
auch in Liv. XXVII 16, 15. Tac. bist. I 27. 
Suet. Galba 19: die H. warnen vor Hinterhalt. 
Sallust. bell. lug. 63, 1 magna atque mtrabüia. 



Z4Ö5 



naruspices 



HL Libri rituales. 

§ 29. Die Ritualbücher, der umfangreichste 
Teil der Disziplin, enthielten Bestimmungen über 
die Anlage der Stadt und der Tempel (Fest. 285), 
die Teilung des Landes (limitatio Agrim. p. 27. 
166. 303), die Staatsverfassung und das Rechts- 
wesen (Fest. 285. Serv. Aen. I 2); ferner die 
Schicksals- und Todesbüchcr (libri fatales, Aehe- 
runtid Cens. 17, 5. 11, 6. 14, 6. Serv. Aen. VIII 
398. III 168. Arnob. II 62) und die Ostentaria 10 
oder die Lehre von der Deutung und Sühnung 
der Osten ta. 

§ 30. Der Stadtgründungsritus. Die 
etruskische Okkupation des nach diesem Yolk 
benannten Landes wird durch die Anlage großer 
und starker Städte bezeichnet, von denen aus die 
Minorität der Eroberer das Land beherrschte. 
Die Ausgrabungen in Marzabotto (Monum. antichi 
d. Lincei I), der etruskischen Stadtanlage des 
6. — 5. Jhdts,, haben uns gelehrt, daß die Römer 20 
das Schema ihrer Koloniestädte den Etruskern 
verdanken, und Rom selbst ist wahrscheinlich eine 
etruskische Gründung (Schulze Eigcnnam. 571ff. 
582). 

In der römischen Literatur wird aber nur er- 
wähnt, daß die Römer die Gründungszeremonie, 
den ritus etruseus, von ihren Nachbarn im Norden 
übernommen haben. Mit einem Pflug, vor dem 
ein Stier rechts und eine Kuh links angespannt 
waren , und dessen Zahn aus Erz war , bezcich- 30 
nete der Gründer den Umkreis der Stadt. Die 
Schollen, die alle nach innen fallen mußten, und 
die Furche stellten Wall und Graben vor, an 
deren Stelle später die Mauer trat. An der Stelle, 
wo später ein Tor sein sollte, hob man den Pflug 
empor, um sie profan zu lassen, während die 
Mauer selbst heilig war, weil auf geweihtem 
Raum (pomerium) aufgeführt (die Belege Thu- 
lin E.D. III 5-8). 

§ 31. Pomerium war der geweihte, beider-40 
seits durch elppi bezeichnete Landstreifen, auf 
dem die Mauer stand mm der zugleich die sakrale 
Grenze der Stadt vertrat (Liv. I 44, 3 locus quem 
in condendis urbibus quondam Etrusci , qua 
murum dueturi cremt, certis circa terminis in~ 
augurato conseerabant, nt neque inferiore parte 
aedificia moenibus continuarentur , quae nunc 
vukfo etiam coniungunt, et extrinsecus puri ali- 
quid ab Jiumano eultu pateret soli). Aus Ver- 
teidigungsrücksichten also entzog man Ursprung- 50 
lieh beiderseits um die Mauer herum dem Privat- 
gebrauch einen freien Raum; der innere wurde 
aber allmählich bis zur Mauer bebaut und das 
lateinische Wort pomerium selbst (pos-moiriom) 
bezieht sich nur auf die äußere Seite hinter der 
Mauer (Messala augur bei Gell. n. a. XIII 14, 1 
... locus inira agrum effatum [s. Wissowa 
Relig. 456] per totius urbis cireuitum pone 
tnuros regionibus certis determinatus, qui facit 
fmem urbani ausptoii. Varro de 1. 1. V 143 posi 60 
ea [sc. fossam et murum] qui fiebat wbis ,urbis l 
prineipiutn , qui quod erat post ?nurum post- 
moerium dictum. Fest. 249 Gato . . . quasi 
promerium. Plutarch Romulus 11 . . . ncofifaior 
olov oTtio&tv Ttlzovs. Tac. ann. 12, 24). 

Die sakrale Bedeutung dieses den Etruskern 
entlehnten Ponierinms als Grenze der städtischen 
Anspielen bestand in der römischen Angurallehre, 



naruspices i*w 

auch nachdem der Zusammenhang mit der Mauer 
verwischt war, so daß es Mauern ohne Pomerium 
und Promerium ohne Mauern gab (vgl. Valeton 
Mnemos. XXV 144. Cic. nat. deor. III 94). 

§ 32. Mundus. Nach der Schilderung Plu- 
tarchs Rom. 11 (ßod-pog ya@ wpvyr] Jtegi to vvv 
Kofihiov xvxXojEQrjs ajta.Q%ai xe jt&vrcov t oaois 
vo/tiü) fiev d>g xaXoig exQCüvTO, <pvau <5' &q avay- 
xaiotg, äTisxsß^oav ivzav&a . . .) und Ovids fast. 
IV 819ff. fing die Stadtgründung damit an, daß 
man eine Grube schuf, in die man Erstlinge 
der Feldfrüchte und Erde aus der Heimat hinein- 
warf. Dieser Akt. der dem Umfurchen vorher- 
ging, vertrat das erste Bauopfer, das man dar- 
brachte, um die Huld der Erdgottheiten zu ge- 
winnen, und die Grube hieß mundus (Plut. a. a. 
O. xaXovöi dt-: tov ßö&gov zovtov, <p xai xöv oXvfi- 
tiov drö/uart uoijvhov), wie alle Opferstätten fÜT 
die Gottheiten der Erde oder der Unterwelt. Auf 
dem Palatin verehrte man bis in späte Zeit hinein 
(Ri cht er Topogr. 118) unter dem Namen Borna 
quadrata das Denkmal der ersten Gründung Roms, 
in dem man alles (Pflug, Joch u. a.) aufbewahrte, 
was bei dein Gründungsakt boni ominis causa 
zur Verwendung gekommen war (Fest. 258 s. qua- 
drata Borna). Es ist ja möglich, daß man dies 
Denkmal über der Grube, die mit Erde gefüllt 
wurde (Plut. s. o. Ovid. fast. IV 823 fossa reple- 
tur humo plenaeque imponitur ara), errichtet 
hat. Aber Plutarch verlegt dann falsch seinen 
mundus auf das Comitium. Die auf sein Zeugnis 
gebauten Versuche, in den Funden des ,Romulus- 
grabs' das Denkmal der zweiten Gründung Roms, 
d.h. der Vierregionenstadt, zu erkennen, schweben 
in der Luft. L>er von Cato (Fest. 154 s. mundus) 
beschriebene, drei Tage des Jahres geöffnete 
Mundus, die Wohnstätte der Di Manes (= aedes 
Orci Ileliogab. 1 , 6 ?), den man allgemein wegen 
Plutarch mit Roma quadrata willkürlich gleich- 
stellt, hat mit der gefüllten Grube Plutarchs 
oder überhaupt mit dem Gründungsritus nichts 
zu tun. Über einen der Catonischen Beschrei- 
bung des Mundus entsprechenden unten gewölbten, 
14,5 m tiefen Pozzo in der Nähe von Bolsena, 
s. Mon. ant. XVI 1906, 169-240. 

§ 33. Tempelbau und Tempelweihe. 
Die Ritualbücher gaben nach Festus 285 an : quo 
ritu . . . arae aedes sacrentur. Diesen Ritus er- 
wähnt nur Tacitus hist. IV 53 da, wo er die 
Wiederherstellung des capitolini sehen Tempels 
im J. 70 beschreibt. Nach den Vorschriften 
etruskischer IL wurden zuerst die Reste des alten 
Tempels ins Wasser geworfen, und der Grund für 
den neuen auf dem alten Platz zurecht gemacht, 
dann Opfer in den Grund geworfen, in den dann 
der Grundstein feierlich hinabgelassen wurde (da 
dieses Hinabwerfen des Opfers aus chaldäischen 
Texten uns wohlbekannt ist — Per rot -Chipiez 
LI 332 — , so sehe ich keinen Grund, zu be- 
zweifeln, daß auch der orientalische Ritus der 
Grundsteinlegung von den Etruskern übernommen 
worden ist). 

Die Vorschriften der IL erstreckten sich aber 
auch auf den Bau ^nnd die Form des Tempels. 
Die Tarquinier sollen etruskische Seher für den 
Bau des capitolinischen Heiligtums «i Rate ge- 
zogen haben (liv. I 55, 1), und die Baureste 
stellen noch den etruskischen Einfluß klar (Wis- 



2467 



Haruspiees 



■sowa Relig. 36). Bei der Wiederherstellung galt 
die Vorschrift nolle deos mutari veterem formam 
(Tac. a. a. O.), die übrigens auch in chaldäischen 
Texten erscheint (Jastrow Die Relig. Babylo- 
niens H 144). Auf die Anlage der Tempel be- 
ziehen sich die erhaltenen Notizen aus der etruski- 
schen Disziplin. Nach Serv. Aen. I 422 waren m 
jeder ritu gegründeten Stadt drei Tempel erfor- 
derlich, nämlich die der capitolinischen Trias lup- 



naruspices ä*oo 

514), hatte also ihr Viertel und ihr Heiligtum. 
Aber die lokale Absonderung der Gentes ließ sich 
nicht aufrecht halten, und aus den drei Tempeln 
wurde zunächst ein dreizelliger. Da der Stadt- 
plan mit drei Toren schon in einer altitalischen 
und voretruskischen Ansiedlung, dem kreisrunden 
Städtchen auf Monterado (bei Orvieto) mit Ein- 
gängen gegen Norden, Süden und Osten, gefunden 
worden ist (Mon. ant. IV 44), so haben die 



(lernen, namnen uie uei t;a jiwiuiiouiai iüu.^ aujj , t ^^^ ^- v _ - i • j-^ 

piter-Tma, Minerva-Menrva , luuo-Uni, ohne 10 Etrusker jene Lehre wohl ebenwwenig ™ dia 
K .,, ; .-u._j j„_ „-„«««„„uni,™ Pi«fai. ^■ni+.nl ni«(>bp Göttftrtnas fertig nach Italien mit- 



Zweifel entsprechend der ursprünglichen Eintei- 
lung der Stadt in drei Tribus (s. u. § 35). Aus 
den drei Tempeln ist aber nachher ein dreizelliger 
geworden (Rom, Falerii, Signia, Felsina). Den 
tuskanischen Tempel beschreibt Vitruv IV 7f£, 
worüber s. Th. Wieg and La Glyptotheque Ny 
Carlsberg, Teste II 1—32. Die erhaltenen Tem- 
pelreste weisen wechselnde Südorientierung auf 
(Thulin E.D. m 45). 



capitolinische Göttertrias fertig nach Italien mit- 
gebracht; für die zwei Götter jener Trias hatten 
sie nicht einmal eigene Namen, sondern haben 
die italischen aufgenommen (luno, Minerva — 
uni, menrva). 

Vom 6. Jhdt. an haben aber die Etrusker, wo 
es das Terrain erlaubte, die Lehre der Limitation 
auch auf den Stadtplan verwendet. Die 1883 
und 1888/9 ausgegrabene etruskische Koloniestadt 



Nach Vitruv I 7, 1 schrieben ferner die etruski- 20 Felsina (bei Marzabotto , südlich von Bologna, 
en Bücher vor, daß die Tempel der Venus, Mon. ant. I 249-422), die vom Ende des 6. bis 



sehen —~ — . ~-, — - L 

des Mars und Vulcanus außerhalb der Stadtmauern 
liegen mußten, um Genußsucht, innere Streite 
und Feuersbrunst von der Stadt fern zu halten. 
§ 34. Limitation. Die Römer haben nach 
Varro die Kunst der Limitation von den Etruskern 
gelernt (Agrim. 27. Frontin limitum prima origo 
sicut Varro deseripsit , a diseiplina Etrusca; 
quod aruspiees orbem terrarum in duas partes 



zur Wende des 5./4. Jhdts. von Etruskern be- 
wohnt war. zeigt nämlich eine rechteckige von 
Oardo (Süden— Norden) und Decumani (Osten- 
Westen) durchzogene Stadtanlage, wie sie die 
Feldmesser empfehlen (Agrim. 180, 2 deeimanus 
?naximus et cardo a civitate ori{un)tur et per 
quattuor portas in morem castrorum ut viae 
ampUssimae limiiibus diriguntur. Haee est 



dimserunt dextram appellaverunt (quae) septen- 30 eonstotwmdorum hmitum ratio pulehemma). 
. • . ? ■ j. „ _-f_*„H* ™.~„ ~ ™« a ~;^;««« u*oh riPTnqplhfm rpp-p] mäßigen Schema war die 



Nach demselben regelmäßigen Schema war die 
etruskische Stadt Capua im 6. Jhdt. angelegt 
worden (Körte Etrusker 751. Beloch Campa- 
nien 2%ff.), ebenso wie die Griechenstädte dieser 
Landschaft (Neapolis, Puteoli, Surrentum, Be- 
loch Cainpanien 66. 89. 128. 263) und Paestum. 
Die Hügelstädte Etrurions, d. h, die große 
Hauptmasse der etruskischen Städte scheinen, so 
muue 7,«»™* «**/«/«« o* y — - weit wir sie kennen, ganz von der Form des 
Das Wort qruma selbst laßt 40 Felsens abhängig zu sein. Ihr innerer Stadtplan 



irioni subiaeeret, sinisiram quae a meridiano 
terrae esse{t, ab Oriente) ad oceasum, quod eo 
sol et luna speetaret . . .). Ein auf die Heilig- 
keit der Grenze bezügliches Bruchstück der etruski- 
schen Lehre ist in lateinischer Übersetzung in 
der Sammlung der Gromatici erhalten: die sog. 
Weissagung der Vegoia (Agrim. 350 , .^ cum 
autrni Iuppiter terram Aetruriae sibi viwliea- 
vit, eonstituit iussilque metiri eampos signari- 
que agros usw.). Das Wort gruma selbst läßt 
sich nur nach etruskischen Analogien aus dem 
trriechischen yvwuova herleiten (Schulze S.-Ber. 
Akad. Berlin 6. Juli 1905 ; 709), ist also sicher 
durch etruskische Vermittlung zu den Römern 
gekommen. Und das Maß aenua (120 QFuß), 
das mit dem lateinischen versus (100 |_JFuß) 
konkurriert (Varro r. r. I 10. Agrim. 30, 9), 
scheint ein etruski sehe s Wort zu sein. In der 
etruskischen Limitationskunst herrscht Westorien- 



ist jedoch noch nicht genau untersucht worden. 
§ 36. Die Staatsverfassung. Nach Fest. 
285 lehrten die Libri rituales qwmodo tribus 
euriae centuriae distribuantur, exercitus consti- 
tuant(ur) ordinentur ceteraque eiusmodi ad bel- 
lum ac pacem pertinentia. Die römische Tradi- 
tion verehrt den Etrusker Servius Tullius-Mastarna 
(maestrna) als Schöpfer der römischen Verfassung 
und Hecrordnung, und die etruskischen heiligen 



tieranc (Agrim 27; s. o.): die Anfangslinie war 50 Bücher gaben nach Festus Vorschriften über staat- 



ja die von der aufgehenden Sonne gebildete Schat- 
tenlinie gegen den Westen. S. ferner den Art. 
Limitatio. 

§ 35. Der Stadtplan. In einer etrusco ritu 
gegründeten Stadt mußten drei Tore, drei Straßen 
und drei Tempel sein (SeTv. Aen. I 422). Der nach 
diesem Ritus gegründeten palatinischen Stadt 
schreibt Varro de 1. 1. V 164 drei Tore zu. Diese 
Dreizahl der Tore, Straßen und Tempel setzt eine 



liehe Einrichtungen, die wir in Rom wiederfinden. 
Die ältesten Tribus Roms hatten etruskische 
Namen (s. o. § 35K und das Wort tribus kommt 
in alterer Zelt nur in etru?kisch beeinflußtem 
Gebiet vor (Körnern ann Klio 1905, 87. 6). 
— Die acht bekannten Namen der römischen 
CuTien sind teils lokaler, teils gentilizischer 
Herkunft, wie die der attischen Deinen und der 
umbrischen ,decuria& {tekvias Iguv. Taf. nb 1-7. 



Dreiteilung der Stadt voraus, und eine solche 60 Schulze Eigenn. o43tf.). W den vier gentih- 



ist auch ausdrücklich bezeugt sowohl für die 
etruskische Stadt Mantua, die drei Tribus hatte 
(Serv. Aen. X 202), als auch füT das älteste Rom, 
dessen drei Tribus Ramnes, Tities, Lueeres Namen 
etruskischer Gentes tragen (Schulze Eigennam. 
218. 581). Jede Tribus, die ursprünglich eine 
sowohl gentile als lokale Einteilung bezeichnete 
Varro de 1. 1. V 55. Meyer Gesch. & Altert H 



zischen sind drei etmskisch: Velitia-velifrna, 
Titia-tilie, Faueia-<pauxa (Schulze 259 f. 218. 
151a). Die Curien waren Unterabteilungen der 
drei Tribus sowohl in Mantua nach Serv. Aen. X 
202 als in Rom nach Cic. rep. LT 8. — Centuria 
(nach Analogie von decuria gebildet, Schulze 
Eigenn. 545f.) ist wohl ursprünglich wie ahd, 
kuntari (Bugge St. TV 341) ein Verband von 



2459 



Haruspices 



Haruspices 



2460 



100 Hofstellen, heredia, ungleicher Größe und 
hat in dem unter etniskischem Einfluß ent- 
standenen Bodenrecht die Bedeutung von 100 be- 
halten, während keredium als Maß fixiert wurde 
(= 2 Iugera oder 4 Acnuae). Vgl. Mommsen 
Hermes XXVII 80f. über die wandelbare Einheit 
eenturia. Ob sie jemals im Heere 100 Mann 
bezeichnet hat, ist unsicher trotz Festus 58. 
Über die etruskische Verfassung- und Heerordnung 
verweise ich auf die Darstellungen von Müller 
Etr. I 335ff. 364rT. Martha bei Daremberg- 
Saglio Dictionnaire und Körte Art. Et rusker 
o, Bd VI S. 754. Die römische Reiterei scheint 
nach dem Vorbild der tnskulanischen im 7. Jhdt. 
organisiert worden zu sein : die Schutzgötter des 
Equitatus, die Castores, sind von der Etrusker- 
stadt Tusculum nach Rom gekommen (H eibig 
Hermes XL 101—115. Wissowa Relig. 217f.). 

§37. Das Rechtswesen. Die Ritualbücher 
waren zugleich das Gesetzbuch des Etrusker: das 
ius civile hat sich aus dem ius sacrum ent- 
wickelt. Auf das Stadtrecht beziehen sich die 
Worte des Festus 285 qua sawtüate muri, quo 
iure portae. Den Meineid hat Tages mit Ver- 
bannung des Frevlers und seiner Nachkommen 
bestraft (Serv. Aen. I 2 est en/i-m in libro qui 
inscribitur terrae iuris Etruriae scriptum voci- 
bus Tage (etrusk. Gen.) , cum qui genus a 
periurü duceret, fato eztorrem et profugum esse 
debere). Wer die Heiligkeit der Grenze verletzt, 
wird der Strafe der Götter anheimgegeben: er 
wird schnell sterben samt seiner ganzen Sippe, 
und sein Gut wird vom Unglück heimgesucht 
werden (Agrim. 350 der Spruch der Vegoia, der 
mit den Worten propterea iwque fallax neque 
bilinguis sis. diseiplinam pone in cor de. tuo 
endet). 

Die Schwurformel der Fetialen (Liv. I 32 . . . 
patriae compoiem nie numquam siris esse) setzt 
dieselbe Strafe des Eidbruches voraus, wie die 
etruskische des Meineids. Der parrieida wurde 
nach altrömischer Verordnung in einen Sack ein- 
geschlossen und ins Meer geworfen (Dig. XLVIII 
9, 9), der siearius und der r>enefi.eus nach Lex 
Cornelia nach einer Insel deportiert (Dig. XLVIII 
8, 3). Die Zwitterkinder wurden auf Befehl der 
H. in einen Sarg eingeschlossen und ins Meer ge- 
worfen , Erwachsene, die ihr Geschlecht gewech- 
selt hatten, auf einer öden Insel ausgesetzt. Der 
parrieida wird mit Ruten eines Unglücksbaums 
gegeißelt (Dig. XLVIII 9, 9). die prodigia werden 
mit Unglücksbäumen verbrannt (Maerob. Sat, III 
20, 3}. Die Verbrecher werden demnach wie die 
Prodigien behandelt und die römischen Strafen 
sind mit den etruskischen Sühnungen identisch. 
Diese Beispiele genügen, sowohl um die Ent- 
wicklung von im sacrum zu ins civite, als auch 
um die Abhängigkeit des römischen Rechts vom 
etruskischen klar zu stellen. 

§ 38. Die Schicksals- und Todesbücher: 
lihri fatales, Acheruntiei. Über die Vorstellungen 
von Vergötterung der Seele durch geeignete Opfer 
s. § 21. Durch gewisse Sühnriten kann auch der 
Mensch die Bestimmungen des Fatums bis auf 
zehn, der Staat bis auf dreißig Jahre hinaus- 
schieben: den ersten Aufschub bewilligte Tina- 
Iuppiter , den zweiten die Schicksalsgottheiten 
(Serv, Aen. VIII 398 »ed seiendem seeundum 



aruspicinae libros et saera Ächeruntia, , quae 
Tages compostdsse dtdtur, fata decem annis qua- 
dam ratione differri . . . primo loco a love di- 
eunt posse impetrari, post a fatis. Sen. nat. 
quaest. n 48, 1. Plin. n. h. II 139; s. o. § 16, 5 c). 
Wie die Astrologen schrieben die H. der Ge- 
burtstunde die größte Bedeutung zu; es waren 
nur nicht die Sterne allein, nach welchen sie das 
Horoskop stellten : alle bedeutungsvollen, am dies 

10 natalis gegebenen Zeichen bezogen sich auf das 
ganze Leben des Menschen (fulgura perpetua, in 
totam vitam fatidiea, s. o. § 16 , 5 a). Mit dem 
dies natalis stellten die H. den dies patrimonii 
aeeepti und den dies matrimonii primi gleich 
(Sen. nat. quaest, H 47. Plin. n. h. II 139). Sie 
nahmen aber auch in Übereinstimmung mit chal- 
däischer und griechischer Lehre (Censorin. 14, 
4f.) regelmäßige Abschnitte des Lebens an: jedes 
siebente Jahr sei kritisch (vgl. Cens. 14. 9), d. h. 

20 dann sei besonders auf Götterzeichen zu achten. 
Die etruskischen lihri fatales rechneten 12 Hebdo- 
maden; aber nur in den zehn, also bis auf sein 
70. Jahr, kann der Mensch das Fatum durch 
Sühnriten aufschieben. Dann darf er nichts mehr 
von den Göttern verlangen; wenn er noch zwei 
Hebdomaden überlebt, ist seine Seele vom Körper 
ausgeschieden, und die Götter senden ihm über- 
haupt keine Zeichen [prodigia) mehr (Varro bei 
Censorin. 14, 6). 

30 Die zehn Hebdomaden hat schon Solon (Cen- 
sorin. 14, 4, vgl. Arist. pol. VIII 15), die zwei 
überschüssigen fügt auch der Peripatetiker Staseas 
von Neapolis (erste Hälfte des 1. Jhdts. v. Chr.) 
hinzu, gewiß unter etruskischem Einfluß, Etru- 
skisch ist die Verbindung der Hebdomaden mit 
prodigia, deren Drohungen durch Sühnungen ver- 
schoben werden konnten, etruskisch die Lehre 
vom zehnjährigen Aufschub, die sie auch für die 
Hebdomaden verwendeten. 

40 § 39. Die Säkula. Die Lehre der lihri 
fatales ist vom menschlichen Leben auf das Leben 
des Staates übertragen worden. Der Stadt-Staat 
hat seinen dies natalis, und die am Gründungs- 
tag gegebenen Zeichen beziehen sich auf seine 
ganze Existenz (s. § 38). Der Staat lebt aber 
wie der Mensch nur gewisse Zeit, und sein Leben 
zerfällt wie das menschliche in Abschnitte oder 
Säkula. deren Länge der höchsten Lebensdauer 
eines Menschen entsprechen (Censorin. 17, 2. 5). 

50 Da aber damit keine bestimmte Zahl gegeben war, 
so machten die Götter durch besondere Zeichen 
das Ende jedes Säkulums den Menschen bemerk- 
lich. 

Auch von diesen Abschnitten gilt die Lehre 
vom zehnjährigen Aufschub; es gab nämlich im 
ganzen nur zehn Säkula, quibus transactis filtern 
fore Hominis Etrusci (Varro, Censorin. 17, 6), 
d. h. bis zum zehnten Säkulum konnte man die 
durch ostenta saeeularia kundgegebenen Dro- 

60 hungen des Fatums durch Sühnmittel beschwich- 
tigen, dann durfte man nichts mehr von den 
Göttern verlangen. 

Die Säkularfeiern sind also Sühmingen der 
ostenta saeeularia. Zwei solche Zeichen sind 
überliefert: im J. 88 v. Chr. der scharfe klagende 
Ton einer Trompete (Hat Snllft 7. Yäöo bei 
Serv. Aen. VIH 526), 44 t. Chr. «in Komet (Serv. 
Buc. EX 46). Ein dritte« ivt gswiß <Üe iertia 



2461 



Haruspices 



manubia Iavis, da dieser verheerende Blitz die 
Lage des Staats und der Bürger völlig verändern 
konnte (s. o. § 15 c). In jedem neuen Großjahr 
herrschen nämlich andere Sitten und Verhältnisse 
(Plut. Sulla 7 ia yhn &iaq>sQOVta tot? ßioig Hai 
roTg rjd-sat). 

In den J. 364 und 363 v. Chi- wurde eine 
verheerende Seuche durch ludi more etrusco und 
<las Einschlagen eines Nagels gesühnt (Liv. VII 
2f.). Daß dieser Nagel ein Säkularnagel war, 
erhellt aus den capitolinischen Fasten, die einen 
dietator davi figendi causa nicht nur bei dem 
J 363, sondern auch 263 verzeichnen. Da aber 
auch im J. 463 v. Chr. das Prodigium einer großen 
Seuche gesühnt worden war (Liv. III 6, 2) , so 
hat Mommsen Chronol. 2 176 mit Recht die 
Worte des Livius VII 3, 3 repeiitum ex seniorum 
memoria dicitur, pestilentiam quondam elavo ab 
dietatore fixo sedatam auf das J. 463 bezogen. 
Eine verheerende Seuche war also ein ostentum 
saeeulare. Daß aber das Einschlagen eines Nagels, 
ebenso wie die Spiele der etruskischen istri (Liv. 
VIJ 2, 6 ister Tusco verbo ludius; vgl. <perm- 
persona S kutsch Arch. f. lat. Lexic. XV 145), 
ein etruskisches Stimmittel war, geht aus Liv. 
VII 3, 7 hervor {Vulsiniis quoque clavos in- 
dices numeri annorum fixos in templo Nortiae 
Etruscae deae comparere, düigens talium monu- 
mentorum auetor Gincius affirmat. Boissier 
Society of biblical Archaeology 1902, 228 glaubt 
den clavus auch in einem chaldäischen Text zu 
erkennen). Die ersten römischen Säkularfeiern 
waren also sicher etruskischen Ursprungs. 

Nach den im 8. etruskischen Säkulum ge- 
schriebenen Tuscae historiae betrugen die vier 
ersten etruskischen Säkula je 100 Jahre, die fol- 
genden 123, 119 und 119 (Varro Cens. 17, 6). 
Wenn wir dem 8. dieselbe Länge 119 zuteilen 
dürfen , so bekommen wir zwei Perioden von je 
vier Säkula, die ersten 100 jährig, die letzten 
120 jährig. Der Trompeten schall vom J. 88 n. Chr. 
verkündigte das Ende des 8. Säkulums (Plut. Sulla 
7; da es nämlich nach Varro zehn Säkula gab, 
so müssen die Worte Plutarchs ömm tö avu- 
Ttavxa ysrti auf die schon durchlebten sich be- 
ziehen. Der Haruspcx Vulcanius setzte ins J. 44 
v. Chr. das Ende des 9. Säkulums nach Serv. 
Buc. 1X46). Die etruskische Zeitrechnung 
fing also nach der Tradition der heiligen Bücher 
um das J. 967 v. Chr. an. 

Die hundertjährigen Säkula finden wir in der 
römischen Geschichte wieder und zwar auch hier 
eine tetraeteris. Mit dem J. 2G3 v. Chr. ist näm- 
lich die alte Säkularsühnung , das Einschlagen 
eines Nagels verbraucht, und nach einer neuen 
Ansicht geht das 5. Säkulum der Stadt erst mit 
dem J. 249 zu Ende. In diesem Jahre wurden 
nach Blitzprodigien zum erstenmal ludi Tarentini 
gemäß einem Spruch der Sibyllinischen Bücher 
gefeiert (Varro bei Censorin. 17, 8). und die Be- 
stimmung getroffen uti ludi centesimo quoque 
anno fierent. Diese Sibyllinische Feier wurde im 
J. 146 v. Chr. wiederholt. Ob die H. auch bei 
diesen Säkularfeiern beteiligt waren oder etwa 
die Sibyllinischen Bücher etroskischen Einfluß 
erfahren haben, bleibt unentschieden. Im J. 44 
oder 43 verkündigte ein neuer Sibylliniflcher Spruch 
dag Ende einer Weltepoche von vier 110 jahrigen 



Säkula und den Anfang einer neuen ähnlichen 
(Verg. Ecl. 4, 4 ultima Cumaei venit iam car- 
mwiis aetas ; magnus ab integro saeclorum Ttasd- 
tur ordo. Varro bei Augustin. civ. dei XXII 28, 
s. Mommsen Chronol. 2 184). Aber auch die 
H. nahmen in diesen Jahren einen Säkulum Wech- 
sel für Korn an (Vulcanius s. ö. Appian. bell. civ. 
IV 4). Ein Zeugnis von der Teilnahme der H. 
an den Säkular spielen der Kaiserzeit geben eTst 

10 die Acta ludorum saeculariura Severi 204 n. Chr. 
CIL VI 4, 2 p. 3254 mox har[u$p]icatione. 

§ 40. Die Deutung der Ostenta. Von 
den' etruskischen Ostentarien oder Büchern über 
die ostenta sind nur drei Fragmente der lateini- 
schen Übersetzung des Tarquitius Priscus erhalten, 
über die s. Thulin Ital. sakrale Poesie u. Prosa 
lf. 71ff. 

Sonst kennen wir ihren Inhalt, abgesehen von 
kurzen zerstreuten Notizen, nur aus den Ant- 

20 Worten, die etruskische H. den Römern wegen 
Prodigien gegeben haben. Ein solches Respon- 
sum erstreckte sich in der Eegel auf vier Punkte 
(s. Wissowa Eelig. 471): es wird angegeben, 

1. von welchen Gottheiten das Zeichen ausgeht, 

2. aus welchem Anlaß sie es gesandt haben, 

3. was es ankündigt (quid portendat), 4. wie es 
gesühnt werden kann. Die wörtlichen Zitate 
Ciceros de har. resp. geben uns eine gute Probe : 

1. § 20 quod in agro latiniensi auditm est 
30 strepitus cum fremitu, postiliones esse lovi Sa- 

turno Neptuno Telluri Bis caelestibus. 

2. § 20 ludos minus diligenter faetos pollutos- 
que. § 9 Iota sacra et religiosa profana Jiaberi. 
§ 34 oratores contra ius fasque interfectos. 
§ 35 fidem iusque iurandum mgleetum. § 40 
sacriföeia vetitsta oceultaque minus diligenter 
facta pollutaque. 

3. § 40 ne per optimatium discordiam dis- 
sensionemque patribus prineipibusque eaedes 

40 periculaque creetttur, auxilioque fdiminuitis (1. 
divinitus) deficiantur, qua re ad unum imperium 
peeuniae redeant exercitusqiw apulsus (sit} de- 
minutioque accedat. § 55 ne oecultis eonsiliis 
res publica laedatur. '§ 56 ne deterioribus re- 
pulsisque Iwnos augeatur. § 60 ne rei püblicae 
Status commutetur. 

1. Die Gottheit wird angegeben. Livius 
1 34, 9 nennt die Tanacmil perita ut vulgo Etrusci 
caelestium prodigiorum und läßt sie sagen : eam 

SOalitem ea regione et eius dei nuntiam venisse: 
man könne also auch bei anderen Zeichen als den 
Blitzen die Götter an den Himmelsregionen er- 
kennen. In den überlieferten Beispielen aber 
folgen die H. Bestimmungen einfacherer Art: 
wenn das Bild Apollos weint, maß Apollo ge- 
sühnt werden (Obseq. 28a): ein aus der Erde 
emporsteigendes Getöse fordert die Versöhnung 
der Ceres und Proserpina (Obseq. 43. 46). Mehrere 
Götter erwähnt das Responsum bei CiceTO : posti 

btiliones esse Iori Satumo Neptuno lellun Bis 
caehstibm. 

2. Weshalb das Zeichen gesandt wurde. 
Als Grund des göttlichen Zorns gaben die H. be- 
sonders Verstöße gegen den ritus patrius an. 
So in dem H. Responsum Ciceros (s-öj. Der-Con- 
sul Fostumius 186 v. Chr. (Liv. XXXEt 16, 7), so- 
wie der Kaiser Claudius (Tac. ann. XI 15) rühmten 
sie anch, weil sie die Römer gegen das Eindringen 



ü4bö 



Haruspices 



Haruspices 



2464 



fremder Kulte oft geschützt hätten. Im J. 48 
v. Chr. z. B. schritt der Senat nach ihrem Gut- 
achten gegen den Kultus der Isis ein (Cass. Dio 
XLLT 26). Im J. 163 v. Chr. behaupteten sie 
non fuisse iustum eomitiorum rogatorem (Cic. 
div. I 33. II 74; nat. deor. III 10). Daß man 
oft postridie (Kai. Id. Non.) geopfert habe, sei 
der Grund vieler Unglücksfälle gewesen nach der 
Aussage des H. Aquinius im J. 391 v. Chr. 



erklärten die etruskischen H. des Kaiser Iulianus 
sowohl fax in eaelo als auch die Erscheinung^ 
eines Kometen für unheilvolle Zeichen (Ammian. 
Marc. XXV 2, 7. 10, lf.). Im X 44 v. Chr. be- 
haupteten sogar der H. Vulcanius, daß der Ko- 
met dieses Jahres die Ankunft des 10. und letzten 
Säkulums ankündigte (Serv. Bnc. IX 46). Die> 
bei den Dichtern hervortretende günstige Auf- 
fassung dieses Zeichens als Gaesaris astrum geht 



(Macroh. Sat. I 16, 21—24). Auch Ungesetzlich- 10 sicher auf griechische Quelle, die Sibyllinischen 



keiten und Eideshruch hielten die H. des J. 56 
den Römern vor (Cic. har. resp. 34. 36). 

3. Die Bedeutung der Zeichen. Von den 
vier oben erwähnten Punkten der responsa haru- 
spicum tritt in den römischen Prodigienberichtcn 
die Beantwortung der Frage quid poriendat pro- 
digium in den Vordergrund, da die H. darin 
dank ihrer Wissenschaft höchste Autorität waren 



Bücher, zurück (vgl. Verg. Buc. IV 9), 

Über Berührungen mit der Astrologie s. § 38 
und T hui in Martiamis Cape IIa 79ff. Erst zur 
Zeit des Alexander Severus wird aber erzählt, daß 
die H. nach den Sternen allein das Horoskop 
stellen (Hist. Aug. AI. Sev. 13, 5). Bei Verg. Aen. 
X 175 steht sidera für alle Zeichen des Himmels. 
§ 43. Baum zeichen. Von dem ostentarium 



(Wissowa Relig. 472. Cic. div. 1 92). Eine arhorarium ist ein Bruchstück der Übersetzung 
kurze Übersicht der überlieferten Deutungen folgt. 20 des Tarquitius erhalten, in dem die arbores in- 

felices angegeben werden, Macrob. Sat. III 20, 3 
Tarquitius autem Priscus in ostentario arbora- 
rio sie ait : arbores, quae inferum deorum aver- 
tentiumque in tutela sunt, eas infeliees nom,i~ 
nant: al(a)temum, sanguinem, filieem, fieum 
atrum, quaeque bacam nigram nigrosque fntc- 
tus ferunt, itemque acrifolium, pirum silvati- 
cum, [p'jruscum, rubum sentesque, quibus por- 
resp. seditionem . . portendü). Desgleichen wer- tenta prodigiaque mala comburi iubere oportet 
den die mit dem Erdbeben zusammenhängenden 30 (vgl, Plin. n. h. XVI 108. Thulin Ital. sakrale 
Getöse {strepitus cum fremitu, horribilis fremi- Poesie und Prosa lf. 71ff.). Es sind lauter un- 



§ 41. Erdbeben ist sowohl dem Staat wie 
dem einzelnen ein sehr ungünstiges Zeichen (Serv. 
Aen. IV 166 seeundum Etruscam diseiplinam 
nihil tarn incongruum nubentib-us quam terrae 
motus vel oaeli. Ammian, Marc. XXIII 1 , 7 
minus laetum . . . aliena pervadere molienti 
reetori). Dem Staat verkündigt es innere Kämpfe 
(Cic. div. I 97 Aetna mons terrae motu . . . ar. 



tus armorum) aufgefaßt. Darauf beziehen sich 
alle die Drohungen der H. in dem von Cicero 
mitgeteilten Eesponsum, in dem zugleich die 
aristokratische Richtung der etruskischen Seher 
klar hervortritt: sie vermahnen die Optimaten zu 
Eintracht im Kampfe gegen die Alleinherrschaft 
und die Plebeier (deteriores repuhique). Vgl. 
Obseq. 48 civües portendere discordias; 57 molem 



nützliche Bäume (besonders die mit schwarzen 
Früchten) und Sträucher, die nie gepflanzt wurden. 
Mit deren Holz verbrannte man böse Prodigien 
und geißelte man Missetäter (s. § 37); viele von 
ihnen hatten aber als Heilmittel wunderbare 
Wirkung {mrga sanguinea, Plin. n. h. XXIV 73; 
tamarica ebd. XXIV 671} . In der Lehre von 
den Unglücksbäumen steckt also zugleich eine Art 



ingentis belli portendere. Der Trompetenschall 40 magischer Heilkunst, und die di avertentes, unter 



v. Chr. (Plut. Sulla 7) bezeichnete ein neues 
Säkulum. Vgl. Plin. II 148. 

Als Seufzen der Erde aufgefaßt, verkündigt 
aber solches Getöse Hungersnot und fordert die 
Versöhnung der Ceres und Proserpina nach Ob- 
seq. 46. 

Das vom Sturm heruntergestürzte Bild des 
Iuppiter drohte nach der Aussage der H. 152 
v. Chr. dem Leben der Beamten und Priester, 



deren Schutz jene Bäume stehen, sind wohl ,die 
das Böse vertreibenden'. 

Die arbores felices sind nach der Lehre der 
Pontifices die nützlichen Bäume, die gepflanzt 
werden (Macrob. Sat. III 20, 2 ait enim Veramus 
de verbis pontifiealibus ,feliees arbores putantur 
esse quercus aesculus Hex suberies fagus corylus 
sorbus ficus alba pirus malus vitis prunus cor- 
nus latus'). Daß aber diese Einteilung den H. 



die infolgedessen sämtlich ihre Ämter niederleg- 50 und Pontifices gemeinsam war, erhellt aus der 



ten (Obseq. 18). Das vorwärtsgestürzte , aber 
aufrechtstehend gebliebene Bild der Nike gab da- 
gegen ein Vorzeichen des Sieges (Zonar. VIII 1, 
2—4). Nach Eisenregen prophezeiten die H. 
im J. 64 v. Chr. superna volnera (Plin. n, h. II 
147), nach Regen von Kreide aber im J. 98 v. Chr. 
gute Ernte (Obseq. 47). Daß im J. 130 v. Chr. 
das Bild Apollons zu Cumae , weinte 1 , deuteten 
sie auf den Untergang Griechenlands. Tropfen 



ähnlichen Verwendung der Unglücksbäume im 
altrömischen Recht und in der etruskischen Reli- 
gion ('s. £ 37). 

Dem jungen Vespasianus versprachen die H. 
summa elaritudo , weil auf seinem Gut eine 
heruntergestürzte Zypresse von seihst sich wieder 
erhoben hatte (Tac. hist. II 78). Eine Deutung 
der H. ist wohl auch die folgende Hist. aug. 
Alex. Sev. 13, 7 nata in domo laurus iuxtaper- 



von Honig und Milch an dem Altar luppiters 60 siei arborem intra unum annum persici arborem 



auf dem Capitol waren im J. 296 v. Chr. Vor- 
zeichen von Krankheit (weil Honig ein Heilmittel 
sei) und Hungersnot, aber Tropfen von Blut er- 
klärte diesmal ein weiser Etrusker für ein Sieges- 
zeichen, weil Siegesopfer auf diesem Alta r dar- 
gebracht zu werden pflegten (Zonar. VIH 1, 2). 
§ 42. Zeichen vom Himmel her. Nach 
den von Tarquitius übersetzten heiligen Büchern 



vicit. unde etiam coniectores dixerunt Pergas 
ab eo esse vincendos. Vgl. ferner Plin. n. h. XVH 
244. 

§44. Tierzeichen, Wie die arbores felices 
und infeliees scheint man anch animalia felieia 
und infelida unterschieden su haben. Zn den 
Unglückstieren sind ra re chnen : . Raubtiere, wie- 
der Lowe (Ammian. Marc. JUUli 5, 10) und der 



Wolf, Rauh- und Nachtvögel wie der Geier (Plin, 
n. h. X 19; s. § 46), die Eule (a. a. O. 34 dirum 
ostentum), der Brandvogel (a. a. O. 37 inauspi- 
cata est et ineendiaria avis . . . alü spintumi- 
cem eam vocant), nach deren Erscheinung in Rom 
oder in einem Tempel immer eine lustratio urbis 
erforderlich war (Plin. X 35f.). Auch der elivia 
genannte Vogel (Plin. X 37 Labeo proliibitoriam 
dieit) gehört hierher; nach der Deutung Plin. X 
41 zu urteilen , war auch der Specht feralis. 
Unglückstiere sind ferner die Mäuse (Cic. div. I 
99 Lanuviis clipeos, quod haruspieibus tristissi- 
mum visum esset, a muribus esse derosos) und 
die Bienen (Plin. n. h. XI 55 kaudquaquam per- 
petua haruspiewm eonieetura, qui dirum id 
ostentum existimant sentper). 

Die Haustiere gaben dagegen öfters gute Vor- 
zeichen. Daß die Pferde zu den animalia felieia 
gehören, erhellt aus Serv. Aen. III 537 in libris 
Etruseis invenitur etiam equos bona auspieia 
dare. Da Vergilius hier von weißen Pferden 
spricht (538 candore nivali), so ist wohl dieser 
Farbe besonders glückliche Bedeutung zuzuschrei- 
ben (Schmcisser Die etrusk. Disciplin 17, 83). 
Ein Schaf oder ein Widder mit purpurnen oder 
goldenen Flecken (purpureo aureove colore ovis 
ariesve si asper getur) verkündigte einem Vor- 
nehmen (prineipi) und seinen Nachkommen Glück 
und Ruhm (Macrob, Sat. III 7, 2). Dem Anton. 
Geta versprach ein H. infolge dieses Zeichens 
das Imperium (Hist. aug. Geta 3, 5). Ein pur- 
purfarbiges Taubenei deuteten die H. auf bald 
eintretendes, aber kurzes Imperium (Hist. aug. 
AI. Sev. 13, 1). 

Die Schlangen gaben bei den Etruskern, eben- 
so wie bei vielen anderen Völkern (Hopf Tier- 
orakel und Orakeltiere 1888, 182ff. Jastrow 
Relig. Babyloniens II 376, 2), bald böse, bald 
gute Zeichen. Nach den überlieferten Beispielen 
zu urteilen, bedeutete eine Schlange Glück (Cic. 
div. I 72 Sulla. Liv. XXVI 19, 6 und Gell. VI 
1, 1 — 15 Scipio minor. Cic. div. I 79 Roscius. Tac. 
ann. XI 11 unam omnino anguem Nero), zwei 
Schlangen Unglück (Liv. XXV 10 ab oecultis 
eavendum hominilms consultisque Ti. Gracchus ; 
Cic. div. I 36 Todeszeichen für den Vater der 
berühmten Gracchi oder seine Frau), schwarze 
Schlangen wohl immer Unglück (Obseq. 28 angues 
duo nigri — eivilem caedem portenderunt). 

Gewisse Tierzeichen bezogen sich besonders 
auf die Regierenden (regalia ostenta). Ein ge- 
töteter Löwe verkündigte den Tod eines Königs, 
Ammian. Marc. XXIII 5, 8 obitus regis porten- 
debatur ; 10 prineipi . . . contrarium. Die Tauben 
gaben nur den Königen Zeichen (Serv. Aen. I 393). 
i'ber die purpurfarbigen Tiere s. o. Auch die 
Bienen, das Symbol der Monarchie, gehören hier- 
her, denn ihr Erscheinen an prodigiösen Orten 
verkündigte die Ankunft eines fremden Herrschers 
{Verg. Aen. VII 59. 68f.), den Sturz der Republik 
und drohende Alleinherrschaft (Cic. har. resp. 25 
ut a servitio caveremus), den Tod der Consuln 
(Liv. XXVII 23, 2ff.) oder des Kaisers (Cass. Dio 
LXI 35, 1). Über Hist. aug. Anton. Pius 3, 5 s. 
Thulin E.D. III lOOf. 

§45. Vogelschau. Auspieia. Daß in den 
etruskischen Ostentarieri viele Vögel neben dem 
Text gemalt waren (vgl. die Abbild, der chaldä- 

Pauly-WisBow»-Kroll VII 



ischen Texte der Extispicin), erwähnt Plinius bei 
der Behandlung der römischen Unglücksvögel 
(Plin. n. h. X 37 sunt praeterea eomplura genera 
depieta in Etrusea diseiplina, saeoulis non 
visa\ vgl. Fest. 330 spiniurnix avis genus tur- 
pis figurae). Diese Unglücks vögel sind nach 
Plin. n. h, X 34 — 40 zu urteilen, ähnlich wie die 
Unglücksbäume (§ 44), dieselben in der römischen 
Augurallehre und der etruskischen Disziplin, und 

10 auch sonst fehlte es gewiß nicht an Überein- 
stimmungen zwischen den beiden Lehren (vgl. 
z. B. die Rangordnung der Auspicien und der 
Blitze § 16, 2). Aber während in der römischen 
Augurallehre nur eine kleine Zahl von Vögeln, 
die Augural vögel, in Betracht kam (Cic. div. II 
76 exttma auguria . . . omnibus fere utuntur, 
nos admodum paucis) t kann nach der etruski- 
schen Disziplin jeder Vogel göttliche Zeichen geben 
(Serv. Aen. I 398 ... in libris reeonditis [vgl. 

20 Serv. Aen. II 649] lectum esse, posse quamlibet 
avem auspicium adtestari, maxime qitia non 
poscatur). Und während die Römer aus den be- 
stimmten Zeichen nur erkennen konnten, ob die 
Götter einer Handlung geneigt oder abgeneigt 
waTen, vermochten die etruskischen Seher aus 
den Zeichen die Zukunft zu erkunden (Wissowa 
s. Augures o. Bd. II S. 2315). Die Augurallehre 
umfaßte nur fünf Gattungen von Zeichen : (Fest. 
261) \ ex eaelo, ex avibus, ex tripudiis, ex quadru- 

30 pedibus, ex diris, aber nicht die exta, und selbst 
die Sonderstellung der Vogelschau, die in den 
Worten augur auspicium hervortritt, ist der 
etruskischen Lehre fremd (vgl. das Wort karuspex) ; 
die Etrusker scheinen sogar für auguralis ein 
umbrisches Lehnwort aviekl benützt zu haben 
(Skutsch Vollm. .Jahresber. V 52. Vgl. ferner 
Wissowa Relig. 450. 453, 7). 

Alles spricht also für die Annahme einer echt 
römischen Augurallehre , und die Römer selbst 

40 haben diese in geschichtlicher Zeit von der Lehre 
der fremden H. streng unterschieden. Aber die 
Übereinstimmungen zeugen davon, daß die römi- 
sche Lehre starken etruskischen Einfluß erfahren 
hat. Dasselbe beweist schon das Epitheton der 
Auguren, der lituus, der uns zuerst auf etruski- 
schen Denkmälern bekannt ist. Über den etruski- 
schen Ursprung des Pomeriums, das in der Augural- 
lehre eine wichtige Rolle spielt, s. § 31. 

Einzelheiten der etruskischen Vogelschau 

50 wissen wir sehr wenig. Nach dem H. Umbricius 
erzählt Plinius, daß die Erscheinung eines Geiers 
einen Todesfall nach drei Tagen ankündigt (Plin. 
n. h. X 19 Umbricius haruspieum in nostro 
aevo peritissimus purere tradit [sc. vultures] 
ova tredeeim , uno ex his reliqua ova nidum- 
que lustrare, mox abieere. triduo autem ante 
advolare eos, tibi cadarera futura sunt). Eine 
Deutung teilt er X 41 mit: fpieusj in capüe 
praetor is urbani Aelii Tuberonis . . . respondere 

60 vates exitium imperio portendi, si dimitteretur ■, 
at si exanimaretur praetori (vgl. Cic. div. I 36). 
Den fulgura regalia § 17 und exta regalia % 28 
entsprechen wohl die auspieia regibus data (Serv. 
Aen. I 393 columbae). 

% 46. Das Sühnen der Ostenta, Den 
Römern kam es bei den Prodigien vor allem 
darauf an, durch die richtigen Sühnmittel den 
Zorn der Götter zu besänftigen und die Drohungen 

78 



äio t jLarusjjiues 

abzuwenden. Dies war auch immer der wesent- 
liche Grund, weshalb man die H. herbeirief, wenn 
auch in den Testen die Deutungen mehr hervor- 
treten (bei Liv. XLII 20, 4 geben zwar die H. 
die Deutung, die üecemvirn das Sühnmittel an, 
aber an die Sühnung brauchten sie hier nicht 
zu denken, da sie das Zeichen für günstig hiel- 



halten, als ob die Gottheit durch sie geredet 
hätte (Liv. XXXV 21, 5. XLI 13., 2). 

B. Besondere Sühnungen beschloß bei 
Staatsprodigien der Senat nach Anweisung der 
Pontifices, Decemviri oder H. Die überlieferten 
Beispiele beweisen, daß die H. in der Eegel da- 

7 ___. _ u , bei keine etruskischen Sühnriten empfohlen, son- 

ten: prolationem finkim . . porUndi). In den dem sich an die geläufigen römischen und grie- 
ersten Jahrhunderten der Republik wurden bei einsehen gehalten haben {Varro de 1.1. VII 88 
den Staatsprodigien die Sibyllinischen Bücher 10 cum haruspex praeeipit, ut suo quisque ritu 
viel häufiger als die H. befragt. Sühnungen der sacrificium faeiat) , während die griechischen 
Pontifices werden nur erwähnt zwischen den J. 213 Götter und der ritus graecus durch Vermittlung 
und 176 v. Chr. (Wülker Prodigicnwesen, Diss. der Sibyllinischen Sprüche in Rom eingedrungen 
Leipz. 1903, 31). Aber vom 2. vorchristlichen sind. Die H. empfahlen also öfters Opfer, Ge- 
Jhdt. an wächst der Einfluß und Ruf der H. schenke, Geldspenden, Statuen, lustratio urbis, 
immer mehr (s. § 4 A), bis die Berichte über aber auch echt griechische Sühnmittel wie sup- 
ofüziello Prodigien mit dem Ausgang der Repu- plieatio und Jungfrauenchöre ; einmal ludi per X 
blik fast aufhören. dies (Cic. Cat. III 19). Sie verwandten aber diese 

A. Die erste Aufgabe der Sühnung der H. Mittel nach eigenen Prinzipien. Lustratio urbis 
war es , die Spuren des Schreckzeichens zu be- 20 war stehende römische Sühnung, wenn Unglücks- 
seitigen (Wülker a. a. 0. 36. 39). Der betroffene tiere in der Stadt erschienen; die H. benützten 
Platz wurde für religiosus erklärt und eingehegt dies Mittel nach Blitzprodigien. Die Sibyllini- 
(über das Blitzgrab ■ s. § 18 A. Ob seq. 70 in sehen Bücher schrieben Jungfrauenchöre in Ver- 
castris Cassii examen apium eonsedä. locus bindung mit stips Cereri et Proserpinae nach 
aruspieum iussu interelusus interius dueto tallo. Androgynenprodigien vor, die H. aber nach Erd- 
Vgl. Liv. XXV 17, 2 loco puro) oder auch sorg- beben und damit zusammenhängenden Zeichen, 
fältig gereinigt (z. B. regelmäßig die Stadt, wenn während sie sowohl Androgynen- wie überhaupt 
Unglückstiere eingedrungen waren). Einer vom widernatürliche Zeichen aus dem Pflanzen- und 
Blitz oder Sturm heruntergestürzten Statue wurde Tierreich durch supplicatio sühnten (Thulin E.D. 
eine richtigere Aufstellung angewiesen (Gell. IV 30 III 126f.). 

5,1. Cic. Cat. III 19 harmpices ex tota Etruria Aber es gibt Zeugnisse dafür, daß die H. 

. . . iusserunt simulacrum lovis faaere maius früher noch wagten, etruskische Riten den Römern 
et in excelso conloeare et ... ad orientem con- vorzuschlagen. Die alte Säkularsühnung, das 
vertere). Ein Tempel mußte dagegen auf der- Einschlagen eines Nagels, war sicher etruskisch, 
selben Stelle und in derselben Porin wie früher und die von etruskischen istri aufgeführten ludi 
wiederhergestellt werden (Tac. hist. IV 53 , s. more Etrusco des J. 364 v. Chr. sind zweifellos 
§ 33), von den H. empfohlen. Es zeugt von ihrer Ak- 

Die Prodigien selbst wurden nach dem § 44 komniodationsfahigkeit, daß sie damit aufhörten, 
angeführten Fragment mit dem Holz von arbores da sie sahen , wie abgeneigt die Römer gegen 
infelices verbrannt (Liv. XXXV 9, 4 ein Wespen- 40 alles Fremde waren. Aber wir dürfen nicht den 
schwärm; XXXVI 37, 2 zwei Ochsen, die auf etruskischen Büchern jene Sühnungen absprechen, 
einem Dach in Rom gesehen waren: eos vivos nur weil sie römisch oder griechisch sind. Viele 
comburi cineremque eorum deiiei in Tiberim Sühnmittel, wie Opfer, Geschenke, lustratio urbis, 
haruspiees iusserunt; das Junge eines Maulesels waren gewiß den Etruskern und Römern gemein- 
Lucan. Phars. I 590 infaustis urere flammis: sam, viele wahrscheinlich auch den etruskischen 
eine Mißgeburt Obseq. 25 puer quattuor pedibus). und den Sibyllinischen Büchern, da die Etrusker 
Zwitterkinder wurden aber in der Regel aus dem überhaupt, nicht am wenigsten in der Sühnlehre, 
römischen Gebiet entfernt und ins Meer geworfen, sehr viel Griechisches aufgenommen haben, 
lebendig in einem Sarg eingeschlossen (Liv. XXVII [Thulin.] 

37, 6 extorre agro Romano proeul terrae con- 50 Hasdrubal (gricch. 'AadQovßag) t Name einer 
tactu alto mergendum. vivum in arcam con- ganzen Reihe karthagischer Heerführer und Staats- 
diderunt, Obseq. 22; vgl. 27. 32. 34. 36. 47. männer. 

48. 50, wo jedoch die H. nicht ausdrücklich er- 1) Sohn des großen Mago, Feldherr der Kar- 

wähnt werden. Bei Liv. XXXIX 22, 5 ( = Obseq. thager, am Ende des 6. und Anfang des 5. Jhdts., 
31 heißt es nur arceri Romano agro necarique). unterwarf Sardinien, vielleicht auch am Kriege 
Bei Erwachsenen, die ihr Geschlecht gewechselt gegen die Libyer beteiligt. Er war elfmal 
hatten, wurde diese Bestimmung so modifiziert, ,Dictator' und triumphierte viermal, ward aber 
daß sie auf eine öde Insel ausgesetzt wurden schließlich auf Sardinien schwer verwundet und 
(171 v. Chr., Plin. n. h. VII 36 = Gell. IX 4, 15). starb, nachdem er seinem Bruder Hamilkar den 
Diese verschiedenen Arten der Vertilgung 60 Oberbefehl übergeben hatte, Iustin XIX 1, 2— 4, 
wurden später nicht streng auseinandergehalten. vgl. Meltzer I 197f. 

Ein erwachsener Androgvn wurde im J. 92 v. Cbr. 2) Sohn des Vorigen, Feldherr der Karthager 

verbrannt (Diodor. XXXII 12, 2; vgl. Obseq. 53), im 5. Jhdt, leitete mit seinen Brüdern Hannibal 
eine Mißgeburt im J. 83 v. Chr. in rinnendes und Sapho, sowie seinen drei Vettern, den Söhnen 
Wasser geworfen (Obseq. 57), gleichfalls 112 HamJlkars Nr. 1 damals die Geschicke Karthagos 
n. Chr. (Phlegon frg. 54). bis zum Sturz des Hauses Mago«, Inst. XIX % 

Tiere, welche gesprochen hatten, wurden hin- 1—6. Meltzer Gresch. d. Karth. I 225£ 
gegen nach Befehl der H. auf Staatskosten er- 8) Ein Jahrhundert spater, mit Hamilkar 



Führer des großen Heeres, das die Karthager gegen deutend (Diod. XXII 12), so daß er der kartha- 

Timoleon nach Sizilien sandten, ward mit seinem gischen Regierung gegenüber eine völlig selb- 

Mitfeldherrn am Krimisos besiegt, 339 v. Chr.; ständige Stellang einnahm, zumal ihn auch die 

vgl. Hamilkar Nr. 2. Spanier zum Oberbefehlshaber ernannt hatten 

4) Abermals ein Jahrhundert später, Sohn des (Diod. a. a. O.). Auch die Römer wagten ihn 

Hanno, mit Bostar und Hamilkar zum Feldherrn nicht anzugreifen, behandelten ihn vielmehr äußerst 

gegen Kegulus erwählt (Polyb. I 30, 1) und mit vorsichtig und begnügten sich, mit ihm den Ebro- 

beiden zusammen von diesem bei Adyn geschlagen, vertrag zu schließen (Polyb. II 13,7), wodurch 

worauf er wie sie das Kommando zu Gunsten des sich H. verpflichtete, den Ebro nicht zu über- 

Xanthippos niederlegte (ebd. 5—14. 32, 5. Zonar. 10 schreiten. Nicht lange nachher, im J. 221. nach- 

VIII 13. 391a. e). Im J. 255, gleich nach dem dem er fast acht Jahre lang (so richtig Liv. XXI 

Schiffbruch des M, Acmilius und Scr. Fulvius 2, 3 , unrichtig neun bei Diod. XXV 12) den 

(Polyb. I 38, 2), der zwischen Aufgang des Orion Oberbefehl geführt hatte , ward er von einem 

und Sirius, also Ende Juni 255, erfolgte (Pol. I keltischen Sklaven (Polyb. II 36, 2), dessen Herrn 

37, 4) ging H. mit einem bedeutenden Heere nach er getötet hatte, auf der Jagd (Appian. Hann.2 ) 




Doch hatte er im Felde das Übergewicht, da die 20 Kriege, als 218 die römischen Gesandten in Kar- 
Römer eine Schlacht vermieden (Polyb. I 39, 12). thago erschienen, um Genugtuung zu verlangen 
Erst im J. 251 entschloß er sich, wohl auf Vor- (Zonar. VIII 22. 408 a-b). 
Stellungen seiner Regierung (Diod. XXIII 22, 1), 7) Sohn des Hamilkar Barkas, jüngerer Bruder 
Metellus in Panormos anzugreifen, erlitt aber eine des großen Hannibal, ward von diesem, als er im 
vollständige Niederlage (Polyb. I 40, 1 - 15. Diod. Frühjahr 218 nach Italien zog, mit rund 15000 
XXIII 22; vgl. Zonar. VIII 14, 393 c— d), wofür Mann als Höchstkommandierender in Spanien zu- 
er in Karthago hingerichtet ward (Zonar. VIII 14. rückgelassen (Polyb. III 33, 6. Liv. XXI 22, 1-4). 
394b). Vgl. Holm Gesch. Sic. III 20— 24. Neu- Auf die Nachricht von der Niederlage, die der 
mann- Faltin Das Zeitalter der pun. Kriege Praefect der neueroberten Ebroprovinz, Hanno, 
130—134. Meltzer II 313. Das Jahr war das 30 durch Cn. Scipio erlitten hatte, eilte er sofort 
13. des Krieges (vgl. Polyb. I 413), also August herbei , überschritt den Ebro und brachte den 
252—251 : die Schlacht fand in der Ernte statt, plündernden Römern eine Schlappe bei, ging aber 
also wohl Ende Juni 251. Bei och Gr. Gesch. III dann in die Winterquartiere nach Neukarthago 
2, 231. 235 setzt die Schlacht ein Jahr später 250; zurück (Polyb. III 76, 8-12. Liv. XXI 61, 2-3) ; 
vgl. über diese Chronologie Hamilkar Nr. 7. nach Liv. XXI 61, 5 soll er noch einmal über 
5) Gegen das Ende des ersten Punischen den Ebro gegangen, aber von Cn. Scipio zurück- 
Krieges Volksführer in Karthago (Appian. Ib. 4), gewiesen worden sein, was nicht sehr wahrschein- 
näherte sich dem Hamilkar Barkas, mit dem er lieh ist. Im Sommer 217 rückte er gleichzeitig 
nach dem verleumderischen Bericht des Liv. XXI mit der von Hainilkar befehligten Flotte und dem 
2. 3ff. Nep. Hann. 3 in unerlaubten Beziehungen 40 Landheer bis zur Ebromündung vor, wo die Flotte 
gestanden haben soll, und heiratete dessen Tochter von Cn. Scipio angegriffen und im Angesicht des 
(Diod. XXV 103. Appian. Hann. 4). In Begleitung Landheers geschlagen ward (Polyb. III 95, 1 - 96, 6. 
seines Schwiegervaters ging er im Frühjahr 237 mit Liv. XXII 19, 1—20, 2); auch hier fügt Liv. XXII 
nach Spanien (Appian. Hann. 4) und unterstützte ihn 20,3—12 etwas Besonderes an, einen Raubzug 
bei seinen dortigen Feldzügen. Später ward er von der römischen Flotte an der Küste bis Neukarthago 
Hamilkar Karthago zu Hilfe geschickt und unter- beruntcr. Inzwischen hatte H. durch iberische 
drückte einen Numideraut'stand (Diod. XXV 10). Völkerschaften verstärkt, den Ebroübergang gegen 
Vielleicht fällt in diese Zeit sein Versuch, die kar- das römische Landheer erzwungen, indessen ward 
thagische Verfassung zu stürzen, von dem Fabius er durch einen Aufstand der Celtiberer zurückge- 
Pictor bei Polyb. III 8. 1—4 berichtete: indessen 50 rufen , bei dem er starke Verluste erlitt (angeb- 
ist die Sache zweifelhaft und wahrscheinlich nur lieh 15 000 Tote, 4000 Gefangene nach Liv. XXII 
aus Verleumdungen der antibarkinischen Partei 21. 1—8). Nachdem dann im Laufe des Sommers 
entstanden. Nach Spanien zurückgekehrt, ward P. Scipio mit Verstärkungen von Rom angelangt 
er nach Hamilkar s gewaltsamem Ende vom Heere war, überschritten beide Brüder den Ebro und 
zum Oberfeldherrn gewählt (Ende 229) und von gelangten bis Sagunt, wo ihnen der Verrat des 
der karthagischen Regierung bestätigt (Polyb. II Spaniers Abilux und die Vertrauensseligkeit des 
1,9). Er rächte zunächst den Tod seines Schwieger- Kommandanten Bostar sämtliche dort von Han- 
vaters (Diod. XXV llf.) und setzte dann dessen nibal internierten spanischen Geiseln in die Hand 
Werk fort, wobei er mehr mit den Mitteln der spielte (Polyb. III 97, 1-99, 9. Liv. XXLT 22, 
Diplomatie als in offenem Kampfe erreichte (Po- 60 l—2j-, infolge ihrer Rucksendung begann die 
lyb. II 36, 2. Liv. XXI 2, 5. Diod. XXV 11, 1); Treue der Spanier zu wanken. Im J, 216 erhielt 
dazu gehörte auch seine Heirat mit einer spani- H. Verstärkungen aus Karthago (4000 Mann und 
sehen Prinzessin (Diod. XXV 12). Um der puni- 1000 Reiter, Liv. XXII 26, 2) und unterwarf zu- 
sehen Macht einen festen Mittelpunkt zu geben, nächst die aufständischen Tartessier an der Mün- 
gründete er Neukarthago (Polyb. II 13, 2. Diod. düng des Guadalquivir. Dem Befehl der Behör- 
XXV 12. Zonar. Vm 19. 402a). Das Heer, für den in Karthago, er solle seinem Bruder in Ita- 
das er Ersatzmannschaften aus Afrika mitgebracht lien zu Hilfe kommen, weigerte er sich, Folge zu 
hatte (Appian. Ib. 6), verstärkte er ganz be- leisten, mit der Begründung, daß dann Spanien 



an die Scipionen verloren ginge. Erst als Himilkon 
mit einem neuen Heere ankam , übergab er diesem 
die Provinz und machte sich nunmehr nach Italien 
auf, ward aber von den Scipionen am Ebro ge- 
schlagen (Liv. XXIII 27, 9—28, 6. 29, 1—11). 
Im folgenden J. 215 langten abermals bedeutende, 
ursprünglich für Hannibal bestimmte Verstärkungen 
unter H.s Bruder Mago in Spanien an (nach liv. 
XXIII 32, 5— 11 waren es 12 000 Mann und 1500 
Reiter) ; trotzdem ward H. abermals bei IUitnrgi 
(offenbar in der Nähe des Ebro gelegen) und Intibili 
von den Scipionen besiegt (Liv. XXIII 49, 5—14 
mit fabelhaften Vcrlustangaben). Auch im J. 214 
stand er noch in Spanien und erfocht, wie es 
scheint, im Anfang des Jahres mit seinem Bru- 
der Mago einen großen Sieg über aufständische 
Spanier (Liv. XXIV 41, 1) ; da aber im weiteren 
Verlauf des Krieges neben Mago nur noch H., 
Sohn des Geskon, erscheint (Liv. XXIV 41, 2-42 
Ende), so muß man annehmen , daß H. ziemlich 
im Frühsommer 214 nach Afrika zurückberufen 
ward, wo Karthago in einen schweren Krieg gegen 
Syphax von Numidien verwickelt war (Liv. XXIV 
48, 2. Appian. Iber. 15). Mit Hilfe des Massi- 
nissa besiegte er Syphax und ging dann mit be- 
deutenden Verstärkungen nach Spanien zurück 
(Appian. Iber. 16), wo inzwischen sein Bruder 
Mago und Hasdrubal , Geskons Sohn , von den 
Scipionen bis nach Andalusien zurückgedrängt 
worden waren (Liv. XXIV 41 f.). Im Frühsommer 
212 stand er mit seinem Heere bei Antorgis, als 
er von Cn. Scipio angegriffen ward; doch gelang 
es ihm, die Celtiberer Scipio abspenstig zu machen, 
worauf dieser sich zurückziehen mußte (Liv. XXV 
32. 33). H. folgte ihm unmittelbar auf dem 
Fuße, zog Mago und Hasdrubal, Sohn des Ges- 
kon, die inzwischen P. Scipio besiegt und getötet 
hatten (Liv. XXXI 34), an sich heran und zwang 
die Kömer zu einer zweiten Schlacht, in der auch 
Cn. Scipio fiel {oetavo anno, postguam in Hi- 
spaniam venerat, Liv. XXV 35—36, was aber 
insofern nicht stimmt, als er selber die Ereig- 
nisse unter dem Sommer 212 bringt; wahrschein- 
lich fallen sie in das J. 211). Darauf fiel Spanien 
den Karthagern zu; nur die Ebrolinie ward von 
den Römern behauptet, bis im Sommer 211 neue 
Truppen unter Claudius Nero anlangten. Diesem 
gelang es. H. zwischen Illiturgi und Mentissa 
(wahrscheinlich in der Sierra Morena) einzu- 
schließen, aber durch eine List wußte sich dieser 
zu befreien und bezog Winterquartiere bei Sa- 
gunt (Liv. XXVI 17. 20). Im folgenden J. 210 
scheinen die drei Feldherren Spanien wieder er- 
obert zu haben, wobei sie nach Polyb. IX 36 
törichterweise mit großer Härte vorgingen ; als 
Scipio Spätsommer 210 in Spanien ankam, war H. 
damit beschäftigt, eine Stadt der Carpetaner zu 
belagern (also recht in der Mitte der Halbinsel 
Polyb. X 7, 5). Um dieselbe Zeit wurden in Kar- 
thago bedeutende Verstärkungen mobil gemacht, 
mit denen er Hannibal zu Hilfe ziehen wollte 
(Liv. XXVII 5. 7). Nach dem Fall von Neu- 
karthago (209) scheint H. sieh zunächst ruhig 
verhalten und die Ankunft der Verstärkungen ab- 
gewartet zu haben: erst im Frühsoramer 208 
setzte er sich von Andalusien ans in Bewegung. 
Bei Baecnla (heute Baylen) von Scipio angegriffen, 
erzwang er mit schweren Verlusten den Durch- 



zug (Polyb. X 38f. Liv. XXVII 18f. der all& 
diese Sachen unteT 209 erzählt). Darauf ging' 
Scipio in die Winterquartiere (Polyb. X 40, 2. 
Liv. XXVII 20), während H. sich mit den beide» 
Feldherrn vereinigte und ihnen seinen Entschluß 
kundtat, auch gegen den Willen der Behörden, 
nach Italien zu gehen. Beide billigten den Plan 
und stellten ihm ihre besten Truppen zur Ver- 
fügung (Liv. XXVII 20). Mit diesen überschritt 

10 H. noch in demselben Jahre die Pyrenäen, wie es 
scheint im Westen (Appian. Iber. 28), während 
Scipios Truppen (Liv. XXVII 20) ihn wohl an 
der Ostseite erwarteten. 

Quellen: Die zusammenhängende Erzählung 
des Livius in den Büchern XXI— XX VII bildet 
den Grundstock, dazu kommen einzelne Bruch- 
stücke des Polybios und Appian in den Hiberika. 
Livius benutzt hier eine stark römerfreundlich 
gefärbte Darstellung (vgl. bes. Liv. XXIV 41. 42 r 

20 wo die karthagischen Feldherrn rund 40 000 Mann 
in kürzester Zeit verlieren , und vor allem die 
Heldentaten des L. Marcius XXV 37 - 39, wo er 
auch seine Quellen Claudius Quadrigarius, Vale- 
rius Antias, Piso namhaft macht). Leider ist er 
dabei mit der Chronologie in die Brüche ge- 
kommen, von 212—209 sind fast alle Ereignisse 
ein Jahr herabzurücken. Den Anlaß gaben wahr- 
scheinlich die Liv. XXIV 41. 42 erzählten Kämpfe, 
die sich tatsächlich wohl über zwei bis drei Jahre 

30 verteilten , aber künstlich zusammengeschoben 
einen großartigeren Eindruck machen sollen. Von 
neueren Darstellungen vgl. Ncumann- F alt in 
Das Zeitalter der puni sehen Kriege 322f. 3831 
S97f. 413f. 435. 455—462. H. Genzken De 
rebus a P. et Cn. Corneliis Seipionibus in Hispa- 
nia gestis, Göttingen 1879. Frentz Die Kriege 
der Scipionen in Spanien. Münch. 1883. Soltau 
Herrn. XXVI 408ff. Jumpertz Der röm.-kartha- 
gische Krieg in Spanien, Diss. Leipzig 1892. 

40 Den Winter von 208/7 brachte H. in Süd- 
gallien zu, wahrscheinlich lagen seine Winter- 
quartiere am Nordrand der Pyrenäen, im Garonne- 
gebiet. Im Frühjahr brach er auf und zog am 
Gebiet der Arverner (Liv. XXVII 39) vorbei, 
vermutlich südlich zwischen Pyrenäen und Ce- 
vennen (Lehmann Die Angriffe der drei Bar- 
kiden 1941!.), nicht etwa durch Mittelgallien, wie 
andere annehmen, den Alpen zu, die er in der 
ersten Aprilhälfte (Lehmann 196ft\) nach Liv. 

50 XXVII 39. Appian. Hann. 51 auf demselben 
Wege wie sein Bruder, nach Varro (Serv. Aen. X 
13) auf einem andern überschritt. Der Übergang 
ging trotz der frühen Jahreszeit bedeutend schneller 
und einfacher von statten, wie seinerzeit bei Han- 
nibal (Liv. XXVII 39. Polyb. XI 1, 1). In der 

• Poebene angelangt, belagerte H. zunächst Placen- 
tia, was ihm Liv. XXVII 39, 2ff. als Fehler an- 
rechnet; indes kam es ihm wohl nur darauf an, 
während des Aufenthalts in der Poebene, den er 

60 notwendig brauchte, um durch Werbungen sein 
Heer zu verstärken, nebenher noch irgend ein 
unter Umständen vorteilhaftes Unternehmen zu 
beginnen (so richtig Lehmann 203). Nach einem 
Monat etwa hob er die Belagerung auf nnd rückte 
nunmehr, nachdem er sechs Boten an seinen Bruder 
mit der Nac hricht seines Vormarsches abgesandt 
hatte (Liv. XXVH 43), südwärts tot, um die 
Via Flaminia zn gewinnen, auf der er nach Mittel- 



24/ ö 



aasaruDai 



jtiasaniDai 



SS4/4 



italien yorrftcken wollte. Bei Sena t wahrscheinlich 
etwa 18 km vor der Stadt bei dem späteren 
Forum Foituhae, wo die Via Flaminia von der 
Kiistenstraße abzweigt, traf er auf den Consul 
Livius Salinator, der hier mit überlegenen Kräften 
Posto gefaßt hatte, um beide Straßen zu decken 
{so richtig Lehmann 212 nach Dodge Hanni- 
bal, Boston 1891, 535). Hier wartete er zu- 
nächst Nachrichten von Hannibal ab (Zonar. IX 9. 
432 e), was Claudius Nero Gelegenheit gab, sei- 10 
nein Kollegen zu Hilfe zu kommen (vgl. o. den 
Art. Hannibal S. 2341). Als H. merkte, daß 
ihm beide Consuln gegenüberstanden, suchte er 
der Schlacht auszuweichen und zog in der Nacht, 
um ihnen auf der Via Flaminia voraufzukommen, 
den Metaurus aufwärts. Allein er wurde von den 
Consuln eingeholt und zur Schlacht gezwungen; 
von der Übermacht überwältigt, suchte und fand 
er den Tod. 

Quellen: In erster Linie wieder der zusammen- 20 
hängende Bericht des Livius in XXVLT 39—51, 
dem Zonar. IX 9. 432 e- 433 d einige besondere 
Züge hinzufügt, dazu kommt für den Kampf selbst 
ein wertvolles Bruchstück bei Polyb. XI 1, 2ff. 
Appian. Hann. 52 ist wertlos, teilt aber mit Livius 
und Zonaras die Tendenz, den Sieg am Metaurus 
als eine vollständige Vergeltung für die Schlacht 
von Cannae darzustellen , daher die ganz unge- 
heuren Verlustzahlen. Das Richtige wird Polyb. 
XI 3, 3 haben, der alles in allem 10000 Tote an- 30 
gibt; mehr als 15000 Mann hatte H. vermutlich 
überhaupt nicht. Der Ort der Schlacht ist wahr- 
scheinlich etwas oberhalb von Fossombrone in 
dem ziemlich engen Metaurustal zu suchen; die 
Zeit scheint bei Ovid. fast. VI 770 (24. Juni) 
ziemlich richtig angegeben zu sein. Vgl. über 
.alle einschlägigen Fragen das grundlegende Werk 
Konr. Lehmanns Die Angriffe der drei Bar- 
kiden auf Italien, Leipzig 1905, 190—283, das 
auch über die gesamte Literatur orientiert. Her- 40 
vorzuheben daraus ist Raim. Oehler Der letzte 
Feldzug des Barkiden Hasdrubal und die Schlacht 
am Metaurus (Berl. Stud. für klass. Philol. und 
ArchaeoL N. F. II 1), Berlin 1897. 

Über H.s Feldhermgeschick herrschte im Alter- 
tum übereinstimmend die Meinung, daß er seinem 
Bruder zwar keineswegs ebenbürtig, aber doch 
von hervorragender Tüchtigkeit war (Polyb. XI 
2, 1—10. Diod. XXVI 24, 1—2; auch Livius 
vergißt das nicht hervorzuheben c. 49). Seine 50 
Niederlagen in Spanien schreibt Polybios haupt- 
sächlich der Untüchtigkeit der anderen Führer 
zu. was richtig ist ; denn bis zu H.s Abberufung 
nach Afrika waren die Römer nicht weit über 
den Ebro hinausgekommen, und erst in seiner 
Abwesenheit gelang es ihnen, bis zum Guadal- 
quivir vorzudringen. Allein sofort mit seiner 
Rückkehr gingen sämtliche Eroberungen der Rö- 
mer verloren; Scipio mußte, als er 210 in Spa- 
nien antrat, wieder beim Ebro beginnen. Be- 60 
sonders hervorragend muß H. als Organisator ge- 
wesen sein ; auch nach schweren Niederlagen ver- 
mochte er stets von neuem das Feld zu behaupten. 
Schließlich erlag er einer Reihe von unglücklichen 
Zufallen und einer mehr als doppelt so großen 
Übermacht. 

8) Generalquartiermeister Hannibals (6 hti 
zw? XeivovgytcBv retayfievot Polyb. lU 93, 4), 



fahrte nach der Schlacht am Ticinus das Heer 
über den Po, während Hannibal nach Placentia 
vorauseilte (Polyh. IEE 66, 6). Beim Abzug aus 
dem Falernergebiet, den Fabius Hannibal verlegt 
liatte, setzte er nach Hannibals Angaben die Kriegs- 
list mit den Rindern ins Werk (Polyb. LTI 93. 
4). Im selben Jahre 217 kam er aus den Winter- 
quartieren in Gereonium Hannibal, der von Mi- 
nucius bedrängt ward, mit 4000 Mann zu Hilfe 
(Polyb. III 102, 6). Endlich bei Cannae führte 
er den linken Flügel, die spanisch-gallische Rei- 
terei, die durch ihren Rückenangriff das Geschick 
des römischen Heeres vollendete (Polyb. LH 114, 
7. 116, 6. Liv. XXII 46, 7. 48, 6). Später wird 
er nicht mehr erwähnt. 

9) Mit dem Beinamen der Kahle, karthagi- 
scher Heerführer, ward 215 mit etwa 10 000 Mann 
nach Sardinien geschickt, um die zum Abfall von 
Rom neigende Insel für Karthago zu gewinnen 
(Liv. XXIII 32, 12). Indessen ward er vom Sturm 
nach den Balearen verschlagen und brauchte dort 
lange Zeit, um seine Schiffe auszubessern (Liv. 
XXIII 34, 16. 17). Dann landete er wirklich 
auf Sardinien und vereinigte sich mit den auf- 
ständischen Sarden, ward aber vom Praetor Man- 
lius geschlagen und gefangen (Liv. XXIII 40 , 6 
-41, 2). 

10) Sohn des Geskon, karthagischer Heer- 
führer in Spanien und Afrika, scheint bei H.s 
Abberufung nach Afrika an dessen Stelle dorthin 
gegangen zu sein ; wenigstens wird er zuerst im 
J. 214 dort erwähnt (Liv. XXIV 41, darnach 
ist Appian. Iber. 16 zu berichtigen). Gemeinsam 
mit Hannibals jüngstem Bruder Mago kämpfte 
er in den nächsten Jahren äußerst unglücklich 
gegen die Scipionen. Liv. XXIV 41. 42 zählt 
nicht weniger als vier Schlachten auf, bei Hli- 
turgi, Munda, Aurinx und noch einem vierten 
nicht genannten Orte, in denen die Karthager 
rund 43000 Mann verloren haben sollen (über 
die Unwahrscheinlichkeit dieser Ereignisse vgl. 
H. Nr. 7). Erst die Rückkehr H.s machte den 
karthagischen Feldherrn Luft; beide besiegten 
in einem nächtlichen Treffen P. Scipio, der in 
der Schlacht fiel, vereinigten sich dann mit H, 
Nr. 7 und vernichteten auch den Rest des römi- 
schen Heeres (Liv. XXV 32-36). Dagegen ward 
H. bei dem Versuch, die Trümmer des röm. Heeres 
links vom Ebro zu vernichten, von L. Marcius 
zurückgeschlagen (Liv. XXV 37 — 39 sehr zu- 
gunsten der Römer übertrieben^. In den folgen- 
den Jahren herrschte Uneinigkeit unter den 
karthagischen Führern, wodurch die Ausnutzung 
des Sieges sehr beeinträchtigt ward (Polyb. IX 
11, 1 — 4. X 7. 3); insbesondere machte sich H.. 
durch seine Habgier bei den Spaniern verhaßt. 
Zur Zeit von Scipios Ankunft 210 lag er an 
der Tajomündung in den Winterquartieren 
(Polyb. X 7, 5 , ungenauer bei Liv. XXVI 20 ad 
Oceanum et Gades). An der Schlacht von Bae- 
kyle (Baylen Sommer 208) nahm er nicht teil 
(anders Appian. 24, bei dem er selber der Be- 
siegte ist), wohl aber an dem darauf folgenden 
Kriegsrat, nach dessen Beschlüssen er nunmehr 
nach dem Abzug des Barkiden H. den Oberbe- 
fehl in Spanien übernahm (Liv. XXVII 20). 

Als Oberfeldherr erschien er 207 im Feld und 
nahm sein Hauptquartier in Orongis, zog sich aber 



2475 



Hasdrubal 



uasaruoai 



Z±fO 



auf die Nachricht von deT Niederlage seiner beiden die andern von ihm berichteten Taten, der Über- 

Mitfeldherren Mago und Hanno auf Gades zu- fall der römischen Transportflotte (Liv. XXX 24; 

ruck (Liv. XXVIII 1—3). Im folgenden Jahr Polyb. XIV 6, 10— 12. Diod. XXVTI 11 erzählen 

206 trat er, vereint mit Mago und Massinissa, das Faktum, nennen aber keinen Namen) und 

an der Spitze eines neuen Heeres auf den Plan, ebenso der Anschlag auf die römischen Gesandten 

ward aber von Scipio bei Hipa völlig geschlagen (Liv. XXX 25. Polyb. XV 2, 6—15. Appian. 

(Polyb. IX 20, 1- 24, 9. Liv. XXVILt 14—15 ; Lib. 34) noch vor Hannibals Ankunft fallen. Dann 

Appian. Iber. 25—28 nennt als Ort der Schlacht bleibt nichts übrig, als bei Appian. Hann. 57 ein 

Carmona). Sein Heer ward fast völlig vernichtet, Versehen oder einen gleichnamigen zweiten Ad- 
er selbst rettete sich nach Gades (Liv. XXVIII 10 miral anzunehmen. 

16) und ging von dort unter Aufgabe Spaniens 12) Mit dem Beinamen Böckchen (sQt(pog r 
nach Afrika zu Svphax, bei dem "er mit Scipio fiwäus), vornehmer Karthager, schützte mit 
zusammentraf (Polyb. XI 24 a, 4. Liv. XXVIII Hanno d. Gr. Scipios Gesandte vor der Wut des 
17_18. Appian. Ib. 29). Durch die Vermäh- Volkes (Appian. Lib. 34) und ging ebenfalls mit 
lung seiner Tochter Sophoniba mit Svphax — über Hanno nach der Niederlage von Zama als Ge- 
seinen Anteil daran s. den Art. Sophoniba — sandter zu Scipio (Appian. lib. 49). Später war 
ward dieser der römischen Sache zuerst entfremdet er Wortführer der Friedensgesandtschaft in Eom 
(Liv. XXVIII 24). Während der Folgejahre lebte (Liv. XXX 42). Seinen Zusammenstoß mit Han- 
er meist in Karthago, wo er infolge seiner vor- nibal erzählt Liv. XXX 44. Er scheint mit 
nehmen Abkunft und seines Eeichtums eine sehr 20 Hanno zusammen das Haupt der antibarkmischen 
angesehene Stellung einnahm (Liv. XXIX 28), Partei gewesen zu sein. 

oder bei seinem Schwiegersohn Syphax, den er 13) Der Boetharch, Oberbefehlshaber der Kar- 
gegen Massinissa aufreizte (Liv. XXIX 31). Nach thager gegen Massinissa. Im J. 150 rückte er 
Scipios Landung in Afrika 204 zum Oberbefehls- mit einem bedeutenden Heere gegen Massinissa 
haber ernannt, sammelte er bedeutende Streit- aus (Appian. Lib. 70); durch 6000 Überläufer 
kräfte (Liv. XXIX 35 nennt 30 000 Mann und verstärkt, ließ er sich auf ein ungünstiges Ge- 
3000 Keiter, Appian. Lib. 9 gibt noch größere lande verlocken und ward völlig besiegt (Appian. 
Zahlen), vereinigte sich vor Utika mit Syphax Lib. 71). Sein Heer ward von Massinissa ein- 
und zwang Scipio, die Belagerung aufzuheben. geschlossen und nach einem vergeblichen Durch- 
Im Frühjahr 203 (Liv. XXX 4 Ende) wurde er 30 bruchversuch zur Kapitulation unter sehr schweren 
samt Syphax in seinem Lager, das dabei in Flam- Bedingungen genötigt, H. kehrte nach Karthago 
inen aufging, überfallen und erlitt eine vernich- zurück (Appian. Lib. 72—73) und ward hier 
tende Niederlage (Polyb. XIV 1, 1-6, 1. Liv. aus Furcht vor dem drohenden Kömcrkrieg 
XXX 5 - 6. Appian. Lib. 18—23). Doch ent- zum Tode verurteilt (Appian. Lib. 74). Darauf 
kam er nach Karthago, wo er zu weiterem ener- sammelte er ein beträchtliches Heer und belagerte 
gischen Widerstände riet. Bald hatte er ein neues damit Karthago, als 149 die römischen Con- 
Heer beisammen, das sich unter seiner Leitung suln in Utika erschienen (c. 80). Nachdem die 
abermals mit den frischen Truppen des Königs Stadt den Krieg gegen Rom beschlossen hatte, 
Syphax vereinigte (Polyb. XIV 6, 13. Liv. XXX 7, übernahm H. auf Bitten des Yaterlandes wieder 
nach Appian Lib. 25 war er wegen der Niederlage 40 den Oberbefehl (Zonar. IX 26. 463 d) und bezog 
zum Tode in Karthago verurteilt, hatte aber in bei Nepheris in der Nähe Karthagos eine feste 
Andan heimlich ein neues Heer zusammen- Stellung, von der aus er den Römern allerlei 
gebracht). Allein auch diesmal hatten die Ver- Abbruch tat. Ein Angriff des Consuls Manilius 
btindeten kein Glück, beide wurden abermals auf seine Stellung mißglückte (Appian. Lib. 102 
auf den Großen Feldern von Scipio geschlagen —104. Zonar. 1X26. 27. 464a— d. 465e; Buck- 
(Polyb. XIV 8, 1—11. Liv. XXX 8), worauf H. sendung der gefaUenen Offiziere auch Diod. XXII 
wieder nach Karthago flüchtete (Polyb. XIV 8, 8); auch ein zweiter hatte keinen Erfolg (107). 
14). Hier indessen scheint er abgesetzt worden Die neuen Consuln von 148 wagten ihn über- 
zu sein (Zonar. IX 13. 439 b), worauf er eine haupt nicht mehr anzugreifen (Appian. Lib. 110). 
Freischar sammelte und den Kleinkrieg führte. 50 Hierdurch ermutigt, stürzte er zunächst seinen 
Vergeblich versuchte er eine Versöhnung anzu- Mitfeldherrn H, ließ dann seinen Unterfeldherrn 
bahnen (Appian. Lib. 30), bis Hannibal nach seiner Diogenes in Nepheris zurück (vgl. Appian. Lib. 
Ankunft seine Rückberufung durchsetzte (Appian. 126) und bezog nun ein festes Lager unter den 
Lib. 36). Doch wagte er sich in Karthago nicht Mauern Karthagos im Angesicht des römischen 
öffentlich zu zeigen. Kurze Zeit darauf wurde Belagerungsheeres unter Scipio im J. 147 (Appian. 
er noch vor der Schlacht von Zama des Verrats Lib. 111. 114). Die Eroberung des Stadtteils 
bezichtigt und vergiftete sich, um der Wut des Megara vermochte er nicht zu hindern; um aber 
Volkes zu entgehen, das seinen Zorn noch an jede Aussicht auf Ergebung abzuschneiden, ließ 
dem Leichnam ausließ (Appian. Lib. 37. Zonar. er die römischen Kriegsgefangenen im Angesicht 
IX 13 441b). Sein Sohn war Hanno Nr. 23, 60 des römischen Heeres auf das grausamste hin- 
seine Tochter Sophoniba. morden (Appian. Lib. 118 Zonar. IX 29 467 a 
11) In den Quellen als 6 vava QX og bezeichnet, —468 b). Die Mitglieder des Rates, die darüber 
Admiral der karthagischen Flotte, holte nach murrten, ließ er hinrichten und bereitete seine 
Appian Hann. 57 Hannibal aus Italien ab und Alleinherrschaft vor (Appian. lab. 119). beme 
brandschatzte auf dessen Geheiß die Städte Brut- wüsten ScMeramereieninder ausgehungerten 
tiums. Bei Appian. Lib. 31 dagegen, wo eben- Stadt tadeln Polyb. XXXVni 2, 11-15 und 
felis Hannibals Abholung berichtet wird, ist sein Diod. XXXH 22; dabei stand er mimer noch in 
Name nicht erwähnt, und in der Tat müssen auch ganz guten Beziehungen zu den Römern und wußte 



sich bei einer Unterredung mit Massinissas Sohn Xaycbg der vulgäre Name (Hase) gewesen zu sein; 

Gulussa, bei der er einen albernen Kleiderluxus und wenn Dichter (Hom. 11. XvII 676. Nie. ther. 

entfaltete, sich leidliche Bedingungen zu sichern, 949. Anth. Pal. VI 92. IX 217) den H. ;ttc6£ 

die er dann freilich nachher großtuerisch ablehnte oder oxtvag (Nie. al. 67 ;. ther. 577) nennen, so 

(Polyb. XVIII 1, 1—2, 8, doch vgl. Zonar. IX könnten wir das vielleicht mit Lampe wieder- 

30. 468 d). Diese Unterredung fand im Winter geben. Aelian, der ja lateinisch konnte, nennt 

statt (Polyb. XXVIII 2, 2), im Frühjahr 146 sah das Kaninchen x6vixlog (hist.- an. XIII 15), ebenso 

sich H. genötigt, das äußere Lager aufzugeben Polyb. XII 3, 10. Die La kedaimonier nannten den 

(Appian. Lib. 119). Um weitere Fortschritte der H. ra/Jvas, Aelian. hist. an. VII 47. H. und 
Römer zu verhindern, versuchte er den Stadtteil 10 Kaninchen ergänzen sich übrigens in merkwür- 

Kothon einzuäschern, wobei dieser in Feindes- diger Weise auf den Inseln des Ägäischen Meeres, 

hand geriet (c. 127). Von da an beschränkte er Erhard Fauna der Cykladen 22. Auf Ithaka 

sich auf die Verteidigung der Byrsa und des gedeihen die H. nicht (Arist. hist. an. VIII 28 

festen Asklepiosheiligtums , in das er sich mit p. 606 a 2. Antig. hist. mir. 11), auf Eleusa die 

seiner Frau, seinen Kindern und den römischen Kaninchen (Plin. n. h. VIII 226); in Attika sind 

Überläufern zurückgezogen hatte, ergab sich dann beide selten (Nausikrates bei Athen. IX 399 E). 

aber Scipio , der ihn begnadigte , während seine Der junge H. heißt Xayiösvg (Aelian. hist. an. VII 

Frau mit ihren Kindern unter furchtbaren Yer- 47), aber Strabon meint III 144 ohne Zweifel das 

wünschungen sich in die Flammen stürzte (Ap- Kaninchen damit; sonst ist das Häschen ?>ayföiov 
pian. Lib. 131. Diod, XXXII 23. Zonar. IX 30. 20 (Marc. Aur. X 10) oder layojfaov (Ar. Ach. 520). 

469b. Liv. per. LL Strab. XVII 3. 14 p. 832. —Als Abarten werden unterschieden der Berg- 

Val. Max. III 2, 8. Flor. II 15. Oros. TV 23). und Busch-H. (Aelian. hist. an. XIII 14), der 

H. starb in der Gefangenschaft in Italien. Sumpf-H. in der Gegend des makedonischen Sees 

Quellen: Hauptquelle ist die zusammen- Bolbe (Arist. hist. an. II 17 p. 507 a 6) und unfein 

hängende Darstellung bei Appian. Lib. 69—132, davon in Krastonia (mir. ausc. 122 p. 842 a 15. 

vgl. Zonar. IX 26, 462c ff. 29, 467a. 30, 470a, Aelian. lüst. an. V 27. XI 40. Athen. IX 401 A 

dazu einzelne Bruchstücke bei Diod. XXXII. Im — alle aus Theopomp XX) mit besonders stark 

allgemeinen gehen alle auf Polybios zurück (vgl. eingeschnittener Leber, der Alpen- oder Schnee-H. 

Appian. Lib. 132), von dem aus Buch XXXVIII (Lepus variabilis Pallas), dessen Farbenwechsel 
einige wertvolle Bruchstücke erhalten sind. 30 Plin. n. h. VIII 217 schildert, der ägyptische H. 

14) Enkel des Masinissa, zweiter Oberfeld- (Lepus aegypüacus Ge off r), der nach Arist. hist. 
herr der Karthager im Kriege von 149 für die an. VIII 28 p. 606 a 24 kleiner als der Feld-H. 
Verteidigung der Stadt (Appian. Lib. 93), ward ist, und der sog. layws xehboviag Athen. IX 401 A. 
von seinem Mitfeldherrn H. Nr. 13 verleumdet, Hebräisch heißt der H. rQS^S; "£*£ ist nicht das 
als ob er die Stadt an Gulussa habe verraten Kaninchen, wie Luther übersetzt, sondern der 
wollen, und von der Volksmasse getötet (Appian. Klipp schiefer (Hyrax syriacus). 

Lib. 111). [Lenschau.J Gestalt und Lebensweise. Der Kopf des 

15) Hasdrubal aus Gades, von Cn. Pompeius h. ist gestreckt, schlank, abwärts geneigt, der 
nach dem afrikanischen Kriege von 673 = 81 mit Nacken dünn, mäßig lang, die Schulterblätter 
dem römischen Bürgerrechte beschenkt (Cic. 49 gerade, oben unverbunden, die Schenkel leicht, 
Balb. 51). [Münzer.] dicht beieinander, die Brust gewölbt, die Rippen 

Hase. Name und Arten. Brehm Tier- dünn, die Hüften gedrungen und rund, oben aus- 
leben 3 II 635 sagt: ,Plinius erwähnt es (nämlich einanderstehend, die Keulen feist, die Weichen 
das Kaninchen) unter dem Namen Cuniculus, schwammig, die Beine lang, kräftig gebaut, mit 
Aristoteles nennt es Dasypus.' Der Philologe starken Muskeln, aber wenig Fett, die Vorderläufe 
wird mit einem derartigen Urteil vorsichtiger sein äußerst biegsam und schmal, die hinteren stramm 
müssen. Daß Plinius, wo er cuniculus sagt, stets und breit, länger als jene. Die Ohren sind un- 

das Kaninchen (Lepus cuniculus) meint, ist wohl verhältnismäßig lang, leisten aber gute Dienste, 
sicher; aber was ist dann der Unterschied zwischen da sie an den Bücken gelehnt, das leiseste Ge- 
dasypus und lepus bei demselben Schriftsteller? 50 rausch vernehmen. Xen. ven. V 27ff. Aelian. hist. 
Häufig nennt er diese beiden Namen neben- an. XIII 14. Sein Gesicht ist wegen der fehlen- 
einander, nicht selten auch cuniculus und lepus, den Lider (steht im Widerspruch mit V 11) äußerst 
niemals aber cuniculus und dmypus. Diese beiden schwach, Xen. ven. V 26. Er hat Krallen (Plin. 
Bezeichnungen sind also wohl bei Plinius identisch. n. h. XI 199), die ihm aber nicht als Waffe dienen 
Dasselbe möchte ich aber auch für Aristoteles (Gal. III 2), und ist unter den Füßen und sogar 
behaupten, also Brehm widersprechen. Nach im Schlünde behaart (Arist. hist. an. III 12 p. 
genauerDurchsicht aller hierauf bezüglichen Stellen 519 a 22. Plin. n. h. XI 229 nach Troges); seine 
ist es mir nicht möglich gewesen, einen Unter- übrige Behaarung ist kurz, dicht und weich, aber 
schied zu eruieren; für diese Auffassung spricht nicht zart (Xen. ven. V 10. Arist. gen. an. V 3 
auch die Tatsache, daß Plut. mor. 971 D die 60 p. 783 a 7); sie ändert der Farbe nach oft um, 
Jungen der Saovxodes XaytbsTs nennt. Auch findet besonders im Alter, oder wenn er seine Lebens- 
sich bei Aristoteles niemals die Verbindung daov- weise ändert, de col. 6 p. 798 a 25; vgl. Xen. 
xovg xal layws, sondern in der hist. au., part. V 22 f. Der H. hat eine zweilappige Leber (Arist. 
an. und gen. an. herrscht Saovjiovg (19 mal gegen part. an. III 7 p. 669 b 34), besonders die Exem- 
3 mal Xaywg), in den übrigen (nicht ins Fach plare am See Bolbe, in Krastonia (s. 0.), im Bri- 
schlagenden) Schriften Xaytbs (11 mal gegen lmal lessos, Parnes und in der thrakischen Chersones 
öaavjiovs) vor. Aaavjtove scheint also gewisser- (Plin. n. h. XI 190), und ein großes Herz (Arist. 
maßen der wissenschaftliche (Lepus vulgaris), part. an. TU 4 p. 667 a 20). In diesem soll das 



2479 



Hase 



Hase 



2480 



Kaninchen, das übrigens eine im allgemeinen 
dunklere, am dünnen, kurzen Kopfe hellere Fär- 
bung und einen kleineren Schwanz besitzt (auch 
anders schmeckt und uxiter der Erde lebt, Polyb. 
XII 3, 10), sogar einen Knochen haben; ojzeq ovv 
tivog dya&öv, Eiöevai (aeItjoei ällcp, sagt Aelian. 
hist. an. XIII 15. Außer den Wiederkäuern ist 
der H. das einzige Tier, das Lab produziert (nverta, 
ooagulum, dorisch fj tdf.uaog z. B. Nie. ther. 577 
mit Scholion nach Nikon) : Arist. bist. an. III 21 
p. 522 b 9. Plin. n. h. XI 239. In seinem Blute 
dagegen befindet sich kein Fibrin (Ivsg), und des- 
halb gerinnt es nicht zu einer festen, sondern nur 
zu einer schwammigen Masse: Arist. bist, an ILT 6 
p. 561 a 1. Seine Stimme ist hell, physiogn. 2 
p. 807 a 21; er schläft mit bewegten Nüstern und 
offenen Augen, Plin. n. h. XI 147. Aelian. hist. 
an. II 12. XIII 13. Xen. Ten. V 11, der noch 
hinzufügt, im Wachen habe er die Augen ge 
schlössen. Fett wird er nie, Plin. n. h, XI 212. 
Den Urin entleert der H. nach hinten (Arist hist. 
an. II 1 p. 500 b 16; parfc. an. IV 10 p. 689 a 
34), weshalb bei der Begattung das Weibchen 
auf das Männchen steigt (V 2 p. 539 b 22. Plin. 
n. h. X 173); diese findet übrigens außerordent- 
lich häufig statt, monatlich während des ganzen 
Sommers, und noch während die Weibchen schwan- 
ger gehen, empfangen sie schon wieder. Sie haben 
schon Milch, bevor sie werfen. Sie setzen nicht 
auf einmal, sondern in beliebigen Zwischenräumen, 
und zwar blinde Junge, Arist. hist. an. VI 33 
p. 579 b 30; der Uterus soll während der Trag- 
periode Saugwärzchen enthalten, III 1 p. 511a 
29. Herodot übertreibt stark, wenn er sagt, wäh- 
rend der H. mit Jungen trächtig gehe, die schon 
Wolle, mit anderen, die noch keine hätten, und 
mit dritten, die sich eben bildeten, empfange er 
schon wieder. Treffend aber ist die Bemerkung 
des Vaters der Geschichte, daß Gotjt allen furcht- 
samen und eßbaren Tieren eine große Fruchtbar- 
keit verlieben habe, III 108; vgl. Plin. n. h. VIII 
219. X 179. 182. Xen. ven. V 12. Arist hist. 
an. V 9 p. 542 b 31. Phys. et med. ed. Ideler 
I 178. Plut. mor. 829B, Eine merkwürdige Ge- 
schichte erzählt Aelian. hist. an. XIII 12, die ich 
mit seinen eigenen Worten wiedergeben möchte: 
,Von einem Jäger, einer ehrlich en Haut, der das 
Lügen fern lag, habe ich eine tolle Geschichte 
gehört. Er sagte nämlich, auch der männliche 
H. gebäre und zeuge zugleich und liege in Wehen 
und zwei bis drei Junge ziehe er groß. Das schien 
mir nun ganz unglaublich; folgendes aber setzte 
der Sache die Krone auf; er habe selbst, so ver- 
sicherte er, einen halbtoten männlichen H. ge- 
fangen, dessen Leib geschwollen gewesen sei; er 
habe ihn nun aufgeschnitten und in der Tat eine 
Gebärmutter und drei Junge entdeckt. Als er 
diese herausgenommen, hätten sie unbeweglich wie 
Fleischklumpen gelegen; von der Sonne jedoch 
erwärmt, seien sie wieder aufgelebt, eins habe 
sieh geregt, die Augen aufgeschlagen, auch die 
Zunge herausgestreckt und das Maul vor Hunger 
geöffnet. Man habe den Kleinen nun natürlich 
Milch gereicht und sie so bald großgezogen, ein 
Beweis, so scheint mir, für ihre wunderbare Ge- 
burt. Ich, kann mich nicht dazu verstehen, der 
Erzählung zu mißtrauen, weil der Mann, wie ge- 
sagt, weder ein Lügner noch Aufachneider war.' 



Auch das Weibchen soll unbefruchtet gebären, 
Archelaos bei Plin. n. h. Vm 218. Die Frucht- 
barkeit des H. wird nach Aristoteles durch eine 
in mehrere Teile gespaltene Gebärmutter hervor- 
gerufen {problem. X 14 p. 892 b 1) und äußer- 
lich durch die dichte und ungewöhnliche Behaa- 
rung angekündigt (gen. an. IV 5 p. 774 a 31). 
Wie viele Taschen der H. für die Exkremente 
habe, soviel Jahre soll er nach Archelaos alt sein, 

10 Plin. n. h. Vm 218. Die Milch hat die gleich 
starke Dicke wie die des Schweines und des 
Hundes, Arist. hist an. VI 20 p. 574 b 13. 33 
p. 580 a 4. Alle Tiere sondern zur Paarungszeit 
einen üblen Geruch aus (Theophr. odor. 61). der 
H. daher fast das ganze Jahr (caus. plant. VI 
20, 4); aber auch das junge Häschen (Xen. ven. 
V 13). Die H. sind schlau, aber feige (Arist. hist 
an. I 1 p. 488 b 15; physiogn. 1 p. 805 b 26. 
Plin. n. h. XI 183. Her. III 108. Aelian, hist. 

20 an. Vn 19. Gal. III 2). Mutlose Menschen wer- 
den daher mit ihnen verglichen, so Aischines bei 
Dem. XVIII 263, die Korinther, in deren Mauern 
die H. in Mengen herumlaufen, von Lvkurg bei 
Plut. mor. 190 F. 229 D, und von Archidamos, 
des Zeuxidamos Sohne, ebd. 218 D; vgl. auch 
Thilostr. vit. Ap. IV 37. 

Ausführliche Schilderungen der Lcbensgewohn- 
heiten des H. geben wieder Xen. ven. V lff. und 
Aelian. hist. an. XIII 14, denen ich folgendes 

30 entnehme. Die H. laufen äußerst schnell und 
geschmeidig; ja, sie laufen nicht, sie springen, 
indem sie die Hinter- vor die Vorderläufe setzen: 
das kann man im Schnee beobachten. Sie be- 
wegen sich aber meistenteils nicht geradeaus, 
sondern bald hierhin bald dorthin, um ihre Ver- 
folger zu täuschen, und schlüpfen glatt durch 
allerhand Gestrüpp, Gräser und Sumpfpflanzen. 
Nach der Richtung, in der sie laufen, zeigt immer 
das eine Ohr; denn ihr kurzer Schwanz kann 

40 ihnen nicht als Steuer dienen. Sie gehen aber 
nicht verschwenderisch mit ihrer Kraft um, son- 
dern richten sich ganz nach der Fähigkeit dessen, 
der ihnen nachsetzt. Werden sie nun von guten 
Jagdhunden gehetzt, dann laufen sie, was sie 
können, bleiben auf einem Hügel stehen, sehen 
sich um und machen Männchen, gleichsam als ob 
sie den ganzen Jägertroß verachteten, legen sich 
dann auch zuweilen friedlich nieder und schlafen 
ein. Die Berg-, Busch- und Sumpf-H. sind nicht 

50 so flink; jene verlassen sich darauf, daß Hunde 
und Pferde nur schwer eine Anhöhe erklimmen; 
diese wiegen sich hinter ihrem Gestrüpp in Sicher- 
heit. Die Spuren des H. sind im Winter aus- 
gedehnter als im Sommer ; aber wenn es während 
der Nacht gefroren oder gereift hat, sind sie 
morgens nicht aufzufinden; erst die auftauende 
Sonne macht sie den Hunden bemerkbar; auch 
viele Eegengüsse sind für den Jäger ungünstig 
(geringe Befeuchtung nicht: Theophr. caus. plant. 

60 VI 19, 5). Wenn der Mond voll ist, dann spielen 
und springen die H., und man wird dadurch 
ebenso verwirrt, wie wenn Fuchse dazwischen 
gelaufen sind. Am deutlichsten ist die Fährte in 
einem milden Frühling zu erkennen, wenn noch 
nichts blüht (erschwerend tritt hier jedoch die 
Unruhe der Tiere während der Begattung hinzu), 
und dann wieder im Herbste, wenn das Getreide 
eingebracht ist Einen intensiveren Geruch als 



2481 



Hase 



Hase 



2482 



■die Laufspur hinterläßt selbstverständlich der 
Lagerplatz, besonders wenn er sich im Wald oder 
Buschwerk befindet; das tritt aber nicht allzu 
häufig ein, da der H. sich überall niederlegt. Er 
schwimmt im Notfälle auch über kleinere Ge- 
wässer. Sein Nest legt er sich im Winter an 
windstillen, im Sommer an schattigen, im Früh- 
ling und Herbst an sonnigen Plätzen an. Er duckt 
sich, indem er die Hinterläufe einzieht, die vor- 
deren aber ausstreckt und auf diese seinen Kopf 10 
legt; die Löffel schmiegt er dabei dicht an die 
Schultern. Seine Vorliebe für Buschwerk muß er 
oft mit dem Tode büßen (Aelian. hist. an. XIII 
13); denn im Laufe ist ihm kein gleich großes 
Tier über. Besonders gut läuft er bergan, bergab 
dagegen wegen seiner langen Hinterbeine schlechter. 
In der Umgebung seiner Lagerstätte verwischt er 
die Fußspuren (Aelian. hist. an. VI 47) oder macht 
den letzten Sprung sehr groß (Plut. mor. 971 D), 
um der Verfolgung zu entgehen. Um seine Jungen 20 
ist er sehr besorgt (Aelian. hist. an. XIII 11); er 
legt sie an verschiedene Stellen, oft 30 m von- 
einander entfernt, damit sie nicht alle zusammen 
die Beute des Hundes werden (Plut. mor. 97 1D). 
Jagd. Schon Hom. H. X 360 benutzt eine 
H.- Jagd zu einem Gleichnis ; der Hund Argos hatte 
einst diese Tiere gehetzt, Od. XVII 295. Ferner 
waren H. verfolgende Jäger auf dem Schilde des 
Herakles von Hephaistos gebildet, Hes. sc. 302. 
Die ausführlichste Darstellung einer H.-Jagd geben 30 
wiederum Xenophon (ven. VI lOff.) und seine 
Nachschreiber Arrian, Aelian. (hist. an. XIII 14) 
und Pollux. Man treibt die H. mit Hunden ins 
Stellgarn hinein (vgl. Aesch. Eum. 25). Der Jäger 
hat eine nachlässige, leichte Kleidung und Schuhe, 
in der Hand trägt er einen Stock (XaycoßöXov 
Theoer. IV 49), der Netzwächter folgt ihm. Schwei- 
gend gehen sie ihres Weges, damit der H. nicht 
zu zeitig Keißaus macht. Nun bindet man die 
Hunde an verschiedene Bäume, aber nicht allzu 40 
fest, und dann stellt man die Netze an verbor- 
genen, vertieften, dunklen Stellen, ausgetrockneten 
Flußläufen und anderen geeigneten Orten, an die 
der H. sich zu flüchten pflegt, auf. Hier bleibt 
der Wächter stehen. Dann nimmt man die Hunde, 
führt sie ins Jagdrevier, und nachdem man vor- 
her zu Apoilon und Artemis, die sich an layoyßo/.iat 
erfreut (Call. Dian. 2), gebetet, läßt man den 
besten los und zwar im Winter mit Sonnenauf 
gang, im Sommer vor Tagesanbruch. Hat der 50 
Hund die richtige Spur, dann löst man auch den 
zweiten, bald auch die übrigen, indem man ihnen 
gut zuredet. Diese laufen nun. ganz Feuer und 
Flamme, die kreuz und quer. Sind sie in der 
Nähe eines H., dann merkt man es auch in der 
Ferne an ihrem Gebaren. Schließlich stürzen sie 
sich wütend auf den Lagerplatz, der H. fährt 
heraus, rings ertönt Gebell; der Jäger nähert sich 
und ruft ermunternde Worte, wie : Los doch ! oder : 
Brav, brav! Wenn der H. aber entflieht und die 60 
Hunde sich verlieren, fragt man irgend einen 
Mann, der des Weges kommt, ob er vielleicht die 
Meute gesehen habe. Hat man erfahren, daß sie 
die Spur noch nicht verloren haben, dann ruft 
man ihre Namen in allen nur möglichen Tonhöhen 
und -stärken und treibt sie an ; sind sie aber ab- 
geirrt, so sucht man sie durch geeignete Zurufe 
wieder auf die richtige Fährte zu bringen. Ist 



der H. endlich ins Netz getrieben, so gibt der 
Wächter ein Zeichen, daß die Jagd auf ein neues 
Tier beginnen kann. Wenn der H. trotz aller 
Anstrengung nicht hat gefangen werden können, 
und wenn die Hunde schon müde sind, dann 
sucht der Jäger alle Gesträuche und Schlupfwinkel 
durch; denn es ist anzunehmen, daß sich der H. 
irgendwo versteckt hat und sich ganz ruhig ver- 
hält. Schließlich wird er aufspringen und kann 
nun gepackt werden. Dann legt man die Netze 
zusammen, streichelt die Hunde, läßt sie aber im 
Hochsommer nicht sogleich über den heißen Sand 
nach Hause laufen, sondern gönnt ihnen etwas 
Kühe. — Schon wenn die weiblichen jungen Hunde 
acht, die männlichen zehn Monate alt sind, soll 
man sie auf die Jagd mitnehmen, aber erst dann 
loslassen, wenn der H. nicht mehr zu sehen ist, 
denn sonst strengen sie sich zu sehr an, ihn zu 
erreichen, was für ihr Alter noch schädlich ist; 
fassen sie aber doch einen, dann soll man ihn 
ihnen überlassen; denn ov zalq da^atg xmv Xaycooiv 
al xvveq yrngovotv, aklit xf} ßQütaec Arist. eth. Nie. 
HI 13 p." 1118 a 18. Füttern soll man sie stets 
am Netz, damit sie sich dorthin gewöhnen (Xen. 
ven. VII 6ff.). Hunde, die nicht fassen können 
und keine gute Spürkraft haben, sind für die H.- 
Jagd unbrauchbar (III 3); ebenfalls solche, die 
sich in Windungen gefallen (III 6). — Anders ist 
die H.-Jagd im Winter; da nimmt man keine 
Hunde mit, denn die Kälte beeinträchtigt ihre 
Witterung, ihre Füße erfrieren, und der Geruch 
vom H. verschwindet. Man hat ja auch keine 
Schwierigkeiten, da man auf dem Schnee der 
Fährte leicht nachgehen kann. Kommt man in 
die Nähe eines Lagerplatzes, so geht man nicht 
nahe heran, sondern im Kreise herum. Hören die 
Spuren da auf, so kann man sicher sein, den H. 
aufzuscheuchen. Aber man läßt ihn ruhig liegen, 
weil er doch da bleibt, und geht einer anderen 
Bahn nach, ehe die Mittagssonne sie verwischt 
hat. Dann stellt man die Garne auf und treibt 
die H. hinein. Sollten sie sich hinauswinden, 
dann läuft man ihnen nach : sie werden entweder 
in ein anderes Stellgarn geraten, oder im Schnee, 
auf dem sie wegen ihrer behaarten Füße sehr 
schlecht laufen können, verenden, VIII lff. Auch 
in der Anabasis erwähnt Xenophon (IV 5, 24) 
eine H.-Jagd. Die Inder jagten die H. auf fol- 
gende Weise, Aelian. hist. an. IV 26 nach Ktesias. 
Sie bedienten sich nicht der Hunde, sondern jung 
gefangener und abgerichteter Adler, Weihen und 
Raben. An einen zahmen H. banden sie ein Stück 
Fleisch und ließen ihn dann laufen; daraufhetzten 
sie ihm jene Vögel nach und gaben ihnen, falls 
sie den H. erreicht hatten, das Fleisch zur Be- 
lohnung. Diesem willkommenen Köder glaubten 
jene nun auch, wenn sie wilde H. jagten, ent- 
gegenzusehen und brachten sie ihren Herren so 
schnell wie möglieh. Nun erhielten sie die Ein- 
geweide zum Fraß. 

Aber der Mensch und die in seinem Dienste 
stehenden Tiere sind nicht die einzigen Feinde 
des armen Lampe; besonders stellt ihm auch der 
Fuchs nach, wie wir wieder bei Aelian. hist.. an. 
XTTT 11 lesen. Nachts macht sich Meister Kei- 
neke auf, wittert nach einer H.-Spur und verfolgt 
sie lautlos, mit angehaltenem Atem. Schon glaubt 
er sich im Besitz des leckeren Bratens, aber jener 



hat ihn bemerkt und entflieht. Nun beginnt eine 
wilde Jagd: Der EL läuft, so schnell er kann; der 
Fuchs immer hinterdrein. Aber der Nager ist 
geschwinder als der Räuber; in einem Wildlagcr 
ist er verschwunden und ruht sich ein wenig aus. 
Der Fuchs jedoch läßt ihm nicht viel Zeit. So 
wird der H. schließlich müde und fällt seinem 
Feinde zum Opfer. Unter den Vögeln stellt der 
Adler dem H. am grimmigsten nach: Hom. IL 
XVII 676. XXII 310. Aes. fab. 7. Arist. hist. 
au. IX 32 p. 619 b 9. Aolian. hist. an. II 39. 
IX 10. Xen. ven. V 16; Cyr. II 4, 13. Assyrische 
Darstellungen von Adlern, die auf junge H. stoßen, 
zeigt Layard The moimments of Miniveh II 62. 
Keller Tiere des klass. Alt. 275 sah im Briti- 
schen Museum mehrfach auf Gemmen Adler, die 
Kaninchen auflauern oder sie Hunden zu ent- 
reißen suchen. Ähnlich waren die Münztypen von 
Agrigent (ebd. Fig. 44) und von Thessalonich 
(Eckhel Doctr. numrn. I 2, 79). Fin H. von einem 
Panther zerfleischt auf zwei Reliefs und einem bron- 
zenen Schlüsselgriff im Kanton Aargau, Keller 
395, 169; im Kampfe- mit einer Riesenschlange, 
Nie. ther. 453ff. In Rom ergötzte man sich 
sogar daran, einem Kampfe zwischen Löwen 
und H. zuzusehen: Cur tibi pro Libycis elau- 
duntur reie teaenis Imbelles capreae soÜiciiusquc 
lepus? Ov. fast. V 372. So ist der H. denn ein 
von allen Seiten gehetztes Tier (Aes. fab. 237), 
und selbst in der Fabel findet er gegen gemein- 
same Feinde keine Unterstützung (236), wehrlos 
wie er ist (Arist. pol. III 13 p. 1284 a 16). Ge- 
zähmt wurde er selten, Plin. u. h. VIII 220. Ein 
sinniges Epitaphion auf den Tod eines Langohrs, 
das , feist von der reichlichen Kost, am unersätt- 
lichen Schmaus" starb, haben wir von Meleager 
Anth. Pal. VII 207. 

Aber die Fruchtbarkeit des H. gleicht alle 
Verluste wieder aus; ja er und besonders das 
Kaninchen kann in so gewaltigen Mengen auf- 
treten, daß sich die Menschen nicht mehr vor ihm 
zu retten wissen. Besonders waren im Altertum 
Turdetanien und die Balearen von Kaninchen- 
herden heimgesucht. Von der Landplage erzählt 
Strab. III 144, daß sie die Wurzeln der Bäume 
anfräßen und Pflanzungen und Saaten verheerten, 
sich sogar über die Pyrenäen bis nach Marseille 
verbreiteten; wilde Wiesel mit Maulkörben ver- 
wende man zu ihrer Jagd. Und von den Ein- 
wohnern der Balearen berichtet er übereinstimmend 
mit Plin. n. h. VIII 218, daß jene, durch die 
Kaninchen in Hungersnot gebracht, den Kaiser 
Augustus um militärische Hilfe gebeten hätten. 
Viele Kaninchen waren auch auf einer kleinen 
Insel vor Puteoli vorhanden, Athen. IV 401 A. 
Ähnliches hatte Hegesander aus Delphi in seinen 
Denkwürdigkeiten berichtet. Zur Zeit des Anti- 
gonos Gonatas (gest. 240/239) war die H.-Plage 
auf der Insel Astypalaia so groß, daß die Ein- 
wohner das pythische Orakel befragten. Die 
Priesterin antwortete, sie sollten Hunde anschaffen 
und mit diesen auf die Jagd gehen. Das taten 
sie auch, und sie erlegten in einem Jahre über 
60000 H. Diese stammten alle von einem einzigen 
Paare ab, das ein Mann von der benachbarten 
Insel Anaphe dort ausgesetzt hatte aus Rache 
dafür, daß ein Astypalaenser einige Jahre vorher 
zwei Rebhühner nach Anaphe gebracht, die sich 



ebenfalls in erschrecklicher Weise vermehrt hatten 
(Athen. IX 400 Di). Die Inseln Lagussai vor der 
troischen Küste waren nach dem H. -Reichtum be- 
nannt, Athen. I 30 D. Anaxilas von Rhegium 
führte die Tiere in Sizilien ein und setzte des- 
halb einen H. auf seine Münzen, Arist. republ. 
Rhegin. frg. p. 1565 a 7. 

Zubereitung. Luc. hist. 56 rechnet H.- 
Braten unter die feinen Speisen. In den Rittern 

10 des Aristophanes (1192ff.) will der Paphlagonier 
Herrn Volk einen H. schenken, aber der Wurst- 
verkäufer nimmt ihn ihm heimlich weg und be- 
glückt nun selbst jenen mit dieser kostbaren Gabe; 
vgl. auch Ach. 1110 und Cratin. frg. 108. Cha- 
mailcon hatte in seiner Biographie des Simonides 
erzählt, daß dieser, bei einem von Hieron veran- 
stalteten Diner zuletzt, als nur noch die Knochen 
übrig waren, mit H. -Braten bedient, den Vers des 
Homer II. XIV 33 mit geringer Variation zitiert 

20 habe: , Nimmermehr kam er zu mir, wie breit 
auch und feist er gewesen!' Athen. XIV 656 C. 
Archestratos, der berühmte Kochkünstler, be- 
hauptete, es gebe mannigfache Arten der Zu- 
bereitung des H., die beste aber sei, das Fleisch 
nicht ganz durchzubraten, sondern so zu servieren,, 
daß das Blut beim Tranchieren herauslaufe. Die 
anderen Kocharten erschienen ihm der Erwähnung- 
gänzlich unwert, da man bei Öl- und Käsesaucen 
doch an Katzen denke (IX 399 Df.). H.-Klein 

30 (ftifAaQxvg) aß man als Vorspeise, Ar. Ach. 1112;. 
dies war besonders von dem sog. Schwalben-H. 
geschätzt, Diphüos bei Athen. IX 401 A. Es be- 
stand aus der im Blute gekochten Leber oder allen 
Eingeweiden, Gal. VI 699. H.-Milch war besonders- 
bei den Gourmets der Großstadt beüebt, XII 259. 
Die Juden mußten sich des H. enthalten (Lev. 
XI 6; Deut. XIV 7), weil er wiederkäue und die 
Klauen nicht spalte. Falsche Gründe gibt Lam- 
prias im Plutar einsehen Gastmahl 670 E an, so 

40 die Ähnlichkeit mit dem Esel, oder weil die Juden 
den IL wegen seiner Schnelligkeit, seiner im 
Schlafe offenen Augen und seines feinen Ohres. 
(das die Ägypter als Zeichen für ,hören' gebrauch- 
ten) wegen für heilig gehalten hätten. 

Medizinisches. Ar. Equ. 909 bietet der 
Wurstverkäufer Herrn Volk einen H.-Schwanz als 
Taschentuch an: er solle sich die Augen damit 
wischen. In der zünftigen Heilkunde fanden viele 
Bestandteile des H.-Körpers Verwendung, am 

50 meisten das Lab. Dies, drei Tage nach der Men- 
struation genommen, macht steril, heilt den Ge- 
bärmutterblutfluß, wird mit Erfolg gegen Epilepsie 
angewandt, löst im Magen geronnene Milch und 
soll sogar Schwindsüchtigen helfen (Diosc, II 19. 
Gal. XII 274. Plin. n. h. XI 239. XXVIH 202), 
was Galen mit Recht bezweifelt, der es bei dieser 
Krankheit nie zu verschreiben gewagt hat. Da- 
gegen galt es allein oder in A'erbmdung mit 
anderen Medikamenten allgemein für gut gegen 

60 Schlangen (Philum. VJI 12. XVII 7. Diosc. II 
19. Nie. al. 325; ther. 577. 711. 949), Skorpion- 
und Spinnengift (Philum. XV 15. Plin. n. h. 
XXVIII 154). Außerdem nahm man es bei aus 
Hundswut entstandener Wasserscheu (Philum. IV 
12), als Gegenmittel gegen Stierblut (Plin. n. h. 
XXVDI 162), bei Ohrenachmerzen (177), losen 
Zähnen (178), Aneurisma (190), Hasten (194), 
Dysenterie in Brot oder Gerstengrütze (204) oder 



2485 



nase 



auch in lauem Wein (206), um Blutungen zu 
stillen (239), ja in Wein mit Kapern, sogar Krebs 
zu heilen (242). Wenn die Mutter die Saug- 
warzen mit H.-Lab bestreicht, bekommen die Säug- 
linge keinen Brechdurchfall (258). Auch Splitter 
und Geschosse kann man mit seiner Hilfe aus 
dem Körper entfernen (245. XXX 122). Der Ge- 
nuß von vielem H. -Fleisch erzeugt dickes Blut 
(Gal. VI 664; vict. att. 67) und schließlich die" 



H. immer an derselben Stelle beobachtet werden, 
so bedeutet das schönes Wetter, Aelian. hist. an. 
VII 8 ; vgl. XIII 13. In der Nähe des Artemis- 
tempels auf der Insel Ikaros im Arabischen Meer 
waren die H. zahlreich; wenn man auf guten Fang 
rechnen wollte, mußte man vorher zur Gottin 
beten; andernfalls wurde man sogar bestraft, IX 9. 

[Gossen.] 
Haselnuß, Corylus avellana L. nebst Ver- 



usXavroXixv xgäois (VIII 183). Der Kopf, ge- 10 wandten. H. -Schalen fehlen nach Busch an Vor- 
r .. , l r -j. T>-.-..!L^i.j. ,-„+. — 4. „„„™ ,1™ A™-F<,iia« o^sftliifh+lifbp "Rntn.nik 1 (Uff. selten unter den 



röstet mit Bärenfett, ist gut gegen das Ausfallen 
der HaaTe (Diosc. II 19. Gal. XII 334. Plin. 
n. h. XXVIII 166) und wird prophylaktisch gegen 
Zahnschmerz angewandt (Gal. XII 877); seine 
Asche, mit Narde parfümiert, gibt ein empfehlens- 
wertes Mundwasser (Plin. n. h. XXVIII ] 78) ; die 
Asche der Haare braucht man bei Kuhr (209), in 
Verbindung mit zerhackter Lunge bei Frostbeulen 
an den Füßen (221). H.-Blut, warm aufgestrichen, 



geschichtliche Botanik 104ff. selten unter den 
vegetabilischen Überresten der vorgeschichtlichen 
Niederlassungen Mitteleuropas. Aus Italien führt 
er welche an von den Pfahlbauten zu Lagozza 
(neolithische Periode), Lago di Fimon, Varesesee, 
Gardasee = Peschierra, und von der Terramare 
au St. Ambrogio (Bronzeperiode). Auch im Quater- 
nar Roms hat man sie gefunden, weshalb Gö s chke 
in seiner Spezialstudie Die Haselnuß, ihre Arten 



vertreibt Sommersprossen, Leber- und andere Haut- 20 und ihre Kultur (Berlin 1887) schloß, sie müsse 



flecken (Diosc. II 19), sein Genuß ist aber Per- 
sonen, die eine Entfettungskur durchmachen, zu 
untersagen (Gal. vict. att. 67). Gebratenes Gehirn 
braucht man gegen krankhaftes Zittern, zerstoßenes 
gegen die Schmerzen beim Zahnen der Kinder 
(Diosc. II 19. Gal. XII 334. Plin. n. h. XXVTII 
259); Lunge bei Tränenfisteln (172), gesalzen mit 
Weihrauch in Weißwein bei Fallsucht (224); das 
Herz, auf den Körper gebunden, bei Fieber (229). 



in dem nordischen und einem Teile des medi- 
terranen Florengebietes einheimisch sein. G o ir a n 
(Alcune notizie veronesi di botanica archeologica, 
Nuov. Giorn. boten. Italiano XXII 1890, 1) will 
unter den oberitalienischen Funden zwei Formen 
herausgefunden haben. Die eine bezeichnet er als 
var. silvestris (nux eylindriaca) , die andere als 
var. ovata (var. subrotunda ovata); die erstere 
Form unterscheidet das Veroneser Volk als no- 



Mit einem Kippenknochen, der einer Nadel mög- 30 sella von der zweiten, der olane (Buschan a. 



liehst ähnlich sieht, soll man in hohlen Zähnen 
stochern (179). Alte, in Wein aufgelöste Nieren 
treiben die Blasensteine ab (213). H. -Läufe, an 
die Hüften gebunden, heilen Ischias; ein dem 
lebendigen H. abgerissenes Bein, dauernd getragen, 
Podagra (220). Hoden muß man roh verschlingen, 
wenn man Lendenschmerzen hat (199); sie, aber 
auch die Gebärmutter, den Speisen beigegeben, 
bewirken die Geburt von Knaben; die noch un- 



O.). Im heutigen Griechenland ist nach v. Held- 
reich Die Nutzpflanzen Griechenlands, Athen 
1862, 15 Corylus avellana <povvTovxr)a (Früchte 
(powToi'xia oder ÄeTrzoxäQva) ein ziemlich sel- 
tener Strauch, am häufigsten noch in Akarnanien, 
wird aber auch in Gärten gezogen ; weitere Fund- 
orte vgl. Halacsy Conspectus florae Graecae 
III 134, Leipzig 1904. Häufiger wild im Kö- 
nigreiche Griechenland ist Corylus colurna L. 



(jtJtv 11 Ü.U11 uic ycuuiu null juiiiul.u, vmj iiuuii u..i ... e -„~ -.- •> - _ T „ 

geborenen Jungen solchen Frauen, die bereits auf- 40 (ayqia cpovvxavx^a) mit kleinen runden Aussen. 



gehört haben zu gebären, wiederum. Fruchtbar- 
keit (248). Selbst der Mist wurde gegen Kose 
und anderweitig benutzt (210. 235. 249); wenn 
man ihn bei sich trug, vermeinte man, von Hunden 
nicht angebellt zu werden (XXX 147). Harnzwang 
heilte man durch einen Wein, in welchem das 
Gehirn, die gerösteten Hoden und das Lab eines 
IL zusammen mit Gänseschmalz und Gersten- 
graupen aufgelöst waren (XXVIII 215). Dagegen 



Die" meisten H. kommen aus den benachbar- 
ten Provinzen der Türkei in den Handel (z. B. 
in großer Menge vom Berge Athos). Als H. 
deutete Sprengel wohl unrichtig (vgl. Athen. II 
54b) die Qama xdgva des Hippokrates (,-rept 
vovotov VII 133, 11 L; Tzovzixa xaQva VIII 403 t 
208L.) und K. Koch (Die Bäume und Sträucher 
des alten Griechenlands, Stuttgart 1879, 54) will 
unter den xaovai des Sophoklesfragments (frg. 



empfiehlt Cels. II 31 den H. als Lrin treibendes 50 688 N.) bei Athen. JJ 38 p. 52 b 6 xagvai fietiu 



Mittel; einschläfernd nannte ihn der alte Cato, 
Diomed. I 358. Vgl. Plin. n. h. XXX 140. Auch 
schön glaubte man nach seinem Genüsse zu werden : 
Du schickst mir einen H.. liebes Herz, 
Und schreibst dazu: .Acht Tage nur, du weißt, 
Dann bist du schön !* — Ist's, Gellia, kein Scherz, 
So hast du nimmer solch ein Tier verspeist! 
Mart. V 29. 

Volksmund. Aaovjiovs xqsöiv extdvftet sagte 



ts H. verstehen, obwohl der Eingang des Athe- 
naioskapitels (al 'Atxtxol xal oi a/./.oi ovyyoaqpeig 
xoträg nävxa. rix axQÖbgva xaetva leyovaiv) sowie 
das folgende Zitat aus Herakleon von Ephesos: y.a- 
Qva Exälovv y.ai ta; äfivydä/.ag xai ra vvv xaazä- 
vtiia nicht dafür sprechen. Ob die y.ägva ta 
Tilazm ovx eyovza bta<fvv)v ovöefxiav, welche die 
Zehntausend "(Xen. anab. V 4. 29) bei den Mossy- 
noiken fanden, H. oder Kastanien gewesen sind, 



man von Leuten, welche andere um Dinge bitten, 60 ist streitig; Koch a. a. O. erklärt sie für die 



die sie selber besitzen (Diogen. IV 12); also etwa: 
.Ablaß nach Kom tragen.' Aaytog xaßzvbOv von 
solchen, die sich so stellen, als ob sie schliefen 
(Zenob. IV 84): ,Er predigt und glaubt's selbst 
nicht.' Aaywg top negl xoiv xoe&v xqiywv von 
Menschen, die sich unüberlegt in große Gefahren 
stürzen (85): ,Schuster, bleib bei deinen Leisten.' 
VgL Arist. ihet. HI 11 p. 1413 a 17. Wenn viele 



Früchle seiner Corylus pontica, ebenso spricht 
sich V. Hehn Kulturpflanzen u, Haustiere 388" 
für eine große Corylus-Art aus. Ganz unzweifel- 
haft findet sich die H. erst bei Theophrast, der 
sie hiat. plant. III 15, 1—3 eingehend be- 
schreibt: ,Die tJQax?^(ozixij xagva ist von Natur 
wildwachsend — die Früchte der wilden Art sind 
nämlich wenig odeT gar nicht schlechter als die 



<s*o 4 nasüiiiuij 

4er zahmen, auch ist sie winterhart, findet sich 
häufig im Gebirge und trägt in bergigen Gegenden 
reichlich (oQsioig Wimm., <poQaig Aid. Edd., ich 
möchte ßogetotg lesen) , ferner macht sie keinen 
■eigentlichen Stamm, sondern ist strauchartig mit 
rutentörmigen langen und mitunter ziemlich dicken 
Schößlingen ohne viel Seitentriebe und Knoten 
— doch wird sie auch kultiviert. Dann hat sie 
eine bessere Frucht und ein größeres Blatt. Dieses 



naseinuD 



2*öö 



II 28 (VI 609) ßaoilixd nvsg dvoftdtovat xdgva 
zavra ta vvv vjio vzävTCov dnXöig dvofta£<ifieva 
xdgva' xaAsTtcu. de xai älla xiva XsTtxoxdgva, 
7iokXq> fitXQoisQa rovtcov, a MQoaayoQevovaiv eviot 
üovTtxd, In Italien ist Corylus avellana nach 
Arcangeli Flora Italiana 181 auf der ganzen 
Halbinsel und den Inseln gemein, während dieLam- 
hertsnuß (Corylus maxima Mill. = Corylus tubu- 
losa Wildd.) nur für einige Punkte des Nordens 
ist bei beiden Formen gesägt, am ähnlichsten 10 angegeben wird und auch da wohl nur angebaut 



dem der Erle, doch ist es breiter, wie ja auch 
der ganze Baum größer ist. Durch Beseitigen 
der Schößlinge wird die Fruchtbarkeit erhöht 
{vgl. 1 33 ; caus. plant. II 12, 6). Yon beiden Formen 
gibt es zwei Arten : Die eine hat eine runde, die 
andere eine längliche Nuß, weißlicher ist sie bei 
den zahmen. Die schönsten Früchte trägt sie 
auf feuchtem Boden. Durch Umpflanzung läßt 
sich die wilde in die Kulturform überführen. 



Sie hat eine glatte, schülfrige, dünne, glänzende 20 S. 27). 



ist (vgl. Ascherson-Graebner Synopsis der 
mitteleuropäischen Flora IV 378ff.). Der Strauch 
heißt bei den Römern corylus, so schon Cato 
agr. 18, 9 (vgl. Thes. L. L. IV 1080), die Frucht 
nux Abellana von der kampanischen Stadt 
Abella, vgl. Plin. n. h. XV 88. Macrob. Sat. in 
18, 5 nux haec Avellana seu Praenestina y quae 
est eadem, ex arbore est, quae dicitur corylus. 
Serv. Georg. II 65; Aen. VII 740 (s. o. Bd. I 



Rinde mit eigentümlichen weißen Tupfen, das 
Holz ist sehr zähe, weshalb man aus den ganz 
dünnen Schossen, wenn sie entrindet, und aus 
den dickeren, wenn sie gespalten sind, Körbe 
machen kann. Sie haben auch ein schwaches, 
gelbliches Mark, das später schwindet. Eigen- 
tümlich sind ihnen die Kätzchen; vgl. III 5, 5. 
Die H. treibt nach dem Abfallen der Früchte 
ein traubiges (?) Gebilde wie eine stattliche 



Cato macht a. O. aus dem Holze einen orbis 
olearius, nach Plin. n. h. XVI 75 eignet es sich 
für Fackeln, steht aber zur Anfertigung von 
Lanzen der Esche nach, n. h. XVI 228, weshalb 
sie wohl Ovid. met. X 93 fragüis heißt. Die 
Biegsamkeit (in der Jugend) erwähnt Sidon. ep, 
II 9, 8. Die Sträucher wachsen dicht und ge- 
sellt mit Ulmen (Verg. Ecl. I 13. V 3; coryleta 



Ovid. Fast. LT 587) und Föhren (Nemes. Ecl. 
Raupe, mehrere auf einem Sproß , Kätzchen ge- 30 II 87), umsäumen mit Eichen Haine (Col. VII 
narmt. Von diesen besteht jedes aus schuppigen 9, 6) und steigen mit Korn elkir sehen, Eichen, 
Blättchen , die aneinander gereiht sind wie bei den beiden Eschenarten, Ahorn, Buche und Hain- 



den Fichtenzapfen, so daß das Ganze einem 
jungen noch grünen Zapfen nicht unähnlich 
sieht, nur daß es länger ist und fast überall 
von gleicher Dicke. Dieses wächst den Winter 
über (mit Frühlingsanfang springen die Schuppen 
auf und werden gelb) und erreicht eine Länge 
von drei Fingern. Wenn aber im Frühling das 



buche in die Ebene hinunter (Plin. n. h. XVI 
74). Doch soll man sie nicht neben Reben 
pflanzen, da sie diesen schaden (Verg. Georg. II 
299. Serv. z. d. St.), andererseits gelten sie iür 
glückbedeutend (Veranius in Macrob. Sat. HI 20. 
2). Plinius beschreibt die Pflanze n. h. XV 88 ee- 
teris quidquid est solidum est, ut in abellanis, 



Laub ausschlägt , so fällt das Kätzchen ab, und 40 et ipso nueum genere , quas antea Abellinas 

es entstehen die kelchartigen Fruchthüllen der J ' ' " ' ' ' J ' " 

Nuß vom Stiel ab zusammenschließend und in 

gleicher Anzahl, als Blüten waren; in jeder von 

diesen ist eine Nuß (vgl. III 7, 3). Das ist ganz 

evident die Beschreibung einer H. und zwar am 

ersten der Corylus colurna; wenn es also Athen. 

II 53 c heißt 'Eofiwval; de xal Tttuayldag sr 

rXojooaig Atog ßdkavöv qxjai xaXetadat xo Uov- 

jixov xägvöv und ebd. 53 d Aioxlrjg .... rä 



patriae nomine appellabant. in Asiam Qrae- 
eiamque e Ponto venere eae ideoque et Ponticae 
nuees vocantur (vgl. Isid. orig. XVII 7, 24 eo 
quod circa Ponticum mare abundant). has quo- 
que mollis protegit barba, sed putamini nu- 
eleisque solida rotunditas inest, hae et torrentur, 
umbilicus Ulis intus in venire media. Die 
Kätzchen erwähnt er n. h. XVI 120. Eine nux, 
longa, quae voeatur Albana (Priap. 51, 12) deutet 



dk 'BqaxKEOixixd, xalovfteva de Aiog ßdÄavot, 50 Murr Die beschreibenden Epitheta der Pflanzen 

■i'nyrm* Un ™nT. On+ TTT 10 n „ ( 1. ..• .1 _» • -1 T-l' 1.1 T-T 1 * _1_ J. J 



ferner Macrob. Sat. III 18, 7 nux eastanea . . . 
voeatur et Heraeleotica. Nam vir doetits Op- 
pius in libro quem fecit de silvestribus arbo- 
ribus sie ait: Heraeleotica haec nux, quam 
quidam castaneam vocant, so liegt entweder eine 
Verwechselung vor, oder aber obige Notizen gehen 
auf Zeiten zurück, da diese Namen noch schwank- 
ten (vgl. Hehn Kulturpfl. u. Haustiere'' 387). 
Fest stehen sie in der Inschrift bei Boeckh 



bei den römischen Dichtem, Jahresbericht d. 
Staatsgymn. in Marburg 1893, 20 auf die 
Lambertsnuß; Cato nennt agr. VIII 2. 143, 3 
Praenestinas (vgl. Plin. n. h. XV 90) ; ob Ma- 
crob. a. a. O. mit seiner Gleichsetzung recht 
hat, bleibe dahingestellt. Cato empfiehlt (agr. 
133, 2), die H. aus Stecklingen zu ziehen (vgl. 
Plin. n. h. XVTI 69) und zwar im Suburbanum 
(agr. 8. 2); Columella (V 10, 14; de arbor. 22, 3) 



Staatshaushalt II 356 ; IltQotxag tygas xai dfivy- 60 will die tarentinische Sorte der Mandel oder 



dalag xai ' PtQaxlsoyxixa xdQva xai xcovovg xai 
staozdvaia und Athen. LT 53 b IJovzixaiv xa- 
y.ovftEvcav xoqvo>v . a Xojitfid ttveg 6voftdCovoi t 
fivjjftovsvei NlxavÖQog (vgL 54 d). Klar scheidet 
auch Dioscur. mat med. 1 125 W xdqva ßaodtxd, 

3. evtoi ütQaixa xalovat zä de üorund, 

& ifcwi XenzoxdQva xaXovoi; vgl. euporist II 31 
(241) und I 95 (141) , sowie GaL de facult. aL 



H. erzielen, indem er anfangs Mai in einer Setz- 
grube in einen gespaltenen Ferala-Stengel den 
enthüllten Samen steckt und d ann w ieder zu- 
deckt. Plinius will sie (n. h. XVTI 136) im 
Anfang März gesät haben; Palladios rät (agr. 
Ell 25, 31), die Nüsse im Februar *n legen; die 
Früchte reifen im Anfang Juli Die Oeoponica 
heißen sie X 68 xorzuedr xdgvor oder lexzoxd- 



qvöv in einem dem Didymos (s. o. Bd. V S. 445) zu- 
geschriebenen Kapitel (vgl. Gramm. Lat. IV 581, 
Gloss. H 859, 38. 521, 27. IH 88, 14. 256, 18. 
316, 16. 372, 37. 400, 67. 428, 16. II 445, 1. 
in 564, 39. 572, 49), wo sie auch (HI 587, 2. 
607, 24. 616, 34) als nux minor erscheint). Sie 
sollen zur selben Zeit wie die Mandel in einen 
tonhaltigen und wasserreichen Boden gelegt 
werden; es gibt eine runde und eine längliche 
Form, erstere ist schnellwüchsiger. Im Edict. 10 
Dioclet. VI 53 werden enthülste (purgatarum) H. 
erwähnt. Stellen, an denen die H. als Maß für 
andere Dinge angegeben wird, siehe Thes. L. L. 
I 63. 

Über die medizinische Verwendung handeln 
Dioskur. 1 125, der ihnen nachsagt, daß sie Kopf 
und Magen schädlich seien, aber feingestoßen 
und mit Honigmet getrunken veralteten Husten 
heilen. Geröstet (vgl. Apicius VII 303) und mit 
etwas Pfeffer gegessen lindern sie den Katarrh. 20 
Ganz gebrannt und mit Schmalz oder Bäreni'ett 
verrieben stärken sie als Pomade das durch die 
Fuchskrankheit ausfallende Haar. Einige sagen 
auch, daß die gebrannten, mit Öl feingeriebenen 
Schalen bei blauäugigen Kindern Pupillen und 
Haare schwärzen, wenn der Vorderkopf damit 
eingerieben wird (vgl. Plin. n. h. XXIII 150 
Garg. Mart. 54). Galen a. a. O. schreibt beiden 
wenig Nährwert zu, doch immerhin noch mehr 
der H., da sie dichter von Substanz und weniger 30 
ölig sei als die Walnuß, doch ist letztere leicht- 
verdaulicher und besser für den Magen. Beide 
Nuß arten schützen nach der Behauptung vieler 
Ärzte nüchtern mit Raute genommen gegen töd- 
liche Gifte. Celsus de med. III 27, 4 läßt bei 
gewissen Sehnenleiden H. mit Honig essen. Fs.- 
Plinius med. II 6 läßt die Kätzchen im Back- 
ofen dörren, bei Marcellus Empiricus 26, 33 er- 
scheinen avellanae purgatae et excaldatae dräg. 
III in einem froe/meus-ßezept gegen Nieren- 40 
und Blasenschmerzen; bei Theodorus Priscianns 
eup. phaen. 54 wird gegen die affatio oHs, quod 
aptham appellamus gegeben: avellana cum de- 
spumato melle eontrita pro eleetario und logic. 
110 gegen Harnbeschwerden in Honig gerieben H. 
mit Hyoscyamus u. a. Samen. Cassius Felix de 
med. 68 p. 167 darf der von einer Phalangis 
Gebissene während der Kur keine H. essen. 
Nach Anthimus beladen H. den Magen, wenn sie 
mit anderen Dingen gemischt genossen werden. 50 
Folkloristisch kommt in Frage die Stelle Petron. 
137, w r o H. mit einer Beschwörungsformel in 
Wein versenkt werden. Vgl. noch Fischer- 
Benzon Altdeutsche Gartennora 160. A. Schra- 
der Reallexikon der indogermanischen Altertums- 
kunde 395. [Stadler.] 

Hasmon (*p)52Jn , Josephos [s. Indes bei Niese] 
Aoaficavaiog), ist wohl als eine für uns historisch 
freilieh nicht näher greifbare Persönlichkeit auf- 
zufassen. Bei Josephus bell. lud. I 36 (ebenso 60 
Johann. Antioch. frg. 58, FHG IV 558) erscheint 
er als Vater des jüdischen Priesters Mattathia, 
des Erregers des Aufstandes gegen Antiochos Epi- 
phanes, dagegen bei Joseph, ant. lud. XII 265 als 
dessen Urgroßvater, und wird in der L Makk. 2, 1 
»ich findenden, allerdings nur Vater und Groß- 
vater bietenden (dieselben Namen wie hei Joseph, 
a. e. a. O.) Genealogie des Mattathia gar nicht er- 



wähnt. (Wellhausens Pharisäer u. Sadducäer 
94, 1 Vorschlag, hier für den Großvater Simeon 
den Namen H. in den Test zu setzen, ist unwahr- 
scheinlich uud wohl auch von ihm definitiv auf- 
gegeben; s. seine Israel, u. jüd. Gesch. & 259, 1. 
Gegen Grätz Gesch. d. Juden III 5 322, 1 An- 
nahme, der Name Asamonaios sei in dieser Quelle 
im Teit ausgefallen, sprechen die folgenden Dar- 
legungen). Die Nichterwähnung des H. in dem 
I. Makkabäerbuch dürfte nun wohl auf Absicht 
beruhen (Niese Kritik der beiden Makkabäer- 
buch er 44f.); begegnet uns doch in den Makkahäer- 
büchern auch niemals die Bezeichnung Hasmo- 
näer, welche sowohl hei Josephos wie auch in 
der alten hebräischen Literatur für die Nach- 
kommen des Mattathia allein angewandt wird, 
während in diesen Quellengruppen dagegen die Be- 
zeichnung Makkabäer. nach denen man jene andere 
Literatur genannt hat, durchaus vermieden wird. 
Josephos übernimmt nun in den Antiquitäten 
jedenfalls die Genealogie von I. Makk. 2, 1, welche 
den Zweck hat, die besonders vornehme priester- 
liche Abkunft des Mattathia nachzuweisen, und 
wer dieser Abkunft, und zwar mit Recht, skeptisch 
gegenübersteht, der muß methodischerweise auch 
jene ganze Genealogie aufgeben. H. als Urgroß- 
vater des Mattathia in dieser zweiten Genealogie 
des Josephos ist offenbar eine Verlegenheitsan- 
nahme des Josephos, er ist also als solcher nicht 
genügend historisch beglaubigt. Dagegen erscheint 
mir die Persönlichkeit des H. gesichert, ein- 
mal durch ihr Erscheinen in beiden Genealogien 
des Josephos — in die zweite bringt er sie sogar 
gewaltsam hinein — und dann durch die Bezeich- 
nung der Hasmonäer als oi (an) (if) Aoaucovaiov 
(TzaloEQ) (Joseph, ant. lud. XI 111. XIV 490. XVI 
187. XVII 162. XX 190. 238. 247. 249; bell. lud. 
119; vit. 2,4), als rj 'Aoa/xojvaiov yeved (Joseph, 
ant. XIV 491), %6 Acaftowatov yhog (Joseph, ant. 
XV 403), bezw. als ^rmpn (n:a) ",55 (für die 
hebräische Tradition Belege bei Levy Chald. 
Wörterb. und Neuhebr. Wörterb. s. v.). Für die 
auch in Betracht gezogene Ableitung von 'Aoafioi- 
valog von einer Ortschaft oder für seine Auf- 
fassung als Appellativum sind dagegen über- 
zeugende Gründe nicht beizubringen (die genealo- 
gische Deutung vertritt auch Haußleiter in 
Herzogs Realenzykl. f. Prot. Theolog. u. Kirche 
Vn 3 464. Bezüglich des Appellativums sei be- 
merkt, daß eine Wurzel ?:^n trotz Psalm 68, 32 
nicht mit Sicherheit zu belegen ist; damit scheidet 
also auch die Deutung des Synkellos Chronogr. 
p. 543 (Bonn), Asamonaios sei ein Beiname des 
Mattathia [dafür Seh latter Iason von Kyrene 
10, 1], so gut wie aus. Freilich auch im alten 
jüdischen Gebetbuch heißt Mattathia Hasmonai 
[HeTzfeld Gesch. d. Volkes Iisrael II 264], doch 
s. die Anmerkung). Ob nun allerdings H., wie 
Josephos in seiner ersten Genealogie angibt, wirk- 
lich der Vater des Mattathia gewesen ist, er- 
scheint mir auch sehr zweifelhaft*); das Vor- 



*) Als Vermutung sei wenigstens bemerkt, daß 
hier vielleicht ein sprachlicher Fehler des Josephos 
vorliegt, der aus einer hebräischen Form des Stamm- 
vaternamens entsprungen ist (erinnert sei daran, 
daß das Bellum ursprünglich aramäisch abgefaßt 
war). Die griechische Form, 'Aoaftwvaios , ent- 



handensein der anderen Genealogie spricht nicht 
sehr dafür, und Josephos kann sehr wohl seine 
Angabe bloß aus der geläufigen Bezeichnung der 
Hasmonäer als Nachkommen des H. herausge- 
folgert haben (Mattathia als Vater des Simon 
und seiner Brüder stand eben unbedingt fest 
[Nies es a. a. 0. 46, 1; Geschichte d. griech. u. 
maked, Staat. III 234, 5 Zweifel an ihm und sein 
Gedanke, ihn durch H. zu ersetzen, sind unbe- 
rechtigt] , und so nahm man H. einfach in die 
nächsthöhere Generation). Man darf daher mit 
Sicherheit H. wohl nur als den den Namen liefern- 
den Vorfahren der Hasmonäer bezeichnen, man 
darf aber wohl aus der Verschwommenheit seiner 
Persönlichkeit sowie daraus, daß er in der die 
vornehme Abkunft der Hasmonäer prätendieren- 
den Genealogie gar nicht erscheint, noch weiter 
folgern, daß er von geringer, wenn auch wohl 
priesterlicher Herkunft gewesen ist; s. hierzu 
auch das öfters in Erscheinung getretene Be- 
streiten des Rechtes der Hasmonäer auf den hohe- 
priesterlichen Stuhl, Niese Kritik der beiden 
Makkabäerbücher 44f. [Walter Otto.] 

Hasmonaeer, die Nachkommen des Hasmon 
(s. d.). Außer den schon dort angeführten grie- 
chischen und hebräischen Bezeichnungen ist noch 



zu nennen ot 'Aoa/uatvaiot (Joseph, bell. IthL D. 
344. V 139). Die Bezeichnung der H. als Mak- 
kabäer, die von dem Beinamen des Juda Mak- 
kabi herrührt, ist als eine nur irgendwie zeit- 
genössische nicht zu belegen (s. o. den Art. 
Hasmon). Sie hängt zusammen mit dem Titel 
der beiden Makkabäerbücher; wo das prius steckt, 
läßt sich freilich nicht sicher entscheiden. Von 
dem ursprünglich nicht griechisch, sondern wohl 

1 hebräisch geschriebenen ersten Buch kennen wir 
aber noch den allerdings nicht zu deutenden ur- 
sprünglichen Titel (Origenes bei Euseb. bist. eccl. 
VI 25, 2. Schürer Gesch. d. jüd. Volk. HI* 
1941".); da nun das zweite anders als das erste im 
wesentlichen eine Geschichte des Juda Makkabi 
bietet, so liegt es immerhin nahe, daß von ihm 
der Titel Maxxaßai'xd ausgegangen ist und auf 
das erste, das die Geschichte der H. bis 135 
v. Chr. behandelt, übertragen worden ist, und 

20 daß daraufhin erst die Bezeichnung Makkabäer 
entstanden ist. Jedenfalls ist aber Origenes (a. 
a. 0.) der früheste Zeuge für sie. 

Die erste historisch greifbare Persönlichkeit 
der H. ist der Priester Mattathia aus Mode'in 
aus der Zeit Antiochos' V. Epiphanes*). Von ihm 
ab ergibt sich folgende Genealogie der H. : 



Mattathia t 166 
i 



Jochanan Gaddi Simon Tliassi Juda Makkabi 
t 161 (HS/2-135) t 161 



Eleasar Avaran Jonathan Apphus 
(Chavran ?) (Chapphus ?) 

f 163 (152—143/2) 



Jochanan (Johannes) Hyrkanos I. Juda 
(135-104) f 135 

Aristobulos I. (Juda) Antigonos 
(104—103) t 104 



Mattathia 

t 135 



Alexandros (Jonathan-Jannai) 

(103—76) 
vermählt mit Alexandra (Salma?). 
der Witwe des Aristobulos I. 

(76—67) 



Absalom 
f nach 63 



Hvrkanos IT. (Jonathan'- 1 ) f 30 
(67, 63-40) 



Aristobulos IL t 49 
(67—63) 



Alesandra vermählt mit Alexandros Antigonos (Mattathia) 

f 28? t 49 (40—37) 

Aristobulos (Jonathan) f 35 Mariamine t 29 

vermählt mit Herodes I. 



Für die in der Genealogie genannten H. s. Sonder- 
artikel Alexandra Nr. 2 (Bd. 1 S. 1376), Ale- 
xandros Nr. 24. 25 (Bd. I S. 1439ff.), Anti- 
gonos Nr. 8. 9 (Bd. I S. 24191'.). Aristobulos 
Nr. 5. 6. 7 (Bd. II S. 907ff.), Eleazar Nr. 4 
(Bd. V S. 2245), Hyrkanos, Jochanan bezw. 

spricht nämlich gar nicht dem Namen H. , den 
man postulieren muß — nach ihm müßte man 
lAoauwvos erwarten — , sondern einem von H. 
abgeleiteten Adjektiv Hasmonai. Sollte man dem- 
nach nicht 'Aoaficürcüo; an dieser Stelle des Bel- 
lum und auch sonst eigentlich als Bezeichnung 
des Hasinonäers, nicht des H. fassen dürfen, 
eine Bezeichnung, die dann freilich fälschlich auch 
als Namensform für H. selbst gesetzt worden ist; 
Mattathia wäre dann an jener ,Bellum'stelle ganz 
richtig als der Sohn des Hasmonäers (nicht des 
H.) bezeichnet. S. hierzu auch die oben gebotene 
Angabe der alten jüdischen Gebetbücher. 



Joh annes, Jochanan bezw. Johannes Hyr- 
SOkanos, Jonathan, Juda, Juda Makkabi, 
Mariamme, Mattathia Nr. 1. 2; für den bis- 
her nicht behandelten Absalom s. Joseph, ant. 
lud. XIV 71 ; bell. Iud.1 154 (Oheim und Schwieger- 
vater Aristobulos 1 II. wird bei der Eroberung 
Jerusalems durch Pompeius im J. 63 v. Chr. ge- 
fangen genommen) und für die nicht behandelte 
Alexandra. Tochter Hyrkanos' IL und Gemah- 
lin des Alexandros, s. Joseph, ant lud. XV 23 
-87. 166ff. 183ff. 202. 247ff. ; bell Ind. I 438ff. 
60 (Schwiegermutter des Herodes durch die Ver- 
heiratung ihrer Tochter Mariamme mit diesem, 



*) Diese Umnummeriernng des bisher allge- 
mein als 4. Antiochos bekannten Königs scheint 
mir nötig zu sein, da ich nachgewiesen zu haben 
glaube, daß vor ihm sein Neffe Antiochos, der 
älteste Sohn SeleuW IV., wem» aoeh nur kurze 
Zeit regiert hat. S. den Art. Heliodoros. 



«ine heftige und sehr verschlagene Gegnerin ihres 
Schwiegersohnes ; ihr Ziel war die Wiederherstel- 
lung der hasmonäischen Herrschaft. Durch ein ge- 
schicktes Intrigenspiel bei Antonius und Kleopatra 
vermochte sie im J. 35 v. Chr. bei Herodes die 
Ernennung ihres Sohnes Aristobulos zum Hohen- 
priester durchzusetzen. Mit Recht fürchtete sie 
dann freilich für dessen Leben; ihr Fluchtver- 
such mit Aristobulos nach Ägypten mißlang, und 



Ische Religion war hier der Boden doch noch 
nicht genügend bereitet. Der jüdische Glaubens- 
eifer begnügte sich nicht nur , wozu freilich die 
Chasidim neigten, mit passivem Widerstand oder 
gar mit Resignation gegen das Gebot des Syrers, 
sondern er führte zu offenem Kampfe. Diesen 
im J. 167 v. Chr. entfacht zu haben, ist das aus- 
schließliche Verdienst des Mattathia und seiner 
fünf Söhne ; die Chasidim haben sich ihrem Vor- 



sie mußte die Beseitigung ihres Sohnes durch 10 gehen erst angeschlossen. Es ist ein reiner Reli- 



Herodes miterleben. Sie setzte dann bei Kleo- 
patra und Antonius durch, daß Herodes deswegen 
von dem letzteren zur Verantwortung gezogen 
wurde. Er wurde jedoch freigesprochen und ist 
damals trotz seines Mißtrauens gegen Alexandra 
nicht gegen sie vorgegangen. Es scheint, als wenn 
sie ihre wahren Absichten und Ansichten stets aus- 
gezeichnet zu verbergen , eben ausgezeichnet zu 
heucheln verstanden hat und deswegen nicht recht 



gionskrieg, den Mattathias und nach seinem bald 
im J. 166 v. Chr. erfolgten Tode sein Sohn Juda 
Makkabi mehrere Jahre lang und zwar mit 
gutem Erfolg führen. Denn noch Antiochos V. hat 
sich — allerdings wohl erst zu Beginn des J. 164 
v. Chr. und zwar wohl mit Rücksicht auf seinen be- 
vorstehenden Zug nach dem Osten — entschlossen, 
mit den Juden zu paktieren (Wellhausen Nachr. 
Gott. Ges. Phil.-hist. Kl. 1905, 141ff.). Den Auf-. 



zu fassen war. Eine Probe dieser außergewöhn- 20 ständischen ist Amnestie und die Rückkehr nach 



lieben Verstellungskunst hat sie schließlich auch 
bei der Hinrichtung ihrer Tochter Mariamme durch 
Herodes an den Tag gelegt, indem sie die Hand- 
lungsweise des Herodes für gerecht erklärte und 
ihre Tochter des Undankes gegen diesen zieh. 
Als Alexandra bald darauf von der schweren Er- 
krankung des Herodes hörte, da hielt sie ihre 
Stunde endlich für gekommen und machte durch 
Besetzung der beiden Zitadellen Jerusalems den Ver- 



Jerusalem gewährt worden; auch der jüdische 
Kultus wurde wieder erlaubt, Der Tempel zu 
Jerusalem, der von dem König dem olympischen 
Zeus geweiht worden war, wurde Jahweh restauriert, 
feierlich gereinigt und wiedergeweiht. Das Ziel des 
Kampfes erscheint also eigentlich bereits erreicht. 
Wenn trotzdem der Frieden nicht lange gedauert 
hat, sondern der Aufstand sehr bald von neuem 
losgebrochen ist, so ist es natürlich möglich, daß 



such, sich der Herrschaft zu bemächtigen. Dieser 30 auch noch der neue Kampf zur vollen Sicherung 



ist an der Treue der beiden Burgkommandanten 
gescheitert, und jetzt hat Herodes seine alte Feindin 
umgehend hinrichten lassen, wohl etwa Anfang 28 
v. Chr.). Infolge der Sonderartikel erübrigt sich 
hier eine die einzelnen Ereignisse mit genauen 
Quellenangaben registrierende Darstellung der H. ; 
nur ein Bild der Entwicklung ihrer Herrschaft 
sei gezeichnet. 

Im 2. Jhdt. v. Chr. schien sich auch Judäa, 



der religiösen Freiheit der Juden begonnen wor- 
den ist (s. etwa IL Makk. 12, 2), aber es könnte 
sich doch auch schon bei ihm um weitergehende 
Ziele der H handeln. Jedenfalls ist damals 
Juda bereits imstande gewesen, den jüdischen 
Glaubensgenossen außerhalb Judäas im weiteren 
Palästina gegen ihre heidnischen Bedränger zu 
Hilfe zu kommen, auch Raubzuge über die Gren- 
zen Judäas hinaus zu unternehmen. Als dann 



das Zentrum des Judentums in dem damals noch 10 aber — Antiochos Epiphanes ist inzwischen ge- 



durchaus nicht stark judaisierten Palästina, dem 
Hellenismus allmählich zu erschließen; in den 
Kreisen der Höhergestellten, selbst unter den Mit- 
gliedern der hohepriesterlichen Familie fand er 
großen Anklang, die Partei der Griechenfreunde 
war im ständigen Anwachsen gegenüber den 
„Frommen', den Chasidim CAoidatoi), welche be- 
sonders streng an dem alten Judentum, das alles 
von außen Kommende ablehnte, festhielten. Es 



sterben — die syrische Zentralregierung energisch 
in Judäa eingriff, da hat Juda ihr nicht wider- 
stehen können. Ende 163 v. Chr. ist der Aufstand 
zusammengebrochen, aber auch jetzt ist wieder volle 
Religionsfreiheit denXiedergeworfenen zugestanden 
worden. Von jetzt an kann daher auf keinen Fall 
mehr das alte Kampfes ziel als Grund des weiteren 
Aufstandes in Betracht gezogen werden, au seine 
Stelle ist vielmehr ein neues getreten, weltliche 



war daher selbstverständlich , daß Antiochos V. 50 Interessen anstatt der religiösen. Die H. kämpfen 



Epiphanes als glühender Vorkämpfer des Hellenis- 
mus hier ansetzte und der Partei der entschie- 
denen Griechenfreunde zur Herrschaft im hohe- 
priesterlichen Amt verhalf. Er hat sich aber 
schließlich mit dieser Förderung nicht begnügt, 
sondern hat sich dazu hinreißen lassen — die 
große Politik, der Kampf mit Ägypten, das unter 
den Juden, seinen früheren Untertanen, noch großen 
Anhang hatte, ist hierfür jedenfalls ebenso bestim- 



zwar auch jetzt noch nicht für die staatliche Frei- 
heit der Juden, wohl aber für ihre eigene Herren- 
stcllung innerhalb des jüdischen Gemeinwesens 
gegenüber dem legitimen Oberhaupt, dem Hohen- 
priester: der hasinonaische Freiheitskampf er- 
hält dadurch zeitweise sogar den Charakter 
eines Bürgerkrieges. Da nun aber der von den 
Seleukiden bestellte und diesen ganz ergebene 
neue Hohepriester Alkimos ein Anhänger der 



raend gewesen wie der Hellen isierungseif er — die 60 Griechenfreunde war, so macht sich in diesem 



Hellenisierong desLandes gewaltsam durchzusetzen. 
Hierbei hat er sich ganz folgerichtig vor allem gegen 
das Hauptstück des jüdischen Wesens, die jüdische 
Religion gewandt : der jüdische Kultus wurde ver- 
boten. Das gewaltsame Vorgehen des Königs war 
jedoch ein großer Fehlgriff; beruhend auf einem 
starken Verkennen des religiösen Fanatismus der 
Juden ; für den Hellenismus und seine synkretist- 



Kampfe allerdings auch ein jüdisch-nationales 
Element bemerkbar; doch ist dies nicht zu sehr 
in den Vordergrund zu stellen, da die Chasidim 
sich Alkimos als dem durch seine Abkunft legi- 
timen Hohenpriester durchaus gefügt haben. Eine 
wichtige Etappe in dem Kampfe der H. um ihre 
Herrschaft bedeutet alsdann das J. löl v. Chr. ; 
die H. haben damals den ersten Versuch gemacht, 



auch das Ausland für sich zu gewinnen, Juda 
hat sich an Born um Hilfe gegen den neuen 
syrischen König Demetrios I. gewandt. Eine solche 
ist zwar von den Römern nicht gewährt, sondern 
den jüdischen Aufständischen ist offenhar nur das 
Wohlwollen Roms versichert worden (so die meines 
Erachtens endgültige Lösung der alten Streitfrage 
der Beziehungen Judas zu Korn durch Niese 
Oriental. Studien f. Th. Noldeke 817ff.), aber die 
prinzipielle Bedeutung des Vorgehens des Mak- 
kabi wird dadurch nicht berührt; man hat in ihm 
das erste Anzeichen dafür zu sehen , daß man 
auf seiten der H. auch schon die Gewinnung der 
nationalen Unabhängigkeit ins Auge zu fassen 
beginnt. Freilich, dieser Gedanke ist dann wieder 
sofort infolge der schweren Niederlage und des 
Todes Judas 161 v. Chr. in den Hintergrund ge- 
treten. Auf den Kriegshelden Juda folgte nun als 
Führer der rücksichtslose Diplomat Jonathan, 
und dieser hat sich mit der syrischen Regierung 
157 v. Chr. verständigt, also den Gedanken an 
nationale Freiheit vorläufig nicht weiter verfolgt 
gegenüber der Sicherung seiner eigenen Stellung. 
Eine offizielle, amtliche ist ihm damals freilich 
noch nicht zugestanden worden; sie ist ihm erst 
im J. 152 v. Chr. zugefallen, als Folge seiner ge- 
schickten Stellungnahme in den syrischen Thron- 
streitigkeiten. Der syrische Thronprätendent Ale- 
xander Balas hat ihn damals zum Hohenpriester 
ernannt, und seitdem ist die alte erbberechtigte 
hohepriesterliche Familie, sind die Griechen freunde 
von der syrischen Regierung definitiv fallenge- 
lassen. Bald darauf, 150 v. Chr. , ist Jonathan 
von dem inzwischen siegreich gewesenen Balas 
auch die Statthalterschaft von Judäa, d. h. die 
Versehung der königlichen Gerechtsame in die- 
sem Gebiet übertragen worden (Titel: oroaztjyo^ 
xal fi£QtöäQ%r}<;) ; in seiner Hand waren also jetzt 
die höchsten weltlichen und geistlichen Befug- 
nisse vereinigt, die H. waren jetzt die auch vom 
seleukidischen Oberherrn anerkannten offiziellen 
Führer der Juden. Die ständigen Thronstreitig- 
keiten im Seleukiden reich, dessen Schwäche und 
Zerrüttung hat Jonathan auch in der Folgezeit 
geschickt zu verwerten verstanden, ihm ist jedes 
Mittel recht gewesen, um seine Stellung in Judäa 
selbst zu stärken und sein Gebiet über die Grenzen 
Judäas auszudehnen. Dies ist ihm auch in vollem 
Maße gelungen. Jonathan ist am Ende seines 
Lebens nicht mehr seleukidischer Beamter, son- 
dern ein mächtiger Vasall des syrischen Reiches. 
Inwieweit er bereits schließlich daran gedacht 
hat, die syrische Oberhoheit vollends abzuschüt- 
teln, ist schwer zu sagen; die Berichte von dem 
Anknüpfen näherer Beziehungen zu auswärtigen 
Staaten, Born und Sparta, unterliegen doch vielen 
Zweifeln. Die volle Beseitigung des Vasallitäts- 
verhältnisses, die Entlassung aus diesem durch 
die Seleukiden, ist dann auch noch nicht dem 
Nachfolger Jonathans, dem letztüberlebenden Sohne 
des Mattathia, dem Simon 1 143 2—135 v. Chr.) 
gelungen (z. B. die verbreitete Behauptung von 
baldigst ihm zugestandener voller Steuerfreiheit 
beruht auf nicht scharfer Interpretation von I. Makk. 
13, 34; s.auch 15, 2ff. und 26ff.). Freilich sind 
unter ihm viele wichtige Schritte weiter auf dem 
Wege zur vollen Unabhängigkeit gemacht worden ; 
sie ist von ihm als nächstes von den H. zu er- 



reichendes Ziel mit allen Mitteln erstrebt worden, 
und insofern kann man immerhin von Simon als- 
dem eigentlichen Begründer der hasmonäischen 
Dynastie sprechen. Allerdings sollte man hierfür 
nicht die Tradition verwerten, derzufolge Simon 
sich durch einen Volksbeschluß seine Hohepriester- 
würde als erblich in seiner Familie hat bestätigen- 
lassen, denn die Glaubwürdigkeit dieser Tradition 
ist äußerst gering; man hat vielmehr andere gut 

10 beglaubigte Tatsachen ins Auge zu fassen. So 
ist unter Simon die letzte syrische Besatzung in 
Judäa, die der Akra von Jerusalem, vertrieber* 
worden; Simon führte ferner eine eigene Zeit- 
rechnung nach seinen Herrschaftsjahren ein, ihm 
ist das Münzrecht wenigstens für Kupfermünzen 
zugestanden worden, und er hat auch wohl al& 
der erste H. ein offizielles Bündnis mit Rom ge- 
schlossen. Ihm ist es auch bereits möglich gewesen, 
für die Hebung der Wohlfahrt seines Landes ernst- 

20 lieh zu sorgen. Siinon ist überhaupt als wirk- 
lich bedeutender Regent zu fassen (s, auch I. Makk» 
2, 65) ; außer ihm hat das hasmonäische Herrscher- 
haus höchstens nur noch einen, seinen Nachfolger 
und Sohn Jochanan (Johannes) Hyrkanos- 
(135— 104 v. Chr.) aufzuweisen. Unter diesem ist 
auch die endgültige Loslösung der Juden vom syri- 
schen Reich erfolgt ; sofortnach dem Tode Antiocnos" 
VIII. Sidetes (129 v. Chr.), als das Seleukidenreich 
nach dessen Katastrophe im Partherkrieg ganz ohn- 

30 mächtig wurde, hat sich der H. völlig unabhängig 
gemacht. Als souveräner Herrscher hat er dann 
auch zuerst Münzen , die seinen Namen tragen, 
geprägt. Die Eroberungspolitik, die bereits Jona- 
than begonnen hatte, wurde jetzt energisch fort- 
gesetzt; im Norden, Süden und Osten wurden die 
Grenzen erweitert, Samarien, Idumäa und ein Teil 
des Ostjordanlandes wurden jüdisches Gebiet. Die 
Nachfolger Jochanan s , A r i s t o b u 1 o s I. (1 04 
— 103 v. Chr.) und Alexandros Jannai (103 

40 —76 v. Chr.), sind auf dem Wege , das alte 
Reich Davids und Salomos wiederherzustellen, 
rüstig weitergeschritten, und so hat in den 70er 
Jahren v. Chr. das Reich der H. etwa ganz Pa- 
lästina unifaßt. Der religiöse Freiheitskampf 
hat also die Juden noch einmal zu einem poli- 
tisch selbständigen Volke gemacht; so ist aus 
den Trümmern des Seleukidenreiches infolge dessen 
Ohnmacht und nicht so sehr auf Grund der eigenen 
Stärke auch im Westen ein größerer Staat ent- 

50 standen, der von besonderer Bedeutung war als 
der religiöse Mittelpunkt der großen jüdischen 
Weltgemeinde. Auch das Reich der H. ist ein 
Erzeugnis der gewaltigen orientalischen Reaktion 
gegen die griechische Herrschaft im Osten. Das 
jüdische Element in Palästina hat durch die Be- 
mühungen der H. außerordentlich an Ausdehnung 
gewonnen ; Galiläa und Peräa sind überhaupt erst 
durch sie judaisiert, und außerdem noch die 
Idumäer für das Judentum gewonnen worden. 

60 Die H. sind mit Esra und Nehemia einigermaßen 
auf eine Stufe zu stellen; auch sie haben die 
Verschmelzung der Juden mit den Nachbarn ver- 
hindert, die spezifisch jüdische Kultur wieder fest 
gegründet. Aber trotz dieser ihrer Bestrebungen 
haben sie sich doch nicht ganz der Macht des 
Hellenismus entziehen können und wollten es 
offenbar auch nicht. Bereits die Söhne Jochanans 
(Johannes) Hyrkanos fuhren griechisch-jüdische 



XUMHttUUlMTOr 



Doppelnamen*}, die Münzen erhalten seitAleiandros 
Jannai neben der hebräischen eine griechische 
Umschrift, nichtjüdische Söldner stützen seit 
Jochanan Hyrkanos die Herrschaft, Aristobulos I. 
wird sogar als { Pi\kl.'kr\v bezeichnet, muß also 
die hellenistische Kultur direkt begünstigt haben : 
überhaupt darf man sich die Judaisierung Palä- 
stinas durch die H. nicht zu allgemein und zu 
gewaltsam vorstellen, denn Griechenstädte mit 
ihrem Einfluß auch über ihr eigentliches Gebiet 10 
hinaus haben auch in hasmonäischor Zeit im 
Lande zahlreich bestanden. Unbedingter Kampf 
gegen den Hellenismus ist also nur in der An- 
fangszeit die Parole der H. t sie haben sich gar 
bald gewandelt. Das nationale Element, als dessen 
Träger sie emporgekommen waren, kommt ins 
Hintertreffen gegenüber dem dynastischen, die 
religiösen gegenüber den rein weltlichen Interessen ; 
auch sie treten allmählich ein in die große Reihe 
der hellenistischen Herrscher. Sic begnügen sich 20 
nicht mehr mit dem Hohenpriestertitel, sondern 
nehmen den Königs titel an und zwar seit Alexan- 
dros Jannai**); an die Stelle der Theokratie tritt 
seitdem ein priesterliches Königtum, an Stelle 
eines »Papstes', der zugleich auch die weltliche 
Leitung hat, tritt der König, der zugleich Kirchen- 
oberhaupt ist. Der Wandel der Führer hat auch 
einen Wandel in der Gefolgschaft zur Folge, 
er bringt neue Zwietracht in die Reihen des 
jüdischen Volkes. Dieses hatte anfangs in seiner 30 
Menge durchaus hinter Mattathia und seinen 
Söhnen gestanden. Die besonders Gesetzesge- 
strengen, die Chasidim, waren freilich bald (s. 
S. 2493) von ihnen abgeschwenkt; diesen Eiferern 
erschienen die H. als dauernde Führer wegen 
ihrer mangelnden Legitimität ungeeignet. In der 
Zeit des weiteren Freiheitskampfes, als beim 
Volke noch das nationale Element überwog, 
scheinen sie aber zu einer bedeutungslosen Sekte 
herabgesunken zu sein, um freilich nach der 40 
glücklichen Beendigung des Kampfes , als die 
nationalen Bestrebungen verwirklicht waren und 

*) Der Name Jochanans Hyrkanos ist als 
solcher nicht aufzufassen. Durch die griechische 
Form des Namens Hyrkanos darf man sich nicht 
dazu verleiten lassen, sondern der Name Hyrka- 
nos ist innerhalb des Judentums entstanden, hat 
sich aus einem Beinamen von Juden, die in Hyr- 
kanien gelebt haben , herausentwickelt , s. etwa 5(1 
"??=" ? TT, 2. Daß Jochanan nun gerade noch 
diesen Namen angenommen hat — er ist in seiner 
Doppelnamigkeit durchaus mit seinem Vater und 
dessen Brüdern auf eine Stufe zu stellen iL Makk. 
2, 2ff.) — , dafür kann nun allerdings sehr wohl 
seine Teilnahme an dem Partherfeld zuge des 8. 
Antiochos bestimmend gewesen sein; so ist wohl 
Euseb. chron.n 130 Schoene zu erklären. Schür er 
Gesch. d. jüd. Volk. 13 258, 2 ist also zu modi- 
fizieren. 60 

**) Joseph. belL lud. I 72; ant. lud. XLTI 301 
nennt zwar an seiner Statt seinen Vorgänger 
Aiistobulos L, aber Strab. XVI 762 dürfte mit 
der Nennung von Alexandros im Recht sein, da 
nicht nur die Münzen des Aristobulos I., sondern 
sogar noch einige des Alexandros — und dies ist 
meines Erachteng entscheidend — nur den Hohen- 
priestertitel nennen. 

P»nly-WlsBOw»-Xroll VII ' 



xiasuiuuwwr «490 

die religiösen Interessen unwillkürlich wieder in 
den Vordergrund traten, aufzuleben und nun 
unter dem neuen Namen der Pharisäer zu einer 
mächtigen Partei zu werden, welche gegen die 
neuen, nicht legitimen Hohenpriester umso 
schärfer ankämpfen mußte, je mehr diese sich von 
dem Ideal der altjüdischen Theokratie, von dem 
starren Judentum entfernten, je weltlicher sie 
wurden , und durch dies alles sich von dem 
innersten Wesen des Judentums, das sie eben erst 
gerettet, abzuwenden schienen. Es ergab sich 
ferner von selbst, daß die H, infolge dieser ihrer 
Wandlung in enge Verbindung mit denen traten, 
die sie anfangs bekämpft hatten, die gerade durch 
sie ini Volksempfinden diskreditiert worden waren, 
mit der priesterlichen Aristokratie, die damals 
genau wie die hohen Geistlichen des ausgehenden 
Mittelalters und der Renaissancezeit gerade die Ver- 
treter einer weltlich gesinnten politischen Richtung 
waren und dementsprechend auch jeden strengen 
Orthodoxismus in Religion und Kultur verwarf, 
die aber im 2. Jhdt. v. Chr. noch nicht als eine 
besondere dogmatische Partei zu bewerten ist. 
Die Verbindung mit dieser Gruppe der vor- 
nehmen Priester und der ihnen verbundenen nicht 
priesterlichen Vornehmen , den sog. Sadducäern, 
ist nun ein weiterer Grund für die Entfremdung 
zwischen den H. und Pharisäern; die Herrscher 
gewannen zwar den Adel für sich, um aber da- 
für das Volk allmählich zu verlieren. Schon unter 
Jochanan Hyrkanos hat der Umschwung einge- 
setzt; anscheinend ist sogar unter ihm gegen Ende 
seiner Kegierung bereits der vollständige Bruch 
mit den Pharisäern erfolgt. Dieser Gegensatz 
hat sich alsdann unter Alexandros Jannai 
zu einer direkten Gefahr für die Herrschaft der 
H. ausgewachsen. Unter diesem ist es zur offenen 
Rebellion der pharisäischen Partei gekommen 
(Ende der neunziger Jahre). Sechs Jahre lang 
hat der Bürgerkrieg getobt ; die Pharisäer haben 
selbst vor dem Landesverrat nicht zuriickgescheut, 
sich mit dem Seleukiden Demetrios III. verbun- 
den. Allerdings sind sie schließlich unterlegen, 
da ein großer Teil des Volkes noch nicht ganz 
in ihrem Bann gewesen zu sein scheint, die Ehre 
der Nation noch über die Religion stellte und 
sich schließlich aus seiner bisherigen Teilnam- 
losigkeit zur Unterstützung des Königs gegen die 
Pharisäer aufraffte. Der Niederlage der Pharisäer 
ist dann nach kurzer Zeit ein großer Triumph 
gefolgt: die Nachfolgerin des Alexandros, seine Ge- 
mahlin Alexandra (70—07 v.Chr.). hatnichtnur 
mit ihnen Frieden geschlossen, sondern ihnen sogar 
maßgebenden Einfluß auf die Regierung gestattet, 
ihre Vertreter, die Häupter der Schriftgelehrten, in 
den jüdischen Senat, in das Synedrion aufgenom- 
men, das zwar schon unter Jochanan Hyrkanos 
staatsrechtlich von Bedeutung gewesen sein muß. 
da es in den Münzaufschriften neben dem Herr- 
scher genannt wird, dessen großer tatsächlicher 
Einfluß aber offenbar erst aus der Zeit der Ale- 
xandra stammt. Die Pharisäer haben es dann ver- 
standen, in ihm sich bald eine dominierende Stel- 
lung zu verschaffen. Aber den inneren Frieden 
hat auch diese Reaktionszeit, in der nach außen 
das Reich noch ungebrochen dasteht, dem Staate 
der H. nicht wiedergebracht : der jüngere tatkräftige 
Sohn Alexandras, Aristobulos IL, hat sich den 

79 



zurückgesetzten Sadducäern zugewandt, und es ist 
ihm nach dem Tode der Mutter gelangen, den 
rechtmäßigen Erben, den unbegabten Schwächling 
Hyrkanos IL, zu verdrängen und selbst König zu 
werden (67 v. Chr.). So tritt jetzt zu der Uneinig 
keit im jüdischen Volke noch der Zwist im Herr- 
scherhau.se hinzu; denn Hyrkanos ließ sich von 
dem schlauen Idumäer Antipatros zum neuen 
Kampfe gegen Aristobulos aufreizen , und dieser 
Bruderkrieg besiegelte das Schicksal des Kelches. 
Er bietet infolge der Torheit der Streitenden, 
die die Römer als Schiedsrichter angingen, diesen 
Gelegenheit, sich einzumischen. Als schließlich 
Aristohulos gegen den Schiedsrichter Pompeius 
mißtrauisch wurde und sich gegen ihn auflehnte, 
da war es schon zu spät; Rom war jetzt nicht 
mehr gewillt, auf die Beute, die man ihm 
geradezu entgegengebracht hatte, zu verzichten. 
Und so ist 63 v. Chr. Jerusalem in die Hand 
des Pompeius gefallen ; Aristobulos wurde als 
Herrscher beseitigt, zugleich mit ihm aber auch 
die Selbständigkeit des Reiches. Hyrkanos mußte 
mit für die Auflehnung des Bruders büßen, wurde 
tributpflichtiger Vasall Korns in einem stark ver- 
kleinerten Reiche. Der Königstitel wurde den 
H. genommen, nur der Hohepriestertitel blieb, 
es* trat also wieder der weltliche Charakter des 
Gemeinwesens in den Hintergrund, wie es die 
Pharisäer von Pompeius erbeten hatten. Ihrem 
religiösen Fanatismus erschien eben die Beseiti- 
gung eines Reiches von weltlichem Gepräge als 
unbedingte Notwendigkeit; sie haben sich daher 
nicht gescheut, hierzu die Unterstützung des 
Römers anzurufen und ihn um die Abschaffung 
des Königtums zu bitten. So haben also in dem 
Kampfe der 60er Jahre eigentlich die Pharisäer 
gesiegt und nicht einer der beiden Brüder. Mit dem 
kurzen Glänze der H. ist es hiermit definitiv aus; 
Rom ist auch der Juden allgewaltiger Herr ge- 
worden. Hyrkanos, der vollständig in der Hand des 
Antipatros ist, ist gegenüber den jeweiligen römi- 
schen Machthabern im Osten ganz wehrlos, fügt sich 
ihnen und ihren Anordnungen ohne weiteres, und 
die verschiedenen Versuche, welche in den fünfziger 
und vierziger Jahren Aristobulos II. und seine 
Söhne Alexandres und Antigonos im Ver- 
trauen auf den Römerhaß der Juden und das von 
neuem mächtig erwachte nationale Freiheitsgefühl 
unternehmen, sich der Herrschaft in Palästina zu 
bemächtigen, sind nur als Putsche zu bewerten, 
und als solche von keiner großen Bedeutung. 
Antigonos ist es dann freilich 40 v. Chr. mit 
Hilfe der Parther gelungen, Hyrkanos und seinen 
allmächtigen Günstling Herodes zu entthronen : 
er ist der letzte H., der zur Herrschaft gelangt 
ist. Seine Aspirationen — er nennt sich wieder 
König und prägt als solcher Münzen — waren 
aber größer als seine Macht; als Herodes, der an 
Stelle des unmöglichen Hyrkanos von Rom zum 
jüdischen Herrscher ausersehen war, von Antonius 
wirksam unterstützt wurde, da brach seine Herr- 
schaft schnell zusammen. Im J. 37 v. Chr. ist 
er auf Antonius' Befehl hingerichtet worden. 
Jetzt waren nur noch zwei männliche Mitglieder 
des H.-Hauses am Leben. Bereits zwei Jahre 
später ist dann das eine, Antigonos' Neffe Ari- 
stobulos, dem Mißtrauen des Herodes erlegen, 
ohne daß es ihm vergönnt gewesen wäre, eine 



xiaaiuuuuecx 



politische Rolle zn spielen,, und 30 v. Chr, ist 
auch der letzte H., der greise Hyrkanos, der die 
letzten 10 Jahre seines Lebens durchaus als Pri- 
vatmann gelebt hat, von HeTodes beseitigt worden; 
der Usurpator wollte dadurch verhindern, daß 
seine Gegner sich etwa des Entthronten zur poli- 
tischen Propaganda bedienen könnten. Das letzte 
weibliche Mitglied der H. -Familie, eine Tochter des 
Antigonos, begegnet uns im J. 5 v. Chr., als Frau 

10 des Antipatros, des Sohnes des Herodes (Joseph, 
ant. lud. XVII 92). In der weiblichen Linie, in 
den Nachkommen des Herodes und der Mariamme, 
haben sicli die H. freilich noch längere Zeit bis 
zum Tode des wohl kinderlosen Agrippa II. ge- 
halten. 

Die H. , die so kräftig begonnen , sind sehr 
ruhmlos aus der Geschichte verschwunden; sie 
sind erlegen infolge des inneren Zwistes und der 
Allmacht Roms, gegen die sie freilich auch auf 

20 der Höhe ihrer Macht, in der Zeit von Jochanan 
Hyrkanos bis Alexandra, nichts auszurichten im- 
stande gewesen wären. Denn eine über die lokalen 
Verhältnisse hinausreichende, wirklich bedeutsame 
Stellung hat das H.-Reich im hellenistischen 
Staatenkreise sich nicht zu erringen verstanden. 
Die Erfolge , die es erzielt, verdankt es weniger 
der eigenen Macht oder der besonderen Tüchtig- 
keit seiner Herrscher, als der Schwäche der andern; 
selbst das geschwächte Seleukidenreich hat stets, 

30 wenn es sich zu kräftigerem Vorgehen gegen 
die Juden aufraffte, über sie völlig triumphiert. 
Die weltgeschichtliche Bedeutung der H. beruht 
also nicht auf ihrer mehr oder weniger ephe- 
meren Staatsbildung, dem Produkt der zweiten 
Periode ihrer Tätigkeit, sondern durchaus in ihrem 
Wirken für die AufrechteThaltung des Judentums, 
d. h. in den Taten und Kämpfen der ersten 
Generation. Vom Standpunkt der jüdischen Ge- 
schichte aus betrachtet ist aber natürlich außer 

40 diesem auch jene Staatsbildung hoch zu bewerten, 
da durch sie und zwar zum letztenmal ein rein 
nationales und ganz unabhängiges jüdisches Reich 
geschaffen worden ist. Wenn trotzdem im Tal- 
mud der nationale Freiheitskampf der H. und 
ihre politischen Erfolge ganz in den Hintergrund 
treten, wenn sie in ihm überhaupt nicht nur eine 
geringe Rolle spielen, sondern zum Teil direkt 
scharf feindlich behandelt werden, so hängt dies 
mit ihrer Gegnerschaft gegen die Pharisäer zu- 

oOsammen, deren Gesinnung ja im Talmud zum 
Ausdruck kommt. Rein menschlich Erfreuliches 
tritt uns außer bei Juda Makkabi in der has- 
monäischen Familie nicht viel entgegen, dagegen 
eine starke Rücksichtslosigkeit, Wildheit und Grau- 
samkeit, die vor keinen Verbrechen und Schand- 
taten, selbst nicht vor dem Muttermord, zurück- 
schreckte. Ein Mann wie z. B. Alexandras Jannai 
ist sogar das Muster eines orientalischen Despoten. 
Quellen. Neben gelegentlichen Erwähnungen 

60 bei den verschiedensten antiken, auch zeitge- 
nössischen Schriftstellern besitzen wir zusammen- 
hängende, freilieh nicht zeitgenössische Darstel- 
lungen eines Teiles bezw. der gaiusen hasmonäi- 
sehen Periode. Es sind dies: das L ISakkabaer- 
buch für die Zeit etwa tob 170—135 v. Chr., 
das n. Makkabäerbuch Ar die Zeit von etwa 
bald nach 180-161 t. Chc^ftr Quellenwert bt 
neuerdings eirjgehendeö^pft^roflg«n unteraogen 



YÖU1 



HaSSiS 



Hasta 



3502 



-worden. S. Willrich Iudaica 40ff.'lS6£ (vieles 
sehr Hypothetische,«). Niese Kritik der beiden 
Makkabäerbücher (s. auch Hermes XXXV 268ff. 
453ff.), der gegenüber der weitverbreiteten An- 
sicht von dem höheren Wert des I. dem n. den 
Vorzug gibt (ebenso Laqueur Krit. Untersuch, 
zum Lt. Makkabäerbuch), freilich ohne mit seinen 
positiven Ausführungen zu überzeugen; dagegen 
treffen seine negativen Bemerkungen gegen I. viel- 



Lange Rom. Altert. 13 91f. H. ist die charak- 
teristische Waffe der römischen Phalanx, sie wird 
ursprünglich von. allen drei Gliedern derselben, 
nicht bloß von den hastati geführt. Zur Zeit 
des Polybios waren aber nur die triarii mit der 
H., der schweren, zum Stoßen geeigneten Lanze, 
ausgerüstet ; die prineipes und die hastati führten 
das pilum, die leichtere, nur zum Wurf geeig- 
nete Lanze (telum missile), durch deren Ab- 



fach das Richtige. Dieses Urteil etwa auch bei 10 werfen regelmäßig die Schlacht eröffnet wurde. 



Wellha us enNachr. Gott. Ges. PhiL-hist. El. 1905, 
117ff. S. ferner Joseph, bell. lud. I 31—357; ant. 
lud. XH 237— XV 10. Außer der klassischen Lite- 
ratur ist die rabbinische hereinzuziehen ; eine gute 
ZusammensteUung der Angaben der letzteren bei 
DeTenbonrg Essais sur l'hist. et la geogr. de la 
Palestine I 53ff. Über die literarischen Quellen 
— r erhaltene und nicht erhaltene — s. die näheren 
Ausführungen bei Schür er Gesch. d. jüd. Volk, 



Polyb. VI 23, 9. Veget. I 20. II 15. Marquardt 
St.-V. II 327f. 339f. Später ist der Unterschied 
zwischen h. und pilum nicht mehr streng auf- 
recht erhalten worden : vgl. z. B. Paul. Dig. IX 
5. 2, 1. Unter hastete velitares sind die noch 
leichteren Wurfspieße zu verstehen, von denen 
die Leichtbewaffneten der Legion mehrere, fünf 
oder sieben, trugen. Fest. 28 s. advelüatio. Liv. 
XXVI 4. 4. XXXVLTI 20, 1. Lucil. bei Non. 



I^ 31ff. III 4 192ff. Verhältnismäßig wenig kom- 20 p . 552, 31. Ln Zusammenhang mit dieser müi- 



men als Quellen die Überreste irgendwie monu- 
mentalen Charakters in Betracht, wir besitzen 
von ihnen sehr wenig ; am wichtigsten von ihnen 
sind die Münzen, s. Madden Coins of tbe Jews 
74ff. 

Literatur. H. Ewald Gesch. d. Volk. Israel 
IV3 372ff. Grätz Gesch. d. Juden n, 2 2 268ff. 
m& lff. Schürer a. a. O. 1** 179ff. II* lff. 
Wellhausen Israel, u. jüd. Geschieht. 6 248ff. 



tärischen Bedeutung steht die alte römische Sitte, 
tapferen Soldaten eine 7i., gewöhnlich eine pura, 
d. h. ohne Spitze, zu verleihen, andererseits die 
Degradation durch Wegnahme der h. (eensio ha- 
staria) zu vollziehen. Fest. 101, 54. Serv. Aen. 
VI 760. Sali. lug. 85, 29. Snet. Cland. 28. Po- 
lyb. VI 39, 3. Gell II 11. Tac. ann. IV 21. 
Marquardt II 328, 4. 

Ihrer kriegerischen Bestimmung entsprechend 



■de Saulcy Hist. des Machabees ou princes de la 30 findet die h. auch im Sakralwesen Verwendung. 



■dynastic asmoneenne. Herzogs Realencykl. f. 
prot. Theol. u. Kirche VU 3 463ff s. v. Hasmonäer. 
Niese Gesch. d. griech. u. makedon. Staaten III 
2271F. 252ft 261. 281 ff. 294ff. Bevan Thehouse of 
Seleukus II 162ff. 198ff 215ff. 224ff. 238ff. 249. 
256f. 260ff, Für die Chronologie ist grundlegend 
Niese Herrn. XXVIII 216ff. , für die Kenntnis 
der jüdischen Parteien unter den H. : Well- 
hausen Pharisäer und Sadducäer, s. dazu auch 
Schür er a. a. O. 114 447ff. [Walter Otto.j 

Hassig s. Aza. 

Hasta. 1) H. (ursprünglich Schoß, Sproß, 
Reis, verwandt mit dem mittelirischen gas und dem 
lateinisch- keltischen ghas-t Rute, vgl. Walde^ 
s. hasta) bedeutet im gewöhnlichen Sinne eine 
Stange oder einen Stab : so z.B. hasiae de viti- 
hiis Thyrsusstäbe ; hastam reetam ferre bei Paul. 
I>ig. VTII 'S, 7 pr. - einen Stab in die Luft ra- 
gend tragen, was bei der Ausübung der servitus 



Bei dem alten Brauche der Devotion muß der 
sich den unterirdischen Göttern Weihende, ent- 
weder der Feldherr selbst oder ein beliebiger 
Mann des römischen Heeres, während des Aus- 
sprechens einer bestimmten Formel mit verhülltem 
Haupte auf einen Speer treten. Liv. VTII 9, 6. 
Cic. nat. deor. II 3, 10. Aurel. Vict. 27. Die 
Fctialen schleuderten, nachdem der Krieg von dem 
Senat beschlossen worden war, zum Zwecke der 
40 formellen Kriegserklärung eine h. mit eiserner 
Spitze und mit verbranntem und blutigem Schaft 
in das feindliche Gebiet; später wurde dieser 
Lanzenwurf nur noch symbolischerweise von dem 
zuständigen Fetialen in Rom am Tempel der Bel- 
lona vorgenommen. Liv. I 32, 12. Gell. XVI 4, 
1. Cass. Dio LXXI 33, 3. Serv. Aen. IX 52. 
X 14. Ovid. fast. VI 205. Fest. p. 33. Die H. 
ist auch das eigentliche Symbol des Mars; die 
hasiae Martis werden in einer Kapelle (sacra- 



viae zum Schutze der Bäume und deren Früchte 50 rium) der Regia, des alten Königshauses, spä- 



nicht zulässig sein sollte. Folgende speziellere 
Anwendungen von H, sind zu unterscheiden: 

I. Im militärischen Sinne. Dann De- 
deutet es die altrömische National waffe, welche 
nach Festus p. 49. 62 in sabinischcr Sprache 
.curis' (= quiris) genannt wurde. Macrob. Sat. 
19, 16. Ovid. fast n 475. Serv. Aen. I 292. 
Isid. orig. IX 2, 84. Eine Beziehung zu dem 
Namen Quirites als Einheitsbezeichnung für die 



teren Amtslokals des coUeqium pontificum, auf- 
bewahrt. Serv. Aen. VTH 3. Gell. TV 6, 2. 

IL Im rechtlichen Sinne erscheint h, 
— dann gleichbedeutend mit fesiuea — als Sym- 
bol des iustum dominium mit Beziehung auf 
das kriegsmäßige Beuterecht: bes. Gai. IV 16. 
Fest. p. 101. Hieraus erklärt sich auch die Auf- 
stellung der h. bei den Sitzungen des Centum- 
viralgerichts, welchem ein praetor ad hastam 



vereinigten Ramnes und Tities ist offenbar vor- CO {hastarivs) vorstand und dessen Abteilungen selbst 



handen; diese Herleitung aus dem Sabinischen 
und die Namengebung durch die Tities würde 
zu der allgemeinen Tatsache stimmen, daß die 
Tities als leitender Stamm in das römische Ge- 
meinwesen eingetreten sind. Vielleicht kann aber 
auch angenommen werden, daß die Lanze als 
Symbol des Gottes Quixinus, des Heros eponymns 
der Quinten, hasta quiris genannt worden ist; 



hastae hießen ; denn von altersher waren diesem 
Gerichtshofe die zivilrechtlichen Vindikationen zur 
Entscheidung überwiesen. Val. Max. VII 8. 1 
—4. Suet. Aug. 36. MartiaL VTI 63, 7. Plin. 
ep. V 9, 5. VI 33, 3. Paneg. in Pis. 41f. Quintil 
inst. XH 5, 6. V 2, 1. CIL X 8260. VI 1365, 
Pomp. Dig. I 2, 2, 29. Mommsen St-R. ü» 
225, 2. Im Zusammenhang mit dieser symboli- 



2503 



Hasta 



Hasta 



Zötf* 



sehen Bedeutung der H. steht weiter ihre Ver- S. 1591ff.). Darüber, wie dieselbe im einzelnen De- 

wendung bei den öffentlichen Versteigerungen und schaffen war, sind wir in völliger Unkenntnis. Aueht 

Verpachtungen (auetiones et focationes), Ursprung- fernerhin warenalle PhalangitenLanzenkämpfer. In 

lieh offenbar bei dem öffentlichen Beuteverkauf der um die Zeit der Samnitenkriege aufkommenden, 

durch den Quaestor, um die kriegerische Erwer- Manipularstellung (vgl. darüber Fröhlich Bei- 

bung der Beute und auch die staatliche Autorität träge zur Gesch. d. Kriegführung u. Kriegskunst 

des Aktes anzudeuten, Liv. II 14, 2. Y 16, 7. der Römer 21. Delbrück Hist. Zeitschr. LX 

VI 4, 2; später wird das Zeichen auf sonstige 1888, 243. Liebenam a. a. 0. 1594). führten: 

Verkäufe von Staats wegen (d. h. durch einen nur noch die im Hintergründe stehenden, gegen 
Magistrat im Namen des Volkes, besonders bei 10 Ende der Schlacht geschlossen : vorstürmenden. 

bona publicata) übertragen: hastam ponere in Triam die H. (Liv. VUI 8, 10. Polyb. VI 23, 16 

foro {pro aede lovis) als signum venditionis nach und dazu Marquardt a. a. 0. 3S9. 359. Momm- 

dem ius hastae. Liv. XXIII 38, 7. XXIV 18, sen a. a. 0. 438. Ed. Meyer a. a. 0. 144. 

11. Cic. Phil. II 64. 103; de offic. II 27. 83; Delbrück Gesch. d. Kriegskunst 12 280), die- 

ad Att. XII 3. Tac. bist. I 20, 10; ann. III 31, beiden vorderen Glieder, die Hastati und Princi- 

23. XIII 28, 16. Suet Caes. 50; Octav. 24. Fest. pes, vertauschten die Stoßlanze mit dem Pilum. 

p. 101. Orelli-Henzenzun. 2379. 6153. Auch 223 v. Chr., in dem Kampfe mit den Insubrern, 

die späteren auetiones s. subhastationes und die mußten die Triarier ihre langen Lanzen an difr 

Fiskalverkäufc werden allemal unter der I.anze vorderen Glieder abgeben, die damit die feind- 
abgehalten: tit. Cod. Theod. X 17. Cod. Iust X 3. 20 liehen Schwerthiebe unwirksam machten, vgl. 

Hasta codibaris wird mehrfach erwähnt bei Polyb. II 33, 4 f. Ein gleiches Verfahren wen- 

der Beschreibung der feierlichen Hochzeitsbräuche: dete nach Plutarch (Camill. 40, 4. 41, 5) bereits 

vor der Hochzeitsfeicr wurde nämlich das Haar Camillus 367 v. Chr. an. Doch hat Plutarch nach 

der Braut nicht mit einem Kamine geordnet, son- Ed. Meyer a, a. O. 144, 1 Polybios Erzählung" 

dem mit einem an der Spitze gekrümmten Lan- irrtümlich mit Camillus in Zusammenhang ge- 

zeneisen, hasta coelibaris genannt. Fest. p. 62. bracht. Mit Unrecht verdächtigt Delbrück 

Irnob. II 67. Flirt. Rom. 15; quaest. Rom. 87. (Gesch. d. Kriegskunst 1 312) auch Polybios' Bericht. 

Ovid, fast. II 560. Über die Herkunft und Be- Von der eigentlichen K. der langen, schweren 

deutung dieses symbolisierenden oder abergläu- Stoßlanze, ist die von den Veliten (s.u. Velites) 
bischen Brauches waren die Kömer später selbst 30 getragene h. vditaris (Fest. p. 28. Liv. XXXVIII 

im unklaren. Marquardt Privatl. der Bömcr 20, 1), griech. ypöorpog (Polyb. VI 22, 3), die 

X 44 [Klingmüller.] kurze, leichte Wurflanze (Cic. Brut. 271 hasta 

2) Die älteste und eine Zeitlang wichtigste amentata; de orat. I 242. Liv. XXIV 34, 5. 
Angriffs wafte der Römer war die Lanze (vgl. XXX 33, 15. XXXI 31, 5. XXXVIII 21, 13;. 
v. Arnim Tned. Vatic. Herrn. XXVII 1892, 121), daher Liv. XXVI 4, 4f. auch iaeulum genannt), 
ursprünglich mit dem sabimsch.cn Worte curia nach Plinius n. h. VIT 201 ursprünglich eine- 
bezeichnet (Fest. p. 49. Ovid. fast. II 177. Serv. etruskiache Waffe (O.Müller Die Etrusker 12 
Aen. I 292. Macrob. Sat I 9, 16. Isid. orig. IX 368), wohl zu unterscheiden. Ihr Schaft war 
2, 84. Schrader Reallexikon d indogerm. Alter- nach Polybios a. a. 0. nur zwei Ellen lang, einen 
tumsk. 786. Walde Latein, etymolog. Worter- 40 Finger dick und mit einer kurzen, dünnen, leicht 



gottes, die wenr uer Kriegs uereiiieii jvumei , uei tico luju. jiui.gi;« t ^ii a ■""" x. v f . .*.... „ r .-™.~ 
lanzentragenden Quirites (Mo mm sen R, G. I 7 Zeit war daran, wie es scheint, noch eine Wurt- 
69 Anm. Marquardt St.-V. 112 328), dazu das schlinge angebracht, vgl. Cic. Brut. 271. Die 
uralte Abzeichen der römischen Könige (Iustm. Zahl der von den Veliten getragenen Wurf lanzen 
ep XLIII 3, 3 Heibig Abb. Ges. Göttingen betrug nach Liv. XXVI 4,4. Frontin. strat. IV 
phil -hist Kl. 190S N. F. X nr. 3, 30f.) Die 7, 29. Val. Max. II 3, 3 sieben, nach Lucilius VH 
H. der römischen Urzeit beschreibt Properz (V 33 bei Non. Marceil. p. 533. 3 fünf; vgl. Mar- 
1, 28) als einen Holzspeer mit am Feuer gebär- 50 quardt a a. 0. 343, 5. Ebenso dünn und zer- 
teter Spitze (Hei big a. a. 0. 271). Die in der brechlich wie die H. velitaris muß nach Polyb. 
Nekropole von Alba Longa, der ältesten Latincr- VI 25. 5 f. die altrömisihe Reiterlanze gewesen 
stadt gemachten Funde sind dadurch bemerkens- sein. Später dagegen bekamen die Reiter zufolge 
wert, daß daselbst bereits metallene Lanzenspitzen, Polyb. VI 25. 8f, feste, oben und unten mit eisernen 
aber noch keine Schwerter zum Vorschein ge- Spitzenversehene Stangenlanzen; vgl. Mar quardt 
kommen sind (Heibig Die Italiker in der Po- a. a. 0. 347f. Kubier o Bd. VI S. 2/9. 
ebene 78). Nach der Servianischen Heeresord- Gegen Ende des 2. Jhdts. v. Chr. machte 
nung der Überlieferung waren nicht nur die An- Marius das Pilum zur gemeinsamen Waffe aller 
o-ebörigen der drei ersten in der geschlossenen Legionare (Marquardt a. a. 0. 437. Mommsen 
Phalanx stehenden Klassen, sondern auch die als 60 a. a. 0. II" 194. Delbrück a. a. 0. 436f. Liebe- 
Leichte kämpfenden Glieder der vierten Klasse nam a. a. Ü. 1600), so daß nunmehr nur noch 
mit der langen (Serv. Aen. I 292 1. schweren die Hilfstruppen mit der Lanze bewaffnet waren. 
Stoßlanze, griechisch öögv. ausgerüstet (Liv. I Auch in der Kaiaerzeit diente die H. Tor 
43, lff. VUI 8, 5. Dion. Hai. IV 16, 2. 17, 1 allem den Uves colwrtes, den I^drfbewaflMiten, 
und dazu Marquardt a. a. 0. 326f. Momm- als Angriffswaffe; vgL Tac ann. XII 45. Mar- 
sen a. a. 0. 92. Ed. Meyer im Apophoreton der quardt a. a. 0. 470, 1 und eine Anzahl rtwmi- 
Graeca Halensis (1903) 143ff. Delbrück Gewh. scher Grabreliefo, anf wel^ OAörtalfln zwei 
d. Kriegskunst I« 265. 268f. Liebenam o. Bd. VI leichte WuTflansen in der Rechten haltend d*r^ 



zsmio 



nasua 



■gestellt sind, z. B. CIL XIII 7684 — Bonn. Domaszewski (Westd. Zeitschr. XIV 1895, 93) 

Jahrb LXXVH 1884, 14-37 Taf I 1 = Bau- die als Hastiliarii bezeichneten Equitea singu- 

meister Denkmäler LH 2054 Abb, 2267: aus lares — vgl. CIL VI 224 und dazu Westd. Zeitschr. 

4er ersten Hälfte des 1. Jhdts. CIL XIH 7507 a a. 0. 48. CIL VI 3192. 3226. 3284. 32807. 

= Lindenschmit Die Altertümer unserer heid- 32848 — gewesen zu sein. 

Tusch. Vorzeit I 10, 5, 1 = ders. Tracht und Be- CIL VLTI 2562 werden nach v. Domas- 
waffhung des röm. Heeres während der Kaiser- zewski (a. a. 0. 88, 356) auch fünf hastiliarii 
Tzeit Taf. VI 1 = Baumeister III 2056 Abb. der equites legionis III Augustae erwähnt. Ein 
2269- aus dem Anfang des 2 Jhdts. CIL XIII Legionsreiter mit der Lanze ist beispielsweise 
7582 = Lindenschmit Tracht Taf. VI 2. Bild 10 CIL XIII 8059 (aus der ersten Hälfte des 
CXTHder Traianssäule (C ich orius Taf. LXXXHI 1. Jhdts.) = Bonn. Jahrb. LV/LVI 1875 Taf. 
300, Text III 21 7f. 223) zeigt zwei Auxiliare auf V 1 = Daremberg II 785 Abb. 2737 = Li n- 
Vorposten, sich auf ihre Lanzen stützend, die sie denschmit Tracht Taf. VII 1 (Wiedergabe un- 
mit^der Fechten am oberen Schaftende ergriffen genau) abgebildet, ein Reiter der achten präto- 
haben. Mit der Lanzo ausgerüstet waren ferner Tischen Kohorte mit der nämlichen Waffe CIL 
4ie römischen Flottensoldaten , vgl. die Abbil VI 2672 = Daremberg II 787 Abb. 2748 
-düngen von CIL III 556a. Archäol. Zeit. XXVI = Amelung I Taf. 28 nr. 137a. Aber die H. 
1868 Taf. V, und CIL III n*l09. 7290. 7323. war nicht nur eine Soldatenwaffe, sondern wurde, 
Leipziger Stud. f. Philologie XV 1394 Taf. IV. wie zahlreiche bildliche Darstellungen erkennen 
VI. VII. 20 lassen, auch vom Feldherrn, bezw. vom Kaiser, 
Die schwergerüsteten Fußtmppen, insboson- wenn er sich im Felde befand, als Zeichen der 
<Lere die Legionare, führten Tac. ann. XII 35 Herrschaft — vgl. Festus p. 62 h. summa ar- 
zufolge in der Kegel das Pilum (s. den Art. Pi- morum et imperii est und dazu lustin. ep. XLIII 
lum), Wohl als Ausnahme hat es zu gelten, daß 3, 3 — getragen. Auf eine Lanze stützt sich der 
auf einem in Eheinhessen gefundenen Grabsteine siegreiche Feldherr, der auf einer in Kastell Nieder- 
<CIL Xni 7255 = Lindenschmit Altertümer biber gefundenen Silberplatte dargestellt ist; vgl. 
I 9, 4, 1 - Tracht Taf. V 1 = Baumeister III Lindenschmit Altertümer I 7, 5, 1. Auf Bild 
2053 Abb. 2266 [nach Hübner Exempla scrip- LXXXVI der Markus säule (PetersenTaf.XCVIB, 
turae nr. 206 aus der Zeit des Tiberiusj) der in Text 82) tragen die Begleiter des Kaisers in der 
leichter Uniform dargestellte Legionär Publius 30 Linken je eine zu Boden gerichtete H. Auf 
Flavoleius statt des Pilum eine h. amentata trägt, Bild XXV der Traianssäule (Cichorius Taf. 
Aerm etwa in der Mitte des Schaftes angebrachte XX 63, Text II 122, 126) betrachtet der Kaiser, 
Riemenschleife {amentum) sein rechter Zeigefinger in der Linken die nach unten gesenkte Lanze 
berührt Mit Hilfe des amentum (Cic. de orat. haltend, die feindlichen Befestigungen. Die H. 
I 242. Fest. p. 12. Serv. Aen. IX 662. Sil. Ital. in der Linken hält Marc Aurel auf Bild IV, 
IV 14f. IX 509. Isid. orig XVIII 7. 6) war es XCVI und C der Marcussäule (Petersen Taf. 
möglich, eine Lanze achtzig Meter weit zu schleu- XI B. CIVB. CIX A, Text 53. 86. 87) eine An- 
dern, d. i. viermal soweit als ohne dasselbe; vgl. spräche an die Truppen. 

dazu VercheTe de Beffye Kev. arch. nouv. Der Schaft der römischen Lanze, das Jmstüe t 
scr. X (1864) 345. Waß'mannsdorf XXIV. 40 wurde mit Vorliebe aus festem Eschenholz ge- 

Philol. Vcrsamml. Heidelberg (1865) 208. Bau- schnitten; vgl. Ovid. met. X 93. XU 323f. Plin. 

meist er Denkmäler III 2077. Unklar ist die n. h. XVI 228. Angaben über seine Länge 

Bestimmung der drei auf den Bandleisten des fehlen. Nach Festus p. 54 bestand eine mili- 

<lem Legionär Annius Salutus errichteten Grab- tärische Strafe darin, Soldaten, die sich ver- 

steins (CIL XIII 6953 — Lindenschmit Alter- gangen hatten, eine dem Verschulden angemessene 

tümer I 9, 4, 2) abgebildeten Lanzen. Von den Anzahl Lanzenschäfte hauen und zurichten zu 

reitenden Truppen der Kaiserzeit waren die lassen (Mommsen St. -K. II 3 396, 2). Ein Lan- 

Auxiliarreiter mit dem Contus (s. o. Bd. IV zenschub, dazu bestimmt, beim Niedersetzen der 

S. 1170) bewehrt, die Equites singulares, die H. ein Absplittern des unteren Schaftendes zu 
Legionsreiter und die Heiter der prätorischen 50 verhüten, wurde in Kastell Osterburken gefunden; 

Kohorten dagegen mit der H. Besonders häufig vgl. v Sarwey und Hettner Der obgerm.-raet. 

mit der Lanze abgebildet sind die Singularreiter, Limes des Bömerreichs 2. Lief. (1895) Taf. VII 

vgl. die Grabsteine CIL VI 3177 = Amelung 35. Die von einem bald stärkeren (hohlen) bald 

Die Scuipturen des Vatic. Mus. II Taf. 26 nr. 102/?. schwächeren Mittelgrate durchzogene Lanzenspitze 

CIL VI 3202 = Daremberg Dict II 790 Abb. war in der Regel nicht unmittelbar am oberen 

2746 = Amelung I Taf. 28 nr. 137. CIL VI Schaftende angebracht, sondern, damit sie fester 

3228 = Amelung ebd. nr. 137c. CIL VI 3280 aufsaß, mittels einer starken Metalltülle daran 

und dazu Müller Philol. XL 1881,259. Matz befestigt. Über Form, Größe und stoflliche Be- 

Antike Bildwerke in Born HI 177 nr. 3883. schaffenheit der römischen Lanzenspitzen liegen 
Amelung I Taf. 96 nr. 64. Nur der Eques 60 zurzeit abschließende Einzeluntersuchungen, welche 

singularis Gemellinus (CIL VI 3261) soll nach alle Ergebnisse der überaus zahlreichen Funde 

Müller (a. a. 0. Anm. 11) ein Pilum in der sorgfältig verzeichnen und verwerten, noch nicht 

Hand haben. Auf Bild V der Traianssäule (Ci- vor. Auf Grund einer Vergleichung von gefun- 

<horius Taf. VIII 16—18, Text II 37. 39) denen Laozeaspitzen mit den bildlich darge- 

f>ehen wir eine Anzahl im Vorrücken begriffener stellten weist Lindenschmit (Tracht 14) vor 

Singnlarreiter ihre Pferde führen und die Lanze allem zwei Grundformen derselben nach: entweder 

Über der Schulter tragen. Ein Elitekorps der sind die Seiten der Klinge gradlinig gebrochen, 

Trappe, die ,StabekavaÜerie 4 , scheinen nach v. oder sie verlaufen nach der Tttlle zu in ovaler 



2507; 



Haste 



Hasta puta 



z&o$ 



Rundung. Die erstere Form zeigt z. B. eine im 
Nydamer Moor gefundene 31 cm lange Eisen- 
spitze (Lindenschmit Tracht Taf. XI 19), des- 
gleichen zwei in Mainz gefundene von 24 hezw. 
13 cm Länge (Lindenschmit Altertümer IV 
46, 14, 1.4); das gleiche Aussehen haben z. B, 
die Lanzen der Cohortalen Daverzus (CIL XIII 
7507) und Licaius (CIL XIII 7582) (s. o.), des 
Flottensoldaten Kufmus (CIL* III 556a) (s. o.), 
des Legionsreiters Marius (s. o.) , des Reiters 
Saturninus der achten prätorischen Kohorte (s. o.), 
sowie der Singularreiter auf Bild Y der Traians- 
säule (s. o.). Von ovaler Form (blattförmig) da- 
gegen ist z. B. eine 15 cm lange Eisenspitze ans 
Mainz (Lindenschmit Altertümer IV 46, 14. 
2), eine 19 cm lange aus Alise St. Keine (Lin- 
denschmit Tracht Taf. XI 17, vgl. dazu Ver- 
chere de Reffye Kev. arch. 1864 nouv. s£r. 
X 343f.), desgleichen eine von 36 cm Länge ans 
Rheinhessen (Lindenschmit Tracht Taf. XI 18); 
von der nämlichen Form sind z. B. die Lanzen- 
spitzen des Cohortalen Firmus (CIL XIII 7684, 
s. o.), sowie die des Legionars Flavoleius (s. o.). 
Bei militärischen Waffen Übungen wurde an der 
Lanzenspitzc, um die Wirkung des Wurfes oder 
Stoßes abzuschwächen, eine Kugel (püa) aus Kork 
oder Leder angebracht: eine solche Lanze hieß 
h. praepüata, vgl. Liv. XXVI 51, 4. Hirtius 
bell. Afr. 72, 6. Quintü. inst. or. V 12, 17. Lite- 
ratur: Lindenschmit Die Altertümer unse- 
rer heidn. Vorzeit 1858ff.; ders. Tracht und Be- 
waffnung des röm. Heeres während der Kaiserzeit 
(1882) 31 14. 21ff. Jahns Handbuch e. Gesch. 
des Kriegswesens (1880) 199. Marquardt St.-V. 
112 (1884) 326ff. 333. : J .39. 343. 359. 437. 470, 
1. A. Müller in Baumeister Denkmäler des 
klass. Altertums III (1888) 2047ff. 2053ff. 2076ff. 
Beurlier in Daremberg-Saglio Dict. III 
(1900) 38-40. Liebenam ' o. Bd. VI S. 1591ff. 
1594. Delbrück Gesch. d. Kriegskunst 12 (1908) 
265. 268f. 280. 312. [Fiebiger.] 

3) Hasta, heute Asti am linken Tanaroufer 
in Ligurien (IX. Region), Plin. III 49. Cassiod. 
var. XI 15, wird erst in der Kaiserzeit erwähnt, 
war aber gewiß einer der ersten römischen Stütz- 
punkte im Keltenland ; darauf dürfte Name und 
Zuweisung zur Tribus Poltia (CIL V 7559. 7566f. 
7577, Pais971. CIL VI 2902. XIII 2, 6875. 6890. 
8057. !N T ot. 3. seav. 1889, 287) weisen; vgl. Bor- 
mann Arch.-ep. Mitt. X 226f. Als Kolonie ist H. 
nur von Ptolem. III 1, 41 bezeichnet. Plinius 
XXXV 160 rühmt die keramische Industrie der 
Stadt (vgl. Walters History of ancient pottery 
II 417). Im J. 402 hielt sie erfolgreich Alarich 
stand, Claudian. de consulat. Honor, 203, auf der 
römischen Synode von 465 erscheint ein Bischof 
von H. (Mon. Genn. Auct. ant. XII p. 505 In- 
dex). Die Stadt erhielt anläßlich eines Not- 
standes in Ligurien 534 eine Unterstützung 
seitens der gotischen Regierung. Sonst ist H. 
noch genannt CIL V 7555. 7563, Tab. Peut. und 
auf einer Karte der römischen Feldmesser (dazu 
Schulten Herrn. 1898, 551). Vgl. CIL V p. 857. 
Grassi Storia della cittä d'Asti 1890 (nicht ge- 
sehen). Nissen Ital. Landesk. II 156. 

4) Station der Via Anrelia in Etrurien, nach 
Tab. Peut. nenn Miilien südlich vom untersten 
Ombrone; vgl Geogr. Rav. IV 32. V 2. 



5) Station der ligarischen Küstenstraße, nach 
der Tab. Peut. 33 Miilien westlich von Genua;. 
vgl. Geogr. Rav. V 2. [Weiss.] 

6) Hasta {so Mela III 1. 4. Plin. n. h. LTt 
11. Itin. Ant. 409, 4. CIL XI p. 499 ; Asta : Strab. 
III 1 40. Geogr. Rav. 4, 43) mit dem Beinamen Regia. 
(Plin. : IL quae Regia dicitur), nach Plinius mit 
den Städten Nabrissa (heute Lebrija) und Colo- 
bana ,inte,r aestuaria Baetis', nach den Itinera- 

lOrien auf der Straße von Gades nach Sevilla ge^ 
legen, wird mit dem Hügel ,Mesa de Asta' (25 km 
nördlich von Puerto S. Maria, 15 km südlich vom 
Lebrija) identifiziert, wozu die Itinerarien einiger- 
maßen passen. H. wird bereits im J. 186 (Liv. 
39. 21) und 168 u. Chr. erwähnt (C. H 5041). 

. [Schulten.] 

7) s. Ninnius. 

Hasta pura. Das älteste und ursprünglich 
einzige donum rnilitare (s. o. Bd. V S. 1529) 

20 der Römer, die k. donatica, wurde zunächst ohne- 
Unterschied des Ranges und Standes für außer- 
gewöhnliche Tapferkeit verliehen, vgl. Polyb. VI 
39, 3. Sallust. bell. lug. 85, 26. Festus p. 62. 
101. 201 M. Dion. Hai. X 37,3. Val. Max. LH 
2, 24. Gellius II 11, 2. Cass. Dio ed. Boissevain 
I p. 73. Die Auszeichnung war gewiß uralt. 
Sicher bestand sie bereits vor Mitte des 5. Jhdts. 
v. Chr. (Heibig Abh. Ges. Göttingen phiL-hist.. 
KL N. F. X 1908 nr. III llf.), da im Zwölf- 

30 tafelgesetz der Kranz als weiteres praemium vir- 
tutis erscheint (Mommsen St.-R. I 3 426, 2). 
Dargestellt ist die altrömische Ehrenlanze auf 
einer bei Chieti gefundenen Schale aus Terra 
sigillata, sowie auf römischen Kupfermünzen des 
Sextantarfußes aus der Zeit des ersten Punischen 
Krieges (Heibig a. a. O. 8f. u. Taf. 1). Danach 
hatte sie die Form eines Stabes mit runden 
Knäufen an beiden Enden. Dazu stimmt Varros 
Beschreibung bei Serv. Aen. VI 760, der sie als. 

40 eine h. p. id est sine ferro, als eine Lanze aus- 
einem und demselben Stoff ohne Metallspitze be- 
zeichnet. Auch berichtet Cass. Dio ed. Boisse- 
vain I p. 73 die Verleihung von fidoaza äoidrjQft 
im J. 396 v. Chr. (Heibig a. a. O. 3. 13f.). 
Die alfcrömische H. p. war nach Hei big (a. a. O. 
3011*. 38) in der Form wie im Stoff wohl dem 
ursprünglichen Abzeichen der italischen Könige, 
der hasta (lustin. ep. XLIII 3, 3. Verg. Aen. VI 
760. Fest. p. 62 M.). nachgebildet, die wir uns 

50 nicht als Waffe, sondern als Holzstab, ähnlich 
dem in dem oberitalischen Pfahldorfe von Ca- 
stione gefundenen (Montelius La civilisation 
primitive en Italie 1895 Ser. B. pl. Xni 2), zu 
denken haben. Um die Mitte des 2. Jhdts. 
v. Chr. wurde nach Polybios (VI 39. 3) als H. p. 
eine eiserne Lanze (yaioos) verliehen (Heibig 
a. a. O. 5f. 39). Aus dem keltischen yaiaoq (s. u. 
Gaesum o. Bd. VII S.463) folgert Steiner (Bonn. 
Jahrb. CXIV/CXV 1906, 6f.) mit Unrecht, die 

60 Ehrengabe habe damals in einer erbeuteten gal- 
lischen Wurflanze bestanden; denn Polybios ge- 
braucht anderwärts (z. B. XVLLT 18, 4) yäioos 
ausdrücklich von der römischen Lanze. Aber 
noch auf Münzen, auf welchen die dem Praetor 
Q. Arrius im Sklavenirieg verliehenen dona mi- 
lüaria abgebildet sind^ (Babelon Descriptäon 
des monn. de la iep. rom- I 220. Heibig a. 
a- O. 10 iL Taf. 1), hat die H. p. das Aussehen 



mm 



aastati 



Hastati 



3BÖXU 



einer Schaf tes mit einer Spitze an beiden Enden. 
Seit dem Ausgange der Republik zeigen die 
Darstellungen der H. p. (griech. 36qv xa&agov 
vgl. R«v. arch. 1897 LT nr. 115. 123. CIL LH 
6984 = 13648) ausgesprochene Lanzenform, vgl. 
CLL LH 6984 = 13648 = Steiner a. a. O. 35 
Fig. 23. Rom. Mitt. V 1890, 295 = Steiner 
Taf. 1 Fig. 4. Röm. Mitt. XXI 1906, 185 Fig. 7 
= Steiner 458 Fig. 3. CIL XI 624 = Stei- 
ner 9 Fig. 4. In der Kaiserzeit wurde die H. p. 
nicht mehr wie einst ohne Ansehen der Person 
verliehen. Vielmehr war es eine seltene Aus- 
nahme, daß nach Tac. ann. III 21 ein Gemeiner 
diese hohe Auszeichnung erhielt, auf die selbst 
Centurionen nur, wenn sie zur Garde gehörten, 
Anspruch hatten (Steiner a. a, O. 81t). Im 
allgemeinen gebührte eine H. p. den Militärtri- 
bunen und Prafekten ans dem Ritterstande, zwei 
den Tribuni militum laticlavii senatorischer Ab- 
kunft, drei den Legati praetorii, vier den Le- 
gati consulares (Steiner a. a. 0. 82—88. v. Do- 
maszewskiBonn. Jahrb. CXVII 1908,137—139). 
Mitunter waren die verliehenen Ehrenlanzen sogar 
aus Edelmetall; vgl. Rev. arch. 1900 LT nr. 95. 
Literatur: Baumeister Denkmäler LTI 2062. 
Daremberg-Saglio Dict. LH 41. Marquardt 
St.-V. 112 328,4. 574. Steiner Bonn. Jahrb. 
CXIV/CXV 1906, 6-10. 81-88. Heibig Abh. 
Ges. Gott. phil. hist. KL N. F. X 1908 nr. 3. 

| Fiebiger.] 
Hastati bedeutet Lanzenkämpfer, vgl. Ermius. 
bei Macrob. Sat VI 1, 52. Varro de 1. 1. V 89. 
Doch hießen keineswegs alle in der altrömischen 
Phalanx streitenden Phalangiten, die ohne Aus- 
nahme mit der schweren Stoßlanze (s. o. S. 25ü3) 
bewaffnet waren, wie man erwarten sollte, H., son- 
dern nur die hinter den Principes, den vermögend- 
sten und am besten gerüsteten, stehenden Bürger 
des zweiten Gliedes (vgl. Veget. I 20. II 2. 15. III 
14, dessen Angaben nach Marquardt St.-V. II 2 
327 , 7 möglicherweise auf Cato zurückgehen); aus 
welchem Grunde, war schon Varro (a. a. O.) ein 
Rätsel (Marquardt a. a. 0. II 2 358). In der um 
die Zeit der Samnitenkriege aufkommenden Mani- 
pularstellung (vgl. dazu Fröhlich Beitrage zur 
Gesch. d. Kriegführung u. Kriegskunst d. Römer, 
Berlin 1886, 21f. D elb r ü c k Hist. Ztschr. LX 1888, 
243. Liebenam o. Bd. VI S. 1594), in welcher die 
Schwerbewaffneten nach Alterstufen angeordnet 
waren (M advig Die Verfass. u. Verw. des röm. 
Staates II 485. Marquardt a. a. 0. 112 335. 
Delbrück Histor. Ztschr. LX 1888, 245; Ge- 
schichte der Kriegskunst I 2 274. 280), vertausch- 
ten Principes und H. die Plätze: zuvorderst, 
dem Feinde am nächsten, standen nunmehr regel- 
mäßig die Manipel der von Livius (VIII 8, 6) 
als flos iuvenum pubescentium ad milüiam 
(vgl. auch Polyb. VI 21, 7. 23, 1) bezeichneten 
H." (Tgl. Liv. Vin 8, 5. 8. XXX 8, 5. 32, 11. 
34, 10. XXXVII 39, 8. Polyb. XIV 8, 5. XV 
9, 7), während die Manipel der dem Mannes- 
alter angehörenden Principes ihnen folgten. Als 
Vordermänner der Triarii oder Pilani hießen H. 
und Principes übrigens auch Antepilani, vgl. 
Liv. VIII 8, 7. Madvig a. a. 0. LT 488. Aber 
auch die Bewaffnung der als Panbopliten mit 
Galea, Lorica, Ocreae, Scutum, Gladios und Hasta 
gerüsteten H. erfahr in der zweiten Hälfte des 



4. Jhdts. v. Chr. eine bedeutsame Änderung, in- 
sofern als ihnen ebenso wie den Principes jetzt 
statt der Hasta, die ihnen einst den Namen H. 
gegeben hatte, das Pilum als Angriffswaffe diente, 
vgl. Polyb. VI 23, lif. und dazu Madvig a. a. 
0. II 488. Marquardt a. a. 0. TP- 336-339. 
358—360. Delbrück Kriegskunst P 279f. Die 
allein von Livius (VIII 8, 5 , vgl. darüber Mar- 
quardt a. a. 0. 112 360—363} berichtete Eim 

lOteilung der H. in 15 Manipel war nach Del- 
brück (Hist Ztschr. LI 1883, 249f. LX 1888, 
243. 250; Kriegskunst P 296f.) nur vorüber- 
gehend. Vielmehr bildeten die 1200 H. (Polyb. 
VI 21, 9) einer römischen Normallegion 10 Ma- 
nipel zu 120, bezw. 20 Centurien zu 60 Mann, 
vgl. Madvig a. a. 0. II 486. Marquardt a. 
a. 0. 112 346. Delbrück Kriegskunst I« 274. 
In der Schlacht standen die einzelnen H. -Manipel, 
je 20 Mann breit und je 6 Mann tief, in mäßigen 

20 Abständen (Liv. VIII 8, 5: distantes inier se 
modieum spatium) nebeneinander, unmittelbar 
hinter ihnen, auf die zwischen den H.-Manipeln 
gelassenen Zwischenräume ausgerichtet, die Ma- 
nipel der Principes, um etwaige in der dem feind- 
lichen Angriff am stärksten ausgesetzten H,-Front 
entstandene Lücken durch sofortiges Einrücken 
schließen zu können, wie Liv. X 14, 17 es schil- 
dert; vgl. im übrigen Delbrück Hist. Ztschr. 
LI 1883, 244; Herrn. XXI 66; Kriegskunst 12 

30 275. 277. 281. Wenn der nämliche Livius (VIII 
8, 9) berichtet, die ins Wanken gebrachten Ma- 
nipel der H. hätten sich durch die zwischen den 
einzelnen Manipeln der Principes befindlichen 
Zwischenräume zurückgezogen und diesen die Ab- 
wehr des Feindes überlassen (Marquardt a. a. 
0. 112 35i) t so hat Delbrück (Kriegskunst 12 
298 f.) ein derartiges Schlachtenmanöver mit Recht 
als taktisch unmöglich bezeichnet, vgl. Liebe- 
nam 0. Bd. VI S. 1595. Im zweiten Panischen 

40 Kriege und später standen die Manipel der Prin- 
cipes mit Abstand — Polyb. XV 9, 7: ev axo~ 
axäoEi — hinter denen der H. Seitdem — nicht 
früher bereits, wie Marquardt (a. a. 0. LT 2 
350f.) es darstellt — bildeten beide Abteilungen 
selbständige, mit größerer Bewegungsfreiheit aus- 
gestattete taktische Körper oder Treffen ; vgl. 
Delbrücks ausführliche Darlegungen Herrn. XXI 
68f. : Hist. Ztschr. LI 257ff. LX 243f. ; Kriegs- 
kunst I 2 386ff. 390. Bezeichnet wurden die zehn 

50 H.-Manipel einer Legion der Nummer nach ent- 
weder als primns -- deeimus ordo hastaius (z. 
B. Liv. XLII 34, 5) oder häufiger kurzweg als 
primus — deeimus hastatus (z. B. Cic. de div. 
I 77. Liv. XXVI 5, 15. XXVII 14, 8) ; vgl. dazu 
Madvig a. a. 0. n 487f. 500. Über Bezeich- 
nung, Rang und Aufrücken der zwanzig, H. ge- 
nannten Centurionen, welche die in zwanzig Cen- 
turien gegliederten zehn H.-Manipel befehligten, 
vgl. v. Domaszewski 0. Bd. III S. 1962; Bonn, 

60 Jahrb. CXVII 90ff. Von der Gesamtlegion wur- 
den gegebenenfalls bald einzelne, bald aber auch 
sämtliche Manipel der H. und Principes deta- 
chiert, vgl. Liv. Vn 34, 5. X 14, 14. XLI 1, 6 
und dazu Marquardt a. a. O. LT 2 398. Auf 
dem Marsche formierten H., Principes und Tri- 
arii, sobald ein feindlicher Angriff drohte, drei 
nebeneinander vorrückende Kolonnen, vgl. Polyb. 
VI 40, 10 und Liebenam 0. Bd. VI S. 1659. 



aoix nasoien 

Im Lager lagerten Polyb. VI 28, 31 29, 8f. zu- 
folge von den zwanzig H.-Hanipeln eines aus 
zwei Legionen bestehenden consularischen Heeres 
je fünf, an je fünf Manipel der Principes sich 
anlehnend, zu beiden Seiten der Via Quintana, 
jeder für sich ein hundert Fuß langes und ebenso 
breites Viereck einnehmend, vgl. Nissen Das 
Templum (Bonn 1869) 26ff. und Tai I. Mar- 
quardt a. 0. II 2 404. 4081 v. Domaszewski 
o. Bd. III S. 17021 In den Wachdienst teilten 
sich die H. im wesentlichen mit den Principes. 
Von den vierzig Manipeln, die beide zusammen 
ausmachten, hatten vier die Ordnung auf der Via 
principalis (Polyb. VI 33, 3), während von den 
übrigen sechsunddreißig' allemal je drei zur Dienst- 
leistung bei jedem der zwölf Tribunen befehligt 
wurden, für die sie außerdem je vier Mann Po- 
sten stellten (ebd. VI 33, 5 ff.). Die Bewachung 
des Praetoriums, die ein täglich wechselnder Ma- 
nipel versah, lag auch den Triaricrn mit ob (ebd. 
VI 33, 12. 35, 2), vgl. dazu Lieben am o. Bd. 
VI S. 1656. Als seit dem Aufkommen der wohl 
mit Recht dem Marius zugeschriebenen Cohorten- 
taktik die bis dahin hinsichtlich des Alters und 
der Bewaffnung der H.. Principes und Triam 
vorhandenen Unterschiede völlig schwanden (vgl. 
Madvig a. a. 0. II 490. Marquardt II 2 4341 
Delbrück Hist. Ztschr. LX 243; Kriegskunst 
12 436. Liebenam o. Bd. VI S. 1600), hatten 
auch jene einst so wichtigen drei Abteilungen 
selbst nur noch eine ziemlich untergeordnete Be- 
deutung. Kein äußerlich bestanden dieselben in- 
sofern freilich fort, als die Cohorte, die neue tak- 
tische Einheit, je einen um achtzig Mann ver- 
stärkten Manipel der H. , Principes und Triam 
in sich vereinigte, vgl. Fröhlich Das Kriegs- 
wesen Caesars (Zürich 1889) 13. Delbrück 
Kriegskunst I 2 4361 So begegnen wir ihren 
Namen auch ferner einmal in den Titulaturen der 
die sechzig Centurien der zehn Cohorten befeh- 
ligenden Centurionen, über deren Bang und Auf- 
rücken v. Domaszewski o. Bd. III S. 1963 ge- 
handelt hat, und ferner auf zwei Münzen aus den 
J. 83 und 49 v. Chr. (Cohen Med. cons. 321 
nr. 11. 227 nr. 1), auf denen Manipelfeldzeichen 
dargestellt sind, deren Vexilla deutlich die Buch- 
staben H. — Hastati und P. = Principes erkennen 
lassen; vgl. dazu v. Domaszewski Die Fahnen 
im röm. Heere (Wien 1885) 45 und Fröhlich 
a. 0. I 13. Nicht unerwähnt bleibe schließlich, 
daß auch die cohortes benannten Kontingente 
der italischen Bundesgenossen in H., Principes 
und Triarii zerfielen, vgl. Liv. XXXVII 39, 7 
und dazu Marquardt a. a. 0. 112 397, 9. 399. 
Fröhlich a. a. 0. I 14. Delbrück Kriegs- 
kunst 12 437. 

Literatur: MadvigDie Verfass. u. Verw. des 
röm. Staates (Leipzig 1882) II 485-491. 500. 
Marquardt St.-V. (Leipzig 1884) 112 327. 3351 
3381 346. 3501 3581 361ff. 397ff. 4081 4341 
Delbrück Gesch. der Kriegskunst (Berlin 1908) 
12 274—281. 296—299. 386-390. 4361 Liebe- 
nam o. Bd. VI S. 1593—1595. 1600. 1656. 
1659. [Fiebiger.] 

Hastlferi heißen gewisse munizipale Korpo- 
rationen, die eine Art von militärischer Bewaff- 
nung- haben, aber auch religiöse Bedeutung an 
sich tragen. Sie treten besonders hervor auf zwei 



natenanus 



z&iz 



Inschriften von Kastei bei Mainz. Auf der einen, 
1809 gefundenen, CIL XIH 7281 (hier die frühere 
Literatur), heißt es: In h. d. d., deae Virtuti 
BeÜon(a)e montem Vatieanum vetustate eonlab- 
sum restituerunt iiastiferi civitatis Mattiacorum ; 
es folgt das Datum, 23. August 236, und das 
Namensverzeichnis, G(aius) Meddignatitts Seve- 
rus, eurfator) bis, mit 17 weiteren Namen. Auf 
der zweiten, 1887 entdeckten, ebd. nr. 7317, steht: 

10 In k. d. d. , numinfi) AugfustiJ hastiferii (sie) 
sive pastor(es) eo?zsistenfes Kastello Mattiaeorum 
de suo posuerunt, mit dem Datum 24. März 224. 
Mit h. ist ihre Bewaffnung, mit pastores ihre 
sonstige Tätigkeit, mit civitatis Mattiacorum 
ihre Zugehörigkeit zu der Gaugemeinde der Mat- 
tiaker (Hauptort Aquae Mattiacorum, jetzt Wies- 
baden), mit comistentes Kastello Mattiacorum 
ihr Standort Kastei bezeichnet (über den Begrift 
des consistere vgl. Maue Philo! 1888 487ff. und 

20 Mommsen Westd. Korr.-Bl. 1889 nr. 13, so- 
dann besonders Körnern ann 0. Bd. IV S. 922ff.). 
Die religiöse Bedeutung der Körperschaft tritt 
hervor in dem Datum der zweiten Inschrift; denn 
der 24. März ist der Bluttag des Göttermutter- 
kultus der späteren Zeit, und auf der ersten In- 
schrift handelt es sich um die Wiederherstellung 
des mons Vaticanus , der in den Taurobolien 
eine Rolle spielt (Mommsen ebd. 1887 nr. 197). 
H. erscheinen übrigens auch in zwei weiteren In- 

30 schriften: in Köln CIL XIII 8184, wo auf einer 
.Basis steht Genio kastiferforjum, und in Vienne, 
CIL XTI 1814, wo ein maxister astiferorum ein 
sigmim Genii widmet. Hier bestätigt sich die 
schon durch curator bezeichnete Organisation als 
Kollegium auch in dem Wort magüter. Dagegen 
gehört eine weitere Inschrift aus Oberolm bei 
Mainz, CIL XIII 7250, nicht hieher. Über die 
eigentliche Bestimmung der H. gehen die An- 
sichten noch auseinander. Mommsen (schon 

40 in Ber. Leipz. Ges. 1852, 197 und zuletzt R. G, 
V 135) hat sie für eine Munizipalmiliz erklärt, 
die auch zum Schutz der Grenzen diente. Maue" 
dagegen (s. 0.) für ein rein sakrales Kollegium, 
identisch mit den dendrophori, die aber selbst 
nicht sicher zu erklären sind. An Mommsen 
hat sich angeschlossen Cagnat De munic. et prov. 
militiis 8t>, ferner Liebenam Röm. Vereinswes. 
302ff.. der die H. für eine freiwillige Landwehr 
erklärt, die aber im Land der Mattiaker unter 

50 Alexander Severus und Maximin auch zum Schutz 
der Grenze mitkämpfte. Dagegen hat Waltzing 
(Corporations professionelles I 204 II 152. IV 
911 1 keine ganz entscheidenden Beweise für ihren 
militärischen Charakter anerkannt, und bei den 
H. von Vienne kann ja jedenfalls von Beteiligung 
am Grenzschutz keine Rede sein. Vielleicht dürf- 
ten sie am ehesten als eine munizipale Sicher- 
heitspolizei zu fassen sein ( Herüber 0. Hirsch- 
feld S.-Ber. Akad. Berl. 1891, 8751», womit sich 

60 auch die Annahme Liebenams Tereinbaren ließe, 
daß sie außerordentlicherweise in Kriegsfällen aus- 
halfen wie die Gensdarmen {difoyttXxat) im Marko- 
mannenkrieg (V. Marci 21, 7). [Hang.] 
Hastiliarii s. Hasta Nr. 2. 
HaterianuB. 1) s. Iulius. 
2) Haterianus. Die Scholia Veronensia ent- 
halten fünf Anmerkungen desH. zuVergils Aeneis : 
Vn 337. IX 362. 390. 397. X 243, ¥<m denen 



jedoch die zweite und dritte in" so kümmerlichen 
Besten vorliegen, daß nichts damit anzufangen 
ist ; die vierte bezieht sich auf die DistLnctio und 
«nthält, wie die beiden übrigen, Worterklarung. 
\Ferner findet sich eine Anmerkung zu Aen. II 
632 hei Macrob. Sat. HI 8, 2 (wo die Hss. aethe- 
rianus haben): hier wird ein Ausdruck Vergils 
durch ein Zitat aus Calvus verteidigt. Da das- 
selbe Zitat bei Servius wiederkehrt, so ist viel- 



XlitUBllUZ» 



Tochter des Agrippa (vgl. Prosop. a. a. 0.) und der 
älteren Marcella gewesen zu sein, die nach Suet. 
Aug. 63 von diesem mehrere Kinder hatte. Im 
J. 15 n. Chr. war H. Volkstribun und erhob als 
solcher mit Erfolg Einsprache gegen die im Se- 
nate verhandelten Anträge, daß gegen die an einem 
Theaterexzeß schuldtragenden. Schauspieler den 
Praetor en das ius virgarum zustehen solle. Tac. 
ann. I 77. Zwei Jahre später (17) wurde er nach 
leicht der Kommentar des H. von Servius be- 10 dem Tode des Praetors Vipstanus Gallus von Ger- 



nutzt worden (vgl. auch Serv. und Schol. Veron. 
z;u Acn. VII 337), ob direkt, ist fraglich (Laem- 
merhirt Gomm. phil. Jen. IV 3861, gegen Linke 
Quaest. de Macrob. Sat. fönt. 13, 4. 211). Ma- 
crobius hat jedenfalls den H. nicht unmittelbar 
benutzt (Thilo Quaest. Serv-. 52. Linke 22. 
Laeminerhirt 385); vielleicht war ein Sainmcl- 
kommentar die gemeinsame Quelle, aus der so- 
wohl Macrobius wie die Scholia Veron. und die 



manicus und Drusus protegiert und (vermutlich 
bei ursprünglicher Stimmengleichheit; vgl. Drae- 
ger- Becher z. d. St.) seine Wahl zum Praetor 
suffectus endlich doch mit geringer Majorität 
durchgesetzt; ebd. II 51. Im J. 21 Consul de 
signatus, stimmt er (an erster Stelle; vgl, ebd- 
III 22) in dem gegen Ende dieses .Jahres statt, 
findenden Prozesse des Clutorius Priscus für dessen 
Todesstrafe ; ebd. III 49. 51. Im folgenden Jahre 



■Scholia Dan. (denn auch in diesen scheint H. zu 20 (22) bekleidet er mit C. Sulpicius Galba das Con- 



stecken; vgl. Schol. Veron. u. Dan. zu Aen. IX 
397. 3G2) schöpften (Thilo Serv. I praef. XXVL 
Halfpap-Klotz Quaest. Serv. 531 Georgii 
Antike Äneiskritik 18ff.), und in diesem Sammel- 
kommentar fanden sich unter anderem Exzerpte 
aus H. Damit ließe sich auch ein Anhalt für die 
Lebenszeit des H. gewinnen ; denn da jener Sam- 
melkommentar älter sein wird als Donat (Mitte 
des 4. Jhdts.), der ebensowenig wie Urbanus 



in den Schol. Veron. und Dan. erwähnt wird 30 Gnom. Tacit. 3391 



sulat; ebd. III 52 Dio ind. LVII. CIL 1* p. 70. 
XI 1356 ( = 12 p. 73). VI 562. 10051 {=, 12 
p. 73). XV 4611. Tac. ann. VI 4 erwähnt zum 
J. 32 sein feindseliges Auftreten im Senat gegen 
die Consuln des vorhergehenden Jahres, wodurch 
er sich nur noch verhaßter gemacht habe, und 
zeichnet mit scharfen Strichen den Charakter des 
durch seinen ausschweifenden Lebenswandel ent 
nervten Mannes, Prosop. II 126 nr. 18. Fabia 



(Georgii lOff. 20), und somit wohl um 300 an- 
gesetzt werden darf, kann H. spätestens im 3. Jhdt. 
gelebt haben. Ein Terminus post quem ist nicht 
zu ermitteln ; daß Schol. Veron. zu Aen. IX 362 
Asper an der Spitze des Scholions steht, Serv. 
zu Aen. VII 337 Asper am Schluß nennt, be- 
weist noch nichts für inneren Zusammenhang. 
Die Sache wäre erledigt, wenn Gräfenhans 



5) Q. Haterius Antoniuus, wahrscheinlich Sohn 
des 1). Haterius Agrippa Nr. 4 ; vgl. Prosop. a. a. 
0.. und Consul Ordinarius des J. 53 n. Chr. mit 
D. Iunius Silanus Torquatus. Tac. ann. XII 58. 
Phlego mir. (FHG III 019 frg. 36). CIL IV 
S. I p. 382 dipt. 138. Er hatte sein ererbtes 
Vermögen verschwendet und erhielt zugleich mit 
Aurelius Cotta im J. 58 von Nero eine jährliche 
Rente ausgesetzt; Tac. ann. XIII 34. Prosop. II 



A'ermutung (Cesch. d, class. Phil. IV 304) sicher 

wäre, daß unser H. identisch ist mit dein Iu-40126nr. 19. Fabia Onom. Tacit. 340. [Gaheis.] 

lius Atherianus. den Trebellius (um 306i Hist. I») M. Haterius Candidus, Proconsul von Si- 



: (um ;-iUU) 
aug. XXX tvr. 6, 5 p. 103 P. betreffs des'Victo 
rianus (t 268) zitiert (vgl. Rühl Rh. Mus. XL1I1 
597); doch bemerkt Halfpap-Klotz (35, 1) 
richtig, daß diese Vermutung nur auf der Na- 
mensgleichheit beruht. Vgl. noch Ribbeck Pro- 
leg, crit. ad Vergil. 1771 [Wessner.] 

Haterius. 1) Wahrscheinlich Senator (vgl, 
Tac. ann. IV 61) und Rechtsgelehrter (Cic. fam. IX 



Zilien (CIL X 7192 Agrigent). Da in derselben 
Inschrift als sein Quaestor L. Cornelius Marcellus 
genannt wird (s. 0. Bd. IV S. 1406), läßt sich 
der Proconsulat des H. auf Neronische Zeit be- 
stimmen. [Groag.] # 
7) Aterius Latronianus . auf einer stadtrömi- 
schen Leitungsröhre genannt (CIL XV 7467 = 
La n ei an i Sil! nr. 74). Derselbe ist allem An- 



18, 2 aus dem J. 708 = 46), im J. 711 =43 von 50 schein nach . . . atronianus, tribfunus) mitfitum) 



den Triumvirn proskribiert und von einem seiner 
Sklaven verraten, der aber später den Kindern des 
Getöteten als Sklave zurückgegeben wurde (Appian. 
bell. civ. IV 127). H. ist wohl ein Bruder des 
Redners , der unter Augustus cos. suff. war und 
24 n. Chr. starb (Prosop. n. 17. Borghesi 
Oeuvres V 121'}. JMünzer.] 

2) Haterius . ein notorischer Erbschleicher, 
Sen. de benef VI 38, 4. 



der Legio II Adiutrix, der unter dem Kommando 
seines Vaters Ti. Haterius Satuminus in Aquin- 
cum diente (CIL III 3473 : s. Nr. 11). [Groag.] 

8) T. Haterius Nepos. Seine Laufbahn lernen 
wir aus der akephalen Inschrift von Fulginiae 
(seiner vermutlichen Heimat) kennen, CIL XI 
5213 = Dessau I 1338, die schon Borghesi 
Oeuvres V 241 auf ihn bezogen hat, da von der- 
selben Stelle die Inschrift des gleichnamigen 



8) Haterius (in der Epit. des lulius Paris ist 60 Senators [CIL XI 5212 = Dessau 11058) stammt 



Haturius überliefert, ed. Kempf p. 482) Rufus, 
ein römischer Ritter, wurde durch einen unglück- 
lichen Zufall von einem Gladiator im Amphitheater 
zu Syrakus getötet, Val. Max. 1 7, 8. [Stein.] 

4> D. Haterius Agrippa. Nach Dio ind. LVII 
Q. f.\ er war also wohl der Sohn des Redners 
Q. Haterius (o. Z. 54). Propinqtms Germamei 
nennt ihn Tac. ann. II 51 ; seine Mutter scheint eine 



und unter den Amtern auch das eines Präfekten 
von Ägypten angegeben erscheint, überdies die- 
selbe Zeit durch die Nennung der Provinz Armenia 
maior bestimmt wird, die nur in den letzten 
Jahren Traians bestand. Er absolvierte zuerst 
die drei Militiae equestres in der üblichen Reihen- 
folge: [pjraefffeetusj cohjortis, tribfunus) mi- 
lüfum, pjraefi equitfum) ; dann war er censüo[r] 



UÖlö 



mterms 



±tatra 



2Ö1Ö- 



Brittonum Anavionfensftum)] , pror/uratorj 
Aug(usti) Armeniae. mai[or(is)] (also zwischen 
114 und 117 n. Chr.), ludi magni, h&reäit<xbiwm 
et a censibus (vgl. Hi r sc h f e 1 d Kaiser]. Verwalt b. 2 
65), a libellis Augfusti) , praef. vigilwm, praef. 
Aegyfpti]. Ausführlich behandelt die Inschrift 
Borghesi V 3—39. Das Fragment einer fast 
gleichlautenden Inschrift von demselben Ort, ge- 
setzt von seinem Sohn, ist CIL XI 5214. Als 
Statthalter von Ägypten kennen wir ihn (vgl. 
auch Cantarelli La serie dei prefetti di Egitto 
I 46, 40) auch durch eine Inschrift auf dem 
Memnonskoloß vom 18. Februar 121, CIL III 39; 
ferner durch einen Papyrus aus der Sammlung 
Erzherzog Rainer (Corp. pap. Rain. I 51, n. XVIII) 
und einen aus dem Berliner Museum (BGU III 742 
col. I Z. 3), sowie endlich durch eine merkwürdige, 
nach Art eines Militär diplo ms abgefaßte Missions- 
urkunde auf einer zu Kairo gefundenen Holztafel, 
S. de Ricci Comptes rendus de l'acad. des 
inscr, 1905, 402 = Bruns-Gradewitz Fontes 
iur. Rom." 277; vgl. Wilcken Pap. Arch. IV 252. 
V 435, 1. Auch hier ist sein voller Käme und 
Titel genannt: T. Ilaterius Nepos praef. Aeg., 
am 4. Januar 122. Die Berliner Urkunde ist 
vom 21. April 122 datiert; hier ist von dem 

Namen nur Atsqiov (auch das Datum 

7. Mai 122) erhalten. In dem Wiener Papyrus 
heifit es ArsQiov [Nf.ji]ojzos xQazia%o[v f}]y£(t6vog, 
datiert 13. April 124. Er hat also das dem Prä- 
l'ekten in damaliger Zeit gebührende Prädikat 
«e<möros; sicher in den Jahren 121 bis 124 hat 
er diese Statthalterschaft geführt. Am 4. August 
119 war noch Q. Rammius Martialis, am 20. März 
126 schon T. Flavius Titianus in diesem Amte. 
In dem von Wilcken Pap. Arch. II 125 aus zwei 
Papyrusfragmenten zusammengesetzten Protokoll 
ist die Unterschrift des xQafaiaxov rjymJövos (Z. 
9f.) erwähnt, der jedenfalls noch am 17. Sep- 
tember 124 (vgl. a. a. 0. 125) Ägypten verwaltete. 
Wahrscheinlich ist auch dieser mit H. identisch. — 
Der Konsul T. Ilaterius Nepos Atinas Probus 
Pitblicius Matenianus (CIL XI 5212 ~ Des- 
sau I 1058) ist vielleicht sein Sohn (der CIL 
XI 5214 setzt) oder sein jüngerer Bruder; vgl. 
Bormann z. St. [Stein,] 

9) T. Ilaterius Nepos Atinas Probus Publi- 
eius Matenianus, in einer verstümmelten Ehren - 
inschiift aus Foligno (Fulginine) genannt: T. 
Haterio Nepoti Aiinati Probo Pubticio Mate- 
niano , co(n)s(uli) , pontif(ici) , trwmpkalihfus) 
[ornamentis honorato] . . . (CIL XI 5212 [vgl. 
Bormanns Bemerkungen] ~ Dessaul 1058 ; 
zu den Namen des H. vgl. Schulze Z. Gesch. 
lat. Eigenn. 274. 528). Anscheinend derselbe 
Mann ist T. Haterius Ne}tos, der im August 118 
in den Protokollen der Fratres Arvales genannt 
wird (CIL VI 2078 = 32374. in den Protokollen 
des ersten Halbjahres 118 fehlt sein Name) und 
im J. 120 für das nächste Jahr (vgl. o. Bd. II 
S. 1470) zum Magister der Arvalhrüder gewählt 
wurde (CIL VI 2080; daß CIL XI 5212 die 
zweite Priesterwürde fehlt, beweist nichts gegen 
die Identifizierung, vgl. z. B. Fulvius Nr. ö6). 
Erst um J. 134 bekleidete er den Consulat als 
Snflectus mit T. Vibius Varas (CIL III dipL 
XLVm p. 877 = 1979 Militardiplom vom 2. April 
134). Im J. 138 verwaltete er Pannonia superior 



als Legat Hadriaris (CIL III dipl. LI p. 879' = 
1980 Militärdiplom vom 16. Juni 188 ; am 10. Juli 
starb Hadrian , s. o. Bd. I S. 516). H. dürfte 
diese Stellung unmittelbar nach dem Tode des 
L Aelius Caesar (1. Januar 138, s. o. Bd. HT 
S. 1831) angetreten haben (Ritterling Arch.- 
epigr. Mitt. XX 1897, 20) und noch unter Anto- 
nius Pius einige Zeit im Amte geblieben sein 
(vgl. Hist. Aug. Pius 5, 3). Als Statthalter von 

10 Oberpannonien wird er Gelegenheit zu Waffen- 
taten gegen barbarische Nachbarstämme gefunden 
haben, die ihm die Auszeichnung der Ornamenta 
triumphalia eintrugen (CIL XI 5212); ob er diese 
noch Hadrian oder bereits Antoninus Pius ver- 
dankte, steht dahin (Ritterling meint, daß H. 
von L. Caesar begonnene Kämpfe beendet habe; 
doch wäre auch denkbar, daß die zwischen 140 
und 144 geprägten Münzen des Pius mit rex 
Quadis (latus [Cohen LT 2 339, vgl, Arch,- epigr. 

20 Mitt. X 16] mit Erfolgen des H. im Zusammen^ 
hang stehen; H.s Nachfolger ist vielleicht Fufi- 
cius Cornutus gewesen, s. o. Bd. VII S. 199). H- 
war wohl eher der Sohn als der Bruder des Präfek- 
ten von Ägypten, T. Haterius Nepos (s. Nr. 8). 
Wie so häutig, wird sich dem Sohne eines zu den 
höchsten Stellungen gelangten römischen Ritters 
die senatorische Laufbahn uud schon in jungen 
Jahren der Zutritt zu einem angesehenen Priester- 
kolleg (der Arvalbruderschaft) geöffnet haben. 

30 10) Ti. Aterius Saturnin us, in einer Liste, di& 
im J. 140 aufgezeichnet und bis mindestens 172 
durch Nachträge erweitert wurde, unter den Pa- 
tronen einer Genossenschaft in Ostia als einer 
der letzten genannt (CIL XIV 246 I 18. 19, vgl: 
Dessau ebd. p, 482; unmittelbar auf H. folgt 
C. Pantuleius Graptiacus. Legat von Thrazien im 
J. 172). Vgl. den Folgenden. 

11) Ti. Haterius Saturninus. hg(atus) Augfus- 
torum) prfoj pr(aetore) von Pannonia inferior 

40 (Inschriften aus Aquincum: CIL III 3473 Weihe- 
gabe, den [di] müitares [sjalutares von H. und 
seinem Sohne [Ljatroniamts dargebracht; 3479 
Weihinscbrift aus einem Mithraeum. pro saluie 
familtoe TL Hateri Saturnini). Mommsen und 
Dessau (zu CIL XIV 246) halten H. für iden- 
tisch mit dem Vorausgehenden und sehen dem- 
nach in den Augusti entweder Marcus und Verus 
(161—169) oder Marcus und Coinmodus (176 — 
1 80) . D agegen set zt v. D o m a s z e w s k i ( Wc std. 

öOZtschr. XIV 1895, 2) die Inschrift CIL III 3473 
wegen der Nennung der di mifitares erst in das 
3. Jhdt.; dann wären die Augusti wohl am ehesten 
Severus und Caracalla und H. der Sohn des Voraus- 
gehenden. [Groag.] 

Ha#iia, etniskischer Name eines Satyrs bei 
Gerhard Etr. Spieg. IV Tai*. 322 (orig. ine.) ; vgl. 
IV 1 S. 58. V S. 55 und Deecke in Koscher Myth. 
Lex. I 1850. Falsche Etvmologien bei Gerhard 
IV 1 S. 58, 190 und Corssen Spr. d. Etr. I 311f. 

60 Andere etruskische Satyrnamen sind yeltpun und 
sime (= Slfiog); vgl. Hey de mann Satyr- und 
Bakchennamen (5. Haitisches Winekelmanns-Progr, 
1880) 33f. I Herbig.] 

Uatflius s. Atilius Nr. 2 und 3. 
Hatrm, Stadt im estlichen Teile Mesopota- 
miens. In dieser Form begegnet der Name nur 
bei Ammian. Marc. XXV 8, 5 {Haira) und auf 
der Tab. Pen! (Hatri*); wrnnt immer: "Arga Cass. 



aqu naira 

Dio LXXTV 11. LXXV 10. LXXX 3; "ÄT & at 
Arrians ITaQ&ixä bei Steph. Byz. s. v. und s. At- 
ßavai\ Herodian. III 9, S. Ethnic. 'Atgijvol Cass. 
Dio LXVTII 31. Herodian. Uli, 3. 9, 3. Der 
Stadtname ist aramäischen Ursprungs (aram. 
N~en * Niain = hebr. li:n d. h. Umzäunung, 
Hürde) und bezeichnet eine feste Niederlassung 
im Gegensatze zu einem Beduinenlager ; syrisch : 
Hatra und Huträ, gelegentlich auch der Plural 



AXOl LI Oi 



Die beiden, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen 
inszenierten Sturmversuche blieben erfolglos und 
trugen den Kömern lediglich entsetzliche Ver- 
luste ein. An dem zweiten Angriffe beteiligten 
sich übrigens nur mehr das syrische Kontin- 
gent der kaiserlichen Armee; die durch die 
drückende Sommerhitze schön erschöpften euro- 
päischen Abteilungen revoltierten auf Anstiften 
der Fourageure, welche unter den plötzlichen 



a^S^iw , ^S!)^bn«ldlt Bemerkt 10pb f fällen der feindlichen Reiterei schwer zu 
T?'™Ä ,i„a ;„ .L™ d.„j„„ T>*^ am V 17 /litt leiden hatten. Septimras Sc verus sah sich unter 



leiden hatten. Septii 

diesen Umständen nach 20tägiger Blockade zum 

Rückzüge gezwungen. Das militärische Prestige 

Korns erlitt durch diesen Mißerfolg eine schwere 

Einbuße. 

Das Aufkommen und der Fortbestand des- 
kleinen Fürstentums H. hatte offenbar nur der 
verlotterte Zustand des Partherrcich.es ermöglicht. 

_ „ n . Als dann dieser morsche Bau dem Anstürme 

H. taucht in der Literatur" erst in der römi- 20 des kraftvollen Ardaschlr I. erlegen war und 



sei noch, daß in dem BifidxQa Ptolem. V 17 (18), 
13 (o. Bd. III S. 473) unmöglich der Name H. 
stecken kann, wie manche (z. B. Mann er t; s. 
auch Pauly B.E. I 919) annahmen; denn es ist, 
wie Herzfeld Memnon I (1907) 219 mit Recht 
betont, geradezu undenkbar, daß dem Ptolemaios 
der richtige Name einer durch die Belagerung 
Traians im ganzen römischen Reiche berühmt 
gewordenen Stadt unbekannt geblieben wäre. 



sehen Kaiserzeit auf. Im 2. und S. Jhdt, n. Chr. 
bildete es das Zentrum eines kleinen Staates, der 
unter einer eigenen Dynastie von wahrscheinlich 
aramäischer Herkunft (vgl. den Namen Barsemius) 
stand und sich einer so kraftvollen Blüte erfreute, 
daß er den Angriffen zweier durch Kriegstüchtig- 
keit ausgezeichneter römischer Kaiser erfolgreich 
trotzen konnte. Zuerst belagerte Traian im J. 1 17 
auf der Rückkehr von seinem Partherzuge vor- 



dem säsänidischen Staatengebilde Platz gemacht 
hatte, da mußte es dem Begründer desselben 
vor allem daran liegen, eine derartig selbständige 
Herrschaft innerhalb seines Machtgebietes und in 
so gefährlicher Nähe der Residenzstadt Ktesiphon 
zu vernichten. Der wohl bald nach der Nieder- 
lage des letzten Partherkönigs (224 n. Chr.) er- 
folgte Angriff Ardaschlrs auf H. scheiterte aller- 
dings, dem Berichte des zeitgenössischen Cass. 



geblich die Stadt. Die römischen Truppen litten 30 Dio LXXX 3 zufolge, ebenso, wie die Versuche 

furchtbar unter der Unwirtlichkeit der dortigen der römischen Kaiser (s. auch o. Bd. II S. 1323). 

' " ' n " T " "" ' """ ' Es ist auch sehr fraglich, ob ihm selbst noch 

auf einem späteren Zuge die Einnahme der Stadt 
geglückt ist. Höchst wahrscheinlich werden wir 
dieselbe in Übereinstimmung mit der Mehrzahl 



Gegend, in der es weder Wasser, Holz noch Fut- 
ter gab und ein glühender Sonnenbrand, sowie 
unzählige Fliegenschwärme (noch heute dort eine 
Landplage; vgl. Ritter Erdk. X 126) Mensch 
und Vieh erschlaffen machten. Nach einem blu- 
tigen, von den Einwohnern energisch abgeschla- 
genen Sturmversuche sah sich der Kaiser genötigt, 
die Zemierung des Platzes aufzugeben und den 



der arabischen Historiker, erst seinem Nachfolger, 
Schäpür I. (242—272) zuschreiben müssen. Die 
Erzählung von dem Untergänge H.s ist nns in 
einem wunderbaren Gemisch von persischer Über- 



W T eitermarsch nach dem Westen anzutreten. Je- 40 lieferung und arabischer Phantasie erhalten. Der 



denfalls infolge der großen vor H. ausgestandenen 
Strapazen erkrankte er bald darauf und starb 
auf dem Heimwege in Kilikien. 

Von kriegerischen Verwicklungen zwischen 
Rom und H. hören wir erst wieder unter der 
Regierung des Septimius Severus. Dessen Neben- 
buhler Pescennius Niger war ein Freund des 
damaligen Fürsten von H. namens Barsemios 
(Barsenios ; vgl. dazu o. Bd. III S. 29 und Suppl. 



damalige König von H. trägt in ihr den Doppel- 
namen Sätirün und Daizan. Allem Anscheine 
nach handelt es sich aber hier um zwei ganz 
verschiedene Persönlichkeiten; Satirün (syrisch 
Sanatrüg, ein parthischer Name) gehört wohl in 
eine viel frühere Periode, vielleicht in die Traians; 
wie zu dessen Zeit der Herr von IL hieß, dies 
verraten uns die dürftigen Exzerpte aus Cass. 
Dio nicht. Hingegen dürfte in Daizan , der Tra- 



I S. 243) und von diesem im Kampfe um das 50 dition nach der Angehörige eines in jener Gegend 
Imperium durch Hilfstruppen unterstützt worden. damals wohl zeltenden südarabischen Stammes, 
Septimius Severus wollte daher auf seinem Feld- der wirkliche Name des von Schäpur I. bekämpften 



Sept: 

zuge gegen die Parther auch nebenbei die Ha- 
rrener züchtigen. Jedoch sein zweimaliger Ver- 
such, sich ihrer Stadt zu bemächtigen, zerschellte 
an der Tapferkeit der Verteidiger und der Festig- 
keit der Mauern. Schon der erste im J. 200 ge- 
wagte Handstreich wurde mit großen Verlusten 
für die Römer vereitelt. Im folgenden Jahre (201) ,, tj 

erschien der Kaiser abermals mit einem bedeu- 60 Stellung des arabischen Historikers T&^tT (ed. 
tenden Heere vor H. und schritt zu einer regel- 
rechten Belagerung. Aber obwohl sich in seinem 
Lager anch der General Pripcus, ein hochge- 
feierter Meisier der Kriegskunst, befand, machten 
die römischen Waffen doch keine Fortschritte. 
Die Stadtbewohner begossen die Angreifenden mit 
brennendem Naphtha und setzten damit auch einen 
großen Teil der Belagerungsmaschinen in Brand. 



Fürsten zu erblicken sein. Die arabische Legende 
läßt den Säsänidenkönig nur durch Verrat von 
Seiten der Nadira, der Tochter des Sätirün-Dai- 
zan. in den Besitz der hartnäckig verteidigten 
Stadt gelangen. Man vergleiche über diese Er- 
oberung, die jedenfalls bald nach der Thronbe- 
steigung Schäpürs stattfand, besonders die Dar 
Stellung des arabischen Historikers Tabarl (ed. 
Lugdun. I 827ff.'| und Nöldeke Gesch. d. Perser 
u.Araber zur Zeit der Sasaniden (Leyden. 1879} 
33_3C,. 50O; ferner Blau ZDMG XXIII 570. 
G. Hoffmann Auszüge aus syrischen Akten per- 
sischer Märtyrer (Lcipz. 18S0J. 184-186. G. Koth- 
st ein Die Dynastie d. Lahraiden in al-Hira (1899) 
42 — 43. J. Marqnart Untersuch, z. Gesch. von 
Eran, Heft 2 (1905), 228-230. 



Schäpur kam es nur darauf an, die sein Reich 
bedrohende Machtstellung H.s für alle Zeit gründ- 
lich zu brechen, eine eigentliche Zerstörung der 
Stadt beabsichtige er aber wohl kaum. Gegen 
eine solche Maßnahme spricht schon die heute 
noch vortreffliche Erhaltung ihrer Ruinen. H. wurde 
wahrscheinlich nach und nach von den Bewohnern 
verlassen und verödete vermutlich erst vollkommen 
nach dem Falle Palmyras (273), mit dein es auch 



V 129ff. und Jäfcut II 28ff, Syrische Belege bei 
G. Hoff mann a. a. 0. und Budge The historia 
monastica of Thomas of Marga (1893) II 305. 346. 
Vorübergehend scheinen sich allerdings, die 
Atabegenfürsten von Mosul mit dem Gedanken 
getragen zu haben, H. wieder zu einer Karawan- 
serai zu erheben; dies darf man wohl aus einer 
an der Fassade der großen Halle des Hauptpalastes 
angebrachten arabischen Inschrift schließen, die 



sicher in reger Handelsverbindung gestanden haben 10 von einer Restauration durch den Fürsten 'Izz 



wird. Der Untergang Palmyras knickte den bis- 
herigen, blühenden mesopotamisehen Transitv er- 
kehr und versetzte damit wahrscheinlich auch H., 
•dessen Bedeutung im wesentlichen gewiß auf dem 
Karawanenhandel basierte, den Todesstoß. Als 
dann das römische Heer nach Kaiser Iulians Tode 
im J. 363 unter Iovian seinen fluchtartigen Rück- 
zug über den Tigris quer durch die mesopota- 
mische Wüste bewerkstelligte, lag H. nach dem 



addin Mas'üd ibn Maudüd (regierte 576—89 deT 
Higra = 1180-1193 n. Chr.) berichtet und nach 
dem J. 586 = 1190 n. Chr. datiert ist; s. 2ur 
Inschrift Ritter a. a. 0. XI 489. 

H. spielte in der Geschichte eine ganz ähn- 
liche Rolle wie Palmyra; die Blüteperiode beider 
Staatswesen fällt auch im großen und ganzen in 
die gleiche Zeit. Beide Städte, an den einander 
entgegengesetzten Rändern der mesopotamisehen 



Zeugnisse des Amraian (a. a. 0.) schon längst in 20 Steppe erbaut, waren reiche Handelsemporien, die 



Trümmern und war vollkommen unbewohnt (in 
media solitudine). Ammians Worte erweisen auch 
die Behauptung Firdausis und verschiedener ara- 
bischer Autoren, daß erst Seh ä pur H. (310—379) 
H. bezwungen habe, als irrig; diese haben hier 
lediglich den ihnen M r eit bekannteren König an 
die Stelle des gleichnamigen ersten gesetzt: vgl. 
Xöldeke a. a. 0. 33, 4. 

H. wurde seitdem nie wieder dauernd besiedelt ; 



den großen Verkehr zwischen Osten und Westen, 
in erster Linie zwischen Iran und dem persischen 
Meerbusen einerseits, Syrien und Klein asien andrer- 
seits vermittelten. An H. lief die wichtige, oft 
von römischen Legionen begangene Straße Ktesi- 
phon-Singara vorüber, die sich weiterhin in eine 
nach Nisibis und eine andere nach Harrän 
(Karrhae)-Edessa führende Linie gabelte. Mit 
Palmvra stand H, vermutlich nicht nur sekundär 



es wird zwar noch das ganze Mittelalter hindurch 30 durch Abzweigungen der Hauptstraße , sondern 



von arabischen und syrischen Schriftstellern viel- 
fach erwähnt, aber nicht als ein damals noch be- 
wohnter Platz. Dagegen spricht auch nicht eine 
Notiz im Reisewerke des Benjamin von Tudela 
(Mitte des 12. Jhdts.), der H. als eine große jü- 
dische Kolonie kennt; denn augenscheinlich ist 
damit nicht, wie Ritter Erdkunde X 134. XI 467. 
492 annimmt, unsere Stadt gemeint, sondern eine 
andere desselben Namens unterhalb Takrlts nahe 



auch durch eine direkte Route in Kommunikation. 
Noch heutzutage kann man H. als einen nicht 
unbedeutenden Verkehrsknoten bezeichnen, da sich 
in dessen unmittelbarer Nähe mehrere Kamel- 
karawanenwege kreuzen. Ein ackerbautreibendes 
Volk hätte in dieser Gegend kaum existieren 
können. Die äußere Machtstellung beruhte hier 
wohl, ebenso wie in Palmyra, auf dem Aufgebote 
der benachbarten Beduinenstämme. Die innere 



dem Tigris, welche, wie der arabische Geograph 40 Geschichte H.s ist uns völlig unbekannt. 



Jäküt (Anfang des 13. Jhdts.) versichert, zu seiner 
Zeit wegen ihres überwiegend jüdischen Charakters 
geradezu sprichwörtlich war; vgl, Streck Die alte 
Landschaft Baby Ion Jen n. den arab. Geographen II 
(Leiden 1901) 180. H. ist überhaupt im ara- 
mäischen Sprachgebiete kein seltener Ortsname; 
zum Unterschiede von gleichnamigen Plätzen hieß 
daher die von den Säsäniden zerstörte Stadt bei 
den Svrern Hatrfv de Sanatnig, bei den Arabern 



Für die europäische Wissenschaft ist H. erst 
wieder in der ersten Hälfte des 19. Jhdts. durch 
die Expeditionsreisen von Dr. J. Ross (1836/7) 
wieder entdeckt worden. Die Ruinen der Stadt 
liegen ca. 80 km südwestlich von Mosul (Luftlinie) 
und nicht ganz 50 km nordwestlich von KaVat 
Schergät (Assur); von letzterem Orte kann man 
bequem in 5 — 6 Stunden hinreiten. Die genaue 
Position ist: 42° 40' östlicher Länge (Greenwich) 



Hadr al-Sätirun nach ihrem angeblichen Gründer. 50 und 35° 40' nördlicher Breite. Die schon über 



dem schon oben erwähnten Fürsten Sanatrüg 
=.: Sätirün. Die staunenswerten Trümmer der Stadt 
in verhältnismäßiger Nähe des Kulturlandes konn- 
ten nicht völlig in Vergessenheit geraten und 
beschäftigten sowohl die Phantasie des in ihnen 
lagernden Nomaden wie die des vorüberziehenden 
Kaufmannes. In der alteren arabischen Poesie 
werden die Ruinen von H., vornehmlich unter 
Anspielungen auf den romantisch ausgeschmückten 



li/ 2 Jahrtausend alten Ruinen von H. entstammen 
der Hauptsache nach der letzten Zeit der Parther- 
herrschaft; neben den Denkmälern von Palmyra, 
Baalbek und Persepolis sind sie wohl die ein- 
drucksvollsten monumentalen Überreste de9 vor- 
deren Orients. 

Das Gelände der Stadt und ihrer nächsten 
Umgebung liegt etwa 40 m über der Sohle des 
31/2 tm entfernten Thartharflusses ; es ist fast 



jähen Untergang der Stadt, nicht selten erwähnt; 60 ganz flach, nur schwach wellig und mit geringen 



vgl. Dichterstellen bei Nöldeke a. a. 0. 34—40: 
Ibn Kot?iba, Rh. poesis et poetar. (arab. edid. de 
Goeje, Lugd. 1904) 112 = Bibl. geogr. arab. (ed. 
de Goeje) V 130. VI 94 = Jäfcüt II 284 Nach- 
richten arabischer Geographen über die Stadt s. 
bei Tuch De Nino urbe (Ups. 1845) 14, 20 und 
Le Strange The lands of the eastern caliphate 
981 ; beachte bes. Ibn Fafclh — BibL geogr. arab. 



Gipsklippen besetzt. Die Behauptung des He- 
rodian (III 9, 3), daß H. seine Festigkeit der Lage 
auf einem steilen Felsen verdanke, entspricht 
jedenfalls durchaus nicht dem örtlichen Befunde. 
Die Stadt wird durch eine überall mit grober 
Scharfe erkennbare, gewaltige, streckenweise ver- 
doppelte UmwaUung begrenzt, die, wie der dazu 
gehörige Graben, noch in vollem Umfange er- 



halten i&t und auf den ersten Blick den Eindruck 
einer regelrechten Kreislinie erweckt, in der Tat 
aber ein Polygon (mit 14—15 Ecken) darstellt. 
Die größte Diagonale beträgt 2 km, die Peri- 
pherie ca. 6 km. was ein Areal von 3, 2 ^km 
oder 320 ha ergibt. So ziemlich in der Mitte 
der Enceinte erhebt sich der ausgedehnte Kom- 
plex der Palastruinen. Wenn auch, wie gesagt, 
die Anlage der Stadt nur scheinbar eine kreis- 
förmige ist, so springt doch ihre nahe Verwandt- 
schaft mit anderen uns bekannten antiken (Warkii, 
Zengirli) und mittelalterlichen (Hirakla, Baghdäd, 
Räfika.) Stadtplänen im Bereiche des Zweistrom- 
landes (vgl. vor allem den Grundriß des alten 
Baghdad und dazu v. Kiemer Kulturgesch. des 
Orients 1877, II 48; ferner Sarre-Herzf eld 
Archäol. Reise L Euphrat- u. Tigrisgebiet I (1911) 
160. 162) deutlich in die Augen. Die Hatrener 
folgten hierbei wahrscheinlich älteren baulichen 
Mustern. Die ungemein massive, 10 Fuß dicke 
Kingmauer war von einer großen Anzahl weitaus- 
ladender rechteckiger Türme (nach Ibn -Fakih, 
den Jäktit exzerpiert, im ganzen 60) flankiert, von 
denen noch jetzt einige 80 wohlerhalten sind und 
den Lauf der Umwallung wirksam markieren. 

Den Glanzpunkt der heutigen Ruinen bildet 
der die Mitte der Stadt einnehmende, kunsthisto- 
risch hochbedeutsame Palast, die Residenz der 
ehemaligen Fürsten: ein ausgedehntes Rechteck 
von 456 m Länge und 320 m Breite, das mit 
seiner Grundfläche von 15 ha ein volles Zehntel 
des gesamten Stadtgebietes in Anspruch nimmt. 
Das Haupttor der Palastanlage geleitet zunächst 
in einen riesigen quadratischen Vorhof ( 2 / ;1 des 
Ganzen), der durch eine Scheidemauer vom eigent- 
lichen Schlosse geschieden ist. Dieses letztere 
zerfällt wieder in einen mittleren Hauptbau und 
zwei große Anbauten. Am meisten bewundert 
wird hier die ungeheuer tiefe und hohe, nach 
vorn offene Mittelhalle mit überaus kühner Ge- 
wölbekonstruktion. Der quadratische westliche 
Anbau enthält eine Türe mit figürlichen Relief- 
darstellungcn , die dem ganzen Paläste die Be- 
zeichnung als Sonnentempel eingetragen haben; 
für diese Annahme reichen die wenigen Indizien 
kaum aus. Daß aber in H., wie in Palmvra, der 
Sonnengott in erster Linie verehrt wurde und 
dort auch ein durch viele Weihgeschenke ausge- 
zeichnetes Heiligtum desselben stand, dies wird 
von Cass. Dio LXVIII 31. LXXV 10 ausdrück- 
lich hervorgehoben. Genauer untersucht ist bis 
jetzt nur der im Stadtzentrum hegende Palast; 
die anderen Schutthügel im Innern harren noch 
der Durchforschung. Außerhalb der Ringmauer 
bemerkt man nur geringe Reste von Gebäuden, 
so namentlich zwei turmai-tige Anlagen. Als 
Baumaterial ist überall gelber Kalksandstein ver- 
wandt; die Quadern erscheinen durchwegs mit 
großem Geschick behauen und zeigen an ihrer 
Schauseite zumeist Steinmetzmarken, deren Formen 
zum großen Teil direkt dem altaramäischen Al- 
phabet entlehnt wurden, zum kleineren jedoch als 
frei erfundene Zeichen zu beurteilen sein dürften. 
Im Stadtgebiete von H. gibt es gegenwärtig 
nur braekige Tümpel und eine schweflige Quelle; 
dicht außerhalb der Mauern sprudelt aber in einer 
Höhle eine süße, reiche Quelle» offenbar dieselbe, 
die auch Iovians Armee versorgte (vgl. Ammian. 



Marc. a. a. 0.). Aber auf ihr allein hätte die 
Existenz einer so großen Oase, wie H. , kaum 
fundamentiert sein können. Der heute nicht mehr, 
perennierende Thartbär, der in geringer Entfer- 
nung ostlich von der Stadt vorüberfließt, war im 
Mittelalter nach Berichten frühislamischer Schrift- 
steller durch die in ihn bewirkte Ableitung des 
größeren Teiles des Wasservolumens eines an- 
deren Flusses (des Hirmäs) weit wasserreicher, 
10 und er versorgte wohl auch H. durch Kanäle. 
Über den Tharthar vgl. Her zf eld Memnon I 
(1907) 218—219 und Sarre-Herzfeld a. a. 0. 1 
193f. 196. 204. Sc heil behauptet auch (s. die 
Notiz bei v. Oppenheim Vom Mittelmeer z. 
pers. Golf 1900, II 3, 3), daß sich in H. noch 
tatsächlich die Spuren einer großen unterirdischen 
Kanalanlage befinden. 

Die erste Kunde von den merkwürdigen Ruinen 
H.s gelangte nach Europa durch den schon oben 
20 erwähnten englischen Arzt Dr. J. Ross, der zwei- 
mal (1836/7) "in ihnen verweilte. Seine Schilde- 
rung erfuhr bald eine willkommene Ergänzung 
durch den eingehenden Bericht von W. Ains- 
worth, der sich im Frühjahr 1840 dort in Be- 
gleitung von A. H. Layard und H. Rassam auf- 
hielt. Seitdem ist H. noch von einer Reihe von 
europäischen Reisenden besucht worden (Lady 
Blunt, Jacquerez, Fossey, Koldewey, Maresch. 
Jordan. Andrae u. a.) ; aber alle die^e Besuche waren 
30 nur von kurzer Dauer. Da nämlich die dortige 
Gegend infolge der Überfälle der Schammar- 
Beduinen, die eifersüchtig über den Besitz des 
ihnen auch durch seine Quelle wertvollen Platzes 
wachen und ein Fußfassen der Regicrungsgewalt 
verhindern möchten, sehr unsicher ist, so war 
es bisher niemand möglich, länger als eine Tages- 
frist der Untersuchung zu widmen. Trotz aller 
Beschreibungen der älteren Reisenden konnte man 
sich doch bis vor kurzem von dem wirklichen 
40 Aussehen der Ruinen kein klares Bild machen, 
da nur wenige und dazu mittelmäßige Abbil- 
dungen derselben veröffentlicht waren. Erst die 
genauen Aufnahmen dreier Mitglieder der Assur- 
Expedition der Deutschen Orientgesellschaft , die 
1906 und 1907 je einen Tag in H. arbeiteten, 
haben diesem Mangel in trefflicher Weise abge- 
holfen. Man vgl. die auf jenen Studien beru- 
hende Publikation von W. Andrae Hatra I. Teil. 
Allgem. Beschreib, der Ruinen, Leipzig 1908, mit 
50 photolithographischen Ansichten und Planskizzen 
der Stadt und des Tempels (einen Stadtplan hatte 
schon Ross entworfen). Weitere wichtige Auf- 
schlüsse über die Ruinen sind wohl in Bälde von 
Andrae zu erwarten, dem sich in allerj längster 
Zeit (Januar und März 1911) die erwünschte Ge- 
legenheit bot, zweimal (das zweite Mal eine volle 
Woche) in H. ungestört verweilen zu können und 
zwar als Gast des Kommandanten einer türkischen 
Truppeuabteitung, der mit der Pacifi zierung der 
60 aufständischen Schammarschechs betraut war und 
zu diesem Behuf e mehrere Monate in den Ruinen 
von H. sein Standquartier aufschlug. Vgl. An- 
drae Mitteil. d. Deutsch. Orient-Ges. nr. 45 
(Juni 1911), 38— 59. 50-64. 

Abgesehen von den schon im vorausgehenden 
gegebenen Literaturnachweisen kommen für H. 
noch in Betracht: die Berichte von Ross im 
Journ. of the Roy. Geograph. Societ. IX (1839) 



nana 



2&Z4 



439—470 und Ainsworth a. a. 0. IX (1841) Zeltdach bilden eine weitere Entwicklungsstufe, 

1—20, sowie des letzteren Travels und research. Bulle Orchomenos 45 (daran der Peripteros er* 

in Asia Min^r, Mesopot, Chaldaea and Armenia funden [Bulle]). Über das Fortleben dieser Form 

(London 1842) II 147—178 (besond. 166—174). im Kult Bulle a.a. 0.43f. Dragendorf Thera II 

Kitter Erdkunde X 125—127. 129—1-84. 159. 99. Altmann Ital. Kundbauteri 86. Die Tholoi 

XI 262—264. 466-492 (Resume über die Er- von Delphi, Epidauros, Athen sind architektonisch 

gebnisse der Untersuchungen von ßoss u. Ains- und kultlich die monumentalen Nachfolger eben- 

worth). Blau ZDMG XXIII (1869) 575. 576, 9. so der italische Testatempol. Zu Eundhütten mit 

XXV (1871)544—545. Momtnsen R. G. V 401. Zeltdach vgl. die beiden Büchsen aus Amorgos 
Lady A. Blunt Beduin tribs of thc Euphrates 10 Athen. Mitt. XI 1886, 18. Tsuntas-ManattMv- 

{London 1879) II 281ff. Jaequerez (! nicht 11 .ceneanage 260 fig, 134. und aus Melos Tsuntas- 

Rev. Archeolog. XXXI (1897) 343 352. Lord Manatt a. a. 0. 259 fig. 133. Perrot-Chipiez 

"Wark w orth Notes from a diary in Asiatic Turkey Hist. de Tarfc TI 91«. 461. Die Büchse von Amor- 

(London 1898) 2091F. Chapot La frontiere de gos stellt einen einfachen Bundbau mit Zeltdach 

TEuphrate (Paris 1907) 158, 5. 189. 196,4.211. dar, der eine Innenteilung hat, während die melische 

230. Über drei von F o s s e y in H. abgeschriebene eine siebenfache Wiederholung der einzelligen 

aramäische Inschriften s. Halevy Rev. Semiti- Hütte, um einen Mittelhof gruppiert, zeigt; also 

que X (Paris 19' »2) 1911'.; eine vierte aramäische eine Addition des Urtypus, eine Zusammenfassung 

Inschrift erwähnt Andrae a, a. 0. I 29; unsicher zu einem großen Wohnkomplex als Urbild des 
ist die Herkunft aus H. bei einem von Her z fei d 20 späteren griechischen Wohnhauses. Rundhütten 

(inHerzfeld-Sarre a.a. 0. 12081) mitgeteilten mit Zeltdach und Mittelstütze in Griechenland 

aramäischen Inschriftenfragment. [Streck.] nicht nachgewiesen; auch dem italienischen H. 

Hatlana s. Attana und Atta. ist die Mittelstütze fremd (A lt mann Ital. Rund- 

Hauara s Auara und Leuke Korne. bauten 151), im Gegensatz zu spanischen Rund- 

Haus. 1. Die runde, .einzellige' Hütte bildet bauten (Pfuhl a. a. 0. Cartailhac Les mon. 

bei jeder primitiven Kultur den Anfang der bau- prim. des lies Baleares fig. 395). 
liehen Entwicklung des H. , Schliz Der Bau 2. Der Wunsch nach Vermehrung und Vergröße- 

vorgeschichtl. Wohnsrilagen, Mitt. d. anthTOpol. rung der Wohnräume führt zunächst zur Teilung 

Gesellsch. Wien XXIII 1903, 301. Bulle Orcho- des Hüttenrunds, wie an der Büchse von Amor- 
menos I 36f. Ein spitzkegeliges oder mehr ei- 30 gos, dann zur Streckung des Runds zum Ovalbau. 

förmig gewölbtes Gerüst aus Banmästen oder Bulle Orchomenos I 47. Ovale Hütten in Grie 

Baumstämmchen, ohne Mittelstütze, wird mit chenland E<prju. dgx- 1900, 180 Anm. Italische 

Schill Eeisig, Blättern oder Stroh bedeckt. Im Hüttenurnen der Villanovakultur mit ovalem Grand- 

Mittelpunkt der Hütte ist die Feuerstclle. Lieh- riß, Altmann Ital. Kundbauten 13 (dort weitere 

tenberg Haus, Dorf, Stadt 26. Literatur darüber). 

Bei zunehmendem Bedürfnis nach größerer In Orchomenos sind in der Bothrosschieht ovale 

Dauerhaftigkeit und Feuersicherheit wird die Hütten mit Steinsockel und Lehmmauern bis zu 

Eundhütte aus Lehm und Stein gebaut. Über den vierfacher Schichtung übereinander nachgewiesen, 

mutmaßlichen Entwicklungsgang Bulle Orchome- die wahrscheinlich einst mit Lehmkuppeln über- 
nos I 38ff, dort auch Vergleiche mit primitiven 40 wölbt waren, Bulle a. a. 0. 25ff., allerdings 

Kulturen aus Afrika und mit den heutigen Vlachen- meist nicht in reiner Ovalform, sondern mit eineT 

hütten in Griechenland; vgl. auch die heutigen mehr, oder weniger geradlinig geführten Schmal- 

Hütten in der römischen Campagna. seite, die bei den jüngsten Typen an die Längs- 

Kreisrunde Hütten bis zu 5 m Durchmesser mit wände schon rechtwinklig ansetzt. 
Soekelmauerwerk aus Bruchsteinen, darüber Lehm- Ovale, kuppel über wölbte Räume sind im Gräber- 
kuppeln in eiförmiger Gestalt sind in Orchomenos bau häufig. Einziges monumentales Kuppelgrab in 
in der ältesten Wohnschicht aus vormykenischer Thorikos, flgaxr. 1893, 13. 'Eytj/ii. aQ%. Ifc95, 223. 
Zeit nachgewiesen. Bulle Orchomenos I 19ff. Ein Die kleinen "und unregelmäßigen Oval- und Eund- 
Lehmestrich bildet den Fußboden, über die Form formen der Kykladengräber Tsuntas 'Eyrjfi. oqx.. 
der Türen ist nichts bekannt. Ähnlich muß die 50 1899. 74ff. Abb. 10 sind nicht vergleichbar mit 
Tholos im Palaste des Odysseus gewesen sein Hom. der technisch schwierigen ovalen Überwölbung 
Od. XXII 442. 466. Steinkuppelhäuser : im südöst- eines größeren Eaumes. Die ovale Stein-Lehm- 
liehen Italien Perrot-Chipiez Hist. de l'art IV kuppel ist statisch nur bei kleinen Abmessungen 
52; .Sesis' auf Pantelleria Orsi in Mon. Line. IX günstig, daher nicht entwicklungsfähig. 
1899. 474. Pfuhl Athen. Mitt. XXX 1905. Neben der gewölbten ovalen Stein-Lehmhütte 
331ff. : m Griechenland oberirdisch bisher nicht entwickelt sich die ovale Hütte mit selbständig auf- 
nachgewiesen. In der Form der Kuppelgräber gesetztem Dach zu größeren Abmessungen. Dieses 
lebt diese uralte H.-Fomi noch über ein Jahr- nähert sieh beim kurzen Oval der Form des Zelt 
tausend weiter, und wird unterirdisch zum tech- dachsieswirdbeigrößererStreckungdesKundszuni 
nisch vollendeten Steinbau entwickelt , B u 11 c 60 W a 1 m d a c h. Die Türe rückt schon im einzelligen 
Orchomenos I 42. Tsuntas 'Eyrjfi. äo%. 1885, ovalen Kaum möglichst von der Feuerstätte ab. 
29. Die Frage, ob das Kuppelgrab auf dem Fest- Hire Stellung an der scharfgekrümmten Kurve an 
länd oder in Kreta ausgebildet worden ist , läßt einem Ende der Längsachse führt konstruktiv zu 
sich noch nicht endgültig entscheiden. Neueste geradlinigen Stirnseite (Pfuhl a. a. O. S47ff.). 
Aufdeckung von Kuppelgräbern in Pylos, Athen. Das Dach wird darüber vorgezogen und auf zwei 
Mitt. XXXII 1907 und XXXILI 1908, 295ff. Taf. oder mehr Stützen gestellt Dar«» entwickelt 
15—17. sich hei größeren Abmessungen «in eigener Tor- 
Die Eundhütten mit zylindrischen Wänden und räum. 



Sechs vormykenische ovale Wohnhäuser in gel von Walmdächern gefunden worden sind, dio 

Olympia nachgewiesen Athen. Mitt. 1898. 188ff., vielleicht zum Tempel des 6. Jhdts gehören-, 

von denen zwei eine Quermauer zeigen, die einen Kawerau-Soteriades Antike Denkm. II 

halbkreisförmigen Raum abtrennt. Das Oinomaos- Heft 5. 1 Taf. 49—53. Das Walmdach wird 

H. (Olympia Ergebn. TT, 4) ist als ein letzter Eest späterhin bei einfachen Wohnhausern, das Sattel- 

der ovalen Hausform noch als Kultraum erhalten dach beim monumentalen Stein- und Tempelbau 

geblieben. Bei seiner Größe 10 : 18,5 m waren verwendet. 

Innenstützen für das Dach nötig. Der Eaum war 3. Rechteckige Hausform, entwickelt sich 

also zweischiffig. Paus. T 20. 3 erwähnt noch an vielen Orten und zu verschiedenen Zeiten 

eine uralte erzumschiente Holzsäule, Werriieke 10 selbständig und verschiedenartig, Macken zie 

Arch. Jahrb. 1894, 95. Bulle a. a. 0. 45. Ovales B. S. A. XIV 343ff. Altmaun Ital. Rundbauten 

Grab mit Mittelstützen, also eine zweischiffige An- 16. Für die Länder am Mittelmeerbeckcn wird 

läge, in Spanien, Montclius Orient und Europa 57, allgemein orientalischer Einfluß bei der Ter- 




175; das genauer untersuchte nach Bulle a. a. 0. I 52. Noack Ovalhaus und Palast 45. Für die 

49 vielleicht ein Versammlungsraum, ähnlich dem Selbständigkeit der Entwicklung des Rechteck- 

"Nbrdflügel des Buleuterions von Olympia (Olymp. baus am Ägäischen Meere spricht die Verschieden- 
II 76 taf. 55f. Pfuhl a. a. 307). ' Beide Bauten 20heit der jeweiligen Urzelle, d. i. des eigentlichen 

bereits in historischer Zeit entstanden, uralte Wohnraums = Herdraums im primitiven H. In 

vormykenische Form bewahrend. Griechenland ist eine vorherrschende Grundform 

Das langgestreckte Oval mit gradliniger Stirne das Mcgaron: ein rechteckiger Raum mit nach 

am einen, und mit gebogener Umfassung am andern Süden gerichteter offener Vorhalle; ein H. für 

Ende der Längsaxe führt zum Apsisbau. Bulle ein Nordvolk, das Wärme braucht und einen 

a. a. 0. 50. Vormykenisches Gebäude auf Paros. Herd in den Mittelpunkt des Baums stellt ; vgl. 

Tsuntas '£V?/'- «o/. 1898. Abb. 9 u. 10, mit ab- Bulle a. a. 0. Im Gegensatz dazu ist es in 




Vertiefung .„„ -_ -. ... . - ,. 

o-efunden. Basis für Mittelstütze'? Kleiner Apsis- Herd aufstellt. Wegen seiner emer Maander- 

bau in Delphi B. C. H. 1900. 142. Pomtow Z. linie ähnlichen Grundrißform mag seine Urgestalt 

f. Gesch. d. Arch. III 185 Abb. 57. Wiegand Mäander-H. genannt werden, s. u. 

Poros-Architektur. 159. Abb. 154 u.a. Für West-Europa geht nach Mackenzie a. 

Die übliche Teilung des spitzovalen Grund- a. 0. die Verbreitung des Rechteckbaus vom 

risses wird also in Griechenland mittels Quer- Mittelmeer aus entlang den großen Bernstein- 

wänden erreicht. In dem breitovalen H. in Cha- und Zinnstraßen, Osteuropa behält die runde 

maizi Siteia in Kreta aus der frühen Kamares-Zeit ,ostasiatische' Nomadenhütte bis in die römische 

<Middle Minoan I) *E<pr}fi. olqx> 1906, 119. Taf. Kaiserzeit; Abbildungen an der Marcussäule in 
7-11 ist eine mehr radiale Teilung und Grup- 40 Rom, Fortleben der Rundform in Italien, Alt- 

pierung der Gemächer um einen mittleren Tecbt- mann a. a. 0. 17f. 

«ckigen Hof versucht. Noack Ovalh. und Palast 4. Kreta. Zusammenfassende Literatur: A. 

in Kreta, sieht in dieser Anordnung die Keime Evans Essai de Classification des epoques de la 

zur Entwicklung des kretischen Palastgrundrisses. civilisation minoenne 1906. Fimmen Zeit und 

Der Ovalbau von Chamaizi ist ein später Aus- Dauer der kretisch-mykenisch. Kultur 1909. Bur- 

läufer der elliptischen H.-Form, die hier aus der rows The discoveries in Crete 1907. Aug. Mosso 

absichtlichen Ummauerung der elliptischen Hügel- Palaces of Crete and their builders 1907 (wenig 

kuppe mit einer Stützmauer entstanden ist. Ma- wertvoll). Karo im Vorwort zum 2. Bd. der 

kenzie B. S. A. XIV. 415 nennt es ein freak. Antiouites erötoises von Maraghiannis 1907. 
Es ist nur ein vereinzelter Versuch, der durch 50 Das einzellige H. in Magasä, B. S. A. XI 

die Umstände veranlaßt war. kein Typus einer 263 fig. 2. B. S. A. XIV 443ff. fig. 2. Unregel- 

H.-Form. Die von Xanthudidi s vermutete Zwei- mäßiges Rechteck, seitlich gelegener Eingang 

geschossigkeit braucht nicht angefochten zu wer- mit eingebauter Schutzwand; erster Anfang zur 

den. Die Dachbildung ist weder nach Noacks Abtrennung eines eigentlichen Eingangsraumes 

Vorschlag a. a. 0. noch nach Bull es Meinung vom Wohnraum. Innere Raumgröße 6 X 11 rn. 

a. a. 0. 126 annehmbar. Für Kreta ist das flache Decke ohne Stützen. Ähnlich das ebenfalls breit 

Dach nachgewiesen : s. u. stirnige Ossuary in Kastri , B. S. A. X 202. XI 

Der Ovalbau weicht dem Eechtecksbau, weil 271 fig. 4, 2. Die fast völlige Abtrennung des 

seine innere Teilung unorganisch bleibt. Er hinter- Eingangs vom Hauptraum in der Form eines da- 
läßt im Apsisbau die wertvollste Raumform und 60 vor gelegten schattigen Vorraums zeigt den Keim 

im Walmdach eine dem Satteldach allerdings nicht der kretischen Grundrißgestaltung . Macken- 

ebenbürtige Dachform. Eine Fortwirkung der Ge- zie B. S. A. XIV 365. Zeit nach Dawkins 

statt eines langgestreckten ovalen H. ist zu sehen früh minoisch II (E[arly] M[inoan] II). Eine 

in der langen, mit Adyton versehenen Cella des Verdoppelung desselben Typus in einem andern 

griechischen Tempels in den ältesten sizilischen und Ossuary in Kastri, B. S. A. XI 275 fig. 4, 3. 

unteritalischen Tempeln, Koldewey-Puchstein EM IIL Der Grundriß dieser einfachen Gebilde 

die griechischen Tempel in Unteritalien and Sizilien, erinnert an die Form des ,Mäanders' und zeigt 

«benso in Therxnon, Efpnn- «PJt- 19M, wo auch Zie- eiuen uralten typischen H.-Plan. 



Haus 



In der Art von Magazinen durch vier paral- 
lele niedrige Zwischenmauern in fünf schmale 
Kammern geteilt ist das Ossuary von Palaikastro, 
B. S A. VIII 286if,, waht scheinlich mittelmi- 
noisch I (M[iddle] M[inoan] I). 

Gourniä. H. B, Hawes Goimaiä Vasiüki 
and other prehistorio sites 011 the Isthmus of 
Hierapetra Crete, Philadelphia 1909, Beste einer 
ganzen dicht behauten Stadt: die H. lassen 
die verschiedensten Gruppierungen von Wohn- 10 
räum, Korridoren, Magazinen, Treppenhäusern 
erkennen, aber keinen besonders auffallenden 
H.-Typus. Meist führt vom Straßeneingang ein 
Korridor zum kleinen Hof, an den sich je nach 
Baum und Große die Gemächer anschließen (A n), 
oder von dem aus durch einen weiten Kor- 
ridor auch noch rückwärts liegende Bäume zu- 
gänglich sind (Cb); diese mehrfach mit Fenstern 
nach der hintern Gasse (Cb, Ao) oder nach 
Zwischenhöfen (A c). Es sind nur die Unterge- 20 
schösse erhalten, die sich ungemein natürlich 
mit Stockwerkstorrassen dem Abhang anpassen. 
Die älteren Teile zeigen Mauern aus kleinen 
Bruchsteinen mit Lehnmiörtel verband und star- 
kem Kalkputzüberzug (Haus A). Zur Verstärkung 
dienten eingelegte Holzriegel und Pfosten aus 
Holz; für die Obergeschoß mauern waren Luft- 
ziegel (keine gebrannten Ziegel, Dur in Handb. 
d. Arch. II 37) verwendet, S. 28. Decken be- 
standen aus Bohr mit Lehm seh lag. Die sog. 30 
Zyklopische Bauart mit größeren Bruchsteinen tritt 
erst in der spätminoischen Zeit auf. Am Palast 
(G 1 — 33) an hervorragenden Teilen Quadermauer- 
werk, das mit Stuck bedeckt war. Im erhal- 
tenen Untergeschoß des Palastes Magazine. Auf 
der Oststseite des Zentralhofes eine Halle mit 
quadratisch gemauerten Pfeilern, die mit Holz- 
säulen auf Steinhasen abwechseln. Genauer Plan 
nicht mehr erkennbar. Die Obergeschosse fehlen. 
Auch in verschiedenen Privat-H. Fd 14. Da 3 40 
und Eh (LM III) Steinbasen für einzelne Hof- 
säulen. 

Vassiliki in Hawes Gourniä PI. XII und 
Seager Transactions Department of Archaeol. 
üniversity of Pennsylvania I 3. 213—221 (mir 
unzugänglich). Nach den Funden EM Ansied- 
rang; aus der ältesten Periode EM II keine H.- 
Grundrisse erhalten, aus der folgenden nur dürf- 
tige Mauerreste von rechtwinkligen H. Erst 
die dritte Periode (PI. XII bei Hawes Gour- 50 
nid) zeigt entwickelte mehrzellige H.. deren 
Kaum Verteilung aber nach dem gegebenen Plan 
nicht deutlich ist Nach einem Umbau erscheinen 
die Beste der 3. Periode um einen Hof grup- 
piert* untergeordnete Bäume gebildet zu haben, 
ohne Zugang von außen, nur erreichbar aus 
einem aus den Funden nachgewiesenen Ober- 
geschoß von oben herunter; vgl. dazu Tsuntas 
Mykene 44. Auch hier bestanden die Obennauern 
aus Luftziegeln mit Lehmmörtelverband undtiO 
Holzriegeln (Längsriegel 10 X 10 cm, Querriegel 
5 xr 5 cm Querschnitt) und die Decken über den 
Balken aus Bohr mit Lehmschlag. Die jüngsten 
dürftigen H. -Reste stammen aus dem Ende der 
EM-Zeit. 

Pseira. Arch. Anz. 1908, 125. Journ. helL 
Statt XXVH 1907, 291; photogr. Ansicht in An- 
tiquites CnStoises H Tal XV— XVH (ohne Plan), 



2528 



frühminoische Ansiedlung, in MM-Zeit blähen- 
des Städtchen bis LM IE. In der spätminoiseher* 
Zeit LM III verschwindet es. Ziegelmauern bis- 
her nicht nachgewiesen. 

Palaikastro (B.S.A. VIII 286ff. IX 274f 
pl. VI. B. S. A. XI 258—260. 272ff. pl. Vüf 
— XIV), städtische Ansiedlung an schmalen, zum 
Teil rechtwinklig sich kreuzenden Straßen ■ viel- 
räumige Wohnhäuser, besonders Block ß und v. 
Straßenfassaden durch schönes Quadernmauer- 
werk mit Vor- und Rücksprüngen absichtlich ar- 
chitektonisch gegliedert bei H. y und 3. Eingang 
von der Straße meist mit Vestibulum, tiefer 
Türnische, dahinter korridorartiger Raum und 
dann der Hauptraum mit Lichthof, der bei 
Haus ß und ö einem Säulenperistyl ähnlich ist. 
Die übrigen angegliederten Räume enthalten 
meist nur Keller, Magazine und Treppenhäuser 
zu den nicht mehr erhaltenen Obergeschossen 
(Block x 51—56, % 10-17). In Block y 1-9 
(B. S. A. XI 272ff. fg. XI1T. LM HI) Sänlen- 
vorhalle am Eingang. Die Einzel-H. sind meist 
größer und bedeutender als in Gournia. Da- 
tierung: Nach einer Katastrophe am Ende der 
MM Periode beginnt die Bebauung langsam 
wieder in der LM I-Periode, B. S. A XI Plan XH 
und XIII (Übersichtspläne). Die genannten be- 
deutenden H. stammen erst aus der LM II- und 
LM HI-Periode, als der Westteil der Stadt be- 
reits verlassen war. Von den altern Schichten 
(EM und MM) nur unzusammenhängende Grund- 
risse in Block x aufgedeckt, die keine klare Vor- 
stellung von den frühern Bauten geben, den 
spätem aber technisch verwandt sind, B. S. A. 
XI Plan X. In allen Ilaumgruppierungen fällt 
immer wieder die beliebte Anordnung auf, eine 
Kammer durch einen Vorraum so zugänglich zu 
machen, daß der Eintretende vom Vorraum aus 
nur mit einer Drehung von 00 ° den Hauptraum 
erreichen kann (Maeandermotiv). 

Zakro (Jonrn. hell. Stud. XXII. B. S. A 
Vn 121 Plan III), H. aus LM-Zeit, meist nur 
in Untergeschossen, an den Berg angebaut, er- 
halten. Haus A mit Pfeiler für Treppe und obern 
Umgang im Hof. Haus G : Am Eingang ein Vesti- 
bulum mit einer Säule (erhaltene Steinbasis mit 
30 cm Durchmesser), hinter der Türe ein 



ca. , 

Vorplatz, dann der Innenhof, umgeben von Ma 
gazinen und Nebenräumen, welche zum Teil vom 
Obergeschoß zugänglich waren. Haus I, unüber- 
sichtlicher H.-Plan, ebenfalls ursprünglich mit 
Vestibulum, daneben und um den Hof kleine 
Kammern und Magazine und ein mit bemaltem 
Stuck ausgestatteter Raum (5), bei (10) vielleicht 
eine Küche. 

Mochlos, Journ. hell. Stud. XX VH 1907, 
291. AIA XIII 1909. Antiquites Cretoises II 
Plan 1 und II (photographische Ansichten). Ein 
veröffentlichter Grundriß in AIA XJH gibt ein 
Teilstück eines sehr entwickelten H.-Planes, aber 
kein verständliches Bild der Anordnung der 
Räume. Nach den Funden LM L 

Palast in Knossos. Ausgrabungsberichte 
von Evans in B. S. A. VI- XL Zusammen- 
fassende Aufsätze von Mackenzie Oretan pa- 
laces. B. S. A. XI— XIV. Dörpfeld Athen. Mitt. 
XXX 257C und ebd. XXXII 576ff. Plan: VH 
PI. I. Vm PL I, Teilplan vom Westhagel und 



2529 



Haas 



Haus 



2580 



theatral area X 38 flg. 13. Theatral area: XX 
99f. flg. 68. 69. Nördlicher Eingang: VII 68 
fig. 22. 23. VIII S fig. 2. 3. Bad an der Nord- 
seite: VT! 60f. fig. 18. 62. Nordöstliche Teile: 
VH 72f. Vin 93. Ostbastion: VUI 110 flg. 67 
—69. Östliche Teile: olive press. VII 82; hall 
of double axes VLT 110 fig. 33—36, zum Teil 
falsch rekonstruiert, VUI 39ff. fig. 22. 23. 29. 
30. Korridor: VLT 99. VLTI 34. Treppenhaus: 



die altern Magazine lagen (zum Teil freigelegt E5 
auf Plan Mon. d. Line. XIV Taf. XXVLT und unter 
B69). Der Zentralhof mit seiner geschmückten 
Nordwand und dem großen Korridor, und die Licht- 
hofanlage beim Nordmegaron (E 50 auf dem ge- 
nannten Plan) gehören wahrscheinlich auch der 
frühern Periode an (B.S.A. XI 181ff.). Dem spätem 
Bau gehört der große Westeingang mit der mäch- 
tigen Freitreppe, dahinter der Lichthof (69) und 



VII 102. VUI fig. 29. 30. Modern restaurirt XI 10 die anschließenden Gänge und Treppen, die Ma- 



23 fig. 12. Photogr. Aufnahme in Noack Bau- 
kunst d. Altertums Taf. 7 Zentralhof: X 26 
fig. 9 Plan 1. Throngemach (Badezimmer): X 29. 
32 fig. 10. 33. Südosthaus : IX 3ff. fig. 1 . 2. 5. House 
of fetish shrine: XI 2ff. fig. 8. 4. Villa beim Palast 
IX 130ff. Taf. 1 fig. 89. Ältere Teile auf noch 
älteren Wohnschichten aus neolithischer und früh- 
minoischer(EM)-Zeit, B. S. A. XIV 4431, von denen 
jedoch keine Mauerzüge nachgewiesen sind. Die 



älteren Teile der heutigen Palastruine reichen in 20 Mackenzie ebd. 212. 



gazine 27—36, das große Peristyl (R 74) und die 
neue Westwand des Zentralhofs. Dörpfelds 
Hypothese von einer achäischen Konstruktion der 
Jüngern Palastteile Ath. Mitt. XXX 1905, 257—297 
ist von Noack Ovalhaus und Palast 16 und von 
Mackenzie B.S.A. XI 181ff. überzeugend wider- 
legt. In beiden Bauzeiten sind die Hauptzüge der 
Anlage, der Bauformen und Technik gleich. Funda- 
mental unity and continuity of architecture style, 



mittelminoische Zeit zurück (MM I und MM LT) 
und zeigen im wesentlichen bereits dieselben 
architektonischen Gebilde wie die Teile der spät- 
minoischen Zeit (LM). Dem älteren Palast ge- 
hörten an: Der Westhof, daran anschließend das 
Westportal mit seiner Einsäulenfront; der ganze 
westliche Palastteil in seinen tiefern Schichten, 
B. S. A. XI 20; das sog. Throngemach mit dem 
unter einem Lichthof tieferliegenden Bad (MM II. 



HagiaTriada. Plan : Instituto Lomhardo XXI 
Taf. L B.S.A. VIII I. Athen. Mitt. XXX 1905, 270. 
Noack Ovalh. und Palast Abb. 5 und Mon. d. 
Line. XIV Taf. XXVLTL Photographische An- 
sicht von R6 in Noack Baukunst d. Altertums 
Taf. 16 C. Eivista dltalia 1903, s. o. Phaestos. 
Älteste Fundschichten MM II und III. Zu den 
altern Teilen gehörten der Nord- und Ostflügel 
mit ihren Pfeilersälen und Lichthöfen. Zeit wahr- 



B. S. A. XI 211); der große Zentralhof, dessen 30 scheinlich LM I. Die Gestaltung der Säle ent- 



Westrand mit Vor- und Rücksprüngen etwa 1 m 
hinter der späteren stand, B. S. A. X 26 fig. 9 
Plan 1; das Nordostquartier mit der Nordost- 
halle, B. T. Vm PI. (Ende MM zerstört); die 
mächtige Mauer der Ostbastion, die hinter einer 
später davor gebauten in Charakter und Aus- 
führung gleich ist, B. S. A. XI 190. Der ganze 
westliche und nördliche Palast und die beiden 
Höfe stammen also aus der MM-Periode. Die 



Restauration nach einer Zerstörung sowie spätere 40 sicher noch mykenisch. 



spricht dem ausgebildeten Typ der spätem Periode 
der Paläste von Knossos und Phaestos (Burrows 
84. Evans Essai de Classification). Die jüngere 
Schicht ist nicht, wie in Phaestos und besonders 
in Knossos, auf dem altern Palast unter Benützung 
seiner Mauern und Räume aufgebaut, sondern 
völlig selbständig; es sind große Substruktionen für 
einen rechteckigen Hauptbau (A), kleinere Gebäude, 
eine Säulenhalle (36); nach Inst. Lomh. XXI 270 



Umbauten lehnen sich in Knossos an den alten 
Bestand. Die Zutaten sind mehr nur Ergän- 
zungen und Erweiterungen, Burrows 81: am 
Zentralhof die neue Westwand mit dem Vor- 
raum zum Throngemach; der Südwesteingang, 
Umänderungen in den Magazinen (B. S. A. IX 
fig. 15. 16. X 34), im Westhof, B. S. A. X 18 
fig. 7. Die Errichtung des .Theatrons' (älteres an 
seiner Stelle fraglich) und die ganze Südostanlage 



Zusammenfassung: Typische Form zeigt der 
Pfeilersaal: Noack Hom. Paläste 51f. Dörp- 
feld Athen. Mitt. 1905, 273f., bis jetzt nur in 
den Palästen nachgewiesen; äußerst anpassungs- 
fähiges Raumgebilde, fremder südlicher Ursprung 
nicht wahrscheinlich. Wände zum Teil in Pfeiler 
aufgelöst, die Zwischenräume als Türen zum Ver- 
schließen ausgebildet. Vor seinen Pfeilerwänden 
stehen Säulenvorhallen, die sich ins Freie, nach 



dagegen erscheint neu: das große Treppenhaus, 50 einem Hof oder nach einem Lichthof öffnen. Der 



die Lichthöfe in Verbindung mit dem ,Queens'- 
megaron, und der ,Hall of double axes' usw. 
Aus der späteren Palastzeit stammt auch das 
kleine Südosthaus und die königliche Villa. 
Diese späten Bauwerke sind architektonisch am 
besten durchgebildet und zeigen die typisch 
kretischen Raumformen: Pfeilersaal, Lichthof, 
Säulenvorsaal in verschiedenen Gruppierungen. 
Phaesto s. Plan : Mon. d. Line. XII Taf. II ; XIV 



Pfeilersaal ist erst in Verbindung mit diesen Hallen 
ein Ganzes und erscheint dann als vornehmster 
Wohnraum. Die Beleuchtung geschieht also in- 
direkt. Ausstattung mit feinstem Stuckbelag auf 
Böden und Wänden. 

Lichthöfe wohl hauptsächlich durch die Mehr- 
stöckigkeit der Bauanlagen veranlaßt (Noack 
a. a. O. 62), meist klein, mit Stuckboden, Wasser- 
ablauf, Wände in Quadermauerwerk (B.S.A. XI 



Taf. XXVH. Athen. Mitt. XXX Taf I. B.S.A. 60 193), dienen zur Beleuchtung verschiedenster 



XL PL V; Teilplan Noack Ovalhaus und Palast 
Abb. 3; Zentralhof. Mon. d. Line. XIV 363 Fig. 13. 
Taf. XXLX 2. Rivista d'Italia 1903 Nov.-Heft 
L. Pernier H palazzo, la villa e la necropoli di 
Festo. Älteste Teile des Palastes aus der MM-Zeit : 
Das Theatron im Westhof, die Emsäulen-Portikus 
am Sudende des Westhofs, B.S.A. XI 181, die 
alte weit vorgeschobene Westfront, hinter welcher 

Pstüj-WlMKmft-Kron TU 



Räume (B. S. A. XI 208), Treppenhäuser, Pfeiler- 
säle, Korridore, Exedren, Bäder usw. Die Räume 
öffnen sich gegen die Lichthöfe mit einer Säulen- 
stellung, meist ein oder zwei Säulen, je nach Größe 
des Raumes. Lichthöfe schon in der altern Bau- 
periode der Paläste gebräuchlich. Knossos Thron- 
gemach B.S.A. X 29, Phaestos R 50, in den spätem 
Bauanlagen reichlich angewendet 

80 



2531 



Haus 



Hans 



2582 



Säulenhallen als Vorhallen vor den Pfeiler- 
sälen, als gedeckte Hallen und Übergänge eben- 
falls in der spätem Bauzeit der Paläste reichlich 
vorkommend. Aus der frühen Zeit die Nordost- 
halle in Knossos, B. S. A. VII 75. XI 210, Vorliebe 
für Säulenstellungen in den spätem Palastteilen 
auffallend; technische Begründung Athen. Mitt. 
XXX 272f. In Hagia Triada vermutlich ein 
Peristyl, R9; vgl. Noack a. a. 0. Abb. 4 (Er- 



gänzung jedoch unsicher) und wahrscheinlich auch 10 kene. Durm ebd. Gesims : ältere Form: Rtmd- 



und Taf. II. Erhaltener verkohlter Holzschaft, 
Durm Österr. Jahresh. X 41. Verzierung der 
Schäfte wahrscheinlich ähnlich wie in Mykcne an 
der großen Tholos, Perrot Hist. de Tart VI 631ff. 
Kannelierung in der Art von Bündelsäulen in 
Knossos, Hause of the fetish shrine. B. S. A. XI 1. 
Kapitelle : doppelter Wulst mit Einziehung, darüber 
Abakus, nur aus den genannten Abbildungen be- 
kannt; vgl. auch Kapitell der Ätreustholos in My- 



in Phaestos R74. Im ,House of fetish shrine 1 
um den Lichthof an drei Seiten Säulen, zum Teil 

direkt vor die Mauer gestellt; B. S.A. XI 1, Abb. 3. 
Tendenz zur Symmetrie (Noack a. a. 0. 15), 
Säulenhallen auch an den Torbauten. Knossos; 
südwestliches Tor. Phaestos (3). Ältere Einsäulen- 
portikus-Form auch an dem spätem Prachteingang 
von Phaestos (67). Rückwärts gegen den Lichthof 
dann drei Säulen. Torbauten nicht selbständige 



balkenköpfe über Arehitravbalken, B. S. A. VIII 
Fig. 8 und 9 ; jüngere Form : rechtwinklige Bal- 
kenköpfe, Journ. hell. Stud. 1901, 193, Taf. 5, 
Kultbau. Holzsäulen und Holzgebälk fügen sich 
organisch in die gemischte Bauweise. Den entwickel- 
ten Steinbau kennt die kretische Baukunst nicht. 
Mauern: älteste Vassiliki EM II aus kleinen 
Lesesteinen mit erdigem Mörtel, erst später Lehm- 
mörtel. Verstärkung der Mauern durch hölzerne 



Gebäude, sondern im engsten Anschluß an die Ge- 20 Längsriegel und Querhölzer schon EM II oder III 



samtanlage; vgl. auch den Türeingang in Zakro 
Haus G.; s. o. Noack a. a. 0. 8. Reiche Mannig- 
faltigkeit in der Gruppierung der Räume um einen 
Hof, vielfach vor- und zurückspringende Außen- 
mauern, kleinere Lichthöfe, bescheidene Torein- 
gänge sind Kennzeichen der altem Palastgestaltung. 
Starkes Streben nach durchgehenden großen Linien, 
nach symmetrischer Gestaltung, reiche Verwendung 
von Säulenhallen, hinter welchen luftige und doch 



in Vassiliki und von da an bis in die Spätzeit 
üblich, sowohl bei Luftziegel- als bei Bruchstein- 
mauern, B. S. A. VII 106 Fig. 32. Gournia— 
Vassiliki s. 49. Mauern aus großen Bruch- 
steinen sauber ausgezwickt, Gournia. Quader- 
mauern von Kalk und Gipsspat in MM II be- 
ginnend, besonders für Außenmauern und bei 
Lichthöfen angewendet, Knossos, Phaestos usw. 
Holzklammern zur Verbindung einer zweihäuptigen 



verschließbare Räume liegen, die Ausbildung von 30 Gips spatorthostaten wand in Knossos. B. S.°A. 



Vor- und Hinterhallen an den Toreingängen 
(Knossos Südtor, Phaestos [67]) zeichnen die An- 
lagen der spätem Paläste aus. In bescheidenem 
Verhältnissen bestätigen diese Entwicklung die 
aufgedeckten Privat-H. der städtischen Ansiede- 
lungen in Gournia, Palaikastro und Zakro. Alle 
kretischen Bauanlagen zeigen die Gruppierung 
der Räume um oder an einem Hof; ein bestimmtes 
typisches Raumgebilde, an das sich der Organis - 



XI 22 Fig. 11. Obergeschoßmauern meist aus 
Luftziegeln mit Lehmmörtel. Gebrannte Ziegel 
kommen nicht vor, leichtgebrannte (?) in Zakro, 
B. S. A. VII 121, oder aus kleinen Bruchsteinen 
ebenfalls mit Riegelwerk. Decken und Dach über 
großen Baumstämmen und rechtwinklig behauenen 
Balken aus Rohr und Zweigen mit starkem Lehm- 
estrich, B. S. A. IX UOff. Tat I königliche Villa, 



Gournia PL I 2 und Phylakopi in Melos. Kretische 
mus des H. anschließt, besteht aber nicht. Die An- 40 Mauer konstruktion spiegelt die Fassadendekoration 
Wendung von Korridoren zur Bildung vielräumiger wieder, Bulle Orchomenos I 81ff. Fayenceplätt- 



Anlagen tritt jedoch auffallend hervor; dabei er- 
scheint die Urform des uralten Wohnraums (s. o.) 
als Grundgedanke in der Entwicklung des viel- 
räumigen H.; die Elemente und Ansätze zur 
Bildung des Pfeilersaals und seiner Vorhalle bis 
zur Erfindung des Peristyls von Phaestos (74) 
hat die schöpferische Eigenart des kretischen 
Volks (Furtwängler Deutsche Rundschau 1908, 
242) aus demselben Motiv entwickelt. Man braucht 50 aus Quadermauerwerk. Die H. haben flache Dächer 



Fayenceplätt- 
chen aus Knossos, B.S.A. VIEL Fig. 8 und 9, mit 
H.- Darstellungen zeigen Fassaden mit Rundholz- 
einlagen und mit kantigen Riegeln, beide vorzugs- 
weise im Horizontal system verwendet (im Gegen- 
satz zum nördlichen stehenden Riegelwerk), — dar- 
aus die für den Süden überall so charakteristische 
horizontale Sehichtenstreifung als Dekoration ent- 
standen (bis heute noch üblich) — und Fassaden 



nicht eine fremde vorbildliche Form für den Pfeiler- 
saal anzunehmen (Noack 63), Weder Ägypten 
noch Babylonien zeigen verwandte Saalformen. 
Bauformen und Technik. Säulen aus Stein: 
nur kleinstes Bruchstück gefunden in Knossos im 
Bad an der Nordseite ; ebd. auch eine tellerartige 
Steinbasis, nach der Art ägyptischer Säulenbasen. 
B. S. A. VII 61. Abbildungen von Steinsäulen auf 
einem Steatitgefäß von Hagia Triada; die Kapi- 



mit bedeckten Treppenaufgängen. Über kretische 
Fassaden Bulle Orchomenos 1 74ff. Taf. XXVIII 1. 
Noack Hom. Paläste 78. Über Innendekorationen 
B ulle a. a. 0. 81 ff. Noack Ovalhans u. Palast 37. 
5. Inseln. Phylakopi. Excavations Journ. 
hell. Stud. Suppl. 4.* Städtische Ansiedlung: ältere 
Schicht zerstreute H., meist schiefwinklig, ein- oder 
zweiräumig aus kleinen Steinen mit Lehmmörtel ge- 
baut -~ Kykladenzeit. Zweite Schicht mit systema- 



telle haben die Form eines viereckigen umsäumten 60 tischer Bebauung an Straßen, Mauern aus Kalkstein 



Abakus. Österr. Jahresh. X 78 fig. 25. Säulen aas 
Holz : wahrscheinlich mit geringer Verjüngung nach 
unten (Durm s widersprechende Darlegung, österr. 
Jahresh. X 41, nicht überzeugend). Als Basis 
dient entweder runde Vertiefung in Steinplatten 
(Knossos Treppenhaus) oder glatte runde Auflager- 
platte (in Phaestos, Hagia Triada). Ansichten von 
Sänlen auf Fresken von Knossos: B. S. A. X 42 



und Basalt, meist zwei Fuß stark, mit Kalkmörtel ver- 
putzt. Wechselnde Grnndrißformen : meist tiefer 
Hauptraum, entweder mit rückwärtigem Baum, 
Fig. 31, oder mit vorgelegtem Korridor, Fig. 27, 
mit Vorraum and seitlichem Korridor als Zugang 
zu einem geteilten Hinterraum, Fig. 32, schon 
fast an ein Megaron erinnernd ; a. n. Arne. Fen- 
ster nirgends nachgewiesen, obschon die Mauern 



2538 



Haus 



Haus 



2584 



bis zu 2,3 m Hohe anstehen. Decken aus dünnen 
Holzbalken, darüber Rohrbelag mit Lehmestrich. 
Davon Stücke gefunden, Fig. 41. Dritte Stadt- 
schicht mit geradlinigen, zum Teil sich recht- 
winklig kreuzenden Straßen. H.-Grundrisse nicht 
klar, meist auf älteren Mauern errichtet — viel- 
fach nur Untergeschosse, Fig. 48 vielleicht Me- 
garon, Fig. 49 und 50 der ,mykenische Palast* mit 
Megaron, aber ohne Säulen ; anschließende Korri- 
dore und Nebenräume ungenügend dargestellt. Da 10 
<rleichzeitige3 vom Altern und Jüngern graphisch 
nicht getrennt ist, erscheint die Gesamtanlage 
unklar. Mackenzies These von der Entstehung 
■d. Megaron, B. S. A. XII 251f. daraus entwickelt; 
s. u. Nur in zwei H. Basen für Säulen gefunden. 

Therasia (Thera) unter der Bimssandschicht 
großes mehrzelliges H., Fouque Santorin, Paris 
1879, 96f. Per rot- Chip iez Hist. de l'art VI 
135ff. Tsuntas-Manatt Mycenaean age 237. 
Zwei tiefe parallele Bäume C D durch Türen ver- 20 
bunden unter sich und mit Nebenkammern E F. 
Kleine Fenster, 0,6 m hoch, 0,5 m breit, 1,0 m 
über dem Boden in D und E. Vor diesen Bäumen 
ein Gemach A mit kleiner Erweiterung B. In 
A eine Säule, die das Zeltdach über diesem Baum 
gestützt haben soll! ? Die Anlage ist nicht völlig 
freigelegt und ungenügend dargestellt. Zeit nach 
Funden lokaler Vasen, Fouque PL XL— XLII, 
etwa MM IL 

Zweikammerhaus auf Thera, Fouquö ebd. 30 
breitstirnig mit rechtsliegcndem Eingang. Wände 
mit Kalkputz, einfach ornamental bemalt, nach 
den Funden spät mykenisch. 

Auf Syros, 'EwP- äg^. 1899, 118 und auf 
Paros ebd. 1898, 168 Abb. 9 nur geringe Reste 
von vormykeni sehen, anscheinend meist zweiräu- 
migen H. In Paros dabei zwei Steinplatten mit 
tiefer runder Einlassung für dünne Holzpfosten 
gefunden. 

6. Troia (Dörpfeld Troia u. Ilion Ergebn., 40 
Athen. 1902. Schliemann Troian. Altertümer, 
Leipz. 1874; ders, Ilios, Leipz. 1891; Jahrb. XI 
1216f.). Älteste Wohnschicht mit schiefwinkligen 
JVIauerzügen ohne erkennbare Form weder der 
Gesamtanlage noch eines Einzel-H. In der zweiten 
Schicht die , Megaron gruppe' Dörpfeld a. a. O. 
Fig. 23. Drei parallel nebeneinander stehende 
langgestreckte schmale Gebäude mit offener Vor- 
halle an der gegen den Hof gekehrten Schmal- 
seite, Abb. IIA, IIB und IIE. Die Gestalt der 50 
rückwärtigen Hallen nirgends mehr zu ermitteln. 
Mauern im unteren Teil aus unbearbeiteten Feld- 
steinen mit ausgezwickten Fugen, im Aufbau aus 
laftgetrockneten Lehmziegeln mit reichlicher Ver- 
stärkung durch horizontale Riegel und Querhölzer; 
Mauer stirne durch vorgestellte senkrechte Holz- 
pfosten verkleidet, Dörpfeld ebd. Fig. 26 — 29. 
Der Hauptsaal vom IIA etwa 10,2 m breit und 
mit ca. 1,4 m starken Mauern, nach Dörpfeld a. 
a. O. 85 mit horizontalem Erddach bedeckt ; die 60 
angegebene Begründung ist nicht beweisend. 
Stützen nicht nachgewiesen, fehlten also wahr- 
scheinlich. Reste vom Lehmestrich der Decke 
mit Schilfrohrabdrücken gefunden. Zeit: etwa 
gleichzeitig MM II (Kamares). Die dritte Schicht 
zeigt in dem am besten erhaltenen sog. H. des 
Stadtoberhaupts eine mehrzellige H.-Forro, die 
an das hettitische Chilani erinnert. Dörpfeld 



ebd. Taf. IV. Auch die übrigen H.-Eeste scheinen 
vom Typus des Megarongutshofes (Noack Ovalh. 
und Palast 45) abzuweichen. 

In der VI, Schicht ist der Megarontyp gegen 
Schicht II verändert — breitstirniges kürzeres 
H. mit Vorhalle, ob mit Säulen ist unbestimmt, 
aber fast wahrscheinlich. VIA breites Megaron; 
sorgfältig gefügte Bruchsteinmauern im Unter- 
bau, Aufbau aus kleinen Steinen; in VIB zer- 
sprengte Steinbasis für eine Holzsäule. VI E und 
VIF einräumige H., vielleicht mit VI C zu einem 
Gebäudekomplex gehörend. Mauern von VIE an 
den Ecken quaderähnlich gefügt (Abb. 62 Beil. 
25). VIC Fig. 63 schmaler zweischiffiger Raum 
mit mittlerer Stützen Stellung. Eine Säulenbasis 
Fig. 64 in situ. Nach Dörpfeld ein Tempel, 
weil keine Feuerstelle nachgewiesen ist. VIM 

mehrzelliges H. in | |form, mit kleinem Hof, 

Fig. 57 und 58. Verbindung der Räume unter 
sich unbekannt. Die Bauten der VT. Stadt sind 
an radialen Gassen konzentrisch um den ehe- 
maligen Mittelpunkt angelegt, daher sind viele 
Räume trapezförmig statt rechteckig. (S. u. 
Aegüia). Neben dem kurzen breiten Megaron 
VIA und VIB tritt also der lange zweischiffige 
Saal VIC, wahrscheinlich ebenfalls mit Vorhalle 
und der vielzellige 1 | förmige Typus mit ein- 
geschlossenem Hof auf j dazu kommen noch lose 
nebeneinandergestellte Einzel-H. Über die Be- 
dachung ist auch hier nichts bekannt, s. unten. 
Zeit der VI. Stadt etwa LM I— IL 

7. Griechisches Festland. Neolithische 
H. in Thessalien (Tsuntas AI Jt^oi'aroQixal 
axQOttöXsts tov A i^iTjvtov xai Eeönkov, Athen. 1908). 
Zwei städtische Ansiedlungen mit mehrfachen 
Ringmauern. Älteste Hütten: Holzgerüst mit 
Rohr- und dickem Lehmbelag (SÖQcooig) S. 77. 
Abb. 13 — 16. Durchmesser der in den Boden 
gesteckten Ständer etwa 12 cm. Lehmfragmente 
mit Rohrabdruck und Spur eines schrägen Giebel- 
abschlusses. Neolithische H. : annähernd recht- 
winklig, in Sesklo Taf. III 38 ganz in Stein mit 
Lehmmörtelverband; ebd. Taf. III 37. Haus mit 
Vorhalle, die durch Vorziehen der seitlichen Wände 
gebildet wird, breitstirnig wie Megaron VIA in 
Troia. In einer jüngeren neolithischen Schicht be- 
reits der ausgebildete Megarontypus, entstanden 
durch Addition eines zweiten breitstirnigen Ge- 
machs zum ursprünglichen Megaron A ebd. S. 50. 
Abb. 9 mit der schon üblichen Vorhalle; lichte 
Weite zwischen den Anten 6,35 m. Zur Unter- 
stützung des Daches in der Vorhalle und im Haupt- 
rauni waren Stützen in den Boden gesteckt, nicht 
auf Plinthen eingelassen oder aufgestellt, a. a. O. 
Sp. 89. Ähnlich H. Abb. 18 und Taf. III 1-6 mit 
bloß vermuteten Stützen in der Vorhalle, und drei 
ebenfalls in den Boden gesteckten Stützen im 
Herdraum (lichte Kauinbreite 8,5 m). Der Herd 
ist hier und in Megaron B in Dimini (S. 60) 
aus der Mitte des Raumes abgerückt. Hinter 
dem Hauptraum ein kurzes Gemach ohne Stützen, 
— Schlafraum — ob durch Fenster erleuchtet, 
ist unbestimmt. Reste einer offenen Hinterhalle 
am H. Taf. III 1—6 und Abb. 18 und 21. Dort 
auch der Nachweis einer bestimmten Absichtlich- 
keit in den Maßen der Zimmergrößen. Mauern 
durchweg ans kleinen Steinen mit Lehmmörtel- 
verband und LehmTerputz, oft 3—5 cm stark. 



In Orchomenos (Bulle Orchomenos I 53ff.) t 
mehrzellige rechteckige Bauten von kleinen Ab- 
messungen aus der älteren mykenischen Schicht, 
ohne erkennbare Grundrißanordnung. Mauersockel 
aus Bruchsteinen, darüber Lehmziegel wände, Wand- 
te wurf aus Lehm mit weißem Kalküberzug. 

Arg os (Bull. hell. XXXI 139 pl. V). Prä- 
historische Ansiedlung auf der Aspis; kleine recht- 
winklige H. (B) mit Quermauer, megaronähn- 



Einzel-H. südlich vom Gräberrund: ein Mega- 
ron mit seitlichem Korridor und Anbauten, ohne 
Innensäulen. Westlich ein dreiräumiges H., ver- 
mutlich nur Untergeschoß ; Zugänge vom fehlen- 
den Obergeschoß aus, Tsuntas S. 43. Einzel- 
heiten fehlen. 

Palast von Arne auf der Insel Gla im Ko~ 
paissee (Bull. hell. XVIII 1894, 271 Taf. XL 
Athen. Mitt XIX 1894, 4221 Noack Hom. 



lieh, ebenso (E); alle langgestreckt, aber kein typi- 10 Paläste, Lpz. 1903 Abb. 9), spätmykenische An- 



scher Megarongrundriß. 

Aegina (*E<p. Ao%. 1895, 243 Fig. 2, 3); 
jüngere mykenische H.-Anlagen unvollständig 
untersucht. Bayrische Ausgrabungsresultate noch 
nicht veröffentlicht: Am Orosgipfel meist zwei- 
räumige H., an radialen Gassen auf der Südseite 
der Berglehne in Terrassen angelegt; vgl. Troia 
VI. Mykenische Schachtgräberzeit nach Fund von 
einem goldenen Kettenglied. Unter dem Aphro- 



lage, aus zwei im rechten Winkel zueinander 
angelegten Flügeln bestehend, mit ausgebildetem 
Korridorsystem. Ein Hauptkorridor läuft längs 
der beiden Bauteile, dahinter ein zweiter, durch 
Türen verbunden, an welchem die zum Teil noch- 
mals doppelt gesicherten Kammern liegen. Die 
von Noack 23 betonte Kaumgruppierung in bei- 
den Flügeln ist auffallend, indes läßt sich die 
vermutete Lehre von der Wirkung der Richtung 



diteheiligtum am Hafen ebenfalls vorwiegend zwei- 20 des Hauptraums auf die Nebenräume durch die 



räumige mykenische und vormy kenische H. auf- 
gedeckt. Mauern aus kleinen Steinen mit Lehm- 
mörtel höchst dürftig. Kleine Türen mit starker 
Verengung nach oben. Ähnlich Phylakopi II, 
nirgends ein Megarongrundriß. 

Palast von Tiryns (Schliemann Tiryns, 
Leipzig 1886. Schuchhard Schliemanns Aus- 
grabungen, Leipz. 1890. Perrot-Chipiez Hist. 
de Part VI PI. VIII. Athen. Mitt. XXX 151. 



Notwendigkeit, sämtliche Bäume unter ein durch- 
gehendes Dach zu bringen, erklären; die von 
ihm auf Abb. 9 als Megara gekennzeichneten 
Räume an den Enden der Flügel sind keine sol- 
chen; seine Abb. 9 ist willkürlich. Die Ruine, 
in die Befestigungmauer der Insel eingeschlossen, 
mit ihr entstanden, ist vielleicht als das Unterge- 
schoß eines luftigeren Aufbaues — die vorhandenen 
Räume können nicht als Wohnräume bezeichnet 



XXXII lff.), über den Resten eines älteren und 30 werden; eine architektonische Ausstattung wie in 



mit den späteren Palästen von Knossos und 
Phaestos etwa gleichzeitigen Baues; darunter noch 
ältere Schicht aus der Kamareszeit. Auf engem 
Hügelplateau angelegt, mit zwei parallel neben- 
einander liegenden Megara, das große an ge- 
räumigem Vorhof mit eigenem Propylon, das 
kleinere mit engem Hof und gesondertem Zugang 
vom Haupttor aus. Gänge und Neben räume um- 
schließen sie unregelmäßig und bilden eine äußerst 



den Palästen ist nicht nachgewiesen; primitiv 
bemalte Stuckrestc in den Räumen D und F 1 be- 
weisen nichts — oder als Nutzbau anzusehen, 
der mit stark gesicherten Speicherräumen, einigen 
zum Wohnen oder Bewachen eingerichteten Ge- 
lassen und mit Türmen an beiden Enden ausge- 
stattet war. Außenmauern aus grob zugerichteten 
Blöcken mit guter Fugenanordnung in Lehm ge- 
legt mit dünnem Auftrag von Kalkmörtel ; Innen- 



umständliche Verbindung zwischen beiden. An 40 mauern aus kleinen Bruchsteinen mit Lehmver- 



den Gängen öfters Kammern mit doppelter Tür- 
wand. 

Die Form des großen Megaron ist erweitert 
durch eine in die tiefe Vorhalle eingeschaltete 
Türwand, nach der Art kretischer Pfeilersäle. 
Über den Einfluß kretischer Baukunst auf das 
Festland Noack Ovalh. u. Pal. 35. Der fremde 
Einfluß zeigt sich auch in dem Bestreben, den 
Baukomplex geschlossen um die Höfe zu grup- 



band , etwa 0,50 m hoch , darüber Lehm wände,, 
ebenfalls mit dünnem Kalkmörtelverputz, 

Zusammenfassung: Auf den Inseln, in Troia 
und auf dem Festland tritt die Megaronform auf,, 
aber mit verschiedenen Abweichungen. Ältere 
Form, sehr lauggestreckt in Troia II, jüngere 
Form in Troia VI breiter und kürzer, ebenso in 
Phylakopi und in den Burgen von Tiryns und 
Mykene. Die schmale, längliche Form eignet 



pieren. Die Frage nach der Bedachung bleibt offen; 50 auch den vormykenischen H. auf der Aspis und 



s. u. Rekonstruktionen bei Perrot- Chip iez a. a. 
O. PI. VIII mit flachen Dächern auf den Megara 
und Propyla dürfte jedoch unrichtig sein. Säulen 
in der Vorhalle und im Herdraum des Megaron I 
und im Hof und den Hallen des Tors aus Holz 
auf Stembasen, Mauersockel aus sauber gefügten 
Bruchsteinen, Aufbau mit Lehmziegeln und Holz- 
versteifung, hölzerne Parastaden an den Mauer- 
stirnen, Verkleidung der Wände mit Kalkputz, 



den H. von Aegina, ebensosehr wie den Megara 
von Dimini und Sesklo. 

Die nach Süden zwischen den vorgezogenen 
Seitenmauern geöffnete Vorhalle ist in Troia H 
sehr tief. Die selbständigen Bildungen in Dimini 
und Sesklo und die Megara von Troia VT haben 
seichtere Vorhallen, die von Tiryns sind durch 
eine Pfeilerwand in zwei seichte Räume geteilt. 
Säulen zwischen den Anten nur in djen spät- 



zum Teil mit skulpierten Frieseinlagen (Ärch. 60 mykenischen Beispielen nachgewiesen, aber in den 



Anz. 1900, 149. Schliemann Tiryns Taf. TV. 
Bulle Orchomenos I 73). 

Mykene (Schliemann Mykene 1878. Tsun- 
tas Mvxijvai 1893). Reste des Herrscherpalastes 
auf der Akropolis Schliemann Plan C. Tsun- 
tas PI. I S. 35ff. , isoliertes Megaron mit seit- 
lichem Korridor, davor ein Hof ohne Säulen- 
stellung, Nebengebäude zum Teil nachweisbar. 



Boden gesteckte Stützen schon in den frühen 
Beispielen von Dimini und Sesklo; Troia VI 
bleibt fraglich. 

Der Herdraum = Hauptraum in allen Fallen 
tiefer als breit, sicher ohne Fenster in den Außen- 
wänden, enthält die Feuerstelle, meist in der 
Mitte, zuweilen auf die Seite oder an die Rück- 
wand verschoben in Dimini und Seeklo (Abb. 18- 



und Sp. 60). Stützen für das Dach umgeben ihn 
hei den spätmykenischen Beispielen als Säulen, 
.aber auch schon in den thessauschen Megara als 
in den Boden gesteckte Pfosten. Ein Dachauf- 
bau für Lichtemlaß oder Rauchabzug (Michae- 
lis in Springers Haudb. d. Kunstgesch. I 111), 
ist nicht wahrscheinlich. Rauchabzug erfolgte 
durch das Dach, s. u. Zum älteren Megaron ge- 
hört schon in Troia II ein rückwärtiger Raum, 
-eine Kammer, deren Form nicht mehr mit Sicher- 
heit nachgewiesen werden kann. Der offene Opi- 
.sthodonios nach Dörpfeld ist wenig wahrschein- 
lich. Die selbständigen Bildungen in Thessalien 
besitzen die rückwärtige Kammer, mit seitlicher 
oder in die Mitte gelegter Eingangs tür. Dieser ge- 
schlossene Hinterraum fehlt bei den Megara von 
Phylakopi, Tiryns, Mykene und in Troia VI. Auch 
diese Verschiedenheit weist auf verschiedene Vor- 
stufen des Megarons, Myres Journ. hell. Stud. XX 
149. In Sesklo (a. a. O. Abb. 18, 19 und 22) ist 
.außer der rückwärtigen geschlossenen Kammer noch 
*ine offene Hinterhalle mit Wahrscheinlichkeit 
nachgewiesen. Im späteren Tempelbau kommen 
schon bei den frühesten monumentalen Beispielen 
beide Megaronformen vor: Cella mit Adyton z. B. 
in Selinus, Tempel C (Koldewey-Puchstein), 
Cella ohne Adyton altertümlicher Hexastylos in 
Paestum (ebd.), der nach hinten offene Üpistho- 
dom zuerst am Heraion in Olympia (Umbau?). 
Die Selbständigkeit des Megarons als uraltes 
Einzel-H. (dagegen die These von Mackenzie 
B. S. A. XII 251f. , von Noack Ovalhaus und 
Palast 3Sff. widerlegt), zeigt sich in der Wieder- 
holung der gleichen Eaumform in Troia, und 
in der Isolierung derselben bei den Palästen von 
Tiryns und Mykene, wo die Nebenräume durch 
ein System von Gängen und Kammern nur lose 
und unorganisch mit den Megara verbunden sind. 
Noack 39ff. Das ,Hintereinanderreihen' der 
Räume des Einzel- H. ergibt die für das Dach 
konstruktiv einfachste, länglich rechteckige H.- 
Form. Sie weist in ein Gebiet, in dem das 
Satteldach, nicht das Terrassenlehmdach heimisch 
war. Das Satteldach gehört- unzertrennlich zur 
überlieferten Gestalt des Megaron-H. ; uralter 
Tradition gemäß tritt es mit diesem zu einem 
■einheitlichen Organismus verbunden auf in Troia 
VI neben dem mehrzelligen H.-Typus, in der 
mykenischen Anlage auf Phylakopi, in Tiryns 
und Mykene neben den zum Teil vielleicht zwei- 
geschossigen niedrigen und flachgedeckten Neben- 
räumen. Selbst für Troia H ist die Annahme 
«ines Satteldaches bei 10,2 m Spannweite im 
Megaron II A, und als Glied einer großen Kette 
betrachtet, wahrscheinlicher als die Vermutung 
eines flachen Erddachs, Schliemann Ilios 214. 
Zur Stützung des Dachfirsts Mittelstützen in Troia 
VI c, und die Säulen um den Herd in Tiryns, 
Mykene usw. Gleichzeitige monumentale Belege 
für das Satteldach sind die mykenischen Kammer- 
gräber mit Satteldachdecke in Mykene, Tsuntas- 
Manatt Mycenaean age 134, und ein Dreikammer- 
grab in Sparta, ebd. 135; ferner die H.-Darstellung 
auf der Francoisvase, Furtwängler-Reichhold 
Griech. Vasenmalerei Taf. 1 und 2, deren abgekürzte 
Darstellung des Giebels nicht für ein gewölbtes 
Lehmdaeh anzusehen ist. Das Weiterleben des 
Satteldachs und seine Vorherrschaft auf dem grie- 



chischen Tempel (vgl. auch Aegina I 84) ist rück- 
wirkend für die Gestalt des Megarondaches ein Be- 
weis. Auch Arne (s. o.) ist für die frühgriechische 
Gebundenheit an das Satteldach ein schlagendes 
Beispiel; vgl. ferner Od. XII 239. 

Vor dem Megaronwohn-H., ihm zugehörig, liegt 
ein Hof. An die Hofmauer sind vom Hauptbau un- 
abhängige Nebengelasse in loser Verbindung ange- 
baut in Troia II und Mykene (Akropolis) ; in Tiryns 

10 dagegen zu geschlossener Anlage ausgebildet und 
der Hof ringsum mit einer Säulenhalle umgeben, 
die seitlich an das Megaron und das Tor, aber 
ohne organische Verbindung mit diesen, anschließt. 
Vorläufer des ausgebildeten Peristyls des späteren 
griechischen H. Noack Ovalhaus u. Palast 45. 
Vom Megaron abweichende mehrz eilige H.- 
Form erscheint schon im ältesten Troia, Dörp- 
feld Troia und Ilion Abb. 7 in der zweiten Schicht 
wird sie überstrahlt durch die bekannte Megaron- 

20 gruppe, bleibt aber bis hinunter zur VL Schicht 
neben der Megaronform bestehen; ihr Vorhanden- 
sein auch in Thera, Phylakopi, Aegina, Argos usw. 
beweist nur verschiedene Entwickelungen der 
rechteckigen Bauweise. Die klarste und in sich 
abgeschlossenste Form des mehrzelligen H. ist 
aber das Megaron-H. ; von alten Geschlechtern als 
ehrwürdige Eaumform beibehalten, wird es zur 
Grundform des Kult-H. 

Technik und Bauformen: Der Bau 

30 der Wände aus kleinsten und größeren Lese- 
und Bruchsteinen bildet den Anfang; der Luft- 
ziegelbau mit Holz Versteifung und hölzernen Para- 
staden wird besonders da ausgebildet, wo be- 
reitliegende oder leicht zu gewinnende Bausteine 
fehlen. Erst in frührnykeniseher Zeit entstehen 
Mauern aus größeren Steinen, bis zur kyklopischen 
Bauart für Befestigung — späterer Palast von 
Tiryns — ; für den H.-Bau wird ordenlich gefügtes 
Bruchsteinmauerwerk mit Lehmmörtelverband bis 

40 zu sorgfältiger Quaderfügung an den Ecken (Troia 
VI) und Anten verwendet. Der Aufbau bleibt 
Lehmmauerwerk mit Holzeinlage und Versteifung 
an den Mauerstirnen. Die Mauern werden durch- 
aus mit Lehmmörtel und Kalkputz überzogen. 
Freistehende Pfeiler sind nicht nachgewiesen. 
Stützen und Säulen bestehen aus Holz, in der Form 
den kretischen ähnlich, mit leichterVerjüngung nach 
unten. D u im s gegensätzliche Behauptung, Österr. 
Jahresh. X 41; ebd. eine Zusammenstellung der 

50 monumentalen Belege für die Gestalt der Säulen. 
Die Säule stammt für Griechenland nach Noack 
Ovalh. u. Palast 36 aus Kreta. Vorliebe für 
Säulen allerdings erst in den spätmykenischen 
Anlagen, wo kretischer Einfluß bedeutend war, 
was aber kein Beweis für deren Herkunft ist. 
Holzsäule als Stütze und Gebälkträger in Grie- 
chenland sicher selbständig angewendet; s. o. 
Dimini, Sesklo, aber die Formengebung wird durch 
Kreta beeinflußt; Schaftverzierung erinnert an 

60 Metaliverkleidung. Tsuntas-Manatt a. a. O. 
Fig. 131 gedrehte Säule. Basen, einfache Stein- 
teller oder zylindrische Untersätze, abgetreppt an 
der Atreustholos. Kapitelle mit doppeltem Wulst 
und doppelter Einziehung, ebenfalls mit Ver- 
zierung, die an Metallverkleidung erinnert. Bare 
Charakterisierung Furt wängl er Deutsche Bund- 
schau 1908, 244. 

Das Gebälk über dem Architrav zeigt die 



Eundbalkenköpfe der vorspringenden Decke, nach 
kretischer Art. Gesimsform des Megarondaches 
ist noch nicht monumental ausgebildet. Auch 
die Dekoration der Wände ist kretisch. Noack 
a. a. 0. 37. Bulle Orchomenos 73. Michaelis 
bei Springer Handb. der Kunstgeseh. I 112. 

8. Nach dem Zusammenbruch der mykenischen 
Kulturwelt dürftige Ansiedfungen mit kleinen, 
äußerst bescheidenen Wohn-H.: Aegina beim 



Aphroditeheiligtum am Hafen (noch unveröffent- 10 gelegene Räume, 



rot {msgixovza zmv vneßipoov efe räf dtjftoota? 
ööovg aal tövg dvaßa&ftovg xai xa nQotpoayfiata. 
xai zag {HiQag rag ävotyftevag e£<o. — TJgoqpQd- 
yfmra Zäune eines Vorgartens oder Vorhofs an 
der Straße, Lange Haus u. Halle 134. Enge 
Bebauung, aber jedes H. besitzt eigenen Hof in 
beliebiger Form und Umbauung, nicht als archi- 
tektonischen Mittelpunkt. Treppen, oft in den 
Felsboden geschnitten, führen von außen in höher 



licht) wenigstens zwei vorklassische Wohnschich- 
ten mit 2— 3räumigen unregelmäßig gestalteten 
H., jedoch ohne typische Einteilung und Grup- 
pierung; mehrfach" scheint ein kleiner Hof sich 
den unregelmäßig gelagerten Gebäuden anzu- 
schließen. H. aus dem 7. Jhdt. unter der 
späteren Ostterrasse des Tempels der Aphaia in 
Aegina Furtwängler Aegina I 152ff. Abb. 121. 
|_J förmige Gruppierung an einem Hof oder Vor- 



9. Auch nach dem Brand bietet die Stadt bald 
wieder dasselbe Bild, enge, krumme Straßen, unan- 
sehnliche H., Dikaiarch FHG II 254. Spuren von 
Grundrissen, Balkenlöchern, Nischen, Treppen,. 
Zisternen und sonstigen Einarbeitungen auf den 
felsigen Höhen der Weststadt, aber keine voll- 
ständige Anlage mehr erkennbar. Curtius-Kau- 
pert Atlas v. Athen Bl. III. V. YII S. 18 und Abb. 
auf S. 19. Durin a. a. 0. Abb. 460. Judeich 



platz; in Raum H 2 der Wand entlang eine bank- 20 Topogr. v. Athen 3471 mit weiteren Angaben über 



artige niedrige Aufmauerung. Troia: Dörp- 
feld a. a. 0. 184ff. Abb. 70-73, Schicht VII 1 
dagegen langgestreckte magazinartige Gemächer, 
ohne jeglichen Zusammenhang, ob Wohn-H.? 
Schicht VII 2 Abb. 77 kleine, locker gruppierte 
Einzel-H., vielleicht noch alte Megaronform, be- 
scheidenste Abmessungen ohne Stützenstellung. 
Bevölkerung nach Brückner in Dörpfeld Troia 
u. Ilion 572. Aeoler, Zeit gegen 700 v. Chr. 



Funde von H.-Resten. Material wie vorher: Bruch- 
stein, Lehm, Holz. Xenoph. mem. III 1, 7. 

H.-Grundrisse im Peiraieus (Curtius und 
Kaupcrt Karten v. Attika Text 56 Abb. 7) im 
Stadtteil Akte : Eingang von Westen ; gegen Osten 
offener Hof und Garten, daran die in beiden 

Plänen gleichmäßig \ [förmig gruppierten vier 

Räume, ganz symmetrisch angelegt, Ende 5. Jhdts. 
Funde von anderen H.-Aniagen und Bebauung 



Frühgriechische Reste in Orchomenos: Bulle 30 der Straßen im Peiraieus bei Judeich a. a. 0. 
Orchomenos I Taf. III 70; Thasos Athen. Mitt. 378f. und 397f. 



XXX 1908, 216. Von größeren Anlagen auf der 
Aspis bei Argos (Bull. hell. XXXI pl. V) und Thera 
(Hiller v. Gaertringen Thera III 75) keine 
H.-Grundrisse überliefert. Über die altertümliche 
StadtanlagevonEphyrabeiKorinths.Monceaux 
Fouilles et recherches archeol. au sanetuaire des 
jeux isthmiques, Gaz. archeol. 1884 und 1885. 
Auch die große Hof anläge mit angebautem mehr- 
räumigem Wohn-H. in Praisos (Kreta) B. S.A. 40 
VIII 237—240 Fig. 7 gibt kernen Typus; vgl. 
auch L. Pernier Prinia, Boll. dArt« II 1908, 
441—462. Uralte H.-Form nach Delbrück 
Athen. Mitt. XXV 305 im Grab-H. A in Vurva. 
Athen. Mitt. XV 318 Taf. IX. XIII, länglicher Drei- 
kammerbau aus Lehmziegeln mit Lehmtünche ver- 
putzt; Dachaus Steinplatten und Lehm, amunteren 
Rand vorspringend, und deutlich abgewalmt. 
Scheint eher an ägyptische Anlagen (Mastaba) 
zu erinnern, als an eine griechische H.-Form; vgl. 50 
Menesgrab in Nagada, Borchardt Ztschr. f. 
ägyp. Spr. XXXVI (1898) 87ff. Die Megaron- 
form also für die frühgriechische Zeit, abgesehen 
von Troia VII 2 nicht nachgewiesen; dagegen öfter 

eine \ | förmige Gruppierung bei drei und mehr 

Räumen. Ausführung in Lehmziegeln über geringen 
Mauern aus Lesesteinen, über polygonal gefügtem 
Sockel (Aegina) oder Ürthostaten (Troia VII 2). 
Auch in Athen vor dem Perserbrand kleine 



Dys tos (Bergstadt auf Südeuboia), Athen, 
Mitt, XXIV 458f. Taf. V. Zweistöckige kleine 
H. aus Marmorquadern, zum Teil noch polygonal 
gefügt; größeres H. J mit doppeltem Hof und 
anstoßenden Gemächern , über welchen an der 
Nordseite Reste eines Obergeschosses erhalten sind. 
Auffallend der schlauchartige Eingang ; dabei eine 
Zelle für den Türhüter. 

Aegina. Furtwängler a. a. Ö. 107ff.: fünf- 
zimmeriges W r ohn-H. mit Vorplatz. Im Haupt- 
raum den Wänden entlang niedrige Bankschwellen. 
Mauern aus Kalksteinquadern, zum Teil mit ein- 
fachen Profilierungen, Wände einst mit rotem 
Stuck überzogen. 5. Jhdt. 

H.-Gruppe in Megara 'Eqptjp. oqx. 1890 t 
36ff. Taf. 4: Gebäudegruppe, locker um einen 
Hof gruppiert, R, 7 und 8 mit niedrigen Podien an 
den Wänden (canapes liis), Platz für die Klinen. 

Reich ausgestattete Land-H. in Attika vor dem 
Peloponnesisohen Krieg (Thukyd. II 65, 2. Isokr. 
Areop. 52) ; dann wegen des Krieges Umschwung 
in der Wohn weise der attischen Bürger. Die 
Enge des städtischen Bauens führt zu einer archi- 
tektonischen Durchbildung des Hof-H. Bescheidene 
Behausungen mit Vorhof oder rückwärtigem Gar- 
ten, je nach der Lage zur Sonne, wie im Peiraieus, 



s. o. Bei größerem Raumbedürfnis führt die Aus- 
nützung des engen Bauplatzes zu einer Um bauung 
unscheinbare H. an engen, dichtbebauten Straßen, 60 des Hofes, es entsteht der Typus: Hof-H., der 
Judeich Topogr. von Athen 268. Durm Bau- in der Folgezeit nicht mehr verlassen wird, und 
kunst der Griechen 1910, 513. Reste von H.- selbst für freistehende Einzel-H. Anwendung findet. 



Mauern: Judeich ebd. 224; Athen. Mitt. XXI 
(1896) 459, keine Anlage ist vollständig. Bau- 
material Bruchstein, Lehm und Holz ; vortretende 
Obergeschosse, ähnlich wie Casa del balcone pen- 
8Üe, Pompeii, Mau Pompeji 281 Fig. 144, werden 
Ton Hippias besteuert. Arist oec II 5 p. 1347 a 



Diese Entwicklung spielt sich in Athen um die. 
Wende vom 5. zum Ende des 4. Jhdts. ab. Doch 
ist bisher dort kein einziges Hof-H. dieser Zeit 
gefunden worden. Ans dem 4. Jhdt. a mW esthang 
der Akropolis, Athen, lütt XIX 496. XX Taf. XV. 
Spuren einer großen Hofanlage, östlich vom Lenaion. 



10. Ergänzend treten in die Lücke der Fundtat- 
sachen gelegentliche Notizen und Beschreibungen 
des Wohn-H. bei alten Schriftstellern. Darem- 
berg-Saglio s. domus, Petersen Hausgottes- 
dienst der alten Griechen, Cassel 1851. Lange 
Haua n. Halle. Gardner and Iwon Greek house 
und Gardner The greek house, Journ. hell. Stud. 
XXI 1901, 293fl\ Ergebnisse aller solcher Studien 
unrichtig, wenn Nachrichten über ältere und 



konitäs also verschließbar, ira Gegensatz »um 
offenen Raum der Andronitis. Nach Lys. I 9 
lag in dem kleinen H. (olxföiov) des Euphiletos 
die yvvaixcovXug im Obergeschoß, die avö^coviTte 
unten. Besondere Bewachung der ywatxavizig zu- 
weilen nßtig, Xen. oec. IX 5. Lys. 124. Imgrfißern 
H. der &dXa/.iog h> oxvgß (Xenoph. oec. IX 3) abge- 
schlossenes Gemach, insbesondere Schlafgemach, 
auch Brautgemach , z. B. Athen. Mitt. XXXII 89 ; bei 



jüngere Anlagen wahllos zusammengenommen 10 Herodot. I 34 ddlaptot als verschlossene Räume 



wurden. Belichte über spätgriechische H., also 
vorzugsweise Yitruv, Pollux, Galenos u. a. haben 
auszuscheiden, damit aus gleichzeitigen Angaben 
ein Bild des H. aus der Zeit vom 5. — A, Jhdt. 
entworfen werden kann. 

Die Lage eines H.: möglichst so, daß sich 
die Wohnräume gegen Süden öffnen, Xenoph. 
mem. III 8, 9. Der gegen Süden offene Teil 
des H. soll höher sein als der nach Norden ge- 



im Gegensatz zu den allgemein zugänglichen äv- 
ÖQscörsg, Im H. des Ischomachos (Xenoph. oec. IX 
7) werden ferner Plätze für Waffen, Kleider, Decken, 

Schuhe, Schmuck, Opfergeräte, Tischgerätschaften, 
Werkzeuge zum Kochen, Backen, Waschen, zur 
Wollbereitung aufgefübrt ; trockene Kammern unter 
dem Dach (ra ZrjQa twv ozsycöv) für das Getreide, 
kühle Räume — also wohl Keller — für den 
Wein. Auch warme Bäder werden genannt, Xe- 



richtete, Xenoph. oec. IX 4. H. steht an H. mit 20 noph. oec. Y 9. Zum H. der Reichen gehören 
gemeinschaftlichen Zwischenmauern. Aischyl. Äg. auch sevüveg , Gastzimmer, Eurip. Ak\_ 543ff. 
976. Plat. leg. Vm 844. Thuc. II 3. Isaios VI 39. 



Eingang an der Straße. Haustüre liegt zu- 
rück, schließt einen tiefschattenden Vorplatz ab, 
TiQÖdvQov Aristoph, Yesp, 875. Plat. Protag. 6. 
Form des xQoßvQov meist nur ein schmaler Gang ; 
vgl. Dystos, Athen. Mitt. XXIV. V, doch so, 
daß bei größeren H. mehrere Personen hier 
warten können, Plat. Protag. 6. Hier Platz 



Xenoph. oec. II 5. Kallias richtet ein Zimmer, 
sonst als Magazin gebräuchlich, für seine Gäste, 
Plat. Protag. 7. Obergeschosse erwähnt bei 
Lys. I 9. Demosth. XLVH 56; auch das olxelv 
vyttjknreQa. tä fiftv tzqoq f.iF,or](ißQiav (Xenoph. mem. 
III 9) läßt auf Obergeschosse besonders über den 
rückwärtigen, also nach Süden sich öffnenden 
Räumen schließen; gegen die Straße vortretende 



für Bildwerk oder Weihung an eine Gottheit, 30 Obergeschosse rä vneqEyw™ Tdi ? otxoSo^fidiaiv 



Aristoph. Vesp. 875; Plut. 1154. Petersen 
Hausgottesdienst der alten Griechen 14ff. mit 
Anm. 11—33. Die Haustüre avhia dvQa Lysias 
I 17; avfaiog -dvQa Plat symp. 212 oder nur 
■dvQa Plat. Protag. 6; meist geschlossen, da- 
neben in bessern H. ein Türhüter, ßvQajgög 
Aischyl. Choeph. 558. Plat. Protag. 6. Sein 
Gemach nvkdtQiov Poll. I 27. Wenn die Haus- 
türe geöffnet ist, tritt man in den Hof, avXr); 



sig rag Srjfioaiovg ööovg von Ipikrates verboten, 
Polyaen. III 9. 30, aber dennoch beibehalten. Zu 
hohe Aufbauten : Demosth. XXII 53. Mehrstöckige 
H. erst später, vgl. Frachtschiff Hierons II, Athen. 
V 40. 206. Dächer in Satteldachform, Clarac Mus. 
d. sculpt. I pl. 133 noch mit gebogenen Flachzie- 
geln, und Pultdächer. Fenster im Obergeschoß: 
Aristoph. Thesm. 797. Milling.cn Peintures 
de vases grecs, Rome 1813 pl. XXX. Das 



Plat. Protag. 6. Im H. des Kallias an der Ein- 40 Äußere der H. schlicht, ohne Fassadenbildung, 

^.««™n™i4-/i fvi-n« TT.illn ™. ^surrs?.**; iiVionon fi-arrcm - lvifl Vt/lim Tlfll + i (fPTI nVl ^lltnll Sf.Vl PTI TT Bilden 



gangsseite eine Halle, jiqogzojov , ebenso gegen- 
über, also jenseits des Hofes: xd war 1 dvnxQv 
jiqooköov, seitlich keine Hallen; zum Aufenthalt 
wird ein beliebiges rafiiEiov benützt, Plat. Protag. 
7, also noch kein ausgebildetes Peristyl, xeqi- 
orvlog xonog oder jzsqlotojov Poll. I 77. Von 
einer ringsum laufenden Säulenhalle im Privat-H. 
ist bei den gleichzeitigen Schriftstellern nirgends die 
Rede. Im Hof ein Altar, Soph. Ai. 49. Peter- 



wie beim heutigen orientalischen H. Buden 
und Ställe gegen die Straße werden vielfach 
nicht gefehlt haben; vgl. die ftvQai Avoty^thai 
f£cr>, Aristot, oec. II 4. Ausstattung und An- 
lage ursprünglich sehr einfach, zu Demosthenes 1 
Zeit aber schon üppig und sehr geräumig . . . 
a'ioic ztvkg (xkv avröJv tzoÄXmv ötjfiooicov oixodo- 
{.irjuaxüiv ösfivoztgag rag iSiag otxiag xareoxsvd- 
xaatv, Demosth. XXIII 207. 208 ; ahnlich XIII 28. 



sen a. a. O. 17 Anm. 41—48; dvögtöv Aischyl. 50 Ausschmückung der Wohnräume Xenoph. oec. 1X2 



Ag. 335; Choeph. 701. Xenoph. symp. 1, 31; 
oToal dvSQöJveg Aristoph. Eccl. 676. Speisezimmer 
für Männer. Lage im H. nirgends durch Be- 
schreibung bestimmt, aber wahrscheinlich auf der 
dem Eingang gegenüberliegenden Seite ; dann da- 
vor das xai 1 dvTtxQV xQooraiov als Vorhalle; so 
auch wahrscheinlich nach Xenoph. symp. 1, 3 
dvÖQOivTjig. Xenoph. oec. IX 5 Raum für Männer im 
Gegensatz zur yvvaixoyvtxig, dem Raum für Frauen. 



und mem. III 8. 10. Demosth. XXI 147, auch 
des Prothyrons: FHG H 257, 8. Geogr. graec. 
min. I 101. 

11. Lage und Verhältnis der Räume zueinander 
sind aus der schriftlichen Überlieferung nicht ersicht- 
lich, auch je nach Größe und Platz eines H.s 
stets wechselnd. Zwei Höfe werden nirgends genannt, 
sind auch nicht aus Lys. 117 ixpoipei iv Ixeiyij ty 
vvxii fj füravlog üvoa ■ho.I r\ avlsiog zu erschließen, 



Nicht Männer- und Frauenabteilung! Lan'ge 60 Lange Haus und Halle 135. Avleiog &vga, 
Haus und Halle 136 nimmt dafür fälschlieh zwei Türe von der Straße in den Hof; fihavlog dvga 



getrennte Höfe an ; die Stelle Xenoph. oec. IX 5 
lautet: SSei^a xal ttjv yvvaixojvixiv avzfj ■d'VQa 
ßaXavfottp uiQiOft£v7)v ojtö zfjg dvÖQcovtuöog, 
xai avzo&i dvooiQov, tva ptfjTE sxtpeQijrat Svöodsv 
Sit fit} öet, fir/ie xsxvoJiot&vxai ol otxhai ävev 
xffg ^/uxegae yvwfttje. IX 6 axgcofiara iv ywat- 
xcwfrtdt, oxQtbpaTa iv dvÖQiovixtdi . . . Die Gynai- 



(wird = fiioavlog gesetzt?), Türe vorn Hof in 
einen Raum — bei Euphiletos kleinem H., viel- 
leicht den einzigen des Erdgeschosses. Zu dieser 
Auffassung von fUaavlog {Htga vgl. Eorip. Ale. 
549, ferner Lange a. a. O. 1361 

Andron und die vorgelagerte Halle sind ver- 
mutlich als Mittelpunkt des EU anzusehen — viel- 



leicht auf die uralte Megaronform zurückgehend, 
obschon alle Zwischenglieder fehlen, möglicher- 
weise aber auch wieder neu gebildet — stehen mit 
den um den Hof herum gebauten Kammern und 
der Eingangsseite nach Plat, Protag. 6 nur in 
losem Zusammenhang: völlige architektonische 
Einheit ist noch nicht erreicht (Zeit des Dialogs 
etwa 432, geschrieben etwa 390 v. Chr.). Ein- 
fachere Bürger-H. werden diese noch weniger be- 
sessen haben. Vgl. H.-Grundrisse im Peiraieus, 10 
Curtius und Kaupert Karten von Attika 
Text 56 Abb. 7. Aber die Entwicklung zur archi- 
tektonischen Einheit des griechischen Hof-H.s wird 
unterstützt, ja erst möglich durch die neuen recht- 
winkligen Straßenanlagen, die im ausgehenden 
5. Jhdt. xazä rov vscotsqov zov 'Izixobäpietov tqö- 
tiov aufkommen. Arist. Polit. II 8. VII IL Dazu 
Wiegand-Schrader Priene, Ergebn. 45ff. 

Priene: ebd. 285ff. H. des ausgehenden 4. 
Jhdts. auf rechteckiger Grundform innerhalb der 20 
insulae des regelmäßig angeordneten hippodä- 
mischen Straßennetzes. H.-Emgang mit zurück- 
liegender H.-Türe; ein anschließender Korridor 
oft so, daß der Eintretende den Hof nicht so- 
fort übersehen kann. Gegen Süden öffnet sich 
mit einer Vorhalle der Hauptraum, dessen Dach 
bei größeren Abmessungen der Vorhalle von Säulen 
getragen wird. Vorhalle und Hauptraum, nach 
Vitruv. VI 10 jTQöojäs und oihoq, bilden den Kern 
jedes prienensischen H.s, und zeigen die schon er- 30 
wähnte Megaronform. Daneben liegen entweder 
beidseitig oder nur auf einer Seite größere Ge- 
mächer, das eine davon öfters als Speiseraum zu 
erkennen. Priene Ergebn. 291. Gekocht wird in der 
Vorhalle ebd. 292. Kleinere Gemächer, alle gegen 
den Hof offen, an der Langseite ; gegenüber der 
Vorhalle eine cx&dra mit Seitenräumen. Priene 
a. a. O. Abb. 288 (das tiqoozqjov im H. des Kal- 
lias. Plat. Prot. 6). Neben H, mit vierseitig 
um den Hof gruppierten Räumen auch kleinere, 40 
bis zu solchen, die nur Haupt- und Vorraum an 
einem kleinen Hof besitzen, ebd. Abb. 301—307, 
Indes zwei H. mit verdoppeltem Kern, ebd. Abb. 
314 vermutlich eine Trennung von Andronitis 
und Gynaikonitis, wie sie Xenoph. Oee. IX 5 be- 
schreibt. Obergeschosse nirgends gesichert, aber 
mehrfach durch vermutete Treppenansätze wahr- 
scheinlich gemacht. Die a. a, O. Abb. 299 ver- 
suchte Rekonstruktion, in bezug auf die Dach- 
lösung wahrscheinlicher bei Durin Baukunst der 50 
Griechen 1910, Abb. 470. Priene vertritt mit 
seinen älteren H. den Typus ,Prostas-H.' in ver- 
schiedenen Abwandlungen — bei bescheidenen 
Anlagen gänzlich ohne Säulen, Abb. 303—307, 
bei größeren in der Prostas Säulen Abb. 301 — 
von der einfachsten Gestalt bis zur voll ent- 
wickelten, bei der alle vier Seiten des Hofes aus- 
gebaut sind , wie es der gesteigerte Bedarf an 
Wohnräumen bei enger Stadtlage mit sich brachte. 
Einfache Ausstattung durch Rustika in den Fas- 60 
saden S. 300 Abb. 318f. 

12. Indessen hat in Griechenland (?) die Ent- 
wicklung z um vollkommenen Peristyl-H. schon statt- 
gefunden: wahrscheinlich im alexan dänischen Zeit- 
alter, vielleicht unter dem Einfluß von Ägypten 
über Alesandria, vgl. dazu Lange a. a. O. 142f. 
die Entwicklung des Oikos und der ägyptischen 
Säle; dann das Prachtzelt Alexanders mit einem 



Hof und 92 daranliegenden Gemächern, sicher nicht 
ohne Hallen ; die pe ristyle Anlage des Museions 
in Alexandria. Strab. XVTI 1.8. 

Die peristyle Halle des H. kann auch lediglich 
aus dem gleichem Schmuckbedürfnis entsprungen 
sein wie die Anlagen von Säulenhallen an öffent- 
lichen Gebäuden. Daß der ursprüngliche Prostas- 
typus noch zugrunde liegt, aber zu einer neuen 
Form abgewandelt wird, zeigt das zum Peristyl- 
H. umgebaute H. XXXITI in Priene, a. a. O. 
Abb. 316. Es ist rings um den Hof eine Säulen- 
halle gestellt, die Prostasballe wird mit einbe- 
zogen und verbreitert, behält indes ihre ursprüng- 
liche Höhe; aber die Zusammengehörigkeit des 
Vorraums mit dem Hauptraum geht verloren; 
der Megaroncharakter verschwindet. Um die Hof- 
halle ringsherum anlegen zu können, wird das 
H. erweitert, ein Neben-H. mit dazu genommen, 
wodurch eine zweihofige Anlage entsteht. 

Die vollkommen peristyle Anlage, d. i. die 
völlig gleiche Herumführung der Säulenhalle auf 
allen vier Hofseiten löst jede organische Ver- 
bindung der Halle mit den dahinterliegenden 
Räumen. Die Austeilung der Zimmer wird ganz 
unabhängig von der Säulen Stellung; die Axialität 
des Eingangs und des Hauptsaales wird aber meist 
streng gewahrt. 

Kalauria auf Porös: Freistehendes quadra- 
tisches Gebäude, ganz symmetrisch angelegt, wahr- 
scheinlich mit peristylem Innenhof. Athen. Mitt 
XX 283f. Taf. VII. Zeit Anfang 3. Jhdt. 

Olympia. Leonidaion. Olympia Tai -Bd. I. 
LXII— LXVI, Textbd. II 83—93. Freistehender 
fast quadratischer Bau mit dorischem Peristyl 
und äußerer ionischer Ringhalle — also bereits 
Fassadenbildung! wahrscheinlich xatayayyuov. 
Zeit etwa 300 v. Chr. 

Ebenda das ältere Theokoleon Taf.-Bd. I. LXXI 
— LXXII, Textbd. II 109f. Kleine reizende Ein- 
hofanlage, aber ohne Peristyl, jedoch mit vier 
Säulenfronten der Hofseiten, "eine den besonderen 
Verhältnissen des Baues entsprechende Abart des 
Einhof-H.s. Zeit etwa Mitte 4. Jhdts. Pryta- 
neion ebd. mit Ziegelsäulen 2. Jhdt.? aber Da- 
tierung sehr fraglich. Wiegand Priene 299. 

Pergamon. Altertümer von Pcrgamon: II. 
XXXVI ehemaliges Wohn-H. hinter Bibliothek 
und Athenaperibolos, mit später verändertem Pe- 
ristyl. Ferner der ältere und jüngere Palast, 
mit Peristylhof, etwa Ende 3. Jhdts. Springer 
Hdb. d. Kunstgeschichte 1 9 359. H. des Consuls 
Attalos, Athen. Mitt. XXXII Taf. XIV-XV 167ff., 
vorzügliche Anlage aus der Zeit Attalos I. Peristyl 
mit hohen Schranken, zum Teil geschlossen. Der 
Hauptraum fast 10 m breit, wahrscheinlich mit be- 
sonderer Säulenstellung zwischen den vortretenden 
Anten. Fußboden den Wänden entlang 90 cm 
breit als Platz für die Klinen besonders ausge- 
bildet ; Reste von gekuppelten Fenstern mit dori- 
schen Halbsäulen, ebd. 182; ähnlich Epidanros 
am xaTayajysTöv. Auch Wohn-H. A in Pergamon, 
Athen. Mitt. XFX Taf. VII -IX 1141, schöne 
Peristylanlage. Haupträume axial angelegt Beide 
H. später vielfach umgebaut. 

PrivaVH. auf Delos: BulL helL VIII (1884) 
473f. Taf. 21. XIX (1895) 460ff. Taf. 4—6. Ende 
des 2. Jhdts. mit gleichmäßig herumgeführtem 
Peristyl, meist kleinere, aber «ehr schon ausge- 



bildete Anlagen. Der Hauptraum — Saal — hat 
vielfach eine große Breite und öffnet sich mit 
Tür und Fenstern gegen das Peristyl. Vielfach 
auch noch ein Exedra-ähnlicher Raum a. a. O. 
502 neben den sonst sehT kleinen Gemächern, 
die nur indirekt beleuchtet, meist gegen Westen 
und Norden angelegt sind. Hochliegende Fenster, 
wie in Pompeii, kommen allerdings hier und da 
vor, doch ohne große Bedeutung für Licht- und 
Luftzufuhr, Bull. hell. XIX 493f. 498f. Wie- 10 
gand-Schrader Priene 304. Dagegen sind breit 
und groß alle Türen , zur Beleuchtung der Räume 
meist offen, doch auch verschließbar, Bull. hell. 
XIX 467. 375 Fig. 2 ; ebenso Priene a. a. O. Abb. 
323 und 324. Küchen in Delos nirgends nach- 
gewiesen; vgl. dazu Priene Wiegand a. a. O, 
292 und Nissen Pomp. Studien 666; ebenso 
keine Aborte — vgl. dazu Athen. Mitt. XXVII 
54. Herod. II 35. Priene a. a. 0. 294 und Abb. 
312. — Dagegen mehrfach deutliche Treppen- 20 
läute zum Teil mit Treppenabsätzen, daher sind 
Obergeschosse gesichert, Bull. hell. XIX 497 ; 
meist aber nur über dem nach Süden sich öff- 
nenden Teil des H.s gelegen; genauere Schlüsse 
über deren Ausbildung erlauben die bisherigen 
Publikationen nicht. 

Alexandria Troas. H e u z e y Mission de Mac6- 
doine, Paris 1876. Keste eines großartigen H. 
wahrscheinlich noch vorrömisch. Athen: JTgaxT. 
1889, 8ff.; ferner Peiraieus: Athen. Mitt. IX 297 30 
Taf. XIII— XIV. 

In kleineren Orten und Landstädten tritt das 
Peristyl-H. bei kleinern Verhältnissen entsprechend 
bescheiden auf, nur mit zwei- oder dreiseitiger Hof- 
anlagc. So in Aegina (nicht publiziert), in Thera 
(Hiller v. Gaertringen Thera I 252 und III 
138 Abb. 120 H. B, ebenso III 148 Abb. 128 
und III 182ff. Abb. 197ff.), überall jedoch das 
Bestreben, die Höfe, auch bei ganz unregelmäßiger 
Anlage des Grundrisses, möglichst rechtwinklig zu 40 
gestalten, ebenso wie in Delos. In den Höfen 
vielfach Brunnen, auch tiefgehende oft mehr- 
kammrige Zisternen. Thera III 1481". u. S. 160, 
in Delos Bull. hell. XIX 466; in Pergamon: H. 
des Consuls Attalos, Athen. Mitt. XXXII 167ff. 
Abb. 1. Reste von Peristyl-H. griechischer Zeit 
auch in Epidauros, Phaleron, Megalopolis, Milet 
usw. 

Peristyl-H. wird schon bald im 2. Jhdt. in 
Pompeii dem italischen H. angefügt. Mau Pom- 50 
peji 267. Der Typus ist schon im 3. Jhdt. fertig 
ausgebildet im Leonidaion, das nach Inschrift und 
Bauglicdern zwischen 300—250 angesetzt wird. 
Neben dem Peristyl mit gleichen Hallen auch das 
rhodische (Vitruv. VI 10) beliebt, bei welchem die 
Front der Seite gegen Süden höher war als die 
übrigen. Zweigeschossige Peristylia nicht mit 
Sicherheit nachgewiesen, Athen. Mitt. XXXII H. 
des Attalos in Pergamon., aber an der nach Süden 
offenen Seitewahrscheinlichsehroftzweigeschossige 60 
Hallen, so in Pompeii a. a. O.; vgl. auch Phar- 
makowski in Isvestia imperatorskoi XIII 1906, 
hellenistisches Wohn-H. in Olbia Taf. Xf. (rus- 
sisch). Die Vergrößerung des festen H.-Typus ge- 
schieht entweder durch größere Ausdehnung des 
peristylen Hofes, oder durch Anfügung eines oder 
mehrerer neuer Höfe; vgl. o. Paläste in Perga- 
mon, und die Anlage des HmayvrfnXw in EpidanroB. 



Immer aber wird der geschlossene Hofring als feste 
Einheit beibehalten. 

Vitruv. VI 10 beschreibt ein spätgriechisches 
H. Seine Beschreibung läßt den Prostastypus, 
verbunden mit der peristylen Hallenanlage, Er- 
kennen, also eine Form des Übergangs, wie sie oft 
vorgekommen sein mag, ähnlich in Priene a. a. O. 
Abb.316 ; auch erinnert sie an das rhodische Peristyl. 
Das ist nach der dem Vitruv zur Vorlage dienenden 
Beschreibung offenbar der älteTe Teil seines ,grie- 
chischen H.s*. Die Anfügung größerer Peristyle 
weist deutlich daraufhin, daß das reine Peristyl 
als die jüngere vollendetere Form angesehen wurde. 

Die Frage nach Andronitis und Gynaikonitis 
in Vitruvs Beschreibung, läßt sich an Hand von 
Priene 299 Abb. 316 ausreichend verstehen; vgl. 
Lange a. a. 0. 137f. Vitruv will nur sagen, 
daß die Einhof an läge den bedeutenden Anforde- 
rungen der spätgriechischen Zeit nicht mehr ge- 
nügte, und daß man durch Nebenhöfe und weite 
zu festlichen und gastlichen Zwecken angegliederte 
Räume Anlagen schuf, die naturlich nicht dem 
Verkehr der Familie dienten, sondern nur den 
beim Hausherrn verkehrenden Gästen. Das eigent- 
liche Wohnhaus, den altern Teil nennt er deshalb 
Gynaikonitis, den neuern Andronitis. Die von 
Gardner und Iwons Greck house 36 angenom- 
mene Verdoppelung des Peristylhofes schon in der 
klassischen Zeit wurde später von Gardner Journ. 
hell. Stud. XXI 293 wieder aufgegeben. Das grie- 
chische Wohnhaus der klassischen Zeit mit einem 
Hof war stets mehr das H. der Frau und der 
Familie (Xenoph. oec. VIII), während der Mann 
im politischen Leben die meiste Zeit des Tages 
außerhalb zubrachte, und keinen geselligen Ver- 
kehr zu H. abhielt. Erst in späterer Zeit, bei 
zunehmendem Luxus und geringerer politischer 
Betätigung, empfand der Mann das Bedürfnis, in 
seinem H. Räume zu schaffen für sich und den 
Verkehr mit seinen Gästen. Gar dn er Journ. hell. 
Stud. XXI 304. Demosth. III 25. 26. 

Die Vergrößerung der Räume des hellenisti- 
schen H.s innerhalb des gegebenen Rahmens wird 
schon in alexandrinischer Zeit vorbereitet: das 
riesige Prachtzelt Alexanders s. o., noch größer 
dann das des Ptolemaios IL Philadelphos, Athen. 
V 25, 196ff; vgl. dazu Lange a. a. 0. 142ff. Der 
Palast der Ptolemäer in Alexandria machte einen 
ganzen Stadtteil aus, und wurde für römische Palast- 
anlagen vorbildlich. Entwicklung dieser Ansätze 
im römischen H. und Palast, sowie die Weiter- 
existenz des griechischen H.s in römischer Zeit s. 
unter Art. Römisches Haus. [Fiechter.] 

Haza s. Aza. 

He . . . , ein Kastell von unbekannter Lage 
im Gebiete des großen dalmatinischen Stammes 
der Daesitiaten (s. d.) und Endpunkt einer im 
J. 19 20 n. Chr. fertiggestellten, von Salona nach 
Bosnien führenden Straße, CIL IU 3201 = 10159 
(vgl. p. 1651 not. 1. 2328, 19) : Ti. GJaesar divi 
Augusti /". [Aujgustus imp. pontif. max. trib. 
potest. XXI [c]os. III viam a Salonis ad He- 
[. . cjastel(lum) Daesitiatium per m. p[ass]uum 
CLVI munit. Zum Namen bemerkt jedoch 
Hirschfeld utrum He an lAb . . . in lapide 
esset, in re praes enti d ubitavi. A. Bauer Ar- 
chäoh-epigr. Mitt. XVII 136. v. Domasxewski 
Westdeutsche Ztsehr. 1902, 1711 [Patsch.] 



Heoata, falsche Lesart in manchen Ausgaben 
des Plin. n. h. VI 120 (auch bei Pauly R.-E. 
III 1081 gebucht). Zu verbessern in Thebata 
= Thebeta, s. d. [Streck.] 

Hebdömag (Septimana, Woche: über den 
griechischen und lateinischen Wortgebrauch s. 
Thumb und Gundermann Ztschr. f. deutsche 
Wortf. I 164. 176). Es kann in dem nach- 
stehenden Artikel, dem Plane deT Realenzyklopä- 



aUem für die zum Ackerbau übergehenden nahe- 
liegend und notwendig. Aber feste Grenzen, die 
nach Fristen zu zählen erlauben, sind damit nicht 
gegeben. Am Laufe der Sonne wird die große 
Abweichung des Aufgangs- und Untergangspunktes 
in den verschiedenen Jahreszeiten sich mit der 
Zeit als ein merkwürdiges Phänomen aufdrängen, 
dessen Erklärung freilich schon in das Gebiet 
der ersten Anfänge der Astronomie gehört; eine 



die entsprechend, nur gelegentlich von der Be- 10 genauere Feststellung der Solstitien und noch 



deutung der Siebenzahl im allgemeinen für den 
Kultus und für die Philosophie und Wissenschaft 
gesprochen werden. Es muß im übrigen ge- 
nügen, auf das überreiche Material hinzuweisen, 
das W. H. Koscher in mehreren verdienstvollen 
Abhandlungen darüber gesammelt hat ; sie seien 
unter Übergehung der kleineren gleich hier an- 
geführt und mit den kürzeren Bezeichnungen ver- 
sehen, unter denen sie weiterhin zitiert werden: 



mehr der Äquinoktien ist jedenfalls eine Auf- 
gabe, die in primitiven Zuständen kaum gestellt,. 
geschweige denn gelöst wird, Die Beobachtung 
des Aufganges und Unterganges gewisser einzelner 
Sterne, wie z. B. des Hundssternes oder des Ark- 
turos oder einer enggedrängten Sterngruppe wie- 
der Pleiaden, und ganzer größerer Sternbilder ist 
ein Hilfsmittel, das für den Ackerbau wahrschein- 
lich an verschiedenen Orten spontan in gewiß sehr 



1. die enneadischen und hebdomadischen Fristen 20 verschiedenem Umfange benutzt wurde ; aller- 



und Wochen der ältesten Griechen, Abb. K. 
Sachs. Ges. d. Wiss. Ph.-H. Cl. XXI r.r. IV (1903) 
— Röscher I; 2. die Sieben- und Neunzabl im 
Kultus und Mythus der Griechen, ebd. XXIY 
nr. I (1904) = Koscher LT; 3. die Hebdomaden- 
] ehren der griechischen Philosophen und Ärzte 
ebd. XXIV nr. VI (1906) = Koscher III ; 4. En- 
neadisehe Studien ebd. XXVI nr. I (1907) = Ko- 
scher IV; 5. über Alter, Ursprung und Bedeu- 



dings ist die Beobachtung nicht einmal für den 
modernen Astronomen so einfach, daß nicht Diffe- 
renzen von mehreren Tagen entstünden, und da* 
her die Festlegung von bestimmten Abständen 
(äoxQcov öiaoTri/uaTa), nach denen die landwirt- 
schaftlichen Arbeiten sich vollziehen lassen, nicht 
etwas so ganz Primitives: man muß nur sehen r 
wie bescheiden bei Hesiod die Zahl solcher An- ' 
Weisungen noch ist und wie neben den wenigen 



tung der Hippokratischen Schrift von der Sieben- 30 Angaben aus dem Sternkatcnder hier die Vege- 
zahl ebd. XXVIII nr. V (1911) = Röscher V tations- und Witt " - - - - 



(1911) 

(zur letzteren Abhandlung siehe jedoch auch Diels 
DLZ1911 nr.SO und G. Helmreich Herrn. XL VI 
437fF. ; jetzt wieder Koscher Memnon V). Als eine 
neuerdings erst publizierte griechische Schrift über 
den Gegenstand ist zu nennen Anatolios tisqi sßöo- 
fiahoiv ed. I. L. H ei berg Ann. Internat, d'hist., Con- 
gres de Paris, 5. Sectio n (Eist, de Sciences) 35ff. ; 
vgl. Borghorst De Anatolii fontibus, Berl. 1905. 



Witterungsanzeichen und allerlei 
andere Vorzeichen hergehen (vgl. z. B. Erga 414ff., 
wo beides nebeneinander steht, und dann 479 
die Winterwende). Die am leichtesten überseh- 
bare Einheit aber liefert der Lauf des Mondes. 
Durch das Interlunium, das freilich einer fort- 
laufenden Zeitrechnung wieder große Schwierig- 
keiten schafft, ist ein ganz fester Einschnitt ge- 
geben, wie er bei der Sonne fehlt. Es ist der 
Ein Verzeichnis der übrigen aus Poseidonios Korn- 40 erste in sich geschlossene Zeitkreis (nvxXog), den 



mentar zum Timaios schöpfenden Schriftsteller 
im Anschluß an Schmekel (Philos. d. mittl. Stoa 
4Ü9ff.) und Borghorst s. bei Koscher III 109IT. 
Im übrigen ist über die Siebenzahl besonders 
auch Bouchc-Leclcrcq L'astrologie gr. 477, 2 
und Frhr. v. Andrian Die Siebenzahl im Gei- 
stesleben der Völker, Mitt. d. Anthropol. Ges. in 
Wien XXXI 225ff. zu vergleichen. Die Arbeit 
von W. Schultz Gesetze der Zahlenverschiebung 



auch der primitivste Wilde wahrnimmt. Der Lauf 
des Mondes ist durch seine wechselnden Licht- 
gestalten, die nie ganz über die Lage des gegen- 
wärtigen Zeitpunktes innerhalb des Monats im 
Zweifel lassen, wie nichts anderes zur Messung 
von freilich noch kurzen Zeiträumen geeignet; 
die Etymologie, die die indogermanischen Wörter 
für Mond von der Wurzel rne ableitet und da- 
mit dem Monde die Rolle des Zeitmessers gibt, 



im Mythus ebd. XL lOlff. versucht in Verfol- 50 trifft hier auch sachlich das Richtige. Die großen 



gung eines Gedankens von G. Hü sing den Nach- 
weis zu erbringen, daß im Arischen durchaus die 
Drei und Neun ursprünglich und die Zwölf und 
Sieben sekundär (aus babylonischem Kulturkreis, 
wie der Verfasser vorläufig annimmt) an deren 
Stelle getreten seien; das beigebrachte Material 
gibt manches Beachtenswerte, ist aber zum Be- 
weis der weittragenden These viel zu wenig ge- 
sichtet. 



Anstrengungen, von dieser unmittelbar und an- 
schaulich gegebenen ersten Einheit durch Aus- 
gleich, sei es mit Sternbeobachtungen, sei es mit 
dein Sonnenlauf, zu einem Kalender zu gelangen, 
der die Wiederkehr der jährlichen Verrichtungen 
des Bauers und des Schiffers zu erkennen ermög- 
licht, sind nur ein Zeugnis dafür, wie eindrucks- 
voll eben gerade der Lauf des Mondes sich als 
Zeitmesser darstellt: wäre hier nicht ein Zeitab- 



I. Die verschiedenen Arten der Mo- 60 schnitt anschaulich, ja zwingend am Himmel durch 



natsteilung. Jeder Versuch einer bestimmten 
Zeiteinteilung muß notwendig an die himmli- 
schen Erscheinungen anknüpfen. Zwar gibt auch 
die einfache Wiederkehr von Hitze und Kälte, 
von Blüte und Frucht die Gewißheit zyklischer 
Natarvorgänge , und so ist allerdings ein in 
plumpen Annäherungen sich bewegendes Vege- 
tationsjahr ohne Zweifel für alle Volker und vor 



allgemein sichtbare und nicht zu übersehende Er- 
scheinungen markiert, so hätte man sich die Muhe 
jenes Ausgleichs mit dem Sonnenjahr, die alle 
Kalenderarbeit beherrscht, nicht erst gegeben. 

Wie nun eine größere Zeiteinheit eist durch 
Zusammenfügung von mehreren MondUtafen zu 
gewinnen ist, so ist anderseits der Monat eine 
zu große Zeitstrecke, als daß sie der Befristung 



eine brauchbare Grenze geboten hätte: es war 
notwendig, kleinere Abschnitte festzulegen. Aber 
der Lauf des Mondes bietet dafür mancherlei nicht 
geringe Schwierigkeiten; sei es, daß man vom 
Lichtmonat ausgeht, also die 1—3 Tage, wo der 
Mond mit der Sonne in Konjunktion sich befindet 
und somit unsichtbar ist, als eine Art von Zu- 
satztagen (Epagomenen) betrachtet, oder von Voll- 
mond zu Vollmond oder auch von Neumond zu 
Neumond, also mit dem synodischen Monat, 10 
rechnet, und somit die Tage der Un Sichtbarkeit 
mit einzählt. Die Zeit, die zwischen zwei auf- 
einander folgenden Neumonden verstreicht, be- 
trägt ca. 29!/ 2 Tage, die Zeit des Lichtmonates 
also um die angegebenen Tage weniger, im Durch- 
schnitt ungefähr 27 Tage (der siderische Monat, 
d. h. die Zeit, innerhalb deren der Mond wieder 
zu demselben Fixstern zurückkehrt, ca. 27 1 / 3 Tage). 
Daß dieser Zeitabschnitt, eben weil er einige Tage 
völlig ausschließt, zur fortlaufenden Rechnung 20 
ganz ungeeignet ist, liegt auf der Hand. Das 
Problem einer Teilung aber ist auch im übrigen 
niemals rein lösbar; von 291/ 2 Tagen kann man 
entweder im Dekadensystem und in Hinneigung 
zu der Dreizahl zu 30 = 3x10 kommen (dabei 
werden aber freilich die sichtbaren Gestalten des 
Mondes völlig ignoriert) ; oder aber zu der nächst- 
kleineren teilbaren Zahl 4x7, wobei wiederum 
ein Teil der Unsichtbarkeitstage vernachlässigt 
wird. Bei etwa 27 Tagen stellt sich, wie schon 30 
Kant (vgl. seinen Brief an Penzel, Werke hgg. 
von der K. Pr. Akad. XII 362) gesehen hat, die 
Teilung in 3 X 9 ein. Da der Monat durch den 
Vollmond halbiert wird, ergeben sich zunächst 
zwei Monatshälften von etwa 14—15 Tagen, die 
sich dann auch in drei Abschnitte zu 5 oder in 
2 zu 7 Tagen zerlegen lassen; auf dem Wege 
der Dreiteilung läßt sich weiter zu Abschnitten 
von nur drei Tagen fortschreiten. 

Alle diese Zeitabschnitte von 3, 5, 7, 10, 14 40 
— 15 Tagen lassen sich geschichtlich nachweisen, 
selbst die ungeschickteste von allen, die acht- 
tägige, kommt hinzu in dem römischen Nundinum, 
das wohl auch ein Monatsviertel sein soll (auch 
bei den Bewohnern von Altkalabar gibt es acht- 
tägige Wochen); Röscher II 72 denkt an aber- 
gläubisches Vermeiden der Siebenzahl bei dieser 
unpraktischen Wochenzählung. Ich begnüge mich 
hier für die einzelnen Arten von Monatsteilungen 
mit ganz kurzen Hinweisen, umsomehr als Ro-50 
scher I 7ff. (Nachträge an vielen Stellen, be- 
sonders 74ff.). II 76ff. fast alle nötigen Nach- 
weise gibt. Dreitägige Perioden haben die Muys- 
kas der Hochebene von Bogota (Columbia) (Schia- 
parelli-Lüdtke Astron. im Alt. Test. 114). 
Fünftägige haben verschiedene Negerstämme und 
Mexikaner, besonders aber die Babylonier (hammtti, 
entdeckt von Sayce, dann von Win ekler Alt- 
orient. Forsch. II 91fi. näher erklärt; vgl. wei- 
teres bei Jensen Ztschr. f. deutsche AVortforsch. 60 
I 150f. ; in Babylon ist die hamustu ausdrücklich 
in Znsammenhang mit den Gestalten des Mondes 
gebracht: nach III Rawlinson 55, 17ff. sind 
die ersten fünf Tage des Monats die Tage der 
Sichel, die nächsten fünf der Niere, die nächsten 
fünf der Königsmütze; vgl. auch J. Hehn Sieben- 
zahl und Sabbat bei den Babyloniern und im 
Alten Testament 1907 = Leipzig, semit. Studien 



II 5, 118f.). Dann ist die fünftägige Frist bei 
den Persern, auch bei den ältesten Griechen nach- 
zuweisen (Röscher I 74f.). Auch auf einem 
astrologischen Papyrus in griechischer Sprache, Pap. 
Oxyr. III 125ff. findet sie sich (vgl. B o 11 N. Jahrb. 
XXI 115), einem Kalender, der aller Wahrschein- 
lichkeit nach einem .hermetischen' Werk unter dem 
rätselhaften Titel iJakfisvtxiaxd oder Salfisoxot- 
vtaxä angehört, das schon von Nechepso — Peto- 
siris um 150 v. Chr. benützt wurde und eine 
merkwürdige Vereinigung von ägyptischer und 
babylonischer Mythologie zeigt. Bei den Ägyp- 
tern lag neben der ihnen sonst geläufigen Tei- 
lung in drei Dekaden die Fünferwoche durch die 
Epagomenentage ihres Jahres, und beide Teilungen 
finden sich in jenen eben genannten Salmenichiaka. 
Auch in den von Bezold-Boll S.-Ber. Akad. 
Heidelb. 1911 nr. 7 als auf älteren babylonischen 
Quellen beruhend nachgewiesenen Kapiteln bei 
Lydus de ost. c. 17 — 20 überwiegen die zehn- und 
fünftägigen Fristen. Rechnung nach neuntägigen 
Fristen ist nicht bloß bei Indern, Persern, Kel- 
ten, Iren, Griechen der homerischen und vor- 
homerischen Zeit, sondern auch bei den Ägyptern 
nachgewiesen. Zehntägige Fristen, also Teilung 
des Monats in drei Dekaden ist vor allem bei 
den Ägyptern gewöhnlich (tie haben eigene Stern- 
gottheiten datür, die Dekane, die aber auch im 
babylonischen Schöpfungsepos, Taf. 5 stehen), 
aber auch bei den Griechen, sowie bei Chinesen 
und Neuseeländern zu finden. Endlich die be- 
quemste und im Grunde nächstliegende von allen, 
die Teilung in Monatshälften von 14—15 
Tagen weist Röscher bei Indern (vgl. neue- 
sten auch Rühl Rh. Mus. LXIII 158ff. zu Curt. 
Ruf. VIII 9), Persern, Griechen, Germanen, Kel- 
ten, aber auch bei den Chinesen nach. Zwölf- 
tägige Fristen begegnen ebenfalls bei den Grie- 
chen und Römern s. Röscher I 13, 45. 70, 203. 
II 81f. Er erklärt sie, sicher mit Recht, als 
Übertragung der Zwölfzahl von den zwölf Monaten 
des Sonnenjahres; der Mond hat also hier gar- 
nichts zu bedeuten. Über die Chinesen s. Boll 
Sphaera 333 : auch hier ist jeder Zusammenhang 
mit dem Mond völlig zerrissen. Auch die antike 
Astrologie hatte solche zwölftägige Fristen, wie 
Manilius III 512. 520 beweist (s. ebd. 334). 

IL Siebentägige Frist und Mondlauf. 
Am wichtigsten sind für uns nun die sieben- 
tägigen Fristen, die bei Babyloniern und Juden, 
Ägyptern, Persern und Indern, Chinesen, Mon- 
golen, Malaven, bei Germanen und Griechen von 
Röscher I 28ff. II 85ff. 98ff. nachgewiesen sind; 
ebenso bei den Cherokeeindianern und anderen 
Indianerstämmen: Röscher I 71,204 (auch bei 
ihnen tritt nicht selten die Neun als Konkurrentin 
der Sieben auf; vgl. auch über die Mexikaner 
ebd. 791). Gegenüber einer neuestens vertretenen 
durchaus falschen Auffassung (Nilsson Arch. f. 
Relig. XIV 433) ist es notwendig, festzustellen, 
daß, abgesehen von der natürlichen, aber zu lange 
Fristen ergebenden Zweiteilung des Monats nicht 
die Teilung in 3 x 9, sondern die in 4 X 7 weitr 
aus die natürlichste ist. Die Teilung in 3 X 9 
Tage sucht Nilsson als natürlich zu erweisen 
durch den Hinweis, daß Zunahme, Vollmond und 
Abnahme die Dreizahl von selbst ergeben; aber 
damit sind doch nichts weniger als drei gleiche 



jLLCMuuuiaa 



nemiomas 



2DÖ2S 




nur einen eintägigen Markierungspunkt bildet, geteilt in navoilyvot, diese in die 6yS6ai (nach 

der niemals auf die Zahl neun führen kann. Es griechischer Ausdrucksweise), dann in die zergdöss. 

ist vielmehr klar, daß zwar ein gewisser Trieb Die vier Abschnitte des Mondlaufes scheinen auch 

zur Dreiteilung durch die von Nilsson bezeich- den vier jugas der Inder nach Mai Müller und 

neten Umstände angeregt wird, daß dagegen die A. Weber (Ind. Stud. I 283) zugrunde zu liegen; 

Teilung in drei gleiche Teile dem Monat nur und auch in einer dort zitierten spätvedischen 

•eben aufgenötigt werden kann, weshalb denn auch 10 Schrift werden das erste wie das letzte Viertel 




die Zahl sieben kam ; nicht nur wegen ihres Ver- 
hältnisses zu 27 V3 = 28, sondern mindestens 



Aufstellung von sieben viertägigen 
Wochen statt von vier siebentägigen hat Ro scher 
II 31, 48. 130, 184 für den bedeutenden Astro- 




— (zitiert 

Tagen vergeht, und zwischen Vollmond und Neu- bei Michael dem Syrer ed. Chabot 1 184, mir 
mond ungefähr das Doppelte. Es ist wunderlich, 20 durch Kugener T r n traite' astron. attrib. a Denys 

wenn Nilsson diese Halbzirkel des Mondes nicht TAr^op,, Actes du XIV. Congr. intern, des Orient, 

als wirklich beachtete Abschnitte gelten läßt. Es 1907 t II 171, 5 bekannt). Sol und Luna als 

genügt demgegenüber beispielshalber auf Nechepso- Vater und Mutter zeugen darnach in jedem Monat 

Petosiris p. 369, 139 Eiess oder noch besser gleich sieben Kinder, also jedes Jahr 84. Eine Lehre von 

auf die Stelle im babylonischen Schöpfungsepos sieben o^iaxa oetyvris wird aber auch bei Vettius 

hinzuweisen (Bezold Babyl.-Assyrische Texte = Valens II 35 p. 10Ö, 29 Kroll kurz gestreift. 

Lietzmanns Kleine Texte nr. 7, 15): ,Er (Mar- Koscher hält die Theorie für altpythagoreisch j 

duk) bestimmte ihn (den Mond) als das Gebilde nach den neuen Zeugnissen fragt es sich, ob sie 

der Nacht zur Bestimmung der Tage monatlich nicht babylonisch war. 

ohne Aufhören, legte der Scheibe Schranken auf 30 Wenn 'es aus vielen Gründen wahrscheinlich 
{und sprach) : Am Anfang des Monats beim Auf- ist, daß von den Himmelskörpern zuerst der Mond 
gehen im Lande sollst du mit Hörnern glänzen mit seinen auffällig wechselnden Phasen die Auf- 
zur Bestimmung von sechs Tagen, am siebenten merksamkeit und Verehrung auf sich gezogen hat 
Tag sei gehalf tet die Scheibe, am 14. Tage sollen (vgl. über das Verhältnis von Mond- und Sonnen- 
sich gegenüberstehen gleiche Hälften des Monats*; kult und die Priorität des Mondkultus Cumont 
was nicht hindert, daß wenige Zeilen vorher Mar- Theol. sol. du paganisme romain. Mem. pr&s. ä 
duk für die zwölf Monate je drei Sterne fest- LAcad. d. inscr. XII 2, 3f., der sie vielleicht et- 
setzt. ^ Es ist darnach recht mißlich, Drei- und was zu einseitig betont), so darf man wohl 
Vierteilung mit Nilsson u. a. als arisch und Hehn a. a. O. 57ff. recht geben, der hier den 
babylonisch einander gegenüberzustellen ; es wird 40 Ursprung der Heiligkeit der Siebenzahl überhaupt 
noch mancher Untersuchung bedürfen, ehe sich sucht. Nur muß man noch etwas weiteres be- 
so weittragende Folgerungen mit irgend welcher achten. Jede heilige Zahl hat die Tendenz, ihre 
Gewähr ziehen lassen. Die gleiche Auffassung Geltung zu erweitern; und je mehr sie sich an- 
der Entstehung der siebentägigen Frist durch wenden oder noch besser unmittelbar in der Natur 
Vierteilung des Mondes im Anschlüsse an seine nachweisen läßt, desto größer wird ihre Aussicht 
natürlichen Phasen zeigt auch die wohl aus Po- sein, durchzudringen. Das ist aber bei der Sieben- 
seidonips (s. Röscher III 109) stammende Stelle zahl in ungewöhnlichem Maße der Fall. Sie ist, 
bei Philo de mundi opif. 34 av&rai [aev yag (rj um von allen Bezügen im Menschenleben {kriti- 
oekrjvr)) ax.6 rijs xqüxyjs juyvoetdove ixdäpyswe sehen Tagen usw.) abzusehen, am Himmel ge- 
f^XQ 1 dizoroftov rinigaig hna, sW hmaig ro- 50 geben in den 2x7 Sternen des großen und 
oamats nXrjoiqpai)? yiyvezai xal tioJ.iv vTiooToitpet . . . kleinen Bären (daran erinnert das Fragment des 
im TT/v ötxözouov ferro xäXiv f}pi£Qat$ , elz ojiq Heraklit 4 a = 126 a Diels unmittelbar im An- 
zavzrjg hrl zijv [irjvoeibrj zalg toatg k^rjg 6 /£/#£<? schluß an die H. des Mondes; vgl. auch Bosch er 
aQi&fiög {xif) ovuxexirjQcomt. Nicht minder sind III 54). Sie ist ferner gegeben in dem für den 
die Mondviertel bei Arat. 805ff. beachtet, wozu alten Kalender höchst wichtigen und besonders 
die Scholien zu vergleichen sind, die dabei auf auffälligen Sternbild der Pleiaden (Zimmern 
die Pythagoreische Schätzung der Siebenzahl hin- KAT3 621 gibt sogar mit gutem Grund ,zu er- 
weisen; ferner auch die von Bouche-Leclercq wägen, ob in der Himmelsbetrachtung der Baby- 
477, 2 dazu angeführten Stellen bei Gell. III lonier die Siebenzahl der Pleiaden — die ja ohne 
10 (nach Aristides von Samos); Philon leg. alleg. 60 weiteres dem Auge sich als eine Einheit darstellen 
I 4. Macrob. somn. Scip. I 5, 48ff., die alle die — nicht das Ursprünglichere ist und die Sieben- 
4x7 Tage trotz des synodischen Monats von zahl der Planeten erst in Analogie dazu als eine 
29 Tagen zu rechtfertigen wissen; sodann Cle- geschlossene Einheit gefaßt worden ist'). Die 
mens Alex. Strom. VT 16, 143; vgl. Eo scher sieben Hyaden kommen dann ebenso wieder be- 
lli 31. Wie stark die Siebenteilung gerade am stätigend hinzu, wie etwa zu den sieben Sternen 
Mond, dem Urheber auch von Ebbe und Flnt, des großen Bären die sieben des kleinen und die 
haftete, zeigt der merkwürdige, offenbar auf echte sieben Hauptsterne des Orion. ITarra wtUßdofM'. 
keltische Überlieferung zurückgehende Text bei dazu trägt auch die Eigenart dieser Zahl selbst 



2553 



HeMoruas 



ttebaomas 



ZÖÖ4 



(= 3 -i- 4) einiges bei. Freilich erfährt die Gel- 
tung der Siebenzahl dann eine ganz ungeheure 
Steigerung durch die Entdeckung, daß sieben 
Weltkörper dem Gang des Himmels entgegenlaufen : 
aber sie ist nicht erst durch diese sehr künstliche 
oder besser gesagt erst auf einer vorgeschrittenen 
Erkenntnis stufe mögliche Zusammenfassung der 
sieben Planeten entstanden, die Morgen- und 
Abendstern (Venus) schon als identisch voraus- 



ebd. IV 142 sind dagegen der 7., 14., 19., 28. 
günstige Tage, während der 21. seinen alten böses 
Charakter ganz behalten hat; vgl. auch Bezold- 
Boll a. O. 2 Anm. Aus dem Arabischen über- 
setzt ist ebd. V 3, 90fi\, wo es vielmehr gerade- 
am 7. gut ist, neue Kleider anzulegen. Diese 
Vorschriften haben sich also bei den Arabern, 
wenn sie sie früher kannten, ganz verwischt und 
verloren). Ob diese Siebenertage in babylonischen 



setzt den schwer zu beobachtenden Merkur kennt 10 Texten als Schabattu-Tage bezeichnet werden, laßt 



und äußerlich so sehr verschiedene Himmelskörper 
wie Sonne und Mond mit der Venus und selbst 
mit den übrigen Planeten bloß wegen der Um- 
laufsart gleichstellt, die sich ferner schon soviel 
Kenntnis des Himmels zutrauen darf, um mit 
dieser Siebenzahl die Reihe der Wandelsterne für 
abgeschlossen zu halten, die Kometen also grund- 
sätzlich ausschloß. Man muß es sich also abge- 
wöhnen, bei jeder Siebenzahl von vornherein 



sich bis jetzt nicht nachweisen, Hehn 109. Mein- 
hold Sabbat und Sonntag 6). Aber auch ihr 
Charakter ist von dem des jüdischen Sabbattages 
verschieden: die unleugbare Ähnlichkeit beruht 
in dem Sichenthalten von allerlei Tätigkeiten, 
aber diese Tage sind nicht als vollkommene 
Ruhetage für alles Volk anzusehen, wie der israe- 
litische Sabbat, wenigstens scheint es, daß an 
ihnen Kontrakte geschlossen werden ganz wie an 



schon an die Planeten zu denken. Ihr von gewissen 20 anderen Tagen (Hehn 108; vgl. auch K König 



Zeiten an ungeheurer Einfluß laßt sich nicht in 
beliebige Zeiträume rückwärts übertragen. Be- 
herrschend wird er erst von der Zeit an, wo die 
Astrologie in die griechisch-römische Welt vor- 
dringt. Das ist der Vorgang, den wir nun auch 
bei der siebentägigen Woche beobachten werden, 
III. Die siebentägige Mondwoche bei 
Babyloniern und Juden kann hier nur in 
einigen wenigen Grundzügen charakterisiert wer- 



Neue Jahrb. XXI 1908, 453). Wichtiger aber ist 
noch, daß diese Siebenertage bei den Babyloniern 
nur für ein en Monat bezeugt sind, und ganz be- 
sonders, daß es sich um keine fortlaufende, d. h, 
über die Mondmonate unabhängig hinübergrei- 
fende Tagzählung handelt wie bei der israelitischen 
Woche. Immerhin zeigt doch, was nicht ver- 
gessen werden darf, die Einreihung gerade des 
19. Tages eine Tendenz dazu, auch den folgenden 



t;iUlgCll WCllIgCll VJl UlIUi.li.gcll v,ii»i»ÄH,iioiviu "v. i.V. j-t-^^u . . -~— — , _ j. J 

den; für weiteres vergleiche u. a. Baudissin 30 Monat mit hereinzuziehen (sie ist nur verstand- 



PRES s. v. Mond und Lotz ebd. s. v. Woche; 
Meinhold Sabbat und Woche im Alt. Test. 
(Forsch, z. Relig. u. Lit. des A. u. N. T. 5. Heft, 
1905), sowie dessen populäre Darstellung: Sabbat 
und Sonntag (in der Sammlung , Wissenschaft und 
Bildung' Bd. XLV 1909); ferner besonders auch 
das schon oben genannte Buch von J. Hehn (1907). 
Vor allem muß, wie das schon Letronne getan 
hat (vgl. Bouche-Leclercq 477, 1) auf das 



lieh, wenn man den 19. Tag als den ursprünglich 
49. betrachtet). Das System der siebentägigen 
fortrollenden Woche ist damit freilich nur an- 
gebahnt: und doch ruht gerade darin, daß die 
Woche ,ohne Rücksicht auf Monat und Sonnen- 
jahr ununterbrochen weiterrollt', die von Nöldeke 
Ztschr. f. d. Wortf. I 161 mit Recht hervorge- 
hobene chronologische Genialität der Erfindung 
der Woche, die er darum dem israelitischen 



schärfste unterschieden werden zwischen der sieben- 40 Bauernvolk nicht zutrauen will und sie — aller 



tägigen Mondwoche und zwischen der Plane ten- 
woehe; nur von der ersteren wird im folgenden 
zunächst gesprochen. Das Vorkommen von sieben- 
tägigen Fristen bei Babyloniern seit Gudea, auch 
in Gilgames-Epos, stellen Röscher I 29ff. Hehn 
40ff. zusammen. Man sah nach dem Ausdruck 
von Jensen in sieben Tagen die nächst höhere 
oder wenigstens eine höhere Einheit nach den 
einzelnen Tagen (Ztschr. f. d. Wortf. I 152; s. o. 



dings mit ausdrücklicher Feststellung, daß aus 
einheimisch babylonischen Dokumenten diese 
siebentägige Woche und der Sabbat noch nicht 
konstatiert ist — doch den Babyloniern beilegen 
möchte. Die schwierige Frage kann hier nicht 
erörtert werden; doch sei auf Meinholds 
Ausführungen ebd. 12ff. hingewiesen, wonach 
Alt-Israel ursprünglich als Fest für den Mond- 
gott, dann erst für Jahve, Neumonds- und Voll- 



eiu»eijieii iaguu luteum, i. u. mui». j. a^-, ^. ", & , - — -, _ 

S.2549ff.). Aber noch mehr: in der HemeTologie für 50 mondstage, als Erholungs- und Festtage, feierte 



den Monat Elul II treten die Siebenertage, der 7., 
14., 19. (30 + 19 = 49), 21., 28. Tag gleich- 
mäßig und augenfällig hervor (IV R. 321). Die 
Verbote, welche diesen Tagen gemeinsam sind, 
lauten: .Der Hirte der zahlreichen Völker darf 
Fleisch, das auf Kohlen gebraten ist, und Aschen- 
brot nicht essen, sein Leibgewand nicht wechseln, 
eine Opferspende nicht ausgießen. Der König soll 
seinen Wagen nicht besteigen, als Herrscher niebt 



und den letzteren Sabbat hieß, weil da der Mond 
, fertig' ist (so heißt auch babylonisch Sapatti 
der 15., d. h. der Vollmondstag, s. Zimmern 
ZDMG LVin 194ff. 458ff. Beer DLZ 1907, 
211); daß dagegen während der babylonischen 
Verbannung der jüdische Sabbat mit seiner völ- 
ligen Enthaltung von jeder Arbeit und seinen 
strengen Verboten für jeden siebenten Tag ein- 
gerichtet wurde im Anschluß an die schon vorher 



seinen Hiigm uii-ui ucswigcu, «m in.wovuvi üi^ui, & ,,m-*.^~ .. — — — — - — M „ 

sprechen, an geheimnisvoller Stätte soll der Magier 60 bestehende Übung, während der Ernte- und Pttuge- 



keine Sprüche sagen, der Arzt soll an den Kranken 
seine Hand nicht legen, einen Bannfluch zu voll- 
ziehen ist nicht möglich.' (In griechischen Texten 
hat sich, wie hier gleich bemerkt sein mag, manche 
ähnliche Vorschrift und Warnung vor diesen Tagen 
erhalten: vgl. den 7. und 21. Tag, auch teilweise 
den 28. in der griechisch-jüdischen Liste Catal. 
codd. astr. HI 32ft In der griechischen Liste 



zeit an jedem 7. Tag die Arbeit aus menschlichen, 
nicht aus religiösen Gründen ruhen zu lassen. 
Wenn sich diese Erklärung bestätigen sollte, so 
würde sich also der jüdische Sabbat gleich der 
Beschneidung gerade als beabsichtigter Gegensatz 
zur babylonischen Umgebung, nicht als Über- 
nahme ans Babel herausstellen. 

IV. Siebentägige Fristen bei den Grie- 



chen in der älteren Zeit Aus dem außer- 
ordentlich reichen Material, das Eos eher I 41ff. 
III 8ff. auch über siebentägige Fristen in Griechen- 
land gesammelt hat, ist hervorzuheben, daß schon 
bei Homer, jedoeh anscheinend nur in der Odyssee 
X 80. XII 397. XIV 249. XV 476 siebentägige 
Fristen, d. h. stets Fristen, die mit dem siebenten 
Tage abschließen, sich finden (also £$~rjp,aQ nMo- 
].isv . , ißAofidry <T ixo/iteoda), während es bei 
den Fristen von neun Tagen vielmehr heißt VII 10 
253 swfjfiao (psqoaiqv, dexar?] ds jus vvxti ßelalvt] 
xtX., also zum Abschluß, nach der auch sonst 
(auch bei den siebenjährigen Fristen) dem Griechen 
geläufigen Art, noch die'Wendetage zur typischen 
Kahl hinzugefügt werden, also zugerechnet, im 
ersteren Fall dagegen eingerechnet werden. Diese 
von Eos eher I 47 (vgl. III217ff. 240. IV llf.) 
erkannte Tatsache hat Kilsson zu weiteren 
Folgerungen verwendet; die erstere sei die grie- 
chische, ja allgemein indogermanische, die andere 20 
dagegen die babylonische Zahlung; und im An- 
schluß an den bekannten Aufsatz von v. Wila- 
mowitz Herrn. XXX VIII 575 entwickelt er aus 
der auffallenden Bedeutung der Siebenzahl im 
Apollonkult die Annahme, daß dieser, asiati- 
schen Ursprungs, in seinen Sühneriten die sieben- 
tägigen Fristen mit sich gebracht habe. Diese 
eben erst aufgestellte These wird weiter geprüft 
werden müssen; gewiß aber und seit langem her- 
vorgehoben ist, daß das Vorwiegen der Sieben- 30 
zahl im Apollonkult (vgl. die ausführlichsten Zu- 
sammenstellungen bei Röscher II 4tf. III 24. 
210ff.) etwas sehr Auffallendes hat. Apollon 
ist am 7. geboren; ihm sind ,nic!it bloß die 
eßdoficu, sondern auch die übrigen für die Ab- 
grenzung und Einteilung des Mondmonats wich- 
tigen Tage, nämlich die vovftijviat. die dixopyviai, 
die elxaÖEQ und die roiaxädeg geheiligt', also der 1 .', 
7., 14., 20., 30. Tag? wobei das dekadische Prinzip 
offenkundig wieder durchkreuzend wirkt. Die 40 
siebentägigen Fristen hat Röscher II lOff. als 
primär gegenüber den übrigen Heptaden im Apol- 
lonkult nachzuweisen gesucht, auch gegenüber 
jenen zahlreichen Chören von 7 oder 2x7 Per- 
sonen. Ganz besonders in Boiotien tritt die Sieben- 
zahl stark hervor (Koscher I 63f. II 41 «., der 
auch hier an ältere apollinische Kulte denkt). 
Freilich ist auch bei Dionysos, im Herakult, bei De- 
meter und sonst die Siebenzahl von Bedeutung ; in 
der Religion der Griechen überwiegt überhaupt 50 
die Siebenzahl gegenüber der Ncunzahl (Röscher 
II 69f.J, woraus zunächst auf ihre Priorität ge- 
schlossen werden müßte. Wichtig sind dann weiter 
die siebentägigen Fristen in Krankheiten (kritische 
Tage: Pvoscher I 50), die bis zum 63. Tage fort- 
rollen , und allerlei verwandte Theorien , wie sie 
in den pseudohippokratischen Schriften Tlmi 
sßdofiddfjuv und TIsol öaoHü>v und bei zahlreichen 
Späteren sich finden: die siebenjährigen Fristen 
gehen auch hier parallel (z. B. in dem bekannten 60 
Gedicht des Solon über die Altersstufen frg. 27 
Bergk), ebenso die siebenmonatlichen (über all 
das siehe besonders Röscher III passini ; IV 69ff.). 
Diels hat in der Festschrift für Gomperz (1902) 
9 bereits die Auffassung geäußert, daß mit der 
Siebenzahl ein alter assyrischer (semitischer) Ein- 
fluß auf die griechische Religion gegeben sei, was 
dann, wie bemerkt, neuerdings speziell für den 



ApoUonkultus Nilsson aufgenommen hat; Da 
v. Wilamowitz 1 Annahme kleinaaiatischen Ur- 
sprungs des Apollon viel für sieh hat, so wäre 
von hier aus schwerlich etwas gegen die Hypo- 
these einzuwenden; aber die Tatsache, daß die 
Siebenteilung des Mondlaufes so sehr viel bequemer 
und natürlicher ist als die Neunteilung, und viele 
der von Koscher auch für andere Völker ver- 
zeichneten Tatsachen (u. a. auch der Kampf von 
Sieben- und Neunzahl bei den Kelten, s. Rö- 
scher II 73f., 88ff. nach und teilweise gegen 
Loth Rev. Celt. XXV [1904] 113ff.) macht wieder 
zweifelhaft, ob hier wirklich an Übertragung und 
nicht an mehrfache spontane Entstehung zu 
denken ist, ein Schluß, zu dem auch Röscher 
und Hehn gekommen sind. Dagegen scheint es 
mir sehr möglich, ja wahrscheinlich, daß diese 
schon vorhandene Teilung befestigt, vielleicht 
wiederholt befestigt wurde durch immer wieder 
einsetzende östliche Einflüsse, namentlich auch 
bei den alten Pythagoreern, die, wie Röscher 
I[ 24fF. ausführt, die H. -Lehre in außerordentlich 
ausgedehnter Weise durchgebildet haben, und 
natürlich dann seit der hellenistischen Zeit. 

V. Die Reihenfolge der Götter in der 
Planetenwoche. Die Mondwoche ist ohne 
Zweifel längst vorhanden gewesen, ehe man auf 
den Gedanken geriet, jeden Tag der Woche mit 
einem der sieben Planeten zu verbinden. Ist 
doch diese Reihe selbst etwas Künstliches und 
erst nach Erreichung einer gewissen Abstraktions- 
fähigkeit denkbar (s. o. S. 2553). ,Erst nachdem 
man die 7 Tage hatte, kam man darauf, sie nach 
den sieben Planeten zu benennen ; die Siebenzahl ist 
das einzige Band zwischen ihnen' (Wellhausen 
Proleg. z. Geschichte Israels 6 108). Diese Ver- 
bindung wird man zu allererst geneigt sein, auf 
babylonischem Boden zu suchen, wo einerseits 
eine Hervorhebung der siebenten Tage, anderseits 
die Zusammenfassung der sieben Planeten sich 
sicher nachweisen läßt und die Beachtung der 
Mondviertel feststeht. Aber bei der Durchführung 
des Gedankens ergeben sich zahlreiche Schwierig- 
keiten. Einmal sei gleich vorweg genommen, daß 
sich die Planeten woche auch jetzt noch erst seit 
dem 1. Jhdt. v. Chr. nachweisen läßt, und zwar 
auch da nicht auf babylonischem Boden, sondern 
in Rom. Zweitens sind es nur wenige Stellen, an 
denen die Planeten als geschlossene Siebenheit 
in der babylonischen Literatur auftreten (Hehn 
51f.); die heilige Sieben tritt völlig unabhängig 
von ihnen auf, sodaß der Kult der Planeten als 
der weltbeherrschenden, alle anderen verdrängen- 
den Siebenheit hier keineswegs etwas so Selbst- 
verständliches ist, wie man sich zumeist vorstellt; 
ist doch bis jetzt nirgendwo eine Darstellung der 
sieben Planeten als geschlossener Einheit auf 
einem babylonischem Monument nachgewiesen, 
wie sie so oft in römischer Zeit erscheint. Der Ge- 
danke, Götter mit Tagen zu verbinden, ist zwar 
babylonisch; jeder Tag im Monat soll nach Jen- 
sen (a. a. O. I 154) bei den Babyloniern seine 
Gottheit oder sein Götterpaar haben, wie auch in 
Ägypten (Herodot II 82) jeder Monat und jeder 
Tag einem Gotte unterstand; aber hier wie dort 
waren es nicht die Planetengötter. Einzelne Ffinfer- 
tage des dreißigtägigen Monats sind bei den 
Babyloniern gewissen Gottern gewidmet, ,der 5. 



U^UUUUIOO 



dem Bei von Ekur und der Belit von Ekur, d. i. 
den Hauptgöttern des uralten Kulturzentrums 

Mppur', und so gehören auch der 10. und der 
25. Tag je zwei Gottheiten; aber von hier ist, 
wie man sieht, noch ein ganz unklarer Weg, 
■einerseits zu dem ganz anderen System der fort- 
laufenden siebentägigen Woche, die auch die 
Planetenwoche voraussetzt, anderseits aber zu der 
ausschließlichen Verteilung aller Tage in Siebener- 
reihen an die Planetengötter. Der Gedanke setzt 10 
nicht nur eine außerordentlich auffallende Ver- 
drängung aller übrigen Gottheiten durch die astra- 
len voraus, die sich zwar in einer Theorie, nicht 
.aber im Kulte so leicht vorstellen läßt, sondern er 
ist auch an sich sehr wunderlich: was hat irgend 
ein Tag der Woche in höherem Grade mit dem 
Monde oder dem Mercur zu tun, als irgend ein 
anderer? In der Natur der Dinge ist die Verteilung 

4er Wochentage an die Planeten und ihre Götter .. _ 

im und für sich ohne den leisesten Anlaß und Hinter- 20 ausgeschlossen. Die Ordnung der Wochentags 



Planeten in der Reihe, m kommt man zur Sonne; 
von da ist wiederum der vierte der Mond, von da, 
wenn mau die Reihe zum zweitenmal anfügt, Mars, 
von da Mercur, von da, wenn die Reihe zum dritten- 
mal in gleicher Form fortgesetzt wird, Iuppiter, 
von da Venus. Dann geht es wieder von vorne an. 
Um jede Unklarkeit auszuschließen, sei die Sache 
auch graphisch veranschaulicht: 

1. Saturn 2. Iuppiter 3, Mars 4. Sonne 

5. Venus 6. Mercur 7. Mond 
8. Saturn 9. Iuppiter 10. Mars 11. Sonne 

12. Venus IS. Mercur 14. Mond 
15. Saturn 16. Iuppiter 17. Mars 18. Sonne 

19. Venus 20. Mercur 21. Mond 
22. Saturn 23. Iuppiter 24. Mars 25. Sonne usw. 

Es ist bei dieser absoluten Regelmäßigkeit, 
wie sich jeder leicht überzeugen kann, jeder Zufall 



grund. Es ist also einfach das feste Schema der 
sieben Planeten auf das eben so feste Gefüge einer 
vorher bestehenden Mond wo che aufgepropft wor- 
den: der Umstand, daß es hier wie dort sieben 
Einheiten waren, hat das nicht nur ermöglicht, 
sondern den Gedanken erst herbeigeführt. 

Daß es sich nicht um ein allmähliches Ent- 
stehen, sondern um ein einmaliges svQyfta in der 
Parallele von Wochentagen und Planeten handelt, 



götter beruht auf der Ordnung der Planeten nach 
der Umlaufszeit, also auf einem in der Natur der 
Dinge gegebenen, aber erst durch die Astronomie 
zu findenden Verhältnis. Dieses ist auch in den 
antiken Erklärungen, die wir besitzen, zugrunde 
gelegt. Die bekannteste ist Cass. Dio XXXVII 
18; älter ist Vettius Valens, der Astrolog der 
Antoninenzeit (I 10 liegt extclCcövqv tjzoi oaßßa- 
rtxrjs rjiiFQag &jio x Et Q^)'y später sind der Pap. 



•dafür spricht vor allem die völlige Ausschließlich- 30 Leid. ed. Dieterich Abrasas 186, 11, vgl. ebd. 



41, und der Astrolog des 4. Jhdts. Paulus Ale- 

xandr. c. 27. Die von Schürer a. a. O. 22f. 

erwähnte Tatsache, daß die Ssabier (syrische 

Planetenanbeter, griechisch beeinflußt, da sie die 

Sonne Mos = fjfoog nannten) gerade diese beiden 

Planetenordnungen haben, erklärt sich ebenfalls 

aus deren notwendiger Zusammengehörigkeit. 

Plutarchs Auseinandersetzung über den Gegenstand 

., -j. i o v • a. t* -t. (quaest. symp. IV 7 dta ti zdq öfiatvvfiovg xolg 

? d ?TSÜuSS™ . n g ( darUl,er 40Sa^ tV ^ ? « ff oi, xarh rfjv hmivw zä£iv, 

" 6.1X t-vtjllay/nevcog doid-f-tovaiv) ist uns leider ver- 



keit, mit der eine einzige ganz bestimmte und an 
sich äußerst ungefüge und auffällige Planeten - 
Ordnung ausnahmslos die Reihenfolge der Wochen- 
tage bestimmt, während bei allmählicher Ent- 
stehung sich doch irgendwelche Reste von Va- 
rianten, ein Schwanken zeigen müßte. Die 
Reihenfolge ist bekanntlich stets die folgende: 
Saturn Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter Venus 



s. u. Abschnitt IX): 

Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter Venus Saturn. 
Diese Planetenreihe läßt sich bei den Babyloniern 
und Ägyptern, wie sich zeigen wird, überhaupt 
nicht nachweisen, und bei den Griechen erst in 
jener Zeit, wo wir auch schon die Existenz der 
Planeten wo che nachweisen können. Wie ist nun 
diese seltsame Reihe zustande gekommen? Eine 
halbwegs überzeugende Ursache der Anordnung 



loren; der erhaltene Titel kennzeichnet richtig 
das Problem. 

Erhalten sind uns aus dem Altertum ver- 
schiedene Lösungen der Frage. Absehen können 
wir von den Ausführungen bei Lydus de mens., 
der fast das ganze zweite Buch (c. 4—12) der 
Erklärung des Verhältnisses der sieben Planeten 
zu den Zahlen 1 — 7 widmet, in der Absicht, die 



ist auch durch mythologische Erwägungen nicht 50 Woche zu erklären, die er mit dem Sonntag be- 
zu finden. Umso klarer ist es aber, daß sie ginnt. Diese Auseinandersetzung, an deren Spitze 



auf einer anderen Planetenliste beruht und aus 
ihr mit mathematischer Präzision abgeleitet ist. 
Sie fußt ausschließlich auf der ,richtigen' Planeten- 
ordnung, wenn man die nach der Um lauf zeit 
oder, was in der Hauptsache gleichviel bedeutet, 
nach der Entfernung von der Erde , mit diesem 
kurzen Ausdruck bezeichnen will. Vom obersten 
Planeten zum untersten, wie sie noch häufiger 



gesagt wird, Sit oi zzeqi Zcoooäozot]v xai 'Yazdantjv 
XalÖaXoi xai Alyvnttoi äxo zov dpiftfiov twv 
Tilavrjtcov iv sß&ofiddt ras rjusgac dvekaßov (was 
auf apokryphe griechische Schriften über den 
Gegenstand, unter persischen Autornamen, zu ver- 
weisen scheint), ist durchaus pythagoreische Zahlen- 
spekulation und zitiert neben Zoroaster und Chal- 
däern und Ägyptern nicht blos Orpheus, Pytha- 



vorkommt, als in der umgekehrten Folge, heißt 60 goras und einzelne Pythagoreer, sondern auch 
diese Reihe: spätere griechische Gelehrte wie Piaton und 

Aristoteles bis zu Proklos; sie kommt nicht bloß 
wegen dieser heterogenen Bestandteile, sondern 
auch wegen des Inhalts nicht ernstlich in Be- 
tracht. Cassius Dio setzt bei Gelegenheit der 
Erzählung von Pompeius Einnahme von Jerusalem 
die Verehrung des Kronostages durch die Juden, 
wo sie nicht kämpfen und daher auch die Stadt 



Saturn Iuppiter Mars Sonne Venus Mercur Mond. 

Diese Reihe trägt bei den Griechen den Namen 
ijtzd^otvog (davon lateinisch septixdnium, woraus 
septi&odium nur verdorben ist, s. gegen Maase 
Tagesgötter 20ff. Schürer Ztschr. t neut. Wisa. 
I 30. 63ff.). Geht man vom Saturn zum vierten 



neimomas 



erobert wird, und dann die Wochentage auseinan- 
der, die er von den Ägyptern ableitet, während 
sie hei anderen Völkern auch vorhanden seien, aher 
nicht seit lange, wenigstens hätten die Griechen 
nicht das geringste davon gewußt, während die Pla- 
netenwoche jetzt bei allen Völkern und selbst bei 
den Römern üblich und fast hergebracht sei. Er er- 
klärt dann, er habe von zwei Methoden gehört, die er 
nun mitteilt, und die beide nähere Überlegung ver- 



nöbiF 



dienen^ Die eine geht aus von & Vb^S.lööS) 10 Erklär^ SlIS:S: 
gezeigten Tatsache, daß fortgesetzt« Stritt* ^ nur }^A+. "1' £ « ^?„?l: en ?i\t T ™ [tms 



gezeigten Tatsache, daß fortgesetzte Schritte dtä 
TEOoaQcov von der richtigen Planetenordnung zur 
Wochentagsordnung führen. Er heißt das ,das 
musikalische Intervall, das Öta tEoadQütv (die 
Quarte) genannt wird, auf die Sterne übertragen'; 
an dasselbe Verfahren muß auch Celsus bei Örig. 
c. Cels. VI 21 (= Cumont Text, et Mon. de 
Mithra II 31) gedacht haben, der als Ursache für 
diese Reihe der Wochentagsgötter, die er im 
Mithraskult als xltuaE purnji^lnc ip<wii in n.™. 



als harmonisch zusammen; so bliebe nichts übrig, 
als von jeder astrologischen Herkunft abzusehen 
und die Wochentagsordnung rein pythagoreisch- 
mathematisch zu erklären. Das ist angesichts 
ihres Fehlens in der pythagoreischen Philosophie 
und ihrer handgreiflichen Verbreitung durch die 
Astrologen ganz unwahrscheinlich. So kann diese 
Erklärung nicht befriedigen; man fühlt, daß dieser 
Schritt dtä xeoüo.q(üv eine nachträglich aufgedrängte 

hWlilm-ncr horlon+tt+ Aln /\!« ***, — T tt...i.-u • 



nur benützt, um es in pythagoreischer Weise zu 
erklären. Wie man das Spiel mit den Quarten 
dann weiter fortsetzte, zeigt ein Astrolog aus un- 
bekannter Zeit, Zenarios: Catal. codd. astr. 1 176f • 
vgl. dazu Boll Ztschr. f. Assyr. XXV 375. 

Die andere Erklärung, die Cassius Dio und 

ebenso schon längere Zeit vor ihm Valens gibt, 

ist dagegen wirklich astrologischen Ursprungs. 

, r ,, T - ,— , ■• —-— b^^uu^, v^ ci im ,Man zählt die Stunden des Tages und der 

Mithraskuit als xtifia? hträxvlos, jedoch in um- 20 Nacht von der ersten an und gibt diese dem 



r ~T» vrr.«,.«^^, JVUUVJ1 .11.1 tlllA" 

gekehrter Ordnung von Saturn bis Sonne nach- 
wies, fiovöwovg löyovg anführte. Man kann diese 
Reihe öta zsoodgcov bequem mittels des Hepta- 
gramms veranschaulichen : 




Saturn, die zweite dem Iuppiter, die dritte 
dem Mars, die vierte der Sonne, die fünfte der 
Venus, die sechste dem Mercur und die siebente 
dem Mond gemäß der Ordnung, welche die 
Ägypter den Planetenbahnen anwiesen (also nach 
der richtigen Planetenordnuug ; ob die alten 
Ägypter diese gekannt haben, s. u. S. 2564) und 
fängt immer wieder von vorne an, bis man alle 
24 Stunden durchgegangen hat. Man findet dann, 

30 daß die erste Stunde des folgenden Tages auf 
die Sonne fällt. Verfährt man mit den nächsten 
24 Stunden auf dieselbe Weise, so trifft die erste 
Stunde des dritten Tages auf den Mond und fährt 
man so fort, so wird jeder Tag den ihm zu- 
kommenden Gott erhalten'. Die o. S. 2558 ge- 
gebene Liste zeigt das anschaulich. Dieses System 
ist nicht etwa, wie es nach Zimmern u. a. fast 
scheinen möchte, eine Singularität bei Cassius 
Dio, sondern es ist die auch sonst verbreitete 

40 Lehre von den xokevwTes (,die den Tag drehen,' 
Tagesgöttern) wndSt^zovzeg (Stundendurchwaltern, 
Stundengöttern), die genau in der gleichen Weise 
an den angeführten Stellen bei Val. und Paul. 
Alex, stehen; weiterhin z. B. Wessely Gr. Zauber- 
pap. (1886) 58, 5431 ; Catal. codd. astrol. IV 
99, 2. VII 88, 5 usw. 114, 14. 20. VIII 3, 
144 [in einem mittelgriechischen Texte] usf.). 
Hier sind somit nach der Ordnung der Umlaufs- 
zeiten zunächst die Stunden verteilt; wenn man 



Ein Heptagramm, aber, wie wohl zu beachten ist, 
ohne Planetenzeichen oder Namen, ist auch auf 
babylonischem Boden von Hilprecht Explor. in. 
Bible Lands 530 gefunden worden, abgebildet z. B. 

Astr. 2 1909. Da aber keine Erklärung beigegeben 50 aber jedesmal den Planeten der ersten Stunde 
ist, so wissen wir nicht, welchem Zweck das dienen des Tages in ganz natürlicher Weise zugleich den 



sollte; daß an Planeten oder gar an die Wochen- 
tagsplaneten zu denken sei, davon fehlt die leiseste 
Andeutung, sodaß Hehn 53 mit Eecht ablehnt, 
es für die vorliegende Frage zu gebrauchen. Immer- 
hin ließe sich einwenden, daß spätere griechische 
Pythagoreer in Anlehnung an diese auf babyloni- 
schem Boden nachgewiesene Figur die Sache so 
konstruieren mochten. Aber man sieht nicht recht 



ganzen Tag mit beherrschen ließ, so ergab sich 
die Eeihe der Wochentagsgötter. Dieser Weg, 
von den nach der Umlaufszeit geordneten Stunden- 
gottern zu der Reihe der Wochentagsgötter zu 
kommen, ist so einfach, und zugleich mit der 
fortgesetzten Neigung der Astrologen, die gleichen 
Zahlen möglichst vielseitig wirksam zu machen 
{s. z. B. Boll Sphaera 332tf.) so trefflich im Ein- 



em, wie auf dem Weg astrologischen Denkens die 60 klang, daß sich nicht zweifeln läßt, daß in der 



Planeten gerade zu einer Konsonanz (die Quart 
ist das kleinste konsonierende Intervall, vgl. 
Stumpf Geschichte des Konsonanzbegriffes, Abh. 
Akad. Münch. I. Cl. XXI 1, 38) geführt worden 
sein sollten: klingt doch die Art der Planeten, 
von denen zwei, nämlich Iuppiter und Venus gut, 
zwei, Mars und Saturn, böse, die anderen ver- 
schieden sind, für die Astrologen nichts weniger 



Tat auf diese Art die Wochentagsreihe entstanden 
ist. Die erste, , musikalische' Erklärung (Sia teo- 
odgmr) ergibt sich dann ganz von selbst: die 
erste Stunde des folgenden Tages ist, vom vor- 
hergehenden ab gezählt, die 25. ; also (7xS) + 4. 
Bemerkt sei noch, daß das von Jensen a. a. O. 
I 156 f. geäußerte Bedenken gegen die Ableitung 
der Planetentage von den PlanetenstöJiden ganz 



2561 



Hebdomas 



Hebdomas 



2562 



und gar nicht begründet ist: der Beginn mit Diese Annahme ist weiterhin aufgenommen von 

Saturn kann für den nicht das mindeste Auf- H. Winckler Altorient. Forsch. II 367f. Dil 

fällige haben, der die griechischen Planetenlisten, 186ff. ; nicht abgelehnt, wenn auch ebensowenig 

namentlich bei den Astrologen fast immer mit bestimmt angenommen von Zimmern a. a. 

Saturn beginnen, d. h. eben von der obersten 0.622; weiter verteidigt von Hommel Aufs. u. 

Sphäre zur Erde herunterlaufen sieht. Abh. 446ff. Hilprecht Anniversary Volume (1909) 

VI. Die Planetenordnungen bei Baby- I70ff. Dagegen wurde sie abgelehnt von Kug- 

loniern, Ägyptern, Griechen. Ist es durch 1er Sternkunde I 220. II 77ft; in der Ztschr. 

die vorhergehenden Ausführungen sicher gewor- Anthropos (1909) 477ff.; Im Bannkreis Babels 
den, daß erst auf Grundlage der gichtigen' Pia- 10 94ff. Auf die noch strittigen Details kann hier 

netenordnung nach den Umlaufszeiten die Wochen- nicht eingegangen werden (gegen Wincklers 

tagsreihe geschaffen werden kann — ja man darf und Ho mm eis Heranziehung der Liste IV R 33 

wohl weiter sagen, daß sogar ein gewisses allge- vgl. jetzt Kugler Im Bannkreis Babels 89ff., 

meineres Bekanntsem dieser Eeihe vorausgesetzt gegen Hommels u. a. Hinweis auf eine Ent- 

werden muß — so muß nun zunächst untersucht deckung von Ungnad [Ztschr. f. Assyr. XXII 

werden, wo und wann diese richtige Planeten- 13ff.] s. Kugler Sternkunde II 78ff.); aber die 

Ordnung sich zuerst nachweisen läßt. Es ist das ganze Vertauschungshypothese stößt sich an der 

umso nötiger, als in weitverbreiteten Werken Tatsache, daß Kaimänu , der Beständige' niemals 

darüber zum Teil irrige oder verwirrende Mit- ein Name für den Mars, sondern nur für den 
teilungen gegeben sind ; sachliche Vollständigkeit 20 Saturn gewesen sein kann : das Wort assidue fer- 

wurde angestrebt, um die unbequeme Halbteilung tur bei Hygin. astr. IV 18 , das, im Gegensatz 

des Materials auf die Art. Hebdomas und Planetae zu pervolat für Mars, die langsame Bewegung 

zu vermeiden. des Saturn in Übersetzung des babylonischen Ter- 

A. Babylonische Planetenordnung. - minus bezeichnet (s. Boll Ztschr. 1 Assyr. XXV 

a) Abschrift einer sumerischen und baby- 373, 1), beweist, daß auch der spätbabylonischen 
1 onis ch-as syrischen Liste IIE(awlinson) 48, 48 Zeit der Sinn des Wortes Kaimänu noch gegen- 
—54(KuglerSternkundeI9ff.; vgl. Jensen Ztschr. wärtig war. Wenn aber nur die Vertauschung 
f. deutsche Wortforschung I 155. Zimmern bei der Namen von Iuppiter und Mercur an sich als 
Seh rader KAT3 622 [unter Buchstabe Ä]): zulässig zugegeben werden könnte (womit über 
Mond Sonne Iuppiter Venus Saturn Mercur Mars. 30 die Haltbarkeit des versuchten Beweises nicht 
Die Reihe (Zeit der Abschrift ca. 650 v. Chr.) ist so ff u , rtcil * ^ in 8 ° U k s ° er ^ e sich v m ^Uste 
geordnet, daß die zwei großen Himmelslichter am »> die , E ^ he : ™ on { Sonne Mercur Venus Saturn 
Anfang stehen; über die noch sehr unsicheren ^ppiter Mars, die ebensowenig nach den Umkufs- 
Gründe, die sich für die Aufeinanderfolge der feiten geordnet wäre, wie die m den neubaby- 
Planeten vermuten lassen, s. Kugler a. O. I 16. loni ^nen leiten. 

b) Babylonische Texte (Kugler I 13) um ß , Beme £ kt seL < ^ * ie Ll £ te , IIX ? b $J' 
700 und um 550 v. Chr.: l ' -61 (neu herausg. Cuneiform Texts vol XXVI 

T ., , T , , r , r pl. 45) keineswegs, wie Koscher behauptet 

Iuppiter Venus Saturn Mercur Mars (Myth ; Lex m ^ unter Berufung auf / au . 

Also die gleiche Reihe wie in a), nur mit Weg- 40 dissin studi z . semit Rel> t 233), eine Planeten- 
lassung von Sonne und Mond. reihe in der Aufeinanderfolge unserer Wochen- 

c) Spätere, neubabylonische Texte von tagsgötter enthält, sondern sieben mäSü, nach 
400—7 v. Chr. : Jensen (Ztschr. f. Assyr. I 259 Anm.; vgl. Kos- 

luppiter Venus Mercur Saturn Mars. mo I. 144ff.) sieben Paarsterne; sicherlich aber 

Hier ist also lediglich Saturn vor Mercur getreten. nicht sieben Planeten, sondern u. a. mindestens 

Diese drei oder eigentlich nur zwei nur wenig 3x2 Fixsterne und dazu noch den Regulus 

verschiedenen, in keiner Weise auf die Umlaufs- (gütige Mitteilung von C. Bezold). Diese Liste 

zeit Rücksicht nehmenden Anordnungen, die viel- ist also hier überhaupt auszuschließen, 

mehr (vgl. Boll Ztschr. f. Assyr. XXV 372ff.) mit y) Zum Überdruß oft werden die Farben baby- 
der Anordnung nach der Umlaufszeit durchaus 50 Ionischer Bauwerke als Beweis für die babyloni- 

inkommensurabei sind , sind die einzigen, die sehe Herkunft der richtigen Planetenreihe ange- 

sich bisher auf babylonischem Boden wirklich führt, aber mit Unrecht. In Betracht kommen 

nachweisen lassen; alle anderen sind lediglich 1. die Angabe des Herodot I 98 über die 

Hypothesen oder besser gesagt Postulate. Mauerzinnen von Ekbatana; diese hatten von 

a) Um die seltsame alte Reihe a), die so gar innen nach außen folgende Farben: golden, sil- 
keinen astronomischen Hintergrund besitzt, der bern, sandelfarben, blau, purpurrot, schwarz, weiß. 
Ordnung nach der Umlaufszeit näher zu bringen, Unter der — keineswegs feststehenden oder be- 
hat Hommel Aufs, und Abh. 377 (= Aus- weisbaren — Voraussetzung, die Siebenzahl sei 
land 1891, 383) seine ,Vertauschungshypothese' hier durch die Planeten bestimmt und ebenso die 
aufgestellt: Mercur und Iuppiter, andererseits 60 Farben, hat Rawlinson History of Herod. I 242. 
Mars und Saturn sollten in späterer sZeit ihre II 58Sf. hier die Ordnung der Wochentage finden 
Namen vertauscht haben, womit sich aann die wollen: Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter 
Reihe Mond Sonne Mercur Venus Mars Iuppiter Venus Saturn. Aber der erste Blick lehrt, daß 
Saturn, d. h. — abgesehen von der auch später Venus unmöglich mit schwarz, Saturn mit weiß 
ja häufigen Vorwegnähme der zwei großen Hirn- geglichen werden kann (Iuppiter ließe sich etwa 
meislichter — die Eeihe nach der richtigen Um- mit dem Erz, also mit purpurrot, zur Not zn- 
laufszeit der Planeten in der altbabylonischen Pia- sammenbringen) ; vom übrigen hat nichts als golden 
netenordnung ganz von selber herausstellen würde. und silbern — Sonne und Mond eine Wahrschein- 

P auly-Wisaowa-KroU TU 81 



ZÖOÖ 



ueDüomas 



±ieDQomas 



ZÖO^t 



lichkeit, die aber natürlich noch nicht das ge- 
ringste für weitere Planetenfarben beweist. Ein 
Umstellen bei Herodot, wie es z. B. Bousset 
Arch. f. Relig. HI 240 befürwortet, ist Will- 
kür; obendrein scheinen die Farben der erhaltenen 
untersten Etagen des Etagenturms von Khorsa- 
bad in ihrer Reihenfolge genau denen von Ekba- 
tana bei Herodot zu entsprechen. Der durch 
Celsus bei Orig. c. Üels. VI 21 (vgl. Cumont 
II 31 undl 117f.) für den Mithraskult bezeugte 
Vergleich der Planeten mit sieben Metallen (in 
der xi.Tf.iat; $jtta7wi.og) ist wieder nur um den 
Preis für Herodot verwendbar, daß man bei Cel- 
sus eine Verwechslung deT Metalle des Ares 
und des Hermes annimmt, was umso unwahr- 
scheinlicher ist, als Celsus eine ausführliche 
Begründung auch für sie beigegeben hat. So 
haben Jensen Ztschr. f. d. Wortf. I 157f. und 
Hehn a. a. 0. 50 mit Recht diese ganze Hypo- 
these abgelehnt. Wollte man aber mit Zim- 
mern a. a. 0. 624 als die Reihe der Planeten 
(E bei Zimmern) Sonne Mond Iuppiter Mercur 
Mars Saturn Venus ansehen, so ist doch klar, 
daß diese Reihe mit der der Wochentagsgötter 
ganz inkommensurabel ist. Da sie obendrein auf 
rein willkürlicher Gleichsetzung einzelner Farben 
mit Planeten beruht (sandelfarben mit Iuppiter 
und blau mit Mercur) , so ist sie überhaupt als 
unbegründet zu streichen. 

2. Die Stufen des Tempelturms Ezida, des 
Nebotempels von Borsippa (Abbildung der Ruinen 
bei Röscher Myth. Lex. III 54) sollen nach 
Rawlinson IRAS XVIII lSff. folgende Farben 
gehabt haben (denen gleich die Planeten, die 
Rawlinson darin fand, beigesehrieben sind) und 
zwar von oben(!) nach unten: 



Mond 


silbern 


Mercur 


dunkelblau 


Venus 


weißgelb 


Sonne 


golden 


Mars 


rosenrot 


Iuppiter 


braunrot 


Saturn. 


schwarz 



Das wäre die Reihenfolge nach der Umlaufszeit 
— sonderbarerweise freilich der erdennächste Pla- 
net zu oberst. Allein erstens ist, wie Jensen 
Kosmol. d. Babyl. 143 bemerkt, die Färbung der 
Stockwerke zum großen Teil nur vermutet; und 
nach Oppert Expe'd. en Mesop. I 206ff. lägen 
die Planeten hier vielmehr in folgender Reihe (der 
Reihe der Wochentage) zugrunde: 
Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter Venus Saturn. 
Angesichts dieser enormen Widersprüche und des 
schwachen Fundamentes muß man mit Jensen 
a. a. 0. I 158 sich bescheiden, daß ,sich aus den 
Trümmern des Nabutempels nichts Sicheres heraus- 
lesen läßt'. Daß man auch Vierstufentürme ge- 
baut hat, wobei jeder Gedanke an die Planeten- 
zahl fernzuhalten ist, sei hier nach Hehn a. a. 
0. 13 noch angefügt. 

Das Ergebnis dieser Nachprüfung ist somit: 
es ist bei den Babyloniern weder die Reihe der 
Wochentageplaneten (F bei Zimmern) unmittel- 
bar, noch die Reihe der Planeten nach der Um- 
laufszeit (C bezw. D bei Zimmern), noch die 
lediglich durch die Vertauschungshypothese postu- 
lierte Reihe B (Anordnung nach der Umlaufs- 
zeit, aber mit Voranstellung der Himmelslichter, 



also Sonne Mond Mercur Venus Mars Iuppiter 
Saturn), noch endlich die wieder nur postulierte 
Reihe für die Mauerzinnen von Ekbatana (E bei 
Zimmern) nachgewiesen: nur die Reihe Ä mit 
ihrer spätbabylonischen Variante ist als babylo- 
nisch erwiesen. Solange also kein neues Material 
aus früherer oder späterer Zeit auftaucht, wird 
man gegenüber allen A r ersuchen, die Sachlage zu 
verschieben und für ein halbes Dutzend von un- 

10 zulänglichen Halb- und Viertelsbeweisen die Gel- 
tung eines ganzen Beweises zu fordern, daran 
festhalten müssen, daß sich die Wochentagsreihe 
unmittelbar aus Babylon nicht ableiten läßt. 
Daß die Reihe nach der Umlaufszeit nur den 
Heutigen die selbstverständliche ist, hatBouche"- 
L e cl er cq a.a.O. 105 sehr klar gezeigt: der Astro- 
logie mußte die Bewegung aller Sterne auf einer 
Fläche -vielmehr weit lieber sein, wie sie, wenn 
Aet. II 15, 1 recht berichtet, noch sogar Xenokrates 

20 im Gegensatz zu seinem Meister Piaton annahm. 
Die Wochentagsreihe aber in ihrer absoluten 
Künstlichkeit ist ganz und gar abhängig von der 
nach der Umlaufszeit; wäre die erstere auf baby- 
lonischem Boden durch eine irgend verbürgte 
Liste gesichert, so wäre es so ziemlich auch die 
nach der Umlaufszeit Aber bis jetzt haben wir 
weder die eine noch die andere in irgend einem 
Exemplar. 

B, Die ägyptische Planetenreihe 

30 (Brugsch Thes. inscr. Aegypt. I 63ff.; ders. 
Ägyptologie 335ff. Bouche'-LeclercqL'astr. gr. 
64, 1 scheint hier Brugsch mißverstanden zu 
haben). 

a) In Gräbern und Tempeln der XIX. und 
XX. Dynastie (A— D i bei Brugsch): 

Iuppiter Saturn Mars Mercur Venus. 
Jedoch in einem Verzeichnis der Königsgräber 
von Bab-el-Moluk (D 2 Brugsch): 

Saturn Mars Iuppiter Mercur Venus. 

40 b) In der griechisch-römischen Epoche ver- 
schieden; in Eifu (E): 

Venus Mercur Satarn Iuppiter Mars, 
in Dendera (Pronaos: F, G): 

Saturn Mars Iuppiter Venus Mercur, 
auf dem Deckel des Sarkophags des Heter (J) die 
gleiche Reihe wie in der XIX. und XX. Dynastie : 

Iuppiter Saturn Mars Mercur Venus. 
Dieselbe Reihe umgekehrt auf den Stobartschcn 
Plan etentaf ein (K). 

50 Hier ist also ebenfalls nirgendwo eine Anord- 
nung, die sich an die Umlaufszeit hält. Auch 
ist es bemerkenswert, daß in der festen Anord- 
nung der älteren Zeit (Iuppiter Saturn Mars 
Mercur Venus) keine Anlehnung an die alte baby- 
lonische Ordnung (Iuppiter Venus Saturn Mercur 
Mars) zu finden ist. Auf den Tierkreisen in Den- 
dera (Zeit des Tiberius) sind die Planeten nach 
festen astrologischen Gesetzen angebracht (Boll 
Sphaera 233ff.: auf dem rechteckigen Tierkreis 

CO nach dem System der himmlischen Häuser, auf 
dem runden nach dem System der vytöfiaTa); 
hier sind also besondere Forderungen der Astro- 
logie maßgebend, sodaß man die ohnehin späten 
Bilder nicht gebrauchen kann, um eine spezielle 
ägyptische Planetenordnung (H bei Brugsch) 
zu ermitteln. Ebensowenig lassen sie sich ver- 
werten, um die Entstehung dieser Lehre auf 
ägyptischem Boden zu erweisen; dann mußten 



2565 



Hebdomas 



Hebdomas 



2566 



wir vielmehr die Planetenreihe gerade auch vor- 
her und außerhalb dieser späten astrologischen 
Denkmäler erwarten. 

Ein von Spiegelberg OLZ 1902, 6ff. publi- 
ziertes demotisches Ostrakon (etwa 1. uachchristl. 
Jhdt.) hat folgende Reihe der fünf ,Lebenssterne': 

Saturn Mars Mercur Venus Iuppiter, 
es ist im Grunde die alte Reihe, nur daß sie mit 
Saturn statt mit Iuppiter begonnen wird, was 
wohl Einfluß der griechischen Ordnung nach der 10 
Umlaufszeit ist. 

€. Die griechischen Planetenordnungen. 

Wir können für die griechischen Planeten- 
ordnungen leider erst seit Piaton Genaueres sagen. 
Wie übel es mit der Exaktheit der babylonischen 
Beobachtungen stand, die die ionische Natur- 
philosophie zugrunde legte, ergibt sich aus der 
Überlieferung (Aet. plac. II 15, 6), daß Anaxi- 
mander zu oberst die Sonne, dann den Mond, 
dann Fixsterne und Planeten anordnet: das ist 20 
im Einklang mit der Nachricht bei Diodor. II 
30, 6, wonach die Chaldäer die Fixsternsphäre 
unter die der Planeten gestellt haben (vgl. o. 
Bd. VI S. 2413; neuerdings Eis ler Weltenmantel 
und Himmelszelt 90, 4, wo Hinweise auf die gleiche 
Anordnung bei den Persern gegeben sind); von Wich- 
tigkeit scheint es mir, daß beiVirolleaudL'astrol. 
Chald., Textes cunelf. Istar n. XXI 86ff. die 
Fälle erwähnt werden, wo der , Wagenstern' im 
Monde (oder in seinem rechten und linken Hörn) 30 
steht: das zeigt deutlich, daß nicht bloß die 
Perser, sondern auch die Babylonier wirklich die 
wahre Stellung des Mondes zu den Fixsternen 
zu der Zeit nicht kannten, wo jener Text aufge- 
zeichnet wurde. Über Parmenides, für den die 
doxographische Nachricht (Aet. II 15, 7) die Reihen- 
folge, von oben nach unten, Venus, Sonne, Sterne 
behauptet, vgl. die Äußerung von Diels Herrn. 
XXXV 201. Nach Leukippos war die Sonne zu 
oberst , der Mond zu unters t , dazwischen die 40 
übrigen Sterne (man kann nicht sagen, ob bloß 
die Planeten oder auch die Fixsterne dazwischen 
anzunehmen sind, s. Diog. Laert. IX 33). Es 
ist sehr merkwürdig, daß Lydus de mens. II 6 
p. 23, 17 W. hervorhebt, daß ,Zoroaster' (s. o. 
S.2558,51ff.) die Sonne jioö zajv änlavtov rdirot, im 
Gegensatz zu den Griechen, für die sie ein Planet 
sei: in diesem Pseudepigraphon ist also doch 
wohl die Sonne ebenfalls zu oberst gesetzt gewesen, 
dann erst die Fixsterne und Planeten. Bei De- 50 
mokrit sind die drei Gestirne Sonne, Venus, Mond 
herausgehoben aus der Zahl der übrigen Planeten, 
was babylonischer Religion (vgl. z. B. die baby- 
lonischen Grenzsteine mit den drei Symbolen des 
Halbmondes, der Sonne und des achtstrahligen 
Venussternes) entnommen ist (Cumont N. Jahrb. 
XXVII 3). Wenn auf die doxographische Über- 
lieferung Verlaß ist (Aet. II 15 Diels), so müß- 
ten bei Demokrit die Fixsterne zu oberst, dann 
die Planeten, dann Sonne Venus Mond kommen, 60 
da in dem ganzen Planetenkapitel die Reihe 
von oben nach unten gezählt wird ; vgl. unten 
S. 2569f. 

Die Schrift sieqi ißdoftddojv, die (unter Ver- 
schweigung der Planeten oder in Subsomierung 
unter die Fixsterne) so ordnet: Feuerkreis, Fix- 
öternsphäre, Sonne, Mond (Röscher V 54n*.), 
macht darin keinen altertümlicheren Eindruck als 



etwa Demokrit; aber der Verfasser ist willkürlich 
genug, selbst die Venus einfach zu übergehen. 

Die griechischen Planetenordrinngen sind, seit 
wir volle Reihen kennen, im Grunde nur Varian- 
ten der Ordnung nach der Umlaufs zeit; der 
Hauptunterschied wird nur dadurch gebildet, daß 
die Himmelslichter (tä (pwra, d. h. Sonne und 
Mond) außerhalb der Reihe stehen, oder in sie 
aufgenommen sind. Wie kennen folgende Ord- 
nungen (ich gebe die Belege, soweit sie von 
einiger Bedeutung sind, unter Absehen von dem 
größeren Teil der für unsere Zwecke minder wich- 
tigen Materialien, die Röscher Mvth. Lex. III 
2531 = Röscher III 170f. vorlegt)/ Zusammen- 
stellungen solcher Art, nicht immer korrekt, bei 
Forbiger Handbuch der alten Geogr. I 52Öf. 
Schmekel Philos. der mittl. Stoa 283. 463f. 
Bousset Arch. f. Relig.-Wiss. IV 238f. Dreyer 
Hist. of the planet, syst. 31. 44. 129f. 169f. 
Hultsch o. Bd. II S. 1833f. (zum Teil unrich- 
tig!). Bouche-Leclercq a. a. O. 64, 1. 104ff. 
Tannery Rech, sur Thist. de l'astr. anc. 261ff. 

1. Die philolaisch-platonische Reihe: 
Mond Sonne Venus Mercur Mars Iuppiter Saturn. 
Sie ist mit voller Sicherheit bezeugt seit Piaton 
Tim. 38C-D, wo allerdings nur die Ordnung der 
unteren Planeten bis Mercur ausdrücklich ausge- 
sprochen wird. Das gleiche ist ohne Namens- 
nennung auch in rep. 616 E f. zu verstehen; s. 
auch Kroll Procl. in rempubl. II 413. In der 
Epinomis, die jedenfalls als Zeuge für die Schul- 
meinung gelten darf, steht 987 C ausdrücklich die 
richtige Ordnung auch der oberen Planeten; übri- 
gens erklärt Ptolem. synt. IX 1 (II 206, 19 
Heiberg), daß diese letztere a^sdov naga näot roTg 
jiQcözotg jAa§rjfjia.Ttxoi£ avfuiEfpoivrjfiiva sei. Bei 
Aet. II 15 wird für Piaton, wo tatsächlich Tim. 
38 D die Ordnung von Venus und Mercur sogleich 
umgekehrt ist, wahrscheinlich eben deshalb die 
Anordnung Mercur Venus behauptet; dieselbe bei 
Achill, p. 42, 30 ; vielleicht auch bei Mart. Cap. 
VIII 851; vgl. auch v. Jan Philol. LH 18. 

Ob diese Ordnung für Anaxagoras bereits an- 
zunehmen ist, bleibt leider aus Eudem. frg. 98 
bei Procl. in Tim. 258 C ganz zweifelhaft (eigent- 
lich ist nur das nähere Verhältnis von Sonne 
und Mond hier bezeugt). Die Angaben über die 
Pvthagoreer gehen auseinander: nach Alex. Aphrod. 
in Metaph. I 5 (Schob Arist. ed. Brandis 540b 2) 
ist von den Pythagoreern unter den 10 um den 
Herd des Weltalls sich bewegenden Körpern die 
Sonne an den 7. Platz gesetzt; sie steht also 
zwischen den Planeten und dem Monde, und da- 
zu stimmt Phot. cod. 249 (p. 439 b 23), jedoch 
hat hier die Venus, wie öfter, mit dem Mercur 
den Platz gewechselt, wie denn auch sonst die 
Stelle keinen ganz alten Eindruck macht (vgl. 
Ptolem. II 154 ed. Heib.j. Ausdrücklich ist aber 
für Philolaos bei Aet. H 8, 7 die Folge Planeten, 
Sonne, Mond bezeugt : das ist also sicher Piatons 
Vorgänger (die Stelle Eudemos frg. 95 = Sim- 
plic. de cael, 471, 5 Heiberg rrjv zijg deoeoig rä- 
t~iy elg xovg üvdayoQsiovs ärcMpEQoyv lehrt leider 
nichts Genaueres darüber, an welche Ordnung zu 
denken sei). Dem Piaton folgen Eudoxos (Procl. 
ebd. 257 F, auch auf dem Eudosospapyrus); eben- 
so Kallippos (s. Aristot. met. 1073 b 32); Aristo- 
teles {s. die zwei gleichen Stellen) ; Chrysipp (von 



2567 



Hebdomas 



Hebdomas 



2568 



oben nach unten Di eis Doxograph, 466, 10); 
Eratosthenes (Theo Smyrn. ed. Hiller p. 142, 7, 
vgl. Schmekel 464); soweit auf Hippol. IV 8 
Verlaß ist, auch Apollonios von Perge und Archi- 
medes ; die astronomische Inschrift von Keskintos 
auf Rhodos IG XII 1, 913, s. Hui t seh o. Bd. II 
S. 1851; Ps. Aristot. u. xöa/j.ov 392a 23 (geord- 
net von ohen nach unten, vgl. Capelle N. Jahrb. 
XV [1905] 29,4); Achilleus c. 17 (ebenfalls von 
ohen nach unten). 'Evioi? unter den Mathema- 
tikern wird sie zugeschrieben von Ptolemaios a. 
a. 0.; ebenso nach Aetios II 15 rwv fta&tiftan- 
xmv rivss cw? niäxcov , wobei aber nach ihm 
Mereur und Venus die Stelle tauschen. 

Dieses System — jedoch ebenfalls mit der 
von Aet. II 15 für Piaton angenommenen Variante, 
daß der Mereur nach der Sonne steht, dann erst 
Venus — wird von Macrob. somn. Scip. I 19, 2 
den Ägyptern zugeschrieben; auf die § 5 ihnen 
ebenfalls beigelegte spezielle Bewegung von Mereur 
und Venus um die Sonne ist hier nicht der Ort 
einzugehen (vgl. Dreyer 130: Ms testimony 
is quite worthless). 

2. Die Eeihe nach den (weitesten) Ent- 
fernungen der Planeten von der Erde, 
zugleich die Ordnung, die der Umlaufszeit 
[Näheres darüber im Art. Planetae] entspricht 
(hier kurzweg die richtige genannt) : 
Mond Mereur Venus Sonne Mars Iuppiter Saturn- 
Es ist leider sehr schwer, mit einiger Bestimmt- 
heit festzustellen , wann diese Planeten Ordnung 
aufgekommen ist. Vor dem 2. JMt. v. Chr. läßt 
sie sich nicht fest nachweisen, Sie wird dem 
Pythagoras zugeschrieben, als Grundlage seiner 
Sphärentheorie, von Plin. II 84 und Censor. 13, 
3f. ; vgl. auch Plut. de an. proer. 1028B, wo 
die gleiche Reihe der vier unteren Planeten als 
pythagoreisch steht, und die vollständige Eeihe 
in Verbindung mit harmonischen Verhältnissen 
bei Hygin. IV 14 (p. 116, 26ff.): genannt sind 
hier bloß nonnullt; Martian. Cap. II 169ff. Allein 
jene Sphärentheorie bei Hygin, Plinius, Censorin, 
Martian ist sicher später als Eratosthenes 1 Erd- 
messung (Tannery Rech. 324; er schreibt sie 
[330] freilich nur durch Vermutung dem Hypsi- 
kles um 170 v. Chr. zu). Ptolemaios synt. IX 1 
(II 207, 2) legt die Reihe ausdrücklich ,den Älteren 
unter den Mathematikern' bei; vgl. dazu ratio 
mathematicorum bei Cic. de div. II 91; xivkg 
zcör flv$<xyoQdü)v nennt Theo Smyrn. 138, 10 
Hiller. Aber selbst für Archimedes steht sie 
trotz Macrob. somn. Scip. I 19, 2. II 3, 13 keines- 
wegs fest, weniger wegen Cic. de rep. I 22 als 
wegen der entgegenstehenden Angabe bei Hip- 
polytos (s. o. Z. 3). Wenn sie bei Apollonios 
von Perge (vgl. Tannery 261) und Hypsikles 
ebenfalls noch recht unsicher bleibt, so ist sie 
nicht einmal dem Stoiker Diogenes von Babylon 
(ca. 160 v. Chr.) mit voller Sicherheit aus Cic. 
de div. II 91 zuzuschreiben; immerhin wird sie 
für ihn recht wahrscheinlich (Cumont Theol. 
sol. 472, 1). Dann folgt zunächst Petosiris- 
Xechepso (ca. 150 v. Chr.) , nach Plinius II 88 
[ = frg. 2 Riess: die Corruptel ändert an der 
Sache nichts] ; weiter Geminos, wohl unteT Sulla, 
I 1 p. 13 Man., der die Reihe von oben beginnt: 
Alexander Ephes. [nicht Aetolus, vgl. o. BcL I 
S. 1448] in Hexametern bei Theon Smyrn. p. 139f. 



Hill. Bei Cicero steht die Reihe de rep. VI 17 
[daraus entlehnt bei Firm. Mat. math. 1 10, 14, s. 
Piniol. LXIX 170]; de div. II 91. Manilius hat 
sie in zwei Verse gebracht I 811f., die Breiter 
mit unzulänglichen Gründen verdächtigt (aus Y 
2 f. ergibt sich keineswegs mit Sicherheit das 
platonische System ; V 6f. sind wohl zu streichen). 
Dann haben die obige Reihe , die immer mehr 
dominiert, Vitruv IX 1, 5, Philo qu. rer. div. her. 

10 c. 45 (III 15, 17 Wendl., aber mit dem auch 
sonst begegnenden und begreiflichen Platzwech- 
sel von Venus und Mereur); Plin. n. h. II 32ff. 
Ptolemaios erklärt sie für die mftava>TSQa (a. a. 
0.); s. auch Tetr. IV 10 (Ordnung der Alters- 
stufen darnach), und die Inschrift des Ptolemaios 
im Kanobostempel (Serapeion) in Alexandria (ed. 
Heiberg II 149 ff.). Von Späteren seien genannt 
Kleomedes I 3 (p. 31 , 18 Z.) , Nicomachus c. 3 
(s. Jan Philol. LH 17ff. Th. Reinach Rev. d 

20 et. gr. XIII 432ff.), Chalcidius c. 72 , Iulian. imp 
or. IV 146 D (s. Dreyer 169, 4), Proklos in 
remp. II 220. 21 Kroll, Nonnos V 69ff. XLI 340ff. 
Auch im Poimandros (Reitzenstein p. 336, 11) 
liegt diese Ordnung zugrunde. 

Dieses System hat ohne Zweifel dem späteren 
Altertum deswegen vor allem eingeleuchtet, weil 
es der Sonnentheologie, die Cumont a. a. 0. 
dargestellt hat, die Grundlage gibt, "indem Sol 
hier in die Mitte tritt und die anderen Planeten 

30 zu 6oqv(p6qoi dieses ßaoäevs werden (vgl. übri- 
gens schon das bekannte Gedicht, mit dem die 
Athener den Demetrios Poliorketes begrüßten,. 
Athen. 253 E). Aber ob es erst um 200 v. Chr. 
entstanden ist, kann nach dem schwerwiegenden 
Zeugnis des Ptolemaios, der es älter nennt als 
das andere, nicht als sicher gelten [trotz Hultsch 
o. Bd. II S. 1856f.] ; der Gedanke an vorplatonische 
Pythagoreer drängt sich vor, obwohl er nicht zu 
beweisen ist. Bei Macrobius (I 19, 2) heißt das 

40 System das des Archimedes und der Chaldäer 
(vgl. auch Cumont a. 0. 451, 2); es würde 
daraus gefolgert werden können, daß es spätere 
,Chaldäer' (nach Archimedes, wenn auf die Ord- 
nung bei Macrobius etwas zu geben ist) unbe- 
stimmter Zeit, wohl der letzten Jahrhunderte v. 
Chr. , gewesen seien , die die Lehre wenn nicht 
erfanden, so doch vertraten, d. h. Astrologen: 
und in der Tat ist dieses System das von der 
Astrologie rezipierte und in ihr herrschende. 

50 Eine ganze Reihe von Astrologen sehr verschie- 
dener Herkunft nennt es ausdrücklich: Ptolemaios,. 
Antiochos Athen., Paulus Alex. c. 27, sein Kom- 
mentator Heliodor (Catal. codd. astr. VII 113 r 
27), Iulian. Laodic, Rhetor. Aegypt. , zwei Ano- 
nym., die ebd. 213 zusammengestellt sind, auch 
der Anonymus bei Lud wich Max. 121, 23 haben 
diese Ordnung: Proklos zitiert (in Tim. 258 C. 
280 B; in remp. II 220) Iulian den chaldäischen 
Theurgen. Ganz im Einklang mit dem Vor- 

60 kommen bei Nechepso-Petosiris heiß t aber die ses 
,chaldäische' System bei Cass. Dio XXXVTI 19 
und Achilleus c. 17 (p. 43, 28 M.) gerade das 
ägyptische, und jenes andere [nr. 1], das bei 
Macrobius ägyptisch heißt, vielmehr das helle- 
nische. Man sieht, daß es völlige Willkür ist, 
in der üblichen Art mit einer von diesen Stellen 
etwas beweisen zu wollen, ohne die anderen zu 
kennen: Bonchc-Leclercq (65 Anm.) hat auch 



neuuuuuu 



llCUUUUUIt} 



hier weitaus am klarsten gesehen. Nichts ist auch 
mit der Tatsache anzufangen, daß das System 
der Prosopa in der Astrologie, das jedem der 
drei Dekane (= 10 Grad im Tierkreis) einen 
Planeten als 3tQ6ao)xov und zwar in dieser gen- 
ügen' Reihenfolge gibt (Bouche'-Leclercq 228), 
auch bei Teukros dem Babylon ier (c. l.Jhdt. 
n. Chr.) vorkam; denn für ihn ist ein Gemisch 
von babylonischen, griechischen uud ägyptischen 
Bestandteilen nachgewiesen, und die Marmortafel 
des Bianchini (Boll Sphaera Taf. V), die das 
gleiche System hat, ist evident ägyptisch- 
griechisch. Vielleicht sind diese Planetenpro- 
sopa sogar zuerst in einem sehr alten ägyptisch- 
griechischen , von Nechepso-Petosiris schon be- 
nützten Werk, jenen 2akpLSG%oiviaxä berücksich- 
tigt (falls uns in Oxyrh. Pap. III ein Stück da- 
von vorliegt); aber das bleibt unsichere Ver- 
mutung. Noch ein weiteres astrologisches System 
beruht wohl eher auf dieser als auf der unter 
nr. I genannten Planetenordnung: die Vertei- 
lung der Planeten in ihre himmlischen Häuser 
(Bouche-Leclercq 108. 189); damit ist im 
Prinzip identisch das Thema mundi (Macrob. somn. 
Scip. I 21, 24; Firmic. III 1, wiederum aus 
Nechepso-Petosiris = frg. 25 Riess, s. Zimmern 
a. a. 0. 623. Bouche-Leclercq 185ff. Boll 
Sphaera 234). Petosiris-Nechepso beriefen sich 
dafür auf .hermetische* Offenbarung durch Askle- 
pios und Anubis ; aber bei der Mischung babylo- 
nischer, griechischer, ägyptischer Elemente auch 
in diesem Buch kann man die Provenienz der Reihe 
damit nicht beweisen, nur einen Terminus ante quem. 

Nichts weiter als ein Beginnen der gleichen 
Reihe von Mereur ab kennzeichnet die von Schü- 
rer Ztschr. f. neut. Wiss. VI 6, 3 aus Pirke 
derabbi Elieser c. 6 verzeichnete Liste (man muß 
die Reihe nur kreisförmig anschreiben, um das 
einzusehen). Ebenso ist die Reihe bei den Man- 
däern und vereinzelt im Syrischen und Jüdischen 
(Sonne Venus Mereur Mond; Sat. Iup. Mars, 
D bei Zimmern) nur die absichtlich mit der 
Sonne begonnene »richtige* Reihe; gerade so auch 
in der * Yygofiavteia 2oko^i(bvrog , einem mittel- 
griechischen Apokryphon auf älterer Basis (ed. 
Heeg Catal codd. astr. Vin 2, 144ff.). 

Eine andere Ordnung, die sich ebenfalls aus 
der Ordnung nach der Umlaufszeit erklärt, ist: 
Sonne Mond Saturn Iuppiter Mars Venus Mereur. 
So Ptolem. tetrab. I 4. Valens I 1. Herrn. Tris- 
meg. bei Pitra Anal. s. V 279ff.; darauf bezieht 
•sich auch die Bemerkung bei Achill, c. 16 p. 43, 
2M. : etat bh oi TtoGiTov rov yktov Xiyovotv, dev- 
teqov 6s xi]v asX^vrjr, rgtrov ös rov Kqovov. Das 
Prinzip ist leicht verständlich : zuerst werden die 
awei Himmelslichter ausgeschieden und nach dem 
Rang geordnet, dann die fünf Planeten nach der 
Umlaufszeit von oben nach unten. Ziemlich der- 
selben Art ist Isidor. orig. V 30, 11: Sonne Mond 
Mereur Venus (Mars fehlt) Iuppiter Saturn. Eine 
weitere bei Achill, ebd. p. 43, 1 : 
Saturn Iuppiter Mars Mereur Sonne Venus Mond 
ist interessant, weil sie die Sonne zwischen Mer- 
eur und Venus stellt; dabei stimmt mit Demokrit 
überein, daß Sonne Venus Mond in dieser Ord- 
nung zu unterst stehen (s. o. S. 2565), allein da 
Demokrit im übrigen nach Senec. nat. quaest. VII 



3 nee numerum illarum (stellarum quae eurrattt) 
posuit nee nomina, so ist nicht an unmittel- 
bares Zurückgehen auf ihn zu denken, eher an Zu- 
sammenhang mit jener Lehre von der Sonderbe- 
wegung von Venus und Mereur um die Sonne, 
die Heraklides von Pontos aufgestellt hat. 

3. Über die Ordnung der Planeten nach den 
Größenverhältnissen bei Piaton s. Kroll 
Procl. in remp. II 413ff.; es scheint bei Plat. rep. 

10 616 eine doppelte Textüberlieferung, vielleicht so- 
gar eine doppelte Rezension des Meisters selbst (so 
Bouche-Leclercq 106, 2) gegeben zu haben: 
Sonne Mond Venus Mars Iuppiter Saturn Mereur 
und 

Venus Mars Mond Sonne Mereur Iuppiter Saturn. 
Die letztere ist durch das Vorantreten der Venus 
vor allen Planeten nebst Sonne und Mond merk- 
würdig, aber doch kaum glaublich. Die Größen- 

20 Verhältnisse der Planeten scheinen sonst nur bei 
Hygin.IV 15-19, Plut. de an. proer. 1028A beachtet. 
Die .Ordnung* bei Lyd. de dieb, It 2 p. 38 R, 
Mereur Venus Sonne Saturn Mars Mond Iuppiter 
ist von ihrer zweiten Hälfte an nichts als zufällige 
Konfusion. 

4. Nur die fünf Planeten werden genannt 
(vgl. dazu auch Reitzenstein Poim. 53, 2) und 
zwar in der Reihe von oben nach unten: 

Saturn Iuppiter Mars Mereur Venus 

30 bei Cic. de nat. deor. II 52f. Seltsamer scheint 
zunächst die Reihe 

Venus Mereur Iuppiter Saturn Mars 
bei Hygin. IV 15-19 an einer sonst als babylonisch 
beeinflußt erwiesenen Stelle (vgl. Boll Ztschr. 
f. Assyr. XXV 373, 1); dieselbe Reihe mit anderem 
Beginn bei Serv. Aen. VI 714 : 

Saturn Mars Venus Mereur Iuppiter. 
Sie erklärt sich durch die in den Eratosthenischen 
Katasterisraen (repräsentiert durch die Epit. c. 43. 

40 Schol. Germ. BP. Hyg. II 42. s. Eratosth. ed. Robert 
p. 194f.) und zwar infolge der allzu nahen Verwandt- 
schaft der griechischen Bezeichnungen < Pae&<ov und 
4>aiv(av für Iuppiter und Saturn entstandene Ver- 
wechslung dieser letzteren, so daß hier die Reihe 

Iuppiter Saturn Mars Venus Mereur 
erscheint; so ist auch die vorige Ordnung bei 
Hygin und Servius nur durch andern Beginn 
dieser Reihe entstanden. 

VII. Di e Entsteh nngsz ei t der Plane ten - 

50 wo che. Im ganzen ist das Ergebnis der vor- 
stehenden mühsamen, aber zur vollen Aufklärung 
der Frage notwendigen Zusammenstellung sehr 
einfach: 1) weder die babylonischen noch die 
ägyptischen Texte oder Denkmäler zeigen die 
Ordnung der sieben Planeten oder die dieser zu- 
grunde liegende nach der Umlaufszeit oder Ent- 
fernung von der Erde. 2) Die Griechen kennen 
seit den Pythagoreern wohl etwa der zweiten 
Hälfte des 5. Jhdts. , abgesehen von ein paar 

60 bedeutungslosen Singularitäten, nur zwei, im 
Grunde nur in einer Nebensache variierende Listen, 
die beide von der Umlaufs zeit entnommen sind. 
Vorher schwankten sie in einer Weise, die es nahe 
legt, daß sie aus dem Osten zwar die Kenntnis 
der Planeten selbst, aber nicht auch eine brauch- 
bare prinzipiell befriedigende Ordnung der Pla- 
neten unter sich, noch auch im Verhältnis zum 
Fiisternhimmel empfangen hatten. 3) Da nun 



die Planetenwoche, wie gezeigt, von der Ord- 
nung nach der Umlaufszeit abhängt, so kann sie 
nach unserer heutigen Kenntnis nur auf griechi- 
schem Kulturboden entstanden sein. Sie ist in 
ihrer ganzen Art nichts weniger als griechisch 
gedacht, vielmehr recht eigentlich orientalischem 
Stern glauben und persischem Zeitkultus gemäß: 
aber wie sie nun einmal ist, stellt sich das or- 
ganisierende Element in ihr, die Planetenreihe, 
als griechisch dar. So zwingt uns der Tatbestand, 
an eine Zeit zu denken, wo in solcher Weise hel- 
lenische und orientalische Kultur sich mischten 
und die ,richtige' Reihe bei den Griechen schon 
dominierte: also an die Zeit des Hellenismus. 
In der Tat sind die Voraussetzungen hier ohne 
Zweifel gegeben. Man kann geradezu von der 
Ausbildung einer förmlichen Zeitenmystik in der 
hellenistischen Zeit sprechen, von der im Grunde 
die Wochentagsgötter nur eine einzelne Seite dar- 
stellen, so dauernd einflußreich sie auch geblieben 
ist. Es ist charakteristisch, daß schon der Be- 
gründer der Stoa nach Cic. de nat. deor. I 36 
astrisy tum annis mensibus amwrumque mu- 
tationibus göttliche Kraft beilegt. Wie sich das 
iu hellenistischer Zeit weiter entwickelt und 
Stunden, Tage, Monate, Jahre, Äonen vergöttlicht 
werden, kann hier nicht näher ausgeführt werden ; 
es mag genügen, auf Reitzenstein Poim., Bei- 
gabe II (25? ff.) zu verweisen, wo ein reiches 
Material zusammengestellt ist, das jene Stelle im 
Galaterbrief (4, 10) r}fi?oag 7iaQair}QEta&e xal uijvag 
xal xaiQovg xal ivtaviovs vielseitig erläutert; 
s. auch Cumont Mon. myst. Mithra I 20. 74ff. 
92ff.; Heiig. Oriente 223. 260. 3971, wo der Zu- 
sammenhang mit Persien und zuletzt Babylon 
hervortritt; Drexler bei Röscher Myth. Lex. 
unter ,Horogeneis Theoi'; jetzt auch noch Valens 
I 11, wo die Planeten als Jahresregenten wie 
noch heute in unseren Kalendern stehen. An 
wirklichen Kultus dieser vergöttlichten Tage und 
anderer Zeiteinheiten ist allerdings zumeist weniger 
zu denken als an jenes ängstliche Beobachten : 
man fühlt sich abhängig von dem Gang der 
großen Weltenuhr und ist ängstlich beflissen, sein 
Tun in Einklang mit jenen alles beherrschenden 
in den Sternen thronenden Mächten zu halten; 
trotz der uns stellenweise überlieferten Planeten- 
gebete (vgl. Orig. c. Gels. VI 31 und Heeg Catal. 
codd. astrol. VIII 3, 154fr*. ; auch das schon von 
Porphyr, phil. ex orac. 138 Wolff angeführte 
apollinische Orakel [Maass Tagesgötter 2451], 
wonach jeder Planetengott an seinem Tage anzu- 
rufen ist) will man weniger diese Götter sich 
geneigt oder untertänig machen als vorauswissen, 
was in Stunde und Tag und Jahr kommen wird 
und muß, und Unheil von sich fernhalten. Gewiß 
hat auch die alte Zeit, wie Hesiod zeigt, schon 
den Glauben an glückliche und unglückliche Tage, 
hier aber nur im Zusammenhang mit dem Mond- 
lauf, gekannt und beobachtet; und in der Atmo- 
sphäre des attischen Exegetenkollegiums gedieh 
neben der gelehrten Sammelarbeit auch die Lehre 
von der Bedeutung der einzelnen Tage des Monats, 
wie Philochoros .t. ^tow» 1 zeigt (Reitzenstein 
Gott. gel. Nachr. 1906, 1). Aber wenn es gänzlich 
verkehrt wäre, darin einen die ganze ältere und 
klassische Zeit bestimmenden Grnndzug zu er- 
kennen, so nimmt umgekehrt in der spät helle- 



nistischen' Zeit diese Zeitenmystik immer zu, die 
aus der Astrologie hervorgeht, und mit ihr in 
inniger Verbindung bleibt, wenn sie auch von 
der eigentlich technischen Astrologie sich für den 
Laien vorteilhaft durch ihre Faßlichkeit unter- 
scheidet; denn den Wochentag und die Stunde 
kann sich jeder ohne Vorkenntnisse selbst ab- 
zählen. Ad primum lapidem veetari cum plaeet, 
hora sumitur ex libro heißt es bei luven. VI 

10 577, recht ähnlich wie in jenem alten Verbot an 
den babylonischen König, am 7. Tage der Mond- 
woche den Wagen zur Jagd oder zum Kriege zu 
besteigen (s. o. S. 2553, 58); und wiederum bei 
Tibull. 1 3, 18 hält neben Vogelzeichen und andern 
Omina auch der Saturnstag von der Reise ab. 
Was in den stets mit sich getragenen Epheme- 
rides der römischen Damen stand (luv. VI 574),. 
wird nicht viel anderes gewesen sein als eben die 
Liste der Tage und Stunden mit ihren Planeten- 

20göttern und etwa einer kleinen Nutzanwendung,. 
wie sie z. B., freilich aus später und spätester 
Zeit, Catal. codd. astr. VIT 88ff. oder VIII 2, l44ff. 
zeigen (die erste Stunde am Montag ist gut für 
geschäftliche Aufzeichnungen, die zweite durch- 
aas schlecht usw.). Auf der gleichen einfachen 
Theorie von noXsvwzEg und diEJiovzeg beruht die 
Beantwortung der Frage jteqI tov yrüvai noiq 
fjfiEQa xijg ißdofAdöog zsÄsvT/jOEt zig (ebd. V 3, 28L 
90). Ein ganz besonders beliebtes Spiel muß nach 

30 den zahlreichen erhaltenen Belegen die Beobachtung' 
des Wochentages des 1. Januar (bei den iiakaioi r 
d. h. wohl Ncchcpso-Petosiris, war es der Neumond 
des Monats Thoth oder der Siriusaufgang, Val. I 
1 1) gewesen sein, jene KaXavdokdyia, von denen ein 
Beispiel unter Antiochos' Namen, aber offenbar 
judaisiert, weil ohne die Namen der Planeten- 
götter, ebd. VII 126 steht (dort weitere Litera- 
tur); Johannes Chrysostomos hat in einer Predigt 
(23) dagegen geeifert (Migne G. XL VIII 953ff.), in 

40 der auch die oben angeführten Worte aus dem 
Galaterbrief zitiert werden. Weiteres reiches Ma- 
terial über diese Januarkalendenbeobachtungen gibt 
Bilfinger Unters, über d. Zeitrechnung der alten 
Germanen II (Stuttg. Progr. 1901) 59ff.: ,Der 
Aberglaube, aus dem Wochentag, der auf Neujahr 
trifft, auf Beschaffenheit und Ereignisse d^s fol- 
genden Jahres zu schließen, läßt sich dokumen- 
tarisch vom 6. — 18. Jhdt. verfolgen und zugleich 
sehen, wie im Verlauf dieser Zeit die Kaienden 

50 durch Weihnachten ersetzt werden.' Abessinische 
Wochentagsmystik weist Littmann Arch. f. 
Relig.-Wiss. XI (1908) 21 8f. nach. — Eine Berech- 
nung Ayt&uog Ttöy etitol ftfiegcöv rifg ißdo/udöog, 
bei der dann aber merkwürdigerweise neun Tage 
statt sieben genannt werden, hat Tanuery Not. 
et extr. XXXI 2 (1886), 258 herausgegeben i 
doch werden hier nur die Ordinalzahlen der 
Wochentage im Psephos errechnet. 

Dürfte man den Iuvenal ernstlich beim Wort 

G0 nehmen, so hätte man bei ihm vielleicht sogar 
den Namen oder wenigstens das Pseudonym dessen, 
von dem diese ganze Standen- und Tagmystik in 
einer so enorm um sich greifenden Weise in die 
Welt gebracht worden ist, VI 5801 : aegra licet 
iaceat, eapiendo nutia videtur J aptior hora eibo, 
nisi quam dederit Petostrts. Iuvenal beweist 
natürlich nicht viel; aber innerlich unwahrschein- 
lich ist es durchaus nicht, daß gerade das Peto- 



sirisbuch mit seiner seltsamen Mischnng ägypti- 
scher, babylonischer, griechischer Elemente auch 
hier wie im ganzen Gebiet der Astrologie bahn- 
brechend gewesen ist und sein Verfasser die 
danernd in Geltung gebliebene Theorie der Pla- 
netenstunden und Planetentage aufgestellt hat. 
Damit käme die nur durch die sonstige Exaktheit 
seiner Quelle in höherem Grade beweiskräftige An- 
gabe des Cassius Dio, daß dieses System von den 
Ägyptern herrühre, insofern völlig zu ihrem Rechte, 
als gerade Petosiris-Nechepso von den Astrologen 
stets als die aakaiol Aiyvjizioi bezeichnet werden. 
Beachtung der Stunden ist in den Auszügen aus 
ihrem Werk Catal. codd. astrol. VII 132ff. regel- 
mäßig, lehnt sich hier aber an babylonische Vor- 
gänger an; der kßbo[iabix6g xhfiaxrrjg, das Stu- 
fenjahr nach der Siebenzahl, wird infrg.23 (p. 375 
Riess) nebst dem iwsadixog berücksichtigt. Aus- 
drücklich spricht vom deonöCcov zäv xqövwv p. 372, 
262 Riess, vgl. 370, 202 zovg rfjg AfpQoMtrjg xai- 
Qixohg xQ° vov c- ^ a ß s i° die ,richtige' Planeten- 
ordnung hatten, steht fest, s. o. S. 2567. So würde 
allerdings das billigste und dürftigste Stück aus 
der Hinterlassenschaft dieser weisen ,Ägypter' das 
dauerndste Glück gemacht haben, was am Ende 
nichts Unmögliches wäre. Einheitlichkeit des Aus- 
gangspunktes ist ja auch durch die Tatsache ver- 
bürgt, daß überall der gleiche Tag Sonntag 
usw. heißt. Bedenken schafft nur die sonstige 
berufene Dunkelheit ihrer Sprache und ihrer Vor- 
schriften, für die ein so simples Rezept fast zu 
gering wäre; einem Schwachkopf wie dem Verfasser 
der Partie im Leidener Zauberpapyrus (Dieterich 
Abraxas 186) war freilich auch das noch ein großes 
Mysterium, das ovds ßaoüelg taxvoav xaraXaßio&ai. 
' VIII. Die Ausbreitung der Planeten- 
woche im Bereiche der griechisch-römi- 
schen Kultur können wir erst von der Zeit des 
Kaisers Augustus an verfolgen. Tibull (s. o.) spielt 
auf den Saturnustag an ; er denkt also an die Pla- 
netenwoche, während Horat sat. I 9, 691 den 30. 
als Neumondstag, dazu den jüdischen Ruhetag zu 
meinen scheint (Dom hart Arch. f. lat. Lexikogr. 
VI 2731; Lejay Eev. de l'hist. et de lit. relig. 
VIII 305ff., der tricensima, sabbata interpun giert). 
Übertreibung ist natürlich die der jüdischen Woche 
geltende Behauptung des Josephus c. Apion. II 
39, 2 [282] eotiv oi) Tiöktg 'EXXrjvtov ovöqzioovv 
ovhh ßdoßaQov ovÖs Sv t&vog, evfta /<?) zo %rjg 
ißöojudöog, rjv aQyovfAev tj/xäg, xb t&og 6iaxE<poi~ 
ir\Kiv. Auffallend ist das Hervortreten der sieben- 
tägigen Woche — doch wohl der Planeten woche, 
nicht der jüdischen — auf dem als Fasti Sa- 
bini bezeichneten Kalenderfragment aus der Zeit 
des Kaisers Augustus (CIL 12 220). Hier werden, 
neben Reihen von 8 Buchstaben zur Bezeichnung 
der römischen Woche, in der nächsten Columne 
auch Reihen von 7 Buchstaben (A — G) zur Be- 
zeichnung der siebentägigen Woche gesetzt und 
nachher die gewöhnlichen Angaben, ob dies C(om- 
mitialis), N(efastus) oder F(astus). Ovid in den 
Fasti nennt nur die achttägige Woche (I 84), 
während er a. amat. I 416 (cuita Palaestino sep- 
iima festa Syro) und rem. am. 2191 (?iee te pere- 
grina morenlur sabbata) vom jüdischen Sabbat 
spricht; die Zeugnisse lehren, wie der an den 
Sabbat sich fast notwendig anschließende Aber- 
glaube (Meinhold Sabbat und Sonntag 19ff.; 



besonders 31) den Charakter dieses jüdischen Rohe- 
tages schon damals dem des Tages des unfreund- 
lichen Planeten Saturn genähert hatte, und ander- 
seits in begreiflicher Weise die jüdische Woche 
und die ägyptische Planeten woche nebeneinander 
und in kaum zu scheidender, wohl den Spre- 
chenden meist unbewußter Konkurrenz eindrangen 
und sich gegenseitig förderten. Das nächste 
Zeugnis für die Planetcnwoche stammt aus der 
10 Zeit des Nero. Bei Petron. c. 30 enthält eine 
der zwei Tafeln an den Türpfosten im Speise- 
zimmer lunae eursum stellarumque septem ima- 
gines pietas; et qui dies boni quiqite incom- 
modi essent distinguente bulla noiabantur. Daß 
Trimalchio eine solche Einrichtung besitzt, kenn- 
zeichnet einigermaßen die Kulturstufe, die sich 
der neuen Errungenschaft einstweilen besonders 
erfreute. Aber es ist doch sehr bemerkenswert, 
daß in Pompeii nicht nur ein um 50 n. Chr. ent- 
20standenes Wandgemälde (s. Heibig Wandge- 
mälde Campaniens 200), sondern auch mindestens 
zwei, wohl drei Inschriften gefunden wurden, die 
die Wochentage aufführen ; das setzt voraus, daß 
liier der Wochentagsglaube um 70 n. Chr. schon 
ziemlich festgewurzelt ist. In der griechischen 
Reichshälfte kommen die Zeugnisse erst später. 
Die Erzählung, daß Apollonios von Tyana sieben 
Ringe gehabt habe, nach den Planeten genannt, 
die er je einen Tag getragen habe (bei Pbilostr. 
30 v. Apoll. III 41, unter Berufung auf Damis), ist 
kaum ein sicheres Zeugnis. Somit scheinen für 
die griechisch redende Welt die oben (S. 2558, 
38) erwähnten Tischgespräche des Plutarch das 
früheste bestimmte Zeugnis zu sein. 

Ein vollständiges Verzeichnis der Denkmäler 
und des literarischen Vorkommens der Wochen- 
tage ist hier bei der großen Anzahl nicht möglich 
und umsoweniger erforderlich, als in den letzten 
Jahrzehnten mehrfach das Material zusammen- 
40 gestellt worden ist. Am wichtigsten sind von 
den älteren Abhandlungen L er seh Die planetar. 
Götterkreise, Jahrb. des Vereins v. Altertums- 
freunden im Rhein! IV 147ff. de Witte Les 
divinites des jours de la semaine, Gaz. archeol. HI 
(1877) 50fl. 77ff. V (1879) lff. Haug Die Wo- 
chengöttersteine (Westd. Ztschr. f. Gesch. u. Kunst 
IX (1890) 17fL; die Arbeiten von Thumb und 
Gundermann Über die Namen der Wochentage 
im Griechischen und bei den Römern , Ztschr. f , 
50 deutsche Wortforsch. I (1901) 161ff. E. Maass 
Die Tagesgütter in Rom u. d. Prov. 1902, gegen 
dessen Übertreibungen Wissowa L. C. 1902, 
1500ff. zu vergleichen ist; Schürer Die sieben- 
tägige Woche im Gebrauche der ehristl. Kirche 
der ersten Jahrhunderte, Ztschr. 1 neutest Wiss. 
VI (19051 lff. Einiges Material auch bei Thiele 
Antike Himmelsbildcr (1898); für die Beziehung 
der Wochentagsgotter zum Mithraskultns , der 
ihre Verbreitung wesentlich gefördert hat, beson- 
60ders Cumont Mithra I 112ff. 

Die örtliche Verbreitung der Planetenwoche 
kann man bei Maass 265ff. und zweckmäßiger 
bei Schür er 20ff. übersehen; vgl. auch Thumb 
und Gundermann 172. 1781 Für die östliche 
Reich shäfte sind Zeugnisse aus Griechenland selbst 
außer jenem Problema des Plutarch nicht vor- 
handen. Mit Sicherheit ergibt sich die Kenntnis 
der Planetenwoche für Syrien (bemerkenswert Iu- 



Btin. Mart. ap. c. 67 : 'HXtov jj^ega und Kgovatt} 
^fJtsQüi) ; sodann für Ägypten durch eine Münze des 
Antoninus Pius, die die Wochentagsgötter enthält ; 
Clera. Alex, wehrt sich mehrfach (protr. 54 P. ; 
ström. VI 813 P.) gegen den Planetenglauben, spielt 
ah er VII 877 P. mit dem 4. und 6. Tag als dem 
des Hermes und der Aphrodite ; auf einer Holztafel 
mit Schreib Übung eines griechisch -ägyp tischen 
Schülers im Museum zu Marseille (Fröhner Pin- 



iol. Suppl. V49. Schür er 2Sf.) aus dem J. 294 10 ist es nicht -wahrscheinlich, daß schon zur Zeit 



Glauben an die 7 Planeten als Zeitgötter entsprungen 
war, wenn auch die Form, in der sie hier angebracht 
waren, nicht näher zu bestimmen ist (Schürer 30). 
Beim römischen Pantheon fehlt es dagegen trotz der 
7 Nischen an einem festen Beweis für die Be- 
stimmung als Planetentempel (Maass 287ff.); 
obgleich die Kuppel schon im Altertum (Cass. Dio 
LIII 27) als Bild des Kosmos gefasst wurde und 
Statuen des Mars und der Venus bezeugt sind. 



n. Chr. wird nach rifik^a ffilov datiert. Schon 
diese Tatsachen würden genügen, um Thumbs 
Feststellung (172), es sei auffallend, daß Ägypten 
an den Datierungen nach der Planetenwoche kaum 
beteiligt sei, für Schlußfolgerungen zu entkräften; 
doch seheinen Datierungen nach Wochentagen in 
den ägyptischen Papyri nicht vorzukommen: im 
amtlichen Verkehr hatte sie also jedenfalls keine 
Geltung. Gegen die oben versuchte Ableitung 



des Agrippa in diesem glänzenden Bau in solcher 
Weise die Planetengötter in den Vordergrund ge- 
treten wären. Groß ist vor allem die Zahl der 
Denkmäler in Gallien und Germanien, wo nament- 
lich die Wochengöttersteine sehr verbreitet waren 
(s. Hangs Verzeichnis und die kurze Zusammen- 
stellung von Gundermann 178). Diese runden 
sechs- und acht-, bisweilen auch viereckigen Steine 
sind aber nicht selbständig, sondern haben ,in 



aus einem Buch ägyptischer Astrologen ist von 20 einigen Fällen sicher, wahrscheinlich immer als 



daher jedenfalls kein Einwand zu machen; es ist 
gar kein Grund, seine Wirkung auf dem Boden von 
Ägypten ausgedehnter zu erwarten als anderswo. 
An der kleinasiatischen Küste scheinen die sehr 
späten 7 Nischen an der Orchestrawand des Theaters 
von Milet für Planetenstatuen bestimmt gewesen 
zu sein (Arch. Anz. 1904, 6). Die sogenannte 
Planeteninschrift vom Theater von Milet gehört 
auch erst der bvzantinischcn Zeit an und ist nicht 



Mittelglieder (Zwischensockel) von größeren dem 
Iuppiter geweihten Denkmälern gedient, deren 
unterstes Glied, den Hauptsockel, eine vierseitige 
Ära' (mit römischen Gottheiten), ,deren oberes 
Glied eine, meist geschuppte Säule mit Kapitell 
und darauf das Bild des über einen Giganten weg- 
reitenden Iuppiter bildeten' (Haug 53; vgl. auch 
Cumont C.-R. du Congres de la Föder. archeol. 
et hist. de Belg. XXI. sess., 1909, lff.). Diese 



an die Planeten (denn die eigentümlichen Zeichen 30 Denkmäler gehören nach Haug vorwiegend in 



sind jedenfalls als Planetenzeichen nicht nach- 
gewiesen), sondern an die jüdischen Erzengel ge- 
richtet (Deissmann Licht vom Osten 328ff.), die 
freilich oft genug mit den Planeten kombiniert 
worden sind. Für den Westen sind die frühe- 
sten Zeugnisse aus Italien schon genannt worden ; 
ein Steckkalender (ziaedxw/bta), der in den Titus- 
thermen eingeritzt war (Schür er 28, 1 nach 
Mommsen), und eine Markttafel des 1. Jhdts. 



die erste Hälfte des 3. Jhdts. ; es ist bezeichnend, 
daß der älteste sicher datierbare Stein (Haug 
nr. 17) der Zeit des Septimms Severus angehört. 
Die Gegenstände, auf denen sich Darstellungen 
der Wochengötter finden, sind außerordentlich 
verschieden: außer jenen schon genannten Bau- 
werken, Gigantensäulen, Wandgemälden, Kalen- 
darien (dazu vgl. auch die hschr, Kalenderbilder des 
Chronographen von 354, die Strzygowski 1888 



n. Chr. in Puteoli mit den Planeten in der An- 40 publiziert hat) schmücken sie Mosaiken, Münzen, 



Ordnung der Wochentage (CIL X 1605) seien noch 
erwähnt. ,Auf Grabschriften, heidnischen wie 
christlichen, griechischen wie lateinischen erschei- 
nen die Tagepony men in Unteritalien (auch den 
übrigen Teilen Italiens) und Sizilien seit der Mitte 
etwa des 3. Jhdts. häufig, die meisten allerdings 
erst seit etwa 400' (Maass 266). In Verona be- 
zeugt ein Mönch zu Pipins Zeit in einem Hymnus 
auf Verona Heiligtümer der 7 Planetengötter, 



ein Armband, irdene Lampe, Bronzezange (aus 
der Themse), Bronzekästchen, Bronzekrug, Bronze- 
schiffchen (in Montpellier, vgl. Maass 271, 33), 
Silberfigur aus Macon (abgebildet bei Maass 242), 
Silberkanne, tönernen Trinkbecher, auch zwei 
Reliefplatten aus Heddernheim. Die große Mannig- 
faltigkeit der Gegenstände, an denen die Woche o- 
gotter angebracht sind, macht wenigstens zum 
Teil ein besonders nahes Verhältnis dieser Götter 



die er vom Mond beginnend in der Reihe der 50 zum Zweck des Gegenstandes unwahrscheinlich ; 



Woche nennt (MGH Poet. aev. Carol. I 119 
Dümmler, vgl. Maass 139f.); Statuenbasen sind 
auch bei Trient gefunden worden. Für Rom 
kommen außer den ,sethianischen' Fluchtafeln 
etwa um 400, wo mehrfach der Tag des Ares vor- 
kommt (Wünsch Seth, Vera. 79 weist auf den 
Zusammenhang des Vorstellungskomplexes mit 
Ägypten hin) ganz besonders die Septizonien in 
Betracht: eines, das durch Suet. Tit. c. 2 schon 



sie sind alle zusammen eben immer wieder Zeug- 
nisse des überhandnehmenden Gestirnglaubens; 
aber auch das dekorative Wesen dieser sieben 
Figuren, deren Attribute usf. im Art. Planetae 
zu schildern sein werden, hat sicherlich für die 
Häufigkeit der Darstellung ebenso mitgewirkt, wie 
etwa im Mittelalter bei der so oft wiederholten 
Darstellung der sieben freien Künste. Dargestellt 
sind auf den Wochentagssteinen zu mehr als zwei 



für den Anfang des 2. Jhdts. bezeugt wird : später 60 Dritteln ganze Figuren, während auf den kleineren 



das berühmte Septizonium des Afrikaners Sep- 
timius Severus , der in Syrien in enge Berührung 
mit dem orientalischen Gestirnglauben getreten 
war. Auch in Afrika ist mindestens schon im 
2, Jhdt n. Chr. zu Lambaesis ein Septizonium 
gebaut worden. Der Name (vgl. über «rra£ö>- 
vo? o. S. 2557) weist schon zur Genüge darauf 
hin, daß es sich um einen Bau handelt, der dem 



Gegenständen die Darstellung in Brustbildern sehr 
überwiegt. Als achte Gottheit ist ganz im Einklang 
mit der Zeitenmystik auf den achteckigen Wochen- 
tagssteinen gerne Fortuna oder Genius gewählt, auf 
den anderen Monumenten auch andere Gottheiten 
(Ha ug 37. 46). —Für Spanien mag auf PriscüL 1 15 
verwiesen werden, wo nur ein kleiner Fehler die Ab- 
weichung von der Wochentagsreihe veranlaßt hat. 



Bemerkt sei noch, daß selbst bis zu den Chi- 
nesen sieh die siebentägige Woche verbreitet hat 
(Ideler Abh. Akad. Berl. 1887, 331ff.) und zwar, 
wie es scheint, die Planetenwoche, da nach ver- 
schiedenen Andeutungen früher die Charaktere der 
7 Planeten beigeschrieben waren, beginnend, wie 
es scheint, mit der Sonne. Die Chinesen ge- 
brauchen sie aber nur manchmal zu astrologi- 
schen Zwecken. Wann dieser Zeitkreis nach China 
gekommen ist, weiß man nicht mit Bestimmtheit ; 
aber die Art der Verbindung der Wochengötter 
(beginnend mit Iuppiter) mit den 28 Mondstationen 
auf einem Spiegel (Chavannes T'oung-Pao Ser. 
IT, vol. VII 59) legt, wie ich anderwärts zu zeigen 
hoffe, Ursprung aus dem Hellenismus sehr nahe. 
Die von Jeremias Alter d. Bab. Astron. 2 86, 1 
beigebrachten Tatsachen (Vorkommen der Planeten- 
woche in der Nabatäerschrift des Mac[rlsi (f 845 
n. Chr.) und in der Kabbala, die jedem der sieben 
Wochentage einen Planetenengel als Herrscher 
gibt, sind ebenfalls ohne Schwierigkeit aus der 
viele Jahrhunderte vorher im ganzen antiken 
Kulturkreis dominierenden Planetenwoche des 
Hellenismus zu erklären. Bei Troels-Lund 
Himmelsb. und Weltansch. 52 ist die xlngabe, es 
gebe sichere Spuren für den Sieg der Planeten- 
woche in Indien um 400 v. Chr. nur ein irrefüh- 
render Druckfehler ; für 400 nach Chr. gibt den 
Nachweis Biot Et. s. Vastr. ind. et chin. 95ff. 

IX. Beginn mit dem Saturn oder der 
Sonne. Es kann kein Zweifel bestehen, daß man 
ursprünglich die Planetenwoche mit dem Saturns- 
tage begann^ wie es auch Cass. Dio ausdrücklich 
tut; das hat seinen Grund darin, daß Saturn der 
oberste der 7 Planeten ist. So ist auch auf den 
«ben bezeichneten bildlichen Darstellungen der 
Anfang mit Saturn zumeist durch entsprechenden 
Abschluß zwischen Venus und Saturn sicher 
(Gundermann 179); nur auf einer Schöpfkelle und 
auf einem Lämpchen ist Beginn mit Sol anzunehmen 
(Gundermann ebd). Schürer (38) hat das be- 
stritten und angenommen, daß der Beginn mit 
dem Sonntag ausschließlich auf christlichem Ein- 
fluß beruhe, da die Christen, aus Gegensatz gegen 
•das Judentum, den Beginn mit Sonntag stets fest 
gehalten haben. Allein nicht nur in dem öfter ge- 
nannten Zauberpapyrus (s. o. S. 2558, 29), sondern 
auch in der neupiatonisenen Weisheit des Lydus (s. 
o. S. 2558, 45) und ebenso bei den Ssabiern (s. o. 
S. 2558, 32) ist christlicher Einfluß nicht von vorn- 
herein wahrscheinlich. Dazu kommt ein schon 
Schürer bekanntes Mithrasmonument in Bologna 
(Cumont Mithra I 114. 119. II 261), wo die 
Reihe allerdings von Sol zu Saturn, Venus usw. 
nach rückwärts läuft. Jetzt kommt aber dazu 
das gewichtige Zeugnis des Valens I 10, bei dem 
christlicher Einfluß ausgeschlossen ist, auch Helio- 
dor Catal. codd. astr. LV 136 und VII 114, 14, 
während die Teste IV 99 und VII 880'. aus 
christlicher Zeit sind. Für diesen Anfang mit der 
Sonne sind bestimmend der Sonnenkult und die 
Sonnentheologie dieser späteren Zeit, die auch im 
Mithraskult sich ausspricht, und wohl auch auf 
den christlichen Beginn mit dem Sonntag, dem 
Tage der ,Sonne der Gerechtigkeit', nicht ohne 
Einfluß geblieben ist. Seit dem 4. Jhdt. ist der 
Anfang mit Sol unbestritten (Gundermann 180). 

X. Die Fortdauer der Planetenwoche 



im Christentum und die Übernahme der 
Wochentaganamen durch die modernen 
Völker kann hier nicht näher erörtert werden: 
vgl. Schürer a. a. O. lff.; Meinhold Sabbat 
und Sonntag (1909); zu der Übernahme der 
Wochentagsnamen ins Albanesische, Keltische und 
ins Romanische s. Thumb, Meyer-Lübke, 
Thurneissen Ztschr. f. deutsche Wortf. 1 173ff.; 
über die deutschen Wochentagsnamen Klug e Wiss. 

10 Beil. z. Zs. des deutsch. Sprachvereins VIII 89fl\ ; 
H.Fischer Württ. Vierteljahrsh. f. Landesgesch. 
N. F. IX 158ff., mit Nachtrag von Kluge Beil. 
Münch. Neuest. Nachr. 1909, nr. 42 (Ertag bayr. 
— Arestag). Für die besonderen Vorstellungen, die 
sich im Deutschen an die einzelnen Wochentage ge- 
knüpft haben, auch Rochholz Deutscher Glaube 
und Brauch II (1867) lff. Seit etwa dem Ende 
des 3. Jhdts. n. Chr. (nicht viel früher) wird im 
christlichen Gebrauch die Datierung nach Tagen 

20 der Planetenwoche angenommen, während vorher 
die Christen sich der jüdischen Bezeichnung an- 
geschlossen hatten {oäßßaiov t jiaQaaxevr}, sonst 
aber ösvrs^a oaßßaxoiv, rghrj oaßßntoiv — adßßara 
hier = Woche — oder bloß devzega usw.). Die 
älteste datierte christliche Grabschrift, auf der 
sich eine Planeten datierung befindet, ist eine 
römische aus dem Jahre 269 (De Rossi nr. 11); 
und im christlichen Osten finden sich auch später- 
hin, abgesehen von Ägypten, keine Belege dafür 

30 (Schürer 54f.). ,In kaiserlichen Erlassen wird 
seit Constantin der christliche Herrentag — tfftsQa 
xvQiaxfj heißt der Sonntag zuerst, abgesehen von 
Johann. Apoc. I 10, bei Ignat. ad Magn. 9, Di- 
dache 14, 1 — dies Solu genannt; seit Ende des 
4. Jhdts. wird dieser Gebrauch aber wieder ver- 
lassen' (Schürer 44, vgl. lf.). Interessant ist 
der Catal. codd. astr. IV 99 publizierte Versuch 
eines Byzantiners, an die Stelle der heidnischen 
Wochentagsnamen durch Entlehnung aus den 

40Kanones der Parakletike, des noch heute in der 
orthodoxen Kirche gebräuchlichsten Liturgie- 
buches, andere christliche Wochentagsvorstellun- 
gen zu setzen; vgl. Weyh Philol. (1909) 572f. 
Zu der merkwürdigen Bezeichnung der Tage durch 
&EÜV a, &sä>v ß' bei den Syrern s. Schür er 54. 
E. Schwartz Abh. Gott. Ges. Phil. hist. Cl. 
N. F. VLTI (1905) 4. Immerhin scheint noch 
heute ein Rest von Scheu vor dem Samstag sich 
bei den Neugriechen erhalten zu haben. Zu den 

50 Barbaren des Westens ist offenbar noch vor der 
Christianisierung die Planeten woche gedrungen ; 
die Deutschen haben sie wohl im obergermani- 
schen Limesgebiet, und zwar in der Rheinebene 
zwischen Vogesen und Schwarzwald um 300 von 
den Römern erhalten (Maass 280). Die Kirche 
hat auch im Westen heftig gegen die Planeten- 
woche opponiert (Schürer 52f., und über Chri- 
stianisierungsversuche im Westen Bilfinger a. 
a. O- I 8. Piper Symbolik I 2, 303), während 

60 sie in der Gemeinde und im bürgerlichen Branche 
fortlebte; das dauerndste Vermächtnis, das die 
Astrologie selbst noch den Jahrhunderten nach 
ihrem Verfall hinterlassen hat , und insofern kein 
übles, als noch heute für Millionen von Menschen, 
ohne daß sie sich dessen klar bewußt sind, auf 
den ,Tag des Herrn' zugleich der beglückende 
physische Glanz des »Tages der Sonne* fällt. 

[BolL] 



Hebdome, kßdoßt), der 7. Tag des Monats, 
hat von alters her in Griechenland im religiösen 
und praktischen Lehen eine große Rolle gespielt. 
Als Schlußtag einer siebentägigen Frist, einer 
Hebdoinade, hatte der 7. Tag überhaupt nach 
altem Volksglauben einekritischeBedeutungfür das 
Wohlergehen der Menschen wie für das Gedeihen 
der Natur (Röscher Abh. Sachs. Ges. d. Wiss. XXIV 
31. 94): am 7. Tage geht die Getreidesaat auf (Ni- 
komachos von Gerasa bei Ast Theol. arithm. 
48), tritt eine Entscheidung in Krankheiten ein 
(Galen. IX p. 784K. Censorin. de die nat. 14, 9 
aus griechischer Quelle) , wird das neugeborene 
Kind um den Herd getragen und erhält seinen 
Namen (s. Art. Amphidromia), weil nach an- 
tiker Anschauung der 7. Tag nach der Geburt 
über die Lebensfähigkeit des Neugeborenen ent- 
scheidet, Aristot. de an. hist. VII 12. Plut. quaest. 
Rom. 102. Eben wegen der zuletzt erwähnten 
Sitte war wohl die H. allgemeiner Feiertag der 
Schuljugend (Herond. raimiamb. III 53. Luk. 
Pseud. 16. Gellius N. A. XV 2). Deswegen war 
vielleicht auch die H. dem Apollon geweiht und 
galt als sein Geburtstag (13 einame ißööunog, §ß- 
Sofiayhag u. a., s. Art. Apollon o. Bd. II S. 50 
und Röscher Piniol. LX 302; Heb dorn aden lehren 
21 Off.)- In Sparta hat man am 7. dem Apollon 
geopfert (Herod. VI 57). wohl auch in Kroton (Iambl. 
vit. Pyth. 138. Röscher Hebdomadenlehren 24), 
zu Milet die Hebdomaia gefeiert (Satzungen der 
milesischen Sängergilde, S.-Ber. Akad. Berl. 1904, 
622. 626), wie man auf Lesbos vielleicht dem 
Dionysos am selbigen Tage opferte (IG XII 2, 
123)- Die H. war auch der Opfertag des phry- 
gischen Mondgottes Men (IG II 3, 74, 16). Vor 
der H. durften die Athener nicht ins Feld ziehen 
(Zenob. III 79, die Lexikogr. a. ißö.). Literatur: 
Röscher Die emieadischen und hebdomadischen 
Fristen und Wochen, Abb. der Sachs. Gesell, 
der Wiss. XXI nr. 14 (1903); Die Sieben- und 
Neun zahl, ebd. XXIV nr. 1 (1904), vgl. ders. Die 
Hebdomadenlehren der griechischen Philosophen 
und Ärzte, ebd. XXIV nr. 6 (1906). [Eitrem.] 

Hebdomeios (Eßdoftetog). Epiklesis des Apol- 
lon in Athen in einem Heiligtum der Phratrie 
Achniadai, IG II 1653 (GIG 463. Dittenberger 
Syll. II 2 441) Isqov "ÄTzöilowog Eßdofteio rpga- 
TQtag 'Axvataötiv. Apollon heißt H.. zßdofiayf-zag 
(Aischyl. Sept. 783), ißöopayevfc (Plut. quaest, 
conviv. VIII 1, 2 p. 717 E), weil er am 7. ge- 
boren (Hesiod. Erg. 771) und der 7. Monatstag 
ihm geheiligt war (Schol. Aristoph. Plut. 1126). 
Vgl. Röscher Philol. LX (19ul) 360ff. und 
Sieben- und Neunzahl im Kultus und Mvthus 
d. Griech. 6 (Abh. d. Sachs. Ges. XXIV 1). "über 
Apollon-Kult in attischen Phratrien s. A. Mo min - 
sen Feste d. Stadt Athen 325. [Jessen.] 

Hebdomigkos, Sohn des Aristeus aus Andros, 
Strang, 1.? Jhdt. v. Chr., CIG 2349 e add. 

[SundwalL] 

Hebe CHßtj). 1) Dem Namen nach bedeutet 
H. die .Jugend' und bezeichnet die Personifikation 
der menschlichen Lebensblüte, vgl. Geras und über- 
haupt die uralten Personifikationen der Zeit und 
der Zeitteile. Weiblich ist sie wie das griechische 
Wort selbst. Als voll entwickelte Persönlichkeit 
kannH- nicht allein genealogische und mythologi- 
sche Verknüpfungen, sondern auch Kulte aufweisen. 



I. Unter den Kulten ist besonders der ar- 
givische bemerkenswert. Im Heraion bei Mykene* 
stand ihr Bild neben demjenigen der Hera, von 
der Hand des Naukydes gemacht, Paus. II 17, 5. 
Ebenfalls wurde sie (mit Athena) in Mantinea. 
der Hera beigesellt, wo Praxiteles das Kultbild 
gemacht hatte, Paus. VIH 9, 2. Wichtig ist 
ferner ihr Kult zu Phlius (Tempel der Hera in 
der Nähe) , wo man ihr jährlich im Zypressen- 

lOhain auf der Akropolis ein großes Fest, die 
Kissotomoi, feierte. Paus. II 12, 4 und 13, 3 
(über den bildlosen Kult existierte eine heilige 
Legende, die Pausanias verschweigt). Der Name 
Ktaaorö/ioi und der Efeukranz kehren auf den 
Münzen der Stadt wieder, s. Cat. Brit. Mus. Pelo- 
ponnesus 34f. Taf. VII 2 und 5. Es wird sich 
hier wahrscheinlich um ein bakchisches Fest han- 
deln (eine Art Saturnalien nach Nilsson Gr. 
Feste 39), man hat, mit Efeu geschmückt, ge- 

20 zecht und vielleicht geopfert (vgl. Olck Art. 
Epheit o. Bd. V S. 2837 und 28411. übrigens war 
der Epheu im athenischen Herakulte verboten, 
Wächter Rcl. Vers. u. Vorarb. IX 1, 107). Dazu 
stimmt der Name der gefeierten Göttin, welche 
die Ältesten der Phliasier Ganymeda, die Späteren 
H. nannten, Paus. a. O., wohl weil die Gottheit 
den zu genießenden Wein spendete (vgl. He- 
sych. s. v, fjßij • anolaxfia xai aftizekog. SchoL 
Arist. Vesp. 855, den Dionysos "Ilßcov in Neapel, 

30Macrob. Sat. I 18, 9 und den Dionysos Bak- 
cheios und Lysios zu Sokyon, von denen wenigstens 
der erstere aus dem von einem Sohne des Dio- 
nysos gegründeten Phlius stammte, Paus. II 7, 
5f.). Strabon (VIII 382) gibt ihr aber hier wie 
in Sekyon einen andern Namen, nämlich Dia (vgl. 
Escher o. Bd. V S. 299), und diese mächtige, einer 
Hera nagderog vielleicht ähnliche Göttin wird die 
ursprüngliche Inhaberin sein. Aber H. hätte nicht 
ohne irgend welchen Anhaltspunkt eindringen 

40 können , und diesen wird zunächst die fröhliche 
Festfeier selbst, vielleicht auch ihre olympische 
Dienstschaft , geboten haben. Ihr uraltes Heilig- 
tum war nämlich zugleich Sklavenasyl (die Les- 
art der Hps. olyJzag ist zu halten), und die be- 
freiten Sklaven hängten die Fesseln an den Bäumen 
auf. Paus. II 13, 4 (vgl. besonders die satur- 
nalienhaften Peloria in Thessalien. Athen. XIV 
639 dl. Weitcrc Kultstätten der H. sind außer 
dem schon erwähnten Sekyon im attischen Ge- 

50 biete Kynosarges , Paus. I 19, 3 (mit Herakles 
zusammen), vgl, die Sesselinschriften vom Theater, 
IG II 3, 370 und 374, und Aixone, wo sie Heilig- 
tum und Priesterin besaß, IG II 1, 581 und 1055, 
22 (Etpripi. äo%. 1884, 170). Mit Herakles wurde 
H. auch in Kos. Cornut. 31, und an einer anderen 
unbekannten Kultstätte {h xfi Evgat^jj) verehrt, 
Mnaseas frg. 11 bei Aelian. n. a. XVII 46 (hier 
waren Hennen ihre heiligen Tiere, entsprechend 
den Hähnen des Herakles). In der Schlacht bei 

60 Mykale diente H. als Parole dem Leotycbides und 
den zu befreienden Ioniern, Herod. IX 98 (die 
Änderung von "Hßys in "Hgr}$ t von Bosch er 
Jahrb. f. cL PhiloL 1879, 3491 wegen des be- 
nachbarten samischen Heratempels vorgeschlagen, 
ist unnötig, weil H. in engster Beziehung zu Hera 
steht, und außerdem zu Phlius wirklich eine Göt- 
tin n]g ikevihjQitic war). Als Scbinsname kommt 
H. in Attika vor, Boeckh Att Seewesen X 6, 141, 



II. Während die H. des Kultes uns ziemlich un- 
bekannt bleibt, ist die H. der Dichtung viel 
greifbarer. Die ewige ,Jugend', die im Olymp 
den Göttern die Himmelsspeise reicht, durch 
welche sie nie altern, wird ganz natürlich (zuerst 
in Argos, wie uns der Kult lehrt, v. Wilamo- 
witz Herakles I 301) zur Tochter der Himmels- 
königin. Schon Ölen hatte in einem Bymnos 
an Hera die H. als Tochter der Hera besungen, 
Paus. II 13, 3, ebenso nennt sie Hesiod. Theog. 10 
922 und 952 (= Hom. Od. XI 604, eine Inter- 
polation des Onomakritos nach dem Schol. 'l. St.) 
eine Tochter des Zeus und der Hera (auch Apol- 
lod. I 3, 1. Lact. Theb. I 548. Mythogr. Vat. I 
204, vgl. Pind. Nein. VII 5 und Hymn. Orph. 
prooem. 13). Die ionischen Rhapsoden haben die 
personifizierte ,Jugend' sehr natürlich in den 
jungen Töchtern der vornehmen Herrscherhäuser 
wiedergefunden. In der Ilias versieht H. eben 



den im J. 191 im Circustale eingeweihten Tem- 
pel, Liv. XXXVI 36, 5 (Wissowa Bei.' der Rom. 
126), ihre Iuventas galt auch vorzüglich der 
männlichen Jugend. Für die Schönheit der H. 
haben die Dichter viele schmückenden Beiwörter, 
so Hom. HaXXioq>vQog, Pind. xcdPUöTa $eö>v, &a- 
kegd, xQVOoatEfpavog, zeqtivu, itykaoyvtog, Bacchyl. 
aykaä, Theoer. kevmctpvQog , vgl. Bruchmann 
Epitheta deor. 144. 

III. Die Kunst hat oft Gelegenheit gehabt, 
die H. als den Inbegriff der Jugend, der Schön- 
heit und aller Genüsse eines lebensfrohen und 
der Liebe huldigenden Alters zu verherrlichen. 
Sehr berühmt war die goldelfenbeinerae Statue 
des Naukydes im Heraion zu Argos, s. o. Eine 
Kopie eines Polykletischen Werkes glaubte Ke- 
kule Hebe Taf. 1 (1867) in einem Marmorköpf- 
chen, das heraähnliche Züge trägt, nachweisen 
zu können (Abb. bei Baumeister Denkm. I 629). 



die Dienste , welche diesen gewöhnlich zufielen 20 Im Ostgicbel des Parthenon ist man jetzt geneigt, 



(wie schon Aristarch bemerkte), sie badet den 
Ares, IL V 905 (vgl. Od. III 464), schenkt beim 
Mahl den Göttern ein, IL IV 2 (vgl den Kult 
der H.-Ganymeda zu Phlius, ebenso Schol. IL 
XX 234. Schol. Arist. Vesp. 855. Athen. X 425 e. 
Lukian. d. d. 5, 2. Nonn. XXV 450. Serv. Aen. I 
28. Mythogr. Vat. II 198. III 13, die Konkur- 
renz mit Ganymedes sucht Lact, zu Theb. I 548 
zu erklären) und hilft ihrer Mutter den Wagen 



die H. in der früher Iris (oder Eileithyia) be- 
nannten, ersebreckt laufenden Jungfrau, deren 
junges Alter durch die flachen Brüste hervorge- 
hoben wird, wiederzufinden; vgl. A. H. Smith 
r Hie Sculptures of the Parthenon (1910) Taf. 3 
Text S. 11. Die Vasenmaler haben sie vorzüglich 
als olympische Mundschenkin dargestellt (geflügelt 
auf Vasenbild im Louvre, Mon. d. Inst, VI 
Taf, 58, 2, auf Sosiasschale Ant. Denkm. I Taf. 9. 



anschirren, IL V 722 (vgl. den argivischen Kult). 30 Gerhard Auserl. Vasenb, 7, vgl. ebd. Taf. 146 



Aber auch die Tanzlust und Liebe hat man in 
H. verkörpert: im Homerischen Hymnus an Apol- 
lon 195 tanzt sie auf dem Olymp im Chor mit 
den Chariten, Hören, der Harmonia, Aphrodite 
und Artemis (dabei Ares und Hermes) zur Musik 
des Apollon und der Musen ; Hör. c. I 30 , 8 
läßt sie im Gefolge der Aphrodite mit Eros, 
Chariten, Nymphen und Hermes erscheinen. Vor 
allem hat H. als himmlischer Lohn aller irdischen 



und 300. LaboTde I Taf. 34, vgl. Geras bei 
Eur. Her. 649), als solche schenkt sie vorzüglich 
ihrem Vater oder ihrer Mutter ein. Sie hat über- 
haupt ihren Platz in der Götterversammlung, 
Vasenb, des Oltos und Euxitheos, Mon. d. Inst. 
X Taf. 23f. mit Blume (man erinnert sich leicht 
des "Hßtjg ävß-og . festes Epitheton der H. seit 
Homer) und Apfel, auf Hermes folgend = Wien. 
Vorlegebl. Dl. In Darstellungen des Paris- 



Qualen, als Braut des tapfersten der griechischen 40 Urteils findet man sie kindlich an die Schulter 



Helden, des Herakles, Furore gemacht, so in der 
Unter weltszene der Odyssee XI 604 ([s. o.] = Hom. 
hymn. XV 8). Hesiod. Theog. 950. Sappho 48 B. 
Pind. Ol. VII 1; Nein. 171. X 17; Isthm. IV 59. 
Eur. Heraclid. 915; Or. 1686. Theoer. XVII 
37. Diodor. IV 39. Luk. <L iner. 16, 1. Ps. 
Heracl. ep. 4 p. 482 Hercher. Ovid. met. IX 396; 
fast. XI 65ff.; trist III 5, 42. Prop. I 13, 23. 
Mart. IX 13; Travestie von E picharm in "Hßag 



der Mutter angelehnt, Vasenbild aus Kertsch 
Compterendu, Petersb. 1861 Taf. 3 (= Bau- 
meister Denkm. II 1165), vielleicht tritt sie 
auch als bedeutsame Staffage bei dem lo-Aben- 
teuer und im Marsvasstreite auf, Wien. Vorlege- 
bl. 18901 Tal 12, 2. Mon. d. Inst. VIII Taf. 42. 
Sie gesellt sich bei den Vasenmalern wie bei 
den Dichtern gerne der Aphrodite (s. den Athener 
Onos 'EtprjfA. äpx. XV Taf. 10 — Eos che rs 



ydjiwg, Kaibel Com. gr. frg. I 98ff. , wo Kraft 50 Myth. Lex. III 2119 Abb, 9) und dem dionysi- 



und ,Jugend' sich zur wüsten Schlemmerei ver- 
einigen. Als Mundschenkin reicht ihm H. jetzt 
den Nektar, Stat. silv. III 1, 27. IV 6, 54. Wie 
H. auf Herakles' Bitten dem Iolaos Jugend ver- 
leiht. Ovid. met. IX 400, so wird begreiflicherweise 
Herakles selbst, der nach dem irdischen Leben 
die himmlische ,Jugend' auf Ewigkeit erlangt, 
der natürliche Gegner des FfjQag (Vasenbilder 
PhiloL L Taf. 1. Journ. hell. Stud. 1883 Taf. 30). 



sehen Kreise, Heydemann Hall. Winckelmanns- 
progr. 1880 m. Abb. (reich bekleidet, einen Teller 
tragend), zuweilen auch der Athene, Elite ceram. 
I 71 (Reinach Repert. II 327). Vor allem war 
die Hochzeit der H. mit Herakles ein beliebter 
Vorwurf der Künstler, schon von Naukydes im 
Silber am Altar des argivischen Heraions dar- 
gestellt, Paus. II 17, 6. Viele Vasenbilder geben 
die Einführung des Herakles in den Olymp im 



Kinder dieser olympischen Ehe wissen schon die 60 Beisein der H. wieder, schwarzfiguriges Vasenbild 



Mythographen aufzuzeigen, nämlich Alexiares 
und Aniketos, Apollod. II 7, 7, 12 (vgL die Nike 
auf den Heiratsszenen der Vasenbilder, s. u.). 
Die Römer haben, als sie nach dem zweiten Pa- 
nischen Kriege ihre Iuventas nach griechischem 
Muster umgestalteten, eben auf diese Verbindung 
der H. mit Herakles zurückgegriffen, vgL das 
Lectisternium im J. 218, läv. XXI 62, 9 und 



Arch. Ztg. 1866 Taf. 209. Ant. Denkm. I Taf. 9. 
Gerhard Auserl. Vasenb. 146, besonders schön 
auf einem in der Villa Papa Giulio befindlichen 
Krater, den Furtwängler auf den Pinsel des 
Meidias zurückführt, Furtwängler-Reichhold 
Gr. VasenmaL I Taf. 20. Die Vermählung selbst 
außerordentlich schön auf einem apulischen Va- 
senbild, Gerhard ApuL Vasenb. Taf. 15 (= Bau- 



meister Denkm. I 630, s. Kekule a. 0. 35, 
dagegen nach Preller-Robert Gr. Myth. I 
498, 5 die Heirat des Herakles mit Megara), vgl. 
-ebd. Taf. 14. Zuweilen besteigt sie das Vier- 
gespann mit Herakles, Gerhard Auserl. Vasenb. 
140. 325 (vgl. 111). Ebenfalls wird gewöhnlich 
ein Bninnenrelief aus Korinth auf die Hochzeit 
mit H. bezogen, Arch. Ztg. XXVII Taf. 24, 1, 
Tgl. Michaelis Journ. hell. Stud. VI 48 und 
überhaupt Kekule a. 0.; etruskischer Spiegel 10 
bei Micali Atlas Taf. 49 (anwesend Apollon 
und Artemis) = Daremberg-Saglio Dict. III 
1 Abb. 3737, vgl. Gerhard Etr. Spiegel IV 
Tal 145. Gemmen bei Tassie Raspe I HOff. 
Babelon Catal. cam, 13, 16 Taf. II 16. Lite- 
ratur: Welcker Griech. Götterlehre I 369ff. 
Preller-Robert Gr. Myth. I 498f. Kekule" 
Hebe (1867). v. Sybel Art. Hebe in Boschers 
Myth. Lex. I 1869f£ P. Decharmc in Darem- 
berg-Saglio Dict. d. ant. III 44ff. [Eitrem,] 20 

2) "Hßrj {f}ßäv) erscheint in technischem Sinne : 
1. Im Kriegswesen in Sparta nach dem J. 404 
in der Form xa dexa dtp' fjßtjg, ot rsrraQdxovza 
dtp' f}ßt]$, wobei fj. die Vollkraft, den Beginn der 
Dienstpflicht außer Landes, das 20. Lebensjahr 
bezeichnet. Die Formel findet sich a) beim Auf- 
gebot ((pQovQav cpaivEtv), das nach Moren und 
innerhalb dieser nach Jahrgängen erfolgte, Xen. 
hell. VI 4, 17; resp. Lac. 11, 4. Die vsteg zsz- 
TaQ&xovia dtp'' tjßrjs waren zum Dienst außer 30 
Landes nicht mehr verpflichtet, hell. V 4. 13; 
b) in der Schlacht, wo den zehn jüngsten Jahr- 
gängen hell. II 4, 32. III 4, 23. IV 5, 14. V 4, 40, 
den fünfzehn jüngsten IV 5, 16. 6, 10 besondere, 
anstrengendere Aufgaben zufallen. Voraussetzung 
dafür ist, daß auch in der Gliederung des Heeres 
die Altersklassen Berücksichtigung gefunden hat- 
ten. Denn man konnte nicht durch solche Aus- 
sonderungen im gegebenen Augenblick die Ordnung 
der kleinsten Einheiten (ev asozial) durchbrechen. 40 

2. Im bürgerlichen Recht : a) in Gortyn tritt 
der Tjßlaw VII 37. IX 46 in Gegensatz zu dem 
avrjßog XI 19 oder avcoQog VII 29. 54, und eben- 
so die fjßtovoa VII 37. 41. 53 oder d)Qi/na VIII 
39 zu der äv(o e oc VII 29. VIII 46. 47. 50. XII 
22. Für Mädchen ist die Grenze XII 34 auf 
zwölf Jahre festgesetzt, welche das früheste 
Heiratsalter bezeichnet; für Knaben fehlt uns eine 
Angabe, doch konnte eine gesetzliche Bestimmung 
nicht fehlen , und da der tjßtfov nach VII 35 50 
•ehemündig ist, so kann die Grenze nicht zu tief, 
schwerlich unter 16 Jahren, angenommen werden 
(gegen Rec. inscr. jur. gr. I 407 : 14 Jahre). Der 
flßiatv war außerdem zeugnisfähig behufs des Be- 
weises IX 46, durfte sogar adoptieren XI 18, 
galt aber noch nicht als volljährig, solange er 
ajiobQOßog war VII 35, d. i. an den Übungen des 
boofiog (Suid, s. ögoftot;) nicht teilnahm. Erst 
der boofievg (s. d.) ist volljährig, wozu wahrschein- 
lich ein Alter von 18 Jahren erforderlich war; 60 
b) in Athen ist in einem augenscheinlich alten 
Gesetz über die Söhne von Erbtöchtern mit den 
Worten nai ä/m fjßTj^U «" &'«*«s der Eintritt der 
familienrechtlichen Mündigkeit bezeichnet, vgl. 
Bekker Anek<L I 255, und auf dieses Gesetz be- 
ziehen sich auch die sonstigen Anführungen des 
Ausdrucks, Isae. VIII 31 X 12 frg. 25. Hyper. 
frg. 192 (bei Harpocr. s. EmdtExsg). Hier, wie auch 



bei Luc. Zsits rgay. 26, wird dieser Zeitpunkt mit 
der Eintragung in das kt\^iaQ%ato¥ yeanpaxeTw 
(18 Jahre, Ajrist. resp. Ath. 42) gleichgesetzt, 
während Didymos und Harpokration a. 0. irren. 
Aischines III 122 braucht. den Ausdruck auch 
von Delphiern, die zu einem Hilfszuge aufgeboten 
werden. [Thalheim.] 

3) s, Ephebia. 

'HßtjTTfgtov. 1) = ovfiTiaaiov nach Athen. X 
425 E und Eustath. II. XX 219- Nach Hesych 
heißt nämlich rjßäv auch svcoxsto&ai, uv&vax£o§ui 
, schmausen, sich betrinken'. 

2) — mtiarfjQtöv .Speisesaal', Ort zum Schmau- 
sen. Hesych. 

3) — xaTokvöiQ , Herberge'. Hesych. Suid. 
4:) = 7iaidr.vTtJQtov , Schule*. Suid. 

J>) Allgemeiner: ein Vergnügungs ort. So schon 
bei Herodot. II 133 unter dem Namen ivtjßtjz^- 
qiov. Athen. X 438 B gibt bei der Übersetzung 
der Herodotstelle das Wort mit 17. wieder. Nach 
Plut. Pomp. 40. 53 vielleicht eine Art Pavillon 
auf den Gütern vor der Stadt. [K. Schneider.] 

Hebon (srntpavsozatos dsos), Mysteriengott 
dionysischen Charakters in Neapel, IGI 716. 717. 
Als Epiklcsis des Dionysos faßt es Macrob. Sat. 
I 18, 9. * [Neustadt.] 

Hebraei s. Iudaea. 

Hebromagus s. Eburomagus. 

Hebron (M. T. ■jrqrr, LXX Xsß & d>v) Hegt 
etwa sieben Stunden südlich von Jerusalem auf 
dem Gebirge Juda an den oberen Anfängen eines 
nicht tiefeingeschnittenen fruchtbaren Tales, des- 
sen umgebende Berge ca. 950—1000 m hoch 
sind, am Kreuzungspunkt von vier wichtigen 
Handels- und Verkehrsstraßen (Guthe in Eeal- 
encyklop. für prot. Theol. IX 3 565), woraus sich 
das hohe Alter und die große Bedeutung H.s als 
Handelsstadt und Kultstätte erklärt. Nach der alten 
und glaubwürdigen Nachricht Num, 13. 22 (J) war 
H. sieben Jahre vor Soan ( = Tanis) in Ägypten ge- 
baut (E. Meyer Die Israeliten 1906, 447). Joseph, 
bell. Jud. IV 9, 7 ist das Alter von H. noch höher 
als das von Memphis in Ägypten eingeschätzt. 
Jedenfalls ist H. vor der Einwanderung Israels in 
Kanaan gegründet worden. Als älteste Bewohner 
werden Num. 13, 23. Richter 1, 10 die drei fabel- 
haften Enakitergeschlechter Sesai, 'Ahiman und 
Talmai genannt; sie gelten Num. 3, 32f. (E) Deut. 
2, 11 als Riesen, für welche jüngere Überlieferung 
als Stammvater Jos. 15, 3. 21, 11, oder als gewaltig- 
sten unter ihnen Jos. 14, 15 einen Arbo* fingiert. 
H. hieß nämlich früher yanN nr?E, Rieht. 1,10. 
Jos. 15, 13f. (J), und darnaen bei P Gen. 23, 2. 35, 
27. Jos. 15, 54. 20, 7. 21, 11. Sa^fit {4) = 'AM 
wurde von jüngerer Schriftgelehrsamkeit als Per- 
sonname gedeutet, wovon schon der Umstand 
hätte abhalten müssen, daß Gen. 35, 27. Neh. 11, 25 
T2"iN den Artikel vor sich hat 73"?$? ^ZlV 
wird von E. Meyer a. a. 0. 264 ah. die Stadt 
der vier Götter, nämlich Abraham, Sesai, 'AMman 
und Talmai gedeutet (s. 0.); vgl. Hieronymus, 
Peregrinatio S. Paulae, wonach die Joden 'p '« 
als Stadt der vier Männer Abraham, Isaak, 
Jakob und Adam erklären, indem Adam ans 
Mißverstand von Jos. 14, 15 als vierter dazu- 
gekommen ist (Baedeker Palästina? 1910, 105). 
Guthe a. a. 0. 564 mochte den Namen als 



2585 



Hebron 



Hebron 



2ööö 



Stadt der vier zusammenlaufenden Wege (s. o.) 
deuten. Vielleicht laufen Meyers und Guthes 
Erklärungen auf das gleiche hinaus: 't*'p die 
Stadt der vier Götter, denen die vier Wege an- 
vertraut sind. Wenn P Gen. 23, 2ff. 25, 10. 
49, 32 Hetiter die Urbewohner von H. sein läßt, 
so erklärt sich dies daraus, daß für P Hetiter 
= Kananiter sind» indem die Tatsache nach- 



bar Giora überrumpelt und geplündert (Joseph, 
bell. lud. IV 9, 7) und im J. 69 von dem römi- 
schen Tribun Cerealis erobert und zerstört, bell, 
lud. IV 9, 9 (Schür er Gesch. d. jüd. Volkes 
13.4 621). Nach der Beendigung des großen 
jüdischen Aufstandes unter Bar Co^a (132—135 
n. Chr.) wurden auf dem Jahrmarkt an der TeTe- 
binthe von H. Juden so viel feilgeboten, ,daß ein 



wirkt , daß Hetiter einst vor den Israeliten in jüdischer Sklave nicht mehr als ein Pferd galt' 
Vorderasien einschließlich Palästinas Reiche grün- 10 (Schür er a. a. 0. 1 698, 143). Von byzantinischen 



deten. Nur läßt sich nicht beweisen, daß gerade 
H. hetitischer Besitz war. Hommel (Altisrael. 
Überlief. 2 32 f.) will die Umnennung von Kirjat 
'Arba c in H. mit dem Eindringen der in den 
Amarnabriefen genannten Habiri zusammen- 
bringen, während andere den Namen -pinn von 
^cn Genosse ableiten und die Umnennung auf 
die Kalebiter zurückführen. Dieser den Edo- 
mitern und Judäern nahestehende Stamm hat 



Kaisern mit Bauten geschmückt, erlangte H. unter 
muslimischer Herrschaft wieder Ansehen. Bei den 
Kreuzfahrern hieß H. eastellum oder praesidium 
ad sanetum Abraham. Gerhard von Avesnes er- 
hielt H. von Gottfried von Bouillon als Lehen. 
1167 wurde H. Bischofssitz, fiel aber schon 20 
Jahre .später an Saladin (Baedeker Palästina 7 
106). Heute heißt H. el-halil (eine Abkürzung 
aus balil er-raAmän), [Stadt] des Freundes (des 



nämlich bei der Einwanderung Israels in Kanaan 20 Bannherzigen [fljttafl, d h AtaJ«m.. Jjj. 



sich von Süden aus H.s bemächtigt. Jos. 10, 

3ff. besiegt zwar Josua an der Spitze von ganz 

Israel Hoham , den König von H. , und erobert 

seine Stadt, während Eicht. 1, 10 Juda H. erobert. 

Da aber Kalebiter (Guthe a. a. 0. 713ff.) zur 

Zeit Davids in und um H. wohnen, ist es das 

natürlichste anzunehmen , daß sie sich in H. bei 

der Invasion Israels in Kanaan festsetzten. Die „ „ „ 1TT ,,..-. j 

Überlieferung von der Eroberung H.s durch ganz beitung von Ziegenfellen zu Wasserscheueren und 

T*r^i h«w <*,,«* Inda *«t flinA KnTiütxnktimi 30 die Herstellung von Glasarbeiten, durch welche H. 



41, 8. Jak. 2 , 23. Es ist von ca. 20 000 recht 
fanatischen Moslims und ca. 2000 Juden (mit 
drei Synagogen) bewohnt und bildet einen Kreis 
(kada) des Gouvernements (sandschak) Jerusalem. 
Über die Einteilung der Stadt in sieben Quar- 
tiere s. Baedeker a. a. 0. 106. H. hat sich 
seine Bedeutung als Handelsstadt und Kultstätte 
bewahrt. Von Industrie ist besonders die Bear- 



Israel, bezw. durch Juda, ist eine Konstruktion 30 A ™ Herstellung 



der biblischen Geschichtsschreiber. Jos. 15, 13ff. 
überweist Josua dem Stamm Kaleb das Gebiet 
von H. Als Saul gegen die Philister gefallen 
war, wurde H. 7ty 2 Jahre lang die Residenz Da- 
vids als Königs von Juda (II. Sam. 2, lff. 5, lff.), 
da David durch seine Heirat mit Abigail (I. Sam. 
25) mit den Kalebitern verschwägert war. In 
H. fanden die Verbandlungen Davids mit Abner 
statt (H. Sam. 3, 2 Off.), der schließlich von Joab 



schon im Mittelalter bekannt war, zu nennen. 
Wichtig ist H. wie einst für den Verkehr mit 
den Beduinen. Wie schon im höchsten Altertum 
ist der Wein von H. berühmt; der Name des 
Tales Eskol, von wo Num. 13, 23 die Kund- 
schafter die Riesentraube mitbrachten, hat sich 
erhalten in bet iskahil nördlich von H. Charak- 
ter istischerweise fehlt aber der Wein bei dem 
Beduinenmahl, das Abraham Gen. 18 seinen 



im Stadttor vonH ermordet wurde. Am Teiche 40 gasten auftischt. Vor allem aber ist H eines der 

Hauptheiligtümer der muslimischen Welt, die in 
das ETbe von Synagoge und Kirche trat. Der 
Ruf des heutigen H. als muslimischer Wallfahrts- 
ort knüpft sich an die biblische Patriarchen- 
legende, besonders in der Form, in der sie P 
bietet. Das Hauptheiligtum H.s bildet heute das 
im Osten der Stadt gelegene hdram mit den 
Patriarchengräbern. Nach P sollen in der durch 
Abraham von den Hetitern käuflich erworbenen 



von H. , wohl dem unteren der zwei noch vor- 
handenen Teiche von H, wurden die abgeschla- 
genen Hände und Füße der hingerichteten Mör- 
der Iaboseths (II. Sam. 4, 12) aufgehängt. Als 
David als König von Gesamtisrael das von ihm 
eroberte Jerusalem zur Hauptstadt gemacht hatte, 
sank die Bedeutung von H, es bildete aber beim 
Auftreten Absaloms den Herd der Verschwörung, 
II. Sam. 15, 7ff. Hernach wurde H. von Reha- 



beam (II Chr. 11, 10) befestigt. Seit dem Eni 50 Höhle in der nbcSM ™n H. Sara (Gen 23, 19), 
v --—'-'- ^- & - -- Abraham (Gen. 25, 9), Isaak, Rebekka, Lea (Gen. 

49, 31) und Jakob (Gen. 50, 13) bestattet sein. 
Gen. 23, 9. 11. 17 war das Grab eine Höhle, 
die 23, 17 in der Ma/pela vor (";;??), das ist wohl 
östlich von Mamre = Hebron lag. Ma^pela war 
daher wahrscheinlich Bezeichnung einer Gegend, 
etwa eines Feldes von H. , während LXX (rö 
o.-tr]).aiov to bt^lovv) bei r.SSD'E a n eine Doppel- 
höhle denkt. Wenn Ma^pela östlich von H. zu 



geriet es in die Hand der Edomiter, vor welchen 
die Kalebiter zum Teil nach dem Norden aus- 
wichen, I. Chr. 2, 19. SOff. 4, 4. Neh. 3, 9. Der 
Theorie nach wurde aber H. als jüdischer Besitz 
nicht aufgegeben. Bei P Jos. 20, 7 gilt H. als 
eine Asylstadt, Jos. 21, 11. 13. I. Chron. 6, 40 
—42 als Priesterstadt. Der Chronist bezeichnet 
Neh. 11, 25 H. als jüdisch. Wahrscheinlich will 
auch P Gen. 23 nachweisen, daß mindestens auf 



eins der Hauptheiligtümer von H. , die heilige 60 suchen ist, stimmt wenig dazu die Lokalisierung- 



Höhle in der Ma^pela von H, Israel ein uraltes 
Anrecht habe. Nichtsdestoweniger ist H. edomi- 
tisch geblieben, bis es 164 v. Chr. von Judas 
Makkabaeus erobert wurde , I. Makk. 5 , 65. 
128 v. Chr. wurden die Edomiter durch Johann 
Hvrkan dem neujüdischen Reich einverleibt, Joseph, 
ant. Ind. XHI 9, 1. Während des jüdischen 
Kriegs gegen die Römer wurde H. von Simon 



der Patriarchengräber in und unter dem käram 
von H. (vgl. die Beschreibung desselben bei 
Guthe a. a. 0. 566 — 568). Denn der hdram 
liegt am Ostende des heutigen H. , während nun 
aber dieses selbst dem größeren Teil nach in der 
Osthälft« des Hebroner Tales liegt, hat das ältere 
H. vielmehr in der Westhalfte des Tales von H. 
gelegen. Der hier befindliche Hügel er-rumeidi 



2587 



Hebron 



Hebros 



2588 



ist reich an Höhlen, Zisternen u. dgl. Dort 
mögen in der Zeit Ps die Patriarchengräber, 
vergleichbar den Königs- und Riehtergräbern bei 
Jerusalem, gezeigt worden sein. Vielleicht kennt 
sie hier noch Joseph, bell. lud. IV 9, 7. Vgl. 
die Planskizze von H. bei Giithe (Kurzes Bibel- 
Wörterbuch 1903, 247). Ersten Spuren von grö- 
ßeren Bauten über den Patriarchengräbern be- 
gegnen wir bei dem Pilger von Bordeaux (333 
n. Chr.). Antoninus Martyr (570 n. Chr.) er- 
wähnt eine vierhallige Basilica. Sie möchte von Iu- 
stinian (527 — 565) herrühren und wurde, nachdem 
sie inzwischen in eine Moschee umgewandelt war, 
1167—1187 durch eine KreuzfahrerMrche ersetzt, 
die von den Arabern restauriert wurde und die 
jetzige Hauptmoschee von H. bildet, ein den 
Christen und Juden vermehrtes Heiligtum. Die 
Verlegung der Patriarchengräber nach ihrer 
jetzigen Stelle wird mit der Zerstörung der Stadt 
durch die Kömer und mit dem Wiederaufbau 
in dem östlichen Tal von H. zusammenhängen 
und ca. 70— 300 n. Chr. erfolgt sein. Der Jes. 
51, lf, erwähnte Schacht (td) der Sara dürfte 
mit dem am östlichen Fuß des Hügels er-rumeidi 
gelegenen 'Äin dsehedide (Bädeker a. a. 0. 106) 
gemeint sein. Viel verloren von seiner ursprüng- 
lich hohen Bedeutung hat der sogenannte 
Hain Mamre (Gen. 13, 18. 18, lff.) , einst viel- 
leicht nicht bloß das Konkurrenzheiligtum der 
Höhle in der Maxpela, sondern noch angesehener 
als diese. Ältere jüdische und christliche Über- 
lieferung (Joseph, ant. lud. I 10, 4; bell. lud. IV 
9, 7. Pilger von Bordeaux 333 n. Chr.) sucht 
ihn in der 3 km nördlich von H. gelegenen Stätte 
Ramet ä-halil (vgl. die Planskizze bei Outhe). 
Die dort befindliehen Steinschichten könnten Reste 
des ehemaligen heiligen Hages sein, während die 
östlich davon zu sehenden größeren Bauüber- 
bleibsel der von Konstantin an Stelle des zer- 
störten heidnischen Altars erbauten Kirche an- 
gehören möchten. Der MT redet Gen. 13, 18 
und 18, 1 von sntttt ^zbü , also von Terebin- 
then in der Mehrzahl, während LXX hier, wie 
auch der MT Gen. 18, 4. 8 nur einen Baum hat. 
Ebenso läßt Joseph, ant. lud. I 10, 4 den Abra- 
ham TtBgi jijv "üyvyrjv xaiov/ievrjv Sqvv wohnen, 
wohl demselben Baum, den Joseph, bell. lud. IV 
9, 7 nennt. Sind die Terebinthen Gen. 13, 18 
und 18, 1 treue Überlieferung, so wäre von dem 
heiligen Hain schließlich nur ein heiliger Baum 
stehen geblieben, woraus sich bereits der Sin- 
gular bei LXX erklärt. Jedenfalls kennt die 
heilige Legende seit Josephus nur einen Abra- 
hamsbaum. Nach den Angaben des Hieronymus 
(im Onomastikon 111 und in der Peregrmatio 
S. Paulae) wäre zu seiner Zeit dieser heilige 
Baum beseitigt gewesen. Seit den Kreuzzügen 
taucht die Auffassung auf, daß eine Rieseneiche, 
die noch heute bei dein russischen Hospiz vor 
H. steht, leider aber jetzt im Absterben begriffen 
ist , der heilige Abrahamsbaum sei. Wenn auch 
Ramet el-halil die ältere Überlieferung für sich 
hat, so entspricht auch sie wenig den alt- 
testamentlichen Angaben. Die Entfernung des 
Baumes von H. wäre zu weit (Gut he ßeal- 
enc. IX 3 569). Gen. 13, 18 und 18, lf. ist 
die GrüfldungBsage für das Heiligtum «-rtaia 
<(Junkel Genesis 3 1910, 201), wie Gen. 23 die 



für die heilige Höhle in der Maxpela von H. Was 
N")72tt bedeutet — eine Entstellung von rT^lla 
Orakel[-Terebinthe] ? — ist unsicher. Der junge 
Midrasch (Gen. 14, 3) macht Mamre und Eschkol 
zu Personen. Das Heiligtum von H. ist schon 
zu Davids Zeit hochberühmt, LT. Sam. 15, 17ff. 
David hat es nicht erst gegründet, wohl aber ist 
die Beziehung auf Jahwe in israelitischer Zeit er- 
folgt. Wenn man in Israel erzählt, daß in H. 
lu Jahwe dem Abraham erschienen, und dieser zum 
Dank den Altar von H. stiftete, so folgt daraus 
1) das Heiligtum von H. ist älter als das histo- 
rische Israel; 2) das Heiligtum von H. unterstand 
früher einem anderen Numen; 3) da H. bis zur 
Zeit Davids kalebitischer Besitz war und H. be- 
reits zur Zeit Davids ein israelitisches Heiligtum 
ist, so wird die Verbindung H.s mit Abraham 
nicht erst durch Israel erfolgt sein, d. h. Abraham 
ist dann ein Heros oder Gott der Kalebiter oder 
^ ihrer Vorgänger. Ja er ist wohl das in H. verehrte 
Nurnen (oder eines der dortigen Numina), und Sara 
ist das weibliche Pendant. Das Numen ist schließ- 
lich zum Stifter seines Heiligtums geworden. Unter 
dem Firnis des Jahwismus in den Kult Israels 
aufgenommen, hat aber der Kult des ursprüng- 
lich selbständigen Numens sich zäh bis in die 
Gegenwart gehalten. Abraham ist mit den übrigen 
Patriarchengestalten einer der Nothelfer von Chri- 
sten, Juden und Moslemen. Die Bittzettel, die 
'*" man den Patriarchen in die Gräber wirft, gelten 
ihnen als Heiligen, Welis, Halb- oder Vollgöttem. 
Wie für den Juden H. neben Jerusalem, Tiberias 
und Safed, so ist für den Muslimen H. nach 
Mokka und Jerusalem die angesehenste heilige 
Stadt, und auch Christen wallfahrten zu der 
Abrahamseiche von H. Das ursprünglich heid- 
nische Numen der uralten Handelsstadt hat ihr 
bei den Bekennern der drei monotheistischen 
semitischen Eeligionen bis jetzt ihre Hauptan- 
^ ziehungskraft gewahrt. [Beer.] 

Hebros, 6 "Eßgog, bei Byzantinern Evqos 
(Etymologie unsicher, s. Tomas chek Thraker 
II 2, 93. F ick in Kuhns Ztschr. XLII 85t), 
der Hauptstrom Thrakiens, jetzt slav. Maritza 
genannt, entspringt wie Strymon, Nestos und 
Öskios in dem Skomiosgebirge, Thuc. LT 96, 4. 
An st. inet. I 13, fließt dann ostwärts an Philippo- 
polis (160 m) vorüber bis Hadrianopolis (40 m), wo 
er in die Talrichtimg des vom Haimos her ihm zu- 
50 strömenden Tonzos übergeht und sich nach Süden 
wendet, um nun als ein bedeutender, auch für 
größere Fahrzeuge schiffbarer Strom zwischen Do- 
riskos und Ainos das Agäische Meer zu erreichen, 
Her. IV 90. VII 59. Die früheste Erwähnung 
findet sich bei dem Dichter Alkaios (frg. 109 
Bergk), der ihn xäV.toros nozaticöv nannte. Eur. 
Herc. für. 386 nennt ihn, wohl mit Bezug auf die 
Schlammführung, dQyvggoQvtTjc. Sonst erwähnen 
ihn die Dichter mit Vorliebe in Verbindung mit 
60 dem durch seine Winterkalte berüchtigten Klima 
Thrakiens, so Theokrit. VIT Ulf. jtlftaxi ftvoaw\ 
"JSßgov jiäg Tiozafiöv. Verg. Buc. X 65 frigoribus 
medicis Hebrumque bibamus. Hör. carm. I 25, 
19f. fiiemis sodali — Bebro f ebd. m 25, lOf. 
Hebrum — et nive candiäam Thraeen; epist I 
3, 3 Hebrusque nivali compede vincius, ebd. I 
16, 12f. fem — vi nee frtgidior Thracam nee 
purior ambiat Hebrus. Tai Place, II 515 a ge- 



2589 



Hebrus 



Hecht , 



2590 



keit des Cornelianus, die Zusatzscholien des Serv. 
Buc. VH 65 auch mit Värius, den wir aber sonst 
nur als Editor der Aeneis kennen. Es bleibt 
einzig die Sicherheit, daß H. vor Servius ge- 
schrieben hat und auch vor dem jedenfalls ge- 
meinsamen Gewährsmann des Philargyrius (Termi- 
nus post quem seiner schriftstellerischen Tätigkeit 
wie es scheint Donat; vgl. Barwick Comment. 
<s"d.), also dem Becken von Philippopolis. was philol. Jen. VJJI, h 1211 und W essner Berl. 
freilich nur für kleine Fahrzeuge zu verstehen 10 philol. Woch. 1910, 850) und der Danielschollen 
ist, das Ende der großen, als Via Egnatia (s. d.) (entstanden wohl um die Wende des 4. zum 5. 



Udi Boreas eonvaUibus Hebri \ toUitur, Anth. 
Pal. VH 542, 1 "Eßgov x^f 1 ^ ^ — KQVpioioi 
■Se&ivros. IX 56, 1 "Eßgov Öqtjikiov xQvjim jtejes- 
fypievov v6o>q usw. Von den Geographen gibt 
Strabon mehrfache beachtenswerte Angaben. Er 
erwähnt VII 331 frg. 51 die Deltabildung des 
Flusses (divrofjtov ovzos) und ebd. frg. 47 seine 
Schiffbarkeit bis hinauf in das Gebiet der Bessoi 



bekannten Überlandsfcraße am H. bei Kvpsela 
(VII 322 nach Polyb. XXXIV 12, 3. 329 frg. 9), 
den Nebenfluß Arisbos XIII 590. Andere Geo- 



graphen nennen den Fluß nur kurz oder bei- 
läufig, so Skyl. 67. Artom. bei Strab. VII 331 
frg. 56. Mela II 2. Plin. n. h. IV 41. Ptol. 
III 11, 2. Herod. IV 90 erwähnt aus Anlaß des 
Skythenzuges des Dareios den Nebenfluß Agrianes 

(s. d.), dem wieder der Tearos zuströmt ; Plin. 20 der Vatic Scholien bei Georg. IV 88 (und 169), wo 
n. h. IV 50 nennt die Nebenflüsse Bargus und sie den Namen H. durch das einfache unpersön- 
Synnus. Über Veränderungen des Unterlaufes bei liehe legüur ersetzen (andere Beispiele dieses Ver- 
Ainos berichtet Plin. XVII 30, über Goldführung faliTens bei Barwick Philol. a. 0. 141ff.. ; über das 



Jhdt.; vgl. Barwick Philol. LXX 122t); auf die 
indirekte Benützung des H. durch beide Scholien- 
gruppen mittelst der gleichen Quelle weist außer 
dem schon bekannten zwischen ihnen bestehenden 
Verhältnis dieselbe Art des Zitierens hin: in 
Hebri mit Auslassung von libro bei Serv. Dan. 
(die Aspiration wie bei Servius), in Ebri (Ebrii) 
in den Hss. des Philargyrius, und ein Vergleich 



des Flusses Plin. XXXIII 66, worauf auch divitis 
Hebri bei Val. Flacc. IV 463 zu gehen scheint. 
Zahlreich sind die bildlichen Darstellungen 
des Flußgottes auf Münzen, besonders von Phi- 
lippopolis, und die meisten der ihm beigegebenen 
Attribute kennzeichnen die Beziehungen des Flusses 



Wesen der A r atic. Scholien ebd. 108 Anm.). _ Ja 
selbst das einzige Zitat des Servius geht vielleicht 
auf dieselbe Quelle zurück. So kommen wir auch 
auf diesem Wege spätestens auf die erste Hälfte 
des 4. Jhdts. , wenn nicht eher auf die zweite 
des 3.; diese Zeit anzunehmen oder gar etwas 



{EBPOS auf einer Münze Hadrians) zur Land- 30 hinaufzurücken, stehen die textkritischen Lei- 
schaft, so die Ähren und das Füllhorn, Schilf, stungen des H. nicht im Wege; scheute sieh doch 
ein Kahn usw., s. die Nachweise bei Drexler Eibbeck (a. a. O.) nicht, sie selbst einem Verrius 



in Roschers Myth. Lex. I 1871ff. 

Von neueren geographischen Schilderungen ist 
die von Theob. Fischer inA. Kirchhoffs Län- 
derkunde v. Europa II 2, 100—104 hervorzu- 
heben, ferner Vivien de Saint-Martin Dic- 
tionn. de geogr. III 661f. [Oberhummer,] 

Hebrus, ein Vergilherausgeber, dessen Fjxi- 



zuzu weisen. [Funaioli.] 

He Im des (oder ähnlich) ist der eigentliche 
Name der auf Grund einer falschen Lesung auf- 
gekommenen Bezeichnung der Hehriden. Vgl. 
Diefenbach Celtica ILt 247 und K. Müller 
zu Ptolem. II 2, 10. Der Name ist überliefert 
Haemodae (s. d.) bei Mela, dagegen irrtümlich 



stenz mit Unrecht vielfach bestritten worden ist, 40 doppelt: Aemodae und Hebudes bei Plinius, Ebu- 



so vonRibbeck Proleg. ad Verg. 174ff., wogegen 
Hagen Jabrb. f. Philol. Suppl. IV 731ff. Er 
kommt nicht nur bei Servius Aen. VII 6 vor und 
neunmal in den sog. Berner Scholien zu Vergil 
(Georg.), sondern auch, was ich nirgends ange- 
merkt finde, in dem Kommentar des erweiterten 
Servius Buc. VII 64 und 65 ; ferner in einer Explan, 
der VergiLischen Buc. VIII 40 und in der sog. 
Brev. Expos, der Georg. I 296 (App. Serv. III, 



des bei Solin. 22, 42 app. p. 234 (Mommsen), 
"Eßovdat bei dem besten Kenner des alten Irlands, 
Ptolemaios (a. a. O.) und nach ihm bei Steph. Byz, 
s. Aißavdat Ihre Zahl wird teils auf sieben berech- 
net (Mela, Plinius), teils auf fünf (Solin, Ptolemaios). 
Von der dürftigen Lebensweise und den rohen Sitten 
der Bewohner berichtet Solin. a. a. O. [Hang.] 

Hecatostylon, nach Fragment 31 der Forma 
Urbis (wo sich der Name findet) eine schmale, 



II ed. Hagen), zwei Auszügen einer und derselben 50 langgestreckte Halle an der Nordseite der Fom- 
Scholiensammlune-. aus welcheT auch die Berner peianae Portieus (s. d.) nach dem Marsfelde zu, 

deren .hundert Säulen* eine große, fast genau 



Scholiensammlung, aus welcheT auch die Berner 
stammt und deren Kern, soweit es nicht Servius 
ist, auf Philargyrius, zum Teil auch auf einen 
Gallus. zurückgeht. Somit haben wir auch aus 
den Eclogen Zitate des H. gewonnen und kennen 
außerdem nicht allein von ihm überlieferte Varian- 
ten des Vergilischen Textes, von denen sogar 
mehrere Spuren in Vergilhss. geblieben sind; 
hinzu kommt noch bei Serv. Dan. Buc. VII 64 



in der Ostwestrichtung orientierte MittelmaueT 
flankierten (Jordan-Hülsen Topogr. I 3, 582f.) ; 
vgl. Martial II 14, 9 inde petit eentum penden- 
tia teeta columnis, illinc Pompei dona nemus- 
que duplex und ni 19, 1 proxima centenis osten- 
diiur ursa columnis, exornant ftetae qua pla- 
ianona ferae. Hieronym. ad a. Abr. 2263 = 247 



eine ausdrückliche Begründung des H. für die 60 n. Chr. Dwatrum Pompei ineensum et Heeato- 

17 =.1 ■ • __ T L — l. ... „U„> i. „*../...„, TJ„„„l,,^U -v A S+ Ttr.r» TTT 3 ZA 



Zurückweisung einer Lesart, wonach es scheint, 
daß die Vergilausgabe mit Anmerkungen versehen 
war, in der Art etwa, wie die des Valerius Probus 
(vgl. Serv. Dan. Aen. I 21 und dazu Aister- 
mann De M. Valerio Probo Beryt., Bonnae 1910, 
14). Die Lebenszeit des H. genauer zu bestimmen, 
ist uns versagt; ihn verbinden öfter Berner und 
verwandte Scholien mit der unklaren PersönUch- 



stylum. Beschreibung d. St. Rom III 3, 54. 
Jordan Forma urbis Eomae 22. Über die Aus- 
grabungen 1884 Not. degü seavi 1884, 108f.; 
dazu Jordan-Hülsen a. a. O. De Rossi-Gatti 
BulL com. 1893, 189ff. [Gull.] 

Hecht (lueius; Esox lucius L.). Da der H. 
sich hauptsächlich in den Binnengewässern des 
nördlichen und mittleren Europas aufhält, so 



aoyi 



neaas 



neayios 



zoyis 



war er in der klassischen Periode des Altertums 
unbekannt: Aristoteles und Aelian erwähnen ihn 
nicht. Die Eömer scheinen unter esox nicht 
unseren H. verstanden zu hahen; denn was von 
jenem gesagt wird, paßt nicht auf diesen. Anthi- 
mus 45 nämlich heißt es: tecones dieuntur esse 
filii esocum; tarnen ipsi boni sunt et sanis et 
infirmis elixt in sale et oleo. Teeo f hei Pole- 
mius Silvius p. 268 tecco (französisch tacon) ist 
der Sälmling, d. h. der Salm vor der Laichzeit, 
solange er noch auffallend hell gefärht ist und 
der roten Flecken ermangelt. Daß man ihn 
iioch zu unserer Zeit für einen besonderen Fisch 
hielt, beweist die noch um die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts in England vorgenommene Ausrot- 
tung der jungen Salme, die man als Boden- 
dünger verwandte und sich so einer kostbaren 
Speise beraubte (Brenni Tierleben 8 VIII 3301). 
Man beachte ferner, was Anthimus 41 von dem 
esox als Nahrungsmittel sagt: de esoce vero f 
quando recens fuerit, comedatur- si autem de 
pluribus diebus fuerit, gravat stomachum. Prae- 
terea si salsi sunt, gravcs sunt et malos hu~ 
mores nutriunt Davon läßt sich nichts auf 
den H. deuten. Weit eher dagegen, wenn auch 
immerhin kleine Bedenken zurückbleiben, paßt 
für diesen Fisch die Beschreibung Anthimus 40 : 
ucius piseis et ipse bonus est, operi vero, quod 
de ipso fit, spumeo albumen de ovo sie ntiscea- 
tur y ut modiee tenerum sit quam durum, et 
eomestum non nocet. Cutis vero lueii ipsius, 
quomodo frixus fuerit penitus non mandueetur, 
quia graviter nocet. Auch Ausonius (ebd. X 121 
p. 124 Peiper), der doch sicher den H. meint 
(Brehm Tierleben» VIII 315), ist in seiner Be- 
schreibung ja etwas ungenau: hie etiam, Latio 
risus praenomine, cultor \ Stognorum, querulis 
vis infestissima ranis, \ Lucius, obseuras ulva 
menoque laeunas \ Obsidet Hiß nullos mensa- 
rum leetus ad usus \ Fervet fumosis olido nidore 
popinis. Auch Polemius Silvius erwähnt a. a. 
0. den lueius unter den natantia ; daneben offen- 
bar als andere Fischarten den esox (darauf folgb 
unmittelbar salmo, vgl. o.) und den lupus. Ita- 
lienisch heißt unser Hecht luecio, span. und portug. 
lucio. Vielleicht ist die Lahn, ahd. loganaha, 
als Hechtwasser zu deuten. Übrigens steht unser 
Jieckt bereits bei Hildegardis. Ich lasse einige Be- 
merkungen Gesners über den H. folgen. In sei- 
nem Fischbuch Zürich 1575 Bl. 175f. heißt es: 
,Auß den fischen so mencklichen in vnsern landen 
bekannt sind, ist der Hecht, ein gantz gemeiner und 
breuchlicher fisch, auff Latin Lucius genannt .... 
dann die so in Seen und umb die ror wonend, 
werdend Rorhecht genannt: andere so in den 
tieffinen Seehecht: item etliche von der zeyt 
Mertzenhecht : uü nach Ostern von der grosse 
grosse Hecht: item Grundecht. Bey Straßburg 
nenend sy die jungen Hecht Hürling . . . Dann 
der Wälschen Hecht sind gantz unlieblich zu 
ässen als etlich von uns Teütschen zu Mompelier 
mit grossem verdruß erfaren habend. An efr- 
lichen anderen orten sind sy nit gentzlich zu 
schälten , als die aus dem Rhyn kommend bey 
BaseL Straßburg.' [Gossen.] 

Hedas ("Edag), ovo/ua zov TUgftov jtaQa. Foq- 
Twiote, Etym. M., sonst unbekannt. Hermes auf 
Münzen von Gortyn, Cat Brit. Mus. Crete 45 



nr. 62. 46 nr. 78f. Ungenügende Erklärungs- 
versuche im Etym. M. als 6oz^q sdoav (k&a*v), 
im Philo!. Suppl. II (1863) 377 von Schwenck 
als iöavog = lieblich, [Jessen.] 

Hediste, weiblicher Lieblingsname auf einem 
rf. Stamnos im Boston. Klein Lieblingsinschrif- 
ten 128. Derselbe Name findet sich Kirchner 
Pros. Att. 6375—6377. [Leonard.] 

Hedius. 1) L. Hedius Rufus Lollianus Avi- 
lOtus s. Lollianus. 

2) Q. Hedius Rufus Lollianus Gentianus s- 
Lollianus. 

3) C. Hedius Thorus, als Senator nachweisbar 
in den J. 715 = 39 und 719 = 35 {rdiog" 'HSiog 
raiov viog KXavöta Oatgo; , Viereck Senno 
Giaecus 40f. nr. XLX 9. XX 9 ; vgl. Add. p. VII). 

[Münzer.] 
"Edva. 1. Die Brautgeschenke, die ursprüng- 
lich den Kaufpreis darstellen, den der Freier für 

20 die Braut zahlt Sie bestehen hauptsächlich in 
Rindern und anderem Vieh, Hom. IL XI 244. 
Mehrere Bewerber suchen sich darin zu überbieten, 
Od. XV 17. XVIII 276. XVI 392. Nur unter 
besonderen Umständen erhält der Freier die Braut 
ohne solche, dvaeSvw, IL IX 146. XIII 366. 
Andererseits stattet der Vater seine Tochter aber 
auch aus, und das Wort bedeutet 2. die Aus- 
stattung, Mitgift, die im Falle ungerechtfertigter 
Verstoßung erstattet werden muß, Od. II 132, 

30 wie umgekehrt beim Ehebruch die Brautgeschenke, 
VIII 318. Man hat diese Bedeutung des Wortes 
in Abrede gestellt (insbesondere Cobet Mise. crit. 
239), aber Od. I 277 und II 196 lassen keine 
andere Deutung zu, und dazu stimmen auch die 
hSvcorai II. XIH 382 und isSvtooaizo &vyatQa 
Od. II 53, sowie der Gebrauch späterer Dichter, 
Pind. Ol. IX 11. Eur. Andr. 2. 153. 942. Vgl. 
Schoemann-Lipsius Gr. Alt. I* 50 und für den 
gegenteiligen Standpunkt Hentze zu Od. I 277 

40 Anhang. [Thalheim.] 

Hedoniker s. Kyrenaiker. 
Hedraios ('EdQaios). In einer Inschrift auf 
einer Säulenbasis aus Patara in Lykien werden 
nebeneinander ein feog Soter Hedraios Asphales 
und Poseidon Hedraios genannt, Journ. hell. 
Stud. X 81 (Oeov ZonfJQog 'Edgaiov ActpaXovg 
xai IJoöEiöo)vog 'Eögaiov xai 'HXiov 'AxoXXojvos). 
Poseidon H. ist wohl Schutzgott gegen Erd- 
beben und entspricht dem Poseidon Asphaleios 

50 ( s . o. Bd. II S. 1726) und fapeXtoüzos, den Orph. 
hymn. 17, 9 bittet Sdqava yi[g otoCotg; vgl. Wide 
Lakon. Kalte 36. Gruppe Griech. Myth. 1139, 2. 
Wer als dsog 2W?Je unter Übertragung der Po- 
seidon-Epitheta H. und Asphales verehrt wurde, 
ist unbekannt. [Jessen.] 

Hedyle ("HövItj), Tochter der attischen Iam- 
bendichterin Moschile und Mutter des Hedylos 
(s. d.), schrieb ein Epyllion ZxvUtj. Das ein- 
zige Bruchstück bei Athen. VII 297 A handelt 

60 von Geschenken, die der liebende Glaukos der 
Skylla bringt. Knaack bei Susemihl U 532, 
71. Waser Skvlla, Zürich 1894 und Knaack 
Rh. Mus. LVII 205ff. [v. ßadinger.] 

Hedylion s. Hadylion. 
Hedylos. 1) Athener, Sohn des Straten ans 
LamptraL Kosmet der Epheben um 84 — 78 v. Chr. 
(IG II 481. Prosop. Att. nr. 6393). [SundwalL] 
2) 'H&vlos, Dicht« ans Samot oder Athen, 



Sohn der Dichterin Hedyle (Athen. VH 297 A B). 
Meteagros, der Epigramme de« H. in seinen Ste- 
plhmos aufgenommen hat, verbindet ihn pr. IV 
1. 45. 46 (ev de TloasiÖmstov ze xai 'HdvXov 
äygi ägovQijg (Feldblumen) 2ixsXiös<o t' äviftoig 
av&ea <pv6{4sva) mit Poseidippos und Asklepia- 
des. Ist auch die Annahme von Reitzenstein 
Ined, poet. gr. frg. II 6f. ; Epigr. u. Skol. lOlf. 
(nur V 160 ist zwischen H. und Asklepiades strit- 
tig), daß die drei ihre Gedichte in einer Samm- 10 
lung, dem Zoigog, vereinigt herausgegeben haben, 
mindestens für H. nicht zu erweisen, so standen 
sie doch sicher in nahen Beziehungen zuein- 
ander ; denn daß H. wie Theokrit den Asklepiades 
bei seinem Spitznamen SixsXi8o.g nennt (Athen. 
XI 473 A), daß bei allen drei dieselben Personen 
wiederkehren (Pythias: V 158 ev 163. 212, Ni- 
konoe = Mko : VI 292 ^ V 163. 204. 208, Kal- 
listion : Athen. XI 468 B ^ XII 131, Nikagoras: 

V 198^X11 135, Kleophon: V 160 tw V 152), 20 
kann nicht auf Zufall beruhen. Wir werden sie 
als Jugendgenossen betrachten dürfen. Aus dem 
fröhlichen Kreise von Athen oder Samos, den wir 
uns nach Poseidippos V 182 vorstellen mögen, 
sind die leichtfertigen Oe dichtchen des H, her- 
vorgegangen: Athen. XI 427 F Trinklied, V 158?, 
160 (vielleicht auch 43; vgl. V 3. 4) Hetaeren- 
praktik,_V 198. VI 292. Athen. XI 486 B He- 
taerenweihungen ; so mag auch das eine oder 
andere der stilverwandten adyka des Palatinus, 30 
wie V 1 34 rc Askl. 133 ; V 167 <■« Askl. 63 ; V 199. 
200 *o Hed. 198. VI 292 ; V 204 ew Askl. IX 752; 

VI 283 (v Askl. XLT 50 dem H. gehören. Einen 
eigenen Zyklus scheinen die Epigramme auf Weih- 
geschenke gebildet zu haben. Casaubon. zu Athen. 
XI 13 p. 817. In einer andern Eeihe von Epi- 
grammen verspottet er, so wie Poseidippos, be- 
kannte Zecher und Schlemmer (h smygdft/naoiv 
oipocpäyovg xazaXsywv Athen.): den Sokles, Ly- 
kophrons Vater (?), dessen xalyvia er über die 40 
des Asklepiades stellt (Athen. XI 473 A), den Agis 
(Athen. VIII 344 E), die Kallistion (Athen. XI 
486 E) und Kleio (Athen. VHI 345 A B vgl. Pha- 
laikos X 440 D); dagegen sind die beiden Epi- 
gramme Anth. Pal. XI 123 u. 414, in denen ein 
Arzt Agis verhöhnt und das Podagra als Tochter 
des Bakchos und der Aphrodite erklärt wird (vgl. 
Fr. Eeuter Stromtid II c. 22) im Stile des Ni- 
karchos (vgl. XI 118. 119. 122) und sicher von 
einem anderen Verfasser. Stadtmüller bei Su-50 
semihl II. Nachtr. 699. 

Übrigens enthalten auch die ersten Spottge- 
dichte recht frostige Witze, wie T Ayig IJQOizsvg— 
Zevg %Qvoo@6ns exi ttjvö' 'AxQtoiov XoTtdSa und 
Klsito Foeytö - yoyygog. Zeitanspielungen finden 
sich in der Grabschrift des Flötenvirtuosen Theon, 
Athen. TV 176 C und in dem Epigramm auf das 
Trinkhorn, das Ktesibios in Form eines tanzenden 
Besas (s. o. Bd. III S. 325) verfertigte. Athen. XI 
497 D E. Die im ersteren Gedicht v. 7 angeführten 60 
FXavxng fiefieüvafieva nalyvia. Movaecov gehören 
in die Zeit des Ptolemaios Philadelphos, da diese 
Glauke sicher mit der Chierin bei Theoer. IV 31 
(ev ftkv za Flavxag &yxgovo/iat) identisch ist. 
Knaack bei Susemihl II 521, 18. In dieselbe 
Zeit aber fährt auch die Erwähnung des Ktesi- 
bios, dessen mechanisches Kunststück im Tempel 
der 'ÄQatuMiTi ZtqtvQtzx (s. o. Bd. I S. 2764 und 

Patdjr-WlMOWft-KroIl VII 



negeiocnos zovr* 

die dort angeführten Epigramme des Poseidippos 
und Kallimachos) aufgestellt war. H. muß sich 
also wie Poseidippos in Alesandrien aufgehalten 
haben. Ob er dort in freundliche oder feindliche 
Beziehung zu Kallimachos trat, laßt sich aus 
Etym. M. s. äXvzdg^tjg : 'HdvXog 6s etg ra hit- 
ygd[ifi.a.Ta Kakhßdxov Stä XI ovofid&i zovg äXv- 
zag (Kampfordner in Olympia) nicht feststellen. 
Außer Epigrammen scheint H. nach dem Vor- 
bilde seiner Mutter Hedyle auch ein Epyllion 
riavxog (?) gedichtet zu haben ('HdvXog — Ms- 
Xix&qtov cpTjaiv sQao&ivza zov FXavxov savzov §i- 
tpat sig X7]v 'ßdXaTrav Athen. VII 297 AB). An- 
deres war schon im Altertum unsicher, wie das 
Zitat rov noitfoavzog zo sXsyslov, eTty r H8vX,og 
larlv sitF ootisovv bei Strab. XIV 683 (aus De- 
metrios von Skepsis) beweist. Über Sprache und 
Metrik: H. Ouvre Quae fuerint dicendi genus 
ratioque metrica apud Asclepiaden, Posidippum, 
Hedylum, Paris 1894. [v. Itadinger.] 

Hedyphon, Nebenfluß des Eulaios (s. d). 
An ihm lag gemäß Plin. n. h. VI 135 das Asylum 
Persarum, gemäß Strab. XVI 744 die große Stadt 
Seleukeia, früher Soloke genannt. [Weissbach.] 

HedytOj Athenerin, Tochter des Theodoros 
aus Erchia, Mutter des Redners Isokrates (Vita 
Isoer. Sauppe Orat. Att. LI 3a 2, vgl. Vita 
X or. 838b). Ihr Grabmal lag in der Nähe von 
Kynosarges (Heliodor. bei Vit X or, 839 d; vgl. 
B. Keil Hermes XXX 201), ihr Bildnis stand 
auf der Burg (Vit. X or. 839 d). [SundwalL] 

Hegeas, Führer der von Neapel zum römi- 
schen Heere gestellten Reiterei, gefallen 538 = 216 
(Liv. XXTJI 1, 9). [Münzer.] 

Hegeleos galt nach Paus. II 21, 3 als Stifter 
des Tempels der Athena Salpinx in Argos; die 
Legende machte ihn zum Sohne des Tyrsenos 
(s. d.) und ließ ihn die unter Temenos' Führung 
einwandernden Dorer im Gebrauch der Trompete 
unterweisen. Dieselbe Rolle spielt nach einer 
anderen Version Archondas (s. d.); auch ist es 
nicht Zufall, daß Temenos 1 Sohn Agelaos hieß 
(s. d.). In jedem Falle haben wir es also mit 
späten und mythologisch wertlosen Erfindungen 
zu tun. Gruppe Gr. Myth. 1199,4. [Kroll.] 

Hegel ochos. 1) Sohn des Hippostratos, Ma- 
kedonien Reiteranführer Alexanders d. Gr. in 
der Schlacht bei Granikos (Arrian. anab. I 13, 1), 
nachher mit der Deckung des Helles pontes beauf- 
tragt (vgl. Arrian. in 2 , 6f. Curt. in 1 , 19, 
vgl. Schäfer Dem. HI2 173 u. Anm. 2), leitet 
er als Befehlshaber die Flotte Alexanders mit 
Erfolg gegen die Seemacht der Perser (Arrian. 
a. O. Curt. a. O. Schäfer a. O. S. 182L), kämpft 
als Harch bei Arbela (Arrian. anab. ÜI 11, 8). 

[Sundwall.] 

2) Hegelochos, nach Diod. XXXTV/V 20 Feld- 
herr eines FIzoX£f.talog 6 xQeoßvzeQog, in dem man 
wohl Ptolemaios IX. Euergetes n. zu sehen hat. 
Er hat für diesen das abtrünnige Alexandrien 
wiedererobert und dabei den OTQazrjyog züv AXe- 
savögeaiv Marsyas gefangen genommen. Die Ein- 
ordnung dieser Tat des H. in die Zeitereignisse 
bei Niese Gesch. d. griech. u. raaked, Staaten 
m 272 undBouche'-LeclercqHist. des Lagides 
n 73f. ist schwerlich ganz richtig. Aller Wahr- 
scheinlichkeit nach Mit sie allerdings erat nach 
132/1 t. Chr., dem Anfangsjahre des Bürgerkrieges 

82 



2595 



Hegemon 



Hegemone 



zouo 



zwischen Euergetes IE. und Kleopatra ü.j auf 
deren Seite steht Aleiandrien. Nach BGü HI 993 
CoL 2, 3ff. ist nun Alexandrien noch im J. 128/7 
v. Chr. nicht in der Hand des Königs (Otto Priester 
u. Tempel im hellen. Ägypten II 305, 3); also kann 
die Tat des H. erst nach diesem Jahre fallen, aber 
wohl noch vor 124 v. Chr., dem Jahre, das augen- 
scheinlich die Wiedervereinigung des Euergetes II. 
mit seiner Schwester gehracht hat , s. aber neuer- 



dische Agon auf den rhapsodischen folgte, liegt 
in der Natur der Sache ; sein naturlicher Platz in 
Athen sind also die Panathenaeen (vgl. Hegemon 
hei Athen. XV 698e). Daß H. mit der Giganto- 
machie und andern Parodien in Athen siegte, 
bezeugt Polemon (Athen. XV 699 a). Die von 
Polemon mitgeteilten Verse wissen noch nichts 
von Siegen, sondern zeigen, daß H. , den der 
Wunsch, Geld zu verdienen, in die Welt trieb, 



dings Preisig ke Arch. f. Papyrusforsch. V 301ff. 10 in Athen damals nicht den ersten Preis von 100, 



Alexandrien hat sich eben auch noch nach der ge- 
rade von hier aus erfolgten Flucht der Kleopatra II. 
nach Syrien (lustin. XXXIX 1, 4 : opibus Aegypti 
navibus impositis) weiter gegen Euergetes II. 
allein gehalten, und insofern erscheint die oben 
gebotene Bezeichnung des Gegners des H., des 
Marsyas, durch die Kiese irregeführt worden 
ist (zur Annahme eines besonderen Aufstandes 
der Alexandriner, in den dannH. eingreift) ganz an- 



sondern den zweiten von 50 Drachmen erhalten 
hatte. Inschriftlich ist ein Agon xaQq&äv nur 
für die 340 gestifteten Artemisien in Eretria 
(Etpyft. ägx- 1902, 98 und 1904, 97) bezeugt; die 
Preise betragen hier 50 und 10 Drachmen. Daß 
H. seinen Hexametern auch, nach Art des Mar- 
gites, Trimeter einmischte, ergibt sich aus Par- 
oem. Gr, I 406. Nach Polemon schrieb H. auch 
eine Komödie Philine , dg tov Aq^oiov tqoxov, 



gemessen. Bouche-Leclerqs a.a.O. Vermutung, 20 aus der Athenaios III 108c zwei Trimeter an- 



in dem H. Diodors den insehriftlich uns bezeugten 
hohen ägyptischen Beamten Lochos zu sehen, 
ist nicht genügend begründet. [Walter Otto.] 

Hegemon. 1) Athenischer Archon im J. 327/6, 
Dionys. Hai. Din. 9 p. 649, 5. Papyr. Oxyrhynch. 
Philol. LVIII 563. Arrian. anal). V 19, 3. IG 
II 748. 808 c 117. d 173. 809 e 134. 811 c49. 

[Kirchner.] 

2) Hegemon , Athener aus Lamptrai , Trie- 
rarch um 325/4 (IG 809 c 156). [Sundwall. J 

3) Hegemon von Thasos, Tarode, den manche 
auch als Dichter der alten Komödie zählten (Athen. 
I 5 b). Er selbst gebraucht von sich mehrfach 
den Spitznamen <Paxfj (Athen. IX 406 f. 407 a. 
XV 699 a). Bei Aristoteles , der ihn zuerst er- 
wähnt (Poet. 2, 1448 a 12), heißt er 6 zag jiu- 
GQjStag jioirjGas ngtixog , und das wird richtig 
sein, obwohl Polemon hei Athen. XV 698 b Hip- 
ponax den Erfinder der Parodie nennt und auch 



fährt; ob und wo sie aufgeführt ist, wissen wir 
nicht. Eine kurze Notiz über diese Komödie 
hei Suidas s. 'By^^iwr ist vom Interpolator aus 
Athenaios eingefügt (Wagner Symbol, ad com. 
Graec. bist, crit, cap^ quatt. 45). Das Material 
über H. ist gesammelt von Brandt Parod. epic. 
Graec. reih 37ff. vgl. Meineke I 214, Kock 
I 700. [A. Körte.] 

4) Epigrammatiker des Meleagroskranzes, er- 
30 halten nur ein Epigramm auf die Thermopylen- 

kämpfer VII 436 in Meleagrosreihe ; daß er vom 
Paroden H. verschieden ist, zeigt auch die Na- 
mensform, [v. Badinger.] 

5) H. aus Alexandreia in Troas, Suid. s. y. 
'AXsgdvdgeta duvTEQa laxl nöliQ TqoIcls, iv # eye- 
vexo 'Hyrjfioiv enoxotöq, og syQatps xov Asvxxgt- 
xov jioXspov xoiv &r}ßalcöv xai Aaxsöatfioviayv. 
Aelian. n. a. VIII 11 'HyqfAwv iv xoig Aagdavi- 
xotg /iFTQOig tisqI 'AXeva tov ßsxxaXov <prjat xai 



Epicharm und Kratinos dem H. voranstellt. Das 40 äXXa fiev, h dk xoig xai oti r)Qao$r) dgdxoiv 

^ - J; J--1? --^j-~ -N- -~ui -v,™ a vrov (es folgt eine genaue Inhaltsangabe); Tgl. 

Suse mihi Gesch. d. alex. Lit I 409, 195. 

6) Athen. IH 75 d 9 A vöq oxi'qjv de i) QiXatitog t] 
'IlyfftiQtv iv zeji ye<0Qyix(ö yevt) avxtor xa&s äva- 
y Q ä<p£i. [Weinberger.] 

Hegemone (Hyefiovrj). 1) Artemis. ^ Ur- 
sprünglich wohl eine selbständige euphemistische 
Bezeichnung der Todesgöttin (Wide Lakon. Kulte 
110f.), ward H. zu einer Epiklesis der Artemis. 



Parodieren des Epos war nichts Neues, wohl aber 
die Ausbildung dieser Dichtungsform zu einem 
selbständigen yevog, das seinen besonderen Platz 
unter den musischen Agonen erhielt. Wir sind 
über H. vornehmlich durch einen längeren Passus 
aus Chamaileons sechstem Buch negi xrjq dp- 
yaiag xco/uosdiag bei Athen. IX 406 e— 407c und 
durch ein größeres Zitat aus Polemons zwölftem 
Buch xüv TiQog Tijumov bei Athen. XV 698 c 



—699 a unterrichtet. Chamaileon mischt wie ge- 50 Diese Artemis H. aber galt späteren Zeiten nicht 



wohnlich Wertvolles mit Klatsch, Polemon gibt 
vortreffliches Material und teilt vor allem 21 Verse 
des Dichters mit. die v. Wilamowitz Herrn. 
XL 173ff. eindringend behandelt hat. Die Zeit 
des H. ergibt sich aus den beiden von Chamai- 
leon erzählten Anekdoten, Alkibiades habe eine 
gegen ihn zur Zeit des attischen Reiches in 
Athen angestrengte Klage eigenmächtig im Me- 
troon gelöscht i Athen. IX 407 b), und die Athener 



mehr allein als Führerin zur Unterwelt, sondern 
als Führerin aui jeglichem Wege und zu jeglicher 
Tat ; an einigen Stellen scheint sie im Sinne einer 
Artemis Propylaia (Immerwahr Kulte Arka- 
diens 157) verehrt zu sein. In Arkadien hatte 
Artemis H. bei Lykosura am Eingang zum De- 
spoinaheiligtum (s*. o. Bd. V S. 252) einen Tem- 
pel, das eherne Kultbild zeigte die Göttin mit 
Fackeln in den Händen (Paus. VIII 37, 1). In 



hätten sich im Theater von dem Vortrag seiner 60 Tegea gab es ein Heiligtum der Artemis H., über 



Gigantomachie nicht losreißen können, obwohl 
gerade die Nachricht von der sizilischen Kata- 
strophe eingetroffen sei (Athen. IX 407 a). Die 
zweite dieser Anekdoten ist sicher erfunden, denn 
das sizilische Unglück muß in Athen spätestens 
Ende September 413 bekannt geworden sein, zu 
einer Zeit, wo es keine musischen Agone gab 
(Schrader Eh. Mus. XX 186). Daß der paro- 



dessen Stiftung Paus. VHT 47, 6 folgendes be- 
richtet : der Tyrann des arkadischen Orchomenos, 
Aristomelidas (vgl. Aristokleidas, o. SuppL-Heft I 
S. 133), liebte ein Mädchen aas Tegea und über- 
trug ihre Obhut dem Chronios; als aber das Mad- 
chen sich aus Furcht und Scb*m da« Leben nahm, 
erschien Artemis dem Chwg^ ™ weckte ihn 
zur Bache, so daß er d«»:t3W»«oön Ton Orcho- 



2597 



Hegemone 



Megemomos 



2598 



menoa tötete und dann nach Tegea flüchtete, um 
dort das Heiligtum der Göttin zu stiften. Aus 
Arkadien, und zwar aus Asea, stammt auch die 
sitzende Statuette mit der Inschrift ,Agemo' (Ar- 
chäol. Ztg. XXXI 110; IGA92. Collitz-Bechtel 

1 1185), einer Kurzform zu H. In Sparta lagen 
benachbart Heiligtümer der Dioskuren, Chariten, 
Eileithyia, Apollon Karneios und Artemis H. (Paus. 
III 14, 61. In Ambrakia war im Heiligtum der 
Artemis H. (Polyaen. VIII 52) die Göttin als 
Jägerin, als Artemis Agrotera, dargestellt; denn 
sie hatte auf der Jagd den Tod des Tyrannen 
Phalaikos bewirkt und die Ambrakioten verehrten 
die Göttin als H. zum Danke für diese Befrei- 
ung von der Knechtschaft (Ant. Lib. 4 = Nikand. 
frg. 38 Schneider). Weihinschriften für Artemis 
H. sind ferner gefunden in Aitolien : Joum. hell. 
Stud. XIII 353 nr. 30. Collitz II 1428h ( y Ao- 
lipaxog 'Ayefiovofs]), in Thespiai : Bull. hell. XV 
659 (Ayefiov?]), im Peiraieus: IG II 5, 1663c(/ip- 
zsfudog 'OQ&cootas 'Hysfidvqg), auf Tenos : IG XII 
5, 894 (Aprif/idos 'Aye/j-ovziag ^OQ&ajaiag). Als 
Führerin ganzer Städte erhält Artemis die Bei- 
worte xa&t]y£jna)v Tag uioXiog in Magnesia (Kern 
Inschr. von Magnesia 38, 35), jigoxa^yhig in 
Ephesos (Hicks Inscr. in the Brit. Mus. III 483), 
xgoxa'ihjyefiöjv zfjg szoXeoyg in Iasos (Rev. ötud. gr. 
VI 1893, 159), und in diesem Sinne heißt es bei 
Callim. hymn. in Dian. 227, Neleus habe sich 
bei seiner Fahrt nach Milet Artemis Chitone als 
rjyefiüvt] gewählt. Daß Artemis H. auch in My- 
sterienkulten eine Rolle spielte, • geht aus Orpti. 
Argon. 909 hervor, wo die öetvi} &sog r/yefiöveta, 
die kolchische Artemis— Hekate, den Uneinge- 
weihten schreckt. Bei Orph. hymn. 1, 8 und im 
Hymn. mag. m 4 bei Abel Orphica p. 289 führt 
Hekate das Beiwort H. und bei Orph. hymn. 72, 
-3 wird Tyche als Artemis H. bezeichnet. 

2) Aphrodite, Hesych. s. 'Hyeftövr)'AQr/-fiig 
xai *A(pQo6lrrj m xai ravg rtg ovra> xaXstzai. Die 
Epiklesis würde für die Göttin als Geleiterin der 
Schiffe passen, wie z. B. auch Theseus auf seiner 
Fahrt nach Kreta die Aphrodite zur xadr/ys^ojv 
nahm (Plut. Thes. 18); aHein es sind auch man- 
nigfache andere Beziehungen denkbar (vgl. Gruppe 
Griech. Myth. 1351, 3). In Athen ist in dem 
Heiligtum des Demos und der Chariten eine 
Weihinschrift gefunden: 'AoppobUr) yyefiovg tov 
dfowv xai Xäotoiv, IG II 5, 1161b; vgl. Furt- 
wängler S.-Ber. Akad. München 1899, II 592. 

U) Eine der Charites. Xach Paus. IX 35, 

2 hätten die Athener die bei ihnen übliche Drei- 
zahl der Charites erst von den Boiotem über- 
nommen und ursprünglich nur zwei Charites, 
Auxo und H, verehrt. Wer dies annahm, er- 
klärte wohl auch von den Schwurgöttern des 
attischen Ephebeneides , Agraulos Enyalios Ares 
Zeus Thallo Auio Hegemone (Poll. VIII 106), die 
beiden letzten als jene alten Charites. Dem gegen- 
über hat Robert Commentat. in hon. Monim- 
sen 146t und 21. Hall. Winckelmannsprogr. ,Die 
Knöchelspielerinnen d. Alexandras' 22 dargelegt, 
daß für Athen nur die Dreizahl deT Charites, 
Thallo — Auxo — Karpo, in Betracht komme; die 
in Athen verehrte H. sei Artemis EL Mit der Än- 
derung, daß unter H. vielmehr Aphrodite H. zu 
verstehen sei, stimmt Escher oben im Artikel 
Charites {B<L HC S. 2152) den Ausführungen 



Eoberts zu; vgl. auch Gruppe Griech. Myth. 
25,6. 1089, 0. Dagegen tritt TJsener Götter- 
namen 131ff. für die Meinung des Pauaanias ein. 
4) Name eines Schiffes, Hesych. [Jessen.] 
'Hyefiovia SixaoTijQiayy steht als offizieller 
Ausdruck in einem Gesetzeszitat bei Aisch. HI 14, 
vgl. 27. 29, dazu Schol. zur ersten Stelle. Har- 
poer. s. v., und am besten Bekker Anekd. I 262: 
äg/ r ovtsg r\<iav etaaycoyecg dixöv jiv(ov dg za öixa- 

10 ovrjQta TtqoavaxQivovxEg zag Sixag xai jrgooxa&e- 
£6{iiEvot roig ötxaoxfiQioig xai sI%ov xr\v xwv Stxa- 
atf]Qicov fjyefioviav. Es war dies der Kest ihrer 
früheren richterlichen Befugnisse, und die rj. ö. 
stand innerhalb ihres Wirkungskreises allen zu, 
uoot dia/Etgi£ovoi n tujv xtjg uioXEOtg utXmv rj 
zQiäxov& fjfisQaQ Aischin. a, Ö. Über die Tätig- 
keit bei der avdxgtotg s. d. Dieser voraus ging 
aber das Anbringen der Klage (s. Ai}k~ts), worauf * 
die Behörde über deren Annahme zu befinden hatte. 

20 Am Verhandluugstage führte sie den Gerichts- 
hof in die Gerichtsstätte ein {rioaysi [Demosth.] 
XLVH 26. XLVIH 31) und leitete Verhandlungen 
und Abstimmungen. Daß sie dabei auch auf das 
Ergebnis nicht ohne Einfluß war oder wenigstens 
man dies glaubte, zeigen Stellen wie Lys. XIV 
21. [XV lj. XVII 10. XVIII 26. Endlich hatte 
bei öffentlichen Klagen die Behörde auch bei der 
Ausführung des Urteils mitzuwirken, insofern sie 
die Höhe der Strafe an die nQaxxoqsg (s. d.) bezw. 

30 die Schatzmeister der Göttin schriftlich mitzu- 
teilen hatte , [Demosth.] XLHI 71, im Unterlas- 
sungsfälle trifft sie die gleiche Strafe. Bei Leibes- 
strafen haben sie den Verurteilten den svdexa 
(s.d.) zu überantworten. Vgl. Meier-Lipsius 
Att. Proz. 41. Lipsius Att. Eecht 53. 

[Thalheim.] 
Hegern Olli des wird nach der Unterwerfung 
Judäas im J. 163 v. Chr. von Antiochos VI. Eupa- 
tor und Lysias zum Statthalter (oTpaztjydg) des süd- 

40 liehen Syrien von Ptolemais bis zur ägyptischen 
Grenze, also von Palästina in weitester Ausdeh- 
nung, ernannt. II. Makk. 13, 24. Niese Gesch. 
d. griech. u. maked. Staaten III 242, der frei- 
lich mit der Möglichkeit einer Namenskorruptel 
rechnet. [Walter Otto.] 

Hegemonien (Hys^ovcog), Beiwort des Hermes. 
In Athen (Aristoph. Plut. 1159 nebst Schol.: 
xazä xQV a ^ v ° (f 'Ä&rjväioi rjyefioviov 'Eqfjii'p' Iöqv- 
oavxo) opferten die Strategen dem Hermes H. 

50 IG II 741 Aa 20 b 15. II 1207, 6. Es sind dies 
'HyEftöövva-Opfor (Xenoph. anab. IV 8, 25), wie 
man sie jedem Gotte darbrachte, den man als 
?iy£jucöv ehrte; bei Xenoph. a. a. O. gelten sie 
z. B. dem Herakles iiyzpüv (vgl. VI 2, 15. 5. 
241). Aber der Kreis der Verehrung ging viel 
weiter. Hermes 'EvoStog xai 'Hyefiövtog oder 
f Hyeu(öv stand an allen Wegen (Cornut 16. Schol. 
Plat Leg. XI 914 B); ihn ehrt der Wanderer, der 
Jäger (Arrian. de ven. 34), der Blinde (Schol. 

60 Aristoph. Plut. 1159); dem Hermes 'Hyeßtav setzte 
auch ein Pädagog einen Altar im Piraeus (IG 
III 197) als Gott der Rede (Plut. maiime cum 
prineip. vir. philosoph. esse disser. 777 B. Nonn. 
Dionys. 26, 284: yX<öoar\g ^yEftov^a). Er ist der 
r}yriza>Q ovetQOv (Hom. hymn. 3, 14), der ■qyefttöv 
der Charites (Cornut. 16), der Geleiter der Ver- 
storbenen. VgL den Art. Agetor o. Bd. I 
S. 807). [Jessen.] 



2599 



Hegemonws 



Hegemonlog. Was wir vor 1908 über die 
Acta Archelai wußten, hat Juli eher o. Bd. II 
S. 455 Nr. 40 zusammengestellt. Inzwischen hat 
Traube eine Hs. des lateinischen Textes ent- 
deckt und erworben, welche den bisher verlorenen 
Schluß nebst einem Anhang enthält. Die am 
Ende der Übersetzung gebotene Unterschrift Ego 
Egemonius scripsi disputationem istam exeepiam 
axi describendum volentilnts bestätigt die Angabe 

des Heraklian (bei Phot. cod. 85), daß der Ver- 10 beizulegenden ttöIs^oq nicht, wie es z. B. Niese 
fasser der Disputation H. heiße; denn daß er Geschichte d. griech. u. maked. Staaten II 642. 



negesanaros aovv 

197 v. Chr. an; erat damals greift Antiochos IH. 
in die kleinasiatischen Verhältnisse aktiv ein. 
Die gleichzeitige Anwesenheit eines Gesandten 
Philipps V. von Makedonien auf Kreta' (Michel 
Kecueil 55—60) macht nun aber die Zeit nach 
197 v. Chr. nicht gerade wahrscheinlich. Sollte 
197 v. Chr. der richtige Zeitansatz sein (für 19£ 
v.Chr. hat sich dagegen z. B. Bürchner s. o, 
Bd. V S. 2352 entschieden), dann könnte man den 



sputatii 
sich hier nur als Stenographen der (in Wahrheit 
ja fingierten) Unterredung bezeichnet, wird nie- 
mand täuschen. Der Nachtrag, welchen Traube 
(S. 548) dem Übersetzer selbst zuschreibt, wäh- 
rend Beeson (p. XVIÜ) ihn , vielleicht von einem 
der ersten Leser' zugefügt sein läßt, gibt eine 
■ gedrängte Übersicht über die naehmanichäischen 
Ketzereien und nennt als zurzeit aktuell den Pho- 



tinus {nunc Fotinus p. 99, 1 B.), den Apollina- 20 Bereicherung, 



750 und Bevan The house of Seleukus II 47 
tun, auf eine innere kretische Fehde deuten,, 
sondern auf den kretisch-rhodischen Krieg, der 
gerade 197 v. Chr. zu Ende gegangen ist (s. etwa 
Herzog Klio II 231). Der Tätigkeit des H. wäre 
also größere politische Bedeutung zuzumessen, 
und es erführe durch sie unsere Kenntnis von der 
damaligen Politik des Syrerkönigs eine wichtige 



[Walter Otto.] 



rismus (extrema est heresis ApolUnaris p. 99, 
25), über dessen Schulunterschiede er ziemlich 
unterrichtet ist, sowie die Montenses (p. 100, 5. 
7). Letzteres war der Name, den die Donatisten 
in Rom führten (s. o. Bd. III S. 1443, 18ff.): 
damit ist Rom als Entstehungsort des Nachtrags, 
eventuell auch der Übersetzung festgelegt. Was 
über die Häresien gesagt wird, macht die Zeit 
um 400 für beides sicher. Der 431 zu Ephesus 



4) Hegesandros (AyTJoavdoos Phot. Berol. 77 r 
13Reitz. BA 377, 30) von Delphi (Athen. 44 C 
u. o. Zweifel an dieser Herkunft äußert Pom- 
tow o. Bd. IV S. 2523, 25ff., ,weil der Name 
in den zahlreichen delphischen Urkunden nicht, 
einmal für einen Delpher vorkommt') war ein 
Anekdotensammler, der mindestens sechs Bücher 
(Athen. 162 A) 'Y^io^rrj^ara (so stets zitiert) 
schrieb. Seine Zeit wird nach oben dadurch be- 



verdammte Nestorianismus ist noch unbekannt, 30 stimmt , daß er als letzte historisch nachweis- 



während andererseits Hieronymus in den 392 ver- 
faßten Viri inlustres c. 72 nur erst von einem 
griechischen Text des H. weiß. L. Traube Acta 
Archelai in S -Ber. Akad. Münch. 1903, 533ff. 
A. Harnack Chronologie II 548f. Neue Aus- 
gabe mit Prolegomena von C. H. Beeson in Die 
griech. christl, Schriftsteller der ersten drei Jahrh , 
Leipz. 190G. [Lietzmann.] 

Hogesagoras. 1) 'leponotog, d. h. der eponyme 



bare Person den rhodischen Politiker Kho doph on 
nennt, der bei Polyb. XXVII 7, 3. XXVLTI 2, 
3. XXX 5, 4 in den J. 172-167 erscheint (Droy- 
sen Hellenism. ILT 1 S. 246, 3). Auch sonst wird 
er mehrfach für Fakten und Personen aus der 
Zeit Antiochos d. Gr. (223—187) zitiert: so für 
den Historiker Mnesiptolemos und den ihn ver- 
spottenden Komiker Epinikos (Athen. 432 B, C) 
für Euphorion und Theodorides von Syrakus (ebd. 



Beamte von Erythrai, wohl im J. 274/3 v. Chr., 40 229 A B. 477 E). Da ihn Athen. 83 B zu den 

i - ■ r7 'a j: ci.Jj. „4.„1„„.;;:„,.1, -^„3«.^/ rnnlinot meto- jav "Vn+fo 9. .TVidfiö v C!hr^ 



also in einer Zeit, wo diese Stadt ptolemäisch 
war. Dittenberger Syll. 2 I 210, 4. Nach 
Syll. 2 II 600, 158 hat H. bald darnach, etwa um 
270 v. Chr.. d. h. auch noch während der ptolemä- 
ischen Periode, dasselbe Amt noch einmal be- 
kleidet. Gabler Erythrai 66, 90ff. Beloch 
Griech. Gesch. III 2,"273ff. [Walter Otto.] 

2) Tierarzt, an den Apsyrtos Hippiatr. p. 186 
schreibt. " [Gossen. 1 



iialatoi rechnet, mag er Mitte 2. Jhdts. v. Chr. 
geschrieben haben. 

Der Inhalt des Werkes war der in der Apo- 
mnemoneumataliteratur gewöhnliche : witzige Aus- 
sprüche, pikante oder interessante Geschichten 
und Vorgänge, die sich auf Menschen und Sitten T 
Kunst und Natur beziehen. Die Fragmente ent- 
halten vieles über die im Mittelpunkte der Inte- 
ressen in der hellenistischen Gesellschaft stehen- 



Hegesaios aus Sinope, 6 IQotos ixixXtiv, von 50 den Menschenklassen : über die Könige von Make- 

Diog. Laert. VI 84 als Schüler des Diogenes von donien und Syrien (die Ptolemäer fehlen gewiß 

■ " " ' T ' 1 " n "^ nicht zufällig); über Personen ihrer Umgehung, 

Parasiten, xöXaxzg usw.; über Künstler und Lite : 
raten aller Art ; über Hetären, Philosophen, ö>o- 
(fdyoi, vÖQOTtözai und andere Originale. Sehr 
vieles ferner über Symposien und alles, was da- 
mit zusammenhängt, bis herunter zu glossographi- 
schen Notizen (Athen. 87 B. 229 A. 365 D). Das 
Leben der Natur war auch jedenfalls stärker be- 
60 dacht, als unsere einseitig ausgewählten Zitate 
erkennen lassen (Athen. 52 A. 400 D E). Der 
bunte Inhalt scheint aber in eine gewisse sach- 
liche Ordnung gebracht worden zu sein, so^ daß 
ein Buch als ev rät kntyqavpofiEv<ot vjro/iv^fiati 
arSQtdvxwv xai aytü.fidran' zitiert werden konnte 
(Athen. 210 B), nach Koepkes Vermutung ein 
Catalogue raisonnö vornehmlich der delphischen 
Weihgeschenke. Ein zweiter ßpezialtitel (B. A a. &. 



Sinope genannt. Daß er als Lehrer oder Schrift- 
steller den Kynismus vertrat, folgt daraus nicht 

[v. Arnim] 
Hegesandros. 1) Hegesandros aus Thespiai, 
Führer der boiotischen Hopliten in einem Hilfs- 
korps nach Sicilien, Frühjahr 413 (Thuk. VII 
19, 3). 

2) Hegesandros, Lochag der Arkadier im Zuge 
der Zehntausend (Xen. an. VI 3, 5). [Sundwall.] 

3) Hegesandros, Sohn des Eukrates aus Rho- 
dos, steht in Diensten Antiochos" DX und ist als 
sein Gesandter auf Kreta tätig gewesen Jni ras 
r« xoUfito diaH'oeig' (Michel Kecueil 53. 57). 
Die allgemeine politische Lage und im speziellen 
das Eintreten der syrischen Gesandten für die 
Asylie von Teos bei den kretischen Städten Rhau- 
kos und Elenthema weisen hin auf die Zeit von 



<X) ist durch Ausfall verloren. Da Athenaios mit 
«iner Ausnahme ohne Buchzahl zitiert, ist jeder 
Versuch, die Folge der Bücher wiederzugewinnen 
besonders der von Weniger 53ff.), absolut will- 
kürlich. 

Fragmente sind außer zwei Erwähnungen bei 
Xexikographen (Hesych. s. a7t6(paQtHs. Paus. p. 101 
&chw. = BA. Phot. Suid. s. 'AlxvoviSeg rt/uepai) 
nur durch Athenaios erhalten. Das Werk hatte 
offenbar eine gewisse Bedeutung als Reservoir der 
älteren Anekdotenliteratur, die H. nicht nur keimt 
und benutzt, sondern auch, wie es scheint, zitiert 
hat. Er nannte jedenfalls seine Quellen, je ein- 
mal Dikaiarchos (479 D E) und Pythermos (52 A), 
höchst wahrscheinlich auch Sotion (343 C). Ans 
ihm stammt wohl sicher die Berufung auf Hero- 
dot (210 B) und das große Fragment des Epi- 
nikos (432 B C). Dagegen beruht Wenigers 
<S. 56) Versuch, Benutzung des Anaxandrides 
■durch H. nachzuweisen, nur auf der falschen Ein- 
setzung jenes Namens 210 B. Gekannt wird frei- 
lich der Delpher den Delpher wohl haben. Be- 
nutzt hat den H. nicht nur Plutarch, direkt oder 
indirekt (v. Wilamowitz Philol. Unters. IV 215, 
38); er gehurt auch zu den Autoren, die Athe- 
naios selbst exzerpiert hat (479 D bibliographisch 
genaues Zitat der ersten Worte. 82 B i£a- 
vayvovg avxov navta xa vnofivTjf.iara. im Munde 
einer Gesprächsperson, aber für Athenaios selbst 
gültig) ; und zwar sehr ausgiebig. Fast in jedem 
seiner sachlichen Kapitel erscheint ein Zitat aus 
H. : in gewissen Partien . wie über die xohams 
{248 E. 249DE. 250D-F. 251 A.B. 260 A.B), die 
Jiyocpdyoi (340 E F. 343 C D E. 344 A), auch über 
die HetäTen (572 D. E. 584 F. 592 B) hat er ihn 
geradezu als Hauptquelle neben sich liegen ge- 
habt. 

Die Benützung greift auch sicher weiter, als 
die wörtlichen Zitate gehen. H. hat offenbar 
■dem Athenaios eine Reihe von Belegen aus älteren 
Autoren geliefert. Im einzelnen läßt sich freilich 
bei der Art, wie Athenaios seine Belege anein- 
anderreiht, kaum je etwas Sicheres sagen. Von 
Brunks Vermutungen {bei Susemihl I 489, 
16ff.) sind die meisten teils unbeweisbar, teils 
sicher unrichtig. Letzteres gilt, obwohl 343 D 
Sotion durch H. zu Athenaios gekommen ist, für 
den Versuch, die vielen anderen Geschichten über 
Aristippos (besonders 544 A— E; H. wird 544 C 
zitiert) auf H. zurückzuführen, der seinerseits aus 
Sotion geschöpft habe. Aber Koepkes Behaup- 
tung einer auffallenden Übereinstimmung' zwi- 
schen Diog. Laert. II 65ff. und den betreffenden 
Partien des Athenaios, die Brunk zu dem Stemma 
Sotion— H. — Athenaios und Sotion —X— Diogenes 
veranlaßt, ist falsch. Gerade die Anekdote über 
Aristipps 6yjo<payia, für die Athen. 344 C Io>zl(ov 
xai "IL zitiert, kehrt in der Diogenesvita nicht 
weniger als dreimal wieder (II 66. 75. 76f.) ; aber 
keine der drei Fassungen stimmt in den Einzel- 
heiten zu H. Nicht anders steht es Athen. 544 
cNi Diog. II 67 mit den Geschichten über das 
Verhältnis Aristipps zu Dionys. Auch hier sind 
alle Einzelzüge verändert. Bei diesen tralatizi- 
schen Geschichten, die in vielen Parallelfassungen 
ranliefen und in allen Aristippviten standen, ge- 
stattet aber nur völlige Übereinstimmung in der 
Einzelansfuhrang den Schluß auf gemeinsame 



Quelle. Auch die vier Lynkeuszitate 62 D. 1S1 F, 
837 D. 585 A aus H. herzuleiten (Brunk 489, 
16), sehe ich keinen Grund. Lynkeus wird von 
Athenaios viel häufiger zitiert; er wird direkt 
benutzt sein; dati er mehrfach in den gleichen 
Partien und in der Nachbarschaft des H. erscheint, 
brachte der Stoff mit sich. Dasselbe gilt für 
Dikaiarch (gegen Brunk 489", 20), obwohl dieser 
auch einmal durch H. zu Athenaios kommt. Eher 
10 möglich ist, daß das vereinzelte Zitat aus den 
'ATtofjivrjfj.ovsv^aTa des (Isokrateers ?) Dioskurides 
507 D aus H. stammt (Brunk 490, 24. Schwartz 
o. Bd. V S. 1128, 60). Ziemlich sicher wird 
dann durch Vergleich von Pkt. quaest. conv. 
668 C D ^s Athen. 340 Eff. und Plutarch. 667 F 
— 668 A ^ Athen. 276 E f. H. als unmittelbare 
Quelle dieser Abschnitte mitsamt dem Zitat aus 
Polemon erwiesen (v. Wilamowitz a. O. Brunk 
490, 24). Ganz sicher ist endlich, daß Athenaios 
20 don Historiker Pythermos nur aus H. kennt 
(Brunk 490, 22). Denn 52 A zitiert H. den Py- 
thermos ; 289 C— F folgt nach Einschub eines 
kurzen Zitates aus Alexis auf H. wieder Pyther- 
mos ; 44 C geht ein Zitat aus ihm einem solchen 
ajs H. unmittelbar vorauf. 

FHG IV 412-422. Koepke De hypomn, 
Graec. I. Berlin 1842, 20—38. Weniger Quaest. 
Delph. speeimen, Bonn 1865, 49—59. Suse- 
mihl Griech. Lit.-Gesch. I 489—491. 
30 5) Hegesandros von Salamis (FHG IV 422. 
424, 5) wird nur von Tzetz. Lyk. 883 p, 286, 1 
Scheer und Etym. M. 136, 31 für eine Version 
über den Namen der Argo zitiert. Quelle jeden- 
falls Scholien zu Apollonios (vgl. Schol. A 4). 
Doch ist an letzterer Stelle der Name infolge 
von Abbreviatur in den Hss. zweifelhaft { c Hyy- 
otxnog neben rjy*l und ijyV'™?). Dazu kommt, 
daß Tzetz. zu v. 177 p. 87, 30ff. sich rühmt, 
über iözoQlm besser Bescheid zu wissen als Käo- 
40 oavSpog 6 SaXafiivio?. So bleibt selbst der Name 
zweifelhaft. [F. JaoobyJ 

Hegesaretosj angesehener Mann in Larissa 
in Thessalien, im J. 691 = 63 in Rom mit Aus- 
zeichnungen bedacht (Cic. fam. XIII 25: Hage- 
saretus), im Caesarischen Bürgerkriege Führer 
der Pompeianischen Partei in seiner Heimat (Caes. 
bell. civ. HI 35, 2; vgl. Larissa als Hauptquar- 
tier deT Pompeianer vor der Schlacht von Phar- 
salos ebd. 80, 4. 96, 3. 97, 2), doch offenbar von 
50 Caesar begnadigt und im J. 708 = 46 dem von 
diesem bestellten Statthalter von Achaia Ser. Sul- 
picius Rufus durch. Cicero a. a. O. angelegentlich 
empfohlen. Der Name ist auf Inschriften von 
Larissa bisher nur einmal zu finden {KUoqxos 
6 'Ifyrjoaehov IG IX 2, 549, 7). [Münzer.] 

Hegeaianax( IZj^ötava^). 1) Sohn des Diogenes, 
aus Alexandreia in der Troas { c Hyr}oiava% Ato- 
yhov; *AU$avdQBvz eh ras TgoidÖoq wird erwähnt 
in der delphischen Inschrift Dittenberger Syll. 2 
60 268, 43f. = Samml. d. griech. Dialektinschr. II 
nr. 2581 als Prosenos der Delpher in der zweiten 
s£äfiT]vos des Archontats des Peithagoras, d. h. 
in der ersten Hälfte des J. 193 v. Chr.). Er war 
einer der <piloi Antiochos d. Gr. (Demetrios von 
Skepsis frg. 7 (Gaede) bei Athen. IV 155 b) und 
wurde von ihm wiederholt ah? Gesandter ver- 
wendet. Im J. 196 reiste er mit Lysias nach 
Korinth und wurde dort nach der berühmten 



Isthmienfeier von T. Quinciäus Flamininus emp- 
fangen; von Korinth begaben sich die beiden 
Gesandten nach Lysimacheia zu Antiochos zu- 
rück. Polyb. XVIII 47, 4. 50, 3 (Liv. XXXIII 
34, 1—4 ohne Nennung der Gesandten). Die 
zweite uns bekannte Gesandtschaftsreise unter- 
nahm H. im J. 193 mit Menippos zusammen nach 
Rom ; im Namen des Senats verhandelte eine von 
T. Quinctius Flaminmus präsidierte Zehnerkom- 



221f. Maas s Änalecta Eratosthenica 91. 104. 
Knaack Quaestiones Phaethonteae 60. Maas» 
Aratea 160. 220f. Skeptisch äußert sich gegen 
mehrere dieser Vermutungen Boll Sphaera 111 
Anm. und 123, 1. Einige schrieben auch Arats 
Buch Ttsql ävaro?.r)5 dem H. zu, vgl. Vita Arati 
II, Westermann Biogr. 56. Deutlich zeigt sich 
schon in den wenigen erhaltenen Fragmenten der 
fpatvopsva, daß H. mehr als Aratos die Mytho- 



mission mit den Gesandten und übergab ihnen 10 logie berücksichtigt und eine besondere Vorliebe* 



das römische Ultimatum an Antiochos. Liv. 
XXXIV 57, 6. 58, 4. 59, 1 aus Polybios (vgl. 
Nissen Krit. Untersuch. 162ff.); ebenso Diod. 
XXVIII 15, der nur den Menippos nennt, wäh- 
rend App. Syr. 6 neben H. und Menippos hier 
wohl irrigerweise den Lysias einführt, der drei 
Jahre früher der Begleiter des H. nach Korinth 
gewesen war. Vermutlich berührte H. auf dieser 
zweiten Heise auch Delphi und wurde daselbst 



für attische Sagen gezeigt hat. Ein Titel At- 
ßvxd bei Ps.-Plut. Parallela minora c. 23 p. 311 D r 
wo übrigens 'Hoidvag überliefert ist, ist ohne alle 
Gewähr. Im allgemeinen vgl. über H. Suse- 
mihl Gesch. d. griech. Literatur II 31ff. und 
Müller FHG III 68ff. [Im allgemeinen zuzu- 
stimmen ist Niese Gesch. d. griech, und maked. 
Staaten II 647. 669. 675. 677, 4. Bevan The 
house of Seleukus II 48f. 57ff. , dagegen bietet 



zum Proxenos ernannt (s. o.), vgl. Foucart Rev. 20 auch noch Dittenberger Syll. 2 I p. 423 Fal- 



de philol. II (1878) 216f. Rohde Rh. Mus. 
XXXIV 153. Bergk Philol. XLII 244. Seine 
Gunst bei Antiochos verdankte er dem gewandten 
Vortrag eigener noirjuaxa nach der Nachricht des 
Demetrios von Skepsis a. a. O. Derselbe Autor 
behauptet, daß H. sich den Wohllaut der Stimme 
erworben habe, indem er während 18 Jahren keine 
Feigen aß (frg. 9 Gaede bei Athen, in 80 d). 
H. wird als Dichter, Historiker und Grammatiker 



sches. Otto.] [Stahelin.] 

Da Demetrios (Athen. 155 AB) poetische Be- 
tätigung des H. bezeugt, dem er sonst entspre- 
chend seinem speziellen Interesse an ihm das- 
Signum 6 xdg hxoglag ygaipas gibt (Athen. 155 A r 
vgl. 80 D), so erscheint, zumal bei dem Charakter 
dieser 'lözogiai (s. u.), die Identifikation mit dem 
'IL yga^iarixög . , i)v ös Tgcoadtrüg sicher, der 
TisQt zfjg At}ftoxgtzov Xegewg ßtßXiov ev xal nsgir 



bezeichnet. Steph. Byz. s. T^codg: "Evxevftev rjvStiizoiqnxüiv Xegecov geschrieben hat (Steph. Byz„ 



xal c Hyt)ötdva£ yQa/nfiaxixog ygdtpag Ji£Qi xrjg Ar\- 
ßoxgizov Xigecog ßißXtov ev xal Jisgl jzotrjtixMv 
Xit-ewv, rjv 6h Tocoaöevg. Von den hier genannten 
Schriften hat sich kein Bruchstück erhalten. 
Seine Tgonxd oder 'loxogiai gab H. unter dem 
fingierten Autornamen eines uralten (vgl. Dion. 
Hai. I 49. 72) Gergithiers Kephalon oder Ke- 
phalion heraus (Athen. IX 393 d : ob? xd Ke<pa- 
?d(övo$ £JTtygaip6/u,sva Tgauxd ovv&fas ' Hyrjaidvag 



s. fgcoidg. Die Stelle, die Mein eke richtig als 
Zitat auffaßt, ist unvollständig). Zitiert werden 
diese im engeren Sinne grammatischen* Arbeiten, 
mit denen man am nächsten Euphorions sechs 
Bücher über die legis des Hippokrates (o. Bd. VI 
S. 1189, 33) vergleicht, nirgends. Dagegen kennen, 
wir wenigstens eines der poetischen Werke. Denn 
dem 'AXegav&Qtvgdjid TgwdÖog gehören dochhöchst- 
wahrscheinlich die nicht ganz selten zitierten <£cu- 



d'AXegavögsvg). , Wenn H. im Gegensatz zu Homer 40 rdfieva eines H., den die Vit. Arat. I zwischen 



auf Grund eines uralten Berichtes die wahre Ge- 
schichte des troischen Krieges berichten will, so 
sehen wir schon die Mythenbearbeitung ausge- 
bildet, die später in die Schwindelbücher des Dik- 
tys und Dares ausläuft* Wen dl and Einl. in die 
Altertumswiss. I 359. Da Demetrios von Skepsis 
frg. 21 (Gaede) bei Strab. XIII p. 594 den H. 
selbst für ein Ereignis der spätesten troianisohen 
Geschichte zitiert, so scheint es, daß H. die jüng- 



dem Kaliimacheer Hermippos und Aristophanes. 
aufführt. Wenn das Epigramm iv zolg 'Idtocpv- 
fotv, das diesen H. und Hermippos zu ihrem Nach- 
teil mit Arat vergleicht, wirklich dem unter Euer- 
getes lebenden (Reitzenstein o. Bd. II S. 453 
Nr. 34) Archelaos gehurt, wie Maass Comm. i. 
Arat. rell. 1898. 79 meint, so würde das zeitlich 
nicht widersprechen, sondern nur die $cuv6fiEva f 
was auch an sich wahrscheinlich ist, in die Ju- 



ste Vergangenheit Troias unter seinem eigenen 50 gend des H. verweisen. Zitiert wird das Werk bei 



Namen, sei es in einer Einleitung oder einer Fort 
Setzung zu Kephalon, behandelt hat. Vgl. Su- 
se mihi Gesch. d. griech. Literatur II 31 f.. 15. 
Von dem Alexandriner H. aus der Troas ist wohl 
nicht zu trennen der gleichnamige Verfasser eines 
astronomischen Gedichtes *P<uv6fi£va. der in einem 
Epigramm der 'Idioyvfj des Königs Ptoleniaios 
(Vita Arati I, Westermann Biogr. 55) neben Ara- 
tos and Hermippos genannt wird. Wörtliche Zitate 



Hvg. astr. II 6. 14. 29; von Nigidius Figulus 
Schol. BP Germ. Arat, p. 85, 13 Breys. und Plut. 
de fac. 920 DE. 921 B (Ayyoidvag). Bei Hyg- 
LT 4 erkennt Maass Philol. Unters. VI 57- 104 
zwei Fassungen der Erigonegeschichte, deren einfr 
die Erathostenische ist, wahrend er die zweite, 
ausführlich in Nonn. Dionys. XLVTI wiederge- 
gebene, dem H. zuweist, der die Eratosthenische 
Darstellung für den größeren Zusammenhang der 



daraus liegen vor in den Versen des ,'Ayr}otdva£ l 60 $aivöfiF.va bearbeitet habe. Weiteres aus H. ent- 



bei Plut. de facie in orbe lunae c. 2 p. 920 E 
und c, 3 p. 921 B, wie Meineke Änalecta Ale- 
xandrina 243f. erkannt hat. Ferner wird H. drei- 
mal als Gewährsmann zitiert in den Astronomica 
des Hyginus II 6 p. 41, 21ff. (Bunte). 14 p. 50, 
llff. 29 p. 70, Hfl; Weitere Vermutungen über 
H. als Quelle für Astronomisches: bei Robert 
Eratosthenis Catasterismorum reliquiae 32, 66. 



nommenes Gut bei Hygin versucht Robert Era- 
tosth. catast. rell. 1878, 221ff. nachzuweisen (vgl. 
Boll Sphaera 110, 2. 123, 1). Es ist Dicht un- 
wahrscheinlich, daß H. mehr als Arat auf das 
Mythologische, und zwar unter Bevorzugung atti- 
scher Sagen eingegangen ist (Suse mihi 33). 
Man mag damit den Charakter der römischen 
Bearbeitungen Arats vergleichen. Eine 'AvatoXq 



war zwischen Arat und H. strittig {rtvog 'Agar. des Dares Ephemerides u. a. Hier war der Ge- 
rt 823 Maass). wahrsmann wohl ein Bewohner der uralten Stadt 
Inhalt und Art der loxogtai, die so nirgends Gergis in der Troas (über sie Kiepert KUo 1909, 
zitiert werden, werden schon dadurch präjudiziert, llff.), die flüchtigen Troianern als Zuflucht ge- 
daß Demetrios von ihrem Verfasser im Tgcotxdg dient haben soll. Ob Kephalon zu ihnen gehört 
didxoouos so ausführlich sprach. Sodann da- haben, oder ob er der Finder gewesen sein soll, 
durch daß Steph. Byz. doch vermutlich unseren läßt sich kaum entscheiden.. Aber em Fundbe- 




gut ein solches Werk für den späte 

passen würde und so sehr das einzige prosaische unsichere Grundlage für solche Vermutung bildet, 

Fragment unter H.s Namen, das Strab. XIII 1, mit einer die weiteren Schicksale der Troas schil- 

27 freilich ohne Buchtitel beibringt, zu dieser dernden Einleitung (Suse mihi) oder Fortsetzung 

Annahme verlocken könnte. Aber bemerkens- (C. 1h eil er) verbunden. Vielleicht aber gehörte 

wert ist schon, daß das hier berichtete Faktum die Erwähnung der gallischen Invasion auch mit 

sich auf die Troas bezieht (über die Gallier in zum Fundbericht. Das können wir eben nicht 

Ilion) und daß Strabon an jener Stelle aus De- entscheiden. Demetrios hat den Tatbestand ge- 

metrios schöpft. Daß dieser den H. häufiger kannt. Die Späteren haben sich täuschen lassen, 

zitiert hat, schloß Gaede Demetr. Sc. quae super- In Strabons literarhistorischen Notizen wird Ke- 
sunt, Greifswald 1880, 28, 40 richtig aus dem20phalon verzeichnet (XIII 1,19), und dem Dionys 

Vergleich von Strab. XHI 1 , 33 Otvojvtjs, w ist er ein avvjq a^cuo? *cü Xdyov ä$io$ (I 49, 1), ein 

ioroQovot yvväixa ysyovhai xov 'AXsg~dvdgov Jiglv avyyga<pevs nalaiog Jtdvv (I 72, 1). [F. Jacoby.] 

r EXhr}v dQxdoat mit Parthen. narr. am. 4 neql 2) Sohn des Dositheos, Bruder des Phyrson, 

Ölvd>v?)s • laxoQsi Nixavdqog . . xal Ks<pdl(ov 6 aus Kolophon, frühverstorbener Schüler Epikurs, 

r .'.a._. ' . >v — , r~ ,-.n^ nk,l HA ^-es,) jr n ™',A*iti ' rldsaATi Andpnlrpm ev in einer r }Ivwaidva£ beti- 




rEQyi&tog. _ — — 

graphische Notiz Athen. 393D E ein, die jeden- stete. Usener Epicurea p. 138, 14. 151, 3 adn. 

falls direkt oder indirekt auf Demetrios zurück- 100, 23. 

geht: ein spezielles Faktum aus dem Leben des 30 3) Kyniker unbekannter Zeit, aus dem Sto- 

von Achilleus getöteten Kyknos wird zitiert aus baios (nach Phot. cod. 167 p. 114 b 24) in seinem 

ö rä KE<pdX[i]wvo$ sjtiyQa<p6(.ieva Tgcüixa avv- Florilegium Exzerpte mitteilte. [v. Arnim.] 
Mg r IL 6 'A?.e£avS<>£vg. 4) Hegesianax ('Htnavag codd.), Schwindel- 

Denn dieser KeydXtov 6 ngyi&tog [so lautet antor des Ps.-Plutarch. Parall. 23 p. 811 C D, 

der auch in historischer Zeit nicht seltene Name. der ihn iv rptW Atßvx&v zitiert. FHG III 

i&^aJUW bei Athenaios ist trotz Lob eck Aglaoph. 70f. [F. Jacoby.] 

II 995 p doch wohl nur Korruptel; vgl. Ksydl- Hegesias. 1) Athenischer Archon, 'Aristot. 

Xa>v cod. A Dion. Hai. ant rom. I 72, 1, Ke<pa- 'Aß-qv. xoltx. XIV 3. Nach Pomtow (Rh. Mus. LI 

Xkoiv cod. E Steph. Byz. s. Agioßt). Bei Siiid. 575) identisch mit Hegestratos 6 fiszd Konkav 
s. KeyaXi<ov jj KetpdXvv npylfaos sind diese 40 dqgag , Phanias bei Plut. Sol. 32. Da Korneas 

Worte auszuscheiden als Glossem eines Mannes, nach Jacoby Apollodors Chronik 168. 184 im 

der an den aus Phot. bibl. cod. 68 bekannten J. 561/0 Archon war, so fällt das Archontat des 

Verfasser des ovvxoftov ImoQixov KeyaXitov dachte, H. (Hegestratos) ins J. 560/59. 
s d] wird vielfach für die älteste troische Ge- 2) Athenischer Archon im J. 324/3, Diodor. 

schichte zitiert. Von Steph. Bvz. s. 'Agtaßtj und XVII 113. Papyr. Ckyrhynch. Philol. LVIII 563. 

rgnixos für Ankunft des Dardanos in der Troas Arrian. anab. VII 28, 1. Marm. Par. B9 bei 

und die Etymologie des Granikos; von Parthe- Jacoby 21. 195. IG II 607. 609. 811b 30ff. 

nios a. 0. (beidemal in Verbindung mit Nikan- 1330. II 5, 180c. [Kirchner.] 

dros. Denn 34, 2 wird aus diesem eine Variante 3) Tyrann von Ephesos, gegen Ende der Re- 

angeführt) für Paris cns Oinone; von Dion. Hai. ant. 50 gierung Alexanders d. Gr. von seinen Gegnern 

rom. I 49, 1. 72, 1. Oros. Etym. M. 490, 1. Fest. erschlagen (Polyaen. VI 49; vgl. Droysen Hei- 

p. 266 Muell. für die Geschichte des Aineias lenism. II 1, 209); 

(Tod in Thrakien) und seiner italischen Nach- 4) Strateg der Thessaler um 1 v. Chr. (IG 

kommen (Gründung Capuas und Roms durch IX 4, 531). 

Romos und Romylos). Darnach sind die 'Ioxo- 5) Athener, Schiffsbaumeister um 350 v. Chr. 

oiai des H. gewiß identisch mit den von ihm (IG LI 800 b 28). 

unter dem Namen eines KeydXcov verfaßten TQwixd. 6) Athener, Strateg im xr\v xagaoxev^v 306/5 

Wir haben es zu tun mit einem der im 3./2. v. Chr. (IG II 733 B. TL V, 270; vgl. Ditten- 

Jhdt. so beliebten mythologischen Romane, die berger Syll 2 187 nr. 14). 
— in welcher Absicht auch immer — die dich- 60 7) Athener, Sohn des Lysistratos aus Aixone, 

terische Darstellung der Sagenzeit historisierten Chorege um 326/5 v. Chr. (IG LT 579 j. 
und ausmalten auf Grund irgendwelcher alten 8) Athener, Sohn des Philostratos aus Thy- 

Urkunden inschriftlicher oder literarischer Art. maitadai, Epimelet von Delos um 145 v. Chr. 

Man vergleicht einerseits Chroniken von der Art (Bull. helL VTI 337). 

der Atthia des Amelesagoras (die Wellmann 9) Athener aus Phlya, Thesmothet 228/7 v.Chr. 

Herrn. 1910 nicht wieder hätte .retten' sollen) (IG II 859, 21). [Sundwall.] 

und des Melisseus AeXtptxd. Andererseits die 10) Hegesias aus Smyrna war nach Ditten- 

Bomane des Dionysios, des Diktys Historia und berger Sylh (or.) I 229, 34 eponymer Priester 



in einem der letzten der 4.0er Jahre des 3. Jhdts. 
v. Chr.; die Gottheit, der er diente, ist leider 
nicht genannt. Da nun zugleich mit ihm der 
offizielle eponyme Beamte von Smyrna, der öt^- 
<pavr}(poQog, erwähnt wird — eine solche Doppel- 
datierung ist mir aus Smyrna sonst nicht be- 
kannt, sondern nur aus Mylasa, wo freilich der 
Name der Gottheit erscheint (Bull. hell. V 108) — 
so ist die Erwähnung des Priesters an und für 
sich auffällig und die Annahme, daß es sich hier 
um einen ganz besonders bedeutsamen Priester 
handelt, sehr wahrscheinlich. Das Mchtnennen 
der Gottheit ist ferner nur bei einer allgemein 
bekannten erklärlich, die damals allein für epo- 
nyme Zwecke in Betracht kommen konnte. Da 
nun Smyrna in den 40er Jahren des 3. Jhdts. noch 
zum seleukidischen Machtbereich gehört hat, und 
da gerade durch die obige Urkunde ein Tempel 
des seleukidischen Königskultes in Smyrna be- 
legt ist, so liegt es nahe, H. als Priester dieses 
Kultes zu fassen, zumal zu jener Zeit bereits 
die verschiedenen Gegenden des Reiches besondere 
eponyme Königspriester besessen haben (Ditten- 
berger SylLJor.) I 224). [Walter Otto.] 

11) Hegesias von Sinope, kynischer Philo- 
soph, Schüler des Diogenes ; sein Beiname 6 Kloiog 
{das Halseisen) mag sich auf die Anhänglichkeit 
an den Kvfov beziehen. Diog. Laert. VI 84. Wei- 
teres ist von ihm nicht bekannt. [Natorp.] 

12) Hegesias von Kyrene, als Oberhaupt der 
kyrenäischen Schule Nachfolger des Paraibates und 
Vorgänger des Annikeris (Suid. s. 'Aqiotixjtos ; zur 
Zeit des Ptolemaios Lagu), mit dem Beiworte 
IIstoiftävaTos. weil er in seinem AxoxaQTSQow, an 
der Erreichung der Glückseligkeit verzweifelnd, 
für den Selbstmord eintrat, da die nach dem 
Tode sichere Empfindungslosigkeit das Beste sei. 
Er wurde aus Alexandria eben wegen des An- 
klanges, den seine Vorträge fanden, ausgewiesen ; 
vgl. Cic. Tusc. I 83f. Diog. Laert. II 86. 93ff. 
J. C. Murray An Ancient Pessimist, The Philo- 
sophical Review II (1893) 24—31 Christ- 
Schmid in Müllers Handb. VII & 613. 

[Weinberger.] 

13) Hegesias aus Magnesia am Sipylos (Dion. 
Hai. verb. comp. p. 28; Strab. XIV 648 gibt irr- 
tümlich Magnesia am Maiandros an), ein Viel- 
schreiber (Dion. Hai. a. a. 0. 128: iv yovv to- 
oavzatg ygeupats), der um 250 lebte (s. Suse- 
mihl Gesch. alex. Lit. II 464, 40), gehörte der 
asianischen Rhetorenschule an, als deren Haupt- 
vertreter er bei Späteren vielfach erscheint, und 
war Nachahmer des Charisius, aber auch des De- 
mo sthenes (Agatharchides Geogr. V). Sein Stil 
wird meist getadelt (außer Dion. Hai. [vgl. die 
Ausgabe von Roberts, London 1910, 52] s. 
Cic. Brut. 286; orat. 226. 230. Longin. 3, 2. 
Theon prog. 2 [II 71 , 11 Sp.] u. a. Blass Griech. 
Bereds., Berlin 1865, 25. Norden Kunstprosa 
134ff. [dazu v. Wilamowitz Herrn. XXXV lff.]), 
Varro lobte ihn (Cic. ad Att. XLT 6, 1) ; vgl. die 
aus dem jüngeren Gorgias genommenen Fragmente 
in der lateinischen Fassung des Rutilius Lupus, 
Luk. rhet. praec. 9. Nach Hesych. Mil. wurde er 
äyQifishaaa genannt (Suid. dygta /neltoaa eiti x<bv 
stov7}Q(Öv xai difitöv) ; vgl. Strab. IX 396 (wohl epi- 
deiktisch aufzufassendes Fragment über die Akro- 
polis). Er verfaßte eine Geschichte Alesanders d. Gr. ; 



daher stehen alle Fragmente in Müllers Script, 
hist. AI. (an Didots Aman, Paris 1846, 138-144), 
auch Plut. vit. X or. 8 (Anekdote von Demosthenes), 
Plin. n. h. VII 207 (longa nave lasonem pri- 
munt navigasse Philostephanus auetor est, He- 
gesias Parkalum), Gell. IX 4, 3. wo H. unter 
den Autoren, die unerhörte und unglaubliche 
Dinge berichten, und Vitruv VIII 3, 27, wo ein 
H. unter anderen Historikern genannt wird, die 

10 locorum proprietates aquarum virtutes behandeln. 
/ 14) Hegesias Moqo*vit7i$ wird von Varro r. r. 
1 1, 8 (Col. 11,9) unter den landwirtschaftlichen 
Schriftstellern angeführt ; für das Werk xeol vöd- 
zcov s. o. Nr. 1 (am Ende). [Radermacher.] 
15) s. Hegias Nr. 6. 

Hegesibulos, attischer Vasenfabrikant aus 
der Zeit des entwickelten rf. Stiles. Wir kennen 
mit seiner Signatur : , EytoißoXo>; inötecev — Um- 
schrift des Innenbildes — zwei Schalen: 1. Schale 

20 im englischen Privatbesitz, im Stil auffallend nahe 
verwandt mit den von dem Maler Epilykos sig- 
nierten Schalen, abgeb. Furtwängler-Reich- 
hold Taf. 93, 2, vgl. Griech. Vasenmalerei II 
178ff. II 337. Innenbild: ein als Semit charak- 
terisierter Mann, der einen lakonischen Fuchshund, 
eine älamexig zum Verkaufe führt. Abgeb. Furt- 
wängler-Reichhold Vasenmalerei II 179 Abb. 
60. Außenseite: A.Trinkgelage, B Komos von 
Jünglingen mit Weiberhauben. 2. Weißgrundige 

30 Schale, früher in der Sammlung van Brautheghem 
(Fröhner Coli, van Er. nr. 167), jetzt im Brüs- 
seler Museum. J. Kreiselspielende Frau, abgeb. 
Fröhner pl. 42 , darnach nur das Bild Furt- 
wängler-Reichhold II 181 Fig. 61. Die Schale 
nr. 1 steht dem Kreise des Epiktet (s. o. Bd. VI 
S. 131f.) sehr nahe und zeigt dieselben stilistischen 
und technischen Eigentümlichkeiten wie die Schalen 
des Epilykos, s. o. Bd. VI S. 159, dazu Pottier 
in Mon. Piot X 49ff. und in Catal. d. vas. ant. III 

40 764, 891ff. ; Furtwängler-Reichhold Vasen- 
malerei II 182 ff., während die Schale nr. 2 in 
Form und Technik untrennbar verbunden ist mit 
mehreren anderen Schalen, die von dem Töpfer 
Sotades, welcher der Zeit des freien rf. Stiles an- 
gehört, signiert sind, doch zweifelt Furtwäng- 
ler a. O. 180 wegen der Gleichartigkeit der beiden 
Inschriften nicht an der Identität des Verferti- 
gers beider Schalen. W T ir können jedoch nach 
ihm nicht mit Sicherheit bestimmen, ob sie beide, 

50 von denen er nr. 1 mit Wahrscheinlichkeit für 
das feinste und reichste Werk des Epilykos hält 
(s. 1841), von demselben Maler gemalt sind. Lit. 
Fröhner Coli, van Br. nr. 167. Walters Pot- 
tery I 445. Furtwängler-Reichhold Vasen- 
malerei II 179ff. [Leonard.] 

Hegesidemog (FHG IV 422. Susemihl 
Griech. Lit-Gesch. II 400, 314), wird im Ind. 
auet. zu Plin. n. h. IX genannt und IX 2/ zi- 
tiert für die Geschichte von der Liebe eines Del- 

60phins zu dem Knaben Hermias von lasos. Die 
Heimat des H. kennen wir nicht; die Vulgata 
Kv&vioe ruht auf der ganz unwahrscheinlichen 
Änderung von Hegesidemo Sudine in H. Cyth- 
nio, die C. Müller durch verkehrte Behandlung 
von Plutarch. soll. anim. 36 vergeblich zu stützen 
suchte. In dem verdorbenen Worte steckt eher 
ein Autorname, vermutlich Duris 6rgL die PUn. 
n. h. 1X27 vorangehende Geschichte über einen 



anderen Fall von Delphinliebe ebenfalls aus lasos 
au« der Zeit Alexanders d. Gr. mit Duris bei 
Athen* XUI 606 C D). Der Charakter des Buches 
ist nach dem einen Zitat, das schließlich überall 
stehen konnte, natürlich nicht mit irgendwelcher 
Sicherheit zu bestimmen. Aber die ausführliche 
Parallelversion Plut. a. O. p. 984 EF, die C. 
Müller nicht dem 984 E zitierten Myrsilos noch 
zuweisen durfte [sowenig wie die folgende Koi- 
ranosgeschichte auf H. zurückgeführt werden darf], 10 
weist mit dem abschließenden atztov über den 
Münztypus von lasos auf ein Buch über diese 
Stadt, deren noltrda ja auch Aristoteles be- 
schrieben bat (frg. 503 Kose; aus ihm könnte 
Theophrast auch diese Geschichte haben, wenn 
er Plutarchs Quelle ist, wie Joachim De Theo- 
phrasti libris jt. ^dtrov, Bonn 1892, 46 glaubt). 
Unsicher bleibt freilich, ob nun H. Verfasser 
dieses Buches über lasos ist, oder ob auch er nur 
aus einem solchen geschöpft hat. Die lasische 20 
Geschichte selbst kehrt nur noch bei Aelian. hist. 
an. VI 15 wieder, aber in einer Form, die auf 
Kontamination mit der in Dikaiarcheia— Puteoli 
zur Zeit dos Augustus passierten (Apion. bei GeU. 
VI 8, 4fl. Plin. n. h. IX 25) deutet. Es bleibt 
also auch unsicher, ob H. noch der hellenisti- 
schen Zeit angehört. An den zweifelhaften Lehrer 
<les Hippias (Diels Vorsokr.2 II 579, 7) durfte 
C. Müller nicht erinnern. [F. Jacoby.] 

Hegeslkles s. Agasikles. " 30 

Hegesüaosj heißt im Laur. V 3 bei Clem. 
Strom, I 14 (40. 16. 17 Stähl.) der akademische 
Philosoph, welcher als Lehrer des Karneades be- 
kannt ist und gewöhnlich (Diogen, IV 60. Cic. 
ac. pr. II 16. Euseb. pr. ev. XIV 8, 1. Acad, 
Ind. Herc. 78 Mekl. Gal. hist. phil. 227 K.) 'Hy?j- 
Givovg (s.d.) genannt wird. Vgl. über ihn Diels 
Rh. Mus. XXXI 47. Zeller Gesch. gr. Phil. III 1 4 
515. Susemihl Alex. Lit.-Gesch. I 127. v. Wi- 
lamowitz Herrn. VL. 407: Zu erwägen bleibt, 40 
ob hier statt Korruptel der Überlieferung nicht 
vielmehr die bekannte Erscheinung der Verände- 
rungsfähigkeit des zweiten Bestandteils im Voll- 
namen vorliegt (Theophr. Charakt, 28, 2. Suid. 
s. 'Agymag. Meister Bezzenberg Beitr. XVI 
173. Crusius Jahrb. f. Piniol. OXLIII 385). 

[Daebritz.] 

Hegesileos, Athener, aus Probalinthosi ?), 
Vetter des Staatsmannes Eübulos (Demosth. XIX 
290), Strateg 362/1, befehligte er das athenische 50 
Truppenkorps, das nach Mantineia gesandt wurde 
(Xen. de vect. 3, 7. Ephor. hei Diog. Laert. II 
54. Diodor. XV 84, 2. Schäfer Demosth. 12 193 
Beil. 11), Strateg 349/8 und an die Spitze des 
athenischen Hilfskontingents gestellt, das im 
Anfang des J. 348 nach Euboia zur Hilfe des Ty- 
rannen Plutarchos auszog (Ulpian p. 116 C; vgl. 
bei Sanppe Or. Att. II Ind. 56), wurde er 
nachher als mitschuldig an den Betrügereien des 
Plutarchos vor Gericht gestellt und verurteilt 60 
(Ulp. a. a. O. Demosth. XIX 290; vgl. Schäfer 
Demosth. ES/79. 85). [Sundwall.] 

Hegesllochos. 1) Hegesilochos aus Rhodos, 
stürzt um 356 v. Chr. die Demokratie in Rhodos 
und führt, unterstützt von dem karischen Könige 
Mausollos (vgl. Demosth. XV p. 191 u. Schäfer 
Demosth. 12 473, 1), eine Oligarchie ein, an deren 
Spitze er selbst steht. Den schändlichen Miß- 



brauch seiner Gewalt schildert Theopomp bei 
Athen. X 63 p. 444. 

2) Hegesilochos aus Rhodos, zur Zeit des Be- 
ginnes des Krieges gegen den makedonischen König 
Perseus (171 v. Chr.) oberster Staatsbeamter, Pry- 
tane der Rhodier, wirkt für das Bündnis mit den 
Römern (Polyb. XXVIII 2, Liv. XLH 45). 

[Sundwall.] 

Hegesini kos, Athener, ans Phlya, Thesmo- 
thet im J. 225/4 (IG II 859, 51; vgl. Prosop. 
Ath. nr. 6340). ' [SundwalL] 

Hegcsinns (*Hyt]oivovg) aus Pergamou, Schol- 
aren der neueren Akademie, Nachfolger des Euan- 
dros, Vorgänger und Lehrer des Karneades. Diog. 
Laert. I\ r 60. Cic, Lucull. 16. S. den Art. Hege- 
silaos; vgl. Goedeckemeyer Gesch. d. griech. 
Skeptizismus 50. [v. Arnim ] 

Hegesippos. 1) Athener aus Kydantidai, 
Trierarch um 340 (IG II 805, 1). 

2) Hegesippos, Halikarnassier , Flottenführer 
des Demetrios Poliorketes in der Seeschlacht bei 
Salamis auf Kypern 306 (Diodor. XX 50; vgl. 
Niese Gesch. d. griech. und makedon. Staaten 
I 320). [Sundwall.] 

3) Hegesippos, Dichter der neuen Komödie. Bei 
Athenaios sind Vü 290 b (vgl. IX 403 d) 30 Verse 
aus den 'AfeXtpoi und VLT 279d 6 Verse aus den 
$iUzatQ<H erhalten. In letzteren wird 'Emxov- 
Qog 6 ao(pog in einer Weise genannt, die es nahe 
legt, ihn als verstorben zu denken, dann fällt 
das Stück nach 270, und H. gehört zu den 
jüngeren Vertretern der neuen Komödie. Das 
längere Bruchstück schildert in der üblichen 
Weise einen ruhmredigen Koch. Bei Suidas hat 
ein Interpolator (vgl. Wagner Symbol, ad com. 
Graec. hist. crit. cap. quatt. 45) einem aus Har- 
pokration entnommenen Artikel über den Redner 
H. eine aus Athenaios geschöpfte Bemerkung über 
den Komiker angehängt, die beide zusammen- 
wirft. Meineke I 475f., die Fragmente Mei- 
neke IV 479. Kock III 312. [A. Körte.] 

4) Hegesippos von Mekyberna (Steph. Byz. 
s.v. FHG IV 422-424. Susemihl Griech. Lit.- 
Gesch. I 643f.) schrieb eine Lokalgeschichte von 
Pallene, die Steph. Byz. s. Ältjxvßegva (vgl. Dion. 
Hai. ant. rom. I 49, 1) mit Recht als sein einziges 
Werk erwähnt. Denn die ihm noch von Suse- 
mihl zugeschriebenen Mdqotaxd beruhen nur 
auf einer schon von Hecker unzweifelhaft richtig 
verbesserten Korruptel im Teste des Parthenios 
narr. am. 16 Iotoqü'H. Mäyoiaxäv a. Das Werk 
umfaßte demnach mindestens zw r ei Bücher. Frag- 
mente, die mit Ausnahme vielleicht von Theodos. 
can. Gramm, gr. IV 1 p. 142, 15 Hilg. (Hero- 
dian. II 650, 9 L. und CAF III 314, 3 Kock) auf 
die Sagenzeit sich beziehen, stehen bei Dion. Hai. 
ant. rom. I 49. Parthen. a. O. 6. 16. Schol. Eurip. 
Rh. 29. Steph. Byz. s. IIa/./.t}i>r) [über Etym. M. 
136, 32 s. 0. Hegesandros v. Salamis]. Sie 
würden eine wesentliche Vermehrung erfahren, 
wenn Höfer Konon, Greifswald 1890, 53ff. mit 
Recht eine ganze Reihe der Kononischen Erzäh- 
lungen auf H. zurückgeführt hätte. Aber die 
Annahme ist nicht unbedenklich (vgl. Oder Woch. 
kl. Philol. 1891, 512. Anders Schwartz Herrn. 
1900, 129, 2) und jedenfalls nicht wirklich be- 
weisbar. H. gehört jedenfalls noch in gnte helle- 
nistische Zeit. Zwar auf Dion. HaL a. O., der ihn 



jaegeaiiipua 



avtjQ aQxaXo$ xai Xoyov a%iog nennt, ist schon 
wegen der Verbindung mit dem fabelhaften Ke- 
phalon (s. o. Hegesianax v. Alexandreia) wenig 
Gewicht zu legen. Aber Mekybema bestand um 
100 v. Chr. offenbar schon lange nicht mehr 
(Ps.-Scymn. 641f. Schwär tz Herrn. 1900, 129 
meint sogar, daß er als Bürger einer der kleinen 
chalkidischen Städte ,nicht unter das 4. Jhdt, 
herabgeschoben werden darf). Bis ins 3. Jhdt. 
kommen wir schon auf Grund der Beziehungen 
Euphorions zuH.; denn wie Bob de Rom.a 105, 
2 (anders Knaack Neue Jahrb. I 1888, 149) er- 
kannte, hat jener (frg. 68 Scheidw. coli. Lykophr. 
Alex. 499n°.) die Geschichte von der Liebe Lao- 
dikes zu Akamas und vom Schicksal ihres Sohnes 
Munitos den Palleniaka (Parthen. narr. 16) ent- 
nommen. Aus Paus. X 26, 8 EvyoQtcov Ös . 
ovv ovöevi etxoxi xa ig xi]V Aaobixr\v ijiofyoev 
möchte man auf autoschediastische Weiterbildung 
der Sage schließen, soweit sie Laodike betraf, 
von deren weiteren Schicksalen wir bei H. nichts 
erfahren (anders Knaack a. 0.), Auf frühere 
Zeit führt auch, daß H. zweimal (Steph. Byz. s, 
FTaHLyv*}. Parthen. narr. 6) zusammen mit Thea- 
genes Maxebovtxd zitiert wird. Da es unwahr- 
scheinlich ist, daß dieser ihn zitiert hat, führt 
das auf ein zusammenfassendes Werk eines Gram- 
matikers etwa über Pallene, in dem beide exzer- 
piert sind. [F. Jacoby.] 

5) Hegesippos, Küchenschriftsteller ans Tarent 
(Athen. XIV 643 f), von dem Athen. XII 516 d 
eine Art Käsekuchen beschreibt. [Gossen.] 

6) 'Hyrjotnjiog, Epigrammatiker des Meleagros- 
kranzes, prooem. IY 1. 25 ifjoi b~ ä,u 'Hyrjaut- 
Ttov svinlexE fiatväöa ßötqvv. Die sieben Epi- 
gramme behandeln in einfacher Sprache — nur 
XIII 13 zeigt reicheren Redeschmuck — Stoffe 
der älteren hellenistischen Epigrainmatik, VI 124. 
178 Schildwcihe nach [Simonid] 52 und Nikias 
127; VII 320 Timon, nachgeahmt von Rhianos? 
315, Kallimachos? 318 (v. Wilamowitz Cal- 
limach. praef. 8), Leonidas? 316, wird von Plut. 
Ant. 70 ungenau als xo JieQupeeö/AFvov Kalh^ä- 
ysiov angeführt VI 226 und XIII 13 weisen 
dieselbe Verbindung von Hexameter und iambi- 
schem TrimcteT auf. Alles dies scheint auf ältere 
hellenistische Zeit zu führen. Unecht Ut VII 
276, abhängig von Lconidas 605, nachgeahmt von 
Antipatros von Thessalonike. .Fischer finden in 
ihren Netzen einen halbzerfressenen Leichnam 1 . 
Reitzenstein Epigr. undSkol. 148 A. Knaack 
bei Susemi hl II 548. [v. Radin ger.] 

7) Hegesippos, Kirchenschriftsteller, den Euse- 
bios oft als Quelle zitiert (die Stellen bei 
Schwartz in der Ausgabe von Eusebs Kirchen- 
geschichte III 69f.J. Seine Zeit ergibt sich aus 
seinen eigenen Worten (bei Euseh. hist. eccl. IV 
22. 3) ysvofievog Se ev 'P'-'iftfl, 6iaöoyJ]v t ixoirjoä- 
fjLtjv tiEXQ l $ 'Avixr}TOV ' ov dtdxovog r\v EXev&soog, 
xai Tiagä lAvixrjxov öiaSs/jxai. Sojxrjo, us& <>y 
EXsvd-eooc Die Amtsführung des Eleutheros fällt 
sicher in die Zeit des Marc Aurel (174—189, 
Harnack Chronologie 1 200, aber vgl. Schwartz 
Euseb. Kirchengesch. LU p. CCXXIIff.) ? und 
diesem Ansatz für die Zeit der Schriftstellerei H.s 
widerspricht es nicht, wenn er (bei Euseb. hist. 
eccL IV 8, 2) den vergötterten Antinous, den 
Liebling Hadrians, als 6 eip f tjfttöv yevdfievos be- 



zeichnet: jene Zeit lag nur etwa ein Menschen- 
alter zurück. Geschrieben hat er fünf Bücher 
vnofjLvrjfiaTa (Euseb. hist. eccl. LT 23, 3. IV 22, 
1 oder jievrs avyyoäftitaza, IV 8, 2), denen Euseb 
vornehmlich Notizen über die Schicksale der Jeru- 
salemer Gemeinde entnimmt, so über den Tod 
des Jacobus (II 23, 4ff.), die Zitation der Ver- 
wandten Jesu durch Domitian (III 20, lf.) und 
den Tod des Klopas (III 32, 3-8. IV 22, 2ff.). 

10 Doch war der Zweck des Werkes wohl in erster . 
Linie Ketzerbestreitung: er nhrs avyyQa.fi/iaoiv 
xf}v ajtXavrj ixagadooiv tov äjioaxoXixov xqpvy- 
fiaiog äTzXovozäxfl ovvia&i ygaipfjg vJiofxvr}/j,ati- 
oafisvoc; charakterisiert ihn Euseb. IV 8, 2, und 
seine eigenen Worte IV 22, 4—7; vgl. III 32, 
7_8 weisen in die gleiche Richtung. Im Kampfe 
mit den häretischen Judenchristen hat er ix tov 
xa&' Eß^alovq evayysXtov xai tov Zvoiaxov xai 
iSiag ex xffi 'Eßgatöog StaXsxzov zitiert^ (IV 22, 

20 8) ; wenn Euseb fortfährt sptpaivatv «f 'Eßgatoiv 
iavrov aeatozsvxevai, ihn also für einen getauften 
Juden hält, so ist das möglicherweise nur eine 
aus solcher Sprachgewandtheit erschlossene Ver- 
mutung. Aus dem Osten stammte er allerdings, 
da ihn sein Reiseweg nach Rom über Korinth 
führte (IV 22, 2). Daß er sich im Kampf gegen 
die Häresie auf die bischöfliche riiaöo^ berief 
nach der Weise seines Zeitgenossen Irenaeus, zeigt 
außer IV 22, 3ff. auch II 23, 4. III 20, 6. 32, 6. 

30 Nach Euseb finden wir nur bei Phnippus Sidetes 
(Cramer Anecd. Gr. II 88. de Boor in Har- 
nack Texte und Unters. V % 169) und Stephanus 
Gobarus (nach Phot. bibl. 232) schwache Spuren 
von Benutzung des H. ; daß Clemens Alexandrinus 
und Epiphanius 78, 7. 14. 27, 6. 29, 4 auf ihn 
zurückgehen, ist höchst anfechtbare Vermutung 
(Zahn Forschungen VI 254ff). Was andere alte 
Zeugen, namentlich Hieronymus vir. inl. 22, von 
ihm berichten, stammt aus Euseb. 

40 Die fragwürdigen 'Notizen über das Vorhan- 
densein des ganzen H. im 16. Jhdt. sind wert- 
los. Beste Ausgabe der Fragmente bei Zahn 
Forschungen z. Gesch. der neutest. Kanons VI 
(1900) 228ff. ; Handansgabe inPreuschens Anti- 
legomena 71 ff. ; vgl. Harnack Gesch. d. altkirchl. 
Literatur I 483ff. : Chronologie I 311rT. Bar den - 
he wer Gesch. d. altkirchl. Lit I 483. 

8) Hegesippus oder Egesippus heißt in der 
entstellten Überlieferung der lateinische Josephus 

50 (s. (L). [Lietzmann.] 

Hegesipyle, Tochter des Königs Oloros von 
Thrakien, Gemahlin des Miltiades aus Athen 
(Herod. VI 39. Plut, Cim. 4. Marcellin Vita 
Thuc. 11; vgl. Busolt Griech. Gesch. LI 2 528, 
5). [Sundwall.] 

Hegesistratos. 1) Athener, Sohn des Ty- 
rannen Peisistratos, s. u. Thessalos. 

2) Hegesistratos aus Elis, aus dem Seher- 
geschlechte der Telliaden, entkommt auf wunder- 

60 bare Weise aus der Gefangenschaft, in der er 
bei den Lakedaimoniern gehalten wurde, zuerst 
nach Tegea, dann wurde er Scher im Heere des 
Mardonios, später aber wurde er auf Zakynthos 
von den Lakedaimoniern gefangen genommen und 
getötet (Herod. LX 37f; Tgl. Plut. II 479 B). 

3) Hegesistratos, Sohn des Anstagoras, Sa- 
mier, kam vor der Schlacht bei Mykale an der 
Spitze einer Gesandtschaft der Sander zu dem 



spartanischen Könige Leotychides, der mit der 
hellenischen Motte hei Delos lag, mit der Auf- 
forderung, Ionien von der Herrschaft der Perser 
zu erlösen (Herod. IX 90ff.). 

4) Hegesistratos, Milesier, Befehlshaber der 
persischen Besatzung in Milet gegen Alexander 
d. Gr. 334 (Aman. anab. I 18, 4; vgl. Niese 
Geschichte der griech. und maked. Staat. I 63). 

[Sundwall.] 

5) Hegesistratos ist (nach DittenbergerlO 
Syll. 2 I 221) ßaadevg, d. h. der oberste Beamte 
auf Samothrake gewesen zur Zeit, als diese Insel 
unter ptolemäischer Oberhoheit stand, und zwar 
etwa in der zweiten Hälfte der Eegierung Ptole- 
maios'LTI. Euergetes I. (der damalige ptolemäische 
Statthalter von Thrakien, Hippomedon [s. d.J, muß 
bei dem Amtsantritt des H. schon einige Zeit sein 
Amt verwaltet haben, Z. 13). [Walter Otto.] 

Hegestratos ? betrügerischer Schiffskapitän 
aus Massilia [Demosth.] XXXII 2-20 (vgl. 20 
Schäfer Demosth. Beil. 2921). [Sundwall.] 

Hegetmatia. Von Ptolem. LI 11, 14 als 
Stadt in Germania Magna genannt: "Hy^x/iazia. 
Die Lage ist unbestimmt. Müller ed. Ptolem. 
vermutet darin das heutige Gitschin. Versuch 
der Erklärung des Namens bei Much Z. f. deut- 
sches Altertum XLI 135. [Rappaport] 

Hegetor, ein Arzt aus der Schule des Hero- 



einrenken und sich mit erfolglosen Arbeiten quälen 
zu wollen . . .' Es folgt eine Widerlegung dieser 
Sätze des H. durch Apollonios. [Gossen.] 

Hesretorides. 1) Sohn des Antagoras aus 
Kos. Seine Tochter, die der Perser Pharadates, 
des Teaspes Sohn, gegen ihren Willen aus Kos 
mitgenommen hatte, wurde nach der Schlacht bei 
Plataiai von Pausanias freigegeben (Herod. IX 76. 
Paus. IDT 4, 9). 

2) Hegetorides aus Thasos, überredete bei 
Lebensgefahr seine Landsleute, die belagerte 
Stadt den Athenern zu übergeben, als jede Aus- 
sicht auf eine erfolgreiche Verteidigung ver- 
schwunden war und die Hungersnot die Stadt 
verheerte (wohl im J. 403 v. Chr. , Polyaen. LT 
33; vgl. Beloch Gr. Gesch. II 46 lf). [Sundwall.] 

Hegias. 1) 'Hyiaq TtftoxQaxovg, athenischer 
Archon. IG III 709, nach Dittenberger um die 
Mitte des 3. Jhdts. n. Chr. [Kirchner.] 

2) Athener aus Marathon, Trierarch um 357/6 
und 342 (IG II 793 g 22. 803 b 139). [SundwalL] 

3) Hegias aus Phokaia in Ionien, einer der 
Führer der römischgesinnteri Partei in dieser 
Stadt während des Krieges Antiochos' JJI. mit 
Korn. Er gehört zu der Gesandtschaft, welche 
im Frühjahr 190 v. Chr. die auch römisch ge- 
sinnte phokäische Regierung aus Furcht vor dem 
zu Antiochos hinneigenden Teile der Bürgerschaft 
an den in der Nähe der Stadt stehenden Seleu- 



phüos (Gal. V11I 955), wohl nicht vor dem Ende 

des 2. Jhdts. v. Chr., da er mitten in dem er- 30 kos, Sohn des Antiochos LIL, schickt, um von 

bitterten Kampfe steht, der sich zwischen den diesem wenigstens die Anerkennung der Neutra- 

• ... il« 1_ ... TT T-*! J J „J. T7™ K+K+ i1ht> ö + n^lf In* ij mm ill^TOfl rlöO TTTlPCTfK 7.11 



eigentlichen Herophileern und den strengen Em- 
pirikern entsponnen hatte. Apollon. Cit. 23, 15 
Schöne verdanken wir das einzige Fragment seiner 
Schrift ksql aixi&v, das eben umfangreich genug 
ist, uns einen Einblick in seine Lehre tun zu 
lassen. ,Ich muß mich wahrhaftig über die 
Herophileer wundern,' so sagt Apollonios hier, 
,wie sie die Anatomie gleichsam liebend um- 



lität der Stadt bis zum Austrag des Krieges zu 
erlangen, was jedoch nicht erreicht wird. Polyb. 
XXI 6, 2ff. Niese Gesch. d. griech. u. maked. 
Staaten II 726f. [Walter Otto.] 

4) Hegias von Athen, unter den Testaments- 
vollstreckern Piatons, Diog. Laert. III 43. 

[Natorp.] 

5) Hegias, Neuplatoniker. Über ihn Damasc. 



armen und sich nicht von ihr trennen können, 40 vit. Isid. bei Phot. cod. 242 p. 349a 21 ff. 39, b 11 



ja geradezu lachen muß ich, wenn ich den H. 
lese. Dieser redet nämlich in seinem Buche, 
das er ,Aetiologie' betitelt hat, über die Aus- 
renkung des Oberschenkels wie folgt: Weshalb 
zerbrechen sie sich nicht den Kopf, noch eine 
andere Methode der Einrenkung des luxierten 
Oberschenkels zu ergattern außer der großen 
Menge, die ich eben verworfen habe; in der 
Meinung, sie könnten die Einrenkung wirklich 



(§ 221. 227. 230 West.) und bei Suid. s. r IIylag 
und Evjieißw;, Marin, vit. Procl. 26. Über die 
Einordnung der Angaben bei Photios und Suidas 
in die Schrift des Damaskios handelt J. E. As- 
mus flyz. Ztschr. XVIII (1909) 473. XIX (1910) 
278f. H. war wahrscheinlich Sohn des reichen und 
mächtigen athenischen Archonten und römischen 
Senators Theagenes (über den Suid. s. v.) und 
Ururenkel des Neuplatonikers Plutarch. Für die 



bewerkstelligen, diese törichten Empiriker? Aus 50 Verwandtschaftsverhältnisse vgl. Suid. s. 'Hylag 



der Analogie wollen diese Leute schließen, wenn 
sich der Kiefer, der Oberarm, der Ellenbogen, 
das Knie, die Finger usw. wieder einrenken, das 
müsse überall so sein! Diese Menschen können 
gar keine Rechenschaft darüber ablegen, weshalb 
das Oberschenkelglied nicht wieder eingerenkt 
werden kann; aber weil es bei den anderen geht, 
glauben die Dummköpfe zuversichtlich, hier gehe 
es auch. Wenn sie aber wüßten, daß am Ge- 



a. E. (ivfjv ydg ti iw 'Hyia xai xijs Geayevovg 
HeyalöffQovoQ qpvaecog xxX), ?. Evnd&iog (ein Sohn 
des H. hieß Archiadas; vgl. auch Phot. p. 349 
a 24 § 222 AVest. Den gleichen Namen trug 
ein Enkel des Plutarch nach Marin. 12 g. E., 
der Schwiegervater de^ Theagenes nach Marin. 
29), Marin. 26 g. E. (H. Athener von vornehmer 
Abkunft). Vgl. auch Zell er Philos. d. Gr. 
III 2*, 899, 5, In seiner Jugend war H. viel- 



lenkkopfe des Oberschenkels eine Sehne beginnt: 60 versprechender Schüler des Proklos in dessen 



die mitten in der Hüftpfanne angewachsen ist, 
daß, wenn diese fest ist, es unmöglich ist, daß 
der Schenkel herausgleiten kann ; daß sie, wenn 
sie zerrissen ist, nicht wieder zusammengeklebt 
werden kann; daß aber, wenn sie das nicht kann, 
auch das Glied nicht mehr fest hält; daß man 
also ans diesen Gründen überhaupt davon ab- 
stehen muß, einen luxierten Oberschenkel wieder 



letzten Lebensjahren, alsdann wurde er infolge 
seines wohl von Theagenes herrührenden Reich- 
tums von Schmeichlern verderbt. Immerhinwar 
er nach Suidas (fdofiaßt); ooa t^v <pvatv E^rjyr}- 
aaodm, enei xaiä tt}v äXXtjv ovv^eiav saxiv ojiij 
aal öisxmxret xtöv og&wv XoytofitHiV. Er war also 
jedenfalls kein Anhänger der hochfliegenden Meta- 
physik des athenischen Neuplatonismus und wurde 



2615 



Hegias 



Hegias 



2616 



deshalb von Damaskios gering geschätzt . Man 
wird daher dem Urteil des Damaskios bei Phot. 
349 a 21ff. § 221 West, sk zoaovrov yag axr\- 
xöafiev <ptXooo<piar xazcMpQOVtj'd'sZoav ovöe ukotiote 
*A$iiv7}Giv ooov ECOQaxaßEV dTifiaCofisvrjv ijii 'Hyiov, 
obwohl es nur eine Tatsache festzustellen scheint, 
doch- mit einiger Vorsicht begegnen müssen. Nach 
der angeführten Stelle (s. auch Phot. 349 b 11 
§ 230) ist wahrscheinlich, daß H. (als Nachfolger 



Six Rom. Mitt. VI 282f. Seilers The eider 
Plinys chapters on art 64 und Urlichs hei 
Arndt Text zu Brunn-Bruckmann Denkmäler 
griech. und röm. Skulpt. Taf. 502. Sie datieren 
nach Pyrrhos von Epeiros und nehmen daher einen 
ihm gleichzeitigen , sonst unbekannten H. an ; 
auf dessen Werk führt Six ohne weitere Gründe 
die erhaltene Herme des Pyrrhos zurück. Falls 
dieser jüngere H. existiert hat, so darf man ihn 



des Isidoros) Diadochos der platonischen Schule 10 jedenfalls nicht mit einem H. von Tenos identi- 
in Athen gewesen ist. Im Gegensatz zu Thea- fi"*™« A*as>m Ttfnw auf d«n in Pertramon ei- 



genes und seiner eigenen angeheirateten Verwandt- 
schaft schloß sich H. dei heidnischen Reaktion 
an JtaQaßoloneQOv ?} evosßsazsgov xfj 7iQ0&v{4iq %Qtj- 
odfisrog, wie Damaskios (Suid. s, r Hyiag) vielleicht 
mit Rücksicht auf seine unbefriedigende philo- 
sophische &eokoyia bemerkt. Diese Auflehnung 
gegen das Bestehende in Verbindung mit seinem 
zur Verfolgung lockenden Reichtum zog ihm 



fizieren, dessen Name auf den in Pergamon ge- 
fundenen Bruchstücken zweier Basen steht, die 
einst bronzene Männern* guten trugen; denn ganz 
abgesehen von der chronologischen Schwierigkeit 
spricht das offenbar ursprüngliche Fehlen eines 
Verbums mehr für Frank eis Annahme, der in 
H. den Weihenden sieht, als für Th. Rein ach s, 
der ihn für einen Künstler hält (Inschr. v. Perga- 
mon nr. 147f. Rev. et. gr. IV 380). Brunn Gesch. 



schlimme Gegner zu . zumal sich H. mehr als 20 d. griech. Künstler I 102 hielt es für selbstver- 



Theagenes, von dem er den Zug zum Wohltun 
hatte, mit seinen Gaben auf Freunde und Be- 
dürftige beschränkte, Über seine Söhne s. Suid. 
s. Evnf.iftiog. [Praechter.] 

6) Hegias , Bildhauer aus Athen , der Lehrer 
des Plieidias, lebte vom Ende des 6. bis Mitte 
des 5. Jhdts. v. Chr. Die Grundlage für die 
Beurteilung der Überlieferung bildet das auf der 
Akropolis zwischen Parthenon und Erechtheion ge- 



ständlich, daß reoc ein gedankenloser Zusatz des 
Plinius sei; in seiner Quelle habe nur Pyrrhos- 
Neoptolemos gestanden. Michaelis (Liter. Zen- 
tralblatt 1901, 592) unterstützt die Annahme 
von Brunn durch den Hinweis auf die Kano- 
nische Eroberung von Skyros, welcher die Blüte 
des athenischen Theseion folgt. Welche Rolle 
Pyrrhos, der Sohn des Achill, noch später spielte, 
zeigt die Ergänzung von IG II 91 durch v. Wi- 



fundene, vom Feuer geschwärzte Bruchstück einer 30 1 am w it z Aristoteles und^ Athen I 157, 61. 



Marmorbasis mit seiner Signatur, deren Schrift- 
fonnen eine wesentlich frühere Entstehung als 
in dem Jahrzehnt zwischen Marathon und Sala- 
mis auszuschließen scheinen (IG I 373, 259 
p. 203), sowie die Angabe des Dion von Prusa 
zu Beginn der 55. Rede, er sei der Lehrer des 
Pheidias gewesen. Der Name ist aus leichten 
Korruptelen der Dionhandschriften von Otfried 
Müller mit hinreichender Sicherheit hergestellt, 



S. Reinach (Rev. et. gr. XX 415) scheint diese 
triftigen Gründe von Michaelis nicht gekannt zu 
haben. Bursian endlich, dem noch Kalkmann 
a. a. O. 19, 1 folgt, hält den ersten Teil der 
Angabe des Plinius für ein grobes Mißverständnis 
der XXXIV 80 richtiger wiedergegebenen Über- 
lieferung Pyrrhus Hygiam et Minervam fecit, 
die ihrerseits auch noch einen. Irrtum enthält; 
denn es darf als sicher gelten, daß diese Angabe 



und die Angabe des über Pheidias und Polygnot 40 auf die noch heute an der Innenseite der Pro- 



genau unterrichteten Dion muß als gut bezeugt 
gelten. Die Blütezeit des H. fällt also in das 
erste Drittel des 5. Jhdts., und dies bezeugt im- 
plicite auch die abweichende Angabe des Plinius 
n. h. XXXIV 49, nach welcher die Erzbildner 
H., Kritios (Critias) und Nesiotes aemuli des in 
der 83. Olympiade, also genau um die Mitte des 
Jahrhunderts blühenden Pheidias gewesen seien ; 
denn Kritios und Nesiotes sind durch ihre Sta- 



pyläen stehende Basis der Athena Hygieia des 
Pyrrhos zu beziehen ist, also aus einer Statue 
zwei macht. So scharfsinnig Bursians An- 
nahme einer Verwechslung des Lemmas durch 
Plinius ist, so würde sie doch erst dann mehr 
als eine unerweisliche Möglichkeit darstellen, 
wenn nachgewiesen werden könnte, daß kein 
Bildhauer H. einen Pyrrhos gemacht hat (vgl. 
Wolters Athen. Mitt. XVI 155, 2). Gegen 



tuen der Tyraimenmörder von 477/6 datiert. 50 Bursian und für Brunn bezw. Six und Sel- 

* ^ " - -• ■"- -■>-—• -• *-= 1- i ers spricht nun noch Folgendes. Bei Plinius 

folgt auf H. Hagesias. Dies könnte zwar bei 
seiner alphabetischen Aufzählung Zufall sein, ge- 
winnt jedoch dadurch Bedeutung, daß die volle 
Form Hegesias sicher statt des Kurznamens H. 
verwendet worden ist Lukian (rhet. praeeept. 9) 
nennt nämlich Hegesias und den Kreis des Kri- 
tios (Kritias) und Nesiotes als Vertreter eines 
Stiles . dessen Beschreibung vollständig auf die 



Gelebt haben können alle drei immerhin noch 
um 450 (vgl. Klein Avch.-epigr. Mitt. V 84. 1). 
Mit der Angabe des Plinius kombiniert Kalk- 
mann Quellen der Kunstgesch. des Plinius 65f. 
die des Paus. VIII 42. 10. welcher den Onatas 
vermutungsweise in die Zeit des H. und des 
Hageladas setzt: für die Zeit vor 450 hätten der 
antiken Chronologie bezw. dem zu erschließenden 
Vermittler Apollodoros feste Daten gefehlt. Die 



Ansetzung des Pausanias ist insoweit richtig, als 00 Tyrannenmörder paßt. Diese Zusammenstellung 



die Tätigkeit der genannten Künstler trotz offen- 
barer Altersunterschiede teilweise gleichzeitig ist. 
Das letzte Zeugnis mit der Namensform H. wird 
von zwei Seiten angefochten. Plin. n. h. XXXIV 
78: Hegiae Minerva Pyrrhu&que rex foudatur et 
eeletixontes pueri et Castor ae Pollux ante aedem 
Iovis tonantis Hagesiae in Pario colonia Ber- 
nde» Isidoti buthytes. Am konservativsten sind 



darf ums oweniger von der bei Plinius, wo der 
Name H. lautet, getrennt werden, als auchQuin- 
tilian (inst. or. XII 10, 7) neben dem Agineten 
Kallon Hegesias als Vertreter dieses harten Stiles 
nennt; es handelt sich also um einen Künstler 
von Ruf. Nimmt man daher an der bei Plinius 
gut überlieferten dorischen Namensform keinen 
Anstoß — was wnnderbarerweise in diesem Zu- 



2617 



Hegias 



Hegias 



26X8 



sammenhange niemand ausdrücklich getan zu 
haben scheint — , so liegt allerdings die Annahme 
nahe, daß Plinius nicht nur durch das Alphabet 
zu einer Zusammenstellung von Werken gekommen 
ist, in welcher er den Meisternamen so schrieb, 
wie' er ihn jeweils vorfand (Hageaias bei Mucian 
nach Oehmichen und Kalkmann a. a. O. 141). 
Brunn selbst entzieht sich diese Stütze seiner 
Ansicht freilich dadurch, daß er in Hagesiae eine 
in den Text geratene Glosse zu Hegias sieht und 10 
Hercules Isidoti buthytes zu einem Werke des 
Isidotos verbindet. Eine solche Wortstellung darf 
jedoch in dieser alphabetischen Aufzählung von 
Künstlern nicht angenommen werden. Wer sich 
also nicht scheut, Hagesias = Hegesias zu setzen, 
darf auch Hagesias mit H. gleichen; die Mög- 
lichkeit, daß der Herakles von Parion doch von 
einem sonst unbekannten Künstler Hagesias 
stammt, bleibt natürlich vollauf bestehen. 

Ganz einwandfrei bezeugt ist überhaupt kein 20 
Werk des H., denn der Anspruch des von Six, 
Seilers und Urlichs angenommenen H. des 
3. Jhdts. erstreckt sich auf alle von Plinius ge- 
nannten Werke. Immerhin könnte Plinius den 
alten und den jungen H. vermengt haben, so 
daß dem alten die Dioskuren und die Knaben 
zu Pferde gehören würden. Erstere will Six 
a. a. O. entgegen aller Wahrscheinlichkeit dem 
H. aus der Kaiserzeit zuweisen, s. d.; ein allzu 
kleines Münzbild vergleichen Imhoof und Gard- 30 
ner Journ. hell. Stud. VITI 45 T. 57 EE1. Letz- 
tere für die Söhne der Dioskuren zu halten 
(Michaelis-Springer Handbuch der Kunst- 
gesch. 8 198, vgl Paus. I 18, 1), besteht kein 
zwingender Grund; es können Weihungen wie die 
von der Akropolis oder Grabstatiien wie der Reiter 
von Vari, jedoch von Bronze, gewesen sein. Die 
Athena und den Pyrrhos kann man, wie oben 
ausgeführt, in doppeltem Sinne anzweifeln. Hält 
man ihre Existenz für sicher, so entsteht die 40 
weitere Frage, ob sie eine Gruppe bildeten oder 
nicht. Ersteres glauben Urlichs a. a. O. und 
Pichon (Rev. et. gr. XXI 119f.) aus gramma- 
tischen Gründen annehmen zu müssen, wogegen 
S. Beinach in einem Zusatz einwendet, das Latein 
des Plinius dürfe nicht mit ciceronianischem 
Maßstab gemessen werden. Unter der Voraus- 
setzung, daß die Athena eine Einzelstatue und 
ein Werk des alten H. war, haben Arndt a. a. O. 
und S. Rein ach (Rev. et. gr. XX 399) versucht, 50 
Kopien und Nachbildungen in unserem Denk- 
mälervorrat anfzuweisen. Arndts kurze Ver- 
mutung entzieht sich der Kritik; R ein ach s 
Ausführungen gelangen schon deshalb nicht zum 
Ziel, weil sie mit der Voraussetzung arbeiten, 
daß die Athena des H. eine ähnliche Rolle wie 
später die Promachos gespielt habe, während es 
doch eine beliebige Kult- oder Weihstatue ge- 
wesen sein kann. So bedenklich es im allge- 
meinen ist, aus dem Schweigen der Überlieferung 60 
Schlüsse zu ziehen — eine bronzene Kolossal- 
statue vom Lehrer des Pheidias auf der Akropo- 
lis könnte unmöglich verschollen sein. Reinachs 
ganze Kombination richtet sich jedoch dadurch 
selbst, daß er mit dem Vorhandensein einer alten 
Replik dieser Statue in Lindos rechnen muß. 
Folgendes kann als überliefert gelten. In Kon- 
stantinopel stand bis 120S auf einer Saide eine 



bronzene Athena, die wahrscheinlich mit der 
einen Hand ursprünglich die später verlorene 
Lanze aufstützte, während die andere Hand das 
Gewand schürzte oder, wie Reinach vermutet, 
auf die Hüfte gesetzt war. Diese Statue stammte 
aus Lindos. Auf der Akropolis von Athen gab 
und gibt es eine Athenastatue , welche die für 
die Konstantinopler Figur vermuteten Motive 
zeigt. Wir besitzen eine unterlebensgroße Mar- 
morstatue und ein Vasenbild, welches eine solche 
Statue auf einer Säule zeigt. Es besteht kein 
Grund zu Rein ach s Annahme, daß beide eine 
große Unbekannte nachbilden; denn daß Mar- 
morstatuen nicht im Freien gestanden hätten, 
glaubt Rein ach doch wohl selbst nicht. Da» 
Motiv der in die Hüfte gestützten Hand erscheint 
auch bei der ,Briseis ( des Vasenmalers _ 01tos r 
ist also nicht so mannweiblich, wie Rein ach 
findet (G e r h a r d Auserl. Vasenbilder 187). Wie 
kann man bei diesem Stande der Überlieferung 
schließen, daß die aus Lindos stammende Kon- 
stantinopler Statue eine Replik des großen Vor- 
bildes der kleinen Athener Statue und des Va- 
senbildes, sowie deshalb ein Werk des H. gewesen 
sei, weil von den damaligen attischen Bildhauern 
nur er als Meister einer Athena genannt werde! 
Keines der literarisch überlieferten Werke 
kann also bisher als nachgewiesen gelten; eben- 
sowenig gestatten die allgemeinen Angaben bei 
Lukian und Quintilian, seinen Stil in irgend 
etwas von dem des Kritios und Nesiotes zu 
scheiden. Unter diesen Umständen ist es zwar 
sehr wohl möglich, von einem Kunstwerk zu 
sagen, es stelle eine Vorstufe des Phidiasischen 
Stils dar und könne von H. sein, ein Beweis 
läßt sich jedoch ohne äußere Bestätigung eben- 
sowenig führen wie ein Gegenbeweis. Als Bei- 
spiel für die Selbsttäuschung, der sich aussetzt 
wer diesen Tatbestand verkennt, kann FuTt- 
w an gl er s Zuweisung des Apollontypus von 
Pompei und Mantua dienen (Meisterwerke 80f., 
vgl. den Art. H a g e 1 a d a s). Er findet den Einfluß 
des von ihm erschlossenen altargi vischen Stiles 
des Hageladas in Werken aus der Frühzeit, viel- 
leicht sogar von der Hand des Pheidias, und 
schließt daraus auf das Vorhandensein des gleichen 
Elementes in der Kunst seines Lehrers. Einzelne 
Proben dieses Stiles findet er unter den Funden yon 
der Akropolis, und einen Vorläufer eines vielleicht 
frühphidiasischen Apollontypus erkennt er in dem 
Apollon von Pompei. Diese richtigen Beobach- 
tungen verbindet er mit einer philologisch un- 
haltbaren Kombination; er verschmilzt die gut 
bezeugte Angabe, daß H. der Lehrer des Pheidias 
gewesen sei, mit der sehr schlecht bezeugten, 
welche Hageladas nennt, in der Weise, daß er 
H. zum Schüler des Hageladas macht. Daraufhin 
folgert er zuversichtlich, daß der zwischen Hage- 
ladas und Pheidias stehende Apollon von Pompei 
von H. sei; ein älteres Werk des H. erkennt er 
in einem kleinen Bronzekopf von der Akropolis. 
Die Methode ist falsch, das Ergebnis vermutlich 
auch; aber selbst wenn es richtig wäre, könnten 
wir es nicht wissen. Unter Ausschaltung des 
Hageladas und mit mehr Vorsicht befürwortet 
Klein die gleiche Zuweisung, entwertet sie je- 
doch dadurch, daß er den von Stephanos ko- 
pierten Athleten ebenfalls dem H. zuweisen will 



2619 



Hegias 



Hegias 



aöüy 



(Gesch. d. griech. Kunst I 385. 410. II 37; vgl. 
den Art. Hageladas). Dagegen wendet sich 
unter Hervorhebung des argivischen Charakters 
des Apollon Bulle Der schöne Mensch & 91. 
Mahl er (Österr. Jahresh. H 80) endlich erinnert 
angesichts einer köstlichen Kleinbronze an den 
Herakles des H. — oder des Hagesias — in Pa- 
xion, obwohl er das Figürchen zu einer Kampf- 
gruppe ergänzt. 

Auch der Versuch, ein nur literarisch bekanntes 
großes Werk dem H. zuzuweisen, unterliegt 
schweren Bedenken. Pomtow Klio VIII 951 be- 
seitigt die chronologischen Schwierigkeiten, die 
dadurch entstehen, daß Paus. X 10, 1 das große 
athenische Weihgeschenk aus der marathonischen 
Beute dem Pheidias zuschreibt, in der Weise, dab 
er einen Lesefehler annimmt: die altattische Schrift 
und ihm unbekannte Feinheiten der Orthographie 
sowie eine Beschädigung des ersten Buchstabens 
hätten den Periegeten Pheidias statt H. lesen 
lassen; Bulle merkt dazu an. daß auch der Lokai- 
patriotisnius der Delpher bei der Umtaufe nach- 
geholfen haben könne, und ist auch Berl. phil. 
Wochenschr. 1908, 630 entschieden für Pomto ws 
Annahme eingetreten. Der Lesefehler an sich wäre 
wohl nicht so schlimm, wie Hitzig-Blümner, 
Paus. III 679, findet, vorausgesetzt, daß der Name 
mit dem rauhen Hauch geschrieben war. Aber 
grade diese Voraussetzung ist mehr als unsicher, 
denn nach Ausweis seiner angebrannten Signatur 
von der Akropolis hat H. gleichzeitig oder wenige 
Jahre später seinen Namen ohne H geschrieben 
(weshalb auch Rayets Versuch, eine zweite Sig- 
natur zu ergänzen, problematisch bleibt. Eev. 
et. gr. II 98. IG I 482). Pomtow unterdrückt 
gewissenhaft seine Neigung, die Brandspuren zu 
leugnen, wenn er sich auch nicht zugesteht, daß 
seiner Vermutung dadurch der Boden entzogen 
wird. Methodischerweise muß man sie unwahr- 
scheinlich nennen; richtig sein kann sie trotzdem. 
Die große Erzgruppe von Apollon, Athena und 
Miltiades mit den attischen Heroen darf also nicht 
als Werk des H. gelten. — Noch weniger für sich 
hat eine Vermutung von R o s e zu Vitrnv III praef. 2, 
wo in einer Aufzählung von Künstlern, denen zum 
Ruhme nur das Glück, nicht das Talent gefehlt 
habe, ein verderbter Name erscheint. Zwei Hand- 
schriften schreiben lidlas zwei tfieltas. Daraus 
machte man früher einen doch wohl unmöglichen 
Namen Hellas; jet2t schreibt Rose im Text Teleas, 
im Apparat fragend IL Auf diesen trifft jedoch 
die Angabe des Vitruv nicht zu ; denn sein Nach- 
ruhm hat eine ausgebreitete, also erfolgreiche 
Tätigkeit zur Voraussetzung, für welche durch die 
Zerstörung Athens die besten Vorbedingungen ge- 
schaffen waren. Man hat ihm daher nicht ohne 
Grund einen hervorragenden Anteil au dem 
Skulpturbedarf der Heiligtümer und an den neu 
errichteten Hermen zugewiesen (Miehaelis- 
Springer Handbuch der Kunstgesch. I 8 198 
1 9 230, wo die etwas zu weit gehenden Vermutungen 
der älteren Auf lagen eingeschränkt werden. Furt- 
wängler Abhandl. Akad. Münch. XX 573). 

Overbeck Gesch. der griech. Plastik * I 154. 
Collignon-Thraemer Gesch. d. griech. Plastik 
I416f. JoubinSculpt. att. 9f. LechatSculpture 
att avantPhidiaa 386. 451. Klein Gesch. (L griech. 
Kunst I 375 und a. a. O.; Arch. epigr. Mitt. VH 



56f. 72 und a. a. 0. Michaelis-Springer 
Handb. der Kunstgescta. 19 216. 230. Busolt 
Griech. Gesch. III 1, 372. Reis ch Österr. Jahresh. 
IX 226. 257. Frickenhaus Arch. Jahrb. XXVI. 
7) Hegias, attischer Bildhauer des 1. Jhts. n. 
Chr., arbeitete nach Ausweis der an dem stützenden 
Baumstamm angebrachten Signatur gemeinsam 
mit Philathenaios eine Statue des Kaisers Claudius 
als Iupiter, die mit anderen Kaiserstatuen im 

10 Metroon von Olympia aufgestellt war. Sie ist bis 
auf die vorgestreckte rechte Hand, die Finger der 
am Szepter erhobnen Linken, die Nase und den Kopf 
des Adlers im wesentlichen vollständig erhalten: 
Olympia, ErgebnisseIII Tai 60f. 1, S. 244f. (Treu). 
Die Figur ist eine freie Kopie im Typus der Kolossal- 
statue aus Lanuvium in der Rotunde des Vatikans, 
B e r n o u 1 1 i Köm. Ikonographie II 1 Taf. 1 7. Treu 
findet sie besser als diese und folgert daraus gar 
eine allgemeine Überlegenheit der attischen Bild- 

20 hauer dieser Zeit über die römischen. Damit wird 
dem H. und seinem Genossen eine Bedeutung zu- 
geschrieben, die ihnen keineswegs zukommt; denn 
das Zentrum des lebendigen Hellenismus war damals 
Rom, während in Athen Klassizismus und alt- 
hellenistische Koine vorherrschten. Ein Vergleich 
der olympischen und der römischen Statue zeigt, 
daß H. und Philathenaios es fertig gebracht haben, 
alles Charakteristische ihres Vorbildes in Form, 
Bewegung und Ausdruck zu verwischen. Ihr 

30 Claudius steht in leichter Pose gen Himmel blickend 
da, von Kopf bis Fuß durchflössen von dem Rhyth- 
mos, den das 4. Jhdt. auf Polykletischer Grundlage 
ausgebildet und der Hellenismus theatralisch ge- 
färbt hat. Der Kopf- ist in Anlehnung an den 
Augustustypus soweit idealisiert, daß man ihn 
eben noch erkennt; nur auf ikonographischem 
Wege ist eine Spur des glänzenden Porträtstils 
der claudischen Zeit in die Stirnbildung ein- 
gedrungen. Das Gewand ist nach berühmten 

40 Mustern am Spielbein wie naß angeklebt, als ob 
es ein leichtes Frauengewand und nicht ein wollener 
Männermantel wäre; auch der Kontrast scharfer 
Grate und welliger Kanten erinnert stark an die 
Nikebalustrade. All das ist mit äußerst flotter 
Mache hingeworfen. Bei der römischen Statue 
sind die Formen, der Kolossalgröße entsprechend, 
einfacher und architektonischer behandelt; das 
Gewand ähnelt mehr der Toga als koketten Frauen - 
Kleidern. Der Kopf ist nicht erhoben und durch 

50 kleine Verschiebungen in Rumpf und Beinen ist 
der Rhythmos des Motivs gebrochen. Das Gesicht 
ist in gleitendem Ineinanderübergehen der Formen 
auf die Wiedergabe des optischen Eindrucks, nicht 
auf tektonischen Aufbau angelegt; die Porträtzüge 
mit dem dumpfen Bleidruck, der auf Stirn und 
Augen lastet, sind von äußerster Ausdruckkraft. 
Obwohl oder vielleicht grade weil der Körper nicht 
nach frühhellenistischer Art porträthaft gebildet 
ist. läßt sich kaum eine großzügigere Parodie der 

60 Majestät denken als dieser gutmütige, täppische 
und eitle Mensch mit der Bürgerkrone und in der 
heroischen Nacktheit hellenistischer Könige. Nur 
eine originale Porträtstatue des kleinasiatischen 
Hellenismus, der ,Zenon' vom KapitoL ist diesem 
Claudius überlegen; aber auch bei ihm drangt sich 
der Gedanke an Velasquez auf. H. und Phila- 
thenaios haben also ein großartiges Vorbild durch 
und durch banalisiert; es ist rar ihr Verfahren 



symbolisch, daß sie den Eichenkranz durch einen 
Lorbeerzweig ersetzt haben. — Das Gewandmotiv 
gehört der ersten Kaiserzeit an; es findet sich wohl 
zuerst bei dem Orestes in der Gruppe des Menelaos. 
Schülers des Stephanos, und kommt auch bei 
Göttern vor, z. B. bei der guten frührömischen 
Kleinbronze des Poseidon, Babelon-Blanchet, 
Bronces de la biblioth. nat. 29 nr. 62, bei dem 
schlechten Iuppiter ebd. 9 nr. 16, bei dem Zeus 
auf den augusteischen Münzen von Aizanoi in 
Phrygien, Overbeck, Griech. Kunstmythologie LI 
Münztafel II 24; weiteres s. Harmatios. Was 
der Kaiser in der Rechten hielt, fragt sich; für 
und wider Blitz, Schale, Weltkugel oder Victoria 
spricht ungefähr gleich viel. L (i w y Inschr. griech. 
Bildh. nr. 332. Olympia, Ergebnisse V nr. 642. 
Treu a. a. O. Heibig Führer durch d. Samml. 
in Rom 2 200 nr. S12. — Die Vermutung v. Six 
Rom. Mitt. VI 282, daß die bei Plin. n. h. XXXIV 78 
genannten Dioskuren vor dem Tempel des Iuppiter 
tonans in Rom nicht von dem Lehrer des Pheidias, 
sondern von unserem H. herrührten, ist umso un- 
wahrscheinlicher, als auch das Kultbild des Tem- 
pels eine alte Statue des Leochares war. [Pfuhl.] 

8) Hegias, attischer Schalenmaler (Signatur 
sygaftpoe)) des entwickelten rf. Stiles, bekannt 
durch eine Schale aus Athen ohne Außenbilder, 
das Innenbild mit der Darstellung einer Nike, 
die einem Jüngling ein fußloses Gefäß und eine 
Schale reicht. Abgeb, Stackeiberg Gräber der 
Hellenen Taf. XXV 6. Lit. H. Brunn Künstler- 
gesch. II 693. Walters Pottery I 444. Klein 
Meistersig.2 186. [Leonard.] 

Hegies, Sohn des Antiochos aus Elis, aus dem 
Geschlechte der Iamiden, erhielt auf die Bitte 
seines Bruders, des Wahrsagers Teisamenos, mit 
ihm das spartanische Bürgerrecht vor der Schlacht 
bei Plataiai (Herod. IX 33). [Sundwall.] 

Hegra s. E g r a Nr. 2. 
Hegylos, Bildschnitzer aus Lakedaimon, ar- 
beitete nach Paus. VI 19, 8 gemeinsam mit seinem 
Sohne Theokies eine Gruppe aus Zedernholz: 
Herakles im Hesperidengarten. Zu Pausanias' Zeit 
standen Herakles, Atlas mit dem Himmelsgewölbe 
und der Apfelbaum mit der Schlange im Schatz- 
hause der Epidamnier in Olympia, fünf Hesperiden 
im Heraion. Bei letzteren nennt Pausanias nur den 
Theokies als Meister und bemerkt, er solle ein 
Schüler von Dipoinos und Skyllis gewesen sein 
(V 17, 2); dadurch wird die schon aus der An- 
gabe über die Gruppe folgende Ansetzung ins 
6. Jhdt. bestätigt. Auch die Figuren im Schatz- 
haus von Epidamnos bezeichnet Pausanias als 
das Werk des Theokies, fügt jedoch hinzu, nach 
der Inschrift auf dem Himmelsgewölbe habe sie 
H. gemeinsam mit seinem Sohne gearbeitet. Es 
hat darnach den Anschein, als ob H., der ver- 
mutlich hinter seinem kretisch geschulten Sohne 
zurückstand, an der Arbeit nur als Gehilfe be- 
teiligt gewesen sei; doch könnte dies aus der 
wahrscheinlich metrischen Inschrift mit Unrecht 
gefolgert worden sein. Daß die Gruppe nicht 
einfarbig, sondern mindestens durch Zutaten von 
Gold (Hesperiden äpfel, Sterne) belebt war, nimmt 
Overbeck Gesch. d. griech, Plastik* I 88 wohl 
mit Recht an. Das Holz dürfte mit Einlagen, 
wie sie Haus er für die Kypseloslade erschlossen 
hat, verziert gewesen sein (Furtwängler- 



Reichhold Griech. Vasenmalerei m 3); das 
Überwuchern solcher Einlagen hat dann, zn den 
Goldelfenbeinbildern mit hölzernem Kern geführt. 
Die Blüte der altspartanischen Bildschnitzerei 
wird jetzt durch die Elfenbemfande der Engländer 
besser veranschaulicht als durch die früher üb- 
lichen Eückschlüsse aus der Steinskulptur (Brit. 
School Annual XIII f Overbeck a. a. O. 230. 
Klein Gesch. d. griech. Kunst 1 104 f.). Brunn 

10 Gesch. d. griech. Künstler I 45 f. Collignon- 
Thramer Gesch. d. griech. Plastik I 242. 
Michaelis-Springer Handbuch d. Kunstgesch. 
19 182. [Pfuhl.] _ 

Heiasun mit anlautendem h (Latte s Rendic. 
d. R, Ist. Lomb. di sc. e lett. Ser. IL Vol. XLTI 
1909, 803) steht einmal neben sonstigem etruski- 
schen eiasun, easun, aeasun (De ecke Bezz. 
Beitr. II 1877-78, 166. 186. Körte Etr. Spiegel 
V S. 118) zur Bezeichnung des mit dem Drachen 

20 kämpfenden 'Idoav: Gerhard Etr. Spiegel LT 
Tat 238 (orig. ine); Tgl. III S. 221t ; s. den Art. 
Iason. [HeTbig.] 

Heilesion (EiUatov) war die Namensform der 
im Schiffskatalog (II. II 499) erwähnten böotischen 
Stadt, dieApollodoros (Strab.IX406) für die richtige 
ansah, entsprechend seiner Anschauung von einem 
älteren Zustand des Landes (ixlq&t] ötä zo ini toi; 
eUoiv iÖQvo&ai). Ein anderer Grammatiker (Etym. 
M. 303, 11) trat von ähnlichen Voraussetzungen aus 

30 für die Form Elgiotov ein äno zijs elgeötas; dazu 
stimmt Iresium Plin. n. h. IV 26. Die hsl. Über- 
lieferung der Hiasstelle bietet ausnahmslos EIM- 
otov, ebenso Nonn. Dionys. XIII 61. Die Existenz 
der Stadt ist also nur duTch den Schiffskatalog 
bezeugt, und in bezug auf ihre Lage wissen 
wir nur, daß sie zu Boiotien gehörte. Alle 
weiteren Vermutungen entbehren jeder Grund- 
lage. O.Müller Orchomenos 2 50. 480. Ulrichs 
Reisen und Forschungen II 81. Bursian Geogr. 

401 224. Lolling Hellen. Landesk 126. W. 
Schulze Quaest. ep. 161f. Philippson o. 
Bd. V S. 2112. Ebenso steht es mit dem Versuch 
Im hoof-Blumers, dem Orte Münzen zuzuweisen, 
Numism. Ztschr, III 1871, 353ff. Nun bietet Sui- 
das außer ElXsmov und EiQ&oiov auch noch die 
Form 'Egiotov, und diese hat Holst en auch bei 
Dion. Kall. 90 eingesetzt, indem er statt hsl. 
ciV 'EfiTisQiaiov xaXovpievov axqoxaxov schrieb 
shev Efjsatov xzL; zustimmend Meineke Scymni 

50 Chii Periegesis et Dionysii descriptio Graeciae 73 
und C. Müller Geogr. gr. min. 1 241. Danach hätte 
die Stadt zwischen Aulis und dem Euripos ge- 
legen; hier lag aber Hyria, und für eine andere 
Ortschaft ist tatsächlich kein Raum. Außerdem 
enthält aber das dürftige Machwerk, in dem diese 
Stelle steht, so viel offenkundige Torheiten, daß 
die Berechtigung zu einer Änderung des überliefer- 
ten Textes mindestens zweifelhaft ist. [Bölte.] 
Heileti : Ei^u ■ Zeh kv Kvxqm, Hesych, bei 

(50 dem sich auch andere kyprische Zeusnamen, deren 
Erklärung noch nicht gelungen ist, finden; vgl. 
Elaius (Bd. V S. 2228 Nr. 6), Euelides (Bd. VI 
951). Escher erinnert an 'EU-cauos (o. Bd. VI 
1290, 42j. [Jessen.] 

Heimarmene. Der Begriff der H. tritt uns 
zuerst bei den Ionikern entgegen und ist ebenso 
wie 3is3iQO}fievt} nicht von alters her den Griechen 
geläufig gewesen, sondern wohl als Schöpfung der 



2623 



Heimarmene 



Heimarmene 



Phüosophen zu betrachten. Er führt im 6. und Cicero übersetzt mit: ordinem aeriemgue c&u- 

5. Jhdt. zunächst als Philosophenkind ein be- sarum , cum causa eausae ttexa rem ex se gi- 

scheiden Sonderdasein neben den im Volke tief gnat (de divin. I 55 p. 125). Sie geht auf Chry- 

eingewurzelten Vorstellungen von der Moiga, sipp zurück, Gellius noct. Att. VII 2, 3. Euseb. 

'Avdyxrj und 'Aloa, bis er dann von den Stoikern in praep. ev. VI 8, 8 p. 263 c. Auch Ps.-Plutarch 

den Mittelpunkt der philosophischen Spekulationen leitet das Wort de fato c. 4 p. 570 B ebenfalls 

gerückt wird. von stgofiai ab. Eine ähnliche , etwas abwei- 

1. Name und Bedeutung. Vor dem Sub- chende Auffassung gibt der Verfasser der Schrift 

stantivum ist zur Bezeichnung des im Worte üsgl xöafiov c 7: dta to etgstv xai ywQEiv 
liegenden Begriffes die Verbaltbrm sif.ia.QTo und 10 äxwlvTots. Während diese rein stoische Auf- 

die Partizipialform nifiaQftevos gebräuchlich ge- fassung das Schicksal als tätige, selbständige- 

wesen und auch geblieben, nachdem das Sub- Macht darstellt, fassen die beiden andern Ety- 

stantivum sich eingebürgert hatte (sl'iaagto = es mologien es als passiv bestimmt, ohne den zu 

ist beschieden, Hom. Od. V 312. XXIV 34; IL nennen, der es so festlegt. Die Auffassung el~ 

XXII 281. Hesiod. Theog. 894. Plat. Phaedr. fiag/Asvrj = sig^aq^h^ — äofio; berichtet uns 




sZftaQfitva, Heraclit.-Simpl. in Arist. Phys. comm. oder die Grenze , d. h. das Schicksal des ein- 
I 2 p. 24, 5 Diels xmä nva sißao^ivrjv dvdyxrjv). 20 zelnen. Dieser rein passiven Auffassung verleiht 

Aus dem Gebrauch des Partizipiums hat sich Sallustius jisqi fteüv xal xoapov c. 9 OrelU p. 32 

unter Wegfall des üblichen Substantivums t uoToa auch aktiven Sinn , wenn er den Namen erklärt 

das Wort fi tipaquivr} entwickelt, ursprünglich das öia tö ftäXiov roig oiofiaot <paivsa$ai rov sig^ov. 

zugeteilte Los, später das Schicksal, das Verhäng- Diogenian scheint auf eine weitere Ableitung 

nis. Zuerst finden wir es als fertigen Begriff zur anzuspielen, wenn er Chrysipp das Wort (Euseb. 

Zeit des Heraklit (Heraclit wendet es an: Aet. I praep. ev. VI 8, 8 p. 263c) erklären läßt: dgo^sv^v 

7, 22. 27, 1 = Diels Vorsokr. I 2 58, 30ff. (seil, tprjalv) uva (seil. Stoitttiaiv) ehe ix decov 

Biog. Laert. IX 7f. Anaxagoras: Aet. I 29, 7 ßwXfoews &e i$ rjs Mjjzoxs ahia;. Danach wäre 

= Di eis a. 0. 306, 7 und Ales. Aphrod. de fato es von ä'gco, einer Nebenform von Xiyw t abzu- 
c 2 p. 165 Br. Parmcnides: Aet. I 35, 3 = Diel s 30 leiten, eine Etymologie, die auch Areios Didymos 

a. O. 110, 29). Das Wort geht dann als philo- bei Euseb. XV 15, 6 p. 818a gibt. Diese dreiDeu- 

sophischer Terminus weiter und findet sich bei tungen sind sprachlich unmöglich und zu verwer- 

Leukipp (Aet. I 25,3 = Diels a. O. 110, 29), fon, es ist vielmehr das Wort auf die Wurzel *smer 



Sprachschatze, sie haben dafür d'/tiagro , dpag- ator/(o fii} £%ovzi nkga? tä yivöfxeva ovUr}xpiv 
ßsvov . . eW (Trag. Graec. frg. N. 2 905, 352), r\ d. ovkXaß^ stsgt^ xa&dnsg xal ev t£ üqp$ \ 
sowie die festgewurzelten Vorstellungen von der vgl. Sommer Griech. Lautstudien 30. Prell- 
alaa, (.lolga, dvdyxt). Im 4. Jhdt. begegnet er40witz Etym. Wörterbuch 1905, 28b' s. [isiQOfxat. 
uns wiederholt bei den Rednern, so bei Isokrates Da nun die Form sowohl als passivisch = das 
(X 52) Antiphon (I 21), Demosthenes (de Corona zugeteilte Los, als auch als aktivisch = die zu- 
296, orat. funebr. 1394); sie haben den Begriff teilende Schicksalsgöttin aufgefaßt werden kann 
ebenso wie die Philosophen in weitere Kreise des und von den Griechen auch in diesem Doppel- 
Volkes hineingetragen und ihm zu der Bedeutung sinne angewendet wird, können wir bei dem Ge- 
verholfen, die er im 3. und den folgenden Jahr- brauch des Wortes beide Richtungen verfolgen, 
hunderten bekommt. Mit Zenon rückt er in den Als Schicksal oder Lebensende des einzelnen 
Brennpunkt aller philosophischen Doktrinen; sein findet es sich bei Isokrates, Antiphon, Demo- 
Buch darüber hat eine Menge von Erweiterungs- sthenes, Piaton (s. o.), es ist hier also völlig iden- 
und Gegenschriften über die L veranlaßt (s. u.). 50 tisch mit uot Q a\ doch ist das Wort in diesem 
Das Wort hat dann eine große Lebensstärke ent- Sinne nicht recht lebensfähig und volkstümlich 
wickelt und sich durch die ganze griechische geworden. Wenigstens kommt es in Inschriften 
Literatur hindureb erhalten. (ans späterer Zeit ein Epigramm bei kaibel 

Die Römer haben den Namen selbst nicht in Ep. graec. 734 nr. 297 : EipaofUvn öe jieomeawv 

ihren Sprachschatz aufgenommen, sondern den Be- xaxf) und CIGr. II 2061. 2062 vno navra vst- 

griff entweder einfach griechisch wiedergegeben, xonihnz si/iaouhijs dyTjg^äyq) sowie in Ko- 

z. B. Cic. de divin. I 55 p. 125 oder ihn mit fatum, mödie, Romanen und Sprichwörtern kaum vor, 

fati necessitas, vis fatalis, faUdis lex et necessitas während die üblichen Schicksalsgöttinnen hier eme 

u. a. ausgedrückt. Nur Firmicus Maternus hat große Rolle spielen ; eine Darstellung in der Kunst 
die Form himarmene (I 9,3 p. 29 Kr. haue 60 fehlt. Dies kommt daher, daß der reine abstrakte 

(seil, lex necessüasque fatorum) namque quam Begriff = Weltgeist, Weltgesetz in dem Worte uber- 

dieunt himarmenen). wog. Es ist zunächst, wie schon betont, innerhalb der 

Abgeleitet haben es die Alten entweder von Philosophenschulen geblieben^ und groß geworden. 
et^ttcu ep. praes. von &a = bestimmen, fest- 2. Schriften über die H e V^ r ™ e "% Zu- 
setzen, oder von efe/«fe = Grenze oder von bXqo- non schrieb zuerst ein Buch daruberJlÄog. l^aert. 
uat = aneinanderreihen. Letzteres ist stoische De- VTI 149), worin er Wesen ™^ Wjwtnii« der- 
finition, sie fahrt Diog. Laert, VH 149 an: Zart selben dartet Ihm en^nete Epilrar in emer 
3' eifMQfOrtj ahia x&v Srtatv elgo/thnj, welche Schrift mit demselben Titel (scü. xmqi «f^W*»^f 



2625 



Heimarmene 



Heimarmene 



ZS2G 



Diw Laert. X 28). Dann schrieb Chrysipp zwei Von neueren Schriftstellern ist zu nennen: 

Bücher über dieselbe (Diog. Laert. VII 149; die Frag- H. Grotius Philosophorum sententiae äe fato 

mente zusammengestellt von A. Gercke Chry- = Opp. theol. HI 379ff., Amsterdani 1679. 

sippea, Jahrb.f.class.PhüoLSuppl.-Bd.XIV693ff. A. Trendelenburg Notwendigkeit u. Freiheit 

715f£ und von J. v. Arnim Stoicor. veter. frg. II L d. griech. Philos. = histor. Beitr. z. Philos. 

264 nr. 912ff., Leipz. 1903); nach ihm sind zu II Berlin 1855, 112-188. O, Heine Stoicorum 

nennen Boethos (mehrere Bücher: Diog. Laert. de fato doctrina, Hamburg! 1859. J. C. Or ellin s 

VII 149), Kleitomachos (Aufzeichnungen aus Alex. Aphrod., Aramonii Hermiae filii, Plotim, 

den Lehrvorträgen, die Karneades darüber ge- Bardesanis Syri et Georgii Gemisti Plethoms de 




• Migne), Dioge 
nus (Euseb. praep. evang. VI c. 8, 1 p. 262ff., 3. Die philosophischen Auffassungen 
vgl. A. Gercke a. O. 748ff.), Poseidonios (zwei der Heimarmenc als Weltgesetz, a) Io- 
Bücher: Diog. Laert. VII 149), Cicero (de fato, niker und Pythagoras. Die von den Ioni kern 
Anfang und Schluß fehlen, ebenso mehrere Stücke neugeschaffene Idee von einem den ganzen Kos- 
von c. 3), Ps.-Plutarch (jtsqt dfiaQ^svrjg = opp. mos gleichmäßig durchdringenden Gesetz ringt 
p. 568—575), Plutarch (zwei Bücher, verloren; mit althergebrachten Werten und schafft neue 
zitiert von Lamprias catal. Plut. nr. 56) , Barde- Werte, um dem Neuen Gestalt und Leben zu 
sancs (Stücke daraus bei Eus. praep. ev. VI 10, 20 geben. So finden wir bei Heraklit dvdyxq mit 
1—48; doch ist die Schrift, die ihm Eusebius «.gleichgesetzt: und nach dieser Naturnotwendig- 
zuschreibt, wohl nicht von ihm selbst verfaßt, keit vollzieht sich der ganze Weltprozeß (Arist. 
sondern es sind Aufzeichnungen, die seine Schüler Met. A 3, 984 a 7. Cic. de fato 17, 39. Simplic. 
aus den Lehrvorträgen entnommen haben: Hil- a. O. Diog. Laert. IX7=Dielsa. 0. 155, 9 
genfei d Bardesanes der letzte Gnostiker 24ff., u. 58,11). Außerdem setzt er es mit dem Welt- 
Leipzig 1864. Harnack-Preuschen Gesch. d. gesetz, der Weltvernunft identisch (Aet. I 7, 22 
altchr. Liter. I 1, 190), Minucius Felix (de fato = Diels 58. 30). Ebenso suchen Parmenides 
vel contra mathematicos : Hieron. de vir. illustr. und Demokrit diese dunkle Schicksalsmacht 
c. 58. Bardenhewer Gesch. d. altchr. Lit. 1315. menschlich näher zu rücken, indem sie sie mit 
Schanz Handb. d. klass. Altert. VIII 3, 268), 30 ölxi}, ngövoia und dem weltgestaltenden Prinzip 
Alexander Aphrodisiensis {tiqoz tovq avro- zusammenstellen (Aet. I 25, 3 ^ Diels HO, 29). 
xQatoQag nsgl sifiag^Evr/g: Scripta min. ed. Bruns Auch Pythagoras kannte die L und nannte sie 
II 164ff), Origenes (Exzerpte daraus in einem rs x&v oltav aal xaxd {liqos ahiav rfj$ öwtxTJosüis, 
cod. Palat. Gr. 209 fol. 167». Pitra-Stevenson Diog. Laert. VIII 1, 27. Phot. cod. 259). Später 
Codd.manuscr.Palat Graeci Bibl. Vatic. 106. Har- schrieb man auch Pythagoras eine mystische 
nack-Preuschen a. 0. I 385), Tertullian (de Lösung des Schicksalsproblems zu, Lydus de mens, 
fato, er nennt die uns nicht erhaltene Schrift de LT 10 p. 31 Wünsch schiebt ihm m, daß er ihr 
anima c. 20. Harnack-Preuschen a. O. I 672), die Zahl 5 ^ zugeteilt ^ habe :^ inü xüv aladrjTcov 
Diodor Bischof von Tarsus {xara dfiagfiEvr}? nazdoxeiv tr\v dfxaQ^hrjv Xdyog, die späteren Py- 
größere Partien daraus bei Phot. bibl. cod. 223 40 thagoreer setzten sie mit der Dekas identisch, 
p. 208ff.), Hier ocl es (jh-qi ngovoias xai äpag- Procl. in Tim. 331 F. Allerdings findet sich 
fdvTjCy Bruchstücke ebenfalls bei Phot. bibl. cod. nirgends etwas angedeutet über das Wesen der- 
214 und cod. 252), Gregorius Nvssenus {xaxa selben, sowie über das Verhältnis zwischen«. 
st[iaejx£vt}$ : Migne G. 45, 145ff.) F Ioannes und dem einzelnen Individuum, daher dennjiuch 
Chry so stomos (jingl dfiagfiivrjg ts xai jigovoiag, der Ausfall des Anaxagoras xevöv zovro ovofta 
sechs Reden: Migne G. 49, 749ff.) t Proklos (de (Alex. Aphrod. de fato 2 = p. 165, 22 Br.). 
Providentia et fato). b) Stellung Piatons zur Schicksalsidee; 
Ferner finden sich Bruchstücke von weiteren Aristoteles. Daß aber im 6. und 5. Jhdt. sich 




Providentia I 77—88; Gellius noct. Att. XIV digkeit und eines von vornherein bestehenden 

lff. (enthält die Angriffe des Favorinus), Origenes Verhängnisses sich vollziehe, dem der Mensch 

comm. zur Genesis, ausgeschrieben von Euseb. ohnmächtig mit gebundenen Händen gegenüber- 

praep. ev. VI. XI 1— 82; Stobaeus Anth. I c. 5 steht, ersehen wir aus einer reichen Zahl von 

p. 74ff.W.; Plotin Ennead. HI 1, lff.; Iulia- entsprechenden Äußerungen. Hierbei ist die 

nus von Halicarnass in dem comm. zu Hiob Schicksalsmacht entweder gleichgesetzt dem Wil- 

= üsener Rh. Mus. LV (1900) 326ff.; der sog. len der Götter oder sie steht als Allgebieterin 

Ambro siaster in den quaestiones = Appendix über Gott und Mensch (Welcker Griech. Götter- 
zu den Werken Augnstins Migne L. 34, 2347: de CO lehre II 188, Göttingen 1860. Nägelsbach Die 

fato, dazu F. Cumont La polemique de TAmbr. nachhomerische Theologie des griech. Volksglau- 

contre les Paiens = Revue d'hist. et de litt, relig. bens 22. 141-157, Nürnberg 1857. Zell er 

VIII(1903)431ff.; Eusebius Praep. evang. VIc. 1 Philos. d. Griech. I* 96. Max Wundt Geschichte 

—11; Augustinus De civitate dei V 1 , speziell d. griech. Ethik I 1908. 230ff. 293. 333). Mit 

gegen die philosophische Auffassung des Fatum: diesen Vorstellungen wird nun Ende des 5. Jhdts. 

c. 8; Proklos Comm. in Plat. Tim., besonders der junge Phüosophenterminus S. in Zusammen- 

p. 322ff. und in rempubl. p. 50ff. Scholl.; Suidas hang gebracht, so spottet Piaton darüber Gorg. 

a. t. $. I 2 p. 765ff. 512 E f daß es Weiberart sei, zu glauben, ort rijv 

FanlT-WissowA-Xroll VII 83 



ä027 



Heiuiarmene 



Heimarmene 



2328 



st(A.a.Q(Jtevr}v ovft äv eTg sxtpvyoi, und Phaed. 115 A 
läßt er den Sokrates sagen : Sxav tj ElfiaQfAivr} xaXfi 
. . . i/it- ds vvv rjdrj xakst . . . <pafy av dvtjg xgayixög, 
ähnlich Theaet. 169 C. In seinen späteren Schrif- 
ten dagegen hat er das Wort vollberechtigt aufge- 
nommen und zwar sowohl in deT Bedeutung von 
Einzelschicksal als auch von Weltgesetz. Einzel- 
schicksal ist es Polit. X 619C, wo die Seelen 
sich ihr Lebenslos wählen, Weltverhängnis, ge- 



ihxe Verkörperung fand (Roh de Der griechische 
Romano Leipzig 1900, 296. 299. 302ff. Kaerst 
Gesch. d. hellen. Zeitalters, Leipzig 1909, II 1, 
202), andererseits löste sie die Überzeugung 
aas , daß alles Geschehen nach starrer Natur- 
notwendigkeit geschehe, daß der Mensch natur- 
gemäß so handeln müsse, wie es ihm vom Ein- 
tritt ins Menschenleben an durch eine dunkle, 
unbegreifliche und unerschütterliche Schicksals- 



maß dem der Kosmos entsteht und veigeht, 10 macht von vornherein bestimmt sei: Menschen- 



wenn der oberste Gott, der Steuermann des 
Ganzen, das Ruder fahren läßt: Politikos 271 E. 
Legg. X 904C. IX 873 C. Als selbständiges 
Wesen erhält sie aber im Vergleich zu der Idee 
der Weltseele bei Piaton keine besondere Beach- 
tung, er faßt sie als das Gesetz auf, nach dem sich 
der Prozeß des Werdens vollzieht ; diese Auffas- 
sung erkennen wir aus den zehn d/iagfievoi H~ 
yot, die der Demiurg den Sternseelen über die 



handeln und Weltgeschehen ist unabänderlich 
gebunden an das Verhängnis, das alles gleich 
beherrscht. So gestaltet Zeno den Begriff der 
i. für die folgenden Jahrhunderte und fand hei 
der Unsicherheit und Inhaltslosigkeit des reli- 
giösen Gefühls, das seine und die folgende Zeit be- 
sonders kennzeichnete, großen Anklang (s. Wend- 
land Die hellenistisch-römische Kultur in ihren 
Beziehungen zu Judentum und Christentum in: 



Natur des Weltganzen und des Menschen Tim. 20 Handbuch zum Neuen Testament I 2 1907, 60). 



41 Dff. mitteilt. Danach zwingt die ävdyxrj 
= mechanische Notwendigkeit die Seele in einen 
Körper, die Seele selbst muß sich nach den ge- 
gegebenen Gesetzen der Wandlung richten, was 
wohl identisch mit L erklärt werden darf. My- 
stisch hat er dies in weiterer Form in dem 
Mythos des Er Polit. X 619 Cff. zum Ausdruck 
gebracht, wo das Schicksal (= drei Moiren) als 
Folge (Töchter) der Notwendigkeit dargestellt 



Nach ihm ist das Schicksal die alles bewegende 
Kraft, identisch mit nQovoia und <pvoig (Aet. Plac. 
I 21 — Stob. I 5, 15. Theodor. Graec. Äff. Cur. 
VI 14 p. 153 R.); dem religiösen Empfinden ent- 
spricht er, indem er es mit Zeus identifiziert 
oder es überhaupt als göttliches Urwesen be- 
zeichnet (Epiph. prooem. adv.haeres. II 5 = Di eis 
Doxogr. 588, 18). Aber nicht nur die äußeren 
Geschehnisse der Natur vollziehen sich gemäß 



ist. Umschrieben findet sich der Begriff der L 30 dieses allwaltenden Gesetzes, sondern auch jede 

i i j » . i j j. •_ tu j_ ojon J nr ... TJC««„1.,4. mivrxe.>»'Vil ; !rt'Vifi TTon fllviTi er i of mit llirer» UWItrAn rmn 



durch die Adrasteia Phaedr. 248 C, dazu Hippolyt. 
Philos. 10, 19 = Di eis Doxogr. Graec. 569. 
Später hat man Piaton die Gleichstellung von L 
und tpvotg zugeschrieben (Porphyr, in Plat. remp. 
p. 127, 36ff.), ebenso eine Scheidung xaz ovoiav 
und xat' ivegysiav (Nemesius de nat. hom. c. 38 
p. 753 M.), andere haben neben Spes Nemesis, 
Amor und Occasio, auch Fortuna und Fata als 
lügnerische Erfindungen des , wahnwitzigen 1 Pla- 
ton hingestellt (Paulin. epist. XVI 4). 



Aristoteles hat sich nicht weiter auf den Be- 
griff der L eingelassen. Bekannt war ihm das 
Problem des Fatalismus, doch bedient er sich 
hauptsächlich zu dessen Bezeichnung der Worte 
dxovaiov, olkov, dvdyxrj , ßia, q>vöiQ und polemi- 
siert gegen diese Begriffe (besonders Nikom. VII 
32ff.; Physik. II 196aff. VIII 254b. Hilde- 
brand Aristoteles' Stellung zum Determinismus 
und Indeterminismus. Diss. Leipzig 1885. llff. 
63. Zeller 113 2, 330ff. 587ff.). Bei der 50 
Aufzählung und Zerlegung der vier Ursachen: 
vovs, <pv<jts, dvdyxn, tüjij hat er sie als Neben- 
begriff der äväyxri untergeordnet: zi]v &k slfiao- 
ftitnjv ovx ahiav fdv, zoonov de ziva ahiag avfi- 
ßsßtjxoza Jtoog roig xf}g ärdyxijg zerayuevotg Aet. 
plac. I 29, 2 = Stob. Ecl. I 6, 17. 

c)Die Stoiker. Während bis auf Aristo- 
teles der Begriff des Fatalismus nur eine neben- 



menschliche Handlung ist mit ihren Folgen und 
Ursachen nach ihm von vornherein bestimmt 
{Diog. Laert. VII 1, 23. Dryoff Ethik der al- 
ten Stoa = Berl. Stud. f. cl. Phil. N. F. II 
1897, 130, 2). Kleanthes stellt die e. in Gegen- 
satz zur göttlichen ngovoia und behauptet, was 
nach der Vorsehung geschehe, geschehe auch ge- 
mäß des Verhängnisses, aber nicht umgekehrt 
(Chalcid. in Plat. Tim. 20. v. Arnim a. O. S. 8. 
40 Dieterich Abraxas 75). Auf ihn geht der Satz 



volentem dueunt fata, nolentem traliunt (Sen. 
ep. 107, 10, u. a. Zeller III 2, 304), ferner das 
Gebet an Zeus und an das Schicksal: äyov de 
fi <5 Zev xal av y r\ xmQwuevr} \ otiov ?ro#' 
vfüv df.il dtatETayuevos | tbg kyo/uat y äoxvog • 
j}v de ye fii] ftslo) \ xaxög yevoptevog, ovSkv fyztov 
eipofiai (Sen. ep. 107, 10. Epictet. Man. c. 53. 
Vettius Val. cat. codd. astr. V 2 p. 40 und 43, 19. 
Brinkmann Kh. Mus. LX 630). 

Einen richtigen Begriff von der altstoischen 
Anschauung erhalten wir aus den Fragmenten, 
die uns von Chrysipp erhalten sind; er gibt uns 
ein klares Bild, wie eisern konsequent hier die 
Lehre von der i, durch alle Einzelheiten des 
menschlichen Lebens und des xoofiog durchdacht 
ist und wie sie sich mit kleinen Abänderungen 
durch die Mittel- und Popularstoa der Kaiserzeit 
erhalten hat (v. Arnim a. O. S. lff.). Nach ihm 
ist Materie und Gott identisch, Gott = I. sowohl 



sächliche Bolle in der griechischen Philosophie ^. ™ , 

spielte, trat er in den Vordergrund durch die 60 bewegendes als bewegtes Prinzip (Plofan. t-nneaa. 

politischen Ereignisse, besonders infolge der Taten III 1 , 2 p. 162 HL), der Kosmos ist durch den 

Alexanders. Wie er und die folgende Diadochen- in ihr immanenten göttlichen Logos eiir vernunl- 

zeit alle bestehenden Werte rücksichtslos nach tiges Lebewesen; dem Wesen nach denK er sich 

eigenem Willen zurechtschlug und so die Men- i. als hauchartige Substanz w»/«™l «w« 

sehen ohnmächtig einem willkürlichen Geschick (Aet. I 28. Stob. I 5 f 15. ^^«M » J>"" 

unterwarf, so gewann einerseits die Idee die Doxogr. 323), oder als ^J*™* 1 * ■ *JgL w * r<_ 

Oberhand, das ganze Weltregiment sei nur das xar, das selbst v^vtxinmmm^» j JWim aller 

launische Spiel einer Gottheit, die in der Tyehe Dinge in sieb, tragt, daher au** Uyoi oxsepa- 



Heimarmene 



Heimarmene • 



2630 



ttwoi oder Xtyoe onsQfiazix6$ genannt wird (Aet. bunden folgen muß, ob er will oder nicht, am 

I 7, 83 = Plut. ep. I 7. Stob. I 1, 29 p. 37 W. besten aber daran tut, freiwillig der Notwendig- 

— Diel s Doxogr. 305ff. Zeller a. O. Hl 1* keit sich zu fügen, und an dem Würfel, der so fal- 

161ff.). Oder sie ist, um anderen Anschauungen len muß, wie er geworfen wird (Plut. de Stoic. 

gerecht zu werden, die Weltseele = (da ng wv%r} repugn. c. 23, 1045 c. Hippolyt. philos 21, 2 

Sta navrog dtrjxovoa; Plotin. Ennead. 1111,4, — Diels Doxogr. 571, 11. Stoic. vet. frg. II 

nähergebracht als ■dsov vovg und Aiog Myog, 284. n. 975. v. Arnim a. O. 17), daher darf denn 

Stoic. vett. frg. II 267 n. 928. 937. Um den eigentlich auch kein Vorwurf dem Menschen 

Begriff des Gottlichen, Allgewaltigen anderweitig für sein Tun gemacht werden, Gellius VII 2, 5 : 

faßbarer zu machen, setzt er sie mit anderen 10 fato putat omniu mov&ri et regt nee deelinari 

Tolkstümlichen Werten identisch, charakteristi- trameendique posse agmina fati et volumina, 

scherweise mit lauter unfaßbaren , wesenlosen peecata quoque hominum et delicto, non suscen- 

göttlichen Vorstellungen, so nennt er sie: aA*?- senda neque induemda sunt ipsis voluntatibus- 

-ftsia, alzta, qpvatg. äväyxt) nQomi&eig zag ersQag que eorum sed necessitaii euidam et instantiae 

■dvoftaotag, u>g inl xtfi am?}s ovaiag aaif hegag quae oritur ex fato . . . et propterea Tiocentium 

aal ezsQag smßoXdg. Dazu nennt Stob. a. a. O. poenas legibus inique constitittas , si homines 

noch die Moiren Klotho, Lachesis und Atropos. ad maleßeia non sponte vemunt, sed fato tret- 

Ferner setzt er selbst und seine Schüler sie mit huntur, vgl. Alex. Aphrod. c 26ff. und Stoic. vet. 

Adrasteia und mit Zeus wesensgleich, Cornut. frg. II 284 n. 975. 984; zur ganzen Vorstellung 

<; 13. Stob. I 5, 19. Euseb. a. O. XV 15, 6. 20 v. Arnim a. O. 13ff. Es ist nur mehr ein Spielen 

Posnansky Nemesis und Adrasteia = Berl mit Worten, wenn Chrysipp trotzdem den Begriff 

Phil. Abh. V 2, 1890, 72ff. , \gl. auch 52. 56. des Möglichen und der tvxv aufrecht erhält und ein 

Zell er a. 0. III 1* 161, ebenso mit evvoftia, z6 s<p ijfilv, was aus dem eigenen Trieb und Ent- 

öixtj , öfiovota f etQ^jvr} , Philodem, de Piet. frg. schluß geschieht und nicht bloß unter dem Druck 

<;. XII (Diels Doxogr. 545b). Der Tätigkeit nach der äußeren Einwirkungen, dem unbedingt Notwen- 

ist sie der Causalnexus aller Dinge, die xiwjots digen, xad? eijtiaQfievtjv geschehenden gegenüber- 

ai'dwg ovvextjg xal zezayfiivy (Theodor, de affect. stellt, Stoic. vet. frg. II p. 289f. n. 965. 970, 972. 

VI 14 = Stoic. vet. trg. II p. 265 n. 916) oder 973. 979. Zeller a. a. O. III H, 167-169. 
wie Cicero sagt ordo seriesqtte causarum, cum v. Arnim a. O. 13 — 15. Als Beweis dafür dient 
causa causae nexa rem ex se gignat. ea est ex 30 ihm der ägydg loyog: jeder Satz muß entweder wahr 
omni aeternitate fluens veritas sempiterna . . ex oder falsch sein, nachgewiesen an dem Beispiel 
quo intellegitur, ut fatum sit non id } quod super- der Seeschlacht Alex. Aphrod. X, vgL Stoic. vet. 
stitwse, sed id quod physice dicitur, causa frg. II 279ft., 959—964. 282ff. 974—1007. Ver- 
aeterna rerum, cur et ea quae praeterierunt mutlich hat er seine ursprüngliche starre Mei- 
faeta sint, et quae instant, fiani, et quae sequen- nung von der i. dvixr\zoq xal ävexßtaoto; xal 
tur, futura sint (de divin. I 55, 125f. ; vgl. Gellius xegtyevtjzixt] aitarzotv (Plut. de Stoic. rep. 46 

VII 2, lff). Selbst das Handeln der Götter ist p. 1055 e) später auf die Angriffe seineT Gegner 
völlig dieser Ur kraft unterworfen und nach ihm hin erst so modifiziert. 

bestimmt (Stoic. vett. frg, II p. 266 n. 924 vgl. 919. Die Beweise seiner Anschauungen schöpft er 
922. 9231. Chrysipp hat auch die weitere Folge- 40 1. aus Dichterworten (Stoic. vet. frg. U 266. 
rung nicht gescheut, dies auf das Menschenlehen 925), 2. aus der Etymologie der Schicksalsbe- 
in voller Konsequenz auszusprechen, er ist so der Zeichnungen (ebd. u. Diogenian hei Euseb. VI 8, 
Vollender des Fatalismus geworden. Nicht wir, 1 p. 262ff ), 3, aus derMantik. Letztere zeigt, daß 
sondern das Schicksal denkt und handelt in uns, nicht bloß die bedingenden Ursachen, sondern 
wir sind an sich nur das, als was uns die Ur- auch die Folgen von vornherein bestimmt sind; be- 
kraft geschaffen hat. Dieser Gedanke war von sonders beweisen dies die Orakelsprüche. Gewisse 
so ungeheurer Tragweite, daß er in seiner letzten von Gott besonders begnadete Menschen kennen 
Konsequenz alle bestehenden sittlichen und po- das, was kommen wird, aber so unerschütterlich 
litiseben Werte umstürzen mußte. Chrysipp hat fest ist die £. , daß selbst einer , der das Ver- 
sich nicht gescheut, ihn trotzdem auszusprechen: 50 hängte weiß, ihm doch nicht entrinnen kann: 
der Mensch steht in dem gewaltigen Weltmecha- Beispiel das Orakel an Laios: Stoic. vet. frg. II 
niamus völlig willenlos und gebunden da. Jede 270—272. 939—944. Eine Bestimmung der I. 
Handlung ist eine naturgesetzliche conditio sine in der Geburtsstunde nach astrologischen An- 
qua non, die ganze Reihe der unmittelbaren und schauungen kennt weder Chrysipp noch Zenon, 
mittelbaren Ursachen ist scharf vorherbestimmt ; nach ihnen ist es eben das naturnotwendige Ge- 
diese fixiert eben das Schicksal zur Erreichung schehen gemäß dem unverbrüchlichen Causalnexus, 
seiner Ziele, also ist jede Seele und ihre Hand- das allein das Prinzip derselben, das mit Zeus, 
lungsweise gebunden durch Naturnotwendigkeit Apollon (vgl. Barth Die Stoa2, Stuttgart, 1908, 
Selbst Gesetze, Strafen, einzelne Ermahnungen, 58ff.) identisch ist, veranlaßt, kennt und durch 
Künste, Gesundheit, Krankheit und Genesung, Lob, 60 seine Seher den Mensehen mitteilt. 
Tadel sind im Voraus schon festgelegt gewesen, Unterdessen wurden die Griechen mit dem in 
Chalc. ad Plat. Tim. c. 160f. Darin liegt aber, Babylon aufgewachsenen astrologischen Fatalis- 
da ja letztere göttliche Kraft durchrieselt, Ver- mus bekannt (Kroll Ans der Gesch. d. Astrol. 
nanft, mitbin ist der wahrhaft frei, der seinen = Neue Jahrb. VII (1901) 561 f.), und es ist De- 
Willen mit dem Walten derselben völlig identi- greiflich, daß er bei den Stoikern nachhaltigen 
fiäert , der nur noch das Vernünftige wollen Anklang fand. Die Lehre von der absoluten Sym- 
kann: der Weise. Typisch veranschaulicht er diese pathie im Weltganzen fand in der babylonischen 
Idee an dem Hund, der an einen Wagen ge- Lehre, daß alle irdischen Vorgänge kraft einer 



2631 



Heimarmene 



Heimarmene 



2632 



untrüglichen Weltvemniiffc auf das engste mit 
dem Wandel und dem gegenseitigen Verhältnis 
der Sterne zusammenhängen , ihre volle Bestäti- 
gung. Wer von ihnen zuerst den Sternenglauhen 
mit den Lehren der i. in Einklang gebracht hat, 
läßt sich nicht erweisen, aher bereits vor Pa- 
naitios müssen stoische und astrologische Ideen 
verschmolzen und mit den moralischen und so- 
zialen Verhältnissen in Zusammenhang gebracht 
worden sein. Denn Chrysipp verwertete bereits 
chaldäische Lehren (Bouche-Leclercq L'astro- 
logie grecque, Paris 1899, 3S), und Karneades 
wies bereits die Astrologie zurück, ebenso mit 
Gründen des Karneades Panaitios (Schmekcl 
Die Philos. der mittl. Stoa, Berlin 1892 320ff.). 
Poseidonios nimmt sie dagegen vollberechtigt in 
die stoische Theologie auf und verteidigt die ab- 
solute Sympathie zwischen Himmel und Erde 
{Schmekel a. 0. 244ff. 246. Barth a. 0. 60). 
Aber sein Schicksalsbegriff ist bereits anders ge- 
stellt; während für Chrysipp und Zeno Schicksal, 
Vorsehung, Gott und Materie völlig identisch sind, 
trennt er und stellt folgende Reihe auf: Zeus — 
Natur (Materie) — Schicksal (Aet. Plac I 28 
= Diels Doxogr. 323). Wir haben hier also die 
Trennung von dem altstoischen Prinzip der be- 
seelten Materie und Unterstellung der l unter 
ein höheres Wesen. Jede Mantik ist daher zuerst 
abhängig von Gott, dann vom Schicksal, dann 
von natürlichen Dingen (Cic. de divin. I 55, 125). 
Das ewige Schicksalsgesetz ist in seinem Wesen 
die Verknüpfung von Ursache und Wirkung, im 
Menschen durchschaut es der freie göttliche Geist, 
sieht in ihm die Keime und die aus denselben 
entstehenden künftigeu Handlungen liegen (Cic. 
a. 0. 126ff. Wachsmuth Die Ansichten der 
Stoiker über Mantik und Dämonen, Berlin 1860, 
I8ff.). Er zeigt in der Astrologie das Wesen der 
i. in konkreter Gestalt. Die Lehre selbst ist für 
uns in ihrer ursprünglichen Fassung allerdings 
verloren. Wir können sie aber aus den Nach- 
wirkungen auf die späteren, besonders auf Mani- 
lius rekonstruieren (Boll Studien über Claudius 
Ptolemaeus, Jahrb. f. klass. Phil. SuppL-Bd. XXI 
221 und Die Erforschung der antiken Astrologie, 
Neue Jahrb. f. d. klass. Altert. XXI 1908, 107). 
In den folgenden Jahrhunderten sind k. und 
Astrologie, die Lehre von dem Geschehen nach 
dem starren Gesetze einer unentrinnbaren Schick- 
salsmacht und die Überzeugung, eine magische 
Gewalt verknüpfe alles irdische Werden und Ver- 
gehen mit dem Gang der Planeten, eng verbun- 
den, vgl. Sen. cons. ad Marc. 18 ex horum [quin- 
que siderum] levissimis motibus fortunae po- 
puhrum dependent, de provid. 5: (ata nos du- 
cunt et guantum euique restet, prima naseen- 
tium hora disposuit. Weitere Belege Bouche- 
Leclercq a. 0. 552, 3f. Dabeibleibt auch den 
Stoikern der Kaiserzeit Gottheit und Schicksal 
im Grunde wesensgleich , Sen. nat. quaest. LT 
45 sagt von Iuppiter: c-ui nomen omne eonvenit 
vis illum, fatum voeare? non errabis, hie est, ex 
quo suspenso, sunt omnia , ex quo sunt omnes 
eausae cansarum. vis ülum providentiam dieere? 
rede dices . ... vis illum naturam voeare? non 
peccabis . ... vis ülum voeare mimdum? non 
falleris, vgL de provid. c. 5 und Corautue epidr. 
c. 13. In dieser jüngeren Sichtung hebt sich 



besonders scharf ab der Begriff des großen Welt^ 
fatums , das in ewiger Wiederkehr aller Dinge- 
sich vollzieht. Wie eine Kette schließen sich 
Ursachen und Wirkungen nach demselben Gesetze- 
immer wieder gleichartig ineinander, so wie es 
schon einmal in Erscheinung trat. Menschenlehen 
und historische Prozesse sind mithin nur vor- 
übergehende Modifikationen des. Urgeistes, der 
Ursubstanz, Sen. Consol. ad Marciam XXVI 4. 

10 M. Aurel. «V kavtov VIT 49. IX 38. Kaerst a. O. 
159f. 163. Der Weise denkt daher sich immer 
als Teil zf t g ov/ujidorje ovaiag . . . xai ifjg etftag- 
[iSvijs, %$ noGxov ei fiigog (Marc. Aurel. a. 0. 
V 24). Die heitere Ruhe des Überwinders be- 
glückt den, der so sein Geschick als avo>&sv 
ex zwv TZQEoßvzdjcov airtMv ovyxXoy&6(i£vov tragen 
kann (ders. V 8), man muß es tragen, wie die 
Verordnungen eines Arztes (ebd.), ist auch manch 
bitteres Tränklein dabei, so bringt es doch Ge- 

20sundheit, nämlich Ruhe des Gemütes. 

Wir erkennen die Idee von der L = Kausa- 
litätsgesetz bei vielen andern Schriftstellern, die,. 
obwohl außerhalb der Stoa stehend, doch stark 
stoisch gefärbte Weltanschauungen tragen, z. B. 
nennt sie Philon: dxoXovd'ia xal dvaXoyia zöv avft- 
tt&vtcov EiQfiov £%ovöo. ddtäXvzov s= de mutat. nom. 
135 W. Alles ist abhängig vom Steuermann des. 
Weltalls, dem göttlichen Logos, daher bleibt der 
Menschen Handeln für Glück und Unglück an sich 

30 ohne Belang, de Cherub. 34if. Quod dem sit im- 
mutabüis. 177. Gegen den Begriff der L als 
Sternenschicksal zieht er allerdings mit Grün- 
den des Karneades ins Feld : de provid. 77—88. 
Wendland Philos Schrift über die Vorsehung, 
Berlin 1892,240*. — Die Weltordnung heißt als- 
unentrinnbare Notwendigkeit: ?6 zijg etuagptsvtjg 
ävayxa7ov bei Dion Prus. or. II 78, sie wird mit 
xv%7\ und nejiQo'wsvov gleichgesetzt von Alciphr. 
I 25, ebenso setzt nach stoischem Muster sie der 

40 Verfasser der Schrift hsqI xöopov c. 7 identisch 
mit Zeus — dvdyxt} — XEJiqoiftEvr) — polga — ve- 
usotg — 'Adgdoxeia — aha (Capelie Die Schrift 
von der Welt, N. Jahrb. VITI 1905, 560) und 
Pausanias VUI 21, 2 mit aväyxr) = mxQayfisvr). 
— Auch in die Religion der Juden ist sie ein- 
gedrungen, so berichtet uns Josephus ant. lud. 
XIII 5, 9. XVIII 18, daß die Pharisäer das 
Walten der H. teilweise, die Essener aber sie als 
Herrin aller Dinge anerkannt hätten, während 

50 die Sadduzäer sie zurückwiesen.' Dies ist wohl 
mit Bousset (Die Religion des Judentums, Ber- 
lin 1906, 533) als Fremdgut d. h. stoischer Im- 
port zu betrachten. 

4. Astrologische Auffassung: Heimar- 
mene = Sternenschicksal. Neben dem Ein- 
fluß, den die Stoiker auf die Weltanschauung der 
Gebildeten hatten, trug aber die Zunft der Chal- 
däer den Glauben ans Schicksal praktisch in 
weite Volksschichten in Hellas und Rom ein und 

60 machte ein erträgliches Handwerk aus dem, was 
im Orient darüber geschaffen worden war. Das 
Werden und Festwachsen derselben in der alten 
Kultur ist zum großen Teil der indirekten Pro- 
paganda zuzuschreiben, die die Lehre toi» der 
stoischen i. für sie bildete. Wie mm die Stoiker 
als alleinigen Nutzen der Mantik im letzten 
Grunde die uneischttfcteriklw Jtohe gegen alle» 
Kommende im Bewußtsein, daß es unbedingt so 



kommen muß (Cic. de div. II 8), priesen, so 
hatten eigentlich die Astrologen für ihre Kunst 
kein anderes Moment zu betonen, da ja das Walten 
des Schicksals mit unverbrüchlicher Naturnot- 
wendigkeit sich aus den Gestirnen ablesen ließ. 
So erklärt Vettius Valens als größten Vorteil, 
den man aus der Kenntnis der e. gewinnen kann, 
3aß man mit heiterer Ruhe der Zukunft ent- 
gegengeht und dem Schweben zwischen der Göttin 
Tv%rj und ikjitg enthoben ist, V6 = cat. codd. 1 
astrol. V 2 p. 30, 3ff.: ol dk nsoi zr t v zcöv jueA- 
Xovrcov ütQoyvcaßtv xal xrjv äXrj&siav ao%oXri$£v- 
zeg äöovXaydiyrjzov xal iXev&egav rfv yfvzjp *«f- 
oa.fA.evoi xaratpQovovai ßhv zfj$ WXV^> ov ^Q ?- 
xagrsQovai de iX;iidi, zov de ddvazov ov <po- 
ßovrxai, dzaed%a>g öh öidyovoi, TtQoysyvjuvaxorsg 
ttjv y>vxh v ^aQöalear xai ovze fiyv im zoTg dya- 
$otg dyäXlovzai ovrs sjiI zote tpavloiQ ra^etvovvrai, 
dgxovvzai dk tois aagovot. Sie haschen nicht nach 
Unmöglichem, sondern tragen das Verhängte als 20 
unerschütterliche Soldaten der £., vgl. VI 9 = a. 
a. O. 40, 33ff. 41, 11 ovöstg sXsvd-eoog, Jiavxes öh 
dovloi zrfi sifiaQfievt^g. Der Astrologe trägt ohne 
Murren sein Schicksal, wie ein Sklave die Launen 
seines Herrn (ebd. 51, 7ff.). Weder Geburt noch 
Opfer wird die Befehle der letzteren umstimmen. 
Dieselbe Anschauung vom Nutzen der Astrologie 
vertritt Ptolemaios Tetrab. ed. Melanchthon Basel 
1551 p. 11. 

Während aber bei den Stoikern die Astro-30 
logie nur ein Teil der Mantik ist und als sol- 
cher nur als eine Stütze zum Beweis einer alldurch- 
nutenden Schicksalsmacht dient, ist für die Astro- 
logen dieselbe völlig identisch mit dem Walten 
der Sterne: Der Neben begriff wird zum Haupt- 
hegriff erhoben und geht in ihm auf; so kommt 
•es, daß man unter i. völlig dasselbe verstand 
wie unter dem Begriff der Astrologie. 

So ist in der hermetischen und astrologischen 
Literatur unter H. stets das Wirken der Planeten 40 
verstanden : Lyd. de mens. IV 7 p. 70 Wünsch. 
Suid. a. 0. f. = yeveaig. Reitzenstein Poi- 
mandres, Leipzig 1904, 46. 51. 113; ebenso bei 
den Gnostikern, Clem. v. Alex. Exe. ex Theod. 78 
= opp. III S. 453 Dind. Pistis Sophia c. 13, 16ff. 21 
n. ö. Von anderen will ich noch nennen : Orig. Phi- 
loc. XXXDZ p. 187 Rob. £. = z<öv nXavatfiivcov 
nazsQoyv invzXoxi} jzqos zovg h tcü fadiaxw. 
Für die Astrologen genügt es, auf die oben ge- 
nannten Stellen aus Valens und Ptolemaios hin- 50 
zuweisen. Hierbei erleidet nun der Begriff der 
€. folgende weitere Unterscheidungen: Sie deckt 
sich an sich mit der Bahn der Planeten und der 
Herrschaft, die dieselben auf die irdische Atmo- 
sphäre ausüben. Gott ist dabei völlig ausge- 
schaltet, er hat die Regierung, ebenso wie auch 
die anderen Götter, völlig den Gestirnen über- 
tragen; die l ist an sich kein persönliches Wesen, 
sondern eben das Gesetz, nach dem die ovttxd&eia 
oXoiv Sternenlauf und irdische Verhältnisse in 60 
Zusammenhang bringt. Danach steht alles un- 
entrinnbar unter der i. der Planeten : das Leben 
jedes einzelnen Menschen, Leib und Seele, Ge- 
sundheit und Willensentscheidungen, Altersstufen, 
sowie das Werden und Leben der einzelnen Völ- 
ker, ja selbst eines Tempels, einer Stadt, Schiffes 
usw. Die Konjunktur ruft ohne Unterbrechung 
stets neue Wirkungen hervor. Wie ein 



dem flüssigen Wachs sein Bildnis gibt, so gibt die 
Konstellation dem Menschen, wenn er das Licht 
der Welt erblickt, sein Schicksal, Sen. Consol. ad 
Marciam 18, 3. luven. VII 194. Tac. ann. VI 
22. Vett. Val. a. 0. 52. Gregor. Nyss. p. 148M. 
Firm. Mat. 18, lff. 9, lff. Augustin. de civ. 
dei V 1 u. a. Konsequenterweise war mithin 
jedes Zwischenwirken einer anderen Macht aus- 
geschlossen, so hatte Zenon und Chrysipp die Per- 
sönlichkeit eines Gottes geleugnet , Opfer und, 
Gebet an sich verworfen, und es hat nach diesen 
eine Reihe von Männern, die der Lehre von der 
i. anhingen, ein Zwischengreifen der Volksgötter 
in das starre Räderwerk des Gestirnverhängnisses 
für Aberwitz gehalten. Gott und Mensch stehen 
völlig machtlos dem Schicksal gegenüber, das 
eben durchaus identisch mit dem mechanischen 
Naturgesetz ist. Die Gedanken, die wir bereits 
bei Moschion Teleph. (frg. 2 p. 631 N.), Isocrat. 
X 52 ausgesprochen finden, sind besonders stark 
im 1. Jhdt. n. Chr. hervorgetreten. Tiberius 
vernachlässigt so den heimischen Götterkult in 
dem Bewußtsein, daß alles dem Fatum unter- 
worfen ist (Suet. Tib. 69). Man fügt sich in 
das allmächtige Gesetz, achtet es, betet es aber 
nicht an und opfert ihm nicht, Sen. nat. quaest. 
n 35 ; ep. 70. Vett. Val. a. O. 30. 51, 8ff. Lucian. 
Iupp. conf. 5. Mas. Tyr. XI 4ft\ 5. AI. Aphr. 
20 S. 196, 26 Br. Iuüan von Halic. a. O. 333. 
Dazu Cumont Les religions orientales dans le 
paganisme Romain, Paris 1906, 218. 316, 46. 
Helm Lukian u. Menipp, Leipzig 1906, 121. 
Wie ein Schauspieler bald die Rolle eines Königs, 
bald eines Bettlers spielt, bald eines Gottes oder 
simplen Bauern, so sollen wir uns in die uns 
vom Schicksal gegebenen Rollen fügen (Vett. Val. 
a. O. 30, vgl. Epictet XVII). 

5. Schicksal und Gottheit. Neben dieser 
Vorstellung einer dunkeln allgewaltigen Schicksals- 
macht lief durch die Jahrhunderte hindurch eine 
Abart, die wir von Moira schon bei Homer finden, 
die von i. aber umgeprägt wurde durch Chry- 
sipp. Er hat nicht so rigoros wie Zenon mit den 
bestehenden Anschauungen von den Göttern und 
ihren Kulten gebrochen, sondern das Zugeständ- 
nis gemacht, es gibt Einzelgottheiten, die aller, 
dings nm nach dem großen Weltgesetz in die irdi- 
schen Verhältnisse eingreifen können. Sie wissen 
das Kommende, denn sie kennen die Verknüpfung 
von Ursache und Wirkung und sie zeigen dies den 
Menschen durch Vorzeichen an, so daß man ihren 
Willen daraus erkennen und sie bestimmen kann, 
die Drohungen zurückzunehmen; dies geschieht 
aber nicht gegen die i., sondern dem Schicksal 
gemäß (Cic. de div. II 63, 130. Sen. nat. quaest. 
H 38, 2. Wachsmuth a. O. 26). Während bei 
ihm aber an sich Götter und Schicksal sich decken, 
stellt Poseidonios die Dreiteilung Zeus — Natur — 
Schicksal auf. Dies bedeutete einen Bruch mit den 
konsequent durchgeführten altstoischen Ideen und 
gab nun zu den mannigfaltigsten Schiebungen 
Anlaß. Davon sei erwähnt: Gott steht fern der 
£., ebenso die gottähnliche Seele. Es beherrscht 
dieselbe also nur den Kosmos und die Materie. Sie 
ist dann aber nicht mehr die jivevpaTtxij twaia 
als Urprinzip, sondern von der Gottheit bestimm- 
tes, unter ihr mechanisch waltendes Naturgesetz. 
Wir sehen hier Platonische Anschauungen (vgL die 



2635 



Heimarmene 



Heimarmene 



3636 



sifiaQ(*£voi X6yot Tim. 41 E) mit stoischen verbunden. 
Statt zu der Gottheit greift man auch zu dem in 
dieser Zeit beliebten abstrakten Begriffe und 
stellt entweder die Dreiteilung agdvoia — dvdyxrj 

— s. auf, wobei eines aus dem andern hervor- 
geht, die itqövota aber alles in sich faßt (Stob. I 5, 
16 p. 79 W.), oder man trennt vovg — dt}fMov@y6g 

— i. (Herrn. Trism. I 9. S. 4 P. Dieterich 
Abraxas 75). Dazu saugen diese Ideen noch die 
chaldäischen Schicksalslehren auf, die mit der 
Drehung des gestirnten Himmels verknüpft sind, 
so daß die e. als Werk von Dämonen betrachtet 
wird, die teils auf Befehl Gottes, teils gegen ihn 
die Herrschaft über den xöopog sich angeeignet 
haben. Diese Vennengung begegnet uns besonders 
in der Lehre der Hermetiker (Stob. I 5, 14 p. 77 W. 
und 16 p. 79 W. Herrn. Trism. a. 0. und c. 12 
S. 102ff. Lyd. de mens. IV 7 p. 70 Wünsch. 
Eeitzenstein a. 0. 51 ff.), der Valentinianer 
(Exe. ex Theod. a. 0. 451, 69ff.), der Peraten (Hip- 
polyt. ref. haer. V 16, 188ff. D.-S.), der späteren 
Gnostiker (in der Pistis Sophia wird allenthalben 
darauf angespielt, vgl. Anz Ursprung des Gno- 
sticismus — Texte u. Unters, z. Gesch. d. altchr. 
Lit. XV 45), ferner in der Lehre des Mithras 
(Cumont Mithras I 18, 2. 86ff., ferner 294. 296) 
und in einer Reihe von Geheimkulten (z. B. der 
Isis, s. u.). Zu vergleichen ist auch der erste Ber- 
liner Zauberpapyrus (Parthey Abh. Akad. Berl. 
1865, 126 Z. 216. Eeitzenstein 78): vmoäöm- 
oov fiov Jigog Ttäaav vstsqoyjiv i$ovoiag } dai/iiovog, 
■d-govov, stpiagfiEVtjg ' va,i xvqis, ort EmxaXovpal 
aov to xqvtixov ovopa xb dirjxov äiid xov oxeoe- 
tofiaxog im xqv yfjv. Auch die Christen der spä- 
teren Zeit waren der L in ähnlichem Sinne zu- 
getan, sie gingen sogar soweit, Christus als 
Schöpfung der Sterne hinzustellen, Orig. philoc. 
XXXIII p. 188 Hob. Ainbrosiaster erwähnt Chri- 
sten, die behaupteten, Christus habe sich in 
seiner ganzen Tätigkeit nach dem Fatum (= ars 
matheseos) gerichtet, a. 0. S. 2358. Cumont 
Revue d'hist. et de lit. rel. rc. VIII 435f. 

6. Irdische und himmlische Heimar- 
mene. Daneben fand aber auch eine andere Auf- 
fassung der L Anklang. Aristoteles hatte die 
beiden Welten über und unter dem Monde ge- 
schieden, das Reich des Fixsternhimmels und der 
Planeten von dem Reich der ysveatg und <pdoQ<x. 
(Spätere schoben ihm die Gleichsetzung der i, 
mit dem Lauf der Gestirne zu: So der Platoniker 
Attikus bei Euseb. praep. evang. XV 12, 2). 
Dies hatte Xenokrates zu einer an sich schon 
gegebenen Dreiteilung erweitert, Fixsternhimmel, 
Planetenwelt und Welt unter dem Monde, und 
als Hüterin soll er jedem der Gebiete eine der 
Moiren zugewiesen haben (Sext. Emp. adv. rnath, 
VTI 149. Heinze Xenokrates 75ff. Ps.-Plutarch 
de fato p. 568 E schreibt diese Dreiteilung des 
Weltraums an die Moiren Piaton zu, ebenso Chal- 
eidius in Tim. c. 144 p. 203 W. und Proclus 
in Plat remp. p. 50 Seh.). In diesem Sinne 
scheiden nun die späteren Astrologen eine ßsta 
nnd tpvötK^ i. , erstere herrscht in der Bahn 
der Gestirne, sie ist von unabänderlicher Natur- 
notwendigkeit und unverrückbar, letztere unter 
dem Monde, diese aber ist wandelbar, und zwar 
kann sie der menschliche Wille zerreißen. Trotz- 
dem- aber besteht zwischen beiden eine Verbin- 



dung: die L der Sterne wirkt auf die irdische» 
Dinge, trifft aber dort Wideretande, auf die si* 
zwar ihren Einfluß ausüben kann, aber nicht mit 

naturnotwendiger Folge ausübt. Besonders aus- 
gesponnen ist diese Ansicht von Ptolemaios im 
den Tetrabibl. p. llff., der hierbei peripatetische- 
Grundlagen be nützt, Boll N. Jahrb. f. klass. 
Phil. Suppl. XXI 158ff. Ebenso spricht sich 
Alex. Aphrod. aus c. 6 S. 169ff. Br. T der jedoch 

10 besonders scharf die Willensfreiheit betont. Wer 
z. B. sinnlich veranlagt ist, müßte nach dem 
Fatum entnervt werden, doch kann ihn davor 
Einfluß besserer Menschen bewahren und so das* 
Fatum brechen. Daher sind auch die Irrtümer der 
Seher zu erklären, sie können nicht wissen, ob 
sich in dieser Hinsicht alles nach Natur und Fa- 
tum vollzieht. Auf die i . &eta spielt auch Chal- 
eidius an, wenn er von der felix necessüas per- 
petuae beatitudmis der Sterne spricht: in Tim. 

20 c. 160 und c. 177. 

7. Heimarmene = Materie. Als letzte 
Phase des Bedeutungswechsels ist die Gleich- 
setzung e. = <pvatg zu betrachten. Dies ist spe- 
ziell neuplatonische Anschauung. So sagt Iam- 
blich in dem Brief an Sopater (Stob. I 5, 18 
p. 81 W.) rtfs Ök rifmQptivr)*; ovoia av^naoa ioxiv iv 
xrj <pvoet ' q?vöiv Ös Xtyat tijv d/^gtaxov ahtav xov 
xoofiov xal dxcoQtaxcog negie^ovoav zag oXag ai- 
xt'ag xi\g ysvioEwg , ooa %toQioxa>q at xQSixtoveg 

30 ovoiat xal öiaxoaf.trjöetg övredr}<paotv iv eavxmg. 
Hier ist also der Ort, wo die f. ihre Wirkung 
ausübt, die Sinnenwelt, sie selbst ist das Wirken 
der niederen kosmischen Kräfte auf die Seele^ 
Natur oder Materie decken sich mit dem Schick- 
sal (ebenso de myster. 8, 7. Zeller a. 0. III 
2 a , 703). In dieser Ideenfolge identifiziert auch 
Porphyr, in Plat. remp. p. 273 b die Platonischen 
duaQfihoi Xoyot mit (pvoig, und Proclus in Tim. 
41Ep. 323Bff. u. ö. Zeller III 23, 813. Kroll 

40 De oraculis Chaldaicis = Bresl. Phil. Abh. VII 48t 
50, wo Kroll auf Psell. 1145e fit} övvav^a^g 
xrjv et/^aQfi£vt}v verweist und es wohl richtig mit 
noli augere corporis in te dominationem interpre- 
tiert, d. h. mit dem irdischen Leib und der Körper- 
welt, der die Seele gemäß dem Gesetz der Ananke 
einmal in jeder Weltperiode angehören muß. 
über dem Ganzen steht als Steuermann, Feld- 
herr, König und wie die Vergleiche alle heißen, 
Gott: tisqI xöoftov c. 7, ähnlich Chalcid. in 

50 Tim. c. 188 summus deus iubet , seeundus or- 
dinat, tertüis intimat. animae vero lege aguni. 
Die Sterne sind nicht mehr die Schöpfer des 
menschlichen Schicksals, sondern sie zeigen dies 
nur als geheime Gottesschrift an ; die Seele steht 
nicht von vornherein willenlos unter dem Fatum r 
sondern jede einzelne wählt sich freiwillig vor 
dem Eintritt ins Leben ihr kommendes Lebens- 
los, das sie dann aber tragen muß (Bouche- 
Leclercq a. O. 603; ähnliche Ansicht von der 

60 Stellung der Sterne als geheime göttliche Schrift 
der Zukunft ebd. 614). 

8. Die verschiedenen Erlöserlehren, 
wie man der H. entgehen kann. Demnach 
vollzieht sich das Wirken der L rein automatisch 
als Gesetz, so wie es von dem Weltsehöpfer auf- 
gestellt wurde. Die Menschen haben ihm willen- 
los Folge zu leisten nnd sich m tt der I 
keit abzufinden, sich gegai d« Fitem i 



2637 



Heimarmene 



^hihihi inniin 



zu können. Daneben aber greift gleichzeitig der Ge- 
danke weit in der Stimmung der Jahrhunderte 
Plat«, daß es doch möglich sei, dies Fatum in 
seinem Walten zu hemmen, zu schwächen oder 
überhaupt zu beseitigen. Die Sehnsucht, seinem 
Druck sich zu entziehen, zeitigt mannigfache 
Auswüchse, die, einmal zagend ausgesprochen, 
allmählich zu festen Theorien erhärten. Wir 
können dabei drei große Gruppen sondern, in 
denen auf verschiedene Form eine Lösung der 10 
Frage gefunden wurde: 

a) rein philosophisch ging man auf alte 
Lehrsätze vom Wesen der Seele zurück, wonach 
dieselbe ihrer Natur nach göttlich und an sich 
frei sein mußte. Da nun Gott über dem Schick- 
sal stand oder gleichbedeutend mit Schicksal war, 
so konnte die mit ihm wesensähnliche Seele nicht 
völlig in dem Zwang der Materie und des darin 
obwaltenden Naturgesetzes verstrickt sein. Die 
Stoiker haben sich mit diesem Problem der 20 
Willensfreiheit besonders mühsam abquälen müs- 
sen, aber entsprechend ihren ganzen Anschauungen 
vom Wesen und Walten dgs Schicksals nur halbe, 
nicht befriedigende Sätze erzielen können. Denn 
sie konnten den Menschen nicht über das Schick- 
sal herausstellen und in all seinen Handlungen 
wirklich aus sich selbst heraus frei erklären. 
Dagegen findet naturgemäß weit mehr Anklang 
die Umformung der Schicksalsidee dahin, daß 
an sich nur der Körper unter dem Druck des 30 
Verhängnisses steht, während die Seele ihrer 
Natur nach über es völlig erhaben ist. Dadurch 
nun, daß sie gerade das Walten des Verhäng- 
nisses erkennt, entrinnt sie ihm und wird, trotz- 
dem der sie umschließende Körper darunter steht, 
stets ihre göttliche Freiheit aufrecht erhalten. 
Dies hatte bereits im Gegensatze zu Chrysipp Po- 
seidonios schärfer betont, wir finden sodann die Idee 
bei Manilius (H 390. 407) und bei Valens (cod. 
astr. V 2 p. 49, 85ff M er stützt sich auf Orpheus ; 40 
denn dieser habe behauptet, daß wir in Bezug 
auf die Seele unsterblich sind und gottgleich 
handeln; stirbt man dem Körper ab, so ist 
man der £. enthoben). Letzterer wendet dies 
auf die Astrologie an und schöpft aus ihr die 
Kenntnis des Loses, das dem Körper beschieden 
ist. Dadurch wird die Seele jeder vergeblichen 
Bestrebung nach äußerem Glück enthoben und 
so wahrhaft frei (a. O. S. 40, 33ff. 51, 7ff.), und 
darum sind nur diejenigen wirklich Sovlot Tijg 50 
rfpaQ/uivrjt; , die keine Kenntnis der Sternkunst 
haben. Hier ist Valens selbst der Prophet, der den 
Menschen in hochtrabenden Worten seine Lehre 
verkündet; ebenso ist von Kritodemos [ogaoig 
= Cat. Codd. astr. I 79) die Lösung von der I. 
durch die Kenntnis seiner Lehre von der Bewegung 
der Gestirne versprochen worden. Doch geraten 
wir hier bereits in mystisch religiöse Ideen, wo- 
bei der Astrologe der Priester der zur Religion er- 
starrten Sternkunde ist, wie er es bis ins Mittel- 60 
alter und die Neuzeit hinein geblieben ist, ohne 
daß auf eine weitere selbständige philosophische 
Lösung der Frage eingegangen wird. Dies wurde 
besonders von den Neuplatonikern berücksichtigt 
und auch von den Christen aufgenommen. Dem- 
nach steht alles Körperliche, Krankheit, Armut, 
Reichtum, Klima, Hitze, Kälte, Regen usw. unter 
dem Einfluß des Fatum, nicht aber unser Wille. 



Es ist uns gegeben, das Fatum zu erkennen, der 
Entschluß und der Anfang einer Handlung steht 
bei uns, ebenso die Möglichkeit, die Folgen der- 
selben zu überschauen, die Folgen selbst aber 
stehen völlig unter demselben. Nun ist aber die 
stumpfe Menge nicht in der Lage, klar die Ge- 
setze des Verhängnisses zu überschauen, und steht 
unter demselben und erfüllt das Verhängnis, wäh- 
rend der Weise im Hinblick auf das Walten der 
Gottheit das Wesen der L durchschaut und frei 
davon handeln kann (Plotin. Ennead. III 1. 10 u. 
II 3, 9. Zeller a. O. III 2 3, 560. 585. Iambl. 
de myst. 5, 18. 8, 7. Firm. Matern. I 9, 3ffi p. 29 
Kr. Hermipp. s. de astrol. I c. 7 p. 10 Kr. Proel. 
in Tim. p. 321 A. 323E. 314D. Kroll De orac. 
chald. 54. Zell er a. O. 811ff. Chalcid. in Tim. 
c. 152. Hicrocl. = Phot. codd. 251 p. 463b 10. 
Zeller a. O. 787). Demnach steht fBr den 
Weisen nur der Leib (Gesundheit, Leben, Tod) 
unter dein Fatum, die Seele selbst wird dadurch, 
daß sie sich den Einwirkungen des Leibes ent- 
zieht, geklärt und frei von der e. 

b) Für das Volk sind solche Lehren ein magerer 
Trost, es verlangt nach mystisch-religiösen 
Deutungen. Und es begegnen uns eine Menge 
von Erlösertheorien, die sich besonders mit der 
Aufhebung des Schicksalsdruckes beschäftigt und 
weiten Anklang gefunden haben. Hierbei spielen 
nun sämtliche Deutungen, die im Laufe der Zei- 
ten die i. bekommen hat, eine besondere Rolle, 
hauptsächlich aber wird dieselbe dabei als et- 
was außerhalb der Gottheit, ihr feindlich Gegen- 
überstehendes gedacht. Am wichtigsten ist die 
Rolle gewesen, die die i. als Walten der Stern - 
mächte gespielt hat, die als furchtbare Tyrannen 
aufgefaßt werden, da sie im Gegensatz zu der gut 
gedachten Schöpfung Gottes die Menschen zum 
Abfall von ihm zu bringen suchen. Im Orient, 
wo diese Lehren herangereift waren und die 
weiteste Verbreitung gefunden hatten, sind auch 
die Ideen aufgewachsen, wie man von dem Ver- 
hängnis befreit werden kann, sie haben dann 
im Abendland mit bestehenden religiösen Kulten 
und philosophischen Theorien sich zu den phan- 
tastischen religiösen Ideen verschmolzen, die als 
Gegenmächte das sinkende Heidentum mit neuer 
Kraft zu durchfluten versuchten. Zuerst soll der 
Prophet Bitys eine Lehre verkündet haben, wie 
auserwählte Menschen der L entrinnen und zu 
der über ihr wohnenden Gottheit gelangen könn- 
ten. Er hat seine Lehre ausgesprochen unter 
einer Welt, die unter dem Alp des Gestirnfata- 
lismus stand; im Mittelpunkt steht die Lehre vom 
"Av&QtüTiog. (Die späteren Schriftsteller — Iambl. 
de myster. VHT 4. Zosim. nsgl ogyävtov xal xa- 
fj,iva>v yvfjota vjrofivrjftaxa tibqi xov to oxotyriov 
— Berthelot Collection des Alchimistes Grecs 
I 228ff., Paris 1888 stellen sie mit der herme- 
tischen Literatur auf eine Stufe. Danach versetzt 
ihn und die ganze Lehre Reitzenstein [Poi- 
mandres 107] nach Ägypten, während Bousset 
[Göttinger Anzeiger 1905, 699ff.] nachweist, daß 
die Lehre seihst nicht in Ägypten, sondern wohl 
im Zweistromland entstanden ist, von wo aus sie 
von Bitys vermutlich nach Ägypten gebracht wurde.) 
Daneben wird als Verkonder der Lehre von Zosimas 
Zoroaster nnd der unauffindbare Nikotheus genannt. 
Welche Form nun diese Lehre vom Menschensohn 



aeay 



Heimarmene 



Heimarmene 



ÜÖ4U 



und von der Erlösung der H. hatte, läßt sich in 
der ursprünglichen Fassung nicht mehr fest- 
stellen. Sie ist sehr bald Mischungen mit grie- 
chischen Kulten eingegangen, so mit dem Attiskult 
(Bousset a. 0. 698), mit der Lehre vom Hermes 
und ist später von da aus auf die gn ostischen 
Christen der Naassenersekte übergegangen und 
hat sich dann in der ganzen Gnosis weiter ent- 
wickelt. Auch bei ihnen spricht als Hauptmotiv 
die Frage , wie man dem Fatalismus entgehen 1 
kann. Alle Menschen stehen unter dem Fatum, 
wer aber dieser oder jener Religion sgerneinde 
angehört, ist von dessen Zwang befreit. So 
nennt Hermes und Zoroaster seine Anhänger 
(— x6 <pi\oa6q>Q3v yivog) über der I. stehend 
(Zosim. a. 0. 221), sie sterben durch das Ver- 
senken in sich selbst und in Gott den Einflüssen 
der Materie gänzlich ab und leben so bereits hier 
in den höheren Kegionen, wo ihre Seele schon 
vor dem Leben auf Erden war (Zosim. a. 0. 229. 20 
Herrn. Trism. c. 12 p. 103 P.). Die hermetische 
Lehre selbst zeigt auch in der Weltordnung 
einen stark philosophischen Einschlag und An- 
klang an griechische Doktrinen, so lehrt Hermes 
als Urprinzip die TtQovota = avrorsX^g loyog rov 
ETtovQaviov dsov. Aus ihr entsteht die dvdyxrj, der 
wiederum die i, unterstellt ist: rfj Ss et^agfiEvi) 
imr]Q£tovoiv m dozegsg " ovze yag Eifj.aQpisvrjv (pvyslv 
xig dvvazai ovte <pvld^ai kavtov asiö rfjg zovxoiv 
öetvozrjzog. ojiIov yag eifiaq^sv^g ol äaTSQes, xaxa 30 
ya.Q xavxrjv ndvza djzozsXovot zfj yvosi xal xotg av- 
ÖQ<&xots (Stob, I 5, 20 p. 82 W., dazu 14 p. 77 W. 
und Lyd. de mens. IV 7 p. 70 Wünsch, oqoi 'AöxX. 
Xlff. «= Reitzenstein 352f. , dazu 42ff.). Die 
aber den Gott (Helios) erkannt haben, sind frei vom 
Fatum, als Mittel wird schlechthin die svasßsta 
— yvcooig zov &sov genannt (Lactant. divin. inst. 
II 16) , dagegen bleiben die , die dieser Offen- 
barung entgegentreten, Sklaven der H. (Zosim. 
a. 0. 229. Reitzen stein a. 0. 102ff.). Auch 40 
die Anhänger der Mithraslehre verheißen ihren 
Gläubigen Freiheit von der Schicksalsgewalt und 
den speziellen Schutz des Gottes, der ihre fioiga 
und xvxn ist und sie nach dem Tode dem seligen 
Leben zuführt, Eohde Psyche 112, 337. 400. 
Dieter ich Eine Mithrasliturgie 52. Cumont 
Mithras 156. 294 ff. Wen dl and Handb. z. N. 
Testam. 171 f. Ebenso sicherten die Mysterien 
der Isis ihren Angehörigen Lösung von dem Ge- 
schick. So hat dem Apuieius das blinde , harte 50 
Schicksal nur Leid und Elend zugefügt, bis es 
ihn zufällig in die rettenden Arme der Isis geführt 
hat, die die ihr Geweihten dem Fatum entzieht, 
ja ihnen bereits auf Erden gegen dasselbe das 
Leben verlängern kann und nach dem Tode Un- 
sterblichkeit verleiht (Zinzow Psyche und Eros 
113. 115, Halle 1881. Wendland a. 0. 171). 
Bei den Chaldäern steht das ganze Schicksal in 
der Macht der Hekate, die ihre jünger wiederum 
zu schützen weiß (Procl. de prov. 179, 26. Kroll 60 
De orac. Chald. 49f.). Noch Arnobius zieht gegen 
die Gotteskinder los, die sich rühmen, durch ihre 
Gottheit frei von dem launischen Geschick zu sein 
und durch sie dem seligen Leben zugeführt zu wer- 
den (adv. gentes H 62). Die Juden trösteten sich zu 
der Zeit, da der Glaube an die allgewaltige i. die 
düstere Weltanschauung der Massen bildete, mit 
dem Gedanken, daß sie als das Volk Gottes ihr 



enthoben seien, während die übrigen Völker ins- 
gesamt ihrer Gewalt unterstellt seien (Beitzen- 
stein a. O. 78). Auch die Christen stellen sich 
ihren Erlöser als den Heiland der Gestirnmächte 
vor, Ansätze dazu lassen sich schon hei Paulus 
nachweisen (Rom. 8, lff.; Ephes. 6, 12. Bous- 
set a. 0. 706). Als solcher spielt er eine be- 
sondere Rolle bei verschiedenen christlichen Sek- 
ten. So führt die Valentinianer Christus aus dem 
Reich der i. in die Ogdoas, aus der Sklaverei 
in die Freiheit (Clem. Esc. es Theod. 72 p. 451 D.). 
Solange man nicht die Taufe erhalten hat, steht 
man unter ihrer Gewalt, nach der Taufe haben 
die Sterne keine Gewalt mehr (ebd. 76 S. 452 D. 
78 S. 453 D.). Bei den Peraten löst schon das Be- 
wußtsein des göttlichen Ursprungs und die Kennt- 
nis der Wege, auf denen der Mensch zum Kosmos 
herabgestiegen ist, von derselben (Hippolyt. adv. 
haer. V 16 p. 188 D.-S. Anz a. 0. 19). Ein 
ausführliches Durcheinander von falschen astrolo- 
gischen und mystisch religiösen Vorstellungen 
finden wir über das Verhältnis, in dem Christas 
zur i. steht, bei den ophitischen Gnostikern. 
Nach ihnen bestimmen die Archonten der oyatga 
und die $. den Menschen nicht nur das äußere 
Geschick, sondern verdüstern auch ihre Seele und 
zwingen sie zur Sünde. Ihre Macht ist dadurch 
gebrochen worden , daß Christus sie für sechs 
Monate des Jahres nach rechts und für sechs 
Monate nach links gedreht hat. Dadurch hat 
er alle Einflüsse derselben gebrochen und durch 
seine Mysterien die Seelen frei gemacht, die 
ihm folgen wollen (Näheres bei Anz a. 0. 
31ff.). Interessant ist, daß sie eine Zweiteilung 
der i. kennen und von einer großen und kleinen 
L sprechen. — Auch bei anderen Christen findet 
sich die Überzeugung, daß sie frei von ihr sind, 
es genüge auf Tatian hinzuweisen (ad Graecos 
ed. Schwartz = Texte u. Unters, zur Gesch. d. 
altchr. Litt. ed. Gebhardt Harnack IV 1 c. X S. 10) 
rj/isTs ät" xai Ei/uagftEvrjg EOfikv ävwrsQot xal dvti nka- 
rtjxöjv datftovojv sva tdv ajiXavij ösojiozr/v (iEfta&tf- 
nafxev nal ov jca#' sipaQfiEVijv dydfievoi xovg xav- 
xr\g vofiodixag ^aQrjxrj(iE&a. Christus hat die i. 
zerstört (Io. Chrys. Homil. VI in Matth. Bouchö- 
Leclercq a. 0. 612). 

c) Neben diesen Kulten griffen auch magi- 
sche Vorstellungen Platz, daß man durch 
Zauber und Gebete die Macht der e. brechen 
könne. So berichtet Arnobius II 62 von den 
Magiern die stolze Behauptung deo esse se gna- 
tos nee fati obnoxios legibus. Und in diesem 
Sinne berichtet Lyd. de mens. II 10 p. 31 
Wünsch von ihnen: ov yag v<p" e//«xon)r dyelt]v 
mnrovoi Oeovqoi. Weitere Belege gibt Kroll 
a. 0. 54. Bouche'-Leclercq a. 0. 612. Und 
Neinesius (c. 36 S. 745 f. M.) berichtet von ägyp- 
tischen Weisen, die da behaupten, die Gewalt der 
Sternen-H. sei gewiß wahr: xa£jiso$ai 8e avxrjv 
svyatg xai duzoxQomaofioig . etvat ydq xirag xai 
zovziov avxäv xdv doxeQOiv ^sqaneiaq, zag ixftst- 
Itaaof^vag avxovg xai alias xivag vxsßxetf^vag 
övi'dptEig tag ZQcnetv avxovg dwap&HK xai 6th 
tovxo rd? Ev%ag xal rag fagoxetae r&r &süv xai 
zovg djioTgojttaöfWve imvevoijofou. Ferner ver- 
spottet Arnobius (II IS und 62) die Magier, die sich 
anmaßen, Beschwörungen zu kennen, die die auf- 
steigende Seele vor der Gewalt der Sebicksals- 



2641 



Heimarmene 



Heimarmene 



ÜÖ4B 



machte bewahren. Solche Beschwörungen haben 
die Mithrasanhänger, die Gnostiker in Fülle auf- 
gezählt und zum Teil wohl der Zauberliteratur 
entnommen ; vielleicht denkt an diese Kulte Ar- 
nobius, oder er kann auch damit die Zauberer 
meinen (n 13 spricht er von den secretarum 
artium rüus, II 63 von den magi), die in weiten 
Schichten des Volkes ihren Anhang hatten und 
abseits von den genannten Kulten mit ihren For- 
meln das Schicksal beschwören und brechen konnten. 10 
Dabei befinden wir uns aber in der Sphäre rein orien- 
talischer Anschauungen, wonach L = Walten der 
Planeten ist. So wird es begreiflich, daß der Be- 
griff Zauberer im Abendland identisch geworden ist 
mit Astrolog, dessen Tagesgewerbe nicht bloß die 
Enthüllung der Zukunft, sondern auch die Angabe 
der Mittel war, wie man drohendem Unglück 
entgehen könne. Es geht also das Brechen der 
£. darauf aus, den feindlichen Planeten herauszu- 
finden und ihn durch Opfer, Gebete u. a. umzu- 20 
stimmen oder seinen Einfluß abzuwenden, eine 
Anschauung, die trotz der energischen Einsprache 
von Philosophen , Staatsmännern , wissenschaft- 
lich ernsten Astrologen und Priestern einen breiten 
Kreis von Anhängern gefunden hatte und immer 
wieder fand. So lehrte Chairemon, der Lehrer 
Neros, Mittel, wie man das drohende Verhängnis 
abwenden könne (Euseb. V 10, 5ff.). Dies ist 
dann volkstümliche Anschauung bis hinein ins 
5. Jhdt. geblieben ; dies zeigt zur Genüge Que- 30 
rolus LI 3 p. 28 ff. Peip. ; eine Beleuchtung dieser 
Vorstellungen gibt Bouche-Leclercq a. 0. 605f. 
Maass Die Tagesgötter in Rom und den Pro- 
vinzen 276, Berlin 1902. Cumont Les relig. 
orient. 218. Man geht sogar soweit, daß man 
vermittelst Beschwörungen, wobei es besonders 
wichtig ist, den geheimen Namen zu kennen, den 
Planeten erscheinen und ihn selbst das Verhängte 
aussprechen läßt, Dicterich Abraxas 186, lff. 
Man kann ihn durch Gebete und Opfer umstimmen ; 40 
über den Zauber, die L zu brechen, Dieter ich a. 
0. 1 76tT. Mithrasliturgie 10, 15. Reitzenstein a. 
0. 75ff. Philosophisch weißPlotin dies umzudeuten 
dadurch, daß er den Satz aufstellt, die Bewegung 
des Betenden pflanze sich sympathetisch von unten 
nach oben fort und rufe vermitteis der Seele, die 
den Gestirnen innewohne, eine reflexive Bewegung 
hervor; duTch den Wunsch des Betenden werde 
die parallele Ideenfolge bei den Sternen, an die 
das Gebet gerichtet werde, ausgelöst, Ennead. 50 
IV 4. 26 Anf. 41f. Zeller III 2 3, 627. Auch 
bei den Juden ist zum Teil dieser Glaube auf- 
genommen worden , hier vereitelt man die Wir- 
kung der k. durch die Anrufung der Engel mit 
deren geheimen Namen (Reitzenstein a. 0.). 
Auch viele Christen huldigten diesen Anschau- 
ungen (Ambrosiaster quaest Migne L. 34, 2358. 
Leon. Magn. serm. XXVLL Migne L. 54, 218. 
Cumont Revue d'hist. et de lit. relig. VHI 435f. ; 
im Stillen blieb der Glaube bis in die Neuzeit 60 
hinein erhalten: als typischer Beleg sei auf Ar - 
batel De magia veterura 1681 hingewiesen). 
Als Persönlichkeit wird H. selbst nie angerufen, 
man spricht auch keine Gebete zu ihr, wie zu 
anderen Gottheiten. Doch wurde die Frage leb- 
haft erörtert , ob bei dem von Geburt au jedem 
Menschen festgelegten Verhängnis ein Eingriff der 
Götter möglich sei. Wir haben oben bereits die 



starren Leugner kennen gelernt, doch wissen 
andere wieder Schicksalsbegriff und Götterhilfe 
derart zu vereinen, daß sie behaupten, die Götter 
lesen selbst das Verhängnis aus der Stellung der 
Sterne ab, teilen dies durch ihre Zeichen dem 
Menschen mit, und durch Gebete und heilige 
Handlungen können die allmächtigen Götter zum 
Eingreifen bestimmt werden (Iambl. de myst. 
VIDI 7 oud' avioig tieoig xr\v stfiaQßEvr}v ävrnpa- 
fiEv , ovg tbg XvxfJQag x^g EifiaQftEVTjg k'v xe tegoig 
aal %aavoig &eQa.7iEvopLEv, Porph. bei Euseb. praep. 
ev. VI 4, lf. Dieterich Abraxas 5). Bezeichnend 
ist dafür besonders Finnicus Maternus, der einer- 
seits die Allgewalt der L betont und darlegt, wie 
unrettbar jeder sich ihr fügen muß, und kurz 
darauf zu den Göttern betet, mit ihrem Schutze 
dem Willen der Sternmächte trotzen zu können 
(Cumont Les rel. orient. 218 j ähnlicher Konflikt 
hinsichtlich der Stellungnahme zum Gebet bei 
Seneca, Lucian. Maximus Tyriusu. a. H. Schmidt 
Veteres philosophi quomodo iudieaverint de pre- 
eibus = Rel. Vers. u. Vor. IV 1, 34f. 43f.). 

9.Heimarmenealspersönlich gedachte 
Gottheit. Während hier durchweg die e. ein 
Begriff rein philosophischer abstrakter Art ist, 
finden sich doch hie und da Ansätze dazu, ihn 
zu beleben und den verwandten Gottesvorstel- 
lungen gleichzustellen. Zunächst ist hier die alt- 
stoische Auffassung der Schicksalsgewalt als einer 
alles durchziehenden jzvsvpaxixr} ovoia zu erwäh- 
nen (s. 0.). Dann hat sie der Stoiker AntipateT 
direkt fteog genannt (Stob. I 5, 15) ; andere haben 
ihr Wesen dadurch zu fixieren gesucht, daß sie 
dieselbe mit anderen Gottheiten wie Adrasteia, 
Nemesis, Tyche, Zeus usw. (s. 0.) gleichsetzten. 
Dies war aber nur ein Versuch ohne tieferen Er- 
folg, denn während sich bei den Stoikern aus der 
Gottesidee der volkstümliche Götterolymp neue 
Geltung verschaffte, konnte die k. sich nicht 
aus den verwandten Vorstellungen vom Schicksal, 
wie fiolga, fioiqat, parca - parcae zu einem per- 
sönlichen Gotteswesen entwickeln mit anthropo- 
morph gedachtem Handeln, wie niederschreiben, 
spinnen, singen oder sprechen, wohnen im Olymp 
oder in Höhlen, erscheinen bei Geburt oder Tod 
u. a. Versuche , sie zur Persönlichkeit umzuge- 
stalten, fehlen jedoch nicht. So wird in einem 
kosmogonischen Hymnus aus hellenistischer Zeit, 
der später unter dem Namen des Sanchuniathon 
ging, berichtet, daß Uranos im Kampfe mit Kro- 
nos um die Weltherrschaft H. und Hora mit an- 
deren Kämpfern vorgeschickt habe, aber Kronos 
habe diese für sich gewonnen und bei sich be- 
halten. Dies teilt Eusebius I 9, 20ff. aus He- 
rennius Philo mit, der es als phönikisches Gut 
dem Sanchuniathon unterschiebt, doch liegen 
wahrscheinlich hellenistisch gefärbte Quellen zu 
gründe, Gruppe Die griech. Kulte und Mythen 
I 388ff. 406f., Leipzig 1887. Christ Gesch. der 
griech. Literat. 3 764. Auch in der orphischen 
Theogonie wird sie personifiziert, sie ist die 
Tochter de3 Demiurgen und der Ananke, Procl. 
in Plat. Tim. 323 c. Ferner wird sie in den chal- 
däischen Orakeln geflügelt gedacht, Procl. in Plat. 
Tim. 321 A ftoigrig EiftaQpsvrjg xb jizeqov Kpevyovoiv 
dveiSeg und de prov. 164, 26 quieumque autem 
patris opera inteüegentes reverendi fiunt, sortis 
fatalem alam ejfugiunt. Er oll a. O. 54. Doch 



£043 



xieiiuaruieu« 



•UCHIUCM IMWIO 



sind dies nur ganz vereinzelt dastehende Ver- 
suche ohne eine weitere Wirkung auf eine volks- 
tümliche Weitergestaltung. Die i, wird als dunkle 
unpersönliche Macht immer gedacht; dies erkennen 
wir am besten aus Proclus in Plat. Tim. 322 E, 
wo sieben verschiedene Auffassungen der i. be- 
sprochen werden, ohne daß auf eine Persönlich- 
keit hingedeutet wäre, und aus den ausweichen- 
den, ablehnenden Antworten, die Gregorius Nys- 



betonte, daß nach dem Schicksalsglauben jede- 
Ethik hinfällig sei, Lob, Tadel, Strafe, Richter* 
Gesetze, persönliche Verantwortung zu verwerfe» 
seien, da ja niemand für seine Handlung ein- 
stehen könne, sondern dem Geschick sein Tun 
zuzuschreiben habe; ein Einspruch, den bereit» 
Zenon hören mußte, etfiaQtä p,ot xkmpat, und den 
er widerlegte xal Sag^vai, Diog. Laert. VII 1, 23. 
Kur bei Naturereignissen hat die stoische ovfi- 



senus a. 0. S. 1481 den Philosophen dem Christen \Osid&eia twv olav Berechtigung, nicht aber bei 



auf dessen scharfgesetzte Fragen geben läßt : ist 
I. ein Gott, der über allem steht? 

10. Invektiven. Es erübrigt, noch auf die 
Invektiven hinzuweisen, die die Lehre von der 
e. in ihren verschiedenen Auffassungen erfahren 
hat. Bereits Epikur schrieb gegen die Annahme 
einer Schicksalsgewalt eine Schrift, wovon uns 
allerdings nichts erhalten ist. Die Negation der- 



menschlichem Handeln, es ist also ein Unsinn, 
die Zukunft aus der Stellung der Sterne ablesen 
zu wollen. Dabei betont er die Unmöglichkeit 
einer genauen Beobachtung des Sternen Standes 
infolge der raschen Drehung des Himmels, der 
ungenauen Angaben über den Zeitpunkt, für den 
das Horoskop gestellt wird [Geburt und Zeugung), 
der verschiedenen geographischen Standorte der 
Astrologen. Ferner wie soll ein einzelnes Indi- 



selben entsprach seinem ganzen Standpunkt zu 

dem Stoizismus und seiner Weltanschauung (Hip- 20 viduum von einem einzigen Augenblick seine per- 

polyt. Philos. 22, 3 = üiels Dox. 572. Usener sönliche Prägung erhalten, wo doch nachweislich 
------- - ■"-■ - ■<•" ~ ganze Völker dieselben Sitten, geistige und kör- 
perliehe Veranlagung aufweisen, ebenso zwei 
gleichzeitig geborene Menschen, z. B. Zwillinge,, 
völlig verschiedene Begabung, Charaktere und 
Schicksale haben? Karneades hat nicht darüber 
geschrieben, seine Schüler, besonders Klitomachos, 
haben es aufgezeichnet, doch sind deren Auf- 
~ . ~~- r -_- r . ... - Zeichnungen sämtlich verloren (Vi ck Quaestiones 

c!Trrn V aUe^"LÜcretius spricht vSlÜfvon dem 30 Carneadae, Diss. Rost. 1901, 20. 29), sie sind aber 



Epkurea 65, 13. Zellcr a. 0. III* 1, 439,2 
n. 412). Welche Beweise er gegen die L vor- 
brachte, ist nicht überliefert, es wird nur betont, 
daß er es für besser hielt, dem alten Götter glauben 
anzuhangen, tj jr} rwv <pvatxwv dfiaQftsvj} dov- 
Uveiv (Belege bei 1 Z e 1 1 e r a. 0. 439, 2 u. 442). Von 
späteren ist uns ein Abriß der Abhandlung des 
Epikureers Diogenian bei Euseb. praep. ev. VI 



Fatum; er behauptet nee sanetum numen fati 
protollere fines posse neque adver sus naturae foe- 
dera niti, er erkennt also im Gegensatz zu Epikur 
das Schicksal neben dem Naturgesetz an. Vermut- 
lich haben auch die Kyniker sofort sich dagegen 
gestellt, doch ist uns auch von ihren Angriffen 
aus der älteren Zeit nichts erhalten, von späteren 
sind besonders die Auslassungen des Oinomaos von 
Interesse, da er den Lucian wesentlich beeinflußt 



von Späteren benützt worden; so können die r<J- 
nov gegen die i. rekonstruiert werden aus Cic. 
de fato und de divin. und Philo de prov. I 77— 
88. Sie kehren dann immer wieder zum Vorschein. 
Eine Zusammenfassung der moralischen Folgen 
gibt Alex. Aphrod. 20, 67 p. 190, 26 Br. t& 
yäg tovxo Tiemorevxöti ovx imxtfti^oai uvi 7 ovx 
STiaiviaai xivd, ov avfjtßovlsvoai zivt, ov nQOTQe- 



^ ._ ipaa&ai ziva, ovx ev^aadat fteois, ov x^6 lv o.vxoig 

hat. In seiner yor/rtov <poQa zog er gegen den Fa- 40 yv&vat nepl hvojv,ovx ä)2o n noielv olov xs 
talismns los; Stücke daraus finden sich bei xäv otpedcphüiv evXoycog yirsaOai vx& z&v xal 



Eusebius praep. ev. VI 7, lff. Von Angriffen 
gegen den Fatalismus in der Komödie ist uns 
bei den Griechen wenig erhalten, daß aber auch 
hier derselbe und die von ihm gebilligten astro- 
logischen Ideen frühzeitig verspottet wurden, lehrt 
uns das Fragment des Sotades, das uns Iulian 
von Halicarnass überliefert hat (a. 0. S. 334 und 

338): d utza zö pia&etv \ ovx i/v Jiadslv a Ösi 

Tia&eTv Ssl yaQ ftad'eiv. j sl 8ü nadzTv 8k xäv pa&aj 50 tonen besonders noch, daß bei der Lehre von der 
xt Set ua&etv; | ov Ön fiaßstv ays fei na&eiv ; Gewalt der k. der Glaube an Christus und dessen 



rov ziottüv sxaoxov öiv tiowvoiv xrjv i^ovaiav 
nsmözsvxotaiv. Zur Literatur über Karneades und 
das Weiterleben seiner Invektiven: Schmekel 
a. 0. 181fr: 318f. Wendland Philos Schrift 
v. d. Vors. 24ff.; die Belege noch vermehrt 
durch Boll Jahrb. f. kl. Philo! Suppl.-Bd. XXI 
182ff. 240. Rieß Art. Astrologie o. Bd. II 
S. 1813. v. Arnim a. 0. 10. Die Christen be- 



Sei yaQ Jta&eiv. | Öiä xovx {ctg') ov üsla* jiia&üv, 

jia&stv ju' a ösL Daß auch in der römischen Posse 

und Satire dagegen vorgegangen wurde, zeigt 

Cic. de divin. II 10, 25, Favorinus bei Gellms 

noct. Att. XIV 1, 34f., forner der Querolus, wo 

allenthalben gegen den Aberglauben vorgegangen 

wird; für die Satire genügt es, auf luven. VII 

194ff. und Lucians Iup. conf. hinzuweisen. ~ . 

Doch sind das vorübergehende Ausfälle ge- 60 xonot gegen den Fatalismus erscheinen i (Cum ont 
ien. die in der Literatur keinen nachhaltigen Les relig. orient. 2171 Bonche-Leclercq a U. 

620ff.). Hierbei wurde seit Bardeaanes unter der Be- 
tonung der Sitten und körperlichen Eigentümlich- 
keiten besonders auf das JndfiDsolk hingewiesen, 
das überall seine Eigenart beibehalten habe. Die 
Aufstellungen von wirklich eingetroffenen Vor- 
aussagen, die zum Bew*ui der £ diesen sollten, 



Heilslehre nichtig ist. ferner daß dann Gott und 
die Gebete an ihn ebenfalls ausgeschaltet seien, 
der ja sein Regiment der Willkür der Sterne an- 
heimgestellt habe (Orig. Philocal. XXXIII p. 1871 
Kob. Gregor. Nyss. p. 173 f. M, Euseb. praep. ev. 
VI 6. lff. Iulian. von Halic. a. 0. S. 332. Neme- 
sius de nat. hom. c. 3off. p. 741 M.), sonst über- 
nehmen sie die Einwände, die von Karneades an als 



wesen, die in der Literatur keinen nachhaltigen 
Eindruck hinterließen, am wichtigsten sind die 
Angriffe gegen den Fatalismus der mittleren 
Skepsis, besonders des Kameades. Er hat hier 
xoxoi geschaffen, die für alle Invektiven mit ge- 
ringen Änderungen maßgebend geworden sind und 
Ms ins 5. Jhdt von heidnischen und christlichen 
Gegnern immer wieder herangeholt wurden. Er 



wurden als Einflüsterungen abgefallener Dämonen 



hingestellt, die die „Zukunft zur Täuschung und 
Abwendung der Menschen von Gott gewisse Men- 
schen haben schauen lassen (Gregor. Nyss. p. 17*2 M. 
Tatian. a. 0. c. 12f.). [Gundel.] 

Heios, angeblicher Gemmenschneider, dessen 
(vermutlich mit Benutzung des aus Ciceros Ver- 
rinen bekannten Namens des Kunstliebhabers 
Heius) erfundene Signatar auf mehreren gefälsch- 
ten Steinen erscheint, sowie auf einer modernen 
Glaspast (Cat. Brit. Mus. nr. 765), die auf eine 
antike Gemme unbekannten Ortes mit archaisti- 
scher Artemisdarstellung zurückgeht ; vgl. Furt- 
wängler Arch. Jahrb. 1889, 70. S. Reinach 
Pierres gravees 170, 36. [Sieveking.] 

EiQYptov Stxrj, Privatklage, gegen den ge- 
richtet, der freie Menschen unberechtigt in einer 
Art von Privatgefängnis hielt oder sie wenig- 
stens auf einige Zeit des Gehrauchs ihrer Frei- 
heit beraubte. Von dem Vorhandensein dieser 
Klage wissen wir bloß durch Poll. VI 154 und 
Lex. Cantabr. 670, welches als Beispiel den Fall 
des Alkibiades mit dem Maler Agatharchos her- 
anzieht, Demosth XXI 147. Plut. Ale. 16. [And.] 
IV 17. Vgl. auch den Art. "YßQEtog yga-wn 
und Lipsius Att. Recht 435. Ganz verschieden 
davon ist die Klage adtxwg uq/ß^vai mg [AOtjov. 
S. Möt%£ias ygatpr). [Thalheim.J 

Heirktai {EIqxtciI), örtüchkeit dicht bei Argos, 
in deren Nähe Agesipolis 388/7 lagerte (Xen. hell. 
IV 7, 7 3t£Qi zag eiQxzds: so codd. FMDV bei 
Holder, ei^m? BC). [Bölte.] 

Hcirkte (Eigxxij Polyb. , 'E^xr/ Hiod. XXII 
10, 4. XXXIII 20), nach der üblichen Annahme 
der heutige Monte Pellegrino, ein völlig isolier- 
ter , rings , außer gegen Palermo , schroff ab- 
stürzender und unzugänglicher Tafelberg nörd- 
lich von Panormos (Palermo), etwa 600 m hoch, 
zur Hälfte seines Umfanges vom Meer bespült, 
auf der andern Seite von der fruchtbaren Ebene 
Gonca d'oro umschlossen; von Pyrrhos besetzt 
(Diod. XXII 10, 4), berühmt durch die bedeu- 
tende Rolle, die er im ersten Punischen Krieg 
als Standquartier des Hamilkar Barkas 248 — 245 
spielte. Nach Polybios, der I 56 — 57 die Kämpfe 
des Hamilkar schildert, hatte der Berg nur drei 
beschwerliche Zugänge, zwei von der Landseite 
und einen von der See, wo in seinem strategi- 
schen Bereich ein von den Karthagern während 
jener ganzen Zeit behaupteter Hafen lag. Wo 
man diesen zu suchen hat, ist, wohl infolge geolo- 
gischer Veränderungen der Bodengestalt, unsicher; 
denn der einzige heute vorhandene Hafenplatz 
Mondello nördlich der H. wird nicht von ihr be- 
herrscht. Die Identifikation mit dem Monte Pel- 
legrino wird bestritten von Kromayer Festschr. 
d. Wiener Eranos zur Begrüß, d. Phil. -Vers, in 
Graz 1909, 225, und die nordöstliche Abdachung 
des Monte Castellaccio, nordwestlich von Palermo, 
für die H. erklärt. Vgl. Schubring Topographie 
v. Panormos I (Lübeck 1870) 24ff. Holm Gesch. 
Siciliens im Altertum I 15. 3341 III 281 354. 
Freeman- Lupus Gesch. Siciliens I 50; Karte 
214. 219. [Ziegler.] 

Hciulius* römischer Geschlechtsname, mehr- 
fach auf Inschriften republikanischer Zeit, so bei 
einem Quaestor von Tibui (C. Beiulius T. f. CIL 
XTV 3655) und im J. 646 = 108 in Capua (L. 
Hcioleius P. f. CIL 1 565 = X 3776). [Münzer.] 



Heins. 1) InLilybaeum, noch unmündig und 
unter Vormundschaft des C. Marcellus (o. Bd. III 

S. 2783 Nr. 214), als er von Verres 681 = 73 
ausgeplündert wurde (Cic. Verr. IV 37). 

2) C. Heius, in Messana aus altangesehener 
Familie (Heii Cic. Verr. IV 6) und von großem 
Reichtum, hatte in einer Hauskapelle vier be- 
rühmte Meisterwerke griechischer Plastik (vgl. 
darüber 0. Roßbach Rh. Mus. LIV 277—284) 

10 und wurde sowohl dieser Kunstschätze, wie seiner 
kostbaren Teppiche (Cic. Verr. IV 27) durch den 
Statthalter Verres beraubt (Cic. Verr. IV 3—19). 
Trotzdem ging er an der Spitze der Gesandtschaft 
der Mamertiner im J, 684 = 70 nach Rom, um 
beim Prozeß des Verres im Namen seiner Ge- 
meinde als der einzigen von allen sicilischen zu 
Gunsten des Angeklagten Zeugnis abzulegen ; Ci- 
cero wußte ihn jedoch bei der Verhandlung durch 
seine Fragen zu belastenden Aussagen zu bewegen 

20 (Verr. II 13. IV loff. 150. V 47), wofür sich 
dann Verres durch eine Denunziation bei den 
Auftraggebern des H. rächen wollte (ebd. IV 181). 
Vielleicht ist derselbe rdiog "U'iog Thov, der auf 
Delos nicht lange zuvor einen Beitrag zum Wieder- 
aufbau der 666 = 88 zerstörten Agora der Italic! 
leistete (Bull. hell. XXXI 462), und C. Heius T. 
f. Libo, der auf einer ebenfalls um wenig älteren 
delischen Inschrift erscheint {ebd. XXXIII 496). 

3) Cn. Heius, Richter im Prozeß des Albius 
30 Oppianicus 680 = 74 (Cic. Cluent. 107). [Münzer.] 

Heizung. Eine Untersuchung über die H. 
bei den Alten hat mit besonderen Schwierigkeiten 
zu rechnen. Einmal fehlen uns abgesehen von 
den unklaren, der Interpretation große Schwie- 
rigkeiten bietenden Stellen bei Vitruv (V 10 und 
VIII 2. 4) über die H. von Bädern direkte tech- 
nische Mitteilungen über H. von Wohnräumen 
vollständig, so daß wir fast nur auf gelegentliche 
Erwähnungen seitens technisch nicht interessierter 

40 Schriftsteller angewiesen sind. Da diese Nach- 
richten natürlich aus den verschiedensten Zeiten 
und Gegenden stammen, vom rein Persönlichen 
ganz abzusehen, so kann es nicht weiter wunder- 
bar erscheinen, daß es unmöglich ist, aus diesen 
Nachrichten eine feste Terminologie der Heizein- 
richtungen der Alten zu rekonstruieren, und daß 
wir infolgedessen bei manchem Zeugnis im Zwei- 
fel bleiben , von welcher der drei dem Altertum 
bekannten Heizmethoden darin die Rede ist. Es 

50waren das: 1. Die H. mittelst Kohlenbeckens. 
2. Kaminfeuerung mit Holzbeschickung. 3. Hy- 
pokausten-H. durch Suspen sur des Fußbodens 
und Tubulatur der Wände. Bei der letzteren 
Art von Heizanlagen unterscheidet man wiederum 
zwei Systeme : Die eigentlichen Hypokausten und 
die sog. Kanal-H. , wozu als drittes noch eine 
Mischung beider Systeme zu rechnen ist {KrelL 
47. Jacobi Saalburg 241. Blümner Rom. Priv.- 
Alt 104). Die monumentale Überlieferung hat 

60 uns nur Beispiele von 1 und 3 erhalten, und 
aus dem oben Gesagten erklärt es eich leicht, daß 
wir nicht in der Lage sind, festzustellen, wie die 
Alten jene Kohlenbecken benannten, und daß sich 
in der Ausdeutung der Reste der Hypokausten, 
zu deren Erklärung wir ja im wesentlichen auf 
Vitruvs nur für die Bäder-H. im frühesten Sta- 
dium ihrer Erfindung geschriebenen Worte ange- 
wiesen Bind, unter den Beurteilen» eine ganze 



Ci\J*±t J-L Gl £ UUg 

Seihe von abweichenden Ansichten ergeben haben. 
"Wir können hier davon absehen, auf diese Kon- 
struktionsfragen, die im Art. Hypocauston zu 
behandeln sind, und auf die Hypokausten der Bä- 
der, welche im Art. Balneum besprochen sind, 
einzugehen, und uns darauf beschränken, nur die 
Hypokausten-H. der Wohnräume im Verhältnis zu 
den übrigen Heizraitteln der Alten zu betrachten. 
Die winterliche H. der Wohnräume spielte 



Venant. Fort. 4. vita S. Mark 490), aber es 
kann durchaus keinem Zweifel unterliegen, daß 
man solche Becken in größeren Abmessungen 
auch zur allgemeinen Erwärmung kleinerer und 
größerer Räume verwendete (s. Suet. Tib. 74, wo 
natürlich einis et famlla e cärbonibus trotz 
extinctus zu lesen ist, da sonst dem angeblichen 
Prodigium die Hanptpointe fehlt). 

Schon der Umstand, daß in dem Tepidarium 



und spielt in den Kulturgebieten des klassischen 10 der Forumsthermen zu Pompeii (s. överbeck 



Altertums infolge der klimatischen Verhältnisse 
des Mittelmeergebietes bei weitem nicht die 
Eolle, die dieselbe heutzutage bei uns einnimmt. 
Der Tage, welche eine dauernde künstliche Er- 
wärmung der Wohnräume wünschenswert oder gar 
nötig erscheinen lassen, sind dort verhältnismäßig 
so wenige, und das Bedürfnis, dauernde Einrich- 
tungen zu schaffen und zu unterhalten, ist infolge- 
dessen ein so geringes, daß es ganz erklärlich 



Pompeji 208) ein großes Kohlenbecken noch mit 
Resten der Feuerung gefunden wurde, ist dafür 
beweisend, daß man auch die Warmräume der 
Bäder, als die Hypokausten-H, noch nicht er- 
funden war, und auch nachher noch da, wo man 
diese aus irgendwelchen technischen oder peku- 
niären Gründen nicht anlegen konnte oder wollte, 
mit Kohlenbecken beheizte. Ja, ich zweifle selbst 
mit Kr eil (76), ob man die hohen Temperaturen, 



erscheint, daß erst die Zeit einer größeren Luxus- 20 die im Caldarium und im Laconicum und den 



entfaltung für die Wohn statten der Wohlhabenderen 
und der Reichen in den Hypokausten Erfindungen 
auf diesem Gebiete hervorbrachte, die natürlich 
wegen ihrer Kostspieligkeit in Anlage und Unter- 
haltung nie Gemeingut des Volkes werden konn- 
ten. Noch heutzutage sind bekanntlich, wenig- 
stens im südlichen Italien und in Griechenland, 
Zimmer, die mit festen eisernen oder aus Kacheln 
aufgemauerten Öfen versehen sind, selbst in den 
Wohnungen des Mittelstandes eine Seltenheit, in 30 
den Wotinnngen des Gros der Bevölkerung aber 
so gut wie ausgeschlossen. Umsomehr können 
wir annehmen, daß es im Altertum damit nicht 
anders stand, zumal auch die antiken Zeugnisse 
und die Funde dasselbe lehren. 

Der gemeine Mann begegnete der kälteren 
Temperatur zunächst durch wärmere Kleidung 
(Ovid. fast. IV 695ff.), und wenn es ihm dennoch 
zu arg wurde, so flüchtete er an das Herdfeuer 



Sudationes erforderlich waren, allein durch Hypo- 
kausten-H. hervorbringen konnte und nicht viel- 
mehr wenigstens im Laconicum ein in der Mitte 
derselben stehendes Kohlenbecken zu Hilfe nehmen 
mußte. Diese Annahme würde durchaus mit Vi- 
trav V 10, 5 {laconicum . . . ad circinum fieri 
oportere videtur, ut aequaliter a media flam- 
mae vaporisque vis per ourvaturae rotunda- 
tloncs pervagetur) im Einklang stehen. 

In das hohe Loblied freilich, welches Krell 
(5—29) dieser H.-Methode des Altertums singt, 
braucht man aber wohl kaum einzustimmen, denn 
ohne Rauch und Ruß, besonder* beim Nachfüllen 
von frischen Kohlen, und namentlich ohne Ver- 
unreinigung der Luft durch die leichte, weiße 
Flugasche (favilla), die bei jedem unvorherge- 
sehenen Luftzuge mit der Hitze in die Höhe ge- 
wirbelt wird, geht es nun einmal dabei nicht ab. 
Mag auch die Kohlen oxydbildung, wie Krell aus- 



der Küche (Varr. bei Non. 83, 15), oder er suchte 40 führt, bei richtiger Behandlung so gering sein, 

• j_ _■___ 1 " 1_ __ J?_ * "D_ J__J_-"U *— T™ J ÄJ * a— . J>» (X J A *»*«.-, ri n fnU« n « 4\* £-** Trt*Vk null T .nhA« «-irtVi4- 



mit seinesgleichen die warmen Badstuben, in denen 
ihm die Fürsorge seiner Obrigkeit oder die Freigebig- 
keit seiner reichen Mitbürger einen behaglichen Auf- 
enthalt mit angenehmer Unterhaltung meist gratis 
oder gegen ein ganz geringes Entgelt bot, öfter 
auf als zur schönen Sommerszeit, oder er wußte 
beim Gevatter Bäcker ein warmes Plätzchen am 
Backofen zu finden (Hör. ep. I 11, 13), und daß 
man auch die wärmende Kraft des Weines im 



daß daraus Gefahren für Leib und Leben nicht 
leicht entstehen konnten, so ist doch sehr frag- 
lich, ob diese richtige Behandlung, deren Kennt- 
nis sonderbarerweise mit dem Gebrauch der Kohlen- 
becken den nördlichen Völkern nicht überliefert 
ist, den Südländern so etwas Selbstverständliches 
war und ist, als Krell annimmt. Jedenfalls weiß ich 
aus Erfahrung, daß man sich auch von einem 
pompeiamschen Kohlenbecken einen tüchtigen 



Kampfe gegen die Winterkälte zu schätzen wußte, 50 Kopfschmerz zuziehen kann. Außerdem aber hat 



lehrt uns Horaz (I 9, 6). 

Ein allgemein verbreitetes Hilfsmittel jedoch, 
im Bedürfnisfalle einen Raum zu heizen . waren 
und sind noch heute in jenen Gegenden die Kohlen- 
becken, von denen aus Pompeii und anderen Orten 
mancherlei antike Exemplare in Bronze, Kupfer 
und anderen Metallen auf uns gekommen sind 
(s. Daremberg-Saglio 1821. II 1196). In be- 
scheidenen und ärmlichen Haushaltungen konnte 



die Koblenbecken-H. größerer Räume den offen- 
bar auch dem Altertum bekannten Nachteil, den 
oberen Luftraum zu überhitzen, während der Fuß- 
boden kalt bleibt, und gerade dieser Umstand, 
der offenbar in den Schwitzbädern besonders un- 
angenehm fühlbar wurde , gab wohl die Veran- 
lassung zur Erfindung der Hypokausten-H. 

Wir kommen nun zu der zweiten der oben 
erwähnten H.-Methoden des Altertums, der oft 



natürlich jeder irdene Napf oder selbst jede ge- 60 bestrittenen und von K r e 1 1 überhaupt nicht ein- 



nügend große Scherbe eines solchen, mit den 
Resten des Herdfeuers gefüllt, dieselben Dienste 
tun. Die kostbaren Eiemplare beweisen nur die 
allgemeine Verbreitung auch in begüterten Kreisen. 
Kohlenbecken kleineren Umfangs nützte man 
wohl meist als fomeräa (vgl. Senec. dial. I 4, 9), 
am Füße und Hände und andere Körperteile 
daran zu wärmen (s. Sulpicius Sev. 3. Dial. 14. 



mal erwähnten Kamin-H. mit Holzfeuerung. Eine 
stattliche Reihe von Zeugnissen ist es, welche 
von einer solchen Zimmer-H. spreche n, d ie als 
caminus bezeichnet wird (Oic. ad fem. VII 10, 2. 
Hör. sat. I 5, 79ff. und ep. I 11, 19. Ovid. met. 
VII 106. Suet. VitelL 8. Sidon. ApolL ep. II 2. 10. 
Iulian, misop. p. 3410). Trotzdem ist es aber 
nicht ganz leicht, eine sichere Vorstellung davon 



2649 



Heizung 



zu gewinnen, wie beschaffen die Einrichtung eines 
soleheü caminus war. Das Wort ist der latei- 
nischen Sprache als Lehnwort aus dem Griechi- 
schen zugekommen und wird also wahrscheinlich 
ursprünglich mit einer den Latinern unbekannten 
Sache Aufnahme gefunden haben. Es liegt also, 
da Back- und Schmelzofen bereits der Bronzezeit 
bekannt waren, nahe, daß mit der Einführung 
der Eisenbearbeitung das Wort zur Bezeichnung 
der Schmiedeesse den Latinern bekannt geworden 10 
ist. Eine Sicherheit ist darüber natürlich nicht 
zu erlangen, denn von den oben angeführten Stellen 
abgesehen wird caminus in fast wahllosem 
Wechsel als Synonym mit elibanus furnus, fornax 
und foeus verwendet, jedoch tritt in der Dichter- 
sprache eine gewisse Vorliebe - zutage , dasselbe 
zur Bezeichnung der Werkstatt Vulkans und in 
übertragenem Gebrauche zur Bezeichnung vulka- 
nischer Höhlen und Grotten überhaupt zu ver- 
wenden. Auch das spricht wohl dafür, daß der 20 
Römer beim Worte caminus zunächst an die 
Schmiedeesse dachte und ihre Form im Sinne 
hatte, wenn er das WoTt auf andere Feuer stellen 
übertrug. Wie wir uns nun aber eine solche 
Schmiedeesse vorzustellen haben, davon gibt uns 
die Darstellung der Werkstatt Vulkans auf einem 
römischen Sarkophag (Mus. Capit. 4, 25) einen 
Begriff, wo wir auf einem Herde über und hinter 
der Flamme einen flachgewölbten, muschelförmigen 
Mantel sich erheben sehen, hinter welchem ein 30 
Gehilfe den Blasebalg bedient. Dieser Mantel hat 
den Zweck, die Flamme zusammenzuhalten und 
den Funkennug abzufangen, der sich ja beim 
Wirken des Blasebalgs besonders stark einstellt. 

Im antiken Zimmerkamine werden wir uns 
also eine in ähnlicher Weise von flachem muschel- 
förmigem Mantel überwölbte Feuerstelle, wahr- 
scheinlich aber zu ebener Erde, vorzustellen haben, 
und damit stimmt das wenige, was sich aus den 
oben angegebenen Belegstellen für die Form er- 40 
mittein läßt, auf das beste überein. 

' Aus Ciceros Worten luculento Camino (ad 
fam. VII 10, 2) dürfen wir wohl schließen, daß 
das Feuer des Kamins ein offenes, in die Augen 
fallendes war; nach Horaz (sat. I 5, 79) und 
Sidonius Apollinaris (ep. II 2. 11) drang der 
Rauch aus demselben ungehindert in das Zimmer. 
Die Bezeichnung des Kamines als arouatüis in 
derselben Stelle bezeugt den gewölbten Mantel. 

Den Kaminmantel dürfen wir uns aber schwer- 50 
lieh als Rauchfang mit Rauchabzugsrohr vorstel- 
len. Wie die antike Küche in der Regel auf eine 
besondere Einrichtung für die Rauchentfernung 
verzichtete, so wird es wohl auch beim Zimmer- 
kamine gewesen sein. In Pompeii sind bekannt- 
lich Rauchabzugsrohre auch in den Küchen sehr 
selten, sondern bleibt die Ableitung des Rauches 
einem Fenster oder der Türe überlassen; einen 
Rauchfang erwähnt freilich Överbeck (440); es 
fehlt daselbst aber jede belegende Angabe dar- 60 
über, wo derselbe zu finden ist und in den Aus- 
grabungsberichten erwähnt wird. Dann aber 
heben ja die römischen Schriftsteller, wie in 
Küche und Bad so auch im Wohnzimmer, immer 
wieder und wieder die Rauchbolästignng hervor. 
Man versuchte freilich auch Abhilfe dagegen zu 
schaffen, aber die Versuche dazu bewegten sich 
anscheinend mehr in der Richtung, ein rauch- 



Heizung aoov 

loses Feuer durch Verwendung von Holzkohlen 
und sog. ligwum aeapnon, das man aus Oliven- 
holz durch Imprägnierung mit dem Vorlauf des 
Olivenöls zu gewinnen wußte (Cato r. r. 130. Plin. 
n. h. XV 34), zu erzielen, als dabin, den Rauch und 
mit und nach ihm einen großen Teil der dem Holz- 
feuer entstammenden Hitze durch einen Schornstein 
abzuleiten. Wenn nun aber in Pompeii bisher 
keinerlei einem Kamin entsprechende Anlage ge 
funden worden ist, so ist das meiner Ansicht 
nach noch nicht für die Nichtverwendung solcher 
Kamine daselbst beweisend. Pompeii ist im 
Sommer zerstört, also zu einer Zeit, in der man 
keine Zimmer zu heizen braucht. Anderseits 
haben wir aber keinerlei Anhalt dnfär, daß die 
antiken Kamine dauernde feste Einbauten waren, 
wie die unsrigen, und nicht vielmehr alljährlich 
erst im Bedarfsfälle in irgend einer Ecke des 
Zimmers, das man zu heizen wünschte, aus ein 
paar Ziegeln aufgemauert und mit Eintritt wär- 
meren Wetters wieder fortgeräumt wurden. Auf 
denselben Gedanken führen auch einige Schrift- 
stellerzeugnisse. Wenn nämlich Cicero in der 
schon mehrfach angezogenen Stelle seinem Freunde 
rät, von einem luculento Camino Gebrauch zu 
machen, so muß dieser Freund doch über die 
Größe des Kamins zu bestimmen in der Lage 
gewesen sein. Auch was Vitruv (VII 3, 4. VII 
4, 4) mit kurzen Worten über die Heizbarkeit der 
Wohnräume sagt, paßt besser zu vorübergehenden 
als zu dauernden Einrichtungen, und da von Holz- 
feuerung dabei die Rede ist, kann er auch nur 
Kamine und nicht etwa Kohlenbecken meinen, und 
was Plinius (n. h. XXX 63) von einer Wunderkur 
berichtet, zeigt, daß man auch zu einmaligem Ge- 
brauch einen Kamin schnell herzustellen wußte. 
Die von Saglio (I 861) erwähnten angeblichen 
antiken Kamine, von denen in Abb. 1057—1059 
die Grundrisse gegeben werden, sind schon durch 
ihre bis zu 6 m betragenden Maße als Kamine 
ganz unglaublich und bleiben besseT ganz außer- 
halb der Diskussion. Kamine von solchen Dimen- 
sionen (besonders in der Tiefe) sind selbst in nor- 
dischen mittelalterlichen Schlössern und Klöstern 
unerhört. 

3. Die Erfindung der Hypokausten in Bädern 
verdankte man einem gewissen C, Sergius Orata 
(Val. Max. IX 1, 1. Plin. n. h. IX 168. XXVI 
16; vgl. Macrob. Sat. III 15, 3. Cic. bei Non. 
194, 12). Aber während zu des Erfinders Zeiten 
solche unterfangenen Baderäume sich in sehr be- 
scheidenen Abmessungen hielten, war man zu 
des Valerius Maximus Zeiten bereits soweit darin 
fortgeschritten, daß man Badebassins unterfing 
von solcher Größe, daß man sie, wie er meint, 
beinahe Meere nennen könnte. 

Über die bauliche Einrichtung und Anlage 
dieseT Hypokausten, in betreff deren noch manches 
sehr strittig und unaufgeklärt ist, können wir auf 
den Art. Hypocauston verweisen. Hier soll nur 
kurz von ihrer Anwendung als H. die Rede sein. 

In den Bädern war in dieser Hinsicht ihre 
Aufgabe zunächst wohl nur die, die Fußböden 
der Tepidarien und Caldarien, später auch die 
Hohlräume in den Wänden und Deckengewölben 
derselben auf eine mäßig warme Temperatur zu 
bringen, um so die schnelle Abkühlung des die 
Hauptwärmeuuelle bildenden, stets zufließenden 



ZOOl 



Heizung 



Hekabe 



2652 



heißen Waasers und der von ihm aufsteigenden 
Dämpfe zu verhüten. In dem trockenen Schwitz- 
bade, d. h. dem Laconicum, blieb wohl das in 
der Mitte des runden Zimmers stehende große 
Kohlenbecken die einzige Wärmequelle, wenig- 
stens glaube ich so Vitruvs Worte (V 10, 5) deuten 
au dürfen. Wollte man mittels der Hypokausten 
mehr als eine mäßige Fußbodenwärme erreichen, 
so waren Vorrichtungen nicht zu umgehen, die 
Ton dem Praefurnium aus, von der Suspensur 
oder der Tubulatur aus der heißen Luft direkten 
Zugang zum Luftraum der Caldarien gestatteten 
und die man öffnen konnte, sobald die Rauch- 
entwicklung aufgehört hatte oder wenigstens ganz 
gering geworden war. Daß dem so war, dafür 
lassen sich wieder einige Zeugnisse beibringen. 
Wenn nach Plutarch (quaest. conv. III 103. 658 E.) 
die Agoranomen den Badepächtern verboten, in 
das Feuer der Hypokausten Samen des Taumel- 
lolchs zu werfen, weil der dadureh entstehende 
Dampf den Badenden Kopfschmerzen und Schwin- 
delanfälle bewirke, so mußten doch die Heizgase 
des Hypokaustons mit dem Lufträume der Bade- 
zellen in direkter Verbindung stellen. Plinius (n. h. 
XVIII 156) weiß aus Asien und Griechenland zu be- 
richten, daß die Badepächter den genannten Samen 
aut das Feuer warfen, wenn sie die Badegäste ver- 
treiben wollten. Ich vermute, daß man meist 
wohl zu unrecht den Balneatofen diesen Vorwurf 
gemacht haben wird, weil es eben das Kohlen- 
oxydgas war, das aus den geöffneten Heizrohren 
im Boden oder in den Wänden mit der heißen 
Luft in die Baderäume eindrang und den Baden- 
den die genannten Beschwerden verursachte. Auch 
eine Stelle bei Fronto (ad M. Gaes. I ep. 2), wo 
die Vorzüge von Baiae gegenüber den gewöhn- 
lichen Badeanstalten hervorgehoben werden, läßt 
nur die Deutung zu, daß die Heizgase in der 
Regel damals aus den Hypokausten einen direkten 
Zugang znm beheizten Baume hatten. Tatsäch- 
lich sind ja nun aber auch Hypokausten anlagen 
genügend bekannt, bei denen aus Suspensur oder 
Tubulatur die Heizgase direkten Zugang zu den 
Zimmern fanden (Krell 47ff.}. Wir haben aber 
auch wiederum ein ganz unzweifelhaftes Zeugnis 
dafür bei Plinius (ep. H 17. 23), wo es heißt: 
Adplieitum est cuhiculo kypoeauston perexiguum, 
qitod angitsta fenestra suppositum catorem, 
ut ratio exigü, aut effuwlit aut retinet. Es wurde 
also das Hypokauston unter dem Schlafzimmer 
geheizt und dann von hier aus die warme Luft 
durch eine verschließbare kleine Klappe im Fuß- 
boden nach Bedarf dem Zimmer zugeführt. Die 
indirekte Beheizung der Räume durch den Fuß- 
boden hindurch spielte jedenfalls nur eine unter- 
geordnete Rolle, da man bald eingesehen hatte. 
daß eine genügende Heizwirkung ohne direkte 
Zulassung der Heißluft aus dem Hypokauston 
nicht zu erzielen war. 



Jedenfalls aber haben wir die Hypokausten- 
H. von Wohnräumen als eine Luxusein richtung 
wohlhabender Kreise anzusehen, und wir dürfen 
deshalb auch Erwägungen über die unökonomi- 
sche Heizmaterialverschwendung, auf die Krell 
sein absprechendes Urteil besonders gründet, ganz 
beiseite lassen. 

Was aber die Wirkung der Hypokausten an- 
betrifft, so beweist allein schon die weite Ver- 



breitung, die durch die zahlreichen Funde be- 
zeugt wird, und eine Reihe von Zeugnissen mit 
völliger Gewißheit, daß solche Hypokausten auch 
ganz zur Zufriedenheit der Benutzer wirkten. 
Wenn Krell (32 und 41) und Blümner (107 
Anm. 1) bestreiten, daß die Flammen und Heiz- 
gase von der Feuerstelle aus direkt unter die 
Suspensur hätten gelangen dürfen, so sind, von 
Vitruv (V 10, 2) abgesehen, denn doch Stellen 
10 wie Stat. silv. I 3. 43C, Auson. Mos. XVIII 2. 
33;>ff. und besonders Stat. silv. I 5, 57 schlechter- 
dings nicht anders zu verstehen, als daß das doch 
der Fall gewesen sein muß. [Degering.] 

Hefcabe. 1) Gemahlin des Priamos. E t y- 
mologie des Namens: Die Etymologie, 
die die Alten von dem Namen 'Exaßr) (so z. B. 
auf der ilischen Tafel IG XIV 1 284 iv, altkorin- 
thisch Faxdßa SGDI 3130, von B 1 a s 8 mit Un- 
recht in Fsxdßa korrigiert, s. J. Schmidt K. 
20 Z. XXXII 355. 364f. 393. KretsehmerK.Z. 
XXIX 168. XXXIII 467, 1; Griech. Vaseninschr. 
21. 43, attisch hsxdßrj Furtwängler-Reich- 
hold Griech. Vasenmalerei I 64, Taf. 41, die 
Form EKYBE Gerhard Auserles. Vasenbilder 
203. CIG 7659 muß bezweifelt werden, meines 
Erachtens v aus altem ä verlesen; vgl. Kretsch- 
mer Vaseninschr. 118, etruskisch ecapa Ger- 
hard - K ö r t e Etrusk, Spiegel V 155 Taf. 118, 
lateinisch unter Wirkung der altitalischen Be- 
30 tonung Hecuba CIL VI 3, 21846, 12 oder älter 
Hecoba Quintil. I 4, 16) geben: Suid. Etym. M. 
Exdßr} : R exa&ev ßsßrjxvla [tiqos röv ävöga] 
brauchte wirklich nicht von modernen Philologen 
wieder aufgenommen zu werden. Richtig beur- 
teilt ist der Name von Kretschmer der 
K. Z. XXXIII 467 (vgl. Fick-Bechtel Griech. 
Personcnn. 390) ihn zu ixrjßolos stellt, was allein 
zu übersetzen ist ,nach seinem Willen treffend* 
( fsxa : fexotv vgl. G. Hermann Opusc. VII 
40 306), nicht »fernhin treffend' (fexäßolo; mit « 
vgl. Wackernagel Dehnungsgesetz d. griech. 
Komposita 7ff. und W. Schulze Quaest. ep. 8). 
Genealogie : Als Vater Hekabes wird der 
Phrygerkönig Dymas, Sohn des Ei'oneus, Enkel 
des Proteus, genannt Hom. II. XVI 718 u. Schol. 
SchoL Eurip, Hec. 1. Pherekydes FHG IV 639 a 
im Schol. Eurip, Hec. 3. Apollod. III 12, 5, 2. 
Hygin. fab. 91. 111 243. 249. Myth. Vat. 1204, 
13. Diktys I 9. Serv. Aen. VII 320, X 705. 
50 Auson. VI epir. XXV. Georg. Kedrenos 124 C, I 
218Bekker. Joh. Malalas O 121, 96, 17 Dindorf. 
Tzetz. argum. poern. p. 266. Eustath. comm. 
1082, 61. Suid. Etym. M. Gud. Daneben finden 
wir zweitens eine Version, zuerst bei Eurip. Hec. 
3 überliefert, nach der H. Tochter des Kisseus 
(Sohnes des Egtion und der Hippothoe, der Toch- 
ter des Erichthonios Schol. Eurip. a. O.) ist, 
Athenion und Telekleides bei Eustath. comm. 1109, 
22. Nikander Schol. Eurip. Hec. 3. Schneider 
60Nicandrea 67 frg. 62. Enniu3 bei Serv. Aen. 
VII 320; vgl. Gellius N. A. XI 4, 1; Vahlen* 151, 
194. Pacuvius bei Serv. a. O. Ribb. Trag. Rom, 
frg.3 I 150 XXXIV. Verg.Aen. VII 320. X 705. 
Apollod. III 12, 5, 2. Hygin fab. 91. 111. 243. 
249. 256. Dracont. YHI 164. Lact PI«, zu Stat. 
Achill. I 22. Myth. Vat. H 297. Statilius FW- 
cus An t hol. Graec. Brunck II p. 240. SchoL Hom. 
IL XVI 718. Trete, theo*. 45». An«cL Matnnga 



2Ö53 



rieKaoe 



II 598. Eustath. comm. 1083, 1. Daher wird sie 
Ktoasia (Ktooia) genannt Philochoros FHG IV 
£48a; vgl. G r u p p e Griech. Myth. I 209, 11. 

Da ihr Vater Dymas nach Hom. II. XVI 719 
&Qvyir)i vaieoxs qocüs &tt HayyaQiOiO , SO gilt 
auch bisweilen einfach der heimische Flußgott 
Sangarios als ihr Erzeuger, Apollod. HI 12, 5, 2. 

Für ihre Mutter gab das Altertum eine 
ganze Reihe von Namen an, sodaß der Kaiser Ti 



Taf, 19, 12. HektorsVerfolgung auf der rötflgurigen 
Vase in Boston, Gerhard Auserl. Vasenb. 203. 
Overbecka. O. 450; Taf. 19, 1. Benndorf 
Trysa 155, 142. Die Anwesenheit H.s bei 
Hektors Rüstung auf der Vase des Euthymides 
Furtwängler-Reichhold Griech. Vasen- 
malerei I 64, Taf. 41 und bei Hektors Abschied 
in Troia 1) auf der schwär zfigurigen Cäretaner 
Vase des Louvre, Pottier E 638 pl. 50. Wiener 



ferius (Suet. Tiber. 70, 3) eine Untersuchung 10 Vorlegebl. III 1, 1, Inschrift Faxdßa s. o., 2) auf 



darüber anstellen konnte, quae mater Heevbae 
fuisset Wir kennen von diesen Namen allein 
fünf: Ev&ot] (Gattin des Dymas) Pherekydes 
Schol. Townl. II. XVI 718-; FHG I 95. 99; 
EvayoQT] Schol. Eurip. Hec. 3; TrjUnleia (Gattin 
des Kisseus, Tochter des Ilos) Athenion Schol. 
IL XVI 718, [FHG IV 345, 2].; MctoW? (Gattin 
■des Sangarios) Schol. Eurip. a. O.; Tlavx'mnv] 
Tochter des Xanthos) a. O. Als ihre Brüder 



der jüngeren attischen Amphora des Museo Gre- 
goriano, H e 1 b i g Führer II 316, 1248. O v e r- 
beck a. O. 398, Taf. 16, 16, Inschrift Exdßt) 
und wahrscheinlich 3) auf dem Wiener Krater 
v e r b e c k 401 ist freie Erfindung der Vasen- 
maler, vgl. Robert Bild und Lied 23. Ebenso 
ist zu beurteilen die Vase Monum. I pl. 34. 
Benndorf Trysa 153f. und die etruskischen 
Spiegel Gerhard IV 2. 56f. und Taf. 401 (?). Ger- 



werden Asios Hom. IL XVI '718 u. Schol. und 20 har d- K ö r t e V 155, Taf. 118). Als erste 



Otreus Schol. Hom. IL III 189 bezeichnet, als 
ihre Schwester Theano SchoL Eurip. Hec. 3. 
Schol. Lykophr. 340. 

Ihrem Gemahle Priamos gebar sie 19 Kinder 
(IL XXIV 496 u. SchoL Schol. Eurip. Hec. 421;' 
Simonides Schol. Theokr. XV 139, p. 93Dübner 
und Theokrit a. O. geben rund 20 an). Von die- 
sen werden besonders genannt Hektor IL VI 
451 u. ö. , der nach einer sehr alten Version 



unter den Troianerinnen erhebt sie die Toten- 
klage um Hektor XXII 430 (danach XXIV 747; 
vgl. auch die ilische Tafel Brüning Arch. 
Jahrb. IX 163. BenndoTf Jahrb. d. kunsthistor. 
Sammlungen IX 44. Auf einem pomp dänischen 
Gemälde H. bei der Heimbringung der Leiche 
Hektors, Mau Pompeji in Leben u. Kunst 2 495 
Fig. 286. IL Lat. 1022. Diktys IV 1. Auf sein 
Grab legte sie eine Haarlocke, Ovid. metarmoph. 



Sohn des Apollon war (s. u.), ferner Paris, Dei-30XHI 427. Vgl. die zum Teil erfundenen Szenen 



phobos,. Polydamas, Helenos, Troilos (nach Ly- 
kophr. 313. Apollod. TU 12, 5, 7; vgl. SchoL und 
Tzetzes zu Lykophr. 307ff. Sohn Apollons), Kas- 
sandra, Polyxena, Polydoros, Pammon, Polites, 
Antiphos, Hipponoos, Kreusa und Laodike, vgl. 
Apollod. III 12, 5, 2. 61 Myth. Vat. I 204, 13ff. 
III 9, 8. Arrian Epict. diss. II 19, 7. Hygin 
fab. 109. 270. Quint. Smyrn. IV 41 9f. XIV 288. 
Eurip. Hec. 3. 31. 1133ff. Diodor IV 75. 



Robert Ant. Sarkophag. Rel. II Taf. XXI 
nr. 45. XXLTf. 47c. 50. XVII 26c. XXIV 54. 57). 
Ihrem Gatten Priamos, der trotz ihres Ein- 
spruches XXIV 200ff. sich entschließt , bei Achill 
um Lösung des Leichnams zu bitten, reicht sie 
eine Spende, die er dem Zeus darbringen soll, 
und geleitet ihn mit ihren Segenswünschen 
XXIV 283ff. 

Auch in den Kyprien (zum Auszuge des Pro- 



Philostr. Heroic." XIX 11. Anthol. Graec. Brunck 40 klos vgl. R o m a g n o 1 i Studi Ital. di fil. class. 

™ . ^. . -r-t-r .. -*T^vr^r T-s-i i tt r\F-j TV" O t 1 Ü" v 4 — ti-i- J»a T^yi-wrt^rt /]ai> TT izränin 1 in j"1j"-TI 



II p. 240. Auson. VI epit. XXV. Diktys II 27. 
Eustath. comm. 1214, 65. Tzetzes zu Hom. 450; 
Chil. III 252; theog. 460 in Anecd. Matranga 
II 593 u. a. m. ; zu Mygdon und Otreus (?) vgl. 
Robert Stud. zur Ilias 444. Im Palaste des 
Priamos erzog sie zusammen mit den übrigen 
Söhnen und Töchtern des Priamos 50 Kinder, 
Eurip. Hec. 421, vgl. Eustath. comm. 1361, 18. 
Die älteste Erwähnung der H. finden wir in 



IX 35fl.) tritt die Person der H. wenig in den 
Vordergrund, wenn auch wohl dieses Gedicht den 
Traum der H. und die Aussetzung des Paris 
kennt (vgl. Pindar 8. Paian 29ff. : \%xäßa] tÖofr 
. . zexelv 3ivQ<pÖQOv 'Eqivvv . . kxatöyymQa . .). Der 
attische Vasenmaler Brvgos zu Beginn des 
5. Jhdts. (Wiener Vorlegebl. VIII 3) stellt aller- 
dings vielleicht die Ankunft des Paris im Hause des 
Priamos lediglich als eine Parallelszene zum Paris- 



der Ilias, vgl. Robert a. O. 365. 425. 444. 50 urteil dar, ohne etwas von der Wiedererkennung 



452; hier spielt sie jedoch eine ganz unter- 
geordnete Rolle; sie, die Tochter des Plrrygers 
Dymas und Schwester des Asios XVI 718, ist 
Gemahlin des Priamos (VI 451. XXII 234. XXIV 
193 u. oft). Von ihrem Sohne Hektor (VI 451. 
XXII 79. 234 u. oft) dazu veranlaßt, veran- 
staltet sie einen Bittgang zur Athene und bringt 
ihr einen Peplos als Geschenk dar VI 293, vgl. 
IL Lat. 546ff. Auson. perioch. II, VI. Verg. Aen. 



in den Kampfspielen zu wissen (Robert Bild u. 
Lied 89; s. u.). Ebenso ist schwer zu erweisen, 
daß H. in der Iliupersis eine wichtigere Stellung 
eingenommen hat. Wir sehen sie bei der Zer- 
störung Troias anwesend auf einer attischen 
schwarzfigur igen Vase älteren Stils zu Berlin 
(Furtwängler Katalog II 1009L nr. 3988, 
abg. bei Furtwängler Samml. Sabour. Taf. 
49, 50, 1; daß H. auch auf der äginetischen 



I 479. Lukian de sacr. 2 und die ilische Tafel, 60 Vase späteren schwarzfigungen Stiles m Berlin 

i^ .. . . , T , , TW .,„ m.u TT* i ... -a 1 „ ,. TZ-«+„l^™ TT 1fl1Q ni- 3QQR TU 



s. Brüning Arch. Jahrb. IX 149 (Bittgang 
zu Apollon Diktys III 2). Sie muß mit ansehen, 
wie der Leichnam Hektors, den sie vergeblich 
hatte vom Kampfe mit Achill zurückhalten wol- 
len (XXH 79, vgl. Auson. perioch. IL XXH), 
von Achills Rossen durch den Staub dahinge- 
schleift wird XXH 405 (vgl. dazu das Silber- 
gefäß O verbeck HeroengaUerie I 461, 124; 



Furtwängler Katalog II 1013 nr. 3996 zu 
erblicken ist, halte ich nach Vergleich des Origi- 
nals für sehr zweifelhaft). Ob H. wirklich auf 
dem Bilde der Iliupersis des Polygnot in der 
Lesche der Knidier in Delphi anzusetzen ist (vgl. 
Noack Illiupersis 68. Robert 50. Berliner 
WinckelmanTJsprogr. 43, 15; vgl. dazu Robert 
Beschreibung der Gemälde des Polygnotos von 



2655 



Hekabe 



Hekabe 



2656 



Thasos [als Manuskript gedruckt Berlin 1888] 7, Späteren als Vater der H. auftritt. Zu trennen 

schließlich Robert 17. Hall. Winckelmannsprogr. ist er natürlich zunächst durchaus von dem in der 

65. 68. 74), bleibt unwahrscheinlich; die Ver- Hias XI 223 u. VI 299 erwähnten Thrakerkönige 

mutung Roberts, daß auf dem athenischen Kisses oder Kisseus. 

homerischen Becher (Kumanudes 'Eiprjfi. olqx- Schon Sophokles (und vielleicht noch vor ihm 
1884, 59ff. und Tat'. 5. Robert Arch. Ztg. der Rhapsode Ion von Ephesos, Plat. Ion 535 B) 
XLIII 78. 50. Berlin. Winckelmannsprogr. 43) hatte die Figur der H. gegenüber den alten Sa- 
li, beim Tode des Priamos zu sehen ist, hat gen bedeutend mehr in den Vordergrund gerückt, 
sich durch den Becher des Berliner Museums Daß sich im Sophokleischen Alexandros (Nauck 
glänzend bestätigt (vgl. Winter Arch. Jahrb. 10 FTG 2 150f.) wohl zuerst die Erwähnung des- 
XIII 81). Man darf demnach wohl auf die Traumes der H. fände, vermutete Robert Bild 
Anwesenheit der H. bei Priamos' Tötung auch u. Lied 237, und meinte, die Fassung dieses be- 
für das Gedicht des Lesches voraussetzen (vgl. reits in der Oidipussage vorhandenen Motives von 
das Mittelfeld der ilischen Tafel, Jahn Bilder- der Aussetzung bei Sophokles nähme wahrschein- 
chroniken 33, 67. 36. B r ü n i n g Arch. Jahrb. lieh auf die Erzählung des diesem befreundeten 
IX 161 und dazu eine Lekythos aus Kertsch in Herodot I 114ff. vom Traume der Mandane und 
der Eremitage zu Petersburg Antiqu. du Bosph. von der Aussetzung drs Kyros Bezug (vgl. Pal- 
eimmer. pl.48, 3; Arch. Jahrb. IX 162, Abb. 36. mer Ovidii Heroides 439, 51). Dennoch dürfen 
S. auch die apulische Amphora Bull. Nap, n. Ser. wir diese geniale Hypothese nicht festhalten, da. 
VI Taf. 9. Heydemann Iliupersis Taf. II 20 der nach Roberts Ausführungen gefundene 8. 
2 a. b. c p. 36. Catalog. of vases in the Brit. Mus, Paian Pindars anders entschieden hat und das. 
IV F 278. Zur Vivenziovase Noack Aus der Traummotiv wohl schon den Kyprien angehören 
Anomia 160. H.s Trauer um Astyanax Robert wird. An die Sophokleische Darstellung schließt 
Sarkoph. II, XXVI 636. Bei den Sarkophagen sich eng Euripides an, der 415 v. Chr. zusammen 
liegt fast immer die nichts besagende Vulgata mit dem Palamedes, den Troerinnen und dem 
zugrunde). Daß sie den Tod ihrer Tochter Poly- Sisyp hos seinen Alexandros aufführen ließ (Aelian. 
xena noch miterlebt hat, ist nicht anzuneh- v. h. LT 8. Nauek FHG 2 373). Diesem Stücke 
men. (Auf die Darstellung der schwarzfigurigen liegt folgende Fassung zugrunde (vgl. Troad. 
Amphora des Brit. Museums Catalogue of vases 915. Hygin. fab. 91. Robert Bild und Lied 
IV F 160. v e r b e c k I 663, 174 ist kein Ver- 30 234ff. W e n t z e 1 Epithal. für Passow XXVh\): 
laß. S. zu den Iliupersisvasen auch Gardner Als die Zeit herannahte, wo H. ihren zweiten 
Journ. hell. stud. XIV 170ff. Weiteres Catalogue Sohn gebären sollte, schien es ihr im Schlafe, 
of vases II B 205. 241 ; vgl. Schneider Troi- als brächte sie eine brennende Fackel hervor, die 
scher Sagenkreis 169. 196. Heydemann Iliu- die ganze Stadt entzündete. Die auf Priamos' 
persis 14, 3 Rom. Mitt. III 109). Befehl um das Gesicht befragte Priesterin Apol- 
Mit dem Untergange Ilions verknüpft er- Ions, Kassandra (vgl. Eurip. Andr. 296ff.), riet 
scheint sie bei den Lyrikern in Sizilien und das zu erwartende Kind sofort bei der Geburt 
Unteritalien. Neben Simonides, der Hekabe den zu töten. Doch H. wußte es zu bewirken, daß 
Tod ihrer Kinder beklagen läßt (Schol. Theokr. die Diener den neugeborenen Alexandros mir auf 
XV 139), ist vor allem Stesichoros zu nennen, 40 dem Ida aussetzten. Dort fand ihn ein Hirt, der 
in dessen Iliupersis H. von Apollon nach Lykien das Knäblein aufzog und Paris nannte. Als die- 
entrückt wird (PLG IIP 212, 18 aus Pausan. X ser zum Jüngling herangewachsen war, folgte er 
27, 2; vgl. Roh de Psyche 4 II 83, 3). Diese einst einem von ihm bisher auf dem Ida gehüte- 
Version setzt uraltes Sagengut voraus, nicht nur ten Stiere, der als Preis für die in Ilion statt- 
wegen ihres allgemeinen Charakters, sondern findenden Wettkämpfe ausgesetzt werden sollte, 
auch wegen der direkten Beziehung, die zwischen Paris nahm nun daran teil, besiegte alle seine 
Apollon und der ursprünglich sein weibliches Brüder und errang den Stier. Als Deiphobos 
Korrelat darstellenden H. (s. u.) hier angenom- darob ergrimmt zum Schwerte griff, erfolgte 
men wird. Damit hat man höchst wahrscheinlich durch Kassandra die Entdeckung. Vielleicht 
die für Stesichoros PLG III 4 228, 69 und für 50 darf man der Weissagung Kassandras vom Unter- 
Ibykos PLG III 4 247, 34 A (Schol. II. Ven. A. gange Ilions und der Königsfamilie auch den 
Laur. III 314 führt Porphyrios ferner Alexander Vers aus Plut. de Is. et Osir. 71, Nauck FTG& 
den Aitoler, Euphorion und Lykophron 266 an) p. 673, 968 zuerkennen. 

bezeugte Notiz zu kombinieren, nach der Rektor, Von der Euripideischen Formulierung weichen 

H.s ältester Sohn, für einen Sproß des Apollon die Späteren (Ennius im Alexander Vahlen 2 124, 

gilt (vgl. Meineke Anal. Alex. 142, 125. 249; 35ff. R i b b e c k TRF3 I 373. V lff. aus Cic. de 

Porphyrios schöpft vielleicht aus Lysimachos: divin. I 42. Verg. Aen. X 705. Ovid.Heroid. 

Kalk mann Paus. 252; s. auch Schol. und XVI 239. Seneca Troad. 40. Plut. paraU. 24. Paus. 

Tzetz. zu Lykophr. 266. Julian, epist. 78. Troi- X 12. 5. Apollod. III 12, 5, 2ff. Hygin. fab. 91. 
los als Sohn Apolls Apollod. III 12, 5, 7). Auch 60 249. Galen Med. Graec. op. XIX 180. Serv. Aen. 

Ibykos hat H. in den größeren Zusammenhang II 32; vgl. Mvth. Vat. I 212. Serv. Aen. VII 320; 

der Zerstörung Troias und der Opferung Polv- vgl. Lact. Plac. Achill. I 22. Myth. Vat. II 197. 

xenas am Grabe Achills durch Neoptolemos ge- Serv. Aen. X 705. Diktys III 26 (F ü r s t PhiloL 

stellt (vgl. ferner H.s Verwandlung in eine Hündin LXI 345). Tripbiodor 380. Schol. Enrip. Andr. 

PLG HU 721, 101 frg. adesp. aus Dion Chrvs. 293, Schol. Lykophr. 224. 319. Tzetz. zu Lykophr. 

XXXIU59). In den apollinischen Mythenkreis ge- 86; Antehomer. 40ff. Eustath. Erot Script, 

hört wohl auch Kissens, der zuerst bei Euripides Graec. Hercher II p. 204, 8; s. auch Prell er 

und unter Euripideischem Einflüsse bei vielen Griech. Myth. II 8 41 lf, G r u p p e Grieeh. Myth. 



2657 



Hekabe 



Hekabe 



2658 



I 665, 7) zum Teil in verschiedenen Einzelheiten 
ab: Als H. zum zweiten Male schwanger ist, 
träumt ihr, sie gebäre eine glühende Fackel, aus 
der sich zahlreiche Schlangen entwickeln (Hygin. 
fab. 249), oder die die Stadt in Brand setze 
(Apollod. III 12, 5, 2. Schol. II. HI 325. Tzetz. 
zu Lykophr. 86; nur die Häuser des Antenor 
und Anchises bleiben verschont, das ist Weis- 
heit des Diktys III 26). Priamos befragt die 



fürsten Polymestor anvertraut hatte (dies auch 
in der Iliona des Pacuvius und seines griechi- 
schen Vorbildes; vgl Hygin. fab. 91. 109. 240. 
Nach Welcker gehört das Fragment aus Cic. de 
orat. III 219; vgl. 164 dem Pacuvius TRF 
Ribb.s I 285. XLII 80ff.). Man bringt den Leich- 
nam zu H M die den entsetzlichen Zusammenhang 
errät und furchtbare Rache zu nehmen be- 
schließt. Sie ladet den nach Gold lüsternen 



Seher (durch sie Apollon TRF Ribb. 3 a. O.); die 10 Thraker in das Zelt der Troianerinnen, laßt seine 



raten, das Kind zu töten (nach Pausan. X 12, 5 
verkündet die Sibylle Herophile das zukünftige 
Unheil); es folgt die Aussetzung auf dem Tda, 
wo es fünf Tage von einer Bärin genährt wird, 
dort findet es der olxfatjg jlysXaog, Apollod. 
IH 12, 5, 4, und zieht es auf. Euphorion 
(bei Serv. Aen. II 32, vielleicht im 5. Buche 
seiner Chiliaden , Meineke Anal. Ales. 153) 
und Lykophron kannten die Aussetzung nicht; 



Kinder vor seinen Augen töten und blendet ihn 
(vgl. Ovid. met. XIII 551 ff.; Ib. 267f. Mvth. 
Vat. II 209. Serv. Aen. III 15. Tzetzes Chil. 
III 257f. Eustath. Erot. Script. Graec. II 204. 
S. auch Prell er Griech. Myth. II« 446). 
Polymestor, dem auch Agamemnon seinen Bei- 
stand versagt, stoßt fürchterliche Verwünschun- 
gen aus und weissagt, vom Geiste seines hei- 
matlichen Gottes Dionysos beseelt, der H., sie 



nach Euphorion rät Aisakos, der Sohn des Pria- 20 werde vom Mäste des griechischen Schiffes ins 



mos und seiner ersten Gemahlin Arisbe (T ü m- 
pel o. Bd. II S. 847f. u. Herodian I 308, 8ff.; 
Schol. Lykophr. 319 heißt es: Il^idfiov de XQ 03 ' 
jj.hov iv Zsldai tzsqi zfjg ßaoddag), das an einem 
bestimmten Tage geborene Kind solle getötet 
werden (vgl, Apollod. III 12, 5, 3); es gebären 
gleichzeitig H. und Killa, die Gattin des Thy- 
moites. Priamos läßt daraufhin diese samt 
ihrem Sohne umbringen (ihr Sohn Munites Ly- 



Meer springen und sich in eine Hündin ver- 
wandeln (v. 1265); ihr Grab werde dereinst den 
Schiffern ein Wahrzeichen zur See sein. Auch 
Kassandra und Agamemnon kündet er ihr 
Schicksal. 

Die Gestalt der H., des psychisch kranken, 
dämonischen Weibes, wie sie Euripides in seinen 
Dramen gezeichnet hat, wurde schnell eine Ziel- 
scheibe des Spottes der Komödiendichter,, nament- 



kophr. 498, Munippos Tzetz. zu Lykophr. 315. 30 lieh des Aristophanes (frg. 594 a. Hall-Geldart, 



Wertlos die Notiz Schol. und Tzetz. zu Lykophr. 
319: Munippos, Priamos 1 eigener Sohn, den er 
heimlich mit Killa gezeugt hat). H. und ihr 
Kind bleiben aber am Leben, und so wird da- 
durch mittelbar Troias Untergang und das Ende 
der Herrschaft des Priamos herbeigeführt (Eurip. 
Troad. 919. Schol. Lykophr. 319; s. auch Cic. 
de fato XV 34). 

Zusammen mit dem Alexandros wurden die 



Eustath. comm. 1467, 35. Bekker Anecd. 
Graec. I 336, 31; vgl. 327, 13). In diesen Zu- 
sammenhang hat man wohl auch Athenion (vgl. 
Iuba bei Athenaios XIV 660e) und Telekleides 
zu rücken, die Eustath. comm. 1109, 22 namhaft 
macht (die Ansicht M e i n e k e s Fragm. com. 
Graec. I 90, 41, daß die Notiz über Telekleides 
aus einer Verlesung der Worte Schol. II. XVI 
718 hervorgegangen sei, kann ich nicht teilen; 



Troerinnen aufgeführt (vgl. dazu besonders 40 denn einmal ist Eustathios ein guter Vermittler 



Steiger Philol. LIX 362ff . und D i e t e r i c h 
o. Bd. VI S. 1260), das, wie alle Euripideischen 
Stücke, so fern uns auch der Inhalt liegt, seinem 
Gehalte nach dem Empfinden des Modernen so 
außerordentlich nahe kommt und recht dicht an 
Problemstellungen etwa eines Ibsen streift, ist 
die Figur der H. im wesentlichen die, welche 
Euripides etwa ein Jahrzehnt früher in dem nach 
ihr benannten Drama geschaffen hat. Hier wurde 



von Nachrichten über die alte Komödie, und 
dann ist es keineswegs ausgeschlossen, daß Tele- 
kleides, der fünfmal in Athen siegte (IG II 977 
I 4) noch die Zeit des Archidami sehen Krieges 
durchlebte, er verspottet den Euripides z. B. 
FCA Kock I 218, 39. 40. Vgl. Kirchner 
Prosop. Att. II 306). Das Fragment 'Exäßt] oxoxv- 
fyvea FCA Kock III 546, 783 weist Meineke 
a. 0. IV 629, 100 ohne Berechtigung dem Komi- 



die Gestalt der H. zum ersten Male zum Mittel- 50 keT Piaton zu. Auch die spätere sizilisch-unter- 



punkte einer Tragödie gemacht (vgl. dazu Diete- 
rich o. Bd. VI S. 1256). Die wichtigste äußere 
Änderung, die Euripides mit dem alten Mythos 
vornahm, besteht darin, daß in die Sage von 
H., die als wehrlose gefangene Troianerin ihrer 
Tochter Polyxena grausame Schlachtung (Quint. 
Smyrn. XIV 272 nachgebildet dem Traume von 
Polydors Tod bei Euripides) ertragen muß, im 
zweiten Teile des Dramas die auf der thraki sehen 



italische Posse mag H. in ihr Spiel aufgenommen 
haben. Die Bezeichnung eines alten häßlichen 
Weibes als H., Martial. ILT 76, 4, kann aus dem 
dramatischen Mimos genommen sein, der in der 
Kaiserzeit das Lustspiel ersetzte. 

Die Wirkung der Euripideischen Stücke ver- 
mag man nicht nur aus den Vasendarstellungen 
.(der geblendete Polymestor auf einer lukanischen 
Vase in Neapel verbeck Heroengallerie I 



Chersones heimische Geschichte von Polymestor 60 670ff. Taf. 28, 2, auf einer apulischen Amphora 



verwoben wird (v. Wilamowitz Einl. in d. 
griech. Trag. 37; vgl. K aibel Herrn. XXX 85). 
Die Dienerin, welche die Leiche der Polyxena 
am Strande gewaschen hat (nach dem völlig wert- 
losen Schol. Ovid. Ib. 267L ist es H. selbst), 
findet dort den entseelten Körper des letzten 
troiani sehen Königsohnes, Polydoros, den H, 
einst zugleich mit vielen Schätzen dem Thraker- 

Panly-Wfssowa-Krotl VII 



Arch. Jahrb. XVI Anz. 159, nr. 5), sondern auch 
aus den römischen Erwähnungen und Bearbei- 
tungen des Sagenstoffes zu ersehen, Ennius im 
Alexander (vgl. Varro de 1. L. VII 82. Nauck 
FTG 2 373, 41. Ribbeck Rom. Trag. 81f. 
Fragmente bei Va hie n2 124H.), ähnlich in der 
Hecuba (Ribb eck a. O. 142ff. Fragmente bei 
VahlenS 151f£, dazu vielleicht .anch QuintiL IX 

84 



2659 



Hekabe 



Hekfifee 



2660 



3, 77. TRF Ribb.s I 274. IX 21), Pacuvius in der {'Oövooeia äx^a Ptolem. III 4, 7) auf Sizilien in 

Iliona (s. o. Ribbeck Rom. Trag. 232ff.; TRF 3 der Nähe des Helorosftusses ein Kenotaph er- 

I 114ff.), Accius in der Hecuba (Ribbeck Rom. richtet und ihr Grabspenden darbringt. Aus 

Trag. 419; TRF 13 230; wohl anders als Eury- dem Kerne des uralten Mythos, der noch bei 

pides), auch in der Komödie , Plaut. Menaechm. Lykophron durchscheint (s. u.), wird sich zu- 

714ff. (H.s Verwandlung s. u.) und Bacch. 963ff, nächst die Sage gebildet haben, daß H. schon in 

(der H. von Helena verratene Odysseus wird ge- Troia infolge ihrer Schmähungen gegen die 

schont nach Eurip. Hec. 239fi). Griechen sich in eine Hündin verwandelt und 

Den Euripideischen Mythos von H. nahm sich in den Hellespont stürzt (so Nikander a. 0.; 
schon Asklepiades in seine Tragodumena auf 10 auch nach Eurip. Hec. 1263 und Schol. Hyg. 

Schol. Eurip. Hec. 1273 (vgl. Schol. Lykophr. fab. 111. 243; vgl. Serv. Aen. III 6. Suid. s. 

315), der auf H.s Verwandlung Bezug nimmt. Kvv6or}/M)v springt sie ins Meer). Als man an 

An Asklepiades richtete Philochoros FHG IV die Erzählung von H. den Polymestorraythos 

639a einen Brief tieqI t^aycotStcöv, in dem er bei fügte, mußte die Sage ebenso wie die Polyxena- 

Durchforschung der Mythengrundlage für Euripi- episode notwendig in Thrakien lokalisiert wer- 

des feststellt, daß H. auch XoiqiXtj (vgl. Suid. den, H. wird von den Dolonkern mit Steinwür- 

s. Xatoilr) u. XoqIXt} und Herodian parüt p. fen verfolgt (so Lykophr. 331. Ovid. met. XIII 

153 Boissonade XoiqvXXtj) benannt worden sei; 5G5ff. Steinigung durch die Griechen: Sehol. 

dazu notiert er £v rotg 'ÖQyixöis ol yotyoi kxaßat Lvkophr. 315. Auson. VI epit. XXV. Tzetz. zu 
TtöoaayöQEÜGvTai. Das weist vielleicht nach Thra- 20 Lvkophr. 1030; CHI. III 242. Suid. s. u. Vgl. 

kien (Maaß Orpheus 155, 49) und kann mög- Diktys V 16. Tzetz. zu Lykophr. 1176) und 

licherweise Bezug nehmen auf den Kult des mit nimmt die Gestalt einer Hündin an (ihre Ver- 

Apollon ausgeglichenen Dionysos Kisseus, der Wandlung auch bei Plaut. Menaechm. 714ff. 

z. B. bei den Sikyoniern als XotgoifaXac (vgl. Agatharchides Geogr. Graec. min. I 114 A 34f. 

auch XoiQo&Uy) verehrt wurde (auch hier zwei- Cic. Tuscul. III 63. Mela II 26. Pollux V 45. 

deutige Anspielungen der Komödie). Hyg. fab. 111. 243. Myth. Vat. III 9, 8. Serv. 

Die Sage von der Verwandlung der H. in eine Aen. III 6. Schol. Lykophr. 314. 315. 330. 1176. 

Hündin wurde in hellenistischer Zeit ähnlich wie Schol. Eurip. Troad. 430. Triphiodor 401 f. Quint. 

z. B. die von Kadmos und Hannonia aufgenommen Smyrn. XIV 346ff. Dracont VIII 145. Tzetz. 
(Dosiad. ara 4. v. Wilamo witz Buc. Graeci 152, 30 zu Lykophr. 315. 1176 u. ö.). Hier greift die 

4) und weiter ausgesponnen. An sie knüpft Nikan- alte Version der aitiologischen Sage ein ; sie 

der in seinen Heteroiumena an (Schneider Nican- knüpft, von Euripides Hec. 1273 ausgehend, 

drea 67 frg. 62). Die erhaltenen Verse h>& 'Exdßri an das Kynossema auf der Chersones (Lage 

Kioorjfc, oV iv stvgl deQxeto jiäzQfjv \ xai tiqöiv Strab. XIII 595) an, das ursprünglich mit H. 

£knr)$Etcfa TtaQaonaiQovm övqkaTs \ eis äka jioaaiv ebensowenig zu tun hat wie die Kynossemata 

ooovas xal f]v rfXXd^axo {ioQ<pt)v j y&ljiov 'Ygxa- anderer Gegenden (z. B. Plut. Themist. 10), s. 

vtdeoow (codd. 'YQvaxlöeatv , vgl. Eustath. comm. Thukyd. VIII 104. Asklepiades Schol. Eurip. 

1822, 5) ieidofdvj) oxvXäxeooiv genügen uns, um Hec. 1273; vgl. Tzetz. zu Lykophr. 315. Strab. 

daraus zu ersehen, daß Nikander die Verwand- VII 331 frg. 56. XIII 595. Ovid. met. XIII 
lung gleich nach dem Tode des Priamos ansetzte, 40 569f. Diodor XIII 40, 6. Mela II 26. Phn. n. 

ohne vorher wie Euripides auf die Polyxena- und h. IV 49. Pollux V 45. Auson. VI epit. XXV. 




Euripides . .,,_... 

Wandlung und verlegt wie dieser den Schau- fierov Hrjfxa. Georg. Kedrenos 132 C, I 232, 133. 

platz nach Thrakien. Der aitiologische Schluß Bekker. Auf jüngerer Version fußt die Lokalisie- 

XHI 565ff. scheint aber aus einer andern Quelle rung Solin X 22, Mart. Capella VI 658. Diktys 

zu stammen, vermutungsweise nenne ich Kalli- V 16. Nach den Nosten trafen Neoptolemos und 

machos' Aitien, in die vielleicht auch diese Odysseus in Maroneia wieder zusammen; dort- 
Sage ebenso wie die von Harmonia aufgenommen 50 bin wird dann die Schlachtung der Polyxena und 

war. In denselben Zusammenhang wie Ovid hat damit die Steinigung der H. verlegt (vgl. auch 

schon Lvkophron die Sage gerückt, der in seiner Georg. Kedrenos 132 C, I 232, 13ff. Suid. s. 

Alexandra die Seherin auch H.s Traum 224ff. Kwo; öi^a). Nach Apollod. epit. V 24 (vgl. 

und ihre weitere Zukunft 330ff. prophezeien läßt: Dares 42f.) bittet Helenos, der Neoptolemos be- 

H. wird von den Dolonkern gesteinigt und in gleitet, H. los und begräbt sie nach ihrem Tode 

eine Hündin verwandelt. V. 1174ff. nimmt er auf der Chersones am Kynossema. 

auf eine jüngere Erzählung, die auf die durch Auch abgesehen von besonderen Episoden wie 

Tiraaios (G e f f c k c n Timaios 28) vermittelte H.s Verwandlung und H.s Traum (bei Eupho- 

sizilisclie Kultsage von Hekate zurückgeht (vgl. rion; s. 0.) hat die hellenistische Dichtung 
C i a c e r i Contributo alla storia dei culti 60 vielfach sich mit der Gestalt der H. beschäftigt, 

dell'antica Sicilia 29ff.), Bezug, nach der Odys- wie uns z. B. wiedeT ein Papyros gelehrt hat, 

seus, H.s Herr (seine Sklavin ist sie schon v. Wilamo witz Berl. Klassikertexte V % 

Eurip. Troad. 277. 427. 1285; vgl. hvpoth. 135, 137 (H. geht mit klagenden Mädchen zn 

dazu. Ovid. met. XIII 485. Apollod. epit.'V 24. den Feldzeichen der Danaer). Auf den Literatur- 

Hyg. fab. 111. Dion Chrys. XI 154. Diktys V forschungen dieser Zeit fußen auch im Grande 

13. Quint. Smyrn. XIV 22. Schol. Lykophr. die homerischen Becher und später die Tabulae 

1183; vgL Gruppe Griech. Myth. I 694) aus Homericae oder, wie man sie gewöhnlich nennt, 

Furcht vor Hekate ihr am Pachynosvorgebirge Iliacae, die ihrerseits wieder durch das Interesse 



2661 



Höfcabe 



üetaerge 



Z002 



4er Augusteischen Epoche an den Sagen beein- Feste 397, 3. Dissert. HalensesXX 61ff.). Eine 

Hußt sind {v. Wihmowitz Einl. in die Erscheinungsform dieser Göttin selbst war die 

kriech. Trag. 170). Dieses wandte sich aus leicht Hündin (axiXa£, in Karien daher häufig der 

begreiflichen Gründen speziell den troischen Per- Personenname Skylax?), nach der sie auch den 

«önlichkeiten und somit auch der H. zu (Vergil, Kultbeinamen 'Exän? ZxvXaxlxtg (Orph. hymn. 

-Ovid, Kaiser Tiberius, der im Stile des Eupho- 15; danach Artemis XXXV 12, in Pergamon, wie 

rion Rhianos und Parthenios dichtete, und an- Kern schlagend bewiesen hat Herrn. XL VI 4311t.) 

dere). Auch in der griechischen und römischen führt (vgl. auch Quint. Smyrn. X 155ff. Gruppe 

Literatur der Kaiserzeit finden wir H. oft er- Griech. Myth. II 804, 3. De Visser Die nicht 
wähnt, abgesehen von den Fachschriftstellern, 10 menschengestaltigen Götter der Gneehen 189L 

Geographen usw., z. B. in den Tragödien Sene- Radermacher Rh. Mus. N. F. LIX 311ff. 

-cas, der wieder direkt auf Euripides zurückgreift, Die Ausführungen S i e c k e s Götterattribute 83 

•ohne jedoch irgendwie dem inneren Gehalte der lehne ich ab). Der Zusammenhang H.s mit 

griechischen Dramen gerecht zu werden (H. Per- Hekate, der, wenn auch wohl schon nicht mehr 

son in den Troerinnen [u. Agam. 648], ferner verstanden, bei Euripides Nauck FTG 2 p. 673, 

epist.-mor. 47, 12; vgl. 88, 6). Auch bei den 968, Aristophanes frg. 594 a Hall-Geldart und 

Ehetoren der Kaiserzeit wird gelegentlich der H. LykophT. 1174ff. (s. auch die Grammatikernotiz 

gedacht, Quintil. s.o. Dio Chrys. s. 0. ; vgl. hier Bekker Anecdot. Graec. 327, 13 und 336, 31) 

auch das Grabgedicht CIL VI 3. 21846, 12. Buche- durchschimmert, ist dann völlig in Vergessenheit 
ler Carm. Lat. epigr. n 1165. Das Epigramm 20 geraten. Aus der Tatsache, daß H. nur eine Hy- 

Diog. Laert. ITI 23 soll Piaton angeblich an Dion postase der kleinasiatischen Hekate darstellt, 

gerichtet haben, und es soll auf dessen Grab gesetzt findet die Erzählung von der Verwandlung in 

sein. PlutaTch erwähnt H. mehrfach, Thes. et Rom. eine Hündin ihre Erklärung. 
6. Pelop. 29; de aud. poet. 8; pro nobil. 21 ; de Vgl. zu Hekabe Höfer in Roschers Myth. 

Is. et Osir. 71 gehen wie Athen. II 66 a und b und Lex. I 2 , 1878ff. Ihre Beinamen verzeichnet 

Aelian var. hist. 118 speziell auf Euripides. Carter Epithet. deor. 41. 
Etwa aus derselben Zeit datiert das Interesse 2) Tochter des Danaos, die ihren Gemahl 

derjenigen an den troischen Sagen, die nicht Dryas in der Hochzeitsnacht tötet, Hygin. fab. 

innere Kunst, sondern nur die äußeren Vorgänge 170. [Sittig.] 

anziehen konnten (s. auch Lucian. somn. s. gall. 30 Hekaerge. 1) Hyperboreerin, Dienerin 

17); kein Wunder, daß sich die Neugier nun be- der Artemis. Die in der Zweizahl oder Drei- 

sonders auch auf die Ante- und Posthomerica zahl auftretenden, den Hören und Chariten ähh- 

richtete; der genügten die Schriftstellernotizen, die liehen Göttinnen der Vegetation wurden in Kul- 

wir in den späteren Exzerpten des Diktys (II 18. ten des Apollon und der Artemis, speziell auf 

27 Polydoros' Tod) und Dares (27—34 hinter- Delos, diesen beiden Gottheiten untergeordnet, 

listige Rache der H. an Achilleus) des 4. und 5. als Hyperboreerinnen in deren Sagenkreis ver- 

Jhdts. antreffen. Weiterhin erscheint H. bei den flochten und zum Teil mit solchen Namen belegt, 

Epikern Quintus Smyrn. und Triphiodor , in den die Beiworten des Apollon und der Artemis ent- 

Berichten der byzantinischen Chronisten, wie nommen waren. Eine dieser Hyperboreerinnen 
GeorgiosKedrenos(s.o.Bd. IS 707, 13: H., Iokaste 40 heißt H. Herodot IV 33ff. unterscheidet zwei 

und Niobe Bilder der leidenden Mutter; vgl. Paare: das erste Paar heißt Opis und Arge; 

Zonar. epit. XIV 14, III p. 199 Büttner-Wobst. ihr Grab lag auf Delos hinter dem Artemision, 

Leo Gramm. 144, 22, Nikeph. Kallisth. h. e. nahe beim Schatzhaus der Keer, und sie wurden 

XVIII 41) und Johannes Malalas (p. 108 Dindorf: auf Delos, auf anderen Inseln und bei den lonern 

Tod des Priamos und der H.; p. 106 Eigenschaf* mit angeblich von Ölen gedichteten Hymnen ver- 

ten der H.; ebenso wertlos der nach Euripides ehrt; die Frauen sammelten bei festlichen üm- 

■erfundene Bericht der Tötung Helenas durch H., zügen Gaben für sie ein , auch brachte man die 

den ich hier nachtrage, Ptolem. Heph. 4 Wester- Asche der auf dem Artemisaltar verbrannten 

mann 189 aus Phot. biblioth. 149 B 12f.) und Opfertiere auf ihr Grab; sie sollten schon mit 
schließlich bei dem Schwindler Tzetzes (Postho- 50 Leto und Eileithyia nach Delos gekommen sein 

mer. 366f. Beschreibung H.s), sowie natürlich und, so ging die Legende wohl weiter, dann Letos 

in den bereits oben angeführten Bemerkungen Kinder, Artemis und Apollon, gepflegt haben, 

verschiedener Autoren und in mannigfachen No- Das zweite Paar bilden nach Herodot Hyperoche 

tizen der Scholien- und Lexikographenliteratur, und Laodike, deren Grab auf Delos innerhalb des 

die vielfach weit älteres Material verarbeitet Artemisions unter einem Ölbaum lag und denen 

haben. die Haarweihe galt; sie sollten weit später als 

Deutung der Sagenfigur: Nicht Opis und Arge mit den heiligen Gaben aus dem 

nur der Name H.s (Exäßr] : hxrjßolog, ixarrjßolog) Lande der Hyperboreer gekommen sein. An Stelle 

und ihres Vaters Kisseus (vgl. Aeschyl. frg. 341 des ersten Paares, Opis und Arge, nannte ein 
Sidgwick o xtoosvg 'Ä3t6X).mv)^ sondern auch die 60 angeblicher Hymnos des Melanopos von Kyme 

Sage von der Entrückung der H. durch Apollon, Opis und H. (Paus. V 7, 8). Diese beiden Namen 

der sich einst ihr in Liebe genaht und mit ihr führen die Hyperboreerinnen, die mit den heiligen 

"Troias Hort, Hektor, erzeugte, weist sie in den Gaben nach Delos kommen, bei Serv. Aen. XI 532 

apollinischen Kreis. Als weibliches Korrelat und bei Claud. cons. Stilich. HI 253, wo sie als 

Apollons verehrte man in Kleinasien Hekate, eine Jagdgenossinnen der Artemis aufgefaßt sind- Da- 

in dieser Gegend allein heimische Göttin, die gegen spricht Kallim. hymn. 4, 292ff. von drei Hyper- 

von hier aus erst ziemlich spät nach Griechen- boreerinnen, von den Töchtern des Boreas.Upis.Loxo 

3and selbst gelangte (vgl. Nils son Griech. und H. f denen man auf Delos die Haare weihte, 



2663 



Hekaerge 



Hekaergos 



2664 



ebenso Etym. M. a. Ovmg und Nonn. Dionys. V ihr VateT Alkidamas willigte unter einem Eid 
491. XLVTII 332, wo diese drei als Töchter des bei Apollon in die Heirat ein, brach dann aber 
Okeanos und Dienerinnen der Artemis erscheinen. den Schwur und verlobte sie einem andern; Her- 
Pflegerin des kleinen Apollon, der nach ihT mochares drang in das Artemision ein, wo Kte- 
den Beinamen Hekaergos erhalten habe, ist H. sylla der Artemis opferte, entführte das Mädchen 
bei Eustath. IL 138, 24. Andere sprechen von nach Athen und heiratete sie, doch bei der erstens 
Opis und Hekaergos, die vom Lande der Hyper- Geburt starb sie , da die Gottheit noch wegen 
boreer eherne Tafeln mit Aufzeichnungen über des väterlichen Meineids zürnte, und wurde in 
die letzten Dinge gebracht hätten (Ps.-Plat. Axioch. eine Taube verwandelt (vgl. Ovid. met. VII 368ff.) y 
12 p. 371 A) oder die Erzieher von Apollon und lOHermocharcs aber erhielt vom Orakel den Auf- 
Artemis gewesen seien (Serv. Aen. XI 532. 858). trag, das Ktesylla-Heiligtum in Iulis zu stiften. 
Über die Hyperboreerinnen vgl. Crusius bei Ro- Diese Legende, die ihre Parallele in der Sage 
scher Myth. Lex. I 2805ff. Nilsson Griech. Feste von Akontios und Eydippe (s. d.) hat, motiviert 
207 ff. Schroeder Arch. f. Rel.-Wiss. VIII 69 und sowohl die Gleichsetzung der Ktesylla mit Aphro- 
unten Art. Hyperboreerinnen. [Jessen.] ditc wie mit Artemis H. Was dem Wesen der 
2) In Melite (Phthiotis) hat am Flusse Tar- Ktesylla mehr entspricht, läßt sich nicht ent- 
taros, d. h. einem Zugang zur Unterwelt, im scheiden, vgl. W ernicke o. Bd. II S. 1358 
Heiligtum der Artemis die Fischgöttin 'AomtXig Nr. 22. [Jessen.] 
(aonälovg- zovg ix$iag Adaptives Hesych.) 'Apei- Keka,er%0$ (ExaeQyog). 1) Apollon_ führt bei 

]»ü.™ /iTfVI urtltrTu • nnirsvmv TTpscp.Ti.^ 'KvnFitVn "K"nlt i 




Dreinamigkeit vgl. Hera Argeis , T T ^ - M „ „^ 

auf Kos, Dittenberger Syll.« 617, 5, Jung- II 79. 179. 204. 242. 262. 296. III 281. 333. 500} 
frauen opfern ihr jährlich einen jungen Bock oder die selbständige Bezeichnung H. (II. I 147. 
durch Erhängen — ein Ritus zur Forderung der 474. VII 34. XXI 472. 600. XXII 15 ; hymn. II 64. 
Fruchtbarkeit ; vgl. Nilsson Griechische Feste III 239. 307. 464. 472. 492). Im ersten Buch der 
233ff. Der Machtbereich der Göttin, der sich in Dias kennzeichnet H., das hier mit ExrjßoXog, 
den Namen ausspricht, und ihre Beziehungen zu ixaxrißoXog, ixartjßeXhrjg, i'xatog (s. Hekebolos, 
Artemis finden eine Parallele in der fischleibigen Hekatos) abwechselt, den Gott, dessen Pfeile 
Göttin Eurynomc (vgl. Eurynomos) zu Phigaleia, 30 Verderben und Tod bringen (ebenso IL IX 564), 
wo ein y/vxoxoftitslov, also ebenfalls ein Abstieg im übrigen aber ist H. ein feststehendes Beiwort, 
in die Unterwelt ist, Paus. Hl 17, 9; xrjv de das der Dichter ohne Bezug auf die besondere 
EvQvvöur)v 6 fih tfüv &iyalia>v Öfjßoq smxXr}oiv Situation gebraucht. Die spätere Poesie ver- 
bat aemoTEVxEV 'A&eftidos, Paus. VIII 41, 5. wendet H. ebenso wie Homer, bald als Beiwort 

[Neustadt.] des Bogenschützen Apollon (Tyrtaios frg. 3. Pind. 

Von den drei Namen 'Atmalts = Fischerin Pyth.IX28), bald als typische Bezeichnung dieses 

(äonaXtevs = Fischer) , A^d^z n = apeikxtos, Gottes (Solon frg. 13, 53. Inschr. der Xypsolos- 

äuelhyos (vgl. Hesych. s. petXsiv ' agiaxstv), und lade: Paus. V 18, 4. Anstoph. Thesmoph. 972. 

'Exafoyn weisen die beiden letzteren, ebenso Kallim. hymn. 2, 11. Plut. Tit. 12. Orph. frg. 
wie die Verknüpfung mit dem Tartaros, auf die 40 148, 1. 160, 11, weiteres bei Bruchmann Epithet, 

Todesgöttin = Artemis -Hekate Hekaerge Nr. 3. deor. 23). Wie bei Hom. H. I 474 die Griechen 

3) Artemis, Hekate. Wie ixrjßdXog und den Pestbringer Apollon versöhnen /tüxotnes 

ExaxrißoXog Beiworte des Apollon und der Artemis Exäegyov, so soll auch nach Apollod. von Kerkyra 

(s Hekebolos Nr. 2) sind und wie Apollon Hekatos und Kallim, frg. 75 bei Clem. Alex. Strom. V 

neben Artemis Hekate steht, so führt neben Apollon 48, 4 Branchos, als er Milet von der Pest reinigte, 

Hekaergos (s. d ) auch Artemis die Bezeichnung das Volk aufgefordert haben fiüxEte, a> xaidsg, 

H. • vgl. den angeblichen Vers des Branchos bei Exdepyov y.al Exasgyqv. Im Altertum wurde H. 



aus der Trachonitis heißt es, der Grabschänder Soph. lex. 65, 8), sei es als Sonnengott (ojxadev 

solle der H. (d. h. der Hekate) verfallen sein egyaCöuevog za tieqi yijv <og rjXiog, Eustath. Hom. II. 

(Kaibel Epigr. Gr. 460, 6 = Le Bas VI 2416). 138, 23. Serv. Aen. XI 532), oder als Seher (fidvng 

In beiden Fällen klingt noch die älteste Bedeu- xdvrmv txdegyog, Orph. frg. 160, 11; vgl. Heke- 

tung all der Beiworte wie Hekebolos, Hekatebo- bolos), dann auch von der Hyperboreerin Hekaerge 

los Hekatos, Hekaergos hindurch als euphemi- (Etym. M. s. Ovms), seiner Pflegerin (Eustath. Hom. 

stische Bezeichnung der aus der Ferne sicher IL 138,241 oder vonH.Nr.2. Über neuere Erklärun- 

wirkenden Todesgottheiten. gen vgl. Doederlein Homer. Glossar. II lOo nr. 

4) Ktesylla wurde in Iulis auf Keos verehrt 575 (exäs — eigyrnv ,von fern abwehrend' ^ aXe£i- 
als Aphrodite KtesyUa, an anderen Orten auf60«a«o<r, äxoTgöxaios) ; Goebel Lexil. zu Hom. I 

Keos als Ktesylla H. Die Legende besagte nach 54 ff.: der die Pfeile (io exog von ß^i) abwärts 

Nikander bei Anton. Lib. 1: als Ktesylla, die richtende {vergere) Sonnengott; Prell ^witzfefcvm. 

Tochter des AlMdamas aus IuUs, bei den Pythien Wörterb.2 133: der nach semem WiUeti(^> 

in Karthaia am Altar des Apollon tanzte, ent- treffende. Fröhde Bezz. Beitr. m 7 XIX 235: 

zückte ihr Anblick den Hermochares aus Athen; der Ferntreffer, zweiter Teil des Wortes — got ; 

er schrieb auf einen Apfel einen Eid bei Arte- vairpan, ajtsl. «TW- -/«E?™? \^? ^ J* ei 

mis, daß er sie heiraten wolle, und warf der Gruppe Gnech. Myth. 1244, 1. 1£&5,G. Der 

Ktesylla diesen Apfel im Artemis-Heiligtume zu; enge Zusammenhang zwwehen fxaxoc , exr/ßölog,. 



2665 



Hekale 



neKaraios 



£UUU 



Jxdspyoc Hegt klar (vgl. Usener Götternamen bracht wurden, werden im Etym. K s. v. als 

37Ä337) ; ursprüglich scheinen sie euphe- Opfer bezeichnet. Dort ^,^^J^ * 

^tische Be *LJ&L Todesgottes gewesen gjjjj ^^^dSS£S^ 

^ 2rt Q HvT)erboreer Statt des Hyperboreerinnen- des Zeus ExdUwg und das 'ExaXjocov (-*«?) g«- 

«mXun Hekaerge sprechen Ps.-Plat. nannte Opfer. Dann aber scheint irgendetwas 

Seh 12 n 371 A und Serv. Aen. XI 532. 858 jenseits der Sage und Dichtung auch an dem Namen 

7 P P ,r fi«; a iJh s Hekaerge fe«aWw zu sein. Denn die Deutung, daß es sich 

von dem Paare Opis und H. , s. H J««K e £ flr J einen Schrae i c hemamen handle, sieht ge- 

*Hikaler£xcUn Demotikon^««^^), kleiner 10 zwungen aus. Ob diese Hekaline oder 'H. alsDemen- 
Den^ofdeÄ Leontis, der nach seinerkellung HeroineKult hatte, stnichtklar. ^s Hekalesien- 
im Prytanenverzeiclmis IG II 864 zur Binnenland- fest und was es sonst noch von Kulttatsachen gab, 
tSttyY gezählt werden muß. Den einzigen An- sollte an Theseus angeschlossen werden. Zum 
haltgunkt zu seiner näheren Fixierung bildet der Anschluß wählte man die Sage vom mwrfh om- 
Mvthus von der Bast des Theseus auf seinem sehen Stier wegen der ortlichen Nahe und den 
Abenteuer zur Bezwingung des marathonischen Theoxenientypus, wie er am ähnlichsten in der 
Stieres (Hut. Thes. 14). Danach hat H. an Molorchos sage begegnet. Vgl Heyne «uAp ollo- 
einem wichtigen Punkt im Gebirge auf dem Wege dor II 5. Naeke Opusc. II 118. Deneken De 
Athen- Marathon gelegen. Näheres läßt sich nicht theoxenns 26. [P. Jmedlanaer.j 
ausmachen: Mißhhöfer Karten von Attika, 20 Hekaleios (Ä), Epiklesis des Zeus im 
Test III -VI S. 37 suchte es bei Kalisia am Süd- attischen Demos Hekale wo ihm das Hekalesion- 
abhang des Penteükon 5 Abh. Akad. Berl. 1892 Fest gefeiert wurde H ^\, s -/"f^^: 
22 im Bergkessel von Kukunarti, bei Stemata auf Steph. Byz s . Exaly. Plut. Thes. 1 4 ^nach , Phi 
der Ostseite des Gebirges, nahe bei Marathon. ochoros (ExdX f Ad). Der Kult sollt« tob ,He- 
Diese Annahme bekämpft Löper Athen. Mitt, kale (s d) gestiftet sein. [Jessen.] 
XVII 384 und schlägt vor, es auf der Südseite Hekatadoros s. Hypatodoros 
11 Parnessos etwa bei KerLmidi zu suchen. Bei Hekataic , W Exaratr, = %™»%£™^ 
der Gründung der Phyle ntoUpak ums J. 224/3 Gebiet), ein Bezirk, der der Hekate geweiht i wai 
TOde H. ihr zugewiesen, wie aus IG IL V und zum Gebiet von Hahkamassos gehörte £ 
477c hervorgeht (s. Kirchner Prosop. Att. H30d.. Inschrift m der ehemaligen Ritterburg von 
5321 [Kolbe] Halikarnassos gefunden, Newton Essays on Art 
21 Eponyme Heroine des gleichnamigen atti- and Archaeol. 433 L 215: Kdxgav Wd/J^ 
sehen Demos Die Überlieferung über sie geht nXr^v Exmatrjg. iBür^nner.j 
auf aas Seht Tes Kallim a chos%tyn, M. Suid. . Hekataios 1) Sohn ^Kolchos ™%»%> 
8 'Exdlm Naeke Opusc. II. Gomperz Aus der Tnerarch, geehrt von den Athenern zur Zeit des 
H des Kallimachosf Wien 1893. V Wilamo- Krieges gegen Philipp .von Mata^enflG 
witz Nachr Gott. Ges. 1893. 731ff.) und auf die 11414. Dittenberger Syll.2 267) [bundwall.] 
Itthis des Phüochoros (Plutarch. Theseus 7) zu- 2) Hekataios von Eretna (Mueller Scr Eer^ 
rtck. Kallimachos schöpfte gewiß aus einem ^ f^M. 49 Köper Über »« S ^«-^ 
älteren Atthido^raphen (wie er die Akontiosge- 40 mit Namen Hek., Danzigl8<7. 1878 feuseminl 
Se der ShL cVonik des Xenomedes ent- Gr. Lit.-Gesch II 399 314) .Zeitgenosse Alexanders 
nahm- Oxvr Pap VII nr. 1011 v. 54). Es han- oder aus der frühesten hellenistischen Zeit, wie 
delt sich L eine Episode aus dem Kampfe mit die Umgebung zeigt, in der sein Name i- dem 
dem marathonischen Stier. Theseus kommt zu einzigen Zitat erscheint; namheh bei Plutoh. 
H.. bevor er in den Kampf geht, und wird freund- Alex. 46 in einem Zitatennest (aus ; Istros? v Gut- 
lich aufgenommen. Das gab bei Kallimachos eine Bchmid Kl. Sehr. V 155f.), unter den i Schntt- 
berühmte Szene, die (z. B. auf Ovid und Nonnos) stellern, die Alexanders Begegnung mit der Ama- 
stark gewirkt hat. H. betet dann für den Helden zone für ein .^a erklarten Ihn deshalb unter 
und gelobt, wenn er gesund zurückkomme, ein die Alexanderhistoriker zu rechnen (Böp er I <JO 
Opfer Sie stirbt abcr\or seiner Eückkehr und 50 II 13), ist mindestens unsicher Denn Plutarch 
«findet sie tot (Priapeum 12: quam domo re- scheint in seiner Aufzählung durch ein jtgog rovrotg 
vertens 7k«ms repperit in rogo iaeentem). Da zu scheiden zwischen den Alexanderhistonkern 
setzt er selber alsDank für die Aufnahme den (Anstobulos Chares , Ptolemaios, Anhktades, 
Kult ein, an den sich die ganze Sage als ätio- Philon von Theben ist unbekannt; von Phi ippo8 
logische Legende knüpft, ,Es opferten nämlich', aus Theaggela kennen wir nur Kagcxa) .^3olcJ e n 
sagt Plutarch a. O. - und gerade dies wird aus die die Sache in anderen Werken erwähnt hatten . 
Phüochoros stammen -.die umwohnenden Demen, außer H. Duris und der unbekannte Fhihpjos 
indem sie - in H. Nr. 1 jedenfalls - zusammen- von Chalkis, also ebenfalls ein Euböer. Das macht 
kamen, dem Zeus *ExaXog das Hekalesienopfer v. Guts chmids Vermutung (124) wahrschem- 
VExaXri<Höv ist überliefert, ExaXfaa Korais) 60 lieh, daß geographische Gründe maßgebend waren 
und sie verehrten die H. , indem sie sie mit und daß auf einen von beiden die gnechiscner 
Kosenamen (vxoxoqiHohsvoi) Hekaline nannten, ,Kantönlieitelkeit< entsprungene Nachricht von 
weil auch sie den ganz jungen Theseus nach Euböern in Armenien zurückzufuhren ist, die im 
Greisinnenart freundlich behandelt und mit sol- Bunde mit Gargareero und Thrakern gegen die 
chen Schmeichelnamen bedacht hatte.' Hesych. Amazonen kämpfen (Strab. XI 5 2). Da auch 
s v nennt den Zeus wohl richtiger 'EkoIeio; in Chalkis Amazonengräber erwähnt werden (Plut. 
und' läßt seinen Kult von H. selbst gegründet Thes. 27), könnte H. Evßo**« oder Egtipoxa ge- 
aein Die Ehren , die ihr nach Plutarch darge- schrieben haben. Daß ihn Mneller und v. Gut- 



Jicnauttiuo 



JtieKaiaios 



200» 



schmid für einen Schriftsteller über den Pontos 
öder die Nordlande überhaupt erklären, ruht allein 
auf Bnttmanns Konjektur Pa.-Scjmn. &70*E.-efy' 
ovgetQtevs, die jetzt allgemein zu Gunsten von 
Röpers 6 Tfyog aufgegeben ist. (Mueller FHG 
II 389, 11 wies dem Eretrier deshalb auch SchoL 
Apoll. Rhod. IV 284 zu, wo aber an dem Milesier 
festzuhalten ist, und wiederholt Scr. Rer. Alex. M. 
49b die von Schweighäuser zu Athen, I S. 468 



Schreiber fehlt: BQvoraxia, <9e5vtf, Magtoveia^ 
ndrvxoc, Hv&s, Zeoriov, Zißspiv*], XdXxtf. Dazu 
eine Reihe ^rakiflcher* und ägyptischer Städte 
(s. § 12, 4. 15). Doch fahrt das schon auf die 
gewaltige Vermehrung unseres Materials durch 
Kachweis der Benutzung des H. bei Späteren (vgL 
§ 6. 21). Der Versuch, diese anzuzeigen, ist bis- 
her leider nur für Einzelheiten gemacht; und da, 
oft ohne feste Prinzipien. Die dringend not- 



gemachte törichte Identifizierung des Eretners 10 wendige Monographie fehlt. Aus der Literatur 



mit dem Nrjottozrjg, den Kallimachos als Verfasser 
der Periegese des Milesiers genannt fand). Ganz 
unwahrscheinlich ist es, mit Heck er Philol. V 
1850, 420 und Stiehle ebd. VIII 591 in ihm 
den H. zu nennen, den Agatharchid. de m. rubr. 
64 neben Basilis als Autorität für den Osten nennt. 
3) Hekataios von Milet, ävtjg Xoyonoiög (Her od. 
H 143. V 36. 125; danach Aristeid. II 482. Aman, 
anab. II 16, 5. V 6, 5. Aelian, n. a. IX 23; iozoqio- 



nenne ich an allgemeinen Darstellungen Vossii 
De Histor. Graec. ed. Westermann (1838), 15fF 
C. Mueller FHG I p. IX- XIV. IV 623. E.Meyer 
Gesch. d. A. II 1893 § 5. 465. Wachsmuth 
Einleit. 1895, 327. 509. Gom perz Griech. Denker 
I 1896, 205fl. v. Wilamowitz K. d. G. I 8 
(1905), 33 und Greek Historical Writing, Ox- 
ford 1908, 7. Christ-Schmid Gesch. d. Gr, 
Lit.5 I 1908, 4261 Bury The Ancient Greek 



— -■ ■ 1 -■ -7 '■ " ~ • — -"-■ — *■■ J «^»^^.^^ jjitj. m. j.t.uvj, TIUVl. XJU.1J J.UC -TLUIjUJIILj VJIXCCJS. 

yeayog Suid. s. v.; cozoQixog Kerkid. bei Aelian. 20 Hist., London 1909, 8ff. Zu dem geographischen 

Var. bist. XIII 20. Suid. R. 'fiAlrlviitnc MtXrininc- WprlfP- TTV Pr+ TTn+oron/>Vi iiliüT ^i'ü a^«. /I fic , TT 



var. bist. XIII 20. Suid. s.EUdvtxog Mitycw, 
6 Ttjv toroQiav ovvzdijag Strab. XIV 1, 7; unter den 
historiae conditores Solin. c. 43). 

§ 1. H. ist eine der bedeutendsten Er- 
scheinungen in der Geschichte der älteren Prosa- 
literatur und der Wissenschaft; der erste Ver- 
treter ionischer iaroglij auf den Gebieten, die 
wir jetzt Geschichte und Geographie nennen. 
Die Alten führen ihn mit Eecht unter den 



Werke: Ukert Untersuch. übeT die Geogr. des H. 
und Damastes, Weimar 1814. Hollander a. a. 0.. 
Forbiger Handb. d. alt. Geogr. 12 1877, 48—58. 
Mas P. C. Schmidt Zur Gesch. d. Geogr. Lit. 
usw., Berlin 1887, 8ff. Atenstädt De H. M. 
fragm. quae ad Hispaniam et Gailiam pertinent. 
Leipz. Stud. XIV 1891, 1—172. Trope a Ecatecv 
da Mileto, Messina 1896. 1897. Berg er Erdkunde 
d. Gr. 2 1903, 31 ö. Zur Echtheitsfrage v. Gut- 



ältesten Prosaikern auf. Er konkurriert dabei 30 schmid Philol. X 1855 = Kl. Sehr. I 3911. ; 



mit Pherekydes, der als Philosoph rechnet und 
hier als .Erfinder' der Prosa die berechtigteren 
Ansprüche der Schule des Thaies zurückgedrängt 
hat. So Suid, s. ExazaTog ■ jtQOizog bk iazogtav 
mCüg i^rsyxe, avyyga<pijy de <Z>EQExvSt}$ (xa yäg 
'Axovadäov vo&evstai), wo iozogla den späteren 
Sinn , Geschichtswerk' hat, ovyyoacpfi ganz all- 
gemein das (prosaische) »Schriftwerk' bedeutet; 
Vgl. auch Strab. I 2, 6 jipcoxtoza vag f\ Jioirjzixr) 



Nissen Ital. Landeskunde II 88 3, 7. Cobet Mne- 
mosyne N. S. XI 1883, 3—7. XII 1884, 81f. 
Lipsius Quaest. Logographicae , Leipzig 1885, 
15—17. Niese Gott. Gel. Anz. 1885, 24Cff. Diels 
Herrn. XXII 1887, 411ff. Curt Th. Fischer De 
Hannonis Carthag. Periplo, Leipzig 1893, 95—98.. 
Wells Journ. hell. Stud. XXIX 1909, 41—52. 
Caspari ebd. XXX 1910, 23G-248. Zur Be- 
nutzung durch Herodot u. a.: Baehr Herodoti 



xazacxsvr} Tzag^X&er etg ro pieaov . . . uza ixeivtfv 40 Historia2 IV (1861) 435ff. Heil Logographi» 

UlUOVUEVOt. XvaavTEC ro U2TOOV. r&lkn Rh r»jil/i- Tmm H«r näne auch tti/I MarKiiw* 1 QQA TM al o 



fiiHovftevoi , Xvoavrsg rö ixszqov, räXha de <pvkä- 
tavzeg rä n:oii}Ti?ta ovveygmyav oi tzeqI Kddpov 
xai 0£Qsxvdrj (daß der Syrier gemeint ist, zeigen 
Varro b. Isid. orig. I 38, 2. Cic. de or. II 53) 
xaVExazaTov. Der pseudepigraphe Kadmos scheidet 
hier so gut aus wie bei Suid. a. 0. Akusilaos; 
denn da ist nicht der Genealoge, sondern der 
apokryphe Boioter gemeint. 

Die Fragmente sind verständig gesammelt und 



num Her. usus esse vid., Marburg 1884. Diels 
a. O. Wiedemann Philol. XL VI 1888, 170—174. 
Fries Quaest. Herodoteae, Berlin 1893. Leh- 
mann-Haupt Festschr. f. Kiepert, Berlin 1898. 
Präsek Klio IV 1904, 193if. Herrmann ebd. 
XI 1911, 382-384. Zu dem historischen Werke: 
Ed. Meyer Forschungen I 1892 passim. Die 
Literatur ist teilweise ungewöhnlich unbedeutend. 
Wirklich energische Förderung haben seit Klau- 



besprochen von Klausen Hec. Milesii fragm.; SOsens noch jetzt zu benutzendem Buche nur die 

Scvlacis Gnrvand Pm-inlns TWIin 1ft31 TiaTia^'h Aiifaafoa v^n ^ n„fo-.l, m ;^ Tk.'^l^ f iir^^^- 



Scylacis Caryand. Periplus, Berlin 1831. Danach 
ohne Förderung C. Mueller FHG I (1841) p. XVI. 
1—31. IV 627f. Nachträge geben Stiehle Philol. 
Vm 1853, 590ff. (nicht ohne Irrtümer und Un- 
sicheres) und Hollander De Hec. Mjl. descrip- 
tione terrae. Diss. Bonn 1861, 17, 2. In der 
Müllerschen Sammlung sind zu streichen frg. 2 
(trotz Tropea I 48f.), 160, 291, die dem Abde- 
riten gehören; als unsicher auch frg. 254, dessen 



Aufsätze von v. Gutschmid, Diels, E.Meyer 
gebracht. Ich behandle H. deshalb ausführlicher^ 
ohne doch mehr geben zu können, als Hinweise 
und Anfänge. 

§ 2. Über H.s Leben sind wir unterrichtet 
durch eine Vita bei Suidas, die aber außer einem 
errechneten Zeitansatz und einer unbrauchbaren 
Angabe über H.s ,Lehrer {axovoiqq JlgofxayoQov : 
IIv&ayÖQov Sevin, was ebenso unmöglich wie die 



.-».,.... (^„..^^„i., „»„ u.uMiuü'vi uu\/j.i "£,. i-WT, ULOOLU J I VlfU^UJJWC/ UCI111, V¥ tlö CUC11&U UlllllVgUUli wie V11C 

Hauptteil zu frg. 358 gehört; frg. 374 (Hesych. 60 leere Beziehung auf einen Homonymen durch 

CT A+1T f*-il*t*\*i\ IP+ Ql<l rt A rtrt UnlrtrtA n-m-t A rt« A /kV> 4- n -n r>» J^l ^T .. . 1 1 . .. __J*_- P TT AV3 J ^^.1^ 



s. vji avvrjv) ist aus den Falsae zu den echten zu 
stellen. Hinzuzufügen sind Aristeid. II 482 Dind. ; 
Dio Chrys. or ; LHI 10 (II 112 Arnim) zu frg. 332: 
Harpokr. S. Qodwrid, Kcdavgsta, xvjtaoatg, Aot~ 
diag; Steph. Byz. s. fdgyaQa, 'EXßeoziov. Aus 
demselben wohl KtaQvxog, Xcddia, wo der Autor- 
name korrupt ist, und eine Reihe von Artikeln, 
wo er durch Schuld des Exzerptors oder der 



C. Mueller oder auf H. von Abdera durch 
Tropea 116. Vielleicht liegt Verwechslung mit 
Hellanikos vor) nichts gibt, was wir nicht aus 
älteren Quellen besser wüßten. Brauchbar sind 
nur die Angaben Herodots V 36. 125 (und Ephoros 
bei Diod. X 25, 4?), die allerdings nicht auf H. 
selbst zurückgehen (so wieder Bury 12), sondern 
vermutlich auf mündliche Tradition über den 



Ionischen Aufstand (an Dionys von Milet denkt 
Lehmann-Haupt Klio II 339), denen wir aber 
ihrerinneren Wahrscheinlichkeit wegen den Glauben 
nicht versagen. Die schwerste Lücke upserer 
Kenntnis ist der völlige Mangel an Nachrichten 
über H.s Bildungsgang. Doch dürfen wir mit 
Sicherheit eine Vermutung aussprechen, die seine 
Schriftstellerei uns aufdrängt: er hat zu dem 
Kreise gehört, den Diels (Über die ältesten 
Philosophenschulen der Griechen 1887) mit Becht 
als die Schule des Thaies bezeichnet. Die is. von 
Leros (Ross Iss. graec. med. II 68). aus der 
Tropea I 20f. weitgehende Schlüsse zieht, geht 
überhaupt nicht auf den Milesier. 

H. ist Milesier (Selbstzeugnis frg. 332. Herod. 

V 36. Eratosth. bei Strab. I 1, 1. 11 und viele 
andere; eine abweichende Angabe existiert- nicht) 
und Sohn eines Hegesandros (Herod. V 125. 

VI 137. Suid. s. v.). Zugehörigkeit zur Aristo- 
kratie seiner Vaterstadt bezeugen dieser Vaters- 
name und die spöttische Erzählung Herod ots 
(II 143), daß er zi]v uzatqii]V ig ixxaiÖmaTOV Ssov 
zurückführen konnte. Dem entspricht seine Be- 
teiligung am politischen Leben, soweit eine solche 
bei der halbtyrannischen Regierungsform möglich 
war. Er gehört zu den hervorragenden Männern, 
die Aristagoras vor Beginn des Aufstandes gegen 
Persien (J. 499) um sich versammelt (Herod. V 30), 
und ist der einzige, der den Abfall widerrät 
xaxalkymv xä te ißvsa jzdvza züv rjQ^s Aagstog 
xai xrjv Svvafitv avzov (daß dies erst aus H.s 
geographischem Werk abgeleitet ist, braucht man 
nicht anzunehmen). Über die Landmacht der 
Ionier machte er sich keine Hlusionen und riet 
deshalb, sich der Herrschaft auf dem Meere zu 
versichern. Um die Mittel zum Bau einer großen 
Flotte zu gewinnen, empfahl er Beschlagnahme 
der Schätze des Branchidenheiligtums, die doch 
nur dem Feinde in die Hände fallen würden. Wir 
bewundern den klaren politischen Blick des Mannes, 
der auf Grund seines Wissens auch praktisch die 
Machtmittel der Staaten richtig abschätzte und 
erkannte, daß Ionien allein keine Basis zum Kampfe 
gegen Persien bot, daß die Freiheit der Griechen 
in Asien durchaus auf der Beherrschung des 
Xgäischen Meeres beruhe. Athen hat später den 
Beweis für die Richtigkeit dieser Überzeugung 
geliefert; doch liegt kein Grund vor, den Rat des 
H. erst daraufhin fingiert sein zu lassen. Man 
möchte vermuten, daß auch der Versuch, die Hilfe 
des Mutterlandes zu gewinnen, auf H.s Veran- 
lassung unternommen ist. Jedenfalls war ^ der 
Zalxfog jziva£ h tön ytf$ dxdatis uzsQiodoq foxs- 
tfirjzo (Herod. V 49) höchst wahrscheinlich die 
Erdkarte des H. (Gronovius, vgl. § 13. Die Po- 
lemik Tropeas I 32, 3 ist verfehlt). Als dann 
der Krieg, wie H. vorausgesehen hatte, zu Un- 
gunsten der Ionier ausfiel und nach der Nieder- 
lage bei Ephesos die Perser gegen Milet rückten, 
widersetzte sich H. den feigen Vorschlägen des 
Aristagoras und empfahl seinerseits, Leros zu be- 
festigen, von wo man zu gelegener Zeit nach Milet 
zurückkehren könne (Herod. V 125). Daß dieser 
Rat von Herodot kombiniert sei, um H. lächer- 
lich zu machen, wird man Macan nicht glauben 
(zu Herod. a. O.; sehr niedlich ist seine Anmer- 
kung zu V 36 perhaps Herodotus did not approve 
of kistorians meddling with poUiici). Aher daß 



Herodot die nicht befolgten Ratschläge ohne ein 
Wort des Lobes erwähnt, ist, wenn man I 170 
vergleicht, für sein Verhältnis zu H. allerdings 
bezeichnend. Macan (Herodotus IV— VIp. LXVII; 
II p. 73) sieht auch in dem Fehlen eines Namens 
bei Herod. VI 42, während Ephoros bei Diod. 

X 25, 4 H. als TTQZOßsVXnS VSIO XÜV 'IdtVfOV (X3£t 

axa.XiJ.hog nennt, Übelwollen Herodots. Aber daß 
Ephoros unabhängige Überlieferung besaß, ist 

10 wenig glaublich. Daß es H. war, der Dareios' 
Bruder Artaphrenes bewog, bei der Neuordnung 
der ionischen Satrapie mit Müde und zum Besten 
der Ionier selbst vorzugehen, ist gewiß nur eine 
Vermutung. Sie lag nahe und entbehrt nicht der 
inneren Wahrscheinlichkeit. H. mochte sich auf 
frühere Bekanntschaft mit dem persischen Prinzen 
stutzen können. 

H.s Zeit haben die antiken Chronographen, 
wie üblich, nach dem persischen König bestimmt, 

20 den er vermutlich selbst als letzten erwähnt hatte: 
yiyove xaxd xovg Aaqeiov xq° vov g Suid. Bei Ein- 
tragung in die Zeittafeln ist daraus das erste 
Regierungsjahr dieses Königs geworden: Ol. 65 = 
520/19 (Suid. s. v.; entsprechend s. 'ElXdvtxog' 
'Exazaiwi tnsßafa ysyovoig [yeyovozi codd.] xara 
xa ITsQoixd d. h. 480, 40 Jahre nach IL; daraus 
als Geburtsjahr ca. 548 zu berechnen, wie Tropea 
I 15f. tut, ist Spielerei). Ganz vage Dionys. Hai. 
de Thuc. 5 szqq xov TlEXojiovv^aiaxov jeoXsjlwv. Für 

30 uns ist das einzig sichere Zeitindizium, daß H. 
beim Ausbruch des Ionischen Aufstandes nicht 
nur alo&avofiEvog xrji fjhxiat, sondern ein gereifter 
und erfahrener Mann war. Denn was Herodot 
erzählt, wird durchaus bestätigt von Herakleitos, 
dessen Buch eben damals erschienen ist (Diels 
Parmenides Lehrg. 1897, 71f.). Dieser, der über 
sich selbst das stolze Wort sagte hdityodurjv ifie- 
(ovzöv, schloß auch H. in das epigrammatische 
scharf formulierte Urteil über die Nutzlosigkeit 

40 des Wissens ein : TtoXvfiadirj voov ^««.v ov öiödaxet • 
'Hoiodov yäg uv idiäa& xai IJvftayÖQrjr avxig zs 
ZEvoyävza xai 'ExaraXov (frg. 40 Diels). Es ist 
W e 1 1 s 44 vorbehalten geblieben, aus diesen Worten 
zu schließen, that the fame of H., though eonsi- 
derable, was not that of a geographer (!) ; and in 
any case the emtemptuous tone of Heraclitus 
ist completely inconsistent with the prominent 
pari in the development of Ionian seience which 
his modern admirers assign to H. ; er war nach 

50 Wells 52 really a writer of no miportance. Das- 
selbe Unverständnis zeigt Caspar y 230. Und 
dann wundern sie sich, daß wir keine , Zeugnisse' 
für H.s Bedeutung besäßen. In Wahrheit zeigt 
die Zusammenstellung vor allem mit Hesiod, wie 
hoch wir das Ansehen, dessen H. sich bei seinen 
Zeitgenossen erfreute, zu veranschlagen haben; und 
damit im vollsten Einklang steht die Tatsache, 
daß die anekdotisch-novellistische Tradition, die 
bei Herodot vorliegt, die Erinnerung an ihn ebenso 

60 bewahrt hat wie die an Thaies, Bias, Solon und 
andere große Männer der ionischen Zeit. 

Nach alle dem haben wir die Reisen des H., 
die sich jedenfalls über einen längeren Zeitraum 
erstreckten und mindestens auch die Publikation 
der IJegtodog r?fi vor 500 anzusetzen. Da die 
ersten Regierungsjahre des Dareios einer Bereisung 
des Orients, den H. gerade besonders genau ge- 
schildert hat, kaum günstig waren, wird man sie 



au t 1 jaeKaraios 

nicht vor ca. 516 beginnen lassen. Die Frag- 
mente bestätigen, obwohl sie ihrer eigenartigen 
Erhaltung wegen nicht viel ausgeben, und obwohl 
man immer damit rechnen muß, daß ein von H. 
gegebener Name nicht auf eigener Erkundung, 
sondern auf mündlicher oder schriftlicher Tradition 
beruht und deshalb nicht absolut für die Zeit der 
Niederschrift beweist, doch dieses Resultat. Den 
Terminus ante quem (Klausen 7f.) geben die 
sizilischen Namen: Kardv?] frg. 44, das Hieron 10 
nach den Olympien 476 als Al'rvr} neu gründete; 
ZdyttXr) frg. 43, das gegen 490 bei der Neu- 
besiedelung durch Anaxilaos den Namen Messana 
erhielt. Den modernen Zweifeln an der Echtheit 
gegenüber mögen auch frg. 49 Himera (später &sg- 
nai), zerstört 409; frg. 47 Moxvrj, zerstört 398; frg. 
46 Advßawv axga, seit 397 Stadt, angeführt sein. 
Einen Terminus post quem liefert frg. 140 coli. 
Steph. Byz. s. BogvCa: eine xoXtg Ueqgixv} B6qv£<x 
(vgl. frg. 175. Herodot. VII 59 Aogtaxog) an der 20 
thrakischen Seite des Pontos kann nicht vor Dareios 1 
Skythenzug, der freilich nur sehr approximativ 
auf 512 bestimmt wird (E. Meyer Gesch. d. A. 
III 70A.) ( gegründet sein. Sfcglin hei Leh- 
mann Klio II 337 schließt ferner aus frg. 188 
Moa^ot, Kölyoiv efhos, daß die Aalt] ,den Zustand 
darstellte, der herrschte, ehe die 19. Satrapie ein- 
gerichtet wurde' und ,ehe die Moscher als An- 
gehörige dieser Satrapie von den Kolchern getrennt 
wurden, die nicht in direkte Abhängkeit gerieten'. 30 
Das wäre vor dem Skythenzug, ,für den der Besitz 
des im damaligen Moschergebiet liegenden Süd- 
ausganges der kaukasischen Pforte unerläßlich war'. 
Mir scheint da aus dem Genetiv, der schließlich 
eine ethnographische Zugehörigkeit bezeichnen 
kann, etwas viel geschlossen zu werden, zumal diese 
"Völker — Moscher, Chalyber u. s. 1 — doch ,nur 
vorübergehend unterworfen' sind (E. Meyer Gesch. 
d. A. III 93). Aber es ist selbstverständlich mög- 
lich, daß H. Asien früher bereist hat als Europa. 40 
Publiziert ist die üegiodog natürlich als die Ein- 
heit, die sie war. Wenig Wert ist darauf zu 
legen, daß in Herodots Aiyvjzxiaxa die Daten auf 
Amasis gestellt sind. Das braucht nicht daran 
zu liegen, daß Herodot den H. benutzt, sondern 
kann sich aus dem Untergange der ägyptischen 
Selbständigkeit unter diesem Herrscher erklären. 

Die revmXoyiai sind später erschienen, als die 
Hsolodog (§ 19); mehr läßt sich nicht sagen (das 
Zeitindizium, das Friedländer Philol. Unters. 50 
XIX 161, 1 für möglich hält, ist gewiß nicht 
richtig). Wie weit sich H.s Lehen erstreckt hat, 
bleibt ganz unbestimmbar. 

§ 3. Erhalten sind uns von H. etwa 380 
namentliche Fragmente; davon 311 bei Steph. 
Byz., die anderen fast alle bei Grammatikern 
(Scholiasten und Lexikographen). Sie verteilen 
sich sehr ungleich (37 -+- 333; etwa 10 sind ihrer 
Herkunft nach ganz zweifelhaft) auf die zwei 
Werke, die das Altertum von H. besaß und die 60 
gewiß seinen ganzen literarischen Nachlaß bildeten ; 
auf die loTOQiai und die IJegioSog Fijg. Denn 
unter diesen Namen scheinen sie in die Ilivaxes ein- 
getragen zu sein (Suid. s. 'EXXänxog MtXrjotog). 
Natürlich sind die Titel nicht alt. Wie H. selbst 
überschrieben hat, wissen wir wenigstens von dem 
historischen Werke (frg. 332; vgl. auch Dio or. 
IUI 10). Daher variieren die Titel in den Zitaten. 



HeKataios 



BOY 2 



Das historische Werk wird entweder ganz all- 
gemein als loroglai zitiert (frg. 338 = Schol. Apoll. 
Ehod. I 551; frg. 333. 343 = Steph. Byz.; vgl. 
Strab. XIV 1, 7 '£. 6 xrjv laxoglav <fwt&g~ag. Suid. 
s. 'Exaiatog' lozogiav 7tE£(tjg igrjveyxev. Frg. 332 
iv Tiji ülqxv 1 r tf£ iaxogiag); oder nach der Form 
als revwXoylai (Athen. IV 148 F = frg. 355; Steph. 
Byz. = frg. 335. 336. 344. 350. 363. 364). Ein- 
mal auch nach dem Inhalt als UgayoXoyia (Harpokr. 
s. ädsl(piCstv: fjpco iXeyEiäv u. ä. die Hss.), wie 
das Werk des jüngeren Anaximandros (Athen. XI 
498 B). Dies letztere ist gegenüber gewissen mo- 
dernen Vermutungen über den Inhalt des Werkes 
wesentlich. Nicht ganz bedeutungslos ist die 
Titelfrage auch bei dem geographischen' Werk — 
um diese bequeme Unterscheidung beizubehalten. 
Die Bezeichnung üsgiodog Pfjg ist vermutlich aus 
Herod. IV 36 genommen, wird aber nicht häufig 
gebraucht (Strab. XII 3, 22. Harpokr. s. KaXat- 
QEia. Als Teiltitel Evgtöatjg Ilegtoöog; Athen. X 
447 D. Harpokr. s. Kvjiaootg, Aotölag). Nicht 
ganz mit Unrecht ; denn Pfjg ITsgioSog bezeichnet 
an jener HeTodotstelle und im älteren Sprach- 
gebrauch überhaupt zunächst nicht die Erdbe- 
schreibung — diesen Text zur Karte nennt Herodot, 
wenn er H. zitiert, einfach loyot (VI 137) — , son- 
dern die Erdkarte (Herod. V 49. Aristoph. nub. 206. 
Aristot. met. 1 13. II .5 p. 362, 12; vgl. im Schrif- 
tenkatalog Anaximanders Suid. s. v., während Diog. 
Laert. II 2 rfjg xai d'aXdoaijg tzsqi/hexqov sagt) und 
ist als Buchtitel überhaupt selten (so für Eudoxos 
und Dikaiarchos, die beide zweifellos eine Karte 
beigaben; dagegen nicht für Hellanikos, der äjtXd- 
oroig Tiagedame rfyv iazoglav); vgl. auch Strab. 
VIII 1, 1. Der Üblichen Terminologie entspricht 
der in den Zitaten viel häufigere Titel IlEgt^yrjoig 
(Porph. bei Euseb. praep. ev. X 3. Harpokr. s. qo&co- 
vtd; Athen. 447 C = frg. 290. Steph. Byz. frg. 263. 
280. 282. 301. 304. 312. 313. 317. 318. 326. 330. 
Als Teiltitel ITsgi^yriGig Evgatjitjg : Herod. jt. fiov. 
1%. 31, 25. Steph. Byz. frg. 81. 107. 113; Ilegin- 
yrjoig 'Aofyg: Athen. 70 A; vgl. 410E rag ntgtr\- 
yr\otig h zijt 'Amai emyQa<pop£vrn [daraus auf die 
Betitelung durch Kallimachos zu schließen, geht 
nicht an]. Herod. n. pov. Xe£. 31, 24. Steph. Byz. 
frg. 173. 181. 207. 235. 262. 273. 305-307. 323; 
ITeQtTjyrjcit; Aiyvxxow. Steph. Bvz. frg. 264. 265. 
267. 272. 274. 277. 283. 284; Vgl. Arrian. anab. 
V 6, 5 rä a/x<pl xjjt yfji ti\t AiyvJtztat 7tott)fiaxa\ 
IIso. Aißirjg- Steph. Byz. frg. 271. 275. 288. 299. 
303. 311. 314-316. 321. 322). Hieraus abgekürzt 
ist die häufigste Zitierweise, die nur in Stephanos' 
Epitome vorkommt als Evgdtnrj (111 mal) und 
'Aoty (67 mal). Verwechslungen sind nicht ganz 
selten: Harpokr. s. xvizaaaig; Steph. Byz. s. Oiav&rj, 
XoiQÖSeg. Als Teiltitel kommt noch AIoXiko, vor 
(Steph. Byz. = frg. 212. 213), während iv'EXXij- 
ojiovTon (Steph. Byz. s. Teredog) wohl Ortsbe- 
zeichnung, nicht Titel ist. 

§ 4. Die inhaltliche Zerlegung in Evgwji3j und 
Aot't} deckte sich vermutlich mit der bibliotheka- 
rischen in zwei Bücher. Wenigstens enthielt 
Buch I sicher die Evgmjsr), Buch LI sicher die 
'Aofy (HsQtriytöe<»g ß: frg. 182. 280. 290. Hegt^y. 
a; frg. 70 und Harpokr. s. Qotovid; hierüber § 10. 
Ausgefallen ist die Zahl frg. 301).- Die Verteilung 
auf zwei Bollen, die durch den Umfang des Werkes 
bedingt war, ist voralexandriniaeh. Das eeigt die 



2673 



Hekataios 



Hekataios 



5SÖY4 



Eintragung der *Aoh\ unter dem Namen eines 
Ntioidmjg in den alexandrinischen Bibliotheks- 
katalog: Athen, 70 A 'E. . . iv *Aotag UegiTjyrjosi, 
£i yv-qniov tC ™ avyyga<peo>g xo ßißXlov — KaXXt- 
jA.axog yäg Nrjatcorov avxo avayQoxpet; 410 E ( E. . . 
rj 6 yeyga<p6)g rag Txegtrfyqoetg ev xfft 'Aoicu mi- 
ygafpofisvrjt- Arrian. anab. V 6, 5 'E. . . ?J el öij 
xov äXXov ioxt rä apitpi xrjt y^i xrjt Alyvszxiai .tomJ- 
fiaxa. Daß wirklich nur die Aata gemeint ist (so 



Frage aber ist durch die glänzende Untersuchung 
von Diels im bejahenden Sinne entschieden. Die 
Sache ist erledigt; ovxht nQÖßXrtfiä iaxiv, auch 
wenn sie von Zeit zu Zeit wieder aufgewärmt wird 
unter Wiederholung der alten, von Diels zurück- 
gewiesenen Irrtümer und unter Hinzufügung einiger 
neuer. So zuletzt von Wells, der zwar die 
elcarmss of statement bei Diels rühmt, ihn aber 
ganz flüchtig gelesen hat. Er ist von Caspari*) 



auch Diels 413), scheint umso sicherer, als 10 wenigstens in den Einzelheiten richtig widerlegt. 
Athenaios die EvgaMT) ohne jeden Ausdruck des Weder ist der ganze literarische Nachlaß des H. 
Zweifels zitiert. Es verträgt sich auch gut mit 



deT archaischen Art des Buchwesens. Die Aoit] 
stand zwar auf einer besonderen Kollc, weil .das 
ganze Werk für eine Rolle zu umfangreich war 
und man doch irgendwo teilen mußte. Aber H. 
hat ihr keine neue Überschrift gegeben und hat 
den Abschnitt nicht anders markiert, als HeTodot 
die Übergänge zwischen den einzelnen Xoyoi oder 



eine hellenistische Fälschung, wie Cobet behaup- 
tete (das ewige Gerede von einer Fälschung saec. 
III auf den ,berühmten Namen', für deren Mög- 
lichkeit man immer wieder die gleichen Galen- 
stellen zitiert, die doch in Wahrheit gerade be- 
weisen, daß die Gelehrten sich durch solche Fäl- 
schungen nicht haben täuschen lasse^ erledigt 
sich schon dadurch, daß das Werk oder ein Teil 



Skylax die z wisch enEvgoijrti-A oir\ und 'Aofy-Aißvii 20 von ihm, garnicht unter dem berühmten Namen, 



(c. 69. 70. 107). Sie war, sobald sie allein um- 
lief, anonym und konnte von einem Fremden 
okkupiert werden. Die kurze Ausdrucksweise, in 
der StTab. I 1, 11 Eratosthenes' Ansicht wieder- 
gibt (rov dk 7?. xaxaXtJTEtv ygafifia Tztozovßevor 
Ixstvov slvat ix xrjg aXXov avtov yqacprjg), wider- 
spricht mindestens nicht. Wohl aber ergibt die 
Tatsache, daß Eratosthenes die Echtheit der "Aoit} 
nur aus inneren Gründen erweist, etwas anderes : 



sondern unter dem ganz obskuren eines NrionojTjg 
in die Bibliothek gekommen ist), noch ist nur 
die IJegiodog gefälscht (Wells); noch ist das 
echte Werk durchgehend oder in einzelnen Par- 
tien direkt oder aus einem gefälschten H. inter- 
poliert (C. Mueller p. Xllff. Nissen 7. Max 
C. P. Schmidt 10. Fischer 96f. Wachsmuth 
510, 1); noch stand endlich neben dem echten 
Werke ein gefälschtes Buch über Ägj^pten (Hol- 



die 'Aaiij ist, wie etwa auch das Werk Anaxi- 301ander. Lipsius 15. Niese 240). Diels' Be- 



manders (Diog. Laert. II 2) und vermutlich noch 
viele andere alte Bücher, nur in einem Exemplar 
in die alexandrinische Bibliothek gelangt. Nach 
der Textgeschichte (§ 9) ist das auch garnicht un- 
glaublich. Es geht jedenfalls nicht an, die Ein- 
schiebung eines xal vor Ntjoküxov (Diels 415, 1) 
. als etwas ganz Selbstverständliches zu betrachten 
und in dem Verfassernamen Nt}Gt(oxr}g nur eine 
Variante zu sehen. Unsere Zeugnisse erlauben 



hauptung, daß die von den Modernen aufgespürten 
Verdachtsgründe gegen einzelne Fragmente ,auch 
nicht den leisesten Anhalt an der Tradition' haben 
(soweit es sich nicht etwa um einfache Schreib- oder 
sonstige Traditionsfehler handelt), besteht auch 
jetzt noch zu Recht. Sie ist seitdem für die auf 
Spanien und Gallien bezüglichen Stücke positiv 
bewiesen von Atenstädt. Negativ beweist ihre 
Berechtigung sich fast noch besser durch die ver- 



allein die Konstatierung von zwei Tatsachen: 1. in 40 zweifelten Angriffe der Skeptiker. Ein bezeich- 
den ülvaxeg war die A attj eingetragen nicht unter nortfaa T^eniel. SitAnh "Rv7 fiihrt aus H. nicht 



H.s Namen, sondern unter dem eines Nrjaiwxtjg. 
2. Eratosthenes nahm die ganze IlEQiohog für 
H. in Anspruch unter Berufung auf die (sprach- 
lich-stilistische oder sachliche) Übereinstimmung 
mit den sicher echten Büchern. Üb sich Kalli- 
machos selbst mit der Echtheitsfrage näher be- 
schäftigt hat, wissen wir nicht. Wahrscheinlich 
ist es nicht. Keine Vermutung ist über die Per- 



nendes Beispiel: Steph. Byz. führt aus H. nicht 
weniger als 10 Städte OlväzQcov iv (xeaoyeiat an. 
Wenn nun einmal s. 'Aqlvftri hv ttsooxorafiiai er- 
scheint, so ist das ein Schreibfehler, den schon 
die Hs. K verbessert hat. Wells sagt the $outk 
ofltaly is notoriously seant of water; but some 
light is perkaps tkrown ort the fragmmt by the fact 
tkatthere is an ,Interamnia' inBrutUum, Perkaps 
a .Utile leaming is a dangerous thing* for a 



sönlichkeit jenes Nyounxrjg möglich. Wir wissen 50 f orger. Es ist unmöglich, dergleichen überhaupt 
• i^l .1. . ci.i___.'i — t>„„:.l — „j^_ Ti^-v.^i.~~ noch ernsthaft zu nehmen (auch die Erklärung 

von Tropea Eiv. d. Stör. ant. 1897, 89 auf die 
wirkliche Lage von Arinthe zwischen zwei Neben- 
flüssen des Krathis ist sprachlich unzulässig. So 
spricht Polybios, nicht H.). Ebensowenig Wider- 
legung verdienen die immer (zuletzt von Caspari 



nicht, ob er Schreiber, Besitzer oder Bearbeiter 
(so v. Gutschmid 55) der Aoirj war. Nur an- 
tasten wird man den Namen nicht (xov Tijiov 
Köper; insidanus C. Mueller). 

An den Widerspruch, der zwischen der Angabe 
der Ilivaxeg und dem Urteil des Eratosthenes be- 
steht, hat sich in neuerer Zeit ein unter mannig- 
fachen Mißverständnissen des Wertes der beiden 
Zeugen geführter Streit geknüpft über die Echt- 



*) Während mein Artikel im Druck war, erschien 

„, . o o o x der dritte Band von Gercke -Norden Einleitung 

heüT des° Werkes , aus dem unsere Fragmente 60 in die Altertumswissenschaft 1912. Die hier (S.76ff. 



stammen. Es erscheint überflüssig, seine Akten 
vorzulegen und die Mißverständnisse zu besprechen. 
Für jeden, der eine Vorstellung von der Über- 
lieferungsgeschichte der älteren griechischen Lite- 
ratur hat, ist bei dem Sachverhalt überhaupt nur 
eine Frage denkbar: bestätigen die erhaltenen 
Fragmente das zuversichtlich ausgesprochene Urteil 
des ältesten Historikers der Geographie?' Diese 



81ff.) von Lehmann-Haupt gegebene Behand- 
lung des H. berücksichtige ich absichtlich auch 
nachträglich nicht mehr. Jede Polemik gegen die 
von Lehmann-Haupt akzeptierte Ansicht Sie- 
glins über eine Bearbeitung der üsgiodog aus 
dem 4. Jhdt. und gegen Lehmann-Haupts 
Auffassungen von den Quellen der griechischen 
Geschichte erscheint mir völlig überflüssig. 



2675 



Hekataios 



Hekataios 



2676J 



JJöYY 



neKataios 



ILCAUUUIUO 



2S6f.) wiederholten Versuche, die Lemmata des 
Stephanos laur Diskreditierung einzelner Fragmente 
und , des H. selbst zu benutzen. Aus den drei 
Ableitungen des Namens Xlog bei Steph. Byz. s. v., 
von denen vielleicht keine dem H. gehört, dessen 
wörtliches Zitat (frg. 99) nur Xfog-xoXtg Xlog um- 
faßt, wählt er die zweite, um zu beweisen, daß 
ein Ionier das nicht geschrieben haben könne. 
Das ist erstens an sich falsch (der Schneefall ist 
einmalig, ein mythologisches Geschichtchen: Ion 
frg. 13. Paus. VII 4, 8) und zweitens völlig will- 
kürlich. Auch daß frg. 125 (1. 135) und 163 
unter Verweis auf Di eis 418f. als plainly derived 
from- Herodot IX 118. IV 86 bezeichnet werden, 
ist charakteristisch. 

§ 5. Bei den meisten sind denn diese An- 
griffe auf einzelne Fragmente auch nur Neben- 
sache. Den entscheidenden Grund, die ganze 
nsQtoöos \)der wenigstens einzelne Teile zu ver- 
werfen, geben ihnen gewisse Koinzidenzen zwischen 
Herodot und H., die sich sonst nur durch inten- 
sive Benützung des Älteren von Seiten des Jüngeren 
erklären ließen. Und das ist undenkbar. Herodot 
ist Klassiker', und ein Klassiker darf natürlich 
niemand benutzen. Ich mag darüber keine Worte 
verlieren. Herodots Bedeutung als Historiker 
und Künstler oder besser als historischer Künst- 
ler hängt ja doch in keiner Weise davon ab, ob 
er in Teilen seines Werkes — und es handelt 
sich ja nur um Teile und nur um solche, die in 
seinem Zusammenhange eine Nebenrolle spielen 
— den wissenschaftlich bedeutenden Vorgänger 
benützt. Nicht einmal der Wert seiner oytg und 
ioTogiij wird dadurch irgendwie getrübt, daß er 
die Berichte eines Vorgängers verwendet. Wer 
Herodot hier verteidigen zu müssen glaubt, hat 
weder seine literarische Entwicklung noch seine 
literarische Bedeutung begriffen, vor allem aber 
nicht den fundamentalen Unterschied, der in 
Zweck, literarischer Form und sachlichem Inhalt 
zwischen H. und Herodot besteht (s. u.). Solche 
Verteidigung mag verständlich sein als Reaktion 
gegen die Versuche der Hekataiosmonomanen (die 
Schlußworte von Wells 52 verraten seine psycho- 
logischen Beweggründe), so ziemlich den ganzen 
Herodot auf H. zurückzuführen; irgendwelchen 
absoluten Wert hat sie nicht. Da nun aber die 
richtige Benützung Herodots zwar nicht Voraus- 
setzung für die Gewinnung eines einigermaßen 
farbenreichen Bildes von der ÜEglobog ist — ein 
solches müssen wir durchaus aus den Zeugnissen 
und Fragmenten zu gewinnen suchen und können 
das auch, — wohl aber dieses Bild und viele wert- 
volle Züge bereichert, so halte ich es für prak- 
tisch, das zwischen H. und Herodot bestehende 
Verhältnis vorab zusammenfassend zu behandeln. 
Daß ein solches Verhältnis besteht, daß die 
Werke des Milesiers füi Herodot eine besondere 
Bedeutung haben, ergibt sich widerspruchslos aus 
einem Faktum, dessen Bedeutung überhaupt nicht 
überschätzt werden kann : Herodot zitiert H. und 
nur H. namentlich (VI 137 iv xoiai Xöyoiot. II 
* 143). Den Alten ist dieses Verhältnis bekannt 
gewesen. Was Hermog. n. 13. II 12, 6 sagt (E. 
6 Mikyotos, nag ov dtj fidXioza ojq)ü.rjxai 'Hq66o- 
zog. Danach Said. s. v. Hgoboxog öe . . . oifpiXij- 
Tot xovtov vewteqos €ov), mag sich allein auf den 
Stil beziehen. Aber sachliche Abhängigkeit kon- 



statierte jedenfalls nach älteren Autoren mgl 
itX<mr)s Polio, vermutlich der Grammatiker hadria- 
nischer Zeit, den Porphyrios bei Euseb. pr. ev. X 3' 
ausschreibt. Er spricht nur von einigen Partien 
in Buch II. Herodot habe die Kapitel über 
Krokodiljagd, Nilpferd, Phönix (II 70. 71. 73> 
aus H. übernommen, xaxä Xslgiv fiex7jvzyxsv ix 
zfjg nzgirjyrjoecog ße a X^ a sieQtJiot^aag. Daß diesem 
Zeugnis weder umgedeutet (so. noch v. Gut- 
lOschmid 521), noch gar ganz verworfen werden 
kann, zeigte schon Hollander 3ff. durch die 
Untersuchung der für uns kontrollierbaren Be- 
hauptungen des Polio. Wenn Hollander sich 
durch Annahme gefälschter Aiyvxxiaxä des H. 
noch den Konsequenzen seines Hinweises zu ent- 
ziehen suchte, so muß man das jetzt aufgeben r 
nachdem Diels an einigen schlagenden Beispielen 
gezeigt hat, daß Herodot auch da, wo er nicht 
zitiert, auf H. Bücksicht nimmt: H. frg. 279 
20 nannte Ägypten dcogov zov Tiorafxov ; mit Eecht r 
da er unter Ägypten nur das Delta versteht. 
Herodot, der gegen diese Abgrenzung heftig pole- 
misiert, behält II 5 den Ausdruck bei, charak- 
terisiert ihn durch SijAa yäg 6ij aal firj ngoaxov- 
oavrt, iöövn de als Zitat und paßt ihn durch den 
Zusatz AXyvnrog ig rijv'EXX^vsg vavzäXovzat seiner 
geographischen Anschauung an, d. h. er bricht 
ihm eigentlich die Spitze ab. Ebenso schlagend 
ist der Vergleich von Her od. II 156 mit H. 
30 frg. 284 über die schwimmende Insel Chemmis* 
§ 6. Wir haben danach selbstverständlich zu 
fragen, wie weit nun die Benützung des Vor- 
gängers bei Herodot geht. Es ist das eine außer- 
ordentlich difficile Frage, und die Herausschälung 
Hekatäischen Gutes — zunächst einmal der Ilsgio- 
$ og _ darf nur mit äußerster Vorsicht versucht 
werden. Ich kann hier nur einige ausgewählte 
Beispiele geben ; denn die vollständige Unter- 
suchung der Nachwirkung der Üegiodog erfordert 
40 ein Buch. Aber zu beachten sind meines Er- 
achtens vor allem folgende Punkte: 1) erscheint 
es zweifellos, daß die Übernahme sich nicht auf 
jene vier oder fünf Stücke beschränkt, die, wir 
durch Porphyr und durch Koinzidenz mit erhal- 
tenen Fragmenten des H. kennen (hinzuzufügen 
sind hier noch H. frg. 289. 290 = Athen. 114 C. 
448 E oa Herod. II 77 über den ägyptischen 
Gerstentrank und das xvXXr ( axig — Brot). Aber 
die Feststellung wird dadurch erschwert, daß H. 
50 dem Usus der Zeit entsprechend da, wo er ein- 
fach ihm richtig erscheinende und von ihm selbst 
ebenfalls gesehene Zustände oder Tatsachen über- 
nimmt, nicht zitiert. Wenn er aber zitiert, so 
nennt er nicht den griechischen Schriftsteller, der 
vor ihm die Dinge gesehen und aufgezeichnet hat, 
sondern die, sei es schon von diesem genannten, 
sei es erst von Herodot zur Kontrolle des Vor- 
gängers befragten, Originalquellen, d. h. die Aus- 
sagen der faix&Qiot. Der griechische Vermittler 
60 fällt als gleichgültig fort (Klausen 126f. Diels 
433ff.). Wo er dagegen dem H. nicht glanbt, 
polemisiert er entweder namentlich gegen ihn 
oder fügt dem aus H. entnommenen Bericht der 
emxtoqiot den Ausdruck seines Zweifels bei oder 
endlich er stellt der Version des H. die der bii- 
xeSecot gegenüber (VI 137). Für. namentliche 
Polemik neben stillschweigender tfbernahme hat 
Diels das Verfahren des Aristoteles gegenüber 



Herodot als Analogie beigebracht. Hinzuzufügen 
ist das des Thukydides gegen Hellanikos: er tadelt 
ihn I 97, 2 mit Namen und übernimmt I 9, 2 
die Geschichte des Atridenhauses, indem er ot xa 
ocupeavaza Jlehmowrjmojv ftvrjfirji nagä imy Jtgo- 
tsqov dedsypsvoi als Quelle zitiert. So heißt es 
IE 5 von der Bezeichnung Ägyptens^ als öägov 
xov nOTCL/iov: xai ev fiot eSoxeov Uysw (sc. ot 
tsQsle) ™ e i xrjg x">Qns\ H 73 beim Phönix <£? 
'HXtoTioXTxat Uyovmv ; II 156 bei Chembis Xsysxai 10 
V7ib Alyvsitioiv. An den beiden letzten Stellen 
ist aber gleichzeitig ein gewisser polemischer Ton 
deutlich. Den Aussagen der Eingeborenen stellt 
Herodot in sich gleichbleibender Form seine eigene 
ö'yng gegenüber: II 73 iyoi jth jiiv ovx sldov ä 
/tirj ooov yecKprjt — sftol fikv ov marä Xiyovrog 
^11 156 avrog {isv sy(üys evts jtXiovaav ovts 
xivrj&üoav eiöov. Der Ton sticht deutlich ab 
gegen eine einfache Konstatierung Herodots, daß 
er etwas nicht selbst gesehen hat (z. B. I 183). 20 
Offenbar wendet Herodot den Skeptizismus , den 
er bei H. gelernt hat, mit Vergnügen gegen diesen 
selbst an ; er bezweifelt, was dieser Unglaubliches 
nach orientalischen Gewährsmännern berichtet 
hatte , während er an anderem Orte von den 
gleichen Gewährsmännern ebenso Unglaubliches 
ruhig hinnimmt. Ähnlich scheint die Sache IV 
8f. , wo "EX?.T]vsg oi iv Ilovrcoi zitiert werden, zu 
liegen: die Ableitung der skythischen Könige von 
Herakles ist im Stile des H., der in der flegw- 30 
Sog auch Erytheia im äußersten Westen gelassen 
hatte (s. § 19). Der polemische Zusatz egyon de 
ovx aKodEtxvvGL wirkt hier besonders unvermittelt 
und zwecklos. 

Neben die skeptischen oder polemischen Zu- 
sätze tritt als zweites Kennzeichen dafür, daß 
Herodot den Vorgänger benützt, eine auffällig 
markierte Betonung der eigenen Beobachtung, die, 
wenn irgend möglich, sich in der Hinzufügung 
von etwas Neuem, nicht immer nichtigem (wir 40 
können auch sagen, daß der Zusatz meist falsch 
ist) dokumentiert: Herodot hat die Sachen auek 
gesehen, und er hat mehr gesehen; er ist zu der 
gleichen Ansicht gekommen und begründet sie 
besser. So II 5 erst idovxi öe, dann die Aus- 
dehnung von Ööjqov zov xorapov auf rot xazv- 
MQ&t: hi xrjg Xifitvrjg xavzr\g ... rfg nept ixzTyot 
ovdzv zu xoiovöe sXeyov. II 12 rotot Uyovot avza 
xetftofiat xai avrog ovzm xdgza doxeco slvat, idajv 
xtX. II 10 xazänsQ ot tQhg eXe^ov, iöoxei xai 50 
avitäi fiot Eivat . . . xä>v yäg xxX. III 97 aytyhvoi 
<Ye (jlezqi sfiev und tu h «,«*'. III 103 die Er- 
gänzung in der Beschreibung des Kamels. Die- 
selbe starke Betonung der Selbständigkeit seines 
eigenen Sehens und Denkens (II 112), dieselben 
Zusätze (II 120. 116f.?) treten hervor in dem Ex- 
kurs II 112—120 über die Schicksale von Helena 
und Menelaos in Ägypten. Daß die Einlage in 
ihren Grundzügen aus H. stammt, zeigen die von 
v. Gutschmid und Dieis herangezogenen Frag- 60 
mente: <Päoog frg. 287 (+ Steph. Byz. s. v.); 
'ElivEtog frg. 288; Küvojßcg Aristeid. II 482 
{■+- Steph. Byz. s. v. Strab. XVII 1, 17); O&ng 
(Steph. Byz. s. v. Strab. XVH 1, 17); AovXojv 
noXig frg. 318. Das stark rationalistische Schlnß- 
kapitel bestätigt die Vermutung. Der bei Hero- 
dot im IL Buch ungewöhnlich starke Kationalis- 
mus (Zasamnienstellnng bei Bauer Entst. des 



Herodot. Geschichtswerkes 1878, 46ff.) ist längst 
auf den Einfluß des H. zurückgeführt. Die Schluß- 
folgerung für die Einlage über Herakles II 43 
—45 liegt auf der Hand: auch hier wird II 44 
die eigene Reise hervorgehoben, die er unter- 
nommen hat, um Genaueres über diese ihm also 
bereits überlieferten Dinge zu erfahren. Endlich 
noch ein Beispiel: daß V 57-61 H. zugrunde 
liegt, zeigt die Übereinstimmung mit frg. 89 
(rtyvoaiot. — TavayQoXoi) und 361 (Kadmos bringt 
die Buchstaben nach Hellas). Der .Exkurs 58 
— 60, 1 stammt übrigens wohl aus den rsveaXo- 
y tat. Hier hat Herodot zuerst eine eigene Ver- 
mutung hinzugefügt über die Gestalt dieses älte- 
sten Alphabets: 58, 1 d>s if-wi SoxsTv ■— ygapfiä- 
tcov. Sodann betont er am Schlüsse bestätigend, 
seine Autopsie: 59 sldov ök aal avxög xxX. Mit 
der Erkenntnis, daß Herodot die als sein geistiges 
Eigentum gekennzeichnete Vermutung in einen 
übernommenen Zusammenhang eingeschoben hat,. 
erklärt sich auch die Unklarheit, die die Inter- 
preten in der Darstellung von ca. 58 finden. Die 
Vorlage hatte nur von den Verdiensten der Ionier 
um die Entwicklung des phönizischen Alphabets 
gesprochen, was gut zu H. paßt (s. § 10). 

Das Material für H. vermehrt sich auf diese 
Weise recht wesentlich. An Stelle von Einzel- 
heiten treten ganze Partien, in denen Herodot 
eine Vorlage in bestimmter Weise benützt. So- 
ge winnen wir für H. weiter den geschlossenen 
Abschnitt II 5-10: denn an den Ausdruck Swqov 
tov noxaiwv wird die Vermessung des Landes ge- 
knüpft und durch doppelte Berufung auf die tsgeTg 
(c. 5. 10) umschlossen. Ein Zusatz Herodots wird 
II 7 die Vergleichung mit dem Wege von Athen 
nach Pisa sein und vermutlich II 10 die Zu- 
sammenstellung ähnlicher jiQogxwpaxa jiomn&v t 
deren Elemente freilich wieder aus H. stammen 
können , von dem diese ganze wissenschaftliche 
Art, analoge Erscheinungen zusammenzustellen 
(s. xl. Nr. 5), ausgeht. Ebenso gehen auf H. nicht 
nur die Einzelkapitel II 70. 71. 73 zurück, die 
Polio anführte, sondern der Abschnitt II 65—75 
in seiner Grundanlage (s. § 15) überhaupt. Denn 
von der «70a xgoxoÖtUcov (71) läßt sich die <pvotg 
xeoxofaiXtov (69—70) nicht trennen, c. 73 zieht 
Eon 6k xal äXXog oqvig tsqög das c. 72 und eben- 
so 74 über die fcoat otpisg mit sich. Darum aber 
folgt c, 75 (wie üblich am Schluß) die Betonung- 
der eigenen laxogirj: Herodot ist nach Buto ge- 
reist, jzvvdavope vog ■ neoi xürv xzeqoit&v otfiwy. 
Bemerkenswert aber ist in diesem Abschnitt ein 
nicht versteckter, sondern offen polemischer Satz 
c. 69 ex.: jene Tiere heißen in Wahrheit nicht 
xQoxöÖEtXoi, al/.ä xäf*V !ai ' xgoxoÖEtXovg 6k "Iwveg 
mv6fiaaav. Das führt uns zum zweiten Punkt, 
der in seinen Konsequenzen noch wichtiger ist. 
2. Herodots Werk ist in seinem ersten Teil 
durchzogen von der Polemik vor allem gegen das 
ionische Weltbild im ganzen und in Einzelheiten 
(bes. II läf. 20-23. ll&f. IV 36-45); aber auch 
gegen sonstige Einzelheiten, die von "EXXtjveg oder 
"Laves mitgeteilt oder geglaubt werden. Beide 
Bezeichnungen sind nicht gleichwertig, wie schon 
II 16 "EXXvjväg xs xai avxovg "Iowas zeigt. Unter 
"EXXrjves versteht Herodot zunächst einfach eine bei 
den Griechen überhaupt rezipierte Meinung, der er 
die eigene Ansicht gegenüberstellt: so z. B. II 20 



6U(» neitataios 

''EHXyvcov ftiv tives ijrtatjftot ßovX6/4sroi ysveo&at. 
II 17 rcÖi (fix 'ßXXrjvtpy VEVOfMOftövtoi (sc. X6ya>t), 
vgl. auch II 134 f*ETe£heQot 'EXXrjvcov. Diese 
Meinung kann schriftlich vorliegen, braucht es 
aber nicht; Stellen wie II 2 ex. "EXXtjveg ök Xi- 
yovaiv äXXa re ßdzaia noXXa xai xxk. machen den 
Eindruck mündlicher Tradition. Öfter freilich 
noch sind die EXXqvsg dieselben, gegen die H. 
im Eingange der revmXoyfai zu Felde zieht: oi 
yäg r E\Xr)vb)v Xöyot xxX., d. h. die epischen Dich- 
ter. So ex. gr. II 45 Xsyovai de noXXä xai äXXa 
V.VE71WKSXTOK oi 'EXXrjvsg. II 118 etgofxivm Sc 
Itev rovg tegeag ei fta.Ta.iov Xoyov Xsyovai ofEXkrj- 
vsg xxX. Ich wähle absichtlich diese Stellen, weil 
sie zeigen, daß diese Kritik der "EXl^rsg direkt 
so aus H. übernommen, Polemik aus zweiter Hand 
sein kann. Doch wie dem sei, jedenfalls versteht 
er unter den 'Icovtov yvüfxai ganz bestimmte lite- 
rarisch verbreitete Anschauungen: die II 15 ihnen 
zugeschriebene Ansicht, xo AeXxa /wvvov rfvai 
Atyvmov, ist uns aus II 5 als die des H. bekannt; 
II 69 steht die Abweisung der "Icovsg in dem 
■ebenfalls aus H. entnommenen Abschnitt über das 
Krokodil; II 16 können wir die Dreiteilung der 
Erde ebenfalls als Hekataiisch nachweisen. Also 
"EXXrjvsg kann die Ionier überhaupt und H. im 
besonderen miteinbegreifen ; "Itovsg bezeichnet H. 
Was v. Grutschmid I 67ff. gegen die Gleichung 
"Itavss — H. einwendet, besagt nichts, da er diesen 
Unterschied der Terminologie übersieht. Thaies 1 
und Anaxagoras 1 Ansichten (II 20ff.) über den Nil 
werden eben nicht als , ionisch', sondern als hel- 
lenisch' bezeichnet; und der fabelhafte ,ionische' 
Kadmos, mit dem v. Out schmid rechnet, scheidet 
für uns aus. Darum können aber auch die "EXXrj- 
vsg den w I<oveg entgegengesetzt werden. Denn H. 
hat ja die "EXXr^vsg selbst oft genug kritisiert. 
Wenn Herodot II 2 vom Experiment des Psam- 
metich nach den Mitteilungen der Priester von 
Memphis berichtet und am Schluß eine anders- 
artige Erzählung der "EXXrjvsg abweist, so dürfen 
wir in der ersten die Meinung der Icovsg d. h. 
des H. umso sicherer sehen, als die Polemik 
gegen die "Itoves in II 15 nur in Hinblick auf 
II 2 verständlich ist (Klausen zu frg. 297). 
Wir entnehmen daraus, daß H. , ehe er von der 
Natur des Landes sprach, über das Alter des 
ägyptischen Volkes handelte, wie das seitdem die 
Eegel in den Aiyvmmxa geblieben ist (Diod. I 
10). Die Bestätigung , daß Herodot in diesen 
geographischen Abschnitten einem Vorgänger folgt, 
liefert wieder das erste Indizium. Wir haben II 
15 eine Abgrenzung des Deltas, die sich direkt 
als Zitat gibt. Ihre Herkunft aus H. wird da- 
durch bewiesen, daß die Maßangabe von 40 o%oTvot 
für die ägyptische Küste (= 2400 Stadien) mit 
der des Skylax 106 stimmt, der 2300 Stadien an- 
gibt (vgl. Wiedemann 173. ~g£ ist natürlich 
nicht in ZT zu ändern , sondern höchstens in 
BY) - Dem gegenüber steht Herodots eigene An- 
sicht II 6 deutlich geschieden durch xaxa tjfiets 
öiaigeofiEv elvai AXyvnxov. Aber so deutlich ist 
Herodot nicht immer. An einer Reihe von Stellen 
weicht er offenbar von H. ab, ohne den Unter- 
schied mit der gleichen Deutlichkeit zu markieren, 
sei es daß er auch ohne Hinweis auf Verständnis 
Technen zu können glaubte, sei es daß er der 
Autorität des Vorgängers gegenüber nicht recht 



uetataios 



SHHJÜ 



wagte, dessen Ansicht ganz zu verwerfen. Letz- 
teres scheint der Fall II 8 (vgl. Wiedemann 
172f.). Die Behauptung, daß das Niltal vier 
Tagereisen oberhalb von Heliupolis wiedeT breit 
würde, widerspricht den Tatsachen und, wie es 
scheint, Herodots eigener Überzeugung. Dennoch 
darf man den Schlußsatz von c. 8 nicht streichen 
und die 4 nicht durch 14 ersetzen. Denn Skylas 
nennt Ägypten Spoia tzeXSxei, nimmt bei Memphis 

10 die engste Stelle, dann gleich eine steigende Ver- 
breiterung an. Offenbar liegt hier eine Ansicht 
des H. zugrunde, die Skylax einfach wiedergibt, 
während Herodot sie verbessert, es aber nicht 
wagt, sie ganz zu verwerfen. Dagegen ist es 
wohl stillschweigende Verbesserung, wenn er an 
Stelle der von Skylax einfach aufgezählten sieben 
Nilmündungen II 17 zwar auch sieben Arme (zum 
Teil mit anderen Namen) hat, aber mit einem 
gewissen Nachdruck von zweien dieser Arme sagt, 

20 daß sie ovx i^aysvea azöfiara, a)X ogvxxd seien. 
Solche Dinge mahnen zu sehr großer Vorsicht in 
der Benützung gerade der Partien, in denen Hero- 
dot am allermeisten von H. übernommen hat. 
3. Damit ist nun der dritte Punkt berührt. 
Auf H. als gemeinsame Quelle führen gewisse Über- 
einstimmungen in rebus geographicis und ethno- 
graphicis zwischen Herodot und anderen Autoren 
namentlich des 5. Jhdts. Auf diese Weise er- 
klären sich höchstwahrscheinlich die Koinzidenzen 

30 zwischen ihm und dem Verfasser von liegt digoav 
vö. röx., die jedenfalls nicht auf gegenseitiger Be- 
nützung beruhen. Auch für Aischylos, der ein 
starkes geographisches Interesse gehabt zu haben 
scheint, ist danach Benützung des H. mehrfach 
behauptet: v. Gutschmid Kl. Sehr. IV 298, der 
damit die geschichtliche Richtung in den Persern, 
die periegetische im Prometheus' erklären wollte 
(letzteres sehr denkbar, ersteres, wenn er die Wahl 
des Stoffes meinte, sicher unrichtig) ; Di eis 422, 

40 4 und seiner Andeutung nachgehend Fries a. O. 
Dabei bleibt im einzelnen viel Unsicheres; aber daß 
Aischylos insbesondere für den Westen, für Ägyp- 
ten und Libyen, vielleicht auch für Thrakien geo- 
graphisches Material aus H. entlehnt hat, erscheint 
sicher. Es entspricht diese Verwertung eines 
wissenschaftlichen ionischen Buches auch durch- 
aus dem Interessenkreise der Tragiker und ihres 
Publikums. Die Parallele mit dem Verhältnis 
des Sophokles zu Herodot drängt sich auf. So 

50 nennt Aischylos Prom. 813 Ägypten xglyoivog 
y$6iv NetXdirig , d. h. er versteht darunter das 
Delta; er indiziert die Teilung in Oberägypten 
und ?,Xn (Pers. 34ff. o> Herod. II 77. 92); er kennt 
die Eßbarkeit des Byblos (Suppl. 761 c*a Herod. 
II 92), den ägyptischen Gerstentrank (Suppl. 919 
oi Herod. n 77 ^ H. frg, 289. 290 ; auch den thra- 
kischen [Lycurg. sat. frg. 124 N. 2 ] hat er eher aus 
H frg. 123, als aus der gelegentlichen Erwähnung 
bei Archilochos frg. 32 B.); die ßägig als ägypti- 

60 sches Schiff (Pers. 551 ; Suppl. 836. 874 co Herod. 
II 96) u. a. m. Die von ihm erwähnten Wunder- 
völker der Kwoxi<palot xai 2xegvo<p&aXf£oi xai 
Movopfiaxot (Strab. I 2, 35) entsprechen den Kwo- 
xstpaXot xai axeqpaXot oi sv xoiai arq&eoi rovg 
oqr&aXfiovs exovxe;, w$ dq Xeyovxai ys foro Aißvtüv 
(Herod. IV 191 ; s. § 16). Im Westen kennt er 
die zuerst von H. frg 5. 8 genannte Stadt Adria 
(frg. 71 N.2 ans den Heliaden: 'ASqhipoItb ywatkeg) 



2G81 



üeicataios 



j-Lcn.a uuvo 



und verlegt den Eridanos nach Iberien (frg. 73 K* 
<w Herod. III 115. Die Identifikation mit der 
Ehone, die Aischylos zugeschrieben wird, erwähnt 
Herodot nicht. Sie ist schwerlich Hekataiisch). 
So mag er H. auch die Aißvgvixr\ fiavövr/ (frg. 
364 N. 2 ) verdanken, wenn auch ihre Erwähnung 
bei Steph. Byz. s. Atßvgvoi gewiß auf Aischylos, 
nicht auf H. sich bezieht, dem hier nur die geo- 



sie das Weltbild seiner geographischen Haupt- 
quelle beherrscht. Auch wo Varianten geographi- 
scher Art erwähnt werden, ist wenigstens gelegent- 
lich der Gedanke an H. nicht abzuweisen. So I 
201 eiöi Öe otziveg xai Hxv&ixov Xsyovai xovxo 
xo sd-vog (die Massageten) eTvat coli. Steph. Byz. 
s. 'laaridövsg (H. frg. 168) und S. Maooayexai, 
Stücke, die man eben danach auch H. zuweisen 
kann , der den Skythennamen für alle Nordvölker' 



graphische Änsetzung der Liburner (frg. 61) ge- kann, der den Skythennamen lur alle JNory 
hört. Vorsicht ist aber auch hier geboten, und 10 verwendet hat; vgl. auch TV 45 (u. § 10). 



man darf nicht blindlings alles Geographische bei 
Aischvlos auf H. zurückführen. So erklärt jener 
die Nilschwelle (Suppl. 542ff. frg. 300 N.2) nicht 
mit H., sondern wie später Auaxagoras. Auch 
was er Prom. 807ff. über die Nilquellen sagt, ent- 
spricht nicht der Ansicht des H. Hier tritt wohl 
ein älteres Weltbild der ionischen Philosophie ein. 
Dasselbe Verhältnis, nur daß nicht ältere, sondern 
jüngere Quellen hinzutreten, gilt für die Über- 



5. Sehr wichtig ist die Beobachtung, daß 
kleinere sachliche Einlagen geographisch-ethno- 
graphischen Inhalts und deskriptiven Charakters- 
bei Herodot auf H. zurückgehen. Sie beziehen 
sich vielfach auf Länder, die Herodot nicht aus 
eigener Anschauung kennt, und zeichnen sich 
häufig durch vergleichende Form aus. Diese, 
die in der Nö/M/ta- Literatur stark gewuchert 
hat, entspricht der wissenschaftlichen Art der 



lungere wumeii miiEULn^cii, guu j.u.j ««, u^- ""-> ^..»« r ^. — — - 

einstimmungen zwischen einerseits Herodot und 20 ionischen Physiker und scheint von H auf die 



Aviens Vorlage, andererseits für Herodot und 
Skylax, wie sie nicht nur für Ägypten (darüber 
Wiedemann Philol. XLV 17 Off. Diels 443f.), 
sondern vor allem für die östlichen Küsten des 
Mittelmeeres und für Libyen nachweisbar sind (s. 
u. § 13. 16). Noch vorsichtiger muß man Koin- 
zidenzen zwischen Herodot und späteren Autoren 
verwerten. So hat Diels 442f. zwar sehr wahr- 
scheinlich gemacht, daß in Strabons Alyvmtaxa 



Länderkunde übertragen zu sein: iTg. 189 iv d£ 
ütölig 'Yo'ijcrj- oi 5' äv&gconoi io&fjxa (pogiovaiv 
ofyvjiEQ üatpXayövEg', vgl, auch Harpokr. s. xv- 
jiaaoig. So findet der vielfach gestrichene Satz 
III 97 ovzoi oi Ai&loJiEg - KalXa[v]riai Jvboi 
seine Erklärung durch frg. 177: H. hatte über 
das indische Volk gehandelt. III 102 heißt es 
von den Bewohnern von Kaspatyros, sie hätten 
Baxtgioiai jzaQaaXtjofyv öiatzav. Herodot be- 



H verwertet ist (z. B. XVII 1, 16. 17. 30), wenn 30 schreibt die diavza der Baktrer nirgends; aber 
auch natürlich nicht direkt. Aber Lehmann- " ;-— - o + „ J+ „„«i.™«* ,i„ ir,»™,,™,*- 
Haupts Versuch (Kiepert-Festschrift 1898, 307ff. ; 
Klio I 271, 2) , in Strabons BaßvXavtaxä (XVI 
1, 14. 20) die Benützung Herodots auszuschalten 
und den ,bis auf die Übertragung ins Ionische 
[1. aus dem Ionischen] kaum veränderten Bericht' 
des H. herauszuschälen, muß als gänzlich miß- 
lungen bezeichnet werden. Quelle Strabons ist 

vielmehr ein überarbeiteter und durch Autopsie vmv „. .. .,. 

erweiterter Herodot (vgl. auch E. Meyer Forsch. 40 Die Kynesier nannte auch HerodoT, der hieT von 
II 233, 1). Daß bei dieser Erweiterung H. he- " "-»--* /- - * 11 ^ t iüa .,« ,™.>™™.- 
nützt ist, wäre möglich; auch daß Herodot in den 



BaßvXoivtaxd H. benützt hat, ist a priori glaub- 
lich. Aber Näheres ist nicht nachweisbar, da wir 
gerade aus dieser Partie kaum ein direktes Frag- 
ment des H. besitzen. Am ehesten für H. spricht 
noch der beständige Vergleich zwischen Babylo- 
nien und Ägypten (I 182. 193. 198), der auch 

einmal (182) mit einer skeptischen Bemerkung m ^-, - -~ - — ■ . „ , , , _ 

verbunden ist. Doch sind das Dinge, die zwaröOQuelle zurückgeht oder auf eigene Beobachtung 



jene indische Stadt erscheint als KaonaTivgog 
bei H. frg. 179. Daher offenbar der Vergleich. 
Herod. IV 192: die libyschen und tartessischen 
yaXal. Auf den Westen gehen auch Einlagen 
wie II 33 über den Lauf des Istros und die 
Sitze der Kelten, außerhalb der IxrjXat, als 
Grenznachbarn (öpovoelv: vgl. frg.^ 135. 190. 
195), der Kwfotoi, oi ea^arot ngog dvo^imv 
olxhovöt to>v iv xrji Evgtonrji xaxoixr)fiiva>v. 
Die Kynesier nannte auch HerodoT, der hieT von 
H. abhängt (s. u. § 12, 1). I 196 ein ao<f<oraxog 
voftos der Babylonier, rät xat IXlvgiüv Evsxovg 
Tzvv&ävoftai xQäo&at, eine Anmerkung, die nicht 
,erst in Italien gemacht ist', sondern aus H. 
stammt, der ,illyrische Eneter' sagte, weil er ein 
gleichnamiges Volk auch am Pontos fand (frg. 
200). Zum Ausdruck vgl. I 214 xglvoj . . . xai 
Örj xai Ttvv&dvofiat. Natürlich läßt sich nicht 
immer sagen, ob ein solcher Einschub auf eine 



H. eigen sind, die Herodot aber von ihm gelernt 
hat und selbständig anwenden kann. Auf das 
Vorkommen Hekatäischen Gutes in den Geogra- 
phica des Ephoros und in der späteren geographi- 
schen Literatur will ich hier nicht eingehen (s. 
immerhin § 9). 

4. Auf H. dürfen wir schließen , wo Herodot 
sich mit seiner eigenen geographischen Auffassung 
in Widerspruch setzt. So ist n 19 (vgl. Strab. 
XVH 1, 30) die Teilung Ägyptens in einen arabi- 60 
sehen östlichen und einen libyschen westlichen 
Teil beibehalten; und wird II 158 IläzQvfiog als 
arabische Stadt' bezeichnet (v. Gutschmid 40). 
Der Atßvxög Xvyog (IV 198) schließt mit einem 
Vergleich zwischen Atßi*i einerseits, Ehgomr) und 
'Aairi andererseits ab, der die Annahme dreier 
Erdteile voraussetzt, die Herodot bekämpft, der 
er sich aber praktisch nicht entziehen kann, weil 



oder Erkundung Herodots: z. B. I 174 Lage von 
Knidos; I 180 Lauf des Euphrat; I 189 Lauf 
des Gyndes (zur Form: H. frg. 202). Auch ist 
nicht immer zu sagen, ob die Quelle gerade 
H. ist: so z. B. I 101 die yfvr/ Mr/bw, I 125 
yivfj I7eqöwv und vor allem die Zusätze in der 
Heeresliste. Aber das Faktum selbst, daß solche 
Einlagen nachweisbar sind, ist für die Quellen- 
kritik fundamental wichtig. > 
Es sollte nämlich bekannt sein, daß solche klei- 
neren sachlichen Einlagen, die bei HeTodot unend- 
lich häufig und sehr verschiedener Herkunft sind, 
nie etwas für die Herkunft der Partie beweisen, 
innerhalb deren sie stehen. Oder doch nur eines 
— daß dieser Abschnitt selbst aus anderer Tradi- 
tion stammt. Ein Beispiel: I 1 10 irt die Beschrei- 
bung des medi sehen Landes cd öe vasgcogeai — 
jräaa änedos eine deutliche Einlage in die 



Jugeh%eschichte des Kyros. Ich zweifle auch 
nicht, daß sie aus H. stammt, dessen frg. 172 
iormell und inhaltlich gleichartig ist. Aber eben 
deshalb ist es unzulässig, wenn Präsek Klio 
TV nun die' »Harpagidentradition' über Kyros 
*uf H. zurückführt und konstatiert (S. 208), daß 
Herodot ,die Hekataiische Umarbeitung der Er- 
zählung . . fast wörtlich zur Grundlage seines 
Mrj&ixog Xoyog gemacht habe'. Eine gewisse 
■Quellenforschung ist augenblicklich überhaupt 10 
geneigt, sich Herodot als einen ziemlich genauen, 
nur erweiterten Abklatsch des H. vorzustellen. 
Sie bedenkt nicht, daß zwischen beiden ein 
fundamentaler Unterschied der literarischen Form 
und der literarischen Abzweckung besteht: nicht 
unser jetziger Herodot darf mit H. verglichen 
werden; denn er entfernt sich weit von der 
Hekataiischen Form der ÜEQiodog; sondern ganz 
allein die Abschnitte, die auch in der neuen 
Umgebung den Charakter der Länderbeschrei- 20 
bung bewahrt haben. Also beispielsweise die 
nsQirjyijais Aißvtjg IV 168—199, bei der dieser 
Charakter ganz rein bewahrt ist. viel reiner als 
in dem Aly wtruutde löyog (s. § 16). Jene Quel- 
lenforschung vergißt ferner, daß zwischen H. 
und Herodot die neue Gattung (wenn sie auch 
aus der IleQlobog entwickelt ist) der Ethno- 
graphie tritt, die zur deskriptiven Behandlung 
von Land und Leuten die mehr oder minder 
kontinuierliche Erzählung der politischen Ge-30 
schichte fügt. Es ist durchaus zweifelhaft, ob 
H. überhaupt schon geschichtliche Nachrichten 
im Zusammenhang gegeben hat. Die alte, scharf 
z. B. von Bury S. 12 formulierte Behauptung, 
H. ,introdueed the Greeks to oriental history 
-and sketehed for the ürst time the successive 
monarchies of Ässyria Media Persia' entbehrt 
nicht nur jeder Begründung, sondern ist auch 
völlig unglaublich. Gegen den immer wieder- 
kehrenden Versuch (z. B. Prä sek Forsch, z. 40 
Gesch. d. Altert. II 6ff.), H. mehr oder weniger 
Anteil an Herodots Geschichte der ägyptischen 
Könige (II 99—182) zu vindizieren, hat schon 
v. G u t s c h m i d I 45 richtige Worte gefunden. 
Nur da, wo es sich um Erklärung von Stadt- 
flamen, um griechische Fabeln über Ägypten, 
vor allem um die Kritik der griechischen Sage 
auf Grund ägyptischer Weisheit handelt, finden 
wir Spuren des H. Den starken Übereinstim- 
mungen in geographischen und ethnographischen 50 
Dingen, die sich auf geschlossene größere Ab- 
schnitte erstrecken und bis zur wörtlichen Über- 
nahme einzelner Stücke gehen, steht als Faktum 
gegenüber, daß nirgends in den historiscb-er- 
zählenden Partien der geringste Anhalt für eine 
Benutzung des H. gegeben ist; wir besitzen auch 
nicht ein einziges Fragment des H., das sich 
mit diesen Dingen befaßte. Doch ist es kein 
einfacher Schluß ei silentio, wenn wir zusam- 
menhängende historische Erzählung für H. ab- 60 
lehnen, sondern das Fehlen direkter und in- 
direkter Fragmente bestätigt nur. was wir aus 
dem literarischen Charakter von H.s Buch und 
aus dem Charakter des Mannes selbst schließen 
müssen. Denn auch das ist zu beachten: die für 
Herodots Werk so außerordentlich charakte- 
ristische Verwandtschaft mit der ionischen No- 
vellistik und seine intensive Benutzung des spä- 



2684 

tet in den <5^öt publizierten Schatzes an lokalen 
Erzählungen ist dem H. fremd. Auch in den 

revealoylm ist keine Benützung dreser lokalen 
Tradition historischer' Fakten nachweisbar. 
Alle Versuche, rein historisch darstellende (no- 
vellistisch-erzählende) Partien des Herodot aus 
H. abzuleiten, mögen sie sich auf den Ionischen 
Aufstand oder auf Kyros' Jugendgeschichte oder 
auf die Tradition über die Peisistratiden be- 
ziehen, die H. ,nach Generationen erzählt' haben 
soll (! Seeck Klio IV 299), richten sich von 
selbst. Sie beruhen auf falscher Auffassung der 
literarischen Entwicklung, Dagegen ist metho- 
disch richtig und ergebnisreich (übrigens der 
Erweiterung fähig, s. § 12 Nr. 4), was Herr- 
mann Klio XI über H. als Quelle Herodots 
in der Darstellung des Xerxeszuges . feststellt. 
Nicht für den historischen Verlauf des Zuges 
rekurriert Herodot auf ihn. wohl aber für die 
geographische Seite: er beschreibt die Gegenden, 
durch die der Zug ging, im Anschluß an H.s 
Pericgese Thrakiens (dieses Verhältnis, das z. B. 
frg. 132 e» Herod. VII 59 ohne weiteres erkenn- 
bar ist, wird verdreht und zum Beweise der Un- 
echthcit des H. mißbraucht von Wells 50. 
Gleichartig ist das Verhältnis in der Heeresliste, 
z. B. frg. 189 «a Herod. VII 72, wo schon Cas- 
par! 242 die Verdrehungen von Wells zu- 
rückweist.) 

Hier muß denn auch die difficile Frage be- 
rührt werden, ob HeTodot den H. gewissermaßen 
negativ benützt hat, d. h. ob er gewisse Dinge 
knapper behandelt oder nur im Vorbeigehen be- 
rührt, weil H. sie schon ausführlich dargestellt 
hatte. Behauptet ist das vielfach: so vonLar- 
cher und Heeren (Ideen II 2, 207) mit Be- 
ziehung auf die sehr knappe Behandlung des 
ägyptischen Theben; von For biger 50 für den 
Westen; von Fries 28 für die Schilderung des 
rponos Cörjg der Oberägypter (II 77). Es ist 
nun methodisch jedenfalls richtiger, so zu fragen, 
als von dem zu reden, was Herodot alles ,nicht 
kennt* (so wieder Präsek 206); denn solche Aus- 
drucksweise beruht auf der falschen Gleichsetz ung 
von Herodots und H.s literarischer Art. Hero- 
dot ,kennt' natürlich alles, was in H.s Büchern 
stand, aber er kann es im Rahmen seines Werkes, 
das im wesentlichen der Geschichte der persi- 
schen Könige folgt, nicht alles geben. Das gilt 
besonders für den Westen, den er nur ganz ge- 
legentlieh berühren kann. Es ist nicht auszu- 
denken, wo er eine ausführliche Schilderang hätte 
anbringen sollen, da sein Blick nun einmal nach 
Osten gerichtet ist, und da er den gleichzeitigen 
Zusammenstoß der Westgriechen mit Karthago 
in seiner Bedeutung nicht erkannt oder, wenn 
doch, ihn seiner Darstellung einzufügen nicht 
vermocht oder nicht gewollt hat. Sehen wir 
nun, daß er die ausführlichen Schilderungen des 
Vorgängers über Ägyptens <pvot$, über dortige 
Tiere usf. auch seinerseits wiederholt, so ist es 
nicht wahrscheinlich, daß er Dinge, die in seinen 
Zusammenhang paßten , nur deshalb nicht auf- 
genommen hat, weil sie schon bei BL standen. 
Er scheint vielmehr das Prinrip gehabt zu haben, 
aufzunehmen, was sich irgendwie mit seinem 
Thema Terhinden ließ, das Aufgenommene aber, 
wenn es aus H. stammte, durchgehend* zu ver- 



2685 



Hekataios 



bessern. Das war nun allerdings nicht immer 
möglich: er konnte das tun, wo ihm die eigene 
Sxptg und täxoqir} zur Verfügung stand, wie in 
Ägypten; oder wo er andere Theorien hatte und 
das übernommene Material polemisch zustutzen 
konnte, wie bei den Exkursen über die iazanal 
{LH 106—116) und die Teilung der Olxovfävr} 
YXV 36—45). Zur Aufnahme genügt es ihm, 
wenn er auch nur Einzelheiten bestreiten kann; 
dagegen für den Westen fehlt ihm die Autopsie 
und die Tradition. So wird er sich hier nicht 
besonders bemüht haben, einen Platz für die 
Beschreibung zu suchen, die er ohne Änderung 
hätte übernehmen müssen. Diesem Prinzip wider- 
spricht nur scheinbar III 103: das Aussehen des 
Kameles huora{ievotot xolci "Etätfoi ov ovyyQaqpa) • 
to <5e fit] imotsatai avtf/g rovzo yqd<poi. Hier 
braucht sowenig wie an den vielen anderen Stel- 
len, wo Herodot nur ra d^taji7)yr)TÖmra mitteilen 
zu wollen erklärt, Beziehung gerade auf eine in 
der Literatur vorhandene Beschreibung angenom- 
men zu werden. Wirklich widerspricht der At- 
ßvxös JL6yos, der ohne größere Veränderungen 
übernommen ist ; aber gerade die Partie , in der 
er steht, erweckt auch gewisse Bedenken, die 
sich auf den Abschluß des Werkes beziehen, 
s. § 16. Wirklich negativ bestimmt wird He- 
rodot, um das gleich hier zu sagen, nicht durch 
die IJsQio6og, sondern durch die rcvmkoyiai, 
deren Inhalt er tatsächlich bei seinen Lesern als 
bekannt voraussetzt : I 5 syd> 5e jibqI tovtqjv oyx 
xQZOftat igeotv xxl. VI 55 Ott Ss iorzsg Alyvit- 
xioi . . äklotoi yaQ mgl avttöv EtjpTjtcu sdaofiev 
■avtd • za Sh akkoi ov ttazeXäßovTO , tovkdv iivv\- 

fA7)V 7l0it)00(Aat. 

Schränkt man die Benützung des H. bei He- 
rodot so ein, wie es das verschiedene literarische 
ysvog verlangt, und enthält man sich leichtfer- 
tiger Spekulationen, so bekommen wir wertvolle 
und vor allem recht sichere Resultate. Grund- 
lage für die Beurteilung des Verhältnisses der 
beiden Autoren zueinander muß (nach verstreuten 
Bemerkungen Früherer) der Aufsatz von Diels 
sein. Die Einwendungen E. Meyers (I 183, 1), 
der übrigens die tatsächlichen Ergebnisse von 
Diels meist für richtig hält', beruhen auf Miß- 
verständnis von Worten und darauf, daß er Arbeits- 
weise und Zitierweise nicht auseinanderhält; mag 
jene bei Herodot nicht anders als bei modernen 
Autoren sein, diese ist es zweifellos. Diels' Ver- 
dienst besteht gerade darin, daß er die unhisto- 
rische Beurteilung der Früheren beseitigt hat, die" 
bei Übereinstimmungen und bewußter Material- 
entlehnung entweder von Plagiat sprachen oder 
ungünstige Folgerungen für die Echtheit deT 
ütgiodog daraus zogen. Es steht jetzt fest (wo- 
für II 143 stets hätte genügen sollen), daß He- 
rodot auf seinen Reisen das Buch des H. mit 
sich geführt hat; daß seine eigene Forschung 
von diesem Buche ausgegangen und in ihrer Rich- 
tung teilweise durch dies Buch bestimmt ist; 
daß er es schließlich bei der Ausarbeitung seiner 
Xöyot stark benutzt hat. Das Korrelat zu der 
ausgiebigen Benützung ist das intensive Bestreben, 
den Vorgänger zu erweitern, zu verbessern, zu 
widerlegen. Die Polemik, die sich gegen Einzel- 
heiten und mehr noch gegen die geographischen 
Gtuadanschautmgen des H. richtet, ist naturge- 



maß da besonders scharf im Ton, wo Hörbd^t 
am meisten übernimmt. In solchen Partien ist 
die Gelegenheit, polemische Bemerkungen anzu- 
bringen, oft geradezu an den Haaren herbeige- 
zogen. Die Art, wie dann Herodot die koyoi bei 
der Ausarbeitung des uns vorliegenden Werkes 
benützt, macht es verständlich, daß Benützung 
der JTegiodog in weiterem Umfange a priori nur 
in den Büchern I— IV zu erwarten ist, während 

10 es sich in der zweiten Hälfte nur um kleinere 
oder größere Einlagen handeln kann. Wieweit 
der Beweis für die Benützung im ersten Teil zu 
führen ist, hangt zum Teil .von zufälligen Um- 
ständen ab ; vom Inhalt der Fragmente ; von der 
Art der Verarbeitung bei Herodot, die wesentlich 
durch die Ausdehnung seiner Autopsie bedingt 
ist; von der Zahl der möglichen Quellen. So 
sind im I. Buch nachweisbar aus H. nur einige 
geographischen Einlagen. Ob ,die knappen No- 

20 tizen über die Angriffskriege der lydischen Könige 

gegen die griechischen Städte* aus ihm stammen 

(v. Gutschmid Gott. gel. Anz. 1885, 236), ob und 

wie stark er in den BaßvX<oviaxd benützt ist 

läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Da- 



gegen ist in Buch II die Benützung durch- 
gehend, soweit es sich um die Natur des Lan- 
des, die voftot seiner Bewohner, die Beziehungen 
der Hellenen zu Ägypten handelt: H. hat das 
Alter des Volkes, die <pvotg zijs x&gyg, den Nil, 

30 die vöfioi Alyvjixitov besprochen, und diese Be- 
handlung bildet die Grundlage für Herodot. Das 
Buch kann als Schulbeispiel dienen, wie in einem 
Abschnitt {yvoig x™QV£ und Nil ) die Verwen- 
dung ganz polemisch gestaltet ist; in dem an- 
deren (vöfioi und hellenische Sagen) engster An- 
schluß und direkte Übernahme größerer Stücke, 
verbunden mit krampfhaften Versuchen, die Selb- 
ständigkeit des Benutzers irgendwie zu markieren; 
endlich in der Königsgeschichte , von rationa- 

40 listischen Einlagen über griechische Sagen abge- 
sehen, völlige Selbständigkeit. Im HL Buch ist H. 
nachweisbar in dem zusammenhängenden Stücke 
89_116, dessen einzelne Abschnitte (Liste der 
Satrapien 89ff.; Indien 98—105; die übrigen 
saxcaiai 106-116) aber seinen Einfluß wieder 
in verschiedener Weise von direkter Übernahme 
(Indien) an bis zur Verbindung mit einer anderen 
Quelle (Satrapien liste) zeigen; in B. IV gehen 
die Atßvxd ganz auf H. zurück; aber auch in 

50 den Sxvdixä ist er stark herangezogen. Die Po- 
lemik in dem großen Exkurs (IV 36rT.) trifft 
wieder ihn allein. Von V an beginnen Einlagen, 
wie die oben besprochenen (V 57 — 61). 

§ 7. Die Resultate, die eine vorsichtige Quellen- 
kritik Herodots liefert, sind deshalb besonders 
wertvoll, weil sie ein richtigeres Urteil über die 
wissenschaftliche Bedeutung ferlleQiodog erlauben. 
Die direkten Fragmente sind dürftig der Zahl und 
dem Umfang nach. Das ist die Folge der äußeren 

60 Schicksale, die das Buch gehabt hat; ein Beweis 
auch für den Fortschritt der Länderkunde zwi- 
schen H. und Strabon (s. § 9). Aber die neueste 
Weisheit, der ja auch Herakleitos und Herodo- 
tos als Zeugen für H.s Ansehen nicht genügen 
(§ 2), verkündet daraufhin mit einer historischen 
Ahnungslosigkeit, dieauMauthners , Aristoteles 4 
mahnt : so for as our evidence avails, ü stamps 
the File Ihgiodog as an ordinury ZTegfrAov?, 



zob; uexataios 

tricked out with an unusual amount. of ready- 
made etymology (Caspary 236), Wer geistige 
Lei Stangen aus ihrer Zeit heraus und nach ihren 
Wirkungen zu beurteilen vorzieht, wird bei der 
Einschätzung des H. ausgehen von dem Urteil 
des Mannes, der noch die gesamte ältere geogra- 
phische Literatur überschaute: Eratosthenes (Strab. 
I 1,1. U), der gegen die Mängel und Lücken 
von H.s Kenntnissen nicht blind waT (s. § 11), 
begann die Geschichte der wissenschaftlichen Erd- 
kunde mit der Karte Anaximanders und dem 
Buche des IL Nicht als ob er damit den Früheren 
geographische Kenntnisse hat absprechen wollen; 
sein Überblick beginnt mit Homer und konsta- 
tiert z. B. bei Hesiod eine wesentliche Erweite- 
rung des geographischen Horizontes (p. 40ff. 
Berger). Er ordnet die Ionier hier ein. Wenn 
er trotzdem mit ihnen eine neue Epoche beginnt, 
so muß er einen prinzipiellen Unterschied zwi- 
schen ihnen und allen älteren konstatiert haben ; 
ein solcher ist auch für uns kenntlich. 

Die Form, in die H. sein Wissen von der 
Oixovfiivt) gekleidet hat, war längst sehr weit 
vorbereitet. Wie überall (s. § 18), so tritt auch 
hier die Prosa an Stelle des Epos, knüpft in- 
haltlich wie formell an poetische Behandlungen 
des gleichen Materials an. Es hat zweifellos 
epische IIsQtrjyrjoeig gegeben. ,Eine Art Perie- 
gese von Hellas, ein Verzeichnis hellenischer 
Stämme, Landschaften und Städte' liegt dem 
Kaiäkoyog Ns&v der Ilias zu Grunde. Niese 
(Der hom. Schiffskat., Kiel 1873) setzt es ins 
saec. VIII, spricht ihm epische Form zu und 
nennt seinen Verfasser gewissermaßen einen 
Vorgänger des H. An Nilssons Ausführungen 
(Rh. Mus. LX 161ff ) ist jedenfalls das eine rich- 
tig: die geographischen Interessen und Kennt- 
nisse, die durch die Kolonisationstätigkeit und 
die Handelsfahrten seit saec. VIII geweckt und 
gesammelt sind, haben sich auch literarisch 
niedergeschlagen. Auf epische Periplen scheint 
die Formel 68o$ xal /neiga xeXevd~ov zu weisen. 
Solche gibt Proteus dem Menelaos (Od. IV 389), 
Teiresias dem Odysseus (X 539). ~E$ya 698 &£« 
öij tet \ihqa zioXvvpXoioßoio {taXdoorjg könnte 
wirklich ,als Einleitungsvers eines alten Periplus 
gedient' haben. Eine Üsqioöo; rijg unter He- 
siods Namen wird von Ephoros und Eratosthenes 
zitiert (Strab. VII 3, 7. 9), ist also sicher kein 
junges Machwerk, sondern ,eine von den alten 
verifizierten Periegesen*. Wie weit das in der 
Form reine Lehrgedichte waren, stehe dahin. Der 
Schiffskatalog hat sich ja nur erhalten, weil er 
in die Ilias gekommen und für sie zurechtgemacht 
ist, wobei der Aöde prinzipiell vielleicht nicht 
anders vorging wie Herodot, als er H.s Periegese 
von Thrakien für den Xerxeszug aptierte (§ 12, 
4). Seine ursprüngliche Form kennen wir nicht. 
Für das ps.-Hesiodische Gedicht möchte die Form 
des Zitates ev rtjt xaXov/j.svrjt r. JIbq, ebenso 
wie sein Inhalt (die Skythen werden dadurch 
eingeführt, daß Phineus von den Harpyien zu 
ihnen entführt wiid) darauf deuten, daß die Kon- 
vention für den geographischen Stoff irgend eine 
heroische Einkleidung verlangte. Dafür boten 
sich ja Argonautensage, Odysseusfahrten , Hera- 
kleszüge ohne weiteres dar. Immerhin ist in den 
Beeten dieser Literatur bei der Einzelausfuhrung 



neitataios 



2688 



die Ähnlichkeit mit den späteren Periegesen unver* 
kennbar. Die Vorlage des Schiffskatalogs enthielt 
schon die Geschichte von Thamyris (IL II 594ff, 
Nilsson 166ff.) T um von den hier nicht nur 
schmückenden Beiworten der einzelnen Städte 
abzusehen. Der jüngere Troerkatalog mit seiner 
Erwähnung und Schilderung von Flüssen und 
Seen (839. 849f. 854. 865), seinen geographischen 
Abgrenzungen (845) , Anführung von Landespro- 

lOdukten (839. 845. 857) ähnelt dem knappen 
Überblick über die Völker an der Königsstraße- 
(Herod. V 49) oder in Libyen (ebd. IV 168ff.). 
Eine Schilderung wie Od. IV 81ff. stellt sich 
ohne weiteres zu H.s Beschreibung des Polandes- 
(frg. 58). 

Aber wie immer diese epischen Periegesen 
eingekleidet waren und welchen Gesichtskreis 
sie hatten , sie waren jedenfalls rein chorogra- 
phisch. Auch H.s üsgioSog will nun eine Zu- 

20 sammenfassung des Wissens von der Olxovßhij 
geben; aber nicht nur spricht sie die neue- 
Sprache der Wissenschaft — sie ist auch auf dem 
Boden der Wissenschaft erwachsen. Sie geht aus 
von dem Weltbild der ionischen Physik und ver- 
sucht selbst ein solches zu geben. Der Geiste 
in dem das Material behandelt wird, ist ein neuer. 
H. beschreibt die Welt nicht zur Ergötzung der 
Leser, die gern etwas von fremden Völkern hören,, 
auch nicht für den praktischen Gebrauch der See- 

30fahrer und Kaufleute, sondern aus dem gleichen 
theoretischen Interesse heraus, das die Bücher 
liegt tpvoscog erzeugt. Bei ihm zuerst scheint auch 
die Forschungsreise zu wissenschaftlichem Zwecke,, 
um der loxoglrj willen, nachweisbar. Was selbst- 
verständlich nicht ausschließt, daß H. auch durch 
praktische Zwecke auf Reisen geführt ist. 

Daß dieses erste wissenschaftliche Weltbild 
in lonien entstand, war selbstverständlich. In 
Milet besonders vereinigten Wissenschaft und 

40 Leben ihre Wirkungen wie in einem Brennpunkt. 
Hier hat die Philosophie sich einen Begriff zu 
machen versucht von der Erde als Weltkörper; 
hier trieb man Astronomie und Mathematik,, 
machte man Beobachtungen über die physika- 
lischen Veränderungen der Erdoberfläche. Hier 
hatte sich aber auch durch die Handelsfahrten 
von mehr als zwei Jahrhunderten ein Schatz von 
praktischen Einzelkenntnissen aufgehäuft. Viel- 
leicht hat die Einverleibung loniens in das Eeich 

50 des Kyros und die dadurch geschaffene Möglich- 
keit, auch den Osten durch eigene Anschauung 
kennen za lernen, den Anstoß zu dem Versuche 
gegeben, das von der Philosophie entworfene All- 
gemeinbild auch im einzelnen auszuführen. Sti- 
mulierend haben diese politischen Verhältnisse 
jedenfalls gewirkt. Wie Dareios sich eines Grie- 
chen bediente für seine indische Expedition, so 
hat auch H. wohl sicher Beziehungen zum per- 
sischen Hofe gehabt (§ 2), die ihm teilweise 

CO seine Reisen erst ermöglichten. Denn daß er 
Reisen gemacht und einen guten Teil der da- 
maligen Welt selbst gesehen hat, müssen wir 
annehmen, nicht nur weil Eratosthenes (Agathem. 
ge. inf. II) ihn einen avijQ jiolvjtAavfe nennt, 
sondern einfach, weil ein Werk wie die ITegiodog 
in jener Zeit garnicht anders entstehen konnte. 
"Oyjig und tozogirj sind für H. f wie nach ihm für 
Herodot und Demokrit, die erste Quelle. Sein 



3HJ5tf 



nssmsfos 



VerfWiren müssen wir uns ganz und gar nach 
dem des Herodot vorstellen. Schon bei ihm be- 
gegnen wir der Befragung der eingeborenen 16- 
yioi: er spricht mit den Priestern in Theben 
(Herod. II 143), beruft sich auf die xev<"$ # 0( - 
vüt<ov (frg. 254 -f- 358), auf Auskünfte der 
Karthager über den Westen Libyens (Herod. IV 
195. 196), auf die Aißveg selbst (ebd. 191). Die 
Vermutung von Diel s 436, diese Methode sei 
eben von H. eingeführt, findet eine starke Stütze 
daran, daß sie bei Herodot regelmäßig da er- 
scheint, wo die Sage rationalisiert wird (I lff. 
II 54. 113ff. u. ö.); denn die Befragung bezieht 
sich naturgemäß mehr auf Dinge, die der Tra- 
dition angehören, und scheint deshalb von H. in 
den rsveaioylai stärker verwendet zu sein, als 
in der Periegese, wo die öyng wichtiger ist. 

Wohin und wieweit sich H.s Reisen erstreckt 
haben, wissen wir nicht. Bezeugt ist nur der 
Besuch Ägyptens (Herod. II 143). Die Bereisung 
Kleinasiens ist selbstverständlich; ebenso wohl 
die des Pontos. Sehr wahrscheinlich (nach Herod. 

V 36) die des persischen Herrschaftsgebietes in 
Asien, wenigstens der Zentralländer. Die Schil- 
derung des iranischen Hochplateaus (Herod. I 
110) und der Landschaft im Süden des Kaspischen 
Meeres (frg. 172, 173) macht den Eindruck der 
Autopsie. Auch die Königsstraße hat er wohl 
selbst gekannt (Herod. V 49), dagegen nicht In- 
dien. Ganz im unklaren sind wir über den 
Westen. Falls wir, was wahrscheinlich ist, bei 
Arriah. anab. II 16, 5 (frg. 349) das Zitat des 
H. auch noch auf § 6 ausdehnen dmrfen, wäre 
Autopsie für die Westküste von Griechenland 
(Ambrakischer Golf) festgestellt. Damit verträgt 
sich gut, daß H. das Flußsystem dieser Küste 
mythischen Vorstellungen gegenüber korrigiert 
hat (frg. 71. 72). Aus der Menge von Namen 
aus dem Westen kann man nichts Sicheres 
schließen , so glaublich es auch an sich ist, daß 
H. seine Reisen hierhin ausgedehnt hat. Aber es 
ist auch zweifellos, daß er neben der eigenen 
örptg benützt hat, was bereits an Material vor- 
handen war. Das war nicht wenig; und es war 
zum Teil schon schriftlich, wenn auch (von den 
epischen Periegesen abgesehen) noch nicht Lite- 
rarisch, niedergelegt. Es gab wohl sicher Hand- 
bücher für den praktischen Gebrauch, d. h. 
Häfenverzeichnisse mit Entfernungsangaben, die 
Vorläufer der Periplen, die durchaus eine ältere 
Form darstellen als die wissenschaftliche Perie- 
gese. Es existierten feiner Relationen über ein- 
zelne besonders bedeutende Fahrten, die vielleicht 
schon in primitiver Weise literarisch verbreitet 
waren. Denn es ist mit Grund nicht zu bestreiten, 
daß H. den Bericht des Massalioten Euthymenes 
über seine Umsegelung Afrikas gekannt hat 
(Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 582, 3). Da 
der Bericht bald versehollen ist und den Späteren 
(Herodot, Dikaiarch, Ephoros) nur aus H. be- 
kannt gewesen zu sein scheint (Jacob y o. Bd. 

VI S. 1511), so hat H. ihn wohl in Massalia er- 
halten. Ebenso war ihm der Bericht des Sky- 
lai, mit dem er persönlich zusammengetroffen 
sein kann, über seine Fahrt auf dem Indus im 
Auftrage des Dareios bekannt (Schwanbeck 
Hegastb, Indica 61 n* a. Skyl. b. Athen. II 70 C 
und H. frg. 174; Erwähnung von KcumänvQog, 

P»tt] T -WlMOW*-Kron TU 



von wo die Erpedition ausging, frg. 179; über 
die Bezeichnung Sxv&iöv axzr) Marquardt Pin- 
iol. Suppl. X 242. Der Zusammenhang, in dem 
Skylax bei Herodot. IV 44 auftritt, zeigt, daß 
dieser ihn wieder nur aas H. kennt). Auch 
Hannos Bericht scheint er gekannt und für 
Aißvr} s|o) xtäv orr}X(öv benutzt zu haben (s. 
§ 16). Endlich war in lonien selbst, besonders 
in Milet, Phokaia*, Samos, wie in den griechischen 
10 Kolonien am Pontos, in Ägypten und Nordafrika, 
in Spanien und an der ligurischen Küste, durch 
Befragung viel zu gewinnen über die Länder, die 
H. nicht selbst besuchen konnte; teils auf Grund 
regelmäßiger Handelsverbindungen dieser Städte 

— vgl. z. B. Herod. I 163 xai xöv zz HÖqitjv 
xai ttjv TvQatjvfyv xal ri}v 'IßtjQtijv xal zbv Tao- 
Tijaaov ovrot (die Phokaier) eioi ot xanxds^avzsg 

— teils weil sich die Tradition an einzelne Fahrten 
erhalten hatte (z. B. Herod. IV 152 über die Tar- 

20 tessosfahrt des Samiers Kolaios). Wie diese äxot} 
die oxpis ergänzte, zeigt Herodot an vielen Stellen. 
H. mag z. B. in Massalia Nachrichten über die 
Kelten bekommen haben. Auch Dokumente, wie 
die Satrapienliste, können ihm durch persische Ge- 
währsmänner recht wohl zugänglich gemacht sein. 
§ 8. Was H. so in der Heimat und auf Reisen, 
durch eigene Beobachtung und Erkundung oder 
durch Benützung vorhandenen Materials an Kennt- 
nissen gewonnen hatte, das verarbeitete er in der 

BOIIsQioSog. Was er hier gab — schon dadurch 
zeigt sich der fundamentale Unterschied gegen 
etwa schon schriftlich fixierte Schifferhandbücher 
{IIsQmXot) — war zweierlei: die Karte (üsglodog) 
und der zugehörige Text (Xdyoi). Man hat die 
Existenz der Karte vielfach bezweifelt (zuletzt 
Tropea I 321), besonders weil Eratosthenes bei 
Strab. I 1, 11 sie nicht erwähnt. Aber mit Un- 
recht. An jener Stelle werden nur die zwei Ar- 
chegeten genannt, der erste Kartograph und der 

40 erste Schriftsteller über Geographie (zov fih ovv 
ixSovvai TiQfäxov ye&yQCKptxov Tztvaxa, zov d^'E. 
yqdfifm xazaXmEiv. C. Muellers Erklärung von 
yqdfxfia als orbis terrarum delineatio ist falsch). 
Das schließt natürlich nicht aus , daß der erste 
Schriftsteller auch eine Karte gab. Ausdrücklich 
bezeugt wird sie denn auch von Agathem. ge. 
inf. I 1 (vgl. Schol. Dion. Per. p. 428, 7. Eust. 
Dion. epist. p. 208, 16 Muell.), wo es heißt, H. 
habe die Anaximandreische Karte so verbessert, 

50 wate d'avftaoßijvai zd ziQäyfjKx. Dieses Zeugnis, 
das in seinem Wortsinn durch den Gegensatz 
'EXXdvixog 6e cbildazcog xagiätoxe zt]v tozoQtav 
gesichert wird, ist aber glaubwürdig, nicht nur 
weil es auf Eratosthenes zurückgeht, sondern weil 
es der Natur der Sache entspricht. Zur wissen- 
schaftlichen Periegese gehört die Karte. Das Ver- 
hältnis der Hekataiischen zur Anaximandreischen 
Karte wird mit diatiQißovv bezeichnet. Kecht 
gut. Denn während es Anaxirnander wohl mehr 

60 auf die allgemeine Gestalt der Erde, auf die Lage 
der Olxovfiivr}, ihre Form und ihr Verhältnis zur 
Erdoberfläche überhaupt, vielleicht auch auf die 
sonstigen »geographischen 1 Probleme ankam, ver- 
band H. — um die griechischen Termini (Eust. 
Dionys. Perieg. p. 212, 20. SchoL Dionys. Perieg. 
p. 428. Ptolem. geogr. 1 1) beizubehalten — mit 
dem geographischen' das ,chorographische' In- 
teresse. Er lieferte die ins einzelne gehende Be- 

85 



$$$i 



Hekataios 



Hekataios 



2S92 



«öhrelbung der Olxovftivr]*, seine Karte zeigte die 
Sitaie det einzelnen Völker und ihre Namen (vgl. 
Herod. V 49). Auch die Gebirge, Müsse und 
Sfc&dte waren gewiß eingezeichnet. Anarimander 
ist der .Erfinder' der Geographie; H. der ,Er- 
finder' der beschreibenden Länderkunde. 

Dieser Annahme entspricht es, daß H,, soweit 
wir sehen, in den grundlegenden geographischen 
Fragen nicht geneuert, sondern das philosophische 
Erdbild, das , was Herodot die Karte der "latveg 
nennt, übernommen hat (s. § 10); wohl aber 
führt er — hierin die Praxis der Periplen aus- 
bildend — für die Beschreibung der Olxovjxevr) 
die Form der ,Umwandelung' ein, die seitdem die 
wissenschaftliche Länderkunde der Griechen be- 
herrscht hat. Die Disposition ist dadurch ge- 
geben, daß der Autor dem Laufe der Küste folgt 
und von hieraus jedesmal an den passenden Stel- 
len in das Binnenland und zwar bis zu den Erd- 
rändern fortschreitet. Daß mit der Nordhälfte 
begonnen wird und die Erdteile sich in der von 
Herodot. II 16 festgehaltenen Eeihe Evgdmt] 'Äottj 
Aißvr) folgen, ist ebenfalls konstante Praxis ge- 
blieben. Die Wahrscheinlichkeit spricht durchaus 
dafür, daß auch der Beginn mit den Herakles- 
säulen in Spanien, durch den ein wirklicher 
Rundgang um den ganzen Umkreis des inneren 
Meeres erzielt wird, bereits auf H. zurückgeht. 
Wenn Klausen 14 aus frg. 83. 74. 75 (67 ist 
doch anders) schließt, daß H. a Graeeia initium 
fadens oöeidentem versus pergeret, so ist das 
nicht zwingend: denn sobald, wie bei dem Fest- 
land von Hellas , der Autor ausführlicher auch 
das Binnenland behandeln muß, ändert sich die 
sonst einfach dem Laufe der Küste folgende An- 
ordnung der Landschaften (s. % 12). Gegen Klau- 
sen läßt sich denn auch nicht nur frg. 78 an- 
führen, sondern auch frg. 56, das für die ita- 
lische Ostküste die Richtung Süd-Nord beweist. 

Die Form, in der die Einzelbchandlung sich 
vollzog, ist direkt nicht kenntlich, da keines der 
wörtlichen Fragmente den Umfang von 1—2 
Druckzeilen überschreitet. Dennoch erlauben sie, 
die im folgenden mit * ausgezeichnet und mög- 
lichst allein benützt werden (nur vermutungs- 
weise dem H. Zugeschriebenes setze ich in ( )), 
eine gewisse Vorstellung, die durch vorsichtigen 
Vergleich vor allem mit dem Periplus des Skylax 
als dem ältesten erhaltenen Dokument dieser 
Gattung noch eine etwas festere Gestalt bekommt. 
Zieht man etwa noch gewisse Partien Herodots 
und die paar wörtlichen Zitate aus Eratosthenes 1 
drittem Buche der reoiygatpovfxeva hinzu, die, wie 
H.s köyoi, zur Erläuterung der Karte bestimmt sind 
(Späteres lasse ich beiseite, da eine vollständige 
Aufarbeitung hier doch nicht möglich ist), so er- 
gibt sich eine große Konstanz der äußeren Form, 
die auf ein maßgebendes Werk am Anfange der 
ganzen Entwicklung hinweist und Rückschlüsse 
auf dieses erlaubt. Daß damit auch ein fester 
Maßstab für die höhere Kritik des Skylax ge- 
wonnen wird, sei nur nebenbei bemerkt. 

1. Es ergibt sich eine Einteilung der ganzen 
Periegese dadurch, daß die Behandlung i&vixwg 
(wie bei Ephoros : Ps.-Scynn. 470ff.) erfolgt, d. li- 
es werden zuerst größere, politisch oder ethno- 
graphisch zusammengehörige Gebiete genannt 
(Mastiener, Tyrrhenex, Oinotrer, Thraker, Skythen, 



Troaa, Aiolis, Aigyptos ü. a.). Sie haben wie die 
Xöyoi Herodots und die Abschnitte bei Skylax 
eine gewisse Selbständigkeit, wie die Zitate h> 
AloXixolg, sv Alyvnxov Ilegttjyi^ost, iv 'EXXtjözzov- 
xcoi (?) zeigen. Noch häufiger als bei Skylax 
wird die Überschrift, um dieses Wort zu brauchen, 
durch den Volksnamen gegeben: frg. 56* psta 
de IlevxaToi; frg. 67*. 78*. 83* (xexd de AoxgoL 
135*. 173*. 175*. 180*. 190*. 193*. 195*. Der 

10 bei Skylax übliche Zusatz e&vog fehlt; dafür 
frg. 175* äv&Qvmoi 'Qmat [auch Herod. IV 168fF. 
steht e&vog nur, wenn es eine nähere Bestimmung 
— edvog iov jtoUöv u. ä. — erhält]. Der Landes- 
name (für italische Gebiete kommt nur "laixvyia 
und 'Izcdia vor, sonst durchgängig Volksname) 
erscheint gern in Form des Ktetikons, mit oder 
ohne xcöqci: Tgotixtj frg. 209*; Bsxetgtx^ frg. 
190*; Xaovixtj frg. 74 (aber Xaovia im Lemma 
des Steph. Byz. frg. 76) ; Otöavnxrj frg. 66; 

2Q ravdagixjj frg. 178; Aiyvoxixrj frg. 22. Wirk- 
liche Gesamtnamen sind noch recht selten. In 
Italien z. B. kommen weder Samniten noch Lu- 
kaner noch Brettier vor. was dem Zustand saec. 
V in. entspricht (vgl. 3sTi ese Gott. gel. Anz. 1885, 
250). Wichtiger als der Gesamtbegriff Qgaixeg 
sind dem H. die einzelnen e'dvij , Paionen, Ki- 
konen u. s. f. Die lexikalische Verarbeitung, die 
mit den späteren Gesamtnamen wirtschaftet (nicht 
ohne Mißverständnisse: 'IzaXia frg. 27. 29 s. § 

30 12, 2), erschwert hier das Urteil. 

2. Die genannte Landschaft wird dann geogra- 
phisch begrenzt, besonders gern durch Flüsse: 
Skyl. 66 ovzog (Strymon) ögi&t Maxedoviav xal 
&gdixr\v co (frg. 296) 6 Ne7X6g iazl 6 xi}v 'Aotyv 
ÖQiCoiv Ttjt Aißvtji; frg. 175* f.äxQ l tovtov (seil. 
'lvdov) 'Qmaf dizb de tovtov egquiT) pe%gig '/v- 
dojv o^ Skyl. 107f. ptexgig ovv ivrav&a Alyi'n- 
xtoi äg/ovotv • dao de"Amdog xxl. frg. 190*. 305*. 
Leider sind diese Abgrenzungen, die historisch 

40 besonders wichtig wären , fast alle verloren ; er- 
halten außer denen der libyschen Stämme (s. § 16) 
nur die des Delta <Herod. II 15, vgl. § 15). 
Auch aus Steph. Byz/ Lemmata lassen sich einige 
Schlüsse ziehen (§12, 4). — 3) Zweifellos wurde 
ferner, wie bei (Herodot) Skylax, Eratosthenes, 
die Ausdehnung der Küste überall angegeben. 
Auch andere Maßangaben können nicht gefehlt 
haben: frg. 303* 6 Wv/Mxog xokxog /niyag xal 
ßa&vg, TQiäv f}pt,£QÖw jzXovg. Rest solcher Bestim- 

50 mungen wohl frg. 170 *. 209 *. Cramer Anecd. Ox. 
I 287, 28 nsfi.iTQr}vrat piejuezoiarat .taga zon e E, 
Ob die Maße immer in Tagesfahrten und -mär- 
schen gegeben waren oder ob, wie bei Herodot 
fex. gr. IV 85f.) und Skylax in bestimmten Par- 
tien die Stadienrechnung konkurrierte (Umrech- 
nungen Skyl. 69. Herod. IV 101. V 53), läßt 
sich nicht ganz sicher sagen. Der Vergleich von 
Herod. IV 175 «» 181 ff. spricht dafür. Nur wird 
H. weniger nach Stadien vermessene Strecken ge- 

60 kannt haben. — 4. Die Lage der Landschaften zu- 
einander wird, wie bei einer Aufzahlung nach 
dem Laufe der Küste natürlich, vielfach nicht 
näher bestimmt, sondern von der Grenzstadt oder 
dem Grenzflusse aus mit einfachem /tewd (seltener 
ebfö: frg. 175* «* Herod. IV 17. 184Vgegeben: 
frg. 56* ev de Xavdaxtj stdltg • p*** 9* Iltvxatot. 



frg. „_ .. . 

frg. 79. 83*; vgl. Herod- IV 18& tt. *. Skyl. 72 
iura de Matätzag Stvdot SQvoz. Ert*0*ÖI. HIB 112 



2693 



Hekataios 



Hekataios 



at»*4 



l 



. 8tJ8 Betger fuxa *UXvQtkovt Nwnafoi: (Ephor. 

i.) Pfc-Skymn. 473 paxh roi/t *A*a@v$vae p&v Satt 
Ahwlla. Strab. VIII 1, 1. 12 in knapperen Auf- 
zählungen; u. a. Doch wird die Grenznachbar- 
schaft ausgedrückt auch mit e%so&cu (frg. 190* 
Zxovxai <$' avxcöv Xoi, vgl. Herod. IV 168ff., wo 
diese Form fast durchgeht; Skylax, wo sie sehr 
häufig ist. Ephor. frg. 73 i%Oftevr} de tovrcov 
Aivo; nöXtg) oder mit dpovgsTv (auch olxelv) und 



nächst in aUereinfachster Form die Städte, Slüsse, 
Gebirge, Meerbusen und Häfen aufgezählt wer- 
den: Z. U. frg. 35* sv de 3 I£ia; nokts, &> de Ms- 
vexivt] a6Xi$ (zur Form: Herod. I 145 "Qlsvos, iv 
%&i IIsTgoe aozap6$); frg. 40* iv 6b Ad^xog no- 
xau6$, sv Se Aautixtvot, Ebenso frg. 83*. 116*. 
135*. 173*. 175*. 180*. 189*. 193*. 217*. <Steph. 
Byz. s. Magcbveta*}. Einmal steht eine Ord- 
nungszahl dabei, frg. 87* iv de jioXtg Xmgmvsia 



Angabe der Himmelsrichtung: frg. 67* ^saagrj- 10 ra agtita. Steph. hat daraus seine genetivischen 



ftiow Tigog ßogico olxeovm Xelidöviot; frg. 78*. 
173*. 190* e? f,tbr xovzo f\ Bt%togixr\ ' ^ovxai ö' 
avtwv Xoi . . . fi&XQ 1 f* EV tovxtov Xoi . . XoTai d 1 
■oijLovgsovot Jigog iffoov ävia'/ovia AiCtjges; frg. 
135*. 193*. 195*; vgl. Herod. IV 169 xovxwv dh 
Ejovxai rthyd/xat vsjuofisvoi ro Jigog soiregtjv ^eo- 
grjv fid%Qi xxk. 170 rtXtyafjLswv ds fjforrat to Ttgog 
£o3zegr)g (man kann sich danach vorstellen, was 
in den Lücken von frg. 190 gestanden hat); 173 



Lemmata entwickelt: z. B. Xotgddsg ' nöhg Moa- 
awoixoiv • C E. Evg(OJtf}i • . . . Moaavvotxoi . . . iv 
de avxotoi Xotgddeg xofag. Bei der Küstenbe- 
schreibung tritt wieder das einfache \xsxd ein: 
frg. 75* fiexa de Bov&Qaixdg adlig, fiErä'ds'Qgt- 
xbg Xifify; ebenso frg. 9*. 16*. 44*. 118*. 140*. 
251*. 252*. 260* (Steph. Byz. s. XdXxr}*). 
Daraus stammen Steph. Byz. 1 ^srafv-Lemmata; 
z, B. frg. 219 Mvowrjoog nölig (azto^v Tio) xal 



Naoapt&öi de .igoooftovQoi sioi Wvllor, Eratosth. 20 Asßidov. Den Beginn eines Abschnittes haben 

TTIT3 CO ,v <MA R™™. A« H ort l/,V,n« Sü+^at, a l n A W i r UQCh frg. 83* jUSröt dk AoXQOl * SV dk Xd- 



III B 63 p. 314 Berger. Aus solchen Sätzen sind 
die vielen Lemmata mit ngoaex&s bei Steph. Byz. 
entwickelt (frg. 57 ITsvxsxiavteg ' edvog xotg Olvm~ 
zgotg ngoas X ig- t frg. 62. 63. 64. 69. 73. 114. 166. 
185. 188. 189. 192; deutlich frg. 114* olxmvmv 
"Ifitpeeg, IlegQaißoi <r& Lemma 'I(A<pisTg • edvog ngoa- 
sxk Toig neogatßoTg), von denen die genetivi- 
schen Verbindungen zweier Volksnamen sorgfältig 
xu trennen sind, weil sie politische oder ethnogra- 



Xatov 7t6Xig 7 iv de Otäv&r} si6Xig\ vgl. frg. 99* 
Xiog xax' 'Egv&gdg m iv de jzdXig Xiog. Diese 
Foi-m leuchtet deutlich in Steph. Byz.' Umsetzung 
durch: frg. 102 Aijpvog • vtfaog ngog xiji @güixt]i, 
dvo JiöXeig ex ovaa > H<paiaxtav xal Mvgwav , dyg 
'E. Ev. Die Aufzählung ist hier überall ganz 
knapp und enthält nichts außer dem Namen und 
dem charakterisierenden Beiwort, das meist nach- 



phische Zugehörigkeit ausdrücken (frg. 69 Aßgot ■ 30 gestellt wird: Y£m? jtöXtg, Adfirjxog ^ noxa^idg, 
sih'og , , TavXavuvoiv, Jigooexeg xoig XeXidoviotg ; 'Omvnr Xmnv Knnc AYr.vr). AtXvSatov axoa (irs. 



frg. 185. 188 u. ö.). Diese Bezeichnung nach 
■der Himmelsrichtung war besonders notwendig 
überall da, wo der Autor von der Küste ins In- 
land ging. Die einfachste Form ist hier, wenn 
es sich nur um das unmittelbare Hinterland han- 
delt, vjtig: frg. 44* (vgl. Herod. IV 175 ovxot 
[ihr dt} xazvJteQ'&e oixsovai Naaaß(6vo?v , to de 

jiagd. xr\v üdXaoaav xxX. IV 185 U. o.). Doch _ _ 

hat H. sich hier auch anderer Hilfsmittel zur 40 geblieben. — 6. Es ist wohl zweifellos, daß diese 



'Qgtxog Xiptjv , ogog Aixvrj, AtXvßatov axga (frg. 
46), Xittvr) Mdgig (Steph. Byz. s. Magcbveta), äv- 
ftoamot 'Qxtat (frg. 175*); einmal nokig ITagt- 
xdvri ovvopa (frg. 180*). Archaisch steif und bei 
der sonstigen Knappheit doppelt auffällig ist die 
jedesmalige Wiederholung der einleitenden Loka- 
lisierungsfonnel iv de und der Epitheta TioXig 
u. a.; von dieser Steifheit befreit ist aber die 
einfache Aufzählung der Periegese eigentümlich 



geographischen Bestimmung bedient, indem er 
die Lage zu einem größeren Gebirge oder Flusse 
angab: nach Kabessos kommt man vjiegßdvn 
xov Aifiov (frg. 144* zum Ausdruck: Herod. I 
104 vxegßrjvai ig rtjv Mtjdtxrjv, IV 18 dtaßdvxi 
rov BoQvadevia.) ; Itone liegt vjio xbv Afyov (frg. 
151) ; Krobyzen und Trizen wohnen ngog vöxav 
dvifi-ov xov"laxgov (frg. 149. 150), an dem die 
Stadt Xjgydfir} liegt (frg. 152), und über den die 



allereinfachste Form der ziemlich öden Aufzäh- 
lung in großen Partien der Tleglodog geherrscht 
hat. Ziehen wir hinzu, was über die Behandlung 
der Landschaften festgestellt ist, so können wir 
uns die einzelnen Abschnitte und ihTe Verknüpfung 
etwa nach Skyl. 14. 15 vorstellen: /hetcl di ttjv 
Aevxaviav 'läjivyig eiatv edvog [lexgi 'QgiojvOg 
ogovg xov iv zäJi xofoicoi %6>i 'Adgtai . jiagaitXovg 
Tiagd xi)v 'Iaszvyiav ?£ tj/neocov xal Jrf vvxtibv. 



Kenntnis nach JSorden nicht hinausgeht. FüröOe»' de 'Ianvyiat olxovatv "ElXriveg xal ndhig eloiv 



die Küsten Völker und überhaupt in fortlaufender 
Aufzählung waren derartige relative Bestim- 
mungen nicht notwendig; sie finden sich in den 
wörtlichen Fragmenten kaum je (nur 175* die 
Opiai ^agd tov ' lvdov jtoxafidv) ; die meisten Lem- 
mata, in denen die läge von Völkern und Städten 
bestimmt wird nach Gebirgen (z. B. jiagä oder 
MQi x6r"A&oy. frg. 121. 161. 162. 186). dxgai 
und Ur&fioi (frg. 3. 6. 90. 325), Meeren (lonios 



aide ■ 'HgdxXsiov 'Mexandvxtov Tdgag xal Xtfxrjv 
'Ydgovg ixt x&i xov 'Adgiov . . oxdpiaxt. [Zavvi- 
xat]. Mexa de 'Idxvyag coco 'ügioivog Sawtiat 
edvog iozcv xzl. Verglichen werden mag gleich 
noch Eratosth. y rea>yga<p. (Steph. Byz. s. Avg~ 
gdxtov): i%6fievoi d' oixovoi TavXdvziof noXtg de 
'EXXqvig 'Esiidüfivog im x^QQOVi^oov xfjg xaXovpt£Yr}g 
Avggayjov . izoxafioi de AgiXwv xal Aöiog , negl 
ovg ol Kddftov xal 'Agftovtag zd<poi deixvvvzai. 



xojjtog und 'Adgiag 59. 60. 61. 69 ; Hellespont 60 Für das, was hier über die einfache Aufzählung 



136-138; Pontos 1CÖ. 195. 198. 199; Kaspisches 
Meer 169. vgl. 171; üegaixog xdhnog frg. 182; 
Aißvxog xöhtog 315), Flüssen (frg. 195. 316), 
anderen Städten (205. 308. 310 u. ö.). sind wohl 
meist erst von dem Lexikographen aus dem Zu- 
sammenhang der Hekataiischen Aufzählung ent- 
wickelt. — 5. Von jeder Landschaft wird dann die 
chorographische Beschreibung gegeben, indem zn- 



hinausgeht, werden wir sogleich die Parallelen 
auch bei H. finden, denn allein herrschend ist 
diese einfache Aufzählung nicht gewesen. Zu dem 
Namen mit Epitheton tritt zunächst vielfach (wie 
hier hei Skylax zn Tdgovg und bei Eratosth. zu 
'Ejitdaprog) eine nähere geographische Bestimmung 
der Lage: frg. 135* sv ö" avxoun xoXtg Xygod- 
vtjoog ev r&t loöfuSt xov XeQOovifoov. Das gilt 



zwo neKaiaios 

besonders für die Inseln, deren Einordnung bei 
der Kttstenfabrt immer gewisse Schwierigkeiten 
macht: Skylax hat hier jedesmal die steife For- 
mel, die bei Herodot mehrfach den Exkurs ab- 
schließt, indvsipi 8h jzdltv int ztjv ijjietgov, o&sv 
^EXQa7töfir}v. Die Lage der Insel bestimmt er 
mit Angabe der Entfernung von einem Punkte 
des Festlandes aus: xazä 6e TvQgtjviav xsTzai 
vfjdog KvQvog (§ 6J ; xazä de 'Prjycov ioxt SixeXia 



üejßrtaios 



BÖWS 



XdXxtg ff 3iq6t£qov Eßßoia xgooTjyQQv&ETo; denn 
es ist mindestens nicht sicher, daß die folgende 
Ableitung cbio K6fißr\g zfjg XaXxiSog xaXov/nevtfg 
noch H. gehört. Daß dieser die mythischen 
Gründer oder Namengeber genannt hat, und zwar 
meist in der einfachen Art, daß der Stadtname 
durch Homonymie mit dem Gründer erklärt wird, 
ist aber sicher: frg. 72* "Ivaxog und "A&yog *Afi- 
(päoxtxov von Amphilochos; 252* NayiSog nohs 



vfjoog (vgl. ex. gr. Eratosth. HIB 112 p. 356 10«jro zov Ndytdog xvßegvnzov, 287* $dgog vom 

Berger Neazaloi, xaty ovg $dgog vrjoog. Ps.- " r * J ~~ ™ — 1 — A ~ •■-*.-:* t i*™* tt 

Scymn. 446 u. ö.). Ebenso H. frg. 99* Xwg xaz 
'Egv&gdg (danach die Lemmata frg. 18. 22. Har- 
pokr. s. KakavQsta. 97. 100. 102. 313. 315. Ge- 
legentlich setzt Steph. Byz. einen Genetiv aus 
dem Zusammenhang hinzu: frg. 25 AlMXr) vrjoog 
TvQoyväv cc Skyl. 6 ; frg. 95 *EXevt), v. zrjg 'Ar- 
Ttxijg coli. Scyl. 58 xazä 8h zrjv 'Arrixrjv .... 
EXirt}, 98 KoQoml vf\aog ztfg 'Icoviag dvztxgv 



7iQ(üQevg des Menelaos; Äristeid. II 482* Kano- 
bos von seinem xvßsgvrjzijg (Skyl. 106 ex.); da- 
nach sicher auch 'EXhetog frg. 288, wo die Ab- 
leitung fehlt. Danach wahrscheinlich auch frg. 
61. 80. 84. 85. 88. 139. 171. 241. 242. 250. Von 
wirklicher Sicherheit ist aber nicht die Rede, wo 
mehrere Ableitungen gegeben werden (frg. 99. 
101), und überhaupt, wo die Ableitung hinter 
dem Autornamen steht: das zeigt ein Blick auf 



ZäfAov). Die Himmelsrichtung vom Festland aus; 20 frg. 87, wo die auf das wörtliche Zitat folgende 

frg. 26; die Zugehörigkeit zu einer Inselgruppe: *v,i„:+ ^_a v„/ ^;„i™„i™ — a_-~.l- 

frg. 139. — 7. An die Nennung einer Stadt werden 
andere chorographische Angaben geknüpft ; frg. 44* 
fiexä 8s Kazävt} TiöXig, vjikg 8k ögog Aitvt} • frg, 202* 
im ds'AXaCiai tcöXi noTafiog'OÖQvorjg (knappe Schil- 
derung seines Laufes von der Quelle bis zur Mün- 
dung); 241* Sdvd-og nag rfi Edvüog ii-fyat sioza- 
\i6g. Bei Skylax wird durchgängig hervorgehoben, 
welche Städte .hellenisch* sind {nötig 'EXXrjvtg 



Ableitung dsio Xalgawog vielmehr aus Aristo- 
phanes belegt wird. H. kann sie auch gehabt 
haben ; es ist aber nicht nachweisbar. Sicher aber 
hat es außer den mythischen Etymologien auch 
andere gegeben. Von einem historischen Namen 
wird Phanagoreia (<Pavay6gov noXig Skyl. 72 u. a.) 
abgeleitet frg. 164 + Arrian. b. Eust. Dion. 549 
r)v sxziae <Pavayogag 6 Ttog tpevyoiv ttjv zwv Usq- 
oeov vßgiv (vgl. zur Form Skyl. 67 Adzov, ndfag- 



ist bei ihm und Eratosthenes die Form; H. hat SO e EXXt)vig, f}v djixios KaXXiazgatog'A^vaiog. Ephor. 



den lebendigeren Genetiv). Das ist bei H. eben- 
falls geschehen und nicht auf die hellenischen 
beschränkt: frg. 116* iv <$' avxcöt 0%«?/ ndlig 
EXX-qvcov &Q7\ixoiv (Salmasius und Moineke 
streichen &etjixcov; aber vgl. Herod. IV ll"EX/.r)- 
veg Sxv&at; anderes Stein zu I 72, vgl, Ca- 
spari 246), iv 8e Xa?>datQr} jidXtg Qgtjixatv 
(vergleicht man Skyl. 86 Moogvvolxoi edvog . . 
Xotgdöeg ndXig 'EXXryvig mit frg. 193*, so ergibt 



frg. 73. Ps.-Skymn. 441 a. 0.). Von geographi- 
schen Namen frg. 60 KavXmol . , xixXyzat cbia 
üQovg (vgl. Herod. IV 184). 213 Metyzog xdXnog 
vom homonymen Flusse ; von Eigenheiten in der 
Lebensweise frg. 154 die Melancblainoi. Ver- 
gleicht man etwa noch Skyl. 22 "YXXot • ovzoi 
öe (paaiv "YXXov zbv 'HgaxXsovg avzovg xazoixioai r 
so wird wahrscheinlich, daß H. die epischen Ko- 
lonisationssagen durchgängig berücksichtigt hat r 



sich, daß die Exzerpte aus H. in dieser Beziehung 40 um den Ursprung der Völker und Städte anzu- 



unvollständig sind), frg. 140* B6gv£a • jrdXtg IJsg- 
aeoiv (am Pontos! Zu beachten ist der Unter- 
schied im Ausdruck gegen frg. 175* iv ös rtfyog 
ßaodytov;Ygl Herod. VIT 59). Danach sind zu be- 
urteilen frg. 244 KoQv8aXXa ■ noXtg 'Poöioiv. Steph. 
Byz. S. rdqyaQa * jtöXc; Tgoiddog , r/v AioXixrjv 
dva/ud&t . . E. frg. 275 noltg <Poivtxm' zwv iv 
ZvQiai. 311 xaXtg "Idavaiv iv Aißvrji &otvtxcov. 



geben. Direkt erhalten hat sich davon fast nichts, 
weil Spätere (besonders Ephoros) hier mehr gaben. 
Aber in die llsgioSog gehört, was H. von der 
früheren barbarischen Bevölkerung Griechenlands 
zu sagen wußte: frg. 356 (= Strab. VII 7, 1), 
dessen Ausdehnung leider unsicher ist. Auch 
die Fjrzählung von Pelasgern in Attika (Herod. 
VI 137 'E. , . iv zolot Xdyoiot, vgl. E. Meyer 



(SteplL Byz. s. XdXxij). Ein Lemma wie frg. Forsch. I lOf. 20f. 114f.) weise ich unter Ver- 
225 MtXijzog • uidltg im(pavi}g iv Kagiat tojv 'Ia>- 50 gleich von frg. 89 cw Herod. V 57 der U^iodog 
vr . iV avwaic*: cV^ Annix V/M^i^*!, «,;+ ov„i an zu _ jy^ turze Erwähnung auch der lydischen, 

phönizischen, ägyptischen Kolonisten unter Füh- 
rung des Pelops, Kadmos, Danaos ist wahrschein- 
lich, während die Stammbäume (z. B. Herod. VI 
53—55, s. § 21) natürlich den FeveaXoyiai vor- 
behalten blieben. Über die einfache Nennung von 
Eponymen hinaus geht jedenfalls frg. 47 Mozvtj * 
uiöXig £ixeliag cLro Mozvrjg yvvatxog jttijvvadofjg 
'HQaxXel xovg iXdaavzag xovg avzov ßovg • C E. 



vcüv erweist sich durch Vergleich mit Skyl. 99 
fj.ezd öi Avölav Kagla . . xai TioÄEtg iv avzijt 
EXXrjvlöeg . . . MiXrjzog als direkt aus H. über- 
nommen; nur der sachliche Zusatz hwpavqg (fie- 
ytatrj, pf-ydXt)) bleibt seiner Herkunft nach hier 
wie frg. 45. 101. 225. 261. 262 fraglich: denn 
frg. 99* (das freilich unvollständig ist) hat ein- 
fach Xio; gegenüber dem Lemma ^ i^KpaveardTt} 
vfjoog zöjv 'Igovcdv. Sonst aber fehlt es nicht an 



sachlichen Angaben, die über das chorographisch 60 EvQwxrjt. Das ist eine kurze Erzählung ätio- 
Notwendige hinausgehen. So hat H. offenbar logischer Natur aus der Heraklessage, tfie wir 



ein besonderes Interesse für die Namen, ihre Her- 
kunft und etwaigen Veränderungen gehabt und 
sie mehr oder weniger ausführlich erklärt. Ganz 
knapp wird frg. 260* /«t« 8h $ xdXai Acägog, 
vvv Ss AcöQa xaXeizat einfach die Tatsache kon- 
statiert (vgL Skyl. 84 avzt} rj ndXtg zo siqiv xaVEni- 
Xsvxddtot &roftd£ovTo). Ebenso scheinbar frg. 105* 



trotz des Widerspruchs gegen die revsaXoyiat 
dem H. nicht absprechen dürfen (s. § 19, vgl. 
frg. 48 [Heraklessage] und 95 [troischer Kreis]). 
Auch Eratosthenes hat sich, weil er in der Be- 
schreibung des Polandes der mit jener Gegend 
verknüpften Phaethonsagen gedachte, den Vorwurf 
ovdsvog ajie%exai (iv&m&ove (p. 356fF. Borger) zu- 



mvi 



axKK*mw9 



gesogen; tmd Skyl. 18 notiert Kpdtcov Aaxt- 
rtop . . ri}<foc EaXvytoSg, ir ?jt 'Ofawotiti &uut 
jtaea Kulvipot. Der Passus zeigt, daß solche 
Hinweise und Ableitungen aus der mythischen 
Geschichte ohne ausführliche Erzählung inner- 
halb der Aufzählung gegeben werden konnten. 
Ob das auch für 212 {Afta^dvtov , alter Name 
von Kvprf) und 89 (rstpvgaioi o* TavayQatoi) 
möglich war, muß dahingestellt bleiben; vermut- 
lich war hier doch erzählt, was Herod. V 57. 
61, 2 von den rs(pve aZoL berichtet (s. § 6). Nicht 
mehr möglich erscheint es für frg. 207 ^ über 
Latmos als alten Namen von 'IlQdxXeia f) vsio 
AdzfAfot: man kann (trotz 'des Ausdruckes qtieq 
"E. fxhv ifitpaivst) darin nicht etwa einen Schluß 
sehen, den Strabons Quelle daraus machte, daß 
H. die Stadt mit dem alten Namen Latmos, das 
anliegende Gebirge mit dem Homerischen Namen 
4>&£iqü)v ögog aufführte. Vielmehr ist mindestens 
eines — und dies ist das Wesentliche — sicher, 
daß H. den Latmos mit dem vjzo zov jzoitjzov 
(IL Et 868) <P&siqmv oget Xeyofievtoi identifizierte. 
Hier bietet Skylax keine Parallele (wohl aber 
ex. gr. Thukyd. VI 2,1 im ethnographischen 
Exkurs über Sizilien). Begreiflicherweise; denn 
hier zeigt sich deutlich der wissenschaftliche 
Charakter der üegtoSog. Es ist doch interessant 
und wirft ein helles Licht auf die Entstehung 
der Geographie als Wissenschaft, daß sie 
schon in ihrem ersten Vertreter jenen charakte- 
ristischen Zug aufweist, durch dessen überstarke 
Betonung die nicht rein praktischen Zwecken 
dienenden geographischen Werke in hellenisti- 
scher Zeit ilrre so seltsam philologische Physio- 
gnomie bekamen. Ebenso wie in frg. 227 ist 
der Wunsch, die Homerischen Orte aufzufinden 
und die Geographie des Epos mit der der Wirk- 
lichkeit in Einklang zu bringen, frg. 200 (Strab. 
XII 3, 25 -f- Eustath. IL II 852): H. las H 852 
i£ 'Evetijg und erklärte dieses offenbar für den 
alten Namen von Amisos (wohl vor der grie- 
chischen Besiedelung). Zweifelhaft ist es frg. 202, 
ob bereits H. sich mit dem Problem von IL U 857 
beschäftigt hat oder ob erst der Skepsier Deme- 
trios das Homerische "AXvßri in der von H. ge- 
nannten, später verödeten Stadt 'AXa&a wieder- 
fand. Auch frg. 348 schaltet man hier wohl 
besser aus, zumal es vermutlich aus den rsvea- 
Xoyiat stammt. Anderes, was auf Anknüpfung 
an Homerische Geographie zu deuten scheint, 
hat Klausen 19 (vgl. auch Diels 442) zusam- 
mengestellt. Danach ist denkbar, daß H. auch 
Ephyra als alten Namen Korinths genannt hat 
(trg. 90). — 8. Alles dieses mag man schließlich 
als Zutaten innerhalb der Aufzählung ansehen, 
die in kürzester Form (relativisch wie frg. 105*; 
präpositional 252*; selbständiger Zwischensatz 
260*) an die geographischen Namen angeschlossen 
wurden. Aber das ist nicht alles. Die einfache 
Aufzählung der i&vrf , ihre Grenzen und Städte 
ist zweifellos unterbrochen worden durch Schil- 
derungen, die sich bezogen: 1. auf die Natur des 
betreffenden Landes; 2. auf die rdjwot seiner Be- 
wohner. Der direkten Fragmente sind ja gewiß 
wenige (bezeichnenderweise stammt kaum eines 
von ihnen aus Steph. Byz.); aber sie genügen 
vollkommen, um die Tatsache selbst zu sichern. 
60 zu 1): frg. 58* über die Fruchtbarkeit des 



Polandes, das man zu Unrecht dem H. immer 
wieder abspricht; frg. 172*. 178* über Boden- 
gestaltung und Flora am Kaspischen Meere und 
bei den Chorasmiern (im Ton völlig analog die 
oben dem H. zugewiesene Einlage über Medien, 
Herod. I 110. Doch muß die indirekte Über- 
lieferung hier noch ferngehalten werden); frg. 
174* die Flora am Indus. Zu vergleichen sind 
ex. gr, die Schilderungen aus dem Reisebericht 
10 des älteren Skylax über Indien (Athen. II 70B C). 
Besondere Aufmerksamkeit scheint H. dabei dem 
Flußsystem des betreffenden Landes gewidmet zu 
haben (frg. 70- -72); er hat für die Beschreibung 
des Flußlaufes eine ganz feste Form entwickelt 
(frg. 202), die bei Herodot — zum Teil eben aus 
H. — I 6. 180. 189. 202. II 33 u. ö\ wieder- 
kehrt. Für Schilderung der vdftoc beweist vor 
allem frg. 123* über die Paionen, ihre Getränke 
und das Salben eXaicoi ästö ydXaxzog; Kleidung 
20 der Bewohner von Tcfony (frg. 189*), der Kissiej 
(Harpokr. s. xvnaootg*), der Frauen eines unbe- 
kannten Volkes (frg. 329*), vielleicht der Libur- 
ner (frg. 61). Wie diese Dinge eingefügt waren, 
zeigt ein Vergleich von frg. 190 mit Hcrodots 
Aißvxd. — 9) Solche Schilderungen kontrastieren 
stark mit den trockenen Aufzählungen, wie wir sie 
oben konstatierten. Hier kommen wir an die Stelle, 
wo unsere Vorstellung von dem Werke zu ver- 
schwimmen beginnt. Wir vermögen mit Sicher- 
30heit nicht zu sagen, ob von allen genannten 
Völkern solche Schilderungen gegeben waren; 
noch weniger, ob überall mit der gleichen 
Ausführlichkeit. Wahrscheinlich ist das letztere 
allerdings nicht. Ich will mich hier nicht auf 
Skylax berufen , obwohl die in seinem Periplus 
vorhandene Ungleichmäßigkeit, das Schwanken 
zwischen extremer Brachylogie und ausführlichster 
Schilderung durch alle Stadien hindurch ganz 
gewiß nicht allein oder auch nur hauptsächlich 
40 Schuld der Überlieferung ist. Ich will auch keine 
allgemeinen Erwägungen anstellen : daß eine solche 
Ungleichmäßigkeit in jenen schriftstellerisch noch 
ungewandten Zeiten nichts irgendwie Verwunder- 
liches wäre, hat Diels 428 unter Vergleich mit 
Herodot betont ; und es liegt im Wesen dieser 
Gattung, die nicht aus schriftstellerischem, son- 
dern aus wissenschaftlichem Bedürfnis geboren 
ist, daß der AutoT ohne ßücksicht auf äußere 
Gleichmäßigkeit das gibt, was er von jedem 
50 Lande weiß. Das Wesentliche ist die Feststellung 
des Faktums selbst; und an dem läßt sich nicht 
zweifeln. Der knappen, abeT vollständigen Schil- 
derang des Kaspischen Meeres (frg. 172*) oder 
Mediens <Herod. I 110) steht die sehr ausführ- 
liche Behandlung der <pvotg xdtQ^g von Ägypten 
gegenüber. Gewiß ist H. viel knapper in Wor- 
ten gewesen als Herodot; auch die Polemik ver- 
breitert bei diesem die Darstellung; aber daß er 
bei H. eine ausführliche Beschreibung Ägyptens 
60 vorfand, leidet keinen Zweifel. Denn direkt sind 
uns hier die bis ins einzelne gehenden Schilde- 
rungen der Fauna (frg. 292—294) bezeugt; die 
vdfioi ebenfalls (frg. 289. 290); eine ungewöhn- 
lich starke Berücksichtigung der hellenischen 
Sagengeschichte (§ 6) ; Erwähnung von Tempeln 
und thtviidöia (frg. 277*. 284*. 318*); Reise- 
erinnerungen und Erlebnisse persönlichen Cha- 
rakters (frg. 276). Man braucht wohl nicht so 



xLe&awuuH 



jiesat&ios 



ÜTW 



vorsichtig zu sprechen wie Di eis 429; die Un* 
gleichmäßigkeit war wirklich vorhanden. Als 
stärkste Gegensätze mag man die Schilderung 
Ägyptens und den Katalog (frg. 37) der Städte 
xüv OivahQfov iv /uscoysiat betrachten, wobei 
übrigens gegen Skylax ein charakteristischer 
unterschied festzustellen ist: H., der sich bemüht, 
ein Vollbild des geographischen Wissens zu geben, 
zählt auch die Städte des Binnenlandes nament- 



faHig wie in dem letzten Teile; aber sie ist nichts-* 
destoweniger vorhanden. Die Uegtodog hatte, 
wenn man schon vergleichen will, weit mehr Ahn-, 
lichkeit mit Skylax' nsQtJiXovg als mit Herodots; 
larogtat. Die Entwicklungslinie, an deren An- 
fang sie steht, läuft über eine Reihe ähnlicher 
Werke saec. V, über Eudoxos, Dikaiarchos und 
die ganz selbständigen geographischen Bücher de* 
Ephoros zu Eratosthenes r&ojyQa<povfiEva und von 



lieh aal; Skylax, der nur einen IIsqmXovs schreibt, 10 da weiter zu Strabon. Wer Anfang und Ende 

beeHÜfft Sich, die FiYlstenz solcher K+ärH-A im voto-Tai/iM -oÄ-eA (ranint TTiiJ-fl™nV,i n ^/, ™ ~:«„-.i 



begnügt sich, die Existenz solcher Städte im 
Binnenlande zu konstatieren (c. 35. 36. §6 u. ö.). 
Besonders deutlich tritt der Unterschied zwischen 
Periplus und Periegese auch in der Schilderung 
Libyens hervor (s. § 16). Diese Verschiedenheit 
ist zu berücksichtigen, wenn man aus Skylax ab- 
nehmen will, welche Möglichkeiten für die ein- 
zelnen Abschnitte denkbar sind: die nackte Auf- 
zählung der Pontosvölker c. 70ff.; die italisch- 



vergleicht, wird genug Unterschiede im einzelnen 
finden ; <3ie wissenschaftliche Bedeutung der ein- 
zelnen Glieder der Kette (insbesondere das Ver- 
hältnis des geographischen zum chorographischen 
Teile) ist recht verschieden. Aber die Grundform 
bleibt konstant; und ebenso der Zweck, ein Voll- 
bild des jedesmaligen Wissens von der Olxovfisvr} 
zu geben ohne die Absicht unmittelbar praktischer 
Verwendung. Herodot steht nicht in dieser Reihe. 



__ — -— ™~'"«™* -"■ -v"«» «v »»"™" lui.i^uuuiig. licimiui nuciiL ijiijiiu in umsei xteme. 

adriatischen Küsten mit den verstreuten Notizen 20 Sein Zweck ist ein anderer; und damit ist eine 
über Mythisches (13. 22), Sprachliches (15), Kultus völlig verschiedene Form gegeben. 



(16) und vößot (21), Historisches (18); die sehr 
ausführliche, (pvaig zrjg x^Q^s, Flora, vöfioi be- 
rücksichtigende Schilderung Libyens. Wieweit 
bei H. die einzelnen Abschnitte sieh der einen 
oder der anderen Form näherten, läßt sich schwer 
sagen. Es scheint aber doch, als ob die Extreme 
selten gewesen sind, und als ob wir eine durch- 
gehende Grundform annehmen dürfen, die wir 



§ 9. Ehe wir zusammensteilen, was wir von 
dem Hekataiischen Weltbilde noch wissen können, 
müssen wir uns die Schicksale klar machen, die 
das Werk im Laufe der Zeit gehabt hat. Nur 
so ist es möglich, das erhaltene Material richtig 
zu verwerten, die bei den neuesten Bearbeitern 
so unerfreulich starken Mißgriffe in seiner Beur- 
teilung zu vermeiden. Werke wie die JJegioöog 



uns am besten nach Herodot. IV 168ff„ daneben 30 sind an und für sich bestimmt, durch die be- 



nach V 49 (die Ähnlichkeit beider Partien in 
der Form ist evident) vorstellen dürfen: Name 
des Volkes, Angabe seiner Grenzen mit Beziehung 
auf die Nachbarvölker; Aufzählung der Städte 
(mit Angabe der meist eponymen Gründer, Ab- 
leitung des Namens, Nationalität der Bewohner), 
Flüsse (mit Angabe des Laufes von der Quelle 
bis zur Mündung), Seen, Gebirge usi, eine knappe 
Skizze der <pvoig jjoüo^? und der vdfioi xmv ab- 



ständige Erweiterung der Kenntnisse und die 
Verbesserung (oder auch nur Änderung) der Grund- 
anschauungen und Methoden in ihrer absoluten 
Bedeutung verdrängt zu werden; vielleicht um- 
so schneller, je bedeutender sie sind und je an- 
regender sie wirken. Die Jlsgladog, deren ur- 
sprüngliche Bedeutung Heraklit und Herodot direkt 
und indirekt bezeugen, war nun im saec. V un- 
zweifelhaft das geographische Hauptbuch. Als 



vgeoncov. Eingestreut kürzere oder längere Ex- 40 solches ist es von Aischylos, dem Autor liegt 



kurse über die hier lokalisierten hellenischen 
Sagen. Man wird danach verstehen, daß die an- 
tiken Stilurteile (§ 22) sich durchgängig nur auf 
die revealoytai beziehen. Die Üsgiodog bot zut 
Entfaltung schriftstellericher Fähigkeit keine Ge- 
legenheit. Der geringe Umfang der Periegese 
von ganz Libyen bei Herodot, obwohl hier doch 
sehr unbedeutende Stämme verzeichnet sind ; das 
Fehlen historischer Erzählung selbst in dem aus- 



dsQfov, Herodot, Hellanikos, Damastes (der zä 
TzhXoxQ. ek xtöv Exazaiov fiexayoäifag TTzgtnXovv 
eygaipsv, Agathem. ge. inf. I 1) einerseits einfach 
aufs stärkste ausgebeutet oder als Ausgangspunkt 
der weiteren Arbeit benutzt, andererseits aber zum 
Hauptzielpunkt der Polemik gegen das ionische 
Weltbild gemacht. Dadurch verändert sich seine 
Stellung schon im saec. IV. Dem Theopomp 
(Strab. I 2, 35) war die üsgiobog offenbar nicht 



tuhrlichsten der Aoyot, der I7sQt^yr}otg Aiyvji- 50 modern genug, zu knapp und sachlich: er nennt 

t/141 • SliSk Tft + nrt aIij-l A t\ fl HJ^—^J^i- i n 'L _._! Z ~ r,l_ TT __ * . 1. j. * 1 i f* ., 1 * ■* j l tm 



zov; die Tatsache, daß Herodot teils polemisch, 
teils auf andere Weise die übernommenen Stücke 
stark verbreitert — dies alles genügt, die Nichtig- 
keit des im Echtheitstreite erhobenen Einwandes 
zu erweisen, daß bei der vorauszusetzenden aus- 
führlichen Behandlung Ägyptens zwei Bücher für 
die ganze Periodos nicht ausgereicht hätten. 
Doch ist der Hinweis vielleicht nicht unnütz, dafj 
auch Ephoros die Beschreibung der Oixwpevti 



H. nicht in der Aufzählung der Autoren, die er 
übertreffen will. Aber auch Ephoros und Aristo- 
teles haben vielleicht nicht mehr das alte Buch 
benutzt, sondern die modernisierenden Bearbei- 
tungen durch Hellanikos, Damastes (den ja auch 
Eratosthenes stark heranzog), Ktesias. Doch be- 
darf dieser Punkt noch näherer Untersuchung 
(Bolchert Arißtot. Erdk. usw. 1908 hat das alles 
nicht beachtet), wobei das Fehlen von H.-Zitaten 



in zwei Büchern geben konnte, und daß Erat*- 60 bei Aristoteles kaum ins Gewicht fällt. Er zitiert 
sthenes für die chnrnoranhisphp Rrtlärnnof epinoT i* fi>ioTliaTiTi+ oaU-an TKiwvk/i»+ii A k ^«j ^ nn « «.«o^ 



sthenes für die chirographische Erklärung seiner 
Karte nicht einmal ganz zwei Bücher gebraucht hat. 
Darum sei noch einmal konstatiert, wie falsch 
es ist, auch nur in den ersten 4—5 Büchern 
Herodots eine Art von erweitertem H. zu sehen. 
Die Verschiedenheit des erzählenden und de» 
deskriptiven ytvog ist hier infolge der großen 
deskriptiven Exkurse vielleicht nicht so augen- 



ja überhaupt selten namentlich (und dann meist 
polemisch; und macht für Herodot nur deshalb 
eine Ausnahme, weil er der bekanntere Autor ist. 
Daraus erklärt sich auch, daß er die Beschrei- 
bungen ägyptischer Tiere nicht aus H., sondern 
ans Herodot nimmt (vgl. Diels 430ff.). Jedenfalls 
wurde im Laufe saec IV, nachdem die Kugel- 
gestalt der Erde erkannt und die Zonenlehre an? 



WfVl 



neKataios 



raejtaiiuuis 



»#V» 



genommen war, das Weltbild und die alte iomscb* Daß aber aus diesen 200—300 Namen ein wirfc 
Karte durch die Arbeiten des Eudoxos und Dikai- liches Bild des Inhalts der ITegiodos sich ge^ 
arch in den Hintergrund geschoben ; die UeqioÖoe winnen lasse, wird niemand glauben. Der In- 
verschwand damals wohl mehr und mehr aus den halt ist eben in die geographischen Schriften 
Händen auch des gelehrten Publikums, sodaß es der Späteren aufgegangen. Auch was die Quellen- 
erklärlich erscheint, daß wenigstens der zweite kritik an sicherem Material uns zurückgibt, ist 
Teil nur in einem Exemplar und noch dazu unter — selbst wenn die Nachwirkung schon vollständig 
falschem Namen in die alexandrinische Bibliothek verfolgt wäre, was nicht geschehen ist, und was ich 
kam. Als dann Eratosthenes die Geschichte der hier nicht tun kann — viel zu wenig, als daß es das 
Geographie schrieb und dabei des H. mit ent- 10 Bild sehr viel voller machen könnte. Ferner ist es 
schiedener Anerkennung gedachte — er nannte — von der selbstverständlichen Tatsache abgesehen, 
seine Ausarbeitung des Änaximandreisehen Pinax daß H. im allgemeinen dem Laufe der Küsten erst 
.bewundernswürdig' (Agathem. ge. inf. II)—, Europas, dann Asiens und Afrikas folgt — ganz 
wurde zwar die Aufmerksamkeit wieder auf dieses ausgeschlossen , die Disposition der Üegloöog z. 
älteste Dokument der griechischen Geographie ge- B. in der Besprechung Griechenlands, Kleinasiens 
lenkt; auch zeigt Eratosthenes 1 eigener Karten- oder des inneren Asiens wiederzugewinnen. Daß 
entwurf überall da, wo die astronomischen Orts- wir hier auch nicht raten dürfen, zeigt die kom- 
bestimmungen nicht ausreichten, ganz besonders plizierte Art, in der Herodot. IV 37ff. ein Bild 
in der Legung der Meridiane (s. z. B. § 13) die der Völker Asiens gibt. Viel besser stehen wir 
Nachwirkung von H.s Karte. Aber gerade durch 20 dagegen für den »geographischen' Teil der Pe- 
das Erscheinen der remyQatpovfiEva hört doch die nodos. Auf eine Nachzeichnung seiner Karte 
direkte Verwendung der TTegiodog als eine Quelle wird man freilich verzichten müssen (Versuche 
geographischer Kenntnisse endgültig auf. Das bei Klausen undForbiger 50. Sieglins als 
Buch hat seine absolute Bedeutung eingebüßt. Manuskript gedruckte Rekonstruktion ist mir un- 
Die wissenschaftliche Geographie arbeitet jetzt bekannt. Mit Recht skeptisch Berger 2 11 Off.). 
mit ganz anderen Mitteln ; und für die seit Poly- Wir haben gar keine Vorstellung davon, in wel- 
bios' Zeit immer mächtiger werdende chorogra- eher Richtung er die Küsten laufen ließ. Was 
phische Richtung gilt das Wort : toi'? fiev äo^cuoi^ wir von Himmelsrichtungen bei ihm kennen (ex. 
iäv. zovs ftexdvovs eUyyovzag Qex&Ceiv AtxaL- gr. östlicher Lauf des Indus), mahnt zur äußer- 
clqxov xe xal 'EQaxoodevtj , '. nal ITvümv (Polyb. bei 30 sten Vorsicht. Bei dem Mangel astronomischer 
Strab. LI 4, 1). Wenn Agatharenides (de mar. Ortsbestimmungen muß die Karte in einer Weise 
rubr. 64) als besten Kenner des Ostens neben einem von der Wirklichkeit abgewichen sein , die wir 
Autor saec. III den H. nennt (Analog Variante. nicht mehr ahnen können. Dafür geben die aus- 
Zu zweifeln ist an 'Ex. kaum; keinesfalls ist der führliche Polemik Herodots (besonders IV 36ff.) 
Abderite gemeint), so werden wir darin doch wohl und die Zeugnisse aus den späteren Geschichten 
nurmehr eine historische Anerkennung sehen der Geographie zusammen mit einzelnen Frag- 
dürfen. Wirklichem Interesse begegnet die ITe- menten doch ein ziemlich vollständiges Bild von 
Qiodos jetzt bei den Philologen. Die Bearbeiter den allgemeinen Grundlagen des Hekataiischen 
der Homerischen Geographie, Demetrios der Weltbildes. Mit ihm ist zu beginnen. 
Skepsier (frg. 202) und Apollodoros (frg. 200; 40 §10. Daß dieses Weltbild besonders originale Züge 
mehr ist aus Strabon zu gewinnen), finden bei nicht aufweist, wurde schon bemerkt. Es scheint 
H. alte Namen und einen älteren, dem Homeri- im wesentlichen wirklich nicht das alleinige Eigen- 
selten näherstehenden Zustand, als bei den Geo- tum des H., sondern das der "latves, der ioni- 
graphen der Alexanderzeit Manche Probleme sehen Physiker zu sein, unter welchem Sammel- 
scheinen mit Hilfe von H.s Angaben namentlich natnen Herodot gegen H. polemisiert. Wenn er 
über Kleinasien und die Pontosküsten lösbar. Nur dabei mehrfach den Vorwurf erhebt, daß dieser 
in Partien, die der .philologischen Geographie' Dichtererfindungen leichtgläubig hingenommen 

angehören, erscheint H.s Name bei Strabon; und habe (II 23. III 115). so ist der Ausdruck ab- 

------- --~-.~ ~~ . .,,,., ..!,!•-. i ..ii. ._i. _*.___ j Yiei__ 




Gegensatz 

die betreffenden Gegenden schon in der nächsten zu dem konstruktiven Geiste der Philosophie, die 

Generation den Griechen verschlossen wurden (so ein ganzes Weltbild geben wollte und daher der 

besonders Spanien und Nordafrika) oder weil Hypothesen nicht entbehren konnte. Daß sie 

starke politische Änderungen das ethnographische dabei einzelne dichterische Namen verwendet (Qxe- 

Bild des Landes ändern (Unteritalien oder Italien avos u. ä.) — denn um mehr handelt es sich nicht, 

überhaupt; Sizilien), — dieser Tatsache verdanken da von einem eigentlichen Weltbilde des Epos 

wir den weitaus größten Teil unserer Fragmente. gar keine Rede sein kann — ist eine nebensäch- 

Es ist auffallend, wieviele Namen von Steph. liehe Äußerlichkeit. Das von der Philosophie ent- 
Byz/ Autoren nur aus H. belegt und auch uns 60 worfene, von H. angenommene Bild zeigt eine 

nur aus seinen Fragmenten bekannt sind. offenbar beabsichtigte mathematische Schemati- 

Das Resultat der , Textgeschichte' ist darnach sierung (über das Streben nach Symmetrie in den 

folgendes: Was wir von H.s Chorographie , die alten Karten Ptolem. ge. VIII 1, 2f.). Die Erde 

doch den Hauptwert des Buches, als es erschien, - denn von der Oixov^svrj darf man hieT noch 

ausmachte, besitzen, sind ganz wesentlich Namen. nicht sprechen (Bolchert in Sieglins Quellen u. 

Gelegentlich ein paar umgebende Worte, die uns Forschungen XV 1908, lf.) — ist eine kreisrunde, 

erlaubten , die äußere Form uns wenigstens bis rings vom Okeanos umflossene Scheibe : aakaoi 

zu einem gewissen Grade zu vergegenwärtigen. bis auf Demokrit bei Agathem. ge. inf. 1 2. Schol. 



XLeKHUUUS 



Z'fUft 



Dionj-a. perieg. p. 428 a 7ff.; dazu Herodot. II 
■21. IV 8. 36 (Aristot. meteor. II 5 p. 362 a 12). 
Daß er den Okeanos für einen Fluß hielt, geht 
aus Herodot. II 23 zur Evidenz hervor (Klau- 
sen schloß es aus frg. 347, wo das Mittelmeer 
ftsydXtj $aXäo<rq heißt. Dagegen Tropea 1441: 
aber dg xqv rjfiexeQav &dXao<mv frg. 339 sind 
Worte des Scholiasten. Daraus darf man nicht 
auf eine s^eo üälaooa des H. schließen). Aus 
dieser Annahme erklärt sich am einfachsten, 
daß er das Kaspische Meer wahrscheinlich für 
einen Binnensee gehalten hat (Herodot. I 203f.). 
Denn daß er tatsächliche Kenntnis von dessen 
Binnen Charakter hatte, ist recht unwahrschein- 
lich. Ob er Delphi noch für den Mittelpunkt 
der Erdseheibe hielt, wie man nach Agathem. ge. 
inf. I 2 annehmen müßte , erscheint doch zweifel- 
haft. Kießling Geogr. Ztschr. XII 1906, 23, 1 
meint, dieser habe für H.s Karte etwa in Byzanz 
gelegen. Schwer glaublich. Ich vermute wegen 
Herod. I 142 nebst Parallelstellen , daß er viel- 
mehr Ionien für den Mittelpunkt hielt. Für die 
Existenz eines die Erde umfließenden Ozeans 
wurde natürlich der Beweis angetreten: im We- 
sten bewies ihn der Augenschein und Nachrichten, 
die er in Spanien oder Massalia erhielt ; für den 
Süden die auch von Herod. IV 42 (bis auf eine 
Einzelheit) anerkannte Tatsache der Umschiffbar- 
keit Libyens, Im Osten beruht die Annahme 
auf Vermutung, da jenseits des Indus die JgiftuA? 
dta ttjv yiäfiftov jedes weitere Vordringen aus- 
schließt. Merkwürdigerweise polemisiert Herodot 
hier nicht, während er die schärfsten Angriffe 
(III 115. IV 45) gegen den nördlichen Ozean 
richtet, weil die Umschiffbarkeit Europas nicht 
nachgewiesen sei H. stützte sich hier vermut- 
lich auf Nachrichten, die auf dem Wege des 
Zinn- und Bernsteinhandels übermittelt waren 
(Herod. III 115). 

Die kreisrunde Erdscheibe hat H. dann in 
zwei gleiche Hälften zerlegt, EvQamT] und 'Aotrj 
(Herod. IV 36 verbindet beides ganz eng). Das 
geschah wohl durch eine Wasserlinie, die von 
den Säulen des Herakles bis zur Maiotis ging 
und sich durch den Phasis (?) bis zum Ozean 
fortsetzte. Höchstwahrscheinlich galten ihm diese 
Hälften als Nord- und Südhälfte. Die Südhälfte 
zerfiel in zwei Quadranten durch den Unterlauf 
des Nil, der eaxt xaxä xovrov xov Xöyov 6 xqv 
"Aai-qr ovqi£(öv zrji Aißvtjt (Herod. II 16. Der 
Satz wirkt wie ein wörtliches Zitat). Wieder 
wird für den Norden ein Analogieschluß ge- 
macht: der Istros ghi /ueoyv o/JC^r tty Evqco- 
7tt)v (Herod. II 33f.). Von der" Donaumundung 
läuft eine meridionale Linie über Sinope am Pon- 
tos, Kilikien, Kypros, Ägypten bezw. Nilmündung. 
Auch hier tritt ein Fluß ein, sodaß der Meri- 
dian nur über eine kleine Landstrecke läuft : der 
Halys ajiotäftvBt o%edov zidvxa zrjg 'Aot'rjg kxX. 
(Herod. I 72 ; vgl. § 14). Mathematische Figuren 
gibt auch die weitere Teilung : Asien wird durch 
eine meridionale Linie in Ost- und Westasien, 
dieses weiter in zwei geradlinig (?) begrenzte anrät, 
jenes in eine Reihe von Rechtecken zerlegt (§ 14). 
Libyen zerfällt in rechteckige Streifen ; diese wie- 
der in Quadrate (g 16). 

H. hat drei ErdteUe angenommen: EvQtbnr), 
'Aofy, Aißvrj. Die Einwände, die dagegen er- 



hoben sind, beruhen einmal auf der Verwechs- 
lung der Erdteilnng mit der rein bibliographi- 
schen Teilung des Werkes in zwei Evgckttjg und 
'Aaivjg Ue@£o$os überschriebene Bücher. Diese 
spätere Teilung beweist natürlich nichts; H. hatte 
selbst seine einheitliche ITsgiodos in eine Anzahl 
Xöyot, zerlegt; das zeigen die Teiltitel. Sodann 
aber auf einer gewissen Unklarheit zwar nicht 
der Erdteilung, wohl aber der Terminologie i 'Agitj 
10 ist einmal Name des Erdteiles; zweitens aber 
a parte potiori auch der ganzen südlichen Erd- 
hälfte (so beim Autor IIsqI asQtov und überhaupt 
in dem vulgaten Gegensatze Asien c* Europa, 
z. B. Herod. II 4 und besonders deutlich IV 36 
coli. 42). Analog ist die doppelte Bedeutung von 
Aißvr) selbst (1. Erdteil, 2. Sitze der Libyer), 
vermutlich auch die von ßgainr} und Sxv&ikt} 
(§ 12). Die Teilung in drei Erdteile bezeichnet 
Herodot. II 16 ausdrücklich als Ansicht der "Iwvsg 
20 und bekämpft sie hier und IV 42. mit Recht in- 
sofern, als das Delta bei dieser Dreiteilung tat- 
sächlich eine Sonderstellung erhielt: es gehörte 
im Grunde weder zu Asien (obwohl H. es dazu 
gerechnet zu haben scheint) noch zu Libyen, hätte 
also, wie Herodot sagt, als .vierter Erdteil' ge- 
rechnet werden müssen. Dieser Kritik hat Skyl. 
106 Rechnung getragen: zo de Kavamixbv ord^a 
ÖQcCet 'Aolav xai Aißvtjv mit wörtlichem Anklang 
an den von Herod. II 16 zitierten Satz des H., 
30 aber mit Veränderung des darin von Herodot ge- 
fundenen Anstoßes. Überhaupt aber erkennt He- 
rodot das Prinzip des H. nicht an (s. besonders 
IV 45), der zu denen gehörte, die die Erdteile 
xotg nozafiolg ötatQslv strebten, zöii te NsiXcot xai 
r<Si Tavdiöt, vyoovg a7io<paivovzsg (Eratosth. bei 
Strab. I 4, 7). Dieses Prinzip hängt, wie Berg er 
Die geogr. Fragm, d. Eratosth. 165 (der aber 
gerade H. übersieht) erkannte, mit der Herlei- 
tung der Grenzflüsse aus dem Ozean zusammen. 
40 Dies tat H. faktisch für Nil und Phasis : frg. 339 
= Schol. Apoll. Rhod. IV 259 ist vollkommen 
klar. Frg. 187 ^ ebd. IV 284, wo der Text in 
jedem Falle korrumpiert ist (der Ausweg von 
Klausen zu frg. 187, Berget 45, 4 u, a., 
daß Landtransport und Flußfahrt der Argo zu- 
sammen gemeint seien, ist unmöglich), ist dar- 
nach wie auch immer zu korrigieren (s. auch E. 
Schwartz Quaest. lonicae 1891, 6ff.). Für den 
Nil wird frg. 339 durch Herod. II 21. 23 be- 
50 »tätigt, dessen Polemik sich gegen H. richtet. 
Dieser hielt die Herkunft des Nils aus dem Ozean 
für bewiesen durch den Reisebericht des Massa- 
lioten Euthymenes (§ 7) und hat darnach für den 
Phasis vermutlich wieder einen Analogieschluß 
gemacht. 

Darnach müssen wir auch die Frage entschei- 
den, welche Flüsse nach H, die Grenzen der Erd- 
teile bildeten: es sind Nil und Phasis. Wie sie 
frg. 339 beide aus dem Ozean abgeleitet werden. 
60 so heißt es Herod. IV 45 ovo' %<y ovftßedda&m 
ijf oxev fxtfjt iovorjt yrjt ovvofiaxa XQupaoia xtixat 
ijMowfiia; Eyovxa ywaixmv ' aal ovQioftaxa avxr\t 
NeiXog xe 6 Aiyvnziog aotaptas he&ij xai $äats 
6 Kökyog (ot dk Tavaiv not&fxov %ov Matyxtjv xai 
üoQ&fitjia xä KififQta Xeyovot*). übet den Nil 
besteht auch kein Zweifel: Herodot II 16. IV 
45 nennt ihn and weiß selbst keine andere Grenze 
zwischen Asien und Libyen ei fiij xoite AJywrxüov 



2795 



Hefcataios 



Hekataios 



2706 



&Vw£ (II 17), Die Fragmente bestätigen: sie 
zitieren Städte Oberägyptens nnd außerhalb der 
von H. gegebenen Grenzen des Deltas aus der 
*Aaty<; üeQi^ynotg (frg. 273 vgl. 281); Städte west- 
lich davon aus der UeQujy. Atßwjg (frg. 271. 
275, 288. 318. Steph. Byz. s. Käv&jtog); Städte 
im Delta aus der ITEQirjy. Aiyvjtzov (frg. 272. 
274. 284). Dabei ist nur zu beachten, daß die 
erste Bezeichnung bei Steph. Byz. gelegentlich 
bibliographisch gemeint ist und das ganze zweite 
Buch deckt (frg. 268), die letztere mehrfach in 
dem späteren , umfassenderen Sinne (Atyvsixog 
= Niltal überhaupt) gebraucht ist (frg. 264. 277. 
283, Tgl. 265. 267). Vielen Zweifeln aber ist der 
Phasis ausgesetzt gewesen. Herodot selbst führt 
ja, freilich nur als Variante, den Tanais an. Daß 
H. diesen keinesfalls als Grenze annahm, zeigen 
die Fragmente: er rechnet nämlich einige An- 
wohner des Kaukasos zu Europa (frg. 161 Aav- 
öaQiot. 162 Tunaviaai) ; dagegen die KtijÄoi jxqos 
zcot Kavxäocot, nach denen die viKaoEiai xov Kav- 
xaaov KwXtxa oqi] heißen, und ihre den Kol- 
chern unterworfenen Nachbarn, die Koga^oi, zu 
Asien (frg. 185. 186). Auch Phanagoreia frg. 164 
und ein Nachbarvolk der bei Phanagoreia woh- 
nenden Sinder, die 'Igißätcu (frg. 166), werden 
aus der Aofy zitiert. Aber das verträgt sich nicht 
mit dem .kolchischen* Phasis, den Herodot als 
Grenze nennt. So könnte man dazu kommen, 
in diesem Zusatz <&äotg 6 Kölyog wieder eine 
der polemischen Korrekturen Herodots zu sehen. 
Vielleicht hat H. mit seinem $aotg den späteren 
"Ynavtg gemeint, wie man das auch für den Aischy- 
leischen Phasis (Prometh. Lyom. frg. 191 N.2) ver- 
mutet hat. Das ist nicht unwahrscheinlich. Denn 
die damalige Kenntnis des Landes zwischen Pontos- 
Maiotis und Kaspischem Meer, überhaupt östlich 
vom Pontos ist völlig schwankend und unklar. 
Das beweist ja schon die Herleitung des Phasis, 
welcher Fluß damit auch gemeint ist, aus dem 
Ozean. 

Aber damit, daß H. den Phasis nach den Frag- 
menten für die Grenze erklärte, ist die Sache 
noch nicht erledigt. Denn die indirekte Über- 
lieferung stimmt dazu nicht ganz. Autoren, die 
in rebus geographicis den H. benutzen, gehen in 
dieser Frage auseinander: den Tanais betrachten 
als Grenze Skyl. 68. 70 (vgl. Herod. IV 21. 57) 
und der Autor ITsqi üleqcqv 13 (er nennt nur die 
Maiotis) ; den Phasis aber Aischylos a. a. O. (vgl. 
auch die Zusammenstellung von Nil und Phasis 
Pind. Isthm. II 39. Eurip. Androm. 650) und 
Herodot, der die andere Ansicht nur als Variante 
anführt. Das wird doch so zu erklären sein, daß 
die Variante schon aus H. stammt, d. h. daß 
dieser beide Flüsse nannte. Er besprach die 
Frage und entschied sich für den Phasis. Das 
kann nur in einer allge meinen Einleitung im Ein- 
gang der ITeQioÖos geschehen sein, in der H. die 
geographischen Grundlagen seiner Karte ausein- 
andergesetzt hat. Hierhin gehört, was wir aus 
Herod. LT 16. IV 36ff. Über die drei Erdteile, 
ihre Grenzen, Größe und Namen (die Ableitung 
von drei eponymen Frauen ist ganz im Stile des 
H.) entnehmen. Eine solche Einleitung war in 
der Tat vorhanden: Harpokr. s. $od(ovta gibt, 
wie allgemein angenommen, mit $oda>vtd 17 t&v 
ßödav <pvxsla f &tmeQ Icovta % xdbv Uov die Ety- 



mologie des Namens 'Icjvia. Er zitiert sie aus 
ä I7sQtt)yijö8a>c, während die Periegese Ioniens 
in der 'Aota stand (frg. 214ff.). Eine derartige 
Ableitung, die von der Schönheit der ionischen 
Flora ausgeht, kann kaum in einem anderen Zu- 
sammenhang gestanden haben, als in dem, den 
wir aus der Übereinstimmung von Tl. äeQo>v 12 
os Herod. I 142 für H. in Anspruch nehmen 
dürfen. Ionien, das ich um eben dieser Stellen 

10 willen schon als die vermutliche Mitte der Heka- 
taiischen Karte bezeichnete, wird dieser Mittel- 
lage entsprechend verherrlicht: es hat die gün- 
■ stigsten klimatischen Bedingungen. Solche kli- 
matologischen Beobachtungen, die offenbar schon 
von den ionischen Physikern angestellt sind, waren 
H. keinesfalls fremd : sie finden sich bei Herodot 
sogar gerade da, wo aus anderen Gründen die 
Benutzung des H. gesichert ist. So II 77 über 
den Einfluß der sich gleichbleibenden (bgat auf 

20 die Gesundheit der Menschen ; unmittelbar vot ■ 
dem Stück, in dem die Koinzidenz mit frg. 289 
sich findet. Dann III 106 als Einleitung zu dem 
Exkurs über die eoxartol zrjs otxovftevrjs. Und 
gleich noch ein weiteres. Der an die Schilde- 
rung_ der günstigen Lage Ioniens unmittelbar an- 
schließende Satz über die xQÖvzot tsootsgeg siaga- 
yoyyiwv, die in Ionien gesprochen werden, hat 
sein Gegenstück bei Skyl. § 15. Der Satz über 
die yläaaat Unteritaliens mag an falsche Stelle 

30 geraten sein; abgesprochen zu werden verdient 
er dem Skylax, der in dieser Partie ;eine Eeihe 
von sachlichen Notizen hat (s. §■ 8 Nr. 9), nicht. 
Überhaupt zeigt die Beachtung, die die Ethno- 
graphen saec. V (z. B. Xanthos) den Sprachen 
der Völker zuwenden, daß auch hier nicht etwa 
sophistische Einflüsse wirken, sondern das ältere 
Vorbild des H., der ja auch ägyptische Worte 
mitgeteilt und (falsch) übersetzt hatte (E. Meyer 
Forsch. 1 192f.), und in dessen Fragmenten auch 

40 einmal eine Glosse zu etymologischen Zwecken 
benutzt zu werden scheint (frg. 341?); der jeden- 
falls ,zu weilen ein geradezu philologisches Inte- 
resse zeigt, die authentischen Namensformen zu 
ermitteln' (Di eis Neue Jahrb. 1910 I 5). Mit 
Recht konstatiert also Diels a. a. O. 15, daß 
H. dem Herodot in den sprachlichen Observa- 
tionen vorangegangen ist. Die Beobachtung 
selbst, die natürlich auf die lebende, die Um- 
gangssprache geht, ist übrigens sachlich verständ- 

50 lieh er in einer Zeit, in der eine ionische Litera- 
tursprache mit ihrer vereinheitlichenden Wirkung 
noch kaum im Entstehen begriffen war. End- 
lich entspricht auch deT Satz avxai ftev iv zrji 
Kaoi?]i xaxoixrp>xai durchaus der Art des H., der 
Milet eine xoXtg iv KaQtat zmv 'leovcov nannte 
(frg. 225, s. § 14). c. 142 stammt inhaltlich 
ganz aus H. ; nur hat Herodot um der folgenden 
Polemik willen den Unterschied der Dialekte wohl 
stark übertrieben (6/AoXoyiovat xaxa yXajooav ovdev). 

60 Dadurch empfängt aber auch die nun folgende, 
wegen ihres seltsamen Gedankenganges viel be- 
sprochene (zuletzt v. Wilamowitz S.-Ber, Akad. 
Berl. 1906, 47ff.) Polemik, Licht. Sie richtet sich 
gegen eine literarische Behandlung Ioniens (so- 
viel haben schon Dahlmann Herodot 115. Klau- 
Ben 108. Baehr zu Herod. 1 146 gesehen). In 
dieser nun waren als Ioner nur die Bewohner deT 
Dodekäpolis, z&r xai xo IIaridtVHh> &m, bezeichnet. 



2707 



Hekataios 



Hekataios 



2708 



Demgegenüber stellt Herodot den Satz auf, daß 
Ionier vielmehr die seien, oaoi ä& Afrtjvecov ys- 
y6vaot xal 'Axaxovgm äyovot ogxtfv. Ich kann 
hier den Gedankengang Herodots nicht im ein- 
zelnen besprechen. Aber alle Schwierigkeiten 
lösen sich, wenn wir annehmen, daß der pole- 
mische Charakter nur dem Herodoteischen Satz 
innewohnt. Der ihm vorliegende Autor hatte 
nicht etwa die Herkunft der Ionier von Athen 
bestritten, wie das nach dem Zusammenbrach des 10 
attischen Eeiches z. B. Timotheos tat, der eben 
darum den Ioneruamen, wie es scheint, überhaupt 
vermied (v. Wilamowitz 12), sondern er hat 
diese Ableitung überhaupt nicht gekannt, es sei 
denn für einige milesische Geschlechter. Er hat 
auch seine Definition ,Ionier sind, die am Pan- 
ionion teil haben' nicht polemisch, sondern ein- 
fach konstatierend gemeint. Da lavta für ihn 
kein abgegrenztes Gebiet war, so wollte er damit 
.die betreifenden Städte der loner iv Kagiac und 20 
Avdiai zusammenfassen einerseits gegenüber den 
nökf.tg Aloltxai und Aatgisojv, anderseits gegen- 
über den Kägeg, Avöot usw. Erst Herodot hat 
durch den zweimaligen Einschub xüv äXXav 3 I(o- 
voiv (c. 143, 23. 146, 2) sich hier die Möglich- 
keit einer Polemik geschaffen, durch die er ge- 
rade die von jener Vorlage Jonier' genannten 
Städte verächtlich machen konnte. Es treibt ihn 
der persönliche Haß ; darum verdreht er seine 
Vorlage, schiebt ihr Motive unter, die sie in dieser 30 
Form nicht gehabt hat. Sie pries Ionien; aber 
sie tat es absolut, ohne an andere zu denken, 
im Stolze auf die eigene Heimat. Positiv aber 
ergibt sich dann, daß die in der Vorlage gegebene 
Definition Ioniens einem Autor gehören muß, der 
um 500 schrieb. Denn mit der Bedeutung des 
Panionions, das bei jenem Autor im Mittelpunkt 
steht, ist es, wie v. Wilamowitz 12 zeigt, seit 
dem Ionischen Aufstand und solange das attische 
Reich besteht, vorbei. Jener Autor war dar- 40 
nach H. 

§11. Die chorographi sehen Kenntnisse des 
H., soweit wir sie aus den Fragmenten entneh- 
men können, entsprechen durchaus den Verhält- 
nissen, die bis Ende saec. VT, d. h. bis zum Auf- 
kommen der etraski sehen und karthagischen Macht 
einerseits, bis zum Ausbruch des Konfliktes zwi- 
schen Hellas und Persien anderseits herrschten 
(s. zuletzt Caspari 243f.). Wenn die gute Kennt- 
nis des Pontos bei einem Milesier selbstverständ- 50 
lieh ist, so waren für die Bekanntschaft mit 
Thrakien und den Skythen die Unternehmungen 
des Dareios wesentlich. Auch für den Besuch der 
asiatischen Provinzen und Ägyptens war seine 
Regierungszeit günstig. Noch stand der Westen 
mit Nordafrika den Handelsfahrten der Griechen 
offen ; aber schon begannen hier die Verhältnisse 
sich zu ändern : der Verlust von Alalia und die 
Niederlage des Dorieus fallen in H.s Lebenszeit. 
Ob auch noch die Perserkriege, vermögen wir 60 
nicht zu sagen. Die Fragmente sind übrigens 
mit Vorsicht zu benutzen ; sie scheinen (aus den 
oben angeführten Gründen) eine besonders gute 
Kenntnis und dementsprechend genaue Behand- 
lung des Westens — Her geht sie, wenn auch 
nur in Einzelheiten über die az^Xai hinaus — 
und Nordens (Thrakien und Skythen) zu bekunden. 
Aber Agatharch. de in. r. 64 nennt dort als Autori- 



täten TimaioB- und Lykos, hier Diophahtos und 
Demetrios von KaUatis ; H. dagegen für den Osten; 
Abgesehen etwa von den Kernlanden der per- 
sischen Monarchie erstreckt sich H.s wirkliche,. 
d. h. durch Autopsie erworbene Kenntnis nh> 
gends weit ins Binnenland hinein. Aber für die 
wissenschaftliche Periegese und den Versuch einer 
Karte ist es selbstverständlich, daß alle Nach- 
richten über die Völker des Binnenlandes zu- 
sammengestellt werden; daß versucht wird, auf 
allen Seiten bis zum Erdrand zu kommen. Schon 
H. hat die vier großen Randvölker genannt, die- 
wir bei Ephoros frg. 1 Dopp wieder treffen, und 
deren Gebiete sich vermutlich auch bei. ihm. be- 
rührten: im Süden die Aithiopen, im Westen die 
Kelten, im Norden die Skythen, im Osten die 
Inder. Die Erde ist im Osten bis zum Indus 
bekannt, den Skylax befahren hat und dessen 
Lauf man sich west-östlich gerichtet dachte (Herod. 
IV 44; den nord-südlichen Lauf gab erst Era- 
tosthenes frg. III B 6 p. 224ff. Berger; ebd. III 
B 11 über die dgxaloi mvaxeg). Er mündet in 
den östlichen Ozean ; und der Osten Indiens ist 
sQf}(.ilrj dtä Z7}v yw/A-fiov ovök e'x ei ovdslg qpgdoat, 
otov Öi] xt iözi (Herod. III 98. 102. 106. IV 40). 
Ebenso ist die Sand wüste im äußersten Süden 
(II Slff. IV 185, s. § 16). Die Kunde geht hier 
bis zum west-östHchen Oberlauf des Nils, der au& 
dem Ozean kommt. Ein Tisdiov obisigov ig äjio- 
ypiv (I 204), dessen größten Teil die von einigen 
als ,Skythen' bezeichneten Massageten (I 201) 
bewohnen, erstreckt sich ostwärts auch vom Hyr- 
kanischen Meer. Grenzfluß war der west-östlich 
(in den Ozean?) laufende Araxes. Im Norden 
reichte die Kenntnis bis zur Donau (frg. 149. 
150. 152), dem Grenzfluß Thrakiens (im weiteren 
Sinne). Was darüber hinaus liegt, i'grjftog x^Q 1 ? 
(paiverat iovoa xal anetgog (Herod. V 9 aus H.). 
Doch kennt man vom Hörensagen hier noch das 
Volk der Siyvvvai , deren Gebiet ayxov 'Evsräv 
xäv iv tg?( AdQitji reicht. So scheint ein großer 
Wüsten gürtel die ganze bewohnte Erde zu um- 
geben. 

Jenseits der letzten, wenigstens vom Hören- 
sagen bekannten Völker setzt H. die Fabelvölker 
an, die man mit wachsender Kenntnis immer 
weiter nach den Erdrändern zuschob. Sie sind 
Anwohner des Okeanos. So im Norden die ein- 
äugigen Arimaspen, die das Gold imex xtöv ygv- 
jtcöv aQjtdCovoiv (Herod. III 115), und die Hyper- 
boreer. Er wird dafür, wie Herod. IV 13, Ari- 
steas zitiert haben, dessen Völkerreihe (von Süden 
nach Norden) Skythen — Issedonen — Arisma- 
spen — Hyperboreer xazrjxovtsg im &d?Moaav bei 
H.s Ausschreiber Damastes iv zän IJe^l i&vdöv 
(Steph. Byz. s. 'YnsQßÖQsot) ausführlicher wieder- 
kehrt, als Herodot sie hat: Skythen — Isse- 
donen — Arismaspen — 'Pixaia ögrj — Hyper- 
boreer xaztjxovzeg eig xyv szegav ■ddXaooavy vgl* 
ferner Hellanikos frg. 96 Muell. ; die Issedonen 
als Nachbarn deT (skythischen) Massageten, Herod, 
I 201 ; die Übereinstimmung in der Schilderung 
der 'Pinata oqij bei Damastes und II. dißotv 19. 
Überall liegt H. zugrunde. Im Süden jenseits 
der hier als äußerstes bekanntes Volk wohnen- 
den Aithiopen (Herod. III 114) und äthiopisch 
genannt (irg. 265) wohnen die eigentlich indi- 
schen Fabelvölker der ZxufroU; (frg. 265) und 



2709 



Hekataios 



ii&Eataios 



z/iv 



die .Homerischen (III 8ff.) nvyfuaot (frg. 266), die 
seltsam gerästet mit den yigavoi Krieg fahren* 
ein e&voe yeoogytxör, die dgivrjt fygrioavxo &tl xov 
aoza%w. Wir werden hier die Bestimmung ek 
rä avwxdza> ftegt} rys Atyvmiaxfjg yijg (vgl. Arist. 
bist. an. 597 a 4ff.) itlrjotov tov 'Qxsavov H. zu- 
schreiben dürfen, da auch Zxtdnofcg und Taaslg 
(frg. 267, vgl. v. Gutschmid Kl. Sehr. I 42) aus 
der IlsQi^yTjaig Alyvmov zitiert werden, H. also 
offenbar von Ägypten aus südwärts bis zum Ozean 10 
fortgeschritten war. Die Leichtgläubigkeit, die 
in der Erwähnung solcher Völker liegt, hat schon 
Eratosthenes bei Strab. VII 3, 6 moniert. Denn 
auf H. gehen wohl die Worte and 6h xovzoiv 
(Homer, Hesiod, Aischylos) im xobg ovyyga<pmg 
ßadl&i 'Pmala ögt) (s. o.) Xsyoviag xal xo 'Qymov 
oQog nai xr\v xaiv FoQyovoiv xal "Eansglötov xa- 
loixiav (s. §16 ex.); es folgen Theopomp, H. 
von Abdera, Euhemeros. Aristoteles. Aber den 
modernen Beurteilern blieb die Einseitigkeit vor- 20 
behalten, daraus ungünstige Schlüsse auf H.s 
geistige Veranlagung und auf seine Stellung in 
der Geschichte der Wissenschaft überhaupt zu 
ziehen (Tropea I 8f. ; vgl. Wells 51f.). Wie 
H. mythische Vorstellungen über Gegenden, die 
der Autopsie zugänglich waren, zerstörte, lehrt 
die Widerlegung deT Verbindung des amphilo- 
chischen Inachos mit dem gleichnamigen Flusse 
der Argolis durch eine geographisch richtige Dar- 
stellung des epeirotisch-akarnanischenFTußsystems 30 
(Strab. VI 2, 4. VII 5, 8. Steph. Byz. s. Adx- 
jmcüv). Die Forderung aber, daß er Dinge, die 
sich empirisch nicht verifizieren ließen, nun über- 
haupt nicht hätte erwähnen sollen, ist nicht ein- 
mal von dem Empiristen Herodot erfüllt und ist 
auch an sich unbillig. Was. verlangt werden 
kann, ist allein, daß der Autor angibt, worauf 
sein Wissen beruht. Das hat H. aber sicher ge- 
tan. Frg. 266 heißt es von den Pygmaeen yz- 
Xoiov fiev xal ov mikavov ■ Xkysxai de, was im Aus- 40 
druck an Herodoteische Zweifel erinnert und gut 
auf H. selbst zurückgehen kann. Daß er die Ilvy- 
{tatot trotzdem erwähnte, war selbstverständlich ; 
denn er kannte vermutlich Berichte über Zwerg- 
völker in Libyen, wie sie Herod. II 32. IV 43 
stehen. Vermutlich wird er jene von den Isse- 
donen bis zu den Hyperboreern reichende Völker- 
reihe mit der gleichen Vorsicht eingeführt haben, 
wie Herodot.. IV 16: Autopsie dieser Gegenden 
fehlt ; auch der Zeuge für sie, Aristeas, hat seine 50 
Weisheit nur von den Issedonen. Daß H. jene 
Fabeleien einfach gläubig als Fakta mitgeteilt 
habe, itt eine völlig willkürliche Behauptung, die 
man mit Stephanoslemmata nicht belegen sollte. 
Wirklich allzu gläubig ist er wohl nur gewissen 
Wundererzählungen der ägyptischen Priester ge- 
genüher gewesen (frg. 284. 292), aber das sind 
ziemlich nebensächliche Einzelheiten. Durchaus 
berechtigt war dagegen die Erwähnung der auf 
Handelstradition beruhenden KaooizEQtdeg und des 60 
Bern steinlandes im und am westlichen. Ozean : 
Herodots Polemik (LTI 115 ovösvog avjdjtzsoj ye- 
vofievov övvafiat dxovaai) ist kurzsichtig und 
klammert sich an den ^poetischen* Eridanos, den 
Aischylos (Plin. n. h. XXXV11 32 nach H. ?) ehen^ 
falls nach Iberien verlegte. 

§ 12. Die folgende Aufzfthlung macht nicht 
den Anspruch, alles zu geben r was H. gewußt 



hat. Das würde ausgedehnte Einzeluntersuchungen 
erfordern. Sie soll nur einen Überblick gewähren 
über das sichere Material, das der Ausgangspunkt 
für weitere Untersuchungen sein muß. Auf Ein- 
zelfragen über die Namen usw. kann nicht ein- 
gegangen werden. 

1. Spanien (vgl. Atenstaedt 27ff. Tropea 

I 50ff. E. Meyer Gesch. d. Alt. II §425). H. 
hat noch keinen Gesamtnamen ('Ißrjgtxov i-'&vog 
zuerst Herodor FHG II 33, 20), sondern kennt 
nur einzelne Völker [Tagz^ooioi undV^e; auch 
Herodot. 1 163 und Ephoros frg. 12 Dopp ). Außer- 
halb der ZxfjXtu Tagz^ooög (so Landesnamc auch 
Herod. 1.163) mit den Städten 'Efoßvgy?i frg. 4 
un&'lßvtta, wo die Gold- und Silberbergwerke 
sind <frg. 5). Erwähnt waren die tartessischen 
yalal <Herod. IV 192). Ferner die rXrjxeg (He- 
rodor. a. a. O. h- Steph. Byz. s. v.) und die Kv- 
vi]oioi oder Kvvtjtgg, ot £ö%a.Toi HQog dvof/.ea>v ot- 
xeovat xö3v iv zfjc EvgäTiqi xaroixijfiEvoiv (Herod. 

II 33. IV 49 + Herodor. a. a. O. ot im roig 
ioydxoig olxovvxsg xa Jigbg ävo/xscov + Steph. Byz. 
s. Kvvrjzixov: nh\isiov "Qxeavov}. An sie stoßen 
{6[.iovgiovat !) die Kelten h'$to HganUoiv ozqtäv 
mit der Stadt und dem Gebirge Pyrene, von wo 
der Istros ausgeht fieaijv oxiC<*>v xfjv EvQüiJiijv 
und der Tartessos (Herodot. a. a. O. -+- Arist. 
jnet. I 13 -h Avien. or. mar. 558ff.). Auf die 
Tartessier folgen nach den Zrrjiat zu die 'Ekßi- 
axtoi : Steph. Byz. s. v. (vgl. Herodor. a. a. O.) ; 
dann stgog xatg 2xf}Xaig die Maouyvoi frg. 6 mit 
den Städten Maoxta frg. 6 ('?), Maivoß(bga frg. 8, 
MoXvß&ivn frg. 10, 2t$os frg. 9*,2vahg <frg.7>. 
Vielleicht auch Kakä&rj, nohg ov nogoat xoiv 'Hg. 
or. frg. 3 (Klausen 42. Atenstaedt lSltfl 
Tropea I 50. II 51f.). Dann die "Ißygsg mit 
den Städten Kgaßaota frg. 13, Zixdvr) frg. 15, 
Toyj und dem Flusse AsavQoq frg. 16*; ein i'&- 
vog 'Ißr/pcov sind die MiayrjiEg frg. 12; vermut- 
lich auch "die "Eoöqzsg frg. 11 und ' llaQavydzai 
frg. 14. Inseln xazä "Ißqgag sind Kgofxvovaa 
frg. 17 und Mfaovoa frg. 18. 

2. Italien (Tropea II lff.): der Name *haXla 
bezeichnet bei H. nur das spätere Bruttium, Daß 
gerade frg. 27 Kanva jidlig 'IzaXtag frg. 29 Ka- 
7igij]vr\ vijoog 'IxaXlag steht, erklärt sich sehr ein- 
fach. H. hatte zweifellos Avoövow geschrieben,. 
Steph. Byz. aber dies mißverständlich verwertet, 
weil Avoovia später poetisch für 'IzaXta gebraucht 
wird. Einen Gesamtnamen kennt H. nicht, son- 
dern nur eine Reihe von Völkern oder Land- 
schaften (die mehr ethnographische als geogra- 
phische Form der Namen ist zu beachten: Tro- 
pea II 25): Aiyveg (Aiyvaxixrj), Ivgorjvoi, Avooveg T 
QlroiXQol, aber IzaXia und Ianvyia. Das zeigt 
einen sehr altertümlichen Zustand, namentlich 
wenn man die Reihe bei Skylax {Aiyvsg, Tvqqijikh, 
Aaztvot, "Olaoi, KafUiavoi, Savvliai, Asvxavoi, 
"laJivyta, Zawlxat, '0/j.ßQtxoi, Tvgoi}voi, KeXzoi, 
'Evezoi) vergleicht. Die Etrusker hatten noch 
nicht Campanien, die Osker noch nicht Lukanien 
und Bruttium genommen (Caspari 245). Übri- 
gens sind unsere Kenntnisse hier recht lücken- 
haft. Von den Ligurern wird genannt das edvos 
der *EXiovxoi frg. 20 (Aiyvow xm 'Ekiovxtov He- 
rod. VH 165), vermutlich an die y IXaQavyämt an- 
schließend. Ihre Hauptstadt ist nach Avien. 587 
Narbo, Überliefert aus H. wird nur das Ethni- 



-LTCABUUUa 



nexacaios 



2712 



27IS 



MeKaraios 



Aic&auMVP 



tonNaeßaTot frg. 19. An der Küste liegen MaooaXta 
xata zi,v Keluxijv frg. 22, Movotxog frg. 23, 
'A/meXos frg.24 . Ob hier ausführlicher über die Kelten 
gesprochen war und Nvga^ noXig KsXxtx^ frg. 21 
hierher gehört, ist zweifelhaft. Von der Beschrei- 
bung Tyrseniens ist nur die Insel AlMXr} frg. 25 
erhalten, zwischen dem Festlande und Kvgvos 
frg, 26, die nach Skyl. 6 jedenfalls hier bespro- 
chen war (falsch Tropea II llf.). Daß die 
als .etruskisch' bezeichneten Städte usw. außer- 
halb des späteren Etruriens — Axgia, TvÖegza, 
üoxioXoi, Zvggsvxior, Svsaoa, Iltxevxta, üifir}- 
xovooai — H. gehören (Niese Gott. Gel. Anz. 
1885, 249) , ist recht unwahrscheinlich, schon 
der Form wegen ; außer bei Tvösgxa {itöXtg Tvg- 
Qt}vixrj)un&£veo0u(7i. TvQQtjvctiv) erscheint tiberall 
der Landes name Tvggtjvca, der für H, mindestens 
nicht nachweisbar ist. Auch daß schon H. die 
Tyrrhener aus Lydien abgeleitet habe (Niese), 
ist eine unbeweisbare YennutuDg. Bei den Av- 
aoveg nannte H. Ntila frg. 28. Hinzukommen 
Kaitvt} frg. 27 und die Insel Kangtrfvr} frg. 29. 
Einen ganzen Katalog offenbar hellenischer Städte 
gab H. aus der fie ooyeta Otvcozgwv: Aglv&tj frg. 30, 
'ÄQTefitoiov frg. 33, Agvg frg. 32(?), "Egtpov frg. 34 
'I$tdg frg. 35*, Köaoa frg. 39, Kvzeqiov frg. 36, Ma- 
Mvtog frg. 37, MevexIv?) frg. 35% NCvata frg. 38, 
Ildzvxog {Steph. Byz. s. v.>, Tlv^tg < Steph. Byz. 
s. y.>. Yielleicht auch Bgvozama <frg. 31) und 
ZtßeQtvr} (Steph. Byz. s. v.). In 'haXia sind die 
A afi^xivot frg. 40* mit dem Flusse Ad^zog ; Msd^ 
mit der gleichnamigen Quelle frg. 41 ; das Vor- 
gebirge SxvlXatov frg. 42 ; Aoxgol 'EmCeipvgtot 
frg. 51, AHatvia frg. 52, KgdxaXXa frg. 53. Zwi- 
schen ZxvXXmov und Aoxgol hat schon Klausen 
richtig (vgl Skyl. 12f. xam ök T^yiov — ijid- 
rstfu 6k jidXir im rijv tjjieiqop) die Schilderung 
Siziliens eingefügt, die wohl auch, wie bei Sky- 
lax, von ZäyxXr] frg, 43 erst an der Ostküste 
(Kazdvfj mit Aitna frg. 44*, Ivgaxovaai frg. 45) 
entlang ging; dann Südküste bis zur ngög Svaiv 
äxga Advßaiov frg. 46; dann Nordküste Mo- 
rvrj, loXovg, Ifiega, MvXai frg. 47-50. Daß die 
Schilderung mindestens so umfangreich war wie 
die des Skylax, geht aus frg. 47. 48 hervor. Wahr- 
scheinlich bot sie viel mehr. Endlich 'Ianvyia 
(frg. 54 ist wohl die Landschaft gemeint. Zur 
Ausdehnung von Herakleiabis Brundisium, Tro- 
pea II 45) mit dem eüvog der 'Ek-vnoi frg. 55 
und der Stadt Xavöavt} frg. 56. Die Lücken 
unserer zufälligen Kenntnis sind hier besonders 
deutlich. Daran stießen die üsvxaioi frg. 56*, 
wohl identisch mit den als Kachbarn der Oinotrer 
bezeichneten IlevxExlavzEg frg. 57. 

3. Das Adriatische Meer, die Balkan halbinsel. 
Von der Ostküste Italiens hören wir jenseits Ia- 
pygiens weiter nichts. Sie war auch ohne Be- 
deutung. Erst im nördlichen Teile des Adriati- 
schen Meeres, wohin die Phokaier Handel trieben, 
kennt H. im Delta des Po, den er 'Aögias nennt, 
die Stadt 'Adgla, deren fruchtbare Landschaft er 
preist (frg. 58). Auch einen xoXjiog Aöglag nennt 
er und versteht darunter wohl den ftv^og (Skyl. 
18) etwa vom Podelta bis Istrien, ebenso wie 
Herodot. I 163. IV 33. V 9 (EvexoI ol h> rät 
'A&eifji), während er das Meer selbst vermutlich 
als "Uviog xoXnog (vgl. Aischyl. Prom. 866) be- 
zeichnete (so Parts ch o. Bd. I S. 417, 52ff. 



richtig auch gegen E, Meyer Gesch. d. Alt. II 
424 A.). Die Lemmata bei Steph. Byz. (frg. 58 

—61. 69. 71) achwanken auf Grund des spateren 
Gebrauches ; da aber keines der Fragmente wört- 
lich ist, widersprechen sie der Armahme nicht. 
Die 'EvexoI, bei denen Skylax 19 den Eridanoa 
nennt (nicht der Po, s. § 17), kommen direkt nicht 
vor; doch geht Herod I 196 ein vdfiog der *RXv- 
Qt&v 'EvezoI sicher, V 9 'Evszol ol fr xüi A&qItji 
10 (d. h. am Adriatischen Busen) als Nachbarn der 
Sigynnen wahrscheinlich auf H, zurück. Erwähnt 
hat sie H. schon wegen der Evsxol am Pontos 
(frg. 200) sicher. Die weitere Folge an der West- 
küste ist zunächst jedenfalls die gleiche wie bei 
Skylax : "lazgot edvog lv xoJi 'loviou xoXitou (frg. 
59) und wohl hier KavXtxol frg. 60 ; Atßvgvol, 
an zö evöoxego) fiegog xov Adgiaztxov xölnov gren- 
zend (frg. 61) mit Schilderung deT vö/toi (Aischyl. 
frg. 364 N. 2, vgl. Skyl. 21) und als anstoßende 
20 Völker Msvzoqs$ frg. 62 (vfjooi MevzogidEg der 
Liburner: Skyl. 21), Svumtoir frg. 64 und T#- 
pixat frg. 63. Dann 'IXXvgtol, die er vermut- 
lich auch jtaga. ftdXazzav uexqi Xaovlag tt}$ xaza 
Kigxvgav ztjv AXxtvoov vfjoov (Skyl. 22) ausdehnte, 
da die nächstgenannte Landschaft eben Xaovta 
ist und die chaonischen Ae^dgoi Grenznach- 
barn der (illyrischen) Encheleer heißen (frg. 73). 
Die Grenze scheint etwa der Atlas — Awog und die 
Stadt Apollonia (frg. 70—72) gewesen zu sein. 
30 Bei den Illyriern nennt ^ H. die Stadt (? äxga 
Skyl. 27) 'Iazivyia ; die Ot6avxtxrj yij und Oldavtsg 
frg. 66 (Stadt Oldavnov erst Theopomp); die 
Taulantiner mit dem Stamme der "Aftgot frg. 69 
und der Stadt Zsadg^og frg. 68. Nördlich von 
den 2eoaer}$ioi wohnen (im Binnenlande) die 
XeXiÖövioi frg. 67. Auch die 'Ey^ekeat waren ge- 
nannt frg. 73. Bis Xaovia (Stadt Bcuäxrj frg. 76) 
und dem nördlichsten chaonischen Stamm der 
As^dgot frg. 73 ist deutlich die nord- südliche 
40 Richtung bewahrt. Während der Periplus des 
Skylax nun weiter der Küste folgt und nach den 
Taulantinern Orikos, das Stückchen Küste der Mo- 
losser und Ambrakia nennt, wo r\ EXXä$ vvvsxfis 
anfängt, von der Küste aus aber gelegentlich Orte 
des Binnenlandes erwähnt (Dodona c. 26), müssen 
wir nach der ost-westlichen und süd-nördlichen 
Richtung in den frg. 83*. 75*. 79 annehmen, daß 
H. von den Xdoveg aus das Binnenland behan- 
delt hat. Da bleibt es zweifelhaft, ob wir ein- 
50 fach die Reihenfolge der c. 27ff. des Skylai um- 
kehren dürfen, d. h. ob er erst die Westhälfte 
des griechischen Festlandes bis zum Pindos und 
herabsteigend bis zur Westküste derMegaris, dann 
die Peloponnes und die Landschaften der grie- 
chischen Ostküste behandelte; oder ob er, den 
Pindos übersteigend, erst Thessalien besprach 
und einen vollständigen Rundgang durch Hellas 
machte. Wahrscheinlicher ist das erste. Jeden- 
falls verfolgte er den Atas bis zu seinem L T r- 
60 sprung und behandelte das Flußsystem des Pin- 
dos (frg. 70-72). Dabei nannte er die epeiro- 
teischen Stämme: Molosser mit Vgeoxcu frg. 77; 
südlich von den Molossern Dodona frg. 78. Die 
Ordnungszahl za ngwxa bei Chaironeia frg. 87* 
würde sich ebenfalls bei der ersteren Annahme, 
nach der er aus dem Binnenlande der Phoker kom- 
mend die bootische Grenze überschritt, gut er- 
klären. Dann gehört frg-. 88 KoQtbvtta hierher 



Wia *T«. 84 &*»ds x&ea x*qI tfo Ka&wwtr ist 
vor frr. 87 m stellen. Vermutlich schloß daran 
die Megftriß (Westküste) und Korinthos frg. 90. 
Von Korinth begann zweifellos der Bundgang 
durch die Peloponnes : barbarische Urbevölkerung 
frg. 356; Mavxivr) in Arkadien frg. 93; Eleer und 
Epeier frg. 848; M^xtaxov in Triphylien frg. 
92; Kalaureia (Harpokr. s. v.) und 'YSgea (frg. 
97), Inseln bei Troizen. Klar ist jedenfalls, daß 
er die Nordküste des Korinthischen Golfes von 
Osten nach Westen verfolgte: frg. 74* xoXnog 
KtQQCüog (das weitere xal rd nsSiov er xqt Xao- 
vixfji ist unverständlich) ; frg. 85. 86 Kgloa) frg. 
83* fiexa 6k Aoxgot mit den Städten XdXatov 
(frg. 83*) und Oldvfa} (frg. 83*. 82) in dieser 
Folge; frg. 81 'OXvxgsia bei Naupaktos (wohl 
Aitolien : Skvl. 35 MoXvxgsia) ; frg. 80 Av&ia in 
Akarnanien <?AXv£ia Skyl, 34); frg. 79 >EmXev- 
xddwt ■ noXts fi£xa Axagvavlav (vgl. Skyl. 34 avxq 
7} noXts zo Jtglv xal 'EmXEvxddiot wvopdZovxo); 
frg. 70—72 derlnachos und das amphilochische 
Argos ; frg. 75* die chaonische Küste Bov$ga>x6g 
adlig, fisxa Sk 'Qgixog Xtfirjv. Damit war er 
wieder am Ausgangspunkt angelangt und kehrte 
dann etwa nach der Megaris zurück, um die Ost- 
küste zu verfolgen. Wir hören von Attika (pe- 
lasgische Bewohner: frg. 362. Qogtxds stoXtg 
frg. 94. r EXevt} vijoog frg. 95); Boiotien {Tava- 
ygalot—r£<pvgaioi frg. 89 coli. Herod. V 57); 
opuntische Lokrer (frg. 108 Kvvog nöXig); Ma- 
liern (frg. 109 Aiyatvsia • stöXig MyXiiotv) ; Thes- 
salien (frg. 110-114). 

Hier mögen die griechischen Inseln Platz fin- 
den, die uns in H.s Fragmenten begegnen: Eu- 
boia {XaXxig frg. 105, VgeotT} frg. 107 ; frg. 106 
2xto$ uolpa zfjg Egexgiaxfjg gehört in die Fev sa- 
Xoytai) und Lemnos mit seinen beiden Städten 
(frg. 102—104) waren sicher bei der Beschrei- 
bung des Festlandes exkursweise erwähnt; jenes 
zwischen Attika und Boiotien (vgl. Skyl. 58) unter 
den KvxXdöeg vyoot, von denen sonst keine mehr 
genannt wird ; dieses bei Beschreibung der thra- 
ldschen Südküste (frg. 102 v^oog ngog tty ßgde 
xrjt. Skyl. c. 67). Hierher gehört auch Teveöog 
frg. 139. Dagegen muß er die Inseln an der 
Westküste Kleinasiens — Aeoßos mit Mytilene 
frg. 101 ; Xio; xax Egvd-gäg mit der Stadt Chios 
frg. 99 und den nahen Ölvovoaai frg. 100 ; Kog- 
oiai rrjoog xijg *l(oviag dvztxgv üdfiov frg. 98 — 
vielleicht am Schlüsse der Periegese Europas zu- 
sammenfassend behandelt haben. Daß er sie im 
Gegensatze zu Skylax zu Europa rechnet, obwohl 
er ihre Lage nach der asiatischen Küste bestimmt, 
ist ein Beweis für den konstruierenden Charakter 
des wissenschaftlichen Werkes; überall soll das 
Wasser (Meere und Flüsse) die Grenze bilden. 
4. Der Norden (Makedonien, Thrakien). Daß 
H. Maxedovia als besondere Landschaft kannte 
(irrtümlich Meineke zu Steph. Byz. p. 554, 17), 
ergibt sich aus Harpokr. s. Kvxaootg: der Aoi- 
ölag [AvSiris Herod. VII 127. Skyl. 66] ist auch 
bei Skylax ein makedonischer Fluß ; bei Herodot 
mit dem Haliakmon der Grenzfluß zwischen Ma- 
tußovig und BozxtatU. Es gehört hierher noch 
Gramer Anecd. Or. I 223, 13 1 ITdütXog und $dxoe. 
Wie weit er den Namen ins Binnenland ausdehnte, 
und welche anderen Teilfuratentümer er kannte, 
wissen wir nicht Aber deutlich ist, daß die 



Küste Makedoniens hei H. erst eine ganz geringe 
Ausdehnung besitzt ; vermutlich ging sie vom Pe- 
neios bis Haliakmon, während Thue. II 99 sie bis 
über den Strymon ausdehnt, der auch bei Skyl. 
661 die Grenze zwischen Makedonien und Thra- 
kien bildet. Makedonische Küstenstädte scheint 
es überhaupt damals noch nicht gegeben zuhaben. 
eigw, bei Thuc. I 61, 2. LT 29, 6 makedonisch, 
ist nach frg. 116* noXig 'EXX^vcov Og^ixcnv. Dar- 
io nach hat Meineke a. a. O. zunächst eine Reihe 
später makedonischer Städte, die bei Steph. Byz. 
das Lemma xoXig ßgatxijg tragen, dem H. zuge- 
wiesen. Absolut sicher ist das nicht, weil noch 
andere frühe Quellen (insbesondere die Psephis- 
menpublikationen) in Betracht kommen und ge- 
legentlich sogar die ganz späte Eparchienteilung 
(so für Begris); vot allem stammen aber eine 
Reihe dieser Lemmata aus der Herodoteischen 
Darstellung des Xerxeszuges. Der vonHerrmann 
20 Klio XI 383 statuierte Unterschied hält gegen- 
über frg. 121 Zegftv?Ja • JtoXig staga zdv"A&(ü oder 
den Lemmata noXig Ggdixrjg Tigoosyrig zrji IlaX- 
Xrpn\t bei Alaa und riyoyvog, die deutlich aus 
Herod. VII 123, 2 entnommen sind, nicht Stich. 
Aber in vielen Fällen wird die Herleitung stim- 
men. Sehr charakteristisch sind Lemmata wie 
Z. B. v OXvvüog ■ JiöXig Ggdixtjg (— H.) xoog rfjt 
Zt&a>viai (= Herodot) xijg Maxeboviag (= spätere 
Vulgata). Eine Reihe von Zusätzen, wie hier 
30 äjrd 'OXvv&ov xov 'HgaxXiovg, sind für H. zwar 
nicht beweisend, passen aber zu ihm. Es sind 
bezeichnenderweise meist Notizen aus der Hera- 
klesgeschichte (vgl. frg. 47. 48). Ferner hat Herr- 
mann richtig festgestellt, daß Herodot in der 
Schilderung des Xerxeszuges sich des H. als geo- 
graphischer Quelle bedient hat. (Daß Verschie- 
denheiten in den Namen vorkommen — Magig 
Ufivr} H. : v I<3{iaoi,g\ EegfivXia. : ZsgftvXr] — wider- 
spricht hier so wenig wie sonst.) Es handelt 
40 sich wesentlich um VII 58-59. 108—124. Herr- 
mann verweist auf die Bezeichnung von Mqio- 
xog als xtliog ßaod^tov aus der Zeit von Da- 
reios Skythenzug (c. 59, 1 ; vgl. sachlich frg. 140* 
Bögv'Qa Ttölig TlEgasav, zum Ausdruck frg. 175* 
iv de xstxog ßaotXrjtov); auf die Anknüpfung an 
Homerische Geographie, die sich in der zwei- 
maligen Feststellung zeigt, daß gewisse Orte im 
alten Gebiete der Kikonen liegen (59, 2. 108, 3 
oa frg. 132 Zd>vtj • TioXtg Kixövcov). Aber wir 
50 brauchen auf die Einzelheiten gar keinen großen 
Wert legen; die ganze Schilderung Herodots macht 
den Eindruck einer geographischen Darstellung, 
die durch historische Notizen erweitert und durch 
gewisse Formeln in historische Beleuchtung ge- 
rückt ist: so z. B. die rein geographische Be- 
schreibung des AlytaXog von Doriskos und die 
sorgfältige Aufzählung nicht nur der Städte, son- 
dern auch der Seen und Flüsse (VII 108, 2—109), 
die zur historischen Darstellung durch die For- 
60mel gemacht wird, daß das Wasser dieser Seen 
und Flüsse für Xerxes Heer nicht gereicht habe. 
Ganz analog ist die vollständige Aufzählung der 
Städte der Zi&wvirj c. 122, obwohl die Flotte 
sie nicht berührt. Der Zusatz <og xai ex zov- 
zstöv zär noXiojv oxgazti}V nagiXaßt, der den color 
historicus gibt, erinnert an das Verfahren, mit 
dem der Dichter des SehiffskatalogB eine Perie- 
gese zur epischen Erzählung gestaltet hat. Für 



2715 



Heteataios 



Hekataios 



2716 



Herodot gab sich die Verteilung auf Flotte und 
Landheer (= Küste und fisaoyeia) von selbst. 
Ebenso stellt es c. 123 mit den Städten von Ha X- 
Ar/rt), wo die Angabe des alten Namens 0XeyQ V 
an H.s Art erinnert. Der Widerspruch, den man 
c. 124 bei der Beschreibung von Xefxes Land- 
marsch von Akanthos nach Thermo konstatiert 
Tiat (Stein undMacan z. St.; Xerxes wählt den 
kürzesten Weg und berührt trotzdem die Kgrj- 



Atftoe und *Iotqos bestimmt werden, heißen weder 
thrakisch noch Bkythisch: Atftov oqos frg. 143; 
vno x6v Atftov 'harr} x&Q<* frg. 151; lntqßdvxi 
tÖv Alfiov Kaßijooos noXiQ frg. 144; ng6; vdtov 
avifiov xov v Iotqov KgoßvCoi frg. 149 und TgtCot 
frg. 150 (zusammen genannt als äftavaxiZovxss 
Phot. s. ZdXfio^ig. &or)iKsg oi KgdßvCot Herod. 
IV 49 in dem großen Exkurs über die skythi- 

- a ._ „„„„_„ _ — ^., sehen Flüsse); ixl z<öi 'Iozgwt 'Ogydfiti uzdXtg 

orwvtxT}), erklärt sich nicht drach Zusammen- 10 frg. 152. Von dem thrakischen Binnenlande 



ziehung der Routen der drei Armeekorps, sondern 
dadurch, daß H. die Kgrjazüveg (frg. 124) als 
Binnenvolk- bei der Beschreibung der Chalkidike 
genannt hatte (zur Beschreibung des Flußlaufes 
vgl. H. frg. 202). Ebenso die Aufzählung der 
thrakischen Stämme im Binnenlande c. 110— 111 
(die nächste Parallele bietet hier der Aißvxög 
Xöyog) und c, 113, das deutlich geographisch ist 
{die Stämme werden von der Küste zum Pag- 



hat H. , der hier offenbar auch bei den Unter- 
nehmungen des Dareios gewonnene Nachrichten 
benutzen konnte, eine ausführliche Schilderung 
gegeben. Hier sitzen die vielen, nur von ihm ge- 
nannten und für uns nicht weiter zu lokalisie- 
renden Ohri der Bdvxiot frg. 156, AaxvXf]jixoi 
frg. 142, Ataogoi frg. 145, 'Evxgißal frg. 148, 
Sdv&ot frg. 134, TqiojtXai frg. 147. Auch die 
Lage der Al&x-f} frg. 115 ist unbekannt. Mit 



>. ^ ■--■ — — • — ^«^..1 * — b '"«b^ ■ J "-"- ■"«-ts«"-'/ "ö- ii« mu uuucaauuu. iyj.Hi 

gaion, dann weiter nach Norden aufgezählt; die 20 den Aiüixeg der IL II 744 am Pindos (Steph. 
Landschaft $vXXlc am Pae^aion ß-eoeTJiTi'hknh cre- V.\i. a Ah%v,' n \ V»a+ *'i* ni^htc *n +™ ,„■*.„„ 



Landschaft <PvXXlq am Paggaion geographisch ge- 
schildert) c. 100, 2 zeigt, daß Herodot seine 
Vorlage verkürzt, was nur einer geographischen 
Beschreibung gegenüber denkbar ist. Besonders 
charakteristisch ist eine Kleinigkeit: 123, 2 f\ 
de xovzoiv x^QV Kgooaairj xai h tööe xaLtzai. 
Das «oi, das ABC fortlassen, ist verständlich nur 
bei Benutzung einer älteren Schilderung des Lan- 
des und entspricht dem auch hier mehrfach er- 



Byz. s. Atftmia) hat sie nichts zu tun, wenn 
Ogdixijg ßEQog richtig überliefert ist. 

Folgen wir der Küste und erweitern, was die 
Fragmente geben, aus Herodot und Skylax: von 
den Städten am Pontos iv Ogdtxrjt zwischen Do- 
naumündung und Chersonnes (Skylax 'AxolXcövta 
—KdXXarig) geben die Fragmeute nichts; wohl 
aber die sonst unbekannte persische Festung B6- 
tovCa und (das Vorgebirge?) ßvvidg frg. 140*. 



scheinenden fisx&i i{*w. Die Art der historischen 30 An und auf der Chersonnes sitzen 'Ayiv&wi und 



Notizen zeigt schließlich deutlich, daß Herodot 
nicht etwa die ganze Schilderung des Zuges einem 
älteren Autor entnimmt, sondern daß er selb- 
ständig das historische, auf vereinzelter Lokal- 
tradition beruhende Material in die zu seinem 
Zwecke hergerichtete Periegcse einarbeitet. 

Es scheint, als ob diese ältere Periegese, die 
auch im V. Buche Herodots benutzt ist, auch 
hier wieder einen größeren Komplex — und zwar 



südlich von ihnen Xegoovrjotoi mit der Stadt 
Xeggov^oog iv zwl io&fia>i tov Xsggovrjoov frg. 
135*, die der von Herodot. VII 5 8 und Skylax 
zwischen Kardie und Paktye genannten Stadt 
Ayooä entspricht (o. Bd. III S. 2251 Nr. 3). An 
der Küste Alptvat tzoX, jzegl Zyozdv frg. 137 und 
Mddvrog frg. 138. Hier wohl auch die zur Ho- 
mergeographie gehörigen 2xawi peraSv ztfg Tgm- 
döog xai xf/g Ogdix^g frg, 133. Von den iju- 



das ganze Land, das im Süden vom Meere, imiQxoQia am Milag xöXjzog (Skylax) haben wir frg. 
Osten von Hellesnont und Pnntns bis 7nr Mün. ^'Äf\ R7.uy™,- Am Mii^r- i, am -T,r,4- a;„ „™„v,,wr. 



Osten von Hellespont und Pontos bis zur Mün- 
dung der Donau, im Norden von der Donau, im 
Westen etwa von den Illyriern begrenzt wurde 
{also auf drei Seiten von Wasser) — als Ein- 
heit zusammengefaßt und in weiterem Sinne Thra- 
kien genannt hat. Wenigstens geht die Beschrei- 
bung auf der hellespontischen Chersonnes von 
Norden nach Süden (frg. 135*), an der thraki- 
schen Küste aber evident ost-westlich : es folgen 



136 Kvnaotg. Am MeXag beginnt die genauere 
Übereinstimmung mit Herodot. Atvog jioXig nennen 
dieser und Skylax. An der vom Hebros durch- 
flossenen alyiaXog von Ao^laxog (VII 59, vgl. 
Skyl. "Eßgog xai sx avrtoi AovqIoxos zetyog), die 
sich bis 2soQeiov äxga erstreckt und altes Ki- 
konengebiet ist, liegt Zwvij • nöXig Ktx6va>v frg. 
132 und Aqvg'jröXig Oqdtxcov frg, 32 (i^utogLOv: 
Skylax). Bis zum Nestoa (- Skylax) nennt He- 



sich frg. 116* Chalastre— Themre und < Steph. 50 rodot (VII 108) Zxgvpti, 'Io/aagig Xt/ivr} und 



Byz. s. Magcoveta*} die Mdoig XijAvr}, die nach 
Herodot. VII 109, 1 zwischen Stryme und Ma- 
roneia liegt, und Magwvsta nölig. H. mag von 
der makedonischen Küste in das obere Makedo- 
nien und weiter ins Binnenland gegangen sein, 
etwa zu den Paionen, deren ro/uoi frg. 123* schil- 
dert. Dann mag er das thrakische Binnenland 
südlich vom Haimosgebirge bis zum Pontos und, 
von da an der Küste zurückkehrend zum Aus- 



MaQcoveia (= H. <bei Steph. Byz. s. Ma.Q<hveia)); 
Aixaia (— Skylax) mit der Btoxovig Xißvt) und 
den Flüssen Tgavog und Kofiyarog; "Aßdrjoa {= 
Skyl. ; H. frg. 127). Jenseits des Nestos liegen 
Oaoioiv at faetgcbzideg sioXeig, von denen Herod. 
109 nur WozvQog mit dem Salzsee von 30 Sta- 
dien Umfang nennt; Skylax zähltauf das später 
gegründete (daher die historische Notiz yv wixios 
KaXXiazQmog xü.) Adiov, NeaTzolig, die Insel 



gangspunkt, das im engeren Sinne Thrakien ge- 60 Qdoog, rdXrfipog (H. frg. 122 R ndl. Oedtxrjg 
nannte Land bellandft1f■, hahp-n Fln^li läRf ci^h ««) ft*".«^».,.«,\ n;™'...„ /^„';.- if js / ö+««i. 



nannte Land behandelt haben. Doch läßt sich 
die Ordnung im einzelnen nicht sicher erkennen. 
Thrakien wird er an der Küste wie Herodot vom 
Lydies und Haliakmon und wie Skylax bis zur 
Donaumündung ausgedehnt haben. Im Binnen- 
lande bildete das Afjuor-Gebirge (xo AT^ov sc. 
«ßoe frg. 143) die Grenze des eigentlichen Thra- 
kiens. Denn die Stämme u*w , deren Sitze nach 



xal Ktxövojv), Olovfttj (.To'/.i? MaxeSovtag Steph. 
Byz., öutoixta Baaioyv Thuc. IV 107, 3. Aiovfir} • 
jzoXig 0Qdtxtje mit Zitat von II. II 304 Steph. 
Byz. s. v.; H. brauchte also die Homerische Form) 
xai äXXa if^Jiogta ßaoiatv. Es folgen bei Herod. 
110t 7 idrea Bgijtxtov Si &v z^ff x<*>Qyc 6ddv 
Fjioulio, von denen bei H. die SdtQat hg. 128 
(vgl. Zaxqoxeyxai frg. 129) und AäWHot {Abq- 



2717 



HeKataios 



XLV&HUUUB 



<mitn Herod.) frg. 130 wiederkehren. Er hat 
zweifellos die übrigen genannt. Von den Sitzen 
der HtsQse bis Eion {OdygriQ hat H. frg. 126 als 
noX. ßQdtxtjg) geht Herodot ins Binnenland ; Berg- 
werke am Paggaion (zum Ausdruck vgl. <frg. 5» 
mit den Stämmen der llisgeg, 'Oödpavxoi, Sdxgat 
<frg. 128. 129), Landschaft Phyllis. und nördlich 
vom Paggaion üaiovsg, Adßtjgsg, üatojtXat. Zwi- 
schen Strymonmündung und Akanthos, wo Skylax 
mehr Städte nennt, erscheint Aiycaldg (Herodot 
= H. frg. 125) und als ndXetg f>gdiX7}g bei Steph. 
Byz. die bei Skylax schon makedonischen* *Agi- 
<&ovoa, *OX6tpv£og, "Axav&og. Es folgt die Chalki- 
dike, von H. frg. 120 jj h> ßgdixrji x £ eQ° v *) a °s 
genannt. Von den fünf Städten an der West- 
küste der Zi$<ovirj, die Herod. c. 122 nennt, 
bieten die Fragmente (rdXrjywg frg. 122?) Ssq- 
fivXia frg. 121, Myxvßsgva frg. 120; Steph. Byz. 
als xöXetg ßgdixijg Toqd>vrj dno Togmvrjg xxX, 
{vgl. Antip. hist. in Socrat. epp. 30, 7) und v OXw~ 
&og. Auf Pallene, das früher ^Xiygrj hieß und 
in die Kavaatgalov äxgr) ausläuft (Skyl. Kavd- 
mgaiov zijg IIa?>Xt)vt)$ isgov dxgOT^gtov. Steph. 
Byz. Kdvaxgov • axga Qgdixrjg xai Maxedovtag), 
kennt Herodot acht Städte (Skylax nur noch fünf; 
es fehlen Nfy ITdXtg, Alyrj, Zdvy), von denen 
sechs bei Steph. Byz. als nöXztg Bgdixr\g wieder- 
kehren: noTEidEia,'A<pvzr], Aiyrj, Sxiävr}, Msvdr), 
2dvr} (a. auch s. Nty noltg). Zwischen Pallene 
und dem Thermäischen Golf liegt die ,noch jetzt« 
Kgoaaalt] heißende Landschaft (c. 123, 2) mit 
sieben Städten, von denen Skylax nur noch AX- 
vua kemit. H. hat davon AUa^og frg. 119, 2[üX<x 
frg. 118; Steph. Byz. als nölsig Qodixrjg AToa, 
Fiyoivog, Aiveta (vgl. aach s. Kdym, wo BX das 
Ethnikon KapyaTog haben). Am Thermäischen 
Golf hat Herod. 121f. Oig^, SlvSog, Xaliaxgij 
am Axios (Skylax nur <9%^) ; H. frg. 116* OeQ^n 
und XaXd<figt}\ frg. 117 die Zivdovalot Bgdtxtov 
idrog. Im Binnenlande der Chalkidike liegen 
die IIaiovixr\ und die KQtjozwvixrj co frg. 123* 
üaioveg. frg. 124 Kgrjoxcövsg. 

5. Die Skythen. Von H.s Beschreibung des 
Skythenlandes ist direkt sehr wenig erhalten. 
Daß sie ausführlich war, lehren auch hier wieder 
Volks- und Stadtnamen, die allein in den Frag- 
menten des H. vorkommen: 'BSoi frg. 159 (= 
Edones Plin. VI 50?); "lorjTiog frg. 158; Maxv- 
xixat frg. 156; Mvgyhat frg. 155 (vgl. Klausen 
87); Kagdrjaoög frg. 157. Aber sie ist offenbar 
als Ganzes durch Herodot verdrängt. Dieser be- 
nützt Aristeas und eigene Erkundigung; aber es 
scheint unzweifelhaft, daß ein großer Teil seiner 
Angaben auf H. zurückgeht, der ebenfalls Aristeas 
zitiert hat (s. § 11) und sich der durch Dareios 1 
Expedition gewonnenen Kenntnisse als erster be- 
dienen konnte. Für Benützung des H. spricht 
(außer IV 49 der Wiederholung der Angabe über 
den Lauf der Donau) die mehrfache Übereinstim- 
mung einerseits zwischen Herodot und ITsgl digatv 
(c. 17^ Herod. IV HOff.; c. 18 c^ IV 16. 29. 
46; c. 19 p. 61, 10t s. o.; c. 22 e« I 105); anderer- 
seits zwischen Herodot und Skylax 68. So knapp 
naturgemäß die Schilderung des letzteren ist, 
stimmt sie mit Herod. IV 21. 57. 99f. in der 
^Angabe der Wohnsitze der Skythen, Sie sitzen 
%un Pontos von der Donatunündnng bis zur Tanri- 
schen Chersonnes. Grenzstadt gegen das Tavgt- 



xi» mros, das bei Herodot 102 und Skylax 08 
von den Skythen geschieden wird, ist die Stadt 
EaexivTxtg (Herod. 99 co H. frg. 153 K. itdhg 
Sxv&txri)* Weiter an der Maiotis bis zum Tanais, 
der Grenze Europas und gegen die Sauromaten, 
die ebenfalls bei beiden nicht eigentliche Skythen 
sind. Sie wohnen hier ins Binnenland hinein in 
vier Völkern: H.s Fragmente nennen nur noch die 
nach ihrer Kleidung so genannten (Herod. IV 107) 
10 MsXdyxAaivot frg. 154. Wenn Herod. IV 20 da- 
gegen betont, sie seien äXXo eftvog xai ov üxv&t- 
xov, so haben wir die Polemik, die überall auf- 
tritt, wo er besonders stark den H. benützt. 
Darum legt er auch IV 36ff. gelegentlich der von 
H. (s. § 11) genannten Hyperboreer den großen 
polemischen Exkurs ein und betont seine Selb- 
ständigkeit in der Abmessung des Pontos IV 86 
(H. frg. 163. Cramer Anecd. Ox. I 287, 28 ; vgl. 
Diels419). Gegeben hat eine solche offenbar auch 
20 H., der zudem diesem Meer die Gestalt eines skythi- 
■ sehen Bogens zuschrieb (frg. 163). H. hatte ver- 
mutlich 2xv$ai im engeren Sinne (das was Herod. 
IV 99 de%air\ 2xv&ir} nennt) und die Nordvölker 
überhaupt als Sxv&ai bezeichnet. Gerade wie 
er Libyen sowohl den südlichen Erdteil über-, 
haupt wie die Sitze der Atßvsg d. h. die Nord- 
hälfte des Erdteiles nennt. Jedenfalls nannte er 
die Massageten ein skythisches Volk (Herod. I 
201), ebenso wie die Issedonen (frg. 168), dvrtov 
30 deren sie wohnen. Letzlere setzt er schon nach 
Asien , weil sie östlich vom Hyrkanischen Meer 
wohnen. Ein anderes skythisches Volk Asiens 
sind die "Id^ai frg. 167. 

6. Als letzte Völker müssen die europäischen 
Bewohner des Kaukasos (wohl an der Nordwest- 
ecke der 'Ygxavii] d'dXaoaa) erwähnt werden: 
AavSdgtoi frg. 161 und Tutavtaai frg. 162. 

§ 13. Die Schilderung Asiens kann nicht 
durch einfache Küstenfahrt gegeben sein, da bei 
40 einer solchen das innere Asien fast ganz ausge- 
fallen wäre. Ein Vergleich der Fragmente mit 
Skylax zeigt das zur Genüge. Um die Ökonomie 
von H.s Werk hier wiederherzustellen, steht uns 
als wichtigstes Hilfsmittel der Gesamtüberblick 
über die Gliederung Asiens bei Herodot IV 37ff. 
zur Verfügung, der eine Karte voraussetzt, und 
den ich ohne Bedenken auf H. zurückführe. Da- 
nach wird Asien durch eine südnflrdliche , von 
der Egv&qi] ddlaooa bis zum Pontos und zur 
50 Phasismündung laufende Linie in eine West- und 
eine Osthälfte zerlegt. Auf der südnördlichen 
Linie wohnen die IJegoat, MfjSot-, X&onEiqeg 7 K6X- 
yot (vgl. I 104. VII 79). Nach Herodots ^ Dar- 
stellung ist diese Linie die Basis zweier äxxai, 
in die der Westen zerfällt. Die erste wird nörd- 
lich begrenzt durch eine ostwestjiche Linie, die 
ebro <Pdoiog dgtafisvij Tiagarixaiai ig $dAaooav Tiagd 
zs zov ITovzov xai tov c EXXr\OTiovxov fiexQt Ztydov 
zov Tgonxov; südlich geht die Grenze and xov 
60 MvQiavötxov xoXnov zä ig ddiatioav ftezQi Tgiomov 
äxg-qg. Die Westgrenze wird durch das Ägäische 
Meer gebildet. Wir haben auch hier auf drei Seiten 
Wassergrenzen. Diese dxxt} wird von 30 Völkern be- 
wohnt. Die südliche (auch sie auf drei Seiten von 
Wasser begrenzt) dxri) ojio üegoecov aQ^afdvr) 
jzagaxhaTat ig xipr Egv&qviv &dAaooav, f\ xe IltQ- 
oixtj xai and Tarnt}? ixdexofänj v\ 'Aoavgirf xai 
djto 'Aoovßbis 17 'Aeaßfy. Ihre Westgienae — ov 



J3.0IUitfU.UO 



Z/JÖV 



Xyyovoa et py vofian, d. h. eigentlich sollte man 
Libyen hinzuziehen — ist der xdktog *A$&ßtog. 
Ostasien, über das Herodot wenig zu sagen weiß 
— er nennt nur als östlichstes Land die 'IvStxt) 
— , wird begrenzt südlich von äer'Egv&Qi} tidXaooa, 
nördlich von Kaomr} üdXaaoa und dem nach Osten 
fließenden Araxes, im Osten vom Ozean Diese 
Darstellung entspricht wohl der des H. ; doch ist 
sie unvollständig. Aus frg. 170 ergibt sich, daß 
eine der Hauptlinie parallele Südnordlinie Ost- 10 

Herodot 
tf Ss AXyvnxog zrjs oQuv^g KiXixtyg fxdXioxd arjt 

avxir) xeixat 
sv&svxev Ss ig SiviOTirjv xr\v iv Ev^eivoh jiovrcai 
Jievxe r}ft£Q€(ov i&ea 686g sv£(ov<m clv^qI 



Es entstehen so wenigstens für den nördlichen 
Teil eine Keine (5) von offenbar als Rechtecken 
gedachten und als solche in die Karte eingetragenen 
Komplexen (vergleichbar den westöstlichen Streifen, 
in die Libyen zerfällt: jiaQa&aXaaala, ötiQtcbdtjg, 
W&PM* Herodot. IV 181; s, § 16). Für ihre 
Einzelbehandlung bieten eine gewisse Hilfe die 
beiden großen Aufzählungen der asiatischen Völker- 
schaften in der Satrapienliste III 90ff, und der 
Heeresliste VII 61 ff. In beiden ist freilich die 
geographische Ordnung durch allerlei andere Rück- 



asien noch einmal zerlegte: sie ging von den 
Mykoi am Roten Bfeor bis zum Araxes. Eine 
weitere Linie (es ist der Meridian, der bei Era- 
tosthenes vom Issischen Busen nach Amisos — 
Sinope geht; frg. m A 36 p. 204f. Berger) zer- 
legte aber auch Westasien noch einmal, wie der 
Vergleich von Herod. II 34 (II 33— 34 ist ein 
aus H. stammender geographischer Exkurs) mit 
Skyl. 102 lehrt: 

Skylax 
ex Ob Zivcojtrjg xifg sv zdit Ildvxan 

Sia rrjg qxeioov xai x-qg Kdixiag slg 26Xovg 
666g iöxiv äiib &aXäaot]g elg -d-dXaoöav -{zum Aus- 
druck Herod. IV 37!) ^eq&v s, 

sichten gestört. Aber beide zeigen die große 
Teilung von West- und Ostasien; und wenigstens 
20 für den ersten Teil der Satrapienliste hat Fries 
15ff. auf Grund des schon von Kiepert gemach- 
ten Vergleiches mit V 49. 52 (wo H.s Karte 
durch Aristagoras erläutert wird) Benützung des 
H. nachgewiesen. Ich füge hinzu die Aufzählung 
der Flottenkontingente VII 89ff. und Skylax: 
denn dieser Teil ist ganz wesentlich Küstenbe- 
schreibung vom Pontos bis Ägypten. Man vgl.: 



Herod. HI 90ff. 



B 
Herod. V 49. 52 



II. 



in. 



IV, 



"Icovsg 

Mdyvtjxeg iv Aoitji 

AioXeeg 

KäQeg 

Avxioi 

MiXvhg 

ÜdfKpvXot 




"Icoveg 

'pQvyeg 
KaTma&oxatSvQioi 


Mvaoi 
Avdoi xxX. 






'EXXt)ox,6vxioi ot ijil öe!~ia, '■ 

EÖJlXsOVTl 

0Qvysg 

OQTjixeg ol iv ttji 'Aofyi ' 
(= Bi&vvoi) ! 
üaipXayöveg 
MaQtavdvvot 
Svqioi ( = Kajinadoxeg) 





Herod. VH 89ff. 

(in umge k ehrter Folge) 



D 

Skylax 



Tanais 

Sauromaten (c. 70) 

Maioten (71) 

Sindoi-Gelones (72—80) 



KiXixeg 



KlXixcg 
Kvjiqos 



'EXXtjOxovziOi 


WQvyia 
Tßotdg 


AtoXfog 


AloXig 


VTjotcÖxai 


Adaßog 


"latreg 






Avbia 


Kägeg 


Kagia 


AojQihg ex xrjg 'Aoitjg 




Avxiot 


Avxia 


UäfupvXoi 


JlafKpvXia 


KiXtxeg 


KtXixta 


K&lfHOt 


Kvxqos 



Kolcher 


81 


Byzeres 


82 


'ExEXElQtg 


83 


Be%Ei(>txT] 


84 


MaxQoxitpaXot 


85 


Moaavvotxoi 


86 


Tißagrjvoi 


87 


XdXvßsg 


88 


AoovQia 


89 


ÜafpXayovla 


90 


Maqiavdvvoi 


91 


Bf&vroi 


92 


Mvoia 


93 


^gvyia 


94 


Tßotdg 


95 



96 



97 

98 
99 

100 
101 
102- 
103 



2721 



Hekataios 



HekataioB 



2722 





A 


B 


C 


D 




Herod. in 90ff, 


Herod. V 49. 52 


Herod. "VTE 89ff. 

(In umgekehrter Folge) 


Skylax 


V. 


<Pötvtxt} 

2vQirj 7\ JlaXaioxivrj 

Kvjigog 

Agaßirj 






SvQm xai <Poivixr) 104 
Aqaßta 105 


VI. 


Atyvjxxog 

Atßvsg ot 7iQOö£%eTg Alyv- 
nxiüi 

KvQYjVf} 




Alyvnxioi 


Alyvsizog 106 
Atßvr} 107 




Bäpxr} 










*A(>(A£VlOl 










Matii}voC 










Kiaotr) 


^oivtxeg üvv 2vqioioi 
xdig iv JlaXaiortvrjt 





Deutlich liegt für das westlichste Eechteck die 
gleiche Liste zugrunde : es decken sich C D voll- 
ständig, nur daß Herodot in umgekehrter Folge 
aufzählt und die ^olvixsg als beste Seeleute vor- 
weg nimmt; gerade wie in A B die "Io>vsg aus 
der Reihe genommen sind; in A weil sie der 
Satrapie den Namen geben, in B weil die Straße 
hier beginnt. Auch nennt Herodot seinem Zwecke 
entsprechend die Aojgihg "Icaveg und vqat&zai be- 
sonders, während sie bei Skylax unter Lydien und 
Karien mitaufgezählt werden. Letzteres entspricht 
vermutlich der Weise des H.: frg. 225 MlXqxog 
nöhs EJittpavrjg iv KaQiai z&v *I<ova>v. Von A 
deckt sich die erste Satrapie (nur daß die'ibwec 
an erste Stelle treten) mit (B)CD 96—101; die 
dritte (nur daß die Mvooi, die offenbar hier keine 
Küste haben, in die zweite Satrapie treten) mit 
D 95-89; die vierte mit B CD 102; die fünfte 
und sechste mit CD 103—107 (nur daß die 
Stellung von Kvagog in A leicht verschoben ist). 
Der Unterschied zwischen A und D besteht darin, 
daß die Pontosküste (die in B C fehlt) in der 
reinen Küstenfahrt von D zusammenhängend be- 
handelt wird, in A auf die Satrapien verteilt ist. 
[Doch erscheinen die Völker D 85 — 87 auch in 
der 19. Satrapie zusammen : die Verschiedenheiten 
(Skylax nennt Möo%oi und Mägeg nicht) erklären 
sich leicht: die Mägeg (H. frg. 192) sind vermut- 
lich kein Küstenvolk: die Möa^oi gehören nach 
frg. 188 politisch zu den Kolchem]. Es ist wahr- 
scheinlich, daß Skylax auch hier dem H. näher 
steht. Dafür daß dieser die Küste des Pontos 
von der Grenze der Erdteile an zusammenhängend 
behandelt hat, sprechen die vielfachen Bestim- 
mungen deT Pontosvölker in ihrer Lage zuein- 
ander (frg. 185. 188. 189). Vor allem aber, daß 
frg. 195 die Armenier als südliche Nachbarn der 
Chalyber bezeichnet werden. Er ging also ver- 
mutlich bei passender Gelegenheit von der Küste 
ins Binnenland, während die 13. Satrapie vom 
Binnenland her ITaxxvtxf], 'Aofievioi xai oi ngooe- 
Xeig fisxe 1 Evfrivov Ilövxov aufzählt. (Dabei ist 
es möglich, daß solche BinnenvölkeT doppelt er- 
wähnt wurden, wie z. B. die Oase Avyda in den 
Atßvxd IV 172 von der Küste ans und IV 
182 in ihrem Streifen). Immerhin zeigt sich, 
daß H. auf die Satrapienliste auch bei reiner 
Kästenfahrt für die Strecke vom Tanais bis 
zum Nil Rücksicht nehmen konnte. Durch 
dieses gelegentliche ans praktischen Gründen er- 

F»Uly-WiMOw»-XroU TU 



folgte Hineingehen ins Binnenland erklärt sich 

20 auch die mehrfach auftretende west-östliche Rich- 
tung in der Aufzählung: frg. 190. 193. Vom 
Hellespont an deckt sich Küstenfahrt und Satra- 
pi enteilung. Daß für die Rechtecke des Binnen- 
landes H. sich der Satrapien einteilung anschloß, 
die er im Texte und auf der Karte jedenfalls er- 
wähnt hatte (Fries 16), ist mir wahrscheinlich. 
Spuren der Benutzung des H. fehlen bei Herodot 
auch für die Satrapien VLTif. nicht, wenn er auch 
hier den H. nicht so zugrunde legt, wie für I— VI. 

30 Dahingestellt lasse ich, wieviel aus den Notizen 
über die einzelnen Völker in der Heeresliste direkt 
oder indirekt (durch Dionys von Milet?) auf H. 
zurückgeht. Eine Behandlung wie ex. gr. VII 61 
(Name des Volkes; Kleidung und Bewaffnung; 
frühere und epichorische Namen; Verbindung mit 
hellenischem Mythos durch Eponyme) widerspricht 
jedenfalls der Art des H. nicht. Die Angabe des 
Befehlshabers trat natürlich erst hinzu, als die 
geographische Aufzählung zur Heeresliste wurde. 

40 Die Analogie bietet die Route des Xerxeszuges 
(oben § 12). Lehmann-Haupts Betrachtungs- 
weise (Klio VII 299) kann ich nicht billigen. 

§ 14. Die Fragmente beginnen am Hypanis 
(= Phasis?) mit Phanagoreia dxo <PavayÖQov 
(frg. 164 + Arrian. bei Eusi Dion. 549. <&ava- 
yÖQov moXig Skyl. 72) und dem xoXnog "Ajtdxovgog 
frg. 165 Jo. Bd. I S. 2681) und vielleicht 'Egpä- 
vaooa TioXig dno 'Eg^tcovdaorjg frg. 197. Die Stadt 
liegt im Gebiete der Stvöoi (Skyl. 72), die H. 

50 erwähnt hat : 'I^ißdrat idvog jtoo; rtöt üovxoii 
noooexhg zrji (2}ivbixfjt frg. 166. Klausen 91 
ordnet hier die skythischen 'Idftai frg. 167 ein. 
Es folgen Koqa^oi, edvog KoXzcov TtXqaiov K(oXcov y 
die ztQog tcöi Kavxdofot wohnen frg. 185. 186. 
Beide Völker zusammen auch bei Skyl. 77. 78; 
vgl. Herod. LTI 97 RoX/ot . . xai oi tiqogex&S 
fiEXQ 1 Ka.vxdoio$ ogovg, wo der Kaukasos die 
Grenze der persischen Herrschaft heißt. Die 
Kolcher selbst (frg. 188 vgl. Herod. IV 37. IH 97. 

60 Vn 79), bei denen Skylax 81 die Stadt der Medea 
nennt, und ein ihnen unterworfenes Volk, die 
Möoyot, die mit Makrones u. a. (H. frg. 191 — 193) 
die 19. Satrapie bilden. H, ist hier ins Binnen- 
land gegangen; denn kein Kustenvolk sind die 
»Nachbarn der Moscher* genannten Maxitjvoi mit 
der Stadt Ttwirj, deren Bewohner io&qxa tpogeovat 
ofyv y&ß IIa<pXay6reg frg. 189 (ooü. Herod. VH 
72). Von den drei Landschaften, in denen dieses 

86 



j-Ltmabo&UB 



Volk sich findet (e. Stein an Herod. I 189, 2), 
ist hier die gemeint, in der nach Herod. I 202 
der Araxes entspringt. An Hyöpe grenzen die 
rögöwt frg. 189 (vgl. roQÖvaict agt} o. Bd. VII 
S. 1594). Die Bexetgtxy frg. 189; an sie grenzen 
südlich die Xot (= 7W? o. Bd. Hl S. 181f.); 
an diese nach Osten die AiCijgsg (kaum identisch 
mit den Bvtygzg SkyL 82; o. Bd. V 1248). Md- 
xgcovtg ol vvv Zdvvoi frg. 191 (die 2avvixr\ (Steph. 
Byz. s. Xatöia)); hier die Stadt Egfimvaaoa frg. 
197('?). Tibarener und östlich von ihnen die 
Mossynoiken mit der Stadt XoigdÖsg (Skyl. 86. 
87), der die Mägsg benachbart sind frg. 192. 
193. Die XdXvßsg mit der Stadt 2zafiiv V «2V)a- 
fiivsia Skyl. 88) frg. 195, 196. Der Thermodon, 
bis zu dem nach Genealog, frg. 350* azib Xadiofyg 
das Gefilde 0£{uoxvgt} reicht, ist Grenze gegen 
die kappadokisehen Syrer auch bei Skyl. 89, vgl. 
Herod. I 72. II 104. Von den Chalybern aus 
scheint Armenien behandelt zu sein: frg, 195 und 
<Steph. Byz. s. XaXöia), Die Leukosyrer (frg. 
194^200; Aoavgla Skyl. 89; Svgtot Herod. III 90. 
VII 72 ; Kaxjtaddxat xovg TjfAstg Svglovg xaXeofisv 
V 49) mit Teigia frg. 194 und 'Apuads, dem Home- 
rischen 'Evsttj frg. 200. Klausen ordnet hier 
die beiden unbekannten pontischen Städte Ildxga- 
avg frg. 198 und Kgdaaa frg. 199 ein. Grenze 
gegen Paphlagonien — der Name tlayXayovsg frg. 
189 — ist der Halys: (Herod. I 6. 72). Hier 
die Mariandyner mit der Stadt Stetpavtg frg. 201 
(Ex&pdvy hfitfv Skyl. 90). Bithynhn-ßgäixeg 
Bi&vvoi s&vog SkyL 92; Oprjtxsg ol ev zfy'Aofyi 
Herod. III 90 ; Ggfyxeg, früher Sxgvfidviot, später 
Btüwoi VII 75f. — und Mysien erscheinen in 
den Fragmenten nicht mehr. Danach bei Skyl. 
94 — 96 <pQvyia vom Kiavög xöfaiog bis Antandros 
d. h. außer der Pontosküste bis Abydos auch 
Troas und Aiolis umfassend, die dann aber doch 
(ungleich den ionischen Städten) als eigene Ab- 
schnitte genannt werden; vgL in der dritten 
Satrapie EXXr\on6vxiot oi ml öe^ia eiojzXeovzi und 
$ovyeg. Hierher gehören: die verschwundene 
Stadt 'AXaZla, an der Mündung des Odryses in 
den Rhyndakos, östlich der ixßoXai des AXor\no$ 
frg. 202. 203; die AoXihg, in deren Gebiet Kyzikos 
liegt frg. 204 ; 2xvXdx n in der Nähe dieser Stadt 
frg. 205 ; "Aßagvog, Aa^tpdxov äxgt] frg, 207. Aus 
der TqcoixtJ (so frg. 209) Ziyq zrjg Tgatadog 
(ebenso Skyl. 95. Styeiw Herod. IV 38); Mvgi- 
xovg frg. 209, dem gegenüber TivsSoc (frg. 139) 
und Lesbos (Evgdi^ bei H.) liegen. An der 
Nordküste des Adramyttenischen Golfes und im 
Inland Aa/Micbveia frg. 210 (Aafuiatviov Herod. V26. 
Hellanik. bei Steph. Byz. s. Aa/wtoveta). Und die 
.äolische 1 Stadt Palaigargaros: Steph. Byz. s. rdg- 
yaga. Weitere äolische Städte, die Skylax 98 an der 
lydischen Küste nennt, sind rgvvsta hg. 211 
(Herod. I 149; rgvveiov Skyl. 98 mit 'Ayaiüv 
XtftTjv, wo die Achaier über den Zug gegen Tele- 
phos berieten; rgvvtov, noXi/vtov Mvgivaicov Strab. 
XIII 3, 5); Kyme mit dem alten Namen ApLa- 
Covtov frg. 212 und Zfivgva (ev ?]t "Oftrjgog t}v 
Skyl.) mit MkXtjxog xo?jiog und «orajctos frg. 213. 
Von den ionischen Städten, die Skylax 98f., 
wie offenbar auch EL, auf die lydische und ionische 
Küste verteilt, werden genannt: 'Egv&gaCfre. 215 
(vgl. frg. 99); Zi&ovooa frg. 217* (h ök 2. n6Xie 
d.h. iv xyrEQv&eai™, vgL Thtxkyd, THI 24, 2); 



neitami03 



a/s* 



2725 



Hekataios 



Kvß&tta jkü« frg. 214 (xt&ftfj Strab. XIV 1, 83); 
K&qvxos $qo£ jifyoiov Tea> xai 'Egv&göjv frg. 216 ; 
Mvövtjaog pevaSv Tnm xai Aeßddov frg. 219; 
N6xtov frg. 220; Kolovga tva HQit]vr[s S£ovto 
frg. 831* (vgl. Steph. Byz. s. AtßovQa)', Mvtjs 
frg. 224 (Mvfotoi Herod. VI 8); Aaxyuxog x6X- 
nog mit dem Latmosgebirge , dem Homerischen 
$&eig&v ögog frg. 227; MtXr}zog frg. 225; Aeßt} 
frg. 226. Unbekannt ist die Lage von ZidtfXtj 
10 frg. 218. In Karien nennt H. nicht weniger als 
13 Plätze : Z-tJtovqaos frg. 231 ; Kagvavda frg. 228; 
Kedotal frg. 234; KogvSaXa, jzoXi; "PoMqjv frg. 
244; KoäS n frg. 235; KvXXavÖog frg. 233; Adeia 
frg. 236; Awgvfia frg. 232; Meö/taaog frg. 230; 
Mioaaßa frg. 237; MvvÖog frg. 229; SvXog frg. 
238; Tvwoog frg. 239. Aus Lykien (dessen Ein- 
wohner früher TgepiXai hießen: frg. 364, vgl. 
Herod. I 173) nur Stadt und Fluß Sdv&og frg. 
241; ndzaga frg. 242; Zivbia frg. 240, Dagegen 
20 nennt er eine Reihe Städte, die bei Skyl. 100 
lykisch sind, pamphylisch: <PeXX6g frg. 243; 
"Idvgog izoXtg xai Ttotafiog frg. 246 (IlafMpvXiaq 
Theopbr, de vent. 53); Aigräjeia noXtg (vijoog 
Skylax, wo Muellers Note zu vgl.). Auch bei 
Skyl. 101 zu Pamphylien rechnen : Ztörj frg. 250 ; 
KogSvzog frg. 248; Kvgßij frg. 249; MsXavlTtmtov 
frg. 247. Aus Kilikien nennt er den Xd^aSgog 
nozapog frg. 251* (-ovg nolig xai Xipqv Skyl. 102); 
als Grenzstadt gegen Pamphylien NdytSog tkid 
30 tov Ndyiöog xvßsgvrjxov , xai vr)oog Naytdovoaa 
frg. 252 (N. jtoXtg , f\ xai vr\oov e%ei SkyL); 
KatQvxsta Steph. Byz. s. Kdtgvxog', SoXoi frg. 253. 
Von Lykien oder Pamphylien aus ist er wohl 
wieder tiefer ins Binnenland gegangen und nannte 
KaßaXtg tiXijgIov Kißvgag Jigog vdzov Maidvdgov 
frg. 223, vgl. Herod. III 90 die Kaßalhg im 
zweiten vop6g und VII 77 KaßrjXhg oi Myioveg, 
Aaadrtoi de xaXov/tevot ; und MvXioi, s-ßvog &gv- 
ylag frg. 206 (wo Meineke MtXvat vermutet, 
40 vgl. Herod. I 173. III 90. VII 77. Strab. XIH 
4, 15ff.). Unbekannter Lage, wohl auch von der 
Küste entfernt, sind die lydischen Städte Kvvtj 
frg. 221 und Mi^tv n Ö6g frg. 222. 

An die Kiliker schließt — Kypros fehlt in 
den Fragmenten — Zvgty xai <&otvixr\ , dessen 
alter Name Xvä frg. 254 erwähnt worden zu sein 
scheint. An der Küste wohnen die $oivtxEg oi 
ev 2vgiat (frg. 257 im Gegensatz zu den <Polvixeg 
ev Avßlrji): ihre Städte sind rdßcda frg. 255, 
50 SiQayv frg. 256, Amga^ früher Amgog (so SkyL 
104) frg. 260, 0oivixovooai frg. 257, Aiyd frg. 
258, rtyyXvpaixr) frg. 258. Von syrischen Städten 
erscheinen Kagövxog frg. 262 und Kävvztg frg. 
261 (Kälvue Steph. Byz. s. v., KdSvus Herod. II 
159. III 5), d. h. Gaza, die Grenzstadt gegen 
Ägypten. Von Arabien nur die Kapagrjvoi vijaoi 
Agaßioyv frg. 263 (vgl. Klausen 116); doch 
ist bei Herod. III 107ff. H. jedenfalls benützt. 
Endlich Ägypten, soweit es zu Asien gehört, d. h. 
60 östlich des'Nü (v. Gutschmid Kl. Sehr. I 411) 
Täßig zrdXig 'Agaßiag frg. 264; Atijßgtg, noXtg 
&otvtxa>v frg. 283 ; MdydwXog frg. 282 und Kgtög 
frg. 273 (jtoXet; Aiyvjtxov im Lemma gehört dem 
Lexikographen); $axovoocu ftetagv Alyvmvo xai 
xfjg 'Eqv&qös öaläooys frg. 281 ; genannt vermut- 
lich bei Erwähining des Nechokanals (vgL Herod. 
II 158, wo Ildtovfiog nölig 'Agaßiag heißt), 
v. Gutschmid fügt hinzu die ägyptischen Städte, 



Hekataios 



2726 



■die bei Steph. Byi. arabisch heißen, wie Uo&pv- 
@Txtc jt6Xi( Agaßiag war' AVyvnxov. Über das 
Delta s. § 15. 

Es folgt die südliche axxr} "Westasiens, die 
in den Fragmenten sehr spärlich vertreten ist. 
Die 9. Satrapie, Aaavgiti mit Babylon, fehlt über- 
haupt; ein sicheres Urteil über das Verhältnis 
Herodots in seinen BaßvXmvtaxd (I 178—200) zu 
H. läßt sich auch nicht gewinnen. Auf die 8. 



von der südlichen axxr} aus zu Ägypten überzu- 
gchen, sodaß er tatsächlich dann auch das Nil- 
land in ununterbrochener oder doch nur durch 
die Angabe der Grenze zwischen Aalt/ und Aißvrj 
unterbrochener Folge behandelt hätte. Mir ist 
das glaublicher, 

§ 15. AXyvnzog. Die starke Benützung von 
H.s Schilderung Ägyptens ist oben mehrfach fest- 
gestellt (§_6). Sie muß uns für den Mangel an 



— — „„ „„„w 5„„. „.„„.,. ü^» vj.^ u. göouonu yy yjj. 010 iuud uns iur neu iaangei an 

Satrapie (Kiöoty mit Susa) weist Harpokr. s. 10 direkten Fragmenten entschädigen. Denn hier 
Kvjiaomc über die Kleidung dar TTiRsifir <W1 rm/] aV^ri^ ftw T.ii,™« i^v.™ ;k~ t ^^:i t.__ 



Kvjiaoatg über die Kleidung der Kissier (vgl. 
Herod. V 49. 52. VII 62. 86). Auch von den 
Völkern, durch die die Grenzlinie lief, haben wir 
wenig; die beiden noXeig Jlsgoixal JZixxdxi} frg. 
184 und Xavöavdxt] frg. 181 und die Nennung 
der Mtjdla %<bga frg. 171 ; dazu die Beschreibung 
Mediens Herod. 1 110, wo auch die Grenze gegen 
die Zdaneigeg wieder erscheint. Mit den Medern 
sind im 10. vofxog die IJagixdviot vereinigt (s, 



und ebenso für Libyen haben die Lexikographen 
nur solche Namen aus H. exzerpiert, die bei 
Herodot entweder überhaupt nicht vorkommen 
oder anders geschrieben werden. Von den nur 
fünf Orten aus dem Delta, die die Fragmente bieten, 
gilt jenes für 2mg frg. 274, Sfjvog frg. 272 (noch 
einmal bei Steph. Byz. s. IlätXis, das v. Gut- 
schmid ebenfalls H. zuweist), BoXßtxtvtj noXtg 
frg. 285 (Herod. II 17 nennt nur BoXßixtvov ozö^ia)-. 



Stein zu Herod. HI 94), sodaß frg. 180 Ilagi- 20 dieses für XSftßts frg. 284* (XW Herod. II 156) 



xdvij • xoXig ITegotx^ wohl hierher gehört. 

Das östliche Asien wird vermutlich in engerem 
Anschluß an die Satrapienteilung behandelt sein. 
Jedenfalls tun wir am besten, üit zu folgen. An 
die Jlegatg östlich schließend die 14. Satrapie 
(Herod. LTI 91, vgl. HI 117. VH 67. 68. 80. 85. 
I 125) (j aus der die Mvxot, frg. 170 und Kvgtj, 
vrjoog iv tu» Ilegaixäit jzovxaii (vgl. Klausen 
"95f. Bolchert 11, 1) erhalten sind. Aus der 



und 'A&agd(A,ßr) xai 'A&aga^ßizrjg vo/tdg frg. 283* 
CA^eißtrtje Herod. II 166). Aber frg. 283 zeigt, 
daß H. unzweifelhaft die vojuoi mit ihren Haupt- 
städten aufzählte (vgl. Herod. II 164ff.). Eine in 
die Einzelheiten gehende Analyse des Heiodot- 
buchea und eine Untersuchung, was auch von dem 
chorographischen Material auf H. zurückzuführen 
ist, kann hier nicht gegeben werden. Ich begnüge 
mich mit der Konstatierung, daß der Anschluß 



11. Satrame der die Kaojztoi u. a. angehören, ist 30 Herodots an H. in dem Abschnitt über die wvoig 

nichts erhalten- faTlo -nirtlit A\* "P^ D «1™^V.™„ J Ä ™ _.-_ ...t . ;n w n ,> , , -. , ^T b 



nichts erhalten; falls nicht die Beschreibung des 
Kaspischen Meeres frg. 172 und das Volk der 
Kazavvoip) jzgog rr}i Kaojilrjt &aXdoayt frg. 169 
liierher gehören. Ich stelle hierzu die Beschreibung 
des Araxes und der Kaanir^ MXaaoa, die H. frg, 
172* Ygxarlr} nennt (doch kommen frg. 171 die 
Kdömat jrvXai vor) , bei Herodot. I 202f. Es 
schließt daran (vgl. Herod. IH 117) die 16. Satra- 
pie, aus der wir ndg&oi und Xogdafiiot mit der 



xrjg x&gvig (II 5—34) trotz oder wegen der Po- 
lemik besonders eng ist, und erwähne nur noch 
einen Punkt. Daß H. allein das Delta Atyvxiog 
nannte und es als Öwgov xov nozaftov bezeichnete 
und erwies, ist unbezweifelt : frg. 279 und (Herod. 
II 15 (= frg. 295)). Seine Abgrenzung an letz- 
terer Stelle macht den Eindruck eines direkten 
Zitats : es reicht cbio üsgadog xaXeofievrjg oxomfjg 
zb mxga. ■&dXaaoav ßsxQt Tagi^an xwv HtjXov- 



Stadt XogaofiiT} frg. 172. 173* haben. D ie Be- 40 oiaxcov, in einer Ausdehnung von 40 oyoivoc, and 



«chreibung ging hier von Westen nach Osten. 
Daran schloß südlich die 12. Satrapie, die Bax- 
rgtavoi, die H. nach Herod. LH 102 sicher er- 
wähnt hatte. Sodann die 17. Satrapie (III 91, 
Tgl. VII 66), aus der frg. 178 die ravSdgat oder 
ravddgtot in der ravdagixij und frg. 179 die Stadt 
KaouidTivgog (vgl. Herod. Itt 102. IV 44) bieten, 
wo die Fahrt des Skylax begann. Endlich die 
20. Satrapie , die 'Ivdoi. Die Fragmente geben 



erstreckt sich ig /ueooyatav fteXQ 1 KegxaowQov 
TzoXtog, wo der Nil sich in den Pelusischen und 
den Kanobischen Arm teilt. Das Faktum, daß 
wir es hier mit H.s Bestimmung zu tun haben, 
von der die Herodoteische II 6. 17 in. ganz ge- 
waltig abweicht, wird durch Skylax 106 bestätigt. 
Nun Hegt aber nach Strabon XVII 1, 18 die 
üegaeog öxomfj und xo Mdtjoiatv z£txog(\) am 
Bolbitinischen Nilarme, d. h. das Delta hätte nach 



TTT m & : d J5, EÖW? de ^^ alajiat fr S- 177 W- Herod - 50 H. an diesem Arme begonnen, den Herodot ögvxxov 

I I 1 -""CK Vi 7 UTA Art J i *m /j.* 7»/»* Pill lArtnn i'nü .-«..3 „ J_ "1 1 TV 1 w 1 J n . ^ 



III 38. 97 , wo KaXXa[v]xtai zu lesen ist) und 
"Qjiim mit retxog ßaodfyov frg. 175; den Indus 
frg. 174. 175, der vermutlich die Grenze bildete, 
und die Stadt Agydvzr} frg. 176. Aber daß Herod. 
LH 98—105 im wesentlichen Wiedergabe des H. 
ist. erscheint sicher (s. o.): die Disposition ist so, 
daß erst die Lage des Landes gegeben wird, dann 
die einzelnen Völker genannt und meist kurz (wie 
etwa im Atßvxog Xoyog) skizziert werden. 



ist, wieweit mit dieser Aufzählung die Anordnung 
des H. getroffen ist. Zwar für die größeren 
Komplexe wird sie stimmen. Sehr zweifelhaft 
dagegen bleibt deren Folge. So z. B. ob der 
asiatische Teil Ägyptens mit dem Delta in der 
durch Skylax-Herodot gegebenen Seihe der Küsten- 
länder des Mittelmeeres stand, oder ob EL nach 
Sieinasien erst den Osten behandelte, um Atmn 



nennt, und der Kanobische Arm mußte von H. 
schon zu Libyen gerechnet sein. Bei Strabon ist 
XVII 1, 16ff. H.s Darstellung, wenn auch gewiß 
nicht direkt, benutzt (vgl. Di eis 443). Andrer- 
seits sagt Skylax ausdrücklich, daß zo Kavcomxbv 
azdfia ogiCsi 'Aatav xai Aißvtjv (c. 106), und daß 
Libyen ttrö xov Kava>mxov axofiazog beginnt 
(c. 107). Die Herodotinterpreten haben die Mög- 
lichkeit einer Begrenzung Ägyptens, wie sie sich 

Knaus TTorr.il IT in. ; n _!_ S+«K a C\ a^^iYA- «» 



Es sei noch einmal betont, daß es fraglich 60 aus Herod. II 15 in. -+- Strab. a. O. ergibt, ffe- 



— — „. , , . — „„ „ _„„, & „ 

leugnet; und Stein z. B. versetzt die Perseaswarte 
westwärts zwischen Kanobische Mündung und 
Aleiandreia. Aber sie scheint dadurch bestätigt 
zu werden, daß 'EXheiog xdnoq Tigog töh Karaßon 
frg. 288 zitiert wird ans der JIsQt^atc Aißvrjg 
und — beweisender — daß es bei Steph. Byz. 
s. Kdvamog heißt: lati xai Atfifyf rdotos K&*a>- 
xog. Wollen wir nicht annehmfln, daß H. eine 



2727. ' 



Hökataios 



Hekatam 



2725 



ältere, mit BoXßlxtvov ozd/ua* nsgaeos oxomrj und 
Mdriaitov xeixog und eine j öligere mit Kanopos 
beginnende Begrenzung nebeneinander gegeben 
habe, und daß Herodot die Erörterung des Vor- 
gängers stark zusammengezogen hat, so bleibt 
nur eine andere Annahme übrig: Herodot hat, 
wie öfter, die von ihm zuerst einfach referierte 
Ansieht seines Vorgängers (II 15 lin. 9—14 Hude), 
im Verlauf der Polemik (lin. 15) unmerklich ver- 
bessert und Skylax hat das aus ihm übernommen, 10 
wie er auch die Ausdehnung des Namens Atyvxxos 
auf das ganze Niltal von ihm übernimmt und 
seine Kritik der Grenze zwischen Asien und Li- 
byen berücksichtigt. Der Fall würde ähnlich 
liegen wie in II 8 über die Verbreiterung des 
oberen Niltales. Für die erstere Annahme gäbe 
eine Analogie die wahrscheinlich ebenfalls aus- 
führlicher behandelte Frage über die Abgrenzung 
Europas und Asiens, wo H. auch zwei Ansichten 
(Tanais und Phasis) erwähnt hatte, um sich selbst 20 
für eine von ihnen zu entscheiden (§ 10). 

Wir werden jedenfalls die Fragmente 0dgog 
(287), 'EXhewg (288), Kdvayjcos (Aristeid. II 482), 
Güvtg ((Steph. Byz. s. v.)), ÄovXcov JidXig (318) 
zusammenstellen unter Hinweis auf Herodot. II 
112ff., während Skylax Kdvwnog zu Ägypten, 
Pharos aber und doch wohl auch Thonis zu Li- 
byen rechnet. Hierhergehören dann (vgl. v. Gut- 
schmid a. a. 0.) die westlich des Nils gelegenen 
Städte Oberägyptens, die auch meist aus der Tis- 30 
Qt7}yr}<Hs Aißvqg zitiert werden, und der Unter- 
lauf des Nils selbst: "Aßoxtg frg. 269; NeiXog 
frg. 277; 'Ovdßaxig frg. 271; Kßäfißmms frg. 
275 ; die vfjooi Iv xwi NeiXcot Xlog Aiaßog Kv- 
Ttgog Sa.fi.og xal äXlai frg. 286 -+- < Steph. Byz. 

S. Kvxgos m sart xal Aißvxr\ (!) Kimgog) ; TfoSiov 
(Steph. Byz. s. v, sioXig Aißvr\g (Hellanikos frg. 
150 aber nennt sie iv AlyvTrxtaxoTg)). Keiner dieser 
Namen kommt bei Herodot vor. Unbekannt ist 
die Lage von MvXoiv frg. 270. An den libyschen 40 
Teil Ägyptens schließen sich die Aithiopen, wie 
v. Gutschmid 43f. aus frg. 267 1 'aasig [i. e. 
'Y aasig = 'Odasig] ' vfjoog fiixgä xal fieydXr} Al- 
üioitojv coli. Steph. Byz. s. "Yaatg • nöXig Aißvr\g 
schloß. Das wird bestätigt dadurch, daß die 
2xidjtodeg • t'&vog AWiojiixöv aus der IJegtijyt]atg 
Alyvnxov zitiert werden (frg. 265). H. ging offen- 
bar vom Delta südlich bis zum Ozean, wo in den 
dvondtcd (iSQt) xfjg AlyvTtxiaxfe yfjg dem Ozean 
nahe die Jlvyftcüoi sitzen (frg. 266). Übrigens 50 
s. § 16. Ein nicht fabulöser Stamm der Aithiopen 
scheinen die Mdg/xaxeg frg. 268 zu sein. 

§ 16. Auch für Libyen geben die Fragmente 
selbst nicht viel aus, da wieder ganz wesentlich 
nur bei H. vorkommende Namen exzerpiert sind, 
die wir chorographisch vielfach garnicht ein- 
ordnen können: so die noteis Aißvrjg Qiyyr) frg. 
326 (gewiß nicht mit Klausen 138 gleieh 
Tgiyya außerhalb der 2xfj)jxi, die nach Strab. 
XVII 3, 2 von Artemidor Avyya, von Erato- 60 
sthenes Alk~os genannt wurde; auch .nicht wie 
Meineke wollte, identisch mit Bgiyxrf frg. 
325); layg-ovcnts frg. 320; KaXapiv&i) oder 
-€v&rj frg. 312; Kgofi^vtov ndXig frg. 319; Mexa- 
ycovioy frg. 324; MwXvg frg. 321; Sxöiai frg. 
322; SxQayri frg. 323; die Inseln ItQoxpn frg. 
317 und <Paot}Xovoai tiXtjöIov Higtos noxaputv 
[womit sicherlich nicht der Oberlauf de& Nils 



gemeint ist] frg. U16. Einige andere werde» 
durch Zusätze des Lemmas bestimmt. So ge- 
hören an die Küste im Herrschaftsbereich der 
Karthager die nqbg xf\i KaQ%t}Mvi oder xsgt 
KaQxydäpa liegenden Städte YßeXrj frg. 308? 
Kav&rjXia frg. 310 und die Inseln Tavlos frg. 
313; Evbe'tTivr} frg. 314; $oivtxovooai frg. 315» 
Vor FavXog nennt Skylax 111 MeXitt) siolig xal 
Xtfi^v. Das ist vielleicht MiXiooa : nöhg Atßvaiv 
frg. 327 (Klausen identifiziert sie mit der 
phoinikischen Gründung hinter SoXöeig, Hanno 
c, 5; aber dann müßte das Lemma &otvtxa>v 
heißen). Mit Kav&ijKa ist identisch Kav^Xv}-. 
jiöhs Aißv(potv'iK(üv frg. 309. Auch XdXxtf 
(Steph. Byz. s. v.)* heißt tioXis $oivixwv und 
wird von Skyl. 111 genannt. Danach werden wir 
Kvß(o nöXis Icbvoov iv Atßvr\i <froivix(ov mit 
Hafen und äxga frg. 311* hier suchen. Be- 
stimmbar sind ferner Kvvööorjfia adlig Atßvr}g r 
frg. 299, nach Strab. XVII 1, 15 am mivfavos 
xölnog (weder von Skylax noch Herodot ge- 
nannt); Avayda vfjaog frg. 300 in der Kyrenaica 
(östlich von Tav^eiga nach Ptolem. IV 4 p. 667, 
2 MuelL); Z-qßvxxig frg. 302 (falls identisch mit 
Zf}{Av$og Ptolem. p. 672, 2 zwischen NedjioXtg 
und BaQxij; vgl. auch ZrjveQxig Skyl. 108 vor 
Tavxftga); Mdaxcoxog xXtjoiov xwv 'MöxeqBg» 
frg, 301; Msyaoa hg. 305, wo das Gebiet der 
otxofpdyot xal aQoxrjQes beginnt. Einigermaßen 
auch &Qiyxt) tisqI xäg oxrjXag frg. 325 und 
AovQita Xifivt] mit Alias Tioxapdg frg. 328*,. 
falls das der Ai'^og Hannos (c. 6) ist. 

Das wichtigste dieser Fragmente ist 305,. 
weil wir daraus entnehmen, daß H. in Libyen 
zwischen Aißvcs aao(pdyoi xal aQoxtjQeg und 
vOf.tdöss xQEorpdyoi xe xal yaXaxxondxat (zum 
Ausdruck Skyll. 112 p. 94 ex. Muell. AmoTiEgr 
ovrot XQEoqpdyot ya?Mxxon<kai) unterschied wie 
Herodot im Aißvxog Xdyog IV 168 — 199, wo 
dieser Unterschied die Disposition des ganzen 
gibt (IV 186. 191). Wir können aber jene mit 
oixEovGt öf xaxd xdöe Aißvsg beginnende Partie 
überhaupt auf H. zurückführen. Dafür spricht 
zunächst ihr Charakter als Einlage und zwar 
als eine ganz einheitliche mit klarer Disposition: 
I. Ostlibyen oder nomadische Libyer 168—190; 
und zwar a) die einzelnen s&vt) 168—185 (über 
ihre Anordnung sogleich), b) die vdfioi der 
Nomaden im allgemeinen 186 — 190; II) "West- 
libyen oder ackerbauende Libyer 191—195 mit 
einem Anhang über das Gebiet eg~co 'Hgaxtecov 
oti}Xe(ov 196; III. über die Bewohner und die 
Natur von Libyen im allgemeinen 197 — 199 
(darüber u.). Der Abschnitt macht durchaus den 
Eindruck, als Ganzes aus einer schriftlichen 
Quelle entnommen zu sein; was selbstverständ- 
lich nicht ausschließt, daß Herodot im einzelnen 
geändert hat. So möchte man c. 173 Naaafi&oc 
dh 7iQ0öö[xovöot etat Wv/Jkoiz o&zot ik~axoXa}Xaat 
XQcöjtcüt xomt&E . . . ex ovat X V V Z f ^Q r i v °l Naaa- 
vätfieg eine Verbesserung Herodots auf Grund 
eigener dxojj erkennen: Xsyco di tavxa xa Xfyovot 
Alßveg. Denn wenn auch diese Quellenangabe 
an sich einem Vorgänger entnommen sein 
könnte (M a c an z. St.), so haben wir doch kein 
Recht, über den Gegensatz der Tempo» hinweg- 
zusehen. Denn Skylax (s. n.} kenn« die Wtttoi 
nicht mehr; und Herodot selbst hat, wo er seiner 



XLC&autnuD 



(mündlichen oder schriftlichen) Quelle freier 
gegenübersteht, auch in der Form keinen Zwei- 
fel aufkommen lassen (so z. B. I 196 htoäexo — 
fy _ {f pevzot v%v ye xxX.). Bei H. nun spielten 
die WvXloi eine Rolle als naQa&aAdootov c&vog: 
frg. 303* o WvXXixog xoXziog yiiyag xal ßa&vg, 
roißv rifJieQ&v nXovg. Die seltsame Auedrucks- 
weise Herodots erklärt sich danach wohl sicher 
so, daß er eine Völkertafel vor sich hat und sich 



sehen ytdai mit den tartessischen. So spricht nur, 
wer die letzteren selbst gesehen hat. Es geht 
wirklich nicht an, die spanischen yaXäi in den 
zoologischen Garten von Thurioi zu versetzen. 
Der vergleichende Abschluss (c. 198) setzt die 
drei Erdteile des H. voraus. 

Aber wichtiger als das alles ist die geogra- 
phische Gesamtauffassung Libyens, die in diesem 
Exkurs herrscht und die zweifellos auf einen 



von ihr nicht losmachen kann, auch wo er in 10 Kartographen zurückgeht und zwar auf einen, 



der Lage ist, Änderungen zu konstatieren. Da- 
für daß diese Völkertafel aus H. stammt, 
Spricht alles: wer nur mit den namentlichen 
Fragmenten des H. wirtschaftet (wie Macan 
Herodotus IV— VI vol. II 277), kommt freilich 
nicht weit. Denn diese Fragmente sind, wie 
gezeigt, dürftig. Immerhin erklären sie nicht 
nur die Art, wie die WvkXot auftreten, und bieten 
die große Scheidung von vo/ndöeg und aQotijQsg; 



der recht gründlich mathematisch konstruiert. 
In Libyen wohnen vier Rassen (c. 197): an der 
Küste &oivixeg xal "Mlrjveg ejzrjXvöeg, ins Bin- 
nenland hinein Aißyeg xal Al&ioneg avTox&orss. 
Die Äthiopen nehmen den Süden des Erdteiles 
ein (vgl. III 17 AiMoTiag oixyfdvovg Atßvr}? 
im xfji voxItji ftaXacoyt), die Libyer den Norden, 
die Grenze im Westen ist die SoXöttg axQa (II 
33 vgl. Skvlax 112 p. 93 MuelL; daraus ergibt 



sie geben auch alle drei Völker, die Herodot in 20 sich auch, daß H. hier noch einmal die Äthiopen 



Westlibyen aufzählt: Md£ves c. 191 ctf Mdfyse 
frg. 304; Zavjjxes c. 193 co Zavrjxas e&vog hg. 
307*; rvCavxss (Zvyavxeg PK) C 194 csa Zvyavxig 
nöXtg Aißvrjs frg. 309 (von deren Bewohnern 
Eudosos ev $ rfjg IleQiööov bei Steph. Byz. s. v. 
das gleiche erzählt, was Herodot von den 
Tv^avxEg sagt). 

Zu diesen äußerlichen Übereinstimmungen 
treten dann 1) wichtige innere Indizien, 2) die 



genannt hatte). Getrennt sind sie durch den 
Nil, der vom westlichen Ozean kommend den 
ganzen Erdteil west-östlich durchzieht. Das 
sieht so aus, als ob derAutor sich die Gebiete 
als zwei Rechtecke vorgestellt hat; wir begreifen, 
warum der Nil Grenze zwischen Asien und Li- 
byen heisst. Der Autor gewinnt dadurch auf 
allen Seiten gradlinige Wassergrenzen. Libyen 
nun wird durch Tritonsee und -flnß in eine 



Übereinstimmung zwischen Herodot und Skylax, 30 Ost- und eine Westhälfte zerlegt (168—190. 



Nehmen wir jene zuerst. Auf H. weist die Form 
der Schilderung der Einzelvölker (s. § 8): ganz 
knapp der Name des Volkes, die Ausdehnung 
des Landes an der Küste, Aufzählung der Städte, 
Häfen, Inseln (s. u.), Produkte des Landes und 
rdjwor seiner Bewohner. Dabei finden sich die 
bekannten Berufungen auf die sxixoöqioi, was 
an sich nichts besagt. Aber nicht nur ist der 
Ausdruck der Skepsis in dieser Partie unge- 



I9l— 196). Das ist die Zone, die II 32 den 
Gesamtnamen der ötxovfisvri erhält, der hier 
fehlt (dafür I8l in. ot naQa&aXävoioi), Sie zieht 
sich von Ägypten bis zu den SxijXai und dem 
westlichen Ozean. Hinter dieser Zone ziehen 
sich ebenfalls durch den ganzen Erdteil (das 
wird verdunkelt durch die Disposition, die be- 
sonders auf den Gegensatz von Osten und We- 
sten innerhalb der bewohnten Zone aufgebaut 



wohnlich häufig; es sind auch die Gewährs- 40 ist, wird aber durch c. 1 81 naQatsivovoa — oxr}U.g, 



männer nicht etwa die Kyrenaeer, sondern außer 
Libyern die Karthager (c. 195. 196), auf die, 
wie es scheint, die Beschreibung Westlibyens 
mit seinen Schrecknissen und Wundervölkern 
{hier ist das Zusammentreffen c. 191 o$ Aischyl. 
bei Strab. I 2, 35 zu beachten) zurückgeht. 
Herodot war nicht in Karthago, kannte auch 
Hannos Bericht nicht, der hier zum Teil zu 
Grunde liegt (s. u.). Man mag damit verbinden, 



185 di^xsi-xovxicov. gesichert) drei weitere Zonen: 

ff &t}Q«üdr]S AlßvT], OipQVT] ipdfxpov (c. 181), f} 

iQrjfiT) (als besondere Zone gesichert durch 181 
soxaxoi TiQog xfjg EQrjftov und 185 ex.). Daß 
diese Zonen den ganzen Erdteil durchzogen, 
wird der Autor aus Hanno geschlossen haben, der 
c. 7 oberhalb der Aih~ttai die yn fojetwfojs nennt 
(zu den hier wohnenden AWloneg TgtoyXoSvxai, 
die schneller sind als Pferde, s. Herod. IV 183), 



<jrrunae liegt. ^. u.;. ±unu mag uaiiutr rciwuiuc.., ^ »"""^7; , — 7*" -. ' , , ~ .," 

daß die Oasenzone statt von Memphis von 50 dann südlich der At&mt die emm; dann weiter 



Theben ausgeht (c. 181). Die Interpreten be- 
tonen den geographischen Fehler; aber H. hat 
seine Erkundigungen in Theben eingezogen. 
Die ost-westliche Richtung der ganzen Schilde- 
rung paßt für ihn. Ebenso die Korrektur 
<Stein) oder besser Rationalisierung epischer 
Angaben: c. 177 über die Lotophagen und den 
Lotos; c. 189 über die alyis. Überhaupt ist für 
den allgemeinen Abschnitt 186 — 190 die Her 



südlich die AUHonee. Wenn diese ganze Strei- 
fenteilung, wie z. B. Macan vermutet, über- 
haupt aus der <pvoig Westlibyens abgeleitet ist 
(was freilich wegen II 32f. recht unsicher ist), 
so würde das mit absoluter Deutlichkeit für H. 
sprechen. Die otxovpsvri und die 6<pQi>t} ydupov 
werden von Osten nach Westen behandelt. Da- 
bei ist auffällig, daß die Oasen (xoXcovot aXos 
sagt Herodot. Vaatg kennt er nur als Eigen- 



leitung heUenischer Dinge von den Barbaren 60 namen III 26, ebenso H. frg. 267 TTaotg) sich 



charakteristisch: 188 aontg und xQdvog aus 
Ägypten; 189 ioiH)s und alylg der PaJladia aus 
Libyen (wo die Etymologie zu beachten ist). Die 
gleiche Herleitung der oXoXvy^i macht den Ein- 
druck einer der bekannten Zutaten Herodots. 
Durchgängig ist die vergleichende Betrachtung 
angewendet: c 172. 190. 195. 198; entscheidend 
meines Erachtens 192 der Vergleich der liby- 



in absolut regelmäßigen Abständen von je 10 
Tagereisen folgen. Herodot zählt fünf solcher 
Oasen auf: Awubvtot (181), AfyiXa (182), Ta- 
eäfiartes (183), 'Ardgarxes (184), 'AxXavteg (184). 
Mehr Namen hat er nicht. Aber er betont aus- 
drücklich (185 in.), daß «ick bis zu den 'H&a- 
xttai axi}Xai (d. h. bis zu dem Meridian, auf dem 
die öxijXm liegen) &tä 6£xa ^fUQtor rfoo« solche 



xxe&atfuuB 



Hügel xal äv&Q&moi ottteovreg finden. Aus der 
•fyQittäjs nennt der Autor nur ein Volk, die 
raQdfiavres (c. 174); und zwar von der Küste 
aus. Sie wohnen x&v Nacafitovaiv xaximeQ&e. 
Solches gelegentliche Eingehen auf das Hinter- 
land ist uns bei H.s Beschreibung der Pontos- 
küste begegnet. Es kann also vorkommen, daß 
eine Gegend zweimal genannt wird (so Avyda 
c. 172. 182). Dadurch aber werden — und das 
ist die Absicht — Beziehungen zwischen den 
Zonen hergestellt, die ohne weiteres an die süd- 
nördlichen Linien in Asien (Persis — Kolchis, 
Mykoi— Araxes, Soloi— Sinope) erinnern. Av- 
yda liegt oberhalb der Nasamonen; die Tapet- 
[mvri-s in der &r}et<öör}g ebenfalls.. Die Linie 
schneidet also die drei Zonen: Nasamonen {oixov- 
fxsvrj) — Garamanten (-&r}Qi68rjg) — Augila 
(yrdppos). Eine andere Linie, die diesen offen- 
bar parallel ist, geht avvxo{i(bxaxov von den anderen 
Garamanten der oqpQvi? ipd/nfiov zu den Loto- 
phagen an der Küste (c. 183). Die Länge des 
Weges, der wieder durch drei Zonen führt, be- 
trägt 30 Tage. Ganz offenbar sind das zehn für 
jede Zone, d. h. die ost-westlichen rechteckigen 
Streifen werden durch nord -südliche Linien in 
Quadrate von zehn Tagemärschen Seitenlänge 
zerlegt. Das ist das Kartennetz, in das die 
Einzelvölker eingetragen sind. Daß es so gut 
wie rein konstruktiv ist, braucht nicht weiter 
gesagt zu werden, sollte aber von den Herod ot- 
interpreten berücksichtigt werden. 

Der Kartograph, dem Herodot dieses Schema 
verdankt, ist H.; das beweist zu allem Bis- 
herigen auch noch die Übereinstimmung mit 
Skylax. Daß beide der gleichen Quelle folgen, 
zeigt zunächst die Aufzählung der Völker. Ich 
stelle nebeneinander: 



Skylax : 
"AövQfiaxiSat (107) 
MaQftaQidai (108) 
KvQrjvT] 

BdQHTj 

Tavx^iQa 



Herodot : 
'ASvenaxidat (168) 

rtXiydfifiat (169) 

Aoßvaxai vtzeq Kvotfvrjg 

(170) 

Avozloat vnsq Bdgxqg 

(171) 

(BdxaXsg xaxd Tav^eiga 

im Binnenlande der 

Avo%ioai) 

EveonegidESjiNödäeAvozt- 'Eoxsgtösg ' tzöXi; xal 
aat ans Meer reichen hfirjv 

Naoaftwreg (172) NaaafioJvsg 

[ *FvXXöt " XOVTCOV XT^V ££ü- 

qr\v ex ov(fl Naoapcöveg 
(173)3 

[Tagd/^avzeg xaxvjitQÜE 
xovxcav iv xrp jhjatoyöet xal 

(174)] 

Mdxai (175) mit K'twtp Mdxai (109) 

noxa/nog (Kivvy) xdAtg eorjftog • 
Kiwxp noiaftog) 
rivSäves (176) und 

auf einer dxtij npoirovaa . , ,^ n . 

i e atövxov roizL, xcSr Aa>zo<payot (110) 
7f*d. Atoxoipdyoi 



Herodot : Skylax : 

TQtxmvlg Uftvr}, um den TqizqwIs • negioixovötv 
nigig ötMEovoi Md%kvsg bh avxrjv Aißvsg f 
und Avaisg (178. 180) ndvxsg e&vog 

fteaoyeta (181—185) — 

äQOTTjQsg Aißvsg Mdg-veg Kaoyn&äv (111) 
(191) 
Zavyxsg 
™ rvfpavzeg 

£t~<o xmv 2ttjU(uv (196) pezä TigaxXsc'ovg otrjXag 
ug xd e£a> jiXeovxi (112) 

Die Unterschiede zwischen beiden Autoren er- 
klären sich einfach genug. Es fehlt bei Skylax 
alles, was in der fteooysia sitzt; das ist selbstver- 
ständlich. Er nennt ferner an Stelle der drei 
Stämme, die von den Advgfiaxidai bis Eveojie- 
Qtdeg sitzen, die Mag^agibai. Ob das ein Ge- 

20samtname ist, mag dahingesteUt bleiben. Der 
wirkliche Unterschied besteht nicht in dieser 
Namensverschiedenheit, sondern darin, daß für 
Skylax die libyschen Stämme Nebensache, die 
griechischen und phönizi sehen Küstenplätze 
Hauptsache sind. Denn statt der drei west- 
libyschen Stämme nennt er das Küstengebiet 
der Karthager. Kleinigkeiten sind, daß er nur 
die Lotophagen nennt, nicht die Ttvöäveg, weil 
jene die Küste haben (vgl. auch Herod. c. 183!); 

30 daß er die Völker ausläßt, die zu seiner Zeit 
nicht mehr existieren (WvXXot). Das Verhältnis 
beiderAutoren zueinander und zu der gemein- 
samen Quelle zeigt sich am deutlichsten in dem 
Küstenstrich von den Adyrmachiden bis Euhe- 
sperides. Die griechischen Hauptstädte, die Sky- 
lax nennt (KvQiqvr} Edgar} Tav%eiQa 'EajtrjQtÖEg) 
kommen alle bei Herodot vor; aber nicht an sich, 
sondern um die Lage der libyschen Stämme 
zu bestimmen. Das entspricht Herodots Pro- 

40 gramm — otxeovai Ök xaxä xdÖe Aißvsg, Aber es- 
ist doch sehr auffällig, wie er sich hier auf 
eine Küstenbeschreibung bezieht, die er selbst 
nicht gegeben hat. Überall in dem Abschnitt 
über Libyen rinden sich Hinweise, denen die 
Beziehung fehlt: auf kyrenaeische Kolonien (170), 
auf die vdfiot Kvgtjvaicov (170 ex.), ohne daß 
Kyrene nach dieser Richtung hin vorher be- 
handelt wäre. Der Nachtrag 198—199 über die 
tpvois xwQVS macht die Sache nur noch auf- 

50 fälliger. Die Lösung ist natürlich die, daß 
Herodots geographische Vorlage, d. h. H. die 
Küste zuerst beschrieben hatte, danach die erste 
Zone, die olxovfiev^. So erklären sich die Be- 
ziehungen. Herodot hat an Stelle der Küsten- 
beschreibung das historische Faktum des Perser- 
zuges gesetzt; eT hat aber die Beschreibung der 
Libyer in der Küstenzone und der fteooyeia 
ziemlich unverändert übernommen und äußer- 
lich in den historischen Zusammenhang ein- 

60 gefügt. So entsteht der merkwürdige Zustand, 
daß in einer Beschreibung Libyens Karthago 
überhaupt nicht erwähnt wird (daß H. es aus- 
führlich behandelt hat, zeigen die Übereinstim- 
mungen der Fragmente mit Skyl. 111). Daß 
Herodot sich der Seltsamkeit dieser Partie be- 
wußt gewesen ist, dürfen wir annehmen. Ich 
glaube, daß wir hier einmal wirklich mit der 
Unfertigkeit seines Werkes zu rechnen haben. 



.□.eÄtiuaiu» 



Hätte «r nun später den eigentlichen Aißv- 
xd$\ Xoyog gestrichen? Schwerlich, Ich glaube 
eher» daß er etwas hinzugefügt hätte, c. 167 
wird eine Flotte erwähnt, die absolut keine Rolle 
spielt (vgl. c. 203!). Hatte Herodot die Absicht, 
wie er es beim Xeixeszuge getan hat, die geo- 
graphische Schilderung des Landes so zu geben, 
daß er sie an den Marsch der Flotte einerseits, 
des Landheeres andrerseits anknüpfte? er hätte 
dann wohl einen Übergang gefunden, auch den 
von der Flotte nicht berührten Teil der Küste 
d. h. die karthagische Machtsphäre einzuflechten. 
Wie die Sache jetzt liegt, werden wir H.s 
Behandlung aus den sich ergänzenden Darstel- 
lungen des Skylax und Herodot aufbauen und 
dabei Rücksicht darauf nehmen, daß Herodot 

Herodot. 168. 169: 
. . . ACßveg ' an Alyvnxov äpg'dfiEvoi jzqwxoi A8vq- 
ßa%idat Aißvoiv . . . 

zovioov de lx ovxm rihydfifiai . . . fteXQ 1 *A(pQodt- 

atdSog vtjaov. 
iv 8e rän fisxag'v x^Q 031 ™vtoji 
i) xe Illaxia vfjaog inixeixcu, xyv Zxuoav oi KvQtj- 

vaTot 
xai iv ztot rjneiQCöt MevdXaog Xtpr[v iou 

xal *A£tQt$ xi\v ol KvQi]vatoi otxeov 

xai to aiX<pior aQX £Tat ^° tovxov. jrag^«« 5e (hto 

JJXarstjg vr)oov fiixQ 1 toC ^önaxog xr)g Hvgxiog 

xo aiX<ptov. 



auch hier der Vorlage selbständiger gegenüber- 
steht als Skylax. {Einige Kleinigkeiten: die 
Stadt ffieoneolösg Herod. IV 171. 198 wird bei 
H. frg. 301 und Skyl. 108 mit der den Dichter- 
erzählungen geläufigen Form ^amgiösg genannt. 
Vgl. Eratosth.-Apollod, bei Strab VII 3, 6. Sky- 
lax 110 erwähnt am Tritoirsee das Heiligtum 
der A&rjvä Tgacövlg. Herodot. c. 178 läßt es 
aus, setzt aber 180. 188 die Erwähnung voraus. 
10 Er kürzt überhaupt.] Freilich doch nicht so 
selbständig wie sonst wohl, was begreiflich, da 
er selten geographische Stücke so ganz geogra- 
phisch gelassen hat, statt sie irgendwie in histo- 
rische Erzählung umzusetzen. So rinden wir 
hier vielfach wortliche Übereinstimmungen; z. B. 
in der Beschreibung der 'AbvQfm%ibai 

Skylax 107-108: 
aQXsrat f} Atßvrj cUö xov Kavomixov ozoftaxog. 

ASvQfiaxidat {ngätov suppl. Mueller) tdrog 

Atßvuiv .... 
Msvüaog (sc. Xtftrpr) . . IIstQag . . XsQQOvrjöot s Ap- 

Xtöos XifiTJv — xavxa xfjs KvQrjvaiwv x^Q a S toxi, 
h de xwi peefcot Jlhgavxog xal XsQQOvtjaov 
dal vrjooi 'Arföcjvta xal IlXazetat 



ivxev&ev agxetat xb oiXyiov <pvso&ac yfvjyg' 
siaQtjxet dk eUo Xsqqov^öov dia Tijg (isaoyElag 
fi£%Qi 'EajieQi&av 

*A<pQoötotäg vfjoog. 



Daß hier nicht an Interpolation aus HeTodot zu 
denken ist, sondern beide Autoren die gleiche 
Vorlage mit einzelnen Veränderungen wieder- 

Herodot. 177: 
Acoxotpdyot, oi xov xciqjiov (iovvov xov Xojxov xqoj- 
yovxeg £a>ovot (I) 

6 8s xov Xaxov xaQnog ioxi fieyadog ogov xb xf ( g 

o%ivov (II) 
ylvxvxTjxa 8s xov <potvtxog xöit xoqiz<öi tiqoosi- 

xsXog (in) 
noiEvvxai de ix xov xaaxov xovxov ol Acoxofpdyoi 

xai otvov (IV) 

§ 17. Nicht näher bestimmbar sind die frg. 50 
329 (aus 'Aola); frg. 330 EUXyeta jiöhg; Gramer 
Anecd. Ox. I 287, 28 fUfiexQiaxai, wo die Worte 
des H. durch das Herodotzitat IV 86 mit ausge- 
fallenem Autornamen verdrängt sind. 

§ 18. Das zweite Werk des H. ist von den 
Späteren in vier Bücher zerlegt. Form und In- 
halt ergiebt sich aus dem am häufigsten ge- 
brauchten Titel rzveaXoyiai (§3). Wie die 
üeolodog rijg an Stelle epischer Periegesen tritt, 
so "erobert sich in den ArmAoyüw die wissen- 60 
schaftliche Prosa das Gebiet der ,Geschichte'. 
Prosadarstellungen ersetzen die inhaltlich glei- 
chen ,Hesiodischen' Epen (Stahl Jahrb. CLLTI 
369ff.; nur sehr teilweise richtig Seeck Ent- 
wickl. der antiken Geschichtschr., Berlin 1898, 
18ff.). Eb mag dahingestellt bleiben, ob es 
prosaische Umsetzungen des Epos ßchon im 
saec VI gegeben hat, wie v. Wilamowitz 



geben, und daß Skylax der treuere Zeuge ist, 
ist klar. Ebenso etwa in der Schilderung der 
Lotophagen. 

Skylax 110: 
Beschreibung der Insel Boaxeicov. iv ös zy vßawt 

yivetai Xoizög, ov io&iovoi, xai izSQog, ij ov 

otvov Ttotovatv (=: I. IV). 
o 8k xov Xojtov xaQTios ioxi tibi fieyi$£t oaov /it- 

ftaixvXov (= II) 
Weitere Beschreibung des Volkes und der Insel. 



Phil. Unters. XVIII 107, S.-Ber. Ak. Berl. 1909, 
823 für möglich hält. Wenn ja, so haben sie 
für die literarische Entwicklung so wenig Be- 
deutung wie die nachweisbar vorhandenen schrift- 
lichen Relationen von Seefahrern, die vor der 
Ihoiobog liegen. Die Fortschrittslinie läuft auch 
hier ohne Berührung der rein praktischen 
Zwecken dienenden, un literarischen Aufzeichnungen 
von dem wissenschaftlichen Epos zu den ältesten 
wissenschaftlichen Prosabüehern, von Hesiod zu 
den ionischen Philosophen. Den "EXXrjvsg d. h. 
den epischen Dichtern gegenüber fühlt sich H. 
als einer, der Neues bringt, und spricht das mit 
stolzen Worten in dem glücklicherweise erhal- 
tenen Prooimion aus (frg. 332): rdbt yodyat, 
ä>g fiot boxsi äXt}&£a elvat • oi yag r EXXqva>v Xoyot 
sfoXloi J€ xai yeXoioi xal ifiol <paivovxai (xa?) 
eletiv. Sie erinnern nicht zufällig an die Verse 
des Xenophanes noXla öeoig dve&yxav X}/*ijqo€ 



xiefi-auttiuö 



Hotodfe re xrX.; und sie klingen nach r in der Beispiel muß* genügen. Denn wieweit diese epo- 

Formulierung, die Thukydides seinen kritischen nymen Stammbäume bei H. schon vorhanden 

Grundsätzen gegeben hat, die Geschehnisse zu waren, ist uns in den Einzelheiten nicht be- 

erzählen ovx ix tov Ttaoaxvxövrog avv&avopsvog kannt; erst eine Aufarbeitung der gesamten 

n9Q°%\ efi01 l86xth dXX> oIs T£ ait ^ na ^ v * rL Daten dürfte hier die Stadien der Entwicklung 
(I 22, 2), TOn Hesiod an erkennen lassen. 

Trotz des scharf polemischen Tones, der Uns genügt das Faktum; und wichtiger ist 

einen neuen Geist, eine neue Etappe in dem die sich aus der allgemeinen Entwicklung ergebende 
Verhältnis zur Vergangenheit des eigenen Volkes Tatsache, daß damit die älteste griechische 
ankündigt, ist aber auch hier unverkennbar, daß 10 Geschichte beschränkt war auf die Zeit bis zu 
H. nur eine Entwicklung fortsetzt, die bereits den Helden von Troia und etwa noch ihren Söh- 
im Epos seihst begonnen hat Das eine wichtige nen. Hesiods Theogonie und Frauenkatalog, ,in 
Charakteristikum der älteren Pro sali teratur, die gewissem Sinne der erste Versuch einer Welt- 
geschichte' (v. Wilamowitz Die griech. Lit. 
19), beschränken sich auf diese Zeit, können 
garnicht anders: dsiöv yivog — Ztfva — äv&gwatDv 



systematische Sammlung und Ordnung des Mate- 
rials, ist schon älter. Hesiod hat die äußere 



yivog = yvvaixä>v yviov. Die Genealogen saec. V 
bieten nichts anderes. Der letzte Sprößling dieser 



Form dieser Materialsammlung gefunden: den 
Stammbaum, der von der Erschaffung der Welt 
und der Regierung des üranos herabführt bis 

zu den Helden von Troia und ihren Söhnen. ganzen Literatur, die Bibliothek* beginnt mit 
Im Leben selbst lauft der Stammbaum von der 20 Övgavog und schließt mit TrjXiyovog und dem 

Gegenwart zurück in die Vergangenheit, soweit Tode des Odysseus. Ich will nicht wiederholen, 

die Erinnerung reicht: ö hüva tov delva u. s. f. was E. Meyer Forsch. I 185ff.; Gesch. d. A. II 

So zählt Herodot VII 204 die Ahnen des Leo- § IS. über die große Kluft in der Tradition 

nidas, von ihm selbst beginnend bis herauf zu der griechischen Geschichte gesagt hat. Will 

Herakles, dem Stammvater der dorischen Könige: auch nicht weiter betonen, daß die Zeugnisse, 

so heißt es von H. selbst yevstjXoy^aavzi xal soweit sie auf die FsveaXoylai gehen, H. als das 

üvadtjöavTi xr\v utazQtrjv ig mxatUxarov &eov erscheinen lassen, was schon Piaton fiv&oygdyog 

(Herod. II 143). Auch im Epos war das ut- nennt (Hermog. n. id. II 12, 6 /nv&ovg rä sidvza 

sprünglich nicht anders. Auch hier ist die ax^Sov xal rooavzrjv ziva. tazogtav ovyygaxpdßsvog, 
^Gegenwart' gegeben, d. h, deT Inhalt des Hei- 30 Aelian. nat. an. IX 23 /iv&mv «^aiW aw&i- 

denepos selbst, die Geschichten von den zwei njs)', daß eigentlich schon das Zitat als *Hqo>- 

oder drei Generationen, die Hesiod eben um des oXoyia (Harpokr. s. &8eXq>i£ew) entscheidend ist. 

Homerischen Epos willen so unorganisch in die Die Entwicklung selbst schließt völlig aus, daß 

Reihe seiner yhi) ^qouimv av&Q<a7zoiv einge- H. die eigene Zeit in den FzveaXoyiai behandelt 

schoben hat: ävSgcöv rjgaxnv 8eiov yivog . . xal hatte. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß 



rovg fiiv ^6hfA.6g ze xaxbg xal q>vXomg aivfy rovg 
fikv vq>' mzajivkfot Grjßyi . . . wfoos paqvauivovg 
. . . rovg Se xal h vrjsoaiv . . ig Tgoirjv äyaytbv 
xzX, (Erga 159ff.). Ilsgl yovewv xal xgoyvvmv 



er nicht auch einmal einen Stammbaum bis auf 
die Gegenwart herabgeführt hätte, wie später 
Pherekydes (Marcellin. v. Thuk. 3) den der Phila- 
iden. Nachweisbar ist auch das nicht und für 



to>v dg "Ikiov orgatcvoauEvcov schreibt noch 40 den Ionier weniger wahrscheinlich, als für den 



Damastes (vgl. Polos rsveaXoyia rcöv im "IXtov 
ozgatEvodvTcov r EX\y)v(ov), Um Troia waren die 
IJavElkTjvEg vereinigt; von Troia mußte der Ver- 
such, die .griechische Geschichte* darzustellen, 
ausgehen. Das Epos selbst gab die Vorfahren 



mit Athen in Beziehungen stehenden Pherekydes. 
Aus Herod, VI 55 ort Öe iovzsg Aiyvmtoi — 
dgrjzat möchte man sogar direkt schließen, daß 
H. die Könige von Sparta nicht weiter als bis 
zur Rückkehr der Herakliden in die Peloponnes 



auf ein paar Generationen zurück. Am Anfang verfolgt hat. Es ist an sich möglich, daß die 
standen die Götter, die Väter der Öioyevüg ßaai- Ableitung und Folge der lydischen Königsge- 
Xrjsg. Die Verbindung geben alywaixeg, oooai agi- schlechter Herod. I 7 aus H, stammt: denn hier 
ozrjOiv aloxoi eoav tfÖe döyargsg (Od. XI 225f.). werden die "EXXyvsg citiert; die Anknüpfung an 
Aus diesen Daten konstruiert der Wissenschaft- 50 Herakles und die Umnennungen des Volkes 
liehe Dichter in die Vorzeit zurückgehend seine weisen auf eine genealogische Quelle; und wir 



Stammbäume; und sein Hauptmittel ist eines, 
das im Grunde mehr geographisch als historisch 
ist. Er schafft — und füllt damit den Zwischen- 
raum zwischen den Anfängen der Welt und dem 
Kriege um Troia aus — Eponyme der Stämme, 
die jene fjgcoeg im Epos führen, und derer, die 
er sonst in Hellas kennt. Das geographische 
Größenverhältnis setzt sich bei den Eponymen 



kennen aus H,s letztem Buche Fragmente,- die 
auf Kleinasien weisen. Aber ebenso möglich 
ist hier als Quelle auch die Üsgiobog. In diese 
würde sicher die Einlage über Pheidon Herod. 
VI 127 gehören, die Lehmann-Haupt 
Klio II 336 auf H. zurückführt — wenn sie 
überhaupt eine schriftliche Quelle hätte, was 
nicht der Fall ist. In die üeoiodog gehört, was 



um in das von Vater und Sohn: Phokos nennt 60 H. an historischem Material in unserem Sinne 



die Phoker; sein Sohn Krisos die Stadt Krisa. 
Es ist nur konsequent, wenn H. diese Eponyme 
auch in der üegiobog (frg. 84—86) nennt. Ao- 
xgog ist Sohn des Physkos (frg. 342), von dem 
die Lokrer früher 4>voxot hießen. Er ist Sohn 
des 'Afi(ptxTv<üv, des Eponymen der großen Ver- 
einigung der mittelgriechischen Staaten. Lo- 
kros' Sohn nennt wieder die Stadt Opus usf. Ein 



gegeben hat; daß man auch hier seinen Umfang 
nicht überschätzen darf, ist oben gesagt. ^ . 

Diese Beschränkung auf die Sagenzeit ist in 
gleicher Weise bedingt durch die Anknüpfung 
an das genealogische Epos wie durch den Mangel 
an Quellen für die nachepische Zeit; denn Be- 
nutzung von ävaygatpal und lokaler Tradition 
ist für die revecdoyUu ganz abzuweisen, wurde 



S5YÖ/ 



neKataios 



nenauuu» 



auch eine Darstellung dieser Zeit damals noch auch der anderen Strömungen, die, soweit wir 
nicht ermöglicht haben. Trotzdem sind die sehen, mit Ausnahme vielleicht der Lokalchronik, 
revealoyiat wirklich ein historisches Buch als alle direkt oder indirekt ihren Ausgang von H. 
erzählende Zusammenfassung dessen, was ge- nehmen, wird unmöglich gemacht durch den 
wesen ist, im Gegensatz zu der deskriptiven leider immer noch üblichen Terminus ,Logo- 
Zusammenfassung des Wissens von dem, was graphen 1 und die Bezeichnung des H. als .des 
ist, in der Ilsgtodog. H. ist wirklich ,der Be- bedeutendsten der Logographen/ Die Dar- 
gründer der Geschichtsschreibung bei den Griechen' Stellung z. B. bei C h r i s t - S c h m i d Ge- 
<E. Meyer G. d. A. II § 465, demgegenüber schichte der Griechen Lit. 5 I 1908, 424ff., 
bedeutet die Darstellung I 2 § 130ff., bes. § 133 10 in der in friedlichem Vereine H., Skylax(!) ? 
einen Rückschritt). Ich habe Klio IX 96ff. ge- Akusilaos, Charon und andere Horographen, 
zeigt, wie die Linie der großen Geschichts- Xanthos, Pherekydes, Hellanikos usw. als eine 
Schreibung im saec. V von Hekataios über Hero- Gruppe dem Herodot voraufgehen, ist eine ver- 
dot zu Thukydides läuft. Herodot schließt an schlechtere Wiedergabe von Dionys. Hai. de 
H.. wie Thukydides an Herodot. Während der Thuc. 5. Verschlechtert, weil die rein stil- 
letztere in den rein periegetischen Teilen seines kritische Trennung Herodots von den übrigen 
Werkes weder als Darsteller noch als Wissen- Autoren saec. V vermischt ist mit der sachlichen 
schaftler über die IJegiodog anders als in Einzel- Ungeheuerlichkeit, die dem C reuz er sehen Ge- 
heiten hinauskommt, vielfach aber in diesen brauch von Xoyojzowg-Xoyoygätpog anhaftet. Sie 
Teilen hinter H. zurückbleibt, von dem er jeden- 20 zu widerlegen erscheint zwecklos. Es genüge, 
falls in stärkstem Maße abhängig ist, tritt sein zu konstatieren, daß die Entwicklung der Histo- 
Werk als Geschichtswerk und als Ganzes durch- rjographie nicht in einer Linie sich vollzieht, 
aus neben H. und schreitet über ihn hinaus fort. sondern daß formell und inhaltlich voneinander 
Er knüpft hier an H. und steht doch im Gegen- und von der Hauptlinie geschieden eine Reihe 
satz zu ihm: der Konflikt zwischen Asien und anderer Linien laufen: die direkt an H. anküpfen- 
Europa ist für die alte Zeit in H.s revmXoylai den der Genealogie (Mythographie) und Ethno- 
dargestellt; ob schon unter diesem Gesichts- graphie, die (im Gegensatz zur panhellenischen 
winkel, ist kaum fraglich. Herodot läßt deshalb Historiographie entstandene) Horographie, die 
diese ganze Zeit beiseite (I 1—5. VI 55): xöv de (auf der panhellenischen Historiographie erwach- 
olda avzbg ng&zov imägkavza ädixcov zgycov ig $0 sene ) Chronographie; vgl. Klio a. O. 83ff. 
rovg "EXXrjvag, tovzov or)fir)vag nQoßrjoopai ig § 19. Inwieweit der Gedanke, geschichtliche 
tö ngöoca tov koyov. Dem entspricht VII 19ff. Vorgänge von Bedeutung vor der Vergessenheit 
das zweite Prooimion, das Thukydides wieder- zu schützen, sich bereits in H.s ÜEglobog geltend 
aufnimmt, der nun zuerst den axofji Xsyöpsva machte, vermögen wir nicht zu sagen. War er 
den selbstdurchlebten Zeitraum gegenüberstellt vorhanden — und das ist nicht unwahrscheinlich 
und statt dessen, was geschehen ist, darstellt, — so würde Herodots Bedeutung damit sowenig 
was in der Gegenwart geschieht. Parallel mit gemindert werden, wie die von H.s revmXoylai 
dieser Änderung des Stoffes, die qualitativer dadurch, daß der Gedanke der Kritik an der 
Art ist, weil die Quellen verschiedener Art sind epischen Überlieferung auch nicht zuerst in ihnen 
(Xöyoi 'MXtfvayv — ixvv\fir\ äv&gcQxa>v — olg ts 40 auftritt., Idftev ipevbea ^ xoXXa liysiv ivü^oioiv 
avxog Tzagrjy xal xaga twv aXXcov, soweit sie ofxom, i'^ufv ö\ sfa? iMlcofiev, aXr}&ia yrjgvoao&ai 
aagovreg zoXg igyotg ixdazoig waren) geht eine sagen die Musen Hesiods (Theog. 26ff.). Das 
Änderung in der Stellung des Schriftstellers zum programmatische Wort, das auf das Sprichwort 
Stoff, die sich deutlich in den Prooimien aus- stoXXa yjEvbovzat aoibaL anspielt, richtet sich 
spricht. H. tritt einem bereits literarisch ge- sicherlich ebenso gegen das ionische Epos, wie 
formten Stoff als Kritiker gegenüber; er will sich H.s Prooimion rabs yga<pco &$ jtol doxel 
ihn darstellen, wie er ihm wahr zu sein scheint. äXrj&ia ehai xrX. gegen die genealogische Epik 
Herodot schreibt, um die Erinnerung an egya in erster Linie richtet. Die Hauptaufgabe der 
fieyäXa, insbesondere aber die an den großen letzteren ist deshalb doch nicht Kritik, sondern 
Kampf zwischen Asien und Europa in der Gene- 50 Sammlung und Systematisierung gewesen. Die 
ration vor ihm, den noch niemand literarisch entschieden kritische Haltung, die H. dem epi- 
fixiert hatte, der drohenden Vergessenheit zu sehen Stoffe gegenüber einnimmt, der Versuch, 
entreißen. Thukydides schärft diesen Gedanken den er macht, die epischen Erzählungen von den 
durch die Betonung der historischen Wahrheit, wunderbaren und naturwidrigen Bestandteilen 
die nur bei der Fixierung zeitgenössischer Er- zu befreien und durch Aufzeigung des Xöyog 
eignisse zu erreichen ist, und fügt das letzte rix&g (frg. 346) in jedem Einzelfall den wahren 
Motiv hinzu, mit dem ein wissenschaftlicher geschichtlichen Verlauf aus ihnen herauszudestil- 
Historiker seiner Aufgabe gegenüber treten kann, Heren, ist vielmehr beeinflußt von der philo- 
daß die so gestaltete Geschichte Lehrmeisterin sophisehen Bewegung, die im saec. VI überall 
sein kann für das Leben (I 22, 4. II 48, 3). 60 das eigene Denken, die Vernunft, an Stelle der 
Praktisch wirksam war freilich dieser Gedanke Tradition setzte (vgl. E. Meyer Gesch. d. A. 
schon bei H. gewesen (Herodot V 36). Spätere II § 5; daß C ob et a. O. 4f. und Sittl Gr. 
finden nur noch den kindischen Gedanken einer Lir.-Gesch. I 349 den Rationalismus der Frag- 
moralischen Wirkung der Historie. raente als Beweis für Unechtheit der VeveaXoyiai 
Diese klare Hauptlinie der griechischen ansahen, ist eine Verirrung, die sofort zurück- 
Historiographie, der großen panhellenischen Ge- gewiesen wurde: Lipsius 17. Di eis 436f.). 
schichtsehreibung , die im Verlaufe saec. V zw Freilich hatte die Ratio auf dem geschichtlichen 
Zeitgeschichte wird, und damit das Verständnis Gebiet mit einer besonderen Schwierigkeit zu 



2739 



Hekataios 



Hekataios 



2740 



kämpfen. Die Bücher IIsqI qrvowz konnten von historischen Überlief erung erkennen und das 
der traditionellen Kosmogonie einfach absehen; Epos benutzen konnte, wie es Thukydides that 
die Theologie mußte sich polemisch mit den oder wie wir es heute thun; der vergleichenden 
epischen Erzählungen von den Göttern aus- Methode musste die subjektive vorausgehen, 
einandersetzen, konnte aber dafür alles, was Die Bedeutung von H.s Schritt bemißt sich 
Homer und Hesiod von ihnen erzählten, ein- also auch nicht danach, daß sein Werk eine 
fach verwerfen und im besten Falle einen Reihe ähnlicher Behandlungen des Epos erzeugt 
allegorischen Sinn in der Vielheit der Home- hat, sondern danach, daß es der Ausgangspunkt 
rischen Götterwelt finden. H. steht unter den geworden ist für die Hauptlinie der griechischen 
gleichen Einflüssen wie der älteste allegorische 10 Historiographie, die von der Kritik der Tradi- 
Homererklärer Theagenes von Rhegion; aber er tion f ortschritt zur Darstellung der eigenen 
konnte den Heroen gegenüber nicht mit der Zeit, bei der man vermied, was H. an der epi- 
gleichen Entschiedenheit vorgehen — oder er sehen Tradition auszusetzen gehabt hatte, 
hätte die geschichtliche Qualität des epischen Es ist von D i e 1 s 436 erkannt worden, daß 
Stoffes überhaupt leugnen müssen. Zu diesem die Berufung auf einheimische d. h. barbarische 
Schritte aber war es damals noch zu früh; erst Tradition, auf die cjiixüqioi, eine Eigenheit nicht 
Thukydides und die sophistische Kritik konnten etwa nur der üegioSog gewesen ist, sondern 
es wagen, die Geschichtlichkeit des Epos zwar auch der FeveaXoylai. Er hat den Hinweis darauf 
nicht ganz zu bestreiten — das haben auch sie in den Worten des Prooimions ol yag "EUrjvcov 
nicht getan — wohl aber auf die Geschichts- 20 Xöyot izoXXoi te xai yeXoiot xxX. gefunden und 
erzählung nach dem Epos zu verzichten und an diese Berufungen zutreffend bezeichnet als ,An- 
ihre Stelle die Zustand- und Kulturschilderung fange einer kritischen Methode auf geogra- 
der Vorzeit zu setzen. H. ist durch den Ein- phische und historische Forschung angewandt', 
fluß der Naturwissenschaft auf den Weg der Es scheint sogar, als ob die barbarische Tradi- 
r,atjonalistivschen — ,halbhistorischen' sagt tion in dem historischen Werke eine weit be- 
Gomperz — Einzelbehandlung gedrängt wor- deutendere Rolle gespielt hat, als in dem geo- 
den: der Kerberos ist nicht der Höllenhund, graphischen. Nicht nur gehört das einzige 
sondern eine giftige Schlange (frg. 346) j Geryo- Fragment, das solche Berufung zeigt (358 — 
nes hat nicht auf einer Insel im fernsten W T esten Herodian. 77. pov. l££. 8, 1), hierher; auch bei 
gewohnt, sondern auf dem Festlande bei Am- 30 Herodot erscheinen die Xoywt IleQoioiv, <Poivl- 
brakia, und die Rinder hat Herakles von hier xoir, Aiyvnxloiv vor allem in Partien, in denen 
geholt; , auch dies kein tpavXov ä $Xov ' (frg. 349) ; die griechische Sage (zitiert als ol "EXXyveg) 
Aigyptos hatte keine 50, sondern nicht einmal korrigiert wird; und zwar gewiß nicht zuerst 
20 Söhne (frg. 357; vgl. v. Wilamowitz Phil. von Herodot: so I 1—5. II 54. 113ff. 118f. 182. 
Unters. 194); die göttlichen Jungfrauensöhne sind Das ist auch ganz natürlich: in der üeglodog 
unglaublich; Mädchenraub und Verführung tre- treten lozoöty und äxot} doch nur als Ergänzung 
ten an ihre Stelle (frg. 345; vgl. Herodot. I der oytte auf. In den reveaXoyiat aber muß der 
1 — 5). Herakles zieht nicht allein gegen den Autor, sobald er mißtrauisch geworden ist gegen 
König Augeas, sondern er wird von den Epeern die Autorität seiner dichterischen Quellen, in 
unterstützt (frg, 348). Dieses Verfahren ist un- 40 ganz anderer Weise das Bedürfnis fühlen, einen 
befriedigend (das übersieht B ü d i n g e r Uni- Ersatz für diese verlorene Autorität zu gewin* 
versalhist. im Altertum 1895, 16, der deshalb nen, die eigene Meinung durch äußere Hilfs- 
H. gleich zu hoch einschätzt.) Es läßt sich nicht mittel zu stützen. Eines von diesen ist die Ety- 
einmal voll durchführen. Wie H. offenbar trotz mologie (Diels a. 0. 437; Neue Jahrb. 1910 
allem an seinen Stammbaum geglaubt hat, so I4ff.), die teilweise in ziemlich kindlicher Weise 
bleibt auch sonst Wunderbares genug bestehen: mit den eponymen Heroen wirtschaftet, ohne 
so die Erfindung des Weinstockes (xvojv avzwi zu erkennen, daß diese doch erst dichterische 
arsXexog Ixmt frg. 341), der sprechende Widder Fiktionen sind; teilweise aber in einer doch auch 
des Phrixos (frg. 337; anderes bei Tropea I für uns diskutierbaren Weise verwendet wird. So 
9f.). Daß H. freilich den ältesten Menschen ein 50 Herod. IV 1 89 die Ableitung der aiyig von m|(vgl. 
Leben von 1000 Jahren zugeschrieben haben auch frg. 52. Harpokr. s. ooöwvtä). Dabei ist 
soll (frg. 365), brauchen wir Josephus nicht zu zu beachten, daß diese Etymologie angeregt ist 
glauben. Wo man die Rationalisierung später dureh eine in die üeghSog gehörige Beobachtung 
voll durchgeführt hat (z. B. Herodoros von He- über die libysche Tracht. Ganz analog wird frg. 
rakleia), da haben wir keine als Geschichtswerk 349 die Ansetzung von Erytheia bei Ambrakia 
gedachten Genealogien mehr vor uns, sondern durch die Beobachtung olda de iyoj xai ig zovto 
philosophische, geographische oder einfach unter- hi evßozov zi}v ^üieiqov zuvzjjv xai ßovg rgiqmv- 
haltende Romane. Die Genealogie als Zweig aav xa/Marag bestätigt; wie sie überhaupt erst 
der historischen Literatur hat die Mitte saec. IV veranlaßt ist durch das neue Weltbild, das jen- 
nicht überlebt. Das berechtigt uns aber nicht, wie 60 seits der Erdküste im Ozean keine Inseln aner- 
es neuerdings mehrfach geschehen ist, die Be- kennen kann. Aber weiter erstreckt sich die 
deutung des H. herabzusetzen. Jener Weg war Bedeutung der barbarischen Tradition. Doch 
ein Irrweg, weil man mit der völlig subjektiven darf man auch sie nicht überschätzen. Es ist 
rationalistischen Kritik aus dem Epos fortlau- zwar unverkennbar, daß eine Szene wie die von 
fende Geschieh tserzählung nicht machen kann; Herod. II 143 geschilderte auf H. einen unge- 
aber der Irrweg musste gegangen, der Versuch henren Eindruck machen mußte, _ daß sie viel- 
gemacht werden» ehe man die qualitative Ver- leicht sogar erst den psychologischen Anstoß 
schiedenheit der dichterischen Tradition von der gegeben hat zu einer systematischeil Bearbeitung 



13*41 



üeitataios 



üeKataios 



ZY42 



der .historischen' Überlieferungen der Griechen. 
Aber eine wirklich entscheidende Wirkung haben 
die ungeheuren Zeiträume, die die Ägypter 
aTQsxecoG <paol inlorao&ai akt te Xoyi£öftevoi 
xai aiei <bwyea<pöfievoi rä ezea doch eigentlich 
nur auf theologischem Gebiete. Hier zieht H. 
Schlüsse (und veranlaßt Herodot zu dem gleichen 
Verfahren), wie die, daß die Hellenen ihre 
Götter von Ägypten bekommen haben (Herod. 



verwirft diese Anschauung ausdrücklich. Frei- 
lich frg. 47 ist nicht wörtlich erhalten; ein 
Xeyovatv o. ä. hätte H. erlaubt, die vulgate An- 
sicht zu erwähnen, auch wenn er sie für falseh 
hielt. Stillschweigende Korrekturen der dichte- 
rischen Anschauungen fehlten auch in der 
IIsQiodog nicht (so im Aißvxog Xoyog, s. § 16). 
Aber im ganzen wird H. hier die vulgaten An- 
schauungen einfach erwähnt haben, und WideT- 



II 50); daß der hellenische Herakles ein Mensch 10 Sprüche gegen die FeveaXoyiai mögen häufiger 



ist, der nur den Namen des alten Gottes trägt 
(Mittel der Homonymie); daß Pan oder Diony- 
sos, die kein menschliches Leben gehabt haben, 
von den "EXXrjveg deshalb so spät angesetzt sind 
weil man ihre Namen erst später kennen gelernt 
hat (äft' o$ öe Ejzv&ovro xqovov, djtd tovtov yeverj- 
Xoysovoi avTcöv zi]v yeveoiv II 146). Es hängt 
damit zusammen (vgl. z. B. II 49), daß offenbar 
schon H. die Überzeugung gewonnen hat vom 



gewesen sein. Die Unechtheit der reveaXoyiat 
beweisen sie natürlich nicht, auch wenn sie nicht 
nur scheinbar sind d. h. Folge der Knappheit 
unserer Fragmente. 

§ 20. Wenn schon die entschieden rationa- 
listische Kritik H. über die epischen Genea- 
logien hinaus zu einer ,histori sehen' Auffassung 
der Sagenzeit führt, so ist ein weiterer Schritt 
nach vorwärts — wenigstens relativ; über den 



orientalischen Ursprung der hellenischen Kultur 20 absoluten Wert des Verfahrens mag man strei- 



überhaupt, daß schon bei ihm Kadmos, Danaos, 
Pelops die Rolle der Kulturbring er spielen. 
Vergleichen wir aber mit einem Abschnitt wie 
dem über die Götter (II 43 ff. 142ff.) etwa den über 
Menelaos-Helena in Ägypten (II 112ff.), oder 
über die ältesten Zwistigkeiten zwischen Asien 
und Europa (I }—Q), so ist der Unterschied 
augenfällig. An Stelle der einschneidenden Ände- 
rungen tritt die mehr oder minder starke Rationali- 



ten — getan durch die Einführung einer abso- 
luten Chronologie, deren Ausgangspunkt beim 
Mangel einer einheitlichen griechischen Aera 
(s. Rh. Mus. LIX 86) natürlich nur die eigene 
Zeit sein kann. Es ist E. Meyers Verdienst 
(Forschungen I 1892-, 154ff.), hier dem H. ge- 
geben zu haben, was ihm gebühTi nämlich die 
Aufstellung des festen chronologischen Systems 
der griechischen Sagengeschichte (und — das sei 



sierung, die die Fakten selbst doch ziemlich unbe- 30 noch besonders betont — nur dieser, während 



rührt läßt. Die Hochachtung vor der orienta- 
lischen Tradition hat hier nur die Aufgabe, die 
subjektive Meinung, mit der H. den Angaben 
der Dichter entgegentritt, zu temperieren. Das 
ist der oben bereits festgestellte Unterschied 
zwischen Theologie und Heroologie, der unver- 
meidbar war, solange man in den Erzählungen 
von den Heroen Geschichte sah. Die barbarische 
Tradition hat hier nichts qualitativ geändert, 



für die historische Zeit Daten überhaupt fehlen; 
s. Klio IX 112ff.), auf das Herodot innerhalb 
seines Werkes mehrfach Bezug nimmt. Meyer 
hat evident nachgewiesen — ich kann seine Re- 
sultate einfach registrieren — , daß dieses System 
nicht von Herodot selbst aufgestellt, sondern 
als etwas Gegebenes und Anerkanntes übernom- 
men ist; daß es einem griechischen Autor ent- 
stammt; daß es bereits vor Herodot von einem 



weil sie, wie wir wissen, wie H. nicht wußte, 40 anderen, höchstwahrscheinlich Dionys von Milet, 



ja von der hellenischen nicht unabhängig, son- 
dern nur eine Zurechtmachung jener in maiorem 
Or lentis gloriam war. Darum decken sich die 
reveaXoyiat inhaltlich und in der Form trotz 
aller Korrekturen nach den smxüiqioi viel mehr 
mit den epischen Genealogien, als es die Theo- 
logie mit der Homer isch-Hesiodischen tut. 

Aus der Art, wie H. in den reveaXoyiat die 
Erfahrungen seiner Reisen verwertet, muß man 



zum Ausgangspunkt für die Berechnung der 
orientalischen Dynastien (Lyder, Meder, Assy- 
rer) gemacht ist. Das alles führt auf H. Die 
Epoche ist natürlich der Troianische Krieg; die 
Grundlage des Systems die Synchronismen, die 
das Epos selbst für die Argonauten und die 
Helden von Theben und Troia liefert. Troias 
Fall wird (II 145) auf ca. 1250 angesetzt; Hera- 
kles auf etwa 1330. Es ist eine Bestätigung, 



aber doch schließen, daß der Gedanke an eine 50 wenn der Stammbaum des H. selbst für den 



prosaische Bearbeitung auch der historischen 
Tradition wenigstens seiner Konzeption nach 
später ist, als der an die Bearbeitung des Welt- 
bildes (so auch Diels 436f . ? E. M e y e r II 
§ 465). Letzterer war ja auch in ganz anderer 
Weise durch die ionische Naturwissenschaft vor- 
bereitet. Vermutlich aber sind die reveaXoyiat 
auch faktisch später abgefaßt. Wenigstens wird 
sich so der Widerspruch zwischen frg. 47 ~ 349 



Heros, mit dem das Geschleeht beginnt, auf 
1090—1050 führt. Denn es liegt nahe, den 
Beginn des Stammbaumes eines ionischen Ge- 
schlechtes mit der Besiedelung Ioniens zeitlich 
gleichzusetzen. Die ionische Wanderung ist um 
zwei Generationen von der dorischen getrennt; 
diese wieder durch zwei von dem Troianischen 
Kriege. Das gibt 1170 für jene, wieder 1250 
für diesen — die Generation zu 40 Jahren ge- 



am einfachsten erklären, den Fischer De Hanno- 60 rechnet. Diese Generationsdauer (im Gegensatz 



nis Carthag. Periplo 1893, 96f. als sichersten 
Beweis' für die Unechtheit der reveaXoyiat miß- 
braucht hat. Frg. 47 setzt mit seiner Ableitung 
der sizilischen Stadt Motvrj ajtb Mozvijg yvvatxog 
ftijvvodorjg UgaxXel rovg iXdoavrag xovg avzov 
ßovg die vulgate Anschauung voraus, daß Hera- 
kles die Rinder aus dem fernsten Westen ge- 
holt habe (vgl. Herod. IV 8; aus H.?). Frg. 349 



zu der Herodotei sehen von 33 l /a) dürfen wir für 
den älteren Autor annehmen; denn sie ergibt 
sich aus den Daten selbst und hat wenigstens 
für die Zeit von Troia bis zur Heraklidenrück- 
kehr auch die spätere griechische Chronographie 
beherrscht (ohne erkennbaren Grund schreibt 
Lehmann Hermes XXXV 1900, 649 und 
Klio IV 123 dem H. eine Generation von 



2748 



Hekataios 



Hekataioa 



2744 



35 Jahren zu). Meyer hat vermutet, daß H. 
bei seiner Berechnung die Stammbäume der 
spartanischen Könige zu Grunde gelegt hat; spe- 
zieller vielleicht den ziemlich gleichzeitigen Re- 
gierungswechsel, der 490/88 Leonidas und Leo- 
tychides zur Regierung bringt oder auch die 
MTjöixd, die er noch erlebt haben kann. Hier 
gibt Herodot VII 204 den Agiaden Stammbaum; 
dieses Ereignis bildet noch bei Eratosthenes und 
Apollodor den Abschluß der ersten Periode der 
griechischen Geschichte. M e y e r spricht vor- 
sichtig; er weist auf die vielen anderen Stamm- 
baume hin, die zu Gebote standen. Aber 
die Vermutung bleibt trotzdem wahrscheinlich. 
Xicht nur ist der Heraklidenstammbaum schon 
um 500 der wichtigste; H. selbst hat gerade von 
Herakles überall — auch in der üegioSog — 
ausführlich gehandelt. Und auch ein weiteres 
hat Meyer mit Recht betont, daß , unmittelbar 
nach Herodot Hellanikos das System des H. end- 
gültig umgestoßen hat'. Seitdem ist die kürzere 
Generation von 33 L /3 Jahren, die Herodot selbst 
annimmt, die offenbar auch Demokrits Rech- 
nung (Diog. IX 41) zugrunde liegt, ziemlich 
allgemein gültig. Damals ist vielleicht auch an 
Stelle der unbestimmten , eigenen Zeit', das ig 
spie, ein absoluter Ausgangspunkt der Rechnung 
getreten, die Einsetzung der Olympien 776/5. 
Über die Geltung dieser Epoche hat L a q u e u r 
Hermes XLII 513ff, Licht verbreitet; Aber ich 
muß betonen, daß seine Resultate E. Meyers 
Konstatierungen für H. und das saee. V über- 
haupt in keinem Punkte umstoßen. Es ist doch 
charakteristisch, daß Laqueur ,nur zwei troische 
Daten nicht auf die einfache Formel: Olym- 
piadenanfang -+- n Generationen bringen' kann; 
das des Duris (1000 Jahre vor Alexander), das 
er mit Recht für ,ein Kompliment an den neuen 
Achill' erklärt, und das — des Herodot, fÜT 
das er eine Erklärung überhaupt nicht versucht. 
Sie ist durch E. Meyer gegeben. Denn daß 
auch für H, der Beginn der Olympiaden maß- 
gebend gewesen sei, wird Laqueur nicht 
behaupten. Vor Herodot und bei ihm ist eine 
chronologische Verwertung von Ol. 1 weder nach- 
weisbar noch wahrscheinlich. Ob sie bei Hella- 
nikos auftrat, müssen wir unentschieden lassen; 
denn wir kennen sein troisches Datum nicht. 
Mit Sicherheit hat Laqueur die Verwendung 
in Verbindung mit der yered zu 33V3 Jahren 
bei Ephoros nachgewiesen. Offenbar hat zwi- 
schen ihm und Herodot Hippias' Publikation der 
olympischen Festchronik, die meines Erachtens 
von Thuc. I 6, 5 (vgl. daneben und dagegen 
Herod. I 10) benutzt ist, Epoche gemacht. 

Wieweit die absolute Datierung von H. aus- 
gedehnt worden ist, läßt sich mit Sicherheit 
nicht sagen. Aber schwerlich hat er schon die 
Stammbäume mit Einzelzahlen versehen, son- 
dern hat sich in der Erzählung, wie Herodot. 
wesentlich mit Angabe der Generationen begnügt 
(ex. gr. Herod. I 3). 

§ 21. Stärker, weit stärker, als bei der YltQio- 
doz, habe ich die Behandlung der revmXoyiai 
auf allgemeinen Erwägungen aus der Entwick- 
lung der griechischen Historiographie überhaupt 
und auf dem, was Herodot uns an Material 
liefert, aulbauen müssen. Das ist gefahrlos, weil 



wir jene Entwicklung sicher tiberblicken können 
und weil die Benutzung der FevsaXoylat bei 
Herodot eine unbestreitbare Thatsache ist. Wo 
die Herodotinterpreten nur von älteren Genea- 
logen oder ähnlich sprechen, können wir ruhig 
überall H. einsetzen. Selbst angenommen, daß 
Akusüaos und Pherekydes schon vor 450 ge- 
schrieben haben, was nicht wahrscheinlich ist, 
davon ,daß sie auf Herodot irgend welchen Ein- 

10 fluß geübt hätten, findet sich keine Spur' (E. 
Meyer 169). Das Verhältnis des Herodot zu 
H.s rEvmloylai ist dagegen klar und weitaus 
einfacher, als bei der Üsgiodog: er ergänzt und 
polemisiert hier nicht, sondern er entnimmt 
ihr einfach, was er von den Dingen braucht, die 
er selbst nicht ex officio behandeln will, eben 
weil H. sie behandelt hat; äiXotai ya@ nzgi 
avrtör Etgrjxai, Moofisv avxa. Aber das Verfahren 
war auch notwendig; denn die Zahl der erhal- 

20 tenen Fragmente ist sehr gering. Nur gegen 40 
lassen sich mit einiger Sicherheit hierher ziehen; 
und unter diesen sind noch mehrere nur An- 
führungen von Dialektworten oder -formen (frg. 
354. 367. 370. Gramer Anecd. Ox. I 207, 20. 
265, 9, Hierher gehören wohl auch die nicht 
ganz sicher einem der beiden Werke zuzuweisen- 
den Fragmente: 254. 359. 366. 368. 369. 371. 
374. Apollon. Dysc. de pron. p. 92, 20). Ver- 
wunderlich ist das nicht, da hier H. in ganz 

30 anderer Weise als in der Jlsglodog durch die sich 
schnell folgenden ausführlicheren Bearbeitungen 
aus der zweiten Hälfte saec. V überholt ist; 
ganz besonders aber durch die, welche auch die 
Lyrik und vor allem die attische Tragödie in den 
Kreis der Darstellung zogen. Es läßt sich daher 
auch nur wenig einzelnes über den Inhalt sagen; 
und auf eine auch nur vermutungsweise Wieder- 
herstellung der Disposition (ein Versuch bei 
Klausen 29f.) wird man verzichten; denn nur 

40 12 Fragmente geben Buchzahlen {I: 332. 333. 

335. 338. 343; II: 344. 350. 354; III; 335; IV: 

336. 363. 364. Sie sind im folgenden mit * her- 
vorgehoben); und auch sie lassen vielfach mehrere 
Deutungen zu. So kann AfAtpavai frg. 335 * aus 
B. I genannt sein bei Herakles, der Kyknos 
'Autpavalag olxrjxoQa tötet (Eurip. Heracl. 392), 
in der Argonauten- oder Deukaliongeschichte 
(da es in der Nähe von Ilayaoai und dem Vor- 
gebirge IlvQQa liegt), oder endlich in der Ge- 

50 schichte von Hellens Söhnen (xokig Acoqix^I 
Klausen 140). Ebenso steht es mit Irtovia 
hg. 338*. Ixxta (Tochter der Tyro) frg. 333* 
läßt sich auch nicht sicher bestimmen. Immer- 
hin führen alle drei Fragmente nach Thessalien 
und lassen sich (wie das vierte mit Buchzahl 
01vr\ Tioliq %Qyovs 343*) mit den direkt von 
Deukaliou ausgehenden Stemmata verbinden, 
die man im ersten Buch doch zunächst suchen 
wird; der Heros (Steph. Byz. s. v.) Iton ist 

60 Sohn Amphiktyons, in Thessalien geboren (Ar- 
menidas, Schob Apoll. Rhod. I 551), Vater des 
Boiotos (Paus. IX 1, 1); Tyro stammt von Aiolos, 
Hellens Sohn. Deukalions Nachkommen herr- 
schen in Thessalien, das früher nach Pelasgos 
Pelasgia hieß (frg. 334). Seine Söhne gibt in 
sehr altertümlicher (ob vollständiger?) Aufzäh- 
lung SchoL Thuk. I 3, 2 (cm. M.); die Nach- 
kommenschaft des einen davon (Otestheus) frg. 



2745 



Hekataios 



üefcatawa 



2/4H 



341. 342. Danach lässt sich folgender Stamm- 
baum gewinnen: 

AevxoXIqjv 

JTqovoos 'Ogw&evg MaQ<xS(&viog 

"EXXrjy $vttog 

(äägog Eov&og AToXog) Oivevg 

AhcoXog 

,1 
$voxog 

I 
AoHQog 

Die drei Söhne Hellens sind vermutungsweise 
eingesetzt, weil H. hier doch wohl mit Hesiod 
übereinstimmte, frg. 333*, die auf die Argo- 
nautensage bezüglichen 337. (338*?) 339 + 187, 
vielleicht auch frg. 340 (Amphiaraos) würden 
dann zu der Behandlung von Aiolos' Nachkom- 
men gehören. Für Doros käme frg. 335* in Be- 
tracht. Diesen Inhalt von Buch I bestätigt frg. 
343* OivTj • Tiöhg "ÄQyovg, identisch mit Oinoe, 
die nach dem aus Aitolien vertriebenen Oineus 
benannt ist (Klausen 145). Im Stammbaum 
nicht unterzubringen ist Amphiktyon, den H. 
doch wohl genannt hat, da Herod. VII 200 und 
Theopomp bei Harpokr. s. v. ihn als Stifter der 
Amphiktyonie im Gegensatze zur delphischen 
Tradition kennen (Mann. Par. 33fL). Zu ihm 
stellt sich vielleicht frg. 338*, wenn Iton ge- 
nannt war, was auch zum Aitolerstammbaum 
gehören kann. Von, der Theogonie, die wohl 
sicher wenn auch noch so kurz behandelt war, 
haben wir keine Reste. 

Buch II (frg. 344* erymanthischer Eber; 
frg. 350* Amazonen) scheint zum großen Teile 
dem Herakles gewidmet gewesen zu sein, dem 
Evevo&ecog Xecög, wie er Cramer An. Ox. I 265, 9 
heißt. Von den &&to, über deren Reihenfolge 
sich natürlich nichts sagen läßt, erscheinen noch 
die Hydra frg. 347, der Kerberos frg. 346, 
Gervones frg. 349, Augeas frg. 348. Ferner: 
Oichalia frg. 106 und das Verhältnis zur Auge 
mit Ableitung der teuthran tischen Könige (frg. 
345, sie ist sicherlich älter, als F r i e d 1 ä n d e r 
Phil. Unt. XIX 161, 1 andeutet, vgl. übrigens 
Thrämer Pergamos 379ff.) in der epischen, auch 
von Euripides im Telephos befolgten Version 
(ob Bd. II S. 2300ff.). Von den Amazonen handeln 
noch frg. 351. 352; vgl. frg. 200. Vermutlich 
ist auch frg. 353 Keyx und die Herakliden 
hierher zu stellen. Ob äöeXcplCetv 354* auf Hera- 
kles und Theseus geht? Die Rationalisierung 
scheint in diesem Buche besonders weit gegangen 
zu sein, wobei auch Herod. II 43ff. zu beachten 
ist. Vorausgegangen sein muß aber der Geschichte 
des Herakles, der ja bei H. reiner Mensch war, 
die Behandlung seines Geschlechtes, d. h. dessen, 
was die Bibl. II 1 xb Ivdytiov yh<K nennt und 
an das Geschlecht Deukalions anschließt. Für 
Herakles kommt der in der Bibliothek zuerst 
behandelte Zweig, ol anb BrjXov, in Betracht. 
Man möchte sagen, daß das, was Herod. VI 53. 
55 xazä xa leyofieva vxd 'EXX^vatv schreibt 
(Aaeiiatv ßaaiUas faxe* P& &*l Htgcios xov 
Aarane sindtEJUiyv«; <S*o & Aavdrjg tfjg 'AxQtotov 



nach oben aber Aiyvartöi l&ayevies) und was er 
nicht ausführlich erzählen will (3 w ös kfoee 
Aiyvnttoi xai o rt cmoS^dfievoi eXaßov rag 
AatotEfov ßaodijtag), weil ,andere es behandelt 
haben' — daß dies eine knappe Inhaltsangabe 
von H.s zweitem Buche ist. Die skeptische Be- 
merkung xov &eov äjiEOvtog stimmt dazu; ebenso 
aber, daß er keinen menschlichen Vater des 
Perseus zu nennen vermag. Denn auch H. frg. 
10 254. 358 gab an xfji Aaväi fAtoyeräi Zevg. Hero- 
dot scheint, wie ja öfter, wo er von H. abhängt, 
dessen Skepsis zu steigern. Der abweichende 
Xöyog JJeQoioiv c. 54 könnte schon von H. bei- 
gebracht sein. Danach gehören in dies Buch 
noch frg. 357 Ankunft der ,nicht einmal 20 
Söhne des Aigyptos in Argos; frg. 359 Xeiqo- 
yäöTOQtg, falls Creuzer darauf mit Recht 
Strab. VIII 6, 11 die Erbauung von Tiryns zu- 
sammengebracht hat; frg. 254 + 358Danae; frg. 
20 360, wenn man es mit Recht auf die Benennung 
Mykenes 6x6 [ivxtjxog xov &<povg, o itpoQst, 
neooevg deutet. Das Buch ging bis zur Rück- 
kehr der Herakliden; und wenn H. die Stamm- 
bäume der spartanischen Könige bis auf die Gegen- 
wart herabgeführt hat, so ist das hier geschehen. 
Vom III. Buch wissen wir direkt garmchts, 
da aus ihm nur ein nicht näher zu beziehendes 
'ÄQxadmov Seijtvov frg. 355* zitiert wird. Die 
Zuweisung aller Res Peloponnesiacae an dieses 
30 Buch (Klausen, Mueller, West ermann) ist 
schon deshalb verfehlt, weil sie die landschaftliche 
an Stelle der genealogischen Ordnung setzt. Wir 
werden auch hier eher der Bibliothek folgen 
dürfen; denn bei allen Änderungen im einzelnen 
scheint der Grundplan des Gebäudes der grie- 
chischen Sagengeschichte konstant geblieben zu 
sein Nach Arkadien führt das Geschlecht des 
UeXaoyög (Bibl. II 96ff.), das behandelt sein 
wird. Vorher abeT muß, auf Belos folgend, die 
40 Nachkommenschaft Agenors behandelt gewesen 
sein. Ob schon im dritten oder noch im zweiten 
Buch, wissen wir nicht. Es ist auch gleichgültig. 
Die Fragmente geben dürftigste Reste: Kadmos 
frg. 361 (vgl. Herod. V 58, oben § 6) Tevfcve: o 
IUM* Phot. s. v. (FHG I p. XVI); Schol. 
Soph. Oed. C 1320 (FHG IV 627). Letzteres be- 
zeugt die Behandlung des Zuges der Sieben gegen 
Theben. Frg. 356. 362 gehören in die TLsgiobog. 
4us Buch IV werden die karischen Städte 
50 UtXla frg. 336* (die Hss. des Steph. Byz schwan- 
ken zwischen ä und ö) und Mvytaaog frg. öbö 
sowie die lykischen Tremilen frg. 364* zitiert. 
Wir dürfen ihm deshhalb nicht die ,kleinasia- 
tischen Sagen* zuweisen. Den Zusammenhang, 
in den frg. 364 gehört, zeigt vielmehr Herod. 
I 173 coli. Bibl. III 206: die Tremilen heißen 
Lykier nach Lykos, Pandions Sohn. Das gehört 
in die Genealogie des Kixoo\p avx6x$e>v (Bibl. 
III 177ff.). Daß es im vierten Buch steht, ist 
60 ein Beweis für die Annahme eines konstanten 
Grundplanes der reveaXoyiat von H. bis auf 
die späten Handbücher. Ich zweifle daher 
auch nicht, daß die karischen Stadtnamen dieses 
Buches auf die Rückkehr der einzelnen Helden 
von Troia und die ihnen zugeschriebenen Grün- 
dungen gehen. Nach Bibl. epit. VI 18 siedelt 
sich z. B. noöaXiiQtog auf der Kaetxt} jf^^oos 
an. Es ißt dies das einzige, was von der B®- 



Ü747 



Hekataios 



Hekataios 



2748 



handlung der Tgcoaed in den reveaXoylai er- 
halten ist. 

Dies letzte Faktum ist geeignet, die Dürftig- 
keit unserer direkten Kenntnis von der ältesten 
Jiistori sehen Bearbeitung der griechischen Sagen- 
geschichte zu illustrieren. Wir besitzen aus dem 
ganzen Bau nur ein paar zufällig erhaltene 
Steine. Allerdings läßt sich das Material nicht 
ganz unwesentlich vermehren, vor allem aus 



dides, Xenophon als gelesen und stilistisch imi- 
tiert auf, gegenüber den Werken des Theopomp, 
Ephoros, Philistos und Hellanikos. H. gilt ihm 
offenbar als Hauptvertreter der ionischen Prosa. 
Es ist also noch ein Wort über die äußere Form 
zu sagen. 

§ 22. In der bekannten Strabonstelie I 2, 6 
jTQfottara yaQ ij noirjzixi) xaxaoxevi] xaQtjX&ev 
eig xb fAEOov . . . ejteira avxrjv fic/AOVfjisvot, Xvoavzsg 



Herodot. Ich muß aber auf Rekonstruktionsver- 10 rö fiexQov, zä)la de (pvXdi-avzeg xa jiotrjtixa avve- 



suche größerer Partien verzichten, nicht nur 
weil für die dazu nötigen Spezialuntersuchungen 
hier kein Platz ist, sondern auch weil ich noch 
nicht sehe, ob und inwieweit die revmkoyiai auch 
von Nichthistorikern d. h. vor allem von Aischylos 
und etwa^ den anderen Tragikern benutzt sind. 
Wirklich etwas sagen läßt sich meines Erachtens 
darüber erst, wenn die Systeme des Pherekydes 
und Hellanikos soweit möglich rekonstruiert und 



yQmpav ol stsqI Kdöfiov xal <PeQExvör) xal r Exa- 
raiov wird eine Verbindungslinie zwischen Epos 
und ältester Prosa gezogen, die sich auf die 
sprachlich-stilistische Form der letzteren bezieht. 
Woher diese Anschauung von dem poetischen 
Charakter der ältesten Prosa kommt und ob sie 
für Pherekydes den Syrier zutrifft, mag un- 
erörtert bleiben. In keinem Falle darf man aus 
dieser Stelle schließen, ,daß die ältesten Er- 



m ihren Nachwirkungen untersucht sind. Vor- 20 Zeugnisse der ionischen historischen Prosa . 

lällfif läßt <i\ch nur rlin nllrpomoinii ~Wi tV « n n Ar,* untür An-m mni+m/,Vnv,J n *„„ Ti:w,.fl..n j t^i:_i.x.-. 



läufig läßt sich nur die allgemeine Wirkung der 
revmXoyiat konstatieren: sie haben als Literatur- 
form, die um 450 vom Mutterlande aufgenommen 
ist, dauernd Bestand gehabt, als ein elöos erst 
der Historiographie, später als eines der Unter- 
haltungsliteratur und einer im Dienste der all- 
gemeinen Bildung stehenden philologischen 
Schriftstellerei. Der von H. eingeführte Geist 
des Rationalismus ist herrschend geblieben, so- 



unter dem weitgehendsten Einfluß der Dichtung 
auf Worte und Wendungen geschaffen worden 
sind' (Zarncke Entst. d. griech. Literatur- 
spr., Lpz. 1890; Stud. f. Lipsius, Lpz. 1894, 
120ff.). Schon Norden Kunstpr. I 35ff., ob- 
wohl er Zarnckes Ansicht ,im allgemeinen 
richtig' nennt, hat sie beschränkt auf den Satz- 
bau; und er hat sie praktisch aufgehoben 
durch die den antiken Urteilen zustimmen- 



Jange die Sagenzeit als Domäne der Historiker 30 den Bemerkungen über den SfirjQtxcöxazos 



gilt, wie das am besten die Stellung Herodots 
zum Inhalt des Epos beweist; er hat von hier aus 
auch in die Ethnographie und die Lokalchronik 
übergegriffen. Er verschwindet, als die gegen 
den historischen Wert der Sagen gleichgültige 
Philologie die Behandlung dieses Stoffes über- 
nimmt. 

Die absolute Geltung auch der reveaXoylai 
hat saec. V kaum überdauert. Für Ephoros 



r 'HQÖ6oroq (S. 40). Wir müssen es aber viel 
schärfer sagen, daß jene Anschauung auf die 
historisch-geographische oder auf die wissen- 
schaftliche Prosa überhaupt ab'solut nicht zu- 
trifft. In ihr konstatieren wir bei HeTodot und 
in anderer Weise, aber im Prinzip gleichartig 
bei Thukydides eine bewußte Benutzung der 
Poesie für die Bildung des Stiles, die ausgeht 
von der sophistischen Kunstrede, im Prinzip be- 



kommt nicht mehr H., sondern nur noch Hellani- 40 kämpft wird von Isokrates. Bei H. und ebenso 

lr*~kc» nlci fln^nki sil*4i™isiVt wAtl\A« ^T ^. « m^.^.^^-i-\^ ? __ ^."L ... _ TT _ " j_ T __ .1 Tl . . j 1 X 1 n * j *i i rt ^ 



kos als Geschieht Schreiber der mythischen Zeit 
in Frage. Auch die Lokalcbronik (s. ex. gr. 
Dieuchidas FHG IV 388, 1) knüpft an diesen an. 
Seine umfassendere Ausgleichung der verschie- 
denen Traditionen hat wohl den ersten Versuch 
auf diesem Gebiete endgültig verdrängt. H. ist 
nur noch gelegentlich benutzt, wie z. B. von dem 
sog. Melesagoras (Clem. AI. Strom. VI 26, 8). 
Man pflegt für sein Ansehen im saec. IV noch 



in den Resten der Lokalhistoriker aber finden 
wir, soweit die dürftigen Fragmente ein Urteil 
erlauben, eine zunächst im Wortschatz durchaus 
prosaisch einfache, in ziemlich starkem Maße 
dialektisch gefärbte Sprache {vgl. nur die Gram- 
matikerzitate von ionischen Worten und Formen 
aus H.: frg. 366. 367. 369. 370. 374; Cramer 
Anecd. Ox. I 207, 20. 265, 9. 287, 28. Apoll. Dysc. 
p. 92, 20 Sehn.) und einen ebenso einfachen, un- 



± tT3 ~~ -.-. — ^w«v« "" ky«.^w« -m. » iJ.Wl-1 |/. <-'"} "" L"-IA1A.J UJ1V1 L1AILI1 C UC11ÜU CHHrtVlltlL, Uli" 

die Anekdote Aelian. var. hist. XIII 20 anzu- 50 gekünstelten Stil, der mit seiner Knappheit und 



führen (s. zuletzt Pohlenz Xägneg 1911, 
80, 4); ich zweifle durchaus an der Identi- 
fikation dieses KeQxtÖäs mit einem der bekann- 
ten Träger des Namens. Nachdem dann das 
W T erk einmal in die hellenistischen Bibliotheken 
gekommen ist. hat es sich weiter erhalten als 
eines der wenigen Denkmäler ältester ionischer 
Prosa. Als solches hat es in der Zeit des 
Archaismus eine Rolle gespielt. Während bei 



seinen Inkonzinnitäten weit mehr an die ge- 
sprochene Sprache, als an den Stil des Epos er- 
innert. Das ist entwicklungsgeschichtlich nicht 
nur verständlich, sondern a priori zu erwarten. 
Die altesteProsa, die im Kreise des Thaies entstand, 
ist im Grunde genommen weniger Literatur, als 
knappe Aufzeichnung dessen, was im Kreise der 
Schule erarbeitet ist, zur Stütze des Gedächt- 
nisses und vielleicht noch mehr zur Mitteilung 



Dion. Hai. de im. 3 der Name^des H. noch fehlt 60 an auswärtige Freunde. Die Vorrede des Alk- 
und Herodot als jfj-; lädog aoiozo? xavüv er maion (frg. 1 p. 103 Diels 2 "Ahcpuaimv Kqozo>- 
scheint (ad Pomp, epist. 3), bringt der Autor rirjzrjs räöe sXe^e . . Bgorirütt xal Aimnt xal 
Ilegl vipovs ein Beispiel aus ihm; setzt ihn der 
sog. Demetrios 77, %*. an die Stelle Herodots 
in der Besprechung des Unterschiedes zwischen 
periodtsierter Rede und te£ie eigofievt]-, und stellt 
Hermog. 77. tS. II 424, 105. die reveaXoyiat 
(nur sie berücksichtigt er) neben Herodot, Thuky- 



Ba&vU.on) in ihrer eigenartigen Mischung von 
von allgemeiner und persönlicher Anrede ist 
dafür sehT charakteristisch. In solchen Aufzeich- 
nungen von Männern, die von der Gedankenwelt 
des Epos so ganz abgerückt sind, haben poetische 
Stilmittel (soweit sie nicht unbewußt sind) 



2749 



neKaxaios 



keinen Platz. Sie bewegen sich in dem wirklichen dieser einfachsten Parataxe steht die Wetterfüh- 

SS d. h. nilt der vulgaren Sprache rung durch «, nicht selten unter Wiedawif- 

des Volkes aber der des täglichen Lebens, wie nähme des Substantivs aus dem vorhergehenden 

S der Gebüdete spricht, unmerklich gehoben, Satze (frg. 44. 192 otgea - «ri. * jo^v 

wie es der Unterschied des Schreibens vom *%>«,* 173. 284. 341). Dabe! wird nicht angst- 

Reden mit sich bringt. Was wir erwarten, be- lieh auf Konzmnität geachtet (frg 190 «Ä*«- 

St b n Zeugnis: Anaximenes bediente sich C «tf - !*««» f «^, ,). Auch die ßegrtn- 

siaxigt em ^h A ^ FniTTfm (Dioff II 31 dungspartikeln (öto, yä e ) sind nicht selten. Um- 

&°3L Kr isTum 7LSS Tl'^Ll somfh? ist es die Hypotaxe: ein Konsekutivsatz 
»gawn Wr werden bei ihm auch die gleiche 10 (frg. 58) ein Relativsatz (frg. 164 + Aman 

Fom Erwarten, auch wenn seine Werke sich b. Eust. Dion 549) em paar parüzipiale Kon- 

vielleicht schon' bewußt an einen größeren Kreis, struktionen (frg. 173. 8411. ^yndetische Auf- 

an das Publikum überhaupt wenden (KMäfaog Zahlungen sind beliebt (frg. 1 14. 173), aber 

räöTztäe). Und wieder bestätigen die Zeugnisse häufiger noch ist das Polysyndeton mit immer 

unsere Erwartung. Was Dion. Hai. de Thuc. 5. wiederholter Emgangsformel (sv &, P** °*> 

11 (vgl. Cio. de°or. II 51f.) für die sämtlichen frg. 35 40 75. 83 16 o.). Irgendwelche 

Historiker vor Thukydides (auf die Zeitbestim- stilistische Wirkung ist damit nuh ^ beabsic htigt 

mung ist natürlich kein Gewicht, zu legen) sagt, Ganz fehlt es aber ^ an Stilmitteln nicht Der 

Zs bezeugt Hermog. H. X. II 12, 6 für H. imbe- Auct. 77. B v . 27, 2 fuhrt den unvermittelten 
sonderen. Die Autoren, von denen man nicht nur den 20 Übergang aus der Erzählung in direkte Rede 

Namen kennt (ausgeschlossen sind also die be an (frg. 353); frg 284 dient die dreifache 

reite damals in ihrer Echtheit bezweifelten Wiederholung desselben Begriffes ^a Q m n «m 

Fälschungen auf die Namen des Kadmos, Ari- «ai mQmtä xal mvelxac cm xov vdaros) gewiö 

steas u. a ), haben alle - ausgenommen Herodot ! dazu, das Erstaunliche der Tatsache hervorzu- 

- die gleiche **«.*,««, ob sie nun las oder heben Die Verwendung direkter Rede war m 

alte Atthis schreiben. Sie weisen eine xvgta den FeveaX^ vielleicht nicht g^z selten 

Xifc. keine iQomxy auf. Die cvv&eoig dvofiäxw (außer frg. 353 noch Cramer An Ox^l ^07, -iO). 

ist lup^s *oi ävLxydevxos; es ist die U£*s Disponiert wird durch umrahmende Wiederholung 

ßtnumtUvTt. die auch bei Herodot noch meist (frg. 175). , 
herrscht, im Gegensatz zur periodisierten (Demetr. 30 Eine Bemerkung die eigentlich nur die 77j<- 

de eloc 12 = H frg. 332). Weder in jl#<w oöoe angeht, mag hier noch nachgetragen gem. 

noch in v^aets gehen sie weit hinaus aus den Die Orthographie der Eigennamen (v Gutschmid 

Greven der ^ew^l *<* *™V ™ ÖW ^^ l 42 " Diels ^ ^l" 1 f 1] 1Ü ^ 5* Zt 

Iao ( ätooe. Wie ihrer aller Ute -v Uw> eine recht schwankende Seine Schreibungen 

ixdoxrt xns ÖiaXixxov ya Q axxrj Q a bewahrt (Dionys.), stehen vielfach de« einheimischen naher smd 

so schreibt H. (wie Anaximenes) die *«?««* lAs phonetischer, als die spater üblichen; ein 

Zivi, wwA om xaxä xov H Q 6borav xointh, Resultat eigener mündlicher Erkundung: X& 

fHermog.r Alles in allem, sie besitzen die fr frg. 284; JGWo ff Steph. Byz s. v (ande es 

ävaylfa. d Q exai des Stiles, d. h. ihre U& aus ^OTten bei t Gutschmid, de \^ ^ 
istxa&aoä, oaris, otvropo; axoxQÜvnos; aber 40 die griechisch gebildeten Gentdicia me Aßnuvc> 

asuvoXoyia. ^yaXo^i^a - oder doch nur m öTtaTivQog frg 179; ^hg™, & .vimäa lr|. 

Anfängen und gelegentlich. Ganz anders Hero- 233(?); Näoßaihg. 1997 ; M*8m frg. 41; Xa- 

dot (Dionys.), mit dem Hermogenes den H. ganz Xatov frg. 83; A^eaxtafrg. JW> 

eenau so ve gleicht. Und wie diese alten Histo- In anderen Fallen hat er sie gerade mehr dem 

riker doch efne -ewisse & Q a xal t * Q * haben, griechischen Munde angepaßt : Ata&wfa (frg. 280) 

enn auch in verschiedenem Gradef um derent- statt^^. M f kwür ^ h ^^ 1«S« 

willen ihre Werke erhalten sind (Dionys.), so Femininformen der ersten ^khnatm^ KaXa^ 

ist H. nicht nur *aft*fc nal «urfs, andern frg 3 (^«f-« ÄT^fÄmHeUanik 
Iv xiot xal yte; ov pexQivs, wenn er auch ^^m^^Vb^.),^^^^^^^^^ 

weit hinter Herodot zurückbleibt (Hermog.). JforuV* frg. 93 (Mavnvsia Herodot ); 2yn frg. 

WClt Die nicht zahlreiche, fast duUweg leider ^(^^^^^^^^Z 




175. 180. iay. i9o. i'jä. 190. zvu. ü4. «i. t- " „ ; 7oi v73,.ß ni f rf r i<>5 aimv 

252 284 318 341. 344. 350. 353) bestätigen, Konaz&vss frg. 124, XaXvßov frg. 1»5. Mju» 

was' für den Wortschatz schon angedeutet ist, als Neutrum zitieren die Alten noch aus Hella- 

die antiken urteile. Der Ausdruck ist knapp nikos und Eudoxos. 

(z B hs 341 föfcv knl ßaoiteiav), und das 4) Hekataios aus Abaera (bmd s v iJiog. 

l Z erb B um fnitum wird in kürzeren Sa'tzen gern 60 Laert IX 69 Hut d. 1^ P- 354C.;,ua ? t 

unterdrückt (frg. 172). Der behagliche Plauder- conv I\ 3 , 1 j>. 666 E. ^^ p^Arist 

ton findet sich nur frg. 58 und ist bei H. E. ohy SMc X V aco, aXXoAß ^ c Fs.A nst^ 

schwerlich häufig gewesen Als Beispiel der |& o f ,^°^ 

Stniojiuevn U£ic dient fr?. 341 a xal b xal c xat Teos (Strab. ALV l, öv, wo a^"* «!„_— 

SS e Dabei ist g der Subjektswechsel zu Zxvfrvos natiirUch abzulehnen ist ^Scymn. 



J.J-BO.CLUUU» 



Jieiiaiaios 



Z/ÖZ 



beredete Unterschied ist weder mit Koeper durch 
Scheidung zweier homonymer Schriftsteller , von 
denen der Teier als ungefährer Zeitgenosse des 
Milesiers den Pontos behandelt habe, zu erklären ; 
noch mit Schwartz S. 234 als Vertauschung des 
Ethnikons der Kolonie mit dem der Mutterstadt, 
dadurch begünstigt, daß H. in den Philosophen- 
diadochien noch näher mit Demokritos verbunden 
werden sollte (vgl. Clem. Alex. Strom. II 130, 



zu bezweifelnden Besuch in Ägypten neihts. Viel- 
leicht gehörte er zu den vielen Vertretern ioni- 
schen Geisteslebens, die in den neuen Reichen 
des Ostens ihr Glück zu machen suchten. Ge- 
rade die Philosophen waren guter Aufnahme an 
den Höfen sicher (Di eis Doxogr. 82, 2. Roh de 
224, 4. Schwartz 260, 2). Aber ob H. wirk- 
lich dieses Ziel erreicht hat, ist mindestens nicht 
sicher. Die Tendenz seiner Alyvnzmxä (s. u.) spricht 



4). Vielmehr hat sich H. in dem Werke ,Über 10 weder für noch gegen eine solche Stellung. Auf 
die Hyperboreer' selbst Teier genannt. Wir wissen Josephus (c. Ap. I 183ff.) ist nichts zu geben : 
nicht, aus welchem Grunde ; doch wird es mit daß H. den Ptolemaios I. in den Syrischen Krieg 



der Rahmenerzählung zusammenhängen ; denn der 
sorgfältig beschriebene Reiseweg zur Ki^fisglg 
jioXis führte durch den Kimmerischen Bosporos 
und die Maiotis zur Tanaismündung über die 
teische Pflanzstadt (Ps.-Scymn. 886fT. Arrian. bei 
Eustath. Dion. 549) Phanagorcia. Das Zitat des 
H. bei Ps.-Skymnos aber bezieht sich auf die 



begleitet habe (Alu eil er 384), steht nicht aus- 
drücklich da ; und die Charakteristik avfe <pdo- 
aofpog äjua xal 7ieqI rag nQaJ-Etg txavcbzazog ist 
recht unbestimmt. Einen Besuch Spartas (mög- 
licherweise, wenn man Josephus glaubt, in offi- 
zieller Eigenschaft als Gesandter) bezeugt die 
Anekdote Plut. Lyc. 20 (= apophthegm. Lac. 



Herkunft des Tanais aus dem Arases. Auch Stra- 20 218 B), wo E. 6 Qoq>wxf}$ nur den Abderiten be- 



bon (VII 3, 6) kennt oder erwähnt wenigstens 
allein das Hyperboreerbuch. Übrigens macht der 
Satz XIV 1, 30 den Eindruck einer Interpola- 
tion (nach Ps.-Scymn.), zumal Steph. Byz. weder 
mrter "Aßdtjga noch unter Ts<og den H. nennt. 

H.s Zeit bestimmt sich im groben dadurch, 
daß er neben Timon als Schüler Pyrrhons ge- 
nannt wird (Diog. Laert. IX 69. Wenn wirklich 
mit C. Mueller bei Diog. Laert. IX 61 an Stelle 



zeichnen kann. Archidamidas ist, wenn nicht 
Archidamos IV. (König im J. 294) gemeint ist, 
was zeitlich gut passen würde, unbekannt. 

H.s schriftstellerische Tätigkeit ist uns nur 
unvollständig bekannt, da die Bücherliste der 
Vita mit dem ersten Titel abbricht. Zitiert wer- 
den Yon ihm 1. liegt zf\g noirjoecog 'OfirjQOv xal 
Uotödov Suid. s. v. 2. Biß?.ia Emygafpöftsva szeqi 
t<äv 'Yjtf-QßoQsmv (Schol. Apoll. Rhod. II 675), 



des unbekannten und zweifelhaften 'Aoxdviog 6 30 als besondere Schrift auch von Plin. n. h. VI 55 
"AßSfjghtfg zu lesen wäre 35. 6 'AßöijQizijg, so hätte 



J7. de Hyperboreis (sc. privatim condidit volumen) 
genannt. Vgl. Diod. II 47, 1 voftiCo^v %ä jieqI 
zalv 'YsisgßoQswv /Liv&oZoyovjusva öiel&sTv ' röjv yäg 
zag zzakaiag ßv&oloyiag dvaysyQatpöxtov E, xz/L. 
Außer dem größeren Exzerpt Diod. H 47 ge- 
hören von den Fragmenten, die sämtlich ohne 
Buchtitel sind, hierher: Aelian. nat. an. XI 1. 
Ps.-Scymn. 865ff. Plin. n. h. IV 94, Schol. Apoll. 
Rhod. II 675. Schol. Pind. Ol. III 28 a. Steph. 
Lehrer Anaxarchos Alexander nach Asien be- 40 Byz. s. EXi^oia und Eaqa^ßvxat. Strab. VTI 3, 
gleitet hat (v. Wilamowitz Phil. Unt. IV 34f. 6. Was Crusius bei " " " 



er auch über Pyrrhons Leben geschrieben. Die 
Art, wie hier die yswatoz^g von Pyrrhons Philo- 
sophie aus seinem Verkehr mit Magiern und 
Gymno Sophisten abgeleitet wird, entspricht aller- 
dings H.s Stellung zur Weisheit der Barbaren. 
Aber damit stand H. nicht allein.). Denn da 
Pyrrhon, dessen Blüte Apollodor (p. 340 Jac.) auf 
Ol. 111 = 336/5 xal faisxuva bestimmt, mit seinem 



Pohlenz Herrn. XXXIX 27) und vielleicht schon 
vorher als Lehrer aufgetreten ist (Pohlenz 28), 
so könnte für H. die Zeitbestimmung des Jose- 
phus c. Apion. I 183 AlsfdvdQwi z<ot ßaodsl 
ovvaxfiäoag xai IlzoXsfj,ai(t>t xcöi Adyov ovyysvo- 
fxevog auch in ihrem ersten Teile richtig sein. 
Aber da sie mit dem Pseudepigraphon IIeqI 'Iov- 
datav (s. u.) zusammenhängt und offensichtlich 



Röscher Myth. Lex. I 2826 
hinzufügt, ist völlig unsicher. 3, Alyvnziaxd oder 
Aiyvmiaxal tazöQiat oder wie der Titel sonst ge- 
lautet hat : Diod. 146,8 t(öv . . ovvza^afiEvayv 
zag AlyvTtztaxag iozoQiag, <Zv iozt xai E. Vgl. 
Clem. Alex. Strom. V 113, 1 E, 6 rag lazogtag 
owzag'äfxevog. Nur eine Teilbezeichnung — Di eis 
459 gibt darnach zweifelnd den Titel eines eigenen 
Buches: IJegl zfjg zc5v Alyvützimv (pdoaoyiag Ä~E 



den Zweck hat, H. zum Augenzeugen aller von 50 /".... y (Alyvjizmxcovy — steht Diog. Laert. 
ihm berichteten jüdischen Heldentaten zu machen, pro. 10 E. ev rrjt jigtözm xeqi zrig r<öv Aiyvnxicov 

wird man die Angabe der Vita yfyove Im x&v —' -'-- ™- ™ A ~ - J —'--*-■ - 

SiaSöz<ov vorziehen. Zu ihr stimmt, daß Era- 
tosthenes- Apollodor (Strab. VII 3, 6; doch s. 
Rohde Rh. Mus. XLVHI 112, 1) ihn zwischen 



Theopompos und Euhemeros, dessen legä 'Ava- 
yga<pf} gegen 280 erschienen ist (s. o. Bd. VI 
S. 953), nennen; und daß er nach eigener An- 
gabe (Diod. I 46, 8) nnter Ptolemaios L.agu das 



ffiloootplag. Die Fragmente sind wieder ohne 
Buchtitel. Es gehören hierher: Aet. plac. 1120 
p. 351, 9 Diels. Aristeas ad Philocr. ep. 31 (s. 
zuletzt Geffcken XII 6). Diod. I 46, 61 Diod. 
XL 3 (= Phot. bibL 244 p. 380 a 7, wo E. 6 
Mdrjoiog längst als Versehen des Photios er- 
kannt ist). Diog. Laert. pro. 9. 10—11. Plut. de 
Is. 6 p. 353 A.B; ebd. 9 p. 354 CD. Schol. BT 



ägyptische Theben besucht hat. Überhaupt sind 60 H. I 383 + Steph. Byz. s. Aids *6hg ' {Käxcov hsl. 



seine Aiyvnxiaxd ganz auf die Zeit des ersten 
Ptolemaios gestellt (Diod. I 31, 7. 46, 7, 84, 8. 
Dazu die auf die ötdßaatg 'AXe^ävdgov bezogenen 
Zeitangaben: 26, 1. 44, 1, vgl. Schwartz 226 
und o. Bd. V S. 671). Ob er die Regierung des 
Philadelphos überhaupt noch erlebt hat, ist sehr 
fraglich. 
. ,Von H.8 Leben wissen wir außer dem nicht 



an beiden Stellen. Käotcag Wyttenbach; Bd- 
rcovEbert, Meineke, Beloch, v. Gutschmid. 
das richtige E., das durch Diod. I 31, 7 gesichert 
wird, fanden unabhängig voneinander Heeren 
[Stiehle PhüoL VLTI 1853, 592, der aber zu 
unrecht an d en Miles ier den kt] und v. Wilamo- 
witz Herrn. XXXHT 520f. XXXV 546t). Aber 
Athen. X 418 E (frg. 10. Diels 482, 39) gehört 



2V53 



Hekataios 



Hekataios 



2754 



nicht dem Abderiten, sondern dem Milesier, s. ebd. 
44? C. 4. Ilegi 'Iovdatarr ßißUov : Joseph, c. Ap. 
I 183. Orig. c. Cels. I 15 p. 67, 29 Koetschau. 
BißUov stegi yttoöv : Joseph, c. Apion. 1214. Frag- 
mente: Joseph, c. Apion. I 184—204. LT 43-47. 
Über weitere Benutzung dieses und des folgen- 
den Buches bei Josephus vgl. Willrich Judaica, 
Göttingen 1900, 108ff. Geffcken XV 4. 5. Bt- 
ßXiov jzsgi avrov (i. e. Aßgafiov): Joseph, ant. 
lud. I 159. Kar' Aßgafiov xal tovg Alyvnztovg: 10 
Clem. Alex. Strom. V HS, 1. 

Auffällig berührt an dieser Liste das Fehlen 
eigentlich philosophischer Werke. Vorhanden 
waren sie wohl sicher. Denn H. gilt der antiken 
Biographie in erster Linie als Philosoph (Suid. 
s. E. AßdrjQizrjg. Joseph, c. Apion. I 183. 2o- 
(piorrjg Plut. Lyc. 20. Das farblose avyyQatpsvg 
wählen Strab. XIV 1, 30 und Aelian. nat. an. 
XI 1 im Hinblick auf Iltgi 'YxtQßoQiaiv, wäh- 
rend Clem. Alex. Strom. V 113, 1 nicht ohne 20 
Absicht 6 zag ioxogiag ovvra^äfievog [vgl. Diod. 
I 46, 8] sagt). Die Philosophengeschichte be- 
rücksichtigt ihn, indem sie ihn entweder unter 
Pyrrhons Schülern (Diog. Laert. IX 69) aufführt 
oder unter den , Abderiten' zwischen Demokritos 
einerseits, Apollodoros von Kyzikos und Xausi- 
phanes anderseits (Clem. Alex. Strom. II 130, 
4). Daß beides sich miteinander verträgt, hat 
Schwartz 24 Off. gezeigt. Die Doxographie bringt 
wenigstens eine physikalische Ansicht von ihm 30 
bei (Aet. plac. II 20, vgl. Schwartz 242. Diels 
461, 9 stellt das Fragment kaum mit Eecht unter 
die Alyvmiaxä). Außerdem haben wir zwei Frag- 
mente, von denen Plut. quaest. conv. IV 3, 1 
p. 666 E wohl aus einem ethischen Traktat stammt ; 
Clem. Alex. Strom. II 130, 4 die in dieser Form 
in keines der bekannten Werke passende Angabe 
macht, daß H. die avzägxeta als xilog bezeichnet 
habe. Viel ist das alles nicht und kaum ge- 
eignet, uns H.s philosophischen Standpunkt ge-40 
nauer kennen zu lehren. So wissen wir gar nicht, 
ob und in welcher Weise Pyrrhon auf ihn ge- 
wirkt hat; denn wenn er sich über erkenntnis- 
theoretische Fragen überhaupt ausgesprochen hat, 
so wissen wir doch nichts davon. Einiges über 
seine physikalischen Anschauungen gewinnen wir 
aus der den alten Ägyptern zugeschriebenen Theo- 
logie (Diod. I llff.). Es ist eine seltsame Mi- 
schung von Gestirn- und Elementenkult, die wohl 
H.s geistiges Eigentum gewesen ist, d. h. von 50 
ihm aus verschiedenen, uns nur teilweise kennt- 
lichen Anregungen zusammengearbeitet ist ; einer 
der vielen, wenig originellen Versuche, die Viel- 
götterei des Volksglaubens zu erklären und aus 
der philosophischen Weltanschauung zu verbannen 
(das Verfahren des Gesetzgebers Mneues bei 
Diod, I 94, 1—12 — falls das H. ist — und 
die daran geknüpften Erörterungen erinnern an 
Kritias' Ansicht über die Entstehung des Götter- 
glaubens. Die Annahme von imyeioi feot, d. h. 60 
von Menschen, zum Teil ägyptischen Königen, 
die öiä ovveoiv xai xoivtjv av&Qomoiv evEQyeoiav 
göttlicher Verehrung gewürdigt seien [Diod. I 
13], deckt sich mit der auch bei Persaios er- 
scheinenden Modifikation eines Gedankens des 
Prodikos, o. Bd. VI S. 969f.). Irgend einen Ein- 
floß der Stoa vermag ich, auch abgesehen von 
chronologischen Bedenken, nicht anzuerkennen. 

?anly-Wlttowa-Krott VII 



Was von stoischen Elementen bei H. sich findet, 
wie z. B. das nveüfia (Diod. I 11, 6), ist völlig 
anders ver wendet ; und ( Schwartz' Erklärung 
(243) der Verschiedenheit wäre nur zulässig, wenn 
der stoische Einfluß anderweit feststünde. Auch 
die erwähnte Übereinstimmung mit Persaios be- 
weist nichts für stoischen Einfluß (sowenig wie 
die stark betonte Idee des ßaodsvg eveQyszrjg für 
kynischen). Überhaupt ist es prinzipiell falsch, 
die Übereinstimmungen zwischen den großen Sy- 
stemen saec. III 1 und den einzelstehenden Mo- 
ralphilosophen der Übergangszeit ans direkter Be- 
einflussung durch einander zu erklären. Beein- 
flussung der Stoa durch H. wird jeder ohne wei- 
teres ablehnen; und das umgekehrte Verhältnis 
ist chronologisch mindestens sehr unwahrschein- 
lich. Die Erklärung für die übrigens selten weit- 
reichenden Übereinstimmungen liegt vielmehr in 
beiderseitiger Abhängigkeit von dem im saec. IV 
äußerst lebenskräftigen und wirkungsreichen Ge- 
dankenvorrat der Sophistik im weitesten Sinne 
(s. o. Bd. VI S. 970 und jetzt gut Gercke in 
Gercke-Norden Einleit. in die Altert. -Wiss. LT 
30 8f.). In der Ethik mag die avxdgxeta, die ja 
auch Demokrit preist (frg. 246 Diels 2 ), in ihrer 
Formulierung als mäßiges und genügsames, vor 
allem als von Leidenschaften freies Leben (Diod. 
I 70—71 Idealbild des ßhg der alten Pharaonen. 
I 45, 2 *> Alesi<no>s bei Athen. X 418 E. Plut. 
de Is. 8), sowohl der Demokritischen evfrvfih} 
wie der Pyrrhonisch-skeptischen dzaga^ia ver- 
wandt sein (Schwartz 244ff.). Dagegen vermag 
ich kynische Züge wieder nicht zu entdecken. 
(Ein Satz wie Diod. I 71, 3 widerspricht dieser 
Annahme sogar direkt, da dem Kyniker »wissen* 
gleich ,recht handeln' ist.) Es handelt sich viel- 
mehr auch hier um viel weiter verbreitete, zum 
Teil sophistische' Gedanken, die sich im saec, 
TV überall finden. So hat die Verehrung der 
barbarischen Weisheit, die ja vielleicht Pyrrhon 
selbst nicht fremd gewesen (Diog. Laert. LX 61), 
sicherlich nichts mit dem kynischen Kosmopoli- 
tismus zu tun, wie dies Schwartz 261 glaubt. 
Sie mag wie dieser sich als Reaktion gegen den 
hellenischen Kassedünkel saec. IV erklären (vgl. 
v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 20. 
Geffcken IXf.). Aber diese sehr verbreitete 
Reaktion ist für den Ionier, dem jener mutter- 
ländische Hochmut überhaupt fremd war , eigent- 
lich selbstverständlich und bildet höchstens eine 
Voraussetzung seiner Stellungnahme. Die Höher- 
schätzung der Barbaren ist doch etwas sehr an- 
deres als die Anerkennung ihrer menschlichen 
Gleichberechtigung. Diese Verehrung, die bis zu 
einem gewissen Grade durch die rationalistischen 
Historiker vorbereitet ist, erscheint eher als ein 
Symptom der einsetzenden Ermüdung des philo- 
sophischen Sinnes. Aus der Vielfältigkeit und 
dem Widerspruch der jungen griechischen Philo- 
sopheme flüchtet man sich wie in einen sicheren 
Hafen zu der festen Tradition von Glaube, Gesetz 
und Sitte, wie sie die Völker des Orients seit 
Urzeiten unwandelbar besaßen oder zu besitzen 
schienen. Die Überschätzung der barbarischen 
AVeisheit — die äußerlich natürlich beeinflußt 
ist durch Alexanders Erschließung des Orients — 
geht Hand in Hand mit der Zurückdrängung der 
theoretischen Spekulation und der immer stärkeren 

87 



2YE>Ö 



Reisen ebenfalls berechtigtem Zweifel begegnen 
(s. o. Bd. VI S. 953). Eeisen des Abderiten sind 
— Ton dem Besuche Ägyptens abgesehen — we- 
der bekannt noch wahrscheinlich; und der von 
AgathaTchides Geogr. gr, min, I 156, 9 neben 
Basilis (s. o. Bd. III S. 99) als bester Kenner des 
Ostens genannte H. ist sicherlich nicht der Abde- 
rite, sondern der Milesier (so auch Diels 2 462, 
20). Der Abderite verlegt seinen Schauplatz gar- 
Das geht weit 10 nicht nach Osten, wie die meisten der zur Zeit 
der Diadochen erscheinenden Reiseromane (so Eu- 
hemeros und der von Plin. n. h. VI 55 mit H. 
zusammengestellte Amometus, über den o. Bd. I 
S. 187R), sondern — und dies ist ein Zeichen, 
daß sein Bach älter ist — er bedient sich der 
alten Vorstellung eines gottgeliebten frommen 
Nordvolkes. Ganz deutlich können wir, obwohl 
wir kaum etwas anderes als Rahmenstücke be- 
sitzen, Rahmen und Kern unterscheiden. H. hat, 



Betonung der praktischen Ethik für das staat- 
liche und private Leben. H. scheint in seiner 
Schriftstellerei nicht nur den Hauptnachdruck 
auf die Verbreitung einer solchen stark theolo- 
gischen und ganz wesentlich praktisch orien- 
tierten Ethik gelegt zu haben j er hat auch — 
und das ist charakteristisch — als erster oder 
einer der ersten sein ganzes Staats- und Lebens- 
ideal in einem der wirklich existierenden Völker 
des Orients verkörpert gefunden, 
hinaus über die Kyrupädie u. ä. Es scheint so- 
gar möglich, hier noch eine gewisse Entwicklung 
bei ihm zu erkennen. 

Es ist gewiß nicht nur der Zufall der Erhal- 
tung, der uns als H.s wichtigste Werke die Bü- 
cher IJsqi 'Yjisgßo^eoiv und die Aiyvxxiaxd er- 
scheinen läßt. Sie gehören beide zu den im saec. 
IV wie Pilze aufschießenden Werken, in denen 
Philosophen oder philosophisch interessierteSchrift- 
steller gewisse moralische Tendenzen, gewisse 20 der Forderung der Zeit entsprechend, dieses Volk 



Ideale vom Staate und vom gesellschaftlichen Leben 
dem Publikum schmackhaft zu machen suchen 
durch Einkleidung als Reiseerzählung oder Be- 
schreibung zunächst meist fiktiver Länder am 
äußersten Erdrande oder in unbestimmten geo- 
graphischen Breiten. Diese Tendenzerzählungen 
sind die älteste Literaturform der Popularphilo- 
sophie ; die, deTen Zauber die Griechen stets zu- 
gänglich geblieben sind ; aber auch die, die sich 



aus der Unbestimmtheit — vavai ö' ovrs astog 
icbv äv svQoig ig r YnegßoQio>v äycova &avfiaräv 
oSov Pind. Pyth. X 29 — in eine feste geo- 
graphische Umgebung gebracht, die freilich nur 
scheinbar ist, da er es nicht, wie später Posei- 
donios mit einem der bekannten Volker identi- 
fiziert, sondern es am äußersten Erdrand ansie- 
delt. Umsomehr bekräftigt er — denn dies ist 
ja die Aufgabe der Rahmenerzählung überhaupt 



im Grunde am weitesten von dem philosophi- 30 die Glaubwürdigkeit seines Berichtes. Wir haben 

1_ _. 1 1_J_ l_J?^ i. T\ ^_^_ .^.I —T— AU 1 J ~\^ -»^ x-u aT-l / C? a1-i rtl \ vk aIT T* T» a/1 TT ß "7 tl\ ns^m s\ jiiic>rli«i^rtlT_ 



sehen Ausgangspunkt entfernt. Denn sicherlich 
sind diese Schriften von der Mehrzahl der Leser 
weniger ihres philosophischen Endzweckes, als 
der romanhaften Einkleidung willen gelesen wor- 
den. Begreiflich genug; denn die Einkleidung 
wurde vielfach mit soviel Liebe und Kunst aus- 
gearbeitet, daß sie den vollen Schein der Wahr- 
heit erhielt und weniger scharfsichtige Beurteiler 
über den wirklichen Charakter der Werke voll- 



noch (Schol. Apoll. Rhod. II 675) seine ausdrück- 
liche Versicherung, ,daß das Volk noch zu seiner 
Zeit existiere'. Vorhanden war eine ausführliche 
Schilderung der Reise ; sie wurde glaubwürdig 
gemacht durch Mitteilung von Inschriften aus 
der Hyperboreerstadt (Diod. II 47, 4), die einen 
dauernden Verkehr des Volkes mit Hellas be- 
wiesen. Diese Reiseroute hat, obwohl H. sehr 
wenig Phantasie dabei entwickelte und meist ander- 



kommen täuschte. Diodor hat die Isqä dva- 40 weitig bekannte Namen einfach auf den Norden 



ygoupr/ so gut wie die Alyvnxiaxa für historische 
Werke angesehen. Wir bezeichnen sie, um einen 
bequemen Namen zu haben, als philosophische 
Romane' oder , ethnographische L T topien'. 

Dieser Romancharakter steht ganz fest für 
das mehrere Bücher umfassende Werk ITegt 'Yxeq- 
ßßQ£(ov, das Eratosthenes (Strab. VII 3, 6) schon 
mit Theopomps Megonlg und Euhemeros Ilay- 
yaia yfj zusammengestellt und das selbst Dio- 



übertragen hat, das Interesse der Späteren er- 
regt, wofür die verhältnismäßig große Zahl der 
Fragmente Zeugnis ablegt. Sie ging vermutlich 
(s. o.) von Teos aus und führte von der Tanais- 
mündung nördlich bis zum Oceanus Amalcius 
(Plin. n. h. TV 94), d. h. dem angefrorenen Meere 
der Hyperboreer' (Tomaschek o. Bd. I S. 1716f.). 
In jenem Ozean lag dann der eigentliche Sitz 
der Hyperboreer, eine Insel ovx iXdxxco x^g £i- 



dor nicht mißverstanden hat (II 47. 1 toe jtbqi 50 xe?aag iv xotg dvxmeQag %r\g KsXxtK^g xösioig (Diod. 



zojv YjtegßoQsoiv fiv&oloyovfieva). Ganz richtig 
ist es von Roh de beurteilt. Das Werk ist weder, 
wie Röper II 7 unter falscher Verbindung mit 
Herodot. IV 32 und dem Buche liegt T/;e noitj- 
aecog 'Ofir'joov xal 'Hoiötfov wollte, die ,Frucht 
der gelehrten Studien eines Grammatikers, wel- 
cher die Aussagen der alten Dichter und Logo- 
graphen kritisch bearbeitete und vielleicht mit Zu- 
ziehung moderner Reiseberichte auf einen realen 



II 47, 1). KeXxtxr} ist hier das ,Land am nord- 
westlichen Ende Europas mit unbestimmter Aus- 
dehnung nach Osten' (Müllenhoff D. Alter- 
tumsk. I 423f.). Daß H. für seine Reisebeschrei- 
bung die Berichte des Pytheas benützt habe, ist 
nicht nachweisbar und ebensowenig wahrschein- 
lich, wie eine Berührung Indiens nebst Schilderung 
dieses Landes. Wenig anfangen können wir mit 
einigen weiteren Namen — Ki/^fiegig nöXtg (Strab. 



Gehalt zu bringen suchte , sei es im handels- 60 a. O.), Insel Elixoia der Hyperboreer (Steph. Byz. 



politischen Interesse seines königlichen Gönners, 
sei es lediglich als gelehrte Untersuchung' ; noch 
darf man mit Schwär tz 237. 251 seinen Ver- 
fasser den vielen einreihen, ,welche in der Zeit 
der Diadochen die neu erschlossenen LandeT be- 
reisten'. H. ist nicht mit wirklichen Entdeckungs- 
reisenden, wie Patroklos Daimachos Megasthenes, 
zusammenzustellen, sondern mit Euemeros, dessen 



&.*EH!-ota), Fluß Kagafißvxag und davon benanntes 
sihog "YTtEQßoQscov (Steph. Byz. s. Kagafißvxat). 
Sie zeigen nur, daß die Schilderung recht aus- 
führlich war. Auch die Hauptinsel wurde, wie 
aus dem allerdings stark kürzenden Exzerpt Dio- 
dors ersichtlich, ausfuhrlich, aber wieder ohne 
große Originalität, mit den üblichen Farben aus- 
gemalt. Eine Jnsel der Seligen', wo der durch 



a/i>/ 



mKaiaios 



HeKataios 



3VÖÖ 



sehr alte Tradition (Schroeder Arch. £ Rel.- 
Wiss. VHI 1905, ÖftfiP.) gegebene Hauptgott Apol- 
lon zu bestimmten Zeiten in Person erscheint 
(Diod. II 47, 6, vgl. Aelian. nat. an. XI 1); Svag- 
ytfs, wie das in der goldenen Zeit der Heroen 
überall gewesen war (Roh de 227, 2). Das Land 
ist exzeptionell fruchtbar (Diod. § 1); seine Be- 
wohner liegen einem beständigen , Gottesdienst 
ob, moTiEQ isQslg zivsg AxolXoovog. Sie besitzen 



Herrschers, dem daran gelegen war, den Rassen- 
und Bildungaduukel der Hellenen zu dämpfen. 

Wohl aber ist eine Verbindung mit dem prak- 
tisch-politischen Leben der Zeit nachweisbar für 
die sog. Alyvjtticued, wie das in allen Haupt- 
zügen Schwartz 256ff. richtig ausgeführt hat. 
Die Alyvnzuxxd sind keine ägyptische Geschichte, 
nicht einmal eine .romanhaft gefärbte' (S u Se- 
rn ihl 312), höchstens eine philosophische', eine 



«inen großen Apollontempel und eine , heilige 10 Art von Gegenstück zu dem Hyperboreerbuche. 



Stadt', deren BewohneT fast alle xiftagiowi sind 
und ihren Tag mit dem Preise von Apollons 
mgafeig verbringen. Sie haben eine eigene Sprache 
und stehen unter dem Königsgeschlecht der Bo- 
readen (Diod. § 7. Aelian. a. O. Schol. Pind. OL 
ILT 28a). 

Dies alles gehört zum Rahmen. Die Tendenz 
des Werkes hat Diodor hier so wenig wie in den 
analogen Fällen beachtet. Aus den paar anderen 



Aber wenn in diesem ein mythisches Volk künst- 
lich durch die Rahmenerzählung als wirklieh er- 
wiesen wird, so wird jetzt die Theorie an einem 
realen Volke demonstriert. Das steigert zunächst 
die Wirksamkeit der vorgetragenen Gedanken, 
macht die Möglichkeit ihrer Durchführung wahr- 
scheinlicher. Die Theorie verliert ihren utopi- 
schen Charakter, den sie im Reiseroman bei aller 
aufgewendeten Kunst schwerlich los geworden 



Fragmenten läßt sie sich noch weniger gewinnen. 20 war. Denn die Leser waren im saec. IV doch 



Roh de nahm erbauliche Absicht an. H. habe ,in 
dem Volke der Hyperboreer ein Musterbild from- 
mer Götterverehrung und deren segensreichen 
Folgen aufstellen wollen'. Vielleicht trifft das zu. 
Aber man wird darauf verzichten, dies mit dem 
angenommenen Skeptizismus des H. in Einklang 
bringen zu wollen (oder gar mit C. Mueller daran 
2U erinnern, daß Pyrrhon in seineT Heimat aQ%tEQEvg 
gewesen sei). Es ist doch ein Unterschied, ob 



kaum naiv genug, sich durch diese Kunst wirk- 
lich täuschen zu lassen und den hyperboreischen 
Apollontempel mit seinen griechischen Anathemen 
zu glauben. In den Aiyvmiaxd aber trat ihnen 
nicht nur ein wirkliches Volk entgegen ; es be- 
ruhte auch alles, was von ihm berichtet wurde, 
auf Piiestermitteilungen aus den' uralten legal 
dvaygacpai, die man zwar auch nicht kontrollieren 
konnte, an deren Existenz und Glaubwürdigkeit 



man im praktischen Leben xotg (patvo/ievoig dxo- 30 aber kein Hellene zweifelte. Es hegt darnach 



Xov&sT oder ob man ein positives Ideal dieses 
Lebens aufstellt. Das ist nicht mehr skeptisch. 
Man wird bei dem Roman den Skeptizismus über- 
haupt ausschalten müssen. Eher denkbar ist, 
daß H. sein zelog, die amdoxsia, am Leben der 
Hyperboreer demonstriert hat, wie später an 
dem der Pharaonen. Viel weiter kommen wir 
damit nicht. Mir scheint in dem Diodorexzerpt 
noch das wichtigste die durch Inschriften im 



nahe, das rein theoretisierende und philosophisch 
konstruierende Hyperboreerbuch, das unseres Wis- 
sens keinen Einfluß der durch Alexanders Züge 
veränderten Verhältnisse zeigt, vor die AiyvTixiaxd 
zu legen, die sicherlich durch den Aufenthalt des 
H, in Ägypten angeregt sind. Denn hier trat 
dem Autor eine uralte und einheitliche, schem- 
bar völlig stabile und vom Ausland völlig un- 
berührte Kultur — und dies letztere war die 



Apollontempel besonders beglaubigte Tatsache 40 Hauptsache , um derentwillen alle Utopien ihre 



eines Verkehrs zwischen Hellenen und Hyper- 
boreern zu sein, die ich im Sinne der Aufzäh- 
lung in den Aiyvxnaxä (Diod. I 96ff.) deuten 
möchte, nach der die Griechen durch berühmte 
Männer besonders der alten Zeit sich alle Weis- 
heit und Kultur aus Ägypten geholt haben. Denn 
ein Rest solcher Tendenz scheint in der (von 
Diodor bis zur Unverständlichkeit gekürzten) Ab- 
leitung des Me tonischen Zyklus aus dem regel- 



Musterländer aus der Olxovfihi} heraus verlegt 
hatten — leibhaftig entgegen. Dazu ein abso- 
luter Herrscher, der das Land mit den orienta- 
lischen und griechischen Untertanen neu zu or- 
ganisieren hatte und dabei völlig freie Hand zu 
haben schien. Es war eine ungewöhnlich gün- 
stige Gelegenheit für einen Philosophen, der über 
die beste Staatsform spekulierte, den alten Pla- 
tonischen Versuch zu wiederholen und dem philo- 



mäßigen Erscheinen Apollons bei den Hyper- 50 sophischen Ideal Einfluß auf die politische Wirk- 



boreern zu liegen; vgl. die Form Diod. § 6 xal 
öta tovzo xbv ivveaxaidexaszij yqovov vziö xcüv 
*EXlr}vo)v Mfaavog hiavxov ovOfid£ea&at «a z. B. 
I 14, 4 dto xal xovg TiaXaiohg "EXXrjvag xijv Ar\- 
ftrjXQav d-softtxpoQov dvoudCeiv. Wesentlich ist 
ferner die schriftstellerische Form: ein Staats- 
und Lebensideal wird nicht als abstrakte Forde- 
rung vorgetragen, sondern als existierend bei 
einem existierenden Volke geschildert. Diese Exi- 



lichkeit zu gewinnen. H. hat das, wie wir sehen 
werden, versucht. 

Wir kennen sein Werk nun viel weniger aus 
den Fragmenten, die ganz wesentlich aus dem 
ersten Buche über die ,Philosophie' der Ägypter 
stammen, als aus Diodor, der in seinen Alyv- 
Ttxtaxä (I 10—98) in der Hauptsache einen aller- 
dings stark gekürzten H. bietet. Diese schon 
von Droysen Hellenism. III 2 2 S. 47, 2 und C. 



stenz des Volkes ist freilich fiktiv. Aber gerade 60 Mueller II 391 ausgesprochene, von Schneider 



das ist wichtig. Die Hyperboreer sind kein ,Bar- 
barenvolk'. Danach kann bei dem -Hyperboreer- 
buch gewiß nicht von einem Zusammenhang mit 
den Tendenzen Alexanders oder gar der Diado- 
chen, Orient und Occident zu verschmelzen, die 
Rede sein. Sein Charakter ist der einer rein 
philosophischen Utopie. Es diente auch nicht 
nebenbei den praktisch-politischen Interessen eines 



De Diod. fontt, Berlin 1880 Diss. näher ausge- 
führte Ansicht ist völlig sicher sicher bewiesen 
von Schwartz Rh. Mus. XL 223ff. und mit 
verbesserter Analyse o. Bd. V S. 670. Durch die 
letztere Fassung sind implicite die Einwände von 
Evers Festschr. Königstädt, Realgymn. Berlin 
1882 widerlegt (vgL auch Wachsmuth Einleifc. in 
das Stud. d, a. Gesch. 100, 2. 329£, der aber selbst 



2759 



Hekataios 



H«kataios 



2760 



54 von den 89 Kapiteln dem H. zuweist). Dio- 
dors Darstellung zerfällt nach einer Einleitung, 
die den Anspruch der Ägypter, das älteste Volk 
zu sein, aus den physikalischen Eigenschaften 
ihres Landes begründet (c. 10), in vier große Ab- 
schnitte: I. c. 11—27 die Qsoloyovfxeva mit einer 
Appendix über die ägyptischen Kolonien (c. 28 
— 29). Ausgesondert hat Seh wart z hier außer 
Kleinigkeiten das Exzerpt aus einem späteren 



scher und Untertanen auf <3*nnl der efogyätffct 
des ersteren (54, 1 — 2. 64, 9 und der Gegensatz 
60, lff. 62, 5—6), Verwaltung (54, 8ff.) u. a. Bei 
den großen Bauten der einzelnen Herrscher wird 
beständig die zQ 8 * a *"** xoivonpsUa betont (51 1 
7. 55, 12. 56, 1. 57, 2). Dazu der Reflex philo- 
sophischer Diskussionen: über den Selbstmord (58> 
3), die Schätzung geistiger Arbeit gegenüber dem 
bloßen Reichtum (64, 12), die Todesstrafe vom 



Roman über den weltbezwingenden Dionysos- 10 Standpunkt des Nutzens betrachtet (65, 3fl\), der 



Osiris (15, 6-8. 17-20, 5). Die Götter zer- 
fallen in die eigentlichen Götter {dtöioi xai xq<ö- 
roi c. 11 — 12) Osiris = Helios und Isis = Se- 
len e und in ihre fisor), die fünf Elemente nvev t ua 
jtvQ yrj v6o3Q ar]Q (= Zeus, Hephaistos, Demeter, 
Okeane, Athena), die in Tier- und Menschenge- 
stalt auf Erden erscheinen, und in die kmystot 
&£ot (c. 13ff,), d. h. vergötterte Sterbliche, die 
zum Teil die gleichen Namen wie die ovQaviot 



Unterschied von ßaatXevg und olxovofiog (62, 5} 
u. a. Vor allem aber gleich im Eingang der 
Preis der avxdgxeia (45, 1—2). Der in den übri- 
gen Teilen nachweisbare Rationalismus des H. 
tritt auch hier stark hervor (59, 2. 62, 3f. 67 r 
11). IV. c. 69—95 die Ndpioi mit einer Ap- 
pendix über die nach Ägypten gekommenen Hel- 
lenen und das Verhältnis der griechischen zur 
ägyptischen Kultur. (96—98). Ausgesondert hat 



&zol tragen. Sie sind teilweise wenigstens ägyp- 20 Seh wart z den davorstehenden Abschnitt über 
tische Urkönige. Daß dies nicht ,Euhemeristisch' die ägyptischen Gesetzgeber (94— 95), Doch ist 

-_j_ —^i j„ *»_ ui.,1 „ ,.-u„w,v+™,r*-;c„i, a i. ntr ia j r zweifelhaft ,* ob die Widersprüche mit der 

Königsgeschichte dazu berechtigen. 

Da wir wissen, daß H. die ^Philosophie' der 



ist, weil der für Euhemeros charakteristische Zug 
der Erklärung des Götterglaubens aus der Selbst- 
vergötterung lebender Herrscher fehlt, hat 
Schwartz gesagt. Trotzdem wird die falsche 
Auffassung von Wachsmuth 330 und Christ- 
Schmid 172 wiederholt. In Wahrheit hat Eu- 
hemeros die ®£oloyov(xeva des H. benutzt (s. o. 
Bd. VI S. 968f.), die ihrerseits vermutlich durch 



Ägypter im ersten Buche behandelt hat(Diog. Laert. 
pro. 10), so wird auch die Vierteilung des Stoffes 
auf ihn zurückgehen. Daß Diodor überhaupt der 
Disposition des H. folgt, wird sich noch zeigen. 
Alle vier Abschnitte charakterisiert außer einem 



Leon von Pellas IsQog loyog und wohl auch durch 30 ausgesprochen rationalistischen Standpunkt in 
einheimische Priesterspekulation beeinflußt sind, gleicher Weise das Streben, die ägyptischen Mei- 



nungen und Institutionen als allein wahr, vor- 
trefflich und nachahmenswert hinzustellen. Die 
Hochachtung, die die ältesten ionischen Histo- 
riker vor der uralten Kultur des Nillandes und 
vor allem vor der Weisheit seiner Priester hegen r 
ist hier zur kritiklosen Bewunderung alles Ägyp- 
tischen überhaupt, zu einer wahren Ägyptomanie 

^ u. o. „.«* a — ~ -v- D -... gesteigert. Die Quellen, auf die er beständig re- 

Die" Bezugnahme = 31, 9* verweist über "die Ein- 40 kurriert und gegen die es keinen Widersprach 
läge aus Agatharchides hinaus auf den dritten gibt, sind die Aussagen der hqüg oder_ der AU 
Teil. HL c. 43— 68 die Königsgeschichte bis aut 



abgesehen von den alteren sophistischen Gedanken 
über die Vielgötterei, die sie in erster Linie ver- 
werten. IL c. 30—41 Chorographie, d. h. we- 
sentlich eine Abhandlung über den Nil (c. 32 
—41), die auf Agatharchides zurückzuführen ist 
(o. Bd. V S. 670). Aber im Eingang ist c. 31 
durch den Vergleich mit Schol. IL I 383 -+- Steph. 
Byz. s. ätog nofog sicher für H. zu gewinnen. 



Amasis mit einer Einleitung über die d^atorar*/ 
dycayt} xäv xar Alyvmov (c. 43), die der Ein- 
leitung von Teil I (c. 1 0) parallel steht. Schwartz 
235, 1 hat diesen Abschnitt richtig als eine Um- 
setzung der Herodoteischen Berichte ins Pragma- 
tische' unter Heranziehung auch anderer Quellen 
bezeichnet (Zitat aus Ktesias 56, 5 ; aus anony- 



yfanoi (10, 1. 12, 2. 5. 7. 13, 3. 7. 15, 2. 26, 
1. 2. 28, 1. 62, 2. 86, 2. 3) und — namentlich 
wo er besonders wirksam reden will — die legal 
avayqatpai, die die Priester h xatg tsgalg ßißioig 
ix 7iakai<öv xqövwv äel zolg öiadoxotg hinterließen 
(43, 6. 44, 4. 46, 7. 63, 1. 69, 7. 96, 2. Plut. 
de Is. 6). Nach ihnen werden hellenische Er- 
klärungen verworfen (z. B. 12, 8 der Beiname 



men enoi 63, 5. Mehrfach scheint bereits H. gegen 50 riavxäms, wo die griechische Erklärung svrjöss 

" - ' *■■—'- - J — '"-—*—* ^~* — heißt), hellenische Ansprüche bestritten (z. B. 

16, 2 , Erfindung' der Olive). Nach ihnen wird 
auch festgestellt, daß die Ägypter als ältestes 
Volk alles bis herab auf die artikulierte Sprache 
(12, 1) zuerst gehabt haben, und in durchgehen- 
dem Vergleich der griechischen mit den ägypti- 
schen Institutionen nachgewiesen, daß jene, von 
den Göttern angefangen bis auf die Einrichtungen 
des täglichen Lehens herab, von diesen über- 



Vorgänger polemisiert oder Varianten notiert zu 
haben: 53, 1. 64, 1. 6. 13. Doch bleibt das 
zweifelhaft. Sicher aber gehört dem H. die Pole- 
mik ohne Namennennung gegen Herodot. II 151 
in c. 66 , 1 evtoi 6e xojv aQ%aiotv ovyyQatpetov 
fivdoloyovot; vgl. u. über c. 69, 7). Die gerade 
hier erhobenen Zweifel gegen Herkunft aus H. 
sind unberechtigt sowohl wegen der allgemeinen 
Übereinstimmung mit den anderen Abschnitten 



im Charakter der Darstellung wie im besonderen 60 nommen sind (z. B. 14, 4. 16, 2. 22, 7. 77, 5. 



wegen der engen Beziehungen zwischen diesem 
erzählenden und dem systematischen (vierten) 
Teile. Sie bilden zusammen ein Ganzes. Zu be- 
achten ist besonders, wie schon hier die Erzäh- 
lung vielfach den Charakter einer Empfehlung 
der ägyptischen Einrichtungen annimmt und prak- 
tische Maximen tax die Regierung liefert : so über 
Kindererziehung (53, 3—4); tßvota zwischen Herr- 



9. 79, 4. 92, 3. [95, 2.]). Im ersten Teile wird 
dabei im wesentlichen nur die Tatsache konsta- 
tiert, daß die ältesten Dichter und Weisheitslehrer 
der Griechen, Orpheus und Homer, mit den Lehren 
der Priester übereinstimmen (nur in Nebensätzen r 
12, 10 und 23, 2 heißt es, daß sie nach Ägypten 
gekommen sind). Erst am Schlüsse der ganzen 
Darstellung (9641) wird diese Frage systematisch 



behandelt und aufgezählt, welche Griechen von 
Orpheus an bis auf Eudoxos nach Ägypten ge- 
kommen sind und was sie von dort mitgebracht 
haben. Was Ungläubige oder Chauvinisten bis- 
her bezweifeln konnten,. wird hier mit dem stärk- 
sten Zeugnis bekräftigt: alles dieses erzählen 
die Priester ix xßv dvayQuyäv xmv iv xaig tegoig 
ßlßXoig (96, 2). Daher der Schluß ig Aiyvjixov 



der Bevölkerung mehr als 4700 Jahre gesichert 
haben (69, 6), schließt er mit einem bezeichnen- 
den Ausfall auf die älteren Darsteller der ägyp- 
tischen Geschichte (H@d<$oro<r xai xivsg tmv td? 
Atyvmtov nQ&£ste ovvxa£dt*evoi) : sie haben mut- 
willig das jtaQadot-oXoyüv xai fj,v$ovg 7t?.dzxetv 
yvxayvyiag h>zxa der Wahrheit vorgezogen, die 
or selbst aus den dvayqayai der Priester durch 



dwaoic {9d, H). Jjaner uer cwmuu sg Aiyvuwv ^ ^^^ „„~ ~™. — , c T 
JSwA ***« *' &v *a e ä rolg "Mttwv sorgfätiges Studium gewonnen hat (69, 7 Da- 
Wavuhl}oav unwiderleglich erscheint. Mit der 10 mit wird wieder in stärkster Weise die Urkund- 
tvttt^uu e, „„!!„,„, ana j™ lir.bkft t der folgenden Darstellung betont. 



Zeit ist dieses Verhältnis den Hellenen aus dem 
Gedächtnis geschwunden. Wie sie die Gottkönige 
in ihre Götter verwandelt haben, so ist die rich- 
tige Erklärung ihres Wesens, ihrer Namen, ihrer 
Attribute teils verschwunden, teils getrübt. Da- 
her die Polemik gegen, die nag" TJlkrjot fiv&o- 
Uyoi oder evtoi xüv %Xlv\vo>v im Gegensatz zu 
Orpheus und Homer (11, 3. 12, 5. 13, 4). 

Schon in dem ersten Teile sind, wie bereits 



lichkeit der folgenden Darstellung betont. 

Was es mit dieser Urkundlichkeit auf sich 
hat und wie weit H. selbst davon überzeugt war, 
daß er wirklich die alten ägyptischen vo^iia mit- 
teilte, mag dahingestellt bleiben; die Ägyptio- 
logie hat sich im allgemeinen wenig günstig aus- 
gesprochen: dem Urteil Wiedemanns (Ägypt. 
Gesch. I 1884, 118f.), der Diodors Bericht .sehr 
hohen Wert' zuspricht, steht gegenüber, daß 



eenon in aem ersten ibhc emu, yh* ^»«» ±±v^^ •■"" , '*-, — : * t e im tt , a™ 
Schwartz erkannt hat, politisch-philosophische 20 E- Meyer Gesch. d. A.« I § 150 H. zu den 
^_ i..,.. j * oL d :- aj a iiLj;»!,. v„-r- ^TilimmstATi Entstellern der ägyptischen Ge- 



Oedanken der eigenen Zeit in die ägyptische Vor- 
zeit reflektiert. Griechisch ist vor allem die Idee 
des ßaodsvs svsQyhtjg, des ,auf geklärten Despoten', 
die der Schilderung der alten Gottkönige zugrunde 
liegt. Dieser Teil ist es auch, den Euemeros zu- 
nächst benutzt hat. Trotzdem ist dieser Teil, 
der rein darstellend ist, mehr vorbereitender Na- 
tur. Man könnte ihn für sich allein als eine rein 
wissenschaftliche, tendenzlose, wenn auch in vor- 



,schlimmsten Entstellern der äg}T?tischen ^ Ge- 
schichte' rechnet. Die Glaubwürdigkeit ä&cUgal 
dvaytta<pal oder vielmehr dessen, was H. aus ihnen 
berichtet, erledigt sich durch Behauptungen wie 
die in 96, 2. Die Priester mag er befragt haben; 
aber von welcher Art ihre Auskünfte waren und 
was sie wert sind, wissen wir aus Herodot. 
Keinesfalls dürfen wir, woran noch Schwartz 
glaubte, bei H. eine Kenntnis der Landessprache 



wissenscnaiuicne, lenueuHuse, wenn a-um m vm- 8 «.^^™, — -*. v-u.li.-u n 

gefaßter Meinung geschriebene Studie über den 30 annehmen, die es ihm ermöglicht haben soll, 
?t 3 r_ °ui:^^ tr„n.«- «;« D A^f a/^ a( *ihat Tnsebriftfin zu lesen. Im übneen magder 



Ursprung der menschlichen Kultur, eine Art ßiog 
%i\g olxov/j-hijg auffassen. Es ist kein Zufall, 
daß am Schlüsse dieses Abschnittes der Exkurs 
über die ägyptischen Kolonien steht: sie gingen 
nach Babylon, dessen Chaldäer ägyptische Prie- 
ster sind; nach Argos, der ältesten griechischen 
Stadt; nach Kolchis und Judäa; nach Athen, 
dessen drei Stände ägyptisch sind und das ägyp- 
tische Könige gehabt hat. Die Kultur der ganzen 



selbst Inschriften zu lesen. Im übrigen mag der 
historische Wert der einzelnen Abschnitte ein 
verschiedener sein; für den vierten Abschnitt ist 
die Frage überhaupt gleichgültig, denn hier gilt 
unzweifelhaft, was Schwartz (236) sagt, daß 
,die Tatsachen des ägyptischen Lebens dem H. 
höchstens Ausgangspunkt, keinesfalls ausschließ- 
liches Objekt sind'. Wir haben hier eine voll- 
ständige üoXneia — der Herrscher (c. 70—72), 



tisene iwmige genau u uai, jji« ivui^ui u« gnunu. „«««u.^« ^r..,~™ TT , r ,„.., \ j -n: 

Olnovahn ist ägyptisch; und wenn den Griechen 40 das Land (73), die Untertanen (Stande und Be- 
KSMvvfwj j>jv _',.,.. _ tj ii q * ™ ™te ^ 7A\ das Gerichtswesen (75— 76) und die 



auch vor allem das Verhältnis von Hellas zu 
Ägypten interessiert, so fehlt es doch auch in 
dem letzten Teil nicht an Hinweisen, daß es mit 
den übrigen Völkern genau so steht (81, 6). Übri- 
gens steht diesem Exkurs, der den ersten grund- 
legenden Teil abschließt, formell parallel der den 
vierten Teil abschließende Exkurs über die nach 
Ägypten gekommenen Griechen. Beide haben 
den gleichen Zweck, Es sieht doch so aus, als 



rufe, c. 74), das Gerichtswesen (75—76) und die 
Gesetzgebung (77—80, 2), das Privatleben (Ehe- 
und Kindererziehung 80, 3-81, Medizin 82), 
Religion (Tierdienst 83—90; za atQi xovg tetsXev- 
Trjxöxag vo^iifia 91—93) — über deren utopischen 
und protreptischen Charakter kein Zweifel sein 
kann. Zwar ist die Form nicht die der theore- 
tischen Vorschriften und Erwägungen, sondern 
die des historischen Berichtes über ein einmal 



ob wirH.s eigene Disposition vor uns haben. 50 wirklich vorhanden gewesenes Staatswesen; aber 
j. i- lk ■ *\.i~.\.t.~ t,»™^«*. ™u &i*, ar A*r T^n ih+. d«r der Emnfehlunfir mit Urteilen. 



Denn auch die Königsgeschichte beginnt mit einer 
besonderen Berufung auf die dvayQa<pat der Prie- 
ster. Vollkommen deutlich aber ist, daß die Ein- 
leitung des letzten und wichtigsten Abschnittes 
(c. 69) nicht Diodor gehört, sondern den Gedanken- 
gang des H. selbst wiedergibt. Hier wird die 
lehrhafte Tendenz des Werkes offen ausgespro- 
chen in den Worten, daß er von den Nöfioi an- 
führen wolle xd xs jtaQaSo^oxaxa xai ra (tdfaoxa 



der Ton ist der der Empfehlung mit Urteilen, 
und die praktischen Nutzanwendungen, die sich 
für die Gegenwart aus dem geschilderten Zustand 
entnehmen lassen, erscheinen überall. Mit Bewun- 
derung wird z. B. von dem durchaus rationell 
eingerichteten Leben des Königs gesprochen; oder 
es wird konstatiert, wie die Grabsitten eine fieyioxt} 
xai avfKpoQützdTt) ÖioQ&wotg x&v ^öv ergeben 
(93, 4); wie überhaupt diese Gesetze die besten 



axpeXtoat dvrdfieva xovg dvaytväoxovzag (69, 2) ; 60 seien, Menschen emetxeozarot xoig V &eat xalitokiri- 
__„j j:_- n ':_vi %* A aa -Wi+™«c wiir+ nnoh «/.iinrni ma^hfin. Deutlich ist überall ein latenter, 



und dieser Gesichtspunkt des Nutzens kehrt noch 
einmal wieder 77, 1 : es sollen die Gesetze der 
Ägypter besprochen werden, die nakatoxijxi dtrj- 
veyxav r} jiaßtjkkayfisvrjv xdt-tv Zayvv % xo awoXov 
dxpiletav röig yiiavayvataxovoi Övvavxai aaga- 
ozea^at. Nachdem H. diese ätpiXeia der ägyp- 
tischen 1»»/ vor allem damit begründet hat, daß 
sie die Stabilität der Verfassung und das Glück 



xcbxaxoi machen. Deutlich ist überall ein latenter, 
ja vielfach (73, 5. 74, 7. 79, 5. 92, 5) ein ausge- 
sprochener Gegensatz gegen die tatsächlich be- 
stehenden Einrichtungen der griechischen Staaten : 
so wenn konstatiert wird, wie nützlich die Erb- 
lichkeit der Berufe, die Beschränkung auf einen 
Beruf, der Ausschluß der Techniten vom po- 
litischen Lehen ist (74, 1- 6—7); vgl ferner die 



Verteilung des Landes an . den König und die 

oberen Stände der Priester und Krieger (73); 
das schriftliche Verfahren vor Gericht, das die 
r^X vai x &v e^rogcov xai xyv xfjg VTxoxQloeoig yotj- 
rsiav und alles , was sonst beim griechischen 
Verfahren die Wahrheit verdunkelt, ausschließt 
(76, 1); die Ausschließung der Schuldhaft (79, 
3 — 5); die Verurteilung der Kinderaussetzung 
(80, 3) oder der übermäßigen Schätzung der Ab- 
kunft (92, 5); das Verhalten gegen die Sklaven 
(77, 6) u. a. m. 

Es ist vollkommen deutlich , daß hier ein 
Staatsideal gezeichnet wird , das ganz auf ratio- 
neller Grundlage aufgebaut ist und abzielt auf 
die höchste evdaipovla. des Landes und seiner 
Bewohner. Es ist ebenso deutlieh, daß die Ge- 
danken und Motive , die IL in den ägyptischen 
Institutionen findet, oder die er in sie hineinlegt, 
nach denen er sie biegt und umdeutet, durchaus 
griechisch sind; hervorgewachsen aus den Dis- 
kussionen über die beste Staatsform , über den 
Wert und die wünschenswerte Gestaltung der 
Regierung einerseits, des Lebens der Beherrschten 
andererseits. Denn diese Scheidung steht für H., 
wie für die Philosophie saec. IV überhaupt, fest, 
geradeso wie die Überzeugung, daß der Herrscher 
für das Wohl der Untertanen da ist, ßaodsve 
BVEQystfjq sein soll (43, 6. 90, 2-3 u. o.). Man hat H. 
danach einen Vertreter des ^aufgeklärten Despotis- 
mus' genannt. Kaum ganz mit Recht, man könnte 
eher das , konstitutionelle Königtum' als sein Ideal 
bezeichnen; denn wenn auch in der Königsge- 
schichte die alten Pharaonen als absolute Herr- 
scher erscheinen, so spielt doch in dem systema- 
tischen Teile der König durchaus nicht die Rolle, 
die man von dem überzeugten Vertreter solcher 
Auffassung erwarten sollte, Namentlich von der 
kynischen Auffassung des Hirten über die Men- 
schenherde ist nichts zu spüren, ebensowenig 
übrigens von irgendwelcher göttlichen oder son- 
stigen sakralen Stellung des Königs (s. besonders 
70, 4ff. und vgl. 90, 3). Der Unterschied gegen 
Euhemeros ist sehr deutlich und wohl auch ein 
Zeichen, daß wir die Aiyvnxiaxä zeitlich nicht 
zu tief herabdrücken dürfen. Die Darstellung 
macht vielmehr den Eindruck eines Kompromisses, 
das von der Platonischen Anschauung ausgeht, 
aber diese den tatsächlichen Verhältnissen ent- 
sprechend modifiziert ; es herrscht zwar der König 
und nicht der Philosoph; aber dem König fehlt 
die fiovaQxmi) s^ovoia, er handelt nicht xaxä ttjv 
kavxov Tigoatgsatv äwnev&vvaig (70, 1), sondern 
er ist bis in die kleinsten Einzelheiten (70, 9ff.) 
hinein den röytoi unterworfen. Woher diese vöjnoi 
stammen, wird nicht weiter gesagt ; sie sind eben 
seit Urzeiten da, d. h. es ist die vom Philosophen 
entworfene und in die Urzeit reflektierte Ideal- 
verfassung. Die Bewahrer der vo/iot aber sind 
die ieptis, deren Söhne den König umgeben (70, 
2) und die selbst in ganz eigenartiger, auf die 
doch nun einmal tatsächlich vorhandene Macht 
des Königs Rücksicht nehmender, man möchte 
sagen in diplomatischer Weise den König zu er- 
ziehen haben (70, 8). Auffällig ist auch, wie oft 
H. hervorhebt, welchen Vorteil der König selbst 
aus einer gesetzmäßigen, dem Wohle der Unter- 
tanen gewidmeten Regierung zieht; nnd umge- 
kehrt, welche Strafen den schlechten König tref- 



jiGKaiaios 



2Y0* 



fen (45, 2. 62, 6, 64, 4—6. 9. 72). Dieser Vot- 
teil besteht allerdings allein in der svvota der 
Untertanen ihm gegenüber bei seinen Lebzeiten 
und bei der Bestattung sowie in dem Nachruhm. 
Auf einen griechischen Gewaltherrscher, der nicht 
die ägyptischen Vorstellungen vom Werte einer 
richtigen Bestattung hatte, konnte das keinen 
rechten Eindruck machen. Das war eine Schwie- 
rigkeit, die in der Natur der Sache lag ; dem ab- 

10 sohlten König gegenüber — und ein solcher war 
doch der neue griechische Herrscher — gab es 
kein wirksames Drohmittel; es lag doch allein 
an seinem guten Willen, ob er dem Rate des 
Philosophen folgen wollte. 

Aber den Eindruck macht es allerdings, als 
ob H. unter den Lesern , Ton denen er spricht 
und denen er mit der Darstellung der altägyp- 
tischen JIoXiTeia nützen will, in erster Linie den 
König selbst versteht. Bücher IIeqI ßamXeias 

20 waren seit Alexanders Zeit an der Tagesordnung ^ 
sie waren die den tatsächlichen politischen Ver- 
hältnissen sich anpassenden Nachfolger der /2b- 
Xitsiat und Nofjtot. Die Alyvjixtaxd des H. sind 
meines Erachtens eine nicht ganz unoriginelle- 
Variation dieses philosophischen jigoxQsnxixög an 
einen königlichen Adressaten. Der Gedanke,' ge- 
rade den Herrscher von Ägypten durch die ideale 
Schilderung des altägyptischen Staatswesens zu 
einem philosophischen Gebrauche seiner Macht 

30 zu machen , war entschieden geistvoll. Man 
würde unter diesen Umständen auch ,eine ge- 
wisse Opposition gegen die Ptolemäerherrschaft^ 
verstehen, die Schwartz 260ff. bei H. finden 
will, wenn er sie auch für ,sehr harmlos' erklärt, 
aber sie ist nicht vorhanden. In dem Lobe der 
Stabilität der ägyptischen Gesetze liegt wirklich 
keine unverkennbare Spitze gegen die Fremd- 
herrschaft der Ptolemäer*. Ein Gegensatz der 
Maxedoves gegen die ßaodeia twv iyzcaQiav wird 

40 überhaupt nur am Schlüsse des Absatzes über die 
Gesetzgeber (94 — 95), den Schwartz selbst dem 
H. abspricht, konstatiert. Sonst wird die Schwie- 
rigkeit, die in der tatsächlichen Fremdherrschaft 
liegt, mit Stillschweigen übergangen, während 
die Perserherrschaft mehrmals mit Schärfe be- 
handelt wird (44, 3. 46, 4. 49, 5). Dagegen zeigt 
die Angabe über die Zahl der xib/xai und noXsis 
in Ägypten (31,6—7) deutlich, wie wohlwollend 
H. der Herrschaft des Ptolemaios gegenübersteht,. 

50 die ja auch mit einem gewissen Recht den An- 
spruch machte, die alte Selbständigkeit des ägyp- 
tischen Nationalstaates wiederhergestellt zu haben. 
Was wie Opposition aussehen könnte — und das- 
ist doch allein die Nichterwähnung der griechi- 
schen Herrschaft — , ist Konsequenz der Ein- 
kleidung. Von den Griechen und was sie für 
Ägypten getan hatten, konnte nun einmal in 
dem systematischen Teil nicht die Rede sein. 
Im Gegenteil kann man in dem Buche neben 

60 seiner protreptisehen Bestimmung für den Herr- 
scher auch einen Protreptikos an seine griechi- 
schen Untertanen sehen. Die Politik schon des 
ersten Ptolemaios ging dahin, ein friedliches Zu- 
sammenleben seiner verschiedenen Untertanen zu 
ermöglichen; es ist im Sinne dieser Politik, wenn 
H. den griechischen Nationalhochmut, der sich in 
einem eroberten Lande leieht besonders listig 
machen konnte, durch seine Darstellung von der 



zwirn 



XXOKBUUU9 



alten Kflltormaeht Ägyptens dämpft; wenn er 
nachweist, wie die Griechen in allen Dingen von 
alters her nur Schüler der Ägypter gewesen sind. 
Nicht mit dem Übermute der Sieger, sondern 
mit Verehrung sollen sie daher den jetzt Be- 
siegten entgegentreten und es dem Könige nicht 
erschweren, wenn er die alte, von den Persern 
vernichtete Blüte des Landes wiederherzustellen 
sucht. Es ist eigentlich ganz im Sinne dieser 



zu regen beginnt, greift sie zu H. ; er ist sicher be- 
nutzt im Ansteasbrief (Schwartz ,258ff. Wend- 
land Ausg. p. 52. 62. 70 und die entschieden zu 
weit gehende Vermutung Berl. phiL Woch. 1897, 
1104. Geffcken XU) und von Artapanos (Freu- 
denthal Hellenist. Stud. I. DT 160ff. Willrich 
llltT. Geffcken XIII). Dabei bildet der Ab- 
schnitt über die Juden nur den Ausgangspunkt; 
die Benützung selbst erstreckt sich über die gan- 



Srf Roma^ auch den Maxeöw zum Sohne dem , was H. von den Agypt 



de^Osiris macht (20, 3). Wenn H. selbst Ma- 
kedonien in seiner Übersicht über die ägyptischen 
Kolonien nicht nennt, so ist das ein Zeichen so- 
wohl für seinen Takt wie für die Stimmung sei- 
nes Leserkreises; der erste Ptolemaier hätte eine 
solche Fälschung seiner Nationalität kaum gut 
aufgenommen. 

Die AlyvJttiaxd scheinen einen gewissen üte 



Lim«, "«» — .— — ~o./r iern Sagte» aUf ^ 

Juden übertragen wird; z. B. wird der ägyptische 
Hermes, der Vater der Erfindungen, zum Moses- 
Hermes ; und die Gleichung Moses-Musaios, durch 
die Moses zum Lehrer des Orpheus und damit 
der Hellenen wird, taucht auf. Bei dieser Art 
der Benützung versteht sich , daß man — von 
der Erklärung, weshalb die Juden von den griechi- 
schen Autoren nicht erwähnt wurden, abgesehen 



-^^535=5? £»5^&£ATä\ 4 *Ä'sä 



ihre philosophische Tendenz entging, bat sie 
herangezogen als das letzte und daher modernste 
Buch vom Ethnographie-Typ™ über Ägypten, aber 
das Hauptbuch sind sie nie gewesen. Dafür ist 
bezeichnend, daß Plutarch de Iside sie nur ge- 
legentlich (Schwartz 230ft. , der meines Er- 
achtens noch zu viel auf H. zurückführt) und, 
wie ich glaube, nicht direkt benützt, sondern in 
einer Zwischenquelle, in der auch Manethos ver- 

__1_ 'A-i J«- -KliavliailTlf fif+AT Tnit. TT. ZU- 



Apokr. n.' Pseudep.'d. A. T. II 2. Geffcken XU 
6) __ H. nicht namentlich zitiert. 

Das wird ganz anders bei späteren Autoren. 
Josephus gibt c. Apion. I 184—204, TI 43—47 
(soweit ist das Zitat auszudehnen) zwei Exzerpte 
aus einem Buche des H. 77. lovdatcov (mehr weist 
ihm Willrich 97ff. zu; vgl. Geffcken XV 4) 
und erklärt ausdrücklich, H. habe nicht naQeeyax; 
über die Juden gehandelt, sondern ein eigenes 



. ' _*. ™:^ m&n. T**r+ ™-n 10_ avtätv 'üwdatW avvYsypawE ßißltov. § ^14 Zu- 



sammen genannt wird (Diog. Laert. pTo. 10, 
Plut. de Is. 9). Seine stärkste Wirkung hat das 
Werk jedenfalls in der hellenistisch-jüdischen 
Literatur gehabt. H. hatte in den Aiyvnxiaxa 
von den Juden gesprochen (Phot. bibl. 244 = 
Diod. XL 3, vgl. Willrich Iudaica, Göttingen 
1900, 80ff. Geffcken Xlff.), jedenfalls im Rah- 
men der ägyptischen Kolonisation (Diod. XL 3, 
2 ew I 28, 2). Der Stil ist der der Ethnographie, 



avt&v 'Iovdatcw avyysyQaipE ßißltov. §214 ßt- 
ßUov nsQt fifiäv), das übrigens leicht zu erhalten 
sei (§ 205). Die Sonderesistenz eines solchen 
Buches ist schon danach sicher; es wird aber 
auch von Origen. c. Cels. I 15 (I 67, 29 Koe- 
tschau) erwähnt, der zugleich den Zweifel des 
Herennius Philon an seiner Echtheit mitteilt. 
Dieser Zweifel gründet sich auf das übermäßige 
Lob , das in dem Buch der jüdischen Weisheit 



9 ess 1 28, 2). Der Stil 1SI acr uei jiiLiiiiugiajJuic, ^.v», -"•- "* — ■* — - M u»n„r, ™ a -r 

tie denn' auch Diodor das Stück als ethn^a- 40 «nnd. w;rd und m^ anfacht ■erhalten w«- 
vhische Einleitung für den Judenkrieg des Pony den (Willrich 86ff. Geffcken XH. Stahlia 



peius verwendet. Der Ton ohne Feindseligkeit 
(so wird § 4 der äaavdQoixos xai pioo&vog ßiog 
entschuldigt durch die erlittene frvrjlaoia) , aber 
auch ohne besondere Sympathie (Willrich 89); 
denn daß Moses <pqovv)Ou xs xai dvögslai nolv 
Sta<p£eo>v genannt wird (§ 3), besagt nicht viel; 
und was an seinen Einrichtungen anerkannt wird 
(g 7), stammt aus Ägypten. Unverkennbar, aber 



bei Christ-Schmid Gesch. d. gr. L.& II 1911, 
472), obwohl Elter (Gnom, graec. hist. IX 1895), 
Mendelssohn (Aristeae . . ad Philostr. ep. init, 
Dorpat 1897) und Wendland (gegen Willrich 
Berl. phil. Woch. 1900, 1199f., vgl. bei Kautzsch 
a. O.) für die Echtheit der bei Josephus erhal- 
tenen Fragmente eingetreten sind. Aber mag 
man auch annehmen, daß Diod. XL 3 den Juden- 



asa^S^irJiÄ-i'ttS'S 



Interesse an dem eigenartigen Volkstypus. Der 
Bericht darüber aber ist nicht ohne tatsächliche 
Irrtümer (z. B. § 5). An der Echtheit ist eben- 
sowenig ein Zweifel wie daran, daß H. die Sep- 
tuaginta noch nicht kannte, sondern auf eigene 
oder fremde Beobachtungen und Berichte ange- 
wiesen war. Daß die Berichte jüdischer Herkunft 
waren und daß H. im Lande selbst war, ist nicht 
sicher und nicht einmal wahrscheinlich. Denn die 



wenig wahrscheinlich das nach Wortlaut, Ge- 
dankengang, Schlußwort des Stückes ist; mag 
man, unter Berufung auf das Sonderbuch über 
Abraham (s. u.), selbst sachliche Differenzen über- 
sehen — der Ton und der Inhalt der Exzerpte 
ist so völlig verschieden, daß sie unmöglich aus 
dem gleichen Buche stammen können. Der 
ruhigen Objektivität des Diodorischen Stückes 
steht bei Josephus ein vollständiger Panegy- 



sicher und nicht einmal wanrscneinucn. yenu uw *™^ »^ ™,i,—» — m i T^^-MM^n aW 
Lücken ^^^n^^^^^^^-^ - P* EStS« SS 



groß, und es ist überhaupt nicht viel, was er 
gibt; aber die bloße Tatsache, daß ein Grieche 
die Juden erwähnte, wurde von Bedeutung ; man 
sehe nur, in welche Verlegenheit z. B. den Ps.- 
Axisteas (§ 29ff.) das Schweigen der älteren und 
der dem H. gleichzeitigen Autoren über die Juden 
setzt Sobald daher die jttdisch-hellenistische Li- 
teratur sich kräftiger in phüosemitischein Sinne 



lückenhaften und zum Ted recht falschen lat- 
sachenmaterial eine sehr intime Kenntnis des 
jüdischen Landes und der jüdischen Geschichte. 
Die Gesetzestreue der Juden (c. Ap. 1191^). 
ihre «oW^awr« (§ »}).*¥ y* ™f 
Schönheit ihres Landes (§ 195), der Hauptstadt 
und des Tempels (196flL) werden mit voltem Pin- 
sel gemftJt Anekdoten illustrieren ihre geistige 



ZfOY 



Hekataios 



üejcataios 



avöö 



und sittliche Überlegenheit (201ff.). Ihre Treue 
und Tapferkeit sicherte ihnen von vornherein 
die Gunst Alexanders und der Ptplemaier (H 
43ff.), Wir kennen Ton und Inhalt ans an- 
deren Produkten der jüdischen Apologetik, von 
deren Masse sich Ps.-H. vielleicht aher dadurch 
unterscheidet, daß er nicht ganz so roh arbeitet. 
Die Anknüpfungen an den echten H. , die man 
gefunden hat, sind freilich unbedeutend, aber der 
Autor behandelt den historischen Hintergrund 10 
mit einer gewissen G-eschicklichkeit (Geffcken 
XV) : er erfindet nicht schlechthin, sondern knüpft 
an historische Zahlen an, die ei umdeutet (c. Apion. 
I 186. 194 Anschluß der Juden an Ptolemaios I. 
wegen seiner ^m6xr}g und <pdav&e<o7zia oder wegen 
der ozdatg in Syrien vgl. mit der gewaltsamen 
Verpflanzung bei Ps.-Arist 12f. coli. Diod. XIX 
93, 7) oder erweitert (Verhalten der Juden beim 
Neubau des Beltempels, c. Ap. I 192; vgl. 
Greffcken XV 3). Auch schriftstellerisch scheint 20 
er nicht ungewandt gewesen zu sein. Vielleicht 
darf man aus Joseph, c. Ap. I 183ff. eine Rah- 
menerzählung erschließen, die in Ich -Form (§ 189 
ovvrjd-rjg f}[üv , § 201 sfiov yovv) den Autor als 
Begleiter des Ptolemaios im Syrischen Kriege 
(184f.) und Teilnehmer an anderen Expeditionen 
(201) einführte. Sie lief dann wohl aus in die 
Übersiedelung vieler Juden nach Ägypten ; unter 
ihnen war auch der agiisgevs E&xiag (186f.), 
dessen Vorlesung — elyev yag zrjv xaroixTjotv 30 
avrcöv xai tr/v TioXizsiav yeygaftfisvrjv (189) — 
das Kernstück des Buches bildete. Allerdings ist 
sie schwerlich vor den eigenen Genossen gehalten, 
sondern vor den Mitgliedern des hellenischen 
Kreises, dessen owqdr\g Ezekias geworden war. 
In avzöig (§ 189) steckt ein Fehler des Josephi- 
schen Testes. 

Der Verfasser des Buches läßt sich natürlich 
nicht ermitteln; Freudenthals Annahme, es sei 
Artapanos gewesen, ist mit Recht allgemein ab- 40 
gelehnt. Die Entstehungszeit (saec. III ex. v. Chr. 
Schür er Gesch. d. jüd. Volk. III 3 607. Suse- 
mihi II 644; saec. II ex./I in. und etwa gleich- 
zeitig mit Ps.-Aristeas Stählin 473; kurz vor 
Ps.-Aristeas, etwa im Anfange unserer Zeitrech- 
nung Will rieh 95ff. 127) wird nach unten be- 
grenzt durch Josephus, nach oben mit etwas ge- 
ringerer Sicherheit dadurch, daß Alexander Poly- 
histor und Philon ihn nicht nennen. Dazu stimmt, 
daß eT den Aristeasbrief vorauszusetzen scheint 50 
(Ps.-Arist. 12f. c* c. Ap. I 186. 194 ; das umge- 
kehrte Verhältnis, das Willxich 97ff. u. a. an- 
nehmen, ist meines Erachtens ganz unmöglich), 
der seinerseits noch den echten H. zitiert. 

Es liegt im Wesen solcher Fälschungen, daß 
sie beständig weitergebildet werden; und ein 
Käme, der einmal von den Fälschern aufgegriffen 
ist, wird auch öfter gebraucht. So kennt Jose- 
phus ant. lud. 1 158 ein weiteres ßißliov des E. 
liegt 'Aßgdfiov (er benützt es noch I 161. 165f., 60 
vgl. Willrich 108), das gewiß identisch ist mit 
dem von Clemens Strom. V 14, 113 unter dem 
volleren Titel sv twi xaz" "Aßgapov xai zovg Atyv- 
jizlovg zitierten Buche. Clemens, der daraus die 
falschen Sophoklesverse anführt, betont sehr stark, 
daß der .Historiker* H. es verfaßt habe; und Jose- 
phus fährt es genau so ein, wie ITsgi 'Iovöaltov ; 
Berosos habe Abraham (übrigens nicht namentlich) 



erwähnt, 2?. de tov (Avt)afr%vai nleZov xt xsjiottjxsv * 
ßißXtor yäg xrl. Zu identifizieren (Muell er 385. 
Susemihlll 644 u. a.) sind die beiden Fälschungen 
nicht. Das Buch Ilsgl 'Aßgäpov (über dessen 
Weiterbildung im einzelnen zu vergleichen sind 
Elter Gnom. hist. V. IX. Christ Philol. Stud. 
zu Clem. Alex., München 1900, 31ff. Geffcken 
XVf.) vertritt ein fortgeschritteneres Stadium. 
Es ging weniger darauf aus, eine — wie günstig 
auch immer gefärbte — Darstellung der jüdischen 
Geschichte und Institutionen zu liefern, wie das 
JIsqi 'lovöatcov in einem gewissen Anschluß an 
den echten H. tat, als vielmehr in energischer 
Weise die Ansprüche der Juden auf alleinigen 
und uralten Besitz aller Wahrheit und Weisheit 
zu vertreten und die übrigen Völker (d. h. in 
erster Linie die Ägypter) als ihre Schüler zu er- 
weisen. Das war unmöglich ohne gefälschte Zitate, 
die für liegt 'lov&aiatv mindestens nicht nach- 
weisbar sind. 

Kehren wir vom falschen zum echten H, zu- 
rück. Er ist kein Mann von hervorragender Be- 
deutung, kaum von eigenen Ideen gewesen (Roh de 
2241 Schwartz 262). Daß er uns überhaupt 
faßbar ist, verdanken wir eigentlich nur der 
mangelnden Einsicht Diodors. Aber er ist inter- 
essant als ein Schriftsteller aus der Übergangs- 
zeit zum Hellenismus. Er repräsentiert dieses 
Zwischenstadium besonders gut; er läßt die ver- 
schiedensten Einflüsse Früherer auf sich wirken, 
zeigt aber seinerseits schon die einseitige Bevor- 
zugung einer stark theologisch und erbaulich ge- 
richteten Ethik. Ebenso den Zug der Philosophie 
zur Anpassung an das praktische Leben. Be- 
sonders deutlich aber zeigt sich seine Übergangs - 
natur darin, daß er auch den Übergang der helleni- 
schen Philosophie zur hellenistischen Wissenschaft 
verkörpert. Er verbindet noch, was schon die 
nächste Generation um die Wende saec. IVfUl 
tatsächlich trennt: ijTsxXtj&ij xai xgtrixög (xg. xal 
hsl.; verbessert von Küster) ygafi/narixog. Durch- 
aus richtig hat Roeper (II 8) hier auf H.s Zeit- 
genossen Philitas verwiesen, der ebenfalls yga/u- 
fiatixoQ xQiTixög heißt (Suid. s. v.) und gleich- 
zeitig philosophisch interessiert war. Natürlich 
decken sich beide nicht vollkommen. H. neigte 
viel stärker nach der philosophischen Seite; und 
der dichterischen Tätigkeit des Philitas hat er 
nur die Prosaromane entgegenzustellen. Aber wie 
dieser /7oö<kfcu geschrieben hat, so führt Erotian. 
s. xvgßaatrjv für H. auf ein ähnliches Werk. 
Homeriker waren sie beide. H.s Buch liegt zf\g 
rtoi^aeojg 'öfirjQov xal Uatodov ist uns allerdings 
direkt nicht kenntlich. Aber man darf wohl 
seinen Charakter aus den Homerzitaten der Atyv- 
szztaxd erschließen (Diod. I 12, 2. 5. 10. 45, 4ff. 
c*- Schol. D. I 383), die ihren ursprünglichen 
oder späteren Platz sehr wohl in einer besonderen 
Abhandlung gehabt haben können. Danach hatte 
es weniger rein philologischen, als sozusagen 
philosophischen Charakter. Nicht Textkritik; 
eher vielleicht Problemata, sodaß es neben Ari- 
stoteles 'AsxoQrjfiara 'Ofiyeixa treten würde. Am 
wahrscheinlichsten aber doch eine systematische 
Abhandlung mit dem Ziel, Homer und Hesiod 
philosophisch zu verwerten, wobei die diesen Dich- 
tern zugeschriebene Weisheit ans Ägypten abge- 
leitet und aus Ägypten erklärt wurde. Schwartz 



27 t*y 



Hekatas 



Mefcate 



2Y7V 



250 hat auf die Vorliebe Fyrrhons für Homer 
hingewiesen (Diog^ Laert. IX 67). Zu erinnern 
ist auch an die Homerstadien des Anaiarchos 
(Strab. Xm 1,27), dessen Enkelschüler H. war, 
und an die seines Mitschülers Timon (Diog. Laert. 
IX 113). 

Literatur: FHG II 384—396. IV 657b. 
Rohde Der griech. Romano (1876, 208ff.) 223ff. 
Roeper Über einige Schriftsteller mit Namen 



Über den Ursprung und die Bedeutung der 
H. laßt sich bei dem Mangel an Zeugnissen nichts 
Sicheres feststellen. Sie wird weder in der Ilias 
und Odyssee, noch in den Fragmenten der Ho- 
merischen Epen erwähnt. Die älteste literarische 
Quelle ist das Preislied auf H. in Hesiods Theo- 
gonie 410—452. Aber aus diesem Hymnus läßt 
sich für das Wesen der Göttin wenig lernen. Da 
sie nämlich an diesen Stellen als Allgöttin ver- 



Hekataios, Danzig 1877. 1878. E. Schwartz 10 herrlicht wird, erhalten wir nur ein ganz allge- 



Rh. Mus. XL 223-262. Susemihl Gr. Lit.-Hist. 
I 310-314. H 644f. Wachsmuth Einig, i. d. 
Stud. d. a. Gesch. 1895, 329—332. Schwartz 
o. Bd. V S. 670-672. Di eis Fragm. d. Vorsokr. 
12 (1906) c. 60 S. 458-462. Geffcken Zwei 
griech. Apologeten (1907) p. X— XVI. Christ- 
Schmid Gesch. d. gr. Lit.5 § 454 (ü S. 172). 
Stähl in ebd. § 652 (II 472f.). [F. Jacoby.] 
5) Hekataios (Exazatog) von Thasos, Epigram- 



meines, jeder Bestimmtheit entbehrendes Bild 
von ihr. Auch herrschen über die Echtheit starke 
Zweifel. Vielfach hält man die Verse für ein Ein- 
schiebsel (dessen Alter sich schwer bestimmen läßt) 
mit Anlehnung an einen Hymnus (orphisch : S c ho e- 
mann Opusc. II 2l5ff. ; anders Rohde Psyche 5 - 6 - 
II 82, 2) verfertigt, das an eine Erwähnung der 
H. in dem alten Text der Hesiodeischen Theo- 
gonie angeknüpft wurde (Nilsson Griech. Feste, 



inatiker unbestimmter Zeit. In der zerrütteten 20 Leipz. 1906, 295). Auffallend ist die Beobach- 



Partie der Anth. Pal. VII 163—168 auf Wöch- 
nerinnen steht zu 167 das Lemma rov avxov (d. 
h. Dioskorides) oi bh'Exazaiov ßaolov (C, ebenso 
Plan.) ; da wir von H. sonst nichts wissen, ist eine 
Entscheidung über den Autor von 167 unmög- 
lich, [v. Radinger.] 

6) Hekataios (Hecataeits) erfand ein Pflaster, 
auf leichte Wunden zu legen, Cels. V 19, 16. 
26, 35. [Gossen.1 



tung, daß sie bei Hesiod gänzlich der unheim- 
lichen Seite entbehrt; vielmehr erscheint sie als 
eine sehr angesehene, den Menschen in den ver- 
schiedenen Lebenslagen hilfreiche Göttin. 

Dann wird sie im Homerischen Hymnus an 
Demeter kurz erwähnt. 

Erst mit dem 5. Jhdt. setzen die Zeugnisse 
zahlreicher ein, und zwar ist nach ihnen H. die 
Göttin der Gespenster und der Geister (Nilsson 



7) Hekataios, wird von Plinius (n. h. XXXLTI 30 395). Damit wird es auch verständlich, daß sie 

' Ywnr öt\ .._± j i7i l-.'ij _i_m ± • j tt ■ vu-,.. rr~j:^i«4-™« «;^U4- ,,-.^.1,^™™-*- 



156. XXXIV 85) unter den Erzbildnern als ToTeut, 
der in Silber arbeitete, genannt, Brunn Gesch. 
d. griech. Künstler I 526. H 405. [Pfuhl.] 

Hekatas , Sohn des Gnotos, einer der 27 
Strategen von Erythrai, die hier alljährlich als 
wichtigste politische Beamte gewählt worden 
sind (je 9 von ihnen je 4 Monate im Amt). 
Seine Amtszeit fällt etwa in das J. 274 v. Chr., 
d. h. in eine Zeit, wo die Stadt ptolemäisch war. 
Dittenberger Syll.8 I 210, 7. II 600, 72. 91.40 
Beloch Gr Gesch. III 2, 273ff. [Walter Otto.] 

Hekate ^Exdrt]). Der Name wird meistens 
aufgefaßt als weibliches Gegenstück zu Apollon 
IxazrjßoXog, Sxdegyog, ixaT?fßskhtjg, der auch ein- 
fach exazog (s. d.) genannt wird, Usener Götter- 
namen 37f. ; Artemis heißt auch sxaigyr] (s. d.), 
und 'Exdtrj ist ein häufig vorkommender Beiname 
von ihr {Preller-Robert Griech. Myth.* 321, 
3. v. Wilamowitz Herrn. XXI 609). Daher 



in den Homerischen Gedichten nicht vorkommt. 
Sie gehörte dem Volksglauben an und paßte in 
die aristokratische Göttergesellschaft des aufge- 
klärten Homerischen Zeitalters nicht hinein. Mit 
dem Sinken der hellenischen Kultur und dem 
Vordringen des Volksglaubens gewinnt auch H. 
an Bedeutung. Sie wird die Führerin des Gei- 
sterheeres und spielt im Aberglauben und Zauber 
eine große Rolle. 

Vielfach finden wir H. nicht als selbständige 
Göttin vor, sondern schon früh ist sie mit anderen 
göttlichen Wesen in Verbindung gebracht worden. 

Am frühesten wurde sie Artemis gleichgesetzt. 
Im Kulte ist sie mit ihr verschmolzen, z. B. in 
Athen (CIA I 208, 2), Epidauros CEqwp. oqx- 
1883, 152, 48), auf Delos (Dittenberger Syll. 
LT 2 nr. 588, 45, 176), und Kern (Herrn. XXIV 
500) ist der Meinung, daß beide im Kulte nie 
scharf getrennt werden. Die Zusammenstellung 



hielt man H. für einen ursprünglichen Beinamen 50 Artemis- H. finden wir schon bei Aischyl. Suppl. 
der Artemis, und der Form nach für eine Ab- 676. Eurip. Phoen: 109 ; vgl. Varro de 1. 1. VII 



kürzung von 'jExa.njßEkhy ebenso wie Hekaerge 
und Hekabe (s. d.). Etymologisch deutete man 
den Namen als ,Femhintreffende l (Preller- Ro- 
bert a. a. O. 321). Die Ableitungen im Etym. 
Gud. 176, 9. SchoL Hom. H. V 759. Eustath. 
Hom. 1197, 27 führten Steuding (in Roschers 
Myth. Lex. I 1899) zu der Annahme, ,daß er wohl 
auf die Fernwirkung des Lichtes bezogen werden 



83. Myth. Vat. 1 112. Später ist sie ganz allgemein, 
Verg. Aen. IV 511 und Schol. Serv. Schol. Eur. 
Med. 396. Schol. Theoer. II 12, 33f. Orph. Arg. 
933. Abel Orph. 289, 6. Nonn. Dionys. XTV 
191ff. Etvm. Gud. 176, 9. Suid. s. 'Exdzyv. Tzetz. 
Lycophr. 1180. Eustath. Hom. 1197, 27. Pap. Par. 
2523 (ed. Wünsch Kl. T. 84) u. a. 

Die Vermischung mit dieser Göttin, mit der 



muß'; auch Gruppe (Griech. Myth. 1288, 6)60H. sicher manche Züge gemeinsam besaß, hatte 



hält diese Ableitung von cxdg für wahrschein- 
lich, obwohl sie nicht sicher ist, Usener Rh. 
Mus. XXIII (1868) 330, 33; anders Fick Per- 
sonenn. 2 452, der ihn von fixt/n ableitet und 
ihn als ,der nach dem Willen Schießende* aus- 
legt. Eine weitere Deutung Bnry Class. Rev. 
HI (1889) 416; vgl. dagegen Vince ebd. IV 
(1890) 47. 



besonders zwei Folgen : erstens hat sie den Cha- 
rakter der H. in vielen Punkten verdunkelt. Denn 
da beide Göttinnen sich ihre Eigenschaften gegen- 
seitig übertrugen, läßt sich das ursprüngliche 
Wesen der H. häufig nicht mehr erkennen. So 
gehen die hrtxltjoeig der einen meist auch auf 
die andere über, da sie in der Volisvorstellung 
nicht mehr geschieden werden konnten. Wir 



liCttttW 



finden eine Artemis t^todlttg (in Thera, Hill er 
v. Gaertringen Klio II 901, 224; vgl. Charikl. 
bei K o ck CAF IH 394, 1 . Com. c. 34) u. a. ; ebenso 
eine H. otbxstQa (in Pbrygien, s. Athen. Mitt. 
X (1885) 7 und dergl. mehr; s. Steuding bei 
Koscher Myth. Lex. I 1896. Preller-Robert 
321ff. Farn eil Cultes of greek states II (1896) 
509ff. ; besonders Paris bei Daremberg-Saglio III 
1 (1900), 50ff. Gruppe 1289, 2). Wahrschein- 



Kroll De orac, Chald. 27ff. 49. 69. Ziegler 
Arch. f. Rel.-Wiss. Xin [1910] 266ff.). 

In der Genealogie gilt H. gewöhnlich als 
das einzige Kind (juowoyevrjs : Hes. Theog. 426. 
448. Apoll. Rhod. m 1035) des Titanen Perses 
oder Persaios und der Asteria (Hes. Theog. 409ff. 
Hom. bymn. V 241 ' Apollodor. I 2, 4. Lyeophr. 
1175. Schol. Apoll. Rhod. LTI 200. Diodor. IV 
45. Cic. nat. deor. in 18, 46; vgl. Warr Class. 



lieh ist anch der Hesiodische Hymnus durch diese 10 Eev. IX [1895] 390ff. Nach Diodor. IV 45 ist 



Gleichsetzung beeinflußt. Der Einfluß der Arterais 
gab wohl den Anlaß, daß H. auch zur Jägerin 
wurde (Athen. VII 126 p. 325 c. Schol. Apoll. 
Rhod. III 200. Stat. Ach. I 344 und in orphi- 
scher Dichtung). Darauf bezieht sich auch die 
Darstellung in der Kunst mit Bogen (Matz- 
Duhn Ant. Bildw. in Eom 617; Euseb. praep. 
ev. LTI 11, 22. Petersen Arch.-epigr. Mitt. 
IV [1880] 143). Doch ist es schwierig, jeder 



Perses der König der Taurer und Bruder des 
Aietes; s. Gruppe 547, 6). Darnach wird sie 
auch IIsQOElr} (CIG 5950. ürph. hymn. I 4. VaL 
Flacc. VI 495) oder Ils^is genannt (Lyeophr. 
1173. Apoll. Rhod. III 467. 478. 1035. IV 1020. 
Ovid. met. Vn 74. Sen. Med. 814. Stat. Theb. 
IV 481 ; vgl. Bruchmann Epitheta deorum 98. 
Diese Beinamen benutzt v. Eoemer Jahrb. f. 
sexuelle Zwischenstufen V (1903). II 725ff., um 



die ihr zukommenden Eigenschaften zuzuschreiben. 20 eine Beziehung zwischen H. und Mithras herzu- 



Auffallend ist es aber, daß Artemis trotz ihrer 
engen Verwandtschaft mit H. erst ganz spät als 
Göttin der Gespenster auftritt (Gruppe 1292, 
2), diese Seite scheint also ihrem Wesen ursprüng- 
lich fremd, dagegen der H. eigentümlich zu sein. 
Zweitens trägt diese Verbindung die Schuld, 
daß H. meist als untergeordnete Göttin vorkommt 
und ziemlich in den Hintergrund gedrängt ist. 
Diese Erscheinung hat auch zu der Annahme ge- 



stellen; s. die Richtigstellung bei Ziegler Arch. 
f. Rel.-Wiss. XIII 267, 2). Nach Pherekydes (FUG 
I 72, 10 = Schol. Apoll. Rhod. III 467) ist Ari- 
staios ihr Vater, 

Aber auch mit Zeus ist sie in Verbindung ge- 
bracht worden (Schol. Apoll. Rhod. III 467, 1035). 
Sie gilt als Tochter des Zeus und der Demeter 
(Eur. Ion 1045. Schol. Theokr. II 12. Abel 
frg. 219), oder des Zeus und der Hera (Sophron 



führt, daß H. nur eine Ablösung einer Seite der 30 bei Schol. Theokr. a. a. O.), des Zeus und der 



Artemis ist (Kern a. 0, u. a.). Aber liegt die 
Vermutung nicht nahe, daß die mächtigere Göttin 
die unbedeutendere Sondergöttin (dafür scheint 
der allgemeine Name kxäzv} zu sprechen) aufge- 
sogen hat, eine Entwicklung, die sich so häufig 
in der griechischen Religionsgeschichte beobachten 
läßt? 

Bei den Römern verband sich H. aufs engste 
mit Diana (Ennius trag. frg. 362 Ribb. Catull. 



Pheraia (Schol. Theokr. II 36. Tzetz. Lyeophr. 
1180). 

Als Göttin des Zaubers wird sie zur Gattin 
des Aietes gemacht (Diodor. IV 45. Schol. Apoll. 
Rhod. II 200) und von ihm Mutter der Kirke 
(Ovid. met. XIV 405) und der Medea (Diodor. IV 
45ff. Schol. Apoll. Rhod. III 242. Etym. M. 
515, 11). Ferner ist sie Mutter der Skylla (Schol. 
Apoll. Rhod. IV 827ff. Schol. Hom. Od. XIII 



i. 34. Hör. c. I 21. LH 22 u. a. ; vgl. Pap. Par. 40 85 = FHG II 10, 8) ; von Zeus Mütter der Brito- 



2786ff. Lob eck Agl. 543), die von ihr den Bei- 
namen Trivia übernahm (CIL X 3795. XIV 2867, 
triformis CIL II 2660; im Kult: CIL VI 511. 
Buecbeler Carm. epigr. 1529. Wissowa Rel. 
u. Kult. d. Römer 202). Mit ihr verschmolzen 
lebt sie im Volksmunde bis ins späte Mittelalter 
hinein als wilde Jägerin weiter (Grimm Deutsche 
Mythol.4 235. 237. 778. 792. 972. Rader- 
macher Westd. Ztschr. XXIV [1905] 219ff. 
Rohde Ps. 84). 

Im Zeitalter des Synkretismus trat sie mit 
den verschiedensten Göttinnen in Verbindung, 
der Aphrodite (Pap. Paris. 2557; vgl. Diete- 
rich Abraias 103. Kroll De orac. Chald. 69), 
der Bona Dea (Macrob. Sat. I 12. 23), Magna 
Mater (CIL 511 = Buecheler C. epigT. 1529 A 
5), Isis (Apul. met. XI 2. 5. Drexler bei Rö- 
scher Myth. Lex. II 468), Bendis (Hesych. s. 
HS/a^tov xöqt]), Bruno, der Göttin von Phera 



martis (Favorin. s. BQtzöptaoxtg . Etym. M. 214, 26 ; 
vgl. FHG Hl 8, 23); von Triton Mutter der Kra- 
taiis (FHG IV 495). Von Caelus ist sie schließ- 
lich Mutter des Saturnus und Ianus (Arnob. II 
71. III 29; s. Kroll De or. Chald. 69). 

H. scheint von Anfang an die Göttin der Gei- 
ster und Gespenster gewesen zu sein, als deren 
Anführerin das Volk sie sich in späterer Zeit 
dachte. Sie ist also ein dämonisches Wesen und 
50 hat als solches viele Beziehungen zur Unterwelt, 
sodaß sie vielfach als chthonische Göttin be- 
trachtet wird (Rohde II 80ff.). Freilich läßt 
sich nicht feststellen, welche Auffassung den wirk- 
lichen Ursprung richtiger gibt ; jedenfalls stehen 
sie in engem Zusammenhange, wenigstens in spä- 
terer Zeit. Man glaubte sie in der Tiefe des 
Herdes wohnend (Eur. Med. 398ff.; nicht un- 
wahrscheinlich ist die Vermutung, daß man sie 
unter der nvgbs dsonotva zu verstehen hat, Eur. 



(Einfluß der Artemis): Lyeophr. 1176. Apoll. 60 Phaeth. frg. 781, 39. Rohde II 82, 1). Häufig 
«. ■. m „«„«, ..r^i 3 c, ^ i ^„l i — w ^ s j e a j g yß ov i a angerufen: Schol Aristoph. 

Ran. 295 (frg. 500. 501 Kock). Theokr. II 12 
und Schol. Trag. Anon. frg. 375 NauckS. Plut. 
quaest R. 111; de defect. orac. 13 p. 416 E. 
Kaibel Epigr. Gr. 1136, 5. Pap. Paris. 1443^ 
bei defiziones: Wünsch Def. tab. Att praef. VI. 
Index II 47. Audollent I>ef. tab. praeter At> 
ticas, Index IVA 461. Wünsch Ant. Zauberg. 



Rhod. HI 861ff. 1211 und Schol. Orph. Arg. 
17, 431. Nach Aagustin. serni. 242, 7 und bei 
Porphyr, (or. phil. 122 W.) wird sie als Weltseele 
bezeichnet (vgl. jiclvtos xooftov x?,ftdovzog ävaooa 
Orph. hymn. I 7). 

In ähnlicher, verallgemeinerter, abstrahierter 
Form ist sie endlich auch von den Neuplatoni- 
kern in ihr mystisches System aufgenommen (s. 



tiOÄfliwj 



24; als xax*%&ovia\ Andollent nr. 74, 2—3. 
75, 4 — 5; ferner entsprechend der Unterwelt als 
eines dunklen Ortes als oxoxia (Diodor. I 96. 
Pap. Paris. 2562ftY) ; oder fjIXatva (CIG 3857 k). 
Für ihren chthomschen Charakter spricht auch 
ihre Verschmelzung mit Persephone, der sie oft 
gleichgesetzt wird (Schol. Theokr. II 12. Serv. 
Aen. IV 511. VI 118. Myth. Vat. I 112. II 15. 
III 7, 1; vgl. Lucan. VI 700. Stat. Theb. IV 
429 und Scbol. IV 144. Fulgent. myth. I 9. 
Apul. met. XI 2. Pap. Paris. 2522 ; vgl. 1402. 
2745. 2798; inschriftliche Belege bei Cumont 
Mon. Mithr. I 140; s. Wünsch Zauberg. 24ff.), 
oder mit der sie genealogisch verknüpft wird (s. 
o.) ; wie Persephone wird auch H. Gattin des 
Pluton (Soph. Ant. 1199 und Schol.; vgl. Oed. 
Col. 1548. Pap. Paris, 2714. 2720. 2745); bei 
Hesych. heißt sie ''AÖfirjiov (— Hades, O. Müller 
Proleg. 306) xöqj) (s. v.), oder auch selbst äd- 
jw?jt»7 (hymn. 3 bei Abel 289). Tochter des Eu- 
bnlos (= Hades) ist sie im Orph. hymn. 72, 3. 
Sie heißt Orph. Arg. 980 Tapragoxats (vgl. Pap. 
Paris. 1403) ; andere haben sie zur Begleiterin 
(Hymn. Hom. V 40) oder Amme, der Persephone 
gemacht (Schol. Theokr. II 12). 

Ihr chthoimcher Charakter wird auch deut- 
lich gekennzeichnet durch ihre Attribute; wie 
die rächenden und strafenden Gottheiten der Unter- 
welt, die Erinyen, hält auch H. Dolch, Schlange 
und Geißel, Petersen Arch.-epigr. Mitt. V (1881) 
76fr. Auf dem pergamenischen Zaubertische ist 
H. mit diesen Dingen ausgestattet (Wünsch 
Zauberg. 25). Auf einer karthagischen Fluch- 
tafel (Audollent nr. 242, 39) heißt H. tgifioQ- 
<pog (iaoT£Lyo(poQog ; das Schwert der H. wird er- 
wähnt: Pap. Lugd. (ed. Dieterich) 1, 10. Pap. 
Paris. 2479ff.; die Schlange: Soph. qiCot. frg. 490 
= Schol. Apoll. Rhod. XII 1214. Schol. Arist. 
Ran. 295. Pap. Paris. 2800; vgl. Wünsch a. 
a. O. 

Durch ihre Gleichsetzung mit Persephone, 
durch ihre Stellung als Gattin des Pluton wird 
schon deutlich, daß sie die Herrin der Unter- 
welt ist (ävaooa hymn. Hom. V 440. Orph. hymn. 
I 6). Als Zeichen ihrer Macht besitzt sie die 
Schlüssel des Hadestores; sie hat die Gewalt, 
die Pforte zu öffnen und zu schließen (Verg. Aen. 
VI 258. Apul. met. XI 2 ; Pap. Paris. 1403 wird 
sie angerufen als xlubov%s IIsQoifpaooa, Tag- 
zdgov xoQij ; 2293 xk-iäa xqclt<L ; vgl. 2235. 2719; 
s. Inschrift aus Cypern: Wünsch Def. tab. 
praef. XVLTI nr. I v. 53 p. XX ; und die xXetdog 
ayoyyrj in Stratonikeia). Den Schlüssel hält sie 
in der Hand auf dem Zaubertisch aus Pergamon, 
wo sie die Beinamen hat: jiaotxgdxeia , Tzaaifti- 
feia, iidvxa iqpssiovoa (Wünsch a. O. 24f.), und 
auch sonst ist ihr auf Kunstdenkmälern der 
Schlüssel als Attribut gegeben (Petersen a. a. 
O. V 76ff. Koehler Arch. f. Rel.-Wiss. VLTI 
[1905] 221. 223. 230). Später wurde mit der 
Ausdehnung der Herrschaft über die drei Reiche 
(s. u.) auch ihr Schlüsselamt auf die ganze Welt 
ausgedehnt (Orph. hymn. 17). 

Auf die Herrschaft der H. im Schattenreich 
deutet Wünsch (a. a. O. 25) den Kopfputz, den 
,T(Uof, der die Statuen der H. ziert und den sie 
auch in dem Zauberdreieck auf dem Kopfe trägt. 
In den Zauberpapyri wird dieser Kopfschmuck 



als fiiiTQt) bezeichnet: Pap. Paris. 2595. 2657 j 
vgl. 2840. 

Die Macht der H. bleibt aber nicht nur auf 
die Unterwelt beschränkt, sie tritt auch mit den 
Menschen in Verbindung (Audollent nr. 38, 
14). Ihr Einfluß, den sie auf der Oberwelt be- 
sitzt, beruht auf ihrer Eigenschaft als Herrin der 
Seelen, die nach dem Tode im Hades verweilen. 
Sie wird als veQzsQcor nqvzavic, bezeichnet (Schol. 

10 Theokr. II 12; vgl. Verg. Aen. VI 118. 564. 
VaL Flacc. Vn 194), und in einem Mimus des 
Sophron heißt H. vsiox^ovlmv öeouiöztg (v. Wi- 
lamowitz Herrn. XXIV [1899] 208. Wünsch 
Jahrb. f. Phil. Suppl. XXVII [1902] 119). Apul. 
met. c. 31 : manium potens Trivia. Mit Her- 
vorhebung der schädlichen Seite der Seelen: äg- 
%ovoa z&v jtovi]Qöiv oaif.töva>v (Euseb. praep. ev. 
IV 22); Literatur bei Abt Apologie d. Apuleius, 
Rel.-gesch. Vers, und Vorarb. IV 2 (1907) 128. 

20 Als solche wird sie häufig mit dem ipv%o7iopt7t6^ 
Hermes zusammengestellt: Pap. Paris. 1443. 1462. 
Audollent p. LXI, Indes IVA p. 461f. 464ff. 
Index VII Ephes. gr. 45 p. 504; Def. tab. nr. 242, 
30ff. und Anm. Wünsch Def. tab. praef. XV b. 
XVIII a, nr. 104-108; Rh. Mus. LV (1900) 69 
nr. 10. 11. 18. 19; s. Abt a. O. 128, 1. 

H. kann als Hemn der Schatten die Seelen 
der Verstorbenen heraufsenden (Eurip. Hei. 569f. 
Orph. Arg. 938ff. ; vgl. Claudian. in Ruf. I 155 ; 

30 s. Steudinga. 0.1896). Ihre Macht als Königin des 
Hades gewann aber an Bedeutung durch den Über- 
gang von Seelen zu Dämonen, deren unheilvolles 
Wirken der primitive Mensch überall zu ver- 
spüren glaubt. 

Durch Dämonen glaubte man Krankheiten 
veranlaßt, und besonders Epilepsie legte man als 
Besessenheit durch böse Geister aus. Auch H. 
wurde als Urheberin dieser Krankheit angesehen 
(Schol. Eurip. Med. 1172. Eustath. Hom. II. 87, 

40 31); ebenso schrieb man ihr die Ursache des 
Wahnsinns zu. Phaidra heißt sv&sog i£ 'Exäzas 
(Eurip. Hippol, 141); ähnlich gibt Hippocr. (de 
morbo sacr. I 592 K.) die Schuld dieser Krank- 
heit den emßoXmi; xal rjQtöoüv £<podoi$ (Tarnbor- 
nino De ant. daemonismo, Rel.-gesch. Vers, und 
Vorarb. VII 3 [1909] 68). H. sendet mmo}i?zas 
und schlimme Träume, sie verursacht nächtliche 
Schreckgesichter (Theophr. char. XVI 5, 7 (Leipz. 
Ausg. 125f.). Hippolyt. ref. VI 20. Artemidor. 

SOoneirocr. II 37 p. 139 H. Hippocr. a. a. O.). Ganz 
allgemein wird sie . ,Führerin und Anstifterin' 
alles Spuks und gespenstischen Greuels*. Sie ist 
die Senderin der 'Exaxaia (Apoll. Rhod. III 861) 
und 'Exaxtxa <pdo/Mxxa (Schol. Apoll. Rhod. a. 
a. O. Eurip. Hei. 569f. ; Ion 1054. Pap. Par. 
2727ff. |Abel 289]; vgl. Dio Chrysost. or. 4 
[p. 168f.R.]. Hesych. s. ^Aviaia. Marin v. Procl. 
28. Suid. s. 'Exdz V v. Lobeck Agl. 223ff.). Eben- 
so schickt sie die Personifikationen griechischer 

60 Spukgestalten, die Empusa (Hesych. s. v. Etym. 
M. 336, 39. 44) u. a., denen sie auch selbst gleich- 
gesetzt wird (Empusa: Schol. Aristoph. Ran. 293. 
Mormo: Hippolyt. ref. IV 35. Baubo: Hymn. 
Hek. Abel 289, 2); vgL Rohde n 408). 

H. erscheint aber auch selbst unter allerlei 
erschreckenden Gestalten (Theophr. char. AVI. 
Dio Chrysost. a. a. O. Lucian. Philops. 39. Eustath. 
Hom. 1887, 54). Als ävzaia faös begegnet sie 



2775 



Hekate 



neKate 



Sä/YO: 



den Menschen (Soph. frg. Sil) und heißt, weil 
sie die ävrcüa schickt, selbst avzala (Soph. frg. 
811. 368. Etym. M. 111, 49f. Hesych, s. v.). 
Eine Anspielung auf H. ävtata vermutet Nils- 
son 395, 2 in Hom. hymn. V 52. 

Gefürehtet ist sie als daemon meridianus: 
Lucian. Philops. 22: dort erscheint sie asiofiov 
tivo; yevofiEvov-, vgl. Verg. Aen. VI 255 (Nor- 
den). Pap. Oxyrh. 412 (UI 36ff. Grenfell-Hunt) 



Au dollent nr. 38, 14). Dort nimmt sie die Seelen 
in Empfang. Auf Friedhöfen verzehrt sie die 
Leichen, und den Menschen, die ihr verfallen 
sind, saugt sie nach Vampyrart das Blut aus: 
Orph. hymn. I 1. Pap. Par. 2857f. 2484. 2544. 
2864 aifiosioti . . . xagötodatre, oagxotpäys, äatpo- 
ßöge. Pap. Par. 2855. Theoer. II 13. Hippolyt. 
ref. IV 35, 3—5. Lucan. Phars. VI 738; vgl. 
Dieterich Nekyia 52. Audollent n. 241, 40f. 



heißt sie osiaix^ovsß?}; Audollent n. 38, 14 10 Bei Begräbnissen ist sie anwesend: Plut. de su- 



QTjgix&cav; vgl. Wünsch Arch. f. Rel.-Wiss. XII 
<1909) 4, 10; s. auch die von Lobeck AgL 1902 
angeführte Stelle der Acta Mart. Usener Rh. 
Mus. L (1895) 147. 

Die Erinnerung an die Schrecken der "Wege- 
lagerer gaben wahrscheinlich mit den Anstoß, 
daß diese Angst verbreitende Göttin den Bei- 
namen svoMa erhielt (Soph. Ant. 1199; qiCoz. 
frg. 492. Lucian. navig. 15, Eürip. Ion 1054ff. 



perst. 10 p. 19B (= Bergk PLG* LH 680). 
Schol. Theokr. II 12; vgl. Abernetty De Plut. 
de superst. libello , Königsberg 1911, 55ff. Der 
Balken, an dem Verbrecher gezüchtigt wurden, 
hieß ixarrj (Hesych. s. v.). 

H. ist also eine gefürchtete Gestalt des grie- 
chischen Volksglaubens (<poßsga: IGSI 1019. 
Audollent nr, 38, 14), deren Namen man nicht 
aussprechen darf (äfgaTiog Hesych. s. v.), oder 



Helen. 569; frg. 308. Paus. II 30, 2. Philostr. 20 die man, wie häufig Totengötter, euphemistisch 



v. Apoll. IV 23. Pap. Par. 1432. 2563. 2613. 
Anth. Pal. VI 199, 1. Orph. hymn. I 1. Steph. 
Byz. s. TgioSoe. Hippolyt. IV 35 v. 2. Hesych. 
s. v. Etym. M. 344, 42; vgl. Pkt. leg. XI 1 
p. 914b) oder mr^xoog (CIG 7321 b). Wie alle solche 
Phantasiegebüde kann auch H. unter verschiedenen 
Gestalten sich zeigen (Steuding a. O. 1894). 

Da im Volksglauben die bösen Geister an 
Kreuzwegen, besonders Dreiwegen ihr Unwesen 



bezeichnete als MeXivöt] (Orph. hymn. 71; s. 
Wünsch Zauberg. 26); KaXXioTt} (Hesych. s. v.); 
EvxoXlvrj Etym. M. 

In ihrem Gefolge befinden sich grausige »t- 
xvoöatfioves , darunter besonders die acogot und 
ßiato&ävaroi (Pap. Par. 2728), mit deren Schwärm 
{'Exäirie Höj/ios : trag. ine. frg. 375. Plut. de su- 
perst. 3 p. 166 A. Kaibel Epigr. Gr. 376 a. 
Dilthey Eh. Mus. XXV (1870) 332ff. Eohde 



treiben (s. cross-road in Hastings Encycl.), ver-30II 411. Wünsch Jahrb. f. Phil. Suppl. XXVII 

t..„j ___!_ j__ j. .„i„ w j -~ [1904] 116ff.) sie auf Erden umgeht, mit denen 

sie nächtlicherweile in wilder Jagd durch die 
Lüfte fährt (Eur. Hei. 570f. Orph. hymn. 13 
\pv%aX$ vsxvcov pha ßax%£vovoav). Als Führerin 
des Totenschwarms heißt sie ^avar^yo; (Pap. 
Par. 2865). 

Dabei dachte man sie umgeben von Hnnden, 
die Porphyrios selbst als n&ytjQol dai/noveg be- 
zeichnet (Euseb. praep. ev. IV 23, 7, 8) und deren 



band man auch das dämonische Wesen, das man 
als Herrin der Geister ansah, mit diesen un- 
heimlichen Orten. Dort glaubte man ihr Wirken 
zu verspüren, an solchen Stellen wurde sie ver- 
ehrt. Diese Verehrung scheint in ziemlich frühe 
Zeit zurückzugehen, und vielleicht ist H. ur- 
sprünglich nichts anderes als eine Wegegöttin, die 
später in andere Vorstellungskreise hineingezogen 
wurde. 



An Dreiwegen glaubte man sie wohnend (Soph. 40 Beziehung zur Unterwelt als Toten- und Höllen- 



frg. 490 = Schol. Apoll. Rhod. in 1214. Pap. 
Par. 2812. Theoer. II 36. Schol. Lycophr. 1180). 
An den Wegekreuzungen wurde sie verehrt (Schol. 
Aristoph. Plut. 591. Inschr. v. Cilicien: Hell. 
Journ. Phil. 1890, 252), und dort werden ihr Opfer 
dargebracht (Plut. quaest. Rom, 111. Schol. Ari- 
stoph. Plut. 594. Athen. VII 126 p. 325 D. Luc. 
dial. m. I 1. Harpokr. und Suid. s. öl-v&vfua. 
Plut. v. Hom. 30). Danach die Beinamen rgio- 



geister Röscher (Abb. sächs. Ges. d. Wiss. XVII 
[1896] 30ff.) nachzuweisen sucht (anders Kroll 
Eh. Mus. LH 344). Diese Tiere sind ihre Be- 
gleiter (Hippolyt. ref. IV 35. Orph. Arg. 959. 
Tzetz. Lycophr. 1176. Pap. Par. 2530. Apoll. 
Ehod. LH 1216. Kaibel Epigr. Gr. 376); unter 
Hundegeheul erscheint sie (Sophron frg. 6 Kai- 
bel. Theocrit. LT 35 und Schol. Horat. sat. I 
8, 35. Tibull. I 2, 52. Verg. Aen. VI 257. Lucan. 



Ötiis (Steph. Byz. s. tgiodog. Athen. VII 126 50 VI 733 [Wünsch Festschr. f. C. F.W.Müller 



p. 325 D. Plut. de fac. in orb. Um. 24 p. 937f. 
Hippolyt. ref. IV 35, 2. Pap. Par. 2525. 2728. 
2810. Com. 34); wigaoöfas (Pap. Par. 2559ff.) ; 
lateinisch Trivia (Varro de 1. 1. VLT 16. Verg. 
Aen. VI 335. X 537. Ovid. met. II 416. Sen. 
Med. 787; Oct. 978; Ag. 382 u. a.; s. Carter 
Epitheta deorum 29) oder Quadrwia. 

Dabei mag der Umstand mitgespielt haben, 
daß an Wegegabelungen oder an Kreuzwegen 



115]. Sen. Med. 840; Oed. 569), und sie wird 
selbst bellend wie ein Hund gedacht: Orph. hymn. 
V 17 (Abel 293). HI 24 (Abel 290): sXdovo' 
vkaxfi xal (ö>/?. Die ihr untergebenen Hunde 
zittern bei ihrem Nahen vor ihrer Herrin: Theokr. 
II 12. Die enge Beziehung der H. zu den Hun- 
den zeigt sich auch in ihren Benennungen: oxv- 
laxtug (Orph. hymn. I 5); yiXooxvXag' (Nonn. 
Dionys. HI 74); axvXayhtg (mag. h. 12. Abel 



Todesurteile vollstreckt wurden (Plat. leg. 1X60 289, 7); oxvXaxdyem (Pap. Par. 2722); xwo- 



12 p. 873b. Gruppe 761, 0), oder daß ,die Alten 
ihre Gräber an den Straßen hatten* (Preller- 
Robert 325) und diese zum Machtbereich der 
Göttin gehörten (Steuding a. O. 1896). 

H. hält sich als Herrin der Gespenster gerne 
an Begräbnisstätten auf, wo die Totengeister, 
über die sie herrscht, umgehen, wo man sie auch 
bisweilen anruft (Horat. sat. I 8; sie heißt vsxvla: 



Xvyfiare (Pap. Par. 2549). Bisweilen wird sie 
selbst als Hund angerufen (Pap. Par. I432ff. 
xvg>v fteXatva. Porphyr, de abstin. DI 7. IV 16. 
Pap. Par. 2119f. 2251. 2614), oder hundeköpfig 
geschildert (Eur. frg. 968. Hesych. s. %h. äyalfm. 
Pap. Par. 2117ff. Bekker Aneed. 1 886, 22) oder 
als Hündin dargestellt {Hesych. a. a. O. Bekker 
Anecd. I 336, 41—337, 5. Orph. Arg. 978). Ker- 



2777 



Hekate 



b*r<m folgt ihr nach (Lucian. Philops. 14) und 
er -wird ihr auch gleichgesetzt (Lyü. de mens. 
ms p. 42, 4W). Man glaubte, H. verursache 
Tollwut (Orph. Arg. 910; vgl. 978). Die hunde- 
köpfige Skylla ist ihre Tochter (Hesiod. frg. 172); 
Hekabe wird von ihr in einen Hund verwandelt 
(Lycophr. 1176); vgl. auch die ätiologische Le- 
gende aus Ephesos (bei Callim. frg. 100 h. b. 
Sehn. H p. 356), nach der Artemis ein gottloses 
Weib in einen Hund verwandelt und es nach 
der Bückverwandlung H. nennt (Eustath. Hom. 
1714, 41). Die Hunde sind ihr daher heilig 
(Pap. Par. 2336), und man bringt ihr zu Ehren 
Hundeopfer dar (s. u.). Robertson Smith Re- 
ligion d. Semiten 220. Ee in ach CMR 12(1908) 
58 fassen die Hundeopfer der H. totemistisch 
auf; anders Nilsson 396, 2. 

H. sendet die Gespenster, aber als Hemn der 
Geister konnte sie auch gegen ihre Angriffe 
Schutz gewähren (Apul. met XI 2. Plut. symp. 
VTI p. 709 A). Sie ist also auch apotropäische 
Göttin. Apotropaischen Zweck hat auch großen- 
teils die Verehrung, die man ihr zollt. Durch 
die Opfer, besonders die ihr zukommenden Hunde- 
opfer, suchte man ihre Gunst zu gewinnen. Den- 
selben Zweck haben die H.-Mahlzeiten (Plut. 
symp. p. 709 A), die Bilder und Kapellen, die 
man an Dreiwegen, an der Straße und vor den 
Stadtmauern aufstellte (die sog. 'ExaraTa. e Exd- 
Teta oder Exairjota standen fast vor jeder Tür 
in Athen: Aristoph. Vesp. 804; Ran. 366; Lys. 
64. Aischyl. frg. 386 = Schol. Theokr. II 36. 
Plut. reg. apophth. p. 193 F. Porphyr, de abst. 
II 16 ; vgl. auch ihre Epitheta TigodvQaia (Orph. 
hymn. II 12. Prokl. h. VI 2, 14); n&mvkiia 
(Hesych. s. v.; 'E, v\ ngoa&ev xvXewv in Milet, 
S.-Ber. Akad. Berl. 1904, 619ff. Z. 25ff.); Eos: 
(v. Prott Fast. sacr. nr. 10, 5), oder allgemein <pv- 
kaxr} oder <pvXa% (Schol, Theokr. LI 12. Hesych. s. 
4mXd8a. Lob eck Agl. 545). Zum Zweck der Hei- 
lung von Krankheiten (s. o.) nahm man an den 
Mysterien der H. teil. Schließlieh gibt man ihr 
aus diesem Grunde die Fackel ständig als Attri- 
but, die gerade im Kulte chthonischeT und or- 
giastischer Götter vorkommt (Hom. hymn. V 52. 
Pap. Lugd. 1, 6 (Diet.). Pap. Par. 2119. 2714. 
2800. 2823. Aristoph. Ean. I362f. Eurip. Troad. 
308; vgl. Eurip. Helen. 569 frg. 959. Schol. 
Apoll. Rhod. in 861.467. Audollent nr. 241, 
39ff. u. a.; s. Steuding a. 0. 1888. Gruppe 1298, 
2; häufig auf Denkmälern; vgl. Vassits Die 
Fackel in Kultus u. Kunst der Griechen, Mün- 
chen 1900; auf dem Zaubertisch aus Pergamon: 
Wünsch a. a. O. 24). Die Hen-in der Gespenster 
kann auch gerade bei den von Dämonen am 
meisten gefährdeten Gelegenheiten im mensch- 
lichen Leben Unheil abwehren. Daher möglicher- 
weise ihre Verehrung als xovQozgoipog. Als Ge- 
burtsgöttin erscheint sie schon Hesiod. Theog. 
450. 452; auf Samos: Plut. (Hesiod.) v. Hom. 30. 
Orph. hymn. I 8; Athen: Schol. Aristoph. Vesp. 
800; Argos: Plut. quaest. Rom. 52 p. 277; La- 
risa: Athen. Mitt. XI 450; vgl. Euseb. praep. ev. 
HI 11, 23. Varro de L 1. VLT 83 (Galinthias, 
s. Eoscher 1591, 40ff.); sie wird Eüeithyia ge- 
nannt: Orph. hymn. 31 7ff.; Genetyllis (Hesych. 
8. t.); Iphigeneia (Hesiod. frg. 123. Stosich. 
frg. 38. Paus. I 43, l)j s. «ich Paus. H 22, 7. 



tteKaw .»'#9 

Diese Eigenschaft kann sie jedoch auch von Ar- 
temis entlehnt haben. Sie ist auch Hochzeits- 
göttin nach Eurip. Troad. 322 und Schol. i 

Der H. sind die bösen Geister untertänig; auf 
ihren Befehl üben sie an der Oberwelt ihre Tätig- 
keit aus; andererseits hat H. auch die Macht, sie 
zurückzurufen und vor ihren "schädlichen Ein- 
flüssen zu schützen. Diese doppelte Seite ihres 
Wirkens machte sie ganz besonders geeignet für 
10 alle Arten von Zauber. Sie wird zur Schützerin 
aller Magie: Apoll. Ehod. III 251. 478. 529. 738. 
842. 915. IV 1020 Schol. Ovid. met. XIV 403. 
VII 74 174. 194. 241. Sen. Med. 6f. 577. ApuL 
ap. 31. Pap. Par. 2957. 2961. Theokr. II 10 und 
. Schol. Lucian. Philops. 14. Porphyr, de abstin. 
IV 16. Euseb. praep. ev. V 14; s. auch Wes- 
sely Denkschr. Akad. Wien XXXVI (1888) In- 
dex. Sie ist zugegen bei allem Liebeszauber, der 
meist die "Form der Totenbeschwörung hat: Theokr. 
20 II und Schol. Ovid. Heroid. XII 168; met. XIV 
44. Horat. sat. I 8, 33. Lucan. VI 736ff. Stat 
Theb. IV 514f. Lucian. necyom. 9. Pap. Par. 
1432f. 1462 u. a.; s. Fahz De poet. Rom. 
doctrina mag. , Gießen 1904, lOf. ; der Zauber- 
kreisel heißt Ixaiixog ttTQö(paXos (Nikephor. in 
Schol. Synes. p. 362. Psellus 1133a. Kroll Or. 
Chald. 41, 2); sie gibt den Giften und Zauber- 
tränken ihre schädliche Wirkung: Diodor. IV 45. 
Hesych. s. ttw«*^?. Sen. Med. 833. Ovid. met. 
30 VI 139. Apoll. Rhod. III 529; sie leistet Bei- 
stand bei Verwandlungen: Apul. met. XI 2. 
Durch Bitten und Zwang bewogen (Schol. Apoll. 
Rhod. m 1030. Hippolyt. IV 35. 36. Theophr. 
char. XVI) sendet sie ihre Rachegeister; daher 
wenden sich an sie häufig die defixivnes (meist 
zugleich an Hermes): Wünsch Def. tab. praef. 
p. VI. XX; Index?. Ex. S. 47. Audollent 61 j 
vgl. Index IVA 461f. Die auf solchen Täfelchen 
häufigen Ephesia grammata nennt eine Defixio 
40 aus Megara Xöyoi Exaxixoi (Wünsch a. a. Ö. 
praef. XIII. XX). 

Unter ihrem Schutz stehen natürlich auch die 
beiden großen Zauberinnen Kirke und Medea, 
Soph. fr. 490 = Schol. Apoll. Rhod. LH 1214. 
Eurip. Med. 394ff.; das zeigt auch die genealo- 
gische Verknüpfung der beiden mit H., die zu 
ihrer Mutter wird (s. o.). Dadurch wird auch 
H. in die Verwandtschaft des Helios, der Sonne, 
gebracht, mit der die Zauberkraft verbunden ist. 
50 Schließlich wird das Bild der H. gerne auf 
Zaubergeräten angebracht, z. B. auf dem perga- 
menischen Zaubertisch (Wünsch a. a. 0. 23); 
auf Ringen, durch die sie gebunden wird, Pap. 
Par. 2690; auf Amuletten: Pap. Par. 2632; vgl. 
2878.2119. Petersen V 74f. Wünsch Zauberg. 
24. Das von H. selbst beschriebene Bild: Euseb. 
praep. ev. V 12f. Abt a. a. O. 130. 

Eine Seite der H. wurde bisher ganz vernach- 
lässigt: H. als Mondgöttin. Den Charakter 
60 als Göttin des nächtlichen Gestirns scheint H. 
nicht ursprünglich besessen zu haben (anders 
FarneU a. a. O. 510ff.), denn die älteren Zeug- 
nisse weisen zu wenig Beziehungen zu diesem 
Gestirn auf, dessen Kult überhaupt erst durch 
astrologische Spekulation an Ausdehnung gewann. 
Die Fackeln der H. lassen sieh nicht ohne weiteres 
als Abbilder des Mondes auffassen-, ebenso bissen 
die Opfer, besonder« die Hnndeopfer, die man an 



2779 



Hekate 



Hekate 



2780 



den verschiedeneu Mondphasen darbrachte, keine 
lunare Deutung zu; auch ihre Verehrung an den 
Dreiwegen, schließlich ihre Dreigestalt, geben 
keinen Anhalt zu einem Schlüsse auf H. als Mond- 
göttin. Denn die Erklärungen, die daraus eine 
Beziehung auf die Natur des Mondes ableiten, 
sind späte Kombinationen , die alte Eigenschaf- 
ten der H. nach ihrer Verschmelzung mit der 
Mondgöttin damit in Einklang zu bringen ver- 
suchen (Cornut. 34. Kleomedes ti. (ist. 2, 5, 10 
111. Schol. Eurip. Med. 396. Sehol. Aristoph. 
Plut. 591. Plut. de defect. orac. p. 416E. Por- 
phyr, bei Euseb. praep. ev. III 11, 32. Interp. 
Serv. Aen. IV 511). Derselbe Grund war wohl 
maßgebend, daß man den Aufenthalt der Seelen 
in den Eaax^ fivyög auf den Mond verlegte 
(Plut. de fac. in orb. km. p. 944 C). H. als Mond- 
göttin finden wir häufig in der Gegenüberstellung 
des Tagesgestirns (so z. B. Soph. frg. 490); in 
Stratonikeia (CIG 2720. Bull. hell. IX [1885] 26. 20 
XI 152. 161. 377. XII 479); die namentliche 
Gleichsetzung hat erst Schol. Theokr. II 12, 14; 
H. steht dann in Verbindung mit Selen e und 
Artemis: Schol. Aristoph. Plut. 594. Euseb. III 
11. 22 u. a. (s. Steuding a. O. 1897). In den 
Zauberpapyri ist die Gleichsetzung vollständig 
durchgedrungen ; ebenso bei den Römern (z. B. in 
Senecas Tragödien und den oben angeführten 
Stellen; vgl. Eo scher Selen e und Verwandtes, 
Leipz. 1890). 30 

Als Mondgöttin bezeichnen sie vielleicht Bei- 
namen, wie vv%ta (Lucian, necyom. 9. Pap. Par. 
1403. Pap. CXXI 950); ^ (Orph. hymn. IX 
3); vvHtmoloQ (Apoll. Ehod. IV 1018); vvxreQtf} 
(Orph. hymn. I 5); wxTttpävsta (Pap. Par. 2523); 
Tochter der Nacht (Schol. Apoll. Ehod. III 467); 
s. Steuding a. 0. 1895. Wünsch Zauberg. 23. 

Noch einige ihrem sonstigen Wesen fremde 
Züge weist der Hesiodeische Hymnus auf. Sie hat 
nach v. 439ff. auch Macht auf dem Meere (vgl. 40 
Athen. VH 126 p. 325) und wacht über die 
Beute des Fischers (v. 443f. Schol. Oppian. hal. 
ni 28). Sie gewährt schließlich Hilfe in der 
Schlacht (431ff. Apoll. Ehod. III 1211. Plut. de 
Herod. malign. 26 p. 862 a) und vor Gericht (v. 434; 
vgl. Wünsch Def. tab. nr. 104. 105; praef. VI). 

Kulte der Hekate. Die meisten Eultorte 
der H. liegen an der Ostküste Kleinasiens und 
den vorgelagerten Inseln im Südosten. Von der 
Ausdehnung ihres Kultes geben die zahlreichen 50 
Bildwerke das beste Zeugnis. Weniger reichlich 
sind die literarischen und inschriftlichen Nach- 
richten, die auf uns gekommen sind. 

Eine sehr angesehene (ijutpavsozaTt}) Göttin 
war sie in den karischen Städten Stratonikeia 
und Lagina ; ihr Heiligtum erhielt das Asylrecht 
von Sulla, das ihr auch in der Kaiserzeit zuge- 
standen war (Bull. hell. IX [1885] 445. Tac. 
ann. m 62). Hire Priesterämter waren sehr an- 
gesehen (Heller De Cariae Lvdiaeque sacerdoti- 60 
bus, Jena 1891. 241ff. Nilsson Gr. R 400); 
eine Priesterin hieß xXsukxpÖQos. Das Hauptfest 
war die xlsidog äyotyrj oder jzojujzrj , daneben 
kleinere Feste. Auch Spiele wurden ihr zu Ehren 
gefeiert, die sog. Hekatesia (SIG* 678 v. 9. Poll, 
I 37. Strab. XIV 2, 25 p. 660. Steph. Byz. s. v. 
und s. Adyira). Kurz erwähnt ist ein. ijtt/isXe- 
ttje zwr pvortjQÜov, jedoch ist Aber die Mysterien 



nichts Näheres bekannt, Benndorf Reisen in 
Lykien 154ff. Bull. hell. IX XI (darin Zusammen- 
stellung der Einzelheiten). XIV. Nilsson 400f. 
In Tralles befand sich ein Ugiämov xai Exaxiov 
ayXrj (Bull. hell. IV 337 v. 25). Milet besaß 
einen alten H.-Kult; nach Hesych. s. v. wurde 
sie dort als vTioXäfjmxeiQa verehrt; von dort be- 
sitzen wir die ältesten Zeugnisse: S.-Ber. Akad, 
Berl. 1904, 619ff. 1905, 542. In Kolophon wurden 
rjj'Evobitp schwarze Hunde geopfert (Paus. III 14, 
9). Auf einen Kult in Paphlagonien deutet die 
Nachricht, daß Medea dort ein Heiligtum grün- 
dete (Apoll. Ehod. IV 247 u. Schol.). Auf Kos 
ist ein Kult der Göttin bezeugt (v. Prott Fast, 
sacr. nr. 10 Z. 5. 19). Bei Delos hieß eine Insel 
TtKdttjs vi}oo$ (Athen. XIV 53 p. 645 b. Harpokr, 
und Suid. s. v.). Man opferte dort der Iris, die 
an H.s Stelle später getreten zu sein scheint. 
Einen berühmten Tempel besaß sie in Aigina, 
mit Bildwerken bekannter Künstler (Paus. II 22, 
7f. Steph. Byz. s. T G todog). In Athen befand 
sich die E. muwQyidia (CIA I 208, 5); H. Zea 
(Hesych. s. v.); H. xa?Mattj (Hesych. s. v.); H. 
TQiyXavdivr! (Athen. VII 126 p. 325 d; vgl. Eustath. 
1197, 34). Nach Agrai entsandten die Athener 
jährlich zum Andenken an den Sieg von Marathon 
eine Prozession (Plut. de malign. Herod. 26 p. 862), 
H. in Pherai mit Brimo zusammen (Polyaen. strat. 
VIII 43; s. o.). In Byzantion ein Heiligtum 
von Byzas gegründet ; dort auch Statue der lapt- 
naö^oQog (Hes. Mil. FHG IV 149. 151). Eine 
H. 'Aytiata wurde wahrscheinlich in Ägypten ver- 
ehrt (Steph. Byz. s, v.; vgl. Diodor. I 96). Ein 
"AXaog 'Exdrrjg befand sich am Nordufer des Pon- 
tus Euxinus (Ptolem. III 5, 7. Anon. peripl. pont. 
Eux. 58). S. die Zusammenstellung bei Steu- 
ding 1885ff. Farn eil II 606f. 

Die zahlreichen Kulte im südöstlichen Klein- 
asien deuten vielleicht darauf hin, daß dort ihre 
Heimat zu suchen ist (Farneil 507ff. hält sie 
für eine ursprünglich thrakische Göttin); dafür 
spricht ferner das häufige Vorkommen der vom 
Stamme exar gebildeten Namen in Kleinasien (s. 
die Beispiele bei Nilsson 397, 3); im Oxyrh. 
Pap. 412 (Grenf eil -Hunt HI 36ff.) wird sie 
Kageirj genannt (s. Wünsch Arch. f. Eel.-Wiss. 
XII [1909] 4 Z. 28. 10). 

Man verehrte H. durch Opfer: die ,Hekate- 
mahlzeiten', Speiseopfer, die ihr am letzten 
Mondtage, dem man im Aberglauben eine große 
Eolle zuschrieb, dargebracht wurden (Exazam. 
dÜTiva Exdzrjg, Exaifoia bei Pollux I 37. Steph. 
Byz. s. v.). Speisen wurden ihr hinausgebracht 
an die Dreiwege (Schol. Aristoph. Plut. 544. 594. 
Plut. symp. 708 F; quaest. Rom. 111. Athen. VII 
126 p. 325 A. Harpokr. s. Tpiaxäg. Bekker Anecd. 
1 247, 27); Gebäck (Soph. frg. 668. Aristoph. Plut. 
594ff. Demosth. LIV 39. Athen. XIV 53 p. 645 B. 
Harpokr. s. Exdirjg vtjaog. Eustath. Hom. II. 1165, 
14); Lichterkuchen: Athen. XIV 53; s. Lob eck 
Agl. 1062f.; vgl. auch S.-Ber. Akad. Berl. 1904 
Z, 2 Stf.); Fische (xQtyXri und fiatvdg: Athen. VII 
125. 127. 92. VIII 57); Eier und Käse (Aristoph. 
Plut. 594ff. u. Schol. Lucian. diaL mort. I 1. 
XX TT 3; tyrann. 7). Zu Methydrion in Arkadien 
pflegte man jeden Monat den Hermes and die 
H. zu bekränzen und zu schmücken^ Porphyr, de 
abstin. JJ 16. Immerwahr Arkad. Kulte (Leipz. 



2781 



Hekate 



MeKate 



3YP3S 



1891) '210t Ferner sandte man ihr die Reste des 
Kehrichts» die Überreste der Reinigungsopfer, 
hinaus (Phot. s. Ö£vTV[ua. Poll. V 163. Suid. s. v. 
Plnt. symp. 708). Die rituelle Vorschrift , daß 
man die Opfer djtooxQÖfpotoiv ottftaoiv (Aisch. 
Choeph. 98 u. Schol.) hinwarf, deuten darauf 
hin, wie sehr man an die Gegenwart der ge- 
spenstischen Totengöttin und ihre Begleiter dachte 
(RohdeHSS, 2. Stengel Griech. Kultusaltert.2 
Ulf.). Schließlich wurden ihr Hunde an Drei- 
wegen geopfert (Paus. III 14. 9. Schol. Theoer. 
JJ 12. Eustath. Od. 1467, 35. Hesych. s,'Exätt)$ 
äyaXjua. Theophr. char. 16. lulian. or. V 176 d. 
Bekker Anecd. I 327, 13. 336, 31. Plut. quaest. 
Eom. 52 p. 277. 111 p. 290. Lykophr. 77 und 
Schol. Ovid. fast. I 389. Paroimiogr. I 379 Anm. ; 
s. auch Heydemann Griech. Vasenbilder Taf. 
11, 3). 

Schließlich gab es auch Mysterien derH. 
In Lagina (s. o.) werden sie kurz erwähnt. Mehr 
wird uns über die Mysterien in Aigina berichtet. 
Zur Heilung von Wahnsinn nahm der Kranke 
daran teil (Lucian. navig. 15. Paus. II 30, 2. 
Liban. orat. pro Aristoph. p. 426 B. Aristoph. 
Vesp. 122; vgl. Strab. X 3, 10 p. 468; s. Orig. 
e. Cels. VI 290. CIL VI 1780, 7. Lobeck Agl. 
242. Nilsson 398f. Tambornino De daemo- 
nismo 75). Einem Mysterienritus gleicht der 
TzsQiCHvlaxtofiog (Plut. quaest. Korn. 68). 

In Verbindung mit den Korybanten wurden 
ihr in der Zerynthi sehen Höhle Mysterien unter 
Fackelglanz und Hundeopfern gefeiert (Schol. Ari- 
stoph. Pax 276. Lvkophr. 771 1178. Nomi. Dion. 
IV 183ff. XXIX '214. Strab. X 3, 20 p. 472. 
Suid. s. ZrjQiv&iov und ZapLo&Qaxr}. Etym. M. s. 
Zfeirihv; s. Nilsson 399). 

Am Ende des Altertums sind die H.-Myste- 
rien den anderen , besonders den eleusinischen, 
angeglichen. In dieser Verschmelzung kamen sie 
nach Eom und gewannen dort ziemliche Verbrei- 
tung (CIL 1780). H. tritt dadurch in engste 
Verbindung mit Dionysos. Wir hören häufig von 
der Hierophanta der H. (CIL VI 504. 511. 1675. 
Ephem. epigr. VIII 648. CIL VI 261. 1778f. VI 
500. 510. Inscr. gr. Sic. It. 1019. CIL 1779. 
Zosim. IV 3. Carm. adv. pag. [BaehrensPLM 

III 290] v. 71); zusammen mit Dionysos (CIL 
XI 671. IH 1095. 1154. VI 507. WissowaRel. 
u. Kult, der Römer 31 6f.). 

Sie verband sich ferner dem Mithraskult 
(Cumont Mon. Mithr. I 140). 

Auf einen Mysterienkult scheint sich die von 
Diocletian geweihte unterirdische Grotte zu be- 
ziehen, zu der man in zfc' = 365 Stufen hinab- 
stieg (Malalas p. 408 O. = 307 v. 17 Dind. Cu- 
mont I 352). 

Einen (Mysterien-)Kult in Trier nimmt mög- 
licherweise an: Hettner Steindenkmäler (1893) 
nr. 143. nr. 83. 84, s. Cumont a. O. 

Von einem Orakel der H. spricht Porphyr, 
bei Augustin. civ. dei XIX 23. Euseb. praep. ev. 

IV 23, 6. V 8, 3ff. Xn 13, 4. 
Heilige Pflanzen und Bäume der H. scheinen 

zu sein: die Eiche (Apoll Rhod. III 1215; Schol. 
a. a. O. 1214); Mandragora (Orph. Arg. 919); 
Wacholder (Orph. Arg. 953); öixtat*ro$ (Orph. 
Arg. 919). 

In der Kunst wird H, ehigestaltig darge- 



stellt {fwvo7tQ6aa>nog Artemid. II 37). Diesen 
Typus hält Steuding 1900 für den älteren und 
ursprünglichen. Eingestaltig war die Statue des 
Myron für Aigina (Paus. II 30, 2). Nicht so 
deutlich läßt es sich erkennen, ob die Bildwerke 
des Thrason und Menestratos in Ephesos diesem 
Typus gefolgt sind (Strab. p. 641 ; Plin. XXX VI 
32; s. Eeinach Cultes, mythes et religions II 2 
307ff.). Daneben ist viel häufiger die dreige- 
10 staltige H., die Petersen für die künstlerische 
Ausgestaltung der dreiköpfigen Herme hält (anders 
Usener Eh. Mus. LVHI [1903] 165). Auf diese 
Darstellung beziehen sich die Beinamen der H. 
rgifioQ(p£ 7 xQutQOöGoirs u. a. (Athen. 168 C. 325D. 
Artemidor. n 37. Orph. Arg. 979. Ovid. met. 
VH 94. 194; fast. 1 141. Sem Med. 7 und häufig 
z. B. in den Zauberpapyri). Die Darstellungen 
zerfallen in zwei Hauptklassen; die Göttin ist 
entweder dreileibig und dreiköpfig dargestellt, oder 
20 auf einem Körper sitzen drei Köpfe. Das älteste 
Bild des ersten Typus soll die H. smxvgyibia des 
Alkamenes sein (CIA III 268. Paus. II 30, 2). 
Die zweite Klasse ist gewöhnlich so dargestellt, 
daß aus einem Leibe drei Köpfe hervorgehen, daß 
aber trotzdem sechs Arme vorhanden sind. So 
ist H. z. B. dargestellt auf dem pergamenischen 
Gigantenfries. 

Als Attribute sind der H. gewöhnlich Fackeln, 
Hunde, Schlangen, Geißeln, Schwerter, Schlüssel 
30 u. a. beigegeben; s. Petersen Arch.-epigr. Mitt. 
IV HOff. V lff. 193ff.; dazu kommen: Athen. Mitt. 
XXI (1896) 281. MichonMel. d'arch. et.d'hist. XU 
(1892) 407- 424. Petersen AtcIi. Jahrb. XXHI 
(1908) 21. Sitte österr. Jahresh. XIII (1910/11) 
87ff. Wieg and Athen. Mitt. XXV 1900, 173. 
Wünsch Zauberg. 22ff. Vielleicht beeinflußte 
die dreigestaltige H. die gallische Dreiheit Erecura, 
Epone, Ilithya (Courcelle-Seneuil Les dieux 
gaulois, Paris 1910, 164fl\). 
40 Die Dreigestalt der H. fand verschiedene Aus- 
legungen. Man leitete sie ab aus der Herrschaft 
der H. über die Reiche: über Himmel, Erde und 
Meer (Hesiod. Theog. 404ff. Euseb. praep. ev. IV 
23) ; über Himmel, Erde und Unterwelt (Plut. def. 
orac. 13 p. 416; Is. et Os. 44 p. 368. Verg. Aen. 
VI 267. Euseb. praep. ev. IV 23, 5); über Wasser, 
Luft, Erde (Euseb. III 16, 6). Andererseits er- 
blickte man darin die einzelnen Mondphasen (Com. 
n. d. 34. Cleom. n. fisx. 2, 5, 111; vgl. Schol. 
50 Eurip. Med. 396. Serv. Aen. IV 511). Schließlich 
glaubte man, die Dreiheit entspreche der potestas 
nascendi, vahndi, moriendi (yewrjxtxTj, $Qemtxrj, 
anaqaltriTos — Moiren. Interp. Serv. Verg. Aen. 
IV 511; vgl. Serv. Buc. VIII 75). 

Usener a. O. 206. 332 folgert aus Paus. II 
22, 7, H. sei ursprünglich nur eine Doppelgöttin 
gewesen und habe erst später Dreigestalt ange- 
nommen. 

Eine vierköpfige H. bezieht ein fivoxixös Xoyog 
60 bei Cramer Anecd. Paris. I 321, 31 auf die vier 
Elemente. 

Literatur: Die ältere bei Steuding in 
Roschers Myth. Lex. I 1885—1910; Famell 
Cultes of greek states II 1896, 501ff. Preller- 
Robert Griech. Myth.* 1894, 321tt Johde 
PsycheS.e II 80ff. Nilsson Griech. Feste 1906, 
394ff. Gruppe Griech. Myth. 1298Ä. ' 

[Heekeiih»cb.3 



2783 



Hekatebeletes 



Hekatodoros 



2734 



Hekatebeletes a. Hekebolos. 

Hekatebolos s. Hekebolos. 

'Exdrijs äXaog soll nach dem Anonymos des 
Schwarzen Meer's 58 die in die Odessaer Bai 
vorspringende Westspitze der pontischen Achilleus- 
laufbahn heißen. Aber nach der Ptolemaioskarte 
ist es ein Kap im Innern der Bai nach Norden 
von der Laufbahn und von ihrer Spitze in gerader 
Linie 275 Stadien entfernt. Da nnn der Ano- 
nymos und Strabon (C. 307 Ende) ihre überein- 
stimmenden Beschreibungen und Distanzen des 
Dromos unzweideutig demselben, genau ortskun- 
digen Geographen entlehnt haben und ferner 
Strabon den damals freilich verschwundenen 
heiligen Hain auf der Westspitze ausdrücklich 
Achill eus selber zuweist, so ist offenbar Ptole- 
maios im Recht und der anonyme Periplus im 
Unrecht. Welch bedenklichem Versehen der Ano- 
nymos hier zum Opfer gefallen ist (über sin 
anderes, einschneidendes Mißverständnis vgl. unter 
Hermonaktos x<x>fj,rj), lehrt die Kritik der 1200 
Stadien, auf die er die Länge des Dromos be- 
mißt. Wie wir Strabon glauben müssen, zählte 
die gemeinsame Quelle vielmehr nur 1000 Sta- 
dien und weiterhin von der westlichen Spitze der 
Laufbahn bis zum nächsten, bedeutsamen Kosten- 
punkt, dem Ausgang des Borystheneslimans, 200, 
also von der östlichen Spitze bis zu demselben 
Ziele 1200. Indem er den Hain der Hekate mit 
dem des Achilleus verwechselte, hat der Ano- 
nymos die von der Vorlage gegebene Distanz 
zwischen Tamyrake und dem Hekatehain an der 
Borysthenesmündung irrtümlich auf die Länge 
der Laufbahn und ihr westliches Kap bezogen. 
So erklären sich die falsche Ansetzung des Hains 
und die falsche Längenangabe des Dromos aus 
demselben Versehen, und wir erhalten zugleich 
Gewißheit über den wahren Platz des aXaog. Er 
lag auf der Halbinsel am Yegorlyk Liman bei 
der Stadt Pezakov, von wo eine kleine sandige 
Zunge mit dem Fort Kinburu ausläuft. Die 
Landzunge hat übrigens seit dem Altertum an 
Länge eingebüßt, da 1885 ein Kalkstein in Zy- 
linderform und von sehr großem Gewicht ein 
weites Stück von der jetzigen Küste im Meer 
von Fischern gehoben worden ist. Er trägt die 
Inschrift des 4. oder 3. Jhdts. 'AxdXel ton ßcoftöv 
xai tö xeÖQov und bezeugt, daß selbst im He- 
katehain auch noch Achilleus besondere Ver- 
ehrung genoß. Wahrscheinlich war der aXaog 
beiden Gottheiten gemeinsam geweiht, und wenn 
das von jenem ortskundigen Geographen zum 
Ausdruck gebracht war, so verstehen wir noch 
leichter, wie der Anonymos diesen und den Achil- 
leushain auf dem Dromos verwechseln konnte. 
Vgl. über die Inschrift Latyschew Inscript. 
ant. orae sept. P. Eus, IV 28ff. Außerdem über 
H. Ammian. Marc. XXU 8, 40: religio gas per 
eas terras Triviae lucus. 

Hier sei noch ein Nachtrag zu Achilleos Dro- 
mos (Bd. I S. 221) angefügt. Tomaschek be- 
hauptet dort, gerade die Achilleusbahn liefere 
den Beweis, daß sich der Wasserspiegel des Pon- 
tos seit 2000 Jahren nicht verändert habe. Aber 
der erwähnte Altar des Achilleus deutet eine Ver- 
minderung der Halbinsel von Kinburu an, sei 
es durch Senkung der Küste, sei es durch Hebung 
des Wasserspiegels. Ein anderes Zeugnis des- 



selben säkularen Schwankens erblicke ich in den 
abweichenden Angaben des Altertums über die- 
Länge des Dromos. Zunächst lassen die genauen 
Zahlen über die Breite der Laufbahn, ihre Ent- 
fernung vom Festland, die Ausdehnung ihres 
Isthmus und die sonstigen Bemerkungen keinen 
Zweifel, daß der von Strabon und dem Anonymos 
benützte ältere Geograph sehr genaue Ortskennt- 
nis besaß. Seine Längenmessung von 1000 Sta- 

10 dien verdient darum unbedingt Glaubwürdigkeit 
und beweist eben, daß die beiden Nehrungen in 
einem ferneren Altertum beträchtlich weiter vor- 
sprangen als heute, wo die gesamte Länge des 
Dromos gegen 125 km oder 760 Stadien beträgt. 
Dieser Zahl kommt ganz nahe eine zweite und 
jüngere Messung des Altertums, die zuerst auf 
der Agrippakarte (Plin. n. h. IV 83) verwertet 
war und von dieser in den Ptolemaio3atlas über- 
gegangen ist; sie. rechnete 80 römische Meilen 

20 (Ptolemaios 680 Stadien). Also ist diese nega- 
tive Küstenversetzung der Odessaer Bai, welche 
die Zahlen dokumentieren, noch im Altertum 
selbst eingetreten; auch der Achilleusaltar von 
Kinburu gehört ins 4. oder 3. Jhdt. Auf jenes 
Phänomen führe ich auch die Unstimmigkeit der 
Entfernungsan gaben zwischen dem Borysthenes- 
liman und der Westspitze des Dromos zurück: 
150 Stadien nach Arrian, 200 nach dem Anony- 
mos, 275 nach der Ptolemaioskarte. 

30 Dagegen scheint der Isthmus der Laufbahn 
eine Zunahme in positivem Sinn erfahren zu 
haben. Denn bei Strabon und dem Anonymos 
ist seine Breite auf nur 40 Stadien geschätzt, 
obwohl sie gegenwärtig sehr viel großer ist. Ich 
glaube aber, den Landzuwachs durch teilweise 
Austrocknung eines Küstensees erklären zu können. 
Noch heute zeigen nämlich die Karten auf dem 
Isthmus einen Überrest desselben. Arrians Peri- 
plus (31) aber erwähnt auf der östlichen Nehrung 

40 der Achilleusbahn Tamyrake eine Xipvt) ov fieydXrj T 
die 300 Stadien von der östlichen Spitze und 380 
von der westlichen entfernt einen Ausfluß ins 
Meer habe. Also lag der See in Wahrheit auf 
dem Isthmus und, offenbar ansehnlicher als heute, 
muß er wirklich die Breite der Landenge nicht 
unbeträchtlich vermindert haben. Im allgemeinen 
ist auf Neumann Hellenen im Skythenlande 
365 — 375 zu verweisen. [Kiessling.] 

Hekatesta. 1) s. Hekate. 

50 2) r\ Exazr}ala ( = der Hekate geweiht), anderer 
Name für die Stadt Idrias-Chrysaoris-Europos, 
Hermolaos bei Steph. Byz.; s. den Art. Idrias. 

[Bürchner.] 
Hekates nesos (■% "Exdxijg vfjoog = der Gnä- 
digen geweihte InseL Lycurg. xaza MevzoclIxiiov, 
FHG IV 492 nr. 2. Sem. Del. a. a. O. p. 492 
nr. 3), das südlichere und größere der beiden 
Eilande, die zwischen Delos und Rhenaia liegen, 
s. o. Bd. IV S. 2465f., jetzt MeydXog 'Pepaztdgi;, 

60 d. h. der größere Rheumatiker. Über H. n. war 
wohl die Brücke geführt, die Delos und Rhenaia 
eine Zeitlang verband. Auf ihr finden sich ein 
Altar der Hekate oder der Iris und Steinbrüche. 
Nach Semos von Delos FHG IV 492 nr. 3 
opferten die Delier auf H. n. der Bis besondere 
Speiseopfer. fBttrchner.] 

Hekatodoros. 1) s. Hekatadoros. 
2) Byzantier, Wortführer der Stadt bei den 



2788 



Hekatombaion 



„ mit deft Ehodiern 220 t. Chr. 

b. IV 47. JJiese Gesch. d. griech. n. mak. 
Staat, n 9851. [Sundwall.] 

Hekatomb&ion &xac6(tßatw). 1) Ein Heilig- 
tum in der Nähe von Dyme in Achaia, erwähnt von 
Polyb. II 51, 3. Plut. Kleom. 14; Arat. 39. Hier 
nehmen im J. 226 (Niese Gesch. d. griech. u. 
maked. Staaten II 319) die Achaier Stellung, um 
den Anmarsch des Kleomenes zu erwarten. Dieser 
rückt von Arkadien her über Pharai heran (Plut. 
Kleom.), lagert zwischen H. und Dyme und schlägt 
die Achaier entscheidend. Der ganze Verlauf 
dieser Ereignisse spricht entschieden dafür, daß 
Dyme bei Kato Achaia lag (von Duhn Athen. 
Mitt. III 75ff.) und nicht bei Karavostasi in der 
Nähe von Kap Araxos (Philippson o. Bd. V 
S. 18771). f ßölte.] 

2) e ExaTOfA.ßai(av , 'Exatofißscov , Monatsname 
in mehreren ionischen Kalendern. 

1. In Athen der erste Monat nach dem Sommer- 
solstitium, Julian. Juni/Juli (Arist. bist. an. V 
11) und demzufolge der erste des Jahres über- 
haupt (Bekker Anecd. Gr. 247). Die Überliefe- 
rung, daß der H. in uralter Zeit Kronios oder 
Kronion geheißen habe (Plut. Thes. 12. Etym. M. 
321), ist umsoweniger ohne weiteres zu ver- 
werfen, als sich der Monat Kronion jetzt in 
einigen anderen ionischen Kalendern nachweisen 
läßt; vgl. im allgemeinen Bergk Beitr. z. griech. 
Monatskunde 43. Wenn der H. in einem be- 
sonderen Falle (IG I Snppl. 59, 27 b) als Schalt- 
monat benutzt worden ist, so ist das die Folge 
einer außerordentlichen Maßregel, an deren ka- 
lenderischer Bedeutung nicht mehr zu zweifeln 
ist, seitdem wir auch von Gamelion und Anthe- 
sterion wissen, daß sie gelegentlich zu Schalt- 
zwecken verdoppelt worden sind (IG LT 5 , 733. 
385 c, 32). 

2. H. Monat auf Imbros, einer athenischen 
Kleruchie, in der man wohl den athenischen 
Kalender voraussetzen darf, Bull. hell. VII 
[1883] 154. 

3. Siebenter Monat auf Delos, zeitlich dem 
athenischen H. entsprechend, Bull. hell. V 
[1881] 27. 

4. Im Opferkalender von Mykonos 'A&yvatov 
II 237 = Dittenberger Syll.2 615 nimmt der 
H. die vierte Stelle ein hinter Posideon, Lenaion, 
Bakchion, entsprach zeitlich aber doch wohl dem 
delischen und athenischen H. Doch ist nicht 
ausgemacht, welche Ordnungsziffer ihm im Ka- 
lender zukam, da die Frage nach dem Jahres- 
anfang in Mykonos noch nicht zu entscheiden 
ist; vgl. von Prott Fasti sacri 15. 

5. Monat auf Naxos, geglichen mit dem Mil- 
tophorion in Arkesine auf Amorgos, IG XII 7, 
67. 36; auch er ist wohl dem gleichnamigen de- 
lischen und athenischen Monate zeitlich gleich- 
zusetzen. 

6. Monat auf Smyrna, Le Bas DZ 25, 15: 
artexe&t} ig tf dgxfejtov xqo jievzs xaXavd&v Eiov- 
vUov, fuj(vo$) 'Exaxofiße&vos xexdgzj} (2. oder 
3. Jhdt. n. Chr.). Die Gleichsetzung von a. d. F. 
Kai. Zun. mit Hekatombeon 4 ergibt als Anfangs- 
tag des Monats den 25. Hai, so daß der Monat 
in Smyrna gegen den gleichnamigen attischen 
um eine Stelle snrückgeschobeB erscheint. 

7. Hecatombeon (Ianuarius); vgl. Corp. gloss. 

Fftnly-WlMOWfe-Kroll TU 



'Mxatfyßil 2786 

lat ed. Goets VI 692: T&mrttm menses : Anthe- 
sterion (hdius), Eeeatombeon (Ianuarius), Ela- 
phebotion (Augustus), Qamenon (Itäips), Me~ 
macterion (Aprilis), Posteon (Maius), Munition 
(September), Sciroforion (November). — ,Ecatom- 
beon teuerorum lingua ianuarius mensis : aspi- 
ratur' Vocabularium des Papias (Mailand 1476, 
Venedig 1485, 91, 96) bei Bröcker Philol. II 
(1847) 246ff. An beiden Stellen ist der athenische 

10 H. gemeint, wie die ganze Monatsreihe offenbar 
dem athenischen Kalender entstammt. Die Glei- 
chung mit Januar rührt anscheinend daher, daß 
man den ersten athenischen Monat einfach auf 
den ersten römischen übertragen hat. 

Der Name H. geht zurück auf ein Opferfest 
Hekatombaia, wie es für Argos (Hesych.), für 
Delphoi (CIG 1715), als Hekatomboia für Delos 
(Bull. hell. XXIX [1905] 243) und für Tegea 
(CIG 1515), als Hekatombia für Amorgos (Athen. 

20 Mitt. I [1876] 337, 7, 12. Bull. hell. XXJJI [1899] 
390, 1, 29) überliefert ist und an und für sich 
auf die verschiedensten Gottheiten bezogen werden 
kann. Daß der athenische H. dem Apollon ge- 
weiht war, geht aus Etym. M. 321 hervor : 'Exazop- 
ßaiatv Sk cüvdfzaotat Stä zag zov 'Ait6XXa>vog ■dvoiag 
usw., und dasselbe gilt für den H. in Mykonos, 
an dessen siebentem Tage dem ApoUon Heka- 
tombios ein Opfer dargebracht wurde. S. auch 
die Art. Hekatombaios, Hekatombeus, He- 

30katombios. [Bischoff.] 

Hekatombaios ('Exazopßawg, in der Inschrift 
von Mykonos 'Exazdfißiog). 1) Epiklesis von Götr 
tern, denen man Hekatomben darbrachte und 
Hekatombaia-Feste (Nilsson Gr. Feste 43. 138 
174) feierte, von welchen auch die Monate He- 
katombaion und Hekatombeus ihren Namen haben. 

1. Zeus H. in Gortyn in Arkadien und auf 
Kreta, Hesych. s. 'ExazojußaTog ■ 6 'AxoXXtov naga 
'Affyvaioig ■ xoX 6 Zevg b> roQzvvt} nao 'Agxaai 

40 xat KQtjolv. 

2. Apollon in Athen, Hesych. a. a. O, Etym. 
M. s, Exo.%o}ißamv (vgl. Bekker Anecd. Gr. 
247) : . pLr\v iaxi nag 'Afrqvatotg , . . dta rag rov 
'A&oXXcovog -dvoiag ' &vovot yag avz0 'ExaTOftßat(p, 
rovriazi TioXvtijtfü , fiäXXov 6k ixazov ßöag sv%6- 
fxeroi\ vgl. Mommsen Feste d. Stadt Athen 3, 
4. S c h o e m ann Griech. Altert. LT 4 467. In My- 
konos wurden dem Apollon r Exaz6fißiog am 7. He- 
katombaion ein Stier und zehn Schafe geopfert, 

50 Dittenberger Syll. II 2 615, 20; über den 
7. Monatstag als Festtag des ApoUon vgl. den 
Art. Hebdomeios; über die Beschränkung der 
Hekatomben auf eine geringe Zahl von Opfer- 
tieren vgl. Nilsson a. a. O. 174. [Jessen.] 

2) Nach dem Hemerologium Florentinum 
(I de ler Handb. der Chronol. I 414) Monat im 
asianischen Kalender, 31 Tage, vom 24. Juni 
bis 24. Juli umfassend. Über die Bedeutung des 
Namens vgl. das unter Hekatombaion Gesagte. 

60 S auch die Art. Hekatombeus und Heka- 
t o m b i o s. [Bischoff.] 

'ExardjißTj, &voia Jf ixazov StjXqvöu xvquos 
ßoüv erklärt Eustathios (R I 66; Od. XI 130) 
das Wort, fügt aber selber sogleich richtig hin- 
zu xaza%Qtjöztxcog ftevroi xai tj i£ ixator £tb<ov 
und xai xo btaxor fori toC xolAa votioarrsg ixa- 
xSftßtpr yaoi tw ht stoXXür &xX&c frfcw. In der 
Tat bedeutet /. nur ,groß« Opfer*. Od. DI 59 



2787 



Hekatombeiis 



bringen die Pyliei dem Poseidon ötttC aya^keith 
I. dar, aber sie besteht nur aus 81 Stieren (III 
7ff.)- IL XXm 146 heißt es, Peleus habe dem 
Spercheios eine tegrj £. von 50 männlichen (i^la. 
gelobt, und Athen. I 5 wird von Konon erzählt, 
er habe nach dem Siege bei Knidos iHardftßrjv 
t<p ovti -dvoag aal ov tpsvdtovvpco<: alle Athener 
bewirtet. So bestätigen denn auch viele andere 
Stellen, daß man weder an der Zahl hundert, 



HeEaEOIDIiOS * * w 

der zu seinen Vorfahren gehört haben dürfte 
(Boeckh zu CIG 2691). Die Ahnen des H als 
Wohltäter« von Mylasa Dittenb erger byll. 
12 95, vgl. Judeich Kleinasiat. Studien 234, 2 ; 
Mylasa als Heimat der Familie bei Strab. XIV 
659. H. war zuerst Fürst von Mylasa — in welche 
Form sich sein Regiment über die als itoUg or- 
ganisierte Stadt kleidete , wissen wir nicht — 
erscheint aber schon 390 als Satrap von Kanen 



öteuen, aao man weuei au uci u«»i u«^.^*, U io^ UU xu ^«^ „™*— ~~- — - A 

noch an dem Opfer von Rindern festhält. II. 110 (Diodor unter dem J. 391 . • f*f«? ^"^'-h 

7?« ü v A T?V ^ n+ ^* rn; n fl M b.n. *nm pTfiß- XTV 98. 3^. Er hat diese Stellung vermutlich 



447 besteht die Hekatombe mindestens zum größ- 
ten Teil aus Kleinvieh (vgl. T 66) , I 316 aus 
Stieren und Ziegen. IL IV 120 und XXIII 873 
geloben Pandaros und Mcriones eine Hekatombe 
ganz junger Lämmer; Soph. Trach. 760 rinden 
wir zwölf Stiere und im übrigen ovwtyij ßooai\- 
fiara. Ganz gewöhnlich war es, daß man eine 
sog. L ßovjHXüQos oder ßovagxog (Dittenberger 
Syll. 281, 8." Hesych. s. ßovxQyeos ; vgl. Ditten- 



XIV 98, 3). Er hat diese Stellung vermutlich 
395 bei dem Sturze des Tissaphernes erhalten, 
als das verwaiste Karien möglichst rasch einen 
Verwalterhaben mußte, dessen Ansehen im Lande 
fest wurzelte, und man daher von selbst auf 
den mächtigsten unter den zuverlässigen lokalen 
Großen zurückzugreifen gezwungen war. Weniger 
wahrscheinlich ist die Annahme, daß die Satrapie 
dem H. erst 390 (bei Gelegenheit der Sen- 



Kr ger Syll 27 SV:' SaHS' XXVIII 1Ö7) 20 Jung des Struthas) übertragen worden ist (vgl. 
opferte. In einer alten milesischen Inschrift ™ ™— "-•*> * Ä1 * v sfi ^- 



(v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl. 1904, 626) 
wird ein Opfer von drei Tieren, von denen eines 
■&i}Xv , eines svoQ%k (das dritte also verschnitten) 
sein soll, 3. genannt. Umgekehrt hat man wohl 
auch Opfer, die aus mehr als hundert Tierenbe- 
standen, als Hekatomben bezeichnet (vgL Diod. 
XI 72. Dittenberger Syll. 86. Boeckh Staats- 
haush.3I75ff.). s. Schoemann-Lipsius Griech. 



Ed. Meyer Gesch. d. Alt. V 866). 

Bei dem Erwachen der persischen Krieg- 
führung 390, die durch die Übernahme des Kom- 
mandos durch Struthas als Satrapen von Ionien 
eingeleitet wird, erhielt H. den Auftrag, sich an 
dem Feldzuge gegen Euagoras zu beteiligen, der 
fast ganz Kvpern in seiner Hand vereinigt hatte. 
H. fährte unter Autophradates, des Satrapen von 
Lydien, Oberbefehl die Flotte (Theop. frg. 101 



Altert. II 248f. Hermann Gottesdienstl. Altert« 30 Grenf. -Hunt. Diodor^ a. a. O., bei to^ HLjds 
S 26 Anm. 16. Stengel Griech. Kultusaltert. 2 
106. [Stengel.] ^ 

Hekatomben», (tr\v jihqu. AaxsSaiftoviotg, ev 
c5 ro Toxii^mi, Hesysch. Die Hyakinthien fielen 
wahrscheinlich in den athenischen Skivophonon; 
denn wir wissen, daß sie bald nach den Isthmien 
gefeiert wurden (Xen. hell. IV 5), und daß diese 
den Asklapieien in Epidauros um neun Tage vor- 
angingen (Schol. Pind. Kern. III 145). Diese 



Höchstkommandierender erscheint). Der folgende 
Seekrieg von Kypern wird bei Theopomp. a. a. O. 

Tmt"7 AT*TjtT5V Tl TlT" 

Die Beziehungen von H. zur Reichsregierung ver- 
schlechterten sich bald. Augenscheinlich machten 
die Anhäufungen königlicher Truppen im west- 
lichen Kleinasien vor dem definitiven Abschlüsse 
des Antalkidasfriedens den ehrgeizigen Dynasten 
mißtrauisch. Er erscheint bei den damals be- 



aKeging man im epidaurischen Monat Apel- 40 ginnenden neuen Unternehmungen dei -?™ e f^ 
r-I. / z B ™ „+T. M i«,„i, „ sw m «bnTinTi CEmnu. Euagoras unter den heimlichen Verbündeten des 



laios, d. i. im athenischen Skirophorion (Etpr)^ 
a.Qx- 1901, 57rT.) ; ihm werden also die Hyakin- 
thien angehört haben, und ihm setzen wir dem- 
nach den Monat H. gleich. Für dieselbe Glei- 
chung hatten sich aus anderen Gründen schon 
früher, ehe die Lage des Asklapieienfestes bekannt 
war, entschieden Bischoff Leipz. Stud. VIT 369f. 
und Busolt Jahrb. f. Philol. 1887, 50, wiewohl 
auch die Gleichungen mit athen. Thargehon und 



Euagoras unter den heimlichen Verbündeten des 
letzteren, den er mit Geld unterstützt (Diodor. 
XV % 3).. H.s Stellung zum Hofe blieb lange 
zweifelhaft , noch 380 nennt ihn Isokrates (IV 
162) unter den zum offenen Kriege längst bereiten 
Gegnern des Großkönigs. 

Gleichwohl konnte H. an wirklichen Abfall von 
diesem nicht denken, seine Stellung in Karien war 
von vielen lokalen Gewalten noch keineswegs aner- 



auch oie txieicnungen mit aiiuen. nwigciwu ^« -^ .^^ „„™«~ .„ --— „ 

,„it Btt.tomb.Jln Betracht kamen; vgl. toM™**™**»^^*™*^: 



Art. Hyakinthios. Über die Bedeutung des 
Wortes H. wird auf das zum Hekatombaion Be- 
merkte verwiesen. S. auch die Art. Heka- 
tombaios und Hekatombios. 

[Bischoff.] 

Hekatombios, Monat im Kalender von Halos 

in Phthiotis, IG IX 2. 109 b, 50; wahrscheinlich 

hatte er die zehnte Stelle inne und entsprach dem 

athenischen Hekatombaion (Bischoff Jahrb. f. 



ständige Politik (Kämpfe des H. mit seinen Lands- 
leuten, Suid. S. At&nnog). 

H.s Tod läßt sich, da Maussolos 353/2 im 
24. Regierungsjahre starb (Diodor XVI 36, 2) 
und die karischen Königs] ahre postdatiert werden, 
auf 377/6 fixieren (Kahrstedt Forschungen zum 
5. und 4. Jhdt. 22). 

H. hinterließ fünf Kinder, Maussolos, Idneus, 
Pixodaros, Artemisia, Ada (Strab. XIV 656. Arrian 



atnemsctien tieKaiomuaiuii ui^u«" öauiu . *. j.^™*™, .„_„..„._, — , f >**„,' \ 

Philol 1892 482ff.) Über die Bedeutung des60anab. 123. i. Harpokr. &. ExaxopYW, l^vg). 
Zr~:- ^l!L n.v.t^i,,,^« aJLrt». H.s amtlicher Titel ist bei Isokrates a. a. O. wh- 



Namens vgl. das unter Hekatombaion Gesagte. 
S auch die Art. Hekatombaios und Heka- 
tomben s. [Bischoff.] 

Hek&tomnos. 1) Von Mylasa (Exazofiyotg die 
Inschriften, Strabon, Harpokration, unrichtig 'Exa- 
wfivog Diodor. u. a.). Er stammt aus vornehmer 
alteingesessener Familie ans Mylasa, Heiodot 
erw&hnt (V 118) einen Pixodaros, Maussolos Sohn, 



H.s amtlicher Titel ist bei Isokrates a. a. O. au- 
ota&iioQ zi}g KaQias, ßaodevg bei Strab. a.a.O. 
ist ein Versehen. H. auf Inschriften (als Vater 
des Maussolos und eines anderen Kindes, nicht 
bei seinen Lebzeiten) CIG II 2691. Ditten- 
berger SylL 12 95. 107. 160. 

Seine Beziehungen zur gnechiscnen Kultur 
werden durch denAwfeiitlialt des kölschen Arztes 



Deiippos an seinem Hofe (Suid. a. a. O.) und 
•durch seine Prägung beleuchtet 

Er benützt neben dem Zeus von Labranda, 
dessen Kultzentrum im Gebiete von Mylasa lag, 
und dem Löwen von Mylasa (?) einen zweiten 
Löwentyp, der dem milesischen nachgebildet ist, 
anm Teil in ungeschickter Nachahmung, und prägt 
-diese Stücke nach dem eüboeischen System, deut- 
lich in Anlehnung an die griechischen Handels- 
zentren Kos und Rhodos, die im Anfange des 
4. Jhdts. diesen Fuß hatten. Seit der Ernennung 
zum Satrapen von Karien prägt H. — vermut- 
lich in Mylasa, wie vorher auch — Satrapen- 
münzen nach kleinasiatischem Fuße. 

In Milet hat H. nie geprägt, die vom Cat. Brit. 
Mus. Ionia 187 hierhin verwiesenen Münzen des 
EKAfzofiviog) sind in Mylasa ausgebrachte Imi- 
tationen der milesischen Typen. Vgl. Head HN 2 
x328f. Cat. Brit. Mus. a. a. O. und Caria 180. 
Imh 00 f -Blumer Eev. suisse numisin. XIV260Ö'. 

Das unmittelbare Herrschaftsgebiet des H. ist 
stets beschränkt geblieben. Milet hat es nie um- 
faßt (s. 0.), Halikarnass hat erst sein Sohn Maus- 
solos erworben, ebenso Herakleia am Latmos 
{Judeich a. a. 0. 241). Der Verwaltungsbereich 
als Satrap umfaßte ganz Karien, seit dem An- 
talkidasfrieden auch die definitiv der Krone unter- 
worfenen Küstenstädte. 

Ein Standbild des H. in Mylasa Ditten- 
berger Syll. 12 95 Z. 21f. [Kahrstedt] 

2) Sohn des Aristeas aus Mylasa, Archon in 
Mylasa (Le Bas III 394) 

3) Hekatomnos aus Elis oder Milet, Sieger 
{TQiaoxrjs) zu Olympia im Lauf, Doppellauf und 
Waffenlauf, Ol. 177 = 72 v. Chr. (Afric. bei Euseb. I 
■212. Phleg. frg. 12 FHG III 606. Die Quellen etwas 
abweichend untereinander). [Sundwall.] 

Hekatompedon (ßxarotuteSov). 1) Nach Ptol. 
III 13, 5 (14, 7) Stadt im epeirotischen Gau Cha- 
onia. Doch zeigt der Zusatz Aoidavstov in einer 
der besten Hss. (Vat. 191), daß hiemit das Heilig- 
tum zu Dodona (s. d.) gemeint ist, s. C. Müller 
z. St. [Oberhummer.] 

2) to c Exaxöfute6ov =100 Fuß langer Tem- 
pel; Ptolem. III 14, 7 (13, 5 M.): E*««fa- 
jiedov Aoydtovscov ist der berühmte dodonaiische 
Zeustempel in der epeirotischen Molossis (Hel- 
lopia; nach Ptolemaios, der weder Land noch 
Volk der Molotter kennt, in Chaonia), dann eine 
Bezeichnung für Dodone selbst. S. 0. Bd. V S, 
1258 undKarapänos Dodone et ses Ruines I 18. 
155ff. Die lange umstrittene Lage von Dodone 
wurde 1832 von Lincoln richtig bestimmt, und 
1875 wurden auf Veranlassung des Herrn Kara- 
pänos durch den Ingenieur Mi ne'iko aus Athen 
Versuchsgrabungen angestellt. Dodone lag im 
Hochtal vom jetzigen Tscharakowista, östlich vom 
jetzigen Alpochöri, nördlich vom Tömaroszug 
(jetzt Oiytzika) am Ursprung eines Nebenflüßchens 
des Thyaniis. Der Tempel des Zeus Na'ios ist 
so, wie er herausgegraben ist, 40 m lang, 20,5 m 
breit. Die Abteilungen des Tempels (s. Kara- 
pänos II pl. III, 4) haben folgende Ausmaße: 
jfQovao; 10,80 X 8,0 m, vaog (ceUa) 20,5 X 20,5 m, 
dniaöodo/Aog 20,5 X 7,0 m. Also entsprechen die 
Ausmaße der Tempelteile ebensowenig wie des 
.ganzen Tempels 100 altgriechischen Fuß (~ 
50,7 m). [Burchner.] 



Hefeatompedo». 1) Eine Örttiehkeit in Sjra- 
kns (Plut Dio 45 [Ai<&v] tloißaU 8tä t&v «wA&r 
sk rr/v 1ExaT6ftxedov Uyo(dvrjv\ in der NÄhe des 
Hexapylon, durch das nach Diod. XVI 20, 2 Dion 
einmarschierte. Freemans Ansicht (History of 
Sicily IV 279), daß es eine 100 Fuß breite Straße 
war, stimmt Holm Gesch. Siziliens im Altertum 
III 360 bei, nachdem er II 461 an eine oxoa 
ixar6ft3tsSos gedacht hatte. Es könnte auch ein 
10 Stadtviertel gewesen sein. Über die Lage vgl. 
den Art. Syrakusai. [Ziegler.] 

2) Als Längenbezeichnung s. den Art. Maße 
und Gewichte. 

°EHarofitp6via hieß ein festliches Opfer in 
Messenien, das dem Zeus Ithomates darbringen 
durfte, wer hundert Feinde erschlagen hatte. 
Nach Paus. IV 19, 2 bestand dieser Brauch ix 
jtakatotdwv) Aristomenes soll dreimal'^, geopfert 
haben (Paus. a. a. 0. Plut. Homul. 25) [was 
20 Clem. Ales. Protr. HI 42 p. 36 Potter und Euseb. 
praep. ev. IV 16 von dreihundert geopferten Men- 
schen erzählen, ist natürlich Fabel]. An anderen 
Orten sollen Krieger, die hundert Feinde getötet, 
dem Ares C E. geopfert haben. Steph. Byz. s. 
Btewog. Fulgent. exp. serm. ant. p.559 (Schaefer 
Philol, XXIII 562). Hermann Gottesdienstl. 
Altert.2 § 48 Anm, 3. § 53 Anm. 3. Schoemann- 
Lipsius Griech. Altert. II 256 und (abweichend 
von dem Obigen) Unger Philol. XXV lff. Darem- 
30berg-Saglio V 53f. [Stengel.] 

Hekatompodos s. Hekatompedos. 
Hckatompylos. 1) An der Heerstraße von 
Teherän-Eei nach Chorasän, wurde nach dem 240 
v. Chr. erfolgten Einbruch der Parner und der Be- 
gründung des parthischen Königreichs wohl noch 
von dem Stifter desselben, Arsakes Teridates, zur 
Hauptstadt gewählt (,Kfinigsburg f der Parther 
nach Apollodor Artem. bei Strab. C. 514. Ptolem. 
VI 5, 2; nach Plin. VT 44 caput Parthiae). Es 
40 besteht schon während der Achämenidenherrschaft, 
erhält aber städtischen Charakter nach helleni- 
schem Muster erst durch die Neugriindung des 
Seleukos Nikator (Appian. Syr. 57 ; Curt. VI 2, 14: 
urbs erat ea tempestate clara H. > eondita a 
Graecis — natürlich im Hinblick auf die jüngere 
Hauptstadt der Parther gesagt und unbedacht 
auf die Zeit Alexanders übertragen ; Ähnliches gilt 
für Diodor. XVII 75, 1). 

Nach Polyb. X 28, 7 und Plin. VI 113 lag 
50 H. mitten in Parthien. Das gilt auf keinen 
Fall für die persische und seleukidische Provinz, 
sondern setzt voraus die Einverleibung der alt- 
medischen Distrikte Choarene (Chwär) und Komi- 
sene (Komis) in das neuerstandene parthische 
Königreich. Allerdings ist jüngst (von Mar- 
quart Eran II 40f. im Suppl. X des Philologus) 
die von allen als sicher betrachtete ursprüngliche 
Zugehörigkeit jener Landschaften zu Medien mit 
Schärfe und Entschiedenheit angefochten und be- 
60 hauptet worden, daß sich Parthien zu allen Zeiten 
bis an die Kaspischen Tore erstreckt habe. Aber 
auch wenn man die Zweideutigkeit des Zeugnisses, 
aus dem sie bisher gefolgert wurde (Apollodor bei 
Strab. G. 514), zugeben wollte, so läßt sich doch 
der Beweis auf folgendem Wege erbringen. Die 
Stadt Apameia wurde von Seleukos Nikator aus- 
drücklich cv t# MqMq. gegründet; Apollodor. bei 
Strab. C. 524 Ende, vgL auch 514. Andererseits 



2791 



Hekatompylos 



20 



wissen wir durch Isidor von Oharas auf daß be- 
stimmteste, daß Apameia eben in der Landschaft 
Choarene östlich der Kaspischen Tore gelegen 
war. Zur Zeit der Gründung der Kolonie ge- 
hörte Choarene also wirklich noch zu Medien. 
Ähnlich Plin. VI 43, nachdem er von der Wieder- 
herstellung Hamadäns durch Seleukos gesprochen 
hat: reliqua Medorum oppida Phisganxaga, 
Apamea Rhagiane cognominata; auch der Bei- 
name zeigt hier Apameas und Choarenes Zuge- 10 
horigkeit zur medischen Provinz Ehagiane an. 
Hingegen läßt die Bestimmung der Lage von H. 
,im °Herzen Parthiens' keinen Zweifel, daß schon 
zur Zeit des großen Feldzuges Antiochos d. Gr., 
210/209, die beiden ostmedischen Distrikte in den 
Händen der Parther waren; noch Arsakes Teritfa- 
tes selbst (f 211) muß sie erobert haben. Stepha- 
nos von Bjzanz zitiert also richtig aus einer ver- 
lorenen Partie des 10. Buches des Polybios Kal- 
liope in Choarene als itohg IIaQ&vai(ov. _ 

Über den Marsch Alexanders von Raga bis H. 
erfahren wir folgendes (Arrian. III 20, 4. 21—22, 
1). Am Abend des ersten Tages lagerte er ngog 
mtg Kaomaig nvXatg , am zweiten el'aco szagfjlfo 
%h>v avXäv sme olxovfiiva r\v. Apollodor bemißt 
die Entfernung von Eaga bis zum Paß gut auf 
500 Stadien; das erste Lager muß dann noch in 
weit beträchtlicherem Abstand von dem Eingang 
der Tore geschlagen worden sein, als Arrians 
Worte vermuten lassen. Es wird richtiger heißen 30 
müssen, daß Alexander am zweiten Tag den Paß 
durchzog und das im Osten sich anschließende 
Kulturland der Choarene eben noch erreichte. 
Von hier aus holte er in vier Nachtmärschen, 
von denen der letzte und stärkste die ungewöhn- 
liche Leistung von 400 Stadien aufwies, die flüch- 
tigen Perser ein und zerstreute sie ; Dareios wurde, 
von seinen eigenen Generälen ermordet, auf dem 
Gefechtsplatze tot aufgefunden. Arrian bestimmt 
die Lage der denkwürdigen Stätte nicht näher. 40 
Aus Curt. VI 2, 12—15 ersehen wir, daß das 
makedonische Heer von dort aus unmittelbar nach 
H. vorrückt und hier ein Standlager bezieht. Die 
Entfernung von der Stadt bis zu den Kaspischen 
Toren berechneten die Bematisten Alexanders auf 
1064 Stadien (bei Plin. VI 62 und 44). Über 
die Richtigkeit der Überlieferung dieser Zahl zu 
urteilen, ermöglicht zum Glück eine Analyse der 
sämtlichen von den mensores üinerum zwischen 
den Toren und der indischen Grenze ermittelten 50 
Marschdistanzen. Ihre Summe geben sie auf 
15 680 Stadien an (nach Plin. VI 45). Die Reihe 
der Einzelzahlen wird bei Plin. VI 62, wie folgt, 
überliefert: 
Kasp. Tore— H. 133 röm. Meüen = 10b4 Stad. 
— Alexandreia Ariorum 575 = 4600 „ 
— Prophthasia 199 = 1592 „ 

— Arachos. oppidum 565 = 4520 „ 
— Ortospanum 175 = 1400 B 

—Alexandreia sub Cauc. 50 — 400 , 60 
-bis zum Cophen und Peucolatis oppidum 
Indorum 237 = 1896 Stad. 

Plinius fügt hinzu: in quibus ezemplaribus di- 
vers i numeri reperiuntur. Zu diesen gehören 
offenbar, wie die Vergleichung mit den Eratosthe- 
nischen Zahlen (bei Strab. C. 514) wahrschein- 
lich macht, die Strecken Prophtiiasia-Arachos. 
oppidum und von Arachos. oppidmn-Ortospanum. 



JfcteEflXOmpyiOS aiva 

Für die erste gibt Eratosthenes 4120 Stadien an; 
Plinius sollte also statt DLXXV DXV Meilen 
haben. Für die zweite wollte schon Hermolaus 
Barbaras 250 Meilen, entsprechend den 2000 Sta- 
dien der griechischen Geographen lesen. Setzen 
wir diese Zahlen in die zu addierende Summe 
ein, so beläuft sie sich auf 15 672 Stadien; bis 
auf die, natürlich durcR Verschreibung der oben 
zuletzt angeführten 237 Meilen ohne weiteres zti 
erklärende Differenz von 1 Meile genau die Ge- 
samtzahl der mensores itinerum abportis Caspiis 
ad Indiae principium. Da die so erzielte Über- 
einstimmung schwerlich dem Zufall verdankt wird, 
sind wir nunmehr berechtigt, die verbesserte Liste 
als die ursprüngliche und authentische der Bema- 
tisten Alexanders zu betrachten (s. indessen auch 
weiter unten). Dann ist aber zweifelsohne auch 
die Distanz von den Kaspischen Toren nach H. 
im Pliniustext richtig überliefert, ist die Original- 
rechnung der Schrittmesser. Wenn dagegen Era- 
tosthenes sehr viel mehr, nämlich 1960 Stadien 
rechnet, so haben wir notwendig zu folgern, daß 
die 'AoLcmxol ota&fwl, die seine Quelle bilden, 
von den Stationen der Bematisten wenigstens teil- 
weise verschieden waren (s. u.). Daß aber die 
sehr viel kleinere Zahl wirklich in der geographi- 
schen Literatur kursierte, bestätigen die 1040 
Stadien bei Ammian. Marc. XXIII 6. 43. Auch 
den Positionen der Ptolemaioskarte liegt sie zu 
Grund, auf eine Linie von 900 Stadien reduziert. 
Erinnern wir uns nun, daß Alexander nach dem 
vierten Nachtmarsch vom Ausgang des Defile's ab 
die fliehenden Perser einholte, bevor er noch H. 
erreicht hatte, so ist aus dem Verhältnis der vier 
Nachtmärsche zu der Summe von 1064 Stadien 
der ganz notwendige Schluß zu ziehen, daß der 
Ort des Zusammentreffens doch in allernächster 
Nähe von H. gelegen war. Denn da die letzte 
Etappe, welche die Reiterei allein ohne Fußvolk 
zurücklegte, ausdrücklich auf 400 Stadien Weg- 
länge angegeben wird, fallen auf die vorausge- 
gangenen Nachtmärsche des aus Reiterei und Fuß- 
truppen vereinigten Korps durchschnittlich je 220 
Stadien, eine Zahl, unter die auf keinen Fall 
heruntergegangen werden darf. Also haben alle 
uns berichteten Maßnahmen Alexanders, alle Er- 
eignisse nach der Zerstreuung des Perserheeres 
und der Ermordung des Großkönigs bis zum Auf- 
marsch der Makedonen nach Hyrkanien, von Ar- 
rian ohne weitere Ortsbestimmung unmittelbar 
angeschlossen, von Curtius unverständigerweise 
teilweise noch auf den Gefechtsplatz, teilweise in 
das Standlager von H. verlegt, insgesamt unzwei- 
deutig die Umgebung von H. zum Schauplatz 
gehabt. Hätte Alexander erst nach dem Auf- 
marsch zur hyrkanischen Grenze H. passiert und 
hier seinem Heer schon drei Tage nach dem Auf- 
bruch ein zweitesmal eine ganz unerklärliche 
längere Rast gewährt, wie uns Diodor (XVII 75) 
glauben machen will, so würde Arrian davon ge- 
wiß Notiz genommen haben. Aber auch ohne 
dieses Argument steht unleugbar fest, daß Diodor 
irrt, wenn er das entscheidende Gefecht drei Tage- 
märsche nach Westen von H. ansetzt. Diese drei 
Tage gehören vielmehr nach Curt. VI 4, 2 in den 
Aufmarsch von H. durch Parthien nur hyrkani- 
schen Grenze, die auf dem Kamm des östuchen, 
Labus genannten AlbuMgebürges entumg lief. 



2793 



ttesasömpyios 



Paß der Übergang entweder ron DÄmaghto öder 
Sährttd aus bewerkstelligt worden sein muß, ist 
nnbeiweifelt. Nachdem jüngst Marquart (Eran 
XI 58) aus arabischen Quellen, die bei Curtius 
nnd Diodor ins Wunderbare gesteigerten topo- 
graphischen Details des Stiboitesflusses für Tat, 
nördlich von Dämaghän am Fuße des Gebirges 
nachgewiesen hat, fallt die Entscheidung zugunsten 
dieses "Übergangs. Täk hat seinen Namen seit 
dem Altertum behauptet, die Griechen gaben es 
als Tagai wieder; mit der hyrkanischen Königs- 
burg Tape, die nach ApoUodor 1400 Stadien von 
den Kaspischen Toren entfernt, am Ufer des 
Kaspischen Meeres stand, darf es natürlich nicht 
vermengt werden (Marquart). Auf demselben 
Wege ist dann 210/209 auch Antiochos d. Gr. 
über den Alburz nach Hyrkanien hinübergegangen, 
da ausdrücklich gemeldet wird, daß er von Tagai 
aus den Aufstieg unternahm. 

Wir sind nunmehr in den Stand gesetzt, die 
Stelle des achämenidischen H. einigermaßen ge- 
nau aufzufinden. Es lag drei Tagemärsche von 
Täk nach Westen bezw. Südwesten und 1064 
Stadien von den Kaspischen Toren nach Osten 
an der Heerstraße nach Baktrien, also am Ost- 
rand des Kulturgebietes der Stadt Simnan (Se- 
raina auch im Altertum) unter dem vom Alburz 
südöstlich weit in die Steppe und Salzwüste des 
Hochplateaus vorspringenden Bergrücken, der die 
Oase begrenzt und zugleich ursprünglich die na- 
türliche Scheidewand Mediens gegen Parthien 
bildete. Die moderne Postroute, aber auch schon 
die antike und mittelalterliche Kurierstraße über- 
schreitet ihn in dem ziemlich beschwerlichen Paß 
des Akhöri Ahüän, der Karawanenweg geht im 
Süden herum von Simnan über das Dorf 'Alah 
und die Quelle Abgerm nach Doseir und Erat und 
vereinigt sich bei Dämaghän wieder mit der 
direkten Straße. Hier ist auch Alexander nach 
Tagai marschiert. H. aber fällt in den Strich 
zwischen f Alah und Abgerm, der einst zur Land- 
schaft Komisene gehörte und von Tak bequem 
in drei Tagen zu erreichen ist. Wir sahen, daß 
Komisene ursprünglich ein medischer Gau war, 
also war auch das achämenidische H. eine me- 
dische, keine parthische Ortschaft. Dem 
widerstreitet allerdings Curtius, da er H. aus- 
drücklich schon in Parthien ansetzt. Aber es 
liegt auch bei ihm unmittelbar an der medisch- 
parthischea Grenze; denn erst von dem Orte, wo 
Dareios ermordet worden war, rücke u die Make- 
donen in Parthien ein (VI 2, 12: kino in Par- 
thienem perventum est). Das ist einerseits ein 
weiteres wertvolles Zeugnis für die ursprüngliche 
Zugehörigkeit Komisenes zu Medien (s. o.). Ander- 
seits erkannten wir. daß Curtius' Quelle unrichtig 
einen Teil der dem Tode des Großkönigs folgenden 
Ereignisse, vor allem die Bewegung im make- 
donischen Heer zu Gunsten einer sofortigen Heim- 
kehr, in ein besonderes, von jenem Platze min- 
destens einen Tagemarsch entferntes Standlager 
bei H, verlegt hat, während doch beide Orte und 
damit auch alle jene Ereignisse zusammenfallen. 
Hier scheint sich nun der Schlüssel zu dem merk- 
würdigen Verhalten der von Curtius benützten 
Quelle zu finden. Sie vermochte nicht zu unter- 
scheiden zwischen der parthischen Hauptstadt und 
dem achämenidischen H., wie schon der Ana- 



JUCA» WU1|J J IVB ■— ■ - ■■— — ■ 

chroniamus der urbs elara a Oraeeis eonditam- 
schaulich verrät, und ruckte in Übel angebrachter 
Kritik des ihr vorliegenden Originalberichtes dieses 
jenem zuliebe gleichfalls nach Parthien, dadurch 
auch zu einer Trennung der am gleichen Orte 
sich abspielenden Ereignisse veranlaßt. 

Tatsächlich haben wir allen Grund, zwischen 
dem persisch-medischen H. und der seleukidisch- 
arsakidischen Stadt sehr genau zu unterscheiden. 
10 Denn es zeigt sich, daß die Zeugnisse des Alter- 
tums, die mit Gewißheit auf die letztere bezogen 
werden müssen, gar nicht auf die erstere passen. 
An dem arsakidischen H. hebt des Polybios topo- 
graphischer Scharfblick die zentrale Lage im 
parthischen Königreich hervor und will damit 
wohl seine Eignung zur Metropole dieses Staates 
andeuten. Aber auch nach dem Vorschieben der 
Grenzen Parthiens bis zu den Kaspischen Toren 
bleibt der in Komisene (Bezirk von Simnan!) ge- 
201egene Ort doch peripher, ein Platz der west- 
lichen Grenzmark. Viel schwerer wiegt eine 
andere Unstimmigkeit. Gerade der Meister der 
antiken Erdkunde, dessen Sorgfalt notorisch ist, 
dessen Darstellung Asiens auch den schärfsten Geg- 
nern Respekt einflößte, hat den Abstand zwischen 
den Kaspischen Toren und H. fast auf das 
Doppelte der von den makedonischen Bematisten 
berechneten Länge, auf 1960 Stadien augegeben. 
Und Strabons immer sprungbereite Kritik läßt 
30 das unbeanstandet gelten (C. 514). Also hatte 
Eratosthenes seine Abweichung von der offiziellen 
Messung des Alesanderzuges motiviert, wie auch 
an sich selbstverständlich. Nun nennt Strabon 
freilich fast im selben Atem noch eine zweite 
Zahl, die auch nicht die der Bematisten ist und 
aus Apollodor von Artemita zitiert wird, aber 
wiederum ohne jegliche Andeutung der auffälligen 
Divergenz und ohne den mindesten Versuch einer 
hier doch unbedingt notwendigen Kritik und 
40 Entscheidung , auf die ihn schon eine gewiß 
vorauszusetzende Polemik Apollodors selbst hätte 
führen müssen. Ich schließe daraus, daß wenig- 
stens Eratosthenes und Apollodor in Wahrheit 
über die Entfernung übereinstimmten; daß ent- 
weder Strabon selber versehentlich 1260 statt 
1960 geschrieben hat, oder in den Hss. o = 200 
aus ff — 900 verlesen ist. Denn des Erato- 
sthenes Zahl ist nachweislich richtig überliefert. 
Wie wir wissen, gab er bei Berechnung der nach 
50 Baktrien führenden Straße die Weglänge von den 
Kaspischen Toren bis Alexandreia in Ana auf 
6400 Stadien an. Für die parthiach-indische 
Straße zerlegt er dieselbe Strecke in zwei, von 
Alexandreia bis H. zu 4530 Stadien und von H. 
bis zum Kaspischen Tore zu 1960, in Summa 
6490. Diese, bis auf ein Geringes mit der andern 
übereinstimmende Gesamtzahl erweist die richtige 
Überlieferung der Teikahlen. Offenbar hatte Era- 
tosthenes für die baktrische Straße die auf Hun- 
60 derte abgerundeten Stadiensummen (1900 -+- 4500) 
addiert. Zugleich ist augenfällig, daß die von 
ihm benützten 'Äaiattxoi om&ftot wenigstens teil- 
weise von den Bematisten Alexanders abwichen 
und darum neuere Messungen verwertet haben 
müssen. Denn auch die 4530 Stadien der Weg- 
lange von H. nach Alexandreia können trat* der 
geringen Differenz in keiner Veiw m den 4600 
der Bematisten in Beziehung gebracht weiden. 



2795 



Hekatompylos 



Hekatompylos 



2796 



Beide Zahlen sind unantastbar, und wenn auch 
sehr auffällig erscheinen muß, daß sie sich ein- 
ander so stark nähern , so kann darin doch nur 
der Zufall sein Spiel treiben; wollte man eine 
Interpolation der Bematistenrechnung nach den 
'AoianHol aza$fj,öi annehmen, so müßte aber ge- 
naue Übereinstimmung herrschen. Eratosthenes 
hat eine direkte, quer durch Parthien laufende 
Straße von den Kaspischen Toren über H. nach 
Herat im Auge, wie er selbst sagt (bei Strab. C. 
723 fJiexQt (ihr 'AXe^avÖgeiag xijg ev Agloig aito 
Kaoxiwv JivXiöv öiä rfj$ IJag&vaiag fila xai 
f/ avtfj Ööös); für diese erscheint die Schätzung 
der Länge auf 4530 Stadien angemessen. Da- 
gegen hatten die Bematisten den Umweg über 
Hyrkanien und durch die nördlichen Landschaften 
Parthiens gemacht; ihre Messung müßte folglich 
sehr beträchtlich größer ausgefallen sein. Die 
in ihrem Namen überlieferte Zahl bleibt darum 
nicht bloß durch ihre Annäherung an die Era- 
tosthenische rätselhaft. Die Ptolemaioskarte mißt 
in gerader Linie zwischen H. und Alesandreia 
5750 Stadien; zwischen H. und den Kaspischen 
Toren, annähernd wie die Bematisten, 900. Diese 
Koinzidenz möchte der Vermutung günstig sein, 
daß Marines überhaupt die Messungen des Ale- 
xanderzuges grundlegend verwertet habe. 

Wenden wir nunmehr die Berechnung der 
'AaiaTixoi örad-/tioi und des Eratosthenes an, so 
finden wir das seleukidisch-parthische H. un- 
zweifelhaft beim heutigen Sährüd. Also müssen 
wir folgern, daß die von Seleukos Nikator ge- 
gründete Stadt nicht an der Stelle des achäme- 
nidischen H. stand; daß der griechische König, 
einen in jeder Beziehung unvergleichlich gün- 
stiger gelegenen Punkt von größter strategischer 
Bedeutung auswählend, offenbar nur die Ein- 
wohner des alten H. dorthin verpflanzt hat. Dar- 
um blieb der alte Name, aber so in hellenisches 
Gewand verkleidet, daß man die ursprüngliche 
iranische Form darunter nicht mehr zu erkennen 
vermag (am ehesten möchte sich in -pylos neu- 
persisch pül [Brücke] verbergen). Und umso 
naturgemäßer erschien die Umformung und die 
griechische Etymologie, als der neue Platz wirk- 
lich dem Namen gerecht wurde, weil er der na- 
türliche Kreuzungspunkt einer ganzen Anzahl 
wichtigster Sfraßen ist. Polyb. X 28, 7 : xtjv f E. 
XQOoayoQEVOftEvrjv, t) xeixat (ikv iv ßiot) zfj Hag- 
dvrjvfj, x&v de dtodwr xwv (peqovaätv im Jtdvrag 
xov$ Ji&Qi$ xöizovg ivxavda ovßnmxovaiöv ajid 
tov ovfißaivovxoc 6 xöjzog eiXr}<pE xtjv XQoatjyogiav ; 
diese, sicherlich nicht bloß aas der Etymologie 
des Namens abgeleitete, sondern ebensosehr auf 
authentischen topographischen Angaben beruhende 
Beschreibung paßt nur auf Sährüd. Wenn Arsa- 
kes IL 210/209 vertraut, die parthischen Wüsten 
möchten Antiochos vom Vormarsch ins Innere 
und nach H. abschrecken, so muß die Steppen- 
region zwischen den Kulturoasen Simnäns und 
Däinaghäns gemeint sein; H. liegt demnach im 
Osten derselben. In EL beschließt Antiochos, 
nach Hyrkanien zu marschieren, und rückt nach 
Tagai, um von hier den Übergang über den Labus- 
Alburz zu bewerkstelligen. Das setzt einen Rück- 
marsch von Sährüd nach Täk voraus, von dem 
Polyhios freilich nichts sagt. Aber diese leichte 
Unstimmigkeit wiegt wenig gegenüber der Ent- 



fernungsangabe der , asiatischen Stationen' — und! 
anderen Zeugnissen indirekter Art. So dürfte H. 
in dem Itinerar Europos (Raga) -Tagae der Tab. 
Peut. ebensowenig fehlen wie unter den Ort- 
schaften Komisenes in den Ilae&ixol oza&fioL 
Isidors, wenn es, sei es bei Simnän, sei es bei 
Dämaghän gelegen hätte. Das letztere wird im 
Gegenteil durch die Tab. Peut. entschieden aus- 
geschlossen, da sie das etwas nördlich von ihm 

10 gelegene Täk und nicht H. zum Kreuzungspunkt 
der medischen Heerstraße, der hyrkanischen Paß- 
straße und einer geradewegs durch Parthien nach 
Drangiana gerichteten Route macht. Die direkte 
Straße nach Baktrien und Alexandreia-Herät, die 
eigentliche Fortsetzung der medischen Heerstraße,, 
fehlt auf der Karte und darum auch H.-Sährud. 
Sie ist auch in dem uns erhaltenen Auszuge aus 
Isidors parthischer Periegese weggefallen ; dieser 
beschreibt wie die Tab. Peut. nur den Paßweg 

20 von Komisene nach Hyrkanien. Aber da ihm 
Komisene, wie aus der hohen Schoinenzahl zu 
folgern, nicht bloß Simnän, sondern überein- 
stimmend mit den arabischen Angaben über Ko- 
mis auch Dämeghän umfaßt, so hätte doch auf 
jeden Fall H. darin genannt werden müssen, 
wenn es die Vorläuferin dieser Stadt gewesen 
wäre; aber ausdrücklich enthält Komisene nur 
Dörfer, keine Stadt; ein Dorf war also auch 
Tagai-Täk. Daß H. damals schon nicht mehr 

30 bestanden hätte , scheint ganz unwahrscheinlich. 
Am Anfang des 1. Jhdts. v. Chr. nennt es der 
landeskundige Apollodor, der zugleich par- 
thischer Untertan war, noch die Königstadt der 
Arsakiden. Es müßte somit in irgendwelchen 
inneren Unruhen zerstört worden sein zu einer 
Zeit, als die Römer gewohnt waren, alle Ereig- 
nisse des feindlichen Staates mit größter Auf- 
merksamkeit zu verfolgen; in ihrer Literatur 
würde der Untergang der berühmten Stadt, die 

40 Curtius preist, unbedingt wiederklingen. Auch 
Ptolemaios könnte nicht mehr von ihr wie von 
einer bestehenden Stadt sprechen, an einer wich- 
tigen Stelle der allgemeinen Einleitung seines 
geographischen Werkes (I 12, 5f.) und in der 
Übersicht der einzelnen Kartenblätter im VIII. Buch 
(5, 16), Er erklärt, daß die große Heerstraße 
vom Euphrat nach Ekbatana und durch die 
Kaspischen Tore nach H. wesentlich auf dem 
Breitengrade von Khodos verlaufe; er hebt her- 

50 vor, daß in H. der Hauptweg nach Hyrkanien 
abzweigt. Zweifellos haben die Parther ihrer 
Hauptstadt einen eigenen Pahlawinamen gegeben ; 
der mag auch in den wechselvollen Jahrhunderten 
der arsakidischen Geschichte mehr als einmal 
geändert worden sein. Aber in Vorderasien und 
Europa behielt doch der hellenisierte, ursprüng- 
lich medische Name Geltung, wohl solange Nach- 
fahren der griechischen Kolonisten in den Städten 
Irans und Mesopotamiens ihre Muttersprache be- 

60 wahrten. Nicht lange vor dem Sturz der Sfisä- 
nidenherrsehaft im letzten Jahrzehnt des 6. Jhdts. 
gründete der in Medien und Parthien als Gegen- 
könig auftretende Prinz Bistäm einen Parasangen 
vom heutigen Öährüd entfernt unter seinem Na- 
men eine Stadt, die noch heute fortlebt und in- 
teressante Bauwerke der arabischen Frühzeit auf- 
weist. Damals hatte also die Ton Seleukos Ni- 
kator gegründete parthische Hauptstadt aufgehört 



2797 



Hekaton 



Helaisoncheiren 



2798 



zu sein , aber wir wissen nicht , seit wann 
und wie. 

Zumeist wurde H. in Dämaghän gesucht, so 
von Ritter und H. Kiepert. Houtum-Schind- 
ler (Zeitschrift der Berl. Gesellsch. f. Erdk. 1877, 
217) brachte eine zwischen Dämaghän und Erat 
sich findende Ruinen statte in Vorschlag, unter 
Zustimmung von Tomas chek (Zur hist. Topogr. 
v. Persien 81) und neuerdings von Marquart 
(Eran II 21ff. 40—45), dessen Abschnitt über H. 
im wesentlichen verfehlt ist. An Sährüd dachte 
zuerst wohl der englische Reisende F er r i er (1845) ; 
ihm folgte in einer längeren, aber wertlosen Ab- 
handlung Mordtmann Hekatompylos, S.-Ber. 
Akad. Münch. 1869, 497—536); schließlich Sie- 
glin Atlas antiquus 6). [Kiessling.] 

2) i] "ExaxöfiTivXog , Stadt im Binnenlande 
Afrikas , von Herakles gegründet , Diod. IV 18, 
1, von den Karthagern zur Zeit des ersten Puni- 
schen Krieges unter Hanno erobert, Polyb. in 
71. Diod. a. a. O. und XXIV 10, 2 ; früher mit 
Capsa, seit Movers Phönizier III 2, 519 mit 
Theveste identifiziert, s. d. [Dessau.] 

Hekaton. 1) Aus Rhodos, Stoiker, Schüler des 
Panaitios, welcher, der eklektischen und platoni- 
sierenden Richtung seines Lehreis folgend, haupt- 
sächlich über Ethik schrieb. Neben Panaitios 
und Poseidonios ist er der angesehenste und meist- 
gelesene Philosoph der mittleren Stoa. Bei Diog. 
Laert. werden zitiert seine Schriften: mgi aya- 
&üv (mindestens 19 Bücher), nsgl ägszuv (3 Bü- 
cher), wgt siad-öiv (2 Bücher), sieqI nagadögtor 
(13 Bücher), xeqi xsX&v und jieqi xiXovg (7 Bü- 
cher), xqsIcu (2 Bücher); bei Cic. de oft'. III 63 
und 89 eine dem Q. Aelius Tubero gewidmete 
Schrift sitgl xaftriHovzos (6 Bücher) , aus der wohl 
auch die Zitate bei Seneca de benef. und in den 
ep. ad Luc. stammen. Diog. Laert. hatte den 
H. zwischen Panaitios und Poseidonios behandelt. 
Denn xdxa>v im Vitenverzeichnis des cod. P (Use- 
ner Epicurea praef. XI adn. 2) ist Korruptel für 
exdicov. Bezeichnend für H.s Behandlung der 
Pflichtenlehre sind namentlich die kasuistischen 
Erörterungen über PÜichtenkonnikte, Cic. de off. 
III 89f. Fragmentsammlung: Powler Panaeti 
et Hecatonis fragmenta, Bonn, Dissert. 1885. 
Zeller Phil. d. Griech. IV 3 569. 1. 235, 6. 263, 2. 
274, 2. 300, 2. _ [v. Arnim.] 

2) Hekaton B Kgvaooevg inoirjoe lautet die 
Signatur eines Bildhauers aus Lindos, die in der 
vorläufigen Künstlerliste von Blinkenberg und 
Kinch kurz angeführt wird (Bull, de racad. de 
Danemark 1907, 23). [Pfuhl.] 

Hekatoncheiren. Die H. gehören, den Ky- 
klopen gleich, zu den Urweltswesen, die sich der 
Volksglaube in der Tiefe der Erde wirkend dachte. 
Den Hundertarm Aigaion-Briareos holt in der 
Ilias (I 402ff.) Thetis aus der Tiefe des Meeres 
zum Schutze des Zeus in den Olymp. Während 
bei Aigaion die Beziehungen zum Meere zahl- 
reich und ursprünglich sind (Mayer Gigant, u. 
Titan. 120ff. Bernhard in Roschers Myth. 
Lex. I Ulf. Tümpel o. Bd. I S. 945ff.), hausen 
nach der verwandten Vorstellung der Hesiodiscben 
Theogonie die Riesen in der Tiefe der Erde ; ihre 
Geschosse sind gewaltige Felsblöcke, deren sie 
dreihundert bei einem Wurfe schleuden» (▼. 7511). 
Man hat auf die verwüstenden Wirkungen der 



Erdbeben gewiesen (Preller-Robert Griech. 
Myth. 149), sich aber »ugleich darüber verwun- 
dert (Mayer 129ff.), diese zerstörenden Kräfte 
in der Theogonie auf Seiten des Zeus kämpfend 
zu sehen, zumal doch parallele Überlieferungen 
die H. zu Bundesgenossen der Titanen machten 
(Kykl. Titanomachie des Eumelos bei Schol. Apoll. 
Rhod. I 1165. Verg. Aen. X 565ff.). Dabei ist 
unbeachtet geblieben, daß in der Tat die H. nicht 
10 dem ursprünglichen Plane der Theogonie ange- 
hören und ihre Existenz in diesem Gedicht erst 
einer nachschaffenden Hand verdanken. Die H. 
finden sich jetzt in den Versen 139—153, dann 
in der Titanomachie 61 7—719 + 729—735, schließ- 
lich in der Partie 807—819. Die Unechtheit 
der ersten Versreihe ist von A. Meyer (De 
compos. theog. Hesiod. 55ff. 60. 62f. 68f.) zwin- 
gend nachgewiesen worden; sie sind mit dem 
Aufbau unvereinbar und mühsam eingefügt. Daß 
20 ferner auch die Titanomachie so, wie sie ist, 
nicht Hesiodisch sein kann, auch in sich keine 
Einheit ergiebt, haben Meyer 37ff. und Disco 
(Quaest. Hesiod. 73ff.) gezeigt. In dem Kampfe 
der Götter gegen die Titanen werden die ersteren 
zugunsten der H. ganz zurückgedrängt ; wer hier 
die H. einführte, dichtete, da Hesiod selbst von 
der Erzeugung der H. nichts gesagt, 139—153 
nach; beide Partien bedingen sich. Mag also, 
wie Lisco aus den Versen 881 — 885 erweisen 
30 will, eine ältere, echthesiodische Titanomachie 
ohne H. noch in Resten greifbar sein, oder mag 
die ganze Titanomachie eine spätere Einlage vor- 
stellen, in jedem Fall ist die Einführung der H. 
sekundär. Über die Unechtheit der dritten Stelle, 
807—819, vgl. v. Wilamowitz Herakl. 12 90, 
165. Durch die nachträgliche Aufnahme werden 
die H., für die der Eindichter die Namen Bri- 
areos oder Obriareos, Kottos und Gyes verwendet, 
insgesamt Söhne des Uranos und der Ge, wäh- 
40 rend Aigaion allein offenbar auch nach der Vor- 
stellung der Ilias Poseidonsohn ist, wie Aristarch 
zu 11. I 399 richtig bemerkt. Für die Vorstellung 
vom Aussehen der H. hilft die Vergleichung mit 
den Cheirogastores oder Gasterocheires (Mayer 
125ff. Tümpel o. Bd. HI S. 2221f.), die wir ent- 
gegen der rationalistischen Ausdeutung der Alten 
(Strab. 372) als Ungeheuer mit Armen, die am 
ganzen Leibe angewachsen sind, zu denken haben 
(vgl. auch Preller-Robert 624). Später bildete 
50 man die H. im Gigantentypus ; wenn die Ergänzung 
Gerhardsvon Iaitov zu Aiyaltor richtig ist, schon 
im 5. Jhdt, (Vase des Erginos und Aristophanes, 
Berlin 2531, abgebildet Gerhard Trinksch. u. 
Gel 2, 3 ; Wiener Vorlegebl. Ser. I Taf. 5 ; über 
die Ergänzung s. Preller-Robert 71,5. Mayer 
201f.), dann an dem Pergamenischen Altar (Be- 
schreib, der Skulptur, aus Pergamon», Berl. 1904, 
25) ; in der Literatur zuerst Briareos als Gigant 
bei Kallimachos, Hymnus auf Delos 142f., öfters 
60 bei den Römern (Stellen bei Preller-Robert 
72, 4). In der Mythographie leben die Vorstel- 
lungen der Hesiodischen Eindichtung weiter<ApoH 
bibL I 1 ; 7 W. ProkL Chrest bei Phot bibL 

319 Bekk. Etynu M. s. ^T^K *£** ""? iSS" 
amic. multit. 6) ; auch die Identäir«*™ m » * , * r Tri - 
topatores mit denBL bei «Big«». v 

rechnet mit der gleichen G^eah^ie (rf *JJ 



zvwy 



±±eEatomie90i 



iieKeDOlos 



32ÖUU 



M. s. TQixojtaxoQss ; vgl. Philochoros hei Phot. 
Lex. p, 443. Lobeck Aglaoph. 754. Mayer 
12S. Tümpel o. Bd. LH S. 835). Die Zeit der 
rationalistischen Umdeutung (Palaiph. 19 [20]) 
läßt die H. in einer Stadt Hekatoncheiria woh- 
nen, nach Schwartz' Verbesserung gelegen zrjg 
Xaovias rr/s vvv 'Ogeoziddog. Die Deutung der 
H. als Winddämonen (E. H. Meyer in Roschers 
Myth. Lex. III 2793) halte ich nicht für zutref- 
fend. Die Stellen, an denen je nur ein bestimmter H. 10 
namhaft gemacht wird, s. unter den Art. Aigaion, 
Briareos, Gy(g)es, Kottos. [Malten.] 

Hekatonnesoi (at 'Exazowrjooi [s. Meineke 
zu Steph. Byz. s. 'Agxovqoog], der einer antiken 
Etymologie [Strab. XIII 618 und Hermolaos-Steph. 
Byz. s. v.] nach = Inseln des Hekatos [= Apollo n], 
nach der anderen xäv Exarov vtfocov [Hermol. 
bei Steph. Byz. s. SsXrjvrjg ziolig] [=100 Inseln]; 
Tgl. Diodor. XHI 77, 20 [Strab.] nach Timosthe- 
nes 40 ebd.), Eilande zwischen Lesbos (Dioge-20 
nian.-Hesych. s. v.) und dem Festland der klein- 
asiatischen Aiolis, jetzt Moaxovrjata (Eilande eines 
gewissen Seeräubers, Moschos). Die antiken 
drei Städte der Eilande : iNasos, Pordoselene und 
Chalkis prägten im 4. Jhdfc. v. Chr. (nach He ad 
s. u. schon 450) einmal gleichzeitig kleines Kupfer- 
geld mit den Initialen: NA FLOP XA Imhoof- 
B lumer Monnaies Grecques 280; Ztschr. f. Num. 
HI 312ff.; Kleinasiat. Münzen 35. Catal. Brit. 
Mus. Troas 2l7ff. Head-Svoronos c Iotoq. No- 30 
fiioudrcov II 101 f. über die H. schrieben außer- 
dem: Ch. Texier Asie Min. II 212. G. Eari- 
n ö s IlQoodioQtOftos Tfj$ äyvcöozov dioecog aQ%aio)v 
ztvmv ütoleatv xfjg Mvaiag — MovoeTov x. BtßXioü. 
EvayyeX. 2>o% 1876, 110—146. Ph. Stumpf 
De Kesiotarum republica, München 1881. E. Drä- 
kos Mixöaoiaval ITgayfiazEiai iozoQixal xai xono- 
ygoupixal ■tjxoi ai Exaxovrjooi, 6 dfjfiog Nvficpaiov 
xai fj snaQxia 'Aveojv. AdrjvrjOi 1888, 18992. 
Über die Inschriften bei den einzelnen Namen 40 
usw. Tgl. o. Bd. III S. 2090 Chalkis Nr. '11 
und die Art. Nasos oder Nesos, Pordose- 
lene oder Poroselene. [Bürchner.] 

Hekatonymos aus Sinope, Gesandter der 
Sinopeer an Xenophon und die Zehntausend (Xen. 
anab. V 5, 7. 24. VI 3). [Sundwall.] 

Hekatog ("Exazog), Kurzform zuExazrjßöXog, 
'ExaxrjßEXdztjg und ebenso wie Hekebolos (s. d.) 
und Hekaergos (s. d.) seit Homer Beiwort des 
Apollon (Hom. II. VII 83. XX 295; hyrnn. I 1.50 
63. 90. XXIV 1) und selbständige Bezeichnung 
dieses Gottes (Hom. II. I 385. XX 71; hvmn. H 
97. 98. Alkman frg. 85 A. Simonid. frg. 26 A.B. 
Apoll. Rhod. I 958. II 518. IV 1747. Schol. 
Apoll. Ehod. I 515. Nikand. Alexiph. 11. Hy- 
pothek, metr. Soph. Oid. KoL 13. Quint. Smyrn, 
XI 136. XU 4). Als eigentlicher Kultbeiname 
ist H. bisher noch nicht nachgewiesen. Wenn 
Münzen Ton Ilion aus der Zeit der Faustina 
(Ztschr. f. Numism. XVII 9) das Beiwort zeigen, 60 
so geschieht das nur in Anknüpfung an Hom. 
H. Vit 82 f. Daß die Hekatonnesoi ihren Namen 
Ton dem Kult des Apollon H. erhalten hätten 
(Strab. XIII 618. Steph. Byz. s. Exazowtjoöi. 
Eustath. Hom. II. 49, 18), ist eine falsche Kom- 
bination. H. wurde schon im Altertum ab Kurz- 
form Ton kxatriß6Xog erklärt und als »Ferntreffer* 
gedeutet (Etym. Jl s. Exdxoio und ixrjßoXos. 



Hesych. s. Exdxoio, vgl. SchoL B. Hom. IL V 
422 = Etym. M. s. Kvxqis 547, 13), sei es 

als Todesgott, was wohl das ursprüngliche ist 
(s. Hekebolos), sei es als Sonnengott (Cornut. 
32). Vgl, Preller-Eobert Griech. Myth. I 
290. Wernicke o. Bd. II S. 17, Gruppe 
Griech. Myth. 1244. Simonid. frg. 26A.B leitete 
H. davon ab, daß Apollon mit hundert (exarov) 
Pfeilen den delphischen Drachen getötet habe. 
Andere Erklärungen bei Döderlein Homer. 
Glossar. II 24 nr. 438 (von uxuv, ixaiv ~ nach- 
giebig, gnädig). Goebel Lexil. zu Homer. I 54ff. 
(von irjfu — exos = Pfeil, der .Pfeilsender'). 
Usener Götternamen 37. 49. 332f. (von einem 
Wortstamm, der feuchten' bedeutet). [Jessen.] 

'Ekoltoottj und potga, der hundertste Teil des 
Wertes eines Gegenstandes als Abgabe, z. B. als 
Zinsen, Plut. Luc. 20, speziell eine Steuer in Höhe 
von l°/ des Wertes. Solche gab es in Athen um 
das J. 422 mehrere, Arist. Ar. Vesp. 658 ra? noX- 
läg ixavoardg. Bekannt sind 1. S. f\ iv UeigaiEi 
[Xen.] resp. Ath. 1, 17. Auch dieser Ausdruck zeigt, 
daß es noch andere I. gab. Vielleicht war sie mit 
dem IXXipiiviov identisch, Boeckh Staatsh. P 388f. 
2. Eine Verkaufssteuer für Grundstücke von dem 
Käufer zu entrichten, Theophrast bei Stob. Flor. 
XLIV 22. Bruchstücke von Listen IG n 784-788, 
z. B. Aeövxtog KaXXtddov 'EjitxrjtptfbtogJ ouiidozo 
ycoQiov iy Kw&oaxibüiv ' Q)vr\(xr\q) M.vr}atßa.%o$ Mvtj- 
ooxov [H H] TT* sxaxooxrj \-\-\\\. Schon Bekker 
Anekd. I 255 stellt damit die sjicona (s. d.) zu- 
sammen, die jedoch anders berechnet werden, 
nämlich in bestimmter Skala auf ganze Ob ölen 
abgerundet, während die §. bis auf Viertelobolen 
genau festgestellt wird. Jene erscheinen auch 
nur bei Grundstücks verkaufen des Staates. Auch 
aus Chalkedon hören wir beim Verkaufe eines 
Priestertums des Asklepios von einer L in Ver- 
bindung mit einer xgiaxoox^, Dittenberger 
Syll.2 594, 19. 29 (3./2. Jhdt). [Thalheim.] 

Hekebolios. 1) Sophist in Constantinopel. Da 
er Christ war, wurde er um 342 vom Kaiser Con- 
stantius zum Lehrer Iulians erwählt (Socr. III 
1, 10. 11. Liban. or. XVIII 12) und soll diesem 
den Eid abgenommen haben, niemals Schüler des 
Libanios zu werden (Liban. or. XVIII 14), Als 
Iulian Augustus geworden war, ließ er sich von 
diesem zum Heidentum bekehren, tat aber nach 
dem Tode des Kaisera Buße und kehrte zum Chri- 
stentum zurück (Socr. III 13, 5. 6). Der an ihn 
gerichtete Brief Iulian. epist. 19 ist nach Cu- 
m o n t Sur authenticite" de quelques lettres de Iu- 
lien, Gent 1889, 15 nicht von dem Kaiser Iulian, 
sondern von einem älteren Homonymen desselben 
geschrieben. 

2) Sohn des Ascholios, scheint kurz vor 361 
in Ägypten eine Statthalterschaft bekleidet zu 
haben. Denn der Brief des Libanios (309), in 
dem eine magistratische Handlung von i hn» er- 
wähnt wird, ist an den Präfekten von Ägypten, 
Gerontius, gerichtet (s. o. S. 1269). Derselbe 
war wahrscheinlich, als Iulian epist. 43 an ihn 
schrieb, Praeses Mesopotamiae. Es ist nicht aus- 
geschlossen, daß er mit dem Vorhergehenden 
identisch war. I Seeck.] 

Hekebolos, Hekateboloa, Hebalebeletes 
(Exfjßolöe, 'ExatijßtXos, ExaxijßeXexrjc). L Bei- 
wort oder selbständige Bezeichnung des Apollon. 



2801 Höltebö^s 

' Wlfi Homerischen Gedichten finden sich neben- 
einander l*T)ß6loc als Beiwort (II. T 14. 21. 378. 
438. XVI 518. XXII 302. XXTTT 872; hymn. I 
177. HI 18. 236. TV 151. XXV 2) und selbständig 
(EL I 96. 110; hymn. I 45. LU 218. 509. 522), 
ixarrißdXog als Beiwort Ol. I 370. V 444. XVI 
711. XVII 333; Od. XX 278; hymn. I 134. 140. 
H 37. 44. 51. 61. 99. TU 234) und selbständig 
(II. XV 231), ixaxtjßsXhije als Beiwort (H. I 



fnettemoriöi 



2ÖUZ 



richtig trifft ; vgl. SchoL Soph. Oid. Tyiv IM 
und die Movöa ixijßälog bei Ioann. Gai Ana- 
creont. 1,3. Erklärt wird H. gewöhnlich als 

der ,Ferntreffer ( (von ixdg)x Schol. Hom. H. 1 14. 
Eustath. Hom. IL 28, 15. 52, 12. Hesych. s. faa- 
xrjßsXhiis, ixaxrjßoXog, extjßoXog. Etym. M. s. kxa- 
xtfßsXexao. Cramer Anecd. Öxon. I 154 s. ixrjßd- 
Xog. Apoll. Soph. lex. 65, 14. Preller-Eobert 

_. __ _,, , r ... , Griech. Myth. I 290. Daneben sind in alter und 

75) und selbständig (hymn. I 157). Diesem ab- 10 neuer Zeit eine Eeihe anderer Erklärungen ver- 



sucht woräen. Simonid. frg. 26 A erklärte "Exa- 
tog ;= Exaxr}ßsihr)g als den, der mit hundert 
(ixaxov) Pfeilen den delphischen Drachen tötete. 
Orph. Argon. 135fi erklärt exyßoXog als den Gott, 
welcher rjxev ßüog; vgl. Hom. hymn. IV 151 enij- 
ßöXog — jigotf} ßüsa ; ebenso Cramer Anecd. Oxon. 
I 155 s. ixaxrjßsXezao, Etym, M. S. exaxrjßeXexao. 
Goebel Lexilogus zu HomeT I 54ff. deutet H. 
des Apollon von Naxos , die wohl den Bogen in als ,Pfeilsender , indem er von %m auf ein Wort 



wechselnden Gebrauch folgt die spätere Poesie; 
Sammlung der Belegstellen bei Bruchmann 
Epithet, deor. 23 s. IxaßoXog, sxazaßöXog (dazu 
Timoth. Pers. 249), ixatrjßsXsztjg (dazu Sueton. 
Jfero 39), ixaxrjßoXog, ixr\ßsXizr\g , ixrjßoXog. In 
Weihinschriften in poetischer Form findet sich 
ixnßdXog IG Xn 5 , 148 (von Paros) und IGA 
408 = IG Xu 5, 42 auf einer Bronzestatuette 



der Linken trug (abgeb. Archaeol. Zeitg. 1879 20 ixog = Pfeil schließt. Usener Götternamen 333 



Taf. 7. O verbeck Gesch. d. Plastik I Fig. 43, 
2; Kunstmythol. LH 36 Fig. 8. Röscher Myth. 
Les. I 452), ferner exaxrjßoXog CIG 1946 (= Kai- 
bei Epigr. Gr. 799), 5649 d (= Kaibel 801). 
Zwei gleichlautende Prosa-Weihinschriften aus 
Epidauros gelten dem Apollon SxaßsXhtjg IG IV 
1014 (= 'Ewp. d ex . 1883, 147). 1015 (= CIG 
1176), doch handelt es sich auch hier wohl um 
eine allgemeine Bezeichnung, nicht um die Epi- 



(vgl. 49) denkt an einen Wortstamm, ,der leuch- 
ten bedeutet haben muß'. Andere suchten einen 
Zusammenhang mit ixtbv; H. — ,nach seinem 
Willen treffend', vgl. Prell witz Etym. Wörterb.2 
133. 

2. Artemis führt das Epitheton ihres Bruders 
als die loxzcuga, und zwar kxaxtjßdXog bei Hom. 
hymn. IX 6, ixrjßoXog bei Soph. frg. 369 Nauck 2 . 
Nonn. Dionys. XV 187 und in einer Weihinschrift 



klesis eines bestimmten Kultes. Das Beiwort, 30 von Delos in poetischer Form, Bull. hell. 1879, 3 



welches ebenso wie aoyvQoxo^og, xXvz6xo£og 1 ro- 
£otpÖQog, xos~6tt)s den Gott als den berühmten 
Bogenschützen, als ,Ferntreffer' kennzeichnet, 
wird von den Dichtern ohne Unterschied ge- 
braucht, ob es sich um den Apollon von Delos, 
Delphi, Ilion usw. handelt, auch da, wo von dem 
Gott der Musik die Rede ist (z. B. Hom. hymn. 
XXV 2 = Hesiod. Theog. 94; vgl. Margit, frg. 1). 
An einigen Stellen paßt es zu der speziellen Si- 



= Anth. Pal. append. I 8 Cougny. Cornut. 32 
bringt es mit der Deutung der Artemis als Mond- 
göttin in Zusammenhang. [Jessen,] 

Hehle, Sechstel; als Münze heißen so be- 
sonders die Sechstelstateren von Phokaia (ßxzai 
0o)xat8eg, inschriftliche Belege bei Babel on 
Traite des monn. I 489/90) aus Elektron, 2,6 g 
schwer, ebenso wie die von Lesbos und Kyzikos 
in Mengen erhalten, He ad HN* 588. 558. 523. 



tuation. Dem Apollon H. gelobt Meriones vor 40 Über ihre abwechselnde Prägung in Phokaia und 

J Tk . T 11 ■ TT-l-.l 1,,. /"Tl WTTT OHrt\ TIjI" LM ^ .! — X ,«.!« »^.U.^IiaUa«! \fj\-J-wniV A-**llAl4-An 



dem Bogenschuß eine Hekatombe (H. XXIII 872), 
ihn bittet der durch einen Pfeil verwundete Glau- 
kos um Heilung (H. XVI 513), von ihm erhält 
Eurytos seinen Bogen (Apoll. Rhod. I 88). Vor 
allem aber führt Apollon im ersten Buch der 
Hias , wo er mit seinen Pfeilen Pest und Tod 
bringt, überaus häufig die Bezeichnungen ext}- 
ßöXog, ixaxtjßoXog, sxaztjßEXEztjg, ixazog (v. 385), 

faäeeyog (v. 147. 474. 479) , und ebenso heißt Ausdruck xaxct ravztjv yaQ xtjv fiio&cootv [jjeyd- 
es von dem Todbringer Hom. hymn. IV 151 ov5' SOCovro z&v nXovoiwv zovg dygovg scheint er sie für 
eixsv sxijßdXog avzog 'AnöXXtov | ro£ov an aoyv- unfreie Pächter gehalten zu haben (Th. Gomperz 



Mytilene ist ein inschriftlicher Vertrag erhalten, 
Michel ßecueil d'inscr. nr. 8. [Regling.] 

Hektemoriot (ixxrjfiogot, exz^ögioi). Aristo- 
teles (*A&. noX. % 2) schildert die agrarischen Ver- 
hältnisse Athens vor Solon in dem Sinne, als ob 
die gesamte arme Bevölkerung Athens (die Männer 
mit ihren Frauen und Kindern) zu den Keichen 
im Dienstverhältnisse der H. standen. Nach seinem 



qeov TtQottj ßiXea otovÖEvza. H. scheint ursprüng- 
lich eine euphemistische Bezeichnung des Todes- 
gottes gewesen zu sein. Später hat man, da 
Apollon als Sonnengott und die Sonnenstrahlen 
als Geschosse (vgl. exaßoXov ßsXog: Timoth. 
frg. 25 Wilam. bei Macrob. Sat. I 17, 20) auf- 
gefaßt wurden, das Beiwort H. auch als speziel- 
les Beiwort des Sonnengottes Apollon verwendet, 



Die Schrift vom Staatswesen deT Athener und ihre 
neuesten Beurteiler 12, vgl, auch Ostbye Die 
Schrift vom Staate der Athener und die attische 
Ephebie 4); falls sie ihren Pacht nicht entrichteten 
oder im Rückstande blieben, wurden sie als zah- 
lungsunfähige Schuldner exekutiert. Dagegen 
werden bei Plutarch (Sol. 13) die H. von den 
Schuldnern getrennt und ihre Stellung zu den 



vgl. Orph. Argon. 1356; frg. 49, 1. 5 mit der 60 xXovotot besonders aufgefaßt. Die Lexikographen 



Paraphrase von Ioan. Malal.; Etym. M. s. ixrj- 
ßoXog. Cornut. 32. Bei Orph. frg. 160, 11 heißt 
es: "HXiog, ov xaXsovOtr ^AnöU-cava xXvxoxo£ov } \ 
&otßov kxy]ßzXkxT\v, fidvxiv jiävzcov exäsoyov, wie 
hier dem Beiwort indeQyog, so ist bei Orph. 
Argon. 1: wva£ Uvöävac fte&itav ixartjßoXe ftdvtt 
dem Beiwort ixattißöloe die Deutung beigelegt, 
daß der Gott mit »einen Orakeln das Fernste 



(zusammengestellt bei Rose Aristot. Frgm. 389 * 
und inKenyons Akademischer Ausgabe von Ari- 
stoteles 'A&. noX. zu 2) stellen hinwiederum die 
H. als Lohnarbeiter (aeXaxat) bin. Bezüglich der 
Frage, ob die H. ein Sechstel oder fünf Sechstel 
des Erträgnisses des von ihnen bearbeiteten La ndes 
erhielten, sind die Lexikographen unfer «ick im 
Zwiespalt; nach Plutarch (a. ». O.) «ntrichteten 



2808 



Hektenes 



Extsvg 



a«o* 



sie Vö) aus Aristoteles geht nicht klar hervor, 
welcher Ansicht er war (Bühl Der Staat der 
Athener und kein Ende 684). Unter den Neueren 
sind hauptsächlich zwei Ansichten vertreten ; wäh- 
rend die einen die H. für Feldarbeiter halten, 
welche eine bestimmte Quote des Rohertrags als 
Lohn erhielten, waren sie nach den anderen Hörige 
(hörige Kolonen), vgl. die Übersicht in meinen Bei- 
trägen z. griech. Becntsgcschichte (1905) lOlff., 



war als das von Solon eingeführte, eine Nachricht, 
die von Lehmann-Haupt (Hermes XXVII 1892, 
534ff. u. ebd. XXXV 1900, 646f.) und von v. Wi- 
lamowitz (Arist. u. Athen I 42f.) zu Unrecht 
bekämpft wird. Baß phei donische Maß nun ist r 
wie wir die Überlieferung zu verstehen haben, 
gleichzusetzen mit dem unten zu berührenden 
äginäischen Maß (vgl. Marm. Par. v. 45 ; im übri- 
gen Stellen- und Literaturnachweis bei Hultsch 



wozu noch kommen G. Niccolini Riv. di storia 10 Metrologie 2 521 mit Anm. 1 u. 2; zur Sache 

antica VII 1903, 673ff. und Ch. Güliard Quel- "-••*- - 1 - ™~ ß.-- ^i^j "+«-1 t-;™ ieoa 

ques ßäformes de Solon 91 ff. Ganz abweichend 
ist die Auffassung der Hektemorie als einer Form 
des Hypothekarkredits (De Sanctis 'Axftk 196, 
ähnlich Otto Müller Jahrb. f. Philol. Suppl. XXV 
834 und Glotz La Solidarite de la famille dans 
le droit criminel en Grece 362). Ich selbst habe 
(a. O. 102ff. 106ff.) ausführlich die Anschauung 
entwickelt, daß dieH. ein auf öffentlich-rechtlichem 



Hultsch Die Gewichte d. Altertums, Leipz. 1898, 
60, 8. Verschiedenheit des äginäischen und phei- 
donischen Systems suchen Köhler Athen. Mitt. 
VII 1882, 5 und Lehmann -Haupt a, a. 0» 
zu erweisen). Doch handelt es sich bei der 
Gleichsetzung der beiden Systeme nicht um 
eine absolute Gleichheit aller beiderseitigen (gleich- 
namigen) Gewichte und Maße in ihren Beträgen, 
sondern vielmehr um eine Gleichheit der Norm. 



Wege organisierter Stand von erbuntertänigen, an20Brandis hat bekanntlich (Münz-, Maß- u. Gew.- 



Grund und Boden gebundenen Hörigen waren, 
welche von ihren Herren lebenslänglich ein Grund- 
stück zum Nießbrauch für sich und ihre Familie 
zugewiesen erhielten; der Best der Ernte blieb 
nach Abzug der dem Grundherrn gebührenden 
Quote, die mit Ludo Hartmann (bei Gomperz 
a. 0. 45ff.) auf l/e zu bestimmen ist, in ihrem 
Besitz, daneben hatten sie ihren Herren Fron- 
dienste zu leisten. Die Stellung der H. entsprach 



Wesen in Vorderasien 45ff.; vgl. zuletzt J. Hae- 
berlin Berl. Ztschr. f. Num. XXVII 1909, 4) an 
Gewichten ans Babylon erwiesen, daß das metro- 
logische System der Babylonier, das Muttersystem 
aller antiken Systeme, insofern gewissermaßen ein 
Doppelsystem war, als jedes einzelne Nominal 
desselben bei gleicher Benennung in doppelter 
Form, nämlich zugleich als Ganzes und als Hälfte 
existiert; und gemäß dieser Erscheinung pflegt 



meines Erachtens ungefähr derjenigen der lako- 30 man von der großen (im Gewicht auch schweren) 
nischen Heloten und der thessalischen Penesten. und der kleinen (oder leichten) Einheit des baby- 
lonischen Systems zu sprechen. Kein anderer 



Den Ursprung der Hörigkeit sehe ich in frei- 
williger Ergebung (a. 0. 114 ff.), ein Teil der H. 
gehörte infolge des erblichen Dienstverhältnisses 
schon von Geburt diesem Stande an. Mit der 
Wandlung der Grundherrschaft zur Gutsherrschaft 
seit der Einführung des gemünzten Geldes und 
dem Eindringen des Kapitalismus in die Land- 
wirtschaft wird sich die früher erträgliche Stellung 



Unterschied besteht zwischen dem pheidonisch- 
äginäischen und dem pheidonisch-attischen System -, 
denn die erwähnte Aristotelesstelle beweist gegen- 
über dem Befund der äginäischen Münzen mit 
Evidenz, daß das vor soloni sehe Gewicht genau 
die kleine Einheit des äginäischen darstellt. So- 
mit ist der attisch-pheidonische Medimnos gleich 



^!^-r^l 6B SÄfS h ±r t ( ^;°-Ti!S 40 5 pheidon.-ägin.Medhnnos, d.i.5^? (.. «.) = 



Solon hob die Hörigkeit und damit das Institut 
der H. auf (daß seine Gesetzgebung sich damit 
beschäftigte, ergibt sich aus Pollux VII 151). 
Busolts Ansicht (Festschrift für L. Friedländer 
525ff.), daß die H. nicht durch Solon, sondern erst 
durch Kleisthenes volles Bürgerrecht erhielten, 
wurde von Otto Müller (a. 0. 831 ff.) widerlegt. 
Wie ich glaube, war es auch die Absicht Solons, 
die H. zu freien Grundbesitzern zu machen, doch 



27,23 1, der H. also 4,56 1 und die Choinix 0,57 1. 
2. Der Medimnos Solons hat gemäß dem (baby- 
loniseh-)großpersisch-euböischen Maß, dem er nach- 
gebildet ist (vgl. die auf die Zeit des Kyros- 
bezügliche Gleichsetzling der medischen Artabe 
mit dem attischen Medimnos bei Polyaen. IV 3 r 
32), 35,0208 1, der H. mithin 5,837 1, die Choinix 
als Achtel 0,729 1 Ansätze, zu denen das attische 



wurde diese Maßregel infolge der nach seinem 50 System noch nachweisbar ist aus Herodot (I 192). 
Archontate eingetretenen politischen Kämpfe erst 3. Im J. 401 ist dagegen dieses System insofern 
durch Peisistratos durchgeführt (a. 0. 127ff.). 



[Swoboda.] 
Hektenes, die alten Bewohner des boiotischen 

Theben, über die Ogygos herrschte, Paus. IX 5, 1. 

Lycophr. 433. Der Name war durch irgend einen 

alten Dichter gerettet. [Kroll.] 

*2?xrrus, seltener ixzov (vgl. Hultsch Metrol. 

Script. Ind.), griechisches Hohlmaß für Trockenes, 



geändert, als jetzt, wie durch Xenophon (anab. 
I, 5, 6) erwiesen wird, die Choinix auf (den halben 
Betrag der klein asiatisch-persischen xanl&rj d. i.) 
1,094 1 erhöht ist. Der H. wird durch ein gleich- 
zeitiges Zeugnis zu 6 Choiniken = 6,564 1 angesetzt: 
kxtEvg $e ionv k%a%oiratov [iezqov (Fragm. Ari- 
stoph. beiErotian ed. Klein 76. 1; von L. Din- 
dorf bei Steph. thes. 1. Gr^und Klein a ; a. 0. 



im Volumen jeweils das Sechstel des Medimnos 60 zu Unrecht beanstandet, von Hultsch Metrologie 2 
gleichen Systems (extcvs . . . phgov, exzov ixeiro 500f., o. Bd. III S. 2357 und von Kock Com. 
ftediftvov ov 6r)ka6ij rj/xtov to rjfitsxTöv, Eustath. * T "*"' x ~~ " """"° 



Od. p. 1854, 13). Das Hauptteilmaß ist neben 
dem Hemihekton die Choinix. a) Im attischen 
System wird der L gemeinhin zu 8 Choiniken an- 
gesetzt (Stellennachweis bei Hultsch a. a. 0.). 
1. Vor Solon galt in Athen das pheidonische 
Maß, das nach Aristoteles (A&. noX. c. 10) kleiner 



frg. I p. 551 irrig interpretiert). Der Medimnos 
stellt sich hiernach mit 39,39 1 auf den Betrag, 
zu dem der Metretes, das Parallelmaß für Flüssiges, 
überliefert ist (Hultsch a. a. 0. 108). 4. Im 
2. Jhd. v. Chr. wird der Medimnos auf 52,52 1 
d, L auf den doppelten Betrag der römischen 
Amphora (s. o.), derH. entsprechend auf 8,754 1, 



2805 



Extevg 



d*. i auf den Betrag des römischen Modius (Hultsch 
a. a. 0. Tabelle XI S. 704) erhöht. Die Choinix 
behält das alte Volumen und wird damit wieder 
Achtel des H. In diesem Aufbau zeigt das attische 
System der "Überblick bei Hultsch a. a. 0. 106. 
5. Als Atticus in Athen weilt (nach Nepos Attic. 
2, 2 im J. 88 v. Chr.), hat der Medimnos sieben 
römische Modien: (Attieus) universos frumento 
donavit, Ha ut singulis VII modii tritici daren- 
tur : qui modus mmsurae medimnus Athenis 10 
appellatur (a. a. 0. 2, 6), wo die Lesart VII der 
Handschriften gegen Böckhs und Fleckeisens 
Konjektur (vgl. die Halm sehe Ausg.) smi {VI) 
durch anderwärts zu besprechende monumentale 
Befunde gestützt wird. Der H. dieses Medimnos, 
der sich selbst auf 61,278 1 stellt, hat 10,213 1, 
die Choinix 1,276 1. Die Kotyle des Systems, 
die (wie auch sonst) ty 6 der Choinix beträgt, hat 
sieben römische Unzen (Ölgewicht) d. i. 0,2128 1 
und ist in einem von Duchesne (Arch. miss. 20 
scient. TU 1876, 385, 11) aus cod. Patm. nr. 17 
(saec. X) edierten metrologischen Fragment über- 
liefert. 6. Im jüngsten attischen System endlich, 
das Plinius (n. h. XXXI 34) als internationales 
System der Arzte kennt, hat die Choinix, wie aus 
einer Reihe metrologischer Teste zu entnehmen 
ist, (3 bezw. 6 Kotylen von je 7,5 Unzen Ölge- 
wicht oder 0,228 1 =) 0,684 bezw. 1,368 1, der 
H. mithin als Sechzehn- oder Achtfaches der 
Choinix 10,944 1 und der Medimnos 65,664 130 
(vgl. Metrol. Script. 1 242, 12—16 mit 235, 13-- 14 
und für die Doppelchoinix 233, 9). Ermittelt 
wurde dieses System zuerst von Pernice (Galeni 
de pond. et mens, testinlonia, Bonn 1888); doch 
irrte sowohl Pernice wie auch Nissen (Me 
trologie S.-A. 39 = Iw. Müller Handb. 13 879) 
in der Berechnung der Systemnorm, da die Kotyle 
von 7^2 Unzen, nicht auf Wasser — sondern auf 
Ölgewicht zu beziehen ist und deshalb nicht 0,2046 
sondern 0,228 1 ergibt. 7. Als Kaufpreis für 40 
1 H. Weizen gibt Schol. Aristoph. EccL 547 
ca. 3 Obolen an: tivqwv ixiea] TQi'J}ßoXov tocog 
rjv; demgemäß Suidas (= Metrol. Script. I 337, 9 
. . . ixzea • tovzsotl tQidißoXov. Hultsch konjiziert 
hier ganz zu Unrecht tqixotvIov; denn wenn nach 
Letronne Consid. gener. 119 (s.Böckh Staatsh., 
3. Aufl. von Fränkel 79) um das J. 400 der 
Medimnos Getreide zu Athen im Durchschnitts- 
preis 21/2 Drachmen, d. i. 15 Obolen kostet, so 
stellt sich demnach der H. auf 2i/ 2 Obolen. 50 

b) 1. Für das wie es scheint konstante ägi- 
näische System hat Hultsch Jahrb. f. Philol. 
XCV 531ff. (= Metrologie 2 499ff.; vgl. jedoch Die 
Gewichte des Altertums 60, 8) das Volumen des 
Metretes aus dem effektiven Münzgewicht an- 
nähernd richtig zu 54,52—55,89 1 berechnet. Der 
lakonische Medimnos berechnet sich aus Angaben 
des Plutarch (Lyc. c. 12) und Dikaiarch (bei 
Athen. IV 141 e); nach ersterem hatte jeder 
Spartiat zu den Syssitien 1 (lakon.) Medimnos 60 
beizusteuern, ein Betrag, den Dikaiarch zu xgia 
fxdXiaxa ^ui/iidt-fiva 'Axuxa angibt. Der attische 
Medimnos hat zu Dikaiarchs Zeit 39,39 1, sodaß 
der obere Grenzbetrag für den lakonischen Medim- 
nos (U/2 att. Medimn.) 59,08 1 beträgt Setzt 
man nun den lakonischen Medimnos mit dem 
äginäischen Metretes zu 54,72 1 an — dies ist 
nämlich nach dem Ausweis einer urkundlich be- 



nejctor aovu 

zeugten ägyptischen Artabe von 40 Choiniken der 
genaue Betrag — so stellt er sich damit auf 
1,389 attischen Medimnos. Zu demselben Betrage 
ist der äginäische Medimnos anzusetzen, da 
Hultschs Ansatz desselben zu ca. 72,7 1 (a. a. 0.) 
auf der irrigen Annahme beruht, daß der attische 
Medimnos zur Zeit Dikaiarchs schon 52,52 1 gehabt 
habe. Der H. des äginäisch-lakonischen Medimnos 
hat 9,12 1. 

2. Für den lakonischen Hafenort Gytheion ist 
ein H. monumental durch einen ebenda gefun- 
denen, im Archäol. Museum zu Athen aufbe- 
wahrten Hohlmaßtisch (Literatur: E. Curtius 
Philol. XXIX 1870, 696ff. Eustratiades *Aqx- 
atoX. icpt)fi. Ttegiod. ß', ysvx- tö' 1870, 378ff. Le 
Bas Explication H4,117f. Dumont Kev. arch. 
XXIV 1872, 298ff. Hultsch Metrologie^ 537ff. 
Pernice Berl. Ztschr. f. Kumism. XX 1897, 222ff. 
Bourguet Eev. arch. II 1903, 25 ohne Kenntnis 
von Pernices Arbeit) zu erweisen, von dessen 
Hohlräumen einer auf seinem Bande die inschrift- 
liche Bezeichnung HMIEKTON trägt. Derselbe 
hat heute ein Volumen von 3,8 1; doch stellt 
sicli sein wirkliches Volumen, da er ursprüng- 
lich noch einen kupfernen Einsatz besaß (Per- 
nice a. a. 0.), wie sich mit großer Gewißheit 
aus anderweitigen Parallelen ergibt, auf 7,28 1, 
der H. mithin auf 17,56 1 (vgl. übrigens u. r\\ii- 
fieötfivov c). Nicht zu erklären und zweifellos 
korrupt ist Suidas (= Metrol. seript. I 337, 7): '£. 
fievQov eozlv ravrdv sivai Xeyovoi rf) xoivixi, doch 
scheint die Änderung »J xoivify nicht fernliegend. 
Vorstehende Ausführungen beruhen auf ge- 
nauen Einzeluntersuchungen, die zum Teil im 
Manuskript abgeschlossen, zum Teil dem Abschluß 
nahe, demnächst (Hermes 1912/13) vorgelegt 
werden. [Viedebantt.] 

Hektor ^Extojq, -ogog). 1) Eine Etymologie 
des Namens scheint in Hom. H. V 472f. zu liegen. 
Er ist im Gegensatz zu den echten, alten Heroen- 
namen, die schwer, oft gar nicht zu deuten sind r 
,ein redender Name = Halter des Volkes, der 
Stadt', wie ihn schon die Alten auslegten (für 
einen ungedeuteten Personennamen hält ihn Fick- 
Bechtel Personennamens 426), Plat. Cratyl. 
p. 393 A; vgl. Suid. Etym. M. Lycophr. 100. 
Tzetz. Schol. Nach Hesych ist es die phrygische 
Übersetzung des persischen Wortes AageTos; vgl. 
Pott Etym. Forsch. II 260. Curtius Ztschr. 
f. vergl. Sprachforschung I 35. VTI 256. E. H. 
Meyer Idg. Mythen II 556ff. versucht, an die 
Hesychglosse anknüpfend, H. als ,Biegelpflock' 
zu erklären und den Namen mythologisch zu 
deuten; vgl. dagegen Crusius S.-Ber. Akad. 
München 1905, 760. Bei H. von Chios, dessen 
Zeit sich nicht feststellen läßt, ist der Name 
vielleicht auch seiner Bedeutung wegen, nicht des 
troischen Helden wegen gewählt; bei historischen 
Personen ist der Name noch nicht nachgewiesen ; 
über den angeblichen Vasenmaler vgl. Haus er 
Arch. Jahrb. X 160. Crusius a. a. 0. 769f. 

Bei Homer ist H. der Sohn des Priamos und 
der Hekabe. Er wird aber nicht, wie hei Apol- 
lodor. III 12, 5, 2, der erstgeborene genannt; 
wohl klagt Priamos bei seinem Tode, daß der 
Verlust dieses Sohnes ihm den größten Schmerz 
bereite, mehr als der aller seiner anderen Söhne, 
und Hekabe berichtet, daß sie gerade in ihn, den 



2807 



Hekfcor 



die Troer wie einen Gott verehrten, ihren Stolz 
gesetzt habe. Solche Stellen waren vielleicht der 
Anlaß , daß der Mythograph ihn den Erstgebo- 
renen nennen konnte. Noch vor der Belagerung 
Troias durch die Achäer vermählt er sich mit 
Andromache (s. d.) , sein Sohn ist Skamandrios 
oder Astyanax (VI 369). . 

Im IL Buch tritt er uns entgegen als Leiter 

der Versammlung, er beruft und schließt den 

Bat, ist also als politisches Oberhaupt, als Stell- 10 zurückzukehren. Von da geht H. t ohne sich auf- 



Hektor 

bittet vielmehr seine Mutter, um der erzürntem 
Göttin Versöhnung durch Opfer und Gebet zu 
erwirken, die greisen Troerinnen zu der Pro- 
zession und dem Bittopfer nach dem Athene- 
tempel zu versammeln, die seinem Wunsche auch 
sogleich nachkommt. Unterdessen begibt sich H. 
zu Paris und macht ihm Vorwürfe, daß er, der 
doch den Krieg veranlaßt habe, sich vom Kampfe 
fern halte. Paris verspricht ihm, zum Heere 



Vertreter des alten Priamos anerkannt. Als der 
hervorragendste Sohn des Priamos wird er auch 
besonders angeredet. Bei den Kämpfen ist er 
der Heerführer der Troer. 

Mit dem HL Buch beginnt der erste Schlacht- 
tag der Hias. Die Heere der Troer und Achäer 
rücken gegeneinander vor. Als Paris vor Mene- 
laos zurückweicht, veranlaßt ihn H, durch seine 
höhnenden Worte, Menekos einen Zweikampf um 



halten zu lassen, nach seiner Wohnung zu seinem 
Weibe und Kinde. Da er sie jedoch nicht zu 
Hause trifft, eilt er dem skäischen Tore zu. An 
der Mauer begegnet er ihnen. Nach einer Unter- 
redung mit seiner Gattin befiehlt er sein Weib 
und sein Kind den Göttern und begibt sich nach 
einem rührenden Abschied wieder auf das Schlacht- 
feld. Am Tore trifft er mit Paris .zusammen, und 
beide kehren in die Schlacht zurück. VI. Buch. 



Helena und ihre Schätze anzubieten. Um diesen 20 (E. Bethe Abh. d. phil. bist. Kl. d. sächs. Ges. 



zustande zu bringen, verhandelt H. mit Meuelaos 
wegen eines Waffenstillstandes zwischen den 
kämpfenden Heeren und läßt den Priamos zur 
Abschließung des Vertrages aus der Stadt rufen. 
Nach diesen Vorbereitungen mißt er mit Ödysseus 
den Kampfplatz ab und schüttelt das Los, wer 
beginnen soll. III. Buch. 

In dem nach dem Vertragsbruche wieder be- 
ginnenden Kampfe muß H. mit seinen Scharen 
zurückweichen. IV. Buch. 

Die Achäer sind im Übergewicht, und die 
Troer vermögen ihrem Vordringen nicht standzu- 
halten, bis H. auf die Scheltworte des Sarpedon 
hin die Troer zum Kampfe anfeuert und mit des 
Ares Hilfe das Treffen wiederherstellt. Unter 
dem Schutze des Ares stürmt H, auf Diomedes, 
der sich besonders im Kampfe ge^en die Troer 
hervortat, los; aber Diomedes erkennt den H. 
begleitenden Gott und zieht sich zurück. H. 



d. Wiss. XXVII [1909] 12 sieht in H.s Abschied 
einen alten Kern, den der ordnende Dichter mit 
Diomedie verband; vgl. Berl. phil. Wochenschr. 
31 [1911] 761). 

Das Erscheinen der beiden auf dem Schlacht- 
felde gibt den Troern neuen Mut zum Vordringen. 
H. tötet den Eioneus. Auf Geheiß Apollons und 
Athenas bestimmt Helenos den H. t den Zwei- 
kampf mit einem der Griechenhelden aufzu- 
30 nehmen. H. nimmt den Vorschlag an und for- 
dert die Griechen zum Kampfe heraus. Nach 
längerem Zögern melden sich auf Nestors Tadel 
hin neun Helden, von denen Aias. durchs Los 
gewählt, sich ihm gegenüberstellt. In dem Speer- 
gang streift Aias' Lanze H. am Halse, und dunk- 
les Blut rieselt zur Erde. Dann wird H. durch 
einen mit Wucht geschleuderten Stein des Aias 
am Knie verletzt und zu Boden gedrückt, jedoch 
durch Apollons Beistand gleich wieder aufgerichtet. 



folgt ihm und tötet den Menesthes und den An- 40 Da soll der Streit mit dem Schwerte entschieden 



chialos. Im weiteren Verlauf des Kampfes wird 
Sarpedon verwundet und kommt mit seinen Ly- 
kiern ins Gedränge. H. kommt unter dem Bei- 
stand des ihn schützenden Gottes ihm zu Hilfe 
und treibt die Achäer zurück ; Teuthras, Orestes, 
Trechos, Oinomaos, Helenos und Oresbios fallen 
von seiner Hand. Aber durch das Eingreifen 
der HeTa und der Athena, durch die Verwun- 
dung des Ares durch Diomedes tritt eine Wen- 



werden. Als abends der Kampf noch schwankt, 
werden sie durch Herolde getrennt. Auf H.s 
Vorschlag ist auch Aias mit dem Abbruch des 
Kampfes einverstanden. Sie tauschen beim Ab- 
schied Geschenke aus, Aias gibt H. seinen Gürtel, 
H. dem Aias sein Schwert. VfL Buch. 

Nach zweitägiger Kühe beginnt am dritten 
Tage der zweite Schlachttag. Die Troer greifen 
die Achäer siegreich an, so daß sie sich zur 



dune des Kampfes zugunsten der Achäer ein, 50 Flucht wenden müssen. Nestor war durch einen 

5 3-. m i_ • a„ TT„_1 V„:j- TT~-fc.11 „,„.M«l-«. a > 1 l.-< 1 'kaT 1 iVin <*ri-ff TT an lind Ar 



und die Troer kommen in große Verlegenheit. 
V. Buch. 

In dieser Bedrängnis begibt sich H. auf seines 
hellsehenden Bruders Helenos Rat hin in die 
Stadt, um seine Matter Hekabe und die troischen 
Trauen zu einem Bittgang nach dem Tempel der 
Athena aufzufordern, ihr einen Peplos darzu- 
bringen und Opfer zu geloben. Als H. sich dem 
Tore nähert , eilen ihm die Zurückgebliebenen 



Unfall zurückgeblieben , ihn griff H. an , und er 
hätte ihn getötet, wenn nicht Diomedes {Lehner dt 
bei Koscher sagt irrtümlich auch Ödysseus) ihm 
zu Hilfe gekommen wäre. Nachdem er Nestor 
aus seiner mißlichen Lage befreit hat, wendet 
er sich mit Nestor gegen H. und tötet durch 
einen Speerwurf H.s Wagenlenker Eniopeus. Ob- 
wohl H. bald einen Ersatzmann fand, wäre er 
doch in große Not geraten, wenn nicht Zeus 



entgegen, um sich nach ihren Angehörigen zu 60 durch einen Blitzstrahl die Pferde des Diomedes 



erkundigen. Er befiehlt ihnen, zu den Göttern 
zu beten. Als er in den Königspalast kommt, 
tritt ihm seine Mutter entgegen und bietet ihm 
einen Becher Weines an. Jedoch H. weigert 
sich, den Wein zu trinken, weil er in seiner Auf- 
regung die zu starke Wirkung des Weines fürchtet, 
ebenso mit unreinen Händen Zeus zu spenden, 
da er mit Blut und Schmutz bedeckt ist. Er 



erschreckt und beide zur Umkehr bewogen hätte. 
Die Hoffnung, Nestors Schild und Diomedes' 
Rüstung zu gewinnen , gibt H. den Antrieb zu 
erneutem Angriff auf die Griechen, er feuert seine 
Leute zum Vorgehen gegen die Verschanzungen 
an. Die Griechen weichen zurück hinter den 
Wall. H. dringt siegreich bis zum Graben der 
griechischen Mauer vor. ß: ist nahe daran, die 



Sdriff« in Br«^ zu st«ckeri- Ab« Agamemnon 
l^traöch TfflshtwSÖg zu krlftfger Abwehr an. 
Die Griechenhelden, Diomedes voran, stürmen 
über den Graben vor. Teukros zeichnet sich 
dabei besonders aus und tötet mit seinen Pfeilen 
viele Troer. Zweimal sendet er sein Geschoß 
gegen H., doch Apollon lenkt die Pfeile ab auf an- 
dere, trifft dadurch H.s Wagenlenker. In der Wut 
darüber ergreift H. einen gewaltigen Stein und 
verwundet den gerade zum dritten Mal auf ihn 
anlegenden Teukros. Durch diese Tat gewinnen 
die Troer wieder frischen Mut; von H. eifrig 
verfolgt, fliehen die Achäer über den Graben 
zurück. Erst die hereinbrechende Nacht macht 
dem Kampf ein Ende. H. beruft eine Versamm- 
lung der Troer und befiehlt ihnen, auf dem 
Schlachtfelde vor dem Tore bei den Wachtfeuern 
zu lagern, damit die Griechen nicht heimlich 
absegeln können; die troischen Knaben und die 
Greise sollen die Mauer bewachen. Am anderen 
Tage wollen sie den Kampf erneuern, in der Hoff- 
nung, bis an die Schiffe vorzudringen. VIII. Buch. 
Zu gleicher Zeit schicken die Griechen ihre 
Gesandtschaft an Achilles, ihn zur Teilnahme am 
Kampfe zu bewegen. Ödysseus hebt unter den 
Gründen besonders H.s Übermut hervor. Jedoch 
Achilles erklärt, daß er nicht eher in den Kampf 
eingreife, bis H. mordend zu den Schiffen der 
Myrmidonen vordringe. IX. Buch. 

In der Nacht schicken beide Parteien Späher 
aus, die Achäer Ödysseus und Diomedes, H. da- 
gegen Dolon. Dolon wird von den beiden Grie- 
chen gefangen und getötet. X. Buch. 

Am folgenden Morgen beginnt der dritte 
Schlachttag. Nach gegenseitigen Vorbereitungen 
treten die Parteien ins Gefecht ; den Anfang 
macht die 'Aya^rovos ägiaxeia, wodurch die 
Troer zurückgedrängt werden und bis zum skäi- 
schen Tore fliehen. Durch H. wird die Schlacht 
wiederhergestellt. Auf Zeus' Wink weicht er 
jedoch Agamemnon aus ; nach dessen Verwundung 
schlägt er die Achäer in die Flucht, die sich 
zum Schiffslager begeben. H. tötet mehrere 
Heerführer der Achäer (Asaios, Antonoos, Opites, 
Dolops, Opheltios, Agelaos, Aisymnos, Oros, Hip- 
ponoos) und viele andere. Doch Ödysseus und 
Diomedes halten die anstürmenden Troer auf 
und bringen den Kampf zum Stehen. H. wird 
von Diomedes durch einen Speerwurf am Helm 
getroffen und betäubt, Diomedes selbst von Paris 
verletzt. Durch die Verwundung mehrerer achäi- 
scher Helden sind die Troer im Übergewicht. H. 
kämpft wieder auf der linken Seite des Schlacht- 
feldes gegen Nestor und Idomeneus, wo besonders 
Aias die Troer bekämpft. Den Kampf mit Aias 
meidet H., aber Aias zieht sich, von Zeus ge- 
schreckt, langsam kämpfend zurück. XL Buch. 
Im XTI. Gesänge tobt der Kampf nach der 
Flucht der Achäer schon im Graben und an der 
Mauer des Lagers der Griechen. H. will mit 
den Rossen über den Graben setzen, aber die 
Pferde scheuen davor zurück. Deshalb lassen 
H. und die Troer auf des Polydamas Rat Rosse 
und Wagen zurück und stürmen in fünf Haufen 
gegen die Mauer. Nach einem längere Zeit 
schwankenden Ringen gelingt es schließlich H., 
nachdem ein Angriff H.s auf die Mauer durch 
die tatkräftige Gegenwehr der beiden Aias ge- 



scheitert ist, durch einen wuchtigen Steinwurf 
das Tor der Mauer zu sprengen. Die Troer 
stürmen inB Lager, die Achäer fliehen ins Schiffs- 
lager. XH. Buch. 

Die flüchtigen Achäer halt Poseidon auf und 
ordnet durch die beiden Aias ihre Scharen. Ihr 
Widerstand hält H. von der Vernichtung der 
Schiffe zurück. H. erneuert seinen Angriff und 
tötet den Amphimachos, wird aber von Aias 
10 durch einen Stoß auf seinen Schild zurückge- 
worfen. Die Achäer erlangen in dem einsetzen- 
den heftigen Ringen zuerst auf der linken, dann 
auch in der Mitte, wo H. steht, ein bedrohliches 
Übergewicht; aber auf des Polydamas Rat eilt 
H. auf die linke Seite und ruft die Helden nach 
der Mitte, wo er die zerstreuten Scharen zum 
Angriff sammelt und gegen die standhaft sich 
wehrenden Achäer vorgeht. XIII. Buch. 

In diesem Kampfe führt Poseidon, während 
20 Zeus durch Heras List eingeschläfert ist, die 
Achäer siegreich vor; H. wird von Aias durch 
einen Steinwurf betäubt, so daß er von seinen 
Gefährten ohnmächtig aus der Schlacht zum 
Flusse Xanthos getragen werden muß. Infolge- 
dessen wenden sich die Troer bestürzt zur Flucht. 
XIV. Buch. t „ ^ 

Als Zeus erwacht, befiehlt er Apollon, H. 
sogleich wiederherzustellen und ihm neue Kraft 
zu verleihen. Der Gott führt ihn neugestärkt 
30 in den Kampf zurück uud schreckt die_ Achäer 
mit seiner Agis. Unter seiner Leitung jagt H., 
der schon den Stichios und den Arkesilaos nieder- 
gestreckt hat, die Achäer in die Flucht, sogar 
bis in das Schiffslager. Nach der Zerstörung der 
Mauer und Ausfüllung des Grabens durch Apollon 
spinnt sich der Kampf weiter an den Schiffen. 
H. sucht das von Aias verteidigte Schiff in Brand 
zu stecken; er tötet dabei des Aias Gefährten, 
Lykophron. Teukros greift in den Kampf ein, 
40 aber bei dem Versuch, auf H. den Bogen zu 
spannen, springt durch Zeus' Walten die Sehne. 
Dieser Vorfall stärkt H.s Mut. Er tötet den 
Schedios, Antilochos zieht sich zurück, die Achäer 
fliehen; H. stürmt vor, den Feuerbrand auf die 
vordersten Schiffe zu schleudern, aber Aias wehrt, 
mit einer Stange bewaffnet, im Zurückweichen 
noch einmal das Verderben von dem Schiffe des 
Protesilaos, das H. schon erfaßt hat, und den 
zunächst liegenden Schiffen ab. XV. Buch. 
50 Lange jedoch, kann sich Aias nicht halten vor 
den Geschossen der Troer, und als H. ihm mit 
dem Schwerte den Speer zerschlägt , gibt er die 
Verteidigung auf. Die Troer stecken das Schiff 
des Protesilaos in Brand. In der höchsten Not 
erscheint Patroklos auf dem Kampfplatz , in der 
Rüstung des Achill, und treibt die Troer zurück. 
Aus dem Getümmel, das bei dem Rückzuge ent- 
steht, kann sich H. nur mit Mühe durch sein 
Gespann retten. Die Troer werden in die offene 
60 Ebene hinausgejagt. Dem nachsetzenden Patro- 
klos stellt sich Sarpedon entgegen, erliegt aber 
dem Schwertstreich des Patroklos. Um seine Leiche 
den Achäern zu entreißen, stürzt sich H. ins Ge- 
fecht, muß aber vor Patroklos weichen, da ihn 
plötzlich Furcht erfaßt. Aber als PaUoliofl gegen 
die Mauern Troias anstürmt, tritt ihm IL unter 
Apollons Schutz entgegen. B* Wagantonker Ke- 
briones wird von PatroWos getötet Im Kampfe 



£öll 



üeKtor 



Hektor 



2812 



um des Kebriones Leiche fällt Patroklos mit Hilfe 
des Apollon und Euphorbos durch H.s Speer. 
Sterbend weissagt er dem H. seinen nahe bevor- 
stehenden Tod. H. zieht seinen Speer aus der 
AVunde und eilt dem Automedon nach, der mit 
Achills Rossen flieht. XVI. Buch. 

Indessen beginnt der Kampf um Patroklos' 
Leiche, die von Menelaos verteidigt wird. H. wird 
von der Verfolgung des Automedon durch Apol- 



Athena überredet den H. in Deiphobos 1 Gestalt, 
den Entscheidungskarnpf zu wagen. Den Vor- 
schlag des H., gegenseitig sich zu verpflichten, 
den Leichnam des Besiegten auszuliefern, weist 
Achilles zurück. In dem nun beginnenden Kampfe 
erlegt Achilles nach einem durch Athenas Täuschung 
vergeblichen Speergang den H., indem er ihm 
eine tödliche Wunde am Halse beibringt. Die 
Bitte H.s um Auslieferung seiner Leiche verweigert 



Ion herbeigerufen und greift Menelaos an. Wäh- 10 Achilles; im Tode noch erinnert H. den Achilles 
rend dieser zurückweicht und den Aias zu Hilfe an sein nahes Ende durch Paris und Apollon. 



ruft, bemächtigt sich H. der Rüstung des Patro- 
klos und Achilles, muß aber vor Aias weichen. 
Die Waffen läßt er nach der Stadt bringen. Auf 
das Schelten des Glaukos, daß er den Kampf mit 
Aias scheue, legt H. die Rüstung des Achill an 
und beteiligt sich am Streite um den Leichnam, 



Darauf beraubt Achilles den Toten seiner Rüstung 
und schleift die Leiche, mit durchbohrten Füßen 
an seinen Wagen gebunden, zum Lager unter den 
Klagen der Troer und seiner Angehörigen, XXLT. 
Buch. 

Im Lager angelangt, läßt Achilles H.s Leiche 

im Staube neben der aufgebahrten Leiche des 

Patroklos liegen, und er verspricht, sie den Hunden 

lieh. Als das Gespann des Achill mit Antonie- 20 preiszugeben. Aber Aphrodite wehrt die Hunde 

don wieder auf dem Schlachtfelde erscheint, be- ab und bewahrt ihn durch Salben vor Entstel- 



Er schleudert seine Lanze gegen Aias, der jedoch 
geschickt ausweicht, trifft aber den Schedios töd- 



drohen H. und Aineias den Helden, um die Rosse 
zu erbeuten; aber da sein Speerwurf fehl geht, 
und die beiden Aias den Gegner unterstützen, 
begibt sich H. wieder zu des Patroklos Leiche, 
wo er unter Apollons Beistand wuchtige Schläge 
austeilt. Leitos wird verwundet, und Koiranos 
durch seinen Speer getötet, so daß die Troer bald 
im Vorteil sind. XVTI. Buch. 



lung. Apollon hüllt ihn in eine Wolke und schützt 
ihn so vor den Sonnenstrahlen und der Verwe- 
sung. XXIH. Buch. 

Auch als ihn Achilles täglich dreimal um das 
Grab des Patroklos schleift, bleibt er durch Apol- 
lons Beistand unbeschädigt. Die Götter, die Mit- 
leid mit dem Schicksal H.s empfinden, erheben 
Einspruch gegen die Mißhandlung. Zeus läßt 



Des Patroklos Leiche ist sehr gefährdet und 30 Achilles durch Thetis zur Auslieferung der Leiche 



nahe daran, in die Hände seines Feindes zufallen; 
denn kaum sind die beiden Aias mit Meriones 
und Menelaos noch im stände, den Leichnam zu 
schützen. Da zeigt sich Achill (s. d.) am Graben 
und schreckt die Troianer, von Athena unterstützt, 
zurück. Die vorzeitig hereinbrechende Nacht be- 
endigt den Kampf. Gegen des Polydamas Vor- 
schlag besteht H. darauf, mit seinen Troern vor 
den Toren der Stadt zu bleiben, um am folgenden 



bestimmen. Gleichzeitig schickt er Iris zu Priamos, 
um ihn zu dem Entschlüsse zu bewegen, H.s 
Lösung zu versuchen. Trotz der abmahnenden 
Bitte der Hekabe begibt sich Priamos unter dem 
Geleite des Hermes mit kostbaren Geschenken 
in das Lager und weiß durch seine Bitten und 
das reiche Lösegeld die Rückgabe der Leiche von 
Achilles zu erlangen. Achilles läßt den Toten 
waschen, salben und bekleiden. Zur Bestattung 



Tag gleich den Kampf wieder aufzunehmen, selbst 40 bewilligt er Priamos einen elftägigen Waffen- 
gegen den mächtigen Achilles, der bei der Klage stillstand. Für die Nacht bietet er ihm seine 
um Patroklos gelobt hat, ihn nicht eher zu be- 
statten, bis er H.s Waffen und Haupt zur Stelle 
gebracht habe. XVTIL Buch. 

Am folgenden Tage, dem vierten Schlachttage, 
sucht Achilles den H. unter den fliehenden Troern 
zu erreichen. Aber auf Apollons Einwirkung hält 
sich H. dem Kampfe fern. Erst als er Polydoros 
von des Achilles Hand fallen sieht, stellt er sich 



Gastfreundschaft an. Auf Hermes* Antrieb bricht 
Priamos noch in der Nacht auf und langt mit 
Tagesanbruch in der Stadt an, wo die trauern- 
den Troer den Toten wagen in Empfang nehmen. 
Die Leiche wird in den Palast gebracht, auf dem 
Totenbette ausgestellt, und es beginnt die Toten- 
klage, Am zehnten Tage wird die Leiche auf 
dem Scheiterhaufen verbrannt. Bei seiner Be- 



ihm entgegen , aber Athena hält H.s Speer auf, 50 stattung ehren sie ihn durch ein hohes Grab- 



so daß er machtlos Achilles vor die Füße fällt. 
Apollon rettet dagegen H., indem er ihn in eine 
Wolke hüllt, vor dem wutenden Ansturm des 
Achilles. XX. Buch. 

Die Troer ziehen sich nach der Stadt zurück 
vor dem Drängen des Achilles und flüchten sich 
hinter die Mauern. H. jedoch hält vor dem 
skäischen Tore stand; weder die Bitten des Pria- 
mos noch seiner Mutter Flehen können seinen 



mal. Damit schließt die Ilias. XXIV. Buch. 

Ein Charakterbild des H. versucht F. A. Happe 
Der hom. Hektor, Progr. Coblenz 1863 zu ent- 
werfen, danach Lehn er dt bei Röscher Mvth. 
Lex. I 1916ff. 

H. gilt in der Ilias als die Stütze Troias und 
des väterlichen Hauses, mit dessen Tod anch der 
Untergang der Stadt verknüpft ist (H. V 472. 
VI 401ff. Tzetz. Hom. 129. CIG 7690), ein 



Entschluß ändern. Als aber Achilles sich ihm 60 Zug, der in der späteren Literatur oft wieder- 
_ a i.__i **, tt ■ -,,. i . , ,. ™ , , kelirt (z ß Pind 0l n89 Lykopin 208. 305. 

1190. Sen. Troad. 128; Ag. 781. Anth. PaL VII 
137ff. u. a.). 

Die spätere Literatur zeigt in der Dar- 
stellung der H.-Sage manche Abweichungen von 
der Homerischen Fassung. In den Ryprien gj^ 
Kyknos, EL und Memnon die drei ifauptgegner 
des Achilles (Find. OL II 81; Isthm. V 39). 



nähert, ergreift H. in wilder Angst die Flucht. 
Achilles treibt den fliehenden H. dreimal um die 
Stadt, wobei er ihm jedesmal den Zugang nach 
dem Tore zu abschneidet. Als sie zum vierten- 
mal den Rundlauf beginnen und Zeus beider 
Schicksal durch die Wage entscheidet, sinkt H.s 
Schale, und Apollon, der ihn bisher unterstützt 
und gestärkt hatte, aberläßt ihn seinem Geschick. 



2813 



Hektor 



Als die Griechen in der Troas landen, wurden 
sie mit Steinwürfen empfangen ; Protesilaos, der 
zuerst ans Land springt, wird durch H. getötet 
(Kinkel Ep. Graec. fr. p. 17. Lykophr. 530f. 
Proclus Chrestom. I = Mythogr. Gr. I p. 241. 
Apollod. epit. III 21). Dieser Fassung begegnen 
wir hei Sophokles in den Poimenes (frg. 457 
Nauck 2 p. 241; vgl. Schol. Lykophr. 530); nach 
Hom. IL LT 701 tötet ein AagSävog ävr}Q den 
Protesilaos (Lehrs Aristarch^ 186). Ein be- 
liebter und häufig behandelter Stoff war H.s Tod 
und die Auslösung seiner Leiche. Er spielte eine 
Eolle bei Aischylos in der Trilogie Myrmidones, 
Nereides, Phryges oder Hektoros lytra (vgl. N au ck 
TGF 2 84ff. Robert Bild u. Lied 96). Auf Ai- 
schylos soll auch der Zug zurückgehen, daß der 
Leichnam des H. nach IL XXII 351 (Haupt 
Diss. Hai. Xni [1896] llöff.) von Priamos mit 
Gold aufgewogen wurde (vgl. Schol. A und cod. 
Townl. z. d. St. Lehrs Aristarcb.3 183. Nauck 
a. a. O.). Diese Version kehrt wieder bei Lyko- 
phron, der v. 260—270 von H.s Flucht, seinem 
Tod und der Schleifung berichtet, und v. 269 die 
Auslösung der Leiche um ein gleiches Gewicht 
Gold erzählt (vgl. Diphilos im Emporos = Mei- 
neke FCG IV 390, 2; s. Holzingers Kom- 
mentar zu Lykophr. 269). Auch dem Sophokles 
schreibt Phryges oder Hektoros lytra zu Welcker 
Gr Tr. II 134. Dem Waffentausch zwischen H. 
und Aias (vgl. Anth. Pal. VII 151 f.) dichtete 
Sophokles hinzu, Aias habe sich mit dem Schwerte 
des H. getötet (Ai. 661f. 817f. 1026f.), ebenso 
Lykophron 464ff. (vgl. Meineke An. AI. 123 zu 
Euphorion frg. 90. Holzinger 241); ähnlich 
soll H. mit dem von Aias eingetauschten Gurt 
an Achilles' Wagen gebunden worden sein (Schol. 
Lykophr. 463). Euripides erzählt im Gegensatz 
zu Hom. IL XXII 399ff., wo H.s Leichnam so- 
fort von den Mauern Troias nach den Schiffen 
geschleift wird, vielleicht nach dem epischen 
Zyklus in seiner Andromeda 1051 von einer Schlei- 
fung um die Mauern der Stadt. Den Euripides 
ahmte, wenn auch nicht die gleichnamige Tra- 
gödie (Vahlen Poes. Enn. rel. p. CCm), Ennius 
in seiner Andromeda nach; auf frg. 100 (S. 133 
ed. Vahlen) soll die Schilderung der dreimaligen 
Schleifung H.s um die Stadtmauer nach dem Ge- 
mälde am Iunotempel in Karthago bei Verg. Aen. 
I 483 zurückgehen (Forbiger* ed. p. 116; vgl. 
lliad. lat. 998. Hvg. fab. 106. Serv. Aen. I 483. 
Myth. Vat I 209." U 205 ; vgl. Daremberg- 
Saglio Dict. III 378). Bei Euripides tritt H. 
im Khesos auf, doch wird sein Charakter ab- 
sichtlich entstellt, H. und Khesos sind .barba- 
rische Renommisten'; ähnlich im Schol. Townl.; 
vgl. DittenbergerHerm.XL (1905) 461. Christ 
Griech. Lit-Gesch. 13 358. 

Eine Lösung H,s gab es noch von einem Dio- 
nysios (Tzetz. Chil. V 180. Nauck 2 794) und Ti- 
mesitheos (Suid. s. v.), einen H. schrieb Asty- 
damas (Plut. de glor. Athen, c. 7 p. 349 F ; Schol. 
A H. VI 742. Nauck^ 778). Die Tragödie des 
Astydamas soll nach Welcker Gr. Tr. 1059 
Naevius in seinem Hector proficiscens verwertet 
haben (Ribbeck Rom. Trag. 46). Von En- 
nius haben wir Fragmente einer Hectoris lutea, 
die den Titel Aischylos entlehnt hat, aber sich 
in ihrem Inhalt an die Homerischen Gedichte 



anschließt (gegen Ribbeck Rom. Trag. 126 
und Wecklein S.-Ber. Akad. Münch. 1891, 327£, 
die behaupten, Ennius habe die Handlung der 
Aischyleischen Trilogie in ein Stück zusammen- 
gefaßt, stellt diese Ansicht Vahlen in seinen 
poes. Enn. rel. p. CCV, p. H4ff. auf). Den In- 
halt dieser Dichtung gibt wahrscheinlich Hyg. 
fab. 106. Ähnlich behandelte den Homerischen 
Stoff, Aias' Kampf um die Schiffe (ihn erzählt 
lOBakchylides XIII 72ff.) bis zu H.s Tod und Lö- 
sung vielleicht Accius in seiner Epinausimache 
(Wecklein a. a. O. 327ff. Croiset Rev. 6t. 
°r. VT! [1894] lolf. Gruppe Griech. Mythol. 
676, 5). 

Während Homer nur einen Sohn H.s, Ska- 
mandrios oder Astyanas kennt, sprechen spä- 
tere Autoren von mehreren Kindern, so schon 
Euripides Androm. 424 ; aber das Scholion erklärt, 
es entspräche nicht der geschichtlichen Wahr- 
20 heit ; einen Sohn Laodamas erwähnt Dictys VI 
12; ebd. in 20 einen Laomedon; durch Kon- 
jektur gewinnt einen Sohn Orphnios, Müller 
FHG IV 301 b (vgl. Head HN 474). Zwei Söhne 
hatte eT nach Konon 46 und Lykophr. Schol. 
1226 und Tzetz., vgl. Dictys V 16. 

Nach Dictys III 15 wird H. von Achilles aus 
einem Hinterhalt getötet, da er der Amazone 
Penthesilcia entgegenzieht. Mit den mythologi- 
schen Figuren wurde auch H.s Gestalt in den 
30Mimus aufgenommen. Darauf scheint sich die 
Erwähnung eines nach H. benannten Tanzes bei 
Lucian. de salt. 76 zu beziehen; vgl. auch Cho- 
ricius, apol, mim. X 6 bei Graus Rev. de philol. 
N. S. 1 (1877) 229. Reich Mimus 240. 

Schließlich ist H. noch mit Theseus in Ver- 
bindung gebracht worden j nach Istros soll er 
Aithra von Troizen geraubt und nach Troia ge- 
bracht haben, Plut. Thes. 34. Crusius a. a. O. 

40 H. ist in der Ilias der besondere Schützling 
Apollons, aber X 50 wird betont, daß er weder 
einer Göttin, noch eines Gottes Sohn war. Weil 
er jedoch in besonderem Maße die Hilfe dieses 
Gottes erfuhr, nennt ihn Lykophron 264 seinen 
Liebling. Nach Stesichoros frg. 69, Ibykos 34 A 
und bei den alexandrinischen Dichtern Euphorion, 
Alexander Aitolos (Meineke An. AI, 142, 125. 
249) Lykophr. 264 ist er der Sohn Apollons 
(vgl Schol. Lykophr. a. a. O. und Tzetz. Schol. 

5011. HI 314. Lobeck Aglaophamus 268. Gruppe 
Griech. Myth. 305) ; weiterhin übertrug man auch 
die Eigenschaften des Gottes auf ihn, Lykophr. 
1205 heißt er, wohl nach Hom. IL I 51, Ab- 
wehrer der Seuchen. Nach Gruppe 3041 wurde 
Apollon am Skamandros auf der Burg Pergamos 
wahrscheinlich unter dem Kultnamen H. verehrt. 
(Ähnlich ist es wohl zu verstehen, wenn Sappho 
dem Zeus den Beinamen H. beilegt, frg. 154 
= Hesvch. s. "ExTOQsg. Gruppe621,5, Crusius 

60 S.-Ber.' Akad. Münch. 1905, 760; möglicherweise 
liegt auch nur ein Mißverständnis nach Hom. IL 
XIH 54 vor). 

Von einem Kult des H. in früherer Zeit läßt 
sich nichts Sicheres sagen. Hom. IL XXIV 6o0. 
784ff. ist von seinem Grabmal die Rede, vgL 
Paus. IX 18, 5 ; von Leichenspielen bei H,s Tod 
(nach dem Muster des Patroklos) spricht Philo- 
strat, heroie. 699, II 168 K. ; bei Ovid. met XIII 



2815 



Hektor 



Hektor 



2816 



427 legt Hecuba eine Haarspende auf H.s Grab 
(nach älterer Quelle, oder nur dichterische Aus- 
schmückung?} Gruppe 913, 4; H.s Grab er- 
wähnt eine Inschrift aus Nikomedia (Kaibel 
Epigr. Gr. 349). Eine Totenspende der Troer 
an H.s Grab war dargestellt am amykläischen 
Thron des Bathykles (Paus. III 18, 16; so er- 
klärt die Stelle Hitzig-Blümner in seinem 
Kommentar gegen frühere Auffassungen, die an 



Xin 1 [PHG IH 310]); Tzetz. zu Lyiophr. 1194 
variiert das Orakel, die Geheine sollten in der 
griechischen Stadt, die nicht am Kriege teilge- 
nommen habe, beigesetzt werden (vgl. Schol. IL 
II 505. Strab. IX 412. Eustath. z. d. St. 269, 
37. Artemidor. IY 63). Eine andere Tradition 
scheint bei Paus. IX 18, 5 vorzuliegen, der die 
Gebeine aus Ilion selbst übertragen sein läßt, 
mit der Begründung, daß die Thebaner dadurch 



H.s Lösung dachten, Overbeck I 70. Furt- 10 großen Reichtum gewinnen würden (Kalkmann 
wängler Phil.-hist. Aufs. E. Curtius gew. 179. Pausanias 128. Welcker Griech. Götterl III 
Klein Arch.-epigr. Mitt. IX (1885) 149; schon 
Robert 50. Berl. W.-Progr. 26 hielt diese Aus- 
legung für gezwungen ; vgl. Schneider Troisch. 



Sagenkreis 47; sprachliche Vergleiche sprechen 
dafür : Plut. mor. p. 272 E ; v. Rom. c. 4 ; Anton, 
c. 84. Xen. Eph. 5, 10). H.s Grab ist darge- 
stellt auf einem Homerischen Becher mit dem 
Anfang der Aithiopis, vgl. Robert a. a. 0. 21 ff. 



250. 257). Der Ort des Grabes war vor dem 
proitidischen Tore an der Oidipusquelle und hieß 
nach Aristodem. Aiog yovat (vgl. Lykophr. 1 194 und 
Tzetz. vgl. Pfister a. a. O. E. Schmidt Kult- 
übertragungen , Gießen 1909, 112). Auf diese 
Nachrichten und andere hin halten Dümmler 
Kl. Sehr. II 240ff. und Bethe Neue Jahrb. VII 
(1901) 671 H. für einen ursprünglich boiotischen 



In späterer Zeit wird H., wie auch die andern 20 Helden , dessen Kult durch boiotische Ansiedler 



Gestalten des Epos, in Ilion als Heros verehrt 
(Clem. Rom, hom. VI 22 [Mi. n 215]. Dio Chry- 
sost. or. Troi. XI 104 [I 142 Arn.]), und bis in 
die Zeit des Kaisers Iulian wurde sein Kult dort 
ausgeübt. Er besaß einen Tempel mit Opfern 
(Lucian. deor. conc. c. 12), und seine Statue war 
dort aufgestellt (Iulian. ep. 78 ed. Hennig Herrn. 
IX 25 p. 603 Hertl. Kaibel Epigr. graec. 1080: 
Epigramm von der Statue eines Heros. Baeh- 



an den Hellespont kam (vgl. Gruppe Griech. 
Myth. 308, 8). Als H. durch das Epos mit Troia 
verknüpft wurde, hielt man ihn dort für einhei- 
misch, und es entstand die Legende von seiner 
Übersiedelung nach Theben; s. Pfister a. a. 0. 
194; andere urteilt darüber Crusius S.-Ber. 
Akad. Münch. 1905, 761ff.; vgl. Gruppe Burs. 
Jahresb. CXXXVII (1908) 506 (Wünsch bei 
Pfister weist auf die Möglichkeit hin, daß 



83 c. 
XIX 



rens PLM IV 521 - Riese Anth. lat. I 367. 30 verschiedene Heroen desselben Namens [s. o.] da- 
Athenag. leg. 1 p. 1 Schwartz. Geffcken Griech. durch miteinander in Verbindung gebracht und 

gleichgesetzt wurden). 

Die bildlichen Darstellungen sind zu- 
sammengestellt in den o. Bd. I S. 242 angeführten 
Werken. Zu erwähnen ist H.s Kampf um die 
Leiche des Troilos, auf Vasenbildern, Overbeck 
364. Luckenbach 607ff. Schneider 128; der 
Stoff ist wahrscheinlich den Kyprien entnommen. 
Die von früheren Gelehrten als H. mit Troilos 1 



Apol. p. 120, 5. 160; Synes. calv. enc. p. 
Mi. 66, 1200. W. Schmid Philol. N. F. 
[1906] 558ff.). Über seine Wundertätigkeit und 
seine Verehrung als Heilheros berichtet Philostr, 
heroie. in 21 (II 151/2 K.). Sein Bild zeigen 
Münzen von Ilion aus der Kaiserzeit: Catal. Brit. 
Mus. Troas usw. p. 60ff. H. v. Fritze bei Dörp- 
feld Troia u. Ilion II 484ff. 519ff. Crusius 

a. a. O. 790ff. Wie lebhaft das Volk seine Ge- 40 Leiche gedeutete Neapeler Gruppe (abgeb. bei 
genwart empfand, zeigt Philostratos' Bericht, daß T> - - - 1 - — M - iX - T — T irvim --"--"^ -- -^ "" 
Hirten Erscheinungen von Heroen des troischen 
Krieges zu sehen glaubten (Rohde Psyche II 6 
350, 2. 3), wie Max. Tyr. XV 7 h (p. 110 Hobein ; 
p. 283 R.) von H. erzählt, Friedländer Sitten- 
geschichte IV 8 387. Diesem Heroenkult des H. 
mußte aber auch ein Grab zugrunde liegen. Den 
Ort seines Grabes zeigte man auf dem Hügel 
Ophrymon am Eingang des Hellespont (vgl, o.) ; 



Röscher Myth. Lex, I 1919) stellt nach Ross- 
bach Rom. Mitt. X (1895) 240ff. Athamas und 
Learchos dar. H.s Abschied von Andromeda : ein 
Gemälde zu Velia in Lukanien mit dieser Dar- 
stellung wird flüchtig erwähnt Plut. Brut. 23 
(,es gibt den Augenblick, wo Andromeda ihr Kind 
von H., der den Knaben geküßt hatte, zurück- 
empfängt, und wo sie den Gemahl mit dem ahnungs- 
vollen, zärtlichen Blick anschaut') ; andere s. Over- 



Lykophr. 1208, Schol. und Tzetz. 1194ff. Ari-50beck 403ff.; die Darstellung auf der Vase von 



stodem. in Schol. Venet. A II. XHI 1. Anth. 
Pal. VII 137ff. 151f. Tzetz. zu den Homerica 489 
(das Epigramm wohl umgestaltet nach Peplos, 
3. u.); vgL Pfister Reliquienkult im Altertum, 
Gießen 1909, 193. 

Ein Grab des H. (Exzerpt aus Peplos Ps.- 
Aristot. bei Rose Arist. Pseudepigr. p. 575. Anth. 
Pal. II 755) besaßen auch die Thebaner, und 
zwar sollten die Gebeine des H. von Troia her- 
übergeholt sein. Die Legende dieser Kultüber-60 
tragung ist uns in doppelter Gestalt überliefert: 
die älteste Quelle, Lykophron, berichtet : daß man 
während einer Pest oder eines sonstigen Unheils 
(einige sprechen vielleicht mit Anspielung auf 
die Zeitverhältnisse von Krieg) auf den Rat des 
Orakels die Gebeine des Heros aus der Troas 
herübergeschafft habe (Lykophr. 1208. SchoL zu 
1204. 1208. Aristodem. in Schol. Venet. A IL 



Vulci (Overbeck 404, 26) hält Heydemann 
Arch. Jahrb. IV (1889) 260f. nicht für H.s Ab- 
schied, sondern für eine ähnliche Genreszene unter 
dem Einfluß dieser Schilderung; ebenso ist an 
H.s Abschied nicht zu denken bei Gemmendar- 
stellungen, z. B. Overbeck 406, 29, wo nur 
ein von den Seinen sich entfernender Krieger dar- 
gestellt ist; über erweiterte Darstellungen: Ro- 
bert Bild u. Lied 25. Luckenbach 5431". 

H.s Zweikampf mit Aias: Pind. Nem. II 14f. 
Eurip. Rhes. 479. 1. Die Herausforderung H.s 
und die Losung der Achäer stellte eine Bronze- 
gruppe des Onatas, ein Weihgeschenk der Achäer 
in Olympia, dar, Paus. V 25, 5. 2. Der Zwei- 
kampf war auf dem Kypseloskasten abgebildet. 
Eris zwischen den beiden Hel den, Paus. V 19, 
2; Jones Journ. helL Stnd. XIV (1894) 75; 
Vasenbild auf der Schale des Doris; s. Lucken- 



2817 



Hektor 



Hektoridas 



2818 



bach 517. Robert Bildu. Lied 98fi% 3; Waffen- 
tansch, rf. Vasenb., att. Amphora aus Vulci (Bau- 
meister I Abb. 779. 780 Taf. XIH) wurde so 
gegen Overbeck 333 u. a., die ihn auf den in 
den Kyprien geschilderten Kampf des H. und 
Achilles bezogen, von Luckenbach 520. Leh- 
ner dt bei Röscher Myth. Lex. I 1920 aufgefaßt. 
Kampf um die Schiffe (Bakchyl. XILT 72ff.): 
als häufig vorkommendes Gemälde erwähnt von 



rehef von der Akropolis hinzu (Wolters Athen, 
Mitt. XX (1895) 478 Taf. 14, 1. Amer. Journ. 
of arch. XI (1896) 351. 353 Fig. 2). 2. Achilleus 
auf der Kline bei oder nach dem Mahle (Fröhner 
Arch. Jahrb. VH [1892] 27), H. liegt unter oder 
vor dem Lager, Priamos steht mit Gefolge, das Ge- 
schenke trägt, in bittender Haltung vor Achilles ; 
häufig auf Vasen: Luckenbach 508ff.; Schnei- 
der 33ff. Robert Bild u. Lied 19ff. Pollack 



Lucilius in Anth. Pal. XI 211; am Artemistempel 10 a. a. 0. 174ff. macht auf eine Abweichung auf- 



in Ephesos war ein Bild des Samiers Kalliphon 
gemalt, Paus. V 19, 2; sonstige Darstellungen 
Overbeck 421 ff.; H, die Brandfackel auf das 
Schiff schleudernd auf einer Münze von Ilion (abgeb. 
bei Röscher), auf röm. Terrakottamedaillon : 
Fröhner Gaz. arch. XIV (1889) 50ff. Taf. 15. 
H.s Kampf mit Achilleus: Overbeck 451. 
Luekenbacn 515ff., häufig auf Vasenbildern: 
Gerhard Auserl. Vasenb. III 201—204; vgl. 



merksam, daß nämlich Priamos statt des Gefolges 
von Angehörigen seiner Familie begleitet ist, und 
findet die Quelle zu dieser Auffassung in der 
Lyrik. 3. Auf apulischen und etrurischen Vasen 
sitzt Achilleus auf einem Sessel, Priamos kniet vor 
ihm, seine Knie umfassend (Röscher Myth. Lex. 
I 1925). Auf den apulischen (süditalischen) Vasen 
wirkt auch, wohl unter dem Einfluß der Tragödie 
(s. o .), der Zug mit, daß H. gegen ein gleiches 



Robert XV. Hall. Winckelm.-Progr. 1891, 7f. 20 Gewicht Gold ausgewogen wird (z. B. Mon. d. 



In der Darstellung weichen die Künstler in Einzel- 
heiten von der Schilderung des Gedichtes ab ; vgl. 
Luckenbach a. a. O. 

H.s Schleifung: Overbeck 454ff.; auf Vasen - 
bildern: Schneider 25—33. Jahn Archaeol. 
Beiträge 181; s£: Luckenbach 499-504; 
neuerdings ein Vasenbild aus Klazomenai Zahn 
Athen. Mitt. XXHI (1898) 38; rf.: Luckenbach 
531; auf der ilischen Tafel: Jahn-Michaelis 



Inst. V 11. Reinach Rep. d. vases I 138; Ro- 
bert B. u. L. 142). Auf Reliefs sind anscheinend 
verschiedene Vorlagen zusammengeschweißt, be- 
sonders auf Sarkophagbildern (Robert Sarko- 
phagrel. II 61 ; vgl. im übrigen Benndorf a. a. O. 
241. Jahn Bilderchr. 24, 50. Brüning Arch. 
Jahrb. IX 155ff. Röscher Myth. Lex. I 1925ff. 
Gruppe Gr. M. 679). 

Was das Bild des Polygnot in der Lesche zu 



Griech. Bildwerke 23. 47. Brüning Arch. Jahrb. 30 Delphi bedeutet, läßt sich nicht entscheiden. H. 
ms Dalmatien, Arch.- hat beide Hände um das linke Knie geschlungen, in 



IX (1894) 154; ein Relief aus 
epigr. Mitt. aus Österr. XIII (1890) 42; anderes 
Heibig Camp. Wandg. 292; Gemmen: Chassie- 
Raspe I 542. Die Bilder zerfallen in drei 
Gruppen: Achilleus ist entweder während der 
Fahrt neben dem Wagen laufend dargestellt (Er- 
klärung s. Baumeister I 736f. Lehnerdt bei 
Röscher I 1922; vgl. Schneider 27 die Zu- 
sammenstellung dieses Typus), oder er steht hinter 



Kummer vor sich hinbrütend (wie Paus. X 31, 5 die 
Stellung deutet; vgl. Hitzig-Blümner z. d. St.). 
Auf eine argivische Sage bezieht sich wohl 
der Kampf des H. und Menelaos um die Leiche 
des Euphorbos, wie ihn der alte Teller aus Ka- 
miros zeigt. Aus der Berühmtheit seines Schildes, 
den man in Argos als Sehenswürdigkeit zeigte 
(Paus. II 17, 3 u. d. Komm.), läßt sich vielleicht 



dem Wagen (Schneider 28). Auf einigen Dar- 40 schließen, daß H. darin eine größere Rolle spielt 



Stellungen steht er auf dem Wagen mit seinem 
Wagenlenker (Cabinet Durand 383, sicil. Lekythos, 
Overbeck 455. Luckenbach a. a. O. F), oder 
er lenkt selbst sein Gespann (Zahn a. a. O. 38ff.). 
Während auf Vasenbildern gewöhnlich Patroklos' 
Grab den Mittelpunkt bildet (über die ver- 
schiedene Art der Wiedergabe vgl. Röscher 
Myth. Lex. I 1922f.), sehen wir auf Reliefs die 
troische Stadtmauer als Hintergrund verwendet 



als in der Hias (Conze Verb. d. 23. Phil. Vers, 
in Hannover 1864, 43; o. Bd. VI S. 1173. Koepp 
Archaeologie II 79f.). 

Schließlich muß noch erwähnt werden, daß 
der Name H. häufig auf .heroisierten Genrebildern' 
in Kampfszenen, Rüstungs- und Abschiedsdar- 
stellungen beigeschrieben wurde; vgl. Lucken- 
bach 534f. Röscher Myth. Lex. I 1919. 

Literatur : Lehnerdt bei Röscher Myth. Lex. 



(Arch.-epigr. Mitt. XIH (1890) 68ff.). Vielleicht 50 1 1910ff. Gruppe Griech. Myth.2 1906. Crusius 
. .,■■ * ^ j-^x — j__ j-d *^:n :^ S.-Ber. Akad. Münch. 1905. [Heckenbach.] 

2) Hektor, Beischrift des sich rüstenden H. 
auf der Münchener Amphora des Euthymides 
(Jahn nr. 378), früher fälschlich für den Namen 
eines Vasenmalers gehalten, s. Pauly R.E. DI 
1091; s. Hauser Arch. Jahrb. X 1601 

3) Hektor, nach Haus er Arch. Jahrb. X 161 
nicht zu erklärende Umschrift des Innenbildes einer 
fragmentierten rl Schale der Münchner Samm- 



soll damit angedeutet werden, daß Achilleus sich 
nicht damit begnügte, den H. von der Stadt zu den 
Schiffen zu schleifen, sondern daß er ihn erst um 
die Mauern Troias zog, wie es spätere Autoren 
schildern (s. o.; vgl. Daremberg-Saglio Dict, 
HI 378). 

H.s Lösung: die Zahl der Denkmäler ist sehr 
groß, sie sind gesammelt: Overbeck 464 484; 
besonders Benndorf Ann. d. Inst. XXXV 111 



(1866) 241—270; Nachträge bei Pollack Athen. 60lung. 



Mitt. XXTn (1898) 169ff. Die Darstellungen 
scheinen auf 3 Typen zurückzugehen: 1. Achilleus 
stehend, vor ihm der tote H. auf dem Boden, 
Priamos von Hermes geleitet. Zu dem Bronze- 
spiegel (Furtwängler Hist. phil. Aufs., E. Cur- 
tiua gewidmet Tal 4; S. 179ff.) und dem Bronze- 
relief aus Olympia (Furtwängler Olympia IV 
103 Taf. 39. Schneider 36) kommt ein Bronze- 

Faulj-Wluowfr-Kron VII 



[Leonard.] 



4) Freigelassener und Günstling des L. Lici- 
nius LucuUus (Plin. n. h. XXXV 200). [Münzer.] 

Hektoridas, Bildhauer, der in der ersten 
Hälfte des 4. Jhdts. v. Chr. in Epidauros arbeitete. 
Selbständige Tätigkeit bezeugt ein Stein von 
einer Basis mit seiner Signatar, IO IV 1477. 
Außerdem war er an der Ausführung der von 
Timotheos gelieferten Modelle für die Skulpturen 

89 



2819 



Helbesus 



Helena 



2820 



am Asklepiostempel in Marmor beteiligt und 
lieferte für die enkaustische Bemalung der mit 
Löwenköpfen als Wasserspeier verzierten Simen 
selbst ein jiaQäbuypa (IG IV 1484 Z. 89. 104. 
111. 303). Außer den Skulpturen, von welchen 
Giebelfiguren (aber niebt ein ganzer Giebel) für 
ihn direkt bezeugt sind, scheint er auch die Aus- 
führung feinerer Architekturtcile übernommen, 
aber doch wohl seinen Gehilfen überlassen zu 



noch später ist H. hinzugekommen. Er begegnet 
wieder Apollod. II 59, wo unter den Helden des 
Taphierzugs aufgezählt wird ex de 'EXovatjg trjg 
'Agysiag (gewöhnlich schreibt man "EXovg trotz 
TTjg 'Agy.) "Elsiov xbv üsgasoig, und II 60, wo 
Amphitryon die eroberten Inseln EXdou xal Ks- 
qidXati gibt, xäxeivoi jzoXei? avza>v ijicovvfiovg 
xazwi>trj0av. Weder eine Stadt Helos oder Helussa 
in der Argolis noch eine auf den Taphierinsein 



haben. Wolters und Sieveking Arch. Jahrb. 10 kennen wir sonst. Doch begegnet der Ortsname 



XXIV 186ff. Ov erb eck Gesch. d. griech. Plastik 
II 4 126. Collignon-Bamngarten Gesch. d. 
griech. Plastik II 209. Klein Gesch. d. griech. 
Kunst II 386. [Pfuhl.] 

Helbesus, ein sizilisches Flüßchen in oder 
bei Segesta, Solin. V 17: apitd Segestanos Hel- 
besus (einige Hss. Itelbessus) in medio flumine 
subita exaestuatione fervescit. Wegen des Gleich- 
klangs des Namens hat man ihn mit dem Tel- 



Helos öfter. Am bekanntesten ist die Stadt in 
Lakonien, und auch diese wird von dem Perseus- 
sohn abgeleitet: Schol. Townl. IL XIX 160. Paus. 
III 20, 6. Strab. VIII 363 (wohl aus Apollodor). 
Die spartanische Stadt hätte man schwerlich an 
einen Perseussohn angeknüpft, wenn nicht so etwas 
von einer argivischen Stadt gleichen oder ähn- 
lichen Namens schon fest gewesen wäre. Daraus 
folgt erstens, daß wir die argivische Stadt, von 



messos identifizieren wollen (vgl. Aelian. var. bist. 20 der man sonst nichts weiß, kaum auf Irrtum zu- 



II 33 Alysataloi ds tov üögjraxa xal xbv Kqijm- 
oov xal rov Tekßfjoaov ävdoow eldsi TificJai), den 
Parthey für den heutigen Fiume San Cataldo 
hält. Andere dachten an die Thermen von Segesta 
(vgl. Diod. IV 23, 1). Holm Gesch. Siziliens im 
Altertum I 33. 344. [Ziegler.] 

Helbo, Insel an der Küste von Lykien, Plin. 
n. h. V 131. E. Kiepert Karte v. Kleinas. D II 
setzt sie ~ Avthoki in der Makribucht. [Rüge.] 



rückführen dürfen, zweitens, daß als Namensform 
mit einiger Wahrscheinlichkeit "EXo? angesetzt 
wird, obgleich der überlieferte Genetiv Elovar^g 
zunächst an 'EXovaaa denken läßt. Auf höheres 
Alter für diesen H. führt auch die Erwägung, daß 
sowohl die argivische wie die taphische Stadt 
später ganz unbekannt waren. H. kann wie Mestor 
sehr wohl noch der epischen Schicht der Sage ange- 
hören. — Schol. Eur. Or. 5 (daraus Tzetzes Eseg. 



'EXeevg (Etym. M.). Offenbar liegt hier ein 30 II. 68. Mantissa proverb. 2, 94) zählt unter den 



Versehen vor: der attische Demos heißt 'EXatovg, 
das Demotikon 'EXaiovoiog (s. o. Bd. V S. 2227 
EXaiovg Nr. 4). [Kolhc.] 

Helega s. Heluia. 

Heleia (EXda). 1) Epiklesis von Göttinnen, 
deren Heiligtum in feuchter Niederung lag, wie z. B. 
das Heiligtum der Aphrodite iv sXei oder iv xaXä- 
fwic auf Samos (Athen. XIII 572 f ) oder Heilig- 
tümer der Artemis Limnatis (s. d.). 1. Artemis 



Söhnen des Pelops einen H. auf. Da er zwischen 
Kleonos, Argeios, Alkathoos, Pittheus, Troizen 
steht, die die Städte Kleonai, Argos, Megara, 
Troizen vertreten, so könnte dieser Pelopssohn 
gleichfalls Eponym der argivischen Stadt sein. 
Doch ist auch nicht ausgeschlossen, daß er zur 
lakonischen gehören soll. [P. Friedländer.] 

Heleia , Ortschaft in Mesopotamien , die in 
der späten Kaiserzeit der Verwaltung des Dux 



H., Heiligtum beim 'Akcooiov sXog in Triphylien, 40 Syriae unterstand, und wo damals die Cohors prima 



mit arkadischer Priesterschaft (Strab. VIJI 350), 
und in Messcnien (Hesych.). Gruppe Gr. Mvth. 
1280. 1421 vermutet, daß sich bei Heiligtümern 
der Artemis H. Heilanstalten wie Moorbäder u. dg], 
befanden. 2. Hera H. auf Kos, Tempel und Opfer 
für Hera 'Aoyda EXda Baatksia (Journ. hell. Stud. 
IX 328 = Paton-Hicks Inscr. of Cos 38) und 



Gothorum garnisonierte; s. die Notit. dignitat. 
(or. XXXIII 32 ed. Seeck). Offenbar, wie schon 
Seeck (z, St.) bemerkt, identisch mit dem Alalis 
des Ptolemaios (s. o. Bd. I S. 1275), dem Alalius 
in Harduins Acta Concilior. (Paris. 1715) I 314 
und dem Alalorum bei Le Quien Oriens Chri- 
stian. II (Paris 1740) 848. Nach Ptolemaios war 
Alalis eine Station der Straße Palmyra -Babylon 
und lag zwischen Barbalissos und Sura am Euphrat. 



auf Kypros (Hesych. s. iXsta). [Jessen. 

2) s. Helos. 

Heleios {"EXeiog wechselt mit der schlechteren 50 Daß das AdiazaVe des Geographen von Ravenna 
Form "EXio;; der Name ist nicht selten stärker aus dem Alalis des Ptolemaios verderbt sei, wie 

Moritz Palmyrene (= Abh. Akad. Berl. 1889) 31 
annimmt (s. auch o. Suppl. Bd. I S. 10), ist sehr 
unwahrscheinlich. Adiazane erscheint beim Geo- 
graph. Rav. in einem augenscheinlichen Stations- 
listenduplikate auch in der Form Diothaze (s. o. 
Bd. V S. 1147); vgl. dazu Herzfeld in Sarre- 
Herzfeld Archäol. Reise im Euphrat- u. Tigris- 
gebiet I (1911) 155. [Streck.] 

Heielinm s. Helvetum. 

Helena. 1) Gallisches Kastell an den Pyre- 
näen, bei dem Kaiser Constans im J. 350 getötet 
wurde. Zosim. H 42, 5. Zonar. XDI 6 p. 14b. 
Eutrop. X 9, 4. Vict epit. 41, 23. Jetzt Eine. 

2) Flavia Iulia Helena (Dessau 709 = CIL 
VI 1134. Cohen Medailles imperial. VLT2 95ff., 
häufiger nur Flavia H elena : C ohen a. O. Dessau 
708 — CIL X 517. Vm 1633 u, s.}, war um 



korrumpiert), Sohn des Perseus. Apollodor bibl. 
II 49 nennt als Söhne des Perseus: Alkaios. Sthene- 
los, H„ Mestor. Elektryon. Von diesen gehören 
Alkaios als Vater des Amphitrvon, Sthenelos als 
Vater des Eurystheus und Elektryon als Vater 
der Alkmene in ein recht altes Stadium der Hera- 
klessage. (Über ein noch älteres Stemma vgl. 
Philol. Unters. XIX 46). Sie sind auch dadurch 
verbunden, daß sie drei Pelopstöchter zu Gemah- 60 
linnen haben, die zusammen einen Hexameter füllen 
NtxiJTJirj. AvatbUrj , 'AozvÖäueta (Friedländer 
Argolica 79, 30; Philol. Unters. XIX 46, 1). Nach- 
träglich ist Mestor hinzugetreten, um als Vater 
der Hippothoe, die von Poseidon Mutter des Ta- 
phios, Großmutter des Pterelaos wird, das Königs- 
geschlecht der Taphier anzuknüpfen, mit dem 
Amphitryon kämpft. Gleichzeitig mit Mestor oder 



2821 



Helena 



Helena 



z»zz 



das J. 257 geboren, da sie um 336 vor dem 
Tollendeten achtzigsten Jahre starb (Euseb. vit. 
Const. IH 46). Sie war Gastwirtin (Ambros. de 
«bit. Theod. 42 = Migne L. 16, 1399 vgl. Anon, 
Tales. 2, 2. Zosim. II 8, 2. 9, 2), als sie der 
spätere Caesar Constantius zu seiner Konkubine 
machte (Zosim. II 8, 2. 9, 1. Zonar. XIII 1 
p. la. Hieron. chron. 2322; vgl. Liban. or. XVIII 
8. Chron. Pasch, a. 304). Daß man sie nach 
seinem Tode als seine Gattin bezeichnete, von 
der er sich geschieden habe, um Theodora, 
die Stieftochter des Kaisers Maximian, zu hei- 
raten, war wohl nur Schmeichelei gegen sie und 
ihren Sohn (Anon. Val. 1,1, Eutrop. X 2. 2. Vict. 
Caes. 39, 25; epit. 39, 2. Zonar. XII 31. 33. XHI 
1 p. G40d. 644d. la. CIL X 1483. 517 = Des- 
sau 708). Sie gebar zu Naissus (Firm Mat. 
math. I 10, 16. Anon. Val. 2, 2. Steph. Byz. 
s. Naioodg) wahrscheinlich im J. 288 (Seeck 
Geschichte des Untergangs der antiken Welt I 
406ff.) Constantin den Großen, der sie, nachdem 
er sich 312 zum Christentum bekannt hatte, gleich- 
falls dazu bekehrte (Euseb. vit. Const. III 47, 2). 
An seinem Hofe besaß sie großen Einfluß. Er 
ernannte sie erst zur nobilissima femina (Co- 
hen nr. 14), dann, wahrscheinlich bei Gelegen- 
heit seiner Vicennalien im J. 325, zur Augusta, 
verlieh ihr das Diadem und ließ Münzen auf 
ihren Namen schlagen (Euseb. vit. Const. III 47, 
2. Theophan. 5816. Cohen VIP 93. Maurice 
Les origines de Constantin ople. Mein, de la soc. 
d. antiquaires de France 1904, 286). Eine seiner 
Töchter und die Provinz Helenopontus wurden 
nach ihr benannt (Nov. Iust. 28, 1); sie besaß, 
jedenfalls durch seine Schenkungen, Landgüter, 
■die über alle Teile des römischen Reiches zer- 
streut waren (Euseb. vit. Const. III 46, 1), und 
konnte über seinen Schatz frei verfügen (Euseb. 
vit. Const. ILT 47, 3), was sie zu reichen Gaben 
an die Kirche, Almosenspenden und Geschenken 
an Private, aber auch zu Geldverteilungen an die 
Truppen benutzen durfte (Euseb. vit. Const. III 
44). rhrem Einfluß schrieb man es zu, daß Con- 
stantin seine Stiefbrüder, die Söhne der Theo- 
dora, anfangs seinem Hofe fernhielt (Liban. or. 
XIV 30; vgl. o. Bd. IV S. 1044). Im J. 326 soll 
sie die Kaiserin Fausta bei ihrem Gatten ver- 
klagt und dadurch deren Tod herbeigeführt haben 
(Zosim. II 29. 2. Vict. epit. 41, 12.' Codin. orig. 
Const. II 93; vgl o. Bd. VI S. 2086). Im J. 327 
vollzog Constantin die Neugründung einer Stadt, 
um sie nach seiner Mutter Helen opolis zu be- 
nennen. Sie hatte dazu Drepana in Bithynien 
gewählt, weil dort die Reliquien des Märtyrers 
Lucianus aufbewahrt wurden (Philostorg. II 12. 
Hieron. chron 2343; de vir. ill. 77. Socrat. 117, 
1. Chron. Pasch, a. 327). Ihre Vorliebe für 
diesen Heiligen , der Lehrer des Arius und des 
Eusebius von Nicomedia gewesen war (TheodoT. 
hist. eccl. I 4, 36. 5, 4. Philostorg. II 14. Epiph. 
haer. 43, 1. 69, 6 ; ancor. 33. Sozom. III 5, 9), 
ist wohl auch bestimmend dafür gewesen, daß 
Constantin in seinen letzten Jahren zum Ver- 
teidiger der Arianer wurde (Äthan, hist. Ar. ad 
mon. 6 d%ov yag xr\v Jtgog ßaatXia jraga z(öv 
yvvaixoiv ovomotv). In Konstantinopel erbaute 
sie gemeinsam mit ihrem Sohne die Apostel- 
kirche, in der er seine letzte Ruhestätte fand 



(Codin. 150. III l. IV 32), und mehrere andere 
Kirchen (Codin. HI 3—5. 81. 82). Auf den 
öffentlichen Plätzen der neuen Stadt wurden ihr 
mindestens sechs Statuen errichtet (Hesych. Mil. 
frg. 4, 4 = FHG IV 154. Codin. I 44. II 15. 
16. 29. 35. 66. 96. 102), was dann natürlich 
viele andere Städte nachahmten (CIL VI 1134 
—1136. VI11 1633. IX 2446. X 517. 1483. 1484 
und sonst). In hohem Alter unternahm sie eine 

10 Wallfahrt nach Jerusalem (Euseb. vit. Const. III 
42), wahrscheinlich gleich nach der Einweihung 
von Constantinopel (11. Mai 330), der sie wohl 
noch beigewohnt haben dürfte. Denn in dem- 
selben Jahre wurde Eustathius, Bischof von An- 
tiochia, abgesetzt (Theodor, hist. eccl. II 31, 11), 
und zu den Gründen dafür gehörte auch der, daß 
er als fanatischer Gegner der Arianer H. be- 
leidigt hatte (Äthan, hist. Ar. ad mon. 4 d>g 
TJj /nrjiQt avrov noir\oag vßgtv). Dies kann kaum 

20 bei einer andern Gelegenheit geschehen sein, als 
da sie bei ihrer Reise nach Palästina in Antio- 
chia, das auf ihrem Wege lag, Rast hielt. Sie 
erbaute eine Kirche in Bethlehem und eine auf 
dem ÖlbeTge (Euseb. vit. Const. III 41. 43), 
scheint sich also längere Zeit in und bei Jeru- 
salem aufgehalten zu haben. Nach ihrer Rück- 
kehr gründete sie noch in Konstantinopel zwei 
Kirchen, von denen die eine zum Andenken an 
ihre Wallfahrt den Namen Bethlehem empfing 

30 (Codin. III 4) , starb dann in Anwesenheit ihres 
Sohnes (Euseb. vit. Const. III 46. Rufin. hist. 
eccl. X 12) und wurde in Rom begraben (Euseb. 
vit. Const III 47, 1). Einige ihrer Münzen, die 
sie nicht diva Jlelena, sondern Flavia Iulia 
Helena Augusta nennen, also jedenfalls noch bei 
ihren Lebzeiten geschlagen sein müssen, sind mit 
denen des Caesars Dalmatius gleichzeitig (Mau- 
rice Numismatique Constantmienne I 261. 498. 
Revue numismatique 1901, 202). Sie kann also 

40 nicht vor dem 18. September 335, an dem er 
den Caesartitel erhielt (s. o. Bd. IV S. 2456), und 
nicht nach dem 22. Mai 337, dem Todestage 
Constantins gestorben sein. Ihren Tod setzt 
man gewöhnlich in das J. 328 statt, wie es 
richtig ist, 336 und beruft sich dafür auf Tille- 
mont; doch hat dieser nur festgestellt, daß sie 
nicht vor 328 gestorben sein kann. Daß sie bei 
ihrer Wallfahrt nach Palästina das echte Kreuz 
Christi entdeckt habe, wird zwar von späteren 

50 Quellen ausführlich erzählt (Ambros. de obit. 
Theod. 43 = Migne L. 16, 1400. Rufin. hist. eccl. 
X 7. Socrat. I 17. Sozom. II 1. Theodor, hist. 
eccl. I 18. Codin. III 4. Nov. Iust. 28, 1 und 
sonst); aber da Eusebius, der nicht nur Zeit- 
genosse . sondern auch Palästinenser war , ganz 
darüber schweigt, kann es nur Legende sein. 

3) Helena, Gattin des Caesars Crispus. Wegen 
ihrer ersten Niederkunft erließ Constantin d. Gr. 
im Herbst 322 eine Amnestie, Cod. Theod. IX 38, 1. 

60 4) Helena, Tochter Constantins d. Gr., wurde 
von ihrem Bruder, dem Kaiser Constantius zu 
Mailand mit lulian vermählt, gleich nachdem 
dieser am 6, November 355 zum Caesar ernannt 
war (Ammian. XV 8, 18. Mommsen Chron. min. 
I 238. Zosim. LH 2, 1. Philostorg. IV 2. loh. 
mon. Artemii passio 15. Socrat. IH 1, 25. So- 
zom. V 2, 20 Themist. or. IV 59 a). Als sie in 
Gallien am 356 ihren ersten Sohn gebar, wurde 



2823 



Helenae thermae 



Helene 



J>»24 



dieser durch Ungeschicklichkeit der Hebamme 
getötet (Ammian. XVI 10, 19). Im Frühling 357 
traf sie mit ihrem Bruder und ihrer Schwägerin 
Eusebia in Rom zusammen, und diese soll ihr 
aus Neid auf ihre Fruchtbarkeit ein Gift beige- 
bracht haben, durch das sie bei späteren Schwanger- 
schaften immer abortierte (Ammian. XVI 10, 18; 
vgl. o. Bd. IV S. 1081). Als Iulian Anfang 360 
in Paris zum Augustus ausgerufen wurde, be- 



X 485. Pompon. Mel. H 7, 10. Plin. n. h. IV 62. 
Bröndstedt Reisen und Unters, in Griechen! I 
77. Bursian Geogr. von Griechenl. I 356. 
[Kolbe-Bürchner.] 

2) Helene, tf 'Eienj, Quelle auf der Insel 
Chios, in der sich H., die Frau des Menelaos, ge- 
badet haben soll. Hermol. bei Steph. Byz, s. v, ; 
s. o. Bd. III S. 2290. [Bürchner.] 

3) Helene ('E/Levt]; Etymologie ganz dunkel) 



fand sie sich in seinem Palaste (Iulian. epist, 10 ist aus einer vermutlich vorgriechischen Göttin 



ad Athen. 284 c. 285 b), doch Ende 360 oder An- 
fang 361 starb sie (Ammian. XXI 1, 5. Zonar. 
XIII 11 p. 22a. Socrat. III 1, 50. Liban. or. 
XVin 179. Iulian. epist. ad Athen. 284 c) und 
wurde bei Rom an der Via Nomentana begraben 
(Ammian. XXI 1, 5). Später beschuldigte man 
Iulian, daß er sie vergiftet habe (Liban. or. 
XXXVII 3ff.). Er selbst erwähnt einiger Briefe, 
die er an sie geschrieben hatte (Rivista di Filo- 
logia XVII 1889, 293). [Seeck.] 

5) s. Helene. 

Helenae thermae [Helmianae thermae) in 
Rom (Lanciani Forma urbis Romae 31. 32), 
die von Helena, der Mutter Constantins, nach 
CIL VI 1136 wiederhergestellten Badeanlagen 
nördlich vom Amphitheatrum Castrense in der 
Nähe der Porta Praenestina. Über die Reste und 
die mit den Thermen in Verbindung stehende 
Piscina in Villa Conti, vgl. Beschreibung d. St. Rom 



die sagenberühmte Heroine geworden. 
I. Helene als Göttin in ihrer örtlichen 
Verbreitung. 

1) Hauptort ihres Kultes war Therapne bei 
Sparta, Hier war das Grab der H. und des 
Menelaos und Tempel, Paus. HI 19, 9. Schon von 
Ross 1883 entdeckt (Arch. Ztg. XII 217), wird 
er seit 1909 ausgegraben, Annual British School 
XV (1908/9) 108ff. XVI (1910). Mykenische Mauern 

20 (p. 109) und viele spätmykenische Keramik.- 

Kult hatten dort H. und Menelaos, Isokr. 
Hei. 63. Aeneas Gaz. Theophr. 646 Migne. He- 
rodot VI 61 spricht auch von einem Heiligtum 
der H. in Therapne , aber Pausanias (in 19, 9) 
nennt nur einen Tempel des Menelaos, Polybios 
(V 18, 3) redet vom Menelaeion, vgl. Liv. XXXIV 
28 Menelai moniis. 

2) Nach Pausanias (III 15, 3) hatte H. ein 
Heiligtum in Sparta. Ein lakonisches Fest'l&e- 



ni 1, 569. Jordan-Hülsen Top. I 3 r 2471 und30ma bei Hesych. s. v. und ein Heiligtum der H. 



Lanciani The ruins and exe. 400ff, [Gall.] 

Helenaia mit erhaltenem anlautendem griech. 
k und altetrusk. Femininendung -aia (Müller- 
Deecke Etr. II 2 475f.) neben späterem elinai, 
elinei mit etruskisierter Femininendung und elina, 
praenest. velena mit erhaltener nicht ionisch-atti- 
scher und lateinischer Femininendung, einmal be- 
legt bei Gerhard Etr, Spiegel I Taf. 84 (orig. 
ine); vgl. III S. 88: eine nackte, mit Halsband 



ist erwähnt in der lakonischen Glosse (vgl. Plut. 
Agesilaos 19) xavvaftQa bei Hesych. Ob sich 
diese Notizen auf Sparta oder Therapne beziehen, 
ist nicht sicher zu sagen. Theokrit (XVIII 43ff.) 
verwertet in dem Liede der spartanischen Jung- 
frauen nach H.s Hochzeitslied einen spartanischen 
Opferbrauch: sie wollen in die Rinde der mit 
Lotoskranz geschmückten, mit öl begossenen 
Platane schreiben aißov fi, 'EXsvaq <pvzöv slfu; 



und Ohrgehängen, Annbändern und Knöchelringen 40 vgl. Mannhardt Wald- und Feldkulte 22. 



geschmückte Frau in Tanzbewegung hält dem 
Dionysos und der Ariadne ein Salbgefäß entgegen. 
An der Identität der Namen etr. helenaia — griech. 
'EXivrj ist nicht zu zweifeln, doch scheint der 
Name auf unserem Spiegel eine Bakchantin und 
nicht die bekannte Helena zu bezeichnen. Belege 
für die etruskische Namensformen bei He ecke 
Bezzenb. Beitr. II 1877—78, 167 ; s. o. den Art. 
Helena. [Herbig. 



Kaibel Herrn. XXVII (1892)255. 3) Pausanias 
(III 19, 10) erwähnt ein Heiligtum der H. 8ev- 
ÖQiug in Rhodos und gibt dazu eine aitio- 
logische Legende, nach der H. sich an einem 
Baume erhängt habe, als sie beim Bade durch 
Dienerinnen der Gattin des Tlepolenios, die ihren 
Mann an H. rächen wollte, in Erinyenmasken 
erschreckt wurde. Also war H. mit Baumkult 
verbunden. Daß auch das Bad in der rhodischen 



Helene (Eltvfj). 1) Kleines längliches Felsen- 50 Legende von Bedeutung war, wird nahe gelegt 



eiland von etwa 12 km Länge, an der Ostküste von 
Attika gelegen, Strab. IX 5, 3 p. 485 'Aqts/,u8(oqos 
d' ovv 6iaQi-&ixsTzai siBQt zfjq EXivrjg eoköv, ozi gjio 
ßogixov p&XQi 2owiov MXQaxsiT.au /uangä, oiadtwv 
ocov €$rjxovza zo f.ir}xoq (vgl. IX 1, 22 p. 399). 
Wie im Altertum ist die Insel auch jetzt nicht 
bewohnt; höchstens im Sommer dient sie für 
kurze Zeit Hirten zum Aufenthalt. Ihr moderner 
Name ist Maxoov?}oi. Die Alten brachten den 
Namen H. mit dem der Gattin des Menelaos zu- 60 
sammen und bezogen die Homerverse II. III 4451, 
wo die Insel Kgavärj genannt wird, auf das Eiland 
an der attischen Küste (so Strab. IX 1, 22 p. 399. 
Schol. Hom. H. UI 445. Paus. 135,1), während Pau- 
sanias an anderer Stelle (UI 22, 1) jene Wort« rich- 
tiger auf die Insel Kgavdij hei Gytheion deutet. 
Ein anderer Name war Makris, Hermol.-Steph. 
Byz. s. 'EXhr]. Vgl. Eurip. Hei. 1673ff. Strab. 



durch diese Notizen: EAsvtjs Iovtqov hieß ein 
heißer Quell bei (4) Kenchreai bei Korinth r 
Paus. II 2. 3, und nach Steph. Byz. s. 'EUvij 
265, 5 hieß H. eine Quelle in (5) Chios. Also 
Baum- und Quellkult ist für H. gesichert. Die 
Notiz Paus. VHI 23, 4, bei dem arkadischen Ka- 
phyai bei Orchomenos habe eine Platane an einem 
Quell Mevslaig geheißen, fahrt zu der Vermutung, 
daß Menelaos mit ihr wesensverwandt gewesen sei. 
Zwar nicht durch Kult, aber durch Sagen- 
spuren ist H. ferner sicher lokalisiert an fol- 
genden Orten: 6) zwischen dem arkadischen 
Tegea und Argos, wo ein Gebiet am Abhang 
des Parthenion sv KoQv&evat hieß (Paus. VIII 
54, 5): denn hier allein ist Korythos zu Hause, 
der zu H. entweder als Sohn des Alexandras und 
der Oinone und H.s Liebhaber (Parfhenios 34) 
oder als H.s eigener Sohn von Alexandras (Ni- 



fcander hei Parthenios 34, wo auch Hellanikos 
zitiert ist, SchoL Hom. Od. IV 11. SchoL Lykophr. 
851 Tzetz. Dictys V 5) in Beziehung gesetzt wird. 
Es scheint, als ob wirklich einer dieser Autoren 
■oder noch ein anderer Gelehrter H. und Alexan- 
dros hier lokalisiert hat, da der Schwindler Pto- 
lemaios Chennos (Her eher Jahrb. f. Philol. 1 
Suppl. 267ff.) in seiner xaivr\ lazoQia IV (Phot. 
bibl. 190 = Westermann Mythogr. Graeci 
188, 28) sagt, H. sei von Alexandros £v Ilao&s- 
vlqy öqsi geraubt. 7) Im benachbarten Ajgos 
ist sie durch Homers Bezeichnung 'AgyrnTj C E. 
anerkannt. Busolt (Griech. Gesch. 12 223) 
und Bei och (Griech. Gesch. I 157) haben frei- 
lich unter Cauers Zustimmung (Grundfragen 
d. Homerkritik 2 233) H. wie Agamemnon ins 
ihessalische Argos versetzt, aber von beiden 
findet sich dort keine Spur, ebensowenig von 
Menelaos. Die Hypothese ist unzulänglich be- 
gründet, und auch von den vorgebrachten Grün- 
den hält keiner Stich. Dagegen wird H. an das 
peloponnesische Argos durch eine Reihe fester ört- 
licher Beziehungen gefesselt. So ist ihre Tochter (8) 
Hermione die Eponyme dieser argivischen Stadt, 
ihr Räuber Theseus ist in (9) Troizen, Hermio- 
nes Nachbarstadt, zu Hause, von dort zieht er 
aus nach Athen und bezeichnet seinen Weg durch 
seine Taten. In Troizen wohnt auch Aithra, die 
Mutter des Theseus, nach Hom. IL III 144 H.s 
Sklavin. Ihre andere ebd. genannte Sklavin Kly- 
mene weist wieder nach Hermione, wo Hades 
unter dem Namen Klvmenos verehrt wurde (Lasos 
von Hermione bei Athen. XV 624 E, vgl. Prell er- 
Robert Griech. Myth. 751, 1). So dürfte man 
vielleicht auch in dem Namen ihrer Dienerin 
Hom, Od. IV 123 Adreste eine Beziehung zu (10) 
Sikyon sehen, wo Adrestos durch Bockschöre ver- 
ehrt wurde, wie sonst Dionysos (Herodot. V 67), 
also eine Fruchtbarkeit spendende Unterwelts- 
gottheit waT. Als solche würde Adreste wie die 
Unter weltagöttin Klymene gut zu H. passen, die 
sich durch ihren Baumkult in Sparta und Rhodos 
als ein Wachstum spendendes Wesen erweist. Da 
Rhodos von Argos aus besiedelt war (Pind. Ol. 
VII 19. Thuc. VH 57), so ist die Vermutung 
begründet, für Argos auch den Kult der 'E. 
Ssvögiztg wenigstens in Frühzeit anzunehmen. 
Eine Spur des H.- Kultes könnte sich verbergen 
unter der Legende (Paus. II 22, 6), H. habe das 
Heiligtum der Eileithyia in (11) Argos da ge- 
gründet, wo sie dem Theseus die Iphigeneia ge- 
boren habe. 

Der Name H. haftet an einer kleinen langge- 
streckten Insel weshalb sie auch MaxQig hieß, 
vor der Südostecke von (12) Attika (Hekataios 
bei Steph. Byz. s. v. Strab. IX 399. X 485 usw.), 
und bezeugt so, daß H. hier einst gesessen hat, 
vermutlich verehrt wurde; denn daß der Name 
H. dieser Insel erst durch mythologische Spielerei 
beigelegt sei, ist eine nicht begründete und nicht 
zu begründende Hypothese. 

Daß der H. in Athen mit den Dioskuren ge- 
opfert sei, erwähnt nur der Atticist Pausanias 
bei Eustath. Od. I 399 p. 1425, 62 = Dionys. et 
Paus. frg. coli. E. Schwabe 112, 1. Wenn Athe- 
nagoras Supplicatio an Marc Aurel und Commo- 
dus c. 1 behauptet, der Hier bete neben Hektor 
an tijv e EUvr ) v 'ASedczsiar sxtordftevoe, so besagt 



das wohl nicht mehr, als daß sie Tochter der 
Nemesis sei (Otto). Ohne Gewähr ist die Notte 
bei Plut. de Herod. mal. 857 B von vielen Ehren, 
die H. und Menelaos bei den Ägyptern genössen. 
Dagegen könnte man vielleicht erwägen, ob die 
Geschichte von der IrrFahrt des Menelaos mit der 
wiedergewonnenen H. von Troia nach (13) Ägyp- 
ten (Proklos Nosten, Odyss. IV 351ff.) vielleicht 
aus dem Kult der H., vielleicht auch des Menelaos 
10 in Naukratis im 7. Jhdt. entstanden sein könne. 
Ein Temenos der Dioskuren aus dem 6. Jhdt. 
ist dort gesichert, M. Prinz Naukratis (1908) 3. 
11, 37ff. 

So ist H. örtlich beschränkt auf die südliche 
und östliche Peloponnes bis nach Arkadien hin- 
ein und in der argivischen Kolonie Rhodos; ver- 
einzelt steht die Insel H. vor Attika, und die 
Quelle H. in Chios. 

Sekundär erst von den Dioskuren auf sie über- 
20 tragen scheint die Vorstellung, daß H. wie diese, 
denen sie als Schwester gesellt worden war, den 
Schiffern als Flämmchen erscheine (St. Elms- 
feuer). Nach Euripid. Orest. 1637 ist es wie 
das der Dioskuren ein gutes Zeichen. Das Scho- 
lion führt Sosibios für das Gegenteil an, ebenso 
Plin. n. h. II 101. Solin. 18, 1. 
IL Helene in Verbindung mit andern 
Wesen. (Sagen). 
Jede Gottheit steht zunächst meist für sich 
30 allein da. Ihre Verbindung mit andern zu ge- 
nealogischem oder ehelichem Verhältnis ist se 
kundär. Wird ein Wesen Kind des Zeus ge- 
nannt, so besagt das nur, daß es göttlicher Natur 
ist. Andere Väter und die Mütter sind meist 
wohl derart zu erklären, daß sie dem betreffenden 
Wesen örtlich nahe verehrt wurden oder waren 
und deshalb zu ihm in Beziehung gesetzt wurden, 
natürlich alles nur an diesem einen Orte. So 
konnte es kommen, daß dieselben Wesen an ver- 
40 schiedenen Orten verschiedene Verbindungen ein- 
gingen. Setzten sich mehrere durch, so hielten 
es die Dichter für ihre Aufgabe, sie irgendwie 
zu vereinigen. So hat z. B. Herakles zwei Väter, 
Zeus und Amphitryon, Theseus viele Frauen, H. 
mehrere Eltern und viele Männer. 

A. Helenes Eltern und Geburt. H. 
heißt Tochter des Zeus in der Ilias und Odyssee 
(s unter III. 1. und 2.). Von ihrer Mutter ver- 
lautet nichts. Nur Hom. Od. XI 298 in dem 
50 spät eingelegten Heroinenkatalog der Nekyia wird 
Leda als Mutter des Kastor und Polydeukes ge- 
nannt. Obgleich diese IL ni 238 die leiblichen 
Brüder der H. heißen, wird dort H. nicht unter 
Ledas Kindern aufgeführt. Und nicht Zeus ist 
Od. XI 298 Vater jener beiden, sondern Tyndareos: 
Tyndariden heißen sie ebenso wie Dioskuren. 
Ebenso erscheint H. auch als Tochter des Tyn- 
daTeos z. B. bei Hesiod. frg. 93 Rz«, Stesichoros 
in SchoL Eur. Or. 249, Euripid. Helena 20; He- 
60 eub. 269, Hyg. fab. 78 u. ö. In Tyndareos Haus 
wächst H. auf, er empfängt die Freier und gibt 
sie dem Menelaos: Hesiod. frg. 93. 94 Rz*. Apol- 
lod. bibl. HI 129ff. Hyg. fab. 78. Die' wider- 
sprechenden Angaben zu verbinden, wurde das- 
selbe Mittel wie bei Herakles angewendet in seinem 
Sohnesverhaltnis zu Zeus und Amphitryon. Zeus 
und der nicht mehr als Gott empfundene Tyn- 
dareos sind Leda in derselben Nacht genaht: vom 



2827 



Helene 



Helene 



2828 



Gotte in Schwanengestalt empfängt Leda H. und 
Polydeukes, Ton Tyndareos Kastor: Apollod. bibl. 
III 126, und ähnliches: vgl. Pind. Nem. X 150 
mit Schol. Euripid. Helena 20. 1642. Schob Ly- 
cophr. 88. 

Die Vaterschaft des Tyndareos zu H. wird 
spartanische Sage sein, denn dort hat er ein 
Mnerna neben einem Tempel des Zeus (Paus. ITI 
17, 4) und sein Vater Oibalos ein Heroon (raus. III 
15. 10). Leda dagegen scheint kaum lokalisierbar. 10 

Daß Leda von Zeus in Schwanengestalt ge- 
schwängert H. geboren habe, gibt zuerst Euripid. 
Helena 20. Ein im Tempel der Hilaeira und 
Phoibe, der Leukippiden, in Sparta aufgehängtes 
mit Tänien geschmücktes Ei gaben die Ciceroni 
als das von Leda geborene Ei aus, Paus. III 16, 1. 

Aber auch Leda ist nicht die einzige, die als 
Mutter mit H. verbunden war. Nach den Kyprien 
(frg. 6 K.) ist H. Tochter der Nemesis, die tot 
Zeus flieht und von ihm in Gestalt eines Fisches 20 
oder anderer Tiere verfolgt, schließlich in Gans- 
oder Schwanengestalt von ihm überwältigt, ein 
Ei gebiert, Kyprien frg. 6K. Apollod. bibl. III 
127f. Lycophr. Alex. 88 mit Schob Eratosthenes 
Cataster. 25 (Robert 142). Hyg. Poet. Astr. II 8. 
Comment. in Arat ed. Maass p. 233f. 578. 
Aus diesem Ei, von einem Hirten gefunden und 
der Leda übergeben, entstammt H. , so Apollod. 
bibl. III 127. Schol. Lycophr. 88, Auson. ep. 54, 
nach anderen auch Kastor und Polydeukes : Ho- 30 
rat. ars poet. 147; sat. II 1, 26. Schol. Dan. 
Verg. Aen. III 328 usw. Auf diese Weise sollten 
die beiden Mütter der H,, Nemesis und Leda, ver- 
einigt werden. Auch Kyprien frg. 6 führt darauf, 
doch wird aus den Versen nicht klar, in welches 
Verhältnis Leda neben Nemesis zu diesen Kindern 
gesetzt war. Sappho (frg. 56 und 112 bei Athen. 
II 57 D) erzählte, Leda habe einst ein Ei gefun- 
den; vgl. Kratinos CAF I 108 Kock = Athen. 
IX 373 E. Wichtig ist die Entscheidung der 40 
Frage, ob die Kyprien , die in Iphigeniens auli- 
scher Opferung und der ihnen vermutungsweise 
zugewiesenen Sage von H.s Wiedereroberung aus 
Aphidna (s. II B 3) sicherlich attische Lokal- 
sagen benützten, auch für H.s Zeugung von Ne- 
mesis durch den attischen Nemesiskult in Rham- 
nus (Paus. I 31) beeinflußt seien. So v. Wila- 
mo witz Herrn. XVIII (1883) 261f. O. Ross- 
bach in Roschers Myth. Lex. s. Nemesis 126 
führt dagegen an, daß der dortige größere, sicher 50 
der Nemesis gehörige Tempel erst von etwa 450 
stamme, während in dem kleineren, dem 6. Jhdt. 
angehörigen Tempel daneben ein Bild der The- 
mis aus dem 4. Jhdt. gefunden sei (Stais in 
'Eyrjp. ägyaiol. 1891, 45), er also der Themis ge- 
höre. Aber wie Stais ausdrücklich bemerkt 
p. 47 , kann die in der Ecke stehende Themis- 
statue nicht Kultbild gewesen sein. Da nun 
Pausanias nur Nemesis als Kultgöttin von Rham- 
nus nennt und diese Göttin auch in Smyrna 60 
sicher schon im 6. Jhdt. verehrt ist (Paus. IX 35, 
6), so ist Rossbachs Schluß bedenklich und die 
Beziehung der Kyprien auf Rhamnus nicht un- 
wahrscheinlich. Kallim. hymn. III 232 nennt 
H. Taftvovaig, das Scholion erklärt: Zeus habe 
nämlich in Rhamnus die Nemesis umarmt. Ebenso 
Eratosth. Cataster. 25; Coxumentar. in Aratum 
ed. Maass 233, 578. 



Eine ganz andere Genealogie der H, stand bei 
Hesiod. frg. 92 Kz2 = Schol. Find. Nem. X 150: 
H. sei Tochter des Okeanos und der Tethys. Das 
ist eine passend fingierte Abkunft für eine Göttin 
des Wachstums, als welche H. durch ihren Kult 
an Bäumen (Platane) und an Quellen charakteri- 
siert ist (s. o. I 2. 3. 4. 5). 

B. Helenes Männer, Entführungssagen. 
Um die aus örtlicher Nachbarschaft in ver- 
schiedenen Gegenden entstandenen widersprechen- 
den Vorstellungen einer ehelichen Verbindung der 
H. auszugleichen, ist das beliebte Raubmotiv 
angewandt worden. 

1) Aus der Sage auszuscheiden als poetische 
Erfindung ist H.s Verhältnis zu Achill. Homer 
weiß nichts davon. Nach Proklos Angabe er- 
zählten die Kyprien, dem Achill hätten bald nach 
der Landung Aphrodite und Thetis die H. zu- 
geführt , die er zu sehen gewünscht. Ob dieser 
Zug dem Epos zuzutrauen ist, scheint mir zweifel- 
haft. Im Traum läßt ihn Lycophr. 174 sie sehen, 
ebenso Schol. IL ITI 140 BTwl. Erst nach 
seinem Tode wird H. seine Gattin auf der Insel 
Leuke an der Istrosmündung: so Paus. III 19, 
11 mit Hinweis auf .den loyog der Krotoniaten 
und Himeräer', Schol. Euripid. Androm. 229. Phi- 
lostrat. Heroic. 211f.K 

2) Nach dem Tode des Paris heiratet H. in 
Ilion den Deiphobos, Sohn des Priamos: so im 
kyklischen Epos ,kleine Ilias' (Proklos), Lycophr. 
168 mit Schol. Schol. Euripid. Androm. 299. 
Euripid. Troad. 959. Menelaos erschlägt ihn bei 
der Eroberung Ilions, Hom. Od. VIII 517. Apol- 
lod. bibl. Epitome V 22. Quint. Smyrn. XIII 355. 
Möglich, daß Deiphobos der H. nur gesellt ünV 
da sie einen Mann haben mußte; daß dies Ver- 
hältnis also poetische Erfindung war. Aber mög- 
lich scheint auch, daß ein altnachbarliches Ver- 
hältnis zugrunde liege, wie der Sage vom Raubfr 
der H. durch Theseus. Denn Deiphobos erscheint 
als amykläischer Heros in der Heraklessage: er 
entsühnt ihn vom Morde des Iphitos (Apollod. 

II 6, 2, 3. Diodor. IV 31, 2), also in unmittel- 
barer Nähe von Therapne und Sparta, wo H. ver- 
ehrt wurde. Sein Kampf mit Menelaos wäre 
dann ein Nachbarkampf, der von Lakonien nach 
Troia versetzt wäre wie so viele andere. Doch 
das bleibt unsicher. 

3) Echte Sage ist dagegen sicher H.s Raub 
durch Theseus, Apollod. bibl. III 128. Diodor. 
IV 63. Hyg. fab. 79. Paus. 141,4. Plut. Thes. 
31. Lycophr. 513 mit Schol. Schol. IL III 144. 
242. Herodot. IX 73. Orid. Her. V 127. Mit 
Hilfe des Peirithoos raubt er sie (bei einem Ar- 
temisopfer), er bringt sie nach Aphidna in Attika. 
Ihre Brüder, die Dioskuren, erobern die Stadt in 
Abwesenheit des Theseus und bringen sie mit 
Aithra, Theseus Mutter, die sie ihr als Sklavin 
geben, nach Sparta zurück. ^^ 

Homer kennt diese Sage nicht (Schol. IL Vll 
352. XIII 626). Doch war sie dargestellt auf 
dem Kypseloskasten mit erläuterndem Epigramm^ 
das sicher korrupt ist (Toepffer Beiträge 154), 
wohl vom Anfang des 6. Jhdts. (Paus. V 19, 3), 
und an dem amykläischen Thron um 550 (Paus. 

III 18, 15). Ich vermute mit Wentzel (Epi- 
thalamion, Göttingen 1890, 22), daß das kyklische 
Epos Kyprien die Sage so erzählt hatte (vgl. 



2829 



Helene 



Schol. IL m 242 AD), und daß erst dies Epos 
sie mit der Menelaos-Paris-Sage verbunden hatte. 
Es hatte die Dioskuren verwendet, um H. zu- 
rückbringen zu lassen, damit sie von Menelaos 
geheiratet und von Paris geraubt werden könne; 
dadurch wird auch der große Exkurs der Ky- 
prien über den Tod der Dioskuren (frg. 5-7K) 
verständlich. , 

Die ursprüngliche Sage kannte nicht die 
Rückgewinnung der H. , sondern nur den Raub 
der H. durch Theseus und die eheliche Verbin- 
dung beider; wird doch für ihre Wiedergewinnung 
Theseus entfernt. Den Beweis gibt die Über- 
lieferung, daß Iphigenie die Tochter der H. von 
Theseus war, Paus. II 22, 6 mit Beleg aus Stesi- 
choros, Euphorion (vgl. frg. 61 M.), Alexander 
Aitolos, Antonin. Liber. 27 (Nikander), Schol. 
Lycophr. 102 (Duris). 183. 

Die Sage ist hervorgegangen aus einem nach- 
barlichen Verhältnis dieser drei Wesen, H., The- 
seus, Iphigenie. Wir können sie nachweisen im 
Norden Attikas, wo Theseus festsitzt (Toepffer 
Beiträge 153ff.) und Iphigenia bei Brauron verehrt 
wurde (Euripid. Iph. Taur. 1446 usw.; s. d.) und 
wo H.s einstige Anwesenheit aus der Attika vor- 
gelagerten Insel H. erschlossen werden darf, bezw. 
auch aus der Sage von H.s Zeugung durch Zeus 
und Nemesis in Rhamnus (s. I. 12 und H. A). 
Aber auch in der Argolis sitzen sie zusammen: 
Theseus und H. sind mit Troizen verbunden, wie 
H. auch sonst zu Argos Beziehungen hat (s. o.), 
und Iphigenie hatte wie in Megara ein Heroon 
(Paus. I 43, 1), so in Argos wenigstens Spuren 
hinterlassen, die allerdings nicht sicher genug 
sind (Paus. I 33, 1). Einen Tempel der Aphro- 
dite Nymphia zwischen Troizen und Hermione 
betrachtete die Legende als Stiftung des Theseus 
nach dem Raube der H. (Paus. II 32, 7). Schol. 
Apoll. Rhod. I 101 laßt die Dioskuren H.s wegen 
in Theseus' Abwesenheit gegen Troizen ziehen, 
es zerstören und Aithra rauben. Zu entscheiden 
sehe ich keine Möglichkeit. Doch ist die vor- 
liegende Sagenform sicher attischen Ursprungs, 
da H. nach Aphidna gebracht und dies um- 
kämpft wird. , r 1 , , 
4) H.s eheliches Verhältnis zu Menelaos ist 
aus ihrem gemeinsamen Kult in Therapne ver- 
ständlich. Nur hier ist für uns ihre Kultgemem- 
schaft nachweisbar. Deshalb ist Sparta ihr Königs- 
sitz in der Odyssee. In der Ilias aber ist Lake- 
daimon als Sitz H s nur erwähnt LTI 239. 244 
387. 443 und II 586 (vgl. Finsler Herrn. XLI 
1906, 435), während H. sonst Argeerin heißt. Es 
sieht also so aus, als ob auch in Argos Menelaos 
mit ihr verbunden gewesen war. Daß Sparta in 
der jüngeren Sage vordrang, erklärt sich aus der 
Dauer ihres Kultes dort. 

5) Alexandros-Paris ist H.s Gatte in der 
Ilias. Er hat sie dem Menelaos geraubt und kämpft 
mit ihm um sie , IL ITI 328ff. Daß ein Troer 
eine Spartanerin raubt, kann nicht alte echte 
Sage sein. So ist es entweder poetische Erfin- 
dung, wie Niese (Entwickelung d. Homer. Poe- 
sie) und andere meinen, oder sie ist wtrkbcbd 
Sage, aber vom Ort ihrer Entstehung nach Troia 
übertragen. Ihre Heimat kann nur da sein, wo 
alle drei, H , Menelaos und Alexandras, beisammen 
nachweisbar sind. Direkt ist das nirgends mög- 



lich Aber vielleicht könnte man aus dem Kult 
der 'Alexandra (s. d.) in Amyklai, der Nachbar- 
Stadt von Sparta und Therapne, auch auf die 
einstüre Existenz des Alexandres dort schließen. 
Einen anderen Weg weist die vielleicht schon 
von Hellanikos (Parthenios 34), sicher von M- 
kander (ebd.) in Schob Od. IV 11 , von Schol. 
Lycophr. 851 Tzetz. Dictys V gegebene Isotiz, 
daß H. dem AlexandTos einen Sohn Korythos 
10 geboren habe, den Eponymen der KoQvdeTs im 
Partheniongebirge zwischen Tegea und Argos. 
Freilich wd nicht dieser Ort angegeben (nur 
Ptolemaios Chennos IV (West er mann Mythogr. 
Gr. 188, 28) behauptet, Paris habe H. h Hag- 
Üsviy geraubt), aber der Name Korythos hat 
nur diese eine örtliche Beziehung, und H. heißt 
in der Hias Argeerin, auch Menelaos sitzt im be- 
nachbarten arkadischen Kaphyai fest (Paus. VIII 
23, 3). Bedenkt man , daß Telephos , in dessen 
20 Sage Korythos auch eine Rolle spielt, nur bei 
Tegea und in der kleinasiatischen Teuthrania 
südlich der Troas seßhaft ist, und daß ebenso 
Aineias und Anchises in derselben Gegend des öst- 
lichen Arkadiens und in der Troas sitzen, so er- 
scheint die Vermutung nicht als unmöglich, daß 
die Sage von H., Alexandras (Korythos) und Me- 
nelaos auf der Grenze von Arkadien und Argos 
entstanden und nach dem nördlichen Kleinasien 
übertragen sein könne. H.s Entführung aus Ar- 
30 gos (Verg. Aen. I 651. Luc, Charidem. 17) stammt 
aus Hom. IL VII 363. . 

6) Korythos, der Eponyrne des Koqv&eTs im 
Fartheniongebirse und Tegea, wurde zu H. als 
ihr Liebhaber oder als ihr Sohn in Beziehung 
gesetzt. Im ersten Verhältnis erscheint er als 
Sohn des Alexandros und der Oinone; er kommt 
als Helfer nach Ilion, verliebt sich in H. , die 
ihn freundlich aufnimmt, und wird vom eigenen 
Vater aus Eifersucht erschlagen, so Parthenios 34 
40 mit dem Scholion (vgl. Herrn. XXXVIII [1903] 
608ff.) laroQEt'EXXäviKog Tqwmüv . . xai KsfpaXtov 
6 reQyi&tos, von denen letzterer wohl diese tra- 
gische Geschichte gab. Ebenso Konon 23, der 
angibt, Oinone habe ihren schönen Sohn gesandt, 
um der H. Unheil zu bereiten. Es ist dies eine 
wohl hellenistische Ausdichtung einer alten Orts- 
sage, vgl. unter I 6 und II 5. 

C. Kinder der Helene. Nach Hom. Od. 
IV 12 hat H. nur ein Kind geboren, und zwar 
50 dem Menelaos die Hermione. Auch Hom. IL III 
175 erwähnt, H. habe, von Paris entführt, eine 
Tochter zurückgelassen. Schol. Od. IV 11 no- 
tiert: ol de vsunsQoi hätten ihr mehrere Kinder 
gegeben, auch einen Sohn Nikostratos von Mene- 
laos: so Hesiod. frg. 99 Rz. 2 = Schol. Soph. EL 
539. Schol. 11. III 175 DB notiert aus Porphynos 
'Ouriptxa ; V rriuaza als Zeugen für Nikostratos 
Kinaithon und fügt bei: ,die Lakedaimomer ehren 
zwei Söhne der H., Nikostratos und Aithiolas' 
60 (die beide auch Schob Lycophr. 851 Tzetz. nennt), 
ferner zitiert es Diaithos [nach Seh war tz und 
Cohn = Areithos (s. d.)] als Zeugen dafür daß 
H. dem Menelaos den MoTaphios (?) geboren habe, 
von dem das Geschlecht der Moraphier bei den 
Persern heiße. — Dem Theseus soll H. die Iphi- 
genaa geboren haben : Stesichoros. Alexander Aito- 
los, Euphorion bei Paus. II 22, 7. Schol. Ly- 
cophr. 513 und 851 Tzetz. — Mit Alexandros hat 



AXV1VUV} 



H. nach Nikander bei Parthenios 84 den Kory- 
thos gezeugt, nach Schol. Lycophr. 851 Tzetzes 
Bovvixog, Kögv&os, "Ayavog, 'ISaios, die hei Dic- 
tys V 5 als Bunonius Corythus Idaeos erscheinen, 
ebenso hei Malal. V p. 140 faber Bovvtuog) und 
Cedren. 130. 

Von diesen Namen sind sagenhaft : Hemrione, 
die Eponyme der argi vischen Stadt, Korythos, der 
Eponym der Koqv&sis im Partheniongebirge zwi- 



in der Ilias erwähnt wird, erweckt das Gedicht 
doch die Vorstellung, daß um sie sich der ganze 
Krieg drehe, vgl. z. B. I 159. II 177. VTt 350ff. 
XXII 114ff. Durch ihren Raub ist in der Ilias 
die Teilnahme aller Aehaierhelden am Kriege moti- 
viert. Diese Motivierung tritt im Verlauf der Hand- 
lung mehr und mehr zurück, ohne jedoch ganz 
zu verschwinden (z. B. XXII 114). Die einzelnen 
Heldenkämpfe werden das Ursprüngliche sein und 



sehen Argos und Tegea, Iphigeneia, die in Nord- 10 das H.-Motiv wird erst nachträglich ihnen zuge- 



attika, Megara, Argos nachweisbare Göttin. Poe- 
tische Erfindungen sind sicher Nikostratos, Bu- 
nikos (Bunomos), Idaios, auch wohl Aithiolas. 
III. Helene in der Dichtung. 
Sind die Liebesverhältnisse der H. unter II. 
2 und 3 vereinzelt geblieben und erst spät und 
locker angefügt, so hat die Vereinigung der Sagen 
unter 4 und 5 durch Homer unvergleichlichen 
Kubm erlangt. 



bracht sein, um sie zusammenzuhalten. 

2) Odyssee. Aucb sie kennt H. als Argi- 
verin IV 121. 184. 296. 305, XV 100, 104. XXIII 
218 usw. und als Zeustochter IV 184. 219. XXIH 
218. Aber ihr Königssitz ist hier, abgesehen von 
III 251. 260 — 311, wo man zweifelhaft sein kann, 
ob Menelaos nicht in Argos gedacht sei, durch- 
aus Sparta (IV), wo Telemach sie in Menelaos' 
Hause sieht. Menelaos hat sie sich zurücker- 



1) Ilias. Über H.s Entführung gibt die20obert, nachdem er bei der Eroberung von Ilios 



späte Teichoskopie Andeutungen , die auf schon 
ausgebildete Sage schließen lassen. H. folgte 
dem Alexandros unter Aphrodites Leitung III 
400ff„ verließ Menelaos und Tochter III I74f., 
ihre Brüder sind Kastor und Polydeukes HI 237. 
Auf der .felsigen* Insel (Kgavaij) genoß Alexan- 
dros zum erstenmal die entführte H. Auch sonst 
gibt das HI. Buch am meisten über H. Sie zu- 
rückzufordern kamen Menelaos und Odysseus Ver- 



den Deiphobos erschlagen hatte, Hom. Od. VIII 
517, ihren letzten troischen Gatten (vgl. Hom. Od. 
IV 277). In Ilios hatte sie den Odysseus, der 
als Bettler verkleidet zum Kundschaften einge- 
drungen war, erkannt und gepflegt IV 240ff., 
die Helden im hölzernen Pferde hatte sie ver- 
sucht, indem sie die Stimmen ihrer Frauen nach- 
ahmte und sie bei Namen rief (Od. IV 275ff.). 
Auf der Eückfahrt von Ilios war H. mit Mene- 



geblich nach Ilios als Gesandte III 206ff. , vgl. 30 laos nach Ägypten verschlagen und dort zu Po- 
tt n ft tt™ „:„ ..„;. ;,. xx-i.-i.__ c-x.*^ lybog in Theben (Hom. Od. IV 126) und zu Po- 

lydamna, der Gattin des Thon gekommen. 

3) Kyklos undHesiod. Gibt die Ilias die 
Grundzüge der H.-Sage, so wurden diese in den 
kyklisehen Epen weiter entwickelt teils durch 
Weiterdichtung, teils durch Einbeziehung neuer 
H.-Sag^n. So ist die Sage von H. und Theseus 
(s. o. II 3) von den Kyprien, wie es scheint, 
aufgenommen worden, die von H. und Deiphobos 



XI 140. Um sie und die entführten Schäfze 
kämpfen unter feierlichen Eiden Alexandros und 
Menelaos III 20ff. H. wird von Iris auf den Tor- 
turm zu Priamos und den Greisen gerufen, den 
Kampf zu sehen III 120ff., und nach der Ret- 
tung des überwundenen, aber durch Aphrodite 
in sein Haus entrückten Alexandros wird sie von 
der Göttin diesem trotz ihres Widerstrebens zu- 
geführt III 383ff. Vereinzelt und wohl nur ex- 



temporiert, um die Pracht des von Hekabe der 40 (s. o. II 2( war in der ,kleinen Ilias' = Jliu- 
Athena Ilias geweihten Kleides zu malen, ist die persis* erzählt (Proklos). Die ,Nosten' (Proklos) 

Notiz VI 290, Alexandros sei mit H. nach ihrer " ' n * *' " ' " "* ~" 

Entführung nach Sidon gekommen und habe von 
dort sidonische Weiber nach Troia gebracht. Wenn 
Apollo dor bibl. Epit. 3. 4 und Proklos unter 
Kyprien (s. jedoch Herodot. II 117) sagen, Hera 
habe sie dahin verscblagen , so ist das eine poe- 
tische oder gelehrte Deutung dieser Stelle, eben- 
so wohl auch die andere Version bei Apollod. 



und wohl nach ihnen Hom. Od. IV 351ff. er- 
zählten von der Irrfahrt des Menelaos mit der 
wiedergewonnenen H. nach Ägypten, die vielleicht 
erst auf Grund eines H.-Kultes in dem sicher 
seit Mitte des 7. Jhdts. besiedelten Naukratis 
entstanden sein könnte (s. o. I nr. 13). 

Die poetische Ausgestaltung der H.-Sage ge- 
schah auf vielerlei Art. Die Odyssee (s. o. HI 2) 



Epit. 3. 4, Alexandros habe sich absichtlich, um 50 gibt Beispiele dafür. Auch aus den kyklisehen Epen 



einer eventuellen Verfolgung zu entgehen, längere 
Zeit in Kypros und Phoinikien aufgehalten. — 
Das Gedicht von Hektors Abschied (VI 313— VII 
7) stellt H. und Paris dem so ganz anders ge- 
arteten Paare Hektor und Andromache mit feiner 
Kunst gegenüber: Abhdlg. Sachs. Ges. d. Wiss. 
XXVn (1909) 413ff. Hom. II. XXIV 760 singt 
auch H. dem Hektor die Totenklage, deren Ge- 
danken sich an VI 378ff. anzulehnen scheinen. 



direkt haben wir Belege. Ihre Entführung durch 
Alexandros (Proklos, Kyprien) und ihre Wieder- 
gewinnung durch Menelaos (Proklos, Iliupersis 
und .kleine Ilias' frg. 16 = Schol. Aristoph. Ly- 
sistr. 155, wo auch Ibykos und Euripides (An- 
drom. 628) dafür zitiert werden, Quint. Smyrn. 
XIII 388) reizten dazu besonders : vor dem Lieb- 
reiz der H. entfiel dem Menelaos das rächende 
Schwert. Die in der Ilias doch recht lockere 



XXIV 765 erwähnt H., es sei das 20. Jahr, seit 60 und nur leise angedeutete Motivierung der Teil- 



sie ihre Heimat verlassen habe. 

Als Tochter des Zeus erscheint H. nur HI 
199. 418. 426. Nur IH 239. 244. 387. 443 und 
II 586 wurden H. und Menelaos in Lakedaimon 
gedacht, sonst heißt sie in der Hias Argiverin, 
z. B. VI 323. 343. 360. IV 19. VII 350. XXTV 
761 usw. und VII 363 sagt Paris sogar, er habe 
sie aus Argos entführt. Obgleich H. nicht häufig 



nähme aller Aehaierhelden am Kriege gegen Troia 
wurde verbessert durch die hübsche Erfindung, 
H.s Vater Tyndareos habe auf Odysseus Bat H.s 
Freier schwören lassen, daß sie alle dem zu er- 
wählenden Gatten gegen jeden Entführer der H. 
beistehen würden : und alle Helden, außer Achill, 
waren ihre Freier gewesen. Ihren Katalog hat ein 
Papyrus (Berlin. Klassiker-Texte VIS. 28ff.) 



11«1CUC 



aus Heaiodö Katalogen 1> frg. 94 Bz. *) erhalten, 
«tn Stück» das die ,Peisistratisch& Interpolation 4 
IL H 557 voraussetzt, also nicht älter als Ende 
des 6. Jhdts. ist. Ich vermute, daß der Dichter 
der ,Kyprien' den Freiereid erfunden oder wenig- 
stens zuerst als Mittel, die Massen zusammen- 
zuhalten, im großen Zusammenhange verwendet 
hat. Der Freiereid ist seitdem allbekannt : Schol. 
II. II 339 ^ tazogia jraoa .SzTjaf/o'ea), Euripid. 



halt, der ihm H. und die Schätze abnimmt, um 
sie dem rechtmäßigen Besitzer aufzubewahren. 
Euripides hat die Version des Stesichoros und 
ihre hei Herodot vorliegende Variation seiner 
412 aufgeführten Tragödie H. zugrunde gelegt, 
die seiner Taurischen Iphigenie sehr ähnlieh ent- 
worfen ist : H. von Hermes nach Ägypten zum 
weisen Proteus entrückt, wird nach dessen Tode 
von seinem wilden Sohn Theoklymenos begehrt; 



Iphig. Aul. 58, Isoer. X 40 usw. Listen der 10 Menelaos nach der Eroberung Ilions mit H.s 

TT ■"— -— rr ~-~' - v — -•-*- — ^ t_: a„.ii_;j ttt Eidolon nach Ägypten verschlagen, trifft mit der 

echten H. zusammen, erkennt sie, das Eidolon 
verschwindet, mit Hilfe Theonoes, der heiligen 
Schwester des Theoklymenos, versuchen sie die 
Flucht, werden zurückgebracht, dann durch die 
Dioskuren errettet. Vgl. Lycophr. 820 mit Schol. 
Apoll, bibl. Epit. VI 30, Westermann Mythogr. 
Gr. 383, 35, Dio Pr. XI 40f, LXXX 4. Philo- 
strat. Heroic. 693 und Apollon. Tyan. 154. Dazu 



H.-Freier zum Teil abweichend bei Apollod. III 
129ff., Hyg. fab. 81. Euripid. Helena 9" 9 nennt 
auch Achill als H.-Freier. Nach Proklos haben 
die Kyprien auch schon Achilles und H. als die 
Hauptpersonen der Dichtung zusammengeführt. 
H.s Schicksale in Ilion nach Paris Tod inte- 
ressierten bald. Ob ihre Verbindung mit Dei- 
phobos im Kyklos schon benutzt ist, um den 
Helenos, seinen Nebenbuhler, aus Hion zu ent- 



fernen und zum Verräter zumachen (Apoll, bibl. 20 M. Mayer De Euripid. mythopoeia, Berl. Diss, 



Epit. V 9. Konon 34), ist nicht klar. Nach Pro- 
klos hat aber die ,kleine Hias' erzählt, daß Odys- 
seus als Späher in Ilion eingedrungen, von H. 
erkannt, mit ihr über die Einnahme verhandelt 
habe (vgl. Hom. Od. IV 240. Euripid. Hecub. 239). 
4) Helene in späterer Literatur. Die 
folgende Dichtung hat die vom Epos erfundenen 
Züge meist nur erweitert und hier und da in 
modernerem Sinne umgestaltet. Doch eine wich- 



1883, 8. Seeliger Überlieferung griech. Helden- 
sag. bei Stesichoros, Meissen Progr. 1886, 4; 
Phil. Anz. 1886, 601. Preuss De Enripidis 
Helena, Leipz. Diss. 1911. 

Bei Vergil Aen. VI 511 gibt H. den Achaiern 
das Feuerzeichen zur Eroberung und verrät 525 
den Deiphobos. H. flieht bei der Zerstörung in 
den Tempel der Aphrodite und verhandelt dort 
mit Menelaos: SchoL Euripid. Andromache 631 



tige Neuerung führte Stesichoros ein. In der 30 (Ibykos), vgl. Schol. Arist. Vesp. 714 und die 



sog. jiaZtv<p8ia (als deren Veranlassung schon 
Piaton Phaedr. 243 A die Blendung des Dichters 
durch H. kennt, die über Stesichoros Schmäh- 
gedicht auf sie [frg. 26ff. B.] empört war; vgl. 
Konon 18. Paus, in 19, 13. Schol. Plat. 243 A. 
Schol. Horaz carm. I 161) hat er erzählt, nicht H. 
selbst sei nach Troia gekommen, sondern nur 
ihr ei&oilw, und um dies hätten AcTiaier und 
Troer zehn Jahre gekämpft, während sie selbst 



Tabula Hiaca (Jahn-Michaelis Griech. Bilder- 
chroniken Taf. II). H. sollte gesteinigt werden 
nach Stesichoros Schol. Eurip. Orest 1274; von 
ihrer Mißhandlung durch Menelaos Eurip. Troad. 
880 ; Helena 116. 

Inzwischen war H., wje so viele andere mytho- 
logische Stoffe, von den Sophisten für dialek- 
tische Übungen verwendet werden. Sie eignete 
sich vortrefflich als Beispiel dafür, daß ein ob- 



rem bewahrt blieb, frg. 32 B. Nach Herodot. II 40 jektives Urteil nicht möglich sei, sondern daß, je 



115 ist H. nach Ägypten entrückt, ebenso bei 
Euripides H. Daß Stesichoros schon so gedichtet 
habe, ist unbeweisbar. Da aber der troische Krieg 
und des Menelaos Teilnahme an ihm für Stesi- 
choros unverrückbare Tatsachen waren, muß doch 
auch in seiner 7takivo>dla H. irgendwie dem Ge- 
sichtskreise des Menelaos entrückt worden sein. 
Durch diese Erfindung sollte wohl der Wider- 
spruch zwischen der durch Sage und Dichtung ent- 



nach dem Standpunkt des Beschauers, sie so gut 
weiß wie schwarz erscheinen könne. Der matvog 
'Ettvris steht parallel zum matvog BovoiQtbog, 
KvxA.G>no$ usw., es galt xov qztto loyov xgehvoi 
tioisTv. Schon in der Hekabe etwa von 425 und 
den Troerinnen von 415 hat Euripides von sol- 
chen dialektischen Interessen beeinflußt die Fisrur 
der H. dargestellt. Das erhaltene syampttov *EU~ 
vqe von Gorgias, über dessen Echtheit lange ge- 

_j. *±i ■ J. ^i.-T-'i ■-ll.'.l.i ~,li- U„-«Jao TT in 



standenen Vorstellung vom Leichtsinn der H. und 50 stritten ist, steht vielleicht mit Euripides H. in 



ihrer Vielmännerei ausgeglichen werden mit der an 
ihren Kaltorten gebliebenen göttlichen Verehrung. 
Dazu ist das schon der Hias bekannte Kunst- 
mittel verwendet worden, die Person durch einen 
Gott zu entrücken und durch ein eidcolov zu er- 
setzen, das die Menschen dann für wirklich halten: 
so entrücken Aphrodite und Apollon II. V 343f. 
den Aineias auf die Burg und Apollon ersetzt ihn 
H. V 449 durch ein ei&öiXov> Mit dieser Ein- 



Zusammenhang (Preuss Lpz. Diss. 1911). Iso- 
krates mit seiner 'EXivrf schließt sich an. Die 
Analyse dieser Schriften und Dichtungen er- 
gibt "für die Kenntnis der H.-Sage nichts, eben- 
sowenig lohnt es, den Versuch zu machen, alle 
Stellen über H. zu sammeln. Sie war und blieb 
ein beliebter Tragödienstoff. Eine Tragödie H. 
hat Theodektes geschrieben, auch von Sophokles 
wird einmal dieser Titel frg. 663 zitiert, öfter 



sieht (jetzt auch ausgesprochen von F. L i 1 1 g e G0 'E/.evt}$ ä^airtjais, auch ein Satyrspiel "^^K Y&- 
G.-Prg. Bremen 1911 nr. 1035 S. 50) fallen die ftos hat er geschrieben, aneb in seinen Afxaami 



wunderlichen Deutungen auf H. als Mondgöttin, 
die man nicht zum wenigsten auf diese Sage baute. 
Herodotos (II 112—115) hat die Stesfchorische 
Fabel (selbst oder nach sophistischer Vorlage?) 
rationalistisch-moralisch umgestaltet, derart, daß 
Paris mit H. nach Ägypten verschlagen räfl, 
dieser dort eine Lektion vom König Proteus er* 



bat H. vielleicht eine Bolle gespielt. Der Kr- 
niker Diogenes schrieb aneb eine /Tragödie* H. 
Ancb die Komödie,' besonder» die inittiere, hat, 
wie viele Mythen, aneb den der H. parodiert, s. 
Kock Com. Attie. V*&, Ja*«* I» &* Sauer- 
Mit gab H. Stoff sa mimtadwft Tarnen; Locian. 
desaltat.40. 



2835 



Helene 



Helene 



Ubüt> 



Einige Einzelheiten späterer poetischer Um- 
gestaltung der H.-Sage seien erwähnt. Zeugung : 
Zeus als Schwan laßt sich von Aphrodite in Adler- 
gestalt verfolgen, um in Nemesis' Schoß zu fliehen, 
Hyg. Poet. Astr. II 8. Nach Neokles von Kroton 
(Athen. II 57 F) war das Ei, aus dem H. stammt, 
vom Monde gefallen, nach Plutarcli symp. 637 B 
vom Himmel, wofür er ,Dichter' zitiert. 

Ablösung der Jungfrauenopfer ist wie an Iphi- 



lemais in Oberägypten 43ff,). Da das Alexander- 
priestertum sonst, soviel wir bisher wissen, stet» 
von Männern bekleidet worden ist (Otto Prie- 
ster u. Tempel im hellen. Ägypten I 138. 175ff. 
II 322ff.), so ist diese Ausnahme sehr bemer- 
kenswert, und zwar um so mehr, als damals auch 
in Ptolemais das sonst von Männern versehene- 
eponyme Priestertum des Königs Philometor und 
der Kleopatra I., d. h. das andere für den Kult der 



genie so auch an H. geknüpft: Plutarch Par all. 10 lebenden Herrscher bestimmte Priestertum (180/79- 



314 C. 

Ein reizvolles Epithalamion H.s hat Theokrit 
18 gedichtet mit Benutzung von Sappho und 
Alkman und im Anschluß an lakonischen Kult: 
Kaibel Herrn. XXVII 255. Diels Herrn. XXXI 
369. Jurenka Philol. LVI 405. 

Paris raubt H M als sie am Ufer opfert, Ly- 
cophr. 106. Steph. Byz. 554, 6 ZaixvXia jzohg 
KaQtag, MotvXov xtio/na tov zrjv 'Elkv^v xal Tlägiy 
vjtoSs^afisvov. 

IV. Helene in der bildenden Kunst 
zu verfolgen, ergibt weder für ihre Sage noch 
für die Kunstgeschichte etwas Rechtes. Vgl. 
Schneider Bildwerke des troischen Sagenkr. 
(1886). Die ältere Kunst hat dargestellt 

1) H.s Rückführung und Aithras Mißhand- 
lung durch H. : Kypseloskasten Paus. V 19, 8 ; 

2) besonders häufig die Entführung H.s in einem 
Typus , der sowohl auf Theseus und Peirithoos 
(so am amykläischen Thron, Paus. III 18, 15; 30 



durch die Inschriften KOPONH mid HE AENH 
merkwürdig die Münchener Amphora bei Furt- 
wängler-Reichhold Taf. 33) wie auf Paris 
und Aineias paßte: auf sf. Vasen von Robert 
Bild und Lied 56 gedeutet; vgl. Schneider 108. 
Besonders schön und reich auf dem Skyphos des 
Hieron in Berlin, Wien. Yorlegebl. Serie A. 5 
= Arch. Ztg. 1882, 1 und des Makron Serie C. 1 
= Baumeister Denkmäler Abb. 709 = Furt- 
wängler-Reichhold Taf. 85; 

3) H.s Wiedergewinnung durch Menelaos, der 
sie meist mit dem Schwert bedroht : am Kypselos- 
kasten, Paus. V 18, 3, Darstellungen bei Schnei- 
der 182, 1, der auch die spartanische Basis (O ver- 
beck Plastik I 6) so erklärt. Oder dem Mene- 
laos entfällt das Schwert beim Anblick der H. 
auf der schönen attischen Vase Museo Gregoriano 
II 5, 2 a = Baumeister Denkm. Abb. 798. Als 
Gegenstück zur Entführung auf dem Skyphos des 



v. Chr. sind nach P. Amh. n 42 die fcot ^t- 
XopLYßQQEs bereits im Alexanderkult vertreten ge- 
wesen, während sie freilich in den demotischen! 
Urkunden von 179/8 v. Chr. nicht erwähnt wer- 
den), von einer Frau verwaltet worden ist (PI au - 
mann a. a. O. 45). Sollten etwa irgend welche 
uns noch unbekannte politische oder religiöse 
(dies letztere mir am wahrscheinlichsten) Gründe 
— es handelt sich um die Zeit der Vormundschaft 
20 der ersten Kleopatra — für diese eigenartige 
Neuerang maßgebend gewesen sein? 

5) Helene, Tochter des Helenos, Kanephorc der 
Arsinoe Philadelphos in Alexandrien, im J. 204/3 
v. Chr. (Spiegelberg Dem. P. Cairo 30660. 
30700. Auch in dem P. Leid. 373, publ. Rev. 
egypt. I 128, 1 dürfte dieser Name wohl zu lesen 
sein und nicht Eirene, Tochter des Kleon; so 
noch Otto Priest u. Tempel im hellen. Ägypt I 
189). 

6) Helene, Tochter des adiabenischen Königs 



Izates (Joseph, bell. lud. V 147) und Gemahlin 
und Schwester des Königs Monobazos Bazaios 
von Adiabene (Joseph, ant. lud. XX 17ff.), ge- 
boren etwa im letzten Viertel des 1. Jhdts. v. Chr. 
Aus ihrem Namen oder gar aus der Geschwister- 
heirat auf griechischen Ursprung zu schließen,, 
wie Grätz Gesch. d. Juden III' 403f. es tut, 
ist unbegründet. Schon zu Lebzeiten ihres Mannes, 
ist sie durch einen an ihrem Hofe sich aufhal- 
40 tenden Juden für die jüdische Religion gewonnen 
worden (Joseph, ant. lud. XX 35); der offizielle 
Übertritt scheint freilich erst zugleich mit ihrem 
Sohne Izates erfolgt- zu sein, als dieser seinem 
Vater in der Herrschaft nachgefolgt war, etwa 
zweite Hälfte der 30er Jahre n. Chr. (Joseph. 
ant. lud. XX 17. 38fr.). H, hat übrigens durch 
ihr kluges Verhalten, das freilich von Josephus 
wie überhaupt der ganze adiabenische Fürsten- 
hof stark idealisiert wird, viel zu der ruhig ver- 




hauptsächlich 

4) Werbung des Paris um H. : bei Gerhard 
Etrusk. Spiegel IV 377, damit zu vergleichen 
ist das Relief Museo Burbonico III 45 = Bau- 
meister Abb. 708; 

5) Paris und H. auf der Hydroa mit Gold- 
schmuck aus Kertsch um 330 nach wahrschein- 
licher Deutung Furtwängler-Reichhold Taf. 
79, 1. 

6) Die Sage vom Ei, aus dem H. geboren wurde, 
ist dargestellt auf einer Gruppe von attischen. 
Vasen, die zuletzt Kekule S.-Ber. Akad. Berl. 
1908, 691n\ besprochen hat, [Bethe.] 

4) Helene (?Hlna), Tochter des Gs[. . .], 
hat im J. 179/8 v.*Chr. das Amt des Alexander- 
priesters in Alexandrien versehen (Spiegelberg 
Dem. P. Cäiro 30968 und dazu Plaumann Pto- 



42 oder 43 n. Chr.) hat H. ihren Wohnsitz in 
das Heimatland ihrer neuen Religion verlegt j 
Sehnsucht nach Jerusalem und dem Tempel, aber 
wohl auch der Entschluß des Izates, in Jeru- 
salem fünf seiner Söhne erziehen zu lassen, mögen 
dies veranlaßt haben (Joseph, ant. lud. XX 49f. 
71). Sie hat sich in Jerusalem einen Palast 
60 inmitten der Akra erbaut (Joseph, bell. lud. V 
253. VI 355) und hat sich hier oder in Lydda, 
einem Hauptsitze rabbinischer Gelehrsamkeit (To- 
sephta Sukka c 1), bis zum Tode des Izates, 
etwa bis gegen Ende der 50er Jahre aufgehalten. 
Während der großen Hungersnot in Judäa in der 
Mitte der 40er Jahre hat sich H. als Volkswohl- 
taterin durch Aufkaufen von Getreide in Ägypten 
und Feigen in Zypern erwiesen (Joseph, ant 



2887 



EAiPtict 



Ind. XX 51f. 101. Hieron. Epist. 108, 9, 2. Oros. 
VII 6, 12), sie hat den» Tempel reiche Geschenke 
gemacht (Mischna Joma HI 10), und im Talmud 
und Midrasch wird die königliche Proselytin so- 
gar in fast legendärer Weise erwähnt; ein Na- 
siräatsgelübde dürfte sie allerdings wohl jeden- 
falls abgelegt haben (Mischna, Nasir LTI 6). Bei 
der Kunde vom Tode des Izates ist sie noch ein- 
mal in die Heimat zurückgekehrt, doch bald nach 
ihrer Rückkehr, also wohl um 60 n. Chr., ge- 
storben (Joseph, ant. lud. XX 94). Beigesetzt 
wurde sie bei Jerusalem in einem besonders präch- 
tigen Mausoleum, das sie sich noch bei Lebzeiten 
erbaut hatte, und das noch bis ins 4. Jhdt. auch 
über Judäa hinaus Bewunderung erregt hat (Jo- 
seph, ant. lud. XX 95; bell. lud. V 55. 119. 
147. Paus. VHI 16, 5. Euseb. hist. eccl. II 12, 
3. Hieron. epist. 108, 9). Erhalten ist es an- 
scheinend in den heutigen sog. Königsgräbern. 
Hamburger Real-Enc f. Bibel u, Talmud II. Abt. 
373f. Grätz a. a. O. III 5 403ff. 786fr" Schüre r 
Gesch. d. jüd. Volk. III* 169ff. [Walter Otto.] 

7) Tochter des Timon aus Ägypten soll nach 
Ptolemaios Hephaistion bei Photios Bibl. p. 482 
zu Alesanders Zeit gelebt und die Schlacht bei 
Issos gemalt haben; das Bild sei unter Ve- 
spasian auf das Forum pacis versetzt worden. Will 
man die in einer Aufzählung berühmter Helenen 
gemachte Angabe eines gewerbsmäßigen Schwind- 
lers glauben, so darf man doch keinesfalls das 
pompeianische Mosaikbild der Alexanderschlacht 
auf dies Gemälde zurückführen. Das Mosaikbild 
ist ein Meisterwerk von größter Kraft und Tiefe. 
Kunstleistungen von dieser Höhe werden von 
Frauen nur auf den ihrer Natur gemäßen Gebieten 
und auch dort vorwiegend im Reproduktiven 
erreicht: in den Stimmungskünsten der Lyrik und 
der Musik, und in der Schauspielkunst, die die 
Waffe des Schwächeren ist. Für die Zuweisung 
des Bildes an H. sind Welcker Kl. Sehr. III 471, 
und noch entschiedener O verb e ck Pompei 2 II 228 
eingetreten. Letzterer setzt das spätestens im 

2. Jhdt. v. Chr. entstandene Mosaikbild deshalb 
in die Zeit des Vespasian. Brunn Gesch. d. 
griech. Künstler II 261 gibt die Möglichkeit zu, 
Klein Gesch. d. griech. Kunst III 25 implicite 
ebenfalls. Sonst neigen die Neueren zu mehr 
oder minder entschiedner Ablehnung : Michaelis- 
Springer Handbuch d. Kunstgesch. I*> 348. 
Winter Das Alexandermosaik 8, 8. G. Körte 
Rom. Mitt XXII 15, 1. Koepp Preussische 
Jahrb. 1909, 513- ■ [Pfuhl.] 

'EUvsut hieß ein der Helene in Lakedaimo- 
nien gefeiertes Fest (Hesych. s. v.). Es wird 
sich darauf beziehen, was Hesych. s. xäwadoa 
von der festlichen Wagenfahrt spartanischer Jung- 
frauen nach dem Heiligtum der Helene berichtet, 
vielleicht auch was wir bei Isokr. eyx(o(.t. 'EHv. 
63 über Opfer lesen, die sie und Menelaos zu- 
sammen in Therapne empfingen . wo beide gött- 
liche Verehrung genossen. S. auch Paus. III 15, 

3. Wide Lakon. Kulte 340ff. Nilsson Griech. 
Feste 426. Schoemann-Lipsius Griech, Altert. 
H 560. [Stengel.] 

c EXsvrj$ XovtqAv hieß nach Paus. II 2, 3 eine 
starke salzige Quelle Kenchreai gegenüber, wo 
sie noch heute etwas nordwestlich von dem Vor- 
gebirge, das die Bucht im Süden abschließt, aus 



dem Schuttkegel am Fuß der Oneia einige Meter 
über dem Meere hervorfließt. Während sie sich 
zu Pausanias 1 Zeiten unmittelbar in die See er- 
goß, treibt sie jetzt eine Mühle und wird dann 
bis an den Ansatz des Vorgebirges geleitet. Die 
Temperatur bestimmte Fiedler auf 12° R. ; Pau- 
sanias' Worte lassen vermuten, daß sie im Alter- 
tum höher war (vöan ofxotov dg^o^sveo feotiai- 
vbg&cu). Leake Morea III 325. Dodwell Tour 
10 II 295. Fiedler Reise durch alle Teile Grie- 
chenlands I 245f. Philipp son Peloponnes 33L 
Frazer Paus. LH 18 mit weiterer Literatur. 
Hitzig-Blümner Paus. I 2, 492. [Bölte.] 

'EXiviov {inula, Alant), Pflanzenname zweifel- 
hafter Ableitung und Bedeutung. Nach Nikand. 
ther. 309ff. ist "das Kraut aus den Tränen er- 
wachsen, welche Helene über den von einer Gift- 
schlange getöteten Steuermann des Menelaos ver- 
goß, vgl. Plin. n. b. XXI 159. Murr Die Pflan- 
20 zenwelt in der griechischen Mythologie 214 (nach 
Aelian. hist. an. IX 21 pflanzte die ausgesetzte 
Helene die von der Frau des Ägypterkönigs ihr 
gegebene Pflanze auf Pharos an als Mittel gegen 
die dort häufigen Schlangen). Prellwitz (Ety- 
mol. Wörterb. d. gr. Sprache 137, 2) deutet fra- 
gend auf i?Jvrj (Pollux) = geflochtener Korb hin, 
was wohl etwas zu botanisch gedacht ist. Er- 
wähnt wird der Name zuerst Hippocr. nat. mul. VII 
358 L., die Pflanze beschrieben von Theophrastos, 
30 der hist. pl. VI 1, 1 sie unter den oteyavtouxa 
(Zierpflanzen) erwähnt, welche einen niedrigen 
Holzstengel haben und deshalb als strauchig 
((pQvyavixd, (pgvyavcöSzg II 1, 3) bezeichnet wer- 
den. Sie wächst anb zov ai^axog und gehört 
nebst sQnvMog und otovfißotov, mit denen es 
auch den Wohlgeruch teilt (VI 6, 2), zu den 
axXa t-vXwdt), doch sind an diesen Pflanzen ge- 
rade die Blumen am wenigsten wohlriechend 
(caus. pl. VI 11,3), die wildwachsenden schärfer 
40 als die zahmen (caus. pl. VI 20, 1). Die Be- 
hauptung, Quendel, f., Sisymbrion und Minze 
hätten gar keine Frucht und gingen deshalb 
nicht auf, wenn man sie getrocknet und ver- 
rieben aussät, erklärt er für falsch, da die wild- 
wachsenden Formen das Gegenteil erweisen (hist. 
pi_ vi 7, 1—2). Die gleichen Pflanzen haben 
auch oberflächliche, vielfaserige und verflochtene 
Wurzeln, die alle holzig sind (hist. pl. VI 7, 2. 
4). Mit alledem ist botanisch nicht viel zu 
50 machen und auch mit dem Fragment aus Nicand. 
georg. (Athen. XV 684 d frg. 74 Schmidt) xä? 
Ö£ xtQ r\ eXivetov rj aoxiqa. (pvnitovra bgeya; sivo- 
Motot &EÜV xaoav.äßßah otjxolg usw. kommen wir 
nicht weiter. Höchstens könnte man versuchen, 
in Griechenland festzustellen, ob nicht heute 
noch die von Theophrastos oben ständig neben- 
einander genannten Pflanzen, die offenbar einen 
natürlichen oder künstlichen Verein darstellen, 
wild oder in Bauerngärten nebeneinander^wachsen 
60 und dann aus den bekannten Größen (eojtvkkos, 
oioi'fxßQiov , äßgoTovov) das unbekannte L zu 
finden. Keinenfalls aber darf man mit Fraas 
Synops. plant, flor. class. 179 einfach das e. 
des Theophrastos mit jenem zusammenwerfen, 
von dem Dioskurides m. m. I 29 sagt: ein an- 
deres i. t berichtet Kratenas, wächst in Ägyp- 
ten. Es ist eine krautartige Pflanze, welche 
ellenlange auf der Erde liegende Zweige hat, 



neiemus Acron 



ZÖ4V 



wie der Quendel, Blätter denen der Linse ähn- 
lich, aber länger und zahlreich an den Zweigen, 
eine blasse Wurzel von der Dicke eines kleinen 
Fingers, unten dünn, oben dicker mit einer 
schwarzen Rinde. Es wächst in der Nähe des 
Meeres und an sandigen Stellen, vgl. Plin. n. h. 
XXI 59 : denn letztere wird ausdrücklich für eine 
ägyptische Pflanze erklärt, Theophrastos spricht 
aber von einer griechischen, und wenn auch — 
das Vorkommen in Ägypten vorausgesetzt — die 
Beschreibung des Kratenas auf Thymus incanus 
L. (Calamintha incana S. et S. Halacsy consp. 
fl. Gr. IT 542) zu passen scheint, so sind doch 
die Angaben des Theophrastos viel zu dürftig, 
um eine Identifikation zuzulassen. Somit sind 
wir ganz auf Dioskurides angewiesen. Dessen 
echter Text lautet nach Wellmann I 28: Das 
£., das auch die Kamen ovfi<pvrov, IleQötxrj, Mt}~ 
Ötx-f), 'Opp.OTiov, vsxxolqiov, tilsiövioVy ßdzog ToWa 
und tpiöpog 'Idatog führt (vgl. Plin. n, h. XIV 
108), hat Blätter ähnlich denen des schmal- 
blätterigen Phlomos , aber rauher und länglich. 
Die Wurzel ist groß, wohlriechend, etwas scharf, 
von gelber Farbe, von der wie bei der Lilie und 
dem Aron Schößlinge zur Pflanzung genommen 
werden. Es wächst an bergigen, schattigen und 
feuchten Plätzen. 

Eine wesentlich erweiterte Beschreibung bietet 
der Neapolitaner Codes zu Wien, wo es heißt: 
Das e., auch %vX6<pooov oder ovfMpvrov , bei den 
Römern l'vovXa Ka^jidva genannt , treibt einen 
rauhhaarigen Stengel bis über zwei Ellen hoch, 
der kantig ist und die behaarten Blätter in nicht 
gar großen Abständen trägt, diese sind länglich 
und erinnern an die des ßovyXcoao v. Es hat aber 
an den Kanten der Stengel gewisse hingezogene 
Vorsprünge anliegender Blätter an jedem Knoten 
— , damit soll wohl gesagt sein, daß die (oberen) 
Blätter herzförmig-stengelumfassende Basis haben 
— gelbe Blumen und darin eine Frucht wie die 
des Phlomos, beim Anfassen Jucken erzeugend, 
Die Wurzel ist wohlriechend, etwas scharf, gelb- 
lich, zur Vermehrung gut geeignet, außen schwarz, 
innen aber weiß, klebrig. 

Bei Sprengel-Berendes sind diese Be- 
schreibungen derart ineinander geschoben, daß 
die hieraus entstandenen Widersprüche jede Be- 
stimmung ausschließen, dagegen stimmt beson- 
ders die Beschreibung des cod. Neapol. sehr mit 
dem schönen Bilde des cod. Constantinop. über- 
ein, das eine Pflanze darstellt mit verzweigter 
rotgelbeT Wurzel, aufrechtem Stengel mit herz- 
förmig umfassenden am Rande gesägten großen 
Blättern mit starken Fiedernerven. Die Blüten 
stehen in deutlichen Körbchen mit vielblätteriger 
Hülle, sind aber rosenfarben. Trotzdem möchte 
ich diese Pflanze als Inula helenium L. nebst 
einigen Verwandten deuten, kleinere Fehler in 
Färbung und Zeichnung können ja den Kopisten 
zur Last fallen. Auch die Standortangabe stimmt 
mit Halacsy II 19 überein, ebenso spricht hie- 
für eine, wie es scheint, niemals unterbrochene 
Tradition. 

Dioskurides berichtet weiterhin: Die Wurzel 
wird im Sommer gegraben und zerschnitten ge- 
trocknet. Die Abkochung davon treibt getrun- 
ken den Urin und die Menstruation. Die Wurzel 
selbst mit Honig genommen hilft gegen Husten, 



Engbrüstigkeit, innere Rupturen, Krämpfe, Blä- 
hungen und den Biß giftiger Tiere, indem sie 
sich überhaupt als wärmend erweist. Die mit 
Wein abgekochten Blätter werden mit Erfolg den 
an Ischias Leidenden aufgelegt. In Süßwein ein- 
gemacht ist die Wurzel gut für den Magen. Die 
Einpökler trocknen sie nämlich ein wenig, kochen 
sie dann und tauchen sie in kaltes Wasser, wor- 
auf sie dieselbe in die Abkochung legen und 

10 zum Gebrauch aufbewahren. Damit stimmen die 
späteren Ärzte überein wie Galen. XI 873 und 
XIV 244. Aetios I und Paulos Aegineta XII3 s. v. 
Ps.-Apuleius 95. Oribas. de simpl. V 100. 

Von den Römern nennt nur Celsus das Hele 
nium als zerteilendes Mittel (de med. V 11), 
ferner spricht davon Plinius n. h. XXI 59, der 
auch XIV 108 (= Diosc. V 66) daraus einen 
nectarites genannten Wein und XV 30 ein wohl- 
riechendes öl herstellen • läßt. Die anderen ge- 

20 brauchen den sprachlich gleichen Namen Inula 
(vgl. Walde Lat.-etym. Wörterb. s. v.), doch ist 
ihnen diese Pflanze, wie auch dem Mittelalter, 
mehr Genußmittel (vgl. Fischer-Beuzon Alt- 
hochdeutsche Gartenflora 63) denn Arznei. Sie 
wird genannt Lucret. II 430. Verg. Mor. 73. 
Horat. sat. II 2, 44 (acidas i.) ; 8, 51 (amaras «.). 
ColumellaX 118 {i. tristes); letzterer spricht aus- 
führlich über ihre Kultur XI 3, 35 (= Plin.n.h. 
XIX 92 (62). Pallad. III 24, 13) und gibt in 

30 einem ganzen Kapitel (XI 46) teilweise recht veT- 
künstelte Rezepte, die Wurzel für die Küche ein- 
zumachen, vgl. Plin. n. h. XTX 91. 92 , wonach 
Iulia Augusta sie tagtäglich zu genießen pflegte. 
übrigens hält Plinius bei seinem Mangel an 
Sachkenntnis bald die verschiedenen Angaben 
seiner griechischen und lateinischen Quellen aus- 
einander, bald wirft er sie zusammen. Entschieden 
nicht auf unsere Pflanze darf bezogen werden Plin. 
n. h. XIX 100 folia cadunt a cacuminibus ori- 

idgano, inulae, denn in dieser aus Theophr. bist 
pL I 9, 4 übersetzten Stelle ist fälschlich statt 
oefovov iXiviov gelesen worden. Nach Galen XIV 
244 verwendeten Daker und Dalmater i. zum 
Vergiften von Waffen, doch wirkte das Gift nur, 
direkt in die Blutbahn gebracht, nicht aber im 
Verdauungskanal. 

Was die medizinische Wirkung anbelangt, so 
empfiehlt Scribon. Larg. comp, 128 die Inula 
campana getrocknet, gestoßen und gerieben den 

50 lienosi, 83 hilft gegen Blutungen symphyti ra- 
dix, quam quidam inulam ruslicam vocant, 
quidam aidem alum Gallieum; von der Tra- 
dition des Dioscurides unabhängige, vielleicht 
aus römischer Quelle geschöpfte Heilsanwen- 
dungen gibt Plin. n. h. XX 38; als Bestandteil 
eines antidotum ex eitrio nennt Garg. Mart. 45 
(190, 19) die Inula; in einem atitidotum tonoti- 
con id est profteiens adversus debilitatem epatis 
führt Cass. Felix 44 (110, 13) die Inula cam- 

60 pana an; letztere verwendet auch Veget. mulo- 
med. III 70 in einem Hustenmittel, das bar- 
barorum usus invenit [Stadler.] 

Helenius Acron, lateinischer Grammatiker, 
Verfasser von Kommentaren zu Terenz und Horaz. 
Der Terenzkommeutar beschränkte sich wohl 
auf Adelphen und Eunuchus; wenigstens werden 
nur zu diesen beiden Stücken Anmerkungen zitiert 
und zwar nur von Iulius Romanus bei Charisius 



ܻ4I 



neienius Acron 



JJ.0J.0111UD awwu 



Gr. L. I (Sammlung der Fragmente bei Froehde 
De C. Iulio Romano, Xeipz. 1902, 64&., bei 
W essner Aerailins Asper, Halle 1905, 16f. und 
bei Langenhorst De scholiis Horatiania quae 
Acronis nomine feruntur, Bonn 1908, 6ff.). Vgl. 
Iul. Eom. 1 192, 30 Helenius Acron eommentariis, 
quos Adelphis Terenti non indiligentes attulit. 
Sichere Spuren lassen sich in den erhaltenen 
Terenzscholien kaum nachweisen. Über ' den 
Horazkommentar heißt es am Schlüsse der 
Dichtervita der ,Expositio in Horatium' (Ps.-Acr. 
Schol. rec. Keller I p. 3; vgl. u. unter Pseud- 
acron) Commentati in illum sunt Porphyrion, 
' Modestus et Helenius Aeron; Aeron omnibus 
melius. Dieser Horazkommentar Acrons wurde 
benutzt von Porphyrio, der zu serm. 1 8, 25 schreibt 
niemini me legere apud Helenium Aoronem usw. 
und jedenfalls nicht nur an dieser Stelle von Acron 
abhängt; die Angaben de personis Horatianis 
führt auf ihn zurück Kiessling Ind. schol. 
Greifsw. 1880, 9, den Langenhorst a. O. 
S. 15 wohl mißversteht, wenn er seinerseits be- 
hauptet Aeronem in eomm. Horat prweipue 
de personis Horatianis egisse (vgl. S. 18); denn 
die Fragmente des Terenzkommentars zeigen, daß 
Acron auch die sprachliche Erklärung keineswegs 
vernachlässigt hat. Über das Verhältnis des Acron- 
Kommentars zu den ps.-acronisehen Scholien s. u. 
In einem Scholion zu Persius sat. II 56 heißt es 
Aeron tradit quod in portieu quondam Apollinis 
Palatini fuerint L Danaidum efßgies et contra 
eas sub divo totidem equestres filiorum Aegypti: 
daraus hat O. Jahn Proleg. zu Pers. p. CLVIÜ 
gefolgert, A. habe den Persius kommentiert; doch 
ist dies nicht sehr wahrscheinlich, da die Notiz 
aus dem Hoiazkbmmentar übernommen sein kann 
(zu c. I 31 nach Langenhorst a. O. 16, zu c. 
LTI 11, 23 nach Keller Mdlanges Boissier 312), 
vgl. Kiessling a. O. 10. Es soll jedoch nicht 
verschwiegen werden, daß in den erhaltenen Horaz- 
scholien zu Sermonen und Episteln, die vielleicht 
zum Teil auf Acron zurückgehen, Persius, der in 
der Expositio nur einmal genannt ist, 33 mal 
zitiert wird; vgl. u. Die Lebenszeit Acrons wird 
nach der einen Seite durch Porphyrio (Anfang des 
3. Jhdts.) einigermaßen bestimmt, nach der anderen 
Seite fehlt eine sichere Grenze, denn der Umstand, 
daß Sueton und Gellius ihn nicht erwähnen, er- 
laubt keinen sicheren Schluß. Geht aber der 
älteste Kern der nichtporphyrionischen Horaz- 
scholien auf Acron zurück (Keller vol. IE p. V. 
LX), so ist eine genauere Umgrenzung daraus zu 
gewinnen, daß die Zitate nicht über die Zeit 
Traians und Hadrians hinausreichen und ander- 
seits die Bemerkung zu serm. I 8, 7 sicher einige 
Zeit vor dem Tode' des Herodes Atticus (t 176) 
geschrieben ist; demnach würde Acron der Zeit 
der Antonine (so schon Schott mü 11 er De Plinii 
libr. gramm., Leipz. 1858, 32) angehören, vgl. 
Graffunder Rh. Mus. 1905, 128ff. 

P s. - A c r o n. U nter Acrons Namen ist in etlichen 
Hss. saec. XV (Guelferb. 2821, Paris 7985 und 7988 
u. a.) ein Horazkommentar überliefert, den man lange 
Zeit als Werk des Helenius Acron angesehen hat 
(so noch Pauly in seiner Ausgabe, Prag 1861, die 
nur auf dem Guelf. beruht); durch Aufnahme des 
Materials älterer Hss., deren SchoKen awfcjiut 
jenem ,Acron' vielfach aufe engste berühren, 



sachte Hauthal (Ausg. Berlin 1864) einen voll- 
ständigeren verbesserten ,Acron' herzustellen, ein 
völlig verunglücktes Unternehmen. In die richtige 
Bahn wurde die Behandlung der nichtporphyrioni- 
schen Horazscholien durch Usener Ind. lect., 
Bern 1863 (bes. S. VH) und namentlich durch 
O. Keller gelenkt, der in den Symbola philol. r 
Bonn. 1867, 491 ff. daran ging, die verschiedenen 
Scholienrezensionen zu scheiden; außer Keller 
10 (Epilegom, zu Horaz, Leipz. 1880) hatten dann 
Petschenig Gymn.-Progr., Klagenfurt 1872 und 
Graz 1873, Kukula De tribus Ps.-Acron. scholior. 
recensionibus , Wien 1883, Kurschat Gymn.- 
Progr. Tilsit 1884, Wessner Quaestiones Por- 
phyrioneae, Comm. phil. Jen. V 153, Graffunder 
und Langenhorst (s. o.) das Problem seiner 
Lösung zu nähern versucht. Soviel sich zur Zeit 
übersehen läßt, liegt die Sache etwa so. Um 400 
ungefähr (zu c. II 11, 1 werden die Hunni er- 
20 wähnt) verfaßte ein Ungenannter eine Expositio 
in Horatium mit einer Vita an der Spitze ; eine 
Hauptquelle war der Kommentar Porphyrios, 
dessen Vita und Erklärungen er mit kleinen Ände- 
rungen übernahm. Auch der Kommentar des 
Helenius Acron scheint, nach seiner Bemerkung 
in der Vita, von ihm in einigem Umfange benutzt 
worden zu sein. Auf größere Gelehrsamkeit 
machte der Verfasser wohl keinen Anspruch : von 
den Zitaten, die er in seinen Quellen vorfand, 
30 ließ er fast alles weg, was in seiner Zeit kein 
Interesse mehr hatte, dafür setzte er eine Un- 
menge von Vergilzitaten (im Komm, zu carm. u. 
epod. finden sich ca. 800!) ein und zitierte auch 
besonders häufig die damals Mode gewordenen 
Dichter Iuvenal (ca. 50 mal in dem genannten 
Abschnitt) und Lucan (ca. 60 mal); auch Statiu» 
wird, wenn auch viel seltener (7 mal) angeführt. 
Ziemlich rein erhalten ist diese Expositio, die den 
Eindruck eines geschlossenen, einheitlichen Kom- 
40 mentars macht, nur in dem cod. Paris. 7900 A saec. 
X, daher auch Eec. A (oder A' nach Keller) 
genannt; jedoch erstreckt sie sich, wie die Hs. 
selbst, nur auf carm., epod. und carm. saec. und 
ist am Schlüsse durch Defekt der Hs. nicht ganz 
vollständig. Ob die Expositio ursprünglich den 
ganzen Horaz umfaßte, ist noch nicht sicher aus- 
gemacht. Neben der Expositio ist eine zweite 
Scholienmasse vorhanden, die sog. ,Scholia /\ 
Diese finden sich in einer größeren Zahl von Hss., 
50 am reichhaltigsten ist die Sammlung im cod. Paris. 
9345 saec. X/XI (r)und Paris. 7975 saec. XI (/). 
Diese Scholienmasse enthält in dem die Carmina 
betreffenden Teile die meisten Scholien der Ex- 
positio (bis c IV 2 einschl.), erweitert durch eine 
Anzahl von Zusatzscholien, die besonders häufig 
dem ordo verborum gelten; von c. IV 3 an werden 
die Scholia r selbständig und stellen sich als ein 
loses Konglomerat von Scholien verschiedenen Ur- 
sprungs und jedenfalls auch verschiedenen Alters 
60 dar (sehr häufige Doppelscholien, mit aliter an- 
einandergehängt). Die Erwähnung Isidors zu 
c. HI 29, 4 zeigt, daß die jüngeren Bestandtteile 
frühestens ans dem 7. Jhdt. stammen; eine ältere 
Schicht wird vielleicht ins 5. Jhdt gehören, wenn 
ihr die Zitate zu s. I 5, 97 (. . . hodieque, ut 
dwit grammatieu* Theotistm, d. Il der Lehrer 
Priscians) und zu s. I 9, 76 (*ie Servius 
magitter exposuit) raiureehnen sind. Ein nicht 



2040 neiemus Acr/on 

unbeträchtlicher Teil der Schotten muß aber einem 
yiel älteren Kommentar entlehnt sein, da sich, 
im Gegensatz zur Expositio, eine ganze Anzahl 
von gelehrten Zitaten findet (Ennius, Caecilius, 
Plautus, Titinius, Atta, Cinna, Lucretius, Lucilius, 
Cato, Yarro, Furius Bibaculus, Pupius; Asconius 
Pedianus, Suetonius Tranquillus), die, wenn nicht 
alles täuscht, auf einen Horazerklärer des 2. Jhdts. 
n. Chr. hinweisen. Persius wird auch ziemlich 



weienos 



2844 



auch des Kompilators eigener Horazkommentar 
geplündert worden sind. Das Machwerk hat keinen 
selbständigen Wert; vgl. Endt Studien z. Comm. 
Cruq., Leipzig und Berlin 1906; Bick Horaz- 
kritik seit 1880, das. 1906; Keller Pseudacr. 
schob vol II p. X. Über die Hypothese von 
Vollmer (Philol. Suppl. X 259ff.), der alle er- 
haltenen Horazscholicn für mehr oder weniger 
interpolierte Auszüge aus einem Urporphyrio an- 
häung zitiert (s. oben), dagegen selten Lucan 10 sieht, vgl. Berl. phil, Wochenschr. 1906 T 524ff. 



(2 mal) und Iuvenal (6—7 mal), gaT nicht Statius 
{die Zitate aus Luc. u. luv. gehören wohl jüngeren 
Schichten an); Vergil wird im Vergleich zur Ex- 
positio viel seltener zitiert (zu Sermonen und 
Episteln höchstens löOmal nach Langenhorst) 
und zwar oft als Maro (über 30 mal) oder schlecht 
hin als poeta (etwa ein Dutzend mal). Porphyrie 
ist in den Scholia F häufig benutzt und fast stets 
wörtlich ausgeschrieben (vgl. zu a. p. 120 apud 



DLZ 1906, 1033. Burs. Jahresber. CXXXIX 165ff.; 
außerdem Berl. phil. Wochenschr. 1903, 519ff. 
1905, 249ff. [Wessner.] 

Helenogalatai (o! Elsvoyakdxat Diodor. V 
32), die Galater im mittleren Kleinasien, zum 
Unterschied von den Gallern in Westeuropa so 
genannt. ^ [Bürchner.] 

'EXevofpoQia hieß ein in Athen gefeiertes Fest 
mit mysterienartigem Charakter. Poll. X 191 : 



commentatorem sie inveni relatum — Porph.) ; 20 SXsvi] zilsxtov ayyetov . . . h q> cpeQovatv ispä 



einmal wird auch Acron genannt (zu c. IV 9, 37). 
Auch im Kommentar zu den Sermonen und Episteln 
finden sich die ordo Schollen häufig, die in den 
T-Erweiterungen zur Expositio auffallen. Eigen- 
tümlich ist den Scholia F ferner die häufige Ver- 
wendung des Griechischen zur Erklärung und 
sonst; sie ist vielleicht der dem 5. Jhdt. ange- 
hangen Scholienschicht zuzuschreiben. Ein Teil 
der Scholia F findet sich in dem (sehr lücken- 



haften) cod. Dessav. A saec. X in. (*-), mit dessen 30 Nr. 4. 



aQQtjra rote 'ElsvoyoQioig. Preller-Robert 
Griech. Myth. I 312, 3. Hermann Gottesdienst! 
AItert.2 62,16. A. Mommsen Feste Athens 123,4. 
458, 2 [da man jetzt bei Athen. VI 223 A Aitpi- 
log cT h> 'Elaicov?j<pgov(>ovot liest (Kaibel LT S. 2) 
und dieses Zeugnis" für die E, fortfällt, hat man 
über das Fest nur die Notiz des Pollux]. 

[Stengel] 
Helenopolis, Stadt in Bithynien s.Drepanon 



Hilfe Keller eine ältere Schicht F' aus F her- 
auszuschälen versucht; außerdem im cod. Vatic. 
Ursin. 3257 saec. XII (V), der zusammen mit /" 
eine noch ältere Schicht § (— recensio Ä aueta) 
ergeben soll (beide Hss. enthalten auch die Ex- 
positio zum Teil). Eine derartige, auf den ziem- 
lich sehwankenden Scholienbestand einzelner Hss. 
begründete Scheidung mag in vielen Fällen das 
Richtige treffen, ist aber absolut nicht ausreichend, 



Helenopontos, consularisehe Provinz, nach 
Helena, der Mutter Constantins des Gr. benannt, 
umfaßte Pontus Galaticus und einen kleinen Teil 
von Paphlagonien mit den Städten Amaseia, 
Ibora, Euchaita, Zela, Andrapa, Sinope, Amisos 
und Leontopolis. Iustinian vereinigte damit die 
Provinz Pontos Polemoniakos mit den Städten 
Neokaisareia, Komana, Trapezus, Kerasus, Pole- 
monion, so daß die ganze ehemalige Provinz 



um die älteren und jüngeren Bestandteile zu son- 40 Pontos nun Helenopontos hieß. lustin. novell. 28. 



dem ; auch wo v oder V fehlen, bietet F nicht 
selten Bemerkungen, die man eher geneigt sein 
wird, der älteren als der jüngeren Schicht zu- 
zuweisen (was Keller übrigens selbst in gewissem 
Sinne anerkennt, wenn er solche Scholien durch 
* hervorhebt, z. B. Epist. I 9, 12. 1 15, 5 u. a. m.) ; 
vgl. besonders Langenhorst a. a. O. 41ff. (gegen 
dessen Hypothese, die Expositio rühre von einem 
Schüler des Servius her, vgl. Berl. phil. Wochen- 

sehr. 1909. 1107ff); über die Interlinearglossen 50 phobos und Asios die dri 
in V s. Endt Progr. Smichow 1905, über den zu die Mauer XII 94, ist in 
den jungen ,Acron*-Hss. gehörigen Paris. 7985 
s. dens. in Wien. Stud. XXVIII 141 ff. Kurz er- 
wähnt werden mag noch eine dritte Scholien- 
gruppe #, die aus dem Mittelalter stammt, sich 
eng an Porphyiio anlehnt und in der Ausgabe 
von Hauthal teilweise, unteT die älteren Scho- 
lien gemischt, veröffentlicht ist (eine vollständige 
Ausgabe hatte Holder beabsichtigt); ebenso sei 




Commeütator Cruquianus, ist eine von dem 
Brügger Professor Jakob Cruquius verfertigte 
Kompilation, für welche die Scholia F Scholia 0, 
andere .mittelalterliche Scholien und Glossen, ge- 
druckte Ausgaben des Porphyrio und ,Acro', 
moderne Horazkommentare und antike Autoren, 



Const. Porphvr. de them. I 2. Hierokles 701. Not. 
episc. I 234/ III 172. VIII 286. IX 195. X291. 
XIII 150. Ramsav Asia Minor 320. [Buge.] 

HelenoS. 1) Ilgiaßoio tpilog nalg Hom. II VII 
4 4, ein Seher und ein Held. Er vermittelt den Willen 
der Götter anläßlich des Zweikampfs Hektors mit 
einem Danaer VII 44, veranlaßt VI 76, oliovoTiolojv 
o% äpioTog, durch Hektor einen Bittgang der 
troianischen Weiber zu Athene, befehligt mit Dei- 

itte Rotte im Sturm auf 

der fid%i} £xi zeug vavoiv 

beteiligt, wo er u. a. den Deipvlos tötet und mit 
Menelaos kämpft XIII 576. 582. 758. 770. 781. Schon 
in der Ilias beliebt, ist die gleichzeitige Nennung 
des Dei phobos t}'pisch in der Tradition der Folgezeit. 
Die in der Ilias etwas blasse Gestalt nahm 
Züge reicheren Lebens im kyklischen Epos an. 
In den Kv.tgta weissagte er vor der Fahrt des 
Paris das kommende Unheil (Kinkel EGF 17), 
'" ' ' ~ gefangen 

alcooeoos, 
holt 

Die Verbindung des H. mit der Philoktetsage 
im Sinne dieser Quelle bleibt gewahrt bei Bak- 
chylides in seinem Dithyrambus ^doxx^rijs (frg. 
7 [16] B.) t bei Sophokles (Phil. 606. 1337), bei 
Euripides nach der Paraphrase des Dion (LIX 2. 
II 131, 27 A), während im übrigen die Bezeich- 



2845 



ueienos 



11D1ÖUUÜ 



iiuug der Teilnehmer an der Espedition nach 
Lemnos variiert, insofern die Bedeutung des Odys- 
seus anscheinend als besonders dankbare Pointe 
auf das Konto der Tragödie kommt, und weiter 
Sophokles diesem den Neoptolemos, Euripides aber, 
worin Dion (LH. 14. [II 108, IIA]) ein o^- 
qixöv sieht, den Diomedes beigibt. 

In den Noaxot ist Helenos nicht direkt nach- 
zuweisen, doch steht es bei der großen Bedeutung, 
-die seiner Persönlichkeit in den Heimkehrlegenden 
aller Späteren beigelegt wird, außer Zweifel, daß 
seine Bolle hier eine ausgeführte war. Hiermit 
stimmt es auch, wenn die Iliasscholien zu VII 44 
von H. berichten nnd dabei auf Antikleides, 
- d. h. doch offenbar auf dessen Nooxoi verweisen. 
Nach diesem Bericht waren H. und Kassandra, 
mit der er auch sonst oft zusammengestellt wird, 
Zwillinge. Bei den yevedha von den trunkenen 
Festteilnehmern im Tempel des thymbräischen 
Apoll zurückgelassen, schlafen sie ein. Man findet 
sie wieder, wie Schlangen ihnen die tiöqoi xtav 
<tlo§t}xr]oi<av reinigen und so die Gabe der Mantik 
übermitteln (ebenso Tzetzes Lyc. hypoth. und 
Eustath. Tl. 663, 40). "Über H. als einen Bestand- 
teil des thymbräischen Apollonkultes hat K lau s e n 
(Aeneas und die Penaten I 188ff.) weittragende 
Kombinationen von meines Erachtens geringer 
Glaubwürdigkeit ausgesponnen, Gruppe nimmt 
einiges davon und bringt (Griech. Myth. I 
305) den Namen mit der ilsvij zusammen, dem 
belügen Korbe mit der Schlange, der in dem 
Kultkreis der angeblich in Thymbra ursprünglich 
verehrten Gottheiten Artemis und Dionysos üblich 
ist, wie er auch an einen Zusammenhang der 
Helene-Figur mit der Schlange denkt (1203, 2). 
Neben der oben erwähnten einfachen Fassung 
der Philoktetsage steht nun eine kompliziertere 
Version, vertreten vor allem in den Apollodor- 
excerpten. Danach veranlaßt Kalchas statt seiner 
die Expedition zu dem Bogen des Herakles und 
seinem Besitzer Philoktet. Mit Hülfe dieses Bogens 
wird Paris getutet. H. und Deiphobos bewerben 
sich um Helena. Zurückgewiesen verläßt der erstere 
voll Erbitterung die Stadt. Da Kalchas sagt, daß 
H. die l>v6fisroi xrjv TzoXir /^tjo/hoi kennt, fängt 
ihn Odysseus. Der Gefangene gibt auch nach 
dieser Fassung den Griechen Winke, vor allem 
hinsichtlich des Raubes des Palladiums. In 
der kleinen Ilias dagegen wird die Ehe des Dei- 
phobos mit Helene eTst nach des H. Beteiligung 
bei dem Zuge zu Philoktet erwähnt, und die Über- 
mittelung des mit dem Palladium verbundenen 
Geheimnisses an die Griechen geschieht durch 
Helena selbst, die sich mit dem als Bettler in 
Troia später Dienste leistenden Odysseus beredet. 
Den Motiven dieser Sagenumgestaltung ist W a g n e r 
(Epit. Vatic. ex Apollod. bibl. p. 21Gff.) nach- 
gegangen. Der Helene Ehe mit Deiphobos ist 
wahrscheinlich schon für die Odyssee (IV 276. 
VIII 517), sicher für die Ilias parva anzunehmen. 
Den H. hier mit Deiphobos in Konkurrenz treten 
zu lassen, lag nicht nur durch den Namenanklang 
H. -Helena, sondern vor allem aucn durch die 
tvpische Verbindung der beiden Namen (vgl. 
Äpollod. HI 12, 5. Hygin. fab. 273. Dares Phry- 
gius XII. Prop. ffl 1, 29. Phüostr. her. XVII 2, 
wo überdies eine Parallele mit Kalchas) nahe. Zu- 
gleich wurde so die unheilvolle, berückende Macht 



der Helene an einem neuen Beispiel gezeigt, der 
Weggang des H. aus Troia tiefer motiviert. Da 
dieser erst nach dem Tode des Paris eintreten 
kann, so tritt nunmehr an Stelle des H. als Ver- 
anlag ser der Fahrt zu Philoktet Kalchas, während 
H. bei diesen Voraussetzungen das Geheimnis des 
Palladiums den Griechen vermittelt (über sonstige 
Vaticinia vgl. Wagner 225). Ansprechend führt 
WagneT diese ganze Umbiegung der Sage auf 
10 Stesichoros zurück, indem er besonders die Rolle 
der Helena hervorhebt. Dieser in den Apollodor- 
excerpten vertretenen Gestalt der Sage folgt Konon 
(IBS, Slff., Mythogrgr. ed. Westermann) und 
Tryphiod. 45ff. Quintus Smyrnaeus verwendet 
zwar auch den Zorn des H. wegen der Ehe seines 
Bruders, er läßt ihn aber keinen besonderen Ge- 
brauch davon machen und ruhig weiter kämpfen 
(VIII 254. X 346. XI 349). Tzetz. chil. VI 508ff. 
moniert den Unterschied der beiden Versionen 
20 6 <5' EvDtmdqg Isysi 

ävft ovjieq 6 Atjiyoßog klaße xrjv "Etevrjv^ 
6 xovxov ovvaifiog <p$oväv xol; "Ellrjoiv ixijl&e. 
tqv S" Vövooeol 2o<poxlLifc Ifyet drjQäaat zovxov, 
axovxa Sk xrjv ntadijoiv "EMrjot Tqoiag (ppaoai. 

Danach muß Euripides entgegengesetzt seinem 
Philoktet. der hier nach Dion sich im Einver- 
nehmen mit der kleinen Ilias befand, auch einmal 
der anderen Version gefolgt sein. Diktys Cretensis 
bringt als Grund des Übergehens zu den Griechen 
30 die Entrüstung darüber, daß Paris den Achill am 
Altar des Apoll getötet hatte (IV 18), bei Dares 
verbietet er die Schändung der Leiche des Achill 
(XXXIV) und wird bei Einnahme der Stadt wegen 
seiner friedlichen Gesinnung freigelassen (XLH). 
Dares gibt (XII) auch das Signalement Deipho- 
bum et Helenum similes patri dissimili natura. 
Deiphobum fortem Helarium dementem doetum 
mtem und läßt ihn, wie in den Kimqta, von An- 
fan» an abmahnen (VII). Dion Chrysostomos in 
4<Hmre rov 7W w äXwvat (XI 137. 142) läßt H. 
aus Zorn über die Ehe der Helene seinen Vater 
um Schiffe und Leute bitten und verwendet seine 
spätere Herrschaft bei den Molossern parallel den 
Eroberungen des Aeneas als Beweis seiner im 
Titel angedeuteten paradoxen These. Sieht man von 
der Stelle Dares 42f. ab, wo H. mit Hekabe, Kas- 
sandra und Andromache nach der Chersones geht, 
so ist diese tendenziös beeinflußte Darstellung die 
einzige, in der H. nicht mit den vöazot des Neopto- 
50 lemos verbunden erscheint, wie es die allgemeine 
Tradition in offenbarer Übereinstimmung mit dem 
Berichte der alten Nöoioi wollte. Hierher mag es 
zu erklären sein, daß in der Sagenfassung der 
Apollodoreicerpte H. gerade unter seinen Vaticinia 
auch das Mitkämpfen des Neoptolemos fordert. 
Nach Serv. Aen. II 166 hatte er diesem geraten, 
den Landweg nach Hause zu nehmen. Nach Euri- 
pides vermählt sich H., nachdem Orest den 
Neoptolemos getötet hat, mit Andromache 
60 (Andrem. 1245), nach Verg. Aen. LTI 327 über- 
läßt Neoptolemos, nachdem er seine Gunst der 
Hermione zugewendet hat, dem H., famuto famu- 
lam, die Andromache. An derselben Stelle be- 
richtet Vergil, wie H. in Epiras eine parva Troia 
und simtdata magnis Pergama errichtet habe 
und sein Land Chaonift genannt habe, alles dieses 
anläßlich des Besuch» des Aeneas. Natürlich 
muß er auch hier diesem Meissagen. Über den 



ZB*/ 



Heienos 



Heieon 



2848 



2849 



'EXbjzoXis 



Heliadai 



2850 



Namen Chaonien und seine Herleitung von einem 
von H. versehentlich auf der Jagd getöteten 
Troianer Chaon vgl. Serv. Aen. HI 297 und 334, 
über die auch von Vergil erwähnte Stadt Buthrotos 
Serv. Aen. III 293. Etym. M. s. v. und Steph. 
Byz. s. v., wobei die beiden letzteren sich auf 
Teukros von Kyzikos berufen. Danach sei die 
Gründung und Benennung erfolgt, als hei der 
Opferung der sxißatngta eine Kuh, noch nicht 
tötlich getroffen, einen Meeresarm durchschwömmen 
und dann an der Stelle der nachmaligen Stadt 
gestorben sei. Über ein makedonisches "Puov als 
ein 'EXivov xzhfia vgl. Steph. Byz. s v., ebenso 
über ein 'Efofita ebd. s. v. Ein Sohn des H., 
Kestrinos mit ISTamen, erwähnt von Steph. Byz. s. 
Kafijttavia, über eine Gemahlin Cestria, Campi 
film vgl. Serv. Aen. in 334, Beide Personen 
scheinen Eponymc zu sein und mit dem Heilkraut 
xzotqov zusammenzuhängen. Eine von Seneca 
Troad. 60 erwähnte troianische eoniux des H. ist 
wohl nur ad hoc fingiert. Eine Ehe mit Deida- 
meia, der Mutter des Neoptolemos, nach ihrer 
gemeinsamen Ankunft bei den Molossern, kennen 
nur die Apollo dorexcerpte XXII 8. Dionys von 
Halikarnass I 51 weiß von der Zusammenkunft 
des Aeneas und des H. in Epirus, deutet aber 
nichts über seine Verbindung mit den Griechen 
Olympias, die Mutter Alexanders, hat nach 



Theopomp ihren Stammbaum auf Dardanos durch 
H„ auf Aiakos durch Pyrrhos zurückgeführt (Tzetz. 
Lyk. AI. 1439). 

Dargestellt innerhalb einer größeren Gruppe 
in Olympia von Lykios aus der Schule des Myron 
als troianisches Pendant des weisen Griechen 
Ödysseus (Paus. Y 22, 2), in der Lesche zu Delphi 
von Polygnot gemalt oberhalb der Helene (Paus. 
X 25, 5). Eine Statue des den Troianern und 
dem Priamos zürnenden, den Griechen Gutes weis- 
sagenden H. mit einer Schale in der Rechten be- 
schrieben Anthol. gr. II 155. Sein Grab in Argos 
gezeigt (Paus. II 23, 5). Vgl Engelmann bei 
Koscher Myth. Lex. Wagner a. a. 0. 218. 246. 
271. Reich an Kombinationen und Mythen- 
deutung ist Klausen a. a. Ü. 189ff. 418ff. 

2) OlvomdrjQ, von Hektor getötet, Hom. II 
V 707. 

3) "0$ avveyQayse zo x £t 9°oxojiixov oldjvt.0f.ia, 
<bg özav zfjg kxzdoEwg zwv x^Q^' «?« aakdfitjg 
djto züv Qvrtdiov eijzcojuev, jiatdojiotei rj xi zoiovrov 
(Suid. s. v.). 

4) Nach Eustath. IL 626, 22 ein Thraker, der 
dem ursprünglich 2xa?*dv&Qtos benannten Pria- 
mossohn erst den Namen zugleich mit der Mantik 
gegeben habe. Gruppe I 305, 15. [Süß.] 

5) Helenos ist nach Dittenberger Syll. 
(or.) 1 148 und der Inschrift Journ. hell. Stud. IX 
251 n. 109 zuerst TQotpevg rov ßaodsoig, d. h. 
eines Prinzen, der später König geworden ist, und 
zwar eines Ptolemäers, gewesen. Unter zQoqsvg 
hat man hier nicht einen einfachen xaidaycoyög, 
sondern etwa einen Erziehungsgouverneur (,gou- 
verneur du Dauphin'] zu verstehen, s. Perdri- 
zet Ann. du Service IX 243ff.). Die spätere 
Karriere des H. und der ihm verliehene oiyyevqc- 
Titel zeigen deutlieh die Bedeutung dieser Stel- 
lung.. Er ist, als sein Zögling König wurde, 
Generalgouverneur (otganfffc) von Kypern ge- 
worden und proximaler Oberpriester, <L h. hat 



die Oberleitung des gesamten kyprischen Kultus 
(natürlich einschließlich des Königskultes) Über- 
nommen (ägx^Qsvq tt)g vi]Oov — a.Qxt£Qzv$ z&» 
xaza zr\v vfjoov. Lefebvre Ann. du Service IX 
236 urteilt über diese Stellung des H. falsch). 
Er dürfte sich in dieser Stellung bewährt haben ; 
sowohl ihm unterstellte Truppen als auch Prie- 
ster haben ihm Statuen errichtet. Von Ditten- 
berger und Lefebvre a. a. 0. ist H. fälsch- 

10 lieh in die Zeit Euergetes 1 IL gesetzt worden; 
Dittenbergers Annahme, der Sobn eines H, 
der unter Ptolemaios XL Alexander L ein höheres 
Hofamt bekleidet hat, sei der Sohn unseres H., 
ist an sich sehr hypothetisch, die Bezeichnung 
jenes Mannes als 'Avxtoyjvg spricht sogar wohl 
direkt gegen sie. Die Zeit des H. bestimmt sich 
vielmehr durch die Form seines Stattbaltertitels 
— nur GiQazriyoq xal aQxisgevs und noch nicht 
der seit Euergetes II, übliche Titelkomplex mga- 

20njyde xal vavaQ%og xal äex^Qeis (Dittenberger 
Syll. (or.) I p. 134) — auf die Zeit von Epiphanes 
bis auf Euergetes IT. Da ferner einfach nur von 
einem ßaodevg ohne Nennung des Namens ge- 
sprochen wird, so kann die Errichtung der In- 
schrift und damit die Statthalterschaft in die Zeit 
einer Mitregentschaft nicht fallen. Ptolemaios 
Eupator (153/2—150 v. Chr.) kommt also als der 
betreffende ßaodevg nicht in Betracht, zumal 
sein Gouverneur Andromachos geheißen hat (Anth. 

30 Pal. VTI 241. Das Epigramm zuerst für die 
Ptolemäergeschichte herangezogen von Cicho- 
rius Eh. Mus. LXIII 213ff; seine richtige Be- 
ziehung auf Ptolemaios Eupator bei Laqueur 
Herrn. XLIV 146ff.); auch Neos Philopator (146/5 
v. Chr., Pareti Atti Acad. Torino XLIBL 501ff.) 
scheidet wohl aus. Es stehen mithin als Zög- 
linge des H. nur Epiphanes und Phüometor zur 
Verfügung, von denen der letztere wahrschein- 
licher ist, da die Erwähnung des Söldner- 

40korps der Kiliker in der einen Inschrift immer- 
hin mehr auf das Ende der in Betracht kom- 
menden Periode hinweist (Paul M. Meyer 
Heerwes. d. Ptolemäer und Römer in Ägypten 93). 

[Walter Otto.] 

6) Helenos, ein Schriftsteller Über Wahrsage- 
kunst, Suid. s. oitbviofta. Er behandelte beson- 
ders die Prophezeiungen aus den Linien der 
Hand. 

7) Tierarzt, Hippiatr. p. 207. [Gossen.] 
50 8) Helenus (Appian. Dio), Freigelassener des 

Caesar Octavianus und daher mit vollem Namen 
C. Iulius Helenus (Inschr.), nahm im J. 714 = 40 
vorübergehend Sardinien für seinen Herrn in Besitz ; 
doch der Flottenführer des Sex. Pompeius, Meno- 
dorus, eroberte bald darauf die Insel zurück und 
nahm H. selbst in Caralis gefangen, sandte ihn 
aber ohne Lösegeld an den Caesar (Appian. bell, civ, 
V 277. Dio XLVin 30, 8; vgl. 45, 5. Ganter 
Provinzialverwaltg. der Triumvirn [Diss. Straßbg. 
60 1892J 27). Eine Ehreninschrift aus Aletrium 
(CLL X 5808 = Dessau 6267) hat Gardt- 
hausen (Augustus LI 127, 4; danach Ganter 
a. 0.) mit Recht auf ihn bezogen, obgleich sie 
nichts von seiner Laufbahn andeutet. [Münzer.] 

Heieon (j? "EXeatv), war nach Ptolemaios aus 
Askalon (Lentz Herodianos praef CLSX) im 
Schol. A H. X 266 die einheimische Außen»* 
des Namens der Stadt in der Nähe von nute 



gl*, die gewöhnlich Bteon heißt. Apollodoros 
nahm diese Form an und brachte sie in Zusam- 
menhang mit seiner Hypothese von ausgedehnten 
Sümpfen, die in Boiotien in alter Zeit vorhanden 
gewesen sein sollten (Strab. IX 406, vgl. 404. 
405. 439). Vgl. im übrigen den Art. Eleon o. 
Bd. V S. 2319f. [Bölte.] 

'EXemoXis, Name ungewöhnlich großer Be- 
lagerungstürme, die Demetrios Poliorketes bei 
den Belagerungen von Salamis auf Kypros (Diod. 
XX 48, 2f.) und von Ehodos (ebd. 91, 2f.) er- 
bauen ließ; vgl. Vitruv. X 22. Athen. 27 W. 
Plut. Dem. 21, Eine L beschreibt auch Biton 
53; vgl. Bauer Griech. Kriegsaltert 2 456. Droy- 
sen Heerwesen und Kriegführ. d. Griechen 215f. 
S. o. Bd. VI S. 2232. [Lämmer!] 

Helgas s. Germanikopolis Nr. 1. 

Heliadai. Unsere älteste Quelle für die rho- 
dischen Heliossöhne ist Pindar Olymp. VH. He- 
lios zeugt mit der Ehodos sieben Söhne, deren 
aotpcoraxa voyuara weiten Ruhm gewannen ; ihrer 
einer hat die Stadteponymen Kamiros, Ialysos 
und Lindos zu Söhnen (v. 71ff.). Ferner erzählt 
der Dichter den ätiologischen Mythos, die H. 
hätten, als ihr Vater ihnen nach Athenes Ge- 
hurt geboten, als die ersten der jungen Göttin 
und ihrem Vater Opfer zu bringen, um sich so 
ihres besonderen Schutzes zu versichern, das Feuer 
zum Opfer mitzunehmen verabsäumt; so hätten 
sie nur änvQa kga auf der Akropolis einrichten 
können ; die Götter aber hätten ihnen das nach- 
gesehen; Zeus habe Gold regnen lassen, Athene 
Kunstfertigkeit geschenkt (v. 39ff.). Mit solcher 
Erklärung suchte man einen alten, wahrscheinlich 
vorgriechischen Kultbrauch zu deuten (van Gel- 
der Gesch. d. alt, Rhodier 53f. mit Literaturnach- 
weisen). Pindar hatte sein Material offenbar von 
der Familie, deren einem das Lied gilt, bezogen ; 
was er gibt, kann also für die seiner Zeit in Rho- 
dos geglaubten Vorstellungen gelten (Genaueres 
s. Art. Halia). Einzelnamen deT H, nennt der 
Dichter nicht. Sie finden sich bei Hellanikos 
(Schol. Ol. VTI 132 a Drachm., wo sie Ochimos, 
Kerkaphos, Aktis, Makaros, Kandalos, Triopas, 
Phaeton ov oi xaza zrjv vfjaov Tevdyijv xalovat, 
i heißen; Schol. 131a führt an Stelle des Ker- 
kaphos und Ochimos einen als Heliossohn öfters 
erscheinenden Chrysippos ein), und in nur wenig ab- 
weichender Form in der rhodischen Urgeschichte 
des Rhodiers Zenon bei Diod. V 56, 3—57, 8; 
vgl. auch Konon 47 (Schol. Anth. Pal. IX 287 
ist wertlos). Die Herkunft der Partie ist be- 
stritten; gegenüber Bethes Versuch (Herrn. 
XXIV 430ff.), Apollodor bei Diodor zu finden, 
hält v. Wilamowitz seine ablehnende Hal- 
tung (Herrn. XIV 457. XVIDI 429; bei Bethe 
444) auch Gott. Nachr. 1895, 242 aufrecht; vgl. 
besonders auch Schwartz o. Bd. I S. 2866f. V 
678. Zenon berichtet nach der aus Pindar be- 
kannten Opferszene, die sieben H. , denen er Elek- 
tryone als Schwester beifügt, hätten sich durch 
Astrologie und Zeitberechnungen für die Schiff- 
fahrt ausgezeichnet; schließlich wären sie auf 
den schönsten, Tenages, eifersüchtig geworden, 
und vier der Brüder hatten sich an ihm ver- 
griffen ; dafür hätten sie auswandern müssen, 
Makar nach Lesboe. Kandalos nach Kos, Aktig 
nach Ägypten, wo ei die Stadt des Soimengottm» 

FMlT^WUcows-Kron VIX 



HeMupolis, gründete, Trkroas nach Karlen, wo er 
das Triopion stiftete. Ochimos und Kerkaphos 
seien zurückgeblieben j ersterer habe mit der 
Nymphe Hegetoria die Kydippe-Kyrbia gezeugt, 
die wiederum von ihrem Oheim Kerkaphos den 
Lindos, Ialysos und Kamiros geboren habe. Daß 
die Namensreihe der H. in der heutigen Form 
nicht ursprünglich sein könne, sah v. Wilamo- 
witz Herrn. XVHI 429; neben dem unheroischen 

10 Aktis (o. Bd. I S. 12151) fänden sich griechi- 
sche Namen wie Triopas in der Reihe, wohin- 
gegen die Sage selbst, wie die Identifizierung des 
griechischen Phaeton mit einem einheimischen 
Tenages erkennen lasse, vorgriechisch sei und der 
karischen Urbevölkerung (vgl. Beloch Rh. Mus. 
XLIX 130) angehöre. Es läßt sich weiter er- 
weisen, daß die Namen der H. selbst fast durch- 
weg nach Rhodos übernommen sind. Der helle- 
nische Triopas ist Eponym des Triopions auf der 

20 knidischen Chersones , das so von Griechen be- 
nannt wurde als Vorgebirge der ,drei Löcher' oder 
der ,drei Angesichte' (vgl. Theokr. XVII 68 W. 
zqiotiov xoXa>vav, ,der Hügel, der nach drei Seiten 
sieht'; dazu v, Wilamowitz Testgesch. d. Bu- 
kol. 52, 2); daß erst nach dem Ortsnamen der 
Heros benannt wurde, ist natürlich. Darnach ist 
die Verknüpfung mit Thessalien (Kallim. hymn. 
VI u. sonst) oder mit Kos (Steph. Byz. s. Meqoip) 
oder Syme (Diod. V 53, 1) oder Lemnos (Diod. 

30 V 81, 2) so sekundär wie die mit Rhodos (vgl. 
Athen. 262 E). Wenn Diod. V 61 den Triopas 
aus Rhodos nach der knidischen Chersones als 
Gründer des Triopions kommen läßt, so verquickt 
er zwei Geschichten: a) eine rhodische, b) eine 
thessalische Version (mit passender Genealogie 
§ 3 ; zu b) stellt sich Hyg. astr. II 14). Nur 
durch rhodische Annexion wird Triopas, Vertreter 
des Vororts der Hexapolis, zum rhodischen Helios- 
sohn, van Gelders Auffassung des Triopas als 

40 Ausdrucksform des Helios (54. 56f.) ist nicht halt- 
bar, ebensowenig Useners Deutung als Gott 
Dreiauge (Rh. Mus. 58, 183f.). Kandalos, den 
Oikisten von Kos, der hier dem Merops gegenüber 
den barbarischen Namen trägt (v. Wilamowitz 
430f.), hat Bethe 431, 2 glücklich mit dem koi- 
schen Vorgebirge 2xdvdakov oder SxavSdgiov 
(Strab. 657) zusammengestellt. (Anders Höfer 
in Koscher s Myth. Lex. HI 3343.) Der dritte 
H. Makar wurzelt völlig in Lesbos. Hier kennt 

50 ihn schon die Ilias als König (XXIV 544) j hier 
führen sich alle Städte auf ihn als Gründer zu- 
rück (Steph. Byz. s. 'Ayaprjdtj, "Avuooa, 'ÄQtößij, 
"Egeoos, Mri&vtiva, Mvzdrtvtj, Diod. V 81, 7. 
Bethe 437, 1. Schirmer in Röscher s Myth. 
Lex. II 2288f.); der rhodischen Sage, die ihn 
für sich okkupiert und von Rhodos nach Lesbos 
wandern läßt (außer Diod. noch SchoL TL 24, 
544 MdxoQ 6 'Eliov (BV VXov, von Wilamo- 
witz 429, 1 verbessert und durch den Town- 

601eian. bestätigt] tpovsvoas xov ädtXtpov Tevayrjr 
exetae (<xw)q5xi/<«r [nach Lesbos] xal xöltv olxioac 
dito rifc yvrautbq Arxtaaa» dtvöftaow)^ steht eine 
andere gegenüber, die vom lesbischen KOnig Ma- 
kar die Insel Rhodos kolonisiert werden läßt 
(Diod. V 81, 8), womit dieNotii nia a mninnhan gen 
ma*, daß neben vietatt anderen Namen anch 
Makaria ab alte Benfcftnnn« tot Bhodqe rifch 
findet (Hm. n. h. TJjJteSÄH» OrieA» »b/äi. 



2851 



Heliädai 



Hellas monachos 



2852 



300). Daß Makar ursprünglich schwerlich eine 
griechische Figur sei, wird von Preller-Roberti 
I*- 631, 2 vermutet. Damit wäre die Zahl der 
H. erschöpft, die die rhodische Sage seihst durch 
Auswanderung entfernt ; in der Tat sind alle drei 
von außerhalb her, von der Chersones ^ und Kos 
sowie von Leshos übernommen. Ähnlich steht 
es um die auf der Insel Zurückbleibenden. Zwar 
über Ochimos ist unsere Überlieferung unergiebig 
(Plut. quaest. gr. 27. Lentz Herodian I 171, 
20). Von Kerkaphos erzählte übereinstimmend 
mit Zenon Apollodor bei Strab. 654. Steph. Byz. 
s. KdfiiQog und Atvöos , vgl. Schob Pind. Ol. TU 
135, daß er Vater der drei wichtigsten Stadt- 
eponymen geworden ; auch hießen die Bhodierinnen 
nach ihm KeQt<a<ptdss (s. auch Eustath. zu II. II 
656, wo van Gelder 59 mit Hecht Avcm^q zu 
Kvdbmr}? ändert. Anth. Pal. IS 287). Ein Rho- 
dier Kerkaphos auf Inschr. aus Rhodos, ca. 100 
v. Chr. (Hiller v. Gaertringen Athen. Mitt. 
XX 1895, 228). Jedoch findet sich an der klein- 
asiatischen Küste unweit Kolophon ein Berg Ker- 
kaphos, bekannt als Grabstätte des Kalchas, Ido- 
meneus und Sthenelos (Lykophr. 424 und Tzetz. 
z. St. ; vgl. Nikander Theriak. 218) ; es muß als 
wahrscheinlich gelten, daß der rhodische Kerka- 
phos von hier seinen Ausgang genommen hat 
(vgl. auch Gruppe 642). Hängt die Angabe des 
Ps.-Plut. de fluv. 9, daß der Maiander seinen 
Namen von einem gleichnamigen Sohne des Ker- 
kaphos trage, damit irgendwie zusammen*? (Der 
Sohn Kerkaphos des thess arischen Triopas bei 
vanG eider 57 berubi wohl auf Versehen ; Schob 
IL IV 88 nennt ihn Karkabos, Eustath. zu IL 

IV 87 Karnabas). Auch der Name der Gattin 
des Kerkaphos, Kyrbie, abgeleitet von dem in 
Kreta (für Hierapytna Steph. Byz. s. v. ; vgl. Strab. 
472) bezeugten Namen Kyrbe, der auch in Rho- 
dos als alter Ortsname wahrscheinlich ist (Diod. 

V 57, 8. van Gelder 60), kehrt nach Hekataios 
bei Steph. Byz. s. Kvgßj] in einer Stadt Kyrbe 
im Pamphylien und als Kvgßaoa (Steph. Byz. 
s. v.) in Karien wieder, so daß wir hier auf die 
karische Unterschicht, dem kleinasiatischen Fest- 
land wie Rhodos gemeinsam, stoßen. Gruppes 
Ansicht 257 kann ich nicht teilen. Zu Tenages 
schließlich, dem Opfer seiner Brüder, tritt die 
Hesychglosse Tivayog ■ vfjoog Tgotag, die, wenn 
verläßlich, uns nahe den Gegenden führt, denen 
Makar entstammt; auch ist bemerkenswert, daß 
die Schwester deT H., Alektrona, sich wie in Rho- 
dos, so auch in Samothrake und der Troas findet 
(v. Wilamowitz Herrn. XIV 458. XVIII 429. 
XXVI 210. 235, 1. Friedländer Herakles 4 7ff.). 
In jedem Falle ist der Name Tenages wie der seiner 
Schwester vorgriechisch, und auf Rhodos muß 
von diesem karischen Sonnensohn eine Sage er- 
zählt worden sein, die den Griechen gestattete, 
ihn mit ihrem Phaeton zu identifizieren. Spuren 
dieser Sage findet v. Wilamowitz 430 in der 
atlantischen Mythologie des Dionysios Skytobra- 
chion (Diod. HI 57) ; ähnliche Sagen von Phaeton- 
Absyrtos (Apoll. Rhod. IU 245) und Atymnios 
(Solin. 11) zieht heran Knaack Quaest. Phaetont. 
14f. Wenn aber v. Wilamowitz 426, 1 (vgl. 
Knaack 18) schließt, daß die Genealogie Schob 
Od. XVTI 208 (Phaethon, Sohn des Helios und der 
Rhode, der Tochter des Asopos) auf die iberische 



Pflanzstadt der Massilioten deute, so liegt doch 
näher, diese Genealogie als Produkt der von Ko- 
rinth her bewirkten Identifizierung der Phaethon- 
sage mit der karischen anzusehen, so daß Asopos, 
natürlich der argolische, und Rhode Anfangs- 
und Endpunkt in der Ortsverknüpfung markieren. 
Nonn. Dionys. 14, 44 nennt drei H. Thrinax 
(Eponym von Thrinakia), Makareus (vgl. Makar) 
und Auges (gebildet aus Augeias). Dazu v. Wi- 
lOlamowitz Gott. Nachr. 1895, 242, 53. Die 
genauere Kenntnis der karischen Sage wie selbst 
die ursprünglichen Namen der Mehrzahl der H. 
bleibt uns verborgen. Gesondert steht die Notiz 
bei Cicero de nat. deor. III 54 über Helios, Sohn 
der Akantho und Vater des Ialysos, Kamiros und 
Lindos. Ton einer Bildsäule eines der H. in 
Rhodos spricht Dion von Prusa 31. 93 (van Gel- 
der 62). Über das Verhältnis von H. zu Tei- 
chinen, die ron manchen Forschern identifiziert 
20 werden (Literatur bei van Gelder 53), s. Art, 
Teichinen. [Malten.] 

Heliades, nach Diodor. XXXH 10, 1 Ge- 
neral des Alexandros I. Balas, mit dem er nach 
der unglücklichen Schlacht am Oinogaras im J. 145 
v. Chr. zu dem arabischen Fürsten Z abdiel im 
nördlichen Syrien flüchtet. Er und seine Offi- 
ziere haben den König jedoch verraten ; sie müssen 
sofort nach der Schlacht (Joseph, ant. lud. XU! 
117f.) mit den Siegern, Ptolemaios VI. Philo- 
30metor und Demetrios IL, Unterhandlungen an- 
geknüpft haben, und als Demetrios ihnen um- 
gehend ihre bisherigen Stellungen zusicherte, 
haben sie zusammen mit dem von ihnen auch 
gewonnenen Zabdiel den Alexander ermordet. 

[Walter Otto.] 
'miaut bezeichnet 1. die Gesamtheit oder 
einen Bruchteil der attischen Geschworenen, altes 
Gesetz bei Lys. X 16. Demosth. XXIV 105, ferner 
ebd. 63. XXI 47. [Demosth.] XLIII 75; ebenso 
40 in der Fluchformel Demosth. XXIII 97 ; t? fjXltua 
ij x&v &eafio&ETüv IG IV 1, 27 a — Ditten- 
berger Syll.2 17 Z. 75 und Ant. VI 21 ist ein 
Gerichtshof unter Vorsitz der Thesmotheten ; 
2. eine Gerichts statte [Demosth.] XLVTI 12. Paus. 
I 28, 8, und zwar die größte, die benützt wurde, 
wenn mehrere Richterabteilungen zusammenge- 
zogen wurden, Arist. resp. Ath. col. XXXIV 25. 
Harpokr. Bekker Anecd. I 262. Bei And. I 28 
heißt sie to rar &eofio&exo>v dtxaotJQtov, wahr- 
50 scheinlich an der äyogä gelegen. Die Ableitung 
war schon den Alten zweifelhaft, sie schwanken 
zwischen aXia&o&ai und %Xio;; Bekker Anecd. I 
310, Schob Demosth. XXIV 21, für die erstere 
ist Herodian bei Steph. Byz. s. v. Sicher ist die 
ursprüngliche Form rjUaia IG I 37. IV a. O. 
Diog. Laert. I 66. Arist. Av. 110. Fritzsche 
De sortit. iud. 78. Davon hergeleitet tjXtäCEO&ai 
Lvs. bei Harpokr. Gesetz bei Demosth. XXIV 50. 
Arist. Equ. 798; Vesp. 772; Lys. 380; tjUaois im 
60 Richtereide Demosth. XXIV 150; Jjlautriqs ebd. 
(s. Atxaoiris); rj/uaorisiös /xio&os und OQKog s. 
Atxaorrjs. Vgl. Wachsmuth Stadt Athen n 1, 
359. Meier-LipsiusAtt.Proz.176. [Thalheim.] 
Hellas monachos, mit dem Beinamen Gkarax, 
mag hier ein Plätzchen finden im Hinblick auf 
seine Schrift IIsqI &ta<poQcov fiitQor oder, wie die 
Überschrift mit Widmung vollständig^ lautet: 
UXioü ilajiGtoo ftovazov XaQcaeog sfQog'Imdvrrjv 



2658 



Helias monachos 



Hehce 



285$ 



tov ädeX<pov a&tov sibqI dicupogow fiirgcov. Das 
Büchlein wurde ehemals ungenügend herausge- 
geben von Franc, de Furia als Anhang des 
Draco Stratonicensis von G. Hermann, Lips. 
1814, sorgfältig auf Grund namentlich des cod. 
Laurentianus LVI 16 und des Venetus Marcianus 
483 Ton W. Studemund in den Anecdota va- 
ria I (Berlin 1886) 167—184. Eine Quellenana- 
lyse der Schrift verdankt man, nachdem schon 



Hephaest. § 81h t& noXirsvdftsva genannten vier 
Hauptmetra deiByzautiner behandelt, das iamhische 

(1 70t St.), das heroische (171ff.), das elegische (175), 
das Anakreontische (176t), eine Reihenfolge, die 
sich in zweien der Rezensionen des byzantinischen 
Kompendiums wiederfindet (p. 280 und 309 Consbr.), 
während in der dritten (Appendix Rhetorica p. 339 
Consbr.) vielmehr das heroische Metrum den Vor- 
tritt hat, dem dann das iambische und die übrigen 



E. Westphal Metrik I 2 in seinem Kapitel über 10 folgen. Aber die letztere ist die ältere und ur- 

3 - . TT._T.,.i:.„ „:„_!.„„ a„-L„i:., x> 1 neflp „i,„ sprüngliche, es hat sich von ihr auch in der zweiten 

Rezension des byzantinischen Kompendiums noch 
eine deutliche Spur erhalten (Append. Dionysiaca 
p. 309, 23. Hoerschelmann Ein griechisches 
Lehrbuch der Metrik 12). H. folgt also der 
jüngeren Fassung. Daß alles übrige, was sich 
an H.s Darstellung deT genannten vier Metra in 
den Hss. anschließt, d. h. die von Studemund 

als Appendix I bezeichneten Abschnitte Kap. I 

Helias Monachos gehört wie der Verfasser der 20 HsqI avvi^aeoyg, Kap. II Kara jiooovg xQonovs 

> W. Mangelsdorf (Karlsruhe 1876) heraus- yivexat x<»Xa rä im} {177— 183 Studem.) und die 

11 />i-i -=--- — !- t»_ •»*-. _■!..__ Appendix II ITeQi xatv kv xotg oxfyoig nafißv (184 

Studem.), die zuerst Villoison Anecd. Gr. LT 
851 veröffentlicht hatte, mit H. nichts zu tun 



die Hephästioneischen Scholia B 196ff. manche 
Zusammenhänge richtig hervorgehoben hatte, der 
Straßburger Dissertation von Ludwig Voltz De He- 
lialsaaco monachoPs.-Dracone scriptoribusmetricis 
Byzantinis, Argentor. 1886. Einschlägiges bietet 
aüchPs.-Hephaestion de metris ed. H. zurJacobs- 
muehlen Dissert. Argentor. vol. X, Argentor. 1886. 
Vgl. auch Krumbacher Geschichte des byzanti- 
nischen Literatur s 594ff. 



gegebenen Anecdota Chisiana, wie Ps.-Moschopu- 
los, Isaak Monachos, Ps.-Drakon u. a. zu der Gruppe 
byzantinischer Kompilatoren, welche ihre Weisheit 
mit mehr oder weniger wörtlicher Anlehnung aus 
einem metrischen Kompendium schöpften, das 
W. Hoerschelmanns grundlegende Untersu- 
chung in dem Schriftenkomplex der seit "W e s t p h a 1 
sogenannten Scholia Hephaestionea B als das fünfte 



haben, ist in der Hauptsache schon von R. West- 
phal erkannt, und wird auch durch die stili- 
stische Beobachtung bestätigt, daß die in den 
echten Partien gewählte Anrede an den Bruder 
Johannes hier vermißt wird (Voltz 8). Aber auch 



Buch erkannte: W. Hoerschelmann Ein grie 30 in den nun übrig bleibenden vier Kapiteln hat sieh 



chisches Lehrbuch der Metrik, Dorpat 1888. Vgl. 
darüber Art. Hephaistion. Die älteste Gestalt 
dieses Lehrbuchs, welches uns in drei jetzt hinter 
Consbruchs Hephästion (Lips, 1996) 280—304. 
305—334. 335—343 bequem zugänglichen Rezen- 
sionen vorliegt, scheint dem 7. Jhdt. anzugehören. 
Wenigstens gehen die jüngsten der in den genann- 
ten Rezensionen zitierten Autoren, wie Sophronios 
(t 638) und Georgios Pisides, unter Kaiser Hera- 



noch mancher dem H. fremde Zusatz einge- 
schlichen. Daß in dem Kap. Ilegl tov taftßtxov 
fisxQov die nur im cod. Laur. LVI 16 überlieferten 
§§ 3 — 5 dem H. abzusprechen sind, machte 
Voltz (a. O. 9) wahrscheinlich, der auch an der 
Echtheit von §§ 2 und 7 desselben Kapitels zweifelt 
(a. O. 11). In dem zweiten Kapitel sind die wie- 
derum nur im cod. Laur. LVI 16 überlieferten 
§§ 3—5 (p. 173 Studem.), wie Westphal Metr. 



klios (610—641), nicht unter das 7. Jhdt. hinab. 401 2 209 sah, gleichfalls späteres Einschiebsel, in- 



Wenn dagegen von Helias 175 Studem. in dem Ka- 
pitel IIeqI tov sXeyeiaxov fdrgov als Beispiel für 
den Pentameter ein so übles Gebilde wie pn\ pov 
Xtj&tjv ov xoiet fii) Xfioxs gegeben wird oder von 
Isaak Monachos in dem Kapitel IJegl xov 'Ava- 
HQsovxslov ein Vers des Konstantinos, des Siziliers 
(9. Jhdt.), so wird wohl Voltz (a. O. 6) mit der 
Annahme recht behalten, daß wir darin spätere 



sofern H. selbst unmittelbar vor § 3 den Schluß 
seiner Erörterung des iambischen und heroischen 
Maßes markiert hat. Das dritte und vierte Kapitel 
zeigen eine etwas freiere, aber eben darum keines- 
wegs wertvollere Fassung, wie sich das auch in 
den zum Teil wohl von H. selbst gebildeten 
Beispielen verrät. Die H. eigenen Sätze sucht 
man mit Recht in denjenigen, welche in Ps.-Mo- 



Zusätze des H. und Isaak Monachos selbst zu schopulos ([Ps.-]Moschopuli tractatus de metris ed. 
sehen haben, nicht aber die übrigens reserviert 50 Fr. Nie. Titze in Manuelis Moschopuli Cretenais 



ausgesprochene Vermutung Krumbachers (a. O- 
594), der es wahrscheinlich bezeichnete, daß da3 
byzantinische Kompendium in seiner Urgestalt dem 
10. Jhdt. angehöre, ,der Zeit der Enzyklopä- 
dien und Sammelwerke'. Die Zeit des H. Oharas 
selbst aber läßt sich vorderhand nicht genauer 
als durch seine Abhängigkeit von der älteren Fas- 
sung jenes byzantinischen Kompendiums bestim- 
men. Die Vermutung von Voltz (a. O. 14), H. 



Opusc. gramm, Lips. et Pragae 1822, 43ff.) und 
den Anecdota Chisiana, mit welchen er sonst viel- 
fach übereinstimmt, keine Parallele finden. Das 
Detail hierüber bei V o 1 1 z. Zieht man die Summe, 
so kann H. unter der nicht geringen Zahl by- 
zantinischer Kompilatoren, welche sich die altere 
Fassung jenes ,liber quintus' der Scholia Hephae- 
stionea altera zum Torbild nahmen, keineswegs 
als das wichtigste und zuverlässigste bezeichnet 



gehöre dem Anfang des 9. Jhdts. an, insofern 60 werden. Nur tut man gut, ihn nicht nach der Über- 

■ "--•— ^ — =j— --•■ lieferung des cod. Laur. LVI 16, sondern nach der 
des cod. Marc. Ven. 483 zu beurteilen (vgl. Voltz 
a. O. 13). fHense.] 

- Heiice (Helycc); ein Sumpfsee {stagrmm) an 
der Mündung des Flusses Atax (Aude), mit engem 
Ausgang ins Meer; vgL Arien, oxa niarifc. v. 587- 
D es j ardin s Geogr. de la Gaule Born. I 152ff. 
245. CBang.] 



unter dem Ioannes, dem er seine Schrift widmet, 
vielleicht der jüngere Grammatiker Ioannes Gram- 
maticus Charax zu verstehen sei, bezeichnet ihr 
Urheber selbst als unsicher. Die Zeit des H. 
Charax ist, wie Krumbacher mit Recht betont 
(a. O. 596), ,gänzlich unbestimmt. Der Inhalt der 
Schrift schließt sich an das byzantinische Kompen- 
dium in der Weise an, daß sie wie jenes die von Ps.- 



Helleo. 1) Nach einer späten bei Plin. n. h. 
XII 5 vorliegenden Version der keltischen Wander- 
sage ein Helvetier, der in Eom als Zimmermann 
gearbeitet hatte und durch mitgebrachte Süd- 
früchte bei seinen Landsleuten die Begier zum 
Einfall in Italien weckte (vgl. dazu Hirschfeld 
S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 346f., zum Namen auch 
Holder Altkeit. Sprachschatz I 1414). 

2) Helico, Bauer in Tusculum, erwähnt um 
709 = 45 von Cic. fam. XVI 18, 2 nach unsicherer 
"Überlieferung (Salaeo, helluo u. a. Konjekturen). 

[Münzer.] 

Helikaon ('Efoxäcw). 1) Troianer, Sohn des 
Antenor und Gemahl der Priamostochter Laodike, 
Hom. TL m 123. Paus. X 26, 7, bei der Erobe- 
rung Troias von Odysseus gerettet, Lesches frg. 13 
(Paus. X 26, 8). Sein Dolch mit Weihinschrift 
wurde in Delphi gezeigt, Phainias FHG II 297 
(Athen. VI 232 c). Mit Antenor (Verg. Aen. I 247) 
und seinem Bruder Polydamas (Int. Serv. Aen. I 
242) gründet er Patavium, Mart. X 93. XIV 152. 

2) Lesbier, nach einem hellenistischen Dichter 
bei Parth. Erot. 21 Sohn des Lepetymnos, von 
Achilles bei der durch den Verrat der Peisidike 
ermöglichten Eroberung von Methymna erschlagen. 

3) Heerführer beim Zuge des Dionysos gegen 
die Inder, Nonn. Dionys. XLLtt 54. [Weicher.] 

4) Pythagoreer, den Iamblich. (vit. Pythag. 
130. 172. 267) unter den Gesetzgebern von 
Rhegion erwähnt und wegen seiner Tätigkeit 
und seines Charakters lobt. [E. Wellmann.] 

Helike (EXixrj). 1) Stadt in Achaia. Den 
Namen leitet Busolt Gr. Gesch. I 286, 5 von 
Uixij ,Weide' ab, ebenso Solmsen Eh. Mus. 
LLTI 1898, 147; Beitr. z. griech. Wortf. I 84 f. 
Nach Solmsen Unters, z. griech. Laut- u. Vers- 
lehre 15, 1 möchte man unmittelbare Ableitung 
von iXog annehmen, was zur Lage passen würde. 
Gruppe Griech. Mythol. II 743, 11 bringt den 
Namen mit klt£ ,Rind* zusammen. Ethnikon: 
EXtxevg Strab. VI 263. VUI 385. Steph. Byz. 
Diodor. XV 49, 3. Paus. VII 25, 4 (hsL EXi- 
xaicov , d. i. EXtxicov) ; TUtxcovizijs Steph. Byz. 
Ktetikon : EXtxqaios Aelian. nat. an. XI 19. Steph. 
Byz.; EXixyiog Aristarch. Etym. M. 547, 15ff. 
Daß EXixtoviog als Ktetikon von H. gebraucht 
ist, läßt sich nicht erweisen; Solmsen Beitr. 
(s. o.) tritt für die Möglichkeit der Bildung ein. 
H. lag nach Paus. VII 24, 5 40 Stadien östlich 
von Aigion, jenseits des Selinus (Fluß von Vo- 
stitsa oder Aigion) und nach 25, 5 westlich des 
Kerynites (Buphusia). Herod. I 145 nennt es 
zwischen Bura und Aigion in der von Osten nach 
Westen fortschreitenden Aufzählung der achäi- 
schen Städte, die Apollodor bei Strab. VIII 385 
übernommen hat. Bei Ptolem. III 14, 36 er- 
scheint H. unter den binnenlandischen Städten, 
und zwar in südlicherer Breite als Bura, ein bis- 
her nicht erklärter Irrtum. Um eine genauere 
Vorstellung von der Lage za gewinnen, ist es 
nötig, zunächst auf den Untergang der Stadt ein- 
zugehen, der durch ein gewaltiges Erdbeben in 
einer Winternacht des J. 373/2 v. Chr. erfolgte; 
das Jahr Polyb. II 41, 7. Strab. VHI 384, Diod. 
XV 48, 1. Paus. VII 25, 4. Tageszeit Hera- 
kleides bei Strab. VUI 385. Diod. XV 48, 2. 
Aelian. nat. an. XI 19. Jahreszeit Herakleides. 
Paus. Tu 24, 12. Die Angabe des Zeitgenossen 



Herakleides läßt sich nicht dadurch erschüttern 
(Schmidt 139f.), daß nach Aelian und Favorinus 
bei Diog. Laert. TU 13, 20 = FHG HI 578, 6 
damals spartanische Schiffe in H. waren, und daß 
nach Aelian alles Ungeziefer vor der Katastrophe 
die Stadt verließ. Ersteres ist nicht unerklär- 
lich, letzteres kann eine Wandergeschichte sein. 
Das Verständnis des Vorgangs hat Schmidt 77f. 
erschlossen durch seine Beobachtungen anläßlich 

10 eines Erdbebens, das im Dezember 1861 dieselbe- 
Gegend heimsuchte ; vgl. W e i 1 361 ff . N e u m an n- 
Partsch 324f. Philippson 436.438. Die Kü- 
stenebene südöstlich von Aigion besteht aus den 
Schwemmstoffen, welche die Flüsse in eine flache 
Bucht des korinthischen Meerbusens abgelagert 
haben. Die englische Seekarte von 1896 zeigt, 
daß die 100 Fadenlmie sich vor diesem Teil der 
Küste ungewöhnlich weit vom heutigen Ufer ent- 
fernt (durchschnittlich 2,5 km und mehr), und daß- 

20 diese Linie auf einer ziemlich steilen Böschung 
(etwa 1 : 3) verläuft. Bei dem Erdbeben von 
1861 löste sich diese ganze Alluvialmasse in einem 
etwa 13 km langen und 2 m breiten Spalt von 
den Neogen schollen , an die sie sich im Süden 
anlehnt, und senkte sich schwach nach Norden, 
so daß ein Küstenstreifen von etwa derselben 
Länge und 100—200 m Breite dauernd unter 
dem Seeniveau verschwand. Daß die Katastrophe 
von 373 v. Chr. in derselben Weise, nur in zehn- 

30 fach größerem Maßstabe, durch Abrutschen der 
in steiler Böschung aufgehäuften Schuttmassen 
erfolgte, können wir aus Herakleides' Bericht 
noch deutlich erkennen (Strab. VIII 385). Da- 
nach lag H. 12 Stadien vom Meere, und dieser 
ganze Streifen samt der Stadt versank in die 
See (xakv<p&Eviog) ; 2000 Achäer, die herbeieilten r 
um die Leichen zu bestatten, vermochten es 
nicht; wir ergänzen: weil sie unter den Trüm- 
mern der Stadt im Meere begraben lagen. Dieser 

40 klare Tatbestand ist überraschend schnell (mit 
am stärksten schon bei Ephoros) verdunkelt wor- 
den. Die meisten Berichterstatter erwähnen nur 
das Ergebnis, daß H. im Meere versunken sei,. 
und die Phänomene, die man an der ganzen 
Küste beobachtet hatte, Erdbeben und Meeres- 
woge: Arist. met. I 6 p. 343b, 1. II 8 p. 368b, 6. 
Eratosth. bei Tzetz. zu Lycophr, 591. (Berg er 
Die geograph. Fragmente des Erat. 353). A elian. 
nat. an. XI 19. Paus. VII 24, 6. 12. Strab. VLU 

50 384. Diod. XV 42, 2f. (nach Ephoros) läßt die 
Flutwelle erst bei Tagesanbruch eintreten, während 
das Erdbeben auch bei ihm nachts erfolgt. Nur 
das Erdbeben erwähnen Schol. BTVL IL VUI 
203, nur die Seewoge Strab. 159. Polyb. LI 41, 
7 sagt nur, H. sei vom Meere verschlungen. Von 
einer Poseidonstatue, die noch auf dem Meeres- 
grunde stehe , erzählten die Seeleute dem Era- 
tosthenes bei seiner Anwesenheit (Strab. Vlll 
384. Berger 352); von den Euinen, die unter 

60 Wasser sichtbar seien, berichten Ovid. met. XV 
293ft. und Paus. VII 24, 13. Das Zusammen- 
treffen des Erscheinens eines Kometen mit der 
Katastrophe erwähnen Arist. met. I 6 p. 343 b, 1. 
Kallisthenes bei Sen. nat. quaest. VJJ 6,2; zur Ur- 
sachemacht ihn Ephoros bei Sen. nat. quaest. VII 
16, 2 = FHG I 273, 142. Häufig wird mit BL zu- 
sammen das gleichzeitig zerstörte Bura genannt, da» 
weiter sudlich im Gebirge lag; Strab. 1 89. Bianor 



avvt 



neu*« 



JLLUL1A*? 



Arrth Pal. EC 423. Phiitwtr. Her. 90,31. Aber 
schon Zeitgenossen lassen Bura mit ins Meer 
versinken: Ephoros bei Sen. (s. o.) und Diod. XV 

48, 3. 49, S. Kallisthenes bei Sen. nat. quaest. 
VH 5, 2 (zum Text G. Müller De L. Annaei 
Senecae nat. quaest,, Diss. Bonn. 1886, 44). VI 
23, 3. 26, 3 = frg. 6 in C. Müllers Script, rer. 
Alex. M. 13f.; ebenso [Aristot.] tcsqi xöoftov 4 
p. 396 a, 22. Ovid. met. XV 293ff. Plin. n. h. 
II 206. Derselbe IV 12 oppida Heliee, Bura, 
in quae refugere kaustis priorzbm vermengt 
vielleicht die Eroberung des Landes durch die 
Achäer mit der Erdbebenkatastrophe. Endlich 
Philon jisqi ä<p'&aQöias xoo/nov 26 (42, 3 Cu- 
mont) behauptet, mit H. und Bura zusammen 
.sei auch Aigeira ins Meer versunken, und zitiert 
dafür zwei Hexameter (vyirjlrjv 'EXixstav; zur 
Form Meineke Anal. Alex. 46). Es ergibt sich 
also, daß vor 373 die breite, flache Bucht süd- 
östlich von Aigion nicht vorhanden war, sondern 
die Küstenlinie wesentlich weiter nach Nordosten 
au verlief; und in der Mitte dieser über 4 km 
breiten Ebene, nordöstlich von dem Dorfe Ta- 
ratsa, lag H. , etwa gleich weit vom Meere und 
vom Fuß des Gebirges entfernt, ohne jede An- 
lehnung im Gelände, für eine griechische Stadt 
eine höchst auffällige Lage. Curtius wollte 
deshalb, wie vorher schon Boblaye, in den 
Euinen oberhalb Eisomylo die Akropolis von H. 
•erkennen; da aber hier, wie er selber annimmt, 
Keryneia lag, gerät er in unlösbare Schwierig- 
keiten. Vor seiner Zerstörung war H. bekannt 
durch seinen Kult des Poseidon, der schon IL 
VUI 203 erwähnt wird. Denselben Gott zeigt 
die schöne Bronzemünze, die nicht lange vor dem 
Untergang der Stadt geschlagen sein kann. Und 
als um dieselbe Zeit neun ionische Städte in 
Kleinasien dem Poseidon Helikonios in der Ge- 
gend von Ephesos ein neues Heiligtum zu bauen 
beabsichtigten, wandten sie sich nach H, (nach 
Ephoros bei Diod. auf den Rat des delphischen 
Orakels) und erbaten nach Herakleides ftdhcta 
fiev xo ßgexas xov Iloosiöcovog , « dh pr), zov ye 
ieoov xfyv ätpidgvotv, nach Ephoros d(ptÖQVftaxa 
and xäv ßmfifäv (vgl. v. Wilamowitz 13). Nach 
beiden stimmte das Koinon der Achaier zu, die 
Helikeer aber verweigerten den Gesandten die 
Bitte, nach Ephoros zerstreuten sie sogar deren 
Opfer und mißhandelten sie selbst. Dies ge- 
schah nach Herakleides im Sommer 373, und viele 
erblickten in dem Untergang der Stadt eine gött- 
liche Strafe. Nach Aelian werden die Ion er ge- 
tötet; dasselbe Verbrechen nennt Paus. VII 24, 
6, die Ion er sind aber bei ihm zu namenlosen 
Schatzflehenden geworden, offenbar unter dem 
Einfluß des 25, 1 folgenden Logos. Daß Posei- 
don in H. unter dem Namen HelikoDios verehrt 
worden sei, ergibt sich aus diesen Berichten 
nicht, das wurde erst von einem Teil der grie- 
chischen Philologen im Streit um die Erklärung 
von IL XX 404 behauptet, namentlich von Era- 
tosthenes (Eohde), und erscheint dann als aus- 
gemachte Tatsache bei Strabon, Pausanias und 
den Scholiasten. Aristarch. Etym. M. 547, 15ff. 
bestritt den Zusammenhang, und gerade hierin 
erblickt Eohde mit Recht einen entscheidenden 
Beweis dafür, daß jener Beiname damals für H. 
jedenfalls nicht nachzuweisen war. Ton der Ge- 



schichte von HL wissen wir so gut wie nichts. 
Der Schiflskatalog (II. II 575) rechnet TMkijv 
svQEiav zum Beich Agamemnons. Nach Herod. 
I 145 war H. die letzte Zuflucht der loner, nach- 
dem sie von den Achäern im Felde geschlagen 
waren; diese Bemerkung ist von Apollodor bei 
Strab. VIII 385 a. E. übernommen, der auch die Aus- 
wanderung der Ioner von H. ausgehen läßt; vgl. 
Schol. IL XX 404. v. Wilamowitz 9, 4. Die 

10 Ausgestaltung der Urgeschichte bei Paus. V 4, 
3f. VII 1, 4. 8. 6, 1 zu erörtern, wäre zwecklos, 
vgl. o. Bd. I S. 158, 5. 15.9, 38ff. 160, 12. Daß 
H. sich an der westgriechischen Kolonisation be- 
teiligte, ergibt sich aus der Nachricht Strab. VI 
263, der OiMst von Sybaris stamme aus H. Seine 
Stellung unter den achäischen Städten kommt am 
deutlichsten darin zum Ausdruck, daß in seinem 
Gebiet das Bundesheiligtum des Zeus Homarios 
lag (Strab. VIII 387, s. den Art. Homarion). 

20 Nach dem Untergang der Stadt fiel der Eest des 
Gebietes an Aigion (Strab. VIII 387. Paus. VII 
25, 4). Julius S chmi dt Studien über Vulkane und 
Erdbeben IL Weil Ztschr. f. Numism. VH 1880,' 
361ff. Neumann-Part seh Physikal. Geogr. von 
Griechenl. Philippson Peloponnes. Boblaye 
Eecherches 26. Curtius Pelop. LI 467f. Bur- 
sian Geogr. LT 333f. Frazer Paus. IV 165. 
167. Kult des Poseidon: v. Wilamowit z S.-B er. 
Akad. Berl. 1906. Rohde Rh. Mus. XXXVI 

30 1881, 407ff. = Kl. Sehr. I 29ff. Münzen: Weil 
s. o. u. Taf. VIII 6. Head-Svoronos f Iax. z. 
Nop. I 521. Head HN 2 414. Karten: Carte de 
la Grece. Julius Schmidt Taf. IV; Admiralty 
Chart. 1600. [Bölte.] 

2) )J 'EXixrj. Stadt in Thessalien nach Hesiod. 
scut. 475. Strab. VIH 7, 2 p. 385. Eustath. p. 
292, 32. Steph s. v. Die Lage ist unbekannt. 

[Stählin.] 

3) Als Sternbild kommt der Name H. seit 
40 der Alexandrinerzeit erst vor. Epimenides hat 

zuerst den kretischen Mythus von der Ernährung 
des Zeus durch die Nymphen H. und Kynosura 
mit dem großen und kleinen Bären in Verbin- 
dung gebracht. Aglaosthenes hat darauf diese 
Idee aufgenommen in seinen Nagoxä und auf 
naxisebe Lokalsage übertragen. Arat hat jedoch 
den kretischen Mythus des Epimenides anerkannt 
und ist dadurch für die Gestaltung desselben in 
der Folgezeit ausschlaggebend gewesen. Wie er den 

50 Namen bereits als erstarrten Begriff gebraucht 
und von der EXtxt}'ÄQxxog (51), der EXixqg ovQtj 
(59) redet, also unter dem Namen nicht immer die , 
Nymphe H., sondern entweder die in eine Bärin 
verwandelte Nymphe oder den alten Begriff der 
"Agxxog darin erblickt, so spricht nach seinem 
Beispiel auch ApolL Ehod. Argon. II 360. HI 
1195 von der Wxrj ÖQxxog. Die Römer haben das 
Wort in derselben Form übernommen (Cic. Arat. 
frg. VI 2 — de nat. deor. II 105, besondere beliebt 

60 ist es in späterer Zeit, wo es die haupteachUchste 
Benennung des Sternbildes ist, x. B. findet ea sich 
bei Germanicus, Manilius, Avienna allearfiialben) 
und sprechen ebenso von der SeHes maior und 
minor, wie von dem großen und UflÜMn Baien 
und wir finden wie bei Arat auch bei den Römern 
die Hßlice* eauda Avien. H 158 erwähnt oder H. 
mit dem un^rungüchen Gestinuannen , Wagen* in 
Verbindung gebr«ht (Luc Phaw.II33dt). Statt 



2859 



Helike 



Helike 



2860 



der üblichen Form Heiice und JTelica findet sich 
bei Späteren auch die Benennung Helix (Beda 
De signis caeli I = Comm. in Arat. rell. coli. 
Maass 582, 1. Schol. Bern, in Germ. Arat. 233, 
3, 12B). 

Der Name laßt an sich verschiedene Deu- 
tungen zu. Theophrast (bist, plant. III 13, 7) 
bemerkt zu der Salweide: xaXovoi ff oi jzsqi "Aq- 
xadtav ovx tzsav dXXa sXixrjv to ösvSqov. Mit- 
hin wäre es ein altachäisches Wort, dessen Sinn 10 
in dem achäischen Städtenamen 'EXixij zu er- 
kennen wäre (Weiden stadt: Solmsen Eh. Mus. 
LIH 147, 1. Prell witz EtymoL WörterM 
1905, 138. Boisacq Dictionn. e'tym. de la langue 
Grecque 243). Danach wäre eben die Bezeich- 
nung des Sternbildes rein dichterische Fiktion, 
ohne daß das Wort selbst irgendwelche Bück- 
sicht auf die Stellung der Sterne nimmt , wie 
wir dies ähnlich ja hei einer Keine anderer Ge- 
stirnbenennungen antreffen. 20 

Daneben bleibt aber eine Keine anderer Deu- 
tungsmöglichkeiten. Die Alten bringen das Stern- 
bild mit iXtoveo&at in Zusammenhang und er- 
klären den Namen aus der kreisförmigen Bewe- 
gung des Gestirnes = Drehgestirn. Arat. Schol. 
35 = p. 348, 2 M. öta rd iXioasötyai aal iXtxwdr) 
XQog rrjv ovqolv s%etv xal Slo, xo eXxso&cu vstb 
ovgavov; vgl. Hippol. ref. omn. haer. IV 48 
p. 118D Sehn. Arat. Schol. 37 = p. 348, 5 M. 
xr\v fislCova v Aqxtov e EXixr}v Hapa tac eXixag xa- 30 
avoTQoqpäg avrjjg , woraus Butt mann die sehr 
gesuchte Deutung nimmt, daß man in den 
sieben Sternen ein 5" einzeichnen könne (Abb. 
Akad. Kerl. 1826, philos. KL 20). Eine sehr ver- 
führerische Idee spricht Svoronos NoiAioitäxtxa 
— "Etprj^. olq%, 1893, lOff. aus, ihm folgt Gruppe 
Hdb. d. kl. Altertumsw. V 2, 2, 743, 11. Er ver- 
mutet, daß ursprünglich das Bild den Namen 
elixeg ßÖeg geführt habe, woraus später einfach 
f'Xtxsg und dann nach Verdunkelung des Ursprung- 40 
liehen Sinnes iXixtj geworden sei. Der Name 
Bootes = Ochsenhirt legt ja die Vermutung sehr 
nahe, daß den Griechen ursprünglich, wie auch 
den Römern, einfach das Sternbild sieben Ochsen 
waren und daß dieselbe Verblassung des alten 
Begriffes die eXtxeg ßosg zu der H. umgestaltet 
hat, wie die septentriones zu der septentrio 
gen. fem. später herabgesunken sind (Gundel De 
stellar, appell. et rel. Korn. = Relig. Vers. u. 
Vorarb. III 2, 151ff.). Dieser Name hätte sich 50 
dann etwa in einem (achäischen oder kretischen) 
h Dialekte erhalten und die Katasterismendichter auf 
die Idee gebracht , ihn mit den Ammenmärchen 
des Zeus, in denen eine Nymphe Helike eine be- 
sondere Rolle spielte, in Verbindung zu bringen. 
Die Idee scheint ja auch eine Stütze dadurch zu 
bekommen, daß eXtxsg auch sonst Sterne be- 
zeichnet, so spricht Nonn. Dionys. I 225 von den 
att^sg ovQavioiv eXixuyv. Doch bleibt dies nur 
eine — allerdings sehr ansprechende — Vermu- 60 
tung, da uns Belege ans der älteren Zeit über 
eine entsprechende Benennung des Sternbildes 
völlig fehlen. 

Mit dem Namen wurden zwei Mythen ver- 
knüpft, ein kretischer und ein arkadischer. Nach 
Epimenides gestaltet Arat den H.-£atasterie~ 
mus, der aus kretischen Priestersagen entnommen 
ist. Danach waren H. und Kynosura idäische 



Nymphen, die den jungen Zeus in einer Grotte 
des kretischen Idagebirges aufzogen und ernährten. 
Zum Lohne dafür wurden sie von Zeus in die 
Sternbilder des großen und kleinen Bären ver- 
wandelt. Die Sage muß eine ganz junge Schöp- 
fung gewesen sein, da Arat sie selbst unter 
Vorbehalt et heov fy wiedergibt, Arat. v. 30ff. 
Kallimachos hat sie zurückgewiesen mit der Be- 
gründung KQrjteg äsi ipsvojal (hymn, I 8). Die 
Fabel wird erzählt von Eratosth. epit. II = Erat. 
catast. rell. Kobert 58. Serv. Georg. I 246 ; Aen. 
III 516. Hyg. astron. II 1 p. 30 B.; vgl Maass- 
Aratea = PhiloL Unters. XII 341ff. Neustadt 
De Iove Cretico, Diss. BeroL 1906, 21 n. 29. 
Vermutlich liegt, wenn wir in dem Namen $Xi£ 
— Kuh erkennen, der alte Mythus von der Er- 
nährung des Zeus durch eine Kuh zu Grunde, von 
dem wir Darstellungen auf den Münzen von Prai- 
sos haben; s. Svoronos a. O. 8ff. ; Bull. hell. 
XVIII 1894, 116. Gruppe a. O. 946, 4. Mit 
dem geläufigen Namen des Sternbildes ,Bär' wird 
der Mythus von Aglaosthencs dadurch in Zu- 
sammenhang gebracht, daß er die beiden Nym- 
phen bei der Verfolgung durch Kronos zunächst 
in Bärinnen verwandelt werden läßt. Zeus selbst 
rettet sich dadurch vor seinem Verfolger, daß er 
sich in eine Schlange verwandelt und nach Naxos 
flieht. Später versetzte er dann aus Dankbarkeit 
die beiden als Bärinnen umherirrenden Nymphen 
an den Himmel, nachdem er die Herrschaft dem 
Kronos entrissen hatte, Schol. Od. V 272. Schol. 
German. BP p. 59, 5, p. 56 K. Isagoga bis exe. 
= Comm. in Arat. rell. p. 330, 13ff.M. Servius- 
a. O. Robert Eratosth. cat. rell. 25f. Neu- 
stadt a. O. 21. Neben der Flucht des Zeus, 
nach Naxos und der zunächst irdischen Ver- 
wandlung der beiden Nymphen, die Aglaosthenes- 
wohl den Naxica zulieb erdacht hat, geht eine 
vermutlich ältere Version auf Epimenides zurück. 
Danach hat Zeus sofort sich und seine beiden 
Ammen in das Sternbild des Drachen mit den 
beiden Himmelsbären verwandelt, Schol. in Arat. 
46 = p. 349 M. Angedeutet ist diese Verstirnung 
auf kretischen Münzen, wo der Zeus xQstayevfjs 
von sieben Sternen umgeben ist, Svoronos Bull., 
hell. XVIII 116. 

Auch in Achaia war ein Mythus bekannt T 
wonach Zeus in seiner Kindheit von zwei Nym- 
phen Aiga und H., beschützt wurde; diese waren 
die Töchter des Olenos; doch wird hier nicht aus- 
führlich von den Gründen der Verstirnung in die 
Himmelsbärin geredet, Hyg. astron. II 13 p. 48B. 
Die Sage ist auch an der Propontis heimisch, 
wo man auf einer Insel (Kyzikos) den Berg der 
Bärinnen zeigte, so benannt, weil dort die in 
Bärinnen verwandelten Zeusammen weilten, SchoL 
Apoll. Rhod. I 936. Man hat auch den Nach- 
weis versucht, daß in Arkadien die Bu-Sage be- 
kannt war und frühzeitig mit der Kallistoerzäh- 
lung verschmolzen wurde. Franz (De Callistus 
fabula, Leipzig. Studien XII 1890, 299ff.) sucht 
dies bereits bei Theoer. I 123 nachzuweisen, 
ebenso Neustadt a. 0. 29, vgl. auch St oll 
bei Röscher 12, 1985, doch läßt sich diese Idee 
bei genauer Prüfung nicht halten. Später nämlich, 
als die Bezeichnung weiteren Anklang gefunden 
hatte, wird H. die Tochter Lykaons genannt und so- 
mit mit dem Kallistomythus wirklich verschmolzen; 



2861 



Helike 



die kretische Sage ist dabei völlig unterdrückt. In 
den Gennanicusscholien wird Hesiod als Urheber 
dieser Mischung zitiert (SchoL G u. S p. 112 B.), 
doch ist diese Angabe zurückzuweisen, denn H. 
wird in den Scholien völlig identisch mit Arktos 
gebraucht, wie von Germanicus in den Aratea 
auch. Es ist hier also nicht betont, daß H. 
nach Hesiod Lykaons Tochter war, sondern der 
Mythus der Kallisto wird hier mit dem vom 
Dichter gebrauchten Namen des Gestirnes er % 10 
zählt; dazu vgl. Eratosth. epit. p. 49 R., die Scho- 
lia Basil. in Germ. p. 58B. Schol. Arat. 27 
p. 344 M. Hyg. astron. H 1 p. 30 B, wo Hesiod 
als Urheber der Kallistosage ohne Erwähnung 
des Namens H. genannt ist. Die Mischung ge- 
hört lediglich der späteren Zeit an, wo der Name 
H. die gebräuchlichste Benennung des Sternbildes 
war, sie findet sich auch bei Serv. Georg. 1 67, 
138. 246. Arat. latin. p. 181 M. 

Was die Persönlichkeit der H. im Verhältnis 20 
zu der Anordnung der Sterne am Himmel betrifft, 
so sieht man gemäß des Mythus und der alther- 
gebrachten Benennung des Bildes bald die Ge- 
stalt der Bärin H. am Himmel, bald glaubt man, 
in den Sternen lebe die Nymphe weiter als Göt- 
tin. Über die Zahl der Sterne und Komposi- 
tion derselben, die die Alten zur Zeichnung des 
Bärenbildes heranholten, s. die Belege bei Ro- 
bert a. 0. 54f. Als Seele des Siebengestirnes 
wird sie von den Dichtern mit Rede und Ver-30 
nunft begabt dargestellt; sie hat die Drehung 
der Sterne zu besorgen und beobachtet die Vor- 
gänge auf der Erde. Daher wird sie von Ceres 
auf der Suche nach der Tochter und von den 



MeiiEeia aoo£ 

Zauberern angerufen, Ovid. fast. IV 580. CIA 1 523. 
Lucan. Phars. LT 237. Claud. XVLT 298ff. Maass 
Orpheus 260f. Zu der Anschauung, daß das Stern- 
bild die Wohnung eines Geistes ist, vgl. Blake 
Astron. Myth. 40f. Chantepie de la Saussaye 
Lehrb. d. Religionsgesch., Tübingen 1905, I 61. 
Besonders wichtig ist sie als Örientierungsgestirn 
für die griechischen Schiffer (Arat. 37. Apoll. Rhod. 
Argon. II 95 u. Ö.) ; daher man auch später den 
Namen kXi«S>7isg daraus ableiten wollte, weil die 
Griechen bei der Fahrt nach der H. sich richteten 
(Schol. in Arat. 37 p. 348 M. Ideler Unters, üb. 
d. Urspr. u. d. Bedeut. der Sternnamen, Berlin 
1804, 294; dies wurde in geistiger Hinsicht auf 
die Ziele der Weltkinder übertragen von Hippol. 
refut. omn. haeres. IV 48 p. 118 D. Sehn.). 

Von Frauen, die in anderen Sagen außerhalb 
der Katasterismen vorkommen, wird H. genannt : 
1. die Tochter des Danaos, CIG 2374, 16 R. Hyg. 
fab. 170 p. 33 Schm.; % Gattin Oinopions und 
Mutter der Mtgw, der Geliebten Orions, Parthen. 
Erot. 20; 3. Tochter des Selinus, Gemahlin von 
Ion, Mutter der Bura, Paus. VII 1, 2. 25, 
5. Steph. Byz. s. v. Vielleicht geht auf ein Heilig- 
tum derselben die Inschrift CIG I 529; 4. Amme 
des Hermes, Philostephanus Schol. Pind. Ol. VI 
144 = FHG ed. M. III 30, 9; 5. Bakchantin 
Nonn. Dionys. XVII 217; 6. Hesperide auf einer 
Vase in Neapel, CIG 8394. Stoll a. 0.; 7. Bei- 
name einer Frau , CIG 6254. Anth. Palat. App. 
nr. 247 MaQxtavtj EXixy. CIA II 2, 989, 9. 

[Gundel.] 

Heltkeia s. Helike. 



Nachträge. 



S. 572, 24 ist einzuschieben: 

Oalbanum, Mutterharz. Diese heute höch- 
stens noch zu zerteilenden Pflastern und Salben 
sowie zur Bereitung von Kitten gebräuchliche 
Droge stammt nach den neuesten Angaben von 
mehreren Ümbelliferen Persiens und Afghanistans 
(Ferula galbaniflua Boissier et Buhse = Peuce- 
danum galbanifluum H. Baillon und deren var. 
Aucheri, dann Ferula rubricauHs Boiss. = Peuce- 
danum rubr. H. Baill. und Ferula Scha'ir Bge. ; 
vgl. Dragendorff Die Heilpflanzen 495. J. 
Wiesner Die Kohstoffe des Pflanzenreiches 12 
198. F. A. Flückiger Pharmakognosie des 
Pflanzenreiches 3 62ff. , wo auch weitere Literatur, 
Beschreibungen und Analysen zu finden sind). 
Das im europäischen Handel erscheinende G.-Harz 

bildet nach Wiesner entweder kleine Körner 

oder größere, wahrscheinlich aus kleineren Stucken 
zusammengeknetete Massen von ziemlich gleich- 
artiger, grünlichbrauner Farbe, wachsartigem 
Glänze, durchdringendem, an gelbe Rübe erinnern- 
dem Geruch und bitterem, terpentinartigen Ge- 
schmack. Länger gelagert nimmt das G. eine 
aus Grün in Orange übergehende bräunliche Farbe 
an. Auf frischeT Bruchfläche ist es gelblich bis 
weiß, glänzt, wird aber bald matt. Der Bruch 
ist muschelig. Schon der altisraelitische Gottes- 
dienst gebraucht ein Bauchwerk Ghelbenah, yaX- 
ßavr) (Exod. XXX 34. Jes. Sir, XXIV 21); "die 
Hippokratiker verwenden ein %aXßävt) genanntes 
Harz hauptsächlich bei Frauenleiden in Form von 
Räucherungen und Pessarien (Littre" II 455. 465. 
VI 347. VII 372. 414. VIII 165. 173. 219. 425). 
Theophrastos setzt yoXßdvr\ nebst ßä?.oafiov unter 
die däxQva (h. pl. IX 1, 2), es hat einen unan- 
genehmen und arzneiähnlichen Geruch und stammt 
gleichfalls aus Syrien von dem sog. Panakes (h. 
pl. IX 7, 2). Der Saft des Panakes, die sog. yaX- 
ßdvr), wird verwendet gegen Fehlgeburten, gegen 
Krämpfe und ähnliche Schmerzen, ferner gegen 
Leiden der Ohren- und Stimmorgane fh. pl. IX 9, 
2), Nikandros (Schneider Nikandrea) nennt 
theriak. 52 die yalßdvr] ßagvodpog und spricht 
938 von QiCat yakßavidss und alexinharm. 555 
von einer gi^a ycdßavösaaa, was die Scholien als 
gi'ta %aXßavr}s erklären. Auch nach Dioskurides 
mat. med. III 83 W. (87 Spr.) ist es der Saft 
einer in Syrien wachsenden Dolde, welche einige 
fi£ta)7ioY nennen. 

,Als bestes G. gilt das, welches weihrauch- 
ähnlich, körnig, rein, fettig, holzfrei ist und etwas 
von der Frucht und der Staude beigemengt ent- 
hält, einen starken Geruch hat, weder sehr feucht 



noch ganz trocken ist. Es wird verfälscht durch 
Zusatz von Harz, Bohnenmehl und Ammoniakum. 
Es hat erwärmende, brennende, reizende und ver- 
teilende Kraft. Im Zäpfchen und in der Räu- 
cherung angewandt befördert es die Menstruation 
und treibt den Fötus aus. Mit Essig und Na- 
tron aufgestrichen vertreibt es Leberflecken und 
wird getrunken gegen alten Husten, Atemnot, 
Asthma, innere Rupturen und Krämpfe. Mit 

10 Wein und Myrrhe genommen, ist es ein Gegen- 
mittel gegen Gift ; es stößt auch in gleicher Weise 
genommen den toten Fötus aus, auch wird es 
gegen Seitenschmerzen und Furunkel aufgelegt. 
Epileptische, von Mutterkrämpfen und Schwindel 
Befallene regt es als Riechmittel an. Wilde Tiere 
verscheucht es, wenn es zur Räucherung ange- 
zündet wird und schützt die damit Eingesalbten 
vor Bissen. Schlangen tötet es, wenn es mit 
Bärenklau und Öl in deren Nähe gebracht wird ; 

20 Zahnschmerz lindert es herumgestrichen oder in 
den hohlen Zahn gesteckt. Es scheint aber auch 
Harnverhaltung zu bewirken. Zu Tränken wird 
es aber mit bitteren Mandeln und Wasser oder 
Raute oder Honigmet oder warmem Brote ge* 
mischt ; anders mit Mohnsaft, gebranntem Kupfer 
oder frischer Galle. Gereinigt wird es mittels 
Kolierens.' Celsus nennt es als urin treibendes, 
Eiterung beförderndes, reizendes, ätzendes und 
erweichendes Mittel (III 21. V 3. 4. 6. 18, 2); 

30 als Umschlag bei Nerven und Gelenkschmerzen 
wird V 2, 28 galbanum sine sureulis gebraucht 
(W. Frieboes A. Com. Celsus 609). Scribonius 
Largus nennt G. als Zusatz sehr vieler Arznei- 
mischungen, ebenso Marcellus Empiricus, Theo- 
dorus Priscianus, Pelagonius, Vegetius, Chiron, 
die Geoponika u. a. 

Columella heilt damit (VIII 5) von Schlangen 
angeblasene Küchlein; dagegen scheint er eine 
heimische Pflanze zu bezeichnen, wenn er ver- 

40 langt, daß ein guter Gartenboden noria galbana 
suceo nicht dulde (X 17). Nach Sueton Galba 
3 leiteten einige den Namen Galba davon ab: 
primus Sulpieiorum cognomen Galbae tidit . . . 
quod oppidum Hispaniae frmtra diu oppugna- 
tum inlitis demumgedbano faeibus sueeenderü (!). 
Plinins berichtet (n. h. XXIV 21) im wesentlichen 
dasselbe wie Dioskurides, doch wächst es ihm 
(Xn 126) in Amano monte e ferula, quam eiics- 
dem nominis resinae modo stagonitim appellatit; 

50 der Preis des medizinisch-reinen betrug damals 
in libras J^V- Angezündet verscheucht es die 
Schnaken aus den Gärten (XIX 180, vgl. Falla- 
dius I 35, 8), dient zur Verfälschung des Bal- 
sams (XII 121) und bildet einen Bestandteil des 



metopitm (XIII 8); vgl. Lukan. Phars. IX 916 
(peregrinaqus gaibwui sudant) und Calpurn. ecl. 
5, 89. Auch Galen schreibt (XII 153) dem G. r 
das er als Saft einer Doldenpflanze bezeichnet 
und nach Dioskurides beschreibt, erweichende und 
verteilende Kraft zu (XIII 957), es erwärmt im 
dritten Grade, trocknet im zweiten, erweicht ver- 
härtete Stellen und skirrhöse Geschwüre (XI 728. 
738), nützt bei Mutterkrämpfen (XLTI 320), Pneu- 
monie (XV 858), Fieber (XV 846) u. a. Ihm 10 
folgten; Rufus, Oreibasios II 699 (= Synops. II 
56). V 78. 79. 640. VI 476 Aetius Amidenus I 
p. 24. der Aldina von 1534 und Paulus Aegi- 
neta VII p. 118 der Aldina von 1528. Alexander 
. Trallianas (ed. Puschmann) gibt G. I 401 gegen 
Quotidianfieber und Quartanfieber (425), in zu- 
sammengesetzten Mitteln gegen Schwerhörigkeit 
(II 75), zur Beschleunigung der Eiterbildung (115), 
gegen sog. Ankylosen (541), gegen Husten und 
Atembeschwerden (157. 159. 177. 185), in einem 20 
Erweichangspflaster bei Verhärtungen des Magens 
(297), ferner als Bestandteil der sog. Undank- 
medizin (I 423), der Eibischsalbe (517), des Zin- 
nobermittels (557), das Lysiponiummedikamentes 
(I 589. II 539). Galbane oder chalbane steht 
auch in dem Verzeichnis kostbarer Einfuhrartikel 
in Iustinians Pandekten (Meyer Gesch. d. Bot. 
TI 167). Nach Suidas p. 1115 ist %aiß6.vr} aloupt} 
ttg evsQyttitcT} agos titTiövg. 

Aus alledem ergibt sich nichts weiteres zur 30 
Bestimmung dieses Harzes ; was die Alten unter 
G. verstanden, ist eben nicht mehr zu enträtseln, 
wahrscheinlich liefen auch verschiedene Drogen 
unter diesem Namen : jedenfalls aber war es nicht 
identisch mit dem jetzt so benannten; vgl. Ko- 
bert Hist. Stud. V 53 nr. 91 und I 102. 

[Stadler.] 

S. 1227, 25 ist einzuschieben : 

Georgios Lakapenos, gelegentlich fälschlich 40 
Gregorios oder Jonannes (Ambros. E 81 sup. : 
Bassi Riv. di filol. XXV [1897] 445) genannt; 
statt Aaacmrivoc, (nach Krumbacher a. u. a. O. 
559, 2 = aus Aaxcw}), in hsl. Überlieferung 
Ldkkapenos, Lakapinos, Lakaptinos, Lekapenos, 
Leukapinos, Logaponus (Krumbacher 559, 2), 
Alakapinos (cod. Mosqu. 434 s. XV/XVII bei 
Lundström Eranos II [1897] 48) geheißen, 
byzantinischer Mönch, der in Thessalien, mit ge- 
lehrten Studien beschäftigt, in den ersten Jahr- 50 
zehnten des 14. Jhdts. lebte; Zeitgenosse von 
Johannes und Andronikos Zaridas, Schülern des 
Maximos Plamides, und Gregorios Palamas: vgl. 
Maximi monachi Planudis epistulae, Ed. Max. Treu 
1890 p. 224 und das Zeugnis der ältesten Hand- 
schrift seiner Briefsammlung, des cod. Coislin. 
341 aus dem J. 1318 (Omont Invent. somm. des 
manuscr. grecs de la Bibl. nat. III [1888] 186), 
ein ,nicht uninteressanter byzantinischer Vorläufer 
des byzantinischen Humanismus', als Verfasser 60 
von Schulbüchern von gewisser Wirkung auf seine 
Zeit und die folgenden zwei Jahrhunderte. 

Erhaltene Werke: \)'Emoxolal xov Aaxasit)- 
vov xvoov ree&gyCov xal xov ZaQt&a xvqov *Av6qo- 
rixov, Sammlung von 32 Briefen: 8 von Andro- 
nikos Zaridas an Lakapenos, 24 von Lakapenos 
und zwar 17 an Andronikos Zaridas, 4 an dessen 
Bruder Johannes, je einer an einen Airzt Zacharias, 



an Palamas und Michael Gabras (vgl. besonders den 
Bericht von Zanetti Greeca d. Marci bibliotheca 
codd. mss. 1740 S, 233 über cod. Marc. 446). Eine 
Ausgabe dieser Briefsammlung, die in zahlreichen 
Hss. erhalten ist (s. Voltz a. u. a. O. 222ff., dazu 
Nachträge bei Bassi a. O. 267—276. 445f.), steht 
noch aus; sie würde Material für die Literatur- 
geschichte, Lexikographie und Grammatik liefern. 
Ediert ist nur als Probe Brief 13 der Sammlung 
(ine. os ö' %v zig sQijrat . . .) bei Bassi 274f. 
Ziel der Schriftstellerei ist in diesen gekünstelten 
Briefen, die wirklich und nicht fingiert zu sein 
scheinen, einzig und allein das mit gutem Erfolg 
durchgeführte Streben nach xaXXioQiiftöavvt), wel- 
ches sie zu einem oft gebrauchten Schullesebuch 
jener Zeiten machte. In den Hss. finden sich 
bisweilen, so schon in der ältesten, dem cod. 
Coislin. 341, Interlinearnoten, Anmerkungen, Epi- 
merismen, die, einsetzend mit dem Lemma y#d- 
(petv, dem Text der einzelnen Briefe oder, zum 
Teil unter den Bezeichnungen yga^anx^, oi zäv 
smazoktov /negioftoi, xsyvoXoyia nsol ygafiftaux^g 
u. ä., dem gesamten Briefcorpus folgen oder, von 
diesem losgelöst, als vollständiges Werk erscheinen 
oder gar, noch immer unter dem Titel yoawa- 
Tixf}, als alphabetisch geordnete Wortsammlung 
auftreten (vgl. Voltz a. a. O.). Sie wurden zu- 
erst als Werke des Lakapenos hingestellt von 
Bandini Catal. cod. Laur. LT (1768) 367. Diese 
alphabetische yga/ifiauxr} ist aus cod. Mosqu. 316 
herausgegeben von Matt h aei Lectiones Mosquen- 
ses 1779 p. 55—79 und in ganz kleiner Probe aus 
cod. Marc. 486 bei Villoison Anecdota Graeca 
II (1781) 79. Über den Quellenwert dieser Samm- 
lung vgl. Voltz 232—234 und Krumbacher 
a. O. 559. 577. — 2) Sammlung von 246 Briefen 
des Libanios mit der Vita Libanii von Eunapios 
an der Spitze, in einer oft besseren und durch- 
gängig kürzeren hsl. Fassung, die für seinen eigenen 
Briefwechsel als Vorlage und Stilniuster (s. z. B. 
Matthaei a. a. O. passim) diente, in zahl- 
reichen Hss. erhalten; vgl. über diese Recensio 
Lacapeniana und ihre überlieferungsgeschichtliche 
Bedeutung Förster De Libanii libris manuscri- 
ptis Upsaliensibus etLincopiensibus, Rostock 1877, 
8—16. Lundström Prolegomena in Eunapii 
vitas philosophorum et sophistarum (Skrifter i Up- 
sala VI 2 [18971) 20—35 (s. dazu Kroll Berl. 
Philol. Wochenschr. XVHI [1898] 933-934). 
Libanii orationes. Rec. Förster I 1 (1903) 1-3, — 
3) Kommentar zu Epiktets Encheiridion {c. 1 — 12, 
unediert) im cod. Paris. 1961 (fol. 24), der, von 
Konstantinos Palaeokappa (Omont a. a. O. LI 
[1888] 171) geschrieben, nicht über jeden Zweifel 
der Echtheit erhaben ist (s. Krumbacher a. u. 
a. 0. 559). Im cod. Mosqu. 434 der Synodal- 
bibliothek (s. den Katalog des Archimandriten 
Wladimir 1894, 666 und danach Lundström 
Eranos II [i897] 471) findet sich fol.^387— 397 : 
iZrjyrjou; eis eyyeigtStor 'EmxTrjrov tov 'Alaxtuu- 
vov, freilich mit anderem Anfang, als im Paris. 
1961. — Nicht erhalten oder noch nicht wieder- 
gefunden: 4) Eine Historia von nicht näher be- 
kanntem Inhalt, nach Verderins Supplementum 
epitomes bibliothecae Gesnerianae etc., Lugd. 1585 
P . 59 (darnach Fabricius a. a. 0. XU [1809] 60) 
in einer Hs. aus einer constantinofpofiliftmachen 
Bibliothek. — 5) "jfopßoi, ein iambitches Gedicht, 



XltLl^UlililgC 



iwgc 



an verschiedenen Stellen des Briefcorpus genannt Suid. s. yswijzat): ysvvijxat * jt&Xai xo z&v 'A&ij- 

(Fabricius ebd. 61). — Zweifelhaffe oder pseud- vatoiv zzXrj&og naiv tj KXeto&ivt) Stoixrjaav&at xa 

epigraph: 6) Homeri canonismata inedita im cod. siegt zag <pvXa$ 6ijjqijzo eis {evxaxQlöag xai suppl. e 

Paris. Graec. 2938, die zuerst von Mellot Catal. Phit. Tnes. 25} yecogyovg xai Öi}f*tovQyovg xai 

codd. mss. bibliothecae regiae II (1740) 575 und zovzcov tpvXai r\aav 6' ' , x&v de q>vX&v exdoxr\ puoigag- 

Omont a. a. 0. III (1888) 65 tinter Ausdrücken ei%e y , äg ygazoiag xai zgizzvag exdXovv zoixojv 

des Zweifels wohl nur deshalb dem G. L. zuge- Ök ixdozt] öweiox-t/xei ix zQidxovxa ysvöjv, xai 

wiesen wurden, weil vor ihnen im Codex der gram- yivog. sxaazov ävögag eixs TQtdxovxa zovg eig xa. 

matische Brief kommentar des Lakapenos steht. — yevrj rsxay/nsvovg oTziveg yswrjzai ixaXovrxo, (££ ) 
7) Traktat izeqI awxä&iog xwv gjjfxdzov . öfters 10c5v ai isgatavvai (at suppl. ex Harpokrat. s. yevvtj- 

in frühen Drucken dem Lakapenos zugeschrieben, reu) ixdozotg nooorjxovoat kxXygovvzo, ohv EvftoX- 

nach hsl. Zeugnis Werk von Michael Synkellos; jiidai xai Krjovxeg xai 'Ettoßovra&ai , dtg torogeZ 

vgl. Krumb ach er a. u. a. 0. 586. — Haupt- ev xfj A$qvata>v jtoXirsm AoiozoxiXrjg Xiyw ovxcog 

schiiften: Allatius Be Georgiis et eorum scrip- usw. Auch Bauern und Handwerker sind, wie 

tis diatriba, Parisiis 1651 (= Fabricius Biblio schon die Zahl der ,Männer' zeigt, in 4 Phylen 

theca Graeca X, [Hamburg 1721] 700 — 704 und (der Gcleonten, Argadeis, Aigikoreis, Hopleten, He- 

Fabricius-Harless ebd. XH [Hamburg 1809] rodot. V 66), 12 Phratrien, 360 G. eingeteilt 

59_61); vgl. dazu Fabricius ebd. VI (1798) worden (vgl. v. Wilamowitz II 277. 147 n. 5. 

191f. Voltz Byzantin. Ztschr. II (1893) 221 Wilbrandt 138ff.), sie haben, vermutlich in 
— 234. Krumbacher Gesch. der byzant. Literat. 2 20 langen Kämpfen, politische Gleichberechtigung 

(1897) 482. 558ff. 586. [B. A. Muller.] mit den Eupatriden errungen (v. Wilamowitz 

I 51). Die sprichwörtliche Redensart vom firj 

o im-7 a, • , • v- u wvloxqtvstv aus der Zeit nach Kleisthenes (Aristot. 

S. 1297, 26 igt einzuschieben: Athen pol. 21, 2) scheint ungleichmäßige Ver- 

Geschlechter (revtj), vgl. Top ff er Attische teilung von Eupatriden, Bauern, Handwerkern 

Genealogie, Berlin 1889, mit ausführlicher Be- auf die vier Phylen zu bezeugen, 

sprechung der enizelnen G. und G.-Verzeichnis. Bauern und Handwerker sind nicht Eupa- 

v. Wilamowitz Aristot. und Athen 14. II 2. triden geworden, sondern Geomoren und Demiurgen 

n 6. II 7. III 1. Wilbrandt Die politische geblieben. Noch 581/80 treten sich Eupatriden, 

und soziale Bedeutung der attischen G. vor Solon, 30 Geonioren, Demiurgen bei der Archontenwahl 

Philol. Suppl. VII 1899, 133ff. gegenüber als geschlossene Stände, die noch immer 

Die Nachrichten der Lexikographen gehen um die Macht im Staate kämpfen, obgleich alle 

zurück auf Meliton nsgi xtiv 'Adrfvrjot yevwv (Har- drei ,adlig' sind. Die strenge Geschlossenheit be- 

pokrat. s. xd&ezog) , Drakon stegi yev &v (Harpo- sonders der eupatridischen G. wird auch für diese 

krat. s. Ezsoßovzädai), Theodoros tzeqi Ktjqvxcov Zeit, das 7. und 6. JMt., ausdrücklich bezeugt: 

yevovg (Etym. M. 429, 26. Phot. s. ^{leQoxaXXeg), Kylon ist xtbv TidXai evyevrjg xe xai dvvazog, Thuc. 

Hellanikos Atthis (jzeqi xov yivovg t<öv 'legocpav- I 126 (Wilbrandt 152ff. ; ist da zwischen altem 

zcöv, Harpokr. s. isQoipdvzrjg). Töpffer p. 1 not. und jungem Adel geschieden V), im Skolion wird 

I, Die Geschlechter im Adelsstaat. Auf geklagt (Athen, pol. 19, 3): 

Theseus (Phrtarch. Thes. 25) wird die ständische 40 aiat Aeirpvdgiov ^godojahatgov 

Gliederung der Athener in Eupatriden, Geomoren, otovg ävögag dndiXeoag fidxeodui 

Demiurgen zurückgeführt. äyadovg ts xai Evxazgtöag 

Nach der Rede gegen Eubulides [Demosth. oi tot Bet^av ol'a>v ziaxigouv eoav. 

LVn] 67 sind Apollon xaxgtpog und Zeus sQxelog Megakles läßt (Pind. Pyth. VII) Vaterstadt (Athen) 

Götter der Genneten. Die Frage nach Zeus her- und G. (die Alkmeoniden) verherrlichen, 

keios und Apollon patroos bei der Dokimasie der Keryken und Eumolpiden sind die Inhaber 

Archonten (Aristot. Athen, pol. 55, 3) neben der der eleusinischeu Priesterämter , die Butaden 

Frage nach Vater, Mutter, des Vaters Vater und scheiden sich von den Bewohnern des Demos 

der Mutter Vater läßt eine Zeit erschließen, in Butadai stolz ab als Eteobutaden, die Alkmeo- 

der der Kult des Zeus herkeios und des Apollon 50 niden und Paioniden leiten ihre G. aus Messenien 

patroos den Eupatriden vorbehalten ist und nur von Nestor ab (Paus. LT 18, 8. Töpffer 225), 

Eupatriden zu Archonten gewählt werden können. die Androkleiden sind als Adelsg. in Athen (He- 

Schon vor Drakon jedoch wurden die Archonten sych. s. v.), als Königsgeschlecht in Messenien 

gewählt dgtazivSrjv xai TiXovuvfyv (Aristot. Athen. (Paus>. IV 4, 4. Töpffer 244) und Ephesos 

pol. 3, 1; 3, 6). Im J. 581/80 werden zu Archonten (Pherekydes bei Strab. XIV 633. Töpffer 245) 

gewählt 5 Eupatriden, 3 Agroiken, 2 Demiurgen bezeugt. Daß diese Eupatriden jemals Geomoren 

(Aristot. Athen, pol. 13, 2; vgl. 3, 6. 55, 3. und Demiurgen in ihre G. aufgenommen haben, 

v. Wilamowitz LI 51). erscheint ausgeschlossen. 

Folglich ist vor Drakon mit dem Kultus des Demnach ist anzusetzen, daß die Geomoren und 
Zeus herkeios und Apollon patroos der ,Adel* den 60 Demiurgen eigene plebejische G. gebildet haben. 
.Bauern' und ,Handwerkem' verliehen worden : Die AatäaXiSai und Ai&aXfäai sind vermutlich einst 
dieser Schluß wird bestätigt durch Piaton Euthy- Gilden gewesen (v. Wilamowitz II 58). Die 
dem. 302 (Zeus herkeios und Apollon patroos Aiyetgoxofiot, &Q£a}ev%at, PeipvQatoi sind schwer- 
sind allen Athenern gemeinsam, vgl. Töpffer 7) lieh ursprünglich eupatridische G. Die 700 Fami- 
und Aristot. Athen, pol. (im Lex. Patm. Bull. lien (oixiat), die Isagoras, des Kleisthenes Gegner, 
corr. hell I 1877, 152 Sakkel. = Rose frg. 385. mit Hilfe des Kleomenes vertreibt, haben zum 
Athen, pol. ed. Kaibel-v. Wilamowitz frg. 3; vgL großen Teil vermutlich plebejischen G. angehört 
SchoL Plat. Axioch. p. 371 D. Harpokr. s. yew^zat. (Aristot Athen. poL 20, 3). Die Erkenntnis, daß 



tHe, Geschlechter' zum Teil recht künstliche Ge- 
bilde sind, finden wir Harpokration s. ygwfjTai: 
ö&X oi avyyeveZg äxX&s xai oi ef atfiatog yevvrj- 
zai xe xai oi ix xov avzov yevovg ixaXovvzo, 
dXX" ot et aQxm **S T< * xaXov/usva yertj 
xazavEfirid-evzBg, SchoL Hat Phileb. 30D: 
ovzot (seil, oi yEvvvjzai) 5' slal xa&djxsg oi dr)fj.6zat 
xat -(pQazoQEg v o pa> z ivi sxovzeg xoivodvlav. 

IG I 61 (ergänzt aus der Bede gegen Makar- 
tatos [Demosth. XLIII] 57) wird auf einem Stein 10 bestimmter Census (zttog). 



keios gehört ursprünglich allein den Eupatriden, 
während die Orgeonen ihren Dionysoskult haben: 
jetzt werden die Orgeonen in die Phratrien auf- 
genommen, sie erhalten auch den Kult des Zeus 
herkeios und Apollon patroos, daneben wird nun 
an den Apaturien auch dem Dionysos geopfert, 
Töpffer 10—13. 

Alle Bürger sind adlig, außer dem Adel wird 
für Bekleidung der höchsten Ämter verlangt ein 



aus der Zeit des Dekeleischen Krieges ein Dra- 
konisches Gesetz von Solons erstem Axon zitiert 
über die Aidesis bei unvorsätzlichem Totschlag; 
. . Aq&xövzos vdfiov rov txsqi xov <povov avaygatpäv- 
xeov oi ärayQa<pf}g xcoy vöfioiv. . . {aldsoaiidm $ säv 
jutr TzazrfQy f}i 7] ddeXtpog tj i'tfg cLravxas, . .{iäv 
Öe xovzoiv [irjÖEig tji, xzsi)vr)i Ss äxatv, yvwoi ob 
{oi TiEvyxijjxorxa xai zig oi e(phai äxovxa) xxeT- 
vai, iaio4(ov Ö£(xa oi (pgdzOQeg eav s&eXwotv. 



Schon in Drakon s Gesetzen werden genannt 
Pentakosiomedimnen, Hippeis, Zeugiten (Aristot. 
Athen, pol. 4, 3), diese drei Steuerklassen (xiXrj) 
haben ihre Vertretung im Rate (ebd.), sie sind 
die SjzXa jraQsxofi^ot, denen die Regierung über- 
lassen ist (4, 2). Auch zur Zeit Drakons existiert 
schon die vierte Steuerklasse {x^fiaxi SieiXev 
Solon die Bürgerschaft etg zezzaga xiXv\ xaftäztsQ 
difJQTjzo xai jigozsQov), die Theten, denen 



xovtovg d)s oi yievzrjxovra' xai slg aQ(i)o(rivöt}v 20 erst Solon Anteil gibt an Volksversammlung und 



atQEto&cor). Neben eupatridischen Mitgliedern, 
den aQtozivStjv zu wählenden, sind auch nicht- 
eupatridische Mitglieder in der Phratrie: an- 
scheinend Geomoren und Demiurgen (Wilbrandt 
152ff.). 

Zwei Arten von Phrateren bezeugt auch Philo- 
choros (bei Phot. s. doyseörsg) : neoi de xmv 
oqyeojvow ysygafpEV xai <PdöxoQOg * xovg de <pod~ 
xooag 'EnävayxEg d^xeod-ai xai xovg ögystovag xai 
xovg öfioydXaxzag , ovg yevvrjrag xaXovyLtv. n ' a 



Gerichten (Aristot. Athen, pol. 7, 3). Ursprüng- 
lich sind die Bezeichnungen Hippeis, Zeugiten, 
Theten wohl Bezeichnungen der Stände, genau, 
entsprechend den Bezeichnungen Eupatriden, Geo- 
moren, Demiurgen. Als Namen für die Steuer- 
klassen sind die Bezeichnungen Pentakosiome- 
dimnen, Hippeis, Zeugiten, Theten nicht erst von 
Drakon geschaffen: das Prinzip, doiozlvörjv xai 
7zlovzcvÖt]v zu wählen, wird ausdrücklich als 
Die 30 vordrakontisch bezeichnet, 3, 1 : ijv d" ff xd%ig xi\g 



Bezeichnung SfioydXaxxsc läßt auf alte Zustände 
schließen (Philochoros bringt nach Lex. Patm. 
und Harpokrat. s. yevvfjzai die Notiz ivzfi xexdgxr} 
'Az&iöog, v. Wilamowitz LT 269, die Gesetzes- 
bestimmung ist demnach später erneut), Seleukos 
bei Phot. s. ooysöjvEg {JtsXevxog iv z<p vsiOfj.vtf~ 
fiazi z(öv ZoXoyvog d^dvaiv ögyeojvdg (pr)(H xaXet- 
a$at zovg avvdÖovg exovxag tieqi riväg rjoaiag rj 

deovg) bezeugt für die Zeit Solons die Orgeonen. gewissen Abschlüsse kommt dadurch, daß alle 

Zwei Arten ,Adliger' sind aus Aristot. vgl. 40 Bürger, Eupatriden, Geomoren, Demiurgen, in die 

[Demosth.] LVn 67. Plat. Euthyd. 302 zu erschlie- 4 Phylen^ 12 Phratrien, 360 G. eingereiht werden 



dgxalag jzoXirsiag xrjs tiqo Agdxovzog xotdöe * 
xag juev aQxag xa&iozaoav aQioxivdrjv xai jtXov- 
xivbriv. 

Die plebejischen G. und die vier Steuerklassen 
sind älter als Drakon, dgiaxivötjv xai jzXovxivSrjv 
werden die Ämter schon vor Drakon besetzt. Das 
führt zu folgender Kombination: in derselben Zeit 
vor Drakon, in der der Kampf der Stände zu einem 



ßen ; zwei Arten , Adels' bezeugen CIA 61 und Phi- 
loch. vgl. Seleukos bei Photius. Daraus ergibt sich 
die Identität der patrizischen Adligen, die sich 
stolz als SpoyäXaxxes bezeichnen, mit den Eupa- 
triden, die der plebejischen Adligen, die als 
Orgeonen bezeichnet werden, mit den Geomoren 
und Demiurgen. Sind die Eupatriden Genneten 
im speziellen Sinne, so sind staatsrechtlich die 

Angehörigen beider Kategorien Adliger sowohl 50 Der verarmte Eupatride kann in das öqzixor 
Phrateren (Philochoros) als auch Genneten : Aristot. züog kommen und damit von Volksversammlung, 



(vgl. v. Wilamowitz II 140), wohl durch den- 
selben Akt der Gesetzgebung, wird auch die Ent- 
wicklung der Steuerklassen abgeschlossen dadurch, 
daß die Gesamtbürgerschaft in die vier Steuer- 
klassen der Pentakosiomedimnen, Hippeis, Zeu- 
giten, Theten eingeteilt wird und die politischen 
Rechte an die Zugehörigkeit zu einer der drei 
ersten Steuerklassen gebunden werden. 



Phrateren (Philochoros) { 
Athen, pol. im Lex. Patm.; Pollux ni 52: ixa- 
Xovvzo de ovxot (sciL oi ev ixdaz(p ysvsi ävÖQeg) 
xat oftoydXaxzeg xai ooye&vsg. Bekk. Anecd. I 
227: wajtEQ oi 8rjf.iöxat xai (pqazeQEg ixaXovvzo 
v6fA,0)v xoivmviav ziva ixovzsg, ovzco xai oi yevvfjzat 
ovyysvtxojv OQyia>v f] v^söjv (seil, xotvaiviav ztva. 
syovxsg), äq? &>v xat ogyetüveg a\vofido , 9r)OXiv. 
ögyta lassen Kult des Dionysos vermuten: 



Richterstellen, jedem Amt ausgeschlossen sein, 
ohne die Zugehörigkeit zu seinem Geschlechte 
zu verlieren: Rede gegen Makartatos [Demosth. 
XLni] 54: wenn Erbtöchter das {hjxtxöv züog 
zahlen, haben die ihrem Geschlechte angehörigen 
Pentakosiomedimnen, Hippeis,' Zeugiten für ihre 
Mitgift aufzukommen. (Das Gesetz wird mit 
Wahrscheinlichkeit datiert auf die Zeit Solons: 



Harpokr. s. Beolvta • iv olg oi yewijxat ixsdvov. 60 Rede gegen Leochares [Demosth. XLIV] 68> 
Rede gegen Neaira [Demosth, LIX] 78: Eid der Der vermögende Demiurg kann als Pentako- 

Gerairai- xai zä öeoivta (KßrvB; tfeoywa F siomedimnos sogar Schatzmeister (Aristot. Athen. 



X#) xai zä loßdxzeia fegatgoi x0 Atovvo<p. vgl. 
Hesych. s. fcoivia • dvoia Aiovvaov 'A&rjrtjotv xai 
&eog Giotvog Atöwoos. Etym. M. 1 18, 54 : 'Axa- 
Tovgia* iogtf] hnxsXovfterij r<ß Atovvoep rqi Ilva- 
vey/tawi pnrprL 

Der Kult des Apollon patroos und Zens her- 



pol. 8, 1), er kann Archont und Ratsherr auf 
dem Areshügel werden, ohne die Zugehörigkeit 
za seinem »Geschlechte' zu verlieren: Die drei 
Archonten aus den G. der Bauern und die swei 
aus den G. der Handwerker im J. 581/80 (Aristot. 
Athen. poL 13, % ßmd Peutakoffloroedinineii oder 



Ritter: Aristot. Athen, pol. 26, 2: ^filov 'Av&s- 
jtlojv TtjvS' ave&tjxs &eötg &t}ztxov ävvl xeXovg 
inTzätf äptvy&tiEvoq verkündet die Aufschrift 
eines dvd&qpa zeöv äg^ettW auf der Akropolis: 
Aristot. Athen, pol. 7, 4. 

Die vordrakontisclie Gesetzgebung, die den 
Geomoren und Demiurgen Gleichberechtigung 
gewährt, schränkt die Macht der Eupatriden 

bedeutend ein; doch ist deren Einfluß noch groß w , . r 

genug, die ganze Gliederung des Staates bleibt 10 iusche G.-Staat ist beseitigt. 



steht den Demoten zu (42 t 1); offisdell wird dem 
Namen des Bürgers der Name des Demos statt 
des Namens des Vaters beigesetzt (21, 4), das ist 
die Praxis der offiziellen Inschriften des 5. Jhdts. 
Rede gegen Neaira [Demosth. LIX] 59 gehören 
sieben Angehörige des Geschlechtes der Brytidai 
sechs verschiedenen Demen an (Töpffer 308/9). 
Die Demen wurden zum Teil nach den alten G. 
genannt, z. B. Butadai, Thymoitadai. Der athe- 



gentilizisch. Von Staatswegen sorgt noch im 
4. Jhdt, der Archon dafür, daß die ,Häuser' nicht 
aussterben: Isaios VII 30. Aus Philochoros bei 
Phot. s. ÖQyeöivES und aus der Demotioniden- 
inschrift IG II 841b dürfen wir Dokimasie der 
übrigen Phrateren durch die eupatridischen Phra- 
teren allgemein erschließen. Von der Aufnahme 
in Geschlecht und Phratrie hängt das Bürger- 
recht ab. Plutarch Solon 91 (Bei ir z$ yivzi 



IL Die Geschlechter unter der Demo- 
kratie. Die Zugehörigkeit zu einem alten Ge- 
schleclite und einer alten Phratrie ist jetzt staats- 
rechtlich bedeutungslos, die G. haben fortan nur 
privatrechtliche Bedeutung. Ta ök ysvrj xal rag 
(fQaxQiag xal zag isgwovvag etaoev (Kleisthenes) 
tysiv ixdozovg xazd za stdtQia (Aristot. Athen, 
pol. 21, 6). Die alten zwölf Phratrien (21, 3) 
werden nicht aufgehoben, ihre Zahl wird nicht 



za xew aza xai T °v olxov xara/nsvetv) bezeugt 20 vermehrt nach dem ausdrücklichen Zeugnis der 
Geschlechtsgüterrecht (Wilbrandt 197). Das 'A&qvaicov Trohreta. (Die Aristoteles Politik 1319b 
ganze Geschlecht wird haftbar gemacht für seine 
einzelnen Mitglieder: Aristot. Athen, pol. 1: das 
ganze Geschlecht der Alkmeoniden wird verbannt 



wegen des Kylonischen Frevels. 

Dadurch, daß Solon die Verschuldung der 
, Vielen' hebt (Aristot. Athen, pol, 5, 1. 6, 1), 
kommen Bauern und Handwerker in großer Zahl 
zum Ritter- und Zeugitencensus. Solon schließt 



erwähnte Phratrienvermehrung gilt nur für Ky- 
rene). Kleisthenes vermehrt die Zahl der Bürger 
(21, 4) durch Aufnahme von £evot, fiizoixoi, sogar 
öov).oi (Freigelassenen?) in seine neuen Phylen, 
Politik 1257 b; für diese Neubürger gentilizische 
Verbände, Phratrien und G., neu zu schaffen, liegt 
ihm gänzlich fern. Sogar das i&zd&tv tä yevt) 
ist, offenbar für öffentliche Zwecke, verboten: wird 



die Theten weiter von den Ämtern aus, läßt sie 80 der Versuch gemacht, so wird er verhindert mit 
aber zur Volksversammlung und zu den Richter- der Formel pu} yvloxotveiv : das Zurückgehen auf 

die alten Phylen und die alte G.-Ordnung mit 



stellen zu (Aristot. Athen, pol. 7, 3). Das hat 
eine weitere Beschränkung des Einflusses der 
Eupatriden zur Folge, denn die Theten sind in 
der Mehrzahl Bauern und Handwerker. 

Dank dieser Maßregel Solons stellen Bauern 
und Handwerker im J. 581/80 fünf von zehn 
Archonten, die andern fünf sind immer noch 
Eupatriden. Peisistratos stützt sich auf das Volk 



ihren Rangunterschieden ist unstatthaft (Aristot. 
Athen, pol. 21, 2). 

Die Frage ist : werden die von Kleisthenes neu 
kreierten Bürger in die bestehenden G. und Phra- 
trien aufgenommen? Unzweifelhaft werden sie 
in eine Phratrie aufgenommen : noch im 4, Jhdt. 
heißt es in Bürgerbriefen: IG II 228: xal eivat 



(Aristot. Athen, pol. 13, 4). Bei der Archonten- 40avr<£ ygdyaod-at tpvkrjg xai Örjpov xai (p@a rgtag 



wähl im J. 581/80 (Athen, pol. 13, 2) werden 
zum letztenmal die Bezeichnungen der alten Stände 
Eupatriden, Geomoren, Demiurgen erwähnt: die 
Bezeichnung ist dann in der offiziellen Termino- 
logie verschwunden. Die alten Steuerklassen der 
Pentakosiomedimnen , Hippeis, Zeugiten, Theten 
werden bezeugt für das J. 457/6, in dem den 
Zeugiten das Archontat zugänglich wird (Aristot. 
Athen, pol. 26, 2), für das J. 387/86 IG II 14 



fjg äv ßovXrjzcu xarä zov vöfiov, ebenso ist die 
Wahl von <pvArj, drjjuog, <pQaxQta freigestellt dem 
Neubürger IG II Hob. 148. 230a (Dittmar 
Leipz. Stud. XIII 153ff.). 

Der Besitz des Bürgerrechts wird von Klei- 
sthenes abhängig gemacht von der rechtmäßigen, 
anerkannten Zugehörigkeit zu einem Demos (Ari- 
stot. Athen, pol. 42, 1); die Bezeichnung nach 
dem Demos wird offiziell eingeführt, damit die 



(v. Wilamowitz 182). Isaios VIH 39. [Demo- 50 Neubürger nicht erkannt werden, wenn die alten 



sthenes] XLin 54. 

Ol j<p yivBt firj xa&agoi fürchten für ihr 
Bürgerrecht vor Peisistratos' erster Tyrannis, nach 
dem Sturze der Peisistratiden wird ein diaynjqHOf tos 
veranstaltet (Aristot. Athen, pol. 13, 5). Isagoras 
und Kleomenes vertreiben 700 vermutlich über- 
wiegend plebejische Familien (20. 3). Eine neue 
Adelsherrschaft droht. 

Da gründet Kleisthenes die Demokratie: die vier 



Bürger sich nach dem Vatersnamen bezeichnen 
(21, 4). Sehr charakteristisch fehlt in den Bürger- 
briefen die Erwähnung eines Geschlechtes, in 
das der neue Bürgersich aufnehmen lassen könne. 
Demnach ist anzusetzen: die Neubürger des 
Kleisthenes treten nicht in die vorhandenen G. 
ein, sowenig sie G. neu bilden. Das ist die not- 
wendig% Konsequenz von Kleisthenes' Verfassung: 
den zu Bürgern gemachten £4vot, phoixoi, dovXot 



alten Phylen werden beseitigt ((ovv)h'ei^ ^dvzag 60 kann Kleisthenes nicht für neu von ihnen zu 



dg dexa tpvXdg dvzl zcöv rerragtov 21, 2); 
ära/uet^ai ßovXdfievog OTtcag juerdo^wot xleiovg zijg 
noXtTstag setzt er jede seiner neuen zehn Phylen 
aus einer Phylentrittys der Stadt, einer des Küsten- 
landes, einer des Binnenlandes zusammen; auf 
diese 30 Trittyen werden die Demen verteilt (21, 4). 
Jede so gebildete Phyle sendet ihre 50 Vertreter 
in den Bat (21, 3). Die Dokimasie der Epheben 



bildende G. attische Heroen als Gründer des Ge- 
schlechts geben, er kann ihre Vorfahren nicht im 
Grabe zu Athenern machen. Er kann ihnen nur 
attische Väter geben durch Adoption seitens athe- 
nischer Bürger aus den alten G. ; durch solche 
Adoptionen hätte er jedoch seine Demen zu 
Gunsten der alten Geschlechter empfindlich ge- 
schädigt. (Anders waren die Verhältnisse gewesen 



#9«s* 



IIOUUVKOQQ 



hei Bildung oder Anerkennung der G. der schon 
vorher athenischen Bauern und Handwerker durch 
die vordrakontische Gesetzgebung.) 

Auch den kledsthenischen Neubürgern sowie 
allen, denen in späterer Zeit das Bürgerrecht 
verliehen wird, steht der Kult des Apollon patroos 
und des Zeus herkeios zu : Piaton Euthydem, 302. 

Wie die kleisthenischen und späteren Neu- 
büTger neben die alten G. treten in den Phratrien, 
ergibt sich aus Andokides I, Philochoros, der 
Demotionideninschrift, Isaios H. VII. [Demosth.] 
LVII. LIX, vgl. XLIIL XLIV. 

Andokides I 127: die Keryken nehmen nach 
,ihrem' Gesetz den Sohn des Kallias von der 
Chrysias auf, nachdem Kallias den Eid geleistet 
hat, daß der Knabe sein Sohn sei. Phrateren 
werden nicht erwähnt (v. Wilamowitz II 271). 

Philochoros (s. doyetiorsg bei Photius : tovg dk 
<pqateQas ixdvayxsg dsxeo&ai xal tovg boysävag 
xal rovg öfioydXaxrag , ovg ysvvrjzag xaXovfxtv 
und Lei. Patm. Bull. corr. hell. I 1877, 152: 
<PdöxoQo; ds sv tfj rezdgTfl Az&idog ysvvrjzdg 
xal opoyälaxtag xakst. ovzot ds tovg iyygatpo- 
fisvovg etg rovg <f>QazOQag biaxQivovzsg xal doxt- 
fidCovveg et stoXtzai slaiv ij fsvoi iddxovto usw.) ist 
auch für die Zustände der nachkleisthenischen 
Zeit heranzuziehen, denn die betreffende Urkunde 
hat gestanden im vierten Buche der Atthis 
(v. Wilamowitz II 269). In der Phratrie dieser 
Urkunde sind Genneten, die sich stolz noch dfioyd- 
Xaxzeg nennen, und Orgeonen. Die Genneten 
haben die Dokimasie über sämtliche Brüder, jeden- 
falls in erster Instanz. 

Die Phratrie der Demotioniden IG II 841b 
(= II 2 p. 534. II 5 p. 205) hat ihren eigenen 
v6f.ios der Demotioniden. Die Brüder (seil, vom 
Hause der Dekeleier, vgl. Philochoros. v. Wila- 
mowitz JI 259ff.) haben nach Hierokles' Antrag im 
J. 396 («k <PoQfittcovog ägxovzog) sofort die Dia- 
dikasie über sämtliche Brüder der Phratrie in 
erster Instanz vorzunehmen; vgl. v. Wilamo- 
witz II 266. Ist von ihnen jemandem die Zu- 
gehörigkeit zur Phratrie abgesprochen worden, 
so kann er an die Gesamtheit der Demotioniden 
appellieren: um ihren Spruch vor den gesamten 
Phratoren zu vertreten, wählen die Brüder vom 
Hause der Dekeleier fünf Anwälte. 

Anders bestimmt Nikodemos 1 Antrag: Jeder 
Jüngling, der als Phrator eingeführt zu werden 
wünscht, hat drei Zeugen aus seinem Thiasos oder 
in Ermangelung deren andere Phratoren zu stellen. 
Bei der Diadikasie stimmen zuerst die Thiasoten 
des zur Wahl Gestellten, dann stimmt die gesamte 
Bruderschaft. Erkennen die Thiasoten den zur 
Wahl Gestellten als Bruder an, verwerfen ihn 
dagegen die gesamten Phrateren, so werden die 
Thiasoten gestraft, 

Die Mitglieder der Phratrie der Demotioniden 
bestehen demnach aus den Brüdern vom Hause 
der Dekeleier und den übrigen Phrateren; die 
sind nach dem zweiten Dekrete in diaaoi organi- 
siert Das Haus der Dekeleier hat noch die Ent- 
scheidung in erster Instanz sich gesichert bei der 
allgemeinen Diadikasie der Phratrie nach dem 
Ende des Peloponnesißchen Krieges. Das Dekekier- 
haus geriert sich als adliges Geschlecht und ist 
anerkannt als solches: Der Altar des Zeus ist in 
Dekeleia; der Priester des Hauses fungiert für 



die Phratrie , er zieht z. B. die Strafsumme für 
den Zeus phratrios ein. Die Phratrie publiziert 
am Rendezvousplatz der Dekeleier in Athen. Das 
,Haus der Dekeleier* ist jedoch kein geschlossenes 
eupatridisches Geschlecht: col. 64 und col. 124 
werden ,die Dekeleier* gleichgesetzt dem ,Hause 
der Dekeleier' (v. Wilamowitz II 266), in dem 
Dekret des Nikodemos sind etwaige Privilegien 
des Hauses ignoriert; Genneten werden weder im 
10 Hause der Dekeleier noch in den ftiaaoi erwähnt 
(v. Wilamowitz II 265). 

Isaios II (jisqI töv MsvsxMovg xlyoov) 14 
führt Meneldes den Adoptivsohn bei den Phra- 
toren ein, schreibt ihn ein bei den Demoten und 
Orgeonen. 16. 17. 45 treten Phratoren, Orgeonen, 
Demoten als Zeugen der Adoption vor Gericht auf. 
In Menekles' Phratrie sind Orgeonen, werden 
Genneten nicht erwähnt. Die Orgeonen schreiben 
ein, offenbar in ihr Eegister: der Mann ist nicht 
20 adlig. r 

Isaios VTI (ttsqI zov ' AjioXkoddtgov xaijqov) 
werden Genneten und Phratoren bezeugt. 26—27 
werden die Genneten als ,Verwandte' des Apollo- 
doros bezeichnet: Apollodoros gehört demnach 
einem adligen Geschlechte an. Dazu stimmen 
die Angaben über die Angehörigen des Geschlechtes : 
Eupolis, Thrasyllos, Mneson leisten Leiturgien, 
Thrasyllos, der Vater des Apollodoros, als Trie- 
rareh (5, 38), Archedamos wird von Apollodoros 
30 aus der Kriegsgefangenschaft durch Zahlung von 
Lösegeld befreit (8), Apollodoros' Schwager wird 
Hierophant (9), Apollodoros selbst Thesmothet (34). 
An den Thargelien führt Apollodoros den Adop- 
tivsohn Thrasyllos an die Altäre zu Genneten und 
Phratoren, leistet den Eid. daß er, der Einführende, 
und der Eingeführte vollbürtige Athener seien, die 
Anwesenden stimmen ab, und als ßodovXlog'AsioX' 
Xodäoov wird der Adoptivsohn in das xoivbv yga/i- 
fiazsiov eingetragen (dg rovg yervtftdg xal etg tovg 
40 tpgdroQag 13). Verfahren wird nach dem Gesetze, 
das ,sie', d. h. Genneten und Phratoren dieser 
Phratrie, über die Einführung der Söhne an den 
Thargelien haben (§§ 15-17). 

27—28 : Die Demoten tragen unter Widerspruch 
der späteren Prozeßgegner des Adoptierten den 
Thrasyllos als Sohn des Apollodoros in das Xt)g~i- 
aQx iX " v yQajtifiarsTov ein, u. a. auch auf die An- 
gaben des (inzwischen verstorbenen, 26—28, vgl. 
die vnoümtg) Apollodoros hin, daß Genneten und 
50 Phratoren seinen Sohn rezipiert hätten. 

Die Genneten und Phratoren dieser Phratrie 
sind so angesehen, daß ihre Beschlüsse sogar 
nicht ohne Einfluß auf die Beschlußfassung der 
Demoten bleiben. 

Rede gegen Neaira [Demosth. LIX] 59 : Phra- 
stor will seinen Sohn von der Tochter der Neaira 
bei den Phrateren und Genneten des Geschlechtes 
der Brytiden, dem er selbst angehört, einführen. 
Die Genneten schreiben jedoch das Kind nicht 
60 ein. 60: Phrastor prozessiert deshalb gegen sie 
vor Gericht, leistet aber nicht den Eid, der auf 
Veranlassung der Genneten von ihm verlangt 
wird, daß er glaube, die Mutter seines Sohnes 
sei eine athenische Bürgerin. ^ 

Sieben Mitglieder des Geschlechtes der Bry- 
tiden aus sechs verschiedenen Demen treten als 
Zeugen auf: die Brytiden sind demnach «in altes 
adliges Geschlecht» das noch lUMmmenlialt 



xiauiibi 



Die Gerateten schreiben den Genneten in ihr 
Verzeichnis ein : sie haben wohl, wenigstens hier, 
wo es sich um Aufnahme eines Genneten handelt, 
in der Phratrie nicht nur die erste, sondern auch 
die endgültige Entscheidung über den Aufzu- 
nehmenden, denn Phrastor appelliert nicht an die 
Entscheidung der gesamten Phratores, sondern 
an die des Gerichts. 

In der Rede gegen Eubulides [Demosth. LYII] 



c*gc AOfU 

noch lange das Recht der Prüfung der gesamten 
Phrateren in erster Instanz. Die Orgeonen und 
die .Verwandten* werden den Genneten immer 
mehr gleichgestellt; auch sie führen ihre Listen. 
Vor Kleisthenes haben die eupatridischen Ge- 
schlechter jedenfalls mancherlei Privilegien vor 
den , Geschlechtern' der ,Bauern' und Handwer- 
ker' gehabt. 

Unter der Demokratie sind Beschlüsse der 



spricht Euxitheos mehrfach vom ysvog seines 10 Genneten , Phratoren , Orgeonen für den Staat 

Iro+Q-ra vi-n/1 n/vi««« "Hf-.-.-M-™ fflO O^ ^A A A J /> __1 •_ 1. _.-. l j ■ • i i . ° . ,. . , 



Vaters und seiner Mutter (28. 35. 40. 44. 46. 
52) ; er hat xazgaia ßvfyiaia (28). Erbbegräbnisse 
legen sich die Familien an, nicht die G. ; in den 
Ktfiwveia {ivriftaxa, wird Thukydides' Grab gezeigt: 
Marceil. Tita Thucyd. 17. 

Euxitheos selbst ist Phratriarch (23), Demarch 
(63), Heraklespriester (46) gewesen. Er gibt zu, 
daß die Mutter seine? Vaters nicht Athenerin ist, 
(30), sein Vater sei trotzdem Athener, da er vor 



gleichgültig ; sie haben im wesentlichen nur noch 
religiöse Bedeutung. Das Bürgerrecht des ein- 
zelnen wird jetzt durch die Demoten geprüft 
Vor Kleisthenes 1 Demenordnung erkannten Gen- 
neten und Phratoren das Bürgerrecht zu oder er- 
kannten es ab. 

Aus dem Phratrienverzeichnis '.E^^. dgx- 1901 
col. 157ff., das nur 20 Mitglieder der Phratrie 
zeigt, ergibt sich, daß die Zahl der Athener, die 



Eukleides geboren sei. Euxitheos _ Mutter ist 20 sich bei den Phrateren einführen lassen, vermut- 



raiviöxatZig (31). Er selbst unterscheidet zwischen 
seinen ,Verwandten' und den yevvfjxai (24. 67), 
er rechnet sich ausdrücklich nicht zu den svysvs- 
oxaxot (46). Demnach ist er selbst nicht Gennet; 
er spricht von seinem , Geschlechte', sowie jeder 
Athener von seinem ,Geschlechte' sprechen kann, 
sowie ein jeder seine avyyevelg hat. Er ist ein- 
geführt bei den Phrateren, eingeschrieben bei den 
Demoten (46). 



lieh schon im 5. Jhdt. dauernd abnimmt: die 
Phratrien, ohne politische Rechte, zerfallen allmäh- 
lich, v.WilamowitzII276. A. Körte Herrn. 37. 

AVenn die Lesung IG LI 1652 richtig ist, 
(i)£q6(v 'AnöXjktovfog Tiavgjqyov rpfgaxQmJg (@)sq- 
Qix(iah)wv suppl. Bürmann, hat die Phratrie der 
Therrikiaden keinen eigenen Zeus tpodxQiog mehr, 
sondern den Geschlechtsgott Apollon siaxgßog. 

Die alten großen G, bleiben weit in die Kaiser- 



39 werden die (pgaxo e eg ovyysveig drj/aozat 30 zeit hinein bestehen; durch Adoption wird ihr 



(S a u p p e s Konj ektur r <5 v ovyysviöv i st fals ch ; 
ovyyevsTg der Mutter gibt es, nicht aber <pgdxoQeg 
der Mutter) genau so zusammengestellt, wie Phra- 
tores, Orgeonen, Demoten Isaios LT 16. 45 und 
Kratin. bei Athen. XI 460: avyysveTg xal <pgd- 
regag xal dtjßoxas evgwv ftöXtg (Töpffer 11, 1) ; 
vgl. [Demosth.] LVII 24 dquöxat und ovyysvetg. 
Isaios VII 27 wird eingeschrieben bei den ovy- 
ysvetg (die Isaios VII Genneten sind 26—27), 



Aussterben verhindert, [Demosth.] gg. Makarta- 
tos (XLHI) 11. 12. 

Die Geschlechtskulte der großen G. sind jeden- 
falls schon im 7. Jhdt. zum Teil Staatskulte ge- 
worden, zum Teil haben sie sich als Sonderkulte 
der G. erhalten. Sowohl diese Staatskulte wie 
diese Privatkulte bleiben bei diesen G. bis in 
die Kaiserzeit. Aischines' Vater gehört derselben 
Phratrie an wie das G. der Eteobutaden; alle An- 



eingeschneben wird bei den Orgeonen Isaios II 40 gehörigen dieser Phratrie haben zu den Altären 

1 A ^Trrrl Ya« lii-ill T *7 O s A ^_^' = _T"_ _« __ j .__ T7tj_ _ _ i_ j l n- > «ij -m-\ • t» , <» . -* . -.-. 



14 (vgl. Xen. hell. I 7, 8 'Anaxovgta h otg ni xe 
(fQUiegeg xal ol ovyysvetg gvveiotv. [Demosth.] 
LVII 43 xalsi /not xal töjv <pgaxeg(ov tovg oixeiovo). 
Demnach schließen sich die Verwandten {avy- 
ysvstg) vielfach als Orgeonen oder sonst zu einem 
ftlaoog zusammen (vgl. v. Wilamowitz II 267); 
sie werden bald als dgyeäveg, bald als &iao&xat, 
bald als ovyyevsTg bezeichnet. Wenn Verwandte 
den Orgeon enverband bilden, entspricht der Ver- 



der Eteobutaden Zutritt. Die Eteobutaden stellen 
die Priesterin der Athena polias (Aischin. negl 
jzaQanQsoß. (II) 147. v. Wilamowitz II 269, 12). 
Daneben verehrt das Geschlecht der Eteobutaden 
den Butes (Apollodor. III 14, 8. Töpffer 113). 

Staatskulte und Sonderkulte haben ferner die 
Hesychiden und Thauloniden, sowie die eleusini- 
schen G. (Töpffer 170ff. 24ff.). 

Die Inschriften bezeugen Privilegien der Prie- 



band genau einem adligen ,Geschlechte' : der 50 ster-G. (ihre Streitigkeiten entscheidet der König, 



Orgeon enverband schreibt seine Mitglieder wie ein 
Adelsgeschlecht die Seinigen in sein Verzeichnis 
ein (Isaios II 14). Nicht alle ovyytvng bilden 
Orgeonenverbände, nicht alle Orgeonen sind ovy- 
yerstg; aber viele Orgeonen sind ovyysvfjg, und 
viele avyysvsTg bilden Orgeonenverbände. Die 
■diaowxm der Demotionideninschrift entsprechen 
genau den Orgeonen oder ovyysvug. 

Als Orgeonen , wie schon vor Drakon die 
.Bauern' und Handwerker 1 , oder als avyyevstg oder 60 
als Otaa&xai erscheinen die kleistheni sehen und 
späteren Neubürger in den Phratrien. 

Vor Kleisthenes wie nach ihm sind die ver- 
schiedenen Phratrien im wesentlichen gleich orga- 
nisiert (ia ö'e yevrj xal xäg (pgaxgiag xai zag isgoi- 
ovvag s'aaev sysiv ixdaxovg naxa xa Tiärgia); in 
jeder Phratrie sind adlige Genneten und Nicht- 
genneten. Die Genneten wahren sich zum Teil 



Aristot. Athen, pol. 57, 2); aus den Verfassungen 
der Priester-G. lassen sich Schlüsse auf die Ver- 
fassungen der anderen G. ziehen, Dittenberger 
Herrn. XX. 

IG II 596 bauen die Krokoniden, ausdrück- 
lich als Genneten bezeichnet, der Hestia ein Hieron. 
"Edo&v Kpoxcovidaig : sie veranstalten beschließende 
Versammlungen des Geschlechts (vgl. Andoc. I 
127). 

IG II 605 'Etpr/fi. d gx . 1883, 82 treten Ke- 
ryken und Eumolpiden zu gemeinschaftlicher Ver- 
sammlung zusammen; sie haben sogar einen ge- 
meinsamen Archon, (zav ao)yovxa xtbv ysv&v col. 19. 

IG LT 1325 (= III 97) werden Archonten des 
Geschlechts der Bakchiaden bezeugt. Diese Archon- 
ten der G. wurden vermutlich jährlich gewählt, 
IG III 680. 702: äg£avza xov Ktjffvxatv yivovg 
und &Q$aq (im Aoriste) von Lebenden bezeugt; 



■ Wkjmjfc &QX- HI (1883) 82 n, 10: to£k ägxovxag 
$#fc fei xa&toxafitvovg i£ ixatigov toi> yivovg. 

:!<} LT 470 (1. Jhdt. v. Chr.) die Epheben 
(Z. 11) owe^yayoy de xal zi}v IlakXdda ftexd 
%mv yevvrjxwv xal ndliv darjyayov pexa ndoqg 
evxoofiiag an den Plynterien. 

IG m 1276 ist aus der Zeit des Augnstus 
(Dittenberger) ein Verzeichnis des Geschlechtes 
der Amynandriden erhalten; angeführt wird ein 
oqx<ov xov yevovg, ein izpsvg KsxQoxog, ein xapias 
tov" yhovg. Die Geschlechtsangehörigen werden 
angeführt nach Phylen geordnet; sie gehören den 
verschiedensten Demen an. Es gehören u. a. zu 
den Mitgliedern des Geschlechts ein rdtog 'PoßQiog 
üaXlrjvsvs und ein ITXa>xtog AvXov 'i^fflfröf. 

IG HI 1278 sind bezeugt ein äioxiegevg xal 
ywsfaQxrig! suppl. Dittenberger) und ein 
SaSovxog. [Dahms.] 



S. 1596, 1 ist einzuschieben: 

Gorgas [roQydg], 1) Nebenform zu Gorgo 
(s. d.), Suid. und Phot. s. tAokiov Pogyädog. 

2) Bezeichnung der Hera bei Lykophr. 1349, 
der die alte Feindin und nachmalige Freundin 
des Herakles G. nennt, d. i. nach Schol. und 
Tzetz. ,die Schreckliche* , xryv Epmotovaar <poßov 
Sta zrjv yogyoxr t za. Der Gedanke von 1349: f\ 3 q 
7ialipL<fQ<av roQydg ist derselbe wie bei der Be- 
zeichnung der Hera als {xfjg) &r}tag — Tgonatag 
— dsäg (v. 1327f.). Lykophrons Art entspricht 
eine solche Übertragung des Namens der Gorgo 
auf Hera, und die Annahme v. Holzingcrs im 
Kommentar zu Lyk. 1349, es könnte G. vielleicht 
ein Kultbeiname der Hera am Gorgopis-See ge- 
wesen sein, ist überflüssig. Da Hera sonst nie- 
mals G. heißt, Athena aber häufig Gorgo, Gor- 
gopis, Gorgophona u. dgl. (vgl. Bruchmann Epi- ^ 
thet. deor. 7), haben nach Schol. und Tzetz. zu 
Lyk. 1349 einige auch hier unter G. die Athena 
verstanden. Der Zusammenhang läßt jedoch keinen 
Zweifel daran, daß Hera gemeint ist. 

3) rogydSeg. Hesych. yogyddoyv aXtd&a)v, äat- 
ddXqj 2o<pox\i}g\ Hesych. yogyibsg- arQxeavidsg. 
Zonar. lex. p. 448 yogyddeg • at deonotvai. Als 
Gorgades = Gorgones konnten alle göttlichen 
Wesen bezeichnet werden, die nach Gorgonenart 
(vgl. Aischyl. Choeph. 1045 : dßcoal yvvalxeg, rüde ^ 
roQyovoiv bixr\v xxX.) auftraten. Sophokl. Daidal. 
frg. 167 hat die Haliaden vielleicht nur im Sinne 
von yoqyai als yogyaÖeg bezeichnet. Röscher 
Myth. Lex. I 1701 erinnert an die Auffassung 
der Gorgonen als Meerdämonen, Gruppe Griech. 
Myth. 1209, 2 an die von Perseus besiegten Haliai 
(Paus. II 22, 1). [Jessen.] 



S. 2164, 2 ist einzuschieben: 

Hftdra, eine Stadt im Binnenlande von Libur- 
nien (Ptolem. II 16. 6: IlöXeis de eiol peodysiot 
AtßovQviag . . - "Abga), Station der Straße Burnum 
-Clambetae (Tab. Peut : Hadre-ab Hadre; Geogr. 
Rav. 211, 3: Adrise), wurde nach Medvidje, östlich 
von Zara, verlegt (Lj üb ic^ Archiv für Kunde 
österr. Geschichtsquellen XXII 253. M o m m s e n 

in CIL III 368. 384. 1630. H. Kiepert ebd, tab. 

iü ITI und FOA XVII Beiblatt 6 Anm. 65. Toma- 
schek Mitt. der Geogr. Ges. in Wien 1880, 501. 
R. Kiepert CIL III S. tab. VI. Jelic Wissen- 
schaftl. Mitt. aus Bosnien 1900, 194), doch lag 
dort nach der Terminationsinschrift Österr. 
Jahresh. VIII Beiblatt 53 Sidrona (Patsch 
ebd 119ff.). H. ist sonach noch nicht lokalisiert. 

[Patsch.] 

20 S. 2181, 56 ist einzuschieben: 

Haemasi, ein frühzeitig untergegangener 
Stamm in dem nachmaligen dalmatinischen Con- 
ventus von Narona (Plin. n. h. III 144: praeter 
hos teniiere tractum eum Ox>uaei, Partksm, öav( } 
Haemasi . . .). [Patsch.] 



S. 1898, 5 ist einzuschieben: 

Grumb&tes, König der Chioniten, Bundes- 
genosse des Perserkönigs Sapor, begleitete diesen 
bei dem Feldzuge des J. 359 gegen die Römer. 
Der Schuß einer Balliste von den Mauern von 
Amida tötete seinen Sohn, und dies veranlaßte 
Sapor, die Stadt zu belagern, Ammian. XVIH 
6,22. XLX1,7. 2,1. 6. ^ 



60 



S. 2229, 17 ist einzuschieben: 

Haldagates (oder Haldegastes), wird in einem 
gefälschten Brief Kaiser Valerians an den späteren 
Kaiser Aurelian genannt als einer der germani- 
schen Offiziere, die unter dessen Befehl standen, 
vielleicht als Führer germanischer Hilfstruppen, 
wenn nicht hier überhaupt alles erfunden ist, 
Hist. aug. Aurei 11, 4; vgl. Bang Die Germanen 
im römischen Dienst (Berlin 1906) 911 [Stein.] 

S. 2245, 6 ist einzuschieben: 

Halicaniburgua, ein von Iustinian in Moesia 
superior am rechten Donauufer in der Nähe der 
Traiansbrücke erbautes Kastell (Procop. de aedif. 
289, 18: 'AXixavißovQyov). Nach Kanitz Rom. 
Studien in Serbien 58 beim heutigen Praovo in 
Serbien. Holder Altkeit. Sprachsch. s. v. 

[Patsch.] 

S. 2245, 6 ist einzuschieben : 

Halicanuni j Station der Straße Vindobona 
-Poetovio in Pannonia superior (Itin. Ant. 261. 
9: Alieano-, 262,4: Halictmo; Geogr. Rav. 216, 
3: Ligano; bei Ptolem. II 14, 4: VXifiaxov% 
vielleicht Unter-Limbach, nordöstlich von Pettau, 
der Fundort der Grabinschrift CIL III 4149. 
Mommsen CIL III 525. H. Kiepert Formae 
orbis antiqui XVII. R, Kiepert CIL ILT S. tab. 
VLT. v. D o m a s z e w s k i Westdeutsche Zeitschrift 
1902 Karte. Holder Altkeit. Sprachschatz s. v. 

[Patsch.] 



S. 2276, 63 ist einzuschieben: 

Halmyris, nach dem gleichnamigen Strandsee 
benannter Ort in Moesia inferior, wohl identisch 
mit der Station Salmorude des Straßensegmentes 
Aegissus (Tultscha)-Istros (Karanasuf) im Itin. 
Ant. 226, 4, wurde im Winter 384/5 oder S85/6 
Ton Barbaren (Goten?) vorübergehend besetzt, als 



2879 Nachträge Nachträge 

der arianische Bischof von Kyzikos Ennomios ihr benannten Landschaft Chalonitis {a. Bd. IH 

daselbst in Verbannung weilte (Pbilostorg. bist. S. 2099 und SuppL I S, 281) oder Kalloniüs. Schon 

eccL X 6). H. hatte eine auch aus Griechen be- in den Keüinscnriften als Alman, Ldman, .gaJ* 

stehende christliche Gemeinde (Acta sanctorura man zu belegen; s. Suppl., a. a. 0. Noch im 

Iulii II 542f.) und wird in der Notitia episco- Mittelalter spielte der Platz (arab. Hulwän) als 

patuum (Zeitschrift für Kirchengeschichte Sil 532) Grenzstadt des Irak (Babylonien) eine wichtige 

als Bischofssitz erwähnt; Tgl. Hierokt. 637, 15. Rolle j vgl, die Nachrichten arabischer Geographen 

Seine Befestigungen wurden unter Iustinian re- bei G. le Strange The landa ofthe eastern Cali- 

stauriert (Procop. de aedif. 293). Augenscheinlich phate (Cambridge 1905) 191. Die noch vor- 
der römisch-byzantinische Ruinenkomplex beim 10 handenen Ruinen der Stadt liegen jetzt auf per- 

Dorfe Dunawetz in der Dobrudscha, südöstlich sischem Boden, unweit Sär*Pul unter 34° 26 r 

von Tultscha. Tomas chek S.-Ber. Akad. Wien nördlicher Breite und 45° 46' östlicher Länge. Im 

CXIII 1887,309. H. Kiepert Formae orbis übrigen ist vor allem Alb ania Nr. 2 von Andreas 

antiqui XVII. L. Schmidt Geschichte der deut- (o. Bd. I S. 1304) und Eitter Erdkunde IX 

sehen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwan- 470ff. zu beachten. [Streck.] 

derung 119. J. Weiß Mitt. der geograph. Ges. 

^h^ 8 " ^° ? '- 651 ^oi^ d ,?f le D0t ?P Ä i im S. 2309, 59 ist einzuschieben: 
Altertum (Sarajewo 1911) 55f. [Patsch.] ' 

Hanunenm, nach der Tab. Peut. (vgl, Geogr. 

a oona fi o •„+. ^„„.„„t.;^™. 20 Rav. 206, 1: Acmeon) die zweite Station der von 

S. 2276, 63 ist einzuschieben: Naisgns f Nisch) in Moesia superio r transversal 

Halmyris lacus, Plin. n. h. IV 79 : Primum nach Lissus (Alessio) an der Adria führenden; 
ostmm Peuces, mox ipsa Peuee insula, in qua noch im J. 471 erwähnten (Iord. Get 285, vgL 
proxvmus alvem* appellatw XIX p. magna L. Schmidt Geschichte der deutschen Stamm* 
palude sorbetur. e& eodem alveo et super Bistro- bis zum Ausgang der Völkerwanderung 134) Straße 
polin locus gignitur LXJII passtmm ambitu, und Abzweigungsstelle der Route nach Scupi (tfa 
Halmyrin voeant. Die große, seichte, noch im küb), von Kanitz Rom. Studien in Serbien 115.ff. 
12. Jhdt. von dem Araber Idrisi Myris genannte mit der serbischen Stadt Prokuplje identifiziert; 
Bracklagune Raselm südlich vom Donaudelta, die vgl. Mommsen CIL mp. 268. TomaschekS.- 
mit dem St. Georgsarm der Donau durch die30Ber. Akad. Wien XCIX 1881, 442. A. J. Evans 
Rinne Dunawetz verbunden war und ist, vom Antiquarian Researches in Illyricum ni and rV 
Pontus jedoch durch Nehrungen abgeschlossen 153. H. Kiepert FOA XVII Beibl. S. 4f. v. Do- 
wird und im Süden in die Lagunen Golowitza, maszewski Arch.-epigr. Mitt. X1TT 145ff. urjd 
Smeltza und Sinoe übergeht. Am Westufer der Westdeutsche Zeitschrift 1902, 175. Holder Alt- 
letztgenannten lag Istros. Peters Denkschrif- kelt. Sprachsch. s. v. [Patsch.] 
ten Akad. Wieu, Mathem.-naturw. Kl. XXVH 

1867, 99 v. Almäsy Ornithologische Kekognos- g %m &g . einzuschieben . 
zierung der rumänischen Dobrudscha (Budapest ' 

1898) m$. Tomas chek S.-Ber. Akad. Wien, Harpii und Harpis (Ptolem. HI 10, 7: "Aq- 

Phil.-hist. Kl. CXm 1887, 309 und oben u. 40 »««, "Agms sioXtg) s. Carpi. [Patsch.] 

Abrytus. H. Kiepert Formae orbis antiqui 

J.Weiß Mitt. der Geogr, Ges. in Wien 1907, *' *"'' *° ah «""«"»w»"«™' 

651 und Die Dobrudscha im Altertum (Sarajewo 11) Der Vater oder Lehrer des Grammatikerg 

1911) 13. 15. 55ff. ' [Patsch.] Tryphon. Etym. M. 247, 54 (= Etym. Gen.). 

Etym. Gud. 134, 28 nach der Verbesserung des 

o noofl an ■ *. •„ „i^i verschriebenen Namens durch v. Velsen (Tryph. 

S. 2286, 62 ist einzuschieben: frg p 3) [de g^ff 

Halus, Stadt im äußersten Nordosten Baby- 
loniens von Tac ann. VI 41 (47) zusammen mit 50 g 241? 49 ^ einznschieben . 
Artemita m der Landschaft Apolloniatis genannt. a ' ** L '' w ™ b wunw-wow». 
Höchst wahrscheinlich mit dem Chala (XdXa) des Harpyia, nach Polyb. fragm. bist. XXTH bei 
Isid. v. Charax zu identifizieren, das Baum- Steph. Byz. s. v. (vgl. Herodian. Techn. ed. Lentz 
stark (o. Bd. m S. 2036) verkehrterweise mit I 281) eine Stadt in Ulyrien im Gebiete dör 
der assyrischen Reichshauptstadt Kalhu (bibl. Enchefeer. G. Zippel Die römische Herrschaft 
Kelach) kombiniert; vgl. dagegen schon meine in Ulyrien bis auf Augustus 12ff. Engelmann 
Bemerkung im Suppl. I S, 281. Meine in der Myth. Lex. s. Harpyia 1847. [Patsch.] 
Orientalist. Lit. Ztg. 1906, 346 geäußerte Ver- 
mutung daß H eine Latinisierung von assyrisch g 2546 68 ^ einzuschieben . 
alu s= ,Stadt* reflektiere und bei Tacitus irrtum- 60 ' 

lieh als ein Nomen proprium figuriere, erscheint Heba, als Münzaufschrift HEBA *^ Mtuv 

mir jetzt weniger wahrscheinlich. Der gleiche zen von Theben, 5. Jhdt. v. Chr., mit bogen- 

Stadtname begegnet bei den Klassikern noch in spannendem Herakles, gedeutet auf diesen als 

den Formen Albania, Albanis (s. Bd. I S. 1304) Vertreter der waffenfähigen Mannschaft ; v. Sali et 

und Kelonai (s. d.). Es war der Hauptort der nach Ztschr. f. Num. XXI 205f. [Regung.]