Full text of "PWRE14"
PAULYS
REAL-ENCYCLOPÄDIE
DER
CLASSISCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT
NEUE BEARBEITUNG
BEGONNEN VON
GEORG WISSOWA
UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN
HERAUSGEGEBEN
WILHELM KROLL
VIERZEHNTER HALBBAND
Glykyrrhiza — Helikeia
STUTTGART
J. B. METZLEKbche BÜCHHANDLUNG
1912.
PAULTS
REAL-ENCYCLOPÄDIE
DER
CLASSISCHEN ALTERTUMSWISSENSCHAFT
NEUE BEARBEITUNG
BEGONNEN VON
GEORG WISSOWA
UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN
HERAUSGEGEBEN
von
WILHELM KROLL
SIEBENTER BAND
Fornai — Helikeia
m «t » m
STUTTGART
J. B. METZLERbche BUCHHANDLUNG
1912.
Mit dem Beginne des Buchstabens G ist die Redaktion von G. Wissowa auf
W. Kroll übergegangen.
Der Redaktionswechsel hat einige bedauerliche
Versehen im Gefolge gehabt, darunter die doppelte
Bearbeitung der Art. Galeoi durch Kern und
Kjellberg.
Herr Rostowzew erklärt, daß er in
seinem Artikel Jrumentum' (o. S. 152)
Herrn Carcopino den Vorwurf eines Pla-
giates nicht habe machen wollen. Nach
Z i e 1 i n s ki , dessen Theorie in den Melanies (XX V
p. 27—29) erwähnt worden ist. hat Carcopino
sich auf die Reform des S. 75 v. Chr. berufen,
nicht aber in demselben Sinn. Für Zielinski
beweist sie, daß damals die Römer die Konkurrenz
unterdrückt oder wenigstens vermindert haben,
welche in der decumarum venditio die Sizilischen
Gemeinden den ritterlichen societates publica-
norum zu machen pflegten (s. Zielin ski Philol.
N. F. VI 274 n. 47). Für Carcopino ist sie
eine Prüfung dieser zum erstenmal und aus andern
Gründen behaupteten Theorie, daß die ritterlichen
societates publicanorum aus der venditio decu-
marum von Sizilien rechtlich ausgeschlossen
waren (Melange XXV p. 419ff.).
J. B. M etzlersohe Buehäniekerei, Ö. m. b. H. In Stuttgart.
Glytyrrhiza^ yXvxvQpt£a, yXvxeia @i£a, dul-
cis radiXf Süßholz, Staude aus der Familie der
Papüionaceen, Unterabteilung der Galegeen, mit
unpaar-gefiederten , vieljochigen Blättern und
achselständigen, ährenförmigen , vi elb lumigen
Trauben, Blumen weiß, violett oder blau. Die
Wurzeln, Wurzelstöcke und Wurzelausläufer ent-
halten Süßholzzucker (Glycyrrhizin). Im Gebiete
finden sich zwei Arten: G. glabra L. (Hülsen
G. glabra verlängerte, lockere Trauben hat. Auch
die Abbildungen der Wiener Hss. fol. 91 ▼ C;
fol. 34 N. zeigen, wie schon D au beny (Lectures
ou Roman husbaudry) und E. Bonnet (Janus
VIII 269f.) erkannten, den Typus von G. echi-
nata.
In ganz ähnlicher Weise beschreibt Plinius
unsere Pflanze (n. h. XXII 24); als gemeinsame
Urquelle darf man nach Wellmann Herrn. XXXIII
kahl, 2— 4samig), nebst der Unterart G. glandu- 10 361 Diokles aus Karystos annehmen , nur hatte
lifera Wählst. Kit. (Hülsen drüsenborstig) und
G. echinata L. (Hülsen igelborstig, 1— 2samig);
vgl. Engler-PrantI Natürl. Pflanzenfamilien
III 3, 307. Karsten Deutsche Flora 112 248.
Haläcsy Conspectus florae graec. I 427. Held-
reich Die Nutzpflanzen Griechenlands 70. Ar-
cangeli Floraltai. 506. Abbildung u. a. Thome
Flora von Deutschland III 67. Wiesner Die Roh-
stoffe des Pflanzenreiches II 526ff. Flückiger
Pharmakognosie des Pflanzenreiches 382.
Erwähnt wird die yXvxsia pi£a zuerst von
Hippokrates morb. mul. I 624 als äußerlich an-
gewandtes Mittel. (Pseudo-)Theophr. h. pl. IX 13,
3 sagt: ,Süß ist auch die skythische Wurzel, ja sie
wird von manchen geradezu Süßwurzel genannt.
Sie wächst an der Maiotis. Sie ist gebräuchlich
gegen Asthma, trockenen Husten und überhaupt
bei Brustbeschwerden. Auch gegen Wunden wird
sie in Honig gegeben. Sie vermag auch den Durst
seine Vorlage für iotxoza oiivcp - iotxoza «/mp, was
ihn zur Übersetzung mit foliis ecMnatis führte
und weiterhin veranlaßte, XXI 91 in die aus
Theophrastos (h. pl, VI 1, 3) geschöpfte Auf-
zählung der Dornpnanzen anstatt des xvfjxog
ganz unpassender Weise glyeyrrhixa, Urtica ein-
zusetzen. Die beste Sorte kommt ihm aus Ci-
licien, seeunda Ponto; diese sei allein offizi-
nell und werde vergüiarwm oecaw gewonnen.
20 Nun ist die Wurzel der im Garten gebauten
G. echinata nicht süß, weshalb Flückiger
sie als Stammpflanze des russischen Süßholzes
nicht anerkennt; ihm folgen Kobert Historische
Forschungen V 54 und Frieboes in seiner
Celsusübersetzung S. 688. Aber die oben ge-
gebene Beschreibung bei Dioskurides und Plinius
paßt doch nur auf G. echinata L. , daher hält
auch er an dieser schon von Billerbeck Flora
class. 192 gegebenen Deutung fest; die ältere
zu stillen, wenn man sie im Munde hält. Daher 30 Zeit scheint eben nur diese Art gekannt zuhaben,
sollen die Skythen mit dieser und der Hippake
11 — 12 Tage lang aushalten können.' Schon diese
Heimatangabe und Benennung weist darauf hin,
daß hier von der speziell Südosteuropa (Südrußland
usw.) an gehörigen G. echinata die Rede ist. Noch
klarer bezeugt dies die Beschreibung des Dioskuri-
des (mat. med. IDI 5) : Die G., welche man auch
Pontische Wurzel, yerxtav^ f Zxvütov, adtysor und
ovfMpvzov heißt (vgl. Isid. orig. XVII 9, 34 G.
aber vielleicht steckt in des Plinius besserer cili-
cischer Sorte die erste Erwähnung der süßeren
G. glabra bezw. glandulifera. Die Wurzeln
selbst werden als lang, buchsbaumf arbig wie die
des Enzians, etwas herb und süß bezeichnet: sie
werden zu Saft verarbeitet wie das Lykion. Als
Heilmittel verwendet Celsus die radix, quam
dideem appdlant, gestoßen und in Rosinenwein
oder Weinmet gekocht gegen Mandelentzündung
graece ex eo dteta qttod dulcem radicem habeat 40 (de med. VI 10) , zu Pastillen zur Austreibung
. . . eadem äditpog, quta sitientibus sitim sedat),
wächst am häufigsten in Kappadokien und Pon-
tos. [Die interpolierte Bearbeitung (Wiener Hss.
usw.) fügt hierzu noch die Namen yXvxr\Qaxov }
ykvxxxpvrov, Xsovuda, xokv&ga, f Ävßveataoo, cäfioiv
aeev&a, ö£fte&E<oQ, r Poi/iatoi dovXxtgdöt];.] Sie ist
ein kleiner Strauch mit zwei Ellen langen Trieben,
um welche die Blätter, welche denen des Mastix-
baumes gleichen, dicht stehen, diese sind fett
eines Steines aus der Blase (V 20, 6), zu einem
Gegengift (V 23, 1) u. a. Scribonius Largus gibt
die Wurzel der G. in einer arteriaee des Askle-
piades (75), den Saft in Pastillen gegen Blut-
brechen (86). Dioskurides und der trotz allge-
meiner Übereinstimmung doch manches ab-
ändernde Plinius fügen zu den Angaben des
Theophrastos noch folgendes hinzu: Der Saft
wirkt gegen Rauheit der Luftröhre, man muß
;länzend und klebrig anzufühlen. Die Blüte ist 50 ihn aber unter die Zunge legen und zergehen
der Hyazinthe ähnlich, das Blütenköpfchen (xag-
jiös) ist von der Große der Platanenblütenknäuel,
rauher, es enthält linsenartige Hülsen, welche
rot und ^ klein sind.' Das sind aber gerade
charakteristische Merkmale der G. echinata L.
(vgL Abb. Engler-Prantl 1113,300), während
Fuüy-WlMOWft-Kroll TU
lassen. Er ist auch ein gutes Mittel bei Magen-
brennen, bei ... Leberleiden, Blasenkrätze und
Nierenleiden . . ., als Salbe ist er ein Wundmittel
und gekaut bei Mundschäden zuträglich; das-
selbe leistet die Abkochung der frischen Wurzel.
Die trockene Wurzel ist feingerieben beim Über-
47
1475
Glykys
Glypheion
1476
wachsen der Nägel aufgestreut von guter Wir-
kung. PKnins hat § 26 noch weiter: sanol . . .
eondylomata , tdcera gemtcUium. dedere eam
quidampotuiin quartanis draohmarum duarum
pondere et piper ex hemina aquae. eomman-
dueata sanguiwm ex vtdnere sistit. sunt qui
et ealculos ea pellt tradiderunt.
Galenos nennt XI 858 (vgl. XIII 11) den
Saft gleich brauchbar wie die Wurzeln, da er süß
sei mit einer gewissen Adstringenz, deshalb helfe
er zur Beseitigung aller Rauheiten nicht nur
in der Luftröhre, sondern auch in der Blase (vgl
XIII 51). Auch im weiteren folgt er Dioskuri-
des, den er auch zitiert, nur daß er an dessen
Angaben noch allgemeine Erörterungen anknüpft.
Die beste Wurzel stammt nach seiner Angabe von
Kreta {XIV 6 t), 'dieses lieferte auch den Saft
direkt (XIII 47), der mit der Zeit erhärtete
(XII 963). Ihm folgen in der Angabe der Heil-
wirkungen Aetios Amidenos (ylvxvQtfrv I p. 6 v<*
der Aldina von 1534), Paulus Aegineta (VII
p. 107 v der Aldina von 1528), sowie Oreibasios
V 608 (Busemaker-Daremberg) und II 625.
Alexander Trallianos (ed. Puschmann) verwendet
Q. sehr viel, so II 139 1/2 Drachme in einer Arznei
zum Gurgeln bei Halsentzündung, 161 wird ge-
hörig gereinigtes und gewaschenes Süßholz in
eine Hustenarznei getan, 165 wird Süßholzwurzel
mit dem Mohnkopf mittel gemischt und gekocht,
223 wird gegen Eiterungen in der Bauchhöhle
ein Mittel mit Süßholz gegeben, sowie 227 als
Zusatz zur Audommedizin zur Entleerung der in
der Brust befindlichen Schleimmassen und 265
und 267 zu durststillenden Pastillen. In ein De-
kokt aus Süßholz u. a. werden 179 die Sub-
stanzen zu einem erwärmenden Mittel (des Mag-
nus) geschüttet; ein solches wirkt 213 abführend
und ist 243 nötig bei schleimigem und 2ähem
Auswurf. Der Saft des Süßholzes kommt I 429 zu
Pastillen gegen das Qaartanfieber, schützt II 129
bei Angina den Schlund vor Rauhwerden durch die
Maulbeeren arznei, wird 175 der Audornarznei zu-
gesetzt und hilft 181 gegen chronischen Husten.
Die Geoponika schreiben ihr (V 24, 3) die
Fähigkeit zu, zwischen Weinstöcke gepflanzt
diese zu reichlichem Tragen zu bringen und
geben sie als Bestandteil eines Rezeptes an, um
jungen Wein alt erscheinen zu lassen (VII 24, 4).
Bei den späteren Lateinern entstanden durch
Volksetymologie u. a. die Formen glyeyridia {glici-
ridia); gliquiricia, liquirieia (Theodorus Pri-
scianus ed. Rose 515), gliquiritia (Cassius Felii
33, 34, vgl. Rose 237) u. a. (vgl. auch Thesaur.
Gloss. emend. s. glyeyrrhixa. Simon Ianuensis
s. glicoriza. Fischer-Benzon Altdeutsche
Gartennora 206), woraus schließlich das deutsche
,Lakrizensaft' hervorgegangen ist. Verwendet
wird die Pflanze bezw. ihr Saft gleichfalls meist
gegen Husten, wofür sie noch heute als Haus-
mittel gebraucht wird (Cassius Felix a. a. 0.
GargÜ. Martial. 45. Muscionis gynaecia 139
u. a.). [Stadler.]
Glykys s. Iohannes Glykys.
Glykys Lünen (6 rivxvs Atftrjv Strab. VII
324 = der Tom Süßwasser der in ihn mündenden
Flüsse, 1. B. Aeheron (Glykys) mit vielen Neben-
flußchen ausgesu&te Hafen; Oiclis Urnen Tab.
Peut.VH 3; r. At^ Anna Comn. IV 3) - t jetzt
Port Splantza, Porto Phanari (alban. Frari), Hafen-
bucht von riasarfeigem Umriß an der thesprofa-
schen Küste von Epeiros, südlich von der Bucht
A. lannis (alt Cheiroerion), Philipp so n Thessa-
lien und Epirus Tat 4 p. 231. In der Nähe
jetzt noch ein Örtchen namens Tlvxv. Leake
Travels in N.-Gr. 1X1 7. IV 51ff. Vgl. dagegen
BuTsian Geogr. v. Griechenl. I 28f. nach.Seyl.
30. 'EkaCa Ußtjv Skene Journ, Roy. Geogr. Soc.
10 XVin 139ff. und Philippson s. 0. Bd. V S. 2224
Art. Elaia Nr. 3. H. Kiepert Atlas Ant. VI;
FOA XVI Text 8. [Bürchner.]
Glykys Potamos {<> Pkvxvg Hota/tog Anna
Öomn. IV 3 vom trinkbaren Wasser, das übrigens
im Sommer sehr spärlich ist), in Epeiros, Unter-
lauf des Aeheron (Glykys), der in den Glykys
Limen (s. d.) mündet Jetzt noch G. [Bürchner.]
Glympeis (D.vfmeig) wird nur bei Polybios
an zwei Stellen (IV 36, 4f. V 20, 1-10) erwähnt.
20 Darnach war es ein fester Platz in der Kynuna,
gehörte also mit dieser seit 338 zu Argos (s. Argo-
lis 0. Bd. II S. 740, 30) und lag negl xov? oqov$
Ttis 'Agysias xai AaxarCag, d. h. am Ostabhang des
Parnon. 219 widerstand es dem Angriff Lykurgos
von Sparta, der im darauf folgenden Jahre eine
sorglos vor den Mauern lagernde Abteilung Mes-
senier überfiel. Diese kamen von Tegea und
wollten das Heer Philipps V. erreichen, der be-
reits das südöstliche Lakomen verwüstete. Nach
30 dem Überfalle kehrten sie um. Die örtlichkeiten,
um die es sich hier handelt, und namentlich die
antiken Ruinen sind nur sehr mangelhaft erforscht.
Die bisherigen An Setzungen gründen sich auf An-
klänge an moderne Namen (Boblaye, Leake,
Curtius, Frazer) oder auf Gleichsetzung mit
Glyppia (s. d. ; Bursian, R. Kiepert). Rich-
tiger scheint es, sich durch die militärischen Vor-
gänge leiten zu lassen. Darnach ist Kremasti
(Bursian, R. Kiepert) auszuschließen, die Lage
40 südlich von Kosmäs (Bursian) am Fuße des
Berges Masaräki möglich (von den Ruinen einer
Stadt, die sich hier befinden sollten, hat nur
Boblaye auf Grund der Aussagen von Bauern
berichtet), am wahrscheinlichsten die Identität
mit dem Kastell Lymbiäda südsüdwestlich von
H. Vasilios am nördlichen Rande der Schlucht
des Gießbaches von Leonidi nahe ihrem westlichen
Ende. Grat, cyneg. 213ff. erwähnt den Spür-
hund (inetagon 221) aus G. (Glympicus 214) (nach
50 Vollmer). Boblaye Recherche* 97. Leake
Pelop 362. Curtius Pelop. II 303. Bursian
Geogr II 135. Frazer Paus. HI 381. R.Kiepert
Formae orb. ant. XIII Text 5. B ölte AM 1909
Heft 4. Karten: Curtius Taf. IX. Philipp-
son Pelop. Wace sucht G. bei Kosmäs (nach
mündlicher Mitteilung) ; ein Aufsatz soll im BSA
1910 erscheinen. [Bölte.]
Glyphal (77u<pcu), Örtlichkeit in Arkadien am
Alpheios mit Nymphenkult, Hesych ; NvpyaTov
QOoZ&ov ' Tcüv (frg. 52 N.). Jtagöoov (6 xdgos oV cod.,
em. M. Schmidt) 6 'Akqxtds zijv 'Aqxdbow Jtapa-
pietßoftevoQ koto (add. Meineke) tag Uyopevas
U.v<pag SdQZtxai. Dazu gehört Etym. M. : n.txpuw ■•
avvQOV « xai Sgog' ö&ev Nv/upai H.vipiat und
Hesych.: rkvyeiov ävtQov «. Köpke De Ionis
Chii poetae vita et fragmentis, Diss. Berol. 1836,
87 ist wertlos. [Bölte.]
(HypheloB & GlyphaL
1477 OlypMon
Glyphlen a. GlypkaL
Glröbios (rtäptos), Troizeitier,, der von dem
in ein Weib verwandelten Teirestas im Bade er-
stickt wurde, Eustath. Od. 1665, 48C nach So-
strätos (von Ptolemaios Chennos erschwindelter
[Susemihl Alex. Lit. I 382, 40]) Elegie ,Tei-
Tesias'. [Hoefer.]
Glyppia {Tkimstia) erwähnt nur Paus. III 22, 8
in einem Abschnitt, der wahrscheinlich nicht auf
Gnattria
1478
Auswahl und die Echtheit ihres Inhaltes lobt
(a*. a. O. 320), und wegen der genauen, bei ge-
schnittenen Steinen sonst so seltenen Fundan-
gabe wird man auch hier an der Echtheit nicht
zweifeln können. Wir besitzen demnach von G.
nur Intagli, die ihn als einen in Tief- wie Flach-
schnitt hervorragenden Künstler zeigen. G. zeich-
net sich durch die Sicherheit, Sorgfalt und be-
wundernswerte Zartheit seiner Arbeiten aus und
eigener Anschauung beruht (Heberdey Reisen 10 erreicht sogar gelegentlich seinen bedeutendsten,
des Paus. 59fFA Danach war es eine «//»««. vipl. wnhl dtwas alfarA« 7,aH-t^ont\aaan ttan a'™in m 'j 00
des Paus. 59ff.). Danach war es eine xa>^, viel-
leicht von Marios (Niese Gott. Nachr. 1906,
113) und wie dieses im Binneulaiide gelegen.
Marios ist ziemlich sicher südlich vom heutigen
Mari anzusetzen (Frazer Paus. HI 381), östlich
von Geronthrai-Geräki. G. lag nach Paus, vxsq
to xöfaapa, d. h, oberhalb, weiter in die Berge
hinein (Reitz De praepos. vjxsq ap. Paus, usu
locali, Diss. Freib. 1891, 52). Da die Periegese
wohl etwas älteren Zeitgenossen, den Dioskurides.
S. auch Furtwängler Jahrb. d. arch. Inst. IH
(1888) 138. 314ff. Taf. VIII 27. X 6, 12.
2) Gnaios, Münzstempelschneider etwa des 2.
Jhdts. v. Chr. auf einer Neapler Silbermünze mit
einem jugendlichen Frauenkopf auf der Vorder-
seite, während die Rückseite das Bild eines Stieres
mit bärtigem Kopfe und eines zweiten kleineren
Stieres trägt. Hinter dem Frauenkopf ist eine
von Westen nach G. führt, kann das nördlich, 20 Artemis mit zwei brennenden Fackeln angebracht
östlich, südlich von Mari sein. Die allgemein als
selbstverständlich angenommene Gleichseta ung
mit Glympeis (s. d.) ist sprachlich keineswegs
gesichert und bietet sachliche Schwierigkeiten.
Jedenfalls sind die Angaben bei Pausanias so un-
bestimmt, daß man ihnen keinen Einfluß auf die
Ansetzung von Glympeis einräumen darf. Die
Literatur s. u. Glympeis. [Bölte.]
Glyptik s. Gemmen 0. S. 10521?.
und die Inschrift Fvaiov, welche R. S. Poole
im Catalogue of the Greek coins in the Brit,
Mus. Italy 105, 427 wohl mit Recht für den
Namen des Stempelschneiders hält. Vgl. Carelli
Num.Ital. vet. Taf. LXXVII 110. Nach Gatr-
rucci Le monete d'Italia II 83 ist es der Name
eines Beamten, für den jedoch der bloße Vor-
name wenig geeignet erscheint. [O. Rossbach.]
Gnaphoi {[oi] rvdyot, vgl. 6 xvätpog Karde
Gnaios. 1) Einer der nur mit ihren Vornamen 30 = Ort, wo viele Karden stehen), örtliehkeit auf
{Fvatovoäerrväiog) signierenden Gemmenschneider der Insel Chios : Bürchner Berl. Philol. Wo-
der ersten Kaiserzeit (s. G aio s Nr. 5). Von den mit chenschr.
t(s. GaiosNr. 5).
seinem Namen bezeichneten zum Teil modernen
Steinen (aufgezählt und besprochen von H. Brunn
Gesch. d. griech. Künstler II 560ff.) sind nach
A. Furtwängler (Die antiken Gemmen III 357)
vier echt : ein bläulicher Aquamarin im Britischen
Museum mit Ergänzung des obersten Stückes in
Gold, welcher den Kopf des unbärtigen Herakles
XX (1900) 1629 ; vgl. 'Afyvä XX (1908)
164 Ä 11. In der Nachbarschaft lag die örtlichkeit
"Agyog, also eine flache Gegend. [Bürchner.]
Gnathia (die Namensform die Inschrift eines in
Fasano gefundenen Bronzestabes TNA&INON
IG XIV 685; vgl. die Ziegelstempel TNA0I1
ebd. 240H,|-]NA©IO5 24022; Gnatia Horat.
sat. I 5, 97 und Schol. Melall 66. Geogr. Rav.
in überaus anmutiger, zarter Ausführung trägt 40 IV 31; Gnatiae (lokal) Itin. Ant. 313; Gnatie
/ali(mWIJfl+ aV>^ TC* YT TV Ort * TT CS _ i 11 m_l_ TJ....L /-i V ti Vtt n . *-. . . ' .„
(abgebildet ebd. Taf. XLIX 20. A. H. Smith
Catalogue of engrav. gems in the Brit. Mus. Taf. H
1281); ein quergestreifter dunkler Sardonyi des
Herzogs von Devonshire mit dem Raube des Pal-
ladion durch Diomedes (abgebildet Furtwängler
Taf. XLIX 2. L 10, derselbe Vorwurf bei Dios-
kurides und Felix, s. d.); ein Karneol des Briti-
schen Museum nr. 758 mit dem Brustbilde der
Melpomene und vor ihr einer tragischen Maske
Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31; Egnatia, "Eyvaxia
Strab. VI 282f. Plin. n. h. H 240. HI 102. Ptolem.
HI 1, 13; Egnatiae Itin. Ant. 117; Ignatiae
Geogr. Rav. V 1; Ignatinus [ager] Lib. col,
262; Ij&matiae Itin. Hieros. 609; Augnatium
Guido 27. 71), Stadt an der apulischen Küste
zwischen Bari und Brindisi, deren Ruinen in der
Nähe von Fasano sichtbar sind (heute Torre di
Anazzo oder T« d'Egnazia). Den Namen führt
(abgebildet ebd. Taf. XLIX 28); eine dem Hya- 50 M. Mayer Rom. Mitt. XIX 227 (Philol. N. F.
zinth ähnliche, geschnittene Glaspaste der ehe-
maligen Sammlung Marlborough (Story Maske-
lyne The Marlborough gems nr. 421) mit einem
Ol eingießenden Athleten und neben ihm einem
Tisch mit der Hydria för die Lose (abgebildet
Furtwängler Taf. L 9). Dazu kommt noch
ein Karneol der ehemaligen Sammlung Pullini
in Turin hinzu, den Brunn a. a. O. 566 nur
XIX 533) auf rhodischen Ursprung zurück {Tyvi}-
reg = av&iysveTs). Es scheint eine iapygische
Siedlung gewesen zu sein, die später den Messa-
piern, zuletzt den Peucetiern (Poediculern) zuge-
fallen ist (Plin. in 102. Strab. VI 282. Ptolem.
LTI 1, 13. Auf der Tab. Peut. ist zu Gnatie bei-
geschrieben: port Pedie., was wohl als portus
~, — -. — ™ Poedieulorum zu lesen ist; Plin. II 240 weist
nach den kurzen Angaben bei Miliin Voyage den Ort irrtümlich den Sallentinern zu). Schon
en Savoie I 321 erwähnt und Furtwängler 60 in früher Zeit, bevor noch Brundisium an Be-
überhaupt nicht nennt. Nach der Beschreibung
in den Cataloghi della dattilioteca del fu C. A.
PuHini, Turin 1844, 9 nr. 81 war diese Gemme
im Frühjahr 1808 nahe bei Rom außerhalb der
Porta Pinciana ausgegraben und trug das Bild
eines Hermen mit dem Flügelbute sowie den
Namen TNA10C. Wegen des guten Rufes der
Sammlung, an welcher Mi Hin die geschickte
deatung gewann, muß G. ein wichtiger Hafenplatz
(wer« xoivt) xataycayi] Jtleovri re xai n&£svovxt $tg
Boqiov Strab. a. 0.) gewesen sein, was bedeutende
Funde an attischen Töpferwaren daselbst schließen
lassen (vgL Mayer a. O,). In der Stadt selbst
waren Töpfereien, deren Ware sehr ähnlich der
in anderen nnteritalischen Städten produzierten
ist; man bezeichnet diese Art unteritalischer
1479
Önathis
Gnesippos
1480
Keramik jetzt allgemein mit .Gnathiavasen' ; vgl.
Pagen steeher Arch. Anz. 1909, lff. In römi-
scher Zeit scheint der Ort von dem durch seinen
trefflichen Hafen überlegenen Brundisium in den
Schatten gestellt worden zu sein, wenn auch
schon hei G. die Binnenlandstraße von Benevent
her die Küste erreichte. So finden wir G. fast
nur in den geographischen Kompendien erwähnt.
Horat. a. 0. macht sich über ein angebliches
Telenikos, die Ttoitjxai ftox&ijß&v fyafidxwv, zitiert;
Athenaios XIV 638 e drei Komikerstellen über
G., den er, ohne seine Quelle zu nennen, als-
naiyviaygdqiog (man erwartet xatyvtoygdyos) xijg
IXagäg Movctjg charakterisiert (vgl. Hedylos rXav-
xr}s ptefAEÜvofi&va siatyvia Movoicav s. o. Glauke
Nr. 13): Chionides (?) /frw/ol P- 5 Kock ravz ov fia
Ata rvtjöinnos ovo* ö KXeOfiSvtjg iv iws a{v} x°S~
8ato(tJ xatsylvadvaro. G. ist also dem Kitharoden
Wunder (Verbrennen von Weihrauch ohne Flamme), 10 Kleomenes (Athen. 402 a. 605 e. 620 d) gesellt;
das in G. gezeigt wurde, lustig. Die Erklärung
der. Stelle: lymphis iratis exstructa mit Wasser-
armut der Stadt (so SchoL) scheint unrichtig, da
nach Nissen Ital. Landeskunde II 860 einen
solchen Mangel die Gegend nicht aufweist. —
Einen aed(ilis) i(ure) dfieundo) erwähnt CIL
IX 263. Die Zuweisung der Münze Berlin. Kat.
ILT/i 195 (Mateolum?) nach G. (so Avellino
Bull. Napol. I 130) beruht auf falscher Lesung
die ausdrücklich hervorgehobene Saitenzahl be-
zieht sich wohl auf die damals von Phrynis neu
eingeführte Osaitige Kithara (vgl. v. Wilamo -
witz Timotheos 72ff.), nicht auf das swedxogöcv
(Aristo* bei Athen. 636b. 182 f). — Eüpolis(?>
Etkoyrtg p. 294 Kock td üttjötxdgov re xal 'AXx-
piavog 2ifi(ovidov xs aQ%alov ■fdsibuvf ' 6 Ök /VjJ-
OlTtTlÖq SoxfivJ aXOVElV^ [x£tv] Off VVXISgiv SVOt
lioi%dlg (jivxoTg G. Hermann) ädofxaz ixxaXetö&ai
der Aufschrift. Literatur: M. Mayer Ceramica 20 yvvaixag sxoviag ia[tßvxT}v rs xat xgiyavov. Uie-
delV Apulia preellenica, Eöm. Mitt. XII (1897)
233ff. ; Die Keramik des vorgriechisch. Apuliens
ebd. XIX (1904) 227ff. CIL IX p. 28. Nissen
Ital. Landesk. II 860. L. Pepe Notizie storiche
ed archeologiche delV antica G. (1882; von mir
nicht gesehen). [Weiss.]
Gnathis, Sohn des Timokedes, Athener (EXsv-
oiviog). XoQt]ywv xa>fiq>8oTg kvlxa Ende 5. Jhdts.
v. Chr., CIA IV 2, 1280 b. Er ist, wie es scheint,
Stelle ist zwar beschädigt (das Versmaß muß
überall sein *-— -^w~~-^-^-* , vgl. Hephaestion
cap.15, 2— 7. Kratin. JeajreWS^I 30 K. Aristoph-
Wesp. 1528ff. Diphil. I 680 K.) , aber klar ist
doch , daß hier G. als weichlicher Neuerer den
klassischen Lyrikern entgegengestellt wird ; lapr
ßvxTj neben tgiycovov (beides Saiteninstrumente)
auch bei Aristoxenos, Athen. 636b. 182f. (w*
iapßvxag xai hinter aapßvxag re xat ausgefallen
v. Uhr., (J1A IV Z, IZöUD. &x ist, wie es scnemb, iay-pvxag km muigi "»rr 1 " 1 " 11 " ""* „«„g, v ™„—
der Großvater des Demarchen G., CIA IV 2, 574b, 30 scheint), zum xgtymvov singt bei dem Komiker Pia-
der Urgroßvater des Timokedes, Sohnes des G.,
welcher Ende des 4. Jhdts. als Antragsteller be-
kannt ist, CIA IV 2, 574 g. [Kirchner.]
Gnathon aus Dipaia. Er siegt in sehr jugend-
lichem Alter im Faustkampf der Knaben zu Olym-
pia, woselbst sein Standbild von Kailikles aus
Megara, Paus. VI 7, 9. Zeit: Ende 5. Jhdts.
v. Chr., G. H. Förster Olymp. Sieger (Zwickau
1891) nr, 274. _ [Kirchner.]
ton (I 620 K.) eine Hetäre ein ionisches Lied. —
Kratinos MaX&axoi p. 43 K., unverständlich, doch
wird hier G. direkt angeredet (c5 Fv jjtJtJHis), offen-
bar wieder als fiaX§ax6g. Weiteres s. u.
b) 6 KXsofidxov, Tragiker, Konkurrent des
Sophokles. Von den Notizen über G, geht Athe-
naios mit den Worten oxmjizei & avzdv sig xa
siotrifiaxa xal iv BovxoXotg zu den Komikerstellen
über, die sich gegen einen 6 KXeofxdxov gcnann-
Goes'f/Vnff), meistens im Plural Tv»™?, nach40ten Tragiker richten: Kratin. BovxöXoi p. 16 K-
Arkad. de acc. Apollon. de pron. p. 70. Herodian.
I 64, 27. 401, 21. II 678, 18 Lentz = Steph.
Byz. s. v., rhodisches Ethnikon, gleichbedeutend
jiiWIyvqteg = yvtjatot'PdÖioi oder v&aytVBtgTöSioi.
Der Mythos kannte sechs (I) Gneten als Söhne
des Poseidon und der Telchinenschwester Halia-
Kapheira-Leukothea, Brüder des Rhodos. Sie
bewohnten die östlichen Teile der gleichnamigen
Insel und werden darum auch jigogtj^oi öai^oveg
o$ ovx sScjx* atTovvxi SotpoxXisi x°QQ v , T( P K^*-®-
fi&xov {-fidxoit cod., corr. Dobr.) d\ ov ovx av
rfelovv Sya spot didäoxeiv ovo' av dg 'Aödvia (ein
Weiberfest, vgl. den Art. und das Suppl.-Heft da-
zu). Dieser Sohn des Kleomachos erhielt als»
einen Chor, als man dem Sophokles und dem
Kratinos (vgl. BovxoXoi p. 18 K,) noch einen
weigern konnte, also kaum lange nach 468. —
Kratin. T Qqai p. 90 K. hw 8h xal rgay^diag 6
genannt. Sie wollten die Aphrodite an der Lan- 50 Khso/mxov diÖaoxakog t fiexa xtov f jiaQaxaxQttov
düng (aus Kypros?) hindern, wurden zur Strafe
dafür rasend gemacht und vergewaltigten nun
ihre eigene Mutter, übten auch allerlei rohe Ge-
walttätigkeiten aus an der Bevölkerung, bis ihr
Vater Poseidon sie in der Erde barg, so Diodor.
V 55, verständnislos zwei Parallelversionen kon-
taminierend, die Phiku. N. F. IV 1891, 43ff. ge-
schieden und einander gegenübergestellt sind. Sie
waren hiernach den Teichinen gleichzeitig, nach
Hesych. s. "IyvrjxEg angeblich ,spater als die Tel- 60
chiuen', was aber im Widerspruch mit ihrem
Namen ,Eiugeborne' steht [Tümpel.]
Gnesippos und Xothlppos. An diese Namen
knüpft sich ein verwickeltes Problem.
a) rrtjovtxog, vermutlich Kitharode, Zeitge-
nosse des Kratinos. Am Ende seiner Samminngen
ftto S^teninatniniente, unmittelbar anschließend
m Notäwn Über die Kitharoden Argas (s. d.) and
txwv X.OQOV Xvdtoti Ti?J.ova(Hv f.i£Xt] yiortjod. Da-
nach bestand in einer seiner Tragödien der Chor
aus Weibern, deren Lieder dem konservativen
Komiker zu frech schienen; Tia^auXtgtai ist wohl
nur Schimpfwort, Ivbiaxi kann nach den Pindari-
schen Parallelen nur die strenge Harmonie im Ge-
gensatz zu dem lasziven Inhalt bedeuten. — Tele-
kleides ZxsqqoI (ironisch = Mal&axoi?) P-^17 K.
sagt xal -T«ot ftoixetag äraaxQE<pea&ai avxov.
a) und b) werden seit Bergk (Comment. co-
moed. att. 33) identifiziert. Der Wortlaut der
Oberleitung spricht dafür. Aber recht seltsam ißt,
daß Athenaios nicht sagt, wieso er dazu kommt,
den nur als Tragiker charakterisierten Sohn des
Kleomachos mit dem nur als Kitharoden geschil-
derten G. zu verknüpfen. Irgend eine Liederlich-
keit liegt also hier vor, and da die den beiden
Personen gemeinsamen Züge nicht viel bedeuten
1481
Gnidier
JWjHif
1482
{qondrQn> xovtjgäv motqxai ist ja das Schlagwort
-des Athenaios für das ganze Zitatennest), muß
die Identifikation problematisch bleiben, s. u.
cj No&iTtnog, Tragiker, um 430. Athen. VILT
344c, mitten in der Behandlung der 6y)o<päyoi,
in einem Satz ohne Hauptverb, N6$i?mov 6h xov
xgaycpöwTTOior, Es folgt ein Zitat aus Hermippos
MoTgat (im J. '430), in dem N. als Fresser ver-
höhnt wird (I p. 236 K.); dann Öxi hh ofaög mttv
Beurteilen der Parteibehauptungen und Beweis-
mittel bedeutet. Aus der allgemeineren Bedeutung
,Meinung' entwickelt sich die speziellere .Antrag',
die in ganz Griechenland Terminus technicus wird
für den Antrag, den entweder ein Privater oder eine
mit der Antragstellung ausdrücklich beauftragte
Behörde beim Eate oder Volke einbringt. Weiter-
hin bezeichnet, allerdings im allgemeinen erst in
späterer Zeit, y. den zum Beschluß erhobenen
6 7ioi7}TT]s, oaycög jtaeiozTjoi TrjXefcXei'örjg iv 'Haiö- 10 Antrag, den Beschluß und ist synonym .mit zo
■öotg (p. 214K.) ; s. u.
d) f. . Jwnog, Tragiker, siegte einmal an den
Dionysien; ersteht auf der Liste direkt vor Sopho-
kles, dessen erster Sieg 468 geschah. IG LT 977 a.
A. Wilhelm Urk. dramat. Auffuhr. 101f., der
auf Grund von c) [Nv8]m7iog ergänzt. Danach
hiitte N. in den letzten 40 Jahren seines Lebens
nicht mehr an den Dionysien gesiegt. Möglich
sind aber natürlich viele andere Ergänzungen
ööyfia und rä 861-avza, und wird, wie lat. sen-
tentia, gern von der richterlichen Entscheidung,
dem Urteil, gebraucht, syn. xgiotg. Ohne daß
ein gelegentliches Hinübergreifen aus einer Kate-
gorie in die andere ganz vermieden werden kann,
behandeln wir 1. y. als Antrag, Gutachten, 2. y.
als Beschluß, 3. y. als Eichterspruch.
1. rväfir} Antrag, Gutachten. Vor-
a — herrschend ist die Bedeutung Antrag, gleichviel,
{auf [. . .Jutnog schließt ein Dutzend attischer 20 ob dieser schriftlich oder mündlich, von einem
Namen); für [rvqojixxog ist kein Platz. Privaten oder einem Beamten eingereicht sei.
Daß G. und N. eine Person seien, hat, schon
■ehe d) bekannt wurde, v. Wilamo witz behauptet
(Observ. crit. in com. gr. 1870, 27); er hielt N. für
-einen Spitznamen. Jetzt halten Wi 1 h e 1 m a. 0. und
v. Wilamo witz Gott. Gel. Anz. 1906, 632 G. für
4en Spitznamen, um das Zeugnis d) einbeziehen
.zu können. Die Identifikation ist tatsächlich um
eine Spur wahrscheinlicher geworden, seitdem wir , t r __ f _, t . „ f __. „_„.
-einen Tragiker [. . .Jurxog gerade für jene Jahre 30 xoig' ägxovoi stgort^efieiv^ <og 'm tag SeSofisvag
bezeugt finden, in denen o KXeo^tdxov (b) einen xtfiag Aiowoo6d>Q(ot äxvgovg ei^tieiv, rj oygd-
tragischen Chor erhielt. Notwendig ist sie nicht, •>»»» « * —-«*«-.*- -* ^ ^ *-— ^~-
•da es auch zwei Tragiker G. und N. gleiclizeitig
gegeben haben kann; beide Namen sind attisch.
Sie ist sogar nicht unbedenklich. G. als Spitz-
name ist so wenig witzig (Zxnog darin im ävai-
öeiag zu verstehen, sehe ich keine Möglichkeit),
eingereicht
Statt vieler zwei Beispiele: In den aus dem 2.
Jhdt. v. Chr. stammenden Beschlüssen des xotvbv
der "Mtaarai. xai "AXiddat zu Ehren ihres lang-
jährigen aQxeQaviaxdg Dionysodoros aus Alexan-
dra IG XLT 1, 155 d (= Collitz 3836) steht
Z. 96ff. tb dk ipd<piofia xoöe xvqiov soteo sig xbv
äei xqovov, xal (ti) i^eaxco fi^xs ägxovxt (at}xe idtoi-
xai (ifjte xiveTv (iffie yvfhptav ygdyjao&at {irfxe
daß seine Verwendung bei drei Komikern nicht
verständlich wird. Auch sollte man erwarten,
ytag r\ o JtQO&etg (htozetodxa) to yeyQafifisvov em~
xifiiov ÖQax/mg ixaxov (vgl. Z. 90ff.), xal d yvmfia
avxov äxvgog saxoi, xal tvoxog eozo> ton vöfuoi
twi amvfizon. Ebenso klar ist diese Bedeutung
in den ein paar Male, jedoch nicht vor dem
1. Jhdt. v. Chr., in attischen Urkunden vorkom-
menden Abstimmungsvermerken, in denen die Zahl
der Stimmen auch dann angeführt ist, wenn der
T> I.T..O ~- _j.i • . ...».ni i T-n tt ,nn
daß Athenaios in derselben Quelle, die ihm für 40 Beschluß einstimmig gefaßt wurde, so' IG II 488,
G. die Charakteristik 7iatyvtaygd<pog xijg tXagäg
Mwatjg und den Vatersnamen lieferte, auch einen
Hinweis darauf gefunden hätte, daß dieser G.
■eigentlich N. hieß. Endlich mußten wir ja oifen
lassen, ob G. überhaupt als Tragiker gelten darf
(zu b). Es ist also weiter mit der Möglichkeit
au rechnen, daß die unter a), b), c), d) gruppierten
Zeugnisse sich auf je eine besondere Person be-
liehen. Die Sache ist übrigens von geringer Be-
•deutung.
Gnidler s. Gnidos.
Gnfdos (Plin. n. h. III 152) auf Kerkyra, s.
■die Art. Knidos und Kerkyra. [Bürchner.j
Gnissi, nach Plin. n. h. VI 19 skythisches
Volk am Ostufer der Maiotis gegen die Tanais-
mündung. [Kiessling.]
Fvwfiri. Die allgemeine Bedeutung ^Ansicht,
Meinung, Urteil', besonders häufig in yvtbfiriv
<L-Toq>aiveo&at f ist auch in Inschriften nicht selten,
26 xatv ysq<pwv alg idoxst riyv ixqpjegoftsvqv yvat-
fiTjv xvgiav [etvat . . . a]lg ovx eödxei ovdeftia, ähn-
lich II s. 489 d und 'Etprjfi. dg X . 1884, 165, wo-
für II s. 630 b tü)v yjrjqpaw alg iööxet rode xo
Soyfia xvgtov elvai, k^^xovTa, alg ds ovx iööxsi
ovfe/ua eintritt ; ähnlich wohl auch etwas später
III 27, 5f. nach der von Wilhelm Arch.-epigr.
Mitt. XX (1897) 82 vorgeschlagenen Ergänzung,
der zuerst die Belege vollständig zusammenge-
[Maas.] 50 stellt hat; vgl. auch Larfeld Handb. d. griech.
Epigraphik II 695.
Die Erörterung der Frage, wer das Recht zur
Antragstellung und zur Begutachtung der An-
träge _ hatte, gehört unter Psephisma; hier ist
bloß ihre formale Seite zu behandeln, und zwar
zunächst für Attika, dessen Formelwesen wir in
seiner Entwicklung am besten überblicken können.
In attischen Psephismen finden wir y. am
häufigsten verwendet in der strengtechnischen
** ? * 4Ö ' 28 yv^nag dya&dg Sf^ovat nsgi] 60 Bedeutung von ngoßovXevfia zur Bezeichnung
avxov (sc. Ilegblxxa) 'A-fhjvaToi oder im Eichter-
eid von Knidos im Prozeß der Kinder des Di-
agoras gegen Kalymna, Anc. Greek Inscr. Brit
Mus. n 299 (= Recueil d. inscr. jurid. gr. 1 158ff.
= ColliU 3591) Z. 4fL ßtxaaaito gteßl] Sr zol
•avxidtxot dvxtüfiooav xaxa yfrtüfiar rar Stxatoxd-
Ta]r mit nahezu sicherer Ergänzung, wo also y.
das richterliche Urteilen, d. £ das Abwägen und
des Gutachtens, das die Bule über jeden Gegen-
stand, deT in der Ekklesie zur Abstimmung kommt,
abzugeben hat nach dem Grundsatze pij&cv iäv
djiQoßovXsvroy etg ixxXtjocav zio<p£gBGv\ii (Piut.
SoL 19), den Ariat !4#. tzöX. 45, 4 so formuliert:
xat ohx E^eoxtv ovdhv dsiQoßodhevxov ovif S n Slv
fit} JzgoyQdyymatv otngvtavsts yijtplaaa&at rqi &nu<p.
Daß das Frobuleama des Bates keine meruori-
1483
scfreji Anträge zu enthalten brauchte , sondern
auch lediglich in dem formellen Einbringen des
zur Vorberatung überwiesenen Antrages bestehen
konnte, ist bekannt und von Harte 1 Stud. üb.
att. Staatsrecht u. Urkundenwesen (Wien 1878)
59ff., der zuerst die probuleumatischen Dekrete
als besondere Klasse neben den Rats- und Volks-
dekreten ausgeschieden hat, im einzelnen scharf-
sinnig nachgewiesen.
1484
gende, also nächstfolgende Volks v«tsamnüung be-
zeichnet Über die Krage, wie der Batsschreib«r
dieses Ratsgutachten protokolliert, wenn es un-
verändert oder wenn es mit Annahme von Ab-
änderungsvorschlägen zum Beschluß erhoben ist r
s. Larfeld II 664 und Schuliheß Art. F^afC-
fiatEig I A 1.
In den angeführten Beispielen,' die sich leicht
vermehren ließen, folgt auf die Gutachten^
In der weitaus überwiegenden Mehrzahl der 10 mel der Antragsteller mit dne, so bis gegen das
daddx&ai T »7* ßovlfy mit der p
sehen Formel verbunden; vgl. im allgemeinen
Larfeld II 663fF. Handelt es «ich um die Ein-
bringung des unverbindlichen Gutachtens des
Rates an die Ekklesie, so lautet die Formel yvd>-
ur,v de £vfißä£/,s0$ai xtfg ßovX^g, worauf
noch eis xbv ötfptov und auf dieses noch ö'xi doxet ..,,_,. , _ , -- , ,, .
xfit ßovXfii folgen kann. In dieser Formel ist das 20 dem xdSe ot ^vyygafplg &ve[yQj aymv I(x 1 s. II b
altattische |w, das sonst bis 410 vorherrscht, 3 (kaum vor 431 v. Chr.) und wohl auch I s.
Gutachten, yvcafirj, erwähnt unter Beifügung des-
jenigen Beamten oder Beamtenkollegiums im Ge-
netiv, das speziell mit dessen Vertretung vor dem
Volke beauftragt ist. ,
Hierher gehört yva)fA,]rj rtov ovyyf>atpi(ov tg
xi\v IG I 58, 8 (410/09 v. Chr.), entsprechend
altattische
nach 403 aber nur noch in einzelnen Ausdrücken,
und zwar nur bis 378 vorkommt, nachweisbar
bis 52/1 v. Chr. (IG II 480 II) erhalten, und
zwar auch in Inschriften, die in andern Wörtern
ausschließlich ovv verwenden ; s. Larfeld II 673.
Mei st erhans -Seh wy z e r Gramm, d. att. Inschr. 3
221. Auf diese sog. Gutachtenformel folgt dann
der Antrag des Rates im Infinitiv. Über ihre . •.■,.•-.
formale Entwicklung und die ziemlich zahlreichen, 30 H 642, 4), so könnte die ganz ungewöhnliche
das Wesen der Tätigkeit des Rates jedoch nicht Formulierung davon herrühren, daß der Antrag
22a 3; über diese Stellen s. Art. Zvyygaysig.
Ferner gehört hierher das ganz singulare yvtofi?}
Klzootpo xai avvnQvzdvs(ov im Bündnisvertrags
Athens mit Samos von 405 v. Chr., IG II s. 1 b
(= Dittenberger Syll.a 56) Z. 6 u. 33. Wenn,
woran kaum zu zweifeln ist, dieser Kleisophos
identisch ist mit KXsioofpog Evcowpevg, Schatz-
meister der Athena vom J. 403/2 oder 402/1 (TG
berührenden Varianten verschiedener Zeiten s.
Larfeld II 672ff. Hier genüge die Bemerkung,
daß sie sich seit dem Jahre des Näusinikos, 378/7
v. Chr., findet (IG LT 17 b; in kürzerer Fassung
vielleicht schon etwas früher II 40) und in der
vollen umständlichen Ausgestaltung yvmft^v de
gv/ußäXfeod-ai rijs ßovX-fjg dg zbv S^fiov, ort öoxet
bei der die erste Prytanie führenden Erechtheis,
zu der Euonymon gehörte, gestellt, aber erst in
der zweiten, von der Kekropis bekleideten Pry-
tanie behandelt wurde (Dittenberger n. 4).
Sonst finden wir in Attika die Prytanen nie
an dieser Stelle erwähnt, öfter dagegen, worauf
schon Lipsius Leipz. Stud. XIII 411if. aufmerk-
t« ( ßovXm von 369/8 bis zur augusteischen Zeit sam gemacht hat, die Strategen, deren politische
nachweisbar ist. Ältestes Beispiel II 50 (368/7 40 Stellung zuerst klar erörtert wurde von Swo-
- - - " boda Rh. Mus. XLV (1890) 288ff. bes. 299fL
rvtafjtrj atgaxtjycjv, so daß also das ganze Kol-
legium der Strategen den Antrag im Rate stellt
und dann vor der Volksversammlung vertritt, steht
v. Chr.), jüngstes U 490 (nach 29 v. Chr.). Wenn
es überhaupt eines Beweises bedürfte, daß diese
Formel sich auf die Erstattung eines Gutachtens
über den eingebrachten Antrag durch den Rat
an das Volk bezieht, so kann verwiesen werden
auf die sachlich fast gleichwertige sog. Vorlage-
formel, xr\v ßovXijv jiQoßovXzvoaoav . . £$~£veyx€tv
dg tov öijfiov dg xrjv xg<üzr}v ixxXtjoiav. Nur -, - , « ~ , ,
einmal, LT 96 (369/8 v.Chr.), wo die Ergänzung Swoboda a. a. O. 299f. und kürzer Griech.
nicht ganz sicher ist, folgt darauf yvm^v 6k £vu- 50 Volksbeschlüsse 34f. Den Antrag stellen die Stra-
ßäXXeo&ai xm ßovkfy, 6'n öoxd zeT ßovtä; über tegen, d. h., wie Swoboda richtig geschlossen
in dem Proxeniedekrete IG II s. 11 e aus dem
Anfang des 4. Jhdts., jedenfalls vor 387 v. Chr..
wegen des Z. 13 mit Sicherheit zu ergänzenden
ipt x6ki; vgl. Wilhelm Herrn. XXIV 113, 2.
diesen ganz singulären Fall, wo die Bule einen
Antrag direkt an die Ekklesie einbringt, s. Lar-
feld H 666. Sonst findet sich dieses ig~eveyxeTv,
wenn in der Volksversammlung gestellte Anträge
der Bule zur Begutachtung überwiesen werden,
so II s. 82 b sxetdy o dijftog hpr}<ptoxat jiQoßov-
Xetwaoav xyv ßovXtjv igevsyxeTv dg xbv dijfiov tisqi
neog-eviag, II s. 169 b 7 (= Dittenberger Syll.2
580) ne^i &v b drjftog xQooha£ev zr^ ßovXfp tiqo- 60 oder Privatpersonen sich erst die nQÖoodog ngog
ßovXevoaoav ifeveiyxelv jieqi Ilv&dov; vgl. auch T V V fiovXyv erbitten mußten, ergibt sich für die
Dittenberger Syll.2 DJ 142 u. neoßwXewa. Strategen aus Demosth. XVLTI 169. Diodor. XIII
hat, die Strategen sind im Rate anwesend mit
dem Rechte, das weder Privatpersonen noch an-
dern Magistraten zukam, im Rate selber Anträge
zu stellen und zu begründen- Hatte der Rat
dem Antrag der Strategen zugestimmt, so ver-
traten sie ihn selber in der Volksversammlung.
Dieses Recht der unmittelbaren Antragstellung
im Rate, ohne daß sie, wie die übrigen Beamten
Zweimal, II 47 und 76, steht im gleichen Sinne
xovg yiQoi&QOvg oi äv Xäymoi zigoedgeveiv, iv zfji
jzQatzfjt IxxXijoi'cu jiQo&stvat jieqI avzov bezw.
tovtcoy, statt des gewöhnlichen xqriyuaxloai , wo-
bei *5 3iQfh/xt} exxXrjota, später auch ^ imovoa
ixxXyda, die auf die betreffende Ratssitzung fol-
2, 8. Flut. Mc. 5 ; praec. rei publ. bene gerendae
4, und daß sie, wie der Rat, in der Ekklesie
ih ren besonderen Platz einnahmen, aus Demosth.
XVm 170; vgl auch Aischin. I 132. Die ;-.
oxQaxriyäiv in der probuleumatischen Formel rückt
damit in eine Linie mit der y. ßovlffi; immer
148S
/V$6H?
aber bezeichnet y. das Gutachten zu dem vom
Antragsteller (dadtv) unter eigener Verantwor-
tung, wie sich bei der yQatpij siagavo/xcav zeigt,
persönlich vertretenen Antrag.
Ungewöhnlich steht y. für den Antrag selber,
bezw., den zum Beschluß erhobenen Antrag im
Amendement des Antichares zum Proxeniedekret
für Oiniades aus Skiathos bezw. Palaiskiathos
IG I s. p. 166 nr. 62 b 28 ig de xqy yvai/J.fjV fiera-
yQaipat avxl zö 2xta&io, OTiwg av t]i ysyQüfifisvov
Oiviäörjv töv IIaXaioxtä®iov (408/7 v. Chr.), viel-
leicht, wie Lolling AeXxiov 1888, 207 andeutete,
durch die Annahme zu erklären, daß der Antrag-
steller Dieitrephes auch damals, wie nachweis-
lich 413 und 410, Stratege war. Sonst kommt
in attischen Psephismen in der Amendements-
fonnel {tä pkv äXka xaflwieg xf/ ßovXff) das Wort
y. nicht vor, während es in den wenigen Bei-
spielen protokollierter Amendements außeratti-
scher Staaten mitunter zu ergänzen ist, so in
der Inschrift aus Arkesine auf Amorgos, Bull,
hell. XII (1888) 233 (■= Michel Recueil 1335),
47 m fihv akka xrjv x-qg ßovX^g, xäg de dixag xxX.,
wo offenbar einfach yvcöfiijv hinzuzudenken, nicht
eine Kürzung aus xaza tqv x^g ßovXqg yvoifiyv
anzunehmen ist. Möglich, daß in dem stark ver-
scheuerten Psephisma der Parier, Kern Inschr.
v. Magnesia 50, 8 (= Dittenberger Syll.2 261)
xa [ihv äXXa xoiv Ti^g ßovXff, worin x&v ganz un-
gewöhnlich und grammatisch kaum konstruierbar
ist, es zu ersetzen ist durch xtjv zrjg ßov?Sjg mit
Wilhelm österr. Jahresh. III (1900) 59 und
Gott. Gel. Anz. 1903, 792.
Der Versuch, zu Beginn des 4. Jhdts. mit
y. ngvzdvecüv und y. axgaztjydiv neue Elemente
in die Formulierung der Psephismen einzuführen,
vermochte in Attika nicht Boden zu fassen. Es
blieb hier y. fast ausschließlich auf das Gut-
achten des Rates über den an die Ekklesie ein-
zubringenden Antrag eines einzelnen beschränkt,
und diese alte Formulierung wurde festgehalten
bis in die Kaiserzeit hinein (Swoboda Griech.
Volksbeschl. 35). Dagegen finden wir außerhalb
Athens y. häufig vom Antrag selber, indem y.
x&v 6dva>v eintritt an Stelle des in Athen zähe
festgehaltenen 6 ösTva ehie, Antragsteller ist
dann entweder eine besondere, mit der Antrag-
stellung speziell betraute Behörde, Prytanen, Epi-
staten, Prostaten, Probulen, auch Strategen, oder
ein oft gleich benannter Ratsausschuß. Die Na-
tur dieser Prytanen, Probulen, Prostaten, Epi-
staten usw., die vor oder hinter /. im Genetiv
stehen, ist in jedem einzelnen Falle besonders zu
bestimmen ; im allgemeinen läßt sich nur sagen,
daß sie entweder, wie die athenischen Prytanen,
an einigen Orten wohl auch in direkter Anleh-
nung an die athenische Verfassung, ein Rats-
ausschuß sind mit nachweisbarer oder doch vor-
auszusetzender kürzerer, durch einen im voraus
festgesetzten Turnus begrenzter Funktionsdauer,
oder aber ein außerhalb des Rates stehendes Be-
amtenkollegium mit halb- oder ganzjähriger' Amts-
dauer. In den außerattischen Psephismen er-
scheinen nun die Behörden in der Regel direkt
als Antragsteller, nicht bloß als das mit der Be-
gutachtung der Anträge betraute Organ. Eigent-
liche probuleumatische Dekrete gibt es außer-
halb Attikas überhaupt nicht; nur vereinzelte
1436
Versuche sind vorhanden, in der Formulierung
der Dekrete die vorausgegangene Vorberatung
durch die Bule anzudeuten. Daß aber eine solche
vorausgegangen ist, ist nicht zu bezweifeln und
für einzelne Gemeinden, wie Kalymna und Iagos,
aus den erhaltenen Psephismen sicher zu er-
weisen. Diese Vorberatung ist ja schon bedingt
durch das nicht bloß attische, sondern gemein-
griechische Gesetz, daß der Verkehr der Behörden
10 mit dem Volke nur durch den Rat stattfindet.
Ein unmittelbarer Verkehr einer Behörde mit
dem Volke ist vor der römischen, Kaiserzeit in
Griechenland ausgeschlossen und, wo er sich aus-
nahmsweise findet, wie bei den athenischen Stra-
tegen, leicht zu erklären. Wenn die Behörde
oder der Ratsausschuß als Antragsteller erscheint,
so tragt jetzt nicht mehr, wie in Athen, der Ein-
zelne die Verantwortlichkeit für die Gesetzmäßig-
keit des Antrages, sondern es tragen diese soli-
20 darisch die Prytanen oder Prostatai oder Epi-
statai. AU das ist scharf und klar näher aus-
geführt von Swoboda Griech. Volksbeschl. 63flV
Wenn nun auch nach diesen Untersuchungen eine
Aufzählung all der Fälle, wo y. oxQaiqy&v oder
ztQvtavswv oder övvsSqcov u. ä. vorkommt, zweck-
los wäre — auch Dittenberger OGIS II p. 641
setzt dazu einfach passim, verzeichnet aber doch
II p. 706 für y, OTQaxqyüv die Belege aus Hiera-
polis, Pergamon, Priene und Smyrna — so ist
30 doch nachdrücklich davor zu warnen, alle Fälle,
wo die gleiche Bezeichnung vorkommt, für gleich-
artig zu halten.
Ganz abgesehen von der völlig veränderten
Stellung des Magistraten in der Kaiserzeit (s.
u.), die eine strenge chronologische Scheidung
der Urkunden und womöglich die Datierung jeder
Urkunde erheischt, ist auch für die frühere Zeit
jeder Fall einzeln zu prüfen und womöglich : in
die Verfassung der betreffenden Gemeinde orga-
40 nisch einzugliedern. Es möge das ein Beispiel
zeigen. Während das mit y. ztQvzavscov syno-
nyme e&og'e ji^i ixxXrjoiai üiQvxdvecüv Eixdvzoiv in
einer Inschrift aus Antiocheia in Persis bei Kern
Inschr. v. Magnesia 61 (— Dittenberger OGIS
233), 10 (Ende des 3. Jhdts. v. Chr.) ohne wei-
teres klar ist und uns die Prytanen, sei es nun
eine Behörde oder der Ratsaueschuß, als Antrag-
steller zeigt, wäre es doch verkehrt, in der zwi-
schen 306—293 fallenden Inschrift vom Apollon-
50tempel in Didyma bei Haussoullier Rev. de
phil. XXIV (1900) 245 nr. II (= Etudes sur
Thistoire de Milet et du Didymeion p. 34 =
Dittenberger OGIS 213) aus «Sof« x<üi firmou,
yv&fit) awiÖQCüv den Schluß zu ziehen, die avv-
sSgot seien, wie so oft, der anderwärts Prytanen
genannte Ratsausschuß; denn Z. 20 dieser In-
schrift nennt zovg [äst xja&ioxafisvovg ziQvzävtjg
(über diese Akkusativform Dittenberger n. 18).
ähnliche Schwierigkeiten, zu deren Lösung Swo-
60 boda Griech. Volksbeschl. 63ff. viel beigetragen
hat, begegnen oft genug. Namentlich gebührt
Swoboda das Verdienst, durch sorgfältige Unter-
suchung der Praskripte gezeigt zu haben, wie
allmählich in einer Reihe von Städten den Be-
amten, und zwar meist den zu einer Synarchie
vereinigten Kollegien der wichtigsten städtischen
Magistrate das ständige Referat über die
Anträge zugewiesen wurde, wie also diese an die
1487
IWöjFf^
IVeojHf
1488
Stelle des Ratsvorstandes oder Ratsausschusses Je nach der Gemeindeverfasaiing und der Be-
traten und die eigentliche vorberatende Kom- nennnng der mit Antragsrecht und Toraitz in der
mission für die Verhandlungen des Rates und der Volksversammlung betrauten Behörde wechselt
Ekklesie bildeten; hierüber besonders Swoboda der Ausdruck. So finden wir die Formulierung
128ff. Zur Synarchie der Behörden von Erythrai äg^ovrcav y. — jrept &v nQosyQ&yavTo xai $
igt neu hinzugekommen ein Beschluß von Ery- ßovX*} ^QoeßovXevaev • (ittsi) — dsddx&ai zfj ß&vXfi
thrai für einen Richter aus Priene, Inschr. v. Priene xai r<p &$/*<? in drei Dekreten aus Adramyttion
50, mit aTQazTjyoiv s^szaax&v ngvTavscov yvcapf), CIG 2349b (= Le Bas 1802) A und B (ca. 110
wozu zu vergleichen die Bemerkung von Hiller v. Chr.). 'Ejiiazazäv y. findet sich u. a. in
v. Gaertringen. loh muß mich hier darauf 10 Lindos auf Rhodos, IG XII 1, 762 (— Collitz
beschränken, einige besondere Fälle anzuführen. 4155). wo die drei imoxdzai zugleich die Rats-
Ais Antragsteller ans Volk erscheint in der und Volksversammlung leiten, s. Schuhmacher
Formulierung der Psephismen der gesamte Rat De republica Rhodiorum 24ff. und o. Bd. VI
in Nisyros IG XII 3 nr. 91, 11 (= Collitz 3497) S. 201. Daß dagegen IG XII 1, 761 {-Collitz
in ßovXäg yv&pat (so!) nach eöo&v röu ödficoi, 4154 = Michel Recueil 435) "Eöo^e (tdoxgotg xai
wofür 89, 4 und 90, 2 der Nominativ steht (s. u.). Aivdtoie, imoxax&v * metüv} xzX. , wo man ganz
In Anaphe finden wir für das Stellen des An- allgemein mit Foucart yvtopa hinter imaraxäv
träges doch wohl durch einen Privatmann yv<optav eingesetzt hat , wenigstens die Möglichkeit be-
ayoQEvstv in einer Inschrift des 1. Jhdts. n. Chr. steht, den Genetiv für sich allein stehen zu lassen
IG XU 3 nr. 247 (= Collitz 3432); Bo$e reü20und auf diejenige Behörde zu beziehen, die der
ßovXai rät Avatpala>v xai toh ödfxan , yvmptxxv Beschluß tatsächlich angeht, hat Wilhelm Bei-
dyoQsvaavtog Utvdägov xov TeXeoiysvovg, &£oei 6k träge z. griech. Inschriftenkunde (1909) 283 wahr-
EvßovXov, htiyititptfrfibrov 'AQx&vtöa zov Kgatij- scheinlieh gemacht. Für Milet, wo die htiordzai
aüiTzov, wahrend früher nach IG XII 3 nr. 248, 4 als Vorstand des Rates schon durch Le Bas III
(- CIG 2477 = Collitz 3430 = Dittenber- 222 bezeugt waren, kommt jetzt hinzu y. im-
ger Syll. 2 555; 3. oder 2. Jhdt. v. Chr.) 8&o£e ozazüv in der milesischen Inschrift von der Vorder-
tcu ßovXm xai tön däfioit, aQxovztov Esvofivdoiov, seite eines Steines aus Kos, Herzog S.-Ber. Akad.
'AQtaraixftov , 2a>oixXevg xai ßovXäg yva>fia der Berl. 1905, 979.
Antrag, von den drei ägxovzeg und dem Rate be- In einer Inschrift aus Kamiros, Journ. Hell,
gutachtet, zur Beratung und Abstimmung ans 30 Stud. IV 136 (= Arch.-epigr. Mitt. VIU 134) wird
Volk gelangt. Den Antrag zum Beschluß er- nach Vorschlag von Loewy hinter eöofr] pdozootg
heben heißt xvgovv yva>f*av IG Xn 3 nr. 249, 18 xai Kafyugsvot ergänzt yvüpa ngoaxarär
xvq<n$sioag xäoös zag yvatßas; vgl. Z. 39 edofr (Swoboda Griech. Volksbeschl. 85. 298). Er-
et yvu>[ft]a [vitjsg a[v]z[ov] zaig y>d<poig ndoaig, halten ist y, ngotttaxäv u. a. in Knidos , Greek
ivevfjxovza jisvxs. Inscr. Brit. Mus. IV 1 nr. 786 (- Dittenber-
Da, wo ein Beamter offiziell mit der Antrag- ger Syll. 2 561 = Michel Recueil 450 = Col-
stellung betraut ist, ist für das Einbringen des litz 3500); darnach zu ergänzen Newton Dis-
Antrages {yvutftt}) die übliche Formel elörjytjöa- coveries at Halicarnassus, Cnidos and Branchidae
fievov, gelegentlich mit, gewöhnlich aber ohne p. 764f. nr. 50. Auch hier sind, wie vielfach
ttjv yvtofirjv, oder staayyedaftsvov oder yrjfptaa- 40 anderwärts , die xQoaxdtai die Vorsitzenden der
fihov zov detvog, selten £myr)<ptoavzog zov teivog, Rats- und Volksversammlung. Besonders oft findet
wo uns das Aktiv anzunehmen nötigt, daß der sich yvwpa nqootaxäv in Kalymna, Greek Inscr.
Antragsteller, wenigstens ursprünglich, zugleich Brit. Mus. II 232,2. 233, 2. 235, 2 und andern
als Vorsitzender die Versammlung leitete, was dort p. 53ff. verzeichneten Dekreten; alle jetzt
ja in der unten zu besprechenden Gemeindeorgani- auch bei Collitz 3555. 3556. 3560. 3566a. 3573.
sation der romischen Kaiserzeit oft der Fall war. 3575. 3576. 3585 , eingehend staatsrechtlich be-
Ein besonderer Fall liegt in zwei Beschlüssen handelt von Swoboda 63ff., ferner in Kos, Col-
aus Ephesos vor, allerdings aus außerordentlichen litz 3615 (~ Paton-Hicks Inscr, of Cos [1891]
Zeiten, dem Kriege gegen Mithradates, Le Bas- nr. 2), Proxeniedekret , Antragsteller Xenokritos,
Waddington 136a = Dittenberger Syll, 2 50 nach dem Antrag der Beschluß Z. St.iöo^ xm
329 = Recueil d. inscr. jurid. gr. I p. 22 nr. IV. ßovXät xai xat ixxXyoiat, yvtbfta jigoaxaxäv. Der
Hier erscheinen die Strategen, die beauftragt Antrag des Xenokritos wird von den Ttqoozdzai
waren, mit dem Ratsausschuß (jigösdgoi) und dem befürwortet und unverändert zum Beschluß er-
yQappaxEvg zf t g ßovXf t g die nötigen Vorberatungen hoben, wenn Paton die darauffolgenden Worte
zu pflegen und Anträge zu formulieren, als die x[e]v°& at r5t Ss[voxß(]zo[v yvjwfftai] richtig
eigentlichen Antragsteller und Vertreter des An- ergänzt hat. Andere koische Inschriften mit
träges vordem Volke; vgl. das Präskript Z. 21ff. yvwfia jigoözazäv sind Collitz 3617 (= Laty-
"Edot-sv z&t dtjfian — yvcöut] (Dittenberger schew Inscr. or. sept Pont. Eni. I 49), Col-
und andere yvoitin) ^osöqojv xai xov yga/Afiazsag litz 3620 (= Paton-Hicks 13), 23 und die auf
r^ff ßovX^i (Name) — eioayyedafiirmv räir axga- 60 der Rückseite des von Herzog S.-Ber. Akad. Berl.
ztjy&v. Die Strategen sind hier Z. 15ff. ausdrück- 1905, 982 publizierten Steines. Hier steht e&o£e
lieh und außerordentlicherweise mit der Antrag- zäi ßovläi xai x&t ddfian yvdtftai ngoozazäv. In
Stellung betraut; anders ist ihre Stellung in der yv<of*at braucht kein parasitisches Iota, wie es
Kaiserzeit, wo nur noch der Magistrat das Reeht in der Koine der Papyri häufig ist, vorzuliegen,
der Antragstellung (ütg agendi cum poptäo) be- sondern es ist Dativ, der grammatisch sehr wohl
aitet, wortber zu vgl Menadier Dissert 73. zulässig ist und sich in dieser Formel mehrfach
Swoboda Griech. Volksbeschl. 124. 179ff. und belegen läßt statt des aUerdings übhcheitm Nomi-
Schnltheß Art. r^a/iftattTg HBla. nativa. So steht in den etwa auf 270— 202 v. Chr.
i4öy
I VOOjM]
l to)fxri
anzusetzenden Beschlüssen von Priene für Lari- die allzu zuversichtlich vorgetragenen^ JBehauj)-
■chos
^15
gegenüber
nativ yva\ftt} ozQazjjyäv 14, 2(?). 54, 35. 61, 32. aber der Dativ ist, wie man sieht, durch so viele
09, 1. 202, 22, das bereits Swoboda 125f. Staats- sichere Beispiele gestützt, daß bei einigermaßen
rechtlich richtig erklärt hat. Im übrigen läßt zuverlässiger Überlieferung eine Änderung nicht
sich außer für Attika jetzt für Priene am ehesten am Platze scheint. Auch in dem Dekret aus
an der Hand der Psephismen die Entwicklung Nisyros IG XII 3 nr. 91, 11 hätte Hiller v.
■der Formalien, bezw. der Protokollierung, d. h. lOGaert ringen das überlieferte ßovXüg yva>(Aat
■die Veränderungen in der parlamentarischen Be- unangefochten lassen sollen, obgleich 89, 4, viel-
handlung der Anträge verfolgen. Im Vorbeigehen leicht auch 90, 2, das Iota adscriptum fehlt, also
sei hingewiesen auf y. xipovxcov 6, 5 [7,4?]. offenbar der Nominativ steht.
8,2 und auf j\ owiSgatv 12, 14 (bald nach Bei yveofttj zäv owidQOiv ist, wie im Art.
300 v. Chr.) mit der Erklärung von Hiller Zvvsöqoi zu zeigen sein wird, sorgfältig zu
v. Ga er tri n gen unter Hinweis auf die ephesische scheiden zwischen ovvtÖQoi — TXQvtdveig, Rats :
Urkunde für die Priener, ö sterr.Jahresh.il (1899) ausschuß und anderen Bedeutungen, wie z. B.
Boibl. 47 f. In der Formel y. GZQaxijytTiv begegnen Bundesrat, ovveögtov, bei Bünden. Hier nur zwei
wir auch in Pergamon durchweg dem Nominativ, Beispiele dafür. An der Spitze der Beschlüsse
Inschr. v. Pergamon 5, 1. 167, 5. 224 A 1. 249, 20 des Bundes der Städte der Troas und des Helle-
3.22 (alle aus der Königszeit) und 255, 10. 18 spontos bei G. Hirschfeld Arch. Ztg. XXXII
{aus römischer Zeit, wo ich umsoweniger mit (1875) 153 (— Dittenberger Syll. 2 169 =
Dittenberger Syll.2 566 ye&Y«; als Dativ fassen Michel Recueil 522) steht Z. [lj. 23. 37. 46
möchte, als sonst das Iota adscriptum in dieser yveofirj ztöv awsbQcop ' sxeiöi) (Motivierung) ; . .
Inschrift gesetzt ist), dagegen 251, 2 dem Dativ äyaftfjt zvxvh deödx&at zotg avveSgotg exatreaai
yvfofxrji oTQarfjy&v, als Singularität bereits von xzX., d. h. Antragsteller und beschließendes Organ
Fränkel p. 175 angemerkt. Synonym damit ist sind identisch, die avvedgot oder das ovv&öqiov,
das nur einmal vorkommende eioayyeddvzoofv der Bundesrat. Auf den Beschluß des zum
zöiv azQaztiyäv 260, das hier vor sbo&v zoh Nesiotenbunde gehörenden Tenos für den mileai-
Afrtö« steht. Der Dativ yvaifijj jrßvxdvsojv wird 30 sehen Arzt Apollonios, Sohn des Hierokles, Bull,
gewöhnlich gelesen in der Inschrift aus Halikar- hell. XXVn (1903) 233 folgt das Ehrendekret
nassos aus dem 3. Jhdt, CIG 2656 (= Ditten- des xoivov xäv vt^auoz&v, datiert nach dem Helios-
berger Syll.2 601 — Anc. Greek Inscr. Brit. priester von Rhodos und dem Archon von Rhodos
Mus. IV l\ 895 = Michel Recueil 453); jedoch und im Präskript Z. 34 schließend mit "EdokSv
verfährt diese Inschrift, die auch zahlreiche Stein- zotg cvreögotg täv vtjotcozojv ■ ot Jigoaxarai nqoi-
metzfehler aufweist, nicht konsequent im Setzen ygayav, d, h. die Prostatai stellten die Trak-
des stummen Iota, so daß das Beispiel unsicher tandenliste, die Vorlage {nQoyQajifm) für die Ver-
ist. Andere Inschriften von Halikarnassos haben Sammlung der ovve dooi auf, was, gleichbedeutend
sicher den Nominativ, so Newton Halicarnassus mit y.neoaxazäv oder dem attischen TtQoßovXevpa,
vol. II part 2 App. III p. 687 nr. 2 (yv&ftij nqvzd- 40 einen für die ovveöqoi durchaus unverbindlichen
rewv) und Bull. hell. IV (1880) 395 nr. 2 (yvtapir} Vorschlag bezeichnet. Die Prostatai sind wohl
jrevTariW),vgl.SwobodaGriech.Volksbeschl,274. die Präsidenten des Synedrions des Nesioten-
Den Dativ hat auch eine Inschrift aus Assos von 37 bundes , wie sie uns in der Zweizahl für den
t. Chr., Papers of the Am. School of Class. Stud. Ätolischen Bund bekannt sind; Belege bei Be-
at Athens I Assos nr. 26 yqyiafia 'Aoatatv — moulin Bull. hell. a. a. O. 251, 1.
yvotfitf zov fyfiov. Anders aufzufassen ist ebd. Natürlich wechselt der Amtstitel des Antrag-
nr. 28 (röm. Kaiserzeit) Aöypa xegi zov (irj xaftl- stellers auch vielfach je nach der Natur des Be-
ozaa&ai jxQdxzogag — yvwfit} ßovXrjg re xai öy/nov Schlusses des dadurch Betroffenen oder der be-
— XaxovTOjr ^oyfiazoyqdipofv zäv delvwv (drei schließenden Körperschaft. So finden wir in Telos
Namen), wo y. offenbar der Beschluß selber ist, 50 IG Xn 3 nr. 30 (= Collitz 3486) [fäog]* Tij-
also Apposition zu dem mehr titularen Öoyfia. Xioig, IsQOTidXov yva>fta, da es sich um die Ehrung
Ein weiteres sicheres Beispiel des Dativs bietet eines Teliers handelt, der hganoXog bt iegsvg
eine Inschrift aus Astypalaia, wahrscheinlich aus AyXojxglzov gewesen war, während für das Pro-
vorrömischer Zeit, IG XII 3. 169 (= CIG 2484 xeniedekret von Telos für Arion, Sohn des Aristo-
= Dittenberger Syll. 2 502 = Michel Recueil nikos aus Ptolemais (wohl Ptolemais in Ägypten),
415) mit yvcöitiat xgvxavtaiv; dagegen ist es nicht IG XH 3 nr. 29 (= Collitz 3487) der Antrag,
nötig, darnach in der allerdings sehr ähnlichen bezw. das Gutachten ans Volk, von den Prytanen
Inschrift IG Xn 3, 170, 3 (= CIG 2483 = Col- ausgeht (yväpa Ttovzaviow). Das zum rhodischen
litz 3459) mit Bechtel bei Collitz das über- Staate gehörende xotvov xwv iv Svpai xazotxovv-
lieferte yvdifia in yroifiat zu ändern. Ob in dem 60 zoiv datiert sein Ehrcndekret für den um den
Psephisma, das dem SC von 105 v. Chr. für Bau des Athenatempels auf der Akropolis (äxQa)
Astypalaia IG XII 3, 173 (= CIG 2485 = Col- verdienten Aristophanes, Sohn des Aristophanes,
litz 3463) angehängt ist, der Dativ oder der österr. Jahresh. VH (1904) 81 ff. (vgl V [1902]
Nominativ gestanden habe, wissen wir nicht ; ge- 13f.) nach dem rhodischen Heliospriester und
wohnlich ergänzt man Z. 51 [yvmfiai] xgvzavian: dem Damiorgos und formuliert £5*?£ *&t xoivdn,
Unrichtig scheint es mn-, IG XII 3, 169 yv<y/xo<*) lego&vx&v yvtofia. Weil es sich um die Ehrung
zu lesen, also den Stein nach nr. 170 zu korri- eines um den Tempel verdienten Mannes handelt,
gieren, wozu sich Hiller v, Gaertringen durch geht der Antrag von den itQvdvxm aus.
**74
iwqu$
1492
laurfera tk«m Bbrendekret «ine Ausgabe für
#»#nwj*$» bedingt, ist die Erwähnung der
wspruBgMeh nur mit der Finanzkontrolle, dann
mit dem Finanzwesen der Gemeinde überhaupt
behauten Uexuexai (s. o. Bd. VI S. 1680) als
Antragsteller in Erythrai in Ionien ganz am
Platze, umsomehr als sie dabei in Synarchie mit
den Strategen und Prytanen amten; vgl. Dit-
tenberger SyU.2 211 und die in Delphi ge-
fundenen erythräischen Ehreninschriften Le Bas 10
850. 851 (= Dittenberger Syll.2 250. 251) mit
edote xyt ßovAiji xai rcäi dijfiot, yvoifjtt} ozQaztj-
y&v, TZQvraveaiv, i&taoztov (ca. 270 v. Chr.), so-
wie den o. S. 1487 angeführten Beschluß von Ery-
thrai aus Priene, Inschr. v, Priene 50.
Die attischen Volks dekrete im engeren
Sinne haben die Formulierung söofsv reo* örjpcot
— dsdoX&ai x&t örjfitot. Das bedeutet nun nicht
etwa, daß der Antrag von der Gesamtgemeinde
ausgegangen sei. Die Bule ist hier nicht aus- 20
geschaltet , sondern nur nicht besonders ange-
führt, weil sie kein meritorisches Probuleuma
einbrachte, sich lediglich mit der formellen Ein-
bringung des Antrages begnügte und es dem
Volke überließ, zu entscheiden, was ihm gut
dünkte. In diesem Falle sprechen wir von Volks -
dekreten. Bei anderen Gemeinden, deren Organi-
sation wir lediglich aus den Präskripten einiger
weniger Dekrete erschließen können, können wir
nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Vorberatung 30
eines jeden Beschlusses durch den Rat ein ge-
setzliches Erfordernis gewesen sei, und zwar um-
soweniger, als wir nicht wissen, ob diese Vor-
beratung auch protokolliert werden mußte. Wenn
also im Dekret einer nicht bestimmbaren Stadt,
gefunden in Eresos, Conze Lesbos Taf. XII nr. 1
rvatfxt} xov 8t)(aov exeity xzX. steht, in dem in
Erythrai gefundenen Beschlüsse einer ionischen
Stadt S,-Ber. Akad. Münch. 1866, 250 /Vc^
xov dfjpov' htetdr} xzX. — d[EÖ6x$ai rr t t ßovXr { i 40
xai zibt dtffttoi] (vgl. auch das aus Ilion stam-
mende Dekret einer äolischen Stadt LeBas 1743c
'ExXtjolag yrä<piofi[a]), wo natürlich y. Beschluß
heißt (~ y>y<ptofta), so können das reine Volks-
dekrete sein; es ist aber auch ganz wohl mög-
lich, daß lediglich eine bei der Ausfertigung in
Stein vorgenommene Modifikation oder Kürzung
der Sanktionsformel vorliegt (Swoboda Griech.
Volksbeschl. 611). Der Fall, daß die Sanktions-
formel am Anfang eines Dekretes weggelassen ist, 50
ist von Swoboda wiederholt erwähnt. Daß auch
in den obigen Fällen bloß eine Kürzung der ge-
wöhnlichen Formulierung vorliege, ist mir wahr-
scheinlicher, weil ein analoger Fall sich findet
in den bekannten Beschlüssen von Eresos gegen
die Tyrannen aus der zweiten Hälfte des 4. Jhdts.
v. Chr., Conze Lesbos p. 29a. cd und Taf. XII
= Collitz 281 = Caoer DelectusS 430 = Hicks
Manual 125 — O. Hoffmann Die griech. Dial.
Hp. 76 nr. 119 = Michel Recueil 358 = Paton 60
IG XH 2, 526 (abschließend) und darnach Dit-
tenberger OGIS 8. Nach der Formulierung
des »weiten Beschlusses (Z. 33£) ["EJyvo> däfifojs *
facQt <fo) - - rdJefMJx&fat] t& Sdjuot würde man
diesen ebenfalls als reines Volksdekret ansprechen,
wtiuend die Formulierung des siebenten Be-
fXfeh»«» («*n 306-301 v. Cb.) Z. 122C rElyvfm
däpOS- md&AttiXPß XQQ*ß6U*[vö6, $ #o£>
^ fa]$v&[<4* r&ßJUa . . ... kuu&i) (Begründung)
. . . MfjeAw tö ddfita (Z. 146) deutlich beweist,
daß die. Formel iyvea däptoe die Vorberatung*
durch die Bule nicht ausschließt Es ist alsc-
bei der Protokollierung bezw. Verewigung des
Psephismas die Vorberatung durch die Bule, die-
gegenüber der endgültigen Beschlußfassung durch
den Demos rechtlich bloß transitorischen Charak-
ter hat, einfach unerwähnt geblieben, wie in den
attischen sog. reinen Volksdekreten.
Während in den obigen Beispielen in y. dtffiov
mit y. der Beschluß bezeichnet ist, diese also
eigentlich unter 2) gehören, scheint es in der
gleichen Verbindung den Antrag zu bezeichnen
im Psephisma von Magnesia am Maiandros be-
treffend das Fest des Zeus Sosipolis, K e r n Inschr.
v. Magnesia 98 (= Dittenberger Syll.2 553,
Anfang des 2. Jhdts. v. Chr.). Ich verstehe hier
die Formulierung Boj-e xty ßovXt;i xai xO>i dfaooi '
yvwpr) ötfßov (Z. 10) {onoig xzl.) . . Seöox&at t/^
ßovliji xai xwi SrjfHot (Z. 31) so, daß der Antrag-
in der Ekklesie gestellt, von dieser aber in den
Rat zur Vorberatung überwiesen worden war (vgl.
das o. S. 1483 Z. 54 über it-EveyxsTv Bemerkte) und
dann erst nach der probuleumatischen Behand-
lung zum Beschluß erhoben wurde. Es ist recht
wohl möglich, daß auch in dem Beschlüsse von
Antiocheia (wohl dem karischen) für den als Rich-
ter entsandten Magneten Pythodotos, Kern
Inschr. v. Magnesia 90, in dem bloß auszugs-
weise aufgezeichneten Präskript IlaQß] Avxtfo]-
y&oiv Jvtisq] xiptiür HvOoSozcoi XaQtatovlfdrjfiov^J
yv(b[ftt) • ixEtötj xzX. gestanden hat, worauf Z. 21f.
folgt dsdoyflai xüi dq/icoi ; doch würde ich, wenn
es der Raum erlaubt, lieber [dgxovxwv] yvd>f*ij
ergänzen nach 101, 7. Ein Analogon zu der von
Kern vorgeschlagenen Ergänzung bietet die o.
S. 1489 Z. 43 zitierte Inschrift aus Assos, Papers
of the Am. School of Class. stud. at Athens I nr. 26
(37 v. Chr.) mit 'Em vsidxojv xoyv deivoiv —
Wfjfptöfta Aoolwv — yvcbfij] tov ötjfiov " (InuJ
sdot-ev xf} ßovXfj xai toi? jiQayfiazsvofii~voi; Jiag
fjfiXv r Fwfiawtg xai x$ d/}fiq> x<p 'Aooicov, während
nr. 28 (röm. Kaiserzeit) eingeleitet ist: Aoytta
Hegt xov fti) xcu&tozao&at itqdxtoQag — yvcä/nt]
ßovXf t g rs xat dfyiov — la%Qvz<ov öoyfiazoyQdqpcov
x€jv de/veov (drei Namen; über diese Urkunds-
zeugen = lat. scribendo adfuerunt s. Swoboda
Griech. Volksbeschl. 214) — SedöxÖat z§ ßovkfj
xai zo} dr/fiep xai xoig xQayfiax£vc[i&voi$ siaQ fjfüv
'Panftaioiz. Hier sind, wenigstens formell, Rat
und Volk als Antragsteller festgehalten, während
bei der Beschlußfassung auch die ngayfiazevouerot
'PcofmToi mitwirken.
Wenn hier noeh in der Kaiserzeit Bule und
Demos als Antragsteller bezeichnet sind, so ist
damit nur noch eine Zeitlang die alte Form ge-
wahrt. Tatsächlich geht in der Kaiserzeit ein
Antrag ebensowenig vom Rate aus als von einem
einzelnen Privaten. Das Recht der freien An-
tragstellung durch die Teilnehmer an der Volks-
versammlung ist in römischer Zeit, besonders seit
dem Prinzipat, beschränkt. Das Normale ist,
daß ein Magistrat, der, streng genommen, allein
das tut agendi cum populo hat, an Rat und
Volk referiert und über jeden Antrag, mochte er
von wem immer gestellt sein, sein Gutachten
abgibt, die Ekklesie dagegen lediglich darüber
1493
abstimmt; vgL Marquardt Böm. St-V. 12 210.
Swoboda Griech. Volksbeschl. 178ff* Brandis
o. Bd. H S.1551f. und Schultheß u. Art.
r^afifiazstg DI A 3.
Mit dem Eintritt des Prinzipates verschwindet
der private slszätv im allgemeinen und treten fast
ausschließlich die Magistrate, besonders die Stra-
tegen, an seine Stelle; vgl. z. B. das aus der Zeit
des Tiberius oder Gaius stammende Dekret von
dem Rate ausgingen, die durchgängige Bericht-
erstattung an das Volk' (Swoboda 152).
Wie naaii sieht, ist in der römischen Kaiser-
zeit dem einzelnen Bürger das Recht zur Antrag-
stellung nicht eigentlich entzogen; aber es ist
wesenlos geworden, weil ihm das Recht fehlt,
seinen Antrag vor dem Volke persönlich zu be-
gründen und zu vertreten; dieses Recht der Ver-
handlung mit Bule und Demos besitzen da, wo,
Byzantion CIG 2060 (=Latyschew Inscr. or. 10 wie in Ephesos, die neue Ordnung ganz durch-
sept Pont. Eux. I nr. 47 = Collitz 3059) V geführt ist, ausschließlich die Magistrate; s.
Säpos 6 BvtavxUöv. eöo%e xä ßovlä xai tat ddftto.
xoi axgaxayoi smav. Doch sind die Fälle nicht
eben selten , wo noch ein Privater als Antrag-
steller erwähnt ist; aber dann wird der Antrag
in der Regel den Magistraten zur Begutachtung
vorgelegt und von ihnen an Rat und Volk weiter-
geleitet. Während der Antragsteller in solchen
Fällen mit slaijytjaafiivov zov östvos bezeichnet
Swoboda 178ff. 182 und über die Zeit des Auf-
kommens der Formel sl&ifyjjoafidvov zov delvog
und ihre ursprüngliche Beschränkung auf Städte
des südwestlichen Kleinasiens Swoboda 204f.
Zur Illustration der Verhältnisse der Kaiser-
zeit ein paar Beispiele. Besonders häufig er-
scheinen als Antragsteller die zu einer Synarchie
vereinigten höheren Beamten, wie wir schon oben
füllen lUlti ewiiyifuw.fAt>r\rv ivv w*r-j^ „^^^*.,*w ,, ,
ist, steht für die Tätigkeit der Magistrate etwa 20 die oqiwtss von Akräiphia auffaßten ; vgl. bwo-
y. xü)v olqxovxov , so z. B. m der lnscnnlt aus
Alexandreia Troäs aus der Zeit des Augustus
CIG 2152b (= Boeckh Opusc. IV 519ff. = Le
Bas 1609) i'öo^Bv 'AXet-ardQEOJv xfj ßovlfj xai xtö
dyfjto) — £tor}yr)Oafi£vov xv\v yvfbfirjv xov ösVyog —
imy>rjfpicajii£Vov öh xov detvog — [yvaifxri x(öv
dQX^vJxatv • (iizzi) — dsööx&at xf/ ßovlfj xai x0
drjfMp. Ähnlich im Psephisma von Ephesos (42
v. Chr.) bei Joseph, ant. lud. XIV 10, 25 Sdo& , „ ^ .
xm Muq> — ö öetva sbiev ~ zforiytiGauevayv xüv 30 den Arzt Tyrannos, einen Freigelassenen des Kaisers
boda Griech. Volksbeschl. 179ff. 205tf. Aus
letzterer Stelle ist die große Mannigfaltigkeit
der Benennung dieser Beamten zu ersehen, ein
weiterer Beweis dafür, daß die Römer eine all-
gemeine oder gar gleichzeitige Normierung gar
nie versucht haben. So ziemlich das Normale,
wenn bei so großer Mannigfaltigkeit der Ausdruck
erlaubt ist, zeigt Inschr. v. Magnesia 113 (=
Dittenberger Syll. a 371), ein Ehrendekret für
azgaztjyojv; anders daselbst in der Kaiserzeit, s.
Swoboda Griech. Volksbeschl. 179if. Die von
Swoboda 201 ff. aufgezählten Fälle — alle aus
Kleinasien — wo in den Präskripten der Dekrete
lediglich der private Antragsteller erwähnt ist,
die Begutachtung durch die Magistrate nicht,
beweisen, daß die Umgestaltung der kleinasiati-
schen Städteverfassungen nicht mit einem Schlage
erfolgte, sondern allmählich, an verschiedenen
Claudius (oder Nero? Dittenberger n, 5) mit
der Formel yvo^fttj oxqazrfyüv xai zov y^afifiaxioa
tov 8r}fJ.ov xai aQXi£Qtv>S xwv JtazQtoJv $eo)v xai
zö>v ^sßaGiüjv Uappthov? xov A loxksovg oder der
Volksbeschluß von Kos zu Ehren des Augustus,
Inschr. v. Olympia 53, 3 , gefaßt staayysddvxojv
(identisch mit yviofuj) Evtyfiov xe xov 'Enixod-
xovg , icQtojg latov 'IovMov Kaioaoog xai
[yJgafiftaTSOog zov drjfiov xai x&v ztfs nöXsoig
Orten zu verschiedenen Zeiten , beweisen aber 40 Groar^Är. Ganz besonders häufig erscheint in
auch, daß sich die Römer hier als Meister der
Provinzialverwaltung bewähren , indem sie die
Institutionen der hellenistischen Zeit nicht durch
eine plötzliche, allgemeine Regelung zu unifor-
mieren suchen und so zerstören.
Daß dieser Einfluß der Römer auf die Ge-
staltung der griechischen Gemeindeverfassungen
viel älter ist als der Prinzipat, in Boiotien sogar
schon bald nach der Mitte des 2. Jhdts, v. Chr.
der Kaiserzeit als Antragsteller der zu hohem
Einfluß gelangte Gemeindeschreiber, yQafifiaxevg
zov drjfiov oder zijg Tiöhwq, auch wohl xt}g ßovlfjg
genannt; s. Schultheß u. Art. rgapfiazslg
II A 3. Anträge zu formulieren, lag in der Natur
seines Amtes; das Recht, sie zu stellen, besaß
er bald allein, bald in Synarchie mit anderen
Beamten, besondere Strategen und Archonten, mit
denen er sich auch gelegentlich in den Vorsitz
sich geltend machte, läßt sich gerade' für das 50 in der Ekklesie teilte. Belege bei Swoboda
Recht der Antragstellung erweisen. In den von 205f. 312.
Holleaux Bull. hell. XIV (1890) 8 nr. 9. 187
nr. 20. 193 nr. 25. 194 nr. 26 publizierten Ur-
kunden aus Akräiphia, in deren Datierung und
Beurteilung ich mich an Swoboda Griech. Volks-
beschl. 14yff. anschließe, erscheinen mit der
Formel tv aqyjovxzg xr\ xv oovvsbgv Z'u^av (in
nr. 9), die identisch ist mit oi äQXOvzeg xai ol
övveSqoi eutav in nr. 26 (p. 194) aus nahezu
Wie sich in Athen die Antragstellung in der
Kaiserzeit gestaltete, hat bereits DittenbeTger
Herrn. XH 15ff. aus dem spärlichen Material er-
schlossen. Die Bedeutung Antrag, Antragstellung
läßt sich hier für y. bis in die Kaiserzeit nach-
weisen (IG HI 10), wie schon Dittenberger
zu der metrischen Ehreninschrift IG IU 726, 6
bemerkte, wo [yvoifiiß ozgazyyov xaQxovxog trotz
'leicher und in nr. 25 (p. 193) aus etwas späterer 60 des Fehlens des Artikels nicht den Antrag eines
Zeit, bereits die Magistrate als Antragsteller.
'AQxorreg steht hier nicht in der speziellen Be-
deutung von ,Archonten', sondern in der weiteren
von Beamten überhaupt und umfaßt sämtliche
höheren Beamten. Wie in der Kaiserzeit besitzen
diese Magistrate jetzt schon, doch wahrscheinlich
bereits unter Einwirkung der Römer, das Recht
der .ständigen Stellung von Anträgen, die von
beliebigen Strategen und Archonten bezeichnet,
sondern den des ozQaxtjyog hzi xä Sjtla und des
a.Qx<nv ejzatwftog. Daß der axQaxijyog im xä oxXa
die Anträge entweder allein oder im Vereine mit
anderen Magistraten stellt, ergibt sich aus IG
DU 1. 2. 5- Besonders lehrreich ist IG HI 10,
wahrscheinlich von 209 n. Chr., zum großen Teil
mit den alten Formeln im Präatript, dazu das
auffällige ßwlh tfwwfo&f bxi xoZg [svayrJtXlotsi
wo aUerdings ixxltjola oder difttoe uns sachge-
mäßer erschiene *&& ßovXrj, Die weiteren Worte
des Praskriptes ev %t ävsyvoMtdy [yvd>fi]i} [tj&v
vwedgitov Stä x&v aQx6v[z]o>v t avayvdrftog xov]
ozoaxtjyov f'AJXxaftsvovs AaftTtxgioyg yvatfirjv xrjv
dvaysyQaftftEvrjfv xtX. zeigen, wie bereits Swo-
boda 191f. richtig festgestellt hat, daß der
Strategos, der Archon Eponymos und der Herold
des Areopags, die drei höchsten Würdenträger 10
des damaligen Athens, die Z. 8 als agxovxeg zu-
sammengefaßt sind, den beiden Räten, dem Eat
vom Areopag und dem der Fünfhundert, den
Antrag vorlegten , daß er nach erfolgter Billi-
gung vom Strategen ans Volk gebracht (yveö^v
<x[7ijo[(paivov]oiv xaxa xa ndxgta) und von diesem
zum Beschluß erhoben wurde. Das ständige
Recht des Strategos tat xd SxXa, über alle An-
träge zu referieren, hat schon Dittenberger
Herrn. XII 16 aus dieser Stelle erschlossen. 20
Allgemeine Regeln lassen sich hier nicht auf-
stellen, sondern jedes Präskript ist für sich zu
analysieren. Wenn z. B. in dem in Hypaipa ge-
fundenen Ehrendekret des Landtages der Provinz
Asia für Theophron, S. Rein ach Rev. archeol.
1885, 104 (= Dittenherger OGIS 470), das
Präskript lautet ["EJÖofrv xoTg im xrjs 'Aalag
"EXXjjöiv • yvcoftT) ratofv 'IJovXtov IlagöaXä, dgxts-
gswg ml., so erklärt sich der dgxtegevg als An-
tragsteller durch die aus den weiteren Titeln 30
sich ergehende Tatsache, daß er dggugrö? x^g
Aalag ist, der als solcher zugleich Präsident des
Landtages ist. Zu den von Brandis o. Bd. II
S. 1558f. verzeichneten Belegen für y. dex^Q£a>g t
wo also der Vorsitzende zugleich das ständige
Referat hat, ist neu hinzugekommen die Inschr.
v. Priene 105 (= Dittenherger OGIS 458),
die etwa von 9 v. Chr. stammende Urkunde zur
Einführung des asianischen Kalenders, in der
Z. 30 und 49 der Landtag der Provinz Asia, von 40
dem Augustus die Römer ausdrücklich ausschloß,
ebenfalls oi imi xyg Aoiag "EXXtjveg heißt, nicht
%6 xotvdv xfig % Agios, wie gewöhnlich; hierüber
s. Dittenherger OGIS 458 n. 24.
Daß der Organisation der Stadtgemeinde die
der Vereine nachgebildet ist, ist bekannt. Es
darf uns daher nicht verwundern, in hadrianischcr
Zeit in einem Beschluß der Gerusie von Magnesia
am Maiandros, d. h. des jedes öffentlichrechtlichen
Charakters entbehrenden ovaztjtia xäv jrgeaßvte- 50
qcov, über die Schenkung voii öl an die Stadt
Magnesia, Kern Inschr. v. Magnesia 116, ihren
Schreiber als Antragsteller zu finden: eoogev zqi
ovoxr\}iax(t) twv ngtaßvxEgmv , yrojftr} Ttßsgiov
KXavdtov Tißegiov vtov Kvgtva AioqjdvTOv AlXiavov
rov ygafiftarsfos xv X t} dya&fi öeööx&ai.
Vom gewöhnlichen Typus abweichende Fälle
und besondere Titel von Antragstellern sind unter
den betreffenden Stichwörtern aufzuführen oder
erklären sich aus dem Zusammenhange. Das auf 60
den ersten Blick auffällige xarä xovg vo/wvg rovg
Oe<r[o]aßäi]r r ol; [vojfiotg ioag zafvvv] zoä»>[t]ai t
©äff Tizog Kotyxxiog v[n]azo$ djid xf t g x[wv] Sixa
sxßBafßJevr&r yvdtft^g fäcoxfev] bei Dittenher-
ger &yU.2 307, 50 wird erklärt durch Liv. XXXIH
34, 7 decem legati more maiorum, quornm ex
e&ntüio T. Quinditu imperator lege» paeis
Phiiippo daret, doereti; vgL auch Dittenherger
"t*y
Syll.2 Index in 186. Ebenso zeigt rein römische
Züge IGE I 452 (71 n. Chr.) «na 'Neapel: xsqI
o$ xQoaavtfvsyxev xotg ev JigoöxXrjZ<p 'Iovhog
Aeiovsiavog 6 dvxaQxwv, szeoi zovtov rotJ ngdy-
[AaxöQ o$ra>g evijQeaxijo-av, eforjyovfisvaw zijv yveo-
(itjv x&v er TtgooxXqzfipJ (Z. 7ff.).
2. rvwfit), Beschluß. Nachdem schon im
vorausgehenden Abschnitt wiederholt Stellen her-
angezogen wurden, wo y. im Sinne des Lemmas
Bekk. Anecd. 227, 4 yv&ftat ■ ta yfTjqplofiaxa den
Beschluß selber, nicht mehr bloß den Antrag be-
zeichnet, sollen hier weitere sichere Belege folgen.
Die Bedeutungsentwicklung wird nicht vom Sub-
stantiv y. ,Antrag* ausgegangen sein, sondern
direkt vom Verbum yiyvaxjxetv, indem kyva> dtj/tog
identisch ist mit ?do%ev xqj 8t}fi<o. Die Fälle,
wo y. Beschluß heißt, sind *im allgemeinen ohne
weiteres klar und erfordern keine staatsrechtlichen
Auseinandersetzungen. Eine Zusammenstellung
von Belegen gibt Viereck Sermo Graecus 80.
Hier genügen ein paar Beispiele. Ein Ratsdekret
aus Chios, Dittenberger Syll.2 570 (= Michel
707), datiert nach dem novxans, dem bekannten
Eponymos von Chios, lautet: 'Em TiXXiog xgvxd-
viq$. ßoX-fjg yva>{ir)> iv zotg aXasat fit} stoifiatvsv
ftrjdk xojiQeoev; vgl. Haussoullier Rev. d. e"t.
gr. in (1890) 211f. Ferner y. für den Beschluß
einer Phratrie von Chios aus dem 4. Jhdt. v. Chr.,
Dittenberger Syll.2 571: rovg de imfisXijTag
(der Phratrie der Klytiden) rag yevojusvag yvtbfiag
(Beschlüsse, nicht Anträge) xegi xov otxov xai
rä>v IsQtöv xai rag diapavxelag avayQmpavtag dg
orijXtjv XiMviyv üzfjöat jtaQa xrjv etaoÖov rov oixov.
In .halboffiziellen' Ehreninschriften findet sich
statt des häufigeren yjqqjiöafitvtjg rijs ßovXtfg xai
rov drjfiov u. ä. auch xaxa xtjv x^g ßovXqg xai
rov drjftov yvwfttjv, so IG IV 1154. Heberdey-
Wilhelm Reisen in Kilikien (Wien 1896) 223.
Gerlach Grie eh. Ehreninschriften (Halle 1908) 91.
Beschluß heißt y. auch in der Inschrift von Tlos
IGR III 557 (nach 102 n. Chr.), wo der Lykische
Bund einen Beschluß faßt und T/AowrW ^ ßovXy
xai r\ yeQovaia xai 6 dtjpog die vom xoivov be-
schlossene Ehrung vollzieht t[fj] xov Avfxtcor]
?{fo[ovg yveößt}]. Gerlach 92, 1 nimmt hier un-
richtigerweise die Bedeutung Antrag an.
Singular ist in dem attischen Volksbeschlusse
IG III 5 (nicht vor Hadrian und nicht nach
Septimius Severas, wahrscheinlich aus der Zeit
des Marc Aurel; Dittenberger Syll.2 652 setzt
die Inschrift in den Anfang des 3. Jhdts.) y. ver-
wendet, nämlich in der Notifikationsformel, welche
der Anordnung der öffentlichen Aufzeichnung des
Beschlusses durch den xafiiag rov yfaovg züv
Evf.io)jii&uiv (sie waren die Antragsteller) vorangeht
Z. 33ff, ysvea&at Ss xijv yvdtifirjv ravxijv <pa[vs-
gfäv xai xijt ££ "Aqsiov ndyov ßovXf\t xai xr s i ßov-
M. f i l ] T *> JV $ xa i r w* leQoqyävtrji xai x&t yivei
xwv EvffioJ/jitdöjv. Darauf folgt die gewöhnliche
Publikationsformel ävayQdy/at dk ro tpruptCfia
tovto xov raftiav xrX. t d. h. y., aus dem Antrag
herübergenommen, und \p^<pia(ta sind identisch.
Es ist daran zu erinnern, daß ein bloßer Antrag,
der Antrag bleibt, nicht zum Beschluß erhoben
ist, nie auf Stein verewigt wird. Er muß zum
Beschlüsse erhoben sein, und außerdem erfordert
die Veröffentlichung auf Stein noch einen be-
sonderen Beschluß. In der Inschrift ans Andros
JG XII 5, 715 Z. 7 Ära* 0J yvtbfirij tffa dyayßa-
<peT eis x6 Uqw tov *Ajt6XXa>vog , die dagegen zu
sprechen scheint, ist die Ergänzung falsch; zu
ergänzen ist [n jrßofw'ajj *• Wilhelm Gott.
Geh Anz. 1903, 779 und jetzt Beiträge (1909) 252.
Zum Schluß einige Beispiele aus Ägypten, wo
y, stricto sensu der Beschluß heißt. BGU 194, 7
ist y. der verantwortliche Beschluß, auf Grund
dessen die Dorfgemeinde (ol fcib t^s xthfivjg) die
willigung. Im Bandesvertrag zwischen Rhodos
undHierapytna aus dem Ende des 3. Jhdts. v, Cbr ; ,
C oll itz 3749 (- Michel BecueU 21: vollstän-
diger bei Scrinzi Atti del R. Inst. Veneto IX
7 [1898]) wird Z. 74f. bestimmt^ Ei dixastöXs-
/xov i&viyxcovxt 'iEgaJivxvioft jioti xivag ävsjv rag
r PoÖto>v yvaiiias (ohne förmlichen Beschluß, d. h.
ohne ausdrückliche Einwilligung), ^ eaävayxEg
iaxat 'Podhig dstoariXXeftp ov(Mia%iav (bundesge-
AamniQpeyvn* , & __.,_ ^ v j rt , oj- nn +. _ ftw Pw+Tir« TftT 9 ^—Dittenberger Svll. 2 8
amten, dem xoofioyQa^axsvg , a. n. der ^taats-
behöTde zur Auslosung vorschlägt. Der Beschluß
ist verantwortlich; denn die Dorfgemeinde trägt
für die Geschäftsführung des Vorgeschlagenen die
volle Verantwortung und haftet für allfällige
Kassendefizite. Ebenso trägt Pap. Oxy. I 54, 12
das aoivov x&v uqxovtojv, auf dessen y. die städti-
schen Beamten durch den lmatqdx7\yog ausgelost
werden, die volle Verantwortung für die Ge-
für Erythrai IG I 9 (= Dittenberger Syll.2 8
= Hicks Manual 23) schwört der Buleut von
Erythrai, von den aus politischen Gründen ad-
ministrativ verbannten Erythraiern keinem die
Aufnahme in der Heimat zu gestatten ävsv zsg
(y)v(6(A,eg) [zig *A&s]vaiov xai xo [8](i)fio (sc. tö>
'EQv&Qaiov). Der Passus, dessen Ergänzung durch
die darauf folgenden Bestimmungen über die ad-
ministrative Verbannung von Bürgern von Ery-
^chäftsführung des Vorgeschlagenen und haftet 20 thrai gesichert ist, verlangt zur Restitution einen
namens der Gemeinde für dessen Kassenausfälle;
Preisigke Städtisches Beamtenwesen im röm.
Ägypten (Halle 1903) 10. Daß die Dorfbewohner,
als Gemeinde konstituiert, einen solchen Beschluß
fassen können, ist auffällig, aber nicht zu be-
zweifeln und wird bestätigt durch den Ehren-
beschluß der ägyptischen Dorfgemeinde Busiris,
CIG in 4699 £Öok~ s rolg ano xtofirjg Bovoetgeag.
Die schon im Worte y. liegende Verantwortlich-
übereinstimmenden Beschluß der Athener und der
Volksversammlung von Erythrai; ohne förmlichen
Beschluß, ohne deren ausdrückliche Einwilligung
ist sie nicht gestattet; zur Sache vgl. üsteri
Ächtung und Verbannung im griech. Eecht (Züri-
cher Dissert., Berlin 1903) 85f. Im gleichen Sinne
steht im Amendement des Lampon zum großen
eleusinischen Dekret, das die cuiagxai der eleusi-
nischen Gottheiten regelt, unter den Bestimmungen
keit der Beschlußfassenden wird mit aller 'Deut- 30 über das Pelargikon IG I Suppl 2/b 55 (= Dit-
_ . i .. n n » j_^x: «:„„« 4-„«U,^«.a-w Qirll 2 QA — IMirtbAl Kfl«iiftil 71V
lichkeit ausgesprochen bei der Präsentation einer
Liste von evJiogoi xai imrrjdsioi (sc. eis SijfJ,6ßta)
zur Übernahme von Leiturgien durch den Dorf-
schreiber ,auf den Beschluß der Dorfgemeinde
und auf die Gefahr der Dorfgemeinde, die die
Bürgschaft übernimmt' (Wilcken Ostrakal 508):
[dvaöiboi] (xi zov[gj vxoyeyQa(fifthovg) ovtag evtio-
govg xai imStjöiofvg] (1. ijttrqdeiovg) yv^r\ xai
xivSv[v]ojv (1. xivdvvfp) z&v faio xfjg xwfi^ ttov
tenberger Syll.2 20 = Michel EecueU 71)
einfach xai zo Xouiov fih iv Htbgvso&ai ßo/xög tV
zöi IlsXagytxöt ävev reg ßöXeg xai xö depo.
Wenn von zwei vertragschließenden Parteien
die eine nicht avsv xr\g yvwuijg der andern han-
deln darf, so ist zu erlaubtem Handeln ein ge-
meinsamer Beschluß erforderlich. Das ist positiv
durch fteza fiiäg yvwpyg ausgedrückt in dem
Vertrag zwischen Amyntas, Sohn des Arrhidaios
: , a l iiyL,d[vc]v S (\.iyyvo,^ r ), BGU 235, 12. 40 Jier 'Ee^oj genannt ™d don ChalW.ern
Hierher gehört auch ein Beschluß der Ge-
meinde Gortyns aus der Zeit des Augustus (zwi-
schen 2 v. Chr. und 7 n. Chr.), Mus. ital. di
antich. class. HI (1890) p. 704 nr. 148 = IGK-
I 960, eingeleitet mit yvoiftfa xdjvzav liSof*
xoig ägxfovoi xai xtöj ty[/up] und der Vereins-
beschluß aus Alexandreia von 6 v. Chr., BGU
1137, 12 mit eSo& xoivfj yvcbfiifl, wo beidemal
aus ji., Meinung, Beschluß, die speziellere Be-
deutung omnium consensu hervorgeht.
Nahe verwandt mit y. Beschluß ist y. in Ver-
bindungen wie fiExa zffg xov betvog yvtopTjg
und ävev rijg xov öeivog yyojfitjg. Ist der,
mit oder ohne dessen y. gehandelt wird, eine
Gemeinde oder eine Korporation, so können wir
y. meist kurzweg mit Beschluß übersetzen; ist
es dagegen ein einzelner, so erhält y. mehr die
Bedeutung Einwilligung, Ermächtigung,
oder geradezu Wille, Bedeutungen, die übrigens
Dittenberger Syll.2 77 (- Hicks Manual 74
= Michel Recueil 5^0. Hof fmann Die griech.
Dial. III p. 8 nr. 13), der nach den einleuch-
tenden Darlegungen Dittenbergers zwischen
389-383 v. Chr. fällt. Hier lautet Z. 21ff. stgog
'AfMptTioXizag, Boxx[i]aiovg, AxavOiovg, Msv&aioyg
ut] ji [oteio&jai (piXirjv Apwvzap fitjÖs XaXxtd[£ag
Z<ogi]g exaxEgovg , äXXä fista fuäfe yvcofiijs, sav
o\] fiqpoxsooig Soxi]i, xoivfiji jrgoo&sodm ixsijrovg ;
50 man beachte die wiederholte energische Beto-
nung der Notwendigkeit gemeinsamen, einmütigen
Vorgehens.
Analog entsteht in privaten Verträgen aus der
Bedeutung Beschluß, die von »Einwilligung 1 , ^Ein-
verständnis', consensus, wofür ägyptische Dienst-
und Lehrverträge Beispiele liefern, so BGU 1126,
ein Dienstvertrag aus Alexandreia von 8 v. Chr.
Die im QvxoxwXeTov der Taphesies angestellte
Protarche soll fxrjis axoxoixog f.tt)d" äyrjiteoog ano
auch im ersten Falle' meist zutreffen. Verwiesen 60 zijg Ta<psoif}xog sein ävtv rijg avxijg yva>,ut}
sei auf den Anfang der Hellenika (des Theopom-
pos oder Kratippos) aus Oryrhvnchos, Pap. Oxy.
V nr. 842 Col. I Z. 2, wo es heißt, im J. 396
v. Chr. sei eine Triere von Athen ausgelaufen
[ov fisxd xrjg xov] SrjfiGv yvcojtirjg; dafür Z. 24
kürzer o>g o[v fisjza zr\g jtoXeatg xavra TienotTj-
xdta. Von einer Privatperson ebd. Col. 17, 19
[ov] fuxd xf^g sxeivov yv[tö]ftijg t ohne seine Ein-
(Z. 11t), ohne ihre EinwiUigung. Ebenso wird
in dem bloß im Auszug mitgeteilten Lehrvertrag
Pap. Hibeh I 148 bestimmt, fit} i^ovoia ö 1 sozio
Ilögcüi (irjxe äxoxotzetv fir)xe äqjrjfiEQEfvstv ävev
xfjg 'Entjpivovg yvtofitjg, d. h. ohne Einwilligung
des Lehrmeisters.
Wenn ein einzelner den Beschluß einseitig
faßt, so kann aus der Bedeutung Beschluß, Ein-
wUHgtthfr gerade <«« Bedeutung Will* ent-
örieeii. Papynwurkunden kleineren J^rmata (Lein-
tfg 190*^1908) nr. 237 ,nach freiem Wittens
und in der (Abschrift bei Heberdey-Wilhelm
Reisen in KililÖen (Wien 1896) 223 scheint xaxa
tijv xsXevxafar ywj/uTjv xai GTjpicwjiv tov aaxp6$
geradezu den bloß mündlich geäußerten, letzten
Willen im Gegensatz zum Testaments willen ix
„ Ba4 LÄfea« der ÄlfetfeB.
fcönat <*^f* einer: Haftd Töreiiögt
Verkötemen (& th Art P*ä m % «- wird dsen
die Regel gewesen sein, daß der, welcher die An-
trüge einbringt, verschieden ist von dem, der die
Abstimmung darüber leitet, wie in der von Prei-
sigke 20, 2 zitierten Inschrift aus Ämorgos (242
n. Chr.), Athen. Mitt. I 347 nr. 15, 21ff. Mo
JtoTyzttye Näfäav eto^ytjodfi^ Afy. !%*ayoW
o EWntwtnauftv. TTIm»« /Ko ani n A;^ n A.„ m -,
rechnungen s. W i 1 c k e n Herrn. XX (1885) 43Üff.
lind fihftr drä in "ßVa<va r ,+,.i.„,.,i„ tfi^n^ * >«*
3. rv&pri, Richterspruch. Der Beschluß,
den ein Gericht oder Gerichtsherr faßt, ist das
richterliche Urteil, der Richterspruch. Während
verbale Ausdrücke hierfür häufig sind, begegnen
wir dem Substantiv y. für Richterspruch {sen-
tentia ivdiois) verhältnismäßig selten und im
allgemeinen eher in späterer Zeit. Hierher ge-
hört Inschr. v. Olympia 4 (= Collitz 1154)
wird für seine Person und seine Habe und Z 4
eine Straf bestimmung folgt, daß, falls er sich
fremdes Eigentum anmaße, die richterliche Ent-
scheidung dem ioQQfiaog zustehe, der auch 1, 2
und 10, 6 vorkommt (Dittenberger-Purgold
p. 13f.): yv<bfia te x' efy xtagouda,. Ähnlich, aber
unsicher, 10, 6 = Collitz 1150. Ebenso heißt y.
richterliches Urteil im Schiedssprüche der Richter
von Magnesia am Maiandros im Streite zwischen
und über die m Frage stehende Stelle 446f.
Nicht unähnlich war, wie es scheint, die Rolle
des Flöaycoyevs beim ägyptischen Chrematisten-
gencht nach der Darstellung von Gradenwitz
Arch. f. Papyrusforsch. IH 23ff. Verwandte Funk-
tionen hatten vielleicht auch die drei Soyuato-
ygayot in dem dem 1. Jhdt. v. Chr. angehörenden
Ehrendekret für die Gemeinde-Ephoren der lake-
wird für seine Person und seine Habe und Z. \ 4M 1 (= Mi.ui t>LJ?;1 , e ?W
ää^^^
tenberger Syll.2 929 (= IGE I 1021; Z. 28
-441 auch Kern Inschr. v. Magnesia 108) Z. 32
zvyodtpovQ Öeftevoi xäg yrtoftag, xm fih axgtßsT
rijS yfoov ßgaßev&fjvai xfjv xglmv ovx jjßovM-
t tie$a, ovvayayetv Se onevöovxsg amovg [xai avvot
xai jtdXiv] eis zyv ££ agxfjg ditoxaraozrjoai <pi-
Uav xxX. Auch von der cognitio prineipis finden
wir y., vom richterlichen Erkenntnis des Kaisers
Augustus in seinem Schreiben an die Knidier von
451 (= Michel Recueil 182 = Loeschcke
Athen. Mitt. III [1878] 164), wenn nämlich
Loeschcke 168 recht hat mit der Annahme,
die Aufgabe dieser drei an der Spitze genannten
SoyfiazoyQdtpot sei eher gewesen, die Anträge zur
Vorlage au die Gemeinde vorzubereiten, als, wor-
auf der Amtstitel führen könnte, gefaßte Be-
schlüsse auszufertigen. Jedenfalls sind diese drei
lakedaimonischen Dogmatographen zu trennen von
(lfiTl 171 Airnar cra-nvar, Ati^nl<l -~ Ä « "D„ !.■ •
o— *m..i«,« ui rvn j. öcpxus.meii grie-
chischer Städte Kleinasiens vorkommenden öoy-
paxoygdtpot, die ,Urkundszeugen< sind (= ygatpo-
fisvqy nagfjoav = seribendo adfuerunt), worüber
vorläufig zu vgl. Swoboda Griech, Volksbeschl
213f. (nach Menadier); s. auch Art. Aoypaxo-
ygdyoi Suppl. Bd. II. [Schultheß.]
anomische Literatur s. die Supplemente.
a . ön <»moii (yvtopo>v). 1) Ein aufrechtstehender
btift, der als Schattenmesser diente und daher auch
Ende 6 v Chr Bull hell VTT 7i «a^^ , nT Jft o»".^er ais öcnattenmesser diente und daher auch
tenLr:erM B 2 l56 e 3V VI n
tenberger Syll.2 356, 37. Und in einem pro-
konsularischen Edikt des 4. Jhdts. n. Chr Dit-
tenberger Syll.2 422, 9 (= Athen. Mitt. IV
[1879] 60 = VI [1881] 353 nr. 48) steht »; te
tov Sixaarov ix jov ngoMptaxos yvfbfir), wo Dit-
tenberger n.3 7i e 6& Ef m erklärt als ,lüteras
publice propositas, qttae antiquitw 3ig6yQafi.ua
rocantur'. [Schultheß.]
rvaifieiatiyTjrfe. In der autonomen Stadt-
noitischen Gaues (heute FaiiünA lin^n wi T f«. 1«- „ j._ *1 tt. _., . VIir r: tr 1 ». *•**
noitischen Gaues (heute Faijüm), finden wir für
das Einbringen der Anträge in den arsinoitischen
Tempelrechnungen des J. 215 n. Chr., BGU 362
XII 1. XV 8 u. ö. einen yyajuetotiyijT^g. Diese
Funktion ist hier mit der des ärt^W«"^ des
Leiters der Abstimmung, vereinigt in der Hand
des präsidierenden Prytanen (B>aQ X o$ jiovzavig).
Mit Unrecht, schloß Swoboda Die griech Volks-
beschlüsse (Wien 1890) 190 daraus, in Arsinoe
xyxk. foa> Q . I 10 p. 98, 10—15. 17—22 Ziegler.
Vitruv. 16,6. IX 7, 2 Rose 2. Hultsch Abh.
Ges. d. Wiss. Göttingen N. F. I Nr. 5 (1897),
13, 3. Der schattenmessende Stift stand auf
einer mit Stundeneinteilung versehenen Tafel oder
auf dem ebenfalls in Stunden geteilten Abschnitte
einer Hohlkugel (öxd<p V ). Diese Einteilungen
{descriptiones) mußten für jeden Ort der Erde
nach seiner Polhöhe und geographischen Länge
stand, nicht bloß das Präsidium, sondern auch
,die permanente Antragstellung 1 gehabt j denn,
wie Preisigke Städtisches Beamtenwesen im
römischen Ägypten (Halle 1903) 20 mit Recht
eingewendet hat, wäre es doch wohl überflüssig
die beiden Funktionen neben dem Prytänentitel
noch besonders hervorzuheben, wenn sie regel-
mäßig miteinander vereint gewesen wären- Ob-
lff., s. den Art. Horologium. Die Kunst, den
G. zu gebrauchen, hieß yvojftonxn, Papp, synag
Vm 1070, 1. Geminos bei ProcL in I. elem. 4?,
25, oder nach Papp. VLTI 1026, 1 yvwfiwtx^
ftecogia. Sie wird von Geminos a. a. O. 41, 24
—26 der Astronomie, von Vitruv. I 3, 1 der Bau-
kunst zugeordnet. Vitruvius gebraucht in glei-
chem Sinne auch gnomonicae res VIII a. E. oder
gnomtmiGoe ratioms IX praef. 18. Die dieser
•haKo A ar ' a ' , „T 1 ; AiBiiiw gnvmvmcae ranones li praet. 18. Die dieser
habe der ^niv^ der an der Sprtze des Rates 60 Wissenschaft Kundigen hießen yromtalT
stand, nicht bloß das Präsidium, sondern auch TMn^™« „ ua v^q %„ öS V™*"»™™* s -
Diodoros o. Bd. V S. 711, 22—36.
Mit der Einrichtung und dem Gebrauche des
G. waren längst vor dem Aufblühen der grie-
chischen Mathematik die alten Babylonier nnd
Ägypter vertraut gewesen. Herodot LI 109 be-
richtet, nachdem er die Erfindung der Geometrie
den Ägyptern zugeschrieben hat, daß die Grie-
chen die Nachbildung der Himmelakugel mit ihren
Sterhbüderti, den G. imd Sie Einteilung ^de» Tages
in zwölf Standen von den Babyloaiern gelernt
haben. Anaiimandros hat also nicht, wie Fa-
vorinos bei Diog. Laert. LI 1, 3 meldet, den G.
-erfunden, wohl aber die Griechen mit dem Ge-
brauche desselben bekannt gemacht. Diog. a.
a. O. Suid. s. 'Äva^tftavSQog. Zu diesem Behufe
stellte er in Lakedaimon eine SonnenuhT (wqo-
Jioyiov axiv8r}Qtx6v : vgl. Plin. n h. II 187) auf,
vermute, von 3 ab alternierend tu den Schenken
eines rechten Winkels beige»chtiebea wurdeii,
entstand eine an ein Winkelmaß erinnernde, eben-
falls yva>tiü*v benannte Figur. Theo S-myrn. 54f.
64f D«puis. IambL in Kicom. 58, 7-60, 7 Pistelfi.
Schol. Euch op. V, Buch 2 Nr. 13. Boeckh
Philolaos des Pythagoreers Lehren 142ff. Cantor
Vortes. 12 151 f. [Hultsch.]
2) rvwuojv heißt in Athen der Aufseher der
" ""-- " Lys. VH
Zeu-
Berössos meldet, bezieht sich auf eine besondere gen', speziell ,Kaufzeugen' in einer Inschrift aus
praktische Einrichtung der Sonnenuhr, nicht auf Iasos, Bull. hell. V (1881) 493 (= Dittenberger
die Erfindung derselben. Vgl. Bretschneider Syll.2 96 = Michel Recueil 460) Z. 52: yvo>-
Oeometrie vor Euklides 60. Cantor Vorles. über fioveg naoeotrjoav . . . IRovxioivog xai naideg xQets.
-Gesch. d, Math. 12 102. 134f. Günther Mathe- Warum die yv6f*ovsg bloß hier aufgeführt sind,
matische. Geographie 78. während die bei den andern Verkäufen als wp-
Aus der Vergleichung zweier Quadrate oder jtoiXrjaavzeg erwähnten prfaoves fehlen, entzieht
rechtwinkliger, oblonger Parallelogramme ergab 20 sich unserer Beurteilung. ^
sich unter der Voraussetzung, daß die kleinere 4) c O yvafxmv tov ISiov Xöyov, der im Edikt
des Ti. Iuliua Alexander vom J. 68 n. Chr., Dit-
tenberger OGIS 669 (= IGR I 1263) Z. 44
vorkommt, heißt Z. 39 6 agos iwt töian Xdyon
tezaytttvos, gewöhnlich einfach 6 jt^og t0 idl<p
X6y<p, z. B. BGU 868, 1 und in zwei Inschriften aus
Philai, Dittenberger OGIS 188. 189. Dieser
Beamte, über den Dittenberger OGIS 188 n. 2
gehandelt hat, ist, wie im Art. "Idiog Xoyog näher
Eigur nur mäßig von der größeren überragt wurde,
als Unterschied die Eorm [|__ oder ,
die als Winkelmaß gedeutet und ebenfalls G. be-
nannt wurde, Boeckh Philolaos des Pythagoreers
Lehren 142f. Iambl. in Nieom. 58, 19—25 Pi-
stelli. Cantor Vorles. 12 150. Auch Demokrit 30 äu zeigen ist, der Verwalter des tötog Xoyog, d.h.
scheint mit dem Titel seiner Schrift Nr. 33 (Thra-
syllos bei Diog. Laert. IX 47) xegi btacpogijg yveo-
jtovog rj jisqi yavotog xvxXov xai atpalgfjg eine
dem Winkelmaß ähnliche geometrische Form ge-
meint zu haben. Allman Greek Geometry from
Thaies to Euclid 301 80. 83. Bei Eukl. elem.
II def. 2 ist dieser Ausdruck auf den Unterschied
von zwei Parallelogrammen, gleichviel ob sie
recht- oder schiefwinkelig waren, ausgedehnt wor-
des vom Staatseigentum geschiedenen Privateigen-
tums des römischen Kaisers in Ägypten. Er heißt
auch ijilxQOJtog (promralor) idlov X6yov oder mit
Breviloc[uenz schlechtweg 6 tdtog Xoyog.
5) Fv(of,io>v t Tarif. Ganz anderer Natur
ist der yv<ofj.ojv in dem zuerst von Hogarthbei
Flinders Petrie Koptos (1896) 27ff. (Tab.
XXVII) besprochenen, sodann von Jouguet Bull,
hell. XX (1896) p. 169 nr. IL de Ricci Arch.
den. An zwei Seiten des kleineren Parallelo- 40 f. Papyrusforsch. LT p. 437 nr. 37. Ditten
gramms und an seine verlängerte Diagonale lehnten
sich dann zwei Streifen an, die zusammen den
G. oder den Überschuß des größeren Parallelo-
gramms über das kleinere darstellten. Eukl. elem.
II 5. 8 p, 130, 15-21. 140, 13—23 Heib., vgl.
die Figuren dazu und zu I 43. 44. Heron defin.
59 Hu. Schol. Eucl. op. V, Buch II nr. 11. 14.
Cantor Vorles. 12 ISOf.
In der Arithmetik hat die Theorie des G. ihre
berger OGIS 674 abgedruckten und. kommen-
tierten Steuertarif von Koptos (Z. 5), wohl aus
der Zeit nach Kaiser Domitianus. Wie bereits
Jouguet richtig sah, bezeichnet hier y. einen
allgemeinen Tarif, aus dem hier auf Befehl des
Statthalters aus uns unbekanntem Grunde bloß
ein Teil zur allgemeinen Kenntnisnahme auf einer
Stele öffentlich ausgestellt ist : oaa fei rovg pi-
o&fcojzas tov iv KoTixiot imoxeivovxog xijt 'Aoaß-
.. ' * 1 .' /nn/tl^ <niAli4- m/iTior ivrlrläl»f DJ 11 Vi 1
Anwendung bei der Ausziehung von Quadrat- 50 aQxia djiooxoXiov (noch nicht sicher erklärt, wohl
wurzeln gefunden. Setzen wir a = Seite des klei-
neren Quadrates und b — Überschuß der Seite
des größeren Quadrates im Vergleich zu a und
nehmen an, daß beim Wurzelausziehen cfi ge-
funden worden ist, so bleibt in der geometrischen
Figur ein G. übrig, der zwei TtagojfXrjompaxa von
■der Form ab und das Quadrat über b enthält.
Aus diesem Überschuß sind dann, so weit als
tunlich, die Bruchteile der Wurzel zu entnehmen.
Cantor Vorles. 12 460f. Hultsch o.
metica § 15t
Die fortschreitende Summierung
der ungeraden Zahlen von 1 ab er- 13
gibt, wie o. Arith metica § 18
gezeigt worden ist die Reihe der
Quadratzahlen, denn es ist 1 4- 3
= 22, 1 + 3 + 5 = 32 usw. in.
dem die ungeraden Zahlen, wie ich
die Abgabe für Benützung der von Koptos nach
Berenike führenden Wüstenstraße ; nach Wilcken
ein } Geleitgeld' und ein ,Wegegeld' zugleich)
TiQaootiv xarä xov yvdtfiovfa] xfjde xfjt oxtjXtji ev-
xsxdoaxxat. Wilcken Griech. Ostraka I p. 347
n. 2 hat bereits darauf hingewiesen, daß y, in
der hier zutreffenden Bedeutung »Steuertarif 1 be-
legt ist durch das Lex. rhet. in Bekk. Anecd. I
233, 28 yvojficov avvraq'tg xtg ygafifidroyv , xa&
Arith- 60 t}v xa xiXfj nodxTeo&ai XQV x °v$ $* rfs dXloSajnjg
eioxofitCovxag atv av §x<piga>vxat -, vgl. auch Dit-
tenberger OGIS vol. II p. 415 n. 4.
[Schultheß.]
Gnosias t Phoker. 'Hyet*ä>v £svcov in einer
eleusinischen Inschrift um 286/5, CIA IV 2, 614 b.
[Kirchner.]
Gnosis* 1) Syrakusaner, einer der syrakusi-
schen Strategen, die 409 v. Chr. ab Nachfolger
3 7 IL
Äos Hermokrates und seiner Kollegen zur pelo-
.ponneaischen Flotte nach Hella« ringen, Xen.
Bell. II, 2». * [Niese.]
SS) Unoais. Inhaltsübersicht: 1. Name,
..Zeit, Heimat der Bewegung. — 2. Gnostische
i Literatur. — 3. Literatur der Gegner. — 4. Der
vorchristliche Grundcharakter der Bewegung. —
5. Der Dualismus. — 6. Die Gestalt der Sieben;
die Astrologie in der G. — 7. Der unbekannte
Gott. — 8. Der Glaube an die Mutter. — 9. Die 10
übrige Welt der Aeonen. — 10. Erlösergestal-
ten. — 11. Die anthropologische und soterio-
logische Grund anschauung. — 12. Die Mysterien-
Praxis. — 13. Die Askese. —14. Yerhältnis zum
Judentum. — 15. Verhältnis zum Christentum.
Der Anziehungspunkt für beide Religionen : die
Soteriologie. —.16—17. Einfluß des Christen-
tums auf die G. — 18—19. Einfluß der G. auf die
Entwicklung des Christentums. — 20. Literatur.
1. Mit dem Namen G. pflegt man jetzt die- 20
jenige synkretistische Religionsbewegung zu be-
zeichnen, die sich (spätestens) mit der Wende des
I. und 2. Jhdts. an das Christentum herandrängte
und mit diesem mannigfache Kompromisse und
Mischbildungen einging. Ursprünglich scheint
diese Bezeichnung übrigens nur einer bestimmten
Richtung innerhalb der G. gehört zu haben (Iren. I
II, 1; vgl. 31, 3. Epiphanius Haer. 25, 2. 26, 1.
3. 37, 1. 40, 1. Hippolyt. Refut Vll; s. Art.
G n o s t i k e r. Iren. I 25, 6 : Selbstbezeichnung der 30
Karpokratianer). Aber schon bei Irenaeus (noch
nicht bei lustin) wird der Terminus als Be-
zeichnung für die ganze Bewegung gebraucht
(vgl. bereits I Tim. 6, 20).
Wenn Simon Magus, der in der Überlieferung
allgemein als Archihäretiker gilt, wirklich ein
Zeitgenosse der Apostel war, wie es die Apostel-
.gesch. 8, 9ff. will, so kommen wir schon mit den
erkennbaren Anfängen der G. ziemlich weit
hinauf. Die wirklichen Wurzeln der gn ostischen 40
Bewegung reichen freilich sicher noch weiter
zurück. Ihre Blütezeit fällt etwa in das zweite
Drittel des 2. Jhdts., dem Zeitalter des Auf-
tretens der großen gnostischen Schulhäupter
namentlich in Rom (über die Zeit des Basilides,
Karpokrates- Marcellina, Valentin, Cerdon, Mar-
cion s. Harnack Chranol. d. altchristl. Lite-
ratur I 289—311). Noch zu des Neuplatonikers
Plotin und seiner Schüler Zeiten ist die G, eine
geistige Macht. Schriften wie die Pistis Sophia 50
und die von C. Schmidt edierten koptisch gnosti^
sehen Schriften — wohl aus der zweiten Hälfte
des 3. Jhdts. — zeigen uns endlich die Bewegung
in völliger Entartung und Verwilderung.
Die Heimat der gnostischen Bewegung ist der
Osten gewesen. Dositheus, Simon, Menander
sind Samaritaner, Satornil lehrte in Antiochia;
Marcion stammte aus Sinope im Pontus; aus
Apamea in Syrien brachte Alkibiades das Elxai-
buch nach Rom ; der älteste Zweig der Gnostiker 60
im engeren Sinn ist wahrscheinlich in Syrien zu
Hause (s. Art. Gnostiker). Das Ostjordanland
wie das babylonische Tiefland waren die Heimat
der in viele Gruppen zersplitterten gnostischen
Taufbewegung (die späteren Essener, Ebioniten,
EÖcesaiten, Sampsaeer, Mandaeer, Ssabier usw.).
Di« Quellen des pseudoclementinischen Schriften-
kreises stammen sicher aus Syrien. Nach Osten
weisen auch die mit der G. eng verwandten re-
afiösen Bewegungen des Mandaeismus und des-
anichaeismus. Zu nennen sind hier endlich 4ie
vom Christentum unberührten Dracola Chaldaica^
die in ihrer Eigenart der G, verschwistert sind.
Von Syrien scheint dann die Bewegung zunächst,
nach Ägypten übergesprungen zusein. Karpokrates
soll Alexandriner gewesen sein (Clemens Stromat
III 2, 5) ; Basilides tritt in Alexandria auf; doch
ist die Notiz, daß er praedieator apttd Persas
fuit (Acta Archelai c. 67) angesichts der voll-
ständig dualistischen Haltung seines Systems
nicht so schlechthin zu verwerfen. Valentin
lehrte ebenfalls zunächst in Ägypten (Epiphan.
Haer. 31, 2); Epiphanius hebt einen ägyptischen
Zweig der Gnostiker (Haer. 26, 3 = Strationiker r
Phibioniten) hervor, den er aus Autopsie kannte'
(Haer. 26, 17). Die Vorlage von Iren. I 29 (Bar-
belognostiker) ist in koptischer Sprache gefunden.
In Ägypten hat die gnostische Literatur am
längsten weitergewuchert (koptisch-gnostische
Schriften). Hier blühte auf rein heidnischem
Boden die verwandte hermetische Literatur (vgl.
Corpus Hermet. Kap. 14, die Auseinandersetzung
mit der G.). ö
Zuletzt schlugen die Wellen nach Rom hin-
über: Valentin kam aus Ägypten, Cerdon aus
Syrien, Marcion aus Sinope, Alkibiades mit* dem
Eixaibuch aus Apamea nach Rom. Die Sekte
der Karpokratianer verpflanzte Marcellina dort-
hin, die pseudoclementinische Literatur erhielt
ihre letzte Ausgestaltung in Rom. In diesem
Stadium erst wurden die ältesten christlichen
Ketzerbestreiter (lustin, Hegesipp, Irenaeus) auf
die Bewegung aufmerksam. So muß uns also
vieles aus dem früheren Stadium der gnostischen
Bewegung verloren gegangen sein.
2. Die Literatur der G, ist uns zum aller-
größten Teil verloren gegangen. (Nachrichten
über die gnostische Literatur gesammelt bei
Harnack Altchristl. Literat.- Gesch. I 143ff".;
Chronologie d. altchristl. Lit. I 583ff.). An un-
bearbeiteten gnostischen Werken von einigem
Wert sind uns eine Reihe koptisch-gnostischer
Schriften erhalten; Die Pistis Sophia, die von
ihrem Herausgeber (nicht mit Recht) sog. beiden
Jeubücher, ein zweites anonymes koptisch gnosti-
sches Werk (sämtlich übersetzt von C. Schmidt
Griech. christl. Schriftsteller d. ersten drei Jahr-
hunderte: koptisch gnost. Schriften I. Bd.; Aus-
gaben: Pistis Sophia, Petermann Schwartze
1851; die übrigen Schriften C. Schmidt Texte
u. Unters. Bd. VIII). Hinzukommen die noch
unedierten (koptischen) Schriften Ev. Mariae, Apo-
cryphum Johannis (Auszug bei Iren. I 29), Sophia
Jesu Christi (Schmidt S.-Ber. Akad. Berl. 1896,
83911; Phüotesia, Kleinert gewidmet 1907, 317
—336). Außerdem bieten die ketzerbestreitenden
Kirchenväter vielfach lange wörtlich überlieferte
Fragmente oder getreue Auszüge aus den Schriften
der Gnostiker (s. oben über Irenaeus I 29). Eines
der allerwichtigsten Stücke dieser Art ist der
Brief des Ptolemaeus an die Flora (Epiphan.
Haer. 23, 3ff. Harnack S.-Ber. Akad.BerL 1902,
507 — 545). Hinzukommen Fragmente aas den
Schriften des Basilides und Valentin namentlich
aus Clemens und Origenes (vgL auch das. unge-
mein wertvolle Fragment ans Basilides '-££17717-
jskuo
unosis
(rnosis
1506
zixtöv 1/ Acta Archelai c. 67, ed. Beeson,
jetzt erst vollständig bekannt geworden), ge-
sammelt (doch nicht vollständig) bei Hilgen-
feld Ketzergesch. 207ff. 293ff. Hierher gehören
ferner die Excerpta exTheodoto (Valentinianer) des
Clemens, die Fragmente aus dem Kommentar des
Herakleon bei Origenes (Hilgenfeld 472fi\).
Zu nennen sind ferner die durch Origenes (Celsus)
erhaltenen liturgischen Stücke der Sekte der
Werk ist das des Irenaeus (i/tiyxov x<xl avavQomjs
rrjs yevScovvfiov yv&oewg ßißUa jidvre um 180
n, Chr.). Vor allem kommt hier das erste Buch
mit seiner zusammenhängenden Darstellung der
Häresien in Betracht. Irenaeus eröffnet das Werk
mit einer ausführlichen Darstellung der valen-
tinianischen Schulen des Ptolemaeus (1 — 10) und
des Markus (13—21), In dem darauf folgenden
Abschnitt (I 22—28) hat er das Werk seines Vor-
Ophianer; auch die durch Iren. I 13. 21 über- 10 gängers lustin überarbeitet, es läßt sich leider
lieferten liturgischen Fragmente der Markosier.
Umfangreiche Quelienstücke enthält Hippolyts
Refutatio (Hymnen der Naassener und ein Buch
mit Spekulationen über den Urmenschen mit
interessanter religionsgeschichtlicher Vergangen-
heit : Reitzenstein Poimandres 82ff . , Hymnen
der Peraten und längere Fragmente, Auszug aus
der Paraphrasis Seth, aus dem Baruchbuch des
Gnostikers lustin, Fragmente aus der Megale
nicht mehr erkennen, in welchem Umfang. Über
I 29 ist bereits gehandelt. Gerne wußten wir,
wem Irenaeus die offenbar unter sich zusammen-
hängenden Abschn. 11— 12 und 30—32 (vgl. 11, 1
mit 31, 3) ihrer Grundlage nach verdankt. Denn
in dieser Quelle waren Valentin und seine ersten
Schüler im Zusammenhang mit den ,Gnostikern*
dargestellt. (Stammt die Darstellung von lustin?
Kannte lustin die , Gnostiker'?). Nach Photius
Apophasis der Simonianer, dem Ekaibuch). Eine 20 (Bibl. cod. 121) hat Hippolyt ein Syntagma gegen
„ n i M «„;„-;-„K ft n-:„:„„T„— it„ *k™i:^_i. ™~ 82 Haeresien von Dositheus bis Noetus(also Anfang
des 3. Jhdts.) geschrieben. Dieses Werk ist uns in
den Bearbeitungen in Epiphanius Painarion (nach
374), Philastrius von Brescia adv. haereses und
Ps.-TertuLlianus über adv. omnes haereses er-
halten und zum großen Teil rekonstruierbar.
Ein zweites Werk Hippolyts liegt wahrscheinlich
in dem unter Origenes Namen (Philosophumena)
erhaltenen xaxa naowv atgsacoüv £JLEy%o$ vor.
valentinianischc Originalquelle überliefert Epi-
phan. Haer. 31, 5. Einige Hymnen des Bardesanes
hat Ephraem erhalten {das Buch der Gesetze der
Länder aus der Schule des Bardesanes enthält
wenig Gnostisches; vgl. Merx Bardesanes 1863.
Hilgenfeld Bardesanes 1864). Viel Gnostisches
ist in den apokryphen Apostelgeschichten erhalten
(vgl. Liechtenhan Offenbarung im G/Losti-
cismus 46—49), namentlich in den Acta Thomae
(in Betracht kommen vor allem die liturgischen 30 Wenn wir von der Einleitung des Werkes ab-
Stücke, Perle des Bardesanes [?]). Heranzuziehen
sind endlich auch die allerdings gründlich katho-
lisierten pseudoclementinischen Homilien und
Rekognitionen, als Zeugen eines von der G. be-
rührten Judenchristentums. — Bei der Dürftig-
keit der erhaltenen Fragmente wird man, um
sich ein Bild gnostischer Denkart und Sprache
zu machen, auch die mandäische Literatur heran-
ziehen müssen, die allerdings in komplizierter
sehen, so hat Hippolyt hier eine neue und wahr-
scheinlich einheitliche Quelle mit dem ihm bisher
zur Verfügung stehenden Stoff verarbeitet. Dieser
Quelle gehören sicher an: Buch V (Naassener,
Peraten, Sethianer, lustin); VI 7—18 (Simons
fieydktj dwrfqwifliff); VII 14-27 (Basilides); VIII
2. 8—11 (Doketen); VIII 3. 12— 15 (Monoimos);
vielleicht auch IX 4. 13—17 (Elkesaiten). Neuer-
dings (s. u. d. Liter, zu § 3) hat man gemeint,
schichten weiser Überarbeitung erhalten ist, aber 40 daß Hippolyt mit diesen ,Quellenstticken ( der
dafür noch das Bild einer heidnischen G. ohne Mystifikation eines Fälschers zum Opfer gefallen
nennenswerten christlichen Einschlag bietet (die
ausgedehnte Literatur ist leider noch immer nicht
durch Übersetzungen zugänglich gemacht; vgl.
W. Brandt Mandäische Religion und Mandäische
Schriften). Auch die manichäische Religion ist
zum Vergleich heranzuziehen. Da wir hier bisher
in derselben Lage waren, wesentlich auf Beweise
der Kirchenväter angewiesen zu sein, so ist durch
sei. Die Vermutung wird sich kaum halten lassen,
man müßte denn diesem Fälscher gnostischer
Systeme eine unerhörte Phantasie zumuten. Das
Richtige an der Vermutung wird sein, daß Hip-
polyt ein einheitliches Werk vorlag und daß
dieses Werk letztlich von einem gnostischen
Literaten stammte, der die Literatur verwandter
gnostischer Sekten sammelte und die einzelnen
die jüngsten Entdeckungen der umfangreichen 50 Stücke nach einer bestimmten Richtung hin re-
Originalfragmente in Turfan (Müller Hand-
schriftl. Reste aus Turfan. Abh. Akad, Berl.
1904) eine wesentliche Förderung unserer Kennt-
nis der gesamten gnostischen Bewegung zu er-
warten. Der G. verwandte Erscheinungen liegen
endlich in der hermetischen Literatur (Corpus
Hermeticum e d. Parthey 1854. Mönard Hermes
Trisraegiste 2 1867. Reitzenstein Poimandres)
und in den Oracula Chaldaica (Kroll Breslauer
philolog. Abhandl. VII) vor.
3. Im großen und ganzen bleiben wir für
eine zusammenfassende Erkenntnis der Gnostiker
auf die Berichte der Kirchenväter angewiesen.
Verloren gegangen ist Iustins Syntagma gegen
die Ketzereien (Apologie I 26), das älteste Werk
seiner Art; ebenso die (um 180 entstandenen)
Hypomnemata des Hegesipp, die Ausführungen
über Häresien enthielten. Das älteste erhaltene
P*iajr-Wfeiow*-Kroll vii
touchiert hat (vgl. namentlich die fast überall
in den Systemen durchgeführte Dreiteilung des
Weltalls), so daß dadurch zum Teil die vielfachen
Berührungen der Systeme untereinander ent-
standen. Ob Hippolyt das gnostische Werk un-
mittelbar oder in einer antihäretischen Über-
arbeitung las, muß dahingestellt bleiben. Was
wir Clemens rad Origenes in unserer Kenntnis
der G. verdanken, ist bereits zur Sprache ge-
60 bracht. Von Tertullians Schriften sind zu nennen
de praescriptione haereticorum , vor allem die
fünf Bücher adversus Marcionem ; adversus Her-
mogenem (adversus Valentinianos ganz und gar
von Irenaeus abhängig). Auch der Dialog des
Adamantius (Anfang des 4. Jhdts., ed. Bak-
huyzen Kirehenväterkommission) istzu erwähnen.
Epiphanius (Painarion) hat das Werk Hippolyts
ausgeschrieben, daneben aus eigener Kenntnis der
48
1507
Gnosis
Gnosis
1508
zeitgenössischen G. manches Wertvolle Beige-
bracht. Bei den späteren (Theodoret usw.) ist
wenig Selbständiges mehr zu holen. Aber zu
nennen sind noch das Werk des Armeniers Eznik
von Kolb , Wider die Sekten' (übers, von J. M.
Schmid, Wien 1900); Theodor bar Kuni, Scho-
lienbuch B. XI Text n. Übers, bei H, Pognon
Inscriptions Maudaites 1898—1899, 159ff„ Schah-
rastäni, Religionsparteien und Philosophenschulen
stehende Prinzipien (Licht und Finsternis), ließ
diese Welt durch einen Angriff der Finsternis
gegen das Licht entstehen, bei dem Teile des
Lichts von der Finsternis verschlungen wurden,
und faßte demgemäß das Endziel als die Ent-
mischung des widerrechtlich Vermischten (vgl.
Hippolyt. Ref. VH 27 p. 378, 16) : ünde nee per-
feetum bonum est in hoc mundo, et quod est,
valde est exiguum. Die Fragmente seiner Lehre,
(übersetzt von Haar brücker 1850). Vgl. R. A. 10 die Clemens Alexandrinus erhalten hat, bestätigen
Lipsius Die Quellen der ältesten Ketzergesch.
1875. Harnack Zur Quellenkritik der Gesch.
des Gnosticismus und Gesch. d. altchr. Literat.
I171fT.IIl,533ff.712ff. HilgenfeidKetzergesch.
1 — 83. J. Kunze De historiae Gnostic. fontibus
1894; zu Hippolyts Refutatio G. Salmon The
cross references in thephilosophumena,Hermathena
XI 1885 389ff. H. Stähelin Die gnostischen
Quellen Hippolyts, Texte u. Unters. VI 3, 1890.
auf das deutlichste den Dualismus des Basilides.
Die beiden Systeme, welche Ireuaeus und Hippolyt
überliefert haben , sind sekundäre Bildungen,
welche klar den Prozeß der allmählichen Umbil-
dung vom Dualismus zum Monismus zeigen. Das
wenige, was wir von Bardesanes und seiner Schule
wissen . berechtigt uns , auch diesen als Ver-
treter eines schroffen, spezifisch orientalischen
Dualismus aufzufassen (,er lehrte einen Leib ohne
4. Die G. ist, wenn man auf das Ganze sieht, 20 Auferstehung von dem Bösen', Ephraem Hymn. 53
nicht auf dem genuinen Boden des Christentums
gewachsen. Sie ist älter als dieses und als bereits
fertige Erscheinung an das Christentum heran-
getreten. Die Gestalten, die, soweit es für uns
erkennbar, an ihrem Anfang stehen, Dositheus,
Simon Magus, Menander hatten mit der christ-
lichen Religion nichts zu tun. Die Ophiten des Ceb
sus -Origenes standen in ausgesprochenem Gegen-
satz zu dem Christentum (Origenes VI 28, vgl.
p. 553 F, spricht von dem Teufel als ,Hefe des
Prinzips der Finsternis', ebd. p. 504 C, verfaßte
eine Schrift »Das Licht und die Finsternis' nach
dem Bericht En-Nedims, Flügel Mani 162). Es
kann auch gar nicht verkannt werden, daß Mar-
cions Lehre und Anschauungen, so eigentümlich
und original sie sind und so sehr sie eine be-
sondere Betrachtung verdienen , doch durchaus
auf dem Untergrund einer sehr ernsthaft-dua-
26. 33). Noch die ,Archontiker' (Epiphanius 30 listischen Weltanschauung ruhen. Wenn Ptole-
Haer. 40, 2) verwarfen die christlichen Sakra-
mente. Reit zenstein hat nachgewiesen, daß den
Ausführungen Hippolyts über die Naassener eine
ursprünglich heidnisch-gnostische Quelle zu Grande
lag. Erscheinungen wie die hermetische Literatur
(vgl. namentlich den Poimandres mit seiner Speku-
lation über den Urmenschen) und die Oracula
Chaldaica beweisen, daß die gnostischen Speku-
lationen und Frömmigkeit weit über das Gebiet
maeus in seinem Brief an die Flora (Epiph. 33, 7)
seine Meinung dahin zusammenfaßt, daß das
Gesetz weder von dem vollkommenen Gott noch
vom Teufel sei, so denkt er bei der letzteren
Alternative kaum an jemand anders als an Mar-
cion. Die spekulativ dualistische Grundlage der
marcionitischen Anschauung tritt besonders deut-
lich in dessen Schule, gerade auch da, wo diese
drei Prinzipien annimmt und den alttestament-
der spezifisch christlichen Sekten hinaus verbreitet 40 liehen Gott in die Mitte zwischen Gut und Böse
waren. Der Mandäismus ist viele Jahrhunderte
hindurch eine rein heidnische G. geblieben. Die
nianichäische Religion ist nur hier und da von
einem leichten christlichen Firnis bedeckt. Die
großen Schulen der Gnostiker, welche die Kirchen-
väter wesentlich bekämpfen , stellen meist (von
Marcion etwa abgesehen) mühsame Kompromisse
der gnostischen Religion mit der christlichen dar.
Diese Auffassung der G. läßt sich dadurch am
stellt, hervor (vgl. Bousset Hauptprobleme 109ff.
131 ff.). Andererseits finden wir den ausgeprägten
Dualismus nicht nur bei namhaften gnostischen
Schulhäuptern, sondern auch bei den namenlosen,
mehr volkstümlichen Systemen, wie sie in den
gnostischen Sekten verbreitet waren. So hat uns
Hippolyt (Ps.-Tertullian c. 5, Philastrius c. 33,
Epiphanius Haer. 25, 5) eine Kosmogome der
,Nicolaiten' (Gnostiker) von ausgeprägt dualisti-
leichtesten als richtig erweisen, daß der Versuch 50 schem Charakter überliefert.
gemacht wird, die gnostische Religion in ihren
Grundzügen zu begreifen, ohne auf das Christen-
tum zu rekurrieren. Dann erst kommen die gegen-
seitigen Beziehungen zwischen G. und Christen-
tum dargelegt werden.
5. Charakteristisch für die Weltanschauung
der G. und von grundlegender Bedeutung ist ihr
Dualismus. Dieser beherrscht als Grundanschau-
ung fast sämtliche gnostische Systeme, auch da,
Auch ist es nicht richtig, wenn man, wie
das oft geschieht, den (monistischen) Emanation s-
gedanken als charakteristisch für die G. hinstellt,
d. h. den Versuch, aus der höchsten Welt der
Güte und des Lichtes die ihr gegenüberstehende
Welt der Schlechtigkeit und Finsternis durch die
Annahme einer in unendlicher Stufenfolge sich
fortsetzenden Abschwachung abzuleiten. Dieser
Versuch, der in voller Konsequenz und Reinheit
wo er in den gräzisierenden Berichten der Kirchen- 60 unter den für uns in Betracht kommenden Re-
väter nicht mehr deutlich heraustritt. In erster
Linie (auch für die Beurteilung der Überlieferung
der Kirchenväter) ist hier das erste Fragment
ans dem 13. Buch der 'EtyyijTtxä des Basilides
bedeutsam, das in den Acta ArcheLai erhalten
ist (ed. Beeson c. 67 p. 96ff.). Nach diesem
Fragment war Basilides entschiedener Dualist,
settto an den Anfang zwei sich schroff gegenüber-
ligionssystemen nur im Neuplatonismus durch-
geführt ist, liegt hier nur in einigen wenigen
an der Peripherie liegenden Erscheinungen, näm-
lich in den beiden von den Kirchenvätern über-
lieferben (unechten) Systemen des ^saüides* vor.
Im allgemeinen kommt die G. auch da, wo sie
lange Äonenreihen produziert, nicht ohne die
Annahme eines »Falles' des letzten und untersten
iöuy
unosis
Gnosis
1510
■der Aeonen aus, welcher die materielle niedere
Welt, in die jener Aeon hinabsinkt, bereits voraus-
setzt; ich erinnere an die Sophia (Prunikos,
Spiritus sanetus usw.) der Barbelognostiker (Iren.
I 29) und .Gnostiker 4 (Iren. I 30), an die Helena
•des simonianischen Systems, an die Pistis Sophia
in dem gleichnamigen koptisch -gnostischen Werk,
■endlich auch an die Gestalt des in die Materie
versinkenden Urmensehen bei den Naassenern
de Iside et Osiride). Aber es ist mit Recht
darauf hingewiesen (Schmidt Plotins Stellung
z. Gnostiz. u. kirchl. Christent., Texte u. UnteTs.
N. F. V 4 S. 76ff. 89), daß noch von Plotin und
seinen Kreisen gerade an diesem Punkt der
Widerspruch gegen die von ihnen bekämpften
Gnostiker empfunden wurde. So sehr ihre Freude
an dieser Welt und ihrer Herrlichkeit gedämpft
und resigniert erscheint, so sehr empfanden sie
des Hippolyt und dem (heidnischen) Poimandres 10 doch den stärksten Widerwillen gegen die völlige
(s. u.). Am weitesten abgeschwächt erscheint Verwerfung und Satanisierung der sinnlichen
j\i* a »r n ^v ö ™„. F.n ,-n A a ^ a™+„™« A n « Welt, wie sie hier geübt wurde. Scharfen
Widerspruch erhebt Plotin gegen den Hochmut
der Gnostiker, die meinen, sie seien allein gut
und ihov natöes, während er und seine Anhänger
bemüht seien, das Gute und Göttliche in allen
den unendlichen Abstufungen zu schauen und zu
bewundern. Ov yag ro ovarstXat stg sv, aXXä tq
deTj-ai noXit xo -d-Eiov, ooov eSei^sv avrog, xovz'
•dieser Gedanke vom Fall in den Systemen des
Valentin und seiner Schüler. Denn einmal voll-
zieht sich hier der Fall der Sophia (Achamoth)
innerhalb des Pleroma, d. h. die Sophia stürzt
nicht in die Materie hinab, sondern sucht in
Liebessehnsncht sich mit dem höchsten Aeon zu
vereinigen. Und ferner wird der Versuch ge-
macht, die Materie aus den Leidenschaften* der
gefallenen Sophia abzuleiten , ein Versuch , der 20 mxi övvapiv tieov eB6to>v (Ennead. II 9, 9. 207 E.
in seiner phantastischen, mythologisierenden Art
stark an spätägyptische Spekulationen (D i et e r i c h
Abraxas 25f.) erinnert. Aber auch in diesen
Systemen scheint trotz aller Tendenz zum Monis-
mus die ursprünglich dualistische Grundlage noch
sehr deutlich hindurch. Auch da, wo die Welt-
schöpfung wie in den meisten Systemen auf die
sieben (s. o.) weltschöpferischen Archonten zurück-
geführt wird, gelten diese zwar meistens nicht
Zell er Philos. d. Griechen 4 III 2, 676). Auch
wenn wir die orientalischen Religionen heran-
ziehen, so finden wir hier kein absolutes Analogon
für den schroffen Dualismus der G. Selbst die
persische Religion, an die in der Tat das eben
besprochene Fragment des Basilides, Systeme
wie die des Mandäismus und Manichäismus auf
Schritt und Tritt erinnern, bietet dieses Analogon
nicht. Den gnostischen Dualismus, demzufolge
als völlig satanisch, aber doch auch nicht als 30 diese körperliche, sinnliche Welt entweder als
Pinto,** T?.m a « a fi™ a « a™ ■hxAht.i-™ sj«:™ „^ satanisch oder doch als Erzeugnis tief unter der
einfache Emanationen des höchsten Seins oder
als rein mittlerischc Mächte, sie stehen vielmehr
mit ihrem schöpferischen Tun immer in einem
gewissen Gegensatz gegen die höheren Aeonen;
die Gnostiker schauen nicht etwa mit derjenigen
Verehrung auf sie, wie sie die griechischen Ge-
bildeten zum Teil gegenüber den niederen Mani-
festationen der Gottheit, den Heroen und Dämonen
empfanden; sie halten sie zum mindesten für
höchsten Gottheit stehender halbböser, dämo-
nischer* Mächte gilt, teilt auch die genuine per-
sische Religion nicht. Für sie ist diese körper-
liche Welt zur Hälfte wenigstens die Schöpfung
Ahuras und diese Sinnlichkeit das Kampfgebiet
des bösen und des guten Geistes. Es scheint,
als wenn die Grund ans chauung der G. erst in-
folge einer Vermischung der genuin persischen
halbböse Wesen, denen gegenüber sie sich hoch 40 Annahme zweier feindlicher, wider einander
erhaben dünken. «
Daß endlich die der G. eng verwandten und
mit ihr geschichtlich zusammenhängenden Re-
ligionen des Mandaeismus und des Manichaeismus
ausgesprochen dualistischen Charakter zeigen, be-
darf keiner Beweise und ist allgemein anerkannt.
Auch die charakteristischen und ältesten Stücke
der sog. hermetischen Literatur sind von aus-
gesprochen dualistischer Haltung (vgl. z. B. den
streitender Gottheiten (Prinzipien) und der griechi-
schen Anschauung von der Überlegenheit der
geistigen^idealen gegenüber der sinnlichen mate-
riellen "W elt zustande gekommen ist. Erst durch
das Zusammenfiuten zweier pessimistischer Welt-
anschauungen entstand der gesteigerte, absolut
trostlose Dualismus und Pessimismus der G.
6. Diese Weltanschauung der G. erhält ihre
konkrete Ausbildung und bestimmte Färbung
Anfang des ,Poimandres', Reitzen stein Poi- 50 durch die Annahme von sieben in der, Hierarchie
mandres 68ff.). In diesem Dualismus hat die der Geisterwelt zu Unterst stehenden Geistern,
gnostische Religion wirklich ihre Besonderheit. J: -i~i-*-i- ^-j-.-l -.^ -. . , - • ■. ,
Der gesamten griechischen und römischen Volks-
religion ist er selbstverständlich fremd geblieben.
Und so sehr auch die spätere Entwicklung der
Religion der griechisch-römisch Gebildeten, die
mit Piaton anhebt, dann etwa mit Poseidonios von
Apamea neu einsetzt, um sich schließlich im
Neuplatonismus zu vollenden, zu einer resignierten
die gewöhnlich (jedoch nicht immer) zugleich als
die weltschöpferischen Potenzen gedacht werden.
An ihrer Spitze steht ein Wesen, das meistens
den Namen Jaldabaoth trägt und schon vielfach
mit dem alttestamentlichen Schöpfergott identi-
fiziert erscheint (daher erklärt sich auch die hier
und da begegnende Veränderung des Namens
Jaldabaoth in Sabaoth: Epiph. Haer. 25, 2. 26,10,
pessimistischen, ja asketischen Anschauung neigte, 60 vgl. den Sabaoth Adamas im System der Pistis
zu einem eigentlichen entschlossenen Dualismus c — v: - «----'—-- ] -^-- ■ <-,,.-.,
ist es hier doch nicht gekommen. Ausnahmen
sind hier und da vorhanden; so kann man hier
die Kreise der sog. Neupythagoreer nennen; bei
Plutarch und Numenius von Apamea zeigt sich
ein stark dualistischer Einschlag (zugleich auch
jedesmal in interessanter Weise starke Spuren
spezifisch orientalischen Einflusses, vgl. Plutarch
Sophia, Register in der Übersetzung von Schmidt
s. v.. Wo die andern Geister Namen tragen —
oft werden sie nur einfach als Engel charakte-
risiert (vgl. die Engelnamen Origenes c. Celsum
VI 30), einmal sind sie bereits zu abstrakten,
hypostasenartigen Wesenheiten geworden (Iren. 1
29, 4) — rinden sich unter diesen Namen meist
eine Reihe alttestamentlicher Gottes Bezeichnungen
151t
Gnosis
Gnosis
1512
fAdonai, EloMm, Jao, El-Schaddai). Daß wir
hier in der Tat eine Grund! ehre der GL haben,
die fast in allen Systemen wiederkehrt, braucht nach
den Darlegungen von A n z (Ursprung des Gnosticis-
mus, Texte u. Unters. XV 4 ; vgl. B o u s s e t Haupt-
probleme 9ff) nicht mehr bewiesen zu werden.
Seihst da, wo (wie z. B. in den valentinianischen
Systemen) die Sieben bereits verschwunden sind
und Jaldabaoth zum ,Demiurg' gräzisiert ist,
zweier aufeinander prallender Religionen wider-
spiegelt, findet sieh übrigens noch in schärfster
Ausprägung im mandäischen System und in den
Mythen von den gefangenen Archonten, denen
wir in der Lehre des Manichäismns und in der
Pistis Sophia c. 139ff. (Schmidt S. 236ff.; vgl.
auch die späteren jüdischen Spekulationen über
die gefangenen Engel im äthiopischen und slawi-
schen Henochbuch, endlich die Anspielung Kol.
finden wir in dessen Charakterisierung als der 10 2, 15. Hauptbrobleme 46ff.) begegnen. Kein
Hebdomas und der Achamoth als der Ogdoas
(Iren. I 5, 2f.) die letzte Spur der alten Lehre.
Es kann auch daran gar kein Zweifel mehr sein,
daß die sieben Geister ursprünglich die sieben
Planetengötter waren. Das ist teilweise den
Gnostikern selbst noch bekannt gewesen (Iren. I
30, 9 sanctam autem hebdomadam Septem Stellas,
quas diount planetas esse volunt). Und in dem
,löwenköpfigen' Jaldabaoth, dessen Name freilich
dämonische Gestalten sind auch die Engel im
simonianischen System, welche die Helena in Ge-
fangenschaft halten (Iren. I 23, 2). In der christ-
lichen G. ist diese Anschauung bereits etwas
erweicht; die , Sieben' gelten nicht schlechthin
als böse Dämonen, sondern nur als halbböse
Wesen, denen die Schöpfung dieser allerdings
vorwiegend bösen, körperlichen Welt anvertraut
ist und unter denen sich in der Regel noch die
nicht mehr zu erklären ist, dürfen wir mit Sicher- 20 rein höllischen Mächte befinden. Und allmählich
heit die mit einer Kronos-Moloch-Gestalt ver-
schmolzene Planetengottheit des Saturn erkennen
(Origenes c. Celsum VI 31 ipad de zy keov-
TOEiSst ägxovtt avfmad-ziv äatgov zov <fra(vorza;
vgl. Hauptprobleme 351ff.). Die Gestalten der
sieben Planetengöttet aber entstammen der ba-
bylonischen Religion, die in späterer Zeit mehr
und mehr sich in der Verehrung der sieben
planetarischen Gestirne konzentriert haben muß
steigt der oberste der Sieben (Jaldabaoth) wieder
fast zum Eang des platonischen Demiurgen auf.
7. Über den Sieben steht in den alten und ein-
fachen Systemen die Gestalt des einen, unbe-
kannten und ungenannten Gottes. Nach dem
Vorhergehenden sollte man vermuten, daß wir
als das Prototyp dieser Gestalt etwa den höch-
sten persischen Himmelsgott Ahura anzunehmen
hätten. Aber allerdings weist kaum eine Spur
(vgl. Diodor. II 301; die spätere Religion der 30 in der Figur des höchsten Gottes der G. noch
mesopotamischen Ssabier, deren Quellen Chwolsohn
[Ssabier Bd. 1-2] gesammelt hat, Bou ss et Haupt-
probleme 21 ff.). Das Siegel auf diese Vermutungen
ist endlich die Tatsache, daß in den Spekulationen
der Mandäer die Sieben noch jetzt mit ihren
babylonischen Planetennamen begegnen (Haupt-
probleme 28 f.). — Ein Novum, das der Erklärung
bedarf, ist dabei freilich hinzugekommen, nämlich
die Degradation der babylonischen Götter zu dämo-
mit Deutlichkeit auf den persischen Lichtgott.
Es läßt sich auch nicht verkennen, daß dem gno-
stischen Urwesen überhaupt keine konkrete, national
bestimmte Gottesgestalt zugrunde gelegen haben
wird, Was hier vorliegt ist bereits halbphilo-
sophische Geheimlehre. So werden wir als Pa-
rallele und zur Erklärung etwa die abstrakte
persische Vorstellung von Zervan akerena (der
unendlichen Zeit) als dem gemeinsamen Ursprung-
nischen Gestalten oder zum mindesten halbbösen 40 Ahura-Mazdas und Angra-Marnyus heranziehen
mittelschlächtigen Wesen. Man wird annehmen
dürfen, daß diese Degradation dadurch zustande
gekommen ist, daß über die spätere babylonische
Religion eine mächtigere Religion gekommen ist,
die ihre Götter auf die Stufe dämonischer Wesen
herabdrückte. Das ist aber aller Wahrscheinlich-
keit nach, da weder die jüdische Religion, gegen
die die G. von Anfang an sich antagonistisch ver-
dürfen, zumal diese persische Spekulation alt ist
und bereits dem Schüler des Aristoteles Eudemus
bekannt war (Damascius ed. Kopp p. 384)^ Und
in der Tat läßt sich nachweisen, daß der mani-
chäische ^atrjQ zov iiey£$ovg kein anderer war
als Zervan (Hauptprobleme 236). Andererseits wird
sich nicht leugnen lassen, daß jene gnostische-
Vorstellung vom höchsten Wesen mehrfache Wur-
hielt, noch die christliche Religion selbst, die jene zeln gehabt haben mag. Es ist neuerdings dai
gnostischen. Lehren bereits vorfand, in Betracht 50 auf hingewiesen , daß namentlich innerhalb des
kommen können, die persische Religion gewesen, -:-**- ~i- = — j — - 1-1-* «.--■.— r ,^..-
zumal sich nachweisen läßt, daß die persische
Religion mit dem Zeitalter Alexanders des Großen
im babylonischen Tiefland die Rolle der herrschen-
den Religion hatte (F.Cumont Textes et monu-
ments rel. aux mysteres de Mithra I p. 8—10.
14. 223ff. 233. Bousset Rel. d. Judentums«
548f.). Bestätigt wird diese Vermutung auch
durch den Umstand, daß in den späteren persi-
vielfach zerrissenen und zerklüfteten Religion s-
wesen Syriens die Idee eines höchsten Himmels-
gottes entstehen konnte, der, mit keinem der be-
stimmten Kultgötter identisch, allen den ein-
zelnen in den verschiedenen Kultzentren neben-
einander stehenden Göttern als der Höchste, Un-
bekannte, gegenübertrat (F. C u m on t Iupiter sum-
mus exsuperantissimus, Arch. f. Religionsgesch .
IX 1906, 323—336; Religions Orientale« 153ff.).
sehen Religionsschriften des Sassanidenzeitalters 60 Es mag also alles zusammengewirkt haben : die-
(den Pehlewischriften) die Planeten ebenfalls als
böse Geister galten, als Dämonen, die bei den»
Ansturm Ahrimans gegen die Himmelswelt ge-
fangen genommen und an den Himmel versetzt
wurden (Bundehesh 3, 25. 5,1 n. ö.: Haupt-
probleme 41f.). Diese schroffere Auffassung
der Planeten als rein dämonischer Gestalten, die
noch deutüeher den ursprünglichen Antagonismus
Gestalt des höchsten Himmelsgottes Ahura Mazda
und die persischen Spekulationen von Zervan, syri-
scher Synkretismus, griechische philosophische Ge-
danken, um jene gnostische Grundidee zu schaffen.
Interessant, aber allerdings durch keine weiteren
Parallelen kontrollierbar ist in diesem Zusammen-
hang das Zeugnis des Lactantius Placidus ad Statu
Theb. 516 (p. 228 Jahnke): Infwüi{<>) autem
iftl»
(jnosis
Gnosis
1514
pkilosophorum magorum Perstte {Per&iäe ?) etiam
•confitmafU revera esse praeter hos deos cognitos,
qui eoluntur in templis, alium prineipem et ma-
jxime dominum, ceterorum numinum ordinato-
rem, de cuitts genere sint soli Sol et Luna, ce-
teri vero, qui oircumferi (siEQtfpsoeXg, Hs. eircum-
ferrt) a spkaera nominantur, eins clareseiint
spvritu. Bemerkenswert ist es auch, daß bereits
Statius an der von Lactantius kommentierten
Ztschr. f. neut. Wissensch. IV 298). Die beim
Aufstieg der Seele von den Anhängern der ,Ophiten'
zu sprechenden Formeln lauten .adpeg /*« yrao-
Üevov MVGVfiaTt 3t£Ka{ht,f>fi£röv < fTtdosg fte zijg arjg
urjzgog (psQovrd aoi ovfißoXov 1 (Origenes c. Celsum
VI 31). In den gnostischen Sakramentsgebeten
der Acta Thomae wird überall die Gestalt der
Mutter gefeiert (c. 50. 27. 39. 133). Im sechsten
Kapitel dieser Acta hat sich ein ganzer Hymnus
Stelle von dieser mysteriösen höchsten Gottheit 10 auf die jungfräuliche Himmelskönigin erhalten.
redet: et triplids mundi swmmum, quem scire
nefastum.
8. Eine wesentlich konkretere Gestalt ist die
der neben dem unbekannten Vater stehenden JftJ-
trjQ. Sie tritt uns in den verschiedensten Ge-
stalten und Verkleidungen entgegen. Sie steht
als höchste Himmelsgöttin Barbelos (vielleicht ver-
stümmelt aus Jlag&evos, s, Art. Gnostiker §2)
unmittelbar neben dem unbekannten und unere-
Im Dienste der Muttergöttin stehen endlich die
unzüchtigen Kulthandlungen bei einer Reihe gno-
stischer Sekten, von denen uns Epiphanius (Haer.
21, 4. 25, 2. 26, 4f.; vgl. Iren. I 31, lf.) zu be-
richten weiß.
Schon der Überblick macht es uns ganz deut-
lich, daß das Prototyp für die Gestalt der gno-
stischen M^ttjq die große vorderasiatische Mutter-
göttin ist (ich erinnere an die Atargatis von Hie-
nannten Gott. Sie ist aber andrerseits die Mutter 20 rapolis [Dea Syria] , die verschiedenen Astarten,
der Sieben, nimmt an ihrer Degradation teil und die syrische Aphrodite, auch an die babylonische
wird zu einem mittlerischen, halb bösen, halb """ ' " . - - -
guten Wesen ; sie ist im mandäischen System als
Namrus (später Ruhä d' Qudsä) (man vergleiche
-die Namrael, Nebrod im manichäischen System)
geradezu eine Oberteufelin geworden. Als Helena
in der simonianischen Lehre ist sie die von den
weltschöpferischen Engeln gefangen gehaltene En-
noia des höchsten Gottes. In ihrer Verbindung
Istar und die persische Anaitis), die hier in
verschiedener lokaler Ausprägung überall erscheint
und vor allem der syrisch-phönizischen Religion
ihr Gepräge gegeben hat. Schon daß die gno-
stische MfjxrjQ vielfach als Mutter der sieben Pla-
netengötter erscheint, läßt daraufschließen, daß
sie die hohe Himmelskönigin darstellt. Und wenn
die vorderasiatische Göttin bald als die wilde
mit den Sieben erscheint sie vielfach als die aus 30 Göttin der wollüstigen Liebe und des üppigen
■dem Pleroma gefallene Göttin, die durch ihren
Fall die Weltentwicklung herbeiführt, als Pruni-
kos (Erklärung des Namens Epiphanius Haer. 25,
4), Sophia Achamoth, Spiritus Sanctus, Pistis
Sophia (diese letzteren Namen charakterisieren
<len allmählich in die G. eindringenden jüdisch-
alttestamentlichen Einschlag, ebenso wie die oben
erwähnten alttestamentlichen Archontennamen) als
ein aus der Lichtwelt gefallener Aeon, der aber
Naturlebens erscheint, bald als die reine Himmels-
königin, als die jungfräuliche Göttin, so ist auch
der gnostische Aeon bald die hohe ernste Jung-
frau (IlaQ&Evixov Hvevfta = üaQ^evog Barbelos),
bald die unreine und gefallene MqzrjQ {IIqovvi-
xog), in deren Dienst die obszönen sakramentalen
Handlungen gestellt werden. An einer gnosti-
schen Figur läßt sich noch am deutlichsten die Auf-
nahme und Verarbeitung einer konkreten Götter-
auch wieder die Erlösung und die Rückkehr zur 40 gestalt in der Spekulation der G. nachweisen :
oberen Welt darstellt. In den Systemen, in denen
die Mr)zr}Q als die gefallene Göttin erscheint, ver-
doppelt sich dann gewöhnlich die Gestalt und
tritt neben und über den gefallenen Aeon die
höhere himmlische Gestalt der nicht gefallenen
Muttergöttin. Und in den komplizierteren Sy-
stemen kommt schließlich eine Verdreifachung
und Vervielfachung dieser Figur vor (Iren. I 29).
Verwandte Gestalten sind endlich die Lichtjung-
an der Helena der simonianischen Sekte. Schon
der Name der Helena deutet darauf, daß hier
ursprünglich die Gestalt einer Mondgöttin vorliegt
(vgl. Röscher Lexikon d. Mythol. s. v. I 2, 1971).
Der Mythus vom Verschwinden, dem Geraubt-
werden der Mondgöttin entspricht der Erzählung
von dem Herabsinken der Helena und ihrer Ge-
fangenhaltung durch die Dämonen. Die pseudo-
clementinischen Rekognitionen kennen noch diesen
frau (s. Register der Übers, von C. Schmidt s. 50 ursprünglichen Charakter der Helena und nennen
v.) in der Pistis Sophia, die Lichtiungfrau und - : - -•—*--*• T — - '" « -><*> ^— i---* ■ ™
der dritte Gesandte im manichäischen System.
Einen wie festen und hervorragenden Platz diese
Gestalt der MrjztjQ in den gnostischen Systemen
einnimmt, tritt am klarsten aus dem, was wir
über ihren Kultus wissen, heraus. In fast allen
sakramentalen Handlungen der Gnostiker, in die
uns die Überlieferung noch einen genaueren Ein-
blick gestattet, spielt die Figur der Muttergöttin
sie einlach Luna (II 9. 12). Der laszive Cha-
rakter der Helena im simonianischen System deutet
auf die Verbindung der Helena-Selene mit einer
syrischen Aphrodite. Wenn Simon die Helena
in einem Bordell in Tyrus findet, so erinnert das
an die Sage, daß die Göttin Isis (ebenfalls viel-
fach mit der syrischen Aphrodite amalgamiert,
Hauptprobleme 81 f.) sich zehn Jahre in Tyrus
der Prostitution hingegeben habe, Epiphan. 'Ay-
eine hervorragende Rolle. Die sakramentalen Ge- 60 xvgeozog c. 104. Ja es wird uns sogar überliefert,
bete in der Pistis Sophia (c. 142) und den so- J -" J; - w ' «'-*-■ in-™
genannten (koptisch -gnostischen) Jeubüchern (II
45 — 47) sind zumeist und in erster Linie an die
Lichtjungfrau gerichtet. In den Sakramentsge-
heten der Markosier (vgL Iren. I 13, 6. 21, 5)
ivird vor allem die Mtjz^q angerufen. Die im
Aramäischen überlieferte Taufformel dieser Sekte
begann ,im Namen der Achamoth* (Hoff mann
daß die Simonianer Statuen des Simon-Zeus und
der Helena- Athena (?) gehabt hätten. Deutlicher
kann der konkrete Polytheismus nicht heraus-
treten. Die Gleichung Helena-Selene berechtigt
aber weiter zu der Annahme, daß überhaupt die
Gestalt der in die Materie versinkenden Pruni-
kos (Sophia Achamoth) usw. die verschwindende
Mondgöttin als Prototyp hatte (vgl. Eustathius
vi uuoia
zu Homer IV 121 p. 1488, 21 *bg ix rov xaza
^eXtfvijv x6<Xfiov Tisoovoav Hat a$&i$ 8s avto ajvra-
yrjvat avzijv (sc. die Helena) iftv&svoavzo , sjiei-
Sav dt* ixsivris xai Atoc ßovlal r}vvoih}oav). Zu
"bemerken ist endlich noch, daß zu der hervor-
ragenden Stellung der MtjztjQ in den gnostischen
Systemen eine Parallele vorliegt in der Rolle,
welche die Hekate in den sog. Oracula Chal-
daica und in der späteren Ausgestaltung der
orphischen Mysterien einnimmt (Kroll De ora- 10 terer persischer Spekulation läßt sich nach-
Spekulationen (vgl. hier Usener Eh. Mus, N. F.
58). Sowohl in Ägypten wie iü Babylon liebte-
man es, die Götter in Triaden (von Vater, Mutter,.
Sohn) anzuordnen. Näher noch lagen die Pa-
rallelen auf syrischem Eeligionsgebiet (eine Drei-
heit von Göttern in Hierapolis-Mabug [Lucian}
de dea Syria 33, wahrscheinlich auch in Helio-
polis-Eaalbek und in Edessa, Cumont Textes
et Monuments I 207, 3). Auch eine Trias spä-
culis chaldaicis 27f.).
9. Zu diesen Gestalten des unbekannten Va-
ters und der Mutter tritt dann in den verschie-
denen gnostischen Systemen die Teiche Figuren-
welt des gnostischen ,Pleroma' allmählich hinzu.
Hier lassen sich kaum noch gemeinsame Grund-
linien ziehen. Doch kehrt hier eine bemerkens-
werte Gestalt in einer ganzen Reihe von Systemen
wieder und kann deshalb zum wurzelhaften Be-
weisen (Ormuzd, Spendarmad, Gayomard = Ur-
mensch, Hauptprobleme 336). Aus der gnostischen
Trias wurde dann leicht, indem auch der Sohn
eine weibliche Syzygos erhielt, eine Tetras. Und
nun konnte das Spiel endlos weiter gehen bis zw
den ausgebildeten Systemen der Barbelo-G., der
Valentinianer, der Pistis Sophia usw. (die ein-
zelnen Systeme s.v.). In einigen, aber wenigen*
Systemen wurde dabei die Anordnung der langen-
stand der Spekulation der G. gerechnet werden. 20 Aeonenreihe in Syzygien ein beliebtes Mittel,.
Das ist die Figur des Anthropos. So standen " ' ....
im System der Barbelo-G. ursprünglich an der
Spitze der unbekannte Vater, die Barbelo und
der Anthropos. Erst in der Überlieferung ist
an die Stelle des Anthropos der Christos ge-
treten (Beweis : der Name des unbekannten Vaters
HQOizavßQomos-, vgl. auch das nachmalige Wieder-
kehren der Trias Autogenes, Aletheia, Adamas
(Anthropos) im weiteren Verlauf des verwickelten
Ordnung in die bunte Welt zu bringen. Mau
mag sich dabei daran erinnern, daß die bekannte-
babylonische Kosmogonie bereits mit derartigen
Syzygien begann. Auch in ägyptischen Speku-
lationen werden die Götter paarweise und nach
dem Geschlecht geordnet (ähnlich aber doch anders
die Ordnung im Sanchuniathon des Philo« von
Byblos). Andere gnostische Systeme bevorzugen,
andere Ordnungen. Gemeinsame Grundlinien lassen
Systems, Iren. I 29, 3). Dasselbe gilt vom Sy- 30 sich hier kaum mehr ziehen.
stem der ,Gnostiker', Iren. I 30. Der Kern der
valentinianischen Ogdoas ist die Trias: Ilar^Q,
'AAtj&sia, "Av&qcotws (Bythos und Sige sind wohl
vorgeschoben, Logos und Zoe vielleicht unter
johanneischem Einfluß in das System hinein-
geraten; Hauptprobleme 163). Dieselbe Trias
, Vater, Mutter, Urmensch' steht an der Spitze
der manichäischen Theogonie. Die Gestalt dieses
,Urmenschen' ist allerdings in den uns überlie-
Die Vorstellung, daß man in der Welt und
unter der Herrschaft der Sieben lebe, verband sich,
ferner mit der Gedankenwelt des astrologischen
Fatalismus. Der Gedanke an das unabwendbare
Schicksal, die Eijuagfiivt) , als deren Repräsen-
tanten die Sieben gelten konnten,, legte sich mit
furchtbarem Druck auf das Bewußtsein (vgl. etwa
hierzu Excerpta ex Theodoto 69n\, Hippolyts Aus-
führungen über die Peraten, Pistis Sophia c. 111
ferten gnostischen Traditionen durch die ver- 40 131— 133 usw.). So entstand die leidenschaft-
^ an A* a ßoc*-H -w ;„ Ai~ v„*™: :„i,-_a™ liche g e h nsuc h ti f re i m wer den von der Herr-
schaft der Sieben, von der Welt der Heimarmene
(vgl. Reitzenstein Poimandres 68ff.).
10. Infolge ihres Dualismus ist die gnostische
Weltanschauung in ganz besonderem Maße auf
den Erlösungsgedanken angelegt. Demgemäß
nehmen Erlösungsmythen, Erlösergestalten ganz
und gar das Zentrum in der gnostischen Speku-
lation ein. Eine solche Erlösergestalt ist vor
wandte Gestalt der in die Materie versinkenden
Prunikos-Sophia verdrängt und vollständig sche-
menhaft geworden; fast nur der Name hat sich
gehalten. Eine Ausnahme macht nur die uns
in Hippolyts Philosophumena überlieferte , aus
heidnischer G. stammende Lehre der ,Naassener ( .
Nur aus ihr können wir entnehmen, welch eine
Rolle diese Figur vielfach in der gnostischen Phan-
tasie gespielt hat. Dafür begegnet uns diese in
reinerer und deutlicherer Ausprägung noch auf 50 allem die des Urmenschen. Welche Bewandnis
dem Boden der rein heidnischen G., im Poiman-
dres des hermetischen Corpus und in der wirren
und phantastischen Literatur, die mit dem Namen
Bithys, Zosimus, Iamblichos umschrieben werden
kann (Reitzenstein Poimandres 102ff.), nicht
zum wenigsten auch im manichäischen System.
(Auf die besondere Ausgestaltung dieser Speku-
lation im pseudoclementinischen Schriftenkreis und
in späteren jüdischen Spekulationen mag nur im
es auch mit dem Ursprung und der Herkunft
dieser in der Religionsgeschichte so ungeheuer
weit verbreiteten Figur haben mag, ihr Sinn und
ihre Bedeutung in der gnostischen Spekulation
ist klar. Aus der Lehre der Naassener wie aus-
dem Poimandresmythus im Corpus Hermeticuni
und aus dem Urmenschenmythus des Manichäis-
mus geht das ganz deutlich hervor. Der Ur-
mensch ist ein himmlischer Aeon, der in der Ur-
Vorübergehen hingewiesen werden, Hauptprobleme 60 zeit in die Materie hinabsank, hin abgelockt wnrdfr
171ff. 194ff.; über Herkunft und ursprüngliche
Bedeutung der Lehre vom Urmenschen: Haupt-
probleme 215ff.
So tritt, bald mit geringerer, bald größerer
Deutlichkeit an die Spitze der gnostischen Sy-
steme eine Trias : Vater, Mutter und Sohn. Auch
hier zeigen sich die Spuren ursprünglichen kon-
kreten Polytheismus in der Welt der gnostischen
bezw. durch feindliche Mächte besiegt und fest-
gehalten wurde. Mit seinem Fall oder seiner
Besiegung begann die Schöpfung, die widernatür-
liche Vermischung disparater Welten. Aber vor»
Urmenschen heißt es dann auch, daß er den
Weg in die oberen himmlischen Welten gefunden
hat oder befreit ist. So wird die Geschichte des
Urmenschen zu einem wirksamen Symbol für das
Geschick aller der zur höheren Welt Berufenen,
die jetzt hier unten in Finsternis und Verderben
schmachten. Nebenbei sei bemerkt, daß der My-
thus vom Urmenschen auch in die Attismyste-
rien übergegangen ist. Die Liebe des Attis zur
Nymphe wird auf das Versinken des Urmenschen
in die Materie, seine durch die Göttin gewirkte
Verschneidung auf dessen Befreiung aus der
Sinnenwelt gedeutet (Reitzenstein 82f. Haupt-
probleme 184ff.).
Eine Parallelfigur ist die der in die Materie
versinkenden Sophia. Nur haben wir es hier nicht
mit der einen Gestalt der versinkenden Göttin
zu tun, sondern mit einem Erlöserpaar oder dem
Mythus von der Befreiung der versunkenen Göttin
durch den Erlösergott. Was nämlich die Be-
richte der Kirchenväter von der Befreiung der
Sophia (Pruuikos) durch den Christus oder (bei
den Gnostikern) von der Erlösung der Achamoth
spät das Haus des Agenor und das Brautgemach
des Kadmos (Nonn. Dionys. XL 346ff.) und feierte
das Fest der Entführung der Europa (der Abend
des Tages hieß xaxtj öxptvrj. Malal. Ohron. p. 31).
Das ist das Milieu, aus dem die Erzählungen von
Simon-Helena, vom Soter und der Achamoth er-
wachsen sind.
Noch ein dritter Typus eines Erlösungsmythus
begegnet im Gebiet der G. : Der Erlöser ist eine
10 himmlische Gestalt, die vom Himmel auszieht,
die bösen Mächte der Tiefe und der Finsternis
zu bekämpfen. Unerkannt und mit mächtigen
Zaubennitteln ausgerüstet steigt er durch die ver-
schiedenen Welten der Finsternis hinab, er kämpft
mit den Mächten der Finsternis und entreißt ihnen
das Geheimnis ihrer Macht, oder wird von dem
Ungeheuer der Tiefe verschlungen und tötet es
von innen heraus. (Motiv des babylonischen Mar-
duk Tiämatmythus). Am deutlichsten tritt diese
durch den Soter (bei den Valentinianern , vgl. 20 Gestalt hervor in dem Mändä d' Haje bezw. dem
den Erlösungsmythus der Pistis Sophia) berichten, n:wi v;™ä j„_ j.::__v™ o__u_i^.„ ta — j
das hat mit der Erlösergestalt des historischen
Jesus und der durch ihn vollzogenen Befreiung
ursprünglich wenig oder gar nichts gemeinsam.
Ursprünglich lag hier ein konkreter Mythus, der
von der Befreiung einer verschwundenen oder ge-
raubten Göttin durch den Erlösergott und ihrer
darauf erfolgenden Hochzeit handelte, vor. So
heißt es in der Überlieferung bei Hippolyt (Ke-
Hibil-Ziwä der mandäischen Spekulation (6. und
8. Traktat des Genzär.). Auch der Urmensch im
manichäischen System trägt die Züge dieser Ge-
stalt, nur daß er hier nicht der siegende, son-
dern der besiegte Heros ist. Spuren dieses Mythus
aber finden wir auch bei den im engeren Sinne
gnostischen Erlösergestalte)). Das unerkannte
Hinabfahren durch die Welten der Dämonen mit
Hilfe der mächtigen Zauberformeln, der Kampf
tut. VI 34), daß der valentinianische Soter mit 30 mit den dämonischen Mächten hat sich hier viel-
der Sophia (Achamoth) siebzig Söhne (Himmels-
götter) zeugte! (Vgl. Genaueres Hauptprobleme
260ff.; ein schwacher Nachklang dieses Mythus
im Brief an die Epheser 5, 25—32). Dieser My-
thus ist dann in der G. spekulativ und mystisch-
praktisch umgestaltet, man fand auch in ihm
(Genaueres unten) das wirksame Symbol für die
selige Hoffnung der Gnostiker. Ein derartiges
Erlöserpaar bilden übrigens auch Simon und
fach gehalten (Hauptprobleme 239f.). Vor allem
gehört die Erlösergestalt in der , Perle' der Acta
Thomae — als solche hat man sie neuerdings
richtig erkannt (Preuschen Zwei gnostische
Hymnen 1904, 45ff.) — die ausgesandt wird, die
Perle dem Drachen zu rauben, in diesen Znsammen-
hang. Und dieser Mythus ist es, der deutlich
und erkennbar in den christlichen Ausmalungen
der Hadesfahrt Christi weiterwirkt (Hauptpro-
Helena ; und da wir als Prototyp der Helena die 40 bleme 257fi\). Wir werden vielleicht nicht fehl-
Gestalt der verschwindenden (geraubten) Mond-
göttin erblicken durften, so werden wir auch in
dem Gottbefreier einen bestimmten Gott (Sonnen-
heros?) vermuten dürfen. Man hat vermutet,
daß es etwa in Tyrus eine Sage gegeben habe,
nach welcher Melkart auszieht, die verlorenge-
gangene Astarte wiederzusuchen (Duncker Ge-
schichte d. Altertums & I 330, in Anlehnung an
Movers Kombinationen). Doch ist ein solcher
ehen, wenn wir alle diese Erzählungen und Spe-
Eulationen auf den Mythus von dem täglich in
die Dunkelheit hinabsinkenden und nach dem
Kampf mit den Dämonen der Finsternis siegreich
emportauchenden Sonnengott beziehen.
11. Diese Erlös ungsmythen hängen auf das
engste mit der anthropologischen und soteriolo-
gischen Grundanschauung der G. zusammen, mit
denen man zum eigentlichen Kern der gnostischen
Melkartmythus nicht nachweisbar. Vor allem 50 Religion gelangt. Für die ganze Bewegung cha-
wird hier die Kadmos-Europa-Harmonia-Legende
herangezogen werden müssen, (Kadmos [vielleicht
in Zusammenhang zu bringen mit a-tp, Adam
Kadmonai, Urmensch] sucht die verlorene Schwe-
ster Europa, heiratet die Harmonia ; die verloren
gegangene und wiederaufgefundene Göttin ist hier
in zwei Figuren, Schwester und Braut, gespalten),
Sidon scheint der Hauptsitz dieses Mythus ge-
wesen zu sein, vgl. [Lucian] de dea Syria 4.
rakteristisch ist hier zunächst die Trennung der
Menschengeschlechter in zwei prinzipiell geschie-
dene Klassen, deren eine den höheren Lichtfunken
in sich trägt, deren andere ganz dieser niederen
sinnlichen Welt angehört. Diese Überzeugung
teilt eigentlich die G. mit allen ausgebildeten
Mysterienreligionen (Trennung der Menschen in
Eingeweihte und Nichteingeweihte). Sie ruht
auch bei ihr, wie in den Mysterienreligionen,
Athen. XIV 77 p. 658 ; besonders wichtig für die 60 wesentlich auf der Grundlage ausgebildeter sa-
postulierten Zusammenhänge Lucian. a. a. O. Hier t -~ i - 1 ™ ü -= i-i--;* /- -^ -l-i * ~v„_
wird ein Heiligtum der Astarte in Sidon erwähnt,
'Aozdgtijy ö' iytb Sox£ü> ^eZtjrairjv fyftsvat ■ mg
ös ftot rig Ttöv igeo>v äzyyhzo, Evqüjwjs iazi zf};
Kä&fiov ädeXtpsqs bisidtj xe dtpavijg kyeyovtEV,
oi <Potvtx£i z$ vtj<p hiprjoavTO xai Xoyov uqov
&t avzjj els^av. Aber auch in Tyrus ist der
Mythus zu lokalisieren. Hier zeigte mau noch
kramentaler Frömmigkeit (s. u.), bekommt aber
dann in dem Dualismus der G. eine fundamen-
tale Begründung und eine besonders scharfe prin-
zipielle Ausprägung. Besonders schroff wird diese
Anschauung von Satomil ausgesprochen (Iren. I
24, 2 duo enim genera plasmata esse ab an-
gelis dixü) ; auch in der heidnischen G. des Cor-
pus Henneticum (vgl z. B. im Corpus Henneticum
\J UVBiO
J 10, 19 [niete] die Ausführung über die prinzipiell
verschiedenen Seelen, ymx^t svoeßfe und aosfäs ;
besonders aber die lehrreichen Ausführungen im
xgaryo [4] darüber, daß nicht alle Menschen den
vovg besitzen und dieser nur durch das Mysterium
des ßcumofide erworben wird). Dieser Hochmut
der Gnostiker, mit dem sie sich als siaideg
üeov über alles, auch über Dämonen und Götter
erhoben dünken, tadelt Plotin (a. a, 0, § 5).
phia mit dem Soter in der himmlischen Hochzeit
vereinigt wurde, so sehnt sich der Gnostiker nach
der Vereinigung seiner Seele mit den Engeln des
Soter. Auch die Lehre vom Urmenschen bekommt
ihre anthropologische Wendung, die in diesen Zu-
sammenhang hineingehört. Der in die Materie
versinkende und aus ihr sich wieder emporhebende
Urmensch wird zum Symbol der gnostischen Gläu-
bigen, deren höheres Wesen ebenfalls in diese
Es ist eine spät eintretende Vermittelungstheo- 10 niedere Sinnlichkeit gefesselt ist und sich aus
i™; ™nn m* ^lw;«;™^^ a^„i„ r™i „ b ihr zu befreien strebt. Besonders deutlich kommt
das im Poimandresmythus (Corpus Hermeticum
1, 15) zum Ausdruck (xal dia tovto — wegen
seiner Abstammung vom *Av$Q<»jiog — Ttagä utavxa
ra im yfjg £ä>a btjzlovg sozir 6 av&QWJios, {hijrog
fth $ta %q Gtöjia, äddvajog 6s öta tov oiraitodi]
ävß(>(ojTov). Auch die Ausführungen der Naas-
sener (Hippolyt. V 7ff.) und dann später die mani-
chäische Religion bewegen sich in derselben Grund-
logie, wenn die valentinianische Schule (vgl. k. B.
Excerpta ex Theodoto 56) zugunsten eines er-
träglichen Verhältnisses mit der organisierten
Kirche die Dreiteilnng in Pneumatiker, Psychiker,
Hyliker einführte und so den Gläubigen deT
Kirche eine gewisse Mittelstellung und die wenig-
stens teilweise Erreichbarkeit des Seligkeitszieles
zugestand. (Außerhalb der valentinianischen
Schule findet sich diese Dreiteilung nur in spä-
teren Weiterbildungen gnostischer Systeme : bei 20 idee. Diese Anthropologie erfährt bei einer Reihe
nan "Wflooc'jaTHiTFri Ri tvtw\1 tt+ "P/vfn4» \T fi. Vt«! T-*-in4-in Mn ^ n i^A^. C»U AM 1_ _: T. J-„_ Tr __i*
den Naassenern Hippolyt. Refut. V 6 ; bei lustin.
ebd. V 27 p. 230, 81ff). Und wie das Menschen-
geschlecht in (ursprünglich) zwei streng getrennte
Klassen zerfällt, so birgt auch der fromme Gno-
stiker zwei verschiedene Wesenheiten in sich,
eine höhere, aus der Welt des Lichts und des un-
bekannten Vaters stammende, und eine niedere,
dieser schlechten körperlichen Welt der Finster-
nis angehörige, aus der jene höhere Wesenheit
gnostischer Sekten noch eine besondere Kompli-
kation, die mit der Lehre von den sieben welt-
schöpferischen planetarischen Mächten zusammen-
hängt. Man nahm an, daß die Seele des Men-
schen bei ihrem Herabsinken in die Welt der
Materie durch die sieben Planetensphären be-
stimmte Eigenschaften niederer Art von den ein-
zelnen Planetengötter q annehme und erst mit
diesen Kleidern und Hüllen in den Leib eingehe.
sich nur mühsam befreien kann. Wie aber ist 30 Astrologischer Glaube an den Einfluß der Ge-
es überhaupt zu dieser Zwiespältigkeit im Wesen
der Menschen gekommen ? Wie ist ursprünglich
jene höhere Wesenheit, der Lichtfunke (Unw&rjQ),
in den irdischen Menschen hineingekommen?
Darauf antwortete ein weitverbreiteter Mythus
von der Schöpfung des Menschen, in welchen sich
spezifisch gnostische Phantasien mit platonischen
(Timaiosmythus) und alttestamentlichen (Genesis
1—2) Einflüssen verbanden. Der Leib des Men-
stime auf den Charakter des Menschen hat sich
hier mit einer supranatnralen Anthropologie ver-
bunden. Die Lehre hat eine übeT die G. hinaus-
gehende Verbreitung gehabt. Beim Vergilscho-
liasten Servius (Aen. VI 714, vgl. XI 51; vgl.
die Parallelen bei Arnobius adv. nat. II 16. 28)
werden die betreffenden Spekulationen auf die
.Mathematici', doch wohl chaldäische Astrologen,
zurückgeführt. (Schmekel Philos. d. mittleren
sehen ist danach aus der Materie von den weit- 40 Stoa 112, 130 führte die Stellen auf Varro, in
schöpferischen Mächten (den Sieben) gebildet.
Und in den hilflos am Boden liegenden Leib ist
dann aus der oberen Welt der göttliche Funke
hineingekommen. Die schöpferischen Engel wußten
nicht, wie das geschehen sei, oder : der Demiurg
hat, von der Sophia veranlaßt, das höhere himm-
lische Pneuma dem Menschen eingeblasen, ohne
zu wissen, was er tat ; jedenfalls hat so der Mensch
von Anfang an ein höheres Wesen in sich, als
direkt auf Poseidonios zurück; seine Ableitung
ist starken Zweifehl begegnet ; vgl.Agahd Jahrb.
f. klass. Philol. Suppl. XXIV 1898, 107ff. Viel-
leicht ist Cornelius Labeo als die gemeinsame
Quelle anzusehen, Kroll Berl. philol. Wochenschr.
1906, 487. Cumont Relig. orientales 1906, 294).
Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Ma-
crobius im Somnium Scipionis I 11. 12. Inner-
halb der G. begegnet man den Spuren der Lehre
seine leiblichen Schöpfer. Dieser Mythus be- 50 an vielen Orten. Die Darstellung des Mythus
gegriet uns überall in mannigfachen Variationen
bei den verschiedenen Sekten wieder, selbst noch
bei den Mandaern (Iren. I 24, 1 [Satornil]. 30,
6 [Gnostiker]. Clem. ström. II 8.36 [Valentin].
Iren. 15, 6; vgl. Excerpta ex Theodoto ). 2.
50ff. [Valentinianer]. Hippolyt, Refut. V 7 [chal-
däischer Mythus; vgl. die Zosimus - Parallele
Reitzenstein Poimandres 104]. Brandt Man-
däische Schriften 190). Auch der Manichäismns
vom Anthropos im Poimandres ist ganz und gar
auf diese Anschauung gegründet. Von tiqoociq-
rtjuara der Xoytxy tpvyy\ redete Basilides (Clem.
Alex. Strom. II 20, 112), vgl. Valentin (II 20.
114); des Basilides Sohn Isidor schrieb ein Werk
TitQi noootpvovg yvzTjs (ebd. II 20, 113), dem ent-
spricht in der Pistis Sophia die breit ausgeführte
Lehre von dem ovrifuftov ^rsv^ux (c. 111. 131-133).
Auch die Lehre des Bardesanes ist hier heran-
zeigt einen Einschlag dieser Gedanken in dem 60 zuziehen, nach welcher der Mensch ,einen Leib von
Gewebe seines phantastisch-barbarischen Schöp- J — ** -:--o--i-_ .. i. «• ». . i. .w^..i
fungsmythus (Hauptprobleme 471). Bei den Va-
lentinianern sind die Gnostiker der Same, den
die Sophia empfing, als sie den Soter oder dessen
Engel schaute (Iren. I 4, 5. 5, 1. 6, Excerpta
ex Theod. 26 [to dwupegov ojieQfta]. 53 u. ö.). Durch
Vermittlung des Demiurgos ist dieser Same in
die niedere Welt eingegangen, und wie die So-
dem Bösen, eine Seele von den Sieben' hat (Ephraem
Hymn. 53 p. 553 E). Selbst im Manichäismua hat
die Annahme der doppelten Seele noch eine be-
sondere Rolle gespielt (Hauptprobleme 367f.). Be-
merkenswert ist, daß dieselbe Meinung auch bei den
Neuplatomkern erscheint (vgl. die aus Hacrobius
zitierte Stelle; Cumont Rel. orient. 309. Kroll
Oracula Cbaldaica 51, 2. Hauptprobleme 364, 2).
iöai unosis
12. Im engsten Zusammenhang mit alledem
steht die religiöse Praxis der G. Diese ist vor
allem un&'in erster Linie Mysterien-Praxis. Ihrer
ganzen Art. nach gehört die G. völlig in den Um-
kreis der Mysterien-Religionen hinein. Was sie
verkündet, ist kein Wissen im Sinne der Philo-
sophie oder gar deT Religionsphilosophie, son-
dern religiöse geheimnisvolle Offenbarungsweisheit.
Zwischen G. und Pistis haben die Gnostiker ur-
sprünglich keinen Unterschied gemacht; erst der 10
Vermittlnngstheologie des Valentinianismus eignet
er (Liechtenhan a. a. O. 98ff.). Die Gnostiker
berufen sich für die Autorität ihrer Offenbarung
auf alte geheimnisvolle Schriften, auf Propheten
mit barbarischen Namen und uralte Prophetieen,
auf eigene Visionen und ekstatische Zustände
(Liechtenhan Die Offenbarung im Gnosticis-
inus 5—43). Mau teilt den Mysten diese ge-
heimnisvolle Weisheit mit und scheidet streng
zwischen dem exoterischen und dem esoterischen 20
Wissen (besonders charakteristisch Brief des Ptole-
maeus an "Flora, Epiph. Haer. 33, 7), Man wahrt
das Geheimnis der Außenwelt gegenüber: Si
■bona fide quaeras, concreto vultu, suspenso super-
cÜio, Ältum est, aümt (Tertull. adv. Valent. c. 1),
Hippolyt rühmt sich, daß er in den Stand gesetzt
ist, die viele Jahre verborgene geheime Lehre
der Peraten enthüllen zu können (Refut. V 12).
Inhalt der gnostischen Offenbarungs Weisheit aber
ist fast ausschließlich die Erlösung und Befreiung 30
aus der bösen Welt der körperlichen Sinnlichkeit,
der Finsternis und der Bedingtheit durch die
Herrschaft der Gestirnmächte. Die Erlösung aber
vollzieht sich nicht — wenigstens nicht für die
breite Masse der Gnostiker ■ — durch den Einsatz
des persönlichen Glaubens oder des philosophischen
Wissens, sondern in erster Linie durch die reli-
giöse Praxis der geheimnisvollen Handlung (der
Sakramente). Die gnostische Religion ist eine
durch und durch vom Sakrament beherrschte 40
Religion. Die Berichte der Kirchenväter lassen
hier allerdings vielfach im Stich, sie haben sich
für diese Seite der G. weniger interessiert und
blieben am Äußerlichen der gnostischen Speku-
lationen mit ihren Aeonenwesen hängen. Auch
wird ihnen tatsächlich infolge der ängstlichen
Behütung des Geheimnisses vielfach eine klare
Anschauung nicht zu Gebote gestanden haben.
Dennoch sind Ausnahmen vorhanden: der vor-
zügliche Bericht des Irenaens über die Markosier 50
(I 13. 21), die Excerpta ex Theodoto 69ff.. die
Nachrichten des Celsus und des Origenes über die
,Ophianer' (namentlich c. Celsum VI 31 vgl. 22),
die Fragmente des Elxaibuches (Hippolyt. Refut.
IX 13ff.), geben schon ein deutlicheres Bild. Hin-
zukommen uns erhaltene gnostische Original-
stücke : die liturgischen Stücke der Acta Thomae,
vor allem die Berichte der Pistis Sophia und der
sog. koptischen Jeubücher, endlich auch die Über-
lieferung, die wir vom Sakramentswesen der Man- 60
däer besitzen. Im Zentrum der gnostischen Reli-
gion und im unmittelbaren Zusammenhang mit
der gnostischen Grundanschauung stehen jeden-
falls diejenigen sakramentalen Handlungen, durch
welche der scheidenden Seele des Gnostikers die
sichere Auffahrt durch die Himmel (der Planeten-
fursten) zu dem Wohnort des höchsten unbekannten
Gottes garantiert werden soll. Zu diesem Zweck
UÜOS13
i'öaa
werden den Mysten die geheimnisvollen Namen der
Dämonen mitgeteilt, die Formeln, mit denen sie
jene anzureden haben, um sicher bei ihnen zu
passieren, die Symbole, heilige Zeichen, welche
sie vorzuzeigen haben, gegeben (vgl. besonders
Origenes c. Celsum VE 31, zweites (koptisches)
Jeubuch ; Parallelen in den Mithrasmysterien ; c.
Celsum VI 22. D i e t e r i c h Eine My thrasliturgie,
1903; auch in den Oracula Chaldaica Kroll 50ff.
Bousset Archiv f. Religionsgeseh. IV 263ff. ;
fast der gesamte Stoff bei A n z Ursprung des
Gnosticismus). Mit diesen Mitteilungen der ge-
heimnisvollen Namen, Formeln und Symbole mag
sich dann oft die Vorwegnahme einer solchen
Himmelfahrt der Seele in der Ekstase ange-
schlossen haben. Der Myste wurde in die Kunst
eingeweiht, sich bereits in diesem Lcibesleben
in der Verzückung zum höchsten Himmel zu er-
heben. Für die Mithrasmysterien läßt sich das
nachweisen (Dieterich Mithrasliturgie) ; auch
die hermetischen Gnostiker kennen eine solche
in der Ekstase sich vollziehende Erhebung der
Gläubigen, Corpus Hermeticum c. 13; inner-
halb der G. finden wir noch manche darauf hin-
deutenden Spuren (über die Valentinianer vgl.
Iren. II 30, 7. III 15, 2; über die Naassener vgl.
Hippolyt. Refut. V 27 p. 230, 76; pseudoclem.
Recogn. 2, 61). Auch andere und bekanntere
Sakramente rücken in den Dienst dieser Vor-
stellungen ein. Vor allem gilt die heilige Weihe
der Taufe als das Mittel, durch welches die
Seele den ihr nachstellenden Dämonen entgehen
könne. Von ihrem Sakrament der anolvzootaig
(einer höheren geistigen Taufe) behaupteten die
Markosier: öta yag tt)v wtoXvTQcooiv dxQartjrovg
Kai aoqaxovg yiveo&at rö> xqittj (Iren. I 13, 6,
vgl. Exe. ex Theod. 22. 81). Dieselbe Idee liegt
vor — nur mehr vom Standpunkt des astro-
logischen Fatalismus aus angesehen — wenn es
Excerpta ex Theod. 78 heißt, daß die Taufe von
der Macht der Gestirne befreie. Vor allem macht
das Ölsakrament (die Ölsalbung) die Seele un-
angreifbar den Dämonen gegenüber, die den
himmlischen Wohlgeruch des Öles (Iren. I 21, 3)
nicht ertragen können (Acta Thomae c. 157,
vgl. c. 132. Acta PMlippi c. 144). Eine Öltaufe
als Sterbesakrament, vi incomprehensibües et
invisibiles prineipibus etpotestatibus fiant, kennen
die Markosier, Iren. I 21, 5. Der Anschauung,
daß die Seele bei ihrem Abstieg aus der Sphäre
der Archonten Kleider und Hüllen (Anhängsel)
niederer Wesenheit annehme, entspricht ,das
Mysterium der Beseitigung der Bosheit der
Archonten^ (eine Art Taufe, vgl. II Jeu c. 44.
48). Auch die obszönen Mysterien, welche Epiph.
Haer. 26, 4. 9 (vgl. 21, 4. Iren, 131, 2) beschreibt
und auf die hier nur kurz verwiesen sei, dienen
dem Zweck der Sicherung der Auffahrt der Seele.
Bei den Valentinianern war die Vorstellung
nachweisbar, daß der Gnostiker, um zur Voll-
endung zu kommen, sich mit seinem Engel, wie
die Braut mit dem Bräutigam, verbinden müsse.
Vorbildlich ist dabei die Ehe der Achamoth mit
dem Soter. Demgemäß läßt sich nun auch bei
ihnen ein Sakrament des Brautgemachs {wwpdiv)
bezw. des jrvevfiaTtxog yäfiog nachweisen (Iren. I
21, 3; vgl. Hippolyt. Refut. V 8 p. 164, 86f. über
die Naassener). Der Myste wurde ins Brautgemach
geführt und erlebte hier seine , Vereinigung' mit
dem himmlischen Bräutigam. Es scheinen sogar
noch Fragmente einer Liturgie des Mysteriums
des sivevfiazixog yapos — allerdings in einer
entstellenden Überarbeitung — erhalten zu sein
(Iren. I 13, 2. 3). Ja möglicherweise hat bei
diesem Sakrament noch der Phallus irgend eine
Rolle gespielt (Tertull. adv. Valentin. 1 und
dazu Dieterich Mithrasliturgie 125).
Bedeutung und kultischen Wert bekommen.
Andererseits finden wir auch direkt Ubertini-
stische Sekten mit kommunistischem Einschlag
(Adamiten, Prodikos, Karpokratianer). Die spä-
teren großen gnostischen Schulen (Basilides^
Valentin, Pseudoclementinen usw.) nehmen eine
vermittelnde Haltung mit starker asketischer
Tendenz ein (vgl. Corpus Hermeticum VII u. ö.).
So finden wir in der G. wie in der sich eben-
Auch m den mannigfaltigen Tauf riten( Wasser- 10 falls in der Richtung der Askese entwickelnden
taufe, Ölsakrament) wie in den eucharistischen
Gebräuchen findet sich viel Eigentümliches und
religionsgeschichtlich Wertvolles. Das in der
christlichen Überlieferung mit der Taufe eng
verbundene Sakrament der Versiegelung (Brand-
markung), das hier zur Sitte des über dem Täuf-
ling zu machenden Zeichens bezw. der Nennung
des Namens abgeschwächt ist, begegnet uns hier
noch in seiner ursprünglichen reinen Gestalt. So
genuinen christlichen Kirche die verschiedensten
Schattierungen nebeneinander. Die Linien laufen
hier so ineinander, daß es unsicher bleibt, ob-
wir z. B. bei den apokryphen Apostelakten spezi-
fische G. oder gern ein christliche Askese vor uns
haben. Gemeinsam ist aber der gesamten G. die
absolute Verwerfung jedes Gedankens an leibliche
Auferstehung und die entschlossene Annahme des
durch griechische und orientalische Einflüsse be-
pflegen die Karpokratianer ihre Mysten am rechten 20 dingten Ideals der Befreiung der Seele (des höheren
Ohrlappen zu brandmarken (Iren. I 25, 6. Epiph.
Haer. 27, 5, vgl. Clemens Alex. ecl. prophet. 25
auf Grund der Zeugnisse des Heracleon). Eine
große Rolle spielt die Versiegelung in den koptisch-
gnostischen Schriften, vgl. Hauptprobleme 287
(Parallelen in den Mithrasmysterien Tertull.
praesc. haeret. 40; Stigmatisierung bei den Syrern
im Kult von Hierapolis, Lucian de dea Syria
59). Bei einer Reihe gnostischer oder halb-
Bestandteils der Menschen) vom Leibe.
Natürlich findet sich endlich bei der fort-
geschrittenen und entwickelten G. eine Vertiefung
des Begriffes yvwoig (ursprünglich mysteriöse,
offenbarte Weisheit) und eine Überwindung des
rein oder vorwiegend sakramentalen Charakters
der gnostischen Religion. Die geheimnisvolle
Weisheit entwickelt sich zu dem, was wir Welt-
anschauung und Erkenntnis nennen können; aus
gnostischer Sekten ist der Taufkultus überhaupt 30 den Theosophen und Mystagogen werden wenigstens
fast ein und alles geworden und das Element ^ 1U ~ TTL - 1 •—- TT - J 3 - ™~* J ---- f
des Wassers eine verehrungswürdige Gottheit.
Zu vergleichen sind hier die Nachrichten über
die Elkesaiten; die verschiedenen jüdischen,
samaritanischen judenchristlichen Taufsekten, die
Mandäer, ferner derpseudoclementinische Schriften-
kreis (für die Verbreitung des Taufritus spricht
sein Vorkommen selbst in den Kreisen der so
stark h eilen isierten hermetischen Gnostiker; vgl.
den xQaxTjQi c. 4 des Corpus Hermeticum). — Eine 40
Fülle von Material für die Geschichte des Tauf-
sakraments und der mit der Taufe vielfach ver-
bundenen Sakramente (Versiegelung, Namen-
nennung), für die mannigfachen Auffassungen und
AVertungen dieses Sakraments ist hier gegeben.
Ganz eigenartige sakramentale Handlungen liegen
übrigens noch in den koptisch-gnostischen Schriften
(Pistis Sophia, Jeubücher) vor.
13. Mit dem Mysterienkultus und der duali-
stischen Grundanschauung ist weiteT die praktisch- 50 (vgl. o. die bestimmten Nachweise einer vorchrist-
halbe Philosophen. Und die Erkenntnis kann
dann wohl als ein wertvolleres Gut gelten als
alle Sakramente. Excerpta ex Theodoto 78:
eouv 6e ov ro kovtQov (xövov to Eksv&SQOvv, aXla
xai -fj yvwaig - tiveg rjfisv, zi yeyovafiev, Fj Ttov
£V£ßXr}-{fa)fi£V szov ojzevöo/iizv , jiö&sv kvTQovftzd-a
xi ysvvrjotg, xl ävaysvvrjatg (vgl. einige Markosier
bei Iren. I 21, 4 und den hermetischen Ausspruch
in Zosimos' Buch Q, Reitzenstein 103),
14. So stellt sich die G. in erster Linie als
eine synkretistische Erscheinung auf dem Boden
der sicli auflösenden antiken Religionswelt dar,
die sich fast ohne irgend welchen Seitenblick auf
die christliche Religion betrachten läßt. Das ist
zugleich der beste Beweis dafür, daß die gesamte
Erscheinung tatsächlich nicht als ein Seitenzweig
des Christentums anzusehen ist. Sie war vor
diesem vorhanden und hat sich als eine schon
ausgestaltete Religion mit diesem amalgamiert
sittliche Grandanschauung der G. gegeben. Sie
ist eine im wesentlichen asketische. Doch ist die
praktische Haltung der Gnostiker keineswegs
uniform. Eine absolut asketische Haltung (Ver-
bot der Ehe, Verbot des Genusses von Fleisch
und Wein) ist uns nur bei einigen Gnostikern
überliefert (Satornil, Marcion, ein Teil der Archon-
tiker, Epiph. Haer. 40, 2; vgl. Hippolyt. Refut,
V p. 370; Severianer, Tatian, Enkratiten), Bei
liehen gnostischen Religion). Dagegen scheint
die Beziehung der gnostischen Sekte zum Juden-
tum bereits vorchristlich zu sein, die alttestament-
lichen Einflüsse tiefer zu liegen, als die neutesta-
mentlichen. So hat Brandt (Relig. d. Mand.)
seiner Zeit nachgewiesen, daß die Auseinander-
setzung des Mandäismus mit dem Judentum
älter sei als die mit dem Christentum. So hat
Reitzenstein (Poimandres) in der Darstellung
andern Gnostikern ist die Askese in Libertinismus 60 der Naassener bei Hippolyt die neutestament-
umgeschlagen. Doch hat der hier nachweisbare
(Epiph. Haer. 21. 25. 26, vgl. Iren. I 31, 2
II. Buch Jeu c. 43) obszöne und widernatürliche
Geschlechtsverkehr teilweise wiederum den End-
zweck, die natürliche Fortpflanzung des Menschen-
geschlechts aufzuheben und so die Befreiung von
der Materie herbeizufuhren, so daß die unzüch-
tigen Handlungen hier geradezu sakramentale
liehen Einflüsse leicht ausscheiden können, aber
nicht die alttestamentlichen. Die Polemik gegen
den Judengott als den obersten der , Sieben'
(ebenfalls erst eine spätere Eintragung, s. o.)
erweist sich hier und da als noch nicht vom
Christentum bestimmt, vielmehr erscheint Jalda-
baoth-Sabaoth noch deutlich als der Herr des
den Völkern verhaßten und die Völker hassenden
1525
Gnosis
Unosis
1526
Judentums; der nationale Gegensatz ist der be-
stimmende (Lren. I 24, 2 [Satornil]. I 24, 3 [Ba-
siÜdes]). Die Identifikation der gefallenen Göttin
(jiaQ&evog Barbelo, Prunikos) mit der Sophia,
Achamoth und gar dem Spiritus Sanctus erklärt
sich aus dem vorchristlichen Antagonismus gegen
das Judentum. Namentlich kann die hier voll-
zogene Degradation des Spiritus Sanctus (aus
Gen. 1 erklärlich) nicht als ein Gedanke der
christlichen G. begriffen werden. Die Berührung
der G. mit dem Judentum war aber freilich eine
vorwiegend feindliche; immerhin hat das Juden-
tum (namentlich durch die Erzählungen des Alten
Testaments) schon vor dem Aufkommen des
Christentums seinen Beitrag zu dem großen
Synkretismus der G. geliefert.
15. Dagegen haben G. und Christentum sich
sehr bald nach dem Aufkommen des letzteren
mit magnetischer Kraft gegenseitig angezogen.
Diese Anziehung ging von einem bestimmten
Punkt aus, nämlich von dem Erlösungsgedanken
der neuen Religion und der christlichen Erlöser-
gestalt. Wesentlich an diesem Punkt ist die
Berührung erfolgt. Eine ganze Reihe gnostischer
Sekten haben nichts anderes getan, als daß sie
die Erlösergestalt Jesus irgendwie in ihr System
einstellten. Die Amalgamierung der beiden Reli-
gionen war dabei eine recht äußerliche und die
Verbindungsnähte sind leicht zu erkennen. So
läßt sich noch nachweisen, daß bei einigen
gnostischen Sekten (Barbelognostiker I 29, 1.
Gnostiker 130,1) der Xgiazog einfach an die Stelle
der spezifisch gnostischen Figur der "Ar&gojrog
getreten ist. Im valentinianischen System ver-
raten von den Aeonen der Ogdoas Aoyog und Zt»r)
vielleicht spezifisch johanneischen Einfluß. Kein
äußerlich sind in der späteren Gestalt der Lehre
die beiden spezifisch- christlichen Figuren Xgioxog
und üvevfxa äytov dem System der 30 Aeonen
angehängt. Am deutlichsten aber zeigt sich das
künstliche Flickwerk in der Darstellung des Voll-
zuges der Erlösung durch die historische Gestalt
Jesu von Nazareth.
Denn der gnostischen Religion war die spezi-
fisch christliche Idee einer auf der Höhe der Ge-
schichte sich vollziehenden Erlösung und eines
in bestimmten geschichtlichen Zusammenhängen
stehenden Erlösers fremd und unerreichbar. Die
genuin gnostischen Erlösungsmythen spielen in
der Urzeit, Am deutlichsten ist das in der Reli-
gion der Mandäer; die Besiegung der bösen Mächte
durch Man da d'Haje oder Hibil Ziwä geschieht
in der Urzeit. Der Mythus im Poimandres vom
Hinabsinken der Urmenschen und seiner Befrei-
ung spielt am Anfang der Welt. Die manichäi-
schen Erlösungsmythen liegen im Anfang alles
Weltwerdens : wo es sich darum handelte, die Per-
son Jesu in diesen Zusammenhang einzuschieben,
ließ man durch ihn die Uroffenbarung an Adam
kommen oder identifizierte ihn mit der erlösenden
Macht des .dritten Gesandten', die den seit Ur-
zeit fortdauernden Erlösungsprozeß leitet (Haupt-
probleme 273). Für den geschieh tlichen Er-
lösungsgedanken war hier überall kein Raum.
Dasselbe ist nun auch, genau besehen, bei der
G. im engeren Sinn der Fall. Und besonders
deutlich tritt die künstliche Einfügung der ge-
schichtlichen Erlösergestalt Jesu in ein vorhan-
denes System bei den Gnostikern des Irenaeus
und den Valentinianern heraus. Der ursprüng-
lich hier heimatberechtigte Mythus von der Be-
freiung der Sophia durch ihren Bruder Christos
(Anthropos) oder der Achamoth durch den Soter
und dem isgog ydfiog der beiden hatte mit der
Gestalt Jesu von Nazareth gar nichts zu tun (s.
o.), so wenig wie bei den Simonianern die Figuren
des Simon und der Helena. Die künstliche Kom-
10 pilation, die hier stattfand, wird daran deutlich,
daß das Erlösungsdrama sich nun in zwei voll-
ständig getrennten Akten vollzieht. Zunächst
vereinigt sich bei den Gnostikern des Irenaeus
(I 30) der Christos mit der Sophia. Die beiden
werden sponsus und sponsa (30, 12). Lose ange-
hängt ist dann die Erzählung von der Vereinigung
des schon mit der Sophia geeinten Christus mit
der menschlichen Gestalt Jesu (bei der Taufe).
Die Valentinianer sprachen es ganz deutlieh aus,
20 daß der eigentliche, für sie in Betracht kommende
Erlösungsakt, das eigentliche Mysterium in der
Vereinigung des Soter mit der Sophia vorliegt,
dem wirkungskräftigen Symbol für die Vereinigung
der Gläubigen mit ihren Engeln , die sich im
Sakrament des Brautgemachs vollzieht. Ausdrück-
lich wird gesagt, daß die Vereinigung des Soter
mit Jesus und das durch diese Verbindung er-
möglichte Erscheinen des Soter auf Erden nur
um der ,Psyehiker' willen vor sich geht (Iren, I
30 6, 1) ; d. h. ihre ganze ,Christologie* nach dieser
Richtung hin erscheint als Konzession an die
katholische Kirche. Noch deutlicher ist es, wenn
die Valentinianer bei Hippolyt behaupten , daß
der auf Erden erschienene Jesus seinem Wesen
nach nur von der Sophia und dem Demiurg
stamme (Refut. VI 35 p. 286, 89ff.), und wenn
sie in der Aufzählung der ,drei Erlöser' den Soter,
welcher die Achamoth befreit, bestimmt von dem
durch Maria geborenen Jesus unterscheiden (Refut.
40 VI 36). Ähnlich liegen die Verhältnisse in der
Pistis Sophia. Ein Mythus von der in der Ur-
zeit geschehenen Befreiung der Pistis Sophia durch
den Befreier (Soter?) ist hier auf Jesus von
Nazareth adaptiert und zum Teil in die Zeit seines
Er den wandeis verlegt. Daher die verworrene Dar-
stellung des Erlösungsprozesses mit seinen schein-
baren Wiederholungen (Hauptprobleme 271ff.).
Wenn so oft in der gnostischen Darstellung der
Erlösung aller Akzent auf das Hinabfahren des
50 Erlösers durch die Welten der feindlichen Dämonen
und deren Besiegung durch ihn gelegt wird, so
erklärt sich das wiederum durch die Annahme,
daß hier die Erzählung von dem mythischen mit
den Ungeheuern der Tiefe kämpfenden urzeitlichen
Erlöser (Typus : Mändä d'Haje, Urmensch bei den
Manichäem) mit der Gestalt Jesu kombiniert ist.
Alles was man Doketismus der Gnostiker nennt,
und die ganze verzwickte Christologie der Valen-
tinianer, ist schließlich nichts anderes als der
60 immer wiederholte Versuch, zwei ganz verschiedene
Auffassungen von Erlösung in der G. und im
Christentum aufeinander zu reduzieren. Die An-
schauung von der wirklichen Bedeutung der Ge-
stalt Jesu von Nazareth ist dabei regelmäßig zu
kurz gekommen. Nur etwa im mar cioni tischen
System haben wir eine ernstliche, aber verzerrte
Würdigung der Bedeutung seiner Erscheinung,
16. Es erhebt sich endlich die Frage, wie die
zwei verschiedenen Beligionssysteme der G. und
des Christentums, die durch eine gewisse Ver-
wandtschaft an einigen wenigen Punkten magnet-
Ärtig sich gegenseitig anzogen, sich in der weiteren
Entwicklung der Dinge beeinflußt haben.
Einen mächtigen Einfluß hat jedenfalls das
Christentum auf die Bewegung der G. ausgeübt.
Die vorchristliche G. scheint sich auf kleine,
sektenartige, in der Weise der Mysterienvereine
abgeschlossene Kreise beschränkt und keinen 10
weiteren nennenswerten Einfluß ausgeübt zuhaben.
Erst indem die G. die Gestalt des Erlösers des
Christentums in den Umkreis ihrer Gedanken auf-
nahm und sich mit dem christlichen Erlösungs-
gedanken amalgamierte , gewann sie wirklich
historische Bedeutung. Erst auf diesem Boden
wuchsen die großen einflußreichen Schulen und
Schalsysteme. Erst hier bekam sie namhafte
Führer und Schulhäupter. Während ihr früheres
Stadium im großen und ganzen dadurch charak-2(l
terisierfc ist, daß die verschiedenen — sich viel-
leicht wenig voneinander abhebenden — Gruppen
einfach als Gnostiker (Barbelognostiker, Ophiten
usw., vgl. die Mandäer) bezeichnet wurden, und
an einzelnen Namen uns etwa nur Simon (Helena,
Dositheus usw.) begegnen, hören wir nun von
Schulen des Basilides, Satornil, Karpokrates,
Valentin (und seiner Schüler) , Bardesanes usw.
Ja Marcion gründet sogar, während den übrigen
Richtungen der Schulcharakter und damit die 30
Tendenz auf Anschluß an die Großkirche erhalten
blieb, eine eigene Kirche mit besonderem Kanon
und besonderer Verfassung, die in manchen Gegen-
den in erfolgreicher Weise mit der katholischen
Kirche rivalisieren konnte. Dieser allmähliche
Einfluß der christlichen Kirche zeigt sich auch
vor allem in der Geschichte der gnostischen Litera-
tur. Auf der ersten Stufe der Entwicklung be-
gegnen wir einer bunten phantastischen Litera-
tur: eigenen Erzeugnissen der gnostischen Sekten, 40
Visionen und Offenbarungen orientalischer Pro-
pheten (Schriften unter dem Namen des Jalda-
haoth, Epiph. 26,8; Apokalypsen des Zoroaster,
Zostrianos, Nicotheos, Offenbarungen des Barkab-
bas und des Parchor (Barkoph usw. wahrschein-
lich = Pakor, persischer Name), Apokalypsen des
Cham (wahrscheinlich = Zoroaster, Hauptprobleme
S69ff.)i de s Seth (ebenfalls wahrscheinlich =
Zoroaster, Hauptprobleme 378ff.), Elxaibuch. Da-
neben beginnt die Pseudepigraphie zu blühen. 50
Durch Schaffung alttestam entlicher und neutesta-
m entlicher Pseudepigraphen sucht man innerhalb
der christlichen Kirche die Offenbarungen der G.
zu legitimieren (apokryphe Evangelien, apokryphe
Apostelakten ; besonders beliebt sind Offenbarungen
<ler Frauen: Evangelium Mariae, große und kleine
Fragen der Maria usw.). Dabei waltet das un-
verkennbare Bestreben ob, durch irgendwelche
Fiktion (mündliche Geheimtradition, geheime Offen-
harungen Jesu in der Zeit zwischen Auferstehung 60
und Himmelfahrt) diese Offenbarungsbücher der
G. gegenüber den in der Großkirche verbreiteten
Schriften als diejenigen hinzusteilen, welche erst
die eigentlichen und höchsten Offenbarungen ent-
halten (Liechtenhan 46ff.). Allmählich hat
man sich dann mehr und mehr der genuinen
christlichen Literatur zugewandt. Wemi Basili-
des TSgijytjTixd zu den .Evangelien' schrieb, so
UliOSlB idzo
wird er (vgl. die Ausdrucksweise Iustins des
Märtyrers) eben die in kirchlichten Kreisen an-
erkannten (drei oder vier?) Evangelien dabei im
Auge gehabt haben. Die valentinianische Schule
operiert in ihrem Schriftbeweis mit unseren Evan-
gelien, auch mit dem vierten, doch mögen die
Beweise aus dem vierten Evangelium erst einer
späteren Schicht der Überlieferung angehört haben
(hiezu Schwartz Götting. gel. Nachr. 1908, 125.
133ff.). Herakleon schreibt einen von Origenes
achtungsvoll behandelten Kommentar zum vierten
Evangelium. Welchen Eindruck dieses Verfahren
der Gnostiker machte, daß sie mit anerkannten
kirchlichen Schriften ihre Lehre zu beweisen be-
gannen, ist aus Irenaeus Prooemium und aus
dem Tatbestand zu ersehen, daß er in umfang-
reichen Partien seines Werkes den Schriftbeweis
der Valentinianer behandelt, Marcions Evangelium
war ein überarbeitetes Lukasevangelium. Es ist
sogar möglich (doch nicht bewiesen), daß Marcion
durch Hinzufügung der Paulusbriefe der Groß-
kirche in der Bildung eines neutestamentlichen
Kanons vorangegangen ist.
Selbst die Stellung zum Alten Testament er-
mäßigte sich allmählich. Der Antijudaismus der
G. ist zwar, wie wir sahen, wurzelhaft und gehört
bereits zu dessen vorchristlichem Bestände. Das
kann man am besten daraus ersehen, daß in der
Würdigung des Alten Testaments noch ein Unter-
schied gemacht wird zwischen Gesetz und Pro-
pheten, and zwar zu Gunsten des ersteren (nach
Basilides stammt das Gesetz vom Demiurgen, die
Propheten von den Archonten Ire«. I 24, 5, vgl.
die Stellung der Gnostiker I 30, 11, vom Satan
stammende Prophetieen gar bei Satornil nach
Iren. I 24, 2). Diese Stellung zum Alten Testa-
ment ist vom christlichen Standpunkt aus un-
begreifbar, erklärt sich aber unter der Annahme,
daß hier samaritanische oder jüdisch häretische,
vorchristliche Einflüsse weiterwirken, und hat tat-
sächlich ihre Parallele in der Stellung der Juden-
christlichen G. zum Alten Testament (z. B. er-
kennt die Grundschrift der Pseudoclementinen
nur das Gesetz, nicht die Propheten an). .Aber
allmählich erweicht sich selbst diese fundamen-
tale gegensätzliche Stellung der G. zum Alten
Testament. Namentlich geschah das wieder in
der Valentinianischen Schule. Und zwar scheinen
die Valentinianer in dieser Stellungnahme zum
Alten Testament vorangegangen zu sein (es muß
in dieser Frage scharf zwischen einer bloßen Be-
einflußung der G. durch die alttestamentliche
Literatur und deren Behandlung als heiliger oder
teilweise heiliger Schrift unterschieden werden).
Die Valentinianer des Irenaeus geben zu, daß
manches im Alten Testament von dem ansQfia
(7irevfj,aTtit6v) und der Mutter (Achamoth), manches
andererseits vom Demiurg stamme (Iren. I 7, 3).
Sie heginnen sich auf Stellen des Alten Testa-
ments zu berufen und diese zu allegorisieren,
d. h. als heilige Schrift zu behandeln (viele Be-
weise im Sehriftbeweis der ptolemäischen Schule
bei Irenaeus, HippoL Refut. VI 55. Eicerpta ex
Theodoto 2. 47. 50 u. ö.). Besonders in dem
Brief des Ptolemaeus an die Flora ist im starken
Gegensatz gegen Marcions Auffassung eine der-
artige maßvolle und besonnene Position entwickelt,
daß diese selbst för Anhänger der Großkirche
1529
Gnosis
Gnosis
1530
zum Teil annehmbar erscheinen konnte (über die
Stellung der Gnostiker zur Schrift vgl. Heinrici
Valentinianische Gnosis u. d. hlg. Schrift, Berlin
1871. Liechtenhan Die Offenb. im Gnostiz.
69—83. Schwartz a. a. O. 133E).
17. Infolge dieser veränderten Stellungnahme
wurde nun der gnostische Schulbetrieb von neuen
Schwierigkeiten bedrückt. Es galt, in ganz
anderem Maße die gnostischen Spekulationen
gegenüber den jetzt auch hier im großen und 10
ganzen anerkannten ,heiligen' Schriften der Groß-
küche — namentlich des Neuen Testaments —
zu rechtfertigen. So ist es leicht erklärlich, daß
gerade die Gnostiker die ersten waren, die nun
die Kunst der ,allegorischen' Erklärung auch auf
das Neue Testament ausdehnten (vgl. die kühne
Behauptung der Valentinianer, daß Jesus einiges
vom Soter, einiges von der Mutter, einiges vom
Demiargen eingegebene geredet habe, Iren. I 7, 3 ;
theoretische Begründung der Allegorese auch in 20
den Evangelien Exe. ex. Theod. 66; über die
Theorien und Prinzipien der gnostischen Allegorese
Liechtenhan 71ff.) , und daß nun gerade von
Gnostikern die ältesten Kommentare (Basilides,
Herakleon) zu Evangelien Schriften angefertigt sind.
Im ganzen scheinen diejenigen Gruppen der
Gnostiker, bei denen einmal der Verschmelzungs-
prozeß mit dem Christentum vorgegangen war
— mit Ausnahme des Marcion — Wert auf ihre Zu-
gehörigkeit zur offiziellen christlichen Gemein- 30
schaft gelegt zu haben. Wider ihren Willen hat
man die Valentinianer aus der Kirche herausge-
drängt (Tertull. de praescr. haer. 30. Iren. III
15, 2; über andere Sekten vgl. Liechtenhan
45, 1). Die für die spätere Ausbildung der G.
charakteristische Unterscheidung zwischen esoteri-
scher und exoterischer Religion erleichterte ihnen
das. Wie dieser Gesichtspunkt praktisch gehand-
habt wurde und wie man mit seiner Hilfe der
gnostischen Religion ein verhältnismäßig unschul- 40
diges und unanstößiges Gepräge geben konnte,
zeigt am besten der Brief des Ptolemaeus an Flora.
Durch die dreifache Unterscheidung der Menschen
in Gnostiker, Psychiker und Hyliker und durch
weitgehende Konzessionen an die Psychiker (die
katholischen Christen) versuchten namentlich die
Valentinianer mit der Großkirche ihren Frieden
zu schließen.
Dennoch erhält man von dieser ganzen Kom-
promiß- und Vermittlungstheologie der späteren 50
Gnostiker den fatalen Eindruck einer vergeblichen
und hoffnungslosen Sisyphusarbeit. Es waren
doch zwei unvereinbare Dinge: die von orientali-
schen Mythologien vollkommen durchsetzte, auf
dem Fundament des schroffsten materialistischen
Dualismus sich erhebende Religion der G. und
die auch von den Phantasien der jüdischen Escha-
tologie mehr und mehr sich abwendende junge
aufstrebende Religion des Christentums! Freilich
war es auch später für Männer wie Clemens und 60
Origenes schwer, von ihrer mit philosophischer
Weltanschauung vermittelten religiösen Erkennt-
nis die Brücke zum christlichen Gemeinde- und
Laienglauben hinüberzuschlagen, und sie haben
in Anlehnung an die gnostischen Häretiker auch
ihrerseits den Ausweg aus den Schwierigkeiten
in der Annahme einer esoterischen und einer eso-
terischen Religion und in der Unterscheidung von
G. und Pistis gefunden. Aber was sich hier voll-
zog: die Amalgamierung der religiösen Anschau-
ung der späteren antiken Philosophie, die seit
der mittleren Stoa (Poseidonios von Apamea) in
steigendem Maße wirklich religiöse Elemente in
sich aufgenommen, mit dem Geist der christlichen,
die materialistisch -jüdische Eschatologie allmäh-
lich abstreifenden Religion — war eben kein aus-
sichtsloses Bemühen. Hier fanden sich zwei
Geistesmächte, die trotz aller Divergenzen zu-
einander hinstrebten und aufeinander angewiesen
waren, allmählich zusammen und schlössen ein
Bündnis von weltgeschichtlicher Tragweite und
Bedeutung. Demgegenüber standen jene Gnostiker
trotz aller Versuche, sich von Phantasmen und
Mythus zu befreien, auf einem verlorenen Posten.
Das Christentum ließ sich in der dumpfen und
schwülen Atmosphäre, aus der die G. hervorging,
nicht halten. Es ist ganz gewiß richtig, daß.
man die späteren Schulhäupter der Gnostiker
nicht nur beurteilen soll nach ihren komplizier-
ten Systemen, aber man darf sie auch nicht nur
nach einigen wenigen Fragmenten religiöser und
sittlicher Äußerungen von hochstehender geistiger
Art beurteilen und dabei vergessen, daß wir hier
Blüten sehen , die doch auf einem sumpfigen
Terrain gewachsen sind.
18. Von hier aus läßt sich zum Schluß die
Frage beantworten, wie weit die Erscheinung der
G. fördernd und bestimmend in den Entwicklungs-
gang der christlichen Religion eingegriffen habe.
Dieser Einfluß war in erster Linie ein mehr
negativer und nur mittelbarer. Die G, hat die
christliche Kirche gezwungen, sich zur Abwehr zu
konsolidieren. Sie repräsentiert die Hemmungen,
welche sich einer gesunden Entwicklung entgegen-
stemmten , aber auch Hemmungen entbinden Kraft.
Wenn sich die katholische Kirche des 2. Jhdts.
in ungeahnt rascher Weise organisierte und kon-
solidierte , sich eine einheitliche und zusammen-
hängende Verfassung (in der Gemeinschaft der
Bischöfe) schuf, wenn sich der Begriff eines Be-
kenntnisses und einer Bekenntniskirche bildete,
wenn ein Kanon heiliger Schriften abgegrenzt
wurde, so war die G. indirekt bei alledem von
gewaltigem Einfluß, so wie das Meer die Küsten-
bewohner zwingt. Dämme aufzuwerfen (dabei ist
auch ein direktes Vorangehen der G. in dieser
und jener Richtung [erstmalige? Schaffung eines
neutestamentlichen Kanons durch Marcion j nicht
ausgeschlossen).
Der direkte Einfluß der G. auf den geistigen
Entwicklungsgang der Kirche darf dagegen nicht
überschätzt werden. Vor allem darf man die
Gnostiker kaum als erste Theologen oder Religions-
philosophen des Christentums betrachten , als
hätten sie vor allen andern das Christentum
erstmalig im Rahmen einer Weltanschauung dar-
gestellt und so die Intellektualisierung (akute
Hellenisierung) des Christentums herbeigeführt.
Die Versuche, das Christentum in den Rahmen
einer Weltanschauung einzuspannen, sind so alt
wie dieses selbst. Schon die jüdische Apokalyptik
ist gar nichts anderes, als Weltanschauung, in
welcher jedes Ding und jeder Vorgang seinen be-
stimmten Platz bekommt. In dem Maße, als
das Christentum sich von der jüdischen Apoka-
lyptik emanzipierte, wurde in ihm das Bestreben
iOOl
unosis
Gnosis
1532
lebendig, sich am Ganzen einer (neuen) zusammen-
hängenden Weltanschauung zu orientieren. Den
gewaltigsten Fortschritt über das Evangelium Jesu
hinaus repräsentieren hier bereits Paulas und
Johannes, so fragmentarisch und so voll unbewußter
Genialität die hier vorliegenden Anschauungen
auch noch sind. Die Logosspekulation der Apolo-
geten läuft den Systemen der G. parallel und
ist ihr nicht etwa nur mühsam nachgefolgt, zu-
mal wenn man sich vergegenwärtigt, daß letztere 10
ursprünglich nichts anderes als phantastische, auf
Vision und Ekstase und geheimnisvoller Tradition
beruhende Mysterienweisheit war und erst bei
den Ausläufern der Bewegung von einem energi-
schen Erkenntnisstreben geredet werden darf.
Nicht hat die G. die Forderung eines intellek-
tuellen Ausbaues der Religion zum erstenmal und
schöpferisch erhoben, sondern sie hat die Frage an
das Christentum gestellt, ob dieses sich mit orien-
talischer — allerdings spiritnalisierter — Mytho- 20
logie und grobkörnigem Dualismus vermählen
wollte, oder mit einer andern Weltanschauung.
Sie hat so indirekt das entschlossene Bündnis
zwischen der religiös gewordenen spätgriechischen
Philosophie und der christlichen Religion be-
schleunigt und mittelbar zur Genesis der großen
alexandrinischen Theologie beigetragen. Aber sie
hat das Bündnis nicht geschaffen, nur durch den
Gegensatz befördert. Man tut den meisten Gnosti-
kern zu viel Ehre an , wenn man sie Theologen 30
und Religionsphilosophen nennt; man wird sie
besser unter die Mystagogen und Theosophen ein-
reihen. Und selbst ihre großen Schulhäupter
haben die Eierschalen der Vergangenheit nicht
abstreifen können, es sind Gestalten, die auf der
Grenzscheide von Neuem und Altem stehen blieben,
und nicht Männer der Zukunft, die ihrer Zeit
vorauseilten.
19. Dennoch wird sich ein positiver Einfluß
der G. an gewissen Punkten und eine Antizipation 40
der später stattfindenden Entwicklung durch sie
nicht leugnen lassen. Indem die G. von vorn-
herein und von ihren vorchristlichen Ursprüngen
an der Religion des Judentums in ihrer gesetz-
lichen und nationalen Beschränktheit feindlich
gegen übertrat, dagegen von der Erlösangsreligion
des Christentums sich gewaltig angezogen fühlte,
hat sie innerhalb des Christentums das Bewußt-
sein von der geistigen Überlegenheit und dem
besonderen Charakter der christlichen Religion 50
gegenüber der jüdischen klarer herausgestaltet
und gefördert. An diesem Punkt kann man allen-
falls hier und da von religionsphilosophischen Be-
trachtungen der G. sprechen. Freilich hat sie
sich, indem sie den Gegensatz überspannte, auch
wieder des Einflusses in jener Richtung zum Teil
hegeben. Und Marcion hat mit seiner genialen
Betonung des prinzipiellen Unterschicds der Reli-
gionen des gerechten und des guten Gottes die
Großkirche eher wieder dazu gedrängt, die Unter- 60
schiede zwischen alttestamentlicher und neu-
testamentlicher Religion zu verwischen. Auch
mit ihrer Ablehnung der urchristlich jüdischen
Eschatalogie und ihrer prinzipiellen Vergeistigung
aller Zukunftshoffnung hat die G. die Entwick-
lung der griechischen (morgenländischen) Kirche
antizipiert. Denn hier fand sie sich, abgesehen
von ihrem schroffen Dualismus, in Übereinstim-
mung auch mit der späteren von der Philosophie
bestimmten griechischen Frömmigkeit, mit der
das Christentum mehr und mehr ein Bündnis ein-
ging. In der Niederwerfung des Montanismus,
in der Zurückdrängung der geistigen Einflüsse
eines Buches wie der Apokalypse, in der Escha-
tologie wie sie Clemens und Origenes entwickelt,
ist die griechische Kirche ' zagend und zögernd
die Bahn gegangen, welche die Gnostiker ihr
entschlossen voraufgingen. Und auf der andern
Seite hat sich gerade in gnostischen Kreisen die
sakramentale Frömmigkeit ausgebildet, die später
noch in die Kreise der Großkirche einziehen und
an beherrschende Stelle rücken sollte. In und
mit der G. ist zuerst das antike Mysterienwesen
— diese Erneuerung uralter Motive materialisti-
scher, auf unterster Stufe stehender Frömmigkeit
— in seiner reichen Mannigfaltigkeit und bunten
Phantastik in das Christentum eingezogen,
Auch mit jenem Ineinander überstiegener as-
ketischer Geistigkeit und krassesten sinnlosen
Glaubens an wirksame Dinge and Mittel hat die
G, die künftige Entwicklung inauguriert. Und
zuletzt hat auch ihre Christologie , diese künst-
lichen Versuche einer Vereinigung der Gestalt
des Erlösers der christlichen Religion mit über-
kommenen mythischen Erlösergestalten, in cha-
rakteristischer Weise die spätere Entwicklung
vorweggenommen , bis auf die einzelnen Formeln
(man vgl. die weitverbreitete Bekanntschaft mit
dem Terminus 6[ioovoio$ : z. B. Corpus Hermeti-
cum I 10).
In einem Punkte ist die vtfm griechischen
Intellektualismus und Optimismus bestimmte
Frömmigkeit der morgenländischen Kirche genau
den entgegengesetzten Weg gegangen als die G.
Sie hat den Pessimismus und Dualismus dieser
Religion schroff abgelehnt, sie hat im Bunde mit
der zum Neupiaton ismus sich gestaltenden antiken
Frömmigkeit trotz aller Neigung zu Askese und
Mönchtum den Glauben mit aller Energie fest-
gehalten, daß diese sinnliche Welt aus Gottes
Hand hervorgegangen und wenn auch niederen
Wesens, so doch voll seiner Güte und Herrlich-
keit sei. Ja sie hat sich eigentlich immer ent-
schlossener einem in der Grundlage rationalen
Optimismus und Moralismus zugewandt, in dessen
Grundgewebe die Gedanken von Sünde, Erlösung
und sakramentalen Gnadenmitteln nur einen ge-
wissen Einschlag bildeten. Es ist von hier aus
gesehen kein Zufall, daß in der Gestalt des Mani-
chäismus orientalischer Dualismus und orienta-
lische Mythologie noch einmal erobernd nach
Westen drangen und gerade ernstere und tiefere Ge-
müter gewaltig anzogen, so lang, bis sein größter
Bestreitet' Augustin sich zunächst mit Hilfe des
Neuplatonismus von ihm losrang und zugleich
dem Christentum eine neue geistige Tiefe er-
schloß, durch welche der Moralismus und Opti-
mus des morgenländischen Christentums über-
wunden wurden.
20. Literatur: A. Ne ander Genet. Entw. d.
vornehmsten gnostischen Systeme, Berlin 1818.
F. Ch. Baur Die christl. Gnosis in ihrer gesch.
Entw., Tübingen 1835. E. W. Möller Gesch.
d. Kosmologie in der grieelu Kirche bis Origenes,
Halle 1860. R. A.Li peius Gnostizismus (urspr.
in Ersch and Gröbere Encyklopädie), Leipz. 1860.
1533
Gtiosos
Gnostiker
1534
^. W. King The Gnostic and their remains 18641.
18872. H. L. Mansel The gnostic Heresies of
ihe 1 a. 2 Centimes, London 1875. M. Joel
Blicke in die Religionsgeschichte, Breslau 1880.
Weingarten Umwandlung der uTspr. . christl,
{iremeindeorganisation z. kathol. Kirche, Histor.
Ztschr. v. Sybel N. F. IX 1881, 441ff. Th. Koff-
mane D. Gnosis nach ihrer Tendenz u, Organi-
sation 1881. K. Kessler Über Gnosis und alt-
babylonische Relig. , Vortr. a. d. Orientalisten- 10
kongreß, Berlin 1881. A. Hilgenfeld Ketzer-
geschichte des Urchristentums, Leipzig 1884
{ders. Ztschr. f. wissensch. Theol. 1890 I Der Gno-
stizismns). W. Anz Zur Frage nach dem Ur-
sprung des Gnostizismus , Leipzig 1897 (Teste
und Untersuchungen XII 4). R. Liechtenhan
Die Offenbar, im Gnostizismus, Göttingen 1901.
C. Schmidt Plotins Stellung z. Gnostizismus u.
kirchl. Christentum 1902 (Texte u. Untersuch.
XX 4). E. de Faye Introduction ä l'etude du 20
Gnosticisme, Paris 1903. G Krüger Art. Gno-
stizismus TheoL Realenzyklop.3 VI 728ff. M. E.
Buonaiuti Lo Gnosticismo, Storia di antiche
lotte religiöse, Roma 1907. W. Bousset Haupt-
probleme der Gnosis 1907. — Von allgemeinen
Werken die geläufigen Kirchengeschichten (Kurtz
I bearb, v. Bonwetsch, Möller. Müller), die Dog-
mengeschichten (vor allen A. Harnack3I271ff.
Loofs Seeberg). Gruppe Griechische Mytho-
logie und Religion II 162ff. P. Wendland Helle- 30
nistisch-römische Kultur, 1907, 161ff. A. Har-
ri ack Die Mission u. Ausbreitung des Christen-
tums 2 1906, 21 ff. — Werke über der Gnosis ver-
wandte Gebiete: G. Anrieh D. antike Mysterien-
wesen 1894. G. Wobbermin Religionsgesch.
Studien 189G. W. Kroll De oraculis chaldaicis
1894 (Berl. philol. Abb. VII). A. Dieterich Eine
Mithrasliturgie 1903. R, Reitzenstein Poi-
mandres, Leipzig 1904. F. Cumont Les reli-
gions orientales dans le paganisme Romain 1906. 40
Vgl. die Literatur zum Art. Mandäismus, Ma-
nichäismus und die in diesem Art. zu § 2 und
16 angeführten Werke. [Bousset.]
Gnosos oder Onossos, Lucan. HI 185 (vgl.
Catull. LXIV 171). Münzen zur Zeit der Kaiser
Augustus und Tiberius, Mela II 7, 13. Plin. n.
h. IV 59 u. a. Stellen lateinischer Autoren, s. den
Art. Knosos. [Bürchner.]
JVcoori/e, der ,Kenner, nur Xen. Cyr. VI 2, 59
y. xaX eyyvrjt^ . gewöhnlich als Zeuge für eine 50
ihm bekannte Wahrheit, der die Identität einer
Person oder Sache bezeugt, erklärt. Richtiger
faßt wohl L e i s i Der Zeuge im attischen Recht
<Frauenfeld 1907) 4 n. 2 die hier genannten
yvamfßes als ,Kenner der Kaufleute', d. h. eine
Art von .Referenzen' auf. Mehr in dem Art.
Mvritiü>v. [Schultheß.]
rv<oorr}Q d/np6Stoy erscheint Pap. Oxy. I 43
verso n 20 im Verzeichnis der Wachmannschaften
von Oxyrhynchos aus dem Beginne des 4. Jhdts, 60
n. Chr. (jedenfalls nicht lange nach dem 295
n.^ Chr. datierten Recto geschrieben), IJaotcov At-
dvfiov, xatoftsytüv eyyvs otxta{s} 'Iatd<oQov yveo-
OTriQfog) afifpSöfopJ. Oxyrhynchos besaß, wie seine
Papyri zeigen, sehr viele Straßen, äfiyodoi oder
QVfial genannt; doch wird es für die Einheimi-
schen nicht nötig gewesen sein, einen ständigen
y. d. zu bezeichnen ; sondern dieser Isidoros wird,
wie v. Wilamowitz Gott. Gel. Anz. 1898, 677
mit Recht bemerkt hat, den Auftrag, die Straßen
anzuweisen, mit Rücksicht auf die Einquartie-
rungen erhalten haben, von denen das Recto zum
J. 295 Kunde gibt. [Schultheß.]
Gnostiker. Inhaltsübersicht: 1. Allge-
meiner Überblick. — 2. Die ursprüngliche ,Gnosis 4 ;
Verehrung der Muttergöttin. -— 3. Die Gestalt der
Sieben. — 4. Die Frömmigkeit der ursprünglichen
.Gnosis'. — 5. Schlangenkultus. — 6. Kainiten,
Sethiten (Seth: Zoroaster). — 7. Verehrung des
Urmenschen (Naassener). — 8. Das System bei
Iren. I 30. — 9. Die komplizierteren Systeme :
Barbelognosis bei Iren. I 29 und im Apokryphon
Ioannis. — 10. Die Verwilderung der Gnosis:
Pistis Sophia und koptisch-gnostische Schriften.
— 11. Die Gnostiker des Plotin. — 12. Weitere
Nachwirkungen; Bardesanes, Acta Thomae. —
13. Der vorchristliche Grundcharakter, Literatur
der Gnostiker. — 14, Heimat und Entwicklung
der Bewegung. — 15. Literatur.
1. Unter diesem Namen sollen hier die vielen
kleinen Gruppen und Kult vereine der großen Be-
wegung des Gnostizismus zusammengefaßt werden,
die sich nicht unter der Führung namhafter Indi-
vidualitäten zu besonderen und eigenartigen
Schulen ausgewachsen haben. An ihnen hing
wohl ursprünglich der Name G. (s. Art. Gnosis
§ 1), und sie stellen im allgemeinen die älteste
Schicht der gnostischen Bewegung dar. Ob lustin
Sekten dieser Art bereits kannte und bekämpfte,
steht dahin. In einer Quellenvorlage des Irenaeus
wurden die G. im unmittelbaren Zusammenhang
mit Valentin behandelt (Gnosis § 3). Was
Irenaeus I 29—31 (29 Barbelognosis; 30 un-
benannte Sekte [Sethiten? vgl. Theodoret. Haer.
fab. I 14]; 31 unbenannte Sekte == Kainiten?) an
Nachrichten bringt, zeigt uns die G. bereits in
späterer Verwilderung. Iren. I 29 ist ein mit
manchen Mißverständnissen beladenes Exzerpt
einer gnostischen Schrift, die uns — aber auch
hier wiederum in starker Überarbeitung — im
Koptischen als Apokryphon Ioannis aufbewahrt
ist (zum Teil übersetzt von C. Schmidt S.-Ber.
Akad. Berl. 1896; und Philothesia, Paul Kleinert
dargebracht 1907, 315—336). Dagegen tritt uns
die , Gnosis' in einer relativ ursprünglichen Gfe-
stalt in den Nachrichten des Celsus- Origenes (be-
sonders des Celsus , vgl. c. Celsum VI 2 1 — 38)
entgegen. Hippolyt hat in seinem (verlorenen)
Syntagma (unter nr. 9—12, Rekonstruktion bei
Hilgenfeld Ketzergesch. 59) die hierher ge-
hörenden Nicolaiten (Gnostiker), Ophiten, Kainiten,
Sethoiten behandelt, es sind also die entsprechen-
den Abschnitte der Nachtreter des Hippolyt.
Philastrius (c. 34), Ps.-TertuUiau (c. 2) und end-
lich Epiphanius hier heranzuziehen. Mit Epi-
phanius hat es eine besondere Bewandnis. Er
bringt Haer. 25 die Nachrichten über die Nicolai-
ten, dann Haer. 26 unter dem Titel Gnostiker einen
eigenen Bericht (Anfang desselben 26, 3 Mitte)
über eine Gruppe ägyptischer G. (Stratiotiker.
Phibioniten, Barbeliten), der auf Autopsie beruht
und sehr wertvolles Material enthält. Haer. 37.
38. 39 behandelt er die Ophiten (unter teilweisem
Anschluß an Irenaeus), Kainiten, Sethoiten, und
bringt endlich Haer. 40 eine ebenfalls auf un-
mittelbarer Kenntnis beruhende Beschreibung der
1585
Gnostiker
Gnostikör
153$
Archontiker, einer in Palästina (Armenien) zu
seiner Zeit noch vorhandenen Sekte (vgl. Haer. 45,
Severianer). In seiner Refutatio bringt Hippolyt
("V 1 — 21) umfangreiche Quellenauszüge über die
Sekte der Naassener (Ophiten); Peraten (= Ophi-
ten, Kannten), Sethianer, die wieder eine ganz
verwilderte Gnosis zeigen. Späteste Ausläufer
dieser Bewegung repräsentieren endlich die Pistis
Sophia und die übrigen von Schmidt (s. u.)
edierten koptisch- gnostischen Schriften.
2. Wenn wir diese Gnosis in ihrer ursprüng-
lichen Gestalt fassen wollen, so halten wir uns
am besten an die Berichte des Celsus -Origenes
wie an Epiphanius Bericht über die Strationiker
(Haer. 26) und namentlich über die Archontiker
(Haer. 40; zu beachten ist, daß Celsus bei Ori-
genes VI 27 (35) die von der Sekte verehrten
sieben Geister, als ovo fiaC 6 jusvoi aQxovztxol be-
zeichnet). Die Religion der Sekte dieser ,G.
war in erster Linie und ha
der großen Muttergöttin.
<po>TEivfj, die oben in der Ogdoas im höchsten
Himmel weilt {Epiph. Haer. 40, 2), die ii4\zv\q
t&v £(bvrcov (Haer. 26,' 10); ^ «vö> dvva^ig rjv
fiqTEQa (pdoxovatv aal &r}Uia.v (Haer. 39, 7); die
MV t V9j auch die jzoq$£vg$, durch deren Anrufung
die G. sicher an den Archonten vorüberkommen,
Origenes c. Celsum VI 81. Sie ist das jzao&svt-
xov jivsdfia (Apokryphon loannis, nach Schmidt
Daß neben dieser Gestalt der jungfräulichen
Muttergöttin die Gestalt des , Vaters' ganz ■ in>
Dunkeln und im Hintergrande bleibt, ist selbst-
verständlich und in sich deutlich. Sehnsucht der
G. ist, in die himmlischen Kegionen zu kommen r
ojiov tf fifam xätv Z<bvia>v f) . . . B<tQßt}k<ü Haer.
26, 10 (ebd. der jiatrjQ x<öv ojLcov erst an zweiter
Steile erwäbnt ; ähnlich schattenhaft steht in der-
Pistis Sophia neben der Barbelo der äÖQarog jzazrjp
10 Schmidt Koptisch-gnostische Schriften 1 233, 11.
242, 28). Alles Leben stammt von der Jung-
fräulichen' Mutter. Und hochbedeutsam ist es,.
wie im sakramentalen Kultus dieser G. ihre Figur
ganz im Vordergrund steht (s. Art. Gnosis § 8).
Damit hängt es zusammen, daß z. B. noch die-
Valentinianer die Achamoth mit dem Namen
Hvqiog beehrten, während sie Jesus nicht xvQtog,
sondern omfjQ nannten (Iren. I 1 , 3. 5 , 3.
Seh wart z Gott. Gel. Nachr. 1908, 120, 1). Die
t r in erster Linie und hauptsächlich Verehrung 20 Achamoth ist eben die im Zentrum des Kultus
r c™ßAn Mn^raA^'n Sic ist die fi.T)T?ie stehende Gottheit, der Kult-Heros, xvqiog.
Neben Vater und Mutter tritt dann vielfach
der Sohn (vgl. Ttarr'iQ und vlog im Diagramm des
Celsus-Origenes VI 38; identifiziert mit dem
Xgiotög Epiph. Haer. 26, 10; vgl. Iren. I 29, 1.
I 30, 1). Die Trias Vater, Mutter, Sohn war
ebenfalls im Kult der .syrischen Göttin' heimisch
(Art. Gnosis § 9). Aber auch der Sohn bleibt,
.... wenigstens in den älteren Systemen, eine voll-
Philothesia 322; vgl. II Jcubuch c. 52. S chmidt 30 ständig schattenhafte Figur, bis an diesem Punkt
Koptisch-gnostische Schriften I 326, 24). Es läßt die Identifikation mit Christus eintritt und di&
sich sehr wahrscheinlich machen, daß der bei christliche Erlösungsidee einzieht, Besonders ist
hervorzuheben, daß sich in den ältesten Systemen
der G. (vgl. die Nachrichten des Celsus; Epiph.
Haer. 26. 38. 39. 40 [Archontiker]. Iren. I 31)
von einem Gegensatz zwischen dem Pleroma und
der aus diesem gefallenen Sophia, von der Idee
eines mittleren Reiches der Sophia noch keine
Spur findet. Die Ogdoas in der die Mjjztjq
diesen Sekten oft für sie vorkommende Name
Barbelos (Iren. I 29, 1. Epiph. Haer. 25, 2.
26, 10. Philaster 33. Pistis Sophia s. Register
bei Schmidt s. v. Barbelo) einfach Verstümme-
lung von Ilae&erog ist (Bousset Hauptprobleme
der Gnosis 14; vgl. die Verstümmelung Bagfavcog
für Jla^&evas Epiph. Haer. 26, 1). So wird auch
der sich öfter findende Name Noria (Philaster 40 neben dem Ilanjo weilt, ist der höchste Himmel
Haer. 33 Barbelo venerantur et Xoriam; Noria
Frau des Noah Epiph. Haer. 26, 1 ; Schwester
des Seth Iren. I 30, 9) wahrscheinlich = nnj£
(Mädchen) sein. Andererseits ist sie in einem
Zweig dieser Sekten die Prunikos, d. h. etwa die
Wollüstige, die Hetäre (Epiph. 25, 4 ; vgl. 25, 2.
Iren. I 29, 4. 30, 3. Epiph. 37, 3; Apokryphon
loannis bei S c h m i d 1 329 vielleicht noch ursprüng-
licher: , wegen des in ihr befindlichen {nvsvftaf)
üiQovvtxov% Ganz so wie die vorderasiatische 50
Muttergöttin kann sie bald als die hohe, lichte
und reine Göttin, bald als die wilde Liebesgöttin
(vgl. den Mythus von der Verführung der Archon-
ten durch sie Epiph. 21, 2. 25, 2. 26, 1) ange-
schaut werden. Beide Auffassungen stehen neben-
einander: ÜQOvvtKov Tivog qeovoclv övrapiv n a g-
dsvov,Q elsus bei Orig. VI 34. Von hier aus erklärt
sich sofort, wie der Kult dieser Muttergöttin bald
einen ernst asketischen, bald einen libertinistischen
(Epiph. Haer. 25, 2. 26, 10. 39, 2. 40, 2; vgl. im
zweiten koptischen Jeubuch die Stellung der Bar-
belo, bezw. des xagdsvtxov nvevua im zwölften
oder dreizehnten, d. h. höchsten Aeon,"c. 52.
Schmidt 325f.). Auch wenn die M^ztjq als
ÜQovvtxog aufgefaßt wird, so ist sie nicht die
gefallene Göttin; sie ist ihrer Natur nach die
große Hetäre und wird als solche in wildem,
barbarischem Kultus verehrt.
3. Unter der ,Mutter' stehen im ursprünglichen
gnostischen System die sieben Archonten. Diese
Sieben sind die (ursprünglich babylonischen) dämo-
nisierten Planetengötter (s. Art. Gnosis § 6).
Die Verehrung der vorderasiatischen Muttergöttin
ist also in den ,gnostischen' Systemen mit der
aus dem vorderasiatischen (babylonisch-persischen)
Synkretismus stammenden Idee von den ,Sieben*
verbunden. Die MrjzrjQ gilt dann im allgemeinen
als die Mutter der Sieben (vgl. Origenes c. Cels.
Charakter gewinnen konnte (Epiph. Haer. 40, 2). 60 VI 31. Epiph. Haer. 26, 10. 40, 2; die Stellung
Erst in dfin snätprpn S/»hiVlifAn ^r r.^™ *»•_ der R U chä d' Qudschä [Nanirus] im mandäischen
Erst in den späteren Schichten der Gnosis er-
scheint dann die Mtjztjq, üag&evog, ÜQOvvtxog
als die jüdische (von Christianisierung kann noch
nicht einmal die Rede sein) Sophia, Rucba (Spiri-
tus sanetus): Iren. I 29, 4. 30, 3. Apokryphon
loannis bei Schmidt 329; .Pistis Sophia', vgL
auch die Stellung der Sophia im Diagramm des
Origenes VI 38 (vgl. Art. Gnosis § 8).
System); später als die Mutter des Ersten und
Höchsten unter ihnen, des Jaldabaoth (Iren, I
30, 4f. Apokryphon loannis, Schmidt 329f.
Iren. 1 29, 4. Epiph. Haer. 25, 2. 37, 3. Pistis
Sophia c. 31). Soweit wir die ans bekannten
gnostischen Systeme zurOckveriolgen können,
tragen diese Archonten (zum Teil wenigstens) be-
1587
Gnostiker
Gnostiker
1538
reits alttestainentliche Namen. Die sieben Namen
Jaldabaoth ,- Jao, Sabaoth, Astaphaios, Adonaios,
Eloaios, Oraios werden übereinstimmend bei Ori-
genes c. Cels. VI 31. Iren. I 30, 5 und zum
größten Teil Apokryphon loannis, Schmidt 332
überliefert (abweichende Listen Epiph. 26 , 10.
40, 5. Apokryphon loannis Schmidt 332f., ganz
abweichend Orig. VI 30; ihre (Tier) -Gestalten
ziemlich übereinstimmend Orig. VI 30. 33. Apo-
kryphon loannis Schmidt 332). Der alttesta- 10
mentliche Einfluß reicht also sehr weit in der
Entwicklung der Gnosis zurück. Daß er in ihr
nicht von Anfang an vorhanden war, zeigt am
besten der Name des Obersten der Sieben, Jalda-
baoth, der jedenfalls nicht aus dem Judentum
stammt. So erklärt es sich auch, daß bei der
fortschreitenden Christianisierung (bezw. Judaisi-
rung) der Gnosis Jaldabaoth durch Sabaoth ver-
drängt wurde (Epiph. Haer. 25, 2. 26, 10; vgl.
die Stellung des Sabaoth Adamas in der Pistis 20
Sophia c. 136 u. ö.). Dieser ursprünglich Jalda-
baoth benannte Aeon wird übereinstimmend von
den Quellen als Xsovzoeibrjg, löwenköpfig geschil-
dert (Orig. VI 31. Apokryphon loannis Schmidt
330; Schlangengestalt und Löwengesicht, vgl.
ebd. 332 ; Pistis Sophia c. 31 S. 28, 18). Er ist
jedenfalls, wenn auch sein Name undeutbar ge-
worden ist, eine Saturn-Kronos-Gestalt (Bous-
set Hauptprobleme 351, vgl. die Darstellung des
von einer Schlange umwundenen löwcnköpfigen 30
Gottes in den Mithrasmysterien [= Zerwan'?]).
Dieser löwenköpfige Gott ist dann in der Entwick-
lung der Gnosis mehr und mehr mit dem Schöpfer-
gott des alten Testaments identifiziert (Apokry-
phon loannis. Iren. I 30. Epiph. 37, 3. 25, 2).
4. Die ,Gnostiker' aber — das ist der Kern
des gnostischen Glaubens — gehören nicht zum
Herrschaftsgebiet der Sieben, sondern sie stammen
von der ava Mr^zrjQ. Infolge ihres schöpferischen
Dranges und Ungestümes (Hqovvixos!) sind Teile 40
ihres eigentlichen Wesens in diese niedere Welt
der Sieben herabgesunken und werden hier unten
widerrechtlich festgehalten. Das ist die Gemeinde
der Gläubigen. So sprachen sie von einer ITgov-
vixov uvog Qsovaa hvvauig , von einer ajiooQoia
exxktjotag ixiyeiov (Abfluß [von der oberen Mutter],
der die irdische Gemeinde bildet): Celsus bei
Orig, VI 34f. Deshalb stehen sie im Gegensatz
zu den Sieben und im heimlichen Schutz der
hohen Himmelsmutter: Sophia enim illud. quodhQ
proprium ex ea erat, abripiebat ex eis ad semet
ipsum, Iren. I 31, 1 (dem entspricht übrigens
auch die Idee einer Gefangeuhaltuiig der Mutter-
göttin selbst durch die Dämonen : Helena bei den
Simonianern [s. Art. Simon] ; Pistis Sophia c. 31).
Auf diesen Zentralgedanken beruht der Kultus
und die sittlich-religiöse Haltung der Sekten.
Dessen Mittelpunkt ist das Sakrament von der
»Himmelfahrt der Seele*. Was die Gläubigen
ersehnen, ist die Heimkehr zur Mutter: xai oi'zcog 60
vneQßatvetv ctg to ävo) ftigog, ojiov t) fiqzqg zätv
Cänntav Epiph. 26, 10. Was es mit dieser Auffahrt
der Seelen für eine Bewandtnis hat, ist nunmehr
genugsam festgestellt (vgl. Art. Gnosis § 12).
Origenes haben wir es zu danken, daß er die
%«jj>opKu (die Verteidigungsreden, welche die auf-
fahrende Seele der G. zu sprechen hat), die Celsos
kannte, aber nicht überliefern wollte (VI 33),
Patdy-WlsBowa-KTolI VII
uns erhalten hat (VI 31); ein kostbares Fragment
der gnostischen Liturgie (vgl. das ebenfalls fast
vollständig erhaltene Mysterium im 4. Jeubuch
c. 51—52). Vielleicht deuten die Worte des
Celsus VI 33 (zivrav stg zag aQxovuxag ftoQ<pag
htavEQ% ö fjL£vo3v &Gzs. zivag fisv xaXsZa&at Xiovtag,
akiovg x. r. a.) darauf hin, daß die Mysten der
G., je nachdem ihre Einweihung in die Geheim-
nisse der himmlischen Welten fortgeschritten
war, mit dem Namen (Tiernamen) der in den
einzelnen Sphären regierenden Archonten benannt
wurden. Dann läge eine interessante Parallele zu
den Mithrasmysterien mit ihren sieben Weihe-
graden vor. Celsus hatte in der Tat völlig recht,
wenn er die Weihen der G. mit denen der Mithras-
mysten verglich (VI 22) trotz des Zornes des
Origenes. Es liegt hier sicher eine enge Be-
ziehung vor. Interessant ist auch dessen Bericht
über die o^gayig der G. (verbunden mit Epiph.
40, 2 dva^EfiaziCovat ro Iovzqov), über die Be-
zeichnung des Mystagogen als jiazrjg, des Mysten
als veog und vlög, über das Ölsakrament (VI 27,
zum letzteren vgl. die Naassener bei Hippolyt. Refut.
V 9 u. ö.). Die gesamte Lebenshaltung der G.
beruht ebenfalls auf diesen Grundvorstellungen.
Entweder resultierte aus ihnen eine asketische
Grundstimmung (Archontiker 40, 2 vrjozslav vtzo-
xgivovrai, Sethianer, Severianer). Es galt, durch
Entsagung das weitere Hinabsinken des mütter-
lichen GJiEQfia {asiÖQQom) in die von den Archonten
beherrschte materielle Welt zu verhüten. Oder
es drängten sich zügellose, libertinistische Stim-
mungen vor. Und diese werden im Dienste der
Muttergöttin vielleicht die ursprünglichen gewesen
sein. In wilder Vergeudung der geschlechtlichen
Kräfte es der Muttergöttin gleich zu tun, wird
das Ziel der Gläubigen, und so glaubt man seine
Erhabenheit über die Archontiker zu sichern.
Dieses Bestreben konzentrierte sich in kultischen
sakramentalen Handlungen (Iren. I 31, 1. Epiph.
Haer. 25. 26), in denen wir eine Fortsetzung der
Orgien, die im Dienst mancher syrischen Aphro-
dite gefeiert wurden, zu sehen haben (vgl. Gno-
sis § 12. 13).
5. Die ursprüngliche Gnosis hat nun im Lauf
der Zeit mannigfache Abwandlungen durchge-
macht. Bei einer Gruppe der G. hat sich z. B.
ein gewisser Schlau gen kultus mit der ursprüng-
lichen Religion verbunden (Iren. I 30, 15 quidam-,
die Ophianer des Origenes [vgl. Celsus] ; Ophiten
in Hippolyts Syntagma; vgl. den von Epiphanias
beschriebenen Schlangenkult der Ophiten 37, o:
,Naassener' ('i'l^) in Hippolyts Refutatio, auch
die Peraten und Sethianer dort zeigen diesen
Einfluß). Es fragt sich, wie diese G. die von
ihnen aus niederstem Religionswesen übernommene
Schlangen Verehrung mit ihrem System verbunden
haben. Iren. I 30, 15 sagt ausdrücklich: Qui-
dam enim ipsam Sophiam serpentem factum
dieunt und berichtet, daß diese G. die Sophia
mit der Schlange im Paradiese, die im Gegen-
satz gegen den Schöpfergott Adam die Erkenntnis
gebracht habe, identifizierten (vgl. Epiph. 37, 5).
Von hier wird es wahrscheinlich auch klar, in-
wiefern Celsus VI 27 behaupten konnte : röv
OQXQVta x&v SvofiaCofierrav aQxovtixöiv keysofau
Öeov ,xaTt}Qafievov i . Der Archon der Archontikoi
konnte die Sophia (die von Gott verfluchte Schlange)
49
i^oy
wnosnKer
Unostiker
1541)
sein, obwohl Celsus auf den alttestamentlichen
Schöpfergott zu deuten scheint. Diese , Sophia'
scheint dann in jenem System mit der Weltseeie
identifiziert zu sein, VI 34: JTqovvihov xtvog
QEovoav dvra/itv jiaQ&Evov xal yv/qv £<öoav. So
verstehen w, weshalb der den Kreis der sieben
Archonten umfassende Kreis bedeutet tyjv wv
okoyv y>v%rjv *eu Aevia&av VI 35 Tgl. VI 25.
Weltseele, Prunikos, Schlange, Leviathan sind
sich nachweisen, daß der Name des Patriarchen
Seth des öfteren den Decknamen für den persi-
schen Religionsstifter Zoroaster in der jüdisch-
christlichen Tradition abgegeben hat (Bousset
Hauptprobleme 378ff.). Wie die Sethianer be-
haupteten, daß Seth mit Jesus identisch sei (Epiph.
39, 1 : xal aviov slvat röv 'bjaovv diaßsßatovvtat),
so soll auch nach bekannter persischer Theologie
der Messias aus dein Samen Zarathustras, den eine
identisch. (Vielleicht bezieht sich auch schon 10 Jungfrau beim Baden empfängt, geboren sein. In
die Beschreibung der Sophia : adhue habens aqua-
Ulis corporis typum Iren. 1 30, 3 auf die Schlangen-
gestalt). Die Peraten trugen weitschichtige Speku-
lationen über die Schlange vor und behaupteten,
daß man am Himmel ihr schönes Ebenbild er-
blicken könne (Hippolyt. V 16 p. 194, 66; ge-
meint ist das Sternbild; vgl. die dort vorge-
tragenen astronomischen Spekulationen). Bei den
Sethianern des Hippolyt ist die Schlange das
verderbliche Urwesen; aber auch der Erlöser 20
— das ist entschieden eine sekundäre Weiter-
bildung — erscheint in Schlangengestalt (Hipp.
V 19). Es ist nicht unwahrscheinlich, daß in
dieser Auffassung der Prunikos als Schlange wieder
bestimmte Einflüsse mythologischer Art vorliegen.
Wir werden annehmen dürfen, daß diejenige Ge-
stalt der Muttergöttin, welche bei diesen Sekten
Prototyp der Prunikos war, als Schlangengöttin
in Schlangengestalt verehrt wurde. Es wäre von
Wert, wenn festgestellt werden könnte, daß diese 30 wurde, entsprechen.
einer Apokalypse des Zärädöst (hier = Baruch)
in der Biene des Salomon von Basra (Anecdota
Oxoniensia, Semit. Scr. I 82) sagt Zoroaster vom
Messias: ,Er soll aus meiner Familie abstammen,
ich bin er und er ist ich, er ist in mir und ich
in ihm'. Beachtenswert ist, daß im Besitz der
Sekte neben Sethbüchern Bücher der Allogeneis
vorhanden waren (Epiph. 39, 5), und daß in der
bekannten Stelle, Porphyrius vita Plotin. c. 16,
im Besitz der von Valentin bekämpften G-. unter
deren Autoritäten neben Zoroastres und Zostrianos
auch ein Allogenes genannt wird. Endlich zeigen
die Spekulationen der Sethianer bei Hippolyt ent-
schieden persischen Dualismus (Bousset Haupt-
probleme 119ff.). Daß aus der Figur des histori-
schen Seth in späteren sethianischen Systemen
ein himmlischer Aeon wurde, würde auch etwa
der großen Verehrung, die in der späteren persi-
schen Eeligion der Person Zarathustras zuteil
Form der Gnosis auf ägyptischem Boden ent-
stand; daß die Mtjttjo Isis (Isis von Pharos) in
Schlangengestalt verehrt wurde, steht fest (Er-
na an Ägypt. Relig. 225. 227. Bousset Haupt-
probleme 79. 83).
6. Andersartige Abzweigungen von der ur-
sprünglichen Gnosis stellen die Sekten der Kai-
niten und Sethiten dar. Bei den Kainiten (Iren.
I 31. Hippolyts Syntagma bei Epiph. 38 = Phi-
7. Auf eine Gruppe der G. haben ferner die
Spekulationen über den Urmenschen bemerkens-
werten Einfluß ausgeübt (über den weiteren Zu-
sammenhang dieser Phantasien s. Art. Gnosis
§9. Bousset Hauptprobleme 160—223). Am
reinsten tritt die Lehre vom Urmenschen bei
den Naassenern des Hippolyt (Refut. V 7ff.J
heraus. Hier hat sie die ursprüngliche , Gnosis*
fast ganz verdrängt. Von der ,/h^q' finden
lastrius, Peraten in Hippolyts Refutatio) erreicht 40 wir nur noch eine Spur in einem Hymnus , in
die Gnosis ihre schärfste Wendung gegen das welchem der mannweibliche Urmensch als nax^Q
41tfi TWn:mAnf. nnH rü/> üirlisr-hP TJoliorinn Wpnn und ^tr/zTjQ bezeichnet wird (Hippolyt. V 7 p. 132,
63). Die Sieben sind fast ganz verschwunden.'
Die Spekulation ist ganz und gar erfüllf von der
Idee des Anthropos (dein Sohne [?] des Arehan-
thropos, das Verhältnis wird nicht ganz klar), der
in die Materie hinabsinkt und sich wieder aus
ihr erhebt; dem Symbol des dem Himmel gehöri-
gen Geschlechtes der G., das den Weg aus dieser
Alte Testament und die jüdische Religion. Wenn
der mit dem alttestamentlichen Schöpfergott iden-
tifizierte Jaldabaoth — Sabaoth als wesentlich bos-
haftes schlechtes Wesen aufgefaßt wurde, so lag
es nahe, alle die Gottlosen des Alten Testaments
als Vorläufer der G. und im höheren Sinn Fromme
aufzufassen. Mit diesem Widerspruch gegen den
Gott des Gesetzes war dann eine libertinistische
Stimmung von selbst gegeben. Vielleicht ist 50 unteren Sphäre nach oben nimmt. Daß in der
erst im Gegensatze gegen die Kainiten die Sekte
der Sethianer entstanden. Irenaeus erwähnt sie
ausdrücklich noch nicht, doch fand Theodoret sie
(Haer. fab. I 14) in der unbenannten Sekte Iren.
I 30. Und es wird schon hier die Geburt des
Seth auf die Providentia der Sophia zurückgeführt
und neben ihm die für die Sekte charakteristische
Gestalt der Noria genannt, I 30, 9. Hippolyt
bekämpfte die Sethianer im Syntagma und regi-
von Hippolyt im Exzerpt mitgeteilten Schrift der
Naassener eine ursprüngliche heidnische Schrift
(und zwar der Kommentar zu einem Attislied, in
welchem Attis bereits mit dem Anthropos identi-
fiziert wurde) vorliege, die dann christlich-gnostisch
überarbeitet wurde, hat Reitzenstein Poiman-
dres 82ff. wahrscheinlich gemacht. Mit Recht hat
er ferner auf die Anthroposlehre im hermetischen
Poimandres und in der Zosimusliteratur als nächste
striert in der Refutatio eine sekundäre Weiter- 60 Parallelen hingewiesen (S. 102ff.). Das Rudiment
bildung der Sekte. Im Apokryphon Ioannis (aber
noch nicht im Auszug des Irenaeus I 29 aus einer
ursprünglicheren Grundschrift} erscheint Seth als
himmlischer Aeon (Schmidt Philothesia 329);
vgL in der anonymen koptisch -gnostischen Schrift
die Gestalt des Setheus (s. im Register zu
Schmidt Kopt.gr ost Schriften I). Mit der Figur
Seth»* hat es eine besondere Bewandtnis; es läßt
einer Anthroposlehre ist auch in dem verwickelten
harbelognostischen System des Apokryphon Ioannis
(= Iren. I 29; Barbelognosisj stehen geblieben.
Nach dem ursprünglichen der Darstellung des
Apokryphon Joannis zugrunde liegenden System,
das hier bereits mannigfach interpoliert erscheint,
wird die Genealogie des Urmenschen folgender-
maßen gelautet haben: Der Urvater (auch Prot-
1541
Gnostiker
G-nostiker
1542
anthropos) erzeugte mit der Barbelo (Ennöia)
den Novs und die ITQ6yvü>atg. Von diesen beiden
stammte der Adam(as), der vollkommen wahre
Mensch, ,die erste Offenbarung', dem der Urvater
,die unbesiegbare, intelligible Kraft gab (Schmidt
Philothesia 328, vgl. d. Spekulationen, über den
Urmenschen im ,Poimandres', Corpus Hermeticum
I 12f.). In dem uns überlieferten System steht
diese Gestalt gnostischer Spekulation nun freilich
ohne allen Zusammenhang da. In dem gnostischen 10
System, das Irenaeus I 30 überliefert, ist dann
nur noch der Name des Anthropos stehen ge-
blieben und außerdem etwa noch die dunkle An-
deutung, daß der Urvater auch erster Mensch
(Protanthropos) heiße und seine Ennoia sein Sohn (!)
und zweiter Mensch genannt werde.
8. Nach alledem können wir erst die kompli-
zierten Systeme der bereits vollständig christiani-
sierten Gnosis: Apokryphon Ioannis = Iren. I 29.
Iren. I 30. Hippolyt = Epiph. Haer. 37 verstehen. 20
Verhältnismäßig einfach und ursprünglich ist noch
— abgesehen von der erwähnten Verwirrung am
Anfang — das Lehrsystem Iren. I 30. Hier be-
gegnet nun endlich innerhalb der ,Gnosis f die Idee
der gefallenen Göttin. Die avoi IJqovvikos (jetzt
— Sophia, Spiritus Sanctus) ist nicht mehr die
höchste Göttin, die eigentliche Hauptgestalt der
oberen himmlischen We]t,_ sondern sie steht als
eine mittlere Macht den Äonen der oberen Welt
gegenüber. Mit der Idee des Falles aber verbindet 30
sich dann sofort die Idee der Erlösung, neben die
Sophia tritt der Christos (Apokryphon Ioannis:
Christus, die erste männliche. Emanation des
höchsten unnahbaren Gottes [Protanthropos] und
seiner Barbelo -Ennoia, die ebenfalls als erster
Mensch bezeichnet wird [Schmidt 322ff.]. Nur
von hier aus verständlich Iren. I 30, 1 : Christus
erzeugt von dem ersten und dem zweiten Menschen
(— Ennoia) aus(!) dem Spiritus Sanctus; vgl. die
G. bei Epiph. Haer. 26, 10: Barbelo, HazrjQ twv 40
o)mv, Xqiotös; Pistis Sophia: Christus der Be-
freier der Pistis Sophia). Aber selbst die Erlöser-
gestalt des ,Christos' stammt, wenn sie auch in
den uns vorliegenden Systemen mit dem Jesus
der christlichen Kirche irgendwie identifiziert
wird, ursprünglich nicht aus der christlichen Reli-
gion. Es ist hier von der Gnosis ein Mythus
aufgenommen, welcher von einem Götterpaar
handelte: der Gott sucht die verloren gegangene
Göttin (Braut oder Schwester ; Christos und die 50
Sophia sind Bruder und Schwester, Iren. I 30, 2f.
12), er findet die verlorene Göttin in der Not und
Verlassenheit, befreit sie von den sie bedrängenden
Unholden und feiert den Ieqo? yä t uos mit ihr. (Den
Nachweis s. Art. Gnosis § 10 und Bousset
Hauptprobleme der Gnosis 243ff.). Sonst finden
wir auch in dieser fortgeschrittenen Gnosis die
alten und bekannten Gedanken wieder: die Sophia
Matter des Jaldabaoth und durch ihn der sechs
anderen Planetengeister; Weltschöpfung durch 60
Jaldabaoth (vgL die Sieben), Weltregiment der
Sieben usw. Neu aufgenommen ist vielleicht an
diesem Punkt der Mythus von der Entstehung der
Menschen. Während in der ursprünglichen Form
die Seelen der G. einfach ab ein Ausfluß {anog-
4ota) der M^tijq gelten (s. o.), wird nun genauer
nachgewiesen, wie der höhere Wesensbestand der
G. in diese niedere Materie hinabgekommen sei.
Die Sieben schufen den Leib des Menschen, Jal-
dabaoth hat ohne sein Wissen den Spinther ihm
eingeblasen (Iren. I 30, 6, s. Gnosis § 11).
Zeigt sich hier schon spezifisch alttestamentlicher
Einfluß, so wird dann im weiteren Anschluß an
das Alte Testament in gnostischer Ausdeutung
über die Entwicklung der Menschengeschlechter
(I 30, 7 — 11) berichtet, und endlich in sehr künst-
licher Weise die Erlösergestalt des Christos mit
der Person Jesu von Nazareth, der Erlösungsge-
danke der Gnosis (Befreiung der Sophia und isqos
ydfiog) mit dem der christlichen Religion ver-
bunden (I 30, 12f.).
9. Eine starke Verwilderung und Weiter-
wucherung gnostischer Spekulationen zeigt das
System der Barbelognosis in dem Exzerpt bei
Iren. I 29 und noch entschiedener das koptische
Apokryphon Ioannis. Der ursprüngliche Grund-
riß ist (durch den Vergleich mit Iren. I 30) noch
deutlich erkennbar. Aber in diesen eingearbeitet
sind lange Äonenreihen von sichtlich sekundärer
Art. Ein etwas individuelleres Gepräge hat die
ihrer Herkunft nach noch, nicht aufgeklärte Phan-
tasie über die quatuor^ luminaria (Harmogenes
[Harmozel]; Raguel [ÖroiaeTJ; Daveithe [David];
Eleleth, Iren. I 29, 2. Apokryphon Ioannis,
Schmidt Philothesia 326). Im Apokryphon
Ioannis (noch nicht bei Irenaeus) erscheint die
Sophia bereits als zwölfter von zwölf weiblichen
Äonen, die zu je dritt den vier Lummaria unter-
stellt werden (daneben noch von Christus als
unsere Mitschwester, Schmidt 329; vgl. Iren. I
30, 12 bezeichnet), Spekulationen über Adams Sohn,
Seth, sind eingeschoben und die Siebenzahl der
Archonten beginnt bereits von der Zwölfzahl (vgl.
die Pistis Sophia) verdrängt zu werden.
10. Auf dieser Linie der Entwicklung liegt
endlich das merkwürdige Buch, die Pistis Sophia.
Seine ägyptische Herkunft ist zweifellos (vgl. das
Datum des 15. Tybi, Schmidt 3, 6. 4, 8. 19).
Als seine Zeit hat Harnack (Texte u. Unters.
VII 2, 94—114; Chronologie der altchristlichen
Literatur II 193f.) mit Recht die zweite Hälfte
des 3. Jhdts, festgelegt. Wieder ist die Gnosis in
der Verwilderung der Spekulation fortgeschritten.
Freilich finden sich auch hier noch die alten und
bekannten Gestalten der Gnosis: im dreizehnten
Äon herrscht die BaTbelo neben dem unsichtbaren
Gott (S. 233, 10f.); ihre Tochter ist die Pistis
Sophia (die gefallene Göttin: also Scheidung der
himmlischen Mtjr^Q von der gefallenen Göttin).
Sie erscheint mit ihrem Syzygos als die letzte
von 24 Emanationen (vgl. wie in der Rezension des
Apokryphon Ioannis die Sophia als letzter von
12 weiblichen Äonen erscheint, und auch von
ihrem Syzygos die Rede ist). Die Pistis Sophia
versinkt in die Welt des Chaos und der Finsternis,
hinabgelockt durch einen Lichtschein, den sie für
das höchste himmlische Licht hält. Sie wird auch
in diesem System Mutter des löwenköpfigen Jalda-
baoth (c. 29 — 31). Unter dem dreizehnten Äon der
Barbelo befinden sich die zwölf niedern Äonen (vgl.
das Eindringen der Zwölfzahl an diesem Punkt
auch im Apokryphon Ioannis). Wenn unter diesen
Zwölf (c. 136) sechs gute und sechs böse Dämonen
unterschieden werden und als Haupt der letzteren
Adamas Sabaoth erscheint, so ist die Beziehung
zur ursprünglichen Gnosis (Sabaoth = Jaldabaoth,
1548
Gnostiker
Gnostiker
1544
und die sechs!) noch ganz deutlich. Ganz zu
Unterst in der Unterwelt regieren (wenigstens
nach dem wie es scheint älteren System des letzten
Buches c. 139ff.) in getrennten Räumen die fünf
großen Archonten auf dem Wege der Mitte (Apo-
kryphon Ioannis Schmidt 330; fünf [Könige] über
das Chaos der Amente). Das ist noch im großen
und ganzen das alte in Ägypten (vgl. Apokryphon
Ioannis) umgebildete System. Aber diese ganze
lieh das zweite anonyme koptisch-gnostische "Werk
ist zum größten Teil nicht mehr zu entzifferndes
unsinniges Gerede.
11. Vielleicht können wir hier auch die von
Schmidt zuerst in diesem Zusammenhang ein-
gestellten G. des Plotin einordnen : d. h. die gno-
stische Sekte mit ihren Schtilhäuptern Aquilinus
Adelphius, über die ans Porphyrius vita Plotini
c. 16 noch wertvolle Nachricht bringt, und die
Äonenwelt bildet nun im gegenwärtigen System 10 Plotin Eunead. II 9 bekämpfte. Vom Valenti-
der Pistis Sophia nur das unterste Fundament,
auf dem sich, ein gewaltiger Überbau erhebt. So
findet sich über dem Reich der Barbelo wieder
ein Ort der Mitte, in dem die Lichtjungfrau
= IIaQ&£voQ rov (pwtog (neben dem großen jjyov-
(jlevoq [Jao] mit zwölf Dienern und sieben Licht-
jungfrauen) regiert, eine einfache Verdoppelung
der Gestalt der Barbelo. Über dem Ort der Mitte
steht der Ort der Rechten, und so bauen sich die
nianismus, den neuerdings auch Schwartz (Apo-
rieen im vierten Evang. II, Nachr. d Ges. d.
Wissensch. Gott. 1908, 128) hier hat finden wollen,
kann kaum die Rede sein. Denn das Charak-
teristikum der Valentinianischen Schule, die Lehre
von der Entstehung der niederen Welt aus den
Leidenschaften der Sophia, ist hier nicht nach-
weisbar. Vielmehr versinkt auch hier die ,Psyche'
in die schon vorhandene Welt der Finsternis.
etagenförmigen Aufsätze bis zu schwindelnder 20 Interessant ist die Aufzählung der Autoritäten
Höhe (vgl. meinen Nachweis, daß dieser Über-
bau in der Spekulation der Pistis Sophia sich
nach deren eigenen Angaben in mindestens zwei
Etappen vollzogen hat, und die merkwürdigen
Beziehungen der noch relativ ursprünglicheren
Spekulationen zum Manichaeismus. Hauptpro-
bleme 346ff.). So werden bereits ohne Sinn und
Verstand Welten auf Welten , Äonen auf Äonen
gehäuft, und alle Beziehungen zu einem wirk-
lichen Glauben und einer konkreten Mythologie 30
gehen dabei verloren. Es bleiben nur noch Worte
und literarische Einfälle. Ungemein künstlich
ist auch die bereits fast ganz christianisierte
Soteriologie (Kettung der Sophia durch Christus),
die immer noch Spuren des alten Mythus von der
verschwundenen Göttin und dem rettenden Gott
zeigt (s. Art. Gnosis § 10). Die Christologie
erinnert stark an Valentinianische Spekulationen
(s. den Art. Valentin und Valentinianer).
dieser Sekte bei Porphyrius (Zoroaster, Zostria-
nos, Allogenes usw.). Wir finden bei ihnen keine
speziell christlichen Bücher und Autoritäten, so
daß man überhaupt an dem christlichen Charakter
dieser G.-Gruppe zweifeln könnte. Allerdings
haben wir andererseits bereits die charakteristi-
schen Grundzüge der entwickelten Gnosis (fallende
Psyche- Sophia und Ableitung des Demiurgen
von ihr).
12. Die , Gnosis' im engeren Sinn ist ein be-
deutsamer, ja der bedeutsamste Paktor in der
Entwicklung der größeren Bewegung des Gnosti-
zismus. Auch die Sekte der Simonianer (s. Art.
Simon) gehört eigentlich ganz und gar in diesen
Zusammenhang und soll nur deshalb für sich be-
handelt werden, weil hier die gesamte Ideenwelt
der Gnosis auf bestimmte (historische?) Personen
übertragen erscheint. Ferner ist noch ein be-
kanntes Schulhaupt am Ende des klassischen Zeit-
Mit den Spekulationen ist endlich auch der sakra- 40 alters der gnostischen Religionsbewegung nach
mentale Kultus, wie er im Buch der Pistis Sophia J — — —-—- -i- -• - - ■> * -
geschildert wird, in starker Verwilderung be-
griffen. Seine Grundzüge sind auch hier noch
erkennbar (Himmelfahrt der Seele); aber das alles
so entartet und so üppig ausgewuchert, daß man
sich kaum noch vorstellen kann, daß diese un-
endlichen Mysterien tatsächlich in einer Kult-
gemeinde praktisch ausgeübt wurden. Anderer-
dem wenigen, was wir von ihm wissen, und trotz-
dem die Überlieferung bei Hippolyt ihn dem
anatolischen Valentinianismus zurechnet, hierher
zustellen, nämlich Bardesanes. Der unbekannte
Vater, die Mutter, die gefallene Tochter, die
Sieben begegnen uns auch hier. Ein spezifisch
orientalischer Dualismus scheint sich allerdings
bei Bardesanes hinzu zugesellen. Von den Weiter-
seits scheint es doch, als wenn der Verfasser (bezw. bildungen des Valentinianismus wie von den eben
die Verfasser) eine bestimmte Gemeinde voraus- 50 skizzierten Weiterwucherangen gnostischer Speku-
setzt und eine rivalisierende libertinistisch sre- lation zeigt sich bei ihm dagegen noch keine
Spur. Mit Bardesanes hat man wieder und wieder
rivalisierende libertinistisch ge-
stimmte bekämpft (vgl. IL Jeubuch [s. u.] c. 43).
In den übrigen der Pistis Sophia eng ver-
wandten koptisch-gnostischen Schriften, ' die
Schmidt aus dem Codex Brucianus veröffentlicht
hat, ist der Prozeß der Verwilderung auf den
Gipfelpunkt gekommen. Freilich wird dem von
Schmidt sog. zweiten Jeubuch eine Quelle vor-
gelegen haben, in welcher das Mysterion der Auf-
fahrt der Seelen durch die zwölf Äonen beschrieben 60 252ff.; griechischer Text bei Bonnet Acta Apost.
das sogenannte in den Thomasakten erhaltene
Lied von der Perle in Zusammenhang gebracht,
das erst neuerdings als Hymnus auf eine gnostische
Erlösergestalt richtig erkannt ist (P reuseben
Zwei gnostische Hymnen 1904, 45ff. Reitzen-
stein Zwei hellenistische Hymnen, Arch. f. Reli-
gionsgesch. VLTI 167ff. Bousset Hauptprobleme
onoflF . „_;„«a.:„„i — ni„„* u„: t> ± * „j— a i
wurde und der zwölfte bezw. dreizehnte Himmel
der Barbelo als der höchste und als die End-
station der Himmelsreise galt (c. 52). Auch die
hier (c. 45 48) überlieferten ausführlichen Be-
schreibungen der verschiedenen Taufsakramente
(eines davon auch Pistis Sophia c. 14 2f.) enthalten
Ursprüngliches und sind religionsgeschichtlich sehr
jnteressant. Aber alles übrige — und nament-
II: Acta Thomae c. 111; syrischer Text: Bevan
Texts and Studies V 3, Cambridge 1897. G. Hof-
mann Ztschr. f. neut. Wissensch. IV). So werden
auch die übrigen liturgischen Stücke mit ihrem
entschieden gnostischen Charakter in diesen Zu-
sammenhang gehören. Und wieder haben wir ge-
rade hier noch in unmittelbarer Lebendigkeit die
Verehrung der Mtfztjg bezw. der IlaQ&bos (c. 6 der
1545
(inostiker
tfnostiKer
1Ö4Ö
Acta liegt ursprünglich ein Kultlied, das die Hoch-
zeit der H,immelsgötter feiert, zugrunde). Auch
die ganze Schule des Valentinianismus knüpft,
wie das noch von der Quelle des Irenaeus erkannt
ist, an die entwickelte Form der , Gnosis' an. Es
bleiben überhaupt innerhalb des Gnostizismus nur
wenig selbständige Typen stehen, vor allem die-
jenigen G., bei denen zwar die Annahme der
Sieben nachzuweisen ist, doch keine Spur von der
94), endlich ein 'Avaßanxdv JlavXov (ebd. 38, 2)
und das (koptische) Apokryphon Ioannis.
Zu erwähnen ist noch, daß die G. eine Reihe
yon Propheten verehrten, deren Zeiten sie, wie es
scheint, in die Uranfänge verlegten (Uroffen-
barung!). Hierher gehört Barkabbas (Epiph. 26, 2.
Phil. 33 — Hippolyt); die Namensbildung ist ara-
mäisch (Barkabbas und Parchor auch bei den
Basilidianern); Martiades und Marsianos (Epiph.
Verehrung der MfjTtjQ sich findet : Satornil, Kerinth, 10 40, 7 = Marsanes im anonymen koptisch-gnosti-
Karpokrates, dann die entschiedenen Dualisten
Basilides, Marcion (auch Bardesanes) und einige
andere (Baruchgnosis Iustins usw.).
13. Aus der Darstellung geht endlich von
neuem hervor, daß die , Gnosis' eine religiöse
Bewegung ist, die mit dem Christentum ursprüng-
lich rein gar nichts zu tun hatte und die in ihren
Elementen völlig ohne dieses begreifbar wird.
Erst allmählich drangen zunächst alttestament-
schen Werk. Schmidt 341, 36); Nicotheos
(anonymes koptisch-gnostisches Werk S. 342, 2;
vita Plotin. c. 16. Zosimus bei Reit zen stein
Poimandres 104); vgl. zu dem Charakter dieser
,Propheten' Liechtenhan Offenbarung im Gno-
sticismus 29ff.
Die spezifisch neutestamentlichen Einflüsse in
der Literatur dieser G. sind verhältnismäßig dünn
gesät. Ein nachweisbarer und zwar sehr starker
liehe, dann christliche Einflüsse in diese ein. 20 Einfluß der kanonischen, neutestamentlichen
f7.. .i™ i~. a„4-;i™i n„r.r,ici a a „„(v^wöwi+üv, Tot_ Evangelienliteratur findet sich, wenn wir davon
absehen, daß die G. des Irenaeus I 30, llf. mit
Erzählungen von Geburt des Täufers und Jesu,
Taufe Jesu vertraut sind, erst in der Pistis Sophia
(vgl. Harnack Chronologie a. a. 0.). Die Pistis
Sophia behandelt und zitiert aber auch das Alte
Testament als heiliges Buch. Auch Epiphanius
sagt von seinen ,Gnostikern' 26, 6 iQwvxai Sh xai
Tzaiaiq, xai Haivfj öta&rjKfi. Da er in diesem Zu-
Zu den im Artikel Gnosis § 4 aufgezählten Tat-
sachen ist etwa hier noch zu erwähnen, daß
Hippolyt den Euphratcs 6 JJs^anxog Refut. IV 2
neben dem Karystier Akembes als heidnischen
Astrologen behandelt und diese zugleich als
aoyjqyol der Peraten V 13 nennt, ebenso wie
Origenes als Stifter der Ophianer einen Euphrates
(VI 28) kennt. Auch ein Überblick über die
Literatur zeigt den verhältnismäßig geringen
Einschlag des spezifisch Christlichen. Von dem 30 sammenhang eine Form der ägyptischen Gnosis
Charakter der Autoritäten der G. Plotins in Por-
phyrius vita Plotini 16 war bereits die Rede,
Weiter sind als Schriften von nicht sicher christ-
lichem Charakter in Anspruch zu nehmen: die
Apokolypse des Jaldabaoth (Epiph. 25, 3. 26, 8)
und die große und kleine Symphonie (ebd. 40, 2).
Ebenso vielleicht die mehrfach erwähnten Seth-
schriften (ebd. 26, 8. 39, 5. 40, 2. 7 ; vgl. auch die
Paraphrasis Seths Hippol. Ref. V 22), wenn Seth
seiner Zeit beschreibt, kann die Notiz nicht
wundernehmen.
14. Über die Heimat der G., die Etappen
und den Umfang der gnostischen Bewegung haben
wir nur wenig sichere Indizien, nur daß ihre
Urheimat Syrien bezw. das mesopotamische Tief-
land ist, kann kaum bezweifelt werden. Deutlich
unterscheidet Epiphanius einen syrischen Zweig
und einen ägyptischen Zweig (26, 3) und leitet
nur ein Deckname für Zoroaster war (vgl. die 40 einen ihrer vielen Namen Koddtavol aus der
Schriften des Zoroaster vita Plotin. c. 16); mit den
Sethschriften dann auch die der Allogeneis, oder
des Allogenes, die mit jenen in engem Zusammen-
hang stehen (Epiph. 39 : 5. 40, 2. Vita Plotin. 16).
b) Hinzukommen Apokrypha unter alttestament-
lichen Pseudonymen : Apokalypse des Adam (Epiph.
26, 8) ; Evangelium der Eva oder evayys?.tov rf/g
TeXeitooeco; (ebd. 26, 2. Philastrius c. 33 = Hip-
2vQiaxT) Ötä'texTog ab. Der Beiname des Euphrates
des Stifters der ,Ophianer' weist vielleicht auf
Forät Maisan am Euplrrat (Brandt Relig. d.
Mandäer 192), jedenfalls behandelt Hippolyt ihn
als orientalischen Astrologen (Refut. IV 2. V 13).
Noch zur Zeit des Epiphanius sind die G. (Ar-
chontiker Haer. 40) in Palästina und Armenien
vorhanden. Leider wissen wir nicht, wo Celsus
polyt); eine Himmelfahrt des Jesaia ebd. 40, 2 seine G. kennen gelernt hat. Aber der ganze
(man beachte, daß die uns erhaltene Ascensiolesaiae 50 geistige Gehalt der Gnosis (die MrjirjQ, die Sieben,
.-... ...j.p.1. ..i j.__._i. j:. ~:-i-- it.- 1 _„*.u K u.\. ^ e Beziehungen zu den Mithrasmysterien, auch
die lokalisierbare Gruppe der eng verwandten
Simonianer [vgl. auch Bardesanes]) weisen nach
Syrien (Samarien) bezw. nach Mesopotamien.
Dann ist die Gnosis nach Ägypten gedrungen
(Apokryphon Ioannis, Pistis Sophia, die übrigen
koptisch-gnostischen Schriften, Strationiker des
Epiphanius). Hier schon wird Valentin durch sie
_., ., ^ beeinflußt gewesen sein. Aber mit Valentin muß
bus an Maria: Naassener bei Hippolyt Refut. V 7 60 auch die gnostische Bewegung frühzeitig nach
eine Auffahrt durch die sieben Himmel enthält!;
eine Apokalypse des Abraam (die im Slavischen
erhaltene Abrahamsapokalyse enthält gnostische
Elemente), ein Apokryphon des Moses (beide bei
Epiph. 39 , 5) ; fünf gnostische Oden Salomos
zitiert die Pistis Sophia, c) Als neutestam ent-
liche Autorität hat Maria (welche?) eine besondere
Rolle gespielt — es gab 'EgcortjOEi; {iiEyd).ai xai
fitxQcü) ftlagiag ebd. 26, 8, Überlieferung des Jaco-
p. 134, 79f. und das noch nicht edierte koptische
Evangelium Mariae — . Ein Fswa Maolag bringt
Fabeleien über Zacharias im Tempel (Epiph.
26, 12). Maria (und Salome) spielen auch in der
Pistis Sophia eine Hauptrolle. Hinzukommt die
noch unedierte koptische Sophia Jesu, ein Evan-
gelium des Philippus (Epiph. 26, 11), Iudas (Iren.
I 31, 1) , Thomas (Hippolyt. Refut. V 7 p. 140,
Rom gedrungen sein, so daß Irenaeus oder schon
seine Quelle mehrere ihrer Schriften kennen lernen
und exzerpieren konnte. Noch im 3. Jhdt. finden
wir sie in der Umgebung Plotins. Ihre letzten
Ausläufer hat sie in Palästina (Armenien) und
Ägypten.
15. Literatur, vgL den Art. Gnosis, dazu
R. A. Lipsius Die ophitischen Systeme, Ztschr«
\J JL»UL.TTOiö
f. wissensch. Theol. 1863. Zur Pistis Sophia und
den verwandten koptisch-gn ostischen Schriften:
Pistis Sophia ed. Petermannn-Schwartze lSSOff.
C. R. Köstlin Das gnostische System d. Buches
Pistis Sophia, Theol. Jahrb. 1854 I. IL A. Har-
nack Texte und Unters. VII 2, 1891 Über das
gnostische Buch Pistis Sophia. C. Schmidt Teste
u. Unters. VIII 1. 2, 1892: Gnostische Schriften
(Text, Übersetzung und Einig, der Schriften des
tfobryas
1548
Gobaiinlum,, Station der römischen Straße im
westlichen Britannien (Itin. Ant. 484. 6 Gobannrio.
Geogr. Rav. 427, 3 Bannio) zwischen Isca (s. d.)
und Viroconium (s. d.), den Entfernungen und
dem Namen nach dem heutigen Abergavenny ent-
sprechend (CIL VII p. 43). [Hühner.]
Gobäzes, König der Lazen, hatte seinen Sohn
zum Mitregenten gemacht. Um das J. 456 führten
die Kömer Krieg gegen ihn und stellten bei den
griech. christlichen Schriftsteller der ersten drei
Jahrhunderte; koptisch- gnostische Schriften Bd. I
1905 (Zitate im Text nach Kapiteln und Seiten
dieser Übers.); derselbe S.-Ber. Akad. Berl. 1896
und Philothesia, Paul Kleinert dargebracht 1907
S. 315—336 (Apocr. Johannis). Über die G.
Plotins: C. Schmidt Texte u. Unters. N. F. V 4:
Plotins Stellung zum Gnosticisinus und kirchl.
Daraufhin dankte er ab und wurde nach Constanti-
nopel beschieden (Prise, frg. 25. 26 = FHG IV
102). Später scheint er wieder etwas Feindliches
unternommen, wahrscheinlich sich von neuem des
Königtums bemächtigt zu haben, kam aber 166
nach Constantinopd und wußte sich dort Ver-
zeihung zu verschaffen (Prise, frg. 34). Dabei
wurde ihm der heilige Daniel Stylita als größtes
Christentum Re i tz e ns t e in Poim andres"^ 20 W^T^eSS ^ 7n" ihT^
E. Schwartz Nachr. d. Ges. d. Wissensch., Göt- bührend verehrt (Si m .meta|hr. vit. S Dan Styl.
tingen 1908, 128. [Bousset]
t Guoteas. 1) Sohn des Glaukos aus Knidos.
Teilnehmer an den Soterien in Delphoi als jiaTg
XOQevr^g im KlsMa <%. (269/8), Wescher-
Foucart Inscr. de Delphes 6 Z. 29.
2) Sohn des Glaukias aus Tenedos. Teil-
nehmer an den Soterien in Delphoi als avijg X o-
Qsvrrig ijil Ntxodäy,ov äg % . (270/69), We scher- - ,
Foucart 5 Z. 34. [Kirchner.] 30 Indo S erm - Anz - XVII 111) Gaubaruva zu lesen,
um 410 in dagegen nach F oy ZDMG LII 599. LIV 360 Gau-
ZI bei Surius VI 950). " [Seeck.]"
Gobel (7bv e rÄi^, Madobakarte), s. Gebal
^ r * 2). [Benzinger.]
Gobolitis (Joseph, ant. II 1, 1 u. a.) s. Geba-
lene - [Benzinger.]
Gofcryas, persischer Namen, nach Justi (Ira-
nisches Namenbuch 111 ff., ferner ZDMG LIII 90,
Goar, Alanenhäuptling, brach U111 ^ LW m
Gallien ein (Greg. Tur. II 9) und bewog 411 den
Iovinus, in Mainz sich zum Kaiser ausrufen zu
lassen (Olymp, frg. 17 = FHG IV 61). Vielleicht
ist er identisch mit dem ungenannten Alanenkönig,
der in wider willigem Bündnis mit den Goten 414
Vasates belagerte, aber von seinem Freunde Pau-
Hnus beredet, mit den Bürgern der Stadt Frieden
schloß und ihnen seine Gattin und seinen Sohn
a, S Geisem stellt. V^e^^^n^Sß^W^^
bruva (ebenso Bartholomae Al,tiran. Wörterb.
482). Die von Justi vorgeschlagene Gleichung
des Namens mit griech. ßmxpoQßfc wurde von
Foy mit Erfolg bekämpft, doch ist die von ihm
bevorzugte Bedeutung ,kuhbrauig f mit Stierbrauen
begabt' problematisch. Zuletzt wurde der Namen
von Justi (Indog. Anz. a. O.), der seine frühere
Ansicht fallen ließ, mit griech. ßovxoXog geglichen
„ . [Seeck.]
Goaria (Ptolem. V 15, 24), Ort in Syrien in
•1er Palmyrene ; möglicherweise ist identisch damit
Cehere der Tab. Peut. (s. d.); der Lage und dem
Namen nach das heutige Kärä, nordöstlich von
Damaskus. Andere Formen des Namens sind
Coara, Xo^tonaga, Gomoara, Xogoxaga, Xora^aga
in den kirchlichen Listen (Le Quien II 848)
In der Kirchengeschichte des Mittelalters ist der
SÄ! sr* v "- »««vi*. ^». e-^X § T4^r: e s CX J « t ^:
Den iööj, ^. Benzmerer.l sisrbpn FAilin«i»liT.-ft™ ,-~i n n . n ;.^ ,.:„ T»„t_._
Berl. 1889, 22. [Benzinger.,
Goaris, nach Ptolem. VII 1. 32 der nörd-
liche der beiden Flußarme, in denen sich die
Nanaguna an der Westküste Vorderindiens ins
Meer ergießen soll. Die Nanaguna (s. d.) ist die
Tapti, die bei Surat mündet und im Vindhja-
gebirge entspringt. Der Strom bildet kein Delta,
wohl aber fließen unmittelbar südlich seiner Mün-
dung eine Reihe kleiner Küstenflusse ins Meer,
Babyl. Ku-bar-ra (NR. kl. 1), Ugbaru (Nabüna 1
ld-Annal. c. III Z. 15), Gufmru (ebd. 20. 21);
neusus. Gauparma (Bh, § 54 Z. 109, NE. c),
dazu Foy ZDMG LII 130, 2. Im Griechischen
rüjßgvtjc bei Herodot, Plat. Axioch. 12, Plut.
de adul. 40, bei Xenophon Fcußgvag. Die histo-
risch bekannten Träger des Namens behandelt
A. v. Gutschmid Kleine Schriften III lff.
1) Sohn des Mardonios (Mardunija), Bh. ap.
\'t\ nah R KA {i\\\m* A^ .*«^«^u.^„ ,l^_ „ii
hier ein großes Flußdelta vor sich zu haben
Dann dürfte der G. einer von jenen Küstenflüssen
8Cm Ä v „ [KiessHng.]
Gobaeum s. Gabaeum.
Gobannitio, Arverner, Oheim des Vercinge-
tom, suchte 702 = 52 dessen Abfall von Rom
Ün« ZU hindern ( Caes - bell. Gall. VII
4 * 2 )* [Münzer.j
sischen Keilinschriften vgl. Dareios), ein Perser
aus dem Stamme der Patischoreer (Pätimvarü,
IlaTEiozogeig bei Strab. XV 727, dazu Mar-
quart Philol. Suppl. VI 640. 647. Ed. Mever
Gesch. d. Altert. III 21), NR. ap. und neusus. c,
bah. 1. Jedesfalls war er altadeliger Herkunft;
die herkömmliche, noch von Präsek (Gesch. d.
Meder u. Perser I 203ff.j vertretene Ansicht, er
sei einer der persischen Stammfürsten gewesen,
so dfaK A\» TTflcf«.«.^™ 1 • "~ , T "' ^i, bK1 Klue r uer persisenen ötammtursten gewesen,
fürsten zweifelhaft ist (Ed. Meyer a. O. III 34).
Unter Kyros war G. Statthalter von Gutram (über
diese Landschaft Spiegel ZDMG XXXII 717.
Hagen a. O. 245ff. Streck Ztschr. f. Assyr. XV
272), bekleidete also einen mit Rücksicht auf Kyros
Absichten gegen Babylon ungemein wichtigen
Posten. Das Vertrauen, welches Kyros auf ihn
setzte, bewährte G. vollauf bei der Eroberung
1549
Gobryas
Gobryas
1550
Babylons (539) j über seine Rolle dabei sind wir
durch die Annalen Nabuna' ids unterrichtet (am
besten herausgegeben von Hagen in Delitzsch-
Haupts Beiträgen zur Assyriologie II 205ff.).
Nachdem am 14. Tisri Sippar eingenommen wor-
den war (das richtige Datum erwiesen von Ed.
Meyer Forsch, z. alten Gesch. II 468ff.), erschien
G. am 16. Tisri vor Babylon, das sieh ihm ohne
Widerstand ergab; Nabuna 5 id wurde gefangen
genommen. Doch scheint es nach dem allerdings
schwer verständlichen Passus c. III Z. 17ff. der
Annalen, daß sich in Esakkil noch babylonische
Truppen behaupteten, die unter dem Befehl von
Nabüna'ids Sohn Belsarusur standen und von G.
eingeschlossen wurden. Am 3. Marcheschwan
hielt Kyros seinen Einzug; in seinem Auftrag
setzte G. in Babylon Statthalter ein. Bald darauf
(11. Marcheschwan) wandte sich G. gegen Bel-
sarusur und tötete ihn; damit war Kyros unbe-
stritten Herr von Babylon. Die Erzählung He-
rodots I 191 und Xenophons (Kyrop. VII 5, 8ff.)
von Babylons Einnahme durch Ableitung des
Flusses ist, obwohl sie wenigstens zum Teil bei
neueren Gelehrten Beifall fand, wohl nichts mehr
als ein romanhafter Zug (vgl. Ed. Meyer Gesch.
d. Altert. I 606); auch die Erwähnung des G.
(Gobaris) bei Plin. n. h. VI 120 beweist nichts
dafür. Noch weniger ist die Rolle, welche G. in
Xenophons Kyropädie spielt, für die Geschichte
nutzbar zu machen; C. F. Lehmanns Aufstel-
lungen in dieser Richtung (Klio I 341ff., ähnlich
aber gemäßigter bereits Bü ding er S.-Ber. Akad.
Wien XCVII 721 und Marquart a. O. 599)
halte icli für verfehlt, besonders seinen Versuch.
G. als Statthalter von Gutium zum babylonischen
Vasallen zu machen.
Marquarts Annahme (a. O. 625ff.), daß G.
von da ab Satrap von Babylonien blieb, ist mit
dem, was wir über sein späteres Leben wissen,
nicht vereinbar. G. tritt wieder hervor bei der
Ermordung des falschen Smerdis (Gaumäta) ; seine
Teilnahme an ihr war nicht bloß in seiner Stel-
lung bei den Persern, sondern auch darin be-
gründet, daß er mit Dareios doppelte Familien-
verbindung geschlossen hatte: G. war mit einer
Schwester des Dareios verheiratet (Herodot. VII
5) und vermählte eine Tochter mit Dareios, die
ihm drei Kinder gebar, bevor er noch König wurde
(Herod. VII 2). G.s Beteiligung an dem Atten-
tat auf Gaumäta, das am 10. Bagayädis (16. Ok-
tober) 521 stattfand (vgl. Dareios, an diesem
Datum halte ich auch nach den Erörterungen
von Präsek Klio I 27ff. und Weissbach ZDMG
LV 195ff. fest), ist zunächst durch Dareios eigene
Angabe Bh. ap. § 67, neusus. § 54 bezeugt. Mit
der hier mitgeteilten Liste der Verschwörer
stimmt fast ganz Herod. III 68ff. überein; da-
gegen steht bei Ktesias Eclog. 14 eine Liste, in
welcher in einigen Fällen, so auch bei G., die
Söhne statt der Väter genannt sind (Duncker
Gesch. d. Altert. IV 5 252. Keiper Acta sem.
phil. Erlang. I 222ff. v. Gutschmid Kl. Sehr.
in 505ff. Marquart a. O. 622ff.) ; in Konse-
quenz dieses Irrtums heißt G. auch Ecl. 20 Mar-
donios ,0 jia).atög\ Bei Herodot findet sich eine
detaillierte Schilderung der Rolle, welche G. ge-
spielt haben soll : er wird durch Otanes ins Ver-
trauen gezogen und gewinnt hinwiederum Mega-
byzos (III 70); bei der Beratung über das Vor-
gehen gegen die Magier erscheint er als Vertreter
entschiedenen Handelns und bestimmt die anderen
dazu (ITI 73) ; bei der Ausführung des Anschlags
drangen Dareios und er in das Schlafgemach ein,
wohin sich einer der beiden Magier geflüchtet hatte,
G. umfaßte ihn in der Dunkelheit und rief Dareios
zu, mit dem Schwerte zuzustoßen, ohne Rücksicht
auf ihn zu nehmen, worauf Dareios den Magier
10 traf. Ebenso berichten Plut. de adul. 4 und lustin.
I 9, 22. 23. Es ist kein Zweifel, daß man es in
diesen Berichten mit Produkten der Phantasie
zu tun hat (Maspero Hist. anc. des peuples de
rOrient classique III 673. Präsek Gesch. der
Meder I 281). Die nahen Beziehungen des G-
zu Dareios und sein Anteil an dessen Erhebung
machen es begreiflich, daß er auch unter diesem
Herrscher eine hervorragende Stellung einnahm;
er wurde zu dessen ,Lanzeri träger', einem der
20 ersten Vertrauensposten am Hofe (Duncker a. 0.
IV 5 534. Spiegel Erän. Altertumsk. III 626,
— Dareios selbst hatte unter Kambyses ihn inne-
gehabt), ernannt (NR. ap. c, neusus. c, bab. 1)
und ist als solcher auf dem Grabmal des Königs
in Naks-i Rüstern abgebildet (Texier Arme"nie
et Perse II pl. 123. Stolze Persepolis II T. 108.
109. Dieulafoy L'art antique de la Perse I
pl. 10). Der Umstand, daß G. unter Kyros Statt-
halter von Gutium gewesen war, bewog wohl
30 Dareios dazu, als sich später Susiana auf An-
stiften des . . imaima (Ummaima nach Oppert
und Spiegel Altpers. Keilinschrift. 2 109), besser
. . mamita, mamaita (nach Hüsing bei Präsek
Gesch. der Meder und Perser II 72, 3 lautet der
Name Atamaita) erhob, ihn mit der Dämpfung
des Aufstands zu betrauen; G. nahm ..mamita
gefangen und brachte ihn zum König (Bh. ap. col.
V § 69). Diese Empörung gehört nach der Reihen-
folge der Ereignisse auf der Behistaninschrift in
40 die Zeit nicht lange vor dem Skythenzug des
Dareios, nach v. Gutschmid um 515, nach
Weissbach ZDMG LXII 641 mutmaßlich nach
dem fünften Jahre des Königs; dagegen setzen sie
Oppert (Le peuple et lalangue des Medes 158;
ZDMG LII 269) und Justi (ZDMG LI 236. 241;
Iran. Namenbuch 111; Grundriß d. iran. Phil.
II 445) in das J. 510/9. Auf dem Feldzug gegen
die Skythen (wohl 514, nach Ed. Meyer Gesch.
d. Altert. III 113 um 512) soll G. die Rätsel-
50 geschenke, welche sie dem König zusandten, richtig
gedeutet haben (Herod. IV 132), was jedoch
Pherekydes (frg. 113) einem sonst nicht bekannten
Xiphodres zuschrieb; dann gab er den Rat, den
Feldzug abzubrechen und umzukehren (Herod.
IV 134). Obwohl diese Erzählungen einen ganz
märchenhaften Eindruck machen und Herodots
Bericht über den Skythenzug überhaupt historisch
nicht brauchbar ist (s. Dareios. Ed. Meyer
a. O. III 113ff). kann man an der Tatsache,
60 daß G.sich in der Umgebung des Dareios befand,
nicht zweifeln. Von da ab verschwindet er aus
der Geschichte. Von seinen Söhnen sind Mardonios
(Herod. VI 43. VII 5. 82) und Arioniandes (Kal-
listhenes frg. 1 bei Plut Cim. 12) bekannt.
Literatur: Außer den angeführten Werken
noch Duncker Gesch. d. Altert. IV5. Spiegel
Erän. Altertumsk. II. Justi Gesch. d. alten
Persiens und im Grundriß der iran. Philologie II.
1551
Godagis
Grodomarus
1552
2) Sohn des Dareios und der Artystone (Toch-
ter des Kyros), Befehlshaber der Mariandyner,
legier und Syrier (Kappadoker) im Xerxeszuge
(Herod. VII 72). Ob aus der Erwähnung in
Piatons Axiochos 12 eine Sendung dieses G. nach
Delos als historisch anzuerkennen ist (wie v. Gut-
schmid a. 0. 4 meint), darf dahingestellt bleiben.
Justis Annahme (Iran. Namenbuch 111), dieser
Gr. sei der Vater des Ariomandes gewesen, ist der
Zeitverhältnisse wegen unmöglich.
3) Persischer Feldherr in der Schlacht bei
Kunaxa (Xen. anab. I 7, 12). Er wird auf baby-
lonischen Kontrakttäfelchen als Statthalter von
Akkad erwähnt (Präsek a. 0. II 189, 1).
4) Ein Magier, Enkel des bei Plat. Axioch.
12 erwähnten G. Seine historische Realität ist
ebenso zweifelhaft wie diejenige des Folgenden.
t 5) In der von einem Alexandriner herrührenden
Diadoche der Magier von Zoroaster bis auf Alex-
Chlodwig abgezogen, als sich Gundobad von neuem
erhob, seine alte Hauptstadt Vienne belagerte
und eroberte und den verräterischen Bruder samt
seinem Anhang töten ließ (Mar. Avent. Chron.
min. II 234 Mommsen. Gregor v. Tours II 32.
33). [Benjamin.]
Godigiselus (so Greg. Tur. II 9; roöiytaxlog
oder roiüiyioHkos die Griechen; vandalische Form
wohl Godagisl-, Wrede Über die Sprache der
10 Wandalen 51), König der Vandalen, Vater des
'1 i-rY\Y\i\ckirt/*t^c* -1-1*1^ nniiir.mn,,™ /TS 1. .11 tt i -w
Gunderkus und Geisericus (Procop. bell. Vand I
3, 23. Theoph. 5931. 6026. Apoll. Sid. carm. II
359), führte sein Volk aus Pannonien an den
Rhein (Procop. bell. Vand. I 22, 3. 5; vgl. Iord.
Get. £2. 115) and starb noch an der rechten
Seite desselben während des Kampfes gegen die
Franken (Greg. Tur. II 9), denn erst sein Sohn
und Nachfolger Gundericus überschritt am 31. De-
zember 406 den Strom (Mommsen Chron. min.
i ner d " G I- b * ?^S\ Laert ' ? rooem : 2 (<*azu 201 299, 406). Daß noch er selbst die Vandalen
Marquart a. 0. 530ff.) erscheint auch ein G.
v. Gutschmids (a. 0. 4) Identifikation desselben
mit Nr. 4 ist willkürlich.
6) In der Anth. Pal. X 18 beginnt das Epi-
gramm mit Fcoßgv, Aicovvaög os xal fj rpdeQÜaxQia
KvxQtg xeqüioi xtI. [Swoboda.]
Godagis, ältester Sohn des Gentunis, wurde
von seinem Oheim, dem Vandalenkönig Hunericus
(477—484), mit seiner Frau verbannt, Vict. Vit.
H 5, 14. [Seeck.]
Godana, Stadt in Aria; nach Ptolem. VI 17
ganz im Osten der Landschaft, nahe am west-
lichen Ende des Paropanisos und der Quelle des
Areios (Herirud) gelegen. Der Name läßt sich
aus dem Iranischen deuten als .Ruheplatz der
Kühe' (vgl. altossetiscb dän, neuosset. don, und den
skythischen Völkernamen Issedon). [Kiessling.]
Godas, seiner Abstammung nach ein Gote,
aber vandalischer Offizier. Als Statthalter von
nach Spanien geführt habe (Procop. bell. Vand.
I 3, 2. Theoph. a. 0.), ist also falsch. Ludwig
Schmidt Geschichte der Wandalen, Leipz. 1901,
!9ff- [Seeck.]
Godlat (nb^i>) ( Name einer Gottheit der Stadt
Bethchur in Mesopotamien (Isaac Antioch. ed.
Bickell 1 214 v, 169), welche vielleicht die Weberei
beschützte (Assemani BibL orient. I 327
A nm. 1). [Cumont.]
30 Uodomarus (Godemarus). 1) Jüngerer Sohn
des Bargunderkönigs Gundobad. Ob er, wie sein
älterer Bruder Sigismund, der 'die Königskrone
geerbt hatte, katholisch war, ist zweifelhaft. Die
Nachricht der Vita Sigismundi 4 (Scr. Rer. Merov.
II) ist nach der Natur dieser Quelle wertlos, und
Avitus Ep. 92 erlaubt trotz Bin ding 184 keinen
derartigen Schluß. Im J. 523 kämpfte er an
der Seite seines Bruders in der unglückliehen
Entscheidungsschlacht gegen die Franken (Gregor
. , l„.r , . ™ *j"«"j^"vi«uiigooi.iiiu,i,iii J ireyen uie r ranken ureffor
Sardinien nahm er im J 533 beim Ausbruch des 40 v, Tours III 6), und da er entkam, während Sigis-
Krieges mit Ostrom den Köniß-stitpl .«v-n nn/I H nMif.*i tn-u-n/i /la™ "p Q i.^ „„ui^qi:-!, • j--~ tt-_j. _ '7.,,
Krieges mit Ostrom den Königstitel an und suchte
bei lustinian um Unterstützung nach. Trotzdem
der Kaiser wirklich 400 Mann zu Hilfe schickte,
unterlag G. schnell dem großen Vandalenheer,
das Gelimers Bruder Tzazo nach Sardinien führte,
und wurde als Verräter hingerichtet (Procop. bell.
Vand. I 10, 11. 25). [Benjamin.]
Godasa, Stadt in Armenia minor, an der
Straße Arabissus-Satala, Ptolem. V 6, 20 (7. 4).
mund dem Feind schließlich in die Hände geriet,
so fiel ihm, als er nach dem Abzug der Franken
sein Reich wieder erobert hatte, von selbst die
Krone zu, die er freilich erst im folgenden Jahr
nach des Bruders Tod ausdrücklich in Anspruch
nahm (Mar. Avent, Chron. min. II 235). Den
unmittelbar folgenden Angriff der fränkischen
Brüder Chlodomer und Theuderich schlug er durch
die siegreiche Schlacht bei Vöseronce nieder, in
Itm. Ant. \%£, 6{Gundux<t, Condom). Lage völlig 50 der Chlodomer fiel (Chron. min. II 235 Agath
unsicher. R. Kiepert Karte v. Kleinasien B V 13. Gregor v. Tours III 6, der den Franken zu
setzt es vermutungsweise bei Tutmadj, südöstlich
von Sivas, an. [Rüge.]
Godegisclus (Godegisel), jüngerer Sohn des
Burgunderkönigs Gundiok. Seit dem Tode des
Vaters (nach 473), als die überlebenden drei oder
vier Söhne das Reich teilten, hatte er vermut-
lich seinen Wohnsitz in Genf, wo ihn die Ge-
sandtschaft des hl. Epiphanius von Pavia im J. 494
aufsuchte (Ennod LXXX 174). Neben dem älteren 60 G. redlich für das Wiedererstarken des geschädig-
Bruder Gundobad hat er stets eine unbedeutende
Rolle gespielt. Schließlich suchte er — es bleibt
zweifelhaft, aus welchen Gründen (s. den Artikel
Gundobad) — gegen diesen Anschluß bei Chlod-
wig und schlug an dessen Seite im J. 500 bei
Dgon den Bruder aufc Haupt Während der Ge-
schlagene nach Avignon flüchtete, schlug G. in
Vienne seinen Wohnsitz auf. Aber kaum war
Unrecht den Sieg zuschreibt). Freilich konnten
nach der anderen Seite die Verluste nicht ein-
gebracht werden, die die gleichzeitige ostgotische
Okkupation des Landes bis zur Isere hin gebracht
hatte (Procop. bell. Got. I 12. Cassiod. var. VILT
10, vgl. Mommsen Einleitung 36. L. M. Hart-
mann Das italienische Königreich I 220. 244, 4).
In den folgenden Friedensjahren bemühte sich
T*ün li/in Tili« /n rt -n Win.H.-. > .A V ^l A ,.L AM -1^™ ^ Ä L^! J ? ~_
ten Landes zu sorgen, was besonders die auf dem
Reichstag zu Amberieux beschlossenen Gesetze
zeigen. Es wurde für die aus den nun ostgotisch
gewordenen Landstrichen zurückgewanderten Bur-
gunder gesorgt und der Friede zwischen beiden Kon-
fessionen eingeschärft (Mon. Germ. Hist. Leges
Sectio I Bd. II 1. Const. Ertrarag. XXI 12. 13).
Aber der Untergang des Staats war unabwendbar,
1553
öoeratha
Gogarene
1554
obgleich sich schon vor 533 die Regierung Atha- jetzt Marquart Eränsahr 109. 116. 168; auch
larichs entschlossen hatte, den Burgundern im Montzka Die Landschaften Großarmeniens bei
Interesse der Stärkung ihres Reiches und unter röm. u. griech. Schriftstellern, Separatabdruck
gleichzeitigem Abschluß eines Bündnisses einen aus zwei Wiener Progr. 1906 II 21).
Teil des in Besitz genommenen Landes zurück- Die Grenze zwischen Iberien und Armenien
zugeben (Cassiod. var. XI 1 § 12—13). Im J. 533 läßt sich nach Strab. 500 Ende sehr gut er-
erlag das Reich dem Angriff der merovingischen kennen: sie lag genau in der großartigen Schlucht
Brüder Chlotar und Childebert in der Entschei- oberhalb von Tiflis, durch die der Kur aus dem
dungsschlacht bei dem belagerten Autun, und Hohlbecken von Gori in das tiefere Tifliser Tal
G., dem es gelang, zu entfliehen, verschwindet 10 hinabstürzt. Zu beiden Seiten der Enge erhoben
seitdem wie der Staat der Burgunder aus der sich nahe der Vereinigung von Kyros und Aragos
Geschichte (Gregor v. Tours III 11. Mar. Avent. (heute Aragwa) die beiden iberischen Grenz-
Chron. min. II 235. Procop. bell. Got. I 13). festungen: gegen Armenien Harmozike auf dem
Literatur: Binding Das burgundisch-roma- südlichen Kur ufer, gegen Albanien am Nebenfluß
nische Königreich I, 1868. SecreHan Le premier Seusamora. Beide Namen haben sich als geor-
Royaume de Bourgogne 1868. Jahn Geschichte gische Bezeichnungen Armatzicho und Tsitsamuri
der Burgundionen 1874. bis heute in der Gegend, wenn auch nicht genau
2) Jüngerer Sohn des Burgunderkönigs Gundiok an den alten Stellen, erhalten (vgl. auch Leh-
(Gregor v, Tours II 28), von dem nicht einmal mann -Haupt Armenien einst und jetzt I 55;
feststeht, ob er seinen Vater überhaupt^ überlebt 20 genauere topographische Untersuchungen hat L eh -
na t, ^ [Benjamin.] mann leider nicht an Ort und Stelle vorgenommen).
Goeratha, s. Girat ha o. S. 1368. Da Harmozike zugleich die iberische Hauptstadt
Goesao s. Gaesao o. S. 462. war, so hat die von Artaxias eroberte G. sicher
Götterbilder s. Kultbilder. erst unterhalb der Tifliser Enge begonnen: der
Gogana, Ankerplatz mit kleiner Anäedlung oben geschilderte nördliche Steilrand des Hoch-
an der Küste von Persis, Nearch. bei Arrian. Ind. plateaus bildete die natürliche Grenze der Land-
38. Es ist die Bai von Bender Kongün im Per- schaft und Armeniens gegen Iberien. Ebenso
sischen Golf, mit guter Rhede; die Küste ist wohl entspricht es der vorher angedeuteten natürlichen
angebaut, hat treffliches Trinkwasser und Dattel- Konfiguration des Plateaus, daß sich der hier an-
palmen. Der Flotte Kearchs wurde das Ein- 30 gesiedelte, vorarmenische Stamm (der Gogari, wie
laufen durch Ebbe und Untiefen erschwert, Der wir ihn nennen dürfen) ostwärts bis ans Ufer der
Name mag iranisch sein, zusammengesetzt mit Kura hinabgezogen hat. In der geographischen
fß (Kuh). [Kiessling.] Beschreibung Strabons (528) erscheint sogar das
Gogaraei, indischer Volksstamm nach Plin. Hohlbecken von Tidis als der wichtigste und
n. h. VI 76. [Kiessling.] nennenswerteste Teil der G.; Strabon schildert
Gogarene ist seit dem 2. Jhdt. v. Chr. nörd- sie geradezu als einen der .avXüvss 1 (Hohlbecken),
liehe Grenzmark Armeniens gegen das kauka- die zwischen den /moTziöia' (Hochplateaus) ein-
sische Königreich Iberien. Vorher gehörte es den gesenkt liegen. Er rechnet sie als solchen zu den
Iberern, Strab. 528 Ende: 'Ißr'/QOir di- zrjv ze nagm- blühendsten Landstrichen Armeniens, nur der
QBtay tov ITaQvdögov aal x^v Xog^v^v xal rcoya- 40 oberen Araxesebene (Eriwan) und der Sakasene an
Qt)vi}v ne Q av ovoav tov Kvqov, d. h. vom iberischen der Kura gegenüber Albanien nachstehend. Das
Standpunkt im Süden der Kura. Dadurch be- ganze Land sei ein einziges Ackerfeld, mit zahl-
stimmt sich die allgemeine geographische Lage der reichen Obstgärten und Waldungen immergrüner
Landschaft; sie entspricht wesentlich dem west- Bäume; sogar die Olive gedeihe hier und natürlich
liehen Teile des georgischen Königreichs innerhalb im Überfluß Wein , der nur auf den Hochflächen
der großen Kurkrümmung nahe dem Querriegel des schlecht fortkomme. Das sind höchst überra-
Meskischen Gebirges, der das armenische Stufen- sehende Angaben für uns, die wir die Ebene von
und Plateauland (ÖQoxedia in guter geographischer Eriwan und die Tiflis benachbarten Striche an
Anschauung von Strab. 528 Anfang genannt) mit der Kura als öde, völlig baumlose Steppen
dem Kaukasus verbindet, dieWasserscheide zwischen 50 kennen. Sie sind es also erst seit dem Mittel-
Phasis und Cjrus bildend, — ein ausgesprochenes, alter geworden ; vorher hatten künstliche Be-
meist weit über 1500 m erhobenes Hochplateau, Wässerung und rationelle Bodenpflege das Stra-
dem Gebirge und Einzelberge aufgesetzt scheinen ; bon paradiesisch erscheinende Landschaftsbild her-
das den süd-nürdlich gerichteten Oberlauf des Kur vorgezaubert. Und sorgsamen Ackerbau und mit
auf seiner Hochfläche trägt und nach Norden mit ihm verbunden eine nicht geringe allgemeine
einem sich stark aufwölbenden, zusammenhängen- Kultur hatten schon die 10 000 Griechen in Ar-
den Rand steil und unzugänglich gegen das menien vorgefunden, das Erbe offenbar aus der
iberische Hohlbecken von Gori abfällt, während Epoche der Könige von Urartu. Die ausgeprägte
auf der Ostseite von dem Tifliser Hohlbecken aus immergrüne Mittelmeerflora verliert sieh im Osten
die wilden Seitentäler der Kura nicht leichte, aber 60 Trapezunts mehr und mehr ; nur gewisse Lor-
doch für den Verkehr hoehbedeutsame Zugänge beerarten dringen ins Innere vor und setzen im
öffnen, in deren einem die Eisenbahn von Tiftis Gouvernement Tiflis mehrfach die Macchien an
nach Aleiandropol und Kars emporklimmt. Die den Berghängen zusammen. Da aber Strabon
allgemeine Lage charakterisiert Steph. Byz. kurz von immergrünen Bäumen spricht, scheint es not-
und treffend : x (u e* ov j»«raf v Kokiatv xai 'Ißfecov. wendig anzunehmen, daß im Altertum auch die
Die "Identität der G. mit der 14. Provinz Gugark* Steineiche, die heute nur noch das kolchische
der altarmenischen Geographie ist unzweifelhaft Randhugelland in lichterem Hochwald bekleidet,
und längst von Kiepert erkannt worden (vgl. auf den inneren Landstrichen des kaukasischen
Isthmus heimisch war. Ähnlich steht es um
den Ölbaum. Wild und in Strauchform ist die
Olive über die Steppenregionen fast des ganzen
Vorderasien verbreitet, vom Pangäb bis Trans-
kaukasien und Krim, aber Olivenbau gibt es nir-
gends mehr in Armenien. Da ihn aber auch
Moses von Chorene (p. 610) für die der G. be-
nachbarte und gleichfalls bis an die Kura rei-
chende Provinz Uti ausdrücklich bezeugt, so
müssen wir glauben, daß sich der Ölbaum mit 10
dem allgemeinen Niedergang der gesamten arme-
nischen Kultur aus den verödeten und zu Steppen
herabgesunkenen Talbeckcn zurückgezogen hat.
Vgl. auch Schrader in Heb ns Kulturpflanzen 7
121.
Im v Südosten stieß die G. an den Gau Saka-
sene (Sakasan) der Provinz Uti; dieser umfaßte
den Nordabhang des Gokcaiplateaus bis zum Kur
hinunter (s. Sakasene); die Grenze mag in den
Bergen über dem Akstafafiuß verlaufen sein, in 20
dessen Tal die berühmte Poststraße nach Eriwan
hinübergeht. Sakasene ist nach der Ptolemaios-
karte der Sirakene (s. d.) benachbart, in der man
den alten Gau Sirak der Provinz Airarat erkennt,
den vom Arpacai durchflossenen Distrikt mit der
alten Stadt Ani, südwärts von Alexandropol sich
ausdehnend. Da anderseits das Hochplateau von
Alesandropol die Fortsetzung des oqojisSiov der
Gogari bildet, so wird die Südgrenze G.s gegen
Sirakene annähernd in dem Bergzug nördlich der 30
russischen Stadt fixiert. Im Südwesten müssen
die Taochoi die Nachbarn der Gogari gewesen
sein, wenigstens zu der Zeit, als die 10 000 Grie-
chen ihr Gebiet durchzogen. Da die Hellenen
aus dem Taochenland an den unteren Coroch
gelangten, ist es notwendig, diesen Stamm bis
an die oberste Kura ^auszudehnen. Folglich
endete die G. etwa am Caldyr GjöL Der Haupt-
ort des Hochplateaus war Caspiae bei Akhal-
kalaki; ein anderer Ort hieß Apulum, dessen 40
Name in dem Brüderpaar der isoliert aufragen-
den Berge Abul fortlebt. Als Gaue der G. dürfen
Thriare und Thasie gelten, von Plin. n. h. VI
29 genannt; denn beide sind sicher im Westen
und Südwesten von Tiflis zu lokalisieren, der
erste armenisch Threlk" (georgisch Thrialethi),
der andere arm. Tasir (vgl. Hübschmann Die
altarm. Ortsnamen 354). Über das Verhältnis
von G. zu Obarene s. d. [Kiessling.]
Gold (zQvoög, aurum). I. Geschichtliches 50
ober Verbreitung und Verwendung. Wenn
in der Reihenfolge, in der die alten Völker, und
zwar ebenso die orientalischen wie die europäischen,
die Metalle nach ibrem Werte ordneten, das G.
an erster Stelle kommt, was bekanntlich auch
seinen mythologischen Ausdruck in der Sage der
verschiedenen Zeitalter gefunden hat, so ist es
dabei nicht bloß der materielle Wert, der dies
Metall als das schönste und zugleich als das
unter allen den Alten bekannten seltenste an die (jq
erste Stelle rückt, sondern es liegt dafür auch
eine historische Berechtigung vor. Denn ohne
Zweifel ist das G. dasjenige Metall, das die
Völker der alten Welt (und von der neuen gilt
es nicht minder) zu allererst kennen und bearbeiten
gelernt haben. Das hängt zunächst damit zu-
sammen, daß es sich in der Regel gediegen vor-
findet und nicht erst metallurgischer Verfahren
zur Gewinnung bedarf, und daß es ferner, weit
es meist an der Oberfläche zu Tage liegt, schon
von früh an auffiel und leicht gewonnen werden
konnte, und endlich damit, daß es seiner leichten
Schmelzbarkeit und Dehnbarkeit wegen auch
mühelos zu bearbeiten war.
Es ist selbstverständlich , daß die Völker-
schaften, auf deren Gebiet G. vorkam oder die in
Verbindung mit andern, G. grabenden Völkern
standen, viel früher das Metall kennen lernten^
als diejenigen, bei denen das nicht der Fall war.
So war denn lange bevor Griechen und Italiker
von G. etwas wußten, dies den Ägyptern, Chal-
däern, Babyloniern bekannt und wurde bei ihnen
verarbeitet; der Reichtum der orientalischen
Fürsten, wie noch in historischer Zeit der Lyder-
und Perserkönige, war, soviel man auch mit
Übertreibung in den Berichten der Griechen
rechnen mag, jedenfalls ganz ungeheuer. Und
wie von diesen unermeßlichen Schätzen, so erzähte
man sich in Griechenland auch die abenteuer-
lichsten Märchen von der Gewinnung des kost-
baren Metalles. Die Sage von den G. grabenden
Ameisen, die wir zuerst bei Herod. III 102 finden,
wurde noch in der Kaiserzeit erzählt und geglaubt
(Plin. 51 111, vgl. XXXIII 66. Pomp. Mela III
62), und wie diesen fabelhaften Berichten vielleicht
wirkliche, nur gänzlich mißverstandene und ent-
stellte Tatsachen zugrunde liegen (vgl. Blümner
Technologie IV 11, 2), so haben neuere Gelehrte
auch in der Sage von den Arimaspen, die das
von Greifen bewachte G. rauben (Herod. III 116
äußert sich darüber recht skeptisch; vgl. IV 13.
Paus. I 24, 6), einen nur wunderbar ausge-
schmückten Bericht über G.-Bergbau treibende
nordische Skythen erkennen wollen (s. Art. Ari-
maspen).
In den ältesten schriftlichen Zeugnissen, die
uns über griechische Kultur vorliegen, in den
Homerischen Gedichten, spielt das G. im Besitz
der Fürsten und Edeln eine wichtige Rolle; und
daß darin eine alte Tradition vorliegt, daß einst
wirklich in prähistorischer Zeit in Hellas viel G.
in fürstlichem Besitze war, das haben die Funde
der goldenen Schmucksachen, Becher, Masken
usw. in den Gräbern von Mykenai, in Vaphio
und anderwärts genügend bestätigt, um von den
G.-Funden Im alten Ilion , als von asiatischem
Boden herrührend, nicht su reden. Wir dürfen
daher, obschon andere Stätten der ägäischen Kul-
tur, wie Tiryns und Kreta, derartige G.-Funde
nicht ergeben haben (was sehr begreiflich ist, da
es sich hier um Palastruinen, dort um nie ge-
plünderte Gräber handelt), für die sog. mykenische
oder ägäische Kulturperiode einen bedeutenden
G.-Reichtum im Besitz der Könige voraussetzen,
den sie sich jedenfalls vom Orient oder von
Ägypten sei es durch friedlichen Kauf, sei es
durch Kriegszüge (die Sage vom goldenen Vließ
deutet wohl auf solche hin) erworben haben
mochten. Immerhin empfand man wohl auch
damals den großen Gegensatz zwischen dem gold-
reichen Orient und dem goldarmen Hellas: es ist
ein Lykier, der seine goldenen Waffen gegen die
ehernen des Achäers tauscht (Hom. II. VI 235).
Aber wie sich die allgemeinen Kulturverhält-
nisse, wie sich Bauart und Kunst, Staatsein-
richtung und Lebensweise in den Jahrhunderten
nach der sog. dorischen Wanderung umgestalteten
und schlichter und ärmlicher wurden, so hatte
zu Anfang des letzten Jahrtausends v. Chr. offen-
bar auch der G.-Besitz in Griechenland erheblich
abgenommen; denn daß die Homerische Dichtung
gerade darin nicht die Gegenwart schildert,
sondern Reminiszenzen aus der Tradition vor-
bringt und wohl auch ausschmückend übertreibt
(wie im Palast des Alkinoos), das ist allgemein
zugegeben.. Griechenland selbst war arm an 10 Lepr. bei Athen. XI 465 B). Aber erst nachdem
uuiu 1000
stets unter seinem Kopfkissen aufbewahrt haben,
so daß er wohl nur diese eine besitzen mochte.
Immerhin finden wir im 5. und 4. Jhdt. v. Chr.
verschiedene Erwähnungen, die uns zeigen, daß
goldenes Trinkgeschirr sich damals sowohl im
Besitz der Gemeinden (Thuc. VI 32, 1. Plut.
Alcib. 13. Ps.-Andoc. in Älcib. 29), wie in den
Händen wohlhabender Privatleute befand (Demosth.
XXVII 10 p. 819. Plut. Ale, 4. Harmod.
G.-Minen, da die von Siphnos wohl nur der
kleinen Insel selbst zu Wohlstand verhalfen,
übrigens auch frühzeitig erschöpft waren (Paus.
X 11, 2; vgl. unten im IL Abschnitt). Fürsten,
die durch Gewalt oder Sparsamkeit große Schätze
aufhäufen konnten, gab es nicht mehr; der Pri-
vatmann hatte nicht die Mittel, G. oder goldene
Gegenstände in größerer Menge zu erwerben.
Längere Zeit hindurch war daher Griechenland
durch die phokischen Kriege, bei denen der Tempel
von Delphi seiner meisten Schätze beraubt wurde,
G. in großen Mengen flüssig geworden war, wurde
das Edelmetall in Hellas häufiger (Diod. XVI 56
gibt das damals zu Geld gemachte Q-. der Kroisos-
Geschenke auf 4000 Talente = 104 784 kg an;
vgl. Athen. VI 231 C : /.istci ös n)v Askytiv vtzo
tpcoxEcov xazdtyyjtv navta za toiovra dayUeiar
Ei?^(psv } und ebd. D: ovXrjMvtos- yovv rov nv$t-
arm an G. (Athen. VI 231 C bemerkt, Anaximenes 20 xov iegov vzto r&v <f>a>xt,xcav tvq&vvcov inUa/ny-'e
von Lampsakos habe die Berühmtheit des goldenen
Halsbandes der Eriphyle erklärt 81a ro anävtov
slvai tots iQvaiov JiaQa xotg "Ekfojoi) ; das meiste
war damals als Geschenk fremder Fürsten in den
Tempelschätzen zu finden, besonders in Delphi,
wohin Alyattes und Kroisos ihre großartigen G.-
Geschenke gesandt hatten, ferner in Olympia;
auch in Großgriechenland bargen die Tempel
ähnliche Reichtümer (vgl. was Liv. XXIV 3, 6
.Tctoa Toiq"EXkr}oiv 6 '/gvoög), und noch mehr war
das der Fall nach den Kriegen Alexanders (Athen,
ebd. E : voxeqov <)e tov ueyloiov 'AXetjävögov rovg
&x rijs 'Aaia; •&?]0avQovg dvelofitvcv drhsdsv 6
xaza UivÖaoov evQvotievrjs jtXovrog; vgl. Arrian.
anab. III 18, 10. Diod. XVII 70, 3. Curt. V
6, 2. Plut. Ales. 24).
Für unsere Kenntnisse des G. bei den Etrus-
kern sind wir bei dem Mangel schriftlicher Nach-
Yom Tempel der Hera bei Kroton berichtet). 30 richten" lediglich auf die Gräberfunde angewiesen.
Diese Tempelschätze mit ihren G.- Barren und
G.-Gefäßen, selbst mit den darin aufgestellten
chryselephantinen Götterbildern, waren zugleich
für die Staaten eine Art Kriegsschatz, von dem
man, wenn die andern Geldmittel ausgingen,
Gebrauch machte (vgl. die Rede des Perikles bei
Thuc. II 13, 4f. Schol. Ar. Ran. 720; von dem
G. -Reichtum des Parthenon geben die Schatzver-
zeichnisse eine Vorstellung; s. Boeckh Staats-
In den ältesten Gräbern fehlt es gänzlich; in den
Tombe a pozzo der jüngeren Villanova-Periode
tritt es vereinzelt und noch sehr selten auf,
während es in den Tombe a fossa häufiger wird
und sowohl vergoldeter Bronzeschmuck wie gol-
dene Schmucksachen sich in den Gräbern finden
(Martha L'art etrusque 82. 101). Diese ältesten
Goldsachen scheinen allerdings noch fremder Im-
port orientalischer Provenienz zu sein , wie das
haush. d. Atheners II 131ff. Michaelis Der 40 auch bei den meisten G.-Funden in den Tombe
Parthenon 288ff.). Aber hievon abgesehen war
nicht viel G. im Lande (s. Boeckh a. a. O. I
6f.); nicht ohne Grund hat so manchesmal das
persische G. seine unheilvolle Rolle in der grie-
chischen Politik gespielt. Als die Spartaner im
6. Jhdt. an der Statue des amyklaiischen Apollon
das Gesicht vergolden lassen wollten, konnten sie
das dafür nötige G. in Griechenland nicht auf-
treiben und mußten es bei Kroisos kaufen (Theop.
a corridojo der Fall ist (Martha a. a. O. 105f.
557. O. Müller-Deecke Etrusker II 263).
Allein schon früh ward die Kunst der G.-Arbeit
in Etrurien heimisch und wurde bald so vervoll-
kommnet, daß schon Erzengnisse des 7. Jhdts.
eine ungemein entwickelte Technik aufweisen
(s. G. Karo Sülle orifecerie di Vetulonia, in
Milanis Studi I 235ff. II 97ff.) und auch nach
answärts exportiert wurden (über etruskische
bei Athen. VI 232 A; nach Herod. I 69 hatten 50 Funde im kampanischen Kyme s. Pollegrini
sie das G. für die Statue des Apollon Pvthaeus ™ J ~ T -~— * ^ TTT ™ 1J1 Tr "--" n *
auf dem Thornax verwenden wollen, und Kroisos
habe es ihnen auf ihre Anfrage zum Geschenk
gemacht; nach Paus. III 10, 8 hätten sie es zwar
für diesen Apollon von Kroisos bekommen, aber
für den amyklaiischen verwendet) ; und als Hieron
von Syrakus dem delphischen Apollon einen Drei-
fuß und eine Nikefigur aus reinem G. stiften
wollte, da schickte er umsonst in ganz Hellas
Monum. dei Lincei XIII 201 f. Karo Bull, di
paletn. ital. XXX lff.). Daß man seit jener Zeit
reich an G.-Schmuck war, lehren die damit meist
wohlversehenen Gräberfunde (O. Müller a. a. O.
I 225, 56 a nimmt sogar an, daß ursprünglich un-
geheure Mengen vorhanden gewesen sein müssen,
da fast alle Gräber im Mittelalter geplündert
worden seien). Woher die Etrusker das dafür
erforderliche G. bezogen, wissen wir nicht, doch
herum, um das nötige G. zu kaufen, bis es seinen 60 ist es wahrscheinlich, daß sie die in Norditalien
Abgesandten gelang, es in Korinth von einem
gewissen Architeles zu erwerben, der es während
langer Zeit in kleinen Partien gesammelt hatte
(Theop. a. a. O.). Auch die Fürsten waren also
damals noch nicht in reicherem G.-Besitz ; soll
doch noch Philipp von Makedonien, der Vater
Alexanders d. Gr., wie Duris bei Athen. 231 B
erzählt (vgl. Plin. XXXIII 50), eine goldene Schale
belegenen G.-Gruben (z. B. bei Vercellae) aus-
beuteten, die dann die Römer wegen des reicheren
Ertrages der spanischen Minen aufgaben (Strab.
V 218. Plin. XXXIII 78. XXXVII 202; daß die
Gallier in Norditalien viel G. förderten, sagt
auch Polyb. II 17).
Im alten Rom war G. lange Zeit eine Selten-
heit, wie ja bekanntlich selbst der Silberbesitz
1559
Gold
Gold
1560
der romischen Patrizier noch zur Zeit der Funischen
Kriege so gering war, daß einmal die karthagischen
Gesandten bei jeder Mahlzeit, zu der sie einge-
laden waren, dasselbe von Haus zu Haus geliehene
Silbergeschirr vorfanden (Plin. XXXIII 143). Zwar
trug man in Kom seit ältester Zeit G.-Scbniuck,
wie uns die Gräberfunde lehren, den man, wie
andere Erzeugnisse der Kunst und des Kunst-
gewerbes, vom Orient oder von den benachbarten
Etruskern bezog ; G.-Schmiede finden sich bereits
unter den ältesten, der Zeit des Numa zuge-
schriebenen Zünften (Plut. Numa 17) ; goldene
Einge waren schon im J. 321 das Abzeichen der
Ritter (Liv. IX 78). Aber das hielt sich doch
immer noch in sehr bescheidenen Grenzen, und
nur der Staatsschatz verwahrte G. in Barren und
Münzen in größeren Mengen. So konnte der
Staat im J. 390 den Galliern einen Tribut von
1000 Pfund G. (heute etwa einem Werte von
915 000 Mark entsprechend) entrichten (Liv. V
48, 8. Diod. XIV 116, 7. Plin. XXXIII 14. Plut.
Cam. 28), nach andern Berichten sogar das
Doppelte (Dion. Hai. XIII 9, 1 gibt 25 Talente
an, also 2000 römische Pfund ; ebenso viel Varro
bei Non. 228, 12). Nach Plin. XXXIII 55 waren
im J. 157 v. Chr. im Staatsschatz in G. -Barren
17140 Pfund (19905000 Mark im Wert); durch
die beutereichen Feldzüge in Syrien, Makedonien,
Karthago waren die G. -Vorräte des Staatsschatzes
immer mehr angeschwollen (vgl. über die G.-
Depots des römischen Aerariums Hui t seh Metro-
logie 2 300, 3). Sowohl durch die Beute dieser
"Feldzüge als durch den Besitz der in den ver-
schiedenen eroberten Ländern im Osten und Westen
belegenen G.-Bergwerke nahm auch der Besitz
der Privaten an goldenem Schmuck und Hausrat
immer mehr zu; und wenn in der Notlage des
zweiten Punischcn Krieges die Lex Oppia vom
J. 215 den G.-Schmuck der Frauen auf eine
halbe Unze (18 Va £) Gewicht beschränkt hatte
(Liv XXXIV 1, 3), so waT dies Gesetz schon
zwanzig Jahre darnach auf das stürmische Drängen
der Frauen, obschon unter dem Widerspruch des
rigorosen M. Porcius Cato, wieder aufgehoben
worden (Liv. a. a. O. 2ff. Val. Max. IX 1, 3.
Plut. Cato 8) , und zur Zeit des Plautus war
reicher G.-Schmuck bei den Frauen ganz allge-
mein (vgl. Plaut. Epid. 226). Mit dem steigenden
Luxus in der ganzen Lebensführung nahm in den
letzten Jahrhunderten der Republik und noch viel
mehr in der Kaiserzeit auch der Gebrauch von
G.-Schmuck überhand (s. Marquardt Privatleb.
der Rom. 2 701ff.), während freilich goldenes Eß-
und Trinkgeschirr, das im Orient sehr üblich und
von dort an die Höfe der Diadochen gelaogtwar
(Athen. V 193 D. 194ff.), zwar bei Privaten auch
zu finden war (s. z. B. Mart. II 43, IL 53, 5.
III 26, 2. 31, 4. XIV 97), aber doch wesent-
lich im Gebrauch des Kaiserhofes und einiger
besonders reicher Leute (vgl. Friedländer
Sittengesch.5 III 105f.), da die Bestimmung
des Tiberius, daß Privatleute nur bei Opferhand-
hingen goldene Geräte benützen sollten (Tac. ann.
H 33. Cass. Dio LVII 15, 1), nicht strenge auf-
recht erhalten worden zu sein scheint (es bezog
sieb, vielleicht auch nur auf massive Gefäße, da
Tac von vasa auro solido spricht), vgL Sen.
ep. 87, 7: divüem Ülum putas, quia aurea su-
pelle& etiam in via sequitur. Manu. astr. V 293 :
iam veseimur auro); aber erst unter Aurelian
wurde es wieder allgemein gestattet (Hist. aug.
AureL 46, 2). Immerhin wird die Verwendung
goldenen Tafelsgeschirrs außerhalb des kaiser-
lichen Hofes selten gewesen sein; die inschrift-
lichen Erwähnungen von Sklaven, die als praepositi
über das aurum escarium oder potorium gesetzt
waren (CIL VI 8732f.) oder über das noch kost-
10 barere, mit Edelsteinen besetzte aurum gemmatum
(ebd. 8734ff.), beziehen sich auf den kaiserlichen
Haushalt. Der Luxus, G. zu Wandverkleidungen
zu verwenden , der im Orient seinen Ausgang
genommen (einen Reflex davon finden wü in der
Odyssee im Palast des Alkmoos, VII 86ff.) und bei
den Diadochen Nachfolge gefunden hatte (vgl.
Liv. XLI 20, 9 von Antiochos Epiphanes), hatte
schon im letzten Jahrhundert der Republik, wenn
auch vorerst noch nicht im Privathause, begonnen,
20 indem im J. 58 M. Aemilius Scaurus den oberen
Teil des von ihm erbauten Theaters mit tabulae
inauratae (wohl mit G. -Blech überzogene Holz-
täfelung) ausschmückte (Plin. XXXVI 114), und
bis ins Fabelhafte scheint diese Verschwendung
in der darnach benannten domus aurea Neros
getrieben worden zu sein (Suet. Nero 31 in ceteris
partibus euneta aura Uta, distineta gemmis unio-
numque conchis erant. Tac. ann. XV 42), ja
derselbe Kaiser bedeckte einmal das Theater des
SO Pompeius für einen einzigen Tag mit G. -Blech,
um dadurch seinem Gast, dem armenischen König
Tiridates, zu imponieren (Plin. XXXIII 54). Daß
sich aber dieser Luxus nicht bloß auf öffentliche
Bauwerke und Kaiserpaläste beschränkte, dürfen
wir aus den Worten des Plinius ebd. 57 inde
transiere in eamaras quoque et parietes> qui
iam et ipsi tamquam vasa inaurantur schließen.
Der Brauch , die aus Holz oder Elfenbein ge-
schnitzten Kasettendecken , die lacunaria oder
40 laquearia, zu vergolden, war zur Zeit des Plinius
auch in Privathäusern ganz verbreitet (ebd. laque-
aria, quae nune et in privatis domibus auro
teguntur, post Carthaginem eversam primo in
Öapitolio indurata sunt censura L. Mummi);
daß die Mode schon viel früher aufgekommen,
zeigt Hör. carm. II 18, 1 non ebur neque aureum
mea renidet in domo laminar, und sonstige
häufige Erwähnungen auch aus späterer Zeit
fehlen nicht (Sen. controv. II 9, 11 ; Sen. ep. 90,
50 9. 114,9. 115, 9. Sid. Apoll, ep. II 10 v. 8).
Endlich war gleichfalls vom Orient gekommen
die Verwendung des G. in der Weberei und
Stickerei. G. -Brokate, die bereits das alte Testa-
ment erwähnt und die seit alter Zeit in Persien
und Lydien heimisch waren (Curt. III 3, 18.
Diod. XVII 70, 3. Joh. Lyd. de mag. III 69),
haben jedenfalls schon früh zu den Exportartikeln
des Orients gehört, denn in Unteritalien werden
sie bereits zur Zeit des Pythagoras erwähnt
60 (lustin. IV 20, 11), für Rom schon um den Aus-
gang der Königszeit (Plin. a. a. O. 62 tuniea
aurea triumpJmsse Tarquinium Priseum Verrius
dooet); in Griechenland sind sie seit Alexander
d. Gr. und den Diadochen allgemeiner geworden,
waren aber sicherlich schon vorher bekannt ge-
wesen (Athen. V 196F. Chares ebd. XII 538 D.
Plut. Demetr. 41). Es ist daher ein Irrtum,
wenn Plin. VIDI 196 die Erfindung, G. in <Je-
1561
Gold
Gold
1562
weben zu verwenden, dem König Attalos von
Pergamon zuschreibt: aurum intexere in eadem
Asia invenü Attalus rex, unde nomen, Attaliois
(wiederholt XXXIII 63); es kommt daher, daß
er die G.-Wirkerei in der Gewandung von der in
Teppichen und Vorhängen unterschied und letztere
des Namens Attalica wegen für eine Erfindung
der Attalen hielt, während die Benennung daher
kommt, daß durch die Erbschaft Attalos III.
das römische Volk Besitzerin zahlreicher solcher
kostbarer atdaea wurde (vgl. Marquardt a. a. O.
534f.). G. - Wirker eien , in Teppichen und Vor-
hängen wie in Gewandung, werden in der Kaiser-
zeit, namentlich bei den Dichtern, nicht selten
erwähnt (Verg. Georg. II 464; Aen. III 483.
VIII 167. Ovid. met. III 556; ars am. II 299.
Senec. ep. 90, 45 u. sonst) ; doch handelt es sich
dabei meist um eingewirkte Verzierungen oder
angewebte G.-Borten (vgl. Yates Textrin. anti-
quor. 366ff., wo Belegstellen zu finden sind), nicht
um ganz goldgewirkte Stoffe, die wohl immer
nur unsinniger Luxus einzelner Persönlichkeiten
des Kaiserhofes geblieben sind (Plin. XXXIII 63
von Agrippina. Suet. Calig. 19. Hist. aug. Heliog.
23, 3). Wahrscheinlich ist die Technik, die an-
fänglich wohl nur im Orient heimisch war, später
auch im Occident eingeführt worden, obschon es
möglich ist, daß das Material, nämlich die dazu
verwendeten G.-Fäden (über deren Herstellung
im IV. Abschnitt zu sprechen sein wird),
auch später noch importiert und nur verarbeitet
worden sind. Daß das Mittelalter, namentlich
für Fürsten- und Priestergewänder, Gebrauch und
Technik der G.-Brokate vom Altertum übernommen
hat, ist hinlänglich bekannt.
II. Vorkommen. Wir besprechen nun die
Orte, an denen die Alten G. gewonnen haben,
wobei wir für ausführlichere Nachweise, auch aus
neuerer Literatur, auf Blümner Technoi. und
Terminol. IV lOff. verweisen. In Afrika stammte
das G., das vornehmlich von den Ägyptern und
Karthagern erworben und verarbeitet wurde,
Griechen und Römern aber wohl nur indirekt
zukam, wesentlich aus jenen Ländern, die die
Alten mit dem allgemeinen Namen Aithiopien
bezeichneten, d. h. aus Nubien und Abessvnien
(Herod. III 114, vgl. 23. Strab. XVII 821. Diod.
I 33, 3. Plin. XXXVII 55), besonders aus den
Bergen zwischen Nil und Rotem Meer (Plin. VI
189; über die Wiederauffindung von Minen
s. Blümner a. a. O. 13, 2). Auch Ober-
ägypten hatte an verschiedenen Stellen G.-Lager,
doch berichten die griechisch-römischen Quellen
nichts Näheres darüber, weil sie jedenfalls keine
sichere Kunde davon hatten, während aus ägyp-
tischen Inschriften mehrere Ortschaften als Pro-
duktionsplätze oder Bezugsorte bekannt sind
(s. Lepsius Abh. Akad. Berl. 1871 I 85ff.).
Auch über die Lage des im Alten Testament
genannten goldreichen Ophir ist man aus den
alten Quellen nicht unterrichtet; man sucht es
bald an der Ostküste südlich vom Roten Meer,
bald in Süd-Ostafrika, während andere überhaupt
nicht an Afrika, sondern an Arabien oder Indien
denken (s. Soetbeer Das Goldland Ophir, Berlin
1880. K. Peters Das Goldland Ophir Salomos,
München 1895).
In Asien ist zunächst Arabien, teils durch
goldhaltige Flüsse (Agatharch. peripl. mar. Rubri
95 p. 183 Müller. Diod. III 45, 5. Strab. XVI
777), teils durch Bergwerke (Agatharch. »; a. O.
96 p. 185. Diod. a. a. 0. 7. Plin. VI 150) für
den G.-Bedarf der Ägypter und Phönizier von
Bedeutung gewesen; doch sind die Nachrichten
darüber etwas fabelhaft und vielleicht stark über-
trieben. Den reichen Fürsten Vorderasiens hat
jedenfalls das goldreiche Indien viel von seinen
10 Metallschätzen geliefert, aber auch da sind die
alten Schriftsteller nicht näher unterrichtet (vom
G. des Ganges Plin. XXXIII 66); man wußte
nur Unbestimmtes von einer Halbinsel Chryse
(Ptolem. I 13, 9. 14, Iff. u. ö. Anon. peripl.
mar. Erythr. 63 p. 303 Müller), in der man heute
die Halbinsel Malakka vermutet , wo G. in den
Höhenzügen des Innern und in den Flußan-
schwemmungen der Küste vorkommt (s. Xqvot}
Xeqovvtjoos). Noch weniger waT man unter-
20 richtet über die G. -Gruben des nördlichen Asiens,
im Altai und in Sibirien, deren Erträge jedenfalls
auch den orientalischen Fürstenhöfen zuflössen;
sie werden wohl alle zusammen unter denen in-
begriffen, die man dem Skythenlande zuschrieb
(Herod. I 115. IV 10. 71. Strab. XI 518). Flnß-
G. lieferte sowohl der Oxus (Ps.-Arist. mir.
ausc. 46 p. 833b 13) als die Flüsse Karmaniens
(Strab. XV 726. Plin. VI 98). G. -Bergwerke
hatte Armenien (Strab. XI 529. Procop. bell.
SOPers. I 15 p. 77 Bonn.), und das Fluß-G. von
Kolchis, das zur Sage vom goldenen Vließ Ver-
anlassung gegeben haben sollte (Strab. XI 499),
war auch in historischer Zeit noch berühmt
(Appian. Mithrid. 103. Plin. XXXIII 52). In
Kleinasien war Lydien goldreich (Herod. V 49.
Plut. de muh virt. p. 262 D), und zwar fand
man G, hier teils in Minen im Tmolos und Sipy-
los (Strab. XIII 591. XIV 680. Plin. XXXIII
126), teils als Schwemmg-G. im Paktolos und
40Herraos (Herod. I 93. V 101. Athen. III 203 C.
Plin. a. a. O. 66), namentlich die Dichter preisen
oft diese goldreichen Ströme, obschon der heute
noch sprichwörtliche Paktolos schon zur Zeit
Strabons kein G. mehr führte (Strab. XIII 626.
Dio Chrys. or. XXXIII p. 401 M.); vgl. Soph.
Phil. 394. Anth. Pal. IX 423, 4. Dion. Per. 831
u. sonst; namentlich bei den römischen Dichtern
sind Erwähnungen des Flusses, der deshalb auch
Chrysorrhoas hieß (Schol. Apoll. Rhod. IV 1300.
50 Plut. de fluv. 7, 1. Eustath. zu Dion. Per. a. a. O,),
sehr häufig. Auch die G.-Gruben am Tmolos
waren zu Anfang der Kaiserzeit schon erschöpft
und verlassen (Strab. XIII 591). In Mysien
hatten bereits die Phönizier die später auch nicht
mehr ergiebigen Gruben von Atarneus in der
Troas betrieben (Strab. XIV 680), und ebenso
spielten die bei Abydos, Kremaste und Astvra
belegenen (Xen. hell. IV 8, 37. Strab. XIII 591.
XIV 680) und die von Lampsakos (Theophr.
60 de lap. 32. Plin. XXXVII 193) im späteren
Altertum keine Rolle mehr.
In Europa war auf griechischem Boden (da
die Erwähnung von G.-Gruben in Thessalien bei
lustin. VIII 3, 12 wohl auf Verwechslung mit
dem benachbarten Makedonien beruht und ebenso
das angebliche Vorkommen von G. in den Silber-
gruben Laurions beim Schol. Arist. Equ. 1093
und Hesych. s. AavQsta nach allgemeiner An-
iöoö
tfom
Uold
15ö4
nähme auf Irrtum) lediglich die kleine Insel
Siphnos, wie oben erwähnt, goldhaltig (Herod.
III 57), und ihre Bewohner erfreuten sich daher
geraume Zeit eines bedeutenden Wohlstandes
(Paus. X 11, 2. Eust. zu Dionys. Perieg. 525.
Suid. s. Stfpvioi), von dem noch heute ihr Schatz -
haus unter den Trümmern von Delphi Zeugnis
ablegt (danach haben sich die Zweifel von Neu-
mann-Partsch Physikal. Geogr. von Griechen!
223, der bei den Nachrichten der Alten Über- 10
treibung annehmen wollte, als nicht gerechtfertigt
erwiesen); aber die Gruben, von deren einstigem
Betrieb sich noch jetzt die Spuren erkennen lassen
(ßursian Geogr. v. Griechenl. II 479), waren
schon frühzeitig erschöpft (Paus. a. a. 0.). Auf
Thasos hatten bereits die Phönizier gegraben.
und Herodot sah die Gruben anscheinend noch
im Betrieb (VI 46f.) , doch fehlen Erwähnungen
aus späterer Zeit. Am ergiebigsten unter den
G.-Grubcn der Balkanhalbinsel waren die thra-20
kischen, deren Betrieb auch schon auf die Phö-
nizier zurückging; die Minen von Skapte Hyle,
die längere Zeit im Besitz der Thasier waren,
bis sie sie um die Mitte des 5. Jhdts. an die
Athener verloren (Thuc. I lOOf. Plut, Cim. 14.
Thuc. IV 105, 1 geht nicht auf Besitz des Thu-
kydides, sondern nur auf das Recht der Ausbeutung,
das er erworben hatte, die Bergwerke selbst waren
Staatseigentum s. Boeckh Staatshausb. d. Ath.3
I 380fl\); das thrakische G. war bei den Kämpfen 30
in jener Gegend ein Hauptbeweggrund (Curtius
Griech. Gesch. III 424f.). Zu nennen ist ferner
Datos, an der Küste gelegen, mit sprichwörtlichem
G. -Reichtum (Herod. IX 75. Strab. VII 331),
die bei Krenides, dem späteren Philippi, bele-
genen Bergwerke namens Asyla (Strab. a. a. 0.
Appian. bell. civ. IV 106), die unter makedo-
nischem Besitz jährlich mehr als 1000 Talente
abwarfen (Diod. XVI 3, 7. 8,6; vgl. Ps.-Arist.
mir. ausc. 42 p. 833 a 28). Sodann lagen dort 40
die Minen des Pangaion Gebirges (Herod. VII
112. Strab. a. a. 0. und XIV 680) und der G.
führende Hebros (Plin. XXXIII 66). In Make-
donien hatten die Fürsten reiche Erträge aus den
königlichen Bergwerken am Bermion und in
Pierien (Strab. XIV 680. Ps.-Arist. a. a. 0.
47 p. 833 b 18), sowie von denen am Strymon
und in Paionien (Strab. VII 331. Ps.-Arist. a. a. 0.
45 p. 833b 6; vgl Liv. XXXIX 24, 2. XLII 12, 9.
52, 12), die nach der Eroberung des Landes die 50
Römer betrieben (Liv. XLV 18, "8. 29, 11. 40, 2).
In Italien gab es, wie oben erwähnt, an ver-
schiedenen Punkten des transpadanischen Galliens
G,, vornehmlich bei Aquileia, dessen Minen sehr
lohnend waren (Polyb. bei Strab. IV 208),- bei
Padua, wo sie zur Zeit Strabons nur oberflächlich
betrieben wurden (V 218), bei Vercellae und
Victumulae in der Nähe von Placentia (ebd. Plin.
XXXIII 78). Auch gab es hier goldhaltige
Flüsse wie den Durius im Gebiet der SalasserßO
(Strab. IV 205) und den Po (Plin. a. a. 0. 66.
Strab. IV 208). Das übrige Italien aber hatte
nirgends G.-Lager; die Notiz, daß dereinst auf
den Pithekusen, den Inseln im Golf von Neapel,
G.-Graben gewesen seien, muß sehr in Zweifel
gezogen werden; Strabon, der es V 247 be-
richtet, schreibt ihre Ausbeutung den Eretriern
Tind Chalkidiern zu, bemerkt aber, die Bewohner
wären wegen Erdbeben und vulkanischer Aus-
brüche ausgewandert. Auf jeden Fall finden sich
weder auf Ischia noch auf Procida heute Spuren
von G, Sehr goldreich war abeT Spanien (Strab.
III 146. Diod, V 36, 2. Plin. III 30. IV 112), wo
die Minen und G .-Wäschereien , die schon die
keltischen Ureinwohner ausgenützt hatten, der
Eeihe nach von Phöniziern, Karthagern (Sil. It.
XV 497) und Römern betrieben wurden und unter
letzteren dem Fiskus, der die meisten im Besitz
hatte (Strab. III 148) , sowie einzelnen pri-
vaten Eigentümern (Tac. ann. VI 19) sehr reiche
Erträge abwarfen. Unter den Flössen sind es
vornehmlich der Tajo mit seinen Neben flössen
(Plin. IV 115. XXXIII 66. Mela III 8), der G.
führte und deshalb von den römischen Dichtern
ebenso gern zitiert wird wie der Paktolos (Catull
29, 19. Ovid. am.I 15, 34; met II 251. Mart.
I 49, 15. V 19, 12. X 16, 4 u. ö. luv. 3, 55. 14,
299 u. a. m.); ferner der Duero (Sil. Ital. 1234,
die einzige Nachricht, die aber wohl auf Wahr-
heit beruhen kann, s. Durius). Unter den Berg-
werken sind vornehmlich die in Asturien und
Cailaecien belegenen anzuführen, im Gebiet der
Artabrer (Plin. XXXIII 78. Lucan. IV 298. Sil.
It. I 231. Poseidon, bei Strab. III 147), wes-
halb asturisches oder callaecisches G. öfters
erwähnt wird (Flor. II 33 [IV 12], 60. Sil. It. II
602. Plin. XXXin 80. Mart. IV 39, 7. X 16, 3.
XIV 95, 1). Die Minen Lusitaniens (lustin. XLIV
3, 5) in Hispania Baetica (Turdetanien) waren
ebenso reich an G. wie die Flusse 'an Schwemm-
G. (Strab. III 146), zumal bei Corduba (Sil.
It. III 401), Cotinae (Strab. III 142) und im
Gebiet der Bastetaner und Oretaner (ebd. 156).
Auch Gallien besaß im Altertum viel G., und seine
Bewohner galten als reich an G.-Besitz (Diod. V
27,1, vgl. Plin. XXXIII 14); Fundstätten lagen am
Nordabhang der Pyrenäen im Gebiet der Tekto-
sagen (Strab. IV 187f.) und Tarbeller (ebd. 190);
sodann gab es welche in den Cevennen (ebd. III
146) , und auch einige Flüsse waren goldreich
(nach Auson, Mos. 465 der Tarn; vgl. Diod. a. a. 0.),
was auch von Flüssen der Schweiz berichtet wird
(Poseidon, bei Athen. VI 233 D). In Mitteleuropa
sind die Donaugegenden am ergiebigsten, deren
Gruben in :der Kaiserzeit zumeist dem Staat ge-
hörten; wir erfahren namentlich von G.-Wäsche-
reien in Noricum (Strab. V 214), und noch
ergiebiger waren die heute noch ertragreichen
Gruben Daciens und Moesiens, also im heutigen
Ungarn und Siebenbürgen , von denen sogar
Herodot schon dunkle Kunde gehabt zu haben
scheint (IV 104 von den Agatbyrsen). Und daß
die Dacier selbst hier schon G, gefördert haben,
erweisen neuere Forschungen (Teglas in der
Ungar. Revue 1889, 352). Von den Körnern
wurden sie anfänglich verpachtet (Hirschfeld
Untersuch, auf d. Gebiet d. röm. Verwaltungs-
gesch. I 76f.), später aber vom Staat selber
exploitiert, worüber uns die dort gefundenen
Inschriften mehr Auskunft geben als die Schrift-
quellen (s. CIL HI 213ff. und vgl. Brandis
o. Bd. IV S. 1973). Die dalmatischen Minen
(Stat. silv. IV 7, 14) waren ebenfalls fiska-
lisches Eigentum (Flor. II 25 [IV 121, 12.
Plin. XXXIII 67; vgl. CIL III 1997), und das-
selbe war in der Kaiserzeit der Fall mit den
löOö
uoia
uoia
l&bb
G.-Bergwerken in Britannien (Strab. IV 199.
Tac. Agr. 12); über Reste alter G.-Gruben in
England s. Hübner Rh. Mus. N. F. XII (1857)
347. XIII (1858) 363. Blümner a, a. 0. 28, 2.
III. Gewinnung fs. Blümner a, a, 0. llOff.).
Da das G., wie mehrfach erwähnt, in zwei For-
men vorkommt : als Berg-G. im Gebirge und als
Schwemm-G. im Flußsand oder in goldhaltiger
Erde, so war auch seine Gewinnung eine ver-
schiedenartige. Die xgvaeta oder aurariae wie 10
die Stätten der G.-Gewinnung mit allgemeinen
Namen hießen, waren demnach entweder #wög>-
Qv%sia (Agatharch. a. 0. 24 p. 124 M. Anon.
peripl. mar. Erythr. 63 p. 303 M. Strab. V 218.
XV 706. Corp. gloss. lat. II 26, 52), aurifo-
dinae (Plin. XXXIII 78. Dig. III 4, 1 pr. Corp.
gloss. lat. a. a. 0.; ebd. 568, 42) oder zQ va °-
Äw (Strab. III 146. V 214; eine entspre-
chende lateinische Bezeichnung gibt es nicht).
Diese beiden Methoden charakterisiert Strab. 20
III 146 kurz und richtig mit den Worten: 6 dz
%QVöb$ ov ߣrak?.everai fiövov alla xai ovQsrai,
wobei er dann von letzterer wieder zwei Arten
des Vorkommens unterscheidet : ir ro~g dvvdfjoig
zoxoig und iv roTg smxlvoroig ; in jenen ist das
G. nicht sichtbar am Tage liegend, in diesen
macht es sich durch seinen Glanz bemerkbar.
Daher kommt Plinius, der diese beiden letzten
Arten, Fluß-G. und goldhaltige Erde, auseinander-
hält, dazu, drei Arten des G.-Gewinnens zu unter- 30
scheiden, XXXIII Q6 aurum invmitur in iwstro
erbe . . . tribus modis : fluminum ramentis ....
alio modo puteorum serohihus effoditur mit in
ruina montium quaeritur. Wir besprechen nun
zunächst das Verfahren, durch das das Metall
aus dem goldhaltigen Flußsand, der äfi/uos oder
yxiftttos zQvolTis (Herod. III 102. Strab. a. a. 0.
Plut. cup. div. 7 p. 526 B; Poll. VII 97 «ara-
Xqvöos ipd[Ä/j,og), arena aurifera (Plin. IV 115)
und aus der goldhaltigen Erde, yfj vji6%qvgo$ oder 40
xaraxQvoog (Poll. III 97 und a. a. 0.), tellus
aurosa (Plin. a. a. 0. 67) gewonnen wurde. Das
war ziemlich primitiv, soweit wir darüber unter-
richtet sind; denn nur vereinzelte Nachrichten
liegen darüber vor. In den keltischen und hel-
vetischen G. -Wäschereien, in denen Männer und
Frauen damit beschäftigt wurden, wurde der Sand
unter beständigem Reiben ausgewaschen und so
der Sand von den G.-Körnern geschieden (Posid.
bei Athen. VI 233 D : xal zavza ywaixeg xal 50
ävÖQss ao&eveiG za ocöfiara avr zaig äfifiotg vxo~
WyX 0VZ£ S äuaräoi xai xXvvavTE$ äyovatv etti t?}v
l&vriv, aus welcher oberflächlichen Beschreibung
man freilich nicht viel entnehmen kann). Bei
goldhaltiger Erde verfuhr man ähnlich. : man grub
nämlich, wo man G. fuhrende Erde vermutete,
zunächst auf Probe und untersuchte sie auf den
G.-Gehalt ; ergab die Probe solches, so fuhr man
mit Graben weiter fort und leitete Wasser über
die ausgehobene Erde, bis die G.-Körnchen sich 60
sonderten (Strab. III 146 rovg avvÖQovg (foq^xm
ejzixav£ovt£$ vbaxt otiXjIvov zioiovoi xo rprjyua,
Kai qjQsata d'oQvaaovzeg Hat aUag xkyyag sm-
voovvzsg jtkvoei zfjg a/nfAov rar yovoov ixla/aßa-
vovat. Plin. XXXIII 67, der noch bemerkt, daß
die entnommene Probe bei den Spaniern segu^
tilum, die goldführende Schicht tatutium hieß).
Komplizierter war das Verfahren, das Plin. a. a.
0. 70ff. beschreibt. Man grub nämlich an den
als goldhaltig erkannten Stellen unterirdische
Stollen, was sehr umständlich, langwierig und
gefährlich war ; stieß man im Erdreich auf Fels,
so sprengte man diesen mit Hilfe des sog. Feuer-
setzens, das bei den Alten unser Sprengen durch
Schießpulver, wenn auch freilich in sehr unvoll-
kommener Weise, ersetzen mußte (s. Blümner
a. a. 0. III 71). Das zertrümmerte Gestein wurde
auf den Schultern von Stollen zu Stollen weiter-
befördert, bis es an die Minenöffnung kam. War
der Fels für die Sprengung zu umfangreich, so
umging man ihn durch seitlich geführte Stollen-
anlagen. Wenn die vorbereitende Arbeit auf diese
Weise erfolgt und das ganze Erdreich des Hügels
so unterminiert war, so w r urden die stehengeblie-
benen Pfeiler (Bergfesten), die Plinius eervices
fornieum nennt, teilweise weggeschlagen, und zwar
vom innersten [ab ultimo) angefangen. Der da-
durch verursachte Zusammensturz des Ganzen gebe
sich durch Anzeichen zu erkennen, die ein Wächter
auf der Berghöhe beobachte, der sofort durch
Rufe und Zeichen die Arbeiter von der Gefahr
benachrichtige und sich selbst in Sicherheit bringe:
dann stürze der Berg mit ungeheurem Getöse
und unter gewaltigem Luftdruck in sich zusammen.
Bei dieser Beschreibung ist freilich manches un-
klar; auf jeden Fall konnte man nicht alle Stützen
wegschlagen, weil sonst der Einsturz zu plötzlich
erfolgt wäre und der Berg die Arbeiter unter
sich begraben hätte. Aber auf alle Fälle war
die Arbeit eine äußerst gefährliche, denn oft ge-
nug erfolgten schon während derselben Einstürze
{sidunique rimaß subito et opprimunt op&ratos,
ut iam minus temerarium videatur e profundo
maris petere margaritas atque purpuras). Die
auf solche Art gewonnene gewaltige Erdmasse
mußte nun geschlemmt werden ; das dazu not-
wendige Wasser fehlte aber gerade in jenen Bergen
sehr oft und wurde vom hohen Gebirge her in
hölzernen Leitungen, deren Anlage wiederum mit
Lebensgefahr verbunden war. herangeführt, manch-
mal aus 100 römischen Meilen Entfernung (vgl.
Plin. a. a. 0. 74f., dessen Schilderung an die
,heiligen Wasser' in Tälern des W T allis erinnert).
So gelangte das Wasser in mehrere übereinander
gelegene und mit Schleusen versehene Reservoirs,
aus denen es mit solcher Gewalt über das Trüm-
mergestein hinweg sich ergoß, daß das taube
Gestein losgerissen und fortgeschwemmt, das G.-
Erz aber bloßgelegt wurde ; man suchte also hier
künstlich und auf einmal herbeizuführen, was in
den Flußbetten auf natürlichem Wege und all-
mählich vor sich ging. Freilich wurden durch
das herabstürzende Wasser auch G.-Partikeln mit-
gerissen, daher fing man unterhalb des Berges in
der Ebene den Abfluß in Gräben auf, in denen
in bestimmten Abständen Reisig von einer ge-
wissen Pflanze eingelegt war, das zwar Schlamm
und Erde durchließ, das G. aber auffing und fest-
hielt. Diese Gräben waren seitlich mit Brettern
verschalt, und wo das Terrain es erforderte, traten
an ihre Stelle den Abgrund überbrückende Holz-
leitungen, bis zuletzt die ganze Anlage unten am
Meere mündete, in das der Schlamm und Abfall
geleitet wurde. Das auf diese Weise gewonnene
G. war ein schon reines, der Läuterung nicht mehr
bedürfendes (was die Griechen änvQog xqvoos
1567
Gold
Gold
1568
nennen, Herod. III 97. Diod. II 50, 1. Anth.
Pal. IX 310, 1) ; manchmal ergaben sich Klumpen
von beträchtlicher Größe, bis zu 10 Pfund Ge-
wicht (Plin. a. a. O. 77), die man in den spa-
nischen Gr. -Wäschereien palaga nannte, während
die kleineren balux hießen; ersteres Wort, das
in den Hss. des Plinius meist entstellt ist, ist
sonst nicht nachweisbar; dafür sagt Strab. HI
146, daß die unter den yjtfy/uaza gefundenen
und die namentlich auch die furchtbaren Leiden
der zu diesen Arbeiten verurteilten Kriegsge-
fangenen und "Verbrecher äußerst anschaulich
schildern. Auch hier wurde die Minierarbeit durch
Feuersetzen vorbereitet, dann wurde das gold-
haltige .Gestein durch besonders kräftige Arbeiter
mit gewaltigen Hämmern zerschlagen und die
Trümmer von Knaben, die in die sehr niedrigen
und schmalen Gänge hineinkrochen, in Säcken
halbpfündigen Stücke jzdXai genannt würden. Bas 10 hinaus ins Freie befördert {etwa wie heute die
andere Wort kommt in der Form palux (so die
Hss. des Martial, s. Friedländer zu Mart. XI
57, 8) in der Bedeutung von G. -Klumpen außer
bei Mart. a. a. 0. auch lustin. XLIV 1, 7 vor.
Dagegen wird balluea, das sich bei Veget. mulom.
I 20, 7 (wo es ausdrücklich vom awrum unter-
schieden wird). Cod. Theod. X 9, 4. 19, 3. Cod.
Iust. XI 6 (7), 2 und ebd. 1, 1 findet, an letz-
terer Stelle durch griech. xQ-voapftos übersetzt,
Kinder in den Schwefelminen Siziliens verwendet
werden). Das goldhaltige Gestein gelangte nun
zu den sog. xojisTg, kräftigen Männern, die es in
steinernen Mörsern mit eisernen Keulen zerstampf-
ten, bis die einzelnen Stücke nur noch ungefähr
Erbsengroße hatten; diese wurden wiederum in
schweren Handmühlen von Weibern, deren je zwei
oder drei an jedem der beiden Balken der Mühle
stießen, klein gemahleD, bis sie in Staub ver-
war also nicht gereinigt und wird auch in den 20 wandelt waren. Dann kamen die sog. oeXayyeV^
Glossen als die noch nicht gereinigte goldhaltige
Erde erklärt (d^atvevTog yrj r} xo %qvcsIov ixßdX-
Xovoa Corp. gloss. lat. II 254, 53; oder ytfötov
Xqvoov äxa-d'oiQiaTov, ebd. 263, 8; vgl. 278, 59.
479, 1). Für kleinere G.- Partikeln ist der Name
striges überliefert (Plin. a. a. 0. 62, wo einige
Hss. strigiles haben ; da das wohl auch ein spa-
nisches Wort ist, darf man es mit dem lateini-
schen strix, der Riefelung der Säulen, nicht in
an die Reihe, die durch Waschen die G.-Teilchen
aussonderten, indem sie den gesamten Erzstaub-
auf einer breiten, etwas schräg aufgestellten Holz-
tafel ausstreuten, Wasser darüber leiteten und
die dadurch entstehende teigartige Masse mit den
Händen rieben und damit immer so fortfuhren,
daß dabei das Wasser die erdigen Teile vom Brett
herunterspülte, während die schwereren G. Par-
tikeln daran hängen blieben. Dies Verfahren
Verbindung bringen; falls es lateinischen Ur- 30 wurde mehrmals wiederholt, wobei auch Schwämme
Sprungs ist, wäre es mit strigmentum — ramen-
tum zu vergleichen, s. Plin. XX 17. Corp. gloss.
lat. II 594, )}. Das im Reisig aufgefangene G.
wurde in der Weise gewonnen, daß man das Reisig
trocknete und verbrannte und die Asche auf einem
ausgehobeneD Rasenstücke wusch, wobei das schwe-
rere G. im Rasen hängen blieb, das Aschenwasser
abfloß (Plin. a. a. 0. 77). Über die Einrichtung
der G.-Wäschereien an anderen Orten erfahren
wir nichts Näheres.
Das G., das unterirdisch durch bergmännische
Arbeit gewonnen wurde, hieß aurum canalieium
oder canaliense, von den eanales genannten Stollen
(Plin. a. a. 0. 68 ; vgl. ebd. 80). Man ging also
durch Stollen, deren sorgfältige Ausführung man
vielfach heute noch in römischen Bergwerken in
Spanien und Ungarn beobachten kann, in das
Innere der Erde, oft bis in sehr bedeutende Tiefe
und mit Seitengängen und Querstollen (Diod. V
zur Anwendung kamen. Nicht alles an dieser
Beschreibung ist klar; man darf annehmen, daß
auch Siebe zur Verwendung kamen, wie denn
auch Poll. VII 97 dem Schmelzen des G.s ein
öiaorjßsiv, dirjüovv, dtaxQivEiv vorausgehen läßt;
vermutlich besorgten das diejenigen Arbeiter, die
XQvcsxXJxratt aurileguli hießen (Paul. Nol. carm,
17, 269. Cod. Theod. X 19, 3. Corp. gloss. lat.
II 27, 8; dagegen wird ebd. 479, 5 aurilegulus
40 mit %Qvca>QvxTfis übersetzt, weshalb Funck im
Arch. f. lat. Lesigogr. VIII 371 dafür aurifossor
schreiben möchte, s. Corp. gloss. lat. III 201,
11. 271, 16, jedoch mit Unrecht, da auch der
aurilegulus den aurifossor bedeutet, wie aus
Paulin. Nol. a. a. 0. hervorgeht : e quibus vivum
fodiente verbo eruis aurum). In der Hippokra-
tischen Schrift tieqI hialziqg I 4 (I p. 644 K.)
werden als einzelne Prozeduren angeführt K67ix£tv>
TtXvvetv, zrjxetv jivqi fiaXanä), während Plin. a. a.
36, 4). Gegen schlechte Luft und schlagende 50 0. 69 tundere, lavare, urere und molere nennt
Wetter wurden Luftschächte angelegt, wie das
auch in andern Bergwerken der Fall war (wir
verweisen für Näheres betreffend Verhältnisse und
Anlage der Bergwerke bei den Alten auf den
Artikel Me t all a); docli waren diese Einrichtungen
wohl noch sehr unvollkommen, ebenso wie die-
jenigen, durch die man das Grubenwasser heraus-
schaffte (daß man in den spanischen Bergwerken
die von Vitr. X 6 beschriebene Archimedische
(molitur ist jedenfalls besser als das mollitur
des Bambergensis). War das G. auf diese Art
gewonnen, so bedurfte es, da es noch nicht ganz
rein, sondern meist noch mit andern Metallen, be-
sonders Silber, vermischt war, noch eines Läu-
terungsprozesses, der durch Feuer erfolgte, was
mit wpew, coquere, conflare bezeichnet wird (da-
her das so geläuterte ygvoog (bisydos heißt, He-
rodot. I 50. II 14. Thuc. II 13, 5. Poll. VII
Schraube anwandte, sagen Diod. V 37, 3 und Po- 60 97 u. s.), eine sehr wichtige Prozedur, auf die
sid. bei Strab. III 147; vgl. Blümner a. a. 0.
123ff.). Speziellere Beschreibung der Arbeit in G.-
Bergwerken erhalten wir nur in Berichten über
den zur Zeit der Ptolemäer üblichen Betrieb der
G.-Minen in Oberägypten und Äthiopien, die bei
Agatharchides PeripL mar. Erythr. (Phot bibL
cod. 250) c 24ff p. 124ff. Müller und mit einigen
Ergänzungen bei Diod. III 12ff. erhalten Bind.
die alten Schriftsteller gern anspielen, zumal sie
zu Gleichnissen benutzend. Das Verfahren selbst
hat den eigentümlichen, seiner Herkunft nach
dunkeln Namen obrussa oder obry%a (s. Babe-
lon bei Daremberg-Saglio IV 141 j aurum ad
obrussam Suet. Nero 44. Plin. a. a. 0. 59;
in Übertragung nicht selten, 8. Cic. Brat. 74,
258. Sen, nafc qn. IV 5, 1; ep. IS, 1; daher -
uroia
lö/u
das geläuterte G. auch diesen Namen führt (Pe-
tron. 67, 6; ßgü£y im Ed. Diocl. 30, 1; auch
obryxtim Isid. orig. XVI 18, 2. Corp. gloss. lat.
V 228, 9, oder obryxaium Cod. Iust. XI 10, 3.
XII 49, 1). Auch hierfür sind wir wiederum auf
den Bericht des Agatharchides über das Verfahren
in den ägyptischen G. -Bergwerken angewiesen ;
es ist dasselbe, was man heut Kupellieren nennt,
und das darin besteht, daß durch Zusatz einer
kennen wir das Verfahren nur sehr ungenau. Die
Schriftsteller erwähnen nur das Streichen oder
Reiben des G.s auf dem Stein (Theogn. a. a. 0.
Herod. VII 10 a); von Anwendung einer Säure,
die man heut auf den Stein gießt (Salpetersäure
mit etwas Salzsäure), erfahren wir nichts, obschon
behauptet wird, daß man auf dem Probierstein
nicht bloß vergoldetes Kupfer oder Silber vom
puren G. unterscheiden, sondern selbst die klein-
andern Substanz das G. im Feuer von fremden 10 sten fremden Bestandteile im nicht reinen G. er-
Bestandteilen befreit wird. Darnach bekamen die kennen konnte (über das goldhaltige Silber, das
G.-Schmelzer, die sxp^zai, bestimmte Quantitäten vielfach als solches, zumal in der Münzprägung,
des G.-Staubes zugewogen; diese taten sie in ein verwendet wurde, vgl. den Artikel Elektron).
Ton ge faß, indem sie als Zuschlag nach bestimmten Im allgemeinen vergleiche zu diesem Abschnitt
Verhältnissen Blei, Salz, Zinn und Gerstenkleie A. Frantz Berg- u. Hüttenmänn. Zeitg. XXXIX
beisetzten. Dieser Topf wurde mit genau schließen- (1880) off. 41ff. 61ff. 96ff.
dem Deckel verschlossen und die Ritzen noch IV. Verarbeitung. Die hauptsächlichsten
obendrein sorgfältig verstrichen ; dann setzte man Arten der Verwendung des G.s wurden schon im
ihn im Schmelzofen einem fünftägigen, ununter- ersten Abschnitte berührt; es sind das sein Ge-
brochenen Feuer aus. Nach Erkaltung fand man 20 brauch zur Verzierung von Architektur und Archi-
im Tiegel eine im Gewicht dem hineingetanen tekturteilen (Wänden, Decken, Säulenkapitellen,
G. fast gleiche Quantität puren G.s, während sich Dachziegeln u. dgl.), zum Schmuck oder zur Her-
die Zutaten verflüchtigt hatten. Diese Beschrei- Stellung von Hausrat , vornehmlich von Möbeln
bung klingt allerdings etwas seltsam, doch war und Gefäßen, ferner für Schmuck aller Art, für
das Verfahren in den spanischen Bergwerken, Prunkwaffen, in der Skulptur für statuarische und
nach der Schilderung bei Plin. a. a. 0., ähnlich ; Reliefarbeiten, in der Textilkunst, endlich in der
man tat hier beim Scheiden des G.s vom Silber Münzprägung. Die meisten der bei diesen Ver-
(dem sog. Caementationsverfahren) in einen aus Wendungen in Betracht kommenden technischen
einer gewissen (tasconium benannten) Tonart her- Verfahren sind nicht dem G. speziell eigentümlich,
gestellten Tiegel das G. nebst einem Zuschlag 30 sondern aUgemein der Metalltechnik, besonders
von Blei, Misy (einem Nebenprodukt des Kupfers) derjenigen, die auf künstlerischem und kunstge-
und Alaun (vgl. Plin. XXXIII 60. 69. XXXIV werblichem Gebiete arbeitet, also außer der G.-
121. XXXV 183. Strab. III 146). Ein drittes Arbeit auch der Silber- und Erzarbeit. Diese
Verfahren, dem heutigen Amalgamieren ent- Verfahren, die sich wesentlich dadurch unter-
sprechend, bediente sich zur Scheidung des scheiden, ob sie das Metall im heißen flüssigen
G.s vom Silber des Quecksilbers. Man tat das oder im kalten festen Zustande bearbeiten, sind
silberhaltige G. mit dem Quecksilber zusammen das Gießen, Hämmern, Treiben, Pressen und
in ein irdenes Gefäß, so daß eine Verbindung Prägen. Von diesen kam das Gießen jedoch bei
beider erfolgte, und schüttelte das Gefäß heftig, der G.-Arbeit am allerwenigsten in Betracht. Die
damit unreine Beimischungen sich ausschieden ; 40 ältesten griechischen G.-Arbeiten, die wir kennen,
dann wurde das Amalgam auf gegerbte Felle aus- die von Troia und Mykenai, sind getriebene oder
geschüttet, durch die Quecksilber abfloß, wäh- gepreßte G.-Bleche; auch unter den G.-Arbeiten
rend das G. zurückblieb. So Plin. XXXIII 99, späterer Zeit können wir gegossene nicht nach-
doch ist seine Beschreibung recht unklar und weisen. Am ehesten wäre noch Guß anzunehmen
jedenfalls auch unvollständig, denn es mußte so bei statuarischen Werken, allerdings dann wohl
immer noch eine Verschmelzung von G. und Queck- meist Hohlguß, weil massiver Guß bei der Kost-
silber zurückbleiben, aus der man erst das pure barkeit des Materials eine arge Verschwendung
G. durch Verdampfung des Quecksilbers gewinnen war, die wohl nur da stattfand, wo es mehr auf
konnte. Was sonst noch vom G.-Schmelzen er- den materiellen, als auf den Kunstwert des Werkes
wähnt wird, namentlich betreffs des dabei statt 50 ankam. Die Blütezeit der griechischen Kunst hat
der Holzkohlen angewandten Strohfeuers (Plin. freilich auf ganz goldene Götterbilder verzichtet;
XVIII 99. XXXHI 60. 90. Plut. qu. conv. III sie wählte dafür die Verbindung von G. und Elfen-
19, 3 p. 658 D), ist zwar sicher authentisch, bein, wobei die goldenen Teile nicht gegossen,
aber so, wie es überliefert ist, nicht recht ver- sondern getrieben wurden,
ständlich und verschiedener Deutung fähig (vgl. Götterbilder und andere Figuren ganz aus
Blümner a. a. 0. IV 1341). Zur Prüfung des G. herzustellen, war im wesentlichen barbarisch,
G.s auf seine Reinheit bediente man sich, abge- zumal im goldreichen Orient üblich (daher häu-
sehen von der durch Archimedes erfundenen Probe fige Erwähnungen im Alten Testament , z. B.
auf das spezifische Gewicht (Vitr. IX 1, 9ff.), des Jesaia % 20). Es ist bezeichnend, daß in Luc.
schon den Alten bekannten Probiersteins (vgl. 60 Iup. trag. 8, wo eine Götterversammlung einbe-
Jacob bei Daremberg-Saglio I 1548), der ßaaa- rufen wird, bei der die erscheinenden Götterbilder
vtnjs Xidog (Hesych. s. v.) oder ßdaavog (Pind. auf Befehl des Zeus nach dem Werte des Mate-
Pyth. 10, 67. Theogn. 417. 450. Harpokr. s. v.), rials, aus dem sie bestehen, ihre Plätze erhalten
auch Xi&os 'ffgaxXEia oder Avdr} hieß (Theophr. sollen, Hermes bemerkt, es würden dann nur die
de lap. 4; Xtdog Avdia Bacehyl. frg. 14 [22] Barbarengötter die Proedrie haben; die griechi-
Bl. PolL VII 102, der ihn auch Xißog xQvotrtg sehen seien von Marmor oder Erz und die kost-
nennt), lat. coticula (Plin. XXXIII 126) oder auch barsten wären nur von außen mit G. belegt, innen
basanites (ebd. XXXVI 58. 147. 157); doch aber hölzern und hohl; Bendis jedoch, Anubis,
Panly-Wtwsowa-Kroll VII 50
1571
üold
Gold
1572
Atthifl, Mithras, Men wären oXoxqvcoi xai ßaostg.
Diese ägyptischen und orientalischen Götterbilder
galten also für massiv golden; und die alten
Schriftsteller berichten öfters von solchen, nament-
lich von babylonischen. So erzählt Herod. 1 183
von einem großen Sitzhild auf goldenem Throne
nebst dabei stehendem goldenem Tische, sowie
von einem andern ebenfalls zu Babylon befind-
lichen, zwölf Ellen hohen Bilde aus massivem
stellen. Allenfalls wäre freilich auch denkbar,
daß an den in Betracht kommenden Stellen atpv-
QTJXaros gar nicht in der ursprünglichen techni-
schen, sondern in der übertragenen Bedeutung ge-
diegen zu verstehen ist.
Wenn wir auf griechischem Boden goldene
Bildwerke antreffen , so sind es meist Weihge-
schenke in Heiligtümern, die, wie oben erwähnt,
zugleich eine Art von Schatz repräsentierten; da-
G., wobei er allerdings vorsichtig hinzufügt , er 10 her sind viele darunter auch als massive Arbeiten
habe das nicht selbst gesehen, aber die Chal-
däer behaupteten es. Diod. II 9, 5 spricht von
drei Götterstatuen (die er Zeus, Hera und Ehea
nennt) im Tempel des Belos zu Babylon, deren
bedeutendes Gewicht (er gibt 800—1000 Talente
an ; das babylonische schwere Talent hat nach
Hultsch Metrologie 398 rund 60,48 kg) es von
vornherein unwahrscheinlich macht, daß es mas-
siv goldene Figuren waren. Plinius (XXXIII
zu betrachten, so die Geschenke des Kroisos in
Delphi, namentlich der Löwe auf den Goldziegeln,
wie das auch die Gewichtsangaben des Herod. I
50 erweisen (die ijfusuivöta je 2— 2i/ 2 Talente);
und wahrscheinlich war das auch der Fall mit
der von ihm dorthin geweihten Statue der sog.
äQtonajcog (ebd. 51). Hier lag ja beim Donator
noch das Bestreben vor, durch besonders wert-
volle Gaben sich dem Gott geneigt zu machen.
82) berichtet, die seines Wissens älteste massive, 20 Ebenso war es Wohl mit dem großen Zeus der
„;^ + ™„™^:„ v^i- n. a*.„^ i.„-u» „:„i, .-„ Kypseliden fc Olympia, der zwar öfters nur als
golden erwähnt (Paus. V 2, 3. Diog. Laert. I 7,
2), in andern Nachrichten aber als afpvgrjXaxog
bezeichnet wird (Plat. Phaedr. p. 236 B. Strab.
VII 358. 378. Suid. und Phot, s. KvrpsXi-
da>v ävd&wta). Auch hier beweist die Überliefe-
rung des angeblich an der Figur angebrachten
Epigramms, daß es sich um eine massive Statue
handelte (nach der einen Version, bei Suidas und
nicht inwendig hohle G.-Statue habe sich in
einem Tempel der Landschaft Anaetis (in Ar-
menien am oberen Euphrat) befunden; sie sei
in dem Partherkriege des Antonius entführt und
eingeschmolzen worden (es war vermutlich eine
Statue der Göttin Anaitis). Indessen diese Sta-
tuen waren, wenn wir uns auf die Nachrichten
der Alten verlassen dürfen, nicht gegossen, son-
dern gehämmert. Diodor bezeichnet jene Werke
als ötpvy^Xaza ; Plinius .sagt : aurea statua prima 3oPhotios, oyvQtjXazQs xoXoaoog, nach der andern
omnium nulla inanitate et antequam ex aere
aliqua modo fieret , quam vocani fiolosphyron.
Nun wird allerdings oft angenommen, daß ein
GfpvQrjXaxov oder ein 6X6a<pvoop bezw. oloaqjvQatov
(denn beide Bezeichnungen "sind identisch, Phryn.
p. 203 Lobeck tö SXooqpvgov r'xßaXs aal tjroi o<pv-
QrjXazov Xeys *} oXootpvQarov) auch ein Werk be-
deute, das aus getriebenen Platten zusammen-
gesetzt, also hohl ist (z. B. Sittl Archaeol. 403);
TzayxQvoeos xoXoaoog). Vielleicht darf man das
gleiche voraussetzen bei den goldenen Dreifüßen
und Niken, die Gelon und Hieron von Syrakus
nach Delphi geweiht hatten (Athen. VI 231 F).
Aber im allgemeinen wird man bei Bildwerken
griechischer und römischer Proveuienz, die als
golden erwähnt werden, anzunehmen haben, daß
sie nicht massiv, sondern entweder hohl (gegossen
oder getrieben) oder gar bloß vergoldet waren.
allein nachweisbar ist das meines Wissens nir- 40 So wird das von Antiochos Epiphanes geweihte
gends, dagegen überall, wo sich Bestimmtes
schließen läßt, geschmiedete oder gehämmerte,
nicht hohle Arbeit gemeint (Aesch. Sept. 798:
Pers. 738. Herod. VII 69. Dio Chrys. or. XLIV
p. 509 M.), und so bedeuten beide Worte (auch
in übertragenem Sinne) gediegen oder massiv
(Plut. quom. adul. ab am. discern. 24 p. 65 B ; de
Pyth. or. 29 p. 408 E; de garrul. 17 p. 511 B.
Luc. Dem. enc. 14; die Glossen übersetzen so-
goldene Gorgoneion an der Südmauer der Akro-
polis von Athen bei Paus. V 12, 4 schlechtweg
als golden bezeichnet, I 21, 3 aber als imxQvaog.
d. h. mit Goldblech belegt ; die Statue der Phryn e
in Delphi heißt ebd. X 14, 7 golden (und so auch
sonst öfters, s. Hitzig Blümner z. d. St), sie
war aber nach Plut. amat. 9 p. 753 F xard/^voog,
d. h. vergoldet (über den- unterschied von im-
ZQvoog und xaräzQvoog s. u.). Die Statue des
lidus mit 6X6o(pvQog, 6Ä.oo<pftQcnog, otpvor'jXazo; s. 50Gorgias, ebenfalls in Delphi, wird öfters als
Corp. gloss. lat. VII 277). Man kann daher auch goldene bezeichnet (Cic. de or. III 32, 129: no?i
bei diesen G.-Statuen nur an Schmiedearbeiten indurata statua, sed aurea. Hermipp. bei Athen.
iImiVph wpnifTHt™« lmlwm =;» fli. TU'/.i.u^H.r xi 505D; massiv, solida, nach Plin. XXXIII 83
denken, wenigstens haben sie die Berichterstatter
dafür gehalten, was ganz begreiflich ist, da ja
die Erfindung des Erzgusses von den alten Schrift-
stellern erst ins 6. Jhdt. verlegt wird, man also
für frühere Zeit überhaupt keinen Metallguß an-
nahm. Ob nun diese Meinung von der Herstel-
lungsart jener massiven G.-Figuren richtig war
und Val. Max. VIII 15 ext. 2), während Paus. X
18, 7 sie hinwiederum txiyovoo; nennt. Man wird
daher auch bei andern schlechtweg golden ge-
nannten Bildwerken, wie den Nikefiguren in Athen
bei Paus. I 29, 16, dem Apoll in Delphi, ebd. X
24, 6, oder den Chariten in Smyrna, ebd. IX 35, 6,
oder nicht, vermögen wir nicht zu beurteilen; Uö Zweifel hinsichtlich der Gediegenheit des G, hegen
aber da der Hohlguß in Ägypten und im Orient dürfen.
schon sehr früh bekannt war, der viel einfachere
Vollguß daher erst recht, so liegt es nahe, die
Angaben der Alten über die Technik dieser orien-
talischen G.-Statuen für nicht authentisch anzu-
sehen, da es sicherlich leichter und einfacher war t
wtam man schon massive G.-Figoren arbeitete,
äs durch Goß als durch Schmiedearbeit herzu-
Im allgemeinen geht schon aus der geringen
Zahl der bei den Schriftstellern überlieferten Bei-
spiele hervor, daß Goldstatuen, ob es nun massiv -
gehämmerte oder massivgegossene oder hohlge-
triebene waren, zu den Seltenheiten gehörten und
zumal für griechische Götterbilder ganz unge-
wöhnlich waren. Auch für Porträtfiguren , wie
1573
Gold
Gold
1574
Gorgias und Phryne, bilden sie völlig vereinzelte
Ausnahmen; nur in der Diadochen- und in der
Kaiserzeit scheint es wieder öfters vorgekommen
zu sein. So brachte Pompeius von seinem Feld-
zuge gegen Mithradates ein acht Ellen hohes
Bild dieses Fürsten mit heim, das ano ozsqsov
Xqvoov war (Appian. Mithr. 116); Nero lehnte
nach Tac. ann. XIII 1 das Anerbieten, daß man
ihm Statuen aus massivem Silber oder G. setzen
wolle, ab; eine goldene Statue des Galba wird
Tac. bist. I 36 erwähnt; dem Kaiser Claudius
Goticus wurde auf Staatskosten auf dem Capitol
vor dem Iuppitertempel eine 10 Fuß hohe Statue
aus G. errichtet (Hist. aug. Claud. 3, 4). Da-
gegen werden die dem Kaiser Maximus dekretier-
ten Reiterstatuen ausdrücklich als vergoldet be-
zeichnet Hist. aug. Maxim. 13, 4.
Wenn demnach allem Anschein nach in der
griechischen Kunst das Gießen des G. keine
wichtige Bolle gespielt hat und höchstens in
kleineren Stücken für Schmucksachen oder Zier-
stücke zur Anwendung kam, so muß es auffallen,
daß der Goldarbeiter im Griechischen nur selten
XQvcovQyos heißt (Poll. VII 97) oder xQooonotog
(Luc. Char. 12), vielmehr gewöhnlich mit xQ vao ~
%6oq bezeichnet wird (und ebenso xqvooxqsTv,
XQVOoxol'xrj , yQvöo%oEiov , s. Blümner Technol.
303f.) , und zwar bereits bei Hom. Od. III 425.
Im damaligen Griechenland kann -von entwickel-
ter Goldarbeit aber noch keine Rede sein; der
XQvooxoog, der hier die Aufgabe hat, die Hörner
des Opferstiers für Nestor zu vergolden, d. h. mit
Goldblech zu überziehen, heißt v. 432 ^ctÄxei'?,
was also schlechtweg ein Metallarbeiter, der je
nach Umständen Erz, Silber oder G. bearbeitete.
Man könnte nun die Bezeichnung xgvaoxoog auf
zwei Arten zu erklären suchen. Einmal liegt
es nahe, anzunehmen, daß in jenen Zeiten, wo
G. noch selten war und in der Regel wohl der-
jenige, der eine Arbeit in G. nicht fertig kaufte,
sondern von einem einheimischen Meister aus-
führen ließ, diesem das G. dazu lieferte (wie das
Nestor tut. v. 436) , wenn auch natürlich nicht
in Klumpen , sondern vielleicht in Barren oder
etwa auch in ausgeführten Goldarbeiten, wie Ge-
fäßen, Schmuck u. dgl. Das mußte dann der
Goldarbeiter zunächst einschmelzen und zu Platten
gießen, die er dann je nach Bedürfnis durch
Hämmern verbreitete und dünner machte, wie er
es eben für seine Arbeit brauchte (daher auch
hier v. 423 der Arbeiter mit Amboß, Hammer
und Zange ankommt). Es wäre demnach die Be-
nennung derjenigen Tätigkeit entnommen, die der
eigentlichen und wesentlichsten, dem Hämmern
und Treiben, vorausging. Eine andere Erklärung
wäre folgende: es ist anzunehmen, daß in jener
Epoche der griechische Goldarbeiter vornehmlich
damit beschäftigt war, die bestimmten Gegen-
stände (wie hier die Hörner des Stiers) durch
Überziehen mit Goldblech zu vergolden (vgl.
Riedenauer Handw. in d. homer. Zeiten 116f.),
denn das andere Verfahren, das Vergolden im
Feuer oder durch Schaumgold mit Klebstoff war
damals sicherlich in Griechenland noch unbekannt;
und diese Art des Vergoldens heißt bei Homer
^Qi Z htv (Od. m 384. 426. 437; IL X 294; so
wird auch äfMptxdetv von festen Gegenstanden ge-
braucht, Od. Vm 278, und ebd. 279 Sxz&tv).
Es wäre daher denkbar, daß der xQ vao X°°s von
dieser Tätigkeit des stsptzistv seinen Namen be-
kommen hat. Im Lateinischen ist die gewöhn-
liche Bezeichnung aurifex (s. Blümner a. a. O.
305, 6); seltener ist aurarius (CIL VI 196.
9209), und damit scheint man auch in der Regel
nur einen Vergolder verstanden zu haben, da die
Glossen es mit xQ va( ^ rr i^ übersetzen (Corp. gloss.
lat. II 2713) oder es mit aurator identifizieren
10 (ebd. 26, 38. 569, 9 u. ö.).
Bei der Arbeit in G. ergeben sich nur wenig
technische Manipulationen, die ihr besonders zu-
gehören. Für das Gießen, sei es massiv, sei es in
Hohlguß, verweisen wir auf den Art. Erzguß,
da technische Unterschiede durch das Material
sich zweifelsohne nicht ergaben; für die Bear-
beitung des kalten Metalls durch Hämmern und
Treiben wird der Art. Toreutik das Wissens-
werte bringen; für eingelegte Arbeit sind die Art.
20Chrysendeta und'Ef-t^iaiottx^ zu vergleichen,
und von der chryselephantinen Technik ist im
Art. Elfenbein (o. Bd. VI S. 2362) gehandelt.
Als speziell der Goldarbeit eigentümlich ist die-
jenige Arbeit zu bezeichnen, die wir heut Filigran
nennen, und die, wie erhaltener Goldschmuck
zeigt, schon den Alten bekannt war, deren alte
Benennung wir aber nicht kennen. Man unter-
scheidet heut zweierlei Arten: die eine, die eine
Art Drahtgeflecht ist und darin besteht, daß G.-
SO Draht in feinem Gefüge vereinigt und entweder
ohne Untergrund als durchbrochenes Ornament
zusammen gelötet oder auf eine Fläche, meist eben-
falls ein G. -Blech, aufgelötet wird, und zweitens
das sog. Granulieren, wobei statt der Drahtfäden
kleine Kügclchen aneinandergereiht und aufge-
lötet werden. Unsere Quellen schweigen über
diese Technik, die erhaltenen Proben aber zeigen,
daß die Herstellung des Drahtes und der Kügel-
chen allem Anschein nach auf dieselbe Art er-
40 folgte, wie sie heute noch üblich ist. Der Draht
war teils geschmiedet oder gehämmert, d.h. aus
geschnittenen Streifen hergestellt, die mit der
Feile oder dem Hammer gerundet wurden, teils
war es gezogener Draht, der, ähnlich wie heut,
aus Metallstäbchen hergestellt wurde, die man
durch runde Löcher einer Eisenplatte zog, die
beständig an Größe abnahmen, so daß der Draht
mit jedem Durchziehen dünner wurde (s. Blüm-
ner a. a. O. 25Üf.). Die zur Granulierung nötigen
50 Kügelchen werden heut dadurch hergestellt, daß
man kleine G.-Schnitzel unter das. Lötrohr bringt
oder von feinstem Kohlenstaub umgeben, zum
Schmelzen bringt (ebd. 317); vermutlich haben
die Alten in ähnlicher Weise gearbeitet. Zum
Löten, das fast bei jeder G.-Arbeit eine notwen-
dige Prozedur war, bediente man sich der XQ V ~
ooxwXXa ; über dies G.-Lot und seine Bestandteile
ist in dem betreffenden Artikel gehandelt. Wie
alt die Erfindung, G. zu löten, war, geht daraus
60 hervor, daß schon unter den mykenischen G.-
Funden gelötete Stücke sich finden (Schliemann
Mykenae 266). Über das Verfahren und die dazu
nötigen Instrumente s. den Art. Lötung (Blüm-
ner a. a. O. 290ff.).
Von Bedeutung ist sodann die Tätigkeit des
G.-Schlägers. Gehämmertes Metallblech heißt im
allgemeinen griech. lenk (%qvoo.i Xt-jiidt-g Polyb.
X 27, 10), dem lat. lamina entspricht (für GL-
Blech Li?. XLI 20, 9. Orid. met. XI 124; vgL
Corp. gloss. lat. II 294, 13 iXaopa zqvöoü ij äUrjs
SXt}i); dünneres, wie man es besonders zur Ver-
goldung brauchte, heißt griech. nsraXov {pisxaXa
XQvoä, Enr. Hera für. 396. Diosc. V 91. Luc.
Philops. 19. Aelian. v. h. V 16. CIA II 814 a.
Z. 35), lat. hraetea oder brattea (bratteae aureae
Lucr. IV 725. Verg. Aen. VI 209. Plin. XXXm
61. XXXVII 106}, was auch speziell das G.-
awrator, inaurator (Firm. Mat, a. a. 0. CIL
VI 3928. Cod. Inst. X 66 (64), 1. Corp. gloss.
lat. a. a. 0.}, so gab es im wesentlichen drei
Arten von Vergoldung: das Belegen mit G. -Plätt-
chen, das Feuervergolden und das Vergolden ver-
mittelst eines Klebstoffes. Der oben erwähnte
Unterschied im griechischen Sprachgebrauch, wo-
nach iuzi'xgvoog eine Vergoldung der ersten, xa-
tdxQvaog eine der zweiten und dritten Art be-
Blättchen bedeuten kann (daher in den Glossen 10 deutet (auf welchen Unterschied Boeckh Staats-
braüea als lamina aurea oder tenuis auri lamina
erklärt wird, Corp. gloss. lat. VI 151 ; vgl. luv.
13, 152. Mart. VIII 33, 6. IX 61, 4; s. Art.
Brattea). Daher heißt der G.- Schläger griechisch
mit einem allerdings seltenen und späten Wort
zzezaXovQyog oder neraXoxoiog (Anon. de metallis
im Cod. reg. 2249 fol. 41, zitiert in Stephan.
Thesaur. Cod. Iust. X fä (64), 1. Corp. gloss.
lat. II 406, 28. III 371, 21. 502, 21), lat. brat-
haush.3 II 148 aufmerksam macht),, ist von den
späteren Schriftstellern nicht mehr festgehalten
worden (vgl. Schub art K Jahrb. f. Philol. XV
[1860] 94f.). Das Belegen oder Überziehen mit
G.-Blech war die älteste Art der Vergoldung;
so werden die Hörner der Opferrinder bei Homer
vergoldet, und so hat man sich jedenfalls vielfach
die Kassettendecken und andere Architekturteile
behandelt zu denken (Plin. XXXIII 54. XXXVI
tearius (in schriftlich aurifex braüiarius CIL VI 20 114. Sen. ep. 115, 9, Sidon. Ap. ep. II 10, 4)
9210; ein oollegium brattiariorum ebd. 95; vgl.
9211. Cod. Theod. XIII 4, 2. Cod. Iust. a. a. O.
Firm. Mat. math. IV 21, 6. Corp. gloss. lat. II
406, 28); und bratteatus heißt direkt mit G.-
Blech bekleidet (Sen. ep. 41, 6. Sid. Ap. ep. II
10, 4. 8. Vin 8, 3. Mart, Cap. I 75 ; übertragen
Sen. ep. 115, 9). Für Vergoldung, die nicht durch
Bedecken mit G.-Blech, sondern durch Anbringen
von Blatt-G. (G.-Schaum, Rausch-G.) hergestellt
und Mobiliar (Mart. VIII 33, 6. Sid. Ap. ep.
VIII 8, 3). Daß auch Statuen in solcher Art
vergoldet wurden, zeigen die Schriftquellen, z. B.
Luc. Philops. 19. Clem. Ales, protr. IV 52 p. 46 P.
Ammian. Marc. XIV 6, 8. XVII 4, 15. Doch
war das Verfahren dabei ziemlich roh, wie aus
dem Bericht bei Plin. XXXIV 63 hervorgeht, wo-
nach Nero eine Alesanderstatue Lysipps auf diese
Weise vergolden ließ; da aber der G.-Glanz die
wurde, mußte das G. bis aufs allerfeinste ge- 30 Anmut der Figur stark beeinträchtigte, ließ er
hämmert werden. Daß die Alten sich bereits
darauf verstanden, solches Blatt-G. in größter
Dünne herzustellen, geht daraus hervor, daß man
nach Plin. XXXIII 61 aus einer Unze G. 750
und darüber Blättchen von vier Quadratzoll Größe
schlug. Die stärksten hießen praenestinische,
weil die Bildsäule der Fortuna in Praeneste mit
solchen sehr dauerhaft vergoldet worden war, die
demnächst dünneren hießen quaestoriae (vgl.
die G.-Plättchen wieder abnehmen, und die Statue
schien nun wiederum viel wertvoller \ geworden zu
sein, obschon Narben und Einschnitte von der
Vergoldung zurückgeblieben waren. Man machte
also, damit die Plättchen an den glatten Flächen
besser hafteten, Einschnitte oder Rinnen, in die
man das dünne Blech (tenuis membrana nennt es
Sen. ep. 115, 9) preßte. Bisweilen wurde G.-
Blech um das ganze Objekt, wenn es ein klei-
Blümner a. a. O. 308). Das Verfahren hierbei 40 nerer Gegenstand war, herurogelegt und die Kanten
wird zwar nicht beschrieben, denn wenn Diosc.
V 91 davon spricht, daß die goldenen TisxaXa
zwischen kupfernen Xenldeg gehämmert würden,
so konnte dabei kein Rausch-G., sondern nur
etwas dünneres Blech entstehen. Wahrscheinlich
aber benutzten die Alten das im Mittelalter üb-
liche Verfahren, das nach Theophil. Schedula
divers, art. I 23 (p. 51 Ilg) darin bestand , daß
man die G.-ßlätter zwischen Pergamentblättern
dann zusammen gelötet. Wurden erhabene Orna-
mente oder Reliefs mit G. -Blech überzogen, so
wurde dies sorgfältig mit Holzhämmern über das
Ganze und in alle Vertiefungen hineingedrückt
und geschlagen, so daß es ohne weitere mecha-
nische Hilfsmittel von selber festhielt. Es war
aber selbstverständlich leicht, solche Vergoldungen
wieder zu entfernen oder zu stehlen ; es wird mehr-
fach erwähnt, daß derartig vergoldete Figuren
dünn schlug. Ein vatikanisches Relief (Jahn 50 durch Anwendung von Pechpflastern ihrer G.-
Ber. Sachs. Ges. d. Wiss. 1861 Tai VII 2. Plättchen beraubt wurden (luv. 13, 152 mit Schol.
Amelung Sculpturen d. Vatikan. Museums II
444 n. 262 a. Tat'. 52) stellt, wie die Inschrift
lehrt, einen G.-Schläger vor; er hält mit der
Linken eine Platte oder ein Blech auf einem Am-
boß fest und schlägt mit einem in der Rechten
gehaltenen Hammer darauf los. Die neben ihm
sichtbaren, regelmäßig geformten, öbereinander-
gebäuften und nach oben an Größe abnehmenden
Suid. s. Atjfi^tfiiog 6 knixXrfv 'J^loav),
Minder kostspielig und dauerhafter war die
freilich nur für Gegenstände aus Metall, beson-
ders Silber und Erz angewandte Feuervergoldung.
Man bediente sich dabei des Quecksilbers, aber
in welcher Weise , wird nicht deutlich berichtet ;
daß es im Feuer geschah, geht aus Plin. XXXIIT
64 und Athen. V 205 B hereor {xqwooois $x
Gegenstände sind sicherlich nicht G.-Barren, son- 60 tivqoq). Leider sind die Beschreibungen, die Plin.
dem fertige Pakete geschlagenen Blatt-G.s (s.
Blümner a. a. O. 312).
Was nun das Vergolden {yQvaovv, aurare, m-
awrare u. dgl., s. Blümner"208f.) anlangt, das
die Arbeit des xqv<j<ot^s ist (Plut. de glor. Ath.
6 p. S48F. Etym. M. p. 258, 2. CIA a. a. O.
Corp. gloss. lat. II 26, 38 u. 45. 27, 13. 479, 14.
JH 164, 81. 445, 7. 479, 52), lat aurator, de-
a. a. Ö. und ebd. 100 von dem Verfahren macht,
so verworren und unklar, daß er offenbar seine
Gewährsmänner nicht recht verstanden hat. Man
kann daraus nur soviel entnehmen, daß es eine
Art Amalgierungsverfahren war, bei dem sich das
Qnecksüber verflüchtigte (vgL Blümner a. a. O.
313f.). Andere Stoffe, bei denen Feuervergol-
dung ausgeschlossen war, vergoldete man mit
Schaum-G. unter Benutzung von Eiweiß, und spe-
ziell bei Holz nahm man noch einen besonderen
Klebstoff, der aus einer Mischung von sinopischem
Rötel, Ocker und weißer Tonerde bestand (Plin.
XXXIE 64. XXXV 36). An noch erhaltenen
vergoldeten Gegenständen aus Ton oder Gips kann
man sehen, daß das Schaum-G. mit einem Binde-
mittel von geschlemmter Kreide aufgetragen war ;
ähnlich sind an bemalten griechischen Vasen die
vergoldeten Partien behandelt, wobei das aufge-
tragene G. meist von ziemlicher Dicke ist (vgl.
Stephan! CR. de St. Pßtersb. 1874, 56).
Eine besondere Art der Verwendung fand das
Blatt-G. in spätrßmischer und christlicher Zeit
in der Glastechnik. Als man anfing, im Mosaik
auch G. neben den Farben zu verwenden, was
später namentlich für den Untergrund der Fi-
guren üblich wurde (Engelmann Rh. Mus. XXIX
[1874] 583 glaubte, daß G.-Stifte im Mosaik erst
seit dem 3. Jhdt. n. Chr. aufgekommen seien),
stellte man die dafür notwendigen G. -Stifte aus
Glas her, indem über das auf ein Glasstäbchen
gelegte Blatt-G. eine dünne Glasschicht aufge-
schmolzen wurde, so daß es zwischen den beiden
Glaslagen geschützt war (s. Theopbil. Sched. di-.
vers. art. II 15 p. 116 11g; Näheres Blümner
a. a. 0. III 334). Ähnlich war das Verfahren
bei den erst dem beginnenden Mittelalter ange-
hörigen Gläsern mit G.- Grund (über die zu vgl.
Garrucci Vetri ornati di figure in oro, Rom
1858, zweite Aufl. 1864). Hier wurde ein dünnes
G.-blättchen mit eingravierten Zeichnungen auf
dem Boden einer Schale oder eines Bechers aus
Glas durch einen Klebstoff befestigt und von ihm
mit dem Grabstichel alles, was nicht zur Zeich-
nung oder zum Ornament gehörte, weggeschabt;
dann wurde diese so entstandene G.-Zeichnung
wieder durch darüber aufgeschmolzenes Glas ge-
sichert, oder, wenn der Fuß besonders gearbeitet
war, dieser mit dem Körper der Schale zusammen-
geschmolzen (vgl. Blümner IV 406).
Von der Verwendung des G.s in der Textil-
kunst ist schon oben die Rede gewesen. Über
die Technik erfahren wir aus unseren Schrift-
quellen wenig ; nur daß es meist mit Woll- oder
Seidenfäden zusammengewebt wurde, wobei der
Einschlagfaden ein goldener war (Verg. Aen. III
483 und das. Serv. ; Eclog. 4, 262. 8, 167. Ovid.
met. III 556. Nemes. Cyneg. 91). Untersuchungen,
die an den Resten antiker und frühchristlicher
G. -Brokate (vgl. Bo ck Gesch. d. liturg. Gewänder
des Mittelalt. 12. Raoul-Rochette Mem. de
linst. XIII 641ff. ; Bull. d. Inst. 1836, 60) vor-
nehmlich von Bock, Semper, Brücke, K. B. Hof-
mann und Kaiabacek vorgenommen worden sind,
haben ergeben, daß bei den antiken G.-Fäden dünne
animalische Häutchen (vom Darm einer Schaf- oder
Antilopenart) die Grundlage für die Vergoldung
gebildet haben (vgl. Blümner a. a. 0. I 156).
Endlich ist noch zu bemerken, daß das Farben
des G.s, wie heut noch, so schon im Altertum
eine wichtige Rolle, zumal beim Schmuck, ge-
spielt hat. Man verwendete also neben reinem
G. legiertes, das je nach dem prozentualen Zu-
satz von Silber oder Kupfer einen rötlichen oder
gelblichen oder weißlichen Ton erhielt; man stellte
also auch das G.-Süber, das Elektron, das viel-
fach natürlich vorkam, anf künstlichem "Wege her
(Plin. IX 139 argmtttm cmro confimdere, ut
deetra fimtt, addere kis aera, ut Corinthia. Plut.
de Pyth. or. 2 p. 395 C). Daher werden sogar
eigene ßa<psts %qvgov erwähnt bei Plut. Peiicl.
12 (wo allerdings die Worte ßayeTg %qvoov, pa-
Xaxzi)QG$ eXeyavTos von manchen Herausgebern
durch Einschiebung eines xäi zu ßaepmg, %qvoov
juaXattzfJQsg aal &.s<pav%os verändert werden, aber
mit Unrecht, s. Letronne Lettres d'un antiqu.
10 470. Blümner N. Jahrb. f. Philol. CXIII [1876]
lS6ff.).
Als allgemein orientierende Artikel über G.
vgl. Becker bei Pauly RealencykL 12 2178.
L. de Ronchaud bei Daremberg^Saglio I
574ff. [Blümner.]
Goldbrasse oder -brachse (Chrysophrys
aurata). Sie gehört zu den Sparoiden, von
denen die Alten viele Arten kannten. So gemein
der Fisch an allen Küsten des Mittelmeers ist,
20 so hochgeschätzt war er um seines delikaten Flei-
sches willen, das bei jeder Art von Behandlung
Wohlgeschmack bekommt. Wir finden daher schon
bei Archestratos kulinarische Vorschriften (Athen.
VII p. 328) und auch bei Apicius mehrere Rezepte
(IV 2. XII 1 L.) ; auch Gelsus spricht wiederholt
von dem Fische ; er rechnet ihn zu den Auri pisees
(II 18. 28), die aber minime intus vüiantur
(II 28). Nach Plin. n. h. IX § 58 hält er sich,
wie noch etliche andere Fische, 60 Tage lang
30 während der ärgsten Hitze verborgen. Bei den
Römern war er so beliebt, daß der Erfinder der
mit dem Meer verbundenen Fischteiche für See-
fische, Sergius Orata, seinen Beinamen von ihm
erhielt. Bei den Griechen heißt er xQvaotpQvs
(Plut. n 981 D) und ^ööjjto? (Plut. II 977 E.
I 454 F), lateinisch aurata, vulgär orata, Gold-
fisch, wegen der prachtvollen Färbung und zier-
lichen goldenen Zeichnung. Die Grundfärbung
ist nämlich grünlichsilbergrau mit gegen 20 gold-
40 gelben Längsbändern, einem GoldÜeck an den
Kiemendeckeln und einer goldgelben Binde an
der Stirne (Brehm). Ihre Lieblings speise sind
Muscheln; zu Rom standen die G., die sich an
den Austern desLukrinersees mästeten, im größten
Renommee (Martial. XIII 90). Was die Griechen
betrifft, so nannte Archippos in den ,Fischen'
die G. tEQsvg 'A<poodiTt}$ Kv^rjQtag, und Hikesios
preist sie als den delikatesten aller Fische (Athen.
328 b). Archestratos lv raTg vitod-rixaig (ebenda-
50 selbst) hält die fetten von Ephesos, welche loivloaoi
genannt werden, für die preiswürdigsten ; in zwei-
ter Linie erwähnt er die von Selinus und rät,
den Fisch ganz zu braten , wäre er auch zehn
Ellen lang "(Athen. 328 c). Er wird übrigens
höchstens 60 cm lang, gewöhnlich 30—40.
Drei verschiedene Brassen sind abgebildet auf
einem pompeianischen Fresko unter vielen anderen
Fischen und sonstigen fast durchweg als Speise
beliebten Wassertieren (Daremberg-Saglio I
60 1165), nr. 3. 14. 15 ; die G. nr. 3. Vgl. außerdem
Irnhoof und Keller Münz. u. Gemm. XXDI 11.
Jaspis der Berliner Sammlung : Amor reitet auf
einer gezäumten Sparoide, die er mit der Peitsche
antreibt, Es dürfte die G. sein, welche man nach
der oben zitierten Stelle des Archippos mit Aphro-
dite in Beziehung brachte. [Keller.]
Goldelfenbeins. Elfenbein o. Bd. V S. 2362.
Golgatha s. Golgotha u. S. 1581.
-LOf.»
uoigoi
UOIgOl
1ÖSU
Golgoi (ToAyot), Örtlichkeit auf Kypros, deren
Lage 2u den meist umstrittenen Eragen der ky-
prischen Topographie gehört. Sie wird zuerst
erwähnt von Theokr. id. XV 100 Monotv" ä FoX-
yd>$ rs xal *I8dfoov s<plXaoag, wozu Schol. FöXyo;
Ji6hg Kvkqov. Auch Lykophr. Ales. 589 nennt
die Göttin FöXycor avdoor}g, dazu Glosse %07iog
xal e&vog Kvjiqov. Ebenso erwähnt Catull. 36,
14 und 64, 96 Qolgos als Kultstätte der Aphro
Torino VI 1870/1, 554—568; The Antiquities of
Cyprus (mit C. T. Newton und S. Colvin),
London 1873. J. Do eil Die Sammlung Cesnola,
Mem. Ac. Sei. St. Petersbourg VII 19 nr. 4 (1873),
Cesnola A Descriptive Atlas of the Cesnola Col-
lection Vol. I (Boston 1885).
Nächst Cesnola hat der französische Archäo-
loge G. Colonna-Ceccaldi sich mit den Funden
bei Athienu am meisten beschäftigt ; seine in der
dite neben Idalion und Amathus. Paus. VIII 5, 10 Rev. archöol. 1870— 75 veröffentlichten, in Deutsch-
2 berichtet, daß Aphrodite in Kypros vor der
Gründung- des Heiligtums zu Paphos durch Aga
penor iv rokyolg xaXovfisvca %0}Qico Verehrung
genoß. Plin. n. h. V 129 nennt" Go Igoe unter den
15 Oppida der Insel. Auch Steph. Byz. kennt
roXyoi (Ethn. FöXyiog und Folyia oder FoXyqig)
als Stadt, deren Eponymos Führer einer sikyoni-
sehen Kolonie gewesen sei. während Schol. Theokr.
a. a. O. ihn zu einem Sohne der Aphrodite und
land wenig beachteten Aufsätze sind gesammelt in
seinen postum erschienenen ,Monuments de Chypre'
(Paris 1882) S. 35—82 (51ff. wichtiger Brief von
E. H. Lang in Larnaka). 195f. 291, Taf. II— VI.
XXVIIIf. Auch er nimmt die Identität vou G.
mit der Fundstelle bei Athienu als feststehend
an. Inzwischen hatte K. Neubauer Der angeb-
liche Aphroditetempel zu Golgoi, Comment. phil.
in hon. Th. Mommseni (1877) 673—93 unab-
des Adonis macht. Endlich enthält noch das 20 hängig von Munter (s. o.) nachzuweisen gesucht,
Lexikon des Zonaras (Anton. Mon.) die Glosse
FoXyoi, ot KvitQtoi.
So weit die literarische Überlieferung. Unter
den Neueren hat zuerst K. Mannert Geogr. d.
Griech. u. Köm. VI 1 (1799) 576f. G. mit Rücksicht
auf Theokritos und Catuilus in der Nähe von Idalion
(s. d.) angesetzt, wogegen F. Munter Der Tempel
der himmlischen Göttin zu Paphos (Kopenhagen
1824) die Vermutung aussprach, G. sei ein alter
daß G. keine selbständige Ortschaft war, sondern
die alte Kultstätte zu Paphos bezeichnete, wo
der Name in Kukla fortlebe, sowie daß das von
Cesnola entdeckte Heiligtum kein Tempel, son-
.dern ein offenes Temenos, und nicht der Aphro-
dite, sondern dem Apollon geweiht war ; vgl, dazu
W. Deecke in BuTsians Jahresbericht Bd. XI
(1877) S. 129 und E. Oberhummer ebd. Bd.
LXXVII (1893) S. 82. Die dort gefundenen epicho-
Name für Paphos (s. d.) und dort in dem heu- 30 rischen Inschriften wie auch die Funde scheinen in
tigen Ortsnamen Kiüda erhalten. W. Engel
Kypros I (1841) 145ff. hält an G. als einer von
Paphos verschiedenen Ortschaft fest, ebenso
Krause in Allg. Encykl. I 73 (1861) 337. Eine
genaue Lokalisierung versuchte zuerst A. Sakel-
larios, welcher 1851 eine röQyovg genannnte
Örtlichkeit nordöstlich von dem großen Dorfe
Athienu (zwischen Nikosia und Larnaka) dafür
in Anspruch nahm ; er fand dort Beste der Stadt-
der Tat für einen Apollonkult zu sprechen, s. die
Inschriften hei Neubauer a. a. O.i680n\, dann
bei H. Collitz Griech. Dialektinschr. I (1884)
31—44 (nr. 65—119) und Ahrens-Meister
Griech. Dialekte II (1889) 181. 201f. Eine phö-
nizische Inschrift von dort CISem I 1 nr. 96 gibt
wenigstens für Aphrodite keinen Anhalt. Da-
gegen bezieht sich auf letztere die epichorische
Weihinschrift auf dem Stil einer silbernen Opfer-
mauer von 7 Stadien Umfang, Spuren eines öst- 40 kelle aus dem benachbarten Idalion tat d-swt %m
liehen und westlichen Tores, äußerer Vorstädte,
einer "Wasserleitung usw. ; s. dessen KvxQiaxa T
(Athen 1855) 187 und 2. Ausg. (Athen 1890) 192ff.
Da dort auch Antiken in größerer Zahl gefunden
wurden, veranlaßte M. de Vogüe" 1862 dort Aus-
grabungen durch Duthoit, worüber er in einem
Briefe an E, Ken an berichtete, s. Kev. arch. 1862
VI 24 4f. Die Ausgrabungen hatten ein geringes
Ergebnis, doch galt seither die Lokalisierung von
FoXylm s. Collitz nr. 61. Roschers Lex. d.
griech. u. röm. Mythol. I 2 S. 1693.
Wichtig, wenn gesichert, wäre für die Exi-
stenz einer selbständigen Ortschaft G. bei Athienu
die angeblich auf einer weiblichen Statue von
H. Georgios gefundene Aufschrift ZtoiXog F61-
yiog sjzoki, s. A. D. Savage in Amer. J. of Piniol.
II (1881) 223 (nach Mitteilung Cesnolas). Auch
die von Meineke zu einem Fragment des Ale-
Sakellarios, ohne daß dieser genannt wurde, 50 xander Polyhistor (s. d. Bd. I S. 1449ff. Nr. 88)
als gesichert Aufsehen erregten sodann die Aus- ^ ni Qi —^ T} ™ - VJ - _—. — vi-— t „
grabungen und Erwerbungen, welche Louis Palma
di Cesnola in den Jahren 1866, 1867, 1870,
1873 teils an der von ihm Agios Iorgos genannten
Stelle, teils etwa 1 km entfernt davon bei A.
Photios machen konnte. An letzterer Stelle fand
er ein rechteckiges, von einer niedrigen Mauer
umgebenes Heiligtum von etwa 18 m Länge und
9 m Breite, das er für das gesuchte Heiligtum
bei Steph. Byz. s. Xvrgoi vorgeschlagene Le-
sung xrjv 8e lolylav (statt Fogätav) axodovvat
XvTQioig würde für die Lage bei Athienu spre-
chen. Die Zeugnisse späterer Kompilatoren (Plin.
Steph. Byz.) und Scholiasten (s. o.) für eine Stadt
G. sind allerdings nicht zwingend, da sie aus
dem Namen erschlossen sein können und nicht
auf Ortskenntnis zu beruhen brauchen, aber doch
nicht leichthin 2u verwerfen ; ebensowenig zwingend
der Aphrodite erklärte, sowie zahlreiche Skulp- 60 scheint mir jedoch Neubauers Folgerung aus
turen, Baufragmente, Weihgegenstände usw., sowie Paus. a. a. O., daß G. lokal mit Paphos identisch
epichorische Inschriften. Die Gegenstände bil-
deten mit den Funden von Idalion den Grundstock
der kyprischen Sammlung im Metropolitan Mu-
seum in New York und sind beschrieben bei Ces -
nola Cypem (1879) 90-131 Taf. XVII— XXXVII,
wotu noch so vergleichen Cesnola 8coperfca del
tempio di Venere a Golgos in Atti R. Accad. Sei.
sei. Bis zu weiteren Funden muß die Frage
wohl noch als ungeklärt gelten. Sakellarios
tritt natürlich auch in der zweiten Ausgabe seines
Werkes I 192—202 für die von ihm seit 1851
aufgestellte Lokalisierung ein.
Die Fundatelle bei Athienu ist seit Cesnola
mehrfach besucht, aber nicht näher erforscht wor-
J.OÖJ. VTUlgVl " VU,V V UH * — ■
den, s. darüber M. Ohnefalsch -Richter Ky- eine jener Ortschaften Assyriens, die nicht am
pros 15f. und über die Funde das Register u. Tigris, sondern im Innern des Landes lagen.
Athienu.'; auch A. E. J. Hol wer da Die alten In der Aufzählung dieser Plätze, welche bei Pto-
Kyprier (Leiden 1885) 1—6. Deschamps Au lemaios im allgemeinen von Westen nach Osten
pays d'Aphrodite (1898) 112f. Ich selbst habe erfolgt, wird G. zwischen Arbela und Phusiana
die Stelle 1887 mit Ohnefalsch-Richter be- erwähnt und dürfte daher irgendwo östlich (bezw.
sucht und darüber folgendes notiert : .Von Athienu süd- oder nordöstlich) von Arbela, zwischen oberem
aus besuchten wir noch den nördlich vom Dorfe und unterem Zab anzusetzen sein. [Streck.]
gelegenen Platz, welchen man in neuerer Zeit Gomares (/o>«OTc)> eponymer Heros des
meist für das alte G. hält, da er im Volksmund 10 später Galater genannten' kleinasiatischen Volks
die Bezeichnung Jorgi oder Jorgus (beide Formen der Gomareis, Sohn des Iaphet, Enkel Noahs,
wechseln) führt. Unterstützt wird die Vermutung Bruder des Magoges, Ioannes, Mades, Thobelos,
dadureb, daß sich nach übereinstimmender Aus- Mosochos, Theiras, Vater dreier Söhne, des Ascba-
Gomarius s. Gomoarius.
Gombes, Ort in Moesia superior zwischen
Dorticum und Bonoma. von Iustinian mit neuen
eüier solchen nirgends Spuren
fanden an diesem Orte ein ziemlich ausgedehntes
Trümmerfeld, welches kaum einen Zweifel an dein
Vorhandensein einer antiken Stadt daselbst läßt. j - « ■ r »
Die Umwallung ist besonders im Norden und 20 Mauern umgeben. Procop. de aedif. 2iJ0 I öfißeg.
Nordosten noch deutlich erkennbar, am höchsten Tomaschek Die alten Thraker II 2, 88. Hol-
beim Westende der Nordseite (Burg?). Die Um- der Altkeit. Sprachschatz s. v. [Patsch.]
risse der Ruinen sind auf der Karte (Trigono- Gomoarius, Tribunus scutanorum im J. 350
metrical Survey of Cyprus Bl. 10) ziemlich richtig unter dem Usurpator Vetranio, verriet seinen
angegeben. Östlich von diesem Trümmerfeld sind Herrn dem Constantius (Ammian. XXI 8 , 1).
zahlreiche Stellen aufgegraben; wahrscheinlich Dieser ernannte ihn 360 zum Magister militum
die Nekropole. Südöstlich die beiden von Ces- des Caesars Iulian , in welchem Amt er Nach-
nola angegrabenen xtph-q\ ein ,Tempel< weder folger des Lupicinus wurde (Ammian. XX 9, 5).
hier noch auf dem Hügel dazwischen zu sehen. Doch schon im Frühling 361 setzte Iulian ihn
Die Karte versagt hier vollständig'. 30 ab (Ammian. XXI 8, 1. 13, 16), worauf er sich
Zum Namen sei noch bemerkt, daß derselbe zu Constantius begab und von diesem mit einem
auf phönizischen Ursprung zu deuten scheint Kommando betraut wurde (Ammian. XXI 13, 16).
hebr. Gilgal = Steinkreis, s. H. Guthe Bibel- Nach dem Tode des Kaisers (3. November 361)
Wörterbuch 219 ; dazu auch Golgatha und Ga- wird er in das Privatleben zurückgetreten sein.
lilaiä). Doch spricht die große Zahl epichori- Doch gegen Ende 365 wurde er durch den Usur-
scher Inschriften für eine griechische Ansiedelung pator Procopius wieder zum Magister nnhtum
bei Athienu. [Oberhummer.] ernannt (Ammian. XXVI 7, 4) und befehligte
Golgoi, roXyoX, Euseb. onom. ed. Lagarde dessen Truppen im Frühling 366 in Lydien
243, 88 = Galgala, s. d. [Benzinger.] (Ammian. XXVI 9, 3), ging aber zu Valens über
Golgos \r6Xyog). Eponymer Heros von Golgoi 40 und entschied dadurch die Niederlage des Pro -
auf Kypros, Führer der sikyonischen Kolonie dort- copius (Ammian. XXVI 9, 6. Philostorg. IX 5.
hin (d. h. also auch Überbringer des pelopon- Zosim. IV 8, 2. Socr. IV 5. Sozom. VI 8). Wenn
nesischen Aphroditekults an diesen phönizisch be- Socrates und ihm folgend Sozomenus (a. O.)
nannten Kultort), Steph. Byz. s. FoXyoi; nach erzählen, Valens habe ihn wegen seines Verrats
Schol. Theokr. XV 100 Sohn der Aphrodite vom zersägen lassen, so wird dies, da Ammian davon
einheimischen Adonis, vgl. o. Bd. I S. 2758. 20. schweigt, wohl Fabel sein. [Seeck.]
38. 42. 49-59. [Tümpel.] Gomoha (Not. dign. 80, 26), in Arabia, Stand-
Golgotha, Fokyo&a (Matth. 27, 33. Marc. ort der Ala sexta Hispanorum ; nicht identifiziert.
15, 22. Job. 10, 17. Euseb. Onom. 248. 21 Thomsen fZDPV XXIX 127) vergleicht Umm el-
= ' Hieron. ebd. 130,25), Platz außerhalb Jeru-50 f Amad nordwestlich von Mädebä. [Benzinger.]
salems, wo Jesus gekreuzigt wurde. Die Evan- Gomon, Befehlshaber maurischer Hilfstruppen
gelien und Eusebius erklären den Namen als im zweiten sicilischen Sklavenkrieg 650 = 104
HQavCov zoTiog. Hieronymus (comment. ad Ephes. (Diod. XXXVI 5, 4). [Münzer.]
5, 14) u. a. berichten von einer jüdischen Legende, Gomorrha (LXX Fofto&ga), Lagarde Übers,
welche Adams Schädel mit G. in Verbindung über die im Aram., Arab. und Hebr. übliche
bringt. Abgesehen davon wird der Name abge- Bildung der Nomina 54, MT """-4)» «ne von
leitet entweder daher , daß der Platz , die An- den vier Städten (Sodom , G. , Adma , Zeboim),
höhe, einem Schädel glich (vgl unser Kopf und ^ e na(m der israelitischen Sage frühzeitig in das
Scheitel in Ortsbezeichnungen) , oder daß der x t e -y- eer versunken sind. Wo alle vier Städte
Platz als Richtplatz mit Gebeinen und Schädeln 60 g ena nnt sind (Gen. 10, 19. 14, 2. 8. Deut. 29, 22.
voll lag (so Hieron. comment. ad Matth. 27. 38). j u b. 13 22. 23), pflegt G. an zweiter Stelle zu
Über die Lage der Stätte vgl. Jerusalem. stehen Aber meist wird G. nur mit Sodom zu-
T. Tobler Golgatha 1851. [Benzinger.] sam men genannt. Gen. 13, 10. 14, 10. 11. 18, 20.
Gomadeorum insnlae (ronaöwwv % rofia- 19, 24. 28. Deut. 32, 32. Jes. 1, 9. 10. 13, 19.
&W vrjaot), zwei Inseln am Arabischen Meer- Jer. 23, 14. 49, 18. 50, 40. Am. 4, 11. Zeph. 2, 9.
huaen an der Küste von Troglodytice. Ptolem. IV Jub. 20, 6. Marl Jes. 3, 10. Matth. 10, 15. Marc,
7, 36. [Pieper.] 6,11. Röm. 9, 29. IIPetr.2,6. Jud. 7. Übrigens
Oom&ra (roftaea), nach Ptolem. VI 1 , 15 hat das jahwisHsche Geschichtswerk Gen. 18. 19
ursprünglich nur von der Zerstörung Sodoms, Meer übertragen haben. Die Brücke bildete viel-
nicht aber auch G.s berichtet, Kautzsch Die leicht die möglicherweise ursprünglich am Toten
Heil. Schrift d. Alten Testam. I» 30. Gnnkel Meer, und zwar an seinem Südende haftende G.-
Genesis s 282, und ist G. Gen. 18, 20. 19, 24. 28 Sage, mit der sich die Sodomsage verband. G.
erst redaktionell oder glosseraatisch eingetragen, miby bedeutet nämlich wahrscheinlich ,durch
ÄlnXoÄtTll SLÄbTi 9?5 ^ —^s Lands Gesen ins Thesaurus
^5 t!« • ,t o?\j; K ! J (e V' 9f,) n s. ^ 3 y und Lagarde Übersicht 54. Der Name
1 LT + - ' - 4) ^l re l enen A ?J assu ^ ^t natürlich eist eitstanden nach der Katastrophe,
L^J Me * n f Stud - " 289) V i lsD ?PP el " 10 leicht auf die von Blanckenhorn ZDPV XIX
ganger von Sodom und G. nennt Hos. 1 8 51ff . t, escMeDeiie , aber nieht Gen . , 19 v ^
Adma und ZeW Von hier stammen die beiden setzto Wdge _ herlbeigeführt wurdei Dllrcll | as
Mmen neben Sodom und a Gen. 10 19. Deut 29, i esikaliscne Ergebnis "wird das literargeschicht-
lautztb , W^ ^ lÄVV* 8 ' lid * ^tätigt, daß die G.-Sage mit der Sodom-
7ri4 fh ,i / « t £■ •' £ J" sa S e ™prünglich nichts zu tun hat. Die alte-
Zeit Abrahumsder fingierte Konig von G den st * n sc ^ fts f e ll eril d e n Propheten Arnos ca. 750
Spitznamen Birsa d i. ,in Frevel'. Der Unter- (Am . 4 U) nnd Jegaja ca 7 | „ 700 {Jes . j 9 10)
f5 + l '7% q d 6 f ^f -n e V teran in. ™ d die äliesten literarischen Zeugen für die Ver-
jungste Stufe der Sage und nicht alter als ca^600 Mnd der Sodam _ und G .g \ Me ergtere
fW^.7 "n ??' f ■* ,i d , 16 S i d r" 20ma ^ midiamtisch-israelitischer, &e andere kana-
Gomorrhasage soll die Entstehung des Toten anitischer Herkunft sein. [Beer.]
35S£ £ * t ^1 \ 'f l- Z s ? a T ll ' h F6 (»P0S, feste Grenzstadt von Thessalia He-
schöne Eindruck der heißen Einöde durch ein at i a iotis gegen Epiras, wichtig durch die Beherr-
w" e ^_, + Wllüende ™ d m « 1 ff h ™4" *u ,r schung des Pindu S übergangs°nach Dolopia (Phi-
legene Städte wegen ihrer bchlechtigkeit (Be- lip % a Thessal u< / ir * 123) und d P es ^
druckung Geringer Jes 1, 10 3 9 Ez. 16, 49, 8t *£ aber schwierigen w Y J Thessalia liach
^l^nÄwÄ» -* ft ? - ^^ Athamania und Ambrakia. In christlicher Zeit
göttliches Strafgericht begründet wird. Gen 14, 3 Bischofssitz, Hierocles synekdemos 642. Daher
heißt die Gegend, in der G. mit den ubngen fthrt diß j^he, auf welcher die wenigen Reste
Städten ernst lag, Ü^TÖ Tal, wofür jetzt viel- 30 am rechten Ufer des Bliuri beim Dorf Mussaki
fach nach Renan Historie du peuple d'Israel I liegen, den Namen Episkopi. Über die Lage vgl.
116 C--J1» .Dänioneu'tal gelesen wird. Die An- ?J ra ?- 1X r 43 f- £ lin - ?• h }J \^ x P i olei11 - IJI
schauung, daß an Stelle des Toten Meeres einst l%\\ n ^^ Travels ™ ^°^ h « rn G™!ce IV
ein Paradies gelegen habe (Gen. 13, 10), ist frei- 212.519. U s sing Griechische Retsenu. Studien 74.
lieh ein Irrtum. Denn schon in prähistorischer Bursian Geographie von Griechenland I 48. 53.
Zeit mündete der Jordan in das Tote Meer, Lplhng Hellenische Landeskunde 151 Geor-
Bacdeker Paläst. u. Syrien 7 123f, Damit wird |}t ^ u 91 1SU > 2 ° 3 ' Kern K Jahrb -
aber die genauere Lage von G. schwer bestimm- * 1wj4, l\.
bar. Blanckenhorn ZDPV XIX 51ff. nimmt 4n Bezeugt ist ^ der Kult des Atowao S Kagmog,
an, daß G. mit den übrigen Städten einst an der 40 ^ c]l de f ^ n Priester . eme Freilassung datiert ist
Stelle der südlichen 1-6 m tiefen Ausbuchtung des ff en ^ n 1 De ,^ a num ^ S10 ™ t ' tulls ^' rhessalos >
Toten Meeres gelegen habe, und daß eben dieser S S Tvfoo! J' 91 i nnd des - Zevg , 2IaM ^ vto ^
Teil desselben durch die Gen. 19 erzählte Kata- fj 1 . 1 ^^rx^ «? " M . nn 1 zen ^L 2 * 1 ^^*^? *
Strophe entstanden sei. Aber dazu würde 1. nicht ( L ?\ XXXV ffi 2) ; ^fP ra ^ ™ n £^~™° T - ? hv ->
,- T T i cm. i A ■ n i^ ™ Oatalogue of Greek Coins Bnt. Mus. Thessaly to
stimmen die Lage der Stadt ^ S Gen. 19, 22, Aetoli J by P> Gardnerp . X XXV und 19. Head
die an der südöstlichen Spitze des Toten Meeres 250. Schlosser Münzen des allerh. Kaiserhauses,
zu suchen ist, und 2. widerspricht der Ansicht Wien 1893, 9. Bull. hell. V 289. Ethnikon To^ym
Blanckenhorns, daß die südliche Bucht des oder rop<pevg (Sfceph.), ropt<p£oiv oder ro/u<ptrövv
Toten Meeres nur durch ein Einsinkungen veran- 50 Münzen.
lassendes tektonisches Beben entstanden sein könne Von Philipp II. vermutlich wurde die Stadt
(S. 52), der Wortlaut von Gen. 19, 24 , der auf $ilm7iot (Steph. s. v.) oder $dixx6xofos (Liv.
eine vulkanische Eruption weist: kommt doch XXXIX 25?; Münzen $iXutJiöJzo\iTwv) genannt,
hier Schwefel und Feuer von oben, nicht von Nach einer nicht sicheren Ergänzung [rou]<pi<os
unten her ! Auch ist von Wasser gar keine Rede. (SGDI II 2528 = o. Bd. IV S. 2690) erscheint
Da ein vulkanischer Ausbruch in historischer Zeit ein Bürger von G. unter den ätolischen Hieromne-
am Toten Meer nicht stattgefunden haben kann, monen in Delphi. Demnach hätte G. um 208
folgert Gunkel Genesis 3 21of. mit Recht, daß zum Ätolischen Bund gehört. 198 v. Chr. wurde
die Sodomsage sich ursprünglich auf einen andern G., das mit dem übrigen Thessalien zu Philipp V.
Ort bezogen habe und erst sekundär auf das Tote 60 halten mußte , von dem mit Rom verbündeten
Meer übertragen sei. Ed. Meyer Die Israeliten Athamanenkönig Amynandros erobert, Liv. XXXI
nnd ihre Xachbarstämme 71 vermutet, daß die 41. XXXII 14. Seit 196 oder spätestens seit
Sodomsage eigentlich die Entstehung einer der 185 gehörte G. zum freien thessaüschen Bund,
unheimlichen Harras (Lavafelder) Arabiens erklärt dem es auch mehrere Strategen lieferte: 179/8
habe. Das könnte für die Sodomsage zutreffen. Phrynns, um 130 dessen Sohn Pollichos, zu Augu-
IHe Israeliten könnten sie von Arabien, d. h. von stus' Zeit Agatbanor (Kroog De foederis Thes-
Midian ans, wo sie als Nomaden einst weilten, salorum praetbribus, Dias. Halle 1908, 59. 60).
nach Kanaan mitgebracht und hier auf das Tote 191 wurde es von Philipp V. und Baebius den
zu den Ätolern abgefallenen Athamanen abge- ßonias (Tcaviag, Georg. Cypr. 1079), xei^
nommen, Liv. XXXVI 13. Im J. 189 von Philipp in Arabien, bei Steph. Byz. Fowa?, xazotxia
V. als Stützpunkt gegen die Athamanen benützt, ^wo/ac, unbekannt; vgl. rwvla xr}$ 'Agaßlas
Liv. XXXVIII 2. Nach dem Entscheid der Körner {Euseb. Onom. 282,88. Hieron. 141,28) und ij
in Tempe 185 den Thessalern zurück gegeben, xaXovpsvr) r<t>vla zrjg Batavalag (Euseb. Onom.
Liv. XXXIX 26. 171 erholte sich das Heer des 216, 12). [Benzinger.]
Consuls Licinius in G. von dem Pindusübergang, Gonnapaios , falsche Lesung für Napaios,
Liv. XLII 55. 48 wurde es von Caesar geplündert, Schol. Aristoph. Nub. 144.
Caes. bell. civ. III 80. Liv. epit CXI 55. Cass. Gonnokondylon(r6/ov*-o«o)'öi;Aoi'Liv.XXXIX
Dio XLI 51. Plut. Caes. 41. Appian. bell. civ. 10 25 nach des Sigonius Emendation codd. : Con-
II 64. Iustinian ließ die Stadtmauern erneuern, nocondyllum, Gonnocondillum , Somoeondillum,
Procop. de aedif. IV 3. [Stählin.] Gonocondylum Kriegk D. thessal. Tempe 70.
Qoinphos, ein Bildhauer unbekannter Zeit C. Bnrsian Geogr. v. Griechen!. I 61, 3 schlägt
und Heimat, der bei Tatian. 52 als Verfertiger dazu die Emendationen Gonnos et Condylum und
der Statue einer unbekannten Dichterin Praxa- restitiierentur vor. Der Name G. scheint ähn-
goris genannt wird. Es erscheint nicht ausge- lieh wie Peloponnesos, Samothrake, Gallograikia
schlössen, daß Tatian sowohl diese Dichterin als gebildet zu sein und zum Unterschied von anderen
auch den Bildhauer erfunden hat. Kalkmann Kondylen ,Kondylon, das zum Gebiet von Gonnos
Rh. Mus. XLII 505ff. [C. Eobert.] [s. d.] gehört', zu bezeichnen ; Kondylon von der
Gonai {Aiog yovaf). Als die Thebaner die 20 Ähnlichkeit des Höhenrückens mit einem Faust-
Gebeine Hektors von Ophrynion in der Troas gelenkkopf; gerade im nordöstlichen Thessalien
nach Theben überführten (Lykopin*. 1194. 1206ff. rinden sich oft faustgelenkköpfeartig dicht neben-
Aristodemos Schol. AB II. XHI 1. Paus. IX 18, 5. einander Eeihen von Höhenkuppen), ein Höhen-
Tzetzes Lykopbr. 1194, Crusius S.-Ber. Akad. schloß im nordöstlichen Thessalien, das als den
Münch. 1905, 763), brachten sie sie nach Aristode- Perrhaibern gehörig von diesen 185 v. Chr. be-
mos (offenbar in den ß^ßaixd, s. o. Bd. II S. 925, ansprucht wird (Liv. XXXIX 25). ■ Nach dieser
37ff.) el$ tov nag" avzolg nalovpievov zotiqv Aiog Stelle des Livius war es von Philippos (HL?) von
yoväs, die ysveftHa jrld^ Lykophrons. Das Grab Makedonien, der auch Gomphoi 'Pilijuiot nannte,
Hektors lag aber nach Pausanias und Tzetzes bei in Olympias umgenannt worden. Diese Notiz
der Quelle Oidipodeia, die Pausanias an der Straße 30 beruht vielleicht auf Verwechslung mit Gonnoi,
nach Chalkis erwähnt und die Ulrichs (Reisen und das am Eingang der Tempeschlucht gelegen, wie
Forschungen II 5. 19f.) danach in der reichen Gomphoi ein wichtiger Zugang zu Nordgriechen-
Quelle am Fuße des Hügels, auf dem die Vor- land war. G. aber oder Kondylon lag nach Liv.
stadt Theodöri steht, wiedererkannt hat. Frazer XLIV 6 nicht direkt am Eingang zu den Tempe ;
Paus. V 59 mit weiterer Literatur. Der zugrunde der Schriftsteller sagt: unum (sc. praesidium)
liegende Mythos bei Lykophr. 1196ff. Welcker in primo aditu ad-Gonnum erat, alterum Con-
Götterlehre II 242. [Bölte.] dylo , tertium circa Lapathunta , quem
Gonduni oder Gorduni, schlechte Lesarten bei Characa appeüant. Es wäre möglich , daß es
Caes. b. G. V 39 für Geidumni (s. d.). [Ihm.] zwei Hügelschlösser namens Kondylon gegeben
Gongalae (var. Gongadae), Volksstamm im 40 hat, von denen das eine, als zu Gonnoi gehörig,
inneren Libyen, erwähnt von Ptolem. IV 6, 6. G. genannt wurde. Aber das Kondylon bei Liv.
Unbekannt; vielleicht ist er wie die Mimaces und XLIV 6 ist 169 y. Chr!\ wie schon 185 v. Chr.
Achaemae, mit denen er zusammen genannt wird. von den Truppen des makedonischen Königs be-
aus der Provinz Africa fälschlich nach dem Süden setzt; es wäre denkbar, daß um 169 v. Chr. die
versetzt (vgl. Müller zu Ptolem. I p. 744). Örtlichkeit nur mehr den Namen Kondylon hatte.
[Fischer.] In und bei der Tempeschlucht finden sich zahl-
Gongylates (royyviäTrn), Epiklesis des Zeus. reiche Befestigungsruinen , von denen nur eine,
Lykophr. 435. Anon. Ambros. 27 = Seh o eil- das byzantinische Lykostomion (jetzt KdaTQoxfjg
Studemund Anecd. 265. Tzetz. Lykophr. 435 'Ügpä? = der Schönen) festgelegt ist (Jeorjiä-
fügt als Erklärung hinzu: Si ov at yoyyvlai xai 50 dhis BeomtAla* 171). Diese Stelle ist aber die,
cu ovvsotptyfiivai x&Qts xtvovvtat. Vermutlich ent- von der Livius XLIX 6 sagt: . . . quartum (sc.
spricht Zeus G. dem Zeus Palamnaios. [Jessen.] praesidium) viae tpsi, qua et media et angustis-
Gongylos. 1) Eretrier. Ihm als Befehls- sima vaüis est, impositum, quam vel X arma-
haber übergibt Pausanias im J. 476 die Stadt tis tueri fa&ik est. Die Befestigung auf dem
Byzanz, Thuc. 1128,6. Busolt Gricch. Gesch. 'A.'HXtov genannten Hügel (512 m) südsüdöstlich
In 1, 89. Von ihm stammen die Eretrier G. vom Dorf Taymvi nimmt C. Bursian Geogr.
und Gorgion, Xen. anab. VTI 8, 8. 17; hell. III Griechenl. I 61 für Lapathüs (s. o.), Jeorjiädhis
1, 6. Curtius Griech. Gesch. III 5 145. (s. o.) für Kondylon in Anspruch. H. Kiepert
2) Korinthischer Flottenführer bei Syrakus im FOA XV. XVI setzt Kondylon 5 km ostnordöst-
J. 414, Thuc. VII '2, 6. Curtius Griech. Gesch. 60 lieh von Gonnois Euinen an. Die Stätte fiele
HS 668. Nach Plut. Nie. 19 findet G. bald nach auf einen 100 m hohen Vorsprung. Wahrschein-
seiner Ankunft in Syrakns seinen Tod. [Kirchner.] lieber erscheint mir eine Stelle 1,5 km östlich
Gonia 0$ r<»vla d. h. Ecke, Winkel), Grund- davon (215 m hoch), 1,8 km westlich von der
stück im Gebiet des szQodareiov (= Vorwerks) Kapelle "A. Ilagaaxevij^ die Lykostomion gegen-
Aißädtov, das zum olxonooaozsiov Baris am Maian- überliegt. S. auch noch die Art. Gonnos und
. «bös in Ionien gehört, Acta et Diplom, ed. Müller Kondylon. [Bürchner.]
et Miklosieh VI 10; vielleicht identisch mit Gonnos (ij Wwoq Herod. VH 128. 173. Ly-
roovta »off nez&xt), ebd. VI 211. (Bürchner.] cophr. 906. Strab. IX 440. Ptolem. III 12, 39 M.
Steph. Byz. a. r&voi), Gonnoi (oi rdvvot Polyb.
XVIII 27, 2. Liv. XXXni 10. XXXVI 10, aber
Gonnus XLII 54 (61). 67. XLIV 6 und Steph.
Byz. s. rb'wot; rtf»w Porphyr. Tyr. FHG HI
p. 700 frg. 8), Oonnussa (j/ rowovaaa Tzetz. Ly-
cophr. 906; Tgl. Steph. Byz. s. v.). Der Name
von dem kniegelenkkopfförmigen Umriß der Um-
fassungsmauer, vgl. Steph. Byz. s. v. iE-Münzen
zwischen 300-146 v Qhx Av. Zeuskopf, Frauen- „_. „, lulgoJluo u uem BÜIorD
köpf; J£ rONNEÜN Widder (stehender Löwe 10 widerspricht. Da nun in der Gegend zwischen
vrujjyjtiisia looo
2) XL II 573f. wird unter den Städten Aga-
memnons zwischen Hyperesia (= Aigira, Bnrsian
II 338, 3) und Pellene abieivrj Fovösaaa genannt.
Dies kann mit dem unter 1) genannten identisch
sein. Der Homer-Erklärer aber, auf dem Paus. VII
26, 13 zurückgeht, glaubte vielleicht, daß die Ab-
folge beim Dichter der geographischen Lage ent-
spreche (weitere Beispiele Reitz 35 Anm.),
während doch das folgende Aigion dem sofort
lOöy
ijopnna
Head-Svorönos 'lotoQta Noßtafidrcov I 370),
Festungsstädtchen in beherrschender Lage in der
Nähe des veränderlichen linken Peneiosufers in
der thessalischen Pelasgiotis (Perrhaibia), gerade
im westlichen Zugang (Liv. XXXVI 10, vgl.
Polyb. XLII 54) zur Tempeschlucht, deren einer
Schlüssel es war, 20 römische Meilen (sc. über
Gyrton) von Larisa entfernt, am Abhang eines
Berges (jetzt Zoliö), Liv, XXXVI 10. Begründet
von den Perrhaibern (Strab. Steph. Byz. 77™- 20
gcußoi Alohig). Sagenhafter Gründer Guneus,
des Kyphos Sohn. An ihm vorüber rückt des Xer-
xes Heer 480 v. Chr. nach Mittelgriechenland
(Herod.). Makedonisch wohl um 353 v. Chr. mit
den übrigen thessalischen Städten. Vielleicht von
Philippos III. Olympias genannt ($. den Art.
G o n n o k o n dy 1 o n). 319 wird zu G. Antigonos
Gonatas (s. Bd. I 8. 2913) geboren. 191 und 169
v. Chr. in den Händen des makedonischen Königs.
Aigira und Pellene ein Ort Gonoessa nicht vor-
kam, wohl aber ein zerstörtes Städtchen Donussa
dort lag, so erklärte er rovosoaa für einen Irrtum
der Peisistratischen Rezension und setzte Aovösoaa
in den Test (so auch Eeitz 34, 75). Auf dieselbe
Erklärung gehen Eust. 291, 40 I. äptQcorrJQiov
Uelkrjvtjs und die zwei kurzen Glossen bei Hesych.
zurück. Gegen die Identifizierung Bursian
II 343.
3) Donussa(Aovovooa, der Artikel fehlt o. Bd. V
S. 1548) erwähnt Paus. VII 26, 13 (vielleicht nach
einem Periplus, meint Heberdey) zwischen Aigira
und Pellene, genauer dem westlich vom Sythas
(Heberdey), nicht bei Xylokastro (Hirschfeld II
960. F r az e r Paus. IV 180) gelegenen Hafenort von
Pellene, Aristonautai, als (ehemals) den Sikyomern
gehörig (dann, als sie es aufgeben mußten), von
ihnen selbst zerstört. Nur so geben die Worte
nöXiofia imr\Hoov Hixvcovla>v Aovovaaa xalrnj^evr}
Ansehnliche Keste des Mauerzugs, besonders im 30 iyhezo vjto ZtHvmvioiv äväozaxog einen Sinn
Westen in sehr stumpfen Winkeln um drei Kup-
pen im Südwesten 103 m hoch, im Nordosten
120 m hoch. Weder bei Hierokles noch in den
Bischofslisten genannt. Leake Travels in North.
Greece III 371. 379. 389. 397. IV 312. Bur-
sian Geogr. v. Griechen]. I 60. rewQyiädrjs
OecaaUa 2 108f. Über die Geschichte und Alter-
tümer von G. wird das Studium der im Oktober
1910 (s. E sti a [Athen] 25-/7. Okt 1910) gefundenen
(Bobrik 30). ,Pausanias hat es ^sicherlich nicht
mehr gesehen, spricht auch gar nicht einmal von
iQrima' (Heberdey). Eine genauere Lokali-
sierung ist also unmöglich. Nur durch Gleich-
setzung mit dem homerischen Gonoessa bekam
Leake in dem Epitheton alizuvr} einen Anhalts-
punkt, den Ort auf dem Gipfel der Koryphi zu
suchen. Dies ist ein isolierter, nur von Süden
zugänglicher Kalkberg (732 ro) westlich Xylo-
Altertumer der Akropohs von G. (Inschriften [dar- 40 kastro (Philippson), auf dessen schmalem, von
unter ein Psephisma über die ötavo/mj von Grund-
stücken], Rundtempel der Athena, Kultbild von
Xenokles(?) in Lebensgröße, auf der Akropolis ein
vierkantiger Wachtturm aus der Zeit der Franken-
herrschaft) Licht verbreiten. [Bürchner.]
Gonnussa (r) rowovaoa Steph. Byz.) s. Gon-
nos in Thessalien. [Bürchner.]
Gontiana, Stadt im Innern von Mauretania
Tingitana, Ptolem. IV 1, 13 [7 Müller] ; anscheinend
Osten nach Westen verlaufendem Gipfelplateau
eine Kirche der Panagia steht. Curtius zog auch
noch das unter 1) genannte G. hierher. Bursian
II 343 und Bobrik, die die Gleichsetzung
bestreiten, sowie Lolling, der ihr zweifelnd
gegenübersteht, haben keinen Grund, Donussa auf
Koryphi anzusetzen. Bestiegen hat den Berg an-
scheinend niemand. Das Fehlen von Nachrichten
über Ruinen auf Koryphi veranlaßte v. Duhn,
dieselbe nennt der Geogr. Rav. p. 163 Parthey. 50 statt dessen den spitzen Berg Avgo vorzuschlagen,
Vermutung über dip Lacs bfi Tis«nt¥An nr^. Aa^ q t m ™<-„, „^r.+i^-u „.:+ ~^i — :a
Vermutung über die Lage bei Tissot Mein, pro
sent, ä l'Acad. d. inscr. ser. IX 1, 303. [Dessau.]
GöUUSSa (rovovaaa). 1) r. rj vjisq Siximvog
wird von Paus. II 4. 4. V 18, 7 als Heimat des
Melas, des Stammvaters der Bakchiaden, genannt.
Der Zusatz besagt, daß es im Bergland südlich
oder westlich von Sikyon (Lolling 162 .gegen
Pellene hin') zu suchen ist (Reitz 331'.). Curtius'
Versuch, die Bedeutung von vxeq so zu verfluch
der 9 km weiter westlich mit steilen weißen
Hängen an die Küste herantritt (Philippson).
Untersucht ist auch diese Stelle nicht. Leake
Morea III 220. 385; Pelop. 404. Bobrik De
Sicyoniae topographia. Diss. Königsb. 1839, 30f.
Curtius Pelop. I 485. II 498. v. Duhn Athen.
Mitt. 1878, 61. Lolling Hellenische Landeskunde
u. Topogr. 162. 167. Reitz De praep. vjieg ap.
Paus.usulocali, Diss. Freib. 1891, 33ff. Philipp-
ort^ü^i,.^ ioc xt„v„_j t> Ä : j t» <i(\
tigeii, daß der Zusatz auf Koryphi (s. u.) passen 60 son Pelop. 125. Heberdey Reisen des Paus. 79,
w*rH« «f oK,„ m .;™ Tj Al ..^.„ a„^i -.x Frazer Paus. IV 179f. (referiert nur). [Bolte.]
wurde, ist abzuweisen. Bobriks Ansetzung öst-
lich von Sikyon ist willkürlich. Bursian II 32, 1
vermutet es in dem von Ross (Reisen im Pelop.
491) beschriebenen Kastell auf einem Bergvor-
sprung bei Liöpesi am linken Ufer des Asopos;
dort hat es B. Kiepert Fonnae ort. ant. Xm
eingetragen. Eine Begründung fftr die Ansetzung
gerade an dieser Stelle fehlt aber.
Gony klisla , Ort in Phrygien , in der Nähe
von Lysias, wo St. Abercins durch Gebet (xllvas za
yovaza) eine Quelle entstehen ließ. Aus den Acta
S. Abercii nach einer unedierten Hs. mitgeteilt von
Ramsay Cities and bishoprics of Phrygia I 754,
5. Nach Anderson Journ. hell. Stud. XVHI
107 ist es die Quelle Gianr Olxüc [Buge.]
Gnphna (royva Euseb. Onom. ed. Lagarde 24° 30' empfiehlt im Verein mit der Namensform
300,94. Plin. n. h. V 15. Joseph, ant. XIV Sprengers Annahme (Die alte Geographie
11, 2; bell. lud. I 11, 2. ni 3, 5. V 2, 1. VI % Arabiens 1875, 47f., 168), daß dieses G. das
2f. Tab. Peut. Madebakarte = rovcpva Ptolem. spätere el-4arad ist, ,die ehemalige Hauptstadt
V 15, 3. Euseb. Onom. ed. Lagarde 220, 7. 248, 3 der Provinz el-Kaslm, daher auch Garad el-Kaslm
= Hieron. ebd. 93, 3. 13*0, 6 ; rocpriraci} zojraQ'/Ja genannt, einen Tag von f Onaiza gegen Basra hin
Joseph, bell. Ind. 1 1, 5. II 20, 4. JV 9, 9), Stadt gelegen ,_ also in der Nähe des jetzigen Boraida
im westjordanischen Palästina, 15 röm. Meilen * oder 'Ojun'.
(Euseb. a. a. O. Tab. Peut. 16 Meilen) von Jeru- 2) Eine zweite Stadt im Innern von Arabia
salem, an der Straße nach Neapolis (Nablus), 10 felix , Ptolem. VI 7, 39; die bessere, auch von
20 röm. Meilen von letzterem entfernt; Haupt- Wilberg und Nobbe aufgenommene Überliefe-
ort einer der elf jüdischen Toparchien (Plin. a. a. rung der Maßangabe des Ptolemaios, 82° 30%
O. Joseph, a. a. O.); zur Zeit des Cassius ein 16° 0' spricht dafür, daß G. (mit Sprenger 162)
bedeutender Ort, dessen Einwohner von Cassius beim^Wädl und Dorf Gaura zu suchen ist (nicht
als Sklaven verkauft wurden (Joseph, bell. lud, I bei Öerdän, wofür nur die schlechtere Überliefe-
11, 2). Heute Dschifnä, in fruchtbarer Umgebung; rung des Längenmaßes 81° 30 ' zusprechen schien),
vgl. Raumer Pal. 199. Robinson Pal. III 296f. [Tkac.]
Gue*rin Jude"e III 28ff. ; Survey of Western <iordiuiH', Gegend am mittleren Sangarios,
Palestine. Memoirs II 294. 323. Benzinger- Vita S. Theod, 43 (nvrjpsia äytokoyixd ed, Th.
Baedeker Palästina? 200. [Benzinger.] 20Toannes 1884). Ramsay Journ. hell. Stud. VIIT
Gor (so in den Sententiae episcoporum vom 505. [Kuge-]
J. 256 nr. 40, vgl. H. von Soden Gott. Nach- Gordiaims s. Antonius Nr. 60—62.
richten 1909, 266, in Bartels Cyprian 451 Gordion (r6g Stov und FogSieiov), alte Haupt-
unrichtig Qorduba genannt), in Inschriften CIL stadt Phrygiens, besonders häufig in Verbindung
Vni Suppl. p. 1278 civitas Qoritana; Ruine mit dem Alexanderzug genannt, Xen. hell. I 4, 1.
Henchir Draa el Gamra, ungefähr 40 Millien Polyb. XXII 18, 8. Strab. XII 567. Liv. XXXVIII
südlich von Karthago, 4 km von der Station 18. Iust. XI 7,3. Plin. n. h. V 146. Arrian. esp.
Smindja der Eisenbahn von Tunis nach El Kei Alex. I 29, 3. II 3, 1. Curt. bist. Alei. III 1. 11.
[Dessau.] Plut. Alex. 18. Früher wurde es fälschlich mit
Gora, Ort in Aithiopien, auf einer Nilinsel 30 Gordiukome-Iuliopolis gleichgesetzt, jetzt ist es,
zwischen Napola and Meroe, Plin. n. h. VI 29, soweit es ohne Beglaubigung durch eine Inschrift
179. [Pieper.] möglich ist, mit Sicherheit auf dem rechten Ufer
Goralus, minderwertige Variante zu Coralis des Sangarios, dem Dörfchen Pebi gegenüber,
bei Plin. n. h. VI 150, aber noch von Sprenger lokalisiert worden. Dort haben Ausgrabungen
Die alte Geographie Arabiens 1875, 52. 252 und auf einem Hügel , der sich ursprünglich ca. IS
E. Glaser Skizze der Geschichte und Geographie —14 m über die Ebene erhob, die Reste einer
Arabiens, 1890, II 31. 35.217 aus älteren Plinius- alten Ansiedlung zu Tage gefördert, die bis ins
ausgaben aufgenommen; s. Coralis (zur Ergän- 2. Jahrtausend zurückreicht. Östlich der Stadt
zung dazu vgl. Agatharchides frg. 97 bei Müller liegt eine Nekropole mit einer Reihe von Tunnels,
Geogr. Gr. min. 1186) undCorolia. [Tkac.] 40 die, soweit sie untersucht worden sind, in die
Gorbatha (r6gßa&a), oder Garbatha (räy- Zeit von ca, 700 v. Chr. G. abwärts gehören.
ßa&a), Ortschaft in Mesopotamien, von Ptolem. Vgl. den ausführlichen Bericht von G. Körte
V 18, 12 zwischen Sinna und Dabausa erwähnt. und A. Körte Gordion, Arch. Jahrb., Erg.H. V.
Letzteres dürfte mit S ach au (Reise nach Syr. 1904. |Ruge.]
und Mesopot., 1883, 269) in der ausgedehnten Gordios (bei Herodot. roQdfyg), ein besonders
Ruinenstätte Tabus am rechten Euphratufer, nord- unter den phrygischen Herrschern, abwechselnd
westlich von e'd-Der (Der- ez-Zör, nordwestlich von mit Midas, vorkommender Name. Über dessen
der Mündung des Häbür) zu suchen sein; vgl. Träger vgl. A. v. Gutschmid Kl. Schriften IIT
dazu auch den Art. Dabausa (o. Suppl. I S. 333) 456ff.
und (fragend) Chapot La frontiere de lEuphrate 50 1) Gordios (L), der mythische Gründer des
(Paris 1907) 294. G. wäre dann wahrscheinlich phrygischen Staates. Die Gründungslegende wird
in einiger Entfernung von Tabus, und zwar nach in zwei Varianten erzählt. Nach lustin. XI 7,
der Aufzählung bei Ptolemaios zu urteilen, etwa 5h°. ackerte der Landmann G. auf dem Felde,
nördlich oder nordwestlich davon zu lokalisieren. als ihn Vögel aller Arten zu umfliegen begannen - 7
[Streck.] um sich dieses Zeichen aaslegen zu lassen, machte
Gorbens, Ort in Galatien, Strab. XII 568. er sich nach der nächsten Stadt auf, an deren
Ptolem. V 4, 6 (8) {KoQßsovvxog) , an der Straße Tor er einer schönen Jungfrau aus dem Wahr-
Ankyra-Tyana , Itin. Ant. 143, 2 (Corbeunca). sagergeschlecht begegnete; sie deutete ihm das
205, 9. Itin. Hieros. 575, 9 (mansio Curveunta). Zeichen auf künftige Herrschaft und bot sich ihm
Tab. Peut. X I (Corueunte). Geogr. Kav. TL 16 60 als Frau an. Bald nach der Hochzeit brach unter
(Corbeufe). Der Enfernung nach in der Gegend den Phrygern ein Bürgerzwist aus, und auf die
von Bihnam, südlich von Angora, anzusetzen. Frage an das Orakel erhielten sie die Weisung,
Ramsay Asia min. 46. 216. 255. Anderson das Königtum einzuführen und denjenigen zum
Journ. helL Stud. XLX 102 ; Annual Brit. school, König zu wählen, der ihnen bei ihrer Rückkehr
Athens IV 73. [Rüge.] zuerst nach dem Zeustempel fahrend begegnen
ttorbilon s. Cor vi In. würde. Dies war G., der, zum König erhoben,
Ctorda {röeda). 1) Stadt im Innern von Arabia als Andenken an den Ursprung seiner Herrschaft
felix, Ptolem. VI 7, 31; die Maßangabe 76° 10', den Wagen, auf dem er gefahren war, dem Tem-
VXVIU1UÖ
1DV2
gel weihte. Ihm folgte in der Herrschaft sein
Sohn Midas. Dagegen lautet Arrians Bericht
(anab. II 3ff.) dahin, daß sich auf G.s Gespann
"beim Ackern ein einzelner Adler niederließ und
bis zum Abend blieb. Die Seher, welche G. be-
fragen wollte, heißen bei ihm Telmisseer, und die
Jungfrau gibt ihm den Rat, an dem Platze des
Vater des Adrastos , Herod. I 85 . 45. Da G.
den Adrast, welcher seinen Bruder ohne Absicht
getötet hatte, verbannte, so starb wahrscheinlich
mit ihm das phrygische Fürstenhaus aus (Rei-
neccius 160).
Literatur: Zu den zitierten Werken noch Keiner
„ Reineccius Historia Iulia I (Helmstädt 1594)
Wunders dem Zeus zu opfern und hilft ihm dabei. 160ff. Maspero Hist. ancienne des peuples de
Aus der Ehe mit ihr entspringt Midas ; erst nach 1' Orient classique III 330. 336.
dessen Heranwachsen bricht der Zwist unter den 10 5) Kappadoker von Abstammung, wahrschein-
Phrygern aus und das Orakel verheißt ihnen,
daß ein Wagen den König bringen werde, wel-
cher der Uneinigkeit ein ^Ende mache. Es war
dies Midas, der mit den Eltern auf einem Wagen
in die Volksversammlung fuhr; er wurde zum
König gewählt, schlichtete den Zwist und weihte
den Wagen zum Dank für die Sendung des Adlers
dem Zeus. Beide Berichte scheinen zunächst aus
Aristobulos zu stammen (A. Körte 13, 72); zu
lieh Sproß einer Dynastenfamilie. Er ermordete
den König Ariarathes VI. Epiphanes (s. Aria-
rathes) von Kappadokien, lustin. XXXVIII 1, 1;
das Ereignis muß in das J. 111 v. Chr. fallen,
wie Th. Rein ach nachwies (Mithradates Eupator
82, 1), wogegen A. v. Gutschmid es in das
J. 103 setzte (Kl. Schriften III 468, etwas anders
ebd. III 566). Ob G. wirklich, wie bei lustinus
behauptet wird, im Auftrag Mithradats handelte
Arrian stimmt Aelian. de nat. an. XIII 1 und' wohl 20 oder auf eigene Faust, um sich der Herrschaft
auch Plut. Alex. 18. Curtius III 1, 14 scheint zu bemächtigen, ist unsicher ; er mußte das Land
der andern Version zu folgen. G. wird der Grün- verlassen und flüchtete sich zu Mithradates (In-
der der nach ihm benannten Stadt (noch Strab.
XII 568. Steph. Byz. s. rogdisiov). Im Gegen-
satz zu v. Gutschmid, welcher die G.-Sage für
weniger authentisch erklärte (a. O. 459), haben
Eühl (Ztschr. f. österr. Gymn, XXXIII 1882,
Sllff.) und A. Körte (Gordion, V. Erg.-Heft d.
Aren. Jahrb. 12ff.) gezeigt, daß die Erzählung
stin. XXXVIII 1, 1. 6), der ihn in seinen Schutz
nahm und von jetzt ab als geschicktes Werkzeug
für seine auf den Gewinn Kappadokiens gerichteten
Pläne gebrauchte. Im J. 100 oder 99 verlangte
Mithradates von König Ariarathes VII., den er kurz
vorher gegen Bithyniens Aspirationen restituiert
hatte, die Bückberufung des G. und nahm die
bei lustinus klarer und ursprünglicher ist, wenn 30 abschlägige Antwort als Anlaß zum Krieg, der
auch einzelne Züge bei Arrian, wie der Adler J *- J -- 1 - 1 — "- ^ "" - 1 - 1 - Tr
des Zeus und vielleicht auch die Benennung des
Sehergeschlechtes als TsXfiioosTg der originalen
Fassung näher zu kommen scheinen (A, Körte
a. 0. 14 sieht in der Ehe des ersten Phryger-
königs mit einer Telmissenserin den sagenhaften
Ausdruck für eine Versöhnung der eingewanderten
Phryger mit dem einheimischen Priesteradel).
Auch die weiteren, mit seiner Grundansicht zu-
durch die meuchlerische Ermordung des Kappa-
dokerfürsten rasch entschieden wurde. Mithra-
dates setzte einen seiner Söhne, der im Alter
von acht Jahren stand, unter dem Namen Aria-
rathes (IX. Eusebes Philopator) als König ein und
gab ihm G. als Vormund und Leiter an die Seite,
lustin. XXXVIII 1, 5ff. Dieses Regiment dauerte
einige Jahre, bis ein Aufstand in Kappadokien
ausbrach, der jedoch von Mithradates niederge-
sammenhängenden Folgerungen v. Gutschmids, 40 schlagen wurde; da aber darauf Nikomedes II.
daß nicht G., sondern Midas der erste phrygi- von Bithynien einen Kandidaten für den Thron
C/iViö ~K}\Y\\{* Wll* lind diu \i\ r\ rr4Vri iili s^V+n ün'Ur.«!» TTV ~ J *U: ^i-lU- J Tl rT„J ^i.-'J-
sehe König war und die jungfräuliche Seherin
mit der Kybele zu identifizieren sei, erscheinen
als unzulässig. Über den von G. geweihten Wagen
und die künstliche Verknotung des Jochs vgl.
Arrian. II 3, Off. Plut. Alex. 18, dazu W. Reich el
Homer. Waffen » 130. A. Körte (a. 0. 16) glaubt
mit Becht, daß er zuerst für Zeus bestimmt war
und erst später auf G. übertragen wurde. Wie
Kappadokiens aufstellte und Roms Unterstützung
dafür zu gewinnen trachtete, ward G. von Mi-
thradates nach Rom gesandt, um das auf eine
angebliche Abstammung von der einheimischen
Dynastie begründete Anrecht des Ariarathes IX.
zu verfechten. Allein auf Befehl des Senats mußte
Mithradates Kappadokien herausgeben (lustin.
XXXVILT 2). Die Landschaft wurde für frei er-
überhaupt der mythische Midas mit dem thraki- 50 kläTt ; die Bewohner waren aber damit nicht ein-
schen Waldgott Midas vermischt wurde, so er-
seheint auch bei Herodot. VIII 138 G. als Vater
des thrakischen Midas.
2) Gordios (IL), Vater des historischen Kö-
nigs Midas (II.), Herod. I 14. Koch erwähnt
bei Suidas s. "Olvfmo;, Ps. -Herodot. vita Hom.
11, wahrscheinlich auch gemeint bei Aelian. v. h.
IV 17 und lamblichos de vita Pythag. 143.
Gordios (LH.), Sohn des Midas II. und
verstanden und erbaten die Einsetzung eines Kö-
nigs (lustin. c. 2, 8 und bes. Strab. XII 2, 11);
eine Partei hatte dafür G. ins Auge gefaßt (lu-
stin. XXX VIII 5, 9), den natürlich die Römer
nicht akzeptierten, vielmehr wurde auf ihren Druck
hin ein einheimischer Adliger als Ariobarzanes
(L, er nannte sich ,Philoromaios') zum König ge-
wählt (95 v. Chr., vgl. über das Jahr Th. Rei-
nach a. 0. 93, 1 und über den Fürsten derselbe
Vater des Midas ni., von Reineccius aus der 60 Trois royaumes de TAsie minenre 59ff. und Niese
Aufeinanderfolge der Namen bei Herod. I 35
zur Ausfüllung der Lücke zwischen Midas IL und
Midas in. mit Recht erschlossen, v. Gutschmid
wollte (a. 0. 250) zur Stütze dieser Annahme in
dem Cert. Hom. et Hes. 250 den überlieferten
Namen Föeyog in rogdiog ändern, was aber, wie
A. Körte (a. 0. 22, 116) bemerkt, kaum angeht.
4) Gordios (IV.), Sohn des Midas HL und
o. Bd. II S. 833ff.). Doch ließ sich Mithradates
durch diesen Mißerfolg nicht von seinen Absichten
abbringen und suchte jetzt den gerade auf den
Thron Armeniens gelangten Tigranes dafür zu
gewinnen ; das Bündnis mit ihm wurd e durch G-
zustande gebracht (lastin. XXXVHI 3, 2). Ti-
granes brach im J. 93 in Kappadokien ein, Ario-
barzanes flüchtete und G. wurde als Regent ein-
ibMö u^orditanum promuntunum
gesetzt ; dieser rasche Erfolg ward aber durch
das Eingreifen Sullas zunichte, der von Kilikien
aus in Kappadokien einrückte, G. schlug und
Ariobarzanes zurückführte (lustin. XXXVIII 3.
Plut. Sylla 5. Appian. Mithr. 57). Mit dem end-
gültigen Scheitern von Mithradates Absichten auf
Kappadokien tritt G. zurück, wenn ihn auch der
König weiter in seinen Diensten behielt. In dem
Feldzug Murenas 83/2 wurde G. vorausgeschickt
und erfüllte die Aufgabe, MuTena so lange auf-
zuhalten, bis Mithradates mit dem Hauptheere
eintraf, worauf Muren a geschlagen ward (Appian.
Mithr. 65).
Literatur: in erster Linie Th. Rein ach s Mi-
thradates Eupator (übers, von Götz) und, für die
Chronologie der kappadokischen Herrscher, dessen
Trois royaumes de l'Asie mineure (Paris 1883);
dann A v. Gutschmid Kl. Schriften III 468ff.
Mommsen Rom. Gesch. H» 279ff. 338. Ed.
Meyer Gesch. d. Königreichs Pontos 98ff. und
in Ersch und Grubers Encycl. S. 2 T. 32, 387ff.
A. Holm Griech. Gesch. IV 682ff. *
6) s. Cordius Nr. 1. [Swoboda.]
7) Gordios, vornehmer Kappadoker, ermordet
etwa 111 v. Chr. den König Ariarathes VI., an-
geblich auf Veranlassung des Mithradates Eupator
von Pontos, bei dem er Zuflucht findet; vgl.
lustin. XXXVIII 1. Später verlangt Mithradates
von dem Sohn des Ermordeten, Ariarathes V IL,
die Rückberufung des G. Die Verweigerung führt
zum Konflikt, Mithradates tötet Ariarathes an-
gesichts beider Heere, und ernennt einen seiner
eigenen Söhne unter Vormundschaft des G. zum
König, 99 v. Chr. Als später Nikomedes von
Bithynien einen Prätendenten dagegen aufstellt,
soll G. in Rom beweisen, daß der Sohn des Mi-
thradates ein echter Ariarathide sei, doch er er-
leidet einen Mißerfolg; a. a. 0. c. 2. Viele
Kappadoker hatten in Rom sich G. als Herrscher
erbeten, a. a. 0. c. 5, 9, sie erhielten aber den
Ariobarzanes. Durch G. veranlaßt Mithradates
den Tigranes, Ariobarzanes zu vertreiben, 93 v.Chr.
a. a. 0. 3, 2; vgl. 5, 8. Im Jahr darauf wird
der als Regent eingesetzte G. von Sulla wieder
verjagt, Plut. Sulla 5. Im Kriege gegen Mu-
rena, 82 v. Chr., kommandiert G. ein Heer des
Mithradates, Appian. Mithr. 65; vgl. Th. Rei-
nach Mithradates (deutsche Ausgabe) 81. 90ff.
97f. 299. [Willrich.]
Crorditanum promnnturiiun, C. dcl Falcone,
das Nordwestende Sardiniens, wird von Plin. n. h.
Hl 84 (Marl Capella VI 645) und Ptolem. III
3, 2 erwähnt. [Weiss.]
Gordiukonie. 1) Auf einer Inschrift aus
Gundani, nördlich vom Hoiran-Göl, findet sich
der Name rogSifovxJtbfitjs. Ra m s a y betont mit
Recht, daß der im phrygisch-pisidischen Grenz-
gebiet zu suchende Ort von Gordiukome-Iuliopolis
verschieden sein muß, Aberdeen Univers. Stu-
dies XX 1906, 330, 31. 365. [Rüge.]
2) s. Iuliopolis.
Gordin TeichoB (zo rogSiov TeT/oc Steph.
Byz.; Gordiutieftos, quod voeant Liv. XXXVLTI
13), Gründung 'des Midas. des Sohnes des Gordios
(s. cL; vgl. Gordiu Korne in Bithynien, Plin. n. h.
V 143, und andere Ramsay Asia min. 209, 22),
befestigter Ort (wdJUc Steph. Byz.) im östlichen
Karien nachPaton Journ. helL Stud. XX (1900)
63 pl. VI; vgl. auch Ramsay Asia min. 421,
17 an dem Abhang einer Anhöhe an einem west-
lichen Zuflüßchen, jetzt Ak-su (= weißes Wasser)
des Morsynos (jetzt Dandola tschai), jetzt Ghiorle,
ein kleines, malerisches Dörfchen. G. war Sta-
tion des römischen Heeres auf dem Marsch des
Cn. Manlius nach Galatien : Ephesos — Magnesia
am Maiandros — Hiera Korne — Harpasosfluß— An-
tiocheiaam Maiandros— Gordiuteichos — drei Tage-
lOmärsche— Tabai. Nach Bull, hell. XHT 505 ist
Tabai = jetzt Dawas, 36 km = 23 römische Meilen
von G. Eine Gründung der Gordiuteichiten war
Harpalykeia (s. d.), Steph. Byz. s. v. [Bürchner.]
Gor dos (ij röQÖog aus einem kleinasiatischen ?
Sprachstamm). Name mehrerer Örtlichkeiten Klein-
asiens. 1) Ort in der Troas (d. h, Dardania),
Strab. XIII 603 ; 60 (?) Stadien von Kaie Peuke.
An ihm entspringt der Rhodios. Auf Kieperts
FOA IX ist der Abstand zwischen G. und Kaie
20 Peuke vermutungsweise auf 22 Va km = 120 Sta-
dien angegeben.
2) Stadt in Lydien ; hatte später eine Zeit-
lang den Beinamen lulia (Münzen: ImhoofLy-
dische Stadtmünzen 85ff. Catal. of Brit. Mus.
LIV 90 Invent Wad ding ton nr. 4968ff. Im-
hoof Kleinas. Münzen 171 : R/ IOYAIEQN rOF-
AHfNQN; rOPAOC 10YAIA. Zeus Nikephoros,
Asklepios, Flußgott Hyllos?, der Raub der Per-
sephone; Socr. hist. eccL VII 36). In der Zeit
30 des römischen Kaisers Valerianus stand an der
Spitze des Gemeinwesens ein agx<ov. Jetzt Gör-
dis am Hyllos (jetzt Kum tschai = Sandfluß),
Kiepert FOA IX. Ramsay Asia min. 132
meint, daß G. vielleicht Mitglied der lydischen
Dekapolis (Katakekaumene, s. o. Bd. IV S. 2415)
gewesen sein könnte. [Bürchner.]
roe&vaia öqi], nach Strab. XI 522 Name
desjenigen Grenzgebirges zwischen Armenien und
Mesopotamien, an dessen Fuße Nisibis i^nd Tigrano-
40 kerta lagen; vgl. Ptolem. V 13, 5 = Gurdiaeorum
montes Plin. VI 129, wo der Tigris sie lustrat.
und = Kägöwov ogog Cass. Dio LXVHI 26;
jetzt Dschudi Gebirge. Auf denselben Reste
der Xisuthrosarche, mit deren Asphalt Amulet-
handel getrieben werde, Beross. frg. 7, 7 (FHG
LT 502) und dessen Ausschreiber. Verschieden
davon die Montes Gurdinii, Plin. VI 30, zwischen
Portae Caucasiae und Pontus, Goldbergwerke ent-
haltend. [Baumgartner.]
50 ToeSvrjvtj {$ roQÖvvr}, Ptolem. V 13, 20, vgl.
22. Plut. Pomp. 36. Appian. Mithr. 105 = Koq-
dovrjvrj Cass. Dio XXXVII 5, 3(, Landschaft an
der Grenze Armeniens östlich von den Tigris-
quellen = rogövma, Strab. XVI 739. 747. 750.
Steph. Byz. . wo als Xcöga IIsgQixtj bezeichnet.
Kolonisiert von Gordys, Sohn des Triptolemos.
Strab. XVI 747. 750, Steph. Byz. In ihr das
Niphatesgebirge. Strab. XI 527. Der Einwohner
roQ&vaio}. Strab. XI 532. Steph. Byz. ; rögöo/^og
60 oder Vogbog, Steph. Byz.; rogövrjvoi, Plut. Luc.
26. 29; Carduchi quondam dieti nunc Cordueni.
Plin. VI 44; Cordueni, Eutr. VIH 3. Zur Zeit des
Mithridatischen Krieges war G. strittig zwischen
Phraates und Tigranes, wurde von Pompeius ohne
Widerstand besetzt durch Afranusund dem Tigranes
übergeben, Cass. Dio XXXVII 5, 4; vgl. S. Ruf.
brev. 3. Zur Zeit des Lucullus stand G. unter
einem Könige Zarbienus, über dessen Schätze und
prachtvolle Bestattung durch Lucullus Plut. Luc.
29. Wurde von Traian besetzt, Eutr. VIII 3. S. Euf.
hrev. 20, stand zur Zeit des Constantius unter
einem römerfreundlichen Satrapen Iovinianus,
Ammian. Marc. XVIII 6, 20; bei Julians Tod als
fruchtbares Land in römischem Besitz, Ammian.
Marc. XXV 7, 8; von Iovian abgetreten, ebd. 9.
[Baumgartner.]
Gordynia, Stadt in Makedonien, s. Gortynia.
Gorgasos (rögyaoog). 1) Gorgasos und Niko-
machos waren ein göttliches Brüdorpaar, das im
messenischen Pharai ein Heiligtum besaß und für
seine Heilungen an Kranken und Gelähmten noch
zu Pausanias Zeiten Weihgeschenke erhielt. Der
altpeloponnesisehe Kult wurde, als der Asklepios-
glaube in Messenden festen Fuß faßte, mit diesem
ausgeglichen, indem man Machaon, den Sohn des
Asklepios, den Zwillingsbrüdern zum Vater setzte ;
Gordys {IoqSvs), eponymer Gründungsheros 10 als Mutter gab man ihnen Antikleia, Tochter des
von Gordyne vor der Bevölkerung dieser arme-
nischen Landschaft durch die in den Perserkriegen
hierher verschleppten Eretrier, Strab.XVI 747. 750
(wohl eine Büekspiegelung des geschichtlichen Vor-
gangs in die mythische Zeit). Nach Steph. Byz.
s. roQÖvaia hing der Zug des G, ,aus Argos nach
Syrien' zusammen mit den Irren auf der Suche
nach Io; eine bequeme Anknüpfung. [Tümpel.]
Gorga oder Gorgo ist nach Priscian frg. 33
und Prokop. Pers. I 3. 4 Stadt an der Nordostgrenze 20
des persischen Reiches, gegen die weißen Hunnen
oder Hephthaliten ; besser muß es als , Grenzland'
bezeichnet werden, und als solches spielte es eine
sehr wichtige Rolle in den Kriegen der Sassaniden
gegen die Weißhunnen: es war die Operations-
basis der Perser und die von den Steppenreitern
immer bedrohte Grenzmark. Der Name lautet
mittelpersisch Gurgän, altpersisch Varkäna, das
durch die Griechen meistens als Hyrkania wieder-
Diokles, Enkelin des Antilochos, den der Fluß-
gott Alpheios gezeugt hatte. Von Nikomachos
leitete sich das Geschlecht des Stagiriten Aristo-
teles ab, Paus. IV 30, 2. 3; vgl. IV 3, 2. Blüm -
ners Kommentar S. 162f. zu der ersten Stelle
(Kult der "Ayioi x AvaQyvQoi bei Kalamata bezeich-
net nach Raoul-Rochette den Ort des Heilig-
tums), v. Wilamowitz Isyllos 54t; Aristoteles
und Athen I 311. [Hiller v. Gaertringen.]
2) s. Damophilos.
Gorge. 1) In dem Danaidenkatalog Apollod.
bibl. II 17W. ; aus epischer Quelle (Fried-
ender Argolica 25f.).
2) Gorge und Deianeira, Töchter des Oineus
in dem Hesiodischen Meleagerbruchstück Berl.
Klassikert. V 1, 22ff., ferner in dem auf hesiodi-
scher Grundlage ruhenden Abschnitt der Apollod.
bibl. I 64 W. Die Namen der Töchter, verquickt
ruit zwei anderen, Eurymede und Mclanippe, und
gegeben wurde. Die byzantinischen Schriftsteller 30 in die Verwandiungssage der Perlhühner, Melea-
t>„i,i „...+„„.„ ,_j... •„i_ _i_ grides, bezogen, selbst aber von 4er Verwandlung
ausgenommen, bei Nikander irsti. B. 3, erhalten
bei Anton. Lib. 2 und Ovid. met. VIII 543; vgl.
Heroid. 9, 165. Hyg. fab. 174. Meleagerschwestern,
ohne Namensdifferenzierung, Hom. II. IX 584,
wozu die Schollen verschiedene Schwesternpaare
namhaft machen. Bakchyl. V 173 kennt offen-
bar auch G., wenn er auch nur Deianeira nam-
haft macht, da sie allein für Herakles von Inte-
geben die Pehleviform getreu wieder, ohne von
dieser spraehgeschichtlichen Entwicklung eines
uralten Landesnamens etwas zu wissen. S. den
Art. Hyrkania. [Kiessling.]
Gorgades insular an der Westküste Libyens,
dem Hesperium prom. gegenüber, ein oder "zwei
Tagefahrten vom Pestland entfernt. Mela III 99
(var. Dorcades). Plin. n. h. VI 200. SoL 56. 10.
Cap. VI 702. Lud. XIV 6, 9. Der Karthager
Hanno entdeckt im 'Eojieqov xsQag eine Doppel- 40 resse ist. Nach Nonn. XXXV 84 nimmt G., al;
insel fHanno 14V dfiRclfiiriimi im AM™« W™.- Meleager grollte, tätig teil an der Verteidigung
insel (Hanno 14), desgleichen im Norov xsgag
(Hanno 18) ; eine dieser letzteren Inseln war fMörij
av&oojxwv dygionv • tioXv Sk 7i?^siovg i)oav yvvaiKsg,
Öaoetat roTg otüfxaaiv , äg oi EQfttjvhg ex.o.?.övv
roQÜlag. Ob das überlieferte Wort beizubehalten
ist (vgl. Illing Der Periplus des Hanno 41fL
49. 354) oder ob mit Osann (Ztschr. f. Altcr-
tumsw. VIII 971f.) ropyädag zu schreiben ist,
muß unentschieden bleiben; sachlich wahrschein-
Kalydons, worin Kuhncrt Roschers Myth. Lex.
s. Meleager 2606f. eine Erinnerung an ursprüng-
liche Verwandtschaft der G. mit der Meduse
Gorgo sehen will. Als Gatte der G. gilt An-
draimon; ihr Grab in Amphissa (Paus. X 38, 5k
Sohn des Paares ist Thoas (IL XV 281 mit SchoL
Apoll. Epit. 3, 12. Aristot. 6 rbv Tlk-ilov 23.
Hyg. fab. 97). Friedländer Herakles 85 möchte
lieh ist die Beziehung der lorjUlat oder Foqyd- 50 das Eindringen des ätolischen Kreises in die Ilias
Ssg auf einen Pygmäenstamm (vgl. Illing a. a.
O.); sicher ist endlich, daß auf dieser Erzählung
Hannos die oben genannten, sehr verworrenen geo-
graphischen Berichte beruhen; ihre Entstehungs-
geschichte zeigt am deutlichsten Mela III 94
vgl. mit III 99 und Plin. n. h. VI 197 vgl. mit
VI 200. 201 ; aus den G. wurden dabei noch die
Gorgones. die man sich aus natürlichen Ursachen
hier im äußersten Westen wohnend dachte (vgl.
auf samische Dichtung zurückführen. Nach Ti-
maios (Geffckcn Tim, 10) berichtet Lvkophr.
1013 (s. Tzctz. zu 1011) von der Rückfahrt des
Gorgesohnes Thoas zusammen mit Nireus. Aus
der Ehe mit dem eigenen Vater Oineus ent-
stammte nach Pisander bei Apollod. I 75 W.
Tydeus: vgl. SchoL IL XIV 114. Welcker Episch.
Cycl. I 9 In*. 951*. führte, unter Zustimmung von
Robert De Apollod. bibl. 61, die Notiz auf
no scher Die Gorgonen u. Verwandtes 27). Eine 60 einen alexandrinischen Dichter Pisander zurück.
genaue geographische Lokalisierung ist unmög-
lich, nmsomehr als auch alle Versuche, des Hanno
'E&iiQov xmANorov xigas zu lokalisieren, unsicher
bleiben müssen (vgL Müller zu Ptolem. I p. 734.
Kan Tijdschr. NederL Aardrijksk. Genootschap
eer. II 8, 635ff. Fischer De Hannonis periplo
36C Buge Peterm. Mitt. 1894, 185ff. Illine
a. a. O. S8ff.). [Fischer.]
Davon ist wohl abzusehen. Wahrscheinlich haben
wir anzunehmen, daß das Zitat aus einer my-
th ographischen Darstellung stammt, einem aus
Versen in Prosa umgesetzten Buch, das auf den
Namen des alten Epikers ging, aus welcher Schrift
z. B. die Geschichte der Üdipodic (SchoL Eurip.
Phon. 1760, von Bethe Theban. Heldenl. 4,
10 in seiner Herkunft kaum richtig beurteilt),
zum Teil auch die Pisanderzitate der Apollonios-
acholien stammen (auch Macrob. V 2, 4f. bezieht
sich darauf). Doch bleibt die Möglichkeit, an den
Dichter der Heraklee zu denken ; das Zitat steht
in der Bibl. inmitten alter Zeugen (Thehais, Hesiod,
Alkmaionis); eine Erwähnung der G. als Schwester
der Deianeira würde in einem Heraklesgedicht
wohl am Platze sein; auch sieht das Motiv in
seiner rohen Kraft nicht nach junger Erfindung aus.
3) Gorge, Gattin des Korinthos, Mutter
des Megareus , stürzt sich in den See Eschatiotis,
der von ihr den Namen Gorgopis empfängt (Kra-
tinos iv Hvlaia [Meineke Com. II 115] bei
Hesych. s. roQywmg, Etym. M. s. 'Eoxarmxig). Der
See, genannt auch von Aischylos Agam. 302,
vorausgesetzt bei Xen. hell. IV 5, 6 (Bursian
Geogr. v. Griech. I 383, 4), ist von Curtius
Rh. Mus. IV 203ff.; Peloponn. II 553f. mit Recht
mit der Buliasmene am Geraneiagebirge identi-
fiziert worden; sein Namen bedeutet .gorgoäuig'
(vgl. das Beiwort der Athene; zu den bekannten
Stellen Bruchmann Epith. deor. 7, tritt Eurip.
Helen. 1316. v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl.
1902, 871); die Person der G. ist daraus erst
entwickelt, also sekundär undnicht mit F. Pf ist er
Die myth. Königsliste von Megara, Naumburg
1907, 29 für alte Zusammenhänge von Ätolien
mit Megara verwendbar. Die Genealogie der G.
deutet auf die Kämpfe zwischen Megarern uüd
Korinthern um dies altumstrittene Gebiet (Material
beiBusolt Griech. Gesch. 12 220, 3). [Malten.]
Gorgiades, ein pythagoreischer Philosoph,
der vielleicht über die Seele geschrieben hat,
wofür sich jedoch nichts Näheres angeben läßt;
vgl. Claudianus Mamertus de stat. anim. II 7.
Zeller III b* 118. [E. Wellmann.]
Gorgias. 1) Athenischer Archon im J. 280/79,
d. h. im zehnten Jahre vor Pytharatos (= 271/0,
Diog. Laert. X 15), Vit. X orat. 847 d.
2) Athener (Sovvievg) . TQiijoaQxog in einer
Seeurkunde um 342, CIA II 803 e 06.
3) Makedone, Taxiarch. Er wird von Ale-
xander d. Gr; in Baktra zurückgelassen im J. 328,
Arrian. anab. IV IG, 1. Droyaen Ilellenism.
I 2, 69. Er geht nach Indien im J. 327, Arrian.
IV 23, 7. Droysen a. O. 104, wo er am Hydaspes
kämpft im J. 326, Arrian. V 12, 1. Droysen 131.
Er kehrt mit den Veteranen nach Europa zurück,
lustin. XII 12, 8. Droysen I 2, 260.
4) Eponym in Tauromenion 3. Jhdt. v. Chr.,
IGI 421 In. 43.
5) r. xov 'A-md-äoyjm. Eponym in Tauro-
menion 3. Jhdt. v. Chr., IGI 422 III a. 03.
6) Sohn des Lysandros. 2roaiay6; in Tau-
romenion 3. Jhdt, v. Chr., IGI 421 I a. 53.
a. 75. [Kirchner.]
7) Gorgias gehört zu den q-tiot des Antiochos
Epiphanes, wird mit Nikanor gegen Iudas Mak-
kabi geschickt, I Makk. 3, 38. II Makk. 8, 9
nennt ihn einen erfahrenen Feldherrn. Während
er versucht, den Iudas im Lager zu überfallen,
schlägt dieser den Nikanor; als G. das merkt
zieht er sich zurück, ohne einen Kampf zu wagen,
I Makk. 4, lff. Von Iamnia aus beunruhigt er
später die Juden, H Makk. 10, 14. Als Joseph
und Azaria gegen Iamnia ziehen, schlägt er sie
gründlich, I Makk. 5, 59ff. Später soll er nach
II Makk. 12, 32 von Iudas bei Adolla geschlagen
uuiEmö
S 1
sich nach Marisa in Idumaea geflüchtet haben.
Wenn G. dort Stratege von Idumaea genannt
wird, so ist das kaum richtig, er wird eher Stra-
tege der Paralia gewesen sein, da offenbar Iamnia
sein Hauptsitz war. Vgl. auch Joseph, ant. lud.
XII 298—312. 351. Niese Gesch. d. griech. u.
maked. Staaten III 236f. 239ff. [WiUrich.]
8) Gorgias aus Leontinoi auf Sizilien, Sohn
des Charmantidas (so richtig hei Suidas und in
10 der Inschrift auf dem 1876 in Olympia gefundenen
Sockel seiner Bildsäule, vgl. Praenkel Archäol.
Ztg. XXXV 1877, 43; bei Pausanias VI 17 Kar-
mantidas), Bruder des Arztes Herodikos (Plat. Gorg.
448 b. 456 b), bekannter Rhetor und Sophist.
1. Leben. Von den verschiedenen Angaben
der Alten über die Lebensverhältnisse des G. steht
nur die eine unbedingt fest, daß er unter dem
Archontat des Eukles OL 88,2 (im Sommer des
J. 427 v. Chr.) als Führer einer Gesandtschaft in
20 Athen erschien , um für seine Vaterstadt Hilfe
gegen Syrakus zu erbitten, und sie erlangte (Diod.
XII 53. Thucyd. III 86). Übereinstimmend wird
ebenso berichtet, daß er in voller Gesundheit ein
sehr hohes Alter erreichte (Plat. Phaedr. 261 c,
Isoer. 7i. ävTtd. 155). Die am meisten verbreitete
Überlieferung gibt ihm 109 Lebensjahre. So
Apollod. bei Diog. Laert. VIII 58. Quintil. III
1, 9. Olympiod. in Plat. Gorg. p. 7. Suid. s.
rogytag, auch Paus. VI 17, 9, wenn man mit
30 Wilamowitz bei ihm einen Schreibfehler annimmt
und die überlieferte Zahl ^ durch ^ ersetzt. Auf
denselben Ansatz führt Jacoby (Apollodors Chro-
nik 261) die Angaben bei Plin. n. h. VII 156.
Phüostr. vit. soph. I 9. [Lucian.] macrob. 23. Cen-
sorin. de die nat. 15, 3. SchoL in Plat. Phaedr.
261c (108 Jahre) zurück und vermutet, die 107
Jahre bei Cic. Cat. mai. 13 (vgl. Valer. Max.
VIII 13 ext. 2) haben ursprünglich den Zeitpunkt
des erzählten Vorgangs, nicht den Eintritt d^s
40 Todes bezeichnen sollen. In der Erwähnung der
gleichen Anekdote durch den Peripatetiker Klearch
bei Athen. XII 548 d empfiehlt es sich, die ganz
vereinzelt stehende Angabe, daß G. fast 80 Jahre
alt geworden sei, mit Diels Vorsokr. nr. 76 A 11
in .fast 110 Jahre' Q t statt ,7) zu ändern.
In welche Jahre das Leben des G. fallt, läßt
sich aus den vorliegenden Nachrichten nur an-
nähernd feststellen. Nach Olympiodor a. a. O.
soll er seine Schrift über die Natur Ol. 84 (444
50 — 440 v. Chr.) verfaßt haben, aber welchen Glauben
verdient ein Scholiast, der hieraus folgert, Sokrates
(um 469 geboren) müsse mindestens 28 Jahre älter
gewesen sein als G.? Porphyrios setzte ihn in
die 80. Olympiade (460—456 v. Chr.), wie Suidas
a. a. O. berichtet, der jedoch gleich beifügt, man
müsse ihn doch wohl für älter halten. [Plutarch.]
vit. X orat. I 1,9. 832 f verlegt seine Geburt in
die Zeit der Perserkriege (er hat dabei wohl den
von 480 im Sinn) und nennt ihn einen jüngeren
60 Zeitgenossen des Antiphon. Wie Xenophon anab.
II 6. 16 erwähnt, war Proxenos, ehe er an dem
Feldzug des jüngeren Kyros teilnahm, also vor
401, Schuler des G. gewesen. Daß dieser die
Hinrichtung des Sokrates (399) überlebt habe,
sagt Quintilian III 1, 9 (vgl. Plat, apol. 19 e).
Durch Pausanias VI 17, 9 erfahren wir von der
besonderen Hochschätzung, die Iason, der Tyrann
von Pherai (am 380-370), ihm gewidmet haben soll.
im J. 408 — , sich insgesamt zu einem Kriege
gegen Persien zu vereinigen. Von dem in Athen
gehaltenen 'Exizatpiog (Philostrat. v. soph. I 9, 5),
der bei demselben Gedanken verweilt haben soll,
ist der Schluß bei Planudes ad Hermog. V 54&
Walz (frg. 6 Diels) erhalten, sonst wenig bekannt
(vgl. frg. 5 a Diels).
Ana allen diesen einzelnen Daten zieht Frei
Rh. Mos. VII 527fF. das Ergebnis, G. werde etwa
um Ol. 74,2 (483 v. Chr.) geboren und um Ol.
101, 2 (376 v. Chr.) gestorben sein, und alle
Neueren stimmen ihm darin bei.
Die Überlieferung bringt G. als Schüler in
persönlichen Verkehr mit seinem Landsmann Em-
pedokles (Satyros bei Diog. Laert. VIII 59. Suid. " Nach Satyros bei Diog. Laert. VIII 58 vgl.
Quintilian. III 1, 9. Schol. in Plat. Gorg. 465 d). Diodor. XII 53, 2 hinterließ G. eine Ts X vt}. Unter
Daran ist soviel jedenfalls richtig, daß sich sowohl 10 dieser werden wir uns aber schwerlich ein theo-
in seiner Rhetorik wie in seinen physikalischen retisches Werk vorzustellen haben, sondern eher
Anschauungen die Ein Wirkung de s argentinischen eine Zusammenstellung von praktischen Winken,
Philosophen deutlich nachweisen läßt. Vgl. darüber denen Musterstücke zum Auswendiglernen für An-
besonders Diels Gorgias und Empedokles, S.-Ber. fänger in der Beredsamkeit beigefügt waren
Akad. Berl. 1891, 344. Nicht minder stark hat (Aristot. soph. el. 34. 183 b 36). Zwei solcher
er den Einfluß des Eleaten Zenon in seiner Dialek- Masterstücke liegen vermutlich vor in dem Lob
tik erfahren (s. Diels a. 0. 359). Und wenn er der Helena und der Verteidigung des Palamedes, .
im J. 427 rjSi] ytjQaaxtov (wie Philostrat. v. soph. I die unter G.s Namen erhalten sind, während die
9, 2 sagt) als Führer der Gesandtschaft nach Athen alten Zeugen sie niemals erwähnen (abgedruckt
geschickt wurde und hier durch seine Eednerkunst 20 in Antiphontis orat. ed. Blass, Leipzig 1881.
ein unerhörtes Aufsehen hervorrief, so wird er S. 150—174).
schon in seiner Heimat eine angesehene Stellung Vas'EMvijg iyxcüfuov, von dem Verfasser selbst
eingenommen und sich Jahre lang in rhetorischen am Schluß als ein ziaiyviov bezeichnet, hat äugen-
Künsten geübt haben. In Athen muß er sich schemlich Isokrates in seiner Helena berücksichtigt,
später mindestens noch einmal wieder aufgehalten freilich ohne an einer Stelle, wo er auf die Skepsis
haben (Plat. Gorg. 449 b; Menon 71c). An den des G. zu reden kommt, auch nur mit einem Wort
verschiedensten Orten Griechenlands, z. B. in anzudeuten, daß gerade dieser der von ihm eben
Delphi und Olympia, trat er als Festredner auf jetzt bekämpfte rhetorische Gegner sei. Blass
und unterrichtete, als sophistischer Wanderlehrer (Att. Bercdsamk. 12 75) findet in diesem Umstand
umherreisend, zahlreiche Schüler, von denen er 30 keinen ausreichenden Grund, die Echtheit der
das hohe Honorar von 100 Minen gefordert haben Schrift anzuzweifeln, und setzt sie wie die Helena
soll (Diod. XII 53, 2). Zuletzt finden wir ihn in des Isokrates in das J. 393. Dagegen hielt schon
dem thessalischen Larissa (Plat. Menon 70b), wo Foss (De Gorgia Leontino, Halle 1828) jene für
er auch gestorben zu sein scheint, überall trat untergeschoben.
er mit großem Prunk auf (Aelian. var. hist. XII Die Verteidigung des Palamedes für unecht
32). Welche Reichtümer ihm seine Lehrtätigkeit zu halten, liegen keine durchschlagenden Gründe
einbrachte, läßt sich daraus entnehmen, daß er vor. Nach Form und Inhalt macht sie gegenüber
sich in Delphi selbst eine kostbare Bildsäule der Helena den Eindruck des reiferen Werkes
setzen lassen konnte, mag sie nun (wie Cic. de (Blass a. a. O. 75).
or. HI 129. Plin. n. h. XXXIII 83 berichtet) massiv 40 Die einzige philosophische Schrift des G.. von
oder nur übergoldet (Paus. X 18, 7) gewesen sein. der wir wissen, die den auffälligen Titel xegi tov
Eine zweite Bildsäule, von deren Inschrift bereits py övwg y nsoi <pvosa>g führte, ist auszugsweise
oben die Eede war, hat ihm sein Großneffe Eumol- in doppelter Form überliefert, einmal bei Sextus
pos in Olympia errichtet. Trotz seiner glänzenden adv. math. VII 65ff. und sodann im dritten Ab-
Einnahmen hinterließ er angeblich (Diodor. XII schnitt des fälschlich Aristoteles zugeschriebenen
53) nur 200 Minen. G. blieb unvermählt (Isokr. Büchleins über Mclissos, Xenophanes und G.
XV 156) und dank seiner mäßigen Lebensweise p. 979a 11— 980b 21 (neu herausg. v. Diels
erhielt er sich bis in das höchste Lebensalter Abh. Akal Berl. 1900, 4<>). Über das Verhältnis
frisch und gesund an Leib und Seele (Klearch der beiden Fassungen zueinander vgl. Apelt Eh.
bei Athen. XII 548 c). Noch im Augenblick des 50 Mos. XLni 203—219. Fs.-Aristot. ist, obgleich
Todes scheint ihn sein schlagfertiger Witz nicht er sich mehr an den Wortlaut des Originals zu
verlassen zu haben (Aelian. var. bist, II 35). halten scheint, wegen der schlechten Überlieferung
2. Schriften. Während Suidas von den vielen des Testes doch weniger brauchbar als die freier
Schriften, die G. verfaßt haben soll (ovvcyQdyctTo berichtende, aber gut erhaltene Darstellung des
jio/ld), keine namhaft macht, erwähnt Philostratos Sextus.
v. soph. I 9, 4f. drei Reden von ihm, nämlich 3. Persönlichkeit. G. ist der glänzendste Ver-
zwei Festreden (eine pythische, eine olympische) treter jener nach Aristoteles' Zeugnis (bei Cic.
und eine Grabrede, Aristoteles rhet. IV 14. 1416 a Brut. 46) zuerst in Sizilien ausgebildeten und
1 ein Lob der Eleer, das ohne jede Einleitung geübten Beredsamkeit, die mit bewußter Kunst
mit den Worten *H hg xoXt? eböaifjuov begann. 00 nach festen Eegeln gelehrt wurde. Als die ersten
VeuUvdtxog Xoyos soll er nach Philostr. a. a. O. Lehrer dieser Art werden Korax und Teisias erwähnt,
in Delphi von derselben Erhöhung herab ge- Daß G. des letzteren Schüler gewesen sei, ist eine
sprachen nahen, auf der später seine Bildsäule unerweisliche Behauptung späterer Ehetoren. Den
stand. Im Oivpmxag Hyog, auf den einigemale ersten großen Erfolg erntete G. im J. 427 in
verwiesen wird (Arist. rhet. in 14. 1414b 29. Athen, wo seine geistreiche, schlagfertige Eede
?!\rT X ' Str0m " I 51 ' Plut conl praec ' 43 ^sonders durch die hier noch ganz unbekannte
P ' li£? C ^ ermannte e * die Griechen — nach Form der Gedankeneinkleidung mit dem vollen
v. WUamowitz Aristoteles u. Athen I 172 Zauber der Neuheit wirkte und alle Zuhörer zn
staunender Bewunderung fortriß. Dann durchzog
er in prunkvoller Kleidung ganz Griechenland als
Wanderlehrer der Beredsamkeit und Vorkämpfer
der damals überall gärenden neuen sophistischen'
Ideen. Er gewann auf diesen Eeisen zahlreiche
Schüler und ein Ansehen als Redner unter seinen
Zeitgenossen wie kaum ein anderer. Noch viel
bedeutsamer ist seine Einwirkung auf die Nach-
welt geworden. G. hat die Ausbildung der grie ein-
em Seiendes; ebensowenig aber aus einem Nicht-
seienden, denn aus nichts wird nichts. Soll das
Seiende eines sein, so ist es notwendig unkörper-
lich und hat keine Größe, was aber keine Größe
hat, das ist nicht (nach Zenon). Soll das Seiende
im Gegenteil vieles sein, so muß es aus Einheiten
bestehen, und da es diese, wie eben bewiesen ist,
nicht geben kann, so gibt es ebensowenig das
aus ihnen zusammengesetzte Viele. Wie es nun
sehen Prosa so nachhaltig mitbestimmt, daß die 10 aus den entwickelten Gründen so wenig ein Seiendes
Spuren davon noch Jahrhunderte hindurch sich
verfolgen lassen (vgl. Norden D. antike Kunst-
prosa Lpzg. 1898 an vielen Stellen).
Die Art, wie Piaton von ihm spricht, verbürgt
allein schon seine Bedeutung, beweist aber auch
in Übereinstimmung mit dem, was wir sonst über
ihn wissen, wie viel höher er die Form seiner
Eede und ihre augenblickliche Wirkung auf die
Zuhörer schätzte als den Inhalt und die Haltbar-
wie ein Nichtseiendes geben kann, so ergibt sich
daraus endlich auch die Unmöglichkeit eines zu-
gleich Seienden und Nichtseienden. Denn an-
genommen, es gebe ein solches, so verhielten sich
Seiendes und Nichtseiendes hinsichtlich des Seins
gleich, d. h. das Seiende würde ebensowenig sein
wie das Nichtseiende. Auch wären dann beide
dasselbe, was nicht angeht.
Den zweiten Satz: wenn es etwas gäbe, so
keit seiner Aufstellungen. Er war ein glänzender 20 könne es doch nicht erkannt werden, beweist G.
Eedner, aber ein oberflächlicher Denker.
In seiner Weltanschauung haben Empedokles
und der Eleat Zenon ihn, wie es scheint, am meisten
bestimmt. Wie sehr G. auf dem Gebiet der Physik
in seinen Ansichten von Empedokles abhängt, hat
Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1884, 343—368 aus
der Übereinstimmung beider in der Optik schlagend
erwiesen. Wie nämlich Empedokles jede sinnliche
Wahrnehmung auf Ausflüsse zurückführt, die von
in folgender Art. Wenn das Seiende gedacht werden
soll, so muß das Gedachte dem Sein gleich oder
mit ihm dasselbe sein, sonst wäre es ja das, was
gedacht wird, nicht das Seiende. Ist aber das
Gedachte das Seiende, so folgt, daß jeder Gedanke
wahr sein und es überhaupt unmöglich sein muß,
das Nichtseiende zu denken. Allein es gibt tat-
sächlich falsche Vorstellungen, z. B. die eines
fliegenden Menschen oder eines auf dem Meere
den Gegenständen in das Sinnesorgan durch zu 30 fahrenden Wagens, somit ist das Gedachte nicht
diesem passende Poren eindringen (Theophrast. de
sensu 7), so erklärt G. (Plat. Men. 76 d) die Farbe
für eine ajtoQQorj aco/xdvcov wpei ovfifisrQog xai
alo$t}Tog, und beide stellen sich die Wirkung der
Brennspiegel in gleicher Weise vor (Aerius IV
14, 1. Theophr. de igne 73 p. 20, 23 Gercke).
Ganz in den Spuren des Eleaten Zenon sehen
wir G. wandeln in seiner Schrift über die Natur
oder das Nichtseiende. Hier stellt er folgende
immer das Seiende. Selbst wenn eine sinnliche
Wahrnehmung das Gedachte bestätigt, ist es des-
wegen noch nicht notwendig ein Seiendes, vielmehr
bleibt seine wahre Beschaffenheit stets ungewiß.
Für den dritten Satz, daß, selbst wenn es etwas
gäbe und dies uns erkennbar wäre, man es doch
anderen nicht mitteilen könne, führt G. folgende
Gründe ins Feld. Worte, sagt er, sind keine
Sinnes Wahrnehmungen, sondern nur Zeichen für
drei skeptischen Behauptungen auf: 1. es gebe 40 diese und von ihnen verschieden, wie ja auch
nichts; 2. wenn es etwas gäbe, so könne man es
doch nicht erkennen , und 3) wenn man es er-
kennen könnte, so würde es sich anderen nicht
mitteilen lassen.
Den ersten Satz sucht G. folgendermaßen zu
beweisen. Wenn es etwas gäbe, so müßte dies
entweder ein Seiendes oder ein Nichtseiendes oder
ein zugleich Seiendes und Nichtseiendes sein.
Allein alle drei Fälle sind unmöglich. Ein Nicht-
seiendes kann es erstlich deshalb nicht geben, weil 50 dieser zwischen den Dingen und den sie bezeich-
Horen und Sehen unter sich verschieden sind.
Außerdem kann der Hörende bei den Worten eines
Sprechenden nicht dasselbe denken wie dieser,
denn dann wäre ja in Verschiedenen gleichzeitig
eins und dasselbe auf gleiche Weise, während doch
in Wirklichkeit derselbe Mensch zu gleicher Zeit
anderes durch das Gesicht als durch das Gehör
empfindet und zu verschiedenen Zeiten von den
Reichen Dingen verschiedeneEindrückchat. Wegen
es dem Seienden entgegengesetzt ist und mithin,
wenn das Seiende als solches notwendig ist, sein
Gegenteil, das Nichtseiende, ebenso notwendig
nicht ist; sodann kann es deshalb kein Nicht-
seiendes geben, weil, wenn es wäre, es zugleich
seiend und nichtseiend sein müßte. Ein Seiendes
kann es nicht geben, weil dieses, mag man es
sich als geworden oder als ungeworden, als eines
oder als vieles vorstellen, jedenfalls unmöglich ist.
nenden Worten bestehenden Verschiedenheiten ist
es unmöglich, das wahre Wesen der Dinge einem
andern durch Worte zu übermitteln.
So nahe es liegt, zu vermuten. G. habe mit der
Aufstellung dieser Sätze und der von logischen Er-
schleichungen strotzenden Beweisführung nur die
Dialektik Zenons durch Übertrumpfung lächerlich
machen und die Leser seiner Schrift hinters Licht
führen wollen, so spricht doch gegen diese Ver-
Soll es ungeworden sein, so ist es anfangslos und 60 mutung der Umstand, daß nichf bloß spätere
nnpTidlifh (nach "MpTiosn^ nn/l nie TTn^n/iK^^ Schriftsteller seine Ausführungen ernst genommen
haben, sondern schon G.s eigener Schüler Isokrates
(or. X 3. XV 268; frg. 1 Diels). Daß auf dem
Grabmal des Isokrates neben anderen seiner
Lehrer auch G. dargestellt war als in die Be-
trachtung eines Himmelsglobus versunken ([Plut.]
vit. X orat 838 d), fallt für die Beurteilung der
wissenschaftlichen Richtung des G. wenig ins
51
unendlich (nach Melissos), und als Unendliches
kann es weder von einem anderen noch von sich
selbst umfaßt werden, also nirgends sein, d. h.
es kann überhaupt nicht sein. Soll es geworden
sein, so müßte es entweder aus einem Seienden
entstanden sein oder aus einem Nichtseienden.
Allein aus einem Seienden kann nichts werden,
denn dann wäre dieses Gewordene ja nicht mehr
Pauly-Wtssow»-KroU VII
Gewicht, weil wir weder wissen, was dem Künstler
aber diese bekannt war, noch wie weit technische
Rücksichten seine Darstellung bestimmt haben
mögen.
Mag nun G. mit der Erforschung und Be-
trachtung der Natur sich dauernd ernstlich be-
schäftigt haben und die skeptische Ansicht bei
ihm nur eine yorübergehende Phase seines Den-
kens gewesen sein, oder mag man sie als dessen
und gleichlang zu formen ; er liebte die io6xa>Xa.
Hierin war ihm Thrasymacbos vorausgegangen,
ebenso Sophron (vgl. Norden 43). Das Streben
nach Isokolie nötigte Gr.. seine Sätze in kleine
Stücke zu zerreißen und in der Wortfolge oft
stark von der natürlichen Ordnung abzuweichen,
und sein Bemühen, großartig und erhaben zu
sprechen, verleitet ihn zum Schwulst.
Obgleich man nun alle erwähnten Kunstmittel
Endergebnis anzusehen haben jedenfalls spielt die 10 der Rede einzeln genommen längst zur Anwen-
wissenschaftliche , philosophische Tätigkeit eine
unbedeutende Rolle im Vergleich zu seiner Wirk-
samkeit und Bedeutung als Redekünstler. Wäh-
rend ihm augenscheinlich der Inhalt der Rede
Nebensache war, legte er alles Gewicht auf ihre
Form (die Xd&g). Maßgebend war für ihn nur
die augenblickliche Überredung seiner Zuhörer,
nicht die Richtigkeit dessen, was er ihnen vor-
trug, Zur Erreichung dieses Zweckes bediente
düng gebracht hatte, so ist es doch begreiflich,
daß ein Mann, dem die Gabe, aus dem Stegreif
geistreich und witzig zu sprechen, in ungewöhn-
lichem Maße zn Gebote stand, durch ihre ver-
einigte Kraft auf seine Zuhörer einen unerhörten
Eindruck machte, und einen Augenblickserfolg
erzielte, der freilich gegenüber ruhiger Über-
legung auf die Dauer nicht standhalten konnte.
Die bei Isokrates, dem Schüler des G., so sorg-
er sich mit bewußter Absicht bestimmter Kunst- 20 fältig beobachtete Vermeidung des Hiatus hat G.
mittel, unter denen Timaios bei Diod. XII 53
die Redefiguren des Gegensatzes (dvrl&sTa), Glie-
dergleichheit {laoxoiXa), Anklänge (naQiaa) und
Endreime (6/noiorsXsvia) besonders namhaft macht.
Weil G. zuerst diese alle nebeneinander verwandt
und gleichsam in die weite Welt hinausgebracht
hat, gilt er seit Aristoteles geradezu als ihr Er-
finder, jedoch nur mit halbem Rechte, denn ein-
zeln waren solche Künsteleien lange vor G. geübt
worden.
Wenn Diels in der oben erwähnten Abhand-
lung darauf hingewiesen hatte, daß Empedokles
in seiner Ausdrucksweise auffällig an G. erinnert
und deshalb diesen wie in seinen physikalischen
Anschauungen so auch stilistisch beeinflußt haben
müsse, so erklärt Norden a. a. 0. noch weiter
zurückgreifend Heraklit für das von Empedokles
und G. und von vielen anderen Schriftstellern
neben und nach diesen (z. B. dem Eleaten Zenon
selbst, wie es scheint, erst allmählich schätzen
gelernt, denn in seiner Helena finden sich mehr
Hiate als im Palamedes. den Blass deshalb auch
für das spätere Werk hält.
Wie die Rhetorik des erst von seinen Zeit-
genossen so bewunderten und nachgeahmten, später
von der Nachwelt ebenso verachteten und ge-
schmähten G. bis in die Zeiten des sinkenden
Altertums und noch weiterhin ihren Einfluß be-
30 hauptet, hat Norden in seinem mehrfach er-
wähnten Buche überzeugend nachgewiesen.
Literatur: H. E. Foss De Gorgia Leontino,
Halle 1828. L, Spengel -IWa^y?/ %syy&v, Stutt-
gart 1828. Frei Rhein. Mus. VII 527. VIII 268.
H. Diels G. u. Empedokles, S.-Ber. Akad. Berl. "
1884, 343ff. E. Norden D. antike Kunstprosa
Leipz. 1898 (2. Abdruck 1909). O. Apelt G. b.
Ps. -Aristoteles u. b. Sextus Empiricus, Rh. Mus.
XLIII 203—219. F. Blass D. att. Beredsamk.I2,
und Demokrit) nachgeahmte Vorbild. Was nun 40 Leipz. 1887, 47—91. E. Zeller Phil. d. Gr. I&
zunächst die häufige Verwendung deT Antithesen
betrifft, so ergab sich diese (wie Norden 18f.
betont) bei Heraklit wie von selbst als natürliche
Form für seine in schärfsten Gegensätzen lebende
und webende Weltanschauung und später aus
ähnlichen Gründen bei Empedokles: G. benutzt
Gedanken und Form des ephesinischen Den-
kers mit ihnen spielend (vgl. den Schluß des
Epitaphios [frg. 6 Diels]). Die von G. besonders
reichlich geübten Wortspiele {ioa, jzdgtoa, Jiaoo- 50
vo{iaolat) finden sich gleichfalls bereits bei Hera-
klit (vgl. Vorsokr. 12 B frg. 48. 25. Norden
24t); G. bildet sie sogar bis zum völligen Gleich-
klang mehrerer Silben am Wortende (ofioiore-
Ipvza) aus.
Neben diesen Figuren bediente sich G., um
seine Prosa noch kunstvoller zu gestalten, gern
poetischer Ausdrücke. Damit kehrte er zu einer
Redeform zurück, die in alten Zeiten, wo sich
1056ff. Th. Gompeiz Griech. Denker I Kap. 7.
Diels Fragm. d. Vorsokratiker Kap. 76. Anti-
phontis orat. ed. F. Blass, Leipz. 1881, 150ff.
Drerup Jahrb. f. Philol. Suppl. Bd. XXVII 219ff.
Maass Hermes XXII 565ff. Thiele Hermes
XXXVI 218ff. Jacoby Apollodois Chronik 264f.
Susemihl Jahrb. f. Philol. 1877, 793ff. Aristot.
de Melisso usw. ed. Diels Abb. Akad. Berl.
1900. [E. Wellmann.]
9) Gorgias, zu Athen rhetorischer Lehrer des
jüngeren M. Cicero, der (Cic. epist. XVI 21, 6
an Tiro) von ihm rühmt, er sei in cotidiana
declamatione iiiüis, aber auf ausdrückliches Ge-
heiß seines Vaters (diaQQrjötjv enim scripserat,
ut eum dimitterem statim) sich plötzlich von
ihm trennen mußte. Tiros vorangegangener Rat
bezüglich des G. fa. a. O. 6 de Gorgia quod mihi
scribis. 7 tuum tarnen studium et consilium
gratum aeceptumque est mihi) war wohl eine
Prosa und Poesie noch nicht streng geschieden 60 Warnung vor dessen Umgänge, wie den Vater
hatten, überall volkstümlich gewesen war, später Cicero eben der schlechte Ruf des G., der «V tjSoväg
dagegen als ungehörige Vermischung die feiner
Empfindenden unangenehm berührte. Auch hier
erinnert man sich sofort an Heraklits bilderreiche
Sprache.
Dem Gebiete der Dichtung entlehnte G. end-
lich, noch den rhythmischen Bau seiner Perioden,
deren einzelne Teile er sich bemühte symmetrisch
xal üiötov; seine Schüler verführte (bezüglich des
jungen Cicero Ruf als starken Trinkers Tergilla
bei Plin. n. h. XIV 146), zu seinem strengen
Befehle veranlaßte; Piutarch (Cic. 24) meint, es
sei das einer der wenigen 'EU^ixal imaxokal
Ciceros, die h> ogyf} xtvt geschrieben seien, xbv per
ToQfiav avTOv siQoaijxovrofg Imxojtxovzog {hxt-
1605
Gorgias
Gorgias
1606
«jxt&nrovzog Hss., s. Ruhnken p. XIII), smeg
tfv tpavXpg Kai äxöXaotog, fineQ iMxst. Um die
Mitte des 1. Jhdts. war also G. (jener Brief ist
im J. 44 geschrieben), wohl selbst noch als jüngerer
Mann in Athen als Lehrer der Rhetorik tätig.
Später, etwa in den ersten Zeiten des Augustei-
schen Principates muß er nach Rom gekommen
sein; denn der ältere Seneca hörte ihn dekla-
mieren bei einem seiner zwei Aufenthalte in Rom
nach Beendigung der Wirren des Bürgerkrieges, 10
die ihn verhinderten, Cicero selbst noch zu hören
(contr. I praef. 11). An der einzigen Stelle, wo
Seneca ihn erwähnt, contr. I 4, 7, sind aber die
beiden eolores {Gorgias inepto colore, sed dulci
Gorgias egregie dixit . . .) wie so oft die
griechischen Zitate in unseren Seneca-Hss. aus-
gefallen. Wie man allgemein annimmt, ist mit
diesem G. aus Athen identisch der von Quinti-
lian erwähnte Verfasser einer Figurenlehre, dessen
Werk uns in der lateinischen Bearbeitung des P. 20
Rutilius Lupus (s. d.) vorliegt. Des letzteren
Lebenszeit ist ziemlich genau bestimmt. Bei Quin-
til. inst. IX 3, 89 steht er in der Aufzählung der
Autoren de föguris (nur solche sind gemeint, s.
Mars Ad Herennium praef. p. 71, trotz des
Widerspruchs von G. Thiele Götting. gel. Anz.
1895, 723) in der Mitte zwischen Caecilius und
Dionysius einer-, Cornificius und Visellius anderer-
seits. Schon von Celsus wurde er benützt. Er selbst
führt ein Wort des C. Proculeius {vulgare illudM
Proculeianum I 5), des Freundes des Augustus
(Prosop. imp. Rom. III p. 100) an (das dann Quin-
til. inst. IX 3, 68 und aus diesem Isidor. p. 519,
1 H. übernimmt. Ruhnken im Komment, be-
trachtete verkehrterweise das Zitat bei Rut. Lup.
als Interpolation aus Quin til., s. Ahrens 154).
Quintilian sagt, Rutilius habe den G M einen Mann
sui temporis, übersetzt : das alles weist ihm deut-
lich seine Blüte gegen Ende der Augusteischen
Zeit an. Rutilius verweist selbst II 12 auf seine 40
Quelle : quid intersii (zwischen siagduotov, Sßoio-
zdXeyxov, opotömcozov) et ex unius cuiusque sup-
posita sententm eognoscere poteris et multo dili-
gmtius ex Graeco Gorgiae libro, ubi pluribus
unius cuiusque ratio redditur. Die wichtige
Quintilianstelle lautet inst, IX 2, 102 : praeter iüa
rero, quae Cicero inter lumina posuit sententia-
rum, multa alia et idem Rutilius Gorgian se-
cutus, twn ülum Leontinum, sed alium sui tem-
poris, euius quattuor libros in unum suum trans- 50
tulit, et Celsus, videlicet Rutilio accedens, po-
Mierunt Schemata. Quintilians Angabe , Rutilius
habe G.s vier Bücher in eins übertragen, steht
im Widerspruch zum Befunde des hsl. erhaltenen
Werkes. Dieses enthält in zwei Büchern nur je
21 und 20 Wortfiguren, d. h. Figuren, die eben
G. und Rutilius als Wortfignren ansahen (Blass'
Meinung 97, 5, es enthalte Wort und Sinnfiguren
untereinander vermischt, ist vom Standpunkte des
Rutilius bezw. G. betrachtet unrichtig-, s. Dzi-60
alas 1860, 29ff. Krieg 15), trotz des hsl. Titels
{am Beginne von I und Ende von II) P. Rutilii
Lupi Schemata dianoeas ex Graeco vorsa Gorgia,
und trotzdem Quintil. inst. IX 2, 102f. 106 eine
ganze Reihe Sinnfiguren aus Rutilius anführt.
Das erhaltene Werk ist also sicher unvollständig.
Es fragt sich nun, ist es nur durch äußere Ver-
luste verkürzt, stammt aber im wesentlichen, so
wie erhalten, von der Hand des Rutilius, oder
ist es nur ein Exzerpt oder eine Epitome aus
dem vollständigen Rutilius? Daß es eine Epi-
tome sei, hat besonders Dzialas 1860, 35ff. zu
beweisen unternommen, für die Provenienz der
erhaltenen beiden Bücher aus Rutilius' Hand tritt
Krieg 3ff. ein und wohl mit Recht. Die Reihen-
folge der Figuren ist allerdings teilweise will-
kürlich — so, wenn die Tia^ovofiaaia I 3 von dem
TtaoöfAOiov, oftoiojtxarop, öfioioxiXsvxov, Ioqk&Xov,
avth%zov II 12—16 oder die Ttagaöiaoroty I 4
von der ovvotxeia>aig II 9 und aizioXoyia II 19
getrennt wird — , andererseits ist das Streben nach
sachgemäßer Vereinigung zusammengehöriger Fi-
guren unverkennbar — so die genannte Gruppe
II 12—16 (Krieg 9) oder die Gruppen ixißoty,
STZupoQa, xoivoxyg, jtoXvxzcüzov f EJiavalrjtpig I 7
-11 (Dzialas 1860, 35), JiaoadiaaxoX^ ävdxlaotg,
ävTifisxaßoXrj I 4—6 (Draheim 15). Rutilius
(oder vielmehr G.) gehört also noch in jene Zeit,
in der die Figuren nicht scharf disponiert und
unter bestimmte Kategorien gebracht wurden (was
aber überhaupt erst bei Quintilian und Phoibam-
mon sich findet, Draheim 14), sondern nur hier
und da Zusammengehöriges zusammengeordnet,
die Gesamtheit aber ohne feste Disposition ge-
lassen wurde, wie wir das bei Rhet. Her. IV 13,
19ff. und in den Aufzählungen bei Cicero de orat.
III 202ff. , orat. 135ff. gleichfalls finden. Daß die
Ordnung der erhaltenen Bücher wirklich die des
Rutilius ist, beweist ferner Quintilians Aufzäh-
lung IX 3, 99 der von ihm abgelehnten Rutilia-
nischen Wortfiguren: er gibt sie, mit Auslassung
der auch von ihm gebilligten, in derselben Folge
wie die erhaltenen Bücher. Über den Unterschied
von Homoioteleuton und Homoioptoton scheint
sich Rutilius allerdings nicht ganz klar geworden
zu sein (weshalb er eben seine Leser auf sein
Vorbild G. verweist), seine Definitionen sind über-
haupt dürftig (I 21 fehlt die Definition der fjtio-
noda ganz, ebenso 1 1 die der xQoocuzööooig, deren
modi nur angegeben werden ; das sind wohl Aus-
lassungen unserer Hss., Krieg 12, 2): ein Be-
weis für die Unvollständigkeit des Erhaltenen
kann aber daraus auch nicht hergeleitet werden ;
Rutilius bat, wie Draheim 15 gegen Dzialas
1860, 38 bemerkt, nur mehr Wert gelegt auf die
Fülle trefflicher Beispiele bei G. als auf die De-
finitionen (daß II 16 vom avxt&Ezov als o/^^a
Zel-scog wie öiavoiag gehandelt werde, war ein Irr-
tum von Dzialas 1860, 36; s. Draheim 1—2).
Was Quintil. inst. IX 3, 89 von der jtgoaomo-
noua sagt, daß sie auch zu den Wortfiguren ge-
rechnet werde, wie 88 über dubitatio und cor-
reetio, daß sie paulum figuris sententiarum de-
clinentur, kann vor allen auf Rutilius gehen (Dzi-
alas 1860, 37). bezeugt aber keineswegs, daß
diese Figuren bei ihm in beiden Klassen, son-
dern nur, daß sie als Wortfiguren aufgeführt
waren, während Quintil. (IX 2, 19 dubitatio. IX
2, 29ff. TiQooaiiioTiötia. IX 1, 30 correctio nach
Cicero) sie zu den Sinnfiguren stellt. Als Epi-
tome sind also die beiden erhaltenen Bücher nicht
zu erweisen, dagegen ist vielleicht Birts Mei-
nung nicht ganz abzuweisen (D. ant. Buchwesen
384), sie seien ein Exzerpt. Jedenfalls weist die
hsL Überschrift vor II de libro seeundo doch
wohl auf einen Auszug hin; dazu tritt, wie O.
1607
uorgias
fjorgias
ious
Eosßbach (Berl. philoL Wochenschr. 1898, 455f.)
bemerkt, die Passung des Titels in der Pithoeana
(1599) ex P. Rutilii Lupi de fignris sententiarum
et elocutionis libro, die gewiß auf die von Pithou
zu seiner Rhetorenausgabe benutzten Hss. zurück-
gebt, deren Existenz Halm Praef. p. V wohl
grundlos bezweifelt hat. Birts Hauptbeweis frei-
lich, der Umfang der Bücher bleibe weit unter
dem Normalmaß von mindestens 1500 Zeilen für
ein Prosabuch, ist nicht stichhaltig, da auch sonst
dieses Maß oft nicht innegehalten ist (s. Birt
selbst 322), zumal bei trockenen technischen
Schriften (Krieg 16f.). Was uns erhalten, ist
also vielleicht nur ein Exzerpt, verstümmelt ist
es ja jedenfalls. Ruhnken meinte, die Sinn-
figuren, die Quintilian aus Eutilius anführt, seien
in der Lücke I 6 ausgefallen, wo man aus dem
Carm. de flg. 16 den Namen der Figur avii/usia-
ßolfj ergänzt (C. Schoepfer Adnott. crit. ad
Velleium Pat., Quedlinburg 1837, veröffentlichte
im Anhang eine Ergänzung der Lücke w -vetu-
stissima membrana repertum, eine Fälschung,
die Fr. Haase Defragm, Rut. Lup. a Schoepfero
suppositis, Ind. lect. aest. Breslau 1856 aufdeckte;
Zweifel äußerte bereits Ähren s 154 Anm.), was
völlig unglaubhaft ist (Draheim 3), wie auch
Dzialas' Annahme (1860, 34), an dieser Stelle sei
eine Reihe von Wortfiguren ausgefallen (Draheim
15). Draheim 3 meint, die Sinnfiguren seien von
Rutüius überhaupt nicht ausführlich behandelt, nur
im Prooemium kurz aufgezählt worden. Indes
zeigt Krieg 34, daß posuisse bei Quintil. inst.
IX 2, 102 keineswegs den Sinn von adscripsisse
haben muß, sondern von Quintilian auch für ge-
naue Beschreibung gebraucht wird (IX 2, 101.
3, 93. 99). Daß aber Eutilius die Sinnfiguren
nicht minder ausführlich bebandelt haben muß,
als die Wortfiguren, schließt Krieg 34f. mit
Recht aus dem von Quintil. inst. a. a. 0. über
das ävxi&stov und ävayxaXov Gesagten: Rutüius
behandelte diese Figuren unter denen Xs^eatg wie
dtavoias; der Unterschied mußte unbedingt er-
örtert werden, also, da es im erhaltenen Teile
nicht geschieht, im verlorenen über die Sinn-
figuren (vgl. auch Quintil. inst. IX 2, 22 über
Celsus, dazu Krieg 36). Schließlich weist auch
der hsl. Titel Schemata dianoeas (die im erhal-
tenen Teile fehlen; allerdings fehlt das Wort
dianoeas im V[indobonensis]) darauf hin, daß
dazu et lexeos ergänzt werden muß (Iw. Müller
Bursians Jahresber. XVIII 156) und beide Arten
in gleicher Weise behandelt waren. Der Schluß
Kriegs aber (40f.), weil im erhaltenen Teile
unter Avti^etov und ävayxatov der Unterschied
von den Sinnfiguren gleichen Namens nicht er-
läutert werde, sei der Teil über die Sinnfiguren
dem erhaltenen nachgefolgt, ist keineswegs zwin-
gend; dieser Unterschied konnte bei den Sinn-
fignren erörtert werden, auch wenn (man könnte
auch sagen : gerade weil) sie voranstanden. Eben-
sowenig ist sicher, daß, wenn Quintil. inst. IX
3, 93 sagt, bei Rutüius sei die TtQooajzo&ooiq
primo loeo posita, dies unbedingt der erste Platz
im gan z en Werke und nicht nur unter den W o r t-
figuren sein müßte. Gewöhnlich wurden die Sinn-
fignien vorangestellt, so bei Cicero de orat. III
3WÄ. Quintil IX 1, 19ff. Alex. p. 27 und Tiber.
p. 59, d. b. also bei Kaikilios, Aquila p. 23, 6, und
den anderen späteren Rhetoren (voran stehen die
Wortfiguren Rhet. Her. IV 13, 19ff. Cic. de orat.
135ff.) i was man ja damit begründete (Alex. a.
a. 0.) Ttavrog yag Xoyov nQoäyet tf tov Öiavo^fiaxog-
evQeois , ETiszai de ?J^tg z<p dtavotfftan öl 1 avtfjg
Tioiovoa (pavsQov avto. Daß auch bei Eutilius die-
Sinnfiguren vorangingen, ist mir deshalb wahr-
scheinlich, weil bei ihm, wie in den andern Spe-
zialschriften über Figuren, eine einleitende Be-
10 Stimmung und Abgrenzung des Begriffs ßgura
und seiner Teile nicht gefehlt haben wird ; diese
ist verloren samt den Sinnfiguren, also standen
diese doch wohl unmittelbar hinter der Einleitung.
Somit wird der Gesamttitel des Werkes des Eu-
tilius gelautet haben : P. Rutüü Lupi Schemata
dianoeas et lexeos ; das ex Graeco vorsa Gorgia
der Hss. darf man wohl als einen Zusatz nach
II 12 vom Titel abschneiden (Krieg 4lf., der
aber natürlich die Reihenfolge lexeos et dianoeas
20 für wahrscheinlich hält). Schließlich die Frage:
Welchen Umfang hatte die ausführliche Behand-
lung de* Sinnfiguren bei Rutüius ? Von den 41
Wortfiguren der erhaltenen zwei Bücher führt
Quintilian 16 als Besonderheiten des Rutüius
an, 25 andere treten hinzu, die also auch bei
andern Theoretikern sich fanden. 14 Sinnfiguren
nennt Quintilian gleichfalls als Rutilianisch ; fügen
wir die gewöhnlichen, mit anderen Autoren über-
einstimmenden hinzu, so dürfte die Zahl der bei
30 Rutilius behandelten Sinnfiguren kaum hinter der
der Wortfiguren zurückgeblieben und ihre Be-
handlung, zu der noch die allgemeine Einleitung
hinzutrat, ebenso umfangreich gewesen sein, wie
die der Wortfiguren, also auch zwei Bücher um-
faßt haben (Krieg 87f.). Da G.s Werk aus vier
Büchern bestand, hätte also Rutilius die Vierzahl
beibehalten und — wohl auch G. nachfolgend —
in zwei Büchern die Sinn-, in zwei die Wort-
figuren behandelt. Diesem klaren Tatbestande
40 steht nur jene Quintilianstelle , inst, IX 2, 102.
entgegen: Rutilius des G. quattuor libros in
unum suum transtulit. Wäre das richtig, so
hätten wir den seltsamen Vorgang zu verzeichnen,,
daß die von Rutilius in ein Buch gepreßten vier
Bücher des G. von einem späteren Herausgeber
(denn wir haben zwei Bücher dieser Ausgabe)
wohl mit, Rücksicht auf das Originalwerk des G.
wieder in vier Bücher zerlegt worden seien. Doch
ist die Quintilianstelle gewiß nicht in Ordnung.
50 Schon Ähren s 157f. nahm an in unum suum
transtulit mit Recht Anstoß; dafür hätte Quin-
tilian, um die Verkürzung des Werkes zu be-
zeichnen, wohl geschrieben m unum contraxit
(s. auch Krieg 38). Die sichere Heilung fand
Ähren s durch Änderung nur eines Buchstabens
in usum suum transtulit (auch von Meister
in der Quintiüanausgabe aufgenommen ; vgl. auch
J. Müller 2, 1), wodurch noch besonders aus-
gedrückt wird, daß Eutilius vor allem das über-
60 trug, was ihm für seinen Gebrauch wichtig waiv
minder die Definitionen, als die trefflichen Bei-
spiele, die G. für jede Figur angeführt hatte.
Rutilius hat also die vier Bücher des G. im
wesentlichen nach Inhalt und Form übertragen,
je zwei über die figurae dianoeas und lexeos-
Ob er von den Figuren, die G. besprochen hatte,
einige ausgelassen hat oder nicht, können wir
nicht sicher entscheiden ; jedenfalls istDraheims-
vj uxeias
^6. 10) Versuch, Auslassungen dieser Art aus
<Juintil. inst. IX 2, 103. 106 zu beweisen, miß-
glückt (Krieg 42f.); wahrscheinlich sind sie
keineswegs, da eben Eutilius den Gesamtumfang
des Gorgianischen Werkes beibehalten haben wird.
Oekürzt hingegen hat Rutüius sicher bei den
Definitionen der Figuren und wohl nicht bloß
<(was Krieg 44 behauptet) II 12 — 14, wo er
selbst auf die ausführlichere Darstellung seiner
Quelle verweist. Für ihn waren die Beispiele
bei G., wie gesagt, das Lockendste, sie hat er
offenbar recht vollständig (ob alle in jedem Falle,
■ist natürlich nicht zu wissen) wiedergegeben,
nur selten, da wo in der Übersetzung die Figur
unkenntÜch geworden wäre, statt der griechischen
lateinische Beispiele eingesetzt (so I 5 bei der
avdxlaois jenes Proculeianum, I 3 p. 4, 31 bei der
xagovofj.aoLa ein durch Diom. G. L. I p. 446, 20.
Charis. G. L. I p. 282, 2 erkanntes und ergänztes
Cicerozitat ohne Namensnennung), selten auch in
anderen Fällen, wie er 1 12 einen Enniusvers (nach
Meinekes Herstellung. Enn. scaen. 408 Vahlen),
II 6 (nach M. Haupt. Vgl. L. Müller Eh.
Mus. XXIII 692) Verse eines unbekannten latei-
nischen Dichters zitiert; bei sonstigen namen-
losen Beispielen bleibt zweifelhaft, ob sie latei-
nischer oder griechischer Literatur entstammen
oder (weniger glaubhaft) Rutüius* freie Erfindung
sind. Es war eine geradezu kindliche Vorstel-
lung von Js. Casaubonus (die bereits Ruhn-
ken p. XVIIIf. ablehnte und die von Iw. Müller
Bursians Jahresber. XVIII 155 nicht hätte er-
neuert werden sollen), Rutüius habe seine Bei-
spiele den damals vorhandenen publizierten latei-
nischen Übersetzungen griechischer Autoren (wie
solche Übersetzungen griechischer Reden für Mes-
sala durch Quintil. inst. X 5, 2 bezeugt sind)
entnommen, kindlich deshalb, weil selbst G. seine
Zitate sicher nicht sämtlich den Autoren selbst
entnommen hat, sie gar nicht entnehmen konnte
(s. u.), geschweige, daß von all diesen attischen
und asianischen Rednern damals in Rom Über-
setzungen existiert hätten (vgl. Krieg 45ff.). Ru-
tilius hat die Zitate selbst übersetzt, das be-
weist auch klar die gleichmäßige Eleganz des
Stils dieser Übersetzungen, denen gegenüber aller-
dings die Definitionen etwas abfallen: diese hat
Rutilius lässig behandelt, auf jene alle seine an
Cicero geschulte Kunst angewendet, wie Euhnken
es ausdrückt p. XIX : vertu autem. Rutilius Grae-
eoritm oratorum exempla non ut interpres, sed
ttt orator, mtsqttam terbum verbo reddens. nisi
iibi vis schematis exprimenda esset. In der Tat
ist die Fülle seltener Zitate bei G. bemerkens-
wert und für die Beurteilung des Mannes und
seines Werkes das Wichtigste. Nicht alle Zitate
sind Rednern entnommen ; je einmal wird Piaton
(rep. V 473 D bei Rut. Lup. I 6 p. 5, 26, der Name
Piatons von Stephan us ergänzt), Aristoteles
<I 6 p. 6, 3) und Theophrastos (I 6 p. 6, 1 aus
xsqI <pdtac, vgl. Cic. Lael. 85. Plut. de frat. am.
p. 482 B), einmal sogar der Alexanderhistoriker
Aristobulos (I 18 p. 11, G nach Classens Ver-
mutung Arisiobuli statt Aristotelis, wofür indessen
Schwarte o. Bd. II S. 917 mit leichterer Ände-
rung Stratoclis einsetzen will) und eine den Theo-
phrastischen Charakteren ähnliche Schrift des lang-
jährigen Vorstehers des Peripatos im 3, Jhdt., das
Lykon (H 7 im zaQGxrijeiofios eines Trunkenboldes j
von Ruhnken auf deu Peripatetiker bezogen ; s.
Blass 35) zitiert. Führen schon diese Zitate uns
bis ins 3. Jhdt., so reichen die aus Rednern in noch
spätere Zeiten herab. Neben denen aus Lysias (9),
Isokrates (2 in II 19, der Name ergänzt von Spen-
gel, der das eine als aus Isokf. VIII 10 stam-
mend erkannte), Lykurgos (6), Hypereides (8),
Demosthenes (12) und Deinarchos (4) stehen solche
10 uns ganz verlorener jüngerer Redner der Dia-
dochenzeit: Pytheas (I 11. 14. Blass Att. Ber.
III 2 2, 283ff. v. Wilamowitz Textgesch. d.
griech. Lyriker 1900, 68), Stratokies (I 9. II 20.
Blass a. a. 0. 333ff.), Demochares (I 2. 20;
s. o. Bd. IV S. 2863, 6), Demetrios, der Phalereer
(I 1. II 16. Blass a. a. 0. 342ff.), Charisios (I
10. II 6. 16. Blass a. a. 0. 351ff.), die über-
leiten zu den eigentlichen ,Asianern<, an ihrer
Spitze Hegesias (I 7. IL II 2. 10. Blass Gr.
20 Ber. 25), Kleochares (12. 10. Blass 34), Myron
(I 20. II 1), Daphnis (1 15; s. o. Bd. IV S. 2146,
6), Sosikrates (I 8. II 13. Blass 35), deren Zeit
teilweise kaum sicher zu bestimmen ist (Blass
35), schließlich Isidoros aus Pergamon (II 16.
Blass 70), vielleicht der jüngste der Angeführten,
jünger jedenfalls als der Stoiker Athenodoros, des
M. Cato Freund (Diog. Laert. VII 34), der also
sicher dem 2. Jhdt. v. Chr. angehört. G. braucht
also neben den Attikern anstandslos die Asianer als
30 Stilmuster : er ist also nicht Attizist (auch nicht
Attizist mit ,asianischer Verbrämung*, wie Suse-
mihl 501 sagt), sondern Asianer, unberührt von
den in und durch Rom zur Herrschaft gelangen-
den attizistischen Bestrebungen. Das hat v. Wi-
lamowitz gelegentlich ausgesprochen (Herrn. XII
1877, 332 Anm,), und die Einwendungen Brzoskas
De canone X orr. Att., Breslau 1883, lSff. und
Susemihls 501, 178, die meinen, es sei G. nur
darauf angekommen, ,für jede Figur die ange-
40 messensten und deutlichsten Beispiele zu wählen,
und nicht darauf, ob dieselben aus mehr oder
weniger klassischen Autoren waren' (vgl. Ruhn-
ken Hist. crit. orr. Gr., im Eut. Lup. von Frot-
scher 59f.), beruhen auf einem Verkennen des
rigorosen Standpunktes, den die Attizisten ein-
nahmen, die auch einen Cicero zum Wechsel in
seinen theoretischen Anschauungen und teilweise
auch seiner Praxis zwangen. Wie Cicero (der
aber bedeutend älter war) gehört G. in die Zeit
50 des Kampfes der reaktionären Attizisten und des
modernen Stils, deren Vertreter man hämisch
Asianer nannte. Der ältere Seneca führt G. an :
das allein genügt, ihm (wie fast allen griechi-
schen Ehetoren bei Seneca) seinen Platz im asia-
nischen Lager anzuweisen; als Asianer zeigt er
sich in seinem Buche. Und auf jene Übergangs-
zeit weist alles, was wir sonst noch über den
Mann und sein Werk feststellen können. Er
schreibt, bevor die großen stilkritischen Werke
60 des Kaiküios und Dionysios ihren Einfluß auf die
Edition der Redner, den wir hier und da noch
spüren, ausübten. Das ganze spätere Altertum
(schon Hermogenes) kennt von Isokrates nicht
mehr als wir, eben das was Kaikilios (28 Reden)
und Dionysios (25) für echt erklärt hatten; die
paar Grammatikeranführungen aus nicht erhal-
tenen Reden stammen, wie Drerup Isoer. op. I
praef. L5XXVH bemerkt, aus älterer Grammatiker-
traditio!! : der einzige, der einen Satz einer nicht
erhaltenen Isokratesrede anfuhrt ist Rutilius Lup,
II 19 (Mün scher Götting. gel. Anz. 1907, 765).
Isokrates' ganzen Nachlaß konnte man zu G.s
Zeit noch einsehen. Hat aber G. alle jene Redner
und Schriftsteller, die er zittert, selbst in Händen
gehabt? Gewiß nicht! Um die besten Beispiele
für die Figuren anführen zu können, hat G. nicht
erst die gesamte Literatur von Lysias bis zu
seiner Zeit hin durchstöbert; gar mancher derer,
die er zitiert, war wohl gar nicht mehr, auch in
den großen Bibliotheken nicht, aufzutreiben, sonst
wäre mancher, wie Stratokies oder Pytheas, so
gut wie Deinarchos in den ,Kanon' aufgenommen
worden, als die Attizisten den Bestand an atti-
schen Rednern der klassischen Zeit auf zehn
Namen verteilt aus den Bibliotheken hervorsuchten
(v. Wüamowitz a. a. 0. Gm.). Das Material,
das G. brauchte, entnahm er seinen Vorgängern
und Vorlagen bezw. der Tradition der Rhetoren-
schule (die man unterschätzt, wenn man, wie
Kadermacher Eh. Mus. LVII 140 meint, Philo-
demos und Dionysios, oder gar Harpokration, Athe-
naios und Longinos müßten die Redner, die sie
nennen oder zitieren, noch in Händen gehabt
haben).
Die Figurenlehre haben in attizistischem Sinne
ebenfalls Kaikilios und Dionysios behandelt. Des
letzteren Werk jieqi oyr\fmz<üv, von dem wir sonst
kaum etwas wissen (s. o. Bd. V S. 969; die von
Dionysios in seinen erhaltenen Schriften erwähnten
Figuren stellte Eoessler Dionysü Hai. fragm.,
Leipzig 1873, 42f. zusammen), wird wohl, wie
überhaupt seine Tätigkeit die des Kaikilios vor-
aussetzt, dem gleichartigen Werke seines älteren
Kollegen gefolgt sein und, wie ich vermute, die
bei Kaikilios herrschende freie, souveräne Be-
nutzung der gesamten echt attischen Tradition
(einschließlich Thukydides, der Tragödie und Ko-
mödie) auf ein engeres Maß, die Benutzung allein
der Kedner und Homers beschränkt haben. Diese
Beschränkung finden wir wenigstens vielfach bei
den Benutzern und Ausschreibern des Kaikilios.
Wurde doch diese Jugendschrift (daß es eine
solche sei, ist durchaus wahrscheinlich, wenn auch
der Beweis dafür nicht völlig sicher erbracht ist,
s. o. Bd. III S. 1178) maßgebend für alle spä-
teren Bearbeiter der Figurenlehre, die bekannt-
lich sämtlich mehr oder minder von Kaikilios
abhängig sind (deshalb ist es das Buch von Kai-
kilios, das wir am besten kennen, die Frag-
mente jetzt bei Ofenloch Caecilii Cal. fragm.,
1907, 32 — 62 zusammengestellt, ohne daß aber
eine Rekonstruktion des Buches versucht wäre).
G.s WeTk dagegen, das dem attizistischen Zeit-
geschmack nicht entsprach, ist bei den späteren
griechischen Rhetoren unbenutzt geblieben und
völlig in Vergessenheit geraten. Krieg 30 — 33
hat durch eine treffliche Zusammenstellung dar-
getan, daß keiner der späteren griechischen Ehe-
toren auf G.s Figurenlehre irgendwie Bezng nimmt.
Zwar stimmen die angewandten Namen öfters
überein, bezeichnen aber völlig verschiedene Fi-
guren; nicht selten trägt die gleiche Figur bei
den Späteren einen ganz anderen Namen, wo aber
bei Späteren mit gleichem Namen die gleiche Fi-
gor wie bei G. bezeichnet wird, tritt doch in den
Definitionen und Beispielen keine Übereinstim-
mung hervor. Eine ganze Reihe aber der dem
G. eigentümlichen Figuren kehrt Überhaupt nir-
gends wieder (Belege für das alles in der unten*
folgenden Zusammenstellung).
Und doch war der Sieg des Attizismus keines-
wegs ein so entschiedener, wie Dionysios ihn er-
hoffte , daß die Gegner völlig verschwunden wären
(vgl. Norden Ant. Kunstprosa I 263ff.). Gerade-
des älteren Seneca Werk zeigt, daß neben der
10 attizistischen Richtung die moderne .asianische*
Rhetorik in Rom wenigstens fortbestand : hier
fand sie im Philosophen Seneca u. a. bedeutende
Vertreter. Das beweist auch der Umstand, daß.
Rutilius Lupus des G. nichtklassizistisches Werk
übersetzte, Celsus diesen benutzte und nicht minder
Quintilian, der zwischen den Extremen der archai-
sierenden und neoterischen Richtung eine ver-
mittelnde Stellung einnahm. Dann freilich ver-
schwindet des Rutilius Figurenwerk aus den Händen
20 auch der römischen Ehetoren. Wie Krieg 22
—26 in einer gleich trefflichen Zusammenstel-
lung gezeigt hat, nimmt keiner der späteren la-
teinischen Schematographen auf Rutilius Rücksicht,,
keiner benutzt ihn, außer dem wahrscheinlich im
4. Jhdt. lebenden Verfasser des Carmen de figuris r
der seinem Werke über Wortfiguren, man weiß
nicht weshalb, eben den Rutilius zu Grunde legte-
(wie Dzialas 1860, 27f. meinte, in der uns über-
kommenen Form mit ihren Lücken, bes. 16; da-
30 gegen Krieg 28). War man früher überzeugt
(Schneidewin in der Ausg. Incerti auet, de fig.
v. schem. vers. heroiei, Göttingen 1841 praef.
p. Xf. Sauppe Epist. crit. ad G. Herrnannum,.
1841, 157ff., in den ausgewählten Schriften nicht
mit abgedruckt. Ähren s 153ff.), in dem Ge-
dichte, das man der Augusteischen Zeit zuschrieb,,
sei nicht Rutilius, sondern G. selbst (neben Kai-
kilios) benutzt, und glaubte man deshalb, daraua
noch mancherlei über G.s Werk erschließen zu
40 können , so ist durch die Untersuchungen von
Haase Allgemeine Literaturztg. II 1844, 369ff.
Dzialas 1860, 21—28. L. Müller Rh. Mus.
XXIII 682fi. Krupp De carm. ine. auet. de rjg. r
Jena 1874 und R. Schmid Carm. de fig. qua
sit aetate conscr., Jena 1874 erwiesen, daß der
Verfasser Rutilius Lupus zugrunde legte, dessen
Figuren er alphabetisch anordnete, daneben aber
für seine Zusätze sicher nicht G., sondern andere
griechische Quellen, wahrscheinlich Alexander
SONumenius benützte, wobei es ungewiß bleibt,
ob die Zusätze vom Verfasser selbst oder von der
Hand eines nachdichtenden Schülers sind. Keiner-
lei Beziehungen verknüpfen des G. Werk mit
Kaikilios und seinen Nachfolgern ; man darf viel-
leicht annehmen, daß G.s Werk älter als das.
des Kaikilios war und von diesem, seines eigenen
attizistischen Standpunktes wegen, ignoriert und
durch sein Werk ersetzt worden ist. Trotzdem
steht G. mit der Art seiner Figurenbehandlung
60 nicht etwa völlig allein für sich ; hinter ihm reißt
die Tradition ab, aber zu den gleichzeitigen oder
voranliegenden Behandlungen der Figurenlehre,
soweit diese uns bekannt sind, weist sein Werk,
deutliche und nahe Beziehungen auf (vgl. Krieg
33, 2 und bes. L Müller 4ff.). Am Ausgang
des 1. Jhdts. erscheint die Einteilung der Fi-
guren in solche dmvoias und U£ea>g und die Ab-
trennung der Figuren überhaupt von den Tropen
ioiö worgias
als allgemein üblich, Kaikilios wie Dionysios
(comp. verb. 8 p. 32, 14 Us.-ßad. Roessler
a. ä. 0. 42) befolgen sie, gewiß auch der jüngere
Hermagoras, des Kaikilios Altersgenosse (Bar-
czat De figurarum disciplina I, Göttingen 1904,
28). Diese Einteilung ist für uns greifbar zuerst
bei Cicero de orat. IH 149ff. 200ff., jedoch ohne
die Termini, die sich erst im Brut. 69 finden:
ornari orationem Graeci putant, si verhorum
liorgias
1ÖI4
(= Anaxim. 26. Tiber, p. 78, 20 u. a.; <Wteo (ff
Aristot. rhet. III 9. Alex. p. 36. Herodian. p. 98,
26): II 16. Rhet. Her. IV 15, 21 contentio (vgl.
18, 25 contrarium). Cic. de orat. III 207 con-
trarium; orat. 135 cum sunt contrariis relata
contraria) iaox&kov (Anon. p. 155. Aquila Rom.
p. 30 = naolodooig Aristot. rhet. III 9. Anaxim.
27. Tiber, p. 74 u. a; xäoioov Alex. p. 40): LT 15.
Rhet. Her. IV 20, 27 conpar; Cic. de orat. III 206
immidationibus utantur, quos appellant zqokovs, 10 quae paribus paria referuntur; magopoiov
et sententiarum orationisque formis, quae vo-
cant oztffiaTa. 140f. ; orat. 80ff., ferner bei Phi-
lodemos, der I 164, 18ff. neben iQosiog und oyfjpa
als drittes das jrAdt^a stellt, welche Dreiteilung
wahrscheinlich auf die Peripatetiker oder Stoiker
(Reitzenstein Straßburg. Festschr. 1901, 146.
S ehr ad er in seiner ausgezeichneten Untersuchung
über die Geschichte des Wortes o%rjtia, Herrn.
XXXIX 591f.) zurückzuführen ist, wie der Ein-
(etwas ganz anderes bei Beda p. 610 = homoe-
prophoro-n bei Mart. Cap. p. 474, 27 unter den
vitia orationis; vgl. Aristot. rhet. III 9 Ttaqo-
fioloiaig. Anaxim. 28): II 12. Cic. de orat. III 206
quae sunt inter se similia. Das meint wohl auch
Rhet. Her. IV 20, 28 in hoc genere (dem con-
par) saepe fieri potest , ut non plane par nu-
merus sit syllabarum et tarnen esse videaiur,
si usw.; opotoTiT coro v (Aristot. rhet. III 9
fiuß der Grammatiker auf die Scheidung nach 20 xzäos ig Ss zavxov. Alex. p. 36 u. a.) und ouoi o-
?.:t,.- ii**A Si../,*.*.,. /Tk!n*n TO T'V.-nv ßQQ XJ 13 „ ~ _'5 MJU.i ™V^i TTT (\ k 1 nt .. . i
U£ts und btävoia (Dionys. Thrax 633 B. Bar-
czat a. a. O. 32. Vgl. Cic. orat. 93) unverkenn-
bar ist. Als dritter tritt neben Cicero und Phi-
lodemos G. ; auch ihm muß der Unterschied des
a%fj[ia vom tqojioq völlig klar gewesen sein, ist
doch unter sämtlichen Figuren bei Rutilius keine,
die man als zQÖxog fassen könnte (Schrader a.
a. O. 593, 1). Für Cicero de orat. hat Kroll
Rh. Mus. LVIII 557 Antiochos von Askalon als
rslevrov (Aristot. rhet. LTI 9. Alex. p. 35 u. a.):
II 13. 14. Rhet. Her. IV 20, 28 similiter eadms
und desinens. Cic. de orat. ILT 20^"quae similiter
desinunt aut quae cadunt similiter; orat. 135 cum
similiter vel cadunt verba vel desinunt. Dann
alle die auf Wiederholung desselben Wortes be-
ruhenden: siaqovofiaota (Alex. p. 36 u. a.): I 3.
Rhet. Her. IV 21, 29 adnominatw. Cic. de orat. III
206 paulum immutatum verbum atque deflexum;
Quelle wahrscheinlich gemacht ; für G. die Quellen- 30 orat. 135 leviter commutata ponuntur; extßoli)
frage zu stellen ist müßig, da die Worte, die ^^«^» - ee m .?.„/. „. .* _i_..a _.-* -?...„
Cicero dem Crassus in den Mund legt, de orat.
III 148: qids enim de isto genere (sc. quae ad
ipsius orationis laudem splendoremque pertinent)
non docuü, non instituit, non etiam scriptum
reliquit?, zeigen, daß gerade über diesen Gegen-
stand die vorangegangene Zeit eine ausgebreitete
Literatur hervorgebracht hat. Der rhodische
Meister der Rhetorik ad Herennium kennt im
(Phoibamm. p. 55, 10 6fi<awuov f/ TzXoHt] zfj dva-
tpoQq, tf Sjiava<f>OQq, xal j? sjiißoltf. 56, 19 [der aber
sicher nicht G. benützt, da er sonst das Gegenteil
nicht dvuoxQotpi], sondern lm(pQQa nennen würde;
Krieg 31, 1] = mavarpoQa Kaikilios nach Alex,
p. 20 u. a.; vgl. Aquila Rom. p. 36, 21); iinfpooö.
(= aVTiOTOO(pr} Alex. p. 29 U. a.); xotvözrjg
(= ovfuiloxif rj avv&Eoig Alex. p. 30 u. a.): I 7.
8. 9. Rhet. Her, IV 13,19 repetitio; conversio.
4. Buche den Unterschied von xqötios und o^nixa 40 14, 20 complexio. Cic. de orat. III 206 eiusdem
noch nicht, beide umfaßt er unter der allgemeinen l ' — - 1 --- j - --■— - >■■•■■ •
Bezeichnung verborum et sententiarum exornaiio
IV 13, 18, nur trennt er am Schluß (31, 42—
34, 46) 10 exornatimies verborum ab, deren pro-
prium est, ut ab mitata verborum potestate re-
cedatur atque in aliam rationem cum quadam
renustate oratio conferatur, das sind zehn Fi-
guren, die von den Späteren zu den tqojzoi ge-
rechnet wurden — man sieht, daß dieser Begriff
verbi crebra tum a primo repetitio, tum in ex-
tremum conversio et in eadem verba impetus et
eoneursio] orat. 135 aut ab eodem verbo duettur
saepius oratio aut in idem conieitur aut utrum-
que\ Tzo'kvnxfaxov (Alex. p. 34. ti. mp. 23. Her-
mog. it. IS. p. 338, 17 u. a.): I 10. Rhet. Her.
IV 22, 31 tertium genus (adnominatioms), quod
versatur in easuum commutatione. Cic. de orat.
III 207 quod in multis casibus ponitur\ orat.
damals noch im Entstehen war. Sonst aber zeigen 50 135 cum eiusdem nominis casus saepius com,'
die Lehren über exornatwnes in der Rhet. Her.
nicht weniger Übereinstimmungen mit G. als
Ciceros kurze Aufzählungen der lumina (darüber
nur eine ungenügende Andeutung bei Krieg
33, 2).
Oben wurde bereits auf die Gleichheit der
Anordnung der Figuren bei G. und Rhet. Her.
wie Cicero hingewiesen. Im einzelnen lassen sich
fast sämtliche der bei Rutilius erwähnten Wort-
mutantur; inavalnypig (Alex, p, 29 tovto z6
oXfjfia 6 fiev Kaixiliog Tialtkloyiav [Tiber, p. 70]
xalst, Bvtoi öe avadiztXaioiv [Demetr. ;r. squ. 267.
Phoibamm. p. 46, 15 u. a.], oi <5e sjiavaXnipiv ;
vgl. Alex. p. 19. Etwas völlig anderes btavä-
Iwipig bei Phoibamm. p. 46, 29 u. a. Isidor.
p. 521, 13): I 11. Rhet. Her. IV 28, 38 cmvdupli-
catio. Cic. de orat. IH 206 geminatio; orat. 135
duplicantur iteranturque verba', öia<poQa (=
figuren auch im Rhet. Her. und bei Cicero nach- 60 xloxy Phoibamm. p. 56, 10 u, a.; dvttpezd&Eots
weisen, der an beiden Stellen, wo er die Figuren
aufzählt (de orat. m 202ff. und orat. 135ff.),
wie die fast durchgehende Übereinstimmung der
Reihenfolge beweist, derselben Quelle folgt, nur
bei der zweiten Benützung etliche Figuren nicht
mehr mit aufgeführt hat Zunächst finden wir
auch hier die alten, bis auf den Leontiner G. zu-
rückgehenden bekannten Figuren: avzl&exov
rj ovyxQtotg rj nXoxt] Alex. p. 37; aviaväxXaoig
Isidor. p. 518, 31; ävxtozaotg Ps.-Rufin. 24): 1 12.
Rhet. Her. IV 14, 20. 21 traduetio. Cic. de orat.
m 206 eiusdem verbi crebrius positi quaedam
distmetio et revoeatio verbi ; orat. 135 continenter
unum verbum non eadem sententia pottüur;
ejttnioxtf (xJU/ua£ Alex. p. 31 u. a.): 1 13. Rhet.
Her. IV 25, 34 gradaüo. Cic de orat. III 207 gror-
1DI0
uorgias
Uorgias
1616
datio quaedam; orat. 135 cum gradatim sursum cum aliquid praetereuntes , cur id faciamm,
trerstim redihtr; SidXvatg (Herodian. p. 99, 10 ostendimus (daneben bereits als schem. dian. de
;= aovvSsrov Phoibamm. p. 45, 80 u. a.; davvdezov orat. III 205 reticentia; orat. 138 ut aliquid
vel dtdXvxov Ps.-Rufin. p. 52. Beda p. 611, 14): reticere se dieat. 137 ut aliquid relinquat ac
1 15. Khet. Her. IV 20, 41. Cic. de orat. III 207 neglegat); altioloyia (Alex. p. 17. Zonai. p. 162.
dissolutum; orat. 135 cum demptis coniunetioni- Anon. p. 175. Sehern, dian. p. 73. Isidor. p. 521,
bus dissolute plura dieuntur; fiEzdvota (= sjii- 18): II 19. Rhet. Her. IV 16, 23 ratiocinatio. Cic.
rifitjaig, x6 <S' avzo xal vnaXXayfjv zivsg [Zonai. de orat. III 207 ad propositum subteeta ratio.
p. 170. Anoiu p. 187] xaXovoiv. Ales. p. 40, mit Dann die in späterer Zeit nur ganz vereinzelt
demselben Beispiele aus Demosthenes; eju&ioq- 10 gelegentlich erwähnten Figuren: dvztfiezaßoXrj
■dmoig Anon. p. 142; ixavoo&taoig Ps.-Rufin. (Isidor. p. 519, 3 aus Quintil. inst IX 3, 85.
p. 52): 116. Ehet. Her. IV 26, 36 eorreetio. Cic. de 97. Alex. p. 37, 23 ^agdxsizai zovzq> toj a x ^aazi
orat. III 207 reprehensio oder alia eorreetio (203 [der dvztuszdd'mtg oder sdoxtf] ?} dvztpsraßoXi]
eorreetio als schem. dian. = ixt&töQÖtoats Tiber. xaXovphn = /uEzddeoig Ps.-Rufin. p. 30, 50): I 6.
p. 62); orat. 135 cum corrigimus nosmet ipsos Ehet. Her. IV 28, 39 commutatio. Cic. de orat.
quasi reprehendentes. Alle diese Übereinstim- III 207 conversio; ooiopög (Herodian. p. 98, 9):
mungen sind natürlich noch kein Beweis für Be- II 5. Ehet. Her. IV 25, 35 deßnitio-, iitirQojn'j
Ziehungen des G. zur älteren Figurenlehre. Auch (Herodian. p. 98, 21. Iul. Rufin. p. 45): II 17.
noch nicht die folgenden Fälle, in denen wir hei Rhet. Her. IV 29, 39. Cic. de oral III 207 jwrmim'o;
Eutilius als Wortfiguren finden, was man sonst 20 naoonoia (Quintil. inst. IX 3, 99; vgl. 2, 97.
und auch Rhet. Her. wie Cicero zu den Sinn- Schem. dian. Iul. Eutin, p. 46 oratio libera, quam
figuren rechnet: owa-d'QotofA.og (Alex. p. 17 Corniflcius lieentiam vocat. Herodian. p. 96.
u. a.): I 2. Ehet. Her. IV 40,52 frequentatio; 19 diaßeßalcooig 6s iozi Uyov nag^ata): II 18
p. egtofi 6g (Herodian. p. 94, 22. Anon. p. 120, 26): = schem. dian. Ehet. Her. IV 36, 48 licentia.
I 18. _ Ehet. Her. IV 35, 47. Cic. de orat. III 203 Cic. de orat. III 205 vox quaedam Ub&ra ; orat. 138
distributio; vgl. auch 205 digestio; orat. 138 ut ut liberius quid audeat. Schließlich die später-
aliud alii trtbuens dispertiai; rj-ftoTioiia (Alex. hin nicht wieder nachweisbaren Figuren: xpoaa -
p. 21. Tiber, p. 63 u. a.); ziQocoiTiovioiia jrdäoaig (unter gleichem Namen etwas völlig
(Alex. p. 19 u. a.); jja e axi»/o(ö^d? (Schem. anderes bei Phoibamm. p. 56, 26. Aquil. Rom.
dian. p. 72 = elxoviofiog Polyb. Sard. p. 108,30p. 32): I 1 (wenig verschieden die alzioloyia II
10; etwas anderes yaoaxzrjQioftog bei Polyb. Sard. 19) = schem. dian. Ehet. Her. IV 40, 52 divisio
p. 108, 32): I 21. II 6. 7. Ehet. Her. IV 50, 63 est, quae rem semovens ab re utramque absohit
notatio. 43, 55 sermoeinatio. 53, 66 conformatio. ratione subieeta. Cic. orat. 137 ut dividat in
49, 63 effictio. Cic, de orat. III 204 morum ac vitae partes = schem, lex. de orat. III 207 in distributis
imitatio vel in per sortis ml sine Ulis. 205 per- supposita ratio; uezdßaotg (Quintil. inst. IX
sonarum fieta induetio; orat. 138 ut hominum 3, 87 äyodog = LiavdXvipig Isidor. p. 521, 13):
sermones moresque deseribat ; ut muta quaedam II 1 (b) = schem. dian. Cic. de orat. in 203
loquentia indueat. 139 unter den dicendi quasi redittis ad propositum; ßoayvXoyia (in der
virtutes: saepe vitae naturarumque imitatio; ältesten Rhetorik, wie bei Anaxim, 22 das ßoayv-
psiaßaaig (— <biooTQo<pri Alex. p. 23 u. a., dochs. AftloyeTv ein Genus der Eede neben ur}xvv£tv zovg
Herodian. p. 88, 28 rj bk t&v tiqooojtkov /uezdßaoig Xoyovg und (Uocog Xiyetv ; wieder aufgenommen von
tiouT rrjv xaXov^iivijv djtoczQo<pyv. Phoibamm. Fortunatian p. 126, 15; vgl. Quintil. inst. IX 3,
p. 49, 29 änoozQoqptf ös sxooawftov iazi fiszdßaotg; 99. 50. VIII 3, 82): II 8 = schein, dian. Ehet.
vgl. Ps.-Eufin. p. 54 ^Etdaraatg vel (xszdßaotg) : II Her. IV 54, 68 brevitas. Cic. de orat. III 202
1 (a). Cic. de orat III 205 erroris induetio; orat. distinete concisa brevitas; orat. 139 unter den
138 ut ab eo, quod agitur , avertat animos; dicendi quasi mrtutes: brevitatem (sequetur) si
stQoX^yug {= xooxardXTjiptg Alex. p. 16 u. a.; res petet; zd^ic : : II 20. Cic. de orat III 207 ordo.
vgl. Fortunatian. p. 110, 22. Iul. Rufin. p. 46 Der Definition nach (cww unaquaeque res novis-
ziQovxsQyaaia vel TiQOTiagaoxEvrj; etwas anderes simorum zerborum sententia clare distinguitur)
TTQoXrjipig bei Ps.-Eufin. p. 48. Isidor. p. 608): 50 entspricht Ehet. Her. IV 27, 37 disiunetum est.
114. Cic. de orat. III 205 anteoceupatio ; orat. 138 cum eorum, de quibus dieimus, aut utrumque
ut ante oeeupet quod videat opponi (vgl. auch de aut unum quodque eerto coneluditur verbo (= de
orat. III 204 praemunitio etiam est ad id, quod orat. ni 207 diiunetio?). Ferner sind vielleicht
aggrediare; orat. 137 ut ante praemuniat). Für folgende Gleichsetzungen richtig: xagaÖiaoToXi']
engere Beziehungen des G. zu älteren Vorgängern (Carm. de fig. 115 subdistinetio. Quintil. inst,
sprechen aber zunächst die Fälle, in denen G. IX 3, 65; vgl. 82; danach Ps.-Eufin. p. 53. Isidor.
übereinstimmend mit Ehet. Her. und Cicero eine p. 518, 29): 14 plures {res} aut duas , quae
Fignr unter denen X^ewg führt, die später zu videntur unam vim habere, disiungit et quantum
denen Siavoiag gerechnet wird ; solche sind: ü.to- distet doeet, suam cuique proprium sententiam
Qla (= ditLz6p>)öt S Alex. p. 24. Tiber, p. 61 60 suhiungendo = (?) Cic. de orat. III 207 quod de
u. a.): II 10. Ehet. Her. IV 29, 40 dubitatio. Cic. singulis rebus propositis duetum refertur ad
de orat. III 207 alia dubitatio (da 203 dubi- singula; drdxkaotg (Carm. de fig. 13 reßexio.
tatw als SinDfignr-, diese auch orat. 137 ut ad- Quintil. inst. IX 3, 97; das Beispiel 68 unter
dubtiei, qu%d potius aut quomodo dieat); maQa- ärzavdxXaeig, daraus Isidor. p. 518, 31): 15 ver-
1617
uorgias
tforgias
101»
Gorgianischen Wortfiguren bleiben also nur fol-
gende im Rhet. Her. und hei Cicero unerwähnt*.
jzoXvovvöstöv I 14, das außer Quintil. inst.
IX 3, 50. Carm. de fig. 52 muUiiugum. Beda
p. 611, 10 nur noch bei Hermog. st. ^i?. 5eiv.
p. 435, 26 to fieza zäiv cvvÖeofiwv Xsyöftsvov als
Gegensatz des davvdezov erwähnt wird; traoev-
tisaig I 17 (Carm. de fig. 118 interieetio. Quin-
til, inst. IX 3, 23. 26. Ps.-Rufin. p. 51. Beda
que sententiae suae; orat. 137 ut rursus quetsi
ad interrogata sibi ipse respondeat (schem. dian.).
Zu den übrigen ist keine sichere Parallele auf-
zuweisen : Quintil. inst. IX 2, 102 consummatio-
nem, quam Graeeus ovlXoyfjv (Volkmann,
AIAMATEN B, AIAMAPHN A) vocat, cum
plura argumenta ad unum effeetum dedueuntur
(=? schem. lex. Ehet Her. IV 30, 41 eonclusio.
schem. dian. Cic. de orat. HI 203 rationis apta
p. 614 interposita ratiocinatio divisae sententiae 10 eonclusio). 103 eonsequens, ille hcaxoXovihjotv, de
unter den Tropen; = aaQ£{J.ßoXrj Alex. p. 39. -—«-»* +— ^*— ■«. «--*•■ ««'
Tiber, p. 81, 23, d. h. Kaikilios); avayxaiov I
20 (Quintil. inst IX 3, 99); doch handelt davon
Cic. inv. II 98 neeessitudo autem infertur, cum
ri quidam reus id. quod fecerit , fecisse defen-
ditur mit einem Beispiel, das an ein rhodisches
Gesetz anknüpfend in Rhodos spielt: d. h. also G.
berührt sich hier mit dem rhodischen Lehrmeister
Oiceros , wie sonst so oft mit dem gleichfalls
quo nos in argumentis dixämm. eollectionem, qui
apud illum est ovXXoyta/.tog (auch dabei könnte
man an die eonclusio denken) . exhortaiionem,
xaoaiveuxov (vgl. Cic. de orat. III 205 iraeundia,
obiurgatio; orat. 138 ut irascatur, etiam ut obiur-
get aliquando). 106 dvdfivi^atv, dvziQQrjoiv (Unter-
schied vom ävzi'&szöv'?) , jiapavg't)cftv (vgl. Ehet.
Her. IV 33, 44 superlatio est oratio superans
veritatem alieuius äugen di minuendive causa.
rhodischen Lehrer des Auetor ad Herennium; dX- 20 Cic. de orat. III 203 augendiminuendique causa
Xoicjotg II 2 (Carm, de fig. 19 differitas. Quin-
til. inst. IX 3, 92, etwa = Cic. de orat. III 207
immutatio^ Foltz Quaest Herodianeae, Bonn
1844, 19 behauptete fälschlich, die bei Herodian.
p. 85ff. erwähnten Figuren ev Xi'^si xaza yoovovg,
aoifywvg, jiQoadiTzovg seien schon von G. unter
dem Begriffe dXXotoioig zusammengefaßt worden ;
der Urheber dieses Sammelbegriffs war erst Kai-
kilios; vgl. Tiber, p. 80, 18ff. Alex. p. 33. Zonai.
p. 168. E. Müller Herrn. XXXIX 447. Über 30
die Dreiteilung der Figuren, Xe^etog, Xoyov, öia-
yotag, die erst nach Quintilian auftaucht, s. unter
Fortunatianus Bd. VI zu III 10 p. 126, 24);
ötxatoXoyia (Quintil. IX 3, 99) II 3.
Schließlich ist auf die von Quintilian aus
Eutilius bezw. G. angeführten Sinnfiguren ein
Blick zu werfen; freilich ist, da Definitionen und
Beispiele fehlen, ihre Beurteilung erschwert, doch
genügt das wenige, was sich feststellen läßt, auch
veritaiis superlatio), ?iqosx-Öeoiv, quod est dicere,
quid fieri oportuerit, deinde quid factum sit
(also etwas anderes als die transitio Ehet. Her.
IV 26, 35 = Cic. de orat. III 203 propositio quid
sis dicturus et ab eo quod est dictum seiunetio :
vgl. Hermog. n. fj,s&. deiv. 12 p. 436), ivavziö-
znza, unde sint enthgmemata xaz svavzitootv
(Unterschied vom avziftexov ?) , fiEzdXtjynv etiam,
quo statu Herrnagoras utitur.
G. steht also mit seinem Buche inmitten der
älteren rhetorischen Tradition, von der uns vor
allein die Ehetorik ad Herennium und Ciceros
Schriften Kunde geben: er ist Asianer, unberührt
von den attizistischen Bestrebungen seiner Zeit.
In Eom wenigstens müssen diese ihm bekannt ge-
worden sein ; er wird sie abgelehnt haben. So-
mit ist aus seiner Stilrichtung, für die auch sein
Buch Zeugnis ablegt, kein Schluß darüber mög-
lich, oh er das Figurenwerk vor oder nach seinem
hier die Übereinstimmung oder Berührung des G. 40 Kommen in die Reichshauptstadt geschrieben hat.
mit der älteren Zeit festzustellen. — driid-szov
und avayxaTov gehörten nach Quintil. inst IX 2,
101. 106. 3, 99 bei G. zu den Schemata Mfrajg
wie diavolag. Das dvayxalov ist als Figur über-
haupt nur noch an der oben genannten Stelle
Cic. inv. II 98 nachweisbar. Das dvtißEzov aber,
das (bezw. die avTifieotg) sonst stets zu den Wort-
figuren gehört, wird auch Ehet. Her. IV 45, 58
und Cic7 de orat. III 205 als contentio zu den
Athenaios Xin p. 567 A (583 D). 596 F (iv zo}
7tF,gl hatQCüv) erwähnt einen G. aus . Athen als
Autor ksqI rwv A.&rjvrjoiv haiotdoov; schon Euhn-
ken p. XIII zweifelte an der Identität dieses und
des Ehetors, da derartige Stoffe nur Grammatiker
zu behandeln pflegten. Auch der bei Pollux IX
1 erwähnte .Sophist', Verfasser eines dvo^aon-
xöv ßißXiov, dürfte schwerlich mit dem Ehetor
identischsein(Susemihl501, 181). B. de Ballu
Sinnfiguren wie (s. o.) zu den Wortfiguien ge- 50 Histoire crit de Teloquence chez des Grecs I,
stellt. Erst Hermogenes handelt unter seinen " , " " n " ' !1 " J ' -"•<--'■-- * i_:„_-u^. -v^:+
oyj)fiaza Xöyov wieder vom dvridsror oyfjixa als
eines Xoyog öurXaoidCoiv uidvxa tov vxoxsiftevov
vovv im Gegensatz von der xsotodog und dem
xvtvjLia, 7i. fig. IV 1 p. 236. Von den übrigen
bei Quintilian genannten Gorgianischen Sinn-
figuren sind mit Sicherheit nur folgende zu identi-
fizieren : minas, id est xazd^rj^iv (Quintil. IX 2,
103) = Cic. de orat. III 205 comminatio {eom-
1813, 105 hielt diesen Ehetor Augusteischer Zeit
für den Verfasser der unter G.s Namen erhaltenen
Deklamationen Palamedes und Helena.
Literatur. P. ButiliiLupi de figuris, Aquilae
Eomani, Iulü Eufiniani 11. ex rec. Dav. Ruhn-
kenii, ed. C. H. Frotscher, Leipzig 1831; praef.
Euhnkenii p. Xlff. Ahrens Ztschr. f. d. Alter-
tums w. I 1843, 153-171. Dzialas Quaest Euti-
lianae, Breslau 1860. C. Schmidt De Eut. Lup.
•mendatio codd.); orat 138 ut denuntiet, quid 60 quaestioncs,Festscbr. des Elisabetgymn. Breslau für
caverent; ärdv^otpood (Quintil. inst. IX 2, 106,
Tgl. IX 3, 87. Ruhnken hielt auch die andern
hier erwähnten Figuren für Eutilianisch; dagegen
bereits Ahrens 157. a<podog und Sti^odog können
nicht von Rutilius-G. stammen, da ersteres = fie xd-
ßaotg, Rut. Lup. II 1 a) = Rhet. Her. IV 23, 33
subiectio (schem. lex.). Cic. de orat III 203 huic
(rogafioni) finitima quasi pereontatio expositio-
Görlitz. 1865. Blass Gr. Ber. v. Alex. b. a. Aug.,
Berlin 1865, 97f. Dzialas Ehet. ant. de fig. doc-
trina, Progr. Breslau Magdal. 1869. Draheim
Schedae Rut, Berlin 1874. Buschmann Charak-
teristik, d. gr. Rhet. beim Rhet. Sen., Progr.
Parchim 1878, 18. Job. Müller De fig. quaest
crit. I, Greifswald 1880. Th. Krieg Quaest.
Rutilianae in Comm. pbilol. Jen. VI 1, 1896
Teuffel-Schwabe 5 Köm. Lit. I 647f. Suse-
mihi Gr. Lit. d. Alex. II 500f. Schanz Rom. Lit.
112 345f. Christ 4 Gr. Lit. 781. [Münscher.]
10). Gorgias aus Athen, Schriftsteller aus nicht
näher bekannter Zeit, nach Aristophanes von
Byzanz, zu dem er Nachträge liefert, neben
Apollodor erwähnt (Athen. XIII 583 d), Verfasser
eines Werkes über die Geschichte athenischer
Hetären (ebd. 596 f jieqi sratQcÜv* 567 a miavtl
der Werbung einer Schar von Jünglingen spielt»
als zweifelhaft; mit dieser sollen er und Epa-
meinondas nach dem Gelingen des Anschlags auf
die Tyrannen, an dem sie sich nicht beteiligt
hatten, auf dem Markte erschienen sein, um die
Befreiung zu vollenden (ebd. 34 p. 598 C. D-
vgl. 25 p. 594 B. Plut. Pelop. 12). Auch die
weitere Nachricht, daß G. und Epameinondas Pe-
lopidas und seine Genossen in die VoLksversamm-
ßtßXia'ÄQioTocpävovg [vgl. Cohn o. Bd. II S. 1004] 10 lung zur Entsühnung für das vergossene Blut
xal 'AsivZXoötüQov [vgl. Wentzel o. Bd. I S. 2863]
xoX 'AnfimvLov [vgl. Cohn o, Bd. I S. 18651]
xal 'AvTKpdvovg [vgl. Kai bei im Index der Athe-
naeus ausgäbe III 581 u. v.], i'u <5« rogywv xov
jidrjvalov , JtdvTüiv tovtcov övyyeyga<poTa>v sceqI
t<£v 'A$t}vi?otv sraiQtdoJv). Auf dem gleichen Ge-
biet grammatisch-historischer Schriftstellerei war
außer diesen Grammatikern und besonders dem
Krateteer Herodikos, dem Verfasser eines Werkes
geleiteten (Plut. Pel. 12), ist wohl eine damit zu-
sammenhängende Ausschmückung. Nach Plut.
Pel. 14 war G, im J. 379/8 Boiotarch, doch steht
dies in Widerspruch mit der Meldung desselben
Schriftstellers (ebd. 13), daß unmittelbar nach der
Befreiung Pelopidas, Melon und Charon zu Boio-
tarchen gewählt wurden (dazu E. v. Stern Gesch.
d. spartan. und theban. Hegemonie vom Königs-
frieden bis zur Schlacht bei Mantinea 61, 1);
Kto/ucoöovfievoi (Sueemihl Gesch. d. griech. Lit. 20 auch Polyaens Erzählung (II 2. 1) kann dafür
• ,1 41 J • :a TT nrr\ j_;rj_'_ T7_n- j j_ . _ i_ * ti * _i T / -min -\ir . 1-1 1
i. d. Alexandrinerzeit II 27) tätig Kallistratos,
Schüler des Aristophanes von Byzanz (ebd. I
450). Einen Anhaltspunkt für die Bestimmung
des Zeitalters, in dem G. lebte, liefert die Beob-
achtung von Wentzel (a. a. 0.), Quelle des
Athenaeus bei der Zusammenstellung der Hetären
im XIII. Buch sei ein attizistischer Grammatiker
des 1. Jhdts. v. Chr. gewesen. [B. A. Müller.]
11) Gorgias von Alexandreia, ein Chirurg etwa
keinen Beweis abgeben (gegen Ed. Meyer Gesch.
d. Altert. V 375). Damit fällt auch die trotz.
v. Sterns (Xenophons Hellenika und die boiot.
Geschichtsüberlieferung 37ff.) Verteidigung ganz
unglaubliche Geschichte, daß G. im Verein mit
Pelopidas Sphodrias zu seinem Anschlag auf Athen
bewog •, zudem schreibt dies Plutarch selbst (Ages.
24) dem Pelopidas und Melon zu. Viel wahr-
scheinlicher ist, daß G. nach Thebens Befreiung
des 2. vorchristlichen Jhdts. (Cels. VII praef,), der 30 wieder zum Hipparchen bestellt ward ; als solcher
sich besonders der Behandlung von Nabelbrüchen
gewidmet zu haben scheint (Cels. VII 14).
[Gossen.]
12) Athenischer Bildhauer um 500 n. Chr.
Seine Künstlersignatur steht auf fünf in Athen
befindlichen Basen, von denen eine bei der sog.
Gigantenhalle, die übrigen, die sämtlich Weih-
geschenke an Athena trugen, auf der Akropolis
gefunden wotden sind, IG I 353 (Loewy Inschr.
nahm er im Sommer 378 an dem Feldzug gegen
Thespiai teil, auf welchem durch einen Angriff
der von ihm befehligten thebanischen Reiterei
Phoibidas den Tod fand (Xen. hell. V 4, 42ff.
Polyaen. II 5, % dazu Melber Jahrb. f. Piniol.
Suppl. XIV 551ff.). Bas Hauptverdienst des G.
war die Gründung der berühmten ^heiligen Schar 4
(Plut. Pelop. 18. 19. Polyaen. II 5, 1 ; bei Athen.
XIII 602 a dem Epameinondas zugeschrieben),
gr. Bildh. nr. 36), Suppl. p. 91 nr. 373 HO. p. 96 40 die in die Zeit nach Thebens Befreiung fällt
nr. 373 i«. p. 95 nr. 373 152. p. 101 nr. 373 214.
p. 201 nr. 373251 (Lolling KaraL r. (v'A&. im-
yga<p. Movo. I p. 43f. nr. 35 — 38). Danach kann
es nicht zweifelhaft sein, daß der bei Plinius in der
chronologischen Tabelle der Erzgießer XXXIV
49 als Zeitgenosse des Hageleidas und Kallon unter
der falsch berechneten Olympiade des ersteren
(87) genannte G. dieselbe Persönlichkeit und das
dort folgende Laeon nicht, wie man früher an-
(Meissner Epameinondas Biographie 127ff.
Grote Hist. of GieecelX' 2 33§); daraus ist die
Überlieferung von G.s Tätigkeit während der
spartanischen Herrschaft entstanden.
Literatur: Sievers Gesch. Griechenlands vom
Ende despeloponnesischen Krieges bis zur Schlacht
bei Mantinea 196ff, Ed. Meyer Gesch. d. Altert.
V passihi. [Swoboda.]
Gorgippia» Stephanos von Byzanz (s. Svv-
nehmen konnte, das Ethnikon, sondern ein weiterer 50 Sixog) behauptet, daß einige seiner Quellen G.
Künstler ist. [C. Robert.]
Gorgidas, Thebaner, nach Diod. XV 39, 2
fwo die Codd. rogyia? bieten) mit Epameinondas
und Pelopidas der bedeutendste Führer Thebens
zur Zeit seines Aufschwungs; doch steht damit
nicht ganz im Einklang, daß die Überlieferung
über ihn sehr spärlich ist. Der Plutarchischen
Schrift de genio Socratis, einer sonst sehr ver-
dachtigen Quelle (s. Epameinondas), dürfen
gleichsetzen mit der griechischen Kolonie 2tvÖi~
üoq hfjiriv, die im Lagunengebiet der skythischen
Sindoi zwischen Kimmerischem Bosporus und
Kubanmündung lag. B o e c k h (CIG II 99) hat die
Richtigkeit dieser Angabe bestritten. Zur Ent-
scheidung ist es notwendig, die historisch-topo-
graphische Behandlung des , Sindischen Hafens'
(= S. im folgenden) schon an dieser Stelle vor-
wegzunehmen. S. gehört, wenn nicht zu den
wir darin Glauben schenken, daß G. vor 382 das 60 ältesten, so doch zu den älteren hellenischen Grün-
Amt eines Hipparchen bekleidete, also schon da- J " n ^ ' ,J "■ Tr " * " ""
mals eine angesehene Stellung einnahm, und daß
er während der spartanischen Herrschaft in The-
ben blieb (5 p. 578 C) ; er unterrichtete die the-
banischen Flüchtlinge in Athen von den Vor-
gängen in der Heimatstadt (ebd. 1 p. 576 A).
Dagegen erscheint die Rolle, welche er in der
geheimen Organisierung des Widerstandes mit
düngen auf der Ostseite des Kimmerischen Bospo-
rus, da sich nachweisen läßt, daß es als solche
schon in dem Periplus aus dem Anfang des 5. Jhdts.
genannt war, den Sieglin als Grundstock der
Küstenbeschreibung des jüngeren Skylax. erkannt
hat. § 73 des Periplus setzt voraus, daß im
vorhergehenden Abschnitt als letzte und östlichste
griechische Stadt des sindischen Territoriums S.
aufgeführt war; aber § 72 schließt die Liste der
Kolonien mit Bata (im Text Ildtovs), das ostlich
von S.- lag. In dem Widerspruch dokumentiert
sich auf das deutlichste die Überarbeitung der
älteren Vorlage : Bata ist vom Bearbeiter Skylax
an der richtigen Stelle des § 72 als offenbar neuere
Gründung, von der er Kenntnis hatte, nachge-
tragen worden, aber der Anfang des folgenden Ab-
schnitts wurde aus Unachtsamkeit der Verände-
des Kubanlimans bis zur tiefen Zemesbucht über-
haupt kein Einschnitt, der nur im entferntesten
einem natürlichen Hafen gliche. Die Küste bildet
bis zum Städtchen Anapa einen flachen, gerad-
linig verlaufenden Strand, dem nach Süden und
Südosten ein kaum gegliederter Steilrartd folgt.
(Strab. 495: zo jiXeqv aXifxsvog xal ÖQsivrj). Die
Zemesbucht ist der hgog hfirjv des Altertums,
an dem die griechische Kolonie Bata gegrün-
mng nicht angepaßt. S. gehört also sicher dem 10 det wurde, auf der Stelle des modernen Nowo-
älteren Periplus an und bestand schon um 500.
Die griechische Kolonie hieß nach dem skythi-
schen Stamm, in dessen Territorium sie lag. Wir
wissen bestimmt, daß die Sinder, die seit dem
4. Jhdt. dem bosporanischen Reiche der Spartokiden
von Pantikapaion dauernd einverleibt blieben, im
5. Jhdt. noch unabhängig und frei waren ; denn
sie prägten damals eigene Münzen. Ihr politi-
scher Mittelpunkt und Königsitz darf für diese
Rossisk, dem neue Ladeanlagen und die Eisen-
bahnverbindung mit dem mittleren Kubangebiet
in den letzten Jahrzehnten zu immer steigender
Blüte verhelfen. Das oben genannte, 1822 neben
der ehemaligen türkischen Grenz festung gegrün-
dete Anapa, wo man gewöhnlich S. sucht, hat
zwar einen bescheidenen Seeverkehr, aber eine
völlig ungeschützte, offene Rhede, von der nie-
mals der Name S. seinen Ursprung hätte nehmen
frühere Periode natürlich nicht in dem autonomen 20 können. Außerdem ist Anapas Lage schon weit
griechischen Hafenort gesucht werden. Ander-
seits nötigt uns die Münzprägung, ihn als städ-
tisch organisiertes und Handel treibendes Gemein-
wesen zu denken. Es gab also notwendig damals
getrennt von dem hellenischen Hafenplatz eine
Barbarenstadt desselben Namens. Wir müßten
ihre Existenz erschließen, auch wenn sie nicht
ausdrücklich bezeugt wäre, zuerst von Mela 1 110:
Sindos in Sindonum ab ipsis terrarum eul-
abseits nach Süden von der Kubanmündung und
den Lagunen, gegen die sich flache, steppen-
artige Höhen erheben, durchaus unvereinbar mit
der Beschreibung des Ephoros, die S. auf der
vijaos zwischen Bosporus und Kuban ansetzt. Aus
der Beschaffenheit der sindischen Küste folgt mit
Gewißheit, daß der berühmte Hafen nur inner-
halb des Kisiltas-Limans, das selbst schon einen
prachtvollen Naturhafen größten Umfangs dar-
toribus eondüa est, also ausdrücklich nicht grie- 30 stellt, gesucht werden darf. Das Liman wird gegen
chische, sondern Barbarenstadt. Diese Notiz Melas
ist bisher unbeachtet gelassen worden, und die
sie bestätigende und stützende Unterscheidung
zwischen S. und Sinda atöjjujj auf der Ptolemaios-
karte — sie rechnet etwa 200 Stadien für den
Abstand der beiden Orte voneinander — wird
allgemein verworfen: mit welcher Berechtigung,
wird der Fortgang dieser Untersuchung noch deut-
licher aufweisen. Über die Gründungsgeschichte
des griechischen Hafens erfahren wir durch Epho- 40
ros (in dem anonymen geographischen Gedicht
S88f.), daß es von Kolonisten der benachbarten
Städte, nicht unmittelbar vom ionischen Mutter-
lande besiedelt worden war. Ephoros fügt auch
eine topographische Notiz hinzu, die für die Be-
stimmung der genauen Lage des Sindischen Hafens
wichtig genug erscheint: wie Phanagoreia und
Hermonassa lag er auf der sindischen ,viioog, die
Sümpfe und Fmßläufc und seichte, vom Asow-
schen und Schwarzen Meer eindringende Buchten 50
unzugänglich machen'. Diese Schilderung führt
uns in das unmittelbare Lagunengebiet der Kuban-
mündung: wir haben die Stadt nach Westen von
dieser im Umkreis des Limans Kisiltaä zu suchen,
und da sie in den Periplen der eigentlichen pon-
ti sehen Küsten auftritt, an der Südseite des Kuban-
limans. Nachdrücklich verlangt das immer wieder-
kehrende, mit dem Namen selber innig verwachsene
Beiwort h^v der hellenischen Kolonie die Be-
achtung des Topographen ; es fehlt niemals bei 60
Skylax, Ephoros, Artemidor, Ptolemaios; Hesych
notiert unter Sindoi: iori 6h nohg ixü Ziväixog
Xifiijv Xsyofievr}. Folglich hat sich diese griechische
Stadt auf der sindischen Halbinsel vor allen andern
durch einen besonders trefflichen Hafen so sehr
ausgezeichnet, daß diese Eigenschaft dauernd in
ihrem Namen zum Ausdruck kam. Nun findet
sich an dem ganzen Küstenstrich vom Eingang
das Schwarze Meer durch eine niedrige , langge-
streckte, P/2— 2 km breite Nehrung abgeschlossen,
die sich gegen den Ausfluß nach Art einer Schere
spaltet, Die Arme dieser Schere mögen die Molen
des antiken Hafenbeckens gebildet haben, die
griechische Stadt selber nahm den anschließenden
Achilltion
Kimme Hon
\jBata limen
hermonassa - .
Korokondame B ^ ta Achaia
Sindische Halbinsel nach Ptolemaios.
Teil der Nehrung ein, sodaß sie im Norden das
Liman, im Süden das offene Meer berührte, von
beiden Seiten erreichbar. Das war ein außerordent-
licher Vorteil, und es ist klar, daß der Ort, der
den Eingang zu dem für die griechische Seefahrt
unvergleichlich wichtigen Liman beherrschte, eine
besondere Bedeutung gewinnen mußte.
Diesen Wahrscheinlichkeitsbeweis der topo-
graphischen Betrachtung erheben glücklicherweise
die ältesten uns erhaltenen Maße des Küsten-
periplus zur völligen Gewißheit. Artemidor (bei
Strab. 494 und 496 Ende) rechnet von dem
Dorf Korokondame bis S. 180 Stadien, von hier
bis Bata 400 Stadien. Aus einer jüngeren Quelle
{wohl den Mithradatika des Theophanes) weiß
.Strabon (494 Ende), daß das zuerst genannte
Dorf nur 10 Stadien nach Westen von der Ein-
fahrt in das jKisiltas-Liman entfernt ist, und
«benso setzt es der Anonyinos (FHG Y 182)
hier an. Für Artemidor liegt es dagegen aus-
drücklich unmittelbar am südlichen Ausgang des
Bosporus, 70 Stadien von dem gegenüberliegenden
^europäischen' Ufer entfernt; und Ptolemaios ist
jenem auf seiner Karte des Bosporus genau gefolgt.
Dieser Punkt entspricht dem heutigen Vorgebirge
Panagia; von hier müssen wir ausgehen, um den
Endpunkt der Artemidorischen Messung zu finden,
gleichviel ob der Geograph sich geirrt hatte, als
er das Dorf Korokondame an den Bosporus rückte,
oder ob es in seiner Zeit wirklich hier lag. Das
Versehen erklärt sich wohl daraus, daß Arte-
midors Gewährsmann den Beginn der Meerenge
von Kertsch nach dem nächsten Ort bestimmte,
mochte immerhin dieser selbst noch ziemlich ab-
liegen. 180 Stadien, von Panagia gemessen,
führen uns ein wenig nach Osten über den Ein-
gang des Limans hinaus, d. h. genau an die oben
angenommene Stelle. Die 400 Stadien, die Ar-
temidor von S. bis zum Dorf und Hafen Bata
rechnet, erreichen die Zemesbucht nicht, es
fehlen bis hierhin etwa 100 Stadien. Aber nach
«der Ptolemaioskarte stand das Dorf wirklich über
100 Stadien westlich vom Hafen, der unzweifel-
haft der Zemesbucht entspricht, also an der
flachen Bucht im Osten des Abrausees, in die
sich der kurze Ozerieh ergießt. Artemidor hat
offenbar irrtümlich Dorf und Hafen zusammen-
geschoben. Auch der Umstand, daß die Summe
von 580 Stadien zwischen dem Ausgang des Bos-
porus und Bata annähernd der Entfernung von
Kap Panagia bis zur Zemesbucht entspricht,
macht es wahrscheinlich, daß die geringe Diffe-
renz durch einen etwas westlich der Bucht ge-
legenen Endpunkt der Artemidorischen Messung
zu erklären ist. Jedenfalls bestand die griechi-
sche Kolonie und Stadt, die Skylax zuerst er-
wähnt und die zweifellos innerhalb der Bucht
selbst gegründet worden war, zu Artemidors Zeit
nicht mehr. Offenbar hatte die hellenische Grün-
dung den Namen eines einheimischen Gaues (der
Kerketai) angenommen, dessen kommunaler Mittel-
punkt natürlich auch räumlich von der Nieder-
lassung und Stadt der griechischen Kanfleute
verschieden war und fortbestand, während diese
schnell wieder verfiel. Dann mochte Artemidor
leicht genug die ihm bekannte Entfernung von
S- bis zum Barbarendorf Bata auch auf den ver-
bogenen Hafen beziehen. Es ist ferner zu be-
achten , daß Plinius und Aman die Zemesbucht
als den ,Heiligen Hafen' aufführen und das Dorf
Bata überhaupt nicht nennen; das scheint gleich-
falls anzudeuten, daß dieses eben nicht an der
Bucht selber gelegen war.
Den Periplus vom oppidum Hieron (so wohl
ungenau anstatt portus Hieros !) bis Sindtca ci-
vitas berechnet Plin. n. h. VI 17 auf 67,5 Meilen
oder 540 Stadien, die auf das genaueste der
10 Küstenlänge zwischen dem inneren Winkel der
Zemesbucht und dem von uns angenommenen
Punkt der Kisiltas-Nehrung entsprechen. Wenn
Plinius im selben Zusammenhang vom Secheries-
flusse ad Bospori introüum 88V2 Meilen oder
708 Stadien zählt (die Summe der Artemidori-
schen Maße zwischen S. und nordlichem Bos-
poruseingang beträgt 400 Stadien), so stimmt
auch diese Zahl mit der Wirklichkeit überein,
vorausgesetzt, daß der introitus von der Maiotis
20 her bezeichnet werden sollte. Der Secheries ist,
wie Karl Müller trefflich gesehen hat, der in
die Abraubucht mündende Küstenbach Ozerieh.
Die Plinianischen Zahlenangaben scheinen einer
älteren Quelle anzugehören, weil sie nicht mit
der jüngeren, von Theophanes eingeführten Reihen-
folge der pontischen Völkerschaften, sondern mit
der Artemidorischen verbunden auftreten (s. u.).
Es ist natürlich kein Zufall, daß die von Plinius
überlieferte Entfernung zwischen dem Heiligen
30 Hafen und S. und Artemidors Messung vom
Bosporusausgang bis zum Sindischen Hafen den-
selben Punkt der Nehrung treffen. Die Stelle
der alten Stadt wird dadurch auf das sicherste
nahe am Ausfluß des Kubanlimans bestimmt,
— wenigstens für die Zeit Artemidors und die
ihm voraufgehenden Jahrhunderte.
Wir haben aber noch andere und deutlich
neuere Zahlen für die Südküste der sindischen
Halbinsel in dem von Arrian teilweise nach eigener
40 Reiseerfahrung zusammengestellten Periplus des
Schwarzen Meeres 29 (die Zahlen des Anonymos
FHG V 183 § 26, stimmen mit denen Arrians bU
auf je 10 Stadien überein, bestätigen also die Rich-
tigkeit jener, aus denen sie abgeleitet sein mögen):
tEQog l*j«*Ji'-Sindike (nicht S- h/u^v\) = 300
Stadien, Sindike-Pantikapaion — 540 Stadien.
Die Summe von 840 Stadien kommt der wirk-
lichen Distanz zwischen Kertsch und Zemesbucht
ganz nahe, die Einzelzahlen sind also rich-
oOtig und fixieren die Lage Sindikes bei Anapa.
Daraus folgt, daß dieses Siudike und S. von-
einander verschieden sind. Die von Arrian ge-
gebene abweichende Namensform, der das dem
Sindischen Hafen organisch verbundene Beiwort
lehlt, ist nicht zufällig und willkürlich, sie ist
authentisch. Die Femininendung Sindike bringt
auch der Anonymos, aber er verwechselt den so
benannten Ort mit S. , dessen Kenntnis er aus
älteren Quellen, besonders aus dem namenlosen
60 geographischen Gedicht schöpft, und fügt dann
hinzu: ijxoi 2. L, in meiner Zeit Eudusia (zu
verbessern nach Prokop in Eulysia). Ebenso nicht
S., sondern Sindicae oder Sindeee auf der Tab.
Peut. und im Geogr. Rav. 77 und 368; und schon
bei PlLnms finden wir Sindica civitas , obwohl
seine, eineT älteren Quelle angehörigen Zahlen
auf S. zielen. Mela nennt die sindische Barbaren-
stadt Sindos. Der Anonymos (FHG V 182 § 23.
25) ist der einzige antike Geograph, der eine
klare Vorstellung der Konfiguration der dem
Schwatzen Meer zugekehrten Seite der sindischen
Halbinsel besitzt; er kennt und beschreibt ge-
nau die Lage des Kisiltaö-Limans, der Korokon-
damitis Xt/nvi]. Den Periplus von Sindike zur
Einfahrt und von dieser innerhalb des Limans
bis Hermonassa am Ostufer bemißt er auf 440
Stadien: auch diese Zahl beweist, daß Sindike
nicht die alte hellenische Kolonie S. auf der
Kisiltas-Nehrung ist. Wohl aber paßt die Ent-
fernung sehr gut auf Anapa. Somit kommen wir
auch auf diesem Wege zu der sicheren Erkennt-
nis, daß die Ptolemaioskarte richtig zwischen
S. und der xtöftt] Sinda unterscheidet, die in
den übrigen geographischen Quellen gewöhnlich
Sindike heißt. Auch der von der Karte auf
200 Stadien bemessene Abstand zwischen beiden
Orten nähert sich durchaus der Wirklichkeit.
So verzerrt und falsch das Gesamtbild der sindi-
schen Halbinsel in der kartographischen Wieder-
gabe des Ptolemaiosatlasses ausgefallen ist, die
einzelnen Distanzen spiegeln doch das teilweise
auch -uns noch erreichbare Quellenmaterial zu-
rück. Wir sahen, wie der Anonymos einen Pe-
riplus von 440 Stadien zwischen Sindike und Her-
monassa rechnet; Marinos und Ptolemaios ver-
mochten allerdings nicht zu erkennen, daß diese
Zahl für die kartographische Zeichnung minde-
stens auf die Hälfte reduziert werden müßte,
weil sie die Länge der Kisiltas-Nehrung zweimal
enthält, einmal an der Südseite gegen das offene
Meer und das andere Mal an der entgegenge-
setzten inneren Küste gemessen, aber sie haben
sie doch benützt und auf eine gerade Küsten-
strecke bezogen, die sich in solcher Ausdehnung
zwischen Sinda und Hermonassa hinziehen sollte.
Das Dorf Korokondame ist auf der Ptolemaios-
karte 250 Stadien von Hermonassa nach Westen
entfernt; auch darin spiegelt sich die Wirklich-
keit insofern, als dieses Maß dem Längendurch-
messer des Kubanlimans zwischen der Einfahrt
und dem Ostende, an dem Hermonassa lag, ent-
spricht. Aber zugleich wird Korokondame unter
dem Einfluß Artemidors an das südliche Ende
der Kertscher Straße verlegt
Knüpfen wir an dem Ausgangspunkt dieser
Untersuchung wieder an, so kann nunmehr kein
Zweifel obwalten, daß jenes in Anapa zu lokalisie-
rende Dorf Sinda des Ptolemaios und Arrians Sin-
dike eben der einheimischen sindischen civitas
entsprechen, deren Vorhandensein wir auf Grund
der Münzprägung schon für das 5. Jhdt. voraus-
setzen müssen. Diesem der geographischen Über-
lieferung abgewonnenen Bilde eine überraschende
Kehrseite zu geben und eine verlorene Notiz jener
zu bestätigen und gleichzeitig zu berichtigen,
reden in Anapa die Steine. Das russische Städt-
chen hat uns intra terram und als Bausteine der
türkischen Festungsmauer eine von Jahr zu Jahr
sich mehrende Fülle griechischer Inschriften der
Kaiserzeit geschenkt. Von 1894 — 1900 sind so
mehrere Bruchstücke einer beschriebenen Marmor-
tafel gefunden worden, deren eines den Stadt-
namen rogyi[si]ma enthält: folglich lag aller
Wahrscheinlichkeit nach G. an der Stelle von
Anapa und ist wirklich identisch mit der sindi-
schen civitas, wie Stephanos in manchen seiner
geographischen oder historischen Quellen ange-
geben fand, nur daß er unaufmerksam Sindike-
mit S. verwechselte. Die Inschrift ist in Laty-
sehe ws Inscript. ant. orae sept. Pont. Euxin.
IV 245f. publiziert. Über Anapa = Gorgippia.
vgl. Latyschews darauf bezüglichen Aufsatz,
jetzt in seinen gesammelten , russisch geschrie-
benen Abhandlungen mit dem Titel Pontika (Pe-
tersburg 1909) 279. 283. Die Inschrift zeigt,
10 daß die testliche Überlieferung bei Stephanos s. v.
nicht mit Dindorf und Meineke in Qorgip-
peia korrigiert werden darf; die Münzen schreiben
allerdings Togymnicov (Eckhel LT 339 und Head
HN 422). Wann hat aber die sindische Civitas
den Namen G. geführt? Boeckh (CIG II 92.
99) trug kein Bedenken, den Schwiegervater des
bosporanischen Königs Pairysades L, Gorgippos r
den man aus Inschriften kennt, zum Oikisten von
G. zu proklamieren. Wahrscheinlich meint diesen
20 G. auch Deinarchos in seiner Rede gegen De-
mosthenes 43. Dagegen hat Boeckh mit Un-
recht auch den von Polyaen (VIII 55) Genannten
mit jenem zu einer Person verschmolzen. Dieser
ist unbedingt älter und war ein Sohn Satyr os I.
(um 400), wenn auch nicht sein Nachfolger, wie
Polyaen wohl irrtümlich berichtet, da G. in der
durch Diodor erhaltenen Regentenliste der Sparto-
kiden fehlt. Indessen vereitelt die Abwesenheit
einer Kolonie G. in der revidierten sindischen
30 Städteliste des Skylax sicher genug einen et-
waigen Versuch, die Stadtgründung jenem älteren
Gorgippos zuzuschreiben. Aber auch gegen
Boeckhs Kandidaten spricht alles, was wir über
G. feststellen können. Die Stadtmünzen sind
nicht älter als das Ende des 1. Jhdts. v. Chr. ;
und für dieselbe Zeit nennt und kennt in der
geographischen Literatur als erster und außer
Stephanos einziger Strabon (495) Gorgipia: etni
tYe xai r, sv [8h] tjj Zivdixfj , ro ßaotistov t&v
4Q2tvÖwv 7tlr\olov üaiaTzriQ. Hier wird ausdrück-
lich nur die Lage der Stadt nahe am Meer her-
vorgehoben, G. hatte also keinen Hafen, son-
dern höchstens eine offene Rhede und ist darum
unbedingt verschieden von S. h^v. Es ist
außerdem der politische Mittelpunkt des sindi-
schen Gemeinwesens und die Residenz eines ein-
heimischen Königs. Solche haben die Sparto-
kiden, wenn sie seit Leukon I. in ihrem offi-
ziellen Titel auch König der Sinden, Malten usw.
50 heißen, offenbar nicht mehr unter sich geduldet;
Strabons Notiz gilt also nicht für das 4. und
3. Jhdt. Anderseits kann G. im 5. Jhdt, wohl
nicht bestanden haben, weil es dann in dem
älteren Periplus aufgeführt gewesen oder von
Skylax nachgetragen worden sein müßte. Quellen-
kritisch gibt sich die Notiz über G. ganz klar
zu erkennen als Einschub in den Küstenperiplus
Artemidors, den Strabon seiner Periegese als Leit-
faden zugrunde legt. C. 496 Ende wird Arte-
60midoTs Vermessung der sindischen Küste vom
Ausgang des Bosporus an im Zusammenhang
wiederaufgenommen; auf Korokondame folgt S.
und dann Bata: also hatte der ephesische Geo-
graph weder ein Sindike noch ein G. aufge-
führt. Das erstere konnte neben S. leicht über-
gangen oder übersehen werden, G. schwerlich.
Wir haben alles Recht zu glauben, daß im 2.
Jhdt Name und Seegeltung G.s noch nicht be-
o-£-.r~
-standen, sie sind jünger als Artemidor. Wir
können außerdem nachweisen, aus welcher Quelle
Strabon die Kenntnis G.s geschöpft hat, und
wer den Namen zuerst erwähnte. In der ethno-
graphischen Einteilung der pontischen Nordost-
küste lesen wir 495 Ende: {it-zä 8s Sivdixvjv
xai ty)v rogywiiav (Karl Müller will hier um-
stellen zijv xai: das würde dann ein zweites
wertvolles Zeugnis für die Identität beider Orte
■sein und ein sehr wertvolles für die gesonderte 10
sindische Civitas !) im zff tiaXäzn) fj x&v 'Äyaiwv
Mai Zvyöiv xai 'Rvioymv jiaoailu , zo xMov
Mipevog xai ögeivr}, tov Kavxaoov ßsgog ovoa.
Diese Reihe, die auf die Sinder ostwärts die
Achaier folgen läßt, weicht ab von der älteren,
wie sie zuletzt Artemidor beschrieben hat: Sin-
vjuigijjjjia
1020
-der,Kerketai, Achaier, Heniochoi (Strab. 496 Ende).
Außerdem endete für Artemidor das sindische
Territorium bei Bata an der Zemesbucht, wäh-
rend die zweite Quelle Strabons das Küstenstück 20
unmittelbar östlich von G. schon den Achaiern
zuweist^ (so schreibt auch die Tab.' Peut. genau
über Sindieae Achei, und der Geogr, ßav. nennt
zweimal (77. 368) neben Sindeee Acketml). Stra-
bon hat die Differenz wohl erkannt und fügt
hinzu, daß oi Mi&Qidazixa övyyQayavrss olg fiä).-
Xov nQoosxTsov nach den Sindern zuerst die Achaier,
dann die Zygoi, dann die Heniochoi und dann die
Kerketai aufzählen. Der Geschichtschreiber des
Pompeius und Mithradates war Theophanes von 30
Mytilene; Strabon schätzte ihn hoch und hat
sein Werk, wie die pontische Völkerliste be-
weist, auch 495 zur Ergänzung der Artemidori-
schen Länderbeschreibung ausgenützt. Folglich
stammt sein Wissen über G. aus Theophanes,
dessen Geschichte vor 63 veröffentlicht wurde.
Dieser ist es, der die Stadt zuerst erwähnt hat,
sie ist wahrscheinlich zwischen Artemidor und
Theophanes gegründet worden, oder besser, da-
mals hat der Sindervorort Sinda den Namen G. 40
angenommen, wohl nach einem König Gorgippos,
-der dem skythischen, längst hellenisierten Stamm
nach der langdauernden unmittelbaren Zugehörig-
keit zum bosporanischen Territorium wieder eine
gewisse Selbständigkeit gewann. Unter Mithra-
dates Eupator war das sehr wohl möglich; da-
mals mag es zuerst wieder einheimische sindi-
sche Könige gegeben haben, die in der alten,
immer mehr einer griechischen Stadt gleichenden
Civitas bei Anapa residierten. 50
Uns ist freilich jeder genauere Einblick in
die Geschichte dieser Könige versagt ; wir wissen
darum nicht, seit wann sieh die Stadt der völligen
Freiheit und Unabhängigkeit von der bospora-
nischen Herrschaft erfreute, in der wir sie Jahr-
zehnte später zur Zeit der pontischen Wirksam-
keit Agrippas finden. Damals versucht der bos-
poranische König Polemon I. mit List und 'Ge-
walt G. zurückzuerobern, fällt aber in die Hand
semer Gegner und wird hingerichtet. Strabon, 60
der das berichtet (495), nennt als Feinde Po-
lemons und Herren G.s merkwürdigerweise nicht
die Sinder, sondern die bei ihm zuerst auftre-
tenden Aspurgianoi, fiEraH ^avayogdag oixovvzsg
*m! * ^ nevxax °™°t$ azaSioig, Die Distanz
gut offenbar für einen Landweg, der, die beiden
Städte verbindend, im Norden das Kubanliman
umging; sie läßt sich mit der Ansetzung G.s in
Anapa sehr wohl vereinigen. Wir sehen, diese
Aspurgianoi hatten das gesamte sindische Terri-
torium inne ; waren sie vor kurzem erobernd hier
eingedrungen? hatten sie die alten Bewohner
unterworfen? Strabon führt beide als Stämme
der Maioten auf, ohne sich um die geographische
Schwierigkeit zu kümmern, wie zwei verschie-
dene Völkerschaften genau denselben Landstrich
bewohnen können. Er bricht die längere, aus
irgendwelcher Quelle exzerpierte Liste deT maio-
tischen Stämme mit der Bemerkung älloi nldovg
ab, um dann fortzufahren : tovtcov (nämlich Stäm-
men) fr doi y.ai ol 'AaxovQyLavoi usw. Diese An-
knüpfung zeigt, daß in der Aufzählung jener
Quelle die Aspurgianoi noch nicht genannt waren.
Erst Strabon trägt sie nach, wohl aus eigener
Kenntnis der Tagesereignisse, die jene in° den
Gesichtskreis der römisch-griechischen Welt ge-
bracht hatten. Über ihre Sitze orientierte er
sich in einem offenbar zeitgenössischen geogra-
phischen Werke, wie die beigefügte, die Ausdeh-
nung ihres Territoriums genau bestimmende Sta-
dienzahl verrät; er fand sie dort stillschweigend
an Stelle der Sinder eingesetzt. Als Quelle kommt
wohl nur Agrippas Karte der Porticus Vipsania
in Betracht ; die Benutzung der Vermessung der
Landstraße zwischen G. und Phanagoreia deutet
direkt auf sie hin. Sie ist dann auch von Ptole-
maios und dem Bearbeiter der Tab. Peut. be-
nützt worden, die beide, wie Strabon, einen Volks-
stamm der Aspurgianoi verzeichnen. Ptolemaios
setzt sie zwar an den Ostrand der Maiotis, aber
zwischen die Städte Tyrambe und Gerusa, die
in Wirklichkeit noch zur sindischen Halbinsel
gehörten; mit ihnen also auch die Aspurgianoi.
Läge in der ethnischen Bestimmung der Aspur-
gianoi ein Irrtum vor, so müßte er schon von
der gemeinsamen Quelle, also von Agrippa, be-
gangen worden sein. Da dieser persönlich am
Bosporus tätig war, ist ein solcher Irrtum sehr
unwahrscheinlich, und mit ihm fällt die neuer-
dings vertretene Hypothese (s. o. Bd. IIT S. 779),
daß die Aspurgianoi kein Volksstamm, sondern
die Parteigänger des Aspurgos seien, dessen Herr-
schaft über den Bosporus für die letzten Jahre
des Augustus und unter Tiberius gesichert ist.
Die Ableitung des Personennamens Aspurgos von
dem Ethnikoh ist im skythischen Gebiete zu-
mindest nicht selten; vgl. SauTomates, Skythes.
Auf den Inschriften nennt Aspurgos seinen Vater
Asandrochos: diesen mit dem bosporanischen
König Asander gleichzustellen, haben wir bei
der Differenz der Namen das allergeringste Recht.
Wenn dem Asandrochos der Königstitel bei-
gelegt wird, so war er offenbar König der As-
purgianoi, nicht des Bosporus, und residierte
in G. Wir dürfen in ihm gewiß jenen Herrscher
erkennen, den Polemon I. unterwerfen wollte und
dem er selber unterlag. Aspurgos wurde sein
Nachfolger auf der sindischen Halbinsel und in
G. und eroberte später von hier aus den ganzen
Bosporus. Von wo die Aspurgianoi gekommen
waren, seheint bei dem Mangel jeglichen Mate-
rials eine müßige Fräse. Das Ethnikon gibt sich
als nicht-skythische Bildung; in Germanien ver-
gleichen sich die Nertereanoi (Ptolem. II 11, H)
der Endung nach, in der Stammsilbe die Visbur-
gioi (Ptolem. H 11, 11), die nördlich vom Kiesen-
gebirge zu suchen sind, und die noch weiter nach
Osten wohnenden Burgiones; das Riesengebirge
heißt Askiburgion (Ptolem. II 11, 5) und ebenso
«in Ort am Rhein; sollten die Aspurgianoi in Süd-
rußland ein versprengter germanischer Stamm ge-
wesen sein, wie die Bastarnen, — die ersten Vor-
läufer der Krimgoten?
Woher sie aber auch gekommen waren, jeden-
falls erfreute sich unter den neuen Herren G.-
Sindike einer unzweifelhaften Blüte. Die Be-
deutung und Seegeltung der Stadt bezeugt auf
den Münzen die prora, ihren hellenistischen Cha-
rakter dokumentieren die Inschriften. Plmius
kennt sie als civitas Sindica und überträgt die
für den Sindischen Hafen geltenden Zahlen des
Küstenperiplus , die er in älteren Quellen fand,
unbedenklich auf sie. Das scheint dafür zu
sprechen, daß damals die griechische Kolonie
S. nicht bloß nicht von G. überflügelt worden
war, sondern überhaupt nicht mehr bestand und
vielleicht schon seit längerer Zeit verfallen oder
verstört lag. Ganz sicher fand es weniger als
ein halbes Jahrhundert später Arrian bei seinem
Besuche der sindischen Küste nicht mehr. Er
sah nur die Stadt Sindike und legte auf ihrer
Rhede an. Wenn dagegen Marino s-Ptolemaios
für annähernd denselben Zeitraum sowohl den
Sindischen Hafen wie Sinda auf ihren Karten ein-
tragen, so zeigt schon die Bezeichnung der letz-
teren als kgV*?/, daß jene, ohne Kenntnis der
gegenwärtigen Zustände, längst veraltete Quellen
verarbeitet haben. In einem Punkt kam ihnen
ihre Unkenntnis freilich zustatten. Wir sahen,
daß eigentlich nur Strabon aus gewissen geo-
graphischen und historischen Quellen von der
Stadt G. wußte; sonst ist der neue Name der
alten sindischen civitas so gut wie allen ver-
borgen geblieben. Er hat sich ganz deutlich auf
die Dauer nicht einbürgern können; Arrian hört
ihn nicht mehr an Ort und Stelle, und wenn Mela
nur von der SindeTstadt Sindos, Plinius nur von
der Sindica civitas sprechen, so war der Name
G. anscheinend schon damals verschwunden. Wahr-
scheinlich hatte neben ihm Sindike immer Geltung
behalten und verdrängte den neuen Namen bald
wieder völlig, so daß er kaum viel länger als ein
Jahrhundert bestanden hat. Der späte Anonymos
kennt und nennt noch Sindike, aber er fügt hinzu,
daß es in seiner Zeit vielmehr Eulysia heiße.
Es war im 6. Jhdt. noch immer in Blüte und
Hauptstadt und Hauptrhede des hunnischen König-
reichs Eulysia. das von der Tanaismündung bis
zu den Kubanlaguuen reichte. Ähnlich hatte
Jahrhunderte früher Sindike zugleich das Terri-
torium der Sinder und ihre Stadt bezeichnet.
Dann lag die Stadt wüst, bis Ende des 18. Jhdts.
die Türken eine Grenzfestung gegen die Russen
hier erbauten und nach Vertreibung jener diese
neben der Burg eine neue Stadt anlegten, Anapa.
das nun ganz neuerdings einigen Aufschwung
nehmend von ferne an die uralte Vergangenheit
erinnert. [Kies.sling.]
Gorgippos. 1) Sohn des Pythippos aus Chalkis.
lI[oii]]ti)[g oarv](>aiv. Er siegt bei den Soterien
in Akraiphiai Mitte 1. Jhdts. v. Chr., IGS I 2727.
2) r. roQyioq aus Tegea (KQaQta>Tijs). Siegt
bei den Olympien in Tegea, Le Bas II 338 b.
[Kirchner.]
Gorgo. 1) Gorgo, das in der Literatur viel-
genannte und in der Kunst unzähligemal gebil-
dete Ungeheuer der griechischen Mythologie. *)
A. In der Literatur.
I. Quellen. Schon früh ist zur fast all-
einigen Herrschaft die argivische Sage gelangt,
die die G. eng mit Perseus verbindet. Durch sie
sind die übrigen, z. T. sicher ursprünglicheren
Sagen so in den Hintergrund gedrängt worden,
10 daß sie uns nur bruchstückweise kenntlich sind.
Bei der Dürftigkeit der älteren Überlieferungen
— Homer, Hesiod, Pindar, Pherekydes von Athen
iv tfj ösvzioq. bei Schol. Apoll. Rhod. IV 1515;
von den Tragikern scheinen Aischylos mit den
<PoqxIÖ£$ und Euripides mit der Andromeda am
meisten auf die Folgezeit gewirkt zu haben;
daneben müssen des Aischylos Polydektes, die
Andromedadramen des Phrynichos, Sophokles,
Lykophron, des Euripides Diktys, des Aristias
20 Perseus und schließlich von Komödien die Ueqi-
<pioi des Kratinos und die FoQyöveg des Heniochos
(bei Kock CAF IT 431) Bezügliches enthalten
haben ; ich werde darüber demnächst im Rh. Mus.
handeln — , sind wir auf die Altes und Junges
wahllos mischende und dämm mit größter Zu-
rückhaltung zu benützende jüngere Literatur viel-
fach allein angewiesen, die in vielen Stücken
durch die für die ältere Zeit reichlicher fließende
Quelle der Kunstdenkmäler zu ergänzen und zu
30 kontrollieren ist. Das reichlichste Material im
Zusammenhang geben Apollodors Bibliothek (aus
der Tzetzes zu Lykophr. 838 das meiste schöpft,
doch auch andere Quellen zuzieht), einige Scholien,
Ovid und Lucan. Die sehr häufige Verwendung
einzelner Sagenmotive bei fast allen übrigen römi-
schen Dichtern liefert kaum etwas Förderliches.
Für die Geschichte der antiken Deutung steht das
Wichtigste bei Diodor, Pausanias, Athenaios und
den Mythographen.
40 II. Namen. Die zweifellos einzige alte Form
ist FoQydi, rooyovg, Hom. IL VIII 349. XI 36.
Hesiod. Scut. 224. Herod, II 91 (gen. F6oywg
Sapph. frg. 45, doch nicht die mythische G.); acc.
plur. FoQyovg Hesiod. Theog. 274. Für den Plural
*) Übersicht.
A. In der Literatur.
I. Quellen.
II. Namen.
r n III. Der Sagenbestand. 1. Zahl. 2. Wohnung. 3. Lo-
kale, die durch die Sage mit der G. verbanden
werden. 4. Eltern. ■ 5. Beschreibung. 6. Schön-
heit. 7. Tötung, 8. Versteinerung. 9. Bluts-
tropfen. 10. Mittelalterliche Fortbildungen. 11. G
und Poseidon. 12. G. und Athena. 13. G. und
verwandte Wesen.
IT. Deutungen. 1. Antike Deutungen: a) Einfache
Skepsis: b) G. als Königin: c) G. als Amazonen;
d) G. als Hetäre: e) G. als wildes Tier: O G. als
Mondgesicht ; g) Moralische Deutung. 2. Moderne
Deutungen: a) Physikalische; b) Zoologische:
60 C ) Personifikation einer Idee: d) G. als Mondge-
sicht: e) G. als Gewitterwolke.
B. In der Kunst.
I. Allgemeines.
II. Ganzfigurige Darstellungen. 1. Tötung der Me-
dusa. 2. Flucht und Verfolgung des Perseus.
3, Beschreibung.
III. Das Gorgonelon. 1. Zweck und Verbreitung.
2. Entwicklung : a) Der archaische Typus ; b) Der
mittlere Typus ; c) Der schöne Typus. — Literatur.
wurde dann allgemein, bei dem Fehlen eines sol-
chen für die -«»-Stamme (Kühner-Blaß Ausfährt.
Gramm. 1 1, 454), der erweiterte Stamm rogyov-
zu Hilfe genommen, zuerst bei Hesiod. Scut. 230
(Fogydvsg neben 224 Fogyovg !), dann bei Aesch,
Prom. 799 Fogydvsg ; Choeph. 1048 Fogvdvatv ;
Eum. 48 Fogydvag. Pind. Pyth. XII 7 Gen. Plat.
Phaedr. 229 D Gen. Xenopb. symp. 4, 24 Acc,
Vom Plural drang der Stamm Fogyov- in den
Singular ein. Pindar hat ihn regelmäßig (Ol. XIII
63 und Nem. X 4 Fogyovog-, Pyth. X 46 Fogyova),
Euripides seh wankt je nach dem Versbedürfnis
zwischen Fogyovg (Ion 1003. 1055. 1265 ; Or. 1521)
und roQyovos (Ion 1015; Her. 990. frg. 123 und
360, 46); Fo Q7 6va Ion 989; Or. 1520 frg. 351, 2;
doch steht Phoen. 456 rogyövog ohne Verszwang.
Ion 1421 und Ehes. 306 ist Fogycov vor Konsonant
überliefert, wo die Editoren Fogyoj mit Unrecht
herstellen; Her. 882 Fogyow vor Vokal. Bei Ari-
stophanes (8 mal Singular, 3 mal Plural, s. Dun-
bar Concordance to the comed. and fragm. of
Arist.) und den Späteren ist Fogyov- auch für den
Singular durchgedrungen (Apoll. Eh od. IV 1513.
Diod. Apollod. Paus, Lucian. und Athen, mehr-
mals; Strab. X 5, 10 p. 487. Plut. Mor. 1122 A
usw.) und unterscheidet die mythische G. von den
vielen Trauen mit Namen Fogyoj, -ovg. Nur
Palaephatus schreibt . prinzipiell Fogyw, Fogyovg
usw., ebenso der Verfasser der ps^-lukianischen
Eixöveg 1 im Gegensatz zum echten Lukian. In
der Spätzeit und bei den Byzantinern ist die Form
Fogyörfj üblich (das Material zum Teil in den
Lexika von Stephanus, bei dem man auch die
belanglosen Bemerkungen der alten Grammatiker
findet und Pape-Benseler III, sowie bei
Kühner-Blaß Ausf. Gramm. I 1, 497, doch ohne
die hier gegebene Entwicklung). Eine alte Parallel-
bildung ist yogyäSeg: yogyäöcov äliddcov. AaidäXai
2o<po*% Hesych. I p. 442 (= Soph. frg. 166 N.2)* ;
ebd. yogyides' at atxeavtdeg. Zonar. lex. p. 448
yogydbeg- ai deanoivai. Suid. und Phot. lex. s.
jiloxwv FogydSog (vgl. S. 1635). Lycophr. 1349.
Plin. n. h. VI 200 (vgl. S. 1633 und 1643). Sehr
früh bezeugt ist das Adjektivum Fdgyetog: Foq-
•/efy xerpalf} Hom. IL V 741 und Od. XI 634;
xagtjvoig Fogydoig Hesiod. Scut. 237; Fogyeiot-
oiv . . . rvxoig Aesch. Eum. 49 (neben 48 Fogyo-
vag). Nonn. 7 mal, s. Köchlys Index. Gemäß
der skizzierten Namensentwicklung muß später
Fögystog durch Fogydvetog ersetzt werden, Aesch.
Prom. 793 Fogydvsia j«dYa; Plut. Them. 10 Fog-
yövsiov (seil, xägrjvov} usw.; Orpheus bei Clem.
Alex, ström V 49 Fogyoviov (vgl. S. 1644); eben-
so Tzetz. zu Lyk. 838. Über sonstige Ableitungen
und Kompositionen s. die Lexika (alt sind Fog-
yoyova, yöQy&Tug, yogycoxdg, yogycby, komische
Bildungen des Aristophanes Fogyoloyag (-ya)
und rogyovcoTog). Die Körner flektieren gewöhn-
lich Gorgo oder Qorgon, Gorgonis usw., nicht
selten mit griechischen Kasusformen : Acc. Gor-
gona, Nom. plur. Gorgonis, Acc. Gorgonäs-, sel-
ten ist Gen. Gorgus, eine vereinzelte Kühnheit
Ablat. Gorgo Cir. 31 (wenn es richtig ist), in der
Spätzeit, parallel der byzantinischen Iogyovt}, ge-
läufig Gorgona, -ae. Belege s. bei Forcellini-
de Vit Onomast. lat. Georges Lexic. <L latein.
Wortfoimen, Nene- Wagener Formenlehre (s.
Index). Sehr häufig ist das Adjekttvum Gorgonem :
aiae Sil. ItaL XIV 576; caballv» luv. in 118;
caput Ovid. met. IV 618; erines Luc. Phars. VII
149; dämm Ovid. met. IV 779; equus Ovid. fast.
HI 450. Pont.IV 8, 80. Stat. Theb. IV 61; fons
Fulg. mitol. I p. 8, 6. 12, 19 Helm.; furores SU.
ItaL X 435; gelu Claud. cantt. min. 53, 112;
liydrae Claud. XXXV (de raptu Pros. LT) 225; ?
monstrum Manil. V 508; orbes Stat Theb. LT 278-
os Sil. ItaL IX 442; sanguis Manu. V 595;
10 tkalanti Claud. VIII (de IV. cons. Hon.) 37 *
veneria Verg. Aen. VLT 341; vultus Sil. ItaL IV
234 usw., vgl. Forcellini; Gorgonia — Koralle-
hat Plin n. h. XXXVLT 164. Mit der psychologi-
schen Abbreviatur, die die Grammatiker pars pro-
toto nannten, brauchen Gorgo für das ganze Kleid
der Minerva Prop. IV (V) 9, 58. Verg. Aen. II 616
luv. XII 4 und besonders Claud. XXIV (de cons»
Stil. LH) 168. V
Als ursprüngliche Bedeutung des Namens Fogyd>
20 ist wohl nach den verwandten Sprachen (sanskr.
garj schreien, drohen, kirchenslav. groj-a drohen,
groz-a Schrecken , yagyagig • &6gvßog Hesyeh.'
Fick VergL Wörterb. der indogerm. Spr.2 59f.
Röscher 59. 93f.) ,die furchtbar Brüllende' an-
zusetzen. Indes war diese Grundbedeutung bei
den Griechen vergessen und nur der allgemeine
Begriff des Furchtbaren, Wilden, mit besonderer
Hervorhebung des Wilden im Blick (gemäß der
Ausgestaltung des Mythos) festgehalten worden,
30 wie die nach Ausweis der Belege offenbar jüngeren,
erst aus dem begrifflich typisch gewordenen Eigen-
namen FoQycö abgeleiteten appellativen Bildungen
yogyag (zuerst Aesch.) , yoQyonje (nur Gramm.) r
yoQyoofxai (nur Xen. de re equ. 10, 4) zeigen.
Von den seit Hesiod. Theog. 276 oft genannten
Einzelnamen sind Sfawm (neben 2$ev<ö, nicht
auch S&erouoa, vgl. Schol. Pind. Pvth. XII 18 ed.
Drachmann. Ezach zur Hesiodstelle. Gruppe
1155, 1) ,die Starke' und Evgvdlrj ,die Weit-
40 springende' (vgl. Wagner o. Bd. VI 8. 1316; s.
auch u. 8. 1650. Eos eher 120) durchsichtig.
Größere Schwierigkeit setzt durch seine Allgemein-
heit dem Verständnis der dritte Name, Miöovaa
,die Herrscherin', entgegen. Ihn auf die hervor-
ragende Stellung der Medusa unter ihren Schwestern
zu beziehen (die auch die euhemeristischen Deuter
empfanden, die sie zur Königin der Gorgonen
machten, s. u. S. 1642), ist ein naheliegender,'
aber kaum befriedigender Gedanke. Gruppes
50 Erklärung (S. 1141), der MiSovaa als Kurzform
zu EvQvfiedovoa, entsprechend dem Namen Evqv-
ftedcov des mit der Medusa früh verbundenen
Poseidon (vgl. S. 1640) nimmt, wird nicht viele
Gläubige finden; vgl. übrigens Apoll. Ehod. IV
1512, wo gerade bei Erwähnung der G.-Tötung
Perseus ^ der Name Eurymedon gegeben wird.
Sehr wichtig scheint mir, bei den engen Be-
ziehungen der G. zu Athena speziell in Athena
(vgl. S. 1641) , die Tatsache , daß dort Athena
60Polias den Kultnamen 'Afyvwv paMovoa führt
(fehlt bei Gruppe 1719). vgl. Aristoph. Equ. 763.
Plut. Them. 10. IG XII 1, 977. CIG II 2246.
Epitheta der G. sind : äygia btqxofxivoi (Hesiod.
Scut. 236), cbiXrjTot, ßXoovgünig, ßQoxoözvyeig,
östvq, Setvov deßxoficvt), Sewov xeXcogoy, dgaxovzö-
fiaXioi, xarajTieQot, fiagfiaQ&me (Lycophr. 843),
otptwdris, ov yazal, afiegÖv^, xigag Amq (Belege
bei Boscher 137; fehlt bei Bruchmann Epith.
deor.) : die römischen Epitheta gibt Carter Epith.
deor. 40 und 67.
HL Der Sagenbestand. 1. Zahl. Die
Geschichte des Namens zeigt, daß der ursprüng-
liche Mythos nur eine G. kannte. Dem ent-
sprechen die vier Homerstellen (IL Vffi 349. XI
36. V 741; Od. XI 634) und die Tatsache, daß
dauernd Medusa als G. xax igoxtfv den Vorrang
vor ihren mehr im Schatten bleibenden Schwestern
behauptet Die Verdreifachung ging gleichsam 10
organisch hervor aus der allgemein ethnischen,
uralten und ewig jungen, auf griechischem Boden
besonders bei weiblichen Gottheiten wirksam ge-
wesenen Tendenz, Trinitäten zu bilden (Gruppe
1088n°. Auson. griph. tern. num. 84). Versuche,
eine besondere Erklärung der Dreizahl im Falle der
G, zu liefern, sind darum von vornherein falsch,
ebensowohl üoschers(S. 110) Kombinierung mit
der Dreizahl der Gewittererscheinungen ßgorrj,
äoTQajzr), xEQGLvvog und der Gewitterkyklopen (die 20
vielmehr sämtlich unabhängig voneinander dem
Trinitäten gesetz ihr Dasein verdanken, wie die
Gewaltsamkeit der Teilung im ersten Falle zeigt,
Röscher 104f.), wie Dümralers Einfall (s. o.
Bd. II S. 2006) , die Schwestern der Medusa für
ihre Erinyen, welche erst aus ihrem Blut ent-
stehen, zu halten. Da die Sage nur von der
Tötung einer G. wußte, so war es die natürliche
Konsequenz, daß man den mythologisch jüngeren
Schwestern LTnsterblichkeit gab (Hesiod. Theog. 30
277 fj fxev e'ijv dviqTri, at <5' a&avdtco ttai dyrjQCü),
2. Wohnung. Fast alle Angaben kommen
darin überein, den Aufenthaltsort der G. im
äußersten Westen anzusetzen. Hesiod. Theog.
274 a" vaiovoi siEQtjv xXvxov *Qx$glvoTo $G%a.Tif}
TtQog vvtitog, iv 'Eoneqibeg Xiyvtptovoi (v. 279 iv
itaXaxqj Xein&vi xat äv&soi dapivoToi auf den
Göttergarten im Westen zu beziehen und als
weiteres Zeugnis zu nehmen, wie Röscher 24ff.
tut, heißt den Sinn der Worte pressen). Gleich 40
lauten die Zeugnisse des Pherekydes bei Schol.
Apoll. Ehod. IV 1515. Apollod. bibl. II 4, 2, 6.
Quint. Smyrn. X 195. Tzetzes zu Lycophr. 653.
838 nennt Tartesos in Iberien. Libyen nennen
Eurip. Bacch. 990. Aristoph. Ean. 475 mit Schol.
Suid. s. rogyoveg Tt&gdouxi. Herod. LI 91. Diod.
m 52, 4. Paus. LI 21, 6. HI 17, 3. Palaeph. 31.
Schol. Pind. Pyth. X 72. Athen. V 221 B. Lucian.
dial. mar. 14, 2. Nonn. XXIV 38. Ovid, met. IV
617ff. (der 772 die Behausung der G. gelido sub 50
AtlanU liegen läßt, vgl. Orph. Lith, 542ff.).
Lucan. IX 619ff. Sil. ItaL HI 314ff. (vgl. Claud.
Vni 374ff.). luv. XLI 4: Gorgone Maura u. a. m.
Strab. VII 3, 6 p. 299 nennt die Fogyovayv xatoc-
xia zusammen mit der der Hesperiden. Nach
den Kvagia em? frg. 21 Kinkel (vgL Zenob. V 86.
Suid. und Phot. s. Sagji^&ovta (bezw. Sagjirjdcbv)
aarnj. Palaeph. 31) wohnen sie auf der Okeanos-
insel Sarpedon oder Sarpedonia. Dieser dürften
des PlininB (n. h. VI 200) Gorgades iwulae ent- 60
sprechen, die im Atlantischen Ozean zwei Tage-
reisen vom Kontinent nach Westen liegen sollen.
Wenn Palaeph. 31 Phorkys einen Aithiopen nennt,
so fugt er selbst als Lokalbezeichnung «?o> zmv
"Hgaxlcico* otijXwv hinzu (wozu ßo scher 27, 50
Hom. Od. I 23 und Strab. I 2, 26 p. 33 vergleicht).
Dem allem widersprechen nur zwei Ansätee : Aesch.
Prom. 793, WO Fogydyeta neMa Kt<y&rp>r}g ge-
Pauly-WlMOwa-KroH TO
w>rgo
J.OSJ4
nannt werden, die er im äußersten Osten ansetzt,
und Schol. Pind. Pyth. X 72, wo neben Libyen
die Variante iv rotg "Egv&gaiotg fii&eot . . . iv rotg
Al&iomxotg, ä San siQog ävaroÄyv xat /leatjfißQtav,
erscheint. Wichtiger als dieser vereinzelte Wider-
spruch gegen den üblichen Consensus ist eine
andere sehr alte Überlieferung, nach der die G.
als höllisches Ungeheuer im Hades wohnt: Hom.
Od. XI 634 (Odysseus furchtet, daß ihm Perse-
phone eine Fogyeit] xetpakr) Ssivoto stsXcogov aus
dem Hades her auf sendet) und Aristoph. Ran. 475,
wo im Hades Aiakos gegen den Eindringling
Dionysos -Herakles die G. herbeizurufen droht.
Als ein Versuch, diese Version mit der herrschen-
den in Einklang zu bringen, ist die Angabe des
Apollod. bibl. LT 5, 12, 4 zu beurteilen, der nur den
Schatten der toten G. Medusa in der Unterwelt
weilen läßt; ebenso steht es bei Verg. Aen. VI
289, wo Aeneas wie Herakles bei Apollodor das
Schwert gegen die Ungeheuer im Vorraum des
Hades zückt, aber von seiner Begleiterin von der
Zwecklosigkeit dieses Tuns gegenüber den Schat-
ten unterrichtet wird. Natürlich ist dieses mytho-
graphische Deuteln nur eine Entstellung des
älteren Gedankens, der unter den nach allgemein-
ethnischer Anschauung auf dem Wege zum Jen-
seits leibhaftig, nicht als Schatten, untergebrach-
ten Ungetümen (vgl. Norden Komment, zu Verg.
Aen. VI S. 209) die G. nicht fehlen lassen konnte.
Eine solche rogyEfy xefpaXrj, auf den Unterwelts-
wassern schwimmend, meint Furtwängler
Strena Helbigiana p. 91 in einem von ihm ebd.
p. 86 abgebildeten Gorgoneion erkennen zu sollen.
In der mythischen geographischen Vorstellung
bedeuten aber die Bestimmungen ,am Eingang
des Hades' und ,im äußersten Westen* nichts
wesentlich Verschiedenes, sondern fließen inein-
ander über. Am Ende der Welt geht es ins Jen-
seits, und auch schon in den Regionen, die noch
nicht zum Hades gehören, scheint weder Sonne
noch Mond (Aesch. Prom. 794ff.).
3. Lokale, die durch irgend einen Sagenzug
mit der G. verbunden werden, sind: a) Argos
Paus. II 21, 5: Grab des G.-Hauptes auf der
Agora; b) Chemmis in Ägypten Herod. LI 91:
alter Kult des von Libyen mit dem G.-Haupte
dort eingekehrten Perseus; c) Ikonion Eustath.
zu Dionys. perieg. V 857. Suid. s. Meöovaai die
Stadt benannt nach dem Bilde, das Perseus dort
gestiftet hat; d) Mykale, Mykalessos, My-
kenai benannt nach dem ftvxr)&p6g der G. (Be-
lege S. 1636); e) Tegea, wo die Locke der G.
verwahrt wurde, vgl. S. 1635. Verzichtet muß
werden auf eine Aufzählung der Städte, die das Gor-
goneion als Münztypns benutzten (vgl. S. u. 1651).
4. Eltern. Nach Hesiod. Theog. 270ff. sind
die G. Kinder des Phorkys und der Keto, was
mit ihrem Wohnen am Okeanos und ihrer ge-
legentlichen Bezeichnung als ältdfeg (s. S. 1631)
im besten Einklang steht. Neben dieser herr-
schenden Überlieferung — die auch für Kypria
frg. 21 Kinkel anzusetzen sein dürfte; vgl. übri-
gens Apollod. 1 2, 6. SchoL Apoll. Rhod. TV 1515.
Palaeph. 31. Paus. II 21, 5. Lucan. IX 646.
Fulg. mit I 21 und den bei den römischen Dich-
tern häufigen Beinamen Phoreis oder Phoregnis
der G. und Medusa (Carter Epith. deor. 40 und
67) — steht vereinzelt die Version des Eurip.
52
iw» uorgo
Ion JH&£* daß Ö- In Phlftgra zum Kampfe gegen
die Witter gleich, den Gigfcnten von Gaia geboren
wordßa sei (vgl S. 16411). Eine törichte Ver-
wechslung begeht Tzetzes zu Lycophr. 838, der
G. zur Tochter Poseidons macht (vgl. S, 1640).
5« Beschreibung. Homer spricht nur vom
G.-H&upt, an dem neben der allgemeinen Charak-
terisierung als Bild des Grauens der furchtbare
Blick hervorgehobeil wird, II. VIII 349. XI 36.
Er bleibt dauernd das wesentliche Charakteristi-
kum, aus dem die begriff liehe Prägung der Worte
yoQy&mg, yoQymnog usw. (vgl. Röscher 74, 143)
hervorgegangen ist. Vgl. Eurip. Her. 990 dygioi-
Ttbv optfia FoQyovos u. a. m. Daß in diesem Blick
die Versteinernde Kraft der G. liegt, ist bei Lucan.
IX 680 darin ausgedrückt, daß Pallas der G. die
Haare über die Augen streicht, da sonst weder
sie selbst noch der abgewandte Perseus der ver-
steinernden Wirkung Widerstehen könnten. Als
älterer Sagenzug, nicht Erfindung Lucans, wird
diese Einzelheit durch Alesander von Myndos bei
Athen. V 221 C erwiesen, dessen Schaf G. erst
durch seinen Blick tötet, wenn es die Stirnmähne
von den Augen schüttelt. So sträuben sich auch
die Schlangenhaare des Gorgoneions nur, wenn
Athena zum Kampf schreitet, während sie sonst
das todbringende G.-Auge bedecken (vgl. S. 1639).
Die älteste nähere Beschreibung bei Hesiod. Scut.
230AE1 gibt den G. ferner zwei Schlangen, die
vom Gürtel empor sich um und über ihre Köpfe
winden (im ds ^vißoi dgdxovxs dot<o ajtfltoQEvvj'
ETtixvQTtoovrs xäQ7}va), dazu die herausgestreckte
Zunge und wutknirschende Zähne. Die Schlangen
sind auch in der Folge das meistgenannte Attri-
but der G., doch nicht als Umgürtung, sondern
zumeist in Vertretung der HaaTe oder sie durch-
schlingend (Pind. Ol. XIH 63; Pyth. X 47. XH 9.
Schol. Apoll. Ehod. IV 1515. Aesch. Prom. 799 ;
Choeph. 1048. Apollod. II 4, 2, 7. Ovid. met.
IV 771. 784. 791ff. , wo nur der Medusa, nicht
den Schwestern, Schlangenhaare gegeben werden,
vgl. ,Schönheit<; Lucan. IX 629ff. usw.). Eine sel-
tenere Version (bei Apollod. II 7, 3) spricht von
ehernen Locken der Medusa, deren eine Athena
dem Herakles, dieser der Kepheustochter Sterope
als Schreckmittel gegen Belagerer der Stadt Tegea
geschenkt habe. Pausanias VIII 47, 5 (bei dem
Athena selbst dem Kepheus die Locke gibt) er-
zählt dasselbe, sagt aber nichts, daß die Locke
von Erz war, ebensowenig die übrigen drei Zeugen
der Sage, Suid. und Phot. s. ÜXöxiov Iogyaöog ;
Apostol. s. Ilkoxiov rogyovtjg. Vielleicht hängt
diese Version mit der S. 1649 besprochenen Ab-
wandlung der Darstellung der Medusentötung zu-
sammen. Das (in den älteren Darstellungen obli-
gate) Blecken der Zunge erscheint außer an der
Hesiodstelle nicht mehr in der Literatur, wohl
aber die ,starken Kinnbacken' (ysweg xagnaliftai)
bei Pind. Pyth. XII 20 und große Schweinszähne
bei Pherek. Theop. frg. 160 Gr. H. und Apoll. II
4, 2, 7. Ein weiteres frühes Attribut der G. sind
die Flügel (vgl S. 1650). Literarisch sind sie
bezeugt bei Aesch. Prom. 798 und Eum. 48ff.,
wo die Flügel sogar unterscheidendes Merkmal
dar (mit den Harpyien identifizierten) G. gegen-
über den ähnlichen Schreckgestalten der Erinyen
Bind; dam Pherekyd, und Apollod. II 4, 2, 7, der
getöane Flügel nennt, Pana. T 18, 5 in der Be-
liOTgO
IOÖO
Schreibung der Kypseloslade. Bei Theop. und Apoll,
werden den G. eherne Hände gegeben, Kur einmal,
doch so, daß auf eine verbreitete Vorstellung Bezug
genommen wird, heißen die G. schwarzge wandet:
Aesch. Choeph. 1049 affle (= 'Eqivvss) ro@yw>ow
Sixtjv tpato%iTG)v£$. Die andere (von Eos eher
98 herangezogene) Stelle, Eum. 52, läßt für sich
allein nicht mit Sicherheit die Beziehung auf die
G. zu. Das letzte Charakteristikum der G. ist
10 ihr Brüllen. Man führte die Namen Mvxah},
Mvxcdrjööög , Mvxf\vat auf das bei diesen Orten
erklungene Wutgebrüll (fivxrjfia oder ftvxy&pos)
der den Perseus verfolgenden G. zurück ([Plut.]
de fluv. XVIII 6 aus Ktesias von Ephesos. Suid.
Steph. Byz. Etym. M. s. MvxäXt). Schol. Pind.
Pyth. XII 31. Nonn. Dion. XIII 77. XXV 58.
XXX 266. Koscher 91). Etwas anders lautet
die Version bei Hesiod. Scut. 232, wo die Per-
seus verfolgenden G. mit ihren eilenden Füßen
20 ein gewaltiges Getöse hervorbringen. Eine dritte
Version erzählt, daß die Schwestern und die
Schlangen auf ihren Häuptern um Medusas Tod
ein Wehklagen anstimmten, das Athena auf dem
Rohr nachahmte und so Erfinderin der Flöte wurde
(Pind. Pyth. xn 6ff. 18ff. mit Schol. Nonn. Dion.
XXIV 37. Tzetz. zu Lycophr. 838).
6. Schönheit. Dem aus dem Geiste der
griechischen Kunst notwendig hervorgehenden
Veredlungsprozeß des G.-Ideals folgte in gewissen
30 Grenzen der Mythus durch die Entwicklung einer
dem ursprünglichen Wesen der G. völlig wider-
sprechenden Sage, in der sie als schönes Mädchen
erscheint. Handhaben zu einer solchen Wendung
boten die im Mythos bereits seit alters vor-
handenen Beziehungen zu zwei Göttern, freund-
liche zu Poseidon, feindliche zu Athena. Ein
wohlgebildeter Poseidon des 5. Jhdts. konnte
nicht mehr ein Scheusal zur Geliebten haben,
wie zu der Zeit, da er selbst noch tierischem
40 Wesen nahe stand ; so wurde Medusa zum schönen
Weibe. Um diese Neuerung mit dem alten Mythus
zu verbinden , bediente man sich des für solche
Fälle vielbenützten Motivs der Verwandlung zur
Strafe der Überhebung: Medusa streitet mit
Athena um den Preis der Schönheit und wird
mit Verwandlung in ein Bild grauenhaftester
Häßlichkeit gestraft. Diese Erzählung liegt vor
bei Apollod. II 4, 3, 8. Schol. Pind. Nem. X 4.
Tzetz. zu Lyk. 838 (ob man wegen Pyth. XII 15
50 evjtagaov . . . Medoioag Pindar selbst schon die
Vorstellung der schönen G. imputieren darf, wie
mehrfach geschehen, ist mir sehr zweifelhaft,
trotz der besonderen Bedeutung, die gerade in
diesem Falle das Prädikat ,schÖnwangig* hätte;
allenfalls darf man an den ,mittleren Typus*
denken, vgl. S. 1653). Damit verbunden ist die
Medusa-Poseidonsage bei Ovid. met. IV 791 : die
durch die Schönheit ihrer Haare ausgezeichnete G.
wird von Poseidon im Tempel der Athena ge-
60 schändet, die diesen Frevel durch Verwandlung der
schönen Haare, die den Gott verführten, in Schlangen
ahndet; da das schöne Menschenantlitz hier er-
halten bleibt, so ist die genaueste Parallele zu
den Kunstwerken gegeben. Wenn Lucan. IX 636
bei Beschreibung ihrer Scheußlichkeit die Medusa
infetix nennt, so ist er gewiß von diesen Sagen
beeinflußt, ob er sie gleich nicht erwähnt; denn
das Hcaiodische Mefovoa xr Xvy^a na&ovaa (Theog.
1637
Gorgo
276), das sich auf die Tötung bezieht, genügt
nicht zur Erklärung. In diesen Kreis dürfte
schließlich die durch Ausfall in den Handschrif-
ten leider unvollständige Sage von der kretischen
O. bei Plut. Mor. 766 D gehören. Um die wegen
ihres Reichtums vielumworbene G. bemüht sich
auch, schon mit einigem Erfolg, der ihr verwandte
edle, aber arme Asandros. Schon hier bricht die
Erzählung ab, aber die Parallelisierung der Sage
mit der der JlagaxvTreofäv^ lehrt, daß G. den 10
Xiebhaber in irgendwie frevelhafter Weise abwies
und zur Strafe in Stein verwandelt wurde. Schön-
heit, Hoffart, Versteinerung und der Name G.
verbieten, die Geschichte von den hier behandel-
ten zu trennen, doch zeigt sie trotz der Beibe-
haltung des Sagenmotivs der Versteinerung schon
«inen euhemeristisehen Zug. Daß die rationalisti-
schen Deutungen vorwiegend mit der vermensch-
lichten G. rechnen, versteht sich.
7. Tötung. In der in Literatur und Kunst 20
weitaus vorherrschenden Version wird die G. von
Perseus getötet. Die ältesten Belege sind Hesiod
Theog. 280; Scut. 216ff. Pind. Pyth. X 46. XII
11; Nem. X 4. Hcrod. II 91 usw., vor allem
Pherekyd. bei Schol. Apoll. Ehod. 1515; ausführ-
liche Darstellungen geben noch Eratosth. catast.
I 22. Apollod. bibl. II 4, 2, 2ff. Lucian. dial. mar.
14, 2. Ovid. met. IV 772ff. Lucan. IX 659ff. Von
Polydektes, König von Seriphos, aus heimtücki-
schen Motiven aufgefordert, ihm das G.-Haupt zu 30
bringen, selbst auch in jugendlichem Leichtsinn
sich der Tat vermessend, kommt Perseus, geführt
von Hermes und Athena, zu den Graien, den
Schwestern und Hüterinnen (Aesch. Prom. 793ff.
frg. 262 N.2) der G., die, überlistet (für das Nähere
s. Graien und Perseus), ihm den Weg zu den
Nymphen zeigen müssen , von denen er Flügel-
schuhe, Ranzen (xißioig) und den unsichtbarmachen-
den Helm des Hades erhält. Damit ausgerüstet,
fliegt er zum Lager der G. So Pherekydes und 40
Apollodor: die drei Gegenstände nennt schon He-
siod. Scut. 220ff., wobei die xißiatg, die nach Apol-
lodoros eine einfache xrjga ist (ebenso Hesych.
s. v., nach dem das Wort kyprisch ist, vgl. Six
94), mit den Worten (224ff.) ftavpa iöio&at, ä&-
yvQsr), friwavoi de xaTflOQEvvzo <paeivol yqvöeioi
beschrieben wird; zur "Atäog xwetj vgl. Hom. II.
V 845. Apollod. I 2, 1, 3. 6, 2, 5. Heracl. 27.
Zenob. I 41. Hyg. P. A. II 12. Nonn. Dion. XXV
55. XLVII 524. Geber der Ausrüstung ist bei 50
Eratosth. I 22. Heracl. 9. Hyg. P, A. II 12 und
Lucan. IX 660 Hermes, bei Lucian Athena. Statt
zu den Nymphen, die nur Pherekydes, Apollodoros
und seine Ausschreiber (in Übereinstimmung mit
Kunstwerken; ein solches bei Paus. EI 17, 3 be-
schrieben) nennen, müssen nach den anderen
Quellen (Aeschin. frg. 262 N.2. Eratosth. I 22.
Hyg. P. A. II 12. Ovid. met. IV 776} die Graien
direkt zu den G. den Weg weisen oder den Zu-
gang gestatten. Die Waffe, deren sich Perseus 60
bedient, ist bei Hesiod. Scut. 221 einfach ein
/teXävdezop aoQ, bei allen Folgenden das Sichel-
schwert, die stählerne ägjirj (telum uneum, cur-
vus hamus, falcatus ensü, hamatwm ferrum
Ovid. met IV 666. 720. 727. Lucan. IX 678), die
ihm Hermes (Apollod. II 4, 2. 6. Pherekyd. Lu-
«an. IX 662. 676) , Athena (Nonn. Dion. XXV
■55) oder Hephaistos (Eratosth. I 22. Hyg. P. A.
Gorgo
168tf
II 12. Schol. Arat. p. 226 Maaß) gegeben hat;
Über ihre Gestalt in den Bildwerken s. Gäde-
chens 393. Mit dieser Waffe schneidet Perseus
der Medusa, die er nebst ihren Schwestern schlafend
findet (Eratosth. Apollod. Ovid. usw.; Lucan.
IX 671 läßt einen Teil der Schlangen auf Me-
dusas HaUpt wachen), den Kopf ab, wobei ihm
Athena die Hand führt (Apollod. II 4, 2, 8.
Lucan. IX 675), während er selbst, um nicht
vom Anblick der G. versteinert zu werden, ab-
gewendet steht und nur in einem blanken Metall-
schild oder Spiegel das Bild der G. zurückge-
worfen sieht (Apollod. II 4, 2, 8. Lucian. dial.
mar. 14, 2. Ovid. met. IV 782. Lucan. IX 669,
vgl. u. S. 1649; daß dieser Zug Erfindung des
Euripides in der Andromeda ist, werde ich dem-
nächst im Eh. Mus. beweisen). Vorübungen zu
diesem Kampf hatte nach Etym. M. s. äuxzriqiov.
Tzetz. zu Lycophr. 838 Athena bei Deikterion auf
Samos früher mit ihrem Schützling veranstaltet.
Im Augenblick des Köpfens werden Pegasos und
Chrysaor geboren (vgl. S. 1640), die Schwestern
Stheno und Euryale erwachen und verfolgen den
Mörder, der das Haupt in die xißioig gesteckt
hat, unter furchtbarem Getöse (vgl. S. 1636),
können ihn aber unter seinem Zauberhelm nicht
sehen und müssen die Verfolgung aufgeben, wor-
auf der Mythus sie nicht mehr beachtet. Nach
weiteren Taten (vgl. u.) gibt Perseus schließlich
Flügelschuhe, Kibisis und Helm dem Hermes
wieder, der sie an die Nymphen weitergibt, das
G.-Haupt gibt er Athena, die es an ihrer Brust be-
festigt; nach Lucan. IX Qm hatte Athena die
Ablieferung des Hauptes zur Bedingung ihres Bei-
standes gemacht. Nach einer andern Version liegt
es in Argos auf dem Markt unter einem kleinen
Hügel begraben (Paus. II 21, 5). Nach einer drit-
ten Version (die Euripides vertrat, vgl. TGF 2
p. 392) ist das G.-Haupt mit Perseus unter die
Sterne versetzt (Eratosth. I 22. Hyg. P. A. II 12.
Schol. Arat. p. 226 Maaß). Über Athena als G -
Töterin s. S. 1641).
8. Versteinerung. Die ältesten Zeugen
des Sagenzuges, daß der Anblick der G. in Stein
verwandelte (vgl. S. 1635), sind Pind. Pyth. X 47.
XII 12. Aesch. Prom. 798. Pherekydes usw.
Ovid. met. IV 779ff. und Lucan. IX 647ff. malen
aus, wie alles Lebende, Menschen und Tiere, in
der Umgebung der G. zu Stein erstarrt waren,
wobei die Einwirkung des alten und vielver
breiteten Sagenmotivs von ganzen durch Zauber
in Stein verwandelten Städten und Völkern nicht
zu verkennen sein dürfte. Die Zauberkraft bleibt
dem G.-Haupte auch noch nach der Abschneidung
in der Hand des Perseus und an der Brust der
Athena. Feste Beispiele sind die Versteinerung
des Atlas (Polyidos PLG HI* 632. Ovid. met. IV
631ff. Lucan. IX 654. Serv. Aen. IV 246. Fulg.
mit. I 21 mit verschiedenen Varianten; vgl
Wernicke o. Bd. IL S. 2124), des Phineus oder
Agenor und seiner Mitkämpfer, nach manchen
auch des Kepheus (Apollod. II 4, 3, 5. Tzetzes zu
Lycophr. 836. Ovid. met. V 177. Hyg. fab 64
Mythogr. Vat. I 73. Wernicke o. Bd. I S. 2156)
und des Polydektes und der Seriphier (Pind. Pyth ■
X 47. XII 12. Pherekyd. Apollod. II 4, 3 6
Ovid. met. V 242ff. Strab, X 5, 10 p. 487; wenn
hier die Meinung, die Steinigkeit der Insel selbst
iessf
Gorgo
Gorgo
1040
rühre von dieser Katastrophe her, als ironische
Verdrehung der xcofupdovvteg bezeichnet "wird, so
ist das einlrrtnm des aufgeklärten, mythologischer
Denkweise gegenüber verständnislosen Geographen,
vgl. Pind. Pyth. Xu 12: ITegoevs wtöxe xqIxov
äwaaev xaotyvt}xäv [aeqos evaXiq, 2eQl<p<p ÄaoToi
ts fiotgav aywv). Eine mehrfach belegte Über-
tragung des Motivs auch auf das pflanzliche Leben
liegt in der Sage vor, daß die Koralle die Eigen-
ans dem Blute Typhons entsprungen sein ließ.
Die Sage erscheint dann noch einmal bei Apol-
loiiios selbst (Argon. 1511ff.; vgl. die Schol., die
hervorheben, daß Pherekydes die Mythe noch
nicht hatte) und mehrfach bei Tömischen Dichtern
(Ovid. met. IV 6I7ff. Sil. Ital. in 314ff. An-
spielung bei Claud. VHI 37 [= de IV. cons.
Honor.] sparsosgtte venenis Gorgoneos , . . iha-
lamos; bei Lucan. IX 619, 696 rührt von dem
schaft, an der Luft hart zu werden, durch Beruh- 10 niedergegangenen giftigen Blutregen das verderb-
^ a — n tT„.,„i — i._v. i_ licne jQi ma Li^yeng ner ) jQ^er und wahrschein-
lich im Wesen der G. wurzelnd (vgl. S. 1647>
ist die Überlieferung bei Eurip. Ion 1003ff., daß
Athena dem jungen Erichthonios zwei Bluts-
tropfen aus den Adern der G. gegeben habe, von
denen der eine Heilkraft besaß, der andere als
tödliches Gift wirkte. Dasselbe erzählt in Bezug
auf Asklepios Apollod. III 10, 3, 9 mit dem Zu-
satz , daß das Blut aus der linken Ader die-
rung mit dem G.- Haupt angenommen habe, in-
dem das Blut, durch die Kibisis hindurch sickernd,
den darunterliegenden Seetang benetzte (Aga-
tharch. vzsqI eqv&Qäg &aXdaat)g bei Phot. cod.
250. Ovid. met. IV 740ff. Nach Plin. n. h.
XXXVII 164 war Gorgonia ein üblicher Käme
für euralium). Seltener begegnen andere Ver-
wendungen des Motivs: daß Perseus sich im
Kampfe gegen das Andromeda drohende xr\xog
des Gorgoneions bedient und einen Teil von ihm 20 tötende , das aus der rechten die heilende Kraft
versteinert (Lucian. de domo 22; dial. mar. 14,
3. Tzetz. zu Lycophr. 836. Nonn. Dionys. XXV
81); daß er ebenso Proitos, den Frevler an seinem
Großvater Akrisios, bestraft (Ovid. met. V 237ff.) ;
daß er es im Kampf gegen die Bacchantinnen
braucht (Nonn. Dionys. XLVII 559). Natürlich
kann auch, nachdem Athena das Gorgoneion ihrem
Brustpanzer einverleibt hat, der Mythus die alte
Zauberkraft jeden Augenblick wieder aufleben
besaß. Wenn für die danach genannten Toten-
erweckungen des Asklepios mit Hilfe des Ge-
schenks Athenas als Gewährsmänner Stesichoros,.
der Verfasser der NavTtaxxixä, Panyassis, die Or-
phiker und Melesagoras zitiert werden, so darf
man diese zwar nicht ohne weiteres auch als
Zeugen für die G.-Blutsage in Anspruch nehmen,
zumal der Katalog der Totenerw eckungen gewiß
Interpolation ist, vgl. Wagner z. St., aber eine
lassen, und so befremdet nicht die im Tempel 30 gewisse Möglichkeit ist doch vorhanden. Durch-
der 9 A&t]vä 'Ircovata (zwischen Alalkomenai und
Koroneia) erzählte Sage, daß einst die Priesterin
Iodama beim nächtlichen Erscheinen der Göttin
durch den Anblick der Medusa in Stein verwan-
delt worden sei (Paus. IX 34, 2). Indes liegt es
in der Tendenz der Wesensentwickmng Athenas
vom schreckenden Kriegsdämon zum waltenden
Hort friedlicher Kultur, daß der Mythus die hier
eröffnete Möglichkeit nicht ausnützt Erst die
sickernde Blutstropfen sind es endlich, die das
Entstehen der Koralle veranlassen (vgl. S. 1639).
10. Mittelalterliche Fortbildungen der
G.~Sage teilt Röscher 109 und 126 (wo die
Quellen aufgeführt sind) zwei mit. Die eine
berichtet von einer Jungfrau auf der Insel Me-
giste an der lykischen Küste, die bei Lebzeiten
alle Bemühungen ihres Bewerbers zurückweist,
nach ihrem Tode aber von ihm geschwängert wird
römischen Dichter (offenbar nach hellenistischen 40 und einen Sohn gebiert, dessen Haupt, auf Ge-
Mustern, die durch die wildpathetischen Gorgo-
neien der hellenistischen Zeit illustriert werden,
vgl. S. 1654) lieben es, bei der Schilderung der
Kämpfe Athenas, besonders des Gigantenkanipfes,
den von ihr ausgehenden gorgonischen Schrecken
mit grellen Farben auszumalen. Mit Athena
erfaßt auch die ein Teil ihres Wesens gewordene
(richtiger: gebliebene, vgl. S. 1641) G. die Kampfes-
wut, ihre Schlangenhaare sträuben und bäumen
heiß der Leiche abgeschnitten, von dem Vater
als Schreckmittel gegen seine Feinde mit dem
gleichen Erfolg geführt wird wie das Haupt der
Medusa von Perseus, bis die neugierige Gattin
des Helden es aufstöbert und voll Schreck in
den Meerbusen von Satalia wirft, wo es, nach
oben gewandt, Sturm, nach unten gewandt, Wind-
stille bringt Die andere Sage, noch bis in die
Neuzeit unter den griechischen Schiffern des
sich und zischen dem Feind entgegen , das ent- 50 Schwarzen Meeres lebendig , zeigt die G. als
"Kiiii+a At,™ a-,,1 o ir*k\ o„t,,vr4- ™™ +«+«„j^„ Meeresgöttinnen, die dem Schiffer als Ungetüme
erscheinen und ihn, wenn er auf ihr Fragen nicht
die rechte Antwort gibt, ertränken, dem richtig
Antwortenden hingegen, in schöne Jungfrauen
verwandelt, sichere Fahrt bringen. Diese Sage
steht im Zusammenhang mit der von üoliTijg
'0 Tiegi xcüv roQyovwv ftvdog , im ITagraacog LT,
Athen 1878, erwiesenen späteren Identifizierung
der G. mit den Nereiden, die also eine Seite ihres
60 ursprünglichen Wesens, die Beziehung zum Meer,
hüllte Auge (vgl. S. 1635) schießt seine tötenden
Blicke. So hat Athena allein den Gigantenkampf
schnell und kurz mit Hilfe der G. entschieden
bei Lucan. IX 655ff. Ähnlich, aber bescheidener
ist ihre Rolle in Claudians Gigantomachia lllff.
(eann. min. 53). Vgl ferner Sen. Agam. 530.
Sil. Ital. IX 442ff. 460ff. X 435. Stat. Theb. II
597. Vm 518. 762. XII 606; Ach. I 299. luv.
Xn 4. Claud. XXXV 25. 205. 225 (de raptu
Pros. LT).
9. Blutstropfen. Die Sage, daß beim Fluge
des siegreichen Perseus über Libyen Blutstropfen
vom G.-Haupt niederträufelten, die sich in Gift-
schlangen verwandelten, so daß sich daher der
Reichtum Libyens an Reptilien schreibt, ist nach
Schot Nikani Ther, 11 von Apollonios von Rho-
dos in der 'AXei-avdetiag xxiatg aufgebracht worden
im Gegensatz ru Afcusilaos, der diese Schlangen
zum wesentlichen Charakteristikum gemacht hat
11. G. und Poseidon. Schon bei Hesiod.
Theog. 278f. ist die G. Medusa die Geliebte Po-
seidons, der mit ihr h ftalaxcp foi/uävi xat av~
teoi slaQivototr (über diese Orfclichkeit vgl. o.
S. 1633) sein Beilager hält Über die später*
Umbildung dieses Mythus ist o. S. 16361 gehandelt.
Im Augenblick der Köpfung der von Poseidon
geschwängerten Medusa entspringen aus ihrem
flalse (Hesiod. Theog. 280. Strab. VHJ 6, 21
p, 879, * Ovid. fast. ILT 456f£ Nonn. Dionys. XXXI
19ff.) oder auf dem normalen Wege (Lactant. fab.
Ovid. IV 17. Mythogr. Vat. II 112) oder aus
ihrem Blut (Mythogr. Vat. H 131. Ovid. met.
TV 784) das Flügelroß Pegasos, das Zeus' Blitz
nnd Donner trägt, und der große Chrysaor (vgl.
Jessen o. Bd. ILT S. 2484. Hannig De Pegaso
■ = Bresl. phil. Abh. VLU 4. Lermann und Han-
nig in Ro schers Myth. Lex. ILT 1727). Diese
Äugehörigkeit zu Poseidon, die nach Gruppe (vgl.
o. S. 1632) auch im Namen der Medusa ausge-
druckt sein soll, erklärt sich aus der Beziehung
beider zum Meer; denn die G. sind ja Kinder der
alten Meerdämonen (o. S. 1634), und später sind
sie ganz und gar mit den Nereiden zusammen-
geflossen (o. S. 1640). Auf noch ältere Zusammen-
hange in den Zeiten theriomorpher Gottesvor-
stellungen weist die Tatsache, daß in einigen
Bildwerken G. gleich ihrem Geliebten, dem Roß-
gott, und ihrem Sohn, dem Roß Pegasos (und dem
Roß Chrysaor?), in Roßgestalt gebildet ist (vgl.
Hannig a. a. O. 3, 6).
12. G. und Athena. In ein nahes Verhält-
nis zu Athena rückt die G. durch die eben be-
sprochene Paarung mit Poseidon, dem i'xmog,
dem in zahlreichen Kulten Athena mnla zur Seite
steht (vgl. Dümmler o. Bd. II S. 2002. Gruppe
passim [s. Index]). Die Konsequenz hat der Mythus
gezogen, der Athena und G. als Rivalinnen ge-
radezu bezeichnet (vgl. o. S. 1636). Die Meinung
der Neueren neigt vielmehr dazu, eine ursprüng-
liche Identität der beiden späteren Feindinnen
anzunehmen (K. O. Müller, Völcker, Eugen
v. Schmidt, s. Gädechens 397. Gruppe
1200) : Das G.-Haupt, mit dem Athena in unsern
frühesten Berichten schon ihre Gegner schreckt,
sei ursprünglich ihr eigenes gewesen; so heiße
sie im eigentlichsten Sinn rogy&ittg und rogyo-
rpovr} (vom Stamme <pav-)\ erst später, als ihr
äußeres und inneres Wesen die echt hellenische
Wandlung zur Olympierin durchmachte, sei das
gorgonische, schreckdämonartige Wesen von ihr
abgelöst und ihr als ein Feindliches, zu Über-
windendes entgegengestellt worden. Nicht ganz
belanglos scheint es, daß in einer, wenn auch
späten und trüben Quelle, die Identität geradezu
ausgesprochen ist, Palaeph, 31 xaXovai 6k Ksq-
vaXoi Tijr 'A&tjväv Pogya), äaneg xr\v "Agre/iiv
ßgäxe; fikv Bevöw, Kgrjxsg Öe Aixzwav, Aaxs-
^atfxovtoi dk Ovmv; vgl. o. S. 1632. Zu einem
reineren Ausdruck als in der herrschenden argivi-
schen Sage kommt das feindliche Verhältnis zwi-
schen Athena und G. in der seltenen Version, die
Athena zur G.-Töterin macht ; so verstand jeden-
falls schon Eurip. Ion 1478 das Beiwort Fogyo-
tpova-, die Grammatiker machten dann daraus
das sprachlich in dem postulierten Sinn korrek-
tere Jbgyoy ovog . das im Orphischen Hymnus
XXXII 8 (und sonst, vgl. Stephanus Thes.)
vorliegt. Bezeugt ist die Version nur bei Eurip.
Ion 992ff., wo ihre Verbindung mit der rein atti-
schen Sage von den Erichthonios gegebenen Bluts-
tropfen (vgL S. 1640) auch für jene Version die
Bodenständigkeit in Attika wahrscheinlich macht
— zur Bestätigung dient Ciris 81, wo Athenas
Sieg Über die G. in den ihr in der Panathenäen-
prozession dargebrachten Peplos gewebt ist — ;
ferner bei Apollod. II 4, 3, 8. Hyg. P. A. H
12, der Euhemeros zitiert, und Diodor. bibl. LH
70, wenn dort auch das von Athena getötete
Untier Aigis heißt. Hinzu tritt eine Vase, dar-
stellend Athena im G.-Kampf. Trotz so seltener
Bezeugung scheint diese Version doch die ur-
sprünglichere, weil es natürlicher ist, daB der
Sieger selbst im Besitze des Siegespreises, des
10 Gorgoneions, ist, als daß er ihn von einem andern,
bei dem er nur die Helferrolle spielte, abge-
treten erhält, wie es die argivische Sage dar-
stellt, die deutlich durch diesen lahmen Kom-
promiß sich mit dem sonstigen Sagenbestand ab-
zufinden gesucht hat. Über die spätere Umbil-
dung des feindlichen Verhältnisses zwischen G.
und Athena s. S. 1636. Umgekehrt hält die ganze
Athena-Beziehung der G. für junge, attische, tenden-
ziöse Erfindung Farneil The eults of the Greek
20 states I (Oxford 1896) 287t Über die Wirksamkeit
des Gorgoneions in Athenas Besitz vgl. o. S. 1639.
13. G. und verwandte Wesen. Es liegt
in der Natur der Sache, daß zwischen der G.
und anderen gespenstischen Unholden eine ge-
wisse Familienähnlichkeit zu konstatieren ist. An
die Mormo und Empusa erinnert das höllische
Schreckgespenst G. (vgl. S. 1634 und Strab. I
2, 8 p. 19, bei dem q FoQya) xai o'EfptaXt^ xai
r\ MoQfioivxf] zusammen genannt sind), den Eri-
30 nyen werden sie durch die Verfolgung des Mörders
Perseus genähert, und nach dem Muster der G.,
die er in seinen $OQxides früher auf die Bühne
gebracht hatte , hat Aischylos die szenische Er-
scheinung der Erinyen gebildet (Choeph. 1048;
Eum. 48). In zweiter Linie werden ebenda die
Erinyen mit den Harpyien verglichen, und mit
diesen werden die G. zusammengeworfen bei Ari-
stoph. Pax 810 rogyöveg dxpotpdyoi ßaxtSooxojroi
ägjiviat. An die G. erinnern verschiedentlich die
40 Mythen arkadischer Demeterkulte, der "Eqivvg
und AovcCa in Onkeion, der Mskaiva in Phiga-
leia, vgl. Kern o. Bd. IV S. 2733f. Am engsten
aber wurde nach Ausbildung der Sage von der
schönen G. die Verwandtschaft mit der Skylla,
mit der sie das Verhältnis zu Poseidon, die Ver-
wandlung und den gewaltsamen Tod, auch die
rationalistische Deutung (vgl. S. 1643) gemein
hat. So erklärt sich ihre allerdings erst späte
Vermengung in Literatur und Bildwerken (vgl.
50 Gädechens 400). Die in dieser Weise wieder
betonte Beziehung der G. zum Meer dürfte die
Brücke zu ihrer späteren Identifikation mit den
Nereiden (ihren Basen nach der Hesiodischen Genea-
logie, vgl. Theog. 233) bilden, vgl. S. 1640.
IV. Deutungen.
1. Antike Deutungen, a) Einfache
Skepsis ohne Erklärungsversuche setzen dem
Gorgonenmythus entgegen: Plat. Phaedr. 229 D
(in der berühmten Darlegung seines ablehnenden
60 Standpunktes gegenüber den Mythendeutungs-
versuchen), Plut. Mor. 830 D und besonders Stra-
bon, der I 2, 8 p. 19 die G. in einem Atem mit
Lamia, Ephikltes und Mormolyke als Mythus ab-
tut und ebenso I 2, 12 p. 22 und VLT 3, 6 p. 299
die Wohnung der G. ins Reich der Fabel verweist,
b) G. als Königin. Eine im eigentlichen
Sinne euhemeristische Deutung (vgl. Jacoby
o, Bd. VI S. 964) liegt bei Paus. IT21; 5ft nn4
ausführlicher bei Fulg. mitol. 1 21 vor, der Theo-
cnidus (Theocritus dio früheren Herausgeber) als
Quelle nennt. Medusa oder GL, die älteste Tochter
des libyschen Königs Phorkos am tritonischen
See, war sehr reich durch ihren wohl angebauten
Landbesitz (daher der Name G. von ystugyos) und
klug (das bedeuten die Schlangen anf ihrem Haupt).
Nach dem Tode des Vaters selbst Königin ge-
worden, verliert sie Gut (Symbol: der Kopf) und
vgrurgo
1D4*
Schaf mit giftigem, tötendem Atem (oder ein»
ganze Gattung solcher Tiere), das, wenn es den
gewöhnlich nach unten gerichteten Kopf (xdroi
ßUnrnv) hebe und die niederhängende Stirnmähne
ans den Augen schüttelte, durch seinen Blick
versteinerte. Von den Leuten des Marius zur
Zeit des Iugurthinischen Krieges aufgestöbert,
tötete es viele, bis auf Marius' Befehl berittene
Numider das Tier aus der Ferne erlegten. Als
4tla «SS? In jlSS ^Verwandlung des Kurz angedeutet ist die Fabel von diesem Tier
Atlas erklart In denselben Gleisen bewegt sich aber eatoblepas, nicht G. genannt bei Plin n h
die Deutung ; des Palaiphatos c. 31. Hier ist die vm 77; ebd. 72 nennt mZs'JmwtoTemt
f'J^^^^M 1 " 8 ^ <^ Atl >ena, dort zu et eomibus armatos quosZLTZZos^Z
Lande G genannt, das Perseus den Besitzerinnen, existierende mmstra Äthiopiens Mifünrecht
enllißt 3 le dirw^ dUSa ' d r h -? bCT i istu ^ rt wird <* dlich (™nGädechen P S 396. Bosch« 3
entreißt und die letztere, sich widersetzende, 20 hierher die Erzählung bei Diodor. III 70 S-i
Zk»v l t Ver ^ nerun ? d f Seriphier wird dann (, aM Timoetes' behaupten, mir unvers ländlich
beiFuSL gedmUt ^ * e deS AthS ? ädechens ™ d Bi-cher) gezoge " "f in
oei rmgentius durchaus 'mythologischen Formen (^oXo^oO^
,vJin * Amazonen. Nach einer zweiten, Diodor.) die Erlegung des Typhon- oder Chi-
Deutul 3 ^tTW^ SÜlne ^ bÜdeten ™W e " UngeLL AigiXch Athena g -
Ljeutung, die Paus II 21, 6 aus Prokies von schildert wird, die seine Haut fortan zum Kleide
Karthago m ungefährem Einklang mit dem (aus- nimmt. Vgl. Stengel oB IS 9 71
fuhrheheren) Diodor. III 52 4. 54, 7. 55, 3 mit- f) G. als Mond^esiiht FiuJn ich aber
IL lZt e ' ^ m w 6 ? Am ?, Z01 ? en ähnliches ' ohne bisher darin Widerspruch zu finden beriefen
tÄ k ^ ensches , ^rvolk im äußersten 30 sich die modernen Mythologen, die in G ein
f™' fK» I ?, den benachbarten Amazonen Symbol des Mondes sehen wollten (vgl. S. 1645?
tSL' m / ad Tv BT erstarkt ' unter der auf 0r P he ™ bei Clem. Alex. Strom V 49 (II
Königin Medusa (nach Paus, nur ein verlaufenes 360 Stählin = frg. 22 bei Diel" Vorsokrat *
Exemplar) von Perseus mit Hilfe Athen« ver- 482, 8) als ersten Zeugen diSer In^sZ Man
±-lin. n n VI 200 von den (nach Xenophon von trachten: oiyl xal 'Euveintc iv xü Hsoi Je Wo-
tment im Ozean gelegenen Gorgatks tnsulae, m v6g m oi psQxtm xauxvlovoio,,' rote Ao6toolc
die Männer entkamen - und ihre Häute im /fc«, j,iow ,Mo ( ' e «^ „ ab tauig* z£ 2*UvL
zur Eroberung der Stadt zu sehen waren. Ein &6 xal ,Uvxoot61ovs< amas nakslv riv'OoZa
mannliches Exemplar dieser Gattung will Prokies 9 coro, oiaae ^ CT . riUv r ärCrZhr6 &ZT*
hat, daß jeder, der sie ansah, vor Bewunderung xg6oa>nov, ;A<peoö(z V r< « ^ UW *a*' 8v &r
t7 3^t 111 WU f d !i b ^ S t SelbS - t - Sich ln Pei " *"* w ' J ^Su 4« ^ *«4ST llso stt
w«f S i d d ^ Ch lhn T rumiert wurde - den 0r P^ern niemals eingefaSn , das Goreo-
deutet Heracl ^ d^farwr c. I (vgl. II Skylla. 50 neion für ein Symbol des Mondes zu haTtli
S^w'f" . Xen " ™ m0r ' T '^7)- ähnlich be- sondern wie sie in "ihrer poetiscli ^allegorisierenden
zeichnet Lucian de domo 19 das Versteinern' Geheimsprache ,Blümlein' statt FrühlW' und
«SS ™ ii S^? 11 « 1 * der GoTBonen (emzige ßo?.a aus dem Sektenjargon der Pj-thagoreer bei
Stelle, wo alen dreien die Schönheit gegeben Diels Vorsokr.2 279), so wählten sie für das
Sit ^JSSr^- 2 T' ^ ? etä T: W0rt ' Mond ' die ^ ^. -Intlftz" "voM dS
Srid , JTji F v /■ m der ■ D , eüt y ,g b6i ^ aus ^ en Gesichtszüge, die die Alten im Monde
£S.t J T dlC I er ^^ n ^ ™lm*r Wir- erkannten (Plnt. Mor 944 B), das Tertium com
kung der ungeheuren Häßlichkeit des von Perseus parationis abgaben. Eine
£ g £ÄT d magisch zubereiteten Hauptes 60 g) moralische Deutung, die auf stoische
üch Ä Tu« Ä ü aCMem P k?T S S ^ ß " Kreise aufzuführen sein dürfte, steht bei Fulg
«Wen St viwn^f ^ v « dfir ^™ ?»*« mitol. I 21. Nach ihr sind die drei G. die Arte»
Trifft! U verbre " nt lhn sem Sohn Mirrhos. oder Stufen des Schreckens: der den Sinn Iäh-
3fadE mert manCheS m *" S - 164 ° ^geteilte mende (Storno als «ta^, dMiJ verZden),
e) G ahwi1rl Ba T;« k^-l *i J^ r S1 f h durch das S* 1120 Wesen ausbreitende
lb^"im VSll tJif i f «ander von (Euryale = lata profunditas), der die Augen
Atften. V 221BfiF. war die G. eine Art wüdes videre mm possü; zur firläuterung: ,Daß dT
1Ö45
' Uorgo
Gorgo
1646
wie von Wahn umfächelt, ihre Augen schließt
und lächelt', Wilh. Busch Plisch und Plum,
in komischer Umschreibung des äußersten Ent-
setzens). Der Sieger Perseus mit seiner Schützerin
Athena ist die Tapferkeit (virtus) im Bunde mit
der Weisheit, die den Schrecken bezwingt. Auch
die Einzelphasen des Kampfes werden allegori-
siert. Pegasus ist der aus der Heldentat ge-
borene Ruhm, der den Quell der Musen zum
Strömen bringt.
2. Moderne Deutungen. Die älteren der
modernen Deutungen sind von Gädechens 397 f.
behandelt. Sie lassen sich in drei Klassen teilen,
denen wir die ernster zu nehmenden (Gädechens
und Röscher) anschließen:
a)PhysikalischeDeutungen gaben :Völcker
Schrecken des Ozeans. Hermann Meereswellen.
Eckermann Glutsymbol und Sonnenbrand. Hug
die drei Jahreszeiten der öden, pflanzenleeren
hinzu. Gädechens beruft sich nach dem Vor-
gang des Duc de Luynes eraten» auf die Ähn-
lichkeit des furchtbaren G. -Antlitzes mit dem
runden, den Griechen grausig und gespenstisch
erscheinenden Mondgesicht, mit Bezugnahme auf
die oben (S. 1644) besprochene Stelle, zweitens
auf einige arabische und chiusinieche Bildwerke,
die Beziige sowohl auf den Mond als auf die G.
aufweisen sollen, drittens auf die Ähnlichkeit
10 des Mythus von der G. -Tötung durch Perseus
mit dem von der Erlegung des Argos durch Her-
mes, viertens auf das Erscheinen des Gorgoneions
im Triskeles, in Zodiakalbildern und auf dem
Avers von Münzen, deren Revers einen Löwen
zeigt (worin nicht mit Unrecht Six 91 und Purt-
wängler 1726 eher eine Beziehung auf die Sonne
s ehen). Alle dies e Argumente sind von Koscher
5ff. überzeugend widerlegt; das erste und dritte
mit Hinweis darauf, daß den Ähnlichkeiten in
libyschen Wüste. Otto vulkanische Eruptionen. 20 einigen Zügen starke Differenzen in wesentlichen
b) Zoologische Deutungen im Stil des Punkten entgegenstehen, das zweite und vierte
Alexander von Myndos sind noch nicht ausge-
storben. Nachdem Böttiger im Gorgoneion
einen Skalp hatte sehen wollen, indem er annahm,
daß griechische Abenteurer im Westen die Sitte
des Skalpierens kennen gelernt hätten, dachte
zuerst Facius an Affen, was Levezow erwei-
terte, indem er in einer des Palaiphatos würdigen
Weise den ganzen Perseus-Gorgonenmythus in
mit der Bemerkung, daß es sich da um Bild-
werke handelt, deren Deutung einerseits keines-
wegs sicher steht, und die andererseits viel zu
jung sind, um über das ursprüngliche Wesen der
G. ein vertrauenswürdiges Zeugnis liefern zu
können, während das ältere Material, Kunst und
Literatur, nichts von dieser Beziehung weiß.
Immerhin dürfte von Gädechens' Nachweisungen
einen Kampf mit Anthropoiden auflöste , wobei 30 dieses bestehen bleiben, daß man in spätantiker,
er die Tatsache, daß bei einigen Gorgoneien ein zum Synkretismus geneigter Zeit hier und da dem
leichter Bartwuchs angedeutet ist, in seinem n *-- -"-- 1 '~~~ 1 -- T1 - J — ■ *- —
Sinne mißbrauchte. Den Schlußstein zu diesem
Gebäude zu finden war aber dem Zoologen Zell
aufbehalten, der in seinem Buche ,Riesen der
Tierwelt', Berlin 1910, S. 193 entdeckt hat, daß
der Name Gorilla nur durch einen Schreibfehler
aus G. entstanden ist. Also war die G., ebenso
übrigens wie Polyphemos der Kyklop, ein Gorilla ;
Gorgoneion eine lunarische Bedeutung gegeben
hat, bewogen durch die Ähnlichkeiten, die zwar
über das ursprüngliche Wesen nichts aussagen
können, aber doch bestehen und die Orphiker
zum allegorischen Gebrauch des Wortes Gorgo-
neion für Mond veranlaßt haben (S. 1644).
e) G. als Gewitterwolke. Diese Deutung,
die schon Quint. Smjrn. XIV 454ff. anzudeuten
vivat sequens ! So wenig wie diese Hirngespinste 40 scheint, Tzetz. zu Lykophr. 17 ausspricht (vgl. S ix
bedarf die Deutung von Elworthy einer Wider- 92), ist in neuerer' Zeit von Lauer, Schwartz
legung, der (Folklore XIV 2 12ff.; Nachträge ebd.
XVT 350) allen Ernstes das Geschlecht der Tinten-
fische, speziell den Oktopus, zu Ahnen der G.
macht. Nicht viel besser ist Ridgeways Ge-
danke (Journ. heU stud. XX S. XLIV), daß das
Gorgoneion ursprünglich nichts als der Ziegenkopf
des Ziegenfelles aiyig gewesen sei.
c) Personifikation einer Idee ist die G.
und Dilthey aufgestellt, sodann von Röscher
in seiner Monographie über die G. (abgekürzt in
seinem Myth. Lex. I 1699ff.) ausführlich begründet
worden. Der Gang seines Beweises, in dem er in
erheblichem Umfange mythisch-symbolische Vor-
stellungen der stammverwandten Völker heran-
zieht, ist folgender: mit dem Wohnen der G.
im Westen und ihrer Abstammung von Meergott-
nach K. 0. Müller, der in ihr nur den .auf den 50 heiten wird die Tatsache verbunden, daß für den
höchsten Grad getriebenen Ausdruck von Zorn,
Wut und Hohn auf eine karikaturmäßige Weise'
erblickte. Ähnlich allgemein war Prellers erste
Deutung (in der 1. Aufl. der Griech. Mythologie),
der sie als , Schrecknisse des urweltlichen Grauens*
ansah, während Wilh. Furtwängler sie als Sym-
bolisierung der ,Erstarrung des Lebenslaufes in
der Natur' oder der ,vom Wasser kommenden,
aber gebundenen Lebenskraft' fassen wollte.
Griechen in der Regel die Sturm- und Gewitter-
wolken im Westen aus dem Meere emporsteigen.
Gleich den himmlischen Ungeheuern und Gott-
heiten, durch deren Kampf unter Entladung
furchtbarster Kraft und Wut in Blitz und Donner
die Gewitter entstehen, sind auch die G. mit
gewaltiger Kraft ausgerüstet, und ihr Angesicht
ist das Symbol der furchtbarsten Wut Ein
Bild der betäubenden und starren Schrecken ver-
d) G. als Mondgesicht. Sehr vielfach ist 60 ursachenden Gewalt von Blitz und Donner ist
das Gorgoneion als Mondgesicht aufgefaßt worden.
Als seine Vorgänger nennt Gädechens, der
Hauptvertreter dieser Ansicht ,Boefctiger, Beule,
Minervini, Cavedoni, Schwenck, Stackel-
berg, Streber, Panofka, Avellino, K. Fr.
Hermann, Preller (2. Aufl. der Griech. Mythol.),
Rückert, Fischer, Gerhard, DucdeLuynes.
Boscher fügt Jahn, Wieseler und r. Hahn
die Kraft der G. , jeden, den sie anblickt, zu
versteinern, wobei die Verwandtschaft von Blick
und Blitz, und die verbreitete Auffassung des
Blitzes als des leuchtenden Blickes eines Gottes
oder Ungeheuers bemerkenswert ist. So wird
auch die Ausstattung der G. mit Schlangen, die
nach verschiedenen Seiten mit Gewittererschei-
nungen in Beziehung gesetzt werden, bedeutungs-
voü Die ehernen Am* und Haare der G. lassen dem S. 1640 mitgeteilten Schiffermärchen. Eo-
elwnsowohl an den Blitzglanz des Erzes wie an achers Ansicht ist ziemlich allgemein (vgl z. B.
seine Kall -and Härte denken Die Schweins- Bmnn Griech. Götterideale 54. Gruppe passim)
hauer der G. finden eme Parallele in dem oft angenommen worden, und allerdings kann gegen-
gebrauchten Vergleich des Blitzes mit einem über der Fülle der von Eos eher vorgebrachten Be-
weißgWnden Eberzahn. Das furchtbare Briil- weise, die sich gegenseitig stützen, die enge Bezie-
hen der G.-Schwestern beim Tode der Medusa hung der G. zum Gewitte? kaum in Abred? gestellt
erhalt eine entsprechende Beleuchtung durch den werden. Indes muß stets der Grundgedanke festge-
XES^i "S* i« l0 Q r Myt - hen ' ^ den halten werden ' daia elne Natursage mit dem ihr ent-
Donner als die gewaltige Stimme eines göttlichen 10 sprechenden Naturvorgang nicht enger und dauer-
SJSSr° IU 3 Cllß ^ €SeilB ? eut ? J aUf - dieSe GrUnd - hafter vert ^den ist all etwa eüf LmerSes
bedeutung des Wesens der G. weist auch die Gleichnis mit der in ihm verbildlichten Hand
Etymologie Zur finsteren Gewitterwolke passen hing. Einmal ins AnthrnpomorpirfibewSt
ferner die schwarzen Gewänder und die Flügel der lebt der Naturvorgang in der bildenden PhantS
selbst häufig gegeben werden Eine besonders darf wie eine bewußt allegorisierende Dichtung
dlÄ^SSSf W ^ afldieT , at . sac , he ' s P^rer Zeiten. Helden, Sie auf AbenYeueTif
daß m der ältesten Literatur (Homer) und m der unbekannte Fernen ziehen und übermenschliche
Kunst vorwiegend nur das Haupt der G. T die 20 Kämpfe bestehen, sind eine Realität und etwas
d™^USÄ W^a T d da ^ este ? ™*S Primäres, das, verbunden mit der mythisch not-
wSl E ch Vf * fral gemein verbreiteten wendigen Betrachtung des Gewittervorgangs, in
^S^S fe v iffl ft ,flemtt( ? l,pP ' der yers <*melzung als ein selbständig* fort-
Grummelkop', ,DonnerkugeP, Ochsenauge' für die wuchernder und das Wachstum des Ganzin teil-
^S£^? M ? 0l f eil8 9 ,ra S t i lt ' ™ dderdurch ™se bestimmender Einschlag wirksam ist. So
fl£ SJ Lf.ll y^eele^en Nfflgnng in wäre es falsch, nur das deutlich auf den Natur-
den sich ballenden und turmenden Wolken wilde Vorgang Bezügliche primär, alles einer solchen
Sl , Z ^. erl£e r en - ^ b6n ^ UCreZ IV 138 Deutun S ^ch Entziehende sekundär zu nennen.
iZZ T P Q ff? um ora vo \ are wdentur et um- Beide Komponenten "des Mythus sind gleich alt
bram ducere lote) mag man da an die »grausamen 30 und gleich berechtigt.
Gesichter mit rauhen Häuptern und Barten', die B In der Kunst
S^ti! n ^ W ° lk i? si * h M Gatz . ™ I- Allgemeines. Wenn wir in der Lite-
Berlichingen V 1) und vor allem doch an eigene ratur die ältesten Zeugen nur vom G.-Haupte
kindliche Wolkenstudien denken Zum Beweise reden hörten - was sich soeben als bedeutungs-
XlrÄ 1 n UC - h ?! e , Dre ; Zah L der ^ ^ Ver " vo11 für to Erklärung des Mythus erwies -, so
gleich mit der Dreizahl der Gewittererschemungen finden wir dasselbe Verhältnis in der Kunst wieder
™U was mir unzureichend erscheint, vgl. Auch hier ist die Fratzenmaske, das Gorgoneionj
!LiS' ah ^"^«wt^e Zusammen- das Erste und bleibt das unvergleichlich Wich-
T T?Lwi,n 5 5 mS n i " ^ Tötun ^ der ti ^ ere bis in den Aus * an g des Altertums. Diese
G Durchschneiden des Halses und augenblick- 40 Fratzenmaske ist keine griechische Erfindung und
hches Hervorspringen des Zeus' Blitze tragenden keine Besonderheit, Wie Furtwängler 1704ff
Flügelrosses Pegasos und des Mannes mit dem zeigt, hat der bei fast allen Naturvölkern gleich
rwSl W6 ?'/p K der ™*en "ndem gwade bei mäBig hervortretende Trieb, durch die nachge-
sehen und Römern herrschenden Vorstellung, ahmte Schreckensmaske eines bösen Dämons die
daü der Blitz die gewitterschwangere Wolke anderen zu verscheuchen, überall eine derartige
spalte und aus ihr hervorspringe. Ein Analogon Fratze erzeugt, und bei nicht wenigen zeigt sie
23vw< ■ 7*1 £* gaS -° S aUS Ä r D ° nner " das hervorstechendste Charakteristikum des archai-
wolke G. ist das Hervorspringen Athenas aus sehen Gorgobeions, die vorgestreckte Zunge. Auf
dem gespaltenen Haupt des laut aufbrüllenden die Spezi algeschichte dieser Fratze in vorgriechi-
Zeus. In beiden Sagen ist ein Ableger der allge- 50 scher Zeit kann hier nicht eingegangen werden,
wÄ^T^i &* T- dem G . ewitter " ond es muß ^nügen, dara « f ^zuweisen, daß
kampfemesgötthchenHeldenmiteLnemschlangen- Furtwängler unter Zurücknahme seiner älteren
SriÄTm" 1 , «kennen Daß Perseus Meinung, daß der griechische Typus über phoi-
die G schlafend trifft, konnte wohl ein mythisches nikische auf ägyptische Bildungen (Bes) zurück-
Bild der dem Gewitter voraufgehenden Windstille gehe, sowie der Ansicht Sil' p. 94, daß das Gor-
vl . E ? e 1 ? 80 + h .? t ™p Wahrscheinlichkeit der goneion aus Cvpern zu den Griechen gekommen
Infef f ! ^ IT "' ^f 1 . 13 *odbringen- sei, Nordsyrien unter Vermittlung Kleinasiens als
dt fnl tr °Pj end f G '^ d ^ glühen Kräften, Heimat des Gorgoneions ansieht. Tatsache ist
viLl T l } dem Blitz zuschrieb. Endlich jedoch, daß in den älteren Schichten griechischer
verweist Koscher auf den Zusammenhang der 60 Kunst jegliche Spur des Gorgoneions fehlt und
ma^lr^% l r r n ? eZieh T gZ ^? e "' itter ' erst in d «m Kreise von Kunstwerken, der die
3?rwL ^ Ste . n ?el o Bd. I S. 971 ersten reinen Darstellungen griechischer Mythen
LsunfS T™* i1V em P h 3' sliallSehen Auf - Mn ^ ailch die «.Fritze auftaucht. So ist
auTd^ällH en ' alle / din ? s außer Zweifel steht, diese auf griechischem Boden kaum über das
?7 e 7i ™7 der <f- »ta Atk riea; (Hom. 7. Jhdt. hinaufzurücten. Diesem Ergebnis der
AaLlSäJ^^ Z t tt T n - ö 5- ftr ? et J e °" archäologischenForschungwidersprichtnurschein-
f^vESfiZTT^ &i braucht ™^. ™* den bar die Notiz des Paus II 20, 7 über die Mb-
noch nicht erstorbenen Bezug auf das Wetter in fcfap l®ov xexoi nf dv n xs <paXi,, KvxX6*a>r . . .
igyov beim Heiligtum des Kephisos in der Nahe
von Argos; denn, wie Furtwängler 1704 richtig
bemerkt, ,kümraert sich die Volkssage wenig um
Stilgeschichte', die Bezeichnung ,Kyklopenwerk'
braucht also auf keinen bestimmten Stil zu weisen,
sondern heißt in einem Lande, in dem zahlreiche
Zyklopische' Werke in die Zeiten hochentwickelter
künstlerischer Kultur hineinragen, weiter nichts
als ,archaisch'. Aus demselben Grunde ist es
uorgo
iööU
Paus. I 23, 7. II 27, 2. HI 18, 11 — sondern ist
auch in einem sehr berühmten und oft benützten
und modifizierten Gemälde aus dem Ausgang des
5. Jhdts. geschildert gewesen, in dem Medusa, als
schönes, hilfloses Mädchen dargestellt, nicht ge-
köpft, sondern symbolisch nur der Locken beraubt
wird, vgl. o. S. 1635; abgewandt schaut Perseus
in den Spiegelschild, den die hinter ihm stehende
(auch auf den meisten älteren Darstellungen an-
aber auch unangebracht, von dem höchst proble- 10 wesende) Athena ihm hinhält. Vgl. Löschcke
matisehen solaren Charakter des Gorgoneions aus-
gehend (vgl. o. S. 1645f.) eine Brücke engster
Beziehung zur mythischen Heimat der Kyklo-
pen, dem Lichtland Lykien des Sonnengottes, zu
schlagen, wie Furtwängler tut. Ebenso ist
es gewagt, wegen des verhältnismäßig späten
Erscheinens des Gorgoneions in der Kunst die
ältesten Berichte, die von solchen Darstellungen
sprechen, zu diskreditieren, d. h. die Homerstellen
Die Enthauptung der Medusa, Festschr. zur Feier
des 50 jähr. Doktorjubil. von H. v. Brunn , Bonn
1893. Als beliebte pantomimische Szene wird der
G. -Kampf bei Lucian de salt. 44 aufgeführt.
2. Flucht und Verfolgung des Perseus
waren auf dem Schild des Herakles, den Pseudo-
Hesiod beschreibt (Scut 21Gff.), und auf der Ky-
pseloslade (Paus. V 18, 3) dargestellt. Perseus,
gewöhnlich mit der das Medusenhaupt bergenden
IL XI 36 und V 741 für jüngere Einschiebsel zu 20 Kibisis und der Harpe, manchmal mit Flügel-
erklären (so Furtwängler 1702f., gegen ihn
z, B. Gruppe 1201, 5); auch darf man aus
dem Schweigen Hesiods (Theog. 270ff.) über das
Äußere der G. ebensowenig auf seine Unbekannt-
schaft mit den bezüglichen Mythen schließen,
wie ihr Beilager mit Poseidon nichts für ihre
Schönheit (in Hesiodischer Vorstellung) beweist.
Die nächstdem älteste Stelle, Hes. Scut. 230ff.
(vgl. o. S. 1635), hat bereits die uns in zahl-
schuhen und Hadeshelm ausgerüstet, sitzt bis-
weilen auf dem eben geborenen Pegasos, und
öfters ist Hermes anwesend, zur Flucht antrei-
bend, seltener Athena. Sehr oft ist die zusam-
mensinkende oder schon zusammengesunkene Me-
dusa mit auf dem Bild, dessen Hauptfiguren die
verfolgenden G. -Schwestern bilden. Nur aus der
Kunst ist uns die Existenz einer Version bekannt,
nach der die G.-Schwestern zu Poseidon, dem Ge-
reichen Typen bekannten archaischen Gorgoneien 30 liebten der Medusa, gingen, um ihm ihre Er-
vor Augen. Ebenso haben wir zu den Aischy- mordung zu melden. Die weitaus überwiegende
leischen Schilderungen ein reichhaltiges, jeden Zug
bestätigendes Bildermaterial zur Verfügung.
II. Ganzfigurige Darstellungen folgen
zwar erst dem ursprünglich für sich vorhandenen
Gorgoneion , sind aber in der archaischen Periode
außerordentlich häufig, während in der späteren
Zeit nnr einzelne Szenen beliebt bleiben. Die
häufigste Verwendung der G. in der archaischen
Mehrzahl dieser Darstellungen ist archaisch, ganz
vereinzelt sind die Beispiele, die das Fratzenhafte
der G.-Schwestern ins Schöne übersetzt zeigen,
da ja auch der literarische Mythus nur einmal eine
Andeutung gibt, daß die Schwestern den VeTede-
lungsprozeß der Medusa mitmachten (s. S. 1643).
Das Gorgoneion konnte Kunst, Kunsthandwerk
und Volksglaube nicht missen, daher begleitete
Kunst ist die zu rein dekorativem Zwecke. Gern 40 es sie auf allen Wegen ; die Schwestern waren
erscheint eine G. zur Fällung eines etwa qua- —n—i— «-i- —j •< j- <-- -■■■-■ "-•■ t-
dratischen Feldes; nicht selten finden sich in
solchem Sinne auch Halbfiguren oder Brustbilder,
namentlich auf chalkidischen Bronzegefäßen. Da-
neben ist schon früh die tektonische Verwendung
an allerlei Geräten nicht selten, zu Füßen. Hen-
keln, Akroterien u. dgl. Daneben treten sehr
früh die G. in den verschiedensten mythischen
Szenen auf, die von Gädechens 407ff. bespro-
entbehrlich und verschwanden in einer Zeit, die
das Fratzenwesen verbannte.
3. Beschreibung. Die typische Erschei-
nung der G.-Schwestern ist die einer heftig eilen-
den weiblichen Figur mit tief heTabgebeugtem
Knie, so daß sie fast kniend erscheint, und stets
en face gezeigter G. -Fratze, gewöhnlich einen Arm
gesenkt und einen erhoben. Die Flügel fehlen
nur in ganz seltenen Fällen ; die altionischen
chen und mit reichlichen Beispielen belegt sind, 50 Bildwerke zeigen meist vier Flügel, viele Dar-
unter Hinzunahme derer, die ohne die Darstellung
der G. selbst auf andere Episoden des Mythus
Bezug haben (Vorbereitungen zum G.-Kampf,
Perseus bei den Graien und Nymphen, besonders
den Ketoskampf usw. Vgl. Perseus). Unter
Beiseitelassung dieser Parerga seien liier die Haupt-
szenen mit G.-Darstellungen genannt.
1. Tötung der Medusa. Die auf der berühm-
ten Metope von Selinus dargestellte Szene begegnet
Stellungen auch Fußflügel. Schlangen als Attri-
but (um den Gürtel oder in den Händen) wer-
den früher beigegeben als Schlaagenhaare ; in den
ältesten Darstellungen fehlen sie noch völlig.
Bezüglich der Gewandung scheidet Furtwängler
die G. der kleinasiatisch-ionischen und der chal-
kidischen Kunst, die die Dämonen im weiblich-
langen Gewände zeigt, von denen der peloponne-
sischen, attischen und sizilischen Kunst, die ihnen
nicht nur auf einer großen Zahl archaischer Bild- 60 den kurzen Chiton gibt, welcher ihrem Wesen
werke sehr verschiedener Art — auf denen öfters
Pegasos und Chrysaor aus dem Halse der Me-
dusa steigen ; der kleine Pegasos unter Medusas
Arm auf der Metope ist singulär ; boiotische Gem-
men und Reliefvasen zeigen die Medusa selbst in
Roßgestalt, vgl. Hannig De Pegaso 23—26; oft
ist die Darstellung der eben getöteten Medusa
mit der Verfolgung des Perseus verbunden; vgl.
als Dämonen der Verfolgung angemessener war.
Natur lieh dürfen die Grenzen nicht allzu scharf
gezogen werden. Vgl. Furtwängler 1709ff.
III. Das Gorgoneion. 1. Zweck und
Verbreitung. Das Gorgoneion verdankt seine
außerordentliche Häufigkeit dem apotropäischen
Zweck, den es, als Sinnbild der widerwärtigsten,
abschreckendsten, erstarrendes Entsetzen hervor-
rufenden Häßlichkeit, besser als irgend ein an- Steine, Elfenbein, Bernstein, Perlmutter, Glas
deres Symbol zu erfüllen vermochte. Die unge- (Haschen ; Medaillons, die den Boden von Trink-
heure Verbreitung des Glaubens an den bösen gefäßen gebildet haben dürften). Vgl. 0. J ahn
Blick und an die Möglichkeit, durch den höchst- Über den Aberglauben des bösen Blicks (Berichte
gesteigerten, übertriebensten Ausdruck des Hohnes d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. VH 1855),
und der Wut, wie er im Gorgoneion lag, jeden Gädechens 421ff. Röscher 59f.
bösen dämonischen Eindruck zu brechen, ver- 2. Entwicklung. Der fortgesetzte Gebrauch,
bunden mit der unbegrenzten ornamentalen An- der vom 7. Jhdt. ab ununterbrochen bis zum Aus-
passungsfähigkeit, die dem Bund des Fratzenge- gang des Altertums vom G.-Symbol gemacht
sichtes eignete, erklären den unübersehbaren und 10 wurde, hatte zur Folge, daß dieses Symbol in
gar nicht zu umgrenzenden Gebrauch, der von lückenloser Folge den Verlauf der griechischen
diesem Symbol vom Beginn bis zum Ausgang des Kunstentwicklung mitmachen mußte, wenngleich
Altertums gemacht wurde, so daß die Worte seine apotropäische Bedeutung ein öfters zu kon-
Gädechens': ,die griechisch-römische Kunst hat statierendes Festhalten an schon veralteten For-
uns keinen figürlichen Schmuck so häufig über- men und ein Hineinragen derselben in eine fort-
liefert wie das Medusenhaupt' (Das Medusenhaupt geschrittenere Umgebung bedingte, und daß von
von Blariacum 12) keine Übertreibung bedeuten. den Millionen vorhanden gewesener Gorgoneien
Es ist bezeichnend, daß rogyetov Appellativum einige Tausend uns erhalten geblieben sind, die
für jedes grausige Antlitz wurde, besonders für uns den Entwicklungsprozeß zu verfolgen ge-
die auch apotropäisch verwendeten tragischen 20 statten. Es lohnt sich, die ersten drei und den
Masken (Etym. M. s. yoQysta. Schol. Plat. 464B. letzten der Schlußsätze Levezows (233) zu wie*
Poll. Onomast. X 167). Das Gorgoneion ist über- derholen: ,daß kein griechisches Kunstideal vom
all angebracht worden, wo es einen Schutz gegen ersten rohesten Anfange der beginnenden Kunst
irgendwelche Angriffe aufzurichten galt; in erster bis zu ihrer Vollendung eine längere Stufenreihe
Linie also an Gegenständen, deren Bestimmung es von allmählicher, ja schrittweise sich fortsetzen-
war, den Menschen zu schützen, also Mauer, Tor der Entwicklung überstiegen hat und daher kei-
und Tür, aller Art Gebäuden, Schilden, Helmen, nem eine größere Mannigfaltigkeit von Darstel-
Harnischen, Beinschienen, Streitwagen, Schiffen, lungsformen zuteil geworden ist, als dem G.-
Pferdeschmuckstücken ; sodann an allen erdenk- Ideal überhaupt und dem der Medusa insbeson-
lichen Geräten: Lampen, Kandelabern, Stühlen, 30 dere. Daß auch von keinem anderen Ideal die
Trinkgefäßen aller Art (zur Füllung des inneren Entwicklungsgeschichte in zahlreicheren Doku-
Eunds einer Schale eignete sich das Medusenhaupt menten so deutlich vor Augen liegt, als schon
vorzüglich), Flaschen, Henkeln von Gefäßen usw. gegenwärtig von ebendemselben. Daß sich in
Besonders beliebt sind Gorgoneien auf Gemmen, dieser Entwicklung, wenngleich nur eines unter-
Intagli sowohl wie Kameen, die jedenfalls vielfach geordneten Ideals, zugleich der ganze Gang und
als Amulete gebraucht wurden, was auf einigen der ganze eigentümliche Geist der griechischen
durch Beischriften erwiesen wird. Doch erscheint Kunst, und was umsomehr Wert gibt, ohne
auf Gemmen die G. erst spät, und zwar durch- sichtbare Beihilfe irgend eines anderen fremden
weg nur der schöne Typus, oft im Profil. Ferner Einflusses, offenbart, von den ersten rohen Ver-
zählt, wieder wegen seines Runds und seiner 40 suchen cyklopischer Mechanik bis zum höchsten
heilsamen Kraft, das G, zu den gebräuchlichsten Gipfel der Vollendung freier hellenischer Kunst.
Münztypen. Six' Inder (99f.) nennt nicht weniger Daß endlich selbst das Häßlichste, ja Greuel-
als 65 Länder oder Staaten und 16 Dynasten, hafteste in Idee und Form, wenn es sich nicht
welche dieses Münzbild brauchten. Besonders ganz aus dem Kunstkreise abweisen oder ver-
heimisch ist das Gorgoneion auf den Münzen bannen ließ, dem sich unaufhaltsam fort aus-
von Athen. Endlich sind Mosaiken und Wand- bildenden Schönheitssinne der Griechen und seinen
gemälde zu nennen (das berühmteste aus Stabiae, Forderungen dennoch in dem Grade unterwerfen
von Brunn 57f. besprochen), zu denen schließ- mußte, um wenigstens so viel als möglich ge-
lich auch die zahlreichen Darstellungen des Me- mildert, ja wie bei unserem Gegenstande der Fall,
dusenhauptes im Perseusmythus (z. B. Athena 50 sogar möglichst veredelt und verschönert, ohne
zeigt Perseus das G.-Haupt im Brunnen oder doch das Charakteristische seiner Grundidee da-
Spiegel oder zeichnet es in den Sand ; Perseus durch ganz einzubüßen, ein Gegenstand des leb*
einfach mit dem Gorgoneion in der Hand ; Per- haftesten menschlichen Anteils, selbst hohen tragi-
seus versteint mit dem Gorgoneion das Ketos oder sehen Mitgefühls und der gerechtesten Bewunde-
Polydektes ; Perseus zeigt Andromeda das Gor- rung seiner ihm verliehenen Kunstvollkommenheit
goneion im Brunnen; Perseus schreckt die Sa- werden konnte'. Man versäume nicht, Brunns
tyrn ; Perseus überreicht das Gorgoneion Athena Behandlung der Medusa (Griech. Götterideale
usw. Vgl. Gädechens 410ff.) und an Bildern 53ff.) zu lesen, obschon darin die Auffassung der
der Athena kommen. Das Material, in dem wir Medusa (?) Ludovisi entschieden verfehlt ist Die
Gorgoneien aus dem Altertum überkommen haben, 60 folgende Übersicht schließt sich in der Eintei-
lst somit: Marmor (ganze Köpfe, Masken, Reliefs), lung an Furtwängler 1706ff. Die reichhaltig-
Bronze (Köpfe, Masken, ornamental oder tekto- ste Materialsammlung findet man bei Six
nisch an aUen möglichen Gegenständen, Münzen), a) Der archaische Typus zeigt in den
Gold und Silber (Masken, Schmuckstücke , Mün- ältesten Exemplaren (bei denen es zum Teil zwei-
2en J' Terracotta (Köpfe und Masken selbständig felhaft sein kann, ob sie speziell G.-Häupter dar-
und häufiger in architektonischer Verwendung stellen sollen, vgl Furtwängler 1707f.) durch-
als StmmegeL Antefixe usw., ornamental an Ge- gehend das durch das obligate Bund in die Breite
laßen usw.), Ton (Vasen, besonders Schalen), edle gezerrte Gesicht mit niedriger, oft vertikal ge-
falteter Stirn, weitaufgerissenen Augen, breitee-
drückter (,geplätschter ( schreiben die älteren Be-
handler einmütig) Nase, in die Breite gezogenem
Mund mit tierischen Eckzähnen oben und unten
und gebleckter Zunge. Sehr bald beginnen in
Anpassung an die umgebende Kreislinie die Mund-
winkel sich nach oben zu ziehen, woraus der
widerwärtig lächelnde Ausdruck dermeisten archai-
schen Gorgoneien resultiert. Sehr viele Gorgo-
neien zeigen nicht nur oben und an den Seiten 10 häufigsten erscheint das Gorgoneion in dieser
durch Übertreibung zur widerwärtigen Fratze ver-
zerrt, sondern gemildert und dadurch mensch-
lichere Züge hergestellt werden. Insbesondere
wird dem Munde die natürliche horizontale Rich-
tung wiedergegeben, die Augen hören auf zu
glotzen, das Haar wird glatt gescheitelt. Zu-
weilen beginnt es sich zu sträuben, wie es häufig
im schönen Typus begegnet. Die Schlangen sind
selten; oft schon um das Haupt geknotet. Am
dichte oder (je nach dem Charakter des Mate-
rials) wulstige Behaarung (die freilich in ge-
wissen Fällen, z. B. auf Münzen natürliche enge
Grenzen erhält), sondern auch einen mehr oder
weniger starken Bart, der selbst auf Exemplaren
des schönen Stils bisweilen noch angedeutet ist
(z. B. auf dem von Blariacum, vgl. Gädechens 1
Monographie über dasselbe). Von den Erklä-
rungsversuchen für diese Erscheinung ist der von
Epoche an den Athenabildern dieser Zeit, die selbst
in den zahlreichen späten Bepliken die Charakte-
ristika des mittleren Typus nicht ganz verloren
haben. Im übrigen tritt es, gemessen an der
vergangenen und an der Folgezeit, quantitativ zu-
rück. Der Grund dürfte sein, daß es in der nur
gemilderten Form des archaischen verzerrten Ty-
pus dem Geist der Zeit widerstrebte, die noch
nicht den erlösenden Ausweg des entschiedenen
Furtwängler 1707 am ansprechendsten, welcher 20 Bruchs mit dem Fratzenwesen und der Hinwen-
das Gorgoneion von einer ursprünglich männ-
lichen Dämonenfratze stammen läßt, während
Gädechens (422; Med.-H. v. Blar. 8) eine Bei-
mischung androgynischen Wesens zur Erhöhung
des Widrigen annimmt; über Levezows Affen-
theorie vgl. o. S. 1645. Eine seltene Beigabe
sind kurze Hörner über der Stirn, die Furt-
wängler 1709 für echt griechisch erklärt, wäh-
rend er die ebenfalls zuweilen erscheinenden Tier-
dung zur schönen Bildung gefunden hatte.
c) Der schöne Typus verbannt völlig jeg-
liche Verzerrung. Die Charakterisierung als G.
wird einzig durch den Ausdruck des schönen Ge-
sichts gegeben, dem als unterstützende, nicht
wesentliche Elemente (sie fehlen bisweilen ganz)
die Attribute der Schlangen und noch später der
Flügel auf dem Kopf beigegeben werden. In der
ersten Zeit dieser Bildung sind die Gorgoneien
obren ägyptisch-phoinikischem Einfluß zuschreiben 30 (gemäß dem Gang der Kunstentwicklung) ruhig
will. Ein anfänglich fehlendes, sich mit lokal —i-«- '— •*■ m--*— --~i — - ™ — -•— - ^n,^
verschiedener Schnelligkeit durchsetzendes und
schließlich kanonisch werdendes Attribut sind die
Schlangen, die teils das Haupt umwinden, teils
sich zwischen die Haare mengen oder sie ver-
treten (vgl. o. S. 1635). Innerhalb des archai-
schen Typus scheidet Furtwängler 1713ff. noch
folgende Unterarten : 1. einen ,breiten, vollen und
fleischigen' Typus, der fast ganz auf das Schlangen-
schön (mit Furtwänglers Terminus 1721ff.).
Beibehalten wird zunächst die dem Rund sich
nähernde breite Form des Gesichts, bald aber
vielfach fallen gelassen. Den gorgonischen Aus-
druck legen die Künstler in die weit geöffneten,
starren, kalten Augen, denen gesträubte Haare
und oft Schlangen und Flügel sekundieren. Das
berühmteste und schönste Exemplar dieses Typus
ist die Medusa Rondanini in München. War hier
motiv verzichtet und vorwiegend ,in Kleinasien, 40 die Bewegungsfreiheit für den Künstler noch nicht
bei den Chalkidiern, in Attika und Korinth, und sonderlich groß, so wurde sie fast unermeßlich
durch die Chalkidier auch im Westen in Sizilien
und Italien' heimisch, also ionisch ist. Der Aus-
druck schwankt zwischen einem weichlich- matten
und kraftvoll-wilden Charakter. Zahlreiche schwä-
chere Exemplare wirken konventionell. 2. Ein
nur in einem Exemplar vorhandener Typus (Mar-
morakroterion von Sparta, Furtwängler 1716)
schildert durch Anwendung sehnig-magerer For-
mit dem Eintritt in die hellenistische, pathetische
Kunstepoche. DieseT gehört die Ausbildung des
pathetischen Typus, der in der Medusa nicht
mehr das grauenerregende, peinigende, sondern
das gepeinigte, gemißhandelte Wesen der modi-
fizierten Sage (vgl. o. S. 1636) bildete und in
dem Beschauer die Qualen des Mitleidens weckte.
Die zahllosen erhaltenen Gorgoneien dieses Typus
men, emporgesträubte, archaisch stilisierte Haare 50 durchlaufen die ganze Stufenleiter der Gefühle
und Homer, unter Verzicht auf Bart und Schlangen,
entsetzliche, durchaus männlich wirkende, teuf-
lische Wut und Kraft, 3. Ein in Cypern und
lonien, besonders im nördlichen Kleinasien, Aio-
Hen und weiter nordwärts, westlich in Tarent
auftretender Typus ist durch reichlichste Aus-
nützung des Schlangenmotivs charakterisiert. Sie
umgeben, ausstrahlend oder umwindend, das ganze
Gesicht und illustrieren das Pindarische xotxiiov
xdga ÖQaxovtoiv <poßcum (Pyth. X 47).
b) Der mittlere Typus, der zeitlich etwa
durch die J. 450 und 400 zu umgrenzen ist,
leitet dergestalt von der archaischen Teufelsfratze
zu den schönen Köpfen der dritten Periode über,
daß zwar die wesentlichen Merkmale des archai-
schen Fratzengesichts, die Bundform, der breite
Mund, die Stirnfalten und sogar die gebleckte
Zunge meistens beibehalten, aber nicht mehr
vom schrecklichsten, körperlichen Schmerz einer
wilden und kraftvollen Natur bis zur zarten Weh-
mut eines psychenhaften Mädchenköpfchens. An-
dere reizen durch den dämonischen Kontrast eines
leidenschaftdurchwühlten, grausam wilden oder
zynischen, sich und den Betrachter zerquälenden
Geistes mit der edlen Schönheit der ebenmäßig-
sten Gesichtsbildung. Ein gemeinsames Merk-
mal dieser Gorgoneien ist das Aufgeben der bis-
60 her obligaten Vorderansicht zugunsten einer der
pathetischen Wirkung entgegenkommenden Drei-
viertelansicht. Gemmen zeigen häufig Profile.
Von den Ausdrucksmöglichkeiten, die das wilde
Haar, Schlangen und Flügel boten, ward der
ausgiebigste Gebrauch gemacht Eine nicht ge-
ringe Zahl genialer Schöpfungen dieser Periode
sind wir so glücklich zu besitzen. Daß eine An-
zahl schöner Exemplare die Umbildung der G.
1655
Gorgobina
öorgonius
1656
j zum Meerwesen zum Ausdruck bringt, sei mit Rück-
blick auf S. 1640 noch bemerkt Vgl.. Brunn 37.
Literatur. Konrad Levezow über die Ent-
wicklung des G.-Ideals in der Poesie und bil-
denden Kunst der Alten, Abh. Akad. Berl, 1832,
1 37ff. (mit 54 Abbildgen.) . Eudolph Gadechens
in Er seh u. Grubers Allgem. Encyclopäd., I. Sec-
tion, 74. Teil, Leipzig 1862, 387-434 (umfas-
sendste Behandlung). W. H. Koscher Die Gor-
gonen u. Verwandtes, Leipzig 1879. Janus Six 10
De Gorgone, Amstelodami 1885, Diss. (größte
archäologische Materialsamml.). W. H. Röscher
und A. Furtwängler inRoschers Lex. der griech.
und röm. Mytholog. I (1886-1890) 1695-1727.
Kuhnert ebd. III s. Perseus. Heinr. Brunn
Griech. Götterideale, Münch. 1893, 37ff. und 53ff.
E. Gädechens Das Medusenhaupt v. Blariacum,
Winckelm.-Progr. Bonn 1874. Georg Loeschcke
Die Enthauptung der Medusa, Festschr. zur Feier
des SOjähr. Doktorjübil. von H. v. Brunn , Bonn 20
1893. O.Gruppe Griech. Mytholog. u. Religions-
geschichte, München 1906 (J. v. Müllers Handb.
der klass. Altertumswiss, V 2). G. Glotz in
Daremberg-Saglio Dict. des ant. II 2, 1615
— 1629. Einige Einzelveröffentlichungen verzeich-
net und besprochen bei O. Gruppe Barsians
Jahresbericht 102, 202 und 137, 499. [Ziegler.]
2) Tochter des spartanischen Königs Kleome-
nes, Gattin des Leonidas, Herodot. V 48. VII
U05. Sie ist das erste Beispiel der klugen, tat- 30
kräftigen spartanischen Frau. Diren Vater warnte
sie vor den Überredungskünsten des Milesiers
Aristagoras; später als Damaratos durch eine
geheimnisvolle Botschaft den Spartanern den
nahen Angriff des Xerses offenbarte, soll sie zur
Entzifferung des Schreibens den Weg gewiesen
haben, Herodot. V 51. VII 239. Nach einem von
ihr überlieferten Ausspruch könnte man glauben,
daß sie nach dem Toae des Leonidas wieder ge-
heiratet habe. Plut. apophth, 225 A. 240 E. 40
Andere Worte von ihr ebd. p. 227 E. 240 D. E.
8) Spartanerin, auf einer Inschrift CIG
1497. [Niese.]
4) s. Sappho.
Gorgobina, Stadt der Boier, welche sich in
Noricum den Helvetiern angeschlossen hatten und
mit diesen nach Gallien gewandert waren, wo
ihnen Caesar erlaubte, sich im Gebiet der Äduer
anzusiedeln (s. Boii Nr. 1 Bd. III S. 632). Caes.
b. G. VII 9 Vercingetorwc rurmts in BUuriges 50
exercitum redueü atque inde profectus Gorgo-
binam (var, Oortonam, falsch die Lesart Ger-
goviam), Boiorum oppidum, quos ibi Helvetico
proelio victos Caesar conlocaverai Haeduisque
aMrihutrat, oppugnare instituit. Die Lage ist
nicht sicher bestimmbar. Desjardins Ge'ogr.
de la Gaule II 478. Holder Altkeit. Sprachsch.
s. v. Zur Deutung des Namens vgl. Glück
Keltische Namen 109. . [Ihm.]
Gorgodylene , Strab. XI 527, falsche Lesart 60
statt Gordyene. [Baumgartner.]
Gorgoleon aus Lakedaimon. Er fällt als Po-
lemarch gegen Pelopidas bei Tegyra im J. 374,
Plut Pelop. 17. Curtius Griech. Gesch. HI*
290. [Kirchner.]
GtorgOB (heute Gorgona). 1) Kleine bis 255 m
ans dem Tyrrhenischen Meer anfragende Felsen-
insel, ca. 85 km ron der Küste bei Livorno ent-
fernt, erscheint zunächst bei Mela II 122 undPlin.
n. h, III 81 unter dem Namen Urgo. Ptolem. III
1, 69, und zwar nur der Cod. Paris., verzeichnet
sie als rogyami zwischen Al&dkr) und. KangaQia,
Steph. Byz. unter dem Namen *Ogy&v\ Eutil.
Nam. I 515 nennt die Insel Qorgon, Gregor. I
regist. I 50. V5. 17 und Geogr. Eav. V 27 bereits
Gorgona. Auf derselben waren zur Zeit, als
Rutilius vorbeifuhr (416 n. Chr.), Mönche ange-
siedelt, deren Weltabgeschiedenheit dem heidni-
schen Dichter bissige Worte entlockt. Zur Zeit
Gregors I. waren die Zustände in den Monasteria
auf G. so reformbedürftig, daß der Papst ein-
schreiten mußte (Gregor, reg. a. O.). Nach der
Acta S. Iuliae (Acta Sanct. 22. Mai) ist der
Leichnam der Märtyrerin von den Mönchen auf
G. bestattet worden; vgl. L. M. Hartmann in
der Ausgabe der Epist. Gregor. (Mon. Germ.) I
285. Giulj Descr. delle tracce di fabbriche
romane ... in aleune isole Toscane 1833 (von
mir nicht gesehen). [Weiss.]
2) Eponym von Rhodos IGIns. 1114. CIG HI
praef. p. VIII nr. 182. IGI 2393, 185—187.
3) r. roQyiTtJico. "Inxaexos in Tegea, Le B as
II 338 a. [Kirchner.]
*) Gorgon (FHG IV 410. Susemihl Gr. Lit.-
Gesch. II 399, 314), schrieb liegt %&v h c P6ö(oi
tivm&v (Athen. XV 696 F, wo Casaubonus die
Verderbnis des Namens in yscogyos behoben hat).
Bei Hesych. s. xaxaQanxtzt]? ist der Titel zu IIeqI
•dvoiwv verkürzt; doch wird G. ebd. s. 'ExtxofaaTog
für einen rhodischen Kultnamen des Hermes zitiert.
Danach wird er selbst aus Rhodos sein, wo der
Name und ähnliche häufig sind [ToQyos, rogyatv,
Fogyia; , FoQyiöag, FoQyioiv, FoQycwlda;, FoQyo~
o&evrjs; Frauenname rogyfe s. IG XII 1 Index
p. 215). Der Stoff seines Buches empfiehlt Iden-
tifikation mit rÖQyav Togyatvog BffoyivSagiog,
der im J. 83/2 Priester des 'AxoXlcov 'Egediftios
auf Rhodos (Kamiros) war (IG XII 1 nr. 730, 27
= Dittenberger Sy IL ^ 609. Identisch vielleicht
mit FoQycov FoQycovog ebd. 46, 155 auf der In-
schrift füT einen Gymnasiarchen der'Pafiala, aber
kaum mit dem Eponym Gorgon ebd. 1114). Die
Fragmente erlauben keine nähere Bestimmung,
als daß er nach dem ersten Ptolemaier lebte
(Athen, a. la. O.). Literarhistorisches Interesse
bekundet die Mitteilung über die Weihung von
Pindars Siegeslied auf Diagoras im Tempel der
lindischen Athen a (Schol. Pind. Ol. VII inscr.
p. 195, 13 Drachm.). [Jacoby.]
Gorgonlus. 1) Praeposifcus sacri cubiculi
bei dem Caesar Gallus, als Anstifter und Teil-
nehmer von dessen Untaten im Winter 354/5 vor
Gericht gezogen, aber freigesprochen (Ammian.
XV 2, 10). Scheint erwähnt Liban. epist. 16.
2) Architekt mit dem Comestitel, erbaute
nach der Weihinschrift die große Kirche von
Antiochia, die 340 eingeweiht wurde (Malal. 326).
Vielleicht identisch mit dem Antiochener, der
Vater des Constantinopolitanischen Senators Ale-
xander war und 364 als verstorben erwähnt wird
(Liban. epist 1306).
3) Heide, Vater des Aquila, im Winter 355/356
Assessor des Praeses Armeniae. An ihn gerichtet
Liban. epist. 1264.
4) Strateg von Alexandria im J. 356. Äthan,
bist. Ar. ad mon. 68, 8t = Migne G. 25, 768. 796.
1657
Gorgopas
roQY&ms Aifivrj
1658
5) Flavius G., Comes rerum privaterem im
Occiderrt (Dessau 1290 = CIL IX 5897), in
diesem Amt erwähnt am 6. Juni 386 (Cod. Theod.
X 13) j später Praefectus praetorio. Da er in
Ancona begraben wurde (Dessau a. O.), wird
er dort zu Hause gewesen sein, wozu es paßt,
daß er nach Symm. epist. I 39 in Picenum der
Ruhe pflegte. [Seeck.]
Gorgopas, Spartiate, Epistoleus des Nauarchen
Hieras, Harmost auf Aegina, von wo er mit zwölf
Schiffen im letzten Teil des Korinthischen Kriegs
gegen die Athener Krieg führte und ihnen vielen
Schaden zufügte. Er nötigte sie, das Kastell auf
Aegina, das sie besetzt hielten, zu räumen und
belästigte sie durch Seeraub. 388 v. Chr. be-
gleitete er den Nauarchen Antalkidas nach Ephe-
sos; als er von da- nach Aegina zurückkehrte,
stieß er unerwartet auf ein attisches Geschwader
unter dem Strategen Eunoinos. G. rettete sich
nach Aegina, und als Eunomos nunmehr nach
Attika zurückfuhr, folgte er ihm im Dunkel der
Nacht, überfiel ihn bei der Landung an der atti-
schen Küste und nahm ihm vier Schiffe ab. Diesen
Unfall rächte Chabrias bei Gelegenheit seiner
Ausfahrt nach Kypros. Die Athener landeten auf
Aegina, G. ließ sich in ein Gefecht verwickeln,
fiel in einen Hinterhalt und wurde mit einem
großen Teile seiner Leute erschlagen, Frühjahr
387 v. Chr., Xen. hell. V 1, 5ff. Demosth. XX
§ 76. [Niese.]
Gorgophone (roQyo<p6vij). 1) Tochter des
Danaos, wie Hypermestra von der Elephantis,
kommt an den Aigyptiaden Proteus, der wie Lyn-
keus dem Aigyptos geboren ward von der Ge-
mahlin aus königlichem Geschlechte Argyphie,
Apollod. II 16 W. Tzetz. hist. VII 374f. ; bei
Hyg. fab. 170 p. 32, 19 Seh. erscheint neben Pro-
teus Skylla, vgl. Was er Skylla u. Charybdis 64ft.
2) Tochter des Perseus, Gemahlin des Pe-
rieres (s. d.), Mutter von Tyndareos, Ikarios,
Aphareus, Leukippos, Stesich. frg. 61 (Bergk
PLG* in 226) bei Apollod. III 117 W. Tzetz.
Lykophr. 511. Auch bei Apollod. I 87 W. er-
seheinen Aphareus, Leukippos, Tyndareos und
Ikarios als des Perieres Söhne von der G., wo-
gegen Paus. IV 2, 4 bloß Aphareus und Leu-
kippos als solche bezeichnet, vgl. den Stamm-
baum bei Hitzig-Blümner Paus. II 103. Nach
des Perieres Tod habe G. den Oibalos (s. d.) ge-
heiratet, als die erste Frau, die sich nach ihres
ilannes Tod zum zweitenmal verehelichte und
nicht Witwe geblieben, Paus. II 21, 7, dazu
Hitzig-Blümner I 586; vgl. auch Paus. III 1,
4. IV 2, 4. Bei Paus. III 1, 4 wird Tyndareos als
Sohn des Oibalos von der G. bezeichnet, als Bruder
des Aphareus von deT Mutter her, nach Tzetz.
Lykophr. 1125 waren Tyndareos und seine Brüder
nach den einen Söhne des Oibalos, nach den andern
Söhne des Kynortas und der G. Als Brüder der
G. werden genannt Alkaios, Sthenelos, Heleios,
Mestor und Elektryon, Apollod. II 49 W. Tzetz.
Lykophr. 838. Das Grab der G. fand sich zu
Argos neben dem Erdhügel, in dem nach der
Leute Meinung das Haupt der Gorgo lag, Paus.
TI 21, 7. Vgl Gruppe Griech. Myth. 153. 160,
6, 1245 A.
S) Beiname der Athene, Eurip. Ion 1478,
auch yogyotpivos Orph. hymn. XXXH 8; vgL
yoQy&ms Preller-Robert Griech. Myth. 1 193;
yoQyoyöv rj bedeutet die Gorgotöterin (s. o. Bd. II
S. 1973) oder die ,furcbtbar Leuchtende' = *yog-
yo<paooa (yogyorpdeooa) wie Uegasqpovt} und Ilsqai-
waoaa (IIsQOswdsoaa) die »strahlend Leuchtende',,
vgl. Gruppe Griech. Myth. 185f. 1200, 3. 4.
1202. 1209f., 2. [Waser.]
Gorgophonos (FoQyoqpovos). 1) Einer der
Söhne des Elektryon (s. d.) und der Alkaiostochter
lOAnaxo, Enkel also des Perseus, Bruder der Alk-
mene, Apollod. H 52 W. Tzetz. Lyk. 932.
2) König der Epidaurier, der, aus seiner Herr-
schaft vertrieben, den Orakelspruch erhielt, in
der Argolis dort eine Stadt zu gründen, wo er
den Deckel einer Schwertscheide {£t<pov$ fivx^ta)
fände; in der Gegend des "Agytov ögog aber fand
er den elfenbeinernen Schwertgriff, genauer den
twxrjc x^g Xaßijg xov £{<povs, der dem Perseus
bei seinem Flug durch die Luft in der Gegend
20 dieses Hügels entfallen war, und gründete die
Stadt, die er nach dem Begebnis Mykenai nannte ;
so Chrysermos von Korinth im ersten Buch seiner
IlElonorvr)otait& (FHG IV 361 , 1) bei Ps.-Plut.
de fluv. 18, 7; vgl. auch Steph. Byz. s. Mv-
xijvm, wo aber statt des G. Perseus selbst der
Gründer der Stadt.
3) Beiname des Perseus, Nonn. Dionys. XVIII
305 (= XLVII 506). XXX 269. XXXI 12. XL VII
536, auch yogyotpövog SQejtdvrj bei Nonn. Dionys.
30 XLVII 522; vgl. auch FoQyotpovov vmodsg bei
dem Elegiker Kieon frg. 47 (Etym. M. 389, 24)
bei Bergk PLG^ II 363.
4) Beiname der Athene, Orph. hymn. XXXII
8, s. Gorgophone. [Waser.]
Gorgopis (Hesych. yoeyüxiv <poßeQ6<p&ak(xov T
vgl. Koscher Gorgonen 64, 123. 74, 143) war
nach Hippias El. (FHG TL 62, 12 = Schol. Pind.
Pyth. IV 288) die zweite Gattin des Athamas
und somit Stiefmutter von Phrixos und Helle.
40 Ebenso wie sie selbst weist auch die mit ihr
nicht zusammenzubringende yogy&mg Xi/uvi) (s. u.)
auf korinthische Lokalsage hin. Als Beiname
findet sich yooy&mc für Athena bei Kaibel
Epigr. 1046, 54, bei Soph. Aias 450 und frg.
760 N. {= Plut. de fort. 4 und Clemens Alex.
Protr. p. 78), vgl. Gruppe Griech. Mythol. 1141;
für die Erinnyen bei Eurip. Orest. 2601; als
Schiffsname kommt Foey^mg vor CIA II 793b
' 19 ; als Eigenname vielleicht in einer Freilassungs-
50 Urkunde von Thera, IG XII 3 Suppl. 1, 1302,
wo allerdings Blass (bei Collitz-Bechtel
4702) das überlieferte Fogywxi ergänzt zu Foq-
y<osti[das?]. [Zwicker.]
roQywms Xiftvi). Nach Aisch. Ag. 302 W.
gelangt das Feuersignal vom Kithairon über das
aly'mkayüTuv OQog zum Arachnaion. Der ziegen-
durchschweifte Berg (Curtius II 552) muß die
Geraneia sein; auf ihrem höchsten Gipfel wird
man sich das Fanal denken (Hirschfeld I 970
60 ganz verfehlt). Dorthin gelangt das Signal Uftvyv
vxeq yogytömv, Xtfivt} könnte nach Homerischem
Sprachgebrauch das Meer bedeuten, wie Hik. 529
und y. redendes Adjektiv sein wie yogycoTtog Prom.
356, der Dichter also das Halkyonische Meer
meinen. Eine Linie vom Kithairon zur Geraneia
berührt gerade noch seinen östlichsten Teil. Sonst
wird das Wort nur noch aus Kratraoa' Pylaia
(frg. 178 K.) angeführt (Hes. s. /b^cJ^, an-
-— e-
scheinend als Eigenname. So fassen die Gram-
matiker das Wort auf und verstehen darunter
«inen See ira korinthischen Gebiet (Hesych. Zonar
448. Etym. M. 384, 38) j sie erklären den Namen
<wr» lozoQiag. Eine genauere Angabe (Etym. M.
384, 82) setzt die G. gleich mit der 'EaxazuSug
Xifivr) xetfisvt} (tera («am Dind. Thes. I. gr. II
736 C) z6v *Ia8ft6v. Der Ausdruck ist deutlich
adjektivisch und bedeutet die in der iayanä se-
urorgos
1660
r^tiÄS^^w*3Wä'iÄ
lieh auch hier äno iazoQiag. Es kann sich, wie
zuerst Curtius erkannt hat, nur um den großen
See im westlichen Teil der Halbsinsel Peiraion (Xen.
Ag. 2, 19), heute von Perachora, handeln, der Xen.
hell. IV 5, 6 und Plut, quaest. Gr. 59 einfach «
Xipvfi genannt wird. Dieser See, heute Vuliasmeni
genannt, d. h. der versunkene, bildet ein ziemlich
regelmäßiges Rechteck, von Osten nach Westen
etwa 1,5 km lang und von Norden nach Süden
daß dieses den alten Namen bewahrt hat Aller-
dings sind keine Ruinen da. Jttthner, Knoll,
Patsch, Swoboda Vorlauf. Bericht Über eine
archäol. Exp. n. Kleinasien 1903, 26. [Ruge.l
Gorgog (roQyög). 1) Einer der drei von Pto-
lem VI l, 17 namhaft gemachten Nebenflüsse
des Tigris m Assyrien bezw. Babylonien (Lykos,
Kapros, Ct.). Aus der Bestimmung der geographi-
schen Breite für die Einmündung des G. m den
ein hoher, steiler Kalkrücken hin, der neben der
Nordwestecke des Sees nach Westen steil ab-
bricht; im Süden trennt ihn ein niedriger, schmaler
Kücken aus graubraunem Gestein (Hornstein?, s .
Philipp so n Pel. 21) vom Meer; von Osten senkt
sich ein kleines Tal zum See hinab; im Westen
erheben sich schroffe Kalkhügel, die südlich bis
ans Meer reichen, während im Nordwesten zwi-
schen ihnen und dem zuerst genannten Rücken
ihm nur die heutige Dijälä verstanden werden
kann; so z. B. schon F orbiger Handb. d. alt.
Oreogr. II 68; vgl. auch den Art. Dialas o. Bd. V
S. 319 Der Name ist kaum griechisch (yogyög
= furchtbar, wild ; also der reißende Fluß), son-
dern eher em gräzisierter einheimischer. Etwa
aus dem Persischen zu erklären?; vgl neupers
Gurg = Wolf (Vullers Lex. Persico-Lat. 981) G*
wurde dann zu jener auf vorderasiatischem Boden
rtfa-^Mtt5»äKsSs533«?
westecke ist vermittelst eines Durchstichs durch
den gewachsenen Fels in neuerer Zeit eine Ver-
bindung mit dem Meere hergestellt. Dadurch ist
der Spiegel des Sees beträchtlich gefallen wie
eine alte Strandlinie am Westufer erkennen 'läßt;
das Wasser ist jetzt sehr seicht. Westlich vom
Durchstich lag nach Ausweis der zahlreichen
Scherben eine antike Ansiedlung. Es rindet sich
hier Eisenerz, Am Westufer, wo der Fuß der
hören, auf die wegen ihres reißenden Laufes die Be-
nennung eines reißenden Tieres (Wolf, Eber, wilder
Hund) übertragen wurde. Vgl. die Namen der
beiden anderen Tigriszuflüsse bei Ptolemaios, Ka-
pros (Eber) und Lykos (Wolf), letzteres Übersetzung
von semit. Zab (assyr. zählt, arab. dhi'b, aram. de'eb
= Wolf), dessen aramäische Form in Diabas (kaum
Korruptel aus Dialas, wie o. Bd. V S. 319 ange-
nommen wurde) vorliegt. Vgl ferner die armen.
eine breite Einsenküng ble ibt Nahe de 8M30^Sf!n™T Ygl - faraer die amen '
westecke ist vermittelst eines DurchsLhtdul ^ S
beträchtliche Reste einer vortrefflichen antiken
Fahrstraße erhalten, die sich einerseits nach dem
Isthmos zu, andrerseits an der Nordwestküste der
Halbinsel nach Osten noch verfolgen läßt, offen-
bar dieselbe Straße, auf der die von Plutarch er-
wähnte dsaiQla aus dem Peloponnes mit ihren
Wagen nach Delphoi zog. Der Ort Aigeiroi (s
AiyeiQog Nr. 2 und Aigeirusa Nr. 1 o. Bd. I
S. 951), bei dem sie lagerten, hat vermutlich am
sehen Geographen Nähr al-Dhi'b, d.h. ebenfalls
Wolfsfluß genannt wird (s. dazu Hübschmann
Iudogerm. Forsch. XVI 249. 41 5f.). Der von
den Griechen durch Lykos wiedergegebene phö-
mzische Fluß heißt heute Nähr el-Kelb = ,Hunds-
fluß'. Einen ,WiIdschweinfluß' (Barasgir) im Ge-
birge östlich von Assyrien erwähnt San dreezki
Reise nach Mossul und Urmia (Stuttgart 1857) DT
245; der offenbar persische Name B(P)aras-gir
ga^Br-JässäS-SeSfas^g
L >lP s ' , [Streck.]
t Z) LoQyog, Hirndsname auf drei sf. Vasen
mit Darstellung der kalydonischen Eberiagd-
a) Kyhx zu München (nr. 333 bei Jahn), Moni
d. Inst. IV 59. CIG (IV) 8139. b) Amphora
^L C ^ et °;^ uinü ' HelM S Bul l- d. Inst.
1884, 126. Petersen Ann. d. Inst LVI 1884,
284 z. Mon. XII 10 (Moacg). c) Amphora zu
Südufer des Sees geleg n ; auf Karden S 50 Be lin nTl705 ^)Tlt (IV) raJw^S
Schwarzpappeln schwerlich wachsen, \ntike Reste *m*L i£ r i' rV, L 73 ' 5 fstatt
namentlich ™a. Zürnen, finde» sUhaÄ Ä1,Ä°^ M J?h fc*!?^"
namentlich große Zisternen, finden sich auch an
der Nordwestecke des Sees und weiter westlich auf
der nach Norden geneigten Fläche, die sich an
der Nordwestküste entlang bis zum Vorgebirge
H. Nikolaos hinzieht (Boblaye Recherches 36
Leake Pelop. 399). Hier, in der Nähe des Sees
(--reei t$v JAfivt)v) spielt die Szene, die Xenophon
schildert. Forchhammer Halkyonia 10. Cur-
Tino Vi ri H %■%-» j-i 1 Oii? Chr\tiJ* *r% i *-■*- *~ _ Ä ~ _
tinsBh. Mus 1846 203f • plitmfMmw «■''", TT™' ' e 91nml im »«PP«lW™d
beachte dieGege^Ä JÄ9 miJ^ 60 ^^- S «° Standbild J. Ol^pu, Pa M .
besuchte die Gegend am 20. Juli 1909. fßölte 1
Gorfforome* S t e r r e t Papers of the Amer.
schooh Athens IU 129 nr. 217 veröffentlicht eine
JS£2?/!F 9 rta Kara Viran am So ^ g°i
ftr "'.if*)».^ südöstUch vom Bey Shehir Göl
(Karalrtw) ein Dorf Gulgurum Kegt, und glanbt
Gr. Vasemnschr. 78f., 1. Für die Deutung des
Namens s. Baecker De can. nom. Gr., Diss.
Eegim 1884, 55f. und Jeschonnek De nom
?SS? 7£ pecud - dom ' md iderunt, Diss. Eegim.
1885, 22. Vgl. Gorgo als Name eines Hundes
des Aktaion. [Waser.]
3) Gorgos aus Elis. Siegt zu Olympia vier-
mal im Pentathlon, je einmal im Doppellaufund
VI 15, 9.
4) Sohn des Theodotos aus Iasos, beloht in
einem Dekret der Samier, Ditten berger SylLa
162 = &tXo<pvla$ ßaadetag 'Ale§dv9gov bei Ge-
legenheit der Dionysien, welche Alexander im
J. 324 in Ekbatana feiert; erwähnt von Ephippos
bei Athen. Xn 538 b. Droysen HeHemaai^I
% 362. . .-.■■... ..
loci
worgoa
6) Sohn des Eukletos ans Messenien. Er siegt
im Pentathlon zu Olympia, woselbst sein Stand-
bild von Theron aus Boiotien, Paus. VI 14, 11.
Er, der auch sonst noch gymnische Siege errang,
2eichnet sich später als Staatsmann aus, Polyb.
VII 10, 2. Er geht als Gesandter der Messe-
nier zu König Philipp von Makedonien im J. 218,
Polyb. V 5, 4. Niese Gesch. d. griech. u. maked.
Staaten II 444.
6) Archon in Paros in der Zeit der Attaliden,
Rangabe" Antiquite's 770c.
?) Sohn des Aphrodeisios aus Thespiai. Er
siegt bei den Erotideien in Thespiai xsXrjn tsXstq>
im 2. Jhdt. n. Chr., IGS I 1772. [Kirchner.]
8) Messenier aus der Zeit des zweiten Messeni-
schen Kriegs, Sohn des Aristomenes. Als er noch
kaum erwachsen war, fiel ihm, wie Pausanias er-
zählt, das Mädchen, das den Aristomenes aus der
Gefangenschaft befreit hatte, als Gattin zu. Später,
nach dem Falle Eiras, schlägt er sich in Begleitung
des Aristomenes durch die Belagerer durch, zieht
ab und wird dann mit Mantiklos Führer der mes-
senischen Auswanderer. Sein Vorschlag, Zakyn-
thos zu besiedeln, wird nicht ausgeführt; die
Messenier wenden sich vielmehr nach Zankle, das
sie in Besitz nehmen und darnach Messana nennen,
Paus. IV 19, 6. 21, 2 u. 12. 23, 2—9. Seine
Person und seine Taten gehören ganz der histori-
schen Dichtung an.
9) Messenier, Sohn des Eukletos, in seiner
Zeit berühmter, oft bekränzter Athlet. Erwähnt
wird ein Sieg im Pentathlon in Olympia, dem
G. eine Statue verdankte, Paus. VI 14, 11. Später
ging er zur Politik über und muß in seiner Vater-
stadt eine bedeutende Bolle gespielt haben, be-
sonders in den Wirren, die um 215 v. Chr. zur Ein-
mischung des makedonischen Königs Philipp V.
in Messenien führten. Vorher, 218 v. Chr., ward
er als Gesandter zu Philipp nach Kephallenia ge-
schickt, Polyb. V 5, 2. VII 10, 2. Vgl. Pomtow
N. Jahrb. f. Piniol. 1896, 623f. Niese Gesch.
d. griech. u. maked. Staaten II 470.
10) Ehodier oder Knidier, Genosse des Pen-
tathlos und einer der Gründer Liparas, nach
Diodor. V 9, 3f.
11) Aus Keos, der zur Zeit Timoleons (um 340
v. Chr.) die zerstreuten und vertriebenen Geloer
sammelte und das zerstörte Gela aufs neue be-
siedelte und einrichtete, Plut. Timol. 35. Holm
Gesch. Siciliens II 215.
12) Angesehener und begüterter Sikeliote aus
Morgantine, beigenannt Kambalos. Bei Gelegen-
heit des ersten sizilischen Sklavenkrieges (133
v. Chr.) erzählt Diodor, daß er von aufständischen
Sklaven überrascht in die Stadt floh. Sein, wie
«s scheint gleichnamiger Vater kommt ihm zu
Pferde entgegen. Nun entspinnt sich zwischen
Vater und Sohn ein edler Wettstreit, jeder will
dem andern das Pferd überlassen, um sich zu
retten. Die Räuber kommen darüber dazu und
töten beide, Diodor. XXXI V/V 11, wo der Text
nicht fehlerfrei ist.
13) Akragantiner, Sohn des Tyrannen Theron.
Nach Polyaen. VI 51 nahm er den Bau des Athena-
tempela in Verding und benützte nun die Bau-
gelder, um Soldner zu werben, mit denen sein
Vater die Tyrannis begründete. Ohne Zweifel
liegt hei Polyaen eine Verwechslung mit Phalaris
worgyra 1002
vor, und verdient die Erzählung keinen Glauben.
Vgl. Free man Gesch. Siziliens, übers, von Lupus
II 125. [Niese.]
14) Von Lakedaimon, ein Stoiker, der als
Schüler des Panaitios im Ind. Stoic. Herc. col.
76 (Riv. di Fil. III) genannt wird. Susemihl
Gesch. d. griech. Lit. in der Aleiandrinerzeit II
242, 26. [v. Arnim.]
15) s. Claudius (Nr. 168) und Flavius
10 (Nr. 61).
Gorgylos {roQyvloq). l)Nach Polyb. II 66, 1.
10 ein tief eingeschnittener Seitenbach des Oinus
(der heutigen Kelephina) am Fuß des Berges Euas
(o. Bd. VI S. 849), in dessen trockenem Bett Anti-
gonos vor der Schlacht bei Sellasia 221 einen Teil
der Truppen seines rechten Flügels versteckt Auf-
stellung nehmen läßt. Von Kromayer Antike
Schlachtfelder I 222 (vgl. 273, 2) am Südwest-
ende der kleinen Ebene an der Kelephina nörd-
20 lieh von Sellasia angesetzt. Karte bei Kromayer
(nr. 5) und Arch. Anz. 1900, 206. [Bölte.]
2) Freund des Peripatetikers Straton und einer
seiner Testamentsknratoren (Diog. Laert. V 62),
Im übrigen unbekannt. [Martini.]
Gorgyra (roQyvga). 1) Gattin des Acheron,
Mutter des Askalaphos (s. d.) , Apollod. I 33 W.
st. &Eäv frg. 10 (FHG I 430) bei Stob. ecl. I 49
p. 419, 15ff. Wachsm. (ebro zov yoQya <palvsa-&ai
toTs TtoXXotq ra iv "Atdov). Das Appellativum f.,
30 auch ysQyvga (z. B. Alkman frg. 132 bei Bergk*
HI 74), bedeutet einen unterirdischen Kanal, vjio-
voftos, di ov za vSara vjts^et, Hesych. s. v., ein
unterirdisches Gefängnis, Herodot. LTI 145 (Har-
pokration s. v. zitiert außer Herodot noch Dei-
narchos und Aischines, mit der Erklärung y.
= tÖ xara ytfg ogvyfia), eine Art Labyrinth (rag
dvoeg~trr)Tovs xaraoxsväg), vgl. Etym. M. p. 224,
56. 228, 34ff. 238, 41ff. Bckker Anecd. Gr. I
233, 25ff. Leo Meyer Handb. d. griech. Etym.
40HI45f. Prellwitz Etym. Wörterb.2 s.v. Da-
her wäre nach Röscher (Zusätze z. Lief. 41 des
Myth. Lex.) G. ,die Personifikation der Kata-
vothren, durch die oberirdische Flüsse und Sumpf-
seen ('AyJgovTsg, 'AxsQOvaiaÖeg Xipvm) in die Unter-
welt abfließen'. Statt G. heißt die Mutter des
Askalaphos Orphne, d. i. die Dunkle, Ovid. met.
V 539. Prob. z. Verg. Georg. I 39, auch erscheint
Askalaphos als Sohn der Styx, Acherontis vel
ut quidam volunt Stygis filius, Serv. Aen. IV
50 462 ; vgl. auch Serv. Georg. I 39. Mvth. vat. I
7, 6f. II 100, 17. Gomm. Bern. Lucah. VI 740.
An G. erinnert Furtwängler Strena Heibig.
90f. z. Abb. S. 86 bei einem ,Gorgoneion ganz
absonderlicher Gestalt' auf einem altkorinthischen
Kugelaryballos in Münchner Privatbesitz; die
großen Auswüchse beidseitig der beinahe tierisch
gebildeten Fratze gemahnen in Stellung und Form
an Brustflossen von Fischen ; also ist hier viel-
leicht die yogysiij y.sqxtkt], die Persephone senden
60 kann (Hom. Od. XI 634), auf dem dunkeln Ge-
wässer der Unterwelt mit Flossen rudernd oder
schwimmend gedacht, vgl. auch Gruppe Myth.
Lit. 1898—1905, 500. Vgl. noch den Dionysos
roqyvQsvi oder rd^yvgog, so benannt nach Jop-
yvea auf Samos, Duris frg. 49 a (FHG LT 481)
bei Steph. Byz. s. r^gyvga (röQyvia codd.). Etym.
M. s. roQyvQog p. 238, 40; a. o. Bd. V S. 1027,
SOff. Vgl Eohde Psyehe H* 408t Prelle r-
iuuq uurgyreus
Kobert Griech. Myth. I 678 A. 828. Gruppe
Griech. Myth. 81, ll 771, 3. 1189, 1. [Waser.]
2) y F6gyvga {Steph. Byz., coäd. rtgyvta, tj
rogyvQa Etym. M. [ion. rogyvQrj\ ; das Appella-
tivum : Herodot. III 145 rj yogyvga = unter-
irdisches Gefängnis, ^ yogyvga Diogeneian Hesych.
= unterirdischer Wasserkanal, yogyvga Suitl. =
Loch unter der Erde, yogyvga (unterirdischer
schmutziger Abzugslsanal = yegyvga — ) unterirdi-
scher Regenwasserabzug oder unterirdisches Loch,
tö y6gyvgov = Gefängnis, Etym. M. [heutige Be-
tonung des Appellativums yogyvga] als Eigen-
name gebraucht), örtlichkeit auf dem ionischen
Samos, wo man den Dionysos Gorgyreus (s. o.
Bd. V S. 1027) verehrte. Der Tyrann von Sa-
mos Maiandros warf seinen Bruder Charilaos in
eine solche yogyvga. östlich vom sog. Schloß
des Logotheten Lykurgos bei Tigäni (gebaut in
den Zeiten des Aufstands der Griechen gegen die
Türken 1821ff.) sieht man noch jetzt von der
Meerseite her mehrere gewölbte Ausgänge nun-
mehr verschlammter und verschütteter Abzugs-
gräben von der Stätte der alten Agora her zum
großen Hafen. L. Roß (Beisen auf den griechi-
schen Inseln II 152) nennt sie vjzqvo/aoi. Wenn
er aber meint, durch einen dieser Abzugsgräben
sei der Tyrann Maiandrios aus der Akropolis ent-
kommen (vgl. Herodot. III 148), so irrt er sich.
Diese Abzugskanäle hatten im Altertum vor der
späteren Verschlammung immer gut sichtbare Aus-
mündungen, waren also an der Seeseite nicht
xgvjixai diojgvyeg. Die xgVTixr} öicögv^ Herodot.
III 148 ging von der Akropolis aus und mün-
dete ins Meer, nicht in den Hafen. [Bürchner.]
Gorgyreus (rogyvgsvg, Etym. M. 238, 40
rögyvgog), Epiklesis des Dionysos von seinem
Kult in Gorgyra auf Samos, Steph. Byz. s, F6g-
yvga. Etym. M. a. a. 0. [Jessen.]
Gorgjthion (rogyvd-icov). 1) Sohn des Pria-
mos und der Kastianeira, von Teukros getötet, II.
Vni 302. Eustath. IL p. 714, 35. Apollod. III
12, 5. Hyg. fah. 90. Etym. M. [Hoefer.]
2) Athener {Mvggtvovatog). Tgitfgagx°s in einer
Seeurkunde um 377/6, CIA II 791. [Kirchner.]
Gor ion* 1) Josephs Sohn, Gegner der Zeloten
im Jüdischen Kriege unter Vespasian, Joseph, hell,
lud. IV 158, wird von ihnen erschlagen 358. Nach
II 563 scheint er einen Sohn Joseph gehabt zu haben.
2) Nikomedes Sohn, ein Jude, wird als Ge-
sandter an die Römer geschickt Joseph, bell,
lud. n 451. [Willrich.]
Gormetia lautet beim Geogr. Eav. IV 26
p. 231 der Name der heutigen Stadt Worms.
S. Borbetomagus. [Ihm.]
Goraeae, Festung im nördlichen Armenien
ungewisser Lage, vielleicht das heutige Chorni.
Es hatte 51 n. Chr. infolge der Einsetzung des
Iberers Mithridates römische Besatzung, Tac. ann.
XII 45. [Baumgartner.]
Gorpeios, nach dem Vocabularium des Papias
(Mailand 1476, Venedig 1485, 1496, 1496; vgl.
L. O. Bröcker PhiloL II [1847] 246ff.) Monat
in einem Kalender unbekannter Herkunft: Gor-
peios november mensis. G. ist der makedoni-
sche Gorpiaios (s. d.) in verderbter Form. Auch
sein« Lage weicht von der des makedonischen
Monate ab: es ist dieselbe wie in Sidon; vgl.
auch Gorpheos und Gorpios. [Bischoff.]
Gorpheos, nach dem Vocabularium des Pa-
pias (Mailand 1476, Venedig 1485, 1491, 1496;
vgl. t. 0. Bröcker PhiloL II [1847] 246ff.)
griechisch und makedonisch September: Septem*
ber graeee gorpheos; September maeedonice gor-
pheus. In dem G. erkennen wir den makedoni-
schen Gorpiaios (s. d.), der allerdings in der Re-
gel dem julianischen August, in Syrien aber dem
September geglichen wird. Dorthin verweist des-
10 halb Bröcker 258 die als ,griechisch ( bezeich-
neten Monatsgleichungen; vgl. K. F. Hermann
Über, griech. Monatsk. 84. Corp, gloss. lat. ed.
G. Goetz VI 692. S. auch Gorpeios und Gor-
pios. [Bischoff.]
Gorpiaios (rogmaTos), elfter Monat des alt-
nationalen, mit der Herbstnachtgleiche beginnen-
den Mondsonnenjahrs der Makedonier, entsprechend
dem athenischen Metageitnion (julianisch Juli/
August), vgl. K. F. Hermann Über griech. Mo-
20 natsk. lOlff, Er findet sich teils in Makedonien
selbst, wie z. B. in einem Schreiben König Phi-
lipps V. an die Larisaier im J, 214 v. Chr., Athen.
Mitt. VH'(1882), m, 39 = Dittenberger Syll.2
239, 14, teils in den Urkunden der aus dem Ale-
xanderreich hervorgegangenen Staaten, noch im
römisch-orientalischen Sonnenjahr bis in die by-
zantinische Zeit hinein; vgl. z. B. Le Bas III
661, 2. 709, 1. 905, 1 (rogaaios). 1634, 15 (Jb e -
Titeos). 1637, 10 {rogmijog). 1668, 1. 1832, 7 (r6g-
30 mos). 2557, 1 (rogmios). 2562 a (rogmiog). 2562 i.
2689, 2 (rogmios). Athen. Mitt. XVII (1892),
198, 1. Ebenso ist der Name belegt in den Ur-
kunden des bosporanischen Reichs, und zwar bis
ins 4. nachchristliche Jhdt. ; vgl. L a ty s ch e v Inscr.
ant. Ponti Euxini II 26, 9. 44, 12. 46, 11. 309,
6. 310, 5. 434, 18. 452, 20. p. 292, 49, 1. Ob
der Monat auch auf Kypros vorkommt, hängt von
der Lesung der Inschrift Athen. Mitt. IX (1884)
137, 8 ab, wo überliefert ist: ]_ r TogmaXot -&ta-
40 aos j Ttjs äjioaxevrjg j sdvasy to leqeov usw. ; ist
etwa Fogjiialov zu schreiben? — Das Hemerolo-
gium Florentinum (I de ler Handb. d. Chronol. I
419ff.) läßt den G. bei den Ephesiern am 25. Juli,
in Tyros am 19. September, bei den Arabern am
19. August, in Ga2a und Askalon am 29. August
beginnen und überall 30 Tage dauern; er ent-
spricht in Syrien dem September, in Seleukeia
in Pierien dem Oktober und in Sidon dem No-
vember. Das Einführungsdekret des Sonnenjahr-
50kalenders der Provinz Asia weist ihm als elften .
Monat 31 Tage zu (Athen. Mitt. XXIV [1899] 290,
70 = Dittenberger Or. Gr. inscr. sei. 458, 70).
Der Name G. ist bis jetzt nicht erklärt. Ihn
mit ÄoQTiia (s. d.) oder Aoqxeta (vgl. A. Momm-
sen Feste der Stadt Athen 335, 5) zusammen-
zubringen, wie K, F. Hermann Über griech. Mo-
natsk. 52 und Ohnefalsch -Richter Athen.
Mitt. EX 138 wollten, hindert die Erwägung,
daß der Übergang von S in y nicht makedonisch
60 ist (Hoffmann Die Makedonen 110). Die An-
sicht Franckes zu Richters Inschriften 189,
der den Namen von ög^y für agsiy ableitet und
in ihm den Kapp- oder Schneitelmonat sieht, hat
schon Hermann mit Recht verworfen; vgl. auch
Gorpeios und Gorpheos.
[Bischoff (nach Dittenberger).]
Gorpios s. Gorpiaios.
Gortona s. Gorgobina.
1665
Gortyn
Gortyn {Qortyns, Gortgna, Gortys, Kortys),
Name einer ehemals bedeutenden Stadt in der Mitte
des südlichen Küstenlandes der Insel Kreta: r6gx&v
(vgL Draco p. 32, 21 ; Arcad. 10) Hom. H. II 646;
Od. HI 294. Älteste Münzen : rdgzvvog zo siäi(w
Head HN 394. Plat. leg. III 708 A. Cauer
Gr. Dialektinschr. nr. 5019, 9. Strab. X 478ff.
Val. Flacc I 708. Paus. VIII 53, 4. Athen. II 48 d.
Steph. Byz. Nonn. XIII 234. Dionys. per. 88
Gortyn
1666
und Eustath.; rogzwg Mon. Ant. Accad. lincei
in (1883) nr. 149; rögWva ScyL 47. Dionys.
per. 124. Polyb. XXHI 15. Strab. X 476. XIV
647. Lucan. IH 185. Con. hist 36. Mela n 7, 12.
Plin. n. h. IV 59. Xn 11. Ptolem. m 17, 10;
hist. m T. Paus. V 7, 1. Aelian. var. hist. XU
12. Solin, XI 4, ebenso Iunior 41; Tab. Peut.
Gortina, ebenso Geogr. Rav. V 21 p. 397. Steph.
Byz. Etym. M. Prise, perih. 91. . Eustath. zu
Dion. 88. Georg. Phrantzis I 34, 23; rogzvvtj
Theophr. vent 44. Sen. Troad. 821. Steph. Byz.
s. ÄJnj. Hierocl. 649. 4. Not Episc. HI 439.
Vni 220. LX 129. X 550. XHI 400, Eudoc. 60
p. 150. Suid. Zonar. p. 448. Eustath. Od. 1468, 43;
Koqtvs Hesych. (var. Theophrast. vent. § 44).
Der Name ist identisch mit Gyrton (s. d.) nach
Bechtel Nachr. Gott Ges. d. Wiss. 1890, 38.
Die arkadische Stadt G. hieß auch Kogxvg , He-
sych. s. Kogzvviöi. Andere (d. h, poetische Namen)
für G. oder für dessen Akropolis: Adgtoa (d. h.
Herrenburg) , Steph. Byz.j ferner Kg^via (von
FMÜ;-Wlasow&-Kroll VlI
der großen Steilheit des Ostabfalls des Akropolis-
hügels (vgl. Plan), und der mythologische Name
'E/dcoTig, d. h. Europe, von der Lokalisierung der
Ereignisse der Europesage bei G. ; Steph. Byz. s.
r6grvv). Beinamen bei Dichtern tetxtsqoca, Hom.
II. H 646; hgfi Dionys. per. 88.
Lage und Ruinen. Blainville Letters
from the Levant II 258. P. Belon Observat sur
plusieurs Singularitez 8. Pococke Descr. ofthe
East H $58, London 1772. J. de Tournefort
Voyages n 22, Par. 1776. Savary Lettrea snr
la Grece,Par. 1788, 152. Olivier Voyages 1408.
Pashley Travels in Crete I 297. K. Hoeck
Kreta I 398—401. E. Falkener (aus Onorio
Belli* Descr. d. Is. di Candia 1588) Museum
Classical Antiqu. H (1852f.) 277ff.; Theaters and
other Eemains in Crete, Lond. 1854, 20ff. T. A.
B. Spratt Travels and Researches in Crete II 26ff.,
Lond. 1865. C. Bursian Geogr. v. Griechenland
IE 564ff. L. Thenon Eev. Arch. XVIII 126ff.
F. Halb her r Mon. Ant. Acc. Lincei I (1889) 49ff.
A. Ha us so ullier, G.Fougeres, P.Mo nee aux, 10
H. Lechat ^Grece (Guides Joanne) II 478ff.
G. war im flachen, niedrigen Längstal des
Lethaios (jetzt Mitropolianös oder rsQOTtozaßog)
'AaTSQOvoia (Steph. Byz. Hoeck 431), jetzt Mes-
sareä genannt, gelegen (Strab. X 478. Oppian.
cyneg. II 378 ev x^fxaXij yairj roQxwiöi), das sich
ganz allmählich nach dem Libyschen Meere zu
senkt (jetzt die fruchtbare Meoagsd), nach Strabon
zu beiden Seiten des Lethaios, d. h. die Akropolis
rechts vom Fluß, die Stadt links, nach Solin. 17 20
und nach Eustath. II. LT 646 an diesem. Vom
Libyschen Meer war G. 90 Stadien (16V 2 km) abge-
legen (Scyl. 47 nach Georg. Phrantzis I 34, 24 60
Stadien); als Hafenorte seines Gebietes werden
Leben und Matalon genannt, Strab. X 476. 478.
Von Kydonia betrug die Entfernung nach G. ca. 80
Stadien, von Phaistos 60 Stadien (Strab. X 479),
von Knosos 17 römische Meilen, von Sjdnita 32,
von Lebena (verschrieben Ledena) 12 römische
Meilen (Tab. Peut. IX 1). 30
Euinen (die ausgedehntesten auf Kreta) zwischen
jetzigem "Aytoi Asxa und MrjtQQstohq, s. Plan; in
der Nähe XovmeXXiavd.
Gründung. G. hat gewiß schon in minoi-
scher Zeit bestanden. Auch nach Hock (a. a. O. 9)
das Gebiet von G. frühester Sitz der kretischen Ur-
einwohner. Von Konon (hist. 36 P.) wird die Grün-
dung in vordorische Z eit verlegt. Achaier aus Amy-
klai in Lakonien (vgl. im Gebiet von G. 'AfivxXaiov
Mus. It. Ant. Class. III [1890] 787) sollen gemein- 40
sam mit Minyern, die aus Imbros und Lemnos nach
Lakonien ausgewandert waren (Herod. IV 145),
unter Führung von Pollis und Delphos unter Zu-
ziehung von Kretern G. gegründet haben. Das
soll zur Zeit des dritten Geschlechts nach der
Herakleidenwanderung geschehen sein. NachPlut
mul. virt. 8 p. 305 D; quaest. gr. 21 p. 364 D,
vgl. Polyaen. VII 49. VHI 71 soll Pollis mit lem-
ni sehen Tyrsenern Melos, Chersonesos und Lyttos
auf Kreta besiedelt haben. Pausanias (VIII 53, 50
45, vgl. Steph. Byz.) hat die tegeatische Sage, daß
Gortys, ein Sohn des Tegeates und Bruder des
Kydon, aus Arkadien (vgl. AoxdSeg, Stadt in der
Nähe von G.) ausgezogen sei und G., Kydon aber
Kydonia begründet habe. Die Besiedlung durch
Dorier ist wohl auf Argos zurückzuführen (ge-
meinsame Dialekteigentümlichkeit Dittenber-
ger Herrn. VII 62ff.). Wohl erste Begründung
durch thessalisehe (daher Name Larisa und son-
stige Gleichnamigkeit Boibe, Gortyn) und arka- 60
dische Leute, zweite durch Dorier. Stammphylen :
G. Busolt Gr. Gesch. I 330, 1.
Mythos und spätere Geschichte: Europe
s. Münzen und o. Bd. VI S. 12881 Menelaos opfert
in G. dem Zeus eine Hekatombe, Ptolem. hist. III T.
372 v. Chr. kehrt Areus von Sparta aus dem Dienst
der GkÄtynier nach Hause zurück ; s. o. Bd. H S. 683.
S4ta Sneg zwischen Knosos und G. t DiodL XYI 62.
ururiiyu iwuo
Im 3. Jhdt gehört G. zum xoivay Kgtjzaiioyv, IG
XII 8, 25, 44 ; Zerstörung von Lyfctos durch die
Knosier und ■ Gortynier, Polyb. IV 53f., nach-
dem 221 sich die Jünglinge von G. und anderen
kretischen Städten den Lykiern zugewendet haben.
Bürgerkrieg zwischen den älteren und jüngeren
Gortyniern. 220 Vertrag zwischen G. und Knosos,
Arch. Teneto 9b Ser. VII (1897/8) 10ff.; Krieg
des Philippos von Makedonien und der Achaier
gegen G., Polyb. IV 55. Um diese Zeit Freund-
schaftsvertrag mit Lappa auf Kreta, Haussoul-
lier Bull. hell. 1885, 6-9. Arch. Veneto 9b Ser.
VII 1897/8, 53, und zwischen G,, Hierapytna und
Priansos, Arch. Yeneto 9 b Ser. VII 1897/8, 59ff.
Zwischen 222 und 205: Ptolemaios Philopator,
der den Gortyniern eine neue Mauer zu bauen
anfängt. Zwischen 200 und 194: Philopoimen im
Dienst von G., Paus. VHI 56, 6. Plut. Philop. 13.
197: Kydas führt 500 Gortynier unter Flaminius,
Liv. XXXIII 3. 189 : Hannibal täuscht die Gor-
tynier, Com. Nep. 9; Krieg zwischen Kydonia
einerseits, Knosos und G. anderseits ; Fabius Labeo
kommt von Ephesos nach Kreta, verlangt Nieder-
legung der Waffen, Einstellung der Seeräuberei ;
nur die Gortynier gehorchen, Liv. XXXVTI 60.
185: Krieg zwischen Knosos und G , Polyb. XXIII
15, zwischen G. und dem mit Eumenes von Per-
gamon verbündeten Kydonia, Polyb. XXVIII 15.
Diod. XXX 13. 184: Protokosmos Kydas ent-
reißt im Bund mit den Lyktiern und Ehaukiern (?)
den Knosiern die kretischen Städte Lykastos und
Diatonion, gibt das erste an Ehaukos, das zweite
an Lyktos, Polyb. XXHI 15. Juni 183: Vertrag
zwischen Eumenes H. von Pergamon und dem
xoivov ÜlJo^tcujeW , Dittenb erger Syll. I 288.
164 verbündete sich G. und Knosos, um Ehau-
kos zu zerstören, Polyb. XXXI 1. 183 geht
Antiphatos aus G. als Gesandter der Kreter nach
Korinthos, um die Hilfe der Achaier gegen die
Ehodier zu erbitten, Polyb. XXXIH 15. 138
oder 132: G. in Freundschaft mit Itanos, Halb-
herr Mus. It. Ant. Class. III 570 1.112. 113.
116. Gegen Ende des 2. Jhdts. besiegen die
Knosier die Gortynier, Strab. X 477. Die Gor-
tynier treten nicht den Römern entgegen. In G.
läßt Metellus seine Münzen schlagen, G. wird als
maxima civitas (Geogr. lat. min. 125) bezeichnet,
67: Kreta römische Provinz, G. deren Hauptstadt.
Im 7. Jhdt. n. Chr. Verfall.
Einzelnes. 1. Agora, nicht weit vom Le-
thaios und vom Eundgebäude, Halbherr Eendi-
conti Eeal. Accad. Lincei, Classe di Scienze 1901,
291—306. Brücke auf der Agora, Collitz Gr.
Dialektinschr. nr. 5005 H Lb. 2. Akropolis,
Spratt Travels and Researches in Crete II 33.
3. Amphitheater, Falkener Theaters and
other Eemains in Crete ; App. Mus. Class. Ant. Lon-
don 1854, 22. 4. Aquädukt im Norden der
Agora, Belon Les Observations de plusieurs Sin-
gularitez 8. 5. Ausgrabungen: 1884 und 1885,
Mus. Ital. II (1888) 181ff. tav. (presso il Letheo).
Halbherr Cretan Expedition, Amer. Journ. Arch.
II Serie vol. I 3, 159—238. Fabricius Athen.
Mitt. LX (1884) 363ff. 1888, Mus. It. Ant. Class.
II 561ff. 6. Basilika (= Praetorium, s. <L).
7. \j tat} BiyXee s. Plan D am Pythion, Halb-
herr und Comparetti Mus. It Ant Class.
H (1888) 181— 252. Mon. Ant Acc. Line. I
looy woreyn
(1889—1892) 9ff. 8. Dialekt s. Sprache.
9. Gebiet: r A fXwv^i), Collitz Gr. Dialektinschr.
nr. 4983; Ktfoxoga, unbebautes Gebiet, ebd. nr.
5000 II; IldXa, ebd.; IIvXcüqos (/Ltd> e a), ebd.
nr. 5016 (Grenze gegen das Gebiet der Knosier).
Häfen: Matalon und Leben; BoCßrj Steph. Byz.;
Phaistos, von den Gortyniern erobert, Strab. X
479; Rhytion (Strab. X 479), Lasea, KaXoi Atfiä-
vss, Act. Ap. 27 (s. die Art. und Bursian Geogr.
Griechenl. II 567). 10. Gebäude, halbkreis-
förmiges am Lethaios mit „ Gesetzen von G."
(Plan D) E. Fabricius Athen. Mitt. LX (1884)
367; Mus. It. Ant. Class. I (1885) 233ff. H (1888)
561 und Tav. XH Plan 1:200. 11. Gesetze
Mus. It. Ant. Class. H (1888). Fabricius Athen.
Mitt. IX 363—384 (s. auch Inschriften): Lite-
ratur s. Mon. Ant. Accad. Lincei III (1893) IXff.
und Larfeld'Bursians Jahresb. LXXXVII 290.
Busolt Gricch. Gesch. I 331ff., 2 a) Älteste
Gesetzgebung (6. Jhdt), Mus. It. Ant. Class. LT
181—252. b) 2. Periode (5. Jhdt.) = ,Recht von
O.', Comparetti Mus. It. Ant. Class. I (1885)
233—287. Halbherr und Fabricius Leggi
ant. della cittä di Gortyn, Firenze 1888. c) 3. Pe-
riode, Mus. Ital. II 659ff. Lewy Altes Stadt-
recht von G., Berlin 1885; Arch.-epigr. Mitt.
aus Österr. XX 122ff. 12. Götterverehrung:
Apollon Pythios im Pythion (s. d.) t Steph. Byz.
Anton. Liber. met. 25. Com. Nep. 9; Artemis
{?<>£/«[?]), Collitz Dialektinschr. nr. 4991 III
10; Britomartis (Diktynna), Callim. hymn. 8.
Mon. Ant. Accad. Lincei III nr. 10; Dionysios
6 Ko . . ., Collitz Dialektinschr. nr. 4953;
Hera, Mon. Ant. Accad. de Lincei IH nr. 8, 3;
Hermes Edas, Etym. M. s/ESa? ; Kadmos, Sohn. 18;
Lato, Collitz Dialektinschr. nr. 4982; Poteidan,
Mon. Ant. Accad. Lincei III nr. 188; Zeus Heka-
tombaios, Hesych. Ptolem. hist. 3; ßX/avog,
Collitz Dialektinschr. nr. 4963; ot ev Toqxvvi
JftXydviot , Mon. Ant. Accad. Lincei III nr. 10;
s. auch Kunstwerke; Asyl für entlaufene
Sklaven nach den Legge di Gortyna, Arch. Veneto
Ser. VII 9b (1897/8) 73, 222. 13. Inschrif-
ten: Tournefort Voyages I 75. Pashley
Travels in Crete I. Pococke Inscr. Ant. I 4, 2
p. 43 nr. 4. Neumann Rer. Cret. spec. llö.
Falkener Mus. Class. Ant. n (1852/3) 278f.
CIG II nr. 2560, 2588: Q. Caecilius Eufinus, der
Proconsul von Kreta und Kyrene, nr. 2589. 2591 :
P. Septimius Geta, Quaestor und Propraetor von
Kreta und Kyrene, nr. 2592ff. Addenda nr. 2561 b
usw. Spratt Travels in Crete II 430ff. (Babing-
ton). Thenon Eev. Arch. XVIII 126ff. 192ff.
Haussoullier BGU 1885, 6—9. Halbherr
e Comparetti Epigrafe arcaiche di G., Mus. It.
Ant. Class. H (1888) 181—252 Off M ßiyXtg arch.
Inschriften). Halbherr 561—592 (Rundbau am
Mitropolianös). Comparetti Iscrizioni arcaiche
di G., ebd. 645-668. F. Halbherr e B. Com-
paretti Relazione sugli seavi del tempio di
Apollo Pythios in G., Mon. Ant Accad. (1889) 49ff.
Halb h er r Iscrizioni Cretesi, Mus. It. Ant. CL
HI (1890) 691f. Comparetti Le Leggi di G.
e le altre Iscrizioni Arcaiche Cretesi, Mon. Ant.
Accad. Lincei LH (1893) 1—100. Teilung der
archaischen Inschriften in solche der 1. Epoche
(ün Pythion gefunden), der 2. im Rundbau, Ricci
Hiscellanea epigr., Mon. Ant Class. Accad. Lin-
uortyn
167V
cei I (1893) p. 292—308 nr. 5—10. 14. Kirchen:
(Titos, Falkener Theaters 23). 15. Kulte s.
Götterverehrung. 16. Kunstwerke: Urlichs
Skopas 40. Le Bas Monuments figurCs 124.
Curtius Arch. Ztg. X Taf. 38, 1: Zeus mit As-
klepios und Hygieia. S a v i g n o n i Weiblicher Kopf,
Mon. Ant. Accad. Lincei VIII. 17. Labyrinth:
Ältere Literatur bei Hock Kreta I 447. Cocke-
rell Travels in Various Countries of the East
10 402 = Walpole Travels. North Douglas Essay
on certain Points of Eessemblance between An-
cient and Modern Greeks, Lond. 1813,25. Fal-
kener Mus. Ant. Class. II (1852/3) 284—286.
Sieber Reise auf Kreta 510. T. Spratt s. o.:
,Lage und Ruinen'. Gestein: Sandstein. 18. Le-
thaios C. Bursian Geogr. Griechenl. II 564.
T. Spratt Travels in Crete Karte E. Fabricius
Athen Mitt. IX (1884) 367. F. Halbherr Mus.
It. Ant. Class. II (1888) 561. 19. Mauern:
20 tsixtstjaaa Hom. 11. n 646. Dann ohne Mauern
Strab. X 478. Nach Phrantzis I 34, 23 späterer
Mauerzug auf 80 Stadien Umfang berechnet; der
Bau des Ptolemaios Philopator (222—205 v. Chr.)
infolge eines Aufstandes unterbrochen. 20. Mün-
zen. Literatur: Sworonos Numismatique de
la Crete Ancienne I 158—182. Wroth Catalo-
gus of the Greek Coins of Crete and the Aegean
Islands (Lond. 1886) 37—47. Falkener Theaters
in Crete 20. 21. Praetorium (Basilika, % Ba-
rn ötXixij Mus. It. III 718 nr. 156, 800 m von der
Akropolis): Pococke Descript. of the East,
Lond. 1743—45, 252—254. Spratt Travels and
Res. in Crete, Lond. 1865. II 34-35. Falkener
On the Antiqu. of Candia (Mus. Ant. Class.,
Lond. 18602) 11277—281. B. Comparetti Mon.
Ant. Accad. Line. LTI (1893) lf. Ricci Pretorio
di G. secondo un disegno a penua e manoscritti
inediti del secolo XVII, Mon. Ant. Accad. Lincei
II (1893) 317ff. 22. Pythion: Steph. Byz.
40 (unter den Ruinen "o roy ßiylsg mitten in den
Ruinen): Mus. Itin. Ant. Class. H (1888) 181ff.
Halbherr Mon. Ant. Accad. Lincei I (1889—
1892) 42 Inschrift des 3. oder Anfang des 2.
Jhdts.; Vertrag zwischen G. und Knosos: aräaai
retv oftoXoylav xavxav yQatpavxeg sozdXav Xiftivar
. . . kfi Ilvrtot. Orakel: Apollon Gortynios, Anton.
Liber. met. 25. Comparetti ebd. III (1893) 5ff.,
Pläne des Pythions. 23. Staatseinrichtungen
usw.: Gilbert Griech. Staatsaltert. 216ff. ; Ver-
50 träge s. o. Geschichte; außerdem mit Elyros,
Collitz Gr. Dialektinschr. nr. 5014; Streit um
den Besitz von Apollonia bei Knosos; Vertrag
mit den 'PtzTrjvioi (Stadt 'Pityvia Steph. Byz.);
im xoivov KQrjraieojv. 24. Stadtviertel Aazto-
oiov um das Heiligtum der Lato, Coli itz nr. 4982;
TlvTiov (= I2v&iov), Mon. Ant. Accad. Lincei I
(1893) 42, s. o. bei Pythion. 25. Tempel s. o.
Götterverehrung. 26. Theater: a) größeres,
Onorio Belli 1582-1596, s. Falkener Theaters
60usw. 21; b) kleineres, Onorio Belli, Falkener
Theaters usw. 21. Comparetti Mon. Ant. Acc.
Lincei HI (1893) 87ff„ Römisches Theater
Pococke Desc. of the East 252—254. Spratt
Travels and Researches in Crete II 33. Halb-
herr e Comparetti Mus. It Ant Class. II
(1888) 182. 27. Sprache: Athen. XI 502 B (aus
Hermonax) : yowot naga ro^rwlotg itoztjQiov *t$o£,
Sfiotov Sr/txleiqi zäXxtov * 8 dfdooihu r^ agora-
mt
Gortyna
Gortys
1672;
öHtm, wd toQ IqavTQÜ (prjatr 'Eefi&va£. Hesych.
xdga'&cä roQrttvf&v [tilioi] bh avnij, vgl. dazu
M. S c hm i d t. B e ch t e 1 Nachr. Gott. Ges. d. Wiss.
1800,88. Blaß in Collitz-Bechtel Samml. d.
griech. Dial.-Inschr. HI 2. 3. 246fl. [Bürchner.]
Gortyna s. Gortyn.
Gortynaia (Theophr. h. pl. I 9, 5); Oortynia
(Varrö de r. T.I7); Oortynia (Strab. X 476); Gor-
tynis (Oppian. cyn. II 378. Steph. Byz. s. Bolßrj).
Gegend um Gortyn auf Kreta, niedriges Land,
X&apaXt} yair} (Oppian.) , aber fruchtbar durch
feuchten Westwind, Theophr. vent. § 44. In ihr
die Quelle Sauros mit Platanen, die ihr Laub
nicht abwerfen^ sagenhafter Schauplatz des Liebes-
abenteuers der Europe, s. den Art. Gortyn Mün-
zen (Theophr. h. pl. I 9, 5), und nahe dabei eine
andere Quelle. Über die Orte in der G. C. Bur-
sian Geogr. v. Griechenl. II 568, 1 und oben
Art. Gortyn 9. [Bürchner.]
Oortynia. 1) s. Gortynaia.
2) rogzwta, Stadt in der makedonischen Land-
schaft Emathia am Axios, uuterhalb des jetzt
Demir Kapu genannten Engpasses, 429 t. Chr.
von den Thrakern besetzt, Thuk. H 100, 3. Strab.
VII 329 frg, 4 {öta roQzvvlov). Ptolem. II 12,
36 Müll. {roQ&wla). Steph. Byz. s. rogdvvia.
Plin. n. h. IV 34 Gordynia. Leake North. Gr. III
444. Demitsas Ußz- yecoyg, Maxsö. II 228f.
Kiepert N. Atl v. Hellas VII. [Oberhummer.]
Gortynios (Toqtvvioq). 1) G. hieß nach der
arkadischen Stadt Gortys (s. d.) der heutige Fluß
von Dimitsäna oder Atsikolo in seinem Unterlauf,
während er in seinem Oberlauf den Namen Lusiso
führte im lovzQotg zov Aids zez&svzos. Nach-
dem seine Quellbäche sich in der Hochebene von
Karkalü gesammelt haben, strömt er zwischen
jähen Felswänden nach dem Alpheios zu, in den
er wenig unterhalb Karytaina mündet. Paus. V
7, 1. VIII 4, 8. 28, 2f. Leake Morea II 23.
Curtius Pelop. I 352ff. Bursian Geogr. II 231f.
Philippson Pelop. 104. Frazer Paus. IV
311. [Bölte.]
2) 1. Epiklesis des Asklepios. In dem Askle-
pieion zu Titane bei Sikyon (o_ Bd. II S. 1665
nr. 47) stand eine Marmorstatue des Asklepios G. f
Paus. II 11, 8. Zweifelhaft ist, ob diese Epikle-
sis mit dem Asklepioskult von Gortyn auf Kreta
(o. Bd. H S. 1670 nr. 108. Gruppe Griech.
Myth. 1445, 9), mit dem Asklepioskult von Gor-
tys in Arkadien (o. Bd. II S. 1667 nr. 75; vgl.
Preller-Robert Griech. Myth. I 522, 3) oder
mit dem thessalischen Gyrton (o, Bd. II S. 1663
nr. 4a. v. Wilamowitz Isyllos55. Immerwahr
Kulte Arkadiens 181) zusammenhangt.
2. Epiklesis des Apollon; Anton. Lib. 25 (nach
Nikand. und Korinna) erzählt in der Sage von
Metioche und Menippe, die Boioter hatten das
Orakel des Apollon G. befragt. Wahrscheinlich
ist darunter Apollon Pythios von Gortyn auf
Kreta zu verstehen (o. Bd. II S. 46). Vgl.
Gruppe Griech. Myth, 1449. [Jessen.]
Oortynia s. Gortynaia.
G*rtyns s. Gortyn.
Gortys (roQTvs). 1) Eponymer Gründnngs-
heroe, der am (arkadischen Nebenfluß des Al-
phei«) Gortynios gelegenen Stadt Gortys, Sohn
<U* Stymphelös, Enkel des Elatos, Urenkel des
Arkjtf, Bruder des Againedea, Paus. VIII 4. 8.
2) Eponymer Gründungariero» der kretischeite
Stadt Gortyn, Steph. Byz. s. Föqtw.
8) Sohn des Tegeates, Bruder des Skephrost-
und Leimon, Paus. VIII 53, 1; nach § 2 auch
der nach Kreta aaswandernden Kydon und Arche-
dios, die wie G. selbst dort Städte gründen. Difr
Kreter selbst aber erklärten den G. für einen
4) Sohn des Rhadamanthys, die anderen beiden
für Söhne des Minos und Hermes, Paus. a. O.
10 [Tümpel.]
5) Stadt in Arkadien. Münzinschrift AXAIQN'
KOPTYNIQN, Hes. Kogzvvtoi ot "AgxaSsg • %
yao Kogzvg zfjg "ÄQuadcov , Vgl. Koqzvviov IG IV
lb 373. 110 (6. Jhdt. v.Chr.). Nomin. roozvz
Paus. VIII 27, 4. 28, 1; Akkus, rdqzvva V 7, 1.
VIII 4, 8. 27, 7. 28, 2; ebenso ist zu lesen bei
Rhianos bei Steph. Byz. s. MsXairaC, s. Meineke-
Anal. Alex. 184 (codd. röQtvvav). Nom. Gor-
tyna Plin. IV 20, Konjektur für eartina der
20 codd. ; Akk. röoxvvav Polyb. IV 60, 3 , unwahr-
scheinliche Konjektur für yögyov zov. Nach S o 1 m -
sen- Beitr. zur griech. Wortforschung I 17 ge-
hört G. zu äyelgco und bedeutet , Versammlungs-
stätte' (gegen Fick Vorgriech. Ortsn. 20f. 93.
106). Vielleicht war es ursprünglich nur eine
Dingstätte des arkadischen Gaus Kynuria, zu dem
es nach Paus. VIII 27, 4 gehörte. Daß Polybios
(s. o.) Zugehörigkeit zu Telphusa behaupte, be-
ruht auf Konjektur. Von seiner Geschichte wissen
30 wir nichts. Rhianos (s. o.) berichtete von Kämpfen
mit den Eleern. Bei der Gründung des arkadi-
schen Einheitsstaates 367 (Niese Herrn. XXXIV
539) gab es einen Teil seiner Einwohner an Megalo-
polis ab und wurde eine xdifxr}. Es behauptete
aber eine gewisse Selbständigkeit, denn es erhielt
um diese Zeit seinen stattlichen Mauerring und
schmückte seinen Asklepiostempel mit Statuen
von der Hand des Skopas. Die Ruinen von G.
hat Leake am rechten Ufer des Flusses von At-
40 sikolo oder Dimitsäna, des alten Gortynios (s. d.)„
entdeckt, etwa 5 km oberhalb seiner Einmündung
in den Alpheios. Kahle Kalkberge in weitem
Kreise umziehen einen tiefen Kessel, dessen Grund
eine Gruppe niedriger Hügel einnimmt. Sie sind
mit den Weingärten des Dorfes Atsikolo bedeckt.
Am Ostrand der Hügel strömt in tiefer Schlucht
der Fluß zwischen senkrechten Felsen entlang.
An der Nordostecke jener Hügel gruppe lag die
Stadt auf einem schmalen Kalkrücken , der sich
50 nur wenig erhebt, nach Südwesten steilrandig ab-
bricht, nach Nordosten sich allmählich abdacht
und sich von Nordwesten nach Südosten erstreckt.
Hier verbreitert er sich und wird durch eine halb-
kreisförmige Einbuchtung in einen südlichen und
einen östlichen Zipfel geteilt, die beide bis an
den Rand der Schlucht des Flusses reichen. Die
Mauer, die sich geschickt der Gestaltung des Ge-
ländes anschließt, ist nur an der Ostseite längs
des Flusses verschwunden, sonst läßt sie sich in
60 ihrem ganzen Verlauf feststellen. Sie ist aus
ziemlich großen , auf der Vorderseite stark ge-
buckelten Blöcken dunklen Kalksteins mit sorg-
fältigem Fugenschnitt in horizontalen Lagen er-
baut; doch greifen die Blocke oft mit polygona-
lem Schnitt aus einer Lage in die andere über.
Sie ist schwerlich älter als das 4. Jhdt. ; zwei kurze
Mauerstücke ans ganz roh behauenen Blöcken
auf der Nordostseite nahe dem Tor (s. u.) könnten,
xvto
vwya
\AVWU-IiTJB
Beste einer älteren Befestigung sein. Erhalten
sind 2—6 Schichten in 2 — 3 m Höhe. Die Dicke
wechselt von 3,50 m bis Ober 4 m. Die Südwest-
mauer ist durch 5 viereckige Türme verstärkt,
-die in die Mauer einbinden. An der besonders
festen Nordwestfront, die den schmalen Sattel
abschneidet, durch den die ummauerte Fläche
mit dem höheren Gelände zusammenhängt, sind
3 halbkreisförmige Türme angeordnet, dicht da-
neben an der Nordostseite ein vierter. Der Haupt- 10
«ingang befindet sich nahe dem östlichen Ende
der Nordostfront (s. Zeichnung der Expedition,
l>ei Leake falsch eingetragen), in der Richtung
auf die Stelle, wo auch heute eine Brücke den
Fluß überspannt. Zum Schutz des Tores bildet
•die Mauer, die hier aus besonders großen Blöcken
erbaut ist, einen einspringenden Winkel. An der
Nordecke befindet sich eine Pforte. In der Nord-
westseite ist keine Öffnung: Bursian hat sich
rojQvr6s t d (auch yoQvro; und ^ö)^«rrff), das
Futteral oder der Kasten, in dem der Bogen auf-
bewahrt wurde (Hom. Od. XXI 54. Lykophr. 458.
Luk_ Herakl. 1. 8). Vgl. Apoll, lex. 56, 1. Etym.
M. 244, 7. L. Gud. 132, 11. Or. 39, 22. 51, 6.
Suid. Hesych. Bekk, an. 1096. Eustath. 39, 6.
1898, 51. Döderloin Homer. Glöss. 59. Lobeck
Proleg. 389. Benfey Griech. Wurzellex. II 114.
Christ Griech. Lautlehre 230. [Lammert]
Gossypium s. Baumwolle.
Gotarzes, Partherkönig von 40—51 n. Chr.
I. Quellen. Hauptquelle ist Tacitus im XL
und Xu. Buch der Annalen. Außerdem gibt eine
direkte kurze Notiz über ihn nur Josephos (ant.
lud. XX 73. 74), während Philostratos in der
Vita Apollonii einen Blick auf die Persönlichkeit
und die Regierung von G.s Rivalen Vardanes ge-
währt, allerdings unter dem schiefen Gesichts-
winkel des seinen Helden bis ins Phantastische
durch die Einarbeitung in die Oberfläche eines 20 verherrlichenden Biographen. Über die Inschrift
" ■""■■>•*•••'■■- von Behistün, CIG LTI 4674 = Dittenberger
Syll. or. I 431, die seinen Namen nennt, s. u. Ab-
schn. V.
Die Münzen des Königs gestatten eine ge-
nauere chronologische Festlegung der Hauptdaten
seiner Regierung und fügen noch manches Detail
zur literarischen Überlieferung hinzu. Nach den
früheren unzulänglichen Publikationen (u. a.
Eckhel ILT 534. Mionnet V 666f., 61-65;
Steines täuschen lassen, die für die Aufnahme
eines aus der darüber liegenden Schicht eingreifen-
den Steines hergerichtet ist. Die umschlossene
Fläche ist etwas über 1/2 km * an £- Curtius er-
wähnt Spuren von Häusern. Auf Besiedlung im
Mittelalter deuten die zahlreichen roten unbemal-
ten Scherben, von denen Frazer spricht. Ein
großer Ziehbrunnen befindet sich außerhalb des
Mauerrings westlich in der Richtung auf Atsikolo
zu. In geringer Entfernung vor der Südwest- 30 Suppl. VLTI 447f., 49— 51) hat erst P, Gardner
* ' "" -._*_,.... -n. tt .-m__.l_.___ _.__ eine zuverlässige Edition geboten: The Parthian
coinage, London 1877, 49f. pl. V 18—26, wozu
sich jetzt der wertvolle Katalog des British Mu-
seum teils ergänzend, teils verbessernd gesellt,
W. Wroth Catalogue of thecoins of Parthia (1903)
S. 161—177 pl. XXVI 12—14. XXVII. XXVIII
1—11 (im ganzen 177 Exemplare). Eine große
Anzahl zum Teil früher unbekannter Varietäten
hat v. Petrowicz in dem vornehm ausgestatte-
front liegen große Blöcke weißen Kalksteins, die
die Ecke eines Gebäudes zu bilden scheinen. Nur
ihre Oberfläche ist sichtbar. Dodwell, Leake,
Bursian und Frazer haben hier den Tempel
des Asklepios angesetzt, der nach Pausanias' (VIII
28, 1) unwahrscheinlicher Angabe aus pentelischem
Marmor erbaut war. Curtius sucht ihn in der
Nähe der Brücke nördlich der Stadt. Die Statuen
des jugendlichen, unbärtigen Asklepios (s. o. Bd. II
S. 1667, 47ff) und der Hygieia waren von Skopas 40 ten Katalog seiner Sammlung zusammengestellt:
<s. 0. Bd. II S. 1694, 2ff.). Münzen (Bronze des
Achäischen Bundes): Head HN 352. 372. Head-
Svoronos "lax. j. Noß. I 526. Florance Ethni-
ques des Villes et Peuples grecs 17 (tableau).
Dodwell Tour II 382. Leake Morea II 24f.
Curtius Pelop. I 350f. Frazer Paus. IV 307ff.
mit weiterer Literatur. Plan: Expedition de
Moree II pl. 31, danach Curtius I Taf. V. Die
beiden Inschriften aus Kar^tena (CIG I 1534f.)
Arsaciden-Münzen, Wien 1904 S. 117—126 Taf.
XVTI 13—16. XVin (76 Stück).
Besonderen Wert haben die Tetradraphmen,
die hellenisches Gepräge aufweisen, sie sind bis
auf den Monat genau datiert (Wroth nr. 1-32.
Petrowicz nr. 1-12); auch die Silberdrachmen
(Wroth nr. 33—56. Petrowicz nr. 13-26) ent-
halten Legenden, aber mit stark barbarischen
Buchstabenformen (vgl. Wroth S. LXXVUf. und
enthalten nichts, was sich auf G. bezöge. Ich 50 165 Anm. Petrowicz S. 119f.) und sind un-
besuchte die Ruinen am 29. Mai 1909. [Bölte.]
Gorya bei Ptolem. VII 1, 43; bei Strab. 697
Gorys. Hauptstadt des indischen Clans der Gu-
raioi, von der Ptolem aioskarte am Fluß Guraios
angesetzt, auf dessen Tal die G. noch zu Ale-
xanders Zeit beschränkt waren. Wenn dagegen
Strabon G. an den westlicheren Choaspes legt,
so erklärt sich dieser Irrtum offenbar daraus,
daß nach Alexander die Guraioi sich nach Westen
datiert, während die kleinen Bronzestücke (Wroth
nr. 57—177. Petrowicz nr. 27—77) fast ohne
jeden Buchstaben geprägt sind. Die seither neu
gefundenen Exemplare der Silberdrachmen mit
seinem Namen sind unten erwähnt. Drachmen
ohne den Namen des G. sind nicht so selten
(vgl. z. B. auch Arch. Anz. 1909, 148); sehr zahl-
reich sind die Typen seiner Kupfermünzen.
II. Literatur, v. Gutschmid KL Schrift.
ausdehnten und damals der untere Choaspes ein60ül 43—124; Gesch. Irans (Tübingen 1888) 123
neues Zentrum ihres Territoriums wurde. Vgl. —128. Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 323
Guraioi. [Kiessling.]
Goryaia s. Guraioi.
Goryandls in Indien. Nonn.Dionys.XXVI 294.
Vielleicht zu erklären aus gorirant. [Kiessling.]
Gorytoeasa {r<&Qv%6i:ooa) , Amazone im Ge-
folge der Penthesilea, vor Hion u. a. erlegt von
Achilleus, Tzetz. Posthorn. 178. [Tümpel.]
—325. Mommsen E.G. V 379f. Olshausen
S.-Ber. Akad. Berl. 1878, 172-179. Dessau
Prosop. Imp. Rom. II 120f., 121. Gardnef a. a.
O. 12f. Wroth a. a. O. XLV— XLVUI.
EH. Nam«; Abstammung; TiteL Die
Namensform Ootarxes findet sich bei Tacitus (ein-
mal auch Qothar%e&\ /Wig?-^ auch ip der In-
1675
Gotarzes
(Märzes
1676
sehrift (vgl. dazu Dittenberger Syll. or. I 431
iL 4) und auf Tetradrachmen, XTooxsqCvs auf Drach-
men, K&tdQStjs bei Josephos. Die neupersische
Form ist Goderx oder Güdarx (v. Gutschmid
Kl. Schrift. III 44. Olshausen S.-Ber. Akad.
BerL 1878, 172).
Über seine Abstammung herrscht nicht völlige
Klarheit. Josephos, dessen Bericht ungenau und
unverläßlich ist, nennt ihn einen Bruder des
deute soviel wie ,Sohn des G$w', wobei OlB k
hausen (S. 172) auf die enge Verbindung hin-
wies, worin Güdarz und Gew in der alte*ränischen
Heldensage erscheine. Aber die richtige Münz-
legende gibt schon Gardner a. a. 0. 49f. (pl. V
25. 26), allerdings erst in den Nachträgen S. 65
richtiggestellt. Zu den zwei Exemplaren dieser
Drachme in Paris und Petersburg, die er und
die Älteren kennen, ist dann ein drittes hinzu-
Tardanes (I.) , der ein Sohn Artabanus in. war 10 gekommen, das sich im British Museum befindet,.
(Joseph, ant. lud. XX 69), und ebenso des Vola-
gases (L); zu diesem aber offenbar nur Stief-
bruder, weil Pacorus und Tiridates im Gegensatz
zu G. als seine Brüder von demselben Vater be-
zeichnet werden (ant. lud. XX 73. 74; auch Dio
ep. LXHI 5, 2. Tac. ann. XII 50. XIII 34. XV
2 [ausdrücklich auch als Söhne desselben Vaters
erwähnt], 14. 31). Auch nach Tac. ann. XI 9
ist G. der Bruder desVardanes; XI 8 wird auch
Wroth 165, 33 {pl. XXVII 2); endlich sind zwei
andere Exemplare derselben Münze ans dem Be-
sitze des Dr. Mordtmann in Konstantinopel in
die Sammlung v. Petrowicz übergegangen und
in dessen Katalog 119, 13. 14 (Tai*. XVII 15)
veröffentlicht. So ist jetzt die Lesung als fest-
stehend zu betrachten: ßaod{i}£(og ßaod{t)eo>v
Aoadxov vog asxakovfxevog Agraßdvov rotJTEQ£ijg.
Gardner (S. 50) hatte die Vermutung angenom-
Artabanus als Bruder des G. genannt; doch be-20men, daß vög xexaXovfievog gesetzt sei für vibg
ruht es auf Mißverständnis Gardners a. a. 0.
12, wenn er diesen Artabanus für den König
hält und einen Irrtum des Tacitus annimmt; es
ist vielmehr ohne Zweifel ein jüngerer Artabanus,
wohl der Sohn Artabanus III., gemeint; ihn hat
G. als gefährlichen Thronrivalen samt Frau und
Sohn aus dem Wege räumen lassen, Tac. ann.
XI 8. XII 10 {vgl. auch Mommsen R. G. V
379, 1. Cauer o. Bd. II S. 1296). Als Söhne
Artabanus III. kennen wir aber außerdem noch 30 xaiovpdvov steht.
x£x?>r}u£vo$ , was bedeute, daß G. seine Abstam-
mung von Artabanus mit Stolz hervorhebe, wäh-
rend Wroth (S. XLV 2; vgl. Numism. Chronicle
1900, 95, 6) Agtaßdvov mit vo$ und xsxaXovfihog
mit r<oTSQZr}s verbindet, also ,Arsaces, König der
Könige, mit dem persönlichen Namen Goterzes,.
Sohn des Artabanus', ähnlich wie bei Mithri-
dates m. (Wroth 66, 41; Numism. Chron. 1900,.
93) neben dem Dynastienamen auch $Qadzov im-
Arsakes, den ältesten (Tac. ann. VI 31. Dio LVni
26, 1), Orodes (Tac. ann. VI 33. Joseph, ant.
lud. XVJJI 52) und Dareios (Joseph, ant. lud.
XVLTI 103; vgl. Dio LIX 17, 5. Suet. CaL 19, 2).
Volagases aber wird als Sohn des Vonones (IL)
von einer unebenbürtigen Mutter angegeben, Tac.
XII 14. 44. Einen anderen Bruder des Vardanes,
Megabates mit Namen, führt Philostr. v. Apoll.
I 31 an, der aber vielleicht nur, wie v. Gut-
Jedenfalls läßt sich nunmehr kein Anhalts-
punkt dafür finden, daß G. nur der Adoptivsohn
Artabanus III. sei (v. Gutschmid Kl. Sehr. III
52; Gesch. Irans 123. Olshausen 177. Ditten-
b e r g e r n. 2). Die Inschrift von Behistün beweist
insofern nichts, als wir ja nicht wissen, ob das
zweimalige Vorkommen des Namens G. beidemal
denselben Mann bezeichnet (diese Frage ist auch
von Olshausen 172 aufgeworfen worden). Daß
schmid Kl. Sehr. III 48, meint, eine von dem 40 mit dem rwragC^ c<xtgdxr}g rü>v oaxganfüv]
Autor erfundene Persönlichkeit ist. *)
Viel Verwirrung in den Ansichten über die
Abstammung des G. hat die unrichtige Lesung
und Erklärung einer Silberdrachme hervorgerufen,
durch die auch v. Gutschmids Scharfsinn zwei-
mal irregeführt wurde (Kl. Sehr. III 68—72; zu
anderen, aber ebenso unzutreffenden Schlußfolge-
rungen ist er in der Geschichte Irans 123 durch
Olshausens Ausführungen [a. a. O. 176f.] ge-
unser G. gemeint sei, ist allerdings sehr wahr-
scheinlich, rcozaQCrjs redw&gog aber scheint ein
anderer Mann desselben Namens zu sein.
Die Namen und Titel, die G. auf den übrigen
Sibermünzen führt, sind ßaodiwg ßaadiaiv Agod-
xov eveqyhov öixaiov imtpavovg <pdeXkt]vog (Gard-
ner 49 pl. V 19ff. Wroth n. lff. 34ff. v. Petro-
wicz 11 7f. 120f.) und ßaöiXiiog ßaodeatv tpiUXXr).
imyavo. dixatov svegyst. rtötdgtov (Gar dn er 49
langt; auch Dittenberger hat sich in den Er- 50 pl. V 18. besser Wroth n. 10 pl. XXVI 13.
J - 1 -— -^--j— t-^i.-:^ ■_ v. Petrowicz nr. 5). Auf einer erst neuerdings
bekanntgewordenen Drachme (v.Petro wiez nr. 15J
nennt er sich ßaod. ßaad. 'Agad. evegye. öixato.
vix[r)]<p6Q. (i)m(pavovg. Er wird also, wie dies
bei den meisten Partherkönigen üblich ist (vgl. G a r -
dner S. 22), meist ohne seinen Individualnamen
nur mit dem Namen des Dynastiegründers Arsa-
kes genannt. Daß er auf einigen Tetradrachmen
( ._, _^ r __._. aus dem J. 357 = 45/6 und 358 = 46/7 und auf
(ein Titel) ' 'Ägxaßdvov erklärte. Für Fefqj v 6g 60 undatierten Drachmen doch seinen persönlichen
glaubte Olshausen eine Stütze in der Inschrift Namen führt, hat Wroth S. XLVLT mit der
von Behistün zu finden, in welcher der Name allerdings unbewiesenen Vermutung zu erklären
/"«owigCjjs Fe63io&qoq steht: anftk redxo&gog be- versucht, daß zu Beginn seiner zweiten Herrschafts-
klärungen zu der oben zitierten Inschrift im
wesentlichen v. Gutschmid angeschlossen): so-
wohl durch die Lesung 'AgEav&v statt Agod-
xov (vgl. auch Numism. Chronicle 1900, 370)
als durch das rätselhafte KEKAAOYMENOC,
das v. Gutschmid zuerst als x€xadvfi(fi)tvog,
dann nachdem Olshausen es zu dem Voran-
gehenden gezogen, als vög rs(o) xaZovfievog ge-
faßt hatte, seinerseits als vog Fe(oJ KaXvfisvog
*) Zur Übersicht mag icAffß&m Stemm* dienen:
ArUbuitw IB. "** **>r
Vonones IX.
1. Gem. paelex Grmee*
&•£»&« Ootarres ArWbimu Orodes »sreloB Megtbftte* Toü*»sw{I) TJridmtes(2) Paeorus(2)
1677
(iotarzes
uotarzes
iOYÖ
periode seine Rechtmäßigkeit vielleicht in Frage
gestellt worden sei.
IV. Seine Regierung und die Kämpfe
um die Herrschaft, a) Gotarzes und Var-
danes. Um die verwickelten Thronstreitigkeiten
nach dem Tode Artabanus III. zu verstehen, ist
es notwendig, zunächst den genauen, wenn auch
unvollständigen Bericht des Tacitus zugrunde zu
legen. Nach Tac. ann. XI 8 vertrieb Vardanes
den G., der unter anderen seinen eigenen Bruder
Artabanus mit Frau und Sohn hatte töten lassen,
und bemächtigte sich hierauf der Herrschaft.
Nun erfahren wir aber aus Philostr. v. Apoll. I
21. 28, daß Vardanes die Herrschaft verloren und
dann wieder gewonnen hatte (eine Bestätigung
durch die Münzen, wie v. Gutschmid Kl. Sehr.
TU 51 auf Grund der schlechten Publikation bei
Mionnet Suppl. VIII 445f., 46 geglaubt hat,
gibt es allerdings nicht, wenn auch die Münzen
nicht, wie Wroth S. XL Vf. meint, das Gegen-
teil beweisen). Also müssen wir annehmen, daß
auf Artabanus III. unmittelbar zuerst Vardanes
folgte, dann durch G. verdrängt wurde, worauf
er wieder gegen G. die Herrschaft gewann. Die
erste Regierung des Vardanes und seine Ver-
treibung durch G. war vielleicht bei Tacitus in
den verloren gegangenen Partien enthalten, weil
beide Herrscher a. a. O. als bekannte Persön-
lichkeiten vorausgesetzt werden (Nipperde y -
Andresen z. St.). Vardanes war somit wohl
älter als G., den vermutlich jüngeren Bruder Ar-
tabanus hat G. beseitigen lassen, weil er ihm als
einem Usurpator immerhin gefährlich werden
konnte. Josephos übergeht die erste Regierung
sowohl des Vardanes als auch des G. und be-
ginnt gleich mit der zweiten Regierungsperiode
des Vardanes, indem er dessen Vereinigung mit
Izates zu einem Kampf gegen die Römer erzählt
(ant. lud. XX 69 ; daß hier anstatt Vardanes der
jüngere Artabanus gemeint sei, wie Mommsen
E. G. V 379, 1 vermutet, ist doch kaum glaub-
lich).
Damit lassen sich einigermaßen die genauen
Datierungen der Tetradrachmen vereinigen, ob-
wohl der Umstand, daß die Zuweisung der ein-
zelnen Münzen an bestimmte Herrscher meist nur
auf Grund der Porträtähnlichkeit erfolgen kann,
zur Vorsicht mahnen muß. Die frühesten datier-
ten Münzen des G. tragen das Datum 352 der
Seleukidenära , d. i. 40/1 n. Chr. ; sie stammen
also wohl aus der ersten Begierungsperiode des
G., Gardner 12. 50. Wroth S. XLV 161 Anm.
(angezweifelt von v. Petrowicz S. 118f.). Aus
der ersten, offenbar nur ganz kurzen Regierungs-
zeit des Vardanes scheint kein datiertes Stück
vorhanden zu sein; von ihm allein kennen wir
nur Münzen aus den J. 353 und 354 , und zwar
die älteste vom Panemos 353, d, i. Juni 42
(Gardner 48f. v. Petrowicz 113, 1. Wroth
S. XLV 153, 1. 2; vgl. Anm. Wenn freilich die
hier erwähnte Lesung von Prokesch-Osten:
Gorpiaios 351 anstatt 354 richtig sein sollte,
dann hätten wir Münzen des Vardanes aus dem
August 40, also aus seiner kurzen ersten Regie-
rungszeit). In die J. 355 und 356 (= 43—45)
fallen die Kämpfe zwischen den beiden Dynasten
mit wechselndem Erfolg; denn aus diesen Jahren
gibt es Münzen sowohl des Vardanes (Gardner
481 Wroth XLV 155ff. v. Petrowicz 114,6-8)
als des G. (Gardner 50. Wroth XLV 161, 1. 2),
und erst von 357 angefangen bis 362 (= 45 — 51)
ist die Reihe der Münzen des G. allein nicht
mehr unterbrochen (Gardner 49f. Wroth XLV
161—164. v. Petrowicz 117f.). Das ist die Zeit
seiner unbestrittenen Alleinherrschaft.
G. gab auch nach seiner Vertreibung den
Versuch nicht auf, die Herrschaft zurückzuer-
10 langen, zumal da Vardanes mit großen Schwierig-
keiten zu kämpfen hatte. Denn die Stadt Seleu-
cia, die schon unter Artabanus III. abgefallen
war (vgl. auch Tac. ann. VI 42), wollte sich auch
dem Vardanes nicht ergeben, so daß sich dieser
in seiner blinden Wut in eine für den Augen-
blick gänzlich zwecklose Belagerung der gut ge-
schützten und stark befestigten Stadt verrannte.
Verstärkt durch die Streitkräfte skythischer No-
madenstämme, der Daher, sowie der Hyrkanier,
20 auf deren Treue sich auch sein Vater sowie
frühere Partherkönige stets hatten stützen können,
eröffnete G. den Bruderkrieg, so daß Vardanes
die Belagerung von Seleucia aufgeben mußte und
dem G. bis nach Baktrien entgegenzog; sehr zum
Schaden des Partherreiches, dessen Nebenländer
diesen Konflikt zum Abfall benützten (Tac. ann.
XI 8).
Armenien war, nachdem Caligula den Mithri-
dates abgesetzt und nach Rom befohlen hatte
30 (s. auch Dio LX 8, 1. Sen. de tranquill. 11, 12),
wieder dem Partherreich zugefallen. Nun aber
schickte Claudius den Mithridates wieder hin,
und dieser konnte mit römischer Hilfe und unter-
stützt von seinem Bruder, dem Ibererkönig Pha-
rasmanes, die Herrschaft über das Land wieder
antreten; der parthische Satrap Demonax wurde
vertrieben, auch der kleinarmenische König Kotys
leistete dem Mithridates mehr gezwungen als
freiwillig die Huldigung. Angesichts dieser dem
40 Reich drohenden Gefahren (auch eine Verschwö-
rung der Parther gegen das Leben des Vardanes
bestand, wurde aber diesem von G. selbst ver-
raten) versöhnten sich die feindlichen Brüder,
die schon in voller Schlachtordnung einander
gegenüberstanden. Vardanes blieb König, G.
behielt sich nur Hyrkanien vor. Nun konnte
Vardanes endlich Seleucia zur Übergabe zwingen
(Tac. ann. XI 9). Aber Armenien zurückzuge-
winnen vermochte er nicht, weil ihn der römische
50 Statthalter von Syrien, (C.) Vibius Marsus, durch
Kriegsdrohungen daran hinderte (Tac. ann. XI
10). Auf diese Ereignisse ist wohl auch der
Bericht des Josephos zu beziehen (so aucli
v. Gutschmid Kl. Sehr. HI 73; vielleicht gehört
hierher auch die romanhafte Erzählung Philostr.
v. Apoll. I 38, daß Vardanes den Krieg geplant
habe — doch wird hiefür ein viel kleinlicherer
Anlaß angegeben — aber durch Apollonius von
Tyana davon abgehalten worden sei; der römische
60 Statthalter von Syrien wird dabei erwähnt, aber
nicht genannt), wonach sich Vardanes mit dem
König Izates von Adiabene zu einem Krieg gegen
die Römer verbinden wollte; als sich Izates aus
Furcht vor der Macht der Römer weigerte mit-
zuziehen, wollte ihn Vardanes mit Gewalt dazu
zwingen, wurde aber von seinen eigenen Unter-
tanen getötet und hierauf erst G. erhoben (ant.
lud. XX 69—73). Hier ist also mit keinem Wort
aneh der erneute Versuch des G. erwähnt, die
.Heroäherwürde, auf die er selbst verzichtet hatte,
wieder zurückzugewinnen. Ermutigt fühlte er
sich dazu durch den Ruf des stets unzufriedenen
und stets streitlustigen parthischen Adels. Dies-
mal mußte das Glück der Waffen zwischen den
Prätendenten entscheiden. In der Schlacht am
Fluß Erindes (= Charindas?) siegte Vardanes,
unterwarf in raschem Siegeslauf alle Völker his
- -,,.<?: — - «■«" , ^x^v* «10 KMaa in u.cu jvomuieu juexanaers a. ur. eresen
zum Smdes (wahrscheinlich der jetzige Tedschen, 10 die Perser eine Rolle spielte; möglich wäre auch
V2i. ¥. Gut schund flAn^li Ti-ano lQß 0\ Ar.™ J„U j-_ i. •,__<,*, \ , P . . ."•
•vgl. v. Gutschmid Gesch. Irans 126, 2), dem
Grenzfluß zwischen Dahern und Areioi ; bei jenen
hat G. offenbar wieder Zuflucht gefunden. Var-
danes wurde durch die Unzufriedenheit seines
Heeres zur Umkehr gezwungen, nachdem er Denk-
mäler hatte errichten lassen, die den his dahin
weitesten Umfang des Arsakidenreiches verewigen
sollten. Diese Erfolge stiegen ihm so zu Kopfe,
daß er seinen Übermut an seinen Untertanen
seine von den Strapazen völlig erschöpften Trappen
mit denen des Carenes vereinigten. Einen ebenso
falschen Freund fand Meherdates in dem schon
erwähnten König Izates von Adiabene, der ins-
geheim mit G. verbündet war. Nachdem sie den
Tigris überschritten hatten, eroberten sie Ninive
und Gaugamela (Tac. XII 13 deutet den Namen
dieses Ortes nur an, indem er sagt, ein Kastell,
das in den Kämpfen Alexanders d. Gr. gegen
daß das besser bekannte Arbela gemeint ist,
wenngleich dieses vom Schlachtfeld sehr weit
entfernt ist; vgl. Streck o. Bd. VH S. 862).
Da G. noch nicht genügend gerüstet war, bezog
er vorerst eine Defensivstellung hinter dem Fluß
Corma, die er mehrmals wechselte, und wider-
stand allen Herausforderungen zum Kampf. Er
suchte dabei Zeit zu gewinnen, indem er alle
Künste der Bestechung nnd des Verrates spielen
« v o j j j i 7- , «™.™ ^.^.^^ .^«noLc uci xicsicuiiuag uim ues Verrates spielen
ausließ und dadurch d ie schon früher versuchte 20 ließ. Bald vollzogen auch Abgar und Izates offen
Empörung wieder gegen sich heraufbeschwor;
auf einer Jagd wurde er ermordet, Tac. XI 10.
Jos. XX 73.
b) Gotarzes und Meherdates. Die Par-
ther schwankten eine Zeitlang zwischen einem
andern arsakidischen Fürsten, Meherdates (=
Mithridates V: v. Gutschmid Gesch. Irans 127),
einem Enkel des Phraates und Sohn des Vonones
(vgl Tac. XII 10), der als Geisel in Rom lebte,
ihren Abfall, und Meherdates, der sich so wich-
tiger Stützen beraubt sah und den Verrat auch
der andern fürchtete, entschloß sich endlich,
eine rasche Entscheidung herbeizuführen. Nun
brauchte auch G. den Kampf nicht mehr zu
scheuen, der vieiraehr mit Erbitterung geführt
wurde. Als nach lange unentschiedenem, blutigem
Ringen Carenes bei seinem allzu kühnen Vor-
dringen umzingelt war, gab Meherdates jede
„^ r> j„ I i.- j . — . V „ — ,: ' ^ ■ u,ul s c " umfingen war, ga-u meneraaises ieae
und G; dann entschieden sie sich für diesen. 30 Hoffnung auf und wurde von dem Verräter Par-
Aber auch sein Wesen war mcht üwwititiati/W ».a,™ ^;~ a ™ iri^„4.„_ „j tt-.l-__
Aber auch sein Wesen war nicht gewinnender
als das seines Bruders und brachte viele aus dem
Adel wie aus dem niedrigen Volke bald so gegen
sich auf, daß sie im geheimen eine Gesandtschaft
nach Rom schickten, um sich von Kaiser Clau-
dius den Meherdates als König zu erbitten, Tac.
XI 10 (zum J. 47 n. Chr.). Tacitus setzt die
Erzählung XII 10 (zum J. 49) fort, indem er
von dem Auftreten dieser Gesandtschaft vor dem
Senat berichtet. Der Kaiser antwortete den Ge- 40 an den König darstellt.
sandten in Gegenwart, <1ps MolmWla+ßo -jTi 4-; m ^ o~:~ m_j -vr-v
races, einem Klienten seines Vaters, seinem
Gegner ausgeliefert. Dieser ließ ihm als einem
Römling die Ohren abschneiden und machte ihn
auf diese Weise unschädlich, Tac. ann. XII
12—14. Vielleicht wird die Erinnerung an
diesen Sieg festgehalten in der Legende einer
Drachme (v. Petrowicz nr. 15), wo G. auch
den Beinamen vix[t}]<p6Q(ogJ führt, sowie in dem
Münzbild, das die Überreichung eines Diadems
sandten in Gegenwart des Meherdates zustim-
mend und gab dem neuen Könige von Roms
Gnaden gute Regierungsmaximen mit auf den
Weg. Den Parthern empfahl er auch seinerseits
den von ihnen gewünschten König, den der Statt-
halter von Syrien, C. Cassius (Longinus) — es
ist der bekannte Jurist — bis zur Reichsgrenze
am Euphrat zu geleiten hatte, Tac. XII 11. Dies
geschah. Bis zu dem oft genannten Übergangsort
c) Sein Tod. Nicht lange danach starb G.,
und zwar, wie Tacitus (XII 14) ausdrücklich
bemerkt, eines natürlichen Todes. Die Nachricht
des Josephos (XX 74), daß er einer Verschwörung
zum Opfer gefallen sei, beruht auf einer bei den
unübersehbaren Wirren im Partherreich leicht
begreiflichen Verwechslung und ist mit Vorsicht
aufzunehmen. Er scheint nicht alt geworden zu
sein, weil sein wahrscheinlich älterer Bruder
s ^ , , --«--« ™. ^ — . e -.. &t . ViU dvjji, ,tcjj. jsciu wiiiirscnemucn älterer üruaer
Zeugma am Euphrat wo sich die Anhänger des 50 Vardanes sechs Jahre vor ihm primam intra
J: e i. e . -f v ™ m melten, zog der römische Statt- iuventam starb (Tac. XI 10).
halter mit. Dann kehrte er zurück, nachdem er
dem jugendlichen König den Rat erteilt hatte,
sein Vordringen möglichst zu beschleunigen.
Aber Meherdates ließ sich von dem arabischen
König Abgar (V. mit dem Beinamen Ukhäma,
der Schwarze ; bei Tac. ist die Form Aebar über-
liefert) von Osrhoene, der Freundschaft für ihn
heuchelte, verleiten, in dessen Residenz Edessa
V. Die Inschrift von Behistfin. Nun
erhebt sich noch die Frage, wie mit den eben
geschilderten Lebens Schicksalen des G. die In-
schrift zu vereinigen ist Aüräpt»?? aazgdjt^ x(äv
oaTQaxfüv], wofern sie überhaupt auf ihn zu
beziehen ist. Natürlich sind bei unserer geringen
Kenntnis der Vorgänge im Partherreich ver-
schiedene Möglichkeiten zuzulassen, v. Gut-
a;* \r^iu i rj -T . -™— - — w««^* ^™ auiwuwie muguciiKeiwn zuzulassen, v. liut-
die kostbarste Zeit mit Lustbarkeiten zu ver-60schmid und die ihm gefolgt sind (z. B. auch
les wwli.; « Ü meäeTholte Ji Mahnungen Dittenberger a. a. O.) nehmen ii, daß G.
Les parthischen Satrapen von Mpsn-nn+A-mi^T. «™v, ™ tA„„m.„_ *_i._^ ttt tv j.,, 3
des parthischen Satrapen von Mesopotamien,
A 6ne n * vieUeicht i 5 * derselbe auch Philostr.
v. ApolL I 21 gemeint), vermochten ihn, obwohl
der Winter schon herannahte, nicht abzuhalten,
■#?! t " 1llo8en B»* Abgars den ganz unbe-
— ""wtoen Umweg über die schneebedeckten Ge-
saften Armeniens zu machen, ehe sich
noch zu Lebzeiten Artabanus HI. Präfekt der
sog, oberen Satrapien gewesen sei; dafür haben
wir gar keinen Anhalt. Wenn wir uns nur an
die Überlieferung halten, dann wäre am ehesten
an die Zeit zu denken, in welcher G. und Var-
danes ein friedliches Übereinkommen trafen und
G. wenigstem in einem Teile des Reiches auch
yvuuwa
uroiarzes
I0«2
von Vardanes anerkannt wurde. Der ungewöhn-
liche Titel, der ihm in der Inschrift verliehen
wird (vgl. auch die Bronzemünze bei v. Petro-
wicz nr. 76), wäre, ein angemessener Ausdruck
für seine Ausnahmestellung (ähnlich auch Ols-
hausen a. O. 179, der es als Siegesdenkmal des
Vardanes nach der Schlacht am Charindas an-
sieht ; vgl. MommsenR. G. V 345, 1). Ob und
welche Beziehung die unter der Inschrift roh in
den Felsen gemeißelten Reliefs (abgebildet bei 10
Gardner auf der als Titelbild bezeichneten Tafel .
nach F 1 a n d i n und C o s t e Perse Ancienne pl. XIX)
zu diesen Ereignissen haben, muß dahingestellt
bleiben (vgl. v. Gutschmid Kl. Sehr. III 44).
VI. Chronologie. Die zeitliche Bestim-
mung der Regierung des G. ergibt sich, wie
schon erwähnt, aus den datierten Münzen in
folgender Weise. Artabanus HI. starb im J. 40/41
oder kurz vorher (die unrichtige Annahme, daß
Münzen von ihm aus dem J. 42 vorhanden seien, 20
v. Gutschmid Kl. Sehr. III 50 und ihm folgend
Andre sen noch in der 6. Auflage seiner Tacitus-
ausgabe zu ann. XI 8, hat v. Gutschmid selbst
dann zurückgezogen, vgl. Gesch. Irans 123); denn
die älteste uns bekannte Münze des G. stammt
aus diesem Jahre, und in die Zeit zwischen Arta-
banus' Tod und G.s Thronbesteigung fällt auch
noch die kurze erste Regierung des Vardanes.
Spätestens im Juni 42 wurde G. durch Vardanes
verdrängt. Seit 43/4 finden die Kämpfe des G. 30
um Wiedererlangung der Herrschaft statt. Noch
vor dem Ende des J. 45 ist Vardanes gefallen.
Die letzte datierte Münze des G. ist aus dem
Monat Daisios 362 = Mai 51 (Gardner S. 50.
WrothS.XLIV164,31 = pl.XXVIIl. v.Petro-
wiez 118, 12), die früheste des Volagases I. aus
dem Gorpiaios 362 = August 51 (Gardner 51.
Wroth XLIX; vgl. 178, 1). In die dazwischen
liegenden drei Monate fällt der Tod des G. und
die ephemere Regierung des Vonones II. (Anders 40
v, Gutschmid Gesch. Irans 128; vgl. aber
Dessau Prosop. Imp. Rom. LH 475f., 629;
489, 671).
Daß in den Jahren zwischen 43 und 45 die
Thronkämpfe zwischen G. und Vardanes statt-
fanden, erhält auch Bestätigung durch Bronze-
münzen des Vardanes aus den J. 354 {= 42/3)
und 355 (= 43/4) mit der Reverslegende ßovtf,
worunter wahrscheinlich, wie schon Gardner
48f. und dann Wroth (XL VI u. dazu Amn. 2.50
157f., 37—39; pl. XXVI 6—8) vermutet haben,
der autonome Senat von Seleucia nach der Er-
gebung dieser Stadt zu verstehen ist. Und daß
die Unterwerfung dieser Stadt im J. 43 erfolgte,
wissen wir auch aus Tac. XI 9, wonach der Ab-
fall der Stadt sieben Jahre vorher geschehen sei,
und zwar, wie sich aus Tac. ann. VI 42 ergibt
im J. 36.
Mit diesen Zeitansätzen ist auch die üb-
rige Erzählung des Tacitus über G. in Ein- 60
klang zu bringen, die sich in zwei Gruppen
gliedert, XI 8—10. XII 10—14. Die erste
Gruppe ist unter die Ereignisse des J. 47, die
zweite unter die des J. 49 eingereiht. Nun faßt
Tacitus in seiner bekannten Art oft die Ereig-
nisse verschiedener Jahre zu einem einzigen
kurzen Bericht zusammen, den er dann einem
bestimmten Jahre zuweist, in welchem sich nur
einige der erzählten Begebenheiten abspielten;
vgl. u. a. Nipperdey-Andresen I 10 S. 40 und
z. St. Daß nicht, wie v. Gutschmid Kl. Sehr.
HI 67. 80 geglaubt hat, die Einsetzung des
Mithridates in Armenien in das J. 47 gehört,
wird schon dadurch klar, daß diese Einsetzung
noch zu Lebzeiten des Vardanes erfolgte. Es
ist vielmehr die Absendung der parthischen Le-
gation nach Rom, um den Meherdates von Clau-
dius zu erbitten, in das J. 47 zu setzen (so be-
richtigt auch v. Gutschmid selbst in der Ge-
schichte Irans 127 seine frühere Chronologie),
im J. 49 fanden dann die Expedition des Meher-
dates und sein unglücklicher Kampf gegen G.
statt, der sich bis in den Winter (Tac. XDI 13)
von 49 auf 50 hinzog. Aber auch noch den Tod
des G. und den zweimaligen Thronwechsel im
J. 51 erwähnt Tacitus schon hier (XII 14),
während die folgenden Ereignisse richtig zum
J. 51 erzählt sind (XH 44). Der zugunsten des
Mithridates von Armenien noch einige Zeit nach
dessen Einsetzung intervenierende römische Statt-
halter von Syrien, C. Vibius Marsus, wurde wahr-
scheinlich schon im J. 45 von C. Cassius Lon-
ginus abgelöst, der später den Meherdates bis
an die Grenze des Partherreiches geleitete, vgl.
Jörs o. Bd. III S. 1736. Schürer Gesch. d.
jüd. Volkes 13.4 (1901) 334f. Wenn die Zeit-
angaben des Philostr. v. Apoll. I 28 verläßlich
wären, dann würde die Ankunft des Apollonius
am Hofe des Vardanes zwei Jahre und zwei
Monate, nachdem dieser die Herrschaft erlangt
hatte (vgl, auch I 21), also im Sommer 44 erfolgt
sein. Seine Abreise noch unter Vardanes hätte
ein Jahr und acht Monate später (I 22. 40; die
Zeitberechnung, die v. Gutschmid KL Sehr.
III 77—85 auf Grund dieser Angaben versucht
hat, ist zu verwerfen, weil sie, wie schon erwähnt,
auf unrichtigen Voraussetzungen fußt) stattge-
funden, das wäre zu Beginn des J. 46, was mit
den eben berechneten Ansätzen freilich nicht
genau stimmt, da G. schon vor 46 Allein-
herrscher war.
VII. Persönlichkeit, . Der Charakter des
G. tritt in der Überlieferung nicht allzu scharf
hervor. Er ist in allem der Typus des orienta-
lischen Despoten ebensogut wie sein Gegner Var-
danes und so viele andere Arsakiden, grausam
und zugleich feig, genußsüchtig und lüstern nach
äußerer Verherrlichung, hinterlistig und wort-
brüchig, unverläßlich- und launenhaft; seine sae-
vitia hebt Tacitus wiederholt hervor, er tadelt
seinen luxus und seine ignavia (XI 10. XII 10)
und führt uns sein ganzes Sündenregister aus
dem Munde seiner Feinde vor. Inwieweit der
persischen Heldensage von Gödeiz die geschicht-
liche Persönlichkeit des G. zugrunde liegt (v. Gut-
schmid KL Sehr, m 95—124; vgl. Olshausen
172), läßt sich nicht genau bestimmen.
Charakteristisch sind seine Gesichtszüge auf
den Münzen ausgeprägt (vgl. v. Gutschmid KL
Sehr. LH 821). Er hat das eigentümliche Stirn-
zeichen, das bei mehreren Königen wiederkehrt
(vgL v. Petrowicz S. 58), einen langen Spitz-
bart und langes, welliges Haar, s. die Münz-
tafeln bei Gardner , Wr oth nnd v. Petrowicz,
dazu Wroth S. XLVDX
Auf einigen seiner Münzen (Gardner S. 49
wumucus
X0Ö4
pl. V 21. Wroth S. LXXV 172, 102—106 pi.
XXVII 18. v. Petrowicz 124, 52. 53 Taf. XVni
19} ist im Revers ein weiblicher Kopf abgebildet,
vielleicht seine Gattin darstellend, deren Name
aber weder hier noch sonst überliefert ist, vgl,
Kahrstedt Klio X 287. [Stein.]
Gothieus, Siegerbeiname römischer Kaiser.
Vor Claudius IL (268—270 n. Chr.) ist dieser
Beiname nicht in Gebrauch ; daß Caracalla daran
Kaiser Tacitus besiegte gemeinsam mit seinem
Bruder und Gardepräfekten Florianus die Goten,
die auf die Nachricht von dem Tode Aurelians
in Kleinasien eingefallen waren, und erhielt dafür
den Siegerbeinamen G. maximus, s. o. Bd. III
S. 2875. Rappaport lOlf. Florianus setzte,
nach der Ermordung des Tacitas selbst zum Kaiser
erhoben, den Krieg erfolgreich fort (Zosim. I 64,
2), fand aber dann durch eine Soldatenverschwö-
-.■,,■,, , -,, ' " . ~~ ""■"-" ")■> i " J1 « <*«c± uauii uuiuii eine öoiuaxenverscnwö-
SÄSi Ä vS wJ^t^T w erZ> t 10 W de » Tod > und erst der &%™ ihn ausgerufene
Geticus o. Bd. Yn S. 1386 Claudius hat nach Kaiser Probus konnte die Vertreibung dir Goten
seinem glänzenden Sie? über die fint.™ >u»i w a i aona ™n™ ^ Ä „ . ™i i3 - ^ -. ™ « ö , .. "*"
seinem glänzenden Sieg über die Goten bei Naissus
im J. 269 den Siegernamen G. angenommen, CIL
VIII 4876 = Dessau I 571, wo er GotMeus
mfaximus), Partkieus m. genannt wird. Auch
nach seinem Tod ist ihm dieser Beiname ge-
blieben : auf Konsekrationsmünzen aus der Münz-
stätte in Tarraco (Eckhel VII 474. Cohen
VI2 135, 53. Markl Numism. Ztschr. 1884
AQt\f\ ±„-U -n- m j- >T7, • — """-*"■* ,. w ^' ^o^i>ic gegen guuwcnt; ocuaren, una aaner er-
4201) steht JHvo Claudio Qothteo (merkwürdiger- 20 scheint unter seinen Siegesnamen neben Ger-
weise behauptet Caernat Cours d'Ämor T,a+. 3 m»«;,,^ „,, A t, n.„i.-u;~„„ "..: _ . n
vollenden; vgl. Rappaport 103. Dannhäuser
Untersuchungen zur Gesch. des Kaisers Probus
(Jena 1909) 47. Schon damals hat er den Namen
G. angenommen (CIL XI 1178 b = Dessau I
594 Guttkieo), aber auch später noch führte er so
wie am Rhein gegen Alamannen, Franken, Bur-
gunder und Vandalen, so an der unteren Donau
Kämpfe gegen gotische Scharen, und daher er-
weise behauptet Cagnat Cours d'epigr. Lat.3
207, 3, daß sich dieser Beiname auf keinem Denk-
mal von unbestrittener Echtheit finde); ähn-
lich wie z. B. auch Traian nach seinem Tode
diyus Traianus Dacicus genannt wird, oder Verus
divus Verus Partkieus maximus; und uns ist
es geläufig, den Namen dieses Kaisers mit dem
Beinamen G. zu verbinden. Wie sein Sieg über
die Goten in gleicher Weise als vietoria Ger-
mamea und vwtorta GotHm geleiert wird, so 30 Name des Kaisers nicht erhalten ist, scheint neben
manicus auch Gothieus maximus, s. o. Henze
Bd. IIS. 2521. Rappaport 103f. Dannhäuser
59—61)." Auf einem Papyrus aus dem British
Museum (Pap. Lond. III 176f., 1243, dazu
Wilcken Pap. Arch. IV 553) ist von den
Siegernamen des Kaisers Probus nur Fo&uxoq
fiiyifotjog sicher erhalten. In einer von der
Stadt Nikopolis ad Istrum gesetzten Kaiserin-
schrift (IGR I 582; vgl. 1424), in welcher der
führt er zum Siegestitel G. auch den schon früher
angenommenen Germanieus, s. o. Bd. VII S. 1254f.
Daher ist auch die Münze, die dem Kaiser die
Namen Ger. Gothieus gibt (Eckhel VII 472)
mit Unrecht wegen des Ger. verdächtigt worden.
Vgl. auch Schiller Gesch. d. röm. Kaiserzeit I
846, 4; 848, 2. Henze o. Bd. II S. 2460. Rap-
paport Die Einfälle der Goten in d. röm. Reich
(Leipzig 1899) 88f., 3. L. Schmidt Gesch. d.
Jlaq&ixov fxiyiotov auch Fezmov (£p\ KON) A*«'-
ytozov erhalten zu sein, womit vielleicht Probus
gemeint ist, doch wäre auch Aurelian oder
Claudius nicht ausgeschlossen.
Aus der späteren Zeit erfahren wir von Kämpfen
gegen die Goten weniger, .doch scheint daran
eher der Zustand unserer Überlieferung schuld
zu sein, als daß wir daraus etwa einen Schluß
auf die wirklichen Verhältnisse ziehen dürften.
i ± tt ais V> — ~~"-«^„ ^ov,.. u. am uic wiiÄucuen v eniartnissc zienen üunten.
deutschen Stämme bis zum Ausgang d. Völker- 40 So hatte z. B. noch Rappaport 107 die Kämpfe
Wanderung I (1904) 75.
Trotz Claudius Sieg bei Naissus hatte auch
Aurelian einen Einfall der Goten unter Cannabas
oder Cannabaudes (= Kniva?) abzuwehren, was
ihm trefflich gelang, im J. 271, worauf auch er
den Beinamen G. maximus erhielt, Rappaport
96f. Groag o. Bd. V S. 1377f.; Belege für die
Führung des Titels 1356. Der Meilenstein aus
dem J. 275, Dessau I 581, ist jetzt CIL XIII
gegen die Goten unter Diokletian im J. 297 für
bedeutungslos erklärt und Zweifel daran geäußert,
ob die Inschriften aus Gunugu in Mauretanien,
CIL VIII 21447—21449, die aus diesem Jahre
stammen, richtig zusammengesetzt seien, weil hier
Diokletian als [GJoticus maximus bezeichnet ist
geradeso wie in der Parallelin schrift für Maxi-
mian auch dieser wahrscheinlich [G oticus] maxi-
mus. Dieser Zweifel wird jetzt durch ein Pa-
|fi?q J > S7l k0 ^io^i C T L J II i. 12 ?i 7( ^ XHSÖpyrusdokument beseitigt. In dem Pap. Oxy. VI
2673 = 5571a. 5549; vgl. L. Schmidt a.' a. O.
76, 2, ferner neuerdings eine Inschrift aus Se-
germes, in welcher Aurelian nur der Siegername
Got. max. gegeben ist, Bull, du com. trav. bist.
1904, 455 = Rev. arch. VI (1905) 473, 116. Auch
auf Papyrusurkunden finden wir diesen Titel beim
Namen Aurelians: Pap. Lips. I n. 119 (aus dem
J. 273; denn es ist nicht das 6., wie der Her-
ausgeber liest, sondern das 5. Jahr angegeben,
ilcken Pap. Arch. III 569): rovvz t x6 5 fii- 60 Maximaltarif,
!06, 889 führen Diokletian und Maximian (ihre
Namen sind nicht erhalten, doch ist die Be-
ziehung auf sie völlig gesichert) u. a. den Titel
[rtjßfmvtxos fifytaros, Fovv&ixfös fieytaros] (der
zweite ist nur bei Diokletian erhalten). Sonst
finden wir auf keiner der bisher bekannten Ur-
kunden aus der diokletianischen Zeit diesen Titel;
er fehlt z. B. auch unter den vielen Siegestiteln
der Kaiser in dem Edictum Diokletians über den
yftmos); ebenso Pap. Oxy. VII 177f„ 1036
Laps. so zu schreiben sei L. Schmidt a. O. 472f.
ffl/?/**7**^) ; Die Inschrift aus Cosa, CIL XI
2635 wo Ootieo Germanica steht, kann von
Claudios oder Aurelian sein.
Was wir von den folgenden Kaisern über die
Annahme des Siegernamens G. wissen, beruht
gleichfalls nur auf den Zufälligkeiten unserer
Überlieferung. Bloß bei Konstantin d. Gr. er-
scheint der Name in mehreren Inschriften, bei
Constantins DL nur auf einer sicheren, ebenso
bei Valentrnian, Valens und Gratian nur in der
Inschrift der Brücke zur Tiherinsel. Fast zwei
16Ö5
ÜÖÜUCUS
(irabovius
1686
Jahrhunderte, bis auf lustinian, der wieder eine Gotlnl s. Cotini.
ganze Menge von Siegestiteln aufnimmt, finden Gotthogralkoi (oi ror&oyeaixot) , Leute im
wir solche bei keinem Herrscher. Auffällig ist westlichen Teil des Landstrichs Obsequium ('Cty*-
es auch, daß mit einer einzigen, nicht ganz aiatv), Theophan. p. 385 (im J. 715 n. Chr.); s.
sicheren Ausnahme (s. o.) der Name G. auf keiner den Art. Obsequium. Vgl. ^ RovzoyQaixla bei
griechischen Inschrift begegnet. Anna Comn. 14, 5. 15,1; y.mQi stQonoöas x&v
Constantin d. Gr. besiegte die Goten zuerst Aerauvcbv aal rijs KovzoyQatxlag öiaxeifiev?} ns-
in der Dobrudscha, wahrscheinlich im J. 315, Ötdg. [Bürchner.]
und dann noch zweimal, im J. 323 und 332, Gozar, nach Geogr. Rav. 64, 13 andere Be-
Schiller II 199. 220. Rappaport 108— 117. 10 Zeichnung für Kleinmedien. [Kiessling.]
Ruggiero Diz. epigr. II 649. Schmidt a. a. O. Gozmaie (FoCfiait]), Epiklesis der Athena in
81. Maurice Numismatique Constantinienne einer Inschrift aus Kanatha in Batanaia, Le Bas
XCVTL CL CLVII. (Die Vermutung von Schiller Voyage archeol. III 2345: 6 Suva] a^ägowsv
II 197, 2 und Maurice, daß Constantin zuerst tyjv x^Q av °vv T< ? ßv>ft<p rfj xvqio. lAßrjvq. Foq-
den Titel G. wegen des Sieges über Licinius er- fmirj ix rcöv Iditov fxvfjfxrig yßqiv. [Jessen.]
halten habe, in dessen Armee viele Goten waren, Graaioi (Gen. rgaatoav) , nach dem über-
hat nicht viel Wahrscheinlichkeit). Doch finden lieferten Text bei Thuk. LT 96, 3 makedonisches-
wir nirgends eine Iterationsangabe dieses Titels, Volk am Strymon, zum Reiche der Odrysen ge-
CIL m 352 = 7000. VIII 8412 (= Dessau hörig. Einzelne Herausgeber halten den Namen
I 696). 8477 (= Dessau I 695). XI 5265 20 für eine Dittographie des folgenden Aaiaiav, die
(= Dessau I 705); hier nur Got(hiens) ohne meisten den Text für verderbt, s. Arnold*
maximus, in der erstgenannten Inschrift maxi- Poppo, C lassen (Anhang) z. St. Doch scheint
■mus Guth(icus), wobei aber maodmus vielleicht der Name eine Stütze zu finden in der Ortschaft
zu dem vorhergehenden Siegestitel gehört. Auch Graero der Tab. Peut. VIII an der Straße von
auf Münzen Constantins ist die vietoria Gotica Philippoi nach Herakleia Sintike, welche beim
gefeiert (Eckhel VIII 90. Cohen VII 623), Geogr. Rav. IV 9 als Greron wiederkehrt; das
und der Fastenkalender des Philocalus verzeichnet Itin. Ant. hat diese Straße nicht. Die Lage ist
vom 4. — 9. Februar ludi Gotkiei, deren Einrieb.- wohl unweit von Gasoros (s. d.) zu suchen, doch
tung wohl auf Constantin zurückgeht, Momm- kaum damit identisch. [Oberhummer.]
sen CIL I p. 386 = I 2 p. 258. An dem Kampf 30 rgodv, Stadt im Binnenlande der Susiana*
im J. 332 hatte Constantins ältester Sohn Con- Ptolem. VI 3, 5. [Weissbach.]
stantin IL den Hauptanteil. Daher scheint er Grabovius, umbrischer, in den Iguvinischen
bei dieser Gelegenheit auch den Beinamen G[o- Tafeln vorkommender Beiname mehrerer Götter r
thficus) max(imus)] erhalten zuhaben, wie wir des Iuppiter (Taf. Ia 2. Via 22), Mars (Ia IL
demnach CIL III 12483 = Dessau 1724 wahr- VIb 1), Vufiune oder Vofione (Ia 20. VIb 19).
schemlich ergänzen müssen, vgl. Ruggiero Die ältere Form ist Krapuvi (Taf. Ia 2); Zu-
II 658. sammen Stellung der verschiedenen Formen bei
Constantius IL hat den Ehrennamen G. wohl Fabretti C. I. Ital. 279/80. Aufrecht-Kirch-
erst in der Zeit nach Constantins d. Gr. Tod hoff Umbr. Sprachdenkm. II 407. Buecheler
erworben, CIL HI 3705 = Dessau I 732 (nach 40 Umbrica 208. Bre*al Les tables Eugubines 377.
der verbesserten Lesung CLL III 10617 aus dem Planta Gramm, der umbr.-osk. Dialekte II 737.
J. 354): Germanicfus) Gohtieus maximus ; vgl. Die Bedeutung und Etymologie des Namens ist
L. Schmidt a. a. O. 85. ganz unsicher. Lassen (Beiträge zur Deutung
Valentinian I. , Valens und Gratian haben der eugubin. Tafeln 17) betont, daß die drei
jeder auf der schon erwähnten Brückeninschrift Götter, die den Beinamen G. führen, die einzigen
(CIL VT 1175 = Dessau I 771, wahrscheinlich seien, denen Rinder geopfert werden, und glaubt,,
aus dem J. 369; eine genaue Datierung ist, da daß in dem zweiten Teile des Wortes bos ent-
die Zahlen fehlerhaft sind, nicht möglich) wegen halten sei. Die erste Silbe leitet er von der
der Kämpfe , die Valens führte und im J. 369 Wurzel gra (vgl. gramen) ab, G. ist daher nach
durch einen ehrenvollen Frieden mit dem König 50 seiner Auffassung der Gott, der die Wiesen grünen
Athanarich (vgl. auch CIL in 7494 = Dessau läßt und die Rinder nährt. Pott (Etymolog.
1770) abschloß, den Titel Gothic max. Speziell Forschungen H 2, 1012) erklärt G. als ,einem
Valens wird auch in der Dedikation Eutrops gravis (etwa almus) lovis entstammend*. Grote-
Gothieus maximus genannt (aber nur in der fend (Rudimenta linguae Umbricae III 23) er-
hsl. Gruppe, die Droysen als B bezeichnet, die klärt G. als xqazaio^Q rassmann (Ztschr. für vgL
übrigen haben bloß Valenti maximo) ; vgl. Sprachf. XVI 192) leitet es von der Wurzel krap?
Schmidt a. a. O. 86 — 89. griech. xoamvog, xaQjidli^os, altslav. krepükü f
lustinian endlich nahm, noch ehe ihm die stark, ab. Aufrecht-Kirchhoff (a. a. O. II
Besiegung der Ostgoten in Italien gelungen war, 130) leiten G. von einem vorauszusetzenden Namen
unter vielen anderen ruhmredigen und unverdien- 60 Grabus her, entsprechend dem von Fisus abge-
ten (vgl. Agathias hist. I 4) Triumphnamen auch leiteten Götternamen Fisovius. Bre"al (a. a. 0.
den eines G. an, CIL III 13673 (Milet). CIG 66) bringt Grabus mit dem lateinischen Beinamen
IV 8636 (Trapezunt). Cod. Iust.I 27, 1 (aus dem des Mars, Gradivus, in Verbindung, den er aus
J. 534). Chron. Pasch. I 636 Dini (aus dem der in grandis, grandire, einem vom Wachstum
J. 552) ; ebenso in der dtdra^ig des Kaisers gegen der Pflanzen gebrauchtem Worte , vorliegenden
die Bischöfe Anthimus, Severus, Petrus und Zooras Wurzel ableitet; Grabus entspricht nach Bröal
aus dem J. 536, Mansi Sacrorum conciliorum einem vorauszusetzenden lat. grädtis = Wachs-
colleetio VHI 1150. [Stein.] tum, Grabovius ist demnach ein Gott, der die
UiaviilfUö
Entwicklung in der Natur beschützt. Keller
<Lat. Volksetymologie 36) halt ebenfalls G. für
identisch mit Gradivus , er nimmt an , daß bei
letzterem volksetymologische Umwandlung des
umbrischen Wortes mit absichtlicher Anlehnung
an gradior eingetreten sei. Vgl. noch Planta
a.a.O. 11415.469. Bröal a. a. 0. 64ff. Drexler
in Roschers Myth. Lex. I 1278. Preller-
Jordan Köm. Myth. I 348, 2. [Samter.]
Grada (Tgoda) , Variante von Ptolemaioshss.
zu Agdya, dem Namen einer Stadt im Innern von
Arabia felis, bei Ptolem. VI 7, 40 (mit den Maßen
79° 10', 15° 15'); da aber diese Lesart unleug-
bar zu wenig ausreichend gestützt ist, verliert auch
Sprengers Vermutung, daß G. Rodä* sein dürfte
(Die alte Geographie Arabiens 1875, 186. 196),
jeden Halt; es ergibt sich die Notwendigkeit, mit
Wilberg, Nobbe und anderen an der ungleich
Gracchus. 1) Furius Maecius Gracchus, Sohn 10 besser gewährleisteten Lesart A^dya festzuhalten
des Cethegus (CIL VI 1709), Corrector Plaminiae Zugleich gewinnt auch E. Glasers Vermutung
«t Piceni (CIL XIV 3594), als Praefectus urbis (Skizze der Geschichte u. Geographie Arabiens
Romae erwähnt am 1. Dezember 376 (Cod. Theod.
II % 1) und am 4. Januar 377 (Cod. Theod. IX
35, 3), zerstörte in diesem Amte die Grotte des
Mithras in Rom (Hieron. epist. 107, 2 — Migne L.
22, 869. Prudent. c. Symm. I 562). Über seine
Verwandtschaft s. Seeck Symmachus CXXX.
De Ptossi Bullet, di aicheol. christ. 1868, 57.
1890, II 245) an Wahrscheinlichkeit, daß G.
Ziraga ist, ,eine Tagreise von Damär auf dem
Östlichen Wege v nach San'ä , nahe östlich der
bekannten Kä e Gahrän 1 . [Tkac.]
Gradanorees (ol rQadavÖQEeg), Bewohner einer
Örtlichkeit auf Lesbos T IG HI 2 nr. 74. Die
Vermutung von Xenoph. Gortziötis (z. d. St.), sie
2) Arrins Maecius Gracchus, Consularis Cam- 20 seien beim heutigen Tadagav^oQog gewesen, ist
l^A il ,IT, X SQfiA in rliaciam A *«+ ö>«Txrril-i-n+- n-m Tm^'^K A .-In^.r.'U^,^,-. 1^*1^ rn_" l_ _. ... t
paniae (CIL X 520), in diesem Amt erwähnt am
24. Mai 397 (Cod. Theod. XIV 7, 1), als Praefec-
tus urbis Eomae erwähnt am 25. Juli 415 (Cod.
Theod. VIII 7, 20). [Seeck.]
3) Ein Lyoner Sigillatafabrikant (2. Jhdt.?),
CIL VII. XU. XIII. [Oxe.]
4) s. Sempronius und o. Cloelius Nr. 7.
Gracnrris — diese Schreibung entspricht der
älteren Namensform Gracus und dem häufigen ibe-
natürlich durchaus irrig. [Bürchner.]
Gradivus. Beiname des Mars. Die Mehr-
zahl der bei Serv. Aen. HI 35 und Fest. 97 M.
angeführten Erklärungsversuche leiten den Namen
von grädi ah. Auch viele von den heutigen Er-
klärern deuten G. = ,Schreiter' (z. B. Cur Mus
Grdz.5 703). Verstärkt wird nach ihnen diese
Erklärung dadurch, daß die palatinischen Salier,
nach Liv. I 20, 4 von Numa als Priesterschaft
arischen Suffix urris oder uris (Mon. ling. Iber. 30 des Mars G. eingesetzt, mit ihren Umzögen und
p. CIL) — , Stadt im nordöstlichen Hispanien am ^^ — iß J - w — J L — -^ 3 — • " "
oberen Lauf des Hiberus. Nach der Angabe des
Festus Pauli p. 97 Graechuris urbs Iberas re-
gionis, dieta a Graccho Sempronio, quae antea
Hureis nominabatur, die auf Varro und Posei-
donios zurückgehen wird (schon wegen der grie-
chischen regio Ibera), hieß die Stadt, die Ti.
Sempronius Gracchus nach der Unterwerfung
der Keltiberer im J. 575 d. St. = 179 v. Chr.
gründete und nach seinem Namen nannte (Liv. 40 dum appellasse memorant y cum Salios iuniores
Reigentänzen das Wesen des »schreitenden' Gottes
darstellen sollten. Dieser, bei den alten Erklä-
rern übrigens nirgends begegnende Hinweis ist
jedoch wenig beweiskräftig, da bei den Salier-
umzügen gerade der Tanz das Bemerkenswerteste
war (Liv. a. a. O. Varro de 1. 1. V 85. Dion.
Hai. II 70. Plut. Num. 13, Diomed. p. 476 ed.
Keil sagt zwar: Numam Pompilium divina re
praedüum hunc pedem [sc. spondeum] pontifi-
«pit. XLI Ti. Sempronius Gracchus proeos. Cel-
Uberos victos in d&ditionem accepä monumtn-
tumqite operum suorum Graeehurim oppidum
in Hispania eonsiituit), ursprünglich Hurcis (s.
d., vgl. Ilercavones und Ilurco im jenseitigen Hi-
spanien). Im Krieg des Sertorius werden längs
des Hiberus Cascantinorum et Graeeuritanerum
fims erwähnt (Liv. frg. 1. XCI). In den Listen
des Agrippa erscheint die Stadt unter den oppida
aequis gressibus cireulantes induceret et spondeo
melo patrios placaret indigetes, doch ist das eine
offenbare Erfindung, ebenso wie die Angabe des-
selben Grammatikers p. 477, daß der Iambus dem
G. geheiligt gewesen sei). Dieser, den plumpen,
stampfenden Sprüngen, mit denen die Walker
das Zeug in der Grube bearbeiteten, nicht unähn-
liche Tanz (Sen. ep. 15, 4; vgl. Mau Pomp.
413) war doch eine wesentlich andere Bewegung,
Latii veteris des Bezirks von Caesaraugusta (Plin. 50 als die mit gradi zu bezeichnende. Schwerer
n. h. III 24 Graeeurritani), wozu die autonomen -^ ---*■-■"'-- ^ • '> ■> « "■ - ■
Münzen mit der lateinischen Aufschrift munici-
pium Graceurris (so) stimmen (Mon. ling. Iber.
nr. 65). In den Itinerarien ist die Stadt Station
der Straße von Asturica nach Tarraco zwischen
Virovesca und Caesaraugusta (Itin. Ant. 450, 5
Graccuris. Geogr. Rav. 811, 16 Graeuse), wo-
nach man sie früheT nach Grävalos bei Agreda,
später nach Arcue bei Corella gesetzt hat (Guerra
aber fällt ins Gewicht, daß G. fast ausnahmslos
mit langem a gebraucht wird, während der Vo-
kal in gradi kurz ist (Gradivus nur bei Ovid.
met. VI 427 (7 mal Grad.). Val. Place. V 650.
VI 602 (8 mal Grad.). Sil. Ital. XV 15. 337
(24 mal Grad.). Dagegen hat z. B. Statius 20 mal
Gradivus, nie Grad.) Zwar sind Schwankungen
in Eigennamen nicht unerhört (Kühner Gr. I
72. Corssen Ausspr.s II 69. 517), doch ist hier
Discurso a Saavedra 94, der sich dabei irrtüni- 60 die Zahl der Ausnahmen so verschwindend klein,
lieh auf mich beruft): sie iaUt etwa in die Mitte J - n : — °- 1 - 1 *-— J: - ™- J - -~-
zwischen Cascantum (s. d.) und Calagurris Nas-
sica (s. d.), etwa nach Alfaro ; doch ist der Platz
nicht genauer ermittelt, da noch nicht einmal
feststellt, ob sie auf dem rechten oder linken Ufer
dea Hiberus lag. Ptolemaios setzt sie fälschlich
▼Ui äu nordöstlich zu den Vascones (II 6, 66
reaxwQk), [Hühner.]
daß von einer Schwankung kaum die Rede sein
kann. Noch zweifelhafter als diese verbreitetste
Ableitung sind die anderen bei Serv. und Fest,
a. a. O. überlieferten, nämlich von gravis, xga-
&uW (ab hastae coneussione) und von gramen.
Letztere knüpft an die Sage von der wunder-
baren Geburt des Mars an, nach der Inno durch
den Geruch einer Blume schwanger geworden
1689
Uradivus
sei und dann den Mars geboren habe (OvwL fast.
V 251ff. Uaener Rh. Mus. XXX 216), woher
denn auch die Sitte der Bekränzung mit der Co-
rona graminea stamme. Eine von den ange-
führten Ableitungen verschiedene Deutung des
Namens G. gibt von den Neueren allein Bröal
Les tables Eugub. 64ff. Er leitet G. von der-
selben Wurzel ab wie den auf den Iguvinischen
Tafeln als Beinamen des Iuppiter, Mars und Vo-
fionus auftretenden Grabovius. Die gemeinsame
Wurzel lautete nach Breals Vermutung ursprüng-
lich gradh oder grandh (vgl. grandis, grandire),
aus ihr entwickelten sich die beiden Namen. Gra-
bovius wie G. enthalte demnach eine Bezie-
hung auf das Wachstum der Pflanzen und Tiere.
Dieser Erklärungsversuch stützt sich, wie man
sieht, auf die von verschiedenen Forschern (z. B.
Koscher, Preller, Mannhardt) verfochtene
Lehre, daß Mars ursprünglich eine Frühlings-
oder Vegetationsgottheit sei. Auch diese Ab-
leitung ist höchst zweifelhaft. Denn einerseits
wird der umbrische Grabovius von anderen For-
schern sprachlich in durchaus abweichendem Sinne
gedeutet (vgl. Grassmann, Lassen, Pott,
Kirchhoff hei Bröal a. a. O.), andererseits
ist die Annahme, Mars sei eigentlich eine Natur-
gottheit, nichts weniger als sichergestellt (s. Wis-
sowa Rel. d. Rom. 130f.). Jedenfalls wird für
Mars G. ausdrücklich berichtet, daß diese Be-
zeichnung das kriegerische Wesen des Gottes be-
zeichnete, s. Serv. Aen. I 272: Mars enim cum
saevit Gradivus dicitur , cum tranquillus est
Quirinus . . . aliud (sc. templum) in Appia via . .
quasi bellatoris, id est Gradivi. Man wird sich
also trotz aller Erklärungsversuche damit begnü-
gen müssen, in G. einen dem kriegerischen Wesen
des Gottes angemessenen Beinamen des Mars zu
sehen. In der Sprache der Dichter wurde G. all-
mählich völlig gleichbedeutend mit Mars, so daß
dieser Name auch für den griechischen Ares ge-
braucht wird, so z.B. häufig von Valerius Flaccus.
Daher ist es nicht angängig, wie dies Röscher
(Lex. II 2385) tut, aus Sil. Ital. IV 222: Gra-
divicolam celso de turre Titdertem auf eine be-
sondere Kultstätte des G. in Tuder zu schließen
(vgl. ebd. Vm 462, wo einfach Mars als Gott-
heit von Tuder genannt wird). Ebensowenig spricht
das Vorkommen des Namens G. auf der poeti-
schen Inschrift von Lambaesis CIL VLII 2581
für einen dortigen Kult des G. Inschriftlich be-
gegnet G. verhältnismäßig selten, so CIL XIV
2580 (2581) auf einem Altar von Tusculum, wo
es nach Serv. Aen. VIII 285 auch die Einrichtnng
der Salier gab, und III 6279, in Turnu Severinu,
Rumänien. Ob die durch zahlreiche Inschriften (s.
Wissowa Rel. d. Rom. 481) bezeugten Salier-
kollegien anderer Orte in Italien und den Provinzen
ebenfalls dem Dienst des G. geweiht waren, ist nicht
nachzuweisen, wenn auch wahrscheinlich, über die
den Hercules verehrenden Salier von Tibur s.
Wissowa a. a. O. In Rom wurde, wie aus Serv.
Aen. I 272 hervorgeht, G. in einem außerhalb der
Stadt an der Via Appia gelegenen Tempel verehrt.
Es ist dies wahrscheinlich das am 1. Juni 366
d. St. von T. Quinctius geweihte Heiligtum vor der
Porta Capena, von dem südlich gerichtete Kriegs-
züge und die transveetio equitum ausgingen (s.
Richter Topogr. v. Rom 886). [Boehm.]
uraecia magna loyy
Gradus (heute Grado), Siedlung auf der gleich-
namigen Laguneninsel südlich von Aquileia, wird
erst seit der Langobardenzeit genannt, hat aber
schon, wie die Funde beweisen, im Altertum be-
standen. Da mit gradus, xXlftaxsg, die mit
Treppen versehenen Anlegeplätze bezeichnet wur-
den (Val. Max. ni 6. Constit. XXXI Zachariae
p. 192. Strab. XVEI 792). in Südfrankreich ein
Gradus Massüitanorum Itin. Ant. 507 genannt
10 ist, liegt der Schluß nahe, in G. den Hafen-
platz von Aquileia zu erblicken, das Ausonius
nob. urb. IX moenibus ae portu ecleberrima
nennt, und das nach Strabon 60 Stadien land-
einwärts lag. Da die Küste sinkt, durch die
Flüsse andererseits wieder Neuland geschaffen
wird, ist es kaum möglich, den antiken Festlands-
rand zu erkennen. Doch muß die Lagune einen
geringeren Umfang gehabt haben, wofür PauL
bist. Lang. V 17 spricht (daß nämlich im J. 663
20 eine Reiterabteilung in Grados insulam von Aqui-
leia her per stratam, quae antiquitus per mare
faeta fuerat, gelangte), und was eine Notiz in
den Mitt. d. Zentralkomm. 1902, 326 zu bestätigen
scheint, der zufolge in der Nähe der äußersten
Landzunge des Gebiets von Aquileia bei sehr
tiefem Wasserstand die Spuren der römischen
Straße sich sicher konstatieren lassen und in un-
mittelbarer Nähe dieser ergiebige Reste von Grab-
monumenten, Aschenurnen usw. gefunden werden
30 (vgl. Czoernig Das Land Görz und Gradisca,
Wien 1873, 161). Die bedeutendsten Funde aus
G.s ältester und frühmittelalterlicher Zeit sind
auf der Piazza della corte gemacht worden, wor-
über Swoboda nnd Wilberg österr. Jahresh.
IX (1906) Beibl. lff. ausführlich handeln. Mit
der Flucht des Patriarchen Paulinus von Aquileia
nach Grado 568, der vor den Langobarden dahin
die aquileiensischen Kirchenschätze schaffte (Paul,
hist. Lang. H 10), tritt der Ort in die Geschichte
40 ein. [Weiss.]
Graecanici s. Hellanioi.
GraeceiuSj erwähnt im Sommer 710 = 44
als Parteigenosse der Caesarmörder von Cic. ad
Att. XV 8, 2. ■ [Münzer.]
Graocia magna, zuweilen auch maior, fteyäh}
'Ettag. ist die Bezeichnung für die griechischen
Küstenstädte Unteritaliens (Liv. XXXI 7), bald
auf einen kleineren Kreis von Städten angewendet,
wie von Plin. III 95. Ptolem. DJ 1, 10 (Lokroi
50 bis Tarent), bald auf einen größeren, wie von
Skymn. 303ff. (Terina bis Tarent; wenn die Vor-
stellung tatsächlich eine Zeitlang verbreitet war,
daß mit Terina die Küste Großgriechenlands be-
ginne, mag die Notiz bei Steph. Byz. Tigtva . . .
ixa/Utto 3e xal usyoln 'EXXdg , u>s 'AiioÄXcovt'dijs
6 Ntxaevg h t$ xeqi noQOi^ttöv aus einer sprich-
wörtlichen Zusammenstellung: ,Terina, Großgrie-
chenland' vielleicht zu erklären sein . vgl. P a i s
Storia 526) , Serv. Aen, I 569 (Cumae-Tarent)
60 und Athen. XLT 523. Auf Sizilien erscheint der
Name von Strab. VI 253 ausgedehnt. Da er sich
in dem Timaiosfragment 77, FHG I 211 findet,
war er bereits im 4. Jhdt. gebräuchlich; jeden-
falls ist er in Unteritalien aufgekommen. Plinius
DU 42, Strabon a. O., Athenaios a. O. u. a. führen
ihn auf den Reichtum und Glanz der Griechen-
siedlangen Unteritaliens zurück, gewählt aus
Selbstgefälligkeit und in Hinblick auf das ärmere
1
Heimatland. Ist In solchen Umständen der Ur-
sprung des Namens zu suchen, so war wohl das
in religiöser, politischer und kultureller Hinsicht
so mächtige Wirken des Pythagoras und seiner
Schule die Hauptveranlassung gewesen (Iamblich.
Tit. Pyth. 29. Porphyr, vit. Pyth. 20. Cic. de
orat. II 154; Lael. 13; Tusc. IV 2. V 10. Val.
Max. Vin 7, 2 u. a.). Oh der Name freilich
schon damals aufgekommen ist, wie Polybios II
38 und Val. Maximus a. 0. zu glauben scheinen,
ist nicht zu sagen. E. Meyer Philol. 1889. 274
allerdings nimmt an, ,daß das von den Achäern
besetzte Gebiet in Unteritalien seinen Namen
,das große Hellas 1 nicht führt im Gegensatz zu
dem eigentlichen Griechenland, sondern im Gegen-
satz zu der Urheimat der Achäer, dem thessali-
schen Hellas'. Dagegen Tropea Storia del Lu-
cani 95fL und Pais, welcher der Origine dell 1
espressione ,Magna Grecia' p. 513—526 seiner
Storia della Sicilia e della Magna Grccia I (1894)
widmet. Vgl. auch Nissen Ital. Landesk. I 59ff.
und den Art, Italia. [Weiss.]
Graecla prisca, um Dodona und den Ache-
loos, s. den Art. Hellas ('Ellas n äe%ata).
[Bürchner.l
Graeciense Mare (Plin. n. h. IV 51) ist bei
den Römern der Teil des Ägäischen Meeres, der
Griechenlands (d. h. ausgenommen Makedoniens
und Thrakiens) Küsten bespült; s. den Art.
Hellenike Thalassa. [Bürchner]
P. Graecinius Laco, P. f., Pob(lilia). Den
vollen Namen gibt die Inschrift CIL V 3340,
die ihm in Verona, offenbar seiner Heimat ge-
setzt ist; bei Dio LVIII 9, 3 haben die Hss.
rqaxivou Adxcopt, an allen andern Stellen heißt
er einfach Laco.
Im J. 31 n. Chr. nahm er als Praefectus vi-
gilum (vgl. auch Dio LX 23, 3) tatkräftigen An-
teil an dem Sturze Seians. Während sich (Nae-
vius Sertorius) Macro der Prätorianer versicherte,
übernahm G. die Bewachung des Apollotempels
auf dem Palatin, wo die Senatssitzung stattfand,
und verfügte die Abführung des auf Befehl des
Consuls (P. Memmius) Regulus verhafteten Seian
ins Gefängnis, am 18. Oktober 31, Dio LVIII
9, 3. 6; 10, 6. Der Senat beschloß, ihm dafür die
ornamenta quaestoria zu verleihen, Dio LVIII
12, 7 (daß er vorsichtig ablehnte, ebd. 8), viel-
leicht auch damals schon das Bildnisrecht, das
ihm ausdrücklich unter Claudius verliehen wurde
(Dio LX 23, 3, vgl. 2); wenigstens erschließt
Dessau Prosop. Imp. Rom. II 121, 129, aus der
Inschrift CLL VI 31857, Laco prmffectusj vi-
g(üum) XIII, daß ihm damals von den einzelnen
Regionen der Stadt Statuen aufgestellt worden
seien.
Unter Claudius war G. Procurator von Gallien
(tÜv Fahazüv sagt Dio LX 23. 3; das ist also
ausnahmsweise für die tres Galliae ; so ist es zu
erklären, daß er zu dieser Prokuratur von der
sonst ranghöheren praefectura vigüum befördert
wurde; vgl. Hirschfeld Kaiserl. Verw.2 255.
377£ 490. Im J. 44 verschaffte ihm der Kaiser
sogar die ornamenta eormdaria (sie sind auch
in der erwähnten Inschrift CIL V 3340 rühmend
herwwehoben) und das Büdnisrecht (s. o.) sowie
den Site im Senat, sooft er im Gefolge des
E««w war, Bio LX 23, 2. 3; vielleicht ffir Ver-
wraecostasis
1692
dienste ; die er sich etwa hei Gelegenheit des
britannischen Feldzuges erworben hatte, aus dem
Claudius damals eben zurückkehrte. [Stein.]
ad Gr(a)ecos, Station 18 Millien nordwärts
von Chiusi an der Straße nach Florenz. Tab.
Peut. [Weiss.]
Graecostadium s. Graecostasis.
Graecostasis, erhöhter Platz an der Südseite
des republikanischen Comitium gegenüber der
10 Curia, den Rostra benachbart (Varro de 1. 1. V
155. Cic. ad Quint. fr. II 1. Plin. VH 212,
XXXIII 19; vgl Obsequ. 24). Zwischen diesen
und dem G. sah ein Beobachter von der Curie
aus zu Mittag die Sonne (Plin. VLT 212). Wie
aus Obsequ. 24 (in Graeeostasi et comitio san-
guim flwcit; vgl. auch 28. 31) hervorgeht, war
die G. ein offener Platz. Dort nahmen die fremden
(griechischen) Gesandtschaften Aufstellung, um
in den Senat geführt zu werden, wohl auch, um
20 der Volksversammlung beizuwohnen. Auf dem
Platze hat im J. 305 v. Chr. Cn. Flavius (s. Fla-
vius Nr. 15) eine Kapelle der Concordia errichtet;
aus den Fast. Pinc, CIL 12 219 erfahren wir
von einem Opfer der Lima auf der G. Die große
Bautätigkeit unter Caesar, welche das alte Co-
mitium ganz veränderte, hatte eine Verlegung
der Rostra zur Folge; was mit der G. geschah,
die ihren alten Platz nicht bewahrte, ist ungewiß.
In der Kaiserzeit erscheint nun der Name GTaeco-
30 Stadium in der Hist. aug. Pius 8 {Graecostadium
post inemdium restitutum), im Chronogr. 354
p. 148 M. (Carino et Numeriano imperatoribus
arserunt senatum, forum Caesaris, basilicam
Miam et Graecostadiwn), in der Not. urb. reg.
VIII und im Curiosum urb. reg. VIII (Jordan
Topogr. II 553. Forma urb. 51) ; wahrscheinlich
ist auch die Inschrift Greeost [. . . auf dem nicht
mehr erhaltenen Fragment in 19 des kapitoli-
nischen Stadtplans zu Greeostadium zu ergänzen.
40 Das Verhältnis der beiden [Namen zueinander
ist strittig. Die Annahme, daß das Graecosta-
dium als Nachfolger der G. in der Nähe der
neuen Rostra lag (Jordan Topogr. I 2, 243.
Richter Topogr. 2 84), hat Hülsen Rom. Mitt.
XX 11 f. aus topographischen Gründen abgelehnt.
Er sucht es auf dem Räume von S. Maria della
consolazione , südlich der Basilica Iulia. Die
Inschrift eines im Nuov. bull, di arch. christ
1902, 126 veröifentlichten Sklavenhalsbandes:
50 Tene me, fugio. reboca me in Grecostadio Eusebio
maneipe, läßt schließen, daß es am Graeco-
stadium Geschäfte oder Wohnungen gab. Die Ver-
mutung Urlichs (Rh. Mus. 1857, 219), daß die
bei Plut. de consol. anim. 19 genannte *EMqva>v
äyoga, an welcher ein Barbier sein igyaoz^giov
hatte, mit dem Graecostadium identisch sei, er-
hält dadurch eine bedeutende Stütze. Mit Det-
lefsen Ann. d. Inst 1860, 153 wegen der Be-
richte über ,Brände* des Graecostadium anzu-
60 nehmen, daß es ein Gebäude gewesen, ist nicht
notwendig, da ja im Chronogr. 354 neben dem
Graecostadium auch das Forum Caesaris als bren-
nend bezeichnet wird, mit dem Platz eben auch
die Gebäude an demselben und die Buden auf
ihm gemeint sind.
Literatur: Detlefsen De coraitio Romano
Ann. d. Inst, 1860, 152£ Gilbert Geschichte
u. Topogr. Borna DI 173. Jordan Topogr. der
lbya
uraeeus
tfrai
1694
Stadt Rom I 2, 243. Richter Topogr. der Stadt
Rom 2 98. Homo Lexique de topogr. Rom. 278f.
The'dehat Le forum Rom.» 1904, 136f. Rug-
giero Dizionario epigr. s. v. Hülsen Rom. Mitt.
Vm (1893) 87. 91. XX (1905) llf. [Weiss.]
Graecus. 1) Obermösisches Kastell im Ge-
biete von Remesiana, Procop. de aedif. 285, 2
rQmxog. Tomaschek Die alten Thraker II 2,
89. [Patsch.]
2) Sog; belgischer Töpfer der 1. Kaiserzeit
CIL XHI 10010, 975 e—h.
3) Südgallischer Töpfer ebd. a-d. [Ose.]
Graero, Stadt in Makedonien, s. Graaioi.
Graes (Fga^g) kommt als Demos der Phyle
Pandionis in der Demenliste IG II 991 , die im
ausgehenden 3. Jhdt. geschrieben ist, vor. Bei
den Lexikographen und Grammatikern wird dieser
Demos nie genannt; ebensowenig sind Grabsteine
von dort bekannt geworden. Diese Tatsachen be-
rechtigen aber keineswegs zu Zweifeln an der
Existenz eines Demos rgaffg (so Lop er Athen.
Mitt. XVII 372, der FPAHZ für eine Ver-
schreibung aus FPAEIH2 hält). Das Richtige
hat Koehler gesehen, wenn er rQatfc für ein
attisches Dorf an der Grenze von Oropos erklärt
(Athen. Mitt. IV 261). Indessen darf rga^g nicht
mit der r@ai'xr) yfj selbst identifiziert werden, die
sich über die Gebiete von Oropos und Tanagra er-
streckte. Vermutlich hat es zu Kleisthenes Zeit
noch nicht als attischer Gau bestanden, sondern
wird erst im Laufe des 4. Jhdts., als das Gebiet
von Oropos vorübergehend dem attischen Staat
einverleibt wurde , Demengerechtigkeit erhalten
haben (Milchhoefer Abh. Akad. Berl. 1892, 18).
Daraus erklärt es sich, daß es nicht in unmittel-
barer Nachbarschaft mit der Hauptmasse der Trit-
tyen der Pandionis liegt (Ross Demen 3). Die
Annahme, daß der Demos G. nicht mit der Fqoix^
X(oq« in lokale Verbindung zu bringen sei, son-
dern auch anderswo in Attika gelegen haben
könnte, wie Milchhoefer und Löper a. a. O.
behaupten, hat keine innere Wahrscheinlichkeit.
[Kolbe.]
Graij Graeci, Fqoixoi (FQafjsl), der römische
Name des Hellenen volks. Eine gesicherte Ety-
mologie des Wortes gibt es nicht; willkürlich
Hesych. Lex. und Etym. M. von qo,Iq>. Fick
Bezz. Beitr. XX III 241 leitet den Namen ab von
rgata= Arj/u^rtjQ; ebenso Gruppe Griech. Mythol.
71. Pape Griech. Eigenn. z. d. W. vergleicht
noch yoaßd, ygata bei Hesych, = Mulde; davon
geht wohl aus Enmann Journ. d. Min. d. Volks-
auf kl. 1899 (dem Verfasser nicht zugänglich);
vgl. Wochenschr. f. klass. Philol. 1899, 1069:
rQatxBe == Flächenbewohner. Sehr wahrschein-
lich ist die Bildung praeetts, ygal'xog sekundär
und lateinischen Ursprungs; Hesiod frg. 29 Gött-
ling setzt, wenn überhaupt echt (s. darüber Gruppe
a. a. O. 715, 6) die Graeei in Italien wegen
Nennung des Aauvo; schon voraus ; ein Fgatxog
hat in der Genealogie des Deukalion keine ver-
nünftige Stelle, roatxtj Thuc. LT 23, 2 ist nur
Konjektur nach Hesych., wo aber /gaüx, nicht
diese Form des Adjektivs steht. Nichts weiter
als Versuche, die Graeci im alten Hellas unter-
zubringen bezw. zur Benennung der Griechen vor
Deukalion zu verwenden, sind die Notizen, wonach
die rgaixvt ein älterer Name für die Hellenen (Apoll.
I 7, 7), speziell in Thessalien oder rgatxdg ein Sohn
des Thessalos gewesen sein soll, Marm. Par. 6.
Steph. Byz. s. rgaixdg. Euseb, chron. II p. 16 R.
Schöne. Const. porph. de them. II 5. Eine Weiter-
bildung dieser Versuche ist die Notiz bei Aristot.
meteor. I 352 a <pxow ol 2sXfoi evtav&a (bei
Dodona) xat oi xaXov/uevot tqtb /nkv Fgatxol, vvr
ös "EXXtjvsg, Sonst erscheint Fgaixot als Gesamt-
nanie der Hellenen in der späteren gelehrten
10 Literatur. Dieser Sachverhalt ist schon von
Unger Philol. II 691 ff. nachgewiesen, gegen-
über den Vermutungen von Nissen Ital. Landes-
kunde 1 120. Heibig Herrn. XI 273ff. Mommsen
Rom. Gesch. IG, durch Niese Herrn. XII 409ff.
festgestellt und vonBusolt Gr. Gesch. 12 198.
Ed. Meyer Gesch. des Altert. II 66 anerkannt,
von Rosinna Festschr. f. Weinhold 27ff. nicht
widerlegt worden, ü. Köhler De antiqu. nom.
Graeci sede (in Sat. phil. H. Sauppio obl.) 79ff.
20 hat die Übertragung der Flutsage , des Hellenen-
und Gräkernamens nach Epiros als molossische
Erfindung erwiesen.
Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich ist
ein Zusammenhang zwischen den Namen Grai,
FQouxoi und den Namen Fgata (s. d.) in Boiotien
und Euboia, Fqoixeq, den äolischen Gründern von
Parion Steph. Byz, s. rgatxög, dem Namen des
Besiedlers von Lesbos Fgäg, Strab. XIII 582 und
dem Namen des lokal nicht sicher zu bestim-
30menden attischen Demos Fga^g CIA II 991
(Milchhöfer Abh. Akad. Berl. 1892, 18. v. Wi-
lamowitz Kydathen 130, 50; Aristoteles und
Athen II 152. Brugman Idg. Forsch. XXII
(1907), 183f. der jedoch in bezug auf die Form
Fqcuxos von einer falschen Voraussetzung aus-
setzung ausgeht). Die Frage, wie die Italiker
dazu gekommen sein sollen, nach diesem ver-
mutlichen Volke der Graer die Hellenen zu be-
nennen, ist bis jetzt nicht mit Sicherheit oder
40 auch nur genügender Wahrscheinlichkeit beant-
wortet. Nach der früheren Ansicht Busolts (Gr.
Gesch. II 43ff.), welche Ed. Meyer a. a. O. H
471ff. E. Pais Storia dltalia I 1, 276f. 336.
617f. Bury Journ. hell. Stud. XV 236f. auf-
nehmen, hätten die bei der Gründung von Kyme
in Italien beteiligten Graer von Graia den Anlaß
zur Anwendung des Namens gegeben. Dagegen
haben sich ausgesprochen v. Wilamowitz Herrn.
XXI 114. BelochGr. Gesch. 1174, 3. Busolt
50 hat Gr. Gesch. 12 199 diese Ansicht selbst auf-
gegeben und schließt sich, wie auchKretschmer
Einleit. in die Gesch. d. griech. Sprache 279f.
v. Wilamowitz an (Herrn, a. a. O.; Kydathen
152; Herakles 2 I 10 — doch mit Betonung des
hypothetischen Charakters der Aufstellung), wo-
nach die Umwohner von Tanagra einem äolischen
Stamm zugehörten, der ursprünglich bis zum West-
meer wohnend, in der ,Völkerwanderung' auszog
und unterging. Von diesen G. im Westen hätten
60 die Italiker den Namen übernommen. Da indessen
Graes weder im Westen von Griechenland noch
im Osten von Italien nachzuweisen sind, verdient
diese Annahme nicht den Vorzug vor der früher von
Busolt gegebenen, auch wenn man die Ablei-
tung des Namens von FgaVa = A^^ttjq ablehnt.
Bloß etymologischen Zusammenhang zwischen den
Graes bei Oropus und den Grai in Italien nimmt
an JEnmann a. a. O. Sollte nicht, wie offen-
\XiaUMWKVU
bar Edliler a. a. 0. 84 annimmt, Gral— von dieser
Form ist auszugehen — eine rein italische Be-
nennung des fremden Volkes sein ? (J. Miller.]
Grala (Fgata, Tfeafe). I. Geographischer Name.
1. Hom. II. II 498 genannt neben Thespeia und
Mykalessos, später offenbar verschollen (Nonn.
Xin 77. Stat. Theb. VII 332 lehnen sich an
Homer an). Denn Thuc. II 23, 2 Fgcüxtf ist
Konjektur; Xen. hell. V 4, 50 ygadg orijtfo? be-
zeichnet jedenfalls nicht die Stadt und braucht
mit Gr. gar nicht zusammenzuhängen ; Polyaen. H
1, 12 schöpft aus Xenophon, und es sind daher
aus der dort überlieferten Lesart 'Pias keine wei-
teren Schlüsse zu ziehen, umso weniger, als sich
Polyaen auch hier als flüchtiger Exzerptor zeigt,
Melber Jahrb. f. Piniol. Suppl. XIV (1885) 539.
Man identifizierte das Homerische G. mit Ta-
nagra, Strab. IX 404. Paus. IX 20, 1 (hier ein
Versuch, den Namen zu erklären), Callim. bei
Steph. Byz. s. Tfoayga. Eustath. und Schol.
Ven. zu Hom. II. II 498. Aristoteles identifi-
zierte dagegen G. mit Oropos, Steph. Byz. a. a.
0. Eustath. a. a. 0. Möglich ist ein Zusammen-
hang des Namens mit dem attischen Demos Fßa^g
und mit dem Beinamen der Demeter (s. II.) : vgl.
Grai o. S. 1694.
2. Stadt im Gebiet von Eretria, der Einwohner
hieß FqaXog. Steph, Byz. s. v.
3. (?) Land, Hesych. s. v.
II. Beiname der Demeter, Hesych. s. v, ; vgl.
Gruppe Gr. Mythol. 71. 94, 2. 751, 2. 1186, 1.
[J. Miller.]
Graiadai (oi rgalädat), Angehörige einer Pa-
tra von Kamiros auf Rhodos, IG XU 1, 625.
[Bürchner.]
Graiai s. Phorkides.
rgaiag aükij , Ort in der Phthiotis, der auf
einer delphischen Inschrift Bull. hell. XXV 340
genannt wird. Da rgata nach Hesych. s. v. ein
Beiname der Demeter ist, bezeichnet der Name
vielleicht eine der Demeter geweihte Stätte.
[Stählin.]
rgatag y6w (Oraeae genu), Landspitze und
Hafen an der Küste des Mareotes nomos, Ptolem.
IV 5, 6 Nobbe. Stadiasm. mar. magni 18 (Geogr.
gr. min. I 433). [Pieper.]
JPgarxjJ, Der Name FQai'xi} yrj kommt eigent-
lich dem Gebiet von Oropos zu, s. Thuc. II 23:
Tiagiovxeg ök 'Qqcosiov zyv yfjv xqv Fqa'Cx^v xaXov-
fihrjv, tfv viftovtai ^Qtbmoi 'A&jraiwr vnyxoot
edfltooav. Aber nach Paus. IX 20, 2, Steph.
Byz. s. v. wurde er auch auf Tanagra angewandt.
Näheres s. Art. Oropos. [Kolbe.]
Graikes (oi roaTxsg), die aiolischen Bewohner
von Parion (Steph. Byz.); s. den Art. Parion.
[Bürchner.]
Graikoi (oi r Q aixoi Steph. Byz. Arcad. 50, 6 ;
nach Etym. M. = 'Paixoi nach barbarischer Aus-
sprache ; vgl. Eustath. 890, 14. Phot. 480, 15),
talbewohnende Leute von Epeiros in der Gegend
um Dodona (s. Aristo t. meteor. I 14), dann über-
haupt Name für die Hellenen, Mann. Par. Apol-
lod. I 7, 3. Steph, Byz. Suid., und durchgehend
bei Alexandrinern, Callim. bei Strab. I 46. V 216.
Lycophr. 605. Alex. Aet. frg. 2, und bei den
Böroern Graset. Fgaixog Spottname des M. Tul-
lios Ocero (Plut Cic. 5). [Bürchner.]
8rafk«s (rQaixoi). Der rein fiktive Stamm-
1697
Gramineen
Gramineen
heros der Graikoi (s. d. und Graes), nach Hesiods
Katalogen (?) frg. 24 Ez. Sohn des Zeus und der
Pandora, der Tochter des Deukalion (die Graikoi
saßen nach Arist. met. I 14 da, wo die deuka-
Iionische Flut gewesen war). Aus Lyd. de mens.
I 13 p. 7, 22 W. scheint zu folgen, daß man ihn
irgendwie mit Latinos' Bruder Agrios gleich-
setzte; doch hat Lydos nachlässig exeerptert,
v. Wilamowitz Herrn. XXXIV 609. Anders
10 Steph. Byz. roaixog 6"£U V v ...6 OsaadXov vMg.
Gruppe Griech. Mythol. 715, 6. [Kroll.]
Graioceli, Alpenvolk, nur von Caes. b. G. I
10 erwähnt mit den Ceutrones und Caturiges
(vgl. Alpes Graiae und Ocelum). Zeuss Die
Deutschen 208. Desjardins Ge*ogr. de la Gaule
I 84f. Holder Altkeit. Sprachsch. s. Grai (liest
Grai Oeeli), [Ihm.]
Grainm, Station der Classis secunda Flavia
(Not. dign. occ. XXXII 51) an der Save in Pan-
20nonia inferior, nach Böcking II 680 das heutige
Bosnisch-Raca an der Einmündung der Drina in
die Save. Marquardt-Domaszewski Rom.
Staatsverwaltung 112 5Q6f. Fiebiger s. Art.
Classis o. Bd. II S. 2647. Holder Altkeit
Sprachsch. s. v. [Patsch.]
Grallades (Ohg 6 FgaMatys nach der A-
Deklination, unbekanntes Wort), Beiname einer
Einöde auf der Insel Chios, Bürchner Berl.
Phüol. Wochenschr. XX (1900) 1629 ; vgl. 'Afavä
30 XX (1908) 164 Ä 24. [Bürchner.]
Grallia oder Grallium, Stadt im nordöst-
lichen Hispanien, unweit Caesaraugusta, nur be-
kannt aus einer Inschrift von Tarraco, die einem
Flamen der diesseitigen Provinz von ihr gesetzt
ist: M, Sempronio M. fil(zo) Quirßna) Gapi-
toni, Gralliemi adlecto in ordine Caesaraugfu-
stano), omnibfusj honoribfusj in utraqfuej r(e)
pfublica) s(ua) ffunetq), flam(ini) p(rovineiae)
H(ispaniae) e(iteriorisJ (CIL II 4244); woraus
40 sich alles über diese Stadt Bekannte ergibt.
[Hübner.]
Gramam, Geogr. Rav. 71, 22, Ortschaft in
Iran oder noch östlicher zu suchen. [Kiessling.]
Gram at um (?). Das Itin. Ant. verzeichnet
349 die Station Gramato zwischen Epamantu-
duro und Larga. Die Überlieferung scheint nicht
in Ordnung; vgl. Holder Altkeit. Sprachsch.
s. Epomanduodorum. [Ihm.]
Gramineen. Gräser, echte Gräser, Süßgräser.
50 Monokotyle (einsamenlappige), der Ordnung der
Glumaceae (Speltblüter) angehörende, einjährige
oder perennierende, krautige Pflanzen mitBüschei-
wurzeln. Die meist zwitterigen, selten einge-
schlechtigen Blüten sind in Ährehen (spieulae)
vereinigt. Diese letzteren bestehen aus zwei-
zeilig geordneten Deckblättchen, hier Spelzen
(glumae) genannt, zwischen denen die eigentlichen
Blüten stehen. Die Ährchen sind ein- oder mehr-
blütig, in Ähren oder Rispen, seltener auf einem
60 Kolben. Die Grasfrucht ist ein Korn oder eine
sog. Schalfrucht (eargopsis), entweder mit den
Spelzen nicht bekleidet und aus denselben heraus-
fallend (nackt), oder damit bekleidet (beschalt,
spelzrindig). Der Halm (culmus) ist hohl, selten
mit Mark gefüllt, stielrund oder zweischneidig und
knotig, mit zweizeiligen, wechselständigen, schma-
len Blättern. Die Gräser sind eine der größten
und wichtigsten Pflanzenfamilien, in 3800 Arten
1608
über die ganze Erde als Land- und Wasserpflanzen
verbreitet (Leunis Synopsis 8 II 810f.). In der
größten Menge finden sie sich in der nördlichen
gemäßigten Zone, wo" sie als Weiden, Wiesen und
Getreidefelder den vorherrschenden Teil der Vege-
tation ausmachen. Nach Süden hin nimmt die
Zahl der Arten zu, die Menge der Individuen
aber ab. Gegen die Pole verschwinden die G.
allmählich, ebenso wie in den höheren Gebirgs-
bewahrung za Kügelchen formte, die ebenfalls
gegen dieses Leiden, sowie zum Verteilen von
Verhärtungen und Geschwüren verwandt wurden
(Diosc. IV 137. Plin. n. h. XXV 146). In Griechen-
land ist Aegilops heute die nächst Bromos am
häufigsten vorkommende einjährige Grasart der
Xirobunen. Sie tritt auf trockenen Hügeln , in
dürren Ebenen, sowie in feuchten Niederungen
massenhaft auf. Aegilops keimt im Herbst und
lagen, wo Moose und Flechten an ihre Stelle treten. 10 Winter und verdorrt bereits im Mai. Die Botanik
Neben den als Getreide angebauten G. finden
sich zahlreiche wiesenbildende oder als Unkraut
auftretende G., sowie die Rohrschilf arten. Bei
der nachfolgenden Aufzählung der dem Altertume
bekannten G. erwachsen mancherlei Schwierig-
keiten. Zunächst hat Linne" wiederholt einer Pflanze
einen griechischen Namen beigelegt, unter dem
die Alten eine andere Pflanze verstanden, weiter-
hin sind die Botaniker nicht selten verschiedener
unterscheidet Aegilops ovata, cylindrica, comosa
und triuncialis. In Norditalien kommt Aegilops
nur selten vor (Fraas Syn. 304, Berendes zu
Diosc. 440).
2. ATga (dvctQog Diosc. LI 100; fäaviov Geop.
II 43; Matth. XIII 25), aera, lolium, Taumel-
lolch, Lolium temulentum L. Ein besonders unter
dem Sommergetreide häufig vorkommendes Un-
kraut (Verg. Ecl. V 37. Plin. XVIII 153), welches
Meinung, welche von den heutigen Pflanzen unter 20 dadurch sehr lästig wird, daß der Same mehrere
/u„„™,i Ä „ au«, ,»„«,„„+* a A ft „;„i^ a»„*k^ Ja jj re h^ä^h m <j er Erde liegen kann, ohne
seine Keimkraft zu verlieren. Daher erscheint
Lolium in nassen Jahren plötzlich in großer
Menge, wodurch vielleicht die Annahme entstand,
das Getreide habe sich in Lolium verwandelt
(Theophr. IV 1). Wie Aegilops die Gerste schädigt,
so aiga besonders den Weizen (Verg. Georg. I
154). Der Lolch hat schmale, gedrängt stehende,
der von den Alten genannten und oft nicht deutlich
genug beschriebenen Pflanze zu erkennen sei.
Infolge dessen wird es nicht immer möglich sein,
bei jeder einzelnen Grasart mit Sicherheit anzu-
geben, ob sie den Ähren- oder den Eispen gräsern
zuzurechnen sei.
I. Ährengräser. Die Ährchen sind völlig
stiellos, sie sitzen eingesenkt in die Ausschnitte
des Halmes (Spindel) und bilden so eine einzelne,
. .. , glatte Blätter (TheophT. VIII 7, 1). Die giftige
gipfelständige Ähre (Endähre). Hierzu gehören 30 Eigenschaft seines Samens, die den Genuß des
die wichtigsten Getreidepflanzen: Gerste, Weizen, damit verunreinigten Brotes schädlich macht, war
Dinkel , Roggen mit ihren zahlreichen Arten von alters her bekannt (Verg. Georg. I 154 nennt
(s. Art. Getreide, sowie die Spezialartikel).
Von den hierher gehörenden Unkräutern und
Wiesengräsern sind von den alten Schriftstellern
die nachbenannten erwähnt.
1. AiyiX(a\p (auch aiytlä&r}, otTÖöJzeZXog, clxqo-
O7ie)log, olrpwv, ßgofiog) (Diosc. IV 137 Well-
mann), festuca, aegilops (Plin. n. h. XVIII
ihn den .unglücklichen')'. Besonders schrieb man
ihm schädigende Einwirkungen auf die Sehkraft
zu (Geop. II 43: T6 C^viov, to Xeyofievov atqa,
(pd-eigst xov atxovj ägzotg tU fityvv^tsvij oxoxol zovg
io&iovmg. Ovid. fast. I 691: et careant loliis
oculos vitiantibus aegri). Daß Lolium immerhin
gegessen wurde, ist ersichtlich aus Plaut. Mil.
155), neugriechisch jiaxqoyivvi, äj-^ow'raCo Walch, 40 321: mirumst lolio victitare te tarn vilitritico,
Aegilops L., ein in ganz Südeuropa häufig vor-
kommendes Unkraut, von welchem zwei Arten:
Aegilops ovata, Gerstenwalch , und Aegilops tri-
ticoides, der weizenartige Walch, unterschieden
werden. Letzterer, ein Bastard zwischen Gerste
und Weizen, ist diesem letztgedachten so ähnlich,
daß die Annahme entstehen konnte, Aegilops
könnte durch Züchtung in Weizen verwandelt
werden (Leunis Syn.). Nach Theophrast (h. pl.
und Hör. sat. II 6, 89: cum pater ipse domus
palea porrectus in horna esset ador loliumque,
dapis meliora relinquens.
Verwendung des Lolium in der Heilkunde:
Mit Rettich und Salz aufgelegt erweicht Lolium
krebsartige, eiternde Geschwüre, mit natürlichem,
d. i. vom Feuer nicht berührtem Schwefel (fctov
aztveov) und Essig heilt er Flechten und Aussatz,
mit Taubenmist und Leinsamen, in Wein gekocht,
VTII 3), Plinius (n. h. XVIII 155. XXI 103), 50 öffnet er die Mandeln und befördert das Aufgehen
Geoponica (II 43) ist Aegilops ein sehr lästiges,
verderbenbringendes Unkraut unter der Gerste.
Es liebt guten, bebauten Boden und keimt im
zweiten Jahre. Wer das Unkraut ausrotten will,
muß den Acker zwei Jahre hindurch brach liegen
lassen und die Schafe zum Abweiden anf das
Stoppelfeld treiben. Die kleine Pflanze hat dem
Weizen ähnliche, aber weichere Blätter, am Ende
des Halmes ist die Frucht in eine, zwei oder drei
schwerreifender Geschwüre. Mit Honigmet, als
Getränk und Umschlag verwendet, lindert er
Ischiasschmerzen (Diosc. II 100. Plin. XXLT 160).
Lolchmehl, in Essig gekocht, ist ein Mittel gegen
die Räude der Hunde (Plin. XXII 160). Die
giftige Eigenschaft des Lolchsamens, welche Be-
täubung, Schwindel, Erbrechen, selbst Krämpfe
hervorrufen soll, wird neuerdings vielfach be-
stritten. Jedenfalss kann das Gras vom Vieh
Hüllen eingeschlossen, aus denen Grannen wie Haare 60 ohne Nachteil genossen werden (Leunis Syn. 3
herauswachsen. In der Heilkunde wurde der mit II 858).
Mehl vermischte Samen des Aegilops als Kom-
presse bei Tränennstein aufgelegt. Dieses Ge-
schwür im Augenwinkel wurde gleichfalls mit
täyiXonp (auch cuytXtwiwv) bezeichnet; vgL Gersten-
korn. Der aus dem Stengel und den Blättern
gepreßte Saft wurde mit Mehl zu einem Brei
vermischt, den man nach dreimonatlicher Auf-
Pauly-Wlsaova-Kroll VTI
3. 0otvt^ (auchgows-, oQzivGOip, *fOtvtx6jixeQog t
Qovowoxaxvg, 6o&dX?)) pabulum murinum, ägyp-
tisch athnou (Diosc. IV 43), lolium murinum
(lolium oder hordeum murinum, Plin. XXII 135),
neugriechisch qftsga »ga, Lolium perenne L.).
Das Blatt ähnelt dem der Gerste, ist aber kürzer,
die Ähre (es sind denn 6 — 7) ist wie die des
54
1699
Gramineen
Gramineen
1700
1701
Gramineen
Gramineen
1702
Lolch gestaltet. Um die Wurzel stehen sechs
Finger lange Zweige. Die Pflanze wächst auf
Äckern und in den frisehgestrichenen Fugen der
flachen Dächer (Berendes zu Diosc. 43). Gegen
Durchfall und Unterleibsleiden wird sie mit herbem
"Wein getrunken (Diosc. IV 43). Nach Fraas
(Syn. 305) kommt Lolium perenne in ganz
Griechenland an Wegen, auf den Feldern und
Häusern vor.
während erba pignola = Cynodon daetylon in
keiner Beziehung zu einem der lateinischen Namen
für Agrostis steht. Übrigens werden sowohl Cyno-
don Daetylon wie Triticum repens von v, Här-
tens Italien II 60 unter den Gewächsen auf-
geführt, die in Oberitalien wegen ihrer Heilkräfte
geschätzt sind.
6. Kala^ayQOioxis , eine etwas größere
Pflanze als Agrostis mit kalmusähnlicher Wurzel.
4. ZTsliqpovQog (azsl£<povQog, aQvoyXcoooov, 10 Kalam agrostis ist für das Vieh giftig, besonders
oq%v£ Theophr. VII 11), HaaTgras, Elymus L.
Eine dem Weizen ähnliche G.-Art mit breiteren
Blättern und behaarter Blüte. Die ganze Ähre
blüht auf einmal. Die Pflanze, die neugriechisch
£i]qö%oqtov heißt, ist auf Milos, bei Nauplia, auf
Euboea und am Hymettus gefunden worden
(Fraas Syn. 303). Elymos ist bei Diosc. II 120
der Name für Panicum Italicum L. (Setaria
Italica Beauv.) und wurde von Linne~ auf diese
eine in Babylonien wachsende Art (Diosc. IV 30).
Sprengel bestimmt die Pflanze als Calama-
grostis Epigeios Roth., die das Vieh nur bei
stärkstem Hunger frißt. Nach dem Genuß geht
es an Eingeweideentzündung zugrunde. Fraas
sieht in Kalamagrostis die Aleppo-Moorhirse, Sor-
gum halepense Pers., ein in Italien auf den
Äckern und Wiesen gefürchtetes Unkraut (mel-
ghetta) , dessen Wurzelstock dem Rhizom des
Gattung übertragen. Eine Abart des Haargrases, 20 Cynodon Daetylon sehr ähnlich ist. Diese in
das Sandhaargras, wird zur Befestigung des Flug-
sandes an Meeresküsten gesät, die Körner werden
in Island unter dem Namen Sandweizen zu Brot
verwendet (Leunis Syn.3 II 859).
5. "AyQooarts fj s7za(ArjX<oTog{alyix6v, dßa^irtg),
ägyptisch anupki, lateinisch gramen, asifoUum,
sanguinalis, viniola. Die Spanier nannten das
Gras aparia, die Daker kotiata, die Afrikaner
iebal, Diosc. IV 29. Geop. II 6, 23. II 5, 4 ay e <oatg;
Griechenland gewöhnlich an Sümpfen und in
feuchten, ungesunden Niederungen wachsende
Grasart ist besonders den Schafen und Rindern
schädlich wegen des in den Blattwinkeln durch
Tau stehenbleibenden und faulenden Wassers
(Fraas Syn. 301).
II. Rispengräser. Die Ährchen sind in
einer Rispe oder Rispenähre oder in mehreren
gipfelständigen Ähren zusammengestellt. Hierzu
bei Apul. herb. 77 agrostis, Quecke. Diese hat 30 gehören von Getreidepflauzen Reis, Mate. Hafer,
süße, knotige Wurzeln (ay^toaTtg /ns?u^d^g, Hom. Od,
VI 90), die mit starken Ausläufern in der Erde
verzweigt sind, so daß die Pflanze sehr schwer
auszurotten ist. Aus jedem Wurzelgelenk treibt
nämlich nach oben eine Sprosse (ßlaarog), nach
unten eine neue Wurzel (Theophr. I 6. II 2.
IV 10). Die Pflanze wuchert in sumpfigen Gegen-
den (ayedyanc stlivevrjg Theophr. XLTI 42). Ihre
scharfen, harten, breiten Blätter sind denen des
Hirse (s, Art. Getreide und die Spezialartikel).
1. KdXajuog, arundo, eana, calamus, Rohr, Schilf
umfaßt die größten G., denn einige europäische
Arten werden über 3 m hoch, das indische Rohr,
Bambusrohr, bis zu 30 m hoch. Es sind Wasser-
pflanzen, die teils im Wasser selbst, teils an den
Ufern, in Sümpfen, in Lachen oder an ausge-
trockneten Wasserläufen stehen; sie sind sehr
verschieden an Größe, Stärke und Belaubung.
kleinen Rohrs ähnlich und dienen dem Rindvieh 40 Einige Arten haben zarte, andere rauhe, scharfe
als Futter (Diosc. IV 29). Die feingestoßene
Wurzel wurde als Umschlag bei Verwundungen
verwandt; abgekocht diente sie gegen Leih-
schmerzen, Blasen- und Steinleiden (Diosc. IV 29).
Mit Schwefel, Pech und Alaun zu gleichen Teilen
vermischt wurde sie gegen Hitzblattern der
Pferde aufgelegt (Col. VI 31). Sprengel sieht
in der Agrostis die Ackerquecke, Triticum repens
L. Fraas identifiziert die Pflanze mit dem von
Blätter; einige sind strauchig, andere nur mit
wenigen, verhältnismäßig kleinen Blättern ver-
sehen; manche Arten haben hohle, andere mit
Mark gefüllte Stengel. Die Wurzel ist bei einigen
Arten schmackhaft. Die Blüte ist eine Rispe.
Männliche und weibliche Pflanzen werden unter-
schieden.
Nach Hehn (Kulturpflanzen? 304) stammt das
Rohr (Arundo donas L.), welches, unähnlich dem
Plinius (XXIV 182) als Stachelgras beschriebenen 50 in nördlicheren Ländern wachsenden gemeinen
daetylm, dem Cynodon Daetylon Pers. = Hunds-
zahngras, neugriechisch äyotdöa. Fraas be-
gründet seine Ansicht damit, daß Triticum repens
in Griechenland nur selten vorkomme, Cynodon
aber sich in allen feuchten und dürren Niederungen,
besonders in den salzsauren Küsten gegenden Grie-
chenlands überall, oft rasenbildend, finde. Der
im Neugriechischen ähnlich lautende Name dygidba,
sowie die medizinische Verwendung der Wurzeln
Sumpfrohre (Phragmites communis), im Kultur-
leben der südeuropäischen Völker von größter
Bedeutung war und noch ist, ursprünglich aus
dem wärmeren Asien und hat in seiner Verbreitung
den Bezirk der Mittelmeerländer nicht über-
schritten. Engler (bei Hehn 307) ist dagegen
geneigt, das Indigenat des Arundo donas im
Gebiete des Mittelmeers anzunehmen. Ob die
aus der Pflanze gefertigten Gebrauchsgegenstände,
in den griechischen Apotheken dürften für ihn 60 z. B. die aus Rohr geflochtenen Brotkörbe xdvtov,
sprechen. Nach Leunis (Syn. 825) werden die xdvett "
süßen Wurzeln des Cynodon Daetylon in Italien
in derselben Weise medizinisch verwertet, wie bei
uns die Wurzeln der gemeinen Quecke. Freilich
darf nicht unerwähnt bleiben, daß die italienische
Bezeichnung für Triticum repens L. gramegna
«rf einen der oben genannten lateinischen Namen
{gramen, Plur. gramina) der Agrostis hinweist,
v, ftävaotQov , die Webspule xavan>, die
xavdyv , die Meßrute xavtbv u. a. den
Griechen durch den Handel mit den Phönikern
eher bekannt wurden als die Pflanze selbst, ob
die Pflanze erst eingeführt und an dazu geeigneten
Orten Griechenlands, besonders in den feuchten
Niederungen des Sees Kopais kultiviert wurde,
oder ob neben den schilfartigen Rohren das
starke, holzartige Rohr von Anfang an wuchs,
wird dahingestellt bleiben müssen. Hehn meint,
4er Name Zyprisches Rohr* (Diosc. I 85) für
Arundo donai beweise die fremde Herkunft dieses
starken Rohres; Cypern sei ebenso wie Kreta, das
wegen seines vorzüglichen Pfeürohres von alters
her einen hohen Ruf genoß, eine Übergangsstation
von Asien nach Europa gewesen. Auch die Be-
merkung des Theophrast (IV 11), daß das Rohr
besser gedeihe, wenn die stehen gebliebenen
Stöcke nach dem Abschneiden verbrannt würden,
deutet Hehn, wenn nicht auf eine Rohrpflanzung
seitens des Menschen, so doch immerhin auf eine
gewisse Kultivierung vorhandener Rohrbestände.
Daß Rohr in Italien vorzugsweise zu landwirt-
schaftlichen Zwecken angebaut wurde, geht aus
Cato r. r. VI 3, dem Varro (r. r. I 24) und Plinius
(n. h. XVI 67) fast wörtlich folgen, hervor: Zur
Anlage einer Rohrpflanzung muß der Boden an
Bächen, Flüssen oder in einer feuchten Niederung
gut umgegraben werden, die Wurzelstöcke (oculi)
des Rohres sind in einem Abstand von drei Fuß
einzulegen. Daneben kann wilder Spargel ge-
pflanzt werden und zur Einfriedigung nach außen
hin Weiden, die zum Anbinden der Reben nötig
sind. Varro (I 8) und Columella (IV 7) erwähnen
die Weinbergstäbe und Joche aus Rohr als etwas
Selbstverständliches. Columella (IV 32) beschreibt
dann noch ausführlich Anlage und Wartung der
Rohrpflanzung, wobei er sich im allgemeinen an
Cato anschließt, aber außer der Vermehrung durch
Wurzelstöcke auch noch die durch Setzholz und
durch Einlegen ganzer Pflanzen erwähnt {seritur
bulbus radiois, seritur et talea ealami, nee minus
toto prosternztur eorpore). Die Wurzelvermehrung
liefert in kaum Jahresfrist brauchbare Rohrstäbe,
bei der anderen Art der Vermehrung benötigt das
Rohr längere Zeit zu seiner Entwicklung. Die
Eohrpflanzen müssen in den drei ersten Jahren
wie alle übrigen Gewächse gepflegt werden, aber
auch später bedarf die Anlage der Wartung, weil
sie vernachlässigt entweder verdorrt oder ausartet,
indem die Rohrpflanzen von Jahr zu Jahr dünner
werden, bis sie schließlich wie das gewöhnliche
Schilf aussehen. Im ersteren Fall kann der
Schaden durch Umgraben, im zweiten durch Aus-
schneiden von sachkundiger Hand gebessert wer-
den. Ehe sie ausschlagen, werden die Pflanzen
behackt. Nach der Wintersonnenwende muß das
Rohr, welches nun völlig ausgewachsen ist, ge-
schnitten werden, ehe es erfriert. Das Arundinetum
soll so oft wie der Weinberg umgegraben werden.
Mit Asche und anderem Dünger kann dem
erschöpften Boden aufgeholfen werden, auch
erweist sich das Abbrennen der Stümpfe als
besonders wirksam. Der Nutzen des Rohres ist
außerordentlich groß, da alle Teile der Pflanze,
die Wurzel in der Medizin, die Blätter als Vieh-
futter, der Halm (das eigentliche Rohr) und die
Rispe Verwendung finden. In den holzarmen
Ländern werden nicht allein die Dächer mit Rohr
gedeckt, die Decken und Wände der Zimmer
damit bekleidet, Umzäunungen von Gärten und
Gehöften gemacht, sondern es dient auch zur
Herstellung der unentbehrlichsten Geräte, die im
Norden ans Holz angefertigt werden, sowie schließ-
lich als Brennmaterial. Wie noch hente in den
Mittelmeeriindern fertigte man bereits im Alter-
tum aus Rohr Körbe, Matten, Hüte, Decken, die
dünnen Rohre dienten zu Leimruten und Fisch-
reusen, zum Gitterwerk der Lauben und Spaliere,
die starken zu Schreibrohren — noch heute heißt
das Tintenfaß italienisch ealamaio — zu Pfeilen
und Wurfspeeren. Das Rohr ist des Knaben
Steckenpferd (Hör. sat II 3, 248), die Angel des
Fischers, es liefert das Material zur Spindel der
Bäuerin, zur Schalmei des Hirten, es dient zur
10 Herstellung der kunstvollen Flöten. Auch die
Blütenrispe kann nützlich werden ; gestoßen dient
sie zum Dichtmachen der Fugen bei Schiffen, da
sie besser klebt als Leim. Aus demselben Grunde
ist sie ein Bindematerial im Kalk bei Tüncher-
arbeiten. Ist sie wollig, weich und dicht, so
ersetzt sie die Federfüllung in den Betten der
Gasthäuser. Unterhalb der Rispe befindet sich
bei einer italienischen Art ein Teil des Halmes,
der die Eigenschaft des Senfes besitzt (Plin. n, h.
20 XVI 156—170). Das Mark gewisser Arten ist
süß und wohlschmeckend; so wird aus einem
indischen Rohr der nur in der Medizin verwendete
weiße, honigsüße Zucker gewonnen, Plin. XII
32: Saceharon et Arabia fert, sed laudatms
India. est autem mel in harundinibus colketum,
cummium modo candidum, dentibus fragile,
amplissimum nucis abellanw magnitudine, ad
medicinae tantum usum.
In der Heilkunde wurde die feinzerriebene
30 Wurzel des gemeinen Rohrs mit Zwiebel ver-
mischt als Umschlag zum Herausziehen von
Splittern und Dornen aufgelegt, mit Essig als
Linderungsmittel bei Verrenkungen und Hüft-
schmerzen benutzt. Die zerstoßenen grünen
Blätter heilen rosenartige Entzündungen. Der
Blütenbüschel soll, falls er in die Ohren gelangt,
Taubheit hervorrufen (Diosc. I 85).
Daß Asien als die Heimat des Rohres anzu-
sehen ist, zeigt die Abhängigkeit des griechischen
4Qxävvr] (xdwa, lateinisch canna) von hebräisch
qäneh, babylonisch -assyrisch qanü. Das Vor-
kommen von Wörtern wie xdveov, xdveiov der
Brotkorb, xaveov Handhabe des Schildes, auch
Spule, beweist, daß mindestens die aus Rohr ge-
fertigten Gegenstände den Griechen bereits in
vorhomerischer Zeit bekannt waren (Schrader
Reallexikon 694). Das griechische xdwa ist später
in die lateinische Sprache übergegangen; auf-
fallen derweise bezeichnet aber das lateinische
hOeanna nicht mehr .Arundo donas, sondern das
schwache dünne Rohr Phragmites communis.
Zuerst findet sich canna bei Vitruv VTI 3, 11,
der Anweisung gibt, die Wände, welche mit
Stuck verziert werden sollen, erst vorher mit
einer doppelten Rohrschicht zu benageln, um ein
Abbröckeln und ein Zerklüften des Verputzes zu
verhindern. Daß canna hier nicht identisch mit
arundo ist, gebt daraus hervor, daß Varro im
Anfang des Kapitels wiederholt arundo Graeea
60 erwähnt und in Ge gen satz zu dem dünnern Rohr
bringt. Ovid (met. VTO 337) unterscheidet aus-
drücklich die kleine canna von der langen arundo,
und Columella (IV 32) sagt, daß in dem ver-
nachlässigten Arundinetum arundo dün n und der
canna ähnlich werde. Weiterhin (VTI 9, 7) be-
merkt er, daß das Volk die entartete arundo mit
canna bezeichne. Diese Tulg&re Bezeichnung ist
dann in der spateren Zeit die für Rohr allgemein
1708
Gramineen
Gramineen
1704
gebräuchliche geworden (PalL I IS). Vgl. Hehn
Kultarpflanzen? 806.
Theophrast (IV 11) teilt die Rohre in zwei
Hanptklassen ein: xäXapog avX*jTix6g = Flöten-
rohr und xdXafiog ezeqos = das allgemeine Rohr.
Dieses letztere wird je nach Stärke, Schwäche
oder Standort wieder in mehrere Unterabteilungen
geschieden. Das im Wasser seihst wachsende
Rohr steht an Güte im allgemeinen dem auf
trockenerem Boden stehenden nach. Plinius (XVI 10
156—170) unterscheidet die Rohre sowohl der
Qualität als der Herkunft nach; er spricht von
asiatischem, indischem, ägyptischem, griechischem,
kretischem, kyprischem und italienischem Rohr.
Das letztere wurde vorzugsweise in den Wein-
hergen zu Rebpfählen benutzt. Besonders aus-
führlich verbreitet sich Plinius über die an den
Ufern des Sees Kopais wachsenden Rohre, unter
denen er wie Theophrast das Flötenrohr von den
zu anderen Zwecken benutzten dicken und 20
schwachen Rohren unterscheidet.
a) KdXaftog xaganiae (Theophr. h. pl. IV 11),
charaem (Plin. XVI 168) = Arundo phragmites L.
Dieses , zum Zaune taugliche* starke Pfahlrohr wurde
zu Rebstöcken und Umzäunungen verwandt. Es
wächst überall an feuchten Wiesen, an und in
stehenden Gewässern und Mooren in großer Menge.
Nach Theophrast (IV 11) gedieh dieses starke
Rohr vorzüglich auf den torfartig gebildeten
Inselchen, den sog. x(bfiv§sg, des orchomenischen 30
Sees. Die Halme werden über 2 m hoch, sie
bilden in jungem Zustande wegen des im Rohre
enthaltenen Zuckergehaltes ein ausgezeichnetes
Viehfutter. Die Rispe ist groß und weichhaarig
(Leunis Syn.3 II 739).
b) Kdlapog nXoxi/uog (Theophr.TV 11), ploeimos
(Plin. XVI 168), schwächeres Rohr, Schilfrohr,
welches auf den siXoddeg des Sees von örchomenos
(entstehende und vergehende Inseln) wuchs. Diese
Art wurde vorzugsweise zum Flechten von allerlei 40
Gerät, von Matten, Körben u. dgl. verwendet.
c) KdXa/tog d6vag~ = Arundo donax L., auch kypri-
sches Rohr genannt, ein großes, starkes, strauch-
artiges Rohr, welches fest und hohl ist und nur
im Wasser wächst (Diosc. I 85. Plin, XVI 65).
Arundo donax, das noch heute in Griechenland
überall verbreitet ist, läßt sich leicht verpflanzen
(Fr aas Synops.).
d) KdXapog vaarög (massives Rohr) Diosc. I 85,
auch ro^ixog und xperixog, das Pfeilrohr. Es 50
hat wenig Knoten und ist unter allen Rohren das
fleischigste, sehr biegsam, so daß es sich, wenn
man es erwärmt, nach Gefallen leicht biegen
läßt (Theophr. IV 11). Besonders gute Arten
des Pfeilrohrs fanden sich auf Kreta und in
Italien am Flusse Rhenus. Das dichte Mark des
Rohres bewirkte, daß der aus ihm gefertigte
Pfeil auch bei starker Luftbewegung sein Gleich-
gewicht behielt. Die Orientalen versahen die
Pfeile mit Widerhaken, die ein Herausziehen des 60
Geschosses aus der Wunde unmöglich machten,
und befiederten das Ende des Pfeiles, um dessen
Geschwindigkeit zu erhöhen. Da fast alle Völker
des Orients ihre Kriege mit Pfeilen fuhren, so
kann man, meint Plinius (XVI 159), sagen, daß
«m großer Teil der Menschen auf der Erde durch
das Rohr überwunden wird.
«) KdXapog noixiXog (JUwwrwrfff), Theophr. IV
11, das bunte lakonische Rohr — Phalaris axun-
dinacea L., wächst an stehendem Wasser, hat
besonders am unteren Teile dichtere Blätter, die-
sich im Herbst gelb und rot färben (Plin. XVI 166).
f )' $>X&<og {<pXsd)g, q>Xotög, qpXolog Theophr. IV
11, Diosc. I 85) = Saccharum cylindricum Lam. r
ein auf dem Lande und im Wasser gedeihendes
Rohr mit eßbarer Wurzel. Außer den Halmen
fand auch die Rispe Verwendung. Nach Herodot
(HI 98) flochten die Inder aus diesem Schilf
Kleider nach Art der Körbe. Die Blutenrispe-
diente als Wedel beim Tünchen der Wände
(Theophr. IV 11). Fraas deutet die Stelle
dahin, daß die Rispe dem Kalke als Bindemittel
beim Verputzen zugemischt wurde.
g) KdXapog mXeziag (Theophr. IV 11), slksoiag-
(Hesych. I 1106), eletia {iletia, ekgia) Plin. XVI
167 = Arundo epigeios L., ein in Süditalien
vorkommendes Rohr, welches vornehmlich auf
trockenem Boden wächst und keine hochstehenden,,
sondern am Boden kriechende Halme treibt.
Wegen seiner Zartheit wird dieses Schilf von den
Tieren genossen (Plin. XVI 167).
h) Käkapog Ivdixr}, arundo Indica = Bambusa
amndinacea L., indisches Rohr, Bambusrohr, das
größte aller Rohre, welches eine Höhe von 30 m
erreichen kann (Leunis Synops.). Auch bei diesem
Rohre werden männliche und weibliche Pflanzen
unterschieden. Es wächst in großen Mengen am
Akesines. Aus einem Wurzelstocke entspringen
zahlreiche, starke, holzige Halme. Werden sie
abgeschnitten oder abgebrannt, so schlägt die
Wurzel doppelt kräftig aus. Die dicken Wurzeln
sind nur mit größter Mühe auszurotten. Die
Blätter sind verhältnismäßig klein und schmal
wie Weidenblätter. Kleinere Rohre wurden, mit
Eisen beschlagen, als Wurfspieße benutzt (Theophr.
IV 13. Plin. XVI 162).
i) Kdlafiog avgiyytag = Arundo fistularis L.
Die Angaben des Dioscorides und des Plinius
über dieses Rohr weichen erheblich voneinander
ab. Diosc. I 85: avQQiyylag aaxvoaQxog, tcvkvo-
yovazog, dg ßtßltoyQayiav ijttTtjSEiog , dagegen
Plin. XVI 164: calamus vero alius totus eon-
eavus, quem vocant syringian, utilissimus fistu-
lis, quoniam nihil est ei eartilaginis ( = Knorpel,,
bei Pflanzen ,Mark') atque carnis. Selbst wenn
man jtayyoagxog durch starkholzig und nicht mit
Berendes (S. 104) durch ,markig ( übersetzen
würde, wäre doch der Widerspruch zwischen
beiden Stellen nicht gehoben, indem Dioscorides
ein Rohr mit vielen Knoten, Plinius ein solches
mit wenigen beschreibt.
k) KdXafto; avXrjTixög (Theophr. IV 11),
tihialis calamus, aukticon (Plin. XVI 169)
= Flötenrohr, Saccharum Ravennae L. (Erianthus
Rieh.). Die ausführliche Schilderung des Stand-
ortes des Flötenrohres bei Theophrast (IV 11)
läßt darauf schließen, daß es sich um eine ganz
bestimmte, von den übrigen Rohren sich aus-
zeichnende Art handelt, wenn auch gewiß Pfeifen
und Flöten aus allerlei hohlen Rohren (wie Arundo-
donax) geschnitten wurden. Unterscheiden doch die
Schriftsteller zwischen der Pfeife oder Flöte des
Hirten {avgty^ , fistida) und der Flöte als Musik-
instrument. Das Flötenrohr verlangt tiefen ^
fruchtbaren, schlammigen Boden, die Beschaffen-
heit des den Sumpf nährenden Wassers ist von
m i miiiiiipou
■eingreifender Bedeutung für die Güte des Rohres.
Es findet sich hauptsächlich am orchomenischen
See, und zwar am nördlichen Ufer in der zwischen
■dem Kephissos und dem Melas liegenden, von
zahlreichen Lachen durchsetzten Gegend ITsXs-
xavla, ferner am Flüßchen JlQoßoria, das aus
Asßaöta kommt, und in besonderer Vortrefflich-
keit bei 'Ot-eTa Kafinr}, an der Mündung des
Kephissos. An der Mündung des Melas gedeihe
Melankranis für sich allein steht, wächst der
scharfe, unfruchtbare axotvog und der 6X6o%otv9g
aus demselben Stocke (Plinius: Rasen). Die
männliche Art, welche die schwächsten Halme
hat, pflanzt sich durch Ableger fort, fieXayxQavlg
mit dickeren Halmen vermehrt sich durch Samen.
Am kräftigsten und durch fleischige Beschaffenheit
ausgezeichnet ist der Skoaxotvog, jedoch sind die
fruchtbaren Halme niedriger als die unfrucht-
dagegen das Rohr nicht. Daß das Rohr nicht 10 baren. . Bei den fruchttragenden schwillt vor der
Q niaT,viiVh „wi.Tr.iißi,* „„* m,^»,* ortT ,^™ „„» Bi üte <j er songt ^ünne Halm keulenförmig an,
aus dem Hauptstiele treten ährenförmige Neben-
stiele, an deren Spitzen etwas schief die rund-
lichen Früchte hängen. In jeder Frucht liegt
ein kleiner, schwarzer, pfeilspitzenförmiger Same.
Die Wurzel ist nicht unähnlich der Gartenzwiebel.
.alljährlich gleichmäßig gut gedeiht, sondern nur
alle neun Jahre einen besonderen Grad von Güte
■erreicht, soll von den periodischen Anschwellungen
■des Sees abhängen. Das Wachstum und die
Stärke des Rohrs steht in Beziehung zur Höhe
des Wasserstandes. Günstig ist, wenn der aus-
getretene See etwa zwei Jahre stehen bleibt
(Theophr. IV 11). Auch beim Flötenrohre wurde
zwischen stärkerem und dünnerem Rohre unter-
Sie hat die Eigentümlichkeit, daß sie jedes Jahr
abstirbt und sich aus dem oberen Teile neu
ersetzt (Theophr. IV 12. Plin. XXI 112f.). Man
rfcflH-TAM^-fi CTTrtVk .J/-L?* *■ r*-.-.-» A ■»-ß.-iui*^
schieden. Die beste und stärkste Art, welche 20 bediente sich des axotvog zur Anfertigung von
zu Doppelilöten genommen wurde, hieß frvyhyg, -n— *-* *-- -m.., , - •■ ...-. -n- *
das schwächere, das sog. Seidenrohr ßofißvxia,
mit langen Gliedern, wurde zu den Bombyciae
iß6fißv£ Poll. oiiom. IV 70. 82J, den längen Flöten,
die bei der Darbringung von Opfern Verwendung
fanden, gebraucht. Wenn die Rispe des Flöten-
rohres verkümmerte, so hieß es xdXa^og svvov-
Xiag\ da alle Kraft in den Halm gegangen war,
hielt man dieses Rohr vorzugsweise für Doppel-
allerlei feinem Flechtwerk, wie Körben, Netzen,
Fischreusen {ad nassas marinas Plin. XXI 114)
und Schleudern (Strab. III 5, 1).
Äußerlich nicht von den anderen Arten unter-
schieden, aber erkennbar durch einen rosenartigen
Wohlgeruch war jene Art des axotvog, welche in
besonderer Güte in Nord-Palästina und im Lande
der Nabatäer, einem Teile Arabiens, wuchs.
Zwischen dem Libanon und einem kleineren Ge-
flöten geeignet. In alter Zeit, als man noch30birge, den trachonischen Hügeln und den Bergen
kunstloser blies, wurde das Rohr im Monat Boe-
dromion, beim Aufgang des Arkturus, als genügend
stark geschnitten. Das Rohr mußte mehrere Jahre
lang liegen, ehe es verarbeitet werden konnte,
und die neuen Flöten wurden erst durch längere
Übung brauchbar (Theophr. IV 11. Plin. XVI
170). Seit der Zeit des Thebaners Antigenidas,
eines Zeitgenossen des Epameinondas, wurde das
Flötenrohr in den Monaten Skirrophorion und
von Ituräa und Peräa, wuchs der wohlriechende
axotvog in einem beim See Tiberias gelegenen
trockenen Sumpfe. Der Duft war so stark, daß
die ganze Gegend davon erfüllt war (Theophr.
VII 1). Das Land der Nabatäer, eines Volks-
stammes, der im Besitze des gesamten Zwischen-
handels mit asiatischen Waren war, lag südöst-
lich von Palästina (Sprengel zu Theophr.).
Diese Art wird von Dioscorides (I 17) und Plinius
Hekatombaion kurz vor oder während der Sommer- 40 (XXI 120) als die beste bezeichnet, es folgt die
Sonnenwende crpsMiTn'+.*Mi und im Hrit+p« TfiTir fii,. aus (j em (ihrigen Arabien stammende, die auch
Sonnenwende geschnitten und im dritten Jahr für
brauchbar erachtet (Theophr. IV 11. Plin. XVII
170). Nach Plinius (XVI 170) herrschte früher
■die Ansicht, daß nur Flöten, die aus demselben
Rohre geschnitten waren, zusammenstimmten,
sowie daß dasjenige Stück, welches der Wurzel
zunächst entnommen war, für die linke Flöte (tibia
laeva), das unterhalb der Spitze geschnittene für
die rechte Flöte {tibia dextra) das geeignetste
babylonische, wohl von dem Hauptstapelplatze
Babylon, hieß, zuletzt die afrikanische. Dabei
wird von Dioscorides die babylonische, von Plinius
die nabatäische als xevx^V^ (teuöhitis) bezeichnet
— der Name tsvxlrrji von tsvxog — Gefäß erklärt
sich nach Berendes 43 daher, daß die gute Ware
in Gefäße verpackt zum Versand kam. Von der
Pflanze wurde Blüte, Halm und Wurzel gebraucht.
sei. Saccharum Ravennae L. ist noch heute häufig 50 Die echte Art ist rötlich, vielblütig, beim Spalten
in Lehadia und Helos im Peloponnes, sowie im c -- 1 - : J — - n --- 1 -- jL — - ■ ■ • •' ■>
Norden Euboeas. Es läßt sich nicht gut ver-
pflanzen. Die Rohre sind kaum halb so dick wie
■die \on A. donax und A. Phragmites (Fraas
Syn. 300).
2. Ex oTvog, iuneus odoratus, Bartgras, Andro-
pogon schoenanthus L. Theophrast (IV 12)
spricht von drei Arten des axotvog. Er unter-
scheidet den scharfen und unfruchtbaren axotvog
purpurfarbig und weiß, sie hat, wenn sie mit der
Hand gerieben wird, einen rosenartigen Wohl-
geruch und brennt auf der Zunge, wie Feuer. Der
aus der Blüte gewonnene Trank ist heilsam gegen
Blutsturz-, Magen-, Lungen-, Leber-, Blasen- und
Nierenleiden, er wird auch den Gegengiften bei-
gemischt. Die mit einem Zusatz von Pfeffer
zerriebene Wurzel wurde bei Wassersucht und
Krämpfen, sowie bei Magenbeschwerden einge-
vgvg xai äxagxog (Iuneus maritimus L.), den 60 geben, die Abkochung der Wurzel als Sitzbad
fruchtbaren, nach dem schwarzen Samen benannten
fieXayxQavig (Schoenus nigrigans L.), den 6X6-
vyotvog (Scirpus holoschoenus L.). Besonders wert-
voll erschien den Alten eine wohlriechende oyoivog-
Art, die sich vornehmlich in Palästina und Ara-
bien fand (Theophr. IX 7). Der Schilderung
des Theophrast der drei ersten Arten schließt
sich Plinius (XXI 112) fast wörtlich an. Während
bei Unterleibsleiden der Frauen verordnet (Diosc.
I 17. Plin. XXI 120). In Italien wurde schon
zu Catos Zeit der stark aromatische Schoenus als
würzender Zusatz zum Weine verwandt (Cato
105. 113), ein Gehrauch, der sich jedenfalls noch
bei Colamella (Xu 28), wahrscheinlich aber auch
noch später erhalten bat. Andropogon schoenan-
thus L. (Bartgras) ist eine in Ostindien und.
Arabien einheimische Grasart; die Pflanze hat
kurze, gegliederte Wurzelstöcke, lange, schmale
Blätter, zahlreiche, etwa 69 — 70 cm hohe
ästige Halme, welche eine verlängerte, behaarte
Blütenrispe mit eiförmig länglichen Ährehen tragen.
Es dient seines stark aromatischen Geruches wegen
zum Würzen der Speisen und ist in weiten Länder-
strecken das Hauptfutter der Kamele, Pferde,
Binder, Esel, Schafe und Ziegen. Bei den Schrift- vl „„„ volsli „„„^„u, ^ c Jure na^anien
stellern des spätexen Mittelalters heißt das Bart- 10 besonders im Wasser bewährten (Plin. XIX 28
auf einem Haufen Hegen, dann wurde es wieder
gelöst, auseinander gestreut, an der Sonne ge-
trocknet, wiederum gebunden und unter Dach«
gebracht. Hierauf wurde das Spartgraa in
Seewasser eingeweicht, in Ermangelung desselben
auch in Süßwasser, an der Sonne getrocknet,
wiederum benetzt und alsdann gebrochen. Auf
diese Art vorbereitet war es das Material zu den
dauerhaftesten Stricken, die ihre Haltbarkeit
gras scho&nanthtis , squinanthus und Kamelheu
(Sigismund Die Aromata 34).
Zu den ährentragenden Pflanzen gehören weiter
nach Theophrast (VII 11) und Plinhis (XXI 101)
xvvoiip, eynops, &QvaXXig 7 tkryalUs und alopecuros,
AXwjiehovqos, Fuchsschwanz, ist eine Grasart mit
weicher, dichtbehaarter Ihre, die einem Fuchs-
schwänze ähnelt, nach Sprengel identisch mit
Saccharum cylindricum Lam., nach Fraas mit
29). Neuere Botaniker wie Beckmann, Lsnz
u. a. halten Stipa tenacissima L, für das echte
Spartum andozog der Alten. Varro bei Gellius
(VII 3) und Plinhis (XIX 26) bemerken aber
ausdrücklich, daß der Gebrauch des Spartum zu
Schiffstauen erst nach den Punischen Kriegen
bekannt geworden sei. Über ondQzov s. den Art.
Genista. Aus dem auf den Gebirgen Spaniens
in großer Menge wachsenden Spartgras wird eine
roiypogon monsp eben sis Desf. , nach Anguülara 20 Faser gewonnen, die unter dem Namen Esparto-
(bei Sprengel) mit Lagurus ovatus L., sonst
auch Lagurus cylindricus L. Kvvanp, auch ßov-
TZQrjöTig, kynops, achynops umfaßt mehrere Arten
(Theophr. VII 7, 3. VII 11, 2. Plin. XXI 101).
3. &aXq Qi$(<paXf}QÖv, <f>aXr}Qtov)~D\ö&c. III 142,
phalaris Plin. XXVII 126 = Glanzgras, Phalaris
nodosa L.; nach Sprengel Phalaris canariensis.
Aus zarten, unbrauchbaren Wurzeln wachsen zahl-
reiche knotige, rohrähnliche Stengelchen, die
dem Halme des Dinkels ähnlich sehen. Der 30
weiße, längliche, sesamähnliche Samen hat die
Größe der Hirse. Zerstoßen und mit Wasser
und Wein zu Saft bereitet, oder mit Honig, Milch,
Wein und Essig vermischt, hat <paXr}Qtg günstige
Wirkungen bei Blasenleiden (Diosc. LU 142.
Plin. XXVII 126). Die Pflanze ist im Peloponnes,
in Attika und Modon in allen feuchten Niede-
rungen häufig (Fraas Syn. 302).
4. S partum , sparton (Plin. XIX 25-32. Strab.
faser, Haifa oder Alfa zu Matten, Körben, Schuhen,
Decken, Stricken und Tauen verarbeitet wird.
Nach Deutschland wird Spartgras zur Füllung
von Matratzen und Polstermöbeln, nach England
zur Papierfabrikation in ganzen Schiffsladungen
ausgeführt (Leunis Syn.3 II 829). Literatur.
Fraas Synopsis plantarum florae classicae 1870.
Leunis Synopsis» II. Helm Kulturpflanzen und
Haustiere? 1902. [Orth.]
rgappa, griechischer Name eines kleinen Ge-
wichtes, womit die Ärzte der Kaiserzeit das römi-
sche scripulum bezeichneten. Nach der römischen
Duodezimalrechnung (o. Suppl.-Bd. I S. 150f.)
war das s&ripulum und ebenso das y. = ,^ Pfund
= ^5 Unze = 1,137 g. Carmen de ponderibus 9.
Gewichtstafeln der Ärzte an den im Indes zu
den Metrologici scriptores unter y. verzeichneten
Stellen. Hultsch Metrologie 2 134. 145, 3. 706.
Der Solidus Constantins erscheint, weil er 4 Scrupel
III 160], Spartgras, Espartogras, Stipa tena- 40 hielt , in einer Papyrusurkunde 'aus dem J. 359
PlflRTmfl. Tj HÜth» Pfriemen rrracar4 rtia riijili+ n^nt „In ~ . Ttr:i-i tt_ .. imr mi
cissima L. Eine Pfriemengrasart, die nicht gesät
werden kann, sondern wild in Spanien und Afrika
wächst. Sie wurde nach den Punischen Kriegen
außerhalb Spaniens bekannt. Spartgras, das auf
trockenem Lande gut fortkommt, den Boden aber
so schädigt, daß nichts anderes dort gedeiht,
wuchs vornehmlich an der von den Pyrenäen
längs der Küste des Mittelmeers nach' Süden
führenden Straße auf einem spartophoron ge-
„_™„„ „„ _ — ^ „^„, —.£»«" v,,, sw - .iuig ucx muieiuci vdiituuu&ujiiuig so wenig aui-
nannten, 30 Millien langen Felde, auf Bergen in 50 Schlüsse, daß hier, abgesehen von einer etwas ein-
als TSTQayQa.ftfia.Tos. Wilcken Herrn. XLX 424.
[Hultsch.]
rgattfiaztZg, Schreiber, Sekretäre, Protokoll-
führer, lassen sich fast in allen griechischen Staaten,
zum Teil bis in die späte Kaiserzeit, nachweisen.
Das inschriftliche Material liegt in solch er-
drückender Fülle vor und gibt dabei über Be-
stellung, Funktionen und staatsrechtliche Stel-
lung der Schreiber verhältnismäßig so wenig Auf-
dem Gebiete von Nova Carthago und in kleinerer,
schlechterer Art in Afrika (Strab. 360. Plin. XIX
26—30). Der Genuß des Grases ist dem Vieh
schädlich, trotzdessen ist sein Nutzen sehr groß.
Die Landleute in Spanien verwendeten Spart-
gras zur Herstellung ihrer derben Kleidung
und Schuhe, zum Füllen der Betten, zu Lampen-
dochten und vielen anderen Dingen. Vornehm-
lich aber wurden die zähen Fasern dieses Grases
zu Stricken verarbeitet, die ihrer großen Haltbar- 60
keit wegen als Schifistaue in allen Ländern hoch
geschätzt waren. Auch bei der Herstellung von
Baugerüsten wurden sie vielfach verwendet (Plin.
XIX 29). Das Ausreißen des starken Spart-
grases geschah von Mai bis Juni, die Arbeiter
schützten dabei die Hände mit Handschuhen, die
Füße mit Stiefeln (Plin. XLX 27). Ausgerauft
ließ man es in Bündel gebunden jwei Tage lang
gehenderen Behandlung der athenischen Schreiber,
nur eine willkürliche Auswahl typischer oder be-
sonderer Fälle geboten werden kann.
Zur Terminologie*). Gewöhnliche Benen-
nung yQa.fifia.TEvg oder verbal ausgedrückt durch
yQafifiaztvetv. Hierfür besonders in böotischen
*) Inhaltsübersicht.
I. Athen.
A. Die Katsschreiber. 1. 6 y. 6 xaza n^vza-
veiav. 2. 6 y. 6 zv\g ßovXijg. 3. y. 6 iyii
zovg vöfiovg oder 6 esti zovg vdfiovg. 4. dva-
yQa<pEvg. 5. y. zijg ßovXfjg xal zov Sr/ftov ;
y. zov dqftov* 6. y. zqi dyfttp. 7. ävaygatpEvg.
8. ävTiyeatpevg. 9. 6 hfl za ynjylouaza.
10. Römische Zeit. 11. Funktionen der y.
B. Die übrigen athenischen Schreiber 1 — 17
in alphabetischer Ordnung.
und delphischen Inschriften yQafipariteiv , bezw.
ygaftfiattöSeiv, das in der Literatursprache stets
die Bedeutung yQdftftaza öiödomiv hat (Meister
zu Herodas III 24). Daher heißt der Schreiber
ygaftfiaztordg in böotischen, epeirotischen, achäi-
schen und delphischen Inschriften (s. Collitz
Dial.-Inschr. IV Wortregister), wie zum Teil auch
in der Literatur j vgl Herodot. III 123 (Samos).
128 (o ygafifiaztoiqs b ßaad^Xog). VLI 100 (yQaft-
ftaitoTal des Xerses) u. ö. ; vgl. Debrunner
Iuvenes dum sumus, Aufsätze des Basler philol.
Seminars (1907) 85. Von zwei epeirotischen Ur-
kunden desselben Jahres, datiert nach dem König
Alexandras, dem jtQooxätag der Molosser und dem
Schreiber, doch wohl des Ttgoardrag (Gilbert
Handb. LT 3), hat die eine, Collitz 1334, yQa.fi-
fiartorä Se M£ve6dfxov v Ofi<paXog, die andere, Col-
litz 1335, yQa.fi]fmzEo[s S]s Meveödfiov ["Ofi-
<paXog] , während andere epeirotische Urkunden
ygaftjuatevovTog de ovrsÖQOtg (sc. MoXoaa&v xai
GVftfidioig xrjiv MoXogoSv) haben, wahrscheinlich
Collitz 1337, sicher 1339, 3. In Achaia ist der
ygafifiatioTag im allgemeinen geschieden vom ygapi-
(lazevtov t zoi$ 'AxatoTg, dem Schreiber des Achaei-
schen Bundes, so in einem Dekret aus Dyme über
Eintragung von Neubürgern beim ßovXaQxo?, dem
Tigooidzag öafiooiocpvXäxfüv und dem ygaftfiart-
czag (Collitz 1614 = Dittenberger Syll.2
468, 27), der mit vollem Titel ygafifiauotag
daftoaiotpvXdxcQv heißt (C ollitz 1612 a 4). Eben-
falls nur ygafifiaziozdg steht im Todesurteil gegen
Tempelräuber und Falschmünzer (Collitz 1613,
2 = Dittenberger Syll.2 513); doch findet
sich in Dyme für den gleichen Schreiber auch
y. (Collitz 1615, 4). Die Tempelbaurech-
nungen von Delphi (Collitz 2502 = Ditten-
berger Syll. 2 140) unterscheiden vom yQafifia-
rtvcov rat ßovXäi (Z. 133) den ygafiftaziordg der
Kommission der 29 vaonotot, dessen Jahreslohn
Z. 49 und 89 gebucht ist. Die arkadische
Dialektform ist ygatptjg (Sing. = yga^Evg) in zwei
Inschriften aus Tegea, Collitz 1230 und 1236,
die elische o yQo<p£vg in einer Inschrift von
Olympia 2 Z. 9 (= IGA 112 = Collitz 1152
~ Michel Recueil 195). Dieselbe Form ist
auch argivisch nach Collitz 3316 und dem
Kimolos zuzuweisenden Urteil des öäftog t<5v 'Ag-
ydoiv IG XIII 3, 3277 (= Collitz 3277 = Dit-
II. Die ygafifiazetg der übrigen griechischen Ge-
meinwesen.
A. Sachlicher Teil. 1. Der Gerichtsschreiber.
2. Schreiber von Vereinen. 3. Der Ge-
meindeschreiber der römischen Kaiserzeit.
4. Der Bundesschreiber des Lykischen Bun-
des {y. Avxioiv xov xotvov).
B. Geographischer Teil. 1. Das festländische
Hellas: a) Sparta, b) Messene. c) Olym-
pia, d) Achaia und der Achaeische Bund,
e) Boiotia. f ) Delphoi und die delphische
Amphiktyonie. g) Der Aitolische Bund.
2. Inseln: a) Delos. b) Tenos. c) Amor-
gos. d) Aßtypalaia. e) Samos. f) Rho-
dos. 3. Kleinasien: a) Ephesos. b) Teos
und Notion. c) Magnesia am Maiandros.
d) Pergamon. e) Priene. f) Pontes und
Bithynien. g) Der Schreiber des klein-
asiatischen Landtages. 4. Ägypten.
tenberger Syll.« 428 = Michel Recueil 14)
Z. 17 : Uooiddoov yQtxpsvs ßtoXäg (bald nach 338
v. Chr. nach Dittenberger), Im Psephisma,
von Sikyon Inschr. v. Magnesia 41 Z. 17 zov
yQ<xp?i zag ßeoXfäg] ; vgl. auch yQo<p£voavta CIG
1125, 8. Das Amt des Schreibers heißt yQafi-
fiazEla, gebildet wie jiQvtaveia, hzifieX^XEta, 8sxa~
jtgcozsia u. ä. ohne Rücksicht auf die Stamm-
bildung. Das Wort findet sich erst in hellenisti-
10 scher Zeit. Älteste mir bekannte Beispiele Inschr.
von Priene 4, 22 (nach 332/1 v. Chr.), eine In-
schrift aus Kypros aus der Zeit Ptolemaios VIII.
Euergetes (146—116 v. Chr.) bei Le Bas III
2781 (= Dittenberger OGIS 155) (6) Lü zfjg
xaza ztjv vrjGov ygafifiaiztag zäv sisCixcov xai
ijijztxcov dvväftEcov (s. u. unter Ägypten) und der
Beschluß einer äolischen Stadt ebenfalls aus dem
2. Jhdt, Inschr. v. Priene 60, 13. Häufiger ist
es in der Kaiserzeit : vgl. Inschr. aus Delphi bei
20 E. Bourguet De rebus Delphicis imperatoriae
aetatis (Montpellier 1905) p. 14 Z. 4ff., Inschr.
aus Idebessos in Lvkien IGE 649 ; vgl. auch Österr.
Jahresh. V 206. *
I. Athen.
A. Die Ratsschreiber. Die schwierige
Frage der Rats- bezw. Staatsschreiber ist seit
Boeckh Staatshaush. d. Ath. I (1817) 199ff.
(=13 226ff.) und Epigraphisch-chronologische
Studien, Jahrb. f. Philol. Suppl. Bd. II (1856)
30 32—44, 85ff. sehr oft behandelt worden. Außer
den Handbüchern Busolt Gr. Staats- u, Rechts-
alt. 2 254. Gilbert Handb. 12 298. Fränkel
zu Boeckhs Staatshaush. 13 *53. Hermann-
Thumser 16 2, 497. Schömann-Lipsius
Griech. Altert. I 4 403 ist die wichtigste neuere
Spezialliteratur in chronologischer Folge Hille De
scribis Atheniensium publicis, Leipziger Stud. I
(1878) 205. Schaef er De scribis senatus populique
Atheniensium, Diss. GTeifswald 1878. Gilbert Der
40 athenische Ratsschreiber, Philol. XXXIX (1880)131.
v. St oj entin Die yQaftftazEig und der ävziyQa<pevg
des Rates bei Pollux und Harpokration, Jahrb. f.
Philol. CXXI (1880) 178. Kornitzer De scribis
publicis Atheniensium, Progr. Wien-Herna]s 1883.
Caillemer Art. ygafifiazslg in Daremberg-
Saglio Dict. DZ 2, 1646. Penndorf De scribis
rei publicae Atheniensium, Leipz. Stud. XVIII
(1897) 101. Drerup Über den Staatsschreiber
von Athen, Philol.-histor. Beiträge f. Wachsmuth
50 (1897) 137. Ferguson The Athenian Secretaries,
Cornell Studies in Class. Philology VII (1898) ;
vgl. auch Oehler "0. Bd. III S. 1026ff. (nach
Gilberts Handb.). Für die epigraphischen
und staatsrechtlichen Fragen Hartel Studien
über att. Staatsrecht und Urkundenwesen (1878)
29. 37. 119. Swoboda Die griechischen Volks -
beschlösse (1890), bes. 206ff. Larfeld Handb.
d. griech. Epigraphik II (1902) 640ff. bes. 699ff.,
kurz Roberts u. Gardner Introduction to Greek
60Epigraphy II (1905) 89, am eingehendsten A.
Mommsen Philol. LXI (1902) 218. LXLT (1903)
348. LXIV (1905) 506. Die Geschichte der Frage
ist skizziert von Hille 206f. 247f. und Penn-
dorf 103ff.
Für das letzte Drittel des 4. Jhdts. ist die
Frage nach den Schreibern des Rates in klarer
Weise beantwortet durch Aristoteles in seiner
zwischen 329—325 v. Chr. publizierten M0. xoX.
54, 3 — 5, dessen unzweideutige, wenn auch nicht
erschöpfende Angaben man mit Unrecht in Zweifel
ziehen wollte; denn sie sind durch gleichzeitige
Inschriften bestätigt. Barnach existierte zu seiner
Zeit
1. f O yQaft^axsvg 6 xaxa JZQVxavsiav, der
zur Zeit des Aristoteles vom Volke durchs Los
bestellt wurde, während der Ratsschreiber früher
vom Kate gewählt wurde (vgl. v. Wilamowitz
Aristoteles u. Athen I 228), Arist. 54, 3 xlrjQovoi 10
de xal jQafi^arm zov xaxa. jzQvravsi'av xaXov-
fisvov, 6g zcCr yQafXßdxa>v satt xvQiog xal xd y)q-
(piofiaza ipvXdzxsi xai xäXXa szdvxa dvztygd<pExat
xal jmQaxddtjtai xfj ßovXfi. Es ist zweifellos,
daß der in den Präskripten der attischen Volks -
beschlösse durch iyQaftfidxEVE schlechtweg als y.
bezeichnete Schreiber kein anderer ist als 6 y.
6 xaxa xQVTavdav. Das hatte bereits Hille
208ff, richtig erkannt, hat v. Wilamowitz a.
a. 0. auf Grund der *A&. xoL ohne weiteres fest- 20
gestellt und gegenüber neueren Zweifeln noch-
mals betont Lipsius zu Schömann Gr. Alt.
I 4 403, 6. Für die Zeit des Aristoteles läßt sich
die Gleichsetzung auch direkt beweisen für KXso-
ojQazog Ttßoa&evovg Aiydisvg , der in den Prä-
skripten von Volksbeschlüssen des J. 343/2, IG
II Suppl. 114 b und 114 c lediglich als y. be-
zeichnet ist, dagegen H 114 C 1 vom gleichen
Jahre als y. xaxa izQvzavEtav und 114 A 14f. zov
ygaftfiazia xor xaza TtQvxavsCav zugleich das älteste, 30
sichere Beispiel dafür, daß er den Auftrag erhält,
den Beschluß aufschreiben und in Stein hauen zu
lassen. Einige Jahre älter ist II 108 b; aber
dort ist die Ergänzung nicht völlig gesichert.
Der y. xaxa Ttqvxavdav ist, wie sein Name
sagt, ursprünglich für die Ratsherren je einer
Phjle während der Zeit ihrer Prytanie gewählt,
und zwar aus den übrigen Mitgliedern des Rates,
die nicht die Prytanie führten , und so blieb
es noch während der ersten drei Jahrzehnte des 40
4. Jhdts. Er führt in den Ratssitzungen und den
Volksversammlungen das Protokoll, von dessen
Aussehen und Anlage uns die attischen Psephismen
eine ziemlich deutliche Vorstellung geben , da sie
genetisch abgefaßt sind, d. h. die Reihenfolge
der Beschlußfassung beibehalten, also lediglich
die allmähliche Entstehung des Beschlusses in
Rat und Volksversammlung samt allfälligen Amen-
dements wiederspiegeln. Die Protokollführung
war für den Schreiber ganz einfach, wenn das 50
Probuleuma des Rates von der Volksversammlung
entweder ganz angenommen oder ganz verworfen '■
wurde, weniger einfach, wenn in der Volksver-
sammlung Zusatz antrage vorgebracht wurden. Die
Schreiber haben es sich freilich bequem gemacht,
indem sie in ihren Protokollen dem chronologi-
schen Gange der Beschlußfassung folgten. Da-
durch wurde das Protokoll vielfach umständlich,
und es liegen genug Fälle vor, wo eine einfachere,
gedrängtere Protokollierung möglich gewesen wäre. 60
Im allgemeinen aber zeugt die Fassung der Pro-
tokolle von Sorgfalt _und praktischem Sinn der
Schreiber, wie die Übersicht über die verschie-
denen möglichen Fälle bei Larfeld Handb. II
675ff zeigt. Ein lehrreiches Beispiel dafür, wie
Tom Schreiber das Amendement schon beim Pro-
tokollieren des Hauptantrages, bezw. in der Schluß-
redakiion berücksichtigt wurde, bietet das Amen-
dement des Antichares im Ehrendekret für Oini-
ades aus Palaiskiathos IG I Suppl. 62 b 28, wo
der Schreiber zwar nicht ausdrücklich genannt,
aber zu ig Öh xijy yvcbfirjv (xexayodtpai als Sub-
jekt hinzuzudenken ist. Noch deutlicher in den
Beschlüssen für die Neopoliten, IG 1 51 und Suppl.
p. lÖff^ (= Dittenberger Syll.2 49) Z. 48ff.
ig dz xd (poitpiGfia to 7tQo[zeQOv ijjzavog&öoai zby
ygaftpazsa reg ßoXlg : [xal ixxoXdtpoavza fieza-
yQdtpJoai ävxl zig &7ioixi[ag xlg Gaatjov Roxi
owdizTiolsfiEoav zdft 7i6Xsf.iov fi[F,xa 'A&evatovJ.
Hier wurde die Änderung in der erhaltenen Stein-
urkunde durch Ausmeißeln von Z, 7 und Ein-
setzen der längeren Worte des Amendements aus-
geführt. Die sichere Ergänzung [xal sxxoXd-
<poavTa\[ieraye&<p]oai von Wilhelm Gott. Gel.
Anz. 1903, 776. Daß die Redaktion neben-
sächlicher Bestimmungen dem Antragsteller im
Einvernehmen mit dem y. überlassen wurde,
zeigt Aristoph. Thesmoph. 432 zä <5' äXXa ßsza
zov yQa/n^atscog ovyyQayjof.iai (Wilhelm Beitr.
z. griech. Inschriftenkunde [1909] 269). Ferner
kontrolliert der Schreiber die Ausfertigung der
gefaßten Beschlüsse {äviiygäyszai). Ausgefertigt
aber werden sie, natürlich auf Grund des Kon-
zeptes des Prytanienschreibers, durch Unterbe-
amte, y. schlechthin genannt, zu denen auch die
IG II 61 erwähnten y. oi inl toTg dtjßooiotg yqdfi-
fiaoiv gehören dürften. Gerade diese Inschrift
bietet Z. 15f. dvxiygd(p£G&at de zoy yoafiftaxia xoy
xaxa TiQvzavdav xal xovg äXXovg yga/.tfiaTsag ext
xotg Srjfwoiotg ygdfifiaoiv die wertvolle urkund-
liche Bestätigung der Angabe des Aristoteles, daß
der Prytanienschreiber die dvTcygayrj, die Kon-
trolle, besorgt. Weil der Prytanienschreiber die
ausgefertigten Beschlüsse kontrolliert, also die
Garantie leistet für eine dem Beschluß entspre-
chende Ausfertigung, ist er im Präskript der Volks-
beschlüsse neben dem Vorsitzenden und dem An-
tragsteller genannt. Eine weitere Funktion des
Ratsschreibers ist die Aufsicht über das Staats-
archiv imMetroon, dessen Schlüssel in der Hand
des täglich wechselnden Epistates sind; xd y>t)~
tpio/iaxa fpvläxxei, sagt Aristoteles, vgl. auch Athen.
IX 407 C.
Am häufigsten erscheint der Rats- bezw. Pry-
tanienschreiber in den Rats- und Volksbeschlüssen,
und zwar teils in den Überschriften, teils in den
Präskripten und in den Klauseln, hier mit der
Aufzeichnung des Beschlusses auf Stein und seiner
öffentlichen Aufstellung beauftragt. Hier sollen
diese Partien betrachtet werden ohne eingehende
Darstellung der Entwicklung der einschlägigen
Formeln, sondern mit tunlichster Beschränkung
auf diejenigen Fragen, die die Schreiber berühren.
In der Überschrift von Psephismen erscheint
der Ratsschreiber oft mit einem bloßen i'/gap-
fidzeve, fast stets ohne v itpEXxvaxixöv ; über das
Eindringen des -v in die Präskripte seit Ol. 92,
2 (411/10 v. Chr.) vgl. Sommer Basler Festschr.
(1907) 14. Solche Überschriften {täuli), meist in
größeren Buchstaben, finden sich bis zur Einfüh-
rung der genaueren Datierung im Präskript um
ca. 375 ziemlich oft, von 350 an seltener und
verschwinden seit ca. 300 ganz. Der mit iyga^-
/ndxsve bezeichnete Ratsschreiber, und zwar der
Prytanienschreiber (Hille 216ff.) erscheint da
mit oder ohne Inhaltsbezeichnung teils zusammen
mit dem Archonten oder der Prytanie oder andern
Beamten, teils allein. In diesem Falle verbürgt
er durch seinen dem Dekret vorgesetzten Namen
die Übereinstimmung des Textes der Stein Urkunde
mit dem gefaßten' Beschlüsse ; es gibt also, was
zwar A. Mommsen Philol. LXIV 515 bestreitet,
sein Name gewissermaßen die Legalisation der
Urkunde. Die Wichtigkeit des Schreibers ergibt
sich daraus, daß, wenn man auf einen früheren
Beschluß zurückgreift, dieser nach dem früheren
Schreiber zitiert- wird, so im Kolonialstatut für
Brea von etwa 444 v. Chr., IG I 31 xaxa zag
J-vyygatpdg, a[Y izd . . . .]xov yQafipatevovzog iye-
vov[xo tzsqi zföv jz6Xe]ojv rwv im Ogäxijg. Über
das Zusetzen oder Fehlen von Demotikon und
Patronymikon beim Namen des Ratsschreibers im
Titel und im Präskript s. Larfeld Handb. II
640f. und besonders A. Mommsen Philol. LXIV
Sllff.
Während eine solche Überschrift nicht not-
wendig ist und, wenn sie vorhanden ist, den Na-
men des Schreibers nicht zu enthalten braucht
— öfter findet sich in nacheuklidischen Inschriften
auch bloß der Archon — muß der Schreiber
immer im Präskript genannt sein. Nur IG I
Suppl. 27 a fehlt der Schreiber im Präskript, aber
auch der Archon, offenbar weil auf dem gleichen
Steine oder über diesem ein mit dem nämlichen
Schreiber und Archonten bezeichnetes Psephisma
stand (Kuraanudis, Kirchhoff, Hille 208,
2). Ungefähr seit der Mitte des 5. Jhdts. ist
dem Namen des Schreibers häufig sein Demotikon,
bisweilen auch der Vatersname beigefügt, was
bei den übrigen Beamten im Präskript zunächst
noch unterbleibt. Über die allmähliche Ausge-
staltung des Formulars der Präskripte vgl. außer
der grundlegenden Arbeit vonHartel Stud. üb.
att. Staatsrecht und Urkunden wesen (Wien 1878),
deren Ergebnisse auch nach Auffindung zahlreicher
neuer Urkunden in allem Wesentlichen bestehen
bleiben, die Übersicht bei Larfeld Handb. II
n 642—660, sowie A. Mommsen Archonten u.
Schreiber in attischen Urkunden älterer Zeit,
Philol. LXII (1903) 348 und Formalien der De-
krete Athens, Philol. LXIV (1905) 506.
Von besonderer Wichtigkeit ist der Schreiber
der die erste Prytanie bekleidenden Phyle, weil
der Rat eines Jahres sich nach diesem zu be-
zeichnen pflegt mit einer Formel, die , verbunden
mit der Datierung nach dem Archon, zum ersten-
mal im J. 433/2 v. Chr. vorkommt IG I Suppl.
p 13 nr. 33 und 33 a: im 'Aipevdovg aQ%ovxog
xal xrjg ßovXrjg, fj Kgixidbtjg zig&zog iyQa^t/ndzevs
(in 33 a fehlt Ttgaizog wohl nur durch ein Ver-
sehen). Der Aorist iygawjdzsvoE steht nur ein-
mal IG I 322. Die übrigen Beispiele des 5. Jhdts.
bei Larfeld Handb. II 646; das den Archon
und die Bule verbindende xal fehlt regelmäßig,
außer im ältesten Beispiel. Neben dieser Formel
kommt auch vor im xrjg äeTvog (Ordnungszahl
der Prytanie) nQvzarsiag, 6 östva lyga^ßdrever
{IG II 50, 17). Unrichtig war es, aus dieser Be-
nennung des Rates nach dem Schreiber den Schluß
zu ziehen, der Ratsschreiber sei der eigentliche
Jahres-Eponymos gewesen. Ausgehend von der
durch Aristoteles *A0. noX. 32, 1 bezeugten Tat-
sache, daß im Jahre des Archon Kallias (OL 92,
1 = 412/11 v. Chr.) der Rat der 500 seine Funk-
tionen nicht am 1. Hekatorabaion, sondern schon
am 14. Tage des letzten attischen Monats, des
Skirophorion, antrat, hat K eil Herrn. XXIX (1894)
32—81 (vgl. dazu A. Mommsen Philol LXI
[1902] 218) an der Hand der Inschriften den
Nachweis geleistet, daß im 5, Jhdt. nicht in allen
Fällen der erste Tag der ersten Prytanie auf den
1, Hekatombaion fiel, sondern daß Athen vor Ol.
93, 1 ein besonderes, vom bürgerlichen Kalender -
10 jähr zu unterscheidendes Amtsjahr hatte. Da
Keil aber auch die Gleichung 1. Tag der I. Pry-
tanie (Amtsantritt des Rates) = 1. Tag des Ar-
chontenjahres bestritt, kam er zum Ergebnis, das
Ratsjahr habe zwei Archonten gehabt, und nahm
daher an, der richtige Eponymos sei nicht der
Archon gewesen, sondern müsse der Ratsschreiber
gewesen sein. Widerlegt ist diese Ansicht von
A. Mommsen Philol. LXII (1903) 348, der an
der Hand der Inschriften nachgewiesen hat, ,daß
20 die Schwankungen des Funktionsbeginns der Bule
auch für den Beginn des archontischen Regiments
maßgebend waren, das buleutische Jahr also keines-
wegs zwei Archonten hatte 4 . Damit fällt die An-
nahme der Eponymie des Ratsschreibers dahin.
Von den vor Ol. 93 (408/7) abgefaßten Psephismen
nennen allerdings bloß 44 den Archon und Schrei-
ber, 41 nur den Schreiber und bloß 5 nur den
Archon. Daraus erhellt, daß in dieser Periode
auf die Nennung des Schreibers größeres Ge-
30 wicht gelegt wurde, als auf die des Archon ; aber
zugunsten der Hypothese Keils, daß der Schrei-
ber Eponymos gewesen sei, ergibt das keinen Be-
weis, Zuzugeben ist, daß die Formel htl xr\g
ßovXfjg, § 6 Setva (ngcäzog) iyga^fidxsvs eine Da-
tierung enthält, aber nicht nach dem Schreiber,
sondern nach der Bule. Der Schreiber hätte sich
als Eponymos auch gar nicht geeignet, da ja seine
Funktionen auf 30 und einige Tage beschränkt
waren. Der Rat datiert nach sich selber und der
40 erste Schreiber ist bloßes Kennzeichen, und so
ist es alle Zeit geblieben (A. Mommsen 355).
Der Grund aber, warum der Schreiber so oft ge-
nannt ist, ist der, daß uns fast nur Staatsde-
krete und überhaupt offizielle Kundgebungen er-
halten sind, die meistens vom Rate ausgingen,
so daß die Nennung des dem Rate dienenden,
die Verhandlungen und Beschlüsse protokollie-
renden Schreibers sich dabei gar nicht umgehen
ließ. Die Unmöglichkeit, die Nennung des Schrei-
50bers als Datierung zu betrachten, betonte übri-
gens mit aller Deutlichkeit schon Hartel 29.
Ein bloßer Notbehelf war es, wenn Penndorf
Leipz. Stud. XVIII 121 , um die Annahme der
Eponymie des Ratsschreibers zu stützen, annahm,
zur Bestimmung der Jahre hätten Schreiberlisten
existiert. Von solchen müßten wir doch in der
Überlieferung eine Spur haben, so gut, wie sie
uns die weit hinaufreichenden Archontenverzeich-
nisse anführt (Arist. 'A$. xoX. 53, 4). Gegen
60 Penndorf bereits ganz richtig Mommsen 356
und Philol. LXIV 515. Zuzugeben ist aber, daß
die Datierung nach dem Archon, die man eigent-
lich schon für die früheste Zeit erwarten würde,
nur langsam allgemeiner geworden ist. Ursprüng-
lich blieb der Archon oft weg und wurde erst
allmählich zu einem obligatorischen Bestandteile
des Präskripts; s. Larfeld II 647f. Zu seinem
vollen Rechte als Janreseponymos kam dieser
eigentlich, erst mit der neuen Formulierung, die
Tom X 875 v. Chr. an in Gebrauch kam und zwei
volle Generationen zu ihrer vollen Ausbildung
brauchte und erst nach mehrfachen redaktionellen
Umgestaltungen 319 v. Chr. einen endgültigen,
feststehenden Typus erhielt. In diesem Formular
wurde nun der Archon regelmäßig zur Datierung
an die Spitze gestellt, darauf folgt die prytanie-
rende Phyle unter Beifügung der Ordnungszahl
M. UHJl*f*» IUI) J. f xvr
deshalb, weil, falls es sich nicht um eine von
Privaten auf eigene Kosten veranlagte Aufzeich-
nung handelte, diese Aufzeichnung die Staats-
kasse belastete. Ein Beispiel, worin zugleich der
Zweck der Publikation angegeben ist, IG I Suppl.
58 a 26 (418/7 v. Chr.) xo de yalfpiöfia rode, 6nog
äv et etSsvai zö[i] ßo?.0£tevoi, ävayQdtpoag 6 yga/x.-
(.mzsvg 6 reg ßoXsg iv czsXet Xi&tvsi xaza&EZO ev
rot Nslsiot staQa zd ixQia. Mehr Beispiele mit
und mit ihr verbunden der Käme des mit jeder 10 Angabe des Zweckes der Aufzeichnung beiLar-
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Phyle wechselnden Katsschreibers, hierauf, was
uns hier nichts weiter angeht, der Name des
Tagespräsidenten, die Sanktionsformel und der
Antragsteller. All das steht nun in einer chro-
nologisch und sachlich, richtigen Stufenfolge und
in grammatisch geschlossenem Gefüge in einer
Formel. Statt der ältesten stark zerstörten Bei-
spiele des neuen Formulars, IG II 49 und II
Suppl. 49 c von 375/4 v. Chr. sei angeführt der
feld II 689. Die Aufstellung der Inschriftstele
auf der Burg (özfjaai ifi tcoXec oder xaza&Etvai ip
jioXsi) erfolgte um des geweihten Ortes willen
unter besonderer staatlicher Aufsicht durch den
Schreiber (Hartel 156). Daß sonst überall in
der Stadt die Aufstellung ohne weiteres erlaubt
gewesen sei, wie Hartel annahm, ist nicht zu
erweisen ; im Gegenteil, eine Aufstellung im Pry-
taneion oder der Eönigshalle, wo die Solonischen
Anfang eines vollständigen Exemplares, IG IL20xvQßeig aufgestellt waren, muß von der ,Staats-
256 b (304/3 v. Chr.) sni $zQzxXEOvg ägxovzog
esü zrjg öiveiSog eßdö/Atjg JtgvravEtag, f] *Em%a-
Qivog AT]f4,o%dgovg raQyrjzxiog iypafifidzEVEV xzX.
Da sich aus diesem sich nun so ziemlich gleich-
bleibenden Formular fÜT die staatsrechtliche Stel-
lung des Ratsschreibers weiter nichts ergibt,
braucht es hier nicht weiter verfolgt zu werden,
auch nicht in seinen Mischformen. Das Wesent-
liche ist, daß jetzt Archon, Phyle, Ordnungszahl
behörde' verfügt sein, und dasselbe gilt, wie das
ausgeschriebene Beispiel zeigt, von heiligen Ört-
lichkeiten [A. Mommsen Piniol. LXIY 506, 2).
Daß aber für die lapidare Aufzeichnung (äva-
7Qa<prj) ein förmlicher Volksbeschluß nötig ist,
beweist der aus dem Antrag ins Protokoll herüber-
genommene Zusatz in IG II 89 (ca. 356—353
v. Chr.) äfvcLygäipat 6h xal rfyv] JtQOg'eviav, iav
xai x&t dtf[i[(oi doxfji, zov yQafifiJazea zf\g
der Phyle und Schreiber gleich am Anfang der 30 ßovXfjg kv mi)Xr\i X[i&ivt]t xai azfjaai i]v dxQOJiöXEt
Urkunde beisammen stehen und so gleich am An- Sexa ^fisgcüv. Ferner beweisen es die Fälle, w
-*>„--.«. Aia ■n^-t.;,™™™ ,.^n,~+s;-~/i.:™ ™~v™~ Tir« — j o_t ii t üi l ■ j ■ i n.. a-l-l. ,
fang die Datierung vollständig geben. Wenn,
was bisweilen vorkommt, der Name des Schrei-
bers fehlt (Belege bei Larfeld II 653), so liegen,
wie Hartel nachgewiesen hat, meist private Auf-
zeichnungen vor. Wo der Staat die Aufzeichnung
besorgt, muß der Schreiber als Garant der Echt-
heit genannt sein. In IG II Suppl. 114 b (343/2
v. Chr.), wo die Nennung des Schreibers vergessen
der Schreiber beauftragt wird, einen bereits früher
gefaßten Beschluß nachträglich in Stein hauen
zu lassen, so IG II 1 c (399/8 v. Chr.) rö yif-
(piofxa %[b xal tiqözeqov ov ajvzwi ävaygdytai sv
[azr]Xr)t Xtftivtjt zojv ygafifiazsa zrjg ßovfXrjg zöv
vvv yQafifiaJzEvovza xai xara&sfTvat eg nöXw],
In der gleichen Inschrift wird dann Z. 27ff. be-
stimmt ygdyjai ös xai, zoÖe xo i^[?j<ptafta eg xt)v
wurde, wurde sein Name nachträglich an die Spitze 40 av]zt)v azrjXrjv zdy yQa^faxia zrjg ßovXijg]. Über
des Dekrets vor die Datierung nach dem Archon
gestellt in der ungemein bezeichnenden Form i)i
KXeöazQazog Ttfxoa'&Evovg AlfytXiEvg iygafiftd-
tevsv], d. h. trotz dieser Stellung hinter fttoi als
Nachtrag zur Nennung der Phyle in Z. 3, Beim
Namen des Schreibers fehlen Vaters- oder Demen-
name nur noch ganz selten (Beispiele bei Lar-
feld n 654. 656). Hinsichtlich der Nennung
des Katsschreibers bleibt die Stilisierung nun
den eigenartigen, vielleicht nachlässig redigierten
oder kopierten Publikationsbeschluß in IG II 856
vgl. Köhler z. St. und Larfeld II 697. Ferner
hat der Katsschreiber die vom Volke beschlossene
Neuaufzeichnung früher erteilter Privilegien, deren
der Geehrte infolge politischer Wirren verlustig
gegangen ist, zu besorgen (Beispiele bei Lar-
feld II 698). War aber lediglich die Inschrift-
stele zerstört worden, ohne daß die erteilten Pri-
völlig unverändert und läßt sich noch nachweisen 50vilegien annulliert worden waren, so konnte, falls
in Hadrianischer Zeit (IG III 2), sowie noch 209
n. Chr. (IG HI 10), nur daß im letztern Falle
statt des Dativs $ iyQafifcdzEVEv der Genetiv fy
erscheint.
Diese Stilisierung verrät mit keinem Wort,
daß der hier genannte Katsschreiber nicht mehr
der mit jeder Prytanie wechselnde Prytanien-
schreiber, sondern ein Jahresbeamter ist. Über
diesen Wandel verschafft uns am ehesten Klar-
der Interessent die Kosten trug, der Rat die Er-
neuerung von sich aus anordnen, wie IG II 3.
In diesem neuen Dekret erscheint dann natürlich
in der Überschrift ein anderer Schreiber als in
dem älteren Dekretsprotokoll, z. B. IG I Suppl.
33 u. I 40. Die Aufgabe des Rates, bezw. des
Ratsschreibers hinsichtlich der Publikation be-
steht darin, den Beschluß des Volkes auszuführen,
also für eine wortgetreue Aufzeichnung auf Stein
heit, soweit solche überhaupt erreichbar ist, die 60 und die Aufstellung der Stele am bestimmten
Untersuchung der in der Klausel angebrachten
Publikationsformeln, durch die der Katsschreiber
beauftragt wird, einen Beschluß in Stein hauen
und aufstellen zu lassen. Die Aufzeichnung der
Beschlüsse (in Athen fast immer) auf Stein und
die Öffentliche Aufstellung erfordert nämlich einen
besonderen Beschluß des Volkes, der in einer
Klausel angebracht wird. Nötig war er schon
Orte zu sorgen. Der y. kontrolliert die Auf-
zeichnung und legalisiert durch seinen Namen
die Steinurkunde. Daß er hierbei strengrecht-
lich mit dem Kate zusammen amtet, zeigt der
Beschluß betreffend Selymbria IG I Suppl. 61a
(408 v. Chr.)(= Dittenberger Syll.2 53) Z. 27f.
[xai xaxa&Jsyat sffucöXJet dvayga<fcav{zjag zog
x[s H6qxog xai rjag avv&ifxjac fttxa tö yeo/d-
L4Xt lQafi{xazf:t<;
uaziog xflg ßoXtg . .] iv axsXet Xc&l[ysi]. Die
gleiche Urkunde zeigt, daß ihm die Tilgung be-
reits aufgezeichneter Beschlüs&e, die rückgängig
gemacht werden, obliegt. Er soll die Namen der
Geiseln der Selymbrianer in Anwesenheit der Pry-
tanen austilgen, Z. 33ff. xai [i] xoaXeTqpoai rä
6vdfia[ra xöv optigjov zöv 2£lvfi[ß]Qiavov xai
zöv iyyvefzöv ajvxöv [ajvgtov zöv yga^atia zig
ßoXtg, [ojnfoooi eioi ysy] gaßfdvot ivavrtofv] räv
jiQvzdvsfeov], wie der Test auf Grund eines neu-
gefundenen Fragmentes von Wilhelm Gott. Gel.
Anz. 1903, 778 festgestellt ist. Wie in IG I Suppl.
61 a mit dem Rate, so wirkt der Ratsschreiber
im Beschluß für die während des Peloponnesi-
sehen Krieges Athen treu gebliebenen S amier IG
II Suppl. 1 b (= Dittenberger Syll.2 56) V om
J. 405 v. Chr. zusammen mit den ihn gleichsam
überwachenden Strategen. Die samischen Ge-
sandten sollen ein Verzeichnis der samischen Trier-
archen ihnen übergeben (änoyQdipat , . . zun, yga/x.-
fiareT rrjg ßoXfjg xal xoTg axgazijyotg [Z. 27f.]) und
dementsprechend [dvayQaiyat ös rd hpt]fptofiEva
r]dy ygafiftfazea zrjg ßo]Xf/g ftEzd zc5v [atQazi]-
yüv] (Z. 38f.). Wie hier die Liste der Trier-
archen, so führt der Ratsschreiber das Verzeichnis
der Rudermannschaften {imyQsoiai), die den Söhnen
des Königs Leukon von Bosporos, Spartokos und
Pairisades, zugesagt werden, IG II Suppl. 109 b
(= Dittenberger Syll.2 129) Z. 61f.: [rovg
d]k jiQfeJaßetg dstoygdipai tue ovo^tafza xäv vtiJt}-
q[egi](3v dtv äv Xdßwoiv zöJi yQaftfiafzEl zi\g ß]ov-
Xfjg. Von den als Gesandte in Athen anwesenden
Strategen von lulis auf Keos nimmt er das Ver-
zeichnis der verbannten Inlieten entgegen, und
zwar vor versammelter Gemeinde: dnoyQdyai ök
avzaiv zd dvöftaza avztfxa fidJXa kvavxiov zö dtffto
ztiöi yQapfiaxeT zog oxQaxrjyog zog 'IovXitjzcöv zog
emStjfiövzag 'A&rjvrjöi, IG II Suppl. 54 b, 37ff.
(= Dittenberger Syll.2 ioi).
Im 5. Jhdt. und bis in die 60 er Jahre des
4. Jhdts. ist, wie oben bemerkt, der mit iyQaft-
/ndzEve in der Überschrift bezeichnete Schreiber
der y. xatd ztQvzavEtav im strengen Sinne des
Wortes, ein Mitglied des Rates, gewählt aus
einer der Phylen, die nicht die Prytanie führen,
funktionierend bloß während einer Prytanie. Ite-
ration ist jedenfalls, im Gegensatz zum Amte des
Ratsherrn, untersagt (v. Wilamowitz Arist. u.
Athen I 228). Es gab folglich alljährlich so viel
Ratsschreiber als Prytanien, d. h. 10. Die Fest-
stellung freilich, ob der Schreiber nicht zur qpvXt)
xQvzavzvovoa gehört habe, wird dadurch erschwert,
daß in älterer Zeit dem Namen des Schreibers
das Demotikon nicht regelmäßig beigefügt ist.
Dieser Schreiber hieß nach der glücklichen Er-
gänzung, die Köhler Herrn. II 27 in dem Volks-
beschluS vom J. 409/8 über die Neuaufzeichnung
des Drakon tischen Gesetzes wegen tpdvog dxov-
otog vorschlug — IG I 61, 6: die ävayQa<pr}g
sollen das Gesetz aufzeichnen naQa).aßovxEg nagd
[x]ov [xatd JigvzavEiav ygafifiajxstog zijg ßovXrjg —
ursprünglich mit vollem Titel 6 xazd TiQvxavEtav
y. zijs ßovXijg. Es ist zwar Köhlers Ergän-
zung, weil diese volle Namensnennung nicht
weiter zu belegen ist, fast allgemein verworfen
oder doch mindestens stark angezweifelt worden
(Schafer 13. Hartel 120. Hermann-Thum-
ser498, 1. Dittenberger SyU.z I nr. 52. Lat-
feld II 700); sie ist aber von Hille 247 mit
Glück verteidigt worden und mit Gilbert Handb.
12 299, 1. Penndorf 116. Lipsius zu Schü-
mann Gr. Altert. 1^ 403 und Schultheß Wo-
chenschr. f. klass. Philol. 1902, 35 entschieden
festzuhalten. Dieser Prytanienschreiber führte
also nicht bloß das Protokoll in den Ratssitzungen
und Volksversammlungen, sondern er kontrollierte
auch die Ausfertigung der in diesen gefaßten Be-
10 Schlüsse, und das ist der Grund, weshalb er in
den Einleitungsformeln der VoBisbe Schlüsse neben
dem Vorsitzenden und dem Antragsteller genannt
ist (s. o.).
Noch unter dem Archontat des Nausigenes
(Ol. 103, 1 - 368/7 v. Chr.) wechselt der Pry-
tanienschreiber nachweislich mit jeder Prytanie ;
denn für dieses Jahr ist Mnesibulos als Schreiber
der die I. Prytanie bekleidenden Kekropis (IG
n 52 b), Moschos von Kydathenaion als Schreiber
20 der die VII. Prytanie bekleidenden Aiantis (IG
11 Suppl. 50. 52 c) bezeugt. Nach diesem Jahre
gehen seine Befugnisse auf einen Jahresbeamten
über, der jedoch den nicht mehr zutreffenden
Namen 6 ygaftftazsvg 6 xazd uiQvxaveiav beibe-
hält (Hille 210). Ja es wurde sogar noch die
gänzlich irreführende Bezeichnung Itts r?]? . . .
jtQvxavEtag, fj detva eyoafifidzEvs als erstarrte
Formel für diesen Jahresbeamten beibehalten
(Hartel 29). Das Festhalten an der nicht mehr
30 ganz zutreffenden Benennung y. xazd üzgvzavetav
hat man auch durch die Annahme zu erklären
versucht, es sei damit angedeutet, daß der Schrei-
ber jeweilen jeder Prytanie zu dienen habe (Lar-
feld DT 700); doch entspricht diese Auslegung
der Bedeutung von xazd in solchen temporalen
Ausdrücken nicht. Zum erstenmal läßt sich dieser
Jahresbeamte nachweisen für das Archontat des
Charikleides (Ol. 104, 2 = 363 v. Chr.), indem
der Ratsschreiber Nikostratos von Pallene (Phyle
40Antiochis) erscheint als Ratsschreiber in der IL
Prytanie für die Akamantis (IG II 54), in der V.
für die Aiantis (IG II Suppl. 54 b), in der VI.
für die Oineis (IG II 55), möglicherweise auch
in der VII. für die Hippothontis nach der ein-
leuchtenden Korrektur, die D i 1 1 e n b e r g e r Sy 11 .
12 88, 28 an der Inschrift Bull. hell. III (1879)
473 vorgenommen hat. Demnach muß diese Um-
wandlung des Ratsschreiberamtes in ein Jahres-
amt zwischen 368 und 363 erfolgt sein (vgl. auch
50 Larfeld Handb. II 78t). Wahrscheinlich wurde
dieser Jahresbeamte,, der aus einem aus den Bu-
leuten genommenen Schreiber zum frei erlosten
Staatsbeamten wurde, von Anfang an, wie die
übrigen Beamten fast alle, nicht mehr durch Chei-
rotonie, sondern durchs Los bestellt. Aristoteles
'A-&. noX. 54, 3 sagt, der Ratsschreiber, y. b
xazd nqvzaveiav xalov/isvog — der sehr bezeich-
nende Zusatz xaXovfievog gibt dem Gedanken
Ausdruck, daß die Benennung beibehalten sei,
60 obgleich sie zu seiner Zeit nicht mehr stimme — ,
der zu seiner Zeit erlost wurde (xXtjQwzog), sei
früher gewählt worden {y£tQo.zovr}zög), und man
habe früher {^qozeqov) dazu die angesehensten
und zuverlässigsten Leute gewählt. (Daß es Mit-
glieder des Rates waren, woran nicht zu zweifeln
ist, sagt Aristoteles gar nicht ausdrücklich.) Mit
diesem siqöxsqov will er natürlich sagen, jetzt,
wo die Loswahl durchgeführt sei, treffe das Los
nicht immer die gleich glückliche Wahl. Die
vorhandenen inschriftlichen Belege zum Erweise
■der Behauptung des Aristoteles reichen kaum Über
■die ersten Jahrzehnte des 4. Jhdts. hinunter. Zu-
sammenstellungen von ivdo£6zazoi xai siiozozazot
als Ratsschreiber aus der Zeit, solange diese Stelle
Wahlamt war, haben zu gehen versucht v. Wila-
mowitz Ärist. u. Athen I 228, 86, Penndorf
130 und besonders Drerup 137f. ; vgl. auch
Lipsius zu Schömann Griech. Altert. I* 404,
3. Sund wall Epigraph. Beitr. zur sozialpolii
Oesch. Athens im Zeitalter des Demosthenes Klio
IV. Beiheft (1906) 17f. hat zur Erhärtung seiner
Ansicht, daß den besitzenden Klassen im athe-
nischen Rate ein unzweifelhaftes Übergewicht zu-
gekommen sei und in Verfolgung der seiner ganzen
Studie zugrunde liegenden Hypothese, daß wäh-
rend der Zeit des Demosthenes der politische Ein-
fluß der besitzenden Klasse in Athen keineswegs
geschmälert worden sei (S. 74), nachgewiesen,
daß von den 27 y. xaza jcovxavstav, die Fer-
guson für die Jahre 359/8—324/3 aufzählt, we-
nigstens fünf aus reichen Familien stammten.
Wer ohne vorgefaßte Meinung urteilt, wird diesem
Zahlenverhältnis keinen entscheidenden Wert bei-
legen, wie denn Sundwal I selber sich nicht völlig
verhehlt, daß bei der Unsicherheit und Ungleich-
artigkeit der Überlieferung und unsern geringen
Kenntnissen von den Vermögensverhältnissen der
in den Inschriften genannten Leute seine Aus-
führungen überhaupt sehr unsicher sind.
Wesentlich und wichtig ist, daß dieser Jahres-
beamte nicht mehr aus den Buleuten gewählt,
sondern außerhalb des Rates erlost wurde. Daß
er nicht Buleut war, beweisen die zwei den
J. 341/40 angehörigen Inschriften IG II 116.
572; das Nähere bei Penndorf Ulf. Daß er
aber doch nicht ganz beliebig aus den Bürgern
genommen wurde, hat erst in neuester Zeit Fer-
guson Corneli Studies VII 32ff. 79ff. gezeigt.
Ihm verdanken wir den wertvollen Nachweis, daß,
nachdem das Amt des Prytanien Schreibers Jahres-
amt geworden war, mindestens seit 353/2 v. Chr.
und, soweit das die Unsicherheit der Archonten-
listen des 3.— 1. Jhdts. festzustellen erlaubt, bis
in den Anfang des 1. Jhdts. während eines Tur-
nus, der jeweilen soviel Jahre umfaßte als es
Phylen gab, jede Phyle in ihrer offiziellen Reihen-
folge je einmal einen ihrer Angehörigen zu diesem
wichtigsten Amte des Rates aufrücken sah. Der
Turnus betrug also zur Zeit der 10 Phylen 10
Jahre, nach Errichtung der Antigonis und De-
metrias durch Demetrios Poliorketes (307/6) 12
Jahre, während des Bestehens der Ptolemais (229
v. Chr.) 13 Jahre und zeitweilig, solange Anti-
gonis und Demetrias noch bestanden und auch
die Attalis, sogar 14 Jahre. Die nur in unbe-
deutenden Einzelheiten anfechtbaren oder weiterer
Ergänzung und Nachprüfung bedürfenden Aus-
führungen Fergusons sind übersichtlich zu-
sammengestellt von Larfeld II 702ff. Daß diese
wichtige Entdeckung, daß sich die y. xazd xov-
Tavziav in der offiziellen Reihenfolge der Phylen
folgen, für die Chronologie der attischen Archonten
späterer Zeit erst die wissenschaftliche Grund-
•Ü?j- geg t ben hat ' sei nur nebenb ei bemerkt. Es
wt diese Rücksichtnahme auf die offizielle Reihen-
folge der Phylen, die jeder Phyle innerhalb eines
gewissen Zeitraumes die ihr gebührende Vertre-
tung sichert, die Weiterbildung des allgemeinern
Prinzips, daß in den Beamtenkollegien womög-
lich jede Phyle vertreten sein solle. Ziemlich
sicher erwiesen ist sie für die ijtiozdzai "Elev-
otvo&ev; s. Sund wall a. a. O. 47 und unten
I B 9 j\ der smozdzat 'EXevotvo&ev ; dagegen ist
der weitere Versuch von Ferguson The Priests
of Asklepios, a new method of dating Athenian
10 Archons (University of California Publicat. 1906),
auch hei den Asklepiospriestern wenigstens fürs
4. und 3. Jhdt. einen Turnus nach Phylen nach-
zuweisen, trotz allen aufgewandten Scharfsinnes
nicht gelungen. Sundwall 48 bat Ferguson
voreilig zugestimmt; doch vgl. gegen ihn Kirch-
ner Rh. Mus. LXI (1906) 346 und besonders
Kolbe DLZ 1907, 932.
In den oben zur Illustration der Tätigkeit
des Ratsschreibers angeführten Beispielen heißt
20 er fast durchweg y. zrjg ßovXfjg, Bis zum J. 350
wird dieser ständig mit der Publikation der
Volks- und Ratsbeschlüsse beauftragt. Übersicht
übeT sämtliche Belege inLarfelds Tabelle zum
Formelwesen II 606f£ Ich durfte diese Beispiele
hier verwenden, weil ich diesen Schreiber als
identisch betrachte mit dem Prytanienschreiber.
Die Frage ist nämlich die, ob der in der Überschrift
der Psephismen mit iyQa^dxsve und im Präskript
mit siti zijg öetvog , . . Ttgvravsiag, § 6 dstva syQafx-
30 fidzevsv bezeichnete Ratsschreiber' mit dem in der
Klausel mit derdvaj'ga^beauftragten j\ zijg ßovXijg
identisch sei oder nicht. Ich stehe nicht an, mich
für die Identifikation auszusprechen, für die bereits
Boeckh und in neuerer Zeit Gilbert Handb.2
I 298ff. eingetreten ist, beschränke jedoch die
Identifikation aufs 5. und die ersten Jahrzehnte
des 4. Jhdts. Wir haben dann anzunehmen, daß
die volle, aber umständliche Benennung dieses
Ratsschreibers als 6 yga/j-fiazehg 6 xaza jiqvzü-
iOrstav zijg ßovXfjg, die Köhler, meines Erachtens
mit Recht, in IG I 61 ergänzt hat, regelmäßig
durch Weglassung von xaza ziQvzavsiav gekürzt
wurde zu y. zijg ßovXfjg. Zu weit gingen die-
jenigen, die annahmen, es habe im 5. Jhdt. und
den ersten Jahrzehnten des 4. überhaupt bloß
einen Rats- bezw, Staatsschreiber gegeben und
daher selbst den y. xfjg xoXncog bei Thuc. VII
10 , den Vorleser der Aktenstücke , dessen offi-
zieller Titel y. zw dfjf.10) war (s. u, 6), ohne wei-
50 teres mit dem y. zijg ßovXfjg identifizierten. Gil-
bert, der ursprünglich (PhiloL XXXIX 131ff.
und trotz des Widerspruches von v. Stojentin
Jahrb. f. Phil. 1888, 189f. auch noch im Handb.l
I 253f.) die These verfocht, es habe bis 307/6
in Athen bloß einen Ratsschreiber gegeben, hat
zwar nach Auffindung von Arist. Ad. jzoX. seine
Ansicht wesentlich modifiziert, (Hdb.2 I 298ff.j,
glaubte aber doch, auch noch für spätere Zeit die
Identität des y. zfjg ßovXfjg und des y. xaza tzqv-
60 zavsiav festhalten zu können. Gegen die Annahme
bloß eines Ratsscbreibers spricht aber nicht nur
der Bericht des Aristoteles, sondern sprechen vor
allem die epigraphischen Tatsachen. Daß min-
destens nach 358/7 oder 354/3 der y. xijg ßovXfjg
und der y. xaza jzQvxareiav nebeneinander be-
standen, wird angesichts der Urkunde IG TL 61
niemand mehr zu leugnen wagen (s. u. 2). Die
Identifizierung des Prytanienschreibers mit dem
1721
r^afifiaveTg
y. tfjg ßovXfjg in früherer Zeit, für die meines
Wissens in neuerer Zeit nur noch Lipsius zu
Schömann Gr. Altert.* I 403 eingetreten ist,
läßt sich, soviel ich- sehe , mit sämtlichen Zeug-
nissen ungezwungen erklären; an Köhlers Er-
gänzung in IG I 61 hat sie ihre Stütze, da so
die Kürzung sich in ganz natürlicher Weise
erklärt. Meistens freilich wird diese Ergänzung
angefochten und schon deshalb , aber auch aus _
innern Gründen angenommen, vom Prytanien- 10 daß sich also keinerlei andere Funktionen für
t •!. _ . . . ■ J i4- Ja- ' ! Kn+rnntn ilrn no (iliwüiofln locoOTi nnrl •fV»i*npr daß Ar mir
iQttflfiaTElS L(&&
Aufstellung von Beschlüssen auszuführen, während
diese Funktion im allgemeinen an den neuen
Beamten, den y. zfjg ßovXfjg, überging. Ob dieser
neue Schreiber aus der Reihe der Ratsmitglieder
genommen wurde, können wir nicht entscheiden.
Zu beachten ist vor allem, daß, wenn auch die
Kompetenzen dieser beiden Schreiber nicht scharf
geschieden sind, doch der y. zijg ßovXrjg aus-
schließlich mit der Publikation beauftragt ist.
Schreiber sei der mit der avayQacpv) betraute
Schreiber von Anfang an geschieden gewesen, und
dieser habe von Anfang an 6 ygafifiazehg 6 zijg
ßovXrjg geheißen; so Schäfer 13. Hartel 120.
Wachsmuth Stadt Athen II 1, 339 Anm. Her-
mann- Thumser Staatsalt. 498, 1 und besonders
Hille 214f. Nach meiner Auffassung wurden,
um zusammenzufassen, bis in die 60er Jahre des
4. Jhdts. die verschiedenen durch die Inschriften
ihn nachweisen lassen, und ferner, daß er nur
bis 318/17 v. Chr. nachzuweisen ist, zuletzt in
IG II Suppl. 231b, den Beschlüssen zu Gunsten
des Euphron aus Sikyon aus den ersten Jahren
nach dem Sturze der Oligarchie und der Wieder-
herstellung der demokratischen Regierung in Athen.
Seine Funktion ist also keine bedeutende, das
Amt kein wichtiges und verantwortungsvolles.
Das darf wohl auch daraus erschlossen werden,
bezeugten Funktionen des Ratsschreibers von dem 20 daß er in IG II 11 4B 15 und C 15 gar nicht
einen Prytanienschreiber (mit seinem Hilfs- oder genannt ist, sondern daß da lediglich steht ava-
Kanzleipersonal) ausgeübt. Sein offizieller Titel «-^-— **- ~~ ...-s™.—« «m- ^ ™ A,,AA*, r . n ™,
war 6 yQafi/aaievg 6 xaza Tzgvzaveiav zfjg ßovXfjg ;
jedoch wurde dieser Schreiber entweder lediglich
mit lyQaßixäzsvs bezeichnet, oder es wurde der
volle Amtstitel regelmäßig zu 6 yoafifiaxeve 6
zfjg ßovXfjg gekürzt. Bald nach der Umwandlung
des Amtes des Prytanienschreibers in ein Jahres-
amt, die etwa zwischen 368 — 363 v. Chr. erfolgte.
yodipai 8e xo iprjtpiOfia zoSe im zö dvddtjf.ia xijg
ßovXijg. Das würde, wie Lipsius zu Schömann
Gr. Alterte I 404, 5 bemerkt hat, zur Genüge
erklären, warum dieses minder wichtige Schreiber-
amt von Arist. Ad. noX. 54 gar nicht erwähnt
ist; doch bleibt auch die Möglichkeit, nach der
von Larfeld II 706 als ,höchst ansprechend'
bezeichneten Vermutung von Drerup Berl.
wurde der durch Weglassung von zijg ßovXrjg bei 30 phil. Woch. 1898, 180, den y. zijg ßovXrjg mit
der vollen Benennung entstandene Amtstitel
yoapfiazevg «ar« utQvtavsiav üblicher. Diesen von
nun an öfter zu wählen und an ihm festzuhalten,
bot die Einsetzung eines besondern, ausschließlich
mit der Aufzeichnung der Urkunden beauftragten
yQa/ifiazevg zijg ßovXrjg die Veranlassung. Zum
erstenmal begegnet uns der gekürzte Titel y.
xaza itQvzaveiav bei einer Inventaraufnahme von
358/7 oder 354/3 v. Chr. (IG II 61). Wer diese
dem von Arist. genannten Ratsbeamten im xovg
vöpovg zu identifizieren , allerdings unter der
Voraussetzung, daß sich Aristoteles nicht genau
ausgedrückt, nicht die technische Bezeichnung
angewendet habe, s. u. 3 und 9. In gramma-
tischer Hinsicht ist bemerkenswert, daß der y.
zijg ßovXrjg — und zwar gilt das für die ältere
wie für die jüngere Zeit — im Nominativ ge-
wöhnlich 6 y. 6 zijg ßovXrjg heißt, im Dativ aber
Kürzung des vollen Titels nicht zugibt, muß an- 40 zqj yQa^azei-zrjg ßovXrjg, im Akkusativ zbv yqafi-
nehmen, der y. xaza novzavdav sei erst um diese ----- ™- fl —' Ä - n " ft «™ ^^>^^^ an ß^n^n
Zeit, als die Stelle des Ratsschreibers (y. zijg
ßovXrjg) zum Jahresamte wurde, neu eingeführt
worden, so z. B. Dittenberger Syll.2 495, 20 ;
Zum erstenmal wird expressis verbis der y. xaza,
Tigvzavslav mit der Publikation eines Volks-
beschlusses betraut in IG n Suppl. 108 b, einer
Inschrift aus der Zeit des Olynthischen Krieges,
also etwa 349/8 v. Chr, wo mir trotz der starken
Zerstörung die Ergänzung Köhlers ziemlich ge- 50
sichert scheint. In diese Funktion teilt er sich
seit der Mitte des 4. Jhdts. mit dem y. zrjg ßov-
Xrjg, den ich als eine Neuschöpfung des 4. Jhdts.
glaube betrachten zu müssen.
2) 6 yQa/njnazevg 6 zfjg ßovXrjg. Die Be-
lege dafür, daß von rund 350 v. Chr. an ab-
wechselnd der y. xaza. novzavdav und der y. zrjg
ßovXijg mit der Publikation der Beschlüsse beauf-
tragt werden, verzeichnet Larfeld II 706. Neben-
einander als zwei deutlich geschiedene Funktio- 60 Köhler IG I 61 richtig ergänzt hat, die Ori-
ftazea irjg ßovXijg. Daß aus euphonischen Gründen
zur Vermeidung der Wiederholung tal y. zip zrjg T
zbv y. zov zrjg der Artikel an zweiter Stelle weg-
gelassen wurde, zeigt IG II 61, wo Z. 18 und 22
zoy yQafjLfxazF.a zfjg ßovXrjg steht, dagegen Z. 15
xoy ygafifiaxea zoy xaza TiQvxaveiav xai zovg aXXovg
ygafifiazeag zovg im zoXg örjfiooiotg yQafif.iaoiv\
vgl. Meisterhans-Schwyzer Gramm, d. att.
Inschr.s 230, 28.
3) rQapifiatevg 6 kni zovg vöftovg oder
'O ejii xovg vofiovg. Arist. 'ä&. sioX. 54, 4
nennt als zweiten Schreiber des Rates nach dem
Prytanienschreiber den Schreiber im xovg vöpiovs-
Er ist erlost, wohnt den Ratssitzungen bei und
hat, wie Aristoteles deutlich sagt, lediglich die
Gesetze zu kontrollieren: xXrigovot de xai im zovg
vofiovg ETsgor, og naQaxd&qxai zfj ßovXf] xai ävxi-
yqd(p£xai xai ovzog xdvxag (sc. zovg vofiovg). Im
5. Jhdt. standen, wenn, woran ich nicht zweifle,
näre erscheinen sie in ein und derselben Inschrift
358/7 oder 354/3 (IG n 61); denn der Versuch
von Gilbert Philol. XXXIX 136f., sie auch hier
zu identifizieren und das Nebeneinander zu er-
klären, ist verfehlt. Es ist nicht zu bezweifeln,
daß es etwa um die Mitte des 4. Jhdts. zwei R*ts-
schreiber gab, von denen der Prytanienschreiber
fortfuhr, auch die Öffentliche Aufzeichnung und
ginale der Gesetze noch unter der Aufsicht des
Prytanienschreibers, jetzt ist diese Funktion ab-
getrennt und bei der zunehmenden Geschäftslast
des Prytanienschreibers einem besonderen Beamten
zugeteilt. Legt man in der Aristoteles-Stelle den
Nachdruck auf ksti rove vopovg, nimmt man also
an, dieser Schreiber habe bloß die Aufzeichnung
der Gesetze, nicht auch der Psephismen, zu kon-
1/ZÖ
iQCCiXpLUTeTq,
r^txfifjuxrets
1724
troheren gehabt, so ist es , ganz natürlich, daß 5) reappartis r« s ßovXüg xal xov
dieser neue Schreiber uns mdeaVolksbeschlüssen öjftov, der seLt 307/6 gewöhnlich bloß v. zov
nicht begegnet' (Gilbert Handb.2 I 300, 1). Es dfaov genannt wird und sich bis etwa 200 v Chr
ist aber überhaupt sehr fraglich und a priori nachweisen läßt. Die ältesten Urkunden, in denen
wenig wahrscheinlich, daß neben dem y. xaxd der y. xov Öfaov mit der Publikation betraut ist
izQvxavttav, der ja immer noch mit der Aufzeich- IG H 273. 275. 286. 293. Suppl. 296 e ffehören
nung von Beschlüssen betraut ist und dem die alle dem Ende des 4. Jhdts an, die iümrste
gleiche Funktion gleichzeitig ausübenden y. xfjg sicher datierbare, II Suppl. 385c I 28 den
ßovXfc für die vofioi ^noch ein besonderer Beamter J. 216-214, während einige nicht sicher datier-
et den gleichen Kompetenzen bestanden habe. 10 bare noch etwas junger sein dürften; vgl die
Die Annahme eines eigenen y. bä xovg vdptovg Zusammenstellung bei Larfeld II 707 D*>r
verhert dadurch noch mehr an Wahrscheinlichkeit, volle Titel r , xijg ßoviijg xal zov öfrov erscheint
daß, wie unter 9) auszufahren ist, auch ein hti IG II 309 (287/6 v. Chr.), der einzigen Urkunde,
r« ywwtwxa, und zwar inschnftlich, vorkommt, wo er mit der Publikation der Inschrift beauf-
jer doch wohl mit dem «w zovg vdpovg zu iden- tragt ist. Außerdem ist er bloß angeführt in
tinzieren ist Beides sind also möglicherweise nur zahlreichen Prytanenverzeichnissen , IG II 869
speziellere Bezeichnungen für den y. xfjg ßovXijg, (ca. 350 v. Chr.), Suppl. 871b (nicht viel nach
4) Der avayQayevs Während des oligar- der Mitte des 4. Jhdts.). 393, zu verbinden mit
einsehen Regiments, das infolge der Umwälzungen 391 (Ende des 3. Jhdts.; hier neben zahlreichen
im Lamischen Kriege (323—322 v. Chr.), der 20 andern Schreibern). 394 (aus derselben Zeit).
Aufhebung der Demokratie durch Antipatros, in 431, 45 und 441 (wahrscheinlich aus der ersten
Athen herrschte finden wir bloß während der Hälfte des 2. Jhdts.). 488 (aus dem Anfang der
drei Jahre 321/0-319/8 v. Chr. einen ävay Q a- Kaiserzeit), worin [6 y Q a^az,bg rfjg] ßovXrfg xal
S f L E pH-v K J Ja^esbeamter, der nicht bloß zov dfrov zusammen mit dem oz Q ar ny dg iJl xovg
mit dei Publikation der Yolksbeschlüsse betraut bnXdxag und dem **>„£ «fr |f >ÄQäov xäyov
ist — nach IGr II 190 ist seine Pflicht in erster ßovXf\g beauftragt wird, den Beschluß in Abschrift
vTff d * ava re a W ™ v ?e«M«™v — sondern in Myrina mitzuteilen. Als grammatisch merk-
umfassendere Kompetenzen gehabt haben muß, würdige Abweichung in der Titulatur dieses Be-
wie sonst der ■ y. xaza xQvxavdav. Das ist er- araten ist zu verzeichnen der Dativ in y. xf>i
wiesen durch die Tatsache, daß er nicht bloß in 30 ßovXijt xal *d» djpoH, der sich sicher in IG II
der Überschrift erwähnt ist, sondern auch in der 865, 21 und 870 (beide etwa aus der Mitte des
Datierung im Prasknpt. Der *vay Q a<pevg erscheint 4. Jhdts.) findet, wahrscheinlich auch in 867 vom
in der Überschrift IG II Suppl 192c (320/19 J. 378/7 v. Chr. Es ist wohl kaum zu be-
t;^ 0, " el . leu!h r t "<* » 226 (319/8 v. Chr.). zweifeln, daß der y. rifg ßovXijg xal zov öfaov
In den gleichen Jahren finden wir ihn aber auch und der y. zov ärjpov identisch sind. Ein ina-
Q! 10.0 U q "? ^ e no? pit ? der r7 De T kret n e m n l °Son dazu bietet die Verkürzimg der Sanktions-
a?r t -Ü PP -' ? b ^°' « U Deachten ist > fo ™el M°& riji ßovXfjt xal ton Mptoi in den
daß neben ihm m dem Dekret II 191, vielleicht Präskripten probuleumatischer Dekrete seit dem
auch in dem verstümmelten 192, sicher aber in Anfang des 3. Jhdts. (Larfeld II 707) Hin-
II buppL 192b und c in den Präskripten mit40 gegen ist von diesem Schreiber zu trennen der
o ömva jyQafifiazeve noch ein Prytanienschreiber in der Buleutenliste des J. 335/4 v. Chr. genannte
Sw?«5 i J^f^^^ i der «"W«¥*fr 7- *ö« AJ/wii (b. 6.). Daß in den Prytanenlisten
?Ä ^ 7 "? 't? n ^ PPl ?^ 3 nn 229b H 865ff - der y- T * s fi™** * al ™* Wf™ stets
*-<?»•) und ° add - P ' ti 4 T nr - 299b meiner andern Phyle stammt als die betreffenden
i so VW "Sw.^?. 1116 ? ™J? n SuppL Pr y tanen - ^ a «f ZnfaU beruhen; jedenfalls
p. 8J. Mit der Publikation der Dekrete finden gibt uns das kein Recht, in ihm nicht einen
wir den _ av^ga^vg in den J. 321/20-319/8 Jahresbeamten, sondern den wiederaufgelebten,
Wt r agt 1 nIGII227.228.229undSup P 1.229c.d prytanienweise wechselnden Schreiber In sehen
(hier ist die Abfassungszeit nur erschlossen). Über (Larfeld II 707). Man wird zu letzterer An-
üen avaygatpevs vgl. außer Larfeld II 655 und 50 nähme um so weniger geneigt sein, als in den
i? a 6 ' /'Z n M ^ Übe l di , e B^eutonliste Ehrendekreten für die au3 dem Amte scheidenden
des J. 33o/4 v. Chr., m der ebenfalls schon ein Prytanen aus dem 3. und 2. Jhdt. (IG LT 329
avwßaywg erscheint, jedoch wohl nur als Hilfs- 303. 394. 431 IL 441) der y. (ztg ßovXijg xai)
Schreiber freilich unrichtig sind. Schaltheß rov Sfoov immer scharf geschieden ist von dem
Lft Ä i?- 96 ', 38 °' ? ran ? is o- aus derselben Phyle wie die Prytanen stammenden
ouppi -rsa. i &. iö t um avayoa<pev$ ergäbe sich Prytanenschreiber.
auch für Neapolis aus IG XIV 757 Ä,««^ xa l 6) r Q a^ar £ vc röi a^ w . An dritter
<*£ta>s r V g Ttolscog avay £ y e a<pfEvx6n), wenn nicht Stelle nennt Arist. 'A&. xoX. 54, 5 einen vom
in dieser nur durch ältere Abschriften bekannten Volke durch Cheirotonie gewählten Schreiber, der
hJi™ n? lese r n ^ är ?«»*°^W^";mitA.WiL60m der Volksversammlung und den Ratssitzungen
Nach d7 m 1 ^o;, 1 / 1 4 ^ fl , - die Aktenstücke zu verlesen hat, mit der aus-
Attm «JfeP Jlfü S X \°Y finden wir m dra ^chen Bemerkung, daß das seine einzige
^S^tzZiT 818/1 I -T h - d f 7 ' T ^JZ Xifs FuDkti0D ist: Z^ozoveTSk xal h ö, lft og yga^ia
som letztenmal genannt ist, wieder ausschließlich zdr avayvoööpsvöy afaS (d. h. J^i) xai zS
iSchiü^ \SSS^T S?* er Publikation der fati, * ai »t™ oidsv^ iozc xvengm* $ roh
Z^Tv^Ar% ^tfvgu'gegBn erscheint nun ärayväivat. Schon angesichts dieser ganz deut
raren isnde des 4. Jhdts. häufiger der schon liehen Schlußbemerkung war es verfehlt, wenn
her vorkommende Gilbert Handb.2 I 300. Drerup BerL phiL
1725
r^afifiarstg
r^afifiaveig
1726
Wochschr. 1898, 179 und Larfeld II 708 ihn mit
•dem y. tijg ßovXifg xal zov örjfiov identifizieren
wollten. Es unterliegt vielmehr gar keinem
Zweifel, daß wir diesen Akten- Vorleser , für den
sich aus Aristoteles etwa die Benennung^. 6 ava-
yiyvcbaxav zeji ö^ia> ergäbe, insehriftlich über-
liefert finden in der von Kirchner Athen. Mitt.
XXIX (1904) 244ff. publizierten, bereits früher
von Wilhelm erwähnten und auch von Lar-
- c) ävayQatpevg ;
d) ETzi za tpr}<pla(xaza;
e) ävziyQCMpevg.
Über die ersten zwei ist nichts weiter zu be-
merken; auffällig ist dagegen hier der
7) dvaygatpsvg, den wir. oben unter 4) aus-
schließlich für die Jahre nach dem Lamischen
Kriege (321/0 — 319/8) nachweisen konnten. Man
wird, zumal da in der Buleutenliste der dvayga-
f eld mehrmals herangezogenen Buleutenliste, 10 <psv$ erst an dritter Stelle genannt ist, Bedenken
die aller Wahrscheinlichkeit nach die Buleuten des *™<«wi ilm mit dpm Rnfrar znr Datierrniff ver-
J. 335/4 v. Chr., also nur wenige Jahre vor der
Publikation deT 'A-fr. ztol., verzeichnet. Hier heißt
er kurz y. ran 8^<ot. Über den Dativ bei y.,
der bei ygafifiazevcov ganz natürlich ist, vgl. zu 5).
Zur Evidenz erhoben wird diese Identifikation
durch IG n 114a 10 (Dittenberger SylLJ
495) von 343/2 v. Chr.: ävafyv&Jrat zoSf. zo
yjjyioiua zoy yQapfiarm tcöi dfjficüt, wo man bisher von Drerup Berl. phil. Woe
Tön drjfifoi fälschlich mit dvayvtövai verband, 20 geschlagene Erklärung, der
tragen, ihn mit dem sogar zur Datierung ver-
wendeten dvayQ acpevg der J. 321/18 zu identifi-
zieren und so einen Beamten, den man als eine
Neuschöpfung des durch Antipatros eingesetzten
oligarchischen Eegimentes glaubte betrachten zu
dürfen, bereits 14 Jahre früher anzunehmen, wo
sich ein Grund zur Einführung dieses nicht un-
bedeutenden Amtes gar nicht einsehen läßt. Die
von Drerup Berl. phil. Wochschr. 1898, 1458 vor-
' Larfeld II 706 zu-
währaid es mit zoy ygafipazsa eng zusammen-
gehört (Kirchner 245; auf dem richtigen Wege
waren Gilbert Handb.2 I 301 Anm. und Lip-
sius zu Schümann Gr. Altert. 4 I 404, 4). Dieser
Akten-Vorleser ist aber nicht erst eine Institution
des 4. Jhdts,, sondern rindet sich schon im 5. Jhdt.
Bei Thuc.VH 10 heißt der Schreiber, der in der
Volksversammlung die Akten vorliest, 6 yqafifia-
zsvg 6 zfjg noXecog. Dieselbe nichtoffizielle Be-
zustimmen geneigt ist, ist ein unannehmbarer
Notbehelf. Soweit wir sehen, tTat der dvayga-
<pevg der J. 321—319 vollständig in die Funktionen
des Prytanienschre'ibers ein und wird im Präskript
mit dem Archon oder auch allein zur Datierung
verwendet. Der Prytanienschreiber erscheint aber
in der Buleutenliste an erster Stelle, also doch
offenbar in seiner bekannten Funktion. Man wird
daher im dvayQaysvg des J. 335/4 noch nicht den
Zeichnung bei Ps.-Plut. vit. X orat. 841 F: nach 30 kompetenzenreichen. Beamten der J. 321/19 sehen
der von Lykurgos getroffenen Einrichtung soll bei
Aufführungen der Dramen des Aischylos, Sophokles
und Euripides o zrjg nöXecng ygau/xazevg den Text
im Staatsexemplar nachlesen, damit am offiziellen
Test keine Änderungen vorgenommen werden
(Erweiterung seiner Kompetenzen), Schließlich
gebraucht diese nichtoffizielle Benennung y. xf\g
ziölstog auch Libanius Argum. Demosth. XIX
von Aischines. Dieses Schreiberamt haben närn
dürfen, sondern lediglich einen Hilfsschreiber zur
Unterstützung des y. xaza JigvTaveiav. Wir werden
überhaupt nicht fehl gehen, wenn wir uns den
y. xaza nQvzavzlav, sobald neben ihm noch andere
Schreiber erscheinen, als eine Art Kanzleichef
vorstellen. Am deutlichsten ergibt sich das aus
der Inschrift über die Chalkothek vom J. 358/7
oder 354/51 , wo der Staatssklave Eukles beauf-
tragt wird, das Inventar der Chalkothek aufzu-
__ ~V ^ ^ "L un «J ^«14- i1nn I?"«Ti4».rtllA T\ai amar
lieh Aischines, der sicher nicht Ratsmitglied war, 40 nehmen, während mit der Kontrolle — bei einer
und sein Bruder Aphobetos wahrscheinlich in zwei T — + *«..i™ a «^ «\ a ;™ T*nnVtiAr«n <W
aufeinander folgenden Jahren (Penndorf 168f.
bekleidet, wohl dank der Empfehlung des Eubulos;
vgl. Demosth. XIX 249 xal zb zeXsvtdtov vtp
vfiatv yQü^ifiamtg y£iQOTQvrj-&hzsg dv szfj ezQdfptjaav
h> zfj &6X(o. Wenn dieser Vorleser der Ehre ge-
würdigt wurde, mit den Prytanen in der Tholos
xu speisen, so kann dieser Posten nicht für so
unbedeutend gegolten haben, wie man aus der
Inventaraufnahme wird sie im Punktieren der
einzelnen Posten bestanden haben — der Pry-
tanienschreiber mit dem übrigen Kanzleipersonal,
den Archivbeamten, beauftragt ist : dvziygätpeo&ai
ös zoy yQa^fAazia r6y xaxä ngviaveiav xal zavg
äXXovg yQafifiafriJag xovg ejzl zoig b^fio-
oiotg ygä/ufiaatv. Die Rolle des Kanzleichefs
ergibt sich für den y. xata xgvzaveiav aus diesem
Passus um so deutlicher, als die Aufzeichnung
engbegrenzten Kompetenz zu schließen geneigt 50 des Beschlusses nicht durch ihn, sondern durch
wäre. In herabsetzender Weise , wie bereits den y. xfjg ßovXfjg besorgt wird.
Schäfer Dem. u. s. Zeits I 254, 1 mit Recht
hervorhob, nennt Demosthenes XIX 70 Aischines
in diesem Amte vjioyQafipaxevoav xal ijirjoexolv
statt yqaptftazevov. Es darf daher aus dieser
Steile kein Schluß auf die Wertschätzung des
Amtes gezogen werden-, daß es aber an Bedeu-
tung lange nicht an dasjenige des Prytanien-
schreibers heranreichte, ist klar.
8) Der arziygatpsig, von Aristoteles nicht
erwähnt, aber in der Buleutenliste von 335/4 an
fünfter Stelle genannt, ist zwar mehr Rechnungs-
beamter als Schreiber, eine Art Buchhalter des
Rates, darf aber hier um so weniger übergangen
werden, als der Artikel *AvztyQatpevg o. Bd. I
S. 2423 (nicht die hauptsächlich den dvxiyQayevg
von Magnesia am Maiandros behandelnde Ergän-
Mit dieser Aufzählung ist die Zahl der Schreiber 60 zung von Brandis o. Suppl. -Bd I 90f.) mehrfach
"^ v - Vi — *-- -**■ ^ *- 1 — der Berichtigung und Ergänzung bedarf. Ist doch
Thal he im so weit gegangen, die Benennung
dvxtyQatpEvg als eine Erfindung der Grammatiker
zu bezeichnen (ebenso Larfeld II 7011), als eine
Nebenbezeichnung des Ratsschreibers, erschlossen
aus einem wesentlichen Teil seiner Beschäftigung,
dem dvnycjdyeo&ai, das als eine Haupttätigkeit
des y. xaxd jtQvrttrslar bei Arist. *A&. izol. 54, 3
des Rates noch nicht erschöpft. Die schon mehr-
fach erwähnte Buleutenliste des J. 334/5, publi-
ziert von Kirchner Athen. Mitt. XXIX (1904)
244 — 253, nennt nicht weniger als fünf Schreiber,
bezw. Beamte oder Diener des Rates in folgender
Reihenfolge und mit folgenden Namen:
a) yoafifiaxevg xaxd 7rgtrrav6iar;
b) yßafiftazevg Tip A?/«^»;
1727
r^afifiareZs
r^afifiatets
1728
angegeben ist. Die Liste von 835/4, wo der Deputierter des Rates' gewesen sein, wie Lipsius
dvxiyQtupsvg neben dem y. xazä ngvzavsiav er- zu Sc hö mann Griech. Altert.4 1404, 5 annahm,
scheint, beweist mit aller Deutlichkeit , daß der Daß jener Eudoxos , zu dessen Ehren die Be-
avTtyQa<psvg ein eigener Beamter des Rates ist. Schlüsse B 10—16 und C 9—15 dieser Inschrift
Wir haben durchaus keinen Grund , ^ die Nach- gefaßt sind, weil er xaXäg xai dixaioig ins/LieXfj&t}
richten, die uns literarisch über den dvTt.yga<pevg zfjg Sioix^oswg vjzb zfjg ßovlijg i<p" fjv elged-jj, die
überliefert sind, irgendwie anzuzweifeln, abge- Stellung des avTiyoayEvg bekleidet habe,' wie
sehen von den verworrenen Grammatikerzeug- Ei eden au er Verhandig. d. philol. Gesellsch in
nissen Pollux VIII 98 und Harpokr. s. avxi- Würzbarg (1862) 77 annahm, ist durch die Zeit
ygarpt-ÖQ, über die v. Wilamowitz Herrn. XIV 10 der Inschrift ausgeschlossen,
148 und vorsichtiger Penndorf De scrib. reip. Das vor 335/4 wieder eingeführte Amt des
Athen. 158ff. gehandelt haben. dvziyga<psvg hat noch lange fortbestanden, wenn
Aischines (III 25) sagt für die Zeit vor dem es auch nur selten erwähnt ist. Ein dvztygaw&vg
J. 330 y. Chr., in welchem die Rede gehalten erscheint, wie bereits Thalheim o. Bd. I S. 2424
ist: kqöteqov fth xoivvv avziygayevg yv xetgo- bemerkt hat, in allerdings recht auffallender
TovjfTog rfj x6lei } og xaff sxdaz^v uiQvraveiav Weise in einem Volksbeschluß des 2. Jhdts.,
dnsloyi&ro rag xoooödovg %$ dr}(Mp. Er war also IG II 408 (v. Schöffer o. Bd. II S. 587 setzt
vom Volke gewählt und hatte in jeder Prytanie den hier genannten Archon Metrophanes erst ins
dem Volke die Rechnungen vorzulegen über die J. 129/28 v. Chr.) im Präskript unmittelbar hinter
Staatseinnahmen. Offenbar war er selber Mitglied 20 dem Prytanienschreiber und zwar im Nominativ:
des Rates, nicht bloß ein Beamter des Rates, im zfjg Axafxavzlöog äeadr^g jiQvzavstag § 'Em-
wie Kirchner 247 annimmt; denn mar unter yhr\g Moöxioivog Aä^TQevg iyQafifidxsvsr, ävzi-
der ersteren Voraussetzung ist meines Erachtens ygaysvg Atjfioxgäxtjs Arj/ioxgdzov KvSa^vatsvg.
Dem. XXn 38 völlig verständlich: tocog dvaßij- Er hat sich sogar bis in die Kaiserzeit erhalten,
öt-tat xai övvsqsT rfj ßovkfj üiXinnog xal 'Arn- wo er unter den deiatzoi (s. o. Bd. I S. 478) er-
yjvyg xai b dvtiyga<pevs xai ziv^ ällot, oineg scheint, IG III 1030,33 (zwischen 166/7—168/9
ixet dt savtcöv st%ov fiezä zovzov zo ßovlEvz^giov. n. Chr.).
Diese Rede gegen Androtion fällt ins J. 355, Ähnliche Funktionen, wie der ävztyga<psvg f
also ein Jahr vor dem Beginn der Finanzver- hatte der örjßoatog des Rates, ein Staatssklave,
waltung des Eubulos; vgl. auch Lipsius zu Schö- 30 der mit der diotxtjoig zu tun und Spezialaufträge
mann Gr. Altert. 4 I 404, 6. des Rates auszuführen hatte und dessen Tätigkeit
Aus der Aischines- Stelle erfahren wir, daß speziell als dvztygdtpeo&at bezeichnet ist, z. B.
das Amt des ävztygayevg 330 nicht mehr bestand, IG II 403 (aus dem Ende des 3. Jhdts.) ; vgl.
sondern daß während der Finanzverwaltung des auch II 404 (aus dem Ende des 2. Jhdts. v. Chr.).
Eubulos (354—339) die Funktionen des ävztyga- Über diesen Ötj^ootog vgl. o. Bd. IV S. 161, 52.
rpevg auf einen aus dem Kollegium im zo &ecü- 9. Der ini zä ipr)(pla^aza steht in der
qixöv übergegangen waren (daß nicht ein Kolle- Buleutenliste von 335/4 an vierter Stelle, vor dem
ginm, sondern ein einzelner, ixt to üsagtxöv ävziygatpevg , in der Beamtenliste von 343/2 IG
genannter Beamter für die Theorikengelder gesorgt II 114C zwar an zweiter Stelle, aber ebenfalls
habe, ist eine wenig wahrscheinliche Vermutung 40 unmittelbar vor dem um diese Zeit die Stelle
von Schaefer De scribis 38, 2; vgl. Ditten- des früheren dvziygatpsvg einnehmenden im to
berger Syll.a II nr. 495 Anm. 24). Das blieb fcmgtxöv. Lipsius zu Schümann Gr. Altert,
so, bis durch das Gesetz des Hegemon wieder 14 404, 5 erklärt ohne weitere Begründung, der
das Amt des ävziygatpsvg beim Rat eingeführt II 114 C genannte Buleut im zä ^o^iofiaza
wurde. Da der dvnygafpsvg in der Buleutenliste sei kein Schreiber, sondern, wie der mit ihm
von 335/4 erscheint, das Amt aber nicht vor dem zusammengestellte im zö &ea>gixöv, ein ,Depu-
Rücktritt des Eubulos von der Finanz Verwaltung tierter des Rates* , also nicht ein Beamter des
(339/8) wiedereingeführt sein kann, so muß das Rates, sondern ein speziell mit dieser Funktion
Gesetz des Hegemon, wie bereits Kirchner 247 betrautes Ratsmitglied. Daß er Ratsmitglied
richtig bemerkt hat, vor 335/4 beschlossen wor-SOwar, ist auch mir wahrscheinlich, und daß der
den sein. Amtstitel im zä yrjyiouaza wohl nur eine Funktion
Mit dieser aus der Literatur erschlossenen bezeichnen kann, die sich mit der Kontrolle der
Geschichte des Amtes des dvziygayevg stimmen Aufzeichnung der Psephismen deckt, einleuchtend,
die epigraphischen Zeugnisse überein. In der Will man, was fast unerläßlich scheint, den Tat-
Prytanenliste der Pandionis aus dem ersten Drittel bestand der beiden Beamten Verzeichnisse des
des 4. Jhdts. IG II 865 erscheint als Beamter Rates von 343/2 und 335/4 mit den fast die
des Rates neben dem y. zfj ßovlfj xai z<p ötjftq> gleiche Zeit beschlagenden Angaben von Arist.
auch der ävztygaqpevg. Dagegen erscheint in einer A&. tzoX, 54, die freilich nicht den Anspruch auf
Inschrift aus der Zeit der Finanzverwaltung des absolute Vollständigkeit erheben dürfen, in Über-
Eubulos IG II 114 unter den C 1—9 aufgezählten 60 einstimmung bringen, so bleibt nur der von
Ratsbeamten der dvziygatpsvg nicht, sondern genau Kirchner 245f. gewählte Ausweg, den von
En ™£ leicnen ste lle, wie in der Buleutenliste Aristoteles genannten im zovg vö/iovg zu identi-
von 385/4, nämlich nach dem hzl zä ytr}<piofiaza, fizieren mit dem in diesen beiden Urkunden ge-
ein ext tö_&eoiQtx6v, Ktjytootpöv EecpaXioivog 'Ayi- nannten Im za yttiyioftaia (zur Identifikation ist
SS ff * Ä? S . e ? lst bier *k B^^amter aufge- auch v. Wilamowitz Arist. u. Athen 1227, 84
««£» obgleich er in Wirklichkeit ein Mitglied geneigt ; aber er nimmt an, der ixt za ymmiouata
der_ TheonkenbehOrde ist, also eigentlich außer- sei spater durch den ixi uw 5 'rdfuwe ersetzt
halb des Katen «feto Tür _-«i «i art „i,™ ^„ wor a erjf nachdem eine Änderung eingetreten sei).
halb des Rates steht. Er wird also nicht ,ein
ivuy
rQüfimatsiq
Fgamuevelg
1730
Bei der nicht ganz streng durchgeführten Schei-
dung von v6fM>i und xprj^tafiata, weil ja auch die
v6fiot auf yfijiptofiata zurückgehen oder doch erst
durch solche Gesetzeskraft erlangen, halte ich
diese Identifikation für durchaus zulässig. Dann
ist anzunehmen, Aristoteles, der ja offensichtlich
für diesen Schreiber nicht die technische Bezeich-
nung anführt, habe ihn weniger genau nach
einem Teil seiner Kontrollarbeit benannt
zfjg ßovlijg xai xov öfoov (IG U 859. II v 871b)
oder y. zjj ßovkfi xai zq> dfotp (IG II 865. 870)
aus der Mitte des 4. Jhdts. zu identifizieren^
Allerdings kann er sich darauf berufen, daß in
der gleichaltrigen und gleichartigen Urkunde IG
IIv 872b derselbe Beamte als y.. zfjg ßovk^g er-
scheint; vgl auch Penndorf 147.
Die nicht zu leugnende Unsicherheit, die auch
jetzt noch nach nicht unwesentlicher Vermehrung
Nunmehr dürfen wir auch vor dem weiteren 10 des Urkundenmaterials und nach dem Hinzu-
Schritt nicht zurückschrecken, den Kirchner
245f. getan hat, den y. im zovg vofiovg bezw.
im za yqtpiafiaza zu identifizieren mit dem gerade
um diese Zeit wiederholt mit der Aufzeichnung
der Psephismen betrauten y. zfjg ßovXffg) so auch
Dittenberger Syll.2 II nr. 495 Anm. 22. Da
die Angaben des Aristoteles hinsichtlich des y.
xara szQvravEtav und des y. z<3 drjfiq) mit den
gleichzeitigen Inschriften übereinstimmen, so ist
kommen der *A&, tcoX. besteht, rührt, wie ich
glaube, zum Teil davon her. daß zweifellos nicht
bloß zu verschiedenen Zeiten ein und derselbe
Funktionär verschieden benannt wurde, sondern
daß offensichtlich auch innerhalb ein und derselben
kürzeren Periode die Benennung nicht eine ab-
solut technisch strenge im modernen Sinn war
und zwar nicht bloß, wenn wir literarische und
inschriftliche Quellen gegen einander halten, son-
in der Tat nicht einzusehen, warum der um diese 20 dem auch wenn wir bloß die Inschriften in
Zeit öfter vorkommende y. zrjg ßovlijg nicht mit
dem von Aristoteles erwähnten iai zovg vopovg
und dem im za ^fjj<pio^caza der beiden Prytanen-
listen zu identifizieren sein sollte. Worin hätten
denn die Funktionen eines besondern y. zv\g ßov-
Xtjg, der in unsern Inschriften lediglich mit der
arrygacpr] rov ftjtpia^azog betraut ist, bestehen
sollen, wenn neben ihm noch ein y, ini zovg vo-
fiovg xai za ywjfpiofzaTa bestanden hätte? Zuzu-
Betracht ziehen. Vermehrt wird die Schwierigkeit
und Unsicherheit dadurch, daß eine ganze Anzahl
unserer Inschriften in die 15jährige Verwirrung
nach demLamischen Kriege (322/1) bis zur Wieder-
herstellung der Demokratie durch Demetrios Poli-
orketes (307/6) fällt, eine Zeit, über der nicht bloß
in staatsrechtlichen, sondern auch in historisch-
tatsächlichen Dingen vielfach Dunkel schwebt.
Über die Schreiber unter der Herrschaft des
geben ist allerdings die oben unter 2 ausge- 30 Demetrios von Phaleron vgl. Sund wall De
„„w^i,^ ™*„ii A M„u A n a a -jx. a„.\* institutis reipublicae Atheniensium post Aristo-
teles aetatem commentatio , Acta soc. scient.
Fennicae 5XSIV 4 (Helsingfors 1906). Fergu-
son Athenian Secretaries 42ff. Penndorf 179ff.
10. In römischer Zeit, wo Athen wenigstens
lange umbram et residuum lib&rtatis nomen
(Plin. ep. VIII 24,4) beibehielt, finden wir mit
der ßovXij , die sich bis ins 4. Jhdt. nachweisen
läßt, auch alle Schreiber mit denselben Titeln
sprochene Möglichkeit, daß der y. zfjg ßovXfjg nur
tpyyiofmta aufzeichnete, also mit dem ini zä
yqywfiaza der Inschriften zu identifizieren ist,
während zur Aufzeichnung der vopoi der von
Aristoteles erwähnte ini zovg voptovg bestellt ge-
wesen wäre; aber sehr wahrscheinlich ist diese
Annahme nicht, da wir von Aristoteles die Er-
wähnung des mit dem y. xaxa TZQVzaveiav um
diese Zeit bei der Aufzeichnung der Beschlüsse
wechselnden y. zfjg ßovlfjg erwarten dürften. Es 40 wie zur Zeit des Demosthenes. Sie sind sogar
hat schon Gilbert Handb. 12 300 darauf hin-
gewiesen, daß, nachdem der erste Ratsschreiber
häufiger y, xazä siQvzavslav genannt wurde, der
im zovg vöftovg (und, dürfen wir hinzufügen,
i.-ri zä ^rjtpiojxaza) nun ganz allgemein und un-
mißverständlich als y. zfjg ßovlijg bezeichnet
werden konnte. Man scheint vergessen zu haben,
daß bereits Gilbert P 300, 1 bemerkt hat, daß
die Tätigkeit des y. zfjg ßovlijg in der eingelegten
eher noch zahlreicher, wie die Beamtenverzeich-
nisse und Prytanenlisten zeigen und vor allem
die Listen der ätotzot (deiottoi), IG IDI 1019ff.
(über detoizoi vgl. o. Bd. I S. 478). In der
zwischen die Jahre 166/7—168/9 n. Chr. fallenden
Liste IG III 1030 ist unter den Prytanen ver-
zeichnet Z. 18f. Iliözog} ygaftfiatsvg ßovXev-
tc5v [das Zeichen } bedeutet, daß der gleiche
Name als Vatersname im Genetiv zu wiederholen
Urkunde bei Demosthenes XXIV 42, deren Echt- 50 ist], unter den deiotzot, d. h. solchen, die Beamte,
heit jetzt nicht mehr bezweifelt wird, identisch
ist mit der des Aristotelischen im zovg vopovg:
imyQaipai de zotg ftkv vvv xeifiivoig (sc. röfwig)
tov ygaftfiazea zfjg ßovlf/g xzX., er soll binnen
Monatsfrist an den bereits bestehenden Gesetzen,
falls sie nicht bloß für eine bestimmte Zeit
erlassen, also befristet sind, die Bemerkung an-
bringen, daß sie gelten vom Tage des Erlasses
(xvßlovg elvai axb zfjg fffdgag rjg exaozog izi&r)).
aber nicht Prytanen sind und wegen ihres Beamten -
Charakters an der Staatstafel teilnehmen, Z. 28f.
roQytag } Ayaqvtvg yQap/nazEvg ßovlfjg xai
öfjftov, Z. 30f. Mägxog Evxagmdov *A£t]vievg
yöaftiiazEvg xazä TZQvzavslav, Z. 33f. Mov-
öatög ^ &vldöiog dvTtygatpsvg , Z. 36f. Ev^d-
giozog ITaQafiovov s Exetxidr}g vjroygafiftazevs.
Der y. xazä Ttqvzavüav erscheint in römischer
Zeit sonst nur noch 1038 und in dem von Sund-
Da die Rede gegen Timokrates im J. 353/2 ge- 60 wall Philol. LXVDJ (1909) 571 publizierten,
halten ist, so muß der y. zfjg ßovlijg des einge- --- Li -**-— j-^._ -l. T *- A, - fl ™ J
legten vdpog vor dieses Jahr fallen. Diese Notiz
gibt uns gegenüber den schweigsamen Inschriften
wenigstens von einer Tätigkeit dieses y. zfjg
ßoyXijg eine Vorstellung. Fraglich ist mir, ob
Kirchner 246 gut daran getan hat, mit diesem
y. zfjg ßovlfjg — &ii zä y.nj<piofiaza auch den in
den Weihinschriften der Prytanen erwähnten y*
* P»nly-WiB»owa-Kron VII
nicht näher datierbaren Beschluß zn Ehren der
Prytanen und ihrer Beamten, die andern häufig,
wie aus dem Index zu IG IH 31 lf. zu ersehen
ist In allen andern dieser Beamten Verzeichnisse,
außer in 1030 und 1038, erscheint unter den
deiaitot an Stelle des y. xazä XQvxavslav 6 exi
io ßnfia, IG III 10. 1020. 1029. 1031. 1032.
1034. 1040. 1041. 1042. 1048. 1051. 1064. 1078.
55
1731
r^afAfXatetg
Htja/LifMxveig
X732
1733
r^afifiavetg
rQccfifiaretg
1734
die alle ans Ende des 2. oder den Anfang des
3. Jhdts. gehören. Baß in dieser Zeit Seil xö
ßrffta der Titel des Prytanienschreibers ist, daß
also die beiden identisch sind, ergibt sich aus
innern Gründen und außerdem mit absoluter
Sicherheit aus IG III 10 (209/10 n. Chr.), wo
Tödfov KaXMotov MaQa$(u>viQs) im Präskript als
der Schreiber der Prytanie bezeichnet ist {hd
tjjs J7avdiovi[dog .... szgv]xavEiag r^g sygapfidxsvs
e P6öü>v KaXXtaxov Magaföcovtog]), im Verzeichnis
der atatiot dangen als 6 tisqI xo ßijfia; so schon
Boeckh CIG I p. 326b; vgl. auch Hille 220f.
Ferguson 65f.
11. Die Funktionen der yga^fj-axEtg,
die sich zum guten Teil schon aus der voraus-
gegangenen Übersicht, besonders unter 1 ergeben,
sollen hier durch eine Auswahl von Belegen be-
leuchtet werden, wobei gelegentlich auch auf außer-
attisches Gebiet übergegriffen wird.
Außer der bereits I A 1 dargestellten Pflicht
der Protokollführung liegt den Öffentlichen Schrei-
bern vor allem die ävaygayrj der Urkunden ob.
Darunter haben wir nicht bloß die Niederschrift
des Psephismas zur Niederlegung im Archiv und
eine allfällige Veröffentlichung oder Verewigung
auf Stein zu verstehen, sondern wir haben be-
sonders beiProxenie- und Bürgerrechtsverleihungen
noch mit einer Veröffentlichung durch Eintragung
in öffentliche, namentlich in Ratsgebäuden aus-
gestellte Listen und zwar, außer bei Gesetzen
und Verordnungen, stets in kürzerer Fassung zu
rechnen, einer Eintragung «V Xevxojfta, dg xov
rotxov, ei; xov mvaxa u. ä.; vgl. bes. dvaygdipat
.... sig xz zo hgov xov Jtovvaov xal slg xo ßov-
XevxrjQiov sv xoig sm<pavEOxdxoig xönoig (Inschr.
von Minoa auf Amorgos, IG XII 7, 228 = Michel
Kecueil 383). Das hat Wilhelm Basler Philo-
logenversammlung 1907, Verhandlungen lllff.
gezeigt und in der schon 1901 fertiggestellten,
aber erst 1909 publizierten, tiefeindringenden
Studie ,Über die öffentliche Aufzeichnung von
Urkunden' in ,Beiträge zur griechischen In-
schriftenkunde', Sonderschriften des Österr. arch.
Inst. Bd. Vni (1909) 228—299 und 323ff.
(im folgenden zitiert als .Beiträge [1909]'}. Kurz
und klar sagt ein Beschluß von Leros (Michel
Recueil 372) Z. 31f. xov ds yga^iaxia jragaXa-
ßövxa xoös y>rf<ptofj,a dvaygdtpat elg xa dqpooia
xal dtaqpvXdofojsiv ftsxä xöiv alXwv ygafifidxoiv.
Daß es sich hier um zwei Dinge, 1. eine be-
sondere Aufzeichnung des Beschlusses, 2. die
Aufbewahrung der Urkunde im Archiv handelt,
hat Wilhelm Beiträge (1909) 258f. überzeugend
bewiesen, sprachlich durch den Hinweis auf
Dittenberger OGIS 234, 32ff. und sprachlich
und sachlich namentlich durch eine ganze Anzahl
von Beschlüssen aus Amorgos, besonders klar
durch den Beschluß von Arkesine, IG XII 7, 30:
dvaygdtp at de xöde xo xprjfptofia xov yga/tfiazsa
xijg ßovXfjg slg xa Sijfioata ygdpifiara, dvaygdyat
de xal dg xo iegiv xijg "Hgag o£ xal ai äXXat
xQot-eviat ävayeyoafifiivat dolv dg ortjktjv Xt$l-
vijr. Die Scheidung der dvaygatpri Big xa dr/fio-
ota ygdftfiaxa von der Verewigung ist dadurch
sehr deutlich bezeichnet, daß jene in Amorgos
stets der Rats- bezw. Staatsschreiber besorgt,
die» dagegen oft dem Geehrten oder seinen An-
gehörigen und Freunden fiberlassen ist (Wil-
helm 260). Daß jedoch jede Beschlußfassung
einer Körperschaft nicht nur eine Niederschrift
im Archiv, sondern auch ,eine Veröffentlichung
in herkömmlicher Weise' erfordere (Wilhelm
Basler Philologen versig. 112), ist in dieser Allge-
meinheit nicht erweishar und nicht richtig und
bei dem demokratischen Grundsatz, wonach die
Anwesenden, die den Beschluß fassen, als die
Gesamtheit der betreffenden Körperschaft gelten,
10 auch gar nicht nötig. Dagegen kann nicht zu
oft betont werden, daß ,eine Verewigung auf
Stein oder Erz nur den Urkunden zuteil wird,
an die sich bedeutendes, dauerndes Interesse
knüpft, und daß diese stets Gegenstand besonderer
Verfügung ist'. Bei Ehrenbeschlüssen zumal tritt
dagegen das bedeutende dauernde Interesse hinter
der finanziellen Frage zurück, ob der Geehrte
oder die Gemeinde die Kosten trage (Wilhelm 113).
Eingehender ist über die ävaygatpr} i{Ji]<ptönaTo>v,
20 da sie im Artikel lävaygaqpij o. Bd. I S. 2027 nicht
berücksichtigt ist, unter ¥tf<pta[ia zu handeln,
wobei -scharf zu scheiden sein wird zwischen
1. der Aufbewahrung der Urkunden im Archiv,
2. ihrer Veröffentlichung (dvaygaq?^ besonders in
Ratsgebäuden iv Xsvxcbfioioiv) und 3. ihrer nur
gelegentlichen Verewigung (Wilhelm Beiträge
[1909] 239ff.). Manches an Wilhelms Aufstel-
lungen bedarf der Revision und Berichtigung, beson-
ders wenn er weiterhin die dvaygacpal als .Auszüge'
30 auffassen will und dabei 274f. einfache Tatbestände
kompliziert gestaltet und auffaßt. Übrigens ent-
hält schon die Zusammenfassung der Ergebnisse
der Untersuchung (284ff.) gegenüber den Einzel-
ausführungen hie und da Zugeständnisse, nament-
lich hinsichtlich der Sijfiooia ygaft^taxa, über die
eine erneute umfassende Untersuchung nötig
sein wird.
Die öffentliche Aufzeichnung (Verewigung)
und Aufstellung von Urkunden wird oft nicht
40 dem Schreiber allein , sondern einem Beamten-
kollegium, besonders dem Ratsausschuß in Ver-
bindung mit seinem Schreiber aufgetragen, Hiefür
sind Formeln wie xovg ijztßrjviovg (aexcl xov ygafi-
fiaximg (Thera) oder xovg ägzovxag fisza. xov ygapt-
juaxecüg (Magnesia a. M.) üblich oder bei offiziellen
Ehreninschriften imfieXrf&srxog , EJitfuXtjaajii£vov f
EjiipisXovfihov xov dstvog) Beispiele bei Gerlach
Griechische Ehren inschriften (Halle 1908) 84, 1,
darunter äycovodsxijg xal yoafipaxevg (Le Bas V
50 144), agyovxeg xal ygafipaxEvg (A. K o e r t e Inscript.
Bureschianae [Ind. lect. Gryphiswald. 1902] 60.
Le Bas V 1215). In gleicher Funktion der ra-
ßXÖQiog einer Inschrift aus Bithynien, Annual
Brit. School Ath. IV 50.
In attischen Urkunden wird der Auftrag zur
Aufzeichnung in der Regel durch den von edo^ev
abhängigen Infinitiv dvaygdtpat ausgedrückt; doch
findet sich auch der unabhängige Imperativ äva-
ygatpdxoi, bei mehreren Subjekten avayQay)dvxa>v,
60 wofür nur einmal IG II 403 (3. Jhdt.) ävayga-
ydiwoav steht (Meisterhans-Schwyzer Gr. d.
att. Inschr.s 167t). Statt der aktiven findet
sich auch die passive Konstruktion dvayeaytjvai
xo <py<piofta u. ä., wobei dann der Schreiber mit
dta tov Setros bezeichnet ist mit jenem uns
namentlich ans den Papyrusurkunden geläufigen
5td zur Bezeichnung des Beauftragten beim
Handeln in fremdem Namen, im Gegensatz zum
Handeln ftsxd zivog\ inschriftliche Belege bei
Wilhelm Beiträge (1909) 263, 8.
Für die Verewigung auf Stein oder anderem
■dauerhaftem Material liefert der Schreiber dem
Steinmetz eine Kopie des archivalischen Konzeptes,
indem er das Ekklesie -Protokoll rein mechanisch
ausschreibt (Larfeld Handb. II 681). Im allge-
meinen wird auf Übereinstimmung des archi-
valischen Konzeptes und der Reinschrift auf Stein
der Bechte des bei der Aufzeichnung übergangenen
Proxenos.
In besonders wichtigen Fällen, wo es darauf
ankommt, die Publikation eines Beschlusses rasch
zu vollziehen, wird die Aufstellung der Inschrift-
stele befristet, so IG II 86 (kürz vor der Mitte
des 4. Jhdts. = Dittenberger Syll.2 118) Z. 13ff.
xo de yrfqpto/xa zöäs ävaygaysdxo} 6 yga/tjuazsvg
xijg ßoXrjg soxtfXrji Xt&tvtji dexa tjfisgcöv xal xaxa-
gehalten worden sein; daß sie aber erheblich von- 10 &exoj iv dxgoxöXsi. Ähnliche Beschleunigung,
.!...j™ »v,™:-!.™ L« u™„: — ^™i „„ jedoch q^q genaue Befristung, im Symmachie-
vertrage mit Lokroi IG II 90 (= Dittenberger
Syll. 2 119). Auch bei Ehrendekreten kommt
solche Beschleunigung vor, wenn es im Interesse
des Geehrten liegt, der beschlossenen Ehre mög-
lichst bald teilhaftig zu werden. Interessantestes
Beispiel das Psephisma für den Samier Poses
vom J. 403/2 v. Chr. IG II p. 393, lb (= Dit-
tenberger Syll.2 57), wo Z. 22f. nach der ein-
einander abweichen können, beweisen einzelne uns
erhaltene doppelte Ausfertigungen, wie das athe-
nische Exemplar des Amphiktionenbeschlusses
für die dionysischen Künstler in Athen (IG II
551), verglichen mit dem neu gefundenen del-
phischen Exemplar (Bull. hell. XXIV [1900] 82ff.)
und andere von Keil Anonym. Argent. (1902)
320t besprochene Fälle. Daß sich das archi-
valische Konzept und die Verewigung auf Stein
oder Bronze nicht streng zu decken brauchen, 20 leuchtenden Ergänzung von Dittenberger der
™„j — j„h -„ — ;;-*- ™ — „■„ — ^ui,*.t, Ratsschreiber den Auftrag erhält, dem Poses die
schriftliche Ausfertigung des Psephisma sofort zu
ühergeben, damit er die ihm vom Volk beschlossene
Ehrengabe von 500 Drachmen bei den Tamiai
sofort erheben könne: xo Sh ßißXiov [xö yjqqiiafia-
xog Ttagadovai avxjcot xoy yga^fiaria xijg ßol^g
(a)mixa fidXa; vgl. das Amendement Z. 24f. und
über den Terminus technicus jiagaöovvat und das
ihm entsprechende TtagaXapßdveiv Wilhelm Bei-
sondern daß es genügt, wenn sie nur sachlich
übereinstimmen, beweisen auch die von Colin
Bull. hell. XXH (1898) 195t besprochenen del-
phischen Freilassungsurkunden des 1. Jhdts. v. Chr.
und späterer Zeit, in denen störende Kürzungen,
die mit Sparsamkeitsrücksichten sich erklären
lassen, aber auch direkte Verstöße nachgewiesen
sind. In andern Fällen erklären sich die Ab-
weichungen daraus, daß die Verewigungen auf
Stein nachweislich nur privaten Charakter haben, 30 träge (1909) 231f.
in noch andern Fällen, die Wilhelm Beiträge Eine eingehem
{1909) 275ff. bespricht, daraus, daß uns auf Stein
nur ein Auszug aus dem vollständigen Beschluß
erhalten ist. In späterer Zeit ist der umgekehrte
Fall häufig. So wird schon seit dem 3. Jhdt.
oft der Zweck der öffentlichen Aufzeichnung an-
gegeben mit Wendungen wie otzgos dh avzqi xal
V7t6fiv7}fxa vndgxv\ xijg <pdoxifitag u. ä. Besonders
bei Ehrenbeschlüssen, die immer ausführlicher
eingehende Anweisung über die Anferti-
gung einer Urkunde erhält der Ratsschreiber in
dem Beschluß über die isga. dgydg von Eleusis
IG II Suppl. p. 30 nr. 104a (= Dittenberger
Syll.2 789) Z. 23ff: er soll die beiden Fragen,
die an das Orakel in Delphi zu richten sind, auf
zwei gleiche Zinntafeln schreiben,, ygfdipat Se xov]
yga/Li^axEa xijg ßovXrjg elg Ovo xa[xx]ixsgoi taej
xal [6/mioy, dg fiiv x]6v exeqov xxX. . . . Eig [d]e
werden, werden nun in die Verewigung auf Stein 40 xov exeqov [xa]xxi[regov xxL, worauf ausführliche
auch Dinge aufgenommen, die für diese bedeu-
tungslos sind und bloß in der Originalurkunde
am Platze waren; vgl. S wob o da Griech. Volks-
beschlüsse 213ff. und die reiche SteUensammlung
bei Wilhelm Beiträge (1909) 279f.
Daß man im allgemeinen auf strenge Pflicht-
erfüllung durch den Schreiber hielt, ist nicht zu
bezweifeln und wird u, a. bewiesen durch die
Vorschriften über Einwicklung, Aufbewahrung
und Versiegelung der beiden Schreiben folgen.
Vielfach besteht das ävaygd(petv nicht in der
Anfertigung einer neuen, selbständigen Stele,
sondern im Eintragen in eine schon vorhandene
öffentliche Urkunde, z. B. in ein Verzeichnis von
ngö&voi not Evsgyhai, z. B. Thera IG XII 3, 332
[xöode] aveygayiz [6 ygafifi]a[x]evg jigol-evog xal
strenge Strafe, die in einem Beschluß aus Asty- svegyhag (es folgen vier Namen mit Vatername
palaia IG XII 3, 168 (= Dittenberger Syll.2 50 und wahrscheinlich dem Ethnikon). 333, 7 otös
493) dem Schreiber für Pflichtversäumnis bei Aus- ~ — -- 1 ~- r ~ - i -- mi "- 1 : XT -
fertigung der Proxenenlisten angedroht wird.
Während für die doppelte öffentliche Aufzeichnung
vom Staat bloß eine Drachme ausgeworfen wird
(bei Dittenberger ist Z. 6 rjfitoag hinter Ögatfiag
ausgefallen), wird der jeweils amtende Schreiber
für jeden nach der Damiergie des Prytanis
ernannten Proienos, den er aufzuzeichnen ver-
säumt, um 100 Drachmen gebüßt, wobei jeder
äveygdq?£v vjio ygfafiftaxscov (?)J (folgen zwei Na-
men) xgög~6voi xal EvfegyExat. Eine solche Liste,
14 Jahre umfassend, aus Epidauros, ist IG IV
925. Ebenso wird verfahren mit der Aufzeich-
nung der ovfiftayot des zweiten Attischen See-
bundes. Damit eine Stadt, die mit Athen ins
Bündnis tritt, auch mit den übrigen Verbündeten
im Symmachieverhältnis stehe, wird sie in die
Bundesvertragsstele eingetragen, so die Methym-
beliebige (epitime Bürger) die Phasis anstellen 60 naier IG II Suppl. p. 10 nr. 18b (= Ditten-
kann und die Hälfte der Buße erhält, Z. 7ff.: berger Syll. 2 82) Sncog äv xal jrgog x6g äXXog
« Se xa firj dvaygdfpj) xaxa xa stQoyEygafAfiiva 6 av/ifid^og xog *Adx}raia>v iji avxotg 17 ovfipaxia,
yQOfiftaxevg asi 6 iv dgxaig atv xovg xa&taxavo-
jisvovg fitxd dafttegyov ITgvxavtv, djioxstadxco xa#'
ixaxfxov jiQo^evov, et xa pt) dvaygd(pjj t SQaxftdg
ixaxov' <patvho> ds 6 xQJit™* »« *<? tfftiotp slg
tovs Xoytozds. Die scheinbar sehr hohe Buße er-
klärt sich durch die erhebliche Beeinträchtigung
dvaygdtpat avxog xov ygaftftaxea xrjg ßolrjg Gtoneg
xal ot aXXot avfifiax 01 dvaysyQaftftevot dolv. Daß
das geschah , beweist IG II 17 Z. 81. Ebenso
wird, nachdem Gesandtschaften der Kerkyraier,
Akarnaneu und Kephallenier nach Athen ge-
kommen sind, beschlossen, ävafgdyfat rwr a6keotr
t[&v %m>vo&v tS 6]v6fMxxix [s]g z^v mtfiijv zip?
xotvhv x&fv av(Aft&x<av tdv] yQ(tp(ia[rJ£a xfjs ßov~
Mit IG n 49 Z. 12 (= Dittenberger SylL« 83),
vgl. Z. 21. Die Eintragung erfolgte, wie die
xotv}} otrjlt} IG II 17 Z. 97. 106. 107 zeigt.
Ist eine Inschriftstele zerstört worden, so hat
der y. xfjg ßovXtjs eine neue Stele anfertigen zu
lassen; doch ist auch hiefflr selbstredend ein
besonderer Beschluß nötig; vgl. die Neuausferti-
ist nur, daß fast jede aus mehreren Mitgliedern be^
stellende Behörde, jedes «ä^^^oy, seinen Schreiber
hatte (Demosth. XIX 261), zu dem oft noch ein
oder mehrere $3toyQa[A{taxeXg hinzukamen. Be->
sonders lehrreich ist in dieser Hinsicht das, was
wir über Aischines als Schreiber wissen; vgl.
Schäfer Dem. u. s. Zeit I 2 252ff. und o. S. 1725.
Wo bloß vjioyQa(jt(.tareTg überliefert sind, darf
wohl stets ein übergeordneter y. vorausgesetzt
gung emes unter den Dreißig zerstörten Proxenie- 10 werden (Hille 205, 13). Diese urcoy^afifiaxetg
dekretes IG II 3 (= Dittenberger Syll. 2 59);
vgl. auch IG II Suppl. p. 64 n. 231b (= Ditten-
berger Syll.2 163, 30ff.).
Es ist Aufgabe des das athenische Kassen-
wesen behandelnden Artikels zu zeigen, daß die
Kosten der Aufzeichnung von den Kassenbeamten,
rabiat sc. zijg fteov in der Weise bestritten werden,
daß sie das Geld an den ausführenden y. an-
weisen. Hier genüge ein Beispiel, die Stiftungs-
sind fast durchweg Unfreie (Sijfiootoi) gewesen r
wie übrigens auch zahlreiche y., während selbst-
verständlich der amtliche Schreiber einer Staats-
behörde (äextf) niemals ein Sklave war (Boeckh
Staatsh.3 I 2271).
1. FQa^iftaTsvg xwv Aßq>ixzvöva)v (A&ij-
vatatv ev Ar/Xtp) s. o. Bd. I S. 1907ff., Bd. IT
S. 2478f. und u. II B 2 a.
2. rgafi/iarsTg der Diaiteten. Die öffent-
urkunde des zweiten Attischen Seebundes vom 20 liehen Schiedsrichter (öiatxrjxai), aus denen je einer
Jahre des Archon Nausinikos 378/7 v. Chr. IG
II 17 (=, Dittenberger Syll.2 gO) Z. 63ff.:
tö 8k iprjvpiofia x68e 6 yQaftftarevg 6 zijg ßoXijg
avayQcnpdzü) . . . xo 8h doyvgtov Sovai eis iv\v
ävayQO.(pfyv rrjg öztjXijg ... zog zafiiag zijg üsö.
Daß die betreffende Summe dem Ratsschreiber
übergeben wird, zeigen deutlicher Formeln wie
ig 6e zijv avayQa(pr)V xrjg ozr}X?]g fiegCaat zog ajza-
8ixzag zotaxovza dQa%fidg z&t ygafi/uaxet Z7\g ßo-
von der kompetenten Behörde für jeden Privat-
prozeß zugelost wurde, waren wahrscheinlich in
zehn Sektionen geteilt, von denen je einer die
Prozesse einer Phyle zufielen (Lipsius Att. Recht
u. Rechtsverfahren I 227). Sie müssen sich aber
auch als Gesamtkollegium regelmäßig zusammen-
gefunden haben. Man kann das daraus schließen,,
daß wegen Amtspflichtverletzung eines Diaiteten
der beeinträchtigten Partei eine Anzeige an die
Xrjg IG II Suppl. p. 8 nr. 14c (= Dittenberger 30 Gesamtheit der Diaiteten zustand; es ergibt sich
Syll.2 76).
Andere Funktionen der y. als die mit der
avayoa<pr} der Urkunden unmittelbar zusammen-
hängenden sind begreiflicherweise in unseren Stein-
urkunden nur ganz vereinzelt erwähnt. So er-
fahren wir aus IG 1 51 Suppl. p. 15ff. (= Ditten-
berger Syll. 2 49) Z. 30 [xai xd vxoptvt]fia]xa
xözov d ot NsoitoXlzat e8o[oäv — xöi yoJaftfiazeT
zijg ßoXijg, daß der y. xrjg ßovXijg die Abrechnung
aber auch aus mehreren Inschriften, in denen
sie als Kollegium — ihr Yorsitzender heißt dann/
jiQvzavsvcov — Beschlüsse fassen. Der Rest eines
Ehrendekretes, in welchem die Diaiteten ihren
Schreibern einen Kranz verleihen, ist IG II 1172.
Lipsius a. a. O. 232; vgl. auch Art. Atatxrizai
o. Bd. V S. 316.
3. Schreiber der Finanzbehörde ot eitt
zfj ätoixtjaei. Daß diese spätestens seit 294
entgegennimmt, welche die NeonoXizai in Thrakien 40 v. Chr. in der Mehrzahl vorkommenden Finanz-
über die den Athenern im Peloponnesischen Krieg
geleistete Hilfe an ihn schicken; über die Be-
deutung von iiTtofiv^ftara 8. Roberts-Gardner
Introduct. to Greek Epigraphy II p. 63. Die Ur-
kunde IG Xu 7, 515 Z. 35 (-'Etpw. Äa X . 1907,
187ff.) 6 de yQaft/Liaxsvg imoyoaipexQ) xrjy ze (ie(Juo&G>-
ftevifv ßjto'&tfxijv xai zop fuo&atodftevov xai itooov
£paa-&<i>oazo lehrt uns, daß in Amorgos der Rats-
schreiber nach der Vergebung öffentlicher Arbeiten
beamten (vgl. o. Bd. V S. 788f.) auch einen
Schreiber hatten, ist selbstverständlich, aber auch
ausdrücklich bezeugt durch IG II Suppl. 614 c
(= Dittenberger Syll. 2 505), ein Ehrendekret
der in Eleusis garnisonierenden athenischen Trup-
pen vom Archontate des Menekles, den man
ohne Sicherheit auf 283/2 v. Chr. setzt, für Alcov
ex x[e] zcov epjiQöoftev %q6v(ü[v] yga^ftazevcov
z[o]tg xaplaig z<Sv otza>v[t]x<3v xai zotg m[i] zel
den Übernahmekontrakt (ot ovyyQaipai} mit An- 50 Sioixtjoei. Wegen des Fehlens des Vaternamens
gäbe des Namens des Unternehmers und der
Ubernahmesumme zur allgemeinen Kenntnis auf-
zuzeichnen hat. Ähnliche Bestimmungen enthält
die athenische Mauerbauinschrift IG II 167, 29ff.
nach den von Wilhelm Beiträge (1909)232, 3
vorgeschlagenen scharfsinnigen Ergänzungen.
B. Die übrigen athenischen Schreiber.
Es folgt hier eine Übersicht über die übrigen
athenischen Schreiber, unter denen eigentlich nur
und des Demotikons ist Dion entweder Metöke
oder, was wahrscheinlicher ist, örjftoaiog. wie so
viele dieser Schreiber.
4. rgafifxazevg zwv etoayojyewv, IG I 37
(vgl. U. Köhler Urkunden u. Untersuch, z. Gesetz
d. del.-att. Bundes 68), der Schreiber derjenigen
Gerichtsbehörde , die im J. 425/4 bei der end-
gültigen Festsetzung der Tribute der Bundes-
genossen mit der Leitung der Gerichtsverhand-
der y. zäv ev8exa und der y. xtov &eofio&ez65v 60 hing beauftragt ist. Die Schatzungsurkunde selber
etwas mehr hervortreten. Da hier eine strenge
chronologische Scheidung unmöglich ist, ordne
ich diese Schreiber alphabetisch; ähnlich Hille
205 und Caillemer 1646f.; vgl. auch Schö-
mann-Lipsius I* 468f. Über Bestellung, Funk-
Honen, Verantwortlichkeit und Löhnung dieser
S&refber wissen wir außer dem, was bereits oben
gekgvntikh erwähnt wurde, nichts Näheres. Sicher
ist datiert (Z. 48f.) nach dem Archon Stratokies
(Ol. 88, 4 = 425/4 v. Chr.) und den eiaaycoyEig-
mit ihrem Schreiber: Iti [zwjv ßo]ayo>y[e(o]v 7
olg Kaf. . . iyoafifidxsve] ; s. den Art. Eioavco-
yetg o. Bd. V S. 2138.
5. rgaftftaxevg iriSr 'EXXyroxafttdjVy IG
I 260. 315; s. u. 'EXltfrorafiiat.
6. rgafifiaTtvs ztSv Sv6tna, Diese mit der
■JL/Of
IQCtfifiatetg
'Rechtspflege, hauptsächlich der Aufsicht über das
Gefängnis und der Vollziehung der Todesstrafe
beauftragte richterliche Exekutivbehörde von elf
Mann, die nachweislich schon seit Solon bestand
(Arist. 'Ad-, tzoL 7, 3), hatte einen Schreiber. Nach
Poll. VIII 102 wurde dieser zu den zehn aus den
einzelnen Phylen erlosten Mitgliedern als elftes
hinzugerechnet. Die Erklärung dieser Angabe
des Pollux durch v. Wilamowitz Arist. u. Ath.
I 222, 70 ist zurückzuweisen, ebenso die von
Busolt Gr. Staatsalt. 2 233, der die Hinzurech-
nung des Schreibers erst von Kleisthenes an gelten
lassen will. Da die Elfzahl für dieses Kollegium
schon für die Solonische Verfassung feststeht, so
ist die Angabe des Pollux ganz einfach zu ver-
werfen, aber auch die Annahme der Früheren,
die auch noch von Schömann-Lipsius Gr.
Altert. I* 445. 468 festgehalten war, der Schreiber
der Elfmänner habe mehr die Stellung eines Kol-
legen als die eines Amtsdieners gehabt. Es er-
gibt sich das auch nicht aus dem Ratsbeschluß
IG II 811 C Z. 130. 144 (= Boeckh Urkunden
über d. att. Seewesen 535 = Recueil des inscr.
jurid. gr, II 146), wo der y. xmv ivösxa verpflich-
tet wird, bei eigener Verantwortlichkeit die Ab-
zahlungen von Staatsschuldnern in den von den
Elfmännern geführten Verzeichnissen dieser Schuld-
ner zu buchen (xat zoy ygafipazea z<Sv svdefta
a.7iaXei\pat duio rov ü)(p?.i]f^£vov SoiizöhÖi ägyvQiov
o zt äv a.7ZO<pa[i]vei avz<^ 5 zafiiag naQetXrjq>cog).
Das einzig Richtige jetzt bei Lipsius Att. Recht
u. Rechts verfahren I 74.
7. rgafifAazetg xa?v intfieXijzcÖv zdJv
öixaoTTjQtoor, IG in 1017. 1018. In der Kaiser-
zeit wurden in Athen jährlich vier imfieXrjxal
dixaoztjQtcov gewählt, die vermutlich den Vorsitz
in den ständigen Gerichten führten, die damals
außer dem Areopag bestanden. Beigegeben waren
ihnen zwei y., die wir als Gerichtsschreiber be-
trachten dürfen. Gilbert Handb. 12 187 und
o. Bd. VI S. 167, 62.
8. a) rpafifiazsvg xeov zov ifixOQiov exi-
fteXrjTwv, Schreiber der Aufseher über den Han-
delshafen, [Demosth.] LV1TI 8; mehr o. Bd. VI
S. 165, 10.
b) rQafifiazevg der veojqCcov ijtifiEXfjzai,
der seit dem 4. Jhdt. inschriftllch oft vorkommen-
den Aufsichtsbehörde über den Kriegshafen (s. o.
Bd. VI S. 164, 27ff.), ist belegt durch IG H 811
oi zwv vs<oqio)v sjiifieXijzal xat 6 ygaftfiaxevg
avxdSv.
9. rQafi/xazevs der STtiazdrai 'EXevoi-
vo&sv. Die emexazat 'EXsvoivoßev , in späterer
Zeit nachweislich sieben (über die Bedeutung deT
Siebenzahl für den Demeterkultus RoscheT
Sieben- und Neunzahl im Kultus und Mythus der
Griechen, Leipz. Abh. XXIX 1, 31), verwalteten
mit den za/iiäi zoVv &eotv den Tempel der Demeter
und Köre in Eleusis und zwar penteterisch (Dit-
tenberger Syll. 3 587, 5). Zu den imazdzat, bei
deren Bestellung anscheinend eine gewisse Rück-
sicht auf die Phylen genommen wurde, kam noch
ein y. hinzu, der regelmäßig aus einer der Phylen
genommen worden zu sein seheint, die im Kolle-
gium gerade nicht vertreten war (Sund wall
Epigr. Beiträge usw. Klio IV. Beiheft [1906] 47).
Ihr y. erscheint in IG LI 1054 b und 682 c und
in der Übergabeurknnde der tntczäxcu der Fente-
j. QoefjLpcczeig iiöp
teris' 336/5—333/2 (IG II Suppl. 767b Z. 5) aü
die der Penteteris 332/1—329/8 (Z. 10).
10. rQafXftaxsvg zßv ejiKfzazöäv sc. zdüv
dfjfjtocloiv £Qyo>v oder rot? dydXftaxog, Auch
die Baaaufseher öffentlicher Bauten (zwei, drei
oder fünf), deren Inschriften IG I 289—324 und
Suppl. p. 74ff. 146ff. stehen, haben ihren Schreiber;
vgl. z, B. IG I 293 Kixtföinjiog iygafifidzsvs dydX-
fiazog £jztazdzr}ai MvQQtvovatog (vgl. Suppl. p. 146)
10 und in der Bauinschrift des Erechtheions vom
J. 409/8, IG I 322 emezdrat rov rem zov ev izoXet,
h &i zo oQxtäov äyaXpta (drei Namen) und der
aQziTExxmv, zum Schluß der y. *Ezea(>x $ KvSafo]-
vatsvg; Fabricius De architectura Graeca 18.
Busolt Gr. Staatsalt.2 246; vgl. auch Hille
205, 6 und über emordzai im allgemeinen oben
Bd. VI S. 202. Besondere Beachtung verdient,
daß, wie die Baukommission (emozdzai) für den
Parthenon nicht bloß auf ein Jahr, sondern für
20 die ganze Zeit des Baues gewählt ist, so auch
ihr Schreiber Antikles sich für das 14. und 15.
Baujahr nachweisen läßt, IG I 301 ; Suppl. p. 147f.
Keil Anon. Argent. 21.
11. Fgafifiazevg x<Sv &satto&£T(Jöv. Der
Grundsatz, bei der Ernennung der Beamten ent-
weder aus jeder Phyle einen Beamten zu wählen
— daher die große Zahl der zehnköpfigen Beamten-
kollegien — oder doch bei der Bestellung die
einzelnen Phylen möglichst zu berücksichtigen,
30 wurde, wie bereits Sauppe De creatione archon-
tum atticorum (Göttingen 1864) vermutet hatte,
auch bei der Bestellung der neun Archonten ge-
wahrt. Man wählte von den neun Archonten aus
jeder Phyle je einen, während, wie wir nun durch
Arist. 'A&. nol. 55, 1 wissen, die dabei leer aus-
gehende zehnte Phyle den y. zwv dsotio&sTcov er-
hielt: vvv de xlrjQOvöiv deöfio&ezag fxsv eg\ xai
ygafifiarsa zovzoig, ext 5' ägxovza xai ßaatXia xai
TtoXefmQXQv xazd ftegog if ixdaztjg {zijg) (pvXfjg)
40 vgl. Schöffer p. Bd. U S. 573, 53 und Cail-
lemer bei Daremberg-Saglio 1650f.
Schon aus der Gleichsetzung dieses Schreibers
mit den neun Archonten ergibt sich die hohe Be-
deutung und Wertung dieses Amtes. Ein Unter-
schied zeigt sich aber gleich beim Amtsantritte,
indem der y., zwv &eo[io$EZ65v, wie fast alle Be-
amten, die Dokimasie nur vor den Heliasten (ev
dtxaaz7}oiq> Arist. 55, 2) zu bestehen hatte, wäh-
rend die neun Archonten sich einer doppelten
50 Dokimasie zu unterziehen hatten, einer ersten vor
dem Rate der 500, einer zweiten vor den Helia-
sten. In gewissen Fällen besitzt jedoch der y.
zd5v &e0fto&ezc5v dieselben Kompetenzen, wie die
neun Archonten, so z. B. bei der Verlosung der
Geschworenen an die Richtersektionen: diese be-
sorgt er für die Richter seiner Phyle gerade so
wie die übrigen Archonten für die ihrer Phyle;
Arist. 63, 1 (Doublette 59, 7): xd 8h StxamyQta
tcXtjoovatv ot $' aQxovzeg xard <pvXäg, 6 öh.ygafi-
60 fiazevg zäv ^eofto^eztöv zijg 8exdxt}g<pvXijg } \mmex-
hin eine für einen Schreiber ganz ungewöhnliche
Kompetenz, die für die Bedeutung des Amtes
spricht. Das Nähere über den Modus dieser Ver-
losung bei Lipsius Att. Recht und Rechtsver-
fahren I 57. 145ff. und Ten seh De sortitibne
iudicum apud Athenienses (Diss. Leipz. 1894) 18,
Durch die Stell e des Aristoteles: ist jetzt, auch,
klar, daß Poll, VHI 92 nQoaatQovrxai te (sc; 6
x *"^ M(>eCflfHXT8t$
«fe/w xai ßoiotUüg xal noXifiaQxog) xal ygaft*
ßaUa nicht einen Schreiber der einzelnen Archon-
ten meint, die ja ihre jzdgedgoi hatten, sondern
den Schreiber des ganzen Kollegiums, bezw. der
Thesmotheten; ebenso Schol. Aristoph. Vesp. 774;
Plut. 277. Als Schreiber der Thesmotheten wird
von Köhler Athen. Mitt. III (1878) 144 o ygajx-
fiarEvg rov ovvsdgtov 'Egdxcov 'Avxiyövov Btjoatevg
in einer wohl aus dem Anfang des 2. Jhdts. n. Chr.
r^afifiavetg
1740
1741
r^afj^fiavsig
{^^* d «^^o»Bofos) stufenden Weih! 10 Trffi diese Ergänzung äSTSnä^so^önSe man
mscnrirt betrachtet untftr Rftviirnnof Hsn-a-nf A*R ^«v. f™™« „u «j~-u+ j._-j._ tt-v-li... n • i
Inschrift betrachtet unter Berufung darauf, daß
die dem Kollegium der Thesmotheten von rechts-
wegen zukommende Bezeichnung ovveögiov aus-
drücklich auch durch Hyper. f. Euxen. col. 22
belegt ist. Hingegen ist der Onasos, den als
yQafinaxevöavTa xov ovvsögiov der Rat vom Areo-
pag IG III 752 ehrt, der Schreiber der Agtona-
ytzai,
12. Schreiber der Kosmeten der Ephe-
gegen findet eich IG II 563 d nach der Ergänzung-
von Lolling AeXx, ägx- 1889, 89f., die freilich
von ihm selber als unsicher bezeichnet wird» ein
y. xf}g tpvXtfg. Auffällig bleibt, daß die Anweisung
des Betrages vor dem Auftrag zur avayga<pij steht,
und ganz ungewöhnlich die grammatische Fassung
der Aufzeichnungs- und Aufstellungsorder: ozfjam
öe az^JXrjv sig x[6 hgov zov KexgoTiog ävaygj 'dyjavxa
x[6de zo y>rj<piafia xov ygafifiaxjea zrj$ q>v[liig].
sich fragen, ob nicht trotz Köhler auch in dem
arg verstümmelten Schluß des Dekretes der Phyle
Kekropis IG II 562 Z. 12 statt y. xaza ngvxa-
vsiav der y. xijg tpvlfjg ergänzt werden könnte.
17. Schreiber von Vereinen und Korpo-
rationen, die in ihrer Organisation vielfach die
staatlichen Vorbilder nachahmten, sind für Athen
verhältnismäßig selten bezeugt. Erwähnt sei das
xoivbv tc5v eQya&fihaiv IG II 1332 (270/69 v. Chr.),
ben, IG II 469. 470. 478. III 1082 u. ö„ vgl. 20 das zu seiner Verwaltung vier e wiw, drei
Grasberger Verhandl. d. philol. Ver. Würzburg
1862, 26. Neubauer Commentationes epigraph.
45. Roberts-Gardner Introd. to Greek Epigr.
II p. 147. Thalheim Art. 'Efprjßla o. Bd. V
S. 2739, 5ff. 33ff. 2741, 3ff. mit Beobachtung der
zeitlichen Veränderungen. In den Ehrendekreten
für Epheben vom J. 282/1 v. Chr. IG II 316, 23
und vom J. 101 v. Chr. IG II 467, 54 (zur Da-
tierung Dittenberger Syll.2 521) heißt er
rafiiat und zwei y. bestellt hat, das von Wil-
helm Vtytitt. ägx- 1905, 247 publizierte Ehren-
dekret eines Thiasos für seine Beamten, xafiiag T
ijtifieXtjTys t ygaßjiaxevg, dvxiygatpsvs und yga/x-
fmzotpvka^ (Archivar) für gute Verwaltung der
Kasse für Bestattungen {tarpixov) und der auf den
a.QX£Qavtozrjg folgende y. des Kultvereins der A/j,-
fptegai'ozai (so mit Vokaldissimilation statt 'Aß<pia-
gatozai) Z. 22 ihrer Inschrift aus Rhamnus vom
einfach y. ohne den Zusatz x<3v ia^ßojv. Im 30 Ende des 3. oder Anfang des 2. Jhdts. v.Chr.,
I. Jndt. n.Chr. wird das Amt dieses ScHrflihflrs nnhiki^rf mn TTi™!^^ nr ^„.. mfln cno.
% Jhdt. n. Chr. wird das Amt dieses Schreibers,
wie das des naidozgißyg (IG III ll 05) lebens-
länglich, yeafifiazsva>v öta ßtov III 1144 (um
186 n. Chr.); auch erscheint um diese Zeit ein
vnoyga/ifiaxevg in III 1128. Beiläufig sei be-
merkt, daß auch in andern Staaten die Epheben
als organisierte Körperschaft ihre eigenen Funk-
tionäre haben; außer einem Uqsvs tcöv itp^ßcov
publiziert von Kirchner °E<pr}ß. dgx- 1909, 273;
vgl. außerdem u. II A 2.
Was wir über die athenischen Gerichtsschreiber
wissen, ist im folgenden Abschnitt unter II A 1
zusammengestellt.
II. Die ygafifiazsTs der übrigen griechi-
schen Gemeinwesen.
Eine Aufzählung aller außerattischen Gemein-
vtA v o ohaa fl o 'i " "" xS r ' r TV^ 'rr^ "* den u nd Verbände, in denen y. nachzuweisen sind,
Bd. V S. 2744, 68; vgl. auch u. II B 3d (Per- 40 wäre zwecklos; vorgekommen sind sie wohl zu
finden wir auch einen y. nSv i^ßa>v O eh ler o.
gamon).
13, a) rQaftftatevg tc$v aizaiväiv, der
Schreiber der otz&vai, IG II 335.
' b) rgafiftazeticov vcöi rafiiat zrov airco-
vixcäv IG II Suppl. 614c 9 beweist, daß es nur
einen za/iias zc5v atzoivixcöv gibt. Also darf
ygafifiazEvcav zoTg xafitatg z<5v oixo>vixäh> ebd. Z. 3
nicht auf eine Mehrzahl von zapiai bezogen wer-
den,^ sondern bezeichnet die aufeinanderfolgenden
allen Zeiten überall. Eine ungefähre Vorstellung-
von ihrer Verbreitung können die Indices der In-
schriftensammlungen, z. B. Dittenberger Syll.2
III 155, geben. Ich erwähne im folgenden haupt-
sächlich nur solche Fälle, aus denen sieh über
die Stellung des Schreibers etwas Besonderes er-
gibt, hebe also nicht das Typische hervor, das
in allen Staaten zn allen Zeiten im großen Ganzen
sich so ziemlich gleich blieb, sondern das örtlich
v , T — " ~ — .— e ~w^.,n sivu av ijcjuiii,ii gieicu uneu, Kuiiuem uas oirncn
«A*iaimenrererJahrepittenbeTgerSyll.a505).50oder zeitlich Besondere. Die Chronologie ist so
Im Übrigen s. den Art. Ztzcävat.
14. a) rgafifiazEvg zaiv zafinSv xwv
Isqöjv XQr)HQ.xa>v rijg r A-df}yaiag, IG I 117-167.
b) r&afifiarsvg ztöv zafiuüv zc5v äXXcov
ÖtdSv, IG I 318; s. den Art. Tapilai.
15. rQafifiaxevg x<3v rgidxovxa, d. h.
Schreiber der Logisten , IG I 226—259 , s. den
Art. Logistai.
16. rQaftftarsvgxfjgffvkiig. DawirPhylen-
gut als möglich beobachtet; eine durchgängig
genetische Darstellung ist jedoch beim Stande
unserer Quellen unmöglich. Die Anordnung ist
unter A sachlich, unter B geographisch.
A. 1. Der Gerichtsschreiber heißt y.
schlechthin. Wo wir einen y. als Gerichtsschrei-
ber zu betrachten haben, ergibt sich das stets
aus dem Zusammenhange ohne weiteres. Als-
bloßes Hilfspersonal der Eichter treten die Ge-
, , , c 3 titZ '? TV', .-"■—«• "J IVJ " u*vu™ üuiojjciswuai uer xiicuter treten aie W-
dekrete, besonders Ehrendeln-ete, besitzen, so muß 60 richtsschreiber in unserer Überlieferung meist so
auch deren avavoawn durch «infin TWnfr.i-A.crfjiTi oöT.1. ^ii^i„t a~u „:^ ;„ a /\__-ii °i_ t.._
auch deren ävayga^ durch einen Beauftragten
vollzogen worden sein. Falls in diesen Beschlüssen
nicht bloß ein subjektloses avayQ&rpai 8h xo$s xo
y>fat*ftajy ax^Xjj X&ivy xal axijoai xxX. steht,
wie IG H Suppl. 563 b Z. 34f. (334/3 v. Chr.),
so werden im allgemeinen die nach dem epony-
nwn Archon datierten drei buiuXnxal ™ ff wvXlß
damit behaut, so U Suppl. 563c 12. 565 e. Hbv
sehr zurück, daß sie in den Quellen, abgesehen
von den attischen Gerichtsreden seit dem zwei-
ten Jahrzehnt des 4. Jhdts., nur verhältnismäßig
selten erwähnt sind.
In Athen hatte zweifellos jede Gerichtsbe-
hörde ihren eigenen Schreiber, während bei den
übrigen nichtrichterlichen Behörden , die sich
innerhalb ihrer Kompetenzen als Gericht konsti-
tuieren konnten, doch wohl der zum Amte ge-
hörige Schreiber dem nunmehrigen jjyefubv 6ixa-
oztiQiov als Gerichtsschreiber diente; vgl. im all-
gemeinen Meier- Schümann -LipsiusAtt.Proz. 2
II 918. Wir kennen bloß einige wenige Funk-
tionen des attischen Gerichtsschreibers. Bei der
Hauptverhandlung befinden sich die Zeugnisse und
sonstigen Aktenstücke in der Hand des Schreibers.
In älterer Zeit hatte der Schreiber damit nichts
zu schaffen, da die Zeugnisablegung ausschließ-
lich mündlich stattfand, wie aus Aristoph., Fiat.
Ges. u. Apol., Antiph., Andok., Lys. und Isokr.
unabhängig voneinander bewiesen haben BonneT
Evidence in Athenian Courts (Chicago 1905) 46f.
und Leisi Der Zeuge im attischen Kecht (Diss.
Zürich, Frauenfeld 1907) 85. Späteste sichere
Belegstelle für die Mündlichkeit des Zeugenver-
fahrens ist Lys, XVI 8 (zwischen 392-389 v. Chr.
Leisi 87); Verlesen des Zeugnisses in sämtlichen
Reden des Isaios, zuerst V 2 xat \iot dvdyvco&t
Tijr iiaQxvQiav (389 v. Chr.). Der Gerichtsschreiber,
der von jeher Aktenstücke, wie Gesetze, Psephis-
men, Namens- und Vermögensverzeichnisse {dno-
ygatpal) zu verlesen gehabt hatte, hatte nunmehr
auch die in der ävdxQiois von ihm schriftlich ab-
gefaßten Zeugnisse zu verlesen. An ihn ist ge-
richtet das laßi oder dvdyvco'&i (ävaylyvcaoxE, Xiys)
zyv fiagxvgiav (Leisi 88f.94). Dagegen ergeht
die Aufforderung xdlst xovg fxdgzvgag nicht an
den Schreiber, sondern an den zu jedem Gericht
gehörigen Herold (xfjgvc'), wie sich u. a. aus
Aischin. II 86 ergibt (Leisi 84). Ebensowenig
gehört, wie öfter behauptet wurde , die Regulie-
rung der Klepsydra 2u den Funktionen des
Schreibers ; das emXaße zo vS<og und ifega to vöa>g
ist an einen besonderen Beamten gerichtet, der
bei den Lexikographen 6 e<pvda>g, bei Arist. 'Ad.
jto;.. col. 33, 11 o ml zo vöoig heißt und nicht
als Beamter erscheint, sondern als einer der hie-
für ausgelosten Heliasten (Att. Proz.2 II 930f.,
vgl. jetzt Leisi 91ff.). Daß aber, während der
Schreiber Zeugnisse oder Urkunden verlas, die
Wasseruhr auch ohne besondere Aufforderung ab-
gestellt wurde, ist bereits für den attischen Pro-
zeß angenommen worden von Schömann Att.
Proz. 931 und ausdrücklich bezeugt durch die
Prozeßordnung, nach der die Stadt Knidos im
Rechtsstreite zwischen den Kindern des Diagoras
von Kos und der Stadt Kalymna zu entscheiden
hat, Anc. Greek Inscr. Brit. Mus. U n. 299 (=
Recueil des inscr. jurid. gr. 1 158 nr. 10 = Michel
Recueil 1340 = Dittenberger Syll.2 512 =
Collitz 3591) Z. 20ff. dvaytyvoxtxezGj 6 ygap-
fiazevg, ov xa ixdxegoi nagi%(ovxai, xal zag ftag-
xvgiag ävev vdaxog (Leisi 92).
Am besten bekannt sind uns die Schreiber
aus wärtigerRichter, die besonders in hellenisti-
scher Zeit zur Entscheidung inländischer Streitig-
keiten berufen werden und die Schreiber auswär-
tiger Richter, die zur Entscheidung von Streitig-
keiten zwischen zwei Gemeinwesen, also zur Ent-
scheidung internationaler Streitigkeiten auf Wunsch
der Litiganten berufen werden. Hierüber Hitzig
Der griech. Fremdenprozeß im Licht der neuem
Inschriftrande, Ztschr. d. Savignystiftg. XXVIII,
Rom. Abt. (1907) 236ff. Daß im ersteren Falle,
wo öfter nur ein Richter, meist aber drei oder
fünf entsandt werden, mit einer einzigen Ans-
M. fJ€XfJLfj.az,etg j. i •xa
nähme stets nur ein y. erscheint, hat schon
Sonne De arbitris externis (Diss. Götting. 1888)
87 festgestellt; vgl. jetzt auch Hitzig 238. Zwei
Schreiber mit zwei Richtern und^ einem ötxaoza-
yojyog entsendet Termessos Maior in Pisidien
nach Mylasa (Le Bas LH 358a, Zeit des Domitia-
nus. Sonne 78). Im eben erwähnten Prozeß der
Kinder des Diagoras von Kos gegen die Gemeinde
Kalymna sind der richtenden Stadt Kos eben-
10 falls zwei Schreiber beigegeben, aber diese sind
von den Prozeßparteien bestellt (vgl. ov aa Jxd-
regot aagsxcovzat und dazu Recueil d. inscr. jurid.
gr. I 173). Auch bei der Entscheidung inter-
nationaler Streitigkeiten, wo die Zahl der Richter
von 1, 3, 5 bis 101, 151, 301, 600 variiert, im
allgemeinen aber stärkere Richterkollegien funk-
tionieren, als im ersten Falle, erscheint dem
dij/noe xgivcöv nur ein Schreiber beigegeben (H i t z i g
246). Nicht selten finden wir den y., ohne den
20 ein solches Gericht gar nicht denkbar ist, in den
Ehrendekreten für die Richter nicht erwähnt,
offenbar weil die Parteien ihn aus ihren Mit-
bürgern bestellten, wie für den eben erwähnten
Prozeß der Kinder des Diagoras aus Kos aus-
drücklich bezeugt ist (Sonne 44). Im^llgemeinen
aber bestellt und entsendet die jrdXis exxXrjrog mit
den Richtern auch den Schreiber aus ihrer Mitte.
Über die Funktionen des Schreibers schweigen
die Urkunden, meist Ehrendekrete für die Richter,
30 ihren Schreiber und die Gesamtgemeinde, der sie
angehören, während sie die beschlossenen Ehren
ausführlich aufzählen (Sonne 90ff.). Der Schreiber
erhält entweder den gleichen Ehrensold wie die
Richter, z. B. einen goldenen Kranz, wohl auch
Proxenie, Ehrenbürgerrecht usw., oder er erhält,
während jene einen goldenen Kranz bekommen,
einen einfachen iXalag ox£<pavog oder axi<pavog
öalXov. Die Begründung der Ehrung ist nie der-
art eingehend und bestimmt, daß sich daraus etwas
40 Wesentliches für die Funktionen des Schreibers
ergäbe. Die Formeln sind mehr allgemeiner, fast
stereotyper Natur; so wird in der Inschrift von
Priene nr. 8 der Schreiber Hegepolis, Sohn des
Hegias, der nach Iasos gesandt worden war, gelobt
gj« x(öi xijv xa&" avxov XQ E ^ av diioixrjxsvai ijitfiEXtog
xal svxdxzcog xai xtjy smdtjfiiav xeftotrjo&ai. fiexd
7ido n g Evzag-ias (Z. 24ff. Slff.); dieselbe Formel
ebenfalls in einem Beschluß von Iasos Inschr. v.
Priene 54, 4. 20f. für den Schreiber r AxzaXog Az-
50 zdXov. Im Beschluß einer äolischen Stadt (2. Jhdt.
v. Chr.) für einen . Richter und Schreiber aus
Priene , Inschr. v. Priene 60, 13 , lautet die Be-
gründung knaivioai Sh xal xov avv [i^aJuoozaXevxa
x<ö Stxaaxä ygafifiaria 'AxoXär etzI xa xaz(x)av
ygafipazeiav <pd[o]iiovlau Von einem Schreiber,
der mit drei Richtern aus Magnesia am Maian-
dros nach Knidos entsandt wurde, heißt es Inschr.
v. Magnesia 15 a 7. 11. 12. 22 gvvexsXsosv xdv
xa^ avxov £pe»av fisxa Jidoag [oTzovÖäg xai] tptXo-
SÖxi/niag. Etwas eingehender Inschr. v. Magnesia
101 (zweite Hälfte des 2. Jhdts, v. Chr.), wo der
Name des Schreibers neben dem der drei fiszd-
m-fixxot Sixaoxcu am Kopfe der Inschrift der
Larbener steht, auch von ihm, wie von den Rich-
tern, eine Erzbüste angefertigt wird und verord-
net ist, auf diese shtatv %ah^ zu setzen wi% 6
dtjftoe htfirjoer ygafiita[evoina] finuc xai ÖtxaloH
(Z. 45). Eine andere Formulierung in einem Ehren-
dekret Von Mytilene für ein fisxdne/ujtTov dtxaorrj-
totov (Z. 20) und dessen Schreiber aus Erythrai
Coli Hz Gr, pial,-Inschr. 215, wo der Schreiber
geehrt wird sizl twi nQayfmTsw&tfvai <pdozifio>g
xai d|«wsr äfnpoxsgoiv zav noXteav (Z. 39ff.). Wie
es vorkommt, daß ein durch Erfahrung bewährter
Richter wiederholt von einer siöXtg exxXyvog aus-
gesandt wird (Sonne 87), so rindet sich auch der
SiiU d ^n de L^!! re vT ? e fÄ S> S °^ n ^ fiS — — S auiueny. erwannt werden. Bekommt
^•JZ^Zt?^^^** 1 »« ^daß neben dem Vorsitzenden nur ein ein-
(v6fios) nach, freiem Ermessen und bestellen ihre
Beamten (ä&xovtsg), gewöhnlich einen Vorsitzen-
den, einen Schatzmeister, einen Schreiber und
meist auch einen Epimeletes in der Kegel auf ein
Jahr durch Wahl, während der Priester gewöhn-
lich durchs Los bestellt wird (Schömann-
L i p s i u s Griech. Altert. II 4 574), i m emzem en
finden sich zahlreiche Modifikationen, die hier nur
mit Bezug auf den y. erwähnt werden. So kommt
wegen seiner Geschäftskenntnis einmal mit einem
Richter nach Iasos entsandt wird (Anc Greek
Inscr. Brit. Mus. III 420 = Michel Recueil 468
~ Inschr. v. Priene 8) , ein andermal mit drei
Richtern nach Laodikeia am Lykos in Phrygien
(Anc. Greek Inscr. Brit. Mus. IH 421 = Michel
^ttTt^w^-*^ 59 >- ^r Grund, ™rum
IG VH 21 (= Le Bas II 35 = Michel Eecueil
239) der um 190 v. Chr. mit zwei Richtern von
J_ ~ ■ ^*^" «»** ViiL Ulli"
ziger Beamter sich findet, der die drei sonst ge-
trennten Ämter des xa/ttag xal y. xai httfisXt}-
tfs in seiner Person vereinigt (Verein aus dem
Peiraieus vom J. 102/1 [?] v. Chr. IG II 5
£26 b Z. 10f.). Mehrfach fehlt eine bestimmte
Abgrenzung der Kompetenzen, so daß die Punk-
tionen des rafitag auch durch den y. ausgeübt
werden, IG II 5, 624b Z. 17 (Pol and 348 Anm. f).
Der ganz singulare enloocHpog im Vereine der
a'tui* x_ 1. >i T -"-■*»-' -"-;^"«« wii j^vl gaiü »mg-martj emoocxpog im vereine der
den Magneten nach Orchomenos (dem boiotischen, 20 Epikteta von Thera (IG XII 3, 330, Ende des
nicht dem n.rkarhs/VhPTi\ orü- aari A*r. ö„T :t„_ v r o ti.j.l. ™ ■. ^ . . , . ' ' " uc " cö
nicht dem arkadischen) entsandte Schreiber Z. 5
und 18 als vnoyQa^axsvg bezeichnet ist, während
er Z. 39 y. heißt, ist nicht klar; vielleicht hatte
er m seiner Heimat nur den Titel und die Punk-
tionen eines vnoy e af*fiaT£vs , funktionierte aber
in diesem Falle als y. Daß im allgemeinen von
der sxxXrjTog noXtg solchen dtxaoxai /uBX(msfi7zxo t
ein Schreiber als unerläßlicher Bestandteil des
Gerichtshofes auch dann beigegeben zu werden
TmACffc*» wenn vrvn {Tu. /i™ «^7~U ■ i.j. 1 .. i
3. Jhdts. v. Chr.) vereinigt in seiner Person die
Geschäfte des Vorsitzenden, des Schatzmeisters
und des- Sekretärs. Er führt nicht bloß Buch
über Einnahmen und Ausgaben, sondern er zeich-
net auch die Akten auf (eyyQäyei ndvxa Z. 268),
weshalb in diesem Verein der Sekretär ganz fehlt
(Poland 369). Ein scharfer Eangunterschied
zwischen den einzelnen Vereinsbeamten läßt sich
nicht feststellen. Es ist wohl nur Zufall, wenn
,, , , — . ™&^a , -*' v " *" wcjucii mein lestsieuen. rus isu wozu nur iutall, wenn
lieh erbeten worden war, hat schon Le Bas II
35 bemerkt; vgl. auch Sonne 87.
Ein Analogon zu den von einer Stadt in Be-
gleitung eines Schreibers ausgesandten Eichtern
bilden Gesandtschaften, denen gelegentlich ein
Sekretär beigegeben ist. Es genüge je ein Bei-
spiel aus alter und aus späterer Zeit. Die Ge-
sandtschaft, die Leontinoi zum Abschluß eines
Symmachievertrages 433/2 v. Chr. nach Athen
■ni.ii.w- w™3 T-rt ü , -dne erscnopienae Zusammenstellung der Ver-
schickte, bestand aus drei Gesandten und dem 40 einssekretäre des gesamten, hellenischen Kultur-
n. Chr., Bull. hell. X [1886] 516 = Athen. Mitt.
XIX [1894] S. 110 nr. XI) der y. vor den <fe/orwff
genannt ist, während er sonst naturgemäß nach
ihnen steht (Poland 339 Anm.*). Erscheinen
y. und jafAiag nebeneinander, so steht der y.. wie
die attischen Urkunden beweisen, fast ausnahms-
los hinter dem zapiag; zahlreiche Belege bei
Poland 385 Anm. ***.
Eine erschöpfende Zusammenstellung der Ver-
y. ßEozifiog TavQtoxo (IG I Suppl. 33a = Dit-
tenberger Sjll.2 24), die Gesandtschaft der
Königin Kandake aus Aithiopien , die sich im
J. 13 v. Chr. in Pselkis verewigte (CIG 5080
- Lepsius Denkmäler XU Taf. 96 nr. 407 =
IGE 1 1359; vgl. Wilcken HermesXXVIII [1893]
154), besteht aus 'AgjtoxQag . . . ^ezd r E[fidrov]
jioeoßevxov xal Tapiov yoafifiaxecog.
kreises von Attika bis nach Ägypten gibt Poland
383ff. Einmal finden wir da auch den Titel
ävaygarpEvg und in ganz später Zeit, wohl nur
als eine Art Rangerhöhung äeyjyeanftazeig eines
Kollegiums; vgl. u. II A 3 am Ende. In manchen
Vereinen fehlt das Amt des Sekretärs gänzlich,
so namentlich in den älteren attischen Vereinen
(Poland 383). Wie sich das Amt des Sekretärs
9 S.Ti^iho.L ,'r • Vi- i. ^ v AVit *"" oooj. me sich uas Arne aes öeitretars
ni«T? A » 1 v * • i > er / ine a n ; Fördie0r ^- an« dem unbestimmt gelassenen ,Vereinsdiensf,
fS di "ße^nZ^i vf ™' t {aa °l ü * ä " } und 50 der Epimelie, allmählich herausgebildet hat, zeigen
iur die Bestellung der Vereinsbeamten war im 7.i a h a *+-h 10t — a u„i»„j oo» t^. ^_ F
allgemeinen das Vorbild des Staates maßgebend;
jedoch weist die Bestellung der Beamten die
größten lokalen Unterschiede auf, wie nach
Foucart Des associations religieuses chez les
Grecs (Paris 1873) und Ziebarth Das griech.
Vereinswesen (Leipzig 1896) nunmehr auf Grund
des stark angewachsenen Inschriftmaterials Po-
land Gesch. des griech. Vereinswesens (Leipzig
Ziebarth 195 und Poland 385f. Der Vereins-
sekretär fungiert als Schriftführer, protokolliert
die Beschlüsse, verzeichnet neu eintretende Ge-
nossen in die Liste, besorgt vor allem die Aus-
fertigung der Ehrenurkunden auf den Stelai und
besorgt meist auch deren Aufstellung. Schon
hier und noch mehr bei der Verkündigung von
Ehren erscheint er nur als Hilfsorgan des Tamias,
mit dem er sich bisweilen in den Funktionen be-
1<M<» rini^htnA j.™wTr rrT i"^H"5 "üb uem er sien Diswenen in den Funktionen be-
TSlaEäSL^äLSL, ^Ul^ 60 3S^ S-.*»* »« » .Ausnahmerauen (Poland
Vereinen begreifen wir ebensowohl Kultgenossen-
senaften als Künstler- und Handwerkerverbände
sowie die Innungen, die in kleinasiatischen Städ-
ten sehr oft vorkommen und der bei den echt
gnechiscnen Vereinen nie fehlenden Anlehnung
an «men Götterknlt entbehren. Ihrer Autonomie
Bnd, mrtem paar Ausnahmen (Ziebarth 169ffi),
«toeBcniankeo gezogen. Sie erlassen ihr Statut
386). In den nachchristlichen, mehr offiziellen
Vereinen — Vereinen des II. Typus bei Poland
— ist seine Eolle entsprechend der bedeutsameren
Stellung des Sekretärs im Staatsleben bedeutender,
wie sich besonders in dem Einflasse zeigt, den
er auf die Abfassung der Beschlüsse ausübt
(S w o b od a Griech. Volkabeschlüsse 206fit) . Nach
seinem Namen werden nun nicht selten Urkunden
1Y4Ö
lQ(XfA[.utTeig
rQaßjnazeig
1746
datiert eni yQafifMT^ü>g bezw. yQafifiazsvovxog roü
SeTvog. Solche Tätigkeit erfordert Geschaftsge-
wandtheit; daher finden wir, daß der gleiche
Schreiber "mehreren Körperschaften zugleich dient,
so der Genisie, den Neoi und dem Eömerkonvent.
,So erscheint der y. in der Kaiserzeit wieder, wie
in alten attischen Vereinsurkunden, geradezu als
Finanz- und wichtiger Verwaltungsbeamter bei
den Hymnoden von Pergamon, bei den kretischen
tov] ovv€8qI[ov twvJ vs{oj)jtouä[v] Inschr. v*
Magnesia 362 (= CIG II 2917) , über den sich
bei der Kleinheit und Verstümmelung des Bruch-
stückes freilich nichts weiter sagen läßt. Wie sehr
bei der Beurteilung der Stellung dieser Vereine
Vorsicht geboten ist, mag EvXl/^svog yQaptfiaxsvg
[da]ftooiog, gewesener Priester des Zeus Ataby-
rios, der dem Gotte eherne Ochsen weiht (Inschr.
aus Rhodos IG XII 1 nr. 31 = Colli tz Gr. Dial.-
Eamilienvereinen und bei der römischen $~voxtxi] 10 Inschr. I 3772), zeigen. Sein Titel verrät nicht,
uvvodög in ihrer letzten Erscheinungsform* (Po-
land 387). Darum wird denn auch die Tätig-
keit der y. unter den Ehrentiteln eines verdienten
Mannes später öfter angeführt. Vielleicht hängt
damit zusammen, daß er gelegentlich selber als
Dedikant auftritt, wiewohl hier auch persönliche
Leistungen vorliegen können (Poland 387).
Über die Verbreitung der Institution des Ver-
einssekretärs sagt Poland 3831: ,In Attika wird
daß er Sklave ist, Mitglied des Sklavenvereins
der AtoGaiaßvQiaaxal , wie die Inschrift deutlich
beweist, vgl. Schumacher De republica Rhodio-
nun 58f. van Gelder Gesch. der alten Ehodier
260. Dazu das Namensverzeichnis IG XII 1 nr. 7
mit einem ygafxarsvg (sie), die Weihung des ye<xf*]-
pLarevg dafiooiog für seinen Vorgesetzten aus Kami-
ros IG XII 1 701 (= Colli tz 4123) und die von
Hiller v.GaertringenÖsterr. Jahresh.IV(1901)
er, vielleicht nicht zufällig, bei den alten Amynos- 20 162f. veröffentlichten Bruchstücke eines rhodi sehen
orgeonen nicht genannt. Er scheint auch bei
den späten Orgeonen der Belela nicht vorhanden
gewesen zu sein; wohl aber treffen wir den Sekre-
tär bei den Orgeonen der Meter, wie bei denen
der Bendis und einem unbekannten Orgeonen-
kolleg, bei den Thiasoten der Artemis und einigen
andern Thiasotenvereinen , bei den Sarapiasten
und Sabaziasten, sowie bei einigen andern Era-
nisten und sonstigen Kollegien. Außerhalb Athens
Grabmonumentes, das in A 1 und B 3 ebenfalls
einen yQa(A,atevg dafaoaiog) nennt in Verbindung
mit einem vmjQsrag dafioaiog, welch letzterer aber
Bürger ist. Die quasi-öffentlichrechtliche Natur
dieser Vereine, die da und dort durchschimmert,
zeigt sich besonders deutlich in einem dem Namen
nach nicht bekannten Vereine aus Mykonos, dessen
Inschrift Ziebarth Rh. Mus. LV (1900) 506
publiziert hat. Dieser beschließt, eine Abschrift
haben wir im eigentlichen Griechenland den y. 30 seines Beschlusses, dessen Original natürlich, ohne
nur bei einigen Kollegien von Sparta und Troizen
{Festvereinen mit besonderer Stellung, Poland
7 Off.). Weiterhin treffen wir die Sekretäre in
Thessalonike (drei yQa^fiaTevovTsg), Philippopolis,
Tomoi, sowie ausnahmsweise im bosporanischen
Gebiet. Von Inselvereinen kommen solche von
Methymna, Chios, Delos, Tenos, Naxos, Melos,
Rhodos und Kreta und von kleinasiatischen Kol-
legien einige von Pergamon und Kyzikos in Frage.
daß es ausdrücklich gesagt zu werden brauchte,
ins Vereinsarchiv wanderte, dem Ratsschreiber zu
übergeben zum Einverleiben ins Staatsarchiv:
tov ds tprjtpioftazog napaöo&ijväi tovSe xq dvxt-
ygaqpov t<ö rfjg [ß]ov[X]r\g ygafft] ftaxei xai xaza-
rd^at slg {xi)ßa>T6v • ävayqäy)ai de avxo xal dg
artfXtjv rjv xal ävatefiffvcu elg xo dcuiedov zö Iv
xön lEQcöt; vgl. Wilhelm Beiträge (1909) 291.
Etwas Besonderes, nicht völlig Klares bieten zwei
In eigentlichen Vereinen Ägyptens läßt der Sekre-v40 Inschriften aus Sura in Lykien bei Petersen-
* K - _:.n. „i^i. __.-l_.._._, t, 3 _... __„^_ T jU8cnan Reisen in Lykien 45f. nr. 83. 84 ( =
IGE III 711. 712), einen yga/ufiazEvcov Seßaarrjg
stXaxstag. Nach Inschriften aus Apameia, in
denen ot ev zf) Sxvztxfj nXaxela xe%vstTai und
oe iv xfi Gepfiatq. sikazstq Igyaozai erwähnt sind,
dürfte es sich auch hier um ein Kollegium, bezw,
eine Handwerkerinnung handeln; vgl. Cagnat
zu 711. Ziebarth Das griech. Vereinswesen 106
und Waltzing Etudes sur les corporations pro-
tär sich nicht nachweisen.' Besonders nötig
machte sich der Sekretär begreiflicherweise bei
den dionysischen Künstlern mit ihrer weitgreifen-
den Tätigkeit; er findet sich aber auch beim
£vozog der Athleten. Häufig ist er bei den Ge-
rusien, sowie bei den Epheben, Neoi und ähn-
lichen Jugendvereinigungen anzutreffen — hier
bisweilen (bes. bei den Neoi von Pergamon) so-
^ar vier- und dreifach — wie schließlich vielleicht
bei den Handwerkergilden. Doch ist es da über- 50 fessionnelles III 25.
haupt fraglich, da einzelne dieser Vereinigungen
ihrer Natur nach sich nicht recht bestimmen
lassen, an andern Stellen es fraglich ist, ob über-
haupt vom Sekretär einer Genossenschaft die Kede
ist (Poland 384).
Zar Illustration einige Einzelheiten. Die Ge-
rusia von Magnesia am Maiandros, xo ovoxqua
zöiv jtgeoßvxeQayv, besitzt nach Inschr. v. Magnesia
116 (aus hadrianischer Zeit) einen Xsttovgyog, einen
Zum Schluß ein paar Proben von der starken
Entwicklung des Vereinswesens im bosporani-
schen Gebiet nach IPE (= Latyschew Inscript.
antiquae orae septentrionalis PontiEuxini I [1885].
II [1890]. IV [1901]). In Tanais erscheint in In-
schriften von Kollegien, die den Titel führen ^
avvadog tj jregt Ugea zov ÖeTva , mehrmals ein y.
awoSov IPE II 440. 441 (Ötaoäxat, 2. Jhdt. n.
Chr.). 445, während in den Inschriften der ovvoöoc
TZQayfiaxtxog, einen dvTiygatpevg und einen jähr- 60 von Pantikapaion (Kertsch) IPE II 61-63 dieselbe
lieh neu bestellten Sekretär (yQafifmxrj tov xax' T?«n<» ™« ^ »~i^:"+ J*~ ».^»iwt»^,
svtavzov iaofuvov Z. 32) , der im Beschluß als
Antragsteller erscheint {Z. 5), durch Abstimmung
eine Abänderung des Beschlusses herbeigeführt
hat (tov fiszayJTjytoäfisrov xavxa ygafiftaxia) und
nach Z. 20—29 hauptsächlich mit dem Eech-
nungs- und Finanzwesen der Gerusia zu tun hat.
Beiläufig sei hingewiesen auf den yQdfifiafzpvg
Rolle, wie es scheint, der xQayftaxäg spielt (Laty-
schew II p. 257 zu nr. 441); doch kommt auch
bei Vereinen in Pantikapaion der y. vor, so IPE
IV 209, einer Inschrift von Thiasoten, hier öteoet-
xat geheißen, wie IPE II 443, aus römischer Zeit
und IV 212, der Ehreninschrift für ein Mitglied der
ftvvodoe negi <PiXd£evov Gwayayyov xal'Aßaror quid*
fadvy xai <PÜ.urtor fia^a<ptldya&or ttai 0s6f*vtj<rter
±**f
iQtxfifiateis
yeaftftazia. Als Schreiber ist auch der Beamte ijti
Trjs stvtcidoe zu fassen in anderen Vereinsinschrif-
ten aus Pantikapaioii TPE II 29 B 28. 491 p. 292.
131, neben dem als Rechnungsführer ein inl xmv
X6y<ov steht (Wilhelm Beiträge [1909] 244). In
einer Inschrift aus der Nähe von Phanagoria da-
gegen (IPE IV 421 = IGE I 900), die als für
das bosporanische Gebiet neue Vereinsbeamte den
vaxÖQog und den ioofidoroig bringt, erscheint neben
dem tegsvs der alte y. (Zeit Kotys 1 IL, der 12310
— 131 n. Chr. im Bosporos König war).
Es scheint fast überflüssig, zu bemerken, daß
von den Schreibern der Thiasoi und anderen Kult-
genossenschaften ihrer rechtlichen Stellung nach
verschieden sind die ziemlich selten erwähnten
Schreiber im Sakralwesen, die den öffentlich-
rechtlichen Charakter eigentlicher Kultusbeamten
tragen. So erscheint in der Weihinschrift der
fünf tsgdQxat von Thespiai, die vielleicht vom
berühmten Tempel des Eros stammt (Bull. hell. 20
XIX [1895] 375 nr. 28 = Dittenberger Syll. 2
752) als Weihender auch der ygapfiaztoxag $iXo)v
0qvvco. Der Beschluß von Demetrias mit der
Tempelordnung für das Orakel des Apollon Koro-
paios, gefunden am Pagasäischen Golfe (Athen.
Mitt. VII [1882] 69 = Dittenberger Syll. 2
790 = Michel Recueil 842), lehrt uns auch
den y. rov $eov kennen (Z. 21. 32. 46); beson-
ders interessant seine Z. 32ff. näher bezeichneten
Funktionen bei der Bestimmung der Reihenfolge 30
derer, die das Orakel zu befragen wünschen, und
die Verteilung der Orakel durch ihn (Z. 46ff.).
3. Der Gemeindeschreiber der römi-
schen Kaiserzeit erfordert, da die römische
Kaiserzeit in der Entwicklung Epoche macht,
eine besondere Behandlung. Gut überblicken wir
die Verhältnisse in Kleinasien, da hier für eine
Reihe von Städten, namentlich Ephesos, genügend
Material aus älterer Zeit vorliegt, um zu zeigen,
was für Veränderungen mit der römischen Herr- 40
schalt und speziell mit dem Eintritt des Prinzi-
pates vorgenommen wurden. Bei der Einrichtung
der Provinz wurde zwar die demokratische Ver-
fassung überall aufgehoben und durch eine timo-
kratische ersetzt — wir kennen das hauptsäch-
lich von Sizilien, Makedonien, Achaia, Bithynien
und Syrien — , indem die aktive und passive
Wahlfähigkeit auf die Besitzenden beschränkt,
der besitzlosen Menge dagegen das Aktivbürger-
recht entzogen wurde. In allen nicht besonders 50
privilegierten Städten ist zar Abhaltung einer
Volksversammlung die Erlaubnis des Statthalters
erforderlich. Die wichtigste Änderung aber be-
stand darin , daß nirgends mehr jeder beliebige
epitime Bürger Anträge an die Volksversamm-
lung einbringen konnte, sondern daß dies durch
den Vorsitzenden Beamten geschah (in Athen den
oToaxrjyog im rä oxXa), der nach römischer Weise
allein das itts agendi cum populo hatte. Die
Folgen der timokratischen Verfassung machten 60
sich geltend in der Bestellung des Rates, der
Einführung einer neuen Behörde, des Bularchos
(Swoboda Griech. Volksbeschl. 198f.) und der
Einsetzung eines Censorenamtes (rj/ufreu, nur in
Ankyra in Galatien ßovXoygd<pot geheißen). Der
Bat als ein jährlich wechselnder, aus den Phylen
gewählter oder erlöster Ausschuß erhielt sich,
besonders in der Provinz Asia, unverändert, in
r$afifwv€ig 174»
Milet , Ephesos und Kyzikos bis über die Zeit
der Antonine hinaus. Auch die Gemeindebehörden
wurden von den Römern so belassen, wie sie in
hellenistischer Zeit bestanden hatten. Wir finden
nach wie vor Archonten, Strategen and zahlreiche
Unterbeamte , wie y. ; nach wie vor wählt die
Bürgerschaft die Beamten bis in die späte Kaiser-
zeit hinein (Kuhn II 64ff. Marquardt Rom.
St.-V. 12 1881, 209f.). Im allgemeinen waren
die Gemeindeämter unbesoldet, also reine Ehren-
ämter, die vielmehr als Xeixovgyiac vom Inhaber
Ausgaben erforderten und daher nur von den
wohlhabenderen Leuten bekleidet werden konnten.
Hier also ein starkes Hervortreten des timokrati-
schen und völliges Zurückdrängen des demokrati-
schen Prinzips (s. Brandis o. Bd. II S. 1553f.).
Der Gememdeschreiber heißt entweder y. xov
Stffiov oder y. zfjg jioXsag; außerdem lebt die alte
Bezeichnung y. xfjg ßovXfjg xai xov dtjfiov oder
bloß y. ßovXtfg xal~dv}fiov fort. Neben dem y.
ßovXyg xai drjfiov kann, wie das auch schon in
früherer Zeit der Fall war, noch ein besonderer
Gemeindeschreiber vorkommen. Ein bezeichnen-
des Beispiel aus der Ptolemäerzeit bieten In-
schriften aus Paphos auf Kypros, Dittenberger
OGIS 172, 5 findet sich der y. Tfjg Haiplcov
ytohcog; in nr. 166 ehrt die Stadt den Kallippos,
Sohn des Kallippos dig yQafi/zazevoavza xijg ßov-
X^g xai xov dvj^ov . . . xov yQa/.ifiarea rrjg ji6Xea>$
(daß so zu verbinden ist, hat gegen Newton
Dittenberger Anm. 3und4 gezeigt). Identisch
ist die Titulatur y. xijg ßovXfjg xai xijg ixxXr}oiag 7
die z. B. in Antiocheia in Persis vorkommt (Dit-
tenberger OGIS 233, 8; mehr Beispiele in
den Indices der Inschriftensammlungen). Neben-
her läuft der y. ztjg ßovXtjg , auch 6 xfj ßovXf}
yQafifiaxevcov genannt, wie Dittenberger OGIS
728, 3. Dieser ist vom y. xov örj/uov ver-
schieden, soll aber hier nicht weiter behandelt
werden (Menadier 78); doch sei beiläufig hin-
gewiesen auf die hervorragende Rolle des Rats-
schreibers in Kyzikos (Swoboda Griech. Volks-
beschl. 114), wo übrigens zwei Schreiber zu unter-
scheiden sind, ein jähriger und ein Prytanien-
schreiber (Swoboda 190, 1). Über die Beamten
der Ratskollegien, besonders den y xijg ßovlijg,
vgl. O eh ler Art. BovXj o.Bd. III S. 1036. Zur
Terminologie im allgemeinen vgl. Viereck Sermo
Graecus etc., Göttinger Preisschrift 1888. Magie
De Romanorum iuris publici vocabulis solemnibus
in Graecum sermonera conversis (Leipzig 1905).
Hahn Rom und Romanismus im griechisch-römi-
schen Osten (Leipzig 1907), sowie die Indices, be-
sonders IGR vol. III p. 649. Für die staatsrecht-
liche Stellung des römischen Gemeindeschreibers
und der Strategen als der Vorstände der Bürger-
schaft ist grundlegend die Arbeit von Menadier
Qua condicione Ephesii usi sint inde ab Asia in
formam provinciae redaeta (Berlin 1880), vor allem
aber die weiter ausgreifenden Untersuchungen von
Swoboda Griech. Volksbeschl. (Leipzig 1890) be-
sonders S. 176ff. 179. 181. 197f. 206—212.
Das Bild der kleinasiatischen Munizipalver-
fassung der Kaiserzeit ist folgendes: der Gemeinde-
schreiber, y. xov Srjfiov, bÜdet mit den oxQazrjyot
den Vorstand der Bürgerschaft. In der über-
wiegenden Mehrzahl der Fälle sind .diese Magi-
strate es allein, die an Rat roxi Volk referieren,
l/4y
r^afifiavslg
r^ctfificctetg
1750
und jeder Antrag,, mochte er nun von wem immer
gestellt sein, mußte ihrer Prüfung und Begut-
achtung unterworfen werden' (Swoboda 179).
Während noch Th. Mommsen Österr. Jahresh.
III (1900) 3 behauptete, die Strategen seien im
wesentlichen auf die Rechtspflege beschränkt ge-
wesen, die eigentliche Verwaltung dagegen, ins-
besondere die Einbringung der von der Bule und
der Ekklesia zu fassenden Beschlüsse, habe in der
Hand des Schreibers gelegen, hatte SwobodalO
schon früher nachgewiesen, daß eine solche Tren-
nung der Funktionen nicht vorlag, sondern daß
der Vorsitz in Rat und Gemeindeversammlung
von den früheren Ratsausschüssen {tiq6e6qoi) meist
auf die Magistrate übergegangen war, und daß
diese das Recht der Antragstellung und Begut-
achtung gemeinsam besaßen und in einer Art
Synarchie ausübten, im Vorsitz auch abwechselnd,
ohne daß der Grund des Wechsels ersichtlich ist.
Statt vieler ein Beispiel, das Präskript des Volks- 20 S. 1482f).
etaaycoysve iöaysx<o ; vgl. auch die Inschrift von Teos
Dittenberger Syll. 2 523,4. Vielmehr kommt,
entsprechend dem Überhandnehmen des Mediums
schon im hellenistischen Griechisch, gerade das
Gegenteil vor, daß iptiq>i£ea$ai im Sinne von
£7zi\prfq>l&iv .abstimmen lassen* vorkommt, wie
übrigens schon Plat. Apol. 32 B, dann aber auch
in der erweiterten Bedeutung .Antrag stellen^
(Swoboda 180, 4).
Das Recht der Antragstellung war zwar den
einzelnen Bürgern nicht entzogen, wurde aber in
ganz anderer Weise ausgeübt, als früher, da der
Antragsteller nicht mehr die Befugnis hatte, seine
Vorschläge persönlich vor dem Volke zu begründen
und zu vertreten, sondern das Recht der Verhand-
lung mit Bule und Demos ausschließlich auf die
Magistrate beschränkt war (Swoboda 182; die
Fälle von Antragstellung durch Private bei Swo-
boda 201ff.; vgl. auch Art. /Vrii^ o. Bd. VII
beschlusses der Ephesier zu Ehren des Kaisers
Antoninus Pins, den Mommsen a. a. O. heraus-
gegeben und kommentiert hat. "Eäjo^ev x&v
Tiocofzcöv] xijg 'Aoiag xai d[ig] veq>x6qojv xai
(pifXoasJßäoxcüv 'Eqpeoicov xf\[t] ßovXrjt xai rät (sie)
ö^fioofi] nsgi d>v £V£(pavio[sv] Aovxtog KsgQsinog
[Aovjxiov viog OvXztvta II[aZxog] (pdoasßaoxog,
äxo&e[dEt]yfisvog ygafi/tiarev [g xov] $r}piov y Tiaoov-
xtov zfov) yQafifiazeatg xov örjffiov] JlojtXiov Kag-
Die hohe Bedeutung, die das Amt des Ge-
meindeschreibers in der Kaiserzeit erlangt hat,,
ergibt sich daraus, daß er fast überall in den
Präskripten als eponynier Beamter erscheint, bald
mit, bald ohne die Strategen, ferner daraus, daß
man bewährte Schreiber wiederholt wählt; daher
die häufige Bezeichnung der Iteration mit xo /T.
Es genüge ein Beispiel aus Tarsos in Kilikien,
Bull. hell. VII (1883) 325 nr. 54 (= IGR I
mdiov'EsiltplQovogl] (pdooeßäozov xai xmv axg[a- 30 883 , wahrscheinlich aus der Zeit des Septimius
zrjyöJv] xfjg jzoXsoig <piXooeßdoxföiv] . . . ded6%$ai. Q««*— >-- ««-^ f n„\. =ri_! — — /.... _.-. — *
Dieser Beschluß verpflichtet den jeweiligen Ge-
meindeschreiber [xov exdojzozs ouzoÖEÖeiyfiivov
yQafptfmtea rov dtf/nov], alljährlich den Geburts-
tag des neuen Kaisers durch ein Volksfest feiern
zu lassen und jedem Bürger aus der Gemeinde-
kasse und zwar dem Budgetposten elg zag ffoöiag
(Z. 30. 52) eine Festgabe von einem Denar zu
schenken. Diese von der Bürgerschaft beschlossene
Severus und CaTacalla) : 'Em yga/ifiaxiojv zow negt
Necova xo ß 1 xai Aovxtov xo ß xai 'AX^avÖQOV
xo ß xai MvQayevrjv to ß' ol avxoi yoaufiazetg
xtjv oxaxitöva ix xä>v ISitov xxX. Die Iterations-
bezeichnung findet sich auch ausgeschrieben, z. B T
in einer Inschrift aus Palmyra in Syrien, IGR
I 1054 yQafifiazea ysvofievov xo dnuxegov imStjfjiiqi
Oeov 'AÖQiavov (130 oder 129 n. Chr.),
Ganz besonders oft begegnet uns der y. als-
Spende von dauerndem Charakter bedarf der Be- 40 eponymer Gemeindeschreiber auf klein asiatischen
stätigung durch den Statthalter, die Z. 42ff. ge-
geben ist. Wie hier von der Tätigkeit des y. das
bekannte neoi wr evstpdviaev gebraucht ist, so
steht Z. 33 und sehr oft in anderen Urkunden slot]-
yEiaftai für das Einbringen des Antrags, So zeigt
die Urkunde aus Ephesos bei Hicks Anc. Greek
Inscr. Brit. Mus. HI 482 (= Dittenberger
Syll. 2 656) wahrscheinlich vom J. 160 n. Chr.
den y. als Antragsteller {dor^y^oaxo oder darj-
Münzen der Kaiserzeit, vgl. Imhoof-Blumer
Kleinatiatische Münzen (Wien 1901/2). Die Münzen
aas Ephesos S. 55 nr. 46 (Taf. II 18). 47. 56. 57
u. a. stammen sämtlich aus dem Beginne der
Kaiserzeit und nennen meist je zwei Beamten-
namen, wobei y. oder dQ%tSQEvg oder dgyisQEvg
y. vor dem ersten Namen steht. Schon Imhoof-
Blumer hat darauf hingewiesen, daß die Träger
der ersten Namen offenbar mehrere Jahre hinter-
ystxai), die Strategen als emxprjfpiaavxsg. M o m m - 50 einander ihres Amtes walteten, während die zweiten
sen a. a. O. S. 2 Anm. 2 übersetzt ixey>rj<pioav
de oi oxQazijyol xrjg jioXecjg qctXoadßaatoi falsch
mit ,die Strategen stimmen bei', statt ,sie leiteten
die Abstimmung' (führten also den Vorsitz). Es
liegt durchaus keine Veranlassung vor, hier für
iszt\pr\fpi^iv eine andere Bedeutung anzunehmen,
als das Wort in den attischen Psephismen (vgl.
bes. die Formel x&v agoedpcov biEtffi<pi&v 6 Seiva)
und auch außerhalb Attikas zu allen Zeiten ge- „„„..„„ ..... „_
habt hat. Für außerattische Verhältnisse ver- 60 der Kaiserzeit mit eponymen y. sind aus Magnesia
weise ich nur auf eine Inschrift von Mylasa CIG a. M. Imhoof S. 80f. nr. 29—32, aus Neapolis
2691c. d. e (Dittenberger Syll. 2 95) (367/6 in Ionien S. 91 nr. 1. 3, aus Mylasa in Karien
v.^ Chr.) Z. 13 bzagag inotyaavzo m-qi xovxow S. 144 Taf. V 23, aus Neapolis in Karien S. 148
fiijxe TiQoxf&ivat sxt siaga xavxa ftrjöiva ftr/ze nr. 2 (mit interessanter Ligatur für yQ^xfiftaxeayg)
ixiy>i)tpl££iv (vgl. anch Z. 28f. 48f.) und auf z6 ß 1 - nr. 4 und 5 sind Münzen des Gordianns
die Inschrift von Amorgos, Dittenberger Syll. 3 (233—244), geprägt vom y. M. Aurelios Kandidos,
511, 48ft; (nicht nach der Mitte des 4. Jhdts.) der unter TreboninB Gallus und Vohwianns (2Ä1
fiffdi jzQvravig jiQOTt&£ra> fttjfü £jityjt]<f>t£ezai ftrjöi — 253) als y. xb #* eine Homonoiamünze von Nea-
Namen wechselten. Alle diese Beamten waren
ohne Zweifel y. (Imhoof S. 58); wenn damit noch
aQxuQsvg verbunden ist, so ist nicht, wie Im-
hoof wegen nr. 46 o. a. annahm, das Schreiber-
amt hin und wieder dem Oberpriester übertragen - f
denn es bezeichnet aQyuoevg kein Amt, sondern
ist lediglich Ehrentitel. Den Titel des an zweiter
Stelle genannten Beamten der ephesischen Münzen
kennen wir nicht. Weitere klein asiatische Münzen
<L/öl
rgccfifiareig
r^ctfifictrsig
1752
polie und Harpasa prägt (Imhoof S, 149). Weitere Schreiber (slaijpjoaftivov rov yga^iaxioig ifjs ßov-
Beispiele bieten Müjazen von Kilbis (unsicher S. 175 Xtjg), während der Beschluß gefaßt ist frv6pov
nr.2), Mastaura (S. 177 nr. 2 und Imhoof Lydische ßovXijs xal exxXyoiag ayofibnqs.
Stadtmflnzen S. 97 nr. 7), Nysa (S, 178 nr. 3 Um Irrtümer zu verhüten, sei noch erwähnt,
und .Lydische Stadtmünzen S. 110), Philadelpheia daß die in Kleinasien mehrfach vorkommenden
in Lydien (S. 179 nr. 2). Über y. auf anderen y. von yeQovoCai mit dem Kate in keinerlei Be-
lydischen Münzen, vgl. Imhoof -Blumer Lydische Ziehung stehen ; denn diese ysgovotat, auch ysgatot
Stadtmünzen (1897) S. 63, über Dioshieron mit genannt, sind, wie schon Mommsen R. G. V326
dem y, Corbulo Pick Ztschr. f. Numism. XVII gezeigt hat, lediglich freie Verbände älterer Bürger
(1890) 181. Auf Münzen von Hypaipa (Lydische 10 ohne jeden politischen Charakter (vgl. Art. Geru-
Stadtmtinz. S. 79ff. nr. 8—10) gestattet das Mono- si a).
.Krannn rf ebensowohl die Auf ta „ g Ä - ^ÄhSÄf^I^T^Ä^
zsvgj als 7ig(vxavig). Über die y. der Münzen römischer Zeit in Herakleia-Perinthos (Thrakien)
von Tralleis s. Lydische Stadtmünzen S. 177 sich auszeichnenden M. Aurel. Themistokles lizm-
nr. 34. 35 (Zeit des Pius). 36. 38. 40—45 und xov ( = equitem Romanum), ygapttazsa ptovov (vgl.
Kleinasiat Münzen 1871 nr. 3. 4. 6—8. Ganz o. S. 1751 die Münze von Traianopolis), 'Eyeoioov
vereinzelt ist die Legende 'AXegavÖgos $do ygafa- a (= primum Bphesiorum) , 'Amdgxv v un ^ die
fiatEvg) a TQaiavojzoXeu&v auf dem Revers einer von Hicks Journ. Hell. Stud. X (1889) 76 n. 28
Münze des Gordianus aus Traianopolis in Phrygien 20 publizierte, von Cagnat IGE III 680 nach dem
bei Imhoof Kleinasiat. Münzen S. 302, das ich Schedenapparat des Österr.-arch. Instituts berich-
y. iiovqq lese, wie es .auch inschriftlich vorkommt tigte Inschrift aus Patara in Lykien aus der Zeit
{s. u.). Möglich ist auch die Auflösung ag&xog, des Tiberius für einen Prytanen ygafi/aaxsvoavza
wie neben ausgeschriebenem ägxojv ng&rog steht [fjiovjov xafxa. xjlifiiv xal xag rgetg dgxag äg-
äQXav a, auch öfter ägxarv a xo ß'. Stellen- \avxa iv hl eviavzqi <pdod6£o)g, wo Cagnat
Verzeichnis bei Imhoof-Blumer Zur griech. u. xaxä xXijotv, ex iussu, statt des stil- und sprach-
röm. Münzkunde (Genf 1908) 301. widrigen xaftgotg djvoiv von Hicks richtig er-
Bei der Datierung begegnen wir den mannig- gänzt hat, auch wohl fiovov statt [Avxijcov des
faltigsten Formen und Kombinationen. Es ge- Schedenapparates , da es sich hier nicht um das
nügen zwei Beispiele , ein fragmentiertes Ehren- 30 xotvov xßv Avxlojv handelt, das keine sigvxdvstg
dekret aus Gerasa in Arabien, IGE III 1376 vom hat sondern um die Gemeinde Patara. Die xgeZg
J. 98 n. Chr., datiert nach der aktischen Ära, a.Qxa.1 sind, wie sich aus Z. 4 ergibt, das Amt
flinem Tigosögog, einem ösxdjzgoixog, den ägxovxsg des tegevg, Ttqvravig und y.
und dem y., und eine Ephebenliste aus Kios in Für die Zähigkeit, mit der noch in der Kaiser-
Bithynien, Athen. Mitt. XXIV (1899) 415 nr. 14 zeit die Einrichtungen der hellenistischen Zeit
(= IGE III 24), datiert nach dem regierenden festgehalten wurden, obgleich die Stellung der
Kaiser (11. Jahr des Traianus = 106/7 n. Chr.), Beamten eine wesentlich veränderte war, ist be-
den fünf cxgaxrjyol rrjg jroXeoig und dem Schreiber zeichnend der Volksbeschluß von Chersonesos bei
Sokrates, Sohn des Sokrates. Besonders beliebt Latyschew IPE I nr. 185 (= Dittepberger
ist die Datierung nach dem Proconsul {dvMnazog) 40 Syll l 252), datiert nach dem ßaodsvg (rex saeri-
und dem Gemeindeschreiber, z. B. in ephesischen fiadus) , dem aQoatovfiv&v und dem y, , aus
Inschriften, österr. Jahresh. Beibl. I 76. 78. II der Zeit des Mithradates VT. Eupator (zwischen
44. 50. 74. III 86. V 66. VII 42. 44. 115—106 v. Chr.), verglichen mit der fragmen-
Bei der hohen Wertschätzung des Amtes ist tierten Inschrift aus der römischen Kaiserzeit
es begreiflich, daß zumal in den Ehreninschrif- Latyschew nr. 190, die noch nach dem ßaodsvg,
ten, die sich in der Aufzählung der bekleideten dem ygafiftaxevotv und dem isQsvg datiert ist.
Ämter ergehen , oft das des Gemeindeschreibers Wegen der Besonderheit der sprachlichen Formu-
erscheint, meist mit. einem ehrenden Zusatz; vgl. lierung erwähne ich die Inschrift von Tyras in
z. ß. die Inschriften aus Prusias in Bithynien, Pontes bei Latyschew I nr, 2 Z. 15 (Zeit des
IGR III 64 und 69 mit bloßem ygafipiaxevaavza, 50 Commodus, 181 n. Chr.) xo r« ipiq<ptottaTsXsio?~
*50 y, evvofxag , 67 y. sxtevöjq , 68 y. Smotfficog, &sv vJtb rov ygaftftfaxecog] xrjg nöXeoig OvaXsotov
1422 y.vofiincog, ferner die Inschrift aus Oinoanda 'Povtpov do&rjvat xxX.\ vgl. die Bestätigung Z~ 32
in Lykien 493 y. xijg xaxgtSog (pdoxeifiwg. OvaXigtog c Pov<pog ygafipaxevg ixeXeioioa xo iprj-
Vor allem ist natürlich nötig, daß der y, die (pio/ta. Bei <PdvT}$ 'Aya&ov dgxiygafxfiaxevg
griechische Sprache völlig beherrsche. Von diesem in einer Inschrift aus Pantikapaion (Kertsch) bei
Gesichtspunkte aus ist es gewiß bemerkenswert, Latyschew D?E II nr. 29 A 17 (= Boeckh
daß im Präskript des Steuertarifs von Palmyra, Ges. Kl. Sehr. VI 462 = Le Bas III 1576)
einem Ratsbeschlüß vom J. 137 n. Chr. (Bull. hell. handelt es sich offenbar nicht um ein neues Amt,
VI (1882) 439 = IGR III 1056), neben Leuten sondern wie in andern Fällen, wo dem Beamten-
mit lauter palmyrenischen Namen einzig der 60 namen clqzl vorgesetzt ist. lediglich um eine Titel-
Schreiber einen griechischen Namen trägt. Er erhöhung; vgl. B 34 Mevsoxgaxog [ß'J ygafifta-
föhrthier den vollen Titel y. ßovXijg nai Örjfiov, xevg; vgl. auch o. II A 2 (S. 1744).
obgleich der Beschluß nach Z. 1 ein doypa ßovXijg 4. Der Bundesschreiber des lykischen
18t; VgL auch Z. 4 ßovXijg voftiftov ayofievyg. Das Bundes (jQafiftaxevg Avxltov xov xotvov). Die
umgekehrte Verhältnis in einem Gemeindebeschluß in Kleinasien oft genannten xotvä sind entweder
von Sidyma in Lykien bei Benndorf-Ni e mann 1. die von Augustus geschaffenen Landtage, die
Reuen in Lykien 71 nr. 50 (IGE DI 582), datiert aber keinen politischen Charakter mehr haben,
nach dem aQxuQtvg- Antragsteller ist der Rats- sondern fast lediglich zur jährlichen Festfeier fBr
den regierenden Kaiser zusammenkommen (Mo m m-
sen R. G. V 318), oder 2. innerhalb einer Pro-
vinz kleinere Festgenossenschaften, die sich um
ein gemeinsames Heiligtum sammeln und zur
Festfeier der gemeinsamen Gottheit zusammen-
treten, in der Kaiserzeit unter aQxtsQsTg (Bran-
dis o. Bd II S. 477, 27ff.), oder 3. eigentliche
staatliche Bünde, so xb xoivdv rcöv MaxeSovcov
und Avxicov xö xotvov, über dessen Organisation
uns zahlreiche Inschriften unterrichten.
Eine Inschrift aus Oinoanda aus der Zeit
TraiansIGRIII487, 10 {= Heberdey-Kalinka
Wien. Denkschr. XLV (1897) 47 nr. 62) nennt
G. Iulios Demosthenes ysv6fi.svov dqx i ^ a Tc5v
[2sßao] tcöv xal yqafifxaxsa Av[xicov] xov xotvov.
Wie hier, so werden wir noch oft den Provinzial-
oder Bundespriester (aQxieQsvg z<5v üeßaatäiv) zu-
gleich als Bundesschreiber (y. xov xoivov) finden.
)er ä(i%i£Q£vg xöiv ^sßaarojv ist aber mit dem
Hauptamtes zum 'AotdQxys erhoben worden oder
es hätten ihn , da auch diese Möglichkeit offen
gelassen ist, seine Mitbürger als angesehenen Be-
amten ausgezeichnet? Die Beantwortung dieser
Frage ist für die Bestimmung der Natur der
Lykiarchie und damit indirekt des lykischen
Bundesschreibers nicht gleichgültig. Darum sei
noch erwähnt, daß auch für Ägypten Belege vor-
liegen, daß ein dQx^QEvg (doch wohl ein gewesener,
10 den Titel weiter führender) auch staatliche Ämter
bekleidet, z. B. das Amt des ßaodtxog y. und das
des oxQazrjyog in verschiedenen Nomen Ägyptens
nach Inschriften bei Seymour de Ricci Arch.
f. Papyrusforsch. H 567 nr. 131 ; vgl. II 444 nr. 66
und die von Otto Priester u. Tempel im helleni-
stischen Ägypten II (1908) 347 nachgetragene
Inschrift -des 2. Jhdts. n. Chr. aus Pachnemunis,
Journ. hell. stud. XXIV (1904) 6. In diesen Fällen
kann es sich aber sicher nicht um gleichzeitige
Avxmqrng identisch, wie schon Th. Mommsen 20 Führung der zivilen Ämter mit dem Oberpriester-
Österr. Jahresh. III (1900) 7 gegen Heberdey
Opramoas (1897) 59 gezeigt hat. Ihm hat
Fougöres, der noch in De Lyciorum communi
(1898) 86 anderer Meinung war, ebenfalls zuge-
stimmt in ,Encore le Lyciarque et Tarchiereus
des Augustes', Melanges Perrot (1902) 103—108.
Das Analogon zu dieser Identifikation des Bundes-
priesters mit dem AvxiaQ%r}$ bietet, wie schon
Mommsen 8 andeutete, die Identität der Bundes-
amt handeln, da die Inhaber zur Zeit der Füh-
rung der zivilen Ämter nicht in Alexandria, dem
Sitze des äo/t^ev?, gewesen sein können (Otto
190, 3). Ob "aber Kumulation überhaupt undenk-
bar sei, wagt Otto II 189 mit Recht nicht so
bestimmt zu behaupten, wie Preisigke Stadt.
Beamtenwesen im röm. Ägypten (1903) 42. Es
darf auch erinnert werden an die aQxttQstg rfjg
v4\oov oder tcöv xaza xr\v vr\oov legätv oder xdv
priestertümer der Provinz Asia mit der Asiarchie, 30 xaza tr^v vijoov auf Kypros in der Ptolemaerzeit T
die zwar von B r an di s o. Bd. II S. 1564ff. bestritten,
aber meines Erachtens nicht erschüttert ist, wie
denn auch Dittenb erger OGIS II p. 137f.
geneigt ist, ihr beizustimmen. Aber mag auch,
besonders seit der Kritik von Brandis, die Iden-
tität des 'AoiäQxyg und des dgxiseevg Hoiag nicht
über allen Zweifel erhaben sein, so ist doch die
Identifikation des AvxtdgxV^ un(i des ägxisgsvg xwv
Isßaoxwv als lykischen Bundespriesters unzweifel-
die alle hohe Würdenträger, ovyyevsTg rov ßaat-
Xiwg oder oTQaxyyol oder vavaqxoi sind (s. Bran-
dis 0. Bd. II S. 4711).
Für den AvxiaQXW bezw. aQXiegevg rd5v 2eßa-
oxojv Avxioyv xov xoivov ist die gleichzeitige
Führung des Schreiberamtes des lykischen Bundes
gesichert durch den klaren Wortlaut einer ganzen
Anzahl von Inschriften, die ihn nennen dgxieQea
zäv Zeßaazcöv , xov 8s avzbv xal ygafi^axm
haft richtig. Weitere Belege für das Zusammen- 40 Avxtcov xov xotvov ; vgl. die Inschriften aus Tel-
fallen des . . dg/VS mit dem agxtegevg bei Cumont ™"^« TaT? m -^ Q RW ™» sftfi a,1R <^ m T.p+non
Hondem, Rev." d. et. gr. XIV (1901) 138-141
und Th. Mommsen S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 281
Die Analogie zwischen Lykiarchie und Asi-
archie läßt sich weiter spinnen. Wie der Avxi-
dgyrig zugleich Schreiber des lykischen Bundes
ist] so kann auch der Aaidgxn? gleichzeitig als
Gemeindeschreiber (y. xov Sr^iov) amten (vgl. für
Ephesos Anc. Greek Inscr. Brit. Mus. nr. 500
messos IGR III 539, Sidyma 586, aus dem Letoon
zwischen Xauthos und Pydnai 603, aus Patara
670—673. Auch der bekannte Opramoas, Sohn
des Apollonios, aus Rhodiapolis, dessen Inschrif-
ten nunmehr auch IGR III 739 (S. 265-299)
abgedruckt sind, war im J. 136 n. Chr. appo
gsvg xaiv Eeßaoxäv und y. Avxlatv xov xoivov
nach IGR III n. 679 aus Tlos (= Le Bas III 1266,
wo die Inschrift fälschlich Patara zugewiesen ist,
wnwioauivav xov Östvog doidg/ov xal ygaftfiaxicog 50 wie wieder von Cagnat IGR III 679); vgl.
v*y ~r , ■, „ * A - , ._ ^„..i. ._ — Heberdey Opramoas (1897) 70 und besonders
Th. Mommsen Österr. Jahresh. III (1900) 61,
wo die Titel des Opramoas aufgezählt sind. Im
großen Bundesbeschluß (Opramoas nr. 30 Kol. VIII)
heißt er und zwar wiederholt o yeyovwg dgx^Q^
tc5v Seßaazäiv, 6 6k avrbg xai ygafifiazsvg Avxi(üv
toü xotvov, aber auch Avxidgxis'i jedoch sind nie
Bundespriestertum und Lykiarchie kumuliert; also
sind sie, da hier ein so wichtiges hohes Amt nicht
rov Stjfiov; auch der Gemeindeschreiber von
Magnesia a. M. ägx^Q^i *<" ygapftazev; (tov
brjptovj in Inschr. v. Magn. 187 [Zeit des Marc
Aurel 162 n. Chr.], ist zugleich 'Aotdgxrjg). Daraus,
daß der Asiarches gleichzeitig ein ziviles Amt
bekleiden kann, schließe ich, daß das sog. Amt
des Asiarches in diesem Falle mehr titularer Natur,
das eigentliche Amt das des Gemeindeschreibers
Die von Brandis o. Bd. II S. 1566
gewesen sei. _«, »«« ^i»±iuio v. *->**. **. ^. .»«~~ — , D --
hieraus für die Natur der Asiarchie gezogenen 60 mit Stillschweigen übergangen werden dürfte,
nnag ich nicht zu teilen; seine Auf- identisch, wie Mommsen gezeigt hat. Die gleiche
Schlüsse vermag
fassung (S. 1574), daß die Asiarchie gewisser-
maßen im Nebenamt geführt wurde, daß sie eine
Würde sei, zu der das Hauptamt an sich den
Inhaber erhob oder womit die Mitbürger ange-
sehene Beamte auszeichneten und ehrten, ist un-
richtig. Sollte man wirklich im vorliegenden
Falle annehmen, der y. xov öqfiov sei wegen dieses
Formulierung ysyovfiojg ägxisgevs [xwv] 2[eß]a--
cTtöv xai ygafifiaxevg Avxiotv zeigt das in Kyanai
gefundene Ehrendekret von Myra für Iason, Sohn
des Neikostratos (Serta Harteliana [1896] 1 =
IGR m nr. 704 II A 6).
Daß in dem Ehrendekret aus Tennessos (minor)
bei Oinoanda IGR 495, wo der Geehrte, rdtoc
Äoiiwioc, bezeichnet ist als fyyovos (= Sxyovog)
xcd OTQaTtjyÜY xai aQXMpvXdxoov xai yqafifta-
TsfmvJ xov eftvovg xfaji Avxiagx& v szq[o>-
rjevoävzcov xov s&vovg , ebenfalls der y. Avxio>v
Toi? xoivov gemeint ist, beweisen u. a. die In-
schriften aus Lydai IGE III 524 (= Hicks
Journ. hell. stud. X (1889) 68 nr. 20) dgx^Qa-
zevoavxa xöiv 2eßaozwv xai ygafifiaTevoavxa
Avxicov xov süvovq (vgl. nr. 526 rö xoivbv
Avxicov sthos) und nr. 527 (= Hicks a. a. 0. 10
p. 66 nr. 18) ygzisgaxsvxdxa zeöv £eßaoxc5v f.v x<p
Avxicov eftvsi xai yEygafifiazEvxdza xai rjg%iq)vXa-
xrjxÖTa [Avxicov] xov xoivov; vgl. auch nr. 493
aus Oinoanda für rdtov Aixivviov fygdvxcava ... '
ygapfiaTsvoavTa Avxicov xov xoivov . . . xal isga-
oäfiEvov xcöv Zeßaaxöiv ftexä xi)$ xgaziox^g avxov
ywaixbg Aixiwiag $Xaßiltyg. Nicht anders auf-
zufassen ist in der Inschrift für Q. Veranius Iason
aus Sidyma (Benndorf-Niemann Reisen in
Lykien p. 65 nr. 35 = IGE III 589) dox^e^vaavra 20
itöy Seßaoxfäv xai ygafifiaxEvojavxa xai isga-
revoavxa xai dg[xt<pvXaxtfoavxa x0 Bvei x]ai
Ttgeaßsvaavxa xxL mit gesicherten Ergänzungen.
Eine eigenartige Verbindung weist auf eine Ehren-
mschrift aus Xanthos für M. Aur. Euelthon
(Benndorf-Niemann p. 93 nr.77=IGE III 621)
hgaodftevov to3 edvei xai xcöv ^ßaozoov fisza sm-
dooswv, ygaptftaxsvoarta xxL , von Cagnat mit
Fougeres De Lyciorum communi 106, 4 erklärt
als provineialis sacerdos Augustorum sub flamine 30
tum donativis. Besonders bezeichnend scheint
mir hier und in der Inschrift aus Lydai nr. 527
Ttji etiru, das deutlich sagt, daß der Provinzial-
pnester nicht mehr bloß für den Kaiserkultus
bestellt ist, sondern auf dem gesamten Kultgebiet
die Oberaufsicht hat, wie der Pontifex maximus
in Rom, worauf schon Mommsen E. G. V 321, 2
Terwiesen hat. Die etwas freiere Benennung k'ftvog
statt der strengeren xoivov finden wir auch beim
Schreiber in einer unpubüzierten Inschrift von 40
Xanthos aus dem Schedenapparat des Österr.
arch. Inst., nunmehr IGE 628 foxaoaTevxdfxoJg
[luv ^Eßjaaxmv xai ysyQafifiazsvxoxog ev t$
zftvei (Zeit des Hadrian) und einer Inschrift aus
Gagai ; IGE EI 746 (= Le Bas III 1338) ygapi-
[fiaxevoavra Avxicov] xtp e&vsi. Daß in all den
angeführten^ Ehrendekreten in den Wendungen
Goyiegia xcSv Zeßaozäiv xai ygaftfxazsa Avxicov
top etivovg und agziegm xcöv 2eßaoxc5v, xov öe
avzbv xai ygajifiaxsa Avximv xov xoivov die Worte 50
Avxicov tove&vovs bezw. Avxicov xov xoivov auch
mit äQzteQia xojv Heßaozcöv zu verbinden sind,
daß also der lykische dgxtegsvg xcöv Zeßaoxcöv
provinzialer, nicht lokaler Oberpriester war, hat
ganz richtig bereits Brandis o. Bd. II S. 473f.
bemerkt. Daß diesem Bundesschreiber, als der
st « ts d er Bandespriester fungierte, ein Unter-
Schreiber, vxoygaftfiazsvg, beigegeben war, bezeugt
eine Inschrift aus Kadyanda bei Cousin-Diehl
Bull, hell. X (1886) 51 (= IGE III 515): Avxicov 60
ro xoivov exeifiTjosv MeXdaygov d' KaÖvav-
4sa, zqv E^iovxa VTZoygawtazia Avxiwv xov xoivov;
■a °^ res De Lyciorum communi (1898) 112.
Ä 1. Das griechische Pestland.
a i_L- P £ rta - Der Schreiber eines Kollegiums
Ton drA Gemeindeephoren wird erwähnt in dem
<P»ter angebrachten Znsats zum Ehrendekret von
rgafifiavets
1756
Amyklai, Dittenberger SylU 451 (^ Miche
Recueil 182) Z. 17 für die dortigen Ephoren vom
Jahre des eponymen Patronomos Nikeas (1. oder
2. Jhdt. v, Chr.): Sxaivsoai ob xai xbv ygauuaxn
avzcSv Kalhxkrj. '
b) In einem unpubüzierten Beschluß der
Messenier für den y. %mv avvsdgcov Aristote-
les für seine Verdienste bei der Einhebung der
von den Römern angeordneten dxxwßoXog ci<j<poad,
einer Steuer von 8 Obolen auf eine Mine von
70 Drachmen, steht folgende für die Tätig-
keit dieses ^ Schreibers charakteristische Stelle :
sMfteXsiav ijtotfoaxo xov ndvxag xovg xäg noXio;
XSiQtoftovs elq t6 iftqravss ävayodipeo&ai eis roixov
e^r afxsQag vnb xcöv x E ^dvzo>v xt rag aohog.
Besonders bezeichnend ist die Bestimmung, die
Aufzeichnung sei erfolgt he äjusgag, noch am
gleichen Tage; anderwärts avxixa fidla oder ähn-
liches; vgl. oben S. 1734. Wilhelm Congres
dAthenes 1905, 278 und Beiträge (1909) 265.
Dieser y. xßv övvsöqojv ist der Ratsschreiber, wie
in der Mysterien in schrift von Andania vom J. 91
v. Chr. (L'eBas-Foucart II 326a = Ditten-
berger Syll.2 653) Z. 1. 134, wo ihn schon
bauppe richtig auffaßte (Swoboda Gr. Volks-
beschl, 147f.); denn ovveögoi, ovvedQtov, ursprüng-
lich wohl nur bei Bünden gebräuchlich, ist später,
besonders seit dem 2. Jhdt. v. Chr., eine sehr
verbreitete Bezeichnung für den Rat (Swoboda
307). In Andania vereidigt der Ratsschreiber die
m die Mysterien Eingeweihten, xovg ycvrjüivzas
tEQOvg ooxt^dzoj uiaQaxQfjpa xbv oqxov xbv
vjroysyga^ivov (Z. 1), ebenso die vom Volke ge-
wählten Ssxa (Z. 134).
c) Olymp i a liefert das meines Wissens älteste
Beispiel eines Schreibers, Inschr. v. Olympia 2, 8
xai IlazQtas 6 yQO<ptvg xavfrjd xa ndoxoi, [ai
zjiv [aCJtxsoi. Ich fasse in dieser vielbehandelten
Inschrift (Literatur bei Röhl IGA p. 39 nr. 112),
abweichend von Kirchhof f, nach dem Vorschlage
von Blaß Gr. Dial.-Inschr. I S. 310 nr. 1152 und in
Übereinstimmung mit Dittenberger und Pur-
gold naxgiag als Eigenname. Darnach ist Patrias
ein Nichtbürger, der in Elis Schreiberdienste tut
und dem für seine Person, seine Familie und seine
Habe derselbe Rechtsschutz gewährt wird, den
die ^? Ürger e eniößen - Zeit der Inschrift vor 580
v. Chr., weil darin bloß ein Hellanodike erscheint.
Die ehsche Form yooyevg (s. o. S. 1709) ent-
spricht dem Verbum ygotpcov 272, 3, während das
Substantiv auch in älteren Urkunden tö ygayog,
xa yoarpEa heißt. Erwähnung verdient auch der
y. des Kultpersonals, der immer nur in der Ein-
zahl vorkommt (Inschr. v. Olympia nr. 59, 13 u. o ;
s. Dittenberger-Purgold S. 1391 und Index
S. 835). Da, wie Dittenberger-Purgold 195f.
beobachtet haben, seit dem 2. Jhdt. n. Chr.
olympische Hierodulen, d. h. Sklaven des olympi-
schen Zeus, in Stellen eindringen, die bis dahin
von freien Eleern besetzt waren, z. B. als ajiov-
öavlai, ixtoxovdoQxyoTaL, £vZevg, so darf es nicht
verwundem, im Verzeichnis des Kultperaonals der
247. Ol. (209-213 n. Chr.) auch einem Sklaven
des Zeus als Schreiber zu begegnen, Inschr. v.
Olympia 110, 27 ygammzevs • 'AsioUtiwtog Jtog.
Die olympischen Ehreninschriften römischer Zeit,
wie nr. 433 (nach 105 n. Chr.), nr. 468 (2. oder
3. Jhdt. n. Chr.) weisen nichts Besonderes auf;
1757
rgafifiareig
I'yanfxcxTetg
1758
außer daß 468, 5 noch yQaftfiaxiaavxa steht, wäh-
rend 460, 3 von den Herausgebern yQafifftazev-
cavta Tf}s jtdXeaJg ergänzt ist; vgl. auch Ger-
lach Griech. Ehreninschriften (Halle 1908) 62.
d) Achaia und der Achäische Bund. An
der Spitze des Achäischen Bundes (s. o. Bd. I
S. 165ff.) standen in den ersten 25 Jahren (280
-255) zwei GXQazqyot nebst einem Bundesschreiber,
(Polyb. n 43, 1. 2. Strab. III 385), nach-
g&rizt hat: *? ßo]vXrj tfjg XafuzQoxdfxTjg MavziveCag
xbv ygafi.fj.az3a ro]v avvedgiov , so muß , wie be-
reits Oehler richtig bemerkt hat, hier ovvsdgiov
den geschäftsführenden Ratsausschuß bezeichnen,
so daß der y. zov avvsSotov dem attischen jäh-
rigen xazd TtQvxavstav y. entsprechen würde.
e) Boiotia. In boiotischen Inschriften, datiert
nach dem lokalen oder dem Bundesarchon , den
lokalen Polemarchoi und dem Schreiber, bezeich-
y., % ...
her ein Strategos mit einem Hipparchos, einem 10 net mit yoawiaxiddovxos oder yQa/n^axsvovzog xov
Nauarchos, einem y. und zehn Damiorgen (T ö p f- Setvog, ist dieser Schreiber speziell der Schreiber
fer o. Bd. I S. 168, 2öff.), die wohl samt- der drei städtischen jährigen TiolefiaQxot (s. d.
lieh von der Bundesversammlung gewählt waren
(Polyb. IV 37, 1. 82, 6. Plut. Arat. 41). Gewöhn-
lich * sind , wie beim Aitolischen Bunde , die Ur-
kunden der einzelnen Städte nach dem Strategen
datiert, doch auch nach dem Bundesschreiber, so
Collitz 1614a 4 (= Dittenberger Syll.2 468)
£kl yga] (ft)ßaxsog zoTg 'Azaiötg Ms(vJ[avögiöJa.
Die Behauptung Früherer, wie Dubois Les ligues20nos IG VII 3174—3180 (= Collitz 483—486),
^tolienne et achöenne (Paris 1884) 165, der Schreiber Hyettos IG VDI 2809—2832 (— Collitz 528
und Busolt Gr. Staatsalt. 2 345, 345, 7), wie
sich aus der vollen Formel, z. B. IG VH 3174.
3175. 3180. 3179 (= Collitz 485) ergibt noXs-
liaQyiQvxom (drei Namen) yQaiiffiJariSovros (sie)
zvg niokefidQxvg AaixQaxldao 'AizoXXoivldao. Dieser
Schreiber erscheint hauptsächlich in den zahl-
reichen boiotischen Rekrutenlisten aus Orchome-
tachöenne (Paris 1884)1
sei nur zur Zeit der 2wei Strategen eponym ge-
wesen, ist widerlegt von Dittenberger zu IG
VII 188 und Syll.2 a . a. O. Anm. 4 unter Hin-
weis auf die nach der Befreiung von Korinth
fallende Inschrift von Aigosthena, IG VDI 223, 1.
Der Grund, warum bald nach dem Strategen, bald
nach dem Bundesschreiber datiert ist, ist freilich
nicht ersichtlich (Busolt Gr. Staats altert. 2 354, 3
und u. unter g). Beim Strategenamt war aber- 30 'innaqxog 6 ÖeTva.
—551), Kopai IG VII 2781—2789 (= Collitz
553-558) und Akraiphia IG VII 2714—2720
(= Collitz 571a. 574). Nur einmal, in einer
Urkunde aus Thespiai, IG VII 1745 (= Foucart
Bull. hell. Vin (1884) 412 nr. 11 = Collitz 807b),
wo alle Eponymen im Nominativ stehen, heißt
dieser Schreiber yf>afifiaziozdg : 'ÄQxbg 6 Öetva,
TtolifiaQxot (drei Namen), yQa/iffiaJxiotäg 6 deiva.
malige Bekleidung erst nach Ablauf eines Jahres
gestattet (s. 0. Bd. I S. 169, 17); ob auch bei
dem des Bandesschreibers , wissen wir nicht.
Iteration ist bezeugt durch eine schwerlich vor
den Anfang des 2. Jhdts. v. Chr. fallende Ehren-
inschrift des xoivbv zolv 'Agaiöjv für einen Tibe-
rios Klaudios Pelops GxgaxTjybr zaiv 'Axattöv xai
yoa/j.fiäxm rb ß' (Inschr. v. Olympia 430, 7).
Drei Inschriften aus Dyme in Achaia (vgl.
Dery. der d<p£dQtazEvovz£g des xoivbv
Botooz&v. In insgesamt zwölf Urkunden des
Boiotischen Bundes, sämtlich Weihungen von Drei-
füßen, erscheinen je sieben äqjedoiaTevovTsg, deren
Natur noch nicht sicher bestimmt ist (s. 0. Bd. I
S. 271 2f. Busolt Gr. Staatsaltert. 2 344). Sie
scheinen keine Behörde zu sein, sondern Leute,
die lediglich bei der Weihung des Dreifußes feier-
lich assistierten , so daß dqjsdQtazevdvxoiv etwa
o. S. 1709 und Swoboda Gr. Volksbeschl. 255) 40 heißen würde dedicationis caerimonias perficieti'
lehren uns den ygajUftaTtordg dafioaioipvXd-
x &) v , doch wohl den Schreiber der Archivaufseher,
kennen (Keil Anonym. Argent. 193, 4). Col-
litz 1614c (= Dittenberger Syll.2 468) 27
bestimmt, daß Neubürger einzutragen sind beim
ßovXaoyog , dem TiooGzdzag dafiooioipvXdxoyr und
dem yoafifiaziozdg. Daß auch zu letzterem öafio-
moqpvXdxoov hinzuzudenken ist, beweist Collitz
1612a 4 (=Dittenberger Syll. 1 316), eben-
tibus % wobei d<p£bQiaxsvsiv = ätpidQveir wäre (so
schon Boeckh und Wal pole), etwas spezieller
als das gewöhnliche smpsXovfievov oder irnftekt)-
revovzog xov ösTvog. Zu beachten ist, worauf
schon Holleaux Bull. hell. XIII (1889)21 hin-
gewiesen hat, daß von den im ganzen 16 boioti-
schen Städten, die in diesen zwölf Urkunden er-
wähnt sind, eine einzelne Stadt nie mehr als
einen Vertreter hat, daß aber die fünf Städte
falls ein Bürgerrechtsdekret, während im Todes- 50 Theben, Thespiai, Plataiai, Tanagra und Orcho-
urteil gegen Tempelräuber und Falschmünzer
Collitz 1613, 2 (= Dittenberger Syll.2 513)
lediglich yga^iaztoxag steht. Für denselben
Schreiber auch yQaftfiaxevg Collitz 1615,4. In
einer weiteren Inschrift aus Dyme CIG 1543 ( =
Dittenberger Syll.2 316 _ Michel Recueil
653) aus römischer Zeit (nach der Mitte des 2.
Jhdts. v. Chr.), datiert exi üeoxöXov Aiojvog,
ygafifiaxeog xov oweSglov 2xoaxoxXiovg t kann es
menos immer vertreten sind, mindestens durch
den y. des Kollegiums, so Plataiai in IG Vn 3207
(= Collitz 494). Der Schreiber, bezeichnet mit
yoaftftaziddovxog bezw. yqafipiaxEvovzog xov SeTvog,
scheint demnach den Mitgliedern des Kollegiums
koordiniert gewesen zu sein. Die wichtigsten
dieser Inschriften, von denen vier aus Akraiphia
(IG VII 2723— 2724 b) vom Ende des 4. Jhdts.
v. Chr. stammen, alle übrigen aus der zweiten
sich, da der Achäische Bund allein von allen 60 Hälfte des 3. Jhdts., sind IG VII 1672. 1673
griechischen Bünden kein owedgtov hat, nicht
um das öwedgiov des Bundes, sondern nur um
den Rat von Dyme handeln, wie denn in vielen
Städten Achaias sich owsögtov = ßovXrf findet
(Oehler o. Bd. IDT S. 1035, 55). Wenn, woran
Zweifel erlaubt sind, Fougeres Bull. helL XX
(1896) 156 nr. 2 die dem 2. oder 3. Jhdt. n. Chr.
angehörende Inschrift ans Mantineia richtig er-
(Plataiai = Collitz 865. 864). 1795 (Thespiai
= Collitz 807a). 2723. 2724. 2724a. b. c. d. e
(Akraiphia = Collitz 570. 571). 3207 (Orcho-
menos = Collitz 494). Revision der Frage nach
dem Charakter der ayedQtaiGvoYzsg von Ditten-
berger IG VII p. 286f. za nr. 1672.
In der Nikaretainschrift aus Orchomenos IG
VH 3172 (= Collitz 488 =* Recueil d. inscr.
jurid. grecques I 275ff.) erscheint ganz am Schluß
Z. 178 tot te&fto<pov%dxa)v ygaftfiaxsvg
2o-....-., der identisch ist mit dem y. von Z. 184;
vgl. Recueil I 293f. und Art. Ts&fitxpvAaxsg.
f) Delphoi und die Delphische Am-
phiktyonie. Über die städtischen Beamten
von Delphoi, besonders die ßovXevovxsg und den
ygafifiazsvcov zag ßovXäg, bezw. rät ßovXäi, orien-
tiert jetzt am besten der Index von Wendel hei
Collitz IV 249ff. , über die Sijfioata ygdjufiara
(zrjg jiofaois) und die darauf bezügliche Tätigkeit
des y. Keil Anonym. Argent. 306 Anm., über
seine Verpflichtung, in der Kaiserzeit eine Ab-
schrift {dvxtygatpov) der Freilassnngsurkunde im
städtischen Archiv zu deponieren, Colin Bull. hell.
XXII (1898) nr. 83. 85. 97 usw. ^ Hier genüge
der Hinweis darauf, daß zu der Zeit, wo Delphoi
zum aitolischen Bunde gehört, in den Freilassungs-
urkunden (die bis 1898 bekannt gewordenen ge-
sammelt von Baunack bei Collitz II nr. 1684
— 2342) oft datiert ist nach dem Archon von
Delphoi, den amtenden ßovhviai und dem y.,
d. h. dem Eatsschr eiber, bezeichnet mit ygapfia-
xevcDv mit oder ohne xät ßovkai (Index von W ende 1
bei Collitz IV 196. Recueil des inscr. jurid.
gr. II 2521). Als Zeugen (ftdQxvgoi) erscheinen in
den Freilassungsurkunden 1) der oder die Apoll on-
priester, 2) die beiden ag^ovxeg, 3) 6 yga/x,fzaxsvg 7
der Gemeinde- bezw. Ratsschreiber, 4) idtcözat;
vgl. z. B. Collitz 2148. 2191. 2198 (der y. hinter
zwei ßovXevzac, nach ihm acht löiwrai). In den
Tempelhaurechnungen von Delphoi Collitz 2502
(= Dittenberger Syll. 2 140) ist vom yga^fia-
rsvcov zäi ßovXät (Z. 133) geschieden der ygaß-
fiartords der Kommission der 29 vaoxoioL Für
diesen Sekretär der Tempelbaukommission sind
gebucht für das J. 348 fünf Statere (Z. 49), für
das J. 344 deren zwanzig nach Z. 89 ygafipa-
ziozät /ita&ög oxatijgsg fixazt', wie es scheint der
bescheidene Jahreslohn dieses Funktionärs.
Der Schreiber der Delphischen Am-
phiktyonie heißt offiziell ygafißazEv<ov rotg tego-
f.tvafi6voig bezw. tsgoftvdfxoot, so Collitz 2519, 3
(232 v, Chr., Inschrift der Gruppe D von Bau-
nack). Die ganze den J. 230—220 v. Chr. an-
gehörige Gruppe E von Baunack bei Collitz
2520—2526 ist charakterisiert durch die sonst
nicht mehr wiederkehrende Zahl von sieben aito-
lischen Hieromnemonen, mit denen zusammen der
Amphiktyonenschreiber genannt ist mit einfachem
ygapi^axsvtov 2520. 2522. 2523. In allen drei
Urkunden ist Schreiber der Aitoler Melanthios.
Auch in Gruppe F dieselbe kurze Bezeichnung
2527; dagegen der volle Titel yga^ajztvovxog
zotg iegofivaftövotg 2528, 9 und ygafifiazevoi'Tog
Tolg ItQOftvdfiooiv 2529, 9 (2532, 5); vgl. auch
Dittenberger Svll. 2 924, 9. Wenn der von
Jarde Bull. hell. XXVI (1902) 640) mitgeteilte
Schluß der delphischen Inschrift Bull. hell. XX
(1896) 627 nr. 6 richtig ergänzt ist, so stand darin
rag 8s ixigag (sc. ozd?,ag) [xb dvä]Xa>f*a Softer xov
yQa(JLfiaxE[a xa»>A{i(pixxv6vco]v, doch möchteich
eher isgopvafiövwv mit gleicher Buchstabenzahl
ergänzen. Über den delphischen Amphiktyonen-
schreiber im allgemeinen s. Bürgel Die pylaeisch-
delphische Amphiktyonie (München 1877) 133, 19.
g) Der Aitolis che Bund. An seiner Spitze
steht der Strategos, der Eponymos ist, nach ihm
kommt als zweithöchster Beamter der Hipparchos^
als dritthöchster der Bundesschreiber, inschrift-
lich y. schlechthin genannt, von Polyb. XXI 82,
10 <V<Joios y.; vgl. Wilcken o, Bd. I S. 1119,
32ff. Diese Bangfolge ergibt sich aus Polyb. XXI
32, 10 = Liv. XXXVUI 11, 7, aus der um 275
v. Chr. fallenden ovv&rjxa xai avpLfia%ia AhoyXoVg
xai *Axagvdvotg , die Sotiriadis 'Etptjfi, dg% .
1905, 56 publiziert hat, wo der Aitolische Bund
10 vertreten ist durch den Strategos, den Hipparchos,
den G. , sieben Epilektarchen und sieben Tamiai,
der Bund der Akarnanen durch sieben Strategen,
einen Hipparchos , einen G. , einen Tamias und
Synedroi, sowie aus dem in Magnesia a. M. ge-
fundenen Beschluß des Aitolischen Bundes vom
J. 194/3 v. Chr., Kern Inschr. v. Magnesia 91
(= Dittenberger Syll.* 927) Z, 24 mit der
Reihenfolge Strategos, Hipparchos, Schreiber der
avvsögoi ■ hier aber zwei Schreiber : ygafifiarevov-
20 zcov xotg [avvsögoig .... 'YJnazaiov, MixxvXico-
vog $vex£og. Daß der Schreiber des Synedrions,
des neben dem Strategen die Bundesangelegen-
heiten leitenden Bundesrates, in welchem zwei
siQoozdxai den Vorsitz führten, für dieses Epony-
mos ist, beweist Collitz 1415, 23 (besser Dit-
tenberger Syll. 2 425): MdgrvQeg - zb avve&Qiov
cbiav zb sjzi ygafifiaxiog Avxov. Durch die un-
richtige Ergänzung xai 6 ygafiptazevg ["Ejtojzog
'Egv&gatog in Collitz 1415, 35 wurden Ussing,
30 Vis eher, Fick und auch noch Busolt Gr.
Staatsalt. 2 369, 1. 370,2 veranlaßt, einen be-
sonderen Bundessekretär und einen Sekretär des
Synedrions zu unterscheiden. Die Frage erledigt
sich durch Einsetzen des von Wilhelm Arch.-
epigr. Mitt. XV 120, 13 auf Grund besserer Lesung
vorgeschlagenen [Avjxog, das auch Dittenber-
ger Syll. 2 nr. 425 Anm. 31 angenommen hat.
Entscheidend sind die Ausführungen von Ditten-:
berger Anm. 25. Die nämliche Abweichung,
40 daß nicht , wie gewöhnlich , der Bundesstratege
Eponymos ist, sondern der Bundesschreiher, findet
sich wie im Aitolischen, so öfter im Achäischen
Bunde, ohne daß wir den Grund dieser Abwei-
chung angeben können; s. o. S. 1757. Vielleicht
ist die Eponymie des Schreibers die Veranlassung,
daß er hier, und zwar nur hier, vor dem Hippar-
chos steht, vielleicht aber auch der Umstand, daß
die bürgerlichen Behörden hier vorausgehen und
der Strategos überhaupt nicht genannt ist. Im
50 Ehrendekret für Eumenes von Pergamon Collitz
1413 (= Dittenberger Syll. 2 295) haben wir
Z. 28f. zusammenfassend zov ozgaxafybv] xai rovg
aXkovg ägyovzag, während dann Z. 32 speziell als
syyvog xäv 7igog~evtä[v u y] 'g [a/^fiax] svg genannt
ist. Wahrscheinlich ist ebd. Z. 38 zov yga/iftarff
zeöv zu ergänzen durch owsÖqcov; dieser ist aber
nicht verschieden vom erstgenannten (so Busolt
370, 2) , sondern mit ihm identisch. Die Ver-
wendung des Schreibers als Eponymos spricht
60 dafür, daß er alljährlich wechselte, wie die übrigen
Bundesbeamten: argaztjybg dei 6 tpag%og (Col-
litz 1413, 24), cvvedgoi dsi oi Svag^ot (Collitz
1411, 13). Auch hier darf daran erinnert werden,
daß vom ovrsdgiov als Bundesrat des Aitolischen
Bundes zu unterscheiden ist das in zahlreichen
Städten des Aitolischen Bundes vorkommende
cwedgiov, hesw. die evredeot als Bat; vgl. Svro- 1
boda Gr. Volksbesehl. 2941 (Phokis). Die Formel
agx ovr °S iov Ösivog, ygaß/xazsvovzog de xov ovve-
Öglov xov dstvoc besonders in Proxenie- und Frei-
lassungsurkunden- aus Antikyra (Collitz 1521.
1522) und Elateia (Collitz 1532 a 1. 1532b 8)
und in der rechtliclrsingulären Freilassung durch
Bats- und Volksbeschluß von Elateia IG IX 109
(= Bull. hell. XI [1887] 337 nr. 10 = Ditten-
berger Syll. 2 842).
Eine Besonderheit auf dem Gebiet des Aitoli-
fünf Amphiktyonen des J. 341/40, Bull. hell. Vm
(1884) 394 nr. 7 [Ol 'AJpupacrvoves aal h ygafi-
fiaxevg oi ßnji Ntxo/ndxov ag%ovxog avs&eoav;
vgl. o. Bd. IV S. 2479. Die streng offizielle
Benennung 6 ygafn^azsitg xmv 'A/J,qpixzv6v(av im
Amendement des Epikrates zu dem auf Delos
gefundenen athenischen Proxeniedekret fär den
Delier Pythodoros Bull. hell. III (1879) 473ff.
(= Dittenberger Syll. 2 88 = Michel Re-
schen Bundes weist Naupaktos auf, statt einer 10 cueil 91) Z. 22 und in dem auf dem gleichen Steine
o...ia ^j™ „;„„„ —...j.x ^;„ ttvii — t„™ „™ angebrachten Proseniedekret für den Schwester-
sohn des Pythodoros Z, 37. Außer dem Amphi-
ktyonenschreiber wird noch erwähnt ein vno-
yQafipazsvg im Marm. Sandwic. Z. 74.
Bekannt ist ferner aus der Zeit der Selbstän-
digkeit der Insel ein y. zöiv isQOJtot&v durch
die große Tempelrechnung von etwa 180 v. Chr.,
Bull. hell. VI (1882) 29ff. (= Dittenberger
Syll. 2 588), wonach die Inventarübergabe von den
ßövltj oder eines gweöqiov ein Kollegium von
^eeupof bezw. fisaQoi, bekannt namentlich durch
die Freilassungsurkunden IG IX 357—380. Ihr
Eponymos ist ihr Schreiber, y. oder häufiger ygafi-
fiazevcov üeaQotg genannt, so IG IX 360, 2. 366, 3.
373, 1. 374, 1. 375, 1. 377, 2. 379, 1. 383,1. 384, 1.
385, 1. Nur ausnahmsweise ist ein einzelner, das
Haupt der fieagoi, Eponymos IG IX 388 im
Hxaoia [&]zaQov und in dem in Karthaia auf
Keos gefundenen naupaktischen Volksbeschluß 20 legotzoioi der einen Verwaltungsperiode an die der
Collitz 1410 (= Dittenberger Syll.2 247, 10).
Oscogoi als Beamte kommen zwar auch ander-
wärts vor (Boesch Gecogög, Diss. Zürich 1908,
6 e, wo freilich sehr verschiedenartige Beamte zu-
sammengestellt sind), aber als Ratsausschuß oder
Gemeinderat bleiben die -ßsagot von Naupaktos
ganz vereinzelt. Neues Material liefern die von
Nachmanson Athen. Mitt. XXXII (1907) lff.
publizierten Freilassungsurkunden aus dem heuti-
folgenden stattfindet jtagovatjg ßcvXfjg nal ygafi-
fiarscog zov zfjg n;6Xea>g (Name) xai xov zöiv lego-
tzohüv (Name), Z. 1. 3. 180; s. den Art. Hiero-
poioi.
Die Agoranomen, zur Zeit der Unabhängig-
keit der Insel ihrer drei, vertreten im J. 297
v. Chr. die Gemeinde bei der Vergebung öffent-
licher Arbeiten CIG 2266, 25. 28 ; dabei wird
auch ihr Schreiber erwähnt, den sie mit den
gen Longa im ozolischen Lokris , zum größten 30 Tempelverwaltern gemein haben, y, iegoTtotäv xai
Teil durch Freilaeser aus Buttos ausgestellt. Von
diesen nicht vor 170 und nicht nach 146 fallen-
den Urkunden (Nachmanson S. 62), mit denen
auch IG IX 379—387 wieder abgedruckt sind,
sind nur drei datiert nach dem Strategen des
Aitolischen Bundes, sechzehn nach dem Theoren-
schreiber von Naupaktos (yQaftfiazEvovzog feagoTg
iv Navxdxxoi xov östvog), zwei nach beiden, vier
oder fünf nach dem Theorenschreiber von Nau-
äyooavöjLicov. Die Dreizahl wurde zur Zeit der
Abhängigkeit der Insel von Athen zunächst noch
beibehalten, aber etwa seit der Mitte des 2. Jhdts.
waren es nur noch ihrer zwei, am Ende des Jahr-
hunderts nur noch einer; vgl. v. Schoeffer o.
Bd. IV S. 2498; das Richtige schon bei Homolle
Bull. hell. XIII (1889) 411f. Etwa aus der Mitte
des 2. Jhdts. v. Chr. stammt die Ehreninschrift
für drei Agoranomen und ihren y. xltjgoizög Bull.
paktos und dem oder den Archonten von Buttos. 40 hell. X 33 = XIII 408 A. In dem etwas jüngeren
über die dreifache Abstufung der eponymen Be-
amten und das hieraus zu erschließende Verhältnis
von Buttos zu Naupaktos vgl. Nachmanson
S. 51 und Dittenberger Herrn. XXXII 174, 2.
Zweimal erscheint als Theorenschreiber $i£cov
2a>cdvdQov (nr. 2. 14), der vielleicht identisch ist
mit 0i/.<ov Zoioia (nr. 4. 16), da Ztooiag Kurz-
form zu EoioavSQog sein kann. In diesen Frei-
lassungsurkunden heißt der Theorenschreiber neun-
Ehrendekret der athenischen Kleruchen auf Delos
für zwei Agoranomen vom Archontat des Archon,
Bull. hell. XVI (1892) 369ff., erhalten diese einen
Lorbeerkranz (Z. 16), der Schreiber dagegen nur
einen ftakkov ozsyavog (Z. 36); bezeichnend für
die Rangabstufung (vgl. o. II A 1). Auch in der
Weihinschrift an Hermes und Aphrodite Bull,
hell. XXVI (1902) 514 nr. 6, die wegen nr. 4 und
5 offenbar von gewesenen Agoranomen herrührt
zehnmal ygafi/iaxtvotv ^eagolg, nur dreimal ygap- 50 und die wegen der Erwähnung des Epimeletes
><».. **_ . A » . » SX. -. -+ — . J?~L > » AI Vt W\ ritl - - ^ -Q. - T _ nt A ~. t, ™T— 1 /? /? -- /~1 \-. ~* m * _ .^» .. u J. _ J 1 _
fxazevcov foetpftiv, einmal ypa/xfiaxevg deagotg, wo-
mit zu vgl. der attische y. xti dr)f.iq> und der öfter
vorkommende ■/. zcU ßovXäc, z. B. in Inschriften des
Akarnanenbundes Collitz 1379 (= Dittenber-
ger Syll.2 482). 1380a (darnach ergänzt 1380c).
2. Inseln, a) Delos. O ygafiptaxEvg zwv
'ApL<pixTv6va>v. Im sog. Marmor Sandwicense
IG II 814 (= Dittenberger Syll.2 §6), der
Tempelrechnung der vier bezw. fünf Amphiktyonen,
nach 166 v. Chr., wegen des vorauszusetzenden
Kollegiums der Agoranomen vor 100 v, Chr. fallen
muß, kann der an ganz eigentümlicher Stelle,
nämlich hinter den Namen der Götter erscheinende
Schreiber Egfist, *A[<pgoSi]zei ygafifiazevovxog IJq(o-
rdgxov xov Jlgcozofysvovg ?7 [^JgsagQiov etzI im-
(ishjxov zrjg vqofov] (Name), wie der Herausgeber
Dürrbach S. 516 bereits erkannte, wohl nur der
Schreiber der Agoranomen sein. Über den Epi-
d. h. der Verwalter des Tempels des delischen 60 meletes der athenischen Kleruchie auf Delos ("A&tj-
Apollon, für die J. 377/6—374/3 v. Chr. erscheint vaiotv ot xaxotxovvxeg iv ArjXip), vgl. v. Schoeffer
für alle vier Jahre ihrer Verwaltung derselbe
Schreiber AtofaoQog 'OkvfiJiioÖGtgo Zxafißwvidrig.
Er ist, wie die Amphiktyonen selber, Athener
und ist Z. 7 und 58. 59 bezeichnet mit *A(i<pi-
xtvoveg, — olg . . . SygaftftdzEVEV. Dagegen findet
sich der delische Amphiktyonenschreiber mit ein-
jähriger Amtsdauer in einer Weihinschrift der
Fauly-WiBsowa-Kroll VII
o. Bd. IV S. 2497, 39. Sein Schreiber, 6 y. xov
imfitXrjxov, der in Klerachendekreten erscheint,
Bull. hell. Xffl (1889) 415. XVI (1892) 371, 32
(bloß Mt)v6<pdog ohne Vateniame und Demotikon,
also kein athenischer Bürger), erhält den Auftrag,
die Aufzeichnung des Beschlusses auf Stein zu
besorgen. *
56
b) Ueno s. Die Bull. hell. XXVII (1903)
234ff. veröffentlichten Dekrete aus Tenos aus dem
Anfftntt des 2. Jhdts., der Zeit des Protektorats
von Rhodos Ober den Kykladenbund, enthalten
in der Regel nur die alldem eingefaßte Aufzeich-
nungsorder dvaygdipai de xal xo ipqcptGfia rode
eis tfx^jXtjv Xt&tvrjv xal axrjaai dg xo isqov xov
Hoo£tda>vo$ xal xijg 'AftfpizQtTijg ; daß aber der
Auftrag an den Ratsschreiber ergeht, ist selbst-
verständlich und durch nr. VI S. 245f. ausdrück-
lich bezeugt: xo ds tp^ipiofta xöds [dvaygay>dxw
6 yjQafjtfiaxevg xijg ßo[vlfjg xxX.]. Die gleiche
Annahme ist überall da zulässig, wo sich ein
bloßes avayQmpai findet. In der auf Tenos ge-
fundenen Inschrift von Delos ebd. S. 255 Z. 12
[ävaygäJyHxi de rode xo iptjqpia^a xr/v fisv ßov-
Xr\v eis xo ßovlevxriQiQV , xovg Sk ieqotioiövs dg
oxrjXijv Xi&ivqv xal oxrjoai dg xo Isqov, ist auch
im ersteren Falle an eine öffentliche Aufzeich-
nung durch den Katsschreiber , etwa auf einer
Wand, nicht einer Stele, und nicht an ein bloßes
zu den Akten nehmen zu denken, wie auch die
kürzere Passung des delischen Proxeniedekretes
Ball. hell. XXXI (1907) 421 dvaygdyai 8s x68s
xo iprjtptofia xt)(x fiiv ßovXyv slg xo ßovlsvxtfoiov,
rovg öe isgosioiovg sig xo isqov beweist.
c) Amorgos. Mehrere Urkunden in IG XII
7 unterrichten uns über die Funktionen des Rats-
schreibers 6 y. xrjg ßovXfjg oder 3 y, schlechthin;
vgl. Wilhelm Beiträge (1909) 259f. and o. I
A 11.
d) Astypalaia. < yQa/ifiaxEvg dsl 6 h
ägxatg hat bei der dvayga<pd der Proxenoi diese
nicht bloß in die im Archiv deponierten Pro-
xenenlisten einzutragen, sondern auch in die öffent-
lich ausgestellte Liste sig xov xoT%ov, wie sich
besonders aus der von Legrand Bull. hell. XVI
(1892) 138 nr. 23 publizierten Inschrift (= IG XII
3 nr. 168 = Dittenberger Syll,2 493) ergibt,
deren interessante Bußandrohung für Pflichtver-
säumnis o. S. 1733 angeführt ist.
e) Sa mos. '0 ygafi/Mxxevg xrjg ßovXfjg (xal
xov drtfiov) und seine Tätigkeit bei der ävaygatp^
der Urkunden ergibt sich aus Michel Recueil
367 (= Dittenberger Syll.2 183) 24ff. Michel
368, 15 und am aüerdeutlichsten aus Michel
366 (= Dittenberger Syll.2 162) 26; vgl.
Wilhelm Beiträge (1909) 234f. Die eine Ab-
schrift des Schiedsspruches der rhodischen Schieds-
richter im Streite zwischen Priene und Samos
bei Eicks Inscr. Brit Mus. III 403 (= Collitz
3758) wird den fünf Prytanen von Samos über-
geben xal t(5( ygafiftaxei tag ßovXäg MzvIsithoi
KXscovog (Z. 33).
f) Rhodos. Während an der Spitze der Stadt
Rhodos Prytanen stehen, stehen an der Spitze
von Lindos, Ialysos und Kamiros fidaxgoi (s. d.).
Der ygaftpatevs päoxgoyv ist erwähnt in einer In-
schrift aus Lindos IG XII 1 nr. 828 (= Collitz
4178) aus der Zeit um 70 v. Chr. und in der
ebenfalls dem 1. Jhdt. angehörenden Inschrift aus
Kamiros IG XII 1 nr. 701 (= Collitz 4123), wo-
mit der yQaftJftaxevg daptootog seinen Vorgesetzten,
der u. a, y. jtaaxgoiv gewesen war (Z. 9), ehrt.
Der Name dieses y. da/ioetog ist Z. 18 ausgefallen,
kann aber nur ein einfacher Name ohne Vaters-
name gewesen sein, so daß dieser y. kein Borger,
sondern Sklave war. Über EvXifteroe ygannaxsvg
dapöoioi in IG XII 1 nr. 31, der ebenfalls Sklave
ist, und einige andere Beispiele s. o. II A 2. Etwas
unsicher ist der y. ftdaxga>v in der stark zerstörten,
nach einem daftioveydg datierten Inschrift aus
Kamiros IG XII 1 nr. 696 (= Collitz 4119).
Ähnlich dürfte die Stellung des Schreibers in
einer um 75 v. Chr. fallenden Inschrift des zum
rhodischen Reiche gehörigen xotvov TaQpuav&v
in der Peraia, Bull. hell. X (1886) 488 nr. 2
10 (= Collitz 4276), gewesen sein, worin die drei
aQXOvzeg und ihr y. Mvgfir}^ Aiowaiov MoßaXXsvg
und drei dyogavöfioi den rhodischen sjitoxdxqg
Sosikrates ehren.
Für die Stadt Rhodos sind es namentlich
Weihungen von Beamtenkollegien und ganzen
Synarchien, die uns eine ganze Reihe von Schrei-
bern kennen lehren, so IG XII 1 nr. 43 (= Col-
litz 3778), Weihung von den mit Namen auf-
geführten ot owdg^avxsg oxoaxayol xal xajttiai,
20 ygaft^taxevg Sevoßgoxog Metdia; ähnlich Collitz
4335, wo unter den Stiftern erscheint deT ygap-
(taxevg [va]vdgxov xal xaßia 'Avafayogag 'Agt-
öxovixov.- Ein eigentliches Schulbeispiel einer-
seits für die Rangfolge der Ämter, andrerseits
dafür, daß jedes Amt seinen Schreiber hat, bietet
IG XII 1 nr. 49 (= Hiller v. Gaertringen
Athen. Mitt. XX [1895] 377f. nr. 3 = Michel
Recueil 663 = Collitz 3788), eine Weihinschrift,
vielleicht für einen gewesenen Prytanen (?), ge-
30 widmet von seinen sämtlichen Amtsgenossen , die
nun in offizieller Reihenfolge aufgezählt sind, zu-
nächst die novxavisg (fünf oder sechs Namen;
vgl. Hiller vfGaertringen Athen. Mitt. a. a. O.
377) mit ihnen zusammengehörig der y. ßovXäg
und der v7Toyga/ J t/j.axevg ßovlai xal JiQvxäveoi, dann
die acht oxgaxayoi, der (oxgaxaybg) im xdv %o>Qav
und der dg xo negav (die Peraia) und ihr y.
(Z. 29), sieben oder acht ra/tiat und ihr y.
(Z. 39), fünf mwxonoi und ihr y. (Z. 49), fünf
40 smftsXyxal xwv gevoav und ihr y. (Z. 57). All
diese Schreiber, auch der vjioygafifiaxsvg, sind,
wie ihre Namen zeigen, Freie. Die Zeit der In-
schrift ist noch nicht sicher bestimmt, die An-
sätze schwanken zwischen 190/167 v. Chr. (Röhl)
und 70 v. Chr. (HoLleaus). Ganz ähnlich ist
die etwas jüngere Inschrift bei Hill er v. Gaer-
tringen Athen. Mitt. XX (1895) 382f. nr. 4
(= Collitz 3789) mit den novxdvtEg .... xal
y. ßovXäg, dem vTioygafifiaxsvg ßovXäfg xal] ttqv-
50 xavimv , den oxgaxayoi und ihrem y. (Z. 27).
Sicher datiert in die Zeit um 75 v. Chr. ist IG
XHI 1 nr. 50 (= Collitz 3790), die Ehrenin-
schrift sämtlicher Beamten für den Ratsschreiber
. . v EvxoXifiov [xov (?) ygafi] {taxrj zag ßovXäg
[ot] avvaQxovxeg, die in offizieller Reihenfolge auf-
gezählt sind: 1. Prytanen, 2. Strategen, 3. Ta-
miai, 4. Episkopoi und am Schluß Z. 38 der vno-
yQafifiaxevg ßovXäi xal [xovtdvsot] und Z. 41 ein
weiterer v7toyQafA^axEvg wohl eines der vorher
60 genannten Beamtenkollegien.
Während Rhodos in früherer Zeit seine Pse-
phismen nach dem Heliospriester und den Pry-
tanen, die nach ihrem halbjährlich wechselnden
Vorsitzenden bezeichnet sind, datiert (vgl. Col-
litz 3751 = Michel Recueil 535 undSwoboda
Gr. Volksbeschlüsse 2971), erscheint in der aus-
führlichsten uns bekannten Datierung ans dem
ersten Jahr« des Kaisers Nero außer ihnen auch
der Ratsschreiber: ['Et€ isgtfwg Afaoy&^veve,
novxavüov rä>v avv MevexXsI tcö 'Afäxayooa,
ygafifia[x£]vovTog ßovXäg N&ixaatft&xov Atoyavov,
jeafl' v(6ß>sotav öej lAQxeSdfi(ov). — In der Tem-
pelverwaltung begegnet uns in Kamiros IG XII
1 nr. 731 (= Collitz 4136) ein y. iegotpvXdxojv
KaXXtöspig "Axeoxaiov (Z. 8) und ein vTxofyQafijtta-
xe]vg ieQ[o(p]vXdxcov Aa^dyr^rog Ti^toxXevg. — Daß
4em Schreiber vielfach auch das Rechnungswesen
r^ccfifiarets
176$
.eines Ressorts obliegt, ist bekannt Ein oezeich- 10 an, Sil ahrHch °n^tewihl dTfl^lS?dS
nendes Beispiel liftfarn dm TT,lirfinV.A Q ^lfl ooa A*~ ^„_ ci„-l-.it-i__._ . . ! oLiueiuei me
nendes Beispiel liefern die Ehrenbeschlüsse des
Kultvereins (xoivov) der 'Altaoxai xal Äliadai von
Rhodos für den langjährigen äQxeQavwjdg Diony-
sodoros von Alexandreia, etwa aus dem 2. Jhdt.
t. Chr., IG Xn 1 nr. 155 d (= Collitz 3836) mit
4er Bestimmung xal 6 yga^atevs ävayQatpdxm xa
dofavxa (Z. 19); die Bekränzung und Verkündigung
soll auch nach dem Hinscheiden des Dionysodoros
alljährlich erfolgen xal 6 ygawtarsvg ävayeayrdxai
y. rov fcov in der Tempelordnung des Apollon
Koropaios (von Demetrias), Dittenberger Svll. 2
790, 21. 32. 46 (1. Jhdt. v. Chr.); vgl auch die
Bhreninschrift für Caracalla, die ihm stiften oi
?07 t£ if ? * ai YQMf*****, Inschr. v. Magnesia
J- J • , J.1.
b) Teos und Notion. Der Beschluß von
Teos, Bull. hell. IV (1880) llOff. (= Ditten-
berger Syll.2 523 = Michel Recueil 498) ordnet
der Schullehrer vorzunehmen : ajtodeixvva&at xa&
sxaoxov sxog iv aQxatQeoiatg fiera ttjv xwv ygap-
paxscov aiQEotv yoawaxoöidaoxdXovg XQEtg, ohtveg
xtX. — Wie hier y. in der Mehrzahl als städti-
sche Beamte eines kleineren Gemeinwesens er-
scheinen, so auch in mehreren Inschriften aus
Notion (Colophon nova) aus hellenistischer Zeit,
Osterr. Jahresh. VIII 161ff.; gewöhnlich ihrer
zwei, so in den Inschriften der Schulchöre {x6 9 oi
,*,*," . 'c-r-r- , ^v. /t «y U ,u, attci, su in ukii inscnnii^en aer öcnuichöre ixöooi
,ig xovg f axoloyovg- ,Aiow ? oöo> Q ov f ve p7 h a «*- 20 und xoga h bezw. xatösg und n^ftfro*) und denen
wavo>§evxog jqvosoji oxswdvon eI? xov asl vmW- <W ni,*., A™ n«i„-i~ j-_ i_.tf. Vt . U
q>avo)§evxos ygvoscot oxetpavoM ctV xov aü XQdvov,
vrsydvov noa&evxog' (Z. 63ff.) bei Androhung einer
Buße von 100 Drachmen im Unterlassungsfalle
<Z. 90ff.). 5
3. Kleinasien, a) Ephesos. In hervor*
ragender Stellung zeigen uns, allerdings in un-
gewöhnlichen Zeiten, den Ratsschreiber zwei Be-
schlüsse von 86 v. Chr., die außerordentliche Maß-
regeln im Kriege gegen Mithradates anordnen,
der Befrager des Orakels des Apollon Klarios
(S. 165. 167. 170).
c) Magnesia am Maiandros weist in römi-
scher Zeit das o. II A 3 geschilderte Bild der
Munizipalverfassung auf; jedoch erscheint in keiner
der erhaltenen Inschriften der Gemeindeschreiber
als Antragsteller, sondern immer nur als der,
der im Namen von Rat und Volk die dva-
yQttfpij und die Aufstellung der Stele besorgt. Er
TpR a9 w.^;««.t« n iQf 7 Tu ««««ni«,.., Y( j a(pv unu nie Aursteilung der Stele be
w* «9 = b^'Ä" %£$"■?% 30 ^- ißt strts -'*?«""*? -"«-'. '»■«■«
nr. IV). Die Volksversammlung beauftragt xovg
oxqaxrjyovg xal xov yoafifiaxia xrjg ßovXrjg xal
rovg jiQosSgovg EloEveyxstv yrf<pto[ta ataoaxQfjfia
(Z. 19). Das geschieht in der Weise, daß der
Ratsausschuß mit dem Schreiber das probuleu-
matische Gutachten abgibt, die Strategen als
eigentliche Fachmänner das Referat halten, Z. 21ff.
HxiZ T xZ tfte r A^l 3 wf# ov J™ T f Wf Jfk ™ — V «« jvmcniung aer inscnnttstele der
r^FliinJlt ^ - ÄGitX Y ta >° V ^Ao^täov^xeayfiaxtxog xijg ndXeoig (189, 10), der bekannte
r*v AvßovhSov HoayyEda^vcov rojv oxgax m &v, städtische Fioanzbeamte über den zu vgl ist
■Ob der Ratsschreibftr s^lh^r M f*rii ö H i\^ p n +n t ^„„ ti... j ^ ^V„ ,A ":" :_ ¥ s 1 -J^
-n«,--i:--= , e „ rr v.ift;g xov
öt}/iov und ist zugleich 'Aoidgxtjs, da ja die
Asiarchie mit jedem zivilen Amte zugleich be-
kleidet werden kann; daneben findet sich als
Amtstitel ygafitiaxevg xrjg stoleoig in Inschr. v
Magnesia 174, 13 (Zeit Kaiser Hadrians) und 6
ägxtsQEvg xal yQafi^taxevg xrjg Mayvrjxow utoleog
198 (Zeit des Caracalla); unsicher ist x(bv) [x]%
TtoXsoig (yQ)a(pio>g in dem Bruchstück 364. Ein-
mal besorgt die Errichtung der Inschriftstele der
Ob der Ratsschreiber selber Mitglied des Rats
gewesen sei, läßt sich nicht sagen, ist aber wahr-
scheinlich. Der Geschäftsgang richtig erörtert
von Swoboda Gr. Volksbeschlüsse 124. Wesent-
lich anderer Natur ist die Stellung des vom Rats-
schreiber verschiedenen Stadtschreibers (y. xov
dfjttov) in der Kaiserzeit, der mit den Strategen
ausschließlich die offizielle Antragstellung hat
Lävy Rev. d. et gr. XIV (1901) 357. — Die
enge Zusammengehörigkeit von äoxiEgsvg und
y. xov dfaov beweist vor allem das Psephisma
für den Arzt Tyrannos, den Freigelassenen des
Kaisers Claudius, nr. 113, 4 (= Dittenberger
Syll.2 371) ro f; ygapftaxEoig xov dfaov xal dgxie-
getog xwv xatgtaw ösäv xal xutv 2eßaox<äv, wor-
aus sich zugleich ergibt, daß der dgxttQevg zwar
/™i * tt k o\ j -T ., ^ "'" ,u, b iLrt " aus sich zugieicn ergiDi, aaü aer dgxtspevg zwar
fö v iir } ? d ^ lhnen lm V ° rsitz in50för ^en Kaiserkultus bestellt, aber doch in erster
der Volksversammlung abwechselt (Menadier -* ■ - - - - - r cer
42. Swoboda 181). In der Apostelgeschichte
19, 35 geschilderten tumultuarischen Volksver-
sammlung zu Ephesos führt der Stadtschreiber
<len Vorsitz und verfügt dabei über weitreichende
Kompetenzen, indem er die nicht ordnungsmäßig
konstituierte Versammlung, die im Begriff ist,
sich als kxxXriaia zu konstituieren, auflöst (vgl
Brandts o. Bd. JJ S. 1551). - Hier sei bei-
Linie Lokalpriester ist. Dabei braucht Zzßaaxiöv
nicht auf zwei gleichzeitig regierende Kaiser zu
gehen ; denn der Pluralis wird auch gebraucht,
wenn der Genannte während der Regierung meh-
rerer aufeinanderfolgender Kaiser im Amte ge-
standen hat (Dittenberger zu nr. 368, 9), so-
wie überhaupt im Sinne des jeweilen regierenden
Kaisers (Brandis o. Bd. II S. 480f.). Bei sol-
cher Stellung des Stadtschreibers zum Kultus ist
läufig bemerkt dafi «i' »11™ 7 l\ iT * ™ C , stellnn ^ des ötadtschreibers zum Kultus ist
5«™KSSlr5' Ä f- n a ^ der ? S ^ llen des60es fast selbstverständlich, daß der y. xov Maov
Sd^Ä? 5 t ?t / K ^^^nndigen, die auch bei Festen als Sekretär fungiert, so ab r.
öcnnftgelehrten der Juden sind. Die Stellen bei ™- ,^,Ai^, A»,r», n , ™„ a„ JL„.! JÜL 7%J
rrenschen Gr.-d. Handwörterbuch z. d. Sehr. d.
-Neuen Testaments 244 und Schür er Gesch. d.
J, ad - Y°? es US 312 - Es d »rf daran erinnert wer-
den, daß »gesetzeskundige' y. sich auch in griechi-
schen Kulten finden; besonders verweise ich auf
■die eingehende Bezeichnung der Funktionen des.
— ~— „„. ^. „„„^„ „.„ ^^jvjmt.! luugiijii,, hu ius y.
xov fiEyd).ov dyßvog xwv Aevxoygvtjvyoiv (nr. 193) ;
vgl. auch die Verkündigung von Ehrungen durch
ihn [iv xoTg . . a]vvxeXov/j.evoig yvuvixolg dycüotv
nr. 101, 34f. r
Auch in die Verhältnisse der hellenistischen
Zeit gewähren uns die Inschriften Ton Magnesia
einen Einblick. Im 4. Jhdt, dessen Ende das
Proxeniedekret nr. 2 angehören dürfte, erscheint
im Pwiairipi nach dem eponymen Prytanen, der
<pvXr} stQosSQevovaa und dem ixiozdzijg jzQoedoa>v
der Rats- und Staatsschreiber, bezeichnet mit
iyoaftfidzevsv (mit v). Die nämliche Formulie-
rung in der ersten Hälfte des 3. Jhdts. nr. 4, 8.
5, 6. (6, 4), während in den drei, ungefähr aus
derselben Epoche stammenden Inschriften 9. 10.
11 vom gleichen Jahre an Stelle des nQvzavsvaiv
der oTSfpavrirpÖQog mit dem fremdartigen Namen 10
A&xig (s. Wilhelm Österr. Janresh. IV [1901]
Beibl. 27, 6) tritt, der Schreiber aber, der in der
sxxkrjoia xvoia (bezw. vofiaia) vxeQ eh'axooicov
amtet, bleibt (9, 5. 10, 6. 11, 4). Eine recht*
lieh nicht wesentliche, aber materiell und for-
mell gerechtfertigte Umstellung des ijziozdttjg
uigoedgcov hinter den Ratsschreiber tritt seit der
zweiten Hälfte des 3. Jhdts. ein, wo statt iyoap-
paxevev die Formulierung ygaptßazsvovzog zfji
ßovlrjt aufkommt, so 15 a (um 221/20 v. Chr.). 20
89, 7. 98, 3; der Genetiv zfjg ßovkijg 90, 3; un-
sicher 13, 5. Einen Schluß auf die Wertschät-
zung und Rangordnung des Amtes gestattet die
Festordnung für Zeus Sosipolis aus dem Anfang
des 2. Jhdts. v. Chr., In sehr. v. Magnesia 98 (=
Dittenberger Syll.2 553), wo der y. zfjg ßovkijg
beim offiziellen Gebet gleich nach den oixovdfioi
steht, während der avxtygacpsvg und der ozQazyyog
auf ihn folgen. Auch bei der Weihung des Kult-
bildes der Artemis Leukophryene, Inschr. v. Mag- 30
nesia 100a 39 (= Dittenberger Syll.2 552)
folgt der Katsschreiber auf die oixovdfioi, wäh-
rend hinter ihm rangieren ozgazrjyög, Scraß^of,
ors<pavrj<pÖQog , avuyQcupevs. Hinsichtlich der
Pflichten des Ratsschreibers bestimmt diese In-
schrift, daß er zum Festakt in Amtstracht zu
erscheinen hat (iv iofifjoiv iTziorjfioig xai dd<fvrjg
oretpdvotg Z. 38) und alljährlich im Monat Arte-
mision am zweiten Tag nach der Wahl der Prie-
sterin und des Stephanephoros gemeinsam mit 40
dem avziyQCKpevg (s. Brandis o. Suppl.-Heft I
S. 90) das Psephisroa über die Besorgung der
eloizrjQta zu verlesen hat, bei Androhung einer
Buße von 900 oder 1000 Drachmen, wenn Wil-
helm Beiträge (1909)282, 10 das Sampizeichen
richtig auf 1000 gedeutet hat, im Unterlassungs-
falle (b 28—36). Für die Stellung von Rats-
schreiber und ävriyQCHpevg ist bezeichnend die
Bestimmung, daß der atQE&qoofisvog dvtjo £xi
zfjg dvayqa<pfjg Rechnung zu legen hat zigog ze 50
zov ygap/narm zijg ßov/.ijg xai zov dvziyQarpia, der
offenbar die Rechnung kontrolliert {avxiygd<p£zat),
also wohl ähnliche Funktionen hat, wie die ävzi-
yQKHpstg bei der Steuererhebung in Ägypten (vgl.
Brandis o. Suppl.-Heft I S. 90f.) und wie der
athenische dvztyoa<pevg, den wir als eine Art Buch-
halter des Rates bezeichneten (I A 8). Außer
in Athen und Magnesia am Maiandvos läßt sich
übrigens der dvziygayEvg noch nachweisen für
Epbesos (Greek Inscr. Brit. Mus. III 2 nr. 477,60
22 = Recueil. d. inscr. jurid. gr. S. 30 nr. V =
Dittenberger SylL 2 510) und MytUene in dem
stark zerstörten Fragment IG XII 2 nr. 21 { =
Cauer Delectus 431). — Über Magneten als
Gerichtsschreiber auswärts fungierender Richter
(Ötxaotal fiezdjTE/njiTot) s. o. S. 1742.
d) Pergamon. Für die Bedeutung des
Amtes des 7. fyfwv in der Königszeit spricht ,
seine Verleihung an den reichen und angesehenen 1
Apollodoroa, Sehn des Artemon, Inschr. v. Per-
gamon 236. Daß der Staatsschreiber den öffent-
chen Festkalender von Pergamon angefertigt
hat, zeigt n. 247, wo sein Name in großen Buch-
staben als Überschrift über dem ganzen Kalender
stand. — Sonst liefern die Inschriften von Per-
gamon hauptsächlich Beispiele von Schreibern von
Korporationen und Vereinen. Die Verehrer (#egcc-
utsvzai) einer nicht näher bestimmbaren, aber doch
wohl ägyptischen Gottheit datieren in nr. 338,
5 ihre Weihung nach ihrem Schreiber. Beson-
ders oft finden wir in den Präskripten der Epheben-
listen von Pergamon neben den ständigen Be-
amten (Prytanis, Hiereus, Paidonomoi) hinter
den Paidonomen den yoafifiaievg rwv veW ; vgl.
Fränkel zu Inschr. v. Pergam. 252; neue Bei-
spiele Athen. Mitt. XXXLH (1908) 388f. nr. 6.
e) Priene liefert ein klassisches Beispiel da-
für, daß das zwar besoldete Schreiberamt schon
früh als freie Leistung an den Staat bekleidet
wurde. Einer der ältesten Steine von Priene,
nr. 4, enthält zwei Beschlüsse für den Schreiber
(y. algs&eig vtio zov dtf/nov) Apellis, Sohn de?
Nikophon. Der erste dieser Beschlüsse stammt
aus der Zeit, wo Alexander d. Gr. Priene frei
erklärte (Plut. Alex. 42), also frühestens aus 332/1
v. Chr. Apellis hat in schwierigen Zeiten seiner
Vaterstadt 20 Jahre lang in Ämtern gedient,.
14 Jahre unentgeltlich als Schreiber der Stra-
tegen, und auch das gesetzliche Honorar für den
Schreiber der Nomophylakes und Timuchoi zur
Entlastung der Stadt auf sich genommen : 6'ze
ra fzev jzdvza hiy 7iS7ZQ[a]y/Adzßvzai ety.ooiv, zov-
zcov ök dsxarsTTaQa i'zrj zvjv zotg ozgaztjyotg yga\i-
{tardav kek^tzovgyrjxs dagsay xai zov dvakcb/nazog-
zov yivofMvo[v ix zöiv] v6{mov zcöi rtöv voi.io(pv-
kdxojy x[ai ztfiov]%Q)y ygafifiazec xagakikvxe zov
dfjfxov. Apellis bittet nun, dieses Schreiberamtes
enthoben zu werden (jzagakvso&ai zijg ygaftfia-
zstag).
Wo in Inschriften von Priene lediglich der
•/. genannt ist, z. B. bei einer öffentlichen Be-
kränzung, wie nr. 44 (2. Jhdt. v. Chr.) zdfi pkr
äycovo&Ezrjv Sg äv fji zdze JTOitfoaoßou ?xt/Lieleiav
fxsza zov yga,u/.iazia>g (vgl. 108, 328ff. 109,
254ff.), ist er nicht etwa als besonderer, zum
Fest oder Kultus gehöriger Schreiber zu fassen,
sondern als Rats- und Gemeindeschreiber, wie sich
aus der wiederholt vorkommenden volleren Formel
ergibt zfjg bs dvayyskiag zov ozE<pdvov zrjv iittft£~
kciav xotrjoaodai zovg im/j,tjviovg zöjv ozoazrjyanr
(isza zov ygafxfxazicog zijg ßov).fjg xai zov drjfxov
(99, 15. 104, 13. 108, 330. 109, 256. 276. 111,
193. 305) und aus 113, 104, wo den Auftrag zur
dvayyekia erhalten oi (bioduyßrioonzvoi iv agyai-
geaiaifg] äycovoüizat xai 6 y. zfjg ßovlrjg xai zov
Srjfiov; vgl. auch 118, 67. Wie wenig auf strenge
Innehält ung der Terminologie gehalten wird, zeigt
nr. 99, wo Z. 16 der volle Titel y. zi]g ßovX^gr
xai zov ö^fiov steht, dagegen Z. 17 der nämlichfr
Schreiber lediglich y. zijg ßovlrjg heißt. Letztere
Bezeichnung auch wohl im Beschluß über difr
Ordnung der Rechtsverhältnisse mit MaTOneia
nr. 10 (4. Jhdt.), wo Z. 17 für die Ergänzung
xai zov Stfftov kein Platz wäre. Materiell ist
diese Inschrift wichtig, weil im vertraglich ge-
regelten Fremdenprozeß zwischen Priene und Ma-
1769
rgctfificcTBls
rgccfifioevetg
1770
roneia der y. %i}$ ßovXije und die zijaoVzot vom
fremden- Kläger die Klage entgegennehmen; vgl.
Hitzig Altgriech. Staatsverträge über Rechts-
hilfe (Zürich 1907) 2*0. 54. Andrerseits steht dann
bloß y. zov Öriuov, allerdings ergänzt, 109, 272 j
-ein Schwanken in den Beschlüssen für Zosimos
112, 21 gegenüber 114, 28. — Über Verrech-
nung der Kosten für Anfertigung des Kranzes
durch zovg . . . smfiqviovg zwv atQazrjycör pera
-tov ygapfiazecog s. den fragmentierten Beschluß 10
S3 f 13 (2. Jhdt. v. Chr.).
Einen besonders klaren Einblick, wie sehr das
Schreiberamt zur drückenden Last geworden war,
wie segensreich aber auch die Tätigkeit eines
Gemeindeschreibers für seine Gemeinde werden
konnte, bieten uns die Beschlüsse zu Ehren des
Annahme Schubarts, daß xeS%og hier das Ko-
dexformat bezeichne, nicht ganz sicher, vgl. We in -
berger Ztschr. f. österr. Gymn. LIX (1908) 580.
f) Pontos und Bithynien. Die Inschriften
aus dem Reiche Pontos geben besonders reichen
Aufschluß über die Schreiber von Vereinen und
Kollegien, s. o. II A 2. Ganz vereinzelt ist meines
Wissens der y. rtör (pvXdQ%cav in Nikoraedeia
in Bithynien IGR III 7, s. Art. <PvXaeX ot *
g) Der Schreiber des kleinasiatischen
Landtages (xotvov tg5v im tfjg 'Aolag 'ElXijrcov)
ist erwähnt in der etwa von 9 v. Chr. stammen-
den Urkunde zur Einführung des Asianischen
Kalenders, Inschr. v. Priene 105, 42 (Ditten-
berger OGIS 458). Auch der y. vaeör xöiv
iv 'Aoia (Movo. x. ßißX. V [1884/5] 79), der
Aulus Aemilius Zosimus, Sohnes des Sextus, der 20 Schreiber der in der Provinz Asia gelegenen Pro-
aur Zeit des Mithridatischen Krieges (nach 84
v. Chr.) in Priene zu den höchsten Ämtern empor-
stieg, als Schreiber und Archivar sich durch seine
Uneigennützigkeit und Freigebigkeit hervortat
und die Urkunden zum Zwecke besserer Erhal-
tung nicht nur auf Papier, sondern auf das eben
erst in Pergamon zur Geltung gebrachte Perga-
ment aufzeichnen ließ; vgl. hierüber Hill er
v. G a e r t r i n g e n Inschr. v. Priene XlXf. und
Schubart Das Buch (1907) 102f. Aus diesen
Beschlüssen, die zugleich charakteristisch sind für
die große Bewegungsfreiheit, die Priene in seiner
vinzialtempel (daß es sich bloß um diese han-
deln kann, beweisen ähnliche Ausdrücke beiB ran-
dis o. Bd. II S. 474ff. 476), ist wohl, wie Bran-
dis o. Bd. II S. 1558, 64 richtig gesehen hat,
niemand anders als der Schreiber des Landtages
von Asia.
4. Ägypten. In Ägypten, wo schon unter
den Pharaonen die Zahl der öffentlichen Schreiber
sehr groß war und im öffentlichen und privaten
Verkehr die schriftliche Ausfertigung, wo nicht
geradezu gesetzlich, so doch Regel war, begegnet
uns zur Zeit der Ptolemäer und unter römi-
Gemeindeverwaltung auch noch in der römischen 30 scher Herrschaft eine fast unübersehbare Menge
Provinz anfänglich gelassen wurde, seien erwähnt,
aus dein ersten Beschluß für Zosimos, Inschr.
v. Priene 112, 21 ff. yoafiptaxsvg XEiQozovti&slg vno
zijg ßovktjg xai zov d?'}/uov dia zov /xev szqoxb-
%siooTOvr}}i£vov iv aQxaiQEoiaig ygafifiazia fiezaX-
lag~at } (ttjdsva de xijv #j>£KW vno^iivsiv ix zov xai-
qov Sta. zo zrjg Xsizovgyiag ßdgog r}o<paXt-
oazo ftsv zov zs tdiov sxdozov xai zov zf\g zröXscog
ßiov fariXijV iv Ssgjuarivotg rqv %&v ygafifidzaiv
von Schreibern aller Art. Die folgende Über-
sicht erhebt nicht den Anspruch auf Vollständig-
keit und muß für die Beantwortung der Frage nach
dem Charakter der Ämter, denen Schreiber beige-
geben sind, auf die einschlägigen Artikel ver-
weisen. Zudem führen eine ganze Anzahl ägypti-
scher Schreiber Titel, die ihre Einreihung unter
das Stichwort y. ausschließen und daher besonders
zu behandeln sind, wie ijztazoloyQdq>og, ftovoygd-
xoujodpevog ävaygaqptfv, aus dem zweiten Be-40<po£, vofioy(>ä(pog , vjtofivt)fiaroyQd<pos, 6 noög zqj
Schlüsse, Inschr. v. Priene 113, 15ff. ygafifiazetig
yaQ yEvdfisvog zijg [ß]o[v]Xfjg xai (rov) drtfiov zfjg
ze XzizovQyias imfisXwg TiQoiovrji xai zfjg slg ra.
bmiooio. [y]od[fi]jxaza Sajzdvqg ov% vjieazeü.azo,
zov xotvov xai zov TÖiov kxdorov ßiov äotpali-
od/üEvofg d]ia zfjg ev zotg Ssgptaztvoig ßv[ß]Xiotg
ävayecuprjg und aus dem dritten Beschlüsse, Inschr.
v. Priene 114, 8 ff. jtjgdtrrjv 6e Xaßoov nagä z[ov]
öijfj.ov %eioozovia[v z]ijg Ttgojzrjg ygafitftazeiag ttqo-
yQa<peiq> u. a. Als Besonderheit sei erwähnt, daß
in einem Papyrus Erzherzog Rainer bei W es-
se ly Stud. II S. XLUff. nr. 6 (1 Jhdt. n. Chr.),
wo zweimal vorkommt Tiaoa Oeoyeizovog zov Eig?]-
vaiov (bezw. 'Igrjvatov) ygaftf-tazioig , das Wort
wahrscheinlich den Elementarlehrer, sonst yoapi-
fiaziozrjg oder ygaftjuazodiödoxaXog genannt, be-
zeichnet; daher beide Male die Mahnung <piko-
nov£t yod<po>v {,schreib fleißig'); vgl. Sonnen-
soztji fisv avrtjg imfteXöjg xai (piXodofcög, /V^r/50burg Hum. Gymn. XX (1909) 201,
Ö£ Tiioziv xai (pvk[axr)v] zöiv üiaQado&ivzoiv avzcöi
yQafifidzoiv Lioi[i]o]azo dofpaXrj, buikfjv zijv [dva]-
yqayfyv avrtijv [itaQaJdovg ev äegfiazivotg xai ßvß-
Xivoig xtvyzoiv und Z. 28ff. izt ö]e vvv xai [yojafi-
{tazevg a^io6tyj&sig zijg ßovktjg xai zov Srjfiov zo
6ev(zsJqov elg zov ivsozföJza ivijavxov fzsxotrjzai
fiev dizzXijv zijv zöiv örjfiooioiv yQafi/iidzotv dva-
yoa<pi}[r iv ßvßXiJvotg xai bsQ^iaxivoig zevxeoiv,
zzdvxa äh za vtp 1 iavzov j^gri^iazio^ivza yM]<piofcaza
Der wichtigste ägyptische Schreiber ist der
ßaoiktxog ygafifiazevg, in den Papyri mei-
stens abgekürzt ßaa. yg. oder ßaod. yQ. (Belege
in den Indices jeder Papyruspublikation). Er
kommt seit der ersten Ptoiemäerzeit vor und be-
hält auch in der römischen Kaiserzeit, wo er,
streng genommen, kaiserlicher Schreiber ist, seinen
Namen bei. Er ist der höchste Beamte des No-
mos {yofiög, Gau, richtiger Steuerbezirk) nach dem
zov dfyfiov] xai hziazo).ag xai xQ*}ptaztofiOvg dva- 6ö axQattjyog, dessen ordentlicher Stellvertreter und
yiygaipev xa&6xt izoodedrjkwzai Diese Stellen hat namentlich die ganze Finansverwaltung des
sprechen für sich eine deutliche Sprache. Irgend Nomos unter sich. Wenn er in BGO 742 I 2
Irgend
welche Beschränkung dieser avayQaq^ auf be-
sondere Arten von dvayQatpai, wozu Wilhelm
Beitrage (1909) 272 hinzuneigen scheint, ist meines
Erachtens unzulässig; vielmehr hat Zosimos sämt-
liche öffentlichen Schriftstücke doppelt ausge-
fertigt (Schabart a. a. O.). Hingegen ist die
mit xtfuojrazog angeredet ist, so ist das kein Rang-
titel, sondern bloße Höflichkeitepbrasc. Als dienst-
mäßiger Stellvertreter des Statthalters in den
verschiedensten Angelegenheiten wird er bezeichnet
als 6 Selva dtaösx^fteroe tqr orgaztjyiav oder 6
dura diafczonrpog xai (<L h. abgesehen von seinem
1771
r(UXflftCtT€t$
r^ccfifiareig
1772
eigenen Amte) xa xaxa xijv oxgaxtjyiav oder bloß
als otadoxog. Eine meines Wissens bis jetzt ver-
einzelte Benennung ist 6 zov vofwv ßaodtxog
Siaöex^fievoc %*jv oxgazijyfav BGU 82, 7. Natür-
lich kann der Strategos sich auch durch andere
höhere Beamte vertreten lassen. Nicht-Staats-
beamte vertreten ihn jedoch nur dann, wenn auch
der ßaa. yg., sein dienstmäßiger Vertreter, be-
hindert ist; vgl. Preisigke Städtisches Beamten-
Daß der ßao. yg. den Statthalter auf seinen
Dienstreisen begleitet, ist selbstverständlich, aber
auch ausdrücklich bezengt, z. B. durch die In-
schrift, aus Philai Dittenberger OGIS 139, 6,.
wonach sie den Priestern des Tempels durch ihren
langen Aufenthalt lästig fallen. Ihre in vielen
Einzelheiten bekannten Funktionen als selbstän-
dige Beamte oder als Stellvertreter des Strategen
können hier nicht alle aufgezählt werden. Es
wesen im römischen Ägypten (Halle 1903) 67. 10 mögen zwei Beispiele genügen, die die Bedeutung-
Der in den Papyri am häufigsten genannte des Amtes klar illustrieren. Die Steuersubjekts-
und wohl auch umfangreichste aller Gaue, der
Agotvotz-qg vo/*6g (Faijürn) (s. o. Bd. II S. 1289),
war außer in Toparchien, wie jeder andere No-
mos, auch noch in 3 ftsgtSeg, Distrikte oder Be-
zirke, eingeteilt, in 'HgaxXeiSov , Otfxtozov, Ho-
?J{icovog ft£Qtg, und zwar, wie wir jetzt wissen,
schon in der Ptolemäerzeit (Krebs Gott. Nachr.
1892, 535). In römischer Zeit sind die beiden
\ Steuersubjekts-
deklarationen haben im Arsinoites die Einwohner
der Metropolis (Hauptstadt des Nomos) 1. an den
Strategen des Nomos, 2. den königlichen Schreiber,.
3. die beiden Stadtschreiber (y. xrjg fitjrgojioXgoog)
in je zwei Exemplaren einzureichen, die Dorfbe-
wohner dagegen 1. an den Strategen, 2. den kö-
niglichen Schreiber, 3. den Dorfschreiber, 4, die"
Yolkszähler {Xaoygd(poi) ihrer xm^, also an vier
Bezirke Oeftjozov und üolifioivog zu einem Ver- 20 Instanzen in je zwei Exemplaren (Wilcken
waltungsbezirk zusammengefaßt und stehen unter
einem Strategen, Während aber dem orgazrjydg
t HgaxXttoov ftegiSog ein ßao. yg. 'HgaxXeiÖov /te~
Qidog unterstellt ist, so hat von dem ©sfiiozov
xal IToXe/iOvog fieglg genannten Bezirke jede
pegig ibren besonderen ßao. yg. In den BGU
ist der ßaa. yq. ßeptiozov fiegidog viermal genannt,
im I, Bande, der ßao. yQ. IJoXsftoivog (tegidog 19
Col. I 11. Col. II 12. 302, 1. Becht bezeich-
Ostraka I 441). Der Strategos und der ßao. yg,
üben die staatliche Aufsicht über die Einnahmen-
und Ausgabenverwaltung der Tempel aus, und
zwar in der Weise, daß die Priesterschaft eines
Tempels ihren Verwaltungsbericht (xstgiofiog) an
den ßao. yg. des zuständigen Strategenamtes ein-
sendet. So gelangt der Verwaltungsbericht der
Priester des Soknopaiostempels von Soknopaiu-
Nesos an den ßao. yg. des Strategenamtes des-
nend ist die Formulierung BGU I 158 (etwa 30 Herakleidesbezirkes des Arsinoitischen Gaues BGU
242/3 n. Chr.) Nogßavca r<£ xal Zeg^vco ozg(a~
xqyalj Agat(voizßy) &Efxioxov xal IloUfttovog /.is-
QtScov xal *AjiöU<i>viq> ßaodftxcpj ygfafipazst) xrjg
avtfjg ftegiSog (so). Aus der Briefadresse BGU
19 I 11 MsvavÖgog yeröftsvog ßaodtxog yQa/tf/m]-
xevg Agotvotizov darf nicht etwa geschlossen wer-
den, es habe je einen einzigen ßaa. yg. für den
ganzen Arsinoitischen Gau gegeben; die genauere
Bezeichnung enthält die Briefadresse Col. H 12
I 296. Pap. Lond. II 352. Als oberste Lokal-
behörde läßt das Strategenamt alljährlich ein-
mal durch den ßao. yg. die Buchführung prüfen.
Ob diese Aufsicht, die wir für die Zeit der Ptole-
mäer und der römischen Kaiser kennen, erst da-
mals geschaffen wurde oder aus älterer Zeit stammt,
läßt sich nicht entscheiden; s. Otto Priester
und Tempel im hellenistischen Ägypten II 151.
153. Pap. Amherst II 33. 34 (157 v. Chr.) haben
MevdvÖQQ) ysvopevqy ßaod(tx$) ygfa^axep JIo- 40 uns das Novum gebracht, daß der ßaa. yg. mit
Ufi[cavog] ^tsgidog. Übrigens ist der ganze Zu- dem im/tsXtjTTJg in einem Gerichtshofe neben dem
Kollegium der Chrematisten sitzt; vgl. W eng er
Arch. f. Pap. II 49. Wilcken ebd. 142.
Neben dem Strategen und dem ßao. yg. des
Oxyrhynchites, des Gaues von Oxyrhynchos, er-
scheinen noch andere, bis jetzt in andern Gauen
nicht nachweisbare Schreiber des Gaues mit dem
Titel oi ygdfpovTsg zov vofiov Pap. Oxy. II
246, 4. 35 (66 n. Chr.); an letzterer Stelle z. B.
_ . - „ ganze
satz hier rechtlich irrelevant, mehr dekorativ im
Sinne des eursus honorum ; denn Menandros ist
nicht mehr ßao. yg. und fällt seinen Spruch als
xßtzrig, wozu ihn der Präfekt durch Delegation
{ävasiofmrf) bestellt hat, in Alexandreia; vgl.
Mommsen Iur. Sehr. I 459f.
Auch in Inschriften sind die königlichen Schrei-
ber oft erwähnt, so in einer Inschrift aus Ale-
xandra von 170 n. Chr. de Ricci Arch. f. Pap. 50 heißt es Ztjvoiv 6 Ti(aga) i((öv) x6v vop(bv) ygfa-
n 444 nr. 60 (= IGE I 1060) der ßaodtxog ygaft-
fiazevg Mageaizov (Z. 16), ßaoiktxog ygafiptattvg
Bovottgizov (Z. 23), ßaodtxog Bovßaoreizov (Z. 30)
und Z. 31 ßaodtxog Esßewvxov ävai xöjtatv (=
ävto xoaagxuSv s. Wilcken Ostraka I 428).
Ferner begegnet der ßao. yg. ro/uov 'EgfxojioXeizov
IGE I 1067 (211 n. Chr.), ßao. yo.'Egnoiv&eizov
xal AaxonoXzlzov IGE I 1188 (130 n. Chr. =
Dittenberger OGIS 683), Antonios yga/j.fxa-
zevg 4>tXo>v CIG 5074 = IGE I 1363 (33 n. Chr.) 60
(pövrav) oEotjffistcofxaO agv(ag) £. Im gleichen
Jahre wird in Pap. Oxy. II 239, 1 nur ein sol-
cher Gauschreiber erwähnt: z<p ygä<povxt zov
'Ofagv/zirrfv (sc. vo/iov). Offenbar ist dieser
Schreiber, wie Grenfell und Hunt zu letzterer
Stelle bemerken, zu identifizieren mit dem öfter
vorkommenden vofioygdtpog, der also seiner'
seits nichts zu tun hat mit dem vo/atxdg, wie
noch Pap. Oxy. I 24 Col. I 9 angenommen war.
Jeder Nomos zerfällt in Toparchien (uwrot),
ist wohl der ßao. yg. des Nomos ziegi 'EXeipavxlvtjv deren Zahl je nach seiner Größe verschieden ist
xai fOar; ganz sicher ist diese Ausdehnung des (Wilcken Ostraka I 428f.). Jeder xonog hat
Begriffes Gt'Xat beim ozgazyyoe <Pdd3v IGE I 1311 einen zojtoygafi/iaxEvg. In den Toparchien, die
(= Dittenberger OGIS 695). Da der Strategos
dieses Nomos zugleich auch Strategos des Nomos
'Ofißhrjs sein kann (Lepsius Denkmäler XU
ar. 802. 393 = Dittenberger OGIS 202), so
ist dasselbe wohl auch vom ßaa. yg. anzunehmen.
man als die Landbezirke des Gaues bezeichnen
kann, liegen einerseits die ptjTQoxoXig, meist die
uralte an das Gauheiligtum angeschlossene Haupt-
stadt des Gaues, der Sitz der obersten Steuer-
behörde, des Strategen und des ßao. yg., die
1773
Tgafifiazelg
rgccfifiavelg
im
ihren besonderen ygaptfiaztvg hat, andrerseits die von Bewohnern der /MjxQÖxoXie über Wegzug von.
zahlreichen Dörfer (mS/juli). Diese unterstanden Angehörigen nicht, wie man nach Analogie der
der wzgdnoXtg, die zwar selber nicht autonom war, Geburts- und Todesanzeigen späterer Zeit erwarten
also staatsrechtlich "nicht als jioXtg , sondern als würde, an die y. jjajzQoitöXewg , sondern an die
xcofirj galt. Von den zahlreichen Beamten der zojioyga/iftarels xal xoiftoyQafifiaxstg. Das Fehlen
xc5ftai sind neben den xfopagxai besonders wichtig der y. fujrgojioXsojg in dieser Zeit stimmt mit der
die xfofioyga(jtfiatstg, deren Amt BGU 902, bekannten Tatsache, daß die Metropolen seit Be-
13 xaifioygafiipazEia heißt. Zur allgemeinen Orien- ginn der römischen Verfassung zwar eine gleich-
tierung vgl. die große Inschrift aus Girgeh in mäßig organisierte städtische Beamtenschaft haben,
der Großen Oase Dittenberger OGIS 665 n. 32 10 aber, falls sie nicht Autonomie besitzen, die von
(= IGE I 1262) und die dort angeführte Lite- alters her bestehende Komenverfassung beibe-
ratur, sowie Dittenberger 666 n. 10, für die hielten (Mitt eis Reichsrecht und Volksrecht 20),
Ptolemäerzeit Engers De Aegyptiacarum xto- also durch Staatsbeamte von oben herab regiert
jwtövadministrationequalisfueritaetate Lagidaram wurden. Es ist wahrscheinlich, daß der y. ptt}~
(Groningen 1909). Für den Dorfschreiber kommt toonoXetog als Bureauchef noch Hilfsschreiber,
auch der Titel y. xcä^fjg vor, Pap. Oxy. I 133, y. schlechthin genannt, unter sich hatte. Aus-
26; im übrigen s. Art. Koi/ioygafifiazsvg. drücklich bezeugt sind solche meines Wissens
Der ygafifiazevg nyzgostoXsmg (z.B. BGU nur für die xcofioyga^tfiazEtg durch eine Inschrift
182, 2. 110, 3. 111, 4 (138/9 n. Chr.). 254 I 4 Hadrianischer Zeit (120 n. Chr.) bei de Eicci
(160i " """ " ■ ' " " n '" ' T " T """" " "
fiars
rhynchos ygafiftazsvg rfjg nöXscog (Pap. Oxy. 54, einen Papyrus aus Oxyrhynchos Pap. Oxy. 488, 14
11. 487, 4. 13. 529, 19. 714, 7). Sein Amt heißt 'AgiBfiLdoigog zig yga/ußazsvg xco/ioygafifiazsütg zijg
ygaftftazeta a6Xso>g BGU 820, 12. In ATsinoö- Kglxswg (abgekürzt Z. 39), woraus sich die spe-
Krokodilopolis, der Metropolis des Arsinoitischen zielle Aufgabe dieses Schreibers deutlich ergibt
Gaues (Faijüm), amten gewöhnlich zwei y. mzqo- und zugleich die Ergänzung xeoftoyga^aziag,
jtökewg gemeinsam, so BGU 55 Col. II 12. Pap. nicht xafioygafXfiazeiag für die zitierte Inschrift.
Fay. 30, 2. Pap. Gen. 33, 1. Über ihre Funk- Über die Entwicklung der Verfassung der Metro-
tionen s. Preisigke Stadt. Beamtenwesen 9f. 30 polen unter römischer Herrschaft s. Preisigke
An sie sind einzureichen die fiskalische Zwecke 5f. Ihren Abschluß findet sie mit der Verleihung
verfolgenden Geburtsanzeigen (Pap. Fay. 28, 2) der Autonomie an Alexandreia und sämtliche Me -
und Todesanzeigen (BGU 79, 19), Steuersubjekts- tropolen durch Severus im J. 202 (Wilcken
Deklarationen (Paul M. Meyer Heerwesen der Ostraka I 434). Jetzt tritt die ßovlr} und auch
Ptolemäer 110. 115. Wilcken Ostraka I 440ff.), der Sijfiog in Tätigkeit. Die ßovXrj bestellt die
sowie die Vorschlagsliste zur Auslosung der städti- liturgischen städtischen Beamten selber durch
sehen Beamten (Xeixovgyovvxsg) , wie Gymnasi- Wahl (Preisigke 18), während sie die Präsen-
archos, Exegetes, Kosmetes u. a. Die städti- tationsliste der liturgischen staatlichen Beamten,
sehen Beamten (ägzorreg) stellen die Vorschlags- deren dienstliche Tätigkeit von den Eessorts der
liste selber auf und reichen sie zunächst dem 40 Stadt- bezw. Dorfgemeinde völlig losgelöst ist,
y, nr)ZQ07i6Xea>g ein, woraus sich ergibt, daß durch den Prytanen {svag%og ngvxavig ; s. Prei-
dieser eine von der ihrigen verschiedene Stel- sigke 52) dem Strategos direkt unterbreitet. Es
lung einnimmt. Nachdem er sie geprüft hat, tritt also der y. prjxgonöXewg von 202 an in diesen
sendet er sie an den Strategos, dieser an den liturgischen Angelegenheiten außer Wirksamkeit ;
imozgdzrjyog (s. o. Bd. VI S. 203), der die Aus- ob auch in andern Funktionen, die ihm bis dahin
losung vollzieht (Pap. Oxy. I 54, 10). Dieser oblagen, läßt sich nicht sagen (Preisigke S. 21
Instanzengang zeigt, daß der y. fitizgoxoXecog und Anm. 8).
direkt mit dem oxgaznyög verkehrt, wie er auch Eine privilegierte Sonderstellung nehmen,
von ihm direkt Befehle erhält (Pap. Fay. 26, wahrscheinlich schon seit Beginn der Ptolemäer-
150 n. Chr.). Daraus ergibt sich, daß er nicht 50 herrschaft, die Griechenstädte in Ägypten ein,
städtischer, sondern staatlicher Beamter ist. Daß nämlich die älteste griechische Gründung, Nau-
der y. TiöXswg auch außerhalb Ägyptens oft vor- kratis im Delta, das von Ptolemaios I. gegrün-
kommt, aber sonst überall zu den städtischen Be- dete Ptolema'is in Oberägypten und Alexandreia.
amten gehört, wurde oben unter II A 3 gesagt; Diese besaßen die Gemeindeautonomie; ßwXr\ und
vgl. auch Liebenam Städteverwaltung 288f. oijftög faßten also nach gemeingriechischer Weise
,Die ägyptischen y. wzgoxöXEtog sind staatliche Beschlüsse. Besonders gut kennen wir die Orga-
Organe , die als Mittelspersonen zwischen den nisation für Ptolemais schon im 3. Jhdt. v. Chr.
ägxovzeg (d. h. den städtischen, von den Staats- durch die von Jouguet gefundenen und Bull,
behörden bestätigten Beamten) und dem otga- hell. 5X1 (1897) 184ff. publizierten Inschriften
zr\yog stehen und dazu berufen sind, diejenigen 60 aus Ptolemais. Außer dem alle einschlägigen
städtischen Angelegenheiten zu bearbeiten, die Fragen umsichtig erörternden Konnnenter von
nicht unter die Selbständigkeit der agxovxeg fallen' Jouguet vgl. Wilcken Ostraka I 433f. und
(Preisigke 10, 4). In den Dorfgemeinden fallen Preisigke 2ff.
die entsprechenden Funktionen den xcofwyga/i- Von den übrigen Schreibern der zahlreichen
ftarEts zu. Wahrscheinlich waren die y. fitjzgo- staatlichen und städtischen Beamten soll im fol-
xöXetos zu Beginn der römischen Herrschaft noch genden bloß eine Auswahl aufgezählt werden,
nicht vorhanden; denn in Pap. Oxy. II 251 (19/20 wobei gleichzeitig einige Lücken früherer Bande
n. Chr.) und 252 (44 n. Chr.) ergehen Meldungen der Kealemyklopadie ansgefuUt werden können.
1775
rgapkfßMteig
rgctfiftccfeZs
1776
Eingebender untersucht ist bis jetzt nur die
Stellung der Schreiber der Tempelverwal-
tung durch Otto Priester und Tempel im helleni-
stischen Ägypten II (Leipzig 1908). Es ist wahr-
scheinlich, daß in Ägypten jedes größere Heilig-
tum eine besondere Tempelkanzlei mit besonderen
Kanzleibeamten besaß (Otto II 159). So hat
z. B. der luppitertempel von Arsinoe" als stän-
diges Dienstpersonal 1. einen Tempel Wächter (vao-
hörenden Heiligtümer zugeteilt waren bei der Ver-
teilung der ovvxag'tg, der vom Staate den Priestern
alljährlich zugewiesenen Besoldung (0 tto 1 366ff.).
Sonst hießen diese Kassabeamten xQoeozqxdzeg
rrjg ovvzd^ecog oder oi TtQog zoTg %£iQiofioTg zszay-
fihot (Otto II 129). Aus der Verschiedenheit
der Titulatur darf wohl geschlossen werden, daß
es für diese Kassabeamten einen offiziellen griechi-
schen Titel nicht gab, sondern nur einen ägypti-
tpvZag), 2. einen Bibliothekar oder Archivar {tzqo- 10 sehen. Wenn, was freilich recht unsicher ist. Pap.
atQszrjs ßtßho&tjxqg), 3. einen Sekretär {ygafi-
/tiatsvg), 4. einen nicht naher zu benennenden
Tempeldiener. Sie erhalten allmonatlich ein regel-
rechtes Gehalt (oywviov), der Tempelwächter 28,
der Bibliothekar 30, der Sekretär 40, der Tempel-
diener 19 Drachmen (BGü II 362), wozu viel-
leicht noch Naturallohn kam. Die Abstufung
des Gehaltes beweist, daß das Amt des Sekretärs
wohl am meisten Arbeit erforderte (Otto II 21f.).
Amherst II 58 der Priester auch den Titel y. führte,
so scheint er auch als Kassahe amter fungiert zu
haben (Otto II 143, 4). Hier mag auch das in Pap.
Tobt. 1 97, 21 in Verbindung mit dem smoranxdv
Uqecüv genannte ygajufiaTixöv hgstov erwähnt
werden, offenbar eine Abgabe, über deren Natur
noch Otto II 340 sich nicht zu äußern wagte.
Jetzt ist uns das ygap,\iaxtx6v durch eine Reihe neuer
Texte bekannt, besonders Pap. Hibeh I 110,23.
Es ist nicht unmöglich, aber nicht beweisbar, 20 24. 26 (etwa 270 v.Chr.) und von Grenfell und
daß die Niederschrift der BGÜ II 362 erhaltenen «--*■ "^.1. n : t _ nn n — vi _:-i. i .._-_i-i K _i.
Abrechnungen des arsinoitischen Iuppitertempels
von eben diesem Schreiber herrührt (Otto II
H7, 4).
Die Aufgaben der ägyptischen Tempelkanzlei
sind nach Otto II 156—162 1. die alljährliche
Aufstellung des Rechenschaftsberichtes des Tem-
pels und gleichzeitig ebenfalls alljährlich die der
Liste der Priester höherer Ordnung des betreffen-
Hunt Hibeh Papyri I p. 292 wohl richtig erklärt
als a ckarge for the benefit of tke numerous
yga^azstg ; vgl. auch Pap. Tebt. I 61 (b) 342
—345 (Anm.) und 97 (Einleitung). Weniger klar
ist das yQafifiatiHov in der stark zerstörten Ab-
rechnung BGU 820, 6. 28 (192/3 v. Chr.) und
in der Quittung BGU" 828, 2 (byzantinische Zeit).
r^afiftateTg als Hilfspersonal lassen sich
für so viele Behörden nachweisen, daß wir sagen
den Tempels, der sog. ygaqpt) ieqecqv, 2. die Füh- 30 dürfen , es habe sozusagen jeder Beamte seinen
rung eines Registers über die Personalverände- °- 1 - - L - -=■-■■»>- --■■•■..._ i. i, »...<• .t.™
rungen innerhalb der Priesterschaft, besonders
hei Todesfällen, 3. mannigfaltige andere, teils be-
legte, teils zu erschließende Kanzleigeschäfte.
Die Abfassung und Aufstellung von Priester de-
kreten, die nach dem Dekret von Kanopos (Dit-
tenberger OGIS I 56) Z. 73ff. Sache des Ober-
priesters und der leQoygafißaxetg war, wenn man
die hier genannten oi zov hgov ygafiftatetg mit
Schreiber oder Kanzlisten gehabt. Auf die Frage
nach Bestellung und Amtscharakter dieser Schreiber
versagen uns die Papyri die Antwort ; soviel wir
sehen, gab es hierbei weder Iteration noch Ku-
mulation mit andern Ämtern. Besonders zahl-
reich waren natürlich die y. bei der Steuererhe-
bung, wo sie neben den ßoq&oi als Hilfspersonal
der direkten Erheber sehr häufig in den Ostraka
erscheinen, statt der Erheber selbst die Steuern
den kQoyQafifiarets von Z 4 und 69 identifiziert 40 einziehen und Quittungen ausstellen (Wilcken
(Dittenb erger I p. 109 n. 136), ferner die Ab- Ostraka I 618). Vielfach ist es nicht möglich,
fassung von Ehreninschriften, von Inschriften zur
Ausschmückung der Tempel wände und die Für-
sorge für zweckmäßige Veröffentlichung von Be-
scheiden der Regierung, die an die Tempel er-
gingen, werden die Kanzlei immer nur gelegent-
lich beschäftigt haben. Mehr und öfter nahm
sie in Anspruch das Aufsetzen von Verträgen usw.,
wie sie die Verwaltung des Tempelbesitzes nötig
den Charakter von bloß als y. bezeichneten Schrei-
bern näher zu bestimmen, so den AnoXÄtortog
yQ(afi(iaT£vg) in einem Verzeichnis von 25 Männern
aus Ptolemäischer Zeit, Wilcken Ostrakon 1194
Verso Z. 4. Mehrfach werden wir in solchen y,
lediglich von Privaten angestellte Schreiber, Pri-
vatsekretäre, vor uns haben, so in Wilcken
Ostrakon 1166, einer Abrechnung aus römischer
machte und vor allem die Erledigung der Tempel- 50 Zeit; ebenso AxoXXibviog AviiTidxgov. ygawiazevg
korreapondenz , zumal mit der Regierung, wofür
Otto II 160 zahlreiche Belege anführt und wozu
S. 345 noch Pap. Tebt. II 293. 302. 313 nach-
getragen sind. Die Tempelkanzleien fassen Do-
kumente in hieroglyphischer, demotischer und
griechischer Schrift ab. Die Hieroglyphen meißelt
ein besonderer hgoyXv<pog ein, s. den Art. Otto I
112. II 161, 2 und Pap. Leid. U., neu herausgegeben
von Wilcken Melanges Nicole (1905) 581ff. Die
'Ogvv/xsvovg in einer Inschrift bei Strack Arch.
f. Pap. III p. 127 nr. 3 (= Dittenberger OGIS
732), wobei Ornymenes, ein allerdings seltener
Personenname, als sein Dienstherr zu fassen ist
(Strack). D agegen ist es i atsam , über den dijfio-
oiog yefa/ipaTevg) BGU 55 II 24 (175 n. Chr.)
wegen der starken Zerstörung des Papyrus das
Urteil zurückzuhalten; denn schon wiederholt
haben später gefundene Urkunden die Erklärung
eigentlichen Schriftsprachen sind das Demotische 60 gegeben. So konnten die xagd Aotgitovog
Süf J« Griechische^ offiziell ^ zugelassen ist in ygaftftazeTg in Pap. Par. 31, 26ff., die Lum-
„li .l_--.-l.__ T* i . , broso Recherches 347 als Angestellte der Ma-
der hellenistischen Epoche, abgesehen von der
allerersten Zeit, nur das Griechische (Otto II
161).
Eigenartig ist die Verwendung de» Amtstitels
reafifiazets Pap. Lond. 41 Recto [S. 27] Z. 21
für Kas_.abean.te, die den Vorstehern der ver-
schiedenen zum großen Serapeum bei Memphis ge-
gazinverwaltung betrachtet hatte, durch Pap.
Lond. I 27 (S. 14) Z. 2 (= Pap. Lond. I 31 [S. 18]
Z. 7) als Beamte der Königlichen Bank (zgdjze£a)
erwiesen werden; s. Otto Priester u. Tempel n
136, 2. Hingegen läßt sich nicht mit völliger
Sicherheit der Charakter des Arist&rchos bestim-
(L777
r^anfiarst;
r^fJifJiccTelg
1778
men, aus dessen offizieller und privater Korre- xotfvöv tg>*> xata] Kvtxqov yoaftfiaz[scov)) und
. spondenz die zwischen das 36. Jahr des Phila- daß sie in Gemeinschaft mit den Dionysischen
delphos (250/49 v. Chr.) und das 6. Jahr des Künstlern die Ehreninschrift für Olympias, die
Euergetes (242/1) fallenden Schreiben Pap. Lille Frau ihres Vorgesetzten Theodoros (CIG 2619)
nr. 12—17 stammen. Schreiber war er sicher, errichteten, ist eine einleuchtende Vermutung von
vielleicht roszoyga^az^vg. Der Charakter des Waddington zu Le Bas UJ2796, der auch
AnoXXdivtog 'Ia^vglcovog yQapftazsvaiv rGiv 6/nozi- Dittenberger OGIS 161, 4 beigestimmt hat.
fifov rotg cvyy£V€m xai oiaov6fio>i atzüjvixäv x<iyg Es darf hier auch erinnert werden an die y. iw»-
'Hgaxldaov fiegtöog in einer Inschrift vom Moeris- xay^dxatv im Vertrag zwischen Smyrna und den
see, Gott Nachr. 1892 533 nr. II (= Ditten- 10 Bewohnern von Magnesia aus der Zeit Seleukos LT.
berger OGIS 177) Z. 4 ergibt sich aus der Kallinikos (etwa 244 v, Chr.), CIG 3137 (= Mi-
Natur der zum Hofstaate gehörenden öfioxiftoi che! Recueil 19 = Dittenberger OGIS 229)
roZg ovyyeveoi, die gleich hinter den ovyyevetg Z. 46—48, wo der Zusatz ol ovxeg y. u5v xay-
rangierten; vgl. Dittenberger OGIS nr. 104 n. 2 ftaxcov sie als bereits bei den Truppen vorhandene
(S. 181f.), Art.V^oTi/xot und Olxovöpiog otxio- ständige Beamte deutlich scheidet von den nach-
vwöv, sowie auch Dittenb erger OGIS 192 n. 9. her genannten ävdgsg cu-ioöeix&evzsg, die ad hoc
Wie dagegen in dem Bittgesuch an den könig- bestellt wurden.
liehen Hypomnematographos in einer Inschrift Zum Schluß stelle ich in alphabetischer Reihen -
aus Euhemeria im Faijüm, Grenfell and Hunt folge eine Anzahl Schreiber verschiedener Res-
Fayum Towns and their Papyri S. 48 (= Arch. 20 sorts zusammen.
f. Pap. II 555 nr. 38 = Dittenberger OGIS Avztygayevg. Über seine Funktionen Br an -
736) der xotvog ygafiftazevg Z. 27 k'ygayev dis o. Suppl.-HeftIS.90f.; dazu jetzt neue Be-
IlToXs/Ltaiog AiSvfiov y.otvög yoapfiarevg aufzufassen lege aus früher Zeit in Pap. Hibeh I 29, 8. 27.
ist, weiß ich nicht. " 32 (ca. 265 v. Chr.) und 110, 28,
Auch im Heerwesen der Ptolemäer be- rqafifxaxsvg äyogavofieiov Pap. Oxy. 107,
gegnen wir den y., die aber nicht als Schreiber 3, ein Schreiber des Notariats, über das einläß-
fungierten, sondern zur Intendantur gehörten und lieber als o. Bd. I S. 885 zu handeln sein wird
vor allem für das Rechnungswesen und die Ver- im Art. Fgatpetov oder Notariat,
pflegung desjenigen Truppenkörpers, dem sie unter e O yQa{i[i[atsvg] iäv avdoa[a6S]a>v
einem Strategen zugeteilt waTen, zu sorgen hatten. SOäou b ävnyQ atpev gm Pap. Hibeh I 29, 7 (etwa
Ich erwähne den y. rüv tiio&o<p6ea>v iTiaecov aus der Mitte der Regierungszeit des Philadelphos,
bei Wilcken Aktenstücke aus der Kgl. Bank etwa 265 v. Chr., s. Grenfell-Hunt Pap. Hibeh
zu Theben, Abh. Akad. Berl. 1886 nr. 5. 6. 7, I p. 161) ist nicht völlig klar. Da es sich bei
wohl auch Pap. Lille 10 frg. 1, 2, ferner den y. den ävdgdiioda (nicht Öovloi oder a6fiaxa) mög-
r&v piö&oyÖQtev xe^äv Aktenst. 11 und den licherweise um Kriegsgefangene {aixfidlwTot) han-
yQajtißüTsvg zdöv naxolxwv Inni a>v CIG 4698 delt, so möchte ich beim y. rc5v dvögcuzöSw nicht
(= Dittenberger OGIS 102, zwischen 146—116 an ein standiges Amt denken, sondern an einen
v. Chr.) und in der auf Thera gefundenen Inschrift ad hoc ernannten Schreiber, der, wie es scheint,
aus der Zeit Philometor VI (181—146 v. Chr.) IG namentlich dem Pächter (xeXibvtjg) der Sklaven-
XII 3 n r. 466, 9 EiQtjvaTog Nutlov [*AXs]£oav- 40 steuer zu seinem Rechte verhelfen soll.
^ev? 6 yQafipaxsvg xßv xaxa KQqxyv xai SrJQafv *Ajto?,oyiozai ygafißctzetg als Beamte des
xjal 'Aootvörjv zrjr ev [ITs] lojzovvtjöcot oxQaxioi- Archivs, und zwar speziell des naxaloysTov, der
[r]ö}v xai fiazipwv xai otxov[6ft]og rßv avzcöv Registratur, sind bis jetzt nur in der vom J. 127
toxcov, wozu zu vgl. Dittenberger OGIS 102 n. Chr. stammenden, für das ägyptische Archiv-
n. 5, 9. Über die y. im ägyptischen Heerwesen im wesen ungemein wichtigen Urkunde Pap. Osy. I
allgemeinen s. P.M. Meyer Das Heerwesen der 34 Col. 18 erwähnt, deren erste zwei Columnen
Ptolemäer und Römer in Ägypten G5ff. Ich reihe eine vom Präfekten Flavius Titianus verfügte Re-
hier an den y. ozQarrjyovVdöEfüg Orjßatdog gelung des Verhältnisses der Beamten der Lokal-
Pap. Osy. III 602 (2. Jhdt. n. Chr.), über den ich archive zum zentralen Staatsarchiv im neuge-
nicht mit Sicherheit zu urteilen wage, da die Ur- 50 bauten Hadriansarchiv (Aögtavi] ßtßXiofyxrj) ent-
kunde erst im Auszuge publiziert ist. halten. Darnach sind die äxoXoytoxai Unterbe-
Besonders gut kennen wir diese y. der Ptole- amte der Lokalarchive, die den Auftrag erhalten,
maischen Truppen für die Zeit, wo Ky pro s unter Verzeichnisse der in den staatlichen Eegistra-
der Herrschaft der Ptolemäer stand. " Da treffen turen deponierten Kontrakte mit kurzen, regesten-
wir um die Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. in CIG artigen Inhaltsangaben anzufertigen und an das
2625 (= Dittenberger OGIS 154) einen Seleu- Nanaion und das Hadriansarchiv in Alexandreia
kos y, z&v övvdfiecov als Generalintendanten zu senden; Tgl. Z. 7—12 oi faxe 1 vvv h zai
der gesamten auf Kypros stationierten Heeresmacht. xaxa).oydto <kiolo[y]taxai yga^iazsTg xaloi<nsvot
Ihm sind die y. f die Zahlmeister der verschiedenen xarä xo Jia/.aiov z&og iylöytCso&caoav xä ovvaV.ay-
Truppengattungen unterstellt. Statt y. xo>v 6vvd- 60 fmra xeQda/ußdvovzsg zd ze xcSv vofioygdqp&v xai
fj.ean> finden wir die detailliertere Benennung stiI xr\g za ro5v o^ralXaaodvzoiv ovöfiaza xai zov dgi&{tov
xaxa zi}v vijoor ygafifiazetag z<3v jie^ix(5v xai fa- z&v olxovofitcöv xai za eiörj to>v ovpßoXaicov xat
srtxcöv dvvä(i£<m> Le Bas-Waddington ni 2781 xaxaxcngi^hoioav iv afitpozigaig raeg ßißho&tjxatg;
{= Dittenberger OGIS 155) angewendet von s. Grenfell-Hunt Pap. Osy. I S. 70. 73,
Theodoros, dem Sohne des Seleukos, der seinem Vater die die äjioXoyiozal mit Recht als bloße ,clerks\
im Amte nachfolgte, als dieser zum Strategenamte Schreiber oder Sekretäre der Archiwerwaltung,
vorrückte. Daß die y. der verschiedenen Truppen- bezeichnen. Der Ausdruck o* /***£* vvv iv z$
gattungen auf Kypros ein Kollegium bildeten {to xaxcdoyeUp ajtoXoytozai yQaftfiateVg xalotipsvoi
1779
figafifiatstg
Grammatik
1780
dieser Urkunde von 127 legt es nahe, sie mit lieh bezeugt ist er für die Kaiserzeit bloß durch
den y. Höxakyyeiov von Pap. Oxy. IV 719, 6 vom Wilcken Ostrakon 1159 yQafifiaxfct) otzoXoy(las),
J. 198 zu identifizieren. Der Schluß ist aber BGU 67, 5 {199 n. Chr.), wo die yQ(a^fiazeie)
nicht ganz sicher, da auch andere Archivbeamte, mxol(oyto.g) statt der Sitologen selbst die Quit-
die ,IUuminatoren', dxovioxal (s. Mitteis Herrn. tung ausstellen, und durch Pap. Lond. CCCLI.
XXX [1895] 597) in Pap. Oxy. I 84 Col. I 12 Wilcken löst die Abkürzung durch aizokfoyUg)
als oi xaXovfiEvoi eixoviovai bezeichnet sind, doch auf, Viereck liest BGU 67 yQfafiftazetgJ oizo-
wohl weil die Urkunde von einem Kömer, dem X(6yoi) t möglich wäre wohl auch j-^a/jpwH
Praefectus Aegypti ausgegangen ist. otzol(6y<»v).
r e afi?iaT8tg der x&Vßaziozat, der wohl 10 ZxQsTßa, das Pap. Oxy. I 59, 9 (292 n. Chr.)
hauptsächlich mit der Protokollführung betraute vorkommt, ist nicht etwa bloße Übersetzung von
Gerichtsschreiber beim Gericht der Chrematisten, y., sondern scheint einen ständigen Gesandten der
einer Art Gaurichter, wie die attischen xazä dtf- Stadt Osyrhynchos an den Hof des Präfekten zu
pov$ dtxaozat, ist erwähnt in der 172 v. Chr. ab- hauptsächlich richterlichen Dienstleistungen zu
gefaßten Inschrift von Ghazi(n) bei Krebs Gott. bezeichnen nach den Worten dnavzrjoai im zhv
Nachr. 1892, 536ff. (=Dittenberger OGIS 106) fytyoviav (= Praefectur) xai jzQomdQsvoat za>
Z. 14, nach dem sloaytoyevg und vor dem Gerichts- dxgdvzcp avzov dixaaztjQica; vgl. Wenger Arch.
diener {vTzrjQhqg). An Stelle des fehlenden Artikels f. Pap. II56f. Wilcken ebd. II 128. Preisigke
Xgrjuaztozai sei hier nachträglich verwiesen Stadt. Beamtenwesen im röm. Ägypten 25.
auf die von Ditten berger a. a. 0. p. 184 ver- 20 [Schultheß.]
zeichnete ältere Literatur und die neueste ein- Grammatik. I. Die Griechen. Unter-
gehendem Untersuchung von Gradenwitz Das suchungen über den Ursprung, das Wesen und
Gericht der Chrematisten, Arch. f. Papyrusforsch. die Formen der Sprache, was wir heute im
III 22—43, ^ engeren Sinne unter G. verstehen, begegnen uns
TQafifiazsvQ ötoixtfoecog, ein Schreiber verhältnismäßig erst spät bei den Griechen, und
bei der Stotxtjatg (s. o. Bd. V S. 789f.) ist er- zwar waren es nicht nur ursprünglich, sondern
wähnt in dem bloß im Auszug publizierten Briefe auf die Dauer von fast zwei Jahrhunderten
Pap. Oxy. III 642 (2. Jhdt. n. Chr.). vorwiegend rhetorisch - stilistische oder logisch-
Bloß hingewiesen sei auf Aiooxogog ygafi- dialektische Erwägungen t welche der sprach-
tiaiEig e&vovg BXep/xsov äxo xo^EQxicov 30 wissenschaftlichen Forschung zugrunde lagen.
(= a commereiis) in BGU 972, 1, einem Dar- Es fällt uns heute schwer, uns eine bereits durch
lehensvertrag aus dem Latopolitischen Gau aus großartige literarische Schöpfungen ausgezeichnete
dem 6./7. Jhdt. n. Chr. Kulturepoche vorzustellen, die weder eine syste-
reapttazsts xazaloyetov, Schreiber der matische Formenlehre noch überhaupt eine fixierte
Registratur (scribes of the reeorde offiee), sind grammatische Terminologie besaß. Es war daher
erwähnt Pap. Oxy. IV 719, 6 (193 n. Chr.). Als eine wissenschaftliche Tat allerersten Ranges, ab
solche Sekretäre sind uns durch ihre Funktionen man sich etwa im letzten Drittel des 5. Jhdts.
bekannt, ohne daß ihr offizieller Titel angeführt in Hellas und zwar, soweit unsere Kenntnis
ist, ein Hephaistion Pap. Oxy. III 485, 8 (178 reicht, zum erstenmal in der Kulturgeschichte
n. Chr.) und ein Flavius AuTelius BGU 578, 8 40 des Menschen, der Erforschung der Sprache zu-
(189 n. Chr.), Das xazaXoystov lag vermutlich wandte. Mögen auch die ersten Versuche einen
in Alexandreia; s. Art. KataloyeTov und oben recht dilettantischen Charakter getragen haben,
'JaoXoyiozai yga^azeig. so ist dennoch die griechische G. als Wissenschaft
reapftazsvg xX V qovxo>v (s. d.). Die Rolle im Laufe der Zeit auf eine so feste empirische Basis
dieses Schreibers lehrt uns Pap. Hibeh I 82, 15 gestellt worden , daß sie länger als anderthalb
(238/7 v. Chr.) kennen, eine sehr interessante Ur- Jahrtausende kanonisches Ansehen genoß. Speziell
künde. Im 6. und 7. Jahre des Eucrgetes sind ihre Terminologie hat sich mit unwesentlichen
Kolonisten ins Faijüm entsandt worden. "A<pqos Modifikationen durch die Vermittlung des La-
zeigt dem Asklepiades, der im Arsinoitischen Gau teinischen bis auf den heutigen Tag behauptet,
eine nicht unbedeutende Stellung bekleiden muß, 50 Unsere Kenntnis der geschichtlichen Entwick-
an, man habe als Schreiber der entsandten Kle- lung ist aber bis zum Erscheinen des kleinen Büch-
rachen Isokrates bestellt, und ersucht ihn, diesem leins des Dionysios Thrax, im 2. Jhdt. v. Chr.,
bei der Ausübung seiner Amtspflichten (rä xazd worin uns ganz plötzlich, wie aus einer dunklen
iyv yeafifiazeiav) nach Kräften behilflich zu sein, Tiefe, ein fertiges, wenn auch keineswegs in allen
damit die Interessen des Königs aufs beste ge- Teilen einwandfreies System entgegentritt, infolge
wahrt werden. Es läßt sich leicht ausdenken, des fast gänzlichen Verlustes der Originalquellen,
welcher Art die Aufgabe dieses y. bei Neubezug höchst mangelhaft. Denn was uns die Spä-
von Ländereien durch die Kleruchen gewesen sein teren, wie Varro, Quintilian , Gellius, Apollo*
ma &- ^ t ^ nios Dyskolos, Herodian, Augustin, Sextus Empi-
reapftazeve xgaxroewv äQyvQtxc3vFa.i>.G0ncus t die Kommentare zu Dionysios Thrax, des
W" 1 533, 23 (Ende des 2. oder Anfang des Proklos zu Piatons Kratylos, des Ammonios zu
3. Jhdts. n. Chr.) 'EQftia zm z[ov 'Iojtov Ilayyä Arist. tisqI sQn, t ferner die lateinischen Gram-
ygafifiazei ^axzogoiv ägyvfßMcüv), s. Art/T^ax- matiker, vor allem Prtecian, über die Anfange
roQeg. un ^ EntmcfcUingspliasen beriete 11 » entbehrt gar
reaftftazevg der otzoXoyot. Daß diese in zu oft der nötigen Klarheit und historischen Zu-
™ wem «pyrusurkunden ungemein häufig vor- verlassigkeit. Wag sich im allgemeinen darüber
kommende Behörde (s. Art. SixoXoyot) einen feststellen laßt, möge im folgenden kurz daree-
Schreiber hatte, ist selbstverständlich. Ausdruck- legt werden.
1781
Grammatik
Grammatik
1782
Der Ruhm des Archegeten auf dem Gebiete der neoterischen Beobachtungen des Protagoras im
grammatischen Forschung gebührt zweifellos dem Auge hatte (vgl. z. B. das berühmte Schlagwort
größten der Sophisten, Protagoras von Abdera des Sophisten in v. 679 oQ&äg yaQ Xdyetg und Plat.
< ca . 481 411). Seine Untersuchungen waren ver- Phaedr. 267 c), so werden wir auch in dem Ver-
mutlich in einer Schrift betitelt jieqi dQ-d~6rr}zog twv schlag ällxxmQ (so übrigens schon Pind. OL
övoudztov (vgl. Plat. Crat. 391b) oder itegi oqüoe- XII 4. Aesch. Ag. 1656) Und aXexzQvaiva, statt
sielag (Plat. Phaedr. 267 c), falls dies nicht nur wie bisher doppelgeschlechtig aXexzQvwv , zu
ein Teil seiner 'Mfötia war (vgl. Di eis Vor- bilden, nicht eine geniale Parodie, sondern eine
sokrat.2 II 534, 9), niedergelegt. Nur weniges ist zufällig nicht bezeugte, aber vom Standpunkt de&
uns aus diesem epochemachenden Werke über- 10 Protagoras durchaus konsequente und tatsächlich
liefert. Arist. rhet. III 5 p. 1407b schreibt ihm gestellte Forderung erblicken dürfen. Wenn ferner
die Unterscheidung der drei grammatischen Ge- Aristophanes sich darüber lustig macht, daß der
nera zu {za yemj xcöv ovofidzwv di^Qsi, äggeva Nominalvokativ auf -et eine weibliche Endung er-
xai d^Xsa xai oxevr}). Im engsten Zusammen- gibt (v. 684— 691), so müssen wir auch hier wohl
hang mit dieser Entdeckung steht augenschein- annehmen, daß Protagoras auf solche scheinbar
lieh die Beobachtung des Protagoras, daß die anomalen Flexionsformen aufmerksam gemacht hat.
Endungen der Substantiva nicht immer im Sprach- Auch die Tempora soll er nach einer kurzen, aller-
gebrauch das den Dingen von Natur zukommende dings alleinstehenden Notiz des Diog. Laert. X 9, 52
Genus bezeichnen, und er scheute sich nicht, weit- (xg&xog fiipr} xqqvov diutgiae) unterschieden haben
gehende Konsequenzen aus dieser Anomalie zu 20 und nach demselben (X 9, 53) dtslXS zezbv Xoyov
ziehen. Vgl. Arist. soph. elench. XIV p. 173b, 17 ngebzog eis zhzapa, wx&Xrp, eq(oztjoiv, äji6xQtoiv r
(Diels a. a. 0. II 535) oolotxiGfiog iazt dk SrzoXrjv ... ovg xat Jiv&fievag stire Xoyotv. Aus
zovzo xai tioieTv xat py jroiovvza (paivsö&at xat Quint. inst. III 4, 10 Protagoran transeo, qui_
jwtovvza w doxüv, xa&dneQ 6 IlQayzayoQag üsysv, interrogandi , respondendi, <mandand% precandi
ei 6 pvjvig xai 6 zii\l^^ ölqqev eöziv 6 [ih quod svxtoX^v dixit , partes solas putat, geht
yaQ Xsycov fOvXofiev^v' ooXoixtCst fihv xaz ixelvov, zwar hervor, daß diese Einteilung sich in erster
ov (paivszcu dk xoig äXXoig, 6 dz ^ovXöfisvov' <pal- Linie auf die rhetorischen Genera causarum bezog.
rszat fisv, aXX ov aoXotxi£ei. Protagoras scheint Anderseits zeigt aber doch Arist.^ poet. 19
also der Meinung gewesen zu sein, daß Dinge p. 1456b, 15 zi yaQ äv zig vnoXaßot ^fiaQzi]a^at f
oder Eigenschaften, die naturgemäß dem Manne 30ot ÜQOfzayoQag imzi^, ort wxso&ai olöfievog
besser anstehen, wie Zorn und Waffen, auch imzarzei Em<hv ^ffvtv ästSe &ed ( t zb yaQ xsXevaaiy
grammatisch masculini generis sein müßten, und <pr)ot, noiztv zi rj pr}, Imza^ig ioztv, daß darin
da auch sonst im Griechischen Wörter auf -ig, die Verbalmodalitäten (Optativ, Konjunktiv, In-
-tog (z. B. o xäXig, rpdlxtg, aQzvg, xTg t yXdvtg, b f} dikativ und Imperativ) bereits implicite enthalten
öig) nicht ausnahmslos weiblich sind, so glaubte waren, mögen diese dem Protagoras auch noch
er umso eher in einem Falle wie jx^vig und nicht klar als terminologisch zu fixierende, syn-
vermutlich in anderen , die jener Doktrin wider- taktische Kategorien zum Bewußtsein gekommen
sprachen, nur Sprachfehler rügen zu müssen. sein.
Was sh^j/I ,Helm' im besonderen betrifft, so mag Auf Protagoras folgt sein großer Landsmann
immerhin, nach einer plausiblen Vermutung von 40 und erheblich jüngerer Zeitgenosse Demokri-
Gomperz (Griech. Denker 12 354), noch die tos. In dem von Diog. Laert. LX 48 überliefer-
weitere Erwägung hinzugekommen sein, daß die ten Schriftenverzeichnis befinden sich auch fol-
einzigen anderen maskulinen Worte auf £ (näm- gende Titel: JIsqI gvfyiwv xai aQfiovirjg , IIsqI
lieh tfwgaf, sioQTzag; gzvqu£) sämtlich auf Kriegs- xaXXoofofjs entcov, steqi i>v<pojva>v xai övoycbvtov
rüstungen sich beziehen. Protagoras war, wie yQanfidzcov , 'Ovo/naoztx&v (sie) und xeqI qt/~
sein Homo-censura-Standpunkt zeigt, entschieden /idiwr .Wörter'. Über die erst genannten läßt
Relativist; wenn er daher in der erwähnten Weise sich nichts mehr ermitteln, doch scheint es
den Usus loquendi als inkonsequent zu meistern sich hauptsächlich um phonologische und me-
versuchte , so war das allerdings ein unhisto- trische Untersuchungen gehandelt zu haben, wie
risches Verfahren , aber es beweist, und dies ist 50 solche besonders auch für Hippias bezeugt sind ;
für die Geschichte der G. das Wichtige, daß er vgl. Plat. Hipp, maior p. 285b ixeiva ä av axQt-
sich die Sprache eben nur durch menschliche ßiozaza iniozaaat äv&Qa>xa>v diaiQtiv , xeqi ys
Vereinbarung und nicht von Natur aus ent- ygafifj-dzcov dwapecog xai ovXXaß&v xai Qvd-püv
standen dachte. Wir dürfen somit schon bei xai agpioviojv. Hipp. min. 368 b. Phaedr. 267 a.
Protagoras den Keim jener großen Streitfrage Ob dem Sophisten die Priorität zukommt, läßt
konstatieren, die unter verschiedenen Schlag- sich nicht entscheiden, da Piaton bekanntlich den
Wörtern, wie dioei und <pi<oci, Analogie und Ano- Demokrit nie erwähnt. Aus der Schrift liegt
malie, Jahrhunderte lang die antiken Sprach- ^^drö>r hat uus aber Proklos zu Piatons Crat.
forscher in zwei große, feindliche Lager spalten (Diels a. a. O. I 395) eine höchst interessante
sollte (s. u.). Einen wie verblüffenden Eindruck 60 Notiz erhalten , aus der wenigstens so viel her-
diese scheinbar an der Oberfläche liegenden und vorgeht, daß Demokrit, wie Protagoras, sich zu
und doch so völlig neuen Gedanken auf die Zeit- der Ansicht bekannt habe, daß zvxn «Q a y - ai °v
genossen machte, zeigt die köstliche Persiflage yvoei zä ovopaza, entgegen der angeblichen Be*
des Aristophanes (Wolken 659—692), der, wie hauptung des Pythagoras oder vielmehr seiner
die atte Komödie überhaupt, bekanntlich oft nur Schule. Falls auf den Bericht des Proklos Ver-
das konservative Urteil des Laienpublikums wieder- laß ist, hat Demokrit seine Theorie über den
spiegelt. Wenn , wie dies mit Recht allgemein Ursprung der Sprache wie folgt zu erweisen ge-
angenommen wird, der Komiker speziell jene sucht: öiost Xsyoov xa drö/Mta. diä zeooaQCov »r«-
1783
Grammatik
Grammatik
1784
yjsiQrin6xGiv rovzo xatsoxetiaCsv 1) ix rrf? ofico-
vv/Ltlag, denn wäre die Sprache tpvoei, so könnte
nicht ein und dasselbe Wort verschiedene Be-
deutung haben*); 2) ex rijg sioXvoyvvfiias,
■denn verschiedene Wort* bezeichnen oft dasselbe;
B) ix xfjg x&v dvofiax<üv fzexa&iöemg, ein ur-
sprünglicher Name würde bei Annahme der
■/piWt-Hypothese nicht mit einem anderen ver-
tauscht werden, wofür Proklos als Beispiele Flaton
Stellung, wie sie später namentlich Epikur
(Diog. Laert.X 75) und Lucretius V 1027ff. ver-
treten, eingenommen wird. Da Namen nach
Piaton durchaus die lautlichen Nachahmungen des
Wesens der Dinge sind, so kann die Bedeutung
der Worte nur durch eine Analyse der sie bil-
denden lautlichen Elemente, d. h. der Buch-
staben und Silben, erkannt werden, und so findet
denn auch Piaton in der Etymologie die beste
und Theophrast anführt, die früher Aristokles, 10 Antwort auf jene Frage. Diese Etymologien
bezw. Tyrtamon geheißen hätten**); endlich
4)_ spricht gegen jene Theorie, daß es für manche
Dinge noch keine Namen gebe (ix ök z-rjs i«
■ofioimv iXXstipecog, vtovOfiov), denn man
bilde zwar z. B. von cpQovrjaig cpQovsTv , aber zu
dixaioovvrj fehle das entsprechende Verbum, was
für eine Sprache, die tpvast oder vdftqt oder gar
<&e0 sei {Plat. Crat. 384d. 425 d), so wird De
mokrit etwa geschlossen haben, doch ein undenk-
das Wort selbst kommt nicht vor Chrysippos vor —
bilden nun den Hauptteil des Dialogs. Sie sind
mit etwa sechs Ausnahmen (TIXovtcov 403 a,
AtÖTjg ebd., 'Aygodtiri 406 c, IJaXXdg 406 d, avve-
ois 412 a, ßovlrf 420 c) sämtlich von einer,
man möchte sagen — grandiosen Unrichtigkeit,
so daß fast alle Gelehrten darin nur eine Paro-
die oder beabsichtigte Karikatur sophistischer
Irrlehren erblickten, da man derartige Entglei-
£ares Testimonium paupertatis ergäbe. Diese Be- 20 sungen einem Piaton nicht wohl zutrauen mochte.
weisführung läßt freilich manches zu wünschen
■übrig (vgl. dazu Gomperz a. a. O. I 2 317ff.
458), aber schon die Polemik gestattet keinen
Zweifel darüber, daß Demokrit eine Hypothese
hier nicht zum erstenmal aufstellt, sondern daß
die Frage bereits Gegenstand lebhafter Erörte-
rung pro et contra geworden war (vgl. auch
Xen. mem. III 14, 2). Sonst wird uns, gramma-
tische Dinge betreffend, von Demokrit nur noch
Diese Ansicht hält aber einer vorurteilslosen
Kritik nicht stand. Zunächst muß im allge-
meinen bemerkt werden, daß das Etymologisieren
überhaupt zu allen Zeiten auf Griechen wie
Römer eine ebenso unwiderstehliche Anziehungs-
kraft ausgeübt hat, wie etwa das Licht auf die
Motte und mit gleich verhängnisvollem Re-
sultat. Ja man kann, ohne Widerspruch zu ge-
wärtigen, getrost den Satz aufstellen, daß für
berichtet (Eustath. zu II. IH 1 = Diels frg. 19. 30 das gesamte Altertum graphische und pho-
20), daß er yififta, wie die Ionier, und ^w, statt ---*-:- -t-- x i~_ij -i~n.-;x j~~ __ j._^_i- .i. ..j._
y&nna und ftß gesagt, ferner, daß er die Buch-
staben des Alphabets dekliniert habe (Öüzazog,
&tjxazog), während sie sonst axXtxa seien. Doch
war dies letztere gewiß nur eine stilistische Ma-
rotte, die den Schluß, es habe Demokrit schon
über die xXioeig ovofidzoyv Untersuchungen an-
gestellt, kaum rechtfertigt.
Aus dem Gesagten geht nun auch hervor,
netische Ähnlichkeit das untrüglichste
Kriterium für etymologische Verwandt-
schaft abgab. Hätte Piaton seine Vorgänger
— man pflegt jetzt in Ermangelung besseren
Wissens besonders auf Antisthenes zu raten
— ad absurdum führen wollen, so hätte ein
so unerreichter Parodist unbedingt diese seine Ab-
sicht doch etwas deutlicher durchblicken lassen,
als dies im Kratylos tatsächlich der Fall ist. Im
daß die Behauptung des Favorinus bei Diog. 40 Gegenteil charakterisiert den ganzen Dialog, trotz
Laert. III 25, daß Piaton nQüzog i&ecoQtjas x^g zahlreicher Beispiele Somatischer Ironie, die bei
*„„„.„.„„«. ^. ä/. .. a«. t b +„„ ä i.™. -:^+ Piaton nie fehlen, eine wohltuende Bonhomie, ein
auffallender Mangel an jener polemischen Schärfe,
die mit einer Satire, wie sie z. B. im Pro-
yQapfiazixijg iijv &vva.{Mv den Tatsachen nicht
ganz entspricht; doch besitzen wir immerhin in
dem Dialog Kratylos, den Favorinus wohl haupt-
sächlich im Auge hatte, die ausführlichste und
tiefsinnigste Behandlung sprachwissenschaftlicher
Probleme, die uns aus dem Altertum erhalten
ist; auch werden dieselben Fragen gelegentlich
im Theaitet, Euthydera und Sophistes berührt.
tagoras, Gorgias und Euthydem zu Tage tritt,
sich nicht vereinbaren läßt. Es kommt hinzu,
daß auch andere Stellen , wo jede Ironisierung
ausgeschlossen ist, wie z. B. Phaedr. 244b; rep.
II 369 c, den Beweis liefern, daß Piaton diesem
In jenem Dialog nun dreht sich bekanntlich die 50 , Sirenengesang der Wortbedeutung* sich nicht
Untersuchung wiederum speziell um die Frage, hat entziehen können. Endlich müßte selbst Arist.
ob die Sprache tpvoet entstanden sei, dies die
Ansicht des Kratylos (383a), oder diaet, wie
Hermogenes behauptet (384 d ov ydg tpvoei sxd-
ctoj Ttsrpvxevai ovofia oMkv ovdevt, äXXä v6pta>
y.ai efist Ttüv i&tadvxcor xe xai xaXovvxwv). So-
krates-Platon sucht in eingehender Beweisführang
die ^?i'3£(-Theorie als richtig zu erweisen, obwohl
am Schluß des Dialogs eine mehr vermittelnde
*) Daß in dem Spruch des Herakleitos (Diels
I frg. 48) T(ü ovv x6t~a> ovopta ßiog y SQyov de
(n&mlich ßtög) üdvazog dieses Argument nicht
«hon antizipiert ist, beweist die antithetische
Fassung.
# **) Wir haben hier vielleicht einen Finger-
***£» <**? Proklos die Originalschrift des De-
mokrit nicht mehr vor sich gehabt hat.
eth. Nie. VI o jene angebliche Persiflage voll-
ständig verkannt haben, da er allen Ernstes eine
der lächerlichsten Etymologien dem Kratylos direkt
entlehnt hat (411 e oonpQoovvr} (hg G(o£ovca xijv
(pQÖvrjoiv) ! * Wenn also von den rund 120 Ety-
mologien des Kratylos nur sechs richtig erraten
sind, so ist das eben dem Umstände zuzuschrei-
ben , daß bessere ebensowenig einem Piaton, wie
60 den Stoikern oder dem Varro , zu Gebote stan-
den. Über den Kratylos vgl. besonders Ben-
fey Über die Aufgabe des piaton. Dialogs Kraty-
los, Abhdl. Goett. Gesellsch. der Wiss. XII 1866,
189 — 330. Steinthal Gesch. der Sprachwissensch.
I 2 41 — 114. J. Kirchner Die verschiedenen Auf-
fassungen des piaton. Dialogs Kratylos, Progr.
Brieg 1892. 1893. 1897. Eos en stock Piatos
Kratylos und die Sprachphüosophie der Neuzeit,
Progr. Straßburg 1893. Jowett Einleit. zur
engl. Übersetzung 1871, und über die etymölo-
fischen .Studien im Altertum überhaupt Lersch
prachphilosophie der Alten Jll. Hecht De ety-
mologiis apud poeta's Graecos obviis, Diss. Königs-
berg 1882. Reitzenstein s. o. Bd. VI S. 807
—817; Gesch. d. griech. Etymol., Leipzig 1897;
Varro und Joh. Mauropus v. Euchaita, Leipzig 1901.
F. Müller De veterum, imprimis Roman orum,
senschaftlichen Problemen wohl vertraut, und
die verhältnismäßig wenigen Äußerungen, die
wir von ihm darüber besitzen, stellen namentlich
in Bezug auf die genauere Terminologie und
präzisere Fassung der Begriffe einen nicht ge-
ringen Fortschritt über Piaton dar. Was die
Frage nach dem Ursprung und . dem Wesen der
Sprache anbelangt, so erklärt er kategorisch
tpvaei rc5v övo[A,dz(x>v ovösv iaxtv (it. eq/h. 2), was
studiis etymologicis I 268ff., Utrecht 1910; andere 10 teils psychologisch, teils logisch begründet wird.
t.i .L *V„; r<„ j~™„^ nw*Av ^av ßo^li d Da difi Naturlaute nur Zeichen (avaoola) ge-
Literatur bei Gudeman Grundr. der Gesch. d.
klass. Philol.2 1909, 18, 1.
Was sich sonst bei Piaton über G. findet, ist
bereits bei Stob. flor. ni 14-16 M. gesammelt. Es
ist nicht eben viel und von keiner besonderen Be-
deutung oder Originalität. Die Scheidung der Buch-
staben (oroixeut) in Vokale (ywvrjevia) und Kon-
sonanten (afp ewet, Liquidae und o ; arpatva xal a<p-
&oyya, Mutae), die Zusammensetzung der Worte
Da die Naturlaute nur Zeichen (pvußoXa) ge-
wisser Bewegungen der Seele seien (jta&rjfxaxa
rijs ytvxijs), so müßten, wenn mit dem Laut das
Wort gegeben wäre, alle Menschen dieselbe
Sprache reden, das sei aber notorisch nicht
der Fall (sz. squ. 1 atojieg ovSh ygd^^axa jzäat
tot avxd, ovöe tpcovai al avrai) , daher ist der
Xdyog eine fpcovtj ofjfiavxixi) xaxa Gvv$rjxr}V
und kein otiyavov (c. 4), wie das z. B. Platon
aus Silben und einige lautphysiologische Beob- 20 behauptet hatte. ^ Was^ die ^^ zf iS ^scog be-
achtungen waren schon vor Piaton längst be-
kannte Dinge und Gegenstand eifrigen Studiums
gewesen (Crat. 424 c oi SM%eiQovvxeg zotg qv&-
fxolg xSiv oxoi%u(üv — - ovwool yd@ xov Xeyov-
aiv ol detvol xeqI zovxwv). Die einzigen von
ihm erwähnten Kedeteile ovo/ua und gif/ta haben
sich noch nicht zu den festen grammatischen
Termini von Nomen und Verbum kristallisiert,
sondern sind, nicht nur im Kratylos, sondern
trifft, so scheint Aristoteles (je. Sq/h. 1) zunächst
nur die zwei bekannten, bvo^a und Qf^m, anzu-
nehmen, die sodann in den folgenden Defini-
tionen, wie fast gleichlautend in der Poet. 20,
dadurch differenziert werden, daß dem letzteren
allein der Begriff der Zeit zugewiesen wird.
Wenn, wie die Beispiele zeigen (vylua und vyiai-
rei), Nomen und Verbum ganz deutlich als gram-
matische Redeteile auftreten, so sind in der rhet.
noch in den 'spätesten Dialogen, wie dem So- 30 III 2 und der top. VI 11 (andere Stellen bei
phistes und Timaios, Bedeutungsschwankungen
unterworfen. So ist Au (plXog ein Q^a, AfyiXog
aber ein ovoita (Crat. 339 b), und im Sophist.
261 e. 262 d, wie auch durchgängig im Kratylos,
entsprechen ovo/ua und ^fffia durchaus unserem
Subjekt und Prädikat, den zu einem Satze (Xdyog)
notwendigen Elementen, was mit Unrecht von
Steinthal in Abrede gestellt wird (a. a. O. I 2
141). Im Crat. 421b ist dXtj&sia ein gftfia, und
Bonitz Index Arist. s.v.) doch wieder beide als
Satzteile betrachtet, obwohl Aristoteles bereits
für Subjekt und Prädikat eigene Termini besitzt
[öjioxsißsvov und xazrjyoqovfievov', s. Bonitz a. a.
O.). Mit anderen Worten, noch dem Aristote-
les sind ovofia und Qf^ia nicht ausschließlich
gleichbedeutend mit Nomen und Verbum. Zu
den ovoßa und Qftfm treten, für uns zuerst bei
Aristoteles, als dritter Redeteil ovvdsopog, die
ebenso t* im Sophist. 237 d, ja im Tim. 49 e 40 Konjunktion und Partikel, entgegen (vgl. Bonitz
gelten toCto und rode als gr^aza und gleich
darauf als dvöfiatal Endlich findet sich bei Pia-
ton zwar eine Bezeichnung der grammatischen
Tempora (Sophist. 262 c 6 Xdyog 5t]XoT jtsqi to>v
övxoov t} yiyvofjievwv rj ysyovdza>v rj fisXXdvTCOv),
doch hatte er darin in Hörn. 11. I 70 og $Sr} xd
x idvza, xd x saaöfieva, xqö t iöyxa oder, wenn
man dies nicht gelten lassen will, jedenfalls in
Protagoras einen Vorgänger, der, wie wir gesehen
s. v.). Die Poetik (c. 20) fügt diesem noch
äg&Qov (Artikel und Demonstrativpronomen)
hinzu. Wenn nun Varro de 1. 1. VIII 4, 11 und
nach ihm die Späteren (siehe die Testimonia bei
Goetz-Schoell zu Varro a. O.) dem Aristo-
teles ausdrücklich nur zwei Eedeteile, vocabula
ei verba , ut homo et equus et legit et currü,
zuschreiben , so mag dies von den zwei Satz-
teilen auf die Rede irrtümlich übertragen worden
(S. 1782), die tuet} ypdvov zuerst schied. Letz- 50 sein. Größere Schwierigkeiten hat das Zeugnis
. . ttt:„.l i.isii ' „ v„* t>i„4- — „;,. rt ^^« +«^ Aes Tiinnvs frlf> (»fitrm. v^rh. 2: de vi Demosth. 48
teres Wort hat übrigens bei Piaton nie einen tech-
nisch-grammatischen Sinn, auch mag es dahinge-
stellt sein, ob das doppelte Präsens, das übrigens die
Späteren einstimmig verworfen haben, auf Piatons
eigenes Konto zu setzen ist. Auch der Akzent
{TiQQotpdia) , der von der Musik auf die Worte
übertragen wurde, wird gelegentlich bei Piaton
erwähnt (Crat. 399 b ögeTa = Akut, ßaoeta Gra-
vis); daß der Circnmflex (x£Qtoxoj(j.evq) fehlt, ist
des Dionys (de comp. verb. 2; de vi Demosth. 48
= Quint inst. 1, 4, 18) gemacht , der bei Ari-
stoteles, Theodektes und ihren Zeitgenossen nur
drei Redeteile anerkennt, während das <xq$qov
erst den xt]g Uxcoixf^ algioecog fjysftövsg bezw,
xolg negi Ztjvcava als vierter Redeteil verdankt
werde. " Die meisten (so noch Sandys Hist.
Class. Scholarship I 2 98) glaubten den unleug-
baren Widerspruch dadurch zu beseitigen, daß
wohl nur zufällig. Von der Erkenntnis des gram- 60 sie die Stelle in der Poetik iür interpoliert er-
matischen Numerus oder des Activum und Pas-
sivum finden sich bei ihm noch keine sicheren
Spuren.
Aristoteles hat, trotz des enzyklopädischen
Zugs, der ihn in so hervorragender Weise aus-
zeichnet, scheinbar der G. kein tiefgehendes oder
dauerndes Interesse zugewandt. Dennoch zeigt
er sich mit grammatischen und sprachwis-
klarten, obwohl ein Anlaß zu einer solchen Inter-
polation schlechterdings nicht vorliegt. Andere,
wie Classen, Lersch und ähnlich Vahlen
(Beiträge zur arist. Poet. III 233f.), vermuten,
dem Dionysios habe eine andere rhetorische
Schrift des Aristoteles (z. B. die esodixzeia)
vorgelegen. Anderseits versuchen Vahlen und
ihm folgend Steinthal die Angabe in der
Poetat dadurch illusorisch zu machen, daß sie
in üq&qov lediglich einen terminologischen Ersatz
für ovvdeaftog erblicken, eine Auffassung, die aber
im Wortlaut der Stelle keine Stütze findet. Die
Aporie löst sich doch wohl am einfachsten durch
die Annahme, daß dem Khetor, oder vielmehr
seinem Gewährsmann, unsere Poetik nicht be-
kannt war, finden sich doch bis zum Beginn
unserer Zeitrechnung, mit etwaiger Ausnahme
der Khetorik und Topik, überhaupt nur geringe
Spuren einer Kenntnis der esoterischen Schriften
des _ Aristoteles. Vgl. auch Cic, top. 3 qui ab
*psts phihsopfos praeter admodum paucos igno-
raretur Was uns sonst von grammatischen
Beobachtungen, sei es eigenen oder fremden, bei
Aristoteles begegnet, ist fast ausschließlich in
t / oe £ 20 ' 21 und ^ sqwvsüxs enthalten.
In der Poet. 20 werden nun folgende fägn M-
\e<os aufgezählt: otoi X stoy, ovlXaßj, ovvöeofiog,
ovofia Q? m a, Sq&qoy, nxüotg, Xöyog und mit iener
analytischen Schärfe, die wir bei Aristoteles ge-
wöhnt sind, definiert.
Für das einzelne muß auf Vahlen a. a. 0.,
Steinthal 112 252-271 und auf Bywaters
Kommentar z. St. verwiesen werden. Hier sei
nur bemerkt, daß nx&mg, ,FIexion, Fall', das uns
zuerst bei Aristoteles begegnet, ein noch sehr
vieldeutiger Begriff ist und so ziemlich jede Wort-
ableitung bezeichnet, incl. der Tempora und
-Modi. Nur das Präsens des Verbums gilt dem
Anstoteles nicht als mx&mg rov efoarog, ebenso
wie sein Gegenstück xXrjotg nur den Nominativ des
ovoua bedeutet. Termini für Casus und Numerus
kennt aber Aristoteles noch nicht, obwohl ihm
beide als xrwoeig ovo^dxcav gelten ; vgl. Poet. 20
V usv xo Kam xd xovrov (genet.) i) xovxm (dativ.),
owaivovoa . . . tj Öe rd xata xo ivi (singular ),
r) TtokAoTg (plural.), oTov äv& e o>jzot & äv&ooiTioc
und anal. I 36 p. 48, S9Bff.; top. V 4. Neben
axevos, der Protagoreischen Bezeichnung des
Neutrums, kommt bei Aristoteles auch ttexatf
vor und zwar mit der Begründung, daß nicht
alle ottsvt} auch die Endungen des Neutrums
haben, wie z. B. 6 doxog und % xXiv n (Sophist
elench. XIV 173b, 27ff.), aber gerade diese Beob-
achtung der Inkongruenz hatte, wie wir sahen,
Protagoras zu seinen reformatorischen Vorschlägen
veranlaßt , so daß der Ausdruck una^v, ebenso
wie das stoische oUhsQov, die Schwierigkeit nicht
beseitigt, sondern umgeht. Auch die in der
Poetik versuchte Unterscheidung der Nomina nach
den Endungen entspricht nur teilweise dem em-
pirischen Tatbestande (vgl. Vahlen und Bv-
+ water z. St.). Betreffs der Lautlehre, die Aristo-
teles ganz der G. vindiziert ß ygauuartxij jtdaag
Veojget rag <pwvdg , Metaph. III 2. 1003 b 20)
ist trotz mancher subtilen Erörterungen bei Ari-
stoteles kein nennenswerter Fortschritt zu kon-
statieren und, obwohl er in der G. ein wichtiges
BUdungsmittel erkannt hatte (Pol. VIII 3, 1003 b,
f. V V6afifuiTtx^ xai $ yga<pixt} zg^t^t xobg
1% Pfh . hat weder er selbst DOch die peripa-
tetißche Schule überhaupt, auch Theophrast nicht,
diese Disziplin weiter ausgebaut.
Äese Errungenschaft ist ein Ruhmesblatt der
i t" a- B , au > den 8ie errichtet, ist erst
füS» w «2^ enie v ? r S lei ^nde Sprachwissen-
sclaft unterminiert und zu Fall gebracht worden.
Über die Entwickelungsetappen sind wir, wie
bereits hervorgehoben, fast gänzlich im Dunklen
und im wesentlichen auf die stark zusammen-
geschrumpften Notizen angewiesen, die Diog.
Laert. in seiner Darstellung der stoischen Lehre,
besonders in der Einleitung zum Leben des Ze-
non, uns erhalten hat. Daneben zeigt uns das
kleine Büchlein des Dionysios Thras den Bau in
seiner Vollendung. Unser übriges Wissen beruht
10 auf gelegentlichen Mitteilungen in sekundären
(meist lateinischen) und oft schon getrübten
Quellen ; im Wortlaut ist uns keine einzige, antik
stoische Schrift über grammatische Dinge, so zahl-
reiche Titel wir auch, namentlich von Chry-
sippos kennen, überliefert. Außer dem eben Ge-
nannten scheinen besonders Diogenes von Baby-
lon oder Seleukeia (s. o. Bd. V S. 773ff.) und sein
Nachfolger Antipatros von Tarsos (o. Bd. I
S. 2515) die bedeutendsten Vertreter der stoi-
20 sehen grammatischen Forschung gewesen zu sein;
noch erheblich früher war, wie W. Schmid Philol'
L5IX (1910), 440-442 wahrscheinlich macht^
der Stoiker. Ariston von Chios, der Lehrer des
Eratosthenes , auf diesem Gebiete erfolgreich
tätig gewesen. Nach Diog. Laert VII 55—58
scheint nun die Lautlehre besonders von Diogenes
von Seleukeia in einem Werke jtsgl (pavijg all-
seitig begründet worden zu sein. Wie bereits
Aristoteles schieden die Stoiker die inartikulierten
30 Tierlaute von den artikulierten Lauten des Men-
schen. Falls letztere aufgezeichnet werden
{fyygaufiog) , entstehe das Wort {Xifa), dessen
Elemente insgesamt aus 24 Buchstaben (oxotysta)
bestehen. Vokale {(pmrrjevza) gäbe es sieben (a,
*j n, h o, <w, v) und sechs Konsonanten (ä<pa>va',
ß y 6 7i x t), wo die f/piyova, die ja bereits
Aristoteles kennt, wohl nur durch die Flüchtig-
keit des Exzerptors übergangen sind. In Betreff
der Redeteile selbst sind die älteren Stoiker über
40 die vier Aristotelischen (ovofia, gf^ia, avvSeouog
und ag&gov) noch nicht hinausgegangen, Chry-
sippos erreichte fünf (Diog. Laert. VII 192 liegt
xä>v stsvtB Jixcoaewv und mgl ngoa^yogtxwv 2B.),
indem er ovofia schlechthin als Nomen proprium
faßte und es von dem Nomen appellativum (bvoua
KQooijyoQixov), Mensch, Pferd, unterschied (Diog.
Laert. VII 57, nach Diocles Magnes, und Prise.
gramm. II 54, 8). Neben diesen Zeugnissen kommt
alen, der dem Chrysippos ovoua, ^fr/a, ngo-
hü&eoig, äo&gov, ovvdea/tog zuschreibt (Stoic. vet.
frg. II 148 Arn.) nicht in Betracht. Antipa-
tros von Tarsos fügte ^o6z Ve (Adverbium) hinzu,
weil es begrifflich dem Verbum, der wandelbaren
Form nach aber dem Nomen angehöre. Andere
Stoiker zogen dafür die Bezeichnung navUxxng
vor (Char. gramm. I 190, 24. 194, 20); beide Ter-
mini sind später durch Imgg^^a verdrängt wor-
den. Zu den äg&ga rechneten die Stoiker auch
das Pronomen, wie Apoll, de pron. 4 p. 5, 13
60 Seh. und nach ihm Prise, gramm. II 54, 12.
III 492. 11 u. ö. bezeugen. Wie schon der von
Aristarch herrührende Name dvxatwiita (Apoll,
a. O. 1 p. 1, 12) zeigt, wurde das Pronomen in
direkte Beziehung zum Nomen gebracht ; rag dvx-
cowfttag asio^ev^avxeg ojio ttäv ovofidjory sagt
Dionys. de comp. verb. 2, der also hier dem-
selben Gewährsmann folgt, welcher dem Aristo-
teles nur drei Redeteile, ohne äe&eor, zuschrieb
Dionysodoros von Troizen zog den Namen stago-
vofA-aoia, Tyrannion mjpisiatoig vor (Apoll, a. a. O.),
ioch drangen diese Benennungen nicht durch.
Wenn es bei Apollonios am Schlüsse heißt xai
'AitoMtöföQog 6 'AfojvaTog xai 6 Oq$£ Awvoiog
xai äg&ea Öetxxtxa z<W ävxo}vv/M.iag ixäXeoav, so
sieht dies ganz wie ein späterer Zusatz aus;
jedenfalls trifft die Behauptung für die uns
vorliegende xe%vr) des Dionysios nicht zu. Ähn-
längeres, für den etymologischen Standpunkt der
Stoa anzuführen. Ürig. c. Cels. I 24 vof*f£ovoi
ot &no Tfjs Sxoäg <pvaet (sc. eTvat za ovofAaxa)
fitfiovfieveüv Twr stgtoTcov tpeov<dv xa ngayfiaxa
xatf <5v xd ovoftaxa, xa&o Kai oxotzstd xiva ixv-
fioXoytag shdyovaiv und Augustin a. a. O. Stoiei
atdumant mdlum esse verbum euius non certa
explicari origo possü . . . iamdiu quaerendum
esse, dormo perveniatur eo, ut res cum sono
liehe Diskrepanzen finden sich auch sonst. So 10 verbi aliqua simüitudine eoneinat, ut cum di~
behauptet Priscian (LT 54, 11), entgegen der ' "- J '-"' ~ *~'— u
bestimmten Angabe des Diog. Laert. (s. o.), daß
die Stoiker anch das Adverbium (ftscotfjg) nicht
für einen unabhängigen Redeteil hielten, sondern
quasi adieeiiva verborum nominabant, wäh-
rend doch gerade das Adjektiv (em&etov) nie eine
permanente Stelle unter den kanonischen fiigv}
Xoyov behauptet hat. Die Stoiker haben ferner sionem ventum, ut usurpetur nomen non rei
die xXrjostg övopdzwv , die nväaetg grjfidxwv, die similis, sed quasi vieinae. Diese vicinitas lote
Sta&sostg (Genera verborum) , die Tempora sorg- 20 patet et per multas partes seeatur. Augustin
fältig untersucht und schematisiert (vgl. Diog, zählt deren sechs auf: 1. per effieientiam (foedus
Laert. VII 64 undB. Schmidt a. a. 0. 62ff.),nur a foeditate porei); 2. per effeeta (puteus quod
eimus aeris Unnüum, equorum hinnitum . . .
kaec verha ita sonare, ut ipsae res quae his ver-
biß signißcantur. sed quia sunt res quae tton
sonant, in his similitudinem tactus valere . . .
haee quasi eunabula verborum esse erediderunt,
ubi sensus rerum eum sonorum sensu eoneor-
daret. Wo auch dies nicht ausreichte ad abu-
bei den Modi läßt sich dies nicht mehr beweisen,
so unwahrscheinlich es auch ist, daß sie gerade
dieses Verbalverhältnis vernachlässigt haben soll-
ten. Ein geradezu unsterbliches Verdienst hat sich
aber die Stoa um die grammatische Terminologie
erworben, die mit wenigen Modifikationen in die
xsxvr} des Dionysios Thrax aufgenommen wurde,
eins effeetum potatio est creditur dietus) \ 3. per
id quo continetur (urbs von orbis); 4. per id
quod continet (horreum von kordeum, ,mutata
littera 1 ); 5. durch Metonymie und zwar a parte
totum (mucro für gladius) oder a toto pars {ewpil-
lus quasi capitis pilus). Wo es unentschieden
ist, ob simüitudo oder vicinitas der Etymologie
dann, wie bereits erwähnt, durch die Vermittlung 30 zugrunde liegt, folgt (6) progressiv usque ad
-, T .a. _;_:„! j. _ir„„i — Ai — ttu„™«<.„„«™« contrarium (war' dvtirpQaatv) , wie lucus quod
minime luceat, bellum quod res bella non sit,
foedus quod res foeda non sit. Gegen diese
pseudo-wissenschaftlichen Lehren scheinen die ale-
xandrinischen Grammatiker protestiert zu haben.
Deren Argumente hatte aller Wahrscheinlichkeit
nach Varro im ersten Buch von de lingua lat.
gesammelt. Vgl. VII 109 in primo volumine est
quae dieantur, cur itvfioXoyixrj neque ars sit
des Lateinischen samt offenkundigen Übersetzungs-
fehlern, so genetivus und aeeusativus (ysvtxrj und
aixiauHrj) statt generalis (so Priscian) und causa-
tivus, auf uns sich vererbt haben.
Ein satzbildendes Verbum, transitiv oder in-
transitiv, mit persönlichem Subjekt nannten die
Stoiker ein ovftßafta oder xazijyÖQtjfia {gcoxgdxyg
nEQmatst, Tqvyayv ytXeT), ein unpersönliches Ver-
bum mit einem obliquen Kasus utagacviißapa oder
jiaQaxaxrjyoerjfia (2a)XQatst (u-zapiXei), verlangte 40 neque ea utilis sit, während im zweiten der ent-
das Verbum ein Objekt, so hieß es iXatzov tj
xaxijyoQrjfia {IlXdxwv Aloava qulet), das absolute
Intransitivum hingegen ohne Dativ eXaxxov »}
Magaovftßafia {jiBxa^iiXei).
Von diesen und ähnlichen Betrachtungen zu
einer wirklichen Syntax war zwar nur ein kleiner
Schritt, aber da diese doch in erster Linie
logisch- dialektischen Zwecken dienten und na-
mentlich bei Chrysippos in unfruchtbare Subti-
gegen gesetzte Standpunkt der Stoa, dem er selbst
zugeneigt ist, dargelegt wurde. Doch ist er, wie
dies bei unselbständigen Forschern ja meist der
Fall ist, Eklektiker und unhaltbaren Kompro-
missen ergeben, s. u. Die ganze Nichtigkeit
dieser etymologischen Verirrungen haben, von dem
gleich zu nennenden Philoxenos abgesehen , von
Späteren wohl nur zwei erkannt, Galen in seinem
verlorenen Werke siegt 6vo\mx<av dg&öxtjxog, wie
litäten ausarteten, so war dies für einen wissen- 50 aus de Hipp, et Plat. dogm. 2, 2 erhellt ^ aXa£<ov
__i__.ci.i •_!___ t^...j._-t._=ü -_r j — n.uj-i.. j^- ia 7l pdgxvQ r) hvfioXoyia . . . moi xqg £yd> (p&vijg
sit£8sig~a xbv XgvoixTtov szvfioXoyovvra yjevdätg und
Sext. Emp. adv. math. I 11, obwohl dessen Ar-
gumente an Beweiskraft viel zu wünschen übrig
lassen. Einen positiven, wissenschaftlichen Fort-
schritt über die stoische etymologische Methode
scheint im Altertum aber einzig und allein Philo -
senos, ein Zeitgenosse des Varro, angebahnt zu
haben, indem er an Stelle der proteusartigen
rr i ...11 ■ J C<J.~_ ~:_„ W nv >Al
schaftlichen Fortschritt auf dem Gebiete der
Syntax bei den älteren Stoikern wenigstens
nicht günstig.
Wahre Orgien feierte aber die Stoa in der
Etymologie. Chrysippos allein verfaßte zehn
Bücher negi ixvfioXoytxoiv. Die Methode ist uns
besonders aus Augustin de dialectica bekannt
(s. Funaioli a, a. O. 282), dessen Darlegung
doch wohl in der Hauptsache auf die uns ver-
loren gegangenen Bücher von Varros de lingua 60 Zusammenaetzungstheorie der Stoa eine Wurzel-
i-i_._. — m.i___i..L __.i. -jai _.i i. ableitungstheorie zu setzen suchte. Sie hat aber
gegen die herrschende Anschauung nicht durch-
dringen können, wenigstens sind nur ganz spo-
radische Mitteilungen über dieses der Wahrheit
so nahe kommende System una Überliefert. Vgl.
H. Kleist De Philoxeni . . . sfcndüs etymologicis,
Greifswald 1865. Reitzenatein Griech. Etym.
339—347; M. T. Varro u. Joh. Mauropus 81—88.
latina zurückgeht, wenn auch nicht geleugnet
werden soll, daß vielleicht ähnliche Erörterungen
Aber denselben Gegenstand in den diseiplinarum
libri enthalten waren. Auf die Einzelheiten kann
hier nicht eingegangen werden (vgl. dazu Stein -
thal, Beitzenstein, F. Müller in den oben
bereits erwähnten Werken). Es genüge hier,
zwei wichtige Zeugnisse, ein kürzeres und ein
F. Müller ä. a. 0. 73—77. Funaioli a. a. 0.
p. XL 443—446.
Bei dem Streite, ob die Sprache <pvoei oder
ftiost (Iw^ijxff) sei, hatte es sich, wie wir sahen,
vornehmlich darum gehandelt, inwieweit das Wort
und der zu bezeichnende Gegenstand kongruent
seien. In der Etymologie, die das ezvfiov (, Wahre'}
oder die Wurzelbedeutung klarlegen sollte, glaubte
schon Plato den Schlüssel zur Lösung des Prü-
deren Zahl, nach Quintil. inst. I 4, 18 parum
convenit, fahrt derselbe fort: aln tarnen ex
idoneis dumtaxat auctoribus octo partes (sc:
orationis) secuti sunt, ut Aristarchus et aetate
nostra Palaemon, qui vocabulum sive appella-
tiomm (ngooqyogia) nomini subiecerunt tarn-
quam speciem eins (vgl. Dionys. Thrax p. 23, 2),
ut ii, qui aliud nomen, aliud voeabulum faciunt
(so zuerst Chrysippos, s. o.) norem. Aus der
blems gefunden zu haben. Diese Untersuchungen, 10 ganzen übrigen Ausführung, die wohl Palaemon
so unwissenschaftlich und irrig ihre Resultate und nicht Dionys de comp. 2, wie allgemein
auch waren, mußten aber dennoch immer mehr
die Aufmerksamkeit auf die empirische Tatsache
lenken, daß die Worte in ihrer Bildung und
ihrem -Gebrauch zahlreiche Anomalien oder In-
konsequenzen aufwiesen, die eine Erklärung er-
heischten. Wer nun die Sprache als etwas von
der Natur Gegebenes betrachtete, konnte nicht wohl
umhin, die Anomalie als das in der Sprache
angenommen, entlehnt ist, da dort Aristarch
nicht erwähnt wird, geht deutlich hervor, daß
man auch über die Urheber und die Zeit der
Hinzusetzung der weiteren Redeteile uneinig war.
Dionysios Hai. a. 0. schreibt, wie wir sahen
(S. 1788), den rfjg Zxanxrjg aigioewg -qysfzövEg nur
vier Redeteile zu. Sodann fährt er fort ol peta-
ysviozeQOi xd zigoorjyogixä öisXovzsg djro zöJv ovo-
selbst herrschende Prinzip anzuerkennen, obwohl 20 /nazixcbv tievze Mzeyrjvavzo xa ngäxa pigr}. Da dies
eine solche Annahme in Wahrheit auf jede wissen- wahrscheinlich zuerst von Chrysippos geschehen ist,
schaftliche Erklärung a limine Verzicht leistete. ^«— ^—..-'-. a*~ n +„^„i™,, e«i,4.„ ^ »„«-■l.
Dieser Theorie huldigte nun aber nicht nur C hry-
sippos in einer Reihe von Schriften (xsgl zrjg
owqfelas, jtsgi zr t g xaxa rag Xi^stg dvtofialiag),
sondern auch die späteren Grammatiker stoischer
Provenienz, insbesondere die Pergamener, an
ihrer Spitze Krates von Mallos. Nach Varro de 1. 1.
IX 1 suchte Chrysippos an dem gewöhnlichen
dieser r^yefidiv der stoischen Sekte aber unmöglich
unter den ftszaysvsazsQoi verstanden werden
kann, so sieht man, daß Dionysios einer trüben,
jedenfalls nicht stoischen Quelle folgt oder viel-
mehr diese sehr flüchtig exzerpierte. Nach dem
Pronomen (s. o.), so hören wir weiter, ot Ss za
smggrjitaza, (adverbia) ötsXövzeg änd x&v g^pazoir
Hai rag TigoÜEasig (praepositiones) djro tojv ow~
Sprachgebrauch (avvrjfcia, eonsuetudo) zu zeigen, 30 öeoptov xal zag ßszo%ag (participia) äno zäv
daß similes res dissimilibus verbis et dissimiles
similibus esse vocabulis notatas. Gegenüber die-
sem Prinzip der Anomalie vertraten nun die alex-
andrinischen Grammatiker, vor allem Aristo -
phanes und Aristarch, den Standpunkt der
Analogie, und zwar legten sie, wie es scheint,
das Hauptgewicht auf die Deklinationsformen,
ohne aber in diesen oder in der Konjugation
die Existenz jeglicher Unregelmäßigkeit zu
7igootjyogtx(ov, ot öe xal äXXag xiväg Jtgooayayövsg
zo/näg Tiokla (man merkt die Ungeduld des Rhe-
tors, sich auf diese Dinge überhaupt einzulassen)
za agona poQia zfjg U&ajg ixofyoav. Als die
acht Redeteile des Aristarch und seines Schülers
Dionysios Thrax ergeben sich daher folgende:
ovopa , Q-rjfia, fieroxy , agdgov , ävzcovvfita , Tigo-
üeoig, exiQQr}pa, ovvdsofiog. Aristarch hatte dem-
nach die Chrysippeiscbe Scheidung der Eigen-
leugnen (vgl. Varro de 1. 1. X 74 analogia est 40 namen und Appellativa wieder aufgegeben, ob er
verborum simÜium declinatto similis non re- aber zuerst das Partizipium und die Präposition
™™,™f- -«««^«A'-.- „^,™„«^ t-^i, mK i. hinzugefügt, läßt sich nicht erweisen, wenn
auch die Notiz des Priscian (II 548, 6), daß
Tryphon die iizxoyji zuerst vom Verbum getrennt
habe, zweifellos irrig ist. Daß die später kano-
nische Zahl aber alexandrinischen, nicht stoischen
Ursprungs ist, dürfte vielleicht auch in folgender
Erwägung eine gewisse Stütze finden. Die
zehnte der Platonischen Fragen des Plutarch
pugnante consuetudine commwni). Doch wäh-
rend die Anomaüsten nur mehr negativ die Op-
position vertraten, machte Aristophanes den Ver-
such, die Nomina unter fünf bestimmte Normen
(xavöveg) , zu denen Aristarchos eine sechste
fügte, zu bringen. Diese sollten das Kriterium
abgeben, inwiefern zwei Nomina als analog zu
betrachten sind (vgl. Varro de 1. 1. X 21.
Char. gramm. I 117}. Da die Gegner aber 50 lautet : Aid ziUXdzmv stxs zov Xoyov e£ övoudzatv
1W 1 Tl T 1TU üll lOnü flTinl f\TVAf\ t\ €\ CT + **1 ++ rt V\ ***ft A -Ia*iAM -._? jf _.../_ * , _ _ Jl _.Q... ^J - ...* 1 ' 1
prinzipiell jede Analogie bestritten und jenen
Regeln, wie begreiflich, nicht alle anomalen Er-
scheinungen sich fügten, so kam es schließlich
in dem Streit der Schulen dazu, daß sie sich
gegenseitig nicht mehr verstanden (vgl. Varro de
1. I. IX 1 ut neutrius videatur pervidisse t>o-
luntatem), eine Beobachtung, die übrigens auch
auf Varro und die Späteren zutrifft , was denn
xal qtjfidrcüv xsQawvodai; und es wird in ka-
suistischer Beweisführung der gänzlich mißlungene
Versuch gemacht, zu zeigen, daß Piaton die
übrigen Redeteile zwar gekannt, sie aber als
von geringerer Bedeutung absichtlich ignoriert
habe. Habe doch bereits Homer II. 1 185 in dem
Verse aviog itov xXiGir}vde rb cov yegag b(po sv
etbfjg alle Redeteile vereinigt (vgl. auch XXII 59
zur Folge hatte ,^ daß die ganze Streitfrage im .tgog 6s /u zov dvczrjvov ht <pqov&ovt iXitjoor, wo
Sande verlief. Über die stoische G. im allge- 60 der Scholiast bemerkt o^eicoxeov ozi zä 6xra>
fisgtj zov Xoyov £%ti b oztxog). Da nun die An-
meinen vgl. Lersch a. a. 0. R. Schmidt De
Stoicorum grammatica, Halle 1839 (grundlegend).
Schömann Die Lehre von den Redeteilen nach
den Alten, Berlin 1862. Steinthal 112 71—160.
279—374. 354—361. Wachsmuth De Cratete
Mallota 8ff. Suse mihi Gesch. der alex. Lit. II
7-^9, anderes bei Gudeman a. a. 0. 47.
Nach einer kurzen Aufzählung der Redeteile,
nähme der Allwissenheit Homers echt stoisch
ist, die Stoiker aber keinerlei Anlaß haben
konnten, ihre eigenen Entdeckungen zu verlangen,
indem sie diese schon dem Homer zuschrieben,
wohl aber ihren aleiandrinischen Gegnern vor-
zuhalten, daß deren grammatische Neuerungen
diesen Namen nicht verdienen, so hätten wir
1793
Grammatik
Grammatik
1794
hier eine weitere Spur jener Polemik, die auch
sonst zwischen den Grammatikern der perga-
menischen und alesandrinischen Schule |hinrei-
chend bezeugt ist: Vgl. Suidas s. 'Agiotag-
Xog. Herodikos bei Athen. V 222 A. Bibaculus
bei Suet. gramm. 11. Gell. N. A. II 25, 4.
Doch sei dem, wie ihm wolle, mit der xix vv l des
Dionysios Thrax, eines Schülers des Aristarch,
hat die antike G., insbesondere die Laut- und
Formenlehre, einen gewissen Abschluß erreicht,
und es dürfte wohl kaum ein zweites Schrift-
werk ähnlichen Umfangs geben, das sich mit
dem Einfluß, den jenes kleine Büchlein ausgeübt
hat, auch nur entfernt messen könnte. Der Fort-
schritt der späteren xexvixoL bestand im wesent-
lichen in der Erweiterung des empirischen Beob-
achtungsmaterials, die zu einer genaueren Fest-
stellung der Fiesionsschemata und der proso-
dischen, wie orthographischen Regeln und Gesetze
führte. Der epochemachenden Bedeutung des
Werkes entsprechend sollen hier die Grundzüge
der Z8XV?], mit Weglassung der Definitionen, die
schwerlich in ihrer ursprünglichen Fassung uns
überliefert sind, und anderen Beiwerks vorgeführt
werden. Über die unbegründeten Zweifel an
seiner Echtheit und sonstige Kontroversen und
Probleme vgl. außer den bereits genannten
Schriften besonders die Standard - Ausgabe von
Uhlig, Leipzig 1884; dens. Heidelberger Gymn.
Progr. 1881; Heidelberger Festschrift zur 36,
Philol. Versainml. , Karlsruhe 1882. Cohn o.
Bd. V S. 979—983.
I. 1. Über die Grammatik und ihre Teile (s. u.).
2. Ileoi ävayvcoaecog. 3. Ile^i xövov (Akzente).
4. IltQi axiyprjg (Interpunktion). 5. liegt gaxptpSiag.
6. (7b) JIsqi ozoixdöv (Buchstaben): tptovysvta
(a, e, rj, i, o, v, co), 8i<pd , oyyoi (ai, av, ei, ev, oi, ov),
Qvutpoiva (eonsonantes) die übrigen, von denen
acht f}fj.l(p(ova (£, £, ys, X, /a, v, g, o), neun acpo>va
(ß, y, <5, «, ,t, z, #, <p, x) sind. Von diesen wiederum
sind die ersten drei fiiaa (mediae), die zweiten
%pdd {tenues), die übrigen daosa (aspiratae),
X, /tt, v, g sind dfiexäßoXa oder vygd (liquidae);
vgl. hierzu besonders Dionys. Halic. de compos.
verb. 14. 7. (8b) Über die Endungen der Nomina.
7. — 10. ÜEgi ovXXaß^g (lang, kurz, aneeps). —
IL 11. ITegl Xi^swg (Satz), deren acht Teile ange-
gegeben werden. 12. 77s gl ovofiazog; 1) yivt):
dgoEvtxövy ^Xvxöv, ovdezegov , auch xoivdv und
imxotvov (aggrjv, &qXsta, axevog {ptsxa^v}) ; 2) siÖtj :
zigwzoTVTzov (primitiva species , Ftf) und naga-
y<oyov {derivativum), deren es sieben sind : maxgeo-
wfiixöv (nyXeiörjg), xxrjxixöv {possessivum, I2Xa-
zcovixov), avyxgiztxov (eomparativum), vtieqüezi-
xöv (superlativum) , vtzoxoqicuxöv {deminutio
vum)) siagdiwpLov (denöminativum , Qekov von
■&E05), grjfiazutov (verbale, &iXyuc»v von <piXeTv);
3) oxrjpata ovopazoyy: dsiXovv (simplex, Mzp,va>v\
ovv&ezov (compositum, 'Ayapipivtov), das aber, je
nachdem die kompositionbildenden Wörter für
sich allein stehen können, viererlei ist (Xetgi-
oo(pog, 2o<poxXij$ , &tködr}ftog, TlEotxX^g), naga-
ovv&ezov (decompositum, 'Ayauspvovidrjg) ; 4) agt&-
ftoi (numeri) : evtxög, 5v'Cx6g, nXrj&vvxtxog, denen
sich die evixot xaganx^geg xal xaza stoXX&v Xsyofte-
voi (eoüeetwum, üy/tog), jilri&wTtxoi xaza httx&v
te xal fhXx&v (pturcUia tantum, 'A&wvat, apt-epo-
jsQot) anschließen; vgl. Arist inet. ÜI 5 noXXa
pÄiily-Wfeaowa-KroU VII
xal \6Mya (Dual? fehlt Poet. c. 20) xal & und
Chrysippos szsgl r&v Sptxöiv xal TtXrj&vvrtx&v
6 Bücher, wohl die Anomalie im Gebrauch der
Numeri behandelnd; 5) UzwOEig (casus): dg&t},
auch ovofiaaxtxiq , sv-&eta (nominativus , casus
reetus, simplex), ysvtxrj , auch xxtjuxrj, jiatgixtj
(genetivus (Quintilian), patrius, patricus, pater-
nus , communis, possessivus) , öoxtxiq auch ijzi-
ozaXzixri (datwus (Quintilian), commendativus),
10 atziazixri (aecusativus , inousatimis, eausativus),
xXtjzixtj auch ztgogayogmuxrj (vocatwus , saluta-
torius). Der stoische Terminus jiXdyiai ntcboeig
(obliqui casus) fehlt bei Dionysios Thrax, ist
aber den späteren Grammatikern wieder ganz ge-
läufig; 6) die Arten der Nomina sind 24 oder
vielmehr nur 23, da die letzte ftsrovaiaozixov
eine spätere Interpolation ist: xvgiov (nomen
proprium), npoaTjyogixov (appellativum), hzi&Bxov
(adieetwum), yigög zt s'xov (TiaxrjQ, viog), d>$ itgög
20 rt e%ov (vv$~ , $dvazog) , 6(iG>wftov (Aiag 6 TeXa-
/nwviog), ovvcöwfiov (aog, $i<pog, /.idxatga, GTtd$r\,
(pdayavov), yegcovvfiov (MsyajtEvdyg) , Öicovvpov
("AXe^avögog oder ITdgtg) , ijid>vvuov ('Evooix&cav
6 IIooEtd&v), efhixov (gentile, £>#v£), igouzTjfiaxi-
xöv (interrogativum, xig, jtolog), dogtazov (indefini-
tum, oaxig, SuioTog), ava<pogixov auch 6(i,ouüpazi-
xov, Seixuxov, dvzaTzoäoxtxov (avafpogtxov, relaü-
vum, similitttdo, demonstratwum , redditivum.
xoiovxog), zzEgtXtjirztxov (a'&gotöztxov, eollectivum),
30 minEQi&fisvov (distributivum, impertitivum, ixd-
xegog) , jregiExztxöv (comprehensivwm , 8a<pv<ov,
nagd'svwv), jieTzoirjfiEvov (onomatopoetisch, facti-
cium, faetum a sono, fpXoiaßog, goi£°s)j ywixov
(generale , £wov , <pvzov) , c'öixov oder elbixov
(speciale, ßovg, mnog), xaxxixov (ordinale, ngä>-
zog), dgid'pirjrixov (numerale, cardinalia), &7ioXe-
Xvphov (absolutum, d-eog, Xdyog), Endlich werden
dem Nomen auch die verbalen Sia&iaEig (affec-
tiones), nämlich ivegyeta (activum) und xädog
40 (passivum) zugeschrieben (xgixr\g 6 xglvaiv, xgixog
6 xgivdfisvog). — in. 13 — 14. Hs gl grjuazog.
Acht Teile : 1) syxXiasig (jzxcoOEig grjfxarixai bei Dio-
nys. Hai. de comp. verb. 6 modi, qualitatis Status,
indinatio): ogtaztxtj (indicativus , deßnitwus),
ngogzaxzixi} (imperativus) , evxzixy (optativus),
vTtozaxzixrj (subiunetivus), dsiagefttpazog (infyniti-
tivus) ;vgl. TryphoTijtEgiOLJTagEpgjdTCüvxaijzQoatax-
nx&vxal Evxxtxdv xal ajiX&g mdvxoiv ; 2} dta&soeig
(verborum genera, signißeationes) : ivigyeta, 71a-
SO^os, ueoozrjg (Stoiker: oq&ov, transit. activ.,
vxziov (supinum äkovo/uat , also eigentlich dem
Deponens entsprechend), ovdhegov (intransit.) ;
nach Dionysios Hai. ivegyrjzixr/ , 7iadt}ztxri,
fieooztjg (incl. des zweiten Perfekts), avzcjzEJzov&og
(xstgso&ai) ; 3) siör}\ Jigo&zözvxov (agaw) und
xagdyaiyov (dgösvoi), s. o. ; 4) ox^paxa (figurae) :
äjiXovv (simplex, (fgovä), ovv&ezov (compositum,
xaratpgovw), xagaovv&ezov (decompositum, tpiXm-
.t/;ül>); 5) dgt&fxoi: evixög, dvixog, xXij&irvtixds ;
60 6) zigöoüjzia (personae) ; sigwxov, öevregov, xglxov ;
7) xQÖvot (tempora) : iveaza>g, xageXrjXv&ojg, fiiX-
Xtov (ivEOzüza, nagtyx'txdta, fJtiXXovxa ; vgl. auch
Plat Soph. 262 c. Arist. top. 114, s. 0.). Die
Vergangenheit zerfallt in vtagaxaxtxöv (itnper-
fecium), jiaaaxetfteyov (ritetor, perfeetum),
vicsQOwxeltxov (plusquamperfectum), aogiozov;
B) txeqI ovCvyiag (eonktgatto), nach. Akzenten ge-
ordnet: ßagtzova [6 bezw. 7, <L h.: Verba mit
57
«Um Charakter: a) ß, <p, ai, nt\ b) mit y, x, %, xx\ lieh erkennen, daß diese Tfyvn in übersichtlicher
c) mit <S, #, ti; d) mit £, öo; e) mit X, p, v 7 q; und besonders für didaktische Zwecke geschickter
f)Verbapura; [g) mit £ ip\ — i*£Qiojiomsva (drei: Gruppierung eine aus langer empirischer Beob-
e, o, o) — eis t*i Xrjyovza, von denen drei auf letz- achtung hervorgegangene Materialsammlung dar-
tere, eine auf ßagvrova zurückgeführt werden. — stellt. Anderseits ist es nicht minder klar, daß
IV. 15. Ilsgl fteroxf}? (partieipium) teilt alle der tralatizische Stoff der analytischen Vertiefung
Formen des nomen und verbum mit Ausschluß ermangelt und bereits zu einem an der Ober-
der TtQoowna und iyxXiosig. ~ V. 16. liegt fläche sich haltenden Schematismus erstarrt war.
ag &qov, hat gmera, numeri und casus, und ist Dies kann nur dem Umstände zuzuschreiben
teils yiQoraxztxov (6) oder iitozaxzixov (8g). — 10 sein, daß Grammatiker ex professo, sei es in
VI. 17. Uegl ärzcowfiias (pronomen perso- Pergamum oder Alexandrien, das bis dahin aus-
wäre) hat folgende Akzidentien : personae, genera, schließlich von Philosophen , insbesondere den
numeri, figurae, speeies, und zwar gibt es dulat Stoikern bearbeitete Gebiet nun in mehr tech-
(ijiov) und ovv&ezot (spayrov) ; andererseits sind nologischer Weise behandelten. So lassen ins-
sie jiQOitotvjzoi (primitiva, iym) oder ^agdyo)- besondere die Definitionen des Dionysios Thrax
yoi{derivaUva,rip£i$, davon ^/ttErsgog), endlich an Klarheit und Schärfe viel zu wünschen übrig,
aovvaQ&Qoi (iyd>) oder ovvoqüqoi (6 Sftög). — wobei aber nicht verschwiegen werden darf, wie
VII. 18. liegt vtQo$soeo>g (praeposiiio). Sechs bereits angedeutet, daß diese in vielen Fällen
sind einsilbig: iv, eig, i%, ovv, stqo, die nicht in nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt uns
Anastrophe stehen können. Spätere führen aber zwei 20 vorliegen. Und so haben denn gerade hier spätere
AnaTiaVmiöTi qti /TT^wi Tl T ^70 2t. f\A "Vir Alfl T? 1 ii:_l. _.l m i «.„»•!.
sind entweder dnka (jidXai) oder ovv&sra (jtQojzaXai) den Begriffsbestimmungen und eine vertiefte Auf-
und werden in 26 stör} geteilt: zä ds xqovov fassung des empirischen Tatbestandes oft mit
(äßtapsva, temporalia, finiiiva), /zsoözrjtog (xa- Erfolg angestrebt, was besonders auch in einer
Xwg, s. Uhlig Index s. v. p. 15 7f.), jiotorrjTog genauer differenzierenden Terminologie zu Tage
(qualitatis, ßozQv&6v, bene), jioaorrjxog (quantita- tritt. Im übrigen zeigt sich aber selbst bei
tis, TcoXXdxtg), ägtftfiov (numeralia, zgig), tomxd Apollonios in der Formenlehre kein wesentlicher
(localia, ävco), evx^g (optativa, effls), oxszliaozixd 30 Fortschritt über die texvt] des Dionysios hinaus,
(doloris, siajzaX), dgr^oscog, ouioyaoeaig {negativa), auch er löste das etzi&ezov (Adjektiv) noch nicht
ovynarafsato>s (adnuentis , vai), aTzayoQsvoEoig als besonderen Redeteil vom ovopa ab, auch er be-
{prohibitiva , dehortativa, ftydafiiög), jzaQaßoXijs, hielt die Dionysischen Akzidentien des Verbums,
öpotfooecog ^ (similititdinis , comparandi, wajzeg), wie dessen Einteilung nach dem Akzent, bei. Durch
■&avfta<mjeä (admirandi, ßaßal), eixaopov {dubi- die Kommentatoren des Dionysios, besonders
tativa, tocüg), zdl-ecog (ordinativa, §§ye), d&Qol- durch Choiroboskos (s. o. Bd. III S. 2364),
oea>S r (eongregandi, communicandi , äfia), naga- ist die alte t^tjj mit den Resultaten der späteren
xelevoEcog (hartativfy äye), ovyxQtaeoig (compara- Forschung, namentlich des Apollonios, gleichsam
tiva, (j,ölXov) } Ef>oriqoecos (nevoztxd, axvojnazixd, verschmolzen als kanonisches Schulbuch überr
percontandi, interrogandi, nö&ev), imzdaeoig (in- 40 liefert und sodann in den Bearbeitungen des Mo-
tentiva, Uav) } ovXXyy>Ecog (comprefwmionis, fehlt schopulos, M. Chrysoloras, Gaza und Laskaris in
als Terminus bei den lateinischen Grammatikern, das Abendland eingedrungen, um auch hier ihren
apa), anopcoztxd (iwativa^ ftä), xazwftoztxd (con- Siegeslauf weiter fortzusetzen.
firmativa, affirmativa t vjJ), ßsßatataEtag (dem<m~ Während die überaus zahlreichen Schriften
strativa, drjXad^),^Eztxd (yafiijzsov statt XQV Y^V' des Apollonios und auch des Herodianos über die
oat), feiaofioy (svoi). — V1TI. 20. Ü£qi owdio- Formenlehre mit wenigen Ausnahmen verloren
ftov. Es sind deren acht Arten: ovitxfexrtxoi sind, uns aber inhaltlich durch Priscian, so weit
(a&Qotaztxoi, copuUitivae,^8v, ös, rs, xal, dXXd, er jene verstand, bekannt sind, ist das Werk des
TJfdr, %öi, iöe, dz&Q, avzaQ, tjzot, xev, av), bia- Apollonios xegl avvzd^ecog z&v zov Xoyov jlieq&v
&vxnxöi (dtaoaqprjztxoi, disiunetwae, disseetivae, 50 glücklicherweise zum großen Teil erhalten und
V* j) TO h ßfy owaxzixol (contimtativae, el, elzsq, erst kürzlich in der vortrefflichen Ausgabe von
efär}, eldfaEQ), ^aqaoyvwnzixoi (sithconiinuativoe, Uhiig dem Verständnis näher erschlossen worden.
sMisiunctivae, sxei, ejisfasQ, ineidtj, MsiöfaeQ), Diese Schrift — sie gehört mit zu den schwie-
alzco?.oytxoj (alzubÖEtg , aTzozEkeozixoi , causahs, rigsten der griechischen Fachliteratur — ist nicht
effectiyae, Iva ätpoa, onmg, tvExa, ovvsxa, Si6, öiözi, nur die einzige über die Syntax, die uns aus
xa& o, xa&' ort, *a#' öoov), djzoQijfiazixot (Stoiker: dem Altertum überliefert ist, sondern überhaupt,
igaizijfiaztxoi, ix(woQr}zixoi,dubitativae, aQa,xaza, außer der Varronischen, die einzige, die uns be-
ft(3r), övlXoyumxoi (emyoQixoL rationales, üla- kannt ist, denn die fünf Bücher des Pergameners
tivae, colleetivae, äga, dXXd, dlka^Vy roiwv, zoi- Telephos ttsqI owrdg~z(og dürften wohl kaum den-
yaQzoi, zoiyoftovv), TzaQajiXrjQWfiartxoi (expletivae, 60 selben Gegenstand behandelt haben. Über Inhalt
replettvae, compktitae, 6rj, gd, vi, nov, zoi $fp>, der Syntax siehe, außer Uhlig, Steinthal
<*e, ö^to, Teig, 7i(o,fiT}v t &v, <iv, vvv, ovv, yt — HS 339ff., den Artikel Apollonios o. Bd. II
ar, xev [dwtjztxot]). Eine neunte Art (ivavriai- S. 138f., wo auch weitere Literatur verzeich-
t«**utoi, Zftxyg, opuog) kennzeichnet sich durch net ist.
w«_ de jiQogxiMaoi als späteren Zusatz. Auf Grund dieses Werkes ist nun Apollonios
ir.ua? J 01 ^ zu wc ^* ßhren, eine eingehende als der wahre Begründer der Syntax aUgemein
Juääk dieses grammatischen Lehrgebäudes zu betrachtet worden. Ohne seine zweifellos her-
geben, aber schon ein flüchtiger Blick läßt deut- vorragenden Verdienste um diese Disziplin irgend-
14 yv
lirammatLk
Grammatik
179®
wie schmälern im wollen, muß in einem histo-
rischen Überblick über die Geschichte der an-
tiken G. die Frage doch aufgeworfen werden, ob
diese isolierte Ehrenstellung nicht vielmehr dem
fast gänzlichen Verlust aller Vorgänger zum Teil
zugeschrieben werden muß. Wir haben oben
gesehen, wie nahe die stoische Lehre vom Satze
syntaktisches Gebiet berührte. Es kommt hinzu,
daß zahlreiche uns erhaltene Titel, wie ueqi ßag-
II. Die Börne r. Vielleicht auf keinem
anderen Gebiete wissenschaftlicher Tätigkeit liegt
die Abhängigkeit der Römer von den Griechen
so eklatant zutage, wie auf dem der grammati-
schen Forschung. Nur in ganz vereinzelten Fällen,
wo die Beschaffenheit der lateinischen Sprache
eine Anlehnung an griechische Doktrin ohne
weiteres ausschloß, wie z. B. in der Akzentlehre,
den Genera der Verba, dem Ablativ und Artikel,
ßagiofiov, ooXoixtopov , dxvQoXoylag , ovv&soscog, 10 mußte man eigene Wege aufsuchen. Von einer
IXXr}vtofiov , mochten sie auch in erster Linie
stilistisch-rhetorischen Zwecken dienen, doch un-
zweifelhaft viele Beobachtungen und wichtiges
Sprachmaterial, wie es uns bei Apollonios verar-
beitet vorliegt, enthielten. Priscian, der sonst ganz
offen gesteht, den Apollonios ausgeschrieben zu
haben (z. B. II 1, 9. 2, 22. 54, 20. 61, 16. 439,
22. 548, 5. 578, 1 und besonders 584, 20. III 24,
27), hebt ausdrücklich hervor, daß er in der Be-
originellen philosophischen Betrachtung über das
Wesen und den Ursprung der Sprache, über die
Etymologie, über Anomalie und Analogie, so leb-
haft diese Fragen erörtert wurden, fehlt bei ihnen
vollends jede Spur.
Nach einer bekannten Nachricht des Säet,
gramm. 2 war es kein geringerer als Krates von
Mallos, das Haupt der stoisch-pergamenischen
Schule, der um das J. 169 studium grammatieae
handlung der Syntax, die das XVII. und XVILT. 20 in urbem intulit . . . ae nostris exempto fuit
Buch füllt, diesem seinem Führer nicht in gleich "^ -'"»-* — J - — w-— — -^ ^-— -•- -i... ~
sklavischer Weise gefolgt sei (LEI 107, 24), was
sich nur durch das Vorhandensein anderer be-
deutender Quellen erklären läßt. Der dritte Teil
Ton Varros de ling. lat., der die Bücher XIII
— XXIV umfaßte, war ausschließlich der Syntax
gewidmet (ling. VII 7, 110 tertio quemadmodum
eoniungerentur vocabula. VIII 1). Bei einem so
wenig schöpferischen Geiste wie Varro kann
ad imifandum. Wenn auch hier, wie" der Zu-
sammenhang lehrt, grammatica in dem weiteren
Sinne von Philologie (s. u.) gebraucht wird, so
kann es doch kaum zweifelhaft sein, daß Krates
in seinen Vorlesungen [aeroaseis) seine römischen
Zuhörer mit jenen sprachwissenschaftlichen Unter-
suchungen bekannt machte, die ihn, wie wir
sahen, in eine heftige Fehde mit Aristarch und
seiner Schale verwickelten. Diesem Umstände
«ine so umfangreiche Behandlung der Syntax 30 ist es denn auch zuzuschreiben, daß die ersten
ebenfalls nur auf der ausgiebigsten Benützung
früherer Forscher beruhen, und zwar kommen hier,
mit etwaiger Ausnahme des Aelius Stilo, ledig-
lich griechische, vielleicht nur stoische, in Betracht.
An diese vorvarronischen, syntaktischen Schriften
wird also auch Apollonios angeknüpft haben.
In dem Werk jzeqI avvzd^ecog polemisiert Apollo-
nios wiederholt gegen seine Vorgänger, verrät
aber mit keinem Worte, daß er als Entdecker
Versuche auf diesem den Römern neu erschlossenen
Forschungsgebiet ein durchaus stoisches Ge-
präge erhielten. Als erster wäre hier zu nennen
der Dichter C. Lucüius (180—102), der sich be-
kanntlich im 9. Buch seiner Satiren mit gramma-
tischen Fragen und Reform vorschlagen befaßte
(vgl, Marx Lucilius I p. 351—382 und Kommentar
II S. 132-145). Daß er unter dem Einfluß stoischer
Theorien stand, hat in einem besonders interessan-
auftritt, wenn ihm auch daselbst kein solches 40 ten Falle schlagend erwiesen Sommer Hennes
Geständnis über die Benützung seiner Quellen XLIV 70—77 (Lucilius als Grammatiker). Im
entschlüpft ist, wie in der Einleitung zu tceqI *^«~— „~u.„.u— j:~ j«_«l: — ^v x
ovv6eafi(ov (ixXEyofievoi jiag' ixdazov zcSr stqo
rjftöJv zo xQ£iQ)deg usw.). Unter diesen Vor-
gängern nahm nun höchst wahrscheinlich Try-
phon die allererste Stelle ein und zwar nicht nur,
weil Apollonios ihn oft in allen seinen erhaltenen
Schriften, sei es zustimmend, sei es ablehnend, di-
rekt zitiert, sondern vor allem deshalb — worauf
übrigen gestatten die dürftigen Überreste es nicht,
uns von dem Umfang und der Art seiner Er-
örterungen ein klares Bild zu machen. Die ortho-
graphischen Reformen des Tragikers L. Accius
scheint er mit Erfolg bekämpft zu haben. Ortho-
graphische Fragen spielen aber seit Ennius, Lu-
cilius und Accius bis in die spätesten Zeiten
bei den römischen Grammatikern eine sehr be-
man bisher mit Unrecht nicht geachtet hat — 50 deutende Rolle, und zwar waren sie hier von
weil an nicht weniger als 100 Stellen (die meisten griechischen Theoretikern begreiflicherweise ganz
fehlen in den Indices von Schneider und Uhlig) — VVx — x ~ — — -* -'- 1 - A ^ *- '- ■■ J "
dessen Namen zur Exemplifizierung gebraucht wird,
und zwar auch da, wo der Verfasser ebensogut seinen
eigenen, wie öfter (12mal), oder einen beliebigen
anderen hätte wählen können, wie z. B. Aristar-
chos, der zu demselben Zwecke 26mal herhalten
muß. Diese Vorliebe für Tryphon kann nur darin
ihren Grund haben, daß Apollonios ihn auch in
unabhängig, soweit nicht etwa etymologische Er-
wägungen in Betracht kamen.
Der erste römische Grammatiker von Bedeu-
tung war L. Aelius Stilo, der Lehrer Varroa
und Ciceros. Von seinen Werken haben sich nur
kümmerliche Reste erhalten, aber die Spuren
seines Einflusses lassen sich vielfach verfolgen,
namentlich Varro de lingua latina verdankt ihm
_•_! ■ i_ i. r- _ _- ij. i j. ii_
der Tat weit ausgiebiger benützt hat , als wir 60 viel , wenn sich auch eine so weitgehende Ab-
jetzt nachweisen können, denn unglücklicherweise
deckt sich von dem wenigen, das uns von jenem
sehr fruchtbaren Grammatiker erhalten ist, nichts
mit den uns vorliegenden Partien des Apollonios.
Alles in allem kann aber erst die Neuzeit sich
rühmen, über Apollonios in der Syntai, wie über
Dionysios Thrax in der Formenlehre, hinausge-
kommen zu sein.
hängigkeit, wie sie besonders Reitzenstein M.
Terentius Varro und Job. Manropus, und ihm
folgend F. Müller De veterom imprimis Roma-
norum studiis etymologicis (s. o.) annehmen , mit
unseren Mitteln wenigstens nicht erweisen läßt.
Vgl. dazu Goetz Abh. der sftehs. Akad. der
Wissensch. XXVII (1909) 67—89. Wie StÜo
als Philosoph der Stoa sich anschloß (Cic. Brut.
i/yy
wrammaiLK
urammaxiK
jlöi/v
206), so huldigt er auch als Grammatiker stoi-
schen Anschauungen. Er war Anomalist gemäßig-
ter Richtung, seine Etymologien sind stoischer
Art, und der Titel seines Werkes, de proloquiis,
entspricht ganz den stoischen mgl a^uofidtoiv,
,über die Satzformen'. Es war dies jedenfalls
die erste Abhandlung über ein Gebiet der Syntax
in lateinischer Sprache, und daher scheint das
ungünstige Urteil des Gellius (XYI 8, 2) nicht
reichendes Verständnis gegenüber. Er ist und bleibt
auch hier ein Korapüator größten Stils. Auf dem
Gebiete der Etymologie, von deren verhängnis-
vollem Zauber er wie kaum ein zweiter sich hin-
reißen ließ, auf dem der Orthographie, in allen
Fragen, die sich an den Ursprung und das "Wesen
der Sprache , an den Streit der Analogisten und
Anomalisten anknüpften, ist er für die spätere-
Zeit die maßgebende Autorität geblieben, nur in
ganz gerecht; vgl. Funaioli Gramm. Korn. frg. 10 der Formenlehre scheint man sich, und zwar schon*
I S. 51 — 76 mit der dort angeführten Literatur.
Ganz in stoischen Bahnen wandelte auch der
wegen seiner Gelehrsamkeit hoch gepriesene P.
Nigidius Figulus (ca. 99-45), von dessen um-
fangreichem Werke, betitelt Commentarii grara-
matici, ein 29. Buch zitiert wird. In der Frage
nach dem Ursprung der Sprache vertrat er
energisch den ^vffet-Standpunkt , und zwar mit
der dem Chrysippos eigentümlichen Begründung
früh, wie wir sehen werden, fast vollständig vor*
ihm emanzipiert zu haben. Von den grammatischen
Spezialschriften Varros kennen wir De antiquitate-
litterarum, De utilitate sermonis (Anomalie ?), De
similitudine verborum (Analogie), falls dies nicht
bloß Untertitel von De lingua latina sind, De
origine linguae latinae, De lingua latina 25 Bücher
(daraus erhalten V — X). De sermone latino, Disci-
plinarum libri IX (Buch I De grammatica). Zweifel-
(Gell. X 4 = frg. 24 Fun.), In der Etymologie, 20haftist, ob liegt xä^axt^gtov (vgl. Usener Jahrb.
wie die Fragmente zeigen, operierte er mit der
ebenfalls stoischen Zusammensetzungstheorie. In
der Formenlehre hat er manche feine Beobach-
tung gemacht und sie in origineller Weise zu
begründen versucht. Auch der Syntax hat er ein
eingehendes Studium zugewandt; vgl. z. B. die
Erörterung über den Gehrauch von quin (frg. 32
Fun.) und über die Tempora (frg. 9 Fun.). Mehrere
grammatische Termini, wie Casus rectus, inter-
f. Phil. XCV 248) hierher gehört, sicher hin-
gegen sind aber auch in dem großen Werk der
Antiquitates grammatische Dinge behandelt wor-
den (s. Goetz a. a. 0.). Die Quellenfrage, wie-
die Benützung der einzelnen Schriften bei Späteren
(z. B. Verrius Flaccus, Gellius, Augustinus) wird
dadurch sehr erschwert , daß Varro wiederholt
dieselben grammatischen, besonders etymologischen
Gegenstände erörtert und sich gleichsam selbst
rogantii, dandi, scheint er zuerst angewandt zu 30 exzerpiert hat; auch ist Varronisches Gut häufig-
haben. Seine das ganze Gebiet der G., einschließ-
lich der Orthographie und der Semasiologie, um-
fassende Forschung ist aber wegen einer ge-
wissen Dunkelheit des Stils (Gell. XIX 14, 3) früh
in Vergessenheit geraten , doch hat Varro , der
ihn in seinen erhaltenen Schriften nie nennt, ihm
scheinbar viel mehr zu verdanken, als man bis-
her angenommen hat. Doch mögen wir die Ver-
dienste eines Aelius Stilo, Nigidius Figulus und
erst durch meist nicht mehr sicher nachweisbare
Zwischenquellen übernommen worden. Die gram-
matischen Fragmente sind zuerst gesammelt und
besprochen von Willmanns De M. Ter. Varronis.
libr. grammat., Berlin 1864, jetzt in vortrefflicher
Weise ediert von Funaioli a, a. 0. 183—371
und Goetz-Schöll Varro 1. 1. p. 199—234.
Ein grammatisches Lehrgebäude, im Sinne
einer xiyvr} nach griechischem Muster, tritt uns
vieler anderer, wie M. Antonius Gnipho, Cosco- 40 bekanntlich auch in de lingua latina nicht ent-
nius, Servius Clodius, die für uns fast nur leere ...-.._
Namen sind, noch so hoch einschätzen, ihr Ruhm
ist ausnahmslos verdunkelt worden durch die
grandiose Gelehrtentätigkeit des M. Terentius
Varro. Auch auf dem Gebiete der G., wie auf
so vielen anderen, ist er für die römische Nach-
welt eine unerschöpfliche Fundgrube des Wissens
gewesen, und zwar schon frühzeitig, wie dies aus
Vitruv. IX praef. 17 multi posterorum cum Var-
rane conferent sermonem de lingua latina her- 50 faßte Buch II— VII, die eigentliche Formenlehre-
vorgeht. Aber weder irgend welche stilistischen " ~ ~
Vorzüge, noch eine schöpferische Originalität, noch
eine Kunst der Systematisierung — der seine
Arbeiten charakterisierende Schematismus darf
darüber nicht hinwegtäuschen — , haben ihm diese
autoritative Stellung verschafft, sondern lediglich
die kompilatorische Fähigkeit, das Wissen seiner
Zeit aus dem ihm noch lückenlos zu Gebote
stehenden Quellen material gleichsam in einen
ist doch die Formenlehre daselbst nur
unter dem Gesichtspunkt der Analogie und Ano-
malie behandelt. Ob das Buch de grammatica.
eine Art Kompendium der ganzen G. war, wissen
wir nicht, da uns nur ein einziges Fragment
daraus erhalten ist (49 Fun.). Das Werk de-
lingua latina bestand nun nach des Verfassers;
wiederholten Aussagen (V 1. VI 99. VII 5. 110.
VIII 24) aus drei Teilen. Die Etymologie um-
Buch VIII-XIII und die Syntax Buch XIV-XXV.
Indem ich für die Etymologie auf R e i t z e n s t e i n,_
F, Müller, Goetz a. a. 0. verweise, sei hier
ein kurzer Abriß der Varronischen Formenlehre
gegeben — von seinen syntaktischen Anschau-
ungen geben die wenigen Fragmente kein Bild —
um einen Vergleich einerseits mit der jexvt) des
Dionysios, die Varro wohl gekannt, aber nicht
benützt hat, andererseits mit der Form der latei-
Brennpunkt zu vereinigen. So kann denn auch 60 nischen G., wie sie uns seit Remmius Palaemon
keine wichtige, sprachwissenschaftliche Entdeckung
einwandsfrei auf Varro zurückgeführt werden, und
keine neuen Perspektiven sind von ihm eröffnet
worden. Ja, der Verlust seiner Quellen ermög-
licht es nicht einmal mit Bestimmtheit zu sagen,
in welchem Umfange er das Seobachtungsmate-
rial selbständig erweitert hat. Nicht selten end-
lich steht er seinen Quellen ratlos oder ohne hin-
als ausgebildetes System begegnet, zu ermöglichen..
Die grammatische Forschung der Römer stand
ursprünglich, wie wir sahen, im Banne stoischer
Doktrinen. Eine starke aleiandrinische Gegen-
strömung scheint sich aber etwa um die Mitte
des 1. vorchristlichen Jhdts. in Rom fahlbar ge-
macht zu haben. Einige Sparen davon sind be-
reits bei Cosconiuß und Nigidius bemerkbar, und.
iöUl
urammattK
urammatiK
löua.
einen sicheren Beweis liefert das einflußreiche
Werk Caesars de analogia. Nicht minder zeigt
eich Värro mit alexandrinischer Gelehrsamkeit
allenthalben wohl vertraut, doch ist ihm diese
Kenntnis insofern verhängnisvoll geworden, weil
er, unfähig sich selbständig eine wissenschaftliche
Überzeugung zu bilden, beständig zwischen beiden
grammatischen Richtungen hin- und herschwankte
und so zu unhaltbaren Kompromissen geführt
wurde. Daß er sich dieses eklektischen Stand-
punkts wohl bewußt war, zeigt de 1. 1. V 1, 9
non solum ad Aristoplianis lucernam, sed etiam
ad Gleanthis lueubravi.
Die in der Formabwandlung (deelinatio, decli-
natus, stzcöots) waltenden Gesetze werden von
Varro, wie erwähnt, in direkte Verbindung mit
der alten Streitfrage gesetzt, ob Analogie (lat.
natura, ratio, proportio, similitudo, aequalitas)
oder Anomalie (lat. usus, consuetudo, dissimili-
tudo, inaequalitas) als Wortbildungsprinzip vor-
herrsche, und seine umfangreiche Darstellung, die
an Übersichtlichkeit und Klarheit viel zu wünschen
übrig läßt, läuft schließlich auf die Bankerott-
erklärung hinaus , daß eonsueiudo et analogia
coniunetiores sunt inter se quam ei (sc. Chrysip-
pos und Aristarchos) credunt, quod est nata ex
quadam eonsuetudine analogia . . . consuetudo
■ex dissimilibus et similibus verbis eorumque
deelinationibus constat, neqite anomalia neque
analogia repudianda (de 1. 1. IX 1 , 3). Den-
selben Standpunkt vertritt noch einmal der ältere
Plinius in seinen 8 Büchern Dubii sermonis
{vgl. die Literatur bei Gudeman a. a. 0. 113).
Auch Quintilian (inst. 16, 16) teilt dieselbe An-
sicht, ja sie findet sich merkwürdigerweise be-
reits , und zwar fast wörtlich übereinstimmend,
bei Pindarion, einem Schüler Aristarchs (Seit.
Emp. adv. math. I 202). So mag denn dieser
zu jenen Gewährsmännern über die Anomalie und
Analogie gehört haben, die Varro selbst erwähnt
(de 1, 1. VIII 10, 23 de eo Oraeci Latinique
[Stilo und Caesar?] libros fecere multos), und dies
ist umso wahrscheinlicher, falls er, wie allgemein
angenommen wird, mit jenem Ptolemaios identisch
ist, den Apollonios de coni. 241, 14 Sehn. 6 avako-
ynttxoz nennt. Vgl. auch Seit. Emp. adv. math.
I 10.
Nach dem Vorgang früherer, griechischer wie
römischer Grammatiker (de 1. 1. "VT 5, 36. VIII
23, 44. IX 24, 31. X % 17), nimmt Varro nur
vier Redeteile {partes orationis) an : quae habet
casus (Nomen), quae habet tempora (Verbum),
quae habet neutrum (Adverbium und Partikel),
quae habet utrumque (Partizipium), wozu noch
hinzugefügt wird (VIII 23, 44), daß hos voeant
quidam appellandi, dieendi, adminiculandi, iun-
gewli, was mit jener Einteilung aber nicht ganz
übereinstimmt. Das Nomen zerfällt in 4 Gruppen:
1. provocabulum (quis, quae), 2. voeabulum (seu-
tum, facilis), 3. nomen proprium, 4. verbum.
Die Nomina haben sexum (virile oder mos,
muliebre oder femina , neutrum) , muUitudo
(unum, auch singularis, plura), casus (reetus,
obliquiis). Für ersteren sagt Varro auch casus
nominandei oder nominativus (X 2, 23) und
casus voeandei, für letztere, teilweise nach dem
Vorgang des Nigidius, casus communis oder
patrieus, dandei, aecusandei oder aecusativus,
und sextus casus qui est proprius latinus (X
3, 62). Genetivus, dativus, ablativus finden sich
zuerst bei Quintilian, voeativus bei Gellius, doch
gehen diese später allgemein rezipierten Tennini
wahrscheinlich auf Remmius Palaemon zurück.
Die Anordnung der Nominalflexion nach den
Nominativendungen kennt Varro noch nicht, wie
auch declinatio sich erst bei Quintilian in dem
engeren Sinne findet. Die Komparation (eontentio)
10 wird VHI 39, 75—78 erörtert, und zwar nennt er
den Positiv primum, den Komparativ medium
und den Superlativ tertium. Eine bestimmte An-
zahl von Konjugationen (ineiinationes , övCvyiai)
begegnet bei Varro ebenfalls noch nicht, obwohl
die Verschiedenheit des Charaktervokals ihm
keineswegs entgangen war (IX 62, 109). Genera
verborum sind zwei, faciendei und patiendei,
doch scheint ihm auch vom Deponens eine leise
Ahnung aufgestiegen zu sein (IX 61, 105 — 107).
20 Für die drei Tempora hat Varro bereits die üb-
lichen Bezeichnungen: praesens, praeteritum,
futurum (VIII 8, 20), wofür, mit genauerer Über-
setzung der griechischen Termini, bei Lucr. I
461 transaetum, instet, sequatur steht; vgl. auch
Rhet. ad Her. II 5, 8 und Cic. de inv. 1 39. Für die
anderen Tempora : infeeta (discebam, disco, discam)
und perfecta (didiceram, didiei, didieero) fehlen
ihm noch feste Termini. Auch modus kommt als
Terminus bei Varro noch nicht vor, doch erwähnt
30 er sechs species declinatuum (de 1. 1. X 2, 31) :
temporalis (legebam, lego), personarum (sero,
seris), rogandi {legene ?), respondendi (ßngo, fin-
gis), optandi (dicerem, dicam), imperandi (eape),
eine Einteilung, die sich eng mit der stoischen
berührt (Diog. Laert. IX 53; s. o.), aber kaum
einen nennenswerten Fortschritt über die vier
nv&fi&vEs köycov des Protogoras bezeichnet, wie sie
denn auch in dem späteren System ignoriert wird.
In den drei Generationen nach dem Erscheinen
40 von de lingua latina wird die grammatische
Forschung wohl kaum geruht haben, doch sind
ihre Träger bis auf den Namen fast spurlos ver-
schollen, aber um 50 n. Chr. etwa begegnen wir
plötzlich einem Werke, das bis in die spätesten
Zeiten grundlegend geblieben ist, der Ars gram-
matica des Q. Remmius Palaemon, des Lehrers
des Persius und Quintilian. Dieses epochemachende
Buch, dessen Verfasser sich in einen stark pole-
mischen Gegensatz zu Varro setzte — er nannte
50 ihn porcusl — ist zwar verloren gegangen, aber
sein Lehrgebäude hat sich in seinen Hauptzügen
wenigstens, namentlich aus Charisius, rekonstruie-
ren lassen. Spätere Grammatiker, wie Valerius
Probus, Terentius Scaurus, Flavius Caper, Velius
Longus und lulius Romanus, mögen das Beob-
achtungsmaterial erheblich erweitert haben, aber
an den Grundfesten scheinen sie nicht gerüttelt
zu haben, und so lebte denn die Ars des Palae-
mon fort in den grammatischen Kompendien und
60 Lehrbüchern eines Cominianus (über diesen jetzt
J. Tolkiehn Com., Leipzig 1910), Charisius und
Diomedes bis auf Donatus, Martianus Capella,
Cassiodorus und Isidoms. Einzig und allein
Priscian nimmt hier eine mehr unabhängige Stel-
lung ein, indem er im wesentlichen Flavius Caper
mit den großen griechischen wjfrwfo/, Apollonios
und Herodian, gleichsam kontaminierte. Über
die Ars des Palaemon und deren Einfluß auf die
VTLOULLUaUIAJ
NtMibwelt, vgl. besonders Schottmüller De C.
PlimVSectindi libris gTammaticis , Bonn 1858.
Kars hall De Q. Remraii Palaemonis libris gram-
matieis, Leipz. 1887. Bölte De artium scriptori-
bus Latinis quaest., Bonn. 1886. Andere Litera-
tur bei Schanz Rom. Lit. 112 334, Palaemon
scheint sich enger als seine Vorgänger an die
Alexandriner, vor allem an Dionysios Thrax seihst,
angeschlossen zu hahen.
Casus gibt es sechs: nominativus,
geneUvus, dativics, accusafivus, vocativus, ablatio
vits. Da die meisten dieser Termini, die, wie-
wir sahen, von den Varronischen abweichen,,
sich schon bei Qnintilian vorfinden, so werden
sie wohl von Palaemon, wenn nicht erfunden, so-
doch zuerst zur Geltung gebracht worden sein,
und wenn diese für alle Folgezeit, wie erwähnt*
kanonisch bleiben, obwohl, besonders bei Priscian r
Im folgenden sei nun, wie oben bei Dionysios 10 andere Bezeichnungen und zum Teil richtigere, wie-
Thrax und Varro, ein kurzer Umriß der Hauptsätze
der lateinischen Formenlehre gegeben, wie sie von
Palaemon fixiert, auch terminologisch, etwa um
die Zeit des Quintüian vorlagen. Zahlreiche sub-
tilere Unterscheidungen und nicht allgemein rezi-
pierte Modifikationen werden wir dabei als der
grundlegenden Ars vermutlich noch fremd nur in
seltenen Fällen berücksichtigen dürfen. Für diese
Entwicklungsphasen und Diskrepanzen sei auf die
possessivus und causativus (s. 0.) begegnen , so-
dokumentiert eben diese Tatsache sehr deutlich den
gewaltigen Einfluß, den die Palaemonische Ars-
ausgeübt hat. Was die Deklination anbelangt, so-
scheint die Anordnung der Nominalflexion nach
den Nominativendungen derjenigen, die sich nach
den Genetiv singularis richtete, zeitlich vorange-
gangen zu sein. Beide Behandlungsarten sind
dem Varro noch fremd, oh aber die Vier- bezw.
eingehende vergleichende Darstellung von L.Jeep 20 Fünfzahl für das alte Lehrbuch, angesichts der
Zur Gesch. der Lehre von den Redeteilen bei
den latein. Grammatikern, Lpz. 1893, verwiesen.
Wie die Stoiker und Varro, ging man natur-
gemäß von der Stimme aus (vox) und teilte sie
in voees articulatae und confusae. Nur erstere
können schriftlich durch Buchstaben (litterae) be-
zeichnet werden (lateralis, scriptilis vox). Das
Alphabet besteht durchgängig aus 23 Buchstaben
{einschließlich zweier griechischer, y, %) ; die in bvo-
nd in 9 mutae 30 Hchere gewesen zu sein, doch ist hier keine Über-
cafes, 7 semivocales (flmnrsx) und
(bcdgkkpqt) zerfallen, doch ließen Varro
und Nigidius nur 17 gelten, mit Ausschaltung von
h fc q x y %. Vgl. Marx Lucil. II 141—144.
Eine Silbe entsteht aus der Verbindung eines Buch-
stabens und eines Vokals, der prosodisch kurz oder
lang ist und zwar entweder natura oder posittone.
Von der Silbe schritt man zum Wort (dieiio), das
als die geringste Silbenverbindung, die einen Sinn
ergibt, definiert wird. Aus dictiones entsteht die
Verwirrung, die gerade hier hei den Späteren
herrscht, bereits angenommen werden kann, steht
dahin, obwohl Bölte a. a. 0. diese Ansicht ver-
tritt; s. auch Jeep a. a. 0. 172f. 2. Pronomen:
Dem Pronomen werden dieselben Verhältnisse,,
nur mit Hinzufügung von persona zugeschrieben,
wie dem Nomen. Was die qualitas anbelangt,
so scheint die Teilung in finita (Personalprono-
mina) und infinita (quis, qualis) die Ursprung-
einstimmung erreicht worden, Von personae
werden stets drei (ego, tu, ille) angenommen.
Für die übrigen Akzidentien galten dieselben
Eegeln wie für das Nomen. 3. Verb um: Die
Zahl der Verbalverhältnisse schwankte zwischen
sieben und neun, doch scheinen folgende acht als
die eigentliche Norm gegolten zu haben: quali-
tas, genus, figura, numerus, modus, tempus r
persona, coiviugatio. Die Teile der qualitas ver-
oratio', vgl. auch Diom. gramm. 1426, 32 (viel- 40 borum sind: perfecta (absoluta, primitiva), in-
leicht nach Varro) grammaticae initia ab eh- —«■-■«-■— t.^.--- *. ,_.._•... ,.•,._,_•._,
mentis surgunt, elementa figurantur in litteras,
litterae in syllabas eoguntur, syllabis comprehen-
ditur dictio,dietiones eoguntur inpartes orationis,
partibus oraiionis eonsummatur oratio, oratione
virtus ornatur, virtus ad evüanda vitia exerce-
tur. Man leitete nämlich ars von äoetri ab!
Nach dem Vorgang des Aristarch nahm Palaemon
8 Redeteile (partes orationis) an (Quintil. inst.
eohativa, meditativa, frequentatim (iterativa).
Es ist fraglich, inwieweit diese Einteilung, wie
die schwankende Terminologie andeutet, schon
in der Ars des Palaemon vorhanden war. Die-
normale Zahl der genera (significationes) verbo-
rum war fünf: activum und passivum (wohl das
ursprüngliche), zu denen neutrum (vivo, ambulo) t
commune (criminor te und a te) und deponens
(simplex) hinzukamen. Wie beim Nomen war
I 4, 20), indem er statt des griechischen Artikels 50 auch die figura verborum entweder simplex oder
die Interjektion einsetzte. Trotz mancher gelegent- ' J ~ — J *:—■>->■-* i- *-^ ---
liehen Schwankungen ist diese Zahl auch von den
Kömern festgehalten worden. Es sind: Nomen
(Substantivum ist keine antike Bezeichnung, doch
kommt nomen substantivum vor, z. B. Priscian.
gramm. II 154, 9), Pronomen, Verbum, Partici-
pium, Adverbium, Coniunctio, Praepositio, Inter-
iectio. 1. Nomen: Als Akzidentien (naoenofieva)
begegnen durchgängig qualitas (species), genus.
composüa, und diese letztere viererlei Art: ex
duobus integris (con -dueo), ex duobus corruptis.
(ef-ficio statt ex-fieio), sodann die Mischung
heider (ae-cumbo und os-tendo). Der numerus
ist singularis oder pluralis. Im allgemeinen
nahm man fünf modi (inclinationes , h/xltcete)
an , obwohl von einigen durch genauere Unter-
scheidungen die doppelte Zahl erreicht wurde;
finitus (finitivus, indicativus), imperativus, opta-
figura, numerus, casus. Nach der Qualität sind 60 tivus, subiunetivus (coniunetivus) , infinitivus
die Nomina entweder Eigennamen oder Appella- '• ^ ■- ^ ^-~ ^ — **■ • ^ _-.•.«-*-• j.
tiva. Genera nominum gibt es fünf: maseulinum,
femininum, neutrum., commune (kic, kaee ca-
ms), protniseuum (mmotvor. passer, aqirila, die
beide grammatisch formell Masculina sind, aber
«och Feminina bezeichnen können). Die figurae
mnUnum sind entweder simpliees oder compo-
*äa*. Numerus ist entweder singularis oder
(infinitus). Die Grandtempora sind natürlich
instans (praesens) , praeteritum, futurum, und
die Vergangenheit zerfällt in imperfeetum, per^
fectum, plusquamperfectum , mit Beibehaltung,
wie auch sonst meist, der griechischen Termino-
logie (s. 0.). Futurum ezaetum kommt bei den
antiken Grammatikern nicht vor, wohl weil man
es mit dem Konjunktiv des Futurums identifizierte,
lova arammaxiK
denn die alberne Bemerkung des Priscian (DU
405, 17) , daß die Römer in weiser Erkenntnis
der Unsicherheit der Zukunft ,non finiunt spa-
tium futuri\ bedarf keiner Widerlegung. Die
drei personae verborum beziehen sich seltsamer-
weise auf die wirkliche , nicht auf die gramma-
tische Person, indem die erste als die redende,
die zweite als die angeredete und die dritte als
die, von der man redet, betrachtet wird. Diese
Anschauung ist griechisch, vgl. Steinthal II 2
29 9f, Die Scheidung der drei Konjugationen
(ordines) ging von den drei verbalen Endungen
der zweiten Person indic. praes. activi (as, es, is)
aus. Dieses Prinzip dürfte bereits Palaemon an-
gehören. Dagegen beweisen die Versuche der
Grammatiker, die überaus zahlreichen, anomalen
Perfektformen in ein System zu bringen, ange-
sichts der geringen Übereinstimmung in den Re-
sultaten, daß die sonst für sie so autoritative
Quelle hier nichts Brauchbares bot. 4. Parti ci-
pium: Infolge der Mittelstellung zwischen Nomen
und Verbum, die dieser Redeteil einnimmt, —
es ist eine Übersetzung von uexo%fi — werden
ihm teils Nominal-, teils Verbalak'zidentien zu-
gewiesen, vom ersteren genus uiid casus, vom
Verbum significatio (genus verbi) und tempus,
von beiden figura und numerus. 5. Adverbium:
Als TtageTtö^eva kommen in Betracht signifieaiio,
eomparatio und figura. Die significationes,
die nachweisbar bei Palaemon aufgezählt waren
(Charis. gramm. I 187, 1), werden ziemlich ein-
stimmig auf 21, mit unwesentlichen terminologi-
schen Differenzen angegeben: tempus , locus,
numerus, negatio, affirmatio (etiam), demonstra-
tio (eece), hortatio (heia .■'), optatio (utinam), ordi-
natio (deinde), interrogatio (cui), simüitudo (quasi),
dubitatio (fortasse), invocatw (heus), responsio
(heu), pröhibitio, communicatio (simul) , sepa-
ratio (seorsum), eomparatio (magis), eventus
(forte), qualitas (bene), quantitas (nimium).
6. Coniunctio: Die Akzidentien sind hier drei-
facher Art : potestas, figura, ordo. Die bei weitem
verbreitetsten Arten der potestas (species) waTen
fünf : copulativae, disiunetivae auch disiungendi,
expletivae auch repletivae (equidem, quamvis
usw.), causales (si, etsi, nam usw.), rationales
auch ratweinativa (quia, ita, propterea u. ä.).
Daß die Sechszahl, bei Dositheus durch Trennung
der dubitativae (si, nisi, sive) von den causales
gewonnen, eine ältere Abteilung darstellt, wie
Jeep annimmt, ist nicht eben wahrscheinlich,
da selbst Apollonios nur fünf Arten unterscheidet,
während Priscian allein 17 aufzählt. Jedenfalls
bildet hier Palaemon ebenfalls die Grundlage;
denn nicht nur der Ausdruck expletiva, sondern
auch die Fünfzahl selbst wird direkt auf ihn zu-
rückgeführt (Charis. gramm. I 225,5. 226, 1.
Diom. gramm. I 405, 16). Die figura ist auch bei
diesem Redeteil simplex (nam) oder compositum
(namque), der ordo dreierlei, nämlich praepesiti-
vus (at), postpositivus (que) oder beides (etiam).
7. Praepositio: Auch diese hat Palaemon ausführ-
lich behandelt (Charis. gramm. I 231, 1. 232, 11).
Von allen Redeteilen herrscht bei den späteren
Grammatikern in der Behandlung der Präposition
die geringste Übereinstimmung , sowohl in der
Aufzählung als in der Annahme der Akzidentien,
was hauptsächlich in dem adverbiellen Charakter
urainmanK
HHTO
und' in der freieren Stellung seinen Grund- gei»
habt haben wird (post longum tempus, longo
post tempore). 8. Interiectio: Wie bereits er-
wähnt, ist die Interiectio, die bei den Griechen
zu dem Adverbium gerechnet wurde, von Palae-
mon als selbständiger Redeteil eingeführt wor-
den, um die durch den Ausfall des griechischen
Artikels entstandene Lücke in der Achtzahl aus-
zufüllen. Iul. Romanus (bei Charis. gramm. I
10 190, 13) polemisiert zwar gegen eine solche Moti-
vierung, kann aber seinerseits keinen besseren
Grund dafür angeben. Aber wie jene Zahl vermut-
lich schon für Palaemon traditionell geworden
war, so wagte es auch ein Romanus nicht, die
Konsequenzen seiner Überzeugung zu ziehen und
entgegen der maßgebenden Autorität die Zahl
auf sieben zu reduzieren.
Im Vergleich mit der auf einer festen empiri-
schen Basis errichteten Laut- und Formenlehre
20 scheint man der lateinischen Syntax ein weit ge-
ringeres Interesse entgegengebracht zu haben.
Priscian verfügte, wie wir gesehen, neben Apol-
lonios und Herodian, auch über lateinische Ge-
währsmänner auf diesem Gebiete, aber wir wissen
nicht, wer diese waren — Stiio, Varro und Nigi-
dius hat er schwerlich direkt, wenn überhaupt
benützt — ■, noch in welchem Umfange er jene
ausgeschrieben oder gar welche Details er ihnen
entnommen habe. Wohl hatte man nach griechi-
30 schem Muster schon frühzeitig die Vitia Latini-
tatis sorgfältig registriert, und die TJrbanitas
orationis nach Möglichkeit zu umgrenzen versucht ;
aber die leitenden Gesichtspunkte bei diesem Ver-
fahren waren auch hier teils logisch-dialektischer
Natur (vgl. Gell. XVI 8), teils und zwar vor-
wiegend stilistisch- rhetorischer Art.
So wird es denn auch dem despotischen Ein-
fluß zuzuschreiben sein, den die Rhetorik schon
in der ersten Kaiserzeit auszuüben begann, daß
40 die eigentliche Erforschung der Syntax in den
Hintergrund gedrängt wurde. An ihre Stelle trat,
auch hier nach griechischem Vorgang (vgl. Ru-
tilius Lupus unter Augustus), jene intensive Samm-
lertätigkeit auf dem Gebiete der sog. Redefiguren
(ö%r\pLaxa J.el;£a>s xal dtavotag, figurae orationis
et sententiarum), die uns in erstaunlicher Fülle und
bis in die feinsten Gedankenschattierungen aus-
gearbeitet vorliegen ; vgl., außer Qnintilian Buch IX
und den lateinischen Grammatikern von Chari-
50 sius an, auch Gerber Die Sprache als Kunst,
2 Bde., Berlin 1885 2.
Werfen wir nun noch einen kurzen Rückblick
auf die Geschichte der antiken G., wie sie im
obigen zu geben versucht wurde, so sehen wir,
daß der erste Impuls zur Erforschung sprach-
licher Erscheinungen von den Sophisten ausge-
gangen war, und zwar zu einer Zeit, als eine hoch-
vollendete Literatur als Beobachtungsobjekt bereits
zur Verfügung stand. Die sprachwissenschaftliehe
60 Forschung lag aber jahrhundertelang ausschließ-
lich in den Händen der Philosophen, was der
theoretischen Ergründung linguistischer Probleme,
wie auch der terminologischen Fixierung gram-
matischer Kategorien zustatten kam. Piaton and
die ältere Akademie, Aristoteles und der Peri-
patos, ebenso wie die Epikureer, haben aber diesen
Studien ein nur vorübergehendes Interesse zuge-
wandt, hingegen hat die Stoa auf dem Gebiete
der Gk bahnbrechende und jedenfalls für das ganze
Altertum grandlegende Leistungen aufzuweisen.
Das Verdienst, der G., insbesondere der Formen-
lehre neues Leben eingehaucht, sie von den Fes-
seln der Philosophie losgelöst und als eine auf
empirischer Grandlage aufgebaute, unabhängige
Disziplin hergestellt zu haben, gebührt den Ale-
xandrinern; denn die wertvollen Untersuchungen
der pergamenischen Schule trugen noch durch-
heutzutage im großen und ganzen nur von histo-
rischem Interesse ist, so hat dagegen die von
ihr geschaffene Terminologie sich im wesentlichen
siegreich behauptet und bietet damit einen der
vielen eklatanten Beweise für den Einschlag
antiken Denkens in der modernen Kultur.
rgafiftaziMos {yqafiftaxixri sc. %e%vrj): Wie
ygäpfta ursprünglich den Buchstaben oder das
Geschriebene bezeichnet — im Sinne von einem
L • i ri tT ° — «.*«.v^ uv » u .. U j. u .# V uv uo«in,uun — iin umuc yuu einem
aus stoisches Gepräge. Die einzelnen Etappen 10 literarischen Schriftstück kommt das Wort nur
der Entwicklung ließen sich nicht mehr genau
feststellen, doch scheinen hier Ariston von Chios,
Diogenes von Babylon, Chrysippos, Antipatros von
Tarsus, Aristophanes von Byzanz und Aristarchos
besonders schöpferisch gewirkt zu haben, bis uns
in der ti%yr} des Dionysios Thrax ein abgeklärtes,
wenn auch keineswegs vollendetes System, auf
dessen Schultern aber alle Späteren stehen, ent-
gegentritt
ganz vereinzelt in der klassischen Zeit vor (z. B.
Xen. mem. IV '2, 1), so bedeutet ygafifiaxixdg zu-
nächst ganz folgerichtig den, der ygdfipaxa kennt,
der lesen gelernt hat, im Gegensatz zu dem An-
alphabeten, dyga^iaxog (vgl. Plat. Phileb. 19 b;
Theaet. 207 b ; Republ. HI 402 b. Xen. mem. IV
2, 20) und dementsprechend yga/nfiaxtxtj xixvq
die Fertigkeit des Lesens (z. B. Plat. Crat. 431 e ;
Soph. 253 a. Arist. Pol. VIII 3, 1337 b, 24; Top.
Die sprachwissenschaftliehe Forschung der Bö- 20 VI 5, 142 b, 31). Dagegen heißt der Lehrer des
I» UTllf/^a jlnWllt "FV.rt4-.-n-* ^T.rn.^.r.^J. ... _ J 1- — „- *. -. 1* * _H TT _ » I _ * .
mer wurde durch Krates angeregt und kam so-
mit zuerst ganz unter stoischen Einfluß; in der
ciceronischen Zeit machte sich auch die alexan-
drinische Richtung stark geltend, was den römi-
schen Untersuchungen einen merkwürdig ungleich-
artigen Charakter verlieh. Diesem Umstände ist
es auch wohl zuzuschreiben, daß die weitere Ent-
wicklung keine gradlinige war, sondern daß be-
reits wenige Generationen nach Varro Eemmius
Lesens zu allen Zeiten yga^axioxr^g (zuerst bei
Plat. Prot 312 b; Euthyd. 279 e; Leg. VII 812 a)
oder seltener yga^fiarodiSdoxakog. Vgl. auch Mart.
Cap. III 229 yga/ifiauxtf dicor in Graeeia, quod
ygafifit) linea et ygdfifiaxa litterae nwieupantur
. . . hi?ieque mihi Bomulus (d. h. A 7 arro nach Asper
gramm. V 547, 5 ; Isid. orig. I 3, 1) litter aturae
nomen adseripsit, quamvis infantem me littera-
tionem voluerit nuneupare sieut apud Graecos
Palaemon, sich mit Bewußtsein von jener älteren 30 ygafi(iaxiazixri primitus voeitabar, Sext. Emp.
Richtung emanzipierend und sich enger an Dio- adv. math. I 44 — 49.
nysios Thrax anschließend, ein grammatisches Lehr-
gebäude errichten konnte, das sich im wesentlichen
für alle Späteren autoritatives Ansehen erwarb,
mit alleiniger Ausnahme des Priscian, der wiederum
die mehr stoische Betrachtungsweise, namentlich
auf dem Gebiete der Syntax, sieb aneignete. Über
diese syntaktischen Forschungen im Altertum war
es schwer, infolge des fast gänzlichen Verlustes
der OnginalqueUen, zu einem gerechten Urteil 40 liefert ist Theogenes, ein ganz unbekannter Käme,
In der voralexandrmischen Zeit hatte sich der
Begriff des Wortes dahin erweitert, daß ygafi-
[tazixrj die Laut- bzw. Formenlehre bezeichnete.
So bei Aristoteles in den oben angeführten Stellen
(S. 1787). In dieser engeren und niederen Be-
deutung faßte es auch Favorin (s. o.) und Schol.
Dionys. Thrax p. 448, 6 H. dg^a^ht] fikv (sc.
V ygauuaxixtj) oljio ßeayevovg (von Rhegion ? über-
zu gelangen, obwohl manches darauf hindeutet,
daß dieses uns so wichtig erscheinende Forschungs-
gebiet in seiner vollen Bedeutung den antiken
Grammatikern nur in ganz seltenen Fällen zum
Bewußtsein gekommen ist. Andererseits haben
sie im Gegensatz zu der modernen Anschauung (vgl.
Goetz Art. Glossographie o. S. 1433—1466)
Semasiologie, Lexikographie, und Glossographie,
aber vor allen die Etymologie, stets als einen inte-
den man aber nicht in Theodektes ändern darf),
xeXeG&eioa de siagä tööv ÜEgtjiairjzixwv Uga^i-
tpdvovg xe xai 'AqlgtoteXovs. Die weitere semasiolo-
gische Entwicklung erhellt aus Clem. Alex. Zxgcoix.
I 16, 79, 3 'AvriöaiQog 6 Kv/taTog XQ&Tog xov
yQa^fiaxtxov ävii tov xgtxtxov (schon bei Ps.-Plat,
Axioch. 366 e als Terminus für den Literatur-
forscher oder Lehrer) eiorjyrjoaxo rovvofia xai ygau-
fiavtxog uiQoorjyoQEvür} (vgl. auch Bekker Anecd.
grierenden Bestandteil der formalen G. angesehen. 50 III 1140. Cramer Anecd. Ox. IV 310 26). "Evioi
Wenn nun aber, trotz oft hervorragenden Scharf-
sinns, intensiver Gedankenarbeit und eines ge-
waltigen Sammeleifers die antike G. doch mehr
oder minder an Äußerlichkeiten haften blieb und
gegen alle Erwartung zu nur wenigen, wissen-
schaftlich einwandfreien Resultaten gelangt ist,
so hat dies zweifellos in erster Linie darin seinen
Grund, daß die Griechen nur eine Sprache in den
Kreis ihrer Betrachtung zogen und die R^mer,
öe 'EgaToo&svt) tov Kvoyvaior tpa<fiv, ineiSt) ig~e-
6ö>xbv ovzog ßtßlia ovo ygammrixa ivciygaipag
(sonst nicht bezeugt), cbvofiäo&j] de ygafiparixog,
ag vvv ovoftaCoftsv (3. Jhdt. n. Chr., falls die
Worte nicht der Quelle selbst entnommen sind),
xQäzog 2Iga£i(pdvT}s (Schüler des Theophrast).
Etwa seit dieser Zeit also machte yqan^axtxog
im weiteren Sinne dem früheren xqvzixög den Rang
streitig, und zwar als vollkommenes Synonymon.
obwohl sie wenigstens das Griechische als Ver-60Vgl. Dio Chn-sost. orat. 53 init. 'Agiaxagyog xai
gleichsobjekt stets vor sich hatten, doch zu sehr " ' ' " * ' -
in dem Bann hellenischer Doktrin standen, um
sich einen freieren Blick für die Entwicklung ihrer
eigenen Sprache zu wahren; haben sie doch das La-
teinische gewöhnlich aus dem Äolischen abgeleitet,
i?*«. t moderne vergleichende Sprachwissen-
schaft konnte hier feste Grundlagen schaffen
W«tta daher das Lehrgebäude der antiken G.*
Kgdvij; xai eteqoi xhiovg xtöv vaxegor ygauua-
nxßv xixj&evxaiv, utgoxegov de xgixixwv xai öq
xat avrog 'Agtoxoxsk-qg, afp 1 ov tpaat ri)v xgvtixrpf
xe xai ygaftfiaTtxqv aQ%i}v Xaßetv. Bekker Anecd.
DI 1140 rö jiqozeqov xgiztxTj DJyexo (sc. y y&af*-
fiaxtxij) xai oi xavttjv fteztovreg xgixtxoi. Gegen
diese Gleichsetzung nun scheint aber die perga-
menische Schule, die sich im Gegensatz zu den
Alexandrinern mit Vorliebe des angeblich ehren-
volleren Titels xgivtxog bediente, protestiert zu
haben, indem sie, auf die frühere, engere Bedeu-
tung zurückgehend, ^gafifiartxdg nur als eine Art
Handlanger und yga/ifiaxix^ als eine minder-
wertige Tätigkeit, als eine bloße sfimigia und
keine rex v V oder gar entaxr)^ bezeichnete. Ein
Echo dieses Streites tönt uns noch entgegen aus
dem Epigramm des Xrateteers Herodikos (Athen.
V 222 a) <pevyst\ 'Agioxaoxeioi . . . yoyvtoßofißvxsg,
fiovoovXXaßotf oloi fte^itjke xo o<piv xai aqp&tv xai
ro fiiv f)ös zo vlv, xoviy Vfüv stq av7tefi<pskov. Vgl.
auch Sext. Emp. adv. math. I 79 eXeys (sc.
Kgazrjg) diaysQEiv tov xgixixbv xov ygaftfiarixov •
xai xov fihv xgixixov mdötjg, (prjai, öst Xoyixffi
mioTrjiA.r}g efinsigov Eivat xov 6s yQa/j,f*axix6v oatXtög
ylwcoiöv Hh\r\yr\xtx6v xai xgoowdlag aaoboxixov
xai twv xovxotg jiagajiktjaicov Eidtjftova, Tiagb xai
ioixsvai ixsTvov (isv ugytTSxzovi , xov de ygafx^ta-
xtxbv VTzrjQEXj). I 248 Tavgiaxog 6 KgdzrjTog axov-
GXY\q, woheq oi äXXot xQixixoi vTzoxdoocov xfl xgi-
tixfj xijv yga/ufiaTixrjv, Schol. Dionys. Thrax p. 673
ijzsysygaTixat yäg xo ziaqbv avyygafifia xaxä iiev
xivag jxsgt ygafiftaTtxfjg, xara ök exeqovc izsqi xgt-
rixfjg xsyyris ' xgtxtxij 5s Xiyexai v\ xex^i ex xov
xaXXiaxov fXEgovg. Aus denselben Anschauungen
gingen vermutlich auch die Schriften der beiden
Pergamener Telephos tiooa %gi\ Eidevai xov ygafi-
fiaxixov und des berühmteren Galen « dvvaxai
xig eivat xgixixbg xai ygafi/xaxtxog hervor.
In diametralem Gegensatz zu jener gering-
schätzigen Auffassung von yga^^axixr] von Seiten
der pergamenischen Schule nahmen die Alexan-
driner das Wort im weiten Sinne des Sprach-
und Literaturstudiums überhaupt, unserem Philo-
logie' vollkommen entsprechend. So definiert denn
Dionys. Thrax die re/vr} yga^fiaxtx^ als 'Efxjzstgta
tbg im xo nolv zw staga jioitjxatg xe xai ovyyga-
<psvoiv Xeyoßhcüv, die in folgende sechs Teile zer-
fällt, von denen die ersten fünf auch als xex v V
/itxod, äteXEOTsga, die letzte aber als texvt} /ue-
ydXr}, ivxEXtjg, xiXeiog bezeichnet wurde. 1. avd-
yvcoaig svxgißrjg xaxä Tigooayölav, sorgfältiges Lesen
nach Akzent, Spiritus und Quantität, was eine
keineswegs leichte Sache war, da die älteren Texte
akzentlos, ohne Worttrennung und mit nur ge-
legentlicher Interpunktion geschrieben waren;
2. ig'-qyrjoig xaxä xovg kvv7idg%oviag Ttoirjzixovg
xgoTiovs ,Erklärung der rhetorischen Figuren', so-
wohl lig'Efog als ötavolag ; 3. yltooa&v xai laxo-
gtöir jrgo/ECQog djidöoaig ,Wort- und Sacherklä-
rung ' ; 4. ezvfiokoyiag evgeaig ; 5. dvaXoylag ixXo-
y laude ,Darstellung der grammatischen Regel-
mäßigkeit' ; 6. XQtötg xotfifidrcöv, o Sij xdXXtaxdv
toxi ^idvxcov xöjv sv xfj xs/vfi. In 3. und 5. wie
in dem Worte euxetgia, zeigt sich deutlich die
alexandrinische Provenienz der xeyvr\ des Diony-
sios. Eine direkt gegen diese Einteilung der G.
sich wendende Auseinandersetzung, die nur drei
Teile: 1. ioxogcxör, 2. xeji'ixov, 3. idialxEQov an-
erkennt, ist uns von Sext. Empir. adv. math. I
57—83. 91. 252 überliefert und auf Asklepiades
von Myrlea (I 72) zurückzuführen. Eine Vier-
teilung endlich, die von Usener dem Tyran-
nion, einem der Lehrer Varros, zugeschrieben
wird, gibt uns ein Schol. zu Dionys. Thrax
p. 115, 8 Hilg. 1. dvayv&oTutov (wie oben);
2. diöQ&ö>ztx6v ,recen$io, Textkritik'; 3. ilgi}-
yrjztxdv ; 4. xqitixov ästhetische und literarische
Kritik*. Eine sehr ausführliche Erläuterung zu
der Dionysischen Einteilung liefert Rutherford
Scholia Aristoph. III 157—455. In dem Kampf
der Schulen blieb Alexandrien Sieger, und so be-
hauptete auch bei Griechen wie bei Römern ygafi-
(iaxixr) , bezw. ygafifiaxtx6g 7 in dem weiten Sinn
des Berufsphilologen fast allein das Feld. Vgl.
die grundlegende Abhandlung von Lehrs De
10 discrimine vocabulorum <pddXoyog, ygaßfiauxdg,
xgixixds, im Appendix zu Herodiani scripta tria,
Berlin 1857, 379—401.
Die Römer übernahmen mit der Sache auch
die alexandrinische Nomenklatur. Gritims kommt
bei ihnen, mit Ausnahme des Servius, der gram-
matißm überhaupt nicht braucht, nur ganz ver-
einzelt vor (zuerst bei Cic. epist. IX 10, 1 und be-
sonders bemerkenswert Romanus beiCharis. gramm.
I 236, 18 inter omnes crüicos grammaticos con-
20 venu. Siehe Thes. ling. lat, III 1210 s. v.). Auch
schlössen sie sich meist der Dionysischen Defi-
nition und Einteilung der G. an. Vgl. z. B. Cic.
de orat. I 187 in grammaticis poetarum pertrac-
tatio, historiarum eognitio, verborum interpreta-
tio, pronuntiandi quidem sonus. Varro frg. 234
Fun. ut Varroni plaeet, ars grammatica, quae
a nobis litteratura dicitur, scientia est eorum
quae a poetis historicis oraioribusque. dieutUur
ex parte maiore, eius prmcipwi officia sunt
SQquattuor, ut ipsi plaeet, seribere, legere, intel-
legere, probare, dafür frg. 236 leotio, enarratio,
emendatio, iudicium. — leetio est varia cuiusque
scripti enuniiatio serviens dignitati personarum
exprimensqys animi hahitum cuiusque. enarratio
est obscurorum sensuum quaestionumve (sc. fy-
xrifxaxa) explanatio, emendatio est recorreetio
errorum qui per scripturam dietionemve fiunt.
iudicium est aestimatio qua poema ceteraque
scripta perpendimus. Quintil. inst. I 2, 14 st
40^ß loquendi ratione disserat (sc. grammaticus),
si quaestiones explieet, historias exponat, poe-
mata enarret. Der ursprüngliche Ausdruck für
ygafifxaxtxr] bezw. ygafifAaxixdg im Lateinischen
war literatura, literatus (literator)] diese Über-
setzungen sind aber bald durch die griechischen
Lehnwörter verdrängt worden, dafür aber in die
modernen Sprachen eingedrungen. Vgl. Quintil.
inst. II 1, 4. Diom. gramm. II 421, 9 und be-
sonders Suet. gramm. 4 appellatio grammati-
50 eorum Graeca consuetudine invaluit, sed initio
literati voeabantur. Cornelius quoque Nepos li-
bello quo distinguit lüeratum ab erudito, Uteratos
vulgo qutdem appellari aü eos qui diligenter
aliquid et acute scienterque possint aut dieere
aut seribere, ceterum proprie sie appellandos poe-
iarum interpretes qui a Graecis grammatici
nominentur.
Bei den Römern war aber daneben gram-
matica auch in seiner engeren Bedeutung von
60 G. xat E^oyJiv allgemein rezipiert, und zwar ohne
jeden üblen Beigeschmack. Jene stoisch-perga-
menische Geringschätzung der formalen G. scheint
unter den Römern aber nur Seneca der Jüngere sich
angeeignet zu haben. Man vgl. epist. 88, 3 gram-
maticus circa curam sertrumis versatur et, si
latius evagari vuÜ, circa historias, iam ut lon-
gissime fönes suos proferat, circa carmina. 88,
42 philosophi ad syttabarum distinetiones et
coniunctionum ao praepositiönum pröprietates
descendenwt et invidere grammaticis und be-
sonders 108, 30 — 34, wo er die Funktionen des
grammaticus gegenüber denen des philosophus
und phihlogus in folgender Weise wiedergibt:
eosdem libros (d. h. Cic. de rep.) cum gramma-
ticus explicuit, primum verbat expressa, ,reapse'
diei a Cicerone, id est ,re ipsa' in eommen-
tarium refert, nee minus ,sepse c , id est ,se ipse 1 .
\jiau<xiimiL
rotJ 'AaxXrixtoQ 06ff.), Delphi (Homo 11 e Bull,
helh XXIII 604), Priene (Wiegand und Sehra-
der 260ff.), Vgl. &TLck"Ag>seis und *A<p*T.wQla
(Reisch o. Bd. I S. 2715. 2717) sowie Jüthner
Eran. Vind. 311ff. ( [Jüthner.]
Grammion (t6 rqäfxfuov Steph. Byz.), Ort
auf Kreta. K. Hoeck (Kreta 434) setzte die Lage
nach Cor onelli am Kap Sidero ('Iolda>Qo$) am
... ^ - nördlichen Küstenrand des nordöstlichen Aus-.
deinde transit ad eaquae eonsuetudo saectdi 10 lhufers an, E. Falkener Theaters and other Re-
mutavit, tamquam ait Cicero . . . , ,sumus { ab
ipsa calce . . . revocaW. Heine quam nunc in eireo
cretam roeamus, calcem antiqui dieebant. Deinde
Ennianos eolligit versus et imprimis illos de Afri-
cano scriptos . . . felieem deinde se putat, quod
invenerit, unde visum sit Vergilio dicere ,quem
super ingens porta tonat caeli 1 . Ennium hoc
ait Homero subripuisse, Ennio Vergilium. esse
enim apud Oiceronem in his ipsis de re-
mains in Crete 19 beim jetzigen i EQr}fi6nolts i
nördlich von Itanos (nördlich vom Kawos Pläka),.
am Ostsaum der Insel, C. Bursian Geogr. v.
Griechen!. II 577, 1. [Bürehner.]
Grampius s. Granpius.
Gramrianae (Tab. Peut. Gramrianis; Geogi.
Rav. 191, 17 Grambianis; Itirt. Hieros. 566, 2-
Bappiana. Nach Tomaschek Ztschr. Österr.
Gymn. 1867, 711 Grampiana), Station der Kon-,
publica libris hoc epigramma Enni. Während 20 stantinopler Heerstraße in Moesia super ior nördlich
Seneca an den beiden ersten Stellen die Haupt- — XT -- v - : J — 1 -— ^ -— **-'■•---- ^ -->■■
aufgäbe des grammaticus in der cura sermonis
oder der Formenlehre erblickt, so erscheint sie
in der letzten etwas weiter ausgedehnt, indem es
sich dort vornehmlich um eine allseitige, stili-
stische Interpretation mit Ausschluß der sach-
lichen Exegese, die teils dem Philosophen, teils
dem phüologus zugewiesen wird, handelt. Aber
weder im griechischen noch im lateinischen Sprach-
von Naissus bei dem heutigen Aleksinac. Kanitz
Römische Studien in Serbien 74. Jirecek Die
Heerstraße" von Belgrad nach Constantinopel 20.
Kiepert Formae orbis antiqui XVII. [Patsch.]
Granarium, gleichbedeutend mit horreum r
Kornspeicher, Fruchtboden, ein sachgemäß zu-
gerichteter Raum zur Aufhebung der gesiebten
und gereinigten Körner nach dem Ausdrusch des
Getreides (Varro r. r. I 57. CoL I 6. Plin. XVIII
gebrauch findet diese Einschränkung eine Stütze. 30 302. Fall. 1 19). 1. Ein zu ebener Erde gelegener,
Für Ai» <«,„™> „„^oi«™^«^* u«™m,„ i^ gewö lbter, hoher Kornspeicher, über dessen Her-
stellung genauere Anordnungen gegeben werden.
Er sollte an der trockensten Stelle des Hof-
raumes, fern von der Dungstätte, oder auf freiem,
hochgelegenem Felde nach Norden liegen. Um
das Eindringen von Nagetieren, Käfern, Korn-
würmern und anderem Ungeziefer zu verhindern,
sollte der Fußboden auf das sorgfältigste be-
arbeitet werden. Die frisch aufgegrabene Erde-
40 wurde mit ungesalzenem Ölschaume (amurca)
Für die ganze nachalexandrinische Epoche ist
und bleibt der grammaticus entweder der ,Fach-
grammatiker' oder aber, bei den Römern aller-
dings seltener als bei den Griechen, ist er der
allseitige Schriftstellerinterpret, dem die sachliche
nicht minder als die linguistisch-rhetorische und
stilistische Erklärung obliegt. Vgl. J. A ister-
mann De M. Valerio Probo, Bonn 1910 S. 17—23
und die Art. Kgixixög und <PiX6Xoyog.
[Gudeman.]
reafifttj. Im Stadion (s. d.) die Ablaufslinie,
an welcher die Läufer Stellung zu nehmen hatten,
um den Lauf in einer geraden Reihe zu beginnen
{vgl. Aristoph. Ach. 483. Poll. III 147), und des-
gleichen die Ziellinie am Ende der Rennhahn.
SchoL Pind. Pyth. IX 208 noxt ygaufin usv eot-nos
yag avtyv tiqos tfj eo%&zn ygaupfj zov Sgöpov . . .
sZ&Qaoaov Sk ygajufiijv Ttva, ijv ag%rjv ttal zeXog
£i-/ov oi äycovtCoficvot. Oft auch bildlich, und
benetzt und dann festgestampft. Auf diesen so
vorbereiteten Boden kam ein Estrich zu liegen,
der aus einer Mischung von ölschaum, Lehm,
Ton und Sand bestand. Auch diese Masse wurde
festgestampft und sorgfältig geglättet. Die
Fugen zwischen Boden und Wand, sowie alle an
der letzteren etwa befindlichen Öffnungen und
Risse wurden verschmiert. Kalk sollte beim Bau
des granarium nicht verwandt werden. In
zwar für den Anfang: Bekker Anecd. p. 426, 19 50 diesem Raum wurde für jede einzelne Getreide-
uro yga/ifztjg otov dr' ä.Qzfjg ' stgrjzat öi asto %f\g
Tcüv ÖQOfxicov yQapiprjg, rjv afpeotv xai ßcdßtSa. xa~
iovotv. Ebenso für das Ende, speziell den Tod:
Eur. El. 955. Diod. XVII 118. Wie der Name
besagt, war y. ursprünglich nichts anderes als
eine im Boden der Rennbahn gezogene Linie oder
Furche, die Anfang und Ende der zu durchlau-
fenden Strecke, des Stadion, kennzeichnete. Um
das jedesmalige Ausmessen der Bahn zu ersparen
art eine besondere Abteilung angelegt. Die
Scheidewände fertigte man aus Lehm an, unter
den anstatt geschnittenen Strohes Blätter vom
zahmen oder wilden Ölbaum gemischt wurden.
2. Ein aus Holz gebauter, auf Pfeilern oder Säulen
ruhender Speicher (pensile), der es ermöglichte,
daß der Wind von allen Seiten, selbst vom Fuß-
boden her die lagernden Früchte bestreichen
konnte. Dieser Aufbewahrungsort, der sich für
und die Linien ein für allemal zu fixieren, hat 60 feuchte Gegenden als besonders zweckmäßig er-
man später Steinschwellen gelegt und Rillen in die- wies, wurde von manchen Landwirten deswegen
selben eingemeißelt Das war die ßaißle (Reisch ™— «-» •' j— r-_^.:j. ^ — t- j„ v-i«-« —
o. Bd. II S. 2819), die in einigen Stadien noch
ziemlich gut erhalten, aber nach ihrer Einrich-
tung und Verwendung noch nicht ganz aufge-
klärt ist Gefunden wurden solche Schwellen in
Olympa* (Olympia II, Baudenkm. IL Bötticher
Oiympia2 232), Epidauros (Ravvadias Tö &QÖy
verworfen, weil das Getreide durch den beständigen
Zutritt der Luft an Gewicht verlieren sollte.
3. Die Granarien unter der Erde , welche die
Luft abschließen sollten. Es waren dies Gruben
(serobes, speluneac, ottQoi, aigoi) oder brunnen-
artige Schachte (putei), deren Boden mit Spreu
bedeckt wurde, um Luft und Feuchtigkeit und
xoiö
uranaaus
VXIäLLLtLUU
damit auch den Kornwurm (curculio) fernzuhalten.
Siri fanden sich in Kappadokien und Thrakien,
pidei im" diesseitigen Spanien, im Gebiete Karthagos
und bei Osca in Hispania Tarraconensis (heute
Huesca in Aragonien). Plinius, der die unter-
irdischen Granarien als die besten bezeichnet,
frg. 11, FHG II 238 zurückgeführten hypoplaki-
sehen Thebelegende. Schol. Townl. beginnt rich-
tiger mit dem Lemma 'YstonXaxCn (statt vjt»
JlXdxtp) und läßt den Eingang rgavixog, oi de
weg vor "ASgaftvc ng üsXaoyog xtX. Gemeint
kann bei G. Nr. 1 und 2 nur sein der Gott oder
Heros des troischen Flüßchens. [Tümpel.]
3) Granikos (6 rgdvtxos Diod. XVII 19. StraK
XU! 582. 587. 602. Mela 1 19. Plin. n. h. V 141.
bemerkt noch, daß die vollen, noch nicht ge-
droschenen Ähren (die in vielen Gegenden vom
Halm kurz abgeschnitten wurden, s. Art. Ge-
treide) auf diese Art aufbewahrt, eine ganz außer- 10 Plut. Alex. 16; parall. 11 ; Luculi. 11. Flor. III 5.
ordentliche Haltbarkeit zeigten. Nach Varro (r. r. Arrian. exp, AI. I 13, 1 u. ö. Polyaen. 171, 24.
I 57) hielt sich, so aufbewahrt, Weizen 50, Hirse Luc. dial. mort. 12, 4 rQrjvixos. Hom. II. XU 21
100 Jahre. Das Herausholen der in den siri
aufgehäuften ßetreidemengen war infolge der
sich in dem geschlossenen Raum entwickelnden
Gase nicht völlig gefahrlos. Varro (I 63) rät,
um Erstickungsfällen vorzubeugen, die siri, be-
vor man hinabsteige, um Getreide zu holen,
einige Zeit offen stehen zu lassen. 4. Palladius
= Hesiod. theog. 341. Quint. Smyrn. m 302.
Suid. Hesych. Ptolem. V 2, 1 M. (edit. princ.
Fgriviog), von der Ide der Troas (Hom. IL XII 19)
durch die Adrasteia rinnender Fluß (Alexander
d. Gr. nennt ihn Arr. Exp. AI. I 15, 6: ofiwQov
Qevfxa) Kleinmysiens, jetzt an der Mündung Bigha-
tschai. Nach Etym. M. = xq$vixo$ Bach der
(I 19) versteht unter G, speziell auch die einzelnen 20 xq^ (!) nach Strab. XIII 582 von ygäg = Sieg(!>
Abteilungen für jede einzelne Getreideart, von nach Heges. FHG III 70, 6 von r$aix6g (!). Zwi-
denen der Kornspeicher eine große Menge enthielt. ~- T — "- '~ ™— ' ™ J ^— :1 — -»«-- 1-+ —■
5. Ein von drei Fuß dicken Mauern umgebener
Raum ohne Öftnungen, in den das Getreide von oben
herein geschüttet wurde. Über die Bedachung
sagt Plinius (XVIII 301) nichts. [Orth.]
Grandaus, korrupter (?) Name eines Asianus
declamator der Augusteischen Zeit, von dem
Seneca contr. I 2, 23 nur eine obszöne Sentenz
sehen Priapos (s. Plan) und Kyzikos mündet er
in die Propontis. Seine Ufer sind im Tiefland
3—4 m hoch, flach und bewachsen. Nebenflüsse
Rhesos und Heptaporos. Er ist berühmt durch die
Schlacht (Frühsommer 334 v. Chr.), worin Alexan-
dras d. Gr. die Perser unter Memnon besiegte, und
durch eine Schlacht (73 v. Chr.) , in der Lucullus
den Mithradates schlug. Schwerlich hat an seiner
SCHLACHTFELD
AM
GRANIKOS
mitteilt, die anscheinend M. Aemilius Scaurus 30 Mündung eine antike Stadt G, gelegen ; vgl. Tab,
Mamercus (s. o. Bd. I S. 583, 139)
wie eine solche des Hybreas angeführt
hatte zum Beweise, daß die griechischen
Deklamatoren nihil non et permiserint
sibi et impetravertnt. Gertz konji-
zierte Granaus (Kgaraog), man könnte
auch an Granianus {Fgaviavög) denken.
Buschmann C harakteristik d. griech.
Rhet. beim Rhet. Sen., Parchim 1878,
20 und Norden Ant. Kunstprosa I
266 halten an der überlieferten Namens-
form (roavSaog) fest. [Mim scher.]
Grandetnm, von Iustinian erbau-
tes obermösisches Kastell im Gebiet
von Naissus; Procop. de aedif. 284, 9
roavöezov, Tomaschek Die alten
Thraker II 2, 89. [Patsch.]
Grandimirnm s. Glandomirum.
Grani mons, Station der Via Vale-
ns, 6 mp. von Carsioli, Tab. Peut.
[Weiss.]
Graniannm pronrantnrium , zwi-
schen Alista und Rubra an der Südost-
küste Korsikas, Ptolem. 1LT 2, 5.
[Weiss.]
Granianus s. Clodius (Nr. 32),
Fulvius (Nr. 65), Iulius, Licinius
Silvanus und Pontius Faustinus.
Granikos {rqdvixog). 1) Flußgott,
Sohn des Okeanos und der Tethys, Bru-
der von 24 andern Flußgöttern und 41
älteren Schwestern, unzähligen jünge-
ren im Okeanidenkatalog der Hesiodi-
schen Theogonie 342.
2) Nach dem Schol. AD Hom. H.
IV 396 angeblich nach einer Überliefe-
rung Held der sonst von Adramys (s. <L)
erzählten und auf Dikaiarchos Hessen.
H*ch K.u.fi. Kiepert w. BörchnW.
1ÖI0
Uranionaritun
Granit
1816
Peut und Geogr. Rav. Über das Flußbett im
Altertum und den Wintersee H. Kiepert Me-
moir über die Konstruktion der Karte von Klein-
asien und Türk. Arm., Berl. 1854, 55. Richter
Wallfahrten im Morgenlande 424. Von Reisen-
den {z. B. Chishull Travels in Turkey 59. 60
im J. 1701, H. Kiepert Januar und 25. Februar
1842, A. Mordtmann Skizzen aus Kleinasien
Ausland 1857, 750) oft aufgesucht und berührt,
antiche 220ff. 0. Müller Etrasker 12 230.
Bruzza Ann. d. Inst. XLII [1870] 169f.), doch
von den Griechen des Festlandes garnicht und
von den Römern erst in der Kaiserzeit für Archi-
tektur und Plastik verwendet worden ist ; nur in
Kleinasien und den Inseln scheint er vereinzelt
bei Bauten Verwendung gefunden zu haben (doch
ist der Tempel zu Assos nicht von G., sondern
aus dem dort heimischen Trachyt erbaut). Da
<ia die Straße von Lampsakos nach Zeleia ihn 10 bekanntlich die Ägypter den G. mit Vorliebe
überschreitet und die Residenzstadt des Unter-
gouverneurs von Bigha (byzant. Pegai) an ihm
liegt. Zur Geschichte vgl. o. Bd. I S. 141 7f. Über
das Schlachtfeld: H. Kiepert Das Schlachtfeld
am G. Globus XXXII (1877) 263f. Nach ihm
bestand im Altertum der Edsche Göl nicht in der
Ausdehnung von heute. Veränderung des Strom-
laufs. Gegen ihn A. Janke Auf Alexanders d.
Gr. Pfeden, Berl. 1904 Taf. 5. [Bürchner.]
Gramonarium s. Gravionarium.
Granis, nach Nearchos bei Arrian. Ind. 39
Küstenfluß in der Landschaft Persis, 200 Stadien
unterhalb der Königsburg Taoke in den Persischen
Golf mündend. Nach Iuba bei Plin. n. h. VI
■99 ist der G. für kleinere Schiffe befahrbar und
fließt durch Susiana ; die östlich von ihm gelegene
Landschaft hat Naphthaquellen aufzuweisen. Es
ist klar, daß hier in der arsakidischen Periode
Irans eine Grenzveränderung erfolgt sein muß;
auch besonders für Skulpturen, verarbeiteten, so
haben die Alten diesen Stein wesentlich dort
kennen gelernt und darnach auch benannt. Allem
Auschein nach ist es auf G. zu beziehen, wenn
griechische Schriftsteller von äthiopischem Stein'
sprechen; so sagt Herod. II 127, die erste Stein-
schicht der Pyramide des Chephren sei Ud-ov
At&iomxov notxttov, und in der Tat sind die
beiden unteren Lagen von gesprenkeltem G. ; ebenso
20 bei der äußeren Bekleidung der Pyramide des Mi-
kerinos (Menkera), ebd. 134 (vgl. 176). Auch
mit ägyptischem Stein' (Paus. I 18, 6 von Bild-
säulen des Hadrian. Poll. VII 100. Themist. or.
XIII p. 179 a von Säulen) könnte G., aber eben-
sogut Basalt oder Porphyr gemeint sein (und
ebenso Seneca ep. 115, 8 bei den columnae ex
Aegyptiis arenis advectae). G. scheint auch der
Stein zu sein, den Plin. XXXVI 63 nennt : circa
Sgenen Thebaidü (invenitur) Syenites, quem
offenbar haben die uns mehrfach genannten Könige 30 antea pyrrhopoecüon vocabant Dieser antike
der Elymais die westlichen Teile der achämeni-
dischen Persis an sich gerissen. Der G. ist sicher
-der heute Schahpur genannte Fluß, der mit einem
Delta unmittelbar nördlich der flachen Bucht des
lieutigen Haupthafens Persiens, Buscher, mündet.
Der Küstenvorsprung Ras Schatt verdankt seine
Entstehung den Ablagerungen des Flusses. Der
Schahpur ist einer der bedeutenderen Wasserläufe
der Persis; er entsteht aus zwei Flüssen, dem
fccnahpur und dem Deliki, von denen der letztere 40 teris,moxTkebaicumquempyrröpoecilonappella-
<Ier HäUütfluß ist und ans fiirmtn fvmafliAn T.änore. du'muo stMn„Ä «,>„».«,»>„, ™ «,~..«„»4 tt;„,. „^„j Ä i
Syenit (der mit dem heute so genannten Stein
nicht identisch ist) darf als G. angesprochen wer-
den, da sich in der Tat bedeutende Brüche von
G. bei Assuan, dem alten Syene, finden, die die
alten Ägypter ausgebeutet haben (s. W. M. Fun-
de rsPetrie The arts andcrafts of ancient Egypt
70f.). Auch ,thebanischer Stein' kann G. gewesen
sein; Plin. a. a. O. 157: Etesium lapidem in
iis (sc. mortariis medicinalibus) praetulere ee-'
der Hauptfluß ist und aus einem typischen Längs-
tal der noch das Zagrossystem fortsetzenden Per-
ais zum Meer durchbricht. Erst in der hier weit
ins Innere hineingreifenden Küsteuebene vereinigt
er sich mit dem Schahpur. Der Deliki ist offen-
bar der G. Aber auch der Name des anderen
Quellflusses ist uns überliefert; er hieß Ratinus,
wie Plin. n. h. VI 110 mehrere Hss. lesen. Dieser
Name wurde in der sassanidischen Periode auf den
vimus, . . . aliqui psaranum vocant. Hier wird also
der Thebaicus lapis mit dem syenites identifiziert,
dagegen vorher § 63 unterschieden: Thebaicus
lapis interstinctus aureis guttis invenitur in
Africae parte Aegypto adscripta, coticulis ad
ferenda collyria quadam utiliiate naturali con-
venüns. Wahrscheinlich ist der nvQQOJiotxlkog
genannte Stein roter G. mit eingesprengten weißen
Teilchen gewesen, der tpagavog aber schwarz-
■ereimgten Fluß übertragen; die arabischen Geo-50wciß gesprenkelter (s. Blümner Technologie III
'rauhen nennen den G. nähr Tfati-n TnnVft um 11 11 Tn H fl r ifa^ fl TO fl ;t hr.™™± ^™v n ™«T««i«
graphen nennen den G. nähr Ratin. Taoke am
G. heißt in der sassanidischen Zeit Tawag, bei
den arabischen Geographen Tawwaz oder Tauwag.
Vgl. Tomaschek Die Küstenfahrt Nearchs {S.-
Ber. Akad. Wien CXXI 1890, 64f.). [Kiessling.]
Granit. Welchen Namen das Gestein, das
seit dem Ende des 17. Jhdts. G. heißt, bei den
Alten geführt hat, steht nicht fest. Das kommt
daher, daß der G,, obschon er auf den griechi-
11, 1). In der Kaiserzeit kommt der Name Lapis
Claudianus auf; man fing nämlich unter der Re-
gierung des Claudius an, Steinbruche von schwarzem
G. in der Thebais auszubeuten, wovon der Stein
seinen Namen bekam (Hist. aug. Gord. tres 32, 2) ;
der Berg, wo dieser graue G. gebrochen wurde,
hieß darnach Mons Claudianus (ein praepositus
operum marmorum monti Ctaudiano CIL LU
25, aus der Zeit des Traian; bvzog nQog xotg rov
sehen Inseln (auf Mykonos, Delos, Rheneia, im 60 K).avbiavov ipyoig rihäprov, CIG 4713 e). Doch
nördlichen Teile von Nasos, im Südosten von Te-
nos, auf Paros, los, Anaphe, Seriphos, s. Fied-
ler Reise durch Griechenland LI 281. Neumann
nnd Partsch Physical. Geographie von Griechen-
land 210f.), vereinzelt auch auf dem Festlande
(westlich von Thorikos, ün Lauriongebirge, s. d.)
jnd in Italien auf den Inseln Ilva (Elba) und
Igilinm (Giglio) vorkommt (Corsi Delle pietre
meint Letronne Rec. d'inscr. I 136ff., daß dar-
unter auch die nördlich davon belegenen Porphyr-
brüche gemeint waren , die nach Plin. a. a. *0.
57 unter Claudius erschlossen wurden (s. Art.
Claudianus mons). Andere G.-Brüche wurden,
wie die Inschrift CIL HI 75 lehrt, unter Sep-
timius Severus zwischen Syene und Fhilae er-
öffnet: iuxta Philo» novae lapicaedinae adtn-
1817
urainus
wramus
JL81P5
ventae traetaeque sunt parastaticae et columnae,
grandes et muUae. Blöcke dieses G.s, mit Zahl-
zeichen des Steinbruchs versehen, sind an Ort
und Stelle und auch in Rom gefunden worden,
s. Bruzza a. a. O. 169. 200. 333ff.
Die Römer haben den G. vornehmlich in der
Baukunst verwandt, und zwar sowohl roten und
weißen, den die Ägypter gern für Obelisken und
Statuen verwendeten, wie schwarzen und weiß-
oder graugesprenkelten, der namentlich zu mono
lithen Säulen verarbeitet wurde, wie auf dem
Traiansforum (daher Granito del foro genannt);
vgl. Stat. silv. II 2, 86. IV 2, 27. leid. or. XVI
5, 11. Ferner verwendete man ihn gern für Fuß-
bodenplatten., Wandinkrustierungen u. dgl. In der
Skulptur der Griechen fand der G. keine Ver-
wendung (der Porträtkopf des Berliner Museums
nr. 309, Furtwängler Samml. Saburoff Taf. 45,
soll zwar von einer griechischen Insel stammen,
ist aber wohl ägyptisch), und auch die Römer
haben nur in Nachahmung ägyptischer Werke
davon Gebrauch gemacht. Seine Verwendung zu
Mörsern und Reibschalen für Medikamente, be-
sonders für Augensalben und für Farben, erwähnt
Plin. XXXVI 63. 157. Aus der prähistorischen
Zeit stammen in Troia gefundene Gußformen aus
G. (Seh lie mann Ilios 282) und eine in Mykenä
gefundene Form zum Hämmern von Verzierungen
aus Goldblech (Schliemann Mykenae 121 Fig.
162. Blümner a. a. O. IV 238 Fig. 22 f).
[Blümner.]
Granius, Name eines Geschlechts, das im
letzten Jahrhundert der Republik namentlich in
Puteoli blühte und nach dem Ausweis der ver-
sprengten Zeugnisse über einzelne seiner Mit-
glieder kaufmännischen Unternehmungsgeist mit
demokratischer Gesinnung paarte. Grabschriften
von Granu in Puteoli CIL X 2187. 2484—2489.
2607. 2651. Die inschriftlichen Belege für das
Vorkommen von Granii auf Delos um die Mitte
des 7. Jhdts. d. St. (vgl. Nr. 5 und 6) sind durch
neuere Funde stark vermehrt worden und jetzt
zusammengestellt Bull. hell. XXXI 443f. Von
Praenomina begegnen hier A. L. M. P. Sp., als
Cognomen (bei einem P. Granius) Gibber.
1) Granius, Duumvir von Puteoli 676 = 78,
hatte einen Konflikt mit Sulla, der bei Puteoli
lebte und an der durch diesen Konflikt hervor-
gerufenen Erregung starb {prineeps coloniae Val.
Max. IX 3, 8; « e ^" Pht. Sulla 37, 3, s. o.
Bd. IV S. 1563, 28ff.). Er kann A. geheißen
haben (vgl. Nr. 6) oder mit C. Granius Nr. 3
identisch sein.
2) A. Granius, angesehener römischer Ritter
aus Puteoli, auf Caesars Seite in den Kämpfen
bei Dyrrachion 706 = 48 gefallen (Caes. bell,
civ. III 71, 1).
3) C. Granius C. f. als Bürge genannt in der
Puteolanischen Bauinschrift von 649 = 105 (CLL
I 577 = X 1781 = Dessau 5317 Z. 16), jeden-
falls verwandt, wenn nicht identisch mit Nr. 1.
4) Cn. und Q. Granii wurden nach Appian.
belL civ. I 271 von Sulla im J. 666 = 88 zu-
gleich mit Marius und seinen bedeutendsten An-
hängern geächtet und ergriffen mit ihnen die
Flacht. An den folgenden Stellen ist nur von
einem G. die Rede, dessen Praenomen nicht an-
gegeben wird. Dagegen bezeichnet ihn Flut.
Mar 1 . 35, 8 nicht nur als Begleiter des Marin»
auf der Flucht von Rom bis Minturnae, sondern*
auch im Gegensatz zu dem Sohne des Marius ate
dessen 7iQ6yovos, d. h. vor der Ehe geborenen
Sohn oder Stiefsohn ; indes ist über eine frühere-
Ehe der Iulia, der Gemahlin des Marius, mit
einem G. sonst nichts bekannt. Der G., der mit
Marius aus Rom gekommen war, trennte sich von
ihm bei Minturnae (Plut. 37, 2), traf dann wieder
10 mit ihm bei Aenaria zusammen und gelangte mit
ihm nach Africa (Appian. I 280. Plut. 40, 1}.
Weiterhin wird er nicht mehr erwähnt.
5) M. Granius M. f., in spätrepublikanischer
Zeit in Athen (IG II 1050); mit ihm könnte ein
Freigelassener eines M., M. Granius Heras, auf
einer allerdings wohl älteren bilinguen Inschrift
auf Delos zusammenhängen (CIL III Suppl.
14 203, 3).
6) P. Granius, reicher Kaufmann aus Puteoli,.
20 Belastungszeuge im Verresprozeß 684 = 70 (Cic-
Verr. V 154). Ein P. Granius A. P. 1. auf Deloa
(CIL HI Suppl. 14 203, 4) könnte ein Freige-
lassener dieses Mannes sein; der andere Patron
A. ist vielleicht ein Bruder dieses P., etwa Nr. Q,
und Vater des A. Nr. 2, während der Sohn
dieses P. der Folgende sein könnte.
1) P. Granius, Sohn eines P., im J. 716 = 38
in Athen (IG II 482). Noch ein späterer Decurio
von Puteoli, P. Granius, führt das Kognomen
30Atticus (CIL X 1783), und auch der P. Granius,
der in spätrepublikanischer oder in Augusteischer
Zeit dem Asklepios von Lebene auf Kreta für
seine Heilung dankte (Dittenberger Syll. 2 805),
dürfte diesem Zweige der Familie angehören.
8) Q. Granius, ein Praeco, berühmt durch
seinen Witz. Erzählt werden schlagfertige Ant-
worten, die er dem Consul von 643 = 111 P.
Scipio Nasica und dem Volkstribunen von &6$
= 91 M. Livius Drusus erteilte (Cic. Plane. 33 t
40 vgl. Schob Bob. z. d. St. p. 259f. Or.), und eine
Reihe anderer treffender Bemerkungen und Wort-
spiele (Cic. de or. II 253. 281L; Brut. 172). Sein
Witz verschaffte dem G. die Freundschaft de*
RedneTS L. Crassus und ein bleibendes Denkmal
in Buch XX (und XXI??) der Satiren des Luci-
lius (Cic. de or. II 244. 253. 281; Brut. 160. 172;.
Plane. 33; ad Att. VI 3, 7; ad fam. IX 15, 2. Gell.
IV 17, 2, vgl, Lucilius ed. Marx I p. XLIX.
II p. 153f. dazu Leo Götting. gel. Anzeig. 1906 r
50 858); auch Cicero will ihn noch gekannt haben
(Brut. 172). Das Pränomen Q. ist bei Cic. Brut.
172 und bei Schol. Bob. p. 259 überliefert, so
daß die Identifikation mit Nr. 10 bedenklich ist.
0) Granius Petro, von Caesar zum Quaestor
designiert, kam auf einer Seefahrt in die Ge-
fangenschaft der Pompeianer in Afrika unter
Metellus Scipio, verschmähte die von ihnen an-
gebotene Freiheit und stürzte sich in sein Schwert
(Plut. Caes. 16, 4). Da diese Episode im BelL
60 Air. fehlt (eine ähnliche, doch verschiedene ebd.
44, 2ff.; vgl. Val. Max. III 8, 7. Suet, Caes. 68),
wird sie ins J. 707 = 47 gehören.
10) A, Granius Stabilio, Freigelassener eines
M. und Praeco, bekannt dnreh seine metrische
Grabschrift, die nach einem bestimmten, von Gell*
I 24, 4 in dem angeblichen Epigramm auf Pacn-
vius auch literarisch Überliefertem Schema abge*
faßt ist (CIL VI 32311 = Dessau 1932 ^
Bücheier Carm. epigr, 53}. Bücheier (zuletzt
a. 0.) wollte in diesem Aulus (v. 4 Olus) Granras den
aus Lucilius bekannten Praeco Nr. 8 sehen, dessen
Pränomen Quintus dann zu korrigieren wäre.
Vorsichtiger ist die Annahme von Marx (Lucilius
H p. 153), daß die Stellung eines Praeco hei den
G. gleichsam erblich gewesen sei (Tgl. ähnliche
Fälle hei Apparitoren z. B. Dessau 1902. 1915.
1934. 1955 als notwendige Folge der yon Momm-
bär vorher werden bei Arnobius in bezug auf die
Göttin Penta Fatua zwei Zeitgenossen des G M
' Sex. Clodius und Butas, der Libertua Cafcos des
Jüngeren, herangezogen, die aber auch der Zeit
des Verrius nahe stehen (vgl. sonst auch Dal
Pane Studi ital. IX 30). Über die Anordnung
des Buches de indigitamentis findet sich eine
nicht unwahrscheinliche Vermutung bei Kahl
a. a. 0. 724. Nach Paul. Dig. L 16, 142 kom-
sen St.-R. I 340. 343 charakterisierten Verhält- 10 mentierte G. F. außerdem die Sammlung der sog.
™ ae "^ ru * 1 Leges regiae; wenn Hirschfeld wegen Ciceros
Schweigen in der epist. ad fam. IX 21 (etwa
J. 46) ihre damalige Existenz überhaupt in Frage
stellt, so kann die Sammlung auch bei Entstehung
nach dieser Zeit von G. behandelt worden sein
(vgl. Schanz Gesch. d. röm. Litt. 13 1,43 und
über die Schlußfolgerungen Hirschfelds Kalb
Jahresber. CXXXIV 1907, 15ff.). Fragmente dieses
Kommentars bei Macrob. III 1 1, 6 und wahrschein -
nisse). ^ ^ [Münzer.]
11) Granius, einer der von Plinius (I 28.
XXVIII 42) zum 23. Buche seiner Naturgeschichte
genannten griechischen medizinischen Quellen-
schriftsteller. [Gossen.]
12) Granius Flaccus, Esegetiker der Indigita-
menta nach Censorin. 3, 2 : eundem esse Genium
et Larem multi veteres memoriae prodidenmt,
in quis etiam Granius Flaccus in libro quem
ad Caesarem de indigitamentis scriptum reliquit, 20 lieh bei Verrius Fest p. 277 aM. ; jedenfalls ist sein
Hat man hier unter Caesar, wie es am nächsten
liegt, den Dictator zu verstehen, so ist die An-
nahme berechtigt, daß die Schrift des G., wie
bekanntlich die Res divinae des Varro, an ihn
als Pontifex maximus gerichtet war, so daß die
Blütezeit des G. wohl in die Endzeit der Eepublik
fällt. Ferner führt Arnobius III 38 in Bezug auf
die Götter Novensües zusammen mit Varro und
anderen Schriftstellern aus der varronischen und
G. unserem gleichzusetzen. Wer der Grapus der
Überlieferung bei Fest. p. 214 bM. und der Elaus
{Flaccus L'ion) der Append. Serv. III, II 524, 13
Hag. sind, ist nicht auszumachen. Über die
Stelle des Diomedes p. 365, 16K. (Aspiration des
verbum inchoo) vgl. die Emendation des Ca sau -
bonus und dazu Keils Gramm, lat. V 547, 9.
Im übrigen s. den Art. Granius Licinianus.
13) Granius Licinianus ist vielfach mit Gra-
vorvarronischen Zeit einen G. ohne Zunamen an, 30 nius Flaccus zu einem Granius Flaccus Licinianus
ebenso Macrobius I 18, 4 Varro et Granius
Flaccus über Apollo, und noch ein G. erscheint
bei Arnobius III 31, wo von Minerva die Bede
ist. Ohne Zweifel handelt es sich überall um
denselben Mann; ein gemeinsamer Zug, die Theo-
krasie {IAber = Apollo Macrob., Minerva = Ijuna
Arnob. III 31, Kovensiles = Musae Arnob. III 38;
vgl. oben Genius — JWbei Censor.) verbindet diese
Bruchstücke, die alle auf Cornelius Labeo zurück-
ver einigt worden. Über ihn belehrt uns Macrobius
I 16, 29 : Cornelius etiam Labeo primo fastorum
Ubro nundinis ferias esse pronuntiat; causam
vero huius varietatis (d. h. der Ansichten ; vorher
werden Zeugen für die entgegengesetzte Meinung
angeführt) apud Granium Licinianum libro
seeundo diligens lector inveniet; ait enini nun-
dinas Iovü ferias esse, si qtddem Flaminica
omnibus nundinis in regia lom arietem soleat.
zuführen sind, wenn auch hinsichtlich des Ma- 40 immolare, sed lege Rortensia effeetum ut fastae
crobius nur mittelbar (vgl. Kettner Cornelius ' ~" "" " '
Labeo, Naumburg 1877, lOf. Kahl Philol. Suppl.
V 723f. Wissowa De Macrob. saturn. fönt.,
Vratisl. 1880, 35ff.). Außerdem beruft sich der
G. des Arnob. III 31, wie wohl auch der G. F.
des Macrobius auf Aristoteles oder vielmehr
Aristocles nach einer Vermutung von Rose
(Aristoteles pseudepigr., Lipsiae 1863, 616f.) und
Kahl (a. a. O. 760. 776; dazu Crusius ebd.
807). Schwieriger sind andere Stellen des Arnobius 50 fastor. libris, Bonnae 1904, 26ff.), so würden sich
"" u — *" :1 u — '' ~ : V.....L-:- au ß er dem für L. und Flaccus die gleichen Quellen-
verhältnisse ergeben, was Kettn er betont (Com.
Labeo p. 16). Aber gerade wenn diese Benützung
anzunehmen ist, dann befremdet es, daß Labeo
einen Gewährsmann, den er, nach seinen Aus-
schreibern zu urteilen, G. oder Granius Flaccus
zu nennen pflegt (vgl. Gr. Flaccus), hier nicht etwa
Flaccus, sondern G. L. nennt; ist sie hingegen
abzuweisen, so ist es auch nicht viel wahrschein-
Diese Stelle hat irregeleitet; zu-
sammen mit einer Anspielung auf die Flaminica,
wie sie uns auch bei Granius (Flaccus) des Verrius
Fest. p. 277 aM. begegnet, haben wir hier die
antiquarisch-sacralrechtliche Auseinandersetzung
eines Gelehrten, der den Gentilnamen des Flaccus
trägt. Hätte nun Macrobius aus Cornelius Labeo
geschöpft (hierüber Wissowa o. Bd. IV S. 1353f.
und dagegen Litt De Verrii et Com. Labeon.
zu beurteilen, auch weil eine genauere Kenntnis
der Quelle hier versagt. Der G., den wir VI 7
mit Sammonicus (Serenus), Valerianus (Valerius
Antias: Peter Hist. Rom. rell. I 23. 243) und
Fabius (Pictor) an zweiter Stelle als Zeugen über
die Gründung des Capitoliums und den Ursprung
dieses Samens genannt finden, ist nicht mit Sicher-
heit zu identifizieren . Ebenso wenn Bremer (Iuris-
prud. antehadr. I, Lipsiae 1896, 262) unter dem Flac-
cus des B. V 18 entgegen Huschke (Seckel et601icher, daß ein so wenig gelesener Mann wie der
Kubier, Huschkes Iurisprud. anteiustin., Lipsiae l,!A - ^ "" T --*----• 1 - J - m
1908, 54) Verrius, nicht G. verstehen will im Hin-
blick auf die Zitierweise an den angeführten Stellen
des Arnobius, so ist diesem Grand gegenüber auf
die übliche Benennung des Verrius (vgl. Funaioli
Gramm. Rom. fragm., Lips. 1907/435. 522) und"
auf Arnob. I 59 hinzuweisen. Inhaltlich würde
die Steile auf G. wie auf Verrius passen; umnittel-
angebliche G. F. L. auf zwei verschiedenen Wegen
zu Macrobius gelangt ist. Ein Antiquar G. L.
begegnet tatsächlich bei Serv. Aen. I 737 als
Verfasser einer Schrift eenae suae, ein zweifellos
richtiger Titel (Athenaios berichtet uns ja Über
die Literatur der Aeütva), der auf ein Werk in
Gestalt von bunten, gelehrten Tischgesprächen
hinweist, wie sie zu Rom besonders in der Fronto-
ireit im wirklichen Leben wie in der Literatur
beliebt waren (vgl. Peter Geschichtl. Lit, über
d. röm. Kaiserz, I, Leipzig 1897, 125); für die
^Genitivendung ist vor allem Gellius' Einleitung
zu Noct. Att. zu vergleichen. Hier konnte die
Frage über die Nundinae leicht behandelt wer-
den, wenn es freilich meiner Meinung nach
auch nicht ausgeschlossen ist, daß bei Macrobius
mit Anführung der Buchzahl und Weglassung
des Werkes eine besondere Schrift über Sacral-
altertümer gleich den dort vorangehenden ge-
meint ist (vgl. Macrob. III 10, 4). Mit diesem
Licinianus den gleichnamigen des Solin. II 10 zu
identifizieren, ist durchaus geboten, ebenso den G.
ebd. II 40, der auch antiquarische Dinge bespricht;
die verschiedenartige Benennung könnte sich ähn-
lich der des Aurelius Opillus durch Varro im Buch
del. lat. erklären (vgl. üsenex Rh. Mus. XXIII
682). Ob hierher auch der G. des Arnob. VI 7 ge-
hört (vgl. Gr. Flaccus) ? Die Gleichsetz ung des Lici-
nianus mit Flaccus wurde aber hauptsächlich durch
die Entdeckung veranlaßt, die G- H. Pertz im
J. 1853 in einem aus Ägypten nach London
gekommenen Codex rescriptus (Brit. Mus. Add.
17212) machte. Aus den heute wegen Anwendung
chemischer Mittel nicht mehr lesbaren Pergament-
blättern kam ein Historiker (Granius) Licinianus
ans Licht (den Gentilnamen sah Pertz auf einem
Blatt deutlich mehrere Tage lang, sein Sohn Carl
nicht mehr, der Vorname Gaius ist ganz unsicher),
in dem Pertz und die Bonner Herausgeber
(Lips. 1858) den Caesarianer G. F. zu erkennen
meinten. Die wichtigsten Anhaltspunkte gegen
diese Annahme gaben jedoch die Bonner selbst
durch den meines Erachtens sicheren Nachweis
einer indirekten Anspielung auf die schon ge-
schehene Vollendung des Olympieion zu Athen
(p. 6, 8 Fl.), die unter Hadrian erfolgte, und
durch die angemessene Deutung des Satzes mit
der bekannten Kritik über Sallust: nam Sallu-
stium non ut historic{um ai')unt, sed ut (p)ra-
torem legendum (p. 33, 9) ; so ist Sallust von Fronto
und den Frontoni anern beurteilt worden. Ihre
Folgerung, die Schrift in der jetzigen Gestalt sei
eine Umarbeitung aus der Kaiserzeit, entbehrt jeder
Begründung und ist schon lange nachdrücklich zurück-
gewiesen worden (Linker Jahrb. f. Philol. LXXVII
1858, 632ff.). Auf das Zeitalter Frontos deutet
auch die mit archaistischen Spuren stark vom Klassi-
zismus abweichende Sprache des L. hin (vgl. hier
besonders Flemisch Granius Licin., Donauwörth
1898, 5ff.; Aren. f. lat. Lex. XI 265f.). Für die
Annahme nun, daß der Historiker und der Anti-
quar dieselbe Person sind, spricht alles; wie auch
das Zusammengehen der Geschichte mit der Alter-
tumsforschung an sich ebenso natürlich wie in
Rom geläufig ist, so zeigt der Geschichtschreiber
selbst oft antiquarische Interessen (z. B. p. 2 — 3
Fl.). Daraus ergäbe sich als fester Terminus ante
quem für L. die Zeit vor Solinus (und vor Labeo?),
also wohl spätestens die erste Hälfte des 3. Jhdts.,
falls Solinus unmittelbar aus L. geschöpft hat;
im anderen Falle (so urteilt Mommsen Solinus
Ausg. 2 XV. XXIQ), die oben angegebene Zeit.
Dahin führt auch Macrobius, der mit Ausnahme
des Sammonicus Serenus (etwa 180—211) keinen
Schriftsteller nach der Antoninen zeit zitiert (Peter
a. a. O. 130, 2). Folglich muß die von Comp a-
retti vermutete Identität des L. mit dem Lands-
mann und Freund des Martial (ßh. Mus. XIII 457)
aufgegeben werden. Die Schätzung des L. im
Alterhim erscheint nicht gerade sehr groß; von
dem Mann wissen wir nichts, eine einzige Hs.
ist von seinem Geschichtswerk auf uns gekom-
men, dessen größter Teil verloren ist. Die Über-
reste gehören dem B. XXVI (?), XXVIII. XXXIII (?).
XXXV und XXXVI an und umfassen einen Zeit-
10 räum von etwa 85 Jahren (163 — 78 v. Chr.); die
wichtigsten beziehen sich auf Antiochos IV. Epi-
phanes, P. Lentulus , den Cimbrischeu Krieg, das
Bellum civile des Marius, auf Sullas Aufenthalt in
Griechenland und Lepidus. Die Erzählung schreitet
annalistisch fort ; ohne inneren Zusammenhang fol-
gen allerlei Ereignisse rasch aufeinander in einer
äußerst ungeschickten und trockenen Darstellung;
rhetorische und dichterische Färbung, Reden, per-
sönliche Urteile, Sentenzen, geographische und
20 politische Erläuterungen fehlen gauz und gar.
Das ist eben das Programm des L. : p, 33, 8 Fl.
Sallusti opus nobis oecurrit, sed nos, ut insti-
tuimus, moras et non urgentia omittemus ; nam
Sallmtium non ut historic{um ai)uni, sed ut
{o)ratorem legendum : nam et temp(oray repre
hendit sua e(t de}lieta carpit et cont{io?ies)
in{s)erit et dat in co . . . . loca montes flu-
m(ina) et hoc genus a(lia) et cul(paty et eom-
pa(rat) disserendo. Freilich rnorae et non ur-
SOgentia sind nicht für ihn alle die Kleinigkeiten,
die immer wieder die fortlaufende Erzählung unter-
brechen; Anekdoten, Merkwürdigkeiten, Wunder,
charakteristische Züge bedeutender Männer, was
wieder für jene Zeit paßt. Mit dem Hinweis auf
die Stelle des Sallust wird die Quellen frage
berührt: soll eine Benützung des Sallust hier
vollständig abgelehnt werden, oder ist er für die
nachsullanische Zeit als ein Gewährsmann anzu-
sehen, dessen morae aber wegzubleiben haben?
40 Denn daß hier ein einfacher Epitomator spricht,
ist klar. Das vorhandene Material gestattet keine
sichere Antwort, aber für das gesagte Zeitalter
mußte sich einem Frontonianer Sallust von selbst
darbieten. Es ist an sich wahrscheinlich, daß
ihm neben Livius oder einem Liviusauszug auch
andere Quellen zur Verfügung gestanden haben,
obgleich der Versuch Dieckmanns, sie festzu-
stellen (De Granu Licin. fönt, et auetoritate,
Berolini 1896), als gescheitert gelten muß. Der
50 Text des L. ist sehr lückenhaft und bietet ein
reiches Feld für Vermutungen. Nach Pertz und
den Bonnern haben Camozzi (Forocornel. 1900
mit ausführlichem Kommentar) und Flemisch
(Lipsiae 1904), der auch die Literatur vollständig
verzeichnet (p. IV), den Text herausgegeben. Hier
sei nur noch erwähnt M advig Über den Gran.
Licin.. Kl. philol. Schriften, Lpz. 1875, 391ff. Vgl.
auch P. Lehmann bei Traube Vorlesungen und
Abhandlungen I 1909, 195. [Funaioli.]
60 14) M. Granius Marcellus (der ganze Name auf
der Münze und einem Ziegelstempel), prätorischer
Proconsul von Pontus-Bithynien {praetor Bithy-
niae Tac), wohl im J. 14/15 n. Chr. zur Zeit
des Thronwechsels (unter Augustus geprägte
Münze mit dem Namen des G., Muret BulL helL
V 1881, 120), wurde im J. 15 von seinem Quae-
stör Caepio Crispinus und von Romanus Hispo
wegen Majestät« Verletzung und Erpressungen an-
geklagt, von der ersteren Beschuldigung jedoch
freigesprochen; de pectmiis repetundis ad reci-
peratores itiim est {Tac. ann. I 74; auf denselben
Vorgang spielt Suet. Tib. 58 an, jedoch irrig:
damnato reo-, vgl. Muret a. a. 0.). Er besaß
Ziegeleien im Gebiet von Tifernum Tiberinum
(Ziegelstempel aus den J. 7 und 15 n. Chr. CIL
XI 6689, 118. 119. Ihm Hermes XXXVII 160.
Gamurrini Strena Helbigiana 1900, 97 =
6 rgawog o$& 6 Aoxtymog otW' 6 SdQOTas
xabtGQ noXXa ixsrevoavTi avx$ r uioXka 8h xal
xeooxaQTegtfoavzt axpeAtjonv • Bcefcyte yäg avxoig
xai ajiodtjfiäv xai ev%äg xal dvolag xai ava&üf-
ftaxa, xal JioXXot xaV ixdorijv oi roiovrd xi <p£-
povxeg öts&eov ' tjX&e ök xai avxog «? xal zfi jra-
Qovojq, xt lazvawv, xal enoage navö" oaa oi %?-
axsvovzdg xi stöiovotv, etv%s <5' ovdevog tÖjv ig {,y£-
etav TEtv6vxcov). Im übrigen sind wir auf in-
SCnriftlicllft Dflnkmalpv ort rrami Ä ™~ J:_ ja •_"
Dessau H8647) G am ur?i si 1&" V^ loSli3^^.,T£riZ Z St
gehenden Grund für ein. Verwandten des ziemlicher Anzahl erhaUef toben ; «Starinä
mit T?iiliji'Mmi«4-Al1 <■>... 1 .. i i -»-. .
jüngeren Plinius (vgl. Stein in Bursians Jahres-
ber. CXLIV 291. 369).
lo) Granius Marcianus, Senator, a. C. Graccho
maiestatis postulatus, vim viiae sitae attulii
Tac. ann. VI 38 (im J. 35 n. Chr.), Vielleicht
Sohn des Granius Marcellus Nr. 14. [G'roag.]
16) Granius, ein Arzt, wird von Plin. n. h. I
unter den Quell enschrifstellern des XXVIIL Buches
•j. -n t »j 7 Vi """ ,J " ) einige ÖUW
mit Reliefdarstellungen geschmückt. Nach Aus-
weis derselben war sein Kult besonders an der
oberen Donau (Raetien) zu Hause. Auf einem
im Donaubett bei Faimingen (bayr. Schwaben) ge-
fundenen Epistyl wird der Gott im Verein mit der
saneta Sygia angerufen (CIL III 5873, vgl. HI
Suppl. p. 1854. Dessau 4651). Vielleicht gehörte
dasselbe zu dem G.-Heiligtum, das sich bei Lau-
K-5-imn« (wo ^^,£=SÄÄ
haben) zitiert. [Stein]
17) Gegen Granu führte der Schriftsteller
Apuleius eben einen Prozeß für seine Gemahlin
(Aemilia) Pudentilla, als gegen ihn selbst von den
Verwandten seiner Frau eine schwerere Anklage
erhoben wurde, Apul. apol. 1. Dies war im
dritten Jahr seines Aufenthaltes zu Oea gegen
Ende der Regierung des Kaisers Pius; vgl o
Grenze) befunden zuhaben scheint. Aus der Gegend
stammen die Inschriften CIL III 5874 (Zeit Helio-
gabals ?, -fragmentarisch erhalten, der Dedicant
Dionysius ist legatus Augusti). 5871 Apollim
Granno Signum cum base. 5876 Apollim Granno
M. TJlpius Secundus 1 leg(ionis) III ItalficaeJ
cum signo argmim v. s. I L m. 5881 (,ara magna
bonis litteris', einst im Kirchturm des Dorfes
des Stadt- 30 vincialis ex voto l. l. m. Auch der im Kirch-
18) P. Granius Paulus, avonetdus „^ „„„««-
praefecten (unter Kaiser Pius) Q. Lollius Urbi-
cus, daher Bruder der Grania Honorata, der
Mutter dieses Stadtpraefecten , CIL VLTI 6705
(aus Tiddis, einem der Pagi von Cirta in Nu-
midien).
19) Q. Granius (ziemlich allgemein ange-
nommene Konjektur von Lipsius aus dem über-
lieferten pisonemque gravius), klagte den (L.)
Calpurnius Piso (den Augur) im J. 24 n. Chr
a ht • w v i *j~ — s J m ' ^ UL ' genossm ues kj. erscneint. bo auf dem wecen
4Ät H ldlg, l ng / n ' ^r- T m Jl S- 40 der bildlichen Darstellungen besonderf^chülen
30) Grania Honorata. Gemahlin dp« M T.nllin= ii+»^ a*~ „..„ a r-i._^__. -=» ^ul™
20) Grania Honorata, Gemahlin des M. Lollius
Senecio, Mutter des Stadtpraefecten unter Pias
Q. Lollius Urbicus, des L. Lollius Senecio und
des L. Lollius Honoratus, CIL VIII 6705 (Tiddis
in Numidien). [Stein.]
Orannona (Grannonum). Die Not. dign. occ.
XXXVII 14 verzeichnet ,sub dispositione viri spec-
tabilis ducis tractus Armoricani et Nervicani' den
tribunus cohortis primae novae Armoricae, Gran-
turm von Hausen (zwischen Dillingen und Lau-
ingen) eingemauerte Stein CIL III 11903 ge-
hört, wie es scheint, hierher; denn die von H
de Villefosse Eev. epigr. IV 1901 p, 154 vorge-
schlagene Ergänzung [in h. d.] d. [deo samto Apol-
lini Granno et dejae sanetae Sifronae ... -7 item
vahas [....] hat viel für sich, da die keltische
Sirona auch auf anderen Inschriften als Kult-
;enossin des G. erscheint. So auf dem wegen
tnihtum Granmmertiium Granmmo (Gran.™™ k^tr^^X^ in a* u^lj .!, ™ D « n ™ d
tnihtum Grannonentium Grannono {Grannono
auch 12). Es ist wohl kein Grund, die Identität
von G, und Grannonum zu bezweifein ; aber die
Lage des Orts ist auf Grund dieses einzigen Zeug,
nisses nicht bestimmbar; bedenklich die Identi-
fizierung mit Gravinum (Tab. Peut). Desj ar-
din s Geogr. de la Gaule I 293. S30f. Holder
Altkeit. Sprachsch. s. v. [Ihm.]
Gramms, keltischer Gott, der, dem Apollon
Altar, der aus dem Kloster von Baumburg (Ge
biet von Bedaium) nach Irsing kam, wo er als
Weihwasserbecken diente (jetzt in München) CIL
III 5888 (vgl. Suppl. p. 1839) Apollim Granno
[et Sijronae (der weitere Text größtenteils un-
leserlich). Auf der linken Seitenfläche (Abbil-
dung bei Ch. Robert Revue celt. IV 138, besser
beiKhnkenbergZtschr. d. Aachener Geschichts-
vereins XIV 1892, Tafel zu p. 2) ist die Göttin
noTYro 01-011+ in Tut,;,™ .._J r»_ll." m i i
Ährenbüschel in den Händen; auf der rechten
Apollo G., .dessen einziges Kleidungsstück ein
den Rücken, die linke Schulter und den rechten
Unterarm bedeckender Mantel ist' ; in der Linken
tragt er eine große Lyra, die verstümmelte Rechte
scheint das Plectrum gehalten zu haben. Ob das
Sandsteinrelief, welches 1836 bei einer Mineral-
quelle in Niedernau (unweit Rottenburg) mit
Münzen, Scherben usw. gefunden wurde, wirklich
l£^&ttj£^«€£^™^W^
genoß. Wie für Belenus (s. d.), so haben wir
auch für G. wenigstens ein Schriftstellerzeugnis.
Dio LXXVn 15, 6 (zum J. 215) berichtet, daß
Aaiser taracalla, um Heilung von einer Gemüts-
taankheit zu erlangen, sich mit beharrlichem Ge-
bet und Opfern außer an Asklepios und Sarapis
aacn an Apollon Gramms wandte, ohne daß sie
ihm aber Hilfe brachten {ovxe Y oq 6 'AxölX&y
Inschriften Württembergs 124 nr. 162) annehmen,
bleibt unsicher (,der Gott ist reich gelockt und
steht mit gekreuzten Beinen dem Beschauer zuge-
kehrt. In der gesenkten Rechten hält er das
Gewand, welches über den Kücken gezogen ist
und über den linken Arm herabfällt. Dieser stützt
sich auf eine Lyra, welche auf einem Postament
steht*. Vgl. die ähnliche Darstellqng auf dem
*.va<> UTaiWUS
Trierer Viergötterpostament bei Hettner Die
röm. Steindenkmäler in Trier nr. 37, Abbild, p. 27).
Mit den Nymphen zusammengenannt ist der Gott
auf dem Altar von Ennetach CIL III 5861 =
11891 Apollini Granno et Nymphis C. Vidius
lulius pro se et suis v. s. I. I. m. (Abbildung
bei Haug und Sixt p. 7 nr. 10). Aus dem
Lauinger Heiligtum soll ferner stammen, was
keineswegs sicher ist, die in Brenz (Württemberg)
eingemauerte Inschrift CLL HI 5870 in h. d. d. 10
Apoll (ini) Granno Baienius Victor et Baienius
Victor et Baünim Vietorinus fili eins ex vissu
signum cum base (Haag und Sixt p. 23 nr. 29
mit Abbild.). Weitere Inschriften wurden gefunden
bei Neuenstadt a. d. Linde (Neckarkreis) CIL
XIII 6462 = Brambach CLRh. 1614 (= Haug
und Sixt nr. 387, die Inschrift ist überarbeitet,
Lesart an einigen Stellen zweifelhaft); in Hor-
burg (Elsaß) Brambach 1915 (= CIL XIII
5315. Dessau 4649) Apollini Granno Mogouno 20
aram Q. Licinifus) Trio d(e) s(uo) dfedieat) (vgl.
Mogounus); in Branges bei Autun Rev. archeol.
n. s. XXX 264 = CIL XHI 2600 (Dessau 4648)
Deo Apollini Granno Amarcolitan, Veranus
Verei f. Tilandei v. s. I. m.; in Trier Hettner a.
0, p. 36 nr. 47 = CIL XIII 3635 (Dessau 4647
in %. d. d. [djeo Apollinfi GJrafnnJo Pkoebfo)
L. J[n]genuviu[s] Primanu[s] ex voto p(osuit)
(auf der Oberiäche ein Einsatzloch zur Befesti-
gung einer Figur); in Bitburg (1824 gefunden 30
an einer schwachen, nie versiegenden Quelle, nebst
vielen römischen Münzen und kleinen Hufeisen)
Hettner nr. 48 (= Brambach 815. CIL XIII
4129) in k. d. d. Apollinfi Granno] et Sirofnae]
(mit stark zerstörter Reliefdarstellung der beiden
Gottheiten ; auch die Rückseite der Votivpiatte war
skulpiert); ferner die vielbesprochene metrische
Inschrift aus Bonn aram dieavü [sjospiti Con-
eordiae, Granno, Canienis, Martis et Pacis
Lari, qui[n e]t deorum stirpe genito Caesari 40
(Brambach 484. Hettner Katal. d. Bonn. Mus.
nr. 67. Bücheier Carm. epigr. 20. Dessau
1195. CIL XIII 8007), geweiht von dem Le-
gaten beider Germanien Fulvius Maximus (Pro-
sopogr. II 95 nr. 375) bei Gelegenheit der Mün-
digkeitserklärung seiner Kinder, welche Zwil-
linge waren (parens adidtae prolis geminae li-
berum)', ein Fragment aus Erp (Reg.-Bez. Köln)
Brambach 566 = CIL XIII 7975; eine Bronze-
basis, bei Arnheim im Rheinbette gefunden, CIL 50
XIII 8712 (vgl. Bonn. Jahrb. LVII 199. W.
Froehner Collection Julien Gre"au: les bronzes
antiques (1885) 14 nr. 48) Apollini Grann(o)
ClfawLia) Paterna ex imperio. Aus Britannien
ist bis jetzt ein G.-Denkmal bekannt, CLL VII
1082 = Dessau 4646 (Musselburgh bei Edin-
burgh ; verschollen) Apollini Granno Q. Lusius
Sabiniamis proe(urator) Aug(usti) v. s. I. m.;
ebenfalls verschollen die stadtrömische Inschrift CIL
36 = Dessau 4652 Apoüini Granno et sanetae
Sironae saerum. Endlich tauchte im J. 1818
in einem Grabhügel bei Fycklinge in der schwe-
dischen Landschaft Westmanland ein prächtiger
Bronzeeimer auf, der aus einem Heiligtum des
Gottes (vielleicht in Raetien) geraubt worden und
auf unbekannten Wegen bis nach Schweden ge-
langt ist; die Inschrift, die wegen des darin er-
wähnten praefectus templi bemerkenswert ist,
. Paoly-Wissowa-Kroll VII
ürannus
1826
lautet : Apollmi Granno donum Ammülius Con~
stans praef. templi ipsius v. s.l. I. m. (so nach
H. Willers Die römischen Bronzeeimer von Hem-
moor 1901, 119; ungenau Orelli 1997 und Und-
set Bull. d. Inst. 1883, 237; vgl. Ihm Bonn.
Jahrb. CVin— CIX42). Nicht sicher ist die Les-
art der Inschrift von O-Szöny (Brigetio, Pannon.
sup.) CIL JJI 10972, die probeweise folgender-
maßen ergänzt wird [templum Apollinis] Granfni
cum eo]lumn[is et porticijbus sui[s a . . .] Fe-
liee [.. . et euljtore loei [restitutum] . Gefälscht
sind CIL LH p. 10* nr. 74* (Dacien) und CIL
XIII 630* = Robert Epigr. de la Moselle I p. 12
(Apollo, Sirona und Nymphae loci). Dagegen ge-
hören selbstverständlich zu den G.-Denkmälern
auch diejenigen, die den Apollo (ohne den Bei-
namen) im Verein mit der Sirona nennen. So die
Inschrift von Großbottwar (Württemberg) CIL
XIII 6458 = Brambach 1597 = Haug und
Sixt nr. 336 in h. d. d. Apollini et Sironae aedem
eum signis C. Longinius Speratus vetferanus)
legfionisj XXII pr(imigeniae) p(iae) ffidelis) et
lunia Dem coniunx et Longini Pacatus Marti-
nida Hilaritas Speratianus fili in stio posuerunt
v. s, l. I. rn. Mueiano et Fabiano cos. (J. 201).
Ferner CIL XIH 6272 = Brambach 919 (Nier-
stein, an einer Quelle gefunden) deo Apollim et
Sironae Iulia Frontina v. s. I. I. m., ein Stein
aus Graux (dep. Vosges) CIL XIII 4661 Apollini
et Sironae Biturix Mi f(ilim), und der Altar
von Luxeuil (dep. Haute-Saöne) CIL XIH 5424
(Dessau 4653) Apollini et Sironae idem Tau-
rus, welcher Relief schmuck aufweist: auf der
Vorderseite ein Fruchtgehänge mit Tänien, auf
der Rückseite eine unbekleidete männliche Ge-
stalt (anscheinend Apollon mit dem Plectrum in
der Rechten), auf den Seitenflächen zwei weitere
männliche, nur um die Hüften bekleidete Figuren,
die eine mit, die andere ohne Bart, deren Deu-
tung unsicher ist (vgl. die Abbild, bei Ch. Ro-
bert Rev. celt. IV 139—141).
Datiert ist nur die Inschrift von Großbottwar
(J. 201). Vielleicht ist keine älter als das 2. Jhdt.
Frühestens dem Ende des 2. Jhdts. gehören die
Steine mit der Formel in honorem domus di-
vinae an, ferner die Bonner ara Fulviana (weil
iuridtei in Italien erst seit Marc Aurel vorkommen)
und CIL m 5876 (legio III ItoJica unter Marc
Aurel gebildet, Dio LV 24, 4) ; in die Zeit Helio-
gabais gehört vielleicht CIL III 5874; CIL
XIII 2600 wird von O. Hirschfeld als lapis
parvus litteris saeeuli II bezeichnet ; die Buch-
stabenform der Trierer Inschrift soll ins 1. oder
2. Jhdt. weisen (wegen der Formel in h. d. d.
eher 2. Jhdt.). Bemerkenswert ist, daß der Gott
immer Apollo Grannus genannt wird; nur auf
der metrischen Inschrift von Bonn fehlt der Zu-
satz Apollo (das Zitat Grannus bei Holder
Altkeit. Sprachsch. I 2039 beruht auf Irrtum).
Der Name wird gewöhnlich auf zwei Arten
gedeutet (s. Holder a. O. s. v.). Die einen
leiten ihn ab von gälisch greann, neuir. grarmi
(= Haar, Bart), andere (z. B. Bacmeister
Kelt. Briefe 29) von ir. grian (= Sonne). Nach
Glück (Renos 23) bedeutet das gallische grannos
(durch Assimilation für gransos ? vgl. skr. ghrans,
ghransas, solis ardor, solis Ivanen, darüas)
,wara, heiß'. Das Epitheton Phoebus, das er
58
\j> j. auviu u.d
auf der frierer Inschrift führt, scheint für die
Auffassung als Sonnengott zu sprechen (dagegen
Oaidoz Rev. archeol. 3, s<5r. VI 1885, 171ff.).
Den Eönlera aber galt seit Caesars Zeit (b. G.
VI 17 Apollinem morbos depdhre) der keltische
Gott, den sie als Apollon bezeichneten, als Heil-
und Gesundheitsgott ; und das bestätigen die In-
schriften, welche ihn mit Hygia und den Nymphae
zusammen nennen, sowie das oben angeführte
Zeugnis Dions. 10
Übet die angebliche Beziehung des G. zu dem
Badeort Aachen (der Name Aquae Granni ist
ohne Gewähr) s. Aquae Nr. 44 (dort weitere
Literatur; Ygl. ferner Kisa Die römischen An-
tiken in Aachen, Westd. Ztschr. XXV lff.). Vgl.
auch Roschers Lex. s. v., sowie die Art. Gra-
vionarium und Sirona. [Ihm.]
N. Granonius, Sohn eines N. aus der Tribus
Claudia (vgl. darüber Ihm Rh. Mus. LVII 318),
hatte in seiner Vaterstadt Luceria die Würde 20
eines Quattuorvirs bekleidet, vielleicht im J. 705
= 49 , als die Stadt im Februar eine Zeitlang
das Hauptquartier des Pompeius war, hatte ver-
mutlich 699 = 55 unter P. Lentulus Spinther in
Küikien als Centurio gedient (o. Bd. IV S. 1396),
machte dann in derselben Stellung unter Pom-
peius den Bürgerkrieg mit und fand in Athen
sein Ende oder doch wenigstens sein Grab (In-
schrift eines zylindrischen Cippus von der be-
kannten athenischen Form CIL III 6541 a = D es - 30
sau 2224). Ein N. Granonius scheint auch auf
der sizilischen Inschrift IG XIV 382 b genannt
zu sein. [Münzer.]
Granoa {Tgävog Scyl. per. 47), Name eines
östlichen Vorgebirges der Insel Krete, von J.Vos-
sius (zur Stelle) in "Ixavog (s. d.) verbessert,
C. Bursian Geogr. v. Griechenl. II 577, 1.
[Bürchner.]
Gramms, Fluß im Lande der Quaden (jetzt
Gran), an dessen Ufern Marc Aurel das erste 40
Buch seiner Selbstbetrachtungen schrieb (I 17
xa. ev KovdSotg scgog x<p FQavovq). Zeuss Die
Deuts chen 464 Müllenhoff Deutsche Altertums-
kunde II 323. 337. 373. [Ihm.]
Granucomatae, bei Plin. n. h. V 19 Name
zweier Tetrarchien im Innern Syriens zwischen dem
Gebiet von Cyrrhestice und dem von Emesa, also
zum Bereich von Koilesyrien gehörend. [Beer.]
Granu comatitae (Plin. n. h. V 19, 81), Be-
zeichnung zweier Tetrarchien in Syria Kyrrhestica; 50
sonst unbekannt. [Benzinger.]
r^aäg orfj&os. Als Agesilaos 377 nach Ver-
wüstung des südöstlichen Teils der thebanischen
Feldmark an Theben vorbei nach Thespiai mar-
schieren will, treten ihm die Thebaner nicht weit
von der Stadt in fester Stellung entgegen. Von
dem Ort heißt es bei Xen. hell. V 4, 50 ävxexd-
favzo ixl Fgaog axq&Et . . . azevov rjv zavrjj ixist-
xc5f xal Svoßazov xö -/coqiov, bei Polyaen. II 1, 12
xäzeXdßovxo X6<pov vjieq zijg 68oy Svoßazov xaXov- 60
(ifvov 'P£ag idog. Auf dieselbe Örtliehkeit bezieht
sich Steph. Byz. s. Tdvayga: tt}v Sk rgaiav (IL
II 4§8)jh>tot XJyso&at to vvv xrjg &t}ßaixijg xaXov-
f*evw idog. Bei Polyainos ist Pgaiag konjiziert
(8. d. Ausg. von Melber), ohne Grund, da der
KBit der Ehea in Boiotien, besonders in Theben,
«ureichend bezeugt ist (Gruppe Griech. MythoL
1 88); bei Steph. Byz. ist 'Pias e3og von Meineke
*Qct<pr] löse
vermutet ein Genetiv fehlt augenscheinlich, der
Zusammenhang führt auf Pgaiag, Dadurch, daß
Agesilaos sich gegen die von Verteidigern ent-
blößte Stadt wendet, veranlaßt er die Thebaner,
auf den Hügeln entlang in der Richtung von
Potniai (2 km südlich von Theben) zurückzueilen,
und zwar wählen sie diesen Weg, weil er mehr
Schutz bot; er war also nicht der nächste (Xen.
§ 51f.). Ihre ursprüngliche Stellung befand sich
demnach im Südosten von Theben, in der Hügel-
gruppe, die heute Psilörachi heißt. Genauer läßt
sie sich nicht bestimmen, weil die Oberfläche der
aus weichem Konglomerat bestehenden Hügel sich
außerordentlich verändert hat. Die Grenze gegen
Tanagra, die E. Meyer Theopomps Hellenika 97,
2 bei T. a. ansetzt, lag jedenfalls weiter öst-
lich. Ulrichs Reisen u. Forschungen II 75.
Melber Über d. Quellen Polyaens, Jahrb. f. Phil.
Suppl. XIV 538f. (seine Darstellung der Vorgänge,
die zu dem Treffen führen, ist ganz verfehlt).
Kaupert Karte von Attika 1:100000. Vgl.
Pgaiag yoyv (Marmarike) Ptolem. IV 5, 7. Anon.
stad. mar. m. 19. Pgaog ydXa (Phrygien) Niketas
Akominatos VI 8. KaXoygalag ßovvog Kinnamos
H 40, 18. [Bölte.]
Graphara s. Gaphara.
Tga<pp 1) ist eine Art der öixtj (s. d. Poll.
VIII 41 ixaXovvto at yga<pal xai Öixai, ov (asvzoi
xal at Uxai ygarpai), und zwar die dixrj typoola
(Demosth. XVIII 210) im Gegensatze zur idia.
Lys. I 44. Isae. XI 32. 35. Mehrfach wird sie
auch schlechtweg der dtxr} als dem Privatprozeß
entgegengestellt, Isae. XI 28. Isokr. XVIII 51.
Plat. Euthyphr. 4 a. Von dem Unterschiede
handelt Demosth. XXI 42f. Andererseits aber
schwankt der Begriff, indem vielfach den y. andere
besondere Arten öffentlicher Prozesse an die Seite
gestellt werden (so die ev&vvat [Xen,] resp. Athen,
3, 2. Demosth. XVIII 124, [Demosth.] XL VI 6,
ajtoyQcupai Lys. XVI 12. Demosth. XIX 209, diese
und ev&wai Demosth. XVIII 249, tpdaetg [De-
mosth.] LVIII 6, diese mit lvds%st S und ana-
ytoyat Demosth. XXXIX 14). hier und da jedoch
eine solche, insbesondere die sioayysXia xaxcöoscog
oQtpavov, auch als y. bezeichnet wird (Isae. XI
28. 81. 35. [Demosth.] LVIII 32), ein Beweis
für die mangelnde Schärfe dieser Begriffe im
griechischen Rechte. Es findet sich auch die
Bezeichnung ygcupal tdiat in einem Gesetze bei
Demosth. XXI 47 und ygatpai St]ßdatat XXIV 6,
und man ist versucht, danach zwei Klassen zu
unterscheiden, je nachdem das Verbrechen un-
mittelbar den einzelnen und nur mittelbar den
Staat (Krimmalverbrechen) oder unmittelbar den
Staat und nur mittelbar den einzelnen schädigt
(Staatsverbrechen). Indessen ist es fraglich, ob
dieser Unterschied durchgedrungen ist, jedenfalls
darf der Versuch von Brewer Wien. Stud. XXn
264f. XXHI 37f., alle y. (im engeren Sinne) als
iStat (privatvertretene) den eloayysXiai und tzqo-
ßokai als öffentlich vertretenen (STjftootai) gegen-
überzustellen, als mißlungen gelten. Denn weder
läßt sich die umfassendere Bedeutung der y. noch
die öffentliche Vertretung der EloayysXiai hin-
reichend sicherstellen. Der letzteren widerspricht
die starke Betonung der Rolle des Klägers selbst
in einem so einfachen Falle wie [Demosth.] Xl/VU
42 mit IxiXsvBr sloayykXlsw , oTtoäa&evxog X6yov
i»ay
Graphon
Gratiana
1830
lxaxigq>,' mrvexatgijöa Säte . . . ngaozifin^vai.
Mehr noch die Befugnis des Anklägers, die Sache
fallen zu lassen, Din. I 94. Lys. XXX 34. [De-
mosth.] LVIII 32, die im letzteren Falle bei einer
sioayyeXfa xaxaooetag oQtpavov angesichts des Ge-
setzes bei [Demosth.] XLHI 75 in der Tat wunder
nimmt. Ebenso die Freigabe der Anklage in dem
Gesetze des Timokrates, Demosth. XXIV 63. Der
Hauptunterschied zwischen y. und dixq ist der,
■daß in den ersteren jeder im Besitze der Ehren- 10
rechte befindliche Athener zur Erhebung der
Klage berechtigt war, Poll. VIII 41. Die Formel
lautet bei Demosth. XXI 47 yga<pie$a> stgbg zovg
fcöfiodhag 6 ßovXopevog 'A-d-tjvaioiv otg Eg~eaxtv.
Darum werden die Mordprozesse , bei denen aus
religiösen Gründen das Klagerecht auf die dveyjwztjg
beschränkt war, CIA I 61 ölxai benannt. Ferner
fiel in den y. die Buße des Verurteilten an den
Staat, Demosth. XXI 47. XXIV 138; Ep. 3 p. 1481,
wobei nur die y. äSixwg etgyßrjrat <hg ixoi%öv 20
(Demosth.] LIX 66, ßovXevoecog und ipsv6syyga(pijg
«ine Ausnahme zu bilden scheinen. Endlich ver-
fällt bei den y, der Kläger, der nicht den fünften
Teil der Stimmen erhält oder die Klage vor der
Entscheidung fallen läßt, in eine Buße von 1000
Drachmen an den Staat, Demosth. XXI 47. XXIV 7.
XXII 21 und durfte künftig die gleiche Klageart
nicht mehr anstellen, Harpocr. s. idv zig. Demosth.
XXI 103.
2) Die Klagschrift, auch bei den dt'xat De- 30
mosth. XXVII 12. Dion. Hai. Dein. 3. Arist.
Pol. VI 1331 b. Athen. IX 407c. Dittenb erger
SyU.2 512, 20 aus Kalymna. [Thalheim.]
Graphon (rgdqxov), örtlichkeit (xcogtov) auf
der Insel Thera (s. d.), IG XII 3 nr. 345, 3.
[Bürchner.]
Grapso, Donaukastell in Moesia inferior, Pro-
-cop. de aedif. 307, 46 Pgayjco. [Patsch.]
Graptus, mit vollem Namen wahrscheinlich
Ti. Iulius Graptus, Freigelassener des Kaisers 40
Tiberius, blieb bis ins hohe Alter hinein am
Kaiserhof. Unter Nero brachte er es durch Ver-
leumdung dazu, daß (Faustus) Cornelius Sulla
(Felix), der Consul des J. 52, gegen den Nero
schon von früher her Argwohn hegte, nach Massilia
verbannt wurde, im J. 58 (vor dem 19 Mai,
s. Groag o. Bd. IV S. 1522), Tac. ann. XHI 47.
Wahrscheinlich sein Name ist auf einer in Rom
an der Via Portuensis gefundenen Bleiröhre zu
lesen: Graptus Augfusti) l(ibertus) , CIL XV 50
7466. Der Name seines Sohnes findet sich auf
der Marmortafel mit dem Kalender von Antium,
€IL X 6638 C IU 1 = CIL 12 p . 247: Ti.
Iviius Grapti f. Nata[lis]. [Stein.]
Gras (rgdg), Sohn des Echelas, Enkel des
Penthilos, Urenkel des Orestes, Führer der Kolonie
nach derAiolis, nachdem sein Großvater bereits
Lesbos besiedelt hatte, Paus. II 2, 1 ; s. den Art.
^ rai - [Hiller v. Gaertringen.]
Grasos (Nicand. ther. 669) s. den Art. Kr a- 60
sos Nr. 1. [Bürchner.]
GraBsatores sind Wegelagerer, welche das
gleiche Ziel wie Räuber, insbesondere Straßen-
räuber, haben (Cic. de fat. 34, i f. Pauli, rec. sent.
V 3, 4), aber die mit Strafe bedrohte Handlung
der g., die grassatura, grassatio, ist doch nicht
gleichbedeutend mit Raub (so Feuerbach) oder
Straßenraub (so Mommsen). Die grassatura
war als Vorbereitungshandlung für Raub, Raub-
mord, Straßenraub mit der gleichen Strafe wie
diese Verbrechen bedroht, auch wenn im einzelnen
Falle kein Raub usw. nachweisbar war : Grassa-
tores, qui praedcte causa id faciunt prommi la-
tronibus habentur. et si cum ferro adgredi et
spoliare instituerunt , capite puniurtiiw utique
si saepius atque in itineribus hoc admiserunt.
ceteri in metallum dantur vel in insulas rele-
gantur (Dig. XL VIII 19, 28, 10). Nach Dig.
XLVIII 8, 1 pr. wird als g. schon derjenige be-
straft quzve hominis oecidmdi furtive faciendi
causa cum tdo ambulaverit. Das römische Recht
wandte hier den Satz an : dolus pro facto acei-
pitur; in matefieiis voluntas spectatur, non exi-
tus (Dig. XLVIII 8, 7 und 14). Die Begehung
eines Raubes erscheint hiernach nur als mate-
rielle Konsumtion des Verbrechens, ohne zum ge-
setzlichen Tatbestand zu gehören. Schon Augu-
stus hatte das aus den Bürgerkriegen stammende
Unwesen der Wegelagerer bekämpft; auch Ti-
berius hatte Veranlassung, energisch dagegen
einzuschreiten (Suet. Aug. 32; Tib. 37). Die
Strafe war in den schwersten Fällen Todesstrafe,
sonst Zwangsarbeit oder Verbannung (s. o.). Li-
teratur: A. Feuerbach Lehrbuch des peinlichen
Rechts u (1847) §353. W. Rein Kriminalrecht
der Römer (1844) 424ff. Th. Mommsen Rom.
Strafrecht (1899) 629, 4. [Kleinfeiler.]
Grassatnra s. Grassator.
Grasse (der Name zweifelhaft, die Hand-
schriften schwanken zwischen rgdooriv, Pgatotjv,
rgdoxyv, der Ausschreiber des Prokop Theophanes
p. 191, 1 9 de Boor hat XQdarjv oder Xgdaiv), Lust-
schloß der vandalischen Könige, 350 Stadien von
Karthago in der Richtung nach Hadrumetum zu
gelegen, Procop. Vand. I 17, 8; muß ungefähr
in der Gegend des von Ptolemaios (IV 3, 9
[2 p. 621, 7 Müller]) erwähnten Aphrodisium ge-
legen haben, s. o. Aphrodision Nr. 7 [Bd. I
S- 2728]. [Dessau.]
Grata, Tochter des Kaisers Valentinians I.
und seiner zweiten Gattin Iustina, blieb unver-
mählt. Sie überlebte ihren Bruder Valentinian IL,
der 392 starb. Socrat. IV 31. Ambros. de obit.
Valent. 36ff.; epist. 53, 5 = Migne L. 16, 1370.
WS- [Seeck.]
Gratia s. o. Bd. IV S. 1316.
Gratiae s. Charites.
Gratiana. 1) Donaukastell in Moesia inferior
(Not. dign. or. XXXLX 27: Müiies primi Gra~
tianemes, Gratiana, vgl. Seeck Herrn. XI 75, 1).
Wohl identisch mit dem von Procop. de aedif.
308, 26 nächst Carsum verzeichneten rgaztard.
Jirecek Das christliche Element in der topo-
graphischen Nomenklatur der Balkanländer 72
und Die Romanen in den Städten Dalmatiens
während des Mittelalters I 15.
2) Befestigter Ort an der Donau in Moesia
superior östlich von Viminacium (Not. dign.
or. XLI 26 Auxiliuin Gratianense, Gratiana;
Hierocl. 657, 4 r e aTiavd) r wird im J. 534 n. Chr.
von den Goten im Gepidenkriege bedrängt (Pro-
cop. de bell. Goth, I 3, 15). Kanitz Römische
Studien in Serbien 66. Jireöek Das christliche
Element in der topographischen Nomenklatur der
Balkanländer 72. [Patsch.]
8) Giatiana(?), Ort mit Bischof (ßraUanm-
sis) in der Provincia Byzacena, Victor Tit. II 23,
101. [Dessau.]
Öratianensis, Vir illustris in Gallien, Tisch-
genosse des Kaisers Maiorianus im J. 461, Apoll.
Sid. epist. I 11, 10. 13. [Seeck.]
Gratianopolis. 1) s. Cularo.
2) Afrikanische Stadt (Provinz Mauretania
Caesariensis) , von der Bischöfe imJ. 411 (coli.
Carth. I 135, hei Mansi Act. conc. IV 119) und
im J. 484 (in Halms Victor Vitensis p. 69,10
Maur. Caes, nr. 81: Gratianopolitanus) erwähnt
werden. [Dessau.]
Gratianus. 1) L. Turranius G. , Corrector
Achaiae unter Diocletian (CIL III 6103), Praefectus
urbis Romae 290— 291 (Mommsen Chron. min.
I 66. CIL VI 1128 cum addit.). Erwähnt CIL
VI 32120.
2} Vater der Kaiser Valentinian und Valens
(Dessau 758. Ammian. XXX 7, 1. 2. Vict. ep.
45, 2. Symmach. or. I 3. Auson. grat. act. 8, 39). 20 nus non modo voluniate sed etiam exereiiio fuit.
Ammian. XXVII 6, 4—16. Zosim. IV 12, 2.
Hieron. chron. 2383. Auson. vers. pasch. IX 26.
Symmach. or. 1 3. III 3^5). Gattin und Schwieger-
mutter sollen dies dem Kaiser angeraten haben:
(Vict. ep. 45, 4), weil dieser kurz vorher eine,
schwere Krankheit durchgemacht hatte und mait
für den westlichen Reichsteil Usurpationen fürch-
tete, falls er ohne Hinterlassung eines anerkannten
Herrschers starb (Ammian. a. O. Zosim. a. O.).
Charakterschilderungen. Vict. ep. 47 r
4 — 6: fuit autem Gratianus literis kaud medio-
criter institutus: earmeti faeere, ornate loqui,.
explicare controversias rhetorum more; nihil
aliud die noetuque agere quam spiculis meditari
swmmaeque voluptatis divinaeque artis credere
ferire destinata. parcus cibi somnique et vini'
ac libidinis victor, cuncttsque fuisset plemis-
bonis, si ad cognoscendam reipublicae gerendae
scieniiam animum intendisset, a qua prope alie-
Aus niederem Stande bei Cibalae geboren, bekam
er schon als Knabe den Beinamen Funarius, weil
fünf Soldaten ein Tau, das er trug, ihm nicht zu
entreißen vermochten (Ammian. XXX 7, 2. Vict.
ep. 45, 2). Er diente als Protector domesticus
in Salona (Ammian. XXX 7, 3. CLL IH 12 900),
also wahrscheinlich am Hofe Diocletians nach
dessen Abdankung, d. h. zwischen 305 und 316,
Um 321 , als ihm sein älterer Sohn geboren
nam dum exereitum neglegeret et paticos ear
Alants, quos ingenti auro ad se tramtulerat,
anteferret veteri ac Romano militi adeoque bar-
barorum comitatu ac prope amicitta eaperetur,.
ut nonnumquam eodem habitu iter faeeret, odia
contra se müitum excitavit Eutin, h. e. XI 13:
is pietate et religione omnes paene, qui ante
fuerant prineipes, superabat. usu armorum stre-
nuus, velox corpore et ingenio bonus erat, sed
wurde, war er Tribunus in Illyricum und wurde 30 iuvenili exultatione plus fere laetus quam suf-
dann Comes Africae (Ammian. XXX 7, 3. Symmach.
or. I 1). Da er in diesem Amt in Verdacht kam,
Geld unterschlagen oder die Untertanen geplündert
zu haben, wurde er abgesetzt, aber nach einiger
Zeit zum Comes Brittanniarum ernannt. Nach-
dem er sich in das Privatleben zurückgezogen
hatte, bewirtete er 350 oder 351 in seinem Hause
den Usurpator Magnentius und wurde dafür von
Kaiser Constantius mit Konfiskation bestraft
fieiebat, et plus vereeundus quam rei publieae
inier erat, Ammian. XXXI 10, 18: praeclarae in-
dolis adulescens, facundus et moderaiits et belli-
cosus et elemens, ad aemulationem leetorum pro-
grediens principum , dum etiam tum lanugor
genis mserperet speeiosa, ni vergens in ludi-
briosos actus natura laxantibus proximis semet
ad vana studia Caesaris Gommodi convertisset T
licet hie incruentus, 19: intra saepta, quae
(Ammian. XXX 7, 3). Als seine Söhne zu Kaisern 40 appellant vivaria, sagiüarum pulsibus erebris-
erhoben waren, beschloß der Senat von Konstan-
tinopel, ihm eine Statue errichten zu lassen
(Themist. or. VI 81 d); eine andere wurde ihm
in Cirta gesetzt (Dessau 758).
3) Flavius G., römischer Kaiser 367—383,
Enkel des Vorhergehenden, Sohn Valentinians I.
Seine Mutter nennt das Chron. Pasch. 369. 378
Marina, Socrat. IV 31, 10 Severa; aber was dieser
von ihr erzählt, ist nachweislich romanhafte Er-
de« toias conßcietis bestias , ineidentia multa
parvi dueebat et seria, XXVII 6, 15 : quem ocu-
lorum flagrantior lux commendabat vultusque et
reliqui corporis iueundissimus nitor et egregia-
pectoris indoles, quae imperatorem implesset
cum veterum leetissimis eonparandum, si per
fata proximosque lieuisset, qui viriutem eins
etiam tum instabilem obnubilarunt actibus pra-
Ambros. de ob. Valent. 74 = Migne L 16,.
findung. Die Nachricht des Chron. Pasch, verdient 50 1380: fuit enim et ipse fidelis in domino, pius
— .„ 1.. /ii„„i™ „i„ t-^;.... _i__ _„•_._ atque mansueius, puro corde; fuit etiam castus
corpore, qui praeter coniugium nescierit feminae
alterius consuetudinem. Er war von christlicher
Gesinnung (Auson. grat. act. 9, 43. Ambros. ep. 1),
die er auch selbst in einem an Ambrosius ge-
richteten Briefe ausspricht (Migne L 16, 875).
Er betete täglich (Auson. grat. act. 14, 63) und
beschäftigte sich so eingehend mit der Dogmatik,
daß er selbst über das Verhältnis von Vater und
umsomehr Glauben, als Arcadius eine seiner
Töchter Marina taufte (o. Bd. VI S. 917), dieser
Name also im Kaiserhause heimisch war. G.
wurde zu Sirmium (Vict. ep. 47, 1) im J. 359
geboren (Hieron. chron. 2375; vgl. Socrat. V 11,9.
Sozom. VII 13, 9. Vict. ep. 47, 7, wo vixit annos
XXIV statt XXIX zu schreiben ist) , nach der
Chronik des Hydatius am 18. April, nach dem
Chron. Pasch, am 23. Mai (Mommsen Chron.
min. I 239). Im J. 366 bekleidete er als nobilis- 6
simus puer zum erstenmal das Consulat (Ammian.
XXVI 9, 1. XXVH 2, 1. Symmach. or. III 2),
dem nach seiner Thronbesteigung noch vier
andere Consulate (371. 374. 377. 380) folgten.
(Mommsen HI 523). Am 24. August 367
(Mommsen 1 241. Socrat IV 11, 3. Vict ep. 47,
1) wurde er zu Aiuiens auf Antrag seines Vaters
zum: Augugtos ausgerufen (Mommsen a. O.
60 Sohn als Lehrer auftreten konnte (Ambros. de
spir. sanet. I 1, 19 = Migne L 16, 709). Auf
seine Veranlassung widmete ihm Ambrosius die
Schriften de fide und de spiritu saneto, und die
erstere veranlaßte ihn, eine Kirche Mailands, die
er vorher zu Gunsten der Arianer sequestriert
hatte, dem orthodoxen Kultus zurückzugeben
(Ambr. de spir. sanet. I 1, 19—21). Den Dona-
tasten in Afrika trat er entgegen (Cod. Theod.
XVI 6, 2) und erteilte dem heidnischen Vikar
FLavianus, der ihnen Duldung gewährt hatte,
■einen scharfen Verweis (Cod. Theod. XVI 5, 4;
vgl. Seeck Symmach, p. CXIV). Über sein Vor-
gehen gegen das Heidentum soll unter dem J. 382
gehandelt werden. Frugalitat und Keuschheit
<Auson. grat act. 14, 66); Freigiebigkeit, nament-
lich gegen die Soldaten (Auson. grat. act. 2, 7.
8, 40. 15, 71. 17, 77); Freude an körperlichen
Übungen, vor allem am Pfeilschießen (Auson.
grat act. 14, 64. 65) ■, Beschäftigung mit Rhe-
torik (Auson. grat. act. 15, 68. Symmach. ep. X
2, 5). Seinen Stil kennen wir aus dem Brief an
Ambrosius, der eigenhändig geschrieben war
{Ambr. ep. 1, 3), und aus dem an Ausonius (grat.
act 4, 17. 9, 43. 11, 53).
368. Der neunjährige Knabe begleitete seinen
Vater bei einem siegreichen Feldzuge gegen die
Alainannen (Ammian. XXVH 10, 6. 10. Auson.
Mos. 422. Symmach. or. III 3. 7. 10). Der
Dichter Ausonius scheint sich damals noch nicht
in seiner Umgebung befunden zu haben. Denn er
•spricht zwar davon, daß er das Hollager des
Kaisers auf seinen Zügen begleitet habe (Gryph.
praef. [XXVI 1] Bissul. 4, 4; epist. IV 81), aber
so geschwätzig er über seine persönlichen Verhält-
nisse ist, deutet er doch niemals an, daß er Zeuge
bedeutender Kriegstaten gewesen sei. Doch scheint
•er gleich nach Beendigung des Feldzuges an den
Hof berufen zu sein. Denn schon Anfang 369 spielt
Symmachus darauf an, daß G. von einem be-
rühmten Schriftsteller unterrichtet werde (or. IH
7), und Ausonius sagt, er habe um diese Zeit
sein Tirocinium bei Hofe durchgemacht (Symmach.
■ep. I 32, 4), Er unterrichtete G. zuerst in der
Grammatik, dann auch in der Rhetorik (Auson.
ad lect. 26; vgl. ep. IV 1; grat. act. 2, 7. 5, 22.
24. 7, 30. 8, 39. 40. 10, 49. 18, 83 ; protrept 82
und sonst), und wurde dafür später zum Comes,
dann noch bei Lebzeiten Valentinians zum Quae-
stör ernannt (Auson. ad lect. 35; grat. act. 2, 11.
18, 83; protrept 90; ep. 18, 3).
369 den 25. Februar hielt Symmachus seinen
Panegyricus auf Gratian (or. III; vgl. Seeck
Symmachus p. XL VI).
374. Die zwölfjährige Constantia, nachgebo-
re nc Tochter des Kaisers Constantius IL (o. Bd. IV
S. 959), wurde aus dem Orient nach Gallien be-
rufen, um mit G. vermählt zu werden (Ammian.
XXIX 6, 7. 8; vgl. XXI 15, 6. Auson. grat. act.
11, 53. Themist. or. XHI 167c. 168a). Sie gebar
ihm vor 379 einen Sohn (August, de civ. dei V 25).
375. Während G. in Trier zurückblieb, zog
sein Vater gegen die Quaden an die Donau
<Ammian. XXX 10,1. Zosim. IV 19, 1) und
starb in Brigetio am 17. November (Mommsen
Chron. min. I 242. Socrat. IV 31, 6. Ammian.
XXX 5, 15. 6, 6). Damit gewann der sechzehn-
jährige G. die selbständige Herrschaft über den
westlichen Reichsteil. Doch wurde ohne sein
Wissen schon am 22. November sein Halbbruder,
der vierjährige Valentinian H. , in Acincum von
den Soldaten zum Augustus ausgerufen (Momm-
sen a. O. Socrat TV 31, 7. Ammian. XXX 10, 5.
Rufin. hist. eccl. XI 12. Zosim. IV 19, 1). Doch
zögerte G. nicht, ihn anzuerkennen (Auson. grat.
act 2, 7. Oros. VII 32, 15). Um diese Zeit wurde
Theodosins, der Vater des späteren Kaisers, in
Karthago hingerichtet (Hieron. chron. 2391. Oros.
VII 33, 7. Ambros. de ob. Theod. 53 = Migne
L 16, 1404), wahrscheinlich noch auf Befehl des
Valentinian.
376 am 1. Januar wurde eine Proklamation,
die das Programm der neuen Regierung enthielt,
im Senat von Rom vorgelesen und von ihm mit
großem Jubel begrüßt. Jedenfalls war sie von
Ausonius ausgearbeitet, der als Quaestor berufen
10 war, die kaiserlichen Erlasse zu stilisieren (Sym-
mach. ep. I 13). Sie verkündete, daß G. nicht,
wie sein Vater getan hatte, den Senat herunter-
zudrücken, sondern ihm Ehre und Einfluß zu
gewähren beabsichtige (Symmach. or. V 3. IT
5. 6. 9). Der Lehrer, dem der Jüngling zu ge-
horchen gewohnt war, gewann jetzt auch auf
politischem Gebiete den beherrschenden Einfluß
über ihn (Themist. or. XIII 174a; vgl. 171 d.
173 a), was sich schon darin aussprach, daß die
20 Ernennung seines Sohnes Hesperius zum Pro*
consul Africae eine der ersten Regierungshand-
lungen des Kaisers war. Denn jener ist schon
am 10. März 376 in diesem Amte nachweisbar
(Cod. Theod. XV 7, 3). Der Vater des Ausonius
wurde durch die Titularwürde eines praefectus
praetorio per Illyricum geehrt (Auson. epic. in
patr. 52), sein Schwiegersohn Thalassius erst zum
Vicarius Macedoniae, dann zum Proconsul Afri-
cae ernannt (Seeck Symmachus p. LXXVHI),
30 Magnus Arborius , der Sohn seiner Schwester
(s. o. Bd. II S. 420), und die Gatten ihrer Tochter
und ihrer Großtochter gleichfalls zu hohen Äm-
tern befördert (Auson. epic. in patr. 49), so daß
die Familie des Dichters in den folgenden Jahren
die Verwaltung des westlichen Reichsteils völlig
beherrschte. Auch wurde die Besoldung der
städtischen Lehrer Galliens, aus deren Mitte
Ausonius hervorgegangen war, am 23. Mai neu
geregelt (Cod. Theod. XIH 3, 11). Vor allem
40 aber zeigte sich seine Einwirkung darin, was er
selbst (grat. act. 1, 3) mit den Worten ausdrückt:
palatium, eum terribile aeeeperis, amabile prae-
stitisti; d. h. die neue Regierung bezeichnete
eine bewußte Reaktion gegen die vorhergehende ;
war Valentinian durch harte Grausamkeit ver-
haßt gewesen, so strebte sein Sohn unter Leitung
des Ausonius danach, sich durch Milde populär
zu machen (Auson. grat act. 15, 71. 16, 72,
Symmach. or. IV 15). Sogleich wurden alle
50 Steuerschulden erlassen und die Register, in denen
sie verzeichnet waren, in den Städten des west-
lichen Reichsteils auf offenem Markte verbrannt
(Auson. grat. act. 16, 73. 74. Themist or. XUI
175 c) und bald darauf verboten, bei Eintreibung
von Steuerrückständen die Folter anzuwenden
(Cod. Theod. IX 35, 2). Die Verbannten wurden
amnestiert, die Untersuchungsgefangenen befreit,
den Erben derjenigen, welche Valentinian hatte
hinrichten lassen, die konfiszierten Vermögen
60 zurückgegeben (Themist. or. XHI 171c. 174 b.
175 a. 179 a— c. Ambros. de ob. Theod. 52 = Migne
L 16, 1403). Den Präfekten von Gallien, Masi-
minus, der als Anstifter und schlimmstes Werk-
zeug der Grau samkeiten Valentinians galt (Am-
mian. XXVni 1. Symmach. ep. X 2, 3; or. IV
13. 14), ließ G. ans Pietät gegen seinen Vater
noch bis in den Frühling 376 im Amte , verbot
ihm aber, Dcnuntiätionen von Sklaven und Frei-
gelassenen gegen ihre Herren anzunehmen {Cod.
Theod. IX 6, 1. 2; vgL 19, 4. Symmach. or. IV
10). Auch trat er durch ein Edikt der Furcht
Tor neuen Hochverratsprozessen entgegen (Auson.
grat. act. 15, 71) Aher da Maximinus dem jungen
Kaiser gegenüber die Autorität des alten und
erfahrenen Beamten gar zu stark betonte, wurde
er entlassen (Symmach. or. IV 10—12) und schon
vor dem 23. Mai 376 durch Claudius Antonius er-
setzt (Cod. Theod. XIII 3, 11 ; vgl. o. Bd. I S. 2584)
P/ d ? rch S ewann der Senat den Mut, den gefallenen
Machthaber durch eine Gesandtschaft beim Kaiser
anzuklagen, was seine Hinrichtung zur Folge hatte
(Symmach. or. IV 12 ; ep. X 2, 3. Ammlan. XXVHI
1, 57). Wieder wurde eine Proklamation an den
Senat gerichtet und Symmachus, der mit Auso-
nius Freundschaft geschlossen hatte und einen
lebhaften Briefwechsel mit ihm unterhielt {Sym-
mach. ep. I 13—43), mit ihrer Vorlesung beauf-
tragt (ebd. X 2, 1). Auch seine Familie wurde
hochgeehrt, sein Verwandter Virius Nicomachus
Flavianus zum Vicarius Africae ernannt (Seeck
Symmachus p. CXIV), seinem Vater auf Petition
des Senats das Consulat für 377 verliehen, dessen
Antritt freilich durch seinen Tod verhindert wurde
(a. p. XLIH), Der Kaiser sorgte für die Korn-
zufuhren Roms und traf Maßregeln gegen die
Verschlechterung der Münze und die Übervor-
teilung der Untertanen bei der Steuererhebung
(Symmach. ep. X 2, 4). Endlich besuchte G.
selbst die Hauptstadt des Reiches, vielleicht um
dort am 24. August seine Decennalien zu feiern.
Denn der eQozotos des Themistios (or. XTTT ) ist
in seiner Gegenwart (165 d) in Rom (177 d. 178b;
vgl. or. XV 191b) gehalten oder richtiger wohl
vor den Toren der Stadt, um G. bei seinem Ein-
züge zu begrüßen, da von diesem als von etwas
Zukünftigem gesprochen wird (179b). Der Phi-
losoph war von Kaiser Valens, der, wie es scheint,
das Vorgehen seines Neffen etwas gar zu selb-
ständig fand (Eunap, frg. 42 = FHG IV 31
Zosim. IV 24, 4), als Bote oder Unterhändler zu
G. nach Gallien geschickt worden (Themist. or.
XIH 163c. 165d. 168a. 171b. 175c. XV 198
a. b. XXXI 354 d) und von diesem wahrschein-
lich nach Rom mitgenommen (Themist. XXXI
354 d). Hier scheint G. eine Verfugung erlassen
zu haben, die den privilegierten Gerichtsstand der
Senatoren regelte, die Erhaltung von Roms alten
Denkmälern zu sichern versuchte und die Auf-
führung neuer Prachtgebäude erleichtern sollte
(Cod. Theod. IX 1, 13. X 19, 8. XV 1, 19. Cod.
lust. m 24, 2; die Datierung unsicher). Über
Mailand (Ammian. XXVIII 6, 30) reiste er dann
nach Gallien zurück und ist am 17. September
wieder in Trier nachweisbar (Cod. Theod. IX
35, 2). Wahrscheinlich geschah es in seiner Ab-
wesenheit, aber kaum ohne seine Zustimmung,
daß der Stadtpräfekt Furius Maecius Gracchus,
der am 1. Dezember 376 und am 4. Januar 377
im Amte nachweisbar ist (Cod. Theod. II 2, 1.
LX 35, 3), den Mithraskult in Rom unterdrückte
(Hieron. ep 107, 2 = Migne L. 22, 869. Prud.
c Symmach. I 562).
• 3 i? 7 * ,%'} Bt bis zum 29 - März in Trier nach-
wewbar (Cod. Theod. IX 35, 3. XIV 3, 15. Vm
&, 34. I 32, 3; unsicher datiert I 32, 2), am
28. Juli u» Mainz (Cod. Theod. I 16, 13), am
17. September wieder in Trier (Cod. Theod. XI
2,3). Das Westreich wurde von Hungersnot und
Pest heimgesucht (Ambr. in Luc. X 10 — Migne
L. 15, 1807). Da die Goten, welche Valens in
das Reich aufgenommen hatte, sich erhoben
(Mommsen Chron. min. I 242), sandte G. seinem
Oheim Hilfstruppen aus Pannonien und Gallien
(Ammian. XXXI 7, 3—5. 9, 1).
378. Nachdem schon im vorhergehenden Jahre-
10 Hespenus, der Sohn des Ausonius, vom Proconsul
Africae zum Praefectus praetorio Italiae befördert
TL <°od Theod. I 15, 8. Vin 5, 34), wurde-
jetzt der Vater zum Praefectus praetorio Gallia-
rum erhoben (Auson. grat act. 8, 40). Sein Vor-
gänger Antonius ist zuletzt am 12. Januar nach-
weisbar (Cod. Theod. IX 20, 1. XI 39, 7), er selbst
zuerst am 20. April (Cod. Theod. VIII 5, 35).
Seine Mutter Marina, von der sich Valentinian
hatte scheiden lassen, berief G. wieder an den
20 Hof (Chron. Pasch. 378), wo sie nicht ohne Ein-
fluß gewesen zu sein scheint (Ammian. XXVITT
1, 57).
Als die Lentiensischen Alamannen durch einen
ihrer Landsleute, der unter den Leibwachen des.
Kaisers diente, die Nachricht erhielten, daß ein
Teil der gallischen Truppen dem Valens zu Hilfe
gezogen sei und G. selbst ihnen zu folgen ge-
denke (Ammian. XXXI 10, 3. 20), überschritten
sie im Februar den zugefrorenen Rhein, wurden
30 aber zurückgeschlagen (Ammian. XXXI 10, 4).
Darauf sammelten sie ein Heer, das einige auf
40000, andere gar auf 70000 Mann schätzten,
und erneuerten damit den Angriff. G. ließ einige
der nach Pannonien vorausgeschickten Truppen
zurückkehren, zog das gallische Heer zusammen
und stellte Nannienus und Mallobaudes an seine
Spitze. Diese schlugen die Alamannen bei 4r-
gentaria so gründlich, daß über 30000, darunter
der König Priarius, gefallen sein sollen und die-
40 jenigen, welche sich durch Flucht in die Wälder
retteten, nur auf 5000 geschätzt wurden (Ammian.
XXXI 10, 5-10. Vict. ep. 47, 2. Hieron. chron.
2393. Oros. VH 33, 8). G. war unterdessen in
Trier geblieben, wo er bis zum 1. Juni nachweis-
bar ist (Cod. Theod. I 15, 9; vgl, VIII 5, 35).
Doch als er jetzt den Zug nach dem Osten an-
trat, beschloß er, unterwegs die Lentienser völlig
zu vernichten. Er brach daher in den Schwarz-
wald ein, ließ sich aber nach schwierigen und
50 verlustreichen Gebirgskämpfen, in denen er per-
sönlich tapfer mittat, zu einem Vertrage bewegen,
nach dem die Alamannen ihm Rekruten stellten
(Ammian. XXXI 10, 11-18. Auson. grat act. 2, 8).
Dann zog er über Arbor Felix, Lauriacum, Bo-
nonia nach Sirmium (Amian. XXXI 10, 20. 11, 6*
vgl. Zosim. IV 24, 3), dann, obgleich er von
einem Wechselfieber heimgesucht wurde, nach
Castra Martis, wo ihm die Alanen ein Gefecht
lieferten (Ammian. XXXI 11, 6). Seinen Comes
60 domesticorum Richomeres sandte er mit einem
Brief an Valens voraus, worin er bat, die Schlacht
nicht zu übereilen, sondern seine demnächst be-
vorstehende Ankunft abzuwarten (Ammian. XXXI
12, 4. S). Doch eifersüchtig auf die Erfolge seines
jungen Neffen, beschloß Valens, die Goten als-
bald anzugreifen, um sich allein den Buhm des
Sieges zuschreiben zu können (Ammian XXXI
12, 1. 7; vgL Zosim. IV 24, 4). Er erlitt am
9. August bei Hadrianopolis eine schwere Nieder-
lage, die ihm selbst das Leben kostete (s. Valens).
Als Victor, der sich aus der Schlacht gerettet
hatte, dem G. die Nachricht überbrachte (Zosim.
IV 24, 3), muß dieser, der schon in die thrakische
Diözese eingerückt war (Auson. grat. act 18, 82),
sogleich nach Sirmium zurückgekehrt sein; denn
hier designierte er Ausonius zum Consuln für das
folgende Jahr (Auson. grat. act. 9, 42). Offenbar
Xni 3, 12. XI 31, 7), wo ihm Ausonius beim
Niederlegen seines Consulats die Gratiarum actio
hielt (Auson. grat. act 18, 80).
380. Ein Sieg des Kaisers wurde in Kon-
stantinopel verkündigt (Mommsen Chron. min.
I 243), wahrscheinlich über die Alamannen (So-
crat V 6, 2. Sozom. VII 4 , 1. Die Vandalen
nennt Iord. Get. 27, 141). Da Theodosius, durch
eine schwere Krankheit behindert, den Raubzügen
verzweifelte er daran, den Kampf gegen die sieg- 10 der Goten nicht entgegentreten konnte (Iord.
..^vi^„ a^™ ^11^+ „,,f„™,.i — M ™,i „_n+~ (} e k 27, 140; vgl. Socrat V 6, 3. Sozom. VII
4, 3. Zosim. IV 34, 4), zog G. aus Trier, wo er
bis zum 18. März nachweisbar ist (Cod. Theod.
XI 16, 12; vgl. VI 35, 9. Xm 5, 16. 9, 3), über
Mailand (Cod. Theod. XV 7, 4. 5 vom 24. April)
und Aquileia (Cod. Theod. X 20, 10 vom 14. Mai,
VI 35, 10 vom 27. Juni) nach Sirmium (Cod.
Theod. VII 22, 11 vom 8. Sept.) und schloß mit
den Goten einen Vertrag, durch den er ihnen
reichen Goten selbst aufzunehmen, und wollte
sich mit der Verteidigung des westlichen Reichs-
teils gegen ihr weiteres Vordringen begnügen.
Einstweilen suchte er den Zorn Gottes, den Valens
nach seiner Meinung durch die Begünstigung der
Arianer über sich heraufbeschworen hatte, dadurch
zu besänftigen, daß er allen orthodoxen Geist-
lichen, die durch jenen verbannt waren, die Rück-
kehr gestattete (Theodor, hist. eccl. V 2). Zugleich
gewährte er allen christlichen Sekten mit Aus- 20 Wohnsitze in Pannonien anwies und Korntribute
nähme der Eunomianer, Photinianer und Mani-
ehäer unbeschränkte Religionsfreiheit (Socrat. V
2, 1. Sozom. VII 1, 3), was er aber schon im
nächsten Jahre zurücknahm (Cod. Theod. XVI 5, 5).
In seiner Not berief G. den Theodosius, der
sich 374 als Dux Moesiae im Kampfe gegen die
Sarmaten ausgezeichnet hatte (Ammian. XXIX
6, 15) und daher die Kriegs weise der Donaubar -
baren gut kennen mußte, aus Spanien an seinen
Hof (Vict. ep. 47, 3. Theodor, hist. eccl. V 5, 2. 30
Paeat paneg. XII 10). Vielleicht hatte ihn sein
Comes sacrarum largitionum Eucherius, der wahr-
scheinlich ein Oheim des Theodosius war (s. o.
Bd. VI S. 882), auf diesen aufmerksam gemacht.
Kaum an der Donau eingetroffen, schlug der
jugendliche Feldherr die Sarmaten, welche die Be-
drängnis des Reiches zu einem Plünderzuge be-
nutzen wollten, mit geringen Streitkräften über
den Strom zurück (Theodor, hist. eccl. V 5. 6.
bewilligte (Iord. Get. 27, 141; vgl. Zosim, IV
33, 2).
381. G. scheint in Trier überwintert zu haben
(Cod. Theod. VHI 5, 36 vom 27. Febr.); im Früh-
ling zog er über Mailand (Cod. Theod. VI 22, 5.
26, 2 vom 29. März) nach Aquileia (Cod. Theod.
XV 10, 2 vom 22. April. XV 7, 8 vom 8. Mai)
und kehrte dann nach Trier aurück (Cod. Theod.
IV 22, 2 vom 14. Okt.).
382. G. zog über Mailand (Cod. Theod. VIH
4, 13 vom 3. Apr.), Brescia (Cod. Theod. XII
12, 9 vom 10. Mai) und Padua (Cod. Theod. XIV
18 vom 20. Juni) nach Viminacium an der Donau
(Cod. Theod. Xn 1, 89; vgl. I 10, 1 vom 5. Juli),
wahrscheinlich um hier einer neuen Bewegung
der Goten entgegenzutreten. Dann kehrte er
nach Mailand zurück (Cod. Theod. I 6, 8 vom
22. Nov.), wo er den Winter zubrachte (Cod.
Theod. XI 13, 1 vom 19. Jan. 383). Hier dürfte
Themist. or. XIV 182 c. Pacat. a. O. Auson. grat. 40 der Bischof der Stadt, Ambrosius, großen Ein-
act. 2, 7. 8) und rief dadurch bei G. die Über-
zeugung hervor, daß er der geeignete Mann sei,
um dem Ostreiche den Frieden wiederzugeben.
379 am 19. Januar erhob G. in Sirmium den
Theodosius zum Augustus und übergab ihm den
Reichsten des Valens (Mommsen Chron. min. I
243. II 14, % 60. Socrat. V 2, 3. Sozom. VII 2, 1.
4, 1. Vict. ep. 47, 3. Theodor, hist. eccl. V 6, 3.
Zosim. IV 24, 4). Um diese Zeit wurden die
fluß über ihn gewonnen haben, und dem ist es
wohl zuzuschreiben, daß er um diese Zeit (Am-
bros. ep. 17, 10 = Migne L. 16, 963: ante bienwktm
ferme) den Titel des Pontifex maximus, den er
bis dahin noch geführt hatte (Auson. grat. act.
7, 35), als erster Kaiser ablegte (Zosim. IV 36, 5)
und durch ein Reskript die Reste des offiziellen
Heidentums, die sich in Rom noch erhalten hatten,
zu unterdrücken suchte (Ambros. ep. 17, 5. 16).
Präfekturen von Gallien und Italien vereinigt 50 Er wies die staatlichen Leistungen , die bisher
und durch Ausonius und seinen Sohn kollegia-
lisch verwaltet, aber noch in demselben Jahre,
nachdem Ausonius einen Nachfolger erhalten
hatte, wieder geteilt (Seeck Symmachus p. LXXX).
Der Kaiser blieb mindestens bis zum 24. Februar
in Sirmium (Cod. Theod. VI 30, 1), am 2. Juli
war er in Aquileia (Cod. Theod. VII 18, 2. XITI
1, 11), am 30. Juli in Mailand (Cod. Iust. VI
32, 4), wo er, wahrscheinlich durch Ambrosius
für die Ausrichtung heidnischer Feiern bestimmt
gewesen waren, teils dem Fiskus, teils der Area
der Präfekten zu (Ambros. ep. 17, 3. 57, 2. Sym-
mach. rel. 3, 7); die Gehalte der Vestalinnen, der
Priester und ihrer Diener sollten künftig zur Er-
leichterung der Tran Sportleistungen dienen (Sym-
mach. rel. 3, 15. Ambros. ep. 18, 3. 12. 13), das
unbewegliche Eigentum, das ihnen durch Testa-
mente vermacht wurde, an den Fiskus fallen (Sym-
beeinflußt, am 3. August ein Gesetz gab, durch 60 mach. rel. 3, 13. Ambros. ep. 18, 16); ihre Be-
das er die Toleranz der Ketzereien , die er kurz
vorher selbst verfügt hatte, wieder aufhob (Cod.
Theod. XVI 5, 5). Dann zog er, da die Ala-
mannen in Gallien Raubzüge machten (Socrat.
V 6, 1. Sozom. VTI 4, 1), über Vicus Augusti
(Aoste, s. o. Bd. LI S. 2370), wo er am 10. August
nachweisbar ist (Cod. Theod. Xu 13, 4), nach
Trier (Auson. grat act. 7, 34. 18, 82. Cod. Theod.
freiung von den Munera wurde aufgehoben (Sym-
mach. rel. 3, 11. Ambros. ep. 17, 4. 14. 18, 11);
endlich wurde der Befehl gegeben, den Altar der
Victoria, der bis dahin im Senatslokal gestanden
hatte, zu entfernen (Symmach. rel. 3, 3. Ambros.
ep. 17, 9. 14. 18, 1. 7. 10. 31). Die Majorität des
Senats schickte eine Gesandtschaft unter Führung
des Symmachus an den Kaiser ab, tun ihn zur
uinuiuius
Zurücknahme dieser Verfügungen zu bewegen.
Doch der Papst Damasus übersandte eine Er-
klärung der christlichen Senatoren an Ambrosius,
die dieser dem G. zugehen ließ , und es so er-
wirkte, daß die Gesandten gar nicht vorgelassen
wurden (Ambros. ep. 17, 10. Symmach. rel. 3,
1. 20).
383. Es traten Ereignisse ein, welche die
Heiden als Strafe der Götter betrachteten (Sym-
mach. rel. 3, 15—17; ep. II 7, 3. Ambros. ep.
18, 3. 19—21}. In den meisten Provinzen (Sym-
mach. rel. 3, 15; ep. II 6, 2. 52, 1), vor allem
in Africa {Symmach. ep. IV 74, 2) und Ägypten
(Ambros. ep. 18, 19), deren Korn die Hauptstädte
zu ernähren pflegte, gab es vollständige Miß-
ernten, und wenn auch die Poebene, Gallien und
Pannonien glücklicher waren (Ambros. ep. 18,
21), so reichten ihre Erträge doch nicht aus, um
eine furchtbare Hungersnot abzuwehren. In Rom
griff man zu dem verzweifelten Mittel, alle
Fremden auszuweisen (Ambros. de off. min. III
7, 45. 49. Symmach. ep. II 7. 3. Anrmian. XIV
6, 19. Themist. or. XVIII 222a. Liban. or. XI
174). In Rätien fielen die Juthmigen ein (Am-
bros. ep. 18, 21. 24, 8). Constantia, die Frau des
Kaisers, starb und wurde am 12. September in
Konstantinopel beigesetzt (Mommsen Chron. min.
I 244) ; ihr Kind scheint ihr schon im Tode vor-
angegangen zu sein, da Symmach. rel. 3, 19 an-
deutet, daß G. ohne Leibeserben blieb. Zwar
trauerte er ihr nicht lange nach, sondern ver-
mählte sich gleich darauf mit Laeta (Zosim. V
39, 4). Doch noch in dem Glück der Flitter-
wochen traf ihn selbst der Tod (Sozom. VII
13, 9. Socrat. V 11, 7. 8).
G. hatte sich im Anfang dieses Jahres in
Mailand aufgehalten (Cod. Theod. XI 13, 1 vom
19. Jan. V 1, 3. XII 1, 95. XIII 10, 8. IX 27,
5. XII 1, 99. 100; zuletzt den 2. Mai HI 1, 4);
vom 21.— 28. Mai finden wir ihn in Padua (Cod
Theod. XVI 7, 3. IX 1, 14. U 19, 5), von wo er
über Verona (Cod. Theod. I 3, 1 vom 16. Juni)
nach Rätien zog, um die juthungischen Ala-
mannen abzuwehren (Socrat. V 11, 2. Sozom. VII
13, 1). Hier erhielt er die Nachricht, daß Ma-
ximus in Brittannien von den Truppen zum Kaiser
ausgerufen und dann gleich nach Gallien über-
gesetzt war (a. O. Sulp. Sev. chron. II 49 5;
vit. Mart. 20, 3. Oros. VII 34, 9. Vict. ep. 47, 7.
Zosim. IV 35, 3. 4. Rufin. hist. eccl. XI 14.
Pacat. paneg. XII 23. 38. Mommsen Chron.
min. I 461, 1183. 629. 646, 6. 9). G. eilte dem
Usurpator bis Paris entgegen (Mommsen I 461,
1183). Aber da er, selbst dem Sport des Bogen-
schießens eifrig ergeben, eine Schar alanischer
Schützen übermäßig bevorzugt hatte, fühlten sich
die übrigen Soldaten zurückgesetzt und fielen von
ihm ab (Zosim. IV 35, 2—5. Vict. ep. 47, 7.
Ambros. in psalm. 61. 17. Hieron. ep. 60, 15
= Migne L. 14. 1173. 22, 599. Pacat. paneg. XII
23. 24). Mit einer kleinen Schar, die ihm treu
geblieben war, wollte er über die Alpen fliehen,
wurde aber am 25. August (Mommsen I 297.
II 61) schon in Lyon durch den Verrat des Comes
Andragathius getötet (s.o. Bd. IS. 2132). Richter
Das weströmische Reich besonders unter den
Jawem Gratian, Valentinian n. und Maximus,
Berlin 1865.
4) Britannier, wurde von den britannischen
Truppen 407 auf den Thron erhoben, aber schon
nach vier Monaten getötet, um Constantin m.
Platz zu machen, Olymp, frg. 12 = FHG IV 59
Zosim. VI 2, 1. 2. 3, 1. Oros. VII 40, 4.
zi *, [Seeck.]
Gratiarum collis (Xaohcov k6<pos) wird von
Herod. IV 175 als Quelle des Cinypsflusses er-
wähnt, angeblich 200 Stadien von der Küste
10 entfernt, also nicht mit H. Barth Wanderungen
318 mit einem in der Nähe von Leptis Magna
gelegenen Hügel zu identifizieren. Vielleicht
denselben Xaghcov A6<pog hat KaUimachos (Schol
Pind. Pyth. V 32) erwähnt. Vgl. R. Neumann
Nordafrika nach Herodot 25. Cowper The Hill
of the Graces (London 1897). [Dessau.]
Gratich . . ., zweifelhafter Beiname der rheini-
schen Matronen auf der Inschrift von Euskirchen
Brambach CIRh. 562 = CIL XIII 7971. Eben-
20 dort die Widmung Matronis Ratheihis (CIL XIII
7972). [Ihm .j
Gratidius, römisches Geschlecht aus Arpinum.
Der Name ist in der Untersuchung Schult« ns
über die Namen auf -idius nur ganz beiläufig
berücksichtigt (Klio II 192), weil er inschriftlich
außerhalb Roms sehr selten vorkommt.
1) Gratidius, wurde 666 = 88 nach der An-
nahme der Sulpicischen Rogation, die dem Marius
die Provinz Asien überwies, von Marius als sein
30 Legat an den Consul Sulla geschickt, um dessen
Heer zu übernehmen, und fiel der Wut der Sul-
lanischen Soldaten zum Opfer, als erster in dem
Bürgerkriege (Val. Max. IX 7b, 1. Oros. V 19, 4.
Nur iiUaQxot im allgemeinen erwähnt Plut. Mar.
35; Sulla 8E. 9 Anf.). G. ist gewiß ein Ver-
wandter von Nr. 2 und somit von Marius selbst
gewesen.
2) M. Gratidius aus Arpinum, suchte dort
nach römischem Muster die geheime Abstimmung
40 einzuführen, und fand dabei heftigen Widerstand
bei seinem eigenen Schwager M. Cicero, dem
Großvater des Redners (Cic. de leg. ITI 36), wie
auch dessen Abneigung gegen die griechische
Bildung (Cic. de or. II 265) seiner eigenen Art
(doctus Öraecis litteris Cic. Brut. 168) gerade
entgegengesetzt war. Er klagte den C. Flavius
Fimbria wegen Erpressungen an (vgl. Fimbria),
ging dann als Praefect des mit ihm befreundeten
Redners M. Antonius in dessen Provinz Kilikien
50 und fand dort im Krieg mit den Seeräubern 652
= 102 seinen Tod (ebd.). Sein Sohn ist durch
Adoption in die ebenfalls aus Arpinum stammende
Familie der Marier gelangt und heißt daher M.
Marius Gratidiauus (Cic. de leg. III 36; Brut. 168).
3) M. Gratidius (Vorname Cic. Flacc. 49),
wohl ein Enkel von Nr. 2 (durch Nr. 1?) und
deshalb mit Cicero und seinem Bruder durch
amor fraie.rn.us verbunden (Cic. ad Qu. fr. I
1, 10), war Legat des Q. Cicero in Asien 693
60 — 61 und in den folgenden Jahren (Cic. a. O.).
[Münzer.]
4) M. Gratidius, arretischer Töpfer der frühe-
ren Kaiserzeit CIL IX. XV. Ihm Bonn. Jahrb
CII 126. [Oxd.]
5) Gratidia, Schwester Ton Nr. 2, Gattin
des M. Tallina Cicero und Großmutter des gleich-
namigen Redners (Cic. de leg. IH 36).
6) Gratidia, ist nach Porphyr, epod. 3, 7. 5
io*i irrannanus
43 ; sat. I 8, 23 der wahre Name der Ton Horaz
so heftig angegriffenen Giftmischerin und Zauberin
Canidia (s. o. Bd. HI S. 1476 Nr. 3). [Münzer.]
Gratüianus s. Flavius (Nr. 98) und Nonius.
Gration {Toaticov), Gigant, nach Apollod. I
6, 2, 5 von Artemis getötet. Der sonst nicht
überlieferte Name (auf der Berliner Schale des
Aristophanes und Erginos, Furtwängler2531,
heißt der Gegner der Artemis Gaion) gilt als
korrupt, Konjekturen wie Aigaion, Elation, Eury-
tion, Kration, Rhaion, Rhoition s. 0. Jahn Ann.
d. Inst. 1863, 252 und Wagner Apollod. bibl.
p. 16- [Weicker.]
Gratlssimus , Praepositus sacri cubiculi bei
Kaiser Leo L, baute in Konstantinopel die Kirche
des heiligen Cyriacus und wurde, nachdem er
sein Amt niedergelegt hatte, Mönch in dem mit
ihr verbundenen Kloster, Theod. lect. I 17 =
Migne G. 86, 173. [Seeck.]
Gratos, kommandiert unter Herodes d. Gr.
die Sebastener; in den Wirren nach dem Tode
des Königs hält er es mit den Römern, Joseph,
bell. lud. II 52; ant. lud. XVII 266; er rettet
Jericho vor der Verbrennung durch den Usur-
pator Simon und vernichtet diesen, Joseph, bell,
lud. II 58; ant. lud. XVII 275f. Bei Emmaus
rettet er eine römische Centurie vor dem Usur-
pator Athronges, und dann vernichtet er zwei
von dessen Brüdern, Joseph, bell. lud. II 63f. ;
ant. lud. XVII 282f. Mit den Römern zusammen
verteidigt er sich im Palast des Herodes in Jeru-
salem gegen die Aufständischen, bis Varus zum
Entsatz kommt, Joseph, bell. lud. II 74; ant.
lud. XVII 294; vgl. Schür er Gesch. des jüd.
Volkes 13 420f. [Willrich.]
Grattia s. Baebius Nr. 48.
Grattiiis. 1) Ankläger des Dichters Archias
692 = 62 (Cic. Arch. 8. 12 nach der besten
Lesart). ^ [Münzer.]
2) Grattius, Verfasser eines Lehrgedichtes über
die Jagd, lebte und schrieb zur Zeit des Augustus.
Wir wissen von ihm nur durch die Erwähnung
des Ovid im Kataloge der älteren Dichter seiner
Zeit ex Ponto IV 16, 31 cum Varius Gracchus-
que darent fera dieta tyrannis, Oallimaehi Pro-
culin molle teneret iter, Tityron antiquas fpas-
serque rediret ad herbas (so der gute Monacen-
sis, tytirus antiquas et erat qui paseeret herbas
die interpolierten Hss.) aptaque venanti Grattius
{gratius Hss.) ar-ma daret und durch das uns er-
haltene Fragment von etwa 540 Versen aus dem
ersten Buche seines Epos. Das uns allein be-
kannte Gentile ist mit Recht in der alten Hs.
des Fragmentes mit doppeltem t geschrieben, wo-
gegen die jungen Hss. Ovids nichts besagen (viel-
leicht verstanden es die Schreiber gar als Ad-
verbium) ; so, Grattius, ist uns dieser Geschlechts-
name in einer ganzen Anzahl von Inschriften aus
Rom (CIL VI 19117ff.) und den Provinzen über-
liefert, wohingegen der andere Name Gratius
nur ganz selten zu lesen ist (II 4970. 219 sicher
schlechte Orthographie. IX 5920. XII 4123. 5865.
XTV 983; über die Schreibung des Dichteruamens
hat zuerst richtig geurteilt Buche ler Rh. Mus.
XXXV 1880, 407). Als erster hat Barth aus
v. 40 des Gedichtes at contra nostris inbeüia
Una Faliscis geschlossen , daß G. aus Falerii
stammte: viale haben den Schluß angezweifelt,
Urattms
1842
aber mit der falschen Erklärung, nostris be-
zeichne den Dichter nur als Italiker (wie 137.
321, vgl. auch 540) im Gegensatze zu den gleich
genannten Spaniern. Besonnene Interpretation
muß diese Auffassung abweisen: die Wendung
at contra setzt die nostri Falisci in Gegensatz
zu den vorhergenannten Orten Cumae und Tiber-
tal, nicht zu den folgenden Saetabes. Ich bin
durchaus der Meinung, daß G. ein Falisker war,
10 und kann höchstens die andere Möglichkeit noch
zugeben, daß nämlich der Dichter in der reichen
fruchtbaren Gegend (Nissen Ital. Landesk. II
365. Hülsen o. Bd. VI S. 1972) ein Landgut
erworben (so zuerst, freilich abweisend, Curcio
Riv. filoL XXVI 1898, 56). Außer dieser einen
Stelle lesen wir persönliche Anspielungen ira Ge-
dichte nicht, wo sie ja naturgemäß auch nur
vereinzelt eine Stelle hätten finden können; wir
merken aber, daß der Dichter mit den Eigen-
20 tümlichkeiten Italiens wohl bekannt ist: er er-
wähnt den Flachs von Cumae und Tuscien (35f.),
die langspitzigen Jagdspieße der Lucaner (120),
den Ginster von Altinum (130), die umbrischen
Hunde (171. 194), das Pe'ch von Vibo (416).
schildert das Waldfest der Diana zu Aricia in
erster Person, wie einer der daran teilgenommen
(molimur, sistimus 483ft\), ja der Schluß des
Fragmentes (leider jetzt verstümmelt) scheint ein
besonders warmes, allgemeineres Lob von Italien
30 enthalten zu haben, wobei jeder natürlich an die
Einlage in Vergils Georgica (II 136ff.) erinnert
wird. Im Tone echten Römerstolzes klingt die
Deklamation über die luxuria aus, wo im Gegen-
satz zu lydischer und griechischer Üppigkeit ge-
rühmt wird v. 321 : at qualis nostris , quam Sim-
plex ntensa Camillis! qui tibi eultus eratposl tot,
Serrane , triumphos l ergo Uli ex habitu virtu-
tisque indole priscae inposuere orbi Bomam
eaput, aetaque ab Ulis ad eaelum virtus sum-
40 mosque tetendit konores. Schlüsse, wie sie Werns-
dorf u. a. gezogen haben, G. habe nur einen
Namen gehabt, sei also Sklave oder Freigelassener
gewesen, seine Kenntnis des Jagdwesens verrate,
daß er selbst aueeps oder venator eines Vor-
nehmen gewesen, braucht man heute nicht mehr
zu widerlegen. Ich bin im Gegenteile geneigt,
den Mann für vornehm und unabhängig zu halten,
weil er es verschmäht hat, sein Werk irgend
einem der Großen des Tages zu widmen. — Außer
50 den uns zum Teil erhaltenen Cynegetica hat man
dem G. noch andere Gedichte zuweisen wollen:
den eingangs zitierten verderbten Ovidvers (ex
Ponto IV 16, 33) tityron antiquas passerqm
rediret ad herbas haben Madvig (Advers. crit.
II praef. II) und Bergk (Opusc. I 667) so zu-
recht renken wollen, daß G. als Verfasser von
Bucolica charakterisiert würde (s. noch Ehwald
Bursians Jahresber. XLIH 141. 143. CIX 273),
das geht aber nicht ohne arge Gewalt : ich sehe
60 nicht ein, warum der Vers unbedingt auf G.
gehen soll, der mit v. 34 durchaus genügend
gekennzeichnet ist; es wird von einem uns un-
bekannten Bukoliker Passer die Rede sein (so
schon Riese Ovidius HI p. XXXI). Ebenso un-
zulässig ist der Versuch Sterns (Einleitung XX),
aus den Versen des Manilius (II 43 — 45) dem
G. ein Epos de aueupio zuzuschreiben: ich halte
überhaupt die viel gebilligte Ansicht Scaligers
vjiaiiuus
104*
(zu Manil. p. 104), daß die Worte des Manilius
bella ferarum . . . refert auf G. gehen , für ganz
falsch; hei Manilius, der diese ganze Einleitung
sicher aus griechischem Dichter entnommen hat,
werden nur Griechen genannt: Homer, Hesiod,
Theokrit, also geht v. 45 auf Nikander, nicht auf
Macer, und an G. ist ebensowenig zu denken,
sondern an einen griechischen Kynhegetiker.
Ganz unglücklich und willkürlich ist endlich die
Hypothese Barths und van Vliets. Ovids Halieu- 10
tica seien ein Werk des G. — Also es bleibt dem
G. nur das uns überlieferte Fragment, dessen
540 Verse die größere Hälfte des ersten Buches
der Oynegetiea gebildet haben, was die alte Hs.
ausdrücklich bezeugt, die den Titel gibt Gratti
cynegetieon Hb. I, wie zuerst Pithou aus dem
Thuaneus, dann Riese (Anth. lat. 12 p. XXXV
2) richtig verstanden hat. Daß wir nicht mehr
haben, hat nur die Verstümmelung unserer Hs.
verschuldet: das ganze Werk (etwa 4 Bücher 20
wie bei dem freilich auch nicht ganz vollständig
überlieferten Ps.-Oppian) scheint sich bis in die
Zeit der Merowinger erhalten zu haben. Was
Curcio (Riv. filol. XXVI 1898, 59) vorbringt
zum Beweise, daß G. nicht mehr als ein Buch
geschrieben, ist nichtig. Über die Entstehungs-
zeit des Gedichtes ist in letzter Zeit öfters ge-
handelt worden {Curcio Riv. filol. XXVI 1898,
55—69. C. Cessi Boll. filol. V 1898, 133—135.
Curcio vor seiner Ausgabe S. IX). Als Termi- 30
nus ante quem steht fest die Abfassung des oben
zitierten Ovidbriefes, genauer die Verbannung
Ovids (Ende 8 n. Chr.), da Ovid des G. Werk
noch zu Eom (cum vivis adnumerarer) kennen
gelernt hat; für die Begrenzung nach rückwärts
sind zu beachten die Bekanntschaft (v. 174) mit
Morinern und Britannern (also nach Caesars Zug
im J. 55), die Erwähnung des Sturzes der Königs-
berrscbaft in Ägypten (v. 312ff.), die doch wohl
auf die Ereignisse des J. 30 geht. Nicht weiter 40
führen uns die literarischen Beziehungen: zwar
glaube ich nicht, daß Gratt. 348 Orcus . . . nigris
orbem circum&onat alis eine Nachahmung von
Hör. serin. II 1, 58 me . . . seu mors atris cir-
cumvolat alis ist (ediert etwa 30 v. Chr.), aber
die Imitation Vergils durch G. ist sicher: ganz
unbestreitbar ist die Nachbildung der Georgica
in Anlage (besonders Buch III) und einzelnen
Wendungen (zu sichtende Liste zuletzt bei Pier-
leoni Riv. filol. XXXIV 1906, 583—594); für 50
Nachahmung der Aeneis freilich scheint mir aus
dem Stellenverzeichnis bei Curcio Ausg. S. Xff.
nichts wirklich durchschlagend zu sein. Es bliebe
also ein Spielraum von etwa 30 v. — 8 n. Chr.
Geburt, denn die zweite Ausgabe der Georgica
lasse ich lieber außer Rechnung. — Das Werk be
handelt nach einer Einleitung (1 — 23, dazu jeden-
falls noch 61—74) die Jagdnetze und ihre Ver-
fertigung (24 — 60), verschiedene kleinere Jagd-
feräte (75—94), die Jagdspeere (95—149), die 60
agdhunde, ihre Auswahl Zucht und Pflege (150
—496), endlich die zur Jagd geeigneten Pferde
(496 — Schluß): was in den verlorenen Büchern
stand, läßt sich aus Ps.-Oppian einigermaßen
erschließen: Beschreibung der verschiedenen Arten
<te jagdbaren Wüdes und der mannigfachen
Weilen der Jagd selbst. Im Mittelpunkt des
Interesses stehen dem Dichter die von den Göt-
tern geschenkten, aber von den Menschen durch
ihre ratio ausgebildeten artes (das Wort kehrt
etwa 20mal im Gedichte wieder): sein epikure-
ischer Standpunkt wird besonders v, 400 beleuch-
tet durch die Bezeichnung der religiösen Ge-
bräuche als metus solaeia falsi. — Daß G. nach
einem alexandrinischen Gedichte gearbeitet hat
(an direkte Benützung des Ps.-Xenophon glaube
ich ebensowenig wie Curcio Riv. filol. XXVI
1898, 69. Einleit. S. XXV), scheint mir sicher;
jedenfalls wird niemand des Ps.-Oppian Versiche-
rung I 20 TQfjxetav sjiioTelßayftsv dragaov, ttjv
fASQÖiuov ovjTca tiq e.fjg sTzdiijöev äotSats für bare
Münze nehmen, ja ich möchte sogar aus dem Um-
stände, daß G. im Prooemium sich nicht rühmt,
als erster den Stoff lateinisch besungen zu haben,
vermuten, daß schon irgend einer der älteren
lateinischen Neoteriker Cynegetica geschrieben.
Die gelehrte griechische Quelle des G. scheint
besonders deutlich durch in den ganz singulären
Angaben des Dichters über Derkylos den Arkader
als Erfinder der eigentlichen Jagdkunst (v. 95ff.)
statt des sonst dafür genannten Cheiron oder
Aristaios (man beachte die Form der Polemik
gegen andere Darstellungen mit stat fatna v. 100)
und über Hagnon , den Sohn des Astylos , der
zuerst den Glympischen Hund zum uezäyoov, zum
Vorstehhunde ausgebildet (213—252). Daß der
Dichter seiner Vorlage nicht sklavisch gefolgt
ist, sondern sie frei umgearbeitet und namentlich
durch allerlei echt italische Züge erweitert hat,,
sahen wir schon oben. Überhaupt pflegt man die
gestaltende Kunst, die dichterische Ader des G.
zu unterschätzen (so zuletzt Pierleoni Riv. filol
XXXIV 1906, 580—597), von den Neueren ist
eigentlich nur Stern (S. XXIIIf.) dem Manne
gerecht geworden. Die Freude an seinem Stoffe
ist überall deutlich; die Wärme, mit der er die
Bedeutung der Jagd für die Kultur der Mensch-
heit betont, steht der Begeisterung des Dichters
der Georgica nicht viel nach, und auch die Kunst,
mit der er das unvermeidliche Technische bän-
digt und durch verschiedene Einlagen und Schil-
derungen zu beleben weiß, ohne doch in den
rhetorischen Bombast eines Nemesian zu verfallen,
verdient alle Anerkennung ; der einzige wirkliche
Mißgriff ist für mein Gefühl die Anknüpfung der
Deklamation über die luxuria an die Vorschrift,
die jungen Hunde knapp in der Kost zu halten.
Im übrigen wird er allen Anforderungen, die sein
yivos an ihn stellt, vollauf gerecht. Besonders
hervorheben möchte ich noch die maßvolle Art,
mit der er den Sermo technicus der Jagd ver-
wertet (eine Übersicht jetzt in meinem Index
S. 48—53); daß wir heute einiges von seinen
sachlichen Darlegungen nicht verstehen, ist nicht
seine Schuld. Auch sonst ist die Sprache glatt
und klar (einige cbza^ eiQt}fieva dürfen uns nicht
wundernehmen, apprensare, cannabi(n)us, meto.-
gon, nardifer, offectus, plagium, praedexter, ter-
mitem, verutus), gelegentlich nicht ohne Schmuck:
der Periodenbau ist nie ungefüge, auch hier hat
der Dichter von Vergil gelernt. Metrisch und
prosodisch bietet G. wenig Bemerkenswertes ; die
Technik (einiges darüber bei Birt Ad hist hexa-
metri lat. eymbola 1870, 57. Curcio Einleitung
p. XXff.) Mit sich etwa in der Mitte zwischen
Vergil und Ovid; die leichten Elisionen sind riem-
1Ö4Ö
«rattius
Gratus
1845
lieh häufig, ohne doch den einzelnen Vers zu be-
schweren; lange Vokale werden vor Monosyllaba
oft elidiert (selbst härtere Fälle wie dabo et 23,
ratio et 311. 327, animi et 450, medio in 486),
aber auch vor längeren Wörtern wie inconsulti
homines 4, ergo illum 105 u. a., s. noch 140.
234. 246. 323. 328. 352. 392. 410. 483. 493;
Versschlüsse mit zwei Monosyllaba sind nicht
selten (199. 244. 279. 285. 456), nur einmal et-
das Epigramm Anth. 391 und der G., der einst
gewiß vollständig darin stand; nichts hindert
anzunehmen, daß, als die Hs., von der wir jetzt
nur noch zwei Quaternionen haben , noch unver-
sehrt war, hinter dem G. auch der Nemesianus
darin gestanden hat und von dort als Bruchstück
in die älteren, jetzt Pariser Hss. 7561 und 4839-
(beide saec. X) übernommen wurde. Aus dem
jetzigen Vind. 277 wurde abgeschrieben der Thua-
was so Hartes wie alterna valet res 80. Wegen 10 neus Paris, lat. 8071 saec. IX — X, aber bei Gratt.
der Caesur ist allein als weniger glatt bemerkens-
wert v. 240 et tarnen ut ne prima faventem
pignera fallant; im Hiat freier nur 528 Nebroden
liquere ferae; o quantus in armis und 249 hoc
ingens merüum (est add. Aid.) , haec ultima
palma tropaei, wo ich trotz v. 472 est nicht ein-
setzen möchte. Dehnung in arsi ist möglicher-
weise richtig in 294 tenet, 339 suis, sicher in
43 sonipes , wo nicht mehr an das alte ss zu
I 159 bat der Abschreiber die Lust verloren und
aufgehört. Die zerstörte und auf die beiden Qua-
ternionen 17 + 18 reduzierte Hs. (also ohne den
Nemesian) hat dann kurz vor 1503 der Dichter
und Philolog Giacomo Sannazar ex Heduorum
itsque finibus atque e Turonibus mit nach Neapel
gebracht. Seine beiden Abschriften, die zum
erstenmal eine leidliche Rezension gaben, sind
noch erhalten im Cod. Vind. lat. 277 fol. 74-85
denken ist (vgl. comes 247. 454, dives 316, ter-20und 3261 fol. 43—72; wohl aus einer dritten ist
mes 132); von den Kritikern zu unrecht beseitigt
wird die Dehnung auslautenden kurzen Vokals
vor schwerem Anlaut 142 generosä stirpibus und
259 volpinä speeies, gut natürlich auch das kon-
ventionelle taxique pinusque v. 130. Prosodisch
ist sonst bemerkenswert eigentlich nur 175 veneris
als conj., 86 sandyee gegen Prop. II 25, 45
sandycis, 416 Hipponias gegen 'Lznwviov, denn
der Hundename Petrönius 202. 206 hat nichts
geflossen der erste Druck, die Aldina des Georg
von Logau 1534. Von späteren Ausgaben haben
Bedeutung die folgenden: die von Pithou in
,Epigrammata et poematia vetera', Paris 1590 j
von C. Barth, Hanau 1613, mit wichtigen Bei-
trägen zur Erklärung; von van Vliet ,Venatio
Nov-antiqua h. e. Autores rei venaticae ahtiqui
. . . cum commentariis ex officina Elzevir 1645%
dazu die ,curae seeundae' 1655, ein durch Be-
mit dem Gentile Petrönius zu tun. — G. scheint 30 herrschung des Stoffes und scharfsinnige Besse-
mit seinem Werke nicht viel Anerkennung ge- — v J — ^-^ — " "
erntet zu haben; der Katalog, in dem ihn Ovid
mit spielendem Zitat (v. 23 lusus earmine et
armo dabo et venandi persequar artis) aufzählt,
macht den Eindruck, daß aufgenommen wurde,
wer nur irgend bekannt war. Wenn Nemesian
den G. benützt hat (ich bin geneigt, es zu glauben
trotz Curcio Riv. filol. XXVII 1899, 447ff.; nicht
gesehen habe ich Fiegl Programm Görz 1890
rangen hervorragendes Buch; von P. Burmann
in^ den Poetae latini minores tom. I, Leiden 1731
mit Sammlung der früheren Erklärungen; von
Chr. Wernsdorf in den Poetae lat. min. vol. I,
Altenburg 1780 (Nachdruck Paris 1824); von R.
Stern, Halle 1832, mit nützlichem Kommentar ;
von M. Haupt Ovidn halieutica, Gratii et Neme-
siani cynegetica, Leipz. 1838, zum erstenmal auf
kritischer Grundlage; von E. Baehrens in den
und Rossi I cinegetici di Nemesiano e Grazio 40 Poetae lat. min. vol. I 1879; von Postgate im
Falisco, Messina 1900; vgl. aber als sehr wichtig
H. Schenkl a. a. O. 439), so hat er absichtlich
den Vorgänger verleugnet, denn es ist natürlich
Schwindel, wenn er sagt v. 5 Helicon . , . Castalii
. . . mihi nova pocula fontis alumno ingerit . . .
dueitque per avia, qua sola numquam trita rotis
und 11 intacto premimus vestigia museo; sein
ja auch nur als Bruchstück (325 Verse) auf uns
Corp. poet. lat. vol. III 1900; von Gaet. Curcio
in den Poeti lat. min. vol. I, Acireale 1902, einem
schlechten Buche; zuletzt von mir in der Neu-
auflage von Baehrens Poetae lat. min. vol. II
fasc. 1, Leipzig 1910. Grundlegend für die Text-
geschichte und Rezension war die vortreffliche
Untersuchung von H. Schenkl Zur Kritik und
Überlief erungsgesch. d. Grattius usw., Fleckeisens
gekommenes Gedicht macht ganz den Eindruck, Jahrb. Suppl. XXIV 1898, 384-480. [Vollmer.]
eine teilweise erweiternde Umarbeitung des ersten 50 i--+— •<-> ^-- ->-— /^— ~i — j;_- _•___ •
Buches von G. zu sein. Sonst haben wir aus dem
Altertum keine Spur einer Nachwirkung unseres
Dichters; eine Anspielung in dem vermutungs-
weise dem Angilbertus beigelegten Gedichte auf
die Zusammenkunft Kaiser Karls mit Pabst Leo
bei Paderborn (PAKarol. I p. 370, 174 retia
quadruplüii coniunetaque linea limbo co Gratt.
26f., erwähnt von Schenkl a. a. O. 425, leider
von mir in der Ausgabe vergessen) ist jünger als
Gratus. 1) Gratus, Consul Ordinarius im
J. 280 n. Chr. mit Messalla, wohl dem Hause der
Vettii Grati angehörig. [Groag.]
2) s. Pomponius Vettius.
B) Gratus zeichnete sich in der Zeit der Wirren
aus, die nach dem Tode Herodes d. Gr. (4 v. Chr.)
in Judaea entstanden. Er befehligte neben dem
Reiteroffizier Rufus die 3000 aus Sebaste (Sa-
na aria) ausgehobenen Kerntruppen des Königs und
stellte sich auf die Seite der Römer in der Be-
die merowingische Vorlage unserer Hs. Erhalten 60 kämpfung der aufrührerischen Juden, die sich
ist uns, was wir von G. haben, dadurch, daß ein- ----- - _
mal zur Zeit der Merowinger (vielleicht für irgend
einen Fürsten oder Großen) Gedichte gesammelt
wurden, die von Tieren und Jagd handelten: aus
dieser merowingischen Sammlung ist abgeschrieben
der alte CocL Vind. lat. 277 saec. IX, in dem
aarans ethalten sind die Verse der Eucheria Anth.
390, 21—32, Ovids Halieutica (als Fragment),
gegen die Bedrückungen des Procurators Sabinus
empört hatten, Joseph, bell. lud. II 52; ant. lud.
XVII 266 (zur Zeit des Pfingstfeetes 4 v. Chr.).
Er machte dann der Erhebung des Sklaven Si-
mon in Peraea ein Ende und tötete ihn eigen-
händig, bell. Ind. II 57—59; ant. lud. XVII 275.
276. Endlich besiegte er einen Bruder des aben-
teuerlichen Hirtenkönigs Athronges, bell. II 63.
64 ; ant, XVII 283. 284. Als der Statthalter yon
Syrien , (P. Quinctilius) Varus , herbeikam , um
die Ordnung in Palästina wiederherzustellen, zog
ihm vor Jerusalem u. a. auch G. entgegen, bell.
II 74; ant. XVII 294. [Stein.]
4) Gratus, Enkel des Praefectus Praetorio
Maiorianus, CIL III 124. [Seeck.]
5) Gratus wird in einem apokryphen Brief des
Kaisers Gallienus an Venustus genannt, er soll den
erzürnten (M. Aurelius) Claudius (den späteren 10
Kaiser) besänftigen, Hist. aug. Claud. 17, 3.
6) . . . . s Gratus, procfuraior) Augftisti),
vielleicht für den Sprengel der Alpes Graiae, in
deren Gebiet die Inschrift CIL XII 5717 ge-
funden wurde; Tgl. Th. Reinach Rev. arch. XV
(1910) 347. [Stein.]
7) s. lulius, Munatius, Pomponius,
Silius, Valerius und Vettius.
8) Gratus, Baumeister aus der letzten Zeit
Pompeiis , genannt in einer mosaikartig in das 20
Paviment des Atriums in dem Hause Reg. IX ins.
■6 nr. 5 eingelassenen Inschrift CIL X 8146. Vgl.
auch Mau Bull. d. Inst. 1880, 226. [Fabricius.]
Gravete, Geogr. Rav. 62, 6, im nordöst-
lichen Armenien. Da es unmittelbar nach Sanora
{nördlich von Eriwan gelegen) genannt wird, ist
es wahrscheinlich in der Nähe dieser Stadt zu
suchen. [Kiessling.]
Grayiacae, Ort in Noricum (Tab. Peut. Gra-
viacis) , beim heutigen Tamsweg'? Mo m m s e n 30
CIL III p. 622. [Ihm.]
Gravinnm, Ort in Gallia Lugudunensis zwi-
schen Bononia (Boulogne) und Iuliobona (Lille-
bonne), Tab. Peut. Nach d'Anville das heutige
Grainville, nach anderen anders. Desjardins
Table de Peut. 22; Geogr. de la Gaule I 345.
Holder Altkeit. Sprachach. s. v. Vgl. Gran-
nona. [Ihm.]
Gravionarinm , Ort in Germania Magna.
Ptolem. II 11, 14 (r^aviov aotov, roavovdoiov,4:0
ravQiordgiovHss., Grmiionarium ed. Rom,). Lage
nicht bestimmbar; vgl. C. Müller zur Stelle,
der an Aachen (Grani aquas ~ rgdvov oder
Fgdvtov vaoov) denkt. [Ihm.]
Gravis cae (so am häufigsten, Gravisea CIL
12 p. 200 = VI 1283a. Vell. Pat. I 15. Tab.
Peut. ; rgavioKot Strab. V 225), römische Bürger-
kolonie, 181 v. Chr. von den Tresviri C. CalpuT-
nius Piso, P. Claudius Pulcher, C. Terentius Istra
ausgeführt, Liv. XL 29. Vell. Pat. I 15. CIL 12 50
p. 200, als solche genannt Cels. Digest. XXXI
30, zur Tribus Stellatina gehörig, CIL VI 2928.
Kubitschek Irnp. Rom. trib. discr. 85, lag an
der sumpfigen Küste südwärts von Cosa zwischen
den Flüssen Marta und Mignone (Strab. a. O.
Plin. XXXH 21. Ithi. marit. 498f. Rutil. Kam. I
181f. O. Gerhard Ann. d. Inst. 1829, 198. Cuntz
österr. Jahresh. n 86), an der Via Aurelia (Cels.
Digest, a. 0.), wahrscheinlich beim heutigen Porto
Clementino (Bor mann CIL XI p. 511). Eine 60
abermalige Deduktion unter Augustus (Lib. colon.
220) ist wohl nicht erfolgt. Mommsen Hermes
XVTH 197. G. war ein kleines Städtchen (Strab.
a. 0. notiyvtov ■ Serv. Aen. X 184 oppidum), das
der Sumpfluft der Gegend erlegen ist. Schon
tato (bei Serv. a. 0.) kennt den Übelatand, bringt
damit den Namen in Zusammenhang (gravis aer),
«na im J. 416 n. Chr. kann But Nam. a. 0,
sagen : inde Gravisearum fastigia rara mdemm,
quas premii aestivae saepe paludis odor. Von
Produkten der Umgebung werden Wein und
Korallen (Plin. XIV 67. XXXII 21) genannt.
Curatores von G. erscheinen CIL VI 1408. XI
3367, ein praeffectus) Gravise(anorum) et Tar-
qfuinimsium) XI 3372. Sonst wird G. noch
erwähnt CIL VI 3884 (domus). Liv. XLI 16 (176
v. Chr. prodigium), Mela II 72. Sil. Ital. VIII
475. Plin. IH 51. Ptolem. IH 1, 4. Macrob. Sat
V 15, 4. Geogr. Rav. IV 32. V 2. Vgl. sonst
Dennis Cities and cemeteries of Etruria IS 430ff.
CIL XI p. SIL Nissen Ital. Landeskunde LI
331. [Weiss.]
Graidcenioi, nach Apoll. Rhod. IV 321 Volk
au der unteren Donau. [Kiessling.]
Graupius mons, Gebirge im südöstlichen
Kaledonien (,Hüger. Holder Altkeit. Sprachsch.
I 2040). Nur im Agricola des Tacitus wird als
der Ort, wo sein Heer auf dem langen beschwer-
lichen Marsch nach Kaledonien (s. d.) im siebten
Kriegsjahr (84 n. Chr.) den kaledonischen Heer-
fuhrer Calgacus stellte, dieses Gebirge genannt
(29 admontem Graupium pervmit, quem tarn
kostis insederat; so die Überlieferung, Grampium
ist seit Piiteolan auf irrtümlicher Lesung beruhende
Vulgata). Sicher ist nur, nach dem im ganzen
verständlichen Hergang von Agricolas Feldzug
nach dem Norden Britanniens, daß der Ort auf
seinem Marsch vom südwestlichen Schottland, wo
er im Jahre vorher jenseits des Clota (s. d.) Hi-
bernien gegenüber gestanden hatte, nach der Ost-
küste liegen muß, weil von da ab nach dem
Siege die Umfahrt der Flotte um die Nordküste
erfolgte (Agric. 38), ebenso wie Agricolas Rück-
kehr nach Eburacum (s.d.). Daß die englischen
Gelehrten seit dem 17. Jhdt. den Gebirgszug,
der sich nördlich von Blair Athol quer durch
Schottland von Südwest nach Nordost zieht, the
Grampian mountains oder hills genannt haben,
der schlechten Lesart der Vulgata folgend, hat die
Herausgeber des Agricola oft getäuscht. Die Be-
schreibung der Örtlichkeit bei Tacitus ist so all-
gemein gehalten, daß sie zu genauer Feststellung
des Ortes nicht ausreicht (vgl. Hübner Rom.
Herrschaft in Westeuropa 37). [Hubner.]
Grauthungi s. Greuthungi.
Graxa, verschollene Siedlung in Apulien, nur
bekannt durch Münzen, die gewöhnlich rPA.
einmal rPASA als Aufschrift haben (Gar rucci
Le monete deir Italia antica 119. Head HN 43.
Cat Greek coins Italy 221). Nach der Haupt-
fundstelle dieser Münzen bei Fasano ist dort der
Ort zu suchen, M. Mayer Rom. Mitt 1897, 235;
Philolog. 1906, 522. ' [Weiss.]
Grefcia vicua, genannt CIL V 4962 (in Civi-
date am Oglio befindlich): Vicani Grebiae, ist
vielleicht das heutige Grevo am oberen Oglio.
[Weiss.]
Gredonense castrum, im Gebiet der Civitas
Gabalum. Jetzt Grezes-le Chäteau (Oep. Lozere).
Greg. Tur. hist. Fr. I 33. Longnon Geogr. de
la Gaule au VIe siecle 529. Holder Altkelt.
Sprachsch. s. Gredonum. [Ihm.]
Gregorio«. 1) Metropolit von Korinth (in hsl.
Überlieferung gelegentlich auch Georgios), mit
dem Beinamen Ildgdog (vgl. z. B. Cod. Paris.
Graec. 2669 rscogyiov (mxqqhqMtov Koqivüov, %ov
iö4y
Uregonös
liregonos
1SÖU
jzq6zsqov üdgSov Svofia^ofisvov), griechischer gram-
matischer Schriftsteller. Man meint, er habe
diesen Beinamen, der wie die obigen Angaben
nur durch die Titelüberschriften seiner Werke
in den Handschriften bekannt ist, abgelegt, als
er sein geistliches Amt in Korinth antrat (vgl.
G. Koen in der Vorrede seiner Ausgabe S. XII).
Der Terminus post quem seiner Lebenszeit ergibt
sich aus einer Stelle seiner Schrift IIeqI ovv-
xdgecog zov Xoyov , auf die hinwies AllatiuslO
bei Fabricius Bibl. Gr. X (1721) 603: inet
ovv xa iafißsta XoyoyQcupla zig zoxiv BvQvftfiog,
trilcrbodw ooi xai xo ivdv^fiarinov er avxoTg.
£%£l$ O.Q%k%V7ZOV ZOV JIlGtÖTjV, VE&zioOvg zov KaX-
XixXijv, rov UxoizöTtQobQOfjbOV xai et zig zoiovzog,
ev zoig siaXaiolg rov Qeoloyov, rov Eo<poxXfjv, ix-
zog z&v jiottjzixöiv lÖtcofiätcov avt&v rä evfpga-
äiozega zov Avxotpgovog xai s% zt zoiovzov. Er
lebte also etwa um 1150 oder später, da er
Nikolaos Kallikles (um 1118, vgl. Krumbacher20
a. a. O. 744) und Theodoros Prodromos (um 1150,
vgl ebd. 749) zitiert. Andererseits stammt nach
Allatius (bei Fabricius Bibl. Gr. X [1721] 804
= ebd. XII [1809] 127) eine vatikanische Hand-
schrift G.s aus dem J. 1225, so daß er um 1200
gesetzt werden kann (vgl. dazu eine Vermutung
bei Gerber a. a. O. 9).
Der Schriftsteller ist mit seinen Werken für
uns wertvoll, nicht als interessantes und besonders
hervorstechendes Individuum , sondern eher als 30
Vertreter eines Typus aus der Zeit der byzantini-
schen Renaissance. Seine persönlichen literari-
schen Leistungen sind nicht sonderlich bedeutend,
die Benützung von Quellen und Autoren zur Samm-
lung von Belegstellen ist dürftig und oberfläch-
lich, wenn auch die bedeutsame Tatsache nicht
übergangen werden darf, daß bei ihm, dem Kom-
mentator der Kirchenpoesie, im Hermogeneskom-
mentar Romanos erwähnt wird (VII 1122 ed.
Walz; s. dazu die Bemerkung von Papadopu-40
los-Kerameus Byz. Ztschr. II [1893] 603).
Erhaltene Werke: 1) Hsgi zcöv Idiwfmzcov z&v
diatäxicov, mehr eine Materialsammlung und eine
Vorarbeit für einen grammatischen Traktat über
die Dialekte als ein ausgeführtes Werk, steht
dieses Buch in der Mitte zwischen einem Lexikon
von Ausdrücken aus den griechischen Dialekten
und einer Scholiensammmng: vgl. die Worte der
Einleitung: löov ooi xai zag diahsxzovs iyzstQi^w,
oeßaazöJv /uoi xävzcov tptXoXoyoizazE , xegi d>v o ts 50
4>ü.OTiovog 'Icödvvtjs efptkoTiövrjoe xai Tqv<pcov S
"/Qafifiaztxös xai aXXoi sioXloi , oTg Ixavi) jisqi zä
ßißXia TQißij xai aoxrjats yeyovev. Das Buch ist
gegliedert in vier Teile über die 'Azd-ig, die Acog($,
die 'lag und die AloXtg. Ueqi z/}g 'Az&töog 34
äußert sich G. selbst in signifikanter Weise über
seine Quellen : tos &v G^oXioig zotg slg &ovxv8iSqv
MoQxiXXov tvQrjxafiEV , ebenso praef. p. 5 Seh,
über seine Master: avtoi roiwv Azzixfjg {ih> (p@d-
os<og xavöva zov xoipuxov 'AQiozotpdvtjv tiqo&v- 60
fAtvoi xai Sovxvöidijv zov ijvyygatpea xai (Arj-
ftoa&svrjv tov) gyroga, 'Iddog 8k 'haioxgdzriv zov
"Iatva xai zov AXixagvaoea 'HqoÖozov } AatgiÖog
zov TaQavzXvov *Aqxvxov xai ßeoxotxov rov za
ßovxoXixa ovyygay}dfi£vov xai zfjg AioliSog AX-
xatov , Tffot äv nsoi xaw SiaUxxa>v txav<ög Sta-
Xdßotfiev. Wie in dem unten angeführten Kom-
mentar zu Hermogenes neoi fte&ödov dtivözrjxog
schrieb G. auch hier ohne sonderliche Kritik und!
Urteil aus, was er in die Hand bekam, Scholien
und Kommentare, und verschmähte es nicht, selbst
Widersprechendes aneinanderzureihen. Untersucht
sind die Quellen in den Abschnitten jisqi xfjg Aa>-
glSog und 3tegi zrjg Ax&idog: Morsbach Rh. Mus.
XXXI (1876) 567—581. Zuretti Atti della R.
Acc. di Torino XXVH (1891/2) 572—592. Dar-
nach sind in diesen beiden Abschnitten außer
Johannes Philoponos, der in der Vorrede zitiert
wird, benützt besonders Scholien und Glossen zu
Pindar, Theokrit, Aristophaues und Thukydides,
Ausgaben: Gregorius . . de dialectis, ed. Koen.
Accedunt grammatici Leidensis et Meermanniani
de dialectis opuscula.., Lugd. Bat. 1766 (mit
wertvoller Vorrede und Sammlungen). Gregorii
Corinthii et aliorum grammaticorum Graecorum
libri de dialectis linguae Graecae . . ., ed. Schäfer,.
Lips. 1811 (umfangreiche Sammelausgabe mit
Kommentar und Indices, vor allem einem brauch-
baren Index graecitatis). Beiträge zum Text bei
Brambach Rh. Mus. XXII (1867) 449-451 und
bei Morsbach und Zuretti a a, O. Vgl,
fem er über das Buch, das im Zeitalter der Renais-
sance Aktualitätswert hatte und häufig abge-
schrieben und gedruckt wurde, Fabricius Bibl.
Graeca IV (1708) 536 = Fabricius-Haeless
ebd. VI (1798) 194—197; s. auch u. unter 5.
2) Ano zfjg Etyyrjöewg zov {iqzoojtoXhov Kogiv-
■&ov üg z6 Jisgt [ts&odov Ssivozqzog zov 'Egpoyevovg
ßtßXtov (dies die Überschrift im Cod. Monac.
Graec. 101 saec. XVI), Kommentar zu Hermogenes
utsgi tieftodov dsivotrjzog. Das Werk liegt in zwei
Rezensionen vor, deren Wert noch kontrovers ist
(s. Gerber Quae in commentariis a Gregorio
Corinthio in Herrn ogenem scriptis vetustiorum-
commentariorum vestigia deprehendi possint, Ki-
liae 1891, 1—28 und dazu Hammer Berl. Phil.
Wochenschr. XIII [1873] 456-458 und Thiele
Wochenschr. f. kl. Piniol. X [1893] 593-597).
Die kürzere ist vertreten durch den Monacensis
Graecus 101, der sich schon in seiner Überschrift
als Exzerpt ausgibt, und darnach herausgegeben r
Oratores graeci ed. Reiske VIII (1773) 883-971 •>
die weitere und wohl auch etwas erweiterte Fas-
sung (s. Gerber a. a. O. 3if.) liegt vor im Vin-
dob, 16 saec. XVI und ist reproduziert Rhetores
Graeci ed. Walz VII (1834) 1088—1352 (über
Wert und Verhältnis dieser Rezensionen vgl. Ger-
ber und dessen Rezensenten). Auch in diesem
Werk schwelgt der Autor in oft etwas kritik-
los und eilfertig zusammengetragenem Material.
Hauptquelle ist Joannes Geometres (um 950/1000)
(s. Gerber 29 — 41); ferner hatSchrader (Por-
phyrii quaest. Homer, ad Diadem pertin. reliquias
ed. Schrader [1880] 468; Porphyrii quaest. Homer,
ad Odyss. pertin. reliquias ed. Schrader [1890] 98.
207) gezeigt, daß G. einen Odysseekodex mit
Porphyriusscholien am Rand einsah (das Zitat
p. 1245 = Schol. HTVd n. 190ff.). Bernhardus
Bursy De Aristotelis IJoXizrfag A&r}vaiwv partis
alterius fönte et auetoritate, Jurjewi (Dorpati) 1897,
weist nach dem Vorgang von v. St oj entin Neue
Jahrb. f. d. class. Altert. CXLX (1879) 120 für
ein Stück auf Psettos neol z&v ovcftaztav x&v
Stxröv als Quelle hin; vgl. auch über Quellen und
znm Text an Vermutungen and Beiträgen Walz
Rhet Graeci IX 734f. (Nachträge) Angermann
-*■ w « * uu eg unus
J>e Aristotele rhetorum auctore, Lips. (Diss.) 1904,
■25. 62. Caecilii CaLactini fragmenta, coli. Ofen-
loch 1907 p. XIX und Gerber a. a. 0. 42—53.
Demetrii Phalerei qui dicitur de elocutione libellus
, , rec. Kademacher 1901 p. X.
3. Hegt awtat-eoyg rov Xoyov ijzoi stegi xov fit)
■ooloixi&iv, nach Krumbacher 588 ,wohl noch
unediert 1 , auch nicht in der Statistik der Schrif-
ten über dieses Thema bei Schepss De soloe
(iregonos
1852
auch Mellot Catalogus codd. mss. bibl. re<?_ IL n™!!« ai™* a Jr. an T a ^*JT? S3JlC& : .W
auch Mellot Catalogus codd. mss. bibl reff II
1740 (Parisiis) p. 538 nr. 2669.
\ ^f*V V£ ^ a s k xovg xavovag xoiv SsojtOTtxiöv
ZoQtwv tov olov zeovov, xöiv TQifpöicov xal xavo-
vcov xrjg ^teydXrjg ißdofmSog xal ztiv eoqt&v xf}g
Seozoxov; erhalten beispielsweise im Cod. Vindob.
theol. 128 (s. v. Nessel Catalogus . . codici .
biblioth. Vindobon. 1690 p. 21 3f.). S. Allatius
bei Fabricius Bibl. Graec. X (1721) 798—805
= ebd. XII (1809) 122—127.
Pseudepigraph oder zum mindesten als Werk
O.s äußerst zweifelhaft ist 5) TIsqI tqotkov. Diese
Arbeit, welche zov Xoyov stör) darstellen will,
deöniert im Anfang in scharfer Gegenüberstellung
stvoiokoyta und zgojrog und zählt auf und be-
schreibt hierauf — meist unter Anführung von
Beispielen ans Homer — folgende 27 rgfau:
aUrfjoQia, fieza<pogä f xazaxQymg, psräXrjipig, vjieq-
ßazov, ävaozQotprj, ovvsxdoy^, ovofiazozzoUa, fiszto-
und Fabricius-Harless ebd. XII (Hamburg
1809) 122—127. Koen in der/ Vorrede seiner
obengenannten Ausgabe. Krumb ach er Gesch
der byzant. Literat. 2 (1897) 17. 451. 588t 668
679. 735. 745.
2) Von Kypern, vor 1283, wo er Mönch und
dann Patriarch von Konstantinopel wurde, Georgios
geheißen, bedeutender byzantinischer Kirchenförst
und Schriftsteller von großer Vielseitigkeit aus
HAT Wi&li'. Hof T'fcirrjQTi-l-i-Miin-ri'U.-.** "D^ .J ^._ irr
quelle über seinen Lebensgang bis zum dreiund-
dreißigsten Jahre ist seine Autobiographie (s u )
und über sein Wirken im Patriarchen amt Geor-
gios Pachymeres und Nikephoros Gregoros in
ihren Geschichtswerken. Vgl. auch die kurze
Zusammenfassung über sein Leben und seine
kirchenfürstliche Tätigkeit bei Ephraemius, Chron
v. 10 333-10347 (Migne Gr. CXLin p. 377).
Sein Geburtsjahr, 1236/7, oder wenig später
20 also rund 1240, wird durch die Tatsache be-
stimmt, daß er nach der Einnahme von Byzanz,
nach 1261 sein Studium im sechsundzwanzigsten
Lebensjahr begann (s. p. 28 C. 25 C Migne), also
spätestens 1236 oder wenig später geboren war
(vgl. Matthaei a. 0. 20, 1; der Text der Stelle
p. 21 A Migne, von der De Rubeis bei Misme
33D. 34C. 35C. 36B. 42A ausgeht, ist durch-
aus nicht nur nicht genügend gesichert, um solche
Schlüsse zu erlauben, sondern auch in der da-
,„.„/„ ' 1 ■--*.■!> r ~< -——j r*--»- ^iiiuaöc au enauuen, sonuern auca in der da-
W ,wXT' 3deo T a ^ ™<>rlVQW«, f- 30 selbst gegebenen Form sprachlich unmöglich; l
Asttpig, vjieoßoXrj, eiQOjrsta, aagxaofiog ijyovv %A.£vy,
äozüofiog, ävzitpQaotg , ivavucoocg , ävzcovofmola,
Afupißolla, ovltyyjig, atvtypia, exavfyoig , ££o%t],
vozeooXoyta xai oyr\^a, Nirgends erscheint das
Werkchen in der handschriftlichen Überlieferung,
soweit ich nachprüfen kann, als Arbeit G.s (vgl.
aber Allatius a. a. 0.), sondern geht vielmehr
unier Tryphons Namen. Die Schrift wurde zu-
erst von Allatius (a. a. O. p. 798 bezw. 122)
die Lesart bei Matthaei 6). Er stammte von
vornehmen Eltern, deren Wohlstand infolge der
Okkupation seiner Heimatinsel Cypern durch die
Latiner gelitten hatte, besuchte bis zu seinem
fünfzehnten Jahre nach der ersten Ausbildung
den Elementarunterricht (p. 21 A Migne), und
anderer Unterweisung {dg zfjv KaUivtmoeoav
nUovog TtmösvoEoig evaxev izifuzezai) eine frän-
gebern Walz und Spengel und dann v. Nelsen
<Tryphonis grammatici Alexandrini fragmenta,
Berolini 1853 p. 100) folgten. Finckh (Zimmer-
manns Zstchr. f. d. Altertumswissensch. V 1838,
1058f.) hat dagegen erwiesen, daß das Schriftchen
älter als G. ist, aber Entstellungen durch Zusätze
und Auslassungen hat erfahren müssen. Aus-
gaben : Anecdota Graeca e codd. reg. ed. Boisso-
nade III (1831) 270—284 (unter dem Namen Try-
naoadidofthyo tpcor^y), die ihn wegen unzureichen-
der Kenntnis der fremden Lehrsprache wenig
förderte, sowohl in der Grammatik als auch in
der Aristotelischen Logik, welche beide Fächer
daselbst gelehrt wurden. Dadurch wurde er eine
Zeitlang den Wissenschaften entfremdet. Als die
Neigung dazu wieder in ihm erwachte, verließ er
heimlich seine Eltern, um die in jener Zeit weit-
berühmten Schulen in Nicaea zu besuchen. Als
^J»^^£^^^^»^^^^"^s^zs^^
—778 (vgl. ebd. 76 lf.). Ehetores Graeci, recogn.
Spengel III (1856) 215-226. Emendationen und
Konjekturen zum Test Finckh Philol. XXIV
(1866) 545—548. S. auch Susemihl Gesch. d.
griech. Lit. i. d. Alexandrinerzeit II (1892) 213, 372.
Eine Fälschung nicht nur auf seinen Namen,
sondern auch ihrem Inhalt nach ist die Schrift
liegt ztjg Scunpovg diolixxov, gedruckt Aphthonii
progymnasmata, rec. Petzholdt. Accessit Gregorii
Corinfhü «7 f£L ^" VT. J ^\ raB r « 1C B U111 S0 P m e una neuere stufen der Wissenschaft nur
schungen, besonders nach einem erfolglosen Ver-
such, Nikephoros Blemmydes in Ephesos nahe zu
treten (vgl. Nicephori Blemmydae curriculum vitae
ed. Heisenberg 1896 p. XXIIf.), angelangt war,
wurde er auch dort durch die Dürftigkeit und
Oberflächlichkeit des Unterrichtsbetriebes aufs
bitterste enttäuscht: man lehrte dort nur Gram-
matik und Poetik und kannte Rhetorik, Philo-
sophie und höhere Stufen der Wissenschaft nur
• ., Lips. 1839, 79—102 (vgl. dazu den Brief des
Herausgebers an Gottfried Hermann p. XVII- XX)
feie entstand höchstwahrscheinlich nach dem Er-
scheinen der Anecdota Oxoniensia ed. Cramer I
1S3*k Vgl. Ahrens Rh. Mus. I (1842) 274-277
mnptechriften: Leo Allatius De Georffiis et
y iB i£!?S? 8 - diatrib »» Paiisii8 16S1 (= Flbri-
<stns Bibl Graeca XL, Hamburg 1721) 798—805
wahrer höherer Bildung kam er nahe, als nach der
Rückeroberung Konstantinopels durch die Griechen
(1261) er vom 26.-33. Lebensjahr (s. p. 27C Migne)
die Unterweisung des Großlogotheten Georgios
Akropolites erfahr. In dem Kreise der Schüler
dieses Mannes, der die Seinen in Aristoteles, d. h.
in dessen Sjllogistik, Analytik und Rhetorik, und
in die geometrischen und arithmetrischen Systeme
1853
üregonos
(jrregonos
1854
des Eukleides und Nikoraachos einführte, war er
der jüngste und erzielte seinem eigenen Zeugnis
gemäß nach anfänglichem Zurückbleiben hinter
seinen Mitschülern auch in der praktischen Rede-
kunst Erfolge. Diese Erfolge auf dem Felde
rhetorischer Tätigkeit und gelehrten Studiums
haben auch seine Laufbahn begründet.
In den Hof klerus aufgenommen und vom Kaiser
Michael Palaiologos zum Protapostolarios erhoben,
förderte er erst die unionistischen Bestrebungen
des Kaisers, während er später zu den schärfsten
Gegnern der Union gehörte. Andronikos IL setzte
ihn 1283 als Patriarchen von Konstantinopel ein,
und er führte dieses Amt in Jahren voll kirch-
licher Streitigkeiten, in denen er nicht immer
glücklich operierte, bis zu seiner nicht völlig
freiwilligen Abdankung (1287). Sein Unglück
war es, daß er, eine beschauliche Gelehrtennatur
und Schriftsteiler durch inneren Beruf und Neigung,
wohl auf Grund seiner Leistungen um die Bil-
dung der Zeit und seiner Tätigkeit als geistlicher
und weltlicher Rhetor, zu einer Zeit in sein Amt
kam, als in seinen Gegnern ihm Dogmatiker und
Polemiker gegenüberstanden, denen er nicht völlig
gewachsen war (über den Verlauf der Streitig-
keiten im einzelnen s. beispielsweise Ehrhard
a. a. O.). Er zog sich dann ins klösterliche
Leben zurück, verbrachte den Rest seiner Lebens-
zeit in Verbitterung, die der Schluß seiner Auto-
biographie wiederspiegelt, dazu von körperlichen
Leiden heimgesucht, und starb wohl bald nach
seiner Abdankung (Georgios Pachymeres de An-
dronico Palaeologo II 17, Bd. II S. 152, 1253
ed. Bonn. Nikephoros Gregoros e Paf^ai'nr) toz. VI
4, Bd. I S. 179, lff. ed. Bonn.).
G. war ein Mensch, der sich durch seine Zähig-
keit zu einer hohen literarischen Bildung und
einer großartigen rhetorischen Fertigkeit im Sinne
der Palaeologenepoche, deren Bildungsideal Treu
oft glänzend geschildert hat (s. z. B. Byzant.
Ztschr. II [1893] 100f.), emporgearbeitet hatte.
Er hatte die Alten studiert und sich dabei nicht
zum wenigsten dadurch gefördert, daß er, von
Haus aus unbegütert, sich ihre Texte selbst ab-
schrieb (s. p. 29 B Migne). Das gab seinem Stil
in den Briefen und Enkomien jene formale Ge-
wandtheit und alle die Eigenschaften, die sein
Zeitalter schätzte. In Kirchenämter berief er
daher nur Männer, die sich in ähnlicher Richtung
durch geistige Tüchtigkeit auszeichneten (Nike-
phoros Gregoros VI 6, Bd. I S. 181. 12 ff. ed.
Bonn. ; s. auch Georgios Pachymeres de Andronico
Palaeologo V 8, Bd. II S. 385, llff. ed. Bonn.). Die
Bewunderung dankbarer Schüler und das Lob der
späteren Generationen hat davon Zeugnis abge-
legt; vgl. z. B. Nikephoros Gregoras'Fco^ai'«^ tat.
VI 1, Bd. 1 S. 163, 9ff. Bonn,: yv T7)rixavTa
äyijQ ev Xoyoig imoi]/iog zqi ßaathxo} ovyxazsi-
Xeyfikvog xX^qq> recogyiog 6 ex Kvtzqov , og zov
iv zatg ygatpatg svyEvij zfjg 'EXXdÖog Qv&piov y.ai
rjjv 'AzztxiCovoav yl&aaav ixeivfjv , TiaXat nolvv
V&7 xqwov Xifthjg xgvßivra ßv&otg, (pvoscag de$io-
itfxi xaX qptXojzoviq zelscozeQa stgog <pmg ijyaye xat
oIovei ztva ixaQioazo avaßkootv. Nikephoros Chum-
nos jtQog xovg dvoxegxivovxag em . . . bei Bois-
sonade Anecd. Gr. III (1831) 367: xa&tjye/Kov
i/tol xai szatdsvxtjg xcu (tvoxaywyog victjo^s xal
dt&daxalog ptezQt narrog tov xclt avtor ßiov . . .
o szoXvg ixslvog trjv ooqptav, noXvg xal zovs X6yovg f
zö (iiya davfia rov xmT TJftög ßtov, 6 stdvv rgrjyo-
Qiog xzX. S. besonders S. 369. Ephraem, chron.
10 3341 oofpo; zig ävrjQ rgijyoQiog Kvxq6-&€V ?,6-
ycov aoepäv TtaiSsvfta, /uovoüjv eazia. Der Ver-
fasser des Lexicon Vindobonense, Andreas Lopa-
diotes, zitiert den Kyprier neben antiken Autoren,
die ihm Zeugnisse für mustergültige Prosa bieten.
Erhaltene Werke aus dem Bereiche der Profan-
10 Schriftstellern: I. Attjytfoeatg /ueoixrjg loyog zä
xa^ eaviov tcsqie%ol>v. Es ist dies eine schön
und klar geschriebene Darstellung seines Lebens,
voll Naivetät und ehrlicher, wahrer Auflassung
der Dinge, geschrieben im Alter, nachdem er dem
ihm so mühevoll gewordenen Amt des Konstan-
tinopolitaner Patriarchats entsagt hatte. Der
Schilderung seiner Jugend und seiner Bildungs-
zeit bis zum 33. Jahre läßt er allgemeinere Be-
merkungen über sein Wesen , seine gelehrten
20 Neigungen und seinen Stil folgen. Gedacht ist
dieses Werkchen — anders als Blemmydes' Auto-
biographie aus etwa demselben Zeitalter (s. He isen-
berg a. a. O. p. XXIX 55) — als Einleitung zu
einem Sammelband mehrerer seiner Schriften,
p. 20 A: xaxQtg uev zip ovvzeza%äzi zfyv ßißkov
KvnQog jJ vfjoog ; p. 28 B : fjds tzov . . v\ ovyyQCKprj •
xaXcö yao ovrot zrjv ävä %£LQag 7tvxxl^a' f p. 29 C.
29 D. Aus dem Inhalt der Hss. bei Rubeis (s.
Migne S. 31) und Matthaei (a. a. O. 23) darf
30 man wohl entnehmen, daß diese szvxxig nach der
Vita die Briefsammlung umfaßte. Ausgaben :
Georgii seu Gregorii Cyprii , . vita, quae ex codice,
Lugduno-Batav, . , . prodiit, ed. Fr. Io. Franc.
Bern. M. de Rubeis, Venetiis 1753. Text der
Ausgabe mit allen Beigaben reproduziert von Jos.
Bergauer (Wien 1773) und bei Migne Gr. CXL1I
17 — 228. Des Patriarchen G. aus Cypern Selbst-
biographie . . . aus einer Hs. herausgeg. (griech.
und deutsch) von F. C. Matthiae, Frankfurt a.M.
40 1817 (abgedruckt nach neuem hsl. Material und
mit wichtigen Beiträgen zum Text).
II. Sammlung von über 200 Briefen, die meist
von ihm selbst ausgegangen, teils auch an ihn
gerichtet sind, darunter 5, die von dem Groß-
logotheten Theodoros Megalon, seinem fleißigsten
Korrespondenten und ehemaligen Schüler, abge-
faßt sind. Als Adressaten in diesem Briefwechsel,
den G. selbst sammelte, und der in zahlreichen
Hss. vorliegt, erscheinen der Kaiser Andronikos
50 und viele hohe Beamte, Georgios Akropolites,
loannes Pediasimus, Nikephoros Chumnos u. a.
(s. z. B. noch den nach Lambecius gegebenen
Epistularum Index bei Migne a. a. O. 421 — 432).
Nach ihres Autors Absicht sollten die Briefe — wie
überhaupt die byzantinische Epistolographie dieser
Zeit (vgl. z. B. noch Georgios Lekapenos) — nvog
loytxf}g xaXXizcyviag V7zöf.tvt}fia bilden (s. Maxvmi
monachi Planudis epistolae ed. Treu 1890, 187).
So sind diese Stücke literarische aycaviafiaxa ext-
SQdsixzixä, die, wie Nippes ihren Besitzer, den
Adressaten durch Eleganz und Eigenart der Form
erfreuen sollen, nicht wirkliche briefliche Mit-
teilungen als Ersatz persönlichen Verkehrs. Nor
ein Brief von allen , die bis jetzt veröffentlicht
sind, ist mehr ein Brief in unserem Sinne, ein
Mittel der Verständigung, ein Bericht: der Brief
an den Kaiser Andronikos (bei Matthaei 25
— 36: rtp ßaotXcT ine. stxoaryv elx ey o* AexißQiog
ftrjvy vgl, evravdu ta siovtfQa ßovXtjfiaza *ara-
sttv&otev). Hier finden sich die gleichen Vorzüge
naiver, realistischer und lehenswahrer Schilderung
wie in der Autobiographie. Hier hat der Gegen-
stand, die Not der Zeit, dem Verfasser die Feder
geführt, nicht konventionelle Schulung und Dres-
sur aus der Jugendzeit her und rhetorische All-
tagsmode. Da versteht man, daß G. sich über
den Effekt der verbildenden rhetorischen Schul-
übungen bei Georgios Akropolites reserviert äußern
konnte (s, p. 25 D Migne). Eine Gesamtausgabe
dieser Briefe, die die geistige Atmosphäre ihrer
Zeit erläutern und ab und zu einige reale Facta,
besonders zur byzantinischen Prosopographie uns
bieten oder erschließen lassen würde, steht noch aus,
sie ist von Treu, der schon einige Vorläufer dieser
Arbeit geliefert hat T in Aussicht gestellt (vgl. Mem.
de St, Pdtersbourg a. a. 0. 104). Bis jetzt
sind außer einzelnen Stellen bei Treu (Maximi
monachi Planudis epistolae 1890 p. 197. 241. 242.
246. 261) folgende in sich vollständige Stücke aus
dieser Korrespondenz publiziert: Td5v cpiXcov zivl:
Georgii seu Gregorii Cyprii vita etc., ed. Rabeis
1753, im Abdruck bei Migne 125 C— 127C.
Ein Brief an den Kaiser Andronikos d. Ä. (nr. 132
in Matthaeis Codex) bei Matthaei a. a. 0. 25
—29 (29f. dazu Übersetzung). 8 Briefe an ver-
schiedene Adressaten: Mor. Schmidt Index schol.
aestiv. Jen. 1877, 9^-14 (Nachträge zum Text
Theodori Pediasimi etc., ed. Treu 1899, 61), an
Ioannes Pediasimus: Theodori Pediasimi eiusque
amicoTiun quae extant ed. Treu, Potsdam 1899
(Progr.), 481 (vgl. dazu P, N. Papageorgiu
Byz. Ztschr. X 1901, 425-432 pass.). 13 Briefe
an Johannes Staurakios, ediert und erläutert von
Treu Memoires de l'academie de St. Pätersbourg
Vllle serie VI 1 S. 94—107 (Nachträge zum Text
Maas in Byz. Ztschr. XII 1903, 624. Vgl. auch
die Zitate aus diesem Briefwechsel im Lexicon
Vindobonense ed. Näuck 1867 p. Xlf.
III. 1) Enkomion auf Andronikos II. Palaino-
logos (1282— 1328) ; ine. faty ph, d,g oXydcög,
liiywtt ßaoiXev; expl. dato övvdfiEOis dg bvvapiv.
Die Rede wurde bald nach der Thronbesteigung
des Kaisers 1282 oder 1283 abgefaßt, wieBois-
sonade a. a. 0. I 379 n. 2 zeigt. Ausgabe bei
Boissonade Anecd. Graeca I (1829) 359—390, Ab-
druck bei Migne 387—418. 2) Enkomion auf
Michael VIII. Palaiologos (1261— 1282): ine. xai-
vov oväh, fcwxazs ßaotXsv\ expl. et zi stozs fuzd
zavxa (fQovfjaat voyoovotv. Ausgabe bei Boisso-
nade Anecd. Graeca I 313-358, Abdruck bei
Migne CXLII 345—386. Beide Arbeiten, durch-
aus im konventionellen Stil panegyrischer Reden
gehalten, ,gehören zu den abstoßendsten Beispielen
dieser Gattung*. Wendungen und Bilder, Ver-
gleiche und Figuren weisen die typischen Züge
der Rhetorik jener Zeit auf. Die Rede als Rede
überwuchert alles, so daß für den Bericht nur
weniger objektiver Tatsachen Raum vorhanden ist.
Als Vorbilder aus dem Altertum haben vor allem
Arbtides und Iulian gedient, denen gegenüber
die gewiß nicht allzu seltenen Reminiszenzen ans
der Bibel eine bescheidene Rolle spielen. Vgl
aach seine Enkomien auf Heilige, die formal uud
inhaltlich diesen Reden auf die Kaiser entsprechen.
IV. Schubchriften. 1) Schuldeklamationen,
w. 49 mit dem Briefwech-
urwgunos
1ÖOO
drei im cod. Leid. Graec.
sei überliefert, davon zwei (öl IJottÖei&xtu, äXXi?-
Xwv iyevoavto u» 1 "A&Tjvalcov jifiXtoQxovfAevoi xxX,
$tX6aotpos äjrsX&o>v etg dxgojzoXtv xai szeioas zov
xvgawov ajzo&so&ai zyr <xqx*)v xxX.), herausgeg.
von Schmidt Indices schol. Jen. 1875. 1875/6
1877, 3-8); vgl. dazu Eberhard Jahresb!
1874/5, 3. Bd. 522—525. 2) 'Eyxd^fitov eis rfr
MXaooav sYt ovv eig ttjv tvv xadoXov tov vöazog
(pvaiv , angefügt als Ineditum von Bonaventura
10 Vulcanius, Herausgeber des Bändchens Aristoteles
de mundo c. dupl. interpr. L. Apulei . . ., cum
Schol. Bonav. Vulcanii 1591, abgedruckt zuletzt
bei Migne Gr. CXLII 434—443. 3) Eine Abhand-
lung tzsqI 2a>xQ&Tovg, bei Boissonade in der Über-
schrift f .%Qeia genannt (nach hsl. Zeugnis); ine.
ScöXQorovg fj,kv h-7iaivhr)v ol/uat . . .; expl. äg~icog
de xai xovg ETiaivovg XaßsTv s%£t jiccp' ovöevdg.
Ausgabe bei Boissonade Anecd. Gr. II (1830)
269—273, abgedruckt bei Migne Gr. CXLII 417
20—422. 4) Ein Schulbuch, erhalten nach Krum-
b ach er a. a. O. 477 im cod. Vindob. phil.
Graec. 195 fol. 85-93, Tanrin. 356 T 1 27 (jetzt
B VI 48) p. 144— 152 v ; Harleianus 5735 und
zum^Teil cod. Monac. gr. 201 saec. XHI fol. 61
—67; es setzt sich zusammen aus einer pro-
saischen Paraphrase Aesopischer Fabeln und
mythologischen Stücken, die in rhetorisch abge-
rundeter Form für den Jugendunterricht vorge-
führt werden. Dabei hatte der Verfasser, der
30 hier alter Praxis folgt, es selbst in seiner Auto-
biographie beklagt, daß ihn sein Unterricht in
der Jugend, der mit derartigen mythologischen
Tatsachen operierte, nicht die gerechte Befriedi-
gung gewährt hatte (p. 25 A Migne): ä ^arglSa
fisv xazeXtpiE . . . eIx' ävxi xovxojv ovzat ßsyaXütpvf}
xofiieiTai^ juiö&öv , xXiosig ovofidrtov ixftEXEzfjoat,
xai Qfjfidzwv oyrjjaanofiovg xai xivrjaug xai wg fj
Tvrdd^Eü) Ttalg fjQTidyr) xai q Jlqid^ov jzetixcoxs
jzoXtg TtoXvszet öid rrjv yvvatxa xa/aovoa izoXi^oy
40 . . . xai xa).Xa ooa 6 novr\xixog %OQog xazd ziva
zßg ze X vt]g avxovofilav nXdxxu te xai (xv§evexat,
vjöovijg {aev xd TioXXd ozoxa^öfievog , SXtya ös xijg
dXq&eiag rpQovzi^v). Aus cod. Vindob. phil. Gr.
195 fol. 901 hat Jacobs De progymnasmaticonmi
studiis mythographicis , Marp. Ch. 1899 (Diss.)
zwei jw&oi zuerst veröffentlicht: aj'HgaxXrfg xai
JlXovzog (S. 38f.), b) 'AyafiE/AVfov CI<piyevEia lv
AvXiSt) (S. 161). Diesen Ötrjyrjpaza folgen in
derselben Hs. dann zwei andere: Kavbavir\g und
50 'AXextqvcüp, die sich auch unter dem Namen des
Libanios finden (vgl. Jacobs 8. 14). Ähnliches
führten schon Nikephoros Basilakes (um 1150), der
seinen pv&oi ? Fabeln, dir)yr}ftaxa t mythologische
Stücke, folgen ließ, und Konstantinos Akropolites
(Zeitgenosse G.s von Kypern) durch (s. Krum-
bacher a. a. O. 477). 5) Sprich Wörtersammlung,
herausgeg. von v. Leutsch und Schneidewin
Paroemiographi Graeci I (1839) 349—378; s. da-
zu p. XXXVI. Über Quellen und Wert dieser
60 an sich heute für die Kenntnis der antiken Parömio-
graphen so gut wie entbehrlichen Sammlung, die
auf eine Epitome des Ps.-Diogenian zurückgeht,
sowie neue handschriftliche Hilfsmittel vgl. Cru-
sius Anal. crit. ad paroemiogr. Graec. 1883, 4lf.
Brachmann Jahrb. f. Philol. Suppl. XIV (1885)
341-350. 406—415. Cohn Philol. Suppl. VI
(1891/3) 236—253.
Über G.s bisher publizierte Schriften theolo-
180/
uregonos
thregonos
1858
gischen Inhalts, die polemische und dogmatische
Literatur einerseits und die den Enkomien auf
die Kaiser parallelen Enkomien auf Heilige (z. B.
auf den heiligen Georgios und auf Euthymios von
Madyta) andererseits, vgl. Ehrhard bei Krum-
bacher Gesch. d. byz. Literat.2 1897, 98f. 204.
Seitdem ist noch einzusehen Loparev Viz. Vrem.
IV 1897, 337—401.
Irrtümlicherweise wurde G. von Korinth als
Verfasser eines Enkomions auf Georgios Akro- 10
polites angenommen von Allatius De Georgiis
etc. 423. Vgl. Boissonade Anecd. Graeca I (1829)
352, 1 und ferner Treu Byz. Ztschr. V (1896) 543.
Von den besprochenen Werken G.s von Cypern
sind von Ivan Jegorovic Troickij ins Russische
übersetzt: die Autobiographie (Christianskoje
Ctenije 1870 II), der Brief an den Kaiser Androni-
kos Palaiologos d. Alt. (ebd 1870 II) und der
Schriftenwechsel zwischen ihm und Johannes
Bekke (ebd. 1889). 20
Hauptschriften: Allatius De Georgiis X
(Hamburg 1721) 764-773. Fabricius-Harless
XII (1809) 127—132. Migne Patrologia Graeca
CXLII 8—16. Voigtländer Ztschr. f. d. histor.
Theol. XLIII (N. F. XXXVII) 1873, 449—461
(nicht sonderlich brauchbar). Krumbacher
Gesch. d. byzantin. Literatur 2 1897. Ehrhard
ebd. 94. 96. 97. 981 204. 447. 455. 476ff. 4791
576. S. auch die Literatur über das Patriarchat
von Konstantinopel. [B. A. Müller.] 30
3) Gregorios (Thaumaturgos) , Bischof von
Keocaesarea in Pontus um 2G0. Er hieß ur-
sprünglich Theodorus, vertauschte diesen Namen
aber mit dem damals beliebt werdenden Namen
rQtjyÖQiog, vielleicht bei seinem Übertritt zum
Christentum, jedenfalls noch ehe er Bischof wurde.
Er stammte aus einer angesehenen heidnischen
Familie in Pontus , verlor als vierzehnjähriger
Knabe seinen Vater und beschloß, sich dem Rechts-
studium zu widmen. Er hatte dies schon einige 40
Jahre getrieben, als ihn eine Famüienpüicht nach
Caesarea in Palästina führte, wo Origenes, aus
Ägypten vertrieben, die theologischen Wissen-
schaften lehrte. G., begleitet von seinem Bruder
Athenodorus, war unschlüssig gewesen, ob er in
Berytus oder in Rom seine Studien vollenden solle ;
jetzt zog ihn der neue Lehrer so mächtig an, daß
er fünf Jahre hindurch, ohne um Recht und Rede-
kunst sich mehr zu kümmern, seinen Unterricht
genoß. Beim Abschied hielt er eine Dankrede, 50
die wohl durch Vermittlung des Pamphilus auf
uns gekommen ist: sig 'Qgiyivtjg jtgoo(pa>vr}zixbg
xai aavtiyvQtxog Xdyog. Darauf trat er in der
Heimat in den Beruf eines Sachwalters ein; in
dieser Zeit hat Origenes einen Brief an ihn ge-
schrieben (s. Philocalia c. 13), nicht ohne Besorg-
nis um die Vereinbarkeit seines weltlichen Wir-
kens mit seiner Frömmigkeit. Aber nicht lange
darnach hat der Bischof Phaidimos von Amaseia
den G. und seinen Bruder zu Bischöfen in Pon- 60
tus ordiniert: G. hat nicht bloß Neo caesarea,
seine Residenz, in eine christliche Stadt ver-
wandelt, sondern ringsumher in der bis dabin
von der neuen Religion kaum berührten Provinz
Gemeinden gegründet; seine außerordentlichen
Erfolge bei der Missionsarbeit haben ihm den Ruf
eines Wundertäters — dieser Beiname hängt an ihm
so fest wie der des Theologen an Gregor von Na-
P»nJy-Wis»owa-KroU VII
zianz — eingetragen: als ihm 100 Jahre nach sei-
nem Tod Gregor von Nyssa ein Enkomion schrieb
und etwas später Rufinus in seiner Übersetzung von
Eusebius Kirchengeschichte hinter VII 28, 2 einen
besonderen Abschnitt zu Ehren des Thaumaturgen
einschob (s. Euseb. hist. eccl. ed. Schwärt z LT
953 — 956), traute man ihm schon die abenteuer-
lichsten Heldentaten zu. — Kein Datum aus sei-
nem Leben läßt sich ganz genau festlegen. Nach
Eusebius, der in der Kirchengesch. VI 30. VII
14 und 28 über ihn handelt, hat G. der ersten
antiochenischen Synode wider Paulus von Samo-
sata (268?) noch beigewohnt; auf der späteren
um 270 scheint er nicht anwesend gewesen zu
sein. Suidas setzt seinen Tod unter Aurelianus,
d. h. zwischen 270 und 275. Das wird stimmen.
Bischof war er jedenfalls während der Verfolgung
des Decius 250 und der verheerenden Raubzüge
der Goten und Boranen 253 und in den folgen-
den Jahren; da Eusebius seine große Jugend bei
der Ordination zum Bischof ausdrücklich hervor-
hebt, hat er schwerlich nach Eusebius Meinung
damals das kanonische Alter von 30 Jahren be-
sessen. Die fünfjährige Studienzeit in Caesarea
kann frühestens 232—237, spätestens 239—244
angesetzt werden. Eusebius halt dafür, daß unter
Gordian (238—244) die Trennung des G. von
Origenes fällt, also rund 240/1; sehr wohl kann
G. dann 242 oder 243 Bischof geworden sein,
etwa im Alter von 25 Jahren, was auf ein Ge-
burtsdatum um 217 oder ein wenig früher (215/6)
führen würde. Ein schönes Denkmal der Pietät
und dankbarer Begeisterung hat er sich selber
gesetzt durch jene Dankrede (herausgeg. von P.
Koetschau, Freibg. i. Br. 1894, vgl. Brink-
mann Rh. Mus. N. F. LVI 1901, 55—76): hier
siegt das Herz über allen Schwulst der Mode-
beredsamkeit, , durch und durch rhetorisch, aber
das erfreulichste Erzeugnis der damaligen Rheto-
rik' (v. Wilamowitz Kultur d. Gegenwart I 4,
195). Zwischen 254 und 258, als man die Schäden
der Barbarenzüge zu heilen versuchen durfte, ist
der , kanonische Brief' verfaßt, in dem G. einsich-
tig mild Grundsätze über Behandlung der ge-
fallenen' Christen aufstellt — erst später in ein-
zelne canones zerlegt und dabei wohl auch ge-
kürzt und erweitert (Routh Reliquiae sacrae III 2
256 — 283), ein für die Geschichte der kirchlichen
Disziplin unschätzbares Dokument. Aus noch
späterer Zeit dürfte das Glaubensbekenntnis des
G. stammen, ex&eoig zr\g Jtiozecos xazd djzoxd-
Xvynv, aber von unangreifbarer Echtheit: be-
merkenswert durch den philosophischen Ton, und
echt origenistisch im Gegensatz gegen den Mon-
archianismus (kommentiert bei Caspari Alte
und neue Quellen z. Gesch. d. Taufsymbols 1879,
1—64). In den Handschriften wird meist dem
Nazianzener Gregor beigelegt die von dem Pon-
tiker verfaßte knappe /tezdtpQaoig slg tov ixxXtj-
oiaozTjv 2oXo{ioivxog. Bloß in syrischer Version
ist eine Schrift G.s über die Leidensunfähigkeit
und Leidensfähigkeit Gottes an Theopompos er-
halten ; ganz verloren die von Basiliuß (ep. 210, 5)
erwähnte öidls&g 7zg6g AiXtavdv, ein Dialog, in
dem ein Heide für den christlichen Gottesbegriff
gewonnen wird. Hieronymns (de vir. ill. 65) kennt
noch Briefe G.s. Eine Anzahl von Schriftwerken
ist zweifellos dem G. untergeschoben worden,
59
darunter jj xaza fisQOg ttfazis, eine apollinaristische
Glaubensformel : unter den Fragmenten inCatenen
n. dgl. könnte noch einzelnes Echte stecken;
sicher nnecht sind die griechisch überlieferten
Homilien. Vgl. Migne G. X. V. Ryssel G.
Thauraaturgus, sein Lehen u. s. Schriften, Lpz.
1880. Dräseke Ges. patrist. Untersuchungen
1889, 94ff. lOSff. Harnack Gesch. d. altchristl.
Lit. I 432-436. II 2, 93—102. Bardenhewer
Gesch. d. altkirchl. Lit. II § 72.
4) Gregorius, Bischof von Nazianzos (= Dio-
kaisareia) in Eappadokien, gest. 390. Eine Art
Autobiographie hat G. in einem Gedicht siegt tov
eavxov ßiov {de se ipso), das 1949 jambische
Senare umfaßt, hinterlassen: 98 andere Car-
mina behandeln Einzelheiten ans seinem Leben ;
und seine Briefe und Reden steuern auch noch
allerhand Detail bei, so daß wir die Dürftigkeit der
Mitteilungen über ihn in den kirchenhistorischen
Werken des 4. und 5. Jhdts. verschmerzen können.
G. wurde geboren zu Arianzus, einem seiner Fa-
milie gehörigen Landgut in deT Nähe der kleinen
kappadokischen Stadt Nazianz, im J. 329. Seine
Eltern hießen Gregorius und Nonna, beide ge-
bildete Menschen aus wohlhabenden Familien.
Sie hatten schon lange in kinderloser Ehe gelebt;
auf G, folgten dann noch eine Schwester Gogonia
und ein Bruder Caesarius. Der Vater war noch um
325 Heide (allerdings Hypsistarier) gewesen, fast
SOjährig meldete er sich, dem Wunsch seiner
Gattin nachgebend, als Katechumene, wurde bald
darauf getauft und auch — schwerlich genau
nach den kanonischen Vorschriften — zum Bischof
von Nazianz erhoben. So ist der gefeiertste Lehrer
der griechischen Kirche, den sie früh mit dem
Titel des , Theologen' ehrte, als ,Sohn eines
Bischofs' auf die Welt gekommen. In der Provin-
zialhauptstadt Caesarea besuchte er die Schule;
die höchste Ausbildung sollte, nachdem er auf
Reisen in Palästina und Ägypten die Welt kennen
gelernt hatte, Athen ihm spenden. Mindestens
von 353 bis 357 hat er hier geweilt, den Prinzen
Iulianus, den späteren Kaiser, keunen gelernt und
mit^ dem ihm schon von Caesarea her bekannten
Basilius (d. Gr.) Herzensfreundschaft geschlossen.
Eine Fracht derselben, doch weiß man nicht aus
welcher Zeit, ist die von Basilius und G. ge-
meinsam hergestellte Sammlung von Perlen aus
den Werken des Origenes, beste Ausgabe The
Philocalia of Origen by J. Arm. Robinson 1893.
Von 357 bis etwa 362 hat er als Privatmann bei
den Eltern in Nazianz, wo er nunmehr die Taufe
empfing, sich aufgehalten, mit der Absicht, dem
ihm von der Mutter früh eingeimpften mönchi-
schen Ideal nachzuleben, aber schon durch den
Familienbesitz zu allerlei Verwaltungsgeschäften
gezwungen; wiederholt hat er den damals in die
Einsamkeit am Irisfluß geflohenen Freund Basi-
lius aufgesucht. Wahrscheinlich 362 hat sich G.
auf den Wunsch seiner Mitbürger von dem alten
Vater zum Presbyter weihen lassen, gleich darauf
»st er, von Eeue und Scham ergriffen, aus Nazianz
verschwunden, hat aber noch vor Iulianus Tod,
also im Sommer 363, sein Amt wieder aufge-
nommen und in einer berühmt gewordenen Bede
(or. 2) seine ,Flucht' verteidigt. In die 10 Jahre
seines Presbyterats, von 362—372, fallt ein Teil
«uner schriftstellerischen Leistungen; doch hat
wieg uuvs
1ÖOV
er nicht bloß seine theologische Bildung jetzt
vollendet, seine dogmatische Position endgültig
gewonnen und sich die große Bibelkenntnis an-
geeignet, die er besitzt, ohne sich eigentlich zum
,. Schriftausleger berufen zu fühlen, sondern auch
in die kirchlichen Streitigkeiten eingegriffen, meist
im Interesse der Versöhnung. Sein und seiner
Freunde stiller Einfluß hat in den 20 Jahren
von 362 bis 381 die Provinz Eappadokien aus
10 einer Brutstätte des radikalen Arianismus zur
hohen Schule eines vornehmen, konzilianten und
doch festen Jungnicänismus umgewandelt. Daß
im J. 370 auf den erledigten Metropolitenstuhl
in Caesarea Basilius erhoben wurde — auch der
Vater Gregorius hat ihn ordinieren helfen — , war
mit das Werk unseres G.: der Dank, den ihm
Basilius dafür erstattete, indem er ihn nämlich
372 unversehens zum Bischof in Sasima, einem
erbärmlichen Dorf, das bisher nie einen Bischof
20 besessen hatte, ernannte, fand bei G. nicht das
erwünschte Verständnis. Er fühlte sich lediglich
als das Opfer von Basilius' Ehrgeiz, der nach der
Teilung der Provinz Eappadokien, wobei dem
neuen Metropoliten in Tyana die Mehrzahl der
Bischofssitze zugefallen waren, die Zahl seiner
Suffragane zu vermehren strebte. Selbst die
Bitten seines Vaters konnten ihn nicht bewegen,
das bischöfliche Amt in Sasima wirklich zu über-
nehmen. Vielmehr blieb er in Nazianz, half dem
30 Vater dort noch in seinen Amtsgeschäften und
führte nach dessen Tod dieselben allein weiter
— auf Wunsch der Nazianzener, ohne sich übri-
gens als Bischof von Nazianz zu gerieren. Als
man ihn drängte, Farbe zu bekennen, floh er,
da er wohl einsah, daß er in den Augen des
Basilius nur Bischof in Sasima sein könne,
nach dem isaurischen Seleukia; und über fünf
Jahre hin hat sich Nazianz ohne Bischof be-
holfen. Anfang 379 aber bot sich dem G., als der
40 Tod des arianerfreundlichen Valens die kirchen-
politische Lage von Grund auf verändert hatte,
die Aussicht auf eine große Zukunft. Er ging
nach Constantinopel und predigte dem kleinen
Häuflein der nieänisch Gesinnten in dem Bethaus
Anastasia — vor den Mauern der Stadt — allsonn-
täglich das reine Evangelium, während fast die ganze
Stadt unter dem Bischof Demophilus zur homöi-
schen Partei schwur. Seinen Anhängern, deren Zahl
die Anziehungskraft von G.s Kunst und Geist
50 mit jedem Sonntag mehrte, galt er als der ortho-
doxe Bischof von Constantinopel; daher sie alle
es als freche Intrusion abwehrten, als ein Protege -
des Petrus von Alexandrien, der cynische Philo-
soph Maximus, mit dem Anspruch auf die bischöf-
liche Würde in der Hauptstadt 380 auftrat. Der
Kaiser Theodosius behandelte jedenfalls auch den
G. als legitimen Anwärter auf die höchste kirch-
liche Würde im Ostreich, denn ihm ließ er die
den Arianern abgenommene Apostelkirche im No-
60vember 380 ausliefern. Eine der ersten Hand-
lungen des großen Konzils in Constantinopel im
Mai 381 war die Erhebung G.s auf den bischöf-
lichen Stuhl von Constantinopel : noch unter dem
Vorsitz des Bfischofs) Meletios von Antiochien wurde
dieseAufgabe erledigt. Bald darauf aber starb Mele-
tios; G M der nunmehr den Vorsitz auf der Synode
zu führen hatte, erkrankte, und über der Frage
nach dem für Meletios zu bestimmenden Nach-
folger in Antiochien kam es zwischen G. und der
Mehrheit der Synodalen zum Bruch. Im Interesse
der Versöhnung hatte G. den bisherigen Gegen-
bischof des Meletios in Antiochien, den Altnicaener
Paulinus vorgeschlagen. Nicht bloß die syrischen
Bischöfe wollten davon nichts wissen, andere Ri-
valitäten enthüllten sich nun, und im Zorn über den
Eigensinn und Egoismus seiner Amtsgenossen warf
ihnen G. die eben empfangene Würde vor die
Füße; er erbat vom Kaiser seine Entlassung und 10
zog sich nach der Heimat zurück. Die Synode
wählte an seiner Stelle den kilikischen Laien
Nektarios (381—397). Ein paar Jahre hat G.
dann wieder Nazianz regiert, aber mit wachsen-
dem Unmut über die rücksichtslose Agitation der
ApoDinaristen in seiner Gemeinde; und als es
ihm endlich gelungen war, dort die Wahl eines
Gesinnungsgenossen, Eulalius, durchzusetzen, zog
er sich vom öffentlichen Leben, wahrscheinlich
auf sein Landgut in Arianz, zurück und ist da- 20
selbst, in den letzten Jahren viel von Krankheit, über
die er schon in Constantinopel nicht selten klagte,
gepeinigt, wohl im Winter 389/90 gestorben (nach
Hieronymus ein Triennium vor Abfassung des
noch im J. 392 publizierten Werks De viris illu-
stribus). G.s Werke füllen in Mignes Patrologia
G. 4 Bde., 35-38. Im wesentlichen wird da ein Ab-
druck der Benediktinerausgabe (Clemencet und
Caillau) 1778—1840 geboten. Von einzelnen
Werken sind seitdem verbesserte Sonderausgaben 30
erschienen, so von orat. 27 — 31 : The five theolo-
gical orations of G. by Naz. Edited by A. J.
Mason, Cambridge 1899; von orat. 7 und 43:
F. Boulenger Gr. de Naz. Discours funebres
en Thonneur de son frere Cesaire et de Basile de
Ce"saröe, Paris 1908; die zwei rhythmischen Ge-
dichte von W. Meyer Abh. Akad. München,
Philos. Kl. XVII 2, 1885 Beil. I 400— 409.
Doch ist eine neue Gesamtausgabe dringend not-
wendig; die von byzantinischen Gelehrten verfaßten 40
Glossen und Kommentare zu G. , die jetzt zum
großen Teil seine Werke füllen, sind ebenfalls
nur mangelhaft ediert und haben ihre Aufgabe
nicht lösen können, weil sie schon verdorbene
Texte wie wir vor sich hatten : über die Absich-
ten, die G. mit den wechselnden Formen seiner
^Lieder' verfolgte, wird erst zu urteilen sein, wenn
wir die ursprünglichen Formen kennen. Im all-
gemeinen ahmt auch in ihnen G. die klassi-
schen Muster nach , geht aber doch auch eigene 50
Wege. — Wenn wir von dem absehen, was ent-
weder nur in Übersetzung erhalten oder zweifel-
haften Ursprungs ist, vollends von dem, was,
wie namentlich das spätmittelalterliche Drama
Christus patiens nur durch offenkundige Unter-
schiebung oder infolge von Namensverwechslung
unserem G. zugeschrieben worden ist, so besitzen
wir von ihm Briefe, Gedichte und Reden. Fast
250 Briefe, doppelt so viel Gedichte, darunter
freilich auch ganz kurze Epigramme, 45 Reden, 60
von denen einige entweder überhaupt nie wirk-
lich gesprochen oder doch nachträglich erheblich
umgeschrieben worden sind. In diesen Reden
offenbart G. eine ungeheure Vielseitigkeit; bald
ist er Lob-, bald Trostredner, bald Verteidiger,
bald Ankläger — so die Xoyot o%T}hxsvuxol wider
den toten Kaiser Iulian — , bald Exeget, bald
Dogmatiker, bald Moralist, bald Kirchenpolitiker.
wregonos
löOZ
Eins bleibt er immer: Rhetor, leider auch in
seinen Briefen und seinen Gedichten, die darum
so wenig poetisch wirken. In seinen eigentlichen
Reden stört die Kunst ja nicht immer und er
ist auch kein Schönredner; er versteht es z. B.
in den theologischen Reden, die Lehre von der
Gottheit des Sohnes und des heiligen Geistes in
vollendeter Klarheit zu entwickeln, und wo er
selber in Affekt gerät, weiß er den Leser auch
mit sich zu reißen. Aber die gelehrten Remi-
niszenzen, die Anspielungen nicht etwa bloß auf
die biblischen Bücher, sondern nicht minder auf
die klassischen Mythen und Philosophen, die
massenhaften aus der Schule mitgebrachten Kunst-
mittel, besonders auch Wortspiele und Häufung
von fernliegenden Bildern ziehen die Aufmerk-
samkeit des Lesers immer wieder von der Sache
fort auf die Form und auf die Person des Red-
ners : er arbeitet so viel mit Pathos bei Kleinig-
keiten, daß man ihm die tiefe Leidenschaft nicht
glaubt, auch wo sie hingehörte. Von den drei
großen Kappadokiern macht dieser G. am stärk-
sten den Eindruck des Dekadenten, trotzdem er
an geistigen Gaben hinter den beiden anderen
wahrlich nicht zurücksteht. Aber er hat lite-
rarisch für die Kirche ausschließlich gearbeitet
in Formen , die sich das Christentum nicht er-
schaffen hatte und die G.s Art am wenigsten
günstig lagen: er will die Blüte griechischer
Kultur und zugleich die der neuen christlichen
Geistesbewegung in Vereinigung darstellen. Dieser
Aufgabe ist er nicht gewachsen. — Nicht bloß im
Morgenland aber ist G. die von allen Parteien an-
erkannte Autorität schon um 400 gewesen und es
allezeit geblieben, sondern auch die Latiner reißen
sich um ihn. Hieronymus {vir. ill. 117) rühmt den
vir eloquentissimiis als seinen Lehrer, speziell
im Schriftverständnis -— in der Tat hatte er von
379 — 381 in Constantinopel seines Verkehrs ge-
nossen — , und berechnet den Umfang seiner Werke
auf 30 000 Zeilen. Er nennt dann eine Reihe von
libri, z. B. Laudes Athanasii, Adversus Euno-
mium libri II, wobei es sich um Reden handelt,
sonst nur einem Liber hexametro versu virginita-
tis et nuptiarum contra se disserentium : seeutus
est Polemonium dicendi x a Q aHl ^Q a - Noch be-
geisterter feiert Rufinus um 399 den G. in derPrae-
fatio zu seiner Übersetzung von 9 (er selber sagt:
etwa 10) Reden des Nazianzeners; G. ist ihm
gleich unerreicht oder doch unübertroffen im Leben
wie in Beredsamkeit, in fides wie in scientia.
Diesem Werk des Rufinus, das leider eine höchst
mangelhafte Wiedergabe des Originals darstellt,
verdanken dann die späteren lateinischen Ver-
ehrer des Kappadokiers G., wie schon Augustinus,
so Leo d. Gr., Vigilius von Thapsus, Facundus
von Hermiane, ausschließlich ihre Bekanntschaft
mit seiner Weisheit. Siehe die Ausgabe von E n gel-
brecht im Corp. scr. eccl. lat. 46, 1910, die
einzige brauchbare des lateinischen G. G.s Reden
waren gewiß sehr schwer so zu übersetzen, daß
die Übersetzung ähnlich wirkte wie das Original ;
Rufinus hat ihn aber auch weniger übertragen,
als in seiner Muttersprache nachgeahmt. . Vgl
die freilich längst nicht mehr genügende Bio-
graphie von Ulimann 1825 (1866). J. R. Äs-
mus Greg. v. Naz. nnd sein Verhältnis zum Ori-
genismus, theolog. Studien und Kritiken 1894*
*"v« Utl'VgUXlVS'
314«; X. Hürth De Greg. Naz. orationibus
funeferibus (Bissert. Argentor. XU 1907.
5) Gregorius, Bischof von Nyssa in Kappa-
dokien, gest. ca. 394, Er wurde als ein jüngerer
Bruder des Basilius d. Gr. (o. Bd. III S. 52f.)
geboren, vielleicht erst gegen 340. Er ist ähn-
lich erzogen worden wie sein Bruder, war auch
früher getauft worden, hat sich aher verheiratet
und eine weltliche Laufbahn eingeschlagen. Um
371 hat ihm gleichwohl, nachdem die Freunde,
vor allem Gregorius von Nazianz, kräftig auf ihn
eingewirkt hatten, sein Bruder die bischöfliche
Würde in Nyssa aufgedrungen, einer im Westen
Kappadokiens am Halys gelegenen Stadt. Unter
der Regierung des Valens wurde er von dort ver-
drängt, mußte sich eine Zeit lang versteckt halten,
nach dem Sturz des Arianers aber hat ihn von
379 bis Ende 394, wo wir ihn zum letztenmal
auf einer Synode in Constantinopel antreffen,
niemand im Besitz von Nyssa gestört. Er ist
zwar oft und auf lange Zeit von seiner Gemeinde
getrennt gewesen, aber das hing mit kirchlichen
Pflichten zusammen : er war ein überaus fleißiger
Besucher der Synoden, z. B. 379 in Antioehien
381, 382, 383 und 394 in Constantinopel, wurde
auch nicht selten an den Hof gebeten, um priester-
liche Akte zu vollziehen, und eine lange Reise
durch Palästina und Arabien hat er um 380
auf den Wunsch einer Synode gemacht, um dort
für Herstellung der kirchlichen Ordnung zu
sorgen. Im Gesetz vom 30. Juli 381 (Cod.
Theod. XVI 1, 3) wird er unter den Säulen der
Orthodoxie aufgezählt ; bei Lebzeiten des Basilius
hat er wohl etwas im Schatten des größeren
Bruders gestanden, der mit seinen diplomatischen
Fähigkeiten keineswegs immer zufrieden war.
Hieronymus vir. ill. 128 interessiert sich für ihn
nicht entfernt so lebhaft wie für den Nazianzener,
obwohl er auch ihn im J. 381 in Constantinopel
kennen gelernt hat; und Rufinus hat wohl etwa
zehn Meisterstücke von Basilius und von G.
von Nazianz, aber keins von G. von Nyssa ins
Lateinische übersetzt. Ein Mißgeschick hat ihn
auch insofern verfolgt, als es bis heute noch
keine, den Benediktinerausgaben etwa der bei-
den anderen Kappadozier gleichwertige Ausgabe
seiner Werke gibt. Eine reichhaltige Sammlung
von fast allem bislang Publizierten findet sich
ja in Migne G. 44—46. aber einen Überblick über
die Abstammung der Bestandteile gewinnt man
nur mit Hilfe von Loofs Theol. Real-Encycl. 3 VII
146f. Eine kritische Ausgabe vonForbenius
1855 und 1861 ist in den Anfängen stecken ge-
blieben; eine wirklich neue Rezension hat nur
der Xoyog xaTTjxijuxos (6 fiiyag) in der Ausgabe
von Srawley The catechetical oration of G.
of Nyssa, Cambridge 1903, erfahren, dessen Test
übernommen wurde von L. Meridier Discours
catechötique , Paris 1908. Von der Korrespon-
denz des Ny sseners sind bloß 26 Briefe erhalten;
von eigentlichen Reden auch nicht soviele wie
bei G. von Nazianz. Seine Rede gegen die
Wucherer mag als Beispiel einer Moralpredigt,
die auf den Protomartyr Stephanus als Lob- und
die 381 und 385 gehaltenen Leichenreden auf
den Antiochener Meletios, auf die sechsjährige
Pffljswösin Pulcheria und die Kaiserin Flaccilla
*to Trostreden herausgehoben werden. Unter den
uregonos
1864,
asketischen Abhandlungen ragen hervor rngt
jiüQ&svias und neQt rov xara &eöv a>t(mov f seine-
Vita Macrinae, Lebensbeschreibung seiner früh
verstorbenen Schwester Macrina, ist auch mehr
ein asketisch-ethischer Traktat als eine Biographie-
G.s Methode in der Exegese leidet an allen"
Fehlern des Alexandrinismus , trotzdem findet er
z. B. in der Auslegung des Vaterunsers sehr
warme Töne und in der natürlich ganz mystischen
10 Interpretation des Hohenliedes zeigt er, gegenüber
einer massenhaften und festen Überlieferung be-
merkenswerte Selbständigkeit. Wie ein Grundriß,
der Glaubenslehre gibt sich die Oratio catechetica;.
in dem Dialog mit Macrina tisqi yvxrjs xal ava-
owoewg hat er auch die schwierige Dialogform-
leidlich geschickt bemeistert. Seine polemischen Ab-
handlungen: wider die Eunomianer zwölf Bücher^
gegen den Apollinarismus ävxtoQrjrixÖQ , xaÄ\
BifiaQfAiw^ zugunsten der menschlichen Willens-
20freiheit gegen den astrologischen Wahn, gehören,
zu den besten Stücken dieser Gattung innerhalb
der griechischen Literatur; G. kämpft wenigstens^
nicht mit Schirnpfworten, sondern mit Gründen.
Seine Rhetorik ist nicht so glänzend wie die des
Nazianzeners, obwohl auch ihm das Ideal durch
die Schule gegeben ist. Von der Metaphysik
des Origenes, von der Gedankenwelt Piatons und
den Neuplatonikern steht er gar nicht so fern
ab, wie die Kirche es später wünschte; er hat.
30 auch weit tiefere spekulative Bedürfnisse als
seine berühmten Freunde. Jedenfalls ist er in
den dogmatischen Formeln, die auch er ängstlich
definierte und verteidigte, nicht untergegangen.,
Die Kirche hat von ihm nur aufgenommen, was
er mit der Gemeinde-Orthodoxie gemeinsam hatte.
Über seine Abhängigkeit von der rhetorischen
Tradition vgl. J. Bau r er Die Trostreden des G..
von Nyssa in ihrem Verhältnis zur antiken Rhe-
torik, Marburg 1892; eine Menge von dogmen-
40 geschichtlichen Monographien über einzelne Punkte
aus der Theologie oder Philosophie des Nysse-
nere entschädigen uns nicht für den Mangel jeder
befriedigenden Biographie: die bei Böhringer2
1876 stellt kaum eine Vorarbeit dar. Freilich
muß der Verarbeitung zunächst die Herausgabe
der Texte in zuverlässiger Form vorangehen.
6) Gregorius, Illiberitanus , Baeticus, Hispa-
nensis zubenannt, Bischof von Elvira (Granada
zwischen 357 und 400. Hieronymus berichtet
50 im J. 392 (de vir. ill. 105) über ihn, seines Wis-
sens sei er noch am Leben, wenngleich im höch-
sten Greisenalter; geschrieben habe er diverso*
medioeri sermone iractatus, et de fide elegantem
librum. G. taucht für uns erst in den Bekennt-
nisstreitigkeiten der letzten Jahre des Kaisers
Constantius H. auf, mag also um 355 Bischof in
seiner Vaterstadt geworden und kaum später als
325 geboren sein. Er gehört zu den wenigen
ganz unerschütterlichen Vorkämpfern der nicä-
60 nischen Orthodoxie im Abendlande ; trotzdem ist
über ihn nie die Strafe des Exils verhängt worden.
Hilarius von Portiers hat uns im Opus historicum
(Migne L. 10, 713) einen Brief des Bekenners
Eusebius von Vercellae an G. aufbewahrt (wohl
vom J. 360), wo dieser ihn dazu beglückwünscht,
daß er sogar dem Hosiue, als der transgreasvr
geworden war, Widerstand geleistet und den Ab-
fall der Majorität von Bimini (359/360) nicht mit-
1865
Gregorios
.Gregorios
1880
gemacht habe. Demnach kann er nicht mit dem
-Mitgliede der arimmensischen Deputation {Hila-
Tius, Migne L. 10, 702) namens G. identifiziert wer-
den, da alle zehn Legaten umgefallen sein sollen;
Ton ihm' rühmt aber Hieron. chron. z. J. 370,
daß er gleichwie Lucifer von Calaris mcmquam se
Arianae miseuit pravüati. Das klingt schon so,
als habe sich G. der luciferianischen Sekte, die
mit keinem je in Arianismus gefallenen Bischof
-die Kirchengemeinschaft aufnahm, angeschlossen,
und dies bestätigen uns nr. 2 und 2 a der Col-
lectio Avellana (ed. O. Guenther Corp. script.
*ccl. lat. 35 p. 15 — 35 und 46), ein im Winter
383/4 am kaiserlichen Hof in Constantinopel von
-den schismatischen Presbytern Marcellinus und
Faustinus eingereichter libellus preeum und die
vom Kaiser darauf an den zuständigen Präfekten
■Cynegius erlassene ,Lex Augusta'. Die Presby-
ter schildern mit kräftigen Farben die Nieder-
lage, die Hosius erlitten, als er die weltliche Ge-
walt gegen den ihm unbequemen Einzig- Stand-
haften, G. von Elvira, aufbieten wollte : ihn selber
lasse man auch seitdem unangetastet, nur die mit
ihm in Gemeinschaft treten wollen, hätten schwer
zu leiden. Laut § 90 des libellus precum hat
G. um 365 den Lucifer in Sardinien besucht;
der Kaiser hat ihm von 384 an freie Religions-
Iibung gesichert.
Die luciferianischen Presbyter scheinen unsern
G. auch als Wundertäter rühmen zu wollen, von
schriftstellerischen Leistungen, die sie doch dem
Lucifer so hoch anrechnen, vermerken sie bei G.
nichts. Zur Zeit des Konflikts mit Hosius (um
358/9) ist er noch ein fast Unbekannter Mann in
Corduba, rudis adkuc episcopus, nur apud Chri-
stum non rudis vindex fidei. Indessen das Zeugnis
des Hieronymus für seine literarische Tätigkeit
läßt keinem Zweifel Raum. Schon Quesnel und
Tille mont entdeckten den elegans Über ,de fide i
wieder in einem teils ohne Namen überlieferten,
teils dem Ambro sius, dem G. von Nazianz, dem
Vigilius von Thapsus, dem Foegadius von Agen
zugeschriebenen Traktat De fide orthodoxa contra
Arianos, Migne L. 20, 31-50. 17, 549—568, zer-
stückelt auch 62, 466—468 und 449—463. Augu-
stinus (s. epist. 148, 2, 10) hat schon vor dem
J. 413 diesen Traktat als ein Werk des G. von
Nazianz zitiert und ihn offenbar, wie ein Teil
unserer Rumi-Hss. bestätigt, innerhalb der Samm-
lung von Beden des Nazianzeners, die Rufinus
übersetzt hatte, vorgefunden. Aber so gewiß die
andern neun Stücke jener Sammlung Überset-
zungen aus — noch vorliegenden — griechischen
Testen sind, so gewiß ist der Traktat de fide
original lateinisch ; er ist auch älter als 400, und
weist in allem in die Zeit, wo noch die altnicä-
nische Theologie im Abendlande das Feld be-
hauptete. Dem Rufinus darf man weder die Frech-
heit noch die Unvorsichtigkeit zutrauen, daß er
selber diese Abhandlung in sein Corpus Grego-
rianum aufgenommen hatte, ebensowenig kann
er der Verfasserschaft verdächtigt werden; ist
aber ein Zufall im Spiel bei der Verkuppelung
von De fide mit den neun Reden des Bischofs
von Nazianz, so wird derselbe am ehesten be-
greiflich, wenn auch ,De fide' den Namen eines
Gregorius episcopus als Verfasser trug. Von allen
Abendländern, auf die man geraten hat, läßt über-
haupt nur G. von Elvira, dem Hieronymus ein
Werk mit solchem Titel und solcher Haltung
ausdrücklich zuschreibt, als Verfasser sich halten.
Vgl. Hierzu Engelbrecht in Corpus scr. eccl.
lat. Vind. 46 p. IX— XVI.
1906 in Bulletin de litterature eccle*siastique
public par Tinstitut catholique de Toulouse, p. 233
— 299 hat Dom Andre* Wilma rt mit der Ab-
handlung Les tractatus sur le Cantique attribue"s
10 ä Gregoire d'Elvire einen entscheidenden Schritt
getan, um die literarische Erbschaft des G. von
Elvira wiederherzustellen. Er lenkt die Auf-
merksamkeit auf die 1848 von Heine in seiner
Bibliotheca Anecdotorum (aus spanischen Biblio-
theken) an achter Stelle (teilweise nur fragmen-
tarisch) publizierten ,Commentarii in Cantica Can-
ticorum scripti* unter denen der erste ein ,Com-
mentarius Gregorio Illrberitano adscriptus' ist (p.
132—166). Die Hss. haben diesen Kommentar —
20 in Wirklichkeit fünf Homilien über Teste aus den
ersten Kapiteln des Hohenliedes 1, 1—3, 4 —
dem Papst Gregor zugeschrieben, verraten aber
durch Subscriptiones und Titel noch, daß diese
Zuteilung auf späterer Konjektur beruht: Wil-
mart hat es leicht zu erweisen, daß das Buch
ebensogut zu dem Bischof von Elvira um 390
paßt, wie schlecht zu dem Papst um 600. Und
er fügt den zwingenden Beweis hinzu, daß der
,Kommentar' zum Hohenlied dem gleichen Ver-
30 fasser gehört wie die 1900 bekannt gewordenen,
herrenlos umhergeworfenen 20 Tractatus Origenis
de libris ss. scripturarum (ed. Batiffol-Wil-
mart). Die Abfassungszeit, die Manier und die
Theologie in beiden Büchern stimmen zu G. von
Elvira; der Stil ist ein anderer als der in De
fide; aber während jenes ja auch nach Hieronymus
ein elegans Über sein sollte, hat G. sonst trac-
tatus medioeri sermone verfaßt : eben dieser Stil-
gattung gehören die mit lebhafter Phantasie und
40 viel Willkür den Text ausnutzenden, ältere Ar-
beiten unbefangen ausschreibenden und kombi-
nierenden exegetisch-erbaulichen Betrachtungen
über das Hohelied und gemischte Texte an. Wir
wären demnach im Besitz einer ganz respektablen
Hinterlassenschaft des glaubenseifrigen Spaniers,
die von diesem festen Fundament aus vielleicht
noch erweitert werden könnte. Vgl. P. Lejay
L'heritage de Gregoire d'Elvire in Revue Bene"-
dictine 1903 Oct. und zur Frage nach De Fide
50 noch besonders Wilmart in La tradition des
opuscules dogmatiques de Foebadius, Gregorius
Hliberitanus, Faustinus, S.-Ber. Akad. Wien CLIX
1, 9—24. — Ein gewichtiges Bedenken gegen
Wilmarts Hypothesen hat Cuthbert Butler
erhoben (Journ. of theolog. studies X 1909, 450
—459). Die Zusammengehörigkeit der Homilien
über das Hohelied und der Tractatus Origenis
steht auch für ihn außer Zweifel, die Identität
des Verfassers mit dem von De fide hält er für
60 höchst wahrscheinlich, und fast alles spreche für
G. von Elvira ; aber ein ungelöstes Rätsel bleibt
vorläufig der von Butler geführte Nachweis
einer Benatzung sowohl der von Rufinus ange-
fertigten Übersetzung von Origenes Genesiskom-
mentar als der Predigten des Gandentius von
Brescia tin den Tractatus Origeniß Dl und IX
(s. die Texte in Butler Jouxn. of theoL stu<L
VI 1905, 587—598); damit wären die Tractatus
unter die Grenze des 4. und 5. Jhdts. herabge-
zogen. Bereits hat P. Brewer Wilmerts G. von
Elvira durch Rufmus ersetzt und diesem dabei
sogleich noch ein weiteres herrenloses Stück zu-
erkannt — die Exhortatio S. Ambrosii ad neo-
phytos de symbolo — in dem Buch über das
sog. Athanasianische Glaubensbekenntnis, 1909,
Exkurs 2 p. 151—178, was keinenfalls ein glück-
licher Griff war. Aber ableugnen läßt sich jene
uicgunua
IÖOÖ
mengestelltes. G. schreibt ein schauerliches La-
tein ; er war sich seiner grammatischen Unbildung^
auch wohl bewußt und verspottete sich selber
als loqtiem rustieus ; was damals gebildete Gal-
lier noch an Kunstsprache zur Verfügung hatten,
zeigte ihm ja sein Bewunderer, der spätere Bischof
von Poitiers, Yenantius Fortunatus. Aber so ent-
geht er auch der Phrase und dem zweideutigen
Rhetorenstil. Sein kritisches Urteil in seinen Be-
.11- . , ., . ,, " — ,o — " ™" v »«-« j^^c luicwicusui. oein Kmiscn.es Urteil m seinen B*>-
und Gaudentius des G. drüben hüben, von älteren,
heute verlorenen Schriften umgehen. Wohl aber
könnte G., wenn er 325 geboren ist, noch um
405 geschriftstellert haben, so gut wie Cassiodor;
die decrepita s&nectus des Hieronymus im J. 392
beruht nicht auf Personalkenntnis. Allerdings
hätte dann Hieronymus in de vir. ill. natürlich
andere Tractatus von G. im Auge als die nunmehr
zurückeroberten. Vor der Entscheid^" werben 20 ^ ^ffa™ ^S'^to^^^S
zuverlässige Texte aller dem G. von Avira zu- vnr a iw \^ZT, ZlfJ^Hf £5*' ^ 1S }
zuverlässige Texte aller dem G. von Elvira zu-
geschriebenen Werke abzuwarten sein ; die bis-
herigen Ausgaben reichen noch nicht aus.
7) Gregorius, Bischof von Tours, gestorben
594. G. ist kurz vor 540 in Arverna, dem heu-
tigen Clermont-Ferrand, geboren. Er stammte
aus senatorischer Familie ; seinen ursprünglichen
Namen Georgius Florentius vertauschte er nach
dem frühen Tode des Vaters Florentius mit dem
gesteckten Grenzen einer Prüfung unterliegen -
selbstverständlich ist er maßlos wundersichtig"
abergläubisch, voll Furcht vor dem nahen Weit-
end« und mit allen Vorurteilen des guten Kirchen-
mannes gegen Arianer wie Heiden behaftet. Über
das Anekdotische kommt er nicht hinaus: einen
inneren Zusammenhang sucht er weder auf zwischen
den Personen und ihren Handlungen noch in der
Entwicklung der Völker, Aber er hat gute Auzen
vor allem aufrichtig bemüht, ohne Schönfärberei
die Wahrheit zu sagen. Unermüdlich verbessert
er sich selber; der Ubellus de episcopis Turo-
nmsibus z. B., mit dem er das letzte Buch der
Frankengeschichte schließt, weicht in einer Reihe
von Angaben, immer zum Eichtigen hin, von den
älteren Abteilungen des Werkes ab. Daß die
Genauigkeit der Datierung ihm am Herzen liegt,
ist schon ein gutes Zeichen; man wundert sich
fin Oh ir der Saf P^l ^^t ^ S"^ & CUTm stdlantm rati <» bemüht hat
^„™»Jf J BlB ^ h< ?f M™, von_ Cleimont, Er kommt sogar an die Heiligen - wie viel
später ein Priester Avitus in derselben Stadt,
lediglich mit dem Ziel, ihn zu einem guten Geist-
lichen vorzubilden. Den asketischen Trieb in ihm
steigerte eine Wallfahrt zum Grabe des heiligen
Martinus in Tours um 563 ; 573 wählte man ihn
in Tours zum Nachfolger des Bischofs Euphro-
nius. Bis zu seinem Tode, 17. November 594,
mehr an das Frankenvolk — heran mit einer ganz
neuen Art des Interesses, dem Interesse des ge-
borenen Gelehrten. ,Wißbegier und Sammeleifer
dezimieren die keineswegs fehlende Anekdoten-
psychologie'. Von seinen Werken besitzen wir
eme musterhafte Ausgabe in den Monum. Germ
Script, rer, Merov. I 1 u. 2, 1884 und 1885 von
hat er dies An,« verwaltet und d^ i^ä£ 40 W.Trnd'i „TS. i^eh" (d Tb™ ÄTe
keit, Weisheit und diplomatisches Talent dia vm, Tfc *.*{««,+ iäoo „^tII 1 ? ,_ ^ J"^ e
keit, Weisheit und diplomatisches Talent die
durch Brände furchtbar mitgenommene und in
den merowingischen Thronstreitigkeiten heiß um-
strittene Stadt wieder in die Höhe gebracht.
Unter vier Königen hat G. es fertig gebracht,
nicht bloß sich selber gegen die Anfeindungen
der Parteigänger zu behaupten, sondern die Inter-
essen der Stadt zu fördern; seine kluge Zurück-
haltung von der politischen Agitation und von
jeder Verfolgung persönlichen Vorteils verschaffte 50
ihm zuletzt unter der Königin Brunhilde sogar
großen Einfluß auf die Staatsgeschäfte.
Als Bischof begann G. zu Schriftstellern ; mit
dem ersten Werk, das er 575 begann, De vir-
tutibus Martini episcopi libri IV, ist er nicht
ganz fertig geworden, eine Reihe anderer Mirakel-
sammlungen unterbrachen jene Arbeit; G.s 20
Heiligenbiographien im Liber de vita patrum bieten
aus der hagiograpbischen Literatur dieser Epoche
Einzelzüge. Eine höchst bedeutsame historio-
graphische Leistung sind die zehn Bücher der
Histom Francorum, an der er auch fast 20 Jahre
lauft bis kurz vor seinem Tode, gearbeitet hat.
In Buch 1 gelangt er schon bis zum Tode des
fe^en MATtums (kurz vor 400); von Buch 5
— 1U bietet er lediglich Zeitgeschichte, Selbst-
erlebtes und ans eigenen Aufzeichnungen Zusam-
von Th. Ruinart 1699 abgedruckt in Migne L.
71. Vgl. Lob eil Gr. von Tours und seine Zeit,
Leipz. 2 1S69. Gabriel Mo n o d Etüde critique sur
les sources de l'histoire merovingienne I; Gregoire
de Tours, Paris 1872. Mas Bonnet Le Latin
de Greg, de Tours, Paris 1890. C. A. Bernoulli
Die Heiligen der Merowinger, Tübingen 1900 T
Kapitel 5 (S. 88—121): die Heilige ngelehrsam-
keit des Gr. von Tours.
8) Gregor I. f Bischof von Rom. gest. 604.
Im J. 540 wurde er zu Rom aus einer senatorischen,
und namentlich in Sizilien reich begüterten, Fa-
milie geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters
widmete sich die Mutter dem Klosterleben, ließ
indes ihrem Sohn eine standesgemäße Erziehung
angedeihen. Er brachte es schon vor 573 in der
Staatskarriere zum Praefectus Urbi, entsagte
aber in plötzlichem Umschlag der Stimmnng
allen weltlichen Aspirationen, verkaufte die väter-
wobl am «*£*-„ wT+« -™-"" r™ *»¥,* am;u wei * UCIien Aspirationen, verkaufte die väter-
Klöster, in deren eines, zu Rom, er selber eintrat.
Die asketischen Übungen, denen er sieh hier un-
barmherzig unterwarf, mögen den Grund zu seiner
späteren Kränklichkeit — während der letzten
Lebensjahre war er fast dauernd an das Bett
gefesselt — gelegt haben. Gleichwohl zwang ihm
Papst Benedict I. 577 das Amt eines Diatonen
in Rom auf, und gleich nach seiner Thronbe-
steigung sandte ihn Pelagius IL (579—590) als
Apocrisiarius nach Constantinopel, ein Posten, der
ihm bereits eine Anwartschaft auf die spätere
Papstwürde verlieh. 585 kehrte er zwar nach Rom
zurück und durfte als Abt sich der Leitung seines
Klosters widmen, nahm indessen an den Curia-
geschäften teil , und wurde nach dem Tode [des
Pelagius, während die Pest in der Stadt wütete und
die Langobarden sie von draußen bedrohten, ein-
stimmig von Laien und Klerus zum Papst ge-
wählt. Die Flucht vor dem verantwortungsvollen
Amt, die ihm ernst war, hat ihm nicht geholfen ;
am 3. September 590 wurde er ordiniert, am
11. März 604 ist er gestorben (der 12. März ist
der Tag seiner Depositio). Von seiner groß-
artigen Tätigkeit als Politiker und Krrchenfürst
kann hier nicht des näheren die Rede sein; das
Ansehen Roms hat er auf dem edelsten Wege
wiederherzustellen verstanden ; wo auch der Kaiser
versagte, erwies er sich, oft mit den größten
persönlichen Opfern, als Retter in der Not. So
hat er die in Folge des Dreikapitelstreits mit
Rom zerfallenen Provinzen leise wieder an Rom
herangezogen und durch die Missionsarbeit an
den Angelsachsen ein verlorenes Königreich in
die innigste Abhängigkeit von Rom gebracht.
Die einzigen Schatten fallen auf seine öffentliche
Tätigkeit durch den leidenschaftlichen Titelstreit,
den er mit Constantinopel führte, wo er sein
servus servorum Dei dem oixovftsvtxoc naxQi-
äexys des Johannes Jejunator gegenübersetzte,
sowie durch die jubelnde Begrüßung, die er dem
blutbefleckten Tyrannen Phocas 602 und 603
zusandte, nur weil Kaiser Mauritius (582—602)
dem Papst nicht immer hatte zu Willen sein
dürfen und können. Die Urkunden seiner groß-
artigen politischen und pastoralen Tätigkeit, zu-
gleich die wertvollsten und reichhaltigsten Do-
kumente für die Geschichte seines Zeitalters sind
seine Briefe, ca. 850 Schriftstücke chronologisch
geordnet und nach seinen Pontifikatsjahren in
vierzehn Bücher zerlegt, Registrum Epistolarum,
herausg. von P. Ewald und Ludw. M. Hart-
mann in Mon. Germ. Epist, Tom. I u. II 1891
und 1899.
Für die übrigen Werke G.s sind wir noch
auf die Maurinerausgabe von 1705 und 1744 oder
den etwas verbesserten Abdruck bei Migne L.
75—79 angewiesen. Wie sehr sie der Korrektur
aus den Manuskripten bedürfen, mag man ersehen
aus L. Hartmann Zur Orthographie Papst Gre-
gors L, Neues Archiv f. D. Gk. XV 529. Charak-
teristisch für seine literarische Eigenart sind die
35 Bücher Moralia, oder Expositio in beatum
Job, das halb gelehrte Exegese, halb ein Hand-
buch der Ethik ist, begonnen in der Constanti-
nopler Zeit, aber erst nach 590 vollendet und
dem Bischof Leander von Sevilla gewidmet. Eine
unbefangenere Auslegung liegt vor in den 40 Ho-
milien über Evangelienperikopen (um 592, vgl.
Pfeilschifter Die authentische Ausgabe der 40
Evangelienhomilien Gregors d. Gr., Mönch. 1900)
und in den zwei Büchern Homilien über Ezechiel.
Sein Bestes an Lebensweisheit und Erfahrung in
der Behandlung der Menschen hat er niedergelegt
in den vier Büchern der Regula pastoralis; der
religiösen Erbauung, doch anch der Exposition
dogmatischer Grunalehren wie der von der Inter-
zession der Heiligen und vom Fegfeuer, dienen
die libri IV dialogorum de vita ; ef miramlü
patrum italieorum et de aeternitate anima-
rum. Diese Werke sind vom 7. Jhdt. an in
allen Teilen der abendländischen Kirche eifriger
gelesen worden, als die Meister, von denen G. sich
doch ganz abhängig wußte, Amhrosius, Hieronymus
und Augustinus. Er hat auf Jahrhunderte hin
den Geschmack, den Geist, das Wissen und
10 Wollen der lateinischen Kleriker bestimmt. Ein
origineller Denker ist G. nicht gewesen; er ist
auch kein hervorragender Schriftsteller, vielmehr
breit und eintönig, aber wenigstens nicht mani-
riert und spielerisch, dazu frei von Eitelkeit und
ehrlich. Mit G. , der von sich behauptete, er
verstände kein Griechisch — was sicher nur von
seiner Unfähigkeit zu griechischer Schriftstellerei
verstanden werden darf — hat sich das Abend-
land definitiv der Vorherrschaft, ja überhaupt
20 dem Einfluß der orientalischen Theologie ent-
zogen. Er vertritt ganz und gar die Eigenart
der mittelalterlichen Kirchlichkeit und redet doch
noch in der Sprache der alten Zeiten als in seiner
Muttersprache und fühlt sich noch mit den klas-
sischen Theologen» wenn auch nur selten noch
mit den heidnischen Klassikern in ununter-
brochenem Zusammenhang.
Große Verdienste hat G. sich jedenfalls um
die Ausgestaltung des Kirchengesangs und der
30 Liturgie erworben; wieweit aber der Cantus Gre-
gorianus und das Sacramentarium Gregorianum
unmittelbar sein Werk sind, läßt sich zur Zeit
noch nicht feststellen. Daß die von Hieronymus
verfertigte Übersetzung der Bibel aus dem he-
bräischen Urtext — beim Neuen Testament die
Revision nach der griechischen Vorlage — in der
lateinischen Kirche überall sich an Stelle der
älteren Teste als ,Vulgata< durchsetzte, ist eben-
falls ein Verdienst des G. Unendlich vieles ist
40 irrtümlich ihm zugeschrieben worden; bei inte-
ressanten Kommentaren, wie dem zum Hohenlied,
der unter seinem Namen geht, liegt wenigstens
der Verdacht späterer Überarbeitung vor: eine
Monographie, die dem Namen gerecht würde, steht
noch aus; gerade die literarischen Probleme, die
seine Hinterlassenschaft uns aufgibt, sind zum
guten Teil noch nicht einmal angefaßt. Nur zur
ersten Orientierung genügt Böhringer Die Kirche
Christi und ihre Zeugen z I 4, 1879. [Jülicher.]
50 9) Gregorius von Tours, Historiker der Mero-
vingischen Zeit. G. wurde gegen 538 zu Arverni
(Clermont-Ferrand) geboren. Er entstammte einer
der vornehmsten romanisierten Familien. Da sein
Vater früh starb, wurde er von seinem Oheim,
dem Bischof Gallus, und von Avitus, dem nach-
maligen Bischof von Clermont, erzogen. Im J. 573
erhielt er von König Sigebert das Bistum Tours
und war von nun an an allen wichtigen Ange-
legenheiten des Frankenreichs beteiligt. Beson-
60ders in den letzten Lebensjahren von hohem An-
sehen im ganzen Reich, ist er am 17. November
594 gestorben. G.s Hauptwerk, die ^Historia eccle-
siastica Francorum', wie es in einigen Hss. heißt,
oder richtiger die ,Zehn Bücher fränkischer Ge-
schichten' (Wattenbach) kommt fnr die Encyklopä-
die nur mit den ersten vier Büchern in Betracht,
Sie erzählen in schlichter Weise, die kaum noch
die klassische Rhetorik verBpttren läßt, die Urge-
sciuente der Franken bis zum J. 575 (Sigeberts
IM), nachdem eine Übersicht der Weltgeschichte
wm biblisch- kirchengeschichtlichen Standpunkt
vorausgeschickt tat. G.s Quelle ist in erster
Linie die fränkische Tradition, und so ist selbst
noch die Geschichte Chlodwigs an vielen Stellen
mit Sagenhaftem durchwoben (Junghans Ge-
schichte der fränkischen Könige Childerich und
Chlodwich 1857. Monod Etudes critiques sur
les sources de Phistoire Merovingienne 18721
Daneben sind, natürlich abgesehen von zwei Schrift-
stellern die wohl der römischen Zeit angehört
Sil? 1 \ \ «ndüedene Annalen und Hei-
ligenleben benützt; die Ansichten der Neueren
gehen im einzelnen vielfach auseinander. Eine
j£? e ^sicht % [U Kli rth Clovis 112 235-
ffl f eher ls y wenigstens für die hier in Be-
tracht kommenden Bücher, daß G. sein Werk
noch einmal überarbeitet und wohl auch selbst
herausgegeben hat. Auch sonst hat G. eine rege
schriftstellerische Tätigkeit entfaltet. Eine voll-
standige Übersicht gibt er selbst im Epilog der
Frankengeschichte; Jalles dort Erwähnte, mit Aus-
nahme des Tractatus Psalterii, ist uns erhalten.
Wichtigste Ausgaben: M. G. H. Script, rer.
Merov. I von Arndt und Krusch, dazu die Über-
setzung von Giesebrecht in den .Geschicht-
schreibern der Deutschen Vorzeit. Omond et
Mono°d iTh n 8 r /1893 ' Würtlignng außer bei
J?o ^Y attenbach I 7 103—112. Ebertia
ii? 4' * . [Benjamin.]
1UJ Praefectus praetorio Constantins d Gr •
zu seinem Amtskreise gehörte Africa (Cod. Theod!
IV 6 3. Opt. Mil. III 3. 10). An ihn gerichtet
Ud. Theod. m 1, 2). Er machte einen miß-
ST\ VerS Ä 5? Sekte der batisten zu
Ä,1? $% - " °°- Erwälmt Iust *
11) An einen 'G., dessen Sohn Schüler des
Libamus war, ist irn J. 365 gerichtet Liban. ep. 1 505.
nA 12) p Proculus Gregorius, Praefectus annonae
5t,m M r,J ?7 7 (CIL XIY 137 * Cod -
T?toVq i % 15) ' Quaestor sacri P alatii ™
J. 379 (Seeck Symmachus p. CXI CXXVI): Prae-
tectus praetono Galliarum im J. 383 (Sulp Sev
chron II 49, 2. Auson. de fast. (XXU)lülZ-
erahnt (Symmach. ep. VII 88). Ein Sohn von
™, bega ™ S6l t ne Laufba "n als Advokat (Sym-
37-22 P CrUC ' CXXIV) - 8 ? mmach - e P- HI
13) Praeses Cappadociae um das J. 385; an
ihn gerichtet Greg. Naz. epist. 195 = Migne G
srTiP^lw^ ^ 3 ' rö !? ischer Offizier, vonSni-
scher Abstammung. Zur Ermordung des Tyrannen
Wand? " *"*«*> «* ^ vo/ allem' seS
hSSf« Z 1 ?^ 11 * 8 an ^ estache lt ™d an der Tat
■ IW TJ\ * ed f en «™en haben (im J. 546,
ffift y aDd - . n 2 7 -28j. Unter Iohanne
Grekea, Ort im pisidisch-phrygischen Greöz-
gebiet von dem nur das Ethnfkon % WCT? vrf ff auf
cT^^L^l S . aghIr ' nördlicn ^mHoiraS-
Gäl, überliefert ls t, Sterret Papers of the Amer.
school, Athens in nr. 374, 3. ^ [Ruge.l
ttrenikog, wmsche Form statt Granits* s. d.
GreotMngi s. Greuthungi [Mrchuer J '
iUtrat im J. 527/8 mit einer großen Zahl von
Jhir^ m in / on8t ^tino P el zum Christentum
Gresia (Geogr. Eav. 204, 17) s. Grisia.
e Gresinjs, Gresine ($ J^or** Steph! BjL
■nTmown Zonar. 454), Städtchen der «irakischen
Chersonesos. LBürchner.l
90ffi o f euth ü^ fittöfches Volk, zuerst erwähnt
20Hist aug Claud. 6, 2 unter SeyÄart«» A «m
£»«/. neben Peuci, Austrogoti, Tervingi u. a
p J i h °« ff " Deutsche Altertumskunde V 538H-
rrc-b iö 2 cwm ^ ex aliis gentibus plerosgue
pariter transtulwset (auf römisches Gebiet) id
es ex Gtpedts Gmuthungis et Vandulis. Auch
SS « n V; n E ? tr °P;.H 153 scheidet Ori^öW
und Oruthung%. Wie aber Zeuss (Die Deut
sehen 406ff.) ausführt, bezeichnen ^Ä7und
30 Qreuthungt dieselbe Abteilung des Gotenvolkes,
die östliche wahrend die Tervingi (= WisigotM)
die wertliche repräsentieren. Die Wohnsitze des
Volkes gibt nur Ammian genauer an; darnach
reichten sie im Osten bis an die Anwohner des
Dons die Alanen (XXXI 3, 1 Huni P ervc2
mianorupiregtombus, quos Greuthungis eon-
fines lanmtas comuetudo nominavÜ). Sonst
??vT d \ S I°S selten erwah "t Ammian. Marc
XXVII 5 6 (J. 367) (Valens) Greutkungos belli-
40 eosam gentem adgressus est postque Uviora cer-
tamma Athanarieum ea tempestate iudieem vo-
tmitsstmum coegit in fugam. XXXI 3 5
Greuthungorum vallem. 4, 12 VÜJiericus Greu-
thmjorum rex 5 3 Greuthungi. Unter der
Regierung des Theodosius (386) erscheinen sie an
?k? D ° nai fiundungen, um überzusetzen, werden
aber durch eine blutige Niederlage zurückge-
wiesen Hydat. chron. 885 (Chron. min. II 15)
50 vgl. Gonsul. Const. Chron. min. I 244 victi at-
que ezpugnati et in Romania captwi addueti
gern Greothgngiorum a nostrü Theodosio et
il l n-AZ Slm ' IV 35 f der hier nur &™ An-
fuhrer Oidotheus nennt, während IV 38 der Name
des y i ks [efroe „ S x ^ iX 6v] in IlQoMyyov; ent-
stellt ist s. Zeuss 407. 422. Müllenhoff
Deutsche Altertumsk. V 539). Claudian. de IV
cons. Honor. 623ff. schildert dasselbe Treffen iami
Danumum fmuiam transnare Gruthungi, so
60 lautet der Name bei ihm auch sonst, in Eutrop.
11 l b l - 19 c 6 -./ 99 - 576 ' Als Mythisches Volk
auch bei Smdas (s. oxfoag) xal OH m ,a ß e V( ov
rivtov xQodootav Öfioylcoaooty zoTg Sxv&atg zote
xalovfievoig rQovWyyots. Der Name ist bei Am-
mian noch am richtigsten überliefert (Greutkuntri) •
genauer lautet er Griutingi, Griutungi und be-
deutet nach Zeuss 407 »Bewohner der Sand-
gegenden, Steppen', während die Tervingi die
unnei
1874
,Bewohner der (westlichen) Waldgegenden* sind.
Man vermutet, daß die G. sich auch an der Be-
siedlung Skandinaviens beteiligt haben, was z, B.
O. Bremer Ethnographie der germän. Stämme
§ 85. 96 als sicher annimmt. Es kommt darauf
an, wie bei Iord. Get. III 22 zu lesen ist, wo
unter den Völkern von Scandza nach den Gauthi-
goth (s. Gautae) angeführt werden dehine Mixi
(var. mixti) , Evagre (var. evagrae) , Otingis.
Mullenhoff (im Index der Mommsenschen Aus-lObung y Q a<piov (so Pap. Lond. CXXI 399. 425
seltener vor und bedeutet meist den Pinsel (Plin.
n. h. XXXV 68. Vitruv I 1, 3), dagegen erscheint
grwphium für G. seit der Augusteischen Zeit häufig,
und zwar mit der in Lehnwörtern öfter zu beob-
achtenden Kürzung der Länge im Hiat (Lindsay-
Nohl Die lat. Sprache 49), s. Ovid am. I 11, 23
quid digitos opus est graphio lassare tenendo.
Ob diese Kürzung auch im Griechischen vorhanden
war, ist nicht sicher zu sagen; die häufige Schrei-
gabe p. 163 s. Otingi) liest dehine mixti Eva-
greotingis, wobei freilich der erste Bestandteil des
Namens rätselhaft bleibt (anders Zeuss 505).
[Ihm.]
GribOj von Iustinian restauriertes obermoesi-
sches Kastell im Gebiete von Aquae, Procop. de
aedif. 285, 20 rgißo. Tomaschek Die alten
Thraker II 2, 89. [Patsch.]
Griffel. Sobald ein Volk gelernt hat, zum
Denkschr. Wien. Akad. philos.-hist. Kl. XLII) kann
lediglich Itazismus sein; es braucht nicht, wie
man angenommen hat, eine besondere Form yQ<x~
<ptov gegeben zu haben.
Lat. graphium (mit der seltenen Nebenform
graphius, Anthol. lat. IIS. 223) hat sich bis
in das Mittelalter gehalten (Du Cange Gloss. med.
et inf. lat. s. v.) und gilt als Stammwort von
prov. grafis, afr. grafe, neufr. greffe (Körting
Schmuck oder als \ erstandigungsmittel Bilder 20 Lat, rom. Wörterbuch); auch unser deutsches
oder deichen zu ritzen, erfindet rh auch half! oin nT.'flFaif^n ^„^™ „i,™^iX,'4.^^„* /t^ vi ™
oder Zeichen zu ritzen, erfindet es auch bald ein
besonderes Werkzeug, um die Kitzungen auszu-
führen. Bereits die Bilderschrift auf den Ton-
tafeln von Kreta setzt ein derartiges Instrument
voraus (Maraghiannis Antiquite's Crdtoises I
Taf. XXIII). Ob die Griechen dies Werkzeug
aus dem Orient (Riehm-Bäthgen Handwörter-
buch des bibl. Altert. LT 1435) übernommen oder
es selbst erfunden haben, ist nicht zu ent-
,Griffel' soll davon abgeleitet sein (F. K 1 u g e Etym.
Wörterbuch).
Dagegen ist lat. stihis kein Lehnwort ; gegen
die früher beliebte Zusammenstellung mit griech.
azvXos spricht der Vokal der ersten Silbe. Es
gehört zur Wurzel stig, die in instigare instin~
guere Stimulus vorliegt (so Walde Lat. etym.
Wörterbuch 595) und mit dem Begriff des Spitzigen,
Eindringenden verbunden ist. So heißt stilus sonst
scheiden. Für den Import spricht die Herkunft 30 im Kriegswesen und im Landbau ein spitzer Pfahl
der nahe verwandten Schreibfeder aus der Fremde (Bell Afr. 31, 7. Pallad. IV 9 p. 109 Gessner),
der nahe verwandten Schreibfeder aus der Fremde
(s. Bd. VI S. 2098), für Bodenständigkeit die
echt griechischen Benennungen. Diese fehlen noch
in den ältesten Stellen, die eine Benützung des
G.s voraussetzen: IL VI 169 yQayag h mvaxi
urvHzqj, , Herodot z. B. VII 239 iv np £vXq> rov
delziov sygayjE, beide Male bereits von der üblichen
Art des Kitzens auf der Schreibtafel, dem wachs-
überzogenen Diptychon, s. Bd. V S. 1 163. Doch
daher kann das Wort auch vom Schreibwerkzeug
gebraucht werden, das einem kleinen Pfahl mit
scharfer Spitze gleicht. So kennt stilus bereits
Plautus (z. B. Bacch. 715 in der Schilderung des
Schreibgeräts stilum ceram et tabellas linum);
schon bei Terenz hat es die bekannte Richtung
auf die Bedeutung Schreibweise' genommen (prol.
Andr. 12), ein Beweis doch wohl für seine häufige
<-■uj.iT- T. jf rä ., . , ----■ ~ vwi jiuui. j.ö/, üiJi xjcwcia uuuii woui mr seine naunge
steht hier schon das Zeitwort ygarpsiv ,ntzen', von 40 Verwendung. Auch stilus hat durch das Mittel-
dem die Bezeichnungen für das Instrument abge- alter hindurch seinen Weg in die modernen Sprach
leitet sind Wie zu r Xv<pa> .schnitzen* das Werk- gefunden, teils in eigentlicher, teils in übertragen
zeug yAvyfc und yXwpetov heißt, stellen sich yga-
<pig Und ygayeiov zu ygatpco. S. Plat. Protag.
326 C: 01 ygapfiaziarai roTg pfoto öeivoTg ygdtpsiv
J(öv naibcov V3toygäy>avTES yga/zjuag rfj ygatpidi
ovzoi ro ygafifiazetov ötöoaoi xal ävayxd£ovöt ygd-
(peiv xaza zrjv v(pi)yrjoiv zcöv ygaftfiöw. Das ge-
bräuchlichere Wort ist ygaysTov, Machon schildert
len
Bedeutung. Sonst findet sich als lateinisches Wort
für G. noch scriptorium (Isid. orig. VI 9, 1 und
Corp. gloss. lat. VI 500), die farblose Übersetzung
eines Puristen für ygatpetov.
Für die Gestalt der G. haben wir zunächst
zahlreiche antike Abbildungen: für Griechenland
z. B. die Durisschale mit der Schulszene, auf der
den Dichter üunpides mvaxtSa * ai 7ßa <pübv c£ VQ - 50 ein Jüngling ein Triptychon und ein yga^Tov in
rtjfihov fyovTa (Athen. XITI 582c); auf dem
Stein von Andros rühmt sich Isis, die Erfinderin
der ygatpsta zu sein (Kaibel Epigr. gr. 1028,
10f.). Das Deminutivum dazu ist ygatpeiStov, z. B.
Etym. M. 240, 16 and zov ygaya) ygcupEiov
y.ai ygatfEiöiov. Später können yoa<pi$ und yoa-
(puov auch Schreibfeder (s. Bd. VI S. 2099) oder
Malpinsel (Poll. VII 128) bedeuten; die Über-
tragung vom geritzten auf das gemalte Zeichen
den Händen hält (A. Furtwängler Beschr. der
Vasensamralung zu Berlin 2285), und das hübsche
Vasenbild der schreibenden Athene (Elite ceramo-
graphique I 77); für Italien nenne ich die cam-
panischen Wandbilder, die Schreibgeräte darstellen
(W. Heibig Wandgemälde der vom Vesuv ver-
schütteten Städte Kampaniens nr. 1721. 1722. 1726),
ferner die Darstellungen schreibender Göttinnen
(C. Cichorius Die Reliefs der Trajanssäule
i : V^Ä- T f5f^A ! ^t Wahrscheinlich haben auch 60 Taf. 57 nr. 205. E. Petersen Marcussäule
.„ r,, , ~ Taf ^ ^^ ^^ ^ ^^ Bilder lehren uns
die wiederaufgefundenen antiken »tili, deren fast
jedes Museum einige besitzt; Wattenbach (Das
Schriftwesen im Mittelalter 2 182) zählt allein im
Muse"e de Cluny ein Dutzend. Mannigfache Formen
finden sich, von der einfachen Nadel bis zum
künstlerisch ausgestatteten, dreiteiligen stilus
(ältere Abbildungen zitiert bei Marquardt-Mau
die Maler gelegentlich ihre Skizzen mit dem Griffel
auf Wachstafeln entworfen. Blumner Termino-
logie und Technologie IY 425.
Die Frage, ob der G. einheimisch oder zuge-
wandert ist, bleibt auch für die Römer unent-
schieden ; sie besitzen zwar ein eigenes Wort, haben
aber auch yga<pt<; und ygatpetov aus dem Griechi-
schen übernommen, Von diesen kommt graphis
uij-uiua
Das Privatleben der Römer 801; neuere Abbil-
dungen bei B a u m e i s te r Denkmäler des klassi-
schen Altertums III 1585. W. Schubart Das
Buch bei den Griechen und Römern 21). Ton
den drei Teilen ist der mittlere selten selbständig
ausgebildet ; wo er erscheint, ist er walzenförmig
und soll der bequemen Handhabung dienen. Immer
vorhanden ist am unteren Ende die Spitze; war
sie vom vielen Gebrauch abgestumpft, so wurde
sie vom Schreiber selbst nachgeschärft (Mark Cap. 10 spät wird Diptychon und Grapbeion abgelöst durch
T fl?i vtvrt Hart "Pavuan «In Q+nnnfH^WU Au . 1^* A -vr_i_'T i — im« i • i»j i ■,«*'__-._
schichte zeigte, der G. lange benützt und zwar
so lange, als man sich der Wachstafeln zum Auf.
zeichnen von Notizen bediente, s. "Wattenbach
a. a. 0. 67f. 18Sf.; anderes über spätlateinische
Wachstafeln, die Anwendung der G. voraus-
setzen, bei L. Traube Vorlesungen und Abhand-
lungen I 91. Auch zum Linieren der Pergament-
codices gebrauchte man ein griffelartiges Instru-
ment, Gardthausen Griech. Palaeogr. 68. Erst
ÖT\*lT r TITT 1F*T"J I ll WH 4— irrt T-ts-tw-t <n<H ,1 f*— -. -~1~ — Z _1J^._1** J Ü 1
I 65 von den Parzen als Stenographen bei der
Sitzung im Olymp stilos acuunt cerasque eom-
ponunt). Das obere Ende zeigt häufig eine Ver-
breiterung, meist in der Form eines flachen Spatens
(so schon auf der Durisschale) : das dient dazu,
das Wachs des Diptychons, in das die Buchstaben
eingeritzt sind, wieder glatt zu streichen und so
Kaum für neue Aufzeichnungen zu schaffen. Den
G. umdrehen bedeutet daher tilgen (Hör. sat. I
10, 72 saepe stüum vertas).
Die Größe der G. ist verschieden, doch setzt
die Handlichkeit wie bei unseren Bleistiften eine
obere und eine untere Grenze. Als Stoffe, aus
denen man die G. bereitete, bezeugen uns Schrift-
steller und Funde hauptsächlich Bronze, Eisen,
Knochen und Elfenbein. Eiserne G. werden es
fast immer gewesen sein, mit denen man Bild und
Schrift in das weniger nachgiebige Blei der de-
fxiones (s. Bd. IV S. 2376) und in den Stuck der
„ r — .. ^ — ~^, VJ ^ UUJ _. m,,j. «j.u,jjiiv ivlJ augciuöip uuiuu
Notizbuch und Bleistift, oder auch durch Schiefer-
tafel und -Griffel.
Literatur außer den Stellen bei Baumeister
(Blümner), Marquardt-M au, Wattenbach:
Becker- Göll Gallus II 457. Blümner TerminoL
u. Technol. I 326. [Wünsch.]
Grillius, Verfasser einer lediglich auf Vergil
bezüglichen Akzentlehre, die Priscian I 47 p. S5,
27. 36, lf. (Grillim [ Gryllius H(alberstadiensis)]
20 . . . ad Vergilium de accentibus scribens) zitiert
und Joh. T o r t e 1 1 i u s , ein italienischer Gelehrter
des 15. Jhdts. , als eine seiner Quellen genannt
hat (ex unieo Grylli de accentibus ad Vergiliwm,
euius parva fragmenia eomperimus, zitiert von
S uringar Hist. crit. scholiastarum lat. II 1834,
230f. ; Graefenhan Gesch. d. klass. PhiloL IV
1850, 131 hielt G. für einen Lehrer Vergils!). Nach
Priscian nannte G. den sog. Spiritus lenis levem,
den asper flatilem. Dieser vor Priscian, also wohl
J\ ände einritzte (s. die Graffiti des CIL IV). 30 vor 500, lebende Grammatiker wird identifiziert
Mit bronzenen vonmeln. müssen die. ZnnhAvfAYtä (a WüvK .m*. "Pi.:„„ir, T . r ,+„n„\ ™:+ „:~„™ ~i.;a
Mit bronzenen ygatpsia müssen die Zaubertexte
geschrieben sein(Wessely Dcnkschr. der Wien.
Akad. phil. hist. Kl. XXXVI 164. XLII 82 unter
■ygatpEta); hier wirkt die Zauberkraft der Bronze
mit (s. Bd. I S. 51); auf ähnliche abergläubische
Vorstellungen geht es zurück, wenn einmal befohlen
wird, zu schreiben xvTtQtqs yqatpdm yjvypnXdro)
(ebd. XXXVI, Pap. Par. 1847). Eine Kuriosität
sind silberne G. (Wattenbach a. a. O. 184).
>. Hertz zur Priscianstelle) mit einem gleich-
namigen rhetorischen Schriftsteller. Bhetoriea
Grillt hat Fr. Dionysius de Burgo nach der Vor-
rede seiner hsl. erhaltenen Expositio in Valerium
Maximum benützt (nach Endlicher CataL codd.
Lat bibi: Palat. Vindobonensis 1836, nr. CLXXVII
p. 86). Diese Rhetorica wird wohl identisch sein
mit den von Halm Rhet. Lat. min. 596—606
publizierten Excerpia ex Grillii eommento in
Die gewöhnlichen Stoffe zählt Isidorus auf, orig. 40primum Ciceronis librum de inventione. erhalten
VI 9, 1: Graeei enim et Tuseiprimum ferro in
ceris soripserunt, postea Romani iusserunt ne
graphium ferreum quis kaberet . . . postea insti-
tutum est, ut in eera ossibus seriberent, sicut
indicat Atta in Satira dicens (Ribbeck CEF 3
191): Vertamus vomerem In eera mucrone aeque
aremus osseo. Dies Wissen geht, wie das erlesene
Zitat beweist, auf einen Autor der alten Zeit zurück,
im letzten Grund wohl auf Varro (s. GL I 55, 4
in einem Bambergensis saec. XI, der aber auch
nur einen geringen Teil des ganzen Werkes bietet,
falls dieses, wie doch anzunehmen, die ganze Cicero-
schrift kommentierte, da das Erhaltene nur bis
Cic. inv. I 22 reicht; allerdings ist es auch mög-
lich, daß G. sein breit angelegtes Werk überhaupt
nicht vollendet hat. Ein Stück davon enthält
der nach Halms Urteil (p. XV) ältere Frisingen«
sis nr. 206, jetzt Monacensis lat. nr. 6406, ohne
und 138,21: V arro dicit ,osse scribebant'). Das 50 Autornamen ; ein Faszikel von 16 Seiten dieses
«■* j-i-n rt^TWTrt !■% *i4. ji. ITjioIs -l«L 1*. *-. _ u a. Tbl * ^.1 i irwTTT i-j-b Toll*«. ■__<■ _» * .
hier erwähnte Verbot kennt Plinius n. h. XXXIV
139 aus den vetustissimi auetores, wohl auch
durch Varros Vermittlung (F. Münzer Beiträge
zur Quellenkritik der Naturgesch. des Plin. 231f.),
und setzt es in die Zeit des Porsenna. Grund zu
diesem Verbot war der Umstand, daß die eisernen
G. häufig, wo der Dolch fehlte, zur Waffe wurden
(Plut. Mor. 968 E). So halfen sie Caesar ermorden
(Suet. Caes. 82; s. auch Suet. Cal. 28 graphisque
aus verschiedenen Libelli verschiedener Zeit zu-
sammengestellten Codex gibt soviel wie Bamber-
gensis p. 1—29 (für den letzten Teil ist dieser
also die alleinige Überlieferung). 45 Zeilen mehr
als der Bambergensis enthält am Schluß der von
Halm nicht benützte Monacensis 3565 saec. XIV
(s. Schepss Rh. Mus. XL VIII 1893, 482C).
Ein geringer Teil ist auch erhalten im Bruxellen-
sis 5350; der Anfang daraus abgedruckt im In-
eonfossum) : der stilo wurde zum stiletto. Deshalb 60 ventaire des Manuscripts de l'ancienne bibL rovale
ließ Claudius jedem, dem er Zutritt gewährte,
vorher die ealamariae aut graphiariae theeae
abnehmen (Suet. Claud. 35). Hieraus sehen wir,
wer viel zu schreiben hatte, trug mehrere G. in
emer Griffelbüchse bei sich; yga<pto^K7i gra-
pkiarium nennen sie die Glossen (Corp. gloss.
Im Mittelalter wurde, wie bereits die Wortge-
des ducs de Bourgogne p. 107. Den Anfang des
G.- Textes setzen mehrere Hss. als Einleitung
dem Boethiuskommentar zu Ciceros Topik voran
(Schepss a. a. O). Manitius hat Rh. Mus.
XL VII 1892, Ergänz.-Heft S. 109, die Erwähnung
von vier Hss. von G.s Rhetorik ans alten Biblio-
thekskatalogen nachgewiesen, deren eine wahr-
scheinlich identisch ist mit Halms Bambergen-
1877
Gnllius
Grillius
187S
sis. Wegen G.s Geschwätzigkeit und seiner Vor-
liebe für Abschweifungen hat Halm auch vom
Erhaltenen nur ihm wichtig scheinende Abschnitte
publiziert, vor allem den letzten über das Exorr
dium, der eine Menge Cicerozitate auch aus
nicht erhaltenen Reden enthält, so daß Halm
den berechtigten Wunsch aussprach, es möchte
von G. ein vollständiges Exemplar gefunden werden.
Nur noch eine mittelalterliche Erwähnung des G.
im I. Buche Benzonis episcopi Albensis ad Hein- 10
ricum IV (Pertz Script, rer. Germ. XI 599) hat
M. Haupt Herrn. I 47f. (= Opusc. III 3391)
nachgewiesen. G. zitiert 598, 18 Quintüian (doch
läßt sich seine Anführung in der erhaltenen In-
stitutio nicht nachweisen) und 598, 20 einen Rhetor
Eusebius. Diesen hat man mit Wahrscheinlich-
keit identifiziert mit dem von Rufinus p. 581, 18
Halm genannten lateinischen Autor de numeris,
s. o. Bd. VI S. 1445, 38. Völlig unsicher aber
ist die Gleichstellung dieses Eusebius mit dem 20
Praefectus praetorio Italiae vom J. 395 (s. o. Bd. VI
S. 1309, 15), die Teuf fei- Schwabe Rom.
Litt. G. S. 1086, 3 vermutungsweise vorschlug, oder
die von Jan Praef. Macrobii I 1848 p. XXX an-
angedeutete mit dem im J. 354 auf Gallus' Befehl
getöteten Rhetor Eusebios Pittakas aus Emesa
(nicht Alexandreia, wie Jan angibt; s. o. Bd. VI
S. 1445, 37. Seeck Briefe des Libanios 1906,
140, VH); gibt es doch im 4. Jhdt. eine solche
Fülle von Trägern des Namens Eusebios (s. Seeck 30
a. a. 0. 137ff.J, deren noch mehrere als Sophisten
oder Rhetoren bezeichnet werden, daß solche
Gleichsetzungen reine Willkür bleiben. Größere
Wahrscheinlichkeit kann man nur der Annahme
beimessen, an der Cybulla De Rufini Antioch.
commentariis, Königsberg 1907, 40f. und L. Jeep
Philol. LXVII 1908, 16 festhalten, der Eusebius
bei G. und Rufinus sei eine Person mit dem
Gesprächsteilnehmer in Macrobius' Saturnalien,
der darin mehrfach als berühmter Rhetor genannt 40
wird (sat. I 2, 7. 6, 2. 24, 14. VII 9, 25): von
diesem ist intensivere Beschäftigung mit Vergil
anzunehmen, erwartet man doch sat. I 24, 14 von
ihm einen de oratoria apud Maronem arte trac-
tatus: das paßt zu der Schrift ad Vergüium de
accentibus. Ist diese Identifikation richtig, so
werden Rufinus und G. ins 5. Jhdt. gehören.
Den Anfang des Grillianischen Kommentars
macht ein Abschnitt, betitelt argumentum artis
rfetorieae : von einem Vergüvers (Georg. IV 3) 50
ausgehend zeigt er, der Redner müsse im Anfang
seiner Rede die entgegenstehenden gravia beseiti-
gen, was an Ciceros Rede de domo sua erläutert
wird. Bei dem Versuche, eine Rhetorik zu schreiben,
habe Cicero gleichfalls gravia zu überwinden ge-
habt, nämlich Piatons Ansicht (nachdem Gorgias),
die Rhetorik sei keine ars, und Aristoteles', sie sei
zwar eine Kunst, aber eine schlechte. Darum gab
Aristoteles argumenta et exempla verissima, nicht
prooemia, epilogos oder locos communes, weil 60
auf dem Areopag Herolde derartiges Gerede ver-
hinderten (vgl. Aristot. rhet. I 1 p. 1354 a 23).
Zu Cic, inv. I 3: Die incommoda der Rhetorik
werden statu remotivo (vgl. z. B. Fortunatian.
p. 93, 11. Sulp. Vict. p. 347, 14 u. a.) den
imperüi homines zugeschoben, die keine wirk-
lichen Redner sind : virtus autem doctrina dicüur,
quae virtus in hotnine non nascitur, sed di-
scendo adquiritur; das wird durch die Anekdote-
vonPolemon und Xenokrates (s. Diog. Laert. IV 16)
bewiesen und durch den Hinweis auf die nova
progenies (Solianum 598, 10 hält H alm für Ver-
schreibung aus Poüionem) in Vergils, divinipoetae,
4. Ekloge. Dann eine Untersuchung des Begriffs;
eommodttas, in der die oben genannten Aus-
führungen Quintilians und des Eusebius sich
finden. Zu inv. I 5 wird das Dilemma erörtert,
warum Cicero hier die Gracchen lobe, sonst den
Optimaten zuliebe tadele; es ruht auf der rich-
tigen Beobachtung, daß Cicero, wie in seinen
philosophischen und rhetorischen Schriften spä-
terer Zeit (de orat. I 38; leg. III 20; fin. IV
65), ebenso in seinen Senatsreden (Catil. I 28 ;
har. resp. 41) die Gracchen verurteilt ; günstig,,
wie inv. I 5, beurteilt er sie nur in seinen Reden
vor dem Volke (Rab. perd. 12 u. 15; leg. agr.
II 10). Marx (Praef. Auct. ad Herenmuni 79)
meint, Cicero stand zur Zeit der Abfassung und
Edition von de inventione der Volkspartei nahe,.
G. urteilt: Cicero ergo, quod in quibusdam ora-
tionibus illos repreiiendit, non verum iudicat, sed
blanditur nobilitati. Zur Thesis verine sint sen-
sits, inv. I 8, wird der Unterschied der erkenntnis-
theoretischen Anschauungen der älteren und jünge-
ren Akademie kurz erläutert; zu inv. I 9 bez. der
corporis moderatio auf Hortensius (nach Cic. div.
in Caec. 46) verwiesen ; zu inv. 1 10 die Statuslehre,,
zu I 20 —22 die Lehre vom exordium eingehend
erörtert. Dabei stimmt die Dreiteilung des genus
obscurum (bei Cicero zweiteilig) überein mit
Mar, Victorin. p. 196, 37f. Hervorzuheben ist
noch G.s Zweiteilung der insvmmtio (p. 601, 31)
nach Cicero, während Fortunatian. p. 110, 16 sie
nach drei modi scheidet, wie G.s weitere Spaltung
der dissimulatio in zwei Arten. Zu inv. I 21
erläutert G. die Anwendung der einzelnen Arten
der Exordien auf die verschiedenen Genera mit
Beispielen aus Ciceronischen Reden; besonders
wird auch die Frage erörtert, ob und wann das
Exordium ganz fehlen darf (p. 604, lff.), sowie
der Unterschied vom genus obscurum und anceps
dargelegt (p. 604, 28f.). Aus dem zu inv. I 22
Gesagten ist etwa die Definition von arrogantia
hervorzuheben. Trotz seiner schwatzhaften Breite
zeigt G. eine gewisse Selbständigkeit. Mehrfach
tritt ein gewisses Interesse für Philosophie hervor,
er liebt Begriffsdefinitionen. In Cicero und Vergil
ist er gut zu Hause. Was sein Verhältnis zur
sonstigen rhetorischen Literatur anbelangt, so ist
ohne weiteres klar, daß der ausführliche Kommen-
tar zu de inventione von Marius Victorinus ihm
unbekannt ist; die oben hervorgehobene Überein-
stimmung in einer Einzelheit widerspricht dem
keineswegs. H alm hat p. XV erklärt, man könne
des G. rhetorische Quellen nicht feststellen, nur
meinte er, G. habe Fortunatians Rhetorik vor
Augen gehabt. Dem kann ich nicht beipflichten.
Die Übereinstimmungen gehen nicht weiter, als
sie bei der Einheit der rhetorischen Schultradition
der nachchristlichen Jahrhunderte, die meist auf
Quintilian bezw. Cicero im letzten Grunde zurück-
geht, natürlich ist. Auf eine kleine Verschieden-
heit wurde schon oben hingewiesen; daß aber
Fortunatian nicht G.s Vorlage ist, läßt sieb durch
Vergleichung der beiderseitigen Angaben über die
Statuslehre dartun. Die Lehre vom Zustande-
ic/y wimenothyrai
kommen dos Status selbst stimmt bei beiden nicht
fiberein: Fortunatian (p. 82, lf.j vgl. Fortuna-
ti an us o. Bd. VII) läßt die eontroversia ent-
stehen aus intentio und depulsio, die auf aetion und
syneehon zurückgehen ; diese vereint geben das eri-
nomenon. G. läßt die eontroversia durch Dreierlei
entstehen fp. 599, 17f.): si habuerit quod aecu-
sator obieiat, quod defensor purget, quod iudex
iudieet. Fehlt eines dieser drei, so wird das
Grinincenses
1880
polis und vielleicht Tscharyk kjöi. G. Kiepert
Karte Westkleinasiens IX. In der Nähe lagen
Daldeis (s. d.) und Temenothyrai Flaviopolis
{= TJschäk). Aus den Münzbildern kann man
auf Fruchtbarkeit des Bodens, auf die Verehrung
der Götter Men > Asklepios, Hygieia, Athena,
Kybele, Zeus Laodikeus und Dionysos schließen.
Verfassung in der Kaiserzeit Sijpog und ie e a
ßwty, Imhoof -Blumer Festschrift für 0. Benn-
V^Jv V a ' TVo JS^SSP^ 61 ^ bt ' 10dor f 204ff - Head-Sworönos <lozo Q ia N6f«oud-
fortunatian da^eeren (v. 82. 12ff. läßt die asustn- ™.™ TT oirtf s.™_.+ ~„i „„„r. w £ L _ ^r.
Fortunatian dagegen (p. 82. 12ff.) läßt die asysta-
tae controversiae durch Fehlen der depulsio oder
durch impudem seu turpis intentio entstehen,
gibt dann die vier Herrn agor eis chen asystatae an
(sXfekzovoa, ladZovoa, fiovo/negtjg, aTioQogX, denen
er noch andere anderer Rhetoren anschließt. Von
den drei Grillianischen asystata entspricht das
erste, a parte aeeusatoris mangelhafte, deT Her-
magoreischen ellipusa (Fortunatian. p. 82, 17), das
totv II 216f. Sonst vgl. noch W. Ramsay Bi-
shoprics of Phrygia I 144. 198. 239. 570. 571.
595ft" [Bürchner.]
Grinaioi (Qrynaioi, Grunaioi). Nach Ptolem.
VI 13 sind sie ein nomadisierender Stamm der
Saken, der im Sommer seine Herden auf den
Almen der Pamir weidet. Der Name hat sich
wohl bis heute in der Landschaft Goran erhalten.
Iornand. de reb. Get. 5 entspringt der Iaxartes
zweite, a parte ret, der eontroversia achromos 20 auf den montes Ghrinorum. Da, wo der Haupt-
(Fortunatian. p. 83, 20, wo dasselbe Beispiel wie
bei G.), das dritte, a parte iudicis, der Henna-
goreischen aporos (Fortunatian. p. 83, 5, wieder
gleiche Beispiele). G. läßt dann p. 600, 3 caeo-
syntheta folgen, quae staut quidem, sed mate;
denen entspricht das ungeschickte Einschiebsel
hei Fortunatian über cawsystatae p. 83, 34. For-
tunatian bietet also im ganzen betrachtet bezüg-
lich der Status Hermagoreische Lehre aus andern
qucllfluß des Oxus, der Panga, der zuerst das
Pamirplateau im Süden begrenzt, scharf nach
Norden umbiegt, liegt die Stadt Iskasim. Unter-
halb dieser tritt der Oxus in die Alpenlandschaft
Goran ein, die durch ihre Rubinminen berühmt
ist. Das vorher meist sehr enge Tal ist hier
etwa 9 km breit und sorgsam angebaut. Die
Trümmer zahlreicher, jetzt verlassener Ortschaften
auf beiden Ufern des Stromes zeigen, wie dicht
„ .o : " " — -^*" <*«- 1 u^ucii «jiciu ues oiromes zeigen, wie dient
Knetoren ergänzt, G. ein völlig anders aufgebautes, 30 bevölkert das Tal einst war. Zwischen imno-
m sich geschlossenes Svst«m_ Vmi G ist. ala^ ^T.fü« ,™ ™: <?-■!._ -l.i_.i_i.. n ■, • r
in sich geschlossenes System. Von G. ist also
Fortunatian nicht benützt, der überhaupt nach-
weisbar nur Cassiodorius, der ihn nennt, als Vor-
lage gedient hat. Teuffel-Schwabe Köm. Lit.-
G. 5 1890 § 445, 7. Ein paar Bemerkungen
zum Text von Th. Stangl Philo! LIV 1895,
354. [Münscher.]
Grimenothyrai (ai Tgt/^vo^voai^ , über die
Form des Namens Num. Chr. 1865, 172 [das
jioÄiuxöv ist rQifievoftvQEts Münzen, das Ifhmöv 4Q
ist rQif.ievo&vQii(u Ptolem. V 2, 15 (V 2, 13 M.)
corr. Wadd. aus ToaipevöihQizai u. a„ rgiftt-vo-
&vQltm Tzetz. Chil. XI 974 aus Ptolem.; vgl.
BureschAusLydienl68AundImhoof-Blumer
Festschrift für O. Benndorf 204ff.]; -ßvgat wohl
dasselbe wie phrygisch teira [&r}gai] = modern-
griechisch xäötQov), nach Ptolem. in Mysia Maior,
nach anderen (W. M. Ramsay Hist. Geogr. of As.
Min. 149. F. Imhoof-Blumer [s. 0.] Lyd. Stadt-
santen, von ewigem Schnee bedeckten Gebirgs-
kämmen gelegen, ist es außerordentlich schwer
zugänglich. Die heutigen Bewohner sind jene
Galca oder Tagik, deren Sprache wahrscheinlich
eine direkte Nachfahrin der alten Avestasprache
ist. Wir dürfen also in den G. einen iranischen
Nomadenstamm sehen, der im Winter in der
Tallandschaft hauste und im Sommer seine Herden
auf die Pamir hinauftrieb. [Kiessling.]
Grinario, Vicus der Civitas Sumelocennensis
(Rottenburg), beim heutigen Köngen anzusetzen,
wo die beiden folgenden Inschriften gefunden sind:
1) in kfonoremj d(omus) d(ivinae) J(ovi) ofptimo)
mfaximo) platiae d . . . cfwes ?> [Sujmelooene-
s(es) vici Grinar(ionis) maceriam dfej sfuo)
p(osmrunt); Hang und Sixt Die rö'm. Inschrif-
ten Württembergs 383 nr. 497, vgl. Berliner phil
Wochenschr. 1900, 316. Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr.
XIX 34; 2) [IJnk. d. d. [Gejnium et angfuemty
münzen 4,61; Klemas. Munzen 232ft. : Maovicov 50 vicanis GrinarfanensibusJ platie Sumkocefa-
rgifiEvodvQEOiv [Hof mann Le Numismate 1862
— 1887 nr. 566]) in Maionien (Lydien), nicht mit
Tgai'avö.ioh; zu identifizieren, wenn auch dieses
zum Gebiet von G. gehörte. Die Prägung ist
vielleicht in zwei Städten geschehen, in Traia-
nopolis (s. d.) und im alten Vorort der Gri-
menothyriten, in Flavia Grimenothyrai , der
gegen das Ende der Regierung des Hadrianus
oder unter Antoninus Pius entweder mit der
nmsis) pfosuit), Haug und Sixt a. O. 385ff.
nr. 498. Sonst pur erwähnt in der Tab. Peut.
(Ablativ Grinarione) zwischen Samulocenis und
Clarenrta. [Dam.]
Grinciapana, obermösisches Kastell im Ge-
biete von Remesiana, Procop. de aedif. 285, 1
FQtyxuviäva. Tomaschek Die alten Thraker
II 2, 89. [Patsch.]
Grinincenses , Sidon. Apoll, epist VII 17, 3
*ZSJZa V ^ reim 5 t ™! e . «fc* dweh Über- 60 fluetuantem regulam fratrum destitutorum seeun-
vptW v f B 6 ^ 6 ' dahin seine Bedeutung dum statuta Urinensium patrum ml Qrinin-
Ina p ** c }J^™gt°* (18&2) Asie Min. 77 censium festinus informa. Die örtlichkeit, wo sich
und Radet En Phrygie 1 1895, 100 ist Traiano- die bei Avitus ep. 74 (65) und sonst erwähnten
£™ri~ , lT -L aur * öre " t i nd G - etwa 4 km südlicher monasteria Grinincensia befanden, ist in Sainte
von Giaur-ören = Tscharyk kjöi; dort befindet sich " ' ' '• ™ '" ■
die WeihinBchrift CIG in add. 3865b. (ßam-
say Journ. hell stud. TTJI 528). Nach Buresch
Ans Lydien 169 ist ünter-Giaür-ören Traiano-
Colombe bei Vienne (Ferreoli basiüca, Greg. Tur.
de virt. Inliani 1. 2; vgL Sidon. ApolL epist VII lj
7} zu suchetL L n gn n Geogr. de la Gaule au VI«
siecle424f. Holder Altk. Spracnsch.s.v. [Ihm.]
1881
Grinnes
Groma
1882
Grinnes» Ort im Lande der Bataver an der
von Lugdunum (Leiden) nach Noviomagus (Nym-
wegen) führenden Straße, zwischen Caspingium
und ad, Duodecimum, Tab. Peut. (Grinntbus).
Sonst nur von Tac. hist. V 20 (Grinnes cohor-
tium alarumque castra). 21 (zum J. 70) erwähnt
(zusammen mit Vada). Lage nicht sicher bestimm-
bar. Desjardins Table de Peut. p. 8. [Ihm.]
Grion, das südlich vom Latinischen Golf ge-
legene Gebirge, das sich bis Euromos (s. d.) und
Chalketorion (s. d.) hinzog, Hekataios setzte es
mit dem von Hom. II. LT 868 genannten <!>$iQä>v
oqoc; gleich, Strab. XIV 635. Steph. Byz. s. v.
Jetzt Kaschykly Dan, höchste Erhebung 1090 m.
[Kroll.]
Griphos s. Rätsel.
Grippas, gotischer Anführer. Er schlägt im
Winter 535 die Kömer unter Mundus in Dal-
matien, wagt es aber erst nach einiger Zeit,
Salona zu besetzen. Vor der drohenden Expedi-
tion des Constantinus zieht er sich aber wieder
aus der Stadt zurück und weicht dann weiter, als
die Römer sich in Salona festgesetzt haben, nach
Eavenna (Procop. hell. Goth. I 7). [Benjamin.]
GrlselicAe, topischer Beiname der Nymphae ;
die Göttinnen der Bäder oder Quellen von Gre*oulx
(de'p. Basses - Alpes) , wo die Votivinschrift CIL
XII 361 Nymphis Griselicis (2. Jhdt.) gefunden
wurde; vgl. Borghesi Oeuvres ILT 245. Roche-
tin Bull, epigr. V 199ff. Mowat Bull, de anti-
quaires de France 1884, 299; Bonner Jahrb.
LXXXIII 94, Holder Altkeit. Sprachsch. s.
Griseli. [Ihm.]
Grisia (so Iord. Get. 87, 15; Geogr. Eav.
204, 17 Grema; Const. Porphyr, de adm. imp.
40 6 Kgioog), Fluß in Dakien, der heutige Krisch,
ungarisch Koros, linker Nebenfluß der Theiß.
Zeuss Die Deutschen und die Nachbarstämme
447f. Tomaschek Die alten Thraker II 2,
100. Kiepert Formae orbis antiqui XVII Beibl.
4 Anm. 38. Jung Römer und Eomanen in den
Donauländern2 118. [Patsch.]
Grod (pQdffi, bei Theophanes rogdäg), König
der bosporitischen Hunnen unter Iustinian. Er
ließ sich im J. 527/8 in Konstautinopel taufen.
In die Heimat zurückgekehrt, geriet er deshalb
mit seinem Volke in Konflikt und wurde von
seinem Bruder getötet (loh. Malal. 431/432 =
Theophan. 175/176). [Benjamin.]
GroffeSj von Iustinian erbautes obermoesisches
Kastell im Gebiete von Naissus, Procop. de aedif.
284, 2 r^offtpeg. Tomaschek Die alten Thraker
II 2. 89. [Patsch.]
Groma. Das Visiennstrument der römischen
Feldmesser, mit dem sie ihre wichtigste Aufgabe,
das Abstecken gerader Linien (rigores), zunächst
der Standlinie (deeumantts), dann der zweiten
dieselbe im rechten Winkel kreuzenden Linie
(cardo) und schließlich der zu ihnen parallel
laufenden Linien (limites) — also die doppelte
Aufgabe: 1. eine Gerade, 2. zu derselben in einem
bestimmten Punkt die Senkrechte zu ziehen —
bewältigten. G. ist der technische Name des Ge-
rätes, denn so bezeichnen es die Feldmesser, und
nach ihm heißen sie gromatici. Nebenformen
sind croma (so Feldmesser I p. 285, 17. 286, 1
in späten Stücken des gromatischen Corpus) und
gruma, Nonius p. 44 ßoth: grumae sunt loca
media in quae direetae quattuor congregantur
et conveniunt viae; est autem gruma rnensura
quaedam, qua fvm viae ad lineam dirigun-
tur ut est agrimensorum et talium. Außer-
dem kommt gruma in den Glossen vor ( gruma i
ßaaihxr) yvcofir}, yvtbftwv, öwxtqo. fj xöiv yswpis-
tqcöv; gruma: chzzga lExzovwq ; grumat: fJ,ezQst T
€g~tooT, s. Feldm. II 336 und Glossen ed. Götz I
S. 36. 264). Zu gruma gehört grumare (Glossen
10 ed. Götz V S. 459 grumare. dirigere aequare)
und degrumare (bei Ennius, Lucilius und Nonius
a. a. O.).
In den angeführten Glossen und bei Paulus
(s. groma) wird g. mit yvmfiosv, was sowohl den
Zeiger der Sonnenuhr wie das Winkelmaß be-
deutet (s. Stephanus, Thesaurus), identifiziert;
Suidas führt eine Nebenform von yv(6pax>v: yväfia,
an und gibt dazu eine Definition, die nur auf die
römische G. — in der zweiten Bedeutung (s. u.)
20 ,Visierplatz' — paßt: yvöj/.ia. oliyov t^ö/r^ö rffg
OTQazr)yi6og öxi]vf}g %(üqiov ti Sojisq dyoQa am-
dsixjo, o §rj yvcöfia jzQooqyoQevsTo; vgl. Hygin, de
mun. castr. 12: in introüu praetorii . . ad viam
principalem gromae locus appellatur . . . Nun führt
zwar von yvoipwv und yvc5 t ua zu <jr., von griechi-
schem v zu lateinischem r kein Weg (falsch
Stolz-Schmalz Hdb. d. klass. Altert. 112 283;
schon O. Müller nahm Korruption des griechi-
schen yvßfxa an, Etrusker H 152), dagegen würde
30 griechisches yvä pa im Etruskischen zu groma
werden — wie aus 'Ayafiisftvcov Agamemrun wird
— und aus Etrurien soll ja das Auguralwesen
und das zugehörige profane Gewerbe, die Feld-
messerei, stammen (Feldm. I 27 nach Varro). Dann
würde sich auch das Schwanken zwischen groma
und gruma sofort erklären, denn das Etruskische
hat nur ein Zeichen für ö und ü (V), sodaß
etruskisches gruma (von yvtiSua) im Lateinischen
sowohl groma wie gruma geschrieben werden
40 konnte. Ist aber die Herleitung des lateinischen
g. vom griechischen yveö/m (— yvtoficov) durch
Vermittlung des Etruskischen sachlich möglich?
Doch wohl, denn yvcbju,cov oder yveopa — was
dasselbe ist — ist ein allgemeiner abstrakter,
gerne mit xavdiv kombinierter Begriff = index,
der auf jedes Werkzeug, mit dessen Hilfe etwas
erkannt wurde, paßte. So werden denn mit Recht
jene beiden gänzlich verschiedenen Instrumente
yvdifioiv genannt. Es paßt ebensogut auf das
50 später durch den Diopter verdrängte — und des-
halb von Heron nur nebenbei erwähnte — Visier-
kreuz, mit dessen Hilfe man die Richtung einer
Geraden und das Lot zu derselben , erkannte', wie
auf den eigentlichen Gnomon. Auch versteht man
die bei Paulus und in anderen Glossen vorkom-
mende Identifikation der G. mit dem Gnomon
besser, wenn es neben dem yvwficov ein yvtöfia
gab. Da das yvwfta durch den Diopter verdrängt
war, lag es nahe, für das unbekannte Wort das
60 geläufige yvtbpcov zu setzen. Aber bei Suidas
hat sich die alte, richtige Gleichung yv&fia.
groma erhalten. Daß bei den Griechen die
Limitation, für die man ein Winkelkrenz braucht,
althergebracht war, zeigen die Tafeln von Hera-
kleia (s. O. Müller Etrusker II 158).
unsere Kenntnis der G. beruht 1. auf den
Schriften der Feldmesser (vgl. besonders p. 32, 18f.
285, 15. 287, 25) und den Angaben in Heron
Uroma
•w. StöjiTQa?; 2. auf einem am Limes im Kastell
Pftinz gefundenen und von H. Schoene im Jahrb.
•d. Inst. 1901, 117f.) veröffentlichten Original und
«iner auf dem Grabstein eines Mensors (im Museum
xu Ivrea) erhaltenen Abbildung der G.
Die G. besteht ans einem Stativ und dem
■eigentlichen Instrument, welches aus einem auf
das Stativ aufgesetzten eisernen Träger sowie
€inem auf diesem ruhenden drehbaren Kreuz aus
zwei eisernen Armen bestand. Die Länge der 10
Kreuzarme und die Höhe des Trägers beträgt
an dem Pfünzer Original ca. 35 cm. Damit die
Kreuzarme, welche rechtwinklig zu einander stehen
maßten, sich nicht verschoben, war das Kreuz,
wie an dem Pfünzer Original deutlich zu sehen,
in einen Holzrahmen eingespannt, der an den
Enden der Arme mit Nageln befestigt war (vgl.
Schoene Jahrb. d. arch. Inst 1901, 130 Fig. 3).
Der Mittelpunkt und Drehpunkt des Kreuzes hieß
umbüicus soli. Das Kreuz scheint Stella ge- 20
nannt worden zu sein, denn Heron (n. ötöjitgag)
nennt es dareglattog und auch bei Hygin. de mun.
■castr. 12 kommt Stella in der Bedeutung Kreuz
vor. Das eigentliche aus Kreuz und Kreuzträger
bestehende Instrument hieß g., das Stativ ferra-
menhim, weshalb man sagt gromam ferramento
superponere (Hygin. de mun. cast. 12), Die
Enden der Kreuzarme hießen eornicukt. An ihnen
hingen die Visierfäden (fila, nerviae). Das In-
strument und seine Anwendung veranschaulicht 30
die beistehende von E. Fabricius entworfene Re-
konstruktion. Die beiden an demselben Kreuz-
arm hängenden Fäden stellen die Ebene dar, in
deren Richtung die Gerade gezogen werden sollte.
Da die Kreuzarme senkrecht zu einander stehen,
tun es auch die beiden durch die Fadenpaare be-
zeichneten Ebenen ßy , de. Es gilt nun zunächst
den Schnittpunkt der beiden Ebenen, den um-
büicus soli TJ genau über den auf einem Stein
1884
Kreuzes das Fadenpaar ßy in die Eichtung A B
und visierte von ß über > nach der nächsten
Eichtlatte, bis y durch ß verdeckt wurde : . . do-
A.--~
B
nec proxima (d. h. der dem Auge nächste Faden:
ß) eonsumpto alterius (y) visu sola mtueatur ;
tunc dictare moetas. Nun hatte man den ersten
Limes ; das andere Fadenpaar ö s ergab dann die
A , -."-„" »"VY- " " T" "*r W " D1 " "™ LL andere, die Senkrechte x y: aliis corniculis te-
Jj ein Kreuz (deeussis) bezeichneten Punkt 40 nebis alium limitem. Die erste Manipulation
aui dem Boden zu bringen, durch den der Limes das Einstellen des Instruments, wird beschrieben
laufen soll. Das wurde durch ein vom umbüicus
herabhängendes Lot erreicht, das auf den Punkt
unten treffen mußte: ita ut in puncto lapidis
cadat (s. u.). Um loten als auch um von Faden
zu Faden sehen zu können, mußte der Raum unter
TJ frei bleiben, also das Stativ exzentrisch ange-
bracht werden. Das wurde am einfachsten er-
reicht, wenn man die stella auf einen Querarm
Feldm. I 287, 251, die zweite, das Visieren, ebd.
32, 18f. Die erste Stelle lautet : figas ferramen-
tum ad lapidem ita, ne in rigore limüis figas.
fixo ferramento convertas umbilicum soli supra
punctum lapidis et sie perpendas ferramen-
tum ita, ut in puncto lapidis cadat Die zweite :
ferramento (cod. : indomita) primo uti et omnia
momenta perpenso dirigere oeulo (cod.: euius)
aulsetzte. Derselbe mußte etwa in Augenhohe 50 ex omnibus corniculis extensa ponderibus et inter
angebracht sein, um bequem unter U weg vi-
sieren zu können. Ein gewöhnliches Dreifuß -
stativ hätte kein bequemes Visieren gestattet, ein
sehr hohes (so daß man zwischen seinen Beinen
hindurch visieren konnte) war unhandlich. Da-
mit das in TJ hängende Lot auf den Punkt unten
(C) fiel, mußte das Stativ in einem Abstand von
C eingesteckt werden , der der Entfernung des
Punktes U vom Mittelpunkt des Stativs a ent-
se comparata fila seu nervias ita perspicere, do-
nec proxima eonsumpto alterius visu sola intu-
eatur; tunc dictare moetas. Die erste im wesent-
lichen zutreffende Rekonstruktion der G. gab
Venturi Commentari supra la storia e teoria
deir ottica (Belogna 1814); vgl, auch Legnazzi
Del catasto romano (1882) 102, 272f. Die von
H. Schoene (Jahrb. d. arch. Inst. 1901) und
Albrecht (Das Weltall V 54) gegebenen Re-
spraen: . . figas ferramentum ad lapidem Ha, 60 konstruktionen sind verfehlt. Eine die wesent-
ne %n r%aore limitis ( A R\ finn* War.« ™™ A«„ i:„t, — t>_-j. ji.:i. ,i__ _ -.a ■, i ^ , .-,
ne %n rigore limitis (Ä B) figas. Wenn man das
Stativ in diesem Abstand aufgestellt hatte, brachte
man den Punkt U durch Drehen des Querarmes
über Punkt C : . . convertas umbilicum soli supra
punctum lapidis. Der Querarm muß also in a
drehbar gewesen sein. Nachdem C eingelotet
]W ( v perpendas ferramentum ita, ut in puncto
tapidts cadat), brachte man durch Drehen des
liehen Bestandteile der g wiedergebende Darstel-
lung der G. findet sich auf dem Grabstein eines
römischen mensor (Schöne Taf. II).
Verwendung der Groma. Ihre hauptsäch-
liche Verwendung fand die G. bei der Limitation,
der Einteilung des Lagers, der Stadt und der
Feldflur durch ein System von sich rechtwinklig
schneidenden Wegen. Zunächst wurde die G.
1885
Groma
Gromatici
1886
nach feierlichen Auspizien (posita auspicaliter — beschreibt. Für ihn sind die vier Perpendikel
groma, Feldm. I 170, 5) an dem Punkt aufge- nur zum Horizontalstellen der G. vorhanden —
stellt, der zum Schnittpunkt der beiden Kardinal- wozu sie übrigens gar nicht dienen konnten,
linien werden sollte und der von diesem Wege- Literatur: H. Schöne Das Visierinstrument
kreuz wie das Visierkreuz selbst g. hieß (Hygin, der röm. Feldmesser (Arch. Jahrb. 1901, 1271).
de mun. castr. 12). Nachdem mit Hilfe der Visier- Venturi Commentari sopra la storia e la teoria
linie AB die eine der beiden Hauptlinien — ent- dell' ottica (Bologna 1814). G. Rossi Groma e
weder der Decumanus, indem man nach Sonnen- quadro (Turin 1877). Legnazzi Del catasto ro-
aufgang (Feldm. I 170. 3), oder der Cardo, in- mano e di aleuni instrumenti di geodesia (Padova
dem man in der Eichtung der Mittagslinie visierte 10 1885). Cantor Die röm. Agrimensoren (1875).
(188,14) — gefunden und. abgesteckt war, brauchte Rudorff Groni. Institutionen (Feldm. II 336f.).
der Mensor nur durch das Fadenpaar de zu Tissot Etudes sur la condition des agrimenseurs
visieren, um die zweite, sekundäre Hauptlinie — 89f. Vincent zu Heron n. bionxqaq p. 180 seiner
im Verhältnis zu der Standlinie limes transver- Ausgabe (s. o.). [Schulten.]
sus, Feldm. I 168, 1 — zu erhalten (vgl. Feldm. Gromatici. Die römischen Feldmesser heißen
I 288, 4 : eomprehendas quattuor signa ea quae nach ihrem Instrument, der groma, G. Aber so
posuisti in limitem: aliis cornieulis (de) tenebis sehr groma die technische Bezeichnung des Visier-
alium limitem). Um die abgesteckten Linien zu apparates ist, so wenig ist gromatici der übliche
kontrollieren, stellte man die G. am Endpunkt Name der Feldmesser. Das Wort kommt vor
derselben auf und visierte zurück (reprehendere 20 nur bei Hyginus de mun. castr, 12 (. . professores
metas, Feldm. I 33, 3). Damit war das die Basis eins artis. .gromatici sunt cognominati). Feldm.
der Limitation bildende Kreuz gewonnen. Um I 166 (Über gromaticus Hygini) und Cassiodor
die limites, die der einen Hauptlinie parallelen, var. III 52> wo das überlieferte (auetor) hyrum-
die andere rechtwinklig schneidenden Wege an- meticus offenbar in gromaticus zu emendieren
zulegen, wurden auf Cardo und Decumanus maxi- ist (Feldm. II 177). Die übliche Bezeichnung ist
mus von deren Schnittpunkt bis zur Grenze der mensor (so bei den Feldmessern, s. II 502, im
zu limitierenden Fläche Distanzen von 2400 Pedes tit. Dig. si mensor falsum modum dixerit 11. 6
— dies ist die Seite der herzustellenden Cen- und in den Inschriften [s. u.], oft mit dem Zu-
turien — abgemessen und durch Steine bezeich- satz agri (agrorum) (so Feldm. I 2 44. Dig. 11,
net. Diese Centuriensteine sind der Ausgangs- 30 6, 1 : si mensor agrorum . . ; CIL Vlll 12 638) zum
punkt für die im Abstand von 2400 Pedes zu Unterschied von anderen mensores (z. B. mensor
den beiden Hauptlinien zu ziehenden Parallelen. frumentarius, machinarius, aedificiorum), wofür
Auf ihren Mittelpunkt, der genau 2400 Pedes auch agrimensor (so Ammian. XIX 11, 8. Cassiod.
vom nächsten tetrans (s. u.) entfernt sein mußte. var. IH 52. Cod. Iust. 3, 39, 3. CIL II 1598. VHI
wurde die G. eingestellt, wie vorher auf den Mittel- 12 639. Nonius 5, 6 Roth) oder mensor agrarius
punkt des den Umbüicus der ganzen Limitation (Feldm. I 251, 15. CIL VIDI 12636) gesagt wird,
bezeichnenden Steines. Daneben kommt vor : finüores, was nach Nonius
Die anderen Aufgaben, welche mit Hilfe der (5, 6 Gerlach-Roth) der alte Name der G. war
G. zu lösen waren, lassen sich auf die beiden (ßnitores dicebaniur quos nunc agrimensores
Grundaufgaben: 1. durch einen gegebenen Punkt 40 dieimus; finitwes heißen die G. beiPlautus (s. u.),
eine Gerade zu legen , 2. auf dieser Geraden Cicero (d. 1. agr. II 13]), metatores (Lyd. de mag.
in einem Punkt die Senkrechte zu errichten, zu- I 46. Cic. Phil. XI 5, 12. XIV 4, 10. Veget. II 7)
rückführen. Es sind Einmessung der Peripherie — oft mit dem Zusatz castrorum — , decempeda-
eines Grundstücks , wovon die Bestimmung der tores — von der zehnfüßigen Meßlatte, der meta
Flächen der subseeiva, der zum Teil gerad-, zum oder decempeda — , geometrae (mehr für die Lehrer
teil krummlinig begrenzten Centurienschnitzel ein als die Praktiker [vgl. Seneca ep. mor. 88 , 9],
besonders wichtiger Fall ist (Feldm. I 81, 121), Col. V 1, 4. D. 50, 13, 1 [und in den späteren
Übennessen eines Tales (eultellare, p. 33, 19) oder Kechtsquellen], CIL HI 6041 aus Berytus), divi-
Flusses (varatio fluminis, p, 285), Wiederherstel- sores (Suet. Aug. 3 : inter divisores operasque
lung eines limes (limitis repositio, p. 286f.) usw. 50 campestres) von deT divisio, der Landteilung.
Fehler entstanden bei Anwendung der G., 1. Geschichte der Gromatik. Die
wenn entweder das Visierkreuz nicht wagrecht ge- Kunst der G. berührt sich mit der der Augurn
stellt war und der Punkt Z7 nicht lotrecht über dem (Niehuhr B. G. II i 386. O, Müller Etrasker
Punkt des Steins lag, oder wenn man falsch visiert II 151). Denn die Limitation der Feldmark und
hatte. Ersteres ist ein vitium ferramenti, letzteres des Lagers oder der Stadt sieht der Sache — Her-
ein Vitium conspiciendi (p. 191, 18). Eine Kritik Stellung eines Orientierungskreuzes — wie den
der Mängel der G. gibt Heron («. di OTizQag) : bei dabei vorkommenden Bezeichnungen — cardo,
windigem Wetter bewegen sich die Perpendikel, decumanus, pars antica, postiea usw. — nach
stellen also nicht mehr eine vertikale Ebene aus wie die Übertragung des Auguralritus vom
dar ; es folgt der mathematische Nachweis der 60 templum auf profanen Boden, Je mehr die
daraus sich ergebenden Fehler (p. 301f.). Die praktische Bedeutung der Limitation in den
von Heron empfohlene Dioptra hatte statt der Vordergrund trat, um so mehr trat neben den
beweglichen Fäden auf den Enden der Arme fest- Augur der Feldmesser. Ursprünglich mag das
stehende Visiere. den Stadtplan und die Florteilung bestimmende
Ein starker Irrtum ist es, wenn St ob er (D. Wegekreuz vom Augur mit dem lituus gezogen
röm. Grundsteuervermessungen 74) die G. als ein worden sein (Feldm. LT 335), in historischer Zeit
wirkliches Winkelkreuz — mit durchlöcherten tut das die Groma des Feldmessers (Feldm. II
Aufsätzen auf den cornieula zum Durchvisieren 339. Nissen Templum 59). Die Herstellung
\jrivmaut;i
UTVAUilLlCl
des durch Parallelen zu den beiden Hauptlinien
gebildeten Wegenetzes innerhalb wie außerhalb
der Stadt ist wohl tob jeher Sache der G. ge-
wesen, denn dazu bedurfte es keiner auguralen
Handlung', sondern bloß der feldmesserischen
Technik. Ganz unabhängig von der Auguraldisziplin
ist die private Tätigkeit der G. als Feldscheider.
Sie ist uralt. Koloniegründung und Castrameta-
tion setzen die öffentliche Tätigkeit der Gr. voraus :
Cassius Longinüs fehlt in unserem Corpus. Er
wird nur einmal von Hyginus de gen, controvers.
(Feldm. I 124, 14) für eine Frage des Wasser-
rechts als iuris auctor erwähnt und ist der be-
kannte Jurist, Consul 30 n. Chr. (s. Krüger
Gesch. d. Quellen d. r. Eechts 154); er ist wohl
irrtümlich in jenes Autorenverzeichnis geraten.
Dieser geringen Anzahl klassischer Gr. entspricht
das tiefe Niveau der übrigen Stücke des Corpus
das gibt einen, natürlich nicht auf ein bestimmtes 10 und besonders die entsetzliche Entstellung jenes
Datum fixierbaren, Terminus ante quem. Die erste
Erwähnung der G. findet sich wohl hei Flautus
(Poen.prol. 49 : eius nuncregiones Umites eonfima
determinabo, etus rei ego sum facim finitor).
Eine alte Spur ihrer Tätigkeit sind die doch wohl
auf die Gründung der Kolonien Mutina, Bononia
usw. (um 183 v. Chr.) zurückgehende Limitationen
der Poebene (Schulten Die röm. Flurteilung u.
ihre Reste, Berlin 1898) und die gracchanischen
guten Stücke durch spätere Bearbeiter. So be-
schränkt die literarischen Leistungen der G. sind,
so umfassend war ihre praktische Tätigkeit , be-
sonders, auf militärischem Gebiet (s. unter II).
Sie hielt mit der Ausdehnung des Imperium
Schritt, denn überall, bei der Anlage der Grenz-
festungen, der Grenzstraße (limites), der großen
Heerstraßen, der Ordnung der territorialen Ver-
hältnisse (Assignationen , Feststellung von Ge-
Centuriensteine (CIL X 1024—1026. 3760. 3861). 20 meinden- und Provinzialgrenzen) spielt der Feld-
An Bedeutung gewann die Tätigkeit des G. durch J: ~ ** — ±—ti~ «- *- ^ ■- * — • ^ ^
die Massenassignationen Sullas, Caesars und vor
allem der Triumvirn. Durch sie spätestens muß
die Kunst der G. eine gewerbsmäßige geworden
sein. Die den X viri der Lex agraria des Rullus
(63 v. Chr.) beigegebenen 200 fmitores ex equestri
loco (Cic. de 1. agr. IT 13) sind nicht eigentliche
Messer, sondern mit der divisio betraute Unter-
beamte der decemviri. Dagegen ist uns Feldm.
messer die Hauptrolle. So finden wir denn inschrift-
liche Zeugnisse der G. in allen Teilen des Reichs
(s. II), und ihre Schriften operieren mit Beispielen
aus den verschiedensten Provinzen (Feldm. IE
5211). Das Auftreten einer Schar schriftstellerisch
tätiger G. in Traianischer Zeit dürfte dafür sprechen,
daß die Gromatik damals ihr goldenes Zeitalter
erreicht hatte.
In der zweiten Hälfte des 5. Jhdts. (s. Feldm.
I 212, 4 die von den Triumvirn Caesar, Antonius, 30 ü 174) wurden die Klassiker der Gromatik zu
Lepidus mit den Mensoren vereinbarte lex loca-
fioms erhalten. Es ist ferner bezeichnend, daß
zwar noch Caesar die Castrametation den Centu-
rionen überläßt , aber schon M. Antonius einen
peritus metator hat (Feldm. II 321). Wenn mit
der Reichsvermessung des Augustus sich auch die
Namen der mit derselben zusammengebrachten
G. verflüchtigen — der Feldm. I 239 in diesem
Zusammenhang genannte Baibus ist kein anderer
einem gromatischen Corpus vereinigt, das dann
im 6. Jhdt. — es enthält Auszüge aus den
Iustinianischen Pandekten und Cassiodor — durch
Interpolationen und Hin znfügung jüngerer minder-
wertiger Arbeiten eine neue Redaktion erhielt.
Jenes ältere Corpus ist in der 1. und 3. Klasse
unserer Handschriften : dem vielleicht noch aus
dem 6. Jhdt. stammenden (s. Heinemanns
Katalog der Wolfenbütteler Hss. II. Abt, Bd. 2
als der im 2. Jhdt. lebende Verfasser der ex-40S. 124f.) Arcerianus, den vor der Verstümmelung
positio omnium formarum (s. Feldm. II 177) —
ist für uns Frontin der erste als grom atischer
Schriftsteller auftretende G. An der Identi-
tät mit dem bekannten Verfasser der Schrift de
aquis urbis Roraae und der Strategemata ist nicht
zu zweifeln (Feldm. II 102). Seine Behandlung
der Gromatik zeigt, daß damals — unter Donii-
tian — die Kunst der G. völlig entwickelt war
und neben der gewöhnlichen Praxis eine Art gro-
desselben gemachten Abschriften: J(enensis) und
V(aticanus) und dem Erfurtensis, die jüngere
Redaktion in der zweiten durch P(alatinus) und
G(udianus) vertretenen Klasse erhalten (s. Momm-
sen Bonn. Jahrb. LXXXXVI 272f.).
Die Tätigkeit der G. überdauerte den Sturz
des Westreichs. Wir finden sie in den alten
Funktionen als arbitri (s. u.) unter Theoderich
(Cassiod. var. III 52; s. Feldm. II 431) und in
matischer Wissenschaft bestand. Für die späteren 50 einem Brief Gregors d. Gr. vom J. 597 (s. Brugi
G. hatte er kanonisches Ansehen — den Gaius Dottrine giur. degli agriro. rom. 223). Dem ent-
der G. hat man ihn genannt (Brugi Dottrine
giurid. degli agrim. 71) — und man setzte seinen
Namen gerne über spätere Schriften (s. Feldm. II
146). Ebenfalls der Zeit Domitians oder Traians
gehören die übrigen bedeutenden G. an : Baibus,
Siculus Flaccus und Hyginus (s. Feldm. II 231).
Als berühmtester G. der Traianischen Zeit nennt
Baibus einen uns sonst unbekannten Celsus (Feldm.
giur. degli agriro. rom. 223).
spricht, daß das jüngere der beiden gromatischen
Corpora und der älteste Codex im 6. — 7. Jahdt.
entstanden ist (s. o.). Über agrimensorische Be-
griffe in mittelalterlichen Urkunden spricht Nie-
buhr (R. G. II 558 der 1. Aufl.).
Ob das im Arcerianus enthaltene Bild eines
den Gestus des Rechnens [digitis eompuians)
machenden Mannes einen berühmten Mathematiker
I 91: notum est omnibus, Gelse, penes te studio- 60 (Euklid?) — wie Mars (Jahrb. f. klass. Philol.
rum nostrorum mattere summam). Ein Ver-
zeichnis gromatischer Schriftsteller in einem der
jüngsten Stücke des Corpus (Feldm. I 403, 18:
twmina agrimensorum) nennt außer den erwähn-
ten G. noch Agennus Urbicus, von dem wir eine
Schrift de controversiis besitzen (Feldm. 1, 59-90),
Harens Iunins Nipsus (Feldm. I 285—295), Cas-
sini! Longraus und Euklides (s. Feldm. 1 372-392).
Suppl. XXVII 195f.) will — oder vielmehr, woran
man zunächst denken wird, einen G. darstellt,
ist noch unentschieden.
IL Staatliche Gromatici. Es ist zu unter-
scheiden zwischen Zivil- und Armeefeldmessern.
Erstere sind zum Teil, letztere durchaus Beamte.
Während der Republik gab es G. als Beamte nicht.
Noch unter den Triumvirn übertrug die Regierung
j.ooy womauci
die Assignation usw einem Feldmesser auf Grund
eines regelrechten Mietvertrags, vgl. die Lex agraria
vom J. 111 v. Chr. (Br nn s Font.e S. 90) : . . (agrum)
. . omnem metiundum terminosqtte statiui curato
. . opusque loeato. In der unzweifelhaft authen-
tischen Feldm. I 212 erhaltenen Urkunde der
Triumvirn steht: . . qui conduocerit, deewimtum
latum ped. XL . . facito. Die feldmesserischen
Arbeiten wurden also auf dem Wege der Staats-
pacht (loeatio) vergeben, sogut wie andere ein- 10
malige oder periodische Arbeiten. Es ist aber
sehr wahrscheinlich, daß eben aus der Triumviral-
zeit mit ihren Massenassignationen dauernd im
Dienst des Staats tätige, fest angestellte Regie-
rungsfeldmesser hervorgegangen sind. Ein solcher
braucht nun zwar der von Cicero als Messer des
M. Antonius genannte Saxa (s. o.) nicht gewesen
zu sein, denn mit peritus metator bezeichnet ihn
Cicero (de 1. agr. II 13) noch nicht als Beamten,
Nach den Feldm. I 244 erhaltenen Aktenstücken 20
wird in der Triumviralzeitvon Soldaten terminiert,
was später die mensores tun (s. u.). Daraus,
daß eine Agrarkommission ihre bestimmten Feld-
messer hat (Cic. de 1. agr. II 13, 24: [decemviri\
fmitorum mutant), folgt auch noch nicht, daß
dies Beamte sind.
Zuerst werden die Feldmesser auf militäri-
schem Gebiet in den Staatsdienst eingetreten
sein, denn die Armee bedurfte beständig ihrer
Kunst, während Assignationen u. dgl. seltener vor- 30
kamen. Vielleicht hat die Augusteische Heeres-
organisation an die Stelle der bisher mit der
militärischen Feldmesserei betrauten Centurionen
(s. o.) eigene mensores gesetzt. Aber auch auf
zivilem Gebiet bedurfte der neugeordnete Staat
festangestellter Feldmesser, denn man konnte un-
möglich die zahlreichen gromatischen Aufgaben,
welche das Weltreich auch auf zivilem Gebiet
stellte, von Fall zu Fall in Akkord geben. Die
gromatische Tradition führte die Begründung des 40
(amtlichen) Feldmesserstandes auf Iulius Caesar
zurück; man kannte einen Brief desselben, ge-
wissermaßen die staatliche Anerkennung der Gro-
matik (Feldm. I 395: nunc ad epistolam lulii
Caesarix veniamus quod ad kuius artis origi-
nem pertinet),
a) Zivil feldmesse r. Die ältesten sicheren
Zeugnisse für staatliche Zivilfeldmesser stammen
aus der Zeit Vespasians (CIL X 8038: ut finiret
procurator nunc scripsi ei et mensorem misi). 50
Sodann werden amtliche zivile Mensores in der
Korrespondenz des Plinius mit Traian erwähnt
(ep. ad Trai. 17). In den jüngeren Stücken des
gromatischen Corpus heißen die Regierungsfeld-
messer togati Augustorum, wie die Juristen, offen-
bar wegen ihrer richterlichen Befugnisse bei den
controversiae agrorum (Feldm. II 322). In der
Constantinischen Zeit bilden sie ein eigenes Bureau
unter einem primicerius mensorum, der unter
dem Chef der agentes in rebus und indirekt unter 60
dem magister offieiorum steht (s. Not. dign. or.
cap. 10: sttb dispositione v. ill. magistri offieio-
rum sckola agentium in rebus et deputati eins
scholae; mensores . . .). Kaiserliche, die Mensoren
betreffende Erlasse wenden sich deshalb an den
Magister offieiorum (so L. 1 Cod. Theod. de naen-
soribus 6, 34 vom J. 404. L. 4 und 5 Cod. Theod.
de metatis 7, 8). Der Primicerius avanciert nach
. Pauly-'WJMowft-KroU VII
urromaraci
löyu
zweijähriger Amtstätigkeit zum untersten Grad
(dem der equites, s. Gothofredns Paratitlon zu
Cod. Theod. 6, 27) der agentes in rebus (L. 1
Cod. Theod. 6, 34). Nur scheinbar sind die im
Cod. Theod. 6, 34 und 7, 8 behandelten mensores
von den Feldmessern verschieden (s. Feldm. II
322 Rudorff ; die Identität behauptet Mommsen
Feldm. H 175). Ihr Amt ist dort das Quartier-
machen (metare), aber diese jüngere Funktion läßt
sich leicht aus der von jeher den G. obüegenden
Castrametation herleiten : wenn sie sonst den
Platz des Lagers und die Zeltplätze der einzelnen
Truppenteile feststellten , so wurden sie , wenn
man die Truppen einquartierte, naturgemäß die
Quartiermacher. Dieser Zusammenhang ergibt
sich auch daraus, daß nach dem zur Castrameta-
tion gehörigen metare die Quartiere metata heißen.
Trotz ihrer Tätigkeit bei der Armee sind diese
Mensoren als Zivilfeldmesser zu behandeln, da sie
unter dem magister offieiorum stehen, nicht unter
dem magister utr. militiae.
Im gromatischen Corpus führen einige Autoren
den Titel v(ir) pferfectissimus), s. Feldm. I 307.
309. 310. Diesen Rang mag der primicerius
gehabt haben; im allgemeinen kommt er mehr
den Lehrern als den Praktikern der Gromatik zu.
So wird durch eine freche Interpolation Feldm.
I 273 den Kandidaten des gromatischen Lehr-
amts der Clarissimat, den approbierten Lehrern
sogar die Spectabilitat zugeschrieben, s. Feldm.
II 176 (Mommsen). 322 (Rudorff). Nach D. 27,
1, 22 genossen vom Staate beauftragte G. die
Immunität. Einmal findet sich die Bezeichnung
mensor publicus (CIL V 5315), worunter wohl
ein Gemeindefeldmesser zu verstehen ist.
Um Regierungsfeldmesser zu werden, mußte
man — wenigstens nach den Feldmessern — ein
Examen ablegen (Feldm. I 273, 15: quieumque
non fuerit professus super kae lege saneimus
damnari si sine professione iudieaverit ut capi-
tata sententia feriatur). Feldm. I 8, 26 wird unter-
schieden zwischen 'gewöhnlichen und staatlich
konzessionierten G. -. nam agrimensor omnis
doetus centurias delimitare polest . . assignare
autem nullo modo potest nisi sacra fuerit prae-
eeptione ßrmatus. Iudikation und Assignation
war also Vorrecht der staatlich zugelassenen G.
In den kaiserlichen, militärisch besetzten Provinzen
fungiert als Richter bei Grenzregulierungen stets
ein Richter, nie ein Feldmesser (s. unter III 1 b),
die Iudikation stand also selbst dem konzessio-
nierten Feldmesser nur bei Kontroversen zwischen
Privaten zu. Aber selbst der im Interesse von
Privatpersonen tätige Feldmesser erhielt keine
merees, sondern eine remuneratio , konnte nicht
heati condueti belangt werden, sondern haftete
nur auf Grund einer actio in factum für dolus
(s. tit. Dig. si mensor falsum raodum diserit 11
6); seine Remuneration konnte ihm prozessualisch
nur durch cognitio extra ordinem erwirkt werden
(D. 50, 13, li. Rudorff erklärt diese Abnor-
mität historisch: die Tätigkeit der G. habe rieh
aus der zu den operae liberales gehörigen der
Augurn entwickelt, auf die der Mietskontrakt
nicht anwendbar war und auch später habe zwi-
schen G. und Privaten die für Miete wesentliche
Verabredung über die Arbeit and den Mietspreis
gefehlt (das Ackergesetz des 8p. Thoriua 3. 138).
60
l?m
irromauei
ijrromanci
isya
Dazu paßt, daß wenigstens die Lehrer der Geo-
metrie mit Vertretern der studio, liberalia —
Ärzten, Rhetoren n — auf eine Stufe gestellt wer-
den (D. 50, 13, 1). Constantin d. Gr. verlieh
ihnen deshalb auch die Immunität {L. 2 Cod, Inst.
10, 66), welche ihnen zur Zeit der klassischen
Juristen noch fehlt (Fragm. Vatic. 150. L. 22 pr.
D. 27, 1); s. Tissot Etüde sur les agrim. 159.
Als Zivilfeldmesser werden alle diejenigen
mensores zu gelten haben, hei denen eine militä-
rische Qualität nicht angegeben ist. Solche finden
sich CIL I 1244. 1109. II 1598 (agrimensor). III
1220. T 3155. 6786. 5315. VI 8912. 8913. VIII
12636-12639. XII 4490. Unter diesen 14 Men-
soren sind 8 als liberti bezeichnet (CIL VI 8912.
8913. XH 4490. I 1109. 1244. V 3155. 6786.
Vni 12639 — CIL VI 8912. 9913. XII 4490 als
libb. Augusti), einer als Sklave (CIL VIII 12 637):
die G. waren also wohl in der Regel Freigelassene
(vgl. auch Suet. Aug. 3: inier divisores operas-
que eampestres). Als solche mögen manche von
ihnen zum Sevirat gelangt sein wie jener Aebu-
tius (CIL V 6786) , der mensor und sevir war
und auf seinem Grabstein die Groma und seine
Seviratsinsignien darstellen ließ (s. Groma).
Wie jeder Truppenkörper seinen eigenen Men-
sor hatte, gehörten deren auch zum Personal
höherer Zivilbeamten. Die Mensoren (mensor
oder mensor agrorum CIL VIII 12 636f.) des
Proconsuls von Africa kennen wir aus dem in
Karthago gefundenen Friedhof seiner ofßoiales.
b) Militärfeldmesser. Bas erste Beispiel
eines Militärfeldmessers dürfte der eastrorwn
metator Saxa im Dienste M. Antons sein (Cicero
Phil. XI 5). Feldm. I 245, 5 wird ein von M.
Antonius mit Termination beauftragter Soldat er-
wähnt (im J. 34 v. Chr.). Vorher (bei Polyb. VI
1) und Caesar (de b. G. II 17) war die Wahl der
Lagerstelle und Verteilung der Lagerplätze Sache
der Centurionen. Unter Traian, in dessen daci-
schen Kriegen, ist mit militärischen Operationen
beschäftigt der Feldmesser Baibus (Feldm. I 93,
7). Später werden von den mensores, deren Auf-
gabe die Verteilung der Lagerplätze sei, die
metatores, welche die Lagerstelle auszosuchen
hatten, unterschieden (Veget. II 7. Lyd. de mag.
IV 46). Aber die beiden Funktionen waren wohl
nicht scharf getrennt, denn auch metator bedeutet
den Messer, und aus der bloßen Auswahl und Ab-
steckung des Lagerplatzes — die Einteilung des
Inneren war Sache der mensores — wird man
kein besonderes Amt gemacht haben. Ferner
heißen im Cod. Theod. die Quartiermacher men-
sores, obwohl die Quartiere metata genannt wer-
den (s. o.). Die metator es des Vegetius werden
also eine besondere Abteilung der mensores ge-
wesen sein. Auch kommt metator inschriftlich
als Amt nicht vor. Eine Darstellung mit Meß-
ruten das Lager absteckender mensores findet
sich auf der Marcussäule (S. 56 des Petersen -
sehen Textes),
Bei den wichtigen Funktionen, welche die G.
im Heerwesen zu verrichten hatten (Castrameta-
tion, Arbeiten im Kriege, s. Feldm. I 92, 13),
begreift es sich, daß jedes Korps seinen eigenen
G. hatte. Wir kennen einen mensor leg.* II ad.
(CIL HI 8 44), mehrere mensores leg. HI Aug.
(CIL TOI 2856. 2946. 3028) und einen m. coh.
Villi praet. (CIL VI 2692). Daß diese mensores
Feldmesser — nicht mensores frumenti, wie Marb-
el uar dt St.-V. 112 554 will — sind, folgt daraus,
daß mensor überall sonst den Feldmesser be-
zeichnet (s. o.) und daß der Rang der als Feld-
messer fungierenden evocati Aug. (Feldm. I 121,
7 und CIL III 586) dem der duplarü, zu denen
nach CIL VUI 2564, 19 die mensores leg. IIlAug,
gehören, entspricht (s. über evoeati und duplarü
10 Marquardt St.-V. II 2 544). Die Vermessung des
Getreides war Sache der frumentarii der Legion
(Marquardt a. a. O. 491). Besondere neben
denselben fungierende Getreidemesser werden als
solche bezeichnet (CIL V 936 vet. leg. VUI Aug.
. . mensor frumenti). Militärische mensores wer-
den noch genannt: CIL VIII 2935 und VII 420
menfsor) ex CG (= ducenario) impferatoris).
Ducenarius -iieißt der über zwei Centurien be-
fehligende sonst primus hastatus genannte Cen-
20 turio (Veget. II 8). In der Regel hatten die men-
sores legionis wohl als duplarü (nach CIL VIDI
2564, 19) und evoeati (s. o.) eine Mittelstellung
zwischen Gemeinen und Chargierten. Nur in
Ausnahmefällen werden Centurionen als Messer
fungiert haben. Hierher gehört, daß in den
Donauländern mit der Iudikation und Termination
zwischen zwei Gemeinden Centurionen betraut
werden (CIL III 9832. 9973. 2882. 9864 a j nur ein-
mal — 8472 — ein. praef. castrorum; vgl. hierzu
30 Feldm. I 244, wo zweimal ein miles, einmal ein
eenturio und einmal ein tribunus cohortis VI
praet. auftritt). Das sind eben nicht ordentliche
mensores — sonst würden sie als solche bezeichnet
sein — sondern außerordentliche Kommissare für
Grenzregulierung. In der merkwürdigen im Codex
Arcerianus überlieferten Inschrift (Feldm. I 251)
ist der mit der Versteinung betraute mesor agra-
rius ein miles coh. VI praet., also ein Gemeiner;
ebenso Feldm. I 244, 5. 11. Aus der Inschrift
40 CIL III 8112, in der elf mensores genannt sind,
hat Mommsen gefolgert, daß jede Cohorte einen
Mensor, die erste deren zwei, also die Legion
elf Mensoren gehabt hat.
III. Praktische Tätigkeit der Groma-
tici. Sie ist eine doppelte: 1. sind die G. tätig
im Dienste des Staates vor allem a) bei der Ca-
strametation , b) bei der Division und Assigoa-
tion, c) bei den vom Staat vorgenommenen Grenz-
regulierungen (controversiae agrorum) . Nicht h ier-
50 her gehört die von Tissot (Etüde sur les agrim.
68f.) den Feldmessern zugeschriebene Aufnahme
des Katasters. Die Vermessung des Landes war
nur die Grundlage für die von den Censusbe-
amten vorzunehmende Schätzung des Grundstück-
wertes und Feststellung der Steuer; 2. können
die G. von Privatpersonen bei Vermessungen, Tei-
lungen, Kontroversen usw. benutzt werden. Diese
Tätigkeit gilt später als ein Ausfluß der amtlichen
und unterliegt deshalb nicht den Normen des
60 geschäftlichen Verkehrs (s. o.).
1. Amtliche Praxis, a) Die Castrame-
tation ist das militärische Gegenstück der di-
visio adsignatio. Auch hier gibt es Teilung einer
Fläche (des Lagers) in Parzellen (die Abteilungen
des Lagers) und Anweisung derselben: hier An-
weisung der Lagerplätze an die einzelnen Truppen-
teile. Die Hauptquelle der Castrametation ist
das im Areerianns überlieferte und schon in den
1898
Gromatici
Gromatici
1894
Abschriften desselben dem Hyginus zugeschrie-
bene Fragment de muniiione eastrorum (Ausgabe
von Gemoll (Teubner) und v. Domaszewski
{Leipzig 1887). Die Zeit der Schrift ist noch
nicht sicher ermittelt, doch scheint sie ins 3. Jhdt.
n. Chr. zu gehören (s. Marquardt St.-V. 112 601).
Wie bei der Centuriation zieht auch hier der
Feldmesser von seinem Standpunkt — groma —
aus die beiden Standlinien und Wege : die dem
■deeumanus entsprechende via practoria, welche
die porta praetoria (Fronttor) mit der porta de-
eumana verbindet, und den Querweg: via prin-
■cipalis, den cardo des Lagers. Im übrigen sind
die Grundbegriffe der Castrametation die der
Centuriation : auch hn Lager gibt es eine pars
antiea und postiea, seamna — strigae, rigores,
•eine (porta) deeumana, eine via quintana (vgl.
limes quintarius) usw.
b) Bei der Adsignation hat der G. die Tei-
lung der Feldflur in Centurien (divisio. ceniu-
riatio) oder andere Flurteile (z. B. oblonge seamna
und strigae, s. Feldm. II 290) vorzunehmen, so-
dann innerhalb dieser Figuren die assignierfcen
Ackerlose und außerhalb derselben die eximierten
Parzellen und das Gemeindeland abzustecken und
schließlich das Resultat in der Flurkarte (forma)
und dem zugehörigen Flurbuch {commentarii)
niederzulegen (s. Feldm. II 323—406).
c) Iudikation. Bei Grenzstreitigkeiten, die
den Staat angehen, also z. B. bei Streit zwischen
^iner Gemeinde und dem Anlieger — dies kann
eine andere Gemeinde, ein fiskalisches Territo-
rium (z. B. territorium legionis) oder ein Privat-
mann sein — beauftragt der zuständige Magi-
strat — in der Eegel der Statthalter — wenn
■er nicht selbst entscheidet (CIL III 7004), einen
Einzelrichter (CIL IJI 2882. 9864 a) oder eine Kom-
mission (iudices III 9338) mit der Schlichtung
der controversia durch ein Verfahren an Ort und
Stelle (arbürium von ar-bitere ~ ad-ire), das
Ganggericht. Als Techniker fungiert dabei oft
der G. (Feldm. I 244, 14 . . per . . centurionem
•coh. . mensoribus intervenientibus und I 251).
Der Richter ist in den uns bekannten Fällen
meist ein Militär niederer Charge (so CIL III 9973.
9864 a. 8472; Feldm. I 244. 251), nie ein Feld-
messer.
2. Privatpraxis. Die richterliche Tätig-
keit der G. beschränkte sich also auf die zwi-
schen Privaten geführten controversiae, von
denen ihre Schriften handeln: Frontinus: Feldm.
I 34—58, dazu Agennus Urbicus p. 59—90, Hy-
ginus: Feldm. I 123—134. Über die iudieatio
und advocatio der G. belehrt die ausführliche
Behandlung der Controversen im gromatischen
Corpus. Djre iudicatio bezeugt u. a. Frontin.
(Feldm. I 15 ^ difficülimus autem locus hie est
quod mensori iudieandum est, sed nee minus
üle exaetus quod est advocatio praeManda) und
Cassiodor (var. in 52 . . . agrimensori vero fmium
iü orta committitur . . . iudex est utique artis
*uae, forum ipsius agri deserti sunt . . . non
ambulat iure communi, via est illa sua lectio,
• . gressibus suis coneertantium iura discemit).
Unter den Controversen sind solche (z. B. de po-
süione terminorum, de fine, de rigore), bei denen
die Feststellung des Feldmessers den Streit ent-
-seheidet, der Feldmesser also Schiedsrichter ist,
während bei anderen (de loeo, de proprietate, de
alluvione usw.) die Tätigkeit des Feldmessers
als des Sachverständigen (advooatus, s. Feldm.
II 482) nur der des Richters zur Hand geht. So
bilden denn die Controversen ein eigentümliches
Mittelding zwischen juristischer und gromatischer
Praxis (s. die ausführliche Behandlung bei Brugi
Le dottrine giuridiche degli agrimensori rom., Ve-
rona— Padova 1897 und unter Controversia).
10 Apokryphe, in ein Gesetz , Cons tan tins einge-
schwärzte Honorarsätze für feldmesserische Lei-
stungen im Dienste Privater finden sich Feldm.
I 273. Nach dem tit. Dig. si mensor falsum
modum dixerit (11, 6) gilt die Tätigkeit des Feld-
messers im Interesse Privater als benefioium,
also als außerordentliche Gefälligkeit eines Be-
amten. Der Feldmesser kann deshalb nicht lo-
cati auf merces klagen, sondern er empfängt ein
honorarium (L. 1 cit.), welches er vielleicht — über-
20 liefert ist das durch D. 50, 13, 1 nur für die
praeeeptores der Gromatik; zu bestimmt äußert
sich Tissot a. a. 0. 141 — mit Hilfe des extra
ordinem einschreitenden Iudex erlangen konnte.
Gegen ihn gibt es ebensowenig eine Klage con-
dueti, sondern nur eine solche in factum bei dolus
malus (D. 11, 6, 1). In einem ägyptischen
Papyrus (Herrn. 1897, 656) tritt bei einem Grenz-
streit ein ogoösixing auf, eher ein amtlicher
Schiedsmann als ein gewöhnlicher Feldmesser.
30 IV. Lehrtätigkeit der Gromatici. Von
ihr zeugt am beredtesten die auf uns gekommene,
wesentlich zu Schulzwecken veranstaltete Samm-
lung gromatischer Schriften und Materialien (Ur-
kunden usw.). Aus ihr erklärt sich die Verhun-
zung der gromatischen Klassiker durch Kommen-
tatoren und Interpolatoren und die Textverderbnis.
Als Lehrer nennen sich die G. auetores (Feldm.
I 342, 14) und professores (64, 8. 181, 11). Auf
Professoren der Geometrie — und höchstens in-
40 direkt auch praktische Feldmesser — bezieht sich
D. 50, 13, 1, wo sie mit den anderen Ver-
tretern liberaler Disziplinen (Rhetoren und Gram-
matikern) zusammen genannt und für den Fall
der Honorarverweigerung — sie hatten ebenso
wenig wie die Feldmesser eine merces — auf exbra-
ordinaria cognitio des Präses verwiesen werden.
Obwohl agrimensor genau dem griechischen ysco-
fihorjg entspricht, bezeichnet doch geometra in der
Regel den Geometrielehrer, nicht den Feldmesser.
50 Doch sind die Feldmesser emsig bemüht, ihre Tech-
nik mit der Geometrie zu verbinden. Daher die
Aufnahme geometrischer Stücke ins gromatische
Corpus. In Diocletians edictum de pretiis verum ist
das Gehalt eines geometra mit 200 Kupferdenaren
pro Schüler und Monat angesetzt (der Lehrer der
Grammatik bekommt ebensoviel, der der Rhetorik
250 Denare): Ausgabe von BlürüDer-Mommsen
119. Bedeutende Lehrer wurden wohl mit dem
Perfectissimat ausgezeichnet, denn mehrere unserer
60 auetores heißen in den Hss. vfirj p(&rfeetissi-
musj. Wie weit aber der Dünkel mancher G.
ging, lehren die den Kandidaten den Clarissimat,
den fertigen G. die Spectabilität beilegenden
Interpolationen Feldm. I 273. Constantin verlieh
den Lehrern der Gromatik Immunitäten (Cod.
Inst. 10, 66, 2).
Lehrgegenstand: Agennus Urbicus behan-
delte die Feldmeßkunde in sechs Büchern. Das
1895
Gromatici
Groucasim
189S
erste gab die institutio {uno emm libro insti-
tuimm artifieem), das zweite die ars (wohl im
allgemeinen), das dritte die ars metiundi, das
vierte die eontroversiae agrorum, das fünfte und
sechste handelte wie das dritte von der ars me-
tiundi (Feldm. I 64). In der uns erhaltenen
Sammlung 1 kommen folgende Gegenstände zur Dar-
stellung: 1. die agrorum qualitates (condieiones),
d. h. die bodenrechtlichen Kategorien;
rias sunt (324,26), signa reguirenda oportet
(812. 313, 10 usw.); Wörter: casale (315, 8),
grandis durchweg statt magnus, ourtus = parvus
(321, 8), fontana (330, 30),* eampamus (331, 22,
wovon ,Campagna'), monticellus usw. Aus der
Aufnahme von Elementen der theoretischen Geo-
metrie in das Corpus der Agrimensoren folgt
nicht, daß der Unterricht in der Geometrie Sache-
der G. gewesen sei. "Der geometra, der Geometrie-
auf diese Materie bezieht sich Feldm. I lf. (Fron- lOlehrer, war wohl in der Regel kein Feldmesser.
tin), 113f. (Hygin), 140f. (Siculus Flaccus), 246
{nomina agrorum) und 368 {de agris aus Isi-
dorus). .2. Die Lehre von der Limitation {de
limitibus constituendis): I 27 (Frontin), 108 (Hy-
gin I), 166 (Hygin II), 246 {nomina limitum),
358 {ratio limitum regundorum). 3. Die Gang-
gerichte {eontroversiae agrorum) : 1 9 (Frontin),
59 (Agennius), 123 (Hygin). Außer diesen drei
offenbar Hauptelemente der Gromatik darstel-
Jene geometrischen Stücke sind für den Unter-
richt der Eleven der Feldmeßkunst bestimmt r
nicht für den allgemeinen Jugendunterricht in der
Geometrie, für den es vielmehr besondere Lehr-
bücher gab, aus denen jene Stücke entnommen
sind (Euklid, Boethius usw.).
Literatur, Der Begründer der gromati-
schen Studien* — abgesehen von den älteren ver-
alteten Arbeiten (Goes in seiner Ausgabe usw.
91 (Baibus expositio et ratio omnium formaruni-,
nur der Anfang erhalten) ; I 209 f. (der sog. Über
coloniarum , eine Bearbeitung italischer Flur-
karten; s. Mommsen Rom. Feldm. 143—220);
310 — 338 (die sog. casae litter arum : Beschrei-
bung der forma von Höfen {casae) mit ge-
nauer Angaben der fines; s. Feldm. II 406).
eine neue Ausgabe der G. festlegte und 2. Das
agrarische Recht (Rom. Gesch. II i 349-394), einer
Grundlegung der gromatischen Disziplin, der Vor-
gängerin von Rudorffs Gromat. Institutionen.
Hauptschrift immer noch die ,Gromatischen In-
stitutionen' Rudorffs (Feldm. II 227-464); ferner
Mommsen in Feldm. II 174. An neueren im
5. Lehre von den Grenzsteinen (305f. 340f. 30 wesentlichen auf jenen älteren beruhenden Arbeiten
353. 357—364. 404), ein besonders oft behan-
delter, weil praktisch hochwichtiger Gegenstand.
6. Flächenmaße: I 94. 339. 367. 371. 402
(Hohlmaße: I 374) und Gewichte: I 373. 7. Geo-
metrische Stücke: I 296. 380 (I 354 Flächen-
messung) und I 372 ,Euklid.' 393 (aus Cassiodor)
der im Arcerianus enthaltene liber Aprofodüi et
Betrubi Büß arehüectonis (ed. Cantor, Die röm.
Agrim. S. 202f.) und andere Stücke (s. Bubnov
sind zu nennen: Stob er Die römischen Grund-
steuervermessungen (München 1877). P. de Tis-
sot Etüde hist. et jur. sur la condition des agri-
mensores (1879). Legnazzi Del catasto romano-
(Verona- Padova 1887). F. Ruggieri Sugli ufficj
degli agr. rom. . . specialmente rapporto alle ser-
vitu prediali (Studi e docura. di storia e di diritto
(1882) III 1—30. 195—223). Humbert bei
Daremberg-Saglio s. Agrimensor (unkritisch).
Gerberti opera mathem. p. 418). 8. Auszüge 40 Eigenen Wert haben folgende Arbeiten: die Be-
S"l _. J. u _ _*. jT 0/?H fftF7{?\ U A^fsinJn^M ^.w-m^. Jli-im*. linwi ril»n/d |4AH IllWlAI'l n/lfl AH Cai^A rt f\Wt I J. VATI Tj V 1 1 f*l
aus Gesetzen (I 267. 276) besonders aus der
Materie vom Grenzstreit {ßnium regundorum), aber
auch die hochwichtigen drei Kapitel der lex Iulia
agraria (I 263; s. Bruns Fontes 6 96). Außer
den spezifisch agrimensorischen Dingen wurden
also auch mathematische und juristische traktiert,
beides von den späteren auetores mit hervor-
ragender Stümperhaftigkeit. So mengt Agennus
in die Lehre von den eontroversiae agrorum seine
handlung der juristischen Seite der G. von Brugi
Le dottrina giurid. degli a. rom. (1897) ; die der
mathematischen von Hultsch in Er seh -Grub er s
Encyklopädie s. Gromatici (92. Teil S. 97— 105 r
erschienen 1872) und Cantor in seinen Vorle-
sungen über Gesch. d. Mathematik 12 502f. und
Die röm. Agrimensoren (Leipz. 1875). Nicht zu-
gänglich ist mir: G. Rossi Groma e squadra.
owero storia delP agrimensura (Toriao 1877) und
Weisheit von den statics der Rhetorencontroverse 50 Ciccolini Degli agrimensori presso i Romani an-
(I 651) und die geometrischen Partien sind ganz
aus einer lateinischen Bearbeitung des Heron ab-
geschrieben (Hultsch s. Gromatici in Ersch-
Grubers Encyklopädie. Cantor Die röm. Agri-
mensoren). Für die historischen Unkennt-
nisse der jüngeren G. dürfte bezeichnend sein,
daß einer von ihnen den Kaiser Tiberius an die
Triumvira schreiben läßt (Feldm. I 271, 2). Dem
Inhalt entspricht die Form. Während die drei
guten Autoren (Frontin, Hygin, Siculus Flaccus)60
das knappe klare Latein der römischen Technik
schreiben, stehen die späten Stücke — besonders
die easae lüterarum — in Satzbau, Deklination
und Wortschatz auf der Grenze der römischen
und romanischen Sphäre. Beispiele: de latus se
= a (auo) latere (I 310. 311 usw.), de super se
311) vgl. ital. disopra, de sub rivo (316); casa
tn mortie habere (320, 2); ütira vineam memo-
tichi (Roma 1854). Über die Überlieferung der
gromatischen Schriften s. Feldm. II 1—220.
Mommsen in Bonn. Jahrb. 1896, 272f. Bub-
nov Gerberti opera mathem. (1899), wo beson-
ders die gromatischen Stücke, aber auch die übrige
Literatur behandelt ist. [Schulten.]
G rom' in {foo>vEia), nach Steph. Byz. = Hero-
dian. I 276, 35 Lentz eine Stadt in Phokis; sonst
unbekannt. [Bölte.]
Grosphua s. Pomp ei us.
Groncasim oder Croueasim (s. o. Bi IV
S. 1726) nennen nach Plin. n. h. VI 50 die Saken
im Norden des Iaxartes den Kaukasos; die Be-
deutung des Wortes soll nive eandidum sein.
Die leider ganz vereinzelte Notiz stammt gewiß
von Demodamas, der im Dienste des Seleukoa
und Antiochos als erster Grieche den Iaxartes
überschritt (s. Plin. n. h. VI 49), und kann im
Munde der iranischen Nomaden am Syr-Darja
^der Sakä Hauroavarga, griechisch Amyrgioi) nur
auf den Tien-schan zielen. Aber die Gleichsetzung
mit dem indischen Kaukasos (Hindukus-Parapa-
nisos, im weiteren Sinn auch den Himalaja um-
fassend) war für den hellenistischen Griechen
selbstverständlich; dadurch tauchte die neue geo-
graphische Entdeckung unter in eine bereits tra-
ditionell gewordene Anschauung und ging der
wissenschaftlichen Erdkunde zunächst sofort wieder 10
verloren. In der Mitteilung der Saken des Syr-
Darja glaubte Demodamas offenbar auch den
Schlüssel gefunden zu haben zur Erklärung der
merkwürdigen, seit der makedonischen Eroberung
Asiens üblichen Übertragung des Kaukasos namens
auf den Parapanisos und Himalaja, wiewohl sich
der sakische Ursprung dieser Bezeichnung sicher
allein schon dadurch ausschließt, daß Alesanders
Heer den Hindukus zuerst von Süden und Ära-
■chosien her kennen lernte. Marquardt (Zur 20
Geschichte von Eran II, Philol. Suppl. X 81)
■erkennt in dem zweiten Element des Namens
casim {gasim) besser als T o m as ch ek und andere
{die skr. falpl vergleichen) das altiranische gasa
{neupers. ga£ mit der Bedeutung schön, gut),
das in nicht wenigen parthischen und ebenso in
pontisch-skythischen Namen auftritt. [Kiessling.]
Grovii oder Grovii, Völkerschaft an der Nord-
westküste Hispaniens. Unter den Namen kallä-
kischer Völker, die zuerst durch des Poseidonios 30
Schilderung der Feldzüge des D. Brutus bekannt
wurden, schienen mehrere den griechischen Gram-
matikern, wie Asklepiades von Myrlea, ihren Phan-
tasien von den Fahrten des Teukros, Odysseus
und anderer griechischer Helden nach dem fernen
Westen Bestätigung zu geben (s. Art. Amphi-
lochoi Nr. 2, Callaeci, Helleni, Limia,
ölisipo u. a.). In der Küstenbeschreibung
des Varro, die auf Poseidonios ruht, scheint
•diese Ansicht, obgleich ihr Poseidonios selbst 40
widersprach, Ausdruck gefunden zu haben. Vom
Durius aufwärts bis etwa zum Minius (Mela III
10 a Durio ad flexum Grovi), im Bezirk von
Bracara (Plin. n. h. IV 112 a Güenis (s. d.)
eonvenhis Braearwm , Helleni, Grovi, eastellum
Tyde, Graeeorum sobolis omrtis) t nach Ptole-
maios am Minius selbst (II 6, 44 FqovIcov Tov-
dat), der ihnen das eastellum Tyde zuweist (s.
d.), das am Minho liegt, wohnten die Grovier,
die Silius Gravier nennt und durch die Vermit- 50
telung des Livius, wohl derselben Quelle folgend,
auch mit dem Fluß Lethe oder Limia zusammen-
bringt (I 235 quinque super Gravios — einige
Hss. Grovios — luctntes volvit liarenas, inferttae
populis referens oblivia. Lethes und III 366 et
quos nune Gravios violato nomine Graium
Oeneae misere domus Aetolaque Tyde), Auf In-
schriften jener Gegenden kommt ein Bassus Me-
dami f(üius) Crovus (CIL II 774 vielleicht Oro-
vius zu schreiben) und eine Proeula Camali 60
f(äia) Orovia vor (CIL II 2550). Die Erweichung
des vielleicht ursprünglichen e zu g ebenso wie
die Ablautung des a zu o entspricht den iberi-
schen Lautgesetzen, kann aber auch auf Willkür
der griechischen Berichterstatter beruhen. Ge-
nauer sind die Wohnsitze des Volkes nicht fest-
zustellen. [Hübner.]
Qrudii, ein kleines von den Nerviern ab-
hängiges Volk in Gallia Belgica, Caes. b. G. V
39. Zeuss Die Deutschen 215. Desjardins
Ge^ogr. de la Gaule II 436. Müllenhof f Deutsche
Altertumsk. II 204. [Ihm.]
Grnentla s. Druantium.
Grumbestini, kalabrische Gemeinde, Plin.
ni 105; wird in Verbindung gebracht mit dem
heutigen Grumo landeinwärts Von Bari (Nissen
Ital. Landeskunde n 858). Auf sie werden von
Garrucci Monete dell' Italia 119 u. a. Kupfer-
münzen mit rPY, vielleicht mit Recht , be-
zogen. [Weiss.]
Grnmentnm , Stadt, nach CIL 228 (Kaiser-
zeit) mit Kolonierang (vgl. Mommsen Hermes
XVIH 166) im binnenländischen Lukanicn (Strab.
VI 254. Ptolem. HI 1, 61), rechts vom oberen
Agri, wo der Sciagrabach mündet (Acta S. Laberii,
Ughelli VII p. 493), beim heutigen Saponara. An
der Spitze des der Pomptina zugewiesenen Ge-
meinwesens (Kubitschek Imp. Rom. trib. discr.
45) standen Praetores duoviri (CIL X 208. 221.
226. 227), Aediles (208. 220. 224. 226. 227) und
Quaestores (221. 224. 227). Im J. 215 sind die
Römer gegen den Karthager Hanno bei G. sieg-
reich, Liv. XXin 37. 207 sucht Hannibal die
zu den Römern übergegangene Stadt zurückzu-
gewinnen, Liv. XXVII 41, vgl. Lehmann An-
griffe der drei Barkiden auf Italien. 241tf. Im
Bundesgenossenkrieg stand sie gegen Rom und
wurde erobert (Flor. H 6. Appian. bell. civ. 1 4L
Sen. de benef. HI 23. Macrob. Sat. I 11, 23).
An dem Neubau der Stadtmauer wird 57 und 51
v. Chr. gearbeitet (CIL X 219. 220). Das Stadt-
gebiet, welches ziemlich ausgedehnt war (vgl.
Nissen Ital. Landesk. n 909f.), soll nach Geogr.
Rav. IV 35 an das von Tarent angegrenzt haben.
Nach Bauresten sind noch zu erkennen ein Theater,
das Amphitheater von ziemlicher Ausdehnung (Not.
d. seav. 1897, 180). Die ecclesia Grumentina wird
erwähnt Gregor. I pap. registr. IX 209 (599 n. Chr.).
Den Wein der Gegend preist Plin. XIV 69. Sonst
ist G. noch genannt im Lib. Colon. 209 , von
Plin. m 98, im Itin. Ant. 104, auf der Tab.
Peut. Vgl. CIL X p. 27ff. IG XIV p. 177.
Racioppi Storia dei popoli della Lucania 12
(1902) 507. Nissen a. O. [Weiss.]
Grumum, heute Grumo, zwischen Neapel und
Atella, wird genannt in der Translatio S. Athanas.
episc. Neap. Mon. Germ. ss. r. Langob. p. 451.
Über Grum(um)o bei Bari s, den Art. Grum-
b e s t i n i. [Weiss.]
Grnthungi, Gmtuugi s. Greuthungi.
Gryllos (o r Q vhog aus Plin. n. h. V 122;
der Name vielleicht von dem grunzenden Ge-
räusch des Wassers (?) oder von dem Aufenthalt
von Schweinen im trockenen Flußbett?), ein
Flußchen in der westklein asiatischen Landschaft
Aiolis und zwar in dem Teil, der östlich von
Lesbos liegt, bei Koryphantis (s. d.). R. Kiepert
Karte v. Kleinas. B 1. I. A. Cramer Asia Min.
I 132. [Bürchner.]
Gryllion. 1) Parasit des Satrapen Menan-
dros, Athen. VI 245 a. [WiUrichJ
2) Ein Bildhauer (oder Maler?) aus der Zeit
des Aristoteles, bei dem dieser Porträtstatuen
(oder -bilder ?) bestellt hatte, die als Weihgeschenke
aufgestellt werden sollten ; Testament des Aristo-
teles bei Diog. Laert. V 15. [C. Eobert.]
Gryllos {TqvXXos). 1) Habe die Dioskuren ent-
sühnt, flach Philostephanoe frg, 34 (FHG EU 33)
bei Herodian. st. pov. U&wg (p. 1 1 , 26). [Waser.]
8) Vater des Sokratikers Xenophon, Athener
CEextets), Diog. Laert. II 48. Paus. V 6, 5. Arrian.
anab. II 8, 11. Strab. IX 403. Athen. X 427f.
Denselben Namen führt:
3) Der Sohn des Xenophon, Dinarch. bei Diog.
Laert. II 52. Paus. I 3, 4. VIII 9, 5. 10. 11,
6. IX 15, 5. Aelian. v. h. III 3. Geboren nach 10
399, zu welcher Zeit nämlich Xenophon noch
keine Kinder hatte (Xen. anab. VDZ 6, 34), wird
er mit dem Bruder Diodoros in Sparta erzogen,
Diog. Laert. II 54. Als die Eleier Skillus, den
Wohnsitz des Xenophon, im J. 371 genommen,
flieht G. mit seinem Bruder Diodoros nach Le-
preon und von dort nach Korinthos, Diog. Laert.
II 53. G. und sein Bruder werden von ihrem Vater
Xenophon nach Athen gesandt im J. 362, Diog.
Laert. 53. G. fallt in dem Eeitertreffen kurz vor 20
der Schlacht hei Mantineia tapfer kämpfend, Ephör.
bei Diog. Laert. 54. Paus. I 3, 4. [Kirchner.]
Gryllus. Seine dunklen Badeanlagen auf dem
Marsfeld in Rom erwähnt Martial. I 59, 3. IL
14, 12. [Stein.]
Grynchai (Ethnikon : oirgvy X ys hatte L. Roß
als Einwohner einer Stadt [al rqvyxaiT] auf der
Kykladeninsel Syros, heim jetzigen Maria della
Grazia bezeichnet, Roß Griech. Inselreisen I 8. II
26f.). In dem Verzeichnis der Tribute des atti- 30
sehen Seebundes kommen unter den Pflichtigen des
vt}ötQ}Tixog yoQös mehrmals die G. vor, einmal
unmittelbar zwischen den Syriern und Rhenaiern,
dann aber öfter unter den euböischen Städten,
W. Larfeld Handb. d. griech. Epigr. II 1, 40ff.
Darum hat G. Bursian Geogr. Griechenl. II
425f. 466 A die Lage von G. in den Ruinen einer
euböischen Stadt, beim jetzigen Neochöri, 2 Stunden
nordwestlich von Awlonäri vermutet. Der Name
ist in den Tributlisten r&vvxrjg, Bovyx^g g e - 40
schrieben, U. Köhler Urkunden 197. Schon
Boeckh Staatshaushalt der Athener II 678 hat
richtig erkannt, daß der Ort G. und 'Pvyxcu /&>-
qiov Evßotag des Steph. Byz. und Tqvzai, ndXig
Evßoiag (vgl. Lycophr. AI. 374) dasselbe be-
deuten. Die Ruinen: Ulrichs Reisen II 244f.,
Ber. d. Sachs. Ges. d. W. 1859, 134f. Bau-
meister Skizze v. Eub. 14. S. Brynchai o.
Bd. III S. 927. [Bürchner.]
Grynche, Stadt auf Euboia, deren Name nur in- 50
schriftlich überliefert ist. Die attischen Tributlisten
bieten das Ethnikon rovyxrjg (oder vv), IG I 37.
70. 229, 12 b. 236, 8 c. 244, 78. Journ. hell. stud.
XXVIII 291 (Reste IG I 239, 77. 256 i 48), Kata-
loge aus Eretria Anfang 3. Jhdts. v. Chr. rgvyxsig
(Imal), rgvyxv&w (3), sonst die Abkürzungen Fov-
yxv (2), r Q vy X (2), r e vy (1), r Q v (1). Der Anlaut
ist 1 5mal sicher. Im 3. Jhdt. muß der Ort rqvy%r\
geheißen haben; rgvyxys könnte auch Verkürzung
von FQvyxstijg sein und auf Pqvyx^ta zurückgehen 60
(Dittenb erger Herrn. LXI 169rT.). Auf den
attischen Tributlisten erscheint das Ethnikon sicher
IG I 231, 12, nach wahrscheinlicher Ergänzung
auch 233, 22 b in der Form Bgvyx^g, wozu der
Ortsname Bgvyxeia heißen würde. Offenbar handelt
es sich bei der verschiedenen Schreibung um Ver-
snobe , «inen Laut wiederzugeben, für den das
griechische Alphabet nicht ausreichte (Kühner -
Blass I 143). Unter dieser Voraussetzung hat
Boeckh weiter hierher gezogen Steph. Byz.
r F6yxai, ^o> e fov Evßoiag und Steph. Byz. Tov^at,
3z6Xig Evßotag. Avx6<pooov ök fteroHpodoog (ftsra-
TtXdaag? Meineke) Tgvxavra xaXeT. Bei Lyk. 374
heißt es auiiXot ts xai Tgvx aTa *«* *Qaxvg Nedcav.
Dazu bemerkt Tzetzes Tgvxara xai Mdatv xae
AiQycaoaae (375) oqt} Evßotag elol. Hermann
(Opusc. V 240) nimmt an , Stephanos habe xar
TQvxavia gelesen, und das hat Sehe er aufge-
nommen; offenbar mit Recht, denn oniXoi ver-
langt ein Attribut, Wie v. Holzin ger in seiner
Ausgabe T^xavta als Vokativ erklären will, ist
unverständlich. Endlich will Geyer bei Stephanos
Tvp ... sou de xai Tvxalov oqos fj.exak'v 'Eqe-
TQiag xai Boicotiag lesen Tqvxoiov = TQV%ag (Boicü-
riag ist verderbt, Baumeister 42 und Geyer).
Beweisen lassen sich alle diese Identifizierungen
nicht. Nach Ausweis der Tributlisten war der
Ort im 5. Jhdt. selbständig, aber unbedeutend;
er zahlte in der ersten Periode 1000 Drachmen
und wurde 425 mit dem Doppelten angesetzt.
Im 3. Jhdt. genörte er nach den Inschriften zu
den Demen von Eretria. Die Lage des Ortes
ist ganz unsicher, nur soviel läßt sich sagen, daß-
er in Mittel-Euboia , wahrscheinlich in seinem
östlichen Teil lag. R. Kiepert Formae XV setzt
es mit den zuerst von Ulrichs, dann von Bur-
sian und Baumeister erwähnten Ruinen süd-
westlich Neochöri, 3 Stunden südlich von Kumi
gleich; so auch Stauropullos (154). Boeckh
Staatsh. IIS .676. 678. Köhler Abh. Akad. BerL
1869, 197. Ulrichs Reisen und Forschungen TT
244f. Bursian Ber. Sachs. Ges. d.Wiss.l859,134f.
Baumeister Topographische Skizze der Insel
Euboia 14. 42. Bursian Geogr. II 425f. Zu-
sammenfassend Geyer Topographie und Gesch.
d. Insel Euboia I 73ff. Inschriften von Eretria.
Stauropullos 'Eiptfft. &g X . 1895, 125ff. (dies
die berichtigte Ausgabe statt 'Eyijft. ö.qx. 1869-
n. 404; Bull. hell. H 277, 5; *E<p W . & QX . 1887 r
82ff-). # [Bölte.]
Gryne (JgtJw/), Amazone, von Apollon ver-
gewaltigt am Gryneum nemus nach Schol. rec.
Verg. Aen. IV 345, also offenbar Eponyme dieses
Hains, von dem Servius z. d. St. nur weiß, daß
er ein Apollonheiligtum enthielt. Die Verbin-
dung von G. mit Apollon ist spät (Toepffer
Attische Geneal. 191f.). [Tümpel.]
Gryneion (rgöveiov, r^vveia [Neutrum und
Femininum], auch Tqvvoi [Steph. Byz.]; über die
Gründungssage s. Gryne; heute Tschifutkaleh,
s. Pottier-Reinach Neeropole de Myrina 33.
Schuchhardt S.-Ber. Akad. BerL 1887, 1213,
v. Diest Petenn. Mitt. Erg.-Heft 94, 31), Küsten-
stadt {fuit et Grynia, nunc tantum portus, olim
[soli Hss.] insula adprehema s. Diest a. a, O.
Plin. V 121) in der südlichen Aiolis , 40 Stadien
von Myrina und 70 von Elaia entfernt, wurde
zu den elf alten aiolischen Städten gerechnet
(Herod. 1 149]; hier sollen die Griechen überlegt
haben, ob sie gegen Telephos kämpfen sollten
(Scyl. 98. Steph. Byz.). In den J. 439-429
zahlt G. Vs- Talent als Mitglied des attischen
Seehundes (Larfeld Griech. Epigr. II 1, 26).
Vorübergehend herrschte hier Gongylos von' Ere-
tria (s. d.), dem Dareios für geleistete Dienste
ein Fürstentum in Teuthrania schenkte, nnd seine
Nachkommen (Xen. hell. III 1,6); Qrwtmim in
Phrygia castrum, aus dem Alkibiaaes durch
Schenkung des Pharnabazos 50 Talente an Ein-
künften bezog, kann derselbe Ort gewesen sein ;
seine Bedeutung erhellt daraus, daß ein zwischen
Magnesia und Smyrna im J. 244 geschlossener
Vertrag iy rgvvdq) iv rtp isgtp tov 'AnioXXatvog
aufgestellt wird (CIG 3137 = Dittenb erger
229 [vgl. 266] 85). Noch Aristeides opferte hier
Sohn des Apollon, Grynos, oder von einer Toch-
ter des Gottes, Gryno (Serv. Verg. Bnc. a. a. O.:
Apollini a Gryno filio — var. fUia — consecra-
tttm, wofür aber auch a Gryno ißurypyli) film
vermutet ist). Im übrigen knüpfte man auch an
die Sagenmotive anderer ApollonheiligtÜmer an.
So sollte Apollon in Gryneia den Drachen ge-
tötet haben, Serv. Verg. Buc. a. a. O. add. Da-
niel: oraculum Apollinis qui serpentem ibi oc-
(51, 8 II p. 454, 5 Keil); über Reste des Gebäudes 10 eidit , vgl. Tb. Schreib er Apoll. Pythoktonos
Rev. Arch. 1883 I 3611 Phil. W.-Schr. 1888, 830.
v. Diest a. O. ; der heilige, gärtnerisch gepflegte
(Paus, I 21, 7) Hain des Apollon [Gryneum nemus
Verg. ecL VI 27 [u. Schol.] mit pavzEiop olqxoXov
Hecat. FHG I 14 fieg. 211. Verg. Aen. IV 345)
war durch ein Epyllion des Euphoriön (s. o. Bd. VI
S. 1187) verherrlicht worden. Im 4.(?) Jhdt.
Proxenieverhältnis mit Smyrna (Mova. x.B.x. iv
2{tvQvr} Evayy. Ix°^ I (1873) 91. Im J. 335 er-
39ff. Kalchas sollte hier gestorben sein: als
Kalchas Reben pflanzte, prophezeite ein benach-
barter Seher, er werde den neuen Wein nicht
mehr trinken, und als der Wein fertig war und
Kalchas den Becher schon in der Hand hielt,
wiederholte jener die Prophezeiung ; Kalchas ge-
riet darüber in solches Lachen, daß er daran er-
stickte, Serv. Verg. Buc. a. a. O., wo dann weiter
auch eine vom Myth. Vat. I 194. II 224 wieder-
oberte Parmenion die Stadt und verkaufte die 20 holte Version folgt , nach welcher der bekannte
Einwohner in die Sklaverei (Diodor. XVII 7, 9) ;
im 3. Jhdt. prägte sie noch Münzen (Head-
Svoronos HN II 86: auf den Reversen die Mies-
muschel, vgl. Plin. n. h. XXXII 59 : circa Gry-
nium ostrea), hatte aber wohl kaum noch Bedeu-
tung (Plin. V 121) und geborte später zum Ge-
biete von Myrina (Strab. XIII 622). R. Kiepert
Karte von Kleinas. B I. Vgl. den Art. Gry-
ne i o s. [Kroll-Bürchner.]
Gryneios (rgvvEiog) , Epiklesis des Apollon 30
von seinem Kult in Gryneia (s. d.) bei Myrina;
Parthen. Delos frg. 6 bei Steph. Byz. s. Iqvvol
(nach Schneider Callimachea frg. anon. 317
rgw^toe), Orph. hymn. 34, 4. Verg. Aen. IV 345.
Bei Strab. XIII 622 heißt der Ort Grynion, die
Epiklesis daher rgwetg: Strab. XIII 618. Steph.
Byz. s. 'Exaxowrjaoi, Das Heiligtum war eine
alte Orakelstätte, der Tempel ein prächtiger Mar-
morbau: fiavzsiov aQxalov xai vewg TroXvteXyg
Streit des Kalchas und Mopsos , der zum Tode
des Kalchas führte, in Gryneia spielte und Eupho-
riön zitiert wird; verschiedene Vermutungen über
Euphorions Version bei Knaack Jahrb. f. Philol.
1888, 150. Immisch Klaros, Jahrb. f. Philol.
Suppl. XVn (1890) 148ff. Gruppe Gr. Myth.
294, 6. Münzen von Gryneia mit dem Kopf des
Apollon , Cat. Brit. Mus. Troas , Aeolis 133 Taf.
XXVI 8. 9. f [Jessen.]
Gryneus (rgwe-us). 1) Epiklesis des Apol-
lon bei Strab. XIII 618, wiederholt bei Steph.
Byz. s. 'ExaTÖvvTjGoi ; s. Gryneios,
2) Ein Kentaur bei Ovid. met. XII 260.
[Jessen.]
Grynos, Sohn des Eurypylos, des Königs von
Mysien, der nach einem mit Hilfe des Pergamos
glücklich geführten Kriege auf Apollons Geheiß Per-
gamos und Gryneion gründet, Serv. Verg. Ecl. VI
72. Vgl. Im misch Klaros 148f. ThrämerPer-
Xt&ov Xsvxov , Strab. XIII 622. Steph. Byz. s. 40 gamos 243. Im Anfang des Scholions ist für a
r@vvot. Berühmt war der heilige Hain : 'ÄttöX-
Xavos xdXXtorov äXaog dfa&Q(av xai ftfi&Qaiv xai
oaa x&v axägstotv oafirjg xagexstal nva i) ftiag
ydorfr , Paus. I 21, 7 , vgl. Verg. Buc. VI 72f.
nebst Servius, von dem auch der Reichtum an
Quellen betont wird. Ort und Heiligtum hatte
seinen Namen vielleicht von den heilkräftigen
Pflanzen (yQvvrj, yQvvov), Jahn S.-Ber. d. sächs.
Ges. d. Wiss. III (1851) 139ff. Hermeias von
Methymna hatte ein eigenes Werk jisqi tov rqv- 50
veiov "AnöXXatvog geschrieben, Athen. IV 149 d.
Erwähnt wird das Heiligtum: Dittenberger
Syll. 2 IV 229, 85 (CIG 3137). 266, 18. Aristid.
I 536 Dindorf; das Orakel, dessen Bestehen
B u r e s c h Klaros 70ff. für die spätere Zeit be-
stritt, wird erwähnt: Philostrat. Apollon. Tyan.
IV 14. Verg. Aen. IV 345; von Linnenpanzern
als Weihgeschenken spricht Pausanias a. a. O.;
mit dem Asylrecht hängt der von Varro bei Serv.
Verg. Buc. VI 72 berichtete Brauch zusammen, 60
daß Fesseln und Ketten den Verfolgten abge-
nommen and an den Bäumen aufgehängt wurden.
Nach der Lokalsage sollte Heiligtum und Stadt
den Namen erhalten haben von Grynos, einem
Sohn des Eurypylos und Enkel des Telephos
(Serv. Verg. Buc VI 72). oder von einer Amazone
Gryne, mit der Apollon ein Liebesverhältnis hatte
(Serv. Aen. IV 345), vielleicht auch von einem
Gryno filio nach Thilos Vorschlag wohl zu schreiben
a Gryno {Eurypyli) filio. Eine Tochter Apollons
Gryno aber verdankt ihr Dasein nur der Korrektur
Daniels im Cod. Leid. (L), und damit sind die
Erörterungen O. Jahns über den Namen (s. Drex-
ler in Roschers Lei. s. Gryno) gegenstandslos.
Vgl. Gryne und Gryneion. [Hoefer.]
Grypos — Habichtsnase, Beiname des Seleu-
kiden Antiochos VIII.; vgl. Bd. I S. 2480.
[Willrich.]
Gryps (rovyj), der Greif, das orientalisch-
griechische Fabeltier.
Übersicht:
Name.
A. Greif in den orientalischen Kulturkreisen. Vor-
bemerkung.
I. Im ägyptischen Kulturkreise.
II. Im babylonischen Kulturkreise, a) Schlan-
gengreif, b) Löwengreif.
HI. Im chetitischen Kulturkreise.
IV. Im kretisch-mykenischen Kulturkreise.
V. Im ass)Tischen Kulturkreise, a) Schlan-
gengreif . b) Löwengreil c) Vogelgreif.
VI. Im persischen Knitorkreise.
VIL Im phönizischen Kulturkreise.
Vm. Zusammenfassung.
B. Im griechischen Kulturkreise.
L In der Literatur.
II. In der Kunst. 1. Wesen und Verwendung.
2. Verbindung mit Göttern, Menschen und
Tieren. 3. Entwicklung des Typus, a) Der
archaische Typus, b) Der klassische Typus.
c) Der Löwengreif. — Literatur.
Name. Die bisher aufgestellten Deutungen
des Namens ygvy), ygvTtög entbehren sämtlich
der überzeugenden Kraft. Vielfach hat man (vgl.
Seeburg Encycl. 64) den Namen mit dem hebräi-
Das ph taucht auch schon früh in den Formen
der 8. Deklination auf (Plin. X 136 grypkäs,
solche griechischen Kasusformen auch sonst häufig
Tgl. Forcellini-de Vit Lex. lat. Georges Lex!
d. lat. Wortformen. Neue-Wagen er Formen-
lehre, s. Index). [Ziegler.]
A. Der Greif in den orientalischen
Kulturkreisen.
Vorbemerkung: Mit Vogelgreif bezeichne
sehen WS gleichsetzen wollen, dem er allerdings 10 ich im folgenden stets "das Mischwesen VusTöW
lautlich zxemlich nahe steht; was das n im Auslaut körper, Vogelkopf, mit oder ohne Flügel- mil
angeht, so heert es nicht fern, an einen ana.ln- S^lar,«-*™,.^ j„„ if,-„v __ e n?l
angeht, so liegt es nicht fern, an einen analo-
gischen Einfluß von yvtp, yvjiog zu denken. Dazu
tritt bestärkend die Tatsache, daß die Funktion
der G. und der Cherubim die gleiche ist: sie
sind Diener und Wächter der Gottheit, und an-
sprechend hat man das G.-Gold mit dem Para-
dies, an dessen Pforte der Cherub steht (Gen.
LH 24), verglichen. Wenn diese Gleichung richtig
Schlangengreif das Mischwesen aus Löwen-
körper, der häufig noch mit Schuppen bedeckt
ist, Schlangenkopf, Löwenvorderfüßen und Vogel-
hinterfüßen, mit oder ohne Flügel, zumeist noch
mit Skorpionsschwanz; mit Löwengreif das
Mischwesen aus Löwenkörper, häufig geschuppt,
Löwenkopf, Löwenvorderfüßen, Vogelhinterfüßen^
Vogelschwanz, mit oder ohne Flügel. Für Varian-
di. ' *■■ • - - \Wi -—-.,.,,.& "-~^s ' u g <,«oi,i±, t- aiü, uiiu uuei umiü juugei. mir varian-
di, wofür mir einige Wahrscheinlichkeit vorhan-20ten dieser Haupttypen vgl. die einzelnen Teile
den zu sein scheint, da es nicht WlbV ist. im r n ai - n, a ,-*"V™ s„„»j.- .!.._ «-..,,
den zu sein scheint, da es nicht billig ist, im
Falle einer solchen Wortherübernahme mehr als
ein ungefähres Sichdecken der Begriffe zu for-
dern, wie es hier vorliegt, so ist damit freilich
nicht allzuviel gewonnen, da unsere Kenntnis
des Wesens der Cherubim eine sehr ungenügende
ist und nur das negative Resultat feststeht, daß
Name und Begriff dieses Wesens den Hebräern
aus einer für uns nicht mit Sicherheit zu kon-
I. Der Greif im ägyptischen Kultur-
kreise. Ägypten kennt nur den Vogelgreif-
Typus, der aus einer Kombination von LOwen-
körper und Falkenkopf besteht, zu der auch meist
noch Beflügelung tritt. Seit dem N. E. läßt
sich neben dem ureigentlichen ägyptischen Ty-
pus eine durch vorderasiatisch-syrische Bildungen
(siehe darüber unten) beeinflußte Variante ver-
folgen, deren wesentliches Merkmal die aufge-
statierenden Quelle zugeflossen sind (vgl. die 30 drehten Locken am Kopfe sind (z. B. G auf einem
Literatur bei Furtwänsrler 1742 und Run. i^a™ß™i, fl p 4 ™^Tn iL-n-u^r»-?!"
Literatur bei Furtwängler 1742 und Bau-
dissin in Haucks Eeal-Encycl. f. pro! Theol
u. Kirche VI 17. Gunkel zu Gen. III 24. Ben-
zinger Hebr. Archäol.2 228). Trotz ihres un-
bestreitbar stark hypothetischen Charakters scheint
mir die Ansetzung einer solchen Quellengemein-
schaft von G. und Cherub oder jedenfalls der
Versuch einer Anknüpfung in dieser Richtung auf
einem prinzipiell richtigeren Wege sieh zu be-
finden als rein griechische Etymologien. Denn 40 0. pl. XCVI 41).
in dem Grabe Ramses' III. gemalten Goldkorb [Abb.
Prisse d'Avermes Lart egyptien. pl. LXXXIV
11], G. als Gewandmuster auf einer Faienceeinlage
aus Teil el-Jehudije aus der Zeit Eamses' I&.
[Abb. Transactions VII pl. II nach S. 182], G.
auf einem goldenen Armband der XIX. Dynastie
[Abb. Ohnefalsch-Richter Kypros 81 Fig. 104],
und der G.-Kopf dem Deckel eines Prunkgefäßes
der XX. Dynastie [Abb. Prisse d'Avennes a. a.
da der G. kein eigenes Erzeugnis des mythischen
Denkens der Griechen, sondern der Kunsttypus
wie die Sage in ihrem wesentlichen Kern über-
nommen und nur in bescheidenem, niemals die
Grundlinien verwischendem Maße fortentwickelt
sind, so darf das gleiche für den Namen erwartet
werden. So ist nicht nur Furtwänglers Ab-
leitung von der indogermanischen Wurzel grahk
»greifen*, die auch sonst wenig Gläubige gefunden
£„v. J---ÜI- i. L- — I * i V , ,v s & — x.uici aus uci rreiutainmer aes öonnenüeuisrtums
haben durfte, bestimmt falsch (vor allem aus laut- 50 des Neweserre" in Berlin Äg. Mus. nr 20041 und
gesetzlichen Gründen), sondern auch die von Prf» 11- Ti o u t <.„<, n«,i, „„ t :„ J? t> t.a "m ^ .*
gesetzlichen Gründen), sondern auch die von Prell
witz (im Etymol. Wörterb. d. griech. Sprache)
ist abzulehnen, nach dem der Name ypvy von
yQVJioq ,krumm' kommen und von dem krummen
Schnabel oder den krummen Krallen des G. ge-
nommen sein soll; eher dürfte ygvjiög, das bei
Xenophon und Piaton zuerst begegnet, von dem
älteren yQvy abgeleitet sein. Im Lateinischen
tritt schon früh neben gryps, grypis die Erwei-
terung grypus, grypi auf (Pomp. Mela II 1, 1. 60
III 7, 62. Plin. VII 10. XXXEn 66). Später wird
sie durch die aspirierte Form gryphus ersetzt,
wohl durch Anlehnung an oder Verwechslung mit
grtphus, zu dem begrifflich die Zusammenwer-
jung des G. mit der Sphim, vgl. S. 1922 die
«rücke schlug. Aus gryphus sind die romani-
schen Fortbildungen (ital. grifone, franz. griffen,
span. ffnfo) und unser ,Greif « hervorgegangen.
Der G. läßt sich in Ägypten bis in die prä-
historische Zeit (also vor 3300 v. Chr.,) zurück-
verfolgen, wie die Darstellungen auf einem Gold-
blech, das als Griffverzierung eines Feuerstein-
messers gedient hat (Abb. de Morgan Origines
I 115 fig. 136), und auf einer Schminkpalette in
Oxford (Abb. C apart Debüts de l'art 225 flg. 156)
beweisen. Auf diesen Darstellungen (vgl. ferner
Eelief aus der Weltkammer des Sonnenheiligtums
Eelief aus Grab nr. 5 in el-Bersheh Abb. Grif-
fith el-Bersheh LT pl. XVI) ist der G. ein Wüsten-
tier, an dessen wirklicher Existenz nach ägyp-
tischer Anschauung nicht gezweifelt werden kann,
und auf das man genau so wie auf den Löwen
und andere Tiere Jagd machen kann, wie es ein
Eelief des M. R. in Beni Hasan (Abb. Newberry
Beni Hasan LT pl. IV) so schön zeigt, während
es seinerseits die Wüstentiere jagt und anfallt.
Wichtiger ist die Verwendung des G. als Ab-
bild des Königs. Ob hierfür der schon vorhan-
dene bildliche Typus einfach übernommen ist,
oder ob eine Neuschöpfung stattgefunden hat,
läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. An
sich wäre es nicht unmöglich, den G.-Typus in
seiner Eigenschaft als Darstellung des Königs in
analoger Weise zu erklaren wie die Entstehung
des Sphinx, daß sich nämlich ans der doppelten
Gleichung, erstens König — Horus (d. i. Falke),
zweitens König = Löwe der G. als Bild des Kö-
nigs entwickelt hätte. Wir hätten demnach in
dem G. als Wüstentier und dem G. als Königs-
tier zwei verschiedene Erzeugnisse der Phantasie
zu sehen, die im Bilde nicht zu scheiden sind.
Mit Sicherheit läßt sich der G. als König nicht
vor dem M. E. belegen (vgl. den G., der zwei
Feinde zertritt auf dem Pectoral Sesostris' III.
[Abb. de Morgan Fouilles a Dahchour pl. XXI]), 10
aber wahrscheinlich gehört auch er schon dem
A. E. an, denn die Relieffragmente aus den
Totentempeln des Sahurf und Neweserre' (Abb.
Borchardt Grabdenkmal des Ne-user-re* Abb.
29, 31, Blatt 8-12; MDOG nr. 34 Blatt 5),
lassen sich, obwohl an sich, da der Kopf des Fa-
beltieres nicht erhalten ist, sowohl eine Ergän-
zung nach dem Sphinx- wie nach dem G.-Typus
hin möglich ist, mit größerer Wahrscheinlich-
keit als G. auffassen, wofür ein kleines Kalk- 20
steinrelief des N. R. aus Abu Gurab (Berlin
Ägypt. Mus. nr. 14805) spricht, das kaum et-
was anderes als eine flüchtige Skizze nach den
alten Reliefs sein kann. Als weitere Darstellung
des G. als Königstier sind anzuführen : Skarabäus
(Berlin Ägypt. Mus. nr. 3599), neben dem G.
Beischrift .guter Gott', der liegende G. auf der
Axt des Königs Ahmose (Abb. v. B i s s i n g
Thebanischer Grabfund PI. I), Beischrift , Geliebt
von Montu', der einen Feind zertretende G. auf 30
einer Säule in Wadi es Sofra (Abb. L. D. V 75,
die neben Königsringen sitzenden G. auf einem
Pfeilerknauf in Ben Naga (Abb. L. D. V 55).
Im Gegensatz zu der Fülle von Darstellungen
des Sphinx als Königstier ist der G. als Königs-
tier verhältnismäßig sehr selten. Das findet seine
Erklärung darin, daß in dem G. die doppelte
Übertragung (Löwe und Horus) liegt und daher
die Persönlichkeit des einzelnen Herrschers ganz
zurücktritt. Der G. ist eben Repräsentant des 40
Königtums im allgemeinen, der Sphinx der je-
weilige regierende Herrscher. Hierfür spricht
auch, daß in den Schilderungen der Chetaschlacht
Ramses IL häufig mit dem e Äft-Tier verglichen
wird (z. B. de Rouge" Inscr. hieroglyphiques 241,
44), das, nach seinem Determinativ zu urteilen,
nichts anderes sein kann als der G.
Als dritte Bedeutungsmöglichkeit ergibt sich
für den G. in Ägypten seine Verwendung als
göttliches (das trifft ja in gewisser Weise auch 50
schon für den G. als Königstier zu) und dämo-
nisches Wesen. So ist auf einem Relief in Edfu (Abb.
Lanzone Dizionario di mitoligia egizia Tav.
CLXXXI) der G., hier auf Lotosblüte in der Son-
nenscheibe sitzend, eine Erscheinungsform des Re r
von Edfu, oder Lanzone a. a. O. Tav. CCXXVI
Bild des Er wr des .älteren Horus' (des 'Agötjotg
oder *Aod>r)Qtc der Griechen), während ihn ein
Relief in Dendera (Abb. Mariette Dendörah IV
pl. LXVI) als ,Horus von Edfu, der große Gott, 60
der Herr des Himmels* bezeichnet, und die Dar-
stellung auf einer Kalksteinstele (Abb. Lanzone
a. a. O. Tav. Xni) ihn unter Übertragung einer
für den König geschaffenen Form (der G. zertritt
hier zwei Feinde) auf den Gott für Amon ver-
wendet. Es handelt sich in allen diesen Fällen
um Gleichsetzungen der Spätzeit, für die bei dem
völligen Durcheinanderfueßen der Gottheiten und
ihrer Attribute in dieser Zeit keine Erklärung
möglich ist. Als dämonisches Wesen tritt uns
der G. entgegen auf einem Zauberstab des M.
E. (Berlin Ägypt. Mus. nr, 14207 [Abb, Legge
Proceedings XXVII PI. IV fig. 4]), auf der Met-
ternichstele (Abb. Golenischeff Mettermchstele
Taf. V, XX) , auf einem Relief in Dendera (Abb.
Mariette Denderah IV pl. LXXXH) und auf dem
Sarkophag Sethos 1 I. (Abb. Bonomi-Sharpe
Sarkophagus of Oimenepthah I pl. XILT A); in
letzteren Falle steht auf dem Bücken des G, ein
Mischwesen mit menschlichem Körper und zwei
Tierköpfen, das die Kombination von Horus und
Set darstellen soll.
Rein dekorative Verwendung des G. läßt sich
nachweisen auf dem oben zitierten goldenen Arm-
band der XIX. Dynastie (die antithetische Anord-
nung der G. um pflanzliches Ornament in diesem
Falle ist vorderasiatisch beeinflußt) und bei den
G.-Köpfen zu beiden Seiten eines Beskopfes als
Deckelschmuck auf einem Pmnkgefäß aus der
syrischen Beute Sethos' I. (Abb. Prisse d\Aven-
nes a. a. O. pl. XCVII 9) und dem oben schon
angeführten Prunkgefäß aus der XX. Dynastie.
Außer r hh ist, für das Fabelwesen auf dem
Eelief in Beni Hasan (s. o.) der Name Sfr und in
el-Bersheh (s. o.) der Name t$-t$ bezeugt, letzterer
vielleicht mit Zerreißer (so Griffith a. a. O.) zu
übersetzen, wenn das Wort mit dem Verbum
tS-tif, determiniert mit dem Messer, zusammen-
hängt, das etwa , zerstückeln, zerquetschen (so im
Papyrus Ebers) bedeutet. Eine allgemeine, sämt-
liche Typen umfassende Bezeichnung scheint dem-
nach genau so wenig wie für den Sphinx be-
standen zu haben.
IL Der Greif im babylonischen Kul-
turkreise, a) Schlangengreif. Der Schlan-
gen-G. ist eine Mischung von Schlange, Löwe,
Vogel und Skorpion. Das älteste Beispiel, das
wir besitzen, die Darstellung auf der Steatitvase
des Gudea (Abb. deSarzec-Heuzey Decouver tes
pl. XLIV fig. 2 a — c), zeigt ihn uns als ein Wesen
mit Schlangenkopf, von dem eine gedrehte Locke
herabfällt, geflecktem Schlangenkörper, Schlangen-
schwanz, der in einen Skorpionstachel ausläuft,
Vogelhinterfüßen, Löwenvorderfüßen und Flügeln.
Auf dem Kopfe trägt er eine einfache Hörner-
mütze, aus der zwei leicht nach der Seite geneigte
Hörn er hervorwachsen, die aus den kleinen Hörnern
auf den Köpfen gewisser Reptilienarten hervorge-
gangen sein dürften.. Die übrigen Beispiele zeigen
im allgemeinen keine allzugroße Abweichung von
diesem Typus. Völlig entsprechen ihm die Köpfe
auf langem Halse, welche auf dem Kaltstein-
relief Gudeas (Abb. Ed. Meyer Sumerier und
Semiten Taf. VII) und dem Siegel Gudeas (Abb.
Heuzey Rev. d'Assyr. VI 95) dem einführenden
Gotte aus den Schultern wachsen, nur daß bei
ihnen der Körper geschuppt ist, eine Erscheinung,
die wir dann auch bei fast allen anderen finden, sei
es, daß die Schuppen realistisch wiedergegeben
(s. besonders den Schlangen-G- auf dem Relief
aus emaillierten Ziegeln am Iätartore in Babylon,
Abb. Delitzsch Babel und Bibel [2. Vortrag]
13 Fig. 14) oder nur durch Strichmuster an-
gedeutet werden (z. B. auf den Grenzsteinen der
Kassitenzeit, vgL dam H. Prinz Astralaymbole
Anhang I). Bei den jüngeren Beispielen fehlen
yJL Jif a
tfryps
1908
die Flügel, die Hörnennütze und aus den leicht liegenden Form bereits in der Haramurapi-Dv-
seitlich geneigten klemen Hörnern des Ursprung- nastie für möglich hält). Genau so wenig ist
liehen Typus suid zwei lange (häufig perspektivisch nun aber, im scharfen Gegensatz zu ägyptischer
auch nur ems dargestellt), spitz zulaufende Hörner Auffassung (s. o.), das den Göttern ämeHtellte
geworden An Stelle der Vogelhinterfüße treten Fabeltier als eine Erscheinungsform^erTttheit
öfter auch Löwenhmterfüße (s. z. B. die Schlan- selbst aufzufassen; nur als ihrTttrfhut d h
gen-G. auf den Grenzsteinen der Kassitenzeit). als Diener Träo-er Helfer for W ai ,r^++w+
über die Entstehung des Schlangen-G. können hat S^M^^mSj^B&
wir zurzeit ebensowenig etwas sagen, wie über die von Göttern können*wir den Schlagen G in
des Löwen-G. (s. u ) oder des Stiermenschen. Wir 10 Verbindung bringen. Auf den DaSungen aus
ZTr™? i ami *. b ^ nü ^ i?,die*n Wesen der Gudeazeit (vgl. die oben Sffi Be?
phantastische Kombinationen der Urzeit zu sehen, spiele) tritt er als heiliges Tier de? Gottes £
die m der Mischung verschiedener Elemente die gLida von Lagas auf (s ckzuEd Meyer Sume"
dämonische Gewalt und Furchtbarkeit besonders rier und Semiten 45 und Heuzey Rev -W
7^hZ^ Cken W f te * • , r v • YI 95ff ^ 0b dies die ältest * Anschauung istS
den ZÄJZT ^Y 1 ,^^ dlC T Ui ? ie YerW ™g mit anderen Göttern nuf auf™
rShS MM?? g • altba ¥™ hen ^ ass J; Wären Übertragungen beruht, läßt sich zur~
nschen Fabe wesen immer wieder begegnen, auf zeit nicht entscheiden Mit Sicherheit kann ma^
de^Xl^ eite 1 die - 1 Gott Ä h 2* ™ *■**» besitz den Schlangen-G. seit der Kassi nzät auchTr
Äft, alS / hr f > ttn jÄ ZWeit S S 1 d v 16 20 MaTduk und Nabu M Anspruch nehmen. Das zeigen
?Ä1™ ^ V L **? ¥ ? h f^ T %- W ^ lc 5 e ™ allem die Bilder ** den ^steinen dieser
Anschauung ist die ursprüngliche? Die heute Epoche, auf denen häufig (vgl. bes. Hinke New
fast allgemein geteilte Ansicht geht dahin, in boundary stone of Nebuchadrezzar I. 28 %U
abltSt? 11 ,' J e if en ve / schiedenen Gött r ™d 17 flg. 6j s. dazu H. Prinz Astralsymbole
GotaÄ™^^- Werd ?' T e T me -. V ° n , der A ? han « J > der S^langen-G. neben den Götter-
S D,mfJriTi D T«\ d f rVT*! 11 S ^T Schreirien der ^treffenden Gottheiten, auf denen
(so Delitzsch Babel und Bibel [1. Vortrag 34 ; ihr Symbol (bei Marduk ist es die Lanze bei Nabu
It rV m r e I n K i V" A B ° 4 ' 5 )> demnach der Schreibgriffel) steht, angeb acht st In spä^
betrach en D^tl /? i? ^^Ä.™ terer ^ ™ rd * Uch das nodl kombiniert Td
betrachten. Daß diese Anschauung nicht haltbar 30 die Rangzeichen Marduks und Nabus, Lanze und
ÄrfhtKT 6 De ?^ äle l »? klagendste. Schreibgriffel, werden einfach auf den EücJen
ߣ \Z " ^'r al - eren W^/^t des liegenden Schlangen-G. gesetzt (z. B. auf dem
Kamnf S ' rSth.T^ ^^ i?i5 ^ Sie g el neubabylonischer Zeit [AH- Coli, de Clercq
SLnlf? 1 * ^v ^ Fa ^i tieT •? 5 pL H 26 J und dem «iegelabdruck auf einem
S t ; • a UDgj de y aitl | e Bijder treten viel- Kontrakt aus dem 32. Jahre des Darius TAbK
mehr erst m der assyrischen Kunst auf. Dagegen Menant Glyptique II 139 fig 1321) Für den
sprechen weder die sogenannten Gilgamesdarstel- Schlangen-G. als Marduktier vgl au h noch be*
TvS destwt r" l g6nden ZU beh ? ndelnden S0 ? deTS die zylinderförmige Lafurstange, ein Ge-
lypen des Löwen-G., der einen zumeist in die schenk des Königs Marouk-nain-sum von Babvlon
Kme^ gesunkenen Menschen anfällt Wäre darin 40 (Zeitgenossen Salmanassars IL von Is"vr1en)an
ein Gott zu erbheken, so müßte er als der Sieger, Marduk (Abb. MDOG 1900 nr. 5, 14 Abb 8?
es In^en S^tS^ ^T^ ^ ™ &nf der ^ Schlangen-G. neben Marduk der
der F^^rrÄ arS ^ lling ? r^TVÜ Stab Und Ri ^ in der Linl£e n, in der Rechten
der Fall ist (s. darüber weiter unten). Es folgt das Wurfholz hält, liegt. Als Tier des Samas
t^TrnT- 1 Lbe ^ ra ^ n \ eines Fabeltieres an des Sonnengottes. 'lernVn wir den ScTlangen^ S
einen Gott nicht auf einen vorhergegangenen Unter- auf zwei Siegelzvlindern der Hammurapidynaetie
£Ä^^^^ kennett ^ La -l ard C ^ eMithrapl LITE 7
Melmehr m ahnlicher Weise wie die Übertragung und Berlin V. A. 828 [Abb. H. Prinz Astral-
z. B. des Stieres oder Löwen an einzelne Götter symbole Taf. XI], vgl. dazu Prinz Astralsvmbole-
Zi^t^ZTrJf- V ES f0 . lgtdar r ab«r50inialtbabyIonisctKllturkrei S e,B^laS
weiter (len spreche das hier mit aller VnrsifM ir.™ ^^^1;^^ n„i+\t„u. ;„ ir~_i.-~j .^'a '
ia S Hie SU* iZÄ denn hier erscheinen Zylinder ergeben, wenn^auf'dTe Zdchniing"VerTaß
% 1W0W, ™ w m 'r "A™ ^^Igestalten (vgl. wäre. Als Tier des Ea nennt den Schlangen-G.
K,I? 2? ™, Tei i- r£° lge d ^ Tl \ ma *' d * b " m danu schheßlich noch ausdrücklich der bekannte
wXLEL?!! t^Jf" b ? SltZG £ daS Test aus dCT Bibliothek Assurbanipals (Cuneifonn
IJ at fSlw nül f m ?"««««■ terte XVII P I. 42; vgl. dazu Bezold Ztschr. f. Ad-
dern ? nS? B i bh °. thek . A f nrbanipals also aus syr. LX 114f. Puchstein a. a. O. 4191), der die
£? L ^^ i ^ ^ d J°? em ^ R f he Ta " 60 Beschreibung einiger Fabelwesen enthält, denn
S ,LS y ^ Chen ^ Zeit /«ynanden; sie unter dem K. 2148 Col. II 14-Col. DI 3 be-
Zt uu^lw V °^ ing n? ^^ °L Cr . ea " schri ebenen Fabelwesen kann nur der Schlangen-
lonlche zS *«n^ Cme ° afaenu W 1 l n » ltbftb t G - Steint sein, dafür spricht der Schlaukopf,
STartiSiriSfcfr™ J^T\T adÜ ? i 5 e n T ? ch daß Hom anf derNase * deT wie ein Fkäpanzer
gmTd IT tST^tSS ? 6 ' ^T ^"r? 11- ^ 8taltete ^^ ^ d ^ mit Klauen versehenen
laiietn t^f ?£ £S?J S™-^ ' I' ß er " mße ' me Bezi ^^g ^uf Ea drücken die Schlnß-
wenn er die Entetehung des Textes in der vor- .Lahm«' (allgemeiner Ausdruck für Fabeltier, so
1909
Giyps
Gryps
191(>
auch im Weltschöpfungsepos [s. Weltschöpfungs-
epos Taf. I Z. 121] gebraucht, natürlich nicht
identisch mit dem Götterpaar Lahmu und Lahamu)
der Tiämat zugehörig zu Ea'. Bildlich nachweisen
läßt sich diese Zusammenstellung nicht, sie dürfte
erst relativ spät erfolgt sein, hervorgegangen aus
dem mehr und mehr zunehmenden Synkretismus,
denn als Tier des Ea kennen wir seit der Ham-
murapizeit sonst nur den Ziegenfisch.
tier zu erblicken, wie die sonstigen Beispiele zei-
gen, wo der Vogelschwanz, abgesehen von einigen-
Ausnahmen (z. B. auf dem Täfelchen aus Perl-
mutter [Abb. de Sarzec-Heuzey De"couvertee
271 fig. C]) ständig wiederkehrt. Die auf einigen
Exemplaren vorkommende Stilisierung des ge-
schuppten Körpers ist analog der des Schlangen-
G. Das Hauptunterscheidungsmerkmal vom Schlan-
gen-G. ist außer dem Vogelschwanz der, mit Aus-
Der oben erwähnte Schlangen-G. vom Istar- 10 nähme des Siegels des Gudea, ständig auftretende
tore in Babylon ist ein Beispiel für eine mehr Löwenkopf. An Stelle der Vogelhinterfüße auf
/löVrti'a'f lVfl T/aTTirjan/Inrn'* flau T^QVmH-iaT/ir? f-ccrjvnvi Triat* stind-f "D^Vl^ Xli-A-«rt*. "D rt -[ ^ «-I ^1 rt ^«^1^«. • _"U T. « ^i
dekorative Verwendung des Fabeltierez (wenn hier
allerdings vielleicht auch die Wächterrolle mit
in Frage kommt), aber besonders wichtig, da wir
dadurch auch den babylonischen Namen des Fa-
beltieres feststellen können. Berichtet doch ]Se-
bukadnezar in der E.LH.-Inschrift Col. VI 4ff.
(Winckler K. B. IH % 21), daß er das Istar-
tor in Babylon mit Stier- und mus-ruSSu-DM-
einer Reihe älterer Beispiele finden sich bei etwas
jüngeren genau so wie beim Schlangen-G. auch
Löwenhinterfüße (so besonders bei Darstellung
des Löwen-G. auf den Grenzsteinen der Kassiten-
zeit, Hinke a. a. O. 28 fig. 11. 17 fig. 6. 76 fig. 23).
Bei dem Löwen-G. -Kopf auf langem Hals als
Götterzepter (s. u.) ist zu beachten, daß der Hals
hier häufig die Wölbung der Brust wiedergiebt
Stellungen geschmückt habe. Daß unter muS- 20 und sich dann in Bein schlangenhalsartiges Ge-
ruSsu (früher sirrussu gelesen) ein Fabelwesen zu bilde fortsetzt.
verstehen ist, dessen wesentliches Element die
Schlange bildet, zeigt die sprachliche Bildung.
(Delitzsch Handwörterbuch 576. Zimmern
K. A. T. 503). Daß es unser Schlangen-G. sein
muß, ist durch die Funde bei den deutschen
Ausgrabungen in Babylon erwiesen (MDOG 1902
nr. 12, 14ff.). Demnach wird man wohl auch in den
sonstigen Erwähnungen des mus-rttSäu- Wesens
Seiner Bedeutung nach erfüllt der Löwen-G.
ähnliche Funktionen wie der Schlangen-G. Auch
er ist in erster Linie ein Göttertier, sei es, daß.
er eine Gottheit trägt (z. B. abgerolltes Siegel
auf einer Tontafel aus Tello aus der Zeit der
Dynastie von Ur, Berlin V. A. T. 2472 : männliche'
Gottheit auf Löwen-G. stehend, oder ähnlich
Berlin V. A. T. 2819, die Gottheit ist in diesen
den Schlangen-G. zu erblicken haben; so wird 30 Fällen nicht zu identifizieren, dagegen ist auf
a«* «.„*■_,«,*■*.. a\--_ „„„i, ,,„4™ a„„ ^^i™i Ä „4.™ dem Zylinder Menant Glyptique I 165 fig. 108-
Rammän auf Löwen-G. stehend und auf dem
Zylinder Ward Amer. Journ. of Arch. VI [1890}
pl. XVIII 4 eine weibliche Gottheit, Strahlen-
bündel in den Händen haltend, auf Löwen-G.
stehend, der vor einen Götter wagen gespannt ist,
dargestellt; vgl. hierzu auch noch die Zylinder
bei W a r d in Old Testament and semitic studies I
das mus-ruggu-Tier auch unter den Gefolgsleuten
der Tiämat (Weltschöpfungsepos Taf. I Z. 121) ge-
nannt, ferner spielt es eine ßolle als Gegner des
Ellil in einem Kampfe dieses Gottes mit einem
vielleicht labbu^) zu lesenden Ungeheuer, ist aber
in diesem Falle nicht etwa mit labbu, wie man
aus dem Texte wohl herauslesen könnte, identisch
(der Test bei Jensen K. B. VI 1 S. 44ff. Un-
gnad a. a. O. 31. Weber Literatur 68ff.). Vgl.
361 fig. 1. 363 fig. 4. 364 fig. %, für den Löwen-
ferner die Erwähnung eines t mu8-ruSSu tämtim' 40 G. als Zugtier des Götterwagens auch den Zy-
in dem Ninibhymnus LT R. 19 nr. 2). Zimmern linder Berlin V. A. 242), sei es, daß er vor dem
K. A. T. 3 504 geht aber zu weit, wenn er nun Symbol des Gottes oder dem Götterschrein als
in sämtlichen in der babylonischen Mythologie
vorkommenden Schlangen den muS-ru£§u sehen
will, dazu liegt gar kein Anlaß vor. Bildliche Be-
lege für die Bekämpfung des Schlangen-G. lassen
sich, wie S. 1907 schon gesagt, weder in der alt-
noch neubabylonischen Kunst beibringen. Auch
für die oben nachgewiesene Zugehörigkeit des
Wächter liegt (Beispiele dafür auf den baby-
lonischen Grenzsteinen, vgl. dazu H. Prinz Astral-
symbole Anhang I), oder hinter der Gottheit
schreitet (so auf dem Siegel Gudeas). Etwas
Neues ergeben die seit der Dynastie von ür zu
belegenden Darstellungen, die den Löwen-G. im
Kampf mit Mensch, Stiermensch, Löwen oder
Schlangen-G. zu Marduk besitzen wir einen litera- 50 Stier zeigen (so z. B. die abgerollten Siegel auf
Tischen Beleg (J e n s e n K. B. in 1, 134ff.). Nach
einer Inschrift stellte der babylonische König
Agum II. (um 1650) ein mwir-rw&?w-Wesen in Ver-
bindung mit dem Bilde Marduks und der Sar-
panitum auf,
b) Löwengreif. Der Löwen-G. ist eine Mi-
schung aus Löwe, Vogel und Schlange, in seiner
Bildung aufs engste dem Schlangen-G. verwandt,
aber doch durch eine Reihe von Merkmalen deut-
Tontafeln aus der Zeit der Dynastie von Ur, Berlin
V. A. T. 3399- 4365. 1116. 2588. 1478 ; die Zylinder
Lajard Culte de Mithra pl. XXX 6, Coli, de
Clercq I pL VIII 73. 74. 76, Berlin V. A. 827.
826, Menant Glyptique I 202 fig. 131). Eine-
symbolische Bedeutung dahinter zu suchen, geht
nicht an, der Löwen-G. ist in diesen Fällen nichts
anderes als das furchtbare Raubtier, das Men-
schen und Tiere anfällt. Das oben erwähnte
lieh von ihm geschieden. So stellen ihn denn 60 Löwen-G.-Zepter (z. B. sehr häutig auf den Grenz-
die ältesten Monumente zumeist in direktem An- -*■-— ~> ^^ -•--•*- *--- --■ -n.n.. ^
schluß an den Schlangen-G. dar (vgl. z. B. den
Lowen-G. hinter der Gottheit im Redegestus auf
dem oben zitierten Siegel Gudeas). Bis auf den
Vogelschwanz sind die beiden Typen hier völlig
identisch, aber gerade auf Grund des Vogel-
schwanzes haben wir schon anf dem Siegel Gu-
deas ein vom Schlangen-G. zu trennendes Fabel-
steinen) läßt sich für eine ganze Reihe Gottheiten
nachweisen (vgl. dazu H. Prinz a. a. O.). Eine
einheitliche Beziehung des Löwen-G. zu einem
einzigen Gotte ergibt sich hiernach genau so
wenig wie für den Schlangen-G., nnr sind wir
hier noch viel weniger in der Lage, die einzelnen
Gottheiten mit denen er verbunden wird, genauer
zn bestimmen, wird er doch sogar in einem Falle
mit einem dämonischen Wesen, dem Stiermensch,
dem Löwen-G.-Köpfe auf langem Hals aus den
Schultern wachsen (Terrakottarelief Berlin V. A.
104, s. dazu Prinz Astralsymbole im altbabyl.
Kulturkreise, Breslau 1910, 21 und 44) verbunden.
III. Der Greif im chetitischen Kultur-
Ire is. Die charakteristische Bildung des G. in
■der chetitischen Kunst ist folgende : Löwen-
körper, Flügel, Vogelkopf, auf dem ein kamm-
artiger, meist aus drei Teilen bestehender Aufsatz
sitzt, und von dem eine spiralig eingerollte Locke
herunterfällt. Daß das spiralig eingerollte Orna-
ment eine Locke sein muß, zeigt ein G.-Relief
auf einem Orthostat vom Burgtor in Sendschirli
<Abb. Ausgrabungen in Sendschirli III 222
Kg. 121), hier fällt ein spiralig eingerollter
Doppelzopf bis auf die Brast herab. Ganz
singulär ist ein anderes Relief aus Sendschirli,
bei dem der Schwanz in einen Vogel- oder Schlan-
genkopf endet (Abb. a. a. 0. HI 206 Fig. 97 und
Taf. XXXIV e; vgl. hierzu auch eine ganz ähn-
liche Bildung bei einer Sphinx aus Sendschirli,
Abb. a. a. 0.). Der chetitische G.-Typus tritt uns
in seiner oben beschriebenen Form zuerst auf
den abgerollten Siegelzylindern auf Tontafeln aus
Kerkuk (etwa 100 km in der Luftlinie östlich von
Assur gelegen) entgegen, die noch der ersten
Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. angehören
(vgl. dazu H. Prinz Astralsymbole Anhang LT).
Von diesem Typus ist dann auch, wie oben schon
ausgeführt, der ägyptische Typus des N. R. be-
einflußt worden, während umgekehrt natürlich
der Typus des Vogel-G. überhaupt von Ägypten
nach Vorderasien gekommen ist. In der Haupt-
sache ist der G. im chetitischen Kulturkreise das
wilde Raubtier, das Löwen oder Gazellen packt (vgl,
die Zylinder Lajard Culte de Mithra pl. XXVIII
2 und LIV a 12 oder Tontafel aus Kerkuk, Berlin
V. A. T. 5792 und den Zylinder Furtwängler
Gemmen I Taf. I 6, in den letzten beiden Fällen G.
im Ansprang). Im übrigen spielt der G. eine rein
dekorative Rolle (vgl. die Siegelzylinder Lajard
a. a. 0. pl.LVIII4, Furtwängler Gemmen I
Taf. I 7, Berlin V. A. 3472. Coli, de Clercq
I pl. XXVIII 299), von Beziehungen zu irgend
«iner Gottheit oder von symbolischer Bedeutung
läßt sich nichts feststellen. Ganz vereinzelt (z. B.
Siegelzylinder Furtwängler a. a. 0. 1 Taf. 16
und Lajard a. a. 0. pl. LVII 5) tritt neben dem
Vogel-G.-Typus auch der aus Babylonien über-
nommene Löwen-G. auf. Besonders wichtig ist das
abgerollte Siegel auf einer Tontafel aus Kerkuk,
Berlin V. A. T. 5792, wo die weibliche Gottheit
des chetitischen Pantheons auf dem Löwen-G.
sitzt (Abb. Prinz Astralsymbole Taf. XVII).
IV. Der Greif im kretisch-mykenischen
Kultur kr eise. Die kretisch-my kenische Kultur
kennt nur den Typus des Vogel-G. Charakte-
ristisch sind die lockenartigen Ornamente, die
hier nicht nur vom Kopfe herabfallen, sondern
zumeist auch noch den Flügelansatz umsäumen,
ebenso findet sich öfter der kammartige Aufsatz
auf dem Kopfe (so bei dem G., der eine Gazelle
verfolgt, auf einer Holzschnitzerei, Berlin Ägypt.
Mos. nr. 1882 [Abb. Perrot-Chipiez VI 829 fig.
409], die wahrscheinlich aus dem Grabe des Sa*
robibina, Propheten der Astarte und des Ba'al und
Hohenpriesters des Amon unter Amenophis IV.
[vgl. Ausf. Verz. der ägyptisch. Altert. * 205]
stammt und dem kretischen, nicht dem syrisch-
ägyptischen Kunstgebiete [so Furtwängler hei
Röscher s. Gryps I 2 S. 1745] angehört).
Diese formale Bildung verbindet den kretisch-
mykenischen G. direkt mit dem chetitischen und
dem von diesem beeinflußten ägyptischen Typus
des N. R. Da auf Kreta und in der kretischen
Einflußsphäre der G. erst seit der spätminoischen
10 Zeit, also seit etwa 1600 nachgewiesen ist, so
halte ich eine Beeinflussung und eventuell sogar
eine Entlehnung aus Vorderasien nicht für aus-
geschlossen, da die Kerkuktafeln, die auf den auf
ihnen abgerollten Siegelzylindern den chetitischen
Typus schon voll ausgebildet zeigen, noch etwas
älter sein dürften (s. o.).
Der kretisch-mykenische G. ist erstlich Götter-
tier. So stellt eine Gemme aus dem Kuppelgrabe
von Vaphio (Abb. Perrot-ChipiezVIpl. XVI 16
20 [Furtwängler Gemmen I Taf. LT 39 ist undeut-
licher]) eine männliche Gottheit dar, die einen G.
am Leitseil hält. Auf dem goldenen Fingerring
aus Mvkenai (Abb. Furtwängler Gemmen I
Taf. VI 18) ist wohl die gleiche Gottheit zu er-
blicken, nur ist hier am Leitseil ein sitzender
weiblicher G., wie die Zitzen bezeugen, befestigt.
In Verbindung mit einer weiblichen Gottheit findet
sich der G. auf der einen Schmalseite eines Sar-
kophages aus H. Triada (Abb. Parab eni Mon. ant.
30 1909 Tav. ni), wo zwei G. einen Wagen ziehen,
auf dem zwei weibliche Gestalten stehen, von denen
die eine vielleicht die Magna Mater der minoischen
Religion repräsentiert. Ganz ähnlich ist das Bild
auf einer spätmy kenischen Vase aus Enkomi auf
Kypros (Abb. Murray Excavations in Cyprus
fig. 71, 927), nur läßt sich nicht feststellen, ob
wir es hier mit Männern oder Frauen auf dem
Wagen zu tun haben. Ebenfalls für den G. als
Tier der Magna Mater spricht eine Gemme aus
40Mykenai (Abb. Evans Journ. hell. Stud. XXI
158 flg. 36): Zwei auf den Hinterfüßen stehende
G., die Vorderfüße auf Basis setzend, auf der
eine Säule mit Gebälklage steht, an der sie an-
gebunden sind. Die Darstellung entspricht in
ihrem Schema dem Löwen tor von Mykenai und
dürfte nur eine Abbreviatur des Tempels der
Magna Mater wiedergeben (vgl. dazu H. Prinz
Athen. Mitt. 1910, 159f.). Als Wächter sind die
beiden G. auf den schönen Fresken aus dem Thron-
50 saal von Knossos, die zu beiden Seiten des Thron-
sessels angebracht waren, aufzufassen (vgl. die
Originale in der Ergänzung von Gillieron im
Museum zu Kandia). Ganz exzeptionell ist die
Darstellung auf einem in vier Felder geteilten
Goldringe aus Pyrgos("?), der im Original zurzeit
verschollen ist, von dem sich aber ein Gipsabguß
in dem mykenischen Saale des Nationalmuseums
zu Athen befindet. Allerdings ist die Echtheit
dieses Ringes nicht ohne ZweifeL nur am Original
60 wird sich diese Frage entscheiden lassen. Hier
sitzt der G. auf einem AltaT und wird von Männern
und Frauen adoriert. — Zweitens ist der G. im
kretisch-mykenischen Kreise das wilde Raubtier
(hierin dem Löwen völlig gleichgesetzt und ebenso
wie der Löwe häufig lang hingestreckt im jagen-
den Laufe dargestellt, z. B. die ausgeschnittenen
Goldreliefs aus Mykenai [Abb. Schuchardt
Schliemanns Ausgrabungen 230 Fig. 186]; die
191S
Gryps
tfryps
iyi4
Reihe von dahinjagenden G. auf einer Dolch-
klinge [Abb. Athenaion IX 10 D]; ähnlich die
Darstellungen auf einem unpublizierten Schwert
in Athen nr. 1865 und die Verzierung eines
goldenen Knopfes, der als Krönung einer Haar-
nadel diente [Abb. Schliemann Mykenae 232 nr.
309], vgl. hierzu Furtwängler bei Röscher I 2
S. 1745). So fällt z. B. auf einer Elfenbeinplatte
(Abb. Ephem. arch. 1888 pl. VIII 6) der G. einen
einander zu scheidende Typen. 1. Der babylo-
nische Typus bleibt völlig gewahrt (z. B. Relief
am Eingang zu einem kleinen Tempel in Nimrud
[Abb. Layard Monuments II pl. V]; Siegel-
zylinder Lajard a. a. 0. pl. XXXVII 4). 2. Der
alte Typus wird verändert durch die Übernahme
des Vogelkopfes an Stelle des Löwenkopfes (z. B.
Siegelzylinder Lajard a. a. 0. pl. LIV B 6).
Vom Vogel-G. ist der Lowen-G. dann nur noch
Stier' an, auf einer Gemme (Abb. Furtwängler 10 dadurch zu scheiden, daß ersterer stets einen
Gemmen I Taf. III 8) stürzt sich der Greif auf
einen dahinjagenden Löwen, auf einer anderen
(Abb. Furtwängler-Löschcke Myken. Vasen
Taf. E 12) fallen G. und Löwe einen Stier an.
Vereinzelt ist die Darstellung auf einem spät-
mykenischen elfenbeinernen Spiegelgriff aus En-
komi (Abb. Murray Excavations in Cyprus pl.
II 872 A): Auf den Hinterfüßen stehender G. im
Kampfe mit einem Manne, der im Begriff ist, ihn
Löwenschwanz trägt, während letzterer seinen
Vogelschwanz beibehält.
In erster Linie ist der Löwen-G. in Assyrien
wie in Babylon Göttertier. Sehr häufig ist die
Darstellung einer männlichen, nicht näher zu be-
stimmenden Gottheit, die auf einem aufrechtstehen-
den oder liegenden Löwen-G. steht. Beispiele:
Relief aus Assur (Abb. MDOG 1906 nr. 31. 24
Fig. 7) ; Siegelzylinder L aj ar d a. 0. pl. LIV A 8 ;
mit dem Dolche niederzustoßen. Diese Art des 20 Bronzestatuette aus der Gegend von Erzerum (Abb.
Kampfmotivs, die wir hier auf spätmykenischem
Boden zum erstenmal antreffen, ist dann die auf
assyrischem, persischem und phönizischem Gebiet
weitaus häufigste. Ihre formelle Ausbildung
scheint sie demnach auf Kypros in der mykeni-
schen Spätzeit gefunden zu haben. Nur ein lie-
gender G. ohne jegliche Betätigung findet sich
auf einer Elfenbeinplatte aus Mykenai (Abb.
Ephem. arch. 1888 pl. VIII 14) und auf einem
Heuzey Origines orientales de Tart pl. IX). Be-
stimmen läßt sich die Gottheit dagegen auf der
zylinderförmigen Lasurstange aus Babylon (Abb.
MDOG 1900 nr. 5, 12 Abb. 2). Hier kann nach
den Blitzen, die er mit beiden Händen schwingt,
nur Adad als Gott in Frage kommen, und der
Löwen-G., der neben ihm liegt und den die Gott-
heit am Leitseil hält (neben der Gottheit liegt
zudem noch ein zweites, nicht zu identifizierendes
Schieber aus dem Kuppelgrab von Menidi (Abb. 30 Tier) , ist damit als Tier des Adad erwiesen.
Kuppelgrab von Menidi Taf. VI 2).
V. Der Greif im assyrischen Kultur-
kreise, a) Schlangengreif. Der assyrische
Schlangen-G. ist eine direkte Übernahme aus dem
Baby ionischen und entspricht dem babylonischen
deshalb völlig. Nur auf einem Siegelzylinder in
Florenz (Abb. Menant Glyptique II 60 fig. 52)
hat er an Stelle des Schlangenschwanzes einen
Vogelschwanz, wahrscheinlich infolge Verwechs-
Außer Adad wird dann auch noch sehr häufig
die assyrische Istar mit dem Löwen-G. (der hier
an Stelle des ihr sonst eignenden Löwen getreten
ist) verbunden, sei es, daß sie auf ihm steht
(z. B. Siegelzylinder Lajard a. a. 0. pl. XXXVII
5), oder das Fabeltier ihren Thron trägt (z. B.
Tonabdruck Coli, de Clercq II pl. X nr. 8 u. 9;
Bronzeamulett Ward Amer. Journ. of arch. in
[1887] 339 fig. 17). Für Löwen-G. als Thron-
lung mit dem Löwen-G. Auch inhaltlich spielt 40 träger vgl. auch noch die Bronze Statuette Berlin
der Schlangen-G. dieselbe Rolle wie in Babylo- V. A, 775 (Abb. bei Lehmann-Haupt Ma-
nien. Er ist Göttertier, das in Beziehungen zu
einer ganzen Eeihe Götter vorkommt. So kom-
men auf der Assarhadonstele aus Sendschirli (Abb.
Ausgrabungen in Sendschirli I Taf. I und S. 18
Fig. 4) unter den symbolischen Darstellungen, die
vor dem Haupte des Königs angebracht sind, zwei
männliche Gottheiten vor, die auf dem Rücken
eines Schlangen-G. bezw. eines Schlangen-G. und
terialien 97 Fig. 66) und das Fragment eines
Bronzethrones (Abb. Perrot-Chipiez II 725
fig. 383), Beispiele aus dem Vangebiet, die aber
hierher gehören, da sie völlig assyrisch beein-
flußt sind. Rein dekorativ sind die Löwen-G.
neben der stilisierten Form des heiligen Baumes
(z. B. Siegelzylinder Coli, de Clercq I pl. XXXIX
342 bis und Siegel konischer Form Lajard a.
eines anderen Tieres stehen. (Auf eine Benennung 50 a. 0. pl. XLIII 26). Zwei Löwen-G. miteinander
"' ^ • LL1 ------ D - L v: - ---i-x— — im Kampf erscheinen auf dem Revers eines Bronze-
amuletts (Abb. Ward Amer. Journ. of arch. III
[1887] 339 fig. 18 [ein ähnliches Exemplar in
Paris, Abb. Longperier Mus£e Napoleon LTI.
pl. I 4]!. Einen neuen Gedanken ergeben da-
gegen die Kampfesszenen eines Löwen-G. mit
einer Gottheit oder einem Dämon. Darin liegt,
wie oben schon festgestellt, ein wesentlicher Unter-
schied zwischen der babylonischen und assyri-
dieser Gottheiten muß ich hier verzichten, es
wäre ein zu großer Apparat dazu nötig). Ähnlich
zwei männliche Gottheiten auf den Felsskulpturen
von Maltaiya (beste Abb. jetzt bei C. F. Leh-
mann-Haupt Materialien zur älteren Geschichte
Armeniens und Mesopotamiens Taf. VII und S. 58
Fig. 33 und S. 59 Fig. 34). Ob die Götter iden-
tisch sind mit denen auf der Assarhadonstele, ist
nicht sicher nachzuweisen, aber sehr wahrschein-
lich. Als Tier des Marduk und Nabu, als das 60 sehen Auffassung. Aus der Fülle der Darstel-
wir den Schlangen-G. auf Darstellungen der Kas-
sitenzeit bis in die neubabylonische Zeit hinein
auf babylonischem Gebiete kennen gelernt haben
(s. o.), findet es sich auch in Assur, vgl. z. B. die
Zylinder Coli, de Clercq I pl. XXXIX 343 bis
und Berlin V. A. 508.
b) Löwengreif. Der Löwen-G. auf assyri-
schem Gebiete zerfällt in zwei formal streng von-
lungen greife ich folgende heraus: 1. Das oben
schon erwähnte Relief aus Nimrud: Mit dem
Löwen-G. kämpft hier eine viergeflügelte Gott-
heit, welche in den Händen Doppelblitee schwingt.
2. Den oben zitierten Sißgetaylinder Lajard a. a.
0. pl. LIV B 6 : Gott im Kampfe mit zwei Lttwen-
G. 3. Den Siegelzylinder Menant Glyptique II
45 fig. 23 = Lajard a. a. 0. pl XXXVn 4 : Gott
XJ71U
uryps
Gryps
1916
■auf dahinjagendem Löwen-G. stehend , schießt
mit dem Bogen auf Löwen-G., der auf den Hin-
terfüßen steht. Ähnlich Lajard a. a. O. pl.
XXV 5, jMenant a. a. 0. 46 fig. 26 und Coli,
-de Clercq Ipl. XXXI 331. 4. Den Siegelzylinder,
Lajard a. a. 0. pl. XXXIII 4: Gott auf liegen-
dem Flügelstier stehend, mit dem Bogen auf
lüwen-G. schießend. Besonders interessant ist
nr. 3, das uns erstlich den Löwen-G. in der alten
Auffassung als Träger der Gottheit und zweitens 10
m der neuen als Gegner der Gottheit zeigt. Man
hat diese Kampf szenen zumeist auf den Kampf
Marduks mit der Tiämat gedeutet (so z. B Zim-
mern K. A. T.s 5021, obgleich ihm die Differenz
.zwischen Bild und literarischer Überlieferung
nicht entgangen ist). Diese Auffassung läßt sich
nicht halten. Tiämat als Gegner des Gottes auf
unseren Darstellungen kommt nicht in Betracht,
da weder im Schöpfungsepos, noch in der von
Damascius überlieferten babylonischen Kosmogonie 20
irgendwie eine Andeutung sich findet, daß man sie
sich als Fabeltier vorstellte, sie bezeichnet vielmehr
einfach das weibliche Chaosprinzip (Tiämat, Tämtu
heißt wörtlich das Salzwasser', hebräisch Sinr-t ;
Tgl. dazu Ungnad bei Greßmann Texte und
Bilder zum A. T. I 2, 7). Eher in Betracht kom-
men die elf im Gefolge der Tiämat befindlichen
Dämonen (s. Weltschöpfungsepos Taf. IZ. 121-124),
von denen wir einen, den mSuruSSu (Schlangen-
G.) oben schon kennen gelernt haben, der aber 30
hier wegfällt, da seine formale Bildung von der
-des Löwen-G. abweicht. Unser Löwen-G., als
Tier, das der Gott bekämpft, könnte ferner viel-
leicht in dem Labbu (= Löwe) genannten Weson
au erblicken sein, das nach einem Test der Assur-
banipalbibliothek (Text schon oben zitiert (von
Ellil bekämpft wird, allerdings kann für Labbu
ebensogut Kalbu (= Hund) oder Ribbu (Ungnad
a. a. 0. 31) gelesen werden. Ebenso fraglich
wie die genaue Bestimmung des Fabeltieres, das 40
der Gott bekämpft, ist die Benennung des Gottes
selbst. Der Löwen-G., auf dem er bei nr. 3
steht, ist einer ganzen Reihe von Göttern zu
eigen, auch Bogen und Pfeil sind nicht aus-
schließliches Merkmal eines einzigen Gottes. Ellil
und Marduk als Bekämpfer fabelhafter Wesen
haben die oben zitierten Texte ergeben, sie können
also wohl in dem Gotte unserer Darstellungen
erblickt werden. Da wir aber die Bildung dieses
Kampftypus zwischen Gott und Fabeltier erst auf 50
assyrischem Boden linden, so verdient genau so
viel Beachtung ein Bautext Sanheribs, den uns
die deutschen Ausgrabungen in Assur geschenkt
haben (Meissner und Rost Bauinschr. San-
heribs 98ff.; Ungnad a. a. 0. 29f. ; s. auch De-
litzsch MDOG 1907 nr. 33, 36). In diesem
Teste ist die babylonische Version einfach auf den
assyrischen Beicbsgott Assur übertragen. Der
König beschreibt ein im Neujahrsfesthaus des Got-
tes Assur angebrachtes Bronzetor, auf dem dar- 60
gestellt ls t, wie der Gott Assur ,in die Tiämat
hinein' zieht in Begleitung anderer Götter and
«ie und die Wesen in ihr bändigt. Assur als
der Gott auf obigen Darstellungen hat demnach
«enau so viel Berechtigung wie Marduk und E1HL
™ I* w «n-G., auf dem der Gott steht, den wir
tor Assur bisher nicht nachweisen können, spricht
sieht absolut dagegen.
Eine andere Deutung läßt vielleicht nr. 1 zu.
Die Doppelblitze, welche der Gott hier schwingt,
zeigen den Gott als den Sturm- und Wettergott,
d. h. als Adad. Daß Adad hier, wie sonst nur
die Dämonen, mit Flügeln versehen ist, ist recht
verständlich bei seiner Eigenschaft als Gott, der
in der Sturmwolke einherfährt.
c) Vogelgreif. Der Vogel-G. ist (wie übri-
gens auch die Sphinx) im Assyrischen eine direkte
Fortbildung aus dem chetitischen Typus. Der
dort vorhandene, aus drei Teilen bestehende,
kammartige Aufsatz ist hier zu einem voll aus-
gebildeten Kamm geworden, und genau so wie dort
fallen vom Kopfe lockenartige Ornamente herab
(vgl. besonders die G. auf den Gewandmustern
aus Nimrud, Nord -West-Palast [Abb. Layard
Monuments I pl. VIII, pl. XLIII, pl. XLVI]. Die
Übernahme muß schon sehr früh erfolgt sein, wie
der Siegelzylinder, Berlin V. A. 2975, zeigt,' der
noch der älteren assyrischen Kunstepoche ange-
hört. Die oben aufgeführten Gewandmuster aus
Nimrud zeigen den G. als Raubtier, der Zy-
linder Berlin V. A. 2975 als Jagdtier (ein Gott
schießt hier auf den G.). Als Göttertier erscheint
er auf dem Zylinder Lajard a. a. 0. pl. XXIX
5, der hier auf ihm reitende Gott ist vielleicht
ein e d em Mithra ähnliche Figur (so Furtw an gier
bei Boscher I 2 Sp. 1750, der in dem Zylinder
aber unrichtig eine persische Arbeit sieht).
VI. Der Greif im persischen Kultur-
kreise. Die persische Kunst kennt nur den
Typus des Löwen G. Der Löwen-G. in Persien
kennzeichnet sich deutlich als eine Übernahme
aus dem assyrischen Formenschatz, dessen zwei oben
geschiedene Typen (mit Löwenkopf oder Vogel-
kopf) sich hier wiederfinden. Im einzelnen hat
er aber eine Reihe, allerdings nur kleinerer Um-
bildungen erfahren, die so weit gehen, daß man
unter der Fülle der Beispiele kaum zwei Exem-
plare findet, die sich völlig gleichen. So zeigt
ein Skarabäoid aus Sparta {Abb. Furtwängler
Gemmen I Taf. XI 19) den Löwen-G. mit Bocks-
horn, Vogelhinterfüßen , aufgebogenem Flügel,
Löwenkopf und Löwenkörper, ein Belief aus Susa
(Abb. Dieulafoy L'acropole de Suse pl. XI) mit
zwei nach außen geschwungenen, an der Spitze
eingerollten Hörnern, Löwenkopf, Vogelhinter-
füßen, Löwenschwanz, der Siegelzylinder Lajard
a. a. 0. pl. LIV A 13 mit Bockshorn und Flügern.
sonst ganz Löwe, ein Goldplättchen aus dem
Oiusgebiet (Abb. Da Hon Treasure of the Oxus
pl. XI 28) mit Vogelschwanz, Flügeln, auf dem
Kopf Hörner assyrischer Form, sonst ganz Löwe,
ein Relief aus dem 100-Säulensaal in Persepolis
(Abb. Stolze Persepolis I Taf. LXII) mit Kamm
auf dem Rücken (vgl. den Kamm des assyrischen
G.), oder Stolze a. a. 0. I Taf. XXX mit Löwen-
kopf, Löwenkörper, Kamm auf dem Rücken,
Vogelhinterfüßen und Skorpionsschwanz. Andere
Beispiele schließen sich an den zweiten assy-
rischen Typus an, so ein Kalksteinrelief (Abb.
Dieulafoy L'art antique de Perse 315 flg. 198):
Vogelkopf und Kamm, Vogelschwanz und Vogel-
hinterfüße, auf dem Kopfe Hörner wie oben.
Zeitlich gehören diese Beispiele dem 6. — 4.
Jhdt. an, zum Teil sind es rein griechische Ar-
beiten (die Abhängigkeit der persischen Kunst
von griechischer Technik ist ja bekannt). So,
iyi/
u-ryps
wryps
l»l».
■um nur eine Einwirkung der griechischen Kunst
hervorzuheben , ist der nach innen eingebogene
Flügel sicher ein Erzeugnis griechischer Formen-
gebung, wir treffen ihn in der ionischen Kunst
seit dem 7. Jhdt. auf Schritt und Tritt an ; im
übrigen haben auch die rein griechischen Bil-
dungen dieses Fabeltiers die altorientalische Fonn
beibehalten. Häufig ist der persische Löwen-G.
auch auf lykischen Münzen des 5. Jhdts. ; auch
hier begegnen uns wieder die zwei Typen ent- 10
vreder mit Vogelkopf (Beispiel: Cat. Brit. Mus.
liycia usw: pl. V 7), oder mit Löwenkopf (Cat.
Brit. Mus. Lycia pl. V 2). Zu erwähnen ist auch
noch der Löwen-G. an dem Felsengrabe Kalekapu
in Paphlagonien (Abb. Leonhard Paphlago-
nische Denkmäler Taf. nach S. 20). Gerade die
hier vorkommende Form des Löwen-G. datiert
dieses Denkmal aber ins 5. Jhdt., und nicht wie
Leonhard a. a. 0. 33 vorschlägt, in die Zeit
vor dem Kimmeriereinfaü. Auch der paphlago- 20
irische Typus geht mit seinen nach außen ge-
schwungenen, an der Spitze eingerollten Hörnern
völlig mit unseren Typen zusammen. Die letzten
Ausläufer des orientalischen Löwen-G. dürften die
häufig, besonders in der griechischen Kunst vor
kommenden gehörnten, mit oder ohne Flügel dar-
gestellten Löwen sein. Man hat den gehörnten
Löwen neuerdings Tragelaphos (Müller Leichen-
wagen Alexanders d. Gr. 59) nennen wollen, ein
in der griechischen Literatur häufiger erwähntes 30
fabelhaftes Tier. Dies geht nicht an, da der
griechische Ausdruck jBockshirsch* zu prägnant
ist, um in dem Löwen-G. erblickt zu werden.
Hauptzweck der persischen Kunst ist, die
Taten des Großkönigs zu schildern, sie ist des-
halb in erster Linie eine höfische, daneben treten
alle anderen Aufgaben völlig zurück. Die assy-
rischen Kampfmotive zwischen einer Gottheit
und einem Fabeltier werden einfach zu einem
Kampfe zwischen Großkönig und Fabeltier um- 40
geprägt. So ist die häufige Darstellung (z. B.
Stolze Persepolis I Taf. IV. XXX. LXII LXIV)
des Königs, der einen Löwen-G. niederstößt, oder des
Königs, der auf Löwen-G. schießt (z. B. Siegeizylin-
der Abb. Layard Niniveh and Babylon 607) zu er-
klären. Auf der gleichen Anschauung basiert auch
das Bild des Königs, der zwei Löwen-G. hinaushält
(z. B. Siegelzylinder Lajard a. a. 0. XIX 7, Coli,
de C lercq I pl. XXXIV 375 und 376). Im übrigen
tritt der Löwen-G. in Persien rein dekorativ auf. 50
VII. Der Greif im phönizischen Kultur-
kreis. DerphönizischeG.-Typus schließt sich völlig
an den oben behandelten mykenischen an, vgl. z. B.
die oben zitierte spätmykenische Darstellung auf
dem Elfenbeingriff aus Enkomi (Abb. Murray
Excavations in Cyprus pl. II 872) mit der phöni-
zischen auf der Elfenbeintafel aus Nimrud (Abb.
Perrot-Chipiez H 535 fig. 249). Daß der phö-
nizische Typus damit auch dem vorderasiatisch-
chetitischen Typus in vielfacher Hinsicht gleicht, 60
ist klar, da der mykenische G. ja vielleicht auch
nichts weiter als eine Entlehnung aus dem cheti-
tischen Kreise ist. Daß Eypros eine bedeutsame
Rolle in der Entwicklung des phönizischen Misch-
stiles gespielt hat, glaube ich immer mehr annehmen
zu müssen; hier haben dann auch die Entlehnungen
aus der spätmykenischen Kunst, die wir aus den
Fanden in Enkomi kennen, stattgefunden.
In inhaltlicher Hinsicht schließt sich der phöni-
zische G. entweder dem ägyptischen Kreise
(s. z. B. die Schale aus Larnaka, Abb. Longpörier
Musöe Napoleon III. pl, XI : G. einen Feind zer-
tretend), dem spätraykenischen (hierhin ge-
hören besonders die Kampfszenen, die zumeist
einen aufrechtstehenden G. im Kampf mit männ-
licher Figur [ob Gott?], die ihn mit dem' Messer
niederzustoßen im Begriff ist, darstellen, Bei-
spiele : S chale aus Kurion [Abb . Perrot-Chi-
piez III 789 fig. 552], die oben angeführte Schale
aus Larnaka und die Schale aus Olympia [Abb. Per-
rot-Chipiez III 783 fig. 550]) oder dem vorder-
asiatischen Kreise an, s. besonders die ander
stilisierten Form des heiligen Baumes empor-
steigenden G. Beispiele : Silberschale aus Kypros
[Abb. Ceccaldi Mon. ant, de Cypre pl. VHI 1],
Skarabäus aus Tharros auf Sardinien [Abb. Annali
LV Tav. G. 50], mit einer dünnen Goldschicht
überzogene Silberplatte aus einem Grabe in Malta
[Abb. May r S.-Ber. Akad. Münch. 1905 Taf. III 2].
VIII. Zusammenfassung. Die vorliegende
Behandlung des G. -Typus in seinen verschiedenen
Varianten ist das Ergebnis einer größeren Unter-
suchung, für die der ganze Stoff neu durchge-
arbeitet worden ist. Ich habe mich für den
Zweck dieser Abhandlung natürlich auf das
Wesentlichste beschränken müssen, und hoffe eine
ausführlichere Behandlung in nicht allzuferner Zeit
vorlegen zu können. Auf Furtwänglers grund-
legende Behandlung bei RoscherI2 S. 1742ff.
sei hiermit ausdrücklich hingewiesen. Es liegt
auf der Hand , daß das neue Material der letzten
20 Jahre zu erheblich neuen Resultaten fuhren
mußte. Neben der rein formalen Behandlung
kam es mir besonders darauf an, die religions-
geschichtliche Bedeutung des Fabeltieres in den
einzelnen Kulturkreisen aufzuhellen. Als Gesamt-
resultat ergibt sich folgendes: Der Typus Vogel-
G. ist in Ägypten entstanden, von dort in der
ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. Geburt
nach Vorder asien in die chetitische Kunst über-
nommen. Der chetitische Typus ist dann seiner-
seits maßgebend geworden für gewisse G. des Neuen
Reichs in Ägypten, für Assyrien und wahrschein-
lich auch für den kretisch-mykenischen Kreis.
Abhängig davon ist dann in letzter Linie auch
der phönizische G. Löwen-G. und Schlangen-G.
stammen aus Babylonien, sie sind von hier aus
sowohl in die chetitische Kunst wie in die assy-
rische und persische gewandert. Inhaltlich haben
alle Kulturgebiete den G. als wildes Raubtier
und dämonisches Wesen gemein, daneben finden
sich aber eine Fülle von Bedeutungs Varianten, so
in Ägypten der G. als Repräsentant des König-
tums und verschiedener Götter, in Babylonien,
Vorderasien und den Gebieten der kretisch-
mykenischen Kultur dagegen als Göttertier wie
Stier, Löwe und andere Tiere. [H. Prinz.]
B. Der Greif im griechischen Kultur-
kreise.
I. In der Literatur. In der außergrie-
chischen alten Literatur erscheint eine irgendwie
entwickelte G.-Sage nicht. Von den Griechen
ist Hesiod der erste, der die G. erwähnt, wenn
dem Scholiasten zu Aesch. Prom. 830 (xgcSzog
'HoioSog hegarsvaaio zove ygüsiae) geglaubt
werden darf. Nicht unwahrscheinlich klingt
FurtwÄüglers Kombination (1768), der diese
JJotiz mit der Nachricht hei Herodot. IV 32
verbindet, daß Hesiod auch schon von den Hyper-
boreern gehandelt habe, die dann in der Dichtung
des Aristeas als Grenznachbarn der G. erscheinen.
Die in ihrem Kern dauernd maßgebende Fassung
hat die Sage um die Mitte des 6. Jhdts. durch
Aristeas von Prokonnesos in seinem Epos 'Aqi-
fiäoTiEia erhalten (vgl. Epic. Graec. frg. ed. Kin-
kel p, 243ff. Bethe o. Bd. II S. 876ff.), dessen 10
Bericht bei Herod. III 116. IV 13. 16 vorliegt,
woraus dann Paus. I 24, 6 (vgl. Wernicke De
Pausaniae studiis Herodoteis, Berlin 1884, 82.
87) und Plin. VII 10 (mit Einmengung anderer
Sagenzüge) schöpften. Aristeas erzählte, er sei,
von apollinischer Begeisterung ergriffen und ge-
trieben ((poißoXafuctog: das Wort ist, wie das
Metrum zeigt, von Herodot, nicht von Aristeas),
ms Land der Issedonen , nördlich der Skythen,
gekommen; von diesen habe er gehört, daß über, 20
d. h. nördlich von ihnen, die einäugigen Ari-
maspen wohnten (vgl. Wernicke o. Bd. II
S. 826), nördlich von diesen die G.; diese hüteten
das Gold, das sich dort in großer Menge finde
(yf,v avtevat bei Paus, gibt nichts über Herodot
hinaus) und ihnen von den Arimaspen geraubt
werde; nördlich von den G. kämen dann die
Hyperboreer. Bestechend arteilt über diese Dich-
tung Furtwängler 1768: ,Aristeas, in dessen
Phantasie von seiner ionischen Heimat her die 30
Gestalt der G. lebendig war, und der sie bei den
Hyperboreern suchte' (weil sie wie mit andern
Göttern, so auch mit Aristeas' besonderem Herrn
Apollon verbunden waren, der jährlich in das
LaDd der Hyperboreer zog) , .vernahm bei den
Skythen eine jener so verbreiteten mannigfaltigen
Sagen von gold- und schätzehütenden Ungeheuern,
die von Kobolden bekämpft würden; letztere
wurden zu dem einäugigen Arimaspen volk, erstere
zu den griechischen G. gemacht 1 . Beachtenswert 40
ist demgegenüber indes der Umstand, daß dieser
Mythenbildung die überkommene Funktion des
Kunsttypus G. als »göttlicher Wächter' entgegen-
kam, und nicht auszuschließen ist es, daß auch
der Grundgedanke des Mythus von Aristeas schon
übernommen und dieser nur von ihm lokalisiert
wurde. Fehlt dafür jede literarische Überlieferung,
so legt doch die Tatsache, daß in der vorgrie-
chischen Kunst schon der G. im Kampf mit
Menschen oder Dämonen erscheint (vgl. S. 1910.50
1914), diesen Gedanken nahe. Blieb, wie schon
gesagt, die Dichtung des Aristeas dauernd der
feste Grundstock der G.-Sage, so regte sich doch
schon früh die Neigung zu tendenziösem Variieren.
Denn (was noch nicht bemerkt worden ist) auf
eine bewußt polemisch im Sinne der Zeusreligion
jenem Ansatz des Aristeas entgegengestellte Ver-
sion deutet Aesch. Prom. 803ff., wo Io vor den
G. und Arimaspen gewarnt wird, die vor den
Aithiopen im äußersten Osten wohnen. Die G 60
nennt Aischylos o^vozouovg . . . Ztjvbg äxQayslg
xyvag. Was für Apollon die Hyperboreer, sind
^ t e ?Li e Aithi °Pen. bei denen er schon Hom.
ü" i f znm °P ferfe «t weilt So hat der
lnchter, der im Gegensatz zu Aristeas die G
nebst den Arimaspen für Zeus in Anspruch nahm!
SU* 1 ' S eytn&tsein von den Hyperboreern im
worden hinweg zu dem heiligen Volk des Zeus
iyp»
±yzu
iyai
wyps
tfryps
192a
im Osten translociert, vielleicht mit beeinflußt
durch da» Wissen, daß der Kunsttypus des G.
nicht von Norden, sondern von Süden und Osten
kam. Nichts mit den G. zu tun haben die vier-
füßigen Vögel, auf denen Okeanos und die Okea-
niden im Prometheus des Aischylos erscheinen
und die die Scholien zu v. 300 Wecklein und
Eustath. z. Od. V 453 p. 1545 als yovjteg be-
zeichnen. Daß Sophokles die G. in den noipives
erwähnt habe, ruht nur auf einer ganz unsicheren
Verbesserung der verderbt überlieferten Notiz
des Hesych. s. yovjisg. Die geringen Reste
der r&wae des Piaton (CAF I 604 Kock) er-
geben nichts. Im Sinne der von Aischylos an-
gedeuteten , von ihm (der noch öfter von G ge-
handelt hat, wie Aristoph. Ran. 927ff. beweist)
oder einem andern sicher näher ausgeführten
Lokalisierung der G. bewegt sich nicht nur (wie
Furtwängler 1770 hervorhebt) Lukian. dial.
mar. XV 4, wo Notos gegen Zephyros den Trumpf
ausspielt, daß er G., Elefanten und schwarze
Menschen gesehen habe, und Epiphanios (Musto-
xydes IvXXoy^ UXrjv. dvExööz. II 13), der die G.
an eine Bucht des Okeanos bei Sonnenaufgang
versetzt (vgl. Aisch. Prorn. 804E x6v tb ^oiJ-
vama oroaxov 'ÄQtfiaojiov buioßduov oi %qvo6q-
qvtov olxovoLv äfupi väfia HXovzcovog nooov
zovzotg ov fitj sitia&. ztjXovgöv ök yfjv tfc~eig xs-
latvbv <pvXov, oi ngog rjXiov vatovoi nrjyaig,
sv&a uzorapög Afflioy) , sondern auch Philostrat.
vita Apollon. m 48 (zä yag fyoia zavz rfvat
r iv 'Moig xzl.) und Ktesias, der sicher diese
Version, nicht die bezüglich der Lokalisierung
so differierende des Aristeas, mit der Gold-
ameisensage des Herod. III 102ff. kontaminierte.
In dieser heißt es: Im Sande der Wüste, an
welcher ein Stamm nördlicher Inder wohnt (die
aber immer östlich vom Standpunkt des Hellenen
bleiben; kurz vorher ist ein anderer Inderstamm
des äußersten Ostens als den Aithiopen ähnlich
bezeichnet worden!), gibt es Ameisen, kleiner als
Hunde, größer als Füchse, welche in unter-
irdischen Bauten wohnen und Goldsand her auf-
bringen. Diesen Goldsand holen die Inder mittels
genau beschriebener Zurüstungen und unter großer
Gefahr wegen der außerordentlichen Schnelligkeit,
mit der die Ameisen sie verfolgen, zur Zeit der
größten Sonnenhitze, während deren die Ameisen
sich in ihre unterirdischen Wohnungen zurück-
ziehen. Diese fällt dort in den Vormittag, wäh-
rend die Temperatur des Nachmittags der des
Morgens bei den Abendländern gleicht. Damit
ist wieder ihr Wohnen im fernsten Osten hervor-
gehoben. Mit der G.-Sage verbinden diese Amei-
sengeschichte die gemein samen Züge des Goldhütens
und Rauhens und die außerordentliche Kraft und
Schnelligkeit beider Tiere (als deren Symbol die
G. die Flügel tragen), speziell mit der Aischylos-
version die Lokalisierung im äußersten Osten
und die (bei Herodot freilich ganz lockere und
willkürliche) Bezugnahme auf die Aithiopen.
Eine weitere bedeutungsvolle Berührung wird
gewonnen durch Heranziehung von Sophocl. frg.
26 N.8 aus den Ai&ioxeg, in dem die Ameisen
TETQam:£Qöt (yag) väzov iv Ssofuitftaatv otprjxoi
xeXaivoQivsg genannt werden. Die Vermutung
Nabers (zu Phot. Lex. p. 217, wo das Frag-
ment erhalten ist), daß diese von Sophokles so
fenau beschriebenen Ameisen, wohl Äthiopiens,
essen exotische Wunder der Dichter in diesem
Stück ausgemalt haben dürfte, von den indisch-
aithiopischen Goldameisen Herodots nicht zu
trennen seien, klingt höchst wahrscheinlich und
liefert uns mit der Beflügelung der fabelhaften
Ameisen ein neues wichtiges Vergleichsmoment
mit den G. An deren sehnige Magerkeit in den
archaischen Monumenten erinnert man sich auch
eines Zuges der Ameisengeschichte, indem er die
G. das Gold ex eunieulis ausgraben läßt, was
bei Herod. HI 102 und besonders Strab. XV 1,
44 p. 706 (ans Megasthenes) von den Ameisen
erzählt wird. Weniger zahlreich sind die Zeugen
der Aischylosversion (vgl. S.. 1919). Einer der-
selben, Philostr. vita Apollon, III 48, weiß noch
einige Besonderheiten zu erzählen: das von den
G. ausgegrabene Gold bestehe aus Steinen, mit
bei der Beschreibung des eingeschnürten Leibes 10 Goldtropfen besetzt, die der Vogel mit seinem
der Ameisen. So war die Verschmelzung beider
Sagen, die uns zuerst bei Ktesias begegnet, schon
ziemlich nahegelegt Sein Bericht, der in den
Indika 12 und ausführlicher (vielleicht schon
fortgebildet) bei Aelian. hist. anim, IV 27 vor-
liegt, läßt die G. auf goldhaltigen Bergen Indiens
nisten und liefert eine genaue Beschreibung von
ihnen: sie seien vierfüßige Vögel von der Größe
eines Wolfes , mit Schenkeln und Klauen des
Schnabel abhaue ; vermöge seiner Flügel, die ihm
übrigens kein eigentliches Fliegen, sondern nur
ein Schwingen im Kreis ermöglichten, sei er
sogar Elefanten und Drachen Überlegen, nur
nicht den windschnellen Tigern (vgl. dagegen
Aelian, S. 1921). Endlich bleibt eine an einigen
Stellen angedeutete Kombination zu erwähnen,
wonach die G. die Wächter des Goldes sind, das
die Ameisen ausgraben; deutlich genug sagt dies
Löwen, feuersprühenden Augen und einem Adler- 20 Aman, an ab. V 4, 3 (aveyQaym) ovSi rovg uvg-
V/Ynf W1P iVlll <\\fr TCYinsi; dflrffi+pllf ,■ f\\(\ Pfldfvrn A&a JI«Vn." rfijir -rrvn vrvamfVir rwmfrr 1*3 c/Min^nnmi^ nf.AZ-
köpf, wie ihn die Kunst darstellt; die Federn des
Rückens seien schwarz, der Brust rot, der Flügel
weiß, des Halses blau. An Kraft seien sie allen
Tieren außer Löwen und Elefanten überlegen,
und nur Junge sei es möglich zu fangen. Über
die Goldgewinnung selbst gibt Aelian zwei Ver-
sionen. Nach der Aussage der Baktrer gruben
die G. das Gold selbst aus, bewachten es und
bauten daraus' ihre Nester; was dabei herabfiele,
firjxag rovg röv zqvoov orploiv ioya£o[AEVovg, ovdk
rovg yQvnag rovg (pvkanag und Tzetzes Chil.
XII 336 , bei dem die den Ameisen das Gold
raubenden Inder bei Nacht marschieren (wie
bei Ktesias-Aelian, vgl. S. 1921) xtoovimvoi zovg
yQvxag. Hierher dürfte denn auch Clem. Alex.
Paedag. II 12, 120 dtä zovzo zoi uvQuyxsg %qv-
atoQvxovat xal ygvzieg x9 VO0f P v ^ aKO ^ ai sowie
Hcliodor. Aethiop. X 26 zu ziehen sein, bei dem
sammelten die Inder. Nach der Aussage der 30 Leute aus dem Troglodytenland erscheinen, zqv-
Inder war den G. am Gold selbst nichts gelegen,
und sie griffen die Goldsammler nur aus Be-
sorgnis um ihre Jungen an. Darum benutzten
die Goldsucher aus Furcht mondlose Nächte zum
Ausgraben des Goldes, das sie in Säcken sam-
melten ; eine solche Expedition erfordere drei bis
vier Jahre. Über die so konstatierten drei
Fassungen , die des Aristeas , des Aischylos, des
Ktesias , hinaus hat die G.-Sage eine Weiterbil-
aov rs xbv uvo^xiav xal yQvszoiv q'vvGüotda %qv-
oatg dXvoeoiv fjvto%ov/*£vi]v TiQooxoui^ovzsg. In
späterer Zeit hat man die G. mit den Sphingen
und Hippalektryonen verwechselt: vgl. Phot. Lex.
s. t7i7zaXexzov(tiv ' y@vip, dta zb zezgdaxslov elvat
xal nz&Qvyag xal Qvyyog £%etv inittauxig • evioi
zbv fiiyav aXf.xzQv6va. ■ svtöi ^aQaavjfiov. Hesych.
s. isiJiaXsxtQv^v xbv fisyav alexzQVQVa rj zov
yga.(p6/j.£Vöv iv zoTg UeQotxoTg stsgi.ozQcof.iaoi. ygu-
dung in wesentlichen Stücken nicht mehr erfahren. 40 (povzai de oTov yQVJisg. Plaut. Äulul. 701 Pieis
Sie treten einzeln oder kombiniert mit gelegent-
lichen unwesentlichen Ausschmückungen vielfach
auf. Vertreter der Aristeasfassung sind: Paus. I
24, 6, vgl. S. 1919 ; wenn derselbe VHI 2, 7 mit-
teilt, daß nach der Behauptung einiger (nicht
namentlich Genannten) die G. ein geflecktes Fell
wie Panther hätten, so ist das eine weitere Über-
tragung von den Goldameisen, über die Nearchos
divitiis qui aureos montes colunt (der also pix,
pieis deklinierte; Non. p. 152 hat Pioi dimtüs
usw. und bemerkt Picos veteres esse wluerunt
quos Graeci grypas appellant). Fest. p. 206
Picati appellantur quidam , quorum pedes for-
mati sunt in specie?n spkingum, quod eas Dori
ficas voeant. Isid. Hispal. orig. XX 11, 3 Spin-
gae sunt, in quibus sunt spingatae effigies, quos
bei Strab. XV 1, 44 p, 705 das gleiche zu be- nos gryphos dieimus.
richten weiß; Steph. Byz. , der s. TaQxvvta das 50 Beziehung zu Göttern. Nach der er-
Hyperboreervolk , bei dem die G. das Gold be-
wachten , Tagxvratoi nennt und als Quelle Hie-
rokles iv zolg (pdCozogoiv anführt; Mela II 1, 1,
der sie mit den Skythen und Arimaspen ver-
einigt; Apul. met. XI 24 gripes Hyperborei;
(Taud. ad Seren. 8 Grypes Hyperborei pondera
fulm soli; Serv. zu Verg. Ecl. VIII 27 in
Byperboreis nascitur montibus wörtlich über-
einstimmend mit Isid. Hisp. orig. XII 2, 17;
schlossenen Beziehung der G. auf Apollon bei
Aristeas und der deutlich ausgesprochenen auf
Zeus bei Aischylos ist in den späteren Haupt -
quellen von einer solchen Beziehung gar nicht
mehr die Rede. Hingegen wird der G. von
späteren römischen Dichtern mehrfach mit Apol-
lon verbunden (Claud. de VI. cons. Honor. 30.
Apoll. Sidon. epist. VIII 9, 5; carm. II 307 fährt
Apoll auf einem G.-Gespann; vgl. Serv, und Prob.
Solin. XV 22 setzt sie nach der Asiatica Sey- 60 zu Verg. Ecl. VIII 27), und die neuplatonischen
thia und nähert sich damit der indischen Ver-
sion, läßt sie auch außer dem Gold noch Edel-
steine hüten; Plinius nennt XXXIII 66 (und
auch X 136, wo er sicherlich dasselbe meint)
das Skythenland als Heimat der G. und gibt
VII 10 (wo er Berodotus et Aristeas Proeon-
nesifjs zitiert, aber nur den ersterengelesen hat)
ebenfalls die Aristeasversion, aber mit Einmischung
Pauly-Wissowa-KroU VII
Mythographen erklären ihn als Symbol der Wirk-
samkeit des Gottes auf der Erde : Serv. zu Verg.
Ecl. V 66 unde etiam tria insignia cirea eins
simulacTum videmus: lyram, quae nobis cae-
lestis harmoniae imaginem monstrai; grypem,
quae eum etiam terrenum numen ostendit; sa-
gittas , quibus infemus deus et rwxius indi-
eatur, fast gleichlautend mit Mythogr. Vat. III
61
8, 16. Wenn vorher unter Zitierung von Por-
phyrios' Buch, quem Solem appellamt, gesagt
wird , daß der Herrschaft ApoUons in den drei
Reichen die Namen Sol bei den superi, Liber
pater auf Erden, Apollo bei den inferi ent-
sprechen, so ergibt sich, daß in dieser synkre-
tistischen Trias des Porphyrios der G. eigentlich
dem Liber pater beigegeben ist als irdischer Ge-
stalt Apollons, und somit widerspricht Sidonius
Apoilinaris weder sich noch den Mythologie-
gelehrten, wenn er carm. XXII 67 Dionysos
mit G. fahren läßt. So ermangelte gewiß auch
Nonnos nicht einer vollgültigen mythographischen
Unterlage ähnlicher Provenienz, als er den vier-
füßigen G. um den Thron der Nemesis fliegen
ließ zum Zeichen, daß auch die Göttin ,die vier-
fach geteilten Sitze der Welt durchwandelt'
(Dionys. XLVITI 382ff.), und mehrere streitbare
G. an den Wagen der Jungfrau Adrasteia spannte
(XLVILT 452). Anlaß zu solchen Bemühungen
gab den Mythographen die bildende Kunst, die
seit Jahrhunderten den G. neben Apollon auch
Dionys os_ und Nemesis vorzugsweise beiordnete.
Wenn wir bei Nonnos den G. als oqvis äldoxtoQ
im Gefolge der Nemesis kennen gelernt haben,
braucht uns die Notiz bei Solin. XV 22 quippe
visos discerpunt velut geniti ad plectendam ava-
ritiae temeritatem nicht wunderzunehmen. (Auch
sonst gibt Solin Verschiedenes über Plinius hin-
aus, so daß dieser nicht seine Quelle sein kann,
wie Furtwängler 1769 meint). In engerem
Zusammenhang als die eben berührten sonstigen
Beiordnungen steht mit der meistbezeugten Apol-
lonbeziehung des G. die einige Male auftretende
Version, die ihn mit Helios verbindet. Den Über-
gang bildet die schon oben angezogene Claudian-
stelle (de VI. cons. Hon. 30), wo Phoebus den
G.-Wagen lenkt. Philostrat. vita Apollon. III 48
bezeugt, daß bei den Indern die G. als heilige
Tiere des Helios galten und in ihrer Kunst der
Gott mit einem G.- Viergespann dargestellt wurde
(was nicht für die , indische Kunst* in unserem
Sinne, wohl aber für die spätere syrische richtig
ist, vgl. Mon. d. Inst. IV 38, 11), und Epiphanios
(Mustoxydes ZvlL SXtyv. avexd. II 13) erzählt:
.Wenn im östlichen Hafen des Okeanosflusses die
Sonne aufgeht und die Welt mit ihren Strahlen
bescheint, dann breitet ein G. seine Flügel aus
und fängt die Strahlen der Sonne auf, ein anderer
zieht mit ihr bis zum Untergang' (was dann
Epiphanios in christlichem Sinne auf die Che-
rubim Gabriel, Michael und Gottes Zorn bezieht).
Die Verbindung der G. mit Helios auf syrischem
Boden dürfte sich in direkter Deszendenz von
den altsyrischen Denkmälern herschreiben, die
nicht selten den G. mit solaren Symbolen ver-
einigen, und so wäre es, wie Furt wängler 1770
bemerkt, ,möglich. daß die frühe Verbindung des
G. mit Apoll auf dieselbe Wurzel zurückginge'.
An einer Stelle wird einmal die besondere Feind-
schaft der G. und Pferde hervorgehoben, Verg.
Ecl. VUI 27 iungentur tarn grypes equis, wozu
Servius nichts Neues zu bemerken weiß. Er-
läutert wird die Stelle durch die Kuustdenk-
mäler, die allerdings in den Darstellungen, die
oenG. als Raubtier andere Tiere würgend zeigen,
R 8 ?!»? 1 * ° ft ** Pferd erscneinen lassen; vgl.
Deutungen des G.-Mythus, die teils die
wahre Natur dieser Wesen, für die man ein
reales Vorbild supponieren zu müssen glaubte,
teils die Lage des Goldlandes der G., teils die
in der mythischen Umhüllung verborgen gewähnte
Methode der Goldgewinnung zu ergründen ver-
suchten, sind früher (doch noch nicht im Altertum)
mehrfältig aufgestellt woden. Es genügt, dafür
auf Seeburg zu verweisen.
10 II. In der Kunst. Über die Entwicklung
und Verwendung des G.-Typus in der griechischen
Kunst ist alles Wesentliche in der reichhaltigen
und eindringenden Arbeit von Stephani und in
den klaren, die Perioden sondernden Raumes von
Furtwängler 1757ff. und 1770ff. gegeben. Ich
darf mich daher an dieser Stelle mit einer Her-
vorhebung der wichtigsten Momente begnügen.
1. Wesen und Verwendung. Gemäß
seiner Zusammensetzung aus Teilen des stärksten
20 Vierfüßlers und des stärksten Vogels stellt der
G. die aufs höchste potenzierte physische Kraft,
zugleich durch den gewöhnlich aufgesperrten
Schnabel und die geschmeidige Anspannung der
Glieder größte Wut und Wildheit dar. Er wird
daher, wie in den Kulturen, aus denen er zu
den Griechen kam (vgl. S. 1903ff.), als starker
Trabant und Wächter verschiedenen Gottheiten
beigegeben, erscheint aber noch häufiger allein
als allgemeines Symbol göttlicher Macht und
30 Wachsamkeit. Daraus resultierte seine Brauch-
barkeit als apotropäisches Symbol, und sicher-
lich hat diese zu seiner vielfältigen Verwendung
erheblich beigetragen; vgl. Stephani 119ff.
Gern erscheinen zwei G. wappenartig, zu beiden
Seiten eines Ornaments, seltener in Verbindung
mit anderen Tieren (zuweilen wohl als deren
Hüter), besonders Adlern, Eulen und Schwänen,
auch Sphingen, auf altrhodischen und altkorin-
thischen Gefäßen, weniger in der chalkidischen,
40 altattischen und altetruskischen Keramik. Seiner
Bedeutung als dämonischer Wächter und starker
Abwehrer alles Feindlichen dankt der G. sodann
seine reichliche Verwendung als Münztypus, die
im 7. Jhdt. in Kleinasien beginnt und sich von
da über die ganze griechische Welt verbreitet.
In erster Linie stehen hier die Münzen von Teos
und seiner Neugründung Abdera, die den G.
gleichsam als Stadtwappen führten und die Ent-
wicklung des Typus durch einige Jahrhunderte
50 verfolgen lassen; nächstdem sind Assos, Phokaia,
Ambrakia und Smyma hervorzuheben. Sodann
ergab sich aus der apotropäischen Kraft des G.
seine häufige Anbringung an allerhand Waffen,
die quantitativ nur dem Gorgoneion nachsteht.
Auf dem Helm der Athena hat er seit dem
5. Jhdt, fast regelmäßig seine Statt, und schwan-
kender, aber auch sehr häufig, ist sein Erscheinen
auf denen anderer Götter (Ares, Dea Borna,
Italia) und Menschen. Zu den Helmen treten
60 andere Waffenstücke, besonders Panzer, die in
römischer Zeit sehr häufig G., oft in Verbindung
mit dem Gorgoneion zeigen. Nächstdem müssen
die Kleidungsstücke genannt werden, die einge-
webt (Apul. met. XI 24) oder in aufgenähten
Goldplättchen G.-Muster trugen, Schmuckstücke
aller Art, Nadeln und Gemmen. Bewußt apo-
tropätsch ist gewiß auch das in spaterer Zeit
nicht seltene Auftreten der G. an Sarkophagen
und Aschenkisten, während man bei einer Eeihe
weiterer Gegenstände zweifelhaft sein kann, ob
die apotropäische Bedeutung des G. empfunden,
oder ob er einfach als Ornament verwendet wird.
Hier wären Ruhebetten und Sessel , deren Füße
und Seitenlehnen als mehr oder weniger voll-
ständige G. gebildet sind, Wagen, Schiffe, Lyren,
Lampen, Kandelaber und allerlei Becken und
Piedestale mit G. -Füßen von Marmor oder Bronze
zu nennen; anzuschließen ist der Gebrauch des
G. zu Wanddekorationen, in Friesen usw. All-
bekannt sind die paarweise um Palmettenorna-
mente gruppierten G. an den Pilasterkapitellen
der Tempel von Milet und Priene des 4. Jhdts.
und die ähnlich zu Seiten von Kandelabern an-
gebrachten G. im Cellafries des Antoninus- und
Faustinatempels an der Sacra via in Rom. Mehrere
Wandgemälde von Pompeii und anderwärts zeigen
G., mehrfach mit Gorgoneien oder Sphingen ver-
bunden , wodurch wieder der apotropäische Cha-
rakter in Erinnerung gebracht wird, und endlich
-sind noch Mosaiken zu erwähnen.
Während wir bei den zuletzt besprochenen
Monumenten in die Zeiten der entwickelten Kunst,
großenteils schon in die römische Periode hin-
untergekommen sind, führt uns die Betrachtung
der G, -Protome in die archaische Stilperiode
zurück. Mit Vorliebe verwendete man Hals und
Kopf des G. zum Schmuck bronzener Kessel und
Kannen. Wir besitzen von solchen bronzenen
Protomen eine nicht geringe Zahl. Der ältere
Typus ist getriebene, der jüngere, der besonders
durch reichliche Funde in Olympia repräsentiert
wird, gegossene Arbeit. Eine bedeutsame lite-
rarische Erwähnung dieser G.-Protomen findet
sich bei Herod. IV 152, wo der bronzene Misch-
krug, den die Samier nach ihrer ersten Fahrt
bis Tartessos in das Heraion stifteten, beschrieben
wird : jieot* äk avxov ygvsrcSv xe<paXat TigonQoaaoi
siai. Außer an Kesseln wurden solche Protomen
auch als Deichsellmopf, als Schildknauf, an Gold-
schmuckstücken und andersartig verwendet. Im
5. und 4. Jhdt. verschwindet die Protorae all-
mählich zu Gunsten freierer dekorativer Be-
nützung des G.-Kopfes oder -Vorderteiles.
2. Verbindung mit Göttern, Menschen
und Tieren. In der archaischen Kunst er-
scheint der G. gewöhnlich allein oder wappen-
hai't gepaart in ruhiger Lage, schreitend, sitzend
oder liegend. Wenn er in einer Reihe mit an-
dern Tieren verbunden ist, so besteht doch keine
freundliche oder feindliche Beziehung zu den-
selben. Von Beziehungen zu Göttern ist nur die
{auch literarisch als älteste bezeugte) zu Apollon
zuweilen angedeutet; das wichtigste Beispiel ist
das alte Tempelbild des Apollon auf Delos,
welches zu beiden Seiten emporspringende G.
umgaben. Die klassische Zeit bringt die bedeut-
same Änderung, daß der ruhige sitzende Typus
mehr und mehr verschwindet (erst ganz spät
auf Sarkophagen wieder öfter auftaucht) und
statt dessen der G. in lebhafter Bewegung und
in die verschiedenartigste Beziehung zu Göttern,
Menschen und andern Tieren gesetzt dargestellt
wird. Was den mit dem G. verbundenen Götter-
kreis angeht, so bezeichnet Furtwängler 1773f.
mit Recht das hier von Stephani 87ff. einge-
schlagene Verfahren, jedesmal, wo eine Münze
auf einer Seite einen Götterkopf, auf der anderen
einen G. zeigt, ein enges Verhältnis zwischen
beiden zu statuieren, als unangebracht und höchst
bedenklich; man erhielte auf diese Weise Zeus,
Hera, Herakles, Athena, Hermes und Aphrodite
als Herren der G. , die im übrigen in der klas-
sischen und späteren Kunst nur zu Apollon,
Dionysos, Artemis und Nemesis ein festes Ver-
hältnis aufweisen. Am ältesten und dauerndsten
10 ist das zu Apollon. Das Tier begleitet den Gott
auf allen Wegen, zum Kampf wie zum Spiel im
Kreise der Musen, es dient ihm als Reittier und
zieht seinen Wagen, trägt seine Leier und sitzt
auf seinem Dreifuß, und oft, wenn der Gott selbst
nicht anwesend ist, wird durch Verbindung des
G. mit seinen Attributen auf ihn verwiesen;
zwei G. wappenhaft um eine Leier oder einen
Dreifuß gruppiert sind ein häufiges Ornament.
Nicht viel seltener als mit Apollon tritt der G.
20 im Gefolge des Dionysos auf. Am festesten ist
diese Verbindung im Dionysoskult von Teos,
dessen Münzen den G. (wie sonst den Panther)
teils mit dem Gotte selbst, teils mit seinen At-
tributen, Weintrauben, Bechern, Thyrsen, Efeu-
blättern und -kränzen vereinigen. Weniger kon-
sequent, doch auch sehr häufig ist das Verhältnis
des G. zu Dionysos an anderen Orten und in
andersartigen Kunstwerken dargestellt worden.
Der Gott reitet oder fährt mit ihnen; das gleiche
30 tun die Satyrn und Mainaden, oder sie uratanzen
das Tier, oder es ist beim Keltern oder anderen
bakchischen Verrichtungen gegenwärtig. Sarko-
phage, deren Hauptseiten Szenen aus dem Leben
des Dionysos darstellen, zeigen an den Schmal-
seiten G., und mit Recht zieht Stephani 105
auch die Kompositionen in diesen Kreis, in denen
Barbaren G. aus Schalen tränken. Vielfach be-
gegnen Zusammenstellungen des G. mit dem
Ammonskopf, Theatermasken, Weingefäßen und
40 sonstigen dionysischen Requisiten, auch Dolchen
und Menschenköpfen, die Gefährlichkeit des
rasenden Tieres wieder betonend. Die drittens
zu nennende Artemis verdankt ihre einigemale
belegte Vereinigung mit dem G. offenbar ihrem
Bruder Apollon; auf dem von Strab. VTII 343
erwähnten Gemälde des Korinthiers Aregon
im Heiligtum der Artemis 'AXqjstcovla in Elis war
Artemis avarpsgofiivf} im ypviios dargestellt. Erst
spät, in römischer Zeit, dann aber sehr häufig,
50 wird der G. der Nemesis als rächender Quälgeist
(Äowff dUorajQ Nonn. XLVIII 382, vgl. S. 1923)
beigegeben, und man läßt ihn dann gern die
Tatze auf das Rad der Nemesis legen; so er-
scheint er auch oft ohne das Beisein der Göttin
als Symbol der rächenden Vergeltung. Gern
wird dieses Symbol in Darstellungen des be-
straften Eros oder der einander quälenden Eros
und Psyche angebracht. Noch häufiger aber ist
in der endlosen Reihe spielerischer Erotenkom-
60 Positionen, die das Thema omnia vincit amor
tausendfach variieren, gleich andern wilden Tieren
der G. ohne das Rad und ohne jede besondere
Beziehung eingeführt.
Von Menschen ließ der Mythus nur das Volk
der einäugigen Arimaspen und die Inder, also
nur Barbaren, zu den G. in Beziehung treten.
Als solche sind denn auch fast ausnahmslos die
mit G. kämpfenden Menschen charakterisiert, .die
seit dem Ende des 5. Jhdts. nicht selten darge-
stellt werden (besonders in Denkmälern des süd-
lichen Rußlands, wo man sich den Arimaspen
benachbart fühlte). Die Zeit des Aufkommens
dieses Motivs brachte es notwendig mit sich, daß
die Einäugigkeit der Arimaspen von der Kunst
ignoriert wurde. Einigemal sind statt Barbaren
Amazonen eingeführt, ein fabelhafter Partner
für das fabelhafte Untier. Noch später kommen
Darstellungen auf, die Barbaren in friedlichem
Verkehr mit den G. : auf ihnen reitend oder sie
Schalen tränkend (eine häufige dekorative
trryps
iya&
aus ^ _ _
Komposition) zeigen. Das Überwiegende aber
ist der Kampf, und da man sowohl die skythen-
artigen Arimaspen als die indischen Goldsucher
reitend dachte, so ergaben sich natürlich die
mannigfachsten Kompositionen von G., die be-
rittene Jäger oder die Rosse abgestiegener, zu
Hilfe eilender Jäger oder endlich, ohne Anwesen-
heit von Menschen, nur Pferde, die Helfer ihrer
Feinde und darum selbst ihre besonderen Feinde
(vgl. S. 1923) anfallen und zerfleischen. Indessen
sind auch Barbaren zu Fuß im Kampf mit den
Ungetümen nicht selten. In dekorativer Ab-
kürzung derartiger Szenen stellte man zuweilen
Köpfe von Barbaren oder Amazonen, G. und
Pferden zusammen. Als Göttertiere treten sie
wiedei auf, wenn sie auf späten Bildwerken mit
Giganten kämpfen. Da diese Darstellungen in
dem längst entwickelten und verbreiteten G.-
Mythus eine vollwertige Unterlage haben, so liegt
kein Grund vor, an Beziehungen derselben zu
den inhaltlich gleichen assyrischen und persischen
Kompositionen (vgl. S. 1914, 1917) zu denken.
Außer den Pferden, mit denen, wie eben ge-
zeigt, eine besondere Feindschaft besteht, werden
die G. , einmal aus ihrer archaischen Ruhe er-
weckt und zu wütenden, blutdürstigen Raubtieren
geworden, auch allen andern Tieren furchtbar
und sind oft in fast ausnahmslos siegreichem
Kampf mit Löwen, Panthern, Stieren, Ebern,
Steinböcken und Widdern geschildert. Besonders
häufig sind G. , Hirsche, Rehe oder Antilopen
zerfleischend, dargestellt. Die schönsten und
berühmtesten Kompositionen dieser Art sind die
der Silbervase von Nikopol, von Stephani pl.
1. 2. 3 abgebildet, p. 11 ff. beschrieben, die eine
bei Furtwängler 1771 verkleinert wiederholt.
Einigemal wird der Hirsch von einem auf dem
G. reitenden Barbaren erlegt. Niemals bekämpfen
G. sich gegenseitig.
3. Entwicklung des Typus, a) Der ar-
chaische Typus zeigt den G. ruhig schreitend,
sitzend oder liegend, doch stets in wachsamer
Anspannung des schlanken, oft übermageren
Katzenleibes. Der Ausdruck der Wachsamkeit
wird oft durch eine gleichsam präsentierend straff
erhobene Vorderpfote erhöht. Der stark ge-
krümmte, bisweilen ungebrochen die Schädellinie
fortführende Schnabel ist fast immer drohend
weit geöffnet. Der Adlerkopf zeigt stets lange,
spitze, steil aufragende Ohren, fast stets eine
vom Ohransatz am Hals herunterhängende Locke,
häufig eine rückwärts vom Kopf ausgehende, frei
abstehende Verzierung, die zuweilen in stilisierte
"**"»- oder Blütenformen endigt und den Feder-
L ii «ewisser Vogelarten nachgebildet sein
Am <Ü«e Eigentümlichkeiten hat der
archaisch-griechische G. mit ägyptischen, myke-
nischen, assyrischen, chetitischen, phönizischen,.
kyprischen Typen gemeinsam. Ein in seiner
Entwickelung , wenn auch nicht in der Erfin-
dung, dem griechischen G. spezifisch eigene*
Merkmal ist hingegen der Knopf, der sich wie
eine Art Hörn über den Augen erhebt und sieb
in den besten archaischen Denkmälern zu einem
,schönen hohen, wie gedrechselten Aufsätze'-
10 (Furtwängler 1759) entwickelt, der sich in
sehr glücklicher Weise der gedrungenen, scharfe»
Stilisierung des Löwenadlers einfügt. Einen Au-
satz zu diesem seltsamen Gebilde weist Furt-
wängler 1758 in assyrischen Typen nach und
vermutet, daß es hervorgegangen sei ,aus einer
übertriebenen Bildung der Anschwellung über
dem Auge, die, ins Phantastische gesteigert, die
grausige Wirkung des Ungetüms erhöhen mußte'.
Deutlich entspricht dieser Aufsatz dem Hörn des
20 Schlangen-G. und des Löwen-G. Bezüglich der
Kuppel, die fast regelmäßig auf dem Schaft dieses
Hornes sitzt und oben wieder eine kleine Spitze-
trägt, wurde mir die, wie mir scheint, recht be-
achtenswerte Vermutung geäußert, man könne diese-
als eine Giftdrüse gedacht haben, wie deren viele-
Tiere, wenn auch nicht an dieser Körperstelle, be-
sitzen. Rein griechisch, auch in der Erfindung, ist
sodann die zu schöner Wirkung führende Auf-
biegung der Flügel, eine Änderung des Über-
30kommenen (und Realen), die wir stufenweise
verfolgen können; der gleiche Prozeß ist übrigens;
auch bei ähnlichen Flügelwesen, Gorgonen, Har-
pyien und Sphingen, zu beobachten.
Eine bemerkenswerte Abart des G.-Typus,.
die den G.-Kopf und -Hals mit einem einfachen
Vogelkörper mit weit gespreizten Flügeln ver-
bindet, erscheint vornehmlich auf korinthischen
Vasen. Sehr wahrscheinlich klingt Furtwäng-
ler s Annahme (1762), daß ,zu dieser Bildung
40 die in der archaischen Kunst so sehr verbreitete
Gewohnheit, vom G. nur die Protome darzu-
stellen, Anlaß gegeben habe'; sicher falsch aber
ist seine Vermutung, Aischylos könnte mit seinen
yQVTtäsroi (Aristoph. Ran. 929) solche Vögel ge-
meint haben: ,G. -Adler' sagte der geniale Schöpfer
der QTj/ua^ mnöxQviiiva und ßoeia statt des üb-
lichen, etwas dürftig klingenden ygvyj.
b) Der klassische Typus, dessen allmäh-
liches Hervorgehen aus dem archaischen die-
50 Münzen von Teos und Abdera am besten ver-
folgen lassen, gibt außer den spitzen Ohren alle
nicht der Natur entsprechenden Beigaben des
G.-Kopfes auf (also Locke, Federschopf und
Knopf) und fügte die dauernd kanonisch blei-
bende , Stachelmähne' (oder, Strahlenkamm') hinzu,,
die den Nacken entlang, oft über den Kopf bis
zum Schnabel fortläuft. Offenbar ist sie von
Seewesen, die sie verschiedentlich zeigen, auf
den G. übertragen. Sie gestattete, den Hal&
60 vogelartig länger zu bilden, ohne ein schwäch-
liches Mißverhältnis zu dem starken Löwenleib zu
verursachen, und erhöhte den grausigen Eindruck.
Die stilisierende Aufbiegung der Flügel wurde zu-
gunsten einer natürlichen Bildung aufgegeben.
Der oben erwähnten Abart des archaischen
Typus entspricht ein Hahn mit G.-Kopf auf einem
Goldring aus dem 4. Jhdt. bei Stephani Compte?
rendu 1870/71 pl. VI 18.
1929
G-ryton
uubrata
J.WWT
c) Der Löwengreif. Neben dem weitaus
herrschenden eigentlichen G.-Typus (Mischung aus
Adler und Löwe) hat nur der von Furtwängler
so genannte Löwen-G. (vgl. S. 1909. 1913. 1916)
in Griechenland Eingang und sporadische Ver-
wendung gefunden. In den älteren Monumenten
ist diese, wenn er nicht isoliert erscheint, derart,
-daß das Bewußtsein der Herübernahme dieser
Bildung aus der persischen Kunst deutlich bleibt,
indem der Löwen-G. fast immer im Kampf mit 10
Persern dargestellt wird. Mehrfach wird er de-
korativ verwendet, zuweilen in Korresponsion mit
normalem G. Der Ort, wo er am häufigsten
■erscheint, sind Münzen (kleinasiatische, nament-
lich lykische, seit dem 5. Jhdt., mauretanische
aus dem 1. Jhdt. u. a. m.), Gemmen und Schmuck-
stücke seit dem Beginn des 5. Jhdts. Was die
Bildung anlangt, so übernahm man im Anfang
den persischen Typus ohne wesentliche Ände-
rungen, stellte also einen Löwen mit gekrümmten 20
Hörnern, aufgebogenen Flügeln, Löwenvorder-
beinen, Adlerhinterbeinen und Adlerschwanz schrei-
tend dar. Durchsichtige künstlerische Gründe
veranlaß ten zuerst die Ersetzung der Adlerbeine
<lurch Löwenbeine, sodann später des Adler-
schwanzes durch den des Löwen, so daß etwa
seit Mitte des 5. Jhdts. nur Flügel und Hörner
den ,Löwen-G. ( vom Löwen unterscheiden. Immer-
hin ist es (beim Fehlen jeder Überlieferung und
•eines besonderen für dieses Gebilde passenden 30
griechischen Namens) wahrscheinlicher, daß man
■das Mischwesen yqvxp , als daß man es einfach
einen Löwen nannte.' Nun erscheint es zuweilen
auch sitzend, ebenso nicht selten nur das Vorder-
teil oder der Kopf. Auf Münzen von Pantika-
paion trägt der Löwen-G. eine Lanze im Maul, auf
den mauretanischen König Boguds II. von Maure-
tanien umgeben ihn Blitz und geflügelte Sonnen-
scheibe.
Literatur. Ludwig Seeburg Die Sage von 40
den G. bei den Alten, 1. Stück, Diss. Göttingen
{ohne Jahr, 2. Stück nicht erschienen); ders. in
Ersch u. Grubers Allgem. Encyclop. I. Section,
"90. Teil, 64ff. (sehr schwach). Stephani Compte
rendu 1864, 50—141 (reichstes Material; einzelnes
in einigen vor aufgehen den und folgenden Jahr-
gängen des C. R.). A. Furtwängler Roschers
Lexikon der griech. u. röm. Mythol. I 1742—1777
(grundlegend). F. Dürrbach bei Daremb er g-
Saglio Dict. des ant. II 2, 1668-1673. [Ziegler.] 50
Gry ton, böotischer Vasenfabrikant des 6. Jhdts.,
bekannt durch die Signatur Fqvzcov ijtoifeos auf
«inem Ölfläschchen, das die Gestalt eines mensch-
lichen Fußes mit Sandale hat, jetzt im Museum
zu Boston. Americ. Journ. II Ser. III 1899 p. 573.
[C. Robert.]
Guarizila, Bruder des Maurenchefs Antalas.
Seine Festnahme und Hinrichtung durch Salomon
war für Antalas ein Hauptbeweggrund zum Auf-
stand des J. 544 (Corippus Iohannis II 28. LTI 60
384. IV 366. Procop. bell. Vand. II 21 p. 504).
[Benjamin.]
Guba, Ptolem. V 17; raößßa in Arabia Pe-
traea, zwischen Avaa und rvipagia. Ritter Erd-
kunde 1 100. Robinson Palästina 1 298. Brün-
now-v. Domaszewski Provincia Arabia 1909
HI 250. 256. 268. Thomsen ZDPN XXIX
111. [Beer.]
Gubali (Geogr. Rav. 204, 1) s. Caput Bu-
bali. ,. [ ? , atscb -l
GubazeSj König von Lazica bis etwa 554.
G. war der Sohn einer Römerin, wie denn die
Könige seit alters her aus vornehmen konstanti-
nopolitanischen Familien heirateten (Procop. bell.
Goth. IV 9), und hatte die Insignien seiner Herr-
schaft vom Kaiser empfangen, ja ihm stand, da
er in der Liste der Silentiarii eingetragen war,
ein jährliches Geldgeschenk zu (Procop. bell. Pers. II
15. 29). Trotzdem trat er im J. 541 mit seinem
Volke zu den Persern über, wozu hauptsächlich
beitrug, daß die Römer seit der Erbauung von
Petra den ganzen Handel des lazischen Hinter-
landes monopolisiert und dadurch schwer bela-
stet hatten (bell. Pers. II 15). Lange freilich
hielt das Verhältnis zu Persien nicht vor, schon
deshalb, weil die christlichen Lazen stets nach
Westen gravitierten. 549 erbat und erhielt G,
Verzeihung von Iustiniau und bewährte sich wäh-
rend des ganzen folgenden Krieges mit den Per-
sern, der eben um Lazica geführt wurde, als treuer
Verbündeter der Römer und als tapferer Soldat,
Procop. bell. Pers. II 29. 30; bell. Goth. IV 8
—16). Als er sich aber schließlich in Konstan-
tinopel über die Nachlässigkeit der römischen
Offiziere, die an allen Mißerfolgen die Schuld
trügen, beklagte, wurde dies sein Untergang. Der
kaiserliche Finanzagent beim Heere Rusticus ließ
den G. bei Iustinian persischer Neigungen halber
verklagen und erreichte wirklich soviel, daß der
Befehl gegeben wurde, G, solle zu seiner Recht-
fertigung nach Konstantinopel kommen und, wenn
er sich weigere, vogelfrei sein. Dies genügte dem
Rusticus und seinem Freunde, dem Magister mi-
litum Martinus. Bei der ersten besten Gelegen-
heit wurde G. von Rusticus und einem Dory-
phoros desselben, als er sich weigerte, am so-
fortigen Angriff auf das persische Fort Onogu-
ris teilzunehmen, erschlagen (Agath. in 2—4).
Bury A History of the later Roman empire I
427—455. [Benjamin.]
Gubba s. Guba.
Gubernator s. Kybernetes.
Gabernatrlces, als Beiname der keltischen
Matres von Hübner CIL VII 238 angenommen;
schwerlich mit Recht, vgl. Bonn. Jahrb: LXXXIII
157 nr. 348. [Ihm.]
Gnbrata, Ortschaft im nördlichsten Teile Ba-
byloniens, Station der von Hatra nach Ktesiphon
führenden Straße, Tab. Peut., segm. XI 20 (schreibt
Gibrata) und Geogr. Rav. 67, 6 P. Bei ihr
setzte die Straße über den Tigris und zog dann
an dessen östlichem Ufer entlang in 20 Millien
(= 29,5 km) nach Pelloriarcha (Peliorarca) und
in weiteren 47 Millien (= 69,5 km) nach Cham
(Charcha). Letzteres ist offenbar mit dem Karkh.
auch Karkh Fairüz der mittelalterlichen arabi-
schen Schriftsteller identisch; s. auch den Art.
Carcha o. Suppl. Bd. I S. 275; Pelloriarcha muß
dann, der Distanzangabe zufolge, etwa dem beu-
tigen TeU el-Kjmdämlje (ca. 34° 50' n.Br.) ent-
sprechen. DeT Tigrisübergang und die Lokalität
von G. ist demnach dicht unterhalb der Strom-
enge el-Fatha und etwas oberhalb des 35° n. Br.
zu suchen, wo jetzt die modernen Ansiedinngen
es-Saffärlje und Suremlje liegen. Da sich dort
der Tigris in viele flache Anne spaltet, so eignet
sich diese Stelle gut zu einem Übergange ver-
mittels Fähren, ja bei niedrigem Wasserstande
ab wirkliche Furt ohne jedes Hilfsmittel. Tgl.
zu dieser Lokalisierung Her z fei d in Memnon f
(1907) 235f. Der Name G. zeigt deutlich ara-
mäisches Gepräge. [Streck.]
Gudila, einer der Maiores domus unter Theo-
derich d. Gr. Als Vertreter des Königs nahm
er an der römischen Synode von 501 teil fCas-
umussa
1982
siod. 4*2 426. 429)7 Ynaei L^^t^ 10 X Tel Hill e J St Ä -itere Lite-
was den Funktionen seines Amtes <Wh ällH ™1 ™T ^£JE}L e \^ m5 ? t ** Kretachmer
-—-■."/■ ". uäo/üiD inner,
was den Funktionen seines Amtes durchaus an-
gemessen ist, in militärischer Stellung auf fCas-
??v ^ Y t? 9 ' T S L Momm sen Neues Archiv
Ätt t IL Ihn nennt die Ravemiater Inschrift
CIL X 268. ^ [Benjamin.]
Gndiono, Geogr. Rav. 101, 15. s. Adienus.
(xuenfan, Chef des maurischen Stammes der
brexes in der Byzacena ums J. 500 (Part seh
Einl zu Corippus 6). Er hat anscheinend unter
ein Penplus des inneren Meeres, Bemerkungen
über die Grenzen der ErdteÜe und über Seit
Ozean, Seine Weltkarte (vgl. Philipp! Zur Re-
i S n !S' ^Jt 1 ^ 6 - des Ä^PP». Marburg 1880 r
12, 48 Taf. I 5), seine Karte von Italien, das
üild des römischen Kosmographen Castorius alles
entnommen aus dem Brüsseler Cod. 6, findet man
mit den Angaben über die den genannten Codex
und die beiden Karten betreffende weitere Lite-
rÄÄ^rsE^=-^-^^^lf
S r fl ? er -,^f Ühmte Antalas (Corippus Iohannis
DI 66. 107). [Benjamin.]
Gngerni s. Cugerni.
Guido. Wegen der engen Verwandtschaft
seiner geographischen Abschnitte mit dem Geogr
Ravemias (s. d.) wird ein sonst unbekannter Ita-
liener des Mittelalters, Guido, unter den alten Geo-
graphen genannt. Nach einer eigenen Angabe
die in zwei Hss. erhalten ist (Ravennatis Ano-
TKr. p-- - :— "~v . < JU1 * Ä *^reT;scnmer
Die Entdeckung Amerikas in ihrer Bedeutung-
für die Gesch des Weltbildes, Berlin 1892, 109,
4 Atlas Taf. III Nr. 7. rBergerl
t ^eliae. Eine in Tetz bei Jülich gefundene-
Inschrift ist Guinehfijs geweiht, zweifellos ein
Beiname der rheinischen Matronen. Brambacb
™- ^3; Bonn. Jahrb. LXXXIII 151 nr 310;
j rT , . 8 * Em zwir| gender Grund, sie mit
dem tuchmehae (s. d.) zu identifizieren, liegt nicht
[Ihm.]
et Parthey BeroL 1860, 451f. praef. Xf. Die
ältesten Weltkarten von K. Miller Heft III Statte
1895, 54. Heft VI 1898, 23), schrieb er im J 1119
sechs Bücher über geographische und historische
Gegenstände, die nach Pinder und Parthey
praef. X 'und K. Miller IH 54 in sechs Hss. er-
balten sind. Während man ihn früher für den
eigentlichen Eavennaten hielt (s. die Mitteilungen
von Th. Oehler im Rh. Mus. f. Philol N F I
Guiones. Plin. n. h7xXXVH 35 "Iredidti
. . . Pytheas Guwmbus, Germaniae genti, adeoli
aestttarium oeeani Metmnidis nomine spatia
stadiorvm sex milium. Die beste Hs. bietet
Gmonibus Vulgata ist Gutonibus. Vielleicht
hegt der Name der Inguaeones zu Grunde, wie
A. Riese (Das rhein. Germ. 476. 494) vermutet
hat (vgl Detlef sen Herrn. XXXn 1897, 192).
Zeuss Die Deutschen 1341 Müllenhoff Deutsche
patt^aS^-Sä^v^asatt
1842, 314), bringen die 'neueren bS^t i mpT'^I Quir(ina) Ametkystus, Baharicus
weise dafür, J? a £ ^Äß? *I ™£^ «%»"*»?•' omnibuskonoribus
weise dafür, daß G. t ein bloßer Kompilator und
Plagiator (K. Miller VI 23), seine Beschrei-
bungen oft wörtlich und meistens ohne die Quellen
zu nennen aus Solinus, Isidor. Hispal., dem Iti-
nerar. Antonini, Paulus Diaconus und die geo-
graphischen Partien insbesondere, mitsamt dem
Hinweisn auf die Heimatstadt Ravenna, aus dem
Ravennaten abgeschrieben hat, nach Mo mm sen
(über die Unteritalien betreffenden Abschnitte
germ Stämme § 122 Anm. (hält an Gutorm fest,
vgl. §51). S. auch den Art. Ab al us. [Ihm.]
Guium, Stadt auf der Baliaris maior. Unter
den oppida eivium Latinorum der Insel nannte
?t5 n« St ^. des A S ri PP a Oinium et Tueim (Plin.
111 77, Cimum eine Anzahl Hss., beides wohl
= Guium). Nun wird auf einer der großen Ehren-
inschriften aus Tarraco ein Cn. Gavius Chi. Gavi
beteri ffilius) Quirftna) Ametkystus, Baharicus
der rayennatischen Kosmographie BeXhte der 50 «Srift^ ^7 f™ j a ! ter «'"licher Grab-
Kgl. Sachs Ges. d. Wiss. bist. phil. Klasse 1851,
801. Vgl. K. Kretschmer Die phys. Erdkunde
im christl. Mittelalter. Geogr. Abhandl. herausg.
TA. Penck, Wien 1889, 24) aus einer lateini-
schen Lbersetzung der erweiterten griechischen
Vorlage des Werkes. Gegen diese Annahme einer
griechischen Urschrift bei Mommsen und Beck
(Annuaire de la bibl. Royale de Belg. 1851, 164}
erklärte sich Müllenhoff (Über die Weltkarte
tri rebus pubheis suis funetus und Flamen der
diesseitigen Provinz genannt (CIL II 4218) Der
Name Cinßum] ist nur durch Fälschung in eine
™ ch " ft . aus Sineu gebracht worden (CIL II
d708). Guium (oder Gdus), mit dem Ethnikon
Guiuntanus, wie Magontanus Iamontanus auf den-
selben Inseln, ist wahrscheinlich an der Bai von
Campos im Süden von Mallorca zu suchen, wo
bei Santagny eine Reihe altertümlicher Grab-
,,„j KU TT y „\ v^«<=i uic TveiLKarte sicner;
6 Anm.), doch brachte v. Gutschmid (Rh. Mus.
Phl t 1 1 85 2» 438 J ^gen ihn für die Momm-
sensene Auffassung hinreichende Belege bei. Was
*j. der Hauptsache nach aus dieser Vorläse ex-
ze^ierte ost TO n Pinder and PartheJ der
d^ g mfi a% ^ TOn 447 an bei ^fügt J unter
fi? Titel Guidonis Geographica, eine Beschrei-
bw»g Ton Itahen, Sizilien, Sardinien und Korsika,
öbJ9, zu denen neuerdings weitere hinzukamen)
Das Latium vetus entspricht der phönizischen
oder karthagischen Gründung: die Bai von Cam-
pos bildet die erste natürliche Station auf der Fahrt
desMago vonEbusos nach denBalearen (Hübner
Rom. Herrschaft in Westeuropa 229). Der Name
könnte phönizischen Ursprungs sein (von gew T
Rucken, nach E. S ach au); doch bleibt das un-
sicher; er kann auch iberisch sein, wie der von
[Hübner.]
™F U i I, £' nach Ptolem - IV 2 - n t 2 P- 600, 2
Alüllerl Kustenfluß Mauretaniens , zwischen dem
i??f?? t . des Am Psagas und der Stadt Igilgili
(Djidjelh) ins Mittelmeer mündend. Vgl. Cat
MaurCtanie Cösarienne 28. [Dessau.]
GulusBft (rolöoow), zweiter Sohn des Xumi-
ders Maesinissa, war vor Ausbruch des dritten
Panischen Krieges, 150 v. Chr., als Gesandter
iy3ö
uumatnene
itunum
iy»4
seines Vaters in Kaithago (Appian. Pun. 70) und
wirkte dann in dem darauffolgenden Kriege gegen
Karthago mit (Appian. a. O. 73). Als Massinissa
starb (149/8 v. Chr.), folgte eT ihm mit seinen
Brüdern Micipsa und Mastanabai nach. Da er
kriegerisch war, ward ihm das Heerwesen über-
geben (Appian. a. O. 106). Er führte dann bei
der Belagerung Karthagos das numidische Kon-
tingent, das den Römern zur Hilfe kam, und wird
hier mehrfach erwähnt (Appian. a. O. 108f. 126),
zuletzt aus Anlaß einer Unterredung, die er mit
dem karthagischen Feldherrn Hasdrubal hatte.
Dieser versuchte durch G.s Vermittlung billige
Bedingungen zu erhalten (Polyb. XXXVHI 7.
Diodor. XXXII 22). Polybios ist mit ihm in per-
sönliche Berührung gekommen (Polyb. XXXIV 16
bei Plin. n. h. VILT 31). Er starb vor seinem
älteren Bruder Micipsa (vor 118 v, Chr.) (Sallust.
lug. 5, 6). Sein Sohn war Massiva (Sallust. a. O.
35). [Niese.]
Gumathene, Landschaft im nordwestlichen
Mesopotamien, deren Kamen nur Ammian. Marc.
XVIII 9 , ein über genaue Ortskenntnis verfü-
gender Berichterstatter, überliefert. Ammian ver-
legt in diese nach ihm sehr fruchtbare Gegend
das durch seine Thermen bekannte Abarne, das heu-
tige JTschermlk, einen Flecken zwischen Euphrat
und Amid-Dijärbekr, nördlich von Süwerek; vgl.
dazu oben Suppl. Heft I S. 1, ferner Geiz er
Georg. Cyprius 160—161 und v Hübschmann
Indogerm. Forsch. XVI 464 (s. Jermuk). Durch
diesen Fixpunkt sind wir im stände, die Lage
von G. annähernd zu bestimmen; es kann sich
nur um einen Landstrich westlich vom Euphrat,
Östlich der Linie Dijärbekr-Karäga-Dagh und etwa
nördlich von Süwerek handeln, mithin um den
südlichen Teil der Landschaft Sophene. So auch
in Kieperts Atlas antiquus (pl. Asia citerior) ein-
getragen. Mit dem Namen G. ist vielleicht arab.
al-Güma (syr. Gümthä, sonst ein Wort für , Grube',
also etwa ,Einbuchtung' ?) zu identifizieren, das
die arabischen Autoren des Mittelalters als Be-
zeichnung einer Gegend östlich von Haleb (Teil
des 'Afrlntales) und zweier Distrikte im Libanon
(Gumat Basar] ja und G. r Akkär) kennen. (*üma
(Gümthä) dürfte einen alten Gaunamen mit ur-
sprünglicher Appellativbedeutung darstellen. Vgl.
für die syrischen Güma's G. le Strange Pale-
stine under the Moslems (Lond. 1890) 60. 352.
466 und beachte auch S ach au S.-Ber. Akad. Berl,
1892, 328, sowie M. Hartmann Das Liwa Haleb
(Berl. 1894) 97. [Streck.]
Gummi (ägypt. Icemai, kema, davon gebildet
griech. xb xomtt, lat. cummi, später gummi
[Schrader Reallex.314], vulgärlat.^wwma-a?»!,
ital. gomma [sizil. gumma], prov. goma, franz.
gomme, cat. gwna, Span, goma, ptg. gomma
[Körting Lat.-rom. Wörterb. 498]). 1) G., ein von
den Alten den Aromaten zugerechneter Klebstoff,
wird zuerst von Herodot (II 86) in seinem Berichte
über die ägyptische Einbalsamierung der Toten
erwähnt. J)ie Ägypter balsamieren ihre Toten
in dreifacher, mehr oder weniger kostbaren Weise
ein. Bei der teuersten Art der Einbalsamierung
wird die von den Einge weiden befreite Bauch-
höhle mit Palm wein ausgespült, mit geriebenen
reinen Myrrhen, mit Kasia und anderem Räucher-
werk außer Weihrauch angefüllt und sodann zu-
genäht. Nachdem die Leiche 70 Tage lang in:
Natron aufbewahrt ist, wird sie gewaschen, mit
aus Byssus geschnittenen Tuchstreifen umwickelt
und mit G., dessen sich die Ägypter anstatt des
Leims (avii xoUtjg) bedienen, bestrichen. Schließ-
lich wird der Leichnam in dem hölzernem Abbild
eines Menschen eingeschlossen und in der GTab-
kammer aufrecht an die Wand gestellt'. G. wurde
im Altertum von der Nilakazie (Acacia nilotica
10 Del. = Acacia vera Willd.) gewonnen. Der Baum
hieß altägypt. Cant, Sont, arab. Charad, auch
Seger fetna und^ Sense-locht (Woenig Die
Pflanzen im alten Ägypten 298). Die griechischen
Bezeichnungen axav&a (Herodot , Theophrast,
Dioscurides, Strabon, Athenaios) und äxama
(Diosc. I 101) erklären sich aus den Stacheln
(äxij) an Ästen und Zweigen. Plinius (XXIV
107) nennt den Baum spina AegypUaea oder
Arabica, den Saft aeaeia. Nach dem Berichte
20 Herodots (II 96) wurden die Frachtfahr zeuge der
Ägypter aus dem Holze der axav&a gebaut, deren
Gestalt dem kyrenäischen Lotos sehr ähnlich und
dessen tropfenförmig hervorquillende Feuchtigkeit
{bäxQvov) G. sei. Aus der äxav&a zimmerten sie
zwei Ellen lange Balken, die sie wie die Ziegel-
steine übereinander legten. . . Der Stamm der
äxav&a werde als Mastbaum gebraucht (iar<p de
axavülvoj ^cWtc»). Theophrast (IV 2, 8) gibt
eine Schilderung des Baumes. ,Der Stamm ist
30 hoch, aber nicht gerade gewachsen. Den Stamm
ausgenommen ist alles — Äste, Zweige, Blätter
— dornig an dem Baume. Theophrast unter-
scheidet zwei Arten der äxav&a, eine weiße und eine
schwarze. Das Holz der ersteren ist schwach und
der Fäulnis leicht ausgesetzt, das der letzteren
dagegen fest und dauerhaft, so daß es gern zu
Schiffsplanken verwandt wurde. Der in einer
Hülse ruhenden Frucht (flXoßos) bedienten sich
die Ägypter anstatt der Galläpfel zum Gerben
40 des Leders. Die schönen Blüten dienen als Kranz-
blumen, wegen ihrer Heilkraft wurden sie von
den ÄTzten bei der Herstellung mannigfacher
Heilmittel gebraucht. Das G. wird durch Ein-
schnitte in die Rinde oder durch freiwilliges Aus-
schwitzen gewonnen'. Ähnlich ist die Darstellung
des Baumes bei Dioscurides (ed. Wellmann I
101). Die in Ägypten wachsende axartfa ist ein
baumartiges, strauchiges Dorngewächs von nicht
geradem Wüchse, die Blüte ist weiß, die Frucht
50 ebenso wie die Lupine in Hülsen eingeschlossen.
Aus der Frucht wird Saft ausgepreßt, der, im
Schatten getrocknet, schwarz ist, wenn die Frucht
reif, gelblich, wenn sie noch unreif ist. Dieser
letztere hat den Wohlgerach der Akazie. Das
beste aus dem Dornstrauche gewonnene G, ist
wurmförmig, glasglänzend, durchsichtig und holz-
frei, demnächst ist noch das weiße G. wertvoll,
während sich das harzige und schmutzige als
unbrauchbar erweist. Plinius (XXIV 107. XDH
60 65) führt außer der schwarzen und weißen Art
noch eine grüne an; für die Gewinnung des G.s
kommen aber nach ihm nur die beiden erst-
genannten Arten in Betracht, Bezüglich des
Holzes verdient die schwarze Art den Vorzug.
Ihr Holz ist im Wasser unverändert, daher liefert
sie das beste Schiffsbauholz, das Holz der weißen
Art fault leicht. Nicht nur Äste und Zweige,
sondern auch die Blätter haben Stacheln. Der
Same befindet sich in Schoten, er wird anstatt
der Galläpfel zur Zubereitung des Leders ge-
braucht. Abgehauen schießt der Baum nach drei
Jahren wieder auf. Der Dombaum wächst in
der Nähe des ägyptischen Theben, 300 Stadien
vom Nil entfernt, der mit seinem Wasser die
waldige Gegend befruchtet. Das yohi ägyptischen
Dornbaum gewonnene G. ist wurmförmig, grau-
grün, rein und ohne Rindenteile. Strabon (IZ c. 809)
erzählt, daß unweit Memphis bei der Stadt Acan- 10
thus und dem Tempel des Osiris ein Hain aus
thebamschen Dornakazien, von denen der G. her-
komme, gelegen sei. Ein zweiter aus ägyptischen
Dornakazien bestehender, dem Apollo geweihter
Hain befand sich nach Strabon {IZ c. 813) an den
™f enein «s Kanals, der von Abydos nach dem
Nil führte. G. wurde von den Ärzten des Alter-
tums vielfach zu Arzneizwecken verwandt. Dio-
scundes (B c. 133) schreibt ihm eine stopfende Kraft
zu den Arzneien beigemischt sollte es die Schärfe 20
mildern. Mit Ei als Salbe angewandt verhinderte
es bei Brandwunden die Blasenbildung. Plinius,
der auch die Harze einer größeren Zahl von Obst-
nnd anderen Bäumen bezw. Sträuchern als G
bezeichnet, das freilich dem G. der Akazie nach-
steht, weiß von allen G.-Sorten besondere Heil-
kräfte anzugeben. Das G. aus der Sarkokolle
einem sonst nicht bekannten Baume, wurde nach
ihm außer von den Ärzten auch von den Malern
gebraucht, es soll dem zerriebenen Weihrauch 30
ähnlich gewesen sein. Die Akazie, von der
\T e A£ furth 24 Arten im NUgeMete namhaft
macht (Woenig 298 Anm.), bildet noch heute
einen Hauptbestandteil des gesamten Baumwuchses
Ägyptens und der Länder im Quellgebiete des
Nils. Freilich hat das aus der Nilakazie miellende
Or. seine ehemalige Bedeutung eingebüßt Es
dient nur noch dem Hausgebrauche, während es
auf dem Weltmarkte seine Stellung an G. anderer
Akazienarten abgetreten hat. Dagegen hat das 40
Holz der Akazie noch heute seinen Wert behalten,
und auch ihre Fruchthülsen, die nach den Berichten
des Theophrast (IV 28), des Plinius (XIII 65)
und des Athenaios (XV 25 p. 477. 478) im Alter-
tum zum Gerben des Leders verwandt wurden,
werden noch heute unter dem Namen karrat auf
allen ägyptischen Märkten zu demselben Zwecke
feilgeboten (Woenig 302). [Orth]
2) Name verschiedener afrikanischer Städte:
1. in der Provincia Proconsularis, nahe bei Kar- 50
thago, zwischen Manila und Carpis, nach Geogr.
Bav. p. 349 (Gumis) und Guido 519 (Gumina)
Vermutungen über die Lage bei Gau ekler Bull,
archeolog. du Comitt* des travaux hist. 1893,
3) In der Provincia Byzacena, wo im J. 484
ein epzscopus Gummitaniis erwähnt wird (Not
TÄ™ Ha l mS Vict0r Vitensis P- 68 - unsicher;
ob hierher gehören ein epücopus phbis Gum-
v£f^? W i n . Kartha S° ™ J. 523 (Mansi60
viii b4ö) und ein ejmeopus ecclesiae civitatis
wummasts, aus der Provinz Bvzacena, im J 649
(Ma "" X J 28 J- „ ' [Dessau.]
gumoarins s. Gomoarius. J
s ^ttn^Steph.By2.* a ™*/a2V<*==Gomas,
" g™[eb*d« 8 s. Gundobadus^" 2111 ^
tturtellT«, Gattin des Theodahat. Ihre Briefe
\JI UUUCIUjUB
I3ÖU
aus dem J. 535 an die Kaiserin Theodors bei
Cassiod. var. 5 21. 24. [Benjamin.]
g undericus (rtv&aQis Procop. bell. Vand. I
a 23 32; nach Wrede Über die Sprache der
1^™ 53: Gu nthark), König der Vandalen
406—428. Legitimer Sohn des Königs Godigi-
selus, Halbbruder des Bastards Geiserieus der
?? ™ der Regierung folgte (Procop. bell. Vand.
13, 23), obgleich G. Söhne hinterließ, die in
Afnca mit ihrer Mutter durch Geisericus getötet
wurden (Vict. Vit. U 5, 14). Nachdem sein
Volk durch die Franken eine schwere Niederlage
erlitten hatte und sein Vater gestorben war
vereinigte er seine Scharen mit denen des Alanen-
königs Respendial (Renatus Profuturus Frigeridus
bei Greg. Tur. II 9); gemeinsam besiegten sie
die Franken (Oros. VII 40, 3) und brachen am
AI. Dez. 406 über den Rhein in Gallien ein
(Mommsen Chron. nun. I 299, 535. 465, 1230
Zosim. VI 3, 1. Anon. de provid. 33 = Migne
L. 51, 618. Andere Zeitbestimmung Oros. VII
40, 3). Suebische Horden, vielleicht ein Best
von dem vernichteten Heere des Radagais, der
um dieselbe Zeit aus Italien über die Alpenpässe
gekommen war, schlössen sich den Vandalen und
Alanen an und verwüsteten mit ihnen Gallien
K°7' VI ». 1- Oros. Vn 38, 3. 40, 3. Sozom. IX
12, 3. Greg. Tur. II 2) bis an die Pyrenäen, an
denen sie einstweilen umkehrten (Oros. VII 40, 3)
um sich nordwestlich nach dem Kanal zu wenden
Die Furcht, daß sie nach Britannien übersetzen
könnten, bewog die dortigen Heere, schnell nach-
einander erst den Marcus, dann den Gratianus
endlich Constantin III. zu Kaisern auszurufen'
Dieser landete 407 in Gallien und brachte den
Barbaren eine so schwere Niederlage bei, daß
sie nur durch die mangelhafte Verfolgung der
völligen Vernichtung entgingen. Doch gelang es
ihnen, sich wieder zu sammeln und ihre Raub-
züge fortzusetzen (Zosim. VI 3). Durch den
Verrat der barbarischen Hilfstruppen, denen der
Schutz der Pyrenäenpässe anvertraut war (Oros.
VII 40, 9. Sozom. IX 12, 2. 3), konnten sie am
28. September oder 12. Oktober 409 in Spanien
einrücken (Mommsen II 17, 42; vel I 246
465, 1237. Greg. Tur. II 2. August 'ep. IIL
1 = Migne L. 33, 422). Nachdem sie über
ein Jahr das Land plündernd durchzogen hatten
(Mommsen n 17, 46. 48. Oros. VII 40 10
41, 2) . das außerdem durch Pest und Hungers-
not furchtbar heimgesucht wurde (Mommsen
u 17, 47. 48), teilten sie es 411 durch das Los
unter sich, und den Vandalen des G fiel ge-
meinsam mit den Sueben Gallaecia zu (Momm-
sen II 18, 49. Oros. VII 40, 10). Indem sieden
Kaiser Honorius als Oberherrn anerkannten (Oros.
VII 43, 14), begannen sie, sich mit der roma-
nischen Bevölkerung zu vertragen und an fried-
lichen Ackerbau zu gewöhnen (Oros. VII 41, 7).
Auch die Siege des Westgotenkönigs Valia in
Spanien schadeten dem G. nicht, sondern ver-
mehrten nur seine Macht. Denn bis dahin hatten
die Alanen in dem Völkerbündnis die führende
Stelle behauptet; in jenen Kämpfen aber litten
sie so schwer, daß sie 418 nach dem Falle ihres
Königs Addai keinen neuen mehr wählten, son-
dern sich dem G. unterwarfen (Mommsen II
19, 68). Seitdem führten er und seine Nachfolger
lyav
(jundenth
Gundobadus
den Titel rex Vandalorum et Alanorum (Vict.
Vit. II 13, S9. III 2, 3; vgl. Procop. bell. Vand.
I 5, 18. 19. 21. Apoll. Sid. carm. LT 379. Possid.
vit. S. August, 28 = Migne L. 32. 57). So ver-
stärkt, bekriegte er 419 den König der Sueben,
Hermericus, drängte ihn in die Berge zurück und
hielt ihn dort eingeschlossen. Doch durch die
römischen Magistrate bewogen, ließ er 420 von
ihm ab und siedelte mit seinen Völkern nach
Baetica über (Mommsen II 20, 71. 74; vgl. 10
Greg. Tur. II 2), wo die silingischen Vandalen,
denen diese Landschaft durch das Los zugefallen
war (Mommsen II 18, 49), durch König Valia
völlig ausgerottet waren (Mommsen II 19, 67).
Im J. 422 brach zwischen G. und den Römern
Krieg aus. Der Magister Militum Castinus wurde
mit einem großen Heer und westgotischen Hilfs-
truppen gegen ihn geschickt, wußte ihn einzu-
schließen und beinahe durch Hunger zur Über-
gabe zu zwingen, wagte aber überflüssiger Weise 20
eine Feldschlacht, wurde durch den Verrat seiner
Hilfstruppen besiegt und mußte nach Tarraco
fliehen (Mommsen II 20, 77; vgl. I 469, 1278.
Salv. de gub. dei VII 11, 45). Im J. 425 wagten
sich die Vandalen aucli aufs Meer hinaus und
plünderten die Balearen. Karthagena und Se-
villa wurden von ihnen erobert (Mommsen II
21, 86). G. starb wahrscheinlich im J. 428
(s. o. Bd. VII S. 936). P a p e n c o r d t Geschichte der
vandalischen Herrschaft in Africa, Berlin 1837, 30
10. 341. Dahn Die Könige der Germanen I
143. Schmidt Geschichte der Vandalen, Leipzig
1901. [Seeck.]
Gunderith, Gepidenhäuptling zur Zeit Theo-
derichs d. G., der im Bündnis mit einem anderen
Gepidenfürsten Traserich Sirmium in seine Bot-
mäßigkeit gebracht hatte. Im J. 504 sandte
Theoderich gegen die Gepiden seinen Feldherrn
Pitzia, der ohne Schwertstreich Sirmium dem
gotischen Reiche gewann und den geängstigten 40
Einwohnern der Stadt Ruhe verschaffte (Ennod.
Panegyr. Theoderici 12, 61. Chron. Cassiod. =
Mommsen Chron. min. II 160; vgl. Man so
Gesch. d. Ostgoth. Reiches 61 und Dahn Könige
II 18)- [Benjamin.]
Gundevechug s. Gundiocus.
Gundicharius , König der Burgunder in
Gallien, wurde 435 oder 436 von Ae'tius besiegt
und mußte um Frieden bitten, der ihm gewährt
wurde. Doch schon im folgenden Jahre fiel er 50
gegen die Hunnen, die ihm 20000 Krieger er-
schlugen und sein Volk fast ausrotteten. Momm-
sen Chron. min. I 475, 1322. 660, 118. II 22,
108. 23, 110. 156, 1226. Apoll. Sid. carm VII
23L [Seeck.]
Gundiocus (so Mommsen Chron. min. I 305;
Gunduieus Hilar. epist. 9, 1 ; Gundevechtis Greg.
Tur. II 28), König der Burgunder, aus dem
Geschlechte des Athanaricus (s. o. Bd. II S. 1934),
Vater des Gundobadus, Godigisilus, Chilpericus 60
und Godomarus (Greg. Tur. a. O.), vielleicht von
einer Tochter des Patricius Flavius Ricimer, da
Gundobadus dessen Neffe genannt wird (Job.
Ant. frg. 209, 2). Er wanderte mit seinem Volke
457 in Gallien ein und ließ .sich von dem West-
gotenkönig Theodoricus, mit dem er ein Bünd-
nis schloß, dort ein Gebiet zur Besiedelung an-
weisen (Mommsen a. O.). Er war nicht Arianer
1938
und bekleidete 463 in Südgallien die Stellung
eines römischen Magister militum (Hilar. a. O.).
[Seeck.]
Gundobadus {Gundebadus) , König der Bur-
gunder und ältester Sohn des Gundiok. Zuerst
begegnet er uns in Italien, wo er während der
Agonie des Westreichs eine bedeutende Rolle
spielte. Bereits an der Ermordung des Anthe-
mius war er beteiligt (Juli 472; Mommsen
Chron. min. I 664. Iohannes Antioch. 209, 1).
War doch eine Schwester Ricimers Gundioks
Gattin und G.s Mutter gewesen. So ist es nicht
wunderbar, daß er von dem neuen Kaiser Oly-
brius zum Patricius erhoben wurde, sei es vor,
sei es — was wahrscheinlicher ist — nach Ri-
cimers Tod. Jedenfalls hat G. diesen als Kaiser-
macher abgelöst, und Glycerius war seine Krea-
tur (Mommsen Chron. min. I 306. II 158, Cas-
siod. Chron. Iohann. Antioch. 209, 2). Seitdem
verschwindet G. aus Italien, vermutlich deshalb,
weil ihn der sonst nicht bezeugte Tod seines
Vaters in die Heimat rief (Bin ding 83). Übri-
gens muß betont werden, daß die Identität des
Patricius G. mit dem Burgunderkönig quellen-
mäßig nicht bezeugt ist und daß seit altersher
(s. bei Jahn I 543, 4) bis zur Gegenwart (Momm-
sen Index zu Chron. min.) auch daran gezweifelt
ist. Immerhin gewinnt die Sache durch einen
Brief bei Cassiodor (var. I 46) an den König G.,
der auf der Voraussetzung beruht, daß dieser
früher in Italien war, hohe Wahrscheinlichkeit.
Gundiok hatte vier Söhne gehabt, doch da
der eine spurlos verschwindet, so ist es wahr-
scheinlich, daß das Reich der Burgunder nur in
drei Teile geteilt wurde, die übrigens trotz Jahns
Widerspruch (I 553), der G.s Brüder nur als Va-
sallen gelten lassen will, mit voller Selbständig-
keit nebeneinander standen. G.s Machtzentrum
scheint, alles erwogen, Vienne gewesen zu sein
(Bin ding 73). Was wir aus den nächsten zwanzig
Jahren von G. und seinem Reich wissen, ist sehr
sporadisch. Ob er z. B. an den Kämpfen be-
teiligt war, die sein Bruder Hilperich an der
Seite der Römer gegen den Westgoten Eurich
führte, bleibt ungewiß. Jedenfalls ist G. wäh-
rend Odoakers Regierung in Ligurien eingefallen
und hat zahlreiche Bewohner als Gefangene fort-
geschleppt (Ennod. LXXX. Vita Epiphanii 138—
139). Im J. 494 wurden dieselben auf Bitten
des heiligen Epiphanius, der als Theoderichs Ge-
sandter zu den Burgundern gegangen war, wieder
herausgegeben. Anderseits müssen auch Gebiets-
erweiterungen gegen die Alemannen hin statt-
gefunden haben, und zwar vermutlich vor 479,
dem Todesjahr des Apollinaris Sidonius, durch
dessen Fürsprache der aus der Civitas Lingonum
vor den Burgundern geflohene Bischof Aprunculus
des Sidorius Nachfolger in Arverni wurde (Gregor
v. Tours H 23; doch vgl. Kaufmann Forsch.
z. deutsch. Geschichte X 388).
Weit wichtiger sind die Dinge, die als Vor-
spiel zu dem großgermaniachen Konflikt von 508
gelten müssen. Spätestens 494 hatte G. seinen
Sohn Sigismund mit einer Tochter Theoderichs
(Bin ding 303) verlobt and war so zu dessen
neubegründeter Her rschaft in gute Beziehungen
getreten (Ennod. LXXX Vita Epiphan. 163).
Anderseits war auch mit Chlodwig eine verwandt-
iyöy
tfundoDadus
(iuneus
1940
schaftliche Verbindung hergestellt. Chilperich,
G.s Bruder, war vor 493 gestorben (Aber die
Sage von seiner Ermordung durch' G. bei Gregor
t. Tours II 28 Tgl. Binding 114), seine von
katholischer Mutter geborene Tochter Chrote-
childis aber war spätestens 493 Chlodwigs Ge
mahlin geworden. Dennoch richtete sich die Ex-
pansionslust und -kraft des Frankenstaates nach
dem Alemannensieg gleichsam naturgemäß gegen
lieh des Sieges über den westgotischen Bastard
Gesalich bei Narbonne und der Eroberung der
Stadt im J. 507 oder 508 genannt (Isid. Chron»
min. II 282). Ob er persönlich an der Belage-
rung von Arles und ihrer Aufgabe nach der Nie-:
derlage durch Theoderichs Feldherrn Ibbas im
J. 510 beteiligt gewesen ist, steht nicht fest.
Jedenfalls verlor G. nicht nur alle bereits ge-
machten Eroberungen, sondern auch Avignon stand
die Burgunder ; die inneren Verhältnisse aber in 10 künftig unter gotischer Hoheit (Binding 213).
G.s Reich kamen begünstigend hinzu. Was Gode-
gisel bewogen hat, heimlich mit Chlodwig gegen
seinen Bruder in Verbindung zu treten, steht nicht
fest. Die Angabe des Vita S. Sigismundi (S. R.
Merov. II 2) ist schon deshalb unbrauchar, weil
unklar bleibt, ob sie sich auf die Zeit nach Gun-
dioks oder Chilperichs Tod bezieht. Daß aber
Godegisel katholisch gewesen sei und seine Ver-
bindung mit Chlodwig auf der Glaubensgemein
Friedlich sind sodann die letzten Jahre G.s
hingegangen, in Nachgiebigkeit gegen den Ka->
tholizismus und seinen Vertreter Avitus, aber ge-
wiß ohne daß er, wie Gregor v. Tours II 34 er-
zählt, auch nur heimlich seinen Arianismus auf-
gegeben hätte. Das Todesjahr 516 nennt Marius
Avent. (Chron. min. II 234).
G. war im ganzen eine friedliche und gerechte
Natur, die dem harten Handwerk der damaligen
schaft beruht habe (Kurth Clovis II 13), ist 20 Politik nicht gewachsen war. So ist es nur billige
nichts als Vermutung. Wohl aber ist es Tat-
sache, daß die zahlreichen Katholiken des Bur-
gunderreichs, voran Bischof Avitus von Vienne,
der auch mit Chlodwig in brieflicher Verbindung
stand (Avitus Mon. Germ. Hist. A.A. VII Ep. 46),
mit ihrer Lage unzufrieden waren und, indem sie
vergeblich auf 'den Übertritt des Königs drängten
(Avitus Ep. 21), wohl in einem Feinde die Hoff-
nung auf inneren Zwiespalt erwecken konnten
daß sein Name weniger fortlebt als der eines-'
gewaltigen Staatsmannes, sondern als eines wohl-
wollenden und gerechten Gesetzgebers ; fällt doch
unter seine Regierung die Kodifikation des Bur-
gundischen Rechts (Brunner Rechtsgeschichte
I 332-340. 354. 358; Leges Burgundionum, Mon.
Germ. Hist. Leges Sectio I Bd. I 1, herausgeg. v.
de Salis). ;■
Literatur: Binding Das Burgundiseh-Roma-
(die vielbenutzte Collatio Episc. Avitus 162 istSOnische Königreich I 1868. Se"cr6tan Le pre-
eine Fälschung. J. Havet Oeuvres I). Chlod-
wig also warf sich auf G. und schlug ihn, unter-
stützt durch Godegisel, im J. 500 bei Dijon aufs
Haupt, so daß G. nichts übrig blieb als nach
Avignon, dem südlichsten Punkt seines Reiches,
zu fliehen. Kaum aber war Chlodwig abgezogen,
indem er nur wenige tausend Mann bei Gode-
gisel zurückließ, so erhob sich G. wieder, be-
lagerte seinen Bruder in Vienne, wo sich dieser
mier Royaume de Bourgogne 1868. Jahn Ge-
schichte der Burgundionen 1874 L. M. Hart-
mann Das Italienische Königreich 1897, 155 usw.
[Benjamin.]
Gundobadns, Bruder des Gisclahadus (s. d.) t
mit dem er im J. 523 das gleiche Schicksal er-
litt. [Benjamin.]
Guuens (rovvsvg). 1) Eponymer Heros der
thessalischen Gonnoi, in der alten Ilias und Odyssee
derweile häuslich eingerichtet hatte, eroberte die 40 fehlend, nach v. Wilamowitz (Herrn. XXX 186f.
a* a .H nnd *«tH- «i^« Tt*,,A a » c,^;* A aa *„„ „„, jo,^ 1^^^ i n emer verloren gegangenen Schil-
derung seines Nostos, die ihn nebst Prothoos am
euboischen Kaphereusvorgebirge scheitern ließ;
so das ps.-aristotelische Grabepigramm aus dem
Peplos (28, 32) in der Anth. App. IX 37, I 115
Jakobs. Apollod. Epit. IV 15 a R.W. Der Ver-
fasser des Homerischen Schiffskatalogs übernahm
(II 748) ihn als Führer von 22 Schiffen aus Ky-
phos, voll von Enienen und PeiThaibern um Do-
Stadt und tötete seinen Bruder sowie dessen ver-
räterische Anhänger, während die Franken dem
Westgotenkönig Alarich nach Tolosa zugesandt
wurden (Chron. min. II 234; was Gregor von
Tours II 32. 33 zu diesem Bericht des Marius
Aventicus hinzugibt, unterliegt schon mannig-
faltigen Bedenken. Procop. bell. Goth. I 12 ist
chronologisch verwirrt und unklar). Seitdem war
G. Alleinherrscher der Burgunder, und wie dies
schon seiner Stellung zu gute kam, so suchte er 50 dona, Titaresios und Peneiosfluß (= Tzetz. Lyk.
sich weiter zu befestigen durch Annäherung an
die Katholiken seines Reiches (Avitus Ep. 5.
Gregor v. Tours II 33) und an Chlodwig selbst.
In die nächsten Jahre dürfte die Zusammenkunft
der beiden Monarchen zu Auxerre gehören, welche
die Vita Eptadii 8 berichtet (S. Rer. Meroving.
UL vgl. Kurth II 247—249).
Die logische Konsequenz von alldem war, daß
beim Ausbruch des westgotischen Krieges von
507 G. zur lebhaften Freude seiner katholischen 60
Untertanen (Avitus Ep. 45) auf der Seite Chlod-
wigs stand. Zwar hatte Theoderich noch un-
mittelbar vor Ausbruch des Krieges, wie die
anderen germanischen Fürsten, so auch G. durch
eine Gesandtschaft gewarnt (Casa. var. III 2), aber
anscheinend ist dieselbe infolge der großen Ent-
fernung überhaupt zu spat angekommen. Im
Kriege selbst wird Gk ausdrücklich nur gelegent-
897). 12 axoloi vaiöv der Ainianen gibt ihnen der
Katalog in Euripides Iph. 278 ; 22 Perrhaiber schiffe
Diktys 1 1 7. Nach Steph. Byz. s. Föwoi war G. äxö-
yovog Kixpov und gab der thessalischen Stadt Gon-
noi (— Gonnos, Gonnussa) den Namen; nach dem-'
selben s. Ahog nannten ihn einige Bruder des
Ainos. Für erstere Angabe beruft sich Steph.
Byz. fälschlich auf Homer; die zweite auch bei
Eustath. Hom. IL n 478 p. 335, 18ff.
2) Nach Lykophrons Kassandra 877ff. wird er
als Führer der Kyphaier (906) mit seinen thessa-
lischen Gefährten aus dem Schiffskatalog, Eury-.
pylos und Prothoos, nach Teucheira bei Arsinog
in der Kyrenaika unweit Ausigda am Kinnyps-
(-yphos)-fluß verschlagen und zerschellt daselbst;
grablos wird er betrauert. Zur Übertragung der
thessalischen Sage nach Libyen mag die Wieder-
kehr des perrhaibischen Flußnamens Lethaios bei
1941
Guntarith
Cruntharius
1942
Hesperien (Strab. XIV p. 647) den Anstoß ge-
geben haben (v. Wilamowitz a. O. 196, 1), der
diesen Wassertod des G. aber lieber für eine
Flüchtigkeit des Lykophron halten möchte, wegen
der Scholien (s. Nr. 3).
3) Apollod. bibl. frg. 15 aR. Wag. aus Tzetz.
Lyk. 902 _= Heyne p. 386 läßt G. vielmehr ge-
rettet werden und in Libyen Kinyps gründen.
Nach Tzetz, Lyk. 902 lebte er mit anderen ver-
vor der Schlacht freilich glaubte sich G. ent-
deckt, ließ die Maske fallen und erhob offen das
Banner der Empörung. Gegenüber dem energie-
losen Areobindus hatte er vollen Erfolg, und es
war selbst von G.s Standpunkt aus fast über-
flüssig, daß er den Areobindus, mit dem er sich
durch den wohl auch am Verrat beteiligten Bischof
von Karthago, Reparatus (Migne Patrol. lat.
69, 116. Chron. min. Mommsen II 2), in Verbin-
schlagenen Genossen aus dem Troischen Krieg 10 düng gesetzt hatte, ermorden ließ. Wohin G.s
lange Zeit weiter. Apollod. bibl. Epitome III 14
R. W. wiederholt Hom. IL II 748 mit dem Zusatz,
G. sei ein Sohn des 'üxvtov. Dem entspricht
der mit zwölf Schiffen ,aus Argos' kommende G.
Sohn des Ocitus und der Aurophite (-^ütt?) bei
Hyg. fab. 97; fab. 81 nennt ihn (nach Munckers
Lesung) unter Helenas Freiern.
4) Vater der Laonome aus Pheneos, Schwieger-
vater des Alkaios, Großvater Amphitryons heißt
Pläne gingen, sieht man daraus, daß er daran
dachte, die Witwe des Areobindus zu heiraten
und durch ihre Vermittlung die Bestätigung von
Iustinian als Amtsnachfolger ihres ersten Gatten
zu erlangen. Aber ein Teil der kaiserlichen Trup-
pen war innerlich gegen G., die Maurenchefs miß-
trauten ihm wie der ungenügend belohnte An-
talas oder waren ihm geradezu feindlich. An die
Spitze dieser Elemente nun trat Artabanes, ein
er Apollod. bibl. II 4. 5, 2 § 50 in einem Stemma, 20 kaiserlicher Offizier aus dem Hause der Arsa-
das bei Paus. VIII 14, 2 mit dem Aufenthalt des
Herakles bei Laonome und seiner Anlage der dor-
tigen unterirdischen Abzugskanäle in Beziehung
gesetzt ist.
5) Araber, Hüter des Rechts, Lyk. 128, der
im Auftrag der Semiramis einen Aufruhr der
Babylonier und Phönizier dämpfte, nach Tzetzes z.
d. St. Eustath. Hom. IL II 748 p. 335, 5 hebt her-
vor, daß dieser G. Nr. 5 von G. Nr. 1 zu scheiden ist.
kiden, der erst zuletzt und nur äußerlich zu G.
übergetreten war ; ob neben ihm wirklich der
Praefectus praetorio Athanasius (Corippus Io-
hannis IV 234) entscheidend mitgewirkt hat, bleibt
zweifelhaft. Artabanes also, der von G. an die
Spitze seiner Truppen gestellt war, um gegen
Antalas, der von G. derweile abgefallen war, zu
marschieren, kehrte unter leeren Vorwänden nach
Konstantinopel zurück, aber nur um einige Tage
Fick Griech. Personennamens 385. 419 billigt 30 darauf den G. bei einem Gastmahl — am 36.
die oben unter Nr. 1 gegebene Etymologie des Tage seiner Herrschaft — durch seine Dory-
Steph. Byz. aus fovyot unter Ablehnung einer phoren ermorden zu lassen ; unmittelbar darauf
Erklärung aus yovvös. Nach v. Wilamowitz
(a. O. 196) ist rovrsvg falsch vokalisiert (für /w-
vevs). [Tümpel.]
Guntarith (Fov&aQig), aufständischer römi-
scher Offizier in Afrika unter Iustinian. Er war
ursprünglich Doryphoros des Solomo, der ihm
wegen seiner Tüchtigkeit beim Bert i eraufstand
wurden G.s nächste Anhänger in der Stadt er-
griffen und getötet (Mai 546, Procop. bell. VancL
II 25-28. Corippus Iohann. IV 369. 426. VI
70—73. Ch. Diehl I/Afrique Byzantine 351.
[Benjamin.]
Gunthamundus (rovröapovvöog) , König der
Vandalen und zweiter Sohn des Gentu, kam ge-
des J. 539 die Führung der Vorhut anvertraute ; 40 maß dem vandalischen Hausgesetz nach dem Tode
freilich wurde G._ geschlagen und nur durch das des Hunerich im Dezember 484 zur Regierung.
Eingreifen des Oberfeldherrn gerettet (Procop.
bell. Vand. II 19). Auch an der unglücklichen
Schlacht bei Cillium nahm er teil im J. 544,
wenn auch der Vorwurf des Corippus, daß er
schon damals durch seine vorzeitige Flucht ver-
räterischer Weise die Niederlage herbeigeführt
habe, schwerlich begründet ist (Iohannis III 431).
Wie sollte man es sonst erklären , daß G. es bald
Wenn auch die Katholikenverfolgungen nicht so-
fort aufhörten (Vict. vit. I 1. in 64), so traten
doch schon 487 die ersten Milderungen ein, und
im August 494 wurden sämtliche orthodoxen Kir-
chen wieder eröffnet sowie die Geistlichen aus
der Verbannung zurückberufen (Mommsen Chron.
min. III 458—459; falsch Procop. bell. Vand. I
8). Freilich wachte G. darum nicht minder über
darauf zum Dux Numidiae gebracht hat? Bald 50 die Unabhängigkeit seines Reiches, und wie jede
darauf freilich, unter dem unfähigen Patricius
Areobindus im J. 546 hielt er die Zeit für ge-
kommen, ehrgeizigen Plänen nachzugehen. Wäh-
rend er einerseits die Maureuchefs zum Vorgehen
gegen Karthago anreizte, schlich er sich auf der
anderen Seite in das Vertrauen des Areobindus.
Glückte der Plan, so sollte sich Areobindus kom-
romittieren und G. als Retter des Landes durch
en Kaiser an dessen Stelle gesetzt werden (bell.
I
Vand. II 25); anderseits versprach er dem Antalas, 60 benützen, völlig fehl, und der König mußte sogar
Hinneigung zu Byzanz behandelt wurde, zeigt
das Schicksal des Dracontius (Manitius Gesch.
d. latein. Poesie 330). Schwere Kämpfe gegen
die Mauren sowohl in der Byzacena wie sonst
fallen in diese Regierung, brachten aber den Van-
dalen überwiegend Erfolge (Procop. bell. Vand.
I 8. Dracontius Satisfactio 213. CIL VIII 9286).
.Dagegen schlug G.s Versuch, den Krieg Odoakers
und Theoderichs zur Wiedereroberung Siziliens zu
ihm die Byzacena und den halben Schatz des
Areobindus abzutreten, wenn dieser ihn dafür
als König des übrigen Afrika anerkenne. Areo-
bindus wurde gewarnt, aber vergeblieh. Er ließ
sich durch G. veranlassen, vor den Mauern Kar-
thagos eine Hauptschlacht zu liefern, die dem
G. doch nur dazu dienen sollte, im Kampfgewühl
sich des Areobindus zu entledigen. Am Morgen
auf den bisher von der Insel erhobenen Tribut
verzichten (Mommsen Chron. min. II 159 zum
J. 491. Ennod. Panegyr. Theodor. 13, 70). G,
starb im J. 496, vielleicht am 3. Sept. (Schmidt
Gesch. der Vandalen 112—115). [Benjamin.]
Gnntharius. 1) Zweiter Sohn des Mero-
wingers Chlodomer, der 524 gegen die Burgunder
gefallen. Er fand mit seinen Geschwistern bei
_ uubuvuinuiuuo
der Großmutter Chrotechildis Aufnahme, als seine
Mutter Guntheuka Chlodomers Bruder, Chlotar,
heiratete. Im Alter von sieben Jahren wurde er
durch Chlotars und seines Bruders Childebert
List der Großmutter entrissen und ermordet (529 ?)
(Gregor v. Tours III 6. 18).
2) (Gunthecharius). Ältester Sohn des Mero-
wingers Chlotar I. Es beteiligte sich im J. 533
am Kampf gegen die Westgoten, ohne etwas aus-
zurichten. Gestorben ist er vor seinem Vater,
also vor 561 (Gregor v. Tours III 21. IV 3).
[Benjamin.]
Gnnthchramuug , Sohn des Merowingerkö-
nigs Chlotachar I. aus seiner Ehe mit Ingunde.
Beim Aufstand seines Bruders Chramm im J. 556
wird er von dem Vater, der gerade gegen die
Sachsen zu Felde lag, gemeinschaftlich mit seinem
Bruder Charibert gegen den Aufrührer gesandt.
Als aber nach Abbruch einer Schlacht wegen
eingetretenen Unwetters Chramm das Gerücht aus-
sprengen läßt, der Vater sei gestorben, lassen
sich beide täuschen und kehren aus Sorge wegen
der Erbschaft eilig in die Heimat zurück. Bei
der Erbteilung nach Chlotachars Tod im J. 561
erhielt G. Burgund ; seine Regierung fällt außer-
halb des Kahmens der Encyklopädie {Gregor v.
Tours IV 3. 16). [Benjamin.]
Guutheuka, Gattin des Merowingers Chlodo-
raer. Sie heiratete nach dessen Tode seinen Bruder
Chlotar (Gregor v. Tours III 6). [Benjamin.]
Guntia, Ort in Eaetien. Itin. Ant. 250 (zwi-
schen Äugusta Vindelieitm und Celio monte).
Not. dign. occ. XXXV 9 Guntia-, 20 praefeetus
militant Ursariensium, Guntiae. Wohl mit Recht
hat man auf diesen Ort die Stelle im Paneg.
Constantio Caes. d. 2 (p. 133, 17) bezogen a
ponte Rheni usqtte ad Danuvii transitum Gon-
tiensem (Guntiensem Rhenanus). Wahrscheinlich
das heutige Günzburg. Mommsen CIL III p. 721.
Holder Altkeit Sprachsch. s. v. Vgl. Con-
tiensis. [Ihm.]
Guutiarius , Häuptling (<pvlaQ%os) der Bur-
gunder, veranlaßte 411 gemeinsam mit dem Alanen
Goar den Iovinus, sich in Mainz zum Kaiser aus-
rufen zu lassen. Olympiod. frg. 17 = FHG IV
61; vgl. Greg. Tut. II 9. [Seeck.]
Gimugu (so die Hss. des Plinius n. h.
V 2, 20; die Hss. des Itin. Ant. und des Geogr.
Rav. schwanken zwischen Gunugus, Gunagus,
Carmens usw., bei Ptolemaios Kavovxk; dasEthni-
kon Gwmgutan- ausgeschrieben CIL VIII 9243),
Küstenstadt Mauretaniens, 22 Mülien westlich von
Iol Caesarea, von Kaiser Augustus zur römischen
Kolonie erhoben, Plin. n. h. V 2, 20. Ptolem.
IV 2, 5. Itin. Ant. p. 15. Geogr. Rav. p. 145, 14.
346, 2 Parthey; nach Inschriftfunden beim Ma-
rabut Sidi Brahira 3 km vom Dorfe Gouraja ge-
legen, s. CIL VIII Suppl. p. 2025; Bischofssitz im
J- 484 (Not. prov. Maur. Caes. n. 111, in Halms
Victor Vitensis p. 70 Gunagüanus). [Dessau.]
Guraioi, Arrian. anab. IV 25, 7. Indischer
Clan in den Alpen des nördlichen Kabulistan,
der zur Zeit Alexanders sein Weidegebiet wesent-
ü ™^ gleichnamigen Flusse hatte; der Haupt-
ort hieß Gorya. Neben dem großen Stamm der
Aasakenoi, der vom Suastos bis zum Indus Täler
Tino Almen im Besitz hatte, erscheinen die G.
damals unbedeutend, wahrscheinlich waren sie
jenem unterworfen. Später müssen sie aber an
die Stelle der Aasakenoi getreten sein und die
Vorherrschaft im nördlichen Kabulistan errungen
haben; denn bei Ptolem. VII 1, 42f. führt das
ganze Bergland zwischen Suastos und den Lam-
bagai westlich vom heutigen Alingarfluß den
Namen Goryaia, während die Assakenöi gar nicht
verzeichnet werden. Namentlich gehören nunmehr
zu G. der mittlere Talkessel des Kabul mit dem
10 Hauptort Nagara oder Dionysopolis (die Strom-
schnellen und die Enge beim heutigen Öelalabad
mögen die Grenze gegen die Lambagai und die
Parapanisaden gebildet haben) und zumindest der
Unterlauf des größten Flusses Kabulistan s nach
dem Kabul, des Choaspes. Die Zugehörigkeit des
letzteren spiegelt sich auch in der irrigen An-
setzung der Hauptstadt der G. am Choaspes wieder
(bei Strab. 697; s. den Art. Gorya). Außer den
erwähnten Städten macht Ptolemaios noch drei
20 andere namhaft. Wenn unter diesen Drastoka
und Barborana nur irrtümlich durch Ptolemaios
von den beiden gleichnamigen Orten der Para-
panisaden unterschieden worden sind, wie wahr-
scheinlich, so muß sich die Herrschaft der G.
sogar einmal bis in den Talkessel der Stadt Kabul
erstreckt haben. Dasselbe scheint mir auch aus
einer etwas rätselhaften Angabe bei Ptolem. VI
18 hervorzugehen, wonach im Land der Parapa-
nisaden ein Fluß entspringt, der ohne Namen-
30 nennung nur bezeichnet wird als 6 jroöV xfj JP_o-
Qvaia tc5 Kajvy ovfißakXaw. Der Konas ist der
nördliche Quellfluß des Kabul, der Pangsir: so
kann der mit ihm sich vereinigende Wasserlauf
nur der Fluß von Kabul sein. Es ist deutlich,
daß Ptolemaios zwei zeitlich verschiedene Quellen
benützt und vereinigt hat. S. auch den Art.
Gandaritis. [Kiessling.]
Guraios, der letzte größte Nebenfluß des
Kophen, bevor er selbst in den Indus einmündet,
40 Arrian. anab. IV 25, 7. In der Beschreibung
Indiens (IV 11) nennt ihn derselbe nach Mega-
sthenes Garroias. Die Sanskritform des Namens
ist Gauri (Lassen Ind. Alt. 112 140, 6), auch
das Mahäbhärata nennt neben dem G. den Su-
wästu. Kern (zitiert bei Marquart Untersuch,
z. Geschichte von Eran II 244 [Philol. Suppl.-
Bd. X]) vergleicht auch die Guruhä oder Ga-
ruha der Brhat-Samhitä , worin sich derselbe
Vokalwechsel zu dokumentieren scheint wie in
50 den griechischen Namenformen. Heute heißt der
G. Pangkora, aber als der Hauptfluß gilt der
Swat (griechisch Soastos. s. d.}, mit dem sich die
Pangkora vereinigt. Diese richtige Anschauung
vertritt die Ptolemaioskarte (VII 1, 27), da sie
nur den Suastos verzeichnet. Aber andere Teil-
nehmer des Alexanderzuges hatten den G. als den
Hauptfluß aufgefaßt, und durch dieses Schwanken
der Quellen ist offenbar Arrian zu dem Irrtum
verführt worden, die beiden Flüsse überhaupt zu
60 trennen und jedem eine selbständige Mündung in
den Kophen zuzuerkennen. Als Hauptfluß er-
scheint der G. auch im Itin. Ales. (hsl. Poiu-
raeus). Arrian hebt hervor, daß sich der Über-
gang über den Fluß sehr schwierig für Alexanders
Heer gestaltete wegen der Tiefe des Tales, der
reißenden Strömung und der Anhäufung glatt
gewaschener Felsblöcke im Bett. Die geographische
Schilderung ist vortrefilich: in dem hochalpinen
Bergland des nördlichen Kabulistans zwischen dem
Hindukuä und Indus hat sich der Fluß ein außer-
ordentlich tiefes, schluchtartiges Tal gegraben,
dessen Wände schroff und fast unersteiglich auf-
ragen, und in verhältnismäßig sehr kurzem Lauf
hat er ein Gefälle von beinahe 2000 m. In dem
Talsystem des G. und auf den benachbarten Almen
weidete der indische Clan der Guraioi seine Herden
(vgl. auch Ganderrtis). [Kiessling.]
rovgdvioi, ein Volksstamm, Strab. XI 53110
neben den Medern und den armenischen Sara-
parai genannt. [Weissbach.]
Garas, Bruder des Tigranes, ergibt sich in
Nisibis an Lucullus. Plut. Luc. 32. [Willrich.]
Gnrasinm, Ort in Etrurien unbekannter Lage,
genannt von Diodor. XIV 109 als Schauplatz eines
Kampfes zwischen Rom und Volsinii (387 v. Chr.).
[Weiss.]
Gurhatha s. G üb rata.
Recht bezeichnet, indem er zugleich die richtige
Verbesserung rä rovQiava gibt. Onomatologisch
vergleicht sieh zu G. Guriauna in Medien,
[Kiessling.]
rovgiavva (soWilberg;Nobbe rovQictfiva ;
andere rovQtawa), Stadt in Medien, Ptolem. VI
2, 14. [Weissbach,]
Gurke j griech. aixvog, axva, asxova Hes.,
oixvs zuerst bei Alcaeus, lat. cucumis.
Name undHerkunft. Sixvg (St. tveku- zu
St. teva- strotzen, Prellwitz Etym. Wörterb. 2
1905) bedeutet nach Hehn (Kulturpfl.7 312ff.)
das Strotzende, Zeugungskräftige, Samenreiche,
indem bei der G. , wie bei dem lautlich ver-
wandten ovkov (Feige) der Samenreichtum als
besonders augenfällig hervortreten mußte. Eben-
so will Hehn in cucumis G. und Cucurbita
Kürbis den Eindruck strotzenden. Wachstums aus
der Reduplikation erkennen. Die G., zu der
Gurbicuui- von Iustinian erbautes ober- 20 Familie der Cucurbitaceen gehörend, ist von den
moesisches Kastell im Gebiete von Naissus, Procop.
de aedif. 284, 12 rovQßixov. Tomaschek Die
alten Thraker II 2, 88. [Patsch.]
Gurgenes (PovQysvrjs), König der Iberer zur
Zeit Kaiser Iustins. Wie Prokop (bell. Pers. I
12, 58) erzählt, schloß er sich den Römern an
und erbat deren Hilfe gegen den Perserkönig
Cabades, weil dieser seinen Abfall vom Christen-
tum verlangte. Da er aber nur ungenügend unter-
nahe verwandten Arten Kürbis und Melone in
der ältesten Zeit sprachlich nicht immer zu
unterscheiden, da die meisten angeführten Kenn-
zeichen, wie Ranken, große Früchte an dünnen,
schwanken Stengeln, Vielgestaltigkeit der Früchte,
das Verspeisen der Früchte mit Gewürzen, schwere
Verdaulichkeit, erfrischender Geschmack sowohl
auf die G., wie auch auf den Kürbis, bezw. die
Wassermelone, passen. Von den bei Plinius er-
stützt wurde, so floh er mit seiner Familie und 30 wähnten Cucurbitaceen dürften mit einiger Be-
Trf Oll Tl rt O f*Tl Cl "f 4" in /llO T^flri-la'-Vi V_*_i.»4__ ti Innin/iTin« _f_rt i-_4-.-Hn.-_ „-_-_-L_,_^ J- ___.,_- .___L__\*_-_. _,"..-_ Till^^ *"_-._-. -_-■.,..£-__-,• __._ •_
Freundschaft in die benachbarten lazischen Ge-
birge, wo ihm die Perser nichts anhaben konnten.
Später scheint er nach Konstantinopel gekommen
zu sein ; auf jeden Fall trat sein Sohn Peranius
als Offizier in kaiserliche Dienste. [Benjamin.]
Gurgites, afrikanischer Ort, Bischofssitz schon
im J. 256, Sententiae episcoporum in Harteis
Cyprian 458 n. 74 {Felix a Gurgitibus). Hierher
gehört auch wohl Primianus (episc.). Gurgai-
stimmtheit Cucurbita als Flaschenkürbis, cucumis
als G., pepo als Wassermelone und melopepo als
Melone bezeichnet werden (v. Fischer-Benzon
Altdeutsche Gartenflora 1894, 94), umso mehr,
als Plinius bei melopepo zum erstenmal Süßigkeit
und Duft als besonderes Kennzeichen hervorhebt.
Die Cucurbitaceen treten bei ihrem strotzenden
Bildungstrieb in so mannigfachen Abweichungen
auf, daß sich sehr wahrscheinlich Namen für ein-
fcwsis. Not. episc. Byz. n. 78 vom J. 484, in Halms 40 zelne Arten im Verlaufe der Zeit geändert und
Victor Vitensis 67. [Dessau.] auf andere ihnen ähnliche Arten übertragen
Gurgos. athenischer Goldschmidt, nur be- haben. Während Hehn annimmt, daß alle
kannt durch seine Grabschrift auf einem jetzt Cucurbi
wieder verschwundenen Inschriftstein, IG DT 3582.
Kaibel Ep. gr. 46 bezweifelt die Richtigkeit
der Namenslesung. [C. Robert.]
Gurgures(.) montes, anscheinend bessere
Überlieferung Burbures montes, Varro r. r. II
1, 16 (Thesaur, ling. lat. s. v.), identifiziert Nissen v o
Ital. Landesk. I 237 mit dem M. Teraünills im 50 garis Ser.) gewesen sein könnten', eme Behaup^
__**-_ \irtl 1 . .-i rt _■._-_ .1 Uah.-»1 (itiH nifnl — *- ~\ -L ______ l_ _______ Tl - __ _ 1_ __ __ Tfc _____ j*^i _-__-_ _Tf*
Cucurbitaceen aus Asien und zwar speziell aus
Südasien, die meisten jedenfalls aus Indien,
stammen, vertritt Engler (bei Hehn? 318) die
Ansicht, daß die Heimat der echten Kürbisse in
Amerika zu suchen sei (s. den Art. Kürbis),
während die im Altertum erwähnten Kürbisse nur
Flaschenkürbisse oder Calebassen (Lagenaria vul-
sabellischen Bergland. [Weiss.]
Gnriane, Stadt in Margiana nach Ptolem. VI
10. Es ist die Festung Ghurian im nordwest-
lichen Afghanistan, am Herirüd, westlich von
Herät, wo der Fluß aus der Ostwestrichtung nach
Norden umbiegt. G. lag also in Wahrheit in
Aria. mag aber eine Zeitlang zu Margiana gehört
haben. G. besaß zumindest eine große strate-
gische Bedeutung, die es im J. 208 zum Schau
tung, die bereits v. Fischer-Benzon a. O. 89ff.
aufgestellt hatte. Als Heimat der Melone (Cucu-
mis melo L.), zu der Cucumis chate L. als wilde
Stammform gehöre, bezeichnet E n g 1 e r (bei Hehn
a. O.) das südliche Asien und das tropische Afrika,
als Ursprungsort der Wassermelone (Citrullus vul-
garis Schrader) dagegen das südliche Afrika, von
wo aus sie nach Ägypten gekommen sei und sich
dann nach Südeuropa und Asien verbreitet habe
platz eines entscheidenden Kampfes zwischen dem 60 (s. den Art. Melone). Über das Vaterland der
baktrischen König Euthydemos und Antiochos III. ^ 1_JL — T "* ' — " 3 T 1 ' ^ '" -
machte. Jener hatte hier seine Streitkräfte kon-
zentriert, um die Linie des Areiosflusses gegen
den anrückenden Gegner zu verteidigen, Polyb.
X 49, 1, wo die Hss. Tayovgiav haben und alle
Herausgeber TaiiovQiav verbessern, — eine geo-
graphische Ungeheuerlichkeit, wie v. Gutschmid
(Geschichte von Iran 37, 4) die Konjektur mit
G. vermochten Linne" und Lamarck noch keine
Auskunft zu geben. Willdenows (1805) An-
sicht, die G. stamme aus der Tartarei und Indien,
fand bei den Botanikern keine Annahme. De Can-
dolle sprach im J. 1850 in Hinblick auf das Vor-
kommen eines Sanskritnamens sukasa aus, daß
die Heimat der G. im nordwestlichen Indien zu
suchen sei. Nach A. Engler (bei Hehn" 318)
ist höchstwahrscheinlich die Heimat der G. Ost-
indien, von wo sie frühzeitig nach dem Westen
vorgedrungen sei. Verhältnismäßig spät scheint
sie dagegen nach dem östlichen Asien gelangt zu
sein.. Erst im 2. Jhdt. n. Chr. soll sie in China
Eingang gefunden haben (Brettschneider
Briefe vom 23. und 26. August 1881). Daß die
G. bereits in den ersten Kulturepochen im alten
Ägypten bekannt war, beweisen bildliche Dar-
derGr. zurückgegangen zu sein. Nach v. Fischer-
Ben zon (92) wird sie in der botanischen Schrift
Physica der hl. Hildegard (1098—1179) und in
dem , Buche der Natur' des Konrad v. Megenberg
(1309—1374) nicht erwähnt , wahrend Albertus
Magnus im sechsten Buche de speeiebus quarun-
dam plantarum seines Werkes über die Pflanzen
cueumer nennt. In den Glossarien, in denen sie nur
selten aufgeführt wird, ist die lateinische Bezeich-
stellungen auf alten ägyptischen Wandgemälden 10 nung eueumer, die deutsche erdaphil, erthappl,
(Woenig Die Pflanzen im alten Ägypten 207).
I>ie angebauten Arten waren Citrullus vulgaris
Schrad., Cucumis melo L. , Cucumis chate L.,
Lagenaria vulgaris L, (Woenig 201. A. Braun
Z. f. Ethnologie 1877 303f. bei Engler-Hehn
319). Das älteste Schriftzeugnis für Cucur-
bitaceen findet sich im vierten Buch Mosis XI 5.
Die Worte kisckuim und abattikim, welche
Luther mit Kürbisse und Pfeben übersetzt hat,
ertappet. Wie im Altertum sind auch im Mittel-
alter Gr. und Kürbis gelegentlich verwechselt wor-
den (Kurbiz-Oucurbita vel eueumer, A. H. Hoff-
mann [v. Fallersieben] Althochd. Glossen 1826 bei
R. FischerBenzon 93). Vom 16. Jhdt. ab ist
die Kultur der G. wieder verbreitet. Melchior
S eb i z i u s in seinem Buche über den Feldbau (1 579)
hält den Genuß der G. für gesundheitswidrig. Er
rät, sie lieber den Maultieren, Mauleseln und ge-
gibt Kautzsch (Textbibel 1899) mit G. und Me- 20 meinen Eseln, als Menschen zur Nahrung zu geben.
i ^„j„_ a„.-u tj„i_ *^ *».. j:„. ^._ Leonard Fuchs (1542) begreift unter G. auch
Kürbis und Melonen, doch unterscheidet er sie
von der Coloquinta, der wilden G. Rhagorius
(1669) macht bereits einen Unterschied zwischen
weißen, grünen und Schlangen-G. Camerarius
1611 bildet letztgenannte G. unter dem Namen
Cucumeres Ion gl ab (Rümpler lilustr. Garten-
bau-Lexikon 1882).
Der Anbau. Der zur Saat bestimmte G.-
lonen wieder. Auch Hehn tritt für diese Über-
setzung ein in Anlehnung an Celsius Hiero-
botanicum I 356. II 247. Mit Beziehung auf
das arab. battieh Wassermelone erkennt Engler
(bei Hehn 7 319) in abattiMm die letztgedachten
Früchte, umso mehr, als die Septuaginta die
Übersetzung xexoves, nicht /u^XoTiiTroveg (Zucker-
melonen) hat. Was die G. an der biblischen
Stelle anbelangt, so ist nach Hehn an die ägyp-
tische Cucumis chate L. , eine große längliche 30 Samen soll nicht alt sein, weil er zu den am
Frucht, zu denken. Im prähistorischen Europa
hat sich keine einzige Cucurbitaceenart nach-
weisen lassen (Engler bei Hehn 7 319). Weder
in den Pfahlbauten Italiens, noch in denjenigen
Savoyens und der Schweiz haben sich G.-Kerne
gefunden. Der Umstand, daß die baskische
Sprache für die G. keinen Namen besaß, zeigt,
daß diese Kulturpflanze nicht vor den Ariern
nach Europa gekommen ist. In Griechenland
wenigsten dauerhaften gehört (Theophr. h. pL
VII 5). Um wohlschmeckende, zarte, weiße
Früchte zu erzielen, sollten die Kerne, bevor sie
ins Land gelegt wurden, zwei Tage lang in
Milch (Pall. Schafmilch) eingeweicht werden
(Theophr. h. pl. VIII 3; de caus. pl. III 9. Plin.
XIX 5. Pall. IV 9). Zur Erzielung kernfreier
Früchte wurde empfohlen, den Samen drei Tage
lang vor der Aussaat in sabinisches öl zu legen
und Italien scheint die G. nicht vor dem 5. Jhdt. 40 (Geop. XII 19), oder ihn mit zerriebenem Flöh-
v. Chr. Eingang gefunden zu haben. Homer
und Hesiod kennen sie noch nicht. Ersterer er-
wähnt zwar an zwei Stellen (II. II 572 und
XXHI 299) die Stadt Sikyon, doch werden beide
Stellen als spätere Einschiebsel betrachtet (Hehn 7
311). Bei Hesiod heißt diese Stadt noch Mv\-
noivr\ Mohnstadt, den Namen Sikyon G.- (oder
Kürbis-)Stadt erhielt sie erst später nach Einfüh-
rung der aus Asien erhaltenen Cucurbitaceen. Das
kraut (yvUtov, eulex, culix Plin. XIX 5) ein-
zumachen (Pall. IV 9). Hat man Überfluß an
Wasser, so bedarf nach Columella (XI 3) die G.
nur geringer Pflege. Wird der Samen in trockenes
Land gelegt, das man nicht leicht bewässern
kann, so sind im Monat Februar anderthalb Fuß
tiefe und drei Fuß breite Gräben zu ziehen,
zwischen denen ein acht Fuß breiter Raum
bleiben soll, damit sich die Ranke ausbreiten
altgriech. oixvog ist in das neugr. avxvä überge- 50 kann (Pall. IV 9). Diese Gräben sind zu einem
gangen. Von neugr. äyyovgta (äyovgog = äoogog
unreif), das, wie das persische ankhara, auf eine
altarische Wurzel zurückgeht, sind abzuleiten das
böhm. okurha, russ. oguree und poln. ogörek.
Ihnen sind wiederum entlehnt nhd. G. (zuerst um
1500), ndl. agurkje, engl. gherJein (kleine G.),
dän. agurke. Auch die esthnischen Bezeichnungen
uggurüs, ukkurits, urits gehen auf äyyovgiov zu-
rück (De Candolle Der Ursprung der Kulturpfl.,
Drittel ihrer Tiefe mit Stroh auszufüllen, auf das
man so lange Dungerde legt, bis der Graben
halb voll ist. Dann sät man an den Quinquatren
(19.— 23. März) die G.-Kerne darauf und begießt
sie, bis sie zu keimen beginnen. Demnächst
wirft man in Zwischenräumen weitere Dungerde
hinein, bis der Rand des Grabens erreicht ist.
Bei solcher Behandlung, meint Columella (XI 3),
werden die G.-Pflanzen den Sommer hindurch
deutsch von Goeze 1882 331f. Kluge Deutsch- 60 auch ohne Bewässerung aushalten und Früchte
etym. Wörterbuch* 123). Aus dem lat. cucumis,
vielleicht verwandt mit curvatura wegen der ge-
Jcrürninten Form der G. , sind entstanden franz.
coneombre, itaL cocomero und cocomerello, span.
eohombro, engl, cueumber, oberdeutsch Kukumer
und Kümerling. Ital. citrwlo, citrittolo von eitru-
Iw, also eigentlich kleine Zitrone (Schrader
JReaHei. 484). Im Mittelalter acheint der Anbau
von angenehmerem Geschmack erhalten, als wenn
die Pflanzen bewässert wären. In wasserreichen
Gegenden soll man frühzeitig säen, doch nicht
vor dem 1. März, damit die Verpflanzung nach
der Frühlingsgleiche erfolgen kann. Weil die
G.-Pflanzen Unkraut dulden, hielt man ihr Be-
hacken und Bejäten nicht für erforderlich. Um
frühzeitig G. zu gewinnen, wurden die Pflanzen
, \A Ul B.C
in Körben {xo<pwoi, cophini) oder irdenen Töpfen
(xegdfua, fietilia) gezogen. Die Anzucht geschah
in folgender Weise. In die mit Dungerde an-
gefüllten Körbe bezw. Töpfe wurden die G.-Kerne
gelegt und mäßig feucht gehalten. An warmen,
. sonnigen Tagen setzte man die Gefäße vor das
Haus, wo sie vor dem Winde geschützt waren,
Bei ungünstiger Witterung und besonders bei
Frost wurden sie wieder in das Haus getragen.
In dieser Weise verfuhr man bis zur Frühlings- 10
gleiche. Dann setzte man die Körbe in die Erde .
und erhielt demnächst frühzeitig Früchte (Col.
XI 3. Geop. Xn 19). Um große und schwere
G.-Kübel ohne zu viele Beschwerde aus dem
Hause in das Freie und wieder zurück in den
geschützten Raum zu befördern, hatte man Räder
unter ihnen angebracht. So haben die Gemüse-
Gärtner (olitores) des Kaisers Tiberius, auf dessen
T?afel an keinem Tage G. fehlen durften, ihre
hängenden Gärten' (hortos pensiles) auf Rädern 20
in die Sonne geschoben und sie im Winter hinter
Glaswände {inira specularium munimenta) ge-
stellt (Plin. XIX 5). Noch ein anderes Ver-
fahren, Früh-G. zu erhalten, führt Columella
(XI 3) an. Ein gewisser Bolus aus Mondes in
Ägypten zog auf sonnigem, gutgedüngtem Acker
abwechselnd eine Reihe Pfriemen- oder Garten-
kraut (vag&r)!;, ferula) und eine Reihe Brombeer-
stauden, die in Gärten aufgezogen waren. Nach
der Frühlingsnachtgleiche schnitt er von beiden 30
Pflanzen die Stengel wenig unter der Erde ab,
erweiterte die Markröhren der stehengebliebenen
Stengel mit einer Holzspitze und legte darauf
Mist hinein. Die nunmehr eingelegten G.-Kerne
empfingen ihr Wachstum von dem Pfriemenkraut
bezw. der Brombeerstaude und wurden nicht allein
durch ihre eigenen Wurzeln ernährt, sondern auch
durch diejenigen ihrer Mutter. Die auf solche
Weise in die Stauden hineingelegten Kerne sollten
auch bei Kälte G. liefern. Infolge der Berührung 40
der G. durch Frauen sollte das Wachstum der
Pflanzen gehemmt werden, Columella warnt daher,
Frauen den Zutritt zu den G.-Pflanzungen zu ge-
statten. Zur Zeit der monatlichen Reinigung soll-
ten die jungen Früchte beim Anblick der betreffen-
den weiblichen Personen verdorren. Die G. nehmen
jede Gestalt an, die man ihnen beim Wachsen
gibt. Sie werden lang und zart, wenn man zwei
Hand breit unter ihrem Standort ein mit Wasser
gefülltes Gefäß aufstellt. Schon nach einer Nacht 50
wird man sehen, wie sich die die Feuchtigkeit
liebenden Gewächse nach dem Wasser ausstrecken
(Plin. XIX 5. Pall. IV 8. 9. Geop. XII 19). Um
langgestreckte Früchte zu erzielen, steckten manche
die Blüte mit der Spitze der Ranke in ein Rohr,
dessen Knoten vorher sämtlich durchlöchert waren.
Werden die jungen Pflänzchen in tönerne Formen
von Menschen- oder Tiergesichtern gepflanzt und
eingeschlossen, so nehmen die Früchte die betreffen-
den Gestalten an (Pall. IV 9. Geop. XU 19). 60
Werden die G. durch Wasser angezogen, so meiden
sie dagegen ängstlich das Öl, das ihnen zuwider ist
(Plin. XIX 5). Bei Donner drehen sie sich um,
gleichsam erschrocken (Pall. IV 9. Geop. XII 19).
Was die verschiedenen Sorten anbelangt, so waren
die italischen sehr klein und grün, die iu den
Provinzen gezogenen sehr groß, gelb (eerinus)
und schwarz. Die größten G. wuchsen in Moesien,
die bedeutendste Zucht war in Afrika. Die
Griechen unterschieden drei Arten G.: die lako-
nische, die oxvTaltas (stocklange G.) und die
boiotische. Von diesen gedieh die lakonische am
besten, wenn sie fleißig begossen wurde. Die
beiden anderen Arten bedurften der Bewässerung
nicht (Theophr. h. pl. VII 4).
Verwendung. Geschält wurde die G. nach
Galen mit Senf und Salz frisch gegessen. Apicius
(III 6) empfiehlt, sie mit Pfeffer, Polei, Honig
oder Rosinenwein, Fischlake und Eppich, auch
mit Eppichsamen, Fischbrühe und Öl mit Pfeffer
bestreut zu verspeisen. In Fischlake oder Fisch-
laken wein gelegt, erregt sie kein Magendrücken
oder Aufstoßen. Man bewahrt die G. in Salz-
wasser auf und kocht sie mit Quitten. In
Scheiben an Fäden aufgeschnürt, wurden sie im
Januar als etwas Besonderes verspeist (Athen.
IX 4). Nach Dioskurides (II 162) ist die G. für
Leib und Magen bekömmlich, sie kühlt, verdirbt
nicht, ist gut für die Blase und ruft durch ihren
Geruch aus der Ohnmacht zurück. Ihr Same
treibt mäßig den Harn und hilft mit Milch oder
Süßwein bei Blasengeschwüren. Ihre Blätter mit
Wein aufgelegt heilen Hundsbiß , mit Honig
Epinyktiden (SitiwHTtdes t Blattern, die nachts her-
vorzubrechen pflegen). Die Wurzeln der wilden
G. heilen Aussatz, der aus ihrem Samen ge-
wonnene Milchsaft wurde zur Herstellung eines
Abführungsmittels, des iXaztJQtov, verwandt.
Literatur: Magerstedt Der Feld-, Garten- und
Wiesenbau der Römer 1862. Hehn Kulturpfl.
und Haustiere" 1902. v. Fischer-Benzon Alt-
deutsche Gartenflora 1894. De Candolle Der
Ursprung der Kulturpflanzen, deutsch von Goeze
1882. Schrader Reallexikon der indogerman.
Altertumskunde 1901. [Orth.]
Gurra s. Gurza.
Gurthonum, Örtlichkeit in der Civitas Cabi-
lonensium, heut Gourdon (dep. Sa&ne-et-Loire),
35 km südwestlich von Chalon-sur-Saöne. Das
dort befindliche Kloster erwähnt Greg. Tur. in
glor. confess. 85 apud monasterium Gurthonen-
$im. Longnon Geogr. de la Gaule au VIe siede
218. Holder Altkeit. Sprachsch. s. v. [Ihm.]
Garalis, Name zweier westsardinischer Sied-
lungen (Ptolem. III 3, 7. Vin 9, 3) ; rovqovkk
xakaia wird mit Padria, rovQovlk via mit Cug-
lieri identifiziert; vgl. G. Spano Memoria sopra
l'antica cittä di Gurulis vetus oggi Padria, Cag-
liari 1 867. D e 1 a M ar m o r a Voyage en Sardaigne
II 366. 403 (beides von mir nicht gesehen). Pai*
Memorie d. accad. d. Lincei scr. III vol. VII (1881)
339. CIL p. X 824. [Weiss.]
Gurza (die Einwohner Gurxemes auf In-
schriften [s. u.], die Stadt anscheinend Gurra in
der Tab. Peut., Topfr bei Polyb. I 74), Stadt
in Byzacium, nördlich von Hadrumetum, vgl. CIL
VIII p. 17 u. Suppl. p. 1162). Patronatsurkunde
des se?iatus populusque eivitatium stipendiario-
rum pago Gurzenses mit dem Proconsul von Afrika
aus dem J. 12 v. Chr. (CIL VHI 68. Dessau
6095); andere der civitas Gurzensis aus dem
J. 65 n. Chr. (CIL VIII 69). Angehörige der
Stadt auch in mehreren Grabschriften der .Stadt
Rom (CIL VI 36277. 32757). [Dessau.]
Gurzll, wird mit Mastima (Pluto) und Sini-
fere (Mars) als eine Hauptgottheit der Mauren
von Corippus öfters genannt (Joh. II 109 405
IV 669. 684. 1139. V 116. Vn 304. 619). Er
scheint als Sohn des Ammon betrachtet worden
zu sein (TV 669 Amnionitis), und seine Bilder
waren scheußlich (IV 1139 korrida signa). Sonst
ist aus dem Dichter nichts zu entnehmen. In-
schriftlich scheint G. nicht bezeugt zu sein, son-
dern nur die dii Mauriei im allgemeinen' (CIL
VIII 2637-2640. 9S27). * [Cumont]
Gurzubanthon, Ort an der Küste des Schwar-
zen Meeres, zwischen Sinope und dem Halys
Anon. peripl. Pont. Eux. 24, dessen Name sich
in dem kleinen Weiler Gözifet erhalten hat.
1891 VIII 79. Hamilton Reisen in Kleinasien,
ubers. von Schomburgk I 283. (Rüge 1
Gestatio (so nur Petron. 21, 6. 31, 8 und
Td Vt S! '. a Ä häufi £ er 9^stm (Martial. X 48,
i.6. XL 61, 4. 52, 12; gustum Apic. 4, 5. Porphyr
zu Hör. sat. I 3, 6), auch promulsis nach dem
dabei gereichten mulsum (Cic. ad fam. IX 16 8
2i'TT^ 0d 5 f ri 9täa memo, (Plut, qnaest. conviv.
YI1 *Ä 3 ?' 733F )' heißt das T<» den Haupt-
gerichten, der eigentlichen cena (daher ante ce~
nam ohne eigentliche Zählung als Gang und
° hn , e f a™, Ma Crob . m 13, 12; vgl. Hör. sat.
11 4, 35tt.) auf dem gustatorium (Petron. 34 1
Plin. ep. V 6, 37. Martial. XIV 88) oder pro-
mulsidare (Petron. 31, 9. Ulpian. Dig, XXXIV
4 19,10; promulsis Tertull. de paUio 5) auf-
getragene Vorgericht, das aus allerlei die Ver-
dauung befördernden oder den Appetit reizenden
/^L-T ^ agen durch Aufst oßen erleichternden
(Martial. X 48, 10 nictatrix mmtha) Speisen-
bestand, die übrigens nach Zeit, Mode, Geschmack
und Verhältnissen des Gastgehers wechselten.
Zum festen Bestände der G. gehörten Eier so
daß ab ovo ad mala sprichwörtliche Bezeich-
nung für Anfang und Ende werden konnte (Hör
sat. I 3, 6 mit Porphyrios Erklärung); erwähnt
werden sie in den Menüs bei Varro de r r I
?; U r. Ä ad fam ' IX 20 ' !• Hor - sat. H 4, 12.
Martial. V 78, 5. X 48, 11. XI 52, 8. Sodann
nehmen einen breiten Raum in der G. allerlei
pikant bereitete kalte Gemüse und Salate ein
Am häufigsten wird die lactuca genannt (Hör'
sat. II 8, 8. Martial. X 48, 9. XI 52, 5. XIII
14), ferner Kohl (brassica), Lauch (p&rri), Krause-
minze (mentha), Malven, Rauten, Grünkohl, Rüben,
Kohlrüben, Artischocken, Kürbisse, Melonen Gur-
ken, Spargel, Oliven, Maulbeeren, Sauerampfer
usw. mit allerlei scharfen und pikanten Zutaten:
für die Belege vgl. Marquardt. Umfassende
\ erzeichmsse für die G. geeigneter Speisen geben
die Arzte, besonders Cels. II 29. Zu den Ge-
müsen und Salaten treten die verschiedensten
borten von Obst und Pilzen und besonders
Schnecken, Muscheln, Seeigel und Austern in
reicher Auswahl, roh oder gekocht, auch gesal-
zene F^che und pikante Fischsaucen. Bei üp-
pigeren Gastmählern gab es auch warme Gerichte
SS»? S-'tt 80 - beiße Wärste Md geratene
Hasebmause mit Honig und Mohn bei dem Schlem-
mer Tnmalehio (Petron. 31), Geflügel bringt in
bescheidenem Maße die ferne Küchebei Hof «at
ü«r; lli w ^ 1 ? ^? vielarti g das Pontifikal-
22. *w Mw 5» 1 »- m 13, 12. In diesem sind
»och festere Braten (Reh und Wildschweine)
schon in der G. vertreten, wofür wir nur einen
zweiten Beleg, Hör. sat. II 8, 6, haben, wo aber
oftenbar das Auftragen eines Ebers gleich zum
Beginn das verächtliche Lächeln jedes feineren
Essers über die Protzenhafügkeit des Parvenüs
Nasidienus erregen soll. Bezüglich der Geschichte
der G. hören wir, daß die ältere Zeit sie noch
nicht kannte und die Mahlzeit nur aus zwei
mSS^?' de \^ w ^ JJ nd äenpocula, bestehen
10 ließ (Serv. z. Aen. I 723. 726. VIH 283) Gerade
die Hauptbestandteile der späteren G,, Salate
Gemüse und Austern, wurden früher zum Nach'
tisch eingenommen (Plut. quaest. conviv. VIII
9,8 p 733 F. [Verg.] Mor. 74. Hör. lat 11 4
p 9; ^ t - XI I IU) - Vgl. Marq*aidt-Manl)2
Privatleben der Römer 2, Leipzig 1886 323f£
Becker-Göll Gallus III, Berlin 1882, 325ff
Mau o. Bd. III S. 1896. TZiefflerl *
Gutae s. Gautae. L^egier.J
20 Gnthalus. Plinius n. h. IV 100 (Solin. 20 2}
nennt ihn als ersten Fluß in' einer von Osten
nach Westen vorwärtsschreitenden Aufzählung
der ms Nordmeer fließenden Ströme Germaniens*
als zweiter folgt die Weichsel, dann die Elbe'
In dieser Reihe fehlt die Oder, die Cluver darum
im G. erkennen wollte. Karl Müller (zu Ptolem
III 5, 1) dachte an den Luttafluß, den der Geogr
Rav. 175, 10 neben der Weichsel aufführt- er
teilte G. in Lutta (oder Gutta!) und Alus und
30 verglich mit dem letzteren die Alle, den großen
Nebenfluß des Pregel. Jedenfalls zwingt die geo-
graphische Anordnung bei Plinius, den G. im
Pregel oder Memel zu suchen. [Kiesslingl
Gutones s. Butones, Guiones
Gutruatus, b ei Caes. bell. Gall. VII 3, 1.
,5 ? 8 ' L ist mcht Eigenname, sondern ein
keltischer Titel; s. Gutuater (Holder Altkeit.
Sprachsch. I 2045t). [Münzer.]
in n ™ tta > B emame eines unbekannten römischen
40 Geschlechts. Ein Capuaner G. nahm auf selten
der Demokraten als Feldherr am Sullanischen
Bürgerkrieg teil (Appian. bell. civ. I 416; seine
zuletzt von Linden De hello civili Sullano
[Diss. Freiburg 1896] 64, 77 angenommene Iden-
tität mit dem ebd. 431 genannten Albinus ist
unrichtig). Ein Ti. Gutta (Pracnomen Cic. Cluent.
9H. 12/) gehörte zu den bestechlichen Richtern
im Prozesse des Oppianicus 680 = 74 (Cic
™S 1Uen o In, 75 " J 78 - 98 " 103 - 127 ' vgl. Schol!
50 Fers. 2, 19) und wurde später auch wegen Am-
bitus angeklagt (Cic. Cluent. 98) und 684 = 70
aus dem Senat gestoßen (ebd. vgl. 127. 130)
Ein G bewarb sich um das Consulat mit Milo
für ,02 = 52 (Cic. ad Qu. fr. IH 8, 6), muß
also vor 700 = 54 Praetor gewesen sein. Der
Zusammenhang dieser drei Männer ist nicht zu
ermitteln [Münzer.l
Guttalos s. Guthalus.
Gutturninm {guturnum Goetz Corp. gloss.
oUIat, II 36, 35; guturneum ebd. V 24, 15 und
i% 17) ist die Kanne, ans der nach der Mahl-
zeit den Schmausenden das Waschwasser über die
Hände gegossen wurde, mit engem Halse für
das tropfenweise Ausgießen (Fest. epit. 98 13
Müller = 70, 13 Thewrewk: gutturmum vm ex
quo aqua %n mamts datur ab eo quod provter
wahrscheinlich auch mit euturnium gemeint in
Fest. epit. 51, 1 Müller = 35, 32 Thewrewk,
wonach es auch zur Opferspende gedient hat
(ctäwrn&wn vas quo in sacrificiis vinum funde-
batur), wenn nicht eine Verwechslung mit dem
verwandten guüus vorliegt (vgl. den umgekehrten
Fall Goetz Corp. gloss. lat. II 202, 31 : trulleum
et gutum et aqniminale z £ Q v ißt° v > ^sotov). Das
G. wurde gewiß aus verschiedenen Stoffen her-
gestellt. Ton ist bezeugt Goetz Corp. gloss. lat. 10 = Aelian. hist. an. V 14*. Antigen. Car. de mirab.
uyaros, uyara, uyarae J.y&4
Form ist unbekannt Den Gedanken Benndorfa
(Vasenbilder III 118) und -Furtwänglers
(Samml. Sabouroff zu Taf. 73), in den halbkuge-
ligen, reliefgeschmückten, hellenistischen Gefäßen,
den sog. megarischen Bechern eben die G.
wiederzuerkennen, hat Robert 50. Winckelm.-
Progr. 3 mit Recht abgelehnt. Vgl. Pottier in
Daremberg-SaglioDiction.111674. [Zahn.]
Gyaros, Gyara, Gyarae (»? riaQog Aristot.
II 36, 35 guturnum: elöog oxevovg oozQaxivov.
Literatur: Marquardt-Mau Privatleben 655.
Daremberg-Saglio Dictionnaire n 1674 (Pot-
tier). [Zahn.]
Guttus (gulus, guitulus bei Plautus, vgl.
Forcellini Lex.), ein Gefäß, das seinen Inhalt
nur langsam, tropfenweise hergab (Varro de 1. 1. V
124: qui vinum dabant ut mtnutatim funderent
a guttis guttum appellarunt. Schol. luv. HI
ausc. 25. Arat. = Strab. X 486. Strab. X 485.
Mela II 7, 11. Tac. ann. III 68. Arrian. anab. IV 4.
Luc. Tox. 17f. Philostrai Apoll. VII 8. Itin.
Ant. 529, 2. Suid.; Gyara, ae: Plin. IV 69. VIII
104. 222; Gyarae, arum luven. I 73. X.170.
Plut. exil. 8. Steph. Byz.), ein kleines (luvenal. :
brems Gyarae), nur 23 (nach andern 17) qkm
großes hafenloses {N. KozooßtXP.ijs Neos Xif.ievo-
8dxrt}^ 10) Eiland in der Mitte der nördlichen
263; vgl. Gutturnium). Es diente zum Aus- 20 Gruppe der Kykladen (Plin. n. h. IV 69: der
gießen des Weines, besonders bei der Opferspende
(Horat. sat. I 6, 118. Plin. n. h. XVI 185), des
Speiseöles (Gell. n. a. XVII 8, 5) , des Salböles
beim Bade und in der Palästra (luv. HI 263 mit
Schol. XI 158. Goetz Corp. gloss. lat, II 36,
30. III 324, 64. V 654, 16). Der G. wurde aus
verschiedenem Material hergestellt, aus Buchen-
holz (Plin. n. h. XVI 185), aus Ton (Horat. sat.
I 6, 118, trotz Willers Bronzeeimer von Hem-
Sporaden), 14, 5 km von der Nordwestspitze
UszQtttjs (C. Bursian Geogr, v. Griech. irrig
Strimessos) von Syros, jetzt rißQog (Jaros) und
zä rtoitga (Jura) genannt (es gibt aber jetzt
ein zweites kleineres Fiovga, nördlicher zwischen
IIinEQi, WaftovQa und Ilekayov^oi gelegen). Der
alte Name G. wird von L. Grasb erger Orts-
namen 205 mit yialov zusammengebracht. Es
wäre also etwa an die Ähnlichkeit des Aus-
moer 104. Gell. n. a. XVII 8, 5), natürlich 30 sehens mit dem einer Harnischhälfte {yvalov
auch aus Metall, der das Salböl bergende unter
anderem aus Hörn, der kostbarere aus Rhinozeros-
horn (Martial. XIV 52. 53. luv. VII 130). Schon
aus der Mannigfaltigkeit der Verwendung geht
hervor, daß G, Gefäße verschiedener Form und
Größe bezeichnete, sie mußten mir einen engen
Hals haben, der die Flüssigkeit langsam aus-
fließen ließ. So ist der für das Speiseöl und der
für die Spende dienende G. wahrscheinlich eine
&d>Qaxog, Paus. X 26, 5) zu denken. G. ist rings
von Keos, Kythnos, Syros, Tenos und Andros im
Abstand von etwa 19 km Radius umgeben. Seine
Küstenurorandung ist unregelmäßig, die Süd-
spitze setzt sich in einem kleinen Inselchen (jetzt
rö riaQovrjoi = Möweneiland) fort. Die Umrisse
von G. haben etwa das Ansehen eines schief auf-
gerichteten Blockes mit jähem Steilabsturz nach
Süden und einer sanfteren Abdachung nach Norden.
Kanne, wie sie öfter in Opferbildern dargestellt 40 Der höchste Gipfel erhebt sich zu etwa 300 m.
;o+ tm~ fi j:„ j„„ c-„h.«i „„^im^ A^f^ Das Gestein ist graugrüner Glimmerschiefer mit
dünnen Lagen von kristallinem Kalk und streicht
nach Westnordwesten. Eisenerze sind nicht vor-
handen , so daß die Notiz bei Ailian von dem
Eisenreichtum der Insel auf einem Irrtum be-
ruhen muß. Die Oberfläche ist felsig, öde und
wssserarm, die Küste steil und hafenlos. Nur
an der Ostseite sind einige kleine offene Buchten
mit Sandstrand, wo Boote landen können; hier
ist. Die G. , die das Salböl enthielten, dürfen
wir jedenfalls in den runden, länglichen, flachen,
aus verschiedenen Stoffen hergestellten Salbge-
fäßen wiedererkennen. Die jetzt übliche Be-
ziehung des Wortes auf eine Gattung schwarz-
gefirnißter, mit Reliefs verzierter, attischer und
unteritalischer Tongefässe (Form Furtwängler
Vasensammlung Berlin Taf. VI 242. 243. 244.
Walters History of ancient pottery I 200. 503.
Pagenstecher Calen. Reliefkeramik 126. 128) 50 gibt es auch leidlich fruchtbare Erde, und Reste
ist nicht bezeugt, ebensowenig für die römischen — m __-.,,..
Gefäße, die Cohausen in den Annalen des
Vereins für nassauische Alterfcumsk. 1879 272ff.
Taf. VI besprochen und G. genannt hat (vgl. auch
Walters a. a. O. II 469). Literatur: Fried-
länder zu Martial XIV 52. 53. Marquardt-
Mau Privatleben 650. Daremberg-Saglio Dic-
tionnaire H 1674 (Pottier). [Zahn.]
Gyale (yvdkq oder yvä/.as, jedenfalls mit
von Terrassen mauern zeigen alten Anbau an. In
der Nähe liegen unweit einer Quelle und eines alten
Molos die dürftigen Ruinen des antiken Fischer-
und Purpiirmnschelsammlerdorfes , dessen Armut
bekannt war. Immerhin wurden zwischen 300
und 200 r. Chr. auf G. autonome Kupfermünzen
geprägt (Head-Sworönos 'Iot. Nop. I 616.
Catalogue of the Brit Mus. , Islands 100). Die
Averse zeigen einen turmgekrönten Frauenkopf,
yvalov verwandt), nach Philetas bei Athen. XI 60 die Büste der Artemis oder einen Hirsch, so daß
467 c Bezeichnung eines Trinkgefäßes bei den wir auf deren Verehrung zu G. schließen dürfen,
orü angtistias gtätatim flucti. Vgl auch li an
o. Art. Aqnaemanile). Dasselbe Gefäß ist
Megarern, nach Hesych (yvedag, ridos .-zoTqgiov
Tiaga MaxeÖooi; vgl Etym. M. 243, 13) ein Trink-
gefäß bei den Makedonen, das sie nach Marsyas
(ebenfalls bei Athenaios, vgl. die Bemerkung von
v. Wilamowitz in Kaibels Ausgabe) anch zur
Opferspende brauchten (vgl Ritsch 1 Opusc. I
463. Hoffmann Die Makedonen 71). Seine
Pudy-Wtesowa-KroH VII
die Reverse Perseus oder eine Ähre, so daß doch
etwas Ackerbau (auf den noch erhaltenen Ter-
rassen vielleicht auch Weinbau) getrieben worden
zu sein scheint. Man erzählte sich , daß die
Mäuse einst so überhandgenommen hätten, daß
sie Eisen gefressen und die Bewohner genötigt
hätten, vor ihnen zu weichen (Plin. n. \ VHI
62
104. 222). GL war in der römischen Kaiserzeit
ein gefurchterer Verbannungsort für Staatsver-
brecher (luven. 1 73. Tac. ann. IV 30. Plut. exiL 8),
da das hafenlose und darum wenig besuchte Eiland
die Flucht erschwerte. So wurde z. B. unter Kaiser
Tiberius C. Silanus wegen Erpressung und Maje-
stätsverbrechens nach G. verbannt (Tac. ann. III 68).
Im Anfang der römischen Kaiserzeit mußten die
Bewohner von G, jährlich 150 Drachmen Abgabe
zahlen. Sie sendeten 29 v. Chr. an Kaiser 10 worden ,~wie" sonst zuweilen Athena und Anaitis
gnost. Kanones bei Cramer Anecd. Oxon. II19 r
108 F6qü (lies rvyä) ■ 'A&iprä eyx&Qtös. Über
die gemeinsame Quelle von Schol. Lykophr. und
Hesych. vgl. Wentzel 'Eäuth^tms VII 19.
Nach Eustath. Hom. 11. 366, 3 führt Athena die
Epifclesis G. von einem Kult in Koloe an der
Fvyaia HpLvr\. Die gewöhnlich als Artemis Ko-
loene (s. d.) aufgefaßte Anaitis von Koloe wäre
danach gelegentlich auch als Athena G. erklärt
Augiistus eine Gesandtschaft, die um Ermäßi-
gung bitten sollte, da sie kaum 100 aufbringen
könnten (Strab. X 485, der mit einem der Ge-
sandten nach Korinthos fuhr). Bei Reisenden des
angehenden Mittelalters zuweilen genannt, Itin.
Ant. 529,2. Fiedler Heise durch GriechenL II
158ff. L. Roß Inselreisen I 5. II 170f. C. Bur-
sian Geogr. v. GriechenL II 348ff. 467. A. Phi-
lippson Beiträge zur Kenntnis der griechischen
identifiziert werden (vgl. o. Bd. I S. 2031, 4 unter
Anaitis}. Allein die erste Silbe Tv ist für die
Epiklesis bei Lykopin*, kurz, für den Namen des
Sees bei Hom. II. II 865 lang.
2) Tochter des Gyges, Mutter des Antiphos
und Mesthles, nach der falschen Erklärung von
Hom. IL II 865 rd> Vvyair] zexe XC(avtj als tw
Tvyaif] (= die Tochter des Gyges) tehs Upivfi
{= tzolqol rfj Mpvrj), Schol. und Eustath. (p. 366, 4)
Inselwelt 34. British Admiralty Chart nr. 1817. 20 zu Hom. II. a. a. 0. w [Jessen.]
N. KotaoßiXlrjQ Neos Ai/xsvoSetxnjg 2 10. Gygaie, Gygaia liiime, Gygamim stagnum (tf
[Bürchner und Philippson.] Fvyacy Xiiivt] IL XX 391, vgl. II 865 = Strab.
Gryftg. 1) Ein Gefährte des Aineias, für den
der Beiname fortis typisch ist (Verg. Aen. I 222.
612). Bei dem Sturme, welcher Aineias nach
Afrika treibt, wird G, gerettet (ebd. Sllff.). In
den Leichenspielen für Anchises steuert er das
Schiff Chimaera und gelangt als dritter ans Ziel
(ebd. V 118ff.- vgl. Hyg. fab. 273). Auch kämpft
Ivyairj
XIII Q2Q. Quint.Smyrn.Xr68. Herodot. I 93;
rf Tvyaia Upivr] Strab. XIII 626. Hesych.; Gy-
gaeum stagnum Plin. n. h. V 110), ein See in
Lydien (Lotungen 130 m Tiefe, R. Kiepert
Karte t. Kleinas. C I). Später hieß er Kokon
Xlfxvt] (s. d.), jetzt Mermerc göl (= Marmor-
see). Der antike Name hängt in irgend einer
er mit Glück gegen die Rutuler. Von ihm leitete 30 Weise mit dem des Königs Gyges (s. d.) zu-
sich nach Serv. Aen. V 117 das patrizische Ge-
schlecht der Geganii her, welches Vergil (a. a. 0.)
wohl absichtlich, weil es in späterer Zeit un-
würdige Mitglieder hatte (Plin. n. h. XXXIV 12),
nicht erwähnt, während er den Zusammenhang
der übrigen Steuermänner mit vornehmen römi-
schen Familien hervorhebt,
2) Ein mit der Keule bewaffneter Latiner,
den Aineias zusammen mit seinem Bruder Kis-
sammen (dessen Grabhügel daran? Herodot. I
93). Im Süden befindet sich eine uralte Nekro-
polis. Von ihr stammen polierte Nephritheile
(mehrere in meinem Besitz). Südöstlich sind die
Ruinen des Tempels der Artemis Koloene (s. d.)
und südlich der sog. Tumulus des Alyattes neben
vielen anderen Grabhügeln am Abfluß des Sees
zum Hermos bei Bin Tepö (= 1000 Hügel) und
Phalloi. Der See war von Menschenhand ange-
seus tötet (Verg. Aon. X 3 18ff.). Die Waffe kommt 40 legt, damit Sardeis vor den Überschwemmungen
:i "~ ""'' J "™ TJ -"' 7 — :1 "■*- ,7 " "- bewahrt bleibe, Herodot 193. Mannert Geogr.
VI 3, 364. Chandler Travels 367ff. A. Pro-
kesch -von Osten Denkwürdigkeiten III 19.
24. 49f. v. Richter Wallfahrten im Morgenl.
800. Beaujour Voyages II 470. W. Hamil
ton Researches in As. min. I 144f., vgl. Journ.
hell. Stud. I 87. [Buichner.]
Gyges. 1) Mcrmnade, Urgroßvater des gleich-
ligen Königs, Vater und Großvater eines Das-
ihm und dem Bruder zu, weil sein Vater Me-
lampus mit Herakles nach Italien gekommen war.
[0. Eossbach.]
rvf} erscheint als Feldmaß bei Homer Od.
VII 113 und IL IX 578f. in den Zusammen-
setzungen TETgayvov und rifievog Tisvzrjxovxöyvov.
Nach Eustath. zu Od. XVIII 371—374 bedeutete
nanngen Königs,
das xtxQayvov ein Stück Feld, das ein rüstiger
Arbeiter in einem Tage bepfliigen konnte. Über
den Betrag der y. sind wir im Ungewissen; viel- 50 kvlos nach Nikolaos von Damaskos frg. 49 (= FHG
leicht hat die IL IX 579 und Od, XVIII 374 ILT p. 382).
erwähnte y, dem späteren h)Mqov entsprochen,
während Öd. VII 113, wie es scheint, ein Maß
von 12 Plethren gemeint ist. Hultsch Metro-
logie 2 40—42. Gegen die Annahme von Ridge-
way Metrological Notes 7, daß die ■-. ein Ob-
longum von 1 Stadion Länge und 1 Plethron
Breite gewesen sei, habe ich Liter. Centralbl.
1888, 1555 mich ausgesprochen.
p. 882).
2) Gyges, König von Lydien, Begründer der
Mermnaden-Dynastie und als historisch hervor-
ragende Persönlichkeit zugleich Träger eines
Sagenkreises. Rein Geschichtliches ergeben für ihn
die zeitgenössischen Nachrichten aus den Annalen
des AssjTerkönigs Assurbanabal (668 — 626) und
eine Erwähnung bei Archilochos; Geschichtliches
mehr oder minder stark mit Sagenhaftem ver-
Unter dem Namen yvrjg ist ein Ackermaß 60 mischt drei zusammenhängende griechische Be-
aus Lakonien nach Tarent und von dort nach richte, nämlich der auf Xanthos den Lyder zu-
Herakleia am Siris übertragen worden. Es hat
wahrscheinlich 48 Plethren älteren griechischen
Maßes = 4,76 Hektar enthalten. Hultsch Me-
trologie 2 41, 6. 668ff. [Hultsch.]
Gygafa (rvyaia). 1) Epiklesis der Athena,
Lykophr. 1152 nebst Schol.; eine andere Form
ist Oyga, Hesych. Ivyä-'AShfvä iyx<*>QW, Theo-
rückgehende, bei Nikolaos von Damaskos frg. 49
(FHG III 380ff.) und 62f. (ebd. 395f.), der des
Herodotos I 8—14 und Piatons Erzählung in der
Politeia II 359 D. Am meisten wirklich oder
möglicherweise Historisches ist aus Xanthos teils
direkt zu entnehmen, teils durch Scheidung des
Geschichtlichen vom sicher Sagenhaften mittelbar
iy&Y
ttyges
ttyges
1958
zu gewinnen. Dazu treten eine Anzahl historisch
wertvoller oder verwertbarer Einzelnachrichten
bei anderen klassischen Autoren. Wir betrachten
1. das geschichtlich Gesicherte, 2. die
möglicherweise historischen Nachrichten,
3. die Chronologie, und werfen schließlich 4. einen
Blick auf die mythischen Züge und Motive.
1. Als geschichtlich feststehend wird zu
gelten haben, daß G., der als Sohn des Daskylos
Mitglied der am lydischen Hofe seit langer Zeit 10
einflußreichen und teils geachteten, teils gefürch-
teten Familie der Mermnaden war, sich durch
Entthronung des letzten Heraklidenkönigs der
Herrschaft bemächtigte und daß ihm. dabei die
'Gemahlin dieses Herrschers, mit der er in ehe-
hrecherischen Beziehungen stand, in irgend einer
Weise behilflich war. Die Usurpation ging nicht
ohne Widerstand von statten, namentlich wider-
setzte sich Lixos, der Vertreter der mit den
Mermnaden rivalisierenden Adelsfamilie der Tylo- 20
nier, dem neuen Herrscher, und daß er (Xanthos
bei Nie. Damasc, FHG III 384) die Lyder vorher
vor den Anschlägen des G. gewarnt habe , er-
scheint nicht ausgeschlossen.
Die Befestigung seiner Herrschaft hatte G.
großenteils der Unterstützung des delphischen
Orakels zu verdanken, das er durch reiche Weih-
geschenke in Gold und Silber gewann und be-
lohnte. Der von ihm herrührende Schatz wurde
von den Delphiern nach dem Namen des Gebers 30
als Fvydöa; bezeichnet (Herodot. I 14). Lixos
wurde vom Hofe und vom Angesicht des Königs
verwiesen, und als er später doch einmal mit G.
zusammentraf, nur mit Mühe durch die Umgebung
des Königs vor der Hinrichtung geschützt (Nie.
Dam., FHG III 385f.).
Als zielbewußter und energischer Herrscher hat
G. sein Augenmerk auch auf die Ausdehnung der
lydischen Herrschaft bis zum Ägäischen Meere hin
gerichtet. Er hat Milet (Herodot I 15), Smyrna40
(ebd. und Paus. IV 21, 3. IX 29, 2 , vgl. auch
Dositheos, FHG IV 401 frg. 6 [aus dem 3. Buche
■der Lydiaca]) und wahrscheinlich (Nie. Dam. frg. 62,
■Sage, aber doch mit historischem Kern, so richtig
Schubert Gesch. d. Könige v. Lvdien 37, anderer
Meinung Ed. Meyer Gesch. d. Altert. I § 454 A)
auch Magnesia, vermutlich das am Sipylos, be-
kriegt und Kolophon (Herodot. I 15) zeitweilig in
Besitz genommen. Nach Strabon XIII 590 hat er
auch die ganze Troas beherrscht und es den 50
Milesiern ermöglicht, die Kolonie Abydos zu
gründen. So wird auch Daskyleion. das zur Zeit
des dritten Mennnadenkunigs Sadyattes sicher
existierte (frg. 63), mit Duncker Gesch. des
Altertums s II 582 als eine Gründung des G. zu
betrachten sein, die er nach seinem Vater be-
nannte. Ebenso wird man auch erfolgreiche Be-
strebungen gegenüber den karischen Städten und
Dynasten in Betracht ziehen dürfen. Doch
werden alle diese Erfolge seiner Regierung durch 60
den Einfall der Kimmerier rückgängig gemacht
oder in Frage gestellt worden sein. Der Ein-
fall der in der Chersone3US Taurica, der heutigen
Krim heimischen Kimmerier, die sei es ein thraki-
scher Stamm waren, sei es ein Bindeglied zwi-
schen den Thrakern und den westlichsten Iraniem,
•den die Steppen Bußlands bewohnenden skoloti-
-schen Skythen, bildeten, gehört in den Zusammen-
hang einer großen Völkerbewegung, die thrakische
Völker sowohl östlich um das Schwarze Meer wie
westlich über die Meerengen nach Vorderasien
brachte, und an der auch z. B. als Dränger und
Verfolger der Kimmerier skythische Völkerschaf-
ten, besonders die A(I)schkuzäer, östlich um den
Kaukasus durch den Paß von Derbent am Kaspi-
schen Meer herum in die nachmalige Atropatene,
heute Azerbaidjän, die nordwestlichste Provinz
Persiens, eindrangen.
Die Kimmerier (assyr. Gimirraia) waren
gegen Ende des zur Zeit Sargons II. von Assy-
rien (722—705) durch die zentralen Kaukasus-
pässe, über die heute die grusinische und die
ossetinische Heerstraße führen, in Vorderasien
eingebrochen, wo ihr Ansturm zunächst die nörd-
lichen Provinzen des vorarmenischen Großreiches
Urartu-Chaldia traf: der durch die Assyr er uns
überlieferte Selbstmord (714 v. Chr.) Rusas 1 L,
seines mächtigen Beherrschers, des unermüdlichen
Gegners Sargons, wird damit zusammenhängen.
Rusas 1 Sohn Argistis II. hat offenbar Mühe ge-
habt, den Kern des Reiches zu erhalten und die
dort angerichteten Verheerungen einigermaßen zu
heilen. Herodots Angaben (I 103 und IV 1, 12)
werden so durch die Angaben der assyrischen In-
schriften (Win ekler Altorientalische Forschgen.
I 484ff. [1897]), sowie durch den Befund, der sich
aus den einheimischen Keilinschriften für die Ge-
schichte Urartu-Chaldias ergibt, vollauf bestätigt.
Erst Rusas IL, dem Enkel Rusas' L, gelang
es, das Reich in seinem vollen Umiang wieder-
aufzurichten und die Zerstörungen, die an dessen
Peripherie durch die Kimmerier angerichtet wor-
den waren, zum Teil durch Neugründungen wieder
gutzumachen. Mit den Kimmeriern, die er auf
gütlichem Wege oder mit Gewalt aus seinen Ge-
bieten entfernt hatte und mit denen auch Assar-
haddon von Assyrien (681 — 668) seinerseits zu
kämpfen hatte, stand er schließlich im Bunde
gegen den Assyrerkönig , mag auch eine An
zahl von ihnen in Sold genommen haben (vgl.
Knudtzon Assyrische Gebete an den Sonnen-
gott I 149ff. Lehmann - Haupt Die Einwande-
rung der Armenier im Zusammenhang mit den
Wanderungen der Thraker u. Iranier, Verhandl.
XIII. Orient. Kongreß zu Hamburg 1902, 130;
Materialien zur älteren Geschichte Armeniens u!
Mesopotamiens [Abh. Gott. Ges. d. Wiss. 1907
IX 3] 67. 178; Armenien einst u. jetzt I [1910]
S. 14, 172). Auf ihrem weiteren Zuge nach Westen
zerstörten die Kimmerier Sinope und überfluteten
das moschisch-phrygische Reich, wo der letzte
Midas (Mita von Musku) sich gleich Rusas I. das
Leben nahm. Weiter westwärts vordringend,
brachen sie dann in Lydien ein, um später mit
den von Westen her über die Meerengen nach
Kleinasien vorgedrungenen Völkern thrakischen
Stammes, besonders den Treren, zusammenzu-
treffen und wohl auch gemeinsame Sache zu
machen (vgl. noch unter Chronologien. S. 1962ff.).
Um sich der Kimmerier zu erwehren, knüpfte
G. mit Assyrien Beziehungen an, die vom König
Assurbanabal als eine Unterwerfung geschildert
werden. Auch werden in dessen Annalen die Er-
folge des G. gegenüber den Kimmeriern auf diese
Mitwirkung Assyriens zurückgeführt. Dem G.
soll in einem Traume der Gott Assur erschienen
iaoy
uygea
irygea
lybiP
sein und zu ihm gesprochen haben; , Die Fiiße
Assurbanabals umfasse, und du wirst durch, seinen
Namen deine Feinde besiegen. Von eben dem
Tage an, da er meine königlichen Füße umfaßte,
besiegte er die Kimmerier'. Die unbestimmte
Ausdrucksweise läßt vermuten, daß es sich höch-
stens um eine bescheidene Hilfsendung aus den
Lydien nächst benachbarten kilikischen Provinzen
des assyrischen Reiches, Hilakku und Kui, gehan-
weiter zu folgern sein, als daß G, zufällig zur Zeit
eines Kimmeriereinfalles in höherem Alter eines;
natürlichen Todes gestorben ist.
2. Zu den Punkten, die möglicherweise aber
nicht sicher geschichtlich sind, gehört die-
Frage, ob G. außer mit dem von ihm durch Mord
beseitigten Könige noch mit einem anderen An-
gehörigen des Heraklidenhauses zu kämpfen ge-
habt hat. Nach Nikolaos heißt der von G. be-
delt haben kann. Wichtiger als die assyrische 10 seitigte letzte Heraklidenkßnig Sadyattes, nach
..,*_ n „:.i™ a:„ i«_i.- TT_ t __^4. Herodotos (und den Chronographen) Kandaules.
Nun erscheint bei Plut. quaest. graec. 45 die-
Nachricht von einem offenen Kampfe zwischen
Kandaules und G. Die Frage, warum der Zeus,
von Labranda in Karien ein Beil in der Hand,
hält, wird dort dahin beantwortet: 6'zi 'HgaxXrjg
'bzxolvzrjv wioxTEivaQ xal ftsra z&v allayv ojiloiv
avrfjg kaßihv zov Tiilsxvv, 'O/LKpaAtj ö&oov öeöco-
xev oi de fiEt 'O/Mpdlyv Avh&v ßamlüg i<poQovv
wäre G. sicher die urartäische Unterstützung ge-
wesen. Jedenfalls ist ein erster Ansturm der
Kimmerier abgeschlagen worden, und G. hat Assur-
banabal zwei gefangene kimmerische Häuptlinge
übersenden können. Nachdem diese erste Gefahr
vorüber, hat sich dann G. mit Psammetich (663
—610) von Ägypten verbündet, der zunächst in
der seit Assarhaddon assyrischen Provinz Ägypten
unter assyrischer Oberhoheit das Fürstentum Sais
gleich seinem Vater Necho beherrscht hatte, dann 20 avrov, tag zi iw ätiew isqwv ex diadoxys naga-
aber das assyrische Joch abwarf und Ägypten unter
seiner, der 26. Dynastie selbständig machte (s. u.
S. 1964). Bei einem erneuten Einfall der Kimmerier
soll dann G. seinen Tod gefunden haben. Auch hier-
über drücken sich Assurbanabals Inschriften wieder
höchst unklar aus. Als G. sich mit Psammetich
gegen Assyrien wandte , so heißt es , habe der
Assyrerkönig zu den Göttern „gebetet: ,Vor seinen
Feind werde sein Leichnam geworfen, und man
Xafißdvovros ' ä%oi Kavdm'drjg azux^iwoag hl z<av
staiocov <poosiv sdooxev, STiel Öe rvytjg äitoöiag-
EJtoXsftEt jzoog avTÖv, rjk-&sv "ÄQOfjhg ex MvIsojv
ETiixovqog zoj Tvyri {.teza dvväfiecog , xal zov ze-
KavftavXrjv xal zov foaiQov avzov diaipdeioEt • xal
zov xifoxvv slg Kagtav sxofiioe fiera xdv cülAcov
?.aqpvg(ov usw. Hier gilt es zwar, einen Kultbrauch
zu erklären, aber die Nachricht von dem Kampfe*
könnte davon unabhängig sein. Da nun G. mit dem
möge seine Gebeine fortführen'. Wie ich Assur 30 Könige, den er ermordet hat, schwerlich in offenem
gebeten, erfüllte es sich; vor seinen Feind wurde
sein Leichnam geworfen, und man führte seine
Gebeine fort. Die Kimmerier, die er unter sich
getreten hatte (deren er Herr geworden war),
kamen heran und warfen sein ganzes Land nieder.
Nach ihm setzte sich sein Sohn auf seinen Thron.
Das böse Werk, das die Götter, die mich stärken,
auf das Erheben meiner Hände hin an dem Vater,
seinem Erzeuger vollführt hatten, meldete er mir
Kampfe gelegen haben kann, so müßte man ent
weder die Nachricht von der Ermordung des Königs,.
in der alle Quellen übereinstimmen, für falsch
halten, oder aber mit Schubert Gesch. d. Könige-
von Lydien (Breslau 1884) 32ff. annehmen , daß
nach der Ermordung des Sadyattes noch ein anderer
Angehöriger der Dynastie namens Kandaules den
Usurpator bekämpft hat, wobei ganz dahingestellt
bliebe, ob G. dabei wirklich von den Karern unter-
durch seinen Boten , erfaßte meine königlichen 40 stützt wurde. Bei Herodot läge dann eine der bei
Füße und ließ sagen: ,Du bist der König, von
dem Gott wissen will. Meinem Vater fluchtest
du und Böses geschah ihm (wörtlich wurde in
[vor] seinem Angesichte vollführt). Mich, den
Knecht, der dich fürchtet, segne, und ich will
dein Joch tragen." " Die unbestimmte Form des
Gebetes wird hier in dem Bericht über dessen Er-
füllung beibehalten, was sehr verdächtig ist. So
wie sie dastehen, können die Worte besagen sollen,
ihm so häufigen Personenverwechslungen vor. An
Stelle des heraklidischen Königs wäre der letzte
Vertreter des heraklidischen Geschlechts getreten.
Andererseits ist doch aber offenbar auch bei Plut.
Kandaules der König, von dem G. abgefallen
ist, und es muß unentschieden bleiben, ob der
Nachricht bei Plut. das Gewicht eines selbständigen
Zeugnisses zukommt, oder ob nicht lediglich der
aus Herodot bekannte Gegensatz zwischen G. und
daß G. im Kampfe mit den Kimmeriern gefallen ist, 50 Kandaules in einen lydisch-kari sehen Konflikt
oder aber, daß er angesichts der Kimm erierge fahr — ^ — •*-*-•-->- -• — i ..-?-•*. _^. . ■, T
sei es wie Rusas I. und Midas durch Selbstmord,
sei es durch eine Revolution ums Leben gekommen
und ,sein Leichnam vor die Feinde geworfen worden'
ist. Wäre aber ersteres der Fall gewesen, so hätten
die Assyrer das sicher erheblich deutlicher und
nachdrücklicher hervorgehoben. Eine Revolution
aber erscheint um deswillen ausgeschlossen, weil ja
die Dynastie un erschüttert blieb und die Thronfolge
unberechtigterweise als Leitmotiv von der Legende
hereingetragen worden ist. Beachte übrigens auch
Plin. n. h. XXXV 55 : Candaules , qui et Myr-
silus voeitaius est,
3. Chronologie. Das Zeitalter des G.
ist Gegenstand einer eingehenden Untersuchung
H. G elz er s gewesen (Rh. Mus. XXX [1875] 230ff.),
deren wesentliche Ergebnisse Gültigkeit behalten..
Es können hier nur die Hauptpunkte berücksichtigt
glatt von statten ging, trotzdem G. ein Usurpator 60 werden, und ferner die Einzelheiten, soweit sie durch
war. Von einem Selbstmord des G. aber würden
die Assyrer doch wohl ebenso gut berichtet haben
wie von dem Rusas 1 I., den sie freilich durch assy-
rische, gegen Westen erfochtene, sehr fragwürdige
Erfolge zu begründen suchen. So wird möglicher-
weise, umsomehr als auch die griechischen Be-
richte nichts Besonderes über G.s Tod melden, aus
den mysteriösen assyrischen Wendungen nichts
neue Funde oder durch Fortschritte, besonders im
Verständnis der keilinschriftlichen Berichte, be-
dingt sind. Den Tod des G. und den zweiten Kim-
meriereinfall berichten nicht alle Fassungen der
Annalen Assurbanabals, sondern nur die späteren
des Cylinders A (H. Rawlinson The euneifonn
inscriptions of Western Asia LTI [JJI R] 3, 5S.\
j ond des Bassam-Cylinders (V R 2, 95£). Die-
i.yoi tiygea
.älteste Fassung, die des Cylinders B, kennt nur die
durch den ersten Einfall begründete Huldigung.
Dieser Cylinder B ist geschrieben unter dem Epony-
mat des Belsunu, das nicht vor das J. 650 fällt
./George Smith setzte es 646, P eis er Mitt. Vorder-
as. Ges. VI (1901) 131 ins J. 649, C. H. W. Johns
Proceedings of the Society of Biblical Archeology
XXIV (1902) 235ff. ins J. 648. Der nächstliegende
Schluß ist also, daß G. nach 650 gestorben ist und
uyges laoa
Schreibfehler, wie in der Series' (die Ardys 48
statt wie Kanon, Synkellos und Barbarus 38,
und Alyattes 45 statt 49 Jahre gibt) , seien. Allein
dagegen spricht der Umstand, daß Eusebius mit
der ihm eigenen Sauberkeit und Klarheit gerade im
ersten Buche Königslisten und Jahreszahlen sehr
sorgfältig nach der Quelle zusammenstellt, während
die Zahlen des Kanons usw. wenig zuverlässig,
bezw. zurecht gemacht sind. Eine ganz analoge
daß seine auf 35 — 38 Jahre (s. u.) angegebene Re- 10 Erscheinung wie bei der lydischen Liste, zeigt
gierungszeit zunächst annähernd auf ca. 685 — 650
zu setzen ist. Das wird bestätigt durch Archilochos
(frg. 25 Bergk) ov poi zä rvysco zov xoXvxqvoov
jälst. Daß G. damals noch lebte, brauchte an sich
daraus nicht bestimmt gefolgert zu werden, da der
Dichter ja auch einen wegen seines Reichtums sprich-
wörtlichen, verstorbenen Herrscher meinen konnte.
Da aber Archilochos (frg. 74. Bgk.) die totale
Sonnenfinsternis vom 6. April 648 v. Chr. (Ginzel
auch die Textgestalt der korinthischen. Auch
dort bietet uns der armenische Text des Eusebius
(und ebenso Synkellos) dieselben Zahlen des Dio-
doros, während unmittelbar an den Diodorisehen
Auszug ein Königsverzeichnis mit den kirchlich
rezipierten Zahlen angehängt, wird und dieses hin-
wiederum wird im Kanon, in der Series Regum
und bei Samuel vor Ani reproduziert.' Nach diesen
Angaben hätte nun G. von 687 bis 652 regiert.
Specieller Kanon der Sonnen- und Mondfinsternisse, 20 Dagegen beruht die in der neueren Literatur mehr-
Berlin 1899, 167ff.) erlebte, die nach obigem so
nahe an G.s Lebensende heranreicht, so bestätigt
sich der erste Eindruck, daß es sich um einen
.zeitgenössischen Herrscher handelt, tatsächlich.
Andererseits erscheinen aus diesem und weiteren
Gründen (s. u.) drei antike Ansätze von G.s
Regierungszeit als falsch. 1. Nach Herodot folg-
ten den Atyaden 22 Herakliden mit 505 , so-
dann 5 Mermnaden mit 170 Jahren 14 Tagen.
fach begegnende Angabe, ,nach den Chronographen'
falle die Eroberung von Sardes durch die Kim-
merier und der Tod des G. ins J. 657 (Ed. Meyer
Gesch. II l § 295 S. 459, H. Winckler Altorient.
Forsch. I 495), auf einem Mißverständnis (s. u.
S. 1964), nicht, wie Maspero Histoire III 428
n. 4, der seinerseits an 652 festhält, annimmt, aul
einer Berücksichtigung assyrischer Angaben.
Zu den Nachrichten, die wir sonst über das
Die Regierung des letzten Mermnaden Kroisos 30 Vordringen der Kimmerier haben, paßt das J. 652
•endigte mit dem Fall von Sardes, den die alexan-
drini sehen Chronographen (Apollodor bei Diog.
Laert. I 38. Sokr. ebd. I 95. Euseb. a. Abr. 1470
= Ol. 58, 3. Exe. Barbari p. 446) in den Herbst
■Ol. 58, 3 — 546 setzen, was durch die Nachricht
4er Annalen des letzten babylonischen Königs
Nabonid, wonach im dritten Regierungsjahre des-
selben 547 v. Chr. Kyros mit seinem Heere den
Tigris bei Arbela überschritt, um gegen Lydien
als das der Eroberung von Sardes recht wohl.
Da sie zu Assarhaddons Zeiten bereits Urartu
von Osten kommend hinter sich gelassen haben
(o. S. 1958), so fällt ihr Vordringen nach Phry-
gien in die Zeit nach 680, so daß von den
beiden Daten für den Selbstmord des letzten Midas
676 den Vorzug vor %% verdient. G.s Gesandt-
schaft an Assurbanabal und sein Sieg über die
Kimmerier mag dann mit Geizer um das J. 660
(ana mat Lu-u[d~di]) zu ziehen (Klio II [1902] 40 zu setzen sein. Die keilinschriftliche Tontafel
S. 344 und was dort zitiert), aufs beste bestätigt
wird. Danach hätte G. 716 v. Chr. zu regieren be-
gonnen ; Herodot gibt ihm 38 Jahre bis 679/8.
2. Nach der mit Ardys I (Ol. 1) beginnenden
Liste des Africanus (bei Euseb. im Kanon [78ff.
84ff. Schoene] , in der Series regum [p. 14] , bei
Synkellos [455, 10 ed. Bonn.] und in den Excerpta
Barbari [p. 44b]) hätte G. 36 J., 698-663, regiert.
3. Nach Euphorion bei Clem. Alex, ström. I
K 2675 erwähnt sie und den zweiten äypti-
schen Feldzug Assurbanabals 663/2; vgl. Mar-
q uar t Chronologische Untersuchungen 710 [76]ff.),
dagegen noch nicht die auf diesen folgende ver-
gebliche Belagerung von Tyrus. — Als Führer
der Kimmerier, die Sardes eroberten, nennt Stra-
bon (in 61) den Lygdamis, der schließlich in
Kilikien zugrunde gegangen sei. Aus assyrischen
Nachrichten wissen wir in der Tat, daß Dug-
<vgl. Plin. n. h. XXXV 55) hätte er Ol. 18 ( = 708fF.) 50 dämme, König nördlicher Völker, unter Assur-
J n - v Ll --- ""«— - banabal die assyrische Grenze überschritt: das
kann, soweit Kleinasien in Betracht kommt, nur
in Kilikien gewesen sein, das Assurbanabal unter-
worfen hatte (und zwar — nach der Huldigungs-
gesandtschaft des G. ; da der kilikische Tribut
in K 2675 noch nicht, sondern erst in Cylin-
der B erscheint). Als Nachfolger Dugdammes
nennt Assurbanabal dessen Sohn Sandaksatru.
Es hat also mit dem Tode des Lygdamis seine
zu regieren begonnen, und da Xanthos (Clem.
Alex. 1 132| die Gründung von Thasos, an der Archi-
lochos (frg. 21), G.s Zeitgenosse, teilnahm, Ol. 18
setzt, so wird dieser Ansatz auf Xanthos zurück-
gehen. Vielleicht liegt all diesen falschen Be-
rechnungen eine Verwechslung, sei es mit dem
Geburtsdatum unseres G„ sei es mit dem Todes-
datum des älteren G. zu Grunde.
Es bleibt nun noch eine vierte, nicht von vorn-
herein zu verwerfende Berechnung übrig. In der 60 Richtigkeit, und dieser kann sehr wohl den An-
Chronik gibt Eusebios dem Alyattes und dem
Kroisos 49 und 15 Jahre in Übereinstimmung mit
Kanon, Synkellos und Barbarus, dagegen im Wider-
spruch zu diesen dem G. 35 (statt 36), dem Ardys
37 (statt 38), dem Sadyattes 5 (statt 15) Jahre.
,Zwar auf den ersten Blick 1 , sagt Geiz er 241,
,könnte man geneigt sein anzunehmen, daß die
Abweichungen von den Zahlen des Kanons bloße
laß für die Huldigungsgesandtschaft des Ardys
gegeben haben, da ,das gemeinsame Interesse,
welches Assur und Lydien, auch den Assyrern
deutlicher zum Bewußtsein' gekommen sein wird,
,als die Kimmerier in Kilikien an der assyrischen
Grenze standen'. Eine Schwierigkeit aber bleibt
bestehen ; da Cylinder B nicht vor 650 geschrieben
sein kann, läßt sich 652 für den Tod des G. nur
unter der Voraussetzung halten, daß er bei Ab-
fassung von Cylinder A zwar schon erfolgt, aber
noch nicht in die assyrischen Berichte aufge-
nommen war. Dies würde erst geschehen sein,
als Ardys die Beziehungen zu Assyrien wieder an-
geknüpft hatte, eben nach dem Tode des Lygdamis-
Dugdamme. Und sieht man näher zu, so wird
diese Voraussetzung durch den Bericht der Cylin-
der A und Em geradezu gestützt , da es ja dort
iryges
iyt>*
äußerste untere Grenze ausnutzen. Cylinder B
läßt den Ausgang des babylonischen Aufstandes
noch nicht ahnen : es ist daher weit berechtigter,
ihn 649 oder 650 anzusetzen, womit der Beginn
des babylonisch-vorderasiatischen Aufstandes ins
J- 653 (654) rückt Um 654/3 wird man daher
des Gr. Abfall und Psammetichs Erhebung anzu-
setzen haben: letzterer benutzte diese kostbare-
hÜJftt Tr^F^^F 5 ^' d A a es J a n dort Gelegenheit, um mit seinen unterägyptischen
™ Hl** t7 l e ^?^ G ;,^/^ e ä ö ^ 10 Kollegen aufzuräumen. Dieser Ansatf Cdin
von dem, was seinen Vater widerfahren, Kunde
gegeben hatte. So hatte es Greiz er, dem
Maspero beistimmt, stillschweigend angenom-
men, undWinckler hält es sogar unter der —
irrigen — Voraussetzung, daß G. bereits 657,
acht Jahre vor Abfassung des Cylinders B (,649')
gestorben sei, für denkbar. Auch ist es ganz im
Sinne der assyrischen königlichen Annalistik, die
Niederlagen zu vertuschen, Erfolge zu übertreiben
erwünschter Weise bestätigt und noch näher ein-
geschränkt durch die Stele, die von der Adop-
tion der Äthiopin Nitokris durch Psammetich I
handelt und die zeigt, daß in seinem neunten
Regierungsjahre, 654 v. Chr., Psammetich bereits-
Herr von Oberägypten war, das er von der äthiop-
pischen Oberherrschaft befreit hatte (s. Breast ed
Ancient Records of Egypt. IV (Chicago 1906) 4
p. 477fl\). Um dieselbe Zeit muß er seine All-
«+roh+ rlaß A ar \\>i> n j n e- ■■- -"«""~ ^ f ■*""■;• uju uitjseiue ieix murj er seine A
strebt, daß der Abfall des G erst berichtet wird, 20 einherrschaft in Ägypten durchgeführt haben
als er mit seinen T^nlo-Pn Qa «13^^«^ «t,«™, — ,!„„ a_ ., . T 9 ". 1 ; I 7>: wuu n * UL11 '
als er mit seinen Folgen als glänzend überwunden
hingestellt werden kann. Doch ist damit die Frage
noch nicht völlig erledigt. Cylinder B berichtet
nicht nur von G.s Gesandtschaft, sondern auch
vom Beginn des von Samassumukin angezettelten
großen Aufstandes gegen Assurbanabal. An die-
sem waren so gut wie alle Assyrien unterwor-
fenen Völker beteiligt, unter anderen auch die
Fürsten von Aithiopien (,Meluhha- = Meroe). G s
So erweist sich in der Tat der von Geizer
begründete Ansatz von G.s Tod auf 652 als höchst
wahrscheinlich und so gut wie gesichert. Danach
ist in dem, chronologisch auch aufseitcn des
alten Orients infolge Versagens der assyrischen
Eponymenlisten so wenig gesicherten, 7. Jhdt.
v. Chr. ein chronologisch fester Punkt gewonnen,
der der Beurteilung der historischen Entwicklung
in mehrfacher Richtung zugute kommt. Wir
Abfall aber bringen Cylinder- A und W I in 30 gewmnen e^ ZZ Xh^nkT^ den Be-
Zusammenhang mit dem des Psammetich. dem %i nn ™n Samaaa,,«.,^™ ' ff™ ,__< £L_ f n ße
Zusammenhang mit dem des Psammetich, dem
G. Hilfstruppen — die karischen und ionischen
Söldner bei Diodor (I 66, vgl. Herod. II 152) —
gesandt habe. So ist es höchst wahrscheinlich,
was zuerst G. Smith vermutet hat, daß sowohl
der Abfall des G. wie die erneute Begründung
der ägyptischen Selbständigkeit unter Psamme°
tich, dem Begründer der 26. Dynastie in den Ge-
samtzusammenhang dieser allgemeinen Aufstands-
ginn von Samassumukins großem Aufstande, er-
kennen , daß er im Westen nicht bloß die phü-
nizischen und syrischen Kleinstaaten (einschließ-
lich Judas unter Manasse) in Mitleidenschaft zog r
sondern daß Lydien und Ägypten in gegensei-
tigem Einverständnis davon wesentlich berührt
wurden, und können 654/3 als den Termin der
Wiedergeburt Ägyptens unter Psammetich be-
trachten, von dem bisher mit Sicherheit nur der
i» _ -l a -"—* — ^vi.i^iwiiiiiiaiajiua- uiauiiLtm, von aem Disner mit Sicherheit nur dei
bewegung gehören. Di|se endete im J. 648 mit 40 Regierungsantritt (663) als Koni ven Sais be
fc r . S !! b _ S ^ rb r? n ^^., Sama i äumukins ™<l_der kannt gewesen war. *
Eroberung Babylons ; ihren Beginn, der im Epo-
nymat des Assurdurußur stattfand, setzt man viel-
fach mit G. Smith in das J. 650, womit sich
unter obiger Voraussetzung der Ansatz von G.s
Tode ins J. 652 nicht vertrüge. Aus Gründen,
die mit den G. betreffenden Erwähnungen kei-
nerlei Berührung haben, ist aber von C. P. Tiele
Geschichte Babyloniens und Assyriens II 388f.
Bemerkt sei noch, daß diese Eroberung von
Sardes durch die Kimmerier 652 wohl zu unter-
scheiden ist von einer späteren Eroberung, die
den Treren im Verein mit den Lykiern gelang:
beider Eroberungen hat nach dem (gegen Ed.M e v e r
Gesch. d. Altert. II § 372 A S. 587) hier einwand-
freien Zeugnisse des Kallisthenes Kallinos ge-
dacht, der als älterer Zeitgenosse des Archilochos-
linH vnn f v f a v, / ü iVT \. ^' vx v»u, u« a,iö .«Lerer Zeitgenosse aes Arcmiochos
E? fWA Bi ! h V M? u r«Tl U : 5 ° gl ?5l gesehen werden ™fl (, Lehmann -
kin (Assyriol. Bibl. VIH), Teil I (1892) S. 6 der
Beginn des großen Aufstandes im J. 652 als das
Wahrscheinlichste bezeichnet worden. Cylinder B
muß nämlich vor der Beendigung des Aufstandes,
also spätestens früh im J. 648 geschrieben sein.
Der Krieg aber gegen Samassumukin begann
unter Assurdurußur und ist ferner bezeugt für
dieEponymate des Sagabbu, des Belharran-
sadua, des Ahi-ilaia, dem dann Belsunu
Haupt Griechische Gesch. bis Chaironeia [Ein-
leitung in die Altertumsw.. herausg. von Gercke
und Norden] III S. 72). Da Kallinos sie noch
erlebt hat, so muß sie unter Ardvs (652—615)
erfolgt sein. Und in der Tat berichtet ja He-
rodot (I Inj, daß unter Ardys die ,Kimmerier*
Sardes bis auf die Burg erobert hätten. Unge-
nau ist hierbei nur, daß Herodot, wie es im
Altertum allerdings meist geschehen ist, die
o^Tnlo+ ™a™ „----._, -™ ,««. u .uvlouiiu .-tu« tum allerdings meist gesehenen ist, die
wurdf wlr^'J^ Cylmder ?-Ä efaßt 60 Treren mit denKimmeriem identifiziert. Waren
dÄi Tnd f*Z f P r ^"^f f fh 4sS r Sie d0ch als tische Nomadenvölker beide
652 G s iSn d -f^p 1 deS v U ? tand ? S Jf«™«rwandt; so werden sie sich, nachdem die
offerJtundLJ Ibf» d l g T Ps «tioh sein Treren von Westen über die Meerengen, die
Zrirfr feili - T °S A / S ' Tiei l: l em T ° d ZUr Kin ^erier von Osten her durch den Kaukasus
Ä aUe in^ET? «?o deS eroberte J n ' müß *f n ™ wertliehe Kleinasien vorgedrungen waren, viel-
TofcriX war ZI 652, 7- m ^ md T 6S G ' S fach auch zu Semein^men Raublugen vereinigt
ändern JöÄfrtt WCTde ^ ¥" ™ d riUnmntor vermengt haben. Diese zweite
mmn aem J. 648 znteüen, heißt mm aber die Eroberung von Sardes läßt sich sogar noch ge-
nauer bestimmen, nämlich auf das 7. Regierungsjahr
des Ardys. Nach Ps.-Skymnos 768 wurde Istros
zur Zeit der Kimmerier, nach Eusebius (Schöne
II 87) OL 31, 1 gegründet. E. "Roh de hat nun
Rh. Mus. XXXIII 199f. gezeigt, daß das 7. Jahr
des Ardys eine Epoche bildete, nach der sowohl
Suidas wie Eusebios die Zeit des Dichters Alk-
man bestimmten, und nach der Rechnung des
Africanus (o. S. 1961) fiele das 7. Jahr des Ardys
ins Jahr Ol 30, 4 = 657/6 v. Chr. (Euseb. Chron.
Schöne II 87). Also Istros zur Kimmerierzeit
Ol. 31,1 gegründet, und das 7. Jahr des Ardys
= Ol. 30,4 eine Epoche. Daraus hat Ed. Meyer
(Gesch. d. Altert. 1 1 § 452 A S. 545) scharfsinnig
geschlossen, daß es wohl der Kimmerier- (rich-
tiger Treren-)Einfall gewesen sei, der dem 7. Jahr
des Ardys zur Bedeutung einer Epoche verholfon
habe. Hier ist dann aber eine unzulässige Ver-
schiebung eingetreten, wenn Ed. Meyer (Gesch. d.
Altert. II ! S. 459) schreibt : , wenige Jahre später
erfolgte deT große Zug der Kimmerier gegen Lydien
(nach den Chronographen 657 v. Chr.), G. selbst fiel
im Kampf . . . Allmählich gelang es dem Ardys,
dem Sohn des G. , die Kraft des Seiches wieder
zu sammeln', undWinckler (Forschung. I 495),
Meyer folgend, den Tod des G. im Kampfe mit
den"Kimmeriern 657 nach den Chronographen er-
folgen läßt. Dabei ist völlig vergessen worden
1. daß es sich um das 7. Jahr des Ardys handelt,
das unmöglich für das Endjahr seines Vaters G.
in Betracht kommen kann, der nach Africanus 663
atarb, und 2. daß selbst die Berechnung von Ardys'
7. Jahre auf 657/6, weil die Ansätze des Africanus
zu hoch sind (S. 1961), sich nicht halten läßt.
Möglicherweise war es diese Trerennot, die Ardys
wieder zum Gott Assur beten lehrte. Nähere
Gründe für Ardys' Gesandtschalt an Assurbanabal
werden in Cylinder A und Rm nicht angegeben und
die Kimmerier dabei nicht etwa genannt (8. 1959).
Seit dieser Botschaft des Ardys werden, wie seit
G.s erster Gesandtschaft und bis zu dessen Abfall,
ständige Beziehungen zwischen den Höfen von
Ninive und Sardes aufrechterhalten worden sein,
,Seinen Reiter, den er (G.), um mich zu begrüßen,
beständig entsandt hatte, ließ er nicht mehr
kommen'. Nachgetragen sei liier noch, welches
Aufsehen das Erscheinen des ersten lydischen
Gesandten in Ninive verursachte, und welche
Mühe es machte, sich mit ihm zu verständigen,
da von den Beamten niemand im Besitz seiner
Sprache war, bis man einen des Lydischen nicht
ganz unkundigen Assyren fand, der eine notdürftige
Verständigung ermöglichte (Assurbanabal Cyl. E
Z. lff. George Smith History of Assurbanipal
p. 76f.; Keilinschriftl. Bibl. II 172f; und dazu
Maspero Histoire HI 393).
4. Von den mythischen Elementen, die
sich an G, als eine dynastisch bahnbrechende
und bedeutende Persönlichkeit anknüpften , ist
als ein weitverbreitetes Motiv am leichtesten er-
kennbar die Geschichte von dem Ring, der gleich
der Tarnkappe usw. die Kraft hat, seinen Träger
unsichtbar zu machen (Plat. II 359 D, X 612 B).
In deT deutlich als eine Mär erkennbaren Ge-
schichte, wie der letzte Heraklide dem G. seine Ge-
mahlin nackt gezeigt habe (Herodot. a. O. Iustin.
I 7, 17f.), hat C. Fries (OrientaL Lit.-Ztg. 1910,
* 3461) eine Verwendung des Entschleierungsmotivs
\jyges ±»oo
erkannt, das ursprünglich einen Wesenszug der
assyrischen Göttin Istar bildet, die z. B. bei ihrer
Höllenfahrt beim Passieren der sieben Tore der
Unterwelt allmählich ihrer sämtlichen Schmuck-
stücke und Gewandungen entkleidet wird, bis
sie völlig nackt dasteht. Schließlich geht auch,
die Drohung des G., er werde den lixos, sobald
er ihm begegne, unverzüglich an Ort und Stelle
lebendig begraben lassen, offenbar in irgend einer
10 Weise auf einen alten, vielleicht in der Rich-
tung des Bauopfers liegenden Kultbrauch zurück.
Literatur, soweit nicht schon zitiert: Radet
La Lydie et le Monde Grec au temps des Mer-
mnades. [Lehmann-Haupt ]
Den Ausgangspunkt der mit G. verknüpften
griechischen Sagen bilden wohl die für helleni-
sche Anschauung märchenhaft reichen Weihge-
schenke in Delphi (Herod. I 14. Athen. 231 e).
Der sprichwörtliche Reichtum des Königs (s. o.
20 Archil. frg. 25. Lucian. paras. 58, seine Schatz-
kammern stehen, ein echtes Märchenmotiv, für
jedermann offen, Philostr. vit. Ap. Tyan. 336 K.)
fand seine volkstümliche Erklärung durch die
Sage vom unsichtbarmachenden Wunderring (Plat.
Rep. II 359 d— 360 a; danach Cicero de offic. ITI
38. Philostr. Her. 137, 31 K.), der dem armen
Hirten zur Königsherrschaft verhalf und kraft
dessen ihm alle Schätze der Welt zur Verfügung
stehen. G. und sein Ring sprichwörtlich als un-
30 erreichbare Wunderdinge Plat. Rep. X 612 b. Lu-
cian. bis accus. 21 ; nav. 42. Suid. s. rvyov
ÖaHTvhog. Diogen. II 20. Apost. V 71. XV
85. Tzetz. Theog. 12. Der Wunderstein fand
sich nach Philostr. vit. Ap. Tyan. 89, 28 K. im
Kopf gewisser indischer Schlangen. In der Sa-
genwendung, daß G. mit Hilfe seines Ringes die
Königin verführt (Plat. Rep. II 360 a), oder sie
erst, ohne selbst gesehen zu werden, nackt sieht
(Herod. I 8, doch s. o.), ist wohl der Einfluß
40 einer offiziellen lydischen Überlieferung fühlbar,
nach der der eigentliche Stifter der neuen Dyna-
stie ein Gott ist, der der Königin heimlich beige-
wohnt hat. Die Fvyairi HpLvr\ Hom. IL II 865.
Herod. I 93. Strab. XIH 626 scheint auf eine
Wassergottheit hinzuweisen; s. auch E.Müller
Philologus 1852, 253. E. Curtius Arch. Zeit.
1853, 150. [Weicker.]
3) rvyqs, var. rvrjs, hundertanniger, fünfzig-
köpfiger Riese , mit Kottos und Briareos Sohn
50 des Uranos und der Ge, Hesiod. Theog. 149.
714. Apollod. I 1,-1. Palaeph. 19. Schob Plat.
leg. All 795 c. Tzetz. Theog. 64; s. o. Bd. III
S. 834 ; TQtzoTTdzoQ£$ bei Suid. und Etym. M. s. v.
nach Kleitodemos , FHG I 363; txviqpioi ävefioi
Schol. Hesiod. Theog. 149, oder Jahreszeiten, G.
zeiftEgivög xatgög ebd. Von Uranos gefesselt,
werden sie von Zeus und den Göttern befreit,
Hesiod. Theog. 617f., und helfen ihnen im Kampfe
gegen die Titanen, die sie im Tartaros binden,
60 Theog. 713f, und bewachen, Theog. 734. Wie
Briareos (s. Röscher Myth. Lex. I 1643) wird
G. mit den Giganten verwechselt Ovid. fast. IV
593; am. II 1, "12. Trist. IV 7, 18. Seit Herc.
Oet. 167. Herodian. I 61 f 16. H 639. 678.
Bekker Anecd. III 1359. Etymologien s. Prel-
ler-Robert Gr. Myth. 49, 2.
4) Troianer, von Turnus getötet, Verg. Aen.
IX 762. [WttcfceT.]
A^u* uyuaas
Gylidas. Archon in Delphoi im Jahre des
attischen Archön Simon (590/89), Hypoth. Pind.
Pyth. III p, 298 Boeckb. Mann. Par. ep. 37 ;
vgl. Busolt Griech. Gesch. 12 697, 1. Pomtow
Philo!. LIV 211. [Kirchner.]
Gylippos. 1) Sohn des Klean dridas, Spar-
tiate. Daß er nicht Vollbürger, sondern nur ein
Bastard (jtö&ag) gewesen sei, wie Aelian. var. hist.
XII 43 erzählt, ist nicht glaublich. Im Winter
bynppos
1968
möglich. Er baute die Gegenmauern weiter und
trat dem Feinde kräftig entgegen. Im ersten
Treffen ward er besiegt, aber im nächsten wurden
die Athener geschlagen, ihre Überlegenheit im
Felde gebrochen, und damit wandte sich ihr
Glück, Thuc. VII 3. 5. G. machte sich mm auf,
um die Sikelioten zum weiteren Beistand aufzu-
fordern, und mit Erfolg. Im Frühjahr 413 v. Chr.
.,_,. ™ ■. ,. _ r . Ai , . kam er mit Verstärkungen zurück und veranlaßte
415/4 v, Chr., als die Syrakusier gegen Athen m 10 die Syrakusier, nunmehr auch den Seekrieg in die
Smrta nin Hilf* w™ ward „ iw« ™„ a*„ Hand zu ne h meiK Während der ersten Seeschlacht
Sparta um Hilfe baten, ward er ihnen von den
Spartanern als Befehlshaber bestimmt, Thuc. VI
93 , 2. Durch diese Aufgabe wird ihm eine
leitende Stellung im sizilischen Kriege zu teil,
dessen Geschichte, wie sie Thukydides erzählt,
die seinige umschließt. Was Diodor XIII und
Plutarch im Nikias berichten, stammt aus Thuky-
dides und hat kaum selbständigen Wert.
Von seinen früheren Schicksalen ist nichts be-
gelang es ihm, das von Nikias befestigte Plem-
myrion zu nehmen, ein schwerer Verlust für die
Athener, Thuc. VII 21 ff. Vgl. Polyaen. I 42.
Die Folge war ein neuer Zuzug der Sikelioten;
je mehr die Athener in Nachteil gerieten, desto
mehr Feinde fanden sich gegen sie zusammen.
Es gelang den Syrakusiern, ehe die Hilfsflotte
unter Demosthenes eintraf, die attische Seemacht
kannt; er wird sich bereits als tüchtigen Kriegs- 20 zu besiegen; G. hatte das unternehmen zu Lande
mann gezeigt haben; jedenfalls hat er sich auf
Sizilien als umsichtigen, entschlossenen Führer voll-
auf bewährt. Im Frühsommer 414 v. Chr. setzte er
sich mit wenigen Schüfen und Mannschaften in
Bewegung (über ein günstiges Vorzeichen auf der
Fahrt berichtet Seneca nat. quaest. I 1, 14), er-
hielt aber schon bei Leukas über die Lage des
belagerten Syrakus so ungünstige Nachrichten,
daß er auf einen Entsatz der Stadt nicht mehr
durch einen Angriff auf die Stellung der Athener
unterstützt (Thuc. VII 37); die Führung zur See
nahm er nicht in Anspruch, sondern überließ sie
den Syrakusanern und Korinthern. Es folgte die
Ankunft des Demosthenes und der athenische An-
griff auf Epipolai, der vollkommen fehlschlug,
Thuc. VII 43f. Dieser unverhoffte Glücksfall er-
weckte in G. die Hoffnung, die athenischen Streit-
kräfte ganz zu besiegen. Er bereiste auf neue
S?S 6 ; ^^wohl^gingen^ermidderKorinthieTSOdie sizilischen Städte und kehrte mit ansehn-
liclien Verstärkungen zurück; auch eine pelopon-
nesische, inzwischen eingetroffene Schar brachte
er mit und beschloß, die Athener zu Land und
zu Wasser anzugreifen , Thuc. VII 46. 50. Die
Athener gedachten nunmehr abzuziehen, als die
verhängnisvolle Mondfinsternis (27. August 413
v. Chr.) sich ereignete, die sie veranlagte, noch
27 Tage zu bleiben, und damit ihr Verderben her-
beiführte. Während die syrakusanische Flotte
Pythen, um wenigstens Italien zu retten, mit vier
Schiffen möglichst schnell hinüber. In Tarent
machte G. Station und versuchte vergeblich Thurii,
wo er von seinem Vater her Verbindungen hatte,
zu gewinnen. Auf der weiteren Fahrt ward er
durch einen Sturm wieder nach Tarent zurück-
geworfen und konnte erst nach einigem Aufent-
halt die Reise fortsetzen, Thuc. VI 94. 104. In
Lokri erfuhr er, daß Syrakus noch nicht ganz
eingeschlossen, und daß es noch möglich sei, 40 den Athenern ihre zweite siegreiche Schlacht
Entsatz zu bringen. So machte er sich sofort lieferte, unternahm G. einen Angriff aufs feind-
auf nach Himera, das den Athenern feind war,
um von hier aus Syrakus zu erreichen. Er ge-
langte über ßhegion und Messana glücklich nach
Himera; denn Nikias hatte seine Anwesenheit in
Italien anfangs kaum beachtet, und die attischen
Wachtschiffe waren noch nicht in der Meerenge
angelangt. In Himera fand er Aufnahme und
Unterstützung, ebenso schickten Selinus, Gela und
liehe Lager, jedoch ohne den gewünschten Er-
folg (Thuc. VII 53). Dann half er bei den Vor-
bereitungen zur letzten großen Seeschlacht (Thuc.
VII 65, 3) und leitete schließlich den Kampf
gegen die abziehenden Athener, um ihre völlige
Vernichtung herbeizuführen, Thuc. VII 74, 2ff.
Als sie nach dem ersten Tage sich unerwartet
gen Süden wandten und zu entkommen schienen,
einige Sikeler Hilfstruppen. Seine Ankunft, der 50 wurde G. beschuldigt, daß er sie absichtlich habe
damit bezeugte Beistand Spartas belebte den Mut
der Sikelioten. Er sammelte im ganzen etwa
3000 Mann und kam über Ietai glücklich bei
Epipolai in Syrakus an, gerade zur rechten Zeit;
denn schon dachten die Syrakusaner an Frieden,
Thuc. VII lf. Seine Anwesenheit ward ent-
scheidend für den Ausgang des Krieges. G. über-
nahm den Oberbefehl, brachte dazu eine ansehn-
liche Verstärkung mit und gab der syrakusischen
entschlüpfen lassen (Thuc. VII 81); man ging
aber schleunigst an die Verfolgung, bis das Ende
erfolgte. Zuerst kapitulierten Demosthenes und
seine Leute, dann Nikias. Nikias versuchte ver-
gebens, freien Abgang zu erlangen, und ergab sich
dann persönlich dem G„ da er zu ihm das meiste
Vertrauen hatte. Daß beide athenischen Feld-
herren umgebracht wurden, ist gegen den Willen
des G. geschehen, Thuc. VII 85f. G. blieb den
Kriegführung die Einheit, Zuversicht und Tat- 60 Rest des Jahres in Syrakus und kehrte erst im
kraft, die ihr bis dahin gefehlt hatte (vgl. Plut, ~ ' - ' - — . - -
Nik. 19, der sich mit Recht gegen die Behaup-
tung des Timaios wendet, daß die Syrakusaner
anfangs über G. gespottet hätten. Eine wertlose
Anekdote über die Axt, wie er -sich Gehorsam
verschafft, bei Polyaen. strat. I 42, 1). Zunächst
machte er den Athenern die vollständige Ein-
schließung, die Vollendung der Ummaaernng un-
nächsten Frühling in die Heimat zurück. Den
athenischen Schiffen, die ihn bei Leukas angriffen,
entkam er glücklich, Thuc. VIII 13.
Seine weiteren Schicksale sind unbekannt. Er
verschwindet und taucht erst nach dem Ende des
Krieges wieder auf. Er ward überführt, einen
Teil des Geldes, das er im Auftrage Lysanders
nach Sparta brachte, auf die Seite gebracht zu
1969
Gylis
FitfivacriaQxog
1970
haben. Nach dem gewöhnlichen Bericht ging er
in die Verbannung, nach Poseidonios nahm er
sich das Leben. Diodor. XIII 106, 8. Plut. Lys.
16f.; Nie. 19. 28; Pericl. 22; de lib. educ. 14
p. 10 B. Poseidonios bei Athen. VI 234 A. So
ist er ein bekanntes Beispiel spartanischer Geld-
gier geworden. Es scheint fast, daß seine Red-
lichkeit schon auf Sizilien angezweifelt ward,
Thuc. VII 81, 1. 86, 4,
Literatur: Holm Geschichte Siciliens II 38fF.
Freeman-Lupus Geschichte Siciliens III 179ff.
2) Spartiate, Vater der Agiatis, der Gattin
des Agis IV. und des Kleomenes III., Plut. Cleom.
1 ; s. o. Bd. I S. 808, 58. [Niese.]
Gylis. 1) Gvlis aus Lakedaimon. Siegt zu
Olympia im Lauf Ol. 33 = 648, Afric. bei Euseb.
I 198. [Kirchner.]
2) Spartiate, 394 v. Chr. Polemarch und
nach der Schlacht bei Koroneia Stellvertreter des
verwundeten Agesilaos. Als solcher unternahm
■er einen Einfall ins lokrische Gebiet. Auf dem
Rückzuge überraschte ihn die Nacht, und er fand
mit vielen andern seiner Leute durch die ver-
folgenden Lokrer seinen Tod, Xen. Ages. 2, 15;
hell. IV 3, 21f. [Niese.]
Gylon, Athener (ix KsQa^äoyy). Mütterlicher
Großvater des Redners Demosthenes. Wie Aischi-
nes (III 171) erzählt, soll er die pontische Stadt
Nymphaion verraten haben. Zu Tode verurteilt,
verläßt er Athen, geht nach dem Pontos, wo er
von den dortigen Machthabern Kepoi erhält. Hier
soll er eine reiche skythische Frau geheiratet
haben. Daß G. mit einer Geldstrafe belegt wurde,
erzählt auch Demosthenes (XXVIII 2. Schäfer
Demosth. 12 261. 264. 267). Aus der Ehe des
G. mit jener fremden Frau entstammen zwei
Töchter ; die eine heiratet Demosthenes von Leu-
konoe, die andere Demosthenes von Paiania, der
Vater des Redners, Demosth. XXVIII 3. Aisch.
III 172. Schäfer Demosth. 12 268.
[Kirchner.]
TvfivaaiaQx°Sf der Träger der yvfxvaoiaQyJa :
Vorstand des Gymnasion, Schulvorstand, Fest-
ordner, Spielleiter, Neben der Form y. kommt
yvfzvaatdo/ij; vor; Aischin. I 12 und inschriftlich
in Chcrsonesos Taurica, Dionysopolis, Goelbazar,
Herakleia in Makedonien, Kyme, Mylasa, Nakrasa,
Pantikapaion, Tanais und Tomis. Da die Gym-
nasiarchie auch von Frauen bekleidet wurde,
rindet sich das Wort als Femininum, nur einmal
begegnet die Form yvjuvaata(>yi;Cl<jrhlS2 (Kyrene).
Im Lateinischen erscheint gymnasiarchus z. B.
Cic. Verr. I [ 4 , 42 , inschriftlich gymnasiurcfia
CIL III 336 (Apamea Myrlea) und 12415 (bei
Nikopolis ad Istrum). Das Verbum yv^vamaQ-
ytlv (Poll. III 67) findet sich oft in den Formen
yvfivaoiaqyiäv , yvfivaoiaoy^aas usw. Gleichbe-
deutend mit dem G. ist der äoycov rov yv/iraaiov
in Berroea, LeBas II 1331 und der tTiftskrj^e
tov yvnvaatov in Chalkis, Oesterr. Jahresh. I
Beibl. 48, von dem zu unterscheiden ist der
£jzift€Är]Tt}g yvpvaotagyja; (Eleusis . 'E(pt)ß. agy.
1883, 78, 6 und Phaseiis, Bull. hell. XVI 443) ;
bei Plaut. Bacch. 427 erscheint er als gymnasii
praefeetus. Die literarische Überlieferung allein
mit ihrem einseitigen Interesse für Athen ist
unzureichend, um das Wesen und die Bedeutung
*der Gymnaaiarchie, deren Geschichte zugleich ein
Beitrag zur Geschichte des Bildungs Wesens bei
den Griechen ist, zu erkennen. Als wichtigste
und ergiebigste Quellen haben wir die Inschriften,
daher sich die Notwendigkeit ergibt, das ver-
streute inschriftliche Material zu sammeln und
zu sichten, wobei die alphabetische Ordnung der
Städte sich als die bequemste empfiehlt. Die
Papyrus, die für Ägypten vor allem in Betracht
kommen, konnten nur anhangsweise erwähnt
10 werden. Da das Material naturgemäß nicht
lückenlos und auch nicht für alle Orte gleich
vollständig ist, können die Schlüsse, die daraus
gezogen werden, nur auf eine gewisse allgemeine
Gültigkeit Anspruch erheben. Die Inschriften
geben uns zunächst Aufschluß über die Aus-
breitung der Institution : mehr als 650 Inschriften
nennen den G. , beziehungsweise die Gymnasi-
archie an 209 Orten (außer Ägypten) für die
Zeit vom 5. Jhdt. v. Chr. bis zum 4. Jhdt.
20 n. Chr. in allen Ländern griechischer Zunge.
Datierte Inschriften finden sich an 85 Orten,
darunter weisen 50 Orte Inschriften aus der Zeit
vom 5. bis 1. Jhdt. v, Chr. auf, 106 Orte liegen
in Kleinasien und Syrien. Unter den erhaltenen
350 Namen von G. finden sich 97 römi-
sche, darunter 18 Aurelier; Frauennamen er-
scheinen 20. Da das Wesen einer Institution
nicht bloß in einer bestimmten Phase ihrer
Entwicklung erkannt werden kann, soll in dem
30 allgemeinen Teile der Versuch gemacht werden,
die Phasen der Gymnasiarchie in historischer
Abfolge darzustellen mit Berücksichtigung der
ähnlichen Einrichtungen; der besondere Teil gibt
nähere Details für Athen und die Städte außer
Athen sowie für die G. der Privatvereine.
Übersicht nach Ort und Zeit.
1. Adada (Kara Baulo) IGE III 372. 373.
2. Aigai (Cilicia) Mova. x. ßtß?,. II 47 oo\
3. Aigina IG IV 4. 4. Akalissos IGE III 649.
40 5. Akmonia CIG 3858. 6. Akrai IG XIV 213.
7. AkraipMa IG VII 2712. 4134. 8. Alabanda
Bull. hell. X 307, 2. 9. Alinda (Koskinia?) Bull,
hell. XV 340, 5. 10—11. Amorgos IG XII 7:
Aigiale 421-426. 515 (2. Jhdt. v. Chr.). Minoa
233-235. 12. Amphipolis österr. Jahresh. I 18 1
(1. Jhdt. v. Chr.). 13. Anapa (Gorgippia) Laty-
schew II 403. 14. Anaphe IG XII 3, 253
(2./1. Jhdt. v. Chr.). 15. Anazarbos Head HN
p. 599 (Zeit Hadrians). 16. Andros IG XII 5.
50 720. 17. Antikyra IG IX 1, 7 (nach 212 n. Chr.).
18. Apameia Kibotos Bull. hell. XVII 308. 6
= Ephem. epigr. VII 436 (ca, 155 n. Chr.)
= Rev. Et. gr. n 30. Athen. Mitt. XVI 148.
TAM. 19. Apameia Myrlea CIL HI 336. 20. Aper-
lai IGR III 692. 21. Aphrodisias CIG 2766.
2774. 2777, 2778. 2785. 2789. 2814. Le Bas
III 1592. 1601. 1602 a. 1619. Bull. hell. IX
75, 5. XIV 237. Anz. Akad. Wien 1893, 100.
TAM. 22. Apollonia (Pisidia) IGR m 320.
60 23. Apollonia-Sozopolis Arch.-epigr. Mitt. X 164, 6.
24. Apollonis (Lydia) Bull. hell. XI 87, 6. Denk-
schr. Akad. Wien LIII m\ 96. 97. 25. Argos IG
IV 584. 589. 26. Ariassos Bull. hell. XVI 429,
59. 27. Arneai IGR HI 640 (2. Jhdt. n. Chr.).
TAM. 28. Aspendos IGE HI 804. 29. Assos
IGR IV 256 (1. Jhdt. n. Chr.). 30. Athen IG I
35 b (421 v. Chr.). H 606 (4. Jhdt. v. Chr.).
1229 und 1340 (346/5 v. Chr.). 1181 (338/7 v. Chr.).
1971
Fi*fivaaüt(>xo$
rvfivaaCctQxog
1972
1233b und 1233 c (4. Jhdt. v. Chr.). 1353 (229
v. Chr.). 465. 481. 482. 979. 1046. 1197. 1221.
1227. 1230—1233. III 2. 89. 100. 103. 105. 107.
109. 118. 658. 659. 722. 1016 (54—65 n. Chr.)
und viele Ephebeninschriften ; vgl. (Xen.) rep.
Athen. I 13. Plut. Nikias 3; Anton. 33. 31.
Attaleia (Pamphylia) IGR III 777. 782. 783.
TAM. 32. Babylon Klio IX 352, 1 (109/8 v. Chr.).
33. Ealanaia Athen. Mitt. XVII 88, 2. 34. Bal-
bura Le Bas III 1222. Reisen II nr. 237.
35. Bargylia Le Bas III 496. 36. Berroea Le
Bas II 1331 = Duchesne-Bayet nr. 134 unter
Keletron. 37. Blaundos Denkschr. Akad. Wien
LIV nr. 270 = 38. Borganlü (Bithynia) Izvestija
II 112. 39. Caboucie (Syria) Bull. hell. XXVI
169, 9. 40. Chaironeia Plut. Kimon 1. 41. Cherso-
nesos Taurica Latyschew 1 195 (3. Jhdt. v. Chr.).
IV 153. Journ. d. Minist, f. d. Volksaufkl. (rus-
sisch) 1905, 261 (2. Jhdt. n. Chr.). 42. Chios
Dittenberger Syll.2 254. Athen. Mitt. XIII
173f., 14. \d, 17. 'A&rjvä XX 272 9 oö\ 43. Delos
IG II 985 (102—94 v. Chr.). Michel Recueil
641 (2. Jhdt. v. Chr.). Dittenberger Or. 343.
346. 366. 369. Bull. hell. III 376, 16. XIII 420.
XV 2511 XXIX 229. XXXI 435, 27. XXXII
414. XXXIII 489, 12. XXXIV 146, 34 (178/7
v. Chr.). 44. Delphi Bull. hell. XVIII 97, 14
(2. Jhdt. n. Chr.). XXXIII 571 (1. Jhdt. v. Chr.).
45. Dionysopolis (Thrakien) Arch.-epigr. Mitt.
XVII 210, 102. 46. Dorylaion Dittenb erger
Or. 479. 47. Dymae Bull, hell IV 521. 48. Elaia
Dittenberger Or. 332 (138—133 v. Chr.).
Athen. Mitt. XXXII 386. 49. Eleusis IG II
614 b (290/89 v. Chr.). 'E<f W . a QX . 1883, 78,6.
139,13. 1897,43, 13 (211 v. Chr.). 1895, 111,
27. Bull. hell. VI 436. XIX 113, 1. 50. Ephesos
CIG 2986. Anc. Gr. inscr. 500. 587. österr.
Jahreah. VIII 128f. TAM sehr oft. 51. Epidau-
ros IG IV 1432. 1467. 52-53. Euboia: Chalkis
'Ewp. aex. 1892, 168, 68 (192 v. Chr.). 'A&rjvä
VI 175, 2. XI 272, 2. Eretria Amer. journ. arch.
XI (1896) 173. 188 (2. Jhdt. v. Chr.). Philo!.
X 300 (1. Jhdt. v. Chr.). 54. Erythrai CIG
3134. Le Bas III 53. Eev. Et. gr. XIV 297.
Abh. Akad. Berl. 1909, 59, 15 und 16 (ca. 100
v. Chr.). Österr. Jahresh. XIII Beibl. nr. 46.
55. Eumeneia CIG 3886. 56. Euromos Le Bas
m 314—318. 57. Gerasa IGR III 1351. 58. Goel-
bazar (Bithynia) Bull. hell. XXIV 406, 90/91.
59. Gytheion Le Bas II 243a. 60. Halikar-
nassos Le Bas III 502. Newton Halicarn. II
nr. 12a. 12b. 12c. Anc. Gr. inscr. 898. Bull,
hell. IV 202. 402. XIV 102. 103. S.-Ber. Akad.
Wien CXXXII 29, 2. 61. Herakleia am Lykos
Rev. phil. XXIII 284, 7. 62. Herakleia (Make-
donien) Bull. hell. XXI 162. 63. Herakleia am
Salbakos CIG 2953 c. Arch.-epigr. Mitt. XX 64.
67. Bull. hell. LX 75, 5. 338, 21. 340, 22.
64. Hierapolis Inschr. v. Hierapolis nr. 278. 336.
65. Hieropolis-Kastabala Journ. hell. Stud. XI
250, 25. 66. Hypata IG IX 2, 31. 56. 67. Iasos
Bull. hell. XI 213f., 2-5. 217, 10. Eev. Et. gr.
VI 166,4. 175,9. 176, 10. 178, 12. 187f., 32
33. 37-42 (Ephebenkataloge von 34—92 n. Chr.,
die nach Haussoulli er Rev. phil. XX 97 aus
Didyma stammen). 68. Idebessos IGR TU 648.
652. 69. Hcaria Movo. h, ßtßl. I 139. 70. Hion
Dittenberger Or. 212 (306—280 v. Chr.).
CIG 3616-3619. Bull. hell. VII 272, 15. 71. Io-
tape IGR III 831. 833. 834. 72. Kadyanda IGR
III 516. 73. Kallipolis Bull. hell. IV 518 = XXV
325 = Dumont Melanges 100z 4 ; bei Liebe-
nam unter Chersonesos. 74. Kalymnos Athen.
Mitt. XIII 188. 75. Kandyba Denkschr. Akad.
Wien XLV nr. 27. 76-77. Keos IG XII 5: Iulig.
620. 621. Koresia 647 (3. Jhdt. v. Chr.). 78. Ke-
ramos Journ. hell. Stud. XI 124, 7. 126, 9. TAM.
10 79. Kibyra Lc Bas in 1213 vgl. Reisen LT
nr. 242 (73 n. Chr.). 80. Kios Bull. hell. XY
482 (109 n. Chr.). XVI 320, 1. Athen. Mitt.
XXIV 421, 15. 8i. Kolossai Le Bas III 1693b.
82. Kolybrassos He ad HN p. 601. 83. Komana
(Cappadocia) Grothe Meine Vorderasienexpeditiorc
I. LXXIII nr. 5. 84. Kormos Denkschr. Akad.
Wien XLV nr. 35. 38. 85. Korvdalla IGR III 739.
(125-143 n. Chr.). m. WPaton-Hicks 34
(3. Jhdt. v. Chr.). 107—111. 114. 119. 371. 392,
20 Herzog Koische Forschungen 61 nr. 15; vgl.
Joseph, bell. lud. 1 422 (1. Jhdt. v. Chr.). 87. Kran-
non IG IX 2, 459—461 (2. Jhdt. v. Chr.).
88. Kyaneai Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 28
(2. Jhdt. v. Chr.). 89. Kvme CIG 3524. 3529.
90—94. Kvpros: Chytria CIG 2627. Kition CIG
2626. IGR III 980. 982. Lapethus IGR III 933
(29/30 n. Chr.). Paphos CIG 2637. Ditten-
berger Or. 164 (146—116 v. Chr.). 165. 166.
582. IGR III 950. Salamis CIG 2630. IGR III
30 993. 994. 95. Kyrene CIG 5132. 96. Kys Bull,
hell. XI 306, 1 (52 n. Chr.). 97. Kvthera Dit-
tenberger Syll.2 506. 98. Kyzikos CIG 3660.
Journ. hell. Stud. XXUI 89 (47 v. Chr.). IGR
IV 145. 99. Lagina Newton Halicarn. II nr. 96.
97. Bull. hell. V 189, 11. XI 31, 45. 148, 49.
157, 63. Reisen I nr. 134 a. TAM. 100. Lao-
dikeia am Lykos CIG 3945. Athen. Mitt, XXVII
271, 2. 101. Larisa IG IX 2, 506 (2. Jhdt.
v. Chr.). 511. 517 (3. Jhdt. v. Chr.). 539. 54h
40 620. 102. Lemnos IG Xn 8, 25 (2. Jhdt. v. Chr.).
27 (3. Jhdt. n. Chr.). 103—104. Lesbos: Eresos
IG XII 2, 527. Mitylene 82. 134. 208. 211. 232.
244 vgl. 258. 105. Lilybaeum IG XIV 276.
106. Loryma^j^. dg/. 1907, 211, 3. 107. Lydai
Journ. hell. Stud. X 55, 6. 108. Magnesia am
Maiandros Inschr. v. Magnesia nr. 116. 153. 158.
163. 164. 179. 109. Magnesia am Sipylos Denkschr.
Akad. Wien LIV nr. 1 (2. Jhdt, v. Chr.). 110. Man-
galia Arch.-epigr. Mitt. XIX 107, 60. 111. Mcr-
50 mere (Lydien) Denkschr. Akad. Wien LIII nr. 126.
112. Massilia IG XIV 2444. 2445. 113. Megara
IG VII 29. 31. 97. 98. 114. Melos IG Xn 3,
1091. 115—117. Messenia: Kastelia Journ. hell.
Stud. XXV 48, 9 (2. Jhdt, v. Chr). Korone Le
Bas II 305. Journ. hell. Stud. XXV 45, 4.
Methone Journ. hell. Stud. XXV 41, 1. 118. Mi-
letopolis IGR IV 130. 119. Miletos mit Bran-
chidai und Didyma CIG 2880. 2881. 2885. Anc.
Gr. inscr. 898. 914. 922. 924—926. Journ. hell.
60 Stud. VI 353, 108. Athen. Mitt. XVIII 268, 2.
Rev. phil. XI 42, 16. XX 99. XXI 42. 17. 44 r
19. XXm 318, 34. Dittenberger Or. 472. 494.
120. MylasaCIG 2693d. Le Bas LH 395. 407.
Athen. Mitt. XIV 110, 66. XV 267, 19, TAM.
121 Myra Reisen H nr. 82. 122. Nakoleia CIG
add. 3847b = Le Bas III 1011 unter Ankyra.
123. Nakrasa Le Bas III 1601. Athen. Mitt.
XXIV 217, 45. 124. Naios IG XH 5, 39. 125. Nea-
1973
Fvfjivätrüx(ix $
rvfivccGiapxog
1974
polis IG XIV 729 (81 n. Chr.). 745. 126. Netüm
IG XIV 240. 127. Mkaia CIG 3749. 3750.
128. Nikopolis ad Issum Bull. hell. XXI 164
(3./4. Jhdt. n. Chr.). 129. Nikopolis ad Istrum
(Umgebung) CIL III 12415. 130. Nisyros IG
XII 3, 104. 131. Notion Österr. Jahresh. VIII
163 (219—215 v. Chr.); vgl. Bull. hell. XXX 349.
132. Njsa BulL hell. VII 272, 15. 133. Odessos
Antike Denkm. aus Bulgarien nr. 92 (1. Jhdt.
v. Chr.). 134. Oinoanda bei Termessos Bull. hell.
X 229, 9. IGR HI 493 (2. Jhdt. n. Chr.).
135. Olbia La ty sehe w IV 459 (3. Jhdt. v. Chr.).
136. Olympia Inschr. v. Olympia 283. 433. 437.
468. 940 (2. Jhdt. n. Chr.). 137. Opus IG IX 1,
285 = Le Bas II 1009 unter Narvke (1. Jhdt.
n. Chr.). 138. Orchomenos IG VII 3218. 3221.
3224. 139. Panamara Bull. hell. XI 375f. XII
82f. 252, 32. 264, 49. XV 185f. XXVIII 23f.
238f. 140. Pantikapaion Latyschew IV 211.
141. Paros IG XII 5, 137 (1, Jhdt. v. Chr.).
138. 144. 145. 232. 290 (1. Jhdt. v. Chr.).
292 (292/3 n. Chr.). 464. 1019. 1026. 142. Pa-
tara TAM. 143. Patmos Dittenberger Syll.2
681. 144. Pednelissos? (Syrt) Lanckororiski TI
nr. 259. 145. Peparethos IG XII 8, 642 (3, Jhdt.
v. Chr.). 146. Pergamon CIG 3551. Le Bas
III 1723 c. Inschr. v. Pergamon nr. 9. 252. 323.
440. 448. 457. 458. Dittenberger Or. 764
(139—133 v. Chr.). 486. Athen. Mitt. XVI 88, 1.
XXIV 168, 7. 170, 30. XXVII 99, 98. 101, 99.
127. 146. XXVIII 152. XXIX 161, 3. 170, 14.
XXXII 244f. 315f. XXXm 376f. XXXV 401f.
"OuijQOQ II 296. III 202. Imhoof-Blumer Klein-
asiat. Münzen 506. 147. Perge IGR III 794.
Lanckororiski I nr. 29. TAM. 148. Pessinus
Dittenberger Or. 540 (1. Jhdt. n. Chr.).
149. Petelia IG XIV 637. 150. Phalanna IG IX
2, 1238. 151. Phaseiis Bull. hell. XVI 443.
152. Philadelphia (Lydien) CIG 3417. 3429.
153. Philadelphia (Syrien) Revue biblique V (1908)
571. 154. Phintia (Gela) IG XIV 256 (1. Jhdt. v.
Chr.). 155. Phokaia CIG 3413. 156. Plataiai IG
VII 1668. 1669. 4239. 157. Priene Inschr. v. Pr.
181 (ca. 300 v. Chr.). 99. 104. 108 (129 v. Chr.).
111-114 (1. Jhdt. v. Chr.). 147. 174. 158. Prosa
Smoyos IX nr. 10 - Rh. Mus. XXVH 319, 2.
Arch. Anz. 1903, 39. 159. Prusias am Hypios
IGR III 68. 1422 (214 n. Chr.). 160. Pydnai
Reisen I nr. 96. 161. Region IG XIV 616.
162. Rhodos IG XII 1, 3. 46. 839. 163. Sala-
mis IG II 594 (127/6 v. Chr.). Wilhelm Bei-
träge nr. 89 (2. Jhdt, v. Chr.). 164. Samos
Bull. hell. V 480f, 3. 4. 7. 165. Samothrake
IG XII 8, 238. 166. Sardeis CIG 3462. 167. Se-
leukeia am Kalykadnos Denkschr. Akad. Wien
XLIV nr. 181. 168. Selge Lanckoron'ski II
nr. 249. 169. Sestos Dittenberger Or. 339
(125 v. Chr.). 170. Sidon Bull. hell. HI 261, 5.
171. Sidyma Reisen I nr. 39. 43. 47. 50. 52.
172. Sikyon Plut. Arat, 53 (3. Jhdt. v. Chr.).
173. Silandos (Selendi) Michel Recueil 643
(2. Jhdt. v. Chr.). 174. Sillyon Lanckororiski
I nr. 58-60. 175. Sinope CIG 4157. 176. Si-
phnos IG XII 5, 484. 177. Sirra CIG 2007
(1. Jhdt. n. Chr.). 178. Smyrna CIG 3185. 3201.
3779. Movo. x. ßtßL II 57, 137 vgl. m 138
nr. 179. 179. Soluntum IG XIV 31h 180. Sparta
CIG 1326. 1336. 1340. 1347-1349. 1351. 1353.
1354. 1356—1358. 1363. 1365. 1366. 1369. 1371-
1379. 1381. Bull. hell. IX 514. Annual of Br.
Seh. XII 451. Xm 189, 43. XIV 126, 50 (2. Jhdt.
n. Chr.). 181. Stratonikeia (Caria, vgl. Panamara)
CIG 2719. 2720. 2724. Le Bas ni 517. 525.
182. SyedraHead HN p. 612. 183. Synnada Bull,
hell. XVII 284, 86. 184. Tabai Bull. hell. XIV
625, 27. 185. Tanagra IG VII 557 (h Jhdt.
v. Chr.). 186. Tanais Latyschew II 439. 440.
10 442. 446—448. 451. 187. Tarmia (Mughla) BulL
hell. X 490, 1. 491, 2. 188. Tarsos Bull. hell.
VH 325, 24. Strab. XIV 674. 189. Tauromenion
IG XIV 422. 430 (1. Jhdt. v. Chr.). 190. Tegea
Le Bas II 1517. Bull. hell. XVII 17, 21. 19, 23.
20, 24. XXV 275, 12 (194/5 n. Chr.). t Et PiP L.
äQ X - 1906, 52. 191. Tenos IG XII 5, 818 und 911
(2. Jhdt. v. Chr.). 880-886 (1. Jhdt, v. Chr.).
192. Teos Dittenberger Syll.2 523 (ca. 300-
v. Chr.). CIG 3060. 3086. 3087. Le Bas III
201558. 193. Termessos Lanckororiski II nr. 7
—11. 53. 89. 120. CIG 4363. TAM. 194. Thasoa
IG XII 8. 377 (4. Jhdt. v. Chr.). 458. 459.
195. Theben Diog. Laert. VI 90. 196. Themi-
sonion Michel Recueil 544 (119 v. Chr.) = Bull,
hell. XIII 335, 4 unter Eriza. 197. Thera IG
XII 3, 331. 338. 339. 34h 342. 396-398. 460.
461. 496. 1299. 1314 (3/2. Jhdt. v. Chr.).
198. Thespiai IG VII 1777. 1825. 1856. 1885
(4. Jhdt. 11. Chr.). Plut. amat. 10. 199. Thes-
30salönike CIG 1967. Duchesne-Bayet Memoire
nr. 2. Akrj&eia 1906 nr. 42, 3. 5. 7. 10. nr. 48,
23. 30. 33 (244 n. Chr.). 36. 40. 200. This-
bai IG VII 2235. 201. Thuria Michel Re-
cueil 612 (3. Jhdt. v. Chr.). 613 (2. Jhdt. v. Chr.).
202. Thyateira CIG 3479. Bull. hell. X 411, 5.
Rev. Et. anc. III 265, h Denkschr. Akad. Wien
LIV nr. 69. 203. Tlos TAM. 204. Tomis und Um-
gebung Arch.-epigr. Mitt. VI 24, 48. VIII 12,
26. XV 95, 14. XIX 222, 89. 223, 90. 205. Tralleis-
40 CIG 2922 (1. Jhdt. n. Chr.). Athen. Mitt. VIII
318, 2. XXI 262. Dittenberger Syll.2 674.
SterrettEpigr. journ. 389. Papakonstantinu
ToaXlw nr. 148. 206. Trapezopolis CTG 3953 c.
207. Trozen IG IV 749 (4. Jhdt. v. Chr.). 753-
(3. Jhdt. v. Chr.). 208. Tyndaris Cic. Verr. II
2, 42 (1. Jhdt. v. Chr.). 209. Xanthos CIG 4275.
Reisen I nr. 77. 96. 98. 210. Unbekannter Herkunft
ist ein beim Albanersee gefundenes Gewicht mit
Erwähnung des G. IG XP7 2417, 1.
50 Ägypten. Über die Gymnasiarchie in Ä gypten
handelt F. Preisigke Städtisches Beamtenwesen
im römischen Ägypten, Halle a. S. 1903 c. VI
S. 53—68. Hier seien nur einige Stellen ange-
führt. 211. Museum in Alesandria Ditten
berger Or. 713 (250 n. Chr.). Archiv f. Pa-
pyrusf. II 566, 128. 567, 130. IV 238. 212. Kairo-
Archiv II 548, 26 (185-181 v. Chr.). V 162, 7
(2./1. Jhdt. v, Chr.). 213. Lvkopolis CIG 4707.
214. Naukratis Archiv II 543, 18. 215. Thebai
60 Dittenberger Or. 194 (42 v. Chr.). 216. Sakha.
(Xous) Dittenberger Or. 708 (180—192 n. Chr.).
Arsinoe BGU I 112 (58—60 n. Chr.). Fayum
BGU I 109. 184. 324. 347. Grenfell An Ale-
xandrian erotic frg. 47 (148 n. Chr.). 50 (260
n. Chr.). Oxyrhynehos, Oxyrh. Pap. I 33. 54
(201 n. Chr.). 55. 59. 60 {323 n. Chr.). 71 {303
n. Chr.) u. ö. II 237. 257 (95 n. Chr.). IH 471.
477. 501. 507. 512. IV 715 (131 n. Chr.). 716
{186 'n. Chr.). Hermopolis, Corpus Papyror. Her-
mopol. Inr. 53. 57.
Wenn wir zur Ergänzung dieser Übersicht
-das Verzeichnis der Gymnasien (s. den Art.)
heranziehen, so finden wir bestätigt, was Plat.
.■symp. 9 über die <pdoyv/nyaoTia und <pdooo<pta
-der Griechen und rep. \ T II 535 D. über das Ver-
hältnis des (pdoyvf.tvaaTrjg zum (pdofta^g sagt,
und daß Mommsen E, G, V 334 mit Recht
behauptet: ,Die allgemeine Bildung ist wahr- 10
scheinlich nirgends weiter verbreitet und ein-
greifender gewesen als in Kleinasien'.
Allgemeines. Eine Einrichtung, die so
viele Jahrhunderte und in so vielen Städten
griechischer Zunge bestand, mußte manchen
Wandlungen unterliegen; richtig bemerkt schon
Krause Hell. I 183: ,Dic Gymnasiarchie war
nicht zu allen Zeiten in demselben Staate und
nicht in allen Staaten dieselbe'. Bei der Dar-
stellung der Gymnasiarchie wurden verschiedene 20
Ansichten aufgestellt, bald wurde diese, bald
jene Seite ihrer Wirksamkeit hervorgehoben, vor
allem aber die Streitfrage aufgeworfen: ,War die
Gymnasiarchie ein Amt oder eine Leiturgie?'
Über die früheren Ansichten vgl. Dumont Es-
sai I 219f. und Grasberger III 463. Gras-
berger III 464 hält daran fest, der G. sei
nach der Bedeutung des Wortes der Vorsteher
•der Gymnasien und Palästren gewesen und habe
■eine praktisch-pädagogische Tätigkeit entfaltet, 30
verweist auch 470, 2 mit Recht auf die ver-
schiedene Konstruktion des Verbums yvpvaotao-
jeiv. Vom 2. Jhdt. v. Chr. an aber sei die
Gymnasiarchie nichts weiter als die Bestreitung
der Kosten für den gymnastischen Unterrichts-
betrieb, III 469; vgl. Dumont 219. Le>y Rev.
Et, gr. XIV 370. Demnach wäre die Gymnasi-
archie aus einem Amte zu einer Leiturgie ge-
worden. Ahnlich ist die Auffassung bei Rani-
say Cities 444 und Chapot La pro?. Rom. 40
procons. d'Asie 279: der G. habe ursprünglich
■die Aufsicht über die Erziehung gehabt, sei aber
zu einem Lieferanten des Öles herabgesunken.
Die entgegengesetzte Ansicht: die Gymnasiarchie
sei in der älteren Zeit eine Leiturgie gewesen,
erst später ein Amt geworden, finden wir ver-
treten durch Menadier Qua condicione Ephe-
sii . . 90 , Lieben am Städte Verwaltung 373 und
Schneider Die griechischen Gymnasien und
Palästren 79, 3 vgl. 129. Hicks Anc. Gr. inscr. 50
p. 48 behauptet, die G. hätten mehr finanzielle als
disziplinare Aufgaben gehabt; vgl. auch Bürch-
ner Ephesos 52. Poland Gesch. d. griech.
Vereinsw. 401 sieht in den G. wohl staatliche
Beamte und Leiter des Gymnasion, in den meisten
Fällen aber nur Verwalter von Geldern. Abel Rev
bibl. V (1908) 571 weist den G. vor allem die
Ölverteilung in den Gymnasien und Bädern zu;
daß yvuvaotaoxEiv fast gleich sei aXstysiv und
ilatodsTsiv, bemerkt Ditten berger zu Or. 479 60
und 622. Da die Quellen für die Gymnasiarchie
<lie Kennzeichen sowohl des Amtes als der Lei-
turgie bieten, will Gilbert II 372 Anm. die
Gymnasiarchie als Leiturgie von der Gymnasi-
archie als Amt bestimmt geschieden wissen und
Dumont Essai I 229 sowie ihm folgend Fou-
gdfes Bull. hell. XV 268f. unterscheidet vier
Arten der Gymnasiarchie. Glotz, der in dem
/ Vfivtx<Fia(>%og
iyvt>
trefflichen Artikel Gymnasiarchie (Daremberg
et Saglio Dictionn. II 1675—1684) das gesamte
Material behandelt, versucht, Typen der Gym- '
nasiarchie festzustellen, ohne daß es ihm trotz
redlicher Mühe gelingt, diese Typen scharf zu
sondern, und gelangt zu dem Resultate: Die
letzten drei Jahrhunderte v. Chr. hat die Gym-
nasiarchie als Hauptaufgabe die Leitung der
Jugend in Griechenland, auf den Kykladen und in
Sizilien; vom Ende des 2. Jhdts. v. Chr. an und
beinahe auschließlich in den Städten Kleinasiens
läßt sie die Mitbürger durch die freiwilligen
Leistungen des vornehmen und reichen Gym-
nasiarchen Anteil an seinem Vermögen gewinnen.
Gardiner Greek Athletic sports and festivales
502 nimmt diese Aufstellung, deren Richtigkeit
sich nicht bestreiten läßt, an. Wie in späterer
Zeit agyaL und IsitovQylai, die oft zusammen
erwähnt werden, z. B. Ankyra IGR III 194, Ar-
neai IGR III 640 (2. Jhdt. ri. Chr.) , Ephesos
TAM, Miletos CIG 2885 d, Minoa IG XII 7, 233,
Nakrasa Athen. Mitt. XXIV 217, 45 unterschieden
wurden, läßt sich nicht bestimmen; wird doch
bisweilen dieselbe Würde einmal als &Q%r), dann
als XstrovQyia bezeichnet: so die Stephanephorie
in Nysa Bull. hell. IX 124 B. In Priene wird
Inschr. v. Pr. 4 (332—306 v. Chr.) und 112 (84
v. Chr.) die yga^ißareia als XsirovQyla, in 113
abwechselnd als XsizovQyla und ägxrj erwähnt,
nr. 174 wird die Gymnasiarchie unter den Lei-
turgien aufgezählt, nr. 112 aber ägxy genannt.
Die Gymnasiarchie selbst erscheint bald als aQ/jj,
wie zahlreiche Beispiele unten zeigen, bald" als
XetrovQyia. Gytheion Le Bas II 243a (2. Jhdt.
n. Chr.) heißt es /nrjzE aQ%ovzog fiijösvog /Lirjre
yvpvaoidoyov xcoXvovrog, also ein Gegensatz zwi-
schen a.Q%tov und y., wie Plut. praec. gcr. reip.
31. Mylasa CIG 2693 d übernimmt ein Bürger
aXetrovoy^zog <öv das G.-Amt, Panamara Bull,
hell. XXVIII 37, 21: aXsixovgyrioin. xai äre-
Xetq TExsmrjvevog iyv{ivaoiaQyf}osv. Ein Gegen-
satz zwischen Amt und Leiturgie besteht nicht:
jedes Amt ist eine Leiturgie, da es sowohl an
die persönliche Tätigkeit als an das Vermögen
Ansprüche stellt, wie andererseits auch die Lei-
turgie nicht bloß Geldopfer auferlegt, sondern
auch mit persönlichem Dienste verbunden ist.
Aristot. Pol. VI (IV) 4, 1291 gebraucht den
Ausdruck aoytjv Xeizoveystv und ähnlich in der
Inschrift aus Stiris: Michel Recueil 24 (2. Jhdt.
v. Chr.); vgl. Martin bei Daremberg-Saglio
Dictionn. III 1095. v. Wilamowitz-Moellen-
dorff Staat und Gesellschaft der Griechen 161
u. ö\ Eine richtige Bemerkung über die Gym-
nasiarchie macht Le>y Rev. Et. gr. XIV 370:
L'aneienne liturgh comportait deux elements,
un devoir de directum ei une prestation peeu-
niaire; mit dem Zurücktreten der einen Seite
änderte sich die Stellung des G. Die kmfiüzta
und rpdozifiia des G. wird in der Inschrift Tbera
IG XII 3, 33 i, öajiävrj und aatftaxix?} xaxoxa&ia
in Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 330, 2 erwähnt.
Inwiefern diese beiden Tätigkeiten mehr oder
weniger hervortreten konnten, kann an der hi-
storischen Entwicklung der Bedeutung des Gym-
nasion (s. d.) erkannt werden. Solange das
Gymnasion bloß Turnanstalt war, konnte der
G. als ,Turninspektor' (Mommsen R. G. V 334)
fungieren ; mit der Ausgestaltung des Gymnasion
zum staatlichen Festplatz und zum , Bürgerkasino'
(Mommsen R. G. V 326) mußte sich die Stel-
lung des G. ändern. Insofern das Gymnasion
als Exerzierplatz der Epheben diente, führte die
.Aufsicht der Strategos; vgl. Ziebarth österr.
Jahresh. XIII 109. Das Gymnasion diente als
Übungsplatz für die Teilnehmer an religiösen
Aufzügen, besonders an den Fackel Wettlaufen :
in Koresia IG XII 5, 647 interveniert der G.
beim Fackelwettlauf, ähnlich in Aigiale IG XII
7, 515. In Patmos Dittenberger Syll.2 681
(2. Jhdt. v. Chr.) sind die XaimadiGzai und
aXeifpofievoi die Klassen eines und desselben
Gymnasion. In Athen erscheinen die G. im
5. und 4. Jhdt. v. Chr. als Leiturgen mit der
Sorge für gewisse Fackelläufe betraut, und auch
im 2. Jhdt. v. Chr. werden als Teilnehmer an
Fackelwettläufen genannt Besucher des Lykeion:
IG II 444 veavioKOi, 445 ävögsg sy Avxsiov. Es
geht aber nicht an, die Gymnasiarchie schlecht-
hin als identisch mit der Lampadarchie zu er-
klären, wie Dumont Essai I 220. Blümner
Privataltert. 338, Grasberger III 466 und Gil-
bert II 372 Anm. getan; Martin (Daremberg-
Saglio Dictionn. III 912) bemerkt richtig, daß
beide Funktionen geschieden sind. Aristoteles
(VIII [V] 8, 1309) erwähnt die Lampadarchie als
Leiturgie neben der Choregie. Ao-putabagym
{Xa{ixado.Q%oi) sind uns zum Teil neben G. be-
zeugt: Athen IG I 35 b. II 444. Chios Abh.
Akad. Beil. 1909 II 59, 14. Delos Bull. hell.
XIV 504, 6 (250 v. Chr.). VI 146. XV 255. 263.
Eumeneia Bull, hell, VIII 237, 7. Ephesos CIG
3018. Herakleia Pontica Bull. hell. XXII 473.
Keos, Koresia IG XII 5, 647. Lesbos, Mytilene
IG XII 2, 134. 258 (ÖQottayerfoas). Faros IG XII
5, 173. 174. 176. Patmos Dittenberger Syll. 2
681 (mit Bemerkung). Samos Michel Recueil
901 (2. Jhdt. v. Chr.). Smyrna Arch.-epigr. Mitt,
IX 133. Teos Athen, Mitt. XVI 291, 17 (Lei-
turgie!). Termessos Lanckororiski II 133. un-
richtig erklärt Li eben am 375, 2 den Lampa-
darchos als zum Dienerpersonal gehörig. Da der
G. bei der Vorbereitung und vielfach auch bei
der Ausführung einer Festfeier tätig ist, können
wir ihn als Festordner bezeichnen. Die wichtigste
Aufgabe des Gymnasion war, als Übungsstätte
für die körperliche und geistige Ausbildung, als
staatliche Unterrichtsansftilt zu dienen. Zur Auf-
sicht bestellte der Staat besondere Beamte, die
an verschiedenen Orten verschiedene Namen
führen. Piaton leg. VI 764 C verlangt die Ein-
setzung von f.iovoixrjg xai yvfxvaozixfjg aoy M ovzeg,
die für die zweckmäßige Einrichtung der yvtivd-
oia und ÖtdaoxaXela. für den Unterricht und für
die Aufsicht über die Besucher Sorge tragen. Da-
mit stimmt die Angabe einer Inschrift aus Perge,
Lanckoronski I 29: yv/nvaotdgyog fjyt}aazo zov
yvfivaoiov xai ztjg zcor irfv^ßtov xai vetov ooxpoo-
avvrjg xQoeozrj, Aristot. Pol. VII (VI) 8, 1322 b
betraut mit der Aufsicht über die svxoauia die
yvvatxovofiia , vofiOfpvXaxia , Tiatöovofda , yvfiva-
otaQyJa; IV (VII) 17 bezeichnet er die xatöovo-
fioi als äQzovTEG. In Trozen wird der G. Char-
mos im 4. Jhdt. v. Chr. geehrt, weil er für die
Epheben und Neoi gesorgt hatte, onatg evzax-
züvzt IG IV 753. Noch im J. 194/5 n. Chr.
erscheint in einem Ephebenkatalog zu Tegea,
Bull. hell. XXV 275, 12 ein G. und ein Hypo-
G. Damit haben wir auch eine Zeitbestimmung
für die Tätigkeit des G. als Gymnasial- und
Schulvorstand; sie läßt sich vom 4. Jhdt. v. Chr.
bis Ende des 2. Jhdts. n. Chr. verfolgen. Zunächst
diente das Gymnasion den Übungen der Epheben,,
Paus. VII 27, 5. Theophr. VII (XXI) 5. IG VII
2849 ; daher erscheint der G. als eigentlicher
10 Ephebenmagistrat, entsprechend dem athenischen
Sophronistes, später Kosmetes. Grasberger III.
315 irrt, wenn er den Paidonomos den genannten
athenischen Beamten gleichsetzt. Teles sagt bei
Stob. Flor. III 235 , 72 : eqpTjßos ysyovsv , ?.{i-
jzaXiv xoay,^Tt}v (poßstiai , zov jzatdorgtßtjv , zov
huXoiiayov , röv yitftvaaiaoyov, vsio Ttdvzoiv rov-
tojv fiaoziyovzai usw. ; vgl. Epiktet. dissert, III
7, 19 zig avzovg ziaifevosi; rlg £<prjßaQyos; zig
yv/nvaoiaQyog ■ Plut. arnat. 9: ei de aoyst ß@£-
20 tpovg rj tit$1] xal xeudog 6 diddoxaXog , scpij-
ßov öe yvfivaaiäpyog; 10 (von den Thespiern).
. . . zovg yvuvaoiaQyovg Jia,Qcbg~vvoV aQyovai yäg-
foyvQbig ra>v siprjßaw. Daher bezeichnen sich
die Epheben nach ihrem G.: Teos Le Bas III
1558: oi s'(pi]ßoi oi vjzo yvfivaoiagy_ov. Aber nicht,
bloß die Epheben, sondern auch andere Alters-
klassen benützten das Gymnasion und standen
daher unter der Aufsicht des G. In Sikyon
nahmen am Leichenzuge des Aratos (3. Jhdt..
30 v. Chr.) aaTÖEg und £(pt]ßot unter Führung des
G. teil : Plut. Arat. 53. Schon seit dem 4. Jhdt.
v. Chr., nicht erst, wie Ziebarth Griech. Ver. 111
meint, seit dem 2. Jhdt. v. Chr., treten die veoi
auf, die allmählich das Übergewicht erlangten;.
seit dem 1. Jhdt. v. Chr. kommen noch die ye-
govrcg, TtoeoßvTEQOt, 7taxEQE$ hinzu. Diese Alters-
vereine hatten als ihren Mittelpunkt das Gym-
nasion, der G. hatte die gute Sitte zu über-
wachen: v. Wilamowitz-Moellendorff Gott.
40 Gel. Anz. 1900. 579. Poland Gesch. d. gr.
Vereinsw. 102. Wir finden besondere Bezeich-
nungen: y. xiig ziole (og oder %<bv xo/uztöv.
Hypata IG IX 2, 56; Iotape CIG 4411a; Kos
Paton-Hicks 108. 111 ; Kios Bull. hell. XV 482;
Laodikeia a. L. CIG 3945 ; Magnesia a. M. K e r n
nr. 164; Miletos (Branchidai) Rev. phil. XXI
42, 17; Thyateira CIG 3479. r. z&v naideov At-
taleia (Pamphylien) Lanckoronski I 8.9; Ere-
tria Amer. journ. areh. XI 173; Kypros, Lapethus
50 IGR III 933. T. xüv i<pyß(üv. Kos Paton-
Hicks 108—110; Lesbos, Mytilene IG XII 2, 134
(st $e(Ö); Notion Österr. Jahresh. VIII 163; Priene
Inschr. v. Pr. 1 11. r.ttövvioi v : Attaleia Lancko-
roriski I 8. 9; Halikarnassos Ber. Akad. Wien
CXXXII nr. 4; lasos Bull. hell. XI 213. 2; Rev.
Et. gr. VI 178, 32: Kos Paton-Hicks 107-109.
111; Lesbos, Mytilene IG XII 2, 134: Miletos.
Athen. Mitt. XVIII 268, 2. Rev. phil. XX 99, 4.
XXI 42: Patara TAM; Pergamon Athen. Mitt.
60 XXXII 260, 8 ; Priene Inschr. von Priene 1 11—114 v
Rhodos IG XII 1, 839 (y. veäzseog — y. z&v vicw f
vecüZEoa yvftpaatagyia — y. zätv vecov, Vgl. van Gel-
der Gesch. der alt Rhodier 259); Sidyma Reisen
143; Stratonikeia CIG 2720. 2724. LeBasIH
525; Xanthos Reisen I nr. 96. 98. r. %&v ye^attäv.
Aphrodisias TAM; Attaleia Lanckoronski I
8. I. tcö*> yegovzoiv'. Stratonikeia CIG 2720;.
Tabai BulL hell. XIV 625, 27. V. rfc yegov-
■aiag: Blaundos Denkschr. Akad. Wien LIV 270;
Hierapolis Jude ich nr. 336; Hieropolis-Kasta-
Iiala Journ. hell. Stud. XI 250, 25; Magnesia
a. M. Kern nr. 164; Müetos Athen. Mitt. XVIII
268, 2. Rev. phil. XXIII 318, 34; Myra Reisen
II nr. 82; Sidyma Reisen I nr. 50. 52; Xanthos
CIG 4275. r. TÖiv jzgeaßvTEQcov: Iasos Hey.
Et.gr. VI 166. 176. 187; KosPaton-Hicks 119;
Magnesia a. M. Kern nr. 163; Rhodos IG XII 1,
l VfivaaiaQxo$
lysu
berger Or. 339; Silandos Michel Rec. 643
(2. Jhdt. v. Chr.); Tarmia Bull, hell. X 490.
3, 4; Thessalonike Duchesne^Bayet nr. 2.
r. und jratäovoftog begegnet uns in Elaia
Inschr. von Perg, 246; Laodikeia a. L. CIG
3945. österr. Jahresh. VIII 164; Magnesia a. M.
Kern nr. 98 u. ö.; Notion österr. Jahresh. VIII
163; Smyrna CIG 3185; Termessos Lancko-
ronski II 7f.; Themisonion Michel Rec. 544;
46 [y. jtQsaßvjsoog = y. jtöv xQsoßvTsgow, die 10 Tralleis Papakonstantinu nr. 40. 148; auf Rho-
Bedenken Polands 98, es handle sich noch nicht dos erscheint neben dem y. ein inioxdzag xöiv
um eine völlig entwickelte Gerusie, sind unbe- zrai&tov (1. Jhdt. v. Chr.) IG XII 1, 43. 55. Einen
y., vxoyvfivaöiagxos und i(pr}ßaQ%og finden
wir in Apollonis Bull, hell XVIII i58; Kios
Bull. hell. XV 482; Lesbos, Mytilene IGR IV
100. 101; TegeaBull. hell. XXV 275, 12; Thera
gründet), r. tcöv xaTtgatv. Miletos CIG 2880.
journ. hell. Stud. VI 353. Rev. phil. XX 99.
XXI 42. 44. Nach dem Gymnasion bezeichnet
ist der y. iv Avxsitp in Epidauros IG IV 1467
und der y. iv VXv^tsup in Megara IG VII 31. IG XII 3, 342. 542. 1299 (auch izatdovd^og).
Nicht selten hatte ein G. die Leitung aller Gym- r., vjroyvfivaalagxog und naibovoitog be-
nasien, z. B. Branchidai: y. nävTwv tqjv yv/iva- gegnen uns in Kos Paton-Hicks 34. 55' Per-
<j(W ( CIG 2885. Anc. Gr. inscr. 922; Didyma : 20 gamon Athen. Mitt XXXII 244,' 4 (127 v.'Chr.).
y. Tidrzmv xQßtog D ittenb erger Or. 472 mit r., ifprjßagxog und jtaidov6fto S erscheint
Bemerkung; Pergamon: y. 7idvro>v tcäv yv/uva- in Ephesos Anc. Gr. inscr. 481. TAM; Mi-
■aimv Athen. Mitt. XXXII 330, 61. Den Amts- letos CIG 2885. Rev. phil XXI 212, 16. Anc.
Bereich des G. lassen folgende Bezeichnungen er- Gr. inscr. 924. 925 ; Priene Inschr. von Priene
otcöv l'&vovg Bull. hell. XXI 162; Lagina y. iv t<$
jtsQtxoliq} TAM; Panamara y. iv dfKpotEQotg roig
fiog hat Kyzikos aufzuweisen CIG 3660. IGR
IV 145. 154. Journ. hell. stud. XXXKI 89. Unter
yvpvactotg xai iv m> ieg<p sssoutoXitp Bull. hell. 30 allen diesen werden wir Beamte zu verstehen
XV 199. 141; Pergamon y. iv xotv(p tyg 'Aoiag
Le Bas III 1723c (vgl. die ayelaQxla — Epheb-
archie im Avxioiv to xoivov IGR III 648); bei
Nikopolis ad Istrum gymnasiarcha empori Pire-
temium CIL III 12415. Während dieser Zeit
ist der y. der ägycov tov yv/nvaai'ov, wie er in
Berroea Le Bas II 1331 erscheint; vgl. Hesych.
s. v. yvfivaataQxoQ ' äqx<ov fvazov, der g~vaxog war
■ein Teil des Gymnasion. Er gehört als solcher
haben: den Timbovöuog bezeichnet Aristot. Pol.
IV (VII) 17 als aQxtov , ebenso Hesych. s. v. :
aqxn «? xagä Adxcooiv. In dem Hypo-G. will
Glotz 1679 einen Adjunkten sehen, den sich der
G. selbst gibt; richtiger erklärt ihn Krause
Pauly Eealencykl. III 983 als Stellvertreter des G.
Gelegentlich seien einige mit vno- gebildete Ämter-
bezeichnungen angeführt: vjzayooavopog Smyrna
Rev. Et. gr. XII 386, 14; vTroö^ßiovoyög Hie-
zu den aoyovxeg tov yvpvaolov, wie die Inschrift 40 ropolis-Kastabala Journ. hell. Stud. XI 247, 17;
aus Kvzikos Journ. hell. Stud. XXXIII 89 sa^t ^oazQaz^og Paros IG XII 5, 1019; Tenos XII
aus Kyzikos Journ. hell. Stud. XXXIII 89 sagt,
zu den negi Ttjg izaideiag zcöv Tzatöojv xai zajr
i<pr)ßa>v ztjQovvzeg , wie wir in der Inschrift aus
Notion nach der österr. Jahresh. IX Beibl. 59 ge-
gebenen Ergänzung lesen, zu der Beamtenhie-
rarchie des Gymnasion (Glotz), zu dem Education-
Departement of a Greek state, wie Hasluck Cy-
zikus 258 sich ausdrückt. Wir finden einen y.
n „A „;™„ '__ - ' _. _..i> i
5, 88Öf.; VTzozdfusvojv Didyma Rev. phil. XXIH
149, 30. Über den Ephebarchos s. d. Glotz 1679
meint, Ephebarch sei kein Beamter, sondern nur
ein von den Epheben selbst verliehener Ehren-
titel, Lieben am 350, der Ephebarch sei aus der
Reihe der Epheben genommen, Pol and 90 will
in ihm keinen eigentlichen Beamten sehen. Da-
und einen vjzoyvftvaotaQxog auf Amorgos: gegen erscheint der Ephebarch als Beamter nach-
IG XII 7,235 (Minoa). 421—425 (Aigiale); De- 50 gewiesen , wenn wir ihn in Ephesos Anc. gr.
los Bull. hell. XV 251 (vor 166 v. Chr.); Hali- inscr. 481 mit der Verwaltung einer für das
karnassos Le Bas III 502; Melos IG XII 3, 1091 ;
in Messenien Journ. hell. Stud. XXV 41. 1. 2
i Methone). 48, 9 (Kastelia); auf Naxos IG XII
5, 39; Paros IG XII 5, 232. 1019. 1026; in
Thuria Michel Rec. 612 (3. Jhdt. v. Chr.)- Tlos
TAM; Tresen IG IV 753 (3. Jhdt. v.' Chr.).
r. und ifpffßaQxog kommt vor in Akmonia
CIG 3858; Akalissos IGR Hl 649; Apameia Ki-
das
Gymnasion bestimmten Stiftung betraut sehen,
wenn es in der Inschrift Branchidai Anc. gr.
inscr. 925 heißt: etpijßaoyog äxoSsix&sis tzooi-
ozarai tov yvfivaoiov und in Philadelphia Le Bas
III 643: iqorjßag/ov zg/Joavza zijv aQXW' Zie-
barth Schul w.~52 meint mit Berufung auf IG
XII 2, 134, ein Schulaufsichtsbeamter, der Ephe-
barch . sei mitunter aus privaten Mitteln ange-
botos Rev. Et.gr. II 30f. (ca. 155 n. Chr.j ; Aphro- 60 stellt worden; nach der Lesung Cagnats IGR
disias CIG 2760. Rev. Et. gr. XIX 92, 8 ; Apollonia IV 101 : xaodaxov xb t« xotet iavzbv iwMapyov
Pisidien IGR III 319. 320; Argos IG IV 584. ist eine solche Annahme unnötig. Nebenbei sei
589; Berroea Le Bas II 1331; Iasos (Didyma?)
Rev. Et. gr. VI 187f. ; Idebessos IGR III 648;
Äana Mova. *. ßtßl. I 139; Kolossai Le Bas
ni 1693b; Korone Le Bas II 305; Odessos
J>enkm. aa* Bulgarien nr. 92. 114; Philadelphia
CIG 3417. Le Bas III 649; Sestos Ditten-
nnötig.
bemerkt, daß der Ephebarch in manchen Städten
mit der Leitung der Epheben betraut erscheint,
ohne daß ein G. erwähnt wird: so in Deuriopus
Denkscbr. Akad. Wien XV/XVI (1869) 168, 44;
in Pompeiopolis (Paphlagonien) werden als Beamte
in der dorch Cn. Claudius Severus eingerichteten
1301 Al'fiVtXOUXfJ^U^
Üphebeia nur Ephebarchen genannt: Bull. hell.
XXVII 826, 31. Die Gymnasiarchie erscheint oft
als &qxv bezeichnet, was auch L^vy a. a. O.
371 erwähnt, der aber mit Unrecht meint, es sei
parun abus signifieatif geschehen. In Akraiphia
IG VII 2712 heißt es von Epameinondas, der zum
zweitenmal G. ist: im t>;? wpcuw/? aQxng rjgi-
<srtos iv z(ö yv{4.vaot<p, wo doch wohl seine erste
■Gymnasiarchie zu verstehen ist. Sonst finden
eine wesentliche Rolle spielte das älsUpstv und
es oblag dem G. die Beschaffung des nötigen
Öles , wofür von der Staatskasse oder aus Stif-
tungen Gelder bestimmt waren. Bei der schlechten
Finanzlage der Städte aber mußte der G. Zu-
schüsse aus Eigenem machen, oft die Kosten ix
z<Jjv IMtov bestreiten. Es hat dann den Anschein,
als sei der G. aus einem Verwaltungsorgane des
Staates zu einem Wohltäter der Gemeinde ge-
wir sie als aQxn bezeichnet in Amphipolis österr. 10 worden , Gymnasiarchie bedeutet dann die Un-
Jahresh. I 181 (1. Jhdt. v. Chr.); Eretria Amer.
journ. arch, XI 173f. (2. Jhdt. v. Chr.); Koresia
IG XII 5, 647 (3. Jhdt. v. Chr.); Pergamon
Athen. Mitt. XXXIII 271; Priene Inschr. von
Priene 113, 114; Sestos Dittenberger Or. 339
<125 v. Chr.); Tarsos Bull. hell. VII 325, 54;
Tenos IG XII 5, 818 (2. Jhdt. v. Chr.) ; 880
— 886; Teos CIG 3086 {stQooTavza Ttjs dox^j?;
v<rl. Tralleis Athen. Mitt. XXVI 237, 1 : aigefak
kosten des Amtes eines G. , z. B. Mytilene IG
XII 2, 82: to ziäv xfjg yv{tvaoia.Qxicis', Pergamon
Athen. Mitt. XXXIII 382, 3: to. yivdfisva x^g
yvnvaairaQxiag äval<i}(iaza\ Priene Inschr. YOn
Priene 114: svapsorog iv roig xfjg yv^vaaiagx^
dvalotfiaoiv. Diese Seite der Gymnasiarchie tritt
besonders hervor, wo der G. als Spielleiter' er-
scheint. Das Gymnasion diente auch als Übungs-
platz für die großen Nationalspiele und für
\ • f. i * __l t.. »:„.^i. Tri vtth
ayogavdnog xQoiaw] rfjg aQXvjs; Mylasa Le Bas20Agone mannigfacher Art, In Aigiale IG XII 7,
III 405: atosfcig narijyvQidext]g noosott] rrjg 515 (2. Jhdt. v. Chr.) haben die empsXipai im
> ...t_\ \v./.v. nrri A9Q?: fYanfTinciT wit-H dip VWpinA mit dem G. den Avmv zuleiten: in Ili<
agy/jg). Auch CIG 4295 (Xanthos) wird die
Gymnasiarchie als a.Q%r) anzusehen sein. In
anderem Sinne ist in Korydalla IGR III 739
(2. Jhdt. n. Chr.) der Ausdruck agyal gebraucht :
XIV heißt es tqiwv yvjuvaotaQx^f dQyag dvede-
£azo, dagegen XIX: hilsasv zgelg yvf.ivaoiaQyJag.
Auf das Amt weist auch hin yvfivaaiaQx&v mit
dem Genetiv: Alexandria Arch. f. Papyrusf. IV
Vereine mit dem G. den dycov zu leiten ; in Ilion
Dittenberger Or. 214 (306—280 v. Chr.) heißt
es vom G. tc&stco 6e xai dy&va xä>v veow; in
Dionysopolis Arch.-epigr. Mitt. XVH 210, 102
erscheint ein yv^vaoidgxf}? xatvojv äycovcov und
in Panamaia BuU. hell. XXVin 37, 21 ein yvp-
vaataQxv aa $ T0 ^ s ro ^ ^ eo ^ äyiavag. So erscheint
neben dem Agonothetes (s. d.) auch der G. mit
238: y. räv öveiv yvpvaoicor; Aphrodisias TAM: 30 der Leitung der Agone betraut und fand Ge-
y. T&vysoatthv) Halikarnassos S.-Ber. Akad. Wien
CXXXII 29, 4: y. ztjg ysQOvalag; Iasos Bull. hell.
VI 213: y. röiv vecov. Rev. Et. gr. VI 175: y. täv
jsoödgojv yvixvaomv usw.; vgl. yQä^^azsvaag ttjg
xoXeok Tralleis CIG 2931. Als Beamte erscheinen
die G. in der Datierung: bei Weihungen, Ephe-
benkatalogen und Siegerverzeichnissen, die in
ihren Wirkungskreis fallen. In Lindos auf Rhodos
IG XII 1, 839 findet sich ein inwwpog yvfxva-
legenheit, durch Beschaffung des Öles, Aussetzung
von Preisen usw. für die prächtige Gestaltung
der Agone zu soTgen. Nicht selten finden wir
verbunden dytovo-fr strjaag xai yvfivaotaQ-
yrjoag: Aspendos IGR III 804; Aphrodisias Le
Bas III 1619; Attaleia (Pamphylien) IGR III
783; Caboucie (Syrien) Bull. hell. XXVI 169, 9;
Eleusis 'Etpnu, dgx- 1883, 78, 6; Ephesos TAM;
Herakleia a. S. Bull. hell. IX 338, 21. 340,22;
olagyog veojTsgog. Sonstige Beispiele für die Datie- 40 Kandyba Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 27;
rung sind: Apollonis (Lydien) Bull. hell. XVIII 158.
Michel Rec. 643; Babylon Klio IX 352, 1 (109/8
v. Chr.): Berroea Le Bas II 1331; Chalkis *A$qvä
XI 272, 2; Chios CIG 2214; Delos Bull. hell.
XV 252; Halikarnassos Newton Halicarn. II nr.
12 a— c. Anc. Gr. inscr. 898; Iasos Rev. Et. gr.
VI 190f.: Ikaria Movö. x. ßtßX. I 139; Ka-
lymnos Athen. Mitt. XIII 188; Kios Bull. hell.
XV 482; Kyzikos CIG 3660 vgl. 3665; Megara
Kition IGR ILT 980; Magnesia a. M. Kern
nr. 153; Miletos CIG 2881; Neapel IG XIV
729; Panamara Bull. hell. XII 82, 8; Pergamon
Inschr. von Perg. 456; Pessinus IGR III 230;
Plataiai IG VII 4339; Thessalonike 'AXrj&eia
1906 nr. 489, 40. Das Gymnasion diente als
Festplatz der Stadt zur Bewirtung der Bürger,
für xavqyvQEig, bildete den Mittelpunkt des öffent-
lichen Lebens. Wir finden es begreiflich, daß
IG VII 29. 31; Messenien: Kastelia Journ. hell. 50 der G. oft als Spielleiter erwähnt wird. Daher
Stud. XXV 48, 9; Miletos Anc. Gr. inscr. 924.
925; Naxos IG XII 5, 39; Netum IG XIV 240;
Paros IG XII 5, 137. 138. 1019. 1026; Perga-
mon Athen. Mitt. XXIX 99; Petelia IG XIV
637; Plataiai IG VII 1668; Samos Michel
Kec. 901: Tanagra IG VII 557; Teos CIG 3087;
Thessalonike CIG 1967. Duchesne-Bayetnr.2;
Thuria Michel Rec. 612. 613. In Krannon IG
LX 2, 459 (3. Jhdt. v. Chr.) finden wir den G.
erscheint er auf Münzen: He ad HN p. 601. In
Ephesos TAM nennt eine Inschrift einen yv/uva-
oiagy^aag xavqyvQscog, in Epidauros IG IV 1432
einen yv/nvaataQy^oa; xai dyogavofitfoag iv zaXg
utavqyvQYjöiv, in Silandos Bull. hell. XI 105, 26
einen dXetxpag iv tü> äva>&sv yvuvaolco xovg 7za-
rrjyvQiCovrag xoXsizag. In Mylasa Le Bas III
405 und Pergamon Inschr. v. Perg. 163 er-
scheint der Ttavriyvoiaoxog als dqyjli m Nakoleia
in der Datierung eines Proxeniedekretes, in Larisa 60 CIG add. 3847 b ein äg^ag jijg legmzdTTjg tov
IX 2, 517 u. Ö, in Freilassungsurkunden. Zu
erwähnen sind noch die Verzeichnisse der G. von
54—65 n. Chr. in Athen IG ILT 1016 und der
14 G. nach dem Stephanephoros Hegemon in Iasos
Rev. Et. gr. VI 189, 37. Als Gymnasialvorstand
mußte der G. persönlich tätig sein, hatte die
Aufsicht über die Anstalt und ihre Besucher
i sowie über deren Aufführung und Ausbildung ;
üeov 3 Axd?,X<ovog navrjyvQsaig ; Panegyriarchen
(s. d.) finden wir in Aizanoi, Branchidai, Eleusis,
Ephesos, Erythrai, Knidos, Kos, Kyzikos, Magne-
sia a. M., Mastaura, Mopsuestia, Mytilene, Ni-
kaia, Nysa, Pergamon, Philadelphia, Prosa, Sar-
deis, Sparta, Thyateira, Tomis und Tralleis.
Die Kosten erfuhren eine bedeutende Steigerung
dadurch, daß nicht bloß Bürger und deren Stihne
Zutritt in das Gymnasion und Anteil an den
Spenden, besonders öl, erhielten, sondern auch
Frauen, Fremde und Sklaven (s. den Art. Gym-
nasion). In dieses Stadium der Gymnasiarchie,
in dem die persönliche Tätigkeit gegenüber den
Geldleistungen zurücktrat, fällt die Bekleidung
der Gymnasiarchie durch Frauen: Aphrodisias
TAM; Arneai TAM; Erythrai Rev. Et. gr. XIV
297; Euromos CIG 2714; Herakleia a. S. Bull,
bell IX 338, 21 ; Kyrene CIG 5132; Lagina Bull,
hell. XI 145, 46. 157, 63; Magnesia a. M. Kern
nr. 158; Nakrasa Le Ba8 III 1661; Panamara
Bull. hell. XV 197, 140; Paros IG XII 5, 292
(292/3 n. Chr.); Pednelissos Lanckoronski II
259; Sidyma Reisen I nr. 43; Sillyon Lancko-
ronski I 59. 60; Termessos Lanckoronski
II 7. 9. 10; Trapezopolis CIG 3953c. Schnei-
der 129 erklärt den weiblichen G. dahin, daß
diese Frau mit den Übungen der Jungfrauen in
Beziehung gestanden sei. Vielleicht ist es an-
gezeigter, zur Erklärung die Inschrift aus Pana-
mara Bull. hell. XV 197, 140 anzuführen: iyvft-
vaotdQxr/os de xal f} Ugeia xaig yvvai^iv zo xe
D.atov xal juvga xal xa xeXsiQxaxa xtöv älsi/M/nd-
tcov äfp&ova tzoqiCovgol. Daraus ist auch die
Tätigkeit der Frau, die als yv^ivaoiagxog zwv
yvvaixmv bezeichnet wird, in Dorylaion Dit-
tenberger Or, 479 (2. Jhdt. n. Chr.) zu ver-
stehen. In Sillyon Lanckoronski I 59 er-
scheint eine Frau als yvfivaoiagxog iXaiov fteaet,
ihr Vater war drj/uovgyog xal y. EJLalov d-iascog
vgl. nr. 60. In Aspendos IGE III 804 wird
Ti. Claudius Erymneus geehrt als yvfivaöiagx*}-
oag aXeiftfjtaotv iXxvoxotg-, vgl. Stratonikeia CIG
2719: yvizvaaiagx^oavToq iXxvöxü} iXako. Le Bas
III 517: yvfivaotaQxqaavTEs . . . £ v yv/nvaaicp eX-
xvaxov ix Xovx^gatv edooxav. Danach wird zu
erklären sein die yvjuvaoiagyia iXxvartj in Pana-
mara Bull, hell XXVIII 42, 27. In Delphi Bull,
hell XVIII 97, 14 (2. Jhdt. n. Chr.) heißt es
von dem yvfivaoiagxog Archelaos evyatiyßelg sjrtSi]
ovxog <piXoiif.iaig xal TzoXvxsX&g dXiipsv nag ä/nlv;
damit vergleiche ich die Inschrift aus Karyanda
Le Bas III 499: sXaiov ov xgbg zo dofikv avxqj
Stdtpogov Staviftcor , aX?.a a<p&ovov ix rtov idian>
ävaXioxcov %dgiv xfjg zcöv zzoXXcov evqpr/jiuag . . .
In Dorylaion Dittenberger Or. 479 lesen wir
von Asklepiades : yvnvo.oia.gyoG ex xCjv ISiwv iXev-
Sigtov xal Sovloiv cL-rö ägxofisvijg ijuigag i'otg
vvxtbg ögaxzolg ix Xovxrjgajv, in Herakleia a. S.
Arch. : epigr, Mitt. XX 67 heißt es yvfivaotdgxov
xov da szovg fjfiioag xal vvxzog dgaxxolg äoa-
Xtvzoig, Sonst wird äXdq>eiv häufig zu yv(.i-
raaiag'/elv hinzugefügt, z. B. Akraiphia IG VII
4134; Bargylia Le Bas III 496; Erythrai Rev.
Et. gr. XIV 297 (yvfivaoiagyrjoaoa -Tat äleiyaoa
ix Xr}väv nag" SXor xov eviavxov <V SXtjg r) pigag . .1 ;
Nakoleia CIG add. 3847 b; Nisyros IG XII 3,
104; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 376, 1;
Panamara Bull. hell. XXVIII 37, 21. rvftvaatag-
zyoag xal iXato&Exrjaag findet sich in Alinda
Bull. hell. XV 540, 5 und Kys Bull. hell. XI 306, 1
(52 n. Chr.), ein iXatodixjjg in Ankyra IGE III
199; Ephesos TAM; Hierapolis Judeich nr. 32.
Hier seien Beispiele angeführt für die Bestreitung
der Kosten für das öl aus der Staatskasse oder
ans einer Stiftung, vgl. Mommsen Ephem.
epigr. VII 439. In Apameia Kibotos wurden
aus der Staatskasse 15000 Denare für 6 Monate
gegeben, Bull. hell. XVIII 308, 6 = Ephem.
epigr. VII 236; in Attaleia (Lydien) bestimmte
Euarestos im Testamente den Ertrag eines Grund-
stückes zig eXaiod-eaiav eines Tages in jedem
Jahre, Bull. hell. XI 399. In Blaundos heißt
es yevtioErai t) ziagoxy xov iXatov xal f\ äXXrf
ftsgajzita aus dem Ertrage , Denkschr. Akad.
Wien LIV nr. 270, in Deuriopos: dXu<povar)$ rfjg-
10 jioXecog ex rtov vnb . . . ÖEÖofievoyv Ö7}vaoicov t
Denkschr. Akad. Wien XV/XVI 168, 44.^ In
Eretria stiftete zu Anfang des 1. Jhdts. v. Chr.
Theopompos dem Volke dg iXaioxgdaxiov 40000»
Drachmen, damit von den jährlichen Zinsen das
Öl für das Gymnasion gekauft und das Volk von
diesem Aufwände befreit werde, Philol. X 300
= Rangabe Ant. hell. nr. 689. In Gytheion
berichten zwei Inschriften von ölstiftungen :
Phainia Bromion hat 8000 Denare geschenkt,
20 Le Bas II 243a, Eutychos 5000 Denare dg-
eXtaiviov, , Erpj]ft,. äg% t 1892, 191, 3. In Iasos
sind 5000 Denare gestiftet für das Gymnasion
der Neoi, Rev. Et. gr. VI 157, 3, deren Zinsen
jährlich verwendet werden slg rd iXaiogxdöxiov
des sechsten Monats ; ebd. 177, 12: der G. Dio-
dotos hat sein ganzes Vermögen hinterlassen
elg äXijtiftu. In Iotape CIG 4411a hat Kendeos
mit seiner Frau Mas eis xb yv/nvdoiov 15 000 De-
nare gegeben dg re SiavojLiag . . xal . . . olvoÖo-
30 aiag xal yvftvaoiagyiag rtov 7ioXuxi>jv. In Magne-
sia am M. lesen wir Bull hell. XII 204: -q xov
ilatov XQVMS t° zlv xaxdllt]log jzalioxa xal ävav-
xa.iox6.xv} xdlg aoißaot xätv av&QOiTicov xal tzXeov
ToTg yegovxwv , xb hz diöö/LiEvov jraga zijg jioXeois
etp' exäoxy} r)fi£gat kXaiov sk~&xovv &yei fikv XEiptr}v 7
avxagxhg de ovx iaxiv. Auch in Pergamon wurden
Gelder für die Kosten der Gymnasiarchie, vor
allem für das öl, aus der Staatskasse gegeben:
Athen. Mitt. XXXIII 382, 3: xwv vo^cCo/j-svcov
40 jiagä zijg xoXscog yogriyelodai öiafpögcov elg xa
yivoftEva Tfjg yv/uvaoiagytag dvaloifiaxa ; vgl. die
Inschrift aus Salamis IG II 594: ngos zo psgt-
o&hv avx(p sig xö l'Xaiov ix zcov iöioiv jrgogsöajid-
vtjoe. In Prusias am H. IGE III 68 wird ein
ägyvgozafiias zäv iXaio>vixow y_orjfj.dx(ov erwähnt,
vgl. Athen. Mitt. XII 177. 8." Bull. hell. XXV
78, 210. In einem Gesetze über einen gymnischen
Agon xu Sparta (1. Jhdt. n. Chr.) lesen wir die
Bestimmung: 6 yvuvaoiag%os xazd zov vö/nov
50 äXeiyttv nagi&i xolg axoygaipanevotg, Annual XII
451, 3. In der Rechnungsurkunde von Tauro-
menion IG XIV 422, 136—155 erscheinen die
G. mit einem Verbrauch von 44i/ 2 Hektoliter
Öl. In Amphipolis Osten. Jahresh. I 181 hat
der G. Philippos n,av xb itegto&kv avxon ix ztov
drjfwotaiv dtd<pogov eis xb eXatov den Neoi ge-
schenkt. Die hohen Kosten der Gymnasiarchie
boten ihren Trägern Gelegenheit, ihre ydozifiia
und (pdodo^ia zu zeigen ; schon vom G. Charmos
60 in Trozen IG IV 749 (4. Jhdt. v. Chr.) heißt
es: slg xovg äywvag dx6ÖEtg~ir zxoiovfievog tpiXo-
öok~iag xal dgex^g. So finden wir die ehrenden
Beifügungen erklärlich bei yvfivaoiagxfoas'- &i-
rzdvatg Idebessos TAM; ivoö^g Nikaia CIG 3749.
h66$o)g xal ixMpavoig Kos Paton-Hicks 109.
110; b>66^o>i xal <pdoxdfxcog Kos Paton-Hicks
107. 108 ; biioriuoK Balanaia Athen. Mitt. XVII
88, 2j btupavüe Selge Lanckoronski II 249;
lyeö
ZvfiyctalaQxos
Tv^ivccmaqific,
1986
xaXäg xai <ptkod6£a>g Apameia Kibotos Athen
, Mitt. XVI 148; xdXwg xal fieyaXodo^oig Kyme
CIG 3524; XafviQ&g Magnesia a. M. Kern 163;
Sparta GIG 1381; XafijiQtbg xal ftsyaXoywxoig
Iasos Bull. hell. XI 213, 2; XafmQäg xai <pdo-
86£(*>$ Apolloma (Pisidien) IGR III 320; Xafijig&g
xai <piXozsificog Ilion CIG 3616; (isyaXojiQEJttig
Balbura Le Bas III 1222; Prusias a. H. IGR
lTI 68; fi£yaXoyvx6Jg Sparta CIG 1371; xoXv-
xsXäg Aphrodisias Le Bas III 1601; Iotape CIG
4413 d; xeXstcog Apollonia-Sozopolis Arch.-epigr.
Mitt. X 164, 6 (vgl. die yvfAvaatagxia xsXia in
Panamara, Bull. hell. XXVIII 42, 27) ; <pdoM£<os
Sidyma IGR Hl 596; <pdoxd/ucog Idebessos IGR
Hl 653; Sparta CIG 1358. 1366 (vgl. yvfiva-
mdgxrjg (pdoxsifiog in Dionysopolis Arch.-epigr.
Mitt. XVn 210, 102). Die Gymnasiarchie er-
scheint als eine <piXozifila, z. B. Iotape IGR
III 831 : yvßvaotagxog xö ß xal <V aloivog yvfi~
vaoiagxog xal xag Xomag <pdött[iiag uidaag dao-
nXtjgdioag; vgl. Plut. Nikias 3. Diese <pdoxi\ila
war eine Bürgerpflicht der späteren Zeit und an
die Stelle der alten Leiturgien getreten: v. Wi-
lamowitz-Moellendorf Staat 185. Das be-
deutet der Ausdruck yv/uvaatagxiav teXeTv: Apol-
lonia (Pisidien) IGR III 320; Korydalla IGR m
739 xix; Lagina Bull. hell. XI 31, 45; Miletos
Dittenberger Or. 494; Panamara Bull. hell.
XII 84, 9; Sidyma Reisen I nr. 43; Termessos
Lanckoronski II 89. Die Kosten selbst wurden
oft von anderen bestritten; aus der Kasse eines
Tempels, z. B. in Pergamon aus der des Askle-
pios, Athen. Mitt. XXXIII 388, 6; in Ephesos
aus der der Artemis: TAM yvftvaoiagxovorjg xfjg
■&eov xfjg alcovlov yvfivaatagxiag und Anc. Gr.
inscr. 500: yvfj.vaoiagxovvzcov zag yvfivaaiaQxiag
h[X6yco? xrjg ^Agxifuj 'Sog ; aus einem Vermächt-
nisse , z. B. Apollonia (Pisidien) IGR III 320 :
yvfivaoiagxiav t£?Joavxa xata dta&^xriv xov dve-
ipiov ; von hochgestellten Personen , z. B. von
Antonius in Athen Plut. Ant. 33, in Alexandria
Cass. Dio L 5. 27; Tarsos Strab. XIV 674,
von Kaiser Titns in Neapel IG XIV 279 , von
Kaiser Hadrian in Athen 'E<ptjp. dgx- 1883, 78, 6.
Zur Führung der Geschäfte wurde dann ein sm-
fisXrjxrjg yvpvaotaQxlag hestellt, wie er in Eleusis
'Rptjfi. dgy. 1883, 78, 6 und Phaseiis Bull. hell.
XVI 443 erscheint^ in Phokaia CIG 3413 findet
sich der Ausdruck ijitfisXrj^EVTog xfjg yvfimatag-
Xiag. Zu vergleichen ist der imftEXijxijg xrjg &eov
Avxovgyov xaxgovofii'ag in Sparta (2. Jhdt. n.
Chr.) Annual XIII 184. XIV 89. 107, 5 (mit Er-
klärung von Woodward 118). Füt diese Phase
der Gymnasiarchie kommt noch die Konstruktion
des Verbums yvftvaotagxtTv mit Dativ oder Ak-
kusativ in Betracht, wie' wir sie auch in Athen
finden werden. In Lagina Newton II nr. 97
lesen wir: iyvfivaotdgxqoe iv zfi TtoXn xy xfjg
xXsidbg aonxjj; Reisen I nr. 134a: xotg noXd-
raig yvfivaatagxiag xal ioztdaetg e.-iexeXeo£ ; in
Panamara Bull. XXVIII 46, 31 heißt es: yvptvaai-
agxrjoavzsg xdog zvxr) xal rjXtxia. XV 247, 140:
3'. xai zij kogxjj xal navrjyvgu xov &sov ; in Tabai
Bull, hell. XIV 625, 27 wird ein yvftvaotaezyaag
rtör yzgövtwv x<p xotr<p erwähnt. Mit dem Ak-
kusativ erscheint yvvaotagxelv: Panamara Bull,
hell. XXVIII 37, 21: yeyvfivaoiaQxijXQjs 6k zovg
xov teov äyävag. 260, 86: Eyvftvaoidgxf]oe nyv
Paalr-WiSsowa-KroU TU
KagdXtjiptv zov ate<pdvov t Pergamon Athen. Mitt.
XXXII 312, 34: yv/tv. xa swsaxaidexata Nt-
xrjtpdgta; Stratonikeia Bull. hell. XI 375, 1: tjjv
iogzijv xüv Uarafiagsimv zag Ssxa tffiegag lyv\i-
vaoidgxrjoav; Thyateira Denkschr. Akad. "Wien
LIV nr. 69: yvfiraaiaQxiqaavta. Jidvza xa yvfx-
vdaia öig.
Nachdem eine Übersicht über die verschiedene
Bedeutung der Gymnasiarchie gegeben ist, er-
10 sehen wir, daß die Bezeichnung, die von Gym-
nasion genommen ist, ihre Berechtigung behält
• und die Tätigkeit des G. auch in der -letzten
Zeit mit dem Gymnasion zusammenhängt: in
Panamara verteilen G. iv yvfivaofy sXatov ilxv-
otöv, Le Bas III 517; in Stratonikeia CIG 2719"
leeen wir : ^ yvfivaoiagxtjoag IXxvoxq iXaiq), iv fj
yvfivaotagxta xal äyatva ix x&v idicov htoitjö'e.
Daß auch bei den Verteilungen für die Aufsiebt
über die Anstalten und für die Aufrechterhaltung
20 der Ordnung gesorgt werden mußte, ist selbst-
verständlich; vgl. v. Wilamowitz-Moellen-
dorff Staat 110: ,Die Unterhaltung der staat-
lichen Turnplätze, was zugleich die Aufsicht über
sie in sich schloß, die Veranstaltung der gym-
nastischen, musikalischen und dramatischen Auf-
führungen sind immer durch Leiturgien besorgt
worden. Der Reiche trug die Lasten, hatte da-
für auch das Kommando und die Ehre'; 161:
,In der Römerzeit werden die Familien', aus
30 denen G. genommen werden , zu einer Art von
Honoratioren, einem Munizipaladel'. Die Gym-
nasiarchie trug von Haus aus einen aristokra-
tischen Charakter: (Xen.) de re publ. Atb. I 13
und Aristot. Pol. VI (IV) 15, und bis in die letzte
Zeit gehörten die Träger derselben vornehmen,
reichen Familien an; in manchen Familien war
die Gymnasiarchie erblich. Einige Beispiele mö>en
angeführt werden: In Alabanda Bull. hell°X
307 stammt der G. M. Antonius Meleager aus
40 königlicher Familie; in Aphrodisias CIG 2766
wird der G. bezeichnet als ytvovg ngöizov xal
ivdoq'ozdxov, in Arneai IGR III 640 als dv%g ix
xwv xgoxEvovztüv iv zrp h'üvet, in Attaleia (Pam-
phylien) IGR III 782 als yivovg legattxov y Vf i-
vaoiagxtxov agxtEgaxixov , in lasos Rev. Et. gr.
VI 182, 24 als ngoydvcov yEvö/ievog XEixovgyüv,
in Ilion CIG 3616 als xöofiog x^g jioXetog; in
Paphos Dittenberger Or. 164 war Potamon
xoiv iv Kvxg<p ysyvfivaoiagjmxdxcov xal tjyEzogsv-
dOxdxayv, in Branchidai CIG 2881 wird der vibg
xai Exyovog agyiegecov , . . . yvptvaotdgxtov , in
Samos Bull. hell. V 485, 7 ein dutdyovog iegiav
xal dgxiegiojv xal yvfivaoiagyav erwähnt. Der
in Adada von der (paftdia geehrte agyiegebg xüv
Zeßaoiüv und yv/Ävaaiagxog Bianor IGR III 372
gehörte einer reichen und vornehmen Familie
an, deren Mitglieder priesterliche und kommu-
nale Ämter bekleideten und ihren wohltätigen
Sinn durch Stiftungen bewiesen ; vgl. Herrn. XXIH
60 538f. Ti. Flavius Leosthenes war azoaxr,ybg bil
xovg oxXixag xal yvftvaaiagyog IG HI 658, Ti.
Claudius Archon, Herold des'Areiopag, imi^Xtjxijg
xrjg jioXeaig, äycovo&h?};, yvfivaoiagxog, azgaznydg.
BulL hell. XIX 113. In Neapel gehörte die
Gymnasiarchie zu den angesehensten Magistra-
turen und ging allen Munizipalämtern mit Aus-
nahme der Demarchie voran: Friedländer Sitt.-
Gesch.3 II 647, vgl. Ruggiero Dizion. epigr. m
63
1987
rv/iivamaexog
rb{jtvcc(rfai>x £
1988
596. Als Träger der Gymnasiarchie erscheinen
außer den genannten Mitgliedern des Kaiserhauses
auch Agrippina in Mytilene IG XII 2, 208. 258,
ebensoPhilippina ebd. nr. 232. Von Antonius
berichtet Cass. Dio L 27, er habe in Alexan-
dria nur als y. gelten wollen, wie er in Athen
{Plut. Ant. 33) /uctot tüv yvfivaoiaQxtx&v «v
Ifiattq) xal tpaixaoiotg stQorjst. Wir begreifen den
Stolz auf dies Amt und auf die Herkunft von
G.: Philostrat. Apollon. v. TyanaIV 32 berichtet
uns die Antwort, die ein spartanischer Jüng-
ling auf die Frage: jiaxqQ di aot vavaXrjQog
iyivszo i} ndmiog;' gab: ,ajiaye, yvfivaotaQXoi re
xal s<pogoi xal uiaxQovdfiot sidvxsg'. Der G. Ap-
pianos aus Alexandria verlangte, mit den In-
signien seiner Würde geschmückt in Rom vor
den KaiseT geführt zu werden, und erwiderte
dem Kaiser: Ich bin ein Edler und G., s. Arch.
f. Papyrusf. I 37.
Nachdem die verschiedenen Seiten der Gym-
nasiarchie im allgemeinen dargestellt sind, wende
ich mich zu den Einzelheiten.
L Athen und die Athen untertänigen
Orte. In Athen ist uns für das 5. und 4. Jhdt.
v. Chr. die Gymnasiarchie als iyxvxXiog Xeizovq-
yia bezeugt: Andok. I 132. Isokr. XYI 35.
Demosth. XX 21. Isae. VI 60. Bekk. Ann. 250.
Poll. III 67. Im Lex. Segu. JBekk. Ann. 255)
s. yvfivaoiaQzot heißt es: oi ägxovzeg xtöv ?>a/u-
TiaöoÖQOf^iöiv und Hypothesis zu Demosth. XXI
p. 510: ngovßdXXsxo d(p exdax^g (pvkijg sig yv/a-
vaoiaQXOQ , Xa(ißdva>v %qv\p.axa dg xö yvfivd£eiv
zovg imxEXsoovrag xr\v loQtfjv.. . ; ihre Aufgabe war
es, für die Fackelwettläufe an den großen Pa-
nathenaeen, den Hephaistien, Promethien und
an den Festen des Pan die entsprechende Zahl
von Wettläufern einzuüben, sie mit dem Nötigen
zu versorgen und während der Übungszeit zu
verköstigen: Schol. Sam. zu Demosth. IV 36 und
LVII 43 (Bull. hell. I 11). Harpokrat. s. Xapjidg.
Ihre Bestellung erfolgte jährlich: nach der An-
gabe des Scholiasten wurde je einer aus jeder
Phyle gewählt: exsiqoxovsTzo. Die Inschrift IG
I 35b (421 v. Chr.) hat den Ausdruck oi yvfi-
yvptvaaiaQxoi f}Qt]}iEvoi eis rä Hooftr/d-eia- Die
Bestellung aus der Phyle bezeugt auch Demosth.
XXXIX 7. Isae. 36 und die Erwähnung der
Phyle in Inschriften: IG II 606 (4. Jhdt. v. Chr.)
enthält einen Beschluß der Lampadophoroi der
Aiantis für ihren G.; aus 346/5 v. Chr. ist uns
der Sieg der Akamantis unter dem G. Xenokles
berichtet IG II 1229 sowie die EhruDg der <pv-
Mxat für den G. der Hephaistien IG II 1340.
Aus dem J. 338/7 v. Chr. ist uns die Weihung
des gewesenen G. der Kekropis bekannt IG II
1181- Daß auch der 8ij[iog in Betracht kam,
lehrt Isae. II 42: iyvfj,vaoidQxovv iv rät dtj/xp
und IG II 1233c (4. Jhdt. v. Chr.): Mtyaxfye
äre&rjxe . . . ats<pava>&slg v.-ro dtj/ioz&v . . yvf-i-
vaoiag/_d>v; vgl. Haus soui Her La vie munici-
pale cn Attique 169, 1. Alb. Martin in Darem-
berg-Saglio Dict. ITI 1909 spricht die Ver-
mutung aus, es seien jährlich nicht alle zehn
Phylen in den Wettkampf eingetreten, sondern
nur fünf; daher auch jährlich nur fünf G. ge-
gewahlt worden-, dem widersprechen aber die
Angaben des Scholiasten. Nach Aristot. *A&. noX.
57 vgL PolL VIII 90 hatte der ßaatXsvg die Vor-
standschaft aller Fackelwettläufe; Gilbert I
241 meint, der ßa^tXsvg habe die G. ernannt;
Glotz 1675 und Gardiner 501 nehmen an, der
ßaotXsvg habe die Wahl aus der von den Phylen
vorgelegten Liste vorgenommen. Die von ihnen
angeführten Stellen bewiesen dies nicht, es ist
vielmehr nach der Angabe der Inschrift IG I 35 b
und des Scholiasten anzunehmen, die Wahl habe
unter dem Vorsitze des ßaadevg aus den einzelnen
10 Phylen stattgefunden. Bezüglich des Sprach-
gebrauches ist zu beachten, daß die Phyle im
Dativ, das Fest selbst entweder mit sig und Ak-
kusativ, im bloßen Akkusativ oder im Dativ
steht: IG I 35b: yvfivaoiaQ%ot sig xa IlQOftrj-
&sta; Lys. XXI 3 (405 v. Chr.): iyvpvaöidQ-
yovv fte JlQO/j,rj$£ia; Isae. VII 36: yeyv/nvafftdg-
yrjxa dg IlQOfirjd'eia <pdozlfiwg; IG II 1181:
yvpvaöiaQxyaas KexQOXtöt qwXfj sig üava&^vaia
xa (isydXa; 1340: y. rd'Hyaioztai Andok. I 132:
2fyyv{tvaoiaQxov'H<paiazeioig; vgl. dvdgdoi xal staiol
yvfivaGiaQy&v IG II 1233 c. Zum Vergleiche des
Sprachgebrauches seien angeführt: IG I 337a:
sxoQtjyst, ^Mjf^Öt; Delos Ball. hell. VII 105
(286 v. Chr.): ixoQqyeöav sig 'AzioUtovia ; 118
(203 v. Chr.): l/oßjyyjjöaw AjzoXXdwia; Mylasa
Le Bas III 409 : x°9VY^ aiQv&elg dg zovg dytH-
vas; Parion Bull. hell. XVII 550, 48: dyogavd-
liog dg xa HavaiMjvata. Daß die G. nur bei ge-
wissen Fackelwettläufen tätig sind, ist wohl dar-
30 aus zu erklären, daß die Übungen dazu im Gyni-
nasion stattfanden, vgl. Schömann-Lipsius
I 501, und der Lauf selbst vom Gymnasion seinen
Anfang nahm; vgl, Wecklein Herrn. VII 437f.
Unrichtig bezieht Thumser 694 die Gymna-
siarchie auch auf die Hermaeen, Theseen und
Epitaphien. Daß nur reiche Leute die Gymna-
siarchie leisteten, ist von selbst klar: genannt
werden Alkibiades: Isokr. XVI 35. [Andok.] IV
42; Nikias: Plut. Nikias 3 (der hinzufügt exsQag
iOxoiavxag <ptXoTt/iiag); Lysias, der als Metoike dazu
verpflichtet war und im J. 405 v. Chr. zwölf
Minen dabei aufwendete, Lys. XXI 3. Von einer
Aufsicht dieser liturgischen G. über die Gymnasien
im allgemeinen ist nichts bekannt; vgl. Glotz
1676. J. v. Müller Griech. Privatalt. (Handb.
IV2 2j 185,1. Gardin er 501. Jedenfalls lassen
sich die bei Aischin. I 12 eingerückten Gesetzes-
stellen nicht für diese Zeit verwerten, wie es
Grasberger III 464 getan. Dagegen mußte
50 ihnen das Aufsichtsrecht über die Teilnehmer an
den Übungen für den Fackelwettlauf zustehen,
um die evxoofila aufrecht zu halten.
Es kann nicht Zufall sein, daß mit Ende des
4. Jhdts. v. Chr. die Erwähnungen der G. als
Leiturgen der Fackelwettläufe aufhören, trotzdem
die Ephebeninschriften die Teilnahme der Ephe-
ben an den Fackelwettläufen erwähnen : zag Xapi-
Tidöag BQafiov IG II 467. 469—471. Für die
Theseia ist IG II 444 (200—189 v. Chr.) ein
60 XafiTradagxäv der Aige'is und der Akamantis ge-
nannt; 979 gibt ein Siegerverzeichnis, datiert
nach einem G. , 1036 die Weihung eines ge-
wesenen G. an Apollon; vgL 1196 = III 103. 1197.
1221. 1227. III 105. 107—110 (Weihungen der
Sieger an den Theseia und Epitaphia, datiert
nach dem G.). 89 Weihung des exi/teXrjxtjg Av-
xelov an Apollon, datiert nach dem G. Mit Be-
ziehung auf HI 105 (Weihung eines G. an Her-
1989
rvfJtvaofaQXog
rvfivam'-aQXOC
1990
mes) nahm Grasberger LI 252 eine jährige
allgemeine Gymnasiarchie für sämtliche ßing-
schulen Athens an. A. Martin in Daremberg-
Saglio Dict. III 912 hat richtig erkannt, daß
zu Ende des 4. Jhdts. v. Chr. die Gymnasiarchie
zu einem Amte wurde, das auch in der Eaiserzeit
fortbestand neben den aus der Mitte der Epheben
bestellten G., deren Aufgabe die Beschaffung des
für die Übungen erforderlichen Öles war. Diese
Umgestaltung der Gymnasiarchie ist in Verb in- 10
düng zu bringen mit den Eeformen des Deme-
trios von Phaleron, durch die die alten Leiturgien
im wesentlichen abgeschafft wurden ; vgl. v. Wil a-
mowitz - Moellendorff Staat 111. Holm
-Gr. G. IV 76; Eh. Mus. LH! 492f. s. o. Bd. IV
S. 2823f. Ferguson Klio VIII 338f. IX 323f.
Sund wall De institutis rei publicae Athenien-
sium post Aristotelis aetatem commutatis 8f. (be-
sonders über den Agonothetes, der vom Volke,
das die Choregie leistete, zum persönlichen Leiter 20
bestellt wurde). Im J. 229 v. Chr. ehrt 6 örj-
/*o? 6 'A&yvaioiv einen gewesenen G., IG II
1353, während die Ehrungen des 4. Jhdts. v. Chr.
von der Phyle oder von einem Demos ausgingen.
Zu Ende des 2. Jhdts. v. Chr. setzten die G.
die ä&Xa aus bei den Theseia und Epitaphia,
IG II 465 ; das Aussetzen der Preise werden wir
auch sonst als Aufgabe der G. als Vorstände
der Gymnasien kennen lernen. Die in IG II 481
(80 v. Chr.) und 482 (34/3 v. Chr.) erwähnte 30
Gymnasiarchia muß von der des 5. und 4. Jhdts.
v. Chr. verschieden sein: es wird erwähnt, der
Kosmetes hahe vermögende Bürger zur yv/ava-
cwezta, zu einer Leistung für die Epheben, be-
stimmt ; es wird ein yv/nvaoiagx^oag fj,rjvag Svo ge-
In welchem Verhältnis der G. zu dem noch 262/3
n. Chr. (IG in 1202) genannten Vorsteher des
Diogeneion (ö sni Aioyspeiov) stand, wissen wir
nicht. Bezüglich der Epheben-G. sei auf o.
Bd. V S. 2740 verwiesen, wo Thalheim
richtig bemerkt, daß nur Bürgersöhne den Titel
G. führen, bei Fremden aber, die die Kosten für
das öl trugen, der Ausdruck tfXetyfev gebraucht ist.
Nach Analogie ihrer eigen en Verfassung sandten
die Athener in die von ihnen direkt abhängigen
Gemeinden wie andere Beamte, so auch einen
y. mit den Funktionen eines xoafiTjx^g und jähriger
Amtsdauer zur Leitung des Gymnasion, dessen
Tätigkeit durch Gesetze und Volksbeschlüsse
bestimmt war.
InEleusis heißt es von Aristophanes: x £l Q°~
xovrjftelg yvftvaolaQxog TtQoeoxt} rov yvftvaolov IG
II 614b (290/289 v. Chr.); von Theophrastos :
%£iQoxovri&eig y. habe er zd ze xazd xd yvpvdoia
evxdxzcog xal axoXov$c»g zolg vofioig geleitet,
*Eq?W. Aqx. 1897, 43, 13 (ca. 211 v. Chr.). Ge-
nannt werden in Inschriften von Eleusis auch
aus späterer Zeit G. : Bull. hell. VI 436. XIX
nannt, der für die Ephebengymnasiarchie spricht.
Üher die Zahl der G. in den letzten drei Jahr-
hunderten v. Chr. ist uns nichts bekannt; im
1. Jhdt. n. Chr. scheint es einen jährigen G.
gegeben zu haben, wie aus IG III 1016 (Liste der 40
<r. von 54 bis 65 n. Chr.) hervorgeht. Wieder-
holte Bekleidung des Amtes ist bezeugt IG HI
2. 107. 722. Über die Tätigkeit dieses staat-
lichen G. erfahren wir nichts; für eine persön-
liche Intervention spricht vielleicht, was Plut.
Ant. 33 berichtet. Auf die G. der späteren Zeit
passen die bei Aischin. I 12 angegebenen Be-
stimmungen, die Erzählung über Karneades Plut.
de garr. 21 und [Plat.] Erysias 379 c. Wenn
eine Vermutung gestattet ist, hatte der G. für 50
die evxoopiia der Besucher der Gymnasien, viel-
leicht auch für die Abhaltung von Agonen zu
sorgen, während für die Anstalt selbst ein
eigener sm/neXjjxrjg bestand: ein solcher wird für
das Lykeion IG HI 89 und für das Hadrians-
gymnasion IG III 10 genannt. Für das Vor-
handensein eines staatlichen G. in Athen kann
auch der Umstand sprechen, daß die Athener
seit dem 3. Jhdt. v. Chr. in die ihnen unter-
tänigen Gemeinden einen G. als Vorsteher des 60
Gymnasion schickten und die Epheben den Titel
wie die anderer Beamten übernehmen. Als Ab-
zeichen trug der G. einen Stab , wie wir aus
Vasendarstellungen und aus der oben angeführten
Stelle aus Teles schließen können. Beispiele
dafür, daß die G. in der Kaiserz eit vornehmen
Familien angehörten und hohe Ämter bekleideten,
wurden bereite im allgemeinen Teile angeführt.
133. 'E<pw. äQx. 1883, 139, 13. 1895, 111, 28.
1905, 111. L. Meminius erscheint als ixtfteXt)-
iqg yvfivaotaQxfas &eov ASgiavov , 'Ewnu. dgy.
1883, 78, 6.
In dem Kleruchendekret von Salamis, IG n
594 (127 v. Chr.), wird Theodotos geehrt, der
als x^Qoxovrj&ek y. die geziemenden Opfer dar-
brachte, die äXsupdftevoi bewirtete, die Hermaia
feierte, Aufwand für die ölbeschatrung machte,
die monatlichen Übungsmärsche leitete, sein Amt
Ötxaicog xal xaxd xovg vdfiovg führte, viele Be-
weise seiner qpdoxcjiia gab, die südliche Mauer
der Stoa erbaute und Rat und Volk Rechnung
legte. Der Wortlaut des Dekretes erinnert an
die athenischen Ehrenbeschlüsse für den Sophro-
nisten, IG II 563 b (334/3 v. Chr.), und die Kos-
meten, z. B. IG II 465 (2. Jhdt. v. Chr.).
Auf Delos haben wir zwei Perioden der Gym-
nasiarchie zu unterscheiden: 1. die Zeit der Unab-
hängigkeit (vor 166 v. Chr.) und 2. die der Herr-
schaft der Athener, vgl. Fougeres Bull. hell.
XV 268f. In der Zeit der Unabhängigkeit be-
stand die Gymnasiarchie als Amt und die Lam-
padarchie. Der G. bestimmte im Verein mit dem
Archon die ä&Xa aus den von den zaftlat erhal-
tenen Geldern, Bull. hell. XXXIV 146, 34 (178/7
v. Chr.); ihm zur Seite stand ein Hypo-G., Bull,
hell. XV 251. Nachdem die Athener die Herr-
schaft über die Insel erhalten hatten, sandten
sie jährlich einen Beamten dorthin, der den Titel
führte: y. dg Af/Xov oder y. dg ro h AtjXo) yvu-
vdoiov, IG IT 985 (102-94 v. Chr.). Daß er
durch yjtiqoxovia bestellt war, zeigt die Inschrift
Bull. hell. XIII 420 (163/2 v. Chr.): Apollonios
aus Laodikeia wird geehrt, weil er tätig war für
die Ausbildung der xalÖsg, k'<pt)ßot und veavtcxoi
im Gebrauche der Waffen zur Zufriedenheit der
dd x £l Q orov °vt*evoi yvftvaaiagzoi. Ein anderer
Apollonios leitete als G. die Hermaia der Knaben,
Bull. hell. XV 263, 4. Gorgias, der um 140
v. Chr. geehrt wurde, brachte Opfer dar, leitete
den Agon der Panathenaia, machte Aufwendungen
für die a&Xa, xaxd xov zijg dgx^S xqovov dveargdtpr]
tptXod6£cos xal d£icog rov te zojzov xal x^g xov
Stjfiov jiQoaig£oe<a$ und legte Rechnung, BulL
1991
TvfivacCaqxog
hell XIH 413; die aexb die Gorgias bekleidete,
war die Gymnasiarchie, wie Homolle 418 rich-
tig bemerkt. Der G. hatte die Kompetenz des
attischen Kosmetes gegen die Epheben, wie V.
v. Schoeffer De Deli insu3ae rebus 207 er-
kannte. Er erscheint daher in der Datierung
von Ephebenurkunden , z. B. Bull. hell. XXXI
435, 27. XXXII 414. XXXIII 489 u. ö. Daß es
neben dem staatlichen G. auf Delos auch Epheben- ^ -, ,
G. sab. zeifft die Inschrift BulL hell. XI 245f., 10 Aischin. I llf. mit Schol.; 39. Eine Grabstele-
P ._ _C? . „ o ..l ii i. ti t> x. -tonn t nnn *- « nn *!■***
rv(iva<riaQ%o$ 1 M v &
XU 7, 515 wird für die hitfieXrjxai, die zugleich,
mit dem G. bei dem dya>v tatig sind , ein Alter
von mindestens" 30 Jahren verlangt In der Schul-
ordnung von Teos Dittenherger Syll. 2 523
finden wir für den Paidonomos ein Alter von 40-
Jahren festgesetzt. Diese Altersbestimmungen
stehen im Einklänge mit der Anschauung der
Griechen, daß zur Leitung der Jugend politische-
Reife erforderlich sei, vgl. Aristot. 'Aßt]v. jtoL 42..
in der 47 Kamen von xatdsg aufgezählt werden,
die eingeteilt sind in Uoeis, dycorofthat, la^ma-
da.Q%ai und yv/&vaolaQ%ot.
IL Außerhalb Athens. Hier soll zu-
sammenfassend angeführt werden, was wir über
die Bestellung, über die Zahl, über Iteration und
Kumulation, sowie über den Wirkungskreis des
G. erfahren.
Bestellung. Trotz der Zweifel, die Scheff-
aus Prusa Rev. arch. 1879 I 209 nennt uns einen
G. von 53 Jahren. Wenn es von Thrason (La-
gina Bull. hell. XI 31, 45) heißt: sTshosv . . .
yvfivaaiaQ/J av & v ^ l ^ v ^ £M « wog, kann es sich
nicht um das Amt handeln, ebenso nicht, wenn
gesagt ist y. axo ^owxtjg fifaniagx Aphrodisias
Le Bas in 1601 A und Sparta CIG 1347, oder
y. mjv vicov iv xaidi: Stratonikeia Le Bas IH
643. Von etwaigen Kenntnissen, die verlangt
ler De rebus Teiorum 63 gegen die Bestellung 20 worden wären, wissen wir nichts; aber wenn es
durch das Volk äußert, ist doch anzunehmen, daß
der G. durch das Volk bestellt wurde; ausdrück-
lich bezeugt ist dies in Chalkis 'Efpytt. agz- 1892,
168, 68: x £i e oxoVf }^' g ^ vno tov drjpov j\; Eretria
Amer. journ. arch. XI 173f: aioedeig vno tov
bfjfiov y.\ Magnesia a. S. Denkschr. Akad. Wien
LIV nr. 1 : x^gozonj^slg . . VTtb tov örjfiov y. aal
ox£(pavij(p6gog ; Pergamon Athen. Mitt. XXXII
274, 19: xaxaaxrjGag 6fj(xo^ vgl. auch Koresia
IG XII 5,647; Teos Dittenherger Syll.2 523. 30
In Mylasa erscheint der G. durch die Phyle be-
rufen: Le Bas III 407 äft«#*t? vxo rijg yvlijg.
Außer den angegebenen Ausdrücken findet sich
aißsio&at Amorgos (Minoa) IG XII 7, 233. 234;
Amphipolis Österr. Jahresh. I 181; Pergamon
Athen. Mitt. XXXIII 380, 2; Phintia (Gela) IG
XIV 256; Sestos Dittenherger Oi\ 339 (da-
selbst auch xagoxkrjöeig); a^iovv Thera IG XII
3, 331; änoösixvvvai Herakleia (Makedonien)
-11 11 l .11 TVT 1 i?rt -n^ t u_ „ ü- 110
sich um den Schulvorstand handelte, wird die
Bildung des Bewerbers berücksichtigt worden sein,
wie wir dies in der Inschrift aus Branchidai Anc
Gr. inscr. 925 ersehen: Melanion hat seine Bil-
dung im Gymnasion erhalten, stand als Epheb-
archos dem Gymnasion vor und wurde schließlich
selbst G. Daß hei den G. als Beamten der Wahl
eine Dokimasie folgte, ist wohl nirgends bezeugt,,
aber selbstverständlich.
Zahl. Die Zahl war verschieden, je nach-
dem ein G, die Aufsicht über das gesamte Unter-
richtswesen der Stadt führte (s. Ziebarth Schul-
wesen 97) oder nur über ein Gymnasion, bezw..
eine Altersklasse, die gewöhnlich ihr eigenes Gym-
nasion hatte (s. den Art. Gymnasion). Zwei
G. werden erwähnt in Akrai IG XIV 213;
Aphrodisias TAM; Ephesos Anc. Gr. inscr. 500;
Hypata IG IX % 56; Iasos Bull. hell. XI 213.
214. Eev. Et. gr. VI 193, 41; Keramos Journ-
Bull. hell. XXI 162; Priene Inschr. v. Pr. 112. 40 hell. Stud. XI 124, 7; Kypros (Lapethus) IGR
_ — m n i i t j"% wtt c\ f\* > n i I • ^ TtT ("iÖO /tr^iAu ii «.-lJ CnU«\ . T »-mt t»rt I ■ _ 1 Y 'J Pk/1 1 ■
114; yiyvso&ai Anaphe IG XII 3, 253; Hiera-
polis J u d e i c h nr. 278. 336 ; Notion Österr. Jahresh.
VIII 163 ; Odessos Denkmäler aus Bulgarien nr. 92 :
Sinope CIG 4157; xa&tavdvai Chaironeia Plut.
Kimon 1 ; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 376,
1; Perge Lanckoronski I 29; xeozetgiCeiv
Thera IG XII 3, 331 ; vgl. Minoa IG XII 7, 233;
Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 380, 2. Der
Amtsantritt wird bezeichnet durch dvaSixea&a
in 933 (Vater und Sohn); Larisa IG IX 2, 541 ;
Netum IG XIV 240; Orchomenos IG VII 3221;
Petelia IG XIV 637; Stratonikeia Le Bas IIL
517; Tanagra IG VII 557; Tauromenion IG XIV
422; Termessos Lanckoronski II nr. 7. 120;
TAM (Mann und Frau) ; Thespiai amat. 13 (vgL
IG VII 1777). In Tenos sind IG XII 5, 881.
883. 885. 911 zwei, sonst einer genannt. In
Halikarnassos werden Anc. Gr. inscr. 898 und
tvv dorm Korydalla IGR in 739; slgiival Kya- 50 N e w t o n Discov. II 702, 12c zwei, dagegen
neai Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 28; sktg
%£0&at ek ri]v oqxv}v Sestos Dittenherger Or.
339; imzsigeTv rrjv &Qxrjv Amphipolis Österr.
Jahresh. I 181; la^ßdvstr zijv yvfivaotagzlav
Priene Inschr. v. Pr. 113 (vgl. Branchidai Xaßojv
zt}v TiQoyYiTziav CIG 2880) ; vnofieveiv Mylasa CIG
2693 d; Sestos s. o.; Thera IG XLT 3, 331 (lvtf-
uetvE yvfivaotaezfjoat); v<ptoraadat Aigina IG IV
4; Sparta CIG 1365 (vgl. vtpEözr} r»)r oTQazrjyiav
Smyrna CIG 2178).
Bedingungen. Für die Gymnasiarchie als
Amt war das Bürgerrecht Voraussetzung ; kam es
hauptsächlich auf Geldleistung an, war die Gym-
nasiarchie also Leiturgie im späteren Sinne, so
wurden auch Fremde und Frauen zugelassen. Was
das Alter betrifft, so bestimmt das Sakralgesetz
Toa Koresia IG XII 5, 647 für den G. ein solches
von 30 Jahren, In der Inschrift von Aigiale IG
Newton II 702, 12a. b, sowie Bull. hell. XIV
103, 7 drei G. erwähnt Drei G. nennt die In-
schrift CIG 2214 auf Chios, entsprechend den drei
Abteilungen der Epheben, in Sparta CIG 1353
vgl. 1349 finden wir drei aitovtoi yvfivaaiaQx 01 -
Die Leitung aller Gymnasien durch einen G. wird
besonders hervorgehoben z. B. Branchidai: y.
TiävTcov xwv yvfivaotcov CIG 2885. Anc. Gr. inscr.
922; Didyma: y. ndvvav notörog Dittenherger
60 Or. 472 mit Erklärung; Pergamon: y. ndytcov
rö>v yvfxvaoiofv Athen. Mitt. XXXII 330, 61.
Amtsdauer. Diese entsprach der der anderen
Ämter ; gewöhnlich betrug sie ein Jahr, daher die
svtavatog yvfivaotaQxfa i n Alabanda BulL helL X
307 und Panamara Bull. hell. XXVTQ 23, 2.
Jährige G. haben wir oben in Eleusis, Salamis
und auf Delos erwähnt; sonst finden wir sie in
Aigina IG IV 4; Herakleia a. S. Arch.-epigr^
1VVÖ
i vfivamct(>%o$
Mitt. XX 64. 67; Hierapolis Judeich nr. 278.
336; Kypros (Salamis) IGR IH 993. 994; Kyzi-
kos Journ. hell. Stud. XXIII 89; Magnesia a. M.
Kern nr. 163; Magnesia a. S. Denkschr. Akad.
Wien LIV nr. 1 ; Megara IG VII 97 ; Orchome-
hob IG VII 3224; Panamara Bull. hell. XU 83;
Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 380, 2; Phintia
YGela) IG XIV 256; Themisonion Michel ßec.
544; Thessalonike 'Atffata nr. 489, 23. Sechs-
monatliche Gymnasiarchie wird in Gerasa Dit-
tenherger Or. 622 und in den Beamtenverzeich-
nissen von Tenos IG Xn 5, 880-886 erwähnt.
Vier Monate waren die G. im Amte in Didyma
Kev. phil. XXI 44, 19; Magnesia a. M. Kern
nr 164 (auch die Agoranomie war daselbst vier-
monatlich); Tralleis Athen. Mitt. VHI 318, 2.
In Amphipolis finden wir eine TtQwzr} XQifirjvog
4es G. Österr. Jahresh. I 181; Cumont meint,
das akademische Jahr sei in Amphipolis in Tri-
mester eingeteilt gewesen, ich glaube aber, es
ist eine dreimonatliche Gymnasiarchie anzunehmen.
Eine zweimonatliche Gymnasiarchie der Gerusie
begegnet uns in Magnesia a. M. Kern 164. Eine
bestimmte Zahl von Tagen dauerte die Gymna-
siarchie in Lagina, Panamara und Stratonikeia;
vgl. Nilsson Griechische Feste 27f. In Phila-
delphia (Syrien) erscheint Maphtas als y. öS yt*s-
qS>v 8vo 3*ä ßiov, hatte seine Funktion an zwei
Tagen lebenslänglich auszuüben, ßev. bibl. V
(1908) 571. Eine Reihe von Jahren finden wir
■G. im Amte : zwei Jahre Artemon, zugleich Prie-
ster der Hygieia und der Sophrosyne, in Synnada
Bull. hell. XVII 284, 86; auf Thera war Baton
auf zwei Jahre, dann immer wieder auf ein Jahr
gewählt und bekleidete das Amt 6 Jahre, IG XII
3 331. Q. Veranius Philagros war in Kibyra
12 Jahre G., CIG 4380 = Le Bas III 1213
A-C ; vgl. Reisen II nr. 242. Im J. 73 n. Chr.
stiftete der Mann für die Stadt ein Kapital von
400 000 rhodischen Drachmen, damit aus den
Zinsen desselben eine atöviog yviivaaiaQxfa «in-
gerichtet werde. Die aicoviog yvf*vaaiagxf a
wird außerdem erwähnt in Aphrodisias Rev. Et.
gr. XIX 142, 74; Ephesos TAM; Kos Joseph,
bell. lud. I 422; Magnesia a. M. Athen. Mitt.
XIX 23, 15; Rhodos (Lindos) IG XII 1, 839
(r} ÖS atuivog . . . vzoiteoa yv/AvaöiaQxta). Damit
steht im Zusammenhange der aitovtog yv{iva~
viaQxog in Sparta, CIG 1326. 1349. 1353. 1365.
1379. Bull. hell. IX 514, 6; der yvftvaotaex°s
^' alwvog in Aphrodisias CIG 2777; Blaundos,
Denkschr. Akad. Wien. LIV nr. 270 ; Iotape IGR
in 831; Mytilene IG Xn 2, 211; Pergamon
Inschr. v. Perg. 440 ; Termessos Lanckoronski
II nr. 8. 9. 11 TAM; der y. eig tov aiöiva
Mytilene IG XH 2, 208. 232 und die alävios
yvnvaotaQxh KyTene CIG 5132. Über die
Bedeutung des Zusatzes alatviog und <V aiüvog hat
Wilhelm DenkschT. Akad. Wien XLIV p. 153
Näheres ausgeführt und mit seiner Erklärung:
^es ist ein Ehrentitel der dem Stifter selbst zu-
kommt' Beifall gefunden. Doch bedarf die Frage
*iner neuen Untersuchung, zumal in der letzten
Zeit in Sparta auch ein osuwvrjg alcbvtog bekannt
TOrde, Annual XIV 131, 56.
Iteration. Zweimalige Bekleidung der Gym-
nasiarchie (Sevtega yvptvaataex^y ?• ™ ? u * *■)
. ist bezeugt in Aigina IG IV 4 (das zweitemal
ixäv); Akraiphia IG VII 2712. 4134; Elaia
Athen. Mitt. XXXII 386; Iotape IGR IH 881;
Keramos Journ. hell. Stud. XI 124, 7; Massiüa
IG XIV 2445; Miletopolis BulL hell. XII 193,
3; Panamara BulL hell. XV 203, 144; Pedne-
lissos Lanckoronski II nr. 259; Pergamon
Athen. Mitt. XXXV 468, 52; Pydnai Reisen
I nr. 96; Sestos Dittenherger Or. 339; Sirra
CIG 2007; Sparta CIG 1365; Termessos L an cko-
lOronski H89; Thespiai IG VU 1885; Thya-
teira, Denkschr. Akad. Wien. LIV nr. 69. Toig
y.: Apameia Kibotos TAM; Aphrodisias Le Bas
III 1592; Keramos Journ. hell. Stud. XI 126,
9; Xanthos Reisen I nr. 77. In Epidauros
war Cn. Cornelius Pulcher vier Jahre hindurch
G., IG IV 1432. In Ephesos bekleideten T. Fla-
vius Aristobulos und sein Sohn Fl. Pythion zum
sechstenmal die Gymnasiarchie ev Mya> xfjg *Aq-
rifiidog Anc. Gr. inscr. 500. Ein e^dxig y. findet
20 sich auf Kos, Paton-Hicks 392, hndxis y. in
Panamara, BulL hell. XH 85, 10 und auf Pat-
mos, Dittenherger Syll.2 402, foxdxig y. Pan-
amara Bull. hell. XU 87, 11 und endlich nol-
Uxtg y. in Prusias a. H. IGR III 1422.
Kumulation. Dafür müssen einige Bei-
spiele genügen. Ein ozetpavrjipooog xal y. wird
erwähnt : Aphrodisias CIG 2785 ; Apollonis Bull,
hell. XI 87, 6; Bargylia Le Bas ni 496; Euro-
mos CIG 2714; Herakleia a. S. CIG 3953 c;
30 Iasos Rev. Et. gr. VI 176; Magnesia a. S. Akad.
Wien. Denkschr. LIV nr. 1 ; Nakoleia CIG 3847 b ;
Sardeis CIG 3462. ÜQVzavtg xal y.: Ephesos,
TAM; Herakleia a. S. BulL hell. IX 340, 22;
Idebessos IGR III 648; Kandyba Akad. Wien.
Denkschr. XLV nr. 27 ; Kormos IGR in 658 ;
Lydai Journ. hell. Stud. X 55, 6; Silandos Mi-
chel Rec. 643. Ayfuaveyös xal y.'. Iotape IGR
in 831; Nisyros IG XII 3, 104; Perge IGR
III 794; Seleukeia a. Kai. Denkschr, Akad. Wien
40 XLIV nr. 181; Sillyon IGR UI 800; Tarsos
Bull. hell. VII 325, 34. Agasikles war in Cher-
sonesos Strateg, Priester, G. und Agoranomos,
Latyschev I 195 (3. Jhdt. v. Chr.), Dapsiles
in Kios tiqwxos äg/av, Politarch, Priester des
Herakles und Agoranomos, Athen. Mitt. XXIV
411, 4. Besonders zu beachten ist die Beklei-
dung von Priestertümern durch G.: in Ephesos
TAM erscheint ein tegevs rüv sq^ßcay xal y.,
in Lapethus Le Bas ni 2773 ein y % aal tegevs
50tc5v h yvfivaotq) dsüv, vgl. den i^ßagxog xal
legevs in Aktnonia CIG 3858. Von noch größerer
Wichtigkeit ist, daß der y. als dgxtsQevg erwähnt
wird: Adada IGR III 273; Alabanda Bull. hell.
X 307, 2 ; Aphrodisias CIG 2766 ; Ariassos IGR
UI422; Aspendos IGR in 804; Dionysopolis
Arch.-epigr. Mitt. XVU 210; Iotape IGR III
831; Keramos BulL hell. XI 126; Kypros (Sa-
lamis) IGR 994; Lagina TAM; Olympia Inschr.
v. Olymp. 283; Paros IG XH 5, 292; Pessinus
60 IGR in 230 ; Prusa Arch. Anz. 1903, 39 ; Sirra
CIG 2007 ; Stratonikeia CIG 2719. 2720 ; Syn-
nada Bull. hell. XVn 284; Thasos IG XII 8,
458. 459.
Rechenschaftsablage. In den Inschriften
von Delos und Salamis erscheint die Rechen-
schaft3ablage seitens des G. nach Ablauf seiner
Amtstätigkeit ausdrücklich erwähnt Wie wir
unten sehen werden, erhielten die G. von Seiten
J.WSO
IVfivaauxQxos
rvnvctGtctQ%og
199$
des Staates Gelder zur Bestreitung der Kosten für
die Instandhaltung und Erweiterung der Anstalt,
für die Opfer und Agone usw., wir werden auch
außerhalb Athens die Verpflichtung zur Rechen-
schaftsablage annehmen. In der Inschrift aus Orcho-
menos IG VII 3221 heißt es: yvfivaoiaextfoavzeg
xai ix tijQ asgiaarjag rb [sgy'ijov i&oirjoav; dies läßt
sich dahin erklären, daß die Gr. von dem Überschusse,
der sich bei der Abrechnung ergab, einen Bau
errichteten.
Wirkungskreis. Dieser war durch vöfiot,
Instruktionen für das Amt, geregelt, vgl. Zie-
barth Schulwesen 34. Das Sakralgesetz von
Koresia IG XII 5. 647 enthält Bestimmungen
über die Neueinführung des Amtes des Gr., über
das dazu erforderliche Alter, über die Amtspflichten
und Rechte. In Mylasa, CIG 2963 d, heißt es
von Amyntas: VTze'fietve yvfivaoiaqxog , ngooers-
Z&elg näatv locog xai fitoojrovtjQOJs xal dxoXoir&oog
xolg vopotg; in Teos Dittenberger Syll. 2
523, 28f. : Daß aber sowohl die Knaben wie die
Epheben in den Unterrichtsstunden tüchtig ge-
bildet werden, darüber haben Paidonomos und G.
zu wachen, xaftoxt kxaz£g(o avz<ov nqomhaxxat
xaxa. xovg vdfiovg. Der yv/iivaotaQXtxog vdßog
in Aigiale IG XII 7, 515 enthielt Bestimmungen
über Agone, an deren Leitung der G. beteiligt
war. Wenn auch, wie Li eben am 373 bemerkt,
der Wirkungskreis des G. nach Umfang und Be-
deutung örtlich und zeitlich verschieden war,
können wir uns doch im allgemeinen ein Bild
von der Wirksamkeit eines griechischen Gym-
nasialdirektors machen; vgl. Ziebarth Schul-
wesen 86f. und österr. Jahresh. XIII 109f. Als
Beamte hatten die G. in ihrem Tätigkeitsbe-
reiche jene Rechte, die nach Aristot. Pol. VI
12, 1299 a allen Beamten zustehen: ßovXevza&ai
xai XQivai xai Smxdi-at. In Teos hatte der G.
das Recht, im Vereine mit dem Paidonomos die
Lehrer für das Fechten, Bogenschießen und Speer-
werfen unter Vorbehalt der Bestätigung durch
das Volk anzustellen, Dittenberger Syll. 2
523, 21 f. Auf eigene Kosten konnten sie Lehrer
anstellen, wie wir dies in Eretria und Perga-
mon erfahren: Amer. journ. arch. XI 173f. Athen.
Mitt. XXXII 279. 11. XXXni 376, 1. Viel-
leicht hatte der G. die Meldung der Kandidaten
für das Lehramt entgegenzunehmen und bei der
Wahl derselben zu intervenieren, wie es für die
Paidonomen die Eudemosinschrift in Miletos be-
stimmt. Wiederholt wird das gute Einverneh-
men mit den Lehrern erwähnt: Priene Inschr.
v. Priene 113; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII
380; Sestos Dittenberger Or. 339. Wir
werden ihm auch das Eecht zuerkennen, den
Lehrern einen Urlaub zu gewähren, wie dies dem
Paidonomos in Miletos zustand, und einen Ferial-
tag ZU geben {dfpihai tx zwv fxa&rjudza>v). Über
seine Intervention beim Aufsteigen aus der Klasse
der naUeg in die e<ptjßoi und dieser in die vioi
wird unten das Nähere gesagt werden. Um seine
Anordnungen auch durchzusetzen, mußte ihm ein
Strafrecht zustehen: in Koresia, IG XII 5, 647,
konnte der G. die Ungehorsamen mit einer Drachme
bestrafen; Plaut. Bacch. 427: medioeris gym-
nasii praefeeto poenas pender es. Auf das Eecht,
körperliche Züchtigung zu verhängen, läßt die
oben angeführte Stelle aus Telea und die Erzäh-
lung bei Diog. Laert. VI 90 {KJs&rqg iv Oijßai?
vjzö tov yvfivaaiaQxov {laoziyoi&etg xai eXxöfievo?
tov nodos . .) schließen. In Aigiale IG XII 7,.
515 heißt es : avayxa££xo> 6 yvfivaataQ%og TQoixo3i r
ozcoi av SvvjjTai. Daher erklärt sich auch der
Ausdruck avaxriQozfjg, avoxrjota, avar^Q&g in den
Ehrendekreten für G. in Pergamon, z. B. Athen.
Mitt. XXXII 273, 10. 279, 11. XXXIII 380, 2.
Sehen wir nun, was uns die Inschriften über die-
10 Tätigkeit der G. im allgemeinen melden. InAigina.
IG IV 4 wird die Sorge für die xaza xov yvpvaoiov
svxooßta xal degoTzifa twv äXettpoptsvojv, in Amphi-
polis Österr. Jahresh. 1181: imftHua xaza zb yvp-
vdmov, in Phintia IG XIV 256: Smpeleta xal
(pdoxavla xarä xb yv/ivdoiov erwähnt, das Gesetz
von Koresia, IG XII 5, 647, bestimmt, daß der
G. xäXXa ijiL^.EX.Eiad'at zä xaza, xb yvftvaatov und
die Jugend monatlich dreimal zur Übung in den
Waffen hinausführen soll. Er erscheint als tiqo-
20oxdxtjg des Gymnasion in Eleusis, IG II 614 b r
Branchidai CIG 2881, Thera IG XII 3, 331.
In Kerynia auf Kypros Rev. Et. gr. XVIII 212:
heißt es von dem G. : diayvXdoöow xt}v svstQs-
izetav xai evxoofitav xov yvfivaoiov, in Minoa IGr
XII 7, 234 : xrjg sieQi xbv zotzov evxoa/ni'ag xr\v
re äXXrjv imfieXeiav xotov/tevo; , in Perge Lancko-
ronski I 29: tfyijoaxo tov yv/avaatov xai rrjg zwv
i<ptjß<ov xai viajv aoxpQoavvrig ngosoxr}, in Priene
Inschr. v. Pr. 114: ijzeSojxe tov iavrov C^Xov sie
30 ze zijv zov xojzov (pdoöo^iav xai dg zr}v xcov aXet-
<pofXEvcov xowwviav, in Sestos Dittenberger
Or. 339 : xfjg xe evxa^iag tüv eiptjßtDv xai xäv
veoiv JTQOEVoq{h}, xfjg xe äXXtjg £vo%r]/iioovvi}s xaxa.
zb yvftvdaiov dvzsXdßezo, auf Thera IG XII 3 r
331: xijv aQfioCovoav evra^iav avzdg xs <svvexr\-
Qtjosv xai xov xönov xai xa>v dXeupofihatv ex-
x£ve<szsqov xai (piXoxi/aozsQov ezi jzoXXqJ Jtgoeoxd-
xtjcev. Nach den in Ehrenbeschlüssen sonst noch
hervorgehobenen Verdiensten lassen sich die Pflich-
40ten der G. in folgende Gruppen gliedern: 1. Auf-
sicht und Sorge für die Anstalt. 2. Religiöse-
Obliegenheiten. 3. Leitung der Erziehung und
des Unterrichts der Besucher der Anstalt. 4. Ver-
waltungstätigkeit.
1. Aufsicht und Sorge für die Anstalt.
Außer den schon angegebenen Stellen, wo die
Anstalt, zoTzog, erwähnt ist, bezieht sich die jiqo-
axaata tov zönov, Priene CIG 2906, des Dios-
kurides auf seine Tätigkeit als G. Über Ein-
50 schreiten und unter Leitung des G. erfolgt die
Ausbesserung und Erweiterung der Anstalt entr
weder auf Kosten des Staates, z. B. in Petelia
IG XIV 637 : dveoxevdaÖT} ix xowGw XQT}/^dxa>v
(ffroa?) oder auf eigene Kosten, z. B. Kyme CIG
3524 : L. Vaccius hziaxsvdaag xb yvfxvdotov ; The-
misonion Michel Rec. 544: ixs/ueXrjaaro xaza-
axevdaac iv z(p yvftvaoio) i^iÖgav. In Hypata
IG IX 2, ö% haben die zwei G. die Beiträge-
eis iT]y ixioxevijv xoü yvfivaoiov aufzuzeichnen,
60 Beispiele s. Art. Gymnasion. Sie sorgen für
Ausschmückung : in Eretria errichtete der G. El-
pinikos dem Hermes eine Statue im Gymnasium,
Amer. journ. arch. XI 171, in Sestos schmückte
Menas die Anstalt durch eine Kapelle mit einer
Statue, Dittenberger Or. 339, in Apamea Myr-
lea, CIL HI 336, lesen wir: saeellum gymna-
siareha dedicavit. Auch fftr die Unterrichts-
mittel sorgte der G. : in Chalkis 'Adtjvä IX 456
1997
rvp,vctaiaq%o$
für die xaxajiaXxat, in Pergamon Athen. Mitt.
XXXLTI 376 für SnXa, in Priene Inschr. v. Pr.
112 für xo%qvxo$, xgixot, otpaXQat und Sjtla.
In Priene Inschr. v. Pr. 112, 96f. ist vonZosi-
mos berichtet exavoe rb xaxvtoxrjQiov öict xov
ysiuötvog oXov . .] vgl. die Obsorge für vyteta in
Pergamon, Athen. Mitt. XXXII 273, 10.
% Religiöse Obliegenheiten. Das Gym-
nasion schloß sich an ein Heiligtum an, hatte
seinen eigenen vads oder olxog; wie Ziebarth
Schulwesen 56 bemerkt, stand das städtische
Schulwesen im Zusammenhange mit dem städti-
schen Kultus; wir finden es daher begreiflich,
daß der G. Opfer darzubringen hatte. In Syn-
nada erscheint der G. als Priester der Hygeia
und Sophrosyne, Bull. hell. XVII 284, 86: Ge-
sundheit und Besonnenheit sollten im Gymnasion
erreicht werden. Opfer an die Götter des Gym-
nasion durch den G. werden uns in Eretria
\mer journ. arch. XI 171, Sestos Ditten-
berger Or. 339 und Tenos IG XII 5, 818 ge-
nannt. In Minoa, IG XII 7, 233f. heißt es : cvexev
xrjg sxdozöv x&v mokiz&v xai twv dXei<poftiva)v
oaizrjQiag xai evavÖotag dvötag inezeXsöe. Für
Elis berichtet Paus. V 4: svaytpt de öjvpva-
claex°S s' Tt xa%l ei ' ff *j"* Ka ^ * xamov "°£ T0 ?
AhcoXqi; damit ist zu vergleichen die Weihung
einer G.-Statue an Hermes und Minyas in Or-
chomenos IG VII 3218. In Hion hat der G.
ein Opfer für den König Seleukos darzubringen,
Dittenberger Or. 212, in Notion für Athenaios,
Österr. Jahresh. VIII 163. In Kyaneai ist ihm
die Opferung eines Rindes aufgetragen, Denk-
schr. Akad. Wien XLV nr. 28. In Aigiale IG
XII 7, 515 hat der G. selbst am Festzuge teil-
zunehmen und für die Beteiligung der Jugend
zu sorgen. Er erscheint tätig bei der Feier der
Herakleia in Chalkis, Österr. Jahresh. I Beibl. 48,
der Hermaia außer in Delos und auf Salamis in
Odessos, Denkm. aus Bulgarien nr. 92; Teos,
CIG 3087. Wie der Kosmetes in Athen^ IG II
466, interveniert er bei der (xvr^oig züv iyrjßow
in Pergamon Dittenberger Or. 764; daher
ist wohl auch die Ehrung eines G. durch Mysten
erklärlich in Pessinus IGR III 230. Hier mögen
Beispiele von Weihungen durch G. angeführt
werden: an Aphrodite: Akrai IG XIV 213; an
Apollon : Athen IG II 1046 ; Loryma, 'Etprjfi. dgx-
1907, 211, 3; an Hermes: Hvpata IG IX 2, 31;
Keos IG XII 5, 620. 521; Kythera, Ditten-
berger Syll. 2 506; Priene Inschr. v. Pr. 181
(300 v. Chr.); Smyrna CIG 3799; Thera IG
XII 3, 396. 397; an Hermes 'Evay<bnog: Athen
IG TI 1181; an Hermes und Herakles: Amorgos,
IG XII 7, 254 (Minoa). 421—425 (Aigiale); Chios,
Athen. Mitt. XIH 173, 14; Delos, BuU. hell. XV
251; Delphi BuU. hell. XXIII 571; Dyroae Bull,
hell. IV 521; Opus IG VII 285; Paros IG XII
5, 232. 290; Siphnos IG XII 5, 484; Tarmia
Bull. hell. X 491, 4; an Helios, Hermes und
Herakles: Tarmia Bull. hell. X 490, 3; an Isis
und Sarapis: Halikarnassos S.-Ber. Akad. Wien
CXXXn 29, 4; an Themis: Rhamnus IG II
1233 c.
3. Leitung der Erziehung und des Un-
terrichts der Besucher der Anstalt. Es
kann nicht Aufgabe dieses Artikels sein, über
das Ziel der Erziehung und des Unterrichtes
1 Vfivaatagxoi; i y y o
bei den Griechen zu handeln: es mögen einige
Stellen genügen, die durch die G.-Inschriften
eine Bestätigung finden. Piaton Gorg. c. 4 wird
die yviivammri als auf die eve$Ca twv oatfid-
x(äv bezüglich erklärt, leg. V 743 D heißt es : zavza
5' iozi tpvxt) xai aüiia, a ^w^t? yvßvaoxtx^s xal
zijg allv\g naibeiag ovx av jiots yhoixo ägia Xoyov,
VI 764 C werden 2 ägxovxsg fiovaix^e «a* yvpva-
oxixfjg verlangt, der eine wegen der Unterweisung,
10 der andere wegen der Wettkämpfe, rep. II 376 E
wird die (lovoixr) für notwendig erklärt und VII
535 D sind pafrqfiaza und yvfivdaia unterschieden.
Solon bezeichnet als Ziel der Gymnasialbildung
Lucian. Anacharsis 20 : fidXtoza öh xai If cbiavxog
xovxo jzQOVOOvftsv, OTiü>g oi noXTzai äya&ol fxkv zag
ijjvxdg, lo%vQoi dk xa o<bfiaxa ylyvotvxo. [Plut.] de
Hb. educ. 11 spricht von der evs^ia xüv otofiärcov,
bezeichnet die evza^ia und aaxpeoövvt] als e<po-
Siov eis xb yr ( Qag , 15 finden wir den Ausdruck:
20 gvxoö/xia xai aoxpQoovvtj und 16 : ehza^ia xal
xoofAiöztig x&v 7tai6oiv. Hauptpflicht der G. war
die Tipoozaola vicov. Amphipolis Österr. Jahresh.
1 181 ; Miletos CIG 2873; Thera IG XII 3, 331 ;
vgl. Mylasa CIG 2693 d. In Trozen IG IV 749
sorgte er für die Epheboi und Neoi, ontos evxax-
x&vxi\ vgl. Athen, IG II 471 : das Volk zeigt den
größten Eifer für die dyoiyij xal evzat-ia der
Epheboi. In Pergamon sorgte der G. für die
ayoiyrj der Epheboi und Neoi, Inschr. v. Perg.
30 464. Athen. Mitt. XXXLTI 380, 2, für die äyfoyt)
xai jzatöeia, Inschr. v. Perg. 458. Athen. Mitt.
XXXII 312, 34. 315, 40; für die äywyrj xai xoa-
fudztjg Athen. Mitt. XXXIII 376, 1. XXXV 401,
1 ; für die noudsia xai xoayaoxr\s Inschr. v. Perg.
252; für die evza^la xai naidsia Athen. Mitt.
XXXV 469, 53. Für die evxa&a und die jku-
deta sorgte Menas in Sestos Dittenberger Or.
339, für die svxocftia Melanion in Branchidai
Anc. Gr. inscr. 925, für svxoo^la xal itaifola
40Chares in Themisonion Michel Rec 544, für
die svxagta der G. in Eretria Amer. journ. arch. XI
173f., die Sorge für die öoxpßoöwr; wird erwähnt in
Perge Lanckoronski I 29 und Tenos IG XII
5, 911 : e<pt}ßoi . . . xoi negi yv{ivaoiaQ%ov dei ftq&e-
ovxa oaxpQöovva Ijv&eoy. In Iasos Rev. Et. gr.
VI 182, 24 wird der G. Kydias geehrt jzoXXijv
imf.dXuav notTjcdfisvög ^&ovg xai naidüas, in
Pergamon der G. C. Iulius Sacerdos xovg iza-
zgiovg vopiovg xai tf&r} draveaiodfievog , Athen.
50 Mitt. XXXII 321, 50 und in Priene, Inschr. v.
Pr. 114, 18f. t Zosimos, der durch seine Maßnahmen
das Korps der viot aTioxazeaiTjoev eis frjv aQ%alav
xd£iv. Nach diesen allgemeinen Fächern wurden
die Epheben eingeteilt in evzaxxoi, (pdoTzovot
und evexxai, s. Ziebarth Österr. Jahresh. XHI
111. Die evza&a finden wir unter den Prüfungs-
gegenständen in: Herakleia Pontica Bull. hell.
XXII 493; Massüia IG XIV 2445; Samos Mi-
chel Rec. 900; Athen. Mitt, XXVH1 353; Ta-
60nagra IG VIT 552; yäojiovia : Samos Michel
Rec. 900 vgl. Athen IG II 478 ; eve&a : Hera-
kleia Pontica Bull. hell. XXII 493; Samos Mi-
chel Rec. 900. TraUeis Michel Rec. 906. 907.
Die saudeta umfaßte die körperliche und gei-
stige Ausbildung, acüfj.axtxa xai fiovaixa (ia{h)-
fiaza, Inschr. v. Pr. 112. In Athen IG II 465
(2.- Jhdt. v. Chr.) wird der Kosmetes Demetrios
belobt, weil er auch jiQoiazi] rfc zvxa£ias~ x&v
iifrfßcov xat T-iJff Sv rots ua&fifiaöiv ysvofievtfg htt-
avaaiae sjzefisXtf&ij, und der G. in Pergamon Athen.
Mitt. XXXIII 376, 1: Jtgdvotav knoi^aaxo z%g
siegt jzdvza zd fta&tjpaTa doxrjOE&g. In Koresia
IG XII 5, 647 hatte der G. die Jugend dreimal
monatlich zur Übung in den Waffen hinauszu-
führen, in Eretria bestellte der G. Elpinikos auf
seine Kosten einen Fechtmeister, Amer. journ.
arch. XI 173, ebenso wohl auch der G. in Per-
gamon, Athen. Mitt. XXXIII 376, 1. Während 10
so für die yvfivixt) ivegysia gesorgt wurde, finden
wir auch die povoixfi nicht vernachlässigt: es
erscheinen ix <piXoXoyiag ftaürffiara. erwähnt in
Priene Inschr. v. Pr. 113: daher berief der G.
Mantidoros einen 'Opijoixdg <pd6Xoyog aus Athen
auf seine Kosten nach Eretria, Amer. journ. arch.
XI 188 II, der eben erwähnte Elpinikos stellte
einen Khetor an, ebd. 173 I; Zosimos Inschr.
t. Pr. 112, 73 einen ygapßaxixog in Priene; in
Pergamon nahm der G. die fremden Dozenten, 20
die Vorlesungen im Gymnasion hielten, gut auf,
Athen. Mitt XXXIII 380, 2, ebenso Menas in
Sestos, Dittenberger Or. 339. So sehen wir
die G. für alle Unterrichtsfächer Sorge tragen:
daß sie dabei persönlich tätig waren, ersehen wir
daraus, daß der G. in Eretria sich im Gymnasion
aufhielt (Sftpovsvoag), Amer. journ. arch. XI 1731,
in Myjasa CIG 2693 d es heißt : xgoosvsxfck
jiäotv tGöig xai fitooftovtjgcog xai ätcoXov&cag xoig
vopotg; vgl. auch Sestos Dittenberger Or. 30
339, ferner aus dem Ausdruck ydostovla für den
G. in Eretria Amer. journ. arch. XI 190 III und
Phintia IG XIV 256. In Teos hatten Paidono-
mos und G. den Gesetzen gemäß darüber zu
wachen, daß die Knaben und die Epheben in den
Unterrichtsstunden tüchtig ausgebildet werden,
Dittenberger Syll.2 523, 281 Über die Fort-
schritte gaben die Prüfungen, asioöeigetg, Auf-
schluß, die in Form von dy&vsg abgehalten und
für die von Seiten der G. gewöhnlich auch die 40
ä&ka ausgesetzt wurden. In Priene Inschr. v.
Priene 113 werden ewo/iot axodeifatc erwähnt
vgl. 114; öiaÖQOfiat veranstaltet der G. z. B. in
Notion Österr. Jahresh. VIII 63; Pergamon
Dittenberger Or. 764; Athen. Mitt. XXXII
272, 9; Samos, Bull. hell. V 481, 4; Minoa, IG
XII 7, 233; a&la ausgesetzt vom G. z. B. in
Eretria, Amer. journ. arch. XI 173, I; Pergamon,
Inschr. v. Perg. 252. Auf Grund der Prüfung
erfolgte die Aufnahme in die höhere Abteilung; 50
vgl. Hepding Athen. Mitt. XXXII 387 und die
Eintragung in die Listen, für deren Herstellung
wohl die G. zu sorgen hatten: Opus IG IX 1,
285 : A. AiXiov Tavgov xov yvfivaoiaQxov °* &e-
xot&evxeg vti" ai'Tov; Pergamon. Athen. Mitt.
XXXII 325, 52: zov yvfiraaiagxov oi vti avzov
Ixxot&ivxsg EtpTjßoi, vgl. 279, 11: zf;g Exxgiaecog
rüv £<ptjßcov; Silandos Michel Rec. 643: oi £v-
xöi&ivzsg etpyßot; vgl. Halikarnassos Anc. Gr.
inscr. 898: otöe äveßqoav d; dvdgag yvfxvaot- 60
aQxovvroiv . . . ; Pompeiopolis Bull. hell. XXVII
326, 11: oi £vxgt&h>zeg h zfj . . . iyTjßetq; Si-
dyma Reisen I nr. 52: svBygd^aav vitd EveX-
4>6vxog yvfivaaiaQxtjaavzo; xf t g yegovoiag 7ig*ozov,
vgL nr. 50; Tegea Bull. hell. XVII 24, 20: yvft-
raotaQxog dvsygayev . . . vjioyvpvaaiagxov , • . .
*<Pnß*Q%or, VJ#ws; e Thera IG XH 3, 338/9:
6 yvpvmftagxog xai 6 vjzoyvf*raoiaQx°£ drrygayrav
tös iqnjßeövavzag ; vgl. auch die nach den G, da-
tierten Bphebenlisten und Siegerverzeichnisse.
Da bei den körperlichen Übungen das dXsi<petr
eine große Rolle spielte, so daß die Besucher
des Gymnasion als dkst<p6(xsvoi bezeichnet werden
{s. Art. Gymnasion), gehörte zu den Pflichten
des G. auch die Sorge für die Beschaffung des
nötigen Salböles : iXaiov jtagoxrj z. B. Minoa IG
XII 7, 233. Dabei hatte der G. Gelegenheit,
seine d<pdagy vgia und <pdo§o£ia zu beweisen, wie
es in Amphipolis Österr. Jahresh. I 181 heißt.
Daher erklären sich die Ausdrücke: y. ex %&v
Iditov z. B. in Aphrodisias Rev. Et Gr XIX
136, 68; Ariassos Bull. hell. XVI 429, 59; Do-
rylaion Athen. Mitt. XXH 480; Herakleia (Ma-
kedonien) Bull. hell. XXI 162; Kallipolis Bull,
hell. XXV 325, 2; Kos Paton-Hicks 392;
Lagina TAM; Magnesia a. M. Kern nr. 164-
Megara IG IV 97. 98; Mytilene IG XII 2, 134;
Olympia Inschr. v. Ol. 940; Plataiai IG VII
1669; Salamis IG II 594; Sirra CIG 2007; Syn-
nada Bull. hell. XVII 284. 86 ; Thisbai IG VII
2235; Tralleis Athen. Mitt. VIII 318, 2; y. nag'
iavzov: Aphrodisias TAM; Themisonion Michel
Rec. 544; Tralleis Athen. Mitt. XXI 262; y.
dtogedv: Arneai IGR III 641; Kypros (Lape-
thus) Dittenberger Or. 583; Orchomenos IG
VII 3224; y. xgolxa: Paphos Dittenberger
Or. 582. Vgl. Poll. III 67, wo aus den Angaben
die Beziehung auf eine Leiturgie zu erschließen ist.
Als Führer der Besucher des Gymnasion tritt
der G. auf bei öffentlichen Aufzügen: Amorgos
(Aigiale) IG XII 7, 515 und Kyaneai Denkschr.
Akad. Wien XLV nr. 28; bei der Einholung eines
Königs: Elaia Dittenberger Syll.2 332; Kyzikos
ebd. 365 ; bei feierlichen Begräbnissen Priene Inschr.
v. Pr. 99. 104. 108. 111. 113; Sikyon Plut. Arat
53 ; vgl. auch Pergamon Athen. Mitt. XXXDT 275 ;
Miletos Ziebarth Schulwesen 128. Der G. führte
an Festtagen die Jugend auch in das Theater im
Gymnasion: Bargylia Le Bas III 496; Iasos Rev.
Et. gr. VI 168, 5; Pergamon Athen. Mitt. XXXIII
382, vgl. Ziebarth österr. Jahresh. XIII, 110;
über den Besuch des Theaters durch die jidlösg s. die
Inschrift aus Pagai österr. Jahresh. X 19. Wo der
G. der Vorstand eines Altersvereins war, vertrat er
diesen auch vor dem Rate und dem Volke: Iasos
Rev. Et. gr. VI 166, 4: Beschluß des Rates und
des Volkes xsgl d>v ixijX&ov oi xosoßviegot Öia
xov yvfivaatdgxov Xgvoi7inov . . . ; in Magnesia
a. M. Kern nr. 102 dagegen heißt es: 6 agxcov
tüjv ytgövxoiv iTisX&üJv ixt ze xqv ßovXrjV xai xov
dtfttov. Die Anforderungen an die Vermögens-
leistungen waren besonders groß, wenn die Gymna-
siarchie bekleidet wurde zur Zeit eines Landtages
(&' äyogaiag) wie in Apameia KTbotos Bull. hell.
XVII 308 oder bei hohen ölpreisen: Lagina Bull.
hell. V 189, 11: y. xdoag xrjg iogzt t g tf/iEoag ovxog
zov eXaiov xifL\g .... und Thyateira Denkschr.
Akad. Wien LIV nr. 69: y. iv xf\ ixeftßallovötf zov
eXaiov xufitoiga. Daher oft die Schwierigkeit ein-
trat, jemand zu finden, deT die Gymnasiarchie über-
nahm: Aigina IG IV 4, und es rühmend hervor-
gehoben wird, wenn jemand av&aigszog die Gymna-
siarchie bekleidete Lapethus, Dittenberger Or.
583 und Nikopolis a. Issus Bull. helL XXI 164.
Verwaltungstätigkeit. Zunächst war der
G. tätig bei der Verwaltung der für das Gym-
* •Y**'
"TA"*»
aiasion bestimmten Gelder: in Aigiale IG Xu 7,
515 wird bestimmt: oi ijxifteXtjxal Adyov ajioöid6-
TCooav zoig ds jzgvxdvsat xai z<p yvftvaoidgx<p;
in Anaphe IG XLT 3, 253: dazoStSdroj dd xüt
xaz' d/ui yevoftsvwi yvfivaotdgxtot . . . 6 ds yvfivaat-
agypg dvaygayjdTco rd ysyovdxa xifiia siazdlav • o
dexa Sajxavdorjt, xofiiodo&Q} ix xov xoivov. In
Eretria Philol. X 300 = Eangabe Ant Hell,
nr. 689 findet sich in der Inschrift, betreffend die
I VfJLVCXGtCCQXOq
2UU2
eine Statue; ebenso in Balanaia, Athen. Mitt.
XVII 88, 2; in Eretria durch eine Statue im
Gymnasion, Dittenberger Syll.2 935 ; in Kera-
mos, Journ. hell. Stud. XI 124, 7, durch eine
Statue, die der Geehrte selbst errichtet Be-
gräbnis im Gymnasion für den gewesenen Stepha-
nophoros und G. finden wir in Aphrodisias Bull.
hell. IX 75, 5. Einen goldenen Kranz erhielt
der G. auf Chios Athen. Mitt. XIII 175, 17, das
Stiftung des Theopompos (40 000 Drachmen für lOKteruchendekTet von Salamis' IG DT 594 weist
-das öl), die Bestimmung: xov ds äavstofidv x&v
diaqpögcüv ylvea&ai vnö ze tcov Jigoßovkcov xai xov
yvfiraoidgxov, djzodiöooßcu dk vst avztäv xaz 1 ivt-
avzov xai Xoyov öiä zov oweSgiov. In Magnesia
a. S. Denkschr. Akad. Wien LIV nr. I lesen die
Herausgeber Z. 71: ovx aigdfisvog zö svoixtov(^)
and rwv xotiqvv und erklären es als Abgabe für
die Benützung der zur Aufbewahrung der Kleider
dienenden tötiou In Magnesia a. M. Kern nr. 116
als Ehrenbezeugung auf matvog, X gvaovg ozStpa-
voe und Aufstellung des Ehrenbeschlusses im
Gymnasion. In Phintia IG XIV 256 wird der
G. Herakleides in der Halia mit einem Kranze
aus Ölzweigen bekränzt, der Beschluß auf eine
Stele aufgezeichnet und im Gymnasion aufgestellt.
In Kyzikos Journ. hell. Stud. XXIII 89 bekränzt
das Volk den Demefcrios. Menas wird vom VoUie
in Sestos, Dittenberger Or. 339, bekränzt,
wird eine ötavo M yvßvaotao X iH n erwähnt. Die 20 seine eixtov im Gymnasion aufgestellt, er selbst
G. in Hierapolis Judeich nr. 278 haben das
4jze<pava>ztx6v zu verteilen und die Sorge für ein
Heroon nr. 336. In Trozen IG IV 749 sorgte
der G, Charmos für die Vermehrung der Ein-
künfte des Gymnasion. Ferner war der G. be-
rufen zur Ausführung von Volksbeschlüssen, die
seinen Amtsbereich betrafen: auf Kos Paton-
Hicks 34 hat er nebst anderen die Bekränzung
der Sieger zu besorgen; in Kyaneai Denkschr.
erhält sigosögia bei den Agones. Rat und Volk
von Themisonion, Michel Rec. 544, ehrt den
Chares durch maivog und ngoedgia an den jähr-
lichen Agones. Die vom Rate, Volke und von
den Römern beschlossenen Statuen werden in
Apameia Kibotos, Bull. hell. XVII 380,6, von
Stadtvierteln errichtet; in Ilion ehrten die ein-
zelnen Phylen den gewesenen G. durch Statuen,
CIG 3615-3618. Häufig sind Ehrenbezeugungen
Akad. Wien XIV nr. 28 hat er die Aufzeichnung 30 durch die Keoi: in Kandyba ehrten sie den
eines t* )hrpnhe>*n\iln<zeA= - i™ \T-,rr,ih^„ T„„ — U„n ,t i 3 .1 i . , ,*' ,
eines Ehrenbeschlusses; in Kyzikos Journ. hell.
Stud, XXIII 89 und Odessos Denkmäler aus Bul-
garien nr. 92 die Verkündigung der Bekränzung;
in Philadelphia CIG 3417 die Aufstellung einer
Statue des Diogenes, der der Gerusie eine Spende
gemacht; in Smyrna CIG 3185 die Bekränzung
eines Wohltäters, in Thespiai IG VII 1885 die
Errichtung einer Statue zu veranlassen. Auf
Thera IG XII 3, 1299/1300 (100 v. Chr.) lesen
wir: der Paidonomos, der G. und die zaplat 40 gamon Inschr. v. Perg. 440 (Ä osßaoxii atvodog
avsyoayav yeyovoza svegyexav 'IciSoigov Zvgaxo- ---■'-* ^ • - - - * - r - '■
atov wohl auf Grund eines Volksbeschlusses. In
Pergamon erfahren wir von dem G. Straton Athen.
Mitt. XXXH 279 und von dem G. Agias Athen.
Mitt. XXXIII 380, daß sie für die ordnungs-
mäßige Auszahlung des Gehaltes an die Lehrer
Sorge trugen; vgl. Ziebarth österr. Jahresh.
Als Hilfspersonal werden 6tjfi6aiot erwähnt in «»«mcu U i H ^menuc: oi veavioxoi in j^ansa, iu
Pergamon Inschr. v. Perg. 252 und in Priene 50 IX % 620. 621; Phalanna ebd. 1238; oi naXat-
inscnr. y. Pr. 112, 112; über die 1-zifieXrjrai und arglxai in Chytria auf Kypros CIG 2627- oi
oioixyzai s den Art. Gymnasion. photxot auf Paros IG XII 5, 290; oi haiooi.
Ji-nrenbezeugungen. Für die Verdienste, xai ow^ug yäot in Prusa Arch. Anz 1903 39
Alexandros durch eine slxwv yoajtz^ und einen
goldenen Kranz, Denkschr. Akad. Wien XLV
nr. 27 ; in Kyaneai den Anticharis durch agoe-
ögia bei den Agones , einen goldenen Kranz und
eine sixäv x a ^n ebd. nr. 28. Weitere Ehren-
bezeugungen der Neoi finden wir in Aphrodisias
Le Bas III 1602a; Halikarnassos Bull. hell. IV
106,6. 402,14. XIV 102,6; Ilion CIG 3619;
Sirra CIG 2007; Xanthos Reisen I nr. 98; Per-
gamon^ Inschr. v. Perg. 440 {fj osßaoxf} ovvodog
xcov vio3v). Neoi und Epheboi erscheinen als
Ehrende : Alinda (Koskinia) Bull. hell. XV 540, 5 ;
Teos CIG 3086; Thera IG II 3, 496; Epheben
allein z. B. Delos Bull. hell. III 376. 16, Solun-
tum IG XIV 311; die Gerusia z. B. Iasos Bull,
hell. XI 215, 5; Gerusia im Vereine mit Rat und
Volk z. B. Aphrodisias Rev. Et. gr. XIX 136, 68.
TAM; Trapezopolis CIG 3953c. Sonst wären zu
erwähnen als Ehrende : oi reavtoxoi in Larisa, IG
die sich die G. erwarben, zeigten sich die Ge-
meinden sowohl als auch die einzelnen Alters-
vereine dankbar durch Ehrenbezeugungen mancher-
lei Art, von denen nur einige Beispiele angeführt
seien. In Minoa ehrt der Demos auf Antrag der
d/^KpdfiePot den gewesenen G. durch einen gol-
unter den Ehrenbezeugungen seitens der dXsitpo-
fievoi zeichnet sich die auf Thera, IG XII 3, 331,
aus: Baton wurde nach den ersten zwei Jahren
seiner Gymnasiarchie geehrt durch einen dallov
ozicpavog und durch Aufzeichnung des Ehren-
r . r ... -. ^„ u & ^„ l .^ 11 ^. l ,j. UUi4jU einen gui- beschlusses im Gymnasion. nach weiteren drei
aenen Kranz und eine äxd>v yganz^ im Gymna- 60 Jahren durch l-zaivog, xgvaot oziyavot, dxd>v
sion l(j XII 7, 235; m Arneai durch xgoedgia, ygcuiztj, Anbringung der "Kränze im Gymnasion,
in V v°^I„ aT s^ v °L™i d '1^\ x ^*ß KB LH 640; Aufzeichnung des Ehrenbeschlusses und Auf-
m Kyme CIG 3524 durch eviatpa xai diotg und
««oVf? sv zqi yvfivaoio}. In Amphipolis wird der
Ehrenbeschluß für den G. Philippos neben seiner
eixmv aufgestellt an dem hervorragendsten Platze
des Gymnasion, österr. Jahresh. I 181. In Ak-
monia CIG 3858 ehrt den G. Rat und Volk durch
Stellung desselben im Gymnasion.
Nach den bisherigen Ausführungen können
wir uns ein Bild des G. besonders als Schalvor-
stand machen: er erscheint nicht als Bureau-
mensch, der nur nach den Vorschriften handelt,
sondern als Patriot, d«r titig ist fftr die Aus-
hreitung und Vervollkommnung des Unterrichts,
wodurch er beiträgt zum Ruhm seiner Vaterstadt.
Mantidoros in Eretria, Amer. journ. arch. XI 188 n,
bezeichnet seine Gymnasiarchie als Vertrauensamt
(SyzeiQur&eiaa mozig) wie der Eosmetes Timon in
Athen IG II 467. [Plut.] de lib. educ. 11 ver-
langt, daß die dycoyt} r<av aatdwv auch für die
Tcivr^xEQ zu erstreben ist; in diesem Sinne sehen
wir Dioskurides in Priene, CIG 2906, tätig, auch
den Annen den Besuch des Gymnasion möglich
zu machen; vgl. auch Zosimos in Priene Ins ehr.
v. Pr. 112, 99f. In Eretria bewirkten die G.
Elpinikos und Mantidoros (Amer. journ. arch. XI
173f.) eine Steigerung der Frequenz des Gym-
nasion. Zosimos in Priene gewann die Lehrer
zur Mitarbeit Inschr. v. Pr. 113, und Straton
sowie Agias in Pergamon suchten die Lehrer
pflichteifriger zu machen, damit die Schüler auch
größeren Nutzen ziehen vom Unterrichte. In
Athen (IG II 467) wird die opovota und <ptXia
der Epheben hervorgehoben, für die der Kos-
nietes gesorgt hatte; auch der G. wirkte für den
Gemeingeist der ihm unterstehenden Altersklasse.
Daß er in seiner Tätigkeit auch seine Ereigiebig-
keit durch Bewirtungen, Spenden mancherlei Art
usw. zeigte, beweisen die bereits angeführten Bei-
spiele, und wir finden es begreiflich, daß in der
Inschrift aus Sparta (CIG 1365) als Begründung
für die Ehrung eines G. gesagt ist: zf ( g (isyako-
jtgsnslag xai zfjg Eni rfj ösvxigq. yv/nvaotagxio:
äovvaglzov xai dwxsgßXtfzov Jigovoiag xai (piXo-
Teif/tas. Er wirkte durch sein Beispiel, wie es
in dem Ehrendekret für Herakleitos in Priene
(Inschr. v. Pr. 117, 1. Jhdt. v. Chr.) heißt: de/
710XE f.lhv XQCoßvTEQOVS TtfMtiV (5? yOVECS , TOVS Öh
xa&r}Xtxag (hg döeX(povg , xovg dk veojzegovg <hg
jiaiöag, äßsfijnov zov ßtov tst^gijxsv xai ovöevl
xax&v aiziog yiyovs ovMjioze, noXXotg 8k zojv
fisytotfov aya$t!Jv jtagaixiog , tioXLxov xaXbv
Tiagddstyfia Tiagaaz^aag <hg ix natbüag xb elxbg
zotg viatg tov tdiov ßtov.
III. Gymnasiarchen in Privatvereinen.
Hier kommen nur jene Vereine in Betracht, die
durch den Zusammenschluß von Landsleuten, von
Augehörigen desselben Berufes oder desselben
Kultes gebildet waren und auch für die Er-
ziehung und körperliche Ausbildung ihrer Mit-
glieder sorgten. So finden wir in Elephantine
(Philo!. LIII 82, 3. Jhdt. n. Chr.) einen G., in
Omboi oi ix tov iv "Opßotg yv/uvaoiov als staats-
rechtlich anerkannte Genossenschaft, Arch. f. Pa-
pyrusf. V 410, vgl. II 548, 26, die Weihung des
y. xai oi ix tov yvfiraoiov (Ptolemaeeizeit). In
den Städten an der Kordküste des Schwarzen
Meeres schufen sich die dort lebenden Griechen
ihr Gymnasion und hatten ihren G.: so in Gor-
gippia (Anapa) Latyschew LT 403: in Panti-
kapaion Latyschew IV 211: in Tanais Laty-
schew II 439. 440. 442. 446—448. 453 (2. und
3. Jhdt. n. Chr.). Auch in Tomis Arch.-epigr.
Mitt. XIX 222, 89. 90 handelt es sich um den
G. eines Vereines. In Ephesos gab es einen
Verein der Ärzte, der einen G. hatte, Österr.
Jahresh. Vm 128. 130. 133. Auf Rhodos be-
stand im 1. Jhdt v. Chr. ein xoivöv, das auch
seinen y. hatte, IG XII 1, 127: es erscheint ein
Rhodier, ein Antiochier, ein Amphipolite, ein
Solier in dieser Stellung. Die Mitglieder des
vjvixHiasuuiii äw*
Vereins waren Fremde und hatten als solche
keinen Zutritt zu den staatlichen Gymnasien*
Ziebarth Schulwesen 140. Auf Keos (Paton-
Hicks 371) begegnen wir einem y. 2egamaozäv.
Nicht richtig sagt Poland {Vereinsw. 402) von
der Inschrift Prusa Arch. Anz. 1903,39: .eine
Genossenschaft von Freunden feiert ihren Gym-
nasiarchen' ; nach dem Wortlaut der Inschrift
ehrten oi tov jigsoßvTcgov 'ÜfpsXioivog etatQot xai
10 owrj&Eig den Archiereas und G. Sakerdos als zov
iavröiv dta ßtov svsgyhyv. In Goelbazar (Bull,
hell. XXIV 906, 90f.) erscheinen unter einem
efiTtogidgxfjg ein otvonootdoxys > yvftvaaidg%ijg t
ygafifiazevg, yegovotaozijg tov vsoxztatov S/mogiov ;
damit ist zu vergleichen der ggmnasiarcha empört
Piretensium CIL III 12415. Vielleicht ist dar-
unter ein Verein von Kauf leuten zu verstehen.
Literatur. Krause Gymnastik I 1 79-205.
Pauly E,-Enc.l III 978-983. Dumont Essai sur
20r<Jphebie attique I 219-225. J. Menadier Qua,
condieione Ephesii usi sint inde ab Asia in i'or-
mam provinciae redaeta (1880) 90-92. Scheffler
De rebus Teiorum (1882) G\t, Guiraud Les as-
semblees provinciales (188 7) 133. Grasberger
Erziehung u. Unterricht im klassischen Altertum
III 463 — 472. Girard L'e'ducation Athenienne
au Ve et au IVe siecle avant J. C. (1889). G.
Fougeres Bull. hell. XV 268f. M. Clerc De
rebus Thyatirenorum (1893) 62f. G. Glotz in
30 Daremberg-Saglio Dictionn. II (1896) 1675-1684,
Schoemann-Lipsius I HOL 501. 551. Her-
mann- Thumser 687f. J. v. Müller Die griech.
Privatalt. (Handb. IV 1, 2) 178. 185. W. Liebe -
nam Städte Verwaltung im römischen Kaiserreich
(1900) 731 349f. 373f. 545—548. J. LevyEtu-
des sur la vie municipale de l'Asie Mineure in
Rev. Et. gr. XIV (1901) 368-371. Chapot La
province Romaine proconsulaire d'Asie (1904) 153f.
279. N. Exarchopulos Das athenische u. das
40 spartanische Erziehungssystem im 5. und 6. Jhdt.
v. Chr. (1909). J. O eh ler Epigraphische Bei-
träge zur Gesch. der Bildung im klass. Altertum
(1909); Das humanistische Gymnasium im klass.
Altertum (1909). E. Ziebarth Aus dem griech.
Schulwesen (1909) 96f. E. Normann Gardiner
Greek Athletie sports and festivals (1910) 500
—503. U. v. Wilamowitz-Moellendorff
Staat und Gesellschaft der Griechen (1910) 122.
161. F. W. Hasluc k Cyzicus (1910) 258f.
50 [J. Oehler.]
Gymnasium. A. Bei den Griechen: Fv^-
rdotov, auf Kreta Ögöfiog Gr. Dial.-Insch. 4991
vgl.Suid. s. Sq6{ioiq ; die Bezeichnung y vj.t v ä g findet
sich auf Amorgos (Aigiale) IG XII 7, 447 (yv/tvädog
iv ze/uevei vgl. Minoa 254 : yvfxvaoiov ze^evst) und
Astypalaia IG XII 3, 202, bezeichnet: Übungs-
platz, Turnanstalt, Unterrichts- und Erziehungs-
anstalt, staatlichen Festplatz. Die erhaltenen
Definitionen der Lexikographen und Scholiasten
60 sind unzureichend, um die Bedeutung des G.s zu
bestimmen: Poll. III 154 nennt es unter den
XOJQta zijg aoxrjoEfng und IX 43 unter den Teilen
der Stadt ; Hesych. s. yvftvdotor • töszos, h o*j ayoi-
vt^ovrai ; Etym. M. s. yvptvaoia • oi xdnot , otzov
zyvfivdCovro, besonders die Athleten, rj Xovrga
fj mmxoi dy&veg . . . ; Suid. s. yvfiv data • dXet-
xffiQta 7} ßaXaveta § lovxgd ; Schol. Dem. XX 21
yvfAvdata ' ßaXaveta tj dXemrqgta ij Xovtßd, Es
&v\jo vjryinriasiuni
bezeichnet den Platz, wo man sich unbekleidet
übte: Eustath. zu II. XXIII 683. Suid. s. yvp-
vdata. Isid. Et. VIII 6, 17 gymna&ivm ex eo
dictum est, qttod iuvenes niedi exereentur in
campo ...; vgl. Schneider 18. Boisacq Dic-
tionnaire e"tym. 158: yvfivdotov ,lieu d'exercice'.
Die Angaben der Schriftsteller, die Inschriften
und die erhaltenen Ruinen ermöglichen es uns,
die Entwicklung des G.s von der einfachen Lauf-
tryinnasium
2005
pos Paus. III 22, 9. 21. Astypalaia: Damatrios-
G. IG XII 3, 202 (3. Jhdt. v. Chr.). 22. Athen:
yvftvdota IG II 466 - 468 ; y. tatv e<prjßoiv (?)
251 b (305/4 v. Chr.). Kvvooagyeg IG I m. 201.
204. Athen. Mitt. XXXI 134. Her. V 63. VI
116. Dem. XXIII 213. XXIV 114. Plut. Them.
1. Paus. I 19, 3 u. a. Avxeiov IG II 240 (tö y. rö>
xaTa Avxewv); 444—486. III 89. Dein. XXIV
114. Paus. I 19, 4 u. a. 'AxaÖ^eta IG II 47L
bahn (ögofiog) bis zu den Prachtanlagen für kör- 10 III 63. Xen. hell. II 2, 8. Lys. XVIII 10. Dein.
perliche und geistige Erziehung, die zugleich den
Mittelpunkt des öffentlichen Lebens bildeten,
nach den oben angegebenen Bedeutungen zu ver-
folgen.
Bedeutung des Gymnasions. Diese er-
gibt sich aus dem Gewichte, das die Griechen
auf die gymnastische Ausbildung legten: Plat.
Symp. 9 bezeichnet die (pdoyvftvaarta als etwas
dem Hellenen Eigentümliches; vgl. Aelian. v. h.
XXIV 114. Harpokr. a. v. Plut. Kimon 13 u. a.
FfTok^talov (gegründet 275 v. Chr.) IG II 468 ;
471. 482. Paus. I 17. 2. Aioyevetov (gegründet
229 v. Chr.) IG II 470. IH 5. 741. 1184. 1202
(262 n. Chr.). 1218. 3 E<p m i. a 9X . 1893, 67 (140
—150 n. Chr.). Plut. quaest. " conv. IX 1, 1.
r. Tgfiov Paus. I 2, 5. [\ fcov 'Aögiavov IG
III 10. IV 1474. Paus. I 18, 9. r. des Zevg
Kegaiog und der "Avda (von Boiotern errichtet)
Jüthners Besserung des überlieferten eqnjßEla).
Paus. X 4, 1 zweifelt, ob ein Ort TioXtg genannt
werden kann, der keine agxeia. kein yv(.tvdmov y
kein Theater, keine Agora hat. Traian sagt:
Österr. Jahresh. I Beibl. 48 'Etprjft. dgx- 1892, 168,
68 (192 v. Chr.) ; yvpvdoia (260-247 v. Chr.) Geogr.
gr. min. I 105. Titus-Herakles-G. Plut. Titus 16.
27. Chios Athen. Mitt. XIII 566. 'Adtjvä XX 164f. ;
gymnastü mdulgent Grwculi Plin. ep. X 40. V/tfeetov y. CIG 2221. 28 Delos IG II 985. Bull.
Anstid. XV 232 preist die Pracht der G. in hell. XIII 413. Eupator-G. Dittenber*er Or.
Smyrna, dagegen wird die Verödung der G. be- 367. 29. Delphi Paus. II 8. Bull. hell. XX III 56$
klagt von Athen, V 213 d. Dio Chrysost. or. 30,30(4. Jhdt. v. Chr.). 565 (258 v. Chr.). 566. 570
17. Aristid. XX 261. XLI 513. Selbst die Sv- (250-221 v. Chr.). 572. XXIV 464. 30. Elatea
bariten hatten G. Athen. XII 518 f; bei Plautus
wird das G. oft erwähnt, auch die Mehrzahl z. B.
Amph. 1011. Plat. leg. VI 761 C verlangt die
Anlage von yvjuvdoia; rep. III 404 B bezieht er
die yvfivaonxrj besonders auf den Krieg, vgl. leg.
VII 813 D. VIII 830 D. Arist. Pol VII 11 spricht
von za, yv/iivdota x&v xosaßwegeov. Nach diesen
wenigen Angaben schon werden wir voraussetzen
Bull, hell X 382, 18. 31. Eleusis IG 11614 b.
32. Elis Strab. VIII 337. Paus. V 15, 8; Aa-
Xiuuov y. Paus. V 15, 7. 33. Ephesos Strab.
XIV 634; yvfivdota Xen. hell. III 2, 11. TAM;
y. Le Bas III 141. Journ. of phil. VII 140;
dgyjüov y. Anc. Gr. inscr. 618 b; xaivbv y. TAM;
to avm y. TAM. 34. Epidauros : rot y., Avxswv
IG IV 1467. 35. Eretria Am. joum. arch. XI
können, daß jede Stadt ein oder mehrere G. hatte ; 40 173. 188 (2. Jhdt. v. Chr.). Philol. X 300. 36. Ery-
Pausanias nennt in 20 Städten G., die folgende thrai 'Afojvä XXI 347f. (2. Jhdt. v. Chr.). 37. Gy-
statistische Übersicht führt 128 Orte an, für die "---'- T - T ' TT ^ Jrt ""■"" ^ ^ — "
G. bezeugt sind.
Übersicht nach Ort und Zeit. 1, Adada
(Kara Baulo, Pisidien): xb Seovtjgsiov y. Sterrett
Wolfe exped. 426. Ägypten: 2. Alexandreia
Strab. XVII 795; rä Iv rfj Nixiov Ovo y. Ar-
ohiv f. Papyrusf. IV 238. \ Kairo ebd. II 548,
26 (185-151 v. Chr.). 4 Aigina IG IV 4. 43.
45. 46; dfKpözega xd y. Rev. Et. gr. XV 138, 3.
5. Aizanoi CIG 3831 a« (161-180 n. Chr.). 6. Akrai-
phia IG VII 2712. 4134. 7. Akriai Paus. III
22, 5. 8. Alexandria Troas : iegov y. CIG 3588 c.
Amorgos IG XII 7: 9. Aigiale 515 (2. Jhdt. v.
Chr.) : yvfivdg 447. 10. Minoa 235. 254. 11. Am-
phipolis Österr. Jahresh. I 181 (1. Jhdt, v. Chr.).
12. Anaphe IG XII 3. 253. 13. Ankyra: tö zov
UoXvetöov y. Arch.-epigr. Mitt. IX 145, wohl das
ebd. 115, 67 genannte TloXmidov. 14. Antikvra:
theion Le Bas II 243 a (161/9 n. Chr.). 38. Ha-
liartos IG VII 2849. 39. Halikarnassos : ;>. zb <Pi-
linnsiov Class. Eev. VIII 217 = österr. Jahresh.
XI 53. Newton Halicarn. II p. 687 (3. Jhdt.
v. Chr.): tö dvm y. Newton ebd.; y. tCmv £<pt]-
ßoyv Le Bas III 1618. 40. Herakleia am Aso-
pos (Thessalien) Liv. XXXVI 22 (191 v . Chr.).
41. Hierapolis: to fiti^ov y, Jude ich nr. 6 b, c.
50 42. Hypata IG IX 2, 31. 56. 43. Iasos Bull,
hell. XI 213, 2. Rev. Et. gr. VI 187, 32; xi>
zmv vfoiv y. Rev. Et. gr. VI 157. 3; zd zecoaga
y. ebd. 175, 9. 44. Jerusalem Makkab. 1, 12.
45. Ilion IGE IV 212. 46. Iotape CIG 4411.
47. Kadyanda TAM. 48. Kaliatis Antike Denk-
mäler aus Bulgarien nr. 94 (100 v. Chr.). 49. Kios.
Bull. hell. XVI 320, 3. 50. Knidos Anc. Gr.
inscr. 787; Antigonos-G. ebd. 797 = Rh. Mus.
XXIX 25 (3. Jhdt, v. Chr.). 51. Koloe' : zb 2s-
dgyalovy. und ein zweites Paus. X 36, 9. 15. An- 60 ßaozbv y. Rev. Et. anc. IV 264, 14. 52. Ko-
tiochia (Syrien) Athen. V 195 c. X 493 b. XII rinthos: y. zb äo/alov Paus. II 4, 5. 53. Kos:y.
o27e. Bull. hell. XXX 338 (3. Jhdt. v. Chr.). xibv veojv Paton-Hicks nr. 8. 54. Kreta, Gortyn
16 -^P nrodisias J ri> Atoytviavbv y. CIG 2782; Gr. Dial.-Inschr. 4991 (ög6/io S = y.). 55. Kvaneai
y. CIG 2796. Bull. hell. IX 75, 5. 17.,Apol-
lonis (Lydien): rot ovo y. irp^ßoiv Rev. Et. gr.
III 6. 18. Argos: nav y. IG IV 597. 602; yvp-
vdoia 606 ; y. KvXdgaßig Paus. H 22, 8. 19. Ar-
.neai IGE III 639 (112—117 n. Chr.). 20. Aso-
Denkschr. Akad. Wien XLV nr. 28. 56. 'Kyme
CIG 3524. Kvpros: 57. Kerynia Rev. Et,' gr.
XVII 212 (nach 27 v. Chr.). 58. Kition Rev.
arch. 1885, 345 (246—221 v. Chr.). 59. Lape-
thus Dittenberger Or. 583. 60. Salamis: y.
■dl/Vi uyiiuutBiuiu
*$/tov Le Bas III 2756. 61. Kythera Ditten-
b erger SyU. 2 506. 62. Kyzikos Journ. hell.
-Stad. XXHI 89. 68. Lagina: tb Svco y. Bull.
TiclL XI 146, 46. 64. Laodikeia a. L. Am. journ.
arch. in 345 (129 n. Chr.). 65. Las Paus. III
24, 7. 6Q. Lesbos, Mytilene IG XII 2, 134.
■67. Magnesia a. M. : yvfivdma Kern nr. 179.
•68. Magnesia a. S. Denkschr, Akad. Wien LIY
nr. 1 (2. Jhdt. v. Chr.). 69. Mantinea Paus. YIII
■9, 8. Bull. hell. XX 125. 70. Megalopolis Paus.
VIII 31. 8. 71. Megara Paus. I 44, 2; VXvft-
mIziqv IG VII 31. 72. Messene Paus. IV 32, 1.
73. Miletos mit Branchidai und Didyma Anc. Gr.
inscr. 925; advza rä y. ebd. 922; y. rb JlroXs-
jiästov (gegründet zwischen 266 und 261 v. Chr.)
■ebd. 925 b; zb $avorlvetov y., rb ftiya y„ y. tov
Kmitwog CIG 2881. 74. Mylasa CIG 2962.
75. Myi-a IGR III 739 XIX. 76. Neapolis Strab.
V 246. 77. Netum: c hg<ovetov IG XIV 240.
78. Nikaia Plin. epist. X 39. Strab. XII 566.
79. Nikopolis Strab. VII 325. 80. Notion : 'Oftf-
getov österr. Jahresh. VIII 163. 81. Nvsa: y.
z&v viw Strab. XIV 649f. 82. Olbia'Laty-
schen I 22. 83. Olympia Paris. V 15, 8. VI
6, 3. 21, 2. 24. Oropos : dab yvpvaattov IG VII
414 (366-338 v. Chr.). 85. Panamara Bull. hell.
XXVIII 49, 36 ; t« y. XI 279. 283 ; tä ovo y, XXVIII
257, 80 ; dfitpörega zä y. XV 199 ; exdxega zä y. XV
185; zb'AÄgidvstov'Avratveivov y, XXVIII 45. 86. Pa-
tos IG XII 5, 129. 292. 87. Pellene: dgxaiov y.
Paus. VII 27, 5, 88. Pergamon: y. xüv aaidcov
Inschr. v. Perg. 467. Athen. Mitt. XXVII 160.
XXXII 433, 286 ; y. röiv r*W Le Bas in 1723a.
Inschr. v. Perg. 461. 466. Athen. Mitt. XXVII
1G0 ; xavriyvQtxbv y. Inschr. v. Perg. 463 A. Athen.
Mitt. XXIX 152, 1 (139-133 v. Chr.); tä y.
Athen. Mitt. XXIV 178, 30; itdvra rä y. XXXII
330, 61; dfnpozsga zä y. Inschr. v. Perg. 458;
rb V (= reaoaga) y. Athen. Mitt. XXXII 315,
40; rä Tihzs y. ebd. 321, 50. Der xziarrjg S£
yvfivaaicov Le Bas III 1723 c bezieht sich nicht
auf Pergamon, sondern auf das xoivbv 'Aaiag, wie
bereits Curtius Herrn. VII 44 richtig bemerkt
hat. 89. PergeLanckoronski I nr. 29. 90. Pe-
rinthos Arch.-epigr, Mitt. Vni 220, 50 (1. Jhdt.
v. Chr.). 91. Phanagoria Latyschew II 360
(2. Jhdt. n. Chr.). 92. Phigaliä Paus, VIII 39,
6. 93. Phintia (Gela) IG XIV 256. 94. Priene
Inschr. v. Pr. 108 (ca. 129 v. Chr.). 112. 114.
95. Regium Theophr. h. pl. IV 56. Plin. n. h.
Xn 1, 7. 3. 96. Rhodos Polyb. V 88, 5 (217
t. Chr."). IG XII 1 , 3. 97. Salamis (Insel) IG
II 594 (127 v. Chr.). 98. Samos: Eros-G. Athen.
Xni 561 d. 99. Sardeis Polyb. XXXI 10; zb
y. yegovotag Mova. x. ßißX. 1876 1878 p. 25.
100. Sebastopolis (Karien) Bull. hell. IX 346, 30
(116/7 n. Chr.). 101. Sebastopolis (Pontos) IGR
in 115. 102. Sestos Dittenberger Or. 339
{125 v. Chr.). 103. Sikvon Paus, n 10, 1, 7.
104. Silandos: zb äroj y. BuU. hell. XI 205, 26.
105. Smyrna: yvftvdaia Aristides XV 232. XX
261 ; ein y. und das Homereion erwähnt Strab.
XIV 646; Asklepios-G. Philostr. vit. sophist. II
26; Mifivegfiswv CIG 3376. 106. Sparta IG IV
939. 940. CIG 1306. 1353. Be Bas II 194 c.
Annoal XII 452; tä y. CIG 1384. Aelian. v. h.
Xu 43. Eurykles-G. Paus, m 14, 6; y. x&v
tg»jßtLH> xal t&v via» Plut. Kimon 16. 107. Stra-
uyumatumu avuq
tonikeia (Karien) CIG 2719. Le Bas III 517.
108. Sybaris Athen. Xn 518 f. 109. Synnada
Bull. helL XI 219, 13. 110. Syrakusai Cic. Verr.
n 4, 52. Liv. XXLX 19. Athen. V 206 e; 71-
fioksovzeiov Plut. Timol. 39. Nepos Timol. 5,
111. Tanagra Paus. IX 22, 3. 112. Tarsos: y,
zoiv vswv Strab. XIV 673. 113. Telmessos Bull,
hell. XIV 169, 3. 114. Teos Dittenberger
Syll.2 523 (ca. 300 v. Chr.). CIG 3085. 115. Ter-
lOmessos Lanckorofiski II 8—11; rä y. ebd. 5.
116. Theben IG VII 2537; rb "Mdov y. Paus.
IX 23, 1 ; Herakles-G. ('HgäxXeiov) Paus. IX 11,
7. 117. Themisonion Michel Rec. 544 (114 v.
Chr.). 118. Thera IG XII 3, 327. 331; rb h
Om y. 528. 534. 119. Thespiai: ro äva> y. IG
VII 1777 vgl. Bull. hell. XXVI 297, 16. 120. Thya-
teira Bull. hell. XI 465, 31 ; rä y. Bull. helL X
420, 29 ; zb fisya y. BulL hell. X 420, 29 und
besser Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 40; rb
20 zgizov y. Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 69 ; rä
jiQoira. y. xal xarä rb dg%aXov xb rgirov CIG 3502.
3503. Athen. Mitt. XXIV 235, 77. 78. Denkschr.
Akad, Wien LIV nr. 65-68. 121. Tralleis Strab.
XII 759. Athen. Mitt. VIII 334, 15 ; rä zgia y.
ebd.318,2 ; gymnasiumCÜAlI 7146. 122. Trozen:
xb y. rb 'IjmoXvzeiov IG Vn 754 (3. Jhdt. v. Chr.) ;
y. 753. 123. Xanthos (Letoon) : xb sv tioXei y.
IGR HI 605. 124. Damaskos Joseph, bell. lud.
I 422. 125. Tripolis ebd. 126. Ptolemais ebd.
30 127. Elephantine Philol. LIII 82 (232 n. Chr.).
128. Omboi Archiv f. Pap. V 410 (136/5 v. Chr.).
Wir sehen demnach für die Zeit vom 5. Jhdt.
v. Chr. bis zum 3. Jhdt. n. Chr. in allen Län-
dern, wohin hellenische Bildung gedrungen , G. ;
ergänzend tritt hinzu die Übersicht über die Gym-
nasiarchen, s. d.
Geschichte des Gymnasions. Fou-
geres unterscheidet vier Perioden in der orga-
nischen Entwicklung des G.s: 1. der bloße ögö-
40 fiog ; 2. die archaische Periode, der die drei alten
G. Athens angehören ; 3. die hellenische und hel-
lenistische Periode vom 4.-2. Jhdt v. Chr.;
4. die griechisch-römische Periode. Schneider
dagegen behandelt 1. den Dromos in Sparta;
2. die Palästren und G. des übrigen Griechen-
lands bis zu den Perserkriegen ; 3. die gymnasti-
schen Übungsanstalten von den Perserkriegen bis
auf Alexander d. Gr. ; 4. die gymnastischen Übungs-
anstalten der hellenistischen und römischen Zeit.
50 Gegenüber dieser Einteilung möchte ich hinzu-
fügen die Bestimmung des G. nach den oben an-
gegebenen Stufen: 1. das G. als Übungsplatz
(Exerzierplatz, Übungen für Feste) ; 2. als Turn-
anstalt; 3. als Unterrichtsanstalt; 4. als öffent-
licher Festplatz. Doch sollen diese verschiedenen
Stufen nicht getrennt behandelt werden, da für
die einzelnen Perioden die Quellen nicht gleich
ergiebig sind, in vielen Städten auch die An-
stalten die Entwicklung zeigen. Über den Ur-
60 sprung und das Alter der G. hat Schneider
eingehend gehandelt und ich folge ihm in seinen
Aufstellungen: die G. als Anstalten sind zuerst
bei den Doriern eingerichtet worden und reichen
in das 7. Jhdt. v. Chr. zurück ; richtig sagt Cic.
de orat. n 5, 21 : saeculis multis ante gymnasia
intenta sunt quam in eis phüosophi garrire
coeperunt.
Das Gymnaaion eine öffentliche, staat-
iwij vryumasiuiii
liehe Anstalt. Vgl. Ziebarth Schulw. 30f.
Schneider 32f. Das G. wird als Staatsgut ge-
nannt in Byzantion Aristot. Oec. II 1346 b, 17
und in den kleinasiatischen Städten: Appian.
bell. Mithr. 63, aufgezählt neben staatlichen Ge-
bäuden von Paus. X 4, 1. Plut. amat. 11. Ari-
stid. XX 261. XLI 513. Der Staat beschließt
die Erbauung eines G. : Priene Inschr. v. Pr.
108 (die xaxaaxsvr) yv/iivaaiov xazä noXiv) vor
129 v. Chr., Mkaia Plin. ep. 40, sorgt für die 10
Wiederherstellung: Athen IG II 240 (307/6 v.
Chr.). Halikamassos österr. Jahresh. XI 53f. ; in
Petelia IG XIV 637 heißt es : unter zwei Gymnasi-
archen äv£Oxeväo#i] [y oroä] ex riüv xoiväv i^rniä-
rcov. Auf Delos finden sich unter den Aufwendungen
aus der Staatskasse auch solche für das G. Bull,
hell. XXVII 77 (250 v. Chr.), ebenso in Delphi
XXIII 565 (258 v. Chr.): zov yvpvaotov xäv i:ii-
fi,i?.eiav, XXIV 464: zov yvfivaaiov z-rfc 87ztfi.sA.etag
firfvoiv ff . . . , zffi vÖQaycoylas zfj$ eis zb yvfi- 20
väotov ... In Ilion heißt es in der Inschrift
IGR IV 212 (124 n. Chr.) $ ßovXij xal b dfyoe
. . . jiagsyojQtjGE xo xs yvfivdatov. Im Bereiche
des G. befanden sich öffentliche Gebäude : in Ale-
xandreia (Ägypten) ein dtxaazrJQiov Strab. XVII
795, in Elis das ßovXsvztjQtov Paus. VI 23, 5,
in Sardeis wurde im G. Gericht gehalten, Polyb.
XXXI 10. Der staatliche Charakter des G. geht
auch aus den Widmungen für das G. oder von
Gjfinnasiarchen hervor : Ephesos Anc. Gr. inscr. 30
618 b : xelovag rfj jtoXst «iV rb aQxcüov y. ; Hali-
kamassos TAM: ein Gymnasiarchos Etaidt, 2a-
gaTiiäi xal T(p örfftep ; lasos Rev. Et. gr. VI 187,
32 : deT Gymnasiarchos Sopatros zrjv oroäv rq>
Srif-Hp xal zoig veotg . . . xai dvs&tjxEv rb yvfivd-
atov zqi dr/ftq)] Kos Paton-Hicks 114: Gym-
nasiarchos und Hypogymnasiarchos ro'tg vmig xal
rdj dt)fiq> vgl. aucli Branchidai Anc. Gr. inscr.
924. 925; Termessos Lanckoroiiski II 5: ro
äyaXita zov "Egcozog rfj nazgiöi ; Thisbai IG VII 40
2235 : der Gymnasiarchos rtp ozoäv xai. zqv el'ao-
frov xal zäg &vgag 'EQfA.f}, 'HgaxXsi xai rfj jioXet.
Auch die zahlreichen Ehrenbezeugungen der Ge-
meinde für Verdienste um das G. und die Auf-
stellung dieser Ehrenbeschlüsse im G. finden durch
den staatlichen Charakter des G. ihre Erklärung ;
Beispiele folgen unten. Die gesetzlichen Bestim-
mungen über die G. zeugen gleichfalls für den
staatlichen Charakter der Anstalt: den Sklaven
war der Besuch verboten in Athen : Plut. Sol. 1 ; 50
sept. sap. conv. 7. Aischin. I 137; auf Kreta:
Ar ist. Pol. I 5 ; in Sparta war es nach Aelian.
v. h. XII 43 vgl. Harpokr. s. ftödojy eine Be-
günstigung der Mothakes, mit den Söhnen ihrer
Herren im G. üben zu dürfen. Für die vöSot
war in Athen der Kvuosarges bestimmt: Dem.
XXin 213. Plut. Them. 1. Suid. s. Kwoaagyes ;
Harpokr. a. vodela; Bekker Anecd. 274. Dieb-
stahl im G. wurde besonders streng bestraft in
Athen: Dem. XXIV 114; vgl. Aristot. Probl. 60
XXIX 14. Der Staat bestellte auch Beamte zur
Aufsicht über die Anstalt und seine Besucher,
s. Gymnasiarchos. Die Lehrer wurden vom
Staat angestellt und besoldet, z. B. in Pergamon
und Teos.
Gymnasion und Palaistra. Neben dem
G. erscheint als Übungsanstalt die Palaistra, die
Ringschule, z. B. Poll. m 154. Über die Be-
uryiimaaimii AVIV
Stimmung der beiden und ihr Verhältnis zu ein-
ander sind verschiedene Ansichten aufgestellt,
worden, von denen nur die letzten angeführt wer-
den sollen. Ziebarth Schulwesen 28 bezeichnet
die Palaistra als private Vorschule, Schneider
30 behauptet, die Palaistra sei wenigstens zu Athen
Privatanstalt gewesen. Gothein Athen. Mitt.
XXXIV 122 bemerkt, G. und Palaistra seien in
späterer Zeit ziemlich gleichbedeutend gebraucht
worden, und bezeichnet in der Anmerkung Sehne i-
der s Versuch, Palaistren als Knabenschulen, G.
als Jünglingsschulen festzulegen, als recht unzu-
reichend begründet. Ich glaube, wir können be-
züglich der Palaistra feststellen: sie bildete an
manchen Orten eine vom G. verschiedene öffent-
liche Anstalt: auf Delos BulL hell XXVII 67f..
(250 v. Chr.) finden wir unter den staatlichen
Ausgaben auch Aufwendungen auf die Palaistra :
ojpiviov eiq TiaXaiaxgav, xdöog Iv jiaXaiorgai, iega
zet "EXetdvsi zä ysvö/Aeva sv zet TiaXaiazgat, elatov
elg jzalaiozgav ... In Magnesia a. M, Kern
nr. 102 ersucht die Gerusie um die Erlaubnis,
eine %aXxi\ eixojv des Eubulides in der Palaistra
aufstellen zu dürfen; in Mylasa, wo nach CIG
2962 G. und Palaistra getrennt waren, heißt es
von dem Gymnasiarchos : dvaßifiaat xoofiiqoag rtjv
TtaXatargav ; in Theangela errichtete der Demos
zu Ehren eines Königs eine Palaistra Athen. Mitt.
XII 334. In Miletos wird eine Stele mit dem
Volksbeschlusse zu Ehren des Eudemos in der
naibixrf itaXaiaxga aufgestellt Ziebarth Schul-
wesen 8 Z. 84. Wenn in Halikamassos die vsot^
solange das Philippeion-G., das G. der veoi, ver-
fallen war, die jzatötxrj naXalorga benützten, muß-
diese eine öffentliche Anlage gewesen sein, österr.
Jahresh. XI 56, 2. Öie Palaistra bildete einen
wesentlichen Bestandteil des G., vgl. Gardiner
467: die Palaistra konnte bestehen ohne ein G.,
aber kein G. ohne Palaistra, vgl. das Lykeion in
Athen Plut. X or. vit. 7 und das G. in Knidos
Anc. Gr. inscr. 797. Daher erklärt sich die
Ehrung eines Gymnasiarchos durch die izaXawzgl-
zai in Kerynia auf Kypros CIG 2627, durch die
d/.Ei<pd/nevoi iv rfj ysgovzixfj jiaXaiaxgq auf Samos
Bull. hell. V 480, 3 ; durch diese Inschrift wird,
auch bezeugt, daß die Palaistra nicht bloß Knaben-
schule war, vgl. schon Schömann-Lipsius I
551. Wenn sich in Teos CIG 3086 dxäXaiozgot
der Ehrung für den Gymnasiarchos anschließen,
können wir darunter diejenigen Besucher des G.
verstehen, die die Palaistra des G. nicht benütz-
ten. Wenn die Palaistra einen wichtigen Be-
standteil des G. bildete, ist es verständlich, daß
das Wort Palaistra auch zur Bezeichnung des
ganzen G. gebraucht wurde: so wird es zu ver-
stehen sein (Xen.) rep. Athen. II 10. Poland
Gesch. d. griech. Vereinsw. 103 irrt aber, wenn
er die fieze/ovreg xr t g iv Ota TiaXalazgag IG XII
3, 526f. mit den Mitgliedein des dortigen G. XH
3, 528. 534 für identisch hält. Krause'£i./.i?n x «
I 109 meint, y. werde außer in dem Droinos von
Sparta nicht zur Bezeichnung eines Teiles der
Gesamtanstalt gebraucht, sondern bezeichne immer
das Ganze: eine Inschrift in Delphi Bull. hell.
XXIII 565 beweist, daß auch ein Teil der ganzen
Anlage als y. bezeichnet wurde. Palaistra als-
Privatturnschule begegnet uns häufig : zu den von
Schneider 30f. angeführten Beispielen für die-
Benennung derselben nach dem Besitzer oder
Xeiter fuge ich hinzu: Athen IG II 444. 445:
szäideg ix rfjg Ttfteov xaXafozgag : 446 : yialSsg ix
"Ärttyevov naXaiozQa;; Delos Bull, hell. XV 255 :
der Paidotribes läßt xovg ix xrjg iavzov naXaioxgag
aufzeichnen; 264 wird ein stprjßevoiv ex xifc Nixr)-
gdzov xai NixfjQaxov AXe^avögicov naXafozQag ge-
nannt; vgl. die Zusammenstellung 266f.
Lage des Gymnasions. Plato leg. VII
österr. Jahresh. XIII 113f. müssen wir annehmen,
daß bis gegen das Ende des 3. Jhdts. v. Chr
noch ein viertes G. , ein Knaben-G. , in Müetos
bestand. Vier G. sind bezeugt in Iasos. Ephe-
sos zählte nachFalkener fünfG., bekannt sind
vier. Fünf G. finden wir in Pergamon (Athen.
Mitt XXXm 321, 50). In Thyateira müssen
wir vier G. annehmen: außer dem nq&tov, öev-
zeqov, xqLxov wird noch ein (.teya y. erwähnt; vgl.
Qf\An ™,.i„ t- ' • » -«— "6' ■" **uvv, c(tiTov wiru noca ein «w r. erwähnt: vel
804 C verfangt wot ro aozv yvjtvama xai et x J>- 10 Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 39. Die iößte
oia To$txfi$ xe usw. Wir finden außerhalb der
Stadt die G. angelegt in Adada Sterrett Wolfe
«exped. 426, in Akriai Paus. HI 22, 5 , in Argos
Paus. I 44, 2. Liv. XXXIV 26, 2, in Athen die
■drei alten G.^ Akademie Plat. Lysis 1. Paus. I
29, 2. Suid. s. AxaS^ia (pigodateior). Liv. XXXI
24; Lykeion Plat. Lysis 1 ; Kynosarges Plut. Them.
1 (ßoi TivXüv). (Plat.) Axiochos 1 , in Ephesos
Strab. XIV 634, in Herakleia (Thessalien) Liv.
Zahl von G. weist Athen auf: die drei alten G
dazu kommen ein G. der Epheben (IG II 251b'
falls die Ergänzung richtig ist), das Ptolemaion'
das Diogeneion, das Hermes-G., das G. Hadrians
(Ziebarth Schul w. 45 bezeichnet es unrichtig
als Traians-G.) und das von Boiotern gestiftete
G. des Zeus Akraios und der Antha.
Bezeichnung. Die einzelnen G. sind be-
zeichnet: 1. nach einem Gotte, einem Heros oder
XXXVT 99 i„ w OMt , tw t V o - Vr-i oa . m Xt- L ' na,Ufl einem uotte, einem Heros oder
AXXV1 22 in Megara Paus I 44 2, m Niko- 20 einem Heiligtum: so das Asklepioa-G. in Sinyrna
polis am Ister Skab VIII 325 (fr f Qoaoxda,), das Eros-G .auf Samos, das Ho&leMJ. ? n Theben
n l^^:'l3l ^Ä 113 ™* ™ *. *» Hermes-G. in Athen, dTS
In der Stadt finden wir G. : in Athen die späteren ;
in Elis Strab. VIII 337; Knidos Anc. Gr. inscr.
787; in Megalopolis Paus. VIII 31, 8; in Nikaia
Strab. XII 566; in Priene (*ara xoXiv) Insehr.
v Pr. 108; in Sikyon Paus. II 10; Tarsos Strab.
XIV 673; Xanthos (fr x6Xei) IGR III 605. Be-
vorzugt wurde die Nähe eines Flusses oder einer
des Zeus Akraios und der Antha in Athen; die
Akademie in Athen, das Iolaos-G. in Theben, das
'InTioXyzeiov in Trozen, das 'O^qsiov auf Chios
und in Notion; das Ävxetov in Athen und in
Epidauros, das 'OXvftnUiov in Megara ; nach Titus
Flamininus und einem Gotte benannt ist das
Titus-Herakles-G. in Chalkis; 2. nach einem Ka-
suelle- \stvriiliun TP yttT QftoT - - T on \ 1L ^--™™s-^ m Unauas; 2. nach einem Kö-
Ehs am Pencios Strab. VIII 337. Paus. VII 23
«; Herakleia am Asopos Liv. XXXVI 22; Korin-
thos bei der Lerna Paus. II 4, 5; vgl. Aelian.
var. bist. VIII 14; Las an der Quelle ralaxto
Paus. III 24, 7; Sardcis (xQfon) Mova. x. ßißX.
1876/8, 25 ; SpaTta in der Nähe des Eurotas Liv.
XXXV 35; Tarsos am Kydnos Strab. XIV 673.
Wo die G. nicht an einem Gewässer lagen, wurde
4urch Wasserleitungen für das notwendige Wasser
G. auf Delos, das *hod>vstov in Netuni, das UzoAs-
[ideiov in Athen und in Miletos; 3. nach einem
Kaiser : so das A^idrstov y. in Athen, das 'ASgtd-
vetov'Avxmvstvoi' y. in Panamara, das Zeov^qewv y.
in Adada, das <Pavozlv£iov y. in Didyma; auf
welchen Kaiser sich das lEßaoxor y"m Koloe"
bezieht, ist nicht bekannt; 4. nach einem berühm-
ten Staatsmanns: das Ttfioh-övruov in Syrakus
(von Schneider 65 fälschlich nach Korinth ge-
o-^Arrrf Im fti. Ti A - * i i. ■ V t. *i ,r,^ wl o c u ii ö i u « r oo iaiscmicn nach Korinth ge-
13; ZrlJ Tf^ 1 ^ ^^^ an- 40 setzt); 5. nach dem Gründer: so das Atoy^l
gegeben werden. Aut einen zweiten Punkt für in a^ » A n * a *.. * *_t._.j- ... ' ,
gegeben werden. Auf einen zweiten Punkt für
die Anlage des G. hat Gothein 118f. nach-
drücklich hingewiesen: es ist die Anknüpfung an
eine Kultstätte. Außer der Akademie ist auch
das Lykeion und der Kynosarges zu nennen. In
Korinthos lag das alte G. in der Nähe des Tem-
pels des Zeus und des Asklepios, Paus. II 4, 5 ;
in Sparta stand rechts vom Dromos ein Heilig-
tum des Asklepios, Liv. XXXV 35. Besonders
in Athen, das Jioysnaröv in Aphrodisias , das
Damatrios-G. in Astypalaia, das Eurykles-G. in
Sparta, das KvXdgaßts-G. in Argos, das Laiich*
mion in Elis, das Mtfirigfmov in Smyrna, das y.
Kamxoivog in Miletos, das G. des Polyeides, auch
IIöXyEtdov genannt, in Ankyra, das &dvuietov in
Halikamassos , das den vioi diente. Außerdem
finden wir das G. bezeichnet nach der Alters-
klasse, für die es bestimmt war: so das y. xür
A; a ^ -n„„- l r Vi . . " B " ,IUC15 Kianse, mr uic es oestinnnt war: so das v xtiv
d e & e Beziehung zu Asklepios ist zu beachten : 50 ™'oW in Pergamon, y. i^ß av Apollonis (Lydien)
*u finden es erklärlich, daß Asklepios. der über und Äthan. „ ™, zLLl?L) ,2.^\}l^r
wir finden es erklärlich, daß Asklepios, der über
die heranwachsende Jugend wacht, seinen Tem-
pel im G. zu Pergamon hat. Athen. Mist. XXX ni
421; Gothein 125 erklärt den Tempel im G.
zu Pergamon unrichtig als einen des Herakles.
Über die Tempel im G. selbst wird bei den
Bauten die Piede sein.
Zahl. Die Zahl der G. war verschieden nach
der Größe und nach den Mitteln der Stadt, so-
und Athen, y. xojv e<pt}ßcov xai zon' vimv in Sparta,
•/. iwr viiov in Halikamassos, Iasos, Kos. Nysa,'
Pergamon und Tarsos, y. yeoovoiag in Sardeis,
das yeoovztxov (v.) in Nysa. Auch nach dem Alter
wird es benannt : so das agyatov y. in Antik vra,
Elis, Ephesos, Korinthos und Pellene, das xaivbv
y. in Ephesos; oder nach der Lage: das aveo y.
in Ephesos, Halikamassos, Lagina, Silandos und
Thespiai, das y. fr ti6?.ei in Xanthos, das xaxä
lermessos, Theben. In Panamara wird außer den
awei U. auch ein *Aö@iavetov 'Avzoovstvov yvuvdatov
genannt. Drei G. finden wir in Halikamassos,
S ■¥B%. m Salam is auf Kypros (xqItov y. Le
Bas IÖ 2756) und in TraUeis/ In Müetos kennen
thi Oreitf., nach den Ausführungen Ziebarth s
Pergamon, ein Ieqov y. in Alexandria Troas, ein
peya y. in Miletos und Thyateira, ein fn;l£ov y.
in Hierapolis, ein tqi'xov y. in Salamis auf Kypros
und in Thyateira.
Bestimmung des Gymnasions. Das G.
diente zunächst als Übungsplatz der jungen Burger-
VJ TILlUrtEJlUIU
söhne für den Kriegsdienst; dort wurden die
Paraden abgehalten: so im Lykeion und in der
Akademie zu Athen, Bekk. aneed. 277: Avxstov
yvftvdotov yv 'A&tfvtjot, anb AvxeIov rtvbs 'AnöX-
Xojyog ovofiao&ev , sv tß xai tag axqaximxixdg
i^szdastg knoiovvxo; Vgl. Xen. 'l7inaQ%. III
1. 6. 14. IG II 467. 478. Agesilaos ließ in
Ephesos seine Truppen in den G. exerzieren,
Xen. hell. IH 4, 16f. = Agesil. I 25. Auch nach-
dem die Ephebie ihres militärischen Charakters 10
entkleidet und das G. zur Erziehungs- und Unter-
lichtsanstalt geworden war , blieb es vor allein
für die Epheben bestimmt, wie dies die Inschrif-
ten aus Athen zeigen. In Haliartos IG VII 2849
lesen wir von der Tätigkeit eines Philosophos :
ifttdt&s TioiEiadfiEvoz ev zv yv{tvaolv a^oXdöSmv,
zotf re sKpstßoig'staidevoiv] in Delphi Bull. hell.
XXIII 572 von dem Grammatiker Menander:
aTtoxad'rjiMvog sv xöii yvfivaciwi xai dtaxi^d^ievog
cyoXdg. Von Pellene berichtet uns Paus. VII 27, 20
5: yvf&vdoiov de d.Qx e i QV & i<pv)ß<*>v fxäXioza dvsl-
zat ßE?Jxr]v ' ovÖe ig zip noXizsiav iyyQaqpfjvai
jiQozegov xa&saztjxev ovdsvi xqiv äv sfprjßevatüai,
von Sikyon Paus. II 10, 6: aatdevovot svxav&a
(nämlich im G.) szi xovg itpijßovg; vgl. [Plat.]
Axiochos 4: ijzsidäv öe xi$ slg itptfßovg ^yyQo,tpfj,
xoa/^irjzjjg xai <pößog xeiqojv, meiza Avxeiov xai
^Axaö^uta xai yvßv<xöiaq%ia xai Qaßöoi xai xanüv
aftszQia und das im Art. Gymnasiarchos Aus-
geführte. Die G. dienten ferner als vorbereitende 30
Übungsplätze für die Festspiele: so in Athen für
die Fackelläufe, s. Gymnasiarchos, in Delphi
und Olympia für die Teilnehmer an den Agonen.
An das G. schloßen sich andere Altersklassen
an, so daß es zum Mittelpunkte des öffent-
lichen Lebens, zum ,Bürgerkasino' (Mommsen
E. G. V 326, 1) wurde , wo Feste , Beteilungen
und Volksbewirtungen stattfanden. Im G. wur-
den auch die Vorlesungen abgehalten: in Delphi
die eines Geschichtschreibers Gr. DiaL- Insehr. 40
2724, in Lamia IG IX 2, 62 die der epischen
Dichterin Aristodama aus Smyrna. Zutritt zum
G. hatten nicht mehr Bürger allein, sondern auch
Fremde, Frauen und Sklaven. Für die Bestim-
mung des G. als Erziehungs- und Unterrichts-
anstalt, sowie als staatlicher Festplatz geben uns
die Inschriften näheren Aufschluß, daher im
Folgenden darüber eingehender gesprochen wird.
Das Gymnasion als Erziehungs- und
Unterrichtsanstalt. Seit dein Umsch wunge 50
in der Jugenderziehung zur Zeit des Peloponne-
sischen Krieges und "der Aufnahme der huma-
nistisch-literarischen Bildung in den Gymnasial-
unterricht bildete das G., wenn auch nicht die
einzige, so doch die wichtigste höhere öffentliche
Unterrichtsanstalt für die körperliche und geistige
Ausbildung. Melanion, der als ävrjQ oaxpooov xai
xexaiSevftEvog bezeichnet wird, hat seine Bildung
im G. erhalten, Anc. Gr. inscr. 925 (Branchidai)
dxo ze zfjg nQovzrjg TjXtxiag ^i]Xa>zr}g xojv xalliozmy CO
yevdfievog dveoxQajtxat iv x0 yv{tvaoi'q> (pü.o^.ovmv
xai <pdo(ia&(öv xai etii za xdXXioxa exidtSovg
iavxöv kv ze zoXg olxeiotg xf^g tfXtxiag Traidsv^aacy
xazayivdfisvog xai iv xoig xazd tptXoooqpiav Xoyotg
ixavfjp efiv xai ngoxo^ijv ia/^xdg. Der Staat führte
die Aufsicht durch besondere Beamte, die Gym-
nasiarchen, Sophronisten, Paidonomoi (s. <L). Die
Lehrer werden bezeichnet als ütat&evzai, Athen
IG II 478. 1098; Elaia Mova. x. ßtßX, 1875/6,
18, 105; Ephesos österr. Jahresh. VIH 135;
Kallipoüs Dumont Melanges 100a; Pergamon
Insehr. v. Perg. 252 u. o\; Priene Insehr. v. Pr.
112—114; Rhodos IG XII 1, 918; Smyrna CIG
3185. 3376; Themisonion Michel Rec. 544;
Thespiai IG VII 1861 und alsöiSdaxaXoi, Athen
IG II 215b. 471; Kos Dittenberger Syll.2
619 und Themisonion Michel a. Ü. Als Lehrer
der gymnastischen Fächer erscheint der naido-
%Qißf}9, Athen IG II 316. 467; der oTiXopdxog,
Delos Bull. hell. XIH 420 (für natdsg, fytjßoi
und vsavioxot); Eretria Amer. journ. arch. XI
173; Teos Dittenberger Syll.2 523; der xaxa-
XEXza<p£zt]g , Athen Aristo! A&. noX. 42. IG n
316; der äyfoijs t Athen IG II 467; der zo^dxfjg
Athen Aristot. a. O. IG II 316; Teos a. O.;
der äxovxiozrjg, Athen Aristot. a. O. IG II 316.
467; Teos a. O. Für die humanistischen Fächer
finden wir: ygaßjttaztxoi Athen IG II 478. 481. 482 ;
Delphi Bull. hell. XXIII 572; Priene Insehr. v. Pr.
112; <pdöoo<poi Athen IG II 466—468. 471. 482;
Haliartos IG VII 2849; fäzoQss Athen IG II
481. 482; Eretria Amer. journ. arch. XI 173;
cptXoXoyog Eretria a. 0. 188; Priene Insehr.
v. Pr. 112. 113; yEWfiEZQtjg Kallipolis Dumont
Melanges 100 a. Als Musiklehrer wird in Teos
a. 0. ein xidagtoxt}; oder yjäXxtjg bestellt. Die
regelmäßigen Vorträge der Lehrer werden be-
zeichnet als ayoXaU Athen IG II 466f. ; Delphi
Bull. hell. XXIH 572; Eretria Amer. journ.
arch. XI 173. 188; die Vorträge auswärtiger
Dozenten als äxQodastg Athen IG II 466—468.
481. 482; Pergamon Athen. Mitt XXXIII 380,
2. XXXV 401, 1; vgl. österr. Jahresh. XIII 110;
Sestos Dittenberger Or. 339 und imÖEtg'Etg
Haliartos IG VII 2849 vgl. Lamia IG IX 2. 62.
Die Unterrichtsfächer lernen wir kennen aus den
Siegerlisten über die in den G. abgehaltenen
Prüfungen (dycovagia, djtodsi^sig, diaögoftai), zum
Teile auch aus den Aufzeichnungen über öffent-
liche Agone, für die die Teilnehmer in den G.
geübt wurden. Als allgemeine Fächer finden wir:
1. Evzag~ia, gutes Betragen, in Ervthrai Abb.
Akad. Berl. 1909, 59, 14; Herakleia Pontica Bull,
hell. XXII 493; Massilia IG XIV 2445; Samos
Athen. Mitt. XXVIII 353. Michel Rec. 900.
Tanagra IG VII 557. Über Evza^ia als Muse
der Gymnasiarchen vgl. Athen. Mitt. XXXV 469.
2. Eve^ia, gute körperliche Verfassung, in Ery-
thrai, a, O.; Herakleia Pontika a. 0.; Samos
Michel Rec. 900; Tralleis Michel Rec. 906.
907. 3. 4>do7iovia, Fleiß, in Ervthrai a. 0. und
Samos a. 0.; vgl. Anc. Gr. inscr. 925 rpdoxovaiv.
4. HoXviia&ta, enkyklopädisches Wissen, in Ery-
thrai a. 0. und Teos CIG 3088. In Pergamon
erscheinen die Epheben eingeteilt in evzaxtoi,
yäo-tovoi und svsxxat Athen. Mitt. XXXITI 388f.
IGR IV 482. österr. Jahresh. XIII 111. Über
die TurnfächeT, aatftaxtxä fiad^ßaxa Insehr. von
Priene 112, xd iv zfi yvfiraoioj yvfAvdoftaxa Akrai-
phia IG VII 4134, wird im Art. Gymnastik
eingehend gehandelt: ich muß mich begnügen,
einige Beispiele anzuführen. In Athen sind es
die d@6fj.oi in den Gymnasien IG H 466 — 469.
471; d&izos, ÖiavXog, dXxij IG HI 1148f.; in
Babylon Klio IX 352, 1 t6£ov, dxdvztov, -ihgeüiv,
donig, SoXt^og und axddior , in Chalkis Österr.
avio wymnasram
Jahresh. I Beibl. 48 66lt%os, ozd&tov, SiavXog,
xdXij, aivyfty, siavxgäxiori auf Chios CIG 2214
Sohxog, malt}, jrvyfttf; auf Keos x6g~ov f dxovxtaia;
auf Samos Bull. hell. T 480 xazaniXzt], dxovziov,
Tofov, 07ilot&a%ia, öiavXog, 6ff6/xog, 4vgsafiaxia ;
in Sestos Dittenberger Or, 339 diaxovxtafiög,
onlojLtan'a, öiazogst'a; in Tralleis Michel Rec.
906f. 6ntovztaia f zo'^ixrj, Sgö/nog. Über die Turn-
fächer berichtet auch Lutian. Anacharsis 7 und
Lexiph. 5. An humanistischen und musikalischen
Fächern lernen wir kennen: Athen IG III 1148
— 1151 ivxoSftiov , Koitj/ua, isuvixiov, Xöyoi xqo-
TQBjitutoL Plut. quaest. conv. IX 1, 1 (im Dioge-
neion) ygäftpaza, ysoifiezQi'a , Qrjzooixd, ftovötxrj;
Chios CIG 2214 ävdyvwotg, ^a^xoibla } tpaX/j.ög,
xtdagioftog ; Kos Paton-Hicks 59 diaxidagto-
judg Ziebarth Schuhv. 121 ötarpaXftog • Larisa
IG IX 2, 531 xaxaXoyij jiaXaid und xaxaloyt) via,
ivxeofuov Xoyixov und ivxojfttov imxöv; Mag-
nesia a. M. Kern nr. 107 fxeXoygayla, xtöagto-
fj,6g, xi&aoanöta, £a>yQa<pia, dgidfir}Ztxr}; Perga-
mon Athen. Mitt. XXXV 436, 20 xaXXiygayta ;
Teos CIG 3088 dvdyvcoatg , vjioßoXfj, £a>yQa<pta,
xaXXiyQatpia. Dittenberger SyU. 2 523 fxovoixa,
xal xiöagiCetv 7} ytdXXetv. Die Besucher des G.
werden im allgemeinen bezeichnet als oi dno
yvjuvaaiov: Ägypten Archiv f Pap. II 157; Delos
IG XIV 236; Elateia IG IX 1, 128; Kition auf
Kypros Rey. arch. 1885, 345; Oropos IG VII
414 ; oi fL-ro yvfiraalov vsaviaxoi Antiochia Syrien
Bull. hell. XXX 330; oi ix xov y.: Aigina IG IV
45. 46; Kairo Archiv f. Pap. II 548, 26; Nysa
Strab. XIV 650; Trozen IG IV 754; oi iv x<p y.
Rhodos Polyb. V 88, 5 ; oi dütodvofiEvot stg z6 y.
Chalkis 3 Ey W . äQ%. 1892, 168, 68; Phintia IG
XIV 256 vgl. Lysias 'Axoandöftaxa LH 75 v Aq-
Xtjmog . . djieÖvaazo sig zfyv avxrjv ziaXaiGZQav . ,
Sämtliche Teilnehmer an den körperlichen Übungen
des G. sind zu verstehen unter den älsupdfievoi,
s. Ziebarth Schulw. 76—79. Die Wichtigkeit
des d)>£i(pEo$ai beweisen die Angaben in den at-
tischen Ephebeninschriften qXsiipovzo ivösXexäs
iv zoig yvfivaöloig IG II 466—468 u. Ö.; vgl.
Plut. Them. 1. AXsupofisvoi werden genannt: Ai-
gina IV 4. Rev. Et. gr. XV 138, 3; Delos Bull,
hell. XV 245. XXVni 148; Delphi Bull. hell.
XXHI 570; Haluntium IG XIV 369-371; Mi-
noa (Amorgos) IG XII 7, 234. 235 ; Notion österr.
Jahresh. VTEI 163; Pergamon Inschr. v. Perg.
463. Athen. Mitt. XXIX 152, 1. XXXII 272,
9. XXXV 409,3; Priene Inschr. v. Pr, 114; Re-
gion IG XTV 616 add.; Salamis IG II 594;
Samos Bull. hell. V 480, 3; Sestos Ditten-
berger Or. 339; Tauromenion IG XIV 432;
Thera IG XII 3, 331 ; Trozen IG IV 790. 792^
Dagegen werden die Teilnehmer an den wissen-
schaftlichen Vorträgen bezeichnet als awo^oXa-
orat: Delos Bull. hell. XXXII 430, 31; Perga-
mon Inschr. v. Perg. 463. Andere Bezeichnungen
sind: fia^zai Athen IG III 775; Delphi Bull,
hell. XX 716; Ephesos Anc. Gr. inscr. 548; Kos
Paton-Hicks 43, und ovfufoixrjxai Athen IG
m 774 a und Delos Bull. hell. XV 263. Nicht
bloß Bürger hatten Zutritt, sondern auch fihoi-
xot Paros IG XII 5, 290; £mu Pergamon Athen.
Mitt XXIX 152, 1. XXXV 422, 11 und naQoixot
Pergamon Athen. Mitt. XXXII 415 vgL Inschr.
v. P. 249; Priene CIG 2906; Inschr. v. Pr.
uymnasmm
üül&
113. 123; vgl. auch die Erwähnung Fremder lu-
den Ephebenlisten von Athen und Delos. Piaton
(rep. V 452) verlangt , daß auch, die Frauen ia
der Gymnastik zu unterweisen seien. In Teos
genossen Knaben und Mädchen zusammen Unter-
richt, Dittenberger Syll.2 523. In Chios be-
suchten die xÖQai das G., Athen. XIII 566. In
Pergamon (Inschr. v. Perg. 463) stehen die tzclq-
&£voi, die Klasse der Madchen, offenbar in Ver-
lObindung mit dem Knaben-G. In der Siegerliste*
der Schulagone erscheint auch eine Tation, Athen.
Mitt. XXXV 436, 20. Wenn in Smyrna (CIG
3185) an der Bekränzung des Athenodoros neben
dem Gymnasiarchos, den Paidonomen, den Paides
sich 6 im zfjg evxoöfMas und die jzag&Evot be-
teiligen, können wir annehmen, daß es dort
eine gymnasiale Mädchenschule gab. Über das
Eintrittsalter läßt sich keine feste Regel auf-
stellen: auf Diaria (Mova. x. ßißX. I 139 — Rev.
20phil. XXXIH 8) ist das Grabgedicht des zwölf-
jährigen Philokles erhalten, von dem es heißt r
ovd' iotöstv 'Eqpirp yvfivaoiov tiq6e8qov, der also
das G. noch nicht besuchte. Vertreten erscheinen
unter den Besuchern alle Altersklassen: nalfcg t
Sytjßoi, viot und ysQovzeg. In Athen übten in
den G. für Fackelwettläufe naiSeg und ävÖQEg
IG II 1233c (4. Jhdt. v. Chr.); im 2. Jhdt.
v. Chr. erscheinen unter den Teilnehmern an
den Theseia ävögsg iy Avxeiov IG 11 445 und
30 vsaviaxoi iy Avxeiov IG II 444. 446. ITaTdsg
und ävögeg als yv(iva£6{ievoi erwähnt Dio Chry-
sost. 73, 6; bei ArLstides (XLI 513) heißt es:
yvfivaota 6s avzots ävägdai xai üimoi 8tt:qp&agrac.
Uaide; werden in Verbindung mit dem Gymna-
siarchos, also als Besucher des G. , genannt in
Aigiale IG XII 7, 515; Attaleia (Pamphylien)
Lanckororiski I 8. 9; Chios CIG 2214;* Ere-
tria Amer. journ. arch. XI 173. 188; Koresia IG
XII 5, 647; Mylasa Le Bas III 407 nach Zie-
40barth Schulwesen 33, 1; Sikyon Plut. Arat. 53;
Teos CIG 3086. 'Etprfßoi außer Athen in Apollo-
nis (Lydien) Rev. Et gr. III 6; Babvlon (zu-
gleich mit vtot) Klio IX 352, 1; Chios CIG 2214;
Halikarnassos Le Bas III 1618; Phintia IG XIV
256 u. öfter. Neoi; in Attaleia Lanckoronski
I 8. 9: Aigiale IG XII 7, 515; Chios CIG 2214;
Iasos Rev. Et. gr. VI 157, 3; Kos Paton-
Hicks 8; Nysa Strab. XIV 649 [g^ßoi und
vioi)- s Pergamon Le Bas III 1723a. Inschr. v.
50 Perg. 461. 466. Athen. Mitt. XXVH 160; Priene
Inschr. v. Pr. 112; Sparta Plut. Kimon 16 (äpy-
ßoi xal vsaviaxoi); Tarsos Strab. XIV 673; Teos
CIG 3085. 3086; Thera IG XII 3. 496. v Avd Q e;:
Chios CIG 2214; Thessalonike CTG 1969. A'-
Qovzeg: Sardeis Mova. x. ßtßX. 1876/8, 25; ye-
gaiot Attaleia Lanckoronski I 8; TiQsoßvzeqoi
Aigiale IG XLT 7, 515. Von Interesse mag es
sein, die Klasseneinteilung der Epheben kennen
zu lernen, vgL Ziebarth Schulwesen 75: in
60 Apollonis (Lydien) finden wir e<ptjßot StetsTg,
itpksioi , TJftterek Bull. hell. X 415. XI 87, 6.
XVIII 158, 3. Rev. Et. gr. in 69; auf Chios
CIG 2214 stfijßoi recözEQoi, psooi und xgsoßvTSQOi;
in Halikarnassos S.-Ber. Akad. Wien CXXXII 29,
2, vgL Anc. gr. inscr. 925 und Herakleia Pontica
BulL helL XXII 493 E<pt)ßoi veatzegot; auf Naios
IG Xu 5, 39 xsQiowoi und szQOJisgiowoi; in Tomis
Axch.-epigr. Mitt VI 24, 47 jtQOtjyov/ievoi und in
Thuria neben den sqoijßot (Michel Eec. 621) auch
TQizigsree ebd. 613. Auf Kos (Paton-Hicks 43)
werden unterschieden ävrjßoi = acüdsg und f)ß<5v-
xsg = £<pt}ßoi. Die Teilnehmer an den Herakleia
in Chalkis (österr. Jahresh. I Beibl. 48) sind
gegliedert in statSeg Tiafiixatdeg , sg^jßoi, aysvswi
und ävÖQeg, in Thessalonike erscheinen CIG 1969
naiÖEg, dyevsioi und ävögsg. Auf Kos gab es die
Einteilung der jzcä&sg in vecotsqoi, Paton-Hicks
59 und TzQeaßvzeQoi, Ziebarth Schulwesen 121. 10
Als eine Zwischenstufe zwischen den veavioxoi
und yEQOvzsg erscheinen in Thyateira die dxfia-
ozat, die Männer in den besten Jahren, die sich
gleich den anderen Altersvereinigungen an das G.
anschlössen, Denkschr. Akad, Wien LIV nr. 50.
Außer den regelmäßigen Besuchern des G. , die
dort ihre Übungen abhielten und Unterricht ge-
nossen, werden erwähnt in Eretria ot aXlot ol
vnb zi}v dgxw (^- es Gymnasiarchos) nemzovTEs
Amer. joiirn. ot* arch. XI 173. 188 und oi aXXoi 20
oi ßovXöjusvoi zijv dno zoiovzojv d>(ps)Jav int-di-
XEo&ai 173; ot aXXot ndvzeg oi olxeicog Staxsi-
f/svoi xgog natöeiav 188; ot ftsxsxovrsg zov yvpL-
vaoiov Teos CIG 3085; Thera IG XII 3, 528.
534; Thyateira Denkschr. Akad. Wien LIV
nr. 69 ; oi dno zov y. EvJiaroQiozac auf De-
los IG XIV 236. Die Sx yvfivaoiov &iaoti3-
zai in Aigina (IG IV 43) , oi fiiaoölzcu in
der Weihung an Hermes und Herakles zu
Mylasa (BulL hell. V 106) und oi diaöäxaiZO
ot . . ex yvfjLvaaiov tQtzov in Salamis auf Kypros
(Le Bas III 2756; s. Ziebarth Schulwesen
77, 1) bezeichnen wohl Schülerverbindungen. Über
die Klassenlisten hat Ziebarth Schulwesen 70f.
das Nähere gesagt. Über den Unterrichtsbetrieb
berichten die Inschriften wenig: in Halikarnassos
wurden die vioi in den Schriften der Alten unter-
wiesen, Le Bas III 1618; dem Dichter C. Iulius
Longianos wurde die Ehre zuteil, daß seine Werke
von Staatswegen in den Bibliotheken aufgestellt 40
und für den Unterricht der vioi benützt wurden.
Aus der Inschrift 316 aus Priene können wir
schließen, daß die Schüler die Werke des Hero-
dotos, Tyrtaios und Thukydidcs lasen. Im G.
von Miletopolis war wohl für Unterrichtszwecke
die Gnomensammlung aufgestellt, die uns in-
schriftlich erhalten ist, Journ hell. Stud. XXVII
62, 3 = Bull. hell. XXXIII 402, 401. Beson-
deres Interesse erwecken die uns inschriftlich
erhaltenen Schülerleistungen: in Athen ein ttqo- 50
TQFnxtxog Xöyog (IG III 52; 2. Jhdt. n. Chr.)
und eine dem extdetxxtxov yevog angehörende
Rede 53. In Pergamon (Inschr. v. Perg. 203)
sind drei Gedichte über das Thema ,Der Streit
der Städte um Homer' erhalten, die aus einem
Wettbewerb im G. hervorgegangen sind. In
Priene (Inschr. v. Pr. 316) lesen wir die Antwort
eines Schülers auf die Frage nach den sparta-
nischen Ephoren; unter den angeführten IS amen
ist nur einer wirklich Ephoros gewesen, die Ant- 60
wert verrät demnach eine geringe Kenntnis der
Geschichte. Über die Schulprüfüngen vgl. Zie-
barth Schulwesen 116f. Hatten die Besucher
des G. ein Schulgeld zu entrichten'? In der In-
schrift von Pergamon (Le Bas LTI 1720c s. In-
schr. v. Perg. zu 273) ist die Rede von vioi und
natdec, sowie von d<po)QiOfxev<ov iaodttov. Zie-
barth 71 erklärt io66iov als Schulgeld. Die
P»uly-Wtesow*-Kroll VII
Inschrift aus Pergamon (Athen. Mitt. XXXHI 380)
lehrt uns, daß die vioi den fremden Dozenten
eine Zahlung (sto<p oga) leisten mußten. Von
Dioskurides rühmt die Inschrift aus Priene (CIG
2906 . . zov Si zonov xoivoxoirjodftEvog xai zoig
8id zv%r)v xaxtjv {.irj fistalaßovatv avzov , was
Boeckh richtig dahin erklärt, Dioskurides habe
den Zutritt zum G. auch denjenigen ermöglicht,
die wegen ihrer Armut davon ausgeschlossen
waren, weil sie zu dem notwendigen Aufwände
nichts beitragen konnten. Eine Abgabe für die
Benützung der zur Aufbewahrung der Kleider
dienenden totioi, ein Ivoixiov, wurde in Magnesia
a. S. eingehoben, Denkschr, Akad. Wien LIV
nr. 1. Über die Bestreitung der Kosten für den
Betrieb des G. vgl. auch Athen. Mitt. XXXV 419.
Das Gymnasion als staatlicher Fest-
platz. Als solcher erscheint das G. bei Spei-
sungen, bei Verteilungen und bei der Veranstal-
tung einer jravrjyvQtg ; daraus können wir auch
auf die Größe der G.-Anlage schließen. In Ai-
gina (IG IV 4) heißt es E&olvqoe xovg dhifpo-
lAsvovg; da die Bewirtung durch den Gymnasiar-
chos erfolgte, fand sie im G. statt. Ausdrücklich
gesagt ist in Akraiphia (IG VII 2712), der Gym-
nasiarchos Epameinondas Itzs&oivijoe — zrjv n6Xw
iv xoy y. und ^glazcae ztjv sioXiv h zöi y. In Ai-
giale (IG XII 7, 515) und auf Paros (IG XII 5,
129) fand die dyfiod-oivia, der Volksschmaus, im
G. statt. In Panamara (BuU. hell. XV 206, 146)
lesen wir idemvioav zr\v nöXw iv xoj y.; XXVIII
49, 36 Öef-iooadftsvot iv x<p y. ztaoav zv%t}v xal
rßtxiav Toiw ywatx&v und in Stratonikeia (CIG
2719 vgl. 2720) iv xcp y. deixvevoag xovg TioXdzag
jidvxag. C. Sallustius Appianus wird in Silandos
geehrt dleitpag iv xq) ävoy&Ev y. zov; %avr\yv-
giCovrag TioXeixag xal xovg i^idrf^iovvxag ndv-
zag . ., Bull. hell. XI 105, 26. Im G. erfolgte
die Verteilung von öl, besonders seit mit der
Turnanstalt ein Bad verbunden war; in Strato-
nikeia (Le Bas III 517) wird von Ti. Claudius
Aristeas gesagt iv y. zXaioy sXxvozov ix Xovzrjoojv
eScoxev. Dabei wurden auch Sklaven berück-
sichtigt; in Dorylaion (Dittenberger Or.) wird
ein yvfivaaiagxog eXev&eqcov xal ÖovXa>v erwähnt,
in Gytheion (Le Bas II 243a) hatten neben den
Bürgern und den £evot xaQemdtjfiovvzeg auch
Sklaven Anteil an dem äXsifxfta. In Argos (IG
IV 597. 602. 606) heißt es &evxa elaiov iv rs
yvfivaohtg xal ßaXavsiotg bovXotg xai iXev&EQotg,
in Nisyros (IG XII 3, 104) vom Gymnasiarchos
tferrci slatov xäoi iXev&igotg xal xolg xazoixovai ev
NiovQ(p xal xolg imdrffiovai. ITäoa zvyr\ xal rjXixia
wurde bedacht in Lagina (Bull. hell. XI 149)
und in Panamara (BulL hell. XI 383. 3. XV
203, 144. XXVIII 257, 80), wo auch die Frauen
einen Anteil erhielten. Im G. wurden Ehren-
beschlüsse und Statuen solcher Personen aufge-
stellt, die sich um das G. verdient gemacht
hatten: in Amphipolis österr. Jahresh. I 180;
auf Chios CIG 2221; Delos Bull. hell. X1XI 413;
in Delphi Bull. hell. XXHI 570; Eretria Amer.
journ. arch. XI 173. 188. PhiloL X 300; Ery-
thrai 'Afrqvä XXI 347; Halikarnassos Le Bas
III 1618. Österr. Jahresh. XI 53, 1 ; Kallatis Ant.
Denkm. aus Bulgarien nr. 94; Kios Bull. hell.
XVI 320, 3; Kyme CIG 3524; Kyzikos Journ.
helL Stud. XXIII 89; Miletos Aac. Gr. inscr.
64
925b; MinoalG XII 7, 235; Olbia Latyschew
I 22; Paros IG XII 5, 292; Pergamon Inschr.
v. Perg. 252; Salamis IG XII 594; Sestos Dit-
tenberger Or. 339; Sparta Le Bas II 194c.
IG IV 940; Synnada Bull. hell. XI 219, 13.
Eine besondere Ehre war die Bestattung im G. :
Aphrodisias Le Bas III 1601, Athen: Philiskos
aus Thessalien wurde in der Akademie begraben,
Philostrat. v. soph. II 30; Knidos Ana Gr.
und einen oixog gestiftet Dittenb erger Or. 339,
in Themisonion hat Chares für die Herstellung
einer igedga iv zqj y. gesorgt Michel Kec. 544,
auf Thera IG XII 3, 1314 der Gymnasiarchos mit
dem Hypogymnasiarchos tö äXstJirrjgwv dem Her-
nies und Herakles geweiht, in Thisbai IG VII 2235
erseheinen als Gyimiasiarchenwidmung axoä xal
■fj eaodog xal ai i%q<xi. Diese keineswegs voll-
ständige Aufzählung zeigt, welche Sorge von Seite
inscr. 787; Kyme CIG 3524; Syrakusai Plut. 10 der Aufsichtsbehörde dem G. gewidmet wurde.
Timol. 39. Nepos Timol. 5.
Anlagen, Bauten, Ausschmückung des
G y m na s i o n s. Sollte das G. seiner Bestimmung
entsprechen, so mußte es die notwendigen Räum-
lichkeiten für die Körperübungen und für die
Abhaltung der wissenschaftlichen Vorträge um-
schließen. Daß es sich um Bauten handelt, be-
weisen die Angaben: spizgrjoßhxog xov xaza zo y.
xvxXov in Mantinea Bull. hell. XX 125, Cyno~
Erwähnt werden folgende Teile des G. : ein vaog
(vavog) in Kyme CIG 3524, Lapethus Ditten-
b erger Or. 583, Pergamon Athen. Mitt. XXXIII
421, ein Sacellum in Apamea Myrlea CIL LH 336.
Auch der oixog wird als Kapelle" zu fassen sein in
Hypata IG IX 2, 31, Mantinea Paus. VIII 9, 8
und Sestos Dittenberger Or. 339; oixog =
Kapelle: Knidos Ana Gr. inscr. 813: Kovgq xal
AaimtQi oixov xal ayalpa dvi&qxsv; Smyrna CIG
sarges et Lycium incemum est in Athen Li v. 20 3163: oixov zalg Nepaosoiv dviigtooEv; Thisbai
XXXI 24, gymnasium ineendio amissum in
Nikaia Plin. ep. X 39. Die in der Beschreibung
Vitruvs angegebenen Teile des G. behandelt ein-
gehend Schneider 88f., ich kann mich daher
begnügen, die inschriftlich erwähnten Teile an-
zuführen, und stelle zunächst die von Gymnasiar-
chen errichteten und gewidmeten Anlagen zu-
sammen. In Apamea Myrlea dedizierte der gym-
misiareha ein sacellum CIL III 336, in Assos
IG VII 2232: ©solg Zsßaozolg xal zfj noXsi zov
oixov xal zbv Aiovvaov Ejiotrjoav* Sonst bezeichnet
oixog , Zimmer, Saal': in Branchidai CIG 2881
(o tqitos oixog), Pergamon Athen. Mitt. XXXH
257, 8 (6 jigäxog olxos). XXXV 439, 24 {oxoai
xal oixoi). Für diesen Tempel oder diese Kapelle
war an manchen Orten ein Priester bestimmt:
Ephesow TAM und Lapethus s. o. ; sonst hatte der
Gymnasiarchos die religiösen Funktionen zu ver-
errichtete Q. Lollius Philetairos xtjv otodv xal 30 richten s. Gymnasiarchos. Ferner finden wir
rove x f fnvnr rmV *ä n mZ ,'v«»™^ ™i™ -ev™ em T fy evog [ m (j. . Aigialc IG XII 7, 247; Minoa
xovg xEiovag zovg tfj oxoä, iyofihovg, seine Frau
stiftete ein ßaXavelov CIG 3569. Als Gymnasiar-
chen Widmungen finden wir in Athen einen Xovzqojv
IG II 1196 = III 103, in Halikarnassos ziooaoa
ßdfga Le Bas III 502, in Hypata IG IX 2, 31
i£ibga, oixog, Xovxgtov und iyxövtjua. Theudas
hat in Iasos rovg Xi&lvovg xavxiXXovg xov y. auf
eigene Kosten errichtet und xov tieqI avzovg xoo/tov
ausgebessert Bull. hell. XI 213, 2, Sopatros ebd.
tiiF Hirt **£*>.* im,^ _**_*? '_ . _ — "— » / ^__T 1 Tl
ebd. 254, daher die Götter des G. bezeichnet er-
scheinen als ivzefisviot fcol Priene CIG 2906.
Auch das Movoöjv zipsvog in Halikarnassos Le
Bas ni 1618 und das CIG 2692 in Mylasa er-
wähnte xsfAEvog gehörte wohl zum G. Wenn im
G. von Knidos Ana Gr. inscr. 797 ein oyxdg
erwähnt wird, so bildete dieser den eigentlichen
Kultort des Heroons, vgl. Usener Rh. Mus, XXIX
für die viot und jtgsaßvzsgoi. eine ozod erbaut Rev. 40 34. 39. Von anderen ^Anlagen werden erwähnt:
Et. gr. VI 187, 32, ein anderer eine ozod xal
dvi&tjxs to y. z<p d^fia> ebd. 182, 25. Hierokles
hat mit seiner Frau das ßaXavelov neu aufgebaut
und mit seinen Anlagen und seinem Schmucke
gewidmet in Keramos Joum. hell. Stud. XI 126, 9.
In Kyme widmete L. Vaccius Labeo den Neoi das
ßaXavfjov und besserte das G. aus CIG 3524, auf
Kythera weihte Onasipolis zo xvgtavtjgiov xal zb
xövioixa dem Hermes Dittenberger Syll. 2 506.
ein äzoBiov xov avoi y. in Lagina Bull. hell. XI
146, 46, ein xgodzgeior xov {isydXov y. in Thya-
teira Bull. hell. X 420, 29, ein vTia&oov im Delphi
Paus. X 8, 8, in Olympia Paus. VI "21, 2 und in
Thyateira Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 40. Als
Teile der Gymnasialanlage sind ferner in schrift-
lich bezeugt: 'Axgoazrjgiov Erythrai 'A&ijvä XXI
347. 'AltiJixzTiQiov Aphrodisias CIG 2782; Keramos
Journ. hell. Stud. XI 123, 6; Pergamon Le Bas LH
Adrastos errichtete im G. zu Lapethus einen 50 1723 a. Inschr. v. Perg. 466. 553; Thera IG XII
Tempel und eine Statue des Kaisers Tiberius 3, 1314. rvfivdmor Delphi Bull. hell. XXIH 565.
Dittenberger Or. 583, in Miletos ein Gymna- Agopog Knidos Anc. Gr. inscr. 797. 'Eyxovipa
siarchos zovg xlovag pizet zijg Aapahovog azoäg Hypata IG IX 2, 31. 'E&dga Kyaneai Denkschr,
W. < T r Wr ^9fi nnf Ttr<.i^ TP. vtt q moi ^ Akad> Wien XLV nr. 28; Melos IG Xn 3, 1091;
Myra IGE HI 739 ; Pergamon Athen. Mitt. XXXII
257, 8; Sebastopolis Bull. hell. IX 347, 30; The-
Anc. Gr. inscr. ^26, auf Melos IG XII 3, 1091 der
Hypogymnasiarchos Bakchios zdv rs iftdgav xal
tö äyaXfia. Auf Paros IG XII 5, 292 veranlaßte
Aurelia Leite in dem seit langem baufälligen G.
Herstellungen und Erneuerungen, und auf Pepa-
rethos IG XII 8, 642 errichtete Eukratides einen
misonion Michel Rec. 544. 'Ecprjßixrj i^iÖga
(vielleicht das viel gesuchte iqnjßelov) Priene
Inschr. v. Pr. 112. 'Hhoxä^uvog Smyrna CIG 3148.
AovzQcoy. Unter den vielen Gymnasiarchenwid- 60 'Hptxvxliov Halikarnassos ÖsterT. Jahresh. XI 56.
mungen zu Pergamon sei erwähnt, daß Diodoros
in dem unbrauchbar gewordenen G. der Xeoi einen
wguzavöSi ein xorioxtfotov, eine i^edga fiaofiagivrj,
ein Xovxobv fiagfidgivov und ein QiQol.oyiov errich-
tete Athen. Mitt. XXX 257, 8. In Priene wird unter
den Verdiensten des Zosimos die Aufstellung zweier
Hermen von der iyrjßtxt) efddga angeführt Inschr.
T. Pr. 114. Menaa hat in Sestos einen Xovzoow
Tb d-egfibv zov y. (eella caläarii) Tralleis CIL Hl
7146. Ov^iklr] Knidos Anc. Gr. inscr. 797. Kdv-
xe/Ioi Iasos Bull. hell. XI 213, 2. Kaxvtaxr\Qtov
Priene Inschr. v. Pr. 112, vgl die Stiftung des
Königs Attalos für Chios zig zrjv zov nvgbg xavaiv
iv r<p y. 'A&qvä XX 164. Kaxadgofit] Kyzikos
Journ. hell. Stud. XXIH 89. Kdviapa Kythera
Dittenberger Syll.2 506. Kortorfgiov Pergamon
Athen. Mitt. XXXII 257, 8. KvxXog Mantinea die in die Inschriften von Mylasa (Athen. Mitt.
BulL hell. XX 125. Aövzrjges Pergamon Inschr. XIV 108, 64) und Pergamon (Athen. Mitt. XXXlII
t. Perg. 252. Aovxgov Knidos Anc. Gr. inscr. 797; 183, 4), sowie die in Smyrna von Strabon (XTV
Pergamon Athen. Mitt. XXXH 257, 8. Aovzooiv 646) erwähnten Bibliotheken dürfen wir als mit
Athen IG n 1196 = HI 103; Hypata IG IX 2, dem G. der betreffenden Stadt verbunden ansehen.
"31; Peparethos IG XII 8, 642; Sestos Ditten- Nach Athen. V 207 d ließ Hieron von Syrakus
"berger Or. 339 (vgl. den Xovxga>v dvögsiog und auf seinem Prachtschiffe yvfivdatov xal rnghtatov,
X. yvvaixElog in Oropos Amphiar. IG IV 4225, sowie ein ax^aoz^gtov msvxdxXivov, ßißXio&qx V v
4. Jhdt v. Chr.). Svozog Delphi BulL hell. XXIII g X ov & avry anlegen. Daß die Lehrer ihren
560; Pergamon Athen. Mitt. XXLX 152, 1. Oixog 10 Schülern ihre Bibliothek zur Verfügung stellten,
Branchidai CIG 2881; Pergamon Athen. Mitt. erfahren wir aus Philostr. vit. soph. LI 21: Pro-
XXXII 257, 8; XXXV 439, 24 vgl. S. 371. Uaga- eulus hatte in seinem Hause eine ^jxt} ßtßXtov
dgoplg Delphi Bull. hell. XXIII 465; Eretria Am. für die Schüler k xb jzX^gco/4a zfe dxgodaeojg;
journ. arch. XI 173; Mylasa Athen. Mitt. XIV vgl. auch die Erzählung Plut. Alkib. 17: Alki-
108, 64; Pergamon Inschr. v. Perg. 252 = Athen. biades gab dem Lehrer eine Ohrfeige, weil dieser
Mitt. XXXII 273, 10. Ilsgmaxo? Pergamon Athen. einen von ihm verlangten Homer nicht besaß.
Mitt. XXXII 257, 8. JlegiaxvXoi' Delphi Bull. Ein wichtiger Faktor für die geistige Ausbildung
Tiell. XXIII 560. Ilvgiaxijgior Kythera Ditten- war auch der Besuch des Theaters: im G. von
berger Syll. 2 506; Thespiai IG VII 1777; für Epidauros war ein Theater, Athen. Mitt. XVII
Chaironea s. Plut. Kimon 1. Izod Assos CIG 3569 ; 20 96. 283; über den Theaterbesuch der Zöglinge
Delphi BulL hell. XXIII 563; Myra IGR III 739; vgl. Ziebarth österr. Jahresh. XIII 111. In
Panamara Bull. hell. XXVIII 46, 30; Pergamon den G. befanden sich Parkanlagen, s. Schneider
Dittenberger Or. 461; Thisbai IG VII 2235. 62f. Gothein 120f. In Alexandria umschloß
Zyaigwxiqgiov Aphrodisias TAM; Delphi Bull. das G. dtxaozrfgiov xal älorj , Strab. XVII 795,
hell. XXIII 560. 565. XXIV 464. TexodazvXov auf Astypalaia IG XII 3, 202 werden erwähnt
Sebastopolis Bull. hell. IX 347, 30. c YÖga- yvpvdg , xgdra, Stvdgea; von den drei alten G.
ycoyta Delphi Bull, hell. XXIV 464; Mylasa Athens heißt es Geogr. gr. min. I 98: ndvxa
CIG 2962. 'QgoXöyiov Pergamon Athen. Mitt. xazädevdod zs xal toig eödysai aooiöt). Für die
XXXII 257, 8. Über die Bestimmung der ein- Akademie kommen in Betracht die Erwähnungen
■seinen Teile s. Schneider 52f. 88f. Zur Aus- 30 bei Aristoph. Nub. 1005. Plut. Kimon 13. Suid.
stattung des G. gehörten die für die gymnasti- s. 'Axatynia • yvpvdoiov r\v iv 'A&rjvatg ngodozeiov
sehen Übungen nötigen Geräte: erwähnt werden äXoüdeg; Plin. n. h. XII 1, 9 erwähnt die be-
xazandXxai in Eretria "Equtjfi. dgx- 1892 nr. 68, rühmten Platanen der Akademie. Den lucm im
ÖTila in Pergamon Athen. Mitt. XXXIII 376, 1 Kynosarges finden wir Liv. XXXI 24 angegeben.
und Priene Inschr. v. Pr. 112, in Priene Inschr. In Nikopolis befand sich das xifisvog für den
v. Pr. 112 xa'ygvxog , xgtxoi und otpaTga. Ver- pentaeteri sehen Agon h äXaet syovzt yv/uväoiov
bunden mit dem G. war frühzeitig ein Bad: xal ozdötov, Strab. VIII 325. Das G. in Region
Aristoph. Av. 140. Plat. leg. VI 761 C verlangt, hatte besonders schöne Platanen aufzuweisen,
-die Jünglinge sollen Turnplätze für sich und Theophr. hist. plant. IV 56. Plin. n. h. XII 1, 7.
Xovzgd ■dsgf.id für die Greise herstellen. Paus, X 40 Gothein 132 sagt mit Recht: ,die Wurzeln der
36 erwähnt Xovzgd im G. zu Antikyra; Lukian. griechischen Gartenkunst sind in den G. mit
Kigrin. 13 verbindet yv^vdoia und Xovzgd; in seinen Anlagen zu suchen'; im Art. Gartenbau
Argos IG IV 606 heißt es $v xs yv/uvaaiotg xal o. Bd. VII S. 768f. ist dies nicht genug her-
ßaXaveiotg, ähnlich Panamara Bull. hell. XV 187, vorgehoben. Die ganze Anlage war mit einer
Usener Rh. Mus. XXLX 30f. Schueider 54. genannten ornamenta yvfivaoitab^ , hat Ziehen
Für die körperliche Ausbildung war außer Sod/tog Berl. phü. Wochenschr. 1906, 636-668f. gehandelt,
und Bad auch wichtig das ozdöiov: von Nikopolis 50 Vor allem sind zu nennen die Statuen 1. von
berichtet Strab. VIH 325 : h äXosi typvxi yvp- Göttern. Im Lykeion stand eine Statue des Apol-
vdaiov xal oxäötov, von Theben Paus. LX 11, 7: Ion Lykeios, Lukian. Anach. 7. Zahlreich sind
zov 'HgaxXeinv P'yezai yv/irdotov xal axdbtov, in die Erwähnungen von Statuen der eigentlichen
Priene lag das Stadion neben dem unteren G., G.-Götter Hermes und Herakles, die in Sestos be-
Wiegand Priene 258f. Verbunden mit dem G. zeichnet werden als xaftiöovfihot iv zcö y. dsot,
war eine Bibliothek, die der geistigen Aus- Dittenberger Or. 339,63; in Lapethus ebd.
bildung diente: in Athen erfuhr die iv IJzoXe- 583 als o'i iv yvfivaaiqt -deoi. Heraklesstatuen
fiaioi ßißXto&t'ixt] durch die Epheben eine Er- sind erwähnt z. B. in Hi'erapolis Judeich nr. 27,
Weiterung IG II 468. 480. 482, eine Widmung Thyateira Denkschr. Akad. Wien LIV nr. 40.
von ßvßXta durch Epheben berichtet IG II 466 60 Tralleis Bull, hell XVIII 5, 1. Hermes erscheint
und 478 frg. d. In Delphi erbaute das xotvbv als yv^tvaatov xgöndgog in Ikaria Rev. phil. XXXin
TÄr ditffixxvovfüv (97 — 102 n. Chr.) aus den Gel- 8. Hermesstatuen finden wir z. B. im Ptolemaion
«lern des Heiligtums eine Bibliothek, die wohl zu Athen Paus. I 17, 2, in Phigalia Paus. VIH
mit dem G. verbunden war, BulL hell. XX 720. 39, Priene Inschr. v. Pr. 114, Sikyon Paus. II 10;
XXIII 576. Die Schriften des Dichters Longia- vgl. Farneil The Cults of the greek states V
nos wurden in Halikarnassos auf Staatskosten 70f. Hermes, Herakles und Thescus erwähnt
in den Bibliotheken aufgestellt zum Unterrichts- Paus. IV 32 im G. zu Messene. Nach Athen,
gebrauche für die Neoi, Le Bas in 1618. Auch XDII 561 d wurden in den G. neben Eros aufge-
\m y .uiii a ai uui
stellt Hermes und Herakles, 5 ph Xoyov, h 8k maios Philadelphos, das Hieroneion in Netum
ahtJls jigoEotüe. In Termessos weihte der ge- eine solche des Königs Hieron. Antiochos Epi-
wesene Gymnasiarchos eine Statue des Eros, phanes machte Aufwendungen auf die G in 4ri-
Lanckoroiiski II 5. Eine Statue des Hypnos tiochia Athen. X 439 b. Kaiser Hadrian stiftete-
als AoxXfjmv cwßwpos wird im G. zu Ephesos das Hadrian-G. in Athen und schenkte der Stadt
erwähnt Journ of phil. VII 140, 1. Nikestatuen Smyrna 1000 Myriaden Denare, <V &v zd ze toS
finden wir im G. zu Elaia Athen. Mitt. XXXn ohov i^dgia i&noijfa xai yvuvdatav z&v xazä
386 und Sebastopolis Bull. hell. IX 346, 30. Als ^ Aolav ^jW^Saro/phüostr vit soph
ovv®Qovoi xolg xaxa nalaioTQav feoTg waren die I 25, 2. Ramsay bemerkt Cit. I 72, 1, Hadriaii
ayaXfiara ter evseyezai im G. aufgestellt, vgl. 10 habe in Laodikeia a. L. das G. zu hauen ange-
Athen Mitt. XXXV 411. Bas G. von Knidos ordnet oder vielleicht selbst während seiner An-
schmuckte eine Statue des Pan Anc. Gr. inscr. 797. Wesenheit dediziert. Die Gemeinden zeigten sieht
L Statuen des Gründers, von Königen und Kai- dankbar durch Ehrenbezeugungen mancherlei 4rt
^"V^n p ™ le ™ aion zu Atnen stand d as eherne besonders durch Verleihung des Titels *«W*
Standbild des Königs Ptolemaios Paus. I 17, 2, in Pergamon erscheint ein k«W zijg axoüg In--
in Lapethus em JyaXjia des Kaisers Tiberius sehr. v. Perg. 461, ein xztaztjg xov dUmx m lov
Dittenberger Or. 583. Eine vier Ellen hohe im G. der Neoi 466 (vgl. die Spende von 7000O
vergoldete Bronzestatue des Königs Attalos HL Drachmen für da* Aleipterion 553), ein xxiozng
hatte der Gymnasiarchos im G. zu Pergamon auf- zov y. Omboi Arch. f. Pap. V 416 (3 Jhdt r.
gestellt Athen. Mitt. XXXIH 376, 1. 3. Ver-20Chr.), Termessos Lanckororiski II 8 11 T\M
schiedene andere Statuen : in Athen war im G. (xrtotQia 9) ; in Sebastopolis Journ. heU. Stud. XX
eine vergoldete Statue des Berosos errichtet Plin. 153 lesen wir die Ehren für einen jwätos Avotfrg
n. h. VII 37, 123. Eine Statue des Herodotos . y. und in Telmessos IGR III 539 = TAM II 12
wird im G. zu Halikarnassos Le Bas III 1618, für einen r^cjiazgidi yvfivaciov xapioduevog. Nicht,
ein aytdfta des Antmous im G. zu Mantinea bloß der Ruhm einer Stadt wurde durch Grün-
Paus. VIII 9, 4 erwähnt. In G. zu PeUene war düng und Ausgestaltung der G. vergrößert, son-
em marmornes Standbild des Prornachos, der drei- dem es wurde auch die wirtschaftliche Lage der-
£ tiS!. 1 ! ges l egt hatte ' aufgestellt, selben gehoben, weil einer berühmten Lehran-
Paus VII 27, 5. Dazu kamen noch die Statuen stalt von allen Seiten Schüler zuströmten wie-
der Personen, die sich als Vorsteher oder Wohl- 30 wir für Smyrna aus Philostr. vit soph I 25 2
täter um die Anstalt verdient gemacht hatten, II 26 ersehen. Daß die Städte oft mit großen
femer von Zöglingen. Außer Statuen werden Altäre Kosten G. erbauten und dabei Über ihre Mittel
erwähnt z. B. em Altar des Herakles und Eros im hinausgingen, ersehen wir aus Plin ep X 40
G. zu Elis Paus. VI 23 des Kaisers Tiberius im Zur Errichtung, bezw. zur Wiederherstellung eines-
i*; T z T u TherajGXII3,471. Gemälde erwähnt Paus. G. mußten die Städte, als sie ihre Unabhängig-
A- w- 11 ? G - Z n n M antmea, IX 22 in Tanagra. keit verloren hatten, die Erlaubnis des Königs,
Die Wände enthielten Siegerlisten und Schüler- z. B. Halikarnassos Österr. Jahresh XI 56 2
Verzeichnisse, die Siegespreise selbst wurden im (ixetSy ßcwdevg üxoXEpaloQ xQcoßevoaufrne tr&
(j. aufgehängt, s. Ziebarth Schulwesen 114f. xöXecog aw^etjasv) oder des Kaisers einholen,
Zum Schmucke des G, trug auch bei die axov- 40 z. B. Nikaia Plin ep X 39 40
rW<r die in Myra IGR III 739 und Panama™ Verwaltung des Gyninasions. Die Auf-
Bull. hell XXVI II 45, 30 sowie > die ^e&otg, sieht und Verwaltung der gesamten Gymnasial-
die in Sebastopolis Bull. hell. IX 346, 30 er- anläge führte in der Regel der betreffende Gvm-
wahnt wird. Vvir sehen, daß das G. der Gegen- nasialbeamte, s. Gymnasiarchos. Das G. besaß
stand eifriger Fürsorge war, und daß man durch seine eigene Kasse und Vermögensfähigkeit: wir
die Pracht der Anlage für den Ruhm der Vater- ersehen dies aus der gemeinsamen Kasse der
stadt sorgte; häufig sind die Erwähnungen von attischen Epheben TG II 467, sowie daraus, daß
Aufwendungen und Stiftungen, die von Fürsten, dem G. Grabmulten zufielen: Alexandria Troas
Beamten und Privaten auf das G. gemacht wur- CIG 3588 c da>osi sig zd kgov y. ¥ 5000 und
den. Die xaxaoxsv^ des G. wird erwähnt in 50 in Koloe Rev. Et. anc. IV 264, 14 äxozei'oei iriJ
Ephesos TAM (ödvxa ek ztjv xataoxsv^v zov xat- Zeßaozy y. KoXotjvüv X 2500. In diese Kasse
™V*\S ™ \- y8C H W o J 22 - Priene Inschr - flossen di e Beiträge der Besucher der Anstalt,
y. Pr. 108 (Moschion gab 3000 Drachmen), die Erträgnisse der Stiftungen, Spenden und Geld-
««»tttrq in Ankyra CIG 4015 Halikarnassos strafen; aus ihr wurden die Ausgaben für
Österr Jahresh. XI 56 2 (334000 Drachmen auf- Ehrenbezeugungen, soweit sie nicht der Geehrte
gewendet) Hypata IG IX 2, 56, Kyme CIG 3524, selbst oder die Staatskasse trug, bestritten: in
i-viT - ol a \ /, I 16 w™ 4 ™* auf Paros Phi ntia IG XIV 256 finden wir die Bestimmung,
i V ^' l- \^t ä r ^ 0lfe Exp " 42ß ^ b daß WaxovTd/iegos der Kosten aus der Staate-
Aur. Anüochianus 3500 Denare für das G., in kasse, das übrige aus der Kasse des G. gezahlt
Aizanoi CI 3831 a8 (161-180 n. Chr.) heißt es 60 werden sollte. Mit der Verwaltung der GT-Kasse-
dovra aoyvgiov Big zo ■/., in Iasos erfahren wir waren an manchen Orten besondere imuelnrat
von einer Spende von 5000 Denaren für das G. und öioixrjxai betraut: in Athen wird eini*««-
der JJeoi Rev. fit. gr. VI 157, 3; in Iotape gab X n xfc Avxaiov IG III 89, ein int/teXtjjfc y. &7ov
Kendeos mit seiner Frau Mas 15 000 Denare eis 'AdgtavoB IG III 10 und IV 1474 erwähnt In
SJ.Kt-fi+i. i"o/I° n P 101 ™, Ton Syrakus be- Iasos nennen uns Inschriften einen foowizht
ncnxei Atnen. V Mb c: eajtovdaxet xai neßi Uq&v x^Q&tovrißsk vsto xüv nmo&vxiQW Rev E^ gr.
*ot yvti*ao£o>v xa.xaaxsvdg . . Das Ptolemaion VI 169 und Stotxijxal x&y vi<av ebd. 157 3, in"
in Athen war eine Stiftung des Königs Ptole- Kyzitos CIG 3665 erscheint unter den Erhebe»
\jtviuu<isiuiu
i±ii±aovoa
ein M. Aur. Eutyches Stotxtjz^g. Die in Hali-
karnassos österr. Jahresh. XI 53, 1 erwähnten
emfieXrjxai xov y. bildeten eine Kommission, die
mit der Aufsicht über die Bauführung des G.
betraut war; vgl. die entfteXijral ßovXsvzrjQiov xai
xov aQxelov in Iasos Anc. Gr. inscr. 493. Außer
21. Unter Traianus errichtete Licinius Suras den
Römern ein G. Cass. Dio LXVIII 15; Dio er-
wähnt LXIX 4 äyoQa. xal xb <pdstov xo xe yvfivä-
oiov, xä zov Tgatavov stoi^/iaxa. Bei Aurel. Vict.
Caes. 14 lesen wir: Hadriantts Athents reversus
v gymnasia doetoresqtte curare oeeepit. Von Com-
den eigentlichen G.-Magistraten hatten die Ästy- modus berichtet Herodian. 1 12, 4 /^eytozov yy/nvd-
nomoi und Agoranomoi. denen die Aufsicht oiov xazaaxevdoag. Diese wenigen Nachrichten
über die Bauten überhaupt zufiel, die Obsorge über das G. in Rom lassen erkennen, daß es
für das G. : so erklärt sich die Stiftung eines 10 nur für den Betrieb gymnastischer Übungen
aXsi7ixf)Qtov durch zwei Agoranomoi in Keramos bestimmt war und nicht die große Bedeutung
Journ. hell. stud. XI 123, 6; vgl. die Artikel. hatte wie in den griechischen Städten. Sehr
In Kallatis Ant. Denkmäler aus Bulgarien 94 häufig findet sich in den lateinischen Inschriften :
weisen die nQÖßovXoi für die Aufstellung eines gymnasium dedit, </. bedeutet »gymnastische
Volksbeschlusses den Platz im G. an. Als Hilfs- Spiele'. Eine Sammlung der Stellen s. Rug-
l>ersonal der G. -Beamten werden ä^ootoi in Per- giero Dizion. epigr. HI 596 f. Im selben Sinne
gamon Inschr. v. Perg. 252 und Priene Inschr. v. ist auch die griechische Inschrift aus Thespiai
Pr. 112 genannt; weleher Art die vom Gymnasi- Bull. hell. XXVI 297, 16 zu verstehen: Poly-
.archos Metrodoros in Pergamon Inschr. v. Perg. krates wird von den in Thespiai Handel treibenden
252 eingeführte yvXaxij war, läßt sich nicht 20 Römern geehrt srowro^ avadelg xal amolg yvfxvd-
bestimmen. oiov xal äXuftfia dia ßiov.
Über die aufgedeckten G.-Anlagen hier zu Literatur. Krause Hellenika 180 f. Pauly
sprechen, ist nicht meine Aufgabe: sie beweisen R.-Enc.i III 983—989. Petersen Das Gynma-
■durch die Fülle und Pracht der Räume ebenso sium der Griechen nach seiner baulichen Ein-
wie die inschriftlichen Zeugnisse die hohe Schätzung richtung (Hamburg 1858). Grasb erger Er-
•des G. War dieses doch die Jugenderz iehungs- zieliung und Unterricht im klassischen Altertum
statte für die äax^aig und (pdoTiovia xwv viaiv, III 396 f. Baumeister Denkmäler, Gymnasion
** ojv ai zöjv vsoiXEQcav tpvxal Jtgog dvögefav (609—611). Fougeres in Daremberg-Saglio
AftdXojfiEvat xaXäg ayovzai xolg ijdsoiv tzqos vlqb- Dict. II (1896) 1684—1698. K. Schneider Die
zt}v Inschr. von Sestos Dittenberger Or. 339. 30 griechischen Gymnasien und Palästren nach ihrer
Mit Recht sagt Ziebarth Schulwesen 140: geschichtlichen Entwicklung (1908). K. J. Free-
Ein G. und Epheben darin bedeuten den An- mann Schools of Hellas from 600 to 300 B. C.
fang der Hellenisierung eines fremden Volkes, (1907). E. Ziebarth Aus dem griechischen
und Wilcken Arch. f. Papyrusforsch. V 414 be- Schulwesen (1909). J. Oehler Das humanistische
tont den Einfluß des G. auf die Erhaltung grie- Gymnasium im klass. Altertum (1909). M. Got-
chischer Sitte in der Fremde. Die hellenischen he in Der griechische Garten, Athen. Mitt. XXXIV
Elemente scharten sich im Barbarenlande um G., (1909) 100—144, bes. 118-132. Durm Die
die aber nicht Staatsinstitute waren, sondern pri- Baukunst der Griechen^ (1910). E. N. Gardin er
vate Anstalten, Privat-G. Neben den öffentlichen. Greek Athletic sports and festivals (1910) Chapter
Tinter staatlicher Aufsicht stehenden G. gab es 40 XXII : The Gymnasium and the palaestra 46 7f.
Anstalten dieser Art, die von Vereinen erhalten [J. Oehler.]
wurden, s. Gymnasiarchos. In Ägypten bilde- Grmnasius, Sophist aus Sidon, zuerst unter
-ten die Besucher des G. staatsrechtlich anerkannte Constantin d. Gr. tätig, Verfasser von fXBXhat,
Genossenschaften oder Vereine schon im 2. Jhdt dg ArjpoodEvyv vsioptvrifia und andern Schriften
v. Chr. In jeder Stadt und in jedem Dorfe wurde (Suid. s. rvfivdaiog). Er wurde 355 durch den
eine offizielle Liste der Leute mit Gymnasial- Praefecten Strategius Musonianus aus Constanti-
bildung geführt, und nur aus dieser Liste wurden nopel nach Antiochia berufen (Liban. epist. 403),
die Kandidaten für die zahlreichen kommunalen wahrscheinlich um dort das Amt eines Consularis
Ehrenämter genommen. Ziebarth Schulwes. 141. Syriae anzutreten. Denn das Lob, das ihm von
Zum Schlüsse sei noch etwas über das Schick- 50 Liban. epist. 418 gespendet wird, paßt nur aut
sal zweier G. gesagt: das Diogeneion in Athen, einen Beamten dieser Art. Im nächsten Jahre
gegründet 229 v. Chr., wird zuletzt inscliriftlich trat er die Rückreise an (Liban. epist. 417. 421),
-erwähnt 262 v. Chr. IG III 1202, bestand dem- verweilte längere Zeit in Nicaea (Liban. epist.
nach fast ein halbes Jahrtausend. In Arneai 418. 451. 475) und war 457 wieder in Constan-
dagegen wurde das G. im zweiten Jahrzehnt des tinopel (Liban. epist. 488). An ihn sind gerichtet
2. Jhdt. n. Chr. in ein xaodyjov, eine mansio, Liban. epist. 403. 488. [Seeck.J
Herberge, umgestaltet IGR "Tll 639. Gynmastes {yvftvaimjs) , aer Trainer. Der
B. Gymnasium bei den Römern. Liv. Ausdruck taucht erst bei Piaton auf, während
XXIX 19" (204 v. Chr.) berichtet, daß dem P. vorher nur die Bezeichnung jiaiöorQißijg (s. d.)
Scipio der Aufenthalt im G. zu Svrakus zum 60 üblich war. Seine Einführung knüpft Galen
Vorwurfe gemacht wurde. Über die* Abneigung Thrasyb. 33 (V 870K. 79, 3H.) an das Aufblühen
der Römer gegen die griechische Gymnastik und der Berufsathletik, mit welcher kurz vor Piaton
Athletik vgl. Friedländer Sittengeschichte II 8 die Kunst der Gymnasten ihren Anfang genommen
491 f. Aber in der letzten Zeit der Republik habe. Doch treten Athleten (s. o. Bd. I S. 2050f.)
fanden die Turnanstalten auch Eingang in Italien, schon viel früher auf, und mit ihnen ist wohl
so daß kaum eine Villa ohne G. war; vgl. Cicero. auch eine frühere Existenz von Trainern gegeben.
Erst Nero baute ein öffentliches G.: Suet. Nero Piaton faßt den G. regelmäßig auf als den Ver-
12. Tac. ann. XIV 47. XV 22. Cass. Dio LXI treter der Gymnastik (s. d.) im Sinne von Leibes-
vji \ ixuiaa wjo
liymnastes
202S
, o e: yvpvaozrjs Politic. 267 e; Leg. III 684c
IV 720 de. XI 916 a; yvfiv aanxog Phaedr. 248 d;
Gorg. 464 a; Prot. 313 d; Politic. 295 c. Und es
ist wahrscheinlich, daß hier noch die ursprüng-
liche Bedeutung des um jene Zeit neu geprägten
Terminus vorliegt. Seine Einführung dürfte dem
Erfinder der wissenschaftlichen Leibespflege und
Heilgymnastik, Herodikos von Selymbria (s. d.),
zu verdanken sein, der sich diese Bezeichnung bei-
cife. Solche G. begegnen bei Galen unverhohlener
Verachtung; denn was) sei von solchen zu erwarten,
die eben erst aufgehört haben, sich in unnatür-
licher Weise zu überladen und dem Schlafe hin-
zugeben, die das körperliche Training nur be-
trieben, um Siege zu erkämpfen und, als sie sich
ungeeignet erwiesen und keinen Kranz erlangen
konnten, sich plötzlich dem Gymnastenberufe zu-
wendeten? (Gal. Thrasyb. 37).
KnVliljf f ^ eines Paidotnben wegen 10 Am ausführlichsten und im Zusammenhang
Kränklichkeit aufgeben mußte und an sich und hat sich Philostratos in der Schrift über Gvm-
anderen seine neue Heilmethode erprobte. Als nastik mit dem Wesen der Trainer befaßt und
G. wurde fortan ein Trainer bezeichnet, der die
Fähigkeit besaß, die körperlichen Verhältnisse
seiner Pfleglinge zu beurteilen und ihr Training
auch in diätetischer Beziehung zu leiten. Er
mußte also gewisse medizinische Kenntnisse be-
sitzen. Auf diesem Standpunkt steht auch Aristot.
Polit. VIII 3 p. 1338 b 6 jzaQaöorew zovg jiatÖag
;- n , . ^iun.iucv,IIUJ XLlIMCiia, itlLtJJ UHIJ^S 111 Z Weiter
yvfivaaztxr} xm jimdorQtßix V . tovtojv ya Q % per 20 Linie. Die Hauptsache bleibt auch" für ihn die
sioiav nva notet xrjv sgiv rov am/mrog . f} 3k ta
sQya. G. klang daher vornehmer als Paidotrib,
und es scheint, daß sich gerade die Trainer der
Beruf sathleten mit Vorliebe so zu nennen pflegten.
Doch kam seit Aristoteles noch eine dritte Be-
zeichnung hinzu, nämlich äfoixttjg (s. d.). Die
Rivalität mit den ärztlichen Diätetik ern. die sich
naturgemäß entwickelte, hatte zur Folge , daß
letztere statt des entwerteten Titels G. einen neuen
eingehende Weisungen über ihre Ausbildung ge-
geben. Im Gegensatze zu den rein theoretischen
Ausführungen Galens, die ihm übrigens unbe-
kannt waren, verlangt er Kap. 14, offenbar in
Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse,,
vom G. auch die Kenntnis 4 der Paidotribik, d. h.
des _ praktischen Turnens, allerdings in zweiter
Beaufsichtigung der hygienischen Seite des Trai-
ning, von der der Paidotrib nichts versteht. Vor
allem aber ist bei Philostrat Arzt und G. nicht
identisch, wohl aber muß letzterer zu allen Ein-
griffen befähigt sein, die mit hygienischen Mittel»
durchführbnr sind, ja er kann mit Diät und Mas-
sage auch Krankheiten bekämpfen. Chirurgie und
Pharmakologie bleiben also den Ärzten vorbe-
halten. Nach Kap. 15 muß es ebenso wie bei
Begriff der Hygiene eingeführt und der fateiv6c m»whpn lmi,™ - a „k x~„ x .ma. < --.. * , ,
Begriff der Hygiene eingeführt und der vytetvog
dem G. entgegengestellt, ohne daß jedoch diese
Terminologie durchgedrungen wäre. Denn Galen,
der an Piaton und Aristoteles anknüpft, greift
auf den alten Namen wieder zurück, verficht aber
die Ansicht, daß nicht die Trainer, sondern nur
die Mediziner als G. bezeichnet werden dürfen.
Sie brauchen als solche in der Ausführung der
Übungen nicht bewandert zu sein, sondern sind
gegeben haben : 6 za ÖQopixa döms ra xdv nalai-
ovroiv aal xayx(iaTta£6vzcov ovx L-iioirjasrai i) 6
jutjg mpexat.
Was der G. im einzelnen wissen muß, wird
von Philostrat in der zweiten Hälfte seines Werkes
dargelegt. Als Vorbildung wird Kap. 25 und 26
beansprucht ein gewisser Grad rhetorischer Übung
° -----. -.—---;-- — --";* """""« «»"" sowie Kenntnis der gesamten Physiognomik, d h
Theoretiker, die die Wirkung (^ t? ) jeglicher 40 der Augenethik, der* Körperproportionen und der
Bewegung, insbesondere der Leibesübungen auf Säfte. Diese Kenntnisse sind bei der Assentierun-
den Körper kennen müssen und sie je nach der der Athleten von Wichtigkeit, wo es fernerauch
Individualität auszuwählen haben: Gal. VI 157
Kühn avzijg ßhv yag xfjg xaxa ja£qo$ vlr\$ ixdozijg
tojv T£%vÖ>v faieiQös iaztv 6 yvfAvaozrjg, f) yvpva-
ozrjg iaztv st dk arof avzrjv ftsdacuro, zrjv je
7ioi6xr}ta xat xijv dvva/xiy avrixa yvoioi£si; vgl.
ebd. 152f. Der praktische Turnlehrer ist aber
der Taidotribe, der die hygienischen Weisungen
darauf ankommt, die Tauglichkeit nach der Art
der Eltern und eventueller hereditärer Belastung
zu beurteilen (Kap. 27—30). Auch muß der G.
beim Anblick des Athletenkörpers imstande sein
anzugeben, zu welchen speziellen Übungen ein
jeder geeignet ist (Kap. 31—35), ja er muß auch
die jeweilige Kondition des Athleten beurteilen
j M f« „„ v„f rt i„ m i ä4 . V°v ■ "v W . U gt,. w j^nrciuge Auiiuiuun ues Atmeten oeurteilen
des Gr. zu befolgen hat und diesem insofern unter- 50 können und danach das Training individuell ge-
geordnet ist. Er steht zu ihm in einem ahn- «fal+er, rtf™ aü «q\ tt^.^j. i.Jl „_i.i ™_-,_ .A.
geordnet ist. Er steht zu ihm in einem ähn-
lichen Verhältnisse wie der Koch zum Arzte oder
wie der Soldat zum Feldherrn, d. h. er führt die
Übungen unter der Leitung des G. kunstgerecht
aus, kümmert sich jedoch nicht um deren hygie-
nische Wirkungen (Gal. VT 143. 15of.; Thrasvb
45, V 892 K. 95, 18 H.). Die theoretische For-
derung nach strenger Scheidung der Kompetenz
des G. und Paidotrib en, die Galen aufgestellt hat,
stalten (Kap. 48—53). Hieniit hat wohl Philostrat
die_ Anforderungen formuliert, die man in der
Kaiserzeit an einen vollkommenen G. stellen
konnte. Die Wirklichkeit wird jedoch hinter
diesem Idealbild meist stark zurückgeblieben sein
und die große Masse der Trainer zwar im gym-
nastischen Handwerk bewandert, im übrigen aber
von geringer Bildung gewesen sein.
Immerhin hat sich eine Reihe von Vertretern
um „j a • j T. ■ ' ,~ " t $ *~.\ ' iinuicjinii nai sich eine neme von Vertretern
wurde in der Praxis nie befolgt, da sich die 60 dieses Berufes sogar zu literarischer Tätigkeit
™3££- ? ^* Met . en .. °b sie nun tiefer gehende aufgeschwungen, und die umfängliche Gvmnasten-
medizinische Kenntnisse besaßen oder ni^ht h*. KW**™,- *& .:„„+ ™j„±:„^ * j • ^ vf l L
medizinische Kenntnisse besaßen oder nicht, be-
liebig den einen oder den anderen Namen' bei
legten. Auf dem Athletendiplom aus dem J 194
£P^V (Ke ^ on and Bel1 Greek p ap- in the
Bnt Mus. m S. 218 Z. 63) führt der Schatz-
meister des Vereins Proklos, welcher Periodonike,
also Berufsathlet war, offiziell den Titel yvpva-
literatur, die einst existierte und jetzt bis auf
geringe Reste verloren ist, blieb wegen ihrer wert-
vollen Beiträge zur Hygiene auch von Ärzten
und Philosophen nicht unbeachtet. Die G., die
sich vermutlich oder erwiesenermaßen literarisch
betätigten, waren folgende (vgl. die betreffenden
Artikel): Ikkos von Tarent in der ersten Hälfte
auzy i*ymnasies
des 5. Jhdts., Herodikos von Selymbria, der Be-
gründer der Heilgymnastik oder Iatraleiptik, der
etwas später lebte, Diotimos, dessen Ausführungen
stegi idQmTcov von Theophrast frg. IX 11 (III
143 Wimmer) zitiert werden, endlich die von Galen
so ausgiebig benützten G. Theon von Alexandreia
und Tryphon, von denen ersterer IIeqI twv xaxd
fisgog yvpLvaoloyy in vier Büchern, rvfivaartxd in
mindestens 16 Büchern verfaßte, aus denen uns
Galen auch einige Fragmente bewahrt hat. Diese
und ähnliche Werke der G. , auf deren Inhalt
auch aus Philostrats Schrift über Gymnastik
Rückschlüsse gezogen werden können, enthielten
nicht etwa Anleitungen zur praktischen Durch-
führung der gymnastischen Übungen, sondern sie
befaßten sich kurz gesagt mit dem hygienischen
Detail des athletischen Training- Die Leibes-
übungen (yvfivdata) selbst werden nur im Hin-
blick auf ihre Wirkungen auf den Körper be-
handelt und klassifiziert {sTSij), insbesondere ihr
Ausmaß (j.dzQa) angegeben und die üblen Folgen
der Überanstrengung (xöjzog) bekämpft. Ein vier-
tägiger Zyklus, die sogenannten Tetraden, wird
von Theon und Tryphon als besonders geeignete
Trainiermethode empfohlen. Wichtige Partien
handelten ferner in großer Ausführlichkeit von
der Nahrungsaufnahme , der Massage [rfiiyng),
den Bädern und anderen diätetischen Einzelheiten,
von der Euexie und Gesundheit im allgemeinen.
Vgl. Gal. Thrasyb. 46. Gal. VI 93. VII 546. VIII
107. XIII 5. Daß nicht nur Ärzte, sondern
auch G. vyi£ival TzgayfiarsTat schrieben, bezeugt
Galen. VI 164.
Neben den literarisch tätigen G. werden auch
andere namhaft gemacht, die sich sonst auf irgend
eine Weise, als Athleten oder Trainer, hervor-
getan haben, z. B. Hippomachos von Elis (Aelian.
var. hist. II 6. Plut. Dion 1). Melesias von
Aigina (Pind. Ol. VIII 71 und Schol. zu 70 und
71), Teisias (Phil. Gymn. 20), Eryxias (ebd. 21),
Öecundus (Gal. VIII 254), über welche die Spezial^
artikel zu vergleichen sind.
Über das Auftreten des G. in der Öffentlich-
keit teilt Philostrat mit, daß seine Kleidung bei
den Spielen in einem Tribon bestand ; nur in
Olympia mußte er nackt auftreten, weil sich dort
angeblich einst eine Frau, Pherenike, als G. ein-
geschlichen hatte, um ihren Sohn zum Siege zu
führen (Kap. 17; vgl. auch Paus. V 6. 8). Als
Attribut trug er angeblich die Striegel (Kap. 18).
Bei den Lakedaimoniern war er der Lehrer der
militärischen Taktik, da Krieg und Gymnastik
eng zusammenhängen (Kap. 19). Zu den Fest-
spielen begleiteten die G. ihre Athleten, führten
mit ihnen in Olympia die von den Hellanodiken
vorgeschriebenen Vorübungen durch (Kap. 54)
und spornten sie beim Ernstkampf gelegentlich
durch Zuspruch. Tadel. Drohung oder List zum
Siege an. Solcher Beispiele weiß Philostrat Kap.
20—24, obwohl er nur eine Auswahl trifft, mehrere
zu berichten (vgl. auch Schol. Pind. Ol. XI 19).
Aber auch üblen Einfluß konnten sie ausüben,
wenn sie das Bestreben mancher Athleten, sich
mittels Bestechung einen mühelosen Sieg zu ver-
schaffen, durch Darlehen auf Wucherzins unter-
stützten (Kap. 45).
Darstellung von G. auf Monumenten , insbe-
sondere Vasen bildern mit Palästraszenen erkennen
UYiUUODUA.
zu wollen, ist ein müßiges Unterfangen ; denn im
5. Jhdt. ist ja der Begriff, wie wir sahen, über-
haupt erst aufgekommen, und in der Folgezeit
dürfte es schwerlich je gelingen, die Trainer von
den Kampfrichtern und vor allem die G. von den
Paidotnben mit Sicherheit zu unterscheiden. Lite-
ratur: Krause Gymnastik und Agonistik d. Hell.
218ff. Grasb erger Erziehung und Unterr. I
263ff. Hermann-Blümner Griech. Privatalt.
10 335. Spathakis Athen. I 322. J. B. Egger
Begriff der Gymnastik bei d. alt. Philos. u. Mediz.
Diss. Freiburg (Schweiz) 1903, 18f. 49ff. 61 f. 65f.
87ff. 98. Jüthner Philostr. über Gymnastik 3ff.
Gardiner Greek athlet. sports a. festiv., Lond.
1910, 503ff. [Jüthner.]
Gymnastik (yvfivaan^).
I. Name und Begriff.
Das Wort ist verhältnismäßig jung und vor
dem 5. Jhdt. nicht nachzuweisen. Von yvpv&friv,
20 yvftvog abgeleitet, bedeutet es ursprünglich wört-
lich die Übung des nackten Körpers, später über-
haupt das athletische Training in der Palästra
und dem Gymnasion und was damit zusammen-
hängt. Doch variiert der Sinn bei den verschie-
denen Schriftstellern je nach dem Standpunkt,
den sie der Sache gegenüber einnehmen, beträcht-
lich, insbesondere trachten die Philosophen und
Mediziner als Gegner der berufsmäßigen Athletik
einen andern als den landläufigen Begriff mit
30 dem Namen zu .verbinden. So geht aus der Auf-
zählung der Übungen in der Hippokratischen
Schrift tieqI dtatrrjs II 61—66, die um 400 v. Chr.
entstanden ist, hervor, daß der Verfasser nicht
bloß an das palästrische Training dachte, sondern
den Begriff Gr. viel weiter faßte. Et teilt näm-
lich die Anstrengungen (novoi)^ ein in natürliche
(«ctra (fvaiv) und gewaltsame (dta ßirjg). Zu ersteren
rechnet er das Sehen, Hören, Sprechen, Denken;
halb natürlich, halb gewaltsam sind die Spazier-
40 gänge, gewaltsam schlechtweg endlich die eigent-
lichen gymnastischen Übungen, wie sie in der
Palästra vorgenommen werden. Piaton tadelt in
seinem Staate (404 A. B) die Athleten wegen ihrer
Schlafsucht und Empfindlichkeit gegen Änderungen
der Lebensweise und schreibt den Wächtern des
Staates eine einfache G. vor, die hauptsächlich
aus Vorübungen für den Krieg bestehen und mehr
den Mut als die rohe Kraft fördern soll. Der
Begriff G. wird von ihm hier über die Palästra
50 hinaus derart erweitert, daß er sogar die Be-
wegung vor der Geburt im Schöße der Mutter,
den Tanz, das Reiten und alle Arten kriegeri-
scher Übungen dazu rechnet (vgl. auch Leg. VII
813 D. VIII 832 Dff.). Ein ganz anderer Inhalt
verbindet sich in den übrigen Dialogen mit dem
gleichen Worte, indem dort an vielen Stellen mehr
das medizinisch-diätetische Moment betont und
unter G. etwa die Heilgymnastik oder Kunst der
Leibespflege gemeint ist; vgl. Gorg. 464B, wo-
00 nach die G. und die Heilkunde, da sie beide den
Körper zum Objekte haben, als Schwesterkünste
hingestellt werden, deren Vertreter, Ärzte wie
Trainer, das Verhältnis der Nahrungsaufnahme
und Arbeitsleistung zu beobachten nnd zu regeln
haben (Prot. 313 D; Gorg. 517 D. E; Crit. 47 B;
Eiast. 134 C— E). Der Unterschied zwischen
beiden Künsten ist im wesentlichen der t daß die
G. den gesunden Körper zn pftegen und auszu-
VTJIUUaStilK
2U3U
bilden, die Medizin den tranken zu heilen hat Dieser exklusive, den Berufsgymnasten feind-
£& m Ä J^ m 4 VSf k1 52 , A - B ' ; /t h - f Uge S > d P™ kt der Ärzte wirdvon dem 7er-
^80; Theag 123B) Beide Künste sind aber fasser der einzigen uns erhaltenen Schrift über
so verwandt, daß sie Symp. 186 E dem gleichen G., Philosixatos, nicht geteilt, der sich vielmehr
Schutzpatron Asklepios zugewesen werden können. in seiner Auffassung den Praktikern des TraS
^LlT^S^J^ offenbar nähert, /eine Definition der V2
in der Terminologie, die auch mit dem Streit wissenschaftlichen Wert beilegt den zu erweS
Ttriben^ ^? Spliare t^T^ ^ Pai - ^ Hauptzweck seiner Schriftli dI PaidotnS
dotnben (s. d.) zusammenhing, ist die Meinung oder praktische Tumkunst ist ein Bestandteil der
des Zdtgenossen Isokrates interessant: Antid. 181 selben, der dem Gymnasten nicht ^nbekann seTn
oZL £ T 7 *T l ™ ***' *** <*. ** ***> in der E ^l jeloch durch taÄl n
o^ara r V v ^or^ß^v, Vf y yvfivao^ ^„ unter der Aufsicht des Gvmnasten versehen wird
3 r EQ Lj i* 6 -* T^ z rv do ™<P™' 5 e * Sein eigenstes Gebiet, dem der Paidotribe fern-
?-•;,- *™ . faidotnbik nicht gleichberechtigt 20 steht , ist die medizinische Seite." Nur er ver-
wie bei Aristoteles, sondern die G. bildet einen mag ,die Säfte zu reinigen, den Überschuß aus
Teil der Funktionen des Paidotriben, der hier also dem Körper zu entfernen , eine Ctku7 einzu
A ^tählc^fälÄVt e 7 r T r TS^-J^ l6iten °* r diö Kör Pertemperatur zu erhöhen^
Allmählich lallt jedoch der theoretische Teil des sogar Krankheiten, wie Katarrhe. Wassersucht
Training immer mehr dem Gymnasien zu ( s . d.). Schwindsucht, Epüepsie zu heiTen sowei d es
Im Sinne von ,Leibespflege< konnte aber die durch Diät und Massage mö-Hch st' al mit
ttoHK™?* GymnaStGn r V ° n ^ n W»i«h«L Mitteln. ^Jen^M (MÄ d
der Tat enttS iT T LT n ^n™'- T* m Iatllk ' Um den es si <* bei d <* <>• handelt, ist
der lat entstand im 3. Jhdt. v. Chr. ein Korn- also die Hygiene, die der Gymnast ebenfalls be-
5ÄW d6r n UCh 1D ^' Terminologie zum 30 herrschen muß, 'während die Verabreicnuno von
Ausdruck kam. Da in der bisherigen Bezeich- Medikamenten sowie chirurgische Eingriffe Sache
^JSZl^I 1 ?™ da ^, tÜ1 f^^ Dde d6r ÄT2te Seien * Trotz di ^ s ^arkerfm dS
If An 31 , ' daß d ? e ^spflege sehen Einschlages faßt Philostrat die G. nicht
den Gymnasten zukomme, was die Arzte unter ,vie die Ärzte im Sinne von Heil-G sondern
strttos^ t) im 3 ü 'vTt • **** v™ 1 ' ^ ^ ^ Wetfckäm P fe ™ Auge, ist also der
Stratos (b. d.) im 3. Jhdt v. Chr. ein neuer Name von den Ärzten und Philosophen so sehr ver-
geschaffen, der jenen in der Mitte zwischen Me- höhnten Berufsathletik geuXeWid G bedeutet
dum und G hegenden Zweig entsprechend be- ihm das, was die Athleten und auch dfc breiteren
olt^an ÄdÄ' ^r^f^' ^Volksschichten darunter verstandet habe A le -
sollte an Stelle der Platonischen G. treten, und dings verfolgt seine Schrift den Zweck die ver
mit letzterem Terminus nur jener Teil der Hygiene derblichen Auswüchse dieser Cst zu bekämpfen"
bezeichnet werden, der sich speziell mit den TT „ P J lt* »eiampien.
^ljym.ÄiGU VI 135 K.) Dieser a ) Literatur. * Die FachUteratur über das
Standpunkt wird spater auch von ^ Galen, der gymnastische Training ist bis auf geringe Beste
ÄÄ Verl0fen **"»**> ™ ß ^ «ehrTetScht cl
ZL l\n «rVl £ ^' Em ^T S Sem . er H Ä'" * 9Wesei1 sein " Der Löwenanteil daran fiel den
giene teilt er die Medizin worunter er im all- Theoretikern, den Gymnasten, zu während die
fn TwH HW. -i nSt W der Leibe Äf ™ tel * ^idotriben naturgemäß zurückstanden Von M-
derLi^ÄV ^J 1 ^^ Thempie, undSOgenden Gymnasten (s. die einzelnen Art und
nl W?«J« ,^ / 1C w- r ter ' dlG 6r aber Gj^uastes) ist uns literarische Betätigung be-
als Wissenschaft von den Wirkungen sämtlicher kannt Ikkos von Tarent in dei cSen Hälfte
Leibesübungen definiert (^ v% , fa & w^, des 5. JMts> wird Yon Plat m p ?ot 3 6 D in vor
411 %^Zr2VTT tg ifTlT* . Th v aS " nebjnster l^erarischer Gesellschaft angeführt, doch
41 Js.fi, gehören hieher also auch Rudern, Graben, ist uns von seiner schriftstellerischen Tat Xit
^^te^^$sr<* und Arbeit r- r st nichts überliefert ÄS ™ s^-
iJie Kunst der Palastra und des Gymnasions aber bria, ein Zeitgenosse des Prota^oras der Erfinder
sei nur ein kleiner Teil der echten G., der außer- der HeibG. oder Iatraleiptik l" K nSSsv'
Sn V EuexTe nfr < $ 3muuten ' ^ in <ler athleti- s tem sicherlich auch aus^ührLohzuV Dar teUmTg
heifazufCd aSlrpS 5 n ™ aturi f<* en Gesund- 60 gebracht, und wenigstens die Grundlinien seine!
werde Nfch ^ st ^dS^H - U T h ? g ^ pfl ? t ?. e ° rie hat nnS daS M ^nexzerpt bewahrt f SappL
h*rA'\ i " e ' h ° nde ™ die Arz te seien da- Aristot. HI 1 p. 14f. Diels Henu XXVIH 421ff
TrE^ .^1 die ( ,?".^ 1 e^ygifniaene Theone, das zitiert Theophr. frg. IX 11 eine Stelle die vom
m^pr^Ä ^ Sch ™ iße ^ delt - Besonders berS 'aber wa
^^iS^^^^^ d r a lH ban ^?' derA l^driner Theon, der Verfasser einer Schrift •
zu tmL raiastra dem Paidotriben zufallt, nichts ™ 9 i T <5 V xa ra f^gos yvpvaoicov in 4 Büchern
und yvftvaonxd m mindestens 16 Büchern, die
2033
Gymnastik
Gymnastik
2ÖM
verloren sind, aber von Galen benützt und heftig vereinzelten Bemerkungen zu besonders hervor-
bekämpft wurden. Auch der sonst unbekannte ragenden Athleten versehen, wurde die Sieger-
Zeitgenosse Theons , Thryphon , wird von Galen liste später zu einer Art Chronik des Hochfestes
als gymnastischer Schriftsteller erwähnt. des Zeus — so offenbar von Eratosthenes — ,
Den Paidotriben sind offenbar praktische Turn- endlich zur Weltchronik ausgestaltet. Wir be-
büchlein zuzuschreiben, die in der Literatur sitzen Fragmente von Phlegon von Tralles (FHG
Spuren zurückgelassen haben (Epict. HI 20, 10. HI 602ff. Krause Olympia 412ff. Herum nat.
26, 22. Gab VI 142. Anth. Pal. Xn 206. Luc. scr. I 94ff. Keller), auf einem Papyrus von Oxy-
Asin. 9f.) und jetzt durch Papyrusbruchstücke rhinchos (Grenfell-Hunt Oxyrh/ Pap. II 222)
vertreten sind: Grenfell-Hunt Oxyrh. Pap. 10 und die vollständige Liste des Sextus Iulius
IH 466, wo eine Reihe von Ringergriffen kom- Africanus in Eusebius Chronica (ed. Schoene I
mandiert wird, und ebd. VI 887, der sich jedoch 193ff.). Eine weitere Quelle waren die verlorenen
nicht, wie die Herausgeber meinen, auf das Ringen Schriften xeqi dya>vo)r des Duris von Samos, Kal-
bezieht, sondern Kommandos beim Faustkampfe limachos, Istros, Kleophanes/Theodoros vonHiera-
enthält. Das ist alles, was uns von den cigent- polis, ferner die Periegeten, deren erhaltener Ver-
liehen Fachschriften bekannt ist. treter Pausanias uns auch auf diesem Gebiete
Doch war die G. ein so wichtiger Faktor im eine Fülle von Belehrung in Einzelheiten bietet,
privaten wie öffentlichen Leben während des ganzen Nicht unerwähnt bleiben dürfen endlich die
Altertums, daß sie auch sonst in der Literatur zahlreichen Inschriften, insbesondere diejenigen,
•eine hervorragende Rolle spielt und bald in ge- 20 welche sich auf die Ephebenerziehung und die
legentlichen Bemerkungen, bald in ausführlicher Gymnasien, sowie auf die Festspiele in allen
Darlegung Beachtung findet. Für die älteste Zeit Teilen der griechisch-romischen Welt beziehen,
kommt das Epos in Betracht, das zwar noch b) Monumente. Wir haben gesehen, daß
nicht den Namen , aber die Sache sehr wohl in der Literatur das turnerische Moment zurück-
kannte. Später bilden die Epinikien (Pindar, und das hygienisch - agonistisclie stark in den
Bakchylides) eine Fundgrube für unsere Kenntnis. Vordergrund tritt. In der Tat würde unsere
Vom 5. Jhdt. an sind es die Ärzte und Philo- Kenntnis von der G. manche Lücke aufweisen,
sophen, die sich vom hygienischen bezw. vom wenn nicht die monumentale Überlieferung eine
ethisch-politischen Gesichtspunkt für den Gegen- glückliche Ergänzung lieferte. Bei der Wichtig-
stand interessieren. Unter den ersteren nament- 30 keit , die man dem athletischen Sporte beimaß,
lieh die Verfasser von Schriften jigqi diatzij;, ist es begreiflich, wenn sich die große und die
voranPs.-Hippokrates(FredrichHippokr. Unters. Kleinkunst, ebenso wie das Kunsthandwerk des
Slft. 169ff. Jüthner Philostr. Gymn. 34f.) T seit dankbaren Stoftes bemächtigte, umsomehr, als ja
300 v. Chr. Erasistratos und die übrigen Hygie- diese Lebensäußerung vielfach auch in den Mythos
niker, von denen wir nur aus Galen Kunde haben, projiziert wurde und auch auf diesem Umwege
endlich dieser selbst, namentlich in seiner Hygiene, dann in die Kunst Eingang fand. Ein Umstand
dein Thrasybulos (ttoteqoi' tatQtxijg ^ yv/ivaouxfjs trat besonders fordernd hinzu: die Herrschaft
ton xo vywivov) und der Schrift über den kleinen des nackten Athletenideals in der Kunst seit dem
Ball. Unter den Philosophen ist nächst Pytha- 6. Jhdt. (s. u.) und die damit zusammenhängende
goras und den Sophisten (Protagoras schrieb 40 Verehrung schöner Knaben und Jünglinge. Dem
zzsgi -rdk7]g) insbesondere Piaton hervorzuheben, Zeitgeschmack Rechnung tragend, suchten die
der in vielen seiner Schriften, im Zusammenhange Künstler ihre Modelle in den Palästren und
aber besonders im Gorgias , im Staate und den Gymnasien und übertrugen das dort abstrahierte
Gesetzen die G. zum Gegenstand seiner Betrach- Schönheitsideal, das im Polykletischen Kanon und
tungen machte. Berücksichtigt wurde sie auch ähnlichen Mustern seine ziffernmäßige Fixierung
von Aristoteles , Theophrast und den Kynikern erfuhr, auch auf die Götter und mythischen Ge-
und Stoikern, welch letztere wir noch als die stalten. Die Bildnerei lieferte zahlreiche Athleten-
entschiedensten Gegner der Athletik kennen lernen statuen, insbesondere die Siegerbilder in Olympia,
werden. Delphi und den übrigen Festplätzen, wobei nach
Eine Schrift, die sich speziell mit der G. be- 50 dreifachem Siege sogar Porträtähnlichkeit zuge-
faßt, hat sich nur von Philostratos erhalten: lassen wurde. Manche erhaltene Athletenfigur
xsßl yv^vaanx^g, nicht eines Fachmannes, son- dürfte auf einen solchen Ursprung zurückgehen,
dem eines Sophisten Werk, der für die in Miß- Eine besonders reiche Fundgrube aber bilden die
kredit geratene Athletik eine Lanze brach und zahllosen Tongefäße mit gymnastischen Darstel-
das Training auf wissenschaftliche Höhe zu heben lungen, namentlich aus dem 6.— 4. Jhdt. , die
suchte, Obwohl, wie wir sahen, die Paidotribik uns besser als alles andere die Vorgänge in der
in die G. einbeziehend, befaßte er sich doch nicht Palästra und bei den Wettkämpfen illustrieren,
mit der praktischen Ausführung der Leibesübungen, nicht zu vergessen mythische Darstellungen (s. u.)
sondern fast ausschließlich mit der hygienischen wie den Ringkampf des Herakles mit Antaios,
Seite der Gymnastenkunst (Ausgabe von Jüth-60des Theseus mit Kerkyon, des Peleus und der
ner, Teubner 1909). Thetis oder der Faustkampf des Polydeukes und
Eine weitere Fundgrube für gymnastische Amykos. Eine besonders wichtige Gruppe bilden
Notizen waren die für die einzelnen Feste ver- hier die panathenäischen Amphoren (vgl. jetzt
faßten Siegerverzeichnbse, insbesondere die Ol vm- Brauchitsch Die panath. Preisamph.. Teubner
pionikenlisten (Jüthner a. O. 60ff.). Von Hip- 1910), die auf der einen Seite die Athena, auf
pias aus Elis inauguriert, von Aristoteles, der der anderen aber die Darstellung gymnastischer
mit Kalüsthenes auch die Pythioniken verzeich* Übungen zeigen. Von den übrigen Vasen erwähne
kete , ausgeführt und mit einer Einleitung und ich als für die Kenntnis der G. besonders ergiebig
uyiuiiasuit
■und lehrreich: den noch unveröffentlichten sf.
Stamnos in Würzburg 325 B, sowie den von Vulci
Mus. Etr. n. XYII (XXII) la, die Münchner rf.
Schale Arch. Ztg. XXIV Tat 11 = Schreiber
BilderatL I Tal XXI 3, die beiden Schalen des
Duris Wien. Vorl. VIII 1 und VI 9, die rf. Schale
in Paris Bibl. Nat. 523, abg. Hartwig Meister-
schal. Taf. XV, die rf. Schalen Gerhard Auserl.
Vas. IV 271. und im Brit. Mus. E 78 abg. Journ.
hell. Stud. XXVI pl. XIII. Für die Tümische
Zeit kommen Denkmäler wie das tuskulanische
Mosaik Mon. d. Inst. VI. VII Taf. 82 (= Schreiber
a. 0. Taf. XXin 10) in Betracht oder das Athleten-
mosaik im Lateran (Secchi Mosaico Antonin.,
Tafel), während für die etruskische G. auf Wand-
gemälde wie Mon. d. Inst. V 16. Mus. Etr, II 94.
MicaliMon. ant. 1833 tav. LXXzu verweisen ist.
Neben den Gegenständen der Kunst und des
Kunsfhand werks dürfen auch die Gemmen und
Münzen nicht außer acht gelassen werden , auf
denen vielfach auch Statuen nachgebildet sind.
Ich verweise beispiclshalber auf die Gemme Mi-
call Mon. CXVI 16 oder auf die Ringerszene
der Münzen von Aspendos oder Alesandria (Gar-
diner Journ. hell. Stud. XXV 271) oder den
Diskobol auf den Münzen von Kos (a. 0. XXVII
30).
III. Geschichte.
Bei keinem Volke des Altertums wie auch
der Gegenwart hat die G. eine solche Bedeutung
gewonnen und eine so großartige Ausgestaltung
erfahren wie bei den Griechen, und als vollendete
Trainierkunst ist sie gewiß ureigenstes Produkt
des griechischen Nationalcharakters, ebenso wie
man die Ausbildung des modernen Training der
englischen Rasse zuschreiben muß. Aber auch
die Anfänge aller Leibesübungen überhaupt in
Griechenland zu suchen, wäre nicht berechtigt.
Denn mit Hecht erblickt Philostr. Gynm. 16 ihre
Entstehungsursache in der natürlichen Fähigkeit
des Menschen zu ringen, zu boxen und zu laufen
und meint daher, daß die G. dem Menschen an-
geboren sei. Dir Erwachen war also nicht an
einen Ort, an ein Volk gebunden, sondern konnte
unter günstigen Umständen überall vor sich gehen.
So ist denn die Sache in der Tat älter als die
erreichbare Geschichte der Griechen und auch bei
anderen Völkern nachweisbar. Ägyptische Grab-
gemälde von Beni-Hassan (E ose Ihn i Mon. dell'
Egitto tav. XCIV— CIV. Krause Gynin. 237,
12 Taf. XXV-XXVIIL Perrot-Chipiez Hist.
de l'art I 792f.| zeigen gymnische und orche-
stische Szenen aller Art, und" die kretischen Funde
aus minoischer Zeit haben merkwürdige Dar-
stellungen von Faustkämpfen zutage gefördert,
die bald von nackten, bloß mit Perizoma beklei-
deten Jünglingen, bald von gewappneten Männern
ausgeführt werden (vgl. das berühmte Steatitrv-
ton von Hagia Triada, Eendic. Acad. Lincei XTV
(1905) S69ff., das Pysisfragment Ann. brit. school
of Ath. Vn S. 95 Fig. 31 und das Tonsiegel ebd.
IX S. 50 Fig. 35). Nicht unerwähnt bleiben
mögen auch die durch zahlreiche Darstellungen
ans mykenischer Zeit bezeugten Stierspiele, die
offenbar hervorragende Körperkraft und Gewandt-
heit voraussetzten (A. R e i c h e 1 Athen. Mitt. XXTV
85C); doch wird dadurch für die Träger der
kretiseh-mykenisehen Kultur noch nicht die Eig-
nung und Vorliebe für jene Art der G. erwiesen,
die später bei den Griechen einen solchen Auf-
schwung genommen hat. Ihre Einführung war
vielmehr den nächsten Völkerschichten vorbehal-
ten, die von Norden her an das Gestade des
Ägäischen Meeres vorrückten. Dem kriegerischen
Charakter dieser Stamme entsprach auch die Art
ihrer Wettkämpfe: das Wagenrennen, der Wett-
lauf, der Bing- und Faustkampf, der Stein- und
10 Speerwurf und das Bogenschießen. Dort, wo sich
die neuen Einwanderer, die Achäer und Dorer,
festsetzten, so namentlich im Peloponnes, er-
standen die Hauptstätten für die Wettkämpfe,
und Lakedaimon ward später der Hort der G.
und körperlichen Ausbildung.
Homerische Zeit. Die ältesten historischen
Nachrichten bringt das Homerische Epos. Aber
schon hier finden wir die gymnastischen Übungen
auf einer solchen Stufe der Vollkommenheit, daß-
20 vorher eine lange Entwicklungsdauer vorausgesetzt
werden muß. Es finden sich nicht nur fast sämt-
liche Arten von Übungen, die in historischer
Zeit gepflegt wurden, sondern auch ihre Durch-
führung ist, soviel wir sehen können, in vielen
Einzelheiten bereits vollkommen auf der Höhe
späterer Vollendung, ja es gibt sogar sozusagen
Spezialisten in einzelnen Kämpfen, die ihre Über-
legenheit nicht bloß ihrer natürlichen Anlage,
sondern gewiß auch fleißiger Übung zu verdanken
30 hatten. Auch diente die G. schon damals ago-
nistischen Zwecken einerseits, dem Vergnügen
und der Erholung andererseits, doch huldigen
nur die Vornehmen dem Sport, oder wenigstens
wird im höfischen Epos nur auf sie Bücksicht
genommen. Ein Menschen alter zurück verlegt
übrigens der Dichter selbst die Sitte Verstorbene
durch gymnastische Wettspiele zu ehren, wenn
er den greisen Nestor IL XXIII 629ff. erzählen
läßt, wie er als junger Mann bei den Leichen-
40 spielen für Amarynkeus alle anderen im Faust-
kampfe, Bingen, Laufen und Speer wurf überragte,
im Wagenrennen den kürzeren zog. An Cbungen
reicher sind die im XXIII. Gesang geschilderten
Leichenspiele des Patroklos. Nach dem Wagen-
rennen, das nicht hieher gehört, steht auch hier
der Faustkampf an der Spitze (664—699), in
welchem der kundige Epeios gegen Euryalos
Sieger bleibt. Bemerkenswert ist, daß bereits
Faustriemen in Verwendung kommen. Es folgt der
50 Ringkampf zwischen Aias und Odysseus, der un-
entschieden bleibt (700—739). In beiden Fällen
sind die Kämpfer nur mit dem Zoma bekleidet.
In dem folgenden Wettlaufe (740 — 797) kommt
der Oilide Aias zu Fall und wird zweiter, wäh-
rend Odysseus den Preis davonträgt, Antilochos
mit dem dritten vorlieb nehmen muß. In dem
AVaflFenkampfe zwischen dem Telamonier Aias
und Diomedes kommt ersterer in Gefahr, so daß
die Achäer dem Kampfe ein Ende machen. Eine
60 solche Hoplomacbie ist allerdings nicht mehr zu
der später sogenannten G. im eigentlichen Sinne
zu rechnen. Wohl aber wiederum der im An-
schluß beschriebene Fernwurf mit dem gewaltigen
Solos aus Gußeisen, den Achill als Preis setzte.
Polypoites wirft den Klumpen mit Leichtigkeit
viel weiter als der Telamonier Aias und als
Epeios. Es folgt ein Tanbenschießen mit dem
Bogen. Den letzten Preis aber erhält Agamem-
20S7
Gymnastik
Gymnastik
2038
non ohne Kampf. Die gleichen Übungen wie in
der Ilias sind auch in der Odyssee noch im
Schwange: VIII 109ff. laufen die Phäaken um
die Wette und üben den Kingkampf, Sprung,
Scheibenwurf und Faustkampf. Von Euryalos
verhöhnt, ergreift auch Odysseus (186), ohne sein
Gewand abzulegen, einen gewaltigen Diskos,
größer als der der Phäaken, und schleudert ihn
weit hinaus über die Marken aller übrigen. Auch
auch in der Entwicklung der G. einen Wende-
punkt bedeuteten, unter dem Einfluß deT histo-
rischen Ereignisse die wichtige Änderung vor
sich gegangen, daß die Pflege der Leibesübungen
und der Wetteifer in der Geschicklichkeit und
Kraft von den vornehmen Ständen allmählich
auf das Volk und die Bürger überging, ja daß
ihr eine wichtige Aufgabe im Staate, namentlich
in Bezug auf Jugenderziehung zufiel. Der An-
rühmt er seine Tüchtigkeit im Faust- und Eing- 10 stoß hiezu ist ohne Zweifel von den eingewan-
kampf (IV 342ff.) und Wettlauf, sowie im Bogen- derten Dorern ausgegangen, die ja auch in histo-
sehuß und Speerwurf, und ist bereit, sie zu be- rischer Zeit in Bezug auf G. lange die Führung
weisen. Alkmoos lehnt ab mit dem Bemerken,
das Boxen und Eingen sei nicht der Phäaken
stärkste Seite, wohl aber überragen sie die übrigen
in der Schiffahrt, im Lauf und Tanz und in der
Musik, was dann in entsprechenden Aufführungen,
insbesondere einem orch estischen Ballspiele des
Halios und Laodamos bewiesen wird. Bezeichnend
behielten, nach der Überlieferung speziell von den
Kretern und Lakedaimoniern: Thuk. I 6, 5 (,1a-
y.Eäaifiörioi) iyv/ivcö-drjöav rs jiqwxoi y.al i; rä
tfavcQOV äzzodvvzEs Utto. ftsia tov yvfivä&a&at;
rßshfavjo. Plat. Rep. V 452 C rJQ%ovTO röiv yv/4-
vaatcov zzqwtoi fikv KqfjTzq, znzixa Aaxebatftövioi,
Bestätigt werden diese Nachrichten zunächst durch
für den sportmäßigen Betrieb der Leibesübungen 20 die lakedaimonische Tradition, welche der nebel-
ist, daß die Achäer während des Grolles des haften Gestalt des Gesetzgebers Lvkurgos (s.u.)
Achüleus sich am THsknswnrf. S™»«-. ™d TWan. auc ;h ^ Fürsorge für die leibliche Ausbildung
der spartanischen Jugend und zwar männlichen
und weiblichen Geschlechtes zuschrieb, und für
Kreta durch gewisse Einrichtungen in der Bürger-
schaft. Einen der ältesten Beweise für die Wich-
tigkeit der G. im Staate bietet das Gesetz von
Gortyn, das zwar jetzt in das 5. Jhdt. versetzt
_ wird, aber doch wohl einen weit älteren Zustand
gespielt hat, freilich ganz anders als in der hi- 30 kodifiziert (vgl. Dareste etc. Eec. des inscr.
storischen Zeit. Obwohl sich an der jungen Stelle juiid. gr. 40b*f., 437f.). Dort wer
Achüleus sich am Diskoswurf, Speer- und Bogen-
schießen erfreuen (II 774), und daß die Freier
der Penelope sich die Zeit vor dem Mahle mit
Scheibenst h wung und Speerwurf vertreiben, gegen-
seitig ihre Kräfte messend. Aus alldem geht
hervor, daß die G. zur Zeit Homers, wenn auch
noch nicht systematisch betrieben, doch bereits
eine wichtige Bolle im Leben des freien Mannes
des Schiffskatalogs auch eine Andeutung der Ver-
breitung des Sportes im Volke {Xaoi) erkennen
läßt, ist er doch im ganzen ein Privileg der Vor-
nehmen. Dient er ja doch zum Zeitvertreib und
Spiele, dem nur die Fürsten huldigen können,
oder als Maß jener körperlichen Tüchtigkeit,
über die wiederum nur die Besten des Volkes
verfügen. Ein allgemeiner Wettbewerb ist ebenso
ausgeschlossen wie ein ausgebildetes Spezial- 40 Sklaven waren hievon auldrückllc}7aüsgeschlossen
verden zwei Alters-
klassen, Jünglinge und Männer, nach dem Ver-
hältnis zum Gymnasion, bei den Kretern dgö/uo?
(Suid. s. ögöfiotQ), als a^68(to(.ioi und doo/uei?
bezeichnet (Hermann-Thumser Staatsaltri42).
Diejenigen, welche 10 Jahre in der Männerabtei-
lung absolvierten, hießen dexäöoofwi (Hesych.
s. v.). Dies ist ein Beweis, daß" alles au/die-
gymnastische Ausbildung aufgebaut war. Diö
Training. Doch ist das agonistische Prinzip, der
Drang, seine Kräfte mit einem Gegner zu messen
und durch dessen Besiegung Ruhm zu ernten,
sowie die Freude an Wettkämpfen jeder Art
schon bei Homer ebenso lebendig, wie dies später
ein Hauptcharakteristikon des Griechenvolkes
bildet, und schon damals hat dies auf die G. be-
fruchtend eingewirkt.
Dorer. Nationalfeste. Der Schleier, der zeichnend ist, daß die erste Erneuerung der Spiele
sich auf die unmittelbar folgende geschichtliche 50 von dem dorischen Nationalhelden Herakles : -
Arist. Pol. II 5, 1264 a 21). Von besonderer
Bedeutung ist die Tatsache, daß das älteste Na-
tionalfest der Hellenen, bei dem gymnastische-
Wettkämpfe veranstaltet wurden , das Hochfest
des Zeus, im Peloponnes, wenn auch nicht auf
streng dorischem Boden, begründet wurde. Hie-
bei möge die mythische Vorgeschichte Olympias
außer acht bleiben , obwohl es wiederum be-
Entwicklung senkt, verdeckt uns zunächst auch
die Fortschritte, welche die G. damals gemacht
hat. Anlaß zu gymni sehen Spielen werden auch
weiterhin die Leichenfeierlichkeiten für vornehme
Tote gegeben haben, zumal sich diese Sitte auch
in historischer Zeit erhalten hat und mehrfach
nachweisen läßt (s. o. Bd. I S. 841). und daher
die Vermutung nahe liegt, daß auch die großen
Nationalspiele der Hellenen in letzter Linie auf
Werk gesetzt sein soll, und die endgültige Be-
stimmung der Satzungen kein Geringerer als
Aristoteles neben dem König von Elis Iphitos
auch dem Lvkurgos zuschreibt (Flut. Lvk. lj. Do-
rischer Einfachheit entspricht es wohl auch am
besten, daß von kostbaren Preisen wie in home-
rischer Zeit nunmehr keine Rede mehr ist, und
daß ein unscheinbarer ölkranz als äußeres Zeichen
des unermeßlichen Ruhmes dem glückliehen Sieger
einen Totenkult zurückgehen (Roh de Psyche 2 60 genügt, während z. B. die Athener an den Pan-
151). Mit dem Götterkult wurden die Wettkämpfe
frühzeitig verbunden. Die älteste Nachricht im
Homerischen Hymnus auf Apollon 149, wonach
dieser Gott auf Delos durch Faustkämpfe und
Tanz geehrt wurde. Während aber in homerischer
Zeit der Sport im wesentlichen Sache der Vor-
nehmen war, ist in der Zwischenzeit bis zur
Grfindung der Nationalfestspiele, die naturgemäß
athenäen die Sieger mit kostbarem öle beteilten.
Der Kreis der Teilnehmer an dem Wettkampfe
ist in der ersten Zeit ein lokal beschränkter, und
wenn nach dem Ausweise der Olympionikenlisten
bis zur 20. Olympiade ausschließlich Peloponne- .
sier verzeichnet werden, so mag das verschiedene
Gründe haben, wird aber sicherlich auch mit der
Entwicklung der G. zusammenhängen. Freilich
«vüj uyiirnuaun.
*nuß festgehalten werden, daß nach neueren
Forschungen der älteste Teil der Olyinpiadenliste
nicht als völlig zuverlässige Quelle anzusehen ist,
da ihr Verfasser Hippias vieles nur kombiniert
haben wird (vgl. Jüthner Phil. Gymn. 67 f.).
Dies bezieht sich aber wohl mehr auf die chro-
nologischen Ansätze als auf die mitgeteilten Tat-
sachen selbst, die auf alter elischer Tradition
beruhen können.
\xyiuua»u& övw
boten der Eleer zurückgeführt, das Stadion auf
eine Art Fackellauf vor dem Anzünden des Opfers,
der Diaulos entstand dadurch, daß Läufer den
Festgesandtschaften entgegenliefen, um sie zu
begrüßen, und wieder zurückkehrten , um deren
Ankunft zu melden; der Waffenlauf, der den
Agon beschließt, bedeutet nach der Ansicht des
Philostratos, der andere Meinungen bekämpft,
den Übergang vom Gottesfrieden zum Kriegszu-
In den ersten 50 Olympiaden spielt sich nach 10 stand , der Faustkampf sei eine Erfindung der
Ulis Pvllfll+.nTlPTl T/1S+J1T1 faof j-iio rrocpat-rt+n Avic< T nirfl/loimftnifli. Ain an rinn .tt. 'kr, "U «1 „..(.«,. TT^^C
•den uns erhaltenen Listen fast die gesamte Aus-
gestaltung der gymnastischen Wettkämpfe ab,
und sollte nicht alles der Wahrheit entsprechen,
so ist diese Überlieferung wenigstens ein Zeugnis
dafür, wie man sich die erste Entwicklung der
■G. und Agonistik im Altertum vorgestellt hat.
Man konnte dieselbe nicht nur den vollständigen
Olympiadenlisten entnehmen, sondern auch aus
Auszügen ersehen, die, wie es scheint, in die
Lakedaimonier, die so den unbehelmten Kopf
schützen mußten , Ringkampf und Pankration
aber sind dem Kriege zu Nutzen erfunden. Diese
Nachrichten, denen kaum ein historischer Wert
beizumessen ist, sind nicht darnach angetan,
unsere Kenntnis von der damaligen Entwicklung
der G. ernstlich zu erweitern.
Greifbare Resultate lassen sich in Bezug auf
die allmähliche Verbreitung des gymnastischen
lüstori sehen Einleitungen dieser Listen aufge- 20 Sportes aus den Angaben über die Heimat der
nommen waren (vgl. Jüthner a. 0. lllff.).
lialten sind uns mehrere Beispiele: IG II 978
= Dittenberger Syll.a II 669. Paus. V 8, 5
—9, 2. Phil. Gymn. 12 und 13. Sehr gekürzt
auch Plut. quaest. eonv. V 2. Diese Auszüge
führen die Daten an, wann die einzelnen Karapf-
arten in Olympia eingeführt sein sollen. Die
Reihenfolge der gymnastischen war: Ol. I ~ 776
v. Chr. der Stadionlauf, Ol. 14 = 724 der Doppel-
Sieger in der älteren Zeit gewinnen, wobei aber
nicht bloß die Olympiadenliste des lulius Afri-
canus heranzuziehen ist, die fast nur die Sieger
im Stadionlauf enthält, sondern auch sonstige
Nachrichten, wie sie von H. Förster Olympische
Sieger, Progr. 1891—92 zu einem reichhaltigen
Verzeichnis verarbeitet sind. In den ersten Olym-
piaden werden, wie gesagt, nur Peloponnesier
bekränzt, und zwar Athleten aus Elis, Messene,
lauf, Ol. 15 = 720 der Dauerlauf, OL 18 = 708 30 Korinth , Dyme, Kleonai; als der erste Dolicho-
das Pentathlon und der Ringkampf, OL 23 = 688
Faustkampf, Ol. 33 = 648 Pankration, Ol. 37
= 632 Wettlauf und Ringkampf der Knaben,
Ol. 38 = 628 Fünfkampf der Knaben, Ol. 41
= 616 (oder Ol. 60 = 540) der Knabenfaust-
kampf, Ol. 65 ^ 520 Waffenlauf, Ol. 145 = 200
Knabenpankration. An diese allmähliche Ent-
wicklung der olympischen Wettkämpfe knüpft
Philostr. Gymn. 13 die Bemerkung; zavxa ovx
drom figuriert ein Spartaner, im weiteren Ver-
lauf kommt Megara, Epidauros, Sikyon, Hype-
resia, Athen und Theben hinzu, und bevor das
erste Jahrhundert des Bestandes der Spiele zur
Neige ging, siegte ein Bürger von Smyrna Ono-
mastos im Faustkampf, und er bekundete in seiner
Kunst eine solche Sachkenntnis, daß die Eleer
nach dem Berichte in den Listen von ihm die
Boxregeln ausarbeiten ließen, was mehr als sein
■av ,«o: Soxei xad 1 " ev ovraat imgeXüelv dg äy&vag 40 Sieg beweist , daß der Faustkampf damals in
■ovÖ" av oxovSao&rjvat jzoze 'Hlelotg xai "ElXtjot T — '-- *-.—•.«- — i- -i j.m .t. ... t^-j....: _i_i
naoiv, €i fit-j yvfxvaatixr} ixedidov xai rjoxsi avtd •
xai yag avzai i&v ä&ktjTÖiv al vixat xal zolq
yvfivaOTat; — ov fietov 77 toi$ a&?.ijratg — tzqös-
xuvtat. Philostratos möchte also die Entwick-
lung der gymnastischen Agonistik vom einfachen
Lauf bis zu der schließüchen Mannigfaltigkeit
der Wettkämpfe als Verdienst der berufsmäßigen
<}. hinstellen, welche die einzelnen Übungen der
Ionien bereits zu hoher sportlicher Entwicklung
gelangt war. Auch die Kolonien in Großgriechen-
land werden allmählich in den Bereich herein-
gezogen.
Sparta. Aber das klassische Land der G.
ist bis tief in das 6. Jhdt. Lakonien, dessen Vor-
rang auf dem olympischen Sportplatz während
dieser Zeit unbestritten war. Fiel ihm ja gleich
bei der ersten Einführung der meisten Übungen
Reihe nach erfunden und ausgestaltet habe. Das 50 der Sieg zu: abgesehen von dem ersten Dolichos-
ist aber insofern unhistorisch , als ja , wie wir sieger Akanthos waren Lakonier auch der erste
wissen, die meisten Kampfarten lange vor der
■ersten Olympiade schon Homer bekannt und im
wesentlichen ausgebildet waren. Die Überlieferung
von der allmählichen Einführung in Olympia muß
also wohl andere Gründe haben, und G a r d i n e r
-Greek athlet. Sports 52 denkt daran, daß der Ur-
heber der Olympionikenlisten Hippias die von
ihm aufgetriebenen Daten der ersten Erwähnung
Sieger im Pentathlon Lampis, im Ringkampf
Eurybatos (nach anderen aus Lusoi), im Knaben-
ringkampf der fünffache Sieger Hipposthenes, im
Knabenfünf kämpf Eutelidas. Die ganze Erzie-
hung der spartanischen Jugend ging darauf aus,
tüchtige und abgehärtete Krieger zu erzielen,
weshalb dort auch die G., und zwar in ihrem
ganzen L'mfang, als Vorübung zum Kriege eine
der älteren Kampfarten als Daten der Einführung 60 hervorragende Rolle spielte. (Vgl. Schoeniann-
^intrug. Durch nichts begründet ist auch die Lipsius Griech. Altert. 264. Freeman Schools
Annahme Philostrats, daß die berufsmäßige G.
so hoch hinaufgereicht habe. Und was er uns in
den Kap. 3—11 über den Ursprung der einzelnen
Kampfarten berichtet, beruht wohl ebenfalls auf
bloßer Kombination, was schon aus der Art der
Darstellung, namentlich z. B. im Kap. 7, hervor-
geht Darnach wird der Dauerlauf auf die Kriegs-
of Hellas 1907, 26ff. Eiarchopulos Erz. tu
Unterr. in Sparta u. Athen im 5. und 4. Jhdt.
v. Chr. 1909, 32ff.). Im einzelnen sind wir be-
treffs der Organisierung der gymnastischen Aus-
bildung nicht genau unterrichtet, im allgemeinen
aber wissen wir, daß niemals athletische Technik,
sondern ausschließlich Körperkraft, Ausdauer und
öv*a vjrjrimuwtiÄ.
Gewandtheit bezweckt wurde (Anthol. gr. II 625).
Daher wurden die Fechtmeister oder Hoplomachen
von Sparta ferngehalten (Plat. Lach. 182 E) und
keine Paidotriben angestellt : Plut. apophth. Lac.
27 TOtg itakaiovöi uiaidotQißag ovx £<piaT<xrov, tva
. pi] xexvqs <UA' aQszfjg r\ q>tloxi/j.ta yevrjrat. Das
Geschäft des Turnlehrers wie auch des Taktikers
(Phil. Gymn. 19) versah der Gymnast (s. d.).
Daß die Lakonier den Faustkampf und das Pan-
kration gänzlich verschmäht hätten, wie in den 10
Handbüchern zu lesen ist (vgl. Jüthner Phil.
Gymn. zu 138, 35), beruht anf irriger Interpre-
tation. Der Faustkampf, dessen kunstmäßige
Ausbildung dem lakonischen Stammheros Poly-
deukes zugeschrieben wird, gilt ja als lakonische
Erfindung (Philostr. Gymn. 9), und als Vorübung
zum Kriege mußten gerade diese beiden Kampf-
arten besonders gnte Dienste geleistet haben.
Verboten war den Spartanern nur in den öffent-
lichen Spielen darin aufzutreten, da beim Faust- 20
kämpf sowohl wie beim Pankration die Entschei-
dung, wenn nicht Kampfunfähigkeit eintrat, da-
durch herbeigeführt wurde, daß sich der Unter-
liegende ausdrücklich für besiegt erklärte. Einer
solchen Möglichkeit aber durfte sich kein Spar-
taner aussetzen. So sind die betreffenden Stellen
zu verstehen: Plut. Lyk. 19; apophth. Lykurg.
4. PML Gymn. 9. Sen. de benef. V 3, 1. Die
Pflege der beiden Übungen der Abhärtung halber
beweisen Stellen wie Philostr. Gymn. 58fine;30
Imag. II 6. Xen. resp. Lac. IV 6, und die Nach-
äffung der spartanischen Boxlust durch die La-
konomanen in Athen, Plat. Prot. 342 B. Ergänzt
wurde die gymnastische Ausbildung der sparta-
nischen Jugend durch gewisse Turnspiele wie den
Platanistas (s. d.) und gewisse Mittel der Ab-
härtung, wie die dtapaouycoöts (s. o. Bd. III
5. 325), worauf hier nicht näher eingegangen
wird.
Spezifisch spartanisch ist es, daß auch die 40
Mädchen eine ähnliche gymnastische Erziehung
erhielten wie die Knaben, damit sie, wie Philostr.
Gymn. 27 sagt, einmal die häusliche Arbeit besser
verrichten und gesunde Nachkommen zur Welt
bringen können. Sie wurden zum Laufen, Ringen,
Schwimmen, Diskos- und Speerwurf angehalten
und unter freiem Himmel abgehärtet (Xen. resp.
Lac. I 4. Plat. Rep. V 452 A ; Leg. VJJI 833 C,
D. Plut. Lyk. 14. Aristoph. Lys. 82. Cic. Tusc.
disp. II 15). Bekleidet waren sie hierbei mit 50
einem kurzen Gewände. Da ihre Wettkämpfe
und Spiele öffentlich waren, wurde auch ein ge-
sundes Verhältnis beider Geschlechter zueinander
erzielt (Schoemann-Lipshis 268f. Hermann-
Thumser 180). Übrigens gab es an den He-
räen zu Olympia einen Wettlauf für Mädchen
über 500' (Paus. V 16, 2ff.) und in späterer Zeit
im Gymnasion zu Chios einen Ringkampf zwi-
schen Jünglingen und Jungfrauen (Athen. XLTI
566 E). Über Frauen-G. in Kyrene vgl. Boeckh60
zu Pind. Pyth. IX 102 p. 328 und im allge-
meinen Meyer De virginum exercitat. gymn. ap.
veteres, Progr. Clausthai 1872.
Der Vorrang Spartas auf dem Gebiete der G.
war zeitlich begrenzt. Es tritt später zurück und
steht zur Zeit des Aristoteles in der G. sowohl
wie im Kriege den übrigen Staaten nach (Polit.
Vm 4, 1338 b 24ff.). Aristoteles erklärt die
seinerzeitige Superiorität damit, daß Sparta da-
mals der einzige Staat war, der seiner Jugend
eine gediegene militärisch-gymnastische Erziehung-
angedeihen ließ und dadurch die übrigen Staaten»
übertraf, als diese aber seinem Beispiele folgten,,
dieses Übergewicht einbüßte. Dies entspricht ins
der Tat der historischen Entwicklung ; denn Sparta
wurde der Lehrmeister des übrigen Griechenland
auf dem Gebiete des Krieges und Sportes, ward
aber später in der physischen Ausbildung von
den übrigen Staaten zum mindesten erreicht, auf
geistigem Gebiete aber insbesondere von Athen;
weit überflügelt.
Die Zugkraft der großen Nationalspiele und
damit Hand in Hand die Verbreitung des athleti-
schen Sportes läßt sich in der Folgezeit daran
erkennen, daß nunmehr auch die westlichen Ko-
lonien hervortreten : Ol. 33 siegt der Syrakusaner
Lygdamis in dem neu eingeführten Pankration^
Ol. 41 Philytas aus Sybaris im Kuabeufaustkampf.
In dem spät eingeführten Knabenpankration, Ol.
145, wurde zuerst ein Ägypter aus Naukratis:
ausgerufen. Die immer weitere Verbreitung des
agonistischen Interesses zeigt sich auch darin,
daß sich in Olympia zu den Schatzhäusern des
Mutterlandes auch solche der Kolonien gesellen^
noch im 7. Jhdt. von Gela, im 6. von Metapont,.
Selinus, Sybaris, Byzanz, Kyrene. Bei diesem
kolossalen Aufschwung der Agonistik konnte ein
einziges National fest auf die Dauer nicht genügen r
und es folgte im 6. Jhdt. die offizielle Einfüh-
rung der übrigen großen Festspiele, der Pythien r
Isthmien (582) und der Nemeen (573), die in ihren
Anfängen jedoch beträchtlich älter sind. Über
die Nationalspiele vgl. zuletzt Gardiner a. O.
194—248, über das agonale Prinzip bei den Grie-
chen auch Burckhardt Griech. Kulturgesch.
IV 89ff.
A t h e n i m 6 . J h d t. Zur Verbreitung der G. irr
jener Zeit trug aber nicht bloß der Aufschwung der
Agonistik bei, sondern noch ein anderer, viel wich-
tigerer Umstand, der oben schon angedeutet ist
und der diese Kunst erst so recht zum National-
eigentum der Hellenen und zu einem integrierenden*
Bestandteil und einem unterscheidenden Merkmal
ihres Nationalcharakters gegenüber andern Völkern
gemacht hat. Es ist dies die Tatsache, daß unter
dem Einflüsse der Dorer und insbesondere der
Lakedaimonier auch die anderen Griechenstämme'
der G. in der Erziehung ihrer Jugend einen her-
vorragenden Platz einzuräumen begannen. Wir
können diesen Vorgang besonders in Athen
genauer verfolgen. Hier hat die Vorliebe für die
Leibesübungen ziemlich bald Eingang gefunden.
Nach den Olympiadenlist cn und nach dem Aus-
zuge IG LI 978 (s. o.) war der erste athenische
Sieger in Olympia der Stadionläufer Pantakles
Ol. 21 (ß96) ; der auch in der darauffolgenden
Olympiade siegte, bald darauf folgte Eurvbos und
Stomas. Im Diaulos siegte OL 35 (640) der Ty-
rann Kylon und unmittelbar darauf Phrynon im
Pankration. Also schon im 7. Jhdt. weist Athen
Meistcrleistungen in der G. auf, und wenn solche-
aus dem 6. Jhdt. nicht berichtet werden, so hängt
dies wohl mit der Lückenhaftigkeit unserer Über-
lieferung zusammen; denn gerade in jener Zeit
erfährt die G. in Athen einen großartigen Auf-
schwung. Dies erklärt sich vor allem dadurch,.
■daß der große Gesetzgeber Solon (Archon 594/3)
der Jugenderziehung nach dorischem Muster be-
Tiufs Vorbereitung für den Krieg eine gymnasti-
sche Grundlage gab und die Teilnahme an den
Leibesübungen gesetzlich regelte. Die Jugend
wird in Musik im weiteren Sinne und in G. unter-
richtet, und zwar in den Schulen von Elemen-
tarlehrern, in den Palästren von Paidotriben, und
die Turnschulen mußten von Sonnenaufgang bis
Hellene hatte Zutritt zur Konkurrenz bei den
großen Nationalspielen, wo nur die persönliche
Tüchtigkeit zu Ehre und Ruhm . verhalf. Ein
entschieden demokratischer Zug kommt auch in
der sportlichen Betätigung zur Geltung, und der
Adel mußte seinen einst unbestrittenen Vorrang
an körperlicher Tüchtigkeit in freiem Wettbe-
werb zu behaupten suchen. Die Vornehmen ver-
schmähten dies nicht, und noch gegen Ende des
-..lliebgew^ ilulJi ^M
Sport setzte der Jüngling und der erwachsene
Mann auch weiter fort. Aber ebenso wie bei den
Dorern ist das Training das ausschließliche Vor-
recht der Freien, dem Sklaven war es ausdrück-
lich verboten, gymnastische Übungen vorzunehmen
{Aischin. a. 0. 138. Plut. Solon 1). Dagegen
ist es ein Verdienst der sozialen Reform Solons,
(Hcrod. V 22).
Naturtraining und Anfänge der Ath-
letik. Die großartige Entfaltung der gymni-
schen Agonistik zeitigt nunmehr einen Umschwung,
der für die weitere Entwicklung der Cr. von grund-
legender Bedeutung war. Es vollzog sich all-
mählich der "Übergang von der NatuT zur Kunst.
,i ß n- .. , „ . : "" uuu i uiHij.ij.L-ii iici t, ucigaijii vuxt u.er maiUT zur Ji.unst.
daß die gymnastische Erziehung definitiv auf- 20 Die großen Ehrungen und Vorteile, die mit einem
hört ein Vorrecht des Adels zu sein. Auch der
gemeine Bürger hat fortan die Möglichkeit, ja
die Pflicht, sich jene Kraft und Geschmeidigkeit
des Körpers anzueignen, die ihm Selbstgefühl
und freies, selbstbewußtes Auftreten in der Volks-
versammlung und vor Gericht verschafft. Auch
2u dein sportlichen Betriebe spornte Solon an,
indem er für einen Sieg in Olympia als Ent-
Sieg namentlich zu Olympia verbunden waren
(s. o. Bd. I S. 847ff.), mußten dahin führen, daß
man auf Mittel und Wege sann, um die sportliche
Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Denn die natür-
lichen Anlagen und die im gewöhnlichen Leben
gebotene Gelegenheit, die Körperkraft und Ge-
schicklichkeit zu üben, konnten bei der kolossalen
Konkurrenz auf die Dauer nicht mehr genügen,
S 1 ^^^* 8 ^^ ^^^^^ 61 ^ ^ mußte vielmehr allmählich" einV'sor^äSge,'
Sieg an den Isthmien 100 Drachmen bestimmte 30 sv -^---^-- -■• -~ * - — - B - — s - '
«eg _. _
{Plut. Sol. 23. Diog. Laert. 1 55). Er wird auch
an der glanzvollen Ausgestaltung der Panathe-
näen (s. d.) , die von Euseb. Chron. II 94 Schoene
in das J. 566 v. Chr. verlegt wird, beteiligt
gewesen sein, wodurch für Attika selbst ein sport-
liches Zentrum geschaffen wurde. Auf welcher
Höhe der Entwicklung die G. in Athen schon
im 6. Jhdt. stand, dafür bietet die älteste pan-
athenäische Amphora und die zahlreichen sf. Va-
ystematische Vorbereitung zum Wettkampfe Platz
greifen. Besorgt wird diese durch kundige Trainer,
und es bildet sich ein Stand von Berufsathleten,
die in der Beteiligung an Wettkämpfen ihre Le-
bensaufgabe erblicken. Den genauen Zeitpunkt
für diesen Übergang anzugeben, wird wohl nie
gelingen, da er sich ja auch nicht auf einmal
vollzog, sondern offenbar einen längeren Zeitraum
in Anspruch nahm. Daher wissen auch die Alten
den Beginn der kunstmäßigen Athletik nicht an-
des iMkosthenes (Benndorf Wien. Vorlegebl
1889 Taf. VII), des Amasis (Adamek Unsignierte
Vasen des Amasis Taf. II) u. a.
Die mächtige Entwicklung der G., die wir
;an Sparta und Athen speziell ins Auge gefaßt
haben, wird mehr oder weniger intensiv auch
in den übrigen Staaten der Hellenen vorauszu-
er meint damit die Gymnastenkunst — die Ver-
mehrung der Übungen bei den olympischen Spielen
zur Folge hatte. Damit projiziert er die Exi-
stenz der kunstmäßigen G. und Athletik bis ins
7. Jhdt., was ja, buchstäblich genommen, aus-
geschlossen und nur seiner Sucht zuzuschreiben
ist, die von ihm verherrlichte Kunst möglichst
c,^™« -~* n 1 7- ,"""""-" .~i»« oai A- io t) Luc vun iiiiii ^ernerrnence j\.unst möglicnst
etzensem. Der praktische Hauptzweck war die 50 alt zu machen. Sein Schluß ist gerade umzu-
körperliche Ausbildung und Abhärtung für den
Krieg, dazu die Erzielung von Gesundheit und
Geschmeidigkeit des Körpers. Das Mittel hierzu
waren allerhand Leibesübungen sportlicher und
kriegerischer Art, dann aber auch Spiel, insbe-
sondere Ballspiel und Tanz. Musikbegleitung
war nicht bloß bei letzterem, sondern auch beim
Turnen üblich. Die Feste der einzelnen Gemein-
den boten Gelegenheit, die körperliche Tüchti^
kehren: nicht die G. hat den Aufschwung der
Festspiele verursacht, sondern durch diesen wurde
die kunstmäßige G. ins Leben gerufen, um durch
systematisches Training für den Wertkampf ent-
sprechend vorzubereiten. Übrigens steht Philo-
stratos mit sich selbst im Widerspruch, da er
Kap. 43 für das ursprüngliche, natürliche, von
der Kunst noch unberührte Training viel jüngere
Beispiele anführt, nämlich den Polymestor aus
\^n- ^ -u o---— • —- -v Y wji™ 5 Alling- neispieiu amnmr, namucn den roivmestor aus
reiL AT. VaChse , nden ,J . Ugen,i - aber auch der 60 Milet < 596 T - Chr 0> d " als H ^te Hasen im Laufe
reifen Manner zu prüfen und zu messen und rli«p ^i^^L j m t;,.'.-,.-. ,™ x- , ~T A * 7!
reifen Männer zu prüfen und zu messen, und diese
kleinen lokalen Agoue konnten als Vorspiel für
die großen panhellenischen Feste angesehen wer-
den. A\ir können annehmen, daß sich in Olympia
die besten Kämpen aus den verschiedenen Staaten
Unechenknds zum Wettkampfe zusammenfanden
Jeder taugliche freie Mann nahm zu Hause an
<ler gymnastischen Ausbildung teil, und jeder freie
einholte, den Tisandros von Naxos (um 540), der
seinen Körper durch Schwimmen stählte, den
Alesias, wohl identisch mit Amesinas (Afric. zu
OL 80 = 460), der sich mit einem Stier zum
Ringkampfe trainierte, und Pulydamas von Sko-
tussa (408 v. Chr.), der mit einem Löwen rang.
Ist sein Ansatz in Kap. 13 viel zu früh, so fallen
namentlich die beiden letzten Beispiele in eine
\-t yiuutiaiiiJi
m yxuuia.au.iji.
Zeit, wo die Trainierkunst gewiß schon in voller
Blüte stand. Natürlich konnten aber auch Ago-
nisten ohne fachmäßiges Training gelegentlich
einen Sieg davontragen. Zu spät setzt den Ur-
sprung der kunstmäßigen G. auch Gab Thrasyb.
33 an. Aus dem Umstände, daß der Name yv/n-
va<fzr)s (s. d.) erst bei Piaton auftritt, schließt
-er, daß die Athletik kurz vorher aufgekommen sei.
Doch sprechen verschiedene Umstände für ein
höheres Alter. Die ersten olympischen Siege sind 10
freilich noch nicht durch Kunst, sondern auf Grund
natürlicher Anlage und Übung erkämpft worden.
Aber schon die Erzählung von Onomastos aus
Smynia, der OL 23 (688) den Eleern die Regeln
des Faustkampfes diktierte, muß als Hinweis aut
den Beginn einer kunstmäßigen Übung aufge-
faßt werden, und da solche Regeln doch von den
Bewerbern gelernt werden mußten, wird wohl
früher, als man gewöhnlich annimmt, eine Art primi-
tiver Trainierkunst aufgekommen sein, die sich 20
einerseits in den Athletenfamilien vererbte (man
vgl. im 5. Jhdt. die Diagoriden auf Rhodos),
anderseits auch durch Unterricht verbreitet wer-
den konnte. Ohne ein frühzeitiges Ansetzen eines
gewissen Training hätte in der sf. Vasenmalerei
des 6. Jhdts. nicht jener Athletentypus geschaffen
werden können, der schon so deutlich auf eine
-die Athleten uniformierende Lebensführung hin-
weist. Ich meine gerade ältere Beispiele, wie
die beiden oben genannten Stainnoi, ferner den 30
in Paris Bibl. nat. 252 (de ßidder Catal. I
p. lo'O. Gardin er a. 0. 418) oder die Gefäße
des Nikosthenes, wie die Amphora im Brit. Mus.
B 295 abg. Gardiner a. 0. 420 oder Wien. Vor-
legebl. 1890-1891 Taf. IV sowie des Amasis:
Adamek Unsign. Vasen Taf. II. Hier werden
zwar mit noch unzulänglichen Mitteln, aber mit
einem gesunden Naturalismus, der freilich bald
der nivellierenden Herrschaft des Athletenideals
zum Opfer fiel, beleibte Kämpferfiguren mit 40
gewaltiger Muskulatur gezeichnet, die in ihrer
typischen Erscheinung als Beweis für die Exi-
stenz eines Athletenstandes in der damaligen Zeit
angesprochen werden müssen. Die Darstellungen
auf den Stamnoi sind übrigens auch dadurch
interessant, daß die Athleten sämtlich noch mit
dem Leibschurz versehen sind, der seit Homer
bei gymnastischen Übungen, anfangs auch bei
den olympischen Spielen üblich war. Seine Ab-
schaffung daselbst wird einem Zufall zugeschrie- 50
ben. Der Stadionläufer Orsippos von Megara soll
in der 15. Ol. (720) den Schurz beim Laufen
verloren oder abgeworfen und so den Sieg erlangt
haben, und seitdem sei die völlige Nacktheit vor-
geschrieben worden, die der G. den Namen ge-
geben hat (Paus. I 44, 1. Anth. Pal. App. 272).
Etwas besser stimmt mit den Vasenbildern die
Nachricht bei Thuc. I 6, 5, daß das Aufgeben
des Schurzes in Olympia kurz vor seine Zeit fallt.
Doch dies nur nebenbei. Die geringe Einschät- 60
zung des Laufes und Ringens, die Tyrtaios frg. 12 B
zum Ausdruck bringt , ist zu allgemein gehalten,
um zu entscheiden, ob er schon eine kunstmäßige
Ausübung im Auge hatte. Dagegen werden die
verächtlichen Worte, die Xenophanes frg. 2 B der
G. widmet, und der Vergleich mit seiner eigenen
,ootpirj' eigentlich erst klar, wenn man bereits
.eine Art athletischer Kunst voraussetzt, Ihre
ersten Anfänge dürften also schon im 6. Jhdt. zu
suchen sein.
Wie man sich die vor aufgehende gute alte
Zeit des natürlichen Training etwa vorzustellen
hat, das schildert mit begeisterten Worten Phi-
lostr. Gymn. 43 au der Stelle, mit deren Chro-
nologie wir uns oben befaßt haben. Sie lautet
im Zusammenhange : , Unter G. verstanden r die
Alten eine wie immer geartete körperliche Übung.
Es übten sich aber die einen durch Tragen schwerer
Lasten, die anderen, indem sie in der Schnellig-
keit mit Pferden und Hasen wetteiferten, oder
indem sie dicke Eisenplatten gerade und krumm
bogen oder sich mit kräftigen Zugochsen zu-
sammenspannen ließen, schließlich Stiere bän-
digten oder gar Löwen. Das taten Männer wie
Polymestor und Glaukos und Alesias und Puly-
damas aus Skotussa. Den Faustkämpfer Tisan-
dros aus Naxos, der um die Vorsprünge der Insel
herumschwamm, trugen seine Anne weit ins Meer
hinaus, sich selbst und den Körper trainierend'.
Das meiste, was hier Philostratos anführt, sind
Anekdoten, die an einzelne teilweise namhaft ge-
machte Athleten anknüpfen. Die Erwähnung der
Eisenplatten geht auf das Geradbiegen einer Pflug-
schar durch Glaukos, was von Philostr. 20, von
Paus. VI 10, 1 erzählt wird. Solche vereinzelte
Vorkommnisse sind für das systematische Trai-
ning selbst von geringem Wert gewesen , da-
gegen muß das Tragen von Lasten, das Heben
und Stemmen von Gewichten eine wesentlich
wichtigere Rolle gespielt haben, wie schon die
Zahl der Belege beweist. So soll Mi Ion von Kro-
ton einen vierjährigen Stier auf die Schultern
gehoben und im Stadion zu Olympia herumge-
tragen haben (Athen. X 412 e. Dorieus in Anth.
Gr. App. 20). Noch übertrotfen wurde er von
Titormos, der einen gewaltigen Stein, den Milon
kaum bewegen konnte, auf die Schulter hob und
ein Stück weit trug (Aelian. v. h. XII 22), wäh-
rend der neunjährige Theagenes ein Bronzebild
vom Marktplatz auf der Schulter nach Hause ge-
schleppt haben soll (Paus. VI 11 , 2). Solche
Kraftleistungen wurden auch verewigt. In Olym-
pia wurde ein Sandsteinblock von etwa 150 kg
gefunden mit einer Inschrift aus dem 6. Jhdt.,
welche wörtlich besagt, daß ein gewisser Bybon
ihn mit einer Hand über seinen Kopf ,hinüber-
warf (Olympia V 717. Jüthner Ant. Turng.
22. Gardiner Journ. hell. Stud. XXV1T 21).
Wie diese gewaltige Leistung zu verstehen ist,
ist noch nicht ganz aufgeklärt. G a r d i n e r Athlet,
sports 83 denkt an ein Heben mit beiden Hän-
den und Balanzieren und Schleudern mit einer
Hand; vielleicht war es eine Art Steinstoßen.
Viel mächtiger ist der auf Thera gefundene vul-
kanische Block von 480 kg, dessen von der Wende
des 6. Jhdts. stammende Inschrift besagt. Eu-
mastas, Sohn des Kritobulos, habe ihn vom Boden
aufgehoben (IG XII 449). An solche Beispiele
mag auch Philostratos gedacht haben.
Er schildert abeT nicht bloß das einstige
natürliche Training, sondern in der festen Über-
zeugung, daß das üppige Leben der Athleten in
der späteren Zeit den Niedergang der G. ver-
schuldet habe, spendet er auch der ursprünglichen
einfachen Lebensweise ein Überschwengliches Lob :
,Man badete in Flüssen und Quellen und war
*v*i ixymnaauit
gewöhnt auf der Erde zu schlafen, teils auf Häuten
hingestreckt, teils auf Lagerstätten aus Heu von den
Wiesen. Als Speise diente ihnen Gerstenbrot und
aus Kleienmehl hergestelltes ungesäuertes Weizen-
brot, imd das Fleisch, das sie genossen, war vom
Ochsen, Stier, Bock und Reh, und sie salbten sich
mit öl vom wilden Ölbaum und vom Oleaster. Daher
blieben sie bei ihren Übungen gesund und pflegten
spät zu altern. Sie beteiligten sich bald acht,
bald neun Olympiaden lang an den Wettkämpfen,
waren zu schwerem Waffendienst geeignet und
kämpften um die Mauern, auch hierin keineswegs
ohne Erfolg, vielmehr durch Prämien und Trophäen
ausgezeichnet und den Krieg als Vorübung für
die G., die G. als Vorübung für den Krieg be-
trachtend. 1 Damit faßt Philostrat die Zeit bis
ins 5. Jhdt. hinein zusammen und ignoriert die
Überlieferung von einer älteren fleischlosen Diät,
wo die Athleten nebst Brot nur Käse (Paus. VI
7, 10) und getrocknete Feigen (Diog. Laert. VIII
1, 12) erhalten haben sollen. Es wird nämlich
die Einführung der Fleischkost erst nach 500 an-
gesetzt und entweder dem Läufer Dromeus von
Stymphalos (484 v. Chr.) oder einem Aleipten
Pytbagoras (Rufus bei Oribas. I 40. Plin. n. h.
XXHI 121) oder — mißverständlich — dem
Philosophen Pythagoras zugeschrieben (FHG III
579, 17, Diog. Laert. a. 0.). Die geschilderte
asketische Diät mag eine Zeitlang bei manchem
Trainer beliebt gewesen sein, daß sie jedoch in
der alten Zeit immer üblich war, ist nicht wahr-
scheinlich und stimmt auch nicht mit dem Bilde,
das man sich gemeiniglich von den älteren Athleten
machte. Die Vorstellung eines gewaltigen Kämpen
war von der eines gewaltigen Essers unzertrenn-
lich. Dies trifft schon bei dem mythischen Vor-
bilde jenes älteren Athletentums Herakles zu, und
auch von historischen Persönlichkeiten war in dieser
Hinsicht manche launige Erzählung im Umlauf.
Milon hat den jungen Stier, den er, wie wir
hörten, im Stadion herumgetragen hatte, allein
an einem Tage aufgezehrt und auch sonst beim
Schmausen seinen Mann gestellt. Ähnliches wird
von Theagenes und Astyanax erzählt (Ath. X
412DfT.). Im Vergleiche mit den Subtilitäten des
Training und der Lebensweise der Athleten, die
später bei den Gymnasten beliebt, den Ärzten
aber ein Greuel war, erschien Philostrat die ge-
schilderte Lebensführung gesund und zweckmäßig,
da sie den Athleten seinen sonstigen Pflichten,
insbesondere als Staatsbürger und Verteidiger des
Vaterlandes nicht entfremdete. Jene Athleten
waren, was später nicht der Fall ist, nach der
Meinung Philostrats auch für den Kriegsdienst
tauglich. Im einzelnen läßt sich dies nicht er-
weisen, daß aber im allgemeinen eine tüchtige
gymnastische Ausbildung Überlegenheit im Kriege
mit sich brachte, war allgemeine und auch histo-
risch begründete Ansicht. Exemplifiziert wird
insbesondere mit der Schlacht bei Marathon, deren
Verlauf, wie ihn Herodot schildert, uut durch die
körperliche Tüchtigkeit der Athener begreiflich
wird. In der Tat, ein Sturmlauf über 8 Stadien
in voller Waffenrüstung wäre, wenn überhaupt,
nur hei einer gymnastisch ausgebildeten und wohl
trainierten Mannschaft denkbar. Auch die Ge-
wandtheit im Ringen soll bei Marathon und dann
auch bei Thermopylai im Nahkampfe den Ans-
irymnastiK
Ü04S
schlag gegeben haben, wie Philostratos Gymn. 1 1
behauptet, und nach Plutarch quaest. conv.II 5, Z
sollen die Spartaner beiLeuktra von denThebanernt
bezwungen worden sein, weil diese im Kingkampf
geübter waren. Die G. steht also in der älteren
Zeit durchaus noch im Dienste des Staates,
entfremdet niemand seinen Bürgerpflichten.
Von den Perserkriegen bis etwa Ale-
xander. Der glückliche Ausgang der Perser-
10 kriege, der in so hohem Maße das National-
bewußtsein der Hellenen weckte und kräftigte
und allenthalben die Pflege nationaler Eigenart
zur Folge hatte, mußte naturgemäß auch die-
Begeisterung für das körperliche Training erhöhen,
das zu den Erfolgen der Hellenen soviel bei-
getragen hatte, ähnlich wie die Befreiungskriege-
zu Beginn des 19. Jhdt. in Deutschland das
Turnerwesen zeitigten. Namentlich in Athen
wurde damals die Demokratisierung und all-
20 gemeine Verbreitung des Sports im Volke fort-
geführt, und ebenso wie sich Athen nunmehr zur
politischen Großmacht aufschwingt, übernimmt
es auch die Führung in gymnastischer Beziehung,
während Sparta etwas mehr zurücktritt. Zu den
beliebtesten Vorwürfen der attischen Vasenmalerei
des 5. Jhdts. gehören bekanntlich gymnastische-
Szenen aus der Falästra. Zu den Wettspielen
kommt nach der Schlacht bei Plataiai zur Feier
des Sieges ein neues Fest in jener Stadt hinzu,
30 die Eleutheria, an denen insbesondere der Waffen-
lauf gepflegt wurde. Die großen panhellenischen:
Feste aber erleben als Versammlungsplätze des-
vereinigten Griechentums einen neuen Aufschwung,
und zur Feier der dort errungenen Siege ertönt
die Leier eines Simonides, Pindar und Bakchylides.
Die Berufsathletik, deren Anfänge, wie
wir sahen, wohl ins 6. Jhdt. zurückreichen, wird
im 5. Jhdt. allmählich völlig ausgebildet. Da für
die Konkurrenten bei den Festspielen der einzige
40 heiß erstrebte Zweck die Erlangung des Sieges
war, wurde das Training und dann auch die be-
sondere Diät ausschließlich auf die betreffende
Übung abgestimmt. Die Methode der Vorübungen
wurde immer mehr ausgebildet, und ältere Athleten,
die während ihrer Laufbahn bei ihrem eigenen
Training und bei wiederholtem Auftreten im Wett-
kampfe Erfahrungen gesammelt hatten, über-
nahmen, wenn ihr Alter den Mitbewerb nicht
mehr erlaubte, den Unterricht des jungen Nach-
50 wuchses, und so entwickelte sich ein Stand der
Trainer, zunächst Paidotriben (s. d.). später Gym-
nasten (s. d.) genannt die nunmehr auf die Ent-
wicklung der gymnasiischen Technik großen Ein-
fluß nahmen und deren Unterricht für den Erfolg
des Athleten ausschlaggebend wurde. Dies geht
schon aus dem Lobe hervor, das ihnen Pindar
und Bakchylides neben den Athleten selbst spenden.
Erwähnt werden von ihnen Menandros (PintL
Nem. V 48. Bacch. XII 192'i, Melesias (Pind. OL
60 VIII 54; Nein. IV 03. VI 110}, Orseas (Isthm. 90),
Das (Ol. X 18). Daß sich die Aufmerksamkeit
solcher Trainer jetzt nicht mehr bloß auf die
technische Einübung der Athleten im Ringen,
Boxen und den anderen Arten des Wettkampfes,
sondern frühzeitig auch auf die Lebensweise, be-
sonders die Nahru^satifnahme ihrer Zöglinge
richtete, beweisen die Nachrichten über Ikkos von
Tarent (s. d.), der 476 einen olympischen Sieg
2049
Gymnastik
Gymnastik
2050
im Pentathlon davontrug (vgl. Jüthner Phil.
Gymn. 8). Er soll bei seinem Training eine
mäßige Lebensweise geführt, die Nahrungsauf-
nahme in bestimmten Grenzen gehalten und weder
ein Weib noch einen Knaben berührt haben (Plat,
Leg. VLH 839 E und Schol. Aelian. bist. an.
VI 1 ; var. hist. XI 3). Er hat also bereits die
Grundprinzipien einer rationellen athletischen
Diätetik befolgt, die er dann später als Trainer
yayta (s. o. Bd. I S. 2058f.) oder Zwangsdiät,
die in systematischer Überfütterung insbesondere
mit Fleischnahrung bestand. So erschienen denn
die Athleten nach wie vor als starke Esser (Xen.
mem. I 2, 4), und ,wie ein Kinger essen' war eine
sprichwörtliche Redensart (Aristoph. Pas 331).
Diese überkräftige Nahrungsaufnahme, verbunden
mit entsprechend zugemessenem Schlafe und Leibes-
übungen, bildete nun das rationelle athletische
auch an anderen betätigte. Die berühmtesten 10 Training. Angestrebt wurde damit das sogenannte
Trainer scheint aber Athen hervorgebracht zu
haben. Denn so ist wohl das von Pind. Nem.
V 49 zunächst an die Adresse des Menandros
gerichtete Kompliment zu verstehen: xev & «^
ji&avüv Tmzov as^lrjtaloiv h'ftßsv. In Athen, wo
die Volksbildung überhaupt auf einer relativ
höheren Stufe stand, werden auch die Trainer,
die gewöhnlich nicht gerade den gebildetsten
Klassen entstammten, auf einem höheren geistigen
athletische Wohlbefinden (tj cjt 1 axqov svsgia
Hippokr. bei Gal. protrept. 11), das in möglichst
starker Muskel- und Fleischentwicklung bei all-
gemeiner Gesundheit bestand. Doch machte man
bald die Beobachtung, daß die so erzielte Euexie
nicht ein festes und dauerndes, sondern ein höchst
schwankendes Wohlbefinden bedeute, und vor allem
erhoben die Ärzte ihre warnende Stimme : Hippocr.
Aphorism. 13 (TV 458 L.) ev tolat yvfivaariHotaiv
Niveau gestanden sein und schon in dieser Hin- 20 ai in vlxqov svel-iai otpalegaf, ijv iv rq> iaxdrcp
sieht, die gerade in diesem Berufe nicht gering
anzuschlagen ist, die Genossen von anderwärts
überragt haben. Hand in Hand mit der fort-
schreitenden Vervollkommnung des Training und
mit der Entstehung eines eigentlichen Trainer-
berufes geht die Tatsache, daß sich nunmehr auch
die Pflege der G. und die Teilnahme an den Wett-
kämpfen immer mehr und mehr zu einem Lebens-
berufe ausgestaltet, daß ein Athletenstand ge-
ewoiv. Vgl. auch tisqi dmittjg vy. 7 (VT 82 L.);
st. dtak. d£. 3 (II 244 L.). Die Athleten waren
nämlich von der so subtil ausgeklügelten Lebens-
weise durchaus abhängig, und jede Änderung daran
hatte die nachteiligsten Folgen für die Gesund-
heit, außerdem fehlte eine wichtige Vorbedingung
für dauernde Widerstandsfähigkeit, nämlich die
Abhärtung. Die Athleten erlangten zwar die
Fähigkeit, unter gewissen genau bestimmten Um-
schaffen wird. Die Fälle, wo sich ein von Natur 30 ständen Hervorragendes im Eingen oder Boxen usw.
aus kräftiger, durch die Art seines bürgerlichen
Berufes körperlich gestählter Mann ohne kunst-
mäßige sportliche Ausbildung in die Schranken
wagte, werden sicherlich immer seltener, die Regel
ist vielmehr, daß nur solche Bewerber, die nicht
nur die körperlichen Anlagen, sondern auch die
Zeit und das Vermögen haben, um sich dem
Training als Lebenslauf zu widmen, die Konkurrenz
an den großen Wettkämpfen aufnehmen können.
Wenn die von Staats wegen für jeden taug- 40
liehen Bürger vorgeschriebenen Leibesübungen
die harmonische Durchbildung des ganzen Körpers
bezweckten und für Strapazen aller Art abhärten
wollen, so soll hier möglichste Überlegenheit über
die Gegner in einer bestimmten Übung erreicht
werden, in welcher der Athlet als Mitbewerber
auftreten will. Die Folge eines solchen Training
ist Spezialisierung und Einseitigkeit und das
äußere Merkmal desselben eine einseitige Entwick-
zu leisten, sie waren aber für einen bürgerlichen
Beruf oder namentlich für den Kriegsdienst meist
gänzlich untauglich (Philostr. Gymn. 44). Aus-
nahmen wie der berühmte rhodische Pankratiast
Dorieus, welcher Periodonike war und außerdem
noch viele Siege erfochten hatte, und der sich
dann gegen Ende des 5. Jhdt. an der Spitze
thurischer Schiffe im Kampfe gegen Athen hervor-
tat, bestätigen nur die Regel.
Die Folge dieser immer mehr zutage tretenden
praktischen Unbrauchbarkeit der Berufsathleten
war ein immer größer werdender Gegensatz
zwischen dieser Bcrufs-G. und der vom Staate
als Bestandteil der Jugenderziehung vorgeschrie-
benen, die wir als pädagogische G. bezeichnen
können und auf deren weitere Entwicklung wir
später zu sprechen kommen.
Einsichtige Männer, denen vor allem das
Wohl des Staates am Herzen lag, machten immer
lung einzelner Körperteile. Nach Xen. symp. II 17 50 wieder aufmerksam auf die praktische Wertlosig-
bemerkt Sokrates tadelnd, daß die Beine der
Dauerläufer übermäßig stark werden und die
Schultern schwach bleiben, während bei den Faust-
kämpfern das Umgekehrte der Fall sei. Er selbst
will durch Tanz eine gleichmäßige Entwicklung er-
zielen (vgl. auch Xen. mem. LTJ 8, 4). Diese körper-
liche Einseitigkeit war allerdings eine unerwünschte
Folge des Spezialisicrens, aber die Diät, die nun
den Athleten vorgeschrieben wurde, hatte, Wenig-
keit der Vorbereitung für die Wettkämpfe und
des athletischen Training. Die, wie erwähnt, von
Tyrtaios und Xenophanes zum Ausdruck ge-
brachte Geringschätzung übertrifft noch Eurip.
frg. 282 N. Er stellt die Athleten als das
größte Übel von Hellas hin: xaxoJv yäg orxcov
(jLVQtoiv xa&' TLV/Ma ovöh xaxtov iotiv dSXrjzoiv
yhovg. Denn als Sklaven ihrer Gefräßigkeit
verbrauchen sie das väterliche Erbe, statt es zu
stens bei den Schwerathleten d. i. den Ringern, 60 mehren, und verdienen auch nicht die ihnen
Boxern und Pankratiasten den Zweck, möglichste
Körperfülle hervorzubringen, die bei jenen Übungen
sowohl im Angriff wie in der Verteidigung von
großer Bedeutung war. Da diese Übungen die
beliebtesten waren und auch das sorgfältigste
Training erheischten, so bildeten die Vertreter
derselben die eigentlichen athletischen Typen.
Erreicht wurde die Körperfülle durch die ärayxo-
Paaly-Wl»80ira-Kioll VII
gespendeten Ehren ; denn was nütze ihre Fertig-
keit im Ringen, Diskoswurf und Faustkampf dem
Staate, insbesondere im Kriege ? Abgelehnt wird
die Athletik auch von Sokrates. Er, der selbst
auf Körperpflege bedacht war und deren Vernach-
lässigung bei anderen tadelte, da man dadurch
kriegsuntüchtig werde, war anderseits ein Feind
von Überladung mit Speisen sowie von Über-
65
auoi
uymnastiK
Uymnastifc
2052
Anstrengung (Xen. mem. I 2, 4. III 12; symp.
II 17). Sein Schüler Piaton bekämpft sie eben-
falls als wertlos für den Staat Eep. III 404 A.B:
, Schlafen doch die Athleten ihr Leben lang, und
wenn sie von der Torgeschriebenen Lebensweise
nur ein wenig abweichen, verfallen sie in heftige
Krankheiten. 1 Die Wächter oder Krieger seines
Idealstaates, die keine schwankende Gesundheit
haben dürfen, da sie auf Feldzügen dem Wechsel
des Wassers, der Nahrung, Hitze und Kälte aus-
gesetzt sind, bedürfen eine Gr., die sie für alle
diese Strapazen stählt Sie geht über die Palästra
hinaus und umfaßt auch Tanzen, Reiten und alle
Arten kriegerischer Übungen (vgl. auch Leg. VII
794ff. YIII 832 D-834 D). Sie muß aber im
Jugendunterricht mit der Musik schwesterlich
vereint und durch sie gemildert sein. So hat
Piaton die Ablehnung der Athletik am klarsten
formuliert und am ausführlichsten begründet.
Zwischen ihr und der pädagogischen Gr. gibt es
keine Brücke. Etwas milder urteilt Piatons
großer Schüler Aristoteles, der betreffs der päda-
gogisch-politischen Verwertung der G. ganz mit
seinem Lehrer übereinstimmt, namentlich die ver-
rohende Wirkung derselben, wie sie sich z. B. beim
einseitigen Betriebe der Lakedaimonier einstellte,
durch Grammatik, Musik und Graphik mildern
will. Er lehnt jedoch die eigentlich athletische
Ausbildung nicht so entschieden ah, sucht viel-
mehr gewissermaßen zu vermitteln. Im Knaben-
alter ist sie auch bei ihm verpönt, aber vom
17. Lebensjahre an erklärt er sie für angezeigt
und läßt Anstrengungen und sogar Zwangsdiät
zu, offenbar in der Erwägung, daß bei der Er-
ziehung der Jugend deren Konkurrenzfähigkeit in
den Nationalspielen, wenn sie erreichbar ist, nicht
außer Betracht bleiben darf (Polit. VIII 4, 1339 A
4. IV 1, 1288B 16). Ihm schwebt also ein Mit-
bewerb der Bürger vor, die sich nicht ausschließ-
lich die G. als Beruf gewählt haben, wie ein
solcher wohl zu allen Zeiten vereinzelt vor-
gekommen sein wird. Entschiedene Gegner der
Berufs-G. sind dann wieder insbesondere die
Kyniker und Stoiker, jedoch immer unter Aner-
kennung des erziehlichen Wertes eines ent-
sprechenden Turnens, Allerdings ist uns ihre
Stellungnahme nur aus gelegentlichen Nachrichten
bekannt (vgl. Norden Neue Jahrb. Suppl. XVIII
298ff. Jüthner Philostr. Gymn. 46f.).
Diese Meinung der Philosophen findet dann
ein Echo bei Männern des praktischen Lebens.
Epaminondas z. B., dessen Jugend noch in das
5. Jhdt. fällt, strebte bei seiner körperlichen
Ausbildung nicht so sehr Korperkraft als Schnellig-
keit an, da erstere nur den Athleten, letztere
aber für den Krieg nützlich sei. Er übte sich
daher im Lauf und Ringkampf und im übrigen
nur im Gebrauch der Waffen (Plut. apophth.
Epam. 3 p. 192 D. Com. Nep. Epam. 2, 4).
Ich füge gleich hier aus späterer Zeit den Philo -
poimen hinzu (Plut. Philop. 3), der, ein erklärter
Nachahmer des Epaminondas, ihm auch in der
Abneigung gegen die G. folgte, ja ihn übertraf,
indem er sich selbst und seine Soldaten ganz
von ihr fernhielt, da sie den Körper für den
Krieg untauglich mache.
„^J e Gymnastik als Erziehungsmittel.
Mit dieser Abneigung der Intelligenz gegen das
berufsmäßigg Athletenwesen war aber, wie wir
sahen, allgemein die Ansicht verbunden, daß der
G. in ihrer edlen Form eine wichtige Aufgabe
bei der Erziehung der Jugend zufallen müsse,
und wie dieser Theorie die Praxis entsprach, dar-
über sind wir besonders für Athen genauer
unterrichtet (vgl. jetzt auch Preeman a. a. 0.
118ff). Was Solon und Peisistratos auf diesem
Gebiet bestimmt hatten, wurde weiter ausgestaltet.
10 Der Knabe besuchte einerseits die Elementar-
und Musikschule, anderseits die Palästra, wo er
unter der Leitung eines Paidotribcn, der ja von
dieser Beschäftigung seinen Namen hat, den
Leibesübungen und Turnspielen oblag. In welchem
Alter damit begonnen wurde, ist nicht genau
bekannt (Grasberger I 239ff. Girard 194).
Fortgesetzt wurde dieser Unterricht bis zum
Eintritt ins Ephebenalter. Wie es scheint, wurden
alle gymnastischen Übungen vorgenommen, die
20 gefährlicheren wie Faustkampf und Pankration
natürlich mit entsprechenden Vorsichtsmaßregeln
(Grasberger I 298ff. Girard 185ff.). Eine
wichtige Rolle in der körperlichen Ausbildung
fiel auch dem Tanze zu, sowie gewissen Spielen,
wie dem Ball- und Reifenspiel, dem Seilziehen,
Ephedrismos (s. d.) u. a. (Grasberger I 98ff.).
Wenn der Knabe dann als Ephebe in das
Gymnasion eintrat, so war er gymnastisch
bereits vollkommen durchgebildet. Dort be-
SOgann nun vor allem die Ausbildung des
jungen Mannes für den staatlichen Waffendienst,
und was die Theorie, insbesondere Piaton, wie
wir sahen, in dieser Hinsicht verlangte, das ist
in wesentlichen Zügen hier in die Praxis umge-
setzt (s. o. Bd. V S. 2787ff.). Das Schwergewicht
des Unterrichtes liegt auf der militärischen Seite,
denn vier Lehrer (ojiko/täxog, rogozqg, axovziozrjg,
r„axa7teXxa<phy}$, vgl. Arist. resp. Ath. 42, 3 und
die Inschriften), sind hiefür eingesetzt. Aber das
40 eigentliche Turnen wird nicht vernachlässigt,
denn zwei Paidotriben, später wenigstens einer,
überwachen das gymnastische Training. Wenn
auch über die spezielle Durchführung desselben
genauere Nachrichten fehlen, so genügt, um die
Bedeutung der G. auch für den Ephebenunter-
richt klar zu machen, das A y orhandensein berufs-
mäßiger Trainer sowie ein Hinweis auf die dem
Kosmeten obliegenden Öllieferungen und über-
haupt auf die großartigen turnerischen Einrich-
50 tungen in den Gymnasien (s. d.) nicht nur in
Athen, sondern in der ganzen griechischen Welt.
Offenbar sind von den Epheben alle Übungen des
Stadion und der Palästra gepflegt worden. Aber
weit entfernt, Selbstzweck zu sein, diente dieses
Training nur dazu, um den Körper zu kräftigen
und für den Krieg tauglich zu machen. Das
lebhafte Interesse, das die Jugend dem in der
G. enthaltenen sportlichen und agonistischen
Element entgegenbrachte, zeitigte auch päda-
60 gogisch-ethisehe Früchte. Die Inschriften, unsere
Hauptquelle für die Kenntnis der Ephebie vom
4. Jhdt. angefangen, enthalten naturgemäß nur
wenig über den Betrieb, dagegen ausführlichere
Angaben über öffentliches Auftreten der Epheben.
Dem militärischen Charakter ihrer Erziehung
entspricht die Teilnahme an Waffenparaden und
Waffendienst, ferner hippischen und nautischen
Veranstaltungen, die mehrfach erwähnt werden.
2053
Gymnastik
Gymnastik
2054
Doch bleibt auch die eigentliche G. nicht un-
berücksichtigt. In einer gut erhaltenen Inschrift
aus dem Anfang des 1. Jhdts., die als Typus
«eines Ehrendekretes für die Epheben und deren
Kosmeten hervorgehoben werden kann (I G DI 467),
wird Z. 33 anerkannt, daß die Epheben ohne
Unterlaß in den Gymnasien trainiert wurden
(qlelqpovTO ivdeiexäs ^ v T °t$ yvfitaoioig)^ und
Z. 84, daß der Kosmet täglich dabei anwesend
war. Ausdrücklich erwähnt werden von den 10
Übungen nur der Lauf, speziell der Fackellauf
(kafinäs s. d.): Z. 12 ovvszeXsoav Öe xai tovg
ÖQOfiovg rovg sv xöig yvfivaowtg xai xolg kouzois
ay&aiv anavxag und Z. 13 xäg XafiJiädag sÖQauov
otTidoag. Die Epheben haben auch an vielen
gymnastischen Wettkämpfen teilgenommen und
zwar anfangs, soviel wir wissen, nur an den
Theseia und hier nur im Fackellauf und Speer-
wurf (vgl. z. B. IG II 444, 64. 445, 63 und 76),
später in der Kaiserzeit jedoch werden nebst den 20
Theseia auch noch neu eingesetzte Wettkämpfe
genannt, und zwar die Antinoeia in Athen und
Eleusis, Adrianeia, Philadelphia , Kommodeia,
und hier nehmen die Epheben bereits an allen
Übungen teil; genannt werden: döhxog, ozddtov,
öiavXog, Tiälr], nayx.Qa.xiov., otzXov, Xafinäs (IG
in 1129. 1147. 1148). Die Ephebenerziehung,
wie sie sich in Athen entwickelte und immer
mehr ausgestaltet wurde, ward dann für andere
Gricchenstädto, ja allmählich für die gesamte 30
griechische Welt vorbildlich. Allenthalben ent-
standen Gymnasien und wurden Gymnasiarchen
eingesetzt, und mit dieser Institution wurde auch
die G. als wichtiges Erziehungsmittel in die
entferntesten griechischen Gaue getragen und in
zahlreichen Wettkämpi'en betätigt. Über die
Verbreitung vgl. O eh ler Bd. V S. 2741ff. und
die Art Gymnasion und Gymnasiarchos.
Dieser rationellen Erziehung brachte man in
Athen allerdings nicht immer das gleiche Interesse 40
entgegen. Während im 6. und Anfang des 5.
Jhdts. die Pflege der G. sehr in Mode war und
nach den Perserkriegen im Strudel der nationalen
Begeisterung einen Höhepunkt erreichte, tauchen
in der 2. Hälfte dieses Jhdts. Klagen über ent-
schiedenen Rückgang auf. Aristophanes beklagt
«ich, daß die Jünglinge lieber auf dem Markte
Politik treiben und prozessieren, als sich in den
■Gymnasien aufhalten, und daß eine so geringe
Lust am Training vorhanden sei, daß niemand 50
den Fackellauf ausüben könne. (Nub. 1002ff. ;
Ran. 1087). Das mag satirisch übertrieben sein,
enthält aber gewiß ein Körnchen Wahrheit und
entspricht der damals einreißenden Indolenz. Von
Ps.-Andoc. Alkib. 22 und 39 wird die Schuld an
diesem Umschwung dem Alkibiades zugeschrieben.
Das Nachlassen des Interesses am athletischen
Sport laßt sich übrigens auch in der Vasenmalerei
erkennen, wo um 440 eine Wandlung zu be-
obachten ist. Vorher gehören die Leibesübungen 60
der Jünglinge in den Palästren zu den beliebtesten
Stoffen. Nun hört es plötzlich auf. Die Andeu-
tung des Lokales ist nicht mehr so sorfältig,
irgend ein an der Wand hängendes Gerät muß
genügen, die Jünglinge aber stehen meist be-
kleidet in Gruppen umher und schwatzen, ohne
«ich dem Sporte zu widmen. Da die Vasen-
"fabrikanten natürlich von dem Geschmack ihrer
Kundschaft abhängig waren, ist diese Tatsache
für das allgemeine Nachlassen der Turnluat
bezeichnend. Im 4. Jhdt. zeigt sich ein noch
deutlicherer Rückgang, offenbar eine Folge des
Verlustes der Selbstständigkeit. Um die Wende
dieses Jhdts. begann die Frequenz der Epheben
rasch zu sinken, und es scheint, daß damals die
Teilnahme nicht mehr obligatorisch war, (s. o.
Bd. V S. 2738t). Später bessern sich die Zu-
stände wieder, aber immerhin stehen wir vor
der Tatsache, daß sich vom Ende des 5. Jhdts.
angefangen eine immer geringere Zahl junger
Leute einem rationellen gymnastischen Training
unterzieht; man überläßt dies immer mehr den
Berufsathleten. Die G. hat als Sport jede An-
ziehungskraft verloren und die Jeunesse doree
wendet sich viel lieber dem vornehmen Pferde-
sport zu, den nur wirklicher Reichtum mitmachen
kann. Aristophanes hat diese Passion in den
Wolken köstlich persifliert.
Heilgymnastik. Aber nicht bloß als Sport,
nicht bloß als Berufsathletik und endlich als
Element der Jugenderziehung war die G. von
Bedeutung. Längst hatte man in ihr auch die
hygienische Seite und ihre Verwendbarkeit für
die Heilkunde entdeckt, insbesondere seitdem das
wichtige Prinzip des Gleichgewichtes in Nahrungs-
aufnahme und Arbeitsleistung erkannt und zuerst
von den knidischen Ärzten Euryphon und Hero-
dikos literarisch verwertet war (GomperzGriech.
Denker 1 231. Fredrich Hippokr. Unters.
21 7f.). Die berufliche Arbeit und Kraftabgabe
muß durch ein entsprechendes Nahrungsquantum
aufgewogen und umgekehrt muß eventuelle
Überernährung, um unangenehme gesundheitliche
Folgen zu vermeiden, durch entsprechende körper-
liche Betätigung, also bei Müßigen durch Leibes-
übungen wettgemacht werden. Nirgends aber
war die Einhaltung dieses Prinzips notwendiger
als beim Training, und es ist kein Zweifel, daß
hier die Praktiker längst einen richtigen Vorgang
beobachtet haben werden. Die Grundlage zu
einem System athletischer Diätetik hat vielleicht
Ikkos gelegt. Für das Studium der Wechsel-
wirkung von Nahrungsaufnahme und Arbeits-
leistung war in der Palästra ungleich reichere
Gelegenheit, als sie den Ärzten sonst zu Gebote
stand. Die Zweckmäßigkeit einer diätetischen
Vorschrift sowie die Folgen von Exzessen jeder
Art konnten an den anschließenden Kraftleistungen
sofort verläßlich gemessen werden. Niemand
also war so wie der Gymnast in der Lage, durch
unausgesetzteBeobachtung der Nahrungsaufnahme,
des Schlafes, der verschiedenen Arten von Leibes-
übungen, Einreibungen mit ÖL Massage und
Bäder an einer Reihe von Individuen zu tieferen
Kenntnissen auf dem Gebiete der Diätetik zu
gelangen und besser festzustellen, welche von
diesen diätetischen Maßregeln bei einem bestimm-
ten Individium und einer gewissen Kondition
am Platze sind. Diese nach der Erfahrung ge-
regelte G. und Diätetik hatte gewisse heilsame
Wirkungen für die Gesundheit dessen, der sich
ihr unterzog, und zeitigte jenes körperliche Wohl-
befinden {evE^ia), das als der Idealzweck der G.
vorschwebte (Aeschin. I 189. Plat. Gorg. 450 A.
Clem. Alex. Strom. VI 17, 157). Welches Gewicht
auch in den Gymnasien darauf gelegt wurde,
Ö055
Gymnastik
Gymnastik
2056
beweisen die hiefür eingesetzten Agone der
sv*%ia r deren Sieger inschriftlich, verewigt wurden,
wovon uns allerdings nur Beispiele außerhalb
Athens in Tralles, Samos, A'idin bekannt sind
(Dittenb erger Syll.2 672, 3. 673, 3, 16. 674,
5). In Athen wird der "Wettbewerb der evavdgla
(s. d.) eine ähnliche Bedeutung gehabt haben
(Dittenb erger a. O. 672 n. 2). War das Turnen
als Mittel für eine gesunde körperliche Ausbildung
bei der Erziehung dar Knaben und Jünglinge
vorgeschrieben, so unterzogen sich ihm reife
Männer, ja auch. Greise freiwillig, vor allem eben
aus hygienischen Gründen und in dem Ausmaße,
wie es dieser Zweck erheischte (Xen. symp. I 7.
Isoer. Demonic. 14. Diog. Laert. 67. Luc. Lexiph. 5.
Ath, Xlt 547Dff Galen. V 899. VI 764. XI 365,
370). Die nötigen Vorschriften aber wurden von
einem erfahrenen Trainer gegeben, der die Salbung
vornahm und die Leibesübungen beaufsichtigte.
Daher kommt seit dem 4. Jhdt. auch die Bezeich-
nung äleixjqs auf (s. d.). Am liebsten wurde
diese Leibespflege mit dem üblichen Bade ver-
bunden, und es ward frühzeitig dafür gesorgt,
daß nicht nur der vornehme Athener, sondern
auch die breiten Volksmassen der Wohltat einer
hygienischen Lebensweise teilhaftig werden
konnten: Ps.-Xen, resp. Ath.' 2, 10 xai yvuvdaia
xai Xovrga. xai anohvxr}Qta rolg ßkv Tilovoloig iozlv
töia iviotg, 6 de dijfzoc avtog avroj olaoSofieltat
I8t(f jtalaloTQag Ttoklas, airodvrrjQia , lovrgojj'ag '
xai TtXetai tovmöv anoXavet 6 oylog r} oi oliyot
xai ol svSaifioveg. Badehäuser und Turnplätze
wurden häutig miteinander verbunden, da sie ja
ohnedies einen Teil der baulichen Erfordernisse
gemeinsam hatten (d^odvxrJQtov^ aksair^giov^
Wandelhallen u. a. ; vgl. Blümner Privataltert.
213). Während also die athletische G. nur die-
jenigen angeht, die sich berufsmäßig dem ago-
nistischen Wettbewerb weihen, die G. als päda-
gogisches Element für die heranwachsende Jugend
von Wichtigkeit ist, bildet die hygienische G.
einen wichtigen Faktor im Leben eines jeden
Bürgers, der bei ihr Erholung und Erfrischung
von des Tages Arbeit suchte und durch sie seinen
Körper gesund erhielt. Insofern kommt diesem
Zweige unzweifelhaft die größte Verbreitung und
das weitestgehende Interesse aller Kreise zu.
Piaton, in dessen Schriften sich das gesamte
griechische Leben wunderbar spiegelt, behandelt
in seinem Staate und seinen Gesetzen unter
entschiedener Ablehnung der Berufsathletik aus-
führlich die pädagogische G., versteht aber, wie
oben bemerkt, in allen andern Schriften unter
yvfivaozutq nichts anderes als diese Kunst der
Leibespflege (Jüthner Philostr. Gymn. 40). Auf
diesem Gebiete hatte inzwischen Herodikos von
Selymbria (s. d.) bahnbrechend gewirkt. Von
Haus aus Paidotrib, hatte er in Palästren reiche
Erfahrungen auf dem Gebiete der Diätetik ge-
sammelt, und als er durch Kränklichkeit (<pdioig
Prot. ser. num. vind, 9) gezwungen war, seinen
Beruf aufzugeben, kam ihm der Gedanke, sein
Leiden durch die in der Palästra üblichen diä-
tetischen Mittel zu bekämpfen, d. h. ein genaues
Regime mit genauen Bestimmungen über Speise,
Bewegung, Massage usw. einzuhalten. Als es
ihm gelang, sein eigenes Leben auf diese Weise
zu verlängern, wendete er den gleichen Vorgang
auch bei anderen an, die sich bei ihm bei Er-
krankungen Rats erholten, und wurde so der Er-
finder einer gymnastischen Naturheilmethode,
die den Gedanken der beiden Knidier Euryphone
und Herodikos ausbaut. Von PHnius n. h. XXIX
4 wird sie als Iatraliptik bezeichnet (Jüthner
a. 0., 9ff. 32). Damit tritt die G. in Konkur-
renz mit der Medizin, und wahrscheinlich war
Herodikos der erste, der sich als Gymnast (s. d.)
10 bezeichnete, was bald Nachahmung fand, da dieser
Titel vornehmer klang als Paidotrib, und es beginnt
eine Rivalität zwischen Gymnasten und Ärzten,
die dann so lange dauert, als überhaupt G. ge-
trieben wird. Die Mißgriffe, die sich Herodikos-
zu Schulden kommen ließ — er ließ auch Fieber-
kranke turnen, Ps.-Hippokr. Epidem. VI 3, 18
(V 302 L.); vgl. auch Cael, Aur. morb. chron.
HI 8 — waren den Ärzten eine willkommene-
Handhabe zu scharfer Kritik, aber auf die Dauer
20 konnten sie sich dem vielen Guten, das die Me-
thode enthielt, nicht verschließen. Und während
der echte Hippokrates an medizinische Verwendung-
der G. noch nicht gedacht hatte, rinden rationell
abgestufte Leibesübungen in das Hippokratische
Corpus bei verschiedenen Krankheiten Aufnahme
(Epidem. VI 1, 5 [V 268 L.]; ». vova. II S5
[VII 86]; 3t. Stab. 6$. [v6&.\ 1 176. 16ff. [II 516]).
Im TiQÖQQ. II 1 [IX 6 L.] ist die Heilgymnastik
bei Krankheiten bereis als etwas Bekanntes voraus-
30 gesetzt [tovg twc vovoojv ü'vexa yv^ivaCojU£vovg
xai zakamcdQEovrag), und von Plat. Eep. III 406f.
wird die Methode als die gegenwärtig herrschende-
bezeichnet. Die Heilgymnastik des Herodikos
wird also eine Zeitlang in Mode gewesen und wie-
heutzutage manches angepriesene System auch
übertrieben worden sein. Was brauchbar an ihr
war, fand jedoch in die medizinische Literatur
Eingang, zuerst, soviel wir nachweisen können,
in der Hippokratischen Schrift 71, öiahys (etwa
40 um 400 v. Gh.), die sich LT 61 — 66 bereits aus-
fuhrlich mit der G. befaßt (Jüthner a. 0. 34}
und für eine Reihe ähnlicher jetzt verlorener
Werke vorbildlich war (Fred rieh Hippokrat.
Untersuch. 169ff.). Auch Piaton konnte sich
der neuen Richtung nicht entziehen. Im Tim.
89 A-D erkennt auch er die neu erfundene Heil-G.
als berechtigt an und läßt Diät und G. auch
zur Heilung von Krankheiten zu. Der Wider-
spruch, in den er sich seihst mit der spöttischen
50 Ablehnung Rep. III 406 AB setzt, erklärt sich
dadurch, daß er in seinem von spartanischer
Strenge durchwehten Staatsideal eine Methode,
die kränkliche Bürger künstlich zu erhalten sucht,
ohne daß sie dem Staate je wieder nützlich sein
können, entschieden ablehnen muß. In der
Praxis hat sie Piaton rückhaltlos anerkannt. Er
hat nicht nur unter yvfivaartx^ wie wir sahen,
die Leibespflege verstanden, sondern sie auch
als Schwesterkunst der Medizin angesehen, den
60 Gymnasten und Arzt oft zusammengestellt und
Symp. I 186 E beide Künste dem gleichen
Schutzpatron Asklepios untergeordnet. Dieses
Hervorheben und Betonen des medizinischen
Teiles an der G. ist ein Beweis, daß sich
das Publikum damals hierar besonders interes-
sierte (Jüthner a. O. 37ff.). Mußte man aber
die Nützlichkeit der gymnastischen Diätetik zu-
geben und hatten sie die Ärzte in ihre Kunst,
2057
Gymnastik
.einbezogen, so wollten sie anderseits den Gym-
nasten noch nicht die Berechtigung zugestehen
sie auszuüben, da sie ihnen die zum Ordinieren
nötigen Kenntnisse absprachen. Daher auch die
Reaktion gegen die bisherige Bezeichnung der
Leibespflege als yvfivaoTixrj und die Schaffung
des neuen Begriffes vyisivrj durch Erasistratos
im 3. Jhdt. v. Ch. (s. 0.), sowie später die heftigen
Angriffe der Ärzte der Kaiserzeit, insbesondere
Galens auf die Berufsgymnastik (s. u. und Jüth- 10
ner a. 0. 51 ff.).
Hellenistische Zeit. Da die G. auch in
der hellenistischen Zeit eine gleichmäßige Fort-
entwicklung erfahren hat, wurde in der bisherigen
Darstellung schon vielfach in diese Periode vor-
gegriffen. Charakteristisch für dieselbe ist einer-
seits auf dem Gebiete der Konkurrenzen das fast
ausschließliche Dominieren der Berufsathletik,
die nunmehr immer raffiniertere, aber auch rohere
Formen annimmt und deutliche Zeichen der 20
Korruption zu zeigen beginnt, anderseits die durch
das elementare Vordringen des Hellenentums
bedingte Ausbreitung der Sportslust in die ent-
legensten Gegenden. Über das Raffinement des
athletischen Training, namentlich die verfeinerte
Diät, die mit der Einführung der si'zilischen
Schlemmerei wohl schon zu Piatons Zeit ein-
setzte, weiß PhiL Gymn. 44 Merkwürdiges zu
berichten. Diese neue Diät verweichlicht die
Athleten, .indem sie sie die Untätigkeit lehrt 30
und die Zeit vor den Übungen dazusitzen, voll-
gepfropft wie libysche oder ägyptische Mehlsäcke,
ferner Feinbäcker und Lususköche einführt, wo-
durch nur Schlecker und Fresser gezüchtet werden,
und mohnbestreutes Weizenbrot aus feinem Mehl
vorsetzt, mit gänzlich regelwidriger Fischkost
mästet und die Natur der Fische nach den Fund-
steilen im Meere bestimmt — fett seien die aus
4em Schlamm stammenden, mager die von den
Klippen, fleischig die vom offenen Meer, Blüten- 40
taug bringe nur kleine hervor, Algen saftlose — ,
ferner das Schweinefleisch mit wunderlichen
Weisungen verabreicht. Sie schreibt nämlich
vor, die Schweine am Meer als unbrauchbar anzu-
sehen wegen des Meerknoblauchs, dessen die Ufer
voll sind und voll die Dünen, sich auch vor solchen
nächst den Flüssen zu hüten, weil sie Krebse
fressen, und zur Zwangsdiät bloß die mit Kornel-
kir sehen und Eicheln gemästeten zu verwenden'.
Das Ziel und Resultat einer solchen Kost war 50
bei den Schwergewichtsathleten nunmehr mög-
lichste Korpulenz, nolvoa.oy.ia (Luc dial. mort.
X 5. Eustath. IL XXIII 261). Mag ein solches
Training vom sportlichen und hygienischen Stand-
punkt noch so verwerflich sein, man scheint da-
durch eine zwar einseitige, aber in dieser Ein-
seitigkeit umso wirksamere Hypertrophie der
Muskulatur erzielt zu haben, die zu gewissen
Übungen im hohen Grade befähigte und eine
Konkurrenz nicht ebenso trainierter Bewerber so 60
gut wie ausschloß.
Leider scheint mit dieser Überentwicklung
der Körperkraft auch Roheit Hand in Hand ge-
gangen zu sein. Allerdings sind Anzeichen von Ver-
rohung des Kampfes schon früher vorgekommen.
In der ersten Hälfte des 5. Jhdts. hat der Ringer
Leontiskos aus Messana in Sizilien seine Gegner
" nicht niedergerungen, sondern durch Zerbrechen
uryiuuasuji. awo
der Finger bezwungen (Paus. VI 4, 3). Ähnlich
hat später (um 364 v. Chr.) der sikyonische Pan-
kratiast Sostratos seine Gegner behandelt und
davon den Beinamen Akrochersites erhalten (Paus.
VI 4 1; vgl. Förster Olymp. Sieger 202, 349.
R ei seh 0. Bd. I S. 1198). Bezeichnend für den
Zug der Zeit ist aber, daß beim Boxkampf in
hellenistischer Zeit offiziell jene Totschläger aus
harten Riemen {ayaiQa, vgl. Bd. III S. 1320)
eingeführt wurden, die furchtbare Verwundungen
zur Folge hatten, ja das Leben der Faustkämpfer
gefährdeten.
Die üppige Lebensweise der Athleten konnte
auch auf Abwege führen und durch Verführung
zu Exzessen aller Art, z. B. auch auf erotischem
Gebiete, das Gegenteil von dem erstrebten Zwecke
zur Folge haben. In ursächlichen Zusammenhang
mit dieser Üppigkeit bringt Philostr. Gymn.
45 auch das unredliche Vorgehen und die Be-
stechungen bei den Kampfspielen, die immer
mehr einzureißen begannen. Die leistungsfähigen
Athleten verkaufen den Sieg, um das Wohlleben
führen zu können, die anderen, die durch das
üppige Leben leistungsunfähig geworden waren,
sind genötigt, sich den Sieg mit Geld zu er-
kaufen. Selten kamen solche Unregelmäßigkeiten in
Olympia vor. Aber Pausanias (V 21, 2—17) weiß
doch eine Reihe von Fällen aufzuzählen, von
denen der älteste sich 388 v. Chr. ereignete. Die
schuldigen Athleten wurden von den Eleern zu
empfindlichen Strafsummen verurteilt, die dann
zur Aufstellung der Zeusbilder (Zanes) bei den
Schatzhäusern verwendet wurden . Leibliche Strafen
für solche Vergehungen, auch Ausweisung aus
dem Stadion, sind bezeugt durch Dion. Hai. ars
rhei VII 6 und Dio Chrys. XXXI 119. Vgl.
auch Dittenberger Syll.2 689 (3. Jhdt. v.
Chr.) und PhiL Gymn. 45. Der Siegeskranz war
eben nach wie vor etwas so heiß Erstrebtes und
hatte eine solche Ehrung in ganz Hellas zur
Folge, daß selbst unerlaubte Mittel in Anwen-
dung gebracht wurden. .,..,.
Das Interesse an der G. und Agorustik in
jener Zeit können wir bei der Mangelhaftigkeit
unserer Überlieferung im übrigen nur an einzelnen
Anzeichen erkennen. In Athen erstreckte sich
die segensreiche Wirksamkeit des verdienstvollen
Staatsmannes und Redners Lykurgos auch auf
diesen Zweig des öffentlichen Lebens. Er richtete
sein Augenmerk auf die Ausbildung der Epheben,
er baute das Lykeion-Gymnasion um und rich-
tete darin eine Palästra ein, und für die pan-
athenäischen Spiele schuf er das steinerne Sta-
dion (Jude ich Topogr. v. Ath. 83). Die make-
donischen Machthaber bringen den hellenischen
AVettspielen ein reges Interesse entgegen. Philipps
politische Beweggründe hiefür und seine Be-
strebungen namentlich in Delphi sind bekannt.
Doch hat er auch in Makedonien bei großen Fest-
lichkeiten, z. B. der Hochzeit seiner Tochter Kleo-
patra, bei der er ermordet wurde, gymrusche und
musische Wettkämpfe veranstaltet und in Aigai
olvinpische Spiele eingerichtet. Sern Sohn Ale-
sandros war körperlich tüchtig durchgebildet und
insbesondere ein guter Läufer, doch scheint er
gegen die rohe Athletik, wie sie sich im Faust-
kampfe und Pankration äußerte, entschiedene
Abneigung empfunden au haben, wenigstens soll
övt»i7 uryumasbin.
er diese Übungen bei den von ihm veranstalteten
"Wettkämpfern nicht zugelassen haben (Plut. Alex.
4, 5f.). Aber die Möglichkeit einer Beteiligung
an dem Wettlauf in Olympia war für ihn nach
einer Anekdote bei Plutarch nur deshalb ausge-
schlossen, weil er nur mit Königen als Mitbe-
werbern auftreten mochte, und wie er einen olym-
pischen Sieg bewertete, zeigt die Behandlung des
Olympioniken Dionysodoros von Theben (Arrian.
anab. II 15, 4). Es heißt, daß der für die gym- 10
nastischen Übungen nötige feine Staub bis aus
Ägypten herbeigeholt und den Feldherrn Ale-
sanders bis ins Feldlager nachgeführt wurde (Plut.
Alex. 40. Plin. n. h. XXXV 168. Aelian. var.
hist. IX 3. Athen. XII 539 C). Durch Alexan-
ders Züge ward hellenische Kultur und damit auch
Interesse für gymnastischen Sport überallbin in
den Orient getragen, und die Diadochen setzten
auch in dieser Richtung das Werk ihres großen
Vorbildes fort. Es wurden nicht nur allenthalben 20
Gymnasien und Palästren errichtet und die Jugend
nach dem Muster des Mutterlandes gymnastisch
ausgebildet, sondern auch das Interesse an den
großen Nationalspielen breitete sich im Orient
aus, zumal als allmählich auch die neuen helle-
nistischen Staaten zum Wettbewerb in Olympia
zugelassen wurden. So lieferte z. B. Ägypten,
seit im J. 272 v. Chr. Perigenes von Alexandria
im Laufe gesiegt hatte, während des 3. Jhdts.
noch manchen olympischen Sieger (Förster 437. 30
447. 459. 464. 473. 481 usw.), und auch die
Herrscher zeigten ihr Interesse für die G. Pto-
lemaios Philadelphos erbaute in Athen ein Gym-
nasion, das Ptolemaion. Während die älteren
Gymnasien, Akademie, Lykeion,Kynosarges, außer-
halb der Stadt lagen, wurde das Ptolemaion im
nördlichen Teile der Stadt selbst errichtet. Auch
das Diogeneion befand sich in der Stadt. Einen
Beweis für sein sportliches Interesse gab nach
Polybios (XXVTI 7 A) ein späterer Ptolemäer (IV), 40
und die Geschichte ist bezeichnend für den na-
tionalen Gegensatz zwischen Ägypten und dem
Mutterlande. Um den Ruhm der Unbesiegbar-
keit des gefürchteten Kleitomachos zu zerstören,
hatte Ptolemaios den Aristonikos im Faustkampf
ausbilden lassen und schickte ihn als Gegner des
ersteren nach Olympia. Die Sympathie der Zu-
schauer, die anfangs auf der Seite des Schwächeren
stand, schlug um, als Kleitomachos sich darauf
berief, daß er für die Ehre Griechenlands, Ari- 50
stonikos für den Ruhm des Königs Ptolemaios
kämpfe, und es gelang ihm, den Fremdling zu
besiegen. Mit diesem zunehmenden Interesse im
Osten scheint ein Schwinden desselben im Westen
Hand in Hand zu gehen. Dies kann man aus
dem fast völligen Zurücktreten der sizilischen und
italischen Namen in den Olympion ikenlisten schlie-
ßen. Ührigens tritt auch Sparta, zum Teil auch
Athen, in den Hintergrund, während Aitolien,
Achaia, die jüngeren Städte des Peloponncs nebst 60
dem Orient die olympischen Sieger hefern. Auch
Angehörige besserer Stände verschmähten es hier
nicht, sich gelegentlich, besonders in ihrer Jugend,
an den Wettspielen zu beteiligen Aratos von
Sikyon, der große Stratege und Staatsmann des
AcMUchen Bundes, war in seiner Jugend erfolg-
reicher Ftofkämpfer (Plut. Arat. 3). Boris von
ßamos, der spatere Tyrann (Förster 398), siegte
irymrjasiiK zuoir
324 im Knabenfaustkampf. Einen olympischen'
Pentathlonsieg und viele andere Siege erkämpfte
Gorgos von Messene (Förster 465. Polyb. V
5, 4). Gerade in den Stammländern der grie-
chischen G. , in Sparta und Athen , wo sie als
edler Sport und Bestandteil der Jugenderziehung
stets in Ehren stand, scheint man ihre unauf-
haltsame Fortentwicklung zur Berufsathletik per-
horresziert zu haben, und da ohne das athletische
Training die Aussicht auf einen olympischen Sieg
sehr herabsank, gab man allmählich auch die*
Konkurrenz bei den großen Nationalspielen auf
und wird sich immer mehr auf die Beteiligung
an den heimischen Lokalagonen beschränkt haben.
So sehr nun, wie wir sahen, die professionelle
Athletik mit ihrem überfeinerten Training von
der Intelligenz und namentlich den Ärzten ver-
achtet wurde, es ist nicht zu leugnen, daß mit
ihrer Hilfe ganz hervorragende Leistungen und
Rekorde zustande kamen. Es war nach wie vor
keine Seltenheit, daß einzelne Athleten eine ganze
Reihe von Jahren hindurch in Olympia und ander-
wärts viele Siege hintereinander erkämpften. Für
diejenigen, die in den vier großen Nationalspielen^
den Olympien, Pythien, Isthmien, Nemeen Sieger
waren, kam die Bezeichnung Periodoniken ('s. d.),
d. h. Sieger in einer Periodos auf. Solche Sieger
waren z. B.: Sostratos (Förster 349), Cheilon
(384), Herodoros (395), Antenor (409), Philinos
(441),Epitherses (510), Agesarchos (529). Darunter
war Philinos vierfacher Periodonike und hatte*
außerdem noch Siege zu verzeichnen. Noch höher
war es vielleicht einzuschätzen , wenn es einem
Athleten gelang, in Olympia an demselben Tage-
in mehreren Übungen zu siegen, z. B. in drei
Laufarten. Dies war schon einmal in älterer
Zeit, 512 v. Chr., dem Phanas aus Pellene ge-
lungen. Jetzt wiederholten sich solche Leistungen
in kürzeren Zwischenräumen. Unerreicht aber
war hierin Leonidas von Rhodos, der vier Olym-
piaden hintereinander, 154 (164 v. Chr.) —157
(152 v. Chr.) je im Stadion, Doppellauf und
Waffenlauf zugleich siegte, also in dieser Zeit
zwölf olympische Kränze davontrug, eine uner-
hörte Leistung, die auch unerreicht blieb (Afric.
zu Ol. 157). Ein solcher dreifacher Sieg an
einem Tage brachte dem Athleten den Beinamen
rytaaztjs (Afric. zu OL 154). Es glückte später noch
dem Hekatomnos (32 v. Chr., Förster 551) und
mindestens zweimal dem Hermogenes mit dem
Beinamen Hippos (zuerst 81 n. Chr.. F. 654). Auch
in der Gruppe Stadion-Diaulos-Dolichos siegte
einmal Polites (69 n. Chr., F. 64 8). Viel schwieriger
und daher auch ungleich ruhmreicher war ein
Doppelsieg im Ringkampf und Pankration an
demselben Tage. Der glückliche Sieger wurde
dann als Nachfolger des Herakles, dem dieser
Doppelsieg zuerst gelungen war, gepriesen und
erhielt den Ehrentitel xagädot-oz oder xagado-
%ovlxr)$ (Plut. comp. Cimon. et Luculi. 2). Der
erste derartige Heraklessieger (Ssvxs^og dtp" 'Hqcl-
xXiovg) war Kapros aus Elis im J. 212 v, Chr.
(Förster 474, wo die übrigen Heraklessieger
aufgezählt sind). Solche Leistungen waren vorher
niemals erreicht worden und sind daher offen-
bar der Vervollkommnung der Trainiermethode
zuzuschreiben.
In den bisher geschilderten Formen und
ZUOl
trynmasiiiÄ;
^v
UlUäBUlL
mannigfachen Auswüchse bereits stark in den
Vordergrund traten. Wenn sich infolgedessen schon
bei den Griechen zahlreiche Stimmen erhoben
hatten, welche die G. in dieser Form als unge-
eignet für die Erziehung der Jugend und als für
den Kriegsdienst geradezu schädlich hinstellten,
so konnte der praktische Sinn der Römer, denen
nur die Ausbildung für den Staatsdienst und Krieg
vorschwebte, sich zu einer solchen nutzlosen, zeit-
10 raubenden Tätigkeit um so weniger hingezogen
fühlen. Von einer Aufnahme der griechischen G.
in das Programm der Jugenderziehung konnte
also keine Rede sein. Nur der Diskoswurf wurde
zu den Jugendspielen des Marsfeldes hinzuge-
nommen (Hör. cann. 18, 11 ; sat. II 2, 13 ; ars
p. 380. Mart. XIV 164). Abstoßend wirkte ferner
die völlige Nacktheit, die nach römischem Ge-
schmack das Schamgefühl verletzte (Cic. Tusc.
IV 33, 70 ; de rep. IV 4), und als Folge hiervon
Zweigen nahm dann die Fortentwicklung der G.
auch in die römische Periode hinein ihren Fort-
gang. Bevor aber das Augenmerk auf diesen
durch Ausartung und Verfall unserer Kunst cha-
rakteristischen letzten Zeitraum gerichtet wird,
ist es interessant zu sehen, wie die Römer, nach-
dem sie dem griechischen Einfluß Tür und Tor
geöffnet, die griechische G. , diese ureigenste
Äußerung des hellenischen Nationalcharakters,
bei sich aufnahmen.
Die Gymnastik bei den Römern. G. in
der kunstmäßigen Ausbildung, wie sie die Grie-
chen pflegten, war den Römern vor dem Ein-
dringen des Hellenismus unbekannt. Natürlich
aber betrieb ihre Jugend wie die aller kriegeri-
schen Völker von jeher solche Leibesübungen, die
geeignet waren, den Körper zu stählen und zum
Kriegsdienst tauglich zu m achen (vgl. M a r q u a r d t
Privatl. d. Römer 12 11 7f.). Auch bei den Rö- . ..
nicm war der Wettlauf wohl die älteste Übung, 20 und von dem in den griechischen Gymnasien und
und nach Liv. IX 16, 13 hat Papirius Cursor
hierin alle übertroffen. Dazu kam an eigentlichen
gymnastischen Übungen noch der Sprung, das
Ringen und der Faustkampf (Dionys. VII 73.
Cic. de leg. II 15, 38. Liv. I 35. Veget. I 9f.
Sen. ep. 15) und dann das mehr kriegsmäßige
Speerwerfen und Fechten (Sen. ep. 88. 19),
ferner Reiten und Schwimmen, besonders auch
das Ballspiel. Alle diese Übungen wurden von
Palästren üblichen, mit üppiger Lebensweise ver-
bundenen Müßiggang befürchtete man Verweich-
lichung und Sittenverderbnis. Besonders bezeich-
nend hierfür ist Plut, aet. Rom. 40 rö yag £t}Qa-
XoKpeiv v<pecoQÖjvzo oi 'Patfioüoi otpödga xai xolg
"EXXtjoiv oiovxai firjösp ovzcog atrtov öovXstag ye-
yovevat xai fxaXaxiag <x>$ rä yvfivdaia xai ras na-
Xalargag jioXvv äXvv xai oxoXrjv hxtxxovGag xalg
jioXem xal 'xaxoo%oXLav xai xo scatSEQaotelv xai
der Jugend am liebsten auf dem Marsfelde 30 xo diaqp&eigsiv rä owpaxa rtöv vicov vxvoig xai
betrieben. Cato der Ältere hat seinen Sohn im
Speerwurf, Waffenkampf, Reiten, Schwimmen und
Faustkampf selbst unterrichtet (Plut. Cato m. 20).
Aber auch agonistische Verwertung der G. kommt
schon in alter Zeit vor, und hier hatten die Rö-
mer an ihren Nachbarn, insbesondere den Etrus-
kern, die ihre Gräber mit umfangreichen gym-
nastischen Darstellungen schmückten, hervor-
ragende Vorbilder. Solche öffentlichen Schau-
spiele, ludi publiei (s. d.) , bestanden, wie schon 40 ist bereits hervorgehoben worden. Abei
die oben angeführten Stellen beweisen, vornehm- tive Beteiligung an denselben war nicht
angeführte
lieh aus Wettlauf, Ring- und Faustkampf (vgl.
Marquardt Staatsverw. III 2 525). Besonders
beliebt war der letztere und man holte sich gute
Faustkämpfer auch aus Etrurien, Latiuni. Cam-
panien und Afrika (Liv. I So. Suet Aug. 45;
Calig. 18). Dieser altitalische" Faustkampf ent-
behrte der Armatur und unterschied sich dadurch
von dem später eingeführten griechischen, neben
üi£Qtn,äTois xat xtvtjGBGiv £vqv§(ioi$ xai Stahatg
axQtßSaiv, v<p' &v eXa&ov sxQvivxeg xcäv onXcov
xai äyoTitfaavTsg äv& otiXit&v xai hmkmv ayaß'&v
svTQdnsXot xai siaXaiozQizai xaXoi Xeyecftat. Vgl.
auch Tac. ann. XIV 20. Wird die G. also als
pädagogisches Element entschieden abgelehnt, so
findet sowohl die agonistische wie die diätetische
Seite bei den Römern ein neues Heim.
"Wie beliebt die Ludi bei den Römern waren,
Aber die ak-
wie bei
den Griechen ein ängstlich gehütetes Vorrecht
des freigeborenen Bürgers, sondern man überließ
die Konkurrenz lieber berufsmäßigen Teilnehmern,
die man sich, wie gesagt, vielfach von auswärts
kommen ließ. Diese Schaustellungen waren mit
den Gladiatorenspielen in gleiche Linie gestellt»
ohne deren Beliebtheit zu erreichen. Als die grie-
chische G. bekanntwurde, lag der Gedanke nahe,
dem er noch unter Augustus bei öffentlichen 50 neben den einheimischen Kräften, später auch
0_*.1_„ ul J. ...:_,] /ei i. „ Cl /"'TT "V 1A7J nnonntiliafili/ili enl oTiü vr\T\ rn-i ö^lii a^Vion K-ni\r+ril 3+-7ßn
Spielen erwähnt wird (Suet. a. O. CIL X 1074
pugiles caiervarios et pyetas ; sie traten also auch
im Massenkampfe auf). Diese Spiele erfreuten
sich einer großen Beliebtheit und wurden von
der Masse feineren Genüssen, wie szenischen Auf-
führungen, oft vorgezogen (Terent. Hecvr. prol.
25. Hör. ep. II 1, 185).
Insofern war der Boden für die Aufnahme
der griechischen G. gewissermaßen vorbereitet,
ausschließlich, solche von griechischen Sportplätzen
bei den Spielen zu verwenden, und diese Neue-
rung war den römischen Zuschauern nicht un-
willkommen. Immer aber genossen die Fechter-
spiele und Tierhetzen den Vorzug. Das erste
Auftreten griechischer Athleten in Rom veran-
laßte M. Fulvius Nobilior 186 v. Chr. (Liv. XXXLX
22). Dem Sulla gelang es 81 v. Chr., anläßlich
seines Triumphes über Mithridates sozusagen die
doch zeigte es sich, daß letztere bei den Römern 60 olympischen Spiele nach Rom zu verlegen. Denn
von allem Anfang an auf eine gewisse Abneigung
stieß und bei ihnen nie ganz heimisch wurde.
Dies hatte verschiedene Gründe. Vor allem ist
nicht zu übersehen, daß die Römer mit der grie-
chischen G. zu einer Zeit bekannt wurden, wo
dieselbe ihre Blütezeit bereits hinter sich hatte, wo
das Ziel immer mehr in athletischer Kunstfertig-
keit gesucht wurde und die oben geschilderten
die von ihm veranstalteten Wettkämpfe übten
eine solche Anziehungskraft auf die griechischen
Athleten aus, daß in Olympia mit Ausnahme des
Stadionlaufes wegen Mangel an Teilnehmern keine
Übungen abgehalten werden konnten. Und so
wurden bei besonderen Gelegenheiten auch von
M. Scaurus, C. Curio, Pompeius und Caesar ath-
letische Wettkämpfe veranstaltet (Friedländer
£WO
wymnasmK
uymnastifc
2064
SittengescK II 8 483f. Reisch o. Bd. I S. 866),
tou den Kaisern schließlich regelmäßig wieder-
kehrende Festspiele gegründet. Die wichtigsten
waren: nnter Angustus die "Axrta in Nikopolis,
die den olympischen Spielen nachgebildeten Augu-
stalia in Neapel, die Eeronia in Rom, insbeson-
dere die von Domitian 86 gestifteten Capitolia,
worüber die Spezialartikel nachzusehen sind.
Durch diese nach griechischem Muster eingerich-
teten Wettkämpfe wurde der Schaulust der breiten
Massen gefrönt und so unter dem Vortritt der
Kaiser ein gewisses äußerliches Verhältnis zur
kunstgemäßen griechischen Athletik hergestellt.
Die Athleten genossen in Eom gewisse Privile-
gien und ein größeres Ansehen als Schauspieler
und Gladiatoren (vgl. Gardiner Athlet. Sports
174f. Friedländer a. 0. 496f.).
Von tieferer praktischer Wirkung auf die Le-
bensführung des römischen Bürgers war jedoch
das Eindringen der hygienischen G. Seit Augu-
stus das Heerwesen umgestaltet und die Truppen-
aushebung in Italien beschränkt hatte, war für
die Jugend die Notwendigkeit, sich für den Kriegs-
dienst vorzubereiten, entfallen und nur für die-
jenigen geblieben, die sich speziell dieser Kar-
riere widmen wollten. So wurden die altitali-
schen Leibesübungen für die breiten Massen in
dieser Hinsicht immer mehr entbehrlich. Da-
gegen trat ein anderer Gesichtspunkt in den Vor-
dergrund, nämlich das gesundheitliche Moment.
Nach Marqnardt Privatl. a. 0. trieb man jetzt
G., um eine frische Farbe zu haben (Cic de offic.
I 36. 130), gut zu schlafen (Horat. sat. II 1, 8),
mit Appetit zu essen und mit Vergnügen zu baden,
während zum Kriegsdienst erfordert wird eine
iuventus balnearum nescia (Veget. I 2), mit
andern Worten, die Heil-G. oder Iatraliptik fand
in Eom Eingang (Plin. n. h. XXIX 4). Die An-
fänge ihrer Beliebtheit reichen bis in die Zeiten
der Republik zurück. Dem Scipio Africanus wurde
die Vorliebe für die Palästra vorgeworfen (Liv.
XXIX 19, 12), und Varro r. r. II 1, 1 machte
die ihm unliebsame Beobachtung, daß auf jeder
Villa ein Gymnasion zu finden sei. Durch die
gymnastische Methode glaubte man sich bis ins
hohe Greisenalter gesund zu erhalten (Aelian.
frg. 110 Herch. Petron. 28). In der Kaiserzeit
war dann das griechische Turnen mit seiner Mas-
sage und seinen Bädern sehr verbreitet und galt
bei vielen als wichtiges Hilfsmittel zur Erlan-
gung körperlicher Ausbildung und Gesundheit
(Sen. ep. 15). Kaiser Nero, der für griechische
Agonistik und G. große Vorliebe hegte, gewährte
reichliche Ölspenden (Tac. ann. XIV 47, Suet
Nero 12), und seine Freigelassenen ließen sich
für ihre Gymnasien, wie einst die Feldherrn Ale-
xanders, den feinen Sand vom Nil kommen
(Plin. n. h. XXXV 168. Suet Nero 45). Als
nun auch die Jugend, die in früherer Zeit nur
die urwüchsige und zweckdienliche altitalische G.
getrieben hatte, allmählich an der überfeinerten
griechischen Methode Geschmack zu finden be-
gann, da erhoben sich unter den Römern zahl-
reiche warnende Stimmen, die auf die verderb-
lichen Folgen für die Gesundheit an Leib und
Seele aufmerksam machten. Die Jugend werde,
» hieß es, durch landfremdes Gehaben, durch
gymnastische Übungen, Müßiggang und schänd-
liche Liebschäften entarten (Tac. ann. XIV 20),
Laster und Sittenverderbnis ziehe mit der grie-
chischen G. ein (Plin. n. h, XV 19. XXIX 26.
XXXV 168), die aus griechischen Gymnasien aus-
gehobene Jungmannschaft sei schlaff und unfähig
Waffen zu tragen (Lucan. Phars. Vn 270). In
der Opposition, befindet sich auch Martial. VII
32. XIV 49, und den Gegensatz zwischen einst
und jetzt schildert anschaulich der jüngere Pli-
lOnius Paneg. 13: postquam exercitationibus no-
stris non veteranorum, aliquis, cui decus mu-
ralis aut civica, sed graeculus magister adsi-
stit, quam magnum est unum ex omnzbus pa-
trio more, patria virtute laetari usw. Als An-
hänger der der G. feindlichen stoischen Philo-
sophie hat insbesondere auch Seneca energisch
Front gemacht (vgl. z. B. ep. 88, 18). In der
Praxis kam es auch gelegentlich zur Abschaffung
einzelner besonders sittenverderbend wirkender
20Agone, wie desjenigen zu Vienna 'unter Traian
(Pliiu ep. IV 22).
Diese Reaktion des nationalen Römertums
gegen das Eindringen einer fremden Sitte konnte
aber der immer mehr um sich greifenden Vor-
liebe für die griechische G. keinen Einhalt ge-
bieten. Nicht nur im öffentlichen Badeleben
spielten die Aleipten (s. d.) eine große Rolle, son-
dern die meisten vornehmen Häuser hatten unter
den Sklaven auch Athleten (Sen. ep. 15, 3. 9),
30 die bei dem Herrn die Stelle von Gymnasten ver-
traten, seine Lebensweise beaufsichtigten. Auch
ließ man gelegentlich Lieblingssklaven in der
Palästra ausbilden (Stat. Silv. II 1, 110). Auch
die Frauen beginnen sich für die Sache zu inte-
ressieren. Bei den von Domitian eingeführten
ersten Capitolien traten auch Jungfrauen im Wett-
kampf auf, dock schaffte man dies gleich wieder
ab. Indes fanden sich Frauen, die sich privat
dem griechischen Sport hingaben und das be-
40 schwerliche Training mitmachten (luv. 2. 53. 6,
426. Mart. VII 67), den ausübenden Athleten
wendeten sie vielfach ihre Gunst zu (Tertull.
Spect. 22. Mart. VII 57. luv. 6, 356). Und
ebenso wie bei Nero und Domitian, so ist auch
bei späteren Kaisern die Vorliebe für die G. zu
beobachten, so bei Hadrian, Marc Aurel (Gal. VI
406 K. Hist. aug.' M. Antonin. 4), L. Verus (Hist.
aug. 4), Commodus (cap. 17. Pescenn. Niger
1. Dio LXXII 22), Alexander Severus, der
50 sich besonders im Ringen auszeichnete (Hist.
aug. Alex. Sev. 27). Die Beteiligung der Römer
an den öffentlichen Spielen ist aber nie eine
lebhafte gewesen, die vornehmen Stände haben
sich so gut wie ganz ferngehalten. Während es
keine Seltenheit war, daß Männer ritterlichen
oder senatorischen Ranges sich im Theater, Cir-
cus oder der Arena aktiv beteiligten, erfahren
wir nur von einem vornehmen Jüngling, Pal-
furius Sura, dem Sohne eines Consularen, der
60 sich öffentlich im Ringkampf, und zwar angeb-
lich mit einer spartanischen Jungfrau, sehen ließ
(Schob luv. 4, 53). Im übrigen spricht eine, wie
es scheint, verderbte Überlieferung von einem
Römer Gaius, der 72 v. Chr. einen olympischen
Sieg im Dauerlauf gewann (Förster Sieger 554).
Plut. tuend, sanit. 5 nennt einen Pankratiasten
Regulas , Mart. IX 72 einen siegreichen Faust-
kämpfer Liber; vgl. auch luv. 3, 68. Die Lei-
2065 Gymnastik
stungen der Römer auf dem Gebiet der G. scheinen
also über einen mäßigen Dilettantismus nicht
hinausgekommen zu sein, die Führung hatten
nach wie vor, auch in den italischen Spielen, die
griechischen Athleten. Über alle diese die G.
bei den Römern betreffenden Fragen gibt aus-
führlich Aufschluß Friedländer Sittengesch.
II 8 483ff. ; vgl. auch Polke Num qua fuerit apud
Rom. ars gymn., Progr. Gleiwitz 1863.
Verfall der Gymnastik. Die geschilderte 10 zugelassen wurde.
Gymnastik 2066
der die Gewähr bietet, daß wohl bei jedem Kampf
einer der Rivalen am Platze bleibt, und der mit sport-
licher Ausführung des Faustkampfes jedenfalls
nichts mehr zu tan hat. Es sollte vielleicht die
Athleten von dem Ehrgeiz, sich gerade in solchen
Übungen hervorzutun, ablenken, wenn in Olympia
nach dem Doppelsieg des Nikostratos 37 n. Chr.
niemand mehr zur Bewerbung um den Herakles-
preis und den Titel eines Nachfolgers des Herakles
Vorliebe einzelner Kaiser für die griechische G.
und Agonistik verschaffte derselben in der nach-
christlichen Zeit eine letzte Blüte. Es fanden
sich reiche und ehrgeizige Männer, deren Wohl-
taten auch der G. zugute kamen. Sie errichteten
neue Gymnasien, die sie mit Stiftungen dotierten,
oder sie veranstalteten mit großem Aufwand für
ihre Mitbürger neue lokale Festspiele u. dgl.
Hier ist vor allen Herodes Atticus (s. d.) hervor-
Ein weiteres charakteristisches Merkmal dieser
Periode ist die Reklame und die Prahlsucht, die
in den Inschriften der Ehrenstatuen zu beobachten
ist und die mit der einfachen Sachlichkeit der
älteren Zeit auffallend kontrastiert. Alle Neben-
umstände, die den betreffenden Sieg als besonders
glänzend erscheinen lassen konnten, z. B. daß der
dargestellte Sieger im Ringkampf nie zu Falle
kam {äxrcQTos) oder nie die Chance eines etpedoog
zuheben, der die Stadien von Delphi und Athen 20 (s. d.) hatte, und Ähnliches wurde entsprechend
in Stein baute und mich rlpm "fiVofnln+7 t™ Alvrm. TiairnvivrA'hril-.jvr. ^«,1 x,™«« ™^- «:„ j„„„..±: a* _
in Stein baute und auch dem Festplatz von Olym-
pia in hervorragender Weise seine Fürsorge zu-
wendete. Ein neuer Aufschwung auf sportlichem
Gebiete war die Folge dieses privaten Interesses.
Aber dieser Aufschwung trug bereits die ersten
Spuren des Verfalls in sich. Einer der Gründe
desselben war die enorme Ausbreitung, die zur
Kosmopolitisiermig und immer größeren Entfrem-
dung von der ursprünglich echt griechischen Eigen-
hervorgehoben, und wenn gar ein derartiger Sieg
zum erstenmal errungen und damit ein Rekord
aufgestellt war {^Quitos av$oa>jta>v u. dgl,), wurde
dies mit Stolz vermerkt. Beispiele zusammen-
gestellt von Reisch o. Bd. II S. 2055. Gardiner
a. O. 179ff., besonders bezeichnend die den M.
Aurelius Asclepiades verhimmelnde Inschrift IG
XIV 1102, der allerdings eine Unzahl von Siegen
erkämpft hatte und einer der erfolgreichsten
art führte Die Zahl der Agone wuchs ins Maß- 30 Athleten des 2. Jahrh. n. Chr. gewesen sein muß.
lose, sodaß es namentlich im Osten des Reiches
kaum einen größeren Ort gab, der nicht seine
Spiele gehabt hätte , die vielfach zu Ehren der
Kaiser veranstaltet und nach ihnen benannt wur-
den (vgl Reisch o. Bd. I S. 860f. Schmid
Attic. IV 571, 19. Gardiner a. O. 170. 180.
Jüthner Wien. Stud. XXIV 285ff.). Die großen
Nationalspiele haben jetzt nicht mehr panhelleni-
schen, sondern ökumenischen Charakter, und der
Interesse für Rekordleistungen, das ja in gewissen
Grenzen von jeher vorhanden war, zeigt übrigens
schon Plin. n. h. VII 83f.
Als Beweis für die großartige Entfaltung der
G. als Kunst oder Handwerk in jener Zeit kann
ferner der Umstand gelten, daß sich die aus-
übenden Künstler, die Berufs athleten, in Genossen-
schaften zu organisieren beginnen. Ansätze zu-
solchen Vereinigungen auf kultlicher Grundlage
Wettbewerb steht somit gleichsam der ganzen 40 mögen schon früher vorhanden gewesen sein, die
Welt offen (vgl. Olympia V 54.436). Die kolos-
sale Verbreitung auch auf nichthellenischem Boden
konnte natürlich nicht ohne Wirkung auf die
Entwicklung der G. bleiben, und insbesondere
macht sich der Einfluß Roms in gewissem Sinne
nachteilig bemerkbar.
Die Vorliebe der Römer für Gladiatorenspiele,
Tierhetzen und Naumachien gab auch dem Ge-
schmack der Menge außerhalb Italiens eine neue
eigentlichen Athletenvereine (^varog, ovyoSog) sind
aber nicht vor Hadrian sicher nachzuweisen. Diese
Körperschaften, deren Zahl eine bedeutende ge-
wesen sein muß, zogen von Agon zu Agon, um
in den Wettkämpfen aufzutreten, und obwohl wir
über ihre Einrichtung und Wirksamkeit sehr wenig
wissen, können wir annehmen, daß sie für die
Entwicklung der G. nicht ohne Einfluß waren.
Schon wegen der großen Konkurrenz mußten sich
Kichtung, und diese römischen Spiele werden auch 50 die einzelnen Vereine bemühen, das gymnastische
in Griechenland eingeführt, z. B. in Korinth, ja
auch in Athen, wo sie nicht nur im panathenäi-
sehen Stadion, sondern sogar im Dionvsostheater
abgehalten wurden (Dio Chrrs. XXXI" 121). Die
Folge davon ist ein starkes Sinken des sport-
lichen Niveaus. Das Volk findet Gefallen an den
rohen und blutigen Schauspielen und interessiert
sich nun kaum mehr für das rein Gymnastische.
Die roheren Übungen wie Faustkampf und Pan-
Training nach Möglichkeit zu vervollkommnen und
neue Methoden zu ersinnen, um ihre Mitglieder
tüchtig auszubilden. Besonders angesehen war im
2. Jhdt. die ovvoöog %voxtx7} xdv negi xbv ' Hoax/Ja
a&XrjT(öv legoveiHütv otetparsiTüiv (IG XIV 1054f.J,
die zu Beginn des 4. Jhdts. als tega t-vönxi} wqi-
Tiohoxtüi} otxovfizvixTj aivoSog (IG XIV 956b 19)
bereits den ganzen Erdkreis umfaßte. Im einzelnen
verweise ich auf R e i s c h o. Bd. II S. 2056ff. P o 1 a n d
kration, die ohnedies stets in der Gunst des 60 Griech. Vereins**. 190f\ 147tf. Gardiner a. O.
„v.,_ _._,.,., 174ff ^ Friedländer s ittengesclli HB 297f.
Die Verfeinerung des Training, die in der
Kaiserzeit offenbar ins Maßlose übertrieben wurde,
könnten wir genauer verfolgen, wemi nicht die
gymnastische Literatur (s. o.) fast ganz verloren
gegangen wäre. Aber aus den Angriffen, die von
medizinischer Seite, namentlich Galen, dann von
Philostratos u. a. dagegen unternommen wurden,
Pöbels standen, finden fast allein noch Beachtung,
und die fortschreitende Verrohung, die man hier
beobachten kann, ist eine Konzession an die neue
Geschmacksrichtung. Der ohnedies schon allzu
gefährliche harte Riemen, die oydiga, genügt dem
Blutdurst der schaulustigen Menge nicht mehr,
es wird ein metallenes Mordinstrument erfanden
(8. Caestus), ein Totschläger gefahrlichster Art,
ÜU67
uynmasttK
urymnasu&
können wir uns immerhin eine annähernde Vor- das in starre Systeme gezwängte Training zeitigte*
Stellung bilden. Die Diät, die Nahrungsaufnahme die Auswüchse in physischer und moralischer Be-
wurde durch genau festgesetzte Kegeln bestimmt ziehung, die damit verbunden waren, bei denken-
und namentlich auf reichliche Fleischkost und den Menschen vielfach eine lebhafte Opposition
genaues Einhalten der Zeiten für Anstrengung hervor. Die Meinung über den Wert der G. war
und Schlaf Gewicht gelegt, ein Vorgehen, das ja, wie wir sahen, schon in alter Zeit, als sis
von Galen als gesundheitswidrig getadelt wurde sich noch in einfacheren Formen bewegte, sehr
(IV 753. VI 180 K.). Vgl. auch o. Bd. I S. 2058f. geteilt. Dichter, Denker und Ärzte befaßten sich
und die oben zitierte Philostratosstelle Gymn. 44, zu allen Zeiten mit der Frage nach der Berech-
wo der Autor sicherlich nicht nur die Vergangen- 10 tigung und dem Werte der G- und Athletik, die
beit, sondern auch seine Zeit im Auge hat. Für also von jeher eine Streit- und Tagesfrage dar-
überaus wichtig beim Training der Athleten hält stellte, zu der ein jeder gebildete Mensch irgend-
man die Einreibungen mit öl und die Massage, wie Stellung nehmen mußte. Gewiß bot sie auch,
und da diese auch in der für die Laien bestimmten namentlich in der Kaiserzeit, ein beliebtes Thema
Heil-G. unentbehrlich waren und von den für rhetorische Übungen und Disputationen pro
Ärzten zu hygienischen Zwecken angewendet wur- und contra. Das schaulustige Volk hatten die
den, haben an der Ausbildung der Methoden Ärzte Athleten und ihre Trainer natürlich überall auf
wie Gymnasten gleichermaßen mitgearbeitet (s. u.) ; ihrer Seite, zugleich aber auch alle diejenigen,
Besondere Sorgfalt aber verwendeten die zünf- welche auf die breiten Massen wirken wollten,
tigen Gymnasten auf die Vervollkommnung der 20 insbesondere die Sophisten, unter denen begeisterte
eigentlichen Trainiermethode, d. h. auf die Art Anhänger der Gymnastenkunst zu finden waren,
und Weise, wie die Athleten in den Leibesübungen wie Dio von Prusa XXVIJI und Ps.-Plut. xf.qi^ aoxr)-
selbst praktisch ausgebildet wurden , wie man oecog. Dazu bieten Inschriften und Papyri wich-
ihre Kräfte in Anspruch nahm, um die Leistungs- t-ige Beweise für das Ansehen der Athleten und
fähigkeit bis zu dem höchsten erreichbaren Grade ihrer Vereine in der Kaisei zeit (s. o. und z. B.
zu steigern. Es gab verschiedene derartige Trai- CIG 5906-5914, Wessely Coip. papyr. Herniop,
niermethoden, über deren Nutzen gestritten wurde. I n. 52—62. Kenyon-Bell Greek Pap. in the
Bekannt ist uns nur das aus einem Zyklus von Brit. Mus. III [1907] 214ff.).
vier Tagen bestehende sog. Tetradensystem. An- Die Opposition, die sich gegen diese unbe-
gewendet wurde es von den Gymnasten Theon 30 dingte Verhimmelung der G. wendet . ist zwei-
von Alexandria und Tryphon, die es wahrscheinlich facher Art. In entschiedenem Gegensatz stehen,
auch erfunden hatten. Bei Gal. Thrasyb. 47 (V wie schon angedeutet, die Mediziner, an ihrer
898 K. 99, 19 H.) und bei Phil. Gymn. 47 wird Spitze als besonders enragierter Gegner Galen,
der Vorgang näher beschrieben, wobei allerdings Bei Besprechung des Begriffes wurde gezeigt, daß
Unterschiede in der Terminologie zu konstatieren er der Athletik, die er als Afterkunst {y.axoz^vla)
sind, welche die Sache selbst aber nicht berühren. bezeichnet, den edlen Kamen G. überhaupt ab-
Bei Galen wird offenbar auf die faktische Beihen- spricht und nur die hygienische Seite dieser
folge kein Gewicht gelegt (vgl. Jüthner Phil. Kunst, also die Heil-G., gelten läßt. Besteht
Gymn. 285ff.). Der Vorgang war folgender: Am nämlich die Gesundheit im Ebenmaß, so bringt
ersten Tage wurde vorgenommen die naQaoxevr} 40 die athletische G. im Gegenteil ein Übermaß her-
oder das uiagaoxtvdCov yvfiväaiov , welches aus vor. indem sie die Fleischfülle vermehrt und ver-
einer energischen, raschen und kurz dauernden dichtet und eine Menge überaus dicken Blutes
Bewegung bestand (vgl. auch Gal. VI 222) und hervorbringt; denn sie will nicht bloß die Kraft,
auf den Höhepunkt der Anstrengung vorbereiten sondern auch die Masse des Körpers erhöhen.
sollte. Dieser letztere war das am zweiten Tag Die Folge dieses unnatürlichen Zustandes bleibt
angesetzte smTfüvav oder rtltiov yvpväoiov, auch nicht aus. Die einen verlieren plötzlich die Sprache,
tcaraöxevrj genannt, welches, wie schon der Name die anderen das Gefühl und die Bewegung und
sagt, in der höchsten Entfaltung der Kräfte be- sind ganz vom Schlag gerührt, oder es springt
stand, die Übungen also so zeigte wie im Ernst- ihnen zumindest ein Gefäß und sie erleiden einen
jedoch anderen Nachrichten widerspricht,
dritter Stelle folgende ävsots oder aTtoÜEQaxeia in der Ringschule sind die Athleten zugerichtet
ist nach dem verderbten Text bei Philostratos wie die Liten Homers: lahm, schielend , zer-
kein vollständiges Ausspannen, sondern ein Nach- schunden und verstümmelt: xegi \uxq. aqp. 5 (V
lassen und allmähliches Wiederaufnehmen der 910 K. 102 M.). Außerdem aber werden sie, wie
Bewegung, die dann am vierten Tage bis zur schon Piaton richtig bemerkt hat (P.ep. HI 410 b),
mittleren Stärke anwächst. Dieser nämlich, ^ fürs praktische Leben gänzlich untauglich. Galen
LtsoEvovoa oder fjLEQiopös , bringt eine mäßige hat sich selbst überzeugt, daß er kräftiger war
Leistung, die man sich als eine Art Markieren 60 als die angeblich besten Agonisten, die schon
der betreffenden Übung vorstellen kann. Dieser zahlreiche Kränze im Wettkampf davongetragen
Zyklus scheint der bekannteste und verbreitetste hatten ; denn für Märsche und militärische Dienst-
gewesen zu sein. Andere Gymnasten hielten leistungen, noch mehr für bürgerliche und Feld-
wiederam andere Trainieimethoden für zweck- arbeiten, oder wenn es galt einen kranken Freund
dienlich, und wir werden sehen, daß sich Philo- zu pflegen, kurz zu irgend einer Beihilfe in Rat
«trat energisch gegen die Tetraden wendet. und Tat waren sie unbrauchbar wie Schweine.
Überhaupt riefen die Folgen, welche diese bis Thrasyb. 46 (894 K. 96f. H.). Nicht das un-
in äußerste Subtilitäten ausgearbeitete Diät und rationelle athletische Training also, sondern eine
(ävu» urymnasbiK. irymnasajt zu/v
von den Ärzten kontrollierte und auf ihre Wir- streng individuell behandelt, wozu der Gymnast
kungen berechnete gesunde Bewegung und Lebens- allerdings mit einer Reihe vou Kenntnissen aus-
weise ist die von Galen zugelassene Art der G., gerüstet sein muß, die eine wissenschaftliche
wobei die Übungen der Palästra, rationell ange- Behandlung des Training ermöglichen (Kap. 48
wendet, natürlich nicht ausgeschlossen sind. Der — 54), Danach ist also die G. auf eine falsche-
.hygienische Zweck wird Gal. VI 167 folgender- Bahn geraten und muß reformiert werden, dann
maßen formuliert: xotvoe fih ovv 6 ngöxegog aber repräsentiert sie einen wertvollen Bestand-
exonos (nämlich die Ausscheidungen) Öltp zq> teil des Wissens und Könnens des Menschen.
yvfivaolq» rar a&krjtäv xe xal x&v bxiovv sqyov Der archaistische Zug, der auf den ver-
ävayxatov ev zä> ßiq> diaTrgarrovtav olov tfroi 10 schiedensten Gebieten für jene Zeit eharakteri-
axamrovxcov • xal yag xaxdvov ovo xovg jtdvxag stisch ist und der auch aus derartigen Reform-
iXdyofisr dvai aaostovg' irnggüactt ze za oregea bestrebungen auf dem Gebiet der G. hervor-
holet rov £<6ou xal xevöJoai xa TtsQtxxdifxaxa. leuchtet, scheint an dem konservativen Verhalten
Die andere Art der Opposition richtet sich Spartas auch in der Kaiserz eit Nahrung gefunden
nicht gegen die Institution als solche, sondern zu haben. Dort wurden die veralteten Lykur-
gegen die Richtung und Entwicklung, welche die gischen Vorschriften neu belebt, und allenthalben
G. genommen hat. Es entsprach dem Zuge der regte sich in der Literatur neues Interesse für
Zeit, wenn man auch auf diesem Gebiete wie auf die Sitten der Lakcdaimonier. Baren Konserva-
so vielen anderen von der entarteten Gegenwart tivismus auf dem Gebiete der Jugenderziehung
seine Blicke zurücklenkte auf eine bessere Ver- 20 und der Leibesübungen haben die Ausgrabungen
gangenheit und als Laudator temporis acti die der Engländer in Sparta durch neugefundene in-
gute alte Zeit als Muster hinstellte und wieder schriftliche Belege erhärtet (Ann. Brit. seh. Ath.
zu beleben suchte. In die graue Vorzeit verlegt XLT. XIII und Gardiner a. O. 18Bff.).
Lukian den Schauplatz seines Dialogs Anacharsis, Aber alle theoretischen und praktischen Ver-
worin Solon den wißbegierigen Barbaren in ein suche, den fortschreitenden Verfall der altehr-
athenisches Gymnasion führt und ihm, da er das würdigen Kunst hintanzuhalten, waren vergeblich,
Treiben der jungen Leute unbegreiflich zwecklos zumal im 4. Jhdt, unter den Lehrern der Jugend
findet, in begeisterten Worten die Segnungen der die Abneigung immer entschiedener hervortritt
palästrischen Leibesübungen preist: eine Apo- (Himer. XXII 7. Liban. ep. 1119). Die Sache
logie der G. der guten alten Zeit, die die An- 30 hatte sich in sich selbst überlebt, und äußere
griffe auf die moderne Athletik in die richtigen Umstände kamen hinzu, die ihren Untergang be-
Grenzen verweisen will. Erhebt sich diese Schrift schleunigten. Auch die Scheinfreiheit , die sich
nicht wesentlich über das Niveau einer leichten Hellas lange Zeit bewahrt hatte, ging allmählich
feuilletonistiscben Plauderei, die allerdings einen verloren , und als das Christentum unter Con-
Beitrag zu einer wichtigen Tagesfrage liefern soll, stantin als Staatsreligion Eingang fand, richtete
so ist der Essay des Philostratos über G. (s. o.) sich der Kampf gegen alle Einrichtungen, die dem
schon etwas ernster zu nehmen, da der Autor, Heidentum irgendwie zur Stütze dienten. Dazu
wenn auch einen ähnlichen journalistischen Zweck gehörten aber vor allem auch die auf kultlicher
verfolgend und ohne eigene technische Kennt- Grundlage erwachsenen panhellenischen Feste und
nisse, doch auf technischen Quellen aufbaut und 40 die dort abgehaltenen Wettkämpfe. Ihr Glanz
durch klare Stellungnahme zu den Auswüchsen erblaßte immer mehr und mehr, sie wurden der
der modernen Athletik und durch tieferes Ein- Reihe nach abgeschafft, und in der 293. Olym-
gehen auf die Sache selbst ein höheres Interesse piade (393 n. Chr.) , unter Theodosius I., wurde
beansprucht. Gesichert ist dieses in hohem Maße, auch das Hochfest des Zeus in Olympia zum
da die Schrift die einzige erhaltene Abhandlung letztenmal gefeiert. DeT letzte Olympionike,
über G. aus dem Altertum darstellt. Auch Phi- dessen Name uns erhalten ist, war der armenische
lostratos hat in der Kontroverse betreffs der G. Prinz Varazdates, der 385 einen Sieg im Faust-
Stellung genommen, und zwar gegen die Miß- kämpf davontrug. In den Provinzen, namentlich
griffe der Berufsathletik, aber fü r eine rationelle im Orient, fristeten manche öffentlichen Spiele,
und auf wissenschaftlichen Prinzipien aufgebaute 50 z. B. zu Antiochia in Syrien, noch eine Zeitlang
G., die als solche in Schutz genommen und ge- ihr Dasein (Corsini Diss. agonist. I 11. IV 11.
priesen wird. Die verhängnisvollen Folgen des Krause Olympia 210).
verfehlten Training der Gegenwart sind raili- IV. Die Gymnastik im Mythos.
tärischeUntauglichkeit. Trägheit, Verweichlichung, Wie sich jede Lebensäußerung der Griechen
moralische Verkommenheit. Die Gründe sind die in ihrem Mythos wiederspiegelt, so wird natür-
überfeinerte Kost , die auch bei Knaben obliga- lieh auch die G. in die höhere Sphäre der Götter
torische Zwangsdiät und träge Lebensweise, vor und Heroen projiziert und die Repräsentanten
allem die pedantische Anwendung des Tetraden- der kraftvollen männlichen Jugend unter ihnen
zyklus ohne Rücksicht auf die Individualität der mit ihr in Verbindung gebracht. Von den Göt-
Athleten (Kap. 44—47). die sogar den Tod zur60tern ist es besonders Apollon und Hermes, von
Folge haben kann (Kap. 54). All das muß anders den Heroen Herakles und Theseus, die hier in
werden, und als Vorbild schwebt vor das erfolg- Betracht kommen und die als Patrone der Turn-
reiche natürliche Training der guten alten Zeit, kunst angesehen wurden. Andere kommen hin-
das bei einfacher Kost und natürlichen Kraft- zu, und auch was Homer uns über die trojanischen
Übungen ohne medizinische Finessen instinkt- Helden berichtet, gehört, streng genommen, hie-
mäßig das Richtige traf. Diesem Ideal kann her und ist nur als Spiegelbild der ältesten Ver-
man sich wiederum nahern, wenn man die ge- hältnisse und als erste Nachricht an die Spitze
Jährlichen Tetraden verwirft und den Athleten der geschichtlichen Entwicklung gestellt worden.
Apollon wurde als schöner, kräftiger und
siegreicher Heldenjüngling vorgestellt (Hymn. in
Apoll, Pyth. 271. Callim. ApoU. 36. Apoll. Rhod.
Il 674 ff.). Nach einer olympischen Legende
hatte er den Hermes im Lauf, den Ares im
Faustkampf besiegt (Paus. V 7, 10), desgleichen
im Faustkampf den Phorbas (Hymn. in Apoll.
"211. SchoL Hom. II. XXIII 660; vgl. auch
Gerhard Auserl. Vasenb. 70 und Paus. X 32,
II»IIIIMHI,III
Habich Jahrb. XIII (1898) 61f. Gruppe Gr.
Myth. II 13401 Spathakis Athen. I 320.
Färnell Cult. of the gr. stat. V 28ff.
Herakles war der körpergewaltigste unter
allen Heroen und somit der gegebene Trager
aller gymnastischen und athletischen Tugenden.
Unter seinen Taten kommen für die Palästra
insbesondere die Ringkämpfe in Betracht, die er
mit verschiedenen Unholden ausfocht. So mit
6). Doch pflegte er auch andere Übungen z. B. 10 Acheloos in Aitolien, der übrigens als Svaycbvtog
<ien Diskoswurf, und er soll mit der Scheibe
seinen Liebling Hyakinthos getötet haben (Phil.
Imag. T 24). In Sparta hatte er den Beinamen
Kdgvsiog Ago^aisvg (Paus. III 14, 6. CIG 1446),
in Kreta hieß er ÖQOjuatog (Plut. quaest. conv.
VIII 4) und wurde neben Hermes und Herakles
als Vorstand der Gymnasien und Palästren und
als Vorbild und Hüter der männlichen Jugend
verehrt. Die apollinischen Feste wie die Gymno-
verehrt wurde (Phil. Heroic. II 146. 29 Kays.;
s. o. Bd. I S. 214tf.), Antaios in Libyen (Bd. I
S. 23401), Eryx in Sizilien usw. (Bd. VI S. 604), ja
auch der Kampf mit dem nemeischen Löwen
gehört hieher. Doch war er nicht bloß ein ge-
waltiger Ringer, sondern auch Pankratiast und
hat in beiden Kämpfen Siege davongetragen (s. o.
und Paus. V 8, 4. Schol. Pind. Pyth. p. 297.
Hygin. 273). Ihm wird von einer älteren Über-
paidien in Sparta, die Theoxenien zu Pellene, 20 lieferung die Stiftung und Ordnujig der olyni-
JJ T »-^- 1 --— — T\-i_-Li — j j-~ *i~^~ — — ™^ pischen Spiele zugeschrieben (Pind. Ol. III llff.
XI 42ff. Lysias bei Dion. Hai. Lys. 30. Kal-
lim. in den Aitia, Schneider II 64f.), während
nur jüngere Nachrichten vor ihm den idäischen
Herakles als Gründer ansetzen. Dort siegte er
auch im Faustkampf und Pankration (Paus. V
8, 4) und wurde daher von Archilochos in einem
Hymnus als xaXXlvtxog gepriesen, So wurden denn
auch allenthalben gymnische Spiele veranstaltet,
-die Pythien zu Delphi und die Aktia waren mit
gymnischen Agonen verbunden. Vgl. Krause
•Gvmn. 52 f. 170 ff. Röscher Myth. Lex. I 242f.
Preller-Robert Gr. Mvth.4 I 272ff. Wer-
nicke Jahrb. VI 2 15 f.
An Hermes wird bei Homer und im Hymnus
•die Schnelligkeit und Kraft hervorgehoben, und
diese beiden Eigenschaften haben ihn offenbar
auch zum Gott der G. und Agonistik und zum
Ideal der trainierenden Epheben gemacht, da es 30 die seinen Namen trugen (Herakleen). Er galt
ja bei den gymnastischen Übungen und Wett- «nwnhl als Vorbild für die Erheben und Paläst-
kämpfen in der Tat vor allem auf Schnelligkeit
und Kraft ankommt. Als Patron der Leibes-
übungen und Spiele hatte er den Beinamen äyco-
viog oder ivaycöviog (z. B. Pind. Ol. VI 79; Pyth.
II 10; Isthm. I 60. Schol. Nem. X 53. Simonid.
bei Athen. XI 490 F. Aristoph. Plut. 1161. Hör.
«arm. 1 10, 3. Ovid. Fast. V 667. CIG 251. 1421.
4377. Kaibel Epigr. gr. 295. 948). Die Pa-
sowohl als Vorbild für die Epheben und Paläst-
riten wie auch insbesondere für die Berufsathleten
und wurde demnach in zwei Grundtypen darge-
stellt. Einerseits der bartlose jugendliche, als
dessen Modell der palästrisch ausgebildete attische
Ephebe vorgestellt werden kann, dem Athleten-
ideal des 5. und 4. Jhdts. entsprechend, mit
leichtem, schlanken Körperbau. Solche Statuen
waren neben Hermes, Eros und den Dioskuren
lästren und Gymnasien waren ihm heilig, galten 40 in den Gymnasien zu sehen; (vgl. z. B. Furt-
ais seine Stiftungen und wurden nach ihm be- wängler bei Röscher I 2156—2160. 2179).
nannt (so in Athen Paus. I 2, 4), und dort sowie
an den Eingängen von Stadien standen auch
seine Bilder, Altäre und Inschriften, die ihn ver-
herrlichten (Paus. V 14, 9. VIII 32, 3. 39, 6.
I 2, 5. 17, 2. Phil. Gymn. 16; vgl. auch Röscher
Myth. Lex. I 2391)." Zu Tanagra erscheint er
-als Ephebe im Kampfe an der Spitze der Epheben
mit einer Striegel bewehrt (Paus. IX 22, 2). An
Der zweite Typus, der sich in nachalexandrini scher
Zeit entwickelte, zeigt den Habitus eines Berufs-
athleten: gewaltige Gliedmaßen, kolossale Mus-
kulatur, ein mächtiger Nacken bei verhältnismäßig
kleinem Kopf und kurzer Hals. Diesen Typus
repräsentiert am besten der sog. Herakles Farnese.
Die Verehrung, die ihm die Athleten als Schutz-
patron ihrer Zunft entgegenbrachten, zeigt sich,
verschiedenen Orten wurden ihm zu Ehren Wett- 50 wie wir sahen, auch darin, daß man seine
kämpfe von Knaben und Jünglingen veranstaltet
("EQfiata, s. d.), so zu Pheneos in Arkadien, Pellene
in Achaia. Kvdonia auf Kreta, zu Athen, Svra-
kus und Teos (Paus. VIII 14, 10. Schol. Pind.
Ol. VII 156. Aischin. Timarch. 10. Plat. Lys.
206 D. 223 B samt Schol. Teophr. Char. 27. CIG
3087). Hermes selbst zeichnete sich in einer
Reihe von Kämpfen aus, so im Faustkampf. Lauf
und Diskoswurf, und wurde auch als jugendlicher
Leistungen nachzuahmen und zu erreichen suchte
(devrsgog aq?' 'HgaxXEovg), ferner darin, daß sein
Name in den Titel von Athletenvereinen auf-
genommen wurde (ovvoöog $voxixi) zojvjisgi'Hga-
xlm; vgl. Prell er Gr. Myth. HS 259ff.).
Theseus ist ein Abbild des Herakles auch im
Hinblick auf sein Verhältnis zur G. Das Muster
eines attischen Epheben, ist er natürlich auch in
alle Künste der Palästra eingeweiht und ver-
Athlet mit dem Diskos oder der Striegel dar- 60 sinnbildlicht im Kampfe mit Unholden, wie
gestellt (Korinna frg. IIB. Heracl. incredib. 9;
Tgl. auch den Art. Herme s). Spätere Sagen-
formen feiern ihn als Lehrer der G- (Luc. dial.
deor. 26, 2) und als Vater (Phil. imag. II 32)
oder Geliebten der Palaistra (Serv. Aen. VIII 138).
Näheres darüber bei Krause Gymn. 169ff.
Bo s eher. Hermes der Windgott 36ff. und Myth.
Lex. I 2367f. Preller-Robert a. O. 4l5ff.
übrigens auch Herakles oder z. B. auch Poly-
deukes, den ersten Triumph kunstmäßigeT G. über
rohe Gewalt. Der Gegensatz scheint allerdings
nicht konsequent durchgeführt, da Plat. Leg.
796 A auch den Antaios, Kerkyon, Epeios und
Amykos als Erfinder von Kunstgriffen im Ringen
und Faustkampf bezeichnet. Lides nach Paus.
I 39, 3 war Theseus der Erfinder der Ringkunst
zwo uymnasnK
und hat den Kerkyon aocplq. niedergerungen; vgl.
die Schale des Duris (Gerhard Auserl. Vasenb.
JII 234. Baumeister Denkm. III 1789 und
die übrigen von Klein Euphronios 71fr". zusammen-
getragenen Darstellungen, ferner Wernicke
Jahrb. VI 208ff.). Auch den Minotauros bekämpft
Theseus zwar in älterer Zeit mit dem Schwert,
später aber mit den Künsten der Pale und des
Pankration (Baumeister III 1790f.). Es war
eine naheliegende Pikanterie, ihn auch mit seinem 10
dorischen Urbild Herakles im Kampfe zusammen-
zustellen, der dann natürlich unentschieden blieb
(Phot. bibl. cod. 190 p. 151 Bekk. Eustath. II.
V 589, 40). Auch Theseus wurde in Gymnasien
und Palästren durch Altäre und Standbilder geehrt,
so z. B. zusammen mit Hermes und Herakles im
Gymnasion zu Messene (Paus. IV 32, 11, und ihm zu
Ehren wurden zu Athen gymnische Agone (Theseia)
veranstaltet (Mommsen Feste d. St. Athen 278ff.).
Von sonstigen Mythen, in denen die G. eine 20
Rolle spielt, sind vor allem zu erwähnen meh-
rere Episoden der Argonauten sage (vgl. Jessen
o. Bd. II S. 743ff ). Zu Ehren des Thoas ver-
anstaltete Iason auf Lemnos Kampfspiele, deren
Preise in Gewändern bestanden (Belegstellen o.
Bd. II S. 755). Philostr. Gymn. 3 läßt damals
den Iason zum erstenmal fünf Übungen vereinigen
und so das Pentathlon erfinden. Telamon wai-
der beste im Diskoswurf, Lynkeus im Speerschuß,
in Lauf und Sprung die Söhne des Boreas , Pe- 30
leus überragte alle im Ringkampf und blieb da-
durch auch Sieger im ganzen Pentathlon. Vor
der Einfahrt in den Bosporos entwickelt sich
zwischen Polydcukcs und dem Bebrykerfürsten
Amykos der auf der Ficoronischen Cista so schön
verewigte Faustkampf um die Quelle, der mit der
Niederlage und Fesselung des Barbaren endigte
(s. o. Bd. II S. 759f.). In Iolkos wurden nach
dem Tode des Pelias die berühmten äßla Ixi
üsUa gefeiert, die am amykläi sehen Thron und 40
auf der Kypseloslade dargestellt waren. Herakles
war Kampfrichter. Es gab Pferderennen, einen
Faustkampf zwischen Admetos und Mopsos. Ringen
zwischen Iason und Peleus oder nach dem ko-
rinthischen Deinos, Berlin 1655 (Mon. d. Inst. X
Taf. 4. 5), zwischen Peleus und Hippalkimos oder
nach Apollod. III 9, 2 zwischen Peleus und Ata-
lante, außerdem Diskoswurf und Wettlauf, worin
Iphiklos siegte. Die Preise waren Dreifüße (vgl.
Preller GrMvth. 113 338ff. Weizsäcker bei 50
Röscher Myth. Lex. III 1859). Der Ringkampf
zwischen Peleus und Atalante ist auch sonst,
wenn auch ohne Bezug auf die Leichenspiele des
Pelias auf sf. Vasen dargestellt (vgl. besonders
Gerhard Auserl. Vas. 237. ferner 177), dann
auf einem etru^ldschen Spiegel (Gerhard Etr.
Spiegel Taf. 224). Im Ringkampf hat Peleus
nach der älteren Sagenversion auch seine Ge-
mahlin Thetis gewonnen (vgl. hierüber Bloch
bei Röscher Myth. Lex. III 1834f.). Atalante er- 60
scheint dann auch in anderem Zusammenhang als
sportfrohe Jungfrau, nämlich im Wettlauf mit
ihrem Freier Hippomenes oder Melanion, der sie
durch die List der goldenen Liebesäpfel besiegt
(E scher o. Bd. II S. 1894f.).
V. Verhältnis zur Kunst.
Für die griechische Kunst wurde die griechi-
sche G. von grundlegender Bedeutung, und Fuit-
wängler sagt mit Recht, daß erstere ohne letz-
tere nicht denkbar sei. Die griechische Kunst
steht von allem Anfang an unter dem Zeichen
der G. und hat sich von diesem Einfluß nie
ganz freigemacht. Dadurch unterscheidet sie sich
auch von der des Orients. Während den Ägyp-
tern, Babyloniern und Assyriern die G. in grie-
chischem Sinne unbekannt war, und ihre Kunst,
daher auch nicht den gymnastisch durchgebil-
deten Körper kannte, übernimmt die griechische
Kunst frühzeitig von der G. die völlige Nackt-
heit und bildet das nackte athletische Ideal, ja
auf dieses Ideal ist die griechische Kunst zu-
nächst ganz gerichtet. Wir haben darin ein Haupt-
merkmal derselben zu erkennen, durch das sie
sich von der Kunst aller anderen Völker und
Zeiten wesentlich unterscheidet. Ebenso wie die
kunstgemäße G. der griechischen Kultur eigen-
tümlich war, so ist auch das gymnastische Ideal
der griechischen Kunst ausschließlich eigen und
sonst nirgends anzutreffen. Seine Herrschaft ist.
ein beredter Beweis dafür, welche Rolle die G,
namentlich vom 6.-3. Jhdt. v. Chr. beim Volke
spielte, denn nur unter ihrem Einfluß konnte
der Zeitgeschmack, der sich in jener Erscheinung
ausprägt, diese Richtung einschlagen. Ein Haupt-
moment ist hiebei eben die völlige Nacktheit der
Athleten bei den Übungen. Die vom Training
herrlich durchgebildeten gesundheitstrotzenden
Körper der turnenden Jugend zogen die Aufmerk-
samkeit und Bewunderung der Zuschauer auf sich
und bei den Wettkämpfen wird nicht bloß die
Energie und Körperkraft, sondern auch die Schön-
heit angestaunt. Tyrt. frg. 10 v. 29 schildert
den Eindruck eines schönen Jünglings auf Männer
und Frauen. Herod. V 47 erwähnt Philippos.
aus Kroton, der in Olympia gesiegt hatte und
als der schönste der Hellenen angesehen wurde.
Wegen seiner Schönheit errichteten ihm die Be-
wohner von Egesta ein Heroon. Auch Kallikrates
war nach Herod. IX 22 seinerzeit der schönste
der Hellenen. Die gleiche Bewunderung jugend-
licher männlicher Schönheit spricht aus^ den zahl-
reichen sog. Lieblingsinschriften der Vasenmaler
des 5. Jhdts. (Klein Lieblingsinschr.2) und den
übrigen Nachrichten über die Knabenliebe der
Hellenen (vgl. Bethe Rh. Mus. LXII 438), die
in ihren lasterhaften Auswüchsen die Palästren
und Gymnasien entweihte, in ihrer edlen Form
als ästhetisches Wohlgefallen an der Schönheit
und im Sinne der platonischen Liebe im 5. und
4. Jhdt. in Athen offenbar von hervorragender
gesellschaftlicher Bedeutung war. Dieser Er-
scheinung mußte also auch die Kunst und das
Kunsthandwerk Rechnung tragen. Die Bestel-
lung von Siege rstatuen mag den Anlaß zu dem
bisher unerhörten Versuch gegeben haben, den
Menschen völlig nackt zu bilden ; denn den Sieger
so im Bilde festzuhalten, wie er den Sieg er-
rungen, war naheliegend. Aber man ließ sich
durch die Ehrfurcht vor den Göttern nicht ab-
halten, auch sie völlig nackt darzustellen, ja bil-
dete kämpfende Krieger, wie in den Äginagie-
beln, entgegen der Wirklichkeit fast ganz nackt.
Das läßt sich mir dadurch erklären, daß das
nackte athletische Schönheitsideal, das unter dem
Einfluß der G- geschaffen worden war, den Kunst-
geschmack allmählich so souverän beherrschte,
uryiuuasuit
uymnastijf
uuve
daß es sich gegen alle Bedenken und unter allen Am besten bekannt ist uns die Auffassung der
Umständen rücksichtslos durchsetzte. Die alte- argivischen Schule durch die Entdeckung des Do-
sten Beispiele sind die sog. archaischen Apollon- ryphoros oder Kanon des Polykleitos (s. d.) und
figuren(Deonna Apollonsarchaiques, Genf 1909), seines Diadumenos, welche beweisen, daß dort
die allenthalben in Griechenland gefunden wur- etwas mehr die Körperkraft betont wurde, wän-
den und unter denen sich gewiß manches Bildnis rend man zu Athen eher die Schlankheit und
eines siegreichen Athleten befindet, wie die Be- Eleganz der Formen bevorzugte, zu der sich später
Schreibung des Standbildes des Arrachion in Phi- auch der Sikyonier Lysippos bekannte. Trotz
galia bei Paus. VIII 40, 1 beweist. In der Dar- dieser Verschiedenheiten einzelner Schulen und
Stellung des menschlichen Körpers ist in engen 10 Künstler kann die Wiedergabe des männlichen
Grenzen an einzelnen dieser Figuren ein gewisses Körpers in der Epoche des freien Stiles des 5. Jhdts.
Schwanken der Proportionen zu beobachten. Bald bei Betrachtung aus größerer Distanz als einheit-
«legante Schlankheit wie am Apollon von Tenea, lieh gelten. Das 4. Jhdt. und die Folgezeit hatte
<ler die Körperentwicklung eines Läufers zu haben diesem Athletenideal nichts Wesentliches hinzu-
scheint, bald Schwere und Gedrungenheit wie an zufügen, doch verleitet der damals einsetzende
«iner Statue in Delphi (Gardner Handb. of gr. Realismus gelegentlich auch zur Darstellung einer
seulpt Fig. 134), für die wohl ein Schwerathlet über das Ebenmaß hinausgehenden Körperfülle.
Modell gestanden. Dazwischen aber eine lange wie sie den Berufsathleten eigen war. Ein Bei-
Reihe von Figuren, die ein Mittelmaß repräsen- spiel bietet die auf das J. 336 v. Chr. datierte
tieren. Und dieses entspricht auch dem damaligen 20 panathenaische Amphora des Britischen Museums
Stand der Athletik in der eine Spezialisierung als (abgeb. Jüthner Ant. Turng. 83. Gardiner
Selbstzweck erst allmählich Eingang fand und eine Athlet, spoits 407) oder der Herakles Farnese.
harmonische Durchbildung des Körpers , wie sie In der römischen Kaiserzeit griff man erst recht
insbesondere beim Pentathlos selbstverständlich auf die großen Vorbilder des 5. Jhdts. zurück
war, noch als Eegel gelten konnte. Nur die Läufer und bildete auch die römischen Imperatoren und
werden bereits eine Ausnahme gebildet haben. ihre Angehörigen in der herkömmlichen athleti-
Dieses Ebenmaß ist in hohem Grade, aber bereits sehen Idealform ab. Die Ausschließlichkeit der
in konventioneller Einförmigkeit, z. B. an den Herrschaft dieses männlichen Ideals geht ferner
Giebelfiguren von Ägina zu beobachten, und es daraus hervor, daß es in deT ersten Zeit auch die
ist kein Zufall, daß diese Insel durch ihre Ath- 30 Bildung der weiblichen Gestalt beeinflußte und
leten berühmt war. die, den vornehmen aristo- sich assimilierte. Die ältesten Frauenfiguren er-
kratischen Kreisen angehörig, von Pindar und scheinen schlank, mit schmalen Hüften, breiter
Bakchylides in den Siegesliedern verherrlicht wur- kraftvoller Brust und straffer Muskulatur. Erst
den. Die Spezialität, in welcher ein Athlet ge- gegen Ende des 5. Jhdts. kommen spezifisch weib-
siegt hatte, wurde daher nicht durch die körper- liehe Züge auf. und erst das 4. Jhdt. bildet ein
liehe Differenzierung am Siegerbilde, sondern durch eigentliches weibliches Ideal. Ganz ähnlich ver-
Attribute angedeutet; z, B. durch solche des fährt man bei der Darstellung von Kindern, die
Waffenlaufes (Paus. VI 10, 4), einen Diskos (Di- zwar einen entsprechend kleinen, aber im wesent-
skobol des Myron, Diskosträger im Vatikan HeU liehen athletisch durchgebildeten Körper erhalten,
big Führer 2 338), einen Speer (Dorvphoros des 40 Aber nicht bloß die Bildnerei, sondern auch
Polyklet), Halteren (Paus. V 26, 3. 27, 12. VI die Kleinkunst hat die Herrschaft des athletischen
3, 10) oder Faustriemen (Schol. Find. Ol. VII Ideals verspürt, vor allem die Vasenmalerei. Ath-
1), auch durch die Stellung des Körpers und der letische Darstellungen treten frühzeitig auf. An-
Arme (Paus. VI 10, 3 axia^iayovrtog ök 6 äv- fangs hängt- dies wohl mit dem Totenkult zu-
ÖQias xagfyerai oyjifia). Dieses natürliche Eben- sammen, bei welchem Leichenspiele, wie wir
maß der lebenden Modelle, die den Künstlern wissen, von besonderer Bedeutung waren und auch
auf den Sportplätzen zur Verfügung standen, hat für die Grabvasen den Stoff lieferten. Die my-
sie in ihrem Streben nach idealer Auffassung der thischen Kämpfe (s. o.j, namentlich des Herakles,
menschlichen Gestalt gewiß unterstützt; denn kommen hinzu, den Hauptanstoß aber gab doch
was sonst an schönen Motiven einzeln mühsam 50 die allmähliche Verbreitung des gymnastischen
hätte zusammengesucht werden müssen, das fan- Sportes. Das Eindringen des athletischen Ideals
den sie in manchen durch die G. zur Vollkom- kann man nun auch auf den Vasenbildern deutlich
menheit entfalteten Körpern von Natur glücklich beobachten. Die ältesten sf. Tongefäße zeigen
vereint und ohne weiteres für künstlerische Nach- jenen Typus bärtiger Athleten mit ansehnlicher
ahmung geeignet. Doch hätte es bei dem emi- Körperfülle und stark entwickelter Muskulatur,
nenten künstlerischen Vermögen der Griechen die uns bestimmte, die ersten Anfänge der Be
dieses günstigen Umstandes gar nicht bedurft. rufsathletik bis in jene Zeit hinauf zu verlegen.
Denn während die orientalische Kunst bei der Diese Gestalten verschwinden schon auf den jün-
Darstellung eines kräftigen Körpers gern zu Über- geren sf. Vasen und machen hier und nament-
treibungen neigt-, ist der Kunst der klassischen 60 lieh in der rf. Malerei dem idealen Ebenmaß des
Epoche der Griechen derartiges fremd, da sie athletisch durchgebildeten Epheben Platz, das von
nicht nur nach Darstellung von Kraft, sondern nun an in konventioneller Einförmigkeit auf jeden
auch von Schönheit strebt. Die Schönheit aber Körper angewendet wird, so daß die dargestellten
beruht im Ebenmaß. Athleten wie Brüder oder Angehörige einer großen
Die richtigen Proportionen des menschlichen Familie anmuten. Das Wunderbare aber ist, daß
J^fPff 8 Juden denn ein Problem, das sich jeder diese stetige Wiederholung und Variierung des
bedeutendere Künstler stellt, das aber in den ver- gleichen Typus in der Groß- und Kleinkunst
«chiedenen Schulen eine verschiedene Lösung findet. keineswegs ermüdend wirkte. Ebenso wie er bei
avn uymnasnK
kriechen und Römern Jahrhunderte hindurch den
Kunstgeschmack beherrschte, so werden auch wir
nicht müde, an dem Statuenreichtum unserer Mu-
seen die Modellierkunst der Alten zu bewundern.
,Diese griechischen Männergestalten sind eben
■die herrlichsten Menschen, die die Kunst aller
Zeiten geschaffen hat.' Über die Beziehungen der
Cr. zur Kunst vgl. Waldstein The influence of
athlet. games upon gr. art, Friday 1883. Lange
irymnastiK
5507«
Taf. 4. Gerhard Trinksch. u. Gef. Tal XIII
6). Auch konnte dabei einer dem andern helfen
(Luc. Anach. 1. Die sog. Petersche Bronzecista
im Mus. Greg. (B) I Taf XXXVII 1, wovon das
betreffende Detail auch bei Schreiber Bilderati.
I Taf. XXIII 9. Erotensarkophag Müller-Wie-
soler IJ, LH 653a). Knaben besorgen das Ge-
schäft an einem siegreichen Faustkämpfer, ver-
kannt von Dütschke Ant. Bildw. II nr. 177.
Darstellung d. Menschen in d. alt. griech. Kunst. 10 Die Berufsathleten jedoch, die sich einem regel-
Straßburg 1899. Furtwängler Die Bedeutung rechten Training unterzogen, ließen das Einreiben
der Gymnastik u. d. griech. Kunst. Monatsschr.
,Der Säemann' 1905. Gardiner Athlet, sports
86ff.
VI. Die Übungen.
Vorbereitung. Vorgenommen wurden die
gymnastischen Übungen in der Palästra und dem
Gymnasion, und zwar unter der Aufsicht von
Trainern, welche Paidotriben, Gymnasien und
und Massieren unter Anwendung großer Sorg-
falt von einem geschulten Gymnasten oder Aleipten
vornehmen, welch letzterer von diesem Geschäft
ja auch den Namen hat (vgl. auch Üaio^iattjg
Aeg. Pap. Berl. II n. 576).
Als Zweck der Einölung wird von Lukian an-
gegeben, der Körper solle elastischer (svrovtoTe-
qov) und dann auch glatt und schlüpfrig gemacht
Aleipten hießen (s. die betr. Artikel). Ihre Auf- 20 werden , um das Zupacken beim Eingen zu er-
gäbe war es, nicht nur die turnerische, sondern
auch die hygienische Seite des Training zu leiten,
und dazu gehörte, abgesehen von deT Regelung
der Diät, insbesondere die Salbung, die vor und
nach dem Turnen vorgenommen wurde (äfel<p£iv,
auch gt]ga/.oiipeTv , Jüthner Phil. Gymn. 308
— 311). Bei Homer noch unbekannt wurde die
Einreibung mit öl nach Thuc. I 6, 5 zuerst von
den Lakedaimoniern eingeführt, und nach Phil.
schweren (Anach. 24 u. 28), doch ist damit die
Wirkung gewiß nicht erschöpft, sie ist vielmehr
vor allem eine hygienische und wird von der spä-
teren Medizin mit der feucht -warmen Qualität
des Öles erklärt. Sehr genau wurden die ver-
schiedenen Arten der Massage auf ihre Wirkung
hin unterschieden (vgl. o. Bd. I S. 1360 und Art.
Tgifftg). Schon Hippocr. de offic. medici 17 (III
322 L.) ( wozu Galens Kommentar I 26 (XVHl 2.
Gymn. 43 verwendete man hierzu in der guten 30 871ff. K.) zu vergleichen ist, lehrte, daß die harte
alten Zeit Öl vom wilden Ölbaum {noxtvov te
(xai) (pvkia<; £%qiöv avTovg Kttia). Später war
jedoch feines Olivenöl im Gebrauche und bildete
die Hauptausgabe bei der Erhaltung der Gym-
nasien. Erst in der Kaiserzeit kam man auf den
Gedanken, das öl mit Wachs zu verdichten und
so eine Art Salbe herzustellen (xiJQa>fj.a. xtjqs-
Zatov Plut. quaest. conv. II 4. Gal. VI 445. XIII
lOOöf. Oribas. II 57. Sen. ep. 57, 1. Plin. n. h.
Massage den Körper binde, die weiche löse, die
reichliche mager mache, die mäßige befleische.
Andere haben das noch weiter ausgeführt. Von
Galen werden wir über die Arten, die Durchfüh-
rung und Anwendung sowie über die Wirkungen
der TQtyng im 2. und 3. Buch seiner Hygiene
ausführlich unterrichtet und er zeigt insbesondere,
in welch enger Verbindung sie mit der G. steht.
Ja als passive Bewegung zählt er sie sogar zu
XXVIII 51. Mart. IV 19, 5. luven. III 68. VI 40 den Leibesübungen. Die Einreibung, die dem
246). Die Einölung hatte namentlich beim Ringen Turnen vorangeht, nennt er die vorbereitende
miil PflnVvatirvn m'nfvn Vipsrmrlivi'iin Sinn (\ ai<* ATia^li (-ms*r.*w„„*.r,^.j;\ Aia iif/il^l-,« ;l.™ f^l^i- Az„ U.VH,. ri
und Pankration einen besonderen Sinn (Luc. Anach.
1), scheint aber nach Ausweis der schriftlichen
und monumentalen Überlieferung bei allen Übungen
ohne Unterschied angewendet worden zu sein.
Die gleich zu erwähnende Petersche Cista be-
weist es für den Faustkampf, der Atalantekrater
Mus, ital. II Taf. 2 a. Theoer. XVIII 22fl*. Epict,
III 23, 2. Stet. Theb. VI 576 (vgl. dagegen Plut.
(xaoaoxEvaoTiKri), die, welche ihm folgt, die Schluß-
pflege (ajio$£QQ.jieia, s. u.). In der Kaiserzeit wur-
den aber die Methoden überaus fein differenziert
und die Wirkungen der einzelnen Arten der Mas-
sage genau beobachtet; vgl. Gal. VI 96S., der
dort ein Zitat aus der G. des Gvmnasten Theon
wörtlich anführt (Jüthner Phil. Gymn. 19ff>.
Nach der Qualität unterschied man harte, weiche
quaest. conv. II 4) für den Lauf, die rf. Schale 50 und gemäßigte Massage, die quantitativ in ver-
in Bologna Giardini 29 für den Speerwurf Ovid. schiedenen Graden verabreicht wurde. Durch
met. X 176 für den Diskos wurf. Die Epheben Kombination ergaben sich dem Theon sechs, dem
haben sich sogar beim Tragen des Stieres ge-
salbt: Strab. XIV 2. Und so verkündete denn
nach Schluß der olympischen Spiele der Herold
ausdrücklich die Einstellung der Salbung: Phil.
Gymn. 7.
Nachdem sich der Athlet vollkommen ent-
kleidet hatte, holte er sein Öltiäschchen {kr}xi<-
Galen, der auch bei der Quantität eine Mittel-
stufe annimmt, sogar neun Unterarten, die auf
das genaueste beschrieben und nach ihren Wir-
kungen und Anwendungen unterschieden wurden.
Manche Gymnasten ließen sich hier Übertrei-
bungen zuschulden kommen, die wiedernm das
Mißfallen Galens erregen : Es sei ein Zeichen von
&ior\ hervor, das zu Hause oder in einem be- 60 Unkenntnis, zu meinen, ,daß die Einreibung der
«ATlllAmn "R-inyn Aay Indult /.-. .llr* K _4- J J 1 -. _ f\ .. . .1. .!•..•■ 11- 1
sonderen Raum der Anstalt (s. die Art. 'AXetx-
TTjQtov und Elaeothesium) gefüllt wurde, und
indem er daraus das öl über seinen Körper in
die andere Hand träufelte, rieb er dasselbe am
ganzen Körper ein (vgl. z. B. den Salber in Mün-
chen 165 = Friederichs-Wolters Gypsabg.
462 und ähnliche Statuen wie in Dresden 38 und
sonst, ferner Vasenbilder wie Arch. Ztg. 1879
Quere nach, die einige auch die runde nennen
den Körper verhärtet, verdichtet, schnürt und
zusammenzieht, in gerader Richtung aber ver-
dünnt, lockert, erweicht und löst*. Durch den
Mangel an logischer Einsicht gelangen die meisten
Gymnasten dazu soviele Unterschiede der Ein-
reibung anzunehmen, daß man sie nicht mehr
recht zählen kann. Sie unterscheiden solche, die
UU7^
Uymnastik
Gymnastik
2080
unter freiem Himmel, unter Dach oder im Halb-
schatten vorgenommen werden, ferner an einem
windigen oder windstillen, einem warmen oder
kalten Ort, in der Sonne, im Bade, vor dem Bade
oder in der Ringschule, kurz man verliert sich in
subtile und unfruchtbare Differenzierungen (Galen.
VI 93ff.), Die Wirkungen der Massage richten
sich nach ihrer Eigenart. Sie kann sein erwärmend,
Fleisch mehrend oder mindernd, entfettend usw.
und schwer zu packen sind (vgL Jüthner Phil.
Gymn. 297).
Nach den Übungen war der Körper der Ath-
leten mit einer Schichte von öl, Schweiß, Staub
und Lehm bedeckt, die nunmehr entfernt werden
mußte. Das geschah mittelst der Striegel (ozXey-
yk, gvcTQa, strigüis, s, d.), die ein sichelförmig
gekrümmter, mit einem Stil versehener Löffel
war (beschrieben Apul. Flor. X 13), gewöhnlich
Über die Verwendung des Öles in der G. haben 10 aus Erz oder Eisen, gelegentlich auch aus an-
int allgemeinen gehandelt Krause Gymn. 230ff.
360ff. 4061L Grasberger Erz. u. Unt I 341ff.
Petersen Gymnas. d. Griech. 13. 41f. Küppers
Apoxyomenos. Besnier beiDaremberg-Saglio
IV 168. Jüthner Phil. Gymn. s. Sachregister.
Neben dem öl spielt auch der Sand oder Staub
(xovig) als hygienisches Mittel eine Rolle. Ein
Hauptraum der Palästra, der eigentliche Ringplatz,
war nach ihm benannt {xovlorga, y.ovi<yr^giov t auch
derem Material. Da sie auch im Bade verwendet
wurde, also ein Gerät des täglichen Lebens war,
finden wir sie nicht bloß auf zahlreichen Dar-
stellungen , insbesondere Vasenbildern , sondern
es sind auch viele Exemplare aus dem Altertum
erhalten (Mus. etr. I 65. 2. 67, 2. Mus. Borh.
VII 16. Schreiber Bilderatl. XXI 5. Bau-
meister Denkin. I 244). Auf Vasenbüdern oft
mit Salbgefäß und Schwamm als Badegerät,
xoPiOfta: Dittenberger Syll. 2 II 506), weil er 20 z. B. Gerhard Ant. Bild w. 67. 1, 2; vgl. Krause
ganz mit tiefem Sand bedeckt war, in welchem Gymn. 6271 932. Becker-Göll Charikles III
sich die Eingenden wälzten, sich auch bewarfen 110. Guhl-Koner« 367f. Kei nach Bull. hell.
und so ihre gesalbten Leiber über und über be-
staubten: Sen. ep. 58 a ceromate nos apfw (d. h.
fxpij, s. d.) excepit (Petersen Gymnas. 39, 11.
Buesgen Gymnasii Vitruv. palaestra llff. Fou-
geres bei Daremberg-Saglio II 1688). Der
Sand wurde, wie es scheint, in Körben (hövsws
ojtvgk Pol! X 64) aufbewahrt oder herbeigeschafft.
X 296ff. Hartwig Jahresh. IV 15Iff.). Ausge-
führt wird die Prozedur der Reinigung (äsiogv-
siv, auiöczlsyyl&tv Luc. orat. praec. 17) gewöhn-
lich von dem Athleten selbst, wie man dies an
dem Apoxyomeiios des Lysipp (Heibig Führer 2
I 32), an der Bronze von Ephesos (Benndorf
Forsch, in Eph. I Taf. VI. VII), an einem at-
Wenigstens findet sich ein solcher Sandkorb z. B. 30 tischen Relief (Ann. d. Inst. 1862 T. d'agg. M.
auf panathenäischen Amphoren wie München 449,
auf späten Sarkophagen (vgl. Heibig Führer 2
654. 859 und Müller-Wieseler II, LH 653 b),
auch auf einem pompeianischen Wandgemälde (vgl.
Jahrb. 1889, 135). Die Bestaubung des Körpers
wurde auch unabhängig vom Ringen als hygieni-
sches Mittel angewendet. Vom Standpunkt der
Elementenlehre und in seinen Wirkungen gilt der
Staub so ziemlich als das Gegenteil vom Öl. Er
Furtwängler Bedeut d. Gymn. 11) und an
einer Reihe von Vasenbildern beobachten kann
(besonders instruktiv für den ganzen Vorgang bis
zur Reinigung mit Wasser Gerhard Auserl.
Vas. IV 277, ferner Ann. d. Inst. 1856 Taf. XX.
ArcJi.-epigr. Mitt. V Taf. 4. Rom. Mitt. III 199.
Müller- Wieseler I, LVIII 320; vgl. auch Hart-
w i g Jahresh. IV IM ff. VI 19ff..). Doch gehörte das
Schaben auch zu den Geschäften des Gymnasten
ist seiner Natur nach trocken und kalt und dient 40 (Phil. Gymn. 18). Der so vom Körper abge-
daher gegen Hitze und Feuchtigkeit (Ps.-Hippocr.
sc. diah. II 64 [VI 580 L.]. 65 [582]. Gal. VI
162. 316. 367). Nach Lukian. Anach. 29 ver-
mindert er die Schlüpfrigkeit der Glieder und
indem er den Schweiß zurückhält, bewahrt er
die Kräfte und schützt vot Verkühlung bei Luft-
zug, befördert auch die Reinhaltung des Körpers
(vgl. auch Phil. Gymn. 42 und Krause Gymn.
233L Hermann-Blümner Privatalt. 350),
kratzte Schmutz (ozXf.yyiafia J strigmentum) war
nicht bloß ein Leckerbissen für die in die Pa-
lästra mitgebrachten Hunde (Hartwig Meistersch.
Taf. LXII 3; Berliner Hydria 2178). sondern
wurde auch als Arzneimittel verwendet (Plin.
n. h. XXVIII 50).
War der Schmutz im Groben entfernt, so ging
es auch an die Reinigung mit Wasser, die ur-
sprünglich an einem Waschhecken (Schreiber
Daß mit der allmähligen Verfeinerung der Dia- 50 XXIII 3. Hartwig Meistersch. Taf. LXVII
tetik der feine Staub aus Ägypten herbeigeholt
wurde , ist schon oben bemerkt worden, ja nicht
genug daran , man machte auch genaue pharma-
kologische Unterschiede zwischen den verschie-
denen Sorten von Staub (Phil. Gymn. 56 und dazu
den Kommentar von Jüthner. Gal. VI S28f.).
Ähnlich wie der Staub wurde auch der Schlamm
hygienisch verwertet, in welchem eine besondere
Art des Ringens vorgenommen wurde (Luc.
S, 258. Pottier pL 91. Gaz arch. 1887, 111.
'EffW. ägz. 1890 Taf. 2. Bull. com. XLT Taf. 23)
oder an einem Brunnen vorgenommen wurde
(Schreiber XXI 9). Später gab es im Gym-
nasien (s. d.) ausgedehnte, mit allem Komfort
ausgestattete Badeanlagen. Zu einem kompli-
zierten Vorgang hat die spätere kunstmäßige G.
diese Behandlung nach den Leibesübungen aus-
gebildet (dxo&eQansia), ja dieser Art der Erholung
Anach. 8. Phil. Gymn. 53 ; vgl. auch Plut. quaest. 60 in dem oben behandelten Tetradenzyklus einen
conv. II 4. Gal. Thrasyb. 37. Phil. Gymn. 16).
Die für dieses Wälzringen bestimmte Schlamm-
tenne befand sich offenbar in einem gedeckten
Raum (Luk. Anach. 2. 16). Die diätetische Wir-
kung des Schlammes lag in der Feuchtigkeit. Einen
praktischen Vorzug erblickt Lukian (Anach. 28)
darin, daß die sich in demselben wälzenden mit
öl und Schweiß bedeckten Körper aalglatt werden
eigenen Tag (äreot; Phil. Gymn. 47) zugewiesen,
an welchem hauptächlich Massage und leichte
Leibesübungen, dann Bäder verordnet waren. Der
äno&eQcuteia hat Galen das zweite Kapitel des
dritten Buches seiner Hygiene gewidmet Sie
besteht nach ihm vornehmlich aas leichter Mas-
sage und Anhalten des Atems (s. u.), dann ans
mäßiger Bewegung (197) und wannen Badern (202.
2081
Gymnastik
Gymnastik
2082
226). Nach seiner Ansicht ist auch inmitten der
schweren Übungen, nicht bloß als Abschluß, diese
Behandlung anzuraten (180). Ihr Zweck ist, die
Erschlaffung (xosiog) hintanzuhalten , bezw. zu
kurieren (vgl. auch Oribas. VI 16, 2ff.).
Aus dem Gesagten ist zu ersehen, daß das
Einölen und Massieren des Körpers während der
ganzen Entwicklung der G. in historischer Zeit
einen der wichtigsten Behelfe des Training bil-
dete. Dies geht schon daraus hervor , daß die 10
Bezeichnung alsl<pa> allmählich die Bedeutung
.gymnastisch ausbilden, trainieren' erhielt (Schol.
Pind. Ol. VIII 77 p. 199ff. Boeckh. Schol. Pind.
Nein. IV 155) 'AXet<pof.tat aber ist soviel wie
,sich dem Training widmen, turnen', daher älei-
fpöfizvoi die trainierenden Epheben oder Athleten
(IG II 467. III 739. Dittenberger Syll. 2 681,
20; OGI 339, 73. 85. 764, 5. Hcsych. s. xalwotga).
Kraftübungen. Es ist bereits oben er-
wähnt worden, daß der Begriff G. von manchen, 20
z. B. Piaton oder Galen, nicht auf Übungen der
Palästra beschränkt, sondern in weiterem Sinne
aufgefaßt wurde. Besonders ausführlich hat sich
letzterer darüber geäußert in seiner Hygiene VI
133ff. Danach gibt es eigentliche Leibesübungen
(yvfivdaia fiövov) und Verrichtungen, die "als
Leibesübungen Verwendung finden können (ov
yvfivdata fiovov, alla xai ßgya, auch novoi, Ar-
beiten, genannt VI 85f.). Über letztere, zu denen
er z. B. Graben, Rudern, Ackern, Lastentragen, 30
Reiten, Fechten, Marschieren, alle Handwerker-
arbeiten und andere Verrichtungen zählt, ist hier
natürlich nicht zu handeln, über das Ballspiel
sowie sonstige gymnische und Jugendspiele vgl.
den Artikel Spiel (Krause Gymn. 290—333.
Grasberger I 1. Abt). Hier interessieren uns
nur die eigentlichen Leibesübungen. Bei ihrer Auf-
zählung werden neben den agonistischen Übungen
im engeren Sinn, auf die wir im folgenden zu
sprechen kommen, auch solche genannt, die man 40
schlechthin als Kraftübungen mit und ohne Turn-
geräte bezeichnen kann, wie solche auch heutzu-
tage in den Turnschulen vorgenommen werden.
Die wichtigsten von ihnen , wie sie von Galen
a. O. und einzelnen anderen Schriftstellern er-
wähnt werden, sollen im folgenden zur Sprache
kommen.
Die Ausführung von Kraftproben und Bravour-
stücken ist uralt, und die meisten derartigen
Anekdoten werden von Milon von Kroton erzählt 50
(Förster Ol. Sieger 122. Gal. VI 141). Vom
Heben und Stemmen gewaltiger Steinblöcke war
oben die Rede. Jene Übungen der Muskeln und
Gelenke aber, die einerseits als Vorschule für die
agonistische G., anderseits als hygienische Mittel
dienen können, haben in der Palästra erst mit
der Ausbildung der kunstmäßigen Athletik ihren
Einzug gehalten, zum Teil sind sie wohl erst von
späteren Ärzten erfunden worden. Wir wollen
sie in zwei Gruppen besprechen, je nachdem hie- 60
bei Geräte zur Verwendung kommen oder nicht,
und letztere zuerst ins Auge fassen.
Hierher gehören zunächst jene Geh- und
Laufübungen, die GaL VI 144 xiruh'Cetv und
hcTileOgiCeiv nennt. Beim ersteren ging man auf
den Fußspitzen einher und bewegte rasch die ge-
streckten Arme, den einen vorwärts, den andern
rückwärts. Letzteres war ein Vor- und ßück-
Panly-Wissowa-Xroll VII
laufen innerhalb eines Plethron auf immer kür-
zerer Strecke, bis man in der Mitte stehen blieb
<jgl. auch Oribas. VI 14, 6, dazu Daremberg
in der Ausgabe I 655. Krause Gymn. 373.
511). Von dem Verfasser der Schrift jisqI <W-
jrjq 63 wird auch ein nichtgymnischer Lauf in
den Kleidern {ol ev tqj i/mtitp öq6(ioi) erwähnt.
Auch Springen nach vorn und rückwärts und
abwechselndes Heben der Füße kommt vor (Ori-
bas. VI 14, 9).
Eine Reihe von Übungen diente zur Kräftigung
der Hände. So die yuqovofxia (s. d.), auch n.
diatr. 64 erwähnt, eine Vorübung für den Faust-
kampf, oft gleichgesetzt der oma/na/Ja, dem
Seheinkampf, einer Art Faustkampf ohne Gegner,
Avobei die Hiebe und Stöße in die Luft geführt
wurden. Dazu kommt dann die äxg^xeig/a oder
der äxeoxeiQiopos , zu dem allerdings schon ein
Gegner nötig war, ^ gegen den man die Hände ge-
brauchte, ohne es jedoch zu einer Umschlingung
kommen zu lassen; vgl. Reisch o. Bd. I S. 1197f.
Gardiner Journ. hell. Stud. XXVI 13f. Weitere
Handübungen, die in zz. ötalt. 64 erwähnt wer-
den, sind nagaasio^ma wohl eine Art Schlenkern
der Arme als Vorübung für den raschen Lauf
über ein Stadion, mit dem es in der Wirkung
verglichen wird, ferner die dvaxtvfaaza und
dvaxovqpiGfiaia, wohl einfache Handbewegungen,
wie auch bei Oribas. VI 14, 9 xal fihv ötj xal
dm tüjv yeigäiv iaztv 6£v yvfivdatcv Öpoicp zqotzco
yvfivdaaobai, x^ek tov xaxixuv alzrjgag sm-
OTzsvdovza zag xtvrjöeig avziov eis jivxvoTTjtd re
äfia xal rdxog, el'ts tivI; z&ikoi zig, shs ^cogtj
sivyftfjg ärazsirstv dxXiog.
Zur Kräftigung der Rumpfmuskeln diente das
Rumpfbeugen (Gal. VI 146. Oribas. VI 14, 14),
der Brustkorb aber wurde durch Lungen-G. ge-
stärkt, die beim hygienischen Turnen von großer
Wichtigkeit gewesen zu sein scheint. Die Übung
bestand teils in starkem Atemholen, auch Singen
(Gal. VI 146), teils im Anhalten des Atems, was
später als Bestandteil der Apotherapie oder Er-
holungsübung angewendet wird (nr. Utah. 64. Gal.
IV 461. VI 17Öff. Vn 940. Oribas. VI 16, lOff. ; vgl.
die Oribasiusausgabe von Daremberg I S. 655
und Daremberg-Saglio II 2, 1700). Andere
Kraftübungen, die man überall ohne besondere
Vorbereitung ausführen kann, gibt Galen VI 141
an: einer umfaßt den anderen in der Mitte und
verschränkt die Finger, und dieser soll sich dann
befreien; oder man schleppt einen, den man an
den Weichen umschlungen hat und der nach vorne
überhängt und eventuell noch den Oberkörper
auf und ab bewegt; oder man sucht sich Brust an
Brust zurückzustoßen oder am Nacken zu packen
und herabzuziehen.
Das Geräteturnen, dem wir uns nun zuwenden
wollen, scheint im Altertum nicht so ungewöhn-
lich gewesen zu sein, als man ans dem Schweigen
unserer Handbücher schließen könnte. Hinzuzu-
rechnen ist vor allem eine Arbeitsleistung, die
von jeher in der Palästra notwendig war, näm-
lich das Graben (axdxxetv) zum Lockern des Bo-
dens der Ringschule und zur Herstellung des
oxäfxfxa (s. d.). Das Instrument war eine große
Spitzhacke (axajtdvi}, axcupeTor, dixeXAa), die aul
Vasen mit Palästradarstellungen in der Hand der
Palästriten oder in den Boden eingehackt über-
66
2VÖÖ
uymnasiiK
uymnastiK
au»4
aus häufig- abgebildet ist: ersteres Gaz. arch. 1887,
112f„ Innenbild der Münchner Schale 1160; letz-
teres z. B. auf der bekannten Münchner Palästra-
schale. Daß das Graben als Leibesübung galt,
beweist Flut, an seni resp. ger. 18 und Galen an
der angeführten HauptsteÜe, besonders auch Schol.
Theoer. IV 10 oi yixe yvfivaozai xovxoig 8%Qoi>vxo
vtzeq yvpivaoias tfj oxajtdvji oxa,7ixovtES xai xa
ävco fJ,eQr} ävagQcavvvTss ; Ygl. Athen. XII 518 D.
Von besonderer Wichtigkeit als Kraftübung 10
war, wie auch heutzutage, das Hantelturnen (äXxtj-
QoßoXla, 3. d.). Von den Ärzten der Kaiserzeit
angelegentlichst empfohlen, bestand sie in der
Bewegung der mit den Halteren (s. d.) belasteten
Anne oder, wenn das Gerät vom Boden aufgehoben
wurde, auch im Beugen des. Rumpfes. Bei den
Schriftstellern findet sich häufige Erwähnung:
Gal. VI 141. 147. Antyll. bei Oribas. VI 34.
Aretaios morb. diut. I 2 (XXIV 299 K.). Epict.
I 4, 13. Plut. a. 0. Luk. Lexiph. 5 6 ds poXvß- 20
daivag ysQfjtadiovg dgaydr^v sjcov i%et(wß6X£L Arte-
mid. I 55. Themist. orat. XXIII 291 B. Mart. 7, 67.
14, 49. luv. 6, 421. Sen. ep. II 3, 4 u. s. Die
Sache muß aber bedeutend älter sein, da man auf
Vasenbildern des 5, Jhdts. Athleten mit Halteren
in vorgeneigter Stellung abgebildet findet, die kein
Sprungschema vorstellen kann, sondern nur als
Hantelübung Sinn hat: Krause Gymn. 395ff. Taf.
IX b 25 d u. XVI. Hartwig Meistersch. LXX
3b. Jüthner Ant. Turng. 16f. Fig. 16, wo auch 30
ausführlicher darüber gehandelt ist. S. dagegen
Gardiner Athlet. Sports 304.
Ein weiteres zur Kräftigung der Arme die-
nendes Gerät war der Korykos (s. d.), ein läng-
licher, mit einer körnigen Substanz (Sand, Korn,
Mehl, Feigen) gefüllter schlauchartiger Ledersack,
der an einem Seil so aufgehängt war, daß er
einen Gegner im Faustkampf oder Pankration
markieren konnte, gegen den man stoßend und
drängend vorging. Für ersteren Zweck war ein 40
kleinerer, für letzteren ein größerer und schwererer
bestimmt. Im Gymnasion diente hiezu ein eigener
Raum, das xcoqvxeiov (s. d.). Eine ähnliche Vor-
richtung wird auch heute noch von den Faust-
kämpfern benützt. Erwähnt wird diese Übung
{xcüQvxofmxia oder xojQvxoßoXla) in der Schrift
Tz. Ötah 64. Pkt. Leg. VIII 830 B. Phil. Gymn.
57. Besonders ausführlich Antyll. bei Oribas.
VI 33. Dann auch Plaut. Rud. 721. Hesych. s. v.
Darstellungen sind selten. Ein sich übender Faust- 50
kämpfer auf der Ficoronischen Cista Wien. Vorl.
1889 Taf. 12 (Schreiber Büderatl. XXIV 7)
und ebd. die Karikatur Ann. d. Inst. 1870 tav.
d'agg. R = Reinach Rep. I 324. Vgl. Krause
Gymn. 104. 313f. Petersen Gymnas. 12 und
37, 10. Daremberg-Saglio Dictionn. I 1541;
II 1688. Jüthner Phil. Gymn. 305f.
Daß man schließlich später auch noch andere
Geräte wie das Seil oder Reck kannte, beweist
Galen VI 140, der das Seilklettern (dvagQi/axai 60
öia ajroivtov xaftasieg sv xa/.aiatQq yvfiväZovoi
tovq naZ&ag) sowie das Hängen am Seil oder Reck
erwähnt.
Agonistische Übungen, d. h. solche, die
nicht bloß zur Kräftigung in der Palästra vor-
genommen, sondern auch in ernstem Wettbewerbe
bei den öffentlichen Kampfspielen vorgeführt
worden. Da Über die einzelnen Arten die aus-
führlichen Spezialartikel Auskunft geben, genügt
hier ein orientierender Überblick, und im Übrigen
wird auf jene Artikel und auf die am Schlüsse
angegebene Literatur hingewiesen. Es sind folgende:
1. Wettlauf, öq6(io$ oder xq6%os, die einfachste
und wohl auch älteste Übung. Bare Unterarten
sind: a) Der einfache Lauf, axddiov t bei welchem,
wie schon der Name besagt, die Rennbahn, in
Olympia 192 m, einmal zurückgelegt werden
mußte, b) Doppellauf, dtavXog, d. i. der Lauf über
die Rennbahn und zurück Wurde er in Waffen-
rüstung ausgeführt, so hieß er c) öjiXlz-qg. d) Dauer-
lauf, SoXtyog. Während es bei den eben genannten
mehr auf Schnelligkeit ankam, erforderte er Kraft
und Ausdauer. Die Länge wird verschieden an-
gegeben, 7—24 Stadien, was die Vermutung nahe-
legt, daß das Ausmaß von Fall zu Fall festgesetzt
wurde, d) Roßlauf, ftmiog, welcher vier Stadien
betrug, e) Der Wettlauf als Bestandteil des Penta-
thlon (s. u.). Nicht für die großen Wettkämpfe,
sondern vornehmlich für die attischen Epheben
von Bedeutung war die Xafinad^QOfila und ora<pv-
lo&Qö{iia ; vgl. die betreffenden Artikel und dazu
Gardiner Journ. hell. stud. XXIII 261ff. ; Athlet
sports 270ff.
2. Das Ringen (stdlij), eine offenbar ebenfalls
uralte Übung, da sie den waffenlosen Kampf Mann
gegen Mann darstellt. Zu unterscheiden ist das
Ringen im Stand (ög&ri, auch ataduxia ndXt}) und
das Wälzringen (dXtvdyoig , xvXtaig), doch sind
darunter nicht zwei ganz verschiedene selbständige
Unterarten zu verstehen, sondern Erscheinungs-
formen des Ringkampfes, die ineinander über-
gehen konnten. In Olympia und wohl auch bei
den anderen Wettspielen war zum Siege ein drei-
maliges Werfen erforderlich (Phil. Gymn. 11), und
zwar war eine Niederlage wahrscheinlich dann
gegeben, wenn mit der Rückseite des Rumpfes
von der Hüfte aufwärts der Boden berührt wurde
(Jüthner Phil. Gymn. 212f.). Kam man sonst-
wie zu Fall, so mußte eben auf dem Boden bis
zur Entscheidung weitergekämpt werden.
3. Der Faustkampf (jtwj^jJ), der mit einer
Faust wehr ausgeführt wurde. Das war zuerst der
weiche Riemen, der um die Hand gewickelt wurde
ipeiXixcu), dann der harte Riemenring (o<paioa.
ifxag d^vg), schließlich in römischer Zeit ein Tot-
schläger aus Metall (a. Caestus).
4. Pankration, die Verbindung von Ring- und
Faustkampf, daher ohne Faustriemen ausgeführt.
5. Pentathlon oder Fünfkampf, aus fünf
Übungen zusammengesetzt: a) Sprung {äXfta), bei
Flötenbegleitung mit in den Händen gehaltenen
tiprunggewichten (d/.xr l Q€g, s. d.) ausgeführt, die
anfangs länglich und kolbenförmig, später sphäroid
waren. Nach der verbreitetsten Ansicht handelte
es sich um einen einfachen Weitsprung, doch hat
man aus manchen Angaben, insbesondere über
den Phayllossprung von 55' (Anth. Pal. App. 297)
auf Dreisprung geschlossen (Hueppe Allg. Sport-
2tg. 1899. Küppers Arch. Anz. XV (1900) 104ff.
154 f. Dagegen Gardiner Athlet, sports 308ff.),
b) Wettlauf, c) Scheibenschwung (SiaxoßoXia) mit
dem kreisrunden, gewöhnlich bronzenen Diskos,
Zu den betreffenden Artikeln vgl. auch Gardin er
Joum. helL Stud. XXVII lff. ; Athlet sports 313ff.
d) Speerwarf in die Weite, ausgeführt mit dem
Schlmgenspeer (äxarwov, s. d. und dazu Jüth-
21)85
Gymriesiae
Gymnias
2086
ner Ant. Turng. 86ff. Gardiner Journ. heU. Stud.
XXVII 24ME; Athlet, sports 338ff.). e) Ringkampf.
Diese Übungen wurden nach Phil. Gymn. 3
in leichte {xovtpa) und schwere (ßagiiTega) einge-
teilt. Zu ersteren gehörten alle Laufübungen, zu
letzteren Pankration, Ringkampf und Faustkampf.
Das Pentathlon war aus beiden Arten gemischt;
denn Ringen und Diskoswurf galten als schwer,
Speerwurf, Sprung und Lauf als leicht.
VII. Literatur.
Zusammengestellt werden hier nur die selb-
ständigen zusammenfassenden Darstellungen, wäh-
rend auf einschlägige Partien in Handbüchern
über Altertümer nur im allgemeinen hingewiesen
sei. H. MercurialisDe arte gymnastica, Amster-
dam 1573, zuletzt 1672. P. Faber Agonisticon,
Lugduni 1592. G. Loebker Gymnastik der Hel-
lenen, Münster 1835; Gymnastik in Athen 1864.
J.H.Krause Theagenes, Halle 1835; Olympia,
Schömann-Lipsius I 138. 177. Hermanne
Thumser I 126. Busolt Handbuch IV2 1, 1,
14. 93. 6. Durrbach in Daremberg-Saglio
Dict. II 1705. Beloch Gr. G. I 154, 1. De
Sanctis: Argo e i Ginneti in Sacci di storia
antica e di archeologia (1910) 235X [J. Oehler.]
Gymnetes. 1) s. Baliares.
2) rvfivrjzeg, Völkerschaft in Aithiopien, nach
ihrer Nacktheit benannt, Plin. n. h. VI 30. 190.
10 Nicht zu verwechseln mit den G., Plin. n. h. V
8, 43, die mit den Pherusii und Perorsi zu-
sammen genannt werden. [Pieper.l
3) Tvprrjzeg, FvftvtfTeia. In den griechischen
Kriegen der älteren Zeit rückten neben dem ho-
plitisch bewaffneten Aufgebot noch eine Anzahl
Bürger mit ins Feld, deren Bewaffnung aus Wurf-
lau zen, Bogen und Schleudernbestand, der schweren
Waffenstücke vor allem des Schildes entbehrte;
sie waren wenigstens in Athen kein regelmäßiger
Wien 1838; Pythien, Nemeen und Isthmien, Lpz. 20 Teil des Bürgerheeres (Thukyd. IV 94) und scheinen
1841 ; Gymnastik u. Agonistik der Hellenen, Lpz. J - *--=— • i, -~ - n - a — - *--
1841 ; außerdem die einschlägigen Art. in Paulys
Realencykl. M. H. E. Meier Olympische Spiele in
der Encyclop. v. Ersch-Gruber. F. Haase Palä-
strik ebd. L. Grasberg er Erziehung u. Unter-
richt, Würzb. 1864-1881. J. Bintz Gymnastik der
Hellenen, Gütersloh 1878 (mit Angabe der älteren
Literatur). H.Jäger Gymnastik der Hellenen,
Neubearb. Stuttgart 1881. A. Bötticher Olym-
-nin TJn^l™ 1SQQ "D d~li~„-~J T '^J a: Ul.;
da freiwillig sich dem Auszuge angeschlossen zu
haben. Die allgemein übliche Bezeichnung für
die Leichtbewaffneten ist y, t auch wohl \piXot.
Bei den Spartanern vertraten ihre Stelle in älterer
Zeit Heloten (nach Herod. IX 29 noch bei Pla-
taiai). Wie große Massen solcher y. dem hopli-
tischen Aufgebot gelegentlich gefolgt sind, zeigen
des Thukydides Angaben (IV 90. 94): aus Theben
wie aus Athen waren 424 je 7000 Hopliten aus-
-pia, Berlin 1883. P. Girard L'e'ducation Athe- 30 gerückt. Bei den Boiotern waren außerdem über
nienne %, Paris 1891. Jüthner Über antike Turn-
geräte, Wien 1896. B. Leonardos "Olvfmla,
Athen 1901. Egger Begriff der Gymn. bei den
alten Philosoph, u. Media., Diss. Freiburg (Schweiz)
1903. Freemann Schools of Hellas, Lond. 1907.
Gardiner in einer Reihe wichtiger Aufsätze im
Journ. hell. Stud. XXIH (1903) 54ff. 261 ff. XXIV
70ff. 179ff. XXV Uff. 263ff. XXVI 4ff. XXVII
lff. 249ff. Bussemaker-Fougeres Art. Gym-
10 000 ynloC, während die Zahl der attischen
xptXoi noch größer war; und nach des Herodot
Angabe (IX 29) sollen den -5000 Spartiaten 35000
Heloten, je sieben auf den Mann, zum Kampfe
gerüstet gefolgt sein, Ihre ursprüngliche Ver-
wendung war die von Tyrtaios geschilderte, wo-
nach sie hinter den Schwerbewaffneten stehend,
durch deren Schilde geschützt, das Gefecht mit
ihren Geschossen, auch wohl nur einfachen Feld-
nastica in Daremberg-Saglio Dict. des ant. 40 steinen, eröffneten ; späterhin, z. B. in der Schlacht
112, 1699ff. Jüthner Philostratos üb. Gymnastik,
Leipz. u. Berlin 1909. Gardiner Greek athletik
sports and festivals, Lond. 1910. [Jüthner.]
Gymnesiae s. Baliares.
rvfivYiaiot, Gymnesier, nach der allgemeinen
Ansicht Bezeichnung der leibeigenen Bauern
in Argos, Steph. Byz. s. Xlog. Geogr. gr. min.
H 422 (Eustathius). Poll. ni 83 nennt sie
yvfivrjres und vergleicht sie den Heiloten der
bei Delion 424 erhielten sie ihren Platz neben
der Reiterei auf den Flügeln, Im großen und
ganzen scheinen die y., vielleicht mit Ausnahme
der syrakusischen , die unter Gylippos Führung
Gutes leisteten, eine ziemlich minderwertige Bei-
gabe zum Hoplitenheere gewesen zu sein; für
den Gang der Schlacht sind sie ohne jede Be-
deutung gewesen, so sehr, daß Thukydides die
10000 tpdoi der Boioter bei Delion bei seiner
lakedaimonier, den Penesten der Thettaler und 50 Beschreibung der Schlacht selbst einfach mit
den Korynephoroi der Sikyonier. Beloch Gr.
G. I 154, 1 bemerkt, der Name wäre zur Be-
zeichnung der Leibeigenen wenig passend, da
auch die ärmeren Klassen der Bürgerschaft mit
leichter Rüstung dienten. Aristot. Pol. II 9,
1269 a erwähnt die G. nicht, obwohl er die Pe-
nesten und Heiloten anführt; Etym. Traject.
(Ruhnk. ad Tim. 213j wieder setzt die Heiloten
Stillschweigen übergeht. [Droysen.]
GJymnias, Hauptort der Skytinoi im Chalyber-
land, der den Griechen durch den Rückzug der
Zehntausend bekannt geworden war, Xenophon
anab. IV 7. 18f. nennt G. eine große und volkreiche
Stadt, (Ephoros bei) Diodor. XIV 29 schreibt die
Stadt Gymnasia, das Volk Skythinoi. Die Be-
richte über den Rückzug der Zehntausend be-
llen athenischen ^xeg, den argi vischen G. gleich. stimmen die allgemeine Lage von G. mit Sicher-
Wit werden mit Durrbach in Daremberg- 60 heit südlich
Saglio Dict II 1705 darunter eine minder be-
rechtigte Bevölkerungsklasse verstehen, die Aristot.
PoL VTII (V) 3, 1303 a und Plut. mul. virt. 245F
als jiegioixot bezeichnen, während sie Her. VI 83
äovXoi nennt. De Sanctis Argo e i Ginneti
.236 meint, die G. seien in der historischen Zeit
verschwunden, zu irgend einer Zeit frei geworden.
Westermann bei Pauly Real-Enc.l III 1021.
von Trapezunt im Talkessel von Bai-
burt. in dem die zahlreichen Quellbäche des
Tschoroch (Harpasos) sich zum Hauptfiuß ver-
einigen; die genaue Stelle muß noch gefunden
werden, Folgende sind die Hauptetappen des
Rückmarsches, die zu dieser Ansetzung führen.
Die Verwechslung des Pasin, wie der Oberlauf
des Araies noch heute heißt, mit dem kolchischen
Phasis und die dadurch gerechtfertigt« Erwartung',
2U87
(jymnopaicuen
Grynmopaidieii
2088
an- diesem Flusse am schnellsten das Schwarze
Meer erreichen zu können, hat die Griechen ver-
führt, aus dem Bergland zwischen den großen
Quellnüssen des Euphrat östlich ins Araxestal
abzubiegen. Nachdem sie ihren Irrtum erkannt,
brechen sie natürlich nordwärts durch und durch-
ziehen die Bergkantone der Taochoi bis nahe an
die Ursprünge der Kura. Von hier erreichen sie
in sieben Tagen mühsamsten Auf- und Absteigens
nische Heer hatte am fünften Tage des attischen'
Monats Hekatombaion die große Niederlage hei
Leuktra erlitten; schwerlich mehr als zwei Tage
später gelangte die Trauerbotschaft nach Sparta.
Es war der letzte Tag der Gr., der Chor der Männer
(6 avÖQiHog xoq6q) schon aufgetreten. Da geschah,
es , daß die Ephoren als Aufsichtsbehörde den
Chor nicht abtreten ließen, sondern es gestatteten
oder vielmehr durchsetzten , daß er seine Vor-
durch das Bergland der Chalyber (s. u.) den Har- lOführung beendigte, Xen. hell. VI 4, 16, davon
pasos und zwar notwendig hoch am Oberlauf,
unweit des Stromdurchbrucb.es durch die äußersten
Pontischen Ketten, weil sie nunmehr acht Tage-
märsche durch ebenes Terrain, d. h. wenig über
der Talsohle des Tschoroch flußaufwärts rücken,
vorbei an den reichen Dörfern der Skythinoi bis
zu ihrer Stadt G. Von dieser beginnt sofort der
neue und letzte Aufstieg zur Höhe des Küsten-
gebirges oberhalb von Trapezunt. Wenn es heißt,
„ „ Plut. Ag. 29, der noch bemerkt, daß
die Stadt gerade von Fremden gefüllt war, und
daß der Wettkampf im Theater stattfand. Dieses
Zuströmen von Fremden bezeugt Xenophon an
einer anderen Stelle (mein. I 2, 61, daraus auch
Plut. Cim. 10); ein reicher Spartaner, Lichas r
hatte sie an den G. bewirtet. Außer den Chören
gab es an den G. auch Wettkämpfe, an denen
es auf Ertragen von Hitze ankam, Piaton Gesetze
Laß die Griechen zwischen Kyros und Harpasos 20 633 c xaQzsQrjostg rfj zov xviyovg- gcofitj öta/ia-
iai.^ t„™ i™- M n n a«, nu„i„i™ .-u™ X ofthmv. Eingehender beschäftigte sich mit den
Bräuchen und ihren geschichtlichen Anlässen der
Lakone Sosibios, Mitglied des alexandrinischen
Museion unter Philadelphos. Athenaios XV 678 b.c
erzählt aus ihm von den thyreatischen Kränzen
(&vgsartxoi), zu seiner Zeit ipehvot genannt, aus
Palmzweigen (tpolvtxes) hergesteUt, welche die-
Chorführer am Erinnerungsfeste für den Sieg bei
Thyrea trugen, zu dem Zeitpunkte, da sie (<8ze)
sieben Tage lang die Berge der Chalyber über-
steigen und darauf den Gau der Skythinoi durch-
queren, so haben wir den Chalybernamen aufzu-
fassen nicht in dem engen Umfang der eigent-
lichen Sitze des Stammes, sondern in dem weiteren
Sinn eines geographischen Territoriums, zu dem
auch der Gau der Skythinoi, der Distrikt der
Chaldaioi am oberen Lykos und schließlich das
eigentliche Chalybergebiet oberhalb von Themis-
kyra gehörten: das alles zusammen bildete , das 30 auch die G. begingen. Von diesen Chören stände
Chalyberland' oder, wie Ephoros-Diodor unter
Verallgemeinerung eines anderen Teilnamens sagt,
r\ Xa?.&aio)v xa?.ovfisvij x^9 a - Noch andere faßten
dieses ganze, zum Paryadres gehörige Bergland zu
einer geographischen Einheit zusammen unter dem
Namen Armenochalybes, die nach Plin. n. h. VI
12 im Süden von Trapezus beginnen und nach
VT 29 so weit nach Osten reichen, daß sie noch
oberhalb der Colchieae solitudines gegen die Kau-
der eine, aus Knaben gebildet, im Vordergründe-
(rechts die Greise, wie man mit Wyttenbach
aus Plut. inst. Lac. 338 ergänzen muß), links
die Männer ; sie tanzten nackt und sangen Lieder
des Thaletas und Alkman und die Paiane des
sonst ganz unbekannten Lakoniers Dionysodotos.
Ein Teil der Schilderung, die Herodot I 82 von
dem Kampfe um Thyrea giebt, mag ein Nach-
klang dieser Lieder sein; der Sieger Othryadas,
kasischen Keraunien hin und neben den Moschi 40 den ein ionischer Schuljunge später sogar zum
sitzen, also wirklich wie bei Xenophon nahe am
Quellgebiet der Kura. Sie gehörten politisch
noch zu Armenien, unterschieden sich aber von
den Bewohnern des Binnenlandes dadurch, daß
sie nicht wie diese das phrygisch-armenische Idiom
angenommen, sondern die alte autochthone Landes-
sprache bewahrt hatten. [Kiessling.]
Gvmnopaidien (FvjuvoxaidCcu). Die G. werden
im 5. Jhdt. oftmals genannt. Bei diesem Feste
Ephoren avancieren ließ, vgl. Inschr. Priene 316,
war des unsterblichen Nachruhms sicheT. Der
Herodotischen Chronologie folgend, setzt E. M ey e r
II § 469 diesen Kampf um 550. Auf die Chöre,
die auch die Erzählung vom leuktrischen Boten
kennt, bezieht sich auch die gleichfalls auf Sosi-
bios zurückgehende Hesychglosse rvju.vojcatdia
(L, Weber Quaest. Lacon. 1887, 57, 14), der das
Auftreten von nackten Chören auf der Agora für
schaute Damaratos, der abgesetzte König von 50 dieses Pest bezeugt, aber die Angabe der erioi r
Sparta, als Archon, und Leotychidas, der neue
König, von seinem Ehrenplatze zu, und verhöhnte
dieser den unglücklichen Vorgänger, der ob der
Beschimpfung entrüstet die Zuschauermenge (&???-
xqov) verließ, Herodot. VI 67 ; Zeit bald nach der
Absetzung, die E. Meyer Gesch. III § 189 A.
491/0 annimmt. Im Sommer 417 paßten die
Demokraten in Argos für ihren Staatsstreich die
Zeit ab, in der die Lakedaimonier die G. feierten.
daß die Epheben an ihm um den Altar im Amy-
klaion liefen und dabei einander auf den Rücken
schlagen, verwarf (vgl. aber die angeführte Stelle
der Platonischen Gesetze und den Scholiasten da-
zu). Nach Pausanias III 11, 9 hieß der ganze
Markt in Sparta Xogög, weil auf ihm die G. statt-
fanden, an denen die Epheben zu Ehren des Apol-
lon tanzten. Daß die Epheben an Stelle der
Greise, Männer und Jünglinge getreten sind,
Diese hatten endlich, nachdem sie lange Zeit alle 60 könnte hellenistisch-römische Neuerung oder Ver-
Mahnungen ihrer Freunde in den Wind geschlagen, — L ~ a —' ri *-- T ^ '
den Vormarsch bis Tegea angetreten, und dessent-
wegen die G. aufgeschoben, als ihnen der volle
Sieg der Demokratie gemeldet wurde. Daraufhin
gaben sie es auf und kehrten nach Hause zurück,
um nunmehr die vertagte Feier in Gemütsruhe
in begehen. Noch bedeutsamer war eine dritte
Feier, die wir kennen, vom J. 371. Das sparta-
sehen des Pausanias sein. Der genannte Apollon
wird in erster Linie als der Pythaeus gelten
können, dessen Standbild an der Agora Pausanias
eben erwähnt hatte. Wenn Bekker Anecd. 234
statt seiner den Karneios nennt, so beruht dies,
wie Nilsson Gr. Feste 141 mit Recht bemerkt,,
auf einem Irrtum. Trotzdem hat Wolters Arch.
Jahrb. XI 1896, 7ff. die äußere Erscheinung der
uu»y
ttynaaa
uynaiKotnoinas
wm
Koryphaioi an den G, treffend an der sehr alter-
tümlichen Bronzestatuette aus äem Arayklaion er-
läutert, die einen nackten Leierspieler mit dem
charakteristischen »thyreatischen* Kopfputz dar-
stellt und ein Weihgeschenk eben dieses Chor-
führers sei. Denn wir dürfen es uns nicht ver-
hehlen, daß das am Staatsmarkte von Sparta und
<lem Kulte des mit dem Herren von Delphoi jeden-
falls nahe verwandten Pythaeus haftende Fest
zwar ein räumlich und inhaltlich eng begrenztes 10
ist, das, wie wir gern glauben wollen, von be-
scheidenen Anfängen durch den Sieg gegen Argos
zu nationaler Bedeutung erhoben ist (obwohl ja
der thyreatische Kranz auch wohl eine ander-
weitige Erklärung finden könnte), daß aber die
Sitte und die religiöse Vorstellung, die sie ge-
schaffen, sehr viel allgemeiner war. Auch wenn
wir also für Sparta die Beziehung zum Karneios
leugnen, müssen wir doch ähnliche Tänze im
Karneioskult anderer dorischer Gemeinwesen, wie 20
Thera mit seinen d^ann', als verwandt an-
nehmen. Es gilt hier zunächst scharf zu scheiden,
um sich nachher mit umso ungestörterer Freude
den weiteren Ausblicken hinzugeben. Was sich
uann als ältere gemeinsame Vorstufe, was als
Parallel- oder Tochterkult oder Brauch heraus-
stellen wird, kann nur eine weitgehende religions-
geschichtliche Betrachtung ergeben.
Daß der Name der G. nicht von den yv/woi
jccuäeg, sondern vom yvfiv&s utaiCetv aller Alters- 30
stufen herzuleiten ist, zeigen die drei Chöre, deren
Tanz nach Aristoxenos bei Athen. XIV 630 d ein
feierlicher, dem tragischen ähnlicher war. Wie-
weit andere, den Knaben oder vielleicht später
auch den Epheben eigene Übungen und Schau-
stellungen zu dem spartanischen Feste gehörten,
ist zweifelhaft; nur aus der Platonstelle kann
man sichere Folgerungen ziehen. Die Trennung
von den Kameen läßt sich auch heortologisch
sichern, da dieses Fest in die Mitte des Karneios, 40
■des attischen Metageitnion , gehört, während die
G. , wie wir sahen , in den Anfang des voran-
gehenden Monats, des attischen Hekatombaion,
fielen, woraus sich ein Zwischenraum von wenig-
stens fünf Wochen ergibt.
Literatur: Verdienstlich der Thesaurus von
Stephanus-Dindorf s. rvfivojiatdiat , yvfivo-
jzaiöix?} und (ablehnend) yvftvojtoöia. Weber a.
a. O. über Sosibios und die Lexikographen, die
hier nicht ausführlicher als nötig behandelt sind. 50
W T olters a. a. O. ausgehend von der schönen
archaisierenden Statue aus Pompeii, die er auf
■den Pythaeus zurückführt. Nilsson a. a. O.
[Hiller v. Gaertringeu.]
Gynadftj eine in Afschar, zwischen Beische-
hir Göl (Karalis) und Egherdir Göl gefundene
Inschrift enthält den Namen Sfjfiog rwadeatv;
sie ist vermutlich von Terziler verschleppt, da-
her wird der Name mit großer Wahrscheinlich-
keit auf die Ruinen vom Siwri Kalessi übertragen, 60
Sarre Arch.-epigr. Mitt. 1896, 56; Reise in
Kleinasien 1896, 137f. [Rüge.]
VvvatKtia #eof s. Bona D e a.
rvratxovöftoi, eine in den griechischen Staaten,
besonders in späterer Zeit offenbar häufige Poli-
zeibehörde, deren Aufgabe ja in ihrem Namen
deutlich gegeben ist. In Athen kann sie zur
Zeit des Aristoteles noch nicht existiert haben,
da er sie in der 'A&. nol. nicht erwähnt und in
den Politika (TV 12, 9. VT 5, 18) geradezu eine
nichtdemokratische Behörde nennt. Wenn sie
dann doch nicht gerade selten auch für Athen
erwähnt wird (Philochoros und die der Komiker
Timokles und Menander bei Athen. VI 245. Pollux
VIH 112, Harpokr. s.on %Mas, Hesych. s, TtXdtavog),
so wird die Vermutung richtig sein, daß das Amt
erst von Demetrios Phalereus geschaffen wurde
und in Zusammenhang mit seiner uns bekannten
Luxusgesetzgebung steht (vgl. Cic. de leg. II 26,
66. Gilbert Hdb. I 177. 178). Jene Zitate bei
Athenaios zeigen uns zugleich, daß sie damals
in Athen mehr waren als nur Weiberpolizei, auch
auf den Tafelluxus bezieht sich ihre Tätigkeit
(Philoch. kaxQTiow rag iv ratg olximg avvoöovg sv
ze rotg ydftotg xav ratg äklatg flvatatg ; sie achten
darauf, daß die Zahl der Teilnehmer am Mahl
30 nicht überschreitet, Timocl. Men. a. a. O.).
Sonst wissen wir noch, daß sie eine Strafe bis
zu 1000 Drachmen auferlegen konnten (Harpokr.)
und daß die Namen der Bestraften durch An-
schlag an einer Platane im Kerameikos zur öffent-
lichen Kenntnis gebracht wurden (Hesych.). Einige
andere charakteristische Einzelheiten über die
Tätigkeit der y. erfahren wir aus andern Orten.
In einer Inschrift aus Andania werden genaue
Vorschriften über die Feier der dortigen Myste-
rien gegeben (Dittenberger Syll. insc. Graec.
653, 26. 27. 32) ; darnach hat der extra hierfür
vereidigte y. auf die Befolgung der minutiösen
Kleidervorschriften von selten der Frauen und
auf die Ordnung im Festzuge zu achten. Aus
Gambreion sind uns inschriftlich (Dittenberger
a. a. O. 879) Vorschriften über Trauerkleidung
und Trauerzeit für Männer und Frauen berichtet ;
der dort erwähnte, vom Volke gewählte y. hat
offenbar die Aufsicht gehabt. In Magnesia am
Maiandros haben die y. für ein großes Zeusfest
neun Jungfrauen zu bestimmen, wie die naido-
vofioi neun Knaben. Feiner finden wir das Amt
noch erwähnt für Milet (CIG II 2881), Syrakus
f Athen. XII 20 p. 251), Samos (Gilbert Hdb.
II 152). [Boerner.]
Gynaikopolis {Fwaataiv szohg Strab., Pwat-
HoojtoXtg Steph. Byz.), Hauptstadt des Nomos
Gynaecopolites, des XII. unterägyptischen Gaues
zwischen Hermopolis und Momemphis, Strab. XVLI
803. Plin. n. h. V 9, 49. Münzen aus der Kaiser-
zeit. Vgl. die Karten bei Parthey Zur Erdkunde
des alten Ägypten. Zu den Münzen vgl. Parthey
Die Gaumünzen Ägyptens. Beiträge zur älteren
Münzkunde, heraasgeg. von P i n d e r und Fried-
lander, Berlin 1851. 137ff., ferner Brugsch
Geogr. Inschr. I 142. [Pieper.]
Gynaikothoinas {rwaixo&oivag) , Epiklesis
des Ares in Tegea, weil die Frauen hier ein be-
sonderes Ares-Fest feierten mit einem Opfer-
schmaus, von dem die Männer ausgeschlossen
waren. Das Reliefbild des Ares G. stand in Te-
gea an der Agora. Die Legende besagte nach
Paus. VIII 48, 4, die tegeatischen Frauen hätten
im Kriege gegen die Spartaner zurzeit des Cha-
rillos (s, o. Bd. III S. 2143) bewaffnet ihren
Männern beigestanden, wobei sich besonders Mar-
pessa-Choira (vgl. Paus. VIII 47, 2; von einer
Königin Perimeda-Choira spricht in ähnlichem
Zusammenhang Deinias bei Herodian. sibqi ftov.
&$.' &-II 913 Lentz. Gramer Änecd; Oxon. IH
268,. 17J aiisaeichnete; nach dem Siege hätten sie
ohne < die /Männer Siegesopfer für Ares und ihren
eigenen Opferschmaüs gefeiert. Während bei
manchen Ares - Festen die Teilnahme auf die
Männer beschränkt war (z. B. Paus. III 22, 7),
findet "sich ein Frauenkult des Ares mit einer an
Telesilla anknüpfenden ähnlichen Legende in Ar-
gos (vgl. Lucian. amor. 33: iv "Jgyet &eog äQt-
■&/j,eTzat yvvcuxäv "äq^q). Vgl. Immerwahr
Kulte u. Mythen Arkadiens I 164f. Nilsson
Griech. Feste 403. 407f. [Jessen.]
Oyndes (iw<%), Fluß in Babylonien; vgl.
Herod. I 189. 202. V 52. Ps.-Tibull. IV 1, 142.
Sem de ira HI 21. Ammian. Marc. XXIII 6. Oros.
II 6. Nach Herodotos (I 189ff.) eröffnete Kvros
seine Operationen gegen Babylon mit der Bändi-
gung des wilden G. durch Ableitung desselben in
360 (runde Zahl!) Kanäle, eine Arbeit, welche
das ganze Heer einen vollen Sommer über be-
schäftigt haben soll. Begründet wird dieses Vor-
gehen vom griechischen Historiker anekdotenhaft
mit der Erzählung, daß eines der heiligen Bosse
des Kyros ertrank, als man sich anschickte, den
Fluß mit Fahrzeugen zu überschreiten, worauf
der Perserkönig den Schwur tat, den Fluß so
seicht zu machen, daß ihn künftig Weiber durch-
waten könnten, ohne sich die Kniee zu benetzen.
Eine belagerungstechnische Erklärung dieser Ab-
leitung des G. gab Bill erb eck in den Mitteil,
der Vorderasiat. Gesellsch. III (1898) 72f. 75.
Win ekler meint (Altoriental. Forsch. I 508ff.
II 254), daß der Erzählung Herodots ein glaub-
würdiges, historisches Faktum zugrunde liege,
nämlich, daß Kyros sich genötigt sah, behufs wei-
teren Vordringens gegen Süden das oberhalb der
medischen Mauer (zwischen Opis und Sippar) lie-
gende Land, das zum Schutze gegen den von
Norden kommenden Feind unter Wasser gesetzt
war, durch Anlegung von Abzugskanälen trocken
zu legen. Unter dem G. ist, wie der ganze Ver-
lauf der Espedition des Kyros nahe legt, kaum
ein anderer Fluß als die unterhalb Baghdäds in
den Tigris fallende Dijälä zu verstehen, die über
ein kompliziertes Kanalsystem verfügt. Der nörd-
lichere "Adhaim kommt viel. weniger in Betracht.
Der obere Zäb, an den San da (Mitteil, der
Vorderasiat. Ges. VIT 49f. 78f.) denkt, ist wohl,
wegen der großen Entfernung von Babylon, ganz
ausgeschlossen. Der Umstand, daß Herodot, etwas
ungenau , die Quellen des G. , gleich denen des
unteren Zab und des armenischen Araxes, ins
Land der Matiener, der südlichen Anwohner des
heutigen Urmiasees, verlegt, kann für eine der-
artige nördliche Lokalisierung des G. nicht ernst-
haft in die Wagschale fallen. Auch die Kerkhä
(Eulaios), der erste bedeutende Nebenfluß des
vereinigten Euphrat und Tigris, dürfte — gegen
Forbiger Bandb. d. alt. Geogr. II 68 — schwer-
lich in Frage kommen.. Die Identifizierung des
G. mit der heutigen Dijälä vertreten: Mann er t
Geogr. der Griechen und Römer V 2, 430—432.
Ritter Erdkunde IX 419—421. Billerbeck
a. a. 0. Winckler a. a. 0. Hommel Grundr.
der alt Geogr. u. Gesch. (1904) 293. 295. Herz-
feld in Memnon I (1907) 120, 2. 126. Letzterer
meint (a. a. 0. I 125, 1) auch, daß sich der alte
Äanne G. m Aba '1-gund erhalten habe, der durch
arabische Tutoren des Mittelalters bezeugten Be-
nennung eines der Kanäle des Kätul-Nahrawän-
Systems, welches das DijälÄ-System Wuzt. Noch
unsicherer ist Herzfelds weitere Vermutung
eines Zusammenhanges des Ortsnamens Iskäf banl
'I-gunaid (am Nahrawän, südlich der Dijälä) mit
G. Nach Ps.-Tibull hieß die vom G. durchflossene
Gegend Babyloniens Arectaei campi (s. schon o.
Bd. II S. 619); die Lesung Arectaei ist unsicher.
10 r [Streck.]
rVVTJ S. KvQtO£.
Gynnis {Fvwtg), Beiwort des Dionysos, Anon,
Laurent. 5, 7 = Schoell-Studemund Anecd:
Gr. 268 Aiovvaov yvvidog; in Emesa mit andro-
gynem Kultbild, Theodoret. episc. Cyrens. eccles.
bist HI 3 = Migne Bd. 82, 1093: Aiovva<$ x<&
yvviSi, var. ywaiooösi. [Jessen.]
Gypaieus (Tvmuev?), Epiklesis des Apollon,
Altar auf dem Gipfel des Lysson-Berges bei
20Ephesos, Konon 35, wo eine längere Geschichte
erzählt wird, die den Namen G, dadurch erklärt,
daß Geier einen Hirten gerettet hätten. Über
diese Legende vgl. Höf er Konon 101. Beziehungen
des Geiers zu Apollon sind im übrigen selten,
vgl. Gruppe Griech. Mythol. 1231. Wernicke
o. Bd. II S. 110. [Jessen.]
Gypsaria. 1) Tvipagia (Ptolem. V 17, 4; iden-
tisch damit ist Cypsaria Tab. Peut), in Arabia
Petraea, dritte Station an der westlichen Straße
30 von Aila am Meerbusen von f Afcaba nach Jeru-
salem , 48 Millien von Aila entfernt, zwischen
Gerasa und Lysa*, nicht identifiziert. Ritter
Erdkunde XIV 94—98. jBenzinger.]
2) Name verschiedener afrikanischer Örtlich-
keiten: 1. Oypsaria taberna, in Tripolitanien,
an der Straße von Gigthis nach Sabrata, 31 Mil-
lien von diesem (Tab. Peut.); vgl. Geogr. Rav.
141, 2. 350, 15). Vermutungen über die Lage bei
Tissot Geographie de l'Afrique II 209.
40 2. VvxpaQta hfirjv, an der Küste von Maure-
tania Caesariensis, nächst dem Malvaiiuß und der
Grenze der tingitanischen Provinz, Ptolem. IV 2, 2
p. 592 Müll. Vgl. Müller a. a. 0. Cat LaMaure-
tanie Ce'sarienne 158. Unsicher, ob mit einer die-
ser Ortschaften identisch der Bischofssitz {Qypsa-
riensü), von dem zwei rivalisierende Vertreter im
J. 411 in Karthago zur Disputation erschienen,.
Coli. Carth. I 128 (Mansi IV 106). [Dessau.]
Gypsltis {rvynzis f} rv&hrjg vfjoog Ptolem.;
50 rvyt}(s Steph. Byz.). Insel an der Westküste des
Arabischen Meerbusens; Ptolem. IV 7, 36 Nobbe.
Steph. Byz. [Pieper.]
GypSDm. Wir nennen heute Gips ebenso-
wohl ein meist in erdiger Form, bisweilen auch
als Gestein auftretendes, aus wasserstoffhaltigem
schwefelsaurem Kalk bestehendes Mineral, als die
daraus, nachdem es durch Glühen von seinem
Wassergehalt befreit ist, bereitete Masse, die zu
mannigfaltigen Zwecken benützt wird. Ebendas-
60 selbe ist der Fall mit der antiken Bezeichnung
yvxpog und gypsum. Zwar kommen im Griechi-
schen zur Bezeichnung des in der Technik ver-
wendeten Gipses noch andere Benennungen vor.
So bedeutet zizavog zwar sonst in der Kegel
Kalk, aber bei Ps. -Hesiod. scut Herc. 141 ist
diese Bedeutung unmöglich, indem es vom Schilde
heißt: näv fiev ydg xvxXco zixdvw Xevtctp »'
Uetpavrt T}AexxQ(p ff {tnola^inks ir/v, weshalb schon
die Schonen annahmen, daß G. gemeint sei.
Freilich hat Deiters De Hesiod. scuti descri-
ptione (Bonn 1858) 61, indem er v. 143, wo der
xvavos genannt ist, verwarf, für xixdvtp xvdvq>
eingesetzt (von Göttling-Flach angenommen);
und Peppmüller Variat im ps.-hesiod. Herakles-
Schild 3 folgte darin insoweit, als er xvavtp
für das ursprüngliche hielt, an dessen Stelle xi-
tävq* erst trat, nachdem v. 143 bei einer zweiten
bezogen wurde , bezeugt Plut <Juaest. nat. 10
p. 914 C. Das Verfahren -bei der Herstellung aus
Gestein war dies , daß man besonders harte,
alabaster- oder marmorähnliche Stücke nahm und
sie, um die Hitze zu erhöhen, zusammen mit
Kuhmist verbrannte, worauf das Zurückbleibende
zu feinem Pulver zerstoßen wurde, Theophr. de
lap. 69 : xaiovoi Ss xai iv ^oivw-fl xal ev Svqiq
xafiivevövxEQ avrtjv [xai xaiovxsg] • xaiova ös
Fassung durch einen Rhapsoden eingesetzt worden 10 ftdkioza xovg fiaQftaQovg xal änlovaxEQovg, cxEQsai-
war. Aber gleichviel, ob das Wort hier schon
dem ursprünglichem Gedicht angehört oder nicht,
auf jeden Fall konnte zhavog schon iin Altertum
auch G. bedeuten; und so hat auch Hesych. s.
v. es neben anderen Bedeutungen durch yvipov
XQitffia erklärt, zizarcofthag als ysyvtpa>fih>ag und
xixavcoxi} XQ° a a l § yvyioozi} 7} XevxöxQoog. An-
scheinend hat man in der älteren Zeit G. und
Kalk nicht unterschieden und daher zhavog für
xdzovg fiev tta,Qawd'Evx£<; (ßöXtxov, i'vexa) zov &äz-
tov xateo&ai xai jiiäÄkov . boxsi ya@ d'SQfiöxazov
eivai zivQoi'&ev xal nXsiozov %qovov Öiafieveiv.
OTZzrjoarzsg Ös xojizovoiv avxrjv wgxsq zfjv xoviav.
Zur Ergänzung der Lücke ist benützt Plin. a. a.
0.: qui coquitur lapis non dissimilis alahastri-
tae esse debet aut marmoroso (daher wird wohl
auch anstatt anzXovaxiQovg zu lesen sein dXaßd-
azgove) in Syria durissimos ad id eligunt co-
beide Stoffe gebraucht, während später die ße- 20 eimtqus cum ßmo buhulo , ut celerius urantur.
deutung Kalk überwog, vgl. Luc. hist, conscr. 62.
Po 11. VII 124, wo yvy>os von xhavos gesondert
genannt ist. So scheint, daß auch andere gips-
ähnliche Minerale bisweilen die Bedeutung G.
bekommen haben: so eines, das oxigov heißt und
bei Aristoph. Vesp. 925 zwar Käserinde bedeutet,
aber daneben auch eine Erdart, wie der Schol.
zu v. 926 bemerkt: ozi Xiyezat xai yrj gxiqqus
Xtvxf) xtg ws yvywg (die beiden letzten Worte
Wenn Plinius hinzufügt : omnium aittem Optimum,
ßeri conpertum est e lapide speeulari squamamve
talem liabente (darnach Isid. or. XVI 3, 9), so ist
damit das von den Alten als Ersatz für Glas be-
nützte Marienglas, das ursprünglich G.-Kristall
ist, gemeint mit den verwandten Arten vielleicht
Faser gips.
Die Verwendung des G. war eine sehr mannig-
faltige. Wichtig war er zunächst für die Bau-
werden freilich von Dindorf als späterer Zusatz 30 kunst, in der ihn die griechische Technik vielfach
eingeklammert) ; vgl. Phot. 522, 7. Schol. Hesiod.
scut. 141 ; für die Form oxiggog Suid. s. v.,
femer Hesych. s. oxsiqog, und axvgog bei Poll. IX
104, wo es eine Art Kreide zu sein scheint ; da-
her wird oxtQQiirjg bei Zonar. 1651 direkt als
G.-Arbciter, yvy>ef.m,läöxr}g, erklärt. Auch Xazvm},
sonst eigentlich der Abgang, Splitter und Staub
beim Behauen der Steine (vgl. Blümner Tech-
nologie III 93), wird im Sinne von G. gebraucht,
als Bindemittel, wie Kalk, verwendet zu haben
scheint nach Theophr. a. a. 0. 65 15 de yXtaxQo-
xrjg xal ßeQfiöxt^g ozav ßgex^ff ftavfAaöxrj. %Qwvzai
ydg szgög zs xä olxodofxrjfjiara xbv Xföov 31eqi%e-
ovreg xav zt aXXo ßovXoivrai xotovxov xoXXrjöat,
zu urteilen ; er diente da wohl weniger zur Ver-
bindung der Steine untereinander, als zum Ver-
putzen der Decken und für Gesimse, und Theo-
phrast rühmt ebd. 66 die außerordentliche Halt-
s. Poll. a. a. 0. Schol. Aristoph. a. a. Ö. und zu 40 barkeit des gut präparierten und so verwendeten
Nub. 261. Schob Pind. Pyth. V 124. Man nahm
es aber überhaupt mit Bezeichnung verwandter
Stoffe nicht so genau, und so nennt z. B. Theophr.
de lap. 62 eine Erdart, die in Epeiros beim
Tymphegebirge vorkam und wie die melische,
kimolische u." a. von Walkern, Malern u. a. zum
Weißen benützt wurde, yvyog, allerdings mit der
Bemerkung (ebd. 64), daß sie speziell bei den Um-
wohnern des Athos und der Naohbargegenden so
G. : Sav/Miorrj ds xai (ij) to%vg • oze ya(> 01 lldoi
gtjywvzat rj dia<pEQOvxat f} yvyjog ovx ävlrjOi, noX-
käxig di xai xd ftsr jistixwxe xai vtpfjgrjTai xd
5' arm XQEfid/tEva fizvEt öWExö/HEva zfj xoXXrjCet.
Für diese Verwendung wurde der pulverisierte
G. mit Wasser angefeuchtet und der Teig mit
Hölzern umgerührt, ebd. 66: xoyjavxeg dk xai
v6(oq ijn^EorzEg zaQazzovoc £t':Xotg, zfj %eiqi yaQ
ov dvmvxat dtä zijv $eQ/.iozt}za (doch bemerkt
genannt werde. Doch sind alle diese teils miß- 50 Lenz Mineral, d. Griech. u. Rom. 27, 111, so
bräuchlichen, teils mißverstandenen Bezeichnungen
immer ungewöhnlich und yvyog das übliche ge-
wesen, wie im Lateinischen gypsvm (die neutrale
Form ist die stehende; gypsus ist selten, vgl.
Corp. gloss. lat. in 132, 53. V 610, 5).
Der natürlichen Beschaffenheit nach unter-
scheiden die alten Naturforscher vornehmlich zwei
Arten von G. : den durch Glühen aus Gestein ge-
wonnenen und den in Erdform ausgegrabenen;
arg erhitze sich der G. nicht, wohl aber der
Kalkstein, wenn er stark gebrannt und dann mit
Wasser übergössen wird). Die hergerichtete Masse
muß aber sofort benutzt werden, weil sie sehr
schnell erkaltet und erstarrt, ebd.: ßge/ovoi öe jtö-
6 a ZQ'd ta xqos xrjv /geiav mv (Öe) iuxqov xqoxeqov,
xa%i' Tirjyvvxai xai ovx toxi öieXsIv. Plin. 183 :
gypso madido statim utendum est, quoniam ce-
lerrime coli; tarnen iiirsus tundi sc et in fa~
und zwar bezog man letzteren am besten aus 60 rinam resolvi patitur. Auch bei den Römern
Kypern, wo er in großen Mengen noch unter
der Erdoberfläche gegraben wurde , ferner auch
aus Perrhaebien, vom Tymphegebirge u. s. : wäh-
rend er durch Glühen besonders in Phoiuikien,
Syrien und bei Thurii in Unteritalien gewonnen
wurde, s. Theophr. de lap. 64, darnach Plin.
XXXVI 182 (phoiniMscher auch Theophr. de
igne66); daß gebrannter G. auch von Zakynthos
fand der G. beim inneren Ausputz der Häuser
Anwendung für das sog. Weißwerk, opus alba-
rium. in dem Gesimse (daher auch coronarium
ojnts genanntj, Decken, Gewölbeverzierungen eben-
so in einfacher architektonischer Profilierung wie
in reicherer figürlicher Ausstattung hergestellt
wurden, Plin. a. a. 0. : usu* gypsi in albarüs
sigillis aedificiorum et ooronis yratissimtis. Isid.
XVI 3, 9.. XIX 10, 20 (vgl. über opus albarium
glümner Technol. II 141ff. 147m). In der
Regel war der für diese Zwecke verwendete Stuck
Gipsstuck, d. h. aus Gips, Kalk und Sand bereitet,
obschon Vitruv. VII 3, 3 von der Verwendung
des Gipses abrät : in hisque (sc. coronis) minime
gypsum debet admiseeri, sed ex creto marmore
uno tenore perduei uti ne praeeipiendo nonpatia-
tur um tenore opus inareseere Daß solche Gips- imww , jLrnairen nat sich von solchen Arbeiten
!r™^^ ™*i «« gSÄT Zetgar
ITLTJ^r ^J^JE>J$L?L"¥* H md *' »™ «nii«!«» die neuerdings bekannt fe-
G, gewesen sein mögen, vgl. Friedländer Dar-
stell, aus d. Sittengesch,5 III I92f, (doch gehört
Mart. IX 47 nicht hierher, da dort gemalte Titel-
bilder in Büchern gemeint sind). Auch wo es
sich um plastische Bildwerke für vorübergehende
Dekoration handelte, nahm man G., vgl. Hist. aug.
Sever. 22, 3: die eircensium cum tres Victo-
riolae more solito essent locatae gypseae cum
palmw, Erhalten hat sich von solchen Arbeiten
tov vaov (der Artemis in Stymphalos) tat 6 9 o<p&
JiEjiot^fisvai xal at ZTVfupqh'öes sfolv ' oQVidsg'
aa(pÖig psv ovv yakestbv fjv diayvävai uiotsqov
£vlov noirjua r)v tj yvyov • TsxfiaiQofiivoig de fyüv
zyalvETO elvai gvlov n&llov i) yvyov. Damit
meinte wohl auch Pausanias Werke aus Gipsstuck,
nicht aus reinem Gips ; auch die Gipsreliefs, die
als Gräberfunde verschiedentlich erwähnt werden
aus Gipsstuck sein. Bei den römischen Stuck-
reliefs, von denen sehr schöne Proben sich erhalten
haben, sind mir Untersuchungen ihrer Bestand-
teile nicht bekannt, doch dürfte auch hei ihnen
neben Kalk G. zur Verwendung gekommen sein.
Hergestellt wurden die Stuckreliefs teils aus freier
Hand, teils in Modellformen, für die ebenfalls G.
benutzt wurde ; in einem Hause zu Pompeii sind
eine größere Anzahl solcher Formen gefunden
wordenen (vgl. Höron de Villefosse Oomfte
rendu de FAcad. des Inscr. 4. Ser. XX [18921
187ff. über vier im Louvre befindliche bemalte
Gipsbüsten von El Kargeh) fein modellierten und
reichbemalten Köpfe von Mumienkästen, von
denen interessante Proben bei Flinders-Petrie
The arts and crafts of ancient Egypt (Edinb
und London 1909) Fig. 135-138 abgebildet sind.
aus Uipsstuck sein. Bei den römischen Stuck- in d i« ' VphnHr ^«-ir««o+i™ + j: ™__
in die Technik der Künstler tun; die-genaue Über-
einstimmung des einen Kopfes (Fig. 138) mit dem
noch erhaltenen Schädel, wobei nur die Fleisch-
partien durch eine bald feinere, bald stärkere
Gipsschicht ergänzt sind, zeigen, daß der Aus-
führung jedenfalls eine Totenmaske zugrunde ge-
legt wurde.
Häufiger noch scheint der G. bei der Klein-
plastik Anwendung gefunden zu haben. Jene
ÄÄMEss? äK=-S%^^«*4:
ein Stuckarbeiter seine Werkstatt gehabt habe
s. Overbeck Pompeji * 380. '
( In dieser Verwendung des G. zu künstlerischem
Schmuck von Bauwerken liegt schon die Bedeu-
tung ausgesprochen, die der G. auch als Mate-
rial für die bildende Kunst beanspruchen darf.
Für die eigentliche große Plastik fand er frei-
lich nur selten und mehr als Surrogat, aber doch
schon frühzeitig Verwendung. Als Theokosmos
und die Kömer sigilla und die teils Kindern als
Spielzeug dienten, teils Nippfiguren, Weihgaben
u. dgl. waren, wurden zwar in der Regel aus dem
dauerhafteren gebrannten Ton hergestellt, doch
auch aus Gips, s. Bekker Anecd. 272, 31 : x6 Qn ,
xal zb fiutQÖv dyaXfidztov rb yvxpivov nal nifkt-
vov, ä(p o% nal xoQojzM&og 6 xavxa noiüv xa-
Xelxat. Etvm. M. 530, 11. Suid. s. xooo7ilü#ot.
Timai. Lex. s. xoQonla&oi. Auch von diesen Ar-
Tempel des olympischen Zeus das Götterbild ah* M^ri^i, ™~ ,-~ _-u~i^_ • *tJ? , V. ,
Tempel des olympischen Zeus das Götterbild aus
Gold und Elfenbein herzustellen, brach der Pelo-
ponnesische Krieg aus, als erst der Kopf des
Gottes in diesem Material hergestellt war; der
Geldmangel nötigte den Kunstler, das übrige
aus Ton und Gips herzustellen, wie Paus. I 40,
4 berichtet. Höchst wahrscheinlich war dies un-
scheinbare Material bemalt und vergoldet; Schu-
bart Rh. Mus. XV 88 vermutete, der Körper sei
Materials nur wenig erhalten ; im Compte Rendu
de la Comm. archeol. de St. Pötersbourg f. 1875,
Atl. Taf. I bildet Stephani kleine Gipsfigür-
chen ans einer Niobidcndarstellung ab, die als
Verzierung an einem Holz Sarkophage angebracht
waren, vgl. ebd. 5ff.
Wenn nun im großen und ganzen der G.
in der alten Kunst als Material von Bildwerken
immer eine untergeordnete Rolle spielte, so war
ans „ta^ta, .Ton, HänOe und mi" Ton ft 50 ^»-^ "be™ MSl "l™
und die ganze Statue mit Gewändern b^klm^ rh „„ ^™ j:„ ai^h, __ ., „ ,„, hI '
und die ganze Statue mit Gewändern bekleidet
gewesen, doch ist letzteres wenig wahrscheinlich.
In Kreusis, der Hafenstadt von Thespiai, fand
Pausanias nach IX 32, 1 eine Sitzstatue des Dio-
nysos aus bemaltem G., freilich nicht in einem
Tempel, sondern in einem Privathause. Auch
christliche Schriftsteller erwähnen G. als Mate-
rial von Götterstatuen, so Arnob. VI 14 eom-
mixtum glutiaum gypso. Prudent. apoth. 458.
da aus ihm die Abgußformen und Modelle her-
gestellt wurden, wofür er sich seiner Beschaffen-
heit nach vorzüglich eignete, Theophr. de lap. 67
öia<pEQEtv 6k äoxel xal tiqo; ajtof.iäy(iata tzoXv
Tbtv äXXa>v,^ Et? o xal zQüvTat päMov xal fiäkioft''
oi ,t€qI ttjv 'Elkdda, yhaxgÖTtjTi xal Xeioir^zt. Daß
auch die alten Künstler "ihre Arbeiten nicht aus-
führten, ohne vorher ein Modell davon gemacht
zu haben, ist nicht zu bezweifeln ; wenn Plinius
TW+ iaJ ö ij * t. i ö" n i" Jt "' ^ JO - * u Hauen, ist ment zu bezweitem ; wenn Plinius
S a.r Ä- J T"°S\ te Imd - °' S * V T L I 43G " 60 ( XXXV 153 ) *« erst seit Lysistratos, dem Bruder
In der Kaiserzeit erfahren wir von G nsbüsten T,v*mn« nw;^ ™^„„ isß + <';<!. Z...1.
in der Kaiserzeit erfahren wir von Gipsbüsten
von Philosophen, die als Zimmerschmuck dienten
luv. 2, 4f., und namentlich Ärmere, die sich Mar-
morbüsten nicht leisten konnten, werden zu die-
sem Ersatz gegriffen haben, weshalb von den mit-
unter ohne Angabe des Materials als Schmuck
SS ™atJ£liotheken genannten Porträtbüsten
(Hin. XXXV 5. Lucian. Nigr. 2) manche aus
Lysipps, üblich werden läßt (erevitque res in
tantum, ut ntdla signa statuaeve sine argilla
fwrent), so ist er damit (die Richtigkeit des Wort-
lautes vorausgesetzt, s. u.) sicherlich ebenso im Irr-
tum, wie wenn er es (ebd. 156) als besonderen
Vorzug an Pasiteles rühmt, daß er immer nach
vorher gefertigtem Modell gearbeitet habe (nihil
umquam feeit antequam finxü). Die Künstler
"JF B
urypsum
zuy»
machten zunächst das Modell ihrer Figur, mochte wo von den Erfindungen des Butades berichtet
Äie für Bildhauerarbeit oder Erzguß bestimmt ist, betrachtete, der später vom Rande an einer
sein, in Ton; aber sie werden schwerlich dies falschen SteUe in den Text gesetzt worden sei;
Tonmodell direkt zur Arbeit benützt haben, da derselben Ansicht war Furt wängl er (Neue Jahrb.
es dafür erst hätte gebrannt werden müssen und Suppk-Bd. IX 59; Über Statuenkopien im Altert,
nicht überall die dazu erforderlichen Öfen in der [Abhandl. Akad. München, Phil. hist. Kl. 1896]
oft notwendigen beträchtlichen Größe vorhanden 544ff.). Damit würde also die Erfindung der G. -Ab-
sein mochten, auch dabei immer die Gefahr des güsse dem fast sagenhaften sikyonischen Töpfer Bu-
Schwindens und der Veränderung einzelner Par- tades zugeschrieben werden, was wenig glaublich
tien vorlag (vgl. Blümner a. a. O. 119f.). Da 10 ist; daher haben Overbeck (a. a. O. 176, 1) und
lag es denn nahe, daß man vom Tonmodell eine Rein ach (Revue archeol. N. S. XLI [1902] II
Negativform in G. herstellte und von dieser dann 5ft\) den Passus wohl mit Recht an seiner Stelle
«inen positiven Abguß , der nun dem Bildhauer belassen. Allerdings muß es dabei als fraglich
als Modell diente und zu dem schon in der alten bezeichnet werden, ob Plinius diese Erfindung
Skulptur gebräuchlichen Punktieren benützt wurde. mit Recht dem Lysistratos zuschrieb oder ob sie
Daß diese Erfindung in der Tat alten Datums ist, nicht schon älteren Datums war (über G.-Abgüsse
zeigen ägyptische Funde von G.-Köpfen, die allem im Altertum handeln Welcker Akad. Kunstmus.
Anscheine nach als Modelle für Künstler abge- zu Bonn 4f., Furtwängler und Reinach a.
gegossen waren und bis in die 18. Dynastie zu- a. O.; die Abhandlung von Perkins Du mon-
rückgehen, s. Flinders-Petrie a. a. O. 144 20tage en plätre chez les anciens 1869 kenne ich
Fig. 133f. Und auch für Griechenland werden nur aus dem Zitat bei Collignon Hist. de la
wir weiter zurückgehen müssen, zumal die Stelle sculpt. Grecque II 728, 2). Daß sie die Alten
des Plinius über Lysistratos kaum so haltbar ist, überhaupt kannten , geht auch aus der oben an-
wie sie überliefert ist. Sie lautet (XXXV 153): geführten Bemerkung des Theophrast über ano-
hominis autem imaginem gypso e faeie ipsa ftäyftaza hervor; wenn Furtwängler a. a. 0.
primus omnium expressit ceraqice in mm for- die Erfindung, G. -Modelle den Marmorstatuen
mam gypsi infusa emendare insiituii Lysistra- zugrunde zu legen, erst dem Pasiteles zuschreiben
tus Sieyonius .... hie et simüitudines reddere möchte, so spricht dagegen außer Theophrast auch
instituit; ante eum quam pulcherrimos faeere die Stelle bei Plut. de soll. anim. 36 p. 984 B
studebant. idem et de signis efßgies exprimere 30 (auf die Rein ach aufmerksam gemacht hat),
invenit, erevitque res in tantum, ut nulla signa wonach Abgesandte des Ptolemaios Soter von
statuaeve sine argilla fierent. quo apparet anti- zwei Statuen in Kirrha die eine mitnahmen, die
quiorem hane fuisse soientiam quam fundendi andere aber, die sie zurücklassen mußten, ab-
aeris. Hier ist also zuerst vom Abnehmen von gießen ließen. Es gab also im Altertum ebenso
Gesichtsmasken nach dein Leben die Rede. Das G.-Werke, die den Künstlern als Modell dienten,
Nehmen von Totenmasken war eine alte Erfindung, als G.-Abgüsse von berühmten Kunstwerken ;
in Ägypten schon zur Zeit Amenhoteps IV. be- auch die oben erwähnten Porträtbusten aus G.
kannt, wie dessen noch erhaltene Totenmaske be- werden solche Abgüsse von marmornen oder
weist (Flinders-Petrie a. a. 0.); daß die myke- bronzenen Originalköpfen gewesen sein. Und
nischen Goldmasken auch über der Leiche gemacht 40 daß man nicht nur bei statuarischen Werken,
zu sein scheinen, mag hier nur beiläufig bemerkt sondern auch bei Herstellung von Geräten u. dgl.
werden , da es sich um ein anderes Material aus Erz nach G. -Modellen arbeitete, zeigt Plinius
handelt. Daß der Brauch in Griechenland nicht a. a. 0. 155 idem (seil. Varro) magnißeat Ar-
unbekannt war , lehrt eine noch erhaltene , bei cesilaum L. Lurnlli familiärem, cuius proplas-
Hagia Triadha am Friedhof vom Dipylon gefun- mala (das ist der technische Ausdruck für Modell)
dene gipserne Totenmaske (vgl. v. Sybel Katal. pluris venire solita artifieibus ipsis quam alio-
d. Skulpt. zu Athen 208 nr. 2921). Für Abgüsse rum opera; ebd. 156 Octavio equiti Romano
nach dem Leben aber ist dies die einzige uns eratera faeere volenti exemplar e gypso factum
vorliegende Notiz ; denn um diese viel schwierigere talento.
Prozedur, nicht um Abnehmen von Totenmasken, 50 Was endlich den Schluß des besprochenen
wird es sich wohl handeln, obschon Plinius es Passus bei Plinius anlangt (erevitque — aeris),
nicht ausdrücklich sagt, und so wird die Stelle so ist dieser sicher mit Recht auch von Over-
auch in der Regel verstanden (vgl. Brunn Gesch. beck und Reinach a. a. 0. als nicht hierher
d. griech. Künstler I 402ff. OveTbeck Griech. gehörig bezeichnet worden. Das Arbeiten nach
Plastik ir+ 166f. Springer-Michaelis Haudb. einem Tonmodell (argilla) hat mit der Erfindung
d. Kunstgeschichte P 393; abweichend Benn- von G.-Abgüssen fertiger Statuen nichts zu tun;
dorf Antike Gesichtshelme und Sepulcralmasken und der Schluß, diese scientia sei älteT als die
73 , der daher auch die Notiz des Plinius , daß Erfindung des Erzgusses (die die Alten doch ins
erst Lysistratos das Abnehmen von Totenmasken 6. Jhdt. v. Ohr. versetzten), zeigt, daß der Satz
erfunden habe, verwirft). Daß Lysistratos das Ab- 60 nichts mit Lysistratos zu tun hat Reinach will
formen über den lebenden Menschen zuerst ein- ihn auf Butades § 152 beziehen; Uriichs in
führte, ist daher wohl möglich. Anders steht es der Chrestom. Pliniana schob ihn im selben §,
mit der zweiten Angabe, daß er zuerst Abgüsse aber hinter plasticen ein, sodaß er sich auf die
(und man darf in diesem Zusammenhang wohl Erfindung und Ausbildung der Tonbildnerei über-
sagen G.-Abgüsse) von Statuen genommen habe. haupt bezog.
Brunn (a. a. 0. 403) fand das so unglaubhaft, Auch die alten Töpfer, soweit sie ihre Ge-
„daß er den ganzen Schluß des §, von idem et fäße nicht aus freier Hand auf der Drehscheibe
bis fundendi aeris, als einen Nachtrag zn § 152, formten, bedienten sich gipserner Modellschüsseln,
■wie' denn G.sFormen fauch für Terrakottareliefs
Üblich Trarerji In der römischen, Töpferei kamen
solche G.-Formen Tornehmlich für Lampen und
Terrasigillata- Gefäße in Anwendung (Reste derart
im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich).
Eigene Bezeichnungen für den Gr.- Arbeiter sind
nicht häufig. Im Griechischen findet sich erst
ganz spät hei Cassiod. var. VII 55 die Bezeichnung
gypsoplastes, bei Zonar, 1651 yvipstmkäoTrjg; häu-
figer ist im Lateinischen gypsarius, obschon nur 10
auf Inschriften nachweisbar, s. CIL IX 5378. XII
4479; plasia gupsarius im Ed. Diocl. 7, 30.
Was sonstige Verwendung des G. anlangt,
so sind deren verschiedene namhaft zu machen.
Von Aithiopien berichtet Herod. III 24, daß man
dort die auf ägyptische Art einbalsamierten oder
sonst mumifizierten Toten mit G. überzog und
bemalte. Daß in Griechenland die Maler G. ge-
brauchten (dg) svia xoiv naxb. tr/v r£%rr}v } bemerkt
Theophr. de lap. 67 ; wahrscheinlich nahmen sie 20
ihn zum Grundieren der Holztafeln, vielleicht auch
bei der Bereitung der weißen Farbe. An derselben
Stelle erwähnt Theophrast, daß einige G.-Sorten,
wie z. B. der tymphaische, von den Walkern an-
statt der sonst üblichen Walkererde benützt wurde ;
darnach Plin. a. a. 0. 198 Qraecia pro Cimolia
Tymphaico utitur gypso. Um Eisen gegen Rost
zu schützen, versah man es u. a. mit einem aus
Bleiweiß, G. und Pech bereiteten Überzuge,
Plin. XXXIV 150: a r obigine vindieatur eerussaSO
et gypso et Hquida pice; vgl Isid. XVI 21, 7.
Sodann scheint es nach der Inschrift CIG 3159,
wo von einer Statue avv ßdcsi dgyvQerj ympov
fieaxfj die Rede ist, daß man G. zur Füllung
hohler Teile von Metallarbeiten nahm.
Sehr ausgedehnt war die Verwendung des
G. in der Landwirtschaft. Bei Fässern mit
Konserven, besonders Trauben und Äpfeln, oder
sonst luftdicht zu haltenden Dingen wurden die
Deckel, die dann noch manchmal verpicht wurden, 40
erst eingegipst, was mit yvyovvj gypsare, be-
zeichnet wird; s. Colum. II 10, 16. XII 10, 4. 16,
4. 39, 2. 44, 6. Plin. XV 62. XX 97. Geop.
IV 15, 13; ebd. 17. VI 16, 1. VIII 26, 1. Auch
bei Flaschen, Amphoren u. dgl. war Verschluß
mit G. üblich, s. die amphorae vitreae diU-
genter gypsatae Petron. 34, 6. Colum. XII 12,
2. 16, 2. 41. Pallad. IV 10, 18; zerbrochene
oder gesprungene Tongefäße wurden mit G.
gekittet, Arist. Vesp. 926 mit Schol.. und Cato 50
r. r. 39 gibt dafür das Rezept, wobei Wachs,
Harz und Schwefel mit G. zu mischen sind.
Sodann werden aber auch Früchte, die man kon-
servieren wollte, direkt in G. eingelegt, indem
man sie entweder direkt in leingepulverten
trockenen G. bettete. Colum. XII 44, 4: non-
müli sicco flore gypsi oblinunt uvas, quas non
nimium maturas vifibus detraxerunt. Plin. XV
64: mala generosissrma eadevi ratione erttstant
gypso vel cera. Pall. III 25, 26 : alii in patina 60
nova sicco gypso obruunt separata cydonia, oder
die erst getrockneten in Binsen wickelte und mit
G. bedeckt in Fässern einlegte, wie es in Li-
gurien mit Trauben geschah nach Plin. a. a. O.
66. Daß man Weine, besonders solche, die leicht
umschlugen, gipste, ist eine bekannte Tatsache,
die schon Theophr. de lap. 67 erwähnt, der es
allerdings nur für Italien bezeugt, doch war das
Verfahren sehr verbreitet j vgl. Colum. XU 28, 3.
Plin. XIV 120 : Africa gypso mitigat asperita-
tem. Plut. quaest. nat. 10 p. 914 C; Man nahrii
dazu feinsten G., der wie beim Mehl flos hieß,,
und tat ihn zum jungen Most, Colum. XII 20, '8i
26, 2. 36. Poll. XI 14, 6. Geop. VI 18. VII
12, 5; auch bei eingekochtem Wein tat man G:
hinzu, Colum. XII 21, 3. 26, 2. Daß man auch
Gerste im Speicher der Konservierung halber mit G,
vermischte, erwähnen die Geop. II 30, % die Ver-
wendung beim Düngen Pallad. IV 10, 5. G. war-
auch notwendig bei der Herstellung künstlicher
Graupe, Plin. XVIII 115. Geop. III 7, 1; vgl.
Blümner a. a. O. I 56. Um Hühnern, die ihre
Eier auffraßen, dies abzugewöhnen, füllte man
ausgeblasene Eierschalen mit G. und warf diese-
den Hühnern hin, Geop. XIV 7, 5,
Die Verwendung des G. als Färbemittel wurde-
schon oben erwähnt ; so benützten es auch Schau-
spieler, um sich weiße Hände zu machen , vgl.
Cic. ad fam. VII 6, 1 ; ein Bestreichen mit G. zum
Z wecke einer Kriegslist erwähnen Herod. VHI
27. Paus. V 1, 11. In Rom wurden Sklaven,
die auf der eatasta, einem Schaugerüst, zum Ver-
kauf gestellt wurden, die Füße mit G. geweißt T
Tib. II 3, 60. Ovid. am. I 8, 64; vgl. luv. 1, 111.
Plin. XXXV 199 nennt dafür Kreide als Material.
In deT Medizin fand der G. nur äußerliche-
Anwendung, gegen Blutungen, zu Verbänden u.
dgl. , Diosc. V 133. Cels. II 33 und öfters bei
Galen ; innerlich wandte man ihn nicht an, weil
er für giftig galt (Plin. XXXVI 183). Plinius
empfiehlt verschiedene Gegenmittel bei einge-
tretener Vergiftung XX 1 78. XXIII 83. XXVIII 1 29.
Vgl. im allgemeinen Blümner Technologie
II 140If. III 101 ff. A. Jacob bei Daremberg-
Saglio Dict. des antiqu. II 1714ff. [Blümner. 1
GypsuSj Bergwerke in Ägypten, wohin in den
späteren Zeiten der Römerherrschaft schwere Ver-
brecher verbannt wurden, Cod. Iust. IX 49, 26.
Novell. 22, 8. 142, 1. [Pieper.]
f Gyrai (Oyre; a£ rv Q ai [Hom. Od. IV 500f.]
TtiTQai von yvoög , randgebogen; s. den Art.
Gyras; Adj. rvgai6g\ rvgairj nhgt} Od. IV 506.
Bei Steph. Byz. s. IIvvk~ wird Fvq^ erwähnt ; vgl.
Quint. Smyrn. XIV 570). Nach SchoL gr. in
Hom. Od. Dind. I 218, Hesych. vgl. Diogeneian-
Hesychios s. Fvgdg und dem Scholiasten Eusta-
tbios 1507, 7 sollen diese felsigen Klippen in der
Nähe von Mykonos oder Mykone, einem südöst-
lich von dem Kykladeneiland Tenos gelegenen
Inselchen, sich befunden haben, nach anderen bei
dem euböischen Vorgebirg Kaphareus. Auf sie soll
der kleinere Aias geworfen worden sein, nachdem
Poseidon die Felsen zerspalten hatte. Inwiefern
G. mit Gyras (s. d.) auf der Insel Tenos zu-
sammenzubringen ist, ist ungewiß. H. Kiepert
FOA XII setzt G. mit Fragezeichen südlich dicht
an Tenos an. [Bürchner.j
Gyraieis s, Gyras.
Gyrapsios (Fvgäiftog), Beiname des Zeus auf
Chios, Lykophr. 537 nebst Tzetz. Potter (Comm.
in Lycophr. , abgedruckt in Tzetz. Schol. ed.
Müller III 1481) meinte, die Beinamen Drymnios,
Promantheus, Aithiops, Gyrapsios (Lykophr. 536f.)
paßten besser für Apollon; doch ist wenigstens
Aithiops durch Eustath. Hom. Od. 1385, 62
gerade für Zeus bezeugt. [Jessen.]
Gyras (i? Fügäs [Diogeneian-Besychios], Gy-
raieis [ot Fcgatetg Inschr.]; G. von der rund-
lichgebogenen Form des Berges; vgL Schol. Ly-
cophr. Alei. 390. Die Bewohner des Berges
rveaite, L. Roß Inscr. ined. LI lOOff. CIG 2836.
Der Name ähnlich wie fj yvnidg, öeigdg, xoddg,
gayds, ajiddg , x° l $fe), 1 km langer Höhenzug
(ogog) mit der höchsten Erhebung von 718 m,
auf der Kykladeninsel Tenos, in deren östlichstem
Teil, jetzt Tzykniäs, der brandig riechende (?) Berg ;
vgl. Hauttecoeur L'ile de Tinos 7A die An-
gabe vom Vorhandensein einer Schwefelmine.
L. Roß Inselreisen I 20. C. Bursian Geogr. v.
Griechenl. n 445, 2 und nach diesem A. Milia-
rakis Kvxlahtxd 12 setzen G. vermutungsweise
gleich mit Qyrai petrai (s. d.); vgl. zur Geologie
A. Philipp son in Petermanns Mitt, Ergänz.-
Heft CXXXIV 20 und Karten, N. Kots owillis
Neos Atfievodeixzrjs'Z 19. [Bürchner.]
Gyre s. Gyrai.
Gyn s. Giri (mons) o. S. 1369.
Gyridas, Spartiate, Anhänger der makedonisch-
achäischen Partei. 219 v. Chr. gehörte er der
Gerusia an und ward damals bei der Revolution,
die zum Anschluß an die Aetoler und zur Wahl
des Lykurgos führte, bei Gelegenheit eines Festes
umgebracht, Polyb. IV 35, 5. Niese Gesch. der
griech. u. makedon. Staaten II 425. [Niese.]
Gyrinna s. Sappho.
Gyrisini, eine Völkerschaft oder Gemeinde in
der Umgegend von Castulo, im diesseitigen Hi-
spanien. Sie werden nur in Plutarchs Leben des
Sertorius bei der Erzählung eines Abenteuers,
das der junge Sertorius in Castulo (s. d.) bestand,
wahrscheinlich nach Poseidonios, genannt: die
von Castulo überfallen nachts die römische Be-
satzung und holen sich Hilfe dazu von ihren
Nachbarn (Sertor. 3 ciaga räv a.öTvyen6vo3v Fv-
gtooivotv). Der Ort Gurisoena oder Curisona (vgl.
Iloiturgi, Iliturgi) muß also ganz nahe bei
Castulo gelegen haben ; seine Lage ist nicht ge-
nauer zu ermitteln. Wahrscheinlich wurde er
schon damals zerstört. [Hübner.]
Gyrtios (Fvgttog), Vater des Hyrtios, TL XIV
512. Eustath. IL z. d. St. [Hoefer.]
rvQztbv und rvQTibvr) (nach Pape = Ecken-
dahl). 1) Stadt in der Pelasgiotis (Strab. IX 441.
443), und zwar im Nordosten dieser Provinz; denn
sie wird manchmal zu der Landschaft Perrhaibia
(Strab. IX 439. VII 329 frg. 14. 16. Schol. Apoll.
Rhod. I 57. Steph. Byz. s. v.), manchmal zur
Magnetis gerechnet (Strab. VII 329 frg. 14. 16.
Plin. n. h. IV 16. Eustath. IL 933, 26). Sie lag
nach Strabon VII 329 frg. 14 auf dem rechten
Ufer des Peneios. Doch ist diese Nachricht nicht
zuverlässig, and die Lage von G. ist wegen der
verworrenen Angaben Strabons ungewiß. Leake
Travels in Northern Greece III 382 setzt es
an auf der Magula bei Bei Tatar, einem Ort
zwei Standen nördlich von Larisa, auf dem linken
Ufer des Peneios, Georgiades QtaoaXia^ 1894,
154 nördlich von Bakrina auf das rechte Ufer
des Peneios. Am wenigsten Wahrscheinlichkeit
hat Bursian Geogr. von Griechenl. I 61, 65 für
sich, der es bei Makrichori vermutet. Nach Liv.
XLII 54 lag G. zwischen Phalanna und Elatea.
Am Wege von Larissa nach G. lag das Grab des
Hippokrates, Medici Graeci ed. Kühn vol. XXLII.
Sorani vita Hippocratis p. 853. Von unklarem
Zusammenhang ist die Angabe bei Ptolem. III
13,43, daß G. in Stymphalia lag, und das Bei-
wort dfooteyes, das G. in Orph. Argonaut. 146>
führt. VgL ferner Hesych. s. v. Polyb. XVin
22. G. war nach der Sage eine Gründung der
Phlegyer; nach Schol. Apoll. Rhod. I 57 ist e&
von Gyrtone, der Tochter des Phlegyas, nach
Steph. Byz. s. v. und Eustath. H. 333, 22 von
10 Gyrton, dem Bruder des Ixion und Phlegyas, ge-
gründet. Anders Orph. Argonaut. 145. Daher
wurden die Gyrtonier den Phlegyern gleichgesetzt,
Strab. VII 329 frg. 14. 16. IX 442. Steph. Byz.
s.v. SchoL IL XIII 301. Eustath. IL 333, 26.
337, 14. 933, 25. Heroen von G. beteiligten sich
am Argonautenzug, Apoll. Rhod. I 57 (der Lapithe
Koronos, Sohn des Kaineus), und am Troianischen
Krieg, IL II 738 (Polypoites, der Enkel des Ldon).
Auf Münzen von G. erkennt O. Rossbach den
20 Lapithen Kaineus, einen alten Kriegs- und Todes-
gott, und sein weibliches Gegenstück Kainis, Neue
Jahrb. VII 1901, 410-411. G. erweist sich mehr-
fach als thessalische, nicht perrhäbische Stadt.
Kipp Thessal. Studien, Halle 1910, 107. 116. 11£.
Nach Thucyd. II 22 sendete sie 431 v. Chr. Hilfs-
truppen nach Athen. Die Zugehörigkeit zu Thes-
salien ist inschriftlich bezeugt SGDI II 1720, 8.
2580, 123. 2599, 1. IG IX 2, 534, 12 {0 £ ooaXol
sx Fvgxtövog). Auch stammen aus G. mehrere
30 thessalische Strategen (K r o o g De foederis Thes-
salorum praetoribus, Diss. Halle 1908, 59. 60).
G. wurde 191 v. Chr. von Antiochos (Liv. XXXVI
10) und 171 v. Chr. von Perseng (Liv. XLII 54)
bedroht, aber nicht eingenommen. Ethnikon
rvQtwviog. Inschriften von Tatar Magula IG IX
% 1034—1039 ohne Nennung des Stadtnamens.
Münzen geprägt von 400—190 v. Chr. , Catal.
of Greek Coins Brit. Mus., Thessaly to Aetolia
by P. Gardner p. 20 pl. III 5. 6. pl. XXXI 3.
40HeadHN251. Bull. hell. V 290. Schlosser
Münzen des allerh. Kaiserhauses, Wien 1893,
S. 9. [Stählin.]
2) FvQzayv, eponymer Gründungsheros der
perrhaibi sehen Stadt in Thessalien, Bruder des
Phlegyas, Steph. Byz. s. v., während die Orph.
Argon au tik I 143 diese Gründung vielmehr dem
Phaleros, Sohn Alkons, zuschreibt. [Tümpel.]
Gyrtone (rvQTtövfj), eponyme Heroine der
perrhaibischen Stadt in Thessalien, deren horoe-
SOrischen Namen sie trägt, SchoL Apoll. Rhod. I
57. [Tümpel.]
Gythelon (Fufotav Herodian. II 459, 6. I 371,
3 Lentz = Steph. Byz. Diod. XI 84, 6. Lykophr.
98. Polyain. II 9. Polyb. V 19, 6. Skyl. 46.
Strab. VIII 363. 343. Xen. hell. I 4, 11. VI 5, 32,
das Ethnikon fvdiäxtjg Steph. Byz. Inschr. Münz-
legende; Qytkeum Cic. off. III 49. Liv. nach
Weissenborn zu XXXIV 29, 2 überall. Plin. IV 16;
rvdiov Lok. dial. mer. 14, 2. 4. Paus. I 27, 5.
60 III 21, 4—9. 22, 1. 3. 24, 6. VIII 50, 8. Plut.
Kleom. 29; Philop. 14. Polvain. II 9. Ptolem.
IC 14, 32; Gythium Plin. VI 214), Hafenstadt
Lakoniens, kam erst zu Bedeutung, ab das an
offener Sandküste der Eurotasebene gelegene Heloa
seine Rolle als Seestadt infolge des Anwachsens
des Schwemmlandes und des Größerwerdens der
Schiffe verloren hatte. Da mußte der Seeverkehr
des Eurotasgebietes eine geschützte Landestelle
an der Gebirgsküate seitwärts der sumpfigen
Mfindungsebene aufsuchen, und zwar kam, nach
■der Lage der Hauptstadt, dafür nur die West-
seite des Lakonischen Golfes in Betracht. So ist
an der nordwestlichen Ecke des Golfes an der
«rsten geeigneten Küstenstelle Gr. entstanden.
Denn hier ist die Landverbindung (jetzt Fahr-
straße) nach Sparta durch das Hügelland der
Bardunochoria leicht; auch nach Südwesten ge-
weist. Die ebenfalls im Süden der Stadt ange-
gebene Stätte des Zeus Kappotas, auf der Orestes
von seiner Raserei ausgeruht haben sollte, hat
man nicht gefunden.
G., eine Periökenstadt, trat in der Geschichte
erst hervor, als die Spartaner eine Flotte zu
bauen begannen; seitdem war es ihr stark be-
festigter Kriegshafen, zugleich aber auch der
einzige nennenswerte Handelshafen Lakoniens
küste bei Oitylos und nach Messenien, in welch
letzterer Richtung ein antiker Fahrweg verlief
(Philippson Peloponnes 200. 249). Von der
Mündungsebene des Eurotas wird G. durch eine
Anzahl von Hügelvorsprüngen und kleinen Ebenen
getrennt. Am ersten dieser Vorsprünge nördlich
der Stadt entspringt eine starke Quelle, die im
Altertum durch einen Aquädukt zur Stadt geleitet
wnrrlp ^ ™j ^;7t 7 ■ V 8"* c "" u ^ "out rnuopoimens .üemunung von Nabis
wurde. So sind die Landwege ms Innere Lako- 20 wiedererobert (Liv. XXXV 25-27 Plut PmTon
mens und auch Messeniena ffünsti^: filrdiV Plr.bHR. ih P«« n wirr K n- «7t o .., • ,„ • rnuop.
mens und auch Messeniens günstig; für die Schiffe
aber bietet ein im Süden der Stadt vorspringen-
der, 186 m hoher Kalkhügel, Larysion der Alten,
und ein vorgelagertes kleines Felseiland, Kranae",
jetzt Marathonisi (Fenchelinsel), leidlichen Schutz
vor den Südwinden. Der Hügel Larysion war dem
Dionysos geweiht, zu dessen Ehren auf der Höhe
im Frühjahr eine geheimnisvolle Feier veranstaltet
wurde; oben sind Trümmer eines Kastells vor-
wüstet (Thuk. I 108, 5. Diod. XI 84, 6. Paus"
I 27, 5. Busolt III 326, 1). 369 vermochte
Epamemondas die Stadt nicht zu erobern (Xen
M 1 ; T? 5 ' m - PolYaen - H 9. historisch wertlos!
s. Melber Jahrb. f. class. Phil. Suppl. XIV 557f.)
195 wurde sie nach kräftigem Widerstände von T.
Quinctius Flamininus eingenommen (Liv XXXIV
29. Ehrendekret der Bürgerschaft SGDI 4565),
192 trotz Philopoimens Bemühung von Nabis
WlAflAT(ii*ATiäi-f /T.i'tt TVV17 nt nn i-n__. t.j -,
14. Paus. VIII 50, 7ff.). Später gehörte sie zu
den Eleutherolakonen (Paus. III 21, 7) und war
in römischer Zeit eine blühende Stadt. Den M
Agrippa hat sie als Euergetes geehrt (SGDI 4569)]
den Herodes Attikos als Soter und Ktistes (IG
III 668). Unter den Ausfuhrprodukten war auch der
in der Nähe gewonnene architektonische Schmuck-
stem von Krokeai. Purpurfischerei und Färberei
wurden in G. betrieben. Man verehrte in der
"hinrt™ fw TU. y -";""""»»"*- wurueu in tr. Detneben. Man verehrte in der
banden. Der Abhang gegen das Meer hieß 30 Stadt auch einen Meergott unterdem Namen
Migomon; hier stand ein Tempel der Anhrodite W,,,,, (P*.™ ttt 01 n % „ ' Jt. 1. _5^ **>™ n
Migonion; hier stand ein Tempel der Aphrodite
Migonitis, dessen Stiftung dem Paris zugeschrieben
wurde, der auf dem Eiland Kranaä seine Ver-
bindung mit der geraubten Helena vollzogen haben
soll. An diesem selben Abhang zieht sich das
moderne Hafenstädtchen hinab bis zu der un-
mittelbar von dem Eilande geschützten Bhede;
-es ist erst am Anfang des 19. Jhdts. entstanden
und hat der Insel den Namen Marathonisi er-
ytecov (Paus. III 21, 9. Gaedechens Der Meer-
gott Glaukos 1901). Im Mittelalter sank ihre
Bedeutung gegenüber Monemvasia ; endlich scheint
sie verschwunden zu sein. Über die Neugrün-
dung s. o.
Karten: die beste Le Bas Voyage archeol
Jtirj.pl. 26, am zugänglichsten Curtius Pelop!
II Taf. XII. Admiralty Charts 3342. Beschrei-
bung der Ruinen: zusammenfassend Frazer
halt™ ,w ,u U ■ a j — r j , . UJ1 S uwr ÄUinen: zusammenlassend Frazer
Ä G%:tdfLTt,tfJZ 3 ^«ESL™ W«-" 8 » 1 * ^«-en Literat«, a m
Namen G. verdrängt wird. Der malerische, aber
enge und schmutzige, von Mücken und Fieber
heimgesuchte Ort hat ziemlich regen Verkehr als
einziger Hafen für die Eurotasebene (Ausfuhr von
Knoppern, Seide u. a.) und zählt (1896) 4061 Ein-
wohner. Ein Damm führt zur Insel hinüber, auf
<ler eine Kapelle, ein Leuchtturm und einige
andere Gebäude sich befinden.
Die antike Stadt aber lag nördlich vom La-
besten Skias IlQaxTtxd 1891, 27ff. Negris
Att. Mitt. 1904, 342, Geschichte: Weber De
Gytheousw., Diss. Heidelb. 1833, 20ff. Philipp-
son Pelop. 216. 249. Niese Nachr. Gott. Ges. d.
Wiss. 1906, 115. Kulte: Wide Lakon. Kulte
398f. Zeus Kappotas: Wide 20f. üsener Eh
Mus. LX 12. Solmsen Rh. Mas. LXII 337
Inschriften: CIG I 1392. IG III 668. SGDI
rysion in einer kleinen Ktt^n^; \om~Uf«, 50 Le^LeV^^Ä^l? 2, w ^"V
wo der künstliche Hafen (Strab. VIII 363) g! veTus b?s Geta*, Legende mEA^Yfit
zu suchen ist. bs 711 <\m Rft nft.*n l^^Jv,™ t „i, tr„,^ L', %^ llu r fJ^UAius* , W lue
zu suchen ist, bis zu den sanften Jungtertiär-
hügeln reichend, welche sie landwärts umrahmen.
Die Reste der Stadt, meist der römischen Zeit
entstammend, sind im wesentlichen: einige Trüm-
mer der Akropolis auf dem Hügel nördlich des
Baches von Selenitza, ein Theater am Fuß des-
selben, Ruinen, die als Agora gedeutet werden,
Grabkammern, zwei Sarkophage an der Küste,
Lak. Kulte 398f. Head HN 133. Head-Svo-
ronos 'lax. t. Noju. I 542; Cat. Brit. Mus. Pelop.
n m.» [Philippson-Bölte.]
(xythius las man früher als Namen eines
Flusses in Lakonien bei Pomp. Mela II 3, 51,
wo jetzt das hsl. Cynthius wiederhergestellt ist'
_ [Bölte.]
iirTtynoi (?). Auf einer Inschrift von Mualitsch
uerestaat ist an einem Felsen eine große recht- n?..™ 1
»ÄBÄÄ £ ^SS *"- 8 »'"•»-- * «• ^ ti-
li.
Hanropfer. Der Grieche sieht im Haar den
Sitz seiner Kraft. Direkte Reste dieser Anschauung
sind Hom. E. I 528ff. und Artem. oneiroer. I 18 ;
vgl. Pringsheim Archäol. Beitr. 8, Münch. 1905.
Hermann Gottesdienstl. Altertümer d. Griechen
Heidelb. 1846, § 35, 18. Über xögvßßog , xqg>-
ßvlog, thtiyEs s. Bremer Die Haartracht des
Mannes, Gießen 1911. Jedoch möchte ich mich
dem Gedanken Hausers Tettix, Österr. Jahresh.
1906 anschließen, daß das auf den Helmen usw.
angedeutete Haar symbolisch die Kraft des Trägers
darstellen soll, wenngleich ich die Bedeutung, die
er diesem Schmucke beilegt, sehr übertrieben
finde. Thetis beschwört Zeus, indem sie seinen
Bart und seine Kniee berührt, beides Sitze der
Kraft, vgl. Hom. H. I 500. VIII 370. X 454.
XXII 338.
Später ist jiqos yzvetov einfache Bittformel,
vgl. Soph. El. 1208. Eur. Med. 65. 709. Eury-
sakes in Soph, Aias 1171ff. hält sein Haar und
das seiner lebenden Verwandten in der Hand, um
jeden bei seinem und seiner Verwandten Leben zu
beschwören, die Leiche seines Vaters zu schonen.
Das Haar vertritt hier nicht die frischen Zweige,
die deT ixfatjs in die Hand zu nehmen pflegt,
wie Schneidewin-Nauck zu dieser Stelle meint.
Das gefangene Weib wird an den Haaren weg-
geschleppt, Hom. H. VI 464 ; ausführlicher Aisch.
Sept. 327f., besonders kraß in Aisch. Hiket. 429ff.
882ff. Über die hierauf bezüglichen Vasenbilder
s. Engelmann in Bosch ers Myth. Lei. Art.
Kassandra. Der Sieger bemächtigt sich des Be-
siegten vollständig, wenn er seine Haare in seine
Gewalt nimmt. Von dem Verluste eines bestimm-
ten Haares hängt der Verlust des Lebens ab. Für
Nisos vgl. Aischyl. Choeph. 613ff. ; Kroll Die
Locke des Nisos, in Skutsch Gallus u. Vergil II,
Leipzig 1906, zeigt, daß es sich u. a. um ein
allgemeines Märchenmotiv handelt. Verwandt
hiermit ist die Erzählung über Komaitho . vgl,
Tzetz. Lyk. 932. In Schol. Hom. Od. XI 321
rät Ariadne, Theseus solle dem Minotauros Haare
abschneiden und dem Poseidon opfern; hier ver-
fällt das Ungeheuer genau wie beim Opfer dem
Gott, der nicht seinen Beistand verweigern wird,
es ganz in seine Gewalt zu bringen. Skylla und
Komaitho sind keine Unterweltsgottheiten, wie
Wieseler Haaropfer, Piniol. LX 71 1, noch weniger
Himmelserscheinungen, wie A. Schultz Eurypy-
los, Melanippos und Komaitho, Jahrb. f. Pbilol.
XXVLT (1881) 307 annimmt. Ähnlichkeit mit
der Simsonsage ist vorhanden; aber es fehlt das
Reiigionsverbot , die Haare zu schneiden, vgl.
Schwally Sem. Kriegsaltertümer, Leipz. 1901,
I 69. Das verhängnisvolle Haar wird so mittel-
bar zum Palladium der Stadt; über Palladien s.
v. D ob schütz Christusbilder, Teite u. Untersuch.
XV III c. 1. Die Locke des Medusenhauptes ist
Palladium der Stadt Tegea, vgl. Paus. VIII 47, 5,
weiter ausgeführt durch Apoll. II 7, 3; irrig ist
die Ansicht Roschers Die Gorgonen und Ver-
wandtes, Leipzig 1879, 81, daß es sich um Blitz-
zauber handele. Das Haar hat die Macht des
Medusenhauptes selbst; die Feinde werden von
lähmendem Entsetzen ergriffen , wenn man es
10 ihnen zeigt.
Der Tod des Menschen tritt ein, wenn ihm
Thanatos Kopfhaare wegschneidet, vgl. Eur. Alk.
73. Aen. IV 695; weiter abgeschwächt ist der
ursprüngliche Sinn, wenn der Tod das Haar des
Menschen nur zu berühren braucht, um ihn sterben
zu lassen, Stat. silv. II 1, 146. Thanatos schneidet.
die Haare mit dem Schwerte weg ; der ursprüng-
liche Gedanke ist wahrscheinlich, daß er ihn mit
dem Schwerte tötet, vgl. Pinza La conversazione-
20 d. teste umane usw. , Memorie della Societä Geo-
grafica Italiana vol. VII 305-492.
Die ängstliche Sorgfalt, die Haare nicht in
die Gewalt anderer Menschen bezw. Gottheiten
kommen zu lassen, zeigt die Vorschrift für den
Flamen Dialis, vgl. Gell. X 15, 15, für seine Frau
Ovid. fast. HI 397. IV 229.
Zu bestimmten Zeiten, Geburt, Geschlechts-
reife, Hochzeit, ist der Einfluß der Dämonen leich-
ter möglich und deshalb besondere Vorsicht nötig.
30 Das erste Haar ist besonders für die Verzauberung
geeignet, deshalb wird es den Göttern geopfert.
In Athen ist hierfür das {zdov benannte Opfer-
fest bestimmt, vgl. O. Müller Jahrb. für klass.
Phil. 1899 Suppl. XXV 865, der dies Opfer für
Knaben und Mädchen annimmt. Lipsius Die
Phratrie der Demotionidai, Leipz. Stud. XVI 165
sucht zu beweisen, daß das tisTov für die Mäd-
chen, das xoi'Qeiov für die Knaben stattgefunden
habe bei der Einführung in die Phratrie. Ich
40 möchte mich den Ausführungen Müllers an-
schließen. DeT Hergang des Opfers ist bekannt,
z. B. aus Etym. M. 553, 41 s. xovgsüug. Ferner
das Mellephebenopfer, vgl. Hesych. II p. 730.
Bei der Geschlechtsreife fand für die Knaben und
Mädchen ein neues Opfer statt. Für die Knaben
sehen wir dies besonders aus den Inschriften im
Tempel des Zeus Panamaros. veröffentlicht durch
Dechamps und Cousin Bull. hell. XII (1888)
479ff. Ähnliche Gebräuche bei der Geschlechts-
50 reife der Jünglinge finden sich in Delphi, vgl.
Plut. Thes. 5 ; für Troizen Lukian ntgi Tijg 2v-
qLtiz fcov 60. Die letztere Stelle wird erst
verständlich, wenn man für rfjot dk siaQ-fävoioi
das in den Hss. stehende wiot de veotat wieder-
einsetzt. Man findet auch hier wieder das zwei-
malige H. der Knaben, in den ersten Lebens-
jähren, und bei der Reife, wobei auch der erste
Bartschnitt geopfert wird. Petron. sat. 29, 8.
Suet. Nero 12. Hierhin gehören auch die viel-
fach überlieferten H. an Flußgötter, z. B. Paus.
TOI 41, 3. Nonn. Dionys. in 343. Für die
Mädchen fand das Heiratsopfer statt. Berühmt
als Opferstellen waren Megara, das Grab der
Iphinoe, Paus. I 43, 4, Die Gräber der Hyper-
boreerinnen zu Delos, vgl. Herodot. IV 34; an
naaroprer
2108
Ähnlich verhält es sich mit der Entstthnnng
des Orest, die z. B. nach Procop. bell. Pnn. I
17, 13 in Komana stattgefunden hat; hier liegt
der Gedanke vor, daß die Furien keine Gewalt
mehr über ihn haben würden, wenn er sein Haar
im Tempel der ihm gut gesinnten Artemis opfere.
Die hierauf bezüglichen Vasenbilden sind be-
sprochen von Ö. Müller Dorier I 335, 4,
Das Haaropfer als Substitutionsopfer.
., £■,, ii . j . ° \ -' "-*> «■« -ua.ö iiaaiupici tUS OUUSlltUTilOnSO'Dier
ihre Stelle traten später Arterais und Apollon. 10 Nach Hom. Od. III 445 und XIV 422 werden
dem Opfertiere die Haare, die mitten auf der
Stirae , vgl. Aen. VI 245, zwischen den Hörnern
wachsen, abgeschnitten und verbrannt. Hierdurch
wird das Opfertier stellvertretenderweise geopfert;
vgl. Stengel Opfergebräuche deT Griechen, Leip-
zig 1910, 46. Unrichtig sind die Ansichten von
0. Jahn Archäol. Beitr., Berlin 1874, 381
und Schwenk Rhein. Mus. IV (1839) 555, die
es als einleitende Weihe auffassen. Ohne weiteres
Es ist schwer zu entscheiden, ob das H. der Jüng-
linge an die Hyperboreerinnen ursprünglich ist,
oder erst seit Einführung des Apollonkultes statt-
gefunden hat. In Troizen haben die Bräute dem
Hippolytos ein H. dargebracht, vgl. Eurip. Hipp.
1425. Paus. II 32, 1. Lukian. a. a. 0. Hier
liegt die Möglichkeit vor, daß die Ehe ursprüng-
lich mit dem Gotte vollzogen wurde und später
«ine Ablösung durch das H. erfolgte. Daß es « _ __ uo „ CiüC atuuuaaai . vnne wmerea
sich hier um die Ablösung emes Menschenopfers 20 zu verwerfen ist die Behauptung Wilkens
handelte (Bummler Kl. Schrift. II 195) ist gar Über das H., Rev. col. intern. IV 1887 374*
nicht anzunehmen. Direkt falsch erscheint mir --■«■■- — - '
die Ansicht von Frazer The Fortnigthly Review
1904, 988: ,das H. wäre dazu bestimmt gewesen,
die Götter zu stärken, damit sie weitere Frucht-
barkeit dem Lande verleihen könnten ; ohne Opfer
wären sie verhungert'.
Natürlich liegt beim Heiratsopfer auch der
Gedanke vor, daß die Gottheit reichen Kinder-
,man habe die Haare weggeschnitten, um der
Seele den leichteren Austritt aus dem Körper zu
sichern*.
Das Menschenopfer ist ebenso vollzogen worden ;
vgl. Jahn a. a. 0., der Bildwerke bespricht, auf
denen Kalchas die Iphigenie zu opfern im Begriffe
ist. Deutlich ist dies im Medeiakult zu Korinth
erhalten, wo 7 Knaben und Mädchen die Haare
segen verleihen möge, aber nur insofern, als sie 30 geschoren wurden; ursprünglich wurden sie dar-
«me mögliche Bezauberung fernhält. Die erhal- auf geopfert; vgl. Paus. II 3, 7.
tenen Epigramme zeigen den ursprünglichen Zweck
dieser Opfer nicht mehr: das Gebet um viele
Kinder ist noch erhalten; meist sind es Dank-
opfer für keusch zugebrachte Jugend u. ä. Bot-
tich er Baumkultus der Hellenen, Berlin 1859
nimmt irrigerweise die in den Epigrammen ver-
tretenen Ansichten für die ursprünglichen. Die
älteste Form des Heiratsopfers finden wir im Ein-
Beim Totenopfer scheren sich die Verwandten
und Sklaven die Haare und geben sie dem Toten
mit, z. B. Hom. IL XXIII 134ff. Soph. El. 51ff.
Aischyl. Choeph. 6 und 168ff., besonders ist Eur.
Alk. 98ff. zu nennen, wo sich die meisten Reste
dieses Brauches finden. Ursprünglich soll nach
Dümmler KL Schriften II 194 und 0. Schrader
Totenhochzeit, Jena 1904, 337 die Frau dem Manne
rww f? l f ???^ al i 6I iV-.i^ 1 ; Phn - 40 ^ den Tod folgen. Sklaven, Tiere u. a. werden noch
n. h. XVI 44. Festus in 57 (ed. Müller).
Die Wöchnerin ist dem Einflüsse der Dämonen
ebenfalls sehr zugänglich; vgl. Röscher Die Zahl
40 im Glauben, Brauch und Schriften der Semiten,
Abh. sächs. Ges. XXVII (1909) 93ff„ der ihre
Unreinheit auch für die Griechen nachweist. Nach
dieser Zeit opfert sie alles, was mit ihr in Be-
rührung gekommen ist, vor allem ihr Haar, das
sie vorher unter keinen Umständen schneiden
Hom. IL XXIII geopfert, wo neben den alten rohen
Sitten sich bereits der Übergang zu den späteren
milderen findet. Später bringen nur Verwandte
eigenhändig das H. dar, z. B. Aischyl. Choeph. 197
und Eurip. Or. 106. Dann wird es Sitte, daß
beim Tode eines Fürsten alle Untertanen gleich-
falls ihr Haar scheren und mitgeben • das älteste
Beispiel ist beim Tode des Patroklos; auch den
Pferden, die man doch nicht alle opfern konnte,
, 7- t-t — ---«-— w^^v^vu i.ciuon, u^c iHijji uuen jiiijuü an« opiern Konnte.
SrS«! 011 !? 6 Dämonen Gewalt^ üb e^ sie 50 werden die Mähnen geschoren. Die größten H.
j™/\„*„_i».„ j haben wohl beim Tode des Masistios, Herod.
erlangt hätten. Bekannt ist dies Opfer besonders
für Titane; vgl. Paus. II 11, 6. Die auf dieses
Opfer bezüglichen Epigramme der Anth. Pal. VI
200ff. zeigen, daß an Stelle des Reinigungs-
opfers das Dankopfer getreten ist, bestehend aus
den gleichen Opfergegenständen. Das Seil im
Heraklestempel zu Erythrai, vgl. Paus. VII 5, 5,
ist wahrscheinlich aus solchen H. der Frauen
entstanden; man hatte seine Bedeutung nach
iri„#-i, — j tt ii i- " MCUluu s ua "- u nutiiustii (jegenstana aur, Dei dessen Uarbnngung
imfuhrung des Heraklesdienstes vergessen und 60 einzig der gute Wille geschätzt sein wilP/was
IX 24, und des Hephaistion, Plut. Pelop. 34,
stattgefunden. Die Überlebenden wollen also mit
dem Toten vereint bleiben. Dieser Meinung ist
auch Robertson Smith Die Religion der Se-
miten, übers, von Stube 260, Freiburg 1899.
Rohde Psyche 16 faßt dies H. als .symbolische
Vertretung wertvollen Opfers durch einen an sich
nutzlosen Gegenstand auf, bei dessen Darbringung
erklärte es so, wie wir bei Pausanias lesen.
Die yälXoi schnitten, wenn sie aus dem Dienste
der Kybele schieden, ihr langes Haar, das sie bei
den Festen wild zu schütteln pflegten (Gruppe
Griech. Myth. 1539), ab und opferten es mit den
nbrigen Kultgegenständen (Anth. Pal. VI 51), um
altes abzulegen, was mit der Göttin in Berührunsc
gafewnmen war. .
meines Erachtens mit dem Zwecke des H,s nicht
in den geringsten Zusammenhang gebracht werden
kann. Wilkens Ansicht a. O. 359, H. habe auch
bei den Römern in den ältesten Zeiten stattge-
funden, ist schon widerlegt durch Donat zu Terenz
Phormio 91f. f ebenso unrichtig ist seine Be-
hauptung 380: ,man brachte es (das Haar) den
Göttern oder Manen dar, zum Zwecke der Er-
%\m Haartracüt und marac&mucis
haltung des ihnen verfallenen Lebens.' Wie Seier
Rh. Mus. N. F. IX (1854) 277 faßt es als Sühne-
opfer auf, ohne zu sagen, wofür es eine Sühne
sein soll. Samter Geburt, Hochzeit, Tod 128,
Leipzig 1911, meint, es fände statt, , damit der
Tote den Opfernden verschone' ; dies hätte aber
den entgegengesetzten Erfolg, der Tote würde im
Besitze des Haares den Lebenden in seiner Ge-
walt haben. Unrichtig für die Griechen ist die
Ansicht Frazers Burial customs 99, daß die 10
Hinterbliebenen sich dem Toten gegenüber un-
kenntlich hätten machen wollen. Das Zerraufen
des Haares z. B. Hom. IL XVIII 27. XII 77.
XXIV 710. Soph. Oed. Col. 1260 u. a. ist höchste
Steigerung des Schmerzes, ohne Gedanken an Blut-
opfer, was Smith Rel. d. Sem. 260 meint, d. h.
für die Griechen nicht. Vgl. W. Wundt Völker-
psychologie IV (1910) 102.
Das Haar wird häufig zum Gegenstand eines
Gelübdes gemacht, z. B. IL XXIII 14Öff. Es ist 20
das Zeichen der höchsten Dankbarkeit für Be-
seitigung einer Gefahr; denn der Opfernde gibt
sich dadurch ganz in die Gewalt des Gottes. Ver-
kehrt verstanden haben das Opfer Achills Eustath.
zu IL XXIII 146 und Frazer The golden bough
I 370, die es als H. bei der Geschlechtsreife auf-
fassen. Besonders schön ist die Schilderung der
Locke der Berenike in Catull LXVI, der Kalli-
machos nachahmt. Schiifbrüchige geloben ihr
Haar für den Fall der Errettung den Meergöttern, 30
vgl. Lukian liegt rdv ml pttoftov Gvvovxoiv 1. luv.
XII 81. Auf dem Schiffe darf das Haar nicht
geschnitten werden, weil es Sturm herbeiführt,
Petron. sat. 104, 5. Die Meergötter wollen sich
dessen bemächtigen, dessen Haare sie in der Ge-
walt haben. Beim Eidopfer Hom. IL III 271ff.
XIX 254f. nehmen die schwörenden Fürsten die
Haare des Opfertieres in die Hand. Die Haare
können nicht wie sonst verbrannt worden sein,
weil beim Opfer für Unterirdische kein Feuer 40
angezündet wird, vgl. Stengel Opfergebräuche
der Griechen I9r\; sie sind vielleicht mit dem
Opfertier verscharrt oder insMeer geworfen worden.
Zum Zauber sind Haare immer verwendet
worden. Liebeszauber s. Apul. metam. III 14,
zum Geburts zauber war das Auflösen des Haares
nötig, vgl. Ovid. Fast. III 257 und Serv. Aen.
IV 518, ferner Preller Rom. Myth.3 273f., Ber-
lin 1881, Röscher Myth. Lex. Art, Iuno Lucina,
ferner Rieß o. Bd. I S. Soff. Über die Zeit des 50
Abschneidens der Haare vgl. Rieß a. a. O. 40. Im
allgemeinen kann ich auf meine demnächst er-
scheinende Monographie: Das Haar in Religion
und Aberglauben der Griechen verweisen.
[Sommer.]
Haartracht und Haarschmuck.
A. Griechenland.
Literatur: K. O. Müller Handb. der Archäo-
lgieS 474ff. J. H. Krause Plotina oder d. Kostüme
des Haupthaares bei den Völkern der alten Welt, 60
Leipzig 1858. Hermann-Blümner Lehrbuch
der griech. Privataltertümer (1882) 204ff. Blüm-
ner Leben und Sitten der Griechen I 76ff. Pot-
tier bei Daremberg-Saglio Artikel coma.
Heibig Das homer. Epos2 236ff Baumeister
Denkmaler I 6l5ff. Sittl Die Patrmerzeit der
griech. Kunst 25ff. Iwan Müller Handb. des
iL Alt. Bd. IV 1, 2, 95ff. Guhl-Koner-Engel-
üaartraent und JiaarscnmucK a 1 1 u
mann Leben der Gr. u. R.ß 297ff. H. Hofmann
Untersuchungen über die Darstellung des Haares
in der areh.-griech. Kunst, Neue Jahrb. Suppl.
XXVI 1900. Amelung Gewandung der Griech.
und Römer, Leipzig 1903. Pernice bei Gercke-
Norden Einleitung in die Altertumswissenschaft
LT 44ff. Studniczka Beiträge zur Geschichte
der altgriech. Tracht 124ff. L ermann Altgriech.
Plastik 108ff. Heibig Sopra il trattamento della
capellatura e della barba all' epoca Omerica, Atti
dei Lincei Ser. III vol. V lff. Bremer Die Haar-
tracht des Mannes in archaisch-griechischer Zeit,
Diss. Gießen 1911.
I. Vorgriechische Zeit. Haarschmuck ist
schon aus der Kykladenkultur des dritten Jahr-
tausends bekannt, über die Tracht des Haares
aber geben die vielen primitiven ,Idole ( keine
Auskunft. Unter den Diademen ragen die goldenen
Kettengehänge aus Troia II hervor (Schuchhardt
Schliemanns Ausgrabungen 2 Abb. 37. 38). Von
einem auf die um den Kopf zu legende Binde
aufgenähten Goldblechbande hängen über der
Stirn kürzere und an beiden Seiten längere Kett-
chen mit Blechanhängern herab, die Schnüren
mit Schnurquasten nachgebildet sind (Praehistor.
Ztschr. II [1910] 156). Daneben kommen auch
einfache mit einer Binde geknüpfte Goldbänder
vor (Schuchhardt a. a. O. Abb. 39). Ewas
breiter und mit nach oben abstehenden drei-
eckigen ausgeschnittenen Zacken geschmückt ist
das Silberdiadem von Amorgos ('E<pr)fi, agx-
1898 Taf. 8, 1 [S. 186]). Die vielen aus dieser
Epoche erhaltenen Schmucknadeln als Haarpfeile
zu deuten, fehlt jeder Anhalt. Ebenso bei den
.Haarnadeln' aus dem kretiseh-mykenischen Kul-
turgebiet. Ein derartiger Haarschmuck ist in
späterer Zeit Griechenland vollkommen fremd,
und die Erklärung dieser Nadeln als Gewand-
hefteln die einfachste und gegebene.
Auch aus den Zeiten der Minoischen Kultur
sind zahlreiche Diademe erhalten, die ebenso wie
die älteren ursprünglich regelmäßig auf Binden
aufgenäht oder im Nacken mit einem Bande zu-
sammengeknüpft waren (E<pij}t. ägx> 1899, 123
Taf. 10, 1. Murray u. a. Excavations in Cyprus
Taf. VI lff. Pollak Klass. ant. Goldarbeiten
im Besitze von Nelidow Taf. IVf. nr. 6 — 9. Journ.
hell. Stud. HE 1892, 210 u. a.). Der Gold-
schmuck aus den mykenischen Schachtgräbern
(Schuchhardt a. a. O. 211ff.) gehört nur zum
geringen Teil zur Tracht, er stellt den Beschlag
der ursprünglich vorhandenen Holzsärge dar (S t a i s
'Eyrjfi. aQx. 1907, 31ff.). In dieser Zeit ist für
beide Geschlechter die Tracht des langen Haares
durch die zahllosen Darstellungen gesichert. So
tragen auch die Keftiu der ägyptischen Wand-
gemälde stets volles langes Haar, das bisweilen
mit einem Bande geschmückt ist. Auf dem
Vorderkopf lösen sich meist eine oder mehrere
Locken von der Masse des Haares ab (s. Wil-
kinson Manners and customs of the ancient
Egyptiens 2 pl. 2 A.; vgl. Fimnien Zeit u. Dauer
der kret -mvk. Kultur 73. Zu viel sieht in diesen
Locken Haus er Österr. Jahresh. IX [1906] 125).
Die arbeitenden Schichten der Bevölkerung dagegen
tragen kurzes Haar, so die Arbeiter im Erntezug
auf dem Steatit-Gefäß von Hagia Triada (Mon.
ant. Xm [1903] Tav. I/LTI S. 85/86. Bulle.Der
*JJ.1J. XlitcU LidClH Will XlcUll BUllill UÜÄ.
schöne Mensch. Taf. 36. Ihren voranziehenden
Herrn [kaum Aufseher] schmückt langes Haar).
Aus primitiven Terrakotten oder geometrisierenden
Daxstellungen, die kein langes Haar zeigen (wie
auch die Kriegervase Furtwängier-Löschcke
Myken. Vasen Taf. XLII/III), darf man aber noch
nicht auf Haarschur schließen (Ed. Meyer Ge-
schichte des Altertums 12 2, 702 § 514. 705
§ 516). Ebenso wie die Männer tragen auch die
der Frauen muten die Hüte der Tonköpfe von
Palaiokastro (Annual IX [1902/3] 370f.) fast mo-
dern an. Einen hohen Turban trägt die Priesterin.
aus Knossos (Göttin?) a. a. 0. S. 75f. = Bulle
ä. a. 0. Taf. 35, 3. Eine hohe, dem späteren
TtoXog entsprechende Krone, die nach oben in.
Zacken endend gedacht ist, tragen fast regel-
mäßig die göttliche Wesen darstellenden unzäh-
ligen Idole (z. B. Seh lie mann Mykene Taf. 19
Frauen meist hing in den Nacken herabfallendes 10 u. a. ; Tiryns Taf. 25 ; vgl. auch die Göttinnen
Haar, das bisweilen mit einer Binde oder einem
Diadem geschmückt ist, vgl. z. B, die Tänze-
rin von Knossos Annual VIII (1901/2) 55; das
Mädchen ebendaher, a. a. O. VII (1900/1) 57
Fig. 17; die betende Frau in Berlin, Perrot-
Chipiez Hist. de Tart VI 754f. Abb. 349/50 (wo
Thiersch fälschlich Schlangen sieht) und zahl-
reiche Gemmen, z. B. Furtwängler Antike
Gemmen Taf. II 19. 25. 26. 29. 45. Taf. VI 2.
Furtwängler Gemmen II 26 = Perrot-Chi-
piez VI Taf. 16, 5).
II. Die griechische Männerhaartracht.
a) Nach den Denkmälern. Die Geschichte der
griechischen Männer-H. , wie sie die erhaltenen
Denkmäler lehren, stellt den siegreichen Kampf
der Haarschur gegen die Tracht des langen Haares
dar. Die Tracht des freien Mannes ist ursprüng-
lich das lange Haar, Hörige und Unfreie tragen
3. 4 u. a. Um nichts anderes handelt es sich 20 das Haar kurz geschnitten; man vergleiche naraent-
auch bei den Frauen auf dem bekannten mykeni-
schen Goldring (a. a. O. Taf. IT 20. Schuchhardt
a. a. O. 321 Fig. 295), auf dem Schliemann
Mykene 402 Turbane sah. Auch diese Frauen
zeigen die frei aufragenden Stirnlö'ckchen (es
handelt sich nicht um Blumen, wie Furtwäng-
ler a. a. O. annimmt, sondern um in auch sonst
vorkommender Weise stilisierte Haare, vgl. auch
die Gemme aus Mykene, Athen. Mitt. XXXIV
lieh die korinthischen Tontafeln, Antike Denk-
mäler I Taf. 8, 3 b. 6. 7. 12. 23. 24. 26 u. a.
Im Gebiet der ionischen Kultur tritt das kurze
Haar erst im 6. Jhdt. auf Caeretaner Hydrien und
jüngeren klazomenischen Malereien häufiger auf
und setzt sich erst im 5. Jhdt, in diesem Kreise
ganz durch. Die älteren spartanischen Denkmäler
{ Heroenreliefs Athen. Mitt. II [1877] Taf. XXff.
[der Jüngling Taf. XXVb trägt die Haarrolle
[1909] 90 Fig. 8). Nichts weiter als eine Form 30 und kein kurzes Haar] und ,kyreneische' Schalen
der Stilisierung des langen Haares ist auch die
»Zipfelmütze' der Frau auf der mykenischen Elfen-
beinplatte Schuchhardt a. a. O. 343 Abb. 309
(die von Schuchhardt als weitere Parallele her-
angezogene Sphingenranke hat natürlich erst
recht nichts damit zu tun; vgl. Weicker Der
Seelenvogel 16f.). Das Haar der Frauen ist bis-
weilen schon im Nacken in einen Knoten aufge-
nommen, z. B. Goldring, Furtwängler a. a. 0.
[einzige Ausnahme Sisyphos, Studniczka Ky-
rene 25 Fig, 19]) zeigen ebenso wie die Bilder
der korinthischen Keramik regelmäßig langes
Haar. Dieselben Verhältnisse herrschen ursprüng-
lich in Attika, Da man die geometrischen äl-
teren Zeichnungen ausschalten muß, beginnt hier
die Überlieferung mit den Pbaleronvasen. In
Attika kommt das kurze Haar erst bei den
schwarzfigurigen Meistern der zweiten Hälfte des
Taf. II 21 u. a. Die Göttin auf der Gemme 40 6. Jhdts. auf, tritt bald (auf den Vasenbildern
a. a. 0. Taf. II 28 (Brit, Mus. Cat. 83) hat ihr
Haar auf dem Wirbel in einen Schopf zusammen-
gefaßt, wie es im klassischen Griechenland für
Mädchen Brauch war, s. S. 2135. Eine andere
Frauenfrisur , die ganz zu dem raffinierten Ro-
kokokostüm der Kreterinnen paßt, kommt später
nicht wieder vor: die ganze Haarmasse ist zu
einem spitzen Kegel auf dem Kopfe aufgebaut
und mit breiten Bändern zusammengebunden
des epiktetischen Kreises) als gleichberechtigt
neben die alte Tracht und kommt noch in der
ersten Hälfte des 5. Jhdts. zur Alleinherrschaft.
Nicht einmal vor den Göttern macht in der
Folgezeit die demokratische Sitte Halt (s. Hauser
Österr. Jahresh. IX [1906] 104). In der Mitte
des 5. Jhdts. erhält Zeus die später für ihn ty-
pischen, nur bis zum Schulteransatz herabfallen-
den Locken (Furtwängler Meisterwerke 67).
(Terrakotten von Petsofa, Annual of the Br. seh. 50 Die argivische Schule gibt ihm kurze Zeit sogar
of Ath. IX [1902/3] Taf. VIII. XI 18. 19; die
Hauptfigur auch Bulle Der schöne Mensch Taf.
35. 1; ebenso auf cyprischer Amphora Furt-
wängler-Löschcke Myken. Vasen, Text 28; vgl.
Fragment a. a. 0. Taf. XL nr. 422). Eine von
dieser nicht sehr verschiedene Frisur der Männer
zeigen vielleicht zwei Reliefköpfchen aus Elfen-
bein (Schuchhardt a a. 0. 342 Abb. 308 und
Bull. hell. II [1878] PI. XVIII 2; s. dagegen
ganz geschorenes Haar (a. a. 0. 407ff.). In einem
Falle erscheint selbst Athen a so (Florentiner
Gemme, Furtwängler Ant Gemm. Taf. XXXIX
nr. 29. Meisterwerke 27, 3 zitiert Furtwäng-
ler außerdem die Anesidora-Schale , jetzt Mur-
ray White vases in the Brit. Mus. PI. XIX, wo
der Kopf der Athena ergänzt ist. Im Parthenon-
fries trägt sie eher die Haarrolle).
Der gewöhnliche Schmuck des Männerhaares
Reichel Homer. Waffen 2 102ff., dessen Deutung 60 ist eine Binde oder ein Diadem (s. u. Abschn. V).
durch die gleichartig stilisierten Barthaare, die ^— -*--- *— ^— ^ ^ j ^ ^. r^-
keinesfalls als Backenlaschen zu erklären sind,
zweifelhaft ist. Die von Furtwängler a. a. 0.
herangezogene Bronze aus Tiryns, Schlie-
mann Mykene Fig. 12, trägt jedenfalls eine
Mütse oder Helmkappe wie die Göttin Annual
B. S. A. IX [1902/8] 59 und der Krieger a. a. 0.
TOI [1901/2] 77). Unter den Kopfbedeckungen
Daneben treten die verschiedenartigsten Frisuren
auf. Eine der ältesten ist die Nackenumschnü-
rung, bei der der Schopf oben im Nacken mit
einer Binde (vgL milesische Kanne im Louvre
A 316 = Pottier Vases I Taf. 12) oder einem
Metallring bezw. einer Spirale zusammenge-
schlossen wird. Sie trägt Dias XVll 52 Euphor-
bos, dessen Locken xQ va V J£ xa * a@yvq<p iaqrf-
2113 Haartracht und Haarschmuck
Haartracht und Haarschmuck 2114
H(ovto (Heibig Das hom. Epos 2 242. Scholien lff.). In derselben Zeit sind auch die ionischen
Dindorf II 127. IV 145). Vielleicht gehört Frisuren der Nackenum schnürung und des auf-
auch Hom. E. II 872 hierher. Die Heimat der gebundenen Schopfes zuerst mit Sicherheit in
Nackenumschnürung ist der ionische Osten, wie Attika nachzuweisen. In der zweiten Hälfte des
ihr Vorkommen auf indischen, milesischen u. a. 6. Jhdts. ist der aufgebundene Haarschopf in
Tongefäßen (s. Bremer 17ff.) beweist. Mit der Attika für Männer wie für Frauen die bräuch-
ionischen Kultur dringt sie dann nach Sikyon, lichste H., nur die streng nationalen ,Kleinmeister'
Sparta und Korinth, wie die Vasen zeigen (z. B. verschmähen die Frisur. In diese Zeit gehören
Arcb. Ztg. 1883 Taf. 10. 1881 Taf. 11—13; argi- auch die bekanntesten Beispiele, die ,wagenbe-
visch-korinthisches Bronzeblech aus Athen, Journ. 10 steigende Frau' (Brunn-Bruckmann Denkmäler
hell. Stud. XIII [1892/3] 259 Fig. 26). In Taf. 21. Athen. Mitt. XXX [1905] Taf. XI) und der
Attika "kommt, ilift Tracht zuerst Tipi flpTi rtain TTprmp.a (a. a A Taf YTT\ \ T f\n A&v AW^aI;« Tk^
1890 Tai'. 11. 12. Menschen tragen sie erst auf rotfiguiigcn Vasenmalerei. Während sie aber von
den Gefäßen altatti sehen Stils, auf denen na- Frauen aus allen Kreisen der Bevölkerung ge-
mentlich die Frauen in der fremden Tracht er- tragen wird, beschränkt sie sich unter den Män-
seheinen (z. B. Francoisvase, Furtwängler- nern auf die vornehmen Bevölkerungsschichten.
Reichhold Gr. Vasenmalerei Taf. 1—3, 11— lä: In den 60er Jahren verschwindet sie auch in
elf Frauen, einige Männer). Von den Meistern 20 Attika. Eins der jüngsten Beispiele ist der
des attischen schwarzfigurigen Stils zeichnet be- Apoll des Paionios, Arcb. Jahrb. XXI (1906)
sonders Amasis gerne die ionische Tracht. Mit lb5. Zum Aufbinden des Haarschopfes dient
dem Beginn des letzten Viertels des 6. Jhdts. meist eine einfache Binde, bisweilen ein Me-
ist die Nackenumschnürung wieder verschwunden tallreif , in Attika seit dem Ende des 6. Jhdts.
und tritt nur noch bisweilen in der Kunst wieder mit Vorliebe ein Blattdiadem. Danebenher geht
auf. Zur Umschiiürung dient entweder die Binde die Sitte, das Haar in eine Metallspirale zu
selbst (z. B. korinthische Tontafel, Antike Denk- zwängen und mit dieser an der Kopfbinde oder
mäler I Taf. 8 nr. 16 b), breite Metallringe, wie auch direkt im Haar festzuhalten. Aber schon
bei den ,kvren eischen' Schalen oder Drahtspiralen. um die Wende des 6. und 5. Jhdts. kommt diese
Letztere sind jedenfalls die euhss IL XVIII 401 30 Form aus der Mode, ihr letztes Vorkommen zeigt
(vgl. Hclbig Commentationes in honorem Moirmt- der Marmorkopf von rler Akropolis, Athen. Mitt.
seni 1877. 619ff.j Homer. Epos» 242ff. Anders VI (1881) Taf. 7, 1 = Arch. Jahrb. XI (1896)
Hadaezek Österr. Jahresh. VI [1903] 121). 291 Fig. 30. Es kommt auch vor, daß nicht
Eine bienenleibähnliche Umschnürung des der ganze Schopf hochgebunden wird, sondern
ganzen Schopfes kommt nur selten vor (vgl. nur ein Teil der Haarmasse, wie es der Apoll
Bremer 22), und zwar nur bei Frauen (korinth. von Piombino (Brunn-Bruckmann Taf. 78)
Becher. Studniczka Tracht 34; Chalkid. Vase, zeigt (s. Bremer 291; Beispiele aus der Vasen-
J.mrn. hell. Stud. 1884 Taf. 4L Graef Akro- maierei: Gerhard Auserl. Vasenb. III Taf. 172.
polisvaseii, Text S. 63 nr. 585). 187). Die wenigen Beispiele zeigen aber, daß
Die Sitte , das Haar im Nacken mit einer 40 die Frisur eine Ausnahme blieb." Eine andere
Binde am Kopf hochzubinden, so daß es im Bogen Form weiß man der Frisur in Klazomenai zu
über seine Binde wieder herabfällt, ist ebenfalls geben (s. Bremer 23), Am TVirbel werden die
durch ionische Vermittlung nach dem Festland ge- Haare fest zusammengezogen und dicht am Kopf
kommen (s. Arch. Jahrb. XI [1896] 268ff. Bremer umschnürt, daß sie "in ihrer ganzen Masse als
21 iL). Die Tracht stammt aus Assyrien, wo sie großer Busch vom Kopf abstehen, wie z. B.
bis ins vierte Jahrtausend hinauf zu verfolgen ist Murrav Terracotta Sarcophagi Taf. 1. 3. 6.
(vgl. Siegehibdrikke , z, B. Delitzsch Handel Köm. Mitt. 1888 Taf. 6. Wenn man im 5. Jhdt.
und Wandel in Altbabylonien 12 Abb. 10). In häufiger bei Silenen eine ähnliche, aber verküm-
Griechenland tritt sie zuerst im 8. Jhdt. auf (Ken- inerte Haaranordnung findet (so z. B. Furt-
taur auf sikyonischer Lekythos, Arch. Ztg. 1883 50 wängler-Eeichhold Taf. 48), so steht diese
'laf. in). Im 6. Jhdt. ist die Tracht dann im Frisur natürlich nicht in Zusammenhang mit der
ganzen ionischen Gebiet verbreitet. Daß der auf- klazomenischen, sondern ist eine durch den Mangel
gebundene Nackenschopf nach der Peloponnes der Haarfülle bedingte Nachahmung des aufge-
nicht kam, ist aus seinem Fehlen auf ,kyre- bundenen Nackenschopfes.
neischeir und korinthischen Vasenbildern zu Während der aufgebundene Nackenschopf aus
schließen. In Attika ist unsere Frisur mit Be- Assyrien nach Griechenland kam. scheint die
stimmtheit erst um 560 auf der Francoisvase Sitte, die einzelnen Haarsträhnen am unteren
(Furtwängler-Reichhold a. a. 0. Taf. 1—3, Ende zu umschnüren, aus Ägypten über Kreta
11 — 13) nachzuweisen, auf der sie siebenmal nach Griechenland gekommen" zu sein (Stud-
bei Frauen auftritt. Vielleicht aber erscheint sie60niczka Arch. Jahrb. XI [1896] 287f. Bremer
hier schon im 7. Jhdt. auf Phalerongefäßen 30f.'|. Die Verbreitung der Tracht scheint sehr
(s. Bremer 25; Arch. Jahrb. II [1887] 46 beschränkt gewesen zu~sein: außer der kretischen
Fig. 6 und 7. 55 Fig. 19 201. Das von Hero- Sitzfigur. Perrot-Chipiez Histoire de Tart VTII
dot V 82ff. erwähnte gescheiterte Unternehmen 434f. und den delphischen Argiverkolossen (Ho-
Athens gegen Ägina gehört jedenfalls in die molle Fouilles de Delphes IV Taf. 1/2) findet
erste Hälfte des 6. Jhdts. In diese Zeit also fallt sie sich nur bei dem Torso von Ohios, Lechat
nach Herodot die Annahme ionischer Gewandung Sculpture 173ff.
duTch die attischen Frauen (Studniczka Tracht Die Sitte, den ganzen Haarschopf an seinem
Fauly-WiSBOwa-Kroll VH 67
2115 Haartracht und Haarschmuck
unteren Ende in einen Knoten zusammenzuschnüren,
die jEndumschnürung' , ist in Attika heimisch
und hier schon im 8. Jhdt. nachzuweisen (Arch.
Jahrb. II [1887] Taf. 3, Spätdipylon-Kanne) ;
vgl. Bremer 31ff. Dann begegnet hier die
Tracht auf einer Amphora der Vurva-Gattung
(Athen. Mitt. 1893 Tai'. 2), und sie ist weit ver-
breitet auf den Gefäßen altattischen Stils (auf
der Francoisvase Furt w an gier- Reichhold
Taf. 1—3, 11—13 im ganzen 22mal, davon nur
dreimal hei Frauen). Am bekanntesten ist die
Frisur von zwei Epheben-Grabstelen aus der pe-
rikleischen Mauer (Brunn-Bruckmann Taf. 457
= Conze Alt. Grabreliefs I Taf. 5 und Athen.
Mitt. 1907 Taf. 21). Besonders bei den Klein-
meister-Schaleu, die am alten Stil und alten
Sitten treu festhalten, tritt diese attische Frisur
hervor (z. B. Anier. Journ. of Arch. 1905, 288ff.).
In den 30er Jahren des 6. Jhdts. verschwindet
aber die Tracht bereits. Sie wird durch den auf-
gebundenen Nackenschopf verdrängt. Von Attika
kommt die Tracht nach Ausweis der Münzen
noch nach Korinth (Babelon Traite des mon-
naies gr. et r. PI. XXXVI 18-23), nach Phokis
(a. a. 0. PL XLII 8ff.) und Arkadien (PL XXXYITI
8, 11). Für Korinth ist sie auch durch Keramik
bezeugt (z. B. Antike Denkmäler I Taf. 7, 25.
II Taf. 24, 8. Taf. 30, 18). Korinth wiederum
vermittelt die Frisur nach Knidos (Babelon
a. a. 0. PL XVIII 13—16), Ambrakia (a. a. 0.
PL XL 1) und Leukas (a. a. 0. PL XL 3-7).
Nach Ägina wird außer dem Spiegelgriff (E<pT)f,i.
ixqx- 1895 Taf. 7) auch die pompeianische Ar-
temis (Brunn- Bruckmann Taf. 356) gehören
(vgl. Bremer 36, 35). In einer Modifizierung
lebt die Frisur in Attika auch noch im 5. Jhdt.
als Frauen-H. fort: das untere Ende des Haares
wird nur einfach umschnürt , nicht knopfartig
zusammengebunden, wie man es an der Madrider
Kopie der Athena Parthenos sieht (Drunn-
Bruckmann Taf. 511). Selten tragen auch
Männer so ihr Haar (Silene auf Vasen; der
Jupiter Exsuperantissimus in Berlin, Kekule
S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 387ff.; Griech. Skulp-
tur 2 56). Auch die Haarkapsel der Frauen,
die das untere Ende des langen Haares verbirgt,
die gegen Ende des 6. Jhdts. auf attischen Vasen
auftritt und im Anfang des 5. Jhdts. weit ver-
breitet ist, ist jedenfalls aus der Endumschnü-
rung hervorgegangen, z. B. Gerhard Auserl.
Vasenb. III Taf. 174f. 176. IV Taf. 297. 301.
Der Brauch, die Haare auf der Kopfbinde
aufzurollen, die Haarrolle, ist in der Peloponnes
heimisch, Furtwängler 50. Berliner Winckel-
mannsprogramm 128fl\ Bremer 36ff. Drei ver-
schiedene Gruppen der Frisur sind nach Furt-
wängler zu unterscheiden: 1. Das hintere Haar
ist in einen Wulst aufgerollt, das Haar des Vorder-
kopfes ist in die Stirn gekämmt und endet liier
in Löekehen. Die Form begegnet ausschließlich
bei männlichen, meist jugendlichen Figuren.
Hanptbeispiel : der Apollon vom Westgiebel zu
Olympia; 2. die Rolle tritt am Vorder- und
Hinterkopf auf. Die Frisur wird von jugend-
lichen männlichen wie weiblichen Figuren ge-
tragen, man vergleiche den Apollontypus, dessen
Hauptexemplar die Mantuaner Statue ist (Furt-
Wftngler a. a. 0. 139, 61), und Münzen von
Haartracht und Haarschmuck 2116
Arkadien , Brit. Mus. Cat. Peloponnes. PI, 31 t
22. 3. Das Haar des Vorderkopfes ist nach
beiden Seiten zurückgestrichen und die ganze
Haarmasse am Hinterkopfe aufgerollt. Es ist
eine Frauen-H., die nur selten bei Männern
erscheint. So trägt sie z. B. der Dionysos aus
Herciilaneum (Brunn-Bruckmann Tai 382)
und zwei Zeusstataetten aus Olympia (Olympia
Bd. IV nr. 43, 45). Von Frauen vergleiche man
10 die Hesperide und die sitzende Athena aus den
Metopen von Olympia. Während die beiden ersten
Formen in der ersten Hälfte des 5. Jhdts. ver-
breitet sind, hält sich die dritte Form, die eigent-
liche Frauenfrisur, noch lange. Um 500 kommt
die Haar rolle aus der Peloponnes nach Attika,
aber hier weiß man die Strenge der Frisur, die
ja schon zur völligen Haarschur überleitet, durch
verschiedene Modifizierungen zu mildern. Zu-
nächst wird das Haar nicht in ganzer Masse auf-
20 gerollt, sondern vorher in einzelne Strähnen ge-
teilt, wie es der Knabe von der Akropolis {'Eyi^t.
<xqx- 1888 Taf. 3) oder einige Personen der
Iliupersis-Schale des Brygos (Furtwängler-
Reichhold Taf. 25) zeigen. Beim Achill der
weißgrundigen Schale aus der Fabrik des Eu-
phronios (Berlin 2282. Hartwig Meisterschalen
Taf. 51) sind diese einzelnen Strähnen vor dem
Einrollen noch mit je einem Ringe von einander
abgetrennt (vgl. Furtwängler im Katalog und
30 a. a. 0. 131, 25. Bremer 38. Früher glaubte
man fälschlich, hier einen Zopf erkennen zu
müssen). Dann aber werden diese einzelnen
Wülste der Rolle durch ein außen um den Kopf
herumgebundenes Band noch einmal wieder in
je zwei Teile geteilt, wie bei einem Jüngling auf
der Schale des Peithinos in Berlin (Hartwig
Meistersclialcn Taf. 24, 1. 25; Außenseite B,
zweites Paar). Diese Frisur muß man in allen
jenen Fällen erkennen, in denen man früher auf
40 Vasenbildern glaubte einen Doppelzopf dargestellt
xu sehen, wie Gerhard Auserl. Vas. III Taf. 184
oder auf der Scherbe, Arch. Jahrb. VI 1891 Taf.
ld = XI 1896, 259 Fig. 2. Durch die Tatsache,
daß der vermeintliche Zopf nie am Ohre vorbei-
beifuhrt, wie er es müßte, sondern mit dein
Ohre abschließt, ist diese Deutung gesichert.
Oi't wird diese horizontal geteilte Haarrolle auf
Vasenbildern nur durch einen wagrechten Strich
im Nackenhaar angedeutet, so Gerhard A. V.
50 III Taf. 151. Hartwig Meisterschalen Taf. 65
— ßQ u. a. Aus der Fülle der Beispiele erhellt,
daß die Haarrolle in Attika in der betreffenden
Zeit weit verbreitet war, namentlich in den bei-
den Abarten : da diese Teilung auch auf Münzen
von Leontinoi wiederkehrt (He ad HN 130,
79. Babelon a. a. 0. PL LXXIII nr. 10-12.
Arch. Jahrb. XI [1896], 259 Fig. 4), so wird
es sich um eine ionisch-attische Umänderung der
peloponnesischen Rolle handeln. Im griechischen
60 Osten freilich wird bei Männern die Frisur nicht
allzu verbreitet gewesen sein. In Attika hält
sie sich etwas länger als der aufgebundene Nacken-
schopf, muß dann aber auch der Haarschur weichen.
Im Parthenonfries noch trägt sie Zeus. Im Kult
spielt sie als Tracht des eleusinischen Hierophan-
ten noch lange eine Bolle (BulL com. VII Im
tav. 1—5).
Ebenso wie die Haarrolle ist auch die Sitte,
2117 Haartracht und Haarschmuck
-die Haare des Vorderkopfes mit der Binde in
der Art des aufgebundenen Nackenschopfes hoch-
zubinden, auf dem Festland heimisch (s. Bremer
41ff.). Die ältesten Beispiele finden sich auf
spartanischer (,kyreneischer ( ) und korinthischer
Keramik (z. B. Arch. Ztg. 1881 Taf. 11—13.
Arch. Jahrb. I [1886] Taf. 10). Auch in Attika
ist die Frisur in der ersten Hälfte des 6. Jhdts.
verbreitet (s. Francoisvase, Für twängler-R eich-
hold Taf. 1-3, 11-13. Wien. Vorlegebl. 188810
Taf. IV. 1889 Taf. V, 2). Später aber findet
sich die Frisur nur in Ausnahmefällen. Häufiger
wird die Tracht von der archaisierenden Plastik
benützt, ein archaisierender Jünglingskopf aus Rom
in der Frankfurter städtischen Galerie (nr. 1-59,
unpubl.), ein Isisköpfchen, Arndt Einzelverkauf
nr. 179/80 u. a. zeigen sie. Thr bekanntester
Vertreter ist der Zeus Talleyrand, bei dem die
Haare des Vorderkopfes ebenso wie die beiden
langen Seitenlocken mit je einem besonderen 20
Bügel des Diadems hochgebunden sind. Das
Aufbinden der Seitenlocken kommt auch sonst
häufiger vor, vgl. die .Artemis von Gabii* in
München (Glyptothek nr. 214. Arndt Einzel-
verkauf nr. 838/9). Der Madrider Hypnos, Brunn-
Bruckmann529 und der Praxitelische Sauroktonos
(Bulle Der schöne Mensch Taf. 70) tragen die
Schläfenlocken m einem kleinen Knoten über der
Binde (s. Klein Praxiteles 144). Es ist die Tracht,
die bei Lukian. deor. dial. LT, 2 Eros dem Zeus 30
rät anzulegen, damit er in Liebesangelegenheiten
Glück habe.
Die jüngste dieser Frisuren der Männer ist
der Doppelzopf, der vom Beginn der Perserkriege
an auf den Inseln als Jünglingstracht verbreitet
ist und sich bis an das letzte Viertel des 5.
Jhdts. hält (s. Athen. Mitteilungen VIII [1883]
24öff. IX [1884] 232ff. Stndniczka Arch. Jahrb.
XI [1896] 25711. Curtius im Text zu Brunn-
Bruckmann Taf. 601—604 Anm. 3. Bremer 40
43rT.j. Die Masse des Haares wird am Hinter-
kopf in zwei Zöpfe geflochten, diese um den
Kopf herumgelegt und am Vorderkopf miteinander
verknüpft. Auf Vasenbidern ist die Tracht nicht
zu finden. In der Plastik findet man sie am
Kasseler Apoll und seinen Repliken, die dem
Pythagoras von Samos zugesprochen werden (s.
Klein Kunstgeschichte I 403). Dann trägt sie
der Omphalosapollon (Brunn-Bruckmann
Taf. 42) und seine Verwandten (s. zuletzt Stud- 50
niezka Kaiamis, Sachs. Abhandl. XXV [1907]
92f.), sowie der mit den olympischen Giebelfiguren
(über deren Herkunft s. Furtwängler Archaeo-
logische Studien für Brunn 69 ff,) zusammen-
gehörige Jünglingskopf aus dem Perserschutt
der Akropolis, Brunn-Bruckmann Taf. 460.
Bei den Arbeiten der äginetischen Schule begeg-
net der Doppelzopf außer bei dem Zugreifenden aus
dem Ostgiebel des Aphaiatempels auch bei dem
Bronzekopf eines Jünglings in Neapel (Brunn- 60
Bmckmann Taf. 506; s. Furtwängler
Meisterwerke 677 Anm.). Auf Münzen von Ainos
trägt Hermes in der zweiten Hälfte des 5. Jhdts.
den Doppelzopf (Brit Mus. Catal. Thrace 77, 2ff.).
b) Nach der literarischen Überlieferung. Den
Denkmälern der ältesten Zeit entsprechend, kennen
auch die alten Epen nur lang wallendes Haar.
Die Belege hat Heibig Das homer. Epos 2
Haartracht ufid Haarschmuck 2118
236ff. gesammelt. Das ständige Epitheton der
homerischen Achäer ist xd^rj xoftomvzeg (a. a. O.
236, 3). Daß man darunter ein freies Herab-
fallen des langen Haares zu verstehen hat und
keine künstliche Anordnung in einer konven-
tionellen Haartracht', wie Heibig a. a. O. es
annahm, hat Harald Hofmann a. a. O. 182ff.
gezeigt. Das zeigen auch Ausdrücke wie IL I
529 laixat ijzsgQcooavio ävaxtog xgazog äst ä$a-
vdtoio (Zeus) und Hymn. in Apoll. Pyth. 272
xahfjs etivfisvog wßovg. Aber schon Archilochos
verspottet übergroße Lockenfülle (frg. 58, 162).
Ende des 5. Jhdts. ist das xo/näv auf die Ritter
beschränkt (Aristoph. Eq. 588; Nub. 14; Lysistr.
561. Satyros bei Athen. XII 534 c). Der Sieg
des kurzen Haares ist nicht so sehr auf die
Demokratie (Haus er Österr. Jahresh. 1906, 75ff.)
als auf den Einfluß der Palastra zurückzuführen
(Lukian. dial. meretr. V 3. Philostrat. imag. II
32; Her. X 9 p. 715). Man begnügt sich
aber meist mit einem mäßigen Haarschnitt,
das h zqw xsiQsoftai ist Zeichen der Dürftig-
keit und des Geizes (Theophr. Char. 10. Plut.
Dys. 1). Als völlige Haarschur wird auch die
Strafe des Ehebrechers aufzufassen sein, Aristo-
phan. Acharn. 849: Kgarivos del xsxaQfxivog
\*.oiyJ>v /Lud. iiayalqq. Langes Haar ist wie schon
Eurip. Bacch. 448 auch in späterer Zeit Zeichen
besonderer Weichlichkeit (Aristot. Physiogn. 3 p.
38. Ps.-Phokylides 210f.). Als Zeichen der Trauer
tritt die Haarschur auf Hom. Od. IV 198. Athen.
XV 675 A. Aristoph. Plutos 572. Plat Phaid.
p. 87 c. Aischines xaxa KtrjoKpiovTog p. 605 R.;
vgl. Becker Charikl. III 156ff. Als Zeichen der
Staats trauor wird sie Herodot I 82 von den Ar-
geiern nach ihrer Niederlage bei Thyrea als Ge-
setz beschlossen. Auch die im Kult seit den älte-
sten Zeiten bräuchliche Haarweihe bedingt das
Tragen kurzer Haare: Winckelmann Kunst-
geschichte IV 2, 2. Wieseler 385. Herniann-
Blümner207. Krause 76f. Studniczka Arch.
Jahrb. XI (1896) 261. Becker Charikles III2 236.
Den Knaben wird beim Eintritt in das Epheben-
alter an der hovqsüu? tuiIqo. (Hesych. s. xovQsöi-
tu. Poll. VIH 9, 107. Athen. XI 494 F; vgl.
A. Mommsen Heortologie 309), dem dritten Tag
des Apaturienfestes, in feierlicher Zeremonie ihr
Haar, das schon lange vorher einer Gottheit be-
stimmt ist, geschnitten. Vorauf gehen die oivio-
r/jQia (Hesych. s. v. Phot. Lex. p. 321). Der gött-
liche Empfänger ist mit Vorliebe ein Flußgott
(vgl. Aischyl. Choeph. 6. Paus. I 37, 2. Pollux II
30), doch auch Artemis (Suid. s. xkoxov. Stat.
Theb. VI 616ff.) u. a. Auch schon bei kleineren
Kindern kommt die Weihe vor; vgl. Nonius s.
eirros. Anth. PaL VI 155. Censor. de die natal.
I 9, 10. Wieselei* a. a. O. und Salmasius
Epist. de caesarie virorum et mulierum coma
(Lugd. Bat. 1644) 268f. Nicht unwichtig ist der
Ort. wo die heilige Handlung stattfindet (Theophr.
Char. 21. Plut. Theseus 5. Hom. IL XXLTI 145
u. SchoL). Für Frauen und ältere Männer handelt
es sich meist um die Form der Totenspende (Hom.
IL XXIH 135ff. Soph. Elektr. 449ff. Euripid. Alk.
429) und des Haarraufens bei der Trauer (Lucian.
de luctu 11; vergL Gerhard AuaerL Vasenb. DU
Taf. 214. Perrot-Chipiez Bist, de l'art Vül
77 u. v. a.) ; oder die Weihung tritt ein, wenn maa
üxiy jaaarcracnE unu naarscnmucK
einer großen Gefahr entronnen ist (s. Bull. hell.
1888, 479). So weihen die Mädchen von Delos
den dort verstorbenen hypeThoreischen Jungfrauen
vor ihrer Hochzeit eine um eine Spindel ge-
wickelte Locke (Herodot. IV 34. Paus. I 43, 4).
In Sikyon widmen die Frauen der Hygieia ihr
Haar und behängen deren Kultbild dicht damit
(Paus. II 116, 6). Nach Stat. Theh. II 234f. (s.
Schol.) weihen die Frauen von Athen ihr Haupt-
naariracni una uaarscnmuejc ziair
Die Makedonen tragen Ms zur Schlacht von?
Arbela nach der Überlieferung langes Haar und
Bart (Synes. <J>aXaxQäg iyxa^/iiov 16), von da
an kurzes.
Die verschiedenen auf Denkmälern nachweis-
baren Haartrachten lassen sich aus der Literatur
nicht belegen. Die euböischen Ahanten (Hom. II.
II 542) tragen wohl schon den aufgebundenen
Nackenschopf; die Thraker (Hom. H. IV 533)
haar der Pallas. In Sparta werden den Mäd- 10 tragen eine hohe Frisur (dxQoxofwi). Die Plut.
Thes. 5 erwähnte 9i}Cffk zeichnet sich durch
vorne kurz geschnittenes Haar aus. Die "Exrogeia
Poll. II 28 ist wohl in Zusammenhang zu bringen
mit dem dvayatxi^iv rijv x6fxr\v Poll. II 2-5, dem
Empor sträuben der Stirnhaare, das in myronischer
Zeit für Gottheiten auftritt (s. FurtSvängler
Meisterwerke 363). Es gehört zum Charakter des
Achill (Heliodor. Aethiop. II 35. Philostrat imag.
392 K. 24), und die Bildnisse Alexanders zeigen
chen am Hochzeitstage von der vv/Kpsvrgia die
Haare geschnitten (Plut. Lyk. 15. Lucian. Fugit.
27). In Troizen erhält Hippolytos das Haar der
Jünglinge und Mädchen vor der Hochzeit (Lucian.
de Syr. dea 60). In Megara endlich sind es
(Taus. I 43, 4) die verheirateten Frauen, die ihr
Haar am Grab der Iphinoe niederlegen. Über
den Sinn dieser Weihungen s. Hauser Österr.
Jahresli. 1906, 124ff. Philosophen sind in ihrer
u. a.), die andern durch Vernachlässigung ihre
Gleichgültigkeit irdischen Dingen gegenüber dar-
tun (Gell. noct. att. IX 2. Aristoph, Av. 1282
u. a.), und noch andere ilixe asketische Strenge
durch völlige Haarschur beweisen (Lucian. vit.
auet. cap. 20 u. a.) , s. die Belege bei Her-
niann-Blümner 207, 3; Krause 79, 2. Die
uväotiiiov oder dväoillov rgiycoiia Poll. IV 138.
Arist. Physiogn. V p. 81. VI p. 151. Das Gegen-
teil ist im'oeioTog (Poll. IV 147), Die älteste mit
einem Namen genannte Frisur ist das xegag (Hom.
II. XI 385); vgl. Heibig Hom. Epos 2 241.
Bremer 49. Heibig will die Frisur in großen
Spirallocken erkennen, die bisweilen auf arehai-
Sklaven tragen von Anfang an kurzes Haar (s. 30 sehen Denkmälern begegnen, namentlich auf einem
Aristoph. Av. 911. Olympiodoi* zu Plut. Akib. p.
148 ed. Crcuzer u. a. ; vgl. Herinanu-Biümner
92. K. O. Müller Doner* II 266). Über die
ävdoajiod(i)dt]s #m'£ vgl. Koek zu Aristoph. Av.
911. Schol. Arist. Thesm. 836. Im gewöhnlichen
Leben begnügt man sich mit einem mäßigen
Haarschnitt, der ,«f/t?/ xovgd (Theopbr. Cliar. 26.
Aelian var. bist. III 19; vgl. Hermann-Bl ü m-
ner 207, 5). Pollux II 29" unterscheidet als For-
men der xovgd: xT^og, oxdqiov, zigöxozxo., rispt- 40
zgö^aXa, Die xgöxozza (s, auch Photios s. v.)
bezeichnen die kurzen Stirn-, die xEgizooya/.a die
Nackenlöckehen. Über die beiden erstcren Formen
des Haarschnitts hat Wieseler Jahrb. f. Phil.
1855. 3571Y. die in Betracht kommenden Stellen
gesammelt. Das oxärptov (mit dem Napf, axdq»].
geschnitten) ist die Tracht der kleinen Leute und
Sklaven, der y.r r Tog die sorgfältigere Frisur der
Vornehmen.
von ihm a. a. O. publizierten Buccherohenkel (vgl.
auch Mon. d. Inst. II 2 u. a.J. Diese aber gehören
nicht zur Tracht, sondern zur Kiinststilisicrung.
Ein Seholion bringt die Frisur zusammen mit
den xooüjvcu des Sophron (Kaibel frg. 1Ö3) in
Zusammenhang mit der attischen Krobylo st rächt
(Dindorf I 389). Da beide sprachlich in den-
selben Zusammenhang gehören, trifft diese Er-
klänmg wohl das Richtige.
Am bekanntesten und in der Überlieferung
am meisten genannt ist der altattische Krobylos.
S. dazu K. o; Müller Dorier-2 II 266; Handbuch
der Archaeologie 3 476, 5. C onz e Nuove Memorie
delV instituto archeol. 408ff. Jahn Griech.
Bilderchroniken, herausg. v. Michaelis 1873, 46,
301. Heibig Commcntatioues in honorem Th.
Mommsoni 1877, 616. Birt Rhein. Museum
XXXIII (1878) 625 ff. Heibig Rhein. Museum
XXXIV (1879) -184 f. Schreiber Ath. Mitt. VIII
Über Sparta s. K. O. Müller, Dorier^ II 50(1883] 246 ff. IX (1884) 232 ff. [danach: Ferro t-
266. Krause a. a. O. 72. Becker Charikles III Chipiez VIII 044. Heron de Villefosse
290. Hermann-Blümner 206, 1. Iwan Müller Mon. Piot I 62. Collignon Hist. de la sculpt.
a. a. O. 106. Daremberg-Saglio a. a. O. 13591*.
In Sparta sind die Verhältnisse umgekehrt wie
in Athen: Kinder tragen kurzes, die Männer,
nach der Überlieferung seit Lykurg, langes Haar :
Her. VII 208. Plut. Lvs. 1 ; Lvkurg 22.' Aristot.
Rhet I 9 p. 1367 a. 2S~ Die attischen Lakonisten
ahmen das nach, s. Aristoph. Av. 1281. Plat.
Gr. I 363]. Studniczka Arch. Jahrbuch 1896,
248 if. Klein Geschichte der griech. Kunst I
255. Haus er Österr, Jahreshefte 1906, 75 ff.
Petersen a. a. O., Beiblatt 78ff. Hauser a.
a. 0. 1907. Beiblatt 10 ff Petersen Rhein.
Museum 1907, 540 ff. Haus er Österr. Jahres-
hefte 1908, Beiblatt 87 ff. Kjellberg Eranos
Com. frg. 124 Koek. Zur Zeit des Achaeischen 60 IX (1909) 164 ff. Bremer a. a. 0. 50ff. Die
Bundes ist nach Paus. VII 14, 2 die xovgd
bereits durchgedrungen. Diese spätere Sitte ist
Plut Alkih. 23, 3; de adul. 7 fälschlich auf
ältere Zeit übertragen (s. auch o. Bd. LH S. 31).
Die Nachricht Herodot I 83, die den Beginn des
xofiäv in der Mitte des 6. Jhdts. festsetzt, ist
höchst verdächtig (s. auch Müller Aegin. 72.
Studniczka Tracht 5, 14) und jedenfalls falsch.
älteste Schriftstelle, tue man für den Kro-
bylos in Anspruch nahm, das Fragment des
Asios (bei Ath. XII 525 F), hat mit der Frisur
nichts zu tun (Bremer 5iff.j. Es handelt sich
um Chitone, von deren Saum Fransen aus Gold-
blech in Blütenform herabhängen, wie am Kleid
der Frau vom Wagen von Monte Leone (Brunn-
Bruckmann Taf. 386/7, s. Textabbildung) die-
lOUUU U1|U ,
L'UlllUUO.
in ihrer Form an das Insekt erinnern (vgl. 'Eq>r}p,
ag%. 1906, 89) und durch den beim Aneinander-
schiagen entstehenden Lärm zum Vergleich mit
Zikaden herausfordern. Kogvpßog und xöov/ißog
bezw. xoQvf.ißj) und xoovfißrj sind urspr. synonym
(Häuser I 87. Bremer 53). Die klassische
Erwähnung der Tracht steht bei Thukydides I 6
xät oi jrgsoßvrsgot avzolg zöiv evSatf.i6vo)v dta
tÖ dßgodiaizov ov ztoXvg xgovog Exsidij yvz&vdg
je Xtvovg STtavaai'TO (pogovvzsg xat ygvoöJv rezzi- 10
ycov evegoei xgoißvXov dvadovf.tsvoi z&v iv zfj
scstpaXfj tqi%öjv. dtp' ov xai 'lutvcov zovg ;ige-
cßvzegovg xaza to k~vyysrhg sxl ,~zoXv avzr\ f\ oxsvij
xazloysv. Bei Suidas ist eine Stelle des Nicolaos
von Damaskus überliefert (FHG III 395, 62), die
wahrscheinlich auf Xanthos' Lydiaka 2urückgeht,
also in die Perserkriegzeit gehört. Mit einer
breiten goldenen Binde (ozgö<pog) ist das Haar
eines jungen Stutzers in einen Korymbos auf-
gebunden. Im J. 424 erscheint in den Rittern 20
desAristophanes der verjüngte Demos zezziyotpögag
dg/aloj ayj)f.tan XaßTzgög (1331). Dazu kommt
als vierte und letzte selbständige Erwähnung
Herakleides Pontikos bei Athen. XII 512 C.
Die Selbständigkeit bestreiten Studniczka
251. Petersen I 78. II 548, dafür treten ein
Hauser 183. II 11. III 87. Kjellberg. Bremer
56. Nach Herakleides trugen die Helden von Mara-
thon xogvjußovg . . . dvadovfievoi roiv zgiy&v
Xgvoövg zsxriyag zisgi to [iszcojtov xai zag xöt.tag 30
(Birt xoggag). — Der Krobylos ist also eine
Frisur, die zuletzt nur noch ' von alten Leuten
(Thuk.), früher aber auch von jungen (Xanthos)
getragen wurde und die zusammen mit dem
Linnenchiton, d. h. in den 60er Jahren des 5. Jhdts.
verschwindet. Daß xgcoßvXog eine Frisur und
keinen Teil der Haare bezeichnet, ist jetzt all-
gemein angenommen (vgl. HauserI87 und da-
gegen II 16f.). Kögvpßog und xooißvlog gehören
etymologisch zusammen mit V'kera, ragen, sich er- 40
lieben, anschwellen (Prellwitz Etymol. Wörterb.
d. gr. Spr.), die Frisur muß sieh also in irgend
einer Form vom Kopfe ablieben (vgl. Curtius
Grundzüge der gr. Etym. 517). Bis zu Conze
glaubte man den xgoißvXog in der Haarschleife
|s. S. 2135) zu erkennen, die erst im 4. Jhdt.
auftritt (vgl. S t u d n i c z k a 256). S c h r e i b e r a.
a. 0. glaubte ihn im Doppelzopf gefunden zu
haben, der ebenfalls zeitlich und seinem Ver-
breitungsgebiet nach (s. o.) ausgeschlossen ist 50
{Studniczka 257 ff). Auch die Theorie Haus er s
ist unhaltbar, obwohl in weitesten Kreisen rück-
haltlos anerkannt; die Gegengründe bei Peter sen
und Bremer 60 ff. Von Herakleides ausgehend
schließt Hauser, daß man mit xgwßviog den
Stirnschopf bezeichnet habe, der mit einem breiten.
Haare nachbildenden Toupet aus Goldblech, eben
dem z£ZTt$, verhüllt gewesen sei. Herakleides
aber spricht nicht von der Stelle, an der der
xQojßvlog sitzt, sondern gibt nur den Platz der 60
zezziycg mit xsqi tö fiszco^ov xai zag xöttag an.
Einen Parallelbeweis versucht Hau 5 er (I 85 ff.)
ausgehend von Xenophon anab. V 4, 13. Die
politischen Mossynoiken tragen liier Lederhelnie
olaxsQ za Tla^pXayovixd , xgcoßvlov eyovza xazd
fieaov, iyyvraza xiagoetdij. Die Helme haben
also ganz so wie ein ndgog, d. h. die phrygische
Mutze, einen xQtoßvXog in der Mitte. Da nun
bei drei Metallhelmen, die Haus er a. a. 0. bei-
bringt, deren oberer Teil die phrygische Mütze
nachahmt, auf der Stirn Stirnhaare nachgebildet
sind, so schließt Haus er, ,da xgoißvXog sich in
der Mehrzahl der Fälle sicher auf Haare bezieht,
da an mehreren den Mossynoikenhelmen mindestens
nah verwandten Exemplaren in der Mitte ein
Haarsehopf sitzt, so kann wohl kein Zweifel
bestehen, welchen Teil Xenophon mit xgwßvXog
bezeichnete. Also für Xenophon bedeutet xgay-
ßyXog auch Stirnschopf' (I 87). Wäre der Schluß
richtig, so wäre es unerfindlich, was die Angabe
xaza fiscov bezweckt, sie wäre sinnlos. Aber der
Schluß ist falsch, denn die Stirn liegt nicht
xaza fieaov der Helme. Die Mossynoikenhehne
sind nicht aus Metall, sondern aus Leder, und
diese Haardarstellungen gehören erst der Über-
tragung des Helmes in Metall an. Wie man
Beinschienen und Brustpanzer dem Teile des
Körpers, den sie zu schützen haben, anpaßte, so
auch den Helm (Petersen II 544. Bremer 61).
An Lederhelmen ist ein solches goldenes Stirn-
schild nicht nachweisbar. Xanthos, Thukydides
und Aristophanes (Eq. 1325) widersprechen klar
einer solchen Annahme der Tettigophorie am
Helm, und auch aus Herakleides ist sie nicht zu
schließen. Nur eins kann an der phrygischen
Mütze xgoyßvXog genannt werden, der in der
Mitte sitzende vorragende, leicht nach vorne
gebogene Knauf (Studniczka 255), wozu zu
vgl. die Benennung der hohen Schiffsenden Hom.
II. IX 241 xoQVfißa und des Berggipfels Herodot
VII 218, 14 xoQvmßog. Diesen Knauf haben auch
die Mossynoikenhehne.
Die vielbesprochene Erwähnung des xgoißvlog
bei Lukian nXoiov rj evyai 3, wo die Frisur eines
ägyptischen Knaben mit der alten Tracht ver-
glichen wird (avaSeäe[i£vov stg tovtzigo) zqv xd^r\v
etc dfMpoTEQa jov t.iBid}7iov aTirjyjusvrjv), ist eben-
falls für die Beurteilung der alten Tracht wertlos,
denn aus Lexiph. 13 geht hervor, daß Lukian den
xgoyßvlog sich als Zopf vorstellt. Ein solcher
ist aber nach der Überlieferung der Denkmäler
ausgeschlossen. So ist bei Lukian auch aus den
zhztysg. die sonst erscheinen (s. Birt 628. Kjell-
berg 165. Bremer 58), ein zhzi^ geworden. Eben-
sowenig wie man die unter dem H a u s e r sehen Gold-
toupet verborgene, flach an den Kopf angedrückte
Frisur xgcoßv?.og benennen kann nach dem Wort-
begriffe, "paßt der Name zezzi* auf diese Metall-
scheiben. Vgl. Petersen I 83. Pernice bei
Gercke-Norden Einleitung in die Altertums-
wissenschaft IT 45. Kjellberg 170. Bremer 63.
Auch die von Hauserl 89 abgebildete Zikaden-
larve vermag schon wegen des Größenunterschieds
der verglichenen Objekte hier nicht zu vermitteln.
Die troi sehen Diademe (Haus er 1 114) dürfen kei-
nesfalls herangezogen werden. Ausschlaggebend für
die Beurteilung der Hauser sehen Ansicht ist,
daß sie mit der monumentalen Überlieferung un-
vereinbar ist. Haus er vermag, wie er selbst I 99
zugibt , .kein sicheres, zwingendes Beispiel einer
attischen Darstellung zu nennen, wo Männer diese
Goldscheiben direkt über den Stirnhaaren tragen'.
Die Punktreiheu auf heller Firnisunterlage um die
Stirne herum bezeichnen nicht, wie Haus er über-
zeugt ist, einen ,MetalltettixS sondern nur die kurz-
geloekten Haarenden, da sie ebenso wie über der
Stirn auch im Nacken vorkommen (Bremer 64).
Ebenfalls um stilisierte Darstellung der wirklichen
Stirnhaare handelt es sich hei den von Hau s e r für
den griechischen Osten herangezogenen Beispielen
(a. a. 0. 65f ). Der Zeus TaUeyrand trägt die auf-
gebundenen Stirnhaare (s. o. und a. a. 0. 42). Auch
der von H a u s e r herangezogene Goldschmuck stützt
nicht seine Theorie. Die mykenischen , Diademe'
sind ineist Sargbeschlag (s. o. unter I; Stais o , ^ 1U . C „
'Eytjfi. aQ%. 1907, 31 ff.), und ihr Ornament ist 10 die eine Nike auf dem ^aterFurtwängTer-
vermutungsweise nachzuweisen, kommen also nicht
in Betracht. Auch hier gestatten die Denkmäler
nur eine Lösung: man nannte die so- sehr häufig;
beim xQmßvkog auftretenden Blattkränze zhriyeg.
vgl. Kroisos Furtwängler-Reichhold 113;
Zeus Furtwängler-Reichhold 16; Arch. Ztgl
1875 Taf. 10. Hipparch Arch. Ztg. 1883 Tal 12
u. v. a. Sie bestehen aus einer Binde, auf die
dünne Goldblätter aufgenäht sind; vgl. die Binden,.
nicht aus Haaren, sondern Blüten (Arch. Jahrb.
XXIII [1908] 209ff. Jolles) entstanden. Das
Schmuckstück aus Kairo Archäol. Anz. 1901, 210
diente zum Halten des Nackenschopfes, s. Edgar
Catalogue gen. des antiq. de Caire ; Graeco-egyptian
Coffins, Masks and Portraits nr. 33216 u. a.
Endlich ist auch bei den noch übrigen Beispielen
aus der Plastik (Bremer 67) nur Haarstilisierung
anzuerkennen. Die vier wirklichen Toupets, die
Reichhold Taf. 20 oder ein Erot a. a. O. Taf.
124 in der Hand tragen. Die Namenübertragung
ist ebenso entstanden wie der Vergleich der Blüten-
bleche, die am untern Rocksaum der Saunier gegen-
einanderschlagen, mit dem Insekt. Werden zwei
bis drei Blätter an derselben Stelle auf die Binde
aufgenäht, oder wie bei erhaltenen Kränzen (z, B.
einem Exemplar im Antiquarium kgl. Mus. zu
Berlin) auf ein Metallband aufgelötet, so erinnern
Hau s e r beibringt (I Fig. 25. 26. 35. 36; vgl. B r e m e r 20 sie wirklich an die charakteristische Rückenansicht
68) sind Grabfunde, und sie gehören zusammen
mit den Gesichtsmasken in Zusammenhang mit
dem Totenschmuck. So ist es zu erklären, wenn
auf der Schale im Museo Gregoriano (Heibig
Führer^ II 1251, Abb. Hauser 1 100) Pluton und
Persephone ein solches Diadem tragen. Nach alle-
dem ist Hausers Theorie entschieden abzulehnen,
denn auch die xQcnßv/.oi %ovooT, die Plutarch de
Pyth. or. 24 D die Pythia wie andere Kleidungs-
stücke ablegt, sind ihr eine haltlose Stütze.
Es gibt überhaupt nur eine Frisur, die nach
ihrer Verbreitung und dem Wortbegriffe des hqw-
ßvkog für diesen in Betracht kommt Schon Conze
hat in dem aufgebundenen Nackenachopf richtig
den xQOißvlos erkannt, und Studniczka hat die
Hypothese weiter ausgeführt. Von dem über-
hängenden Teil des Schopfes hat der Frucht-
büschel des Efeu den Namen xögvfißog (Bremer
69; Belege s. Epheu). Seine Verbreitung, örtlich
einer Zikade, und das bei jeder Kopfbewegung
eintretende raschelnde Klirren der kleinen Blech»
wird den Anstoß zur Naiuengebung gegeben habeiK
Im Parthenoninventar von 400/399 (CIA II 2,
645; s. Petersen II 548. Hauser IH 90 Anm.
Bremer 71 f.) übertrug man den Namen sogar
auf die blütenförmigen Anhänger der Halskette»
(vgl. Arch. Ztg. 1884 Taf. 9 nr. 11, 12. Arch. Jahrb.
II 1887 Taf, 8, 3). So auch wohl im Inventar
30 des samischen Heraion, Curtius Inschr. u, Stud.
zur Gesch. v. Samos, Progr. 1877 nr. 6. Athen.
Mitt. Vn 367. Haus er I 93. CIA II 2, 766
Z. 20 wird es sich um eine wirkliche Zikade
handeln. Nach Etym. M. 310, 51 heißt äerxgaßvXos
auf Cypern xoqSväi] und in Persien xiäagig. Zu
ersterem Namen ist zu vgl. Aristoph. Nub. 11.
Ein anderer Name für die zezziyes ist vielleicht
y.akafiiSeg (s. Hesych. s. xakctftig) : ursprünglich
gleichbedeutend mit dem xdZa/jog geht der Name-
werden
und zeitlich, ist eng verbunden mit dein langen 40 auch auf die ovgty^ über. Von dieser aus werde]
Chiton. ^ Als Männertracht ist er wirklich aus- die Ksgvrlrai . . . rovg fuxgovg zhxiyag xaiapiöa
schließlich Frisur der evöaifioveg. Seine Blütezeit ' T ' ^ "■ ....
in Attika ist (s. o.) das erste Drittel des 5. Jhdts.,
dieselbe Zeit, in der auch der xgcoßvkog nach
der "Überlieferung seine Hauptverbreitung genoß.
Nur dadurch, daß zu diesem richtigen xooßv/.og
die zezzr/sg fehlten, war es möglich, daß später
noch neue Theorien (Schreiber, Haus er) auf-
treten konnten. Eine Haarnadel (Conze) kommt
genannt haben. Kaum anders als bei den rhztyeg
wird es also zu verstehen sein, wenn der Name-
auch xoGftaQiöv n ziegi zovg siloy.a^iovg und %qv-
oovv jTEgiroayjjÄwr bezeichnet.
III. Kinderhaartracht. Bis zum Epheben-
alter behalten die Knaben, auch nachdem sich die
Haarschur allgemein durchgesetzt hat, ihr langes
Haar. Dann erst wird das Haar in Form einer
nicht in Betracht, und die Goldspiralen (Stud- 50 Weihung an eine Gottheit abgeschnitten (s. o.
niezka) ebensowenig. Sie widersprechen der u. II). Kunstvolle Frisuren sind natürlich selten,
literarischen Überlieferung (Herakleides) wie der vgl. Athen. XII 16. Damit das Haar nicht in
monumentalen, die lehrt, daß sie zur Perserkrieg- die Stirne fällt, wird es in einen Knoten über
zeit schon außer Gebrauch waren. Wenn schon derselben aufgebunden. In der Zeit der Perser-
der Name Tettix für eine solche Drahtspirale kriege kommt diese Frisur, der Stirnknoten, auf,
mißlich ist, seist der Plural rezziyes ausgeschlossen. s. Für tw an gl er Meisterwerke 678ff. ; Inter-
Die Zikaden sitzen nach Herakleides xsgi to fäzw- mezzi 5f. Die ältesten Beispiele sind der Dom-
w y.ai zag xopag (Birt xöogag). Da die rhriye; auszieher (Brunn-Bruckmann Taf. 321) und
nur für Attika erwähnt werden, so sind sie jeden- ein Kopf in Berlin (Für twän gier Meisterw.
falls eine speziell attische Tracht, für die in Ionien 60 Taf. XXXII). Es folgt der Eros Soranzo in St.
(Xanthos) die Binde eintrat. Da sie nun nach Petersburg (Arch. Ztg. 1878 Taf. 16 Springer-
dem Begriff der l'vegoig , wahrscheinlich um das Michaelis* Abb. 362), eine Bronzestatuette im
Haar oder einzelne Haarpartien geflochten waren' Louvre (Bulle Der schöne Mensch 2 Taf. 45 p
(Kjellbergi, so wird man an eine Art Binde zu ^Dionysos'), ein Jünglingskopf daselbst (Abb. Furt-
denken haben, die ja auch wirklich in verschiedenen wängler a. a. O. Fig. 132). der Kopf des Herzogs
Foraaen in der fraglichen Zeit den Schopf auf- v. Devonshire, Furtwängler Intermezzi lfil Taf.
»rodet. Auf eine Binde aufgenahte goldene Zikaden I— IV, eine Gruppe von Votivfiguren aus Boiotien
(Sittl Patrizierzeit 29) sind nirgends auch nur (z. B. Athen. Mitt 1890, 360f.; vgl. Furt wäng-
ler Sammlung Sabouroff Bd. II Terrak. Ein! 12f.),
der Triptolemos des eleusinischen Reliefs und 2
Figuren aus dem Parthenonfries (Iris im Ost- und
Sklavenknabe im Westfries). Es trägt den Stim-
knoten auch ein Knabe in Madrid (Arndt-Ame-
lung Einzelverkauf 1593— 1598), das, Mädchen von
Antium' (Brunn-Bruckmann Taf. 583/4), der
jüngste Niobide und der Knabe mit der Gans
des Boethos (Brunn-Bruckmann Taf. 433 und
kehrenden Beiworten tfvxopios, xaXXfco/uos, svszXo-
xapiog, xaXXtnXoxafiog, XiaaQonXöxafiog u. a. die
Schilderung der Toilette der Hera (Hom. II. XIV
175ff.) und Simonides frg. II 65ff. Längerhält sich
bei den Frauen von den Frisuren, die sie mit den
Männern gemeinsam haben, die Haarrolle (speziell
in der 3. Form), die auch im 4. Jhdt. noch weit
verbreitet ist (vgl. Conze Att. Grabreliefs I Taf.
29. 31. 32. 59. 65. 101. Eleusin. Berief Brunn-
Münch. Glyptothek Furtwängler nr. 268). Von lOBruckmann Taf. 7 und Münzen, speziell aus der
- - - rate auf dem Grabrelief TToas: Antandros (Brit. Mus. Cat.TroasTaf.Vni),
Frauen trägt ihn Chaircstrate
Conze Att. Grabreliefs Taf. CLXXIY nr. 893.
In zwei Fällen begegnet er auch bei Männern : Piia-
mos auf dem Skyphos des Hieron und Makron,
Furtwängler-Keichhold Taf. 85 (so auch
Furtwängler im Text) und bei einem bärtigen
Kopf in Florenz (Amelung Florentiner Antiken
S. 3JVff., Titeltafel; KeplikMuseoTorlonia886). Vgl
endlich den Aktaion Furtwängler-Reichhold
Lesbos (a. a. O. Taf.XXXIV 12f), Antissa (XXXV
1 1), Mytilene (XXXVII 1 4f.) usw. usw. Große lange
Zöpfe scheinen die Frauen auf dem ostgriechischen
Elfenbeineimer aus Chiusi (Mon. d. Inst. X Taf.
38 a. Bohl au Aus ion. u. ital. Nekropolen 119
Abb. 64) zu tragen (oder auch hier Umschnürung
des ganzen Schopfes*?).- Da eine niedrige Stirn
zu allen Zeiten als schön gilt (vgl. Horaz Od.
Taf. 115 und Hauser im Text. Der Stirnknoten 20 1 33, 5; Lukian, dial. meretric I 2), so versucht
ist vielleicht der oxottvg (vgl. Hermann-Blüm-
ner a. a. O. 207, 4. Wieseler a. a. 0.), s. Pam-
philos bei Athen. XI 494 F: ajioxdgsiv zbv oxöl-
Ivv £'<pt]ßoi und Hesych. s. v. oy.ollvg * xoQv<pij q
xaTalslsi^vr) xiüv tqixüjv ' nveg de {.tallov \jjlüX-
?.or], xkoxafiav, auch'Eustath. Od. p. 152», 18
(oxo/JLts), Poll. II 30 (var. aeioVüs), Dioscoridcs
parab, II 93 (übertragen). Auf einem Irrtum
beruht wobl Hesych. xorvotpögcov • oxolkwfpÖQow.
man schon früh, deren Höhe künstlich au ver-
ringern, indem man die beiden Teile des in der
Mitte gescheitelten Haares nicht glatt zu den
Ohren führt, sondern sie in einem Bausch her-
abhängen läßt und über den Ohren mit der
Binde befestigt eder gar um die Ohren herum-
führt, s. z. B. auf Straußenei aus Vulci, Perrot-
Chipiez Hist de l'art III 859 Fig. 627; streng
rf. Pelike in Wien Furtwängler-Eeichhold
Auch der xÖQvyog Hesych. s. v. gehört jedenfalls in 30 Taf. 72 ; Artemis auf Aktaionkrater (a. a. 0.
diesen Zusammenhang. — Der Scheitelzopf tritt all-
gemein erst im 4. Jhdt, auf. Die auf dem Scheitel
über der Stirn zusammengezogenen Haare werden
in einen kleinen Zopf geflochten, der bis auf den
Hinterkopf fällt (vgl. "Furtwängler Meister w.
543. 679). Das älteste Beispiel ist ein Knabe auf
der Stele der Polyxene, Conze Att. Grabreliefs I
Taf. LXVI und gehört noch ins 5. Jhdt. Mit dem
4. beginnt die geschlossene Beihe der Beispiele,
vsrl. Samml. Sabouroff II Taf. CXL 3. Mon. d. 40
Inst. IV (1845) Taf. XX. Archaeolog. Stud. für
Brunn 90 Taf. 3. Brunn-Bruckmann Taf. 176
(Koren vom Erechtheion) : Arch. Ztg. XVHI (1860)
Taf. 133/4 (Xanten er Erzfigur). Arndt-Amelung
Einzelverkauf nr. 1—2; Ohairippe auf dem Grab-
relief Conze Att. Grabrel. Taf. CLXVI m. 862.
Der Name dieses Kinderzopfes ist oxocxiog, wie
aus dein Namen selbst hervorgeht (s. Schol. Thuk.
Taf. 115; dazu Hauser im Text 291); Brunn-
Bruckmann Taf. 356, Artemis ausPompei; Fi-
guren vom Aphaiatempel in Aigina, z. B, Furt-
wängler Aeg. Tal 98 nr. 177; Kopf in Mün-
chen, Eesidenz, Arndt-Amelung Einzelverkauf
928f. ; Mädchenfiguren von der Akropolis (z. B.
Brunn-Bruckmann Taf 556, s. darüber L er-
mann a. a. 0.); Kopf in Koni, Einzelverkauf
422/3 usw.
2. In der Übergangszeit treten verschiedene
Frisuren auf, die auf Frauen beschränkt sind.
Der einfache Haar knoten im Nacken findet sich
in voller Ausprägung zuerst bei der esquilini-
schen Venus (Brunn-Bruckmann Taf. 305,
Kopf allein Arndt-Amelung Einzelverkauf
481/2). Er ist aus der Haarrolle entstanden, vgl.
elcusimschcB Relief Brunn-Bruckmann Taf. 7
und Mädchen auf Krater aus Falerii Furtwäng-
lei-Keichhold Taf. 17/18, auf Pvxis a. a. 0.
I 6. 3. Phot. Lex. p. 156 Pors. Hesych. s. xqw- ...
ßv/.os\ vielleicht ist auch der nau.og (Hesych. s. 50 Taf. 57, 1 u. a. Der Haarknoten hält sich bis
olnozjoia. Eurip. Bacch. 113) und die aemh tqi'/Öjv in die römische Zeit. Beispiele: sog. Niobiden-
Poll. II 30 damit identisch. '— Einen in der Art trophos (Arndt-Amelung, Einzelverkauf nr.
364/5); Aphrodite von Ostia. Fri eder ich s-\\ ol-
des Doppelzopfcs um den Kopf he ruingelegten
Zopf trägt ein Knabe auf der Stele der Aiohestrate
(Conze Ath. Grabrel. Taf. LXVIII).
IV. Fraueuhaartracht.
1. Solange die Männer langes Haar tragen,
entspricht die Frauenhaartracht der der Männer
(schon erkannt von Senilis Aen. X 832), nur
ters 1455; die knidische Aphrodite (Brunn-
Bruckmann Taf. 161 oder Arndt-Amelung
Einzelverkauf nr. 216-218); hellenistisch: .Ar-
temis München Glyptothek Furtwängler 204.
Arndt-Amelung Einzelverkauf nr. 864/5 usw.
Eine richtige Haarschleife im Nacken an Stelle
mit dem Unterschied, daß */ i^/t rag xö/nag 60 des Knotens trägt z. B. ein Kopf des 5. Jhdts.
(fd.oTtyvia (Strab. X 3, 8) bei ihnen immer mehr
ausgeprägt gewesen ist (vgl. Synesios tfa/.axgäg
iyxtbiftiav C 21 xal xaßäxaE, oi ßrj'/.vöoiat toi'/o-
TzXdoza Tiarzsg dotv), sie immer neue Variationen der
feststehenden Frisurentypen erfanden und fremde
Frisuren schneller übernahmen als die Männer (s. o.
S. 2122\ Welche Pflege sie von jeher dem Haare
angedeihen ließen, zeigt neben den stets wieder-
in München, Besidenz, Einzelverkauf nr. 931 und
der Madrider Hvpnos Brunn-Bruckmann Tai
529. — Die Sitte, den Haarschopf in der Art wie
beim klazomenischen Schopf (s. o. unter II) hart
am Kopfe abzusclmüren, so daß er als Busch,
dessen Länge mit der Schere beliebig geregelt
wird, vom Kopfe absteht, tritt in der Mitte des
5. Jhdts. auf (Furtwangler-Keichhold Tat
17/18. 107). Ausnahmslos handelt es sich bei
dieser" Frisur um die Tracht junger Mädchen.
Ursprünglich wird das Haar im Nacken umschnürt,
im 4. Jhdt. aber, wo sich die Tracht weitester
Beliebtheit erfreut, auf dem Wirbel. Auch diese
Frisur hält sich durch die hellenistische Epoche
hindurch. Beispiele: Furtwängler-Reichhold
Tat 8/9. 10. 40. 59. 68. 78, 1, 2. 79. 80, 1. 87
usw. Archacol. Jahrb. XI (1896) 21 Fig. 2.
Arndt-Amelung Einzelverkauf nr. 595. Conze 10
Att. Grabreliefs II Tai CLXXII nr. 887. Zum
Abschnüren dient ein Band, das oft mit Trod-
deln verziert ist. Auf diese Frisur paßt am be-
sten der Käme des lafutddiw, das Pollux im Ver-
zeichnis der Komödienmasken junger Frauen (IV
154) anführt als iöia tqi/<»v nXsyfjtaroQ dg 6§v
axoirjyovrog. Die Erklärung- paßt ebensogut auf
diese Frisur wie die wörtlich gleiche, die Suidas
u. a. vom xgwßMos geben, auf diesen. Beide
dg d£v aJToltjyovat. Das ?Mf.uiddiov tragen nach 20
Ps.-Dikaiarch die Frauen von Theben auf dem
Wirbel.
Im 4. Jhdt. tritt die sog. ,Melonenfrisur< auf,
für die die Teilung der Haarmasse in einzelne
Streifen, die von der Stirn nach dem Hinterkopf
laufen, charakteristisch ist. Am Hinterkopf wer-
den die Haare in einen Schopf (Bull. hell. VIII
[1844] PI. XV), Knoten oder aufgewickelten Zopf
zusammengefaßt (Furtwängler Sammlung Sa-
bouroff II Taf. LXXXVIII. Arndt-Amelung 30
Einzelverkauf nr. 66). Über die Frisur Fabri-
cius Bull. d. Inst. 1883, 69f. Furtwängler
Sammlung Sabouroff II zu Taf. CXXV/VI und
CXLIX 1. Am bekanntesten ist die Frisur von den
beiden Hereulanenserinnen in Dresden (Brunn-
Bruckmann Taf. 558 und 310). Im 4. Jhdt.
hat die Tracht ihre Haupt Verbreitung (z. B. Por-
trätköpfe Arndt-Amelung Einzelverkauf 496.
1291/2. 1188/9. Brunn-Bruckmann Taf. 13;
Grabrelief der Demetria und Pamphile. C o u z e 40
Att. Grabrel. I Taf. XL. Brunn-Bruckmann
Taf. 528; Stele derMalthake, Conze Taf. XLVI).
In hellenistischer Zeit spielt die Melonenfrisur
besonders als Tracht am Ptolemäerhofe eine Rolle,
wo sich namentlich Arsmoe und Berenike nach
Ausweis ihrer Münzen dieser speziell jugendlichen
Frisur bedienen. Auch die Terrakotta-Mädchen-
figuren der hellenistischen Zeit zeigen sehr häufig
diese Tracht. Jetzt erhalten sie auch jugend-
liche Göttinnen, Artemis (Münzen 3. Jhdt, Arch. 50
Ztg. 1880 Taf. 17, 3. Brit. Mus. Guide 2 pl. 42,
18. 46, 25) und Kora (z. B. Clara c pl. 430,
775). Zur Melonenfrisur ist zu vergleichen die
y.öurj öiaxoiöov ijOx^iiivt] (Luc. am. 3).
Die Haarschleife, die vom Apoll von Belvedere
(Brunn-Bruckmann Taf. 419) und von der kapi-
tolinischen Venus(Brunn-B ruckmann Taf. 373)
allbekannt ist, tritt um die Wende des 5. und
4. Jhdts. auf. Sie ist eng verwandt mit dem Stirn -
knoten, dessen ausgeprägteste Vertreter wie der 60
Kopf des Herzogs von Devonshire (Furtwängler
Intermezzi Iff. Taf. I— IV) schon zu ihr über-
leiten. Über die Haarschleife s. Furtwängler
SamraL Sabouroff zu Taf. 22; Meisterwerke 665,
1. Klein Praxitel. Studien i6ff. Studniczka
Arch. Jahrb. XI (1896) 256 f. Die ältesten Bei-
spiele finden sich auf dem Thetisbild aus Ka-
hutos (Salz mann Camiros Taf. 58. Wien. Vor-
legebl. II Taf. 6, 2), auf der Vase Compterendu
1860 Taf. 2 und der Kertscher Pelike Furt-
wängler-Reichhold Taf. 69, sowie auf den
Musenreliefs von Mantineia (Brunn-Bruck-
mann Taf. 468). Als Tracht der Kunst hält sie
sich bis in die späteste Zeit des Altertums. Von
der hellenistischen Zeit an tragen sie auch Jüng-
linge. So wird sie namentlich ein Charakteristi-
kum des Apoll. Von Göttinnen tragen sie be-
sonders Aphrodite und Artemis.
Die Sitte, Zopfe um den ganzen Kopf herum-
zulegen, wird ebenfalls erst im 4. Jhdt. Brauch,
s.auch Hause r im Text zuBrunn-Bruckmann
Taf. 598. Hofmann a. a. O. 197 versucht sie
irrtümlicherweise weiter zurückzudatieren. Bei
den spartanischen Heroenreliefs handelt es sich
nur um eine Form der Stilisierung der Stirnhaare,
und sein Beispiel aus dem 5. Jhdt. (Friederichs-
Wolters 1045) ist identisch mit Conze Att.
Grabreliefs Taf. 69 , das er selbst ins 4. Jhdt.
setzt! Auch diese Zöpfe sind speziell Tracht junger
Mädchen: Bronzekopf in Neapel Brunn-Bruck-
mann 385; Terrakotte Furtwängler Samml
Sabouroff II Taf. LXXXI. Conze a. a. O. Taf.
LXXI ; drei kleine Mädchen a. a. O. Taf.CCXXXVIII
nr. 1131. CCCLHI nr. 1666 a. Die Frisur ist,
wenn der Zopf weiter nach unten rückt und den
Haarrand über der Stirn wie a. a. O. Taf. CVIII
verdeckt, direkt zugehörig zu jener Fülle über-
ladener Frisuren der hellenistischen Zeit, die
ihrerseits überleiten zu den kunstvollen Coiffuren
der Damen der römischen Kaiserzeit. Zu der
dringend nötigen Sichtung und Durcharbeitung
dieses reichen Materials fehlen noch die nötig-
sten Vorarbeiten. Den Reichtum der Formen
lehren besonders Terrakotten (vgl. z. B. Stackel-
berg Gräber der Hell. Taf. LXXVlfV). Eine be-
stimmte, im Maeandertal heimische Frisur, bei
der die Haare in zwei Abteilungen zurückge-
strichen und in einen kleinen Knoten zusammen-
gebunden sind, hat Bulle im Test zu Arndt-
Amelung Einzelverkauf nr. 1 342 3 ausgeschieden;
eine andere Gruppe Arndt Glvptotheoue Ny-
Carlsberg zu Taf. 16 S. 23.
Mit der letztgenannten Zopffrisur, die Conze
Att. Grabreliefs Taf. CVIII zuerst auftritt, ist
wohl der oyxog zu identifizieren, der nach Pollux
onomast. IV 133 zo vxeo to xqöö'jjxov dvkyov dg
vtfos /.aßdosidh trö o%rjiian ist. Die ziKExrdvai
He.sych. s. fxo/i/w) bezeichnen einzelne Flech-
ten. Zxtioa. v.-z6o.-ieioa wird den einfachen Kno-
ten bezeichnen (Pollux II 31. IV 149). In helle-
nistischer Zeit wird falsches Haar zuerst aus-
giebiger verwendet, vgl. die Belege bei Stephanus
s. xyvixjj, qpsvdx?], evrotxov, nooxdfttov xqog-
thzdv (Pollux II 30j . xö'iiai .-looo&eTot (zuerst
Xen. Cyrop. I 3, 2. Lukian. Alex. 3), ai rrgöofc-
tol «zuerst Aristoph. frg. 321 Kock).
3. Schon seit der archaischen Zeit spielen
unter den yvraixEia <poot]uata Hauben und
Kopftücher eine große Rolle. Während das
große Kopftuch (s. xorjbsuvov) zum Ausgang nur
umgebunden wird, bilden diese einen wesentlichen
Bestandteil der Frisur selbst. Eine Namensamm-
lung bei Aristophanes frg. 320 Kock. Die bekann-
teste Haarberge ist der xexgvipaXog; s. Win ekel -
mann Kunstgeschichte, herausg. von Lessing 149.
Descr. des Pier. gr. du Cab. de Stoach p. 417.
Becker Charikl. ni 304. Heibig Hom. Epos 2
157ff. Furtwängler Berl, Phil. Wochenschr.
1888, 458. Studniczka Beitr. z. Gesch. d. alt-
griech. Tracht 129ff. J. Müller a. a. O. 86, 4.
Es handelt sich um ein Haarnetz : denselben
tarnen führt auch das sackartige Jagdnetz (Xen.
■ Cyr. VT 7. Plut. Alex. 25); der eine netzartige
Magen der Wiederkäuer (Aristot. de part. an. III
13) und der Pferdemaulkorb (Xen. de re eq. 6.
7f. Pollux I 184. X 55; vgl. Pernice Griech.
Pferdegeschirr, 56. Berl. Winckelmannsprogr. 6ff.).
Der Verfertiger heißt xsxQv(pa).ojiX6xog (Crit. bei
Tollux VII 179). Auch mit Steinen kann das
Ketz verziert sein (Agasios Schob Anth. Pal. V
276 v. 10: xai ki&oxoA.k^taiv 7r)Jyfzara xexqv
cpdloiv); vgl. überhaupt Anth. Pal. V 260. VI
206. 207. 219. 275. Aus den xexQtxpaXoi rosig
m nlamlm CIA II 787 Z. 18 (Inv. d. Brauronion
339/3. Michaelis Parthenon 311, 140) ist für
die Form des Netzes nichts zu erschließen (Stud-
niczka Vermutungen z. gr. Kimstgesch. 19; a.
a. O. 130, 23). Die nlaiaia sind viereckige Fächer
an den Wänden zum Aufbewahren von Weihge-
.schenken, die 70. 74. 98. 127 usw. wiederkehren.
Der xsxQvtpaJ.o? kann nicht direkt, sondern nur
mit einer Binde am Kopf befestigt werden (Ari-
stoph. Thesm. 257: xexovydkov 6st xai fuhoa;).
Danach hat man den x£XQv<pa).og in den kleinen
im Nacken sitzenden und mit einer ein- oder
mehrmals um den Kopf gewundenen Binde be-
festigten Haarnetzen zu erkennen, die im 5. Jhdt,
auftreten und namentlich im 4. Jhdt. verbreitet
sind. In der Plastik zeigt sie eine Gruppe von
Köpfen, die Furtwängler im Anschluß an seine
.Lemma' dem Phidias zuschreibt (Meisterw. 98, 1,
z. B. Arndt E.-V. nr. 435/6), die Hera Barberini
in Rom, das Relief von Pharsalos Brunn-Bruck-
mann Taf. 58 und ein Kopf in München (Einzel-
verkauf 934; vgl. auch die Gruppe von Fäl-
schungen Furtwängler Neuere Fälschungen
v. Ant. 24ff.). Auf Münzen begegnet er häufig
auf bekannten syrakusanlschen Münz typen. Sehr
häufig auf Vasen: Furtwängler-Reichhold
Taf. 8/9, 30. 59. 68. 79. 97. 120. 3. 129; Arch.
Ztg. 18S2 Taf. 5. Das Festbinden mit der Binde
zeigt ein Fragment im Stil des Duris, Hartwig
Festschrift für Benndorf m. Anth. Pal. V 276
heißt die Binde dra<3«Q,u>/ (dpyvgwjj). So auch in
den vielbesprochenen Versen Ilia* XXII 468E,
wo der Andromache ihr Haarschi nuck vom Haupt
fällt (s. Art. 'Avaösöfirf). Helbi<* a. a. O. und
Über den Pileus d. alt. Italiker (S.-Ber. Akad.
Münch. 1880. 527ff.) will den xsxqvtpalog deshalb
in hohen steifen Hauben sehen, die im 5. Jhdt.
auf etruskischen Wandgemälden vorkommen (Abb.
a. a. O. 63ff. ; vgl. Elfenbeinreliefs Rom. Mitt.
1906 Taf. 15/16; ionische Amphora Furtwäng-
ler-Reichhold Taf. 21; italisch-ionische Kanne
Arch. Anz. XIX [1904] 60). Auf Münzen von
Knidos begegnen sie im 6. Jhdt. (Brit. Mus. Cat.
Caria PI. XIII nr. 8). Gegen diese Auffassung
wendete sich mit Recht Studniczka und J.
Müller a. a. 0., denn ein solcher Bedeutungs-
wandel ist unglaubhaft. Schon stets fiel auf. daß
diese Schmuckstücke Hom. II. XIV 170ff. bei
der Toilette der Hera nicht erwähnt werden, und
tatsächlich ist der xexQvtpakog an Denkmälern
homerischer Zeit nicht nachweisbar. In Wirk-
lichkeit fällt nun der Vers 469 ans dem Zusammen-
hange heraus. Er ist später eingefügt zur Er-
klärung der dsauara myalöevza. Nur bei dieser
Annahme ist die Tracht des xEXQvcpakog mit dem
allgemeinen homerischen Brauch in Einklang zu
bringen. Auch auf Männer werden einmal die
xexQvtpaloi übertragen : in . der Diadochenzeit
tragen sie die verweichlichten spartanischen Großen
(Antiph. bei Athen. XV 28). Diese sind purpurn
10 wie Anth. Pal. VI 207.
Die Sitte , das Haar mit einer mehrmals um
den Kopf geschlungenen Binde aufzubinden (z. B.
Furtwänger-ReichholdTaf. 28. 30. 35. 57,3.
Arndt E.-V. 12031 Ant. Denkmäler I Taf. 33.
Arch. Jahrb. XXI [1906] 165ff. usw.) führt schon
im 6. Jhdt. dazu, den ganzen Kopf haubenartig
zu umwickeln (Kleinmeisterschalc München 16 ;
Arch. Jahrb. XXII [1907] 104 Abb. 23/24. Arch.
Ztg. XL [1882] Taf. 11 u. v. a.). So entsteht die
20 Nachtmütze (Aristoph. Thesm. 257f.). die xsyakt}
xEot'&sTog , die auch bei Tage benützt wird-, s.
Studniczka. Tracht 130. Heibig Hom. Ep.2
225, 7. J. Müller a. a. O. Sie ist im 5. und
4. Jhdt. allgemein verbreitet, z. B. Furtwäng-
ler-Reichhold Taf. 106. 73. 43—45. 94. 92.
61. 63. 93. 71. 24. 4. 57, 2; Lapithinnen vom
Olympia- Giebel, Brunn-Bruckmann 454f. E.-
V. nr. 1732/3 usw. Den Akt des Umlegens des
Tuches zeigt die Terrakotte Furtwängler
30 Sammlung Sabouroff II Taf. CXXX. Häufig sieht
aus dem Haubentuch auf dem Scheitel ein Haar-
busch heraus, wie Furtwängler-Reichhold
Taf. 33. 46. 85 u. a.; so auch auf dem Relief
aus Nemi (Springer-Michaelis Handbuch 8 I
1 78 Fig. 340. Furtwängler Antike Gemmen
III 2661V). Beim Gelage tragen auch Männer zu-
weilen die xeyaXr) JZEol&Eiog , z. B. Mann auf
Hischylosteller , Berlin 2100 (Jahrb. I [1886]
Taf. 12). Singular ist das Kopftuch auf dem
40 Becher des Hieron Furtwängler-Reichhold
Taf. 85: es ist an einem metallenen Stirnband
befestigt und fällt, die ganze Haarmasse ver-
deckend, in den Nacken herab. Ein darüber um
den Kopf gelegter Reif oder eine Binde hält noch
einmal das Ganze. Daneben kommen richtige
Hauben vor (z. B. Dienerin der Hegeso, Brunn-
Bruckmann Taf. 436), meist mit einem Knopf
(Furtwängler-Reichhold Taf. 35; Grabstele
Brunn-Bruckmann Taf. 417) oder einem Zipfel
50 (Furtwängler-Reichhold Taf. 23. 53) in der
Mitte über dein Wirbel. — Die Art, wie die sog.
Sappho in Berlin (z. B. Baumgarten-Poland-
Wagner Hell. Kultur 2 Abb. 209) ihr Haar mit
der Binde im Nacken breit, über der Stirn schmal
umwunden trägt, leitet über zu der Form des
adxxog, einer Binde, die hinten breit die Haar-
masse umfaßt und über der Stirn mit einem
kleinen Knopf geknöpft wird (CIA II 758 col. II
13. Aristoph. Thesm. alt. frg. 320, 13 K. u. a.),
60 z. B. Furtwängler Samml. Sabouroff Taf. CXIX.
CXLITI 3. Springer-Michaelis Handbuch 8
303Abb.557. Furtwängler-ReichholdTaf.79.
Conze Att. Grabrel. I Taf. XXV; Grabrel. aus
Thasos, Brunn-Bruckmann Taf. 232; Votiv-
relief, E.-V. nr. 562; ,Peitho' im Parthenonfrieä
(Michaelis VI 39; E.-V. nr. 726). Eine Abart,
bei der um den Vorderkopf eine verhältnismäßig
schmale Binde herumläuft, die sich am Hinterkopf
stark verbreitert und in eine kleine Haube über-
geht, ist die o<p£v&6vt) bezw. omw&ootpevdövij (z. B.
Poll. T 96; s. Stephanus s. v.). Die Form ent-
spricht der Schleuder und der Fassung des Finger-
ringes, die denselben Namen führt. Beispiele:
Conze Att. Grabrelicfs Taf. CCLXV nr. 1198.
Stackeiberg Gräber der H. Taf. LXVI1L Die
HeTa vom C apitol (F u r t w ä n g 1 e r Meisterw. 117.
Einz.-V. 457/8 = Antike Denkmäler I Taf. 55). —
In makedonischer Zeit kommt ein Kopftuch auf, 10
das nur den Vorderkopf bedeckt; .dasselbe ist
vorne zusammengerafft und mit einer Schleife ge-
bunden; es breitet sich nach dem Oberkopfe aus,
läßt aber den Hinterkopf frei' (Furtwängler).
Dies Kopftuch trägt die sog. Methe in München
Glyptothek Furtwängler 246. Brunn-Bruck-
mann Taf. 125; ein Kopf im Palazzo Pitti in
Florenz (Arndt-Amelung Einz.-Verk. 232/3,
vgl. Festschr. f. Overbeek 98), die trunkene Alte
in München Glypt. Furtwängler 437. Brunn- 20
Brück mann 394 und die Brautmutter Doris im
Hochzeitszug des Poseidon vom Altar des Cn.
Domitius Ahenobarbus, München Glypt. Furt-
wängler 239. Brunn-Bruckmann 124 (im
letzten Falle etwas weiter in den Nacken fallend).
Dazu kommen ein Heraklesköpfehen Einzelverk.
743, 4 und Hermaphroditen, Furtwängler Sta-
tuenkopien im A. I, Abb. Akad. Münch. 1896.
582ff.
V. Diademe, Haarbinden. Homer kennt 30
zwei Diadem formen: orEtfän] und äftnvs. Hym-
nus V 7 tragen die Hören goldene äf.mvxes,
Aphrodite oze<pävt]v evthxtov xalijv xQ vaE ^ r i v -
Letztere ist also wertvoller. Über den äfiavg
s. Heibig Hom. Epos 2 157. Reichel Homer.
Waffen- 144. Häuser Österr. Jahresh. 1906,
111. Bremer 13. 48; vgl. Art. Ampyx. Der
dfiTtvt ist ein metallenes Stirnband, das auf eine
Binde aufgenäht ist, ebenso wie das Stirnband
der Herde (z. B. Hom. IL V 358. 3G3. 720. VIII 4ö
382). Beispiele aus der Vasenmalerei : Poseidon auf
korinthischem Pinax. Antike Denkmäler II Taf. 30,
18; Frau auf Scherbe aus Teil Defenneh a. a. O.
Tai'. 21, 1. Als hohen Aufbau tragen die Frauen
der melischen TongcfäfcSe im 7. Jhdt. den äunvS:
Conze Melische Tongef. Taf. IV und Titelvignette
(= Arcli. Ztg. 1854 Taf. 02). Eine ähnliche
Form trägt .Leukothea" Brunn-Bruckinann
Taf. 228. Vom 5. Jhdt. an ist der «/an? auf
die Frauen beschränkt, seine Form wird immer 50
reicher, namentlich durch nach oben aufragende
Blatter und Blüten, die ebenso aber auch in die
einfache Binde eingesteckt werden (Beisp. des Am-
pyx im 5. und 4. Jhdt. : Furtwängler-Reich-
hold Taf. 38f. 20. 30. 40. Furtwängler Samml.
Sabouroff I Taf. LXVi. Dieser a^i,ivg heißt auch
xoovtftozqg (Hesych. s. v. : xöotiov yvvaty.siov z6
siegi n)v x€<fa/.r/v yovoiov). Eine Abart des
a/wß hat Hauser "(Österr. Jahresh. IX (1906)
lOlff.) ausgeschieden, die orkcyyig. Über sie 60
Schob zu Aiist. Eq. 580 yovooiv eka.ot.ia zo xtoi
rfj xefpakij. Poll. VIII 9 decua at/oveoytther, o
mg! tf] xetp-alij <fogovotv t Hippoloch. bei Athen.
IV 128C XQO£OT€<paVü}XEt 6e xal i'xaorov
mieyyidi xQvof], Daß es sich um eine Form des
äfatv^ handelt, zeigt das delische Inventar von
250 (Bull. hell. 1903, 87 Z. 10), das ein mXey-
ytdtov zqvoovv hii tmviÖiov auffährt. Die Form
des Metallteiles muß natürlich dem Schabeisen
ungefähr entsprochen haben. Die als Trinkge-
schirr benutzten Stlengiden (Aristpph. Thesm.
588) gehören auch hierher, sicher aber nicht die
von Haus er ebenfalls herangezogenen Kampf-
preise Xen. anab. I 2, 10.
Die oTS(pdvt} ist ein um den ganzen Kopf
herumlaufender geschlossener Metallreif, wie es
sein Name sagt-. Dieser wurde auch auf das die
Helmkappe umsäumende Metallband (Hom. IL
VII 12, X 30. XI 96) und auf den unter der
Glaüe stehen gebliebenen Lockenkranz übertragen
(Poll. V 144). Frühere Ansicht: Gerlach Phi-
lologus XXX 494; vgl. Savignoni Mon. ant.
VII (1897) 86f. He 1 big Hom. Epos* 157;
s. Hom. IL XVTH 597. Hesiod. Theog. 578. Anth.
Pal. VI 274. Callix. b. Athen. V 201 D. 202 B. D.
Aelian. var. hist. I 18. Aristoph. Eccl. 1034.
Luc. am. 41. Herodot. VIII 118. Aristoph.
Eq. 968 als Zeichen von besonderem Luxus.
Varianten der Bezeichnung lür dieselben Schmuck-
stücke gibt Euripides Medca 1160 x& vo °v$ ÖT£ '~
tpavog; 983 yovoÖTSvxiag oiF.<pavog; 1186 XQ V ~
oovs Tzköxog; 785 xkoxog xgvor/kazog; 978 X9 va U
ävadeofo]. Diese drei Ausdrücke ozzqpavog, nkö-
y.os und avadia/iii] bezeichnen also nicht ver-
schiedene Schmuckstücke, sondern man brauchte
sie durch- und nebeneinander für denselben
Schmuck, d. h. dann eben den Reif. Von be-
sonderen Formen des zu allen Zeiten getragenen
einfachen Reifs ist die älteste der ionische Haar-
reif, der im 6. Jhdt. im griechischen Osten -ver-
breitet ist. Er hat eine geschwungene Form,
die bis zu den Schläfen dem Haarrand folgt, im
Bogen, oft mit scharfem Knicke, die Ohren um-
geht itTid sieb dann im .Nacken zusammenschließt.
Über Verbreitung s. Bremer 14f. Als äpnvl;
trägt den ionischen Reif x. B. die Karyatide
vom Knidierschatzluiuse in Delphi (Homolle
Fouilles de Delphes IV Taf. 20). als geschlossenen
Reif findet man ihn auf den Friesen des Knidier-
schatzhauses in Delphi (Homolle a. a. O. Taf.
11 — 14} und des Siphnicrsch atzhaus es (a, a. 0.
Taf. 9f. Athen. Mitt. 1909, 162), auf klazo-
menischen Sarkophagen (Antike Denkmäler I
Taf. 45. II Taf. 58) und sonst. Die letzten Aus-
läufer dieses Reifs finden sich in Etruricn (z. B.
Wandgemälde Mon. d. Inst. V Taf. 34. IX
Taf. 13—14) und in Attika in einem geschwun-
genen mit Maeandermuster verzierten Reif, den
in der ersten Hälfte des 5. Jhdts. die Frauen
tragen. z.B. Furt wängler-Reichhold Taf. 52.
In der zweiten Hälfte des 6. Jhdts. tritt in At-
tika der Kranz als Hauptschmuck des Haares
auf. Natürlich handelt es sich in vielen, wenn
nicht gar den meisten Fällen , um einen natür-
lichen Kranz, aber schon wenn der Kranz den
aufgebundenen Schopf zu tragen hat fs. o. II),
muß man einen Metallkranz annehmen. Entweder
bandelt es sich um einen Kranz in Form eines
«u.-rrj, der hinten mit einer Binde zugebunden
wird , wie es zahlreiche erhaltene Goldkiänze
zeigen, oder aber die einzelnen Blätter waren auf
die Binde aufgenäht, die Form, in der wir oben
(unter Hj die rhrtyss erkannt haben. Eine solche
Binde mit aufgenähten Blüten tragen Amphi-
trite und eine zweite Frau (Mon. d. Inst. I
Taf. 52f.) in der Hand, mit aufgenähten Blättern
Nike (Furtwängler-Eeichhold Taf. 20) und
ein Erot, a. a. 0. Taf. 124. Ein ähnliches
Schmuckstück hält auch noch eine Frau auf der
Deckelsehale aus Kertsch a. a. 0. Taf. 68 in
der Hand. Um einen gleichartig gearbeiteten
Kranz handelt es sich, wenn die Blätter nur
nach einer Seite vom Reif abtreten, d. h. nach
oben, wie bei der Athena Furtwängler-Reich-
hold Taf. 14 oder dem Zeus Hartwig Meister-
vorkommenden Binden erkennen, die an ihrem
rund abschließenden Ende einen oder mehrere-
Faden zum Zusammenbinden haben (z. B. Furt-
wängler-Reichhold Taf. 5. 26/7. 57, 1. 77.
96/97 Dionysos; Furtwängler im Text: Mitra),
und die gerade im Kult (a. a. 0. Taf. 19. Arch.
Ztg. 1880 Taf. 16), namentlich auch zum Schmuck
der Grabdenkmäler, eine Rolle spielen. Über
ftlrga auch Becker Charikl. II 393f. Auch
schalen Taf. 68. Diese Kranzform leitet direkt 10 avtäqfia bezeichnet eine einfache Binde (Euripid.
über zu dem Einstecken von Blättern und Blüten
in die Binde, das nach dem Zeugnis der Vasen-
bilder im 4. Jhdt. so überaus verbreitet war.
Im Anfang des 5. Jhdts. ist in Attika als Jüng-
lingstracht eine Diademform verbreitet, bei der
über der Stirn von dem glatten Reif oder einer
Binde (so z. B. Hartwig Meisterschalen Taf. 61)
eine Spitze in die Höhe ragt (Bremer 17). In
dem einen Falle ist eine offene (Mon. ant. XVII
Hippol. 83; Elektra 882; Inventar der Brau-
ronia [Michaelis Parthenon 307ff.j 157 ävä-
drji-ia xowlXov). Fast ausschließ lieh im Kult
verwandt wird das axififia (Euripid. Or. 12 als
Zeichen der Königs würde), s. Hom. IL I 14. 28.
Euripid. Hiket. 36. 470; Bakeh. 350; Ion 224.
522. 1310. 1838. 1389, weitere Belege bei Stc-
phanus, vgl. auch oTs^uanalog Öixt]?.ov (Hesych.) ;
oreftfiazias , Bein. d. Apoll., Paus, ni 20, 9;.
[1906] Taf. 10) oder geschlossene (Artemis Furt- 20 ars^uaröco, Euripid. Heracl. 530. Hierher gehört
wängler-Rei'chhold Taf. 115) Blüte oder ein die geknotete V\' ollbinde , die noch in römischer
Blatt in die Binde gesteckt (so auch wohl auf
der Stele Borgia Brunn-Bruckmann Taf. 416),
in dem andern handelt es sieh um ein Diadem.
das sich vorne verbreitert und über der Stirn e
in eine Spitze zuläuft, z. B. Mon. ant. XIV (1904)
S. 918 Fig. 116. Mon. d. Inst. III Taf. 12. Als
Königsreif trägt- dies Diadem ein späterer Fürst
in der Münchener Residenz (Arndt-Amelung
E.-V. 965f. Arndt Strena Helbigiana 1 Off.). DiesSOpios (z. B. Arndt-Amelung E.-V. 121f. 1139L
Zeit zur Priestertracht gehört (Furtwängler
Meisterwerke 558) und von der Iuno Ludovisi
bekannt ist (s. auch Arndt-Amelung E.-V.
1121f. Gerhard Auserl. Vas. HI 243. Furt-
wänglcr-R eichhold Taf. 19). Endlich ist
unter den Binden noch die breite wulstartig
zusammengelegte Rollbinde zu erwähnen, die seit-
dem 4. Jhdt. erscheint. Sie eignet dem Askle-
ronie zugespitzte Diadem ist im 4. Jhdt, als
Kindertracht weit verbreitet; vgl. Conze Att.
Grabrelicfs Taf. CLVI nr. 815. Taf. CLXI nr.
827. Taf. CLXII nr. 828. Bd. II Taf. CXC1V
= Arndt-Amelung E.-V. 564. Göttliche Wesen
tragen seit den ältesten Zeiten statt des ein-
fachen Reifs einen hohen Aufsatz , den Kalathos
oder Polos (s. den Art. Kalathos), von dem die
Mauerkrone (s. d.) eine Abart ist.
1319f. 1317) und Herakles (s. Furtwängler
Meisterwerke 433. Brunn-Bruckmann Taf.
338. 545. 6121). Einmal trägt sie ein Dioskur
(Einzelverkauf 13581) und auch der jugendliche
Dionysos (Klein Praxiteles 414, 2. Einzelver-
kauf 11231). Sie ist nach Furtwängler (a. a.
Ü.) keineswegs eine einfache Siegerbinde, son-
dern scheint entlehnt vom Symposion'. Viel-
leicht darf man mit der Rollbinde das oiQÖtpiov
Neben dem metallenen Diadem oder Haarreifen 40 identifizieren, das der eleusinische Hierophant
trägt mau seit den ältesten Zeiten (vgl. den
.Apoll" von Orchomenos. vom Ptoion [Bull. hell.
XXXI [1907] PL XX u. Fig. 5 und 6] u. a.) die
einfache Binde. Ihr gewöhnlicher Name ist
Tcm-ta (Belege bei Stephanus s. ratvia, rai-
ridior. Taivtöoj). So heißt auch die Siegerbinde,
z. B. beim Polykletischen Diadumcnos (Lucian.
träsrt, vgl. Arne In ng Atti della Pontif. Accad.
rom. di arch. 1905. 132ff. Rizzo Rom. Mitt. XXV
[1910]156ff. (DittenbergerSYll.anr.409. Plut.
Arist. V 6, 7. Arrian. Ep. diss. III 21, 16). Über
die Kränze, die bei den Symposien gebraucht
werden, s. den Art. Sretpavos.
VI. Das gepflegte Haar f ftfetpa, Find. Isthm.
IV 10: ■/höi), Sopli. El. 52. Ps.-Phokylides 212)
rollt sich meist von selbst in Locken auf. Locke
Philops. 18. Bulle Der schöne Mensch ^ Taf. 50),
und die weiße Königsbinde der späteren Zeit. Lu-
cian. Ploion39; Nekr. dkl. XIII 4. Die /u'xjm 50 = oorkiyt (Callim. frg. 22, bezeichnet auch die
ist speziell Frauentracht. Bei Männern bezeichnet Fänger des Tintenfischs), nlxivvog (Anth. Pal. V
197 u. a.l, ßoGTQv/og (Athen. X wird das C einem
ßoorovz<o dkiyfievf» verglichen; Euripid. Bakch.
749. Änth. Pal. XI 66 u. a. ; vgl. Krause _69).
Die langen Lockenstvähnen vor den Ohren heißen
Poll. II 28 xaoojTtöeg. Auch die homerischen
aidxa«oe(Helbig 170. Hofmann 184) können
nach dem Urteil der Denkmäler keine ^ Zöpfe,
sondern nur Locken bezeichnen, die freilich bis-
sie Weichlichkeit i Aristoph. Thesm. IOOj. Asien
ist die Heimat der plrna, die Asiaten tragen sie
(Herodot I 195. VII 62: vergl. Verg. Aen. IV
216), und als Import aus Lydien kommt sie nach
Griechenland (Aikmann frg. 23 v. 67f. Bergk.
Pind. Nem. VIII 25). Purpurn ist ihre Farbe
im Parthenoninventar (Michaelis Parthenon
297. 26 1. bei Pindar i'a. a. O.'i ist sie .t£.to(*j/.-
fih-T], bei Anakreon frg. 65 Ber^k xo/.vdrfano?. 60 weilen auoh künstlich gedreht wurden (Hera. Hom.
Auch im Kult spielt die uiroa eine Rolle. Plut. IL XIV 175ÜJ. So stark, wie man aus den sti-
spielt
Mor. 304 c trägt sie ein Heraklespriester ywai-
xeiav evöedv/xeroz ioftrya; vgl. p. 672 A. Athen.
XII 531 A. Entsprechend werden Schiffe mit
einer (.dtqa umwunden, Athen. XII 5350. und
Athen. V 198 D eine Statue (eine ratvia wird in
diesem Zusammenhang Lucian. Philops. 19 ge-
nannt). Man möchte die ^irga in jenen häufig
lisierten Frisuren verschiedener Denkmäler ge-
schlossen hat (zuletzt Haus er im Text zu Furt-
wängler-ReiehhöldTallllS.270), wurdedies
Lockenwickeln aber jedenfalls nicht getrieben.
Das Gegenteil ist ttravödQtz (Plat. Euthyphr.
p. 2B u. a.J. Kahlköpfigkeit ist nach dem Ur-
teil der Denkmäler sehr häufig, gilt aber immer
^jlöö uaartracnt und. Maarseümuck
»ls Zeichen von Häßlichkeit (Hom. IL II 218.
Lucian. Ploion am Ende u. v. a.). Auch Frauen
sind nicht davon verschont (Stratonike, Gemahlin
'des Seleukos, Lucian. pro imag. 5). [Bremer.]
B. Rom,
Für die weiblichen Haartrachten der römischen
Republik sind uns keine monumentalen Zeugnisse
•erhalten. Als konventionelle Tracht verheirateter
Frauen erwähnt Varro VII 44 den tutulus , ein
Haartracht und Haarsclimuck 2136
dei Lincei I 577), deren Deutung nicht unwahr-
scheinlich ist. In den folgenden Jahren erfahrt
die Tracht, wie aus den Münzbildnissen derOctavia,
des Marcus Antonius Gattin, hervorgeht, keine
Änderung, auch an dem jugendlichen Bild der
Livia im Louvre (Bernoulli II 1 89) ist sie ge-
wahrt, doch hat hier die steife Typik einer freieren
und leichteren Auffassung Platz gemacht, was
sich auch an einer Münze der Iulia, Oetavias
auf dem Wirbel des Kopfes sich erhebendes', von 10 Tochter beobachten läßt (Rostowzew Tessera-
Binden umwundenes, schopfartiges Toupet, eine
Tracht, die ein Gemälde aus Herkulancum uns
Als hochzeitlichen Schmuck der jungen Frau vor-
führt, Guhl-Kohner Leben der Griechen und
Eömer 581, 591. Frauenbildnisse vom Ende der
Republik (so das Grabrelief Museo Chiaramonti
13 a, Amelung-Katalog) zeigen die Tracht der
der Fulvia, die weiter unten ihre Besprechung
finden wird. Vom Beginn der Kaiserzeit aber
lalit sich der rastlos fortschreitende Wechsel und 20 locker gehalten und reich ineinander verschlungen.
rum sylloge 2). Livia trägt diese Frisur während
der ganzen Regierungszeit des Augustus und den
ersten Regierungsjahren des Tiberius, wie der
Florentiner Cameo bezeugt, der Livias und des
Tiberius capita coniugata darstellt (Bernoulli
II 1 Taf. 27, 8); diesem muß die Livia Borghese
im Louvre annähernd gleichzeitig sein. In beiden
Darstellungen ist die Frisur in großartigen und
prächtigen Zügen ausgeführt, die Seitenhaare sind
Wandel der H. an den Bildnissen der römischen
Kaiserfrauen, insbesondere den meist genau da-
tierten Münz- und Gernmenbildnissen, bis in die
-Zeit Constantins im einzelnen genau verfolgen.
Von den historischen Frisuren ist von vorn-
herein der unveränderliche Typus der Idealfrisur
zu trennen, den man den Kaiserfrauen zu verleihen
pflegte, wenn deren Auffassung als eines göttlichen
Wesens vorherrschte, jene Tracht, welche durch
Im Jahre 17 n. Chr. hat Livia jedoch ihre Tracht
geändert und die neue Frisur angenommen, denn
diesem Jahre gehört der erwähnte Pariser Cameo
an, der uns Livia mit der claudischen Zopfschleife
zeigte. Bis in die ersten Jahre des Tiberius also
ist die Dreiteilung des Haares, die Scheite lrlechte
und der Stirnwulst nachzuweisen, dessen litera-
risches Echo die Verse Ovids bilden: Exiguum
nodum summa sibi fronte relinqui üi pateant
die beiderseits vom Scheitel herabflutenden ,iuno- Zöaures, ora rotunda volunt fars am. III 189f.).
nischen' Wellen, durch den runden, lockeren, von
•einer Binde umwundenen Knauf im Nacken charak-
terisiert ist. Dieser durch die hellenische Kunst
geschaffene, in letzter Linie durch Skopas und
Praxiteles ausgebildete Ideal typus kennzeichnet die
Darzustellende als Göttin, über Raum und Zeit
erhaben. Mit ihm erscheint Livia auf dem Wiener
Sardonyx als Kvbele (Bernoulli Rom. Ikono-
graphie II 1 Taf. 27, 2), im Relief von San Vitale
Der neuen Tracht, die mit jener der Übergangs-
zeit erst rivalisierte und sie dann ablöste, begegnen
wir zuerst auf den Münzen der Antonia, der Ge-
mahlin des Nero Drusus. Demnach ist die neue
Frisur ungefähr im ersten Jahrzehnt v. Chr. neben
der bisher allein herrschenden aufgekommen. Das
Haar ist der Länge nach genau in der Mitte ge-
scheitelt und fällt leichtgewellt zum Nacken; hier
ist es lose zu einer Schleife wiederaufgenommen
zuttavenna (Bernoulli laf. 6. Conze Familie 40 und mit einem Band umwunden. Ein literarisches
des Augustus) und auf den Münzen mit der Auf-
schrift Salus Augusta, Pietas, lustitia,; wir finden
die gleiche Tracht an den Münzbildnissen der
Messalina, Octavia Neronis, Doinitia, Diva Sabina
<Cohen Monn. de TEmpire rom. I und II). Zu-
weilen geraten Einzelheiten aus derzeitgenossischeu
Mode in die Ideilfrisur, so am Bilde der Livia
im Pariser Cameo (Furtwängler Ant. Gemmen I
Taf. 60), so an der ,Hera Ludovisi' (Furtwängler
Zeugnis für die Gleichzeitigkeit beider Frisuren
bietet sich uns in den zum Teil- angeführten
Versen des Ovid. Nachdem er für das runde
Antlitz den Stirnwulst, nodus, empfohlen, fährt
er fort: Longa probat faeies capitis discri-
m i n apur i (die ar s am . ist z w i sehen 1 v. — 1 n. Chr.
entstanden. Schanz Rom. Lit -Gesch. II 1, 191).
Diese einfache Tracht des gescheitelten und
lose zum Nacken fallenden Haupthaars ist z. B.
Meisterw. 55ff.), wo jedesmal am Vorderkopf die 50 die der ,Clvtia' des Britischen Museums (Hüb ner
Haare in der Form r\cr Tdpslfrisnr VmhoTiflal+ ^r] Riu„: „:^„- r>* ;..\ ,i:„ .i..„ i. • j:^ i..
Haare in der Form der Idealfrisur behandelt sind,
während über dem Nacken die Zopfschleife liegt,
«in charakteristischer Zug der claudischeu Mode.
Für die Modefrisuren in der Zeit des Überganges
von der Republik zur Monarchie geben uns die
Münzen der Fulvia, in den Jahren 43—40 v. Chr.
geprägt, genauen Aufschluß. Zwei parallele Scheitel
trennen das Haar des Vorderkopfes in eine mittlere
und zwei seitliche Partien. Die mittlere Partie
Bildnis einer Römerin) , die demnach in die Zeit
Antonius zu datieren ist.
Die Zopfschleife gewahren wir auch über dem
Nacken der camilli der Ära Pacis Augustae (Sieve-
king österr. Jahresh. 1907, 187, 58), während
das in klaudischer Weise kurzge >chnittene Haupt-
haar der Knaben nicht von der weiblichen Mode
beeinflußt ist. Das nämliche scheint der Fall
zu sein bei den camilli auf dem Relieffragment
ist gerade nach vorn gezogen, über der Stirn 60 des lateran. Museums Benndorf-Schoene 486
schleifenartig wieder nach rückwärts genommen; Taf. 13, 1.
die seitlichen Partien sind glatt dem Schädel an-
gelegt und ziehen sich gleichfalls zum Hinterhaupt,
wo alle drei Partien in einen runden, straffen
Knauf vereinigt sind. Mit peinlicher Exaktheit
wird diese Tracht dargestellt in einer den Münzen
g?nz entsprechenden Form an der ,Pulvia' der
Kopenhagener Glyptothek 595 (Heibig Mon.
■ - -■ j ■"■ •
Die allgemeine Mode verharrte nicht bei dieäer
schlichten und natürlichen Frisur. In welcher
Weise sie dieselbe bald reicher und natürlicher
zu gestalten wußte, zeigen uns die Bildnisse der
älteren Agrippina, insbesondere die Statue von Cer-
vetri im Lateran (Bernotilli II 1 Taf. 19 Heibig
Führer I 672) und der prächtige Kopf 316 der
2137 Haartracht und Haarachmuck
Haartracht und Haarschmuck 2138
Münchener Glyptothek, welche aus zwingenden
Gründen auf die ältere Agrippina gedeutet werden
müssen. Da sehen wir eine vordere etwa hand-
breite Partie des gescheitelten Haares, in künst-
liche Wellen gelegt, von der übrigen Haarmasse
deutlich unterschieden, um Stirn und Schläfen
ziehen. Gleichzeitig diesen Bildnissen ist die
Matrönenbüste 630 der Kopenhagener Glyptothek,
doch nicht mit Agrippina selbst identisch (Rom.
Mitt, 1892, 236. Furtwängler-Ulrichs Denk-
mäler 150. Arn dt-B ruckmann Sammlung
griechischer und romischer Porträts 71 IL).
Dieser breite Saum künstlich ondolierter Haare
wandelt sich nun zu einem Kranz zierlicher Löck-
chen, indem man jene vordere Haarpartie halbkurz
schnitt und die Enden ringelte. In allen anderen
Bildnissen begegnet uns Agrippina mit dieser
Tracht, so in derBüste des Kapitols (Bernoulli H
1 Taf. 15. Hclbig 1 313), auf dem , Cameo mit den
Fruchthornbüsten' zu Wien (F u r t w ä n g 1 e r Ant,
Gemm. III 320) u. a., insbesondere auf sämtlichen
— nach ihrem Tode geprägten — Münzen. In drei
Reihen wohlgeordnet folgen hier die Lückchen
aufeinander, durch die Scheitelung weit von ein-
ander getrennt. So muß sieh Agrippina in der
letzten zu Rom verbrachten Periode ihres Lebens,
19 — 29 n. Chr., getragen haben. Daß aber um
das J. 17 n. Chr. der Wechsel der Mode ein-
getreten war, der aus den künstlichen Wellen
ums Angesicht den zierlichen Löckchenkranz
werden ließ, beweist der Pariser Cameo. Die
sitzende Frau in der Ecke rechts — buchst wahr-
scheinlich Livilla — trägt eben diesen Locken-
kranz. Diese Mode zeichnet der unter Tiberius
dichtende Manilius V 140 .. . . tortos in fluetum
ponere erines Aul vinclis revocare comas ei
i-erti'ce denso Fingern
Auch Livia hat diese Mode angenommen und
zeigt sich uns mit dem Löckchenschmack in der
Kopenhagener Büste 611 (vgl. Heibig Rom. Mitt.
1887, 3f."Taf.L Arndt-Bruckmann 6/7) und im
höchsten Alter auf einer Bleitessere (Rostowzew
Rev. num. 1898, 79. ^trena Helbigiana 2(.i2). Unter
Caligula ändert sich die Tracht nicht, ebensowenig
in den ersten Regierun gsjaliren des Claudius ; doch
auf dem Sardonyx im Gemmenkabinett des Haag
(Furtwängler AG I 304). der höchst wahr-
scheinlich um 43/44 n. Chr. entstanden ist. sehen
wir die Lückchen beiderseits um den »Scheitel viel
näher zusammengezogen, die Haare kürzer ge-
schnitten. Eben diese Änderung läßt sich auch
an den frühesten Bildnissen der jüngeren Agrip-
pina beobachten, besonders deutlich wird " der
Unterschied an dem erwähnten, sicher vor 54 ent-
standenen Cameo mit den Fruchthornbüsten. weil
hier die jüngere und die ältere Agrippina einander
gegenübergestellt sind. Immer üppiger wird das
Löckchengewirr ; an der zu Olympia gefundenen
Statue (Ausgrabungen zu Olympia III 256. Taf.
63, 2. Arch. Jahrb. IX 109) bleibt nur mehr
wenig Raum für den Scheitel über. So werden
die Löckchen, erst schmückendes Beiwerk, zur
Hauptsache und verdrängen das ursprünglich
charakteristische Moment der Frisur, die Scheite-
lung. Die Zopfschleife im Nacken bleibt unver-
ändert. Auf den Münzen wie der olympischen
Statue der Poppaea (Ausgrabungen ILT 2-59 Taf.
63, 6. 64, 2. 3), Darstellungen, die zwischen 62— 65
entstanden sind, zeigt es sich endlich, daß der'
Scheitel ganz und gar verschwunden ist unter der
den ganzen Vorderkopf bedeckenden Löckchen-
masse. Statt des Längsscheitels wird jetzt ein
Quer scheitel, von Ohr zu Ohr, übers Haupt ge-
legt, vor diesem die Haare gestutzt und gelockt,.
zur Zeit Othos auch zuweilen in Stufen gebrannt,
z. B. an dem Frauenkopf der Florentiner Uffizien,
Dütschke ILT 46. Indem nun vor dem Quer-
10 scheitel die Löckchen immer höher aufeinander
sich bauten und allmählich ein hohes Toupet
bildeten, entstand die charakteristische Tracht der
flavischen Periode.
An den früheren Bildnissen der Iulia Titi und
Domitia ist das Löckchentoupet verhältnismäßig
niedrig und tritt nur wenig über die Kontur des
Kopfes hinaus, an den späteren Münzbildnissen
der Iulia, die zwischen 81 — 90 datiert sind, ebenso
an den späteren Darstellungen der Domitia sehen
20 wir das Löckchentoupet bedeutend, manchmal ums
Doppelte erhöht, sodaß seine Höhe der halben
Höhe des Antlitzes gleichkommt. Dies ist der
orbis comarum des Martial II 66; hierauf beziehen
sich auch die Verse des Papinius Statius: Celsae
proeul odspice honorcs Suggestumque eomae
(Silv. I llBf.). Ausdrücklich ist hier von Haaren
die Rede, aus welchen die Damen den hochge-
türmten Bau über ihrer Stirn errichteten, nicht
gebrauchten sie dazu Metall, wie vermutet worden
30 ist, indes ist auch auf sämtlichen Darstellungen,
seien es Münzen, Gemmen, Skulpturen, der Cha-
rakter der Haare stets mehr oder weniger deut-
lich gewahrt. — Für diejenigen Bildnisse, an
denen das Löckchentoupet zu noch größerer Höhe
als bei Domitia sich erhebt, ergeben sich aus den
Porträts der kaiserlichen Frauen selbst keine
Analogien, sie gehören in die Zeit Traians. Daß
unter Traian neben anderen Trachten auch der
flavische Löckehenwutst fortbestand, beweist die
40 Frisur der camilli auf den Reliefstreifen zwischen
den Säulenkapitellen des Triumphbogens zu Bene-
vent, der 114 n. Chr. errichtet wurde (Häuser
Osten-. Jahresh. IX 124. Strong Rom. Sculpt.
223). Indes nimmt das Toupet statt der runden
eine mehr schildförmige Gestalt an. Besonders
schöne Beispiele sind: Die sitzende Frau zu
Chatsworth House (Furtwängler Jonrn. hell.
stud. 1901, 221 Taf. 15. Strong 366 Taf.
115). Kopf 23 der Stanza degli irnperatori des
50 Kapitols (Arndt-Bruckmann 72 7f.), ein
Matronenbildnis zu Wien (v. Sacken Beschreibg.
d. antik. Skulpt. d. K. K. Sammlung zu Wien
Taf. 29). Auch andere künstlichere Formen
des Löckchentoupets geboren in die Spätzeit
des flavischen Frisur entypus und leiten zu den
traianisch-h adrianischen Typen über: Das Tou-
pet ist zum Teil aus Löckchen, zum Teil aus
strahlig auseinander gebreiteten Haaren gebildet
(so an der ,Inlia Titi' der Kopenhagener Glypto-
60 thek 662. weiche mit deren sicheren Bildnissen
keine Ähnlichkeit besitzt), oder statt der kleinen
Löckchen türmen sich große Spiralen und Schnecken
auf, so an den Köpfen 665 und 666 der Kopen-
hagener Glyptothek.
Das Bild der Mode unter Traian zeigt sich
uns als ein überaus mannigfaltiges, doch ist den
meisten Trachten das gemeinsam, daß sie über-
dem Antlitz einen hohen, möglichst kunstvollen.
4iQv naanracni una naarsciiniucK
naartracüt und uaarscümucir. 2140
Aufbau errichten. An dem jugendlichen Bildnis sich über den beiden Haarstreifen noch ein dritter,
■der Plotina in der Münchener Glyptothek (B er- so am Kopf 261 des Museo Chiaramonti.
Tio ulli II 2 Taf. 30) ist dieser Aufbau gebildet Sabina selbst hat gleichzeitig mit dieser noch
■durch zwei übereinander aufsteigende Reihen andere Frisuren getragen. Auf Münzen, die
großer Spiralen oder Voluten, gegen die Stirn e frühestens 128 geprägt sind, sehen wir die ge-
ist er abgegrenzt durch einen bandartigen Saum scheitelten Haare leicht gewellt zurückgestrichen,
kurzgeschnittener Haare, über dem Nacken liegt um den Wirbel 2U einem runden Nest lose zu-
die Zopfschleife. Später trug Plotina — minde- sammengewunden, was auch die Tracht des in
stens vom Jahre 112 an, dem ihre frühesten Münzen vielen Exemplaren erhaltenen Porträttypus ist
angehören — die Haare zu einem großen Wulste 10 (Bernoulli 112 128). Andere Darstellungen zeigen
strahlenförmig^ ausgebreitet. Diese Tracht treffen die Haaie über der Stirn ein wenig aufgesträubt,
wir auf zahlreichen Privatbildnissen, die also in dann zum Nacken gezogen und über demselben
die zweite Hälfte der Begierungszeit Traians zu einem von der claudischen Zopfschleife wohl
anzusetzen sind, z. B. an der ,Eleerin', gefunden zu unterscheidenden Haarsaek oder Chignon auf-
in Olympia (Ausgrabungen ni 260 Taf. 64, 4. 5). genommen. Endlich sind die Haare auf anderen
Der gleichen Zeit gehört auch die Tracht der Bildnissen in einem großen Flechtenkranz oder
Marciana, deren Porträt der Konservatoren- Turban ums Haupt geschlungen. Die überaus
palast bewahrt (Arndt-Bruckmann 744f.) . große Zahl privater Bildnisse, welche gerade durch
Über dem die Stirne abgrenz enden Löckchen- diese letztere Frisur charakterisiert sind — bei-
saume erhebt sich ' ein förmlicher Strahlen- 20 spielsweise seien erwähnt die Sancia Pieris zu
kränz von aufrecht stehenden hohen Haarrollen; Kopenhagen (Altmann 215 Fig. 174). die sog.
hinter diesem sind die Haare in Flechten ge- ältere .Agrippimv im Kapitolinischen Museum
dreht und diese zu einem das ganze Hinter- (Bernoulli III, 245 Fig. 44) — beweist, daß der
haupt bedeckenden turbanartigeu Nest zusammen- Flechtenturban die meist verbreitete und all-
gewunden. Im Jahr 112 und wahrscheinlich gemeinste Mode wenigstens der späteren Periode
bis zu ihrem Tode (114) trug Marciana über dem Hadrians war.
Stirnsaum eine doppelte Reihe von Haarbögen, Da die ältere Faustina bereits im dritten Jahre
wie ihre Münzen bekunden. Diese Tracht kenn- der Regierung ihres Gemahls starb (Mommsen
zeichnet auch die : Marciana' des Museo nazio- Herrn. VIII 204), spiegelt ihre Tracht die weitere
nalezu Neapel (Bernoulli 112 Taf. 32), indes 30 Entwicklung der Haartracht in den Jahrenl38- 141
erscheint die Deutung mindestens unsicher, — wider. An der Statue aus Olympia f Ausgrabungen
Den doppelten Stockwerkbau über der Stirne zeigt III Taf. 07, 1. 69, 3. 4) ist das Haupt noch von
auch Matidia, die Mutter der Sabina, auf ihren einem sehr weiten Flechtenturban in der Art der
Münzen, die nach 114 geprägt, sind (sie selbst letzten Frisur Sabinas bekrönt; an allen anderen
starb noch vor 119), und im Marmorbild des Bildnissen Faustinas aber erscheint der Turban
Louvre (Bernoulli 112 Taf. 34). Der Aufsatz zu einem kleinen ländlichen Ringe zusammen-
ist gebildet durch zwei halbmondförmige Haar- gezogen, welcher gerade auf der Scheitelhöhe des
touren, aus ineinander gewobenen Flechten. Um Kopfes sitzt. Auf sämtlichen Münzen und Skulp-
das Hinterhaupt schlingt sich wieder der Flechten- turen, z. B. dem Relief der Antoninus- Säule im
turban. — Diesen doppelten Stockwerkbau der 40 G-iardino dellapigna trägt Faustina diesen Flechten-
Frisuren trifft der Spott luvenals : Tot premit ring auf dem Haupte. Darnach können die zahl-
ordinibus, tot adkuc compagibus altum Aedificat reichen Privatbildnisse, welche diese Frisur charak-
caput . . (sat VI 502f.). terisiert, zeitlich genau bestimmt werden. Über
Noch zwei andere Frisuren überliefern uns die die Weiterentwicklung der Frisur geben uns die
camilli des Beneventer Triumphbogens als mo- frühesten Porträts der jüngeren Faustina Kunde ;
dischc Trachten des Jahres 114. Wir sehen ein- ein solches besitzen wir in der zu Olympia aua-
mal das Haar gescheitelt und ums Angesicht in gegrabenen Statue (Ausgrabungen III Taf. 68, 1.
sehen Museum (Arndt-Bruckmann 748. Alt- Faustina. Ferner wird diese Frisur überliefert.
Zeit vor allem das runde Flechtennest charakte- Mus. Chiaram. 79, welcher im ersten Jahrzehnt
ristisch ist, die Ondulation tritt auch in andern der Resnerung Marc Aureis verfertigt worden ist.
Perioden _ auf. Sodann zeigen uns einige der Privatbildnisse mit einer Tracht, die jener ersten
camilli ein doppeltes Haardiadem, bestehend aus der jüngeren Faustina entspricht, sind also inner-
kurzen, bogenförmigen Haarlocken. Diese letztere 60 halb der ungefähren Grenzen 145 —165 anzusetzen;
Tracht, die sich also frühestens 114 nachweisen als Beispiele seien erwähnt der prächtige Portrat-
läßt, setzt sich unter der Regierung Hadrians köpf des Lateranischen Museums, Benndorf-
tort und erscheint noch auf einer alexandrinischen Schoene 88 (Arndt-Bruckmann 175f.), eine
Münze der Sabina aus dem Jahre 133. Für die Statue im Prado zu Madrid (Arndt-Bruck-
xYivatbildnisse, die diesen doppelten Haarstreifen mann 758).
tragen, ergeben sich also ziemlich weite zeitliche Die Weiterbildung der H. läßt sich an den
,2{ ain J e g' "k Beispiel sei 342 der Münchener Bildnissen der Kaiserin Faustina, . der Lucüla und
•Ulyptothek genannt, an einigen Porträts erhebt Crispina genau verfolgen. Zunächst rückt das
•J141 Haartracht und Haarscümuck
rtaartracüL una naaraüimiui;* ^a*^
runde Flechtennest vom Wirbel noch weiter herab dieselbe Tracht Iulias zeigen (so Wad dington
bis oberhalb des Nackens und wandelt sich zu Eec. gen. pl. V .16), wie ja diese Frisur auch an
einem dicken Knaufe, die Scheitelung bleibt be- den zahlreichen sicheren Marmorbildnissen typisch
stehen. Das Vorderhaar ist meist in tiefe, regel- ist (so zu Wien, v. Sacken und Kenner Tal.
mäßige Wellen gebrannt oder fällt in schlichter 29, 143, Kopenhagen 724. im Louvre cat. somm.
Mass! zum Nacken. Dies ist die Frisur des in 1104. 1107. 1109 u. a.). Für die Privatbildnisse
einer Reihe von Exemplaren erhaltenen Porträt- mit dieser Tracht — hier waren z. B. Gall.
tvpus der jüngeren Faustina, wie 609 des Thermen- lapid. 2, Giardino della pigna 189, Lateran,
museums (Arndt-Bruckmann 7561, im Louvre Museum B.-S. 47 zu nennen — ergeben sich also
Bernoulli 112 Taf. 57) u. a. Nach Ausweis der 10 als zeitliche Grenzen, bis zu welcher diese Tracht
Münzen hat Faustina diese Frisur in den J. 162-1 QCy nachzuweisen ist, die J. 193—207.
getragen. Gegen Ende des Jahrzehnts ändert Dies ist für die alleinige Herrschaft einer
sich die Tracht in geringen Zügen: das Vorder- Mode eine ziemlich lange Zeit; darum ist es nur
haar bildet einzelne Strähnen, die kunstvoll in- natürlich, wenn eine neue Frisur der alten am
einander verschlungen sind. Dies ist die Tracht Ende die Herrschaft streitig macht. Das ist die
der Lucilla auf ihren Münzen aus den J. 164— Tracht der Plautilla Augusta, auf den 202—205
169 wie am Kolossalkopf aus Karthago im Louvre geprägten Münzen [hier sei bemerkt, daß die
(Bernoulli 112 Taf. 60). Auch Faustina nahm ,Melonenfrisur, die man auf einigen Münzen
die Frisur an und trug sie noch im J. 174, wie Plautillas sieht, niemals eine römische Modefrisur,
die Münze mit der Aufschrift maier mstrorum 20 sondern eine (spät-) griechische ist, mit der man
beweist (C o h o n III 149) ; aus diesen Einzelstrahnen zu Rom Kinder oder Mädchen in sehr jugendlichem
bildete man endlich kunstvoll S-Bögen, die uns Alter zierte]. Das Haar ist an den genannten
ein Münzbildnis Faustinas aus dein J. 177 zeigt. Münzbildnissen der Plautilla in Scheitel gelegt,
Das Bestreben, um Stirn und Schläfen die welche den Schläfen parallel laufen. Am Hmter-
Haare besonders künstlich zu bilden, führt zu haupt ist es in ein großes flaches Nest zusammen-
weiteren Formen. Bei Crispina, die im J. 177 geflochten, dies ist aber nicht mehr der große,
Commodus vermählt wurde, sehen wir die vordere bis zum Wirbel aufsteigende Haarschopf der
Partie gerade nach aufwärts gekämmt, sowohl Iulia Domna, sondern schmiegt sich ganz und
auf den Münzen wie dein .Oetavia' genannten gar der unteren Biegung des Schädels au. Auf
Kopf im Louvre, der niemand anders als Crispina 30 vielen Münzen sehen wir das Geflecht noch weiter
darstellt (Mongez- Vis conti Iconogr.rom.pl. 45; herabrücken und über dem Nacken der Haupt -
vgl. Bernoulli 112, 246j. Auch das Flechtemiest masso des Haares gänzlich eingefügt, sodaß es
im Nacken ändert sich; es vergrößert seinen gar nicht aus der Kontur des Kopfes tritt. Die
Umfang, wird aber so flach, daß es sich ganz Masse des Haares, welche die Ohren gänzlich
dem Hinterhaupt anschmiegt. Nach den Münzen bedeckt, ist über dem Nacken in Form eines
hat Crispina diese Frisur noch im J. 182 getragen. Helmnackenschixines zurück und aufwärts gebogen.
Niemals aber tritt uns Crispina mit der Tracht So ist die Form erreicht, die nunmehr für das
entgegen, die durch die zierlichen S- Bögen um ganze dritte Jahrhundert charakteristisch bleiben
Stirn und Schläfen charakterisiert ist In späteren soll. Diese Tracht wird mehr und m ehr Mode
Jahren zeigt sich uns Crispina mit ganz schlicht, 40 und verdrängt die ^modische 1 Tracht, die bis-
fast strair zum Hinterhaupt genommenem Haupt- her Iulia Domna getragen. Auch die Kaiserin
haar, das zu einem großen und flachen, das ganze selbst ging zur neuen Mode über; an der prächtigen
Hinterhaupt bedeckenden Nest zusammengesteckt Büste 354 der Münchener Glyptothek (Ber-
ist. Genau diese Frisur treffen wir aber auch noulli 113, Taf. 19), gewiß niemand anders als
auf den Münzen der Titiana aus dem J. 193, es Iulia Domna selbst, läßt sich der Übergang von
muß die zuletzt geschilderte Tracht unter der der alten zur neuen Frisur beobachten, da hier
ganzen Kegierungszeit des Commodus die herr- die Wellenperücke tief nach abwärts, bis fast zu
sehende Mode gewesen sein. Ein besonders den Schultern fällt, andererseits die Haare am
schönes Beispiel dieser Tracht bietet Kopf 725 Hinterkopf noch bis zum Wirbel aufgenommen
der Kopenhagener Glvptothek (Arndt-Bruck- 50 sind. Auf allen späteren Münzen — mit der
mann 505), vielleicht ein Bildnis der Titiana Aufschrift Iulia Pia Felix Augusta — hat sich
selbst (?). Ebenso ist diese Tracht charakteristisch Iulia ganz und gar der neuen Mode zugewandt,
für Manlia Scantilla und Didia Clara. Die Haar- so auch in dem Porträttypu; C. Mongez-\i-
traeht, nicht aber die Züge der letzteren trägt sconti pl. 49, 8 (Bernoulli II 8 44). Da sehen
Kopf 717 der Kopenhagener Glyptothek (Arndt- wir die tief herabwallende, ondolierte Haarmasse,
Brück mann 567 f.). * welche die Ohren gänzlich bedeckt, die ,Helm-
Welche Änderung an dieser Frisur in den nackenklappe' und darin eingeflochten das
ersten J. des Septimius Severus eintritt, bekunden schneckenförmige Nest. Dies ist also die herr-
die frühesten Münzen der Iulia Domna (mit der sehende Mode unter Caracalla. auf Grund der
Aufschrift Iulia Domna Augusta). Die vom 60 Münzen bis 217 nachweisbar. Viele Privat-
Scheitel in üppiger Fülle herabflutende Haannasse porferäts, meist Iulia Domna ohne genauere Prü-
ist jetzt in tiefe künstliche Wellen gebrannt, sonst fung bezeichnet, sind durch diese Tracht
bleibt die Frisur durchaus die gleiche. Sie ist charakterisiert (so z. B. das prächtige Matronen-
uns noch für das J. 204 bezeugt durch das Por- bildnis zu Dresden, Augusteum 140). Ein lite-
trät der Iulia auf dem Bogen der Argentarii zu rarisches Echo findet die Frisur in der Schrift
Rom, welcher im J. 204 erbaut wurde (CIL VI Tertullians de eultu feminarum VII 2 : affigihs
1035). Noch weiter führen die griechisch -klein- praeterea neseio quas enormüates suhtilium at-
asiatischen Münzen, welche noch für das J. 206/207 que textilium capülamentorum, nunc in gaUri
2143 Haartracht und Haarschmuck
.modum quasi vaginam capitis et operculum
verticis, nun in eervicem retro suggestum. Das
runde Geflecht im Nacken, zu welchem das
natürliche Haar in der Kegel wohl nicht mehr
ausreichte, vergleicht er mit Brotwecken (vos vero
additis colluras quasdam) oder Schildbukeln
(aut scuti umbilicos). Insbesondere findet der
Brauch der römischen Damen, zu jener unge-
heuerlichen Haartracht fremdes Haar zu Hilfe
zu nehmen oder das eigene zu färben, Tertullians
schärfsten Tadel (video quasdam capülum croeo
vertere}.^ Vor allem mochte das Blondhaar der
Germaninnen zur Perüeke willkommen gewesen
sein ; die Spuren rötlicher Farbe, die sich an der
Iulia Domna zu Wien erhalten haben, zeigen,
daß wir uns die Wellenperücke in leuchtendem
Blond vorstellen müssen (vgl. Krause Plotina
193ff.; Nicolai Über den Gebrauch der falschen
Haare und Perücken, Berlin 1801).
Es ist naturgemäß, wenn auf diese seltsame
Mode eine Reaktion erfolgte. In den nächsten
Jahren nach Iulias Tode werden, wie uns die Bild-
nisse der Maesa und ihrer Tochter Soaemias
zeigen, die gescheitelten Haare glatt an den
Schädel angelegt und straff zum Nacken gezogen,
wobei die Ohren bald frei, bald bedeckt sind;
über dem Nacken werden die Haare in der ge-
wohnten Form aufgebogen, und in die Biegung
wird wiederum das schneckenförmige Geflecht
eingefügt. Dies ist die charakteristische Tracht
der Frauen Elagabals und muß die Mode ca.
218—225 gewesen sein. In diese Zeit gehören
also auch die Privatbildnisse, welche durch sie
gekennzeichnet sind, so die Köpfe 732 und 733 der
Kopenhagener Glyptothek, so die Porträt- Venus
auf dem Sarkophag des Lateran. Mus. (B.-S. 41.
Robert Die antiken Sarkophag-Reliefs III 1, 22
Taf. 5, 21), zu Dresden die sog. ,Mamaea',
Augusteum III Taf. 14G, 1.
Auch Iulia Mamaea trug noch in den ersten
Jahren der Regierung ihres Sohnes Alexander Se-
verus diese einfache Form, wie uns eine alexandri-
nische Münze des J. 224 beweist. Dann aber kam
es wiederum in Mode, das Haar in tiefe, parallele,
4juer laufende Wellen zu legen. Die Scheitelung,
die Form des Helmnackenschirms, das schnecken-
förmige über dem Nacken eingefügte Geflecht,
all dies bleibt bestehen, nur die Ohren sind
frei gelassen — dies ist der einzige Unterschied
gegenüber der sonst völlig gleichen Tracht Iulia
Doninas in ihrem späteren Alter. Bereits auf
den Münzen des J. 226 tritt uns Mamaea mit
dieser Tracht entgegen (Wad ding ton Rec. gen.
pl. IG, R), und es bleibt von nun an die Frisur
unverändert die ganze Regierungszeit des Alexander
Severus und der Mamaea hindurch. Denn unter-
schiedlos auf sämtlichen Münzen und den — sehr
zahlreichen — Marmorporträts (über diese letz-
teren s. Bernoulli 113, 109 ff.; manche Privat-
bildnisse mit Mamaeas Frisur tragen mit Un-
recht ihren Namen, so 742 und 743 zu Kopen-
hagen, 583 des Mus. Torlonia) erscheint Iulia
Mamaea mit dieser Tracht, ebenso Orbiana, ihre
Schwiegertochter, auf ihren Münzen und der
mit Recht auf sie bezogenen Büste des Louvre,
cat somm. 1054 (Bernoulli H 3 Taf. 31). Dem-
nach hat diese Mode mindestens ca. 226—235
geherrscht. Indes ist ihre Bauer nicht auf diese
Haartracht und Haarschmuck 2144
Zeit beschränkt, wenn auch bald eine neue-
Frisur ihr die alleinige Herrschaft streitig macht.
Trancmillina, Gordians HL Gattin, hat nach dem,
Zeugnis der Münzen neben der neuen Tracht auch
die Mamaeas getragen, ferner begegnen uns;
Otacilia Severa, Herennia Etruscilla, Salonina
und endlich Zenobia auf ihren sämtlichen Münzen
mit dieser Frisur, die seit Mamaea völlig unver-
ändert bleibt, Sie ist also nach Mamaeas Tode
10 noch bis 271 nachweisbar. Für die privaten
Bildnisse ergeben sich also sehr weite Grenzen.
Als Beispiel sei hier nur der berühmte Porträt-
kopf der Penthesilea auf dem Sarkophag des
Belvedere genannt (Robert II 1, 113, Taf. 39).
Neben der Tracht Mamaeas kam unter Gor-
dian III. eine neue Mode auf, welche sich in
einem ganz charakteristischen Zuge von der bis-
herigen, deren Formen sie sonst durchweg bei-
behält, unterscheidet. Vom Nacken sind jetzt
20 die Haare, die bisher die eingeflochtene Schnecke-
bildeten, in einem breiten Flechtenbande oder
einem dicken Zopf vornüber zur Scheitelhöhe des-
Kopfes gezogen und dort festgesteckt. Daß Tran-
quillina, die im J. 240 Gordians III. Gemahlin
wurde, bereits im ersten Jahr ihrer Kaiserwürde-
diese Frisur trug, bezeugt eine Münze aus Ami-
sus (Wad ding ton pl. X 18), die gleiche Tracht
zeigt der mit Sicherheit auf Tranquillina zu
deutende Porträttypus (Bernoulli II 3, 13Sff.).
30 Auch in der folgenden Zeit, unter der Regierung
des Philippus Arabs, bleibt diese Frisur, wie die
Münzen und das Marmorbildnis der Otacilia
Severa in der Münchener Glvptothek 356 (Ber-
noulli II 3 Taf. 44. Furtwängler Katalog,
Am dt -Brück mann 560) bekunden, Mode und
bleibt unverändert in der Zeit der Herennia Etru-
scilla, der Cornelia Supera. die im J. 253 mit
Aemilian die kurze Zeit der Kaiserwürde teilte —
erstere trägt nur die Vorderhaare glatt dem Schädel
40 angelegt — und endlich der Salonina. So ist
ihre Fortdauer auch unter Valerian und Gallien
verbürgt. In den späteren Jahren der Regierung
Galliens pflegte man das Flechtenband weiter,
bis zur Stirne vor, zu legen, wie eine Münze
aus dieser Periode bezeugt ('Cohen V 490, 1).
In der folgenden Zeit verschwindet die Ondo-
lierung des Vorderhaares, das Flechtenband bleibt
zur Stirne vorgelegt. Dies bezeugen die Münzen
der Severina, die 270—275 mit Aurelian den
50 Purpur trug. Die Münzen der Galeria Valeria,
Galerians Gemahlin, die nach 318 geprägt sind
(vgl. Maurice Rev. num. 1005, 181 f., Taf. 4),
verbürgen die gleiche Tracht noch für die
J. 308-311.
Ein Teil der Münzen Galerias zeigt indes am
Bilde dieser Tracht eine geringfügige Änderung,
welche für die Folgezeit beharren sollte: Eine
vordere Partie ist um Stirn und Schläfen besonders
kunstvoll ondoliert und nur bis zu dieser Partie
60 ist das Flechtenband vorgelegt. Das ist die
Frisur der Fausta, Constantins Gattin, und der
Flavia Helena Augusta. ist also für die J. 308/11—
324/328 erwiesen. Bis in diese Zeit bleibt
also ungefähr vom J. 240 au ein charakteristischer
Zug der Haartracht bestehen. Das vom Nacken
zur Höhe des Kopfes gezogene und dem Kopfe
glatt angelegte Flechtenband (Scheitelzopf). Die
Veränderungen, welche sich uns in den Einzel-
2145 Haartracht und Haarschmuck
heften des Typus ergaben, liefern Stützpunkte, die
privaten Bildnisse genauer zu bestimmen. So
gehört z, B. der früheren Periode des Typus
das Porträt der Blaera Vitalis im Louvre an
(Cat. somm. 350 ; abgeb. Duruy-Hertzberg
Gesch. der Rom. Kaiserzeit ITI 371); bis zur
Stirne vorgeschoben ist das Flechtenband bei
355 der Münchener Glyptothek, am Grabrelief
der Dichterin im Giardino della pigna 208 ; dem
letzten Stadium des Typus begegnen wir auf 10
dem Gemmenbildnis einer christlichen Familie
(Furtwängler AG I Taf. 48, 32).
Aber auch diesmal — unter Constantinus —
treffen wir neben der alten eine neue Tracht, die
jener die Herrschaft streitig macht und sie end-
lich verdrängt. Ein Teil der Münzen der Helena
Augusta zeigt Stirne und Schläfen zunächst um-
zogen von den regelmäßigen "Wellen des ge-
scheitelten Haares, über dem Nacken ist das
Haar in der alten Form aufgebogen, von da legt 20
es sich in einer wulstigen Flechte wie ein Kranz
ums ganze Haupt rings herum. Daß der durch
diese Tracht charakterisierte Kopf 773 der Kopen-
hagener Glyptothek (Arndt-Bruckmann 58)
Helena selbst darstellt, ist nicht unwahrscheinlich,
wenn auch immerhin fraglich. Unter dem Flechten-
kranz ziehen sich kleine Löckchen ums Angesicht.
Diese Tracht ist also für die J. 324—328 nach-
weisbar. Daß sie eine allgemein verbreitete war,
ergibt sich aus der verhältnismäßig großen Zahl 30
privater Bildnisse, welche sie tragen, beispielsweise
seien erwähnt: 552 und 762 der Kopenhagener und
361 der Münchener Glyptothek, 175 der K. Samm-
lung zu Berlin, das Bild auf dem christlichen
Sarkophag aus den Katakomben von Syrakus,
Gaz. arch. 1877, 157 Taf. 25.
Endlich wird uns aus der Zeit Constantins
eine weitere höchst einfache Frisur überliefert auf
den Münzen der Fausta und Helena Crispi. Das
gescheitelte und schlicht gewellte Haar ist über 40
dem Nacken zu einem kleinen runden Knauf zu-
sammengeflochten, ganz in der Art der jüngeren
Faustina. Stil und Ausführung lassen gewiß
untrüglich erkennen, welcher der beiden Perioden
Bildnisse mit dieser einfachen Tracht angehören.
Steininger Die weiblichen Haartrachten im 1.
Jhdt. der römischen Kaiserzeit, München 1909.
Daß auch bei den Männern Sorgfalt und
Kunst aiif die Pflege des Haupthaars verwendet
wurde, läßt sich schon aus der Sitte, unbedeckten 50
Hauptes zu gehen, schließen. Varro d. r. r. II
11, 10 überliefert, daß die Römer bis zum J. 454
d. St. langes Haupthaar — ebenso wie lange
Barte — getragen haben. Indes mag diese Sitte
nicht so plötzlich und allgemein verschwunden
sein. Wird doch von dem älteren Scipio erzählt,
wie die lang herabwalleude Mähne (promissa
caesaries, Liv. XXVIII 35. Sil. It. VIII 561) zur
Pracht seiner äußeren Erscheinung beigetragen
habe (die Frage über das Bild des Scipio ist durch 60
die Untersuchungen von Dennison American
Joum. 1905, liff. Haus er Berliner philol.
Wochenschr. 1907, 599 in eine neue Phase ge-
treten ; der glatzköpfige Typus kann darnach nicht
mehr in Frage kommen). Cato Censorius dagegen,
der wie den Bart so die Haare nicht zu stutzen
pflegte (intonsus, Hör. od. II 15, 11), ebenso
später Marius (Plut. Mar. 41. Appian bell. civ.
P*uly-WIs»ow»-Kroll VH
Haartracht und Haarschmuck 2146
167) scheinen sich in auffallenden schroffen Gegen-
satz zur herrschenden allgemeinen Mode der kurz
gestutzten Haare gestellt zu haben.
Die H. in den letzten Jahrzehnten der Republik
ist uns durch gleichzeitig oder annähernd gleich-
zeitig entstandene Bildnisse, die sich zeitlich
zum Teil genau bestimmen lassen, wohl bekannt.
Eine Münze Sullas, im J. 59 von seinem Enkel
geprägt (Bernoulli R. Ikon. II Münztaf. 23
bis 25) zeigt uns den Feldherrn mit kurzem,
schlichtem, nach vorn gekämmtem Haupthaar.
Das Bildnis des Hortensius (Herme der Villa Al-
bani) und das in verschiedenen Exemplaren er-
haltene, nach verschiedenen Typen gearbeitete
Porträt des Cicero, die früheren Münzbildnisse
des Pompeius und des Caesar zeigen sämtlich die
gleiche charakteristische H.: Vom Hinterhaupte
wie vom Wirbel des Kopfes ist das kurz geschnit-
tene glatt anliegende Haar in wirren Büscheln,
ohne irgend welche künstliche Anordnung, nach
vorne zu Stirn und Schläfen gezogen. Nach dieser
Tracht gehören also z. B. das sog. Bild des Pom-
peius im Pal. Spada zu Born, ebenso die von
Bernoulli E. Ikon. I Taf. 8 und 9 dargestellten
Bildnisse sicher in die Zeit des Pompeius, ihre
Identität ist natürlich damit nicht erwiesen. Das
nämliche gilt von den vielen mit größerer oder
geringerer Wahrscheinlickeit auf Caesar bezogenen
Köpfen. Daß aber zu Caesars Zeit bereits auch
künstlichere und sorgfältigere Frisuren zu sehen
waren, beweist schon seine Äußerung, daß er
nicht die fetten und schön frisierten Leute fürchte
(tovs Jza%et$ zovtovs xai xöfj,rjraz t Plut. Ant. 11;
Brut. 8). Wie wir uns diese künstliche, gefällige
Frisur, welche gewiß die jüngere Generation mit
Vorliebe tragen mochte, vorstellen müssen, das
zeigen uns gerade einige Münzen Caesars selbst,
noch deutlicher eine Münze, welche die Köpfe
des Pompeius und seines Sohnes Sextus einander
gegenüber zur Darstellung bringt, geprägt ums
J. 36 v. Chr. (Cohen Me"d. cons. 34. Bernoulli
R. Ikon. I Münztaf. n 47. 48). Die Haarbüschel
sind ganz gleichmäßig gestutzt, ihre Spitzen zu
Reihen, die regelmäßig aufeinander folgen, geord-
net; das gesamte Haar liegt glatt dem Schädel an.
Auch Caesar folgte , nach Ausweis der Münzen ,
dieser Mode und mußte, da man bei ihm eine
gewisse Absicht vermutete, den bekannten Spott
über sich ergehen lassen. Besonders schön und
charakteristisch zeigt sich die Frisur auf der durch
die Inschrift bezeichneten Büste des Sallust in
in Petersburg (Bernoulli R. 1. 1 202). Deutlich
und scharf ausgeprägt erblicken wir sie ferner
auf sämtlichen Münzen des M. Antonius, und durch-
weg sind durch sie die Bildnisse des Octavianus
Augustus charakterisiert. Als Beispiel sei nur
die jugendliche Büste im Mus. Chiaramonti (Ber-
noulli R. I. TI 1, Taf. 2) genannt. Demnach ist
das militärisch kurz geschnittene Haar, nach vorn
gestrichen und in Reihen von Büscheln wohl geord-
net, die modische Frisur in der Zeit der ausgehen-
den Republik und des beginnenden Imperiums.
Erinnern wir uns, daß während der Regierung
des Augustus die Damen begannen, um Stirne
und Schläfen die Haare zu stutzen, zu kräuseln
und zu zierlichem Löckchenkranz ums Angesicht
zu ordnen, so werden wir uns nicht wundern,
wenn wir eine diesem Entwicklungsgang ent-
68
2147 Haartracht und Haarscbmuck
sprechende Weiterbildung- der Frisur auch hei den
Männern finden. Wenn hei Augustus noch manch-
mal durch wirre Büschel die Reihen unterbrochen
werden, wenn die Haare über der Stirae sich zer-
teilen, so ist bei Tiberius und Claudius sorgfältig
und genau die Reihenfolge der Haarbüschel fest-
gehalten, über der Stirne der kunstvolle Kranz
kurzer, gerade in die Stirne hereingekämmter Löck-
chen oder Fransen geschlossen, sorgfältig sind
deren Spitzen gedreht.
Besonders deutlich wird diese Entwicklung
der H. an dem Relief in San Vitale zu Ravenna
(,Familie des Augustus', s. o.), wo sich der Ver-
gleich der Frisur des Tiberius mit jener des
Augustus bietet; die Tracht des Claudius zeigt
besonders charakteristisch die Panzerstatue in der
vatikanischen Rotunde (Bernoulli II 1 Tat'. 17).
Und wie die Frauen jener Zeit den ,claudischen
Zopf über den Nacken fallen ließen, so zieht
sich auch das Haupthaar an den Bildnissen der
Männer — so auf sämtlichen Münzen des Nero
Drusus, Germanicus, Caligula, Claudius — tief
über den Nacken hinab , wo es gescheitelt und
nach vorne gekämmt ist. Dieser letztere Zug,
das Haar über dem Nacken zu scheiteln und
nach vorne zu kämmen, bestand also seit den
Zeiten der Republik unverändert fort.
Noch eine weitere Neuerung bekunden die
Bildnisse des Claudius und zwar gleich die Mün-
zen des ersten Jahres seiner Herrschaft: das Haar
am Vorderkopf ist in leichte Wellen, die der
Stirne parallel laufen, künstlich gebrannt (Cohen
I 164; Marmorkopf des Braunschweiger Museums,
Bernoulli II 1 Taf. 18), wie dies in ähnlicher
Weise die Porträts der Frauen des Claudischen
Geschlechtes beobachten ließen. Die Tracht im
Zeitalter Neros ist die natürliche Weiterbildung
oder Steigerung dieser Züge: tiefe, parallel zur
Stirne laufende Ondolation des vom Wirbel nach
vorne ziehenden, kurz geschnittenen Haupthaares,
tief hinab wallendes gescheiteltes Nackenhaar,
ein dichter Kranz künstlicher Locken ums Ange-
sicht: das ist die charakteristische neronische
Haartracht, die auf sämtlichen Bildnissen Neros
die gleiche bleibt und, wie zahlreiche Privat-
bildnisse beweisen, die allgemeine Tracht des
Zeitalters ist. Otho trägt sie in sämtlichen Dar-
stellungen in außerordentlich charakteristischer
Ausbildung. Daß häufig dazu Perücken und zwar
mit Vorliebe blonde verwendet wurden, geht aus
Petron. 110 hervor. Suetons Tadel ist natürlich
ungerechtfertigt, doch überliefert er den Namen
der Frisur (Nero 51): Circa cultum habitumque
adeo pudendus, ut comam semper in gradus
formätam, peregrinatione Achaica etiam pone
verticem summiserit. Daß auch in der flavischen
Periode diese Mode fortbestand, geht aus der Be-
merkung Quintilians inst. or. I 6, 44 hervor
(comam in gradiis frangere).
Indes kam unter den Flaviern eine andere
Tracht in Schwung, welche das Spiegelbild der
weiblichen Löckchentoupets jener Periode ist. Das
Haar wird viel kürzer geschnitten und in zahl-
lose kleine, zierliche Löckchen geringelt. Als
Beispiele seien die Büste des Vespasian zu Neapel
nnd der Kolossalkopf des Titna (ebd. Bernoulli
H 2 Taf. 7. 8. 10) genannt. Daß auch unter
Domitmn und Nerv* das den ganzen Kopf be-
Haartracht und Haarschmuck 2148
deckende Gewirr von Leckchen, die nur größer
und buschiger werden, Modefrisur blieb, beweisen
die sämtlich durch sie charakterisierten Bildnisse
dieser Kaiser. Zu beachten ist, daß stets die
Löckchenmasse dem Schädel eng anliegt; nahe
dem Schädel mußten die Haare geschnitten, mit
dem ealamistrum gebrannt und jedenfalls durch
reichliche Salbe festgehalten werden. Die Voraus-
setzung war natürlich dichter Haarwuchs; wie
10 dem Mangel abgeholfen wurde, sagt uns Martial
VT 57 und gibt uns auch den Namen der Frisur
an: Meniiris fictos unguento Pkoebe, eapillos
Et tegitur pietis sordida calva comis, Tonsorem
eapiti non est adhtbere neeesse: Rädere te me-
lius spongea, Phoebe, potest. Also auch aufge-
malt konnten die kleinen Löckchen zur Not
werden! In der Plastik wird das Löckchenge-
kräusel vielfach durch zahlreiche Bohrlöcher wieder-
gegeben. Die Menge der durch sie charakteri-
20sierten Bildnisse beweist, daß die Tracht eine
allgemeine und dauernde war. Sie ist auch sehr
häufig an pompeianischen Wandgemälden zu be-
obachten, hier auch den Göttern verliehen; als
Beispiel sei die Liebesszene zwischen Mars und
Venus erwähnt (Mus. Borb. III 35, Baumeister
Denkmäler 623).
Die H. des traianischen Zeitalters bedeutet
die Reaktion gegen dieses zierliche, allzu gekün-
stelte Löckchengekräusel. Traian ließ sein Haupt-
30 haar in langen Strähnen, ganz schlicht, zur Stirne
fallen ; über der Stirn sind die Strähnen sorg-
fältig gestutzt und die Enden gedreht und etwas
geringelt. Dies ist Traians H. auf seinen sämt-
lichen Porträts und die zahlreicher Privatbildnisse
z. B. der schönen Büste 561 im Mus. Chiaram.
(Bernoulli I Taf. 9. Amelung Katalog). Auch
diesmal gibt ein ganz unwesentliches Moment den
Ausschlag für die weitere Entwicklung der Frisur:
Die traianische Tracht läßt die Spitzen der in
40 die Stirne fallenden Haarsträhne ein wenig sich
nach aufwärts krümmen; diese oft kaum merk-
liche Aufbiegung wird allmählich gesteigert, und
es entstehen über der Stirne große, mit sorgfäl-
tiger Kunstgebildete, schneckenförmige Rollen oder
Locken, auch das Haupthaar selbst wird wieder
in regelmäßige Wellen oder Stufen gebrannt. Die
Höhe und Größe dieser Rollen über der Stirne
geben der neuen Tracht ihr eigentümliches Ge-
präge und lassen sie deutlich von der claudischen
50 Tracht unterscheiden. Dies ist die H. im Zeit-
alter des Hadrian, mit der uns der Kaiser selbst
in seinen sämtlichen Bildnissen entgegentritt.
Wiederum ist es eine ganz natürliche, man möchte
sagen, logische Weiterentwicklung, welche diese
Frisur nimmt, künstlicher, reicher sich gestaltend.
Allmählich werden nicht nur die Haare ums Ant-
litz zu Rollen und Schnecken geformt, sondern
diese nehmen auch vom Haupthaar wiederum Be-
sitz, bis endlich den ganzen Schädel ein üppiges
OOGekräusel hoher, starker Haarrollen, Schnecken,
Spiralen bedeckt deren Höhe und Üppigkeit die
neue Tracht von der im Prinzip ähnlichen fla-
vischen aufs deutlichste unterscheidet. ' Diese
Entwicklung hat die H. im Zeitalter des Anto-
ninus Pins genommen, wie die sämtlichen Bild-
nisse des Kaisers selbst und des Aerius Veras
bekunden. Noch dichter, mächtiger wird die
LockenfüUe unter Marc Anrel und behält ihre
2149 Haartracht und Haarschmuck
charakteristische Gestaltung, die in der Plastik
•durch starke Unterhöhlung und ausgiebige An-
wendung des Bohrers dargestellt wird, während
4er ganzen Regierungszeit dieses Kaisers bei.
Als Beispiel sei auf dessen Münzen und die kapi-
iolinische Reiterstatue verwiesen. Daß die Frisur
-der überaus dichten Löckchenfülle schon die des
-ersten Jahrzehntes der Regierung Marc Aureis
war, beweisen die Bildnisse des Lucius Veras, von
■dem auch überliefert ist, daß er seine Haare mit
Goldstaub puderte; erwähnt seien ferner als genau
datierte Privatbildnisse die Porträtköpfe des Alce-
^tis-Sarkophages, der gleichfalls im ersten Jahr-
zehnt von Marc Aureis Regierung entstanden ist
(Mus. Chiaram. 179, Katalog v. Amelung). Unter
Commodus bleibt die Tracht die gleiche, denn
auf den frühesten wie den spätesten Münzen,
ebenso an der höchst wahrscheinlich in den
letzten Jahren seiner Regierung entstandenen Büste
«les Konservatorenpalastes (Bernoulli II 2 Taf.
61) trägt Commodus das mächtige, in dichter
Fülle die Stirne umziehende Lockengekräusel, das
auch er nach Hist. aug. Comm. 17 mit Gold-
-staub puderte. An den Bildnissen des Pertinax
und Didius Iulianus läßt sich keine Änderung
beobachten, unter Septimius Severus besteht gleich-
falls das Lockengekräusel fort mit dem einen
charakteristischen Unterschied, daß man die Haare
in spiralförmig gedrehten Locken weit in die
Stirne hereinfallen ließ, sodaß sie — ein passendes
Gegenstück zur Wellenperücke der Iulia Domna
— in prunkvollem Kranz das Angesicht umzogen.
So zeigt sich uns Septimius Severus auf dem
Bogen der Argentarü zu Rom aus dem J. 204.
Allmählich trat, wie auf die Wellenperücke der
Frauen, eine Reaktion ein. Auf den jugendlichen
Bildnissen des im J. 211 ermordeten Geta, welche
-die Frisur aus den letzten Jahren des Septimius
Severus überliefern, sind die Haare wieder kurz
zu Büscheln, die nur zum geringen Teil gelockt
sind, gestutzt, auch Caracalla trägt zwar Löck-
chen, die über den ganzen Kopf sich kräuseln,
doch ist das ganze Haar bedeutend zugestutzt; nur
in der wulstigeren Form unterscheiden sich diese
Löckchen von den flavischen.
Die Entwicklung führt dahin, daß das ganze
Haar endlich so kurz geschnitten wird, daß der
Schädel fast kahl erscheint, keinenfalls dessen
Konturen durch die Haare und deren Frisur irgend-
wie beeinflußt werden. Während von Elagabal
die Haare noch in kurzen Büscheln, wenn auch
ganz schlicht, getragen werden, zeigen sämtliche
Bildnisse des Alexander Severus die gesamten
Haare ganz kurz am Schädel geschnitten, so
z. B. die Kolossalstatue in Neapel und die Büste
im Louvre (Bernoulli II 3 Taf. 28, 30).
Da sämtliche Bildnisse der auf Alexander
«Severus folgenden Kaiser bis Valerianus das Haar
in gleicher Weise ganz kurz geschnitten zeigen, muß
diese H. eine allgemeine und bleibende gewesen
sein, nachweisbar ist sie also bis ca. 260. Schon
•vorher aber hatte die Tracht begonnen, reicher
wiederum und künstlicher sich zu gestalten: man
ließ die Haare wieder länger wachsen, über der
Stirne wurden sie gescheitelt und über den Schläfen
zu zierlichen Löckchen geringelt. Diese Tracht
ist die des Gallienus und läßt sich auf einer
Münze desselben (Cohen IV 438) schon für das
Habitancium
215^
J. 256 nachweisen. Auf den Münzet» des Pösta-
mus, welche die Mode der J. 258 — 267 überliefern,
erscheint das Gelock beiderseits des Scheitels
üppiger und reichlicher als bei Gallienus, dann
tritt eine neue Mode auf und zwar zuerst auf
den Münzen des Victorinus aus den J. 265—268.
In langen schlichten Strähnen ist — der traia-
nischen Mode ähnlich — das Haar gerade in die
Stirne hereingekämmt, die Enden sind leicht
10 gekrümmt; diesmal entwickelte sich die Tracht
in der Weise weiter, daß die Strähnen zugestutzt
wurden, sodaß sie geradlinig die Stirne oben be-
grenzten und in den Schläfen ein ganz charak-
teristisches scharfes Eck bildeten. Von diesem
Eck umzogen die Haare in einem ununterbrochenen
Bogen, mit dem Barte sich vereinend, das ganze
Antlitz. Auf den Münzbildnissen sämtlicher
Kaiser von Claudius Gothicus bis Constantinus
ist dieseraußerordentlich charakteristische Rahmen,
20 den das zugestutzte Haupthaar mit dem Bart zu-
sammen ums Angesicht bildet, dargestellt; als
zeitliche Grenzen für die nachweisbare Herrschaft
der Mode ergibt sich die Regierungszeit des Clau-
dius Gothicus 268—270 einerseits, der Ausgang
des Licinius andererseits (323).
Daß in dieser langen Zeit eine neue H. auf-
kam, welche die alte endlich ablöste, ist natür-
lich. Die Münzen Constantins zeigen ausnahms-
los das Haupthaar vom Wirbel in langen Strähnen
30 zu Stirn und Schläfen vorgekämmt, und zwar ist
es wiederum in tiefe Wellen gebrannt, um die
Stirn sind die Enden zu einem Kranze zierlicher
Locken eng gereiht (Kolossalbüste des Constantin
zu Rom, Capitol, Petersen). Diese Tracht ist also
der des Nero nicht unähnlich; wie hier Verwechs-
lungen möglich sind, zeigt das Beispiel des Kopfes
417 der Münchener Glyptothek, den man für Otho
hielt, während er einen der Söhne Konstantins
darstellt (Furtwängler Glyptoth.). Indes läßt
40 doch nie ein Kopf aus der Zeit Constantins das
zierliche, feine Gekräusel der Haarbüschel, wie es
für Nero charakteristisch ist, erkennen. Die H.
bleibt bei den Söhnen Constantins wie Magnen-
tius im wesentlichen die gleiche, an den Bild-
nissen des Iulianus Apostata wie des Theodosius,
endlich den Münzbildnissen des Honorius ist die
Ondolation verschwunden; in langen Strähnen
fallen die Haare vom Wirbel nach vorne und
bilden um Stirne und Schläfen einen dichten,
50 vollen Kranz mit ihren gleichmäßig zugestutzten
Enden (Koloß des Theodosius (?) in Barletta ist
durch diese Tracht charakterisiert, Bernoulli
II 3 Taf. 56). [Steininger.]
Hababa s. Ababa o. Bd. I S. 4.
Habessog s. Antiphellos.
Habicht s. 'I£ea£.
Habilis, ein südgallischer Töpfer, der Sigil-
lataware auch nach Deutschland, England und an
die Donau ausführte, wahrscheinlich um die Wende
60 des 1. Jhdts., CLL HI. Vn. XLT. XIH. [0x6.]
Habitancium oder Eabitancum, als römische
Militärstation in Britannien nachgewiesen durch
die Inschrift CIL VII 996 Habüanci prima
stat(iowe), lag bei Risingham nördlich vom Hadrians-
wall. Hier war der Standort der cohfors) I Van-
gionum mfüiaria) eq(uitata), welche nach nr.
1003 unter Septimius Severus ein Kasteütor mit
den Mauern von Grand auf wiederherstellte. Es
2151
Habitatio
Habitatio
2152
tritt daselbst nr. 1001 auch die cokforsj Uli Galflo- Lebenserfahrungen (factum) ermitteln ließ. Daran»
mm) eq(uitata) auf, sowie unter Caracalla neben ergab sich, daß man auf diesem schwankenden
der Vangionencohorte nr. 1002 Raeti gaesati et Boden sich nicht an strenge altrönüsche Verbal-
explforatores Habitaneienses ?/. Aber auch zahl- auslegungen anklammern konnte und das über-
reiche Votivsteine (nr. 994ff.) und Grabschriften lieferte Recht nur anwandte, soweit dies passend
(nr. 1013ff.) sind daselbst gefunden worden, so schien im Einklänge mit der Regel (Dig. TU
daß die Station in militärischer und bürgerlicher 8, 12, 2) : neque enim tarn stricte interpretandae
Hinsicht ziemlich bedeutend gewesen sein muß. sunt voluntates defunctorum. P. Girard Manuel
[Haug.] elementaire* 369, 2 (übersetzt durch v. Mayr
Habitatio ist ein solches Recht auf eine 10 Gesch. und System des römischen Rechts, Berlin
Wohnung in einem fremden Hause, das gegen 1908,402,4) erläutert die Bemerkung des Mode-
jedermann (dinglich) gewährt ist, also nicht von stinus (Dig. IV 5, 10) dahin, daß die Testa-
einem Schuldverhältnisse des Eigentümers zu einer toren hei der H. eher Lebensverhältnisse als
bestimmten Person abhängt, wie die Rechte des Rechtskategorien vor Augen hatten (etwas ab-
Mieters, dem h. im technischen Sinne nicht zu- weichend, aber im Sinne übereinstimmend, v. Mayr
kommt. Es beruhte in der Regel auf letztwilligen a. a. O.), Dies traf jedoch wohl selbst dann
Verfügungen, konnte aber auch aus einem Ver- häufig zu, wenn sie die Namen solcher Rechts-
trage hervorgehen, Inst. II 5. Dig. VII 8 de usu kategor ien in einem Sinne, der diesen nicht zu-
et habitatione (über die Form derartiger Verträge kam, gebrauchten (vgl. hiezu namentlich Puchta-
s. den Art. Servitus). Die H. betraf möglicher- 20 Krug er Institutionen io II 285), so z. B. bei der
weise nur einzelne Räume eines Hauses, während Wendung ususfruetus Imbitatimis , die wegen
der usus aedium das ganze Haus umfaßte (Paul. ihrer Ungenauigkeit den Juristen Kopfzerbrechen
Dig. VII 8, 19: usus pars legari rwn potest ist machte, Dig. VII 8, 10, 2. Cod. Iust III 33, 13.
freilich nicht auf räumlich abgegrenzte Teile, son- Aus der Redeweise der rechtsunkundigen Par-
dern auf Anteile zu beziehen). Daß die H. aber teien läßt sich aber wohl kaum erklären, warum
ebensowohl wie der usus an einem ganzen Hause das von ihnen begehrte Recht der H. dem Ein-
möglich war, ergibt sich aus Cod. Iust. HI 33, 13, flusse der capitis deminutio und des mm usus
woselbst berichtet wird, daß manche in dem entzogen war, mag dies nun sogleich oder erst
Namen eines usus kabitationis einen ungenauen später geschehen sein, wie in Puchta- Krügers
Ausdruck für das Eigentum an einem Hause ge- 30 Institutionen 10 285 vermutet wird. Eher würde
sehen haben. es sich aus der Annahme erläutern lassen, daß
Es ist daher schwer, das dingliche Wohnungs- die H. ursprünglich kein Wohnungsrecht ge-
recht von dem Rechte der Benützung (usus) und währte, sondern nur einen Erlaß des Mietzinses,
von dem Nießbrauche eines Hauses zu unter- So Girard a. a. 0. 369, 1. v. Mayr 402, 3.
scheiden, und zwar nicht bloß im römischen, Es wird dies daraus gefolgert, daß nach einer
sondern auch im heutigen Rechte. Während aber älteren Ansicht (Dig. VII 8 , 10,3), die seit
in diesem die genannten Befugnisse im wesent- Rutilius (Consul 649) wegfiel, die H. im Zweifel
liehen gleichartig sind, finden wir zwar auch im nur ein Jahr lang dauerte. Diese Schlußfolge-
römischen Recht ihre Ähnlichkeit anerkannt, Dig. rung ist jedoch nicht zwingend. Einen Anhalt
VII 8, 10 pr. (in Puchta-Krügers Institu- 40 für die Entscheidung der Frage gibt lediglich
tionen W 285 wird sogar eine ursprüngliche Gleich- der Umstand, daß Modestinus (Dig. IX 5, 10>
Stellung vermutet), ihre Unterscheidung wird aber die H. ( indem er ihre Widerstandskraft gegen die
anderweitig scharf betont, weil für die H. und capitis deminutio bespricht, mit dem legaturn
dem neben ihr genannten Recht auf operae (vgl in annos singulos vel menses auf eine Stufe stellt,
Dig. VII 7 und 8) einige Rechtsregeln galten, die das nicht ununterbrochen, sondern nur zeitweilig
auf den usus keine Anwendung fanden. Nament- wirkte. Hält man dies fest, so kommt man zu
lieh unterlagen h, und operae nicht dem Unter- der Meinung (R. Leonhard Institutionen, Leip-
gange durch capitis deminutio (s. d.) und non zig 1894 §84, 5), daß h. und operae ebenfalls
usus (s. Servitutes), Dig. VII 8, 10 pr. und nur gelegentlich (etwa bei einem Besuch in Rom)
XXXDII 2, 2. Endlich konnte nach Iustinians 50 ausübbare Rechte sein konnten (wenn auch nicht
Entscheidung einer alten Zweifelsfrage (Cod. Iust. in jedem Falle waren) , während der usus auf
HI 33, 13. Inst. II 5, 5) der Inhaber einer H. eine ununterbrochene Nutzung hindeutete. Für
die Wohnung vermieten, nicht aber einem andern die Anwendbarkeit der H. auf Peregrinen vgl.
unentgeltlich überlassen (Dig. VII 8, 8 pr.). insbesondere auch Czyhlarz Lehrbuch d. Insti-
Modestinus erwähnt als Grund dafür, daß die tutionen^. 10 123.
capitis deminutio des Berechtigten der H. keinen Aus dem angeführten Gesichtspunkte erscheint
Abbruch tat: quia teile legaturn in facto pothis es verständlich, warum bei der capitis deminutio,
quam in iure consistit, Dig. IV 5, 10 (s. Capi- die in alter Zeit oft mit dem Wegzug in eine
tis deminutio). Das Wort factum als Gegen- Kolonie zusammenfiel, das Wohnrecht oder Sklaven-
satz von ins deutet hier , wie sonst vielfach, 60 benutzungsrecht nicht erlosch, weil solche Rechte
darauf hin, daß der Begriff der H. im alten Ius vielleicht nur gelegentlich ausgeübt werden soll-
civile und seinen besonderen Quellen noch nicht ten. Dies erklärt auch, weshalb die kurze Zeit
so scharf abgegrenzt war, wie die Begriffe usus des non usus für derartige intermittierende Rechte
und ususfruetus, und daher nicht den überliefer- nicht passend zu sein schien. Mit Recht spricht
ten Quellen, sondern dem täglichen Leben zu ihnen v. Czyhlarz Lehrbuch der Institut »- w
entnehmen war. Darum mußte man das Nähere 123 eine ,Alimentennatur* zu. Ähnlich Cuq Le»
aus dem Willen der Parteien herleiten, der sich institutions juridiqaes des Romaine H, Paris 1902,
wiederum in der Regel nur als Niederschlag von 286: eile a te caractere d'tm seeours personnü ;
X1D3
jbLaDitano
riaDromacnos
Z1Ö4
ygL auch F. Leonhard in Birkmeyers Ency- ger» II 5 Anm. 6). Fraglich ist, ob dies, wie
klopädie 2 130. überhaupt die verschiedenen nur für usus und
Sohm Institutionen is 422 § 69c sieht das ususfruetus erwähnten Regeln, auch auf die H.
Unterscheidungsmerkmal des usus von der H, Anwendung fand. Zu allgemein spricht wohl
nicht in der Ständigkeit der Ausübung, sondern für die operae Terentius Clemens Dig. VH 7, 5.
darin , daß der Berechtigte bei jenem sich den Eine Gleichstellung der H. mit usus und usus-
Wohnraum innerhalb des Hauses wählen durfte, fruetus galt wohl zweifellos für die Kautions-
bei letzterer nicht. Dies Wahlrecht des Usuars pflicht, Dig. VDZ 9, 5, 3 (Pietro Bonfante Diritto
ist allerdings bezeugt, Dig. VH 8, 22, 1; doch Romano, Firenze 1900, 311). Zweifelhaft ist sie
steht nicht fest, ob es nicht auch bei der H. ge- 10 dagegen für das dem usuarius (nach Riccobono
gölten hat, wenigstens da, wo der Umfang des a. a. O. erst in später Zeit) gegebene Recht auf
Wohngebäudes dies rechtfertigt. Gartenbenützung und beschränkten Fruchtgenuß
Der andere Punkt, in dem die H. vom usus in villa, Dig. VII 8, 12, 1. Es wird das wohl
unterschieden wird, ist die mit ihr verbundene von der Beschaffenheit der eingeräumten Woh-
Befugnis, das volle Wohnrecht gegen Entgelt zu nung abgehangen haben. Das gleiche ist jeden-
tibertragen, während man dem Usuar eines Wohn- falls anzunehmen von dem Wohnrecht des Vaters
hauses nur die Befugnis gab, neben sich einen an Stelle des berechtigten Sohnes (VII 8, 17)
Mieter anzunehmen, Dig. VH 8, 4 pr. 8 pr. (auch und von dem Anteil des Wohnungsberechtigten
dies nur, sofern nicht dadurch ein Anstandsgebot an der Ausbesserung des Daches (VH 8, 18).
verletzt wurde) fr. 7 ebd. Iustinian gewährte dem 20 Über entsprechende Regeln des attischen Rechts
Inhaber der H. diese Vermietungsbefugnis in An- fehlt es an Quellen, Beauchet Histoire du droit
lehnung an eine Ansicht des Marcellus. Diese prive - de la röpublique Athenienne in, Paris 1897,
rechtfertigte sich dadurch, daß der Wohnungs- 173.
berechtigte, falls er einen Mietzins statt der Literatur s. o. den Art. Capitis diminutio.
Wohnung erlangte, sich dafür eine andere Woh- Girard Manuel elernentaire de droit Romain 4 ,
nung nehmen oder eine solche in einem ihm etwa Paria 1906, 368. 369 = v. Mayr Geschichte und
gehörenden Hause ohne Verlust an seinem Ein- System des römisch. Rechts, Berlin 1908, 402.
kommen behalten konnte, so daß ihm der er- Cuq Les institutions juridiques des Romains II,
wähnte Zins in der Tat das Wohnen erleichterte Paris 1902, 285. 286. Bonfante Diritto Romano,
(vgl. Cod. Iust. III 33, 13, 1: ut mercedem acci- 30 Firenze 1900, Sil. Costa Corso di storia del
piat). Wollte der Wohnungsberechtigte dagegen diritto Romano, Bologna 1902, 130. Puchta -
die Wohnung einem andern unentgeltlich ein- Krüger Institutionen l<> 285 §255. Holder In-
räumen, so konnte sie ihm dann auch nicht ein- stitutionenS 179. v. Czyhlarz Lehrbuch der In-
mal mittelbar zum Wohnzwecke dienen. Daher stitutionen $> io , Wien 1908, 123. Sohm Insti-
durfte er die H. in solcher zweckwidrigen Weise tutionen ^ 1908, 422 § 96c. R. Leonhard In-
nicht verwenden, Dig. VII 8, 10 pr. (dasselbe galt für stitutionen 1894, 292 (§ 84 V). 387 (§ 126, 2).
operae legatae,Vsi^.Dig.XXXni 2,2). v. Jhering Jörs in Birkmeyers Encyklop.i 115, 6 (woselbst
fand diese Abweichung vom Rechte des usus so sich weitere Literaturangaben finden). F. Leon-
anstößig, daß er in Dig. VH 8, 10 pr. statt ha rd in Birkmeyers Encyklopäd.2 130. Wind-
donare locare lesen wollte (Jahrb. f. Dogm. Xn40scheid-Kipp Pand. 9 I 1060 (§ 208). 1103
342ff.), vgl. Huschke Archiv f. civ. Pr. LXLTI (§ 216 Anm. 3). [R. Leonhard.]
462ff. Kipp- Windscheid Fand. 9 § 208 Anm. 4. Habitus, ein gallischer Terrasigtllatafabrikant,
1060 § 216. Anm. 16. 1103. dessen Waren besonders an dem Niederrhein ge-
Auffallend freilich bleibt, warum man nicht funden worden sind ; anscheinend aus dem l.Jhd.
bei dem usus aedium ebenfalls ein Vermietung«- und vielleicht identisch mit Q. lulius Habiftus),
recht annahm. Nach der Meinung des Labeo, CIL XIH 10 010, 983. 13. 1069. VH 1336, 525.
Dig. Vn 8, 12, 6 verlangte man hier durchaus [Oxe\]
■eine eigene Benützung oder Mitbenützung des L. Habonius, Vormund eines Knaben Iunius
Usuars neben dem Mieter, cum ipse uti debeat und Bauunternehmer, von dem Stadtpraetor C.
(sc. usuarius). Man klammerte sich also an den 50 Verres 680 — 74 als Werkzeug seiner Habgier
Wortsinn des Ausdrucks usus an, getreu der gegen den eigenen Mündel benutzt (Cic. Verr. I
strengen Auslegungsweise des älteren Rechts, von l32ff. 140. 149f.). [ Münzer.]
der sich Marcellus nur bei den Rechtsformen der Habreas, Makedonien Doppelsöldner Alexan-
h. und operae frei machte. Auch Czyhlarz ders d. Gr., der bei der Belagerung von der Haupt-
Lehrbuch der Institutionen 9- w 123 rechnet die stadt der indischen Maller 326/5 umkam (Arrian.
h. und die operae nicht zum ius civile, was anab. VI, 9,3). [Sundwall.]
meines Erachtens auf das ältere im civile ein- Habromachos. 1) Habromachos (I), Sohn des
zuschränken ist. Umgekehrt erklärt Cuq (Les Mantias, Archon in Delphoi ca. 126 v. Chr.
institutions juridiques des Romains U, Paris 1902, (Curtius Anecdota 34. CIG 1699. Bull. hell.
286) den Unterschied der h. und der operae WXXU, 9; vgl. Pomtow o. Bd. IV S. 2593. 2645).
vom usus und ususfruetus daraus, daß die Regeln 2) Habromachos (II), Sohn des Athambos,
der erstgenannten Rechte älter seien , als die Archon in Delphoi ca. 87 v. Chr., in der Xn. oder
Servitutentheorie. Doch deutet die in diesen XLTL Priesterzeit (BulL hell. XXH 37, 1; vgl.
Regeln enthaltene Nichtbeachtung der capitis Pomtow o. Bd. IV S. 2594. 2650).
deminutio eher auf spätere Anschauungen hin. 3) Habromachos (HI), delphischer Archon
Übrigens brachen sich auch bei dem usus freiere ca. 76 v. Chr., in der XU. — XVI. Priesterzeit
Auflassungen Bahn (Riccobono Stndi in onore (Bull. hell. XXII 37, 1; vgL Pomtow o. Bd. IV
di V. Scialoja 1904, 581ff Inst. Iust. ed. Krü- S. 2594. 2651). [SundwalL]
napron
zi ÖD*
flabron. 1) Athenischer Archon im J. 458/7,
DioÖor. XI 79 (wo Bt<av überliefert ist). IÖ II
5, 971 frg. f. ool. H 14. Eurtäfh. Vita Pindari
(p. 90 Westermann) steht im oqx- 'Aßtovog.
v. Wilamowitz Aristot. u. Athen II 301, 20 liest
"AßQwvog, welchen er ins J. 518/7 setzt.
[Kirchner.]
2) Habron, nach Suidas s. v. aus Argos —
typische Figur für üppiges Leben im Sprichwort,
von Lentz passim und dazu praef. I p. CXLUC
Schneider zu ApolL HI 47; außerdem Con-
stantin. Porphyrog. de admin. imp. 23). Wenn
wir hier auf alexandrinischem Boden stehe»
(Tryphon selbst hatte gleiche Werke verfaßt) r
so ist doch H. selbständig genug, um ein-
zelne Theorien des Aristarchos anzugreifen
und seine eigene Meinung gegenüber der seinem
Lehrers zu behaupten. Yor allem interessant ist
"AßQwvos ßiog Zenob. I 4 (— Apost. I 4. Diogen. 10 seine Polemik gegen die Aristarcheische Bezeich-
I 2). Arsen, viol. I 4. Suid. Harpokr. I 12 Bekker, nung der Pronomina als U&tg xarä x e 6oa>jta
wohl nicht identisch mit dem Argiver H. bei — y - ' — T T "•- ° *- ' L - 1 " "^ "'"^
Plut. amat. narrat. II 1. Redender Name wie häufig
im Sprichwort (Crusius Anal. er. ad paroemiogr.
Gr. 54. 55, 1), dem Roman, der Popularphilosophie
usw.; vgl. Gerhard Phoinix v. Kolophon 68, 2.
Parallelbildung zu aß(>a, vgl. Meineke zu Me-
nander 25. Wagner zu Alkiphron I 34. 11.
[Hausrath.]
av^vyoys (vgl. Lersch Sprachphil. d. Alt. II 109);
daß diese Auffassung auch von Tryphon geteilt
wurde, nahm Stiehle ohne weiteres an auf Grund:
von dessen Werk zzzqI jiQoa&noiv, welchem er alle
Fragmente über Fürwörter zuschrieb (Philol. VI
454; vgl. Lersch a. a. 0. II 107); man vergleiche-
indessen v. V eisen Tryphon. fragmenta, Berolini
1853, 24. 26. 31. Die übrigen Stellen über Pro-
3) Sohn des Kallias {zaptiag atQaTicoztxcbv im 20 nomina finden sich bei Apollonios de synt. II
J. 338/7? Prosop. Att. nr. 10), Exeget und Ver-
fasser eines Werkes liegt foQzcöv xal dvatüv
Steph. Byz. s. Bazrj), von dem Fragmente nicht
erhalten sind. [Jacoby.]
4) Habron, griechischer Grammatiker, der
in Rom lehrte. Sein richtiger Name ist zweifellos
"Aßqoiv (Bechtel-Fick Griech. Personenn. 39),
die Hss. aber zeigen daneben auch die Schreibung
"AßQ(ov oder "Aij.ßQCJv. Als Schüler des Aristar-
53. 68. 151 (ilie letzte Stelle wieder gegen Ari-
starchos; Beispiele aus Piaton gegenüber den
Homerischen des großen Alexandriners); III 45
und de pronom. 51, 9 Sehn, (hier anders als-
Tryphon). Eine Meinungsverschiedenheit zwischen
Schüler und Meister wird uns in einem Fragment
des zweiten Traktats ausdrücklich bezeugt über
die Einreihung von Wörtern wie 'Qxeavivrj unter
die 7iaTQ(ow^,ixd (so wie H., u. a. auch SchoL
cheers Tryphon von Alexandria aus dem republi- 30 Dionys. Thr. 369, 7. 528, 14 Hilg. Prise. I 68, 5;
kanisch-caesarischen Zeitalter (Suid. s. Tgiapav;
dazu Bapp Leipz. Stud. VIH 107ff.), blühte H.
wohl noch unter Augustus und darüber hinaus.
Seiner Abkunft nach war er ein Sklave, wie ja
viele Lehrer der Grammatik in der römischen
Periode; konnte doch Hermippos der Berytier ein
Buch TtEQi tü>v ev ^aidsia diajzQsxpavroiv öovlmv
schreiben. Ihm verdanken wir auch die biogra-
phischen Nachrichten über H., von Suidas auf-
vgl. Schneider a. a. ü. 12) oder unter die
xagcovvita, Schol. Hesiod. Theog. 389 (Flach
Prol. z. Ausg. 120). Zu demselben Traktat ge-
hören jedenfalls die anderen Zitate von Stephanos
Byz., ferner Schol. Hom. IL 69. Cramer Anecd.
Paris. III 283, 27 und vielleicht auch Etym. M.
430, 24. Teogn. Cr. II 83, 7 (= Herod. von
Lentz passim). Es werden hier nur Eigennamen
behandelt, xazQOivvfiixd wie i&vixd, mit Ausnahme-
bewährt {vgl. Ps.-Zonar. Lex. und die sog. Eudokia 40 des letzten Passus (über Tryphon vgl. v. Velsen
106 Fl.) durch die Vermittelung einer Epitome
des 'Ovofiazoiöyog von Hesychios (Wachsmuth
Symb. philol. Bonnens. 138ff. Daub Jahrb. f.
Philol. Suppl. XI 436; Stud. zu d. Biogr. d. Suid.
145. Flach Hesychü Mil. Onoraat. LXII). $qv$
% 'Podtog wird unser Grammatiker in dem kurzen
ßiog genannt ; die Deutung von H i 1 1 s c h e r (Jahrb.
f. Philol. Suppl. XVIII 386), H., aus Phrygien
gebürtig, habe in Rhodos studiert und seinen
a. a. O. 57). Nahe verwandt mit dem eben er-
wähnten Buch ist die Schrift siegt xtiitcxojv, SchoL
Dionys. Thr. 371, 7 H.; davon ein längeres und
wichtiges Stück ebd. 532, 33 vielleicht aus
Apollonios (Schneider a. a. O. 44); vgl. außer-
dem zu S. 224, 1 Krit Anm. Die Stelle bei
Choiroboskos in Theodos. Oan. 145. 1 H. (Etym.
M. 624. 57; Gud. 429, 8. Cramer Anecd. Oxon.
1 310, 16. IV 418, 20; \gl Lentz zu Herod. II
Ruhm erlangt, ist weder an sich unwahrscheinlich 50 792, 15) über die Paragoge ö*e bei Verbalformen
noch nach dem Wortlaut unmöglich; analoge Fälle läßt sich schwerlich einer der genannten Schriften
kommen bei Suidas s. IldfMpüog u. a. vor (U rl i ch s
Rh. Mus. XVI 247f.) und auch schon vielfach bei
Athen, u.a., z.B. II 58 ein Bezug auf <PvXaQxog, wozu
Müller FHG Ip. LXXVIII ; man vergleiche außer-
dem Frye Leipz. Stud. VI 102. Daß H. unter den
Grammatikern ein gewisses Ansehen genoß, erhellt
daraus, daß zwei Männer wie Apollonios und sein
Sohn Herodianos ihn benutzt haben, wenn freilich
zuweisen. [Funaioli.]
5) Habron, Maler unbestimmter Zeit, doch
schwerlich älter als das 4. Jhdt, malte nach Plin,
n. h. XXXV 141 amicam et Cancordiam et deorum
simvlacra. Der 'Opovota hat man durch Kon-
jektur (Amicitia) eine <Päla zur Seite gestellt, was-
allerdings sehr verlockend ist; denn Philia hat
nicht nur ebenso wie Homonoia einen Kult gehabt,
auch Apollonios ihn zu bekämpfen pflegt, ohne 60 sondern wird bei Dion von Prusa auch mit dieser
scharfe Ausdrücke zu sparen; auf die beiden gehen
jedenfalls fast, wenn nicht, alle uns erhaltenen
Bruchstücke des H. zurück. Sie sind noch nicht ge-
sammelt. Die meisten belehren uns über Flexion
und Abstammung der Pronomina oder über Wort-
bildung, wie auch zwei Werke zitiert werden nsql
ärratvvftias (Apoll, de synt I 101) und siegt
MaQGxrvmov (Steph. Byz. viermal; vgl Herod.
zusammen angerufen. Andererseits stehen in den
Aufzählungen von Werken oft die verschiedensten
Vorwürfe nebeneinander, und von den Zeiten des
Pausias und Apelles ab haben unzählige Maler
ihre , Freundinnen' gemalt. Letzteres ist unab-
hängig von der Frage, ob ein Maler schon durch
ein einfaches Hetärenporträt Anspruch auf die
Bezeichnung als Pornograph erwirbt, mit welcher
XLUOTUUWUUS
Polemon in seinem Buche siegt x&v iv JStxväivt
mv&xwv ziemlich freigebig gewesen zu sein scheint.
Philia ist überdies auch als Nymphen- und Frauen-
name bezeugt und wäre nach Haus er Berl. phil.
Wochenschr. XXX 1421 Anm. ein passender He-
tärenname (vgl. auch Th. Kein ach Bev. et. gr.
XXI 209); die amiea könnte also am Ende gar
Philia geheißen haben, womit sich die Frage zu
einem Knoten schürzt, den man besser nicht
durchhaut Furtwängler Dornauszieher und 10
Knabe mit der Gans 95, darnach Seilers The
eider Plinys chapters on art 166, berichtigt und
ergänzt durch Höfer in Koschers Mythol. Lex.
' unter Philia. Brunn Gesch. d. griech. Künstler
II 299. Ein Maler Nessos, Sohn eines H., wird
Plin. n. h. XXXV 146 beiläufig erwähnt.
[Pfuhl.]
Habronichos, Sohn des Lysikles, aus Athen.
Er war im Jahre 480 auf einem Schiffe bei den
Thermopylen stationiert, um die Verbindung der 20
Streitmacht des Leonidas mit der bei dem Vor-
gebirge Artemision befindlichen griechischen Flotte
herzustellen; nach Leonidas 1 Untergang über-
brachte er ihr die Nachricht davon (Herod. VIII
21). Im J. 479 war er Mitgesandter des Themi-
stokles in Sparta ; er und Aristeides trafen später
dort ein und meldeten Themistokles , daß der
Mauerbau bereits genügend vorgeschritten sei
(Thuc. I 91, 3). Mit Ed. Meyer (Herrn. XL 561ff.)
und Busolt Klio V 255ff. halte ich Thukydides , 30
Bericht über die Geschichte des Themistokleischen
Mauerbaues der Hauptsache nach für geschichtlich;
speziell hat man keine Ursache, H. als Mitge-
sandten zu bezweifeln, wie B. Keil (Anon. Arg.
294, 1) es tut, dagegen Ed. Meyer a. a. O. 568.
Über H. noch Busolt Griech. Gesch. 2 II 681.
III 1, 46. Kirchner Prosop. att I nr. 20.
jSwoboda.]
Habronides, Athener, Trierarch um 357/6
v. Chr. (IG II 793f 52. 961, 6). [Sundwall-l 40
Habryllos, Sohn des Athenaios, Thessaler,
Strateg der Magneten um 130 v. Chr. (IG IX
4, 1108). f Sundwall.]
Hactara, unbekannter Ort in Hispania Tar-
raeonensis, nach dem Itin. Ant. p. 404, 5 bei
Acci (heute Guadix). [Schulten.]
Hadad (semitisch -nn, vielleicht abgekürzt
in -in in Theophorennamen : griech. "ASaöog Bull,
hell. VI 1882, 497. 498 = Dittenberger Syll.2
767. Joseph, ant. lud. LX 93. Inschriften aus 50
Khahab und Bora s. u. oder Zevg "Aöaöng Bull,
hell. XVI 1892, 161 ; "Adarog Bull. hell. VI 1882,
195. 496; "Admdos Phil. Bybl. FHG III 569;
Adadii [= Gen. Adddov] Plin. n. h. XXXVII 186;
Adad Macrob. Sat. I 23. 17) ist der gewöhnliche
Name des großen syrischen Gottes, des Paredros
der Dea Syria (s. &.) oder Atargatis (s. d.). Deo
enitn, sagt Macrobius Ca. a. O.) von den Syrern,
quem summum maximumque venerantur. Adad
nomen dederunt . . . Hunc ergo ut potentissi- 60
mum odorant deum, sed subiungunt eidem deam
nomine Adargatin. Philo Byblius (a. a. O.):
"AScadog ßaatüvg dsätv. Die Etymologie dieses
göttlichen Namens ist unbestimmt. Der Cha-
rakter des Gottes berechtigt die Annäherung mit
dem arabischen hadda verbrechen, krachen'. Die
Erklärung von Macrobius (a. a. O.) : cüts nominis
interpretatio signißcat unus wnu* stützt sich auf
eine Verwirrung mit dem syrischen Wort had f wel-
ches ,eins' bedeutet (Noeldeke in Schenkels
Bib.-Lex. I (1869) 392. Ed, Meyer ZDMG XXXI
1877, 734. Bosch er Lex. I 2900f.).
Derselbe Gott heißt Ramän oder Rammän.
Hesych. s. 'Paftäg • 6 vytiorog fisog. Steph. Byz.
s. Aaodlxsta erklärt Qapdv&as (1. gafiavaüas mit
Salmasius) durch d^' vyovg 6 foög- gdfiav yag
xo vyx>s, ä-dag öi 6 &t6g. In dem ersten Wort
muß man Kammän verstehen , umsomehr als der
bezeichnete Gott den Blitz schleudert. Bau-
dissin (in Herzogs Realenc.3 XVII 5) versteht
unter dem zweiten Ausdruck nN ,du bist'. Man
kann auch denken an das Zeitwort nrN s er ist
gekommen' ; vgl. fiagav d§d in I Kor. 16, 22.
Die meisten der göttlichen Namen haben in
der Bibel beabsichtigte Verstümmelungen erlitten.
Dasselbe Verbot, welches den Namen Jahwe wegen
seiner Heiligkeit traf, traf auch die fremden gött-
lichen Namen wegen Unreinheit. So ist in n Kön.
5, 18 EAmmÖn, welches Granatapfel bezeichnet,
eine freiwillig falsche Aussprache für Rammän
(LXX 'Pefiftdv). Man hat also unrecht gehabt,
sich nach Movers auf diese Bezeichnung zu
stützen, um sich einen Granatapfelgott einzubilden
und Theorien aufzustellen, die nichts bestätigt.
Die Darstellungen legen niemals den Granatapfel
in die Hand des Gottes. Aus den verschiedenen
Etymologien, die man für den Namen Eamman
vorgeschlagen hat, ist die wahrscheinlichste ans
dem babylonischen ramämu .schreien, brüllen 1
hergeleitet. Kammän würde der .Brüller', der
,Donnerer' bezeichnen (Zimmern in Schrader
Die Keilin sehr. u. d. Alte Testament 3 445). Man
findet die beiden göttlichen Namen vereinigt in
Hadad-Eimmön (lies Hadad-Eammän) Sach. 12,
11 (s. u.). Dieses Wort, aus zwei göttlichen an-
einander gestellten Namen gebildet, hat Ähnlich-
keiten im Semitischen, hauptsächlich in dem Na-
men der Atargatis (Dussaud Notes de mytho-
logie svrienne 82f. Andere Erklärungen Sau-
dis sin" in Herzogs Eealenc.3 VII 293f.).
Der Name Kewan (der Planet Saturn) paßt
nicht auf den großen syrischen Gott (Drexler
in Koschers Lex. II il79f.). Man muß die
Verwechslung mit dem syrischen Apollon (Luc.
de dea syra 35. 36. 37. Macrob. Sat. I 17, 661
= Nebo des Ps.-Meliton in Cureton Spicil. sy-
riac. 44f. ; vgl. Heüopolitanus) vermeiden.
Man hat vielfach, aber mit keinem Recht, den
kleinasiatischen "Abayvovq (Hesych. s. v.) in 'Ada-
bovg verwandelt.
Seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. stellt
die ideographische Keilschrift IM den Gott Adad
(ohne Aspiration im Babylonischen) oder Ram-
män in den Eigennamen (Zimmern a. a. O. 443)
dar. Die alten babylonischen Mythen, besonders
diejenigen der Sintflut mit dem Helden Sisuthros
schreiben eine wichtige Rolle dem Adad oder
Rammän zu. Der Gebrauch dieser beiden Namen
scheint früher zu sein als die ältesten Urkunden,
und man kann nicht entscheiden , ob der eine von
beiden, z. B. Adad, wie man es vorgeschlagen
hat (so Zimmern), syrischen Ursprungs ist. In
dieser letzten Gegend erwähnen die el-Amarnas
und Ta'anneks Täfelchen den Gott, öfters ideo-
graphisch, manchmal phonetisch. Hommel (Alt-
israel. Überliefer. 220) nimmt an, daß die Schrei-
her Adad in Phönizien angenommen haben, als
Ersatz des phönizischen Ba c al. Der Gott H. er-
scheint nicht in den phönizischen Texten. Es
ist schwer zu sagen, welches der Ersatz für H.
in der phönizischen Mythologie war, aber in einem
vorgeschrittenen Zeitalter würde es vielmehr Re-
schef sein als Baal-Schamim ,der Herr des Himmels*
(s. Baisamem), wie Lidzbarski (Ephem. f. sem.
Epigr. I 251f. II 122) und Lagrange (Etudes
sur les religions s&nitiques 2 93) es vorgeschlagen
haben. Man muß bemerken, daß in Babylon
Adad der Sohn des Ann war, der den Himmel
darstellt. Ami. nnd nicht Adad, stimmt mit Bai-
samem oder Coelus überein. Die Verwechslung
kommt aus der Tatsache her, daß das Beiwort
xsQavnog, welches auf den H. paßt, auch dem Bai-
samem zugeschrieben worden ist.
Die Vorstellung des H. ist dieselbe in Syrien
wie in Mesopotamien. In Babylonien halt der
Gott das Blitzbündel, manchmal die doppelte Axt
nnd steht auf einem Stier. Auf den Kudurru
(Grenzsteinen) wird Adad durch sein Symbol dar-
gestellt : das Blitzbündel oder ein liegender Stier,
darüber Blitzbündel, oder noch der Blitz auf einem
thronartigen Gestell, vor dem der Stier liegt (J.
de Morgan Delegation en Perse, Memoires I
171ff. Frank Bilder u. Symbole babyl.-assyr.
Götter 30ff.). Er ist der Gott des Blitzes und
des Gewitters; er erschüttert die Berge. Er ist
wohltätig, wenn er den Regen, welcher fruchtbar
macht, ausgießt, er ist der Zerstörer, wenn er
die Sintflutregen und die Überschwemmungen
erzeugt. Die Sintflut ist die Bestätigung seines
Zornes, auch hat er den Titel des t Herrn der
Sintflut*. Da er mit dem Blitz, mit dem Hunger
und dem Tode schlägt, so bekleidet er, beson-
ders in Assyrien, das Ansehen eines furchtbaren
Kriegsgottes, der dem Assur beigesellt wird. Der
hettitische Gott, den man Teschub nennt und
der mit dem Blitz und der Axt bewaffnet ist,
scheint der Ersatz des Adad zu sein. Die Yer-
ehrung des Adad hat sehr lange Zeit in Meso-
potamien gedauert, wie es der Theophornamen
'Aöadvadivazi}s beweist, den man in Tclloh auf
zweisprachigen Ziegelsteinen (aramäisch-griechisch)
aus dem 3. oder 2. Jhdt. v. Chr. aufgefunden
hat (CISem. II 72).
Die ackerbautreibenden Völker Syriens haben
ganz besonders in H. eine Gottheit angebetet,
welche eine Beschützerin der Ernten ist. Die se-
mitischen Texte, die in den deutschen Sendschirli-
ausgrabungen entdeckt worden sind, bestätigen,
daß im 8. Jhdt. v. Chr. H. der erste der Götter
in Nordsyrien war. Die Statue des H., die gegen-
wärtig im Museum von Berlin aufgestellt ist,
zeigt den Gott stehend, bärtig, eine Hörnermütze
tragend. Die Arme und der untere Teil der Bild-
säule sind zerbrochen (F. von Luschan Aus-
grab, in Sendschirli 44ff,). Die Inschrift welche
auf dem Gewand eingraviert ist , qualifiziert viel-
leicht den Gott als ,Herr der Wasser' (D. H.
Müller). Sie erklärt, daß diese Statue errichtet
wurde durch den König- Panammu, Sohu des
Qaral, zum Zwecke, um nach seinem Tode seinen
eigenen Kultus demjenigen des Gottes beizuge-
sellen. Die Nachfolger von Panammu müssen
dem H. Opfer bringen, sie sollen Panammu zu
gleicher Zeit mit dem Namen des H. anrufen,
indem sie sagen: ,Möge die Seele des Panammu
mit H. essen und möge die Seele des Panammu
mit H. trinken* (Lidzbarski Handbuch NE
440ff. Cooke Text-Book of nord-semit. inscr.
159ff.).
Das größte Heiligtum des H. in Syrien war
dasjenige von Hierapoüs (Mabbog, jetzt Man-
bidsch, s. Bambyke), nicht weit vom Enphrat.
Kurz vor Alexander d. Gr. trug der Oberherr,
10 welcher diese beherrschte, den Namen e Abd-Hadad',
,Diener des H.< Er wird auf den Münzen (Babe-
lon Perses Achemcnides nr. 314. 315) im Gewand
des Hohenpriesters dargestellt, welches so von
Luc. de dea syra 42 beschrieben ist. Unter Antio- '
chos I\'. Epiphanes weisen die Münzen darauf, daß
H. gleichbedeutend war mit Zeus, aber er behält
den Stier zu seinen Füßen (Babelon Rois de
Syrie nr. 645). Lucian 31 schreibt alle Züge
des Zeus der goldenen Statue zu, die in dem
20 Tempel zu Hierapolis errichtet ist ; aber er macht
darauf aufmerksam, daß die Eingeborenen ihm
einen anderen Namen gaben und daß der Gott
zwischen zwei Stieren saß. Diese Beschreibung
wird bestätigt durch die Münzen der Stadt, welche
auf beiden Seiten des Heiligtums die zwei großen
syrischen Gottheiten H. und Atargatis darstellen.
Links ist H. mit Kalathos und Zepter zwischen
zwei Stieren sitzend (Six Numism. Chronicle
1878, 120. Imhoof-Blumer Grieeh. Münzen
30 235). Der syrische Gott wird ebenso auf einem
Relief aus Rom dargestellt (CIL VI 117).
Der Mythus der Sintflut, welchen Lucian 12
in Hierapolis erzählen hörte, muß mit dem Kultus
des H. in Verbindung gebracht werden. Der
Held AtvaaXlmva xov 2iav&ca (so Butt mann
anstatt Sxv&sa) ist kein anderer als der baby-
lonische Sisuthros. Einige Leute behaupteten,
daß er den Tempel errichtet hätte über der Öff-
nung (yäöfiia), durch welche die Wasser der Sint-
40flut herausgeflossen waren. Man sah eine Er-
innerung an dieses Ereignis in dem Ritus des
Vergießens von Wasser im Tempel, in der Tat
ein alter prächtiger Ritus, der bestimmt war.
den Regen herbeizuführen und eine gute Ernte
sich zu sichern. Zweimal jährlich und laut eines
Orakels des syrischen Apollon stiegen die Prie-
ster und die Gläubigen mit großem Gepränge
an die Ufer des Euphrat hinab, um dort Wasser
zu schöpfen. An der Spitze der Prozession trug
50 man das Semeion, das Bild der Göttin Simia
(s. d.), der Tochter des H. Die Pilger, welche
aus ganz S3 r rien, Arabien und den Ländern jen-
seits des Euphrat gekommen waren, brachten jeder
nach Hierapolis eine Vase, gefüllt mit Wasser
des Flusses und sorgfältig verschlossen. Ein Auf-
seher (äkEXTQvav = ^120, nicht ydiXog) , welcher
sich bei dem Heiligtum aufhielt, empfing die
Opfergabe, bestätigte den Verschluß und brach
ihn entzwei. Dann trat der Gläubige in den
60 Tempel und goß das Wasser der Vase in die
schon erwähnte Öffnung (Luc. de dea syra 13.
33. 48). Die symbolische Darstellung dieses Ritus
wird durch ein babylonisches Relief (J. de Mor-
gan a. a. O. 177) geliefert, worauf man Adad, auf
seiner Brust eine Vase haltend, sieht, aus wel-
cher zwei dünne Wasserstrahlen hervorsprudeln.
Eine andere Zeremonie bestand darin, die Sta-
tuen des H. und seiner Paredros bis an den be*
naaaa
3JLOZ
nachbarten See des Tempels (Luc. 47) zu bringen.
Der Ritus des Herabsteigens zum Wasser (xavd-
ßaati = semit. yerid) war in ganz Syrien ver-
breitet (G. Hoff mann Ztschr. f. Assyr. 1896,
241. Isid. Le>y Revue des Ctudes juives XLIII
1901, 1921?.). Er hatte zum Zweck, die Quellen
wiederzubeleben und den Regen herbeizuführen.
In einem späteren Zeitraum wird der Gott
durch die Sonnenkulte verdorben; sein Kopf ist
mit Strahlen geschmückt : simulaerum Adad
insigne cernitur radits inclinatis (Macrob. a.
a. O.). Die Identifikation mit dem Sonnengott
wird besonders in Heliopolis-Ba' albeck scharf be-
grenzt, wo sie an den Typus des Heliopolitanus
(s. d.) anstößt. Im römischen Zeitalter ist H.
oft unter dem Titel luppiter optimus maximus
{CIL VI 117. 399) verborgen, oder unter einer
lokalen Identifikation (Balmarcodes , Dolichenus,
Hadaranes, Heliopolitanus, s. d.), aber seine Na-
tur ist entweder durch den Stier oder durch die
Erwähnung seiner Paredros, der syrischen Göttin
Atargatis . oder derjenigen Simia oder Simios,
seiner Kinder, verraten. Diese göttliche Familie,
besonders in Hierapolis, bildet die dii syri (CIL
HI 1961), welche unter mehr oder weniger modi-
fizierten Formen in einer großen Zahl von syri-
schen Städten angebetet werden. In Rhesus trägt
der Gott Hörner und vielleicht das Henkelkreuz.
In der rechten Hand hält er den Blitz und in
der Linken eine Ähre; zwei Stiere sind zu seinen
Füßen (Imhoof-Blumer Monnaies grecques 440 ;
Choix Taf. VII nr. 223). In Raphanea ist der
sitzende und mit dem Himation bekleidete Gott
mit dem Kalathos bedeckt. Er hält einen Kranz
in der Rechten und ein Füllhorn in der Linken.
Im Felde ist ein Adler auf beiden Seiten abge-
bildet; zu seinen Füßen ein Stier (Wroth Catal.
of the greek coins of Galatia Cappadokia and
Syria 267). Die Münzen von Dium tragen auf
der Rückseite das Bild des H. mit dem Kalathos
bedeckt. Er hält in der Rechten ein Zepter,
worüber ein Adler schwebt, und in seiner Linken
eine Nike ; zwei Stiere sind zu seinen Füßen
(Wroth a. a. O. 303)', In dem griechisch-römi-
sehen Zeitalter wird H. auf dem Libanon und in
Phönizien wie der Baodevg $e6)v (Philo Bybl.
a. a. O.) verehrt. Er ist der üeög fisytotog des
Heiligtums von Kal'at Fakra (Dussaud Notes
de myth. syr. 116). Laut örtlichen Fortbestehens
alten Begriffs wohnt der Gott auf höchsten Gipfeln.
Daher trägt er auf einem Altar in Rom (Gauck-
ler Comptes rendus Acad. des inscript. 1907,
144f.) die gleichwertigen Titel Aißavscorijg und
axQ(to)QtiTt]g. Diesen letzteren Ausdruck darf
man nicht auf eine bestimmte Gegend beziehen,
er muß aber auf die Definition von Steph. Byz. (a.
a. O.) a<p vtfovg 6 ßeos zurückgeführt werden.
Gleichwohl kann man in der Gegend des Libanon
nicht entscheiden, ob der verehrte H. nicht ganz
speziell Heliopolitanus (s. d.) ist, oder ob solche
örtliche Gottheit (so Balmarcodes [s. d. u. Suppl.],
der Simia als Tochter hat) mit dem H. aus Hiera-
polis identifiziert worden ist oder mit dem Helio-
politanus.
Damaskus war ein wichtiger und alter Kultus-
ort der dii syri. Die Bibel erwähnt im 9. Jhdt.
v. Chr. syrische Könige namens Ben-Hadad (auch
die Keilinschriften) und einen König Tabrimmön
(lies Tab -Ramniän). Seit diesem Zeitalter besaß
H. oder Rammän den Haupttempel von Damaskus
(H Kön. 5, 18). Es ist möglich, daß sein Götzen-
bild dargestellt wird mit einer Ähre in der Hand,
angelehnt an zwei Stiere, auf der Rückseite einer
Tetradrachme von Antiochos XII. (Dussaud
Journal Asiatique 1904, LT 199f.), während andere
daraus wieder den H. von Hierapolis erkennen
(Babelon Rois de Syrie CLXXIII). Im römi-
10 sehen Zeitalter ist er der luppiter Damascenus
(s. d.), aber der alte Name bestand neben dem
neuen. Josephus (ant. lud. IX 93) sagt, daß H.
(~A8ado$ nicht "Adep mit Niese), den er mit einem
König verwechselt, noch zu seiner Zeit als Gott
von dem damaszenischen Volke verehrt wurde.
Sein Zeugnis wird durch die Widmung eines Ein-
geborenen bestätigt, die man in Khabab (Tra-
chonitis), nicht weit von Damaskus gefunden hat:
Zasöog 'Oiaoov szioyaev röj $£(p 'Adddqt (Dus-
20 saud und Macler Mission dans les regions de-
sert. de la Syrie moyenne 642). Die Erwähnung
der Simia neben dem Jaribolos (s. d.) beweist,
daß dieser palmyrenische Gott auf H. zurückge-
führt worden ist.
Die Tontäfelchen aus Ta c annek (nr. 5. 6) schei-
nen seit dem 15. Jhdt. v. Chr. zu bezeugen, daß
der Kultus des H. in der Ebene Jezreel oder
Megiddo ausgeübt wurde. Eine formelle Erwäh-
nung wird in Sach. 12, 11 bewahrt: ,An jenem
30 Tage wird groß sein die Klage in Jerusalem wie
die Klage um Hadad-rimmön (lies Hadad-Ram-
män, s. o.) in der Ebene von Megiddo'. Aber
man muß nicht daraus schließen auf die Identität
von H. mit Adonis oder Tammuz. Die Sage von
Kombabus (Luc. 19ff.) beweist, daß man neben
den dii syri eine Gottheit mit dem Typus von
Tammuz anbetete, die man von II, deutlich ab-
sondern muß. In der Sachariastelle ist nur eine
Vermengung des Kombabus-Tammuz mit H. zu
40 sehen. Die Verwechslung ist wahrscheinlich her-
beigeführt worden durch die Tatsache, daß die
beiden Götter im selben Tempel vereinigt waren.
Es ist nicht unwahrscheinlich , daß in einer
früheren Epoche der Kultus des H. auf gewisse
israelitische Mittelpunkte eingewirkt hat. So er-
klärt sich die Darstellung des Jahwe durch einen
jungen Stier. In Askalon, wo es einen berühmten
Kultus der Atargatis gab (vgl. Dea Syri a), wird
nicht ihr Paredros von den Schriftstellern er-
50 wähnt, abeT das kann nur H. sein. Dagon ist
der Paredros von Astarte, nicht von Atargatis.
Um zu endigen, was sich auf Syrien bezieht, so
mögen wir Plinius Erwähnung gewisser Stein-
fetische aufstellen: Adadu nepkros sive renes,
eiusdem oculus, digüus; deus et hie colüur a
Syris (Plin. n. h. XXXVII 186). Man könnte
wahrscheinlich vergleichen die Fetische, welchen
man gewöhnlich den Namen des Osirisauges gibt,
und die Votivhände. welche die Hand des Gottes
60 selbst darstellen. Vgl. auf einem Tontäfelchen
aus Ta'annek : , Wenn sich der Finger der (Göttin)
Aschirat zeigen wird, so möge man sich (es) ein-
schärfen und (es) befolgen' (Hroznv in Sellin
Teil Ta'annek 114).
Im J. 128/7 v. Chr. wird in Delos erwähnt
die Errichtung eines Tempels für die syrischen
Götter (ASdrcot xai 'Ara^y6xei faois statgiois) durch
einen Hierapolitaner, der zum Priester erwählt
ist {Hauvette-Besiiault Bull. hell VI 1882,
496f,). Auf demselben Platz hat man eine Wid-
mung gefunden 'YdQdtaft/ inr/xöan, welches Wort
man unrechtmäßigerweise von Hadran, Hadaranes
stammen läßt (Bull. hell. VI 1882, 500 = Dit-
tenb erger SylU 770). Hoff mann (Ztschr.
f. Assyr. 1896, 250f.) hat richtig bemerkt, daß
*YdQeuH anstatt e YöqsZ aus vdgevg war, aber man
muß in ihm nicht den jungen Gott Ichthys (s.
d.) wiedererkennen, der von Atargatis geliebt
wurde. Ichthys verbirgt eine Zusammenstellung
von Simios und Kombabus-Tammuz. Nach den
letzten Entdeckungen (Ro u s s e 1 Compt. rend. Aead.
des inscript. 1910, 522) wurde Hydreus in Delos
nicht in dem Heiligtum der syrischen Götter,
sondern in dem der ägyptischen Götter verehrt.
Born hat zwei Widmungen dem IOM gelie-
fert (CIL VI 117. 399), welche dem H. zuge-
schrieben werden müssen. Man hat neulich ent-
deckt, daß der iucus Furrinae in Rom, auf der
östlichen Seite des Ianiculus, während der Kaiser-
zeit dem Kultus mehrerer syrischen Gottheiten
geweiht worden war. Ein Altar war dort #s<p
"Adddcp AißaveGiTfl und &eq> Addöqt äxgfwjQEiTi]
(s. o. und Gauckler a. a. 0. Clermont-Gan-
neau Recueil d'archeol. Orientale VIII 51). Aus
Spalato eine Widmung dis syris (CIL III 1961).
Literatur: Roschers Mvth. Lex. s. Ada'd
[Röscher] I 1987ff. II 1179ff. [Drexler]. 2900 [Ed.
Meyer]. Baudissin in Herzogs Realenc.3 VII
288ff. XVII 8ff. mit der älteren Literatur. Gruppe
Griech. Mythologie II 1585. [Dussaud,]
Hadaranes. In Nicha am Fuße des Djebel
Siman (Liban) ist ein architektonisch interessantes
Tempelchen in antis entdeckt worden, das nach
einem dort gefundenen Cippus dem Gotte Hada-
ranes oder Hadraws geweiht war (Puchstein
Arch. Jahrb. XVI 1901, 158. CIL III 13608;
vgl. S. 232874). Ein anderer Tempel des H. stand
in Deir Kala unweit von Ba'albek (Ronzevalle
C. R. Acad. Inscriptions 1901, 479. CIL TU
14385). Nach den arg verstümmelten Reliefs der
Votivsteine scheint der Gott ganz wie Hadad (s.
d.) dargestellt zu sein, d. h. entweder auf einem
von zwei Stieren umgebenen Thron sitzend, oder
stehend, von einer Scheide umschlossen, mit dem
Kalathos auf dem Haupte (Ronzevalle a. a. O.
und Melanges Fac. orient. Beyrouth I 228). H.
war also nur eine Lokalibrni der großen Gott-
heit von Heliopolis-Ba'albek. Sein Name bedeutet
wohl ,der Angesehene' (Vogue Journ. Asiatique
VIII 1896, 324ff.). Er ist unzweifelhaft mit dem
Gotte Hadran ("p-ir;) identisch, der nach Ps.-Me-
litos syrischer Apologie (Otto Corpus Apol. IX
505, 426) in Hierapolis-Mabug verehrt wurde
(v. Baudissin Studien zur semitischen Religions-
gesch. I 312). Die merkwürdige Inschrift CIL
III 13608 lautet : Hoemaea virgo dei Hadaranis
quia annis XX panem non edidit (sie) iussu
ipsius dei v. I a. s. Geweihte Jungfrauen be-
fanden sich also in seinem Klerus, und im Dienste
dieses landschaftlichen Gottes der Fruchtbarkeit
wurde nicht nur die Keuschheit befohlen, sondern
auch die Enthaltung von Brot als löblich be-
trachtet, was auch sonst in semitischen (Frazer
Adonis, Attis, Osiris 1907, 189) und kleinasiati-
sehen (Iulian. Or. V 174 A. Hepding Attis
156) Feldkulten vorkommt [Cumontj
naana
Ziö*
Hades a. Inferi.
Hadra, Nebenfluß des Po aus dem Apennin,.
Tab. Peut., vielleicht der Torrente Arda, an dem
Fiorenzuola liegt. [Weiss.]
Hadramitaes. AdramitaeundChatramis.
Hadranon s. A dr an o n. Bezüglich desNamens
sei folgendes nachgetragen. Die griechischen Auto-
ren schreiben den Namen stets ohne Aspiration :
"4dQavov und ro "Adgavov Diod. XIV 37, 5. XVI
10 68,10 (wo eine Handschrift %6v äd^avov hat);
3 A$qclv6v und xo 'Aöpavöv Steph. Byz. s. v. und
Plut. Timol. 12 (zweimal) und 16 (wo der Pala-
türus 168 äögavov schreibt), "über die Betonung"
vgl. Lob eck Pathol. serm. Gr. prolegg. 181 (dem
entgegenzuhalten ist, daß der Name nicht grie-
chisch ist). Ebenso lautet das Ethnikon überall
'ÄSgavTtat: Diod. XVI 68, 9. 69,3. Plut. TimoL
12 (zweimal) und 16; Diod. XXLTI 4, 1 schreibt
Dindorf 'Adgavtrat , doch sind hier die An-
20 gaben der Neuausgabe über den hsl. Befund
abzuwarten. Münzen und Inschriften der 400
gegründeten Stadt schreiben selbstverständlich
AAPANON und AAPANITAI. Hingegen ist
der Name des Gottes, nach dem die Stadt
benannt ist, mehrfach aspiriert überliefert ('Aöga-
vog, s. o. Bd. I S. 405, 30), und die Römer schrie-
ben konstant Badranum (Sil. It. XIV 250)
und Hadranitani (Plin. III 91 in der alphabeti-
schen Aufzählung der civitates condieionis La-
30 tinae, welche die Aspirierung als Originalschrei-
bung des Plinius sicher stellt). T Tmgekehrt lautet,
der vom Gottesnamen abgeleitete Personenname
bei Livius ebenso Adranodorus wie bei Polybios-
'A&qav6h(üQ<K. Eine Entscheidung, ob der Name-
das H ursprünglich hatte oder nicht , ist hier-
nach nicht mit Sicherheit zu geben, doch ist vor
einer Unterschätzung der beiden lateinischen
Zeugnisse mit Hinweis auf die Geschichte des-
Namens Henna (a. d.) zu warnen. — In Mendo-
40 lito bei Adernö sind in den letzten Jahren ver-
schiedene Reste einer sehr alten Sikuleransied-
lung zu Tage gekommen, vor allem ein außer-
ordentlich großes Bronzelager, das teils rohes-
Material teils Gegenstände verschiedenster Art
(Waffen, Werkzeuge, Geschirr u. s. w.) , sämtlich
sikulischer Provenienz, enthält und entweder ein
sakrales Depot oder das Lager eines Bronze Schmie-
des darstellt. Also hat sich die griechische-
Gründung an eine ältere sikulische Ansiedlung
50 angeschlossen. Vgl. P. Orsi Not. d. seavi 1909,.
387f. [Ziegler.]
Hadranos wird in der Literatur öfters statt
Adranos überliefert, s. d. [Eitrem.]
HSLäreu8{AÖgEvg) 7 ,der die Früchte reif macht' r
ein Sondergott in der Umgebung Demeters, anö-
rfjg zur xagjzüv ädQvvoswg, Etym. M. s. v.
| Eitrem.]
Hadria (so die spätere Form. Hatria mit
archaischen Buchstaben auf einem bei Atri ge-
60fundenen Gefäß, CIL IX 6389 3. HA x auf den
im 3. Jhdt. v. Chr. geprägten Münzen, Cat. Greek
coins, Italy 42f. Head BN 19f. Garrucci Mxhu
Ital. antic. 33), eine vorröralsche Siedlung, wi»
die Funde der Umgebung zeigen (Not. d. seavi
1901, 190f. 1902, 2291), lag an Stelle des heutigen
Atri (442 m) , sechs Millien von der Küste landein-
wärts (Plin. n. h. III 110) in Picemrm, Strab.
V 241. Feldm. 252. Plin. a. O. PtoL IH 1, 17.
Z1Ö&
AdQiecveia
Panl. bist. Lang. II 19. Nach Unterwerfung
des Küstengebiets wurde in der Zeit zwischen
290 und 286 hieher eine Kolonie gelegt (Liv.
epit. 11), deren Gebiet im Norden an den Vo-
rnan us (humeetata Vbmano Hadria Sil. Ital.
Vltl 438). im Süden wahrscheinlich bis zu dem
heutigen Fino reichte. Der Matrinus, welcher
nach Strab. a. ü. ästd rqs 'ASgiaveöv nokewg ins
Meer fließt, sjfwr enlvstov if\g 'Adgfag ijtcowftov
iavrov, wird die Piomba sein, deren Mündung 10 Nachfolger das Mausoleum Hadriani (Hist. aug.
XLituiiaueuiu aiuv
Hadriani mawoteum, seiner Größe wegen. auch
Moles Hadriani genannt, die heutige Engelsburg
(Castel S. Angelo) am rechten Tiberufer beim Pons
Aelius ; vgl. Ki e p e r t-Hul s e n Formaeurhis Romae
p. 45. Lanciani Forma urbis Romae 7. 14.
I. Geschichte des Baues. Als sich die
Grabkammern des Mausoleums des Augustus ge-
füllt hatten (Cass. Dio LXIX 23), erbaute Hadrian
in den Gärten der Domitia für sich und seine
wohl der Station Macrinü der Tab. Peut., 18 Mil-
lien von Castrum Novum, entspricht. Die Via
CaeciHa, ein Zweig der Salaria, verband H. mit
der Hauptstadt (Barnabei Rom, Mitt. III 3f.
Hülsen Not. d. seavi 1896, 95, s. o. den Art.
Caecilia via. Persichetti Rom. Mitt. XXIII
284). Von da konnte man auch die Via Valeria
bis an die Aternusmündung und dann die Küsten -
straße nordwärts nach H. einschlagen (Itin. Ant.
Hadr. 19 feeit . . . sui Hominis pontem et sepvl-
crum iuxta Tiberim). Wann der Kaiser mit
dem Bau begann, ist unbekannt ; (vgL Hirsch-
feld Kais. Grabstätten in Rom, S.-Ber. Akad,
Berl. 1886, 1160 und Gregorovius Kaiser Ha-
drian 2 503); eingeweiht wurde er erst 139 von
Antoninus Pius, der die Leiche Hadrians, die
vorläufig in der puteolanischen Villa Ciceros bei-
gesetzt worden war, und die Überreste der bereits
308; vgl. auch den Umweg über Asculum 306). 20 vor Hadrian verstorbenen Sabina und seines
T r ■. tt___.=i.-i _.__ — t. tt _„.„. Adoptivsohnes L. Aelius Veras darin bestattete;
vgL Hist. aug. Pius 5 Hadriano apud Baias
mortuo reliquias eins Bomam pereexit sanete
ac reverenter atque in hortis Domitiae colloeavit-
Cass. Dio a. a. O. hayr\ de (nämlich Hadrian)
xpog avr($) z<p sioxafitij viQog tf} ysfpvga jfj Allta *
ivtav&a ya@ ro ftvfym xateoxevaoato und CIL
Im Krieg gegen Hannibal verharrte H. treu
bei Rom, Polyb. III 88. Liv. XXII 9 (Verwüstung
der Feldmark im J. 217). Sil. Ital. VIII 438
(J. 216). Liv. XXVII 10 (J. 209). Als Kolonie-
erscheint H. auf den Inschriften CIL IX 5016.
5020. Dessau 919 und bei Plin. a. 0.; sie hatte
nach dem Namen ihres Freigelassenen Venerius
(CIL IX 5020) zu schließen den Beinamen Ve-
neria, vielleicht als Veteranenkolonie Sullas.
IV 984f. mit der ebd. p. 185f. angeführten Lite-
ratur. Zu Marini Iseriz. doliari 37 und Preller
Der dem PaullusFabiusMa_imus als Patron von 30 Regionen 211ff. vgl. Hirschfeld a. a. O. Anm. 65.
der Kolonie in dem zu ihr gehörigen Tempelbe-
zirk am Monte Giove gesetzte Stein Dessau 919
kann nicht, wie Barnabei a. O, meint, über
die Zeit der Begründung der römischen Bürger-
kolonie Aufschluß geben, H. gehörte der Tribus
Maeciaan, Kubitschek Imp. Rom.trib. discr. 64.
Von hier stammte nach Hadrians eigener Angabe
die später nach Spanien ausgewanderte Familie
dieses Kaiser?, der Quinquennalis der Stadt war
Im H. fanden von Hadrian an bis auf Sep-
timius Severus wahrscheinlich alle Kaiser und
fast sämtliche Mitglieder des Kaiserhauses ihre
Grabstätte ; nur Didius Iulianus wurde im Grabe-
seines Großvaters, des Juristen Salvius Iulianus,
an der Labikanischen Straße bestattet; (vgl. Hist.
aug. Did. Iul. 8). Da aber die hauptsächlichste
Benützung unter Pius, Marc Aurel und Commo-
dus fällt, wird der Bau bisweilen geradezu als
quasi in alia patria, Hist. aug. Hadr. XIX 1. 40 Marri Antonini sepulerum (Hist. aug. Seyer. 19),.
I 1. Aurel. Vict. epit. 14. Sonst wird H. noch Antoninorum sepulerum (ebd. 24) und 'Aptojvi-
rüov (Cass. Dio LXXVI 15, 4. LXXVIII 9 u. ö.)
erwähnt Liv. XXIV 10. XXXIV 45 (Prodigien).
Itin. Ant. 310. 313. Tab. Peut. Cassiod. var. I
19 (. . praecipimuSf ut Adrianae civitatis eu-
rialtum insinuatione sitseepta, quicumque Qo-
thorum fiscum detreetat implere, cum ad aeqni-
fatem redhibitionis artetis usw.), Orthogr. 9
p. 200 Keil, der ager Hadrianus, einstmals an-
geblich im Besitze der Liburner, Plin. n. h. III
bezeichnet).
Erhalten sind wenigstens dem Wortlaute nach
die Grabschriften Hadrians und seiner Gemahlin
(CIL VI 984 Imp. Caesari divi Traiani Par-
thiei fitio divi Nervae nepoti Traiano Hadriano
Augusto pont. max. trib. pot. XXII imp. II
cos. HI p. p. et divae Sabinae imp. Caesar T.
112. Feldm. 227. Über größere Reste der an- 50 Aelius Hadrianus Antoninus Aug. Pius pontifex
._•!____ c^it xt.x n • ^a/m , ni * -.r^o mQX tribun. potest. II cos. II design. III p. p.
parentibus suis), des Antoninus Pius (gest. 161 ,
CIL VI 986; vgl. Hist. aug. Marcus 7). seiner
Gemahlin Faustina (gest. 141 : CIL VI 987) und
der drei Kinder des Kaisers M. Aurelius Fulvus,
M. Aurelius Galerius Antoninus und der Aurelia
Fadilla (CIL VI 988—990), des Adoptivsohnes
Hadrians L. Aelius Caesar (gest. 138; CIL VI
985), dreier bereits vor der Thronbesteigung des
tiken Siedlung Not. d. seavi 1901, 181f. 1902,
4f. Vgl. die bei Kehr Italia Pontificia IV (1909)
307 angegebene Literatur, CIL IX p. 480 und
Nissen Ital. Landesk. II 431. [Weiss.]
"ÄSgidveia, Feste mit Agonen zu Ehren des
Kaisers Hadrian gefeiert. In Athen IG XIV 739.
IG III 20; C A. tcov tyiißtov IG IH 121. 1108.
1114. 1119 usw.; in Ephesos IG XIV 739. 1113.
1102 Z. 26. IG HI 129, ClG 2987 b. Vgl. Arch.
Ztg. IX 398; in Smyrna IG XIV 1102 Z. 28 60 Vaters verstorbener Kinder des Marc Aurel, des
('AdQtdvia VÄifixia) j in Kyzikus CIG 3675, {'Aöqi-
dvta y OXv(ima); in Attuda CIG 3952; in Rom
IG HI 128; in Rom, Neapel, Puteoli CIG 32«8.
Vgl IG IH 162 und die öfteren Erwähnungen
in Inschriften in Röhls Index zum CIG, auch
Bull. helL LX 68ff. und im allgemeinen Beurlier
Le eulte impe'r., Paris 1891. [Stengel]
Hadrlanenm. 1) Hadrianeum, Hadrianium,
T. Aurelius Antoninus, T. Aelius Aurelius und
der Domitia Faustina (CIL VT 993—995), des
Kaisers L. Aurelius Veras (gest. 169, CLL VI
991 ; vgl. Hist. aug. Veras 11 1 und des Commodus
(gest. 192, CIL VI 992 ; vgl. Hist. aug. Conimod. 20
und Cass. Dio LXXLTI 2. Zu seiner Bestattung im
Mausoleum durch Pertinax vgl Hist. aug. Com-
mod. 17).
JLXCvLU -MUJJU M-MJt
Die Beisetzung des Marc Aurel und der
jüngeren Faustina im H. iat zwar nicht ausdrück-
lich überliefert, jedoch zweifellos (Hirsch feld
a. a. 0. 1161, Jordan-Hülsen Topogr. I 3,
664, 107; vgl. auch CIL VI p. 186). Zur Be-
stattung des Pertinas, dessen Leichnam zuerst
in der Familiengruft seiner Gemahlin und später
wohl auch im H. Aufnahme fand, vgl. Hirsch-
feld a. a. 0. Anm. 69.
.Euuiiiaiteuui «J.VO
Kömer 2 Fig. 852 und 8.' 776f.). Über einen 1,50 m
hohen Sockel lief eine Reihe rechteckiger (ca.
2 X 4 m) Platten mit den Grabschriften, dann
folgte eine einfache Quaderteilung, oberhalb der
wieder ein mit Bukranien und Festons geschmückter
Fries lief, von dem ein Rest noch in der Re-
naissancezeit erhalten war. An den Ecken waren
die Seiten von Pfeilern mit korinthischen Kapi-
tellen (vgl. Lanciani The ruins and excav. 555
Sicher wurde Septimius Severus (Herodian IV 10 Fig. 211) flankiert (vgl. die hauptsächlich nach
1, 4. Cass. Dio LXXVI 15, 4 xai /.tszä zovzo ta dorn
ig vögiav 3ioo<pvQOv ki&ov iußkn&h'za ig ze ryv
'Pmf.tyv Ixopiofh} xai ig tö Avrcovtvetov ajiezid'n;
vgl. Hist. aug. Sever. 19 Hiatus sepulcro Marei
Antonini und 24 urnulam . . . Antoninorum
sepulcro itlaiam), sein Sohn Caracalla (Cass. Dio
LXXVTII 9 zov $ ovv'Avzan'ivov zo ze aoiua sxavd-i),
xai to. ooza iv t<p Avzwvivsltp XQvqpa vvxzbg ig
ztjv 'Ptö/itjv pcofiio&svza he&t] ; vgl. Hist. aug.
Angaben Jac. Sansovinos und Giuliano da
Sangallos entworfene Skizze bei Hülsen Eöm.
Mitt. 1891, 141). Von dem radial verlaufenden
Mauerwerk des Unterbaues aus Ziegelwerk und
Peperin wurden in der letzten Zeit größere Partien
aufgedeckt (Jordan-Hülsen Topogr. I S, 666).
Über diesem Unterbau erhob sich der zylin-
drische, fast doppelt so hohe Hauptbau mit einem
Durchmesser von ca. 64 m, in dessen Zentrum
Macrin. 5), seine Gemahlin Iulia Domna und sein 20 sich die Grabkammer (8 m im Quadrat und 12 m
zweiter Sohn Geta im Mausoleum bestattet (Cass. TT - n i -« n ^'- - " " "" ■ n
Dio LXXVIH 24, 8. Zu der Notiz in der Vita des
Geta 7, wonach er maiorum sepulcro, hoc est
Severi, quod est in Appia via euntibus ad por-
tam dextra, speeie Septixonii extruetum, quod
sibi ille vivus ornaverat bestattet worden wäre,
Hirschfeld Wiener Stud. 1884, 125ff.).
Die Grabschrift des Hadrian und seiner
Gemahlin befand sich bis zum Ende des 16. Jhdts.
Höhe) befand. Dieser Rundbau, dessen äußere
Architektur und statuarischer Schmuck ebenfalls
verloren gegangen ist, war wahrscheinlich durch
einfache Quaderteilung, nach anderen duTeh Pi-
laster oder Säulen gegliedert, auf denen sich
oberhalb des Simses Statuen, befanden; vgl.
FuTtwängler S.-Ber. Akad. Münch. 1904, 409;
über die angebliche Herkunft der 24 Säulen aus
Pavonazetto in S. Paolo fuori le mura vom Grab-
oberhalb des Haupteinganges, die übrigen Grab- 30 mal Hadrians (Rom. Mitt. 1888, 95 und Hülsen
Schriften waren zu beiden Seiten in die Außen-
wand des Grabmals eingelassen. Zur Anbringung
-der Inschriften Hülsen Rom. Mitt. 1891. 142f. ;
(vgl. Lanciani The ruins and excav, 557 Fig. 212),
aur Fassung des Wortlautes Hirschfeld Gräbst.
1161, über die Anordnung Mommsen Ber. d.
säcbs. Ges. 1850, 306 und CIL a. a. O.
Die Aufsicht über das Mausoleum führte ein
proeurator mausoki-, vgl. CIL VI 8686 M. VI-
ebd. 1889, 242) vgl. Beschreibung d. St. Rom II
1, 413 und Richter Topogr. 5 * 362; zu den
Statuenresten, die sich in mittelalterlichen Bauten
beim Ponte S. Angelo fanden, Jordan-Hülsen
Topogr. I 3, 667, 118.
Den ganzen Bau krönte eine hohe Basis, die
eine Kolossalstatue Hadrians oder eine Quadriga
trug. Zu dem zugleich mit einem Kolossalkopf
des Antoninus Pius im Kastell gefundenen Kopf
pius Aug. L Aeglus proc. mausolaei, dazu 40 des Hadrian (jetzt in der Rotunde des Vatikan;
Hirschfeld a. a. O. Anm. 63.
II. Beschreibung des Baues. Der Bau
selbst (vgl. Bunsen Beschr. d. St. Rom II 1,
404ff.), von dem uns Prokop eine ausführliche
Beschreibung gibt (bell. Goth. I 22 p. 106 Aöoia-
vov zov 'Ptouaimv aiToxodrogog zd<pog sgat Tivkag
AvgjjXia; ioziv, äxix<ov zov xegtßökov oaov U&ov
ßoktjv, Mafia koyov ä^tov • xexoinzat yäg ix ki&ov
Jlaglov xai oi ktöot ig äkkrjkoiig fiefwxamv ovöhv
Visconti Museo Pio-Clem. VI 45', Heibig 12
n. 305; zu dem Bukranienfries des Oberbaues
(Borsari Not. degli scavi 1892 Fig. 10) Hülsen
Rom. Mitt. 1893, 324 und Jordan-Hülsen
Topogr. 666. Die früher besonders durch die
Rekonstruktionen von Piranesi, Canina u. a.
verbreitete Ansicht, die auf den Rundbau einen
zweiten, kleineren, mit Säulen geschmückten
Rundbau von gleicher Höhe setzten, erscheint
<ikka ivzbg i/ovzeg. IlhvQai bh avzov ziaaaoig 50 durch den tatsächlichen Befund und die Unter-
eiöir toat alktjkaig, evgog ftev oyebov tt ig Xld-ov
ßokijv ixdoTt} syovoa, fifjxog di vtisq zb zijg nokeoig
zsiyog. 'Ayäkuaza ök ävio ix ki&ov eloiv zov
avzov dvdgwv ze xai inntov &avfidöta ola), war
mit dem Campus Martius durch den Pons Aelius
verbunden und bestand aus einem mächtigen,
über 10 m hohen quadratischen, heute fast ganz
verbauten Unterbau von ca. 84 m Seitenlänge aus
Tuffquadern, dessen antike Marmorverkleidung
suchungen Borgattis (Castel S. Angelo, Storia
e descrizione) widerlegt.
Der Zugang zu der Grabkammer erfolgte
durch das in der Mitte der Südseite befindliche
Portal. Ein ca. 25 m langer und 6 m hoher
Gang führt zu einer Nische; von dieser bog zur
Rechten eine sanft ansteigende Rampe ab, die
sich spiralförmig an das Äußere des Baues an-
schließend in die genau im Zentrum des Massivs
jetzt gänzlich fehlt. Über die äußere Gestaltung 60 liegende Grabkammer führte. Diese Rampe setzte
dieses Basaments sind wir aus zahlreichen archi-
tektonischen Aufnahmen des 15. und 16. Jhdts.
ziemlich genau unterrichtet (vgl. u. a. Richter
Topogr. 2 279 Abb. 30. Zusammenstellung von
Hülsen Rom. Mitt. 1891. 140 und Hülsen-
Jordan Topogr. I 3, 666. 115. Rekonstraktions-
zeichnung von Hülsen-F. O. Schulze Rom.
Mitt 1891, 138; vgl. dazu Durm Baukunst der
sich dann als Spiraltreppe bis zur Spitze des
Baues fort; vgl. Thiersch Arch. Jahrb. 1910, 87.
Über die oberhalb des Grabraumes befindlichen
Teile des Baues Jordan-Hülsen Topogr. 667; zu
dein Porphyrsarkophag, in dem sich Hadrians Ge-
beine befunden haben sollen, Jordan Topogr.
II 433; vgl. Lanciani The ruins and exe. 555.
Umgeben war das Grabmal mit einem Schranken
2169
Hadrianeiim
Hadnaneirm
217!>
aus Marmor nnd Bronze, der ungefähr 120 m der große Abzugskanal, der mit dem Basament
Seitenlänge hatte. Geschmückt war das Gitter parallel lief, ausgeräumt und zugänglich gemacht
wahrscheinlich
Bronze, die jets
vgl. Borsari Not. degli , , .
Petersen bei Amelung Skulpt. d. vat. Mus. Befestigungswerke verstärkt; seit der Besetzung
I 894 n. 225f. und Taf. HC. Hülsen Rom. Roms durch die königlichen Truppen 1870 dient
Mitt. 1904, 97f. Zu den Mauerresten aus Guß- der Bau militärischen Zwecken,
werk zwischen der Quaimauer des Flusses und J. B. Piranesi Le antichita Romane IV
den Fundamenten des Unterbaues Hülsen Rom. 10 Taf. 4-12. C. Bunsen in der Beschreibung
Mitt. 1893, 323; vgl. Borsari a. a. O. 420. d. Stadt Rom II 1, 404ff. W. Becker Topo-
III. Spätere Schicksale des Baues. (C. graphie 660f. Canina Gli edifizj di Roma antica
ea Sülle rovine di Roma am Schluße der IV Taf. 284-286. F. Re ber Die Ruinen Roms 2
BorgattiCastel S. Angelo 37ff). Vielleicht zog 1888, 129. M. Borgatti Castel Sant 1 Angelo
schon Aurelian. sicher iedoch Honorius das Mau- in Roma. Storia e descrizione (Roma 1890).
, ^ " r, -. ii -i- ._ Tt ■ XT„i-:„ :~ j~~i; ™„,^ 1 QOO .4 litt" ^^A
secus XIII, minores XVIII), daß der Bau wohl The mausoleum of Hadrian and the Castle of
infolge seiner besonders günstigen Lage zu den Sant 1 Angelo (Rome 1910). Rivoira Di Adriano
wichtigsten Befestigungen der Stadt gehörte; vgl. architetto e dei monumenti Adrianei (Rendiconti
Richter Topogr. 2 72. deUa R. accademia dei Lincei 1909) 172^F.
Von Theodorich wurde das H. vielleicht als 30 2) Hadritmeum im Marsfelde (Notitia reg.
Kerker benützt; als die Goten 537 unter Viti- IX: basilicam Matidies et Mareianes, templum
ges den Bau zu stürmen suchten, warfen Beli- divi Antonini et columnam coelidem . . ., Hadria-
sars Soldaten mehrere Statuen, die das Grabmal neum; im Curiosum erscheint das H. nicht er-
sehmückten. auf die Angreifer herab. 546 mußte wähnt). Dieser Tempel wurde von Antoninus
Narses das Kastell dem Totila übergeben. Da Pius 145 errichtet (Hist. aug. Anton. 8 opera
dem Papste Gregor d. Gr. während der Pest dus haee extant: Romae templum Hadriam,
(590) über dem Mausoleum der Erzengel Michael, honori pafris dicatmn), nachdem der Kaiser
sein Schwert in die Scheide steckend, erschienen trotz des Widerspruches im Senat durchgesetzt
sein soll, gründete Bonifatius IV (608—615) zum hatte, daß Hadrian Divus genannt werde (Hist.
Andenken an diese Erscheinung auf der Höhe 40 aug. Verus 3 qua die togam virilem Verus acce-
des Grabmals eine Kapelle des hl. Michael pit, Antoninus Pius in oeeasione, qua patris
[S. Angelo inter nubes oder usque ad coelos; templum dedieabat, popido liberalis fuit ; zu dieser
Armellini Chiese di Roma a 774. Gregoro- liberalitas Hülsen-Jordan Topogr. I 3, 608,
vi us Gesch. d. St. Rom im Mittelalter III 277f.), 19). Weitere für die Zeitbestimmung des Baue*
an deren Stelle Paul III. die Marmorstatue des wichtige Zeugnisse Hülsen a. a. 0. 609, 20.
Engels von Montelupo, Benedict XIV 1740 dessen Was die Identifizierung dieses Tempels mit
Bronzestatue von Verschaffelt setzte. Größeren noch erhaltenen Ruinen anbetrifft, hat zuerst
Schaden erlitt der Bau 998 durch die Belagerung H. Lucas (Zur Geschichte der Neptunsbasilica
des Crescentius durch Otto III.; im 12. Jhdt. be- in Rom, Prgr. d. Kaiser Wilhelm s-Realgynm.
Tuächtigten sich die Orsini des Grabmals und 50 Berlin 1904, 21ff.) aus stilistischen und tech-
benützten dieses als Festung. Die gänzliche nischen Eigentümlichkeiten des Baues selbst und
Zerstörung durch die Römer erfolgte April 1379 der dazu gehörigen Reliefs mit den sog. Nationeu-
während des Kampfes Urbans VI. gegej\ seinen darstellungen geschlossen, daß die in dem seit
Widersacher Clemens VII. (Gregorovius VI Innozenz II. als dogana di terra, heute als Börse
502f.). Alexander VI. verband um 1500 Engels- dienenden Gebäude auf Piazza di Pietra ver-
bürg und Vatikan durch einen langen gedeckten bauten Ruinen (bisher gewöhnlich mit basilica
Gang, 1527 diente sie Clemens Vll/als Zufluchts- Neptuni oder templum Neptum bezeichnet; por-
ort vor den Soldaten Karls V. T diesem Papste ticus Neptum zuerst E. Q. Visconti Museo Pio-
und seinen Nachfolgern als Kerker. Unter Paul Clem. III 61 not. c, früher auch therm(a;e
III. erhielt der Oberbau seine jetzige Gestalt, 60 Agrippin(a)e, Federzeichnung des A. Strozzi
Paul IV. ließ es 1556 mit einer Befestigung aus 1474 im Cod. Laurent, dei Kedi 77, tempio di
Wall und Graben in Form eines fünfstrahligen Marte, Palladio Archit. IV cap. 15, dann por-
Sternes umgeben. 1624—1641 nahm Urban VlII. ticus, basilica und templum Antonini Pii ge-
jene Umbauten vor, die der Engelsburg im wesent- nannt) Überreste des von Antoninus erbauten Ha-
uchen die Gestalt gaben, die sie noch heute driantempels sind; vgl. Beb er Ruinen Roms 25 7if.
besitzt. 1822-1826 wurde der Innenbau frei- Der TempeL ein korinthischer Peripteros von
gelegt, der Gang zur Grabkammer und diese kolossaler Größe, erhob sich auf einem ursprüng-
selbst vom Schutt befreit, 1826 und 1827 auch lieh ca. 5 m hohen, jetzt zum Teile unter dem
jSWX
uaananeum
juaananis
2172
Straßenniveau liegenden Unterbau (zur Gestalt
der Basis Villain Temple de Marc-Aurele pl.
I n. 3) und hatte an den Langseiten wahrschein-
lich 15 ca. 15 m hohe Säulen (vgl. Reber
257f.) aus weißem Marmor, denen je 8 Säulen an
den Breitseiten entsprachen. Erhalten sind noch
II Säulen der nördlichen Langseite und größere
Reste der einst mit Marmorplatten bedeckten, aus
Peperinquadern bestehenden Celiamauer, während
die Südseite völlig zerstört erscheint. Auch Teile 10
vom antiken Architrav und Fries sind noch er-
halten (Lucas a. a. 0. 4), Gesims und Attika
sind moderner Zubau. Vom Innenbau der Cella,
der als Tonnengewölbe mit halbrunder Abschluß -
nische konstruiert war, sind noch größere Partien
vorhanden. Abbildungen: Beb er 256f. Strack
Baudenkm. d. alten Rom Tat 17. Petersen Vom
alten Rom 3 81, Abb. 61 u. a. Vgl. Lanciani
Bull. com. 1878 tav. 4 5. 1883 tav. 1/2.
Ringsherum war der Tempel mit einer viel- 20
leicht zweigeschossigen Porticus umgeben, deren
Reste sich größtenteils 1878 fanden; von den
Grundmauern der Westseite fand sich ein Stück
in den Kellern des Palazzo Cini (vgl. Canina
Edifizj I 312), von denen der Nordseite in Kellern
der Via dei Bergamaschi; vgl. Lanciani Forma
■urbis Romae 15. In der Mitte der Westseite
(und dementsprechend vielleicht auch an der
Ostseite) scheint sich ein reichgeschmückter Ein-
gangsbau mit Säulen aus Giallo antico befunden 30
zu haben (vgl. Urlichs Beschr. d. Stadt Rom
III 3, 150. Lanciani Bull. com. 1878, Uff. und
Not. degli scavi 1878, 65; dazu Lanciani Bull,
com. 1883, 25ff. undPellegrini Bull. d. Inst,
1878, 105f. Zum Architrav, Fries und Gesims
der Porticus Lucas a. a 0, 6). Hochreliefs mit
Darstellungen weiblicher Figuren — Personifika-
tionen barbarischer, dem römischen Volke unter-
worfener Stämme und Flachreliefs mit Trophäen-
bildern schmückten den Bau (zuerst zusammen- 40
gestellt von Lucas Arch. Jahrb. 1900, liF. ;
vgl. Lanciani Bull. com. 1878, 21ff. Neu be-
arbeitet von Bienkowski De simulacris barb.
gentium, Krakau 1900; vgl. Jatta Le rappresen-
tanze figurata delle provincie Romane, Rom 1908),
Während man nun früher gewöhnlich annahm,
daß sich diese Darstellungen am Sockel des Tem-
pels befanden — unter den Säulen die Bilder der
römischen Provinzen, in den Interkolumnien die
Trophäen; vgl Richter Topogr, 2 242, Lan-50
oiani a. a. 0. 23f. und Petersen Vom alten
Rom 2 82f. — will sie Lucas (Jahrb. 3 und Prgr.
18f.) auf die Attika des Baues versetzen. Vgl.
dazu Bienkowski a, a. 0. 62 mit eigener Re-
konstruktionsskizze.
Im ganzen fanden sich bisher 20 Personifika-
tionen; drei sind jetzt im Neapler Museum (Saal
der puteol. Basis; Bienkowski Fig. 53. 54. 59.
Gerhard-Panofka Neapels ant. Bildwerke 58 nr.
187 und 94f. nr. 313. 322), eine im Palazzo Farnese 60
^Bienkowski Fig. 62. Matz -Duhn Ant. BUdw.
in Rom III 3623 a), zwei im Palazzo Odescalchi
(Bienkowski Fig. 63. 64. Matz-Duhn III
3623), sieben im Hofe des Konservatorenpalastes
(Bienkowski Fig. 65. 67. 69. 71. 73—75; vgl.
Michaelis Rom. Mitt. 1891, 54. Bull. com. 1878,
288f. und 1883, 263f.j, eine im Giardino della
Pigna (Amelung Skulpt d. vat. Mus. I 835. 53
Taf. 94), zwei in der Villa Doria Pamfiü (Bien-
kowski Fig. 79, 80. Matz-Duhn HI 3529, 3794).
Vier einst in der Vorhalle des Pantheon auf-
gestellte Provinzen sind verschollen; drei davon
finden sich in Skizzen im Cod. Barb. XLVIII 101,
die vierte wird uns nach Lucas' Vermutung von
Demontiosius Gallus Romae hospes (1585) p, 13
gegeben. Vgl. Bienkowski Fig. 81—84.
Von den Trophäenreliefs sind 9 bekannt; drei
stehen im Konservatorenpalast (Lucas Jahrb.
Fig. 22, 23, 25 ; Bull. com. 1878, 284 n, 4-6),
zwei im Neapler Museum (Gerhard- Panofka
52 n. 175. 199; Abb. Mus. Borb. III tav. 58),
eines im Palazzo Altieri (Lanciani Ann. d. Inst.
1883, 8), drei sind verschollen und nur durch
die Skizzen des oben genannten Cod. Barb. (vgl,
Lucas Jahrb. Fig. 24. 26) bekannt.
Zu den Fundnotizen vgl. Jordan -Hülsen
Topogr. I 3, 609, 21; über die Benennung der
einzelnen Darstellungen Lucas Jahrb. 28ff.
Architektonische Aufnahmen von den Resten
des Baues und seiner Restauration (vgl. Lucas
Prgr. 13ff.): A. Palladio I quattro libri dell'
architettura (1570) 1. IV cap. 15 ,Del tempio di
Marte 1 , J. B. Piranesi Campus Martius (1762)
tab. 34 (Frontansicht) und 35 (Innenansicht).
Desgodetz Les ödifices antiques de Rome (1822)
pl. 64-66 ,Basüique d' Antonin. 1 A. Villain Re-
staurations des monuments antiques (1824) , Temple
de Marc-Aurele (danach Bienkowski De simul.
barb. gentium 52. 53. 63); Canina Gli edifizj di
Roma antica (1848) II tav. 148 Portico e tempio
di Nettuno. Vgl. Bull. com. 1878, lOff. 1879. 140.
1898, 163. Not. degli scavi 1878. 64. 92. 1879,
68. 240. 267. 314. 1880, 228. 1883, 81. 1898, 40.
Ältere Ansichten des Baues in Stichen, Holz-
schnitten und Handzeichnungen ausführlich Lu-
cas Prgr. 6ff.
Literatur: Beschreibung d. Stadt Rom III 3,
115. W. Becker Topographie 637. Reber Die
Ruinen Roms 257r£ 0. Gilbert Gesch. u. Topogr.
d. Stadt Rom III 126. R. Lanciani The ruins
and exca vations of ancient Rome 489ff. O.Richter
Topographie 2 242f. H. Lucas Zur Geschichte
der Neptunsbaailika in Rom (Berlin 1904). Jor-
dan-Hülsen Topogr. d. Stadt Rom im Alter-
tum I 3, 6081; vgl. Kiepert-Hülsen Formae
urbis R. 14 {basilica Neptuni) und 79 (templum
Hadriani). Rivoira Di Adriano architetto e dei
monumenti Adrianei (ßendiconti della R. acca-
demia dei Lincei 1909) 172ff. [Gall.]
Hadriani circus s. Naumachia.
Hadrianion {'Adgiantöv) heißt im 2. Jhdt.
n. Chr. der athenische Schaltmonat, dem bis
dahin der Name üooidewv ß zukam, IG III 1121.
1124 u. ö.; vgl. Bergk Jahrb. f. Philol. LXXLX
(1859) 194. Der Monat ist zu Ehren des Kaisers
Hadrian benannt, der sich besonderen Anspruch
auf den Dank der Athener erworben hatte
(Mommsen Feste der Stadt Athen 168. 465),
und für die Benennung ist doch wohl ein Fest
Hadrianeia die Voraussetzung, das sich außer für
Ephesos, Kyzikos und Smyrna (Inschr. v. Olymp.
237, 8. Bull. hell. XXVIII [1904] 85, 17) für Eleusis
£E(pt}iu dgx- 1883, 19) nachweisen läßt. S. auch
den Art. Hadrian os. [Bischoff.]
Hadriftiris, Phyle in Antwoupolis in Ägypten,
geschaffen zugleich mit der Gründung der Stadt
z,x(o naananoi pros viympon
durch Hadrian 130 n. Chr., BGÜ I 301, 2. Hl
709, 24. P. Oxv, Vin 1110, 4. W. Weber Unter-
such, zur Gesch. Hadrians 249ff. [Walter Otto.]
Hadrianoi pros Olympon (oi 'ASgiavoi Jtg6$
v OXv(tstov [Münzen Head- Sworonos 'lazog. No-
fMdjw. DI 41. Imhoof- Blumer Kleinasiatische
Münzen 20f., 505] oder iv 'ÖXvuth?), Städtchen
im kleinasiatischen Mysien in der Provincia Asia
{in byzantinischer Zeit [Ramsay Hist. Geogr,
Asia min. 161] in Bithynien), gegründet vom Kaiser
Hadrianus an einem westlichen Paß des mysi-
schen Olympos am linken Rhyndakosufer (Wad-
aington Rev. Nmnism. 1852, 90. Der Flußgott
ist auf Münzen dargestellt) und nach ihm benannt,
Heimat des Redners P. Ailios Aristeides (geb. 129
n. Chr.) Aristid. hg. I6y. TJJ 596 (s. hierzu Ram-
say 437); vgl. Bd. II S. 886. Said. Socr. hist.
■eccl. VH 36. Hierocl. 693. 1. Concil. Nicaen.
II 51. 572 Conc. Chalc. 176. Not. episc. I 197.
VHI 208. IX 117, heutzutage Ruinen bei Edir-
nüs oder Adranos. Als Entfernung von Poimaenon
(bei Eski Mandschäs) wird bei Aristeides 160
Stadien südöstlich angegeben. S. hierüber und
über die Entfernungen von Kyzikos, vom See
von Miletopolis, von Pergamon Ramsay Hist.
Geogr. of As. min. 157. 437. Sestini Lettere
Numism. VHI 14. v. Hammer Umblick auf einer
Reise von Constantinopel nach Brussa 84. W.
Leake Asia min. 272. Marquardt Cyzicus 25.
W. Hamilton Researches in Asia minor I 90ff.
Außer den oben angeführten Stellen bei Ramsay
noch S. 160. [Bürchner.]
Hadrianopolis. 1) SrQazovittsia 'Aögtavo-
noXt$ (Münzen ; Inschrift von Kyrk agätsch, L e B a s-
Waddington Asie min. nr. 1043), mysolydische
Stadt im Kaikostal (Gelerabe - tschai) in Westklein-
asien, nahe bei Germe in Mysien (s. d.). Rainen
bei Silerik, Hamide und Gebeier, westlich von
Gelembe\ R. Kiepert Karte v. Kleinas. B I. H.
wohl 123 n. Chr. bei Gelegenheit des Besuchs durch
den Kaiser Hadrianus genannt. Imhoof- Blumer
Griech. Münzen 1890, 199—202; Lyd. Stadt-
münzen 3. 28ff. Head- Svoronos Tarop. No/niof*.
B 69. Wohl zu unterscheiden von H. in Karien.
Der Beiname H. wurde der Stadt Stratonikeia
(s. d.) wohl 123 n. Chr. vom Kaiser Hadrianus
gegeben. Zu unterscheiden von dem südlicher
gelegenen Stratonikeia in Karien (s. d.). Die
Münzlegende 2TPATONIKEQN . KAIKOS mit
Flußgott und die Inschrift (s. o.), die bei Kyrk
agätsch in der Nähe vom alten Germe in My-
sien gefunden wurde, beweisen die Verschieden-
heit. In letzterer ist von einer ßovXij und einem
dijfios 'AdgtavonoleiToüv Zxoaxwuükoiv die Rede.
Später noch Münzen unter ^Caracalla, Iul. Main-
maea, Valerianus und Galliehus. S. den Art. Stra-
tonikeia in Lydien.
2) Hadrianupolis Chaon. (fj 'AdgtavovxoXt; Hie-
rocl. 651, 8. Procop. de aedif. TV 1, 4. Not, episc.
Ht 550), Stadt in der epeirotischen Chaonia, zur
Zeit des Kaisers Iustinianos Iustinianopolis ge-
nannt. Procop. de aedif. IV 1,4; später Drino-
polis, Not. episc. X 623. XIII 474. Leake Tra-
vels m North. Greeee I 76. Kiepert FOA XVI.
3) Hadrianupolis Kar. (ij 'AÖQtavovnoXtg, Steph.
Byz. s. 2jgarovitcsia) t Name der Stadt in Karien
nach der Neubegründang durch Kaiser Hadrianus,
jetzt Eski bissar, R. Kiepert Karte v. Kleinas.
mananopoiis
2174
C i. Die Münzen mit der Aufschrift AA PIANO-
nOAEITQN CTPATONEIKEÜN gehören zu
Stratonikeia 'in Mysolydien. S. Nr. 1. [httirchner.]
4) Hadrianopolis, Stadt in Bithynien (später
zu-Honorias gezogen). lustin. novell. 29, l.Hiero-
kles 695, 3. Not. episc. I 265. III 215, VIII 317.
IX 226. X 337. XJJI 197. Münzen von Hadrian
an, der auf ihnen xuottjs heißt. H. Kiepert und
Perrot (Galatie et Bithynie I 45) verlegten es
10 in die Umgegend von Viranschehir ; dort ist es
auch von Mendel durch Inschriften fixiert worden,
Bull. hell. XXV 5f.; R. Kiepert Karte von Klein-
asien A III und FOA VHI, Text 2. Dadurch
erledigt sich die Annahme von Tomaschek
S.-Ber. Akad. Wien, phil.-hist. Cl. 1891 VIH 76
und Ramsay Asia Minor 323, 193. 318, die an
Zafaranboli denken. Die früher H. zugeschriebenen
Münzen gehören anderen gleichnamigen Städten
an, Iiuhoof-Blumer Journ. internat. arch.
20 numism. I 207.
5) Stadt in Pisidien, Hierokles 672, 11. Not
episc. I 420. III 373. VII 197. VLTI 474. IX 383.
X486, XIII, 336. Cinnam. II 5. Sterret Papers
of the American school, Athens II 168 nr. 160
hat in Kara Agha, nordwestlich von Ikonion, eine
Inschrift mit 'AdgtavojtoXsirijg gefunden; dort in
der Gegend muß auch die Stadt gelegen haben;
vgl. auch Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien,
phil-.hist. CI. 1891 VIII 103. Anderson Journ.
30 hell. Stud. XVIU 116. R.Kiepert FOA VIII,
Test 121 Die Gleichsetzung mit Thymbrion
(Ramsay Asia Minor 42, 140, 359, 393) ist mehr
wie unsicher. Münzen mit AAPIANOIIOAITQN,
Imhoof-B lumer Kleinasiatische Münzen I 232f .
Head HN 564. Catal. Brit. Mus. Phrygia
LXIV, 225. [Rüge.]
6) s. Zephyrion Ciliciae.
7) s. Olympos Lyciae.
$)(ÄdgiavovnoXt$, bei späteren Byzantinern auch
40 'ASgiar. Name mehrerer von Kaiser Hadrian gegrün-
deter oder erneuerter Städte, s. Hist. aug. Hadr. 20
multas civitates Hadrianus appellavit ut ipsam
Carthaginem et Aihenarum partem), Stadt in
den keraunischen Bergen in Epeiros, durch Ha-
drian gegründet, von Iustinian I. erneuert und
Iustinianopolis genannt, Hieroki. syn. 657. Pro-
cop. de aedif. IV 1. Wahrscheinlich gehören ihr
die Ruinen aas römischer Zeit am linken Ufer des
Drynos unterhalb Libochowo an. Leake North.
50 Gr. I 75f. Bursian Geogr. I 19.
9) Stadt in Thrakien, an der Mündung der
Tundscha (Tonzm) in die Maritza (Ilehros), in
fruchtbarer Niederung (40 m), das untere Tal der
hier schiffbar werdenden Maritza und die Straße
von Mitteleuropa nach Constantinopel beherrschend,
deren letzte Hauptstation sie bildet. Der Platz
war jedenfalls, schon ehe Hadrian ihn zur Gründung
einer neuen Stadt ersah, von einer thrakischen
Siedelang eingenommen, doch stimmen die An-
60 gaben über deren Namen nicht überein. Ammian.
XIV 11. 15. XXVII 4, 12. Eutrop. VI 8 nennen
Uscudama als älteren Namen, über den vgl,
Tomaschek Die alten Thraker II 2, 57f. Ver-
einzelt ist die Benennung Omieis bei Steph. Byz.
s. rovetg. Eust. za Hom. p. 291. Häufig findet sich
dagegen der Name Orestias, Hist. aug. HeHog.
7, 8 Orestam . . urbem Hadrianus suo nomini vvti-
dieari iussii. Zonar. XVII 23 'OgsouAda . .ovzat
2175
Hadrianopolis
Hadrianos
2176
JidXai 17 Ttoktg ixaXetro rov ßaoiXeotg AÖQtavov,
Niket. Chon. Nikeph. Greg. Leon, Chalkok. u, a.
gebrauchen mit Vorliebe diesen Kamen, welcher
makedonischen Ursprungs zu sein scheint, s. H.
Kiepert Lehrbuch 330. A. Dumont Mel. d'epigr.
(Paris 1892) 322 nr. 1. Die Münzen reichen
von Hadrian bis Gordian, s. I). Kalopathakes
Thracia prov. Rom. (Lips. 1893) 35 ; ebd. Nach-
weis der spärlichen Inschriften, dazu M. Fara-
nikas e Ett. $doL ZvlL XXVII (1900) 389-393, 1018. Lebensjahr, Mitglied des KXeyMetov genann-
wo nr. 2 'EßQvCekpts Zev&ov für das Fortleben ten Kreises Ton Herodes' vorzüglichsten Schülern,
S. Baedeker Ägypten 205 und Gayet Notice
relative aux objets recueillis a Antinoe, Paris 1903.
[Pieper.]
HadriauoB. 1) 'Aößiav6s t als römischer Bürger
wahrscheinlich Claudius Hadrianos (Gr oag Wien.
Stud. XXTV 264, 3), griechischer Sophist au&
Tyros, geboren spätestens im J. 113 n. Chr.
(Clinton Fast. Rom. II p. 119 zum J, 131),
Schüler des Herodes Attikos in Athen in seinem
thrakischen Volkstums zeugt. Administrativ ge-
hörte H. seit Diocletian zur Provinz Haemimon-
tus (s. d.), deren Hauptstadt sie war, s. Ammiau.
a. a. O. Not. dign. or. X, dazuBöcking S. 242;
als Straßenstation erscheint sie in Int. Ant. 137.
175. Tab. Pcut. Im 4. Jhdt. befanden sich dort
bedeutende Waffenfabriken (fabricae . . . scutaria
et armorum Not. dign. a. a. O.) , deren Arbeiter
in Rivalität mit Aristeidcs (Suid. s. Adgiavog) ;
scheint später auch in Ephesos aufgetreten zu
sein (Philostr. vit, soph. p. 107, 25 Kayser). Nach
dem Tod des Herodes , dem er die Leichenrede
hielt, wurde er etwa 1 76 dessen Nachfolger auf dem
Lehrstuhl für Rhetorik (Suid. s. 'Hqwö^ 'lovktog)^
Von hinreißender Beredsamkeit, voll von Selbst-
gefühl und glänzend im äußeren Auftreten, wurde
gegen die Goten als besonderer Heeresteil fochten, 20 er vom athenischen Volk hoch gefeiert, zum
Ammian. XXXI 6. Ein großes Gebäude , wahr-
scheinlich ein Nymphaeum, findet sich auf einer
Münze mit der Aufschrift aögtav OIJOAITÜN,
s. Rom. Mitt. XXI (1906) 93. Über die Topo-
graphie und Lokalgeschichte der Stadt ist aus
vortürkischer Zeit sonst wenig bekannt ; sie wird
meist nur im Zusammenhang mit Ereignissen er-
wähnt, die sich in ihrer Nähe abspielten, so in
den Kämpfen zwischen Constantinus und Licimus,
athenischen Bürger gemacht und wesentlich in
folge seiner allgemeinen Beliebtheit von der Schuld
an der Tötung eines ihm unbequemen Sophisten
vom Statthalter von Achaia freigesprochen. Nach
Herodes" Tod hörte ihn Marens Aurelius hei einem
Besuch in Athen und zeichnete ihn besonders aus.
Damals scheint er auch mit dem Consul Cn,
Claudius Severus bekannt geworden zu sein, dem,
er vermutlich das römische Bürgerrecht verdankt,
Ammian, exe. Vales. 17. 24. Zosim. II 22, 3, 30 und dem er später in Ephesos eine Statue ge-
dann unter Constantius (354 n. Chr.), Ammian.
XIV 11, 15 und besonders in den Kämpfen mit
den Goten und der großen Schlacht daselbst im
J. 378, Ammian. XXXI 6, 1—16, 2, dazu Gib-
bon Hist. of Decline usw. c. 26. Im J. 586 hielt
die Stadt eine Belagerung durch die Avarcn aus,
dagegen wurde sie wiederholt von den Bulgaren
und später von den Kreuzfahrern verwüstet, Theoph.
103. 284, 500f. de Boor. Theophyl. Simok. I "
setzt hat (Groag Wiener Stud. XXIV 261ff.).
Auch in Rom, wohin er dann als Lehrer dei
Rhetorik an dem von Kaiser Hadrian gestifteten
Athenäum versetzt wurde, erregte er die größte
Bewunderung selbst derjenigen, welche nicht
Griechisch verstanden. Galen. XIV 627. 629 K.
erwähnt seine Anwesenheit bei anatomischen De-
monstrationen mit der Bemerkung, H. sei damals
noch QTJicoQ, nicht Sophist, d. h. noch nicht In-
5. LT 17. Seit 1204 zum lateinischen Kaisertum 40 haber der römischen Professur gewesen. Diese Epi-
gehörig, wurde sie in der letzten Phase des wieder-
hergestellten byzantinischen Reiches frühzeitig
(1361) eine Beute der Türken, die bis zur Er-
oberung von Konstantinopel hier ihren festesten
Sitz und noch bis in das 17. Jhdt. zeitweilig die
Residenz ihrer Sultane hatten. Hiedurch wurde
der Stadt ein wesentlich anderer Charakter auf-
geprägt, den sie bis heute bewahrt hat. Den
Namen veränderten die Türken in Edreneh oder
sode muß jedenfalls nach 163 fallen. Als er schon
im Sterben lag, übertrug ihm Commodus noch
(spätestens im J. 192) das Amt eines kaiserlichen
Sekretärs. Er starb im 80. Lebensjahr. Seine
Schüler sind die Sophisten Polydeukes, Proklos
und Apollonios von Naukratis, Apollonios von
Athen, der Lykier Herakleides und Quirinus von
Nikomedia. Das Pathos seiner Reden übte er
durch Studium der Tragödie. Für Lobpreisungen
Edirneh; eine Schilderung zur Zeit der Machtfülle 50 der Schönheit einer Stadt empfiehlt ihn als Muster
des Osmanentums (17. Jhdst.) gibt der türkische
Geograph Hadschi Chalfa, s. Jos. v, Hammer
Rumeli und Bosna (Wien 1812) 1 — 15. Über ihre
Geschichte in neuereT Zeit s. bes. v. Hammer-
Purgstall Gesch. d. osman. Reichs 2 Register,
über den heutigen Zustand Baedeker Konstan-
tinopel (1905) 31ff. Meyer Türkei (1902) 68ff.,
beide mit Plan. Außerdem vgl. C. Jirecek Heer-
straße von Belgrad nach Konstantinopel (Prag
Menand. de encom. (Walz Rh. Gr. IX 244, 19).
Nach Suidas s. v. schrieb er technische Schriften
(5 Bücher jieqI l&t&v loyw, 3 Bücher mgi rwv
h xalg azäoeatv ibi<a^ax(ov), fiekhat, 7 Bücher
Metamorphosen, epideiktische Reden, einen Phala-
ris, eine Trostrede auf den kaiserlichen Sekretai
Celer. Vgl. im ganzen Philostr. vit. soph. II 10
p. 89— 94 K. Erhalten glaubt man von ihm vier
kurze psÄhat und einige Sentenzen, die zuerst
1877) 47f. 132f. H. v. Moltke Briefe über Zu- 60 von Leo Allatius (Excerpta varior. Gr. sophistar.
stände in der Türkei (Ges. Werke VIII). Th.
Fischer in Kirchhoffs Länderkunde v. Europa
II 2 (1893). [Oberhammer.]
10) c AÖQtavov3zoXts (Steph. Byz. s. v.) = 'Avxtvoeta
Antinoe in Oberägypten, S. Bd. I S. 2442.
In den J. 1902/3 haben dort Ausgrabungen statt-
gefunden, die bedeutende Überreste bloßlegten,
so ein Theater, Triumphbogen, Säulengänge usw.
et rhetor., Rom 1641) herausgegeben, dann in
Walz Rhet. Gr. I 526-533 und in Hincks
Polemo p. 44 — 51 abgedruckt sind. Es ist jetzt
erkannt, daß alle diese Stücke außer dem ersten
(über ein wegen Giftmords angeklagtes Weib,
das nicht verbrannt werden kann, als durch ein
anderes Weib, welches dann wegen Zauberei eben-
falls zu verbrennen der Rhetor beantragt — solche
2177
Hadrianothera
Hadrumetam
2178
vsto&iam mögen ihm nach Philostr. vit. soph.
p. 94, 9 K. den Beinamen yorje eingetragen haben ;
s. übrigens Über diesen Beinamen auch Di-els
S.-Ber. Akad. Berl. 1884, 344, 1. W. Schmid
Atticismus II 2, 1) von Iamblichos sind (Her-
cher Herrn. I 362ff.). Daß er (wie Kayser
zur Einzelausgabe von Philostr. vit. soph. p. 346
meint) in Luc Demon. c. 14 gemeint sei, ist
nicht wahrscheinlich (Bergk Griech. Lit IV 551,
45). Eine Ausgabe von H.s Schriften besaß Liba-
nios (ep. 546), der auch (T. HI 362 R.) eine
Trauerrede von ihm auf den Geliebten des Kaisers
Veras, den Tänzer Paris, erwähnt (Rohde Kl.
Sehr, n 96, 1). Er wird auch identisch sein mit
dem Verfasser einer homerisch stilisierten 'AXs-
tavÖQiag in mindestens sieben Büchern, aus der
Steph, Byz. s. "AozQaia und 2dveia zitiert.
[W. Schmid.]
2) 'AÖQiavög, Bezeichnung des vierten ägypti-
schen Kalendermonats Choiak (Dezember), häufig
in den Papyri und auf den Ostraka der Kaiser-
zeit; vgl. Wilcken Gr. Ostraka I 810. Die
Beziehung des Namens ist klar; s. auch den Art.
Hadrianion. [Bischoff (nach Dittenberger)].
Hadrianothera oder Hadrianotkerae (
Qat]
Ety-
'AÖQiavofrqgai) , in Mißverständnis der alten Ety
mologie des Namens (s. den Art. Hadrianus
und W. Ramsay Hist. Geogr. of As. Min. 437).
Cass. Dio LXIX 10. Hist. aug. Hadr. 20. Hie-
rocl. 663 'Aögtavov &f)Qat geschrieben, Hadrianu-
teba Schreibfehler in der Tab. Peut. Geogr. Rav.
Georg. Cedren. hist. I 437 B. Not. Episc. I 153.
III 86. VII 139. VIH 164. IX 71; Not. episc.
X 212. XIII 72 'Ayetavov öijoai. S. auch 'Axv-
gaovg in Not. episc. Der zweite Teil des Namens
ist wohl mit dem kleinasiatischen -teira-thyrai
(— befestigte Stadt) zusammenzubringen , im
kleinasiatischen Mysien (später Hellespontos) an
der Straße zwischen Müetopolis und Pergamon.
Münzen: Head-Sworonos r lazog, JSo^itafi. B'
41. Imhoof-BIumer Kleinas. Münzen 21. Die
Behörden oTQaztjyoi oder ägxovieg. Großbronzen
mit dem Namen des Lieblings des Kaisers Ha-
drianus ATA&OC HPQC ANTJNOOC (vgl. o.
Bd. I S. 2440f.). Ramsay ,Achyraüs ist ent-
weder der byzantinische Name von H. oder einer
benachbarten Feste an ihrer Stelle', vgl. Notit.
episc. ed. Parthey Index s. 'Axvgäovg. Über die
Distanzangaben der Tab. Peut. Ramsay 167.
Die Stelle von H. bei Achyraüs mit Fragezeichen
bei R. Kiepert Karte von Kleinas. B 1 bei
Balikesri im antiken 'Anlag nediov (s. o. Bd. I
S. 2801) angesetzt. Über H. auf einem Hügel
bei Bey-Kjoi 5 km von Kebsud I. A. Munro
Journ. hell. Stud. XXI (1891) 234f. [Bürchner.]
Hadrianus. 1) Beiname des Kaisers P. Aelius
Hadrianus (117—138 n.Chr.), s. Aelius Nr. 64,
und mehrerer Verwandter seines Hauses, Aelius
Nr. 63. 65 ; SuppL-Heft I S. 14, auch des Kaisers
Pins (138 — 161), den H. wenige Monate vor
seinem Tod adoptierte und der sich als Kaiser
Imperator Caesar T. Aelius Hadrianus Antoni-
nus Augustus Pitts nannte, s. Aurelius Nr. 138.
Einer seiner Enkel, ein Sohn des Kaisers Marcus
und der jüngeren Fanstina, führt gleichfalls den
Namen H., s. Aurelius Nr. 144. [Stein.]
2) Hadrianus, als Proconsul von Asia unter
Traian auf Münzen aus Thyatira genannt (Wad-
Paaly-WiB80w*-KroU VII
ding ton Fast. d. prov. As. nr. 117. Head Cat.
Greek coins, Lydia p. CXXH 304,1. Heberdey
österr. Jahresh. VIH 1905, 232). Nach der Titu-
latur Traians zu schließen, fungierte er zwischen
103 und 113 (Heberdey weist sein Proconsulat
einem der J. 102/3, 105/6, 110—112 zu). Mit
dem nachherigen Kaiser Hadrian hat er, wie zu-
erst Waddington zeigte, nichts zu tun. Viel-
leicht kann er mit dem Consular C. Ca . . . .
10 [SJtatüius Sevents Haßrianus] identifiziert
werden (Not. d. seav. 1907, 545 Rom; ein T.
Statilius Maximus Severus Hadriamcs ist von
123 bis 138 als Besitzer großer Ziegeleien nach-
zuweisen; das Gentile Ca . . . läßt sich etwa zu
Ca[ssius] ergänzen, vgl. Cassius Hadrianus o.
Bd. LTI S. 1723, und [Statjilius Cassius Tauri-
mts, Frater Arvalis im J. 155). [Groag.]
3) Beiname anderer Männer, s. Cassius
Nr. 46; Claudius Nr. 170; Lucceius; Stati-
20 li u s Maximus Severus ; TJ 1 p i u s.
4) Hadrianus, Praefectus Aegypti im J. 379 (?)
Exe. lat. Barb. 62 b bei Schöne Eusebii chronica
I S. 238.
5) Hadrianus, Alexandriner (Claud. carm. min.
21 [80]. 22 [39], 20. 55-58). Als Comes sa-
crarum largitionum im Occident erwähnt am 6.
August 395 (Cod. Theod. V 14, 35), als Magister
officiorum nachweisbar vom 5. Juli 397 (Cod.
Theod. VI 26, 11), bis zum 16. März 399 (Cod.
30 Theod. VI 27, 11), als Praefectus praetorio Ita-
liae (Symm. epist. VI 34. Cod. Theod. XI 20,
3. XIII 5, 31. XVI 5, 37. 6, 4. 5) vom 27. Febr.
401 (Cod. Theod. I 10, 6. Cod. Iust. X 16, 11)
bis zum 5. Okt. 405 (Cod. Theod. XI 20, 3 ; vgl.
aus dem J. 401 Cod. Theod. Vni 2, 5. XI 7, 16.
XV 1, 41, aus dem J. 403 Cod. Theod. VI 27, 13.
VII 18, 11-14, aus dem J. 404 Cod. Theod. VII
5, 2. VIII 5, 65. XHI 5, 31. XVI 8, 17, aus dem
J. 405 Cod. Theod. II 8, 24. XV 1, 43. XVI 2, 35.
40 5. 37. 6, 4. 5. Const. Sinn. 2. Cod. Iust. XI 59, 11;
undatiert Cod. Iust. XI 71, 3), und zum zweitenmal
vom 3. Aug. 413 (Cod. Theod. XV, 14, 13) bis
zum 3. März 414 (Cod. Theod. VI 29, 11. VII
4, 33. 8, 12 ; wohl falsch datiert vom 30. Jan.
416 Cod. Theod. VII 13, 21). Claudian griff seine
Raubgier in einem bissigen Epigramm an (carm.
min. 21 [80]), sah sich aber später gezwungen,
ihn in der Deprecatio ad Hadrianum ^carm. min.
22 [39]) um Verzeihung zu bitten , mit welchem
50 Erfolge, ist unbekannt. Birt Claudü Claudiani
carmina p. XL
6) Rufius Synesius Hadirianus (so), Praefectus
urbis, CIL VI 32202. [Seeck.]
Hadrias s. Adria.
Hadrumetum , phönizische Stadt (tyrischer
Gründung, Solin. XXVII 9) an der afrikanischen
Küste (Sali. lug. 19). Die Notiz des Stephanus
Byzant. von einem Gründer 'Adgvfujg ist wert-
los. Der phönizische Name ist unbekannt; bei
60 den Römern heißt die Stadt Hadrumetum, und
zwar mit Aspiration nach dem Zeugnis der Münzen
aus dem Beginn der Kaiserzeit, der überwiegenden
Mehrzahl der Inschriften und mancher älteren
Handschriften, z. B. aes Puteanus des Livius (XXX
29, 1) ; bei den Griechen 'ASqvfitjg {Scylax peripl.
110. Polyb. s. u. Strab. XVII 834), 'AS^^jos
'Ad^vpttjTov, 'AÖQovftijTOf oder 'ASQOVftijxov {Schrei-
berversehen sind: 'AÜedftvroe, 'ASedftrjxos, 'Adgä-
2179
Hadruinetum
Hadyliön
2180
ftevrag; s. B-öissevain zu Cass. Dio XLI1 58, 2).
Zur Zeit der karthagischen Großmacht von dieser
abhängig» wurde H. von Agathokies im J. 310
zur Übergabe gezwungen (Diodor. XX 17), bildete
im J. 202 den Stützpunkt der Operationen Han-
nibals, der dort landete und dorthin von Zama
aus floh (Polyb. XV 5, 3. 15, 3. Nepos Hann. 6.
Liv. XXX 29, 1. 35, 4. Appian. Lib. 33. 47).
Im dritten Pumschen Krieg stellte H. sich auf
eine Gottheit, wahrscheinlich Saturnus frugifer,
sich genau ebenso abgebildet findet wie auf einer
Bronzemünze von H. (Cohen HI ed. 2, 421 nr.
68ft\; vgL MülleT Num. de TAfr. suppl. 42).
Ihre Bedeutung verdankte die Stadt dem. Handel
und der Fruchtbarkeit ihres Gebietes und des
Hinterlandes. Von dem Handel zur Kaiserzeit
geben Zeugnis die in Ostia und Born gefundenen,
Fan(nius i }J JPort(unatus) colfonia) Hadr(umeto)
die Seite der Kömer (Appian. Fun. 94) und er- 10 und ähnlich gestempelten Amphoren (CIL XV
hielt nach Zerstörung Karthagos als populus
Über seinen Besitzstand garantiert (lex agraria
vom J. 643, 3. 79; vgl. Mommsen Ges. Sehr. I
125). Anfangs 708 war die Stadt von dem pom-
peianischen Führer C. Considius Longus besetzt
und leistete dem Dictator Caesar, der dort ge-
landet war und dort sein Teneo te, Africa ge-
rufen haben soll, Widerstand, wofür sie nach der
Entscheidung bei Thapsus mit einer hohen Kon-
3375ff.). Wie Karthago, scheint die Stadt einen
inneren (öder gar mehrere innere) und einen
äußeren Hafen besessen zu haben; den eothon
erwähnt und unterscheidet davon einen äußeren
Hafen das Bell. Afr. 62. 63, über die Beste dieser
Anlagen (von Natur war der Ort altuevog , Sta-
diasm. maris inagn. 116) s. Tissot Geogr. de
1' Afrique II 144ff. Schiffswerften erwähnt Strab.
XVII 834. Auf die Fruchtbarkeit des Gebietes,
tribution belegt wurde (Bell. Afr. 3ff. 62ff. 97). 20 zugleich auch auf den Kult des Saturnus Fru-
Vielleicht hat Caesar auch italische Kolonisten gif er bezieht sich der Käme Frugifera der tra-
dort angesiedelt; es scheint wenigstens, daß die ---"-*— -tr-i— -•- in.~ ai„ ta^^i ™„ tt
Buchstaben C. I. H. auf einigen dort gefundenen
Ziegeln cfolonia) I(ulia) Hfadrumeto) zu lesen
sind (Villefosse Bull, de la societe" archeol. de
Sousse III 200; vgl. CIL VHI p. 2319). Indes
hatte diese Kolonie keinen Bestand , und H. er-
scheint auch in der früheren Kaiserzeit als op-
pidum liberum (Plin. n. h. V 4, 25). Unter
ianischen Kolonie. Über die Identität von H.
mit der tunesischen Handels- und Hafenstadt
Susa (jetzt französisch Sousse) kann nach den
Angaben der alten Geographen (Mela I 7, 34.
Plin. V 5, 35. Ptolem. IV p. 622 Müller) und Iti-
nerarien (Tab. Peut. Itin. Ant. 52. 55. 56. 58.
493; Stadiasm. maris magn. 116), besonders aber
nach der Entdeckung des Inschriftfragments
Augustus prägte die Stadt Kupfermünzen (Müller 30 CIL VIII S. 11138 kein Zweifel sein. Über die
Num. de V Afrique II 51ff.), zum Teil mit dem wenigen sichtbaren Reste des Altertums s. Tis-
Bildnis derProconsum der Provinz Africa (Müller
a. a. O. 52 nr. 27—29, vgl. Mommsen Ges.
Sehr. IV 183ff.). Gründer der römischen Kolonie
war Traian, von dem sie den Namen eolonia
Concordia Ulpia Traiana Augusta Frugifera
Hadrumetina erhielt (CIL VI 1687 = Dessau
6111); eol. Conc ist auch CIL VIII 11138
erhalten; Ulp. Badr. CIL VI 220 = Dessau
sot Geographie de 1'Afrique II 150ff. (nach
D aux). In der neuesten Zeit haben Ausgrabungen
Beste römischer Privathäuser oder Villen — in
einer solchen fand sich ein Mosaik mit dem
Bilde Vergib (Arch. Jahrb. 1898, 114) — sowie
römische Nekropolen und frühchristliche Kata-
komben freigelegt; vgl. u. a. Gauckler Bull.
archeologique du comite' des travaux historiques
2163; K eolonia Itin. Ant. 58, ähnlich Pto-401904, 431fT. Gauckler, Gouvet und Hannezo
lern. IV 3, 9, u. a.). In diese Zeit mag der lang-
wierige Prozeß gehören, den H. mit dem
benachbarten Thysdrus über die Zugehörigkeit
eines Minervatempels führte (Frontin. Grom. 57,
3. 87, 29 Lachm.). Nachdem H. schon in der
früheren Kaiserz eit, als Sitz des procurator regio-
nis Hadrumetinae (s. o. Bd. III S. 1115) Haupt-
stadt eines Domänen- und Steuerbezirks gewesen
war, wurde es unter Diocletian Hauptstadt der
neuen Provincia Valeria Byxacena (Procop. de 50 Dem. auch Theop. [FHG I 307 frg. 17<
aedif. VI 6). Kaiserliche Erlasse in H. publiziert diese Form zitiert. Suid.). Das H. bildet
Musees de Sousse (in Musees de l'Algerie et de
la Tunisie), Paris 1902, 4°. Die römischen In-
schriften s. CIL VIII p. 14, Suppl. p. 1160, auet.
p. 2320ff. [Dessau.]
Hadyliön (ro ASvhov (oqos) Theopompos, FHG
I 323 frg. 264 = Strab. IX 424 ; Hadylius {mons)
Plin. n. h. IV 25; 'ffivXiw Hut. Süll. 16f. Po-
lyaen. 13,5; 'HdvXuov Dem. XIX 148; Schol.
ed. Dind. VIH 406, 11. Harpokr., der außer
307_frg. 17ß ] f&r
einen
Cod. Theod. I 9, 2. VI 28, 2; vgl. Mommsen
Ges. Sehr. H 390. Unter lustinian, der die von
den Vandalen niedergerissenen Mauern der Stadt
wiederherstellen ließ, erhielt sie den Beinamen
Iustinianopolis (Procop. a. a. O.; Bischofs-Unter-
schrift vom J. 553, Mansi IX 106); Bischöfe
der Stadt werden vom J. 255 ab (Sent. episcop.
m\ 3, in H a r t e 1 s Cyprian 437) öfters erwähnt. Ge-
Teil des Kalkrückens, der vom Parnass ostwärts
am Nordrande des Kopaisbeekens hin bis zum
Euripos zieht. Der westlichste Teil des Rückens
(heute Paröri) reicht bis zu dem 1,75 km breiten
und 3 km langen Durchbruchtal des Kephisos.
Die Fortsetzung östlich des Kephisos heißt Ve-
trisa oder Berg von Karamusa. Von seinem Nord-
westende springt der Burgberg von Parapotamioi
bürtig aus H. soll der Kaiser Clodius Albinus 60 vor. Der Rücken der Vetrisa hat eine Kamm-
nach seiner im allgemeinen wenig glaubwür-
digen Vita, Hist. aug. Clod. Alb. 1. 4. 12
gewesen sein; die Nachricht, von mir Herrn.
XXIV 354 angezweifelt, ist von Hirschfeld
(ffistor. Zeitschr. LXXTX 1897, 454) geschützt
worden durch den Hinweis auf Münzen mit der
Aufschrift Saeetäo frugifero, die Clodius A1M-
nu» als Caesar hat schlagen lassen, auf denen
höhe von 300 -400 m ü. M., der höchste Punkt
erhebt sich bis zu 543 m ü. M. Der Abfall ist
steil nach Norden wie nach Süden. Etwa 6 km
östlich vom Kephisos bildet ein tief eingeschnit-
tener Paß (höchster Punkt 204 m ü. M.) die
Grenze dieses Abschnittes. Diesen Paß benutzt
der gerade Weg von Chaironeia nach Hyampoüs.
Der Berg Östlich des Passes heißt Mavro Vuno.
218t
Haeüjii
Hafer
2182
Südlich von Vetrisa und Mövto Vüno.^ieht "sich
mit etwas ; abweichender Richtung (Nordwest-
Südost) der Kalkrücken der Durdovana .vom Ke-
phisos bei Bisbardi bis nach Skripu. Den Zwi-
schenraum zwischen Mavro Vuno und Durdovana
füllt eine Faltenmulde aus Schiefer, deren nie-
drige Hügel die Ebene am Kephisos boi Kara-
musa von dem Kopaisbecken nördlich von Skripu
trennen. Die antike Überlieferung geht zumeist
auf die geographischen Exkurse zurück, die Theo- 10
pompös anläßlich der Kämpfe von 352 (s. o.
Bd. III S. 657, 2ff.) und 338 gab; dazu tritt
selbständig Plutarch. Bei diesem ist die auf die
Lage von Parapotamioi bezügliche Stelle (Sulla
16) schwer verderbt, s. Schwartz bei Kromayer
Antike Schlachtfelder II 361, 6. Die Angaben,
daß der Kephisos das H. vom Parnass trennt
<Theopomp. bei Strab. IX 424. Polyaen.), daß
Parapotamioi an ihm lag (Plut. Theopomp, bei
Strab. a. a. O. u. 416. Schol. Dem.), ergeben mit 20
Sicherheit, daß das H. mit der Vetrisa gleich-
zusetzen ist. Wie weit man das H. sich nach
Osten erstrecken ließ, vermögen wir allerdings
nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Denn Theo-
pompos befand sich in dem Irrtum, daß sich von
Parapotamioi bis Orchomenos bei Skripu ein zu-
sammenhängender Bergzug erstrecke, und diese
Vorstellung beherrscht die ganze antike Über-
lieferung mit Ausnahme Plutarchs. Als Teile
dieses Zuges werden genannt H., Akontion und 30
Hyphanteion (Strab. IX 424) oder Hormision (Schol.
Dem.). Das Akontion ist die Berggruppe der
Durdovana, und daß diese in keiner Verbindung
mit der Vetrisa steht, ist vorher gezeigt worden.
Der ortskundige Plutarch (Süll. 17) läßt denn
auch Archelaos zwischen H. und Akontion lagern,
d. h. in der Ebene bei Karamusa. Theopomps
Irrtum wirkt übrigens auch noch in der neueren
Literatur nach, z. B. bei Meineke Vind. Strab.
147. Frazer Paus. V 187. Kiepert Formae40
orb. ant, XIV Text 2. Politisch wird das H.
meistens zu Boiotien gerechnet (Harpokr. Suid.
Schol. Dem. Plin.) , einmal auch zu Phokis (Schol.
Dem.). In Wirklichkeit wird die Grenze über
seinen Kamm verlaufen sein. Bittner Denk-
schr. Akad. Wien. Math.-Nat. Cl. XL 1878, 10.
Philippson Ztscbx Ges. Erdk. Berl. XXIX 1894,
5. 24; Thess. u. Epir. 19f. Leake N. G. II
97. 191ff. Bursian Geogr. I 164. Kromayer
Antike Schlachtfelder I 140f. II 367. Karten : 50
Philippson Ztschr. Ges. Erdk. Berl. Taf. 1.
Kromayer II Karte 10. Photographie (Stand-
punkt Chaironeia) Athen. Mitt. XXVHI 1903,
304. [Bölte.]
Haedui s. Aedui.
Haegra s. Egra Nr. 2.
Haeinimontus, nach der Reichs einteilung Dio-
kletians vom J. 297 eine der sechs Provinzen der
Dioecese Thracia, benannt nach dem Gebirge
Haimos (s. d.), vom dem sie jedoch nur den öst- 60
liehen Teil bis zum Pontes umfaßte, dazu das
Tal des Tonzos (Tundscha) und des mittleren
Hebros (Maritza) mit der Hauptstadt Hadriano-
polis. Andere Städte der Provinz waren Anchia-
los, Debeltos (Deultum), Plotinopolis usw. Hist.
aug. Claud. 11; Aurel. 17 (bei de St ellen antici-
pierend, s. Momms en Hermes XXV 1890, 231).
Amm. Marc. XXVTI 4, llf. : Thraciae omnes in
dictonem veterum, transiere nostrorwm hooque.
modo post pro&inetus aneipites r&i publieße
sex provindae sunt quaesitae. Inier quas prima
ex fronte, quae Jtlyriis est epnßnis, Thracia
speciali nomine appeUatur : quam Phüippopolis,
Mimalpias vetus, et Beroea amplae civitates
exomant. post haue H. Hadrianopolim habet,
quae dieebatur Uscudama, et Anchialon, civitates
magnas. Not. dign. or. I 118. II 55. XI 32.
XXVI 5, 12. (Verwaltung durch einen praeses
sub dispositione vicarii dioee. Thrac). Laterc.
Veron. IV. Polem. Silv. Lat. V. Cod. lustin. VII
62, 23. Procop. de aedif. IV 11 Aifiifiovrov.
Hieroki. syn. 635 *Exaoxta Al/Mfitovrov vno ijye-
(,tova. Const. Porph. Hom. II depo, tdv xalovftevov
@Qqxt} — £jiaQ%ia Aifiifiövzov, v<p" qyefiova. Über
die kirchliche Einteilung s. Not. episc. ed. Parthey
I 38f. 74. 486ff. III 580ff. IV 38. VIII 38. 78.
540. X.Nil. Doxop. 295. Außerdem Mommsen
Hist. Sehr. II 561ff. G e 1 z e r Themenverfassung
(Abh. Sachs. Ges. W. XVIII) 25. [Oberhummer.]
Haemodae nennt Mela III 54 als eine Insel-
gruppe bei Iuverna (Irland): Trigmta sunt Or-
cades — , septem Haemodae. Die drei folgenden
Worte contra Germanium metae gehören wohl
nicht zu H, sondern sind zu lesen contra Ger-
maniam Vectis (Wight), zumal da der cod. Vat.
4929 veeti hat. Wenn aber Plinius IV 103 auf-
führt: XL (h'cades—VIl Aemodae, XXX Hae-
budes, so beruht das ohne Zweifel auf Mißvei>
ständnis (vgl. K. Müller zu Ptolem. II 2, 10),
und Haemodae sind als identisch anzusehen mit
den Ebudes, Haebudes, Aebudae. S. Hebudes.
[Haug,]
Haemus. 1) Komöde in der flavischen Zeit,
luv. III 99. VI 198; vgl die Schol, Jahrb. f. class.
Philol. Suppl. XXII 407. XXIII 412. [Stein.]
2) s. Haimos.
Haera s. Aeracura.
Haera dea s. Hera.
Haeresis {al'aems), die ,Wahl- ( oder ,Sonder-
meinung' wird im Strafrecht der späten Kaiser-
zeit gegenübergestellt dem allgemeinen und rich-
tigen Glauben (ßdes catholiea orthodoxa). Im
weiteren Sinn ist Häretiker jeder Andersgläubige,
jeder, der vom allgemeinen und richtigen Glauben
abweicht, also auch der Heide und der Jude;
im engeren und strengen Sinn ist Häretiker nur
der heterodoxe Christ, der das Christentum be-
kennt, aber nicht das offizielle, durch die staat-
liche Autorität fixierte (s. den Art. Heterodoxia).
Sowohl der .mangelnde* wie der ,mangelhafte
christliche Glauben' (Mommsen) werden als sitt-
lich verwerf lieh behandelt und von der staatlichen
Gesetzgebung als Verbrechen verfolgt. Die Strafen
sind verschieden; sie bestehen meist in Ehren-
und Vermögensnachteilen; Todesstrafe wird nur
ausnahmsweise angedroht. Näheres unter He-
terodoxia. [Hitzig.]
Hafa, Straßenstation im nordwestlichen Sar-
dinien, Itin. Ant. 82; vgl. Kiepert FOA XIX.
CIL X tab. V. [Weiss.]
Hafer (Avena sativa L ). Namen des Hafers.
Das Sanskrit hat keinen Namen für H. Die
griechischen Bezeichnungen sind: 1. ßsopog, später
fiQüfiog (ngriech. ßQw/ui], auf Kreta £at (v. Held-
reich Nutzpflanzen 4), eine Erklärung des Wortes
ist noch nicht gefunden worden ; 2. atyUanp, das
218S
Hafer
Hafer
218*
an ftf£, Ziege, anklingt. Lat. avena vom Stamme
cm§- durch Anlehnung an das Suffix Sna aus
avina, auig-snä (Pedersen IF Y 421 Zupitza
Gutt Slf. Schrader Reall. 320), altslav. ovisu,
ovestt; niss. oveau; lit. avi%ä, lett. ausos, ost-
jaHsch abis, apr. wy&e. Die Verbindung von
avena mit ovis jSchaf* (Jakob Grimm Gesch. d.
deutschen Spr. 66. Thurneysen Thes.) ist eben-
so wie die mit ai. avasä -m ,Nahrung' (Fick
9 t 2) : Tüv bh 6/ntHOjtvQQJv xai 6ftotoxQi&&v, otov
£stäs zitpyg bXvQag ßgäftov atyiktoaog, lozVQiizazor
xai polieret xaQTtttofievov tf £etd- xai yag nok&Q-
qiCov xai ßa&vQQiCov xai szolvxdXafiov . o Ss *aj>-
jzbg xov<f6tazog xai jigoaipd^g stäai zolg teöoie.,
T(3v Sk äklcov 6 ßQOftoe nokvQQi^og yag xai ofixog-
xal jtoXvxalafiog .... satt de $vo ravza xai 6-
fiotovara zolg xvgotg ij zs feta xai y xt<pr}, 6 d'aU
ytitoys xai 6 ßgopog cSojrep aygi' äzxa xai avrj-
vgl. Wörterb. d. indogerm. Spr. 13 502. Fröhde 10 fisga. inixagniiszai 8k ts<podga xai 6 alytXcoyr
BB in 11 u. a.) nach Walde Lat.-etym. Wör-
terb. 2 72 zurückzuweisen. Nach Solmsen KZ
XXXVII 6a 1 wohl erst im Ai. aus der Bedeu-
tung ,Fördcrung, Labung, Erquickung' , vgl.
äva-h, entwickelt. Bez. der deutschen Bezeich-
nungen bemerkt Kluge Etym. Wörterb. 7 186:
Haber nhd. haber ahd. kabaro, die Form Hafer
erst mhd., sie entstammt dem Ndd., andd. katoro
kavoro, ndl. kaver, aschw. hafre, hagre, finn.
zijv yf\v xai sozi JioXvggi^ov xai Tiolvxdlaftov *
f\ de atga siavreXwg äzitjQMOfiivov. Hier werden
unter den weizen- und gersteähnlichen Pflanzen
auch ßQOfj.og und aiyikary aufgeführt. Zwar
wird ihnen nicht der volle Wert der Kultur-
pflanzen beigelegt, doch zählen sie nicht wie der
Lolch (atQa) zu den Unkräutern. Galen (de alim.
facultatibus I 14 ed. Kühn 522f.) bemerkt, daf>
H. besonders häufig in Asien und zwar vornehm-
kakra aus dem Germ, entlehnt. Engl, oats aus 20 lieh in Mysien oberhalb Pergamum vorkomme.
angls. ate. Für den Ursprung der deutschen
Sippe ist nach Kluge das g in aschwd. hagre
(fmn. Jcakra) zu beachten. Die übliche Ableitung
von anord. hafr., angels. hxfer Ziegenbock (lat. ea-
per, griech. xäiigog) sei daher unmöglich. Das kel-
tische eoirce, cuiree, eeireh ist wohl mit der ger-
manischen Bezeichnung des H. zu vergleichen
(Schrader bei Hehn 7 553), alb. terSere erklärt
G. Meyer (Etym. Wörterb. 430) aus trimensanum
von trimense.
Anbau des Hafers. Im ägyptisch- semi-
tischen Kulturkreise des Altertumes wurde H,
nicht angebaut, dasselbe gilt von Indien. Wie
das Sanskrit, so haben auch die späteren indischen
Sprachen keinen Namen für H. (Low Ara-
mäische Pflanzennamen 1281). Erst die Eng-
länder haben in Indien H. als Pferdefutter ange-
sät, auch im heutigen Ägypten wird es kultiviert
(Schweinfurth und Ascherson Beiträge zur
Er diene als Futter für Zugtiere, sei aber kein
Nahrungsmittel für Menschen. In Zeiten der
Hungersnot werde H. auch zu Brot verarbeitet,,
das aber nur wenig Nährstoff enthalte und dem
Geschmacke kaum zusage. Wie die zl<pn werde
H. auch in Wasser gekocht und mit süßem Wein
oder gegorenem Most oder mit Wein und Honig^
angerührt (Hoops Waldbäume und Kultur-
pflanzen 4071). Schließlich berichtet im 4. Jhdt.
30 n. Chr. der Lexikograph Hesychius, daß H. als
Futter für die vierfüßigen Tiere gebaut werde;
und in manchen Gegenden wild wachse; vgl.
auch Geop. XVIII 2, 6 : Tgo<ptjv de nagaßkrjzhv
xvzioov xai {irjdtxijv, rj Z^Xiv, rj ßgofjtov. Über
die medizinische Verwendung von ßg&uog und
aiyiX<o\p spricht sich Dioscurides II 116 und IV
137 und 138 aus. Wird man nach allem der von
Körnicke, Hoops, Gradmann u. a. in neuester
Zeit ausgesprochenen Ansicht, daß die Griechen
Flora Äthiopiens 298). In China wird des H. erst 40 den Saat.-H. gekannt und angebaut haben,.
in einem historischen Werke über die J. 626—907
n. Chr. gedacht (De C and olle Urspr. d. Kul-
turpfl. 472). Hingegen scheint bei den Griechen
der Anbau des H., wenn auch in recht beschränk-
tem Umfange, in eine verhältnismäßig frühe Zeit
zurückzugehen. Bei Homer wird allerdings diese
Halmfrucht noch nicht erwähnt, auch haben sich
unter den Getreideresten, die in Hissarlik (Alt-
Ilion) gefunden sind, H.- Körner nicht gezeigt.
beipflichten müssen, so darf doch nicht unerwähnt
bleiben, daß er selbst als Futterpflanze von unter-
geordneter Bedeutung war, zu menschlicher Nah-
rung aber nur in Ausnahmefällen verwandt
wurde. Die Römer verstanden unter avena bald
Saat-H., bald Wild-H. Dieser letztere kann an
den fünf nachstehenden Stellen nur in Betracht
kommen. Cato r. r. 37, 5 Frumenta face bis
sarias runcesque avenamgue destringes (raufe
Wohl aber besitzen wir aus dem Anfange des 50 aus). Cic. de fin. V 30, 9 : Ne seges quidem
4. Jhdts. v. Chr. ein untrügliches Zeugnis dafür,
daß H. in Griechenland selbst zur Ernährung
der Menschen gebraucht wurde, Der Arzt Dieu-
ches, der um jene Zeit gelebt hat, berichtet:
yivsrai 6e ältptzov xai gltio zov ßgöfiov, (pgvyEzai
de ovv r<p a%i>Qq> stäv t dnoTiiqaostai zs xai rgt-
ßszai xai eQvxszat xa&djtsQ xai zo xgt-frivov aX<pi~
zov. zovzo zo aXtpizov xqüzzov xai ä(pv<fa>T€Qov
iozt zov xqi&Lvov (XXI veter. et clar. medic.
igüur spicis uberibus et crebris, $i avenam
uspiam videris. Ov. Fast. I 69: Et careant
loliis oeulos vitiantibus agri Nee sterilis eulto
surgat avena loco. Verg. Eel. V 37: Infdix
lolium et steriles naseuntur avenae. Verg. Georg.
I 154: Infelix lolium et steriles dominantur
avenae. Verg. Georg. I 226: Exspectata seges
vanis elusit avenis (Heyne: aristis). Dagegen
wird man Verg. Georg. I 77: ürit enim Uni
Graec. varia opuscula ed. F. de MatthaeL Mos- 60 eampum seges, urit avenae, ürunt Lethaeoper-
quae 1808, 39, abgedruckt von Schrader bei
Hehn 7 553). Mit Körnicke Handbuch des
Getreidebaus I 200 darf man wohl annehmen,
faß es sich in diesem Rezepte um die Verwendung
von Saat-H., nicht von Wild-H. (avena fatua)
handelt. Noch beweiskräftiger dafür, daß die
alten Griechen schon den Kultur-H. kan nten,
ist die Stelle bei Theophrast (bist plant Vm
fusa papazera somno an Kultur-H. zu denken
haben. Das gleiche gilt für Colum. II 10. 1K
14. PHn. n. h. XVH 56. XVIH 143. 149. 205.
Die wenigen Stellen, an denen H. erwähnt wird,
sind Beweis genug dafür, daß er in der römischen
Landwirtschaft eine nennenswerte Bedeutung-
nicht gehabt hat Bei Colnmella (IE 11) erfahren
wir, daß die Saatzeit des H. auf der italischen.
Halbinsel der Herbst war; nördlich des Po fiel streckt sich anf die nördlichen und westlichen
Sie, wie auch noch heute (v. Märten s Italien LT Teile Englands. In Deutschland wurde H. im
122), in den Monat März, und zwar dauerte sie Mittelalter viel gebaut. Die christlichen Glaubens-
bis zu den Quinquatren (19. bis 23. März), die boten aus Irland und England förderten vor allem
zu Ehren der Minerva gefeiert wurden. (Plin. auch den H.-Bau. Das erste Getreide, das in
XVIII 205). Daß H. den Boden entkräftet, er- der Umgegend St. Gallens gesät wurde, war H. t
wähnen außer Vergil(GeoTg.1 77). Columella (II 14) H.-Mus das älteste Nahrungsmittel in dieser
und Plinius (XVII 56), die auf die Vergilsche neuen Siedlung (Ars Gesch. des Klosters St.
Stelle Bezug nehmen. Verwendet wurde H. als Gallen 1811, 41). Aus H.-Mehl wurden flache
Orünfutter (Col. II 11), auch mit anderen Futter- 10 Kuchen, Laib genannt, gebacken. In Alemannien
pflanzen vermengt (Plin. XVIII 143). Nach v. das auch noch späterhin Spuren römischer Kultur
Märten s (s. o.) wird in Norditalien auch heute bewahrt hat, beruhte der Ackerbau auf einer ein-
H. grün gemäht, oft mit Wicken untermengt. fachen, den Römern entlehnten Dreifelderwirtschaft,
Daß er auch als Heu bei den Schafen Verwendung deren Fruchtfolge Roggen, H., Brache bildete. Die
fand, erwähnen die Geop. (XVILT 2, 6). Winterfrucht war Boggen, die Sommerfrucht H.
Die Worte ,avena Oraeea, eui semen non (Stalin Wirtembergischc Gesch. 1841—47, 229).
eadiV (Plin. XVIII 143) können wohl zu der Auch in der alemannischen Schweiz gehörte H. zu
Annahme führen, daß die Eömer den Saat-H. den wichtigsten Getreidepflanzen (Joh. v. Müller
erst von den Griechen kennen gelernt haben. Gesch. der Schweiz I 214). In dem Breviarium
Hoops (409) weist eine solche Ansicht zurück 20 Karls d. Gr. vom J. 812 wird der Anbau des H.
mit dem Bemerken, die Bezeichnung , griechischer ausdrücklich vorgeschrieben. H.-Bier erwähnt die
H\, finde ihre Erklärung darin, ,daß der Anbau hl. Hildegard. 1290 wurde in Nürnberg verboten,
des Kultur-H. von den Griechen damals wohl in aus H., Korn, Dinkel und Weizen Bier zu brauen,
umfassenderem Maße und rationeller betrieben nur Gerste sollte verwendet werden (Raum er
wurde als von der Römern'. Die Stelle Plin. Hohenstaufen V 33). Andererseits ordnete im J.
XVIII 93 : Adieiuntur his genera bromos et tra- 1433 der Rat von Augsburg an, alles Bier aus
■gos, externa omnia, ab Oriente inveetae oryzae H. zu brauen, eine Verordnung die erst 1550
similia, würde freilich, falls hier bromos = avena widerrufen wurde (Stetten Kunst-, Gewerbe-
ist, dafür sprechen, daß der Saat-H. in Italien und Handwerksgosch. der Reichsstadt Augsburg
von außen eingeführt worden ist. 30132, bei Volz. Beiträge zur Kulturgesch. 151).
Saat-H. wurde von den Römern nur als Vieh- Auch in Norwegen wird in einer alten Schrift
futter angebaut, nicht auch als menschliches von 1331 H.-Malz erwähnt (Schub eler Kulturpfl.
Nahrungsmittel. Plinius (XVIII 149) spricht Norwegens 145, bei Kör nicke 203). Zur Nah-
seine Verwunderung aus, daß die Völker Ger- rung wurde H. in Deutschland nicht überall und
maniens H.-Grütze als einzigen Brei genießen, meist nur von der geringeren Bevölkerungsklasse
für ihn ist H. kein Getreide, sondern nur eine gebraucht. Namentlich in rauheren Gegenden
Ausartung desselben {prirmvm omnium frumenti verstand man sich darauf, guten H.-Brei zu be-
mtium avena est et hordeum, in eam degenerat, reiten. In Hungerjahren wurde er noch später
■sieut ipsa frumenti sit instar, quippe cum, Ger- zu Brot gebacken (Körnicke 201), sonst wurde
maniae populi serant eam neque alia pulte Wm, wie noch heute, als Pferdefutter angebaut.
vivant. In der Tat ist H. für die Volksernäh- Zu diesem Zwecke sät man ihn, wenn auch nur
rung besonders der nordgermanischen Stämme in geringem Maße, in einigen Landstrichen Süd-
bisin die neueste Zeit von größter Bedeutung europas an, wo er wohl seit dem Altertum nicht
gewesen. In der Edda sagt im Harbardhsliodh in Vergessenheit geraten war. In Griechenland
Thor zu dem Fährmann Harbard : Ehe ich aus- wird H. auf Kreta, im westlichen Peloponnes und
fuhr, aß ich in Ruhe Hering und Habermus: Chalkis auf Euböa in größerem Maßstabe ange-
davon hab 1 ich noch genug (übers, v. Simrock baut (v. Heldreich Nutzpflanzen Griechenlands
66). Daß Hafer-G. nur die Nahrung armer 4). In Italien ist der Anbau des H., der Hitze
Leute war, im Hause der Reichen dagegen ,dünne und Dürre nicht verträgt, auch für erhitzend gilt,
Brote
In Norwegen, wo gegenwärtig doppelt so viel H. schlechteste Boden eingeräumt (v. Märten s
angebaut wird, als alle übrigen Getreidearten Italien 122). In Spanien wird er nur in den
zusammen, dient die größere Hälfte des Ertrages kältesten Gebirgsgegenden, wo Roggen und Gerste
zur Nahrung der Menschen, das übrige wird als nicht gedeihen, angepflanzt (Körnicke 202).
Pferdefutter gebraucht. Aus dem H.-Mehl wird Über die Heimat des Hafers gehen die
entweder Grütze hergestellt oder sog. Fladbröd, Ansichten auseinander. Da seine wilden Stamm-
flaches Brot, das zu runden Scheiben aufgerollt formen überallhin verschleppt sind, so läßt sich
wird (Körnicke 203). Auch bei den Kelten ist 60 aus ihrem Vorkommen nicht feststellen, wo er
der Anbau des H. und seine Verwendung zu zuerst als Kulturpflanze angebaut worden ist.
menschlicher Nahrung sehr alt, dafür sprechen C. Hausknecht (Mitt. der Geogr. Ges. in Jena
schon die besonderen keltischen Namen eoirce, ILI 1855, 231ff.) meint, Griechen und Römer hätten
cuiree, eorca, aremorikanisch kereh. Li Schott- erst die Kultur des H. durch die Germanen
land, auf den Orkney- und Shetland- Inseln ist kennen gelernt, die in dem Wild-H. (Avena fa-
H. die wichtigste Nahrung des Landvolkes und tua L.) ein gutes Futter für ihre Herden gefunden
der geringeren Leute, die keine sitzende Lebens- und ihn deshalb in solchen Gegenden, in denen
weise führen. Der Gehrauch des IL-Mehls er- er nicht vorkam, angebaut hätten. Dieser An-
2187
Hagamasüa
Hägarenoi
2188
sieht tritt Körnickö (205) entgegen. Wild-H.
habe nicht als Weidefutter dienen können, weil
et in Deutschland auf Boden mit einer Gras-
narbe mcht vorkomme. Der Umstand, daß Wild-H.
ebenso wie Kultur-H. gegen Winterkalte empfind-
lich sei, weise auf seinen südlichen Ursprung hin.
Körnicke glaubt, daß die Heimat des H., bezw. die
Gegend, wo er zuerst angebaut wurde, im Süd-
osten zu suchen sei, dafür spreche der frühe
der vielleicht sein älterer Bruder : wär~ zusammen
und dann allein regiert, s. die Münzen bei .V.
A. Smith Catal. ofthe coins in the Indian mu-
seum Calcutta I p. 195/6. Der Titel — die Vor-
gänger bezeichnen sich als Eäjas — weist un&
auf ein Abhängigkeitsverhältnis hin. Die An-
wendung des persisch-parthischen Satrapentitels
— meines Wissens hier uns zuerst in Indien be-
gegnend — macht es alsdann wahrscheinlich, daß
Anbau in Kleinasien. Kleinasien, Armenien, auch 10 sein Aufkommen mit den Eroberungen des Par-
Zentralasien könnten die Heimat des Kultur-H. therkönigs Mithridates I. im nordwestlichen In-
sein. Über die griechischen Inseln sei er nach
Sizilien und Großgriechenland gekommen. An-
dererseits könne er sich auch aus Zentralasien
längs der Nordküste des Schwarzen Meeres nach
Westen ausgebreitet haben und so zu den Ger-
manen an den Rhein gekommen sein. Hiergegen
wendet Gradmann ein, daß ,der Flug-H. in
Südschweden häufig genug vorkomme, um zur
dien um 140 v, Ohr. (Diodor. XXXIII 20. Oros.
V 4, 16ff.) zusammenhängt, daß die Begründung
der Satrapie Mathurä als direkte oder wenigstens
indirekte Folge dieser Eroberungen anzusehen sei j
für den Zusammenhang dieser Gründung mit dem
Vordringen der Parther in Indien sprechen auch-
die Namen dieser und der folgenden Satrapen,
die parthisch-persischen Charakter haben (daß die-
Nahrung gesammelt zu werden. Es sei nicht 20 Satrapen ihrer Nationalität nach Saka-Skythen ge-
einzusehen, warum die Empfindlichkeit gegen
Winterkälte zwingen sollte, mit der Ursprungs-
vermutung gerade in das kontinentale Klima des
Ostens, vollends nach Zentralasien zu gehen; das
mittlere und südliche Deutschland mußte den
Bedingungen mindestens entsprechen'. Ohne der
Frage von der Herkunft des Saat-H. näher zu
treten, die zurzeit noch nicht entschieden ist, wird
man daran festhalten müssen, daß nicht das
wesen sein müssen, ist durchaus nicht sicher,
wenn auch möglich). Daß H. in direkter Abhängig-
keit vom parthischen Großkönig gestanden hat,
ist freilich nicht anzunehmen, da der indische'
Besitz den Parthern sicher nicht lange in vollem
Maße geblieben sein dürfte, sondern er wird wohl
als Vasall zu dem damals von Maues im west-
lichen Pend schab, also eben auf parthischem Ge-
biet, begründeten Reiche gehört haben — sei es,.
Mittelmeergebiet, sondern Europa nördlich der 30 daß dieser König sich nur tatsächlich oder auch
Alpen das eigentliche Kulturgebiet des H. ist.
In den Alpengebieten ist H. bereits in der
Bronzezeit angebaut gewesen, das beweisen die
H.-Funde aus den bronzezeitlichen Pfahlbauten
von Montelier und der Petersinsel im Bieler See
und vom Lac du Bourget in Savoyen, sowie aus
einer gleichfalls bronzezeitlichen Schicht der
Sirgensteinhöhle bei Schelklingen (Schwäbische
Alb) (Gradmann 16). Auch in den bronze-
sogar schon rechtlich vom Partherreich unabhängig
gemacht hat. Auf das Reich des Maues weist
uns die enge Verbindung der Satrapen von Ma-
thurä mit denen von Taxila hin , die sicher dem
Maues Untertan gewesen sind; mit der Erobe-
rung von Mathurä durch den griechisch-indischen
König Menander ist die Abhängigkeit von Maues
nicht in Verbindung zu bringen, da die Erobe-
rungen Menanders im östlichen Indien vorüber-
zeitlichen Niederlassungen Dänemarks haben sich 40 gehenden Charakter tragen und auch schon in
H.-Körner gefunden (Gradmann 16). Der hi-
storischen Zeit gehört ein Fund aus der römischen
Ruine zu Buchs im Kanton Zürich an. Dem 10.
bis 11. Jhdt. gehört der H.-Fund von der Hünen-
burg bei Einteln an, wo mit anderen Getreide-
arten wenige H.-Körner gemischt vorgefunden
wurden (Hoops 411). Von den H.-Funden aus der
slavisch- mittelalterlichen Zeit führt Buschan
(Vorgesch. Bot. 60) die aus den Burgwällen von
die 50er Jahre des 2. Jhdts. v. Chr. fallen. V.
A. Smith ZDMG LX 51f. 68f. LXI 408. 419 p
The early history of India2 187ff. 204f. 2 Uff.
[Walter Otto.]
Hagana, Satrap von Mathurä (Muthra an
dem Jumna [rechter Nebenfluß des Ganges]) etwa
im letzten Viertel des 2. Jhdts. v. Chr., der mit
seinem wohl jüngeren Bruder Hagämäsha zu-
sammen geherrscht hat; s. die Münzen bei V.
Ahrensburg und Poppschütz und den Pfahlbauten 50 A. Smith Catal. of the coins in the Indian mu-
auf der Dominsel in Breslau und von Wismar an.
Literatur: Heer Pflanzen der Pfahlbauten
16f. Hehn Kulturpflanzen und Haustiere ' 550,
dazu Schraders Bemerkungen 7 553. De Can-
d o 1 1 e Ursprung der Kulturpflanzen 471 ff. Haus-
knecht über die Abstammung des Saathabers,
Mitt. der Geogr. Ges. Jena IÜ (1885), 231—
242. Körnicke Handbuch des Getreidebaus I
200ff. v. Fischer-Benzon Altdeutsche Garten-
seum Calcutta I 195 und im übrigen den Art,
Hagämäsha. [Watter Otto.]
Hagarenol oder, wie die besser beglaubigte
Lesart lautet, 'AyaQrjvoi, Volk in Arabien, er-
wähnt von Arabius Anth. Plan. 39, 3 und Mo-
schop. sched. 144, angeblich Abkömmlinge der au&
dem alten Testamente (I. Mos. 16, 1. 25, 12)
wohl bekannten Hagar, der ägyptischen Magd der
Sara und der Mutter des Ismael (ähnlich wie die
flora 164. Buschan Vorgeschichtl. Botanik 5 7ff. 60 Ismaeliten, die nordarabischen Stämme, als Ein-
Schrader Reallei. d. indog. Altertumsk. 320ff.
Hoops Waldbäume u. Kulturpflanzen im germ.
Altert. 403ff. Gradmann Der Getreidebau im
deutschen u^ römischen, Altertum 15ff. [Orth.J
Hagämäsha^ Satrap von Mathurä (Muthra
an dem Jumna [rechter Nebenfluß des Ganges])
etwa im letzten Viertel des 2. Jhdts. v. Chr.;
er hat zuerst mit einem Satrapen Hagana (s. d.).
gewanderte im Gegensatze zu den rein arabischen
Stämmen auf Ismael, den Sohn des Völkervaters-
Abraham, als Stammvater zurückgeführt werden,
die südlichen Stämme, die loktaniden. auf Iok-
tan, den Sohn Ebers). Jedenfalls sind die H.
identisch mit den Hagriim der Bibel (L Chron.
5, 10. 19f. Psalm 88, 7), mit welchen die Stamme
jenseits des Jordan Krieg führten, und mit den
äiöV
nageiauaa
xo-gc
im nördlichen (wüsten) Arabien in der Nachbar-
schaft der Nabatäer und Chaulotäer an der Ka-
rawanenstraße von Ägypten nach Babylon woh-
nenden *Ayoaioi bei Strab. XVI 767 (nach Era-
tosthenes). Ptolem. V 19, % Steph. Byz. (vgl.
Agraioi Nr. 2) oder "AyQeeg, wie sie Dionys.
perieg. 956 mit Rücksicht auf sein Metrum nennt.
Seit der Zeit des Islam weist auf sie der ara-
bische Name Hagar (.Dorf;- .Stadt', auch Be-
zirk'), mit welchem sowohl die Hauptstadt der
Küstenlandschaft Bahrain am Persischen Meer-
busen in der jetzigen Provinz el-Ahsä, um Gerrha
(s. Gerrha Nr. 2), als die ,Stadt' xax Qoxnv
als auch nach ihr die ganze Landschaft bezeichnet
wurde. Noch heute führen ihren Namen die
Beni Hagar an der Westküste des Persischen Meer-
busens, nordwestlich von el-Kattf, 27° nördl.
Breite. Mit dem in der geographischen Literatur
der Araber erwähnten Stamme der Haggär, einem
Zweige der e Odrä (Asra), der eben für jene Ge-
gend bezeugt ist, in welcher Eratosthenes und
Ptolemaios die 'AyQaTot wohnen ließen, sind die
H. wohl nicht zusammenzustellen (unentschieden
Sprenger Die alte Geographie Arabiens 1875,
288), sicherlich nicht mit den von Plin. n. h.
VI 154. 159. 161 erwähnten Agraei, einem süd-
arabischen Stamme (s. Agraioi Nr. 3) und mit
der von Plin. VI 156 genannten Stadt Hagra
(s. Agra und Egra Nr. 1 u. 2; die Zusammen-
stellung der 'Ayghg mit Egra, dem heutigen
el-Higr, ist von manchen versucht worden). Da-
gegen darf man die Hagriten noch immer in den
aramäischen Hagaränu der assyrischen Inschriften,
so der Inschr. 1 Sanh. 45 (Keilinschriftl. Bi-
bliothek LT 84) erblicken; der von Delitzsch
(Wo lag das Paradies? 1881, 238f.) dagegen
erhobene Widerspruch, dem sich mehrere Se-
mitisten anschließen, erscheint nicht hinreichend
begründet; gegen Delitzsch sprach sich auch
Glaser aus (Skizze der Geschichte u. Geographie
Arabiens 1890 II 12f. 407f.), wenn auch nicht
mit durchweg überzeugenden Gründen, wie denn
namentlich seine Heranziehung der von Plinius
(n. h. VI 120) genannten Stadt Agranis am
Euphrat berechtigten Zweifeln unterliegt. An-
nehmbar ist auch die Identifikation der Chau-
lotäer , welche nach Eratosthenes Nachbarn der
Agraioi waren, mit den Halatu, welche gleich-
falls in der zitierten Inschrift Sanheribs genannt
werden. Im Mittelalter bedeutete der Name H.
soviel als Saraceni. [Tkac.]
Hageladas, Sohn des Argeios, von Argos, der
führende Meister der älteren argivischen Bild-
hauerschule und Lehrer des Polyklet und des
Myron , lebte vom dritten Viertel des 6. Jhdts.
bis zum zweiten Viertel des 5. Jhdts. und ist zu
scheiden von seinem gleichnamigen Enkel, dem
Sohne oder vielleicht Neffen des Argeiadas, der
ein Zeitgenosse Polyklets war. Letzterer war den
griechischen Gelehrten nur aus einzelnen Signa-
turen seiner Werke bekannt und wurde daher
von seinem berühmten Großvater nicht geschie-
den. Die Folge war eine heillose Verwirrung
der Chronologie, die für uns noch dadurch ver-
schärft wurde, daß ein unwissender Spätling in
das Hauptzeugnis, SchoL Aristoph. Ean. 501, in
welchem der Herakles Alexikakos des H. nach
der großen Pest von 431/0 datiert wird, die zeit-
lich widersprechende Angabe einschob , H. sei
Lehrer des Pheidias gewesen. Diese Angabe haben
dann Suidas und Tzetzes mitsamt einer Korrup-
tel des Namens {Geladas) übernommen. Sie ist
gegenüber der wohlbezeugten Angabe, daß Hegias
der Lehrer des Pheidias gewesen sei, unbedingt
zu verwerfen und auch nicht in der von Furt-
w an gl er Meisterwerke 80f. versuchten konzilia-
torischen Weise durch die Annahme zu halten,
10 daß Hegias Schüler des H. gewesen sei. Weiteres
s. den Art. Hegias. Das Datum in dem Scho-
lion stammt von Apollonios, und zwar nach
v. Wilamowitz Aus Kydathen 154 dem Sohne
des Chairis, der um 100 v. Chr. lebte, geht also
auf die beste hellenistische Forschung, vielleicht
auf Apollodor von Athen und damit auf urkund-
liche Zeugnisse zurück. Aus Apollodors Chronik
hätte es nach Kalk mann Quellen der Kunst-
gesch. des Plinius 41 Plin. n. h. XXXIV 49
20 übernommen, Kalkmann hält demgemäß be-
dingungslos an der von Thiersch und Sillig
aufgestellten, auch von W. Klein früher ver-
fochtenen Annahme fest, daß das Zeugnis gut und
daher der Beleg für die Existenz eines jüngeren
H. sei (vgl. auch S. 65f.). Er stellte sich damit
in Gegensatz zu der von Brunn begründeten,
besonders von Overbeck und Robert verteidig-
ten herrschenden Meinung, nach welcher der Ge-
währsmann des Apollonios eine frühere Pest mit
30 der bekannten großen verwechselt oder gar die
ganze Datierung aus dem Beinamen Alexikakos
des Herakles, auf welchen das Scholion gar nicht
eingeht, erschlossen habe — ein Verfahren, das
bei Pausanias, nicht jedoch bei einem hellenisti-
schen Gelehrten verständlich ist. Neuerdings
hat Frickenhaus Arch. Jahrb. XXVI alle
gegen die Glaubwürdigkeit der Datierung in dem
Scholion erhobenen Einwände entkräftet, vor
allem die auf den Beinamen Alexikakos begrün-
40deten, die sich mit besserem Rechte umkehren
lassen: denn wenn der delphische Apollon die
Athener anwies , den alten Apollon des Kaiamis
nach Erlöschen der Pest zum Alexikakos zu er-
nennen, so spricht das nicht gegen, sondern für
die gleichzeitige tdgvatg einer Statue des Hera-
kles Alexikakos im alten Herakleion von Melite
(den Beweis für das Alter des Heiligtums will
Frickenhaus in den Athen. Mitt. XXXVI
führen, s. u.). Wer demgegenüber anführt, daß
ÖOThukydides die Nutzlosigkeit aller religiösen
Mittel bezeuge, vergißt, daß der Glaube die
Religion macht und kennt weder Priester noch
Gläubige. Endlich beruht die Annahme einer
Pest um 500 auf der ganz unsicheren Ergänzung
einer Grabinschrift die überdies älter als 520 zu
sein scheint, also vor den Beginn der Tätigkeit
des alten H. fällt. Wer es demnach für methodisch
möglich hält, eine ältere Pest ad hoc zu erschließen,
muß noch die Un Wahrscheinlichkeit hinnehmen,
60 daß die Statue von den Persern verschont worden
wäre ; denn eine Pest nach 480 könnte unmöglich
verschollen sein (Beispiele verschonter vorpersischer
Bronzen gibt Wolters Athen. Mitt. XVI 160).
Der somit für das letzte Drittel des 5. Jhdts.
bezeugte H. kann nicht der Altmeister von Argos
sein; denn dieser hat ziemlich sicher vor 507,
höchstwahrscheinlich jedoch bereits in den J. 520
und 516 Statuen olympischer Sieger geschaffen.
Brunns Annahme, die Statuen seien viel später
als die Siege, scheitert daran, daß der eine
Sieger bereits 507 hingerichtet wurde ; wenigstens
darf man methodischerweise nicht ohne Grund
mit der schwachen Möglichkeit rechnen, daß seine
späteren Nachkommen dennoch seine Statue ge-
weiht hätten. Damit schwindet zugleich jede
Berechtigung dazu, die anderen Statuen für
wesentlich jünger als 520 und 516 zu halten
(Brunn Gesch. d. griech. Künstler I 68ff, , da-
gegen Roh er t Arch. Märchen 95). Andererseits
muß H. bis gegen 460 gelebt haben, denn erst zu
dieser Zeit beginnt die Tätigkeit seines Schülers
Polyklet. Da er kaum vor seinem 20. Jahre
selbständig gewesen sein kann, wäre er damals
etwa 80 Jahre alt gewesen. Es ist deshalb nicht
möglich, mit Sicherheit zu entscheiden, ob die ins
nächste Jahrzehnt zu setzende Statue des Zeus
Ithomatas, die die Messenier für ihre neue Heimat
Naupaktos machen ließen und später in die alte
zurückbrachten, von ihm oder von seinem Enkel
herrührt. Die Überlieferung darüber bei Paus.
IV 33, 2 ist neuerdings gut gegen die in der
vorigen Generation beliebte, an Willkür streifende
Hyperkritik verteidigt worden (Frazer Paus. III
439. Hitzig-BlümnerPaus. II 176. Fricken-
haus a. a. O.). Für die Familie des H. er-
gibt sich ein durch fünf Generationen reichen-
der Stammbaum in folgender Weise. Die von
mehreren Künstlern signierte Basis des großen
Weihgeschenkes des Praxiteles in Olympia, die
älter als der Bauschutt des um 460 errichteten
Zeustempels ist, trägt unter anderen die Inschrift
AgyetaSag • Hayelatda \ xagyeio (Dittenberger
Inschr. v. Olympia nr. 631. Löwy Inschr. griech.
Bildh. nr. 30). Daß Argeios ebenso wie das zu-
gehörige Patronymikon Argeiadas Eigenname,
nicht Ethnikon ist, darf hier so wenig bezweifelt
werden wie bei Plin. n. h. XXXIV 50, wo ein
jüngerer Argeios unter den Schülern Polyklets er-
scheint; denn nicht nur die Wortstellung: Poly-
clitus discipulos habuit Argium, Asopodorum
. . . Demeam Clitorium, die ja zur Not auf Miß-
verständnis einer poetischen Quelle zurückgehen
könnte (Kalkmann a. a. 0. 41), verbietet, dem
Demeas von Kleitor einen Asopodoros von Argos
zur Seite zu stellen, sondern die Verbindung die-
ser Wortstellung mit der Tatsache, daß Name
und Patronymikon häufig in derselben Familie
wechseln. Argeiadas ist also der Sohn des H.
und der Enkel des Argeios, nicht der Sklave des
Argivers H. (i . Wi 1 a m o w i t z Lectiones epigra-
phicae, Ind. lect. Gott. 1885/6, 12. Eobert
Arch. Märchen 97). Argeiadas ist älter als Poly-
klet, Argeios II. jünger: es liegt also sehr nahe,
in ihnen Großvater und Enkel, die den Namen
des Urahnen Argeios I. fortpflanzen, zu erkennen.
AVie von selbst fügt sich nun der jüngere H. als
Enkel des älteren in die Lücke und es entsteht
folgender Stammbaum (Scholl Hist. philol. Auf-
sätze für Curtius 117ff. Frickenhaus a. a. 0.):
Argeios I
-nagtuauas
äiyz
Argeiadas
Hageladas II
Argeios II
Auf Grund der Altersverhältnisse hat früher
Eobert a. a. 0., später Mahler Polyklet 6f.
und darnach Klein Gesch. der griech. Kunst I
340. II 142. Michaelis-Springer Handbuch
d. Kunstgesch. 19 210, bestritten, daß H. der
Lehrer des Polyklet gewesen sei, wie Plinius (n.
h. XXXIV 55) aus guter Quelle berichtet (Xeno-
krates? Kalkmann a. a. 0. 55). Mahler will
Argeiadas dafür einsetzen. Das ist angesichts
10 der urkundlichen neuen Datierung Polyklets ein
methodisch unzulässiges Schematisieren; als ob
Künstlergenerationen und Schülerfolgen wie die
Kettenglieder aneinandergereiht und nicht viel-
mehr mannigfach mit einander verzahnt wären.
Warum soll der Altmeister H. mit achtzig Jahren
nicht so frisch wie Tizian mit neunzig Jahren
gewesen sein und daher natürlich trotz seines
weniger bedeutenden Sohnes Schüler gehabt haben?
Über die Schreibung des Namens 'AysXäöag vgl.
20 Löwy a. a. 0. XVIII nr. 30.
Von Werken des älteren H. sind folgende
überliefert: 1. Siegerstatue des Läufers Anochos
von Tarent in Olympia, 520 (Paus. VI 14, 11);
vgl. Hyde De Olympionicarum statuis a Paus,
commemoratis nr. 132; 2. Quadriga des Kleo-
sthenes von Epidamnos in Olympia, 516; der
Sieger stand neben seinem Wagenlenker, den
Pferden waren die Namen Phoinix, Korax, Kna-
kias und Samos beigeschrieben, offenbar oben am
30 Sockel; zur Bedeutung der Namen s. Hitzig-
Blümner Pausanias II 584. Das Bildwerk stand
hinter der panhelleiüschen Dankweihung für den
Sieg von Plataiai, dem großen Zeus südöstlich
vom Zeustempel (Paus. VI 10, 6), vgl. Hyde a.
a. 0. nr. 99; 3. Siegerstatue des Pankratiasten
Timasitheos von Delphi, der 507 wegen Teilnahme
an dem Handstreich des Isagoras in Athen hin-
gerichtet wurde (Paus. VI 8, 6. Herod. V 70ff.),
vgl. Hyde a. a. 0. nr.* 82; 4. Pferde und gefangene
40 messapische Frauen, bronzenes Weihgeschenk
deT Taren tiner in Delphi, aufgestellt in der Nähe
des Schatzhauses der Sikyonier (Paus. X 10, 6;
11, 1) an der Südseite der unteren heiligen Straße,
wo Pomtow Klio VIII 326ff. einen Kesi der
Stützmauer des Unterbaus erkennt. Eine An-
zahl in der Nähe gefundener Steine sind nach
den Resten der Weihinschrift mit ziemlicher
Sicherheit der Basis zuzuweisen (Pomtow a. a.
0. und Delphika H 14); die nur aus runden
50 Zapfenlöchern bestehenden Standspuren gestatten
keine Vermutung über die Anordnung der Figuren,
wie daraus drastisch hervorgeht, daß Bulle Klio
Vm 333ff. vor der Auffindung des nahezu
entscheidenden Inschriftrestes aus der Anord-
nung der Löcher einen Schiffskampf erschließen
und die Steine daher dem Weihgeschenk der
Liparäer zuweisen wollte. Sein Gedanke, daß
die Pferde und die Frauen in bnnter Reihe da-
gestanden hätten, führt zwar zu einer formal
60 befriedigenden Anordnung, nicht jedoch zu einer
im Archaismus belegten Sockelform (S. 331) ; da-
gegen hält er mit Recht daran fest, daß es sich
wirklich um erbeutete Bosse und Frauen, nicht
um ein Viergespann oder Reiter und Frauen oder
gar um Reiter und Fußkämpfer handle, wie
grundlos vermutet worden ist. Das Weihgesehenk
ist aus paläographischen und anderen Gründen
{schwere Niederlage der Tarentiner im J. 478) in
SJiyö
Hageladas
2194
das erste Viertel des 5. Jhdts. zu setzen (Bour-
guet Fouilles de Delphes m 1, 77. Pomtow Klio
VIII 329). Pomtows beiläufige Ausetzung in
das Jahrzehnt zwischen Marathon und Salamis ist
zu eng begrenzt, da einerseits die Schriftformen
nicht auf zehn Jahre genau zu datieren sind,
andererseits H. noch lange nach 480 gearbeitet
hat; vgl. Hitzig-Blümner Paus. ILT 687f.
5. Statue einer Muse mit Harfe (Barbitos), die
für äginetiseh, Kekule v. Stradonitz und
Winnefeld Bronzen aus Dodona Taf. 1; s. auch
S. Reinach Repert. de la stat. II 1 f. LTI 1. Bei
der Statue des H. wird die altertümlifhe Aus-
breitung in der Fläcbe gemildert gewesen sein.
Für die Einzelformgebung darf auch aus den
besten, darin sehr bestimmten Münzen nichts ge-
schlossen werden; sie stand vermutlich auf der
gleichen Stufe wie bei dem sog. Münchner Zeus
mit zwei anderen Musen des Kanachos und des 10 (Heros, Brunn-Bruckmann Denkm. griech. und
Aristokles zusammen aufgestellt war, wodurch
die Zuweisung an den älteren H. gegeben ist:
Epigramm des Antipater von Sidon, Anthologie
II 15 nr, 35 Jacobs.
Von keinem dieser Werke besitzen wir irgend
welche Anschauung, dagegen vermitteln uns Münz-
bilder wenigstens die Motive zweier Statuen, von
welchen sich ebensowenig wie von einer dritten
von Pausanias genannten Figur sagen läßt, ob sie
röm. Skulpt. Taf. 1 22 ; H i r t h - B u 1 1 e Der schöne
Mensch 2 Taf. 46 S. 95f.). Als nächstes Beispiel
für das Nachleben des Motivs in dieser Zeit
vergleicht Frickenhaus a. a. 0. die Kleinbronze
Brit. School Annual III Taf. 10, 1; eine späte
Umbildung bei Blinkenberg Aarborger f. nord.
oldkynd. 1900, 67 = Rein ach a. a. 0. in 1 nr. 2.
Der Tatbestand gestattet keine Entscheidung, ob
der alte H. als Greis der neuen Zeit nicht mehr
von dem älteren oder von dem jüngeren H. her- 20 ganz gefolgt ist, oder ob sein Enkel als weniger
^i,-™ i a+„+,,„ -i™ v— t4.t_ — 4»„ .»-..'.A.. bedeutender Meister anfangs noch in alten Schul-
traditionen befangen war, wie Frickenhaus an-
nimmt. 2. Mit dem Zeus Ithomatas eng verbunden
ist eine sehr ähnliche undatierte Bronzestatue, die
wir auch aus Münzen kennen: der Zeus nalg in
Aigion, der ebenfalls bei dem jeweiligen Jahres-
priester wohnte (Paus. VLT 24, 4. Journ. hell. Stud.
1886, Taf. 67 R 12 f Gat. Brit. Mus. Pelop. Taf. 4
nr. 12. 14. 17. Hitzig-Blümner Pausania3 II
rühren. 1. Statue des Zeus Ithomatas, inoiißri
dk if äexys ToXg otxTjoaatv iv NavjiäxTat Msöotj-
vloiv (Paus. IV 33,2), ein Ausdruck, der sich nach
dem Sprachgebrauch des Pausanias und im Zu-
sammenhange seines Textes nur so verstehen läßt,
daß die Auswanderer sich ein Bild ihres heimischen
Gottes machen ließen, das sie bei der Rückkehr
in die alte Heimat natürlich mitbrachten. Ro-
bert (Arch. Märchen 94) will bei dieser von
ihm übrigens abgelehnten Auffassung die Echt- 30 Münztaf. IV 16 f.). Die beste Münze läßt keinen
heit des Bildes bezweifeln, weil die Messenier "-— ■*-' - -■>-- DP - 1 - -"
nach der Einnahme von Naupaktos zunächst zer-
streut worden seien. Da das Bild jedoch klein
und leicht genug war, um jährlich in das Haus
des neugewählten Priesters gebracht zu werden,
so versteht es sich von selbst, daß Flüchtlinge,
vermutlich der Priester und seine Familie, die
Figur mitgenommen haben. Emigrantentraditionen
erlöschen auch heute noch nicht so leicht, be-
sonders wenn sie von Gottes Gnaden sind. Vgl. 40
im übrigen die schon oben angeführte Literatur.
Kaum gangbar ist der von Thraemer vorge-
schlagene Ausweg, daß schon vor 456 flüchtige
Messenier Aufnahme in Naupaktos gefunden hätten
(Collignon Gesch. d. griech. Plastik I 335, 1).
Die Statue ist aLso in den fünfziger Jahren des
5. Jhdts. entstanden, war höchst wahrscheinlich
aus dünn gegossener Bronze und dürfte höchstens
lebensgroß gewesen sein. Auf den vom 4. Jhdt. x ^ _,
ab verfolgbaren messenischen Münzen, die überdies 50 Vasenmalerei II 8). "'Die Grundlage der Annahme
oft mit Meaaäfvioi) *I&a>ti(alot) bezeichnet sind, von Frickenhaus ist hypothetisch und vordem
Erscheinen seines Aufsatzes über das Herakleion
Zweifel an dem Knabenalter: Svoronos Journ.
internat. num.Il 1899, 302, Taf. 14, 11 ; überdies fin-
det sich wiederholt die Beischrift Alyiecov actis. Die
vollständige Gleichheit des Motivs weist die Figur
dem Meister des Ithomatas zu. 3. Das gleiche ist
sehr wahrscheinlich für die Bronzestatue des bart-
losen Herakles in Aigion, von welchem Pausanias
a. a. 0. ganz dasselbe wie von dem Zeus xae;
berichtet.
Sicher dem jüngeren H. gehört das letzte be-
zeugte Werk, der Herakles Alexikakos von Melite,
der durch die große Pest in den Anfang der
Zwanziger Jahre des 5. Jhdts. datiert wird. Von
dieser Statue glaubt Frickenhaus a. a. 0. wenig-
stens den Typus mit Hilfe eines Statuettentorso
aus Athen und einer Gemme nachweisen zu können.
Zwei frageweise geäußerte Vermutungen von
Furtwängler bedürfen heute keiner Widerlegung
mehr (Roschers Myth. Lexikon I 2159; Griech.
herrscht nun ein Zeustypus, der nicht wohl jünger
als die Mitte des 5. Jhdts. sein kann, durchaus
vor: er gibt offenbar den Ithomatas desH. wieder
(Cat. Brit. Mus. Pelop. Taf. 22 passim. Journ. hell.
Stud. 1886 Taf. 66 R 4, 5. Hitzig-Blümner,
Pausanias I Münztaf. III 20, 21. Michaelis-
Springer 19 211 Abb. 393). Der Gott steht in
halber Ausfallstellung mit vorgesetztem linken
Hain .rl«^ i*t* XT»:» 1^'^l.i- T • J_ ^ 1 1 1j_ -j_
von Melite in den Athen. Mitt. XXXVI nicht
nachzuprüfen: der fragliche Torso, abgebildet
von Watzinger Athen. Mitt. XXLX 238f., ist
nämlich neben dem kleinen Heiligtum am West-
abhange der Akropolis, in welchem Dörpfeld
u. a. trotz schwerer Bedenken das Dionysion in
den Sümpfen erkennen wollen, gefunden worden;
Bein, das im Knie leicht gebogen ist, und holt mit 60 und dieses Heiligtum hält Frickenhaus für das
der erhobnen Rechten aus, um den Blitz zu schleu-
dern; auf der vorgestreckten Linken sitzt der
Adler. Das Motiv ist reif archaisch und bereits
um 500 voll entwickelt, wie eine Anzahl Klein-
bronzen lehrt: Michaelis a. a. 0. Abb. 394.
Karapanos Dodone Taf. 12, 4. Olympia Ergeb-
nisse IV Taf. 7 nr. 43. 45 j mit gestrecktem Bein
Taf. 8 nr. 44. Das beste Exemplar hält Kekule
Herakleion. Falls das richtig ist, wäre es gut
möglich, daß die Statuette ein Weihgeschenk im
Typus des Alexikakos war; der Fundort schließt
jedoch weder aus, daß sie aus einem anderen
Heiligtum in dieser Gegend — Watzinger a. a.
0. denkt an das des Herakles Menytes — noch
daß sie ans einem Privathause stammt. Die kunst-
geschichtliche Stellung der Statuette wird von
aiy&
Hageladas
Hageladas
219®
Füicken haus und Watzinger verschieden be-
urteilt. . Klar ist, daß sie zu einem Kreise von
Heraklesdarstellungen ans der Mitte des 5. Jhdts.
gehört, dessen Hauptvertreter die sog. Theseus-
herme Ludovisi (Brunn-Brnckmann Taf. 329,
1), ein Torso in Dresden (Arch. Anz. 1894, 170.
Arndt-Amelung Einzelaufnahmen ant. Skulpt.
184), zwei unvollendete Statuetten aus Athen in
Madrid (Arndt-Amelung a. a. 0. nr. 1721.
urteilt, gerät er auf diese Weise in doppelten
Widerspruch mit sich selbst. Denn erstens ver-
wendet er eine augusteische Gemme, obwohl er
das Fehlen des Typus auf den Münzen der Kaiser-
zeit damit erklärt, daß das Heiligtum damals nicht
mehr bestanden habe — was nach Ausweis der
Ruinen bereits für das 1. Jhdt. v. Chr. gilt; zweiten»
ist die Figur auf der Gemme rein attisch (man
vgl. z. B. den Diadumenos Farnese, Brunn-
S. Reinach Repert. II 207, 7) und Athen, Natio- 10 Bruckmann Taf. 271. Michaelis-Springer
nalmuseum nr. 2573, sowie einige Gemmen sind
(Furtwängler Meisterwerke 450 Abb. 70; Gem-
men I. Taf. 43, 30. Taf. 39, 20 = Röscher Myth.
Lex. 1 21 56). Die Theseusherme und der Dresdener
Torso sind allem Anschein nach Repliken der
gleichen Statue, die dem Doryphoros in Größe und
Proportionen genau, im Motiv mit dem wesentlichen
Unterschiede entsprach, daß Arme und Kopf im
Gegensinne bewegt waren. Der Kopf ist von rein
a. a. O. 259. Bulle a. a. 0.2 Taf. 49), während
Frickenhaus selbst den Polykletischen Charakter
der Statuette betont und annimmt, der Herakles
Alexikakos des jüngeren H. habe den Athenern den
allgemeinen Charakter der Polykletischen Kunst
vermittelt. Was nun endlich den Statuettentorso-
aus Athen betrifft, so stellt Frickenhaus zwar
durchaus richtig einen wesentlichen Unterschied
in dem schlanken Aufstreben der Statuette gegen-
attischem Typus und steht in enger Beziehung zu 20 über der breiten Entfaltung des Hermentypus fest,
Myron (vgl. Arndt-Amelung nr. 243f.); ferner —~- ¥> — -^ at ~- ^--' L -- tj •■■■ -■
ist die Rechte, welche die Keule schultert, mit
dem Unterarm viel mehr nach außen gedreht als
der Speerarm des Doryphoros. Die gleichzeitige
Gemme Meisterwerke 450, 70 verändert den Typus
dieser Statue dadurch, daß sie den vom Löwenfell
umschlungenen linken Unterarm auf einer Säule
ruhen laßt. Ganz anders ist der Rhythmos der
Madrider Statuette, denn bei ihr sind Stand- und
seine Bewertung dieser Beobachtung ist jedoch
methodisch nicht unbedenklich. Weder im 4. Jhdt. r
in welches Watzinger die Statuette schwerlich
mit Recht setzt — das Vorhandensein einer ziem-
lich unnötigen Stütze für den rechten Unterarm,,
die etwas kleinliche Angabe der Holzmaserung
an der Keule und die ursprünglich kräftige Poli-
tur der Oberfläche sprechen für eine bedeutend
spätere Entstehung — , noch selbst in der Kaiser-
Spielbein vertauscht (daher , weicht die Bewegung 30 zeit pflegen so kleine Statuetten treue Repliken
der Hüften ab'!); sie gibt also mit geringen Ab- großer Statuen zu sein; sie pflegen vielmehr
weichungen im einzelnen das Spiegelbild des Dorv- Motiv und Forrnffebunsr nur in den Grundzeiten zu
veichungen im einzelnen das Spiegelbild des Dory
phorostypus, welchem die griechisch-römische Gem-
me bei Furtwängler Taf. 43, 30 so genau ent-
spricht, daß er darin den Herakies des Polyklet
erkennen möchte — was freilich nach Lippolds
Ausführungen Arch. Jahrb. XXIII 208tf. seine
Bedenken hat. Auch der Kopf der Madrider
Figur ist von anderem Typus als der des Theseus,
Motiv und Formgebung nur in den Grundzügen zu
bewahren. Wir sind daher so lange nicht be-
rechtigt, die von Frickenhaus hervorgehobenen
Eigentümlichkeiten der Statuette ihrem Vorbilde
zuzuschreiben, bis andere zuverlässigere Repliken
den Beleg dafür erbringen. Daß sie auf das
Original des Hermentypus zurückgeht, ist frei-
lich auch nicht wahrscheinlich. Denn ganz ab-
jedoch ebenfalls attisch (die Figur ist irrig beur- 40 gesehen davon, daß sie nicht mehr polykletische
teilt bei Arndt-Amelung a. a. O. IV 57). Die
schöne augusteische Gemme endlich gibt, wie
Furtwängler zu Taf. 39, 20 mit Recht bemerkt,
einen rein attisch-pheidiasischen Typus wieder.
Bar steht das bei Frickenhaus nicht erwähnte
unvollendete Figürchen in Athen, Nationalmuseum
nr. 2573 sehr nahe; der Kopf ist dort etwas
nach rechts gewendet; Unterschenkel und linke
Hand fehlen. Es bleiben zwei Statuettentorscn
Elemente zeigt als viele attische Figuren, ist die
Form der Pubes von dem verbreiteten Typus der
Tyrannenmörder abgeleitet, steht also im Gegen-
satz zu der polykletischen Bildung an der Herme.
Ein so auffälliger Einzelzug ist aber schwerlich
auf Willkür des Kopisten zurückzuführen. Wie
vielfach der Grundtypus von der Mitte des 5, Jhdt.
ab von den verschiedensten Künstlern variert wor-
den ist, hebt mit Recht hervor P. Herr mann
der Athener und ein von Watzinger a. a. 0.50 Arch. Anz. 1894, 169f. Damit schwindet jede
beschriebener in Budapest. Letzterer steht der
Herme auch in der Strenge der Formgebung und
in Einzelheiten so nahe, daß er eine ungewöhn-
lich sorgfältige Statuettenreplik zu sein scheint.
Der bedeutend kleinere Athener Torso, der vom
Hals bis zum Knie 0,35 m mißt, zeigt dagegen
so starke Abweichungen, daß Frickenhaus
ihn im Gegensatz zu Watzinger auf ein
anderes Original, eben den Herakles Alexikakos
des jüngeren H. zurückführt. Den linken Unter- 60 geworden ist.
Möglichkeit, von dem Herakles Alexikakos des
jüngeren H. mehr zu sagen, als was sich von selbst
versteht: daß er von der Kunst des damaligen
argivischen Schulhauptes Polyklet abhängig ge-
wesen sein wird. Da es sich nun auch fragt, ob
der Zeus Ithomatas und der Zeus jralg von ihm
oder von seinem Großvater herrühren, trifft auf
ihn zu, was Frickenhaus von seinem Großvater
sagt: daß er wieder vollkommen zum Schatten
arm möchte er nach der letztgenannten Gemme
halb erhoben mit Löwenfell und Bogen er-
gänzen, und schließlich glaubt er, in der Gemme
geradezu den Alexikakos erkennen zu dürfen, weil
eine beigefügte Säule die Figur als Kultbild cha-
rakterisiere. Da er anscheinend nur nach der
Zeichnung bei Boscher und ohne Kenntnis von
FurtwÄnglers Bemerkungen in den .Gemmen'
Was den altern H. betrifft, so dürfen zwar die
Münzbilder des Ithomatas und des Zeusknaben so-
wie die Angabe, daß der Herakles in Aigion bartlos
gewesen sei, für ihn nur noch frageweise verwendet
werden. Damit ist jedoch nicht, wie Fricken-
haus meint, etwas Wesentliches für die Kenntnis
seines Stils verloren. Der Zeusknabe und der
Herakles dienten Knabenkulten ; ihre Jugendlich-
2197
Hageladas
Hägelatlas
2196
keit war also mit dem Auftrage gegeben und be-
rechtigte nie zu dem Schlüsse, H. habe sie aus
künstlerischen Gründen so gebildet, nü mistts
praeter leves genas. Nicht anders steht es mit dem
verbreiteten Bewegungsmotiv der Zeusstatuen.
Dagegen wissen wir auf Grund einer Beweis-
führung, die kaum weniger zwingend ist als eine
Signatur, Wichtigeres von der Kunst des älteren H.,
als uns kleine Münzbilder oder gar Notizen über
das Wesentliche der Körperformen durch Verein-
fachung und Hervorhebung der Grundzuge vor-
herrschen, abstrakte Form und architektonischer
Rhythmos den Eindruck bestimmen: es ist das
Erbe des geometrischen Stils, dessen Vollender
Polyklet ist. Der flach S-förmige Schwung, der
sich bei Polyklet vom Doryphoros bis zum Diadu-
menos steigert und den schmiegsamen Rhythmos
der Werke des Praxiteles beherrscht, kündigt sich
Äußerlichkeiten lehren könnten. All die Eigen- 10 bei.denaltargivischen Statuen leise, aber vernehm-
tümlichkeiten, welche die Werke der von Polyklet
geführten argivischen Schule in der zweiten Hälfte
des 5. Jhdts. im Gegensatze zur attischen und ioni-
schen Art zeigen, rinden sich weitgehend vorgebildet
in einem großen Kreise von Skulpturen der ersten
Hälfte des Jahrhunderts. Eine originale Klein-
bronze reinsten Stiles stammt aus der Argolis und
trägt technische Kennzeichen argivischerHerkunft;
viele andere dem weiteren Kreise angehörige sind
lieh an; wie das Körperideal des Polyklet, so hat
auch dieses Schema erst Lysipp, der doch den
Doryphoros seinen Lehrer nannte, überwunden.
Wir dürfen somit glauben, daß der argivische
Typus des nackten jugendlichen Mannes uns den
Stil des älteren H. kennen lehrt. Der Einfluß
dieses Stiles auf andere Kunstschulen scheint kaum
geringer gewesen zu sein als der des Polykletischen
Stiles, welchem seine unmittelbaren Ausläufer
peloponnesisch. Eine Apollonstatue gleicher Rieh- 20 parallel sind ; er ist in der attischen Kunst be-
tung hat wahrscheinlich in Sparta gestanden; zwei
engverwandte olympische Siegerstatuen sind aus
peloponnesischem Marmor. Es ist darnach zweifel-
los, daß dieser Stil der argivische aus der späteren
Blütezeit des H. ist. Freilich ist nicht zu beweisen,
daß dieses oder jenes Werk, z. B. die von Stephanos
und anderen kopierte Jünglingsfigur, von H. selbst
stammt; daß aber der Altmeister, dessen Schüler
nicht nur der einheimische Polyklet, sondern auch
sonders deutlich, aber auch in der ionischen, be-
sonders der nordionischen Kunst am olympischen
Zeustempel kenntlich. Namen vermögen wir hier
freilich nicht zu nennen; wenn Furtwängler den
pompeianischen Apollon dem Hegias, den er sich in
enger Abhängigkeit von H. denkt, zuweisen wollte,
so ist" das ebenso unwahrscheinlich wie un erweislich
(Meisterwerke 81). Unsicher und bei aller inneren
Berechtigung äußerlich wenig beglaubigt ist auch
nach Plin. n. h. XXXTV, 57 Myron von Eleutherai30 Furtwänglers Zuweisung eines weit verbreiteten
war, der eigentliche Schöpfer des Stiles ist, folgt mit
Notwendigkeit aus seiner überragenden Stellung,
Wenn es Polyklets Großtat war, ,daß er den Rhyth-
mos des Manneskörpers rein dargestellt hat', so hat
H. ihm die Bahn gebrochen. Zu der idealen Ver-
einigung von Natur und Stil, auf welcher die Größe
der klassischen Kunst beruht, hat er ein Haupt-
element des Stiles beigesteuert.
Die beiden hervorragendsten in Kopien er-
Typus der bekleideten weiblichen Figur an H.
(Arch. Studien Brunn dargebr. von Furt-
wängler, Körte, Milchhöfer 83f.). Es fehlt
hier eine in Argos lokalisierte festgeschlossene
Gruppe von Werken als Träger eines Stiles, der
sich anderwärts deutlich als Ausstrahlung von
diesem Zentrum kundgäbe; man kann den Tat-
bestand so auffassen, aber man braucht es nicht;
die vermutlich korinthischen Spiegelstützen von
haltenen Werke dieser altargivischen Schule sind 40 diesem Typus genügen nicht zum Beweise, ebenso-
Ja« T^i«/wli« rw t\ j\r* W + mrvl'ifiwr^r» *iv\/l vi/*** l J.ifYvi*in*\!iJiirtTv ntAnt/» iim AiiKAnli/iTilrAii- t\ rm t\ j*iv-i r*f\v\ ryv\ I unnliT linkt
der Jüngling des Stephanos und der,Gymnopädien-
Apollon 1 von Pompei und Mantua. Den besten
Eindruck des letzteren vermittelt die pompeianische
Bronzereplik, wenn es auch nicht ohne weiteres
sicher ist, daß die Gußform von einem Gipsabguß
des Originals genommen ist (Bulle a. a. O. 90
Taf. 43. Brünn-BruckmannTaf.302. Michae-
lis a. a. O. 234 Abb. 428. Winter Kunstgesch.
in Bildern Taf. 38, 10). Die Figur des Stephanos
wenig die Äußerlichkeit der dorischen Tracht. Daß
der gleiche Geist wie in der Kunst des H. in diesen
wunderbar strengen und herben Peplosfiguren
herrscht, ist freilich offenbar (Arndt möchte sie
für sikyonisch halten, Glyptothek Ny Carlsberg,
Text zu einem Kopf des ,Aspasia'typus).
Furtwängler 50. Berliner Winckehnanns-
progr. 125ff. ; Meisterwerke 78. 751 ; Samml. Somzee
53ff. Gf.; S.-Ber. Akad. Münch. 1897, II 130f. 133.
erweist sich durch die Recensio der Repliken als 50 1899, II 570. 579. 583ff. 1905, I 265. Stud-
manierirt-, den besten Gesamteindruck gibt der
Neapler Orestes, Brunn -Bruckmann Taf. 306.
Bulle a. a. O.l Taf. 57. Winter Kunstgesch.
i. Bildern Taf. 79, 7, der beste Kopf im Lateran ist
abgebildet bei Furtwängler Meisterwerke 405.
Die beiden Statuen rühren sicher nicht von dem
gleichen Meister her; wenigstens müßte man diesen
sonst von fremden Einflüssen so abhängig denken
wie die Vasenmaler, bei welchen auch der schlanke
niezka Rom. Mitt, II 97: Athen. Mitt, XI 449.
XII 375. Wolters Arch. Jahrb. XI lff. (Gym-
nopädien- Apollon). Bulle a, a. O. 89fl. 100 Taf. 41.
43. Herrmann bei Arndt-Amelung E. A.
ant. Skulpt, nr. 550, vgl. nr. 4. Lechat Sculpt.
att. avant'Phidias 380fT. 454f. Joubin Sculpt.
grecque 141 83ff. 92ff. 109ff.; Mon. grees I lff. T. 15.
Michaelisa. a.O. 210. Collignon-Thraemer
a. a. O. I 332ff. II 716ff. 72*2. Busolt Griech.
kleinköpfige Typus des Stephanos-Jünglings eine 60 Gesch. 112, 562, 1. Deonna Apollons archaiques
Weile beliebt war (von signierenden Malern ist sein
Hauptvertreter Duris, von welchem ihn Hieron -
Makron für kurze Zeit übernommen hat). Der
Apollon ist etwas fortgeschrittener als der Jüng-
ling, sein Rhythmos gelöster, seine Flachentührung
weniger straff, sein Kopftypus anders. Dennoch
liegt beiden das gleiche Ideal zu Grunde: die
Mechanik des Standmotivs soll organisch klar sein,
366. Vgl. Mariani Bull. com. 1901, 165ff, 71ff.
Die von Waldstein im Journ. hell, stud, XXTV
129ff. begonnene, in der Class. review fortgesetzte
Polemik gegen Furtwängler hat die Sache nicht
gefördert. Ihm folgt Klein Geschichte der griech.
Kunst I 385. 333ff. 377, zu dessen Behandlung
des IL die obigen Ausführungen fast durchweg im
Gegensatze stehen. Das gleiche gilt für Mattier
2199
Hagesandros
Hagesandros
2200
Polyklet 6f. 13f. und Jo üb in a. a. 0. 109ff. Der aus
den Unterschieden von Proportionen und Köpfen
der einzelnen argivischen "Werke hergeleitete Ein-
wand ist von Furtwängler im Toraus wiederlegt
worden; der Stil ist diesen zeitlich und individuell
bedingten Unterschieden übergeordnet. Daher
lassen sich keine einzelnen Werke, wohl aber der
Stil auf H, zurückführen. [Pfuhl.]
Hagesandros von Rhodos wird von Plin. n. h.
metzengilde zuzuweisen (z. B. Dnmont Inscript
et mon. fig. de la Thrace nr. 65). Die Kunst-
blüte von Rhodos liegt also auch für Dion in
der Vergangenheit.
3. Werke eines Athanodoros (Athenodoros)
sind in Italien inschriftlich und literarisch be-
zeugt. Die Inschriften nennen den Vatersnamen
H. nebst Ethnikon und stimmen paläographisch
in allem Wesentlichen mit den datierten rhodi-
XXXVI 37 zusammen mit Polydoros und Atheno- 10 sehen Inschriften überein. Die in Italien ge-
doros als Meister der Laokoongrappe genannt.
Eine in ihrer Gesamtheit erdrückende Fülle von
Wahrscheinlichkeitsgründen zwingt dazu, ihn
gleichzusetzen mit H., Sohn des H. von Rhodos,
Vater oder Bruder des Bildhauers Athanodoros,
dessen Lebenszeit ganz ins 1. Jhdt. v. Chr. fällt.
Die glückliche Ergänzung der rhodischen Künstler-
inschriften durch die dänischen Ausgrabungen in
Lindos hat Blinkenberg und Kinch ermög-
fundenen Sockelsteine, auf welchen die Inschriften
stehen, sind durchweg farbig und mit einer Aus-
nahme klein. Furtwängler Bonn. Jahrb. XCIII
1892, 60 vermutet daher, daß wenigstens auf
den kleinen Sockeln auch farbige Skulpturen ge-
standen haben, wie solche in Kleinasien anschei-
nend bereits im 2. Jhdt. vorkamen; neben der
großen Sockelplatte ist ein Gewandrest aus weißem
Marmor gefunden worden (Löwy Inschr. griech.
licht, den Stammbaum einer Familie, in welcher 20 Bildh. nr. 203). Es versteht sich, daß die Tat-
die Namen H. und Athanodoros immer wieder-
kehren, durch vier Generationen in zwei Jahr-
hunderten zu verfolgen. Die Gleichsetzung des
letzten Athanodoros, Sohnes des H , mit dem gleich-
namigen Bildhauer, dessen Künstlerinschrift aus
dem J. 42 v. Chr. stammt, darf als sicheT gelten
(Bull, de Tacad. de Danemark 1905, 79). Die
weitere Gleichsetzung dieses Athanodoros und seines
Vaters oder Bruders H. mit den beiden Bild-
sache so wenig wie die Vermutung mit den obi-
gen Worten des Plinius vom marmor maculosum
zu einem Gegengrunde irgendwelcher Art ver-
bunden werden darf.
4. Der Stil der Laokoongruppe ist der spät-
hellenistische Barockstil, dessen Anfänge frühe-
stens an das Ende des 3. Jhdts v. Chr. zu setzen
sind. Da er sich im Gegensatz zum Klassizis-
mus zu einer Art asianischer Koine entwickelt
hauern dieses Namens bei Plinius beruht auf 30 hat, reichen seine Ausläufer bis zur Erstarrung
folgenden Gründen (vgl. besonders Förster 40.
Philol.-Versamml. 76ff.; Arch. Jahrb. VI 191ff.
XXIff. Amelung Skulpt. d. vatik. Mus. II 184ff.).
1. Plinius muß von Künstlern einer früheren
Zeit sprechen ; denn erstens schließt er seine Aus-
führungen über den allerhand Zufällen unter-
worfenen Ruhm der Künstler, in welchen die
Meister des Laokoon an erster Stelle eines der
letzten Abschnitte stehen, mit folgenden Worten :
der spätantiken Kunst; im 2. und selbst im 3.
Jhdt. n. Chr. ist er noch sehr verbreitet und
lebendig. Die Laokoongruppe ist jedoch ein Werk
von so außerordentlicher Durchbildung aller Dar-
stellungsmittel, daß sich ihre entwicklungsge-
schichtliche Stellung innerhalb des Stiles be-
stimmen läßt. Auf diesem Wege kann man,
ohne schematisch zu verfahren, die Mitte des
2. Jhdts. v. Chr. als obere Grenze für die Ent-
haee sint dieta de marmoris scalptoribus summa- 40 stehung der Gruppe feststellen. Eine untere
que claritate artißcum, quo in traetatu subit
mentem, ?wn fuisse tum auetoritatem maculoso
marmori (XXXVII 44) ; zweitens rühmt er die Lao-
koongruppe in den stärksten Ausdrücken, wäh-
rend er sonst über die ganze Kunst seiner Zeit
— sehr mit Unrecht — scharf aburteilt (XXXIV 5.
XXXV 5 ; nur der Nerokoloß des Zenodoros, den
er bei der Arbeit sah, hat ihm imponiert: XXXIV
46) ; drittens führt er die rhodischen Bildhauer als
Grenze ist aus der Geschichte des Barockstils
allein nicht zu gewinnen, sehr wohl jedoch aus der
allgemeinen Kunstgeschichte durch Ausschließung
derjenigen Epochen, deren Stile, Stilstufen und
technische Gewohnheiten in Rom und im Reich
eine Einordnung der Laokoongruppe nicht ge-
statten. Man wird auf diese Weise den Anfang
des 1. Jhdts. n. Chr. als untere Grenze für ein
Nachleben des individuellen Stils der Gruppe be-
Beispiel dafür an, daß gemeinsame Arbeit meh- 50 stimmen können. Der Beweis kann hier umso-
rerer Künstler an einem Werk dem Ruhme jedes
einzelnen nachteilig sei; er stellt also ein Miß-
verhältnis zwischen dem Werk und dem Ruhm
der Meister fest, was angesichts seines hohen
Lobes bei Zeitgenossen widersinnig wäre.
2. Dion von Prusa sagt in seinein unter Titus
geschriebenen Rhodiakos (v. Arnim Leben und
Werke des Dio von Prusa 210f.) kein Wort von
einer glänzenden Kunstblüte in Rhodos, bezeugt
weniger im einzelnen geführt werden, als die Ent-
wicklungsgeschichte der Stile in der Kaiserzeit
noch keine zusammenhängende Darstellung er-
fahren hat und nur einem kleinen Kreise von
Forschern in den Grundzügen bekannt ist. Auch
Wickhoffs berühmte Charakteristiken sind viel
zu einseitig, um richtig zu sein. Folgende An-
deutungen mögen wenigstens den Weg weisen.
Da die Bewegungsmotive keine genaue Da-
vielmehr mittelbar das Gegenteil, wenn er die60tierung innerhalb des Barockstils gestatten, ist
Rhodier ob deT üblen Gewohnheit tadelt, ältere n " ' ' " ' " ' 1# —
Ehrenstatuen auf neue Namen umzuschreiben.
Eine glänzende und einflußreiche Künstlerschaft,
wie sie durch die Inschriften für das 1. Jhdt.
v. Chr. bezeugt ist, würde gegen eine solche
Schädigung sicher politische Mittel gefunden
haben; vergleichbar ist die Gewohnheit, die Straf-
gelder fttrWiederbenutzung alter Gräber der Stein-
von der Formbehandlung auszugehen. Bei dieser
ist im allgemeinen zwischen der architektoni-
schen Grundlage und der Oberflächenbildung zu
scheiden. Die Grenze zwischen beiden beginnt
sich im Barockstil in der Weise zu verschieben,
daß die Bewegung der Oberfläche besonders an
den Köpfen immer mehr in die Tiefe greift : das
Knochengerüst wird teils verschleiert, teils scheint
2201
Hagesandros
Hagesandros
2202'
es sogar die Bewegung der Weichteile mitzu-
machen. Diese von Skopas vorbereitete Entwick-
lung beginnt mit den Gruppen des Attalischen
Weihgeschenkes in Athen, die aus verschiedenen
Gründen nicht wohl von einem anderen als von
Attalos I. gestiftet sein können, also ans Ende
des 3. Jhdts. zu setzen sind. Die erhaltenen Fi-
guren sind keineswegs einheitlich im Stil. Einige
zeigen den aus Lysipps Schule hervorgegangenen
frühhellenistischen Stil der großen Gallier noch
rein, andere stehen dem Barockstil des großen
Altars ganz nahe, wieder andere vermengen beide
Stile (z. B. v. Bienkowski Darstell. cL Gallier
45f.) : die übliche Scheidung einer 1. und 2. per-
gamenischen Schule erweist sich daher als irrig.
Dem Laokoon ähnelt am meisten der tote bär-
tige Gigant, nicht nur im Kopfe, sondern auch
im Gesamtmotiv und in der Wölbung der Brust
und der Einziehung des Leibes, die auch bei
anderen Figuren des Weihgeschenkes vorkommen.
Die tektonischen Formen des Kopfes sind be-
wegt, aber klar und nicht durch überreiches Or-
nament von Einzelformen verschleiert. An den
pathetischen Köpfen des großen Altars greift die
Bewegung der reicher gegliederten Oberfläche be-
reits tiefer: das feste Gerüst seheint mitzu-
schwingen, ohne jedoch seine tektonische Funk-
tion ganz zu verlieren. Beim Laokoon ist kein
Gerüst mehr kenntlich : wie flache Gewässer sich
bei Sturm in steilen Grundseen gleichsam mit
ganzem Leibe aufbäumen, so hat die ursprüng-
liche Bewegung der Oberfläche hier alle Formen
aufgewühlt ; man hat mit Recht von eineT kaut-
schukartigen Verschiebung gesprochen. Wäre diese
Entwicklungsstufe, die ein Äußerstes an Ausdruck
ermöglicht, vor der Mitte des 2. Jhdts. erreicht
worden, so müßte sie in der pergamenischen Kunst
nachzuweisen sein. Auch die Entwicklung der
Oberflächenbildung allein führt auf eine ähnliche
obere Grenze. Sie läßt sich mittelst datierbarer
Porträts in ununterbrochener Folge von Lysipp
über den Demosthenes des Polyeuktos von 280
und den Chrysippos des älteren Eubulides aus
dem Ende des 3. Jhdts. bis zu dem sehr viel
weiter entwickelten Homer verfolgen. Diesen
mit dem Homereion von Smyrna zu verbinden
und in dessen von Sauer erschlossene Glanzzeit
um die Mitte des 2. Jhdts. zu setzen, liegt sehr
nahe ; wenigstens empfiehlt kein datierbares Werk
eine frühere Ansetzung (Sauer 47. Philol.-Ver-
samml. 21 ; Arch. Anz. XVIII 1903, 201). Im
Laokoon ist der Stil des Homer mit dem perga-
menischen Barock verschmolzen und beides in
der Mischung gesteigert; ferner zeigt der ori-
ginale Laokoon mehr Routine und weniger Frische
als die Kopien des Homer (vgl. besonders Furt-
wängler-Urliehs Denkmäler griech. u. rom.
Skulpt. 2 168f.). Es liegt daher nahe, ihn nicht
zu dicht an die obere Zeitgrenze heranzurücken.
Wenn als untere Grenze der Beginn des 1. Jhdts.
n. Chr. bezeichnet worden ist, so beruht dies
nicht auf dem Vorhandensein verwandter Werke
in dieser Zeit, sondern auf dem Fehlen entschei-
dender Gegeninstanzen ; die verschiedenen Ströme
des Späthellenismus hatten damals noch nicht
alle eine neue Färbung angenommen. In der
Zeit von Claudius bis Domitian hätte jedoch ein
Werk von der allgemeines Anlage des Laokoon-
kopfes sich unmöglich der ganz anderen Auffas-
sung solcher Formen entziehen können, die nach
Ausweis der Porträts damals nicht nur in Rom
herrschte. Ein Vergleich des Laokoon mit dem
herrlichen Vespasiankopf des Thermenmuseums
zeigt am eindringlichsten, daß -zuviel Verwandt-
schaft vorliegt, als daß gleichzeitig so viel Ver-
schiedenheit möglich wäre. Die trockene, be-
stimmte Formgebung, die Träger des Ausdrucks
10 am Laokoon ist, kann nicht gleichzeitig sein mit
dem leicht dahingleitenden Spiel von Licht und
Schatten, um dessentwillen diese Zeit solche Auf-
lösung der Formen suchte — ein Kunstwollen,
das allgemein, auch in Architektur und Orna-
mentik herrschte und bis in den Osten drang.
Wenn Klein Gesch. d. griech. Kunst m 322
am Laokoon eine , illusionistische FormenspTache'
findet, so ist das fast ebenso falsch wie seine
Behauptung, das dem Laokoon am nächsten
20 stehende Werk sei — die Nike von Samothrake !
Auch die Formanalyse legt also die Gleichset-
zung der Künstler bei Plinius mit den inschrift-
lich bezeugten Rhodiern nahe.
Eine allgemeine Bestätigung endlich bietet
nach Amelung Rom. Mitt. XX 2211, das we-
nige, was wir von der Gruppenkomposition des
Barockstils wissen: die streng geschlossene Re-
liefkomposition des Laokoon steht im Gegensatz
zu der unplastischen Auflösung, die sich für
30 einige Gruppen der späteren pergamenischen Kunst
nachweisen läßt, und deren Extrem Alkiphron
schildert: die freie Verteilung von Figuren auf
bepflanzten Felsen (frg. 5, M eine ke 80; vgl.
Dilthey Arch. Zeit. XXXVI 48). Das Kompo-
sitionsprinzip des Laokoon scheint demgegenüber,
selbst wenn man einen gewissen Zwang des Auf-
stellungsortes annimmt, bewußt klassizistisch zu
sein und daher auch hinauszugehen über den per-
gamenischen Altarfries, an welchem weniger Klassi-
40 zismus als Typentradition der Flächenkunst vor-
liegt. Das Kriterium verliert jedoch dadurch an
Wert, daß auch die Laokoongrappe in einer Typen-
tradition steht, die sich nicht nur an Einzelmo-
tiven über den von Alexander durchbohrten Perser
auf dem Mosaikbilde bis zu den Kämpfertypen
des 5. Jhdts. (Milchhöf er Prometheus 39. Brunn
Kleine Schriften II 465f.) und selbst zu der chal-
kidischen Vase mit dem Kampf um Achills Leiche
(Mon. d. Inst. I Taf. 51) zurückverfolgen läßt,
50 sondern sich bereits in klassischer Zeit zu drei-
figurigen Laokoongruppen verdichtet hatte, wie
ein etruskischer Skarabäus lehrt (Furtwängler
Gemmen I Taf. 64, 30. Förster Arch. Jahrb.
XXI 1906, 14 Abb. 6). Wenn man sich daher
die Laokoongruppe von einem älteren hellenisti-
schen Bilde abhängig denkt (Milchhöf er a. a.
O. Furtwängler-Urlichs a. a. O. 120. Ro-
den wal dt Komposition d. pomp. Wandgemälde
264 ff.), so darf man diesem Bilde keine wesent-
60 lieh höhere Originalität der allgemeinen Erfin-
dung als der Gruppe zuschreiben. Diese echt
griechische Typentradition in der bildenden Kunst
wie in der Dichtung (Furtwängler Gemmen DU
206. 450. Förster a. a. O. 13ff. Studniczka
Arch. Jahrb. XXII 138ff.) läßt auch den alten Streit
um das Verhältnis zwischen der Laokoongruppe
und Vergil als zwecklos erscheinen. Datierungs-
merkmale sind daraus vollends nicht zu gewinnen.
&ä\JO
üagesanaros
Jttagesistratos
22U4
-- Ob einem von den drei Bildhauern ein wesent-
lich höherer Anteil an dem Werke zukommt' als
den beiden anderen, läßt sich nicht sagen ; denn
selbst wenn H., der bei Plinius in nicht alpha-
betischer Aufzahlung an erster Stelle steht, der
Vater seiner Mitarbeiter war, braucht er nicht
mehr und Besseres als diese beigetragen, ge-
schweige denn die ganze Komposition, wie sie jetzt
vor uns steht, auf einen Wurf gefunden zu haben.
losigkeit gegenüber den relativen Größenverhält-
nissen ihrer Figuren hat sich die griechische
Kunst von Anfang an gewöhnt: aus gegenständ-
lichen Gründen wurden kleine Adoranten großen
Göttern und Heroen gegenübergestellt, aus for-
malen Gründen Isokephalie oder auch bei un-
gleichen Raumhöhen Änisokephalie durchgeführt
Gerade im Späthellenismus sah man an zahl-
losen Grabreliefs und sicher * auch an den ganz
Umgekehrt ist es nicht berechtigt, den Athano- 10 gleichartigen Statuengruppen der Heroa ver-
doros deshalb für den Bedeutendsten zu erklären, n„i™j„;i„„;i vi,,:-..,™ ^._ .-t. — t. ._._•._.. ,
weil wir zufällig von besonderen Ehrungen durch
seine Mitbürger wissen und ein paar vermutlich
auf ihn bezügliche Nachrichten (Isis Athenodoria,
vgl, Förster Arch. Jahrb. VI 195f.; feminas
nobiks, Plin. XXXIV 86, s. u.) sowie zwei oder drei
Signaturen von ihm aus Italien besitzen; zwei
andere Signaturen lassen sich ebensogut in Poly-
doros ergänzen (Amelung Skulpt d. vatik. Mus.
schwindend kleine Diener neben ihren heroisierten
Herren; selbst zwei- oder dreijährige Kinder wer-
den viel größer gebildet als Diener, deren Pro-
portionen auf ein bedeutend höheres Alter weisen
(z. B. Arch. Jahrb. XX 1905 Tal 4 S. 78 Abb.
15). Der Laokoon ist nun bei allem Katuralis-
mus in Einzelzügen durchaus ein Ideal werk. Auch
im Hellenismus sind aber die besonders unhar-
monischen Formen halbwüchsiger Knaben von
II 193f.)._ Wir kommen über die Gemeinsamkeit 20 der Idealkunst abgelehnt worden, obwohl Ansätze
der Arbeit nicht hinaus, und daß die Worte des
Plinius : de consilii sententia fecere summi arti-
floes sich darauf beziehen, versteht sich für jeden
Unbefangenen von selbst und geht überdies aus
dem Zusammenhange deutlich genug hervor (För-
ster Arch. Jahrb. XXI 13). Es ist befremd-
lich, daß Lachmanns übel angebrachte Gelehr-
samkeit ganze Generationen dazu veranlassen
konnte, den Wald vor Bäumen nicht zu sehen
zu ihrer Übernahme gemacht waren (vgl. den
,Agon' von Tunis, Hauser bei Furtwängler-
Reichhold III 2, 2. L. Curtius Arch. Anz.
XXIV 207f.). Es ist das ein Rest des klassi-
schen Empfindens, demgemäß Aristoteles, etwas
verspätet — wenn man will, klassizistisch —
Kinder als zwergenhaft unproportioniert und da-
her häßlich bezeichnet. All diese Momente durften
zusammengewirkt haben , und das klassizistische
und von dem gar nicht vorhandenen geheimen 30 Moment ist daher nicht im gewöhnlichen Wort-
Rate des Titus bis zur Bule von Rhodos herum- sinn als reaktionär, sondern als traditionell zu
zuraten — welch letzteres W. Klein den Stoff
zu einer artigen Novelle geliefert hat (Gesch. d.
griech. Kunst III 319f.). Glücklicher ist Ke-
kules Gedanke, der Ausdruck des Plinius stamme
vielleicht aus einem Epigramm, das nach Ame-
lungs Vermutung am Sockel der Gruppe ge-
standen haben könnte (Kekule" Zur Deutung
und Zeitbestimmung des Laokoon- 16. Amelung
a. a. 0. 158).
Eine Polemik gegen frühere Irrtümer erübrigt
sich durch die obigen Ausführungen und durch
den Hinweis auf Försters ungemein verdienst-
volle Untersuchungen; nur eins wäre im Hin-
blick auf Roberts Bemerkungen o. Bd. II S.2047.
Bd. IV S. 2079 hervorzuheben: Damophon von
Messene ist jetzt fest in die erste Hälfte des 2.
Jhdts. v. Chr. datiert, wohin der Stil seiner Skulp-
turen in Lykosura ihn von jeher verwies (D i c kin s
bezeichnen. — Was endlich die Ergänzung des
rechten Armes des Laokoon betrifft, so ist Stud-
niczkas Warnung gegen vorschnelles Vertrauen
auf den Pollackschen Arm zu beherzigen (Arch.
Jahrb. XXII 140f.): der um i/ 9 kleinere Maß-
stab und der offenbare Stilunterschied machen
es äußerst fraglich, ob er von einer Replik der
Gruppe stammt. Die verschiedenen Ergänzungs-
40 versuche sind kritisch behandelt von Amelung
a. a. O., wo auch die Literatur bis 1906 zusam-
mengestellt ist ; nachzutragen ist als wichtig nur
Furtwängler Bonn. Jahrb. XCIII 58ff. ; Denkm.
griech. und röm. Skulptur 2 120; Gemmen a, a,
O., als neu Klein Gesch. <L griech. Kunst LEI
226. 305ff.
Daß H. auch Grab- und Ehren statuen in den
üblichen späthellenistischen Typen verfertigt hat,
darf an sich angenommen werden (vgl. Brunn
Annualof the Brit. School at Athens XII 109ff. 50 Gesch. d. griech. Künstler I 474) und wird durch
XIII 856ff.).
Daß das Werk des H. und seiner Mitarbeiter
in Form und Ausdruck ein Äußerstes und Letztes
in der geradlinigen Entwicklung der griechischen
Kunst darstellt, ist bei aller Verschiedenheit der
Datierung und Bewertung im Grunde stets emp-
funden worden, nicht zum wenigsten von Brunn
und Furtwängler, die den Laokoon für fak-
tisch oder doch entwicklungsgeschichtlich älter
die Standspuren zweier Bronzefiguren auf einem
Sockel des Athanodoros noch besonders empfohlen
(Bull, de Lacad. de Danemark 1905, 82): ein
Mann und eine Frau in gegensätzlichem Rhyth-
mos, wie so oft auf Grabreliefs (z. B. Arch. Jahrb.
XX 53, dazu 66). Es liegt deshalb auch näher,
die erwähnte Angabe des Plinius XXXIV 86:
Athenodorus feminas nobiles fecrit, auf den Rho-
dier als auf den gleichnamigen Schüler Polyklets
- — — - — ~" .„»^^^ogugvuiwiimu »ll^i mci aia s*ui ucii gicigmiamigeu renaler iuiyjucLö
als den pergamenischen Altarfries hielten. Die 60 oder gar auf den archaischen Athanodoros zu be-
letzte zusammenfassende Behandlung von Arne- ' * " "
lung a. a. O. schließt mit dem Befremden dar-
über, daß in dieser Epoche genauester Natur-
kenntnis, die so viele vollendete Kinderbilder ge-
schaffen hat, die Söhne dennoch wie verkleinerte
Jünglinge proportioniert sind; Analogien seien
keine Erklärtmg. Eine historische Erklärung ist
vielleicht auf «bigende Weise möglich. An Sorg-
ziehen (vgl. o. Bd. n S. 2046. 2048). [PfuhL]
Hagesare tos, aus Larissa?, Strateg der Thes-
saler um 49/48 v. Chr. (Caes. bell. civ. m 80; auf
Münzen des thess. Bundes). [SundwalL]
Hageslas s. Hegias Nr. 1.
Hageglsferatos, Ephoros in Sparta, Herbst
427— Herbst 426 (Xen. helL II 8. 10; in einer Weih-
inschrift ans Tainaron, IGA 88). [SundwalL]
332UÖ
nagesippös
Hageslppos, Priester des Helios auf Rhodos,
Eponym (IG XII 1, 1067). [SundwalL]
Hairia (Ayia fj xaXovfdvt) Conatant. Porphyr,
them. I p. 38), Ort in Karien. [Bürchner.]
Haglas .(ÄyitK , Ayias) von Troizen , ist als
Verfasser des kyklischen Epos der Nooxoi in der
Chrestomathie des Proklos genannt (Kinkel
Frg. Epicor. p. 52). Er ist vermutlich erst von
hellenistischen Gelehrten, jedenfalls nicht vor dem
4. Jhdi, als Dichter dieses dem Homer abge- 10 IX. Priesterzeit (Curtius Anecd. 33. We scher -
sprochenen kyklischen Epos vermutet worden, wie Foucart 27. Pomtow N. Jahrb. 1889, 572 und
Stasinos für die Kimma. usw. Gute Grammatiker o. Bd. IV S. 2643f. und Anm. 2).
man hier mit ^Recht seit Jung-ernxann "Apupts.
Wahrscheinlich ist auch an der anderen Stelle
'Avlas Korruptel für "Afupts (Meine ke FCG I
404. Kock CAF II 250 frg. 51). [A. Körte.]
Hagion {[zö] "Aytov). 1) Gail hatte zu
Stadiasm. m. m. 338f. statt 'Ayvetov (s, den Art.
Hagneion) "Aytov vorgeschlagen. [Bürchner.]
2) Hagion (I), Sohn des Echephylos, delphi-
scher Archon kurz nach 130 v. Chr. während der
Stasinos für die JLvxpia.
pflegten zu zitieren 6 xa KvuiQia, 6 xovg Nooxovg
utotrjvas, eventuell mit Nennung eines oder mehrerer
vermuteter Dichternamen, von denen die spätere
Tradition nur je einen festhielt. H. war wie
Stasinos u. a. ein alter Dichtername ohne Gedicht,
also geeignet, mit einem Gedichte ohne Dichter
verbunden zu werden, v. Wilamowitz Homer.
3) Hagion (II), Sohn des Polykleitos, delphi-
scher Archon um 104/3 v. Chr. während der XI.
Priesterzeit (CIG 1700, Bull. heU. XXII 18 u. 16;
vgl. Pomtow o. Bd. IV S. 2647L). Priester der
XL und XII. Priesterzeit (vgl. Pomtow N. Jahrb.
1889, 520. 575).
4) Hagion (III), Sohn des Dromokleidas, del-
Unters. 344ff. Wir wissen nichts von ihm , von 20 phischer Archon um 68/7 v. Chr. während der
dem ihm zugeschriebenen Noatot ist mehr zu ge-
winnen. Welcker Epischer Cyklus I 3 260ff.
Mit diesem Epiker ist fälschUch ein Gelehrter,
der 'AoyoitKa geschrieben hat, FHG IV 292f.
.-+■ Add. 670, von M ein eke Com. I 417. v. Wila-
mowitz Homer. Untersuch. 180, 26 identifi-
ziert worden. Er wird zitiert bei Clemens Ales,
ström. I 104, 2 p. 139 S (wo aiyiag überliefert ist)
neben Derkylos für die Ansetzung der Iliupersis
XIV.— XVI. Priesterzeit (Le Bas 959. 960; vgl.
Pomtow o. Bd. IV S. 2594. 2653).
5) Hagion (IV), Sohn des Dion, delphischer
Archon um 42 v. Chr. während der XLX. Priester-
zeit (Bull. hell. XX 49; vgl. Pomtow o. Bd.
IV S. 2657f.) [SundwalL]
Hagna {'Ayva) , häufiges Epitheton vieler Göt-
tinnen, wie der Aphrodite (besonders auf Delos,
u. a. o. Bd. I S. 2749. Röscher Myth. Lex. I
auf einen Tag des Monats Panemos zwischen 30 1814. Nilsson Griech. Feste 382), Ariadne (s. o.
lauter Gelehrten (vgl. Schol. Euripid. Hecub. 910).
Weiter in Schol. Euripid. Troad. 16 wieder neben
Derkylos für die Dreiäugigkeit des Zeus Herkeios
in Ilios. womit zu vergleichen ist Pausanias (II
24, 3) Notiz, auf der argivischen Larissa sei ein
dTeiäugiges Xoanon des Zeus gewesen, von Sthene-
los aus Ilios dahingebracht. Auch Athenaios (III
86 F) zitiert H. mit Derkylos zusammen für eine
Bd. II S. 808. Nilsson a. a. O.), Artemis, Ata-
gartis (Dea Syria, Röscher Myth. Lei. 1 1814),
Athena, Chariten, Demeter (u. a. o.Bd. IV" S. 2741),
Eos, Erinyen, Hekate, Hören, Iris, Kora, Leto,
Mise, Musen, Nemesis, Seirenen (Parthenope),
Themis u. a. und personifizierter Begriffe wie
Eunomia (o. Bd. VI S. 1129) und Physis. Beleg-
stellen bei Bruchmann Epitheta deorum s. v,
Sonderkultname der Kora in Audania, Ditten-
zur Trompete geeignete Muschel aoxQaßrjXos {Mül-
ler vermutet H. auch in dem überlieferten Avyeiag 40 berger Syll. II 388, 84 und Paus. IV 33, 4,
Schol. Twl. [= Eustathios] zu Hom. IL XI 690, s. o. Bd. I S. 2117ff. Nilsson 339f., wie, neben
dessen a AQyoXixüv als Zeugnis über Herakles,
Neleus , Nestor neben Telesarchos 'Agyctfoxä hier
angeführt werden). Alle Stellen passen für einen
Gelehrten, und die drei ersten schließen einen
Dichter aus. Der Irrtum, ihn für den kykli-
schen Dichter zu halten, beruht auf C- F. Her-
manns aueb paläographisch schlechter Konjek-
tur zu Athenaios XIII 610 C, die von v. Wilamo-
Demeter, in Lakonien CIG I 1449, in Akrai IGS
204 und Tauromenion IGS 431. [Weicker.]
* Hagnagora, Messenierin, Schwester von Aristo-
menes, Führer der Messenier, zuerst mitEuergetidas,
nach seinem Tode mit Tharvx aus Phigaleia ver-
heiratet (Paus. IV 21, 2. 24, 1). [SundwalL]
Hagnaios ('Ayvafos). 1, Zur ersten Hexa-
,.._..__ menos gehöriger Monat im Kalender von Halos
witz? Robert Homer. Becher 4L 16, Kaibel50in der Phthiotis, IG IX 2, 109a, 28. 71 { c Ayv(a-
unbegreiflicherweise gebilligt ist. Die Stelle lautet:
Namen von Helden im hölzernen Pferde wirst du
kaum nennen können xal ovdh xavx kx xmv
ZrrjQiyoqov , oyoXf] yaq , dXX' sx rfj; aaxdxov
Agyeiov 'JXiov jiepotÖög • ovrog yag xapinöXXovs xt-
vaq xaxttehv. Die Überlieferung, daß Agias von
Trozen die Nostoi gedichtet habe, genügt wahr-
haftig nicht, ihm auch ein Gedicht über die Zer-
störung Ilions zu geben, und nun gar für aaxd-
tov zu schreiben Ayhv xov. Sollte diese Kon- 60
jektur aber wirklich richtig sein, so würde immer
noch nicht auf ein Epos geschlossen werden
müssen, ebensogut könnte auch hier ein mytho-
gTaphisches Werk gemeint sein. [Bethe.]
2) Hagias, als Dichter einer Komödie Zto-
ygayog einmal genannt, Bekker Anecd. I 113.
Bei Pollux (HI 36), wo derselbe Name im Par.
A steht, haben /7 und C 'Apipiac, deshalb liest
v)atog 109b, 24), von Bischoff Jahrb. f. Philol.
1892, 483 an die vierte Stelle des mit der Herbst-
nächtgleiche beginnenden Jahres gesetzt.
2. Siebenter oder achter Monat im Kalender
von Pyrasos in der Phthiotis, IG IX 2, 133.
H. ist eine sprachliche Variante des ionischen
Monatsnamens Hagneion (s. d.) und hat wie dieser
seinen Namen vermutlich von gewissen Hand-
lungen im Kult der 'Ayva oder der ayval &eaL
[Bischoff.]
"Ayvag tegijvrj, ein Brunnen im Haine Kar-
ne(i)asion bei Andania, wird erwähnt in der
großen messenischen Mysterie Umschrift aus Kon
stantinoi (SGDI 4689. Ziehen Leges sacrae
nr. 58) Z. 84ff. — § 17 tag Ptgärae zä$ tbvojtaa-
fdvag bta xwv ägzaiatr iyygaupcov "Ayvas xai xov
yeyevijfteyov txotI xq, xßdva ayalftaxog. Damals
(100/90 v. Chr.) war also Hagna die Nymphe des
ii£i\H
uagueion
Brunndns, die Statue, wie van der Loeff ver-
mutet, vielleicht erst, von Mnasistratos errichtet.
In der Zeit des Paueanias war diese Hagna mit
Köre gleichgesetzt worden (TV 38, 4 )J 8k Ayvif
K6gas Tt}$ Arffiyteog eoztv imxXijats ' vöcoq <5'
avetotv ix nqyfis nag 1 avro zo ayaXfia). Van
der Loeff De Messeensche mysterien. Hande-
lingen van het Zesde Nederlandsche Philologen-
congres 1910 (8. 8 des Sonderabdrucks), im übri-
gen s. Ziehen z. d. St. pßölte.j
Hagneion (td AyveXov Stad. mar. m. 338f.).
1) Seestation an der nordwestlichen Küste der
Insel Kreta, C. Müller vermutet als Form des
sonst für Kreta nicht bekannten Ayveiov H. Gail
hatte "Aytov vorgeschlagen. [Bürchner.]
2) 'Ayvyiatv, auch 'Ayrscbv, Kalendermonat in
Ephesos, Le Bas IE 1537, 7, und in Magnesia
am Maiandros, Inschr. v. Magn. a. M. 1. 100.
111. Die Zeit des Monats im Jahre ist nicht
bestimmt. Sein Name bezieht sich wohl auf
gewisse Handlungen im Kult der 'Ayvd, d. i.
der Kora oder der dyvai #mi, d. i. der Demeter
und Kora (Koscher Myth. Lex I 1814), wie sie
z. B. unter dem Namen ayveZeu von den Prieste-
rinnen der Demeterheiligtümer in Kos zu beob-
achten waren, Herzog Arch. f. Religion swiss. X
400. Eine sprachliche Variante des H. ist der
Hagnaios (s. d.) einiger phthiotischer Kalender.
[Bischoff.]
Hagneon ([6] 'Ayvecov, vielleicht zu schreiben
'Ayveäv von ayvog = Xvyog), berüchtigte Ürtlieh-
keit von Sardeis in Lydien, Athen. XII 515 F.
S. den Art. Sardeis. [Bürchner.]
Hagnias. 1) Tiphys, der Steuermann der Argo-
nauten, wird 'AyvtdSijs genannt Apoll. Rhod. I
105. Orph. Argon. 122. 542. 690 Ab. Tzetz.
Lycophr. 890. Der Beiname ist als Patronymi-
kon von einem 'Ayviag oder "Ayvtog (Apollod. I
9, 16 Tttpvg 'Ayviov) gebildet. Fick-Bechtel
Gr. Personenn. 367 leitet den Namen Tiphys vom
boiotischen Hafenplatze Tt<pai oder 2t<pai ab,
und im Beinamen vermutet infolgedessen Gruppe
Griech. Myth. 548, 5 eine Andeutung eines De-
meterkultes ebendort. Aber alles bleibt unsicher,
solange nicht einmal festgestellt werden kann,
ob der Vater 'A. oder r A. hieß. Möglich wäre ein
Zusammenhang zwischen ciyvog in seiner medizi-
nischen Anwendung {s. o.) mit der Hesychglosse :
Ttqwc 6 eytäXttjs, vgl Usener Götternamen
229. Maass DLZ 1896, 327, und über den eroti-
schen Alpdämon Röscher Ephialtes (Abh. sächs,
Ges. d. Wiss. 1903) 54, 158. [Eitrem.]
2) Athenischer Archon (IG II 372. 617) um
die Mitte des 3. Jhdts. [Kirchner.]
3) Athener, Sohn des Polemon aus Oion,
wurde als Gesandter von den Lakedämoniern ge-
tötet 396 v. Chr. {lsaios XI 8, vgl. Harpocr. s.
Ayviag. Oxyrh. Pap. V 145). Über die Streitig-
keiten um seinen Nachlaß vgl. [Dem.l XLLTI 23f.
lsaios XI 8f.
4) Athener, aus Ikaria, Trierarch um 361?,
356/5 und 323/2 ([Dom.] L 41. IG II 794b 94.
811 d 157). Derselbe in einer Weihinschrift (IG LI
1317 und H V 1317).
5) Athener, Sohn des Dromeas aus Erchia?,
Trierarch um 326/5 (IG H 808 a 150). [Sundwall J
lSf** * eine ^y™? 116 . deren Name mit der
Lokalisierung der Sage von Zeus Geburt und
Hagnon
2208
Kindheit in Arkadien verbunden ist (Schoemann
Opusc. ac. H 235. 263). Auf dem Berge Lykaion
nennt man einen Ort K^ytia und sieht in ihm,
nicht in Kreta, den Geburtsort des Gottes. Die
drei Naiaden Theisoa, Neda und H. haben das
Kind gepflegt. Über Versuche, die drei Gewässer
noch heute zu fixieren, vgL Bursian Geogr. von
Griechen! II 236. Pausan, übers, v. Frazer IV
383; ed. Hitzig-Blümner III 1 p. 355. Nach
10 Theisoa eine Stadt genannt, die noch Pausanias
als Dorf in dem Distrikt von Megalopolis kennt.
Eigentümlich ist der H. ihre Verbindung mit
einem eigenartigen Regenzauber, Sie hat Sommers
und Winters die gleiche Menge Wassers. In Fällen
anhaltender Dürre spricht der Priester des lykäi-
schen Zeus unter Opfergaben ein Gebet in das
Wasser hinein und berührt es an der Oberfläche
mit einem Eichenzweig. Alsbald steigen nebel-
ähnliche Dämfe auf und verdichten sich zu regen-
20 spendenden Wolken. Ähnliches glaubte man (Myth.
Vat. II 78) von dem Halsband der Harmonia. Es
hatte Generationen hindurch Unheil gebracht. In
fontem proieetum hodie cerni dieitur; quod si
quis attrectaverit , dieunt solem offendi et tem-
pestatem oriri. Dieses Aufrühren der Quelle,
das Peitschen des Wassers, scheint ein sympathe-
tischer Akt zu sein und den Regenritualen anderer
Völker zu vergleichen zu sein, in denen etwa
Steine in das Wasser hineingeworfen werden.
30 Vgl. J. Grimm Deutsche Mythologie I* 564f.
W. Schwartz Jabrb. f. kl. Phil. CXXVII (1883)
115ff. Preller-Robert 1129,1. DerZusammen-
hang der Rollen der H. als einer Amme des Zeus
und als eines Regendämons ist unverkennbar, wenn
auch in der schließ liehen Tradition sehr heterogene
Vorstellungen vereinigt sind, aus denen besonders
sich ein sympathetischer Akt und eine Nährung
des Regendämons durch seine ,Bräute' heraus-
heben. Dargestellt war H. auf einem Schautisch
40 im Bezirk der großen Göttinnen an der Agora zu
Megalopolis, eine Hydria in der einen und eine
Phiale in der anderen Hand, in Verbindung mit
Anthrakia (s. o. Bd. I S. 2392) und Neda, die
das Zeuskind trägt. Dieselbe Neda fand auch in
der Lokalisierung der Zeussage in dem messe-
nischen Ithome ihre Stelle (Paus. IV 33, 1). Reich-
licher ist die Naiadenschar vertreten auf dem Altar
im Tempel der Athene Alea zu Tegea, wo Rhea
und Oinoe, die letztere mit dem Zeuskind, um-
50 geben sind auf der einen Seite von Glauke, Neda,
Theisoa, Anthrakia, auf der anderen von Jde, H.,
AlMnoe und Phrixa. Vgl. Paus. VIDI 31, 2. 38,
21, 47, 2. Stoll in Röscher Myth. Lex. Immer-
wahr Die Kulte u. Mythen Arkadiens I 19. 213ff.
Gruppe Griech. Myth. u. Religionsgeschichte II
830, 7. 818ff. [Süß.]
Hagnodemos, Athener, Sohn des Hagnon aus
Acharnai, Trierarch um 356/5 und 334/3 (IG H
804 A b21. 794 b 88 d 4). [SundwaR]
60 Hagnodoros. 1) Athener aus Amphitrope,
verschwägert mitKritias, einem von den 30Tyranneu
(Lys. M 55).
2) Aus Kyzikos, siegt zu Olympia in unbekannter
Kampfart OL 160=140 v, Chr., Afjric. bei Euseb.
I 210. [SundwalL]
Hagnon* 1) Aus Peparethos, siegt zu Olympia
im Lauf OL 53=568 v. Chr., Afiric bei Enseb. 1201.
2) Athener, Sohn des Nikias ans Steiria, wird
22U9
Hagnomdes
Habuenkämpfe
2210
als Strateg für das J. 440/39 im Sommer 440
nach Samos gesandt (Thuk. I 117), gründet 437/6
als oIxwttjs der athenischen Ansiedler Amphipolis
(Thuk. IV 102. V 11. Schol. Aesch. DI 31). Wieder
431/0 Strateg geht er mit der athenischen Flotte
nach Potidaia im Anfang des Sommers 430, von wo
er unverrichteter Sache wieder heimkehrt (Thuk.
II 58, vgl. v. Wilamowitz Aristot. und Athen
LI 248), und beantragt in der Volksversammlung
die Absetzung des Perikles, wahrscheinlich in der
letzten Prytanie des J. 431/30 (Plut Pericl. 32,
vgl. v. Wilamowitz Aristot. und Athen II 248.
S w o b o d a Hermes XXVILT 543). Strategiin ,T. 429/8
befehligt er im Winter 429 in Thrakien (Thuk. II
95,3). Unter den Friedensunterhändlern beschwört
er den Frieden zwischen Athen und Sparta 421
(Thuk. V 19. 24). Schon in fortgeschrittenem Alter
wird er in das Kollegium der Probulen 413 gewählt
(Lys. Xn 65; vgl. Thuk. VLU 1). Sein Sohn ist
der bekannte Staatsmann Theramenes (vgl. die
Belege bei Kirchner Pros. Att. nr. 171).
3) Aus Teos, Schmeichler Alexanders d. Gr.,
Nauarch des Antigonos, von den Athenern unter
Thymochares 316 auf Cypern gefangen genommen
(Plut. Alex. 22. 40; Phylarch bei Athen. XII
539a A. IG II 331, 8, vgl. Dittenberger Syll.a
213 nr. 4. 5). [Sundwall.]
4) Aus Tarsos, Neuakademiker, Schüler des
Karneades, der nach Cic. Luculi. 16 dem Klei-
tomachos an Begabung {ingenium) gleichstand.
Im Ind. Acad. Herc. 23, 4 (p. 84 Mekler) werden
seine trefflichen Aufzeichnungen von Vorlesungen
des Karneades, bei Quintil, II 17, 15 seine ,Ah-
klage schrift gegen die Rhetorik' erwähnt. Das
Zitat bei Athen. XIII 602 d bezieht sich auf
erotische Dinge und ihre Regelung in Sparta.
Vgl. Plut. soll. anim. 12. Schol. IL IV 101 (I
173, 24Dind.). Zeller Phil, d, Gr. IV 525.
[v. Arnim.]
Hagnonides, Athener, Sohn des Nikoxenos
aus Pergase, erwähnt als Antragsteller in einer
Seeurkunde des J. 325/4 (IG II 809a 14£), wurde
von Deinarchos im Harp alischen Prozeß angeklagt
iDion. Hai. Dinarch. 10 p. 654, 2; vgl. Hyperid.
I 40, 4. Schäfer Demosth. Hl 2 325, 3. Blaß
Att. Ber. III 2 2, 299 n. 26), flüchtete nach dem
Lamischen Kriege aus Athen und durfte durch
Phokions Vermittelung im Peloponnes bleiben
(Plut. Phoc. 29. Schäfer Dem. IIP 392), von
hier kehrte er nach Antipaters Tod und nach
dem Zusammenbruch des oligarchischen Regi-
ments nach Athen wieder, wo er als Phokions
Ankläger auftrat 318 (Plut. Phoc. 33f. Niese
I 243). In einem Dekret aus dem J. 318/7 wird
H. als Antragsteller erwähnt. Später ist er selbst
zum Tode verurteilt worden (Plut. Phoc 88j. Viel-
leicht ist er mit dem H. , der den Philosophen
Theophrast wegen Gottlosigkeit verklagt hatte,
identisch (Diog. Laert. V 37. Niese 1 315, 1).
[Sundwall.]
Hagnolheoß. 1) Athenischer Archon (IG n 458.
II 5, 458 b. Academ. philos. index Hercul. p. 89
col XXV 10 Mekler) im J. 140/39 nach v. Wila-
mowitz bei Mekler. Bei Paus. VII 16, 10
muß für AvriMov (Arch. Ol. 160, 1 = 140/39)
geschrieben werden "Ayvo&eov; vgL Jacoby Apol-
lodow Chronik 1902, 388. Kolbe Attische Arch.
L19. [Kirchner.]
Fmtdy-WlMowa-KroU VII
'Ayvovs vtifyjj, eine Quelle am Lykaionge-
birge in Arkadien, erwähnt Paus. VLH 38, 3f.
An ihr haftet ein alter Regenzauber, den in
Zeiten der Dürre der Priester des Zeus Lykaios
vollzog. Daraus folgert Kuruniotis mit Recht,
daß die Quelle in der Nähe des. Gipfels zu suchen
ist. Da nun von den drei Nymphen des Ly-
kaions, die das Zeusknäblein pflegen (Paus. a.
a. O.), Neda dem Westabhang, Theisoa dem Nord-
lOabhang (Paus. VIII 38, 9) angehört, so werden
Curtius (Pelop. I 303) und Kuruniotis recht
haben, wenn sie die Quelle der Hagno in der
heutigen Quelle Korites wiedererkennen. Diese
entspringt in einer kleinen Schlucht, die zum
Hippodrom hinabführt, etwa zehn Minuten unter-
halb des Gipfels sv fieost Ave(i6qqvlxi oder 0a-
tovQs'Cao. Wenige Meter von dieser Quelle ent-
fernt hat Kuruniotis die Reste einer großen
Brunnenkammer ausgegraben . Kuruniotis *E<p.
20«^. 1904, 162 {IIiv. 7, 1 zeigt die Schlucht)
und 1910, 33. Die andern Versuche, die Quelle
zu lokalisieren, bei Frazer Paus. IV 383. Hitzig-
Blümner Paus. III 1, 255. Kuruniotis 'Ey.
äg%. 190-1, 158. Der Plan der Espedition scient.
de Moree II pl. 33 ist unzureichend. [Bölte.]
H agn u Keras {[to] 'Ayvov xegas Hesych.),
Vorgebirge bei Knidos auf der dorischen Cherso-
nesos Knidia. S. den Art. Knidos.
[Bürchner.]
30 Hagnuö (Ayvovg , Demotdkon 'Ayvovoiog), mittel-
großer attischer Demos, zur binnenländischen
Trittys der Phyle Akamantis gehörig. Die Lage
des Gaues im südlichen Teile der Mesogeia und
zwar am Nordostabhang des Lauriongebirges, süd-
lich vom heutigen Dorfe MagxdsiovXo (s. Karten
von Attika XIII) ist durch den Fund mehrerer Grab-
inschriften von Hagnusiern gesichert (s. Lüper
Athen. Mitt. XVII 399 mit Anmerkung; vgl.
Mi Ichhof er Karten von Attika Text III— VI
40 S. 11 ; Abhdlg. Akad. Berl. 1892, 23; Athen. Mitt.
XVII 259. Kirchner Pros. Att. II 495). Bei
der Neuordnung der Phylen im J. 307/6 trat
IL in die neue Phyle Atj^T^täg über und
wurde schließlich ums J. 200 bei der Gründung
der Phyle 'ArraXig dieser zugewiesen; s. Steph.
Byz. 'Ayvovg • dtjfiog sv jfj 'Azzittjj zfe AijjHijTQtahog
(jpvXffg, zivig 6k ttjs Axaf.tavu8og r} <bg <Pqvvi%os
jfjg AxzaXtdog. Die Bedenken, die Dittenberger
Herrn. IX 410 gegen diese Nachricht geltend
50 macht, hat Kirchner Rh. Mus. 1904, 300
unter Hinweis auf das Schicksal des Demos Atene
(s. d.) zerstreut. [Kolbe.]
Hagra s. Agra und Egra Nr. 1.
Hannenkämpfe {äXsitTQv6va>v äywvsg, ovp-
ßolat). Als Themistokles die Athener zur Schlacht
bei Salamis führte, erblickte er auf dem Wege
zwei kämpfende Hähne. Sofort ließ er die Trup-
pen halten und wies sie auf das Schauspiel hin.
.Diese Hähne mühen sich nicht ab fürs Vater-
60 lan<L noch auch für die heimischen Götter, nicht
für die Helden der Vorzeit noch für den eigenen
Ruhm, nicht für die Freiheit und nicht für Weib
und Kind; sie kämpfen aus bloßem Ehrgeiz;
keiner will dem andern unterliegen'. Die Worte
haben gewirkt; man weiß ja, wie sich die Athener
bei Salamis schlugen. Dieses Ereignis führte
dazu, daß die Athener nach Beendigung der
Perserkriege beschlossen, es seien alljährlich ein
Tag lang im Theater H. abzuhalten. So ungefähr
berichtet Aelian II 28. Das Geschichtlein sieht
aus wie die bekannten aitiologischen Erzählungen.
Immerhin sind staatliche H. im Theater etwas
auffällig, so daß wohl irgend ein ungewöhnliches
Ereignis deren Einführung bewirkt haben kann.
Soviel aber dürfen wir aus Aelian schließen, daß
die Hellenen die H. im Theater bis zum Schlüsse
der Perserkriege hinauf zu verfolgen vermochten, „ ^.^ Vi „ v „ ^„^ ilAi „ tlllcll iiiW1I1 1U aer
und in der Tat erwähnt schon Pindar Ol. XII 10 Hand trägt (Daremberg-Saglio I Abb, 213
J-LiUlUtUlAtMUpit; £>&l*
(z. B. Guhl und Koner Abb. 655. Reinach
Repert. d. vases II 138); letzteres düTfen wir
folgern einmal aus der Alektryonophor getauften
Petersburger Statue (Köhler L'Älectryonophore).
Sie stellt einen bartlosen, gekleideten Mann dar,
welcher einen Sack mit zwei Hähnen an der
Schulter hängen hat. Dazu kommt ein nachher
zu behandelndes Mosaik aus Pompeii, wo ein
Jüngling einen Sack für 'seinen Hahn in der
20 den ivdofta%a,s äXexrojg.
Auf dem Steinsitze des Dionyspriesters aus
dem Dionystheater in Athen sehen wir eine ge-
flügelte Schutzgottheit, die zwei Hähne auf ein-
anderhetzt (Beule Rev. arch. N. F. VI 349 mit
Abb. PI. 20. de Witte eb. XVII 377). Ein
antiker Fries in der Kirche Panagia Gorgopiko
zu Athen enthält Bilder aus dem athenischen
Festkalender. Im Relief für den Monat Posei-
= Schreiber Bilderatlas LXXIX 1) und viel-
leicht ein Sargrelief im Collegio Romano mit
einem sackartigen Gegenstande auf einem Tische.
Jahn Arch. Beitr. 438 meint allerdings, es sei
eine Börse, übrigens bewahrte man auch im
Käfig Hähne auf (Winckelmann Pierres gra-
vees de Stosch 134, 702).
Nun der Kampf selbst. Das Bild eines Ge-
fäßes im Mus. Greg. (II 5, la — Baumeister
deon (Dezember/Januar) sitzen drei Kampfrichter 20 Denkm. I Abb. 695 = Daremberg-Saglio
hinter einem Tische, auf dem fünf Paar Siemes- Abb. 2121 zeip-t uns zwpi o-pklpiflptp Jüno-Un,
hinter einem Tische, auf dem fünf Paar Sieges-
kränze liegen. Vor dem Tische sind zwei kämp-
fende Hähne auf einem Palmzweig stehend ab-
gebildet (Daremberg-Saglio I Abb. 183.
Bötticher Philol. XXII 397f.). Nach diesen
beiden Darstellungen fanden die H. im Monat
Poseideon im Theater des Dionys statt. Die
waffenfähige Mann schaft war gesetzlich verpflichtet,
denselben beizuwohnen (Lukian. Anach. 37). Wie
Abb. 212) zeigt uns zwei gekleidete Jünglinge
einander gegenüber, den einen am Boden kauernd,
den andern gebückt. Jeder hält einen Hahn in
den Händen, den er dem anderen nähert; durch
dieses Gegenüberhalten suchte man die Tiere zu
reizen. Auf einem Sargrelief des Louvre (Rei-
nach Rep. de la Statuaire I 79 und 88) sehen wir
zwei Hähne einander gegenüber, die von je einem
Knaben oder einer Schutzgottheit zurückgehalten
weit diese Bestimmung zurückreicht, können wir 30 werden. Der eine faßt sein Tier um den Hals, der
allerdings nicht f>ntsphmrlf>n anrloro vtir-Aa/*\rl- Aa-m ^; n ^ Ain Ai.».„ ™;4- J~„
allerdings nicht entscheiden.
Die H. blieben aber keineswegs auf den ge-
nannten Festtag beschränkt; sie bildeten viel-
mehr eine beliebte Unterhaltung der Athener das
ganze Jahr hindurch.
Plat. leg. VII 789 B weist darauf hin, daß
in Athen jung und alt gewisse Arten von
Vögeln aufzieht und sie zum Kampfe gegen-
einander abrichtet. Damit nicht genug, nehmen
andere verdeckt dem seinen die Augen mit den
Händen. Auch Hennen sind nicht selten beim
Kampfe zugegen. Sie sollen ebenfalls die Tapferkeit
des Hahnes erhöhen (z.B. Reinach Rupert, des
Vases 1147. 310. 423. Collignon-Couve Vases
d'Athenes 649. 712 = Heydemann Vasenb. V
3. Jahn Vasens. zu München 1295. KretschmeT
Kuhns Zeitschr. XXXIII 560, 2, 3). Anderseits
scheint man die streitenden Tiere durch Zurufe
sie die kleineren in die Hand, die größeren unter 40 augefeuert 2U haben. So dürfen wir vielleicht
den Arm und spazieren mit ihnen stundenlang,
um sie ausdauernder zu machen. Dies gilt vor
allem für Wachteln uud Hähne. Aber nicht alle
Sorten von Hähnen waren zum Kampfe gleich
gut geeignet. Als die tüchtigsten Streithähne
wurden jene von Rhodos und von Tanagra ge-
schätzt, in zweiter Linie jene von Melos und
Chalkis (Plin. X 48. Varro r. r. III 9, 6. Suid.
s. TavayQdioi ähxxogiaxoi). Besonders die tana-
schließen aus Darstellungen des H. mit Inschriften }
die sich aus scheinbar sinnlosen Buchstabenreihen
zusammensetzen (Collignon-Couve649. Becq
deFouquieres 152). Endlich wurden die Hähne
sogar mit Stäben aufeinandergehetzt (Furtwäng-
ler Geschn. Steine in Berlin 6790 u. pl. 49 = Im-
hoof-Blumer und Keller Tier- und Pflanzen-
bilder Taf. XXI 33).
Über den Ausgang des Kampfes sind wir genügend
gräischen scheinen sich großer Beliebtheit erfreut 50 unterrichtet, am besten wohl durch das erwähnte
zu haben. Paus. IX 22. 4 nennt deren zwei Mosaik aus Pompeii (Daremberg-Saglio I
*"*"" "~ "'" ' -" ' ' " "" Abb. 213 = Schreiber Bilderatlas LXXIX 1).
Man sieht eine Halle mit Pfeilern und geschmück-
tem Fries im Hintergrunde; davor eine bärtige
Herme. Vorn stehen zwei Hähne einander ge-
genüber. Der Sieger streckt sich hochmütig;
Arten, (xäytpoi und xooav<poi genannt ; nach Suid.
s. 'AXexxgvova a&lr)xt}v TavayQaXov hatten sie
auch den Beinamen Evygvet;.
Nicht selten fütterte man die Hähne mit
Knoblauch (ay.ÖQoda) und glaubte dadurch ihren
Mut und ihre Streitsucht zu erhöhen (Xen. con-
viv. 4, 9. Aristoph. Acharn. 165 mit Schol. ;
Equit. 494 mit Schol. Suid. s,'Eoxo & oÖtofi£vo$).
des Besiegten Gefieder ist zerzaust; er blutet
und läßt den Kopf hängen. Neben ihm stützt
ein Jüngling betrübt den Kopf auf den linken
Auch eherne Sporen (xaijxxqov) legte man ihnen 60 Ann; ein kleiner Knabe hält weinend beide
beim Katrmfe an- pine rp**h+: orranoaTno Siffö TTönrlö v^r <1c.o ß A[I ;Af T\a-r I3 A e.;+~«. A™ o^™«
beim Kampfe an: eine recht grausame Sitte
(Aristoph. Aves 759. 1365 je mit Schol. Suid.
S. tiXtjxtqov).
Wie wurden die Hähne zum Kampfplatze
hin und vom Kampfplatze weggetragen? Teils
unter den Armen oder im Mantel, teils aber in
Sacken. Ersteres erhellt aas der angeführten
Platonstelle, auch aus Suid. s. MsXijtos und Vasen
Hände vor das Gesicht. Der Besitzer des siegen-
den Vogels eilt mit einem Kranze frohlockend
auf seinen besiegten Gegner zu, während ein
zweiter Knabe mit beiden Händen einen Palm-
zweig fortträgt Aus anderen Quellen wissen wir,
daß der siegreiche Hahn auch übermütig die
Flügel zusammenschlug und krähte; hie und da
endete der Kampf mit dem Tode eines Tieres
^dio naoneoKampie
<vgl. Demosth. LIV 9. Plin. X 24. Daremberg-
Saglio I Abb. 214 = Schreibe r Bü deratlas
LXXIX 4. Weisser Lebensbilder XXXVTII 6.
Fiivtwängler a. a. O. 3279. 3280. 5794—5802.
■6791. 7896. 8334). Nach den Wachtelkämpfen
schrie man dem besiegten Tiere ins Ohr, damit
es die Stimme des Siegers nicht höre und da-
durch mutlos werde (Poll. IX 109). Ob wir das-
selbe nicht auch für den H. annehmen dürfen?
Als Siegespreis war gewöhnlich der unterlegene
Hahn bestimmt. ,Ich bin dein , Du aber mein,
wenn ich siege. So ist es Sitte bei den Kämpfen
der Vögel mit Purpurkamm', sagt Theokrit XXII
71 ; und Aristoph. Aves 70 Jch bin ein Sklaven-
vogel. — Wurdest du von einem Hahn besiegt?'
Der Scholiast zu der Stelle bemerkt: ,Es war
bei den H. Sitte, daß der Unterlegene dem
Sieger folgte. Vgl. Suid. s. 'Hxxrjd>t]$ vife air}-
&äas. Ferner kennen wir ein Sargrelief (Jahn
Arch. Beitr. 439) mit zwei Eroten, deren einer
den Fuß auf den Kopf des besiegten Hahnes
setzt, zum Zeichen, daß er nun ihm gehöre.
Auch Geldpreise wurden wenigstens in späterer
Zeit ausgesetzt, wie sich aus Columella VIII 2
und dem schon erwähnten Relief bei Jahn Arch.
Beitr. 43 7f. ergibt, wenn anders dort eine Börse
und nicht ein Sack auf dem Tische liegt.
Wo wurden die H. abgehalten? Vom Dio-
nystheater haben wir gesprochen. Dann sagt
Aischin. Tim. 53 : ,er verbrachte den Tag in der
Spielhalle (xvßsiq>) , wo der Spieltisch (rt]?.ta)
aufgestellt wird und wo man die Hähne auf-
einander losläßt und Würfel spielt*. Dazu Suid.
s. TtjHa ,ein viereckiges Gestell, wo man Mehl
verkauft und auf dem die Hähne gegeneinander
losgelassen werden'. Es ist zwar etwas auffällig,
daß anderwärts, z. B. nach Poll. und nach den
Scholien zu Aristophanes die xyXia nur bei den
Wachtelkämpfen zur Verwendung kam, und daß
sich auf bildlichen Darstellungen, soviel mir be-
kannt, keine Spur von einer xrjlia vorfindet. Aber
die Angabe des Aischines ist so klar, daß wir
annehmen müssen, die H. haben vielleicht in
Spielhallen und Kneipen auf einer zrjXta statt-
gefunden. Sonst benützte man etwa einen freien
Platz (Rein ach Vases I 423). Die panathe-
näischen Amphoren stellen oft gymnastische Wett-
kämpfe dar, während auf der Gegenseite die
beiden Säulen rechts und links von deT Göttin
mit Hähnen gekrönt sind (z. B. Reinach Vases
I 68. 69. 210—213. 215. II 204). Andere Ge-
fäße haben auf dem Halse Hähne in wappen-
artiger Anordnung, und auf dem Bauche sind
Turnübungen unter Leitung eines Turnlehrers
dargestellt (z.B. Collignon-Couve 716). Weiter
sehen wir kämpfende Hähne vor einer Hernie
(z- B. Furtwängler a. a. O. 5807. 6790. Arch.
Ztg. XXIV (1866) Taf. 207, 1. Daremberg-
Saglio I Abb. 214 — Benndorf-Schöne Later.
Mus. 189). Mit der Herme wollte der Künstler
jedenfalls einen Raum einer Turnschule andeuten
(vgl. auch Collignon-Couve 812), und die
panathenäischen Gefäße bringen den Hahn in
unzweideutige Beziehung mit den gymnastischen
Übungen, Die Halle auf dem oben beschriebenen
Mosaik aus Pompeü macht übrigens ganz den
Eindruck eines Thermensaales. In diesen Zu-
sammenhang dürfen wir vielleicht anch einige
uannenKampie
3214
Gemmen bringen (Furtwängler a. a. O. 5808
— 5812), auf deren Bild wir einen siegreichen
Hahn mit Kranz im Schnabel und mit Pahnzweig
auf einem Rauchaltar erblicken. Denn in den
gymnastischen Übungsanstalten waren Altäre
vorhanden. Auch auf dem Relief eines Grab-
steines im Lateran (Daremberg-Saglio lAbb,
214 = Arch. Ztg. XXIV (1866) Taf. 207, 1
= Schreiber Bilderatlas LXXIX 4) ist die
10 Turnschule durch eine Herme bezeichnet. Davor
steht ein dreibeiniger Tisch mit Kränzen und
Palmzweigen. Der siegreiche Hahn, der einen
Kranz hält, wird von seinem Besitzer umarmt;
der unterlegene Hahn ist tot, und sein kleiner
Herr geht weinend mit ihm ab. Dieser Gaben-
tisch erinnert uns an jenen auf dem eingangs
erwähnten Festkalender in Athen; ein Gabentisch
ist ebenfalls vorhanden auf dem schon zweimal
angeführten Relief im Collegio Romano. Da liegt
20 nun die Annahme sehr nahe, daß nicht nur im
Dionystheater zu Athen , sondern auch in Gym-
nasien oder Palästren etwa H. mit Preisverteilung
stattfanden.
Der Zusammenhang zwischen Turnschule und
H. ist an sich schon einleuchtend; es war eben
ein Sport, den vor allem junge Leute trieben.
Und zwar war dieser Sport neben den Wachtel-
kämpfen und der Pferdeliebhaberei ziemlich ver-
breitet und bildete ein wichtiges Kapitelchen in
30 der Unterhaltung gewisser Kreise zu Athen. ,Wir
nennen sogar alle Lebewesen schön, ein Pferd
oder einen Hahn oder eine Wachtel' heißt es bei
Plat. Hipp, mal 295 C; und im Lysis 211 E ,Ich
für mich möchte einen guten Freund lieber haben
als die beste Wachtel oder den besten Hahn auf
Erden, und bei Gott sogar lieber als ein Pferd
oder einen Hund*. Nebenbei sitzt der Sprecher
im Lysis in einer Palästra. ,Die Reichen bilden
sich alles mögliche ein', meint Plut. de tranqu.
40 12; ,sobald sie aber keine vorzüglichen Hunde oder
Pferde oder Hähne haben, sind sie mutlos'. Auch
Sportausdrücke, vom H. hergenommen, machten
die Runde, so soxogodiofisvog fidxtj ,knob lauch-
gestählt für die Schlacht* (Aristoph. Equit. 494),
ov /AT} stQomt rovxoiaiv ioxogoöiofisvoig ,du wagst
dich doch nicht an die knoblauchgestählten Leute
heran' (Acharn. 166), dann atgs stXijHiQov el fxa-
yß ,heb den Sporn auf, wenn du kämpfen willst'
(Aves 759); alqs TiXrjmQov d,uvrTT}Qiov ,heb den
50 Sporn zur Abwehr auf' war ein Sprichwort nach
Suid. s. siXf s xxQov.
Infolge seiner Verwendung bei den Kämpfen
war der Hahn ein geschätztes Tier und bildete
ein beliebtes Geschenk. Auf einer Vase des
Hiero hat ein bärtiger Stann einem Jüngling im
Gvmnasium einen Hahn geschenkt (Reinach
Vases II 138; ähnlich II 274). Auf dem Innen-
bilde eines Trinkbechers aus Vulci (R e i n a c h
Vases II 276) steht Hermes, der Schutzgott der
60 Tum schulen; auf der Außenseite sitzt eine Ball-
spielerin, der ein bekleideter Mann einen Hahn
darreicht Ahnliche Darstellungen Collignon-
Couve 801. 802. 813.
Übrigens stehen diese Gaben meist mit der
Knabenliebein Beziehung. BeiCollignon-Couve
1298 beobachten wir gar, wie ein Satyr einem
Knaben einen Hahn anbietet, wie aber das Kind
das Geschenk zurückzuweisen und zu fliehen
2215
Haifisch
Haimatites
2216
scheint. Zudem lassen die Vasenmaler auch Zeus Es darf als sicher gelten, daß das Mineral, das
einen Hahn dem schönen Ganymed schenken die Alten aifmrtrrfs (oder atjmzizig, Theophr. de
(Rein ach Vases I 334. 335), und daß die Sitte lapid. 37) nannten, mit unserem H. identisch ist,
des Hahnengeschenkesr an schöne Jünglinge "bis da die Beschreibung dazu stimmt und der Stein
in die späteste Zeit hinein dauerte, bezeugt Petron. unter den Edelsteinen aufgeführt wird, Theophr-
sat. 86. a. a. 0. : nvxvrf 8k xal alfiathts • avxv & av%fid>-
Die Volkstümlichkeit der H. hat einen Schutz- dys xal xara zovvofxa d>s alfiarog £ijqov nennyo-
gott derselben gezeugt. Wir haben ihn schon zog. Plin. XXXVII 169: l\aematitis in Aethio-
auf dem Sessel des Dionyspriester getroffen. Be- pia quidem prineipalis est, sed et in Arabia et
zeichnend ist aber besonders die Darstellung auf 10 in Afriea invenitur, sanguineo colore, non omtt-
der Innenseite eines korinthischen Spiegeldeckels tendis promissis ad coarguendas Magorum in-
im Museum zu Lyon (Rev. areh. XVII PL 13 sidias. In der Tat ist der H. in der alten
= Daremberg-Saglio I Abb. 181 = Schrei- Glyptik sehr häufig, besonders in der alten orien-
ber Taf. LXXTX 5). Ein nackter Hermaphrodit talischen der babylonischen Siegelcy linder (vgl.
sitzt auf einem Kleidungsstücke und hält in den Krausse Pyrgoteles 124); in Griechenland be-
vorgestreckten Händen einen Hahn. gegnen wir ihm bereits in mykenischer Periode unter
Es wäre ein Irrtum zu glauben, die Athener den sog. Inselsteinen (Milchhöfer Die Anfänge
allein hätten die H. gekannt. Die bildlichen Dar- der Kunst in Griechen! 42), und in der archai-
stellungen und Schriftdenkmäler weisen uns auch sehen Epoche, obschon bei weitem nicht so häufig
anderswo hin. Plutarch z. B. spricht ja allgemein 20 wie im Orient. Die klassische Periode aber ver-
von den Reichen, ohne Beschränkung auf einen schmähte ihn durchaus, ebenso die griechisch-
bestimmten Ort; Vasen führen uns nach Korinth römische Glyptik. Dafür spielt er in der späteren
und nach Tanagra; Plm. X 21 erwähnt Pergamos, Kaiserzeit in Ägypten und Syrien infolge der
und von derselben Stadt spricht Petron; ein H. abergläubischen Richtung, aus der die Abraxas-
war auf den Münzen von Dardanos dargestellt gemmen hervorgingen, wieder eine große Rolle,
(Poll. IX 84). Einen einzelnen Hahn sehen wir da er in der chaldäischen Magie als besonder»
auf Münzen von Ephesos, Himera, Karystos auf zauberkräftig galt, s. Furt w angle r Die antiken
Eüböa, Korinth, Leukas, Seihras usw.; vgl. Im- Gemmen II 396. Das erwähnt auch Plin. a. a.
hoof-Blumer und Keller Taf. V und S. 34f.; 0.: Zachalias Babylonius in iis Hbris, quos
de Witte Eev. arch. XVII 379. Das Goldelfcn- 30 seripsü ad regem Mithridat&m , gemmis humana
beinbild der Athener im Tempel auf der Akro- fata attribuens hanc, non eontentus oeulorum
polis zu Elis hatte einen Hahn auf dem Helme et iocineris medieina decorasse, a rege etiam
als Andenken an die Kämpfe in Athen (Paus. VI aliquid petituris dedit eandem litibus iudieiis-
26, 3). Freilich werden nicht all die genannten qm interposuit, in proeliis etiam exangui sa-
Münzbilder gerade mit den H. in Verbindung stehen. lutarem pronuntiavü. Man glaubte also, daß
Die angeführten Bilder und Schriften reichen der Stein seinem Träger bei Bittgesuchen , Pro-
vom 5, Jhdt. bis in die römische Zeit hinein, ein zessen, Gerichtssachen nütze und zugleich blut-
Zeichen dafür, daß die H. sich Jahrhunderte stillend oder blutbildend wirke. Daher rühmt,
lang forterbten. ihn auch das ps.-orphische Gedicht der Lithika
Ja die Sarkophage sagen uns, daß auch die 40 v. 662ff. und Damigeron de lapid. 9 (beide her-
Römer diesen Sport nicht selten pflegten. De ausgeg. von Abel, Berlin 1881); vgl. Isid. orig.
Witte a. a. 0. 381 führt sogar einen Sarg aus dem XVI 8, 5: de qua promittunt Magi quiddam ad
Moselgebiet an; auf römischen Kupferbarren ist coarguendas barbarorum insidias.
ebenfalls ein H. dargestellt (Imhoof-Blumer Seine hauptsächlichste Verwendung fand aber
und Keller S. 35), Weitere Angaben bei De der H. bei den Alten in der Heilkunde, indem er
Witte a. a. 0. 378. äußerlich und innerlich angewandt wurde, gegen
Literatur: Jahn Archäol. Beiträge 1847, Krankheiten der Augen, besonders bei Blutungen
437f. De Witte Ann. d. Inst. XXXV (1863) usw.. s. Diosc. V 143. Plin. XXXVI 144ff. 158.
2331; Revue Archeol. XVII (1868) 372f. Becq Cels. V 7. Galen. X 330. 388. XII 195. 732. 775.
d eFouquier es Les jeus des anciens, 1869 (18732) 50 XILT 31 r>. Veget. mulom. I 20,2. VI 12,3. Zu
148f. Daremberg-Saglio Dictionn. des anti- diesem Zwecke wurde er in ähnlicher Weise be-
quites I 180f. (v. Saglio). Becker- Gull Chari- handelt wie der sog. phrygische Stein (Diosc. IV
kies I, 5. Szene mit Anm. 6f. Hermann- 140. Plin. XXXVI 173), d. h. er wurde mit Wein-
Blümner Griech. Privataltert. 1882, 115f. und zusatz gebrannt, unter Benutzung des Blasebalgs r
Anm. 4. [K. Schneider.] doch nicht wie jener mit Wein gelöscht. Diosc.
Haifisch S. Pa Xeog. TV 143 : xaierai <T IfupEQÖig xoi (povyim Xidqt, zov
Haimatites* Hämatit oder Blutstein (auch ol'vov xeoiQoaivofdvov (Spengel neQtvgrffievov).
roter Glaskopf ) heißt heute eine sowohl in Lagern Plin. XXXVI 144: uritur ut Phrygius' sed non
wie in Gängen mit anderen Roteisensteinarten restingidtw vino. Man unterschied mehrere Arten,,
vorkommende Abart des Roteisensteins von lang- 60 teils nach der Herkunft, teils nach der Beschaffen-
faseriger, kmmmschaliger Struktur, glänzender heit; Diosc. a.a.O. gibt Ägypten als Bezugsort
Oberfläche und einer Farbe, die zwischen dunkel- an (vgl. Clem. Alex, protr. IX 48 p. 43); Plin.
stahlgrau und blutrot liegt (vgl. Max Bauer XXXVI 146f. zählt nach Sotacus auf: äthiopi-
Edelsteinkunde 603f. King The precious stones sehen als besten, den afrikanischen, speziell andro-
476). Der größte Teil dieses Minerals wird heute damas genannten (Isid. or. XVI 4, 17), den
in den Hochöfen verschmolzen t bessere Stücke arabischen (diese drei auch XXXVII 169. Isid.
teib zum Polieren von Metall benutzt, teils zu XVI 8, 5), den sog. hepatites, der gebrannt müti-
Rmgrteraen, Schmuckstücken n. dgL verarbeitet. te$ hieß, und den sehistes, der von manchen för
2217
Haimon
Haimotx
aai»
eine andere Gattung betrachtet wurde (vgL Diosc. Pind. Ol. II 16 p. 64 Drachmann; er hatte auf
IV 144; es ist wahrscheinlich Toneisenstein, s. der Jagd einen ipupvliog getötet und floh des-
Blüm ner Technologie IV 209). Die heutige halb nach Athen. Seine Nachkommen koloni-
Medizin macht vom H. keinen Gebrauch mehr. sierten mit den Argivern Rhodos und gingen dann
Vgl. Blümner Technologie III 68. 277ff. nach Akragas. Von ihnen sollte die Familie des
IV 268ff. Nies Zur Mineralogie des Plinius Theron abstammen. Vgl, Gruppe Griech. Myth.
(Mainz 1884) 22. [Blümner.] u. Religionsgesch. I 266.
Haimon (Al'pav appellativisch , kundig', vgl. 8) Thebaner, Vater des Maion, der nach Hom.
Hom. D. V 49 atfiova &*iQns)- 1) Eponym der IL IV 394ff. dem Tydeus zusammen mit Poly-
Atfiövts (s. Alfiovia = Osoacdta) , Sohn des Pe- 10 phontes einen Hinterhalt gelegt hat. Schwerlich
lasgos , Vater des Thessalos : Ehianos bei Schol. ursprünglich identisch mit Nr. 9.
Apoll. Rhod. m 1090. Als seine Mutter galt Melia, 9) Haimon, Sohn des Kreon. Die epische Oidi-
die ihn mit Zeus gezeugt haben sollte, wie wir podie weiß von ihm zu erzählen, daß er der
jetzt aus dem Epigramm aus Larisa: Ovdsvb; kh schönste und lieblichste aller Knaben gewesen sei,
§va[zov] MsXia [Zajvbg Ö' eUysvoa, yaofia IJs- die die Sphinx verschlungen habe (Peisandros im
laoyiäöaigAfyovay£iva[ i m>a(IG-iX% 582; 1. Jhdt. Schol. Eur. Phoin. v. 1760 mit den beiden im
t. Chr.) wissen. Dieselbe Genealogie kehrt wieder Monacensis erhaltenen Versen der Oidipodie I
bei Val. Place Argonaut. IV 118ff. ; vgl. hierzu p. 414f. Schwarte; vgl. dazu Bethe Thebanische
KernDe epigrammate Larisaco commentariolus. Heldenlieder 7. Apoll. hibL TU 54 W.). Im Drama
Eostocker Festschr. für Greifswald 1906. Als Sohn 20 ist er der Geliebte der Antigene, worüber Bethe
des Thessalos, nicht Vater, wie bei Ehianos, be- 0. Bd. I S. 2403 d , nach dessen Meinung das
zeichnet ihn Eustath. II. II 681 p. 321, 24ff. Liebesverhältnis der beiden aus alter Sage stammt,
(vgl. Schol. Bd. III p. 145 Dind.). Nach Steph. Für Maion, den Sohn des H. und der Antigone,
Byz. s. Ai^ovia ist H. der Sohn des Chloros xov ist namentlich außer dem bei Bethe Angeführten
lit-XaoyixoZ'. In dem larisaeischen Epigramm liegt auf Heydemann Über eine nacheuripideische
offenbar eine Polemik gegen die genealogischen Antigone, Berlin _ 1868 und Gruppe a. a. 0. I
Versuche vor, H. von Pelasgos oder Chloros ab- 536, 7 zu verweisen.
zuleiten. Als Sohn eines anderen Gottes , nämlich 10) Haimon, Vater des Laerkes {Alfioviör}$) ;
des Ares, erscheint H. beim Schol. Apoll. Rhod. II sein Enkel AUdmedon versteht nach Patroklos die
504. Daß Thessalien nach H. früher Alfiovia hieß, 30 Eosse des Achilleus am besten zu lenken, II. XVII
bezeugt außer Schol. Apoll. Rhod. m 1090 und 467; vgl. Robert Studien zur Ilias 357.
Eustath. a. a. O., der dafür richtiger Aifioveg 11) Haernon Mavortius ein tapferer Rutuler,
sagt, Strab. IX 443. 444. Eine Quelle Alfiovia Verg. Aen. IX 685.
in Thessalien nennt Aelian. nat. an. VIII 11. Man sieht aus diesen elf Nummern, daß der
Hervorzuheben ist noch das theraeische Epigramm Name H.' als griechischer Heroenname verbreitet
für Admetos , den Sohn des Theokleidas, kQ?a ist. Wie weit der einzelne Name als Abkürzung
*Asi6)l<ovo$ Kaweiov diä yevovg (IG XII 3, 869), von 'AvÖQaifioiv, 'Ijuiaifiaiv oder Evaiftoiv aufzu-
das mit dem Verse beginnt : Ei n na$ Aifio- fassen ist, kann nicht entschieden werden. S. dar-
visvoi ysvog noXiolo ^eQtftog. über Gruppe a, a, O, II 1323, 2.
2) Sohn des Alektor, Enkel des Magnes, Vater 40 12) Haernon, ein Hund des Aktaion nach Hyg.
des Hyperoehos, Urgroßvater des Prothoos: Eu- fab. 181. [Kern.]
stath. IL II 756ff. p. 338, 23fT. 13) Haimon (ATfitav), ein Bach Ostlich von
3) Sohn des Lykaon, Gründer von Haimoniai Chaironeia. Um die genauere topographische
in Arkadien, Paus. VIIT 44, 1 (nach 3, 3 liegt Festlegung haben sich bemüht Kr omay er Antike
eine Lücke vor; vgl. Hitzig-Blümner zu der Schlachtfelder 1 161, 1, Sotiriadis Athen. Mitt.
Stelle). Apoll bibl HI 97 W., der neben ihm XXX 1905, 113ff., Kromayer Ant. Schlachtf.
Euaimon (vgl. dazu v. Premerstein Athen. II 372.1 und Karte 10. Drei Bäche fließen öst-
Mitt. XXXIV 1909, 243) nennt, so daß hier eine lieh von Chaironeia vom Thuriongebirge nach
Identifikation der beiden Heroen unmöglich ist. Nordosten hinab, der erste unmittelbar am Dorfe
Steph. Byz. s. Alfiovia, der aber nur Pausanias 50 Kaprena, der zweite 400 m weiter östlich aus
ausschreibt. Schol. Lycophr. 481 (II p. 173 Scheer). dem Tal der Panagia Lyküressi, der dritte wieder
4) Aitoler, Sohn' des Thoas, Vater des Oxvlos, 1100 m weiter östlich aus dem Tale Karamet
des oixiozrji von Elis, Ephoros bei Strab. X 463. am Keratapaß. Ihnen entsprechen drei antike
464 C. Paus. V 3, 6, vgl. über die Kolonisation Namen, die nur bei Plutarch erhalten sind : Md>-
von Elis durch die Aitoler H. v. Keitz De Aeto- giog Süll. 17, MoXos Süll. 19, Al'ticov Demosth.
lorum et Acarnanum sacris. Diss. Halle 1911, 19 und Thes. 27. Sotiriadis 115 hält Morios
22ff. und über diesen Haimon Gruppe Griech. und Molos für identisch; beide Namen sind aber
Myth. u. Rel. 1379, 6. hsl überliefert (Kromayer 372, 1). Er schaltet
5) Nach Paus. V 4, 6 Vater des Iphitos {xbv weiter (113f.) den Bach von Käprena als Trocken-
st "lytxov x6 imyQa/Afia zb h "Okvfmla rpr\a\v 60 bach aus, indem er den Ausdruck xox&fuov bei
Atpovog xdlda elvai, 'EXXrfvtov dk 01 noZlol ITga- Plut. Demosth. preßt; eine Vergleichung der sämt-
£coviöov y.ai ov% Afyovos sfoai <paot). liehen Stellen zeigt aber, daß Plutarch mit den
6) Haimon (xß«W), Gefährte des Nestor, H. Ausdrücken xoräftiov, Q£v/ia, @evf.iäxior, qsi&qov
IV 296, von Robert Studien zur Ilias 488 mit lediglich aus stilistischen Gründen wechselt. So
Recht als eine Reminiszenz an den Eponymen gleicht er den Bach im Tal der Panagia Lykü-
des arkadischen Haimoniai aufgefaßt. , ressi mit dem H., den Bach im Tale Karamet
7) Haimon, Sonn des Polydoros, Enkel des mit dem Molos. Kromayer hält den Bach von
Kadmoö nach Menekrates (FHG II 344) bei SchoL Kaprena für den Morios, den zweiten für den
zziy
Haimonia
Molos, den dritten für den H. Prüfen wir die
Gründe! Der Morios fließt nach Plutarch am
Fuß des Orthopagos; in diesem erkennt Kro-
mayer II 368 den Bergzug, der in dem Petra-
chosfelsen endet, während So tiriadis' Gleich-
setzung mit ,der steilen Bergwand der heutigen
Kerata* weder dem Wortlaut Plutarchs gerecht
wird, noch zu den erzählten Vorgängen paßt
(Kromayer 368, 1. 372, 1). Der Morios ist
Alfiovtg
2220
nung oft vor: vgl. z. B. KaÜimachos frg. 113 B
"AQXfievoi, w s fjpcoeg dir 1 Alfjzao Kvzalov avrt?
ig äezatyv sjiXsov Atßovfyv und frg. 124 ; Horat
carm. I 37, 19. 20 venator in eampis nivalis
Haemoniae; Ovid. met. I 568 est nemus Hae-
moniae, praerupta quod undique elaudü süva:
vocant Tempe; II 542 pulehrior in tota quam
Larisaea Coronis non fuk Haemonia; in den
Orph. Argonaut. 78 sagt Jason zu Orpheus: eW
per] na.Qa ro Molov qel&qov. Aus der sprach-
lich und sachlich unklaren Stelle läßt sich nicht
entscheiden, ob der Name Molos dem zweiten
oder^ dem dritten Bache zukommt. Üher den H.
endlich habenwir nur die Angabe (Demosth. 19)
n<XQaQQ8t jiaQa zö 'HgdxAetor, onov xazeozQazo-
xeSevov oi"Ett7jvsg. Denn in dem weite/ vor-
Hierzu gehört auch die von Apoll. Rhod. erwähnte
Alfwvi'jj jtEzorj (s. Nr. 3). Vgl. Kern De epi-
grammate Larisaeo commentariolus , Kostocker
Festschr. für Greifswald 1P06, 6f. S. Nr. 2.
2) Quelle in Thessalien, Aelian. nat. an. VIII
11; s. Nr. 1.
3) Afaovfy TtixQr} (in Thessalien) von ApolL
Ehod. III 1243 unter den Kultstätten des Posei-
«„„„„■k ^ ci . ,"7, *" --" >»cn.ci vui- j.uiua. in iziö unter den
ausgehenden Satz w ds &e m wdovzd yaoiv etvat 20 don genannt ■ s Nr 1
jia Q ^v ev Xatgoiveia Jioxdßtov f ux e 6v elg rar 4) Haimonia (Aiaavia),
Krj<pto6v iftßdlXov liahen wir nicht eine topo-
graphische Angabe Plutarchs, sondern den ganz
unbestimmt gehaltenen Versuch anderer, den
Thermodon zu lokalisieren, der in einem Orakel-
spruch vorkam. Dieser Name scheint in Orakel-
sprüchen geradezu eine feste Stelle gehabt zu
haben (vgl. z. B. Herod. IX 43), und für die Er-
klärung sonst unbekannter geographischer Na-
alter Name von Ephe-
sos, Hesych. s. At^iovia. Guhl Ephesiaca 1843,
25 nr. 8; dort auch über die Artemis Haimonia
und die thessalischen Pelasger als alte Bewohner
von Ephesos._ [Kern.]
5) s. Haimoniai.
Haimoniai (Afawtai). 1) Eine alte, der Sage-
nach von Haimon (Nr. 3), dem Sohne des Lykaon,
mm h " H . - v j~"""i,"r -" £~"Sr ± '"T"'; 1 T ^ a ~ gründete Stadt zwischen Megalopolis und Asea
Ser, rL^v!? die Behandung der Home- 30 in Arkadien, die zu Pausanias' Zeit nur noch ein
SS w? n ei n - be T° fe e E ° utine ent ~ ^Qlov war, Paus. VIII 44, 1. 2, vgl. 3, 3 (s.
* lck _ el i Wö^Herakleionlag, wissen wir nicht. auch Steph. Byz. p. 50, 4rF. Mein.). Bursian
Geogr L y. Griech. II 227. Döring Journ. helL
- i. V ~™— w-i^ja j.«j fi , "MiJCH nrii Jin;iHj.
Denn die beträchtlichen Eeste einer Tempelan-
lage, die Sotiriadis bei der Kapelle Hagia Pa-
raskevi im Tal der Panagia Lykuressi ausgegraben
hat (117iT.), haben keinen direkten Hinweis auf
Herakles erbracht, während Weihungen an andere
Götter gefunden sind, und alle andern Argumente
versagen gegenüber dem Nachweis, den Frick e li-
tt aus Athen. Mitt, XXXVI 1911,'ll3ff. geliefert 40 Paus. IV 412
Stud. XV 1885, 31 und Taf. I (Karte). [Kern.]
2) Aißoviai Paus. VIII 3, 3. 44, 1.2; Alfiovta
Steph. Byz.), eine Ortschaft nicht weit von Megalo-
polis an der Straße nach Tegea. Loring Journ.
hell. Stud. XV 1895, 31 verlegt sie in die Nähe
des heutigen Kusvänaga. Zustimmend Frazer
, . J o TT ln -"ü, "UU. gC HCl Olli
nat, daß Herakles, soviel wir bis jetzt wissen
überhaupt keine Tempel gehabt hat. Die Schlacht
von 388 hat am Keratapaß stattgefunden (So-
tiriadis Athen. Mitt. XXVIII 1903, 327. Kro-
mayer Wien. Studien XXVII 1905, I6ff.). Aber
daß die Griechen deshalb vor der Schlacht im
Tale KaramCt am Ausgang des Ke'ratapasses ge-
lagert haben müßten, wäre doch ein sehr un-
sicherer Schluß. Die reichliche Wasserversor-
[Bölte.|
Ai'poves, alte thessalische Völkerschaft, deren
Eponym Haimon (Nr. 1) war, und nach der Thes-
salien Haimonia (Nr. 1) genannt ist. Vgl. Steph.
Byz. p. 50, 4. Skymn. v. 616 Mein, und nament-
lich Piiid. Nem. IV 88ff. ITattov de Ttag noSl
XazQiav 'IaoXy.bv nofapiq yegi nQozgandiv II^kEvg
xaosdwxev Aipovsoocv. Vgl. v. Wilamowitz
zu IG IX 2, 582. [Kern.]
Haemonides. 1) Priester des Phoebus und
gung im Tal der Panagia Lykuressi, wie sie So- 50 der Trivia in La'tium Verg len X 537ff
tiriadis ^esn>n1dpT+. W V/mn+n ^v,, ™o,i „.. ^ TT . -■ .' * . „ . "''
tiriadis geschildert hat, konnte sehr wohl zu-
gunsten dieser Örtlichkeit geltend gemacht wer-
den. Es bleibt also vorderhand unentschieden,
wie die Namen Molos und H. auf die Bäche von
Panagia Lykuressi und Karamöt zu verteilen sind.
[Böltc]
Haimonia. 1) Die Landschaft der Afyovtg,
die nach Plin. n. h. IV 14 mit der thessalischen
Pelasgiotis identisch ist, wozu die zu einer Statue
2) Haemonides, ein von Penthesileia vor Troia
erschlagener Grieche, von Quint. Smyrn. Posthorn.
I 229 aus Hom. IL XVII 467 (vgl. Haimon
Nr. 9) entnommen.
3) Haemonides, so werden Laerkes und Maion
in der Ilias nach ihren Vätern genannt (s. Nr. 2
und Haimon Nr. 8 und 10). [Kern]
Atfiovieig werden oft Thessaler genannt; s.
Haimonia Nr. 1. Steph. Byz. s. Ai^tovia p. 50 f
r if r ^ Ubl *™ ^ wozn *»e zu einer Statue Haimonia Nr. 1. Steph. Byz. s. Ah
er ,f 9 el l a F eh0re " d f Ins ^ ft *™ ^risa IG 1X60 3 und s. OlyaUa p. 488, 4 Mein, öfters bei Apoll:
stimm! (X WS £±7Z*"l. ir5 *£%*?) ? h °?^; B ' K I Ü9 - X Y lOTO; .. auch die metr&he
^iiinmt. JltQi &eooatias xai Aipovlag hieß ein
Buch des Baton von Sinope nach Athen. XIV
639 e (FHG IV 849). Der Name H. wird später
warn auf das ganze Thessalien übertragen (schon
i^uidar [s. den Art. Atpiovsq} wendet so den Na-
men Haunones an)j namentlich bei griechischen
und römischen Dichtern kommt diese Bezeich-
Inschrift aus Thera IG XII 3, 869, 5. [Kern.]
Atfioviog = AtfioriEvg. 1) s. Steph. Byz.
p. 50, 3 Mein. J
2) Atfiovtog, Vater der Amaltheia nach Phere-
kydes frg. 37 (Müller FHG I 82). [Kern.]
Aiftovis, die Haemonierin. Steph. Byz. &.Olra-
Ua p. 488, 5 Mein. [Kern.]
2221
Haiiuos
Haimos
2222
HalmOfi, Personifizierung des thrakisehen Ge-
birges. Bildliche Darstellungen des Berggottes
gibt es auf Münzen; vgl. Drexler inEoschers
Myth. Lei. I 1816f. Als Sagenfigur ist H. ver-
schiedentlich verwandt worden.
1) Sohn des Boreas und der Oreithyia (Steph.
Byz. s. Affioe)* Seine Gemahlin ist Ehodope
(Ovid. met. VI 87ft. Ps.-Plut. de fluv. 11, 3),
beider Sohn ist Hebros, der thrakische Strom
zwischen Khodope- und H.-Gebirge (Serv. Aen. I
317). Die Sage von H. und Ehodope (Ovid.
Ps.-Plut.) berichtet, daß die Liebenden Geschwister
waren (dieses nur bei Ps.-Plut.) und sich gegen-
seitig in ihrer Leidenschaft die Namen Hera und
Zeus gaben. Dafür wurden sie von den erzürn-
ten Göttern in Berge verwandelt. Erfunden ist
die Geschichte von irgend einem unbekannten
hellenistischen Dichter (Euphorion??) nach dem
Vorbild der einen Keyxversion.
2) Philostr. Her. II 15ff. (p. 157 K.) erzählt
von H., dem Sohne des Ares, der neben Heloros
und Aktaios, den Söhnen des Istros, Bundesge-
nosse des Telephos von Mysien ist. Getötet wird
er im Kampfe mit Palamedes, Diomedes, Sthene-
los (aus Philostr. : Tzetzes Antehom. 273). Philo-
strat schöpft aus pergamenischer Poesie; vgl.
Robert Arch. Jahrb. H 253ff. Thraemer Per-
gamos 322. 385. Brückner Arch. Jahrb. XIX
Anz. 218ff. B rückner setzt die Dichtung in die
Regierungszeit Eumenes IL und sucht die histo-
rischen Grundlagen im einzelnen nachzuweisen.
In H. sieht er einen Ausdruck pergamenischer
Ansprüche auf Thrakien.
3) Ein , Tyrann' von ThTakien , der gegen
Byzas, den Gründer von Byzanz, zu Felde zieht.
Byzas tötet ihn auf dem Gebirge, das von dem
Gefallenen den Namen empfängt. Hesych. 111,
IJargia Kcovömvz. c. 17. Die Vita Constantini
des cod. 22 bibl. Angel. (Preger Script. Orig.
Const. Fase. I p. 8 ; vgl. Praefat. p. IV) fügt noch
ein Orakel hinzu, das Apollon dem Byzas gab;
vgl. Ps.-Codinus JläxQta Kavor. Preger Fase.
II p. 229.
4) Unklares berichtet Eustath. zu Dion. Per.
783 aus Arrians Btßwiaxä über einen H., König
der Skythen. Nach dessen Sohne sei ein ponti-
scher Fluß Eridios genannt worden, und später
habe sich aus diesem Namen die Form Iris ent-
wickelt. [P. Friedländer.]
5) Atpov und AJuog (auch ATftog , Ha^rnus;
Honte, Emno Tab. Peut; byz. Atpos nr\d. v E/ufAOjy >
"E/Ltfiova; im Türk. als Vorgebirge Emineh burun
am Schwarzen Meer; doch ist der H-Laut ur-
sprünglich, s. C. Jirecek Heerstraße 140 und
W. Tomaschek Die alt. Thraker II 2 90). thraki-
scher Name des zwar nicht höchsten , aber als
Wasser- und Länderscheide am schärfsten ausge-
prägten Gebirges der südosteuropäischen Halbinsel,
jetzt mit dem türkischen Namen Balkan (= Ge-
birge), bulgarisch Stara Planina (,der alte Berg'j
benannt. Den Griechen war die erste Kenntnis des
Gebirges zweifellos durch Vermittlung der Thraker
über die Kolonien an der Nordküste des Ägäischen
Meeres und der Westküste des Pontos zugekommen.
Wir finden es daher schon bei den Logographen
als Atßov zo öqos, so bei Hekat. 143. Hellan.
101. Dion. Mil. 2 nach Bekk. Anecd. 362; t«?
AT/«? S&i Pherek. 104 in Schol. Apoll. 1 211.
Die Maskulinform, wohl beeinflußt durch die Per-
sonifikation des Gebirges, worüber Drexler in
Boschers Myth. Lex. I 1816L, findet sich zuerst
bei Her. I 49, doch geht die Neutrumsform noch
längere Zeit daneben her, s. Steph. Byz. ATfios,
ogog ©Q^xrfg ■ XiyeTat xal ovöfzsQoyg c5? oi uiok-
koi). Herodot ist der erste Schriftsteller, dem
wir nähere, obschon zum Teil noch unsichere Nach-
richten über das Gebirge verdanken. Die Flüsse
10 Atlas, Auras und Tibisis (s. die Art.), welche
Her. a. a. O. sx zov Aißov x€w xogv<pea>v ent-
springen läßt, sind wahrscheinlich in jenseitigen
Zuflüssen der Donau aus den Südkarpaten zu er-
kennen, von welchen durch den Skythenzug des
Dareios eine dunkle Kunde zu den Griechen ge-
langt sein mag, wie ja auch der Name der Kar-
paten , freilich entstellt als Flußname Karpis,
Herodot bekannt war. Von den südlichen Donau-
zuflüssen kennt er Athris = Jantra, Noe's und
20 Artanes (s. die Art.), sowie den Isker (Kiog var.
Smog) , den er ganz zutreffend in der Rhodope
entspringen und in einem Durchbruchstal {fieaov
(f/JCcov zov ATßov) zur Donau abfließen läßt.
Thuc. II 96 nennt diesen Fluß "Ooxiog und be-
zeichnet den H. als Naturgrenze zwischen Thra-
kern und Geten mit Worten (Ivzog zov Acftov
ze oQOvg xai zijg 'Podöjiqg @Q<xxag — metra xovg
vjiBQßdvti Alfiov Fizag),- welche auf eine Be-
nützung der Gebirgspässe in jener Zeit schließen
30 lassen.
Die ältesten Heerzüge , so des Dareios (513)
und wahrscheinlich auch des Philipp IL (339)
gegen die Skythen führten wohl längs der Küste
oder in geringer Entfernung davon zur Donau.
Der erste , welcher über den westlichen Balkan
einem Heer den Weg bahnte, war Alexander
d. Gr. auf seinem Zuge gegen die Triballer (335
v. Chr.). Nach den dürftigen Angaben bei Arrian.
I 1 dürfte es der nur 988 m hohe Baba Konak-
40 Paß, einer der tiefsten Einschnitte des Gebirges,
östlich von Serdike (Sofia) gewesen sein (D r o y s e n
Gesch. Alex. d. Gr. 1^ 121 A. und Jirecek a. a.
O. suchen den Übergang noch weiter östlich).
Unter den militärischen Unternehmungen der
Folgezeit ist die Expedition Philipps V. von
Makedonien im J. 181 v. Chr. am merkwür-
digsten, über welche uns Liv. XL 21f. einen
wertvollen Bericht aus Polybios erhalten hat. In
dem für jene Zeit begreiflichen Irrtum, von der
50 Höhe des H. einen strategischen Überblick vom
Pontos bis zur Adria gewinnen zu können, be-
stieg der König, von Stoboi aus durch das Land
der Maider ziehend, in drei Tagen den Gipfel,
bei dem man an den Vezen (2200 m) oder selbst
an den Jumruktschal (2375 m), den Kulminations-
punkt des Gebirges, denken kann. Oster Eine
Bergfahrt König Philipps IH. Ztschr. D. u. Ost.
Alpenv. 1886, 263-272 will die Besteigung in
den Rilo Dagh verlegen, wo der Muss Alla, mit
60 dem Olymp um die höchste Erhebung der gan-
zen Halbinsel streitend, 2930 m erreicht. Doch
scheint dies nach dem Quellenbericht und aus
technischen Gründen minder wahrscheinlich. Das
Gebirge wird als unwegsam und mit dichtem
Urwald bestanden geschildert; die Temperatur-
abnahme mit der Höhe war sehr empfindlich.
Vom Originaltext des Polybios ist uns nur durch
die Polemik Strabons VH 313 ein offenbar ent-
stelltes Zitat (XXIV 4 Büttner-W.) erhalten, wo-
nach Polybios selbst die Sichtbarkeit beider Meere
behauptet hätte, was nach dem Text des Livius
nicht der Fall war. Ein anderes Fragment des
Polybios (XXXIV 10, 15 Büttner-W. aus Strab.
IV 208) nennt als höchste Erhebungen Thra-
kiens den H. nebst Rhodope und Dunax (Donuca
bei Liv. XL 58), letzteres wahrscheinlich = Eila
planina 2680 m, s. H. Kazarow Ztschr. f. kl
Phil 1905, 930ff. ' 10
Wertvolle Angaben verdanken wir Strabon,
der (VII 313) die Bedeutung des H. als Wasser-
scheide wie als Naturgrenze zwischen der thra-
kisch-hellenischen Welt und den Barbarenländern
an der Donau scharf charakterisiert, so auch VII
323 und 329, 10 als Nordgrenze Thrakiens bezw.
des makedonischen Reiches. Daß er das am Pon-
tes (IX 440) beginnende Gebirge als einen ein-
heitlichen Zug sich westlich bis zur Adria fort-
gesetzt denkt (tqöjiov zivä t0 "Iotqoj nagaUrjU 20
savt xd Te 'IklvQixä xai za IJaiovina xai w Qgq-
xia öpy [uav 7zm$ yga^v djtozsXovvza difavv-
aav äxo rov 'Aöqiov juex(> 1 nQOS zov Ilovtov), ist
ein Irrtum, den er nicht nur mit dem Peripl.
Pont. Eux. p, 13 und byzantinischen Schrift-
stellern wie Anna Komm 451 Paris, u. Nikeph.
Greg. I 375 Bonn, teilt, sondern der auch unsere
Karten bis in die erste Hälfte des vorigen Jhdts.
beherrschte. Erst der Forschung der letzten Jahr-
zehnte war es vorbehalten, zwischen den Falten- 30
gebirgen des nord-südlich streichenden dinarischen
Systems im Westen der Balkanhalbinsel und des
in der Fortsetzung des Karpatenbogens nach Osten
schwingenden Balkansystems, sowie der alten
thrakischen Masse, zu der Rhodope und Kilo
Dagh gehören, scharf zu scheiden.
Nichts Neues bietet Ptolem. geogr. III 11,
5, der den H. nur als Grenzgebirge der Provinzen
Thrakien und Moesien kurz erwähnt. Den Kö-
rnern wurde das Gebirge zuerst durch den Zug 40
des Lucullus (72 v. Chr.) bekannt (Ammian. Marc.
XXVII 4, 11 imperator Lucullus, qui cum du-
rissima gente Bessorum conflixit omnium pri-
mus, eodemqite impetu Haemimontanos acriter
resistentes oppressit). Von den römischen Geo-
graphen wiederholt Pomp. Mela II 2 den Irrtum
von der Sichtbarkeit beider Meere, während Plin.
n. h. IV 41 die Höhe mit den Worten Haemi
excelsitas VI m. p. subitur und IV 45 mons
Haemus vasto iugo procumbens in Pantum kenn- 50
zeichnet und XXXI 53 der Quellen und Wälder des
Gebirges gedenkt. Von großem Interesse ist eine
Münze der lulia Domna aus Nillopolis, den Berg-
gott als Jäger darstellend, auf einem Felsen
sitzend, zu dessen Seite ein Baum und ein Bär
sich befinden, s. Dumersan Eev. numism. VHI
(1843) 17f. Cat. Brit. Mus. 48ff. Head HN 235.
Die wesentlichen Züge des Landschaftsbildes, der
Hochgebirgscharakter, die Bewaldung und der
Wildreichtum kommen hierin prägnant zum Aus- 60
druck. Auf das Hinaufragen der höchsten Gipfel
über die Baumregion deutet übrigens auch die Be-
zeichnung Calvus mons Kcdßofiovvtig Theophyl
Sunok.98 (vielleicht der Jumruktscbal'?).
Eine Reihe von geographischen Angaben ver-
«wnken wir Ammianus Marcellinus. Hauptstelle
j XXI , 10 ' 3f - wo die Annäherung von Eho-
dope nnd H. bei dem vielgenannten, von der spä-
Maimos
2224
teren Überlieferung als /Traianstor' bezeichneten
Paß der Succi (843 m) zwischen Serdike und
Philippopolis, der Grenze von Oriens und Occi-
dens (Jirecek 30—35. 63. 81. 92. 129), geschil-
dert wird. Der dort hervorgehobene Steilabfall
nach der thrakischen und die sanfte Abdachung
nach der illyrischen Seite (pars quae lllyrieum
spectat mollius edita mlut fneauta subiiide su-
peratur. Latus vero e regione oppositum Thra-
öiis prona humilitale deruptum Mneque et inde
fragosis transitibus inpeditum difficile seanäitur
etmm nullo vetante) bezieht sich wohl nur auf
den erwähnten, von der Eisenbahn jetzt im Paß
von Vakarel (745 m) umgangenen Engpaß, trifft
aber auf den ganzen H. zu, der sich nach Süden
steil zu dem von der oberen Tundscha durch-
flossenen Längstal senkt, nach Norden aber sich
allmählich abdachend sein Vorland in der bul-
garischen Kreidetafel bis zum Steilrand der Donau
vorschiebt (ab ipsis IRstri margimbus — con-
surgit Ammian. a. a. O.). An anderen Stellen
erwähnt Ammian. Marc, die celsorum iugo, mon-
tium und Haemi montis abseisos scopulos (XXXI
7, 2f.) sowie die Haemvmontanas angustias (ebd
8, 1) und vergleicht XXVLT 4, 51 die Gebirgs-
umrahmung Thrakiens mit dem Halbkreis eines
gewaltigen Naturtheaters [in eornuti sideris mo-
du?n efßngunt theatri faeiem speeiosam), dessen
nördlichen Flügel der H. bildet (partem sinistram
aretois obnoxiam stdlis Haemimontanae celsi-
tndines elaudunt).
Mit Ammian schließt die antike Geographie
des H. Die zahlreichen Erwähnungen bei byzan-
tinischen Historikern können hier nicht weiter
verfolgt werden. Reiches Material hierüber findet
sich bei Jirecek Die Heerstraße von Belgrad
nach Constantinopel und die Balkanpässe (Prag
1877) und Archäol. Fragmente aus Bulgarien
(Arch.-cpigr. Mitt. aus üsterr. X 1886, 43—104
129—209 Taf. 7 ; besonders wichtig für die Ge-
schichte des Bergbaues und der Verkehrswege
im H.). Von den Römerstraßen über den H.
scheint jene durch den Traianpaß (1650 m), welche
von Philippopolis direkt nördlich zur Donau führte,
die älteste und meistfrequentierte gewesen zu
sein. Die Tab. Peut. verzeichnet die Stationen
sub radice (Südseite), Montemno (Kastell auf der
Paßhöhe, Enron bei Geogr. Rar. TV 7), ad radiees
(Nordseite). Die am Weg von dort nach Phi-
lippopolis gefundene Inschrift CIL III 6123 läßt
darauf schließen, daß die Straße unter Nero an-
gelegt worden ist. Erst spätere Überlieferung
hat sie mit dem Namen Traians verknüpft (zqi-
ßog Tgatavov im J. 601 bei Theophyl. Simok.
320). Weiteres s. bei Jirecek Heerstraßen 156ff.
Westlich davon führte ein durch zahlreiche Ka-
stelle befestigter Paß von Serdike im Iskerdurch-
bruch nördlich an die Donau bei Col. Ulpia
Oescus, wo eine Brücke die Verbindung mit der
längs der Aluta zum Rotenturmpaß führenden
Straße herstellte. Später wurde dieses schwie-
rige Defile" ganz verlassen und der leichtere Über-
gang über den Baba Konak-Paß (s. o.) gewählt.
Erst durch Kanitz (1871) und Toula (Mitt
Geogr. Ges. Wien 1876, 252) wurde das roman-
tische Tal neu erschlossen, das jetzt von einer
landschaftlich ebenso reizvollen als für die Ver-
bindung des Beckens von Sofia mit Donau-Bai-
£225
Hailaos
Halai
2226
garien wichtigen Eisenbahn durchzogen wird, s.
Jirecek 158ff. und Meyers Türkei (6, Aufl.,
1902, 74ff. mit Karte).
Westlich des Iskerdurchbruches führte noch
durch den Gincipaß (1450 m), den jetzt die Straße
von Sofia nach Lom Palanka durchzieht, ein
Römerweg, von dessen Vorhandensein antike Ka-
stellruinen, Inschriftfunde bei Berkovica und der
Name des am Nordausgang gelegenen Dorfes Kli-
sura zeugen, der auf ein römisches clausura weist. 10
Diese Benennung ist nämlich analog ital. ohiusa,
deutsch Klause, seit dem 6. Jhdt. als xXsioovga
In die griechische Volkssprache übergegangen und
hat sich innerhalb der Grenzen des oströmischen
Reiches auch bei den slavischen Völkern erhalten,
s. Jirecek 142. 161.
Von den Übergängen östlich des Traianpasses
sind der aus der neueren Kriegsgeschichte (1877/8)
wohlbekannte Schipkapaß (1300 m) und der nie-
drige Dobralpaß zwischen Karnabat und Schumla 20
zwar nicht in den Itineraren bezeugt, aber, wie
es scheint, durch Funde als antike Verkehrswege
gesichert, Jirecek 148ff. 152. Letzterer ist
wahrscheinlich das ,Eiserne Tor' (Sidygä) der
Byzantiner des 9.— 13. Jhdts., wogegen die Türken
■die beiden westlich davon gelegenen Pässe von
Kotel und Slivon als Demir Kapu bezeichneten.
Endlich führt ein zu allen Zeiten viel benutzter,
im Mittelalter mit verschiedenen Namen bezeich-
neter Übergang über die nur mehr 4 — 500 m Höhe 30
erreichenden Ausläufer des Gebirges von Anchia-
los am Schwarzen Meere nach Marcianopolis , s.
Jirecek 146ff. und zur Übersicht des ganzen
Gebietes die Karten von Kiepert Formae orb.
ant. XVII (mit Text) und CIL III Suppl. Tab. IV.
Nicht zu vergessen ist endlich die große Be-
deutung, welche dem H. nicht bloß als lokale
Naturgrenze zwischen zwei Landschaften bezw
Provinzen, sondern als ein Teil der Scheidelinie
zwischen römischer und griechischer Kultur zu- 40
kommt. Wie der Paß der Succi (s. o.) als Grenze
zwischen dem lateinischen Westen und dem grie-
chischen Osten galt, die sich von hier zwischen
Macedonia einerseits und Illyricum andererseits
zum Adriatischen Meere hinzog, so bildete der
H, eine Mauer für die Verbreitung griechischer
Sprach? und griechischen Wesens nach Norden,
das in byzantinischer Zeit unter dem Einfluß
des Christentums die einheimischen Völkerschaf-
ten Thrakiens absorbierte. Jenseits dieser Linie 50
herrschte lateinische Sprache und römisches Wesen,
das von der Slavenflut des 6. und 7. Jhdts. großen-
teils verdrängt, sich gleichwohl im rumänischen
Volkstum und in den seit dem Mittelalter als
»Vlachen' bezeichneten romanisierten Urbewohnern
erhalten hat; letztere haben sich unter dem Druck
der Völkerverschiebungen als ein stammfremdes
Element [Kutxovlachen. Zinzaren, KagayovviÖes)
bis in die nordgriechischen Gebirge (Olymp, Pin-
dos) vorgeschoben, in Dahnatien und Istrien sind 60
die letzten Reste der unmittelbar in der römischen
Kolonisation wurzelnden romanischen Idiome erst
in neuester Zeit durch das von Venedig ausstrah-
lende italienische Volkstum überwuchert worden.
S. hierüber O b e rh um in e r in Dahnatien, herausg.
von E. Brückner (Wien 1911) lOOff. nnd im all-
gemeinen Mommsen R. G. V.
. Die neuere Erforschung des EL, der in der
Literatur seinen historischen Namen stets bewahrt
hat, bis seit dem russisch-türkischen Krieg von
1829 (Übergang des Generals Diebitsch ,Sabal-
kanskij') dio türkische Benennung Balkan in den
Vordergrund trat, beginnt mit A. Boue" La Tur-
quie d'Europe 4 B. 1840 und. W. Grisebach
Reise in Rumelien 1841. Seither haben besonders
F. v. Hochstetter Jahrb. d. Geol. Reichsanst.
1870 und (seit 1875) F. Toula Denkschr. Akad.
Wien 1896 ; Compte RenduIX. Congr. g6o\. intern.
1904 (Re"sume der bisherigen Arbeiten), zuletzt
J. Cvijic Das pliozäne Flußtal im Süden des
Balkan (Wien 1909) die Kenntnis des Gebirges
gefördert. Ausführliche Schilderungen enthalten
C. Jirecek Das Fürstentum Bulgarien 1881 und
Ph. F. Kanitz Donaubulgarien und der Balkan,
3 Bde. 1880/2,; eine übersichtliche Darstellung
geben Th. Fischer in Kirchhoffs Länderk. v.
Europ. 112 (1893) 84ff. und A. Philip pson Europa
(1906) 269ff. Die besten Karten sind derzeit die
Blätter der vom k. k. militärgeogr. Institut in
Wien herausgegebene Generalkarte von Mittel-,
europa 1 : 200 000. [Oberhummer.]
Hairai (al Aloai), s. o. Suppl.-Heft I S. 39.
Cn. Hains Diadumenianus, proefurator) Aug(u-
storumj u[t]r[ar]umqite Mauritaniarum , Tin-
gitanafe et Caesfariensis)] ', CIL VIEL 9366 (Cae-
sarea = Scherschell): die Kaiser sind Septimius
Severus und seine Söhne. Ohne Zweifel verwandt
mit ihm ist Cn. Haius Diadumenus, der seinem
Freigelassenen die Grabschrift in Puteoli (Not.
d. seavi 1891, 204) setzt. [Stein.]
Halai ('Akal, Demot. 'Alaisvs). 1) AXal Ai£o)-
rtdss ist einer deT großen Demen in der Küsten-
trittys der Kekropis (s. Steph. Byz.). Nach der
Reihenfolge der Küstendemen bei Strabon (IX 398)
lag H. zwischen Anagyrus und Aixon. Die Lage
von Anagyrus in der Nähe des heutigen Dorfes
Vari am Sudostfuß des Hymettos ist durch in-
schriftliche Funde hinreichend gesichert. Danach
ist anzunehmen, daß 'Alal Ai^caviösg der erste
Küstendemos auf der Westseite des Hymettos war
(s. Karten von Attika Bl. VIH Vari). Seine ge-
naue Lage wird, wie zuerst Löper Athen. Mitt.
XVII 410 erkannt hat, durch die beiden Salzlachen
zwischen Kap Zcoot^q und Kap Punta bestimmt.
Nun haben nach Steph. Byz. s. Zcoarfg die Halaeer
am Kap Zoster ein Heiligtum des 'AjioXXojv Za>-
att}Qiog besessen; folglich hat dieses Kap zum
Demos 'Mal Al£o?vtdeg gehört. Aus diesem Grunde
verlege ich mit Löper 342 die Stätte des alten
H, — südlicher als Milchhöfer — an die Stelle,
wo der von Athen kommende Weg nach Osten
umbiegt, um durch den Bergeinschnitt des flacher
werdenden Hymettos nach Vari zu führen. Ist
dieser Ansatz richtig, so muß mit Löper der
große Demos Al^cövrj in die Gegend von Hagios
Nikolaos (bei Kap Punta) bis Pimari verlegt wer-
den, in der überaus zahlreiche Grundmauerspuren
zu finden sind. M i 1 c hh ö f e r verschob diese beiden
Demen weiter nach Norden und setzte an der
oben beschriebenen Wegbiegung (nahe bei Kap
Zoster) einen der größten Demen, Euonymon aus
der Phyle Erechtheis, an. Gegen diese Annahme
spricht der Umstand, daß das Gelände in jener
schmalen Küstenebene nicht für eine zahlreiche
Bevölkerung hinreicht. Es kommt hinzu, daß
der Fundort der Euonymeer-Grabsteine weiter im
2227
Halai
Halamardfiis?)
2228;
Norden, wenn auch auf derselben Seite des Hymet- südliche Schmalseite hart an den Strand heran-
tos, liegt. Nur bei einem — Antikenbericht nr. tritt. Diese ist etwa 100 m lang und zeigt Beste
772 — lautet die Fundangabe ,in der Gegend einer guten Quadermauer. Anderswo bemerkte
von Chirana, nordwestlich Vari'; dagegen ist Lolling ein Stück Polygonalmauer; an meh-
nr. 745 und Lop er Athen. Mitt. XV 341 A. reren Stellen war die Mauer mit Ziegelstücken,
m Pirnan, 747 in Chasani und nr. 735, sowie ausgebessert. Kutorga spricht von zwei Rund-
IG II 2064 sogar in Trachones gefunden. Wenn türmen und einem viereckigen; Lolling dessen
überhaupt die Pundtatsachen Rückschlüsse auf die Eeisen in die J. 1876/7 fallen, erwähnt "inen
Demenansetzung gestatten, so darf man liier fol- halbrunden und den viereckigen. Von den beiden
gern, daß Euonymon im nördlichen Teil unserer 10 Ecken der Akropolis sprangen nach Kutorga
Küstenebene bei Trachones und Chasani gesucht zwei kleine Steinmolen ins Meer vor, Lolling
werden muß. Milchhöfer hat im Text der sah nur noch den östlichen. Der Strand am Fuße
Karten von Attika I— III 29 diese Möglichkeit der Akropolismauer ist mit großen Platten belegt
erwogen; er lehnte sie aber damals ab, ,da Euo- und derselbe Belag zieht sich nach Kutorga
nymos ein Sohn des Kephisos heißt'. Die Halt- auch noch etwa 100 m weiter nach Westen hin.
losigkeit dieses Argumentes hat er später selbst Nach dieser Seite verlegt Kutorga die Wohn-
eingesehen und Abh. Akad. Berl. 1892, 12 den stadt. Das Tal von H. erstreckt sich etwa eine
Fundtatsachen höhere Geltung eingeräumt. Eben- Stunde weit nach Osten. In ihm und nament-
so hat er o. Bd. VI S. 1157 Euonymon richtig lieh an seinem Nordrand hat Lolling viele antike
fisle » t *!,,>* 20 Gräber festgestellt. Unweit der Kapelle des Hag.
2) Mai AgaiptjvtÖES (Demot. 'AXatevg) ist ein loannis Theologos befindet sich ein kleiner Salz-
mittelgroßer Demos in der Küstentrittys der see. Ob die Inschriften IG IX 1, 256— 266",
Phyle Aige'is. Nach der Aufzählung bei Strab. die Lolling in Malesina (früher Mallenitsa oder
TX 399 lag er an der Ostküste von Attika nörd- Mellenitsa) und dem benachbarten Kloster Hag.
lieh von Brauron (vgl. Steph. Byz. s. v.), peta& Georgios abgeschrieben hat, aus H. stammen,
<p7]yew S rov tiqos MaQaftwvt xai BQavQwvog). Aus ist keineswegs sicher. Denn zwei Reliefs, die
dem Distinktiv 'A&aqprjvtdsg ist zu schließen, daß Lolling in dem Kloster sah, waren aus Cheliadu,
dieses H. in der Nähe des alten Demos Aga- südöstlich von Proskyna. dorthin gebracht (s.
<pt}v lag, den Milchhöfer o. Bd. II S. 379 rieh- den Art. Korseia). Sonstige Literatur bei Fra-
tiger als Löper Athen. Mitt. XVII 362 oberhalb 30 z er Paus. V 134. Bursian Geogr. I 192.
des modernen Raphina am ,Mcgalo Rheuma' sucht [Bölte j
(s. Karten von Attika XI Raphina). Da sich 4) [aiJAlm (Stad. mar. m. 322f.), Küsten-
südlich davon in der schmalen Küstenebene Station in der Mitte der Südküste der Insel Kreta
zwischen Brauron und Araphen ein Salzsee — s. C. Müller z. d. St,; vgl. den Art. Lasaia.
Aliki — befindet, werden wir dazu geführt, AlaX [Bürchner.]
Aea<pt}v(öe$ in der Gegend östlich vom Salzsee 5)"AXat, Ort in der Kvrcnaika, Anonym.
unterhalb der Hügel des heutigen Velanidesa stad. mar. magni 61. " [Pieper 1
anzusetzen (s. Milchhöfer Abh. Akad. Berl. Halaisa s. Alaisa. Über die Frage "der
1892, 15 und Löper Athen. Mitt. XVII 360. Schreibung vgl. zu Ha dran on.
Kirchner Prosop. Att. II 504}; s. Art. Ära- 40 Ilalaisos s. Alaisa.
phen und Phegada). [Kolbe.] Halala, Ort in Kappadokien, am Fuß de*
3) 'Mai, eine ursprünglich lokrische Stadt, Tauros, in dem Arniia Faustina. die Gemahlin
trat vermutlich im 4. Jhdt. (s. den Art. Larym na) des Kaisers Marcus Aurelius , 176 starb. Hist,
dem böotischen Bunde bei und war von da an aug. M. Anton. 26, 4. 9. Demnach ist es sehr
H. wie Larymna und Anthedon auf Sullas Be- X 313. XIII 172. Const. Porphyr, de them. I
fehl zerstört, der 84 den Überlebenden die Rück- 50 I P. 7. Es wird gewöhnlich mit den Ruinen
kehr in ihre Heimat gestattete (Phit. Süll. 26). von Pezrnektschi, nordwestlich von den Kilikischen
Die Angaben Strabons und Pausanias führen mit Pforten identifiziert, Ramsay Asia Minor 346.
vollkommener Sicherheit auf eine Ruinenstätte Janke Auf Alexand. d. Gr. Pfaden 112, 172, 216.
am östlichsten Winkel des Opuntischen Meer- Oberhummer und Zimmerer Durch Syrien u.
busens, von der Kutorga (Revue archeol. N. S. Kleinas. 168. Neuerdings verlegt es Ramsay
II 1860, 390ff.) und Lolling im Urbaedeker nach der Ruinenstätte zwischen Bajal und Porsuk,
(s. darüber Bulle Orchomenos I 116, 2) eine ge- östlich von Eregli, weil Meilensteine mit Colonia
nanere Beschreibung gegeben haben. Beide wider- Faustiniana (CIL III 12213L) erkennen ließen,
sprechen sich zwar in einigen Hauptpunkten, daß die Straße dort gelaufen ist, Jahresh. Österr.
lassen aber darüber keinen Zweifel, daß die Kü-60 Arch. Inst. 1904 Bcibl. 109. Geogr. Journ. 1903,
stenlinie der kleinen Bncht auf der Carte de la XXII 402f. Dann stimmen aber die Angaben
Grece nicht richtig gezeichnet ist. Die Ruinen der Itinerare zu wenig, R. Kiepert FOA VTII,
liegen unmittelbar am Strande wenige Minuten Text 18. [Rüge.]
nördlich von der Kirche Hag. loannis Theologos. Halamardfns !) ist als Beiname des Mars
Am besten 7u erkennen sind die Mauern der genannt auf der Votivinschrift von Hörne bei
kleinen Akropolis. Diese nimmt ein Plateau ein, Roermond: Marti Jlaiamard sacrutn. T. Domi-
da* sich nur mannshoch aus der Ebene erhebt, t(ius) Vindex e(enturioJ leg. XXfX] U »., v.
und bildet ein langgestrecktes Bechteck, dessen *. I m. t CIRh 2028. K. Christ Bonn. Jahrb.
2229
Halasarna
Hali
22SO
LXXIV 192. v. Grienb erger Ztschr. f. deutsches
Alt. XXXV 388. CIL XIII 8707 (wo die übrige
Literatur). Grien berger zieht die Ergänzung
Halcwnardo vor (nicht Halamardi) und erklärt das
Wort "aus dem altn. halt — Mann und *mardus
= Mörder, also äv6Qoxz6vog (anders K. Christ
a. a. O.). Jedenfalls scheint es nach dem Fundort
germanisch zu sein, trotz des sonst keltischen <J
(= englisch th). [Haug.j
Atrides, Sil. Ital. a. a. 0. Argolicus, ,Servius' zu
Aen. Vlil 285 abweichend Neptuni fitius, als
welcher er im Salierliede der Veienter (vgl. D e e ck e
a. a. 0.) zur Verherrlichung ihres von ihm ab-
stammenden Königshauses gefeiert wurde. Als
Agamemnons Gefährte oder auch sein Sohn hätte
er nach dessen Ermordung seine Heimat verlassen
und wäre nach vielen Irrfahrten (Styl) in Etru-
rien angelangt (Ov.). Bei Vergil dagegen ver-
Ifalasarna {[%] Maodgva , kleinasiatischer 10 birgt sein Vater, ein Seher (vgl. II. XI 329), ihn
Name , vgl. Mioaova) , Demos und Örtchen an
der Südostküste der Insel Kos, Paton-Hicks
Inscr. of Cos nr. 7, 3. nr. 367, 6. Herzog
Kölsches 166; jetzt Ruinen südlich von Kardä-
mena. Swoboda Wien. Stud. XI 65ff. R. Kie-
pert Karte von Kleinas. D I. [Bürchner.]
Haie s. Hali eis.
Haieis (AXstg, gen. "Ahvtog, Demot. Mevtioi),
Name eines Demos, einer Örtlichkeit und eines
in dem Walde; als er aber in hohem Alter stirbt,
zieht sein Sohn in den totbringenden Kampf
gegen Aeneas und leistet hier dem König Turnus
kräftige Hilfe. Er ist Führer von , tausend Völ-
kern' aus kampanischer Gegend, Aurunker, Sidi-
kiner, Osker usw., und wird von Pallas, dem
Sohne des Arkaders Euander, getötet. Die ganze
Geschichte von H. scheint zunächst aus dem Stadt-
namen Falerii mit ihren Einwohnern Falisci
Flüßchens an der Kordwestküste der Insel Kos, 20 herausgesponnen zu sein. Den nächsten Anlaß
Paton-Hicks Inscr. of Cos nr. 31, 10. nr. 344,
7. Herzog Koisches 165. R. Kiepert Karte
von Kleinas. D I. [Bürchner.]
Haies, Ales, Haiesos (6 "Alyg [Gen. "AXyTos],
Paus. VII 5, 5. V1TI 28, 2. Tzetz. Lycophr. 868;
bei Plin. n. h. V 116 Halesus). 1} Flüßchen nahe
bei Kolophon im kleinasiatischen Ionien, jetzt
Awdschi tschai (= Fluß der Jäger), R. Kiepert
Karte von Kleinasien C I. Vgl. den Art. Ales
dazu bot die auffallende Übereinstimmung faliski-
scher Kriegs- und Kultgebräuche (Dion. Hai. I
21), vor allem des bekannten Iunokultes (Ovid.
am. a. a. 0.) , mit ähnlichen griechischen , und
diesen letzteren von der griechischen Hauptstätte
des Herakultes , Argos , und zwar durch einen
möglichst vornehmen Troiakämpfer herzuleiten,
war den römischen Antiquaren eine leichte Sache.
Auch die nationale Sonderstellung der Falisker
o. Bd. I S. 1367. Er soll das kälteste Wasser 30 (s. Bor mann CIL XI 1 p. 465) kann mitgeholfen
Ioniens geführt haben. Tschucke hatte (ad
Lycophr. 868) statt Aat^svrog 'Al^sriog vermutet,
das 0. Müller in der lateinischen Übersetzung
der Minmermosstelle bei Strab. XIV 634 ein-
setzt. [Bürchner.]
2) "Akijs, Flüßchen in Lucanien, heute Alento,
der bei Velia mündet, Cic. ad Att XVI 7,
5; fam. VII 20, 1. Vib. Sequ. 146 R. Etymo-
logische Spielerei bringt seinen auch an der klein-
haben , und als H. erst Etrusker geworden war,
konnte er auch als Führer der südlicheren, von
den Etruskern einmal inne gehabten Landschaften
auftreten, s. 0. Müller Etrusk. 21 169. IT 285ff.
Deecke Roschers Myth. Lex. s. v. [Eitrem,]
Halex , Flüßchen in Bruttium , heute Alice,
wird zuerst von Thuc. III 99 gelegentlich
eines Landungsgefechtes der mit Rhegion ver-
bündeten Athener gegen die Lokrer im J. 426
asiatischen Westküste vorkommenden Namen in 40 genannt, das zur Einnahme eines lokrischen Ka-
Zusammenhang mit der Entstehung des Namens
Elea (Velia). Steph. Byz. s. Elea. Strab. VI
252 (Interpolation). [Weiss.]
Haiesa s. Alaisa.
Hulesion (to A/.r/oiov tieMov) , wenig ausge-
dehnte Ebene in Troas, diesseits (d. h. nördlich)
vom Vorgebirge Lekton , jetzt Babä burnü (Strab.
XIII 605), am Unterlauf und Delta des Satnioets
(jetzt Tuslä [Salinen- Jtschai), der die Lage seines
stells exi x(p "Alyxi xoiafioj führte; vgl. Busolt
Griech. Gesch. III 1081. Er bildete nach Ti-
maios frg. 64. Strab. VI 260 die Grenze der
beiden griechischen Gemeinden. Über die an-
geblichen verschiedenen Eigentümlichkeiten der
an den Ufern lebenden Zikaden Timaios. Strab.
a. 0.; vgl. Hitzig-Blümner Paus. II 2, 560.
Erwähnt wird der H. noch von Dionys. Perieg.
367. Priscian. perieg, 361. Avien. descr. orb. 515,
Flußbettes im Lauf der Zeit stark verändert hat. 50 Suid. s. *AXt}i;. Vgl. auch Nissen Ital. Landest.
Diller Americ. Institute I (1882) 215. R. Kie-
pert Karte v. Kleinas. B I. Im Osten des Tales
erhebt sich neben Steinsalz enthaltendem (Leake
Asia min. 274) Gebirg der Tuslä Tepe, bei T schäm
f= Tannen-)kjöi befinden sich die Ruinen des
alten Tragasai. Bei Hermolaos — Steph. Byz. s.
Tgayaoai ist h faeigq) (nicht 'Hxeigcp) zu lesen;
s. Meineke Epim. II 7 21 f. [Bürchner.]
Halesus (Halesus Plin. n. h. V 116). 1) s.
den Art. Haies (Ales). [Bürchner.]
2) (var. Halaesus und Alesm), der Arche-
get der Falisker und Gründer der etruskischen
Stadt Falerii, Ovid. am. m 13, 31ff.; fast. IV
73f. Plin. n. h. III 51 nach Cato. Solin. H
7. Serr. Verg. Aen. VTI 695. Nach SiL ItaL
Vlil 476 soll er auch die etruskische Hafenstadt
Algium gegründet haben. Vergil Aen. VII 723
nennt ihn Agamemnontus , Ovid. am. a. a. 0.
II 955. [Weiss.]
Hali, skythisch-niaiotischer Stamm auf dem
asiatischen Ufer der Maiotis. Plin. n. h. VI 19.
Die hsl. Lesart a Cimmerio aeeolunt Maeotici
hali sernis Serrei usw. wurde von Hermolaus
Barbarus (1492) nach Ptolem. V 8, 13 korri-
giert in Vali SerbL Die Korrektur billigte
Müllenhoff Deutsche Altertumskunde LTI 49
und ganz neuerdings auch May hoff in seiner
60 vorzüglichen Recensio der geographischen Bücher
der nat. hist., obwohl sie geographisch ganz un-
wahrscheinlich ist, da jene Völkerschaften der
Ptolemaioskarte am Kaspischen Meer sitzen.
Detlefsen verbindet in seiner letzten Ausgabe
wie die meisten älteren Herausgeber Halisemi.
Da aber die Tab. Peut auf der Sindischen Halb-
insel die Ortschaft oder Regio Haie verzeichnet»
auf die K. Müller (zu Ptolem. p. 919) mit Recht
ZZÖ1
Hau
Halia
2282
aufmerksam gemacht hat, so ist die Unterschei-
dung eines skythischen Stammes dei H. geo-
fraphisch durchaus gerechtfertigt, auch wenn die
enachbarten Serni noch nicht entdeckt oder
»wiederhergestellt* sind (sollte Serdi zu lesen sein,
so daß sich darin die Sardetae verbergen würden,
welche die Tab. über Haie ansetzt und welche
von Plin. n. h. IV 83 Sardi genannt werden?
Der letztere kennt sie freilich im Westen der
Maiotis, aber vereint mit den Siraci, die auf der
Ptolenmioskarte noch im Osten des Sees wohnen ;
also eine westwärts gerichtete Wanderung der
beiden Stämme. Derselbe Wechsel des Stamm-
vokals bei dem thrakischen Volk der Sardi oder
Serdi).
Haie liegt auf der Tab. Peut. an einer Route
der kindischen Halbinsel auf der Ostseite des
Kimmerischen Bosporus, die sieh wiederherstellen
läßt, obwohl auf der KaTte im Norden des Schwar-
zen Meeres alle Linien und Zahlen der Itinerare
ausgefallen sind. Sie beginnt in Chimerium
(Plin. n. h. VI 18 ultimoque in ostio Cimme-
rium quod antea Chimerion vocabatur\ so rich-
tigere Lesart bei May hoff für Cerberüm Det-
lefsens), also in der Nordwestecke der Halb-
insel. Darauf folgen Bruani {Abitrani des Geogr.
Rav.), Amyrni, beides wohl Stammesnamen, Ma-
eara, Haie, Chritionis, Sopatos. Über Macara und
Haie findet sich Momm., das ist das Denkmal der
bosporanischen Königin Komosarye, den Göttern
Anerges und Astara errichtet. Zwischen Sopatos
und dem nach Osten folgenden Phamacorium
(Phanagoreia) ist auf der Tab. ein sehr großer
Zwischenraum freigelassen und beweist, daß die
beiden Orte nicht durch eine Routelmie verbun-
den werden dürfen. Wie das in sich zusammen-
hängende, das Kubanlinmn im Norden umgehende
ItinerarPhanagoreia—Stratoclis—Cepos— Hermo-
nassa— Sindecae mit dem westlicher gezeichneten
Chimerium — Sopatos zu verknüpfen sei, lernen
wir aus Geogr. Rav. p. 172, 5—8 und 368, 8
—16, Beide Male wird entweder ganz oder
wenigstens mit seinen ersten Stationen das letzt-
genannte Itinerar an Hermonassa angeschlossen,
unter Einfügung einer oder zweier, auf der Tab!
nicht erwähnter Zwischenstationen (das eine Mal
Eteobrocon, das auch Stammesname sein kann,
und das andere Mal Eteobrocon und Latirita).
Also müßten die Routen in der graphischen Dar-
stellung eigentlich übereinander anstatt neben-
einander stehen; nur die Schmalheit des verfüg-
baren Kartenraums hat dem Zeichner der Tab.
diese Anordnung unmöglich gemacht und eine
Zeichnung aufgenötigt, durch welche die gra-
phische Verbindung der beiden Itinerare aufge-
geben werden mußte. Hermonassa lag am Ost
ufer des Kubanlimans (Korokondamitis Xiuvrj).
Deutlich lief von hieraus die eine Straße wie
die ältere russische Poststraße über die schmale
Landenge zwischen dem Liman und dem Aftanis-
see (lacus Sahnarum) westwärts nach der Ingres-
sionsbucht von Phanagoreia; die andere wandte
sich erst nach Norden gegen Temrjuk (Tyrambe),
iun dann gleichfalls westlich umbiegend und die
nördliche Landenge zwischen dem Aftanissee und
der Maiotis überschreitend Kimmerion am nörd-
lichen Ausgang des Bosporus zu erreichen.
Die erste Station nach Chimerium, Bruani
heißt beim Geogr. Rav. Britani und Abritani;
das ist der Gau oder Clan der Abrinatai (bei
Steph. Byz. i&vog TIovxix6v), dem danach der
Landstrich im nordwestlichen Winkel der Sin-
dischen Halbinsel zugeteilt werden muß, vielleicht
in Gemeinschaft mit einem Clan der Amyrni, die
auf der Tab. nach Bruani folgen. Auf der sich
anschließenden Landenge, zwischen den beiden
Ausflüssen des Aftanissees iil die Maiotis, dem
10 Tathis und Antikeites , wohnten nach Ausweis
der Inschriften die Thatai. Damit rückt Haie, der
Gau der H., in die sumpfige Niederung am Unter-
lauf des Kuban, sei es nach Norden oder nach
Süden vom Fluß; ihre südlichen Nachbarn waren
die Sinder. Die im Südwesten mit den H. be-
ginnende Reihe der maiotischcn Stämme bei
Plinius erweist sich zuverlässig. [Kiessling.]
Halia. 1) "Mir} ßo&jn$ im Nereidenkatalog
II. XVIII 40 (zum Texte Lehrs Arist.2 264). Der
20 Chor der Nereustöchter , von der antiken Kritik
mit der pedantischen Begründung des 'Hotödsiog
xaQaxztje athetiert, ist da, die Thetis zu heben.
Die anmutigen und klingenden Namen malen das
Phantastische der Meennädchen ; Aischylos empfand
das, wenn er in dem den Myrmidones folgenden
Drama Nrjgddss den Chor aus ihnen bildete ; die
antike Kunst stellte öfters den Reigen der Meer-
mädchen dar. Auf Frauenscenen im Hause sind
die Namen des schönen Klanges wegen, sonst
30 ohne innere Beziehung, öfters übertragen worden;
vgl, H. Hey dem ahn Über die Zusetzung hero-
ischer Inschriften bei Genredarstellungen, Comm.
Mommsen. 170ff., wo 172 ein Vasenbild aus Gnathia
im Neapler Museum nr. 2296 (abgeb. Mus. arch.
Napol. N. S. II 1) mit sieben mit Putz beschäf-
tigten Frauen, deren drei die Nereidennamen Ne-
saie, Klymene, H. tragen. Die Nymphe erscheint
Hesiod. Theog. 245 in der Verbindung @6t\ WAXfy
rioösaaa. Ob wir 0aXCtj (Schümann Opusc. LT
40 174f.) oder WAlty abtrennen, steht bei uns; für
'AUr) entschied sich nach Homer schon Valckenaer.
Vergü bildet Aen. V 826 ; Georg. IV 338 Spioque
Tkaliaque. Der Nereidenkatalog im Homerischen
Demeterhymnus (418ff.) führt diese Nymphe nicht;
bei Hygin Praef. hat Bunte Halie eingesetzt.
Apoll.* Bibl. I 11 W. 'AXhj.
2) Halia in der rhodischen Sagengeschichte
bei Diod. V 55. 4, 7 als Schwester der Teichinen,
von Poseidon Mutter von sechs Söhnen und einer
50 Tochter, Rhodos Im Wahnsinn, den Aphrodite
über die Söhne sendet, von diesen geschändet,
stürzt sie ins Meer und ward ferner als Leukothoe
verehrt. Den Bemühungen von M. Mayer Gig.
u. Titan. 44t, Bethe Herrn. XXIV 427ff. (vgl.
Art. Heliadai), Tümpel (Philol. L 1891, 431)
ist es gelungen, in dem stark kompilierten Be-
richt Diodors Sonderung verschiedener Parallel-
versionen vorzunehmen. Dadurch ergibt sich, daß
die von ihm genannte Kapheira eine Parallelngur
60 zu H. ist (Tümpel a. a. O. 45). Doch ist sie
nicht mit Tümpel (Roschers Myth. Lei. II
953) mit den Kabiren zusammenzubringen und
auf eine Aphroditegestalt zu deuten ; ansprechen*
der wird der Name von Preller-Robert Griech.
Myth. I* 606, 3 mit den KutpTjyideg nhgai ver-
bunden. Pindar (Ol. VII 14» nennt in dem Ge-
dicht an Diagoras von Rhodos (im J. 464) die
Aphrodite Mutter der Rhodos; daneben findet
2233
Halia
Halia
STJ34
sich bei ihm die Sage des Emportauchens der
Insel aus dem Meere (54ff.), Schol. Pind. a. ä.
O. löl Drachm. bemerkt dazu szgh ITivSagov ök
tovto ov% tax6Qf}%o. Das ist glaublich; Tirno-
kreon von Rhodos, der Feind des Themistokles
(Plut. Themist. 21. Suid. s. v.), scheint sich in
Stoffen aus anderer Sphäre bewegt zu haben.
Pindar, der selbst nicht nach Rhodos fuhr, hatte
also von Diagoras die seiner Zeit in Rhodos ge-
ders Athens, einigermaßen Aufschluß geben ; vgl.
Brandis o. Bd. V S. 2163ff.
Proxeniedekrete von Korkyra, IGIX1, 685
—688 (=CIGn 1841-1844 = Collitz Gr. Dial.-
, Inschr. 3200—3203), die eine geschlossene Gruppe
aus gleicher Zeit bilden und den ersten Jahrzehnten
des 2. Jhdts. v. Chr. angehören (Boeckh zu CIG II
1841 setzt sie um Ol. 140 [220 v. Chr.], Dit-
ten berger zu IG IX 1, 685 einige Dezennien
läufigen Geschichten über die Art der Entstehung 10 später), haben die Formulierung Bofr xät äUat
der Insel und ihre mythischen Genealogien als
Material erhalten. Seinen Angaben gegenüber
kennzeichnet sich die Sage von H. als Mutter der
Rhodos als spätere Vergröberung: die Salzflut
selbst, aus der das Eiland erwuchs, muß nun in
Person als seine Mutter gelten. Die Pindarscho-
lien 24 c, 25 zeigen das spätere Bemühen, Aphro-
dite zu eliminieren und durch Amphitrite zu er-
setzen ; die Apoll, bibl. 1 28 hat denn auch Amphi-
tiqo^svov £tfj,Ev (rag Jioliog xöüv KoQxvQaioiv) zov
ÖEiva. Ewa in dieselbe Zeit gehört die Stiftung
des Aristomenes und seiner Gemahlin Psylla für
die Honoriemng der dionysischen Künstler, IG
IX 1, 694, 1—38 (= CIG II 1845 = Collitz
3206 = Recueil des inscr. jurid. gr. II p. 118ff.
nr. XXV B) mit dem angehängten Ratsdekret
über die Verwaltung der gestifteten Gelder (Z. 39ff.).
Der Ratsbeschluß Aviederholt Z. 83 die Bestim-
trite. Die Behandlung der Sage bei v. Gelder 20 mung der Stiftungsurkunde Z. # 18f., die. Stadt
Gesch. d. alt. Rhod. 52. 55. 336 ist mißglückt ;
abgesehen von einem falschen Pindartext ist seine
Annahme einer altrhodischen Göttin H. unhalt-
bar. Leukothea, deren Verehrung in Rhodos wir
aus der Verknüpfung mit H. bei Diodor rück-
schließen, wird gerade in östlichen Gegenden
mehrfach verehrt (v. Wilamowitz Hom. Unt.
139 und die Liste bei Schirmer in Roschers
Myth. Lex. II 201 8f.). In den fälschlich Lukian
Korkyra soll, sobald das Kapital samt Zinsen
auf 180 Minen angewachsen ist, diese zinstragend
anlegen, die dionysischen Künstler engagieren
und dann (es ist nicht ausdrücklich gesagt, ob
sofort) die Dionysien leiern und von da an diese
Feier alle zwei Jahre wiederholen, falls nicht ein
Krieg es verhindert, ßovXas wai dXiag vxeqüs*
jLievas, d. h. in welchem Falle Bula und H. die
Vertagung, Verschiebung vornehmen. Hier funk-
J-i f ^_^ Ä n..l» —mm~ Jl TT -cirTi'U-n.t'mrl A X r~i TK7"ilVfcl Am«
zugeschriebenen Amores cap. 2 (Helm Lukian u. 30 tionieren Bula und H., während die Wahl der
Menipp. 854f.) werden die Poseidonsöhne mit den 011 ° ^^ Man« wtAVnrlMi VmrwaltnnmtftmrmV
rhodischen Heliaden verwechselt (s. d.).
3) In der lydischen Genealogie bei Dion. Hai.
I 27 findet sich H. als Gattin des Kotys, Tochter
des erdgeboren en Tyllos, Mutter der Asie und
des Atys. Kotys selbst gilt als Sohn der Oke-
anostochter Kallirrhoe.
4) Nach Phrygien führt die von Aelian nat.
an. XII 39 angeführte Sage, daß Sybaris 1 Tochter
aus drei Mann bestehenden Verwaltungskommis-
sion der Stiftung nicht als so wichtig erachtet
wird und daher vorgenommen wird , Sxdozov
hiavtov fiyvog Ma^aviog z}i ßovXäi t} alla. Wich-
tiger dagegen erschien die bei einer Klage wegen
Pflichtverletzung durch die Verwaltungskommis-
sion zu entscheidende Frage, ob die Mitglieder
der Kommission ihre Pflicht versäumt und das
Geld nicht ausgeliehen haben, obwohl sie dazu
H. in einem Artemishain mit einem Drachen sieb 40 imstande gewesen wären (Swarol idvxe;). Über
verbunden und Mutter der VfpioysveTg geworden
sei.
5) Nach der Ortslage am Meere zu verstehen
ist der bei Steph. Byz. s. GsooaXovlxr) genannte
ältere Name H. für diese Stadt ; ebenso
6) der mit'AXteig mwA'AXUj] wechselnde Name
H. des argolischen Städtchens (Skyl. 50. Hesych.
[Malten.]
die Frage, ob sie bona fide oder dolo malo ge-
handelt haben , entscheidet daher Bula und H.:
7i£Qt <Ss töv aövvdzov ßovXa xai aXia Litytyvoj-
axhtß (Z. 72), d, h. der Souverän, der, wie der
Singularis zeigt, als Einheit gedacht ist. Hin-
gegen legen der Festordner (äycovo&eiag ) und die
Verwaltungskommission (ot %£tQi£orz8s to dgyv-
qiov) Rechnung nur beim Rate ab. Ein Bruch-
stück einer ähnlichen Stiftungsurkunde, deren
s. Ali(a)).
7) s. Halieis. „
8) 'AXia (dXiaia [dXtaoois]). A. heißt die Volks- 50 Einzelbestimmungen verloren sind, ist CIG LT 1842
Versammlung in einigen dorischen, vor allem = Collitz 3207. Ein älteres, nach W. Vi seh er
und Dittenberger dem Ende des 4. Jhdts. an-
gehöriges ProxeniedekTet aus Korkyra, IG IX 1,
682 (= Greek Inscr. Brit, Mus. nr. 166 = Col-
litz 3199 = Cauer DelectusS 89) hat im Prä-
skript die sog. abgekürzte Form mit noo^vov
.-rom d dXia xbv dsiva; vgl. auch Swoboda
Griech. Volksbeschlüsse 279. Wenn es überhaupt
eines Beweises bedürfte, so würden die Verbin-
60 düng ßovXd xal dXüa und die ihnen zakommen-
w estgriechischen Demokratien, wofür in Sparta
dTti'/la eintritt (s, Suppl.-Bd. •a.AjieX'Aa). e A. hat
wie exxXrjoi'a die ältere Benennung äyogd ersetzt,
die nur in verhältnismäßig wenigen Staaten er-
halten blieb, z. B. in Delphi (s. Szanto o. Bd. I
S. 878). Es ist nur Zufall, daß d. im allgemeinen
in ziemlich jungen Inschriften vorkommt; denn
das Wort ist zweifellos alt und nicht speziell
dorisch, wie u. a. Herodot (s. u.) beweist.
Die Inschriften geben uns nur ein Bild von
der geographischen Verbreitung der d., sind aber
unausgiebig für die Frage ihrer Organisation und
Kompetenzen. Hiefür und für die Frage des Vor-
sitzenden, des Geschäftsganges, der Antragstellung
und der Beschlußfassung können, mit Vorsicht ver-
wendet, die Nachrichten über die Volksversamm-
lungen der übrigen griechischen Staaten, beson-
den Kompetenzen zur Genüge beweisen , daß d.
die Volksversammlung ist. Weiteres über die
Verfassung von Korkvra bei Gilbert Hdbch.
H 234.
Die «. rinden wir auch in Epidamnos, der
Kolonie von Korkyra, die erst kurz vor dem
Ausbrach des Peloponnesischen Krieges ihrer
oligarchischen Verfassung einen mehr demokra-
ÖÄÖO
nana
Halia
2286
tischen Charakter gab. Ich nehme unbedenklich
an, daß Aristoteles in seinem Berichte Polit. V
1, 6,p. 1301b «V de xr\v rfXiaiav ssidvayxsg sazt
ixt x<bv fr xcjj izoXixev{j.axt ßaht&tv zag dß^ccj,
oxav emy;r)<pl£?]Tai ag%rj xtg t das in der Kolonie
doch wohl so gut wie in der Mutterstadt übliche
Dialektwort d. durch das gemeingriechische rjXiaia
ersetzt hat. Über die Verfassung von Epidamnos
s. Gilbert II 236f., über die Aristotelesstelle
Anm. 5 a. E. 10
In Großgriechenlaud begegnet uns die d. in
H e r a k 1 e 1 a , der Kolonie Tarents , in d en gro ßen
herakleensischen Tafeln IG XIV 645. 646 (= CIG
III 5771. 5575 = Eecueil d. inscr. ]urid. gr. I
p. 193ff. nr. XII); vgl. Tai I 8ff. dveyQarpav zol
ogtorai toi atpsfifrzeg im zcbg %d}QQ}g ztog laqwg
zto Atovvoa> (folgen fünf Namen), xa&ä [&q]i^av
xai sTF.Qital-av xai avvsfiizQrjaav xai ipsoi^av xöiv
^HqaxXdwv äta[y]v6vza>v fr xazaxXrjxmi dXlat.
Dieselbe Formel beim Kataster der Güter der 20
Athena Polias Taf. II 10; kürzer Taf. I 99 xadd
toi 'HQaxleiöi öiiyvov, wodurch die Identität von
a. und 'HQaxXelot bewiesen ist. Die xaxdxXrjzog
d, bezeichnet offenbar, wie die ovyxXtjzog (sx-
xlqaia) in Athen, die außerordentliche, für diesen
besonderen Zweck einberufene Volksversammlung
(Eecueil: faites en execution du decret rendu
par le peuple dHeraeüe dam une assemblee
convoquee ä cet effet). Es ist mir durchaus wahr-
scheinlich, daß auch in der oben erwähnten Stif- 30
tungsurkunde von Korkyra IG IX 1, 694 Z. 52
siQOxaQV^avieg fr xaQvxxat pt) fielov r} ä/nsgag
zu schreiben ist. Boeckh CIG II 1845
und Blaß bei Collitz III 3206 lesen fr Aa-
Qvxräi als Ortsbezeichnung für den Versamm-
lungsplatz. Wescher (Bev. arch. XII [1865]
Sllff.) dem sich auch Dittenberger (IG IX 1,
694) angeschlossen hat, schrieb gewiß richtiger
xagvxTät und ergänzte dazu dUai, Nur durfte
W es eher sich nicht zur Erklärung auf xtjQvx- 40
zog at£(pavog berufen, womit ja lediglich die Ver-
kündigung der Bekränzung in öffentlicher Ver-
sammlung bezeichnet ist Das zutreffende Ana-
logon zur xaovxxd (d.) von Korkyra bietet die
xazäx/^zog ä. von Herakleia und die ovyxXrjxog
(ßxHh]öta) von Athen.
In Großgriechenland ist d. ferner bezeugt für
Begium durch IG XIV 612 (= Dittenberger
Syll. 2 323) sbol-s rät dXiat xaüdxeo rät eaxX^zcoi
xai zäi ßovXät. Die Inschrift stammt allerdings 50
erst aus römischer Zeit, Der als Tz^svog xai
svBoyizag geehrte Cm Aufidius T. f. könnte der
Sohn des T, Aufidius sein, der 69 v. Chr. Pro-
consul von Asia war (Moni rasen). Damit der
Beschluß der H. giltig ist, muß die Beratung
und Zustimmung nicht bloß in der ßovld, die
einen xoooxdzag hatte (Gilbert Hdbch. II 239),
sondern auch in der coxl^zog vorausgegangen
sein. Schon der Name, sodann die enge Verbin-
dung xaMxeg xät £ox?.tjra>t legt die Annahme 60
nahe, daß die mxXr\xog eine zwischen ßovXd und
d. stehende kleinere Volksversammlung ist, viel-
leicht ein Überbleibsel einer früheren, oligar-
chischen Verfassung. Das beste Analogon für
die kleinere Volksversammlung, der offenbar bloß
die Altbürger angehörten, hat bereits Ditten-
berger beigebracht, zwei Dekrete aus Mylasa in
Karlen ans den J. 367/6 v. Chr. und 361/0
v. Chr., Le Bas-Waddington m 377. 378
(= CIG 2691c. d = Dittenberger Syll.2 95
= Michel Eecueil 471) mit der Formel «So&
MyXaosvaiv, ixxXqottjs xvQttjg yevoftfrqg, xai ens-
xvQOiaav al xQslg tpvXat. Hier sind, wie schon
Waddington sah, al zgelg <pvXal die allein in
die Phylen eingetragenen Altbürger, ohne deren
Zustimmung die Beschlüsse der Gesamtekklesie
nicht gültig waren. Der Grund dieses Bestäti-
tigungsrechtes der xQsig <pvXa{ kann nicht ledig-
lich in der Herrschaft des Mausolos gesucht
werden (so Brand is o. Bd. V S. 2200, 15); es
ist vielmehr das erhalten gebliebene Vorrecht
der streng in sich abgeschlossenen Altbürger-
schaft. Die kleinere Volksversammlung umfaßt
jeweilen die geringere Zahl der Höherberechtigten,
deren Zustimmung zu den Beschlüssen der grö-
ßeren Versammlung notwendig war; vgl. auch
Gilbert II 310, 1. Das Vorhandensein einer
kleineren Volksversammlung neben einer größeren
ist für Sparta durch fj fuxga IxxXyoia bezeugt
und indirekt für Gytheion durch edo£e zwi Öd/ton
(zäi rv&sazäv) fr zate fiteydXatg <bzüXaig , Dit-
tenberger Syll.2 330, 41 (= Collitz 4568);
vgl. Dittenberger Anm. 20 und Le Bas-Fou-
cart 243 (Gytheion).
Damit erledigt sich das Bedenken von B ran -
dis o. Bd. V S. 2165, eine zwischen Rat und
d. stehende kleinere Volksversammlung anzu-
nehmen, und sein Versuch, die saxX^xog von Re-
gium als außerordentliche Volksversammlung zu
erklären. Für eine solche kennen wir sonst nur
die Bezeichnung ovyxXrjxog, jigooxXtjzog, ijisiaxXrj-
rr "- nicht aber kaxX^zog. Zudem würden wir
dann bei d. einen Zusatz wie frvopog oder xvqüx
erwarten. Ferner ist nicht einzusehen, weshalb
für ein so einfaches Geschäft, wie die Prosenie-
verleihung für einen römischen Magistraten, neben
der ordentlichen noch eine außerordentliche Volks-
versammlung einberufen worden wäre. Aller-
dings sind die Beispiele nicht selten, die bei
Verleihung von xpofrvta und TioXtxda eine dop-
pelte Beratung oder Lesung bezeugen ; aber dann
erfolgt die Beratung in zwei aufeinanderfolgenden
ordentlichen Volksversammlungen: fr rät ösvxsgov
ixxXrjGia oder«u Svo ixxXrjöiag (Brandis 2196f.).
Schon aus diesem Grunde wird auch in der unten
zu besprechenden Inschrift aus Akragas IG XIV
952 £Öo$£ zäi äXiai xa#ct xai tat avyxXr/zcot mit
ovyxXt]xog nicht, wie Brandis will, die außer-
ordentliche Volksversammlung bezeichnet sein.
Hier, wie in der Inschrift aus Eegiuni, verbietet
übrigens schon der bestimmte Artikel (zäi cvyxXqxai
bezw. xät EoxXrjzrjjt) die Auffassung von Brandis.
Der Auf Zeichnungsbeschluß des Proxeniede-
kretes von Kegium IG XIV 612, 5 zdv de ßovXäv
tu dXiaapia xoXatpa/itfrav elg %a?.xa>fiaza dtooa xo
ftev äva&£u£iv dg xb ßovXsvzrjQiov t xö de ojio-
oztXmi r% f at(o Avtpidico, gibt uns zugleich das
einzige Beispiel für aXiaopa. = ddyfia zog äXtas.
Denn an den zwei Stellen, wo äXianfta sonst noch
vorkommt, IG XIV 256, 4 (Gela) und IG XT7
952, 7 (Akragas), bezeichnet dXiaofia in ßavXäg
äXlaofta nicht den »Beschluß', sondern die , Ver-
sammlung' des Rate3. Der auf Grund des Probu-
leoma des Bates gefaßte uns vorliegende Beschloß
heißt in den Aufeeichnungsbeschlüssen beider In-
schriften xo döy/ta v6de.
2237
Halia
Halia
22S8
Auf Sizilien finden wit die H. in Gehi in der
wohl aus römischer Zeit (1. Jhdt. v. Chr.) stam-
menden Inschrift IG XIV 256 (= CIG III 5475
= Cauer Del. 2 198), gefunden in dem 281 v. Chr.
gegründeten Phintias (jetzt Licata), mit der Formel
»5ofe xai aliai xa[l zät ßJovXät. Über Lesung
und Ergänzung s. Kaibel z. St Die Bekränzung
des durch den Beschluß geehrten Gymnasiarches
findet statt fr rät äXiai (19f.). Die Identität von
Zeit des Epos übliche Benennung ayogd erhalten
geblieben ist. Vgl. z. B. Swoboda 269. 307.
309, aber Dittenberger Syll.2 306, 41f. fr xon
fiTjvi xät IIoizQonioJi fr zäi frvöuan sxxlqotai.
Nach der Mitte des 4. Jhdts. finden wir in dem
delphischen Volksbeschluß über die Erneuerung
der Promantie für die Thurier, Ath. Mitt. V (1880)
202 nr. 62 nach der Ergänzung von Ditten-
berger Histor. polit. Aufsätze, Ernst Curtius ge-
ä. und Sfjfiog beweist die ,Vexkündigungsformel' 10 widmet 292 nr. II 8[ovqI]oiq djto66[fie]v xav
7. 20 6 däfiog xuiv reXwioyv iaaivei xai ozeyavy 7tQo[fia]vxv)tav st [qo] aXcoixäv [ovJxtDt^ Tapav-
t^. * i.-„. i.„ r^i — i. „„„ [xl]vov, [KX]Bo[ddfiov (Baunack [K]lsa>vo[s])
und einen dritten Namen. Zu dieser Urkunde vgl.
Pomtow Eh. Mus. LI 351ff. und Homolle Bull.
xbv yv/nvaaiagxov. Ein fragmentiertes Dekret aus
Phintias IG XIV 257 (= CIG III 5476) weist die
gleiche Gestaltung des Präskriptes auf; über die
Verfassung von Gela s. Gilbert II 258.
In Akragas lautet IG XIV 952 (= CIG III
5491 = Cauer 2 199) nach 210 v. Chr., dem Jahre
der Eroberung durch die Römer, die Beschlusses-
formel Z. 10 kdo£s zät aliai xa$a xai rat avvxXrj-
hell. XX 678ff. Dittenberger Syll.2 94 n. 4
erklärt die TtQoaXt&rai jetzt zweifellos richtig als
die Vorsitzenden der Volksversammlung (<L). Die
früher auch von ihm vermutete Identifikation mit
den drei ßovXevovxec der delphischen Psephismen
tau qi, d. h. der Beschluß der H. ist gefaßt 20 ist unmöglich, da diese drei ßovXevovzEg in der
v J,.™ Tr^-^^l-lr.,,.^. ^I^.v. -»'.....]„-„., m-nr) o+ivnmf (vlmWmn T Ti-Vnn/lö V. 9H ovni annf. sind TliA "RrmlrtinTi
nach dem Vorschlage der GvyxX-qzog und stimmt
mit ihm überein. Sprachlich würde nahe liegen,
die avyxXtjzog von Akragas als eine kleinere
Volksversammlung zu betrachten, ähnlich der
?,oxXr)Xog von Regium (s. 0.); doch ist eine solche
nicht wohl denkbar als einzige vorberatende In-
stanz, sondern nur als eine der o. koordinierte
oder höchstens zwischen ihr und der ßovld steheude
Versammlung. Da auch die sprachlich noch näher-
liegende Bedeutung .außerordentliche Volksver- 30 II p. 809.
gleichen Urkunde Z, 20 genannt sind. Die Funktion
der ftQoaJa&zai bestand, wie ihr Name sagt und
bereits J. Baunack bei Collitz GDI II p. 845
nr. 2676 sah, darin, den gestellten Antrag vor das
Volk zu bringen und in der d. mündlich zu ver-
treten. Gegen die Annahme B aun ack s , es handle
sich im Proxeniedekret für die Thurier um eine erste
Verleihung, nicht eine Erneuerung der Proxenie
(äjio&ofiEv) vgl. Dittenberger Syll. 2 Add. vol.
Sammlung' hier nicht angenommen werden darf
(s. 0.). so wird man nicht umhin können, avyxl-q-
zog hier als eine freie Bezeichnung für den Bat
zu fassen, obgleich die Inschrift auch die ßovXd
ausdrücklich nennt. Diese war nach den drei
dorischen Phylen gegliedert, von denen je eine
mit einem nooayoQag und einem yqaß^iazsvg in
der H. den Vorsitz führte (Gilbert II 258). In
der Inschrift aus Akragas bezeichnet, wie bereits
Als staatsrechtlichen Terminus für Volksver-
sammlungen können wir d. selber für Delphi nicht
mehr nachweisen, wohl aber für die Versammlung
der delphischen Phratrie der Labyaden durch die
nicht nach 400 v. Chr. fallende große Inschrift
Bull. hell. XIX (1895) 5ff. = Dittenberger Syll.2
438 = Baunack bei Collitz 2561 = Michel
Recueil 995. Die Labyaden formulieren ihre Be-
schlüsse wie die Gemeinde Z. 19ff. eöo£e Aaßvd-
angedeutet, dXiaofia in dXiaofta exzag btfirfvov 40 öatg Bovxaxiov ^irjvog ösxdzai, im K[dgjr]ov, fr
(Z. 7) die , Versammlung' der H. unter dem Vor- zdi dllat, av/x ydyoig hexaxbv oydorjxovxa övoiv.
sitz der Phyle der Hylleis, während der Beschluß Daß d., was durch diese eine Stelle nicht völlig
Z. 22 mit bdyfta bezeichnet ist. Ebenso verhält
es sich mit der fast ganz gleich formulierten In-
schrift von Gela IG XIV 256. ^ Dort steht Z. 4
ßovXäg aMaafta zä[g] dsvzipag £g~a/itr}Vov t wo man
sieh übrigens fragen könnte, ob nicht das von
Kaibel verbesserte ßovXäg dXidofiaza dsvzEoag
i^a/n^vov des Steines richtiger sei; denn auf ein
ausgeschlossen wäre, nicht das Versammlungs-
lokal, sondern die Versammlung selber bezeichnet,
zeigen Z. 41 xarayogeizat fr zäi dXiat zäi [texa
Bovxdzta (vgl. dazu (Dittenberger Anm. 24) und
Z. 191 a[t d' dJXiav no'iovzwv v.Qxoi[v djndt},
dxozEioäzot) odsXör, xai ovy%eoi, djtoxeiodzoi o&eXov.
Hier begegnet uns dXiav izoietv, womit das aus
regestenartiges Ausschreiben des sog. .Betreffs' 50 Herodot bekannte (s. u.) dXlr\v notüa&at zu ver
des protokollierten Beschlusses weist auch der gleichen ist
Inhaltsvermerk arefpdvov yvftvaatdQy/t) hin. Auch
in der Inschrift von Gela heißt der Beschluß der
H. ddy,ua (Z. 25). Im Ab stimmungs vermerk am
Schluß der Inschrift von Akragas Z. 28 6/uoyvo>-
ftoveg zov ovveÖqiov Tidvze; bezeichnet doch wohl
ovve6qiov ganz allgemein die Versammlung, also
hier die unter Vorsitz der ovyxXr\xog bezw. ßovld
abgehaltene Versammlung der d. Solch freie Ver-
Sonst finden wir auf dem griechischen Fest-
lande als Synonymum von d. in Argos aXiala,
das Caillemer bei Daremberg-Saglio Dict.
d. antiqnit. gr. et rom. u. Halia unrichtigerweise
als Bezeichnung des Volksgerichtes von Argos,
entsprechend der attischen rjXtaia. glaubte auf-
fassen zu dürfen. Die stark zerstörte Inschrift
aus Argos IG IV 557 (= CIG I 119) hatte im
Wendung Staate rechtlicher Termini, die früher ihre 60 Präskript, wie Wilhelm Arch.-ep. Mitt. XX (1897)
ganz bestimmt umschriebene Bedeutung hatten,
ist in römischer Zeit nicht eben selten.
Das einzige Beispiel für a. im griechischen
Mutterlande bot bis in neuere Zeit Thuria in
Messenien, Le Bas-Foucart 300a Z. 5 (Swo-
boda Gr. Volksbeschl. 307). Dazu kommen jetzt
noch zwei Beispiele besonderer Art aus Delphi,
wo für die Volksversammlung die alte, bereits zur
nr. 18 sah, die Formulierung äXtaiat e]So£s
xeXeifat] mit der auch anderwärts nicht seltenen
Bezeichnung der Vollversammlung als xeXeia oder
züetog (s. Swoboda Gr. Volksbeschlüsse 309).
Es wird damit nicht lediglich eine zahlreich be-
suchte Volksversammlung bezeichnet (Ditten-
berger Syll. 2 271 n. 1 frequens contio) ; sondern
es liegt der Bezeichnung die Fiktion zugrunde,
.nana
ZZ4U
daß die Volksversammlnng , vollzählig* sei, wenn ein to the study of greek dialects § 55 p. 47 unter
gewisses lOnimmn von Teilnehmern anwesend ist. ausdrücklicher Billigung, ferner Opitz im Index
Dieselbe Fiktion haben wir in Athen im Aus- zu Collitz IV 3 S. 450. Es ließe sich jedoch
druck jidvTEs'A&fjvaiot heim Fassen eines yjjgw,wa erwägen und untersuchen, worauf mich Schwy-
en ävÖQt: als jzdvzec 'A&tjvacoi gilt eine Volks- zer aufmerksam machte, oh nicht Fränkels.
Versammlung mit mindestens 6000 Stimmenden. Erklärung sich halten ließe unter Annahme einer
Entsprechend muß das Gesetz in Argos Destimmt einzeldialektischen Öffnung von nn« vor ge-
haben, wie viel Bürger anwesend sein mußten, wissen Konsohantenverbindungen.
damit die d. als zsXeta galt. Die durch Eurip. Orest. 872ff. und die Scho-
Dieselbe Formulierung finden wir in den x&- 10 lien dazu angeregte Frage nach dem Verhältnis
fiai von Argos, in Mykenai und Nemea (über von Pron (f) ITqü>v) und AJaaia in Argos soll
den Begriff der xco^ia s. Dittenbcrger Syll, 2 hier nicht weiter erörtert werden; vgl. im all-
271 Anm. 3), am vollständigsten in der zwischen gemeinen Gilbert Handb. II 79ff. Ich stimme
197—195 v. Chr. zu datierenden Inschrift von Ed. Meyer Fron und Haliaia in Argos, Philol
Mykenai IG IV 497 (= !£: w . d QX . 1887, 155 XLVIII 185ff. (= Forschungen z. alt. Gesch. I
= Dittenberger Syll. 2 271 = Collitz 3315 104) bei, daß üqwv und AXiaia identisch sind
= Michel Recueil 173) Ssöig • dyaMi Tv%at. und den Vorsprung der Larisa bezeichnen, wo
dXtatai Böge zeXdai zwv Mvxavdtov, unvollständig Volksgericht und Volksversammlung, wenigstens
in der nicht nach dem 3. Jhdt. fallenden Inschrift ursprünglich, zusammentraten. Daraus folgt aber
aus Nemea IG IV 479 (= Bull. hell. IX [1885] 20 nicht, daß das Volksgericht in Argos ebenfalls
352 nr, 4 = Collitz 3320; vgl. dazu Swoboda ähala hieß; daß damit vielmehr die Volksver-
Philol. XLVLTI [1889] 762f.j, wo nur ahaim Sammlung bezeichnet wird, beweisen die oben
Zfiofrv sicher ist. Zu Beginn des 2. Jhdts. wurde, angeführten Inschriften, von denen die aus My-
wie wir durch Liv. XXXII 25 wissen, die Ha- kenai bereits Ed. Meyer verwendete, während
liaia von Argos von den Strategen präsidiert. Swoboda Philol. XLVIII 763 die aus Nemea
Früher gab es einen jiQoarär^g xov ö^ov, der nachtrug. Daß aber trotzdem die Benennung
die Volksversammlung zusammenberief, wenn wir der argivischen Volksversammlung als dUaia
aniiölirriöTi /Iiirfön /loft Aon Ton+ 11 ii (U-iirA unt. ;-™„^ ,-1,.,:.-. ,_:+ A J „™ ^li' .1 tr .n • l i
IG IV 497 sind es die Saptiogyoi, die den Antrag Hierher gehört auch, wenn die Interpretation
an die Haliaia einbringen und dort vertreten. von Richard Meister richtig ist, dkiaaotg, d.
Ihr Sprecher oder Vorsitzender ist mit dem sprach- h. dliaötg in der in Hermionc gefundenen archai-
lich noch nicht sicher erklärten d^revs öafitog- sehen Bronzeinschrift von Argos aus der Samni-
y&v ö Mva bezeichnet. Daß IG IV 517, 4 mit hing Tyszkiewicz IG IV 554 (- Roehl Imag.2
dJer/reve der Vorsitzende des Kollegiums der p. G7 = Michel Recueil 583). Zur Schreibung
Hieromnamonen bezeichnet ist, unterliegt keinem mit oo vgl. 'Agioorova, yQaoofidzov , Öa^sveaa&o
Zweifel. Außerdem begegnet uns äfefaeve IG dieser Inschrift. Frühere Erklärer lösten auf
IV 553, 3. 616, 3. 5. 10, doiqzEve 497, 4 (dgr/- 40 [AI d]e öixdoCotro '■ rov ygaoojiidioy '■ hevexa
xbve dafitoQyär, wo Brandis O. Bd. V S. 2174 zag \ xazaftiowg \ i? rag dltaaatog ■ rgho xat
daniOQyoiv kaum richtig als Partizip statt als Gen. öa/usvioo&o \ Svg 'Ä&avaiar und glaubten in ätia-
Plur. auffaßt). 557, 1. 923, 2 und in aQ^zeve atg das Gegenteil von xaiäßeaig erblicken zu
Aicav ßtoXäg oEVTtQas am Schlüsse des aus der müssen, so z.B. Robert Monum. ant. dei Liucei
Mitte des 4. Jhdts. stammenden, in Smyma ge- I (1891) 593: ,atti di deposüo o di ritiro'.
fundenen Schiedsspruches von Argos im Streite Froehner Rcv. archeol. 1891, II, 51 wies zwar
zwischen Melos und Kimolos IG XII 3, 1259 mit Recht daraufhin, daß in Argos und Mvkenai
(= Le Bas III 1 = Collitz 3297). Der Sinn die Volksversammlung d/.iata hieß, faßte aber
von dgr/reve, über das Max Fränkel S.-Ber. dtiaooig doch als .Gerichtssitzung*. Peppmüller
Akad. Berl. 1898, 637ff. gehandelt hat, ist klar, 50 Wochenschr. f. kl. Phil. 1891, 861 fand, es könne
unsicher ist die Erklärung der Form. Nach ebensogut die .Sitzung' als den »Beschluß' der
Fränkel 638, 1 gehört es zu fge in or^zog, dXiaia bezeichnen, Übersetztedann aber unrichtig
ptjroa, 6r)T(aQ mit a als syllabischem Augment , auf Grund eines Volksbeschlusses'. Anders Th.
statt e (Ähren s De dial. I 229) und heißt eigen t- Reinach Rev. d. <5fc gr. IV 171. V 357. R.
lieh ,war Sprecher ; d^zsvs blieb als vereinzelte, Meister Indog. Forschungen Anz, I (1891) 202f.
erstarrte Form dieses Verbums auch in jüngeren, löst dagegen auf i(xj rag dXtdaoiog mit assimi-
aber archaisierenden Inschriften erhalten. So Im- liertem sx, betrachtet dUamg offenbar allgemein
sen Unters, z. griech. Laut- und Verslehre (1901) als Versammlung des Volkes, nicht des Gerichtes
262f. lehnt die Erklärung von Fränkel ab, da und übersetzt den Passus so: ,Wenn er sich aber
Wandel von «gzn ag nur nordwestgriechisch, 60 zu verantworten hat wegen der verbrauchten
nicht peloponnesisch-dorisch sei, ebenso die Be- Gelder (yqaoofidzov von ygäoofta, , das Aufgezehrte'
hauptung von H. Searl A lexicographical study zu yodo>; io&ico; vgl. otxog ia&iezai; Hesych.
22, a sei der Rest von ava. So Im sen selber io&ie . dvdXtoxs u. ä.), so soll er wegen seiner
betrachtet a als prothetischen Vokal, aus dem Aussage aus der Versammlung fliehen und sie
Stimmton von f entwickelt, nimmt also ein Prä- bekanntmachen angesichts der Athene'. Eine
sens dQijzevo) an, so daß äfgtjzsve mit temporalem endgültige , einwandfreie Erklärung der Stelle
Augment zu lesen ist. Ihm folgen Thumb steht meines Wissens noch aus.
Handb. § 121, 7 stillschweigend, Bück Introduct. Schließlich ist äXiaia auch nachzuweisen für
2241
'Aha Ca
Haliartos
2242:
das zu Argos gehörige Epidauros durch die im sich 'AXiaQzog. Das Gebiet von H., die 'AXtagzia
Asklepieion gefundene Inschrift IG IV 928 aus (s. E. Meyer Theopomps Hellenika 96) nahm das
der ersten Hälfte des 2. Jhdts. v. Chr. mit dem ganze Südufer der Kopais ein und umfaßte jeden-
sehr unsicheren 6kta[i]a {ifvjy ev[z]6s'AöxX[a- falls die nördlichen Vorketten des Helikon; wo
sztstov (Z. 4). die Südgrenze verlief, ist unbekannt. Im Westen
Ganz vereinzelt erscheint dUa in dem mit bildete die Grenze gegen Koroneia ein Felsrücken,
deS6x&ai z$ dd/uc? z<öv BvCavzt'cov xat IIsQir&icov der vom Westende des Leibethrion gegen die
formulierten Ehrendekret von Byzantion für Kopais hinausläuft und mit dem steilabbrechenden
Athen vom J. 339 v. Chr., eingelegt in Demosth. Tilphusion, der heutigen Petra, dicht an den Sumpf
XVIII 90 : Aaiidyijtos h zu, dXty sXefrv. JSeben 10 herantrat (Paus. IX 33, 3). Im Osten reichte das
der d)Ja ist hier um diese Zeit die ßwXd Repräsen- Gebiet bis Onchestos (Strab. IX 412), wo ein
taut der obersten Staatsgewalt (Gilbert Handb. Sattel von Schiefer und Konglomerat die Vorhöhen
II 19$)- des Helikon mit einem isolierten Kalkberg west-
Herodot gebraucht wiederholt dltyv xoisto&at lieh vom Phagäs verbindet (Philip pson Ztschr
oder ovXXsysiv = eine Versammlung veranstalten, Ges. Erdk. Berl. 1894, 17). Viele Quellen und die
einberufen nach Schweighäuser I 125 (dXirjv Bäche, die vom Gebirge kommen und freilich im
zw neQO&v ssioirjöaxo). V 29. 79. VII 134, be- Sommer alle vertrocknen, befruchten das Land,
sonders vom Heere, wofür er auch aXt£uv ozqo,- namentlich die Ebene östlich der Stadt, wo heute
%6v sagt VII 12. I 80a. I 77. 119, das dann in das Dorf (Megalo) Mulki liegt. Der zu H. ge-
der Korne wieder auftritt. 20 hörige Teil der Kopais war besonders wasserreich.
Literatur: Caillemer Art. Halia et Halia- Daher heißt H. IL Fl 503 ao^a«, was Stat Theb
stai in Daremberg-Saglio Dict. d. antiq. gr. Vn 274f. umschreibt (vgl. zur Dentung der Stelle
et rom. III 31 (1896). Gilbert Handb. d. griech. Helm Wochenschr. für Kl. Phil. 1908, 209) und
Staatsaltert. II 309 (beide jetzt unvollständig). Nonn. Dionys. XIII 71 mit vög^v & e A. nach-
ejt , , r , „ , [Schultheß.] bildet. Die Angabe Strabons IX 411 = ApoUodor
Miata 8. ^Aia (Schwartz o. Bd. I S. 2867, 52f.) fritzoS iv mtvöS
Ualiaios {Miaws), Kalendermonat von Dreros, zcoQup fieza^v vjisqxeiusvov öqovs xat t« s Kemal-
P lt i en ,nKo^ SylL2463)106 " CollitzDia1 '- Sos U ^^ cnarakterisiert die Lage der Stadt
Inschr.4952C21:TotJ//»;fo?TOvÄb|^OÄae/ov^Tot;| treffend. Zwischen den Dörfern Masi und Siacho
'Mtaiov, woraus hervorgeht, daß er im Jahre jeden- 30 erhebt sich ein spitzer Berg (vielleicht der von
falls später lag als der Komnokarios. Der Xame Plut Lys. 29 erwähnte Alopekos), dessen steiler
ist herzuleiten von der bei den Doriern üblichen Fuß weit nach Nordosten vorspringt. Dicht an
Bezeichnung für Volksversammlung dUa. bezw. diesem entlang zog zu allen Zeiten die Straße, die
ahaia (Gilbert Handb. d. griech. Staatsaltert. die östliche und die westliche böotische Ebene
II 309 1. Dittenb erger Syll. 2 271 A. 1) und miteinander verbindet, die Hauptverkehrsstraße
deshalb vergleichbar dem Monat Apellaios , der Mittelgriechenlands. Nördlich der Straße springt
nach den dneXXai, der Bezeichnung für die lako- wie ein Vorgebirge ein breiter, flacher Hügel aus
mschen Volksversammlungen und für die Ver- dichtem gelbem Kalkstein weit in die Niederung
Sammlungen der Phratrien in Delphoi, benannt vor. Seine Fläche steigt nach Norden hin zuerst
lst - _ ,. . [Bischoff.] 40 langsam an; hier lag die Unterstadt. ,Dann er-
Haliafcmon (Miox/hov) wird als älterer Name hebt sich darüber der Südrand der Akropolis von
des Flusses Inachos bei Argos angegeben [Plut.] nur mäßiger Höhe. Die Akropolis hat die Gestalt
de fluvns 18, 1 (VTI 312, 7 Bern.); vgl. Stob. eines verschobenen Vierecks mit vielfach ausge-
Flor. 100, 10. FHG IV 291, 4. [Bölte.] zackten und unterhöhlten Seiten* nach Norden. Osten
Haliardi (AXlagöot), sonst unbekannter Volks- und Westen, wo die Felsen 15—17 m hoch steil
stamm im Innern der Provinz Africa, Ptolem. gegen die Ebene abbrechen. An der Südost-Ecke
IV 3,25 p. 640 Müller, vgl. Tissot Geographie der Akropolis ,steht ein 9 Schritt langer und
1^ i?^SS I 454 " • [Dessau.] 4 Schritt breiter Turm, an den sich nordwärts ein
Haliartia s. Haliartos. polygonales Mauerstück anschließt. In der Nähe
Haliartis s. Kopais. 50 des Turmes liegt das besterhaltene Stück der süd-
Hahartos. 1) Der Spiritus asper des Anlauts liehen Akropolis mauer. Auf einer doppelten Reihe
ist direkt bezeugt nur durch die ältesten Münzen von horizontalen Quadern ruht ein polygonaler
(550-500) mit dem Zeichen B- Der zweite Buch- Überbau mit sorgfältig gearbeiteten Fugen. Etwas
stabe war m der epichorischen Aussprache ein q. weiter westlich springt der Rand des Hügels etwas
Die Münzen des 5. und 4. Jhdts. tragen die Legen- weiter vor; nördlich von diesem Vorsprung be-
den ARI, ARIARTIO^, API. Damit stimmen merkt man eine zweite polvgonale Mauer die
oioj? a S hriften aUS H * iiberein IG vn 1795 " wahrscheinlich als Stützmauer gedient hat. An
2724b. 2848. 4143. Endlich haben wir das Zeug- den Vorsprung schließt sich weiter eine schlecht-
ma des Lokalforschers Armemdas (FHG IV 339; gefügte Mauer aus großen und kleinen Polvgonen
8. o. Bd. H S. 1187. Radtke Heim. XXXVI 42f. 60 an. Andere Mauerstücke rinden sich an der Nord-
kaema junger als 300') bei Steph. = Herodian. ostecke und in der Mitte der Westseite ; letzteres
I Sil, 11 Lentz: Agfievidag 6 iv (?) z£ q 'Agi- hat eine Breite von 9\ Von der Stadtmauer sind
oqzov <p V ety. Die Form mit X begegnet erst auf noch weniger zusammenhängende Reste erhalten.
Münzen der letzten Periode (338—315) mit AAI, Am Rande des Hügels, der sich von dem Turm
«oL den ^c^^ 11 IG TO 2724 (von Ptoion), bis zur Quelle Stemenias hinzieht, sieht man eine
2850 (nach 168), CIG 1542, 7 = Syll. 2 236 ziemlich bedeutende Strecke aus schönen Quadern,
(ans Achaia). In den literarischen Texten herrscht Im Inneren des Stadigebiets lauft «ine langge-
durchaus die Form 'AX/aera:, gelegentlich findet zogene Mauerlinie parallel mit dem Sftdrand der
Pmly-WiMowa-XrolI VII 7J
J.XOIU.CU. UVO
AAl&GZCtl
&&9A
Akropolis. Ihren westlichen Endpunkt durch-
schneidet eine Ton Süden kommende zweite Mauer.
Sie beginnt in der Nähe eines Hügels in der Süd-
west-Ecke des Stadtgebiets, auf dem' die Funda-
mente eines viereckigen Baus liegen. An seinem
Südrand und ostwärts in der Nähe der Straße
liegen einzelne Quadern und Mauerstrecken' (nach
Lolling Urbaedeker 218f.; s. darüber Bulle
Orchomenos 1 116, 2). Am Nordwestfuß des Burg-
felsens entspringt die reiche Quelle Amoti. die
Kissusa bei Plut. Lys. 28; denn die Thebaner
hatten bei ihrem Angriff die Stadt zur Linken,
gingen also nördlich um sie herum. In geringer
Entfernung vor der Westfront der Stadt liegen
mehrere Erdhügel bei einigen Quellen. An dieser
Stelle hafteten vielleicht die Erzählungen von Alk-
mene und Rhadamanthys (s. o. Bd. I S. 1365, Slff.).
Auch das Grab des Lysander hatten die Haliartier
sich angemaßt (Paus. IX 32, 5. 33, 1), während
er nach Plut. Lys. 29 im phokischen Panopeus
begraben war. Das Heroon des Kekrops (Paus.
IX 33, 1) war vielleicht erst von den Athenern
errichtet (Gur litt Über Paus anias 225). Die be-
herrschende Lage an der wichtigsten Verkehrs-
straße Mittelgriechenlands gab der Stadt mehr
noch als die Fruchtbarkeit ihres Gebiets früh eine
bedeutende Stellung. Sie hat neben Theben, Ta-
nagra und Pharai allein unter den böotischen
Städten größere Silbermünzen ältesten Stils (550
—500) geprägt. Bei Delion 424 kämpften die
Haliartier mit den andern Umwohnern der Kopais
im Mitteltreffen (Thuc. IV 93). Im Wüschen
Bunde bildete H. zusammen mit Koroneia und
Lebadeia einen Kreis, jj,£qos (Hellen. Oxyrh. bei
E. Meyer Theopomps Hellen. 183). 305 fiel vor
den Mauern der Stadt Lysander (Xen. hell. III 4,
17ff. Plut. Lys. 28f. Diod. XIV 81. Paus. IX
32, 5). Im dritten makedonischen Krieg brachte
ihre rümerfeindliche Haltung der Stadt das Ver-
derben. Sie schloß sich an Perseus an (Polyb.
XXVII 1, 8. 5, 3. Liv. XLII 44. 46), ward in-
folgedessen von dem Praetor C. Lucretius be-
lagert und trotz kräftigen Widerstandes der von
Koroneia aus unterstützten Bürgerschaft gestürmt.
Die Bürgerschaft wurde niedergehauen, 2500
Mann, die sich auf die Burg geflüchtet hatten,
ergaben sich am andern Tage und wurden in
die Sklaverei verkauft. Die Stadt wurde ausge-
plündert und dem Erdboden gleichgemacht (Liv.
XLII 56. 63). Das Gebiet erhielten die Athe-
ner (Polyb. XXX 21, 9; Strab. IX 411). die es
durch einen Epimeletes (o. Bd. VI S. 164. 16)
verwalten ließen. IG VII 2850 erhält eine Ehrung
für einen Epimeletes durch den Synodos der Kyne-
goi, deren Tamias er war. Daß das Stadtgebiet
wieder besiedelt worden sei, wie Dittenb erger
meint, folgt daraus keineswegs (Holleaux 112, 1).
Strabon sagt (LX411) Atiagzog vvr övxeu eoxtv.
und Pausanias (IX 33, 3) weiß aus der Stadt nur
einen Zug zu berichten: iv 'A/.idQto) Se doi vaoL
xal aqptoiv ovx dydl/naza eveoziv, ovh OQOfpog
ijieoziv ov /Atjv ovds oig zirnv Exöu'jdrjaav , ovde
xovxo i]8vvd(irjv ztv&io&ai (zum Ausdruck Eobert
Paus, als Schriftst. 43). Die Yergleichung von
IX 32, 5 und X 35, 2 ergibt, daß nach Pana-
mas' Vorstellung die Stadt 480 wegen ihres An-
Behlusfles an die hellenische Sache durch eine
Abteilung des persischen Heeres zerstört und die
Tempel infolge eines Schwurs der Hellenen nicht
wieder aufgebaut worden waren. Daß die Tempel-
ruinen, die Pausanias sah, aus dem J. 480 herrühr-
ten, erklärte Bursi an für unglaubhaft. Koepp
Arch. Jahrb. V 268f. verwies den Schwur der
Hellenen ins Gebiet der Fabel und zweifelte die
Zerstörung durch die Perser an (274 u, Anm. 22).
Endlich hat Ho 11 e au x Kevue de Philologie XIX
1895, 109ff. die Behauptung des Pausanias als ein
10 grobes Mißverständnis erwiesen. Die Zerstörung
von 480 erwähnt nur Paus. ; Herodot, der die Ge-
walttaten der Perser genau aufzählt, schweigt von
ihr; er nimmt von dem allgemeinen Medismos der
Böotier nur Plataiai und Thespiai aus (VLTI 32f.
50, 2) ; und bei Plataiai haben die Haliartier nicht
mitgekämpft. Dagegen weiß Paus, nichts von der
Zerstörung von 171. Es ist so gut wie sicher,
daß Paus, durch den Ausdruck IIbqoixq; jidXeftog,
den z. B. Polybios gebraucht (III 3, 8. 5, 4. 32, 8
20 u. ö\), irregeführt wurde und den Bericht seiner
Quelle über den dritten makedonischen Krieg auf
den Perserkrieg übertrug. Über den Namen:
O. Müller Minyer 2 469 mit der älteren Literatur.
Meister Bezzenb. Beitr. VI 1882, 48f.; Dialekte
1252. Kühner-Blaß 1279. Münzen: Imhoof-
Blumer Numism. Ztschr. III 1871, 334ff.; Head
HN2 345; Head- S vor onos e Ivt. x. vop. I 433.
Inschriften: IG VII 2848—2850. 2852. 2855
—2857. 'E<p. a QK . 1909, 56. Geschichte und Topo-
30graphie:Imhoof-Blumer350ff.BursianGeogr.
I 232 f. Vis eher Erinnerungen 558ff. Frazer
Paus. V 164ff. (die sonstige ältere Literatur 166).
Hitzig-Blümner LII 1. 49 lf.
2) In Messenien bei Ptolem. III 14, 42 beruht
offenbar auf einem Irrtum. [Bölte.]
Jl alias s. Half eis.
'AliaaraLi begegnen uns bloß in einem Statut
betreffend Übernahme öffentlicher Arbeiten etwa
aus dem 3. Jhdt. v. Chr. aus Tegea in Arkadien,
40Le Bas-Foucart II 340 e (= Collitz 1222
= Cauer2 457= Hoffmann Griech. Dial. I
p. 25 = Michel Recueil 585). Man wäre ge-
neigt, in diesen a. die Mitglieder der dlia,
d. h. der Volksversammlung, also Vollbürger, zu
sehen; doch stimmen ihre Funktionen nicht recht
dazu. Eine Bestimmung der Verordnung lautet:
es dürfen nicht mehr als zwei Anteilhaber (äoi-
väveg) sich zur Übernahme öffentlicher Arbeiten
zusammentun, sonst wird jeder Anteilhaber mit
50 50 Drachmen gebüßt und die d. sollen die Buße
eintreiben (sjieXaodo&wv dz ol äXiaoxat Z. 18f.).
Die folgende Bestimmung verleiht den H. die
Kompetenz, auf Grund einstimmigen Beschlusses
(öuod'Vf.taöov ^dvreg) einem Unternehmer zu ge-
statten, mehr als zwei öffentliche Arbeiten gleich-
zeitig zu übernehmen, Z. 25ff. et h äv [z]ig
tzXeov ?/ ovo igya eyj) tojv IeoGjv rj z€>v dafi[o]-
aloiv y.ax" d 6s ztra zgd^ov, oxtvi du firj ol aha-
azai xaoszdk~covoi öfio&Vfjtaöov xdvzEg, £a/*ioa#a>
60 (folgt die Spezifierung der Bußen). Das sind
Funktionen, die für die Gesamtheit der Bürger
nicht recht passen. Nun könnte man freilich
darauf hinweisen, daß wir in Athen nicht selten
Sektionen von Heliasten, die ja nicht Geschworene
sind, sondern das Volksgericht, in Funktionen
sehen, die sie uns nicht als Richter, sondern als
Vertreter des Gesamtsouverans zeigen; jedoch ist:
mir wahrscheinlicher, daß die d. von Tegea eine
2245 Halie(ensis?) exploratio Halieis 2246
Behörde waren; so Foucart zur Inschrift, Cail-
lemer bei Daremberg-Saglio m 4 und Gil-
bert Handb. II 129, 4. Auffällig und ungewöhn-
lich bleibt aber die Verwendung des Wortes d.
für ein Beamtenkollegium. [Schultheß.]
Hallc(ensisS) exploratio auf einer im Feld-
berg-Kastell 1892 entdeckten Inschrift luliae
Mameae Aug., matri Severi Alexandri Aug.
nfostri), castrorttm, senattis patriaeque, explfo-
ratio) Haliefensis?) Alexandriana devota numim 10 der Epidauria und Korinthia, ^wie sie im Auf-
Dittenberger Ind. lect. Hai., Sommer 188$,
De sacris Ehodiorum Vff. Athen. XIII 561 E.
Aristid. rhet. 43 p. 808 Dind. (I 547). Appian.
bell. Maced. XI 4. Daremberg-Saglio V 4.
Nilsson Griech. Feste 1906, 427. "AXeia in
Philadelphia und Tralles werden erwähnt CIG
3416. 3427. 3428. Athen. Mitt. VHI (1883) 332
nr. 12. f [Stengel.]
Ualielon ^AXietov), ein Berg auf der Grenze
evus. Jacobi und Mommsen Limesblatt nr. 1
<1892). CIL XIII 7495. Unter den numeri der
Zeit seit Hadrian kommen vielfach exploratores
vor, aber auch exploratio (v. Domaszewski
Westd. Korr.-BI. IX 1889, 49) für numerus ex-
ploratorum. Da die solchen numeri beigefügten
örtlichen Benennungen sonst das Standquartier
bezeichnen (besonders Divitim&es von Deutz),
so wird auch H. nach Mommsen auf die Gegend
trage des Achäischen Bundes 242/35 v. Chr. von
einer megarischen Kommission festgesetzt wurde
(s. o. Bd. I S. 165, 24ff.). Die Grenze geht nach
dem Schiedsspruch Z. 12 ml rar xogvqpäv xov
Aheiov und ebi6 zov AXtstov weiter. IG P7 926.
SGDI 3025. Dittenberger Syll.2 452. Michel
Receuil 20. Die genauere Festlegung der Grenz-
linie ist bisher nicht versucht worden. [Bölte.]
Halieis ? Seestadt der Argolis. Die Stadt
von Homburg zu beziehen sein. Zur Erklärung 20 heißt AXisig IG I 433, 3. IV 952, 70. Herod.
des Namens weist v. Cohausen (Nass. Ann.
1893, 28) auf die reichen Salzquellen der Wetterau
hin. In Verbindung damit ist ohne Zweifel auch
die rätselhafte Stelle der merkwürdigen Mainzer
Inschrift CIL XIII 6763 Z. 11 und 12 zu bringen,
wo ein Beamter aus der Zeit Gordians namens
Annianus in einer Votivinschrift vom J. 242 in
der Keine seiner Ämter auch aufführt: cfurator?)
e(ensihu&y civitfatium) adm(inistrand%s) li[mi-
VII 137. Thuc. I 105, 1. Xen. hell. VI 2, 3.
Strab. VIH 373. Steph. Byz. s. 'Alu% und Tt-
Qwg (daraus Eust. 286, 28, wo Alislg statt
AXr}lg zu lesen ist); Alia Pseudoskyl. peripl. 50;
'Afy Steph. Byz. s. AAai; AXixrj Paus. II 36, 1.
"Alvaog Kallimachos bei Steph. Byz. (vgl. Schol.
Aristoph. Lysistr. 403) — Schneider Callimachea
n 442 frg. 186; vgl. Dittenberger Herrn. XLII
3, 1. Die Einwohner heißen AZtelg Xen. helL
tis? Germ]an(iae) Haliq(uensium?J et Ckali-dOXV 2, 16. VII 2, 2. Diod. XI 78, 2. Antigonos
tanofrum? Vgl. Ihm Bonn. Jahrb. LXXXIV
93f., wo an sizilische Städte gedacht ist, Momm-
sen Limesblatt nr. 1 (1892) Sp. 14ff., wo auf
die damals neuentdeckte Inschrift der e. H. hin-
gewiesen wird. Zu beiden Inschriften vgl. auch
M e u r e r Bonn. Jahrb. XCV 1 93f. 207f, [Hang.]
Halicor, Sklave des P. Clodius, nach der Er-
mordung seines Herrn 702 = 52 von Milo zu Tode
gefoltert (Ascon. Milon. 30, 25 K.S.). Der Name
ist vielleicht in den Hss. verderbt. [Münzer.]
lAlteta hieß ein in Rhodos dem Helios ge-
feiertes Fest Es gab [.iwQa r A., die jahrlich,
und {leyäXa r A., die penteterisch begangen wurden
(Dittenberger Syll. 679). Diese gehörten zu
den angesehensten Festen Griechenlands und wer-
den in den Inschriften vom 3. Jhdt. v. bis ins
3. Jhdt. n. Chr. häufig erwähnt. Aus dem ihnen
(Dittenberger Syll. 609) beigefügten Worte
Aijzavdfiia hat man geschlossen (Hiller v. Gaert-
von Karystos mQt lst-£a>g (Wilamowitz 174)
bei Hes. ovg AtpQodir^g «s Athen. III 88 a (wo hsl.
AtoUav) und bei Athen. VTI 297 e. Strab. VIII
373. Hes. s. 'AXla; der einzelne Bürger heißt r Mt-
xog IG IV 951, 120. 952, 19. 69. Paus. II 36,
1. Das Gebiet heißt 'AXidg Thuc. II 56, 5. IV
45, 2; Ahxrj Steph. Byz. s. 'Alal (zur Textge-
staltung s. Gurlitt 457); 'AXia Hes. Die Be-
völkerung von H. stammte aus Tiryns (Herod.
40 VTI 137 'AXteig oi m TigvvOog). Als die Argeier
ihrer Sklaven Herr geworden waren, die nach der
großen Katastrophe im Haine des Argos die Ober-
hand in der Stadt bekommen hatten, zogen die
Sklaven nach Tiryns; daraus entstand der Krieg
zwischen Argos und dieser Stadt, der zu ihrer
Zerstörung führte (Herod. VI 83. Busolt Griech.
Gesch. III 1, 122). Der Zeitpunkt dieses Ereig-
nisses ist nicht überliefert; wahrscheinlich erfolgte
es einige Jahre vor der Zerstörung von Mykene
ringen Herrn. XXLX 16. Schoemann-Lipsius 50 (Diod. XI 65. Busolt 244. E. Meyer For-
I -^ j %*i rtrtli S 1 -i- nu J- "TT tt^\ J—O J3^^ Til ~" ' fJ 1 T^/^f\ Ct /"1 1 T 1 1 j TTT ^ *■ i ^ \ 1
Griech. Altert, II 557), daß die Feier im zweiten
Panamos, einem in jedem zweiten Jahr einge-
schalteten Monat, stattfand. Vgl. N i 1 s s o n Tim-
bres amphoriques de Lindos, Kopenhagen 1909,
123ff. Wie die meisten großen Feste wurden sie
durch eine Prozession und ein Opfer eingeleitet (Xen.
Ephes. V 11, 2), dann folgten musische, gymnische
(Istros im Schol. Pind. Ol. Vn 146. IG XH 73.
74. Arciu-epigr. Mitt aus Österreich VII 1883, 110
schungen I 103, 3; Gesch. d. Alt. III 514f.), also
etwa 465, mit Rücksicht auf die Schicksale der
Vertriebenen eher früher als später. Die vertriebene
Bevölkerung fand Aufnahme bei den Hermioneern
(Eph. frg. 98 bei Steph. Byz. s. 'AhsTg und Ti-
qvvg). Strab. VLTI 373 (= Apollod.) ol Sk oixr)-
zoQsg ol /[liv ix [xfjg] TiQW&og outf^dov dg 'Eni-
öavgov, ol Ö£ s[x tf ( g MiSeag, Meineke Vind.
Strab. 120] dg zovg 'AluTg xalovfiivovg wider-
nr. 2. Eev. archeol. n. s. XIH 1866, 163 nr. 12 und 60 streitet der gesamten sonstigen Überlieferung;
13. AfllPTl Mit* TVT T?Q\ nnA "kin-rvlc^,! \„™,y Cr,-.,. „' /Ort\ V 1. A W„,J-1,,„+ A™ A„ A 11 A
13. Athen. Mitt. XVI 172) und hippische Agone
(ßev. arch. a. a. O. 185 nr. 10. IG XH 58. Bull,
hell. XTV 277 B Z. 2), an denen sich auch vornehme
Frauen beteiligten (Athen. Mitt. XXV 107).
Fremde Staaten schickten Theorien. Der Preis
bestand in einem Kranz von Weißpappellaub
<SchoL Pind. OL VII 146). Die in Betracht
kommenden Inschriften s. IG XU in<L Ferner
Svoronos 1 (20) Versuch, den Wortlaut der Quelle
wiederherzustellen, überschreitet die Grenzen des
Erreichbaren. Die Hermioneer nahmen die An-
kömmlinge nicht in ihre Stadt auf, sondern er-
laubten ihnen, sich an der Küste ihres Landes
eine selbständige Stadt zu erbauen. Sie haben
dabei offenbar auf eine Vermehrung ihrer Wider-
standskraft gegen die Eroberungspolitik von Ar-
2247 Halieis Halieis 2248:
gofl^fferecbnet. Die Ansiedlnng maß aber auch
im !Emveraehmen mit Argoa erfolgt sein, denn
zu Beginn des ersten Peloponnesischen Krieges
befand sieh die Stadt im Besitz der Argeier
(Herod. VII 137, s. Stein z. d. St.; Svoronos
21). Daraus würde es sich auch erklären, daß
die Bevölkerung nicht den Namen Tirynthier bei-
behielt, wie man es erwarten sollte, sondern einen
neuen Namen empfing. Der Name 'AXtstg deutet
auf die Hanptnahrungsqxielle der Bevölkerung, 10 bäum; unter den Beizeichen sind bemerkenswert
sie waren Fischer; so verstand Ephoros den Namen "
(elsyovzo 6s ovrcog ötä zo üioXXovg rtöv TjQfito-
vs(ov äXiEvoftevovg xazä zovzo zo pzQog omsXv rijg
X f ogag), so Apollodor {&(datrovgyoi ziveq ävögsg);
darauf deutet auch die Kamm-Muschel auf ihren
Münzen (Svoronos 21), sie beweist aber nichts
für den Fang der Purpurschnecke, an den Svo-
ronos wegen der koq<pvqü 'Eq^iovik^ Plut, Alexi,
36 denkt. Hierher gehören auch die beiden Frag-
viele vorzüglich erhaltene Exemplare bekannt ge-
worden sind. Daß die Münzen nach H. gehören,
hat Svoronos erkannt (21ff. Head HN2 443)-
Tiryns ist nach der Eroberung durch Argos nie-,
wieder autonom gewesen. Die Legenden TIPYN-
&JQN usw. zeigen, daß die Bewohner von H.
damals den Anspruch erhoben, Tirynthier zu sein-
Die Haupttypen sind Herakles, Apoljon, ein weib-
licher Kopf; rechts Harpe \md Keule, Palm-
Muschel und Traube. Von den weiteren Schick-
salen der Stadt erfahren wir nichts. Die ge-
wundene Erklärung Apollodors (Strab. VIDI 373
'Egpiövri ... rjg xi}v TiaQallav s%ovoiv 'AXtetg
leyoiisvoi daXazzovQyoi riveg avögeg) klingt genau:
so, als sei sie aus dem Namen herausgesponnen ;.
und die grenzenlose Verwirrung in den Artikeln
r AXai f c AXmg, Ti'ovvg des Stephanos läßt darauf
schließen, daß schon seine Quellen (vgl. Herodian.
mente des Antigonos (s. 0.): das eine berichtet 201 240. 316 Lentz) die Stadt nicht mehr kannten
von dem Erstlingsopfer an Poseidon in der Thun-
fischfangsaison ; das andere erwähnt eine lokale
Benennung einer Art Meerschnecke. Mit der
Salzgewinnung, wie Bursian II 98 und Hitzig-
Blümner III 650 meinen, hat der Name lAXtsig
nichts zu tun (Dittenberger 5, 1). Nachdem
der Spartaner Aneristos durch einen kühnen Hand-
streich die Stadt den Argeiern entrissen hatte
(oXxaSt xazojiküioag jzX^oet dvdQÖiv Herod.), blieb
sie zusammen mit Epidauros, Trozen und Her- 30
mione dem Bunde mit Sparta treu. 459/8 erlitten
die Athener bei einer Landung im Gebiet von H.
eine Niederlage durch die Korinther und Epidau-
rier (Thuc. I 105, 1. Diod. XI 78, Busolt in
1, 3ö3ft\), die Verlustliste der ercehtheischen Phyle
verzeichnet IG I 433, 3 = Syll.2 9 (s. Ditten-
berger A. 8 über die Zeit des Ereignisses).
430 erfolgte wieder eine Landung der Athener
(Thuc. II 56), weitere Verwüstungen 425 (Thuc.
und durch das eigenartige System der Benen-
nungen nicht hindurchzufinden vermochten. Zu
Pausanias 1 Zeiten (II 36, 1) war die Stadt jeden-
falls verlassen, die Gegend hieß 'Alixij seil. xa>öa r -
was Pausanias als Stadtnamen auffaßt (Ditten--
beiger 4 f.). Seine eigene Erklärung beweist,
daß ihm entweder der Name 'Mtstg unbekannt
war, oder daß auch er die Zusammengehörigkeit
von 'AXielg und 'AXixog nicht erkannt hat.
Der Versuch, die Lage von H. zu bestimmen,
muß von Pausanias ausgehen (vgl. die Karte). Er'
kommt von Trozen nach Hermione und geht über-
Mases weiter nach Asine bei Nauplia; in die Route
Hermione-Mases ist die Erwähnung von H. einge-
schoben, es lag also westlich von Hermione. In die-
ser Gegend finden sich an drei Stellen Reste antiker
Ansiedlungen, während wir nur zwei antike Namen
kennen, eben H. und Mases. Letzteres wird er-
wähnt Hom. IL II 562 und deshalb von antiken
IV 45, 2). 394 kämpfte das Kontingent von H. 40 Geographen besprochen, Apollodor bei Strab. VIII
am Nemeabach auf Seiten der Lakedaimonier
(Xen. hell. IV 2, 16). Auch zur spartanischen
Flotte stellen sie Schiffe 373 (Xen. hell, VI %
3). 369 kommen sie den Spartanern zu Hilfe
(ebd. VII 2, 2). In allen drei Fällen handeln sie
gemeinsam mit den andern drei argolischen See-
städten; Xenophon nennt sie immer in fester
Reihenfolge Epidauros, Trozen, Hermione, H. Ob
der Spott der athenischen Komödie dieser Zeit
376 und Steph. Byz. Sonst begegnet es nur noch
bei Paus. II 36, 2, zu dessen Zeit die Bewohner
von Hermione es als Hafenplatz (ijiivetov) be-
nutzten. Die erste antike Siedlung findet sich
südlich von Kastri, dem alten Hermione, etwa
5 km westlich von Kap Musaki gegenüber der
kleinen Insel Guridetit (soMiliarakis auf seiner
Karte und S. 253, dagegen 242 und im Index Gari-
tetit). Hier hatte de Vaudrimey (Boblaye 61)
über die Trunksucht der Tirynthier und ihre 50 die Ruinen einer hellenischen Festung festgestellt.
Neigung zu albernem Gelächter auf die Bewohner
von H. gemünzt ist (Svoronos 26f.), bleibt min-
destens zweifelhaft (Ephippos bei Athen. X 442 d
= Frg. Com. II 251 Kock. Theophr. bei Athen.
VI 261 d). Dem Ende des 4. Jhdts. (Fränkel,
Svoronos 26; nach Dittenberger dem 3.
Jhdt.) gehören die He ilungs wunder an Einwoh-
nern von H. an, die die Inschriften aus dem
Hieron von Epidauros berichten (IG IV 951, 120.
Auf der englischen Seekarte 1525 ist an dem
Südostabhang des kleinen Berges gegenüber der
Insel eine Mauer eingezeichnet, die zu dem Gipfel-
plateau emporsteigt und dessen Nordseite umzieht.
Miliarakis endlich erwähnt (242. 253) Reste einer
antiken Mauer, Reste einer Mole unter dem Wasser
und einen aus großen Blöcken erbauten vierecki-
gen Ziehbrunnen. Bedeutender und besser be-
kannt sind die Reste einer zweiten antiken Sied-
952, 19. 69 = SyU.2 802. 803); vgl. Paus. II 36, 60 hing an der Südwestseite des Hafens von Cheli,
1, wo r AXixog Xoyog überliefert ist; v. Wilamo-
witz Herrn. XIX 449, 2 wollte 'AXixofv ztvojg
Ä.6yog lesen; probabler wegen des Plurals orfflaig
Gurlitt 439 'Altxcöv Xoyog. Gegen Ende des
4. Jhdts. hat H., wahrscheinlich gemeinsam mit
Hennioiie, Aigina und Korinth (Svoronos 32f.),
Münzen schlagen lassen, von denen besonders
durch einen Fond in der Gegend von Kxanidi
einer elliptischen Wasserfläche von fast 1,5 km
größter Länge, die durch eine schmale etwa ebenso
lange Einfahrt mit dem Meere verbunden ist.
Südöstlich von dem inneren Ende der Einfahrt
ist der Mauerring einer antiken Stadt fast voll-
ständig erhalten. Gute große Brecciaquadern bilden
die Fassaden, im Innern Füllwerk nach Fricken-
haus und W. Hüller 38, denen die Mauertechnik_
2Ji einer Entstehung im J. 465 zu passen scheint.
Ihre Aufnahme wird den Plan der englischen
Seekarte 1502 wesentlich berichtigen. Auch im
Wasser am Ufer sind Mauern zu erkennen nach
Miliarakis 253 und Adelpheus 182. Dieser
erwähnt außerdem zahlreiche prächtige Gräber
des 5. und 4. Jhdts. in Kösta und Phlambura.
Ganz spärlich sind die Angaben über die dritte
^»«Hjuig an der Bucht Kiladia, Die franzö-
sische Karte Terzeichnet antike Ruinen an der
Jiordostecke; nach Boblaye 62 hat de Vaudri-
mey nur verschiedene antike Trümmer gesehen
und einen Damm oder Deich. Noch unbestimmter
äußert sich Miliar akis 252. Während nun die
^ranzosen und die englische Seekarte H. nach
Guridötit und Mases nach Cheli verlegten, haben
alle andere Forscher mit Recht H. nach Cheli und
Mases nach Kilädia verlegt (Leake, Curtius,
Burs ian Miliarakis, Frazer, Fricken-
haus und W. Müller). Für die Lage von Mases
entscheidet Pausanias, dessen Route sich auf der
Karte mit vollkommener Sicherheit verfolgen läßt:
Leakes und Miliarakis Deutungen der Stelle
zu widerlegen, erscheint nicht nötig; über die
Gegend Müiar akis 246. 248. 252. Pausanias
verlaßt Hermione II 35, 11 vermutlich durch das
lor das Frickenhaus und W. Müller 37 fest-
gestellt haben (vgl. deren Plan auf Taf. I), und
schlagt die direkte Straße nach Mases ein (36, 1),
d. h. er folgt der antiken Straße am Nordabhang
des Berges, an dessen Ostende Kastri liegt, des
antiken Pron (Paus. II 35, 11); diese Straße hat
rnuadelpheusl79ff. nachgewiesen. Nach etwa
7 Stadien zweigt links der Weg nach H. ab (zum
Ausdruck vgl X 35,1), und zwar führt dieser
zwischen Pron und Thornax-Kokkygion hindurch,
i qTa U m ents P r echender Entfernung von etwa
1300 m von Kastri trennt eine tiefe Einsenkung
den Pron von seiner östlichen Fortsetzung, dem
Prophitis Ihas ■ dieser ist also der Thomas/ Durch
diese Einsenkung gelangt man in die Gegend
Kappan an der Bucht Hag. Anargyri. Irgendwo
am Thornax-Kokkygion (xq6s jotg ncoaot) befindet
sich ein verfallener Apollontempel; an diesem
vorbei führt ein Weg nach Mases für die, die
von der direkten Straße abgebogen sind (36, 2
mit Eückverweisung auf den Anfang von 8 1).
Die direkte Straße kann nur durch den Avlön
zwischen Prophitis Ilias und Aspro Vunö nach
dem heutigen Städtchen Kranfdi geführt haben,
^ ff « der Fortset zung des ersten Stücks am
Nordfuß des Pron. Wer von dieser Straße ab-
biegt und zwischen Pron und Prophitis Ilias
(Ihoroax) hindurch nach Käppari geht, gelangt
durch das Tal der Quelle Pikrodäphni, zwischen
Prophitis IHas und den Disküria ebenfalls nach
Kramdi. An diesem Wege muß der Apollon-
tempel gelegen haben. Führt aber der direkte
Weg nach Mases zunächst in die Gegend von
Kranidi, so muß Mases an der Bucht von Kilädia
gelegen haben. Durch den Avlön kann nie ein
direkter Weg nach dem Hafen von Cheli geführt
haben; dieser ging immer durch das Tal der
Pikrodaphni-Quelle. H. lag nach Pausanias links
von dem Wege nach Mases, seine Angaben führen
uns nur bis in die Gegend Käppari ; einen direkten
Anhalt, um zwischen Cheli und Guridetit zu ent-
scheiden, gibt er nicht. Unbedingt für Chäli
spricht Pseudskyl. peripl. 50 (nach der Erwähnung
des epidaunschen Gebiets am Argolischen Meer-
busen): AXitx xal ktfi7}v • avztj eaziv ixi x<p tnofian
rov AeroXutov Hohiov (dann folgt Hermione).
Und die antiken Beste, die sich bei Ch<m finden,
V**** nach ihrer Bedeutung und ihrem Alter
TOrtrefflKih su der Geschichte von H. Hat also
H. am Hafen von Cheli gelegen, so bleiben die
imunnina
£>&0&
Buinen von Guridetit unbenannt. Es muß aber
ausdrücklich betont werden, daß eine Anzahl von
Schwierigkeiten bleiben, die wir nicht erklären
können. Die Notiz bei Steph. Byz. 'Mai: iozt
xai hega aatavTiov Mdoyzos paßt nur auf die
gegenseitige Lage von CheU und Guridötit. Ferner
die Ujivri Maares (Steph. Byz. s. Mdarjg) ist bei
Kilädia nicht nachzuweisen ; die einzige Xiuvn
in f«M ist der Salzsee von Ververönda bei
10 bei ChCh. Endlich müssen wir annehmen, daß
Pausanias nicht bemerkt, daß der Nebenweg nach
Mases und der Weg nach H. von Käppari bis-
zur Pikrodäphni zusammenfallen. Dagegen würde
wieder vf ( oog Maorjzig (Steph. Byz.) bei Chöli
nicht unterzubringen sein (vgl. den Art. Ha-
liussa), während wir sie andernfalls mit der In-
sel Koronis (einheimisch Korön, Miliarakis 229.
256) gleichsetzen würden, die vor der Bucht von
Kiladia hegt. — Über den Namen: Ditten-
20 berger Herrn. XLII 2ff. Geschichte: Svo-ronos-
Journal international d'arche'ol. numism. X 1907,
13C Euinen: Boblaye Recherches 61f. Milia-
rakis rsoiyQafpia'ÄQyohöos xai KoQiv&iag. Adel-
pJieus n Q a}iTtxa xov hovQ 1909. Frickenhaus
und W. Mü II er Ath.Mitt. XXXVI 1911. Curtius-
Pclop. H461ff. BursianGeogr. II 96ff. Frazer
Paus. HI 297f. Der Weg des Pausanias: Leak*
Pelop. 286f. Miliarakis 252. Heberdey Die
Reisen des Pausanias 49. Bober t Pausanias
30 als Schriftsteller 229. Karten: Carte la Grece.
Admiralty Charts 1525 und 1502. Miliarakis
ßölte.]
AXiEVfia Oeov, ÜXaos (Ptolem. in 5, 4)..
Gottes Fischfang nannten die bosporanischen
Hellenen einen baumreichen Küstenplatz auf der
Westseite der Maiotis zwischen den Flüssen Aga-
ros und Lykos (Berda und Kalmius), an der
Bucht, welche die südwärts vorspringende Land-
spitze Bjelo Sarai einschließt. [Kiessling 1
40 Halieus ('Mietg). 1) Epiklesis des Dionysos in
Halieis (Argolis), wo das Kultbild im Meer ge-
badet wurde, Philochor. frg. 194 bei Schol. Townl
gpm. II. VI 136 nach Tümpel Philol. 1889,
681ff. %Qr)0}iQs Mo&t} toi S 'AXievatv hv izovtoj
(statt Tone?) Atowoov 'AXäa ßaTui^otze. v. Wi-
lamowitz (Schol. Hom. ed. Maass) hatte an
einen attischen Dionysos Haiaieus in Halai ge-
dacht und deshalb 'Maisvoiv und Aiövvaov AXaäa
vorgeschlagen. [Jessen>]
oU l) Haheus, Arzt, von dem Galen einige Medi-
zinen erwähnt, XIDT 645. 785. 802. 1032. Er
gab nur die Rezepte; herstellen ließ er die Heil-
mittel von einem Valerius Paulinus (X77T 1025), der
sie aber bisweilen verpfuschte (1026). [Gossen.]
Halitarna {Mvxaova cod. Ps.-Skyl. 35, d. i.
*AlUa.Qva\ Halüarna Plin. n. h. IV 3; 'Mixvova
Strab. nach Steph.; Aixvqva und 'AtHigva codd.
Strab. X 459), Ortschaft an der Küste von Ai-
toüen nach Artemidoros bei Strab. a. a. O. 7
60'MtxvQva Hcöftt], fc vxiQxeixat Kcdvöwv h xfi
(i£ootaia oraSioig zgidxovia. Strabon bemerkt
nicht, daß Artemidoros diese Orte irrtümlich auf
die Ostseite des Euenos verlegt, s. Schwarte
o. Bd. I S. 2869, 47ff. Durch Strabons unklare
Darstellung ist wieder der Irrtum bei Steph.
entstanden 'AluwQva xcbfttj 'AxaQvavüxg. Auf
Grund der Entfernungsangabe hei Artemidoros
setzt Woodhouse EL mittwega zwischen Misso-
2253
Haiikaraaäsos
MaJiir.amassos
22Ö4
longi und Bochöri (am Euenos) bei der ver-
lassenen Siedlung Chflia Spitia an, die 5, 5 km
von Kurtagä, der Lage von Kalydon, entfernt
ist. An der Westseite des Hügels von Chilia
Spitia ist ein Stück Mauer erhalten, in der Nähe
Beste eines römischen Bades. Leake Northern
Greece HI 533. Bursian Geogr. 1 133. Wood-
house Aetolia 114. [Bölte.]
Halikarnassos, Halikarmsos (ion.), Eali-
Dial.-Inschr. nr, 5727 — 5734. Reisen im südwestl.
Kleinasien I 11, 1. Münzen: Catal. oftheBrit.
Mus. Caria 102f. Imhoof-Blumer Kleinasiat.
Münzen 46 (vielleicht sind Stücke, die man Aigai
zugewiesen hat, H. zuzurechnen) 128. Inventaire
Waddington nr. 2354ff. Head-Sworonos lor.
NofMOfi. B' 150f. ; vgl. dort über die Münzinschrift
AMB2IM3£0VUA<k ^ auseinandergehenden Mei-
nungen von P. Gardner, Newton und Head.
karnasos (Mneagväaoog , 'MtxaQvrjoös , 'Ahxa^ lOFränkel (Arch. Zeit. XXXVII (1879) 27 faßt
, m.i...ji_i.n.. T_-._-i._i.ci.™ — j TiT,-;„„ rt _. g j e a | g ^ mv0 ^~ (^ n _ Artemis) £pl otjfAa (Hof-
mann D. griech. Dial. III 78 nr. 175).
Lage. Wenn man zu Schiff aus dem Kera-
mischen Seebusen an der Insel Arkonnesos (s. o.
Bd. II S. 1170) sich der kreisförmigen Hafen-
bucht von H. nähert, so bieten mitten zwischen
hohen Hügeln (daher im Mittelalter Miotj ge-
nannt [Ross Reisen nach Kos, Halikarnassos
usw. 30f. 50f.]) gelegen, die Ruinen des Theaters
vaoög [Schriftsteller, Inschriften und Münzen;
einheimische Form auf einer Inschrift vor dem
J. 443 v. Chr., Anc. Greek Inscr. IV i 50 nr. 886:
'AhxaQvaTöc , wohl ähnlich wie Halikarnaschös.
T ist aafim-tads s. o. Bd. I S. 1613 unten; vgl.
H o f fm ann Die griech. Dialekte HI 72ff. nr. 17 1 ]),
von Einwanderern aus Trozen an einer Hafen-
bucht des Keramischen Golfes (jetzt K6ß<pog %r\g
K&) bei Sahnakis, Isthmos und Zephyrion oder
ZeyvQCt (Strab. XIV 656) an der iSüdsteilküste 20 (Vitruv. II 8, 14: tkeatri eurvaturae similis)
der karisch-halikarnassischen Chersonesos ange-
legte Stadt, jetztRuinen bei Budrüm(türk. = Keller,
Kasematte), d. h. unterirdische Kammern, vgl. den
Namen Budrümia für die westliche Ruinenstätte
des alten Ephesos. Wahrscheinlich waren die
Arkaden, auf denen das Konak des türkischen
Gouverneurs steht (s. Plan südlich von HI, west-
lich von der Burg der Johanniterritter), oder die
dölot Anlaß zur türkischen Namengebung. Die
und terrassenförmig im Halbkreis die anderen zahl-
reichen antiken Reste an Mauern, Türmen, Tem-
peln und Privatgebäuden unter den Feigenbäumen,
Getreide- und Rebenfeldern neben den weißge-
tünchten Häusern aus neuerer Zeit über dem
alten ZephjTion, dem Kastell der Johanniter (Plan
nr. VIII), einen bezaubernden Anblick. Noch an-
ziehender müssen die antiken Reste in unver-
sehrtem Zustand ausgesehen haben. Die älte-
Ableitung des antiken Namens aus einer semiti- 30 sten Ansiedelungen waren wohl auf den felsigen
sehen Sprache ist wohl auszuschließen. Analoge und erhöhten Landvorsprüngen , auf Sahnakis
Elemente scheinen einerseits 'AXhaQva und Ald-
octQva, andererseits KaQvrjöojzohg = Lyttos auf
Kreta, Küqvoq, Kapvla (Steph. Byz.), 'Axagvavia
u. a. zu enthalten. Bei 'AMxaQva = Chalkis in
Aitolia (Steph. Byz. s. Xalxlg) erinnert Fick (Vor-
griech. Ortsnamen 87) an AXtxaQvaoaog , das er
S. 117 und 162 als hettitischen oder aber lele-
gischen Namen auffaßt.
Hauptwerke: Spratt Remarks on the Dorian40 204 rerum natura ab
Peninsula, Archaeologia XLIX (1886) 346f. Jür- xitque . . . Zepkyrium Halle*
(Arr. anab. 1 23, 3, Plan nr. II), einem südwest-
lichen Kap der Steilküste der Hafenbucht (jetzt
Kaplan Kalessi = Tigerschloß), und auf dem am
antiken 'Ia&ßog (s. Steph. Byz.) gelegenen riesigen
Felsblock Zstpvgiov (nr. VIII; Philon bei Her-
mol, bei Steph. Byz.), der durch Anschwemmungen
des Meeres aus einem Eiland jedenfalls schon
zu Zeit der Gewährsmänner des Plin. n. h. II
absiulit . . . mari iun~
imrnaso mit dem Fest-
gen s De rebus Halicarnassensium I, Diss. Hai.
1877. Newton Travels and Discoveries in the
Levant. London 1865f. I 320ff. II 58ff. : A Hi-
storv of Discoveries at Halicarnassus, Cnidus and
Branchidae, London 1862f. I. II 1 und II 2;
Papers respect. the Excav. at Budrum, London
1858. Inschriften (nach dem epigraphischen Ap-
parat der Kiemasiatischen Kommission in Wien) :
land verbunden worden ist Es waren beide wohl
geeignet als Stützpunkte für den Betrieb der
Freibeuterei, insbesondere zur Zeit der sog. ,Thalas-
sokratie' der Karer, ganz besonders das zwischen
zwei Reeden gelegene Zephyrion, das dann von
Leuten aus Trozen in Besitz genommen, später aus
den Materialbeständen des Maussolleions von Tür-
ken befestigt und um 1404 n. Chr. durch den deut-
CIG nr. 2655—2669. 8698. Add. p. 1106. Ha- 50 sehen Ritter Heinrich Schlegelholt aus derselben
milton Asia Min. II p. 31 und 458 nr. 257-278.
Le Bas Asie Min. III nr. 501—510. nr. 1571
bis. Newton Essays on Art and Arch. app. lff. ;
A History II 2 nr. 3 a. 6 a. 12 a. 12 b. 12 c. 74
-77 a. Sauppe Gott. Nachrichten 1863, 303.
BuU. hell. IV (1880) 2951 VI 191. XIV 90f.
XV 54 8f. XVIII 25f. Athen. Mitt. XV 2521
Arch.-epigr. Mitt. XIX 127. Rev. Arch. XXIV
(1872) 110. Paton in Class. Rev. VHI (1894)
unerschöpflichen Fundgrube zu einer der stärksten
Burgen der Johanniterritter umgestaltet wurde
(Newton A History II 2642j. Die Stätte hatte
einen Vorzug vor vielen Festlandanlagen, einen
ausgezeichneten Hafen mit einem seeretus portus
(Vitruv. II 8. 11) den man von der See her nicht
überblicken konnte, also eine Art Arsenal (Ross
Reisen IV 38) und außerdem eine Reede für kleine
Fischerfahrzeuge zur Verfügung, war also eine
217f. Journ. hell. Stud. II 98. XVI (1896) p. 234 60 Niederlassung an einem Doppelhafen (Hirschfeld
__ o„ ^^r TT ,™ t>^^ ^r *__■„„. Curtius-Festschrift 364). Die Stadthäfen sind
etwas versandet (am Gestade nur mehr 3 m tief).
Einer der Häfen war im 4. Jhdt. v. Chr. an seinen
Molen, von denen jetzt noch ansehnliche Reste
vorhanden sind(K o tso willis Niog Atf*€voözixTt}g 2
489), durch eine Kette verschließbar, Scyl. 99;
der andere lag der Insel (also wohl der froheren
Insel Zephyrion) gegenüber, und neben ihm be-
nr. 36. XXVIII 108. British Museum Ancient
Greek Inscr. IV nr. 886—920. Keil Herrn. XXIX
(1894)249—280. Hula und Szanto S.-Ber.Akad.
Wien CXXXH (1895) 28ff. Michel Recueil
nr. 452. 454. 835. 854. 1196-1200. Dittenberger
Syll.2 nr. 10. 11. 601. 641 ; Orient. Graec. nr. 16.
23. österr. Jahresh. XI 53f. nr. 1^6. Dessau
Inscr. sei. lat. nr. 635. 8771. 8858. Collitz Gr.
-fand sich ein Flüßchen mit Wasser auch zur
• Sommerzeit {jetzt jtoxa^ög). Die Gegend hatte
Quellet; die berühmteste davon hieß 2aXpaxtg
im Gebiet der SalmaMteer (Strab. XIV 656 Ovid
met. IV 302ff. Vitruv. II 8), deren Wasser man
entmannende Kraft zuschrieb. Die Strandgegend
ist heute noch fruchtbar an Feigen, Getreide und
Heben (Mediterranean Pilot IT [1882] 146). Vom
TqUvXov (Arr. Alex. I 22, 1. 4), das wir mit
Ross Reisen IV 41, 19 wohl an der westlichen
Mauer ansetzen müssen, von dem aus der Weg
nach Myndos (jetzt rxiovpovaxXl hfiavi) begann,
waren es bis dahin 220 Stadien (Stadiasm. m. m.
§ 276), die Fahrt aus dem Hafen von H. nach Kos
wurde auf 180 (richtig 100) Stadien berechnet (a. a.
275), nach Keramos längs der Küste waren es
300 Stadien (Müll er zu Ptol. V 2, 8; nach Aussage
der heutigen Landleute 6 Stunden, nach Mylasa
12 Stunden Weges). Die Höhen, die die Stadt
nach Norden (auf Pedasa zu) umgeben, sind uns
dem Namen nach nicht bekannt. Nur den antiken
Namen eines Hügelzuges, der sich nordostwärts
gen Karyanda erstreckt und mindestens teilweise
im Besitz der Halikarnassier war, kennen wir:
Lide, Lida (Herodot. I 175. Haussoullier Bull,
hell. IV [1880] 295), jetzt Kaplan Dagh (= Tiger-
höhe).
Schicksale, Mythos, Geschichte. Die
beschicke Kariens (s. d.) waren lange Zeit auch
die der alten Ansiedelungs statten am Kerami-
schen Golf. Schon früh — wenn wir den Ge-
sandten der Halikarnassier, die im J. 26 n. Chr.
(Tac. ann. IV 55) die Ehre eines Tempelbaus
für Tiberius in Korn erbitten wollten, glauben —
im J. 1200 v. Chr. erfolgte die Einwanderung
von Leuten aus Trozen und vielleicht von Ar-
geiern nach dem Zephyrion (Herodot, VII 99
OIG 2655. Strab. XIV 653. 656. Paus. II 30*
8 [Hermol. bei Steph. Byz.]). Gilbert Griech]
fetaatsaltert. 167 bemerkt, daß. nach dem Dialekt
der Inschriften zu urteilen, die Kolonieaussendung
von Trozen aus der vor dorischen Periode der Stadt
stammen müsse. Trozen ist eben aus dem Sy-
noikismos der altionischen Ortschaften Antheia
und Hypereia entstanden, s. o. Bd. I S 2357
und 2362. Des Herodotos Worte sind: r6 S&vog
axo<patvo> itav iov Acoqixov, AXixaQvrjoaiag fihv
TjootCrjvwvg. Daß dorische Leute unter den An-
siedlern waren, entnehmen wir der allerdings an-
gestrittenen (s. o. Bd. V S. 1878) Stelle des Kai-
limachos bei Hermol. bei Steph. Byz. s. 'Ältxao-
vaooög, indem die dorische yvXt] Avfiaiva in H
bestand. Daß andere Griechen sich an der Be-
siedelung beteiligt haben, erschließen wir aus
Strabons Worten (XTV 656): olxtoxai V avxfjg iys-
vorro äXXot xe y.ai Av^g perä Tqo^viojv. Nach
Vitruv. II 8, 12 und Mela I 16, 3 ist H. Kolonie
der Argeier. Im Auge zu behalten ist, daß Trozen
Städten benachbart war, die ursprünglich von
Karern bewohnt gewesen waren: Epidauros und
Hermione, und daß dorische ovroixoi in Trozen
erst bei der Rückkehr der Herakleiden aufge-
nommen wurden: Paus. H 30, 10: 'HeaxlBt&öv
yaQ xazeX&ovztav idifcvzo xal ol Tgoityioi ovv-
oikovs Aa> 6 aa>y z(5v % "Agyovg xal xQÖzeoor
m Agyelcoy ovxe S xarfxoot. Als Führer der tro-
zemaehea Kolonie wird Anthes genannt (Strabon
und Pausawas). Der halikamassische Priester-
xuuuuuna.gäo5
ZZÖÖ
nameAnthas findet sich in CIG nr. 2655: ys-
ywriftevovs dito z^i tcxlascog xaxä ysrog tsQmg xov
Ilooeidßvog xov xaxdev&evxoe tJjro xäv xfjv <bro<-
xiav sxTqoiCJ}voq dyayovxcov Hoost&aivi xal 'Atz6X-
k£ Parth £ n - erot u wi^d sogar von einem
Antheus aus H. und aus königlichem Stamm ge-
sprochen. Da in einer Inschrift des 5, Jhdts. v Chr
eines Beschlusses zugunsten verbannter Mitbüreer
10?T5^h^ h **$ Ko ^ ei \ ten ^annt werfen
10 (Michel Recueil nr. 451) : 6 avXXoyog ,..6 AXt-
xagvoTimv xal Salfirnttzitw xal Avyöautg, so
könnte man vermuten, daß das Quartier Salma-
kis selbst im 5. Jhdt. v. Chr. ein gesondertes
Gemeinwesen mit einem ngönms ht&wuog war
Die ältesten Schicksale von H. sind uns unbe-
kannt, H. Mitglied der dorischen Hexapolis (s
d.), bis Agasikles, Sieger im Agon der triopi-
schen Spiele, den gewonnenen Dreifuß bei sieh
behielt Herodot. I 144. Dann H. ausgeschlossen,
20 wahrscheinlich unter der Oberherrschaft des Kroi-
sos (560-548 v. Chr.). Von da an bis auf 196
— 129 v. Chr. war H. niemals mehr frei. Per-
sische, athenische, lakedaimonische Vorherrschaft
Hekatomnos und seine Nachkommen, Alexandras
und die Diadochen und Römer. Nachdem Har-
pagos Karien unterworfen hatte (Herodot. I 174fA
war wohl ein Dynast oder xigawog von den Per-
sern eingesetzt worden. Auswanderung von Bür-
gern zu Amasis (Herodot. II 178. in 4, 11 In
30 der ersten Hälfte des 5. Jhdts. v. Chr. residierte in
H. das halbkarische Geschlecht des Lygdamis, im
4. Jhdt. das karische Geschlecht des Hekatomnos.
Um 480 v. Chr. wird Artemisia genannt (Herodot.
VII 99. Suid. s. niygtjg, Üavvamg, 'Hgodoxog), die
bei der Seeschlacht von Salamis mit fünf unter
30 dorischen Schiffen — 100 ionische, 60 aioli-
sche auf der Seite der Perser — gegen die fest-
ländischen Griechen kämpfte (Herodot. VH 93)
Ihr waren H., Kos, Nisyros und Kalymnos unter-
40 tan, die sie nach dem Tod ihres Mannes Maus-
solios für ihren Sohn Pisindelis verwaltete. Auf
Pisindelis folgte Lygdamis, unter dem die Grie-
chen in H. ihre Unabhängigkeit wiedergewinnen
wollten. Panyasis wurde dabei getötet, Hero-
dotos mußte sich nach Samos flüchten. 460
-457 v. Chr. wurde nach einem Aufstand eid-
lich festgelegt, daß die Autonomie von H. von
Lygdamis anerkannt, die Anhänger der Karer
aber begnadigt würden. Vertrag in ionischer
50 Sprache Hoffmann Griech. Dialekte LTI 72ff
nr- 171. Michel Recueil nr. 451. H. war viel-
leicht mit Salmakis zusammen Mitglied des atti-
schen Seebundes — wahrscheinlich unabhängig
von fremden Dynasten, Kirchhoff Stud. zur
Gesch. d. griech. Alphab. 3 8f. — und bezahlte
zum Kagixog <pÖQog eine mäßige Kontribution:
1% Talente von 454 v. Chr. bis gegen die Mitte
des 5. Jhdts., von 447 aber 2 Talente, 441 v
Chr. 1 Talent 4840 Drachmen, 428 aber wieder
60 12/ 3 Talente. Larfeld Griech. Epigr. II 1, 36ff.
Im 5. Jhdt. die Vereinbarung des avXXoyog auf
der legt} äyogy zwischen den Halikarnassiern, den
Salmakiteern und Lygdamis (Michel Recueil
nr. 451). Zur Zeit des Peloponnesischen Krieges
gehört« H. kaum zu der großen persischen Sa-
trapie, deren Hauptstadt Sardeis war, erst nach
dem Königsfrieden im 4. Jhdt war Karien eine
eigene Satrapie und kam unter die karischen Dy-
2257
HaLkarnassos
Halikamasaos
2258
nasten. Anders Kirch ho ff Stud. z. Gesch> des
griech. Alphabets 8f. In der oben angeführten
Inschrift und in anderen werden als Stadtbehörden
genannt : eponyme Prytanen mit yQafijtiaxevg, Mne-
monen, xafitai, i$sraaxai, ein jicoXrjvfjt; und neun
ayöQav6(Äot. Die ßovXtf (die oberste Staatsgewalt)
hatte wenigstens 100 Mitglieder, der ö^ftog etwa
4000 (Gilbert Griech. Staatsaltertümer 170).
Die Stadt bestand wohl so, wie sie Aleiandros
334 v. Chr. antraf, der sie lange belagerte, ziem-
lich gut befestigt mit einer turmgeschützten Mauer
(s. den Abschn.), die sich im Bogen um Salmakis
auf den Anhöhen zu einem Talsporn hinzog und
südwärts bis zum Gestade östlich vom Zephyrion
reichte. Im 4. Jhdt. Freundschaftsbezeigung für
Troizen, Michel Eecueil nr. 452, Bundesgenossen-
schaft mit Athen. 389 beklagt sich H. über Thra-
sybulos, Lys. Erg. XXVIU 2, 11. 17. Isoer. Pan.
(XU) 100. Hekatomnos hatte seine Residenz von
H. nach Mylasa (s. d.) verlegt gehabt. Erst
Maussollos LT. (377—351), der Sohn des Heka-
tomnos, verlegte als Satrap (efaiflgajm/ftw) des
Artaxerxes, Mnemon und Ochos (359 v. Chr.) den
Sitz der Dynasten wieder nach H., Diod. XV 90.
Die Gründe setzt Vitruv. II 8. 11 auseinander:
die feste und günstige Lage am Meer, das grie-
iifliitn w iiaottyp
naiiKarnassos
2H6U
chische rührige Element, die Möglichkeit, Glanz
nach außen zu schaffen. Er suchte H. in jeder
Weise zu heben, wie es Dionysios in Syrakusai
getan hatte, zu verschönern und zur schönsten
Stadt Kariens zu machen (Diod. XV 90. XVII
23). In seine Zeit fällt vielleicht der Mauerbau.
362 v. Chr. SynoiMsmos: er zog aus sechs binnen-
ländischen Lelegerniederlassungen (Strab. XIII
611. Judeich Athen. Mitt. XIII 339f.j, nach
Jürgens De rebus Hai. I 39ff.: Euralion (s. o. 10
Bd. VI S. 1238), Medmasa (s. d.), Pedasos (s. d.) f
Sibde, Telmessos und Theangela (Suangela) Leute
zur Verstärkung der Bevölkerung von H. herbei.
Mylasa blieb nur das Hauptheiligtum der Karer
mit dem Dienst des Zeus Labraundeus (CIG II
2691 d. Michel Eecueil nr, 471). Dem großen
Bund gegen Artaxerxes trat er 362 v. Chr. bei
und mischte sich in die große Politik. Sein Haupt-
verdienst um H. war, daß er die Stadt auf alle
Weise zu verschönern suchte (s. u. Palast, Tempel, 20
Bildwerke u a.). Auch bemächtigte er sich der Stadt
Latmos (Aristot. oecon. II 13, daraus Polyaen. VII
23). Zwischen H. und Athen bestanden freund-
schaftliche Beziehungen (Wilhelm Herrn. XXIV
23). Ihm folgt e352 seine Schwester und Frau Arte-
misia, die einen rhodisehen Angriff auf H. durch
List vereitelte (Diod. XVI 45, 7. Vitruv. JI 8,
14), Ehodos zurückeroberte und die Aristokraten
von Ehodos wieder in die Höhe brachte (s. des
Demosthenes Eede Rhod. [XV 11]. Geizer Eh. 30
Mus. XXXV 517). Sie behielt Chios, Kos und
Ehodos in ihrer Gewalt. Sie begann zu*Ehren
ihres Mannes das Maussolleion zu erbauen und
veranstaltete prächtige Spiele usw. zur Erinne-
rung an ihn (Gell. n. Att. X 18. Suid. s. ßso-
ösxjTjg, 'loopcgÜTf};). 350 folgte ihr ihr Bruder
Idrieus, evjtoQdnazos zöiv vvv tzbqI rjzieiQov (Isoer.),
dessen Erhebung gegen den Perserkönig unglück-
lich ausging {Aristot. rhet. III 4, 1406). 344 v.
Chr. folgte auf ihn Ada, seine Schwester und 40
Witwe. 340 nahm ihr ih.T Bruder Pixodaros das
Keich bis auf Alinda (s. o. Bd. I S. 1489). Ihre
Hand ließ er dem Philippos Arrhidaios antragen,
die aber Olympias und Alexandros (der spätere
Große) haben wollten (Plut. Alex. 10). 334 v.
Chr. folgte auf Idrieus sein Schwiegersohn Othon-
topates (nach einer Münze Mionnet Suppl. nr.
561 ; bei den Schriftstellern meist 'OgovioßaTys),
Er war ein Perser von Geburt. Perser besetzen
H. Ihn setzte Alexander d. Gr. ab, als er nach 50
längerer Gegenwehr (Sprichwort bei Suid. s. xottol
oTQart]Yoi) H. außer der Burg Salmakis und der
Burg Zephyrion (damals noch auf einer Insel,
Arrian. anab. I 23 : zrjv äxgag rt]v h? zfj vijotp
unnötig in 'Joxowtjoov geändert) einnahm (Droy-
sen Gesch. d. Hellenism. I 1, 210). Beschrei-
bung der Belagerung, der auch durch einen Graben
befestigten Stadt bei Diod. XVII 23f. Arrian.
anab. I 20, 5 u. a. Newton History II 1, Blff.
Zuerst griff er die Stadt mit Belagerungsma- 60
schinen im Osten, dann im Westen beim Tgi-
TtvXov (I 22, 4) an, und eroberte sie, nachdem
die Leute in ihr selbst einen Teil angezündet
hatten, mit Ausnahme der Salmakis. Obwohl er
die Stadt gern unversehrt erhalten hätte, ließ er
doch die Häuser dem Erdboden gleichmachen
(Diod. XV II 24 zt/v jioXiv ek iÖatpog xataoxaipas.
Arrian. anab. I 23, 5. Gurt h. AI. M. II 9,
10) und legte eine Besatzung von 3000 Mann
Söldner und 200 Reiter unter Ptolemaios hin-
ein. Die Herrschaft übergab er der Ada, die er
adoptiert hatte. Die Bürgerschaft wurde in die
sechs Flecken aufgelöst, die vierzig Jahre früher
Maussollos in seiner neuen Hauptstadt vereinigt
gehabt hatte. Allmählich erhob sich H. wieder.
Wann der zweite östliche Mauerzug (s. Plan) an-
gelegt wurde, ob bei der Wiederherstellung der
Stadt nach 334 v. Chr. oder später (s. u.), ist
nicht klar. Die Formen der Verfassung blieben
jedenfalls auch in der wiederhergestellten Stadt
die gleichen wie auch noch zur Zeit der Ab-
hängigkeit von den Ptolemäern, an die trotz,
scheinbar freier Verfassung Anträge durch Ab-
gesandte der Stadt gestellt werden mußten (New-
ton History II 2, 687; s. u.). Die karischen
Dynasten (über deren Chronologie und Stellung
Jürgens s. o. 56ff.) haben 323 v. Chr. zu regieren
aufgehört. Karien fiel an Asandros, den Sohn
des Agathon (s. o. Bd. II S. 151 5f. Nr. 3. FHG
III ms. Diodor. XVIII 3, 39. Arrian. success.
AI. 6. lustin. XIII 4, 15), 321 v. Chr. wurde di&
Herrschaft von Perdikkas an Eumcnes übertragen
(s. o. Bd. VI S. 1084), bei der Teilung von Tri-
paradeisos 321 erhielt Asandros wieder Karien,
führte 314 auf Seite des Kassandros den Krieg
in Karlen gegen Ptolemaios, den Strategen des
Antigonos (Diod. XLX 68, 2ff.), wurde 313 von
den Athenern (CIA II 234. Michel Eecueil
nr. 115) wegen seiner Unterstützung von Athenern,
die in sein Land gekommen waren, geehrt. 311
von Antigonos abgesetzt; im Friedensvertrag
zwischen diesem und seinen Gegnern Ptolemaios,.
Lysimachos und Kassandros, werden alle griechi-
schen Städte Sudwestkleinasiens, also auch H.
für frei erklärt (Diod, XIX 105, 1), in H. eine-
Besatzung des Antigonos gehalten, die zusammen
mit Demetrios Poliorketes 309 des Ptolemaios
von Ägypten Angriffe zurückschlägt (Diod. XX
27, 1. Plut. Demetr. 7 z. E. ; s. o. Bd. IV S. 2772).
301 kam Karien an Lysimachos, 281 nach der
unglücklichen Schlacht des Lysimachos bei Koru-
pedion wohl an die Seleukiden; gegen Ende des
3. Jhdts. stand H. unter der Oberhoheit der
Ptolemäer (Newton History II 1, 69. 2, 687.
689. 693; vgl. üsener Eh. Mus. XXIX 4M.),
in denen niedergelegt ist, daß mit Erlaubnis des
Ptolemaios Philadelphos oder Eucrgetes in H.
ein Gymnasion erbaut würde, daß einem Ptole-
maios eine Säulenhalle: 'AxöMtovt xai ßaodet
ITro/^jiaiQ) 6 dfjfiog ztjv ozoäv geweiht wurde.
228 v. Chr unternimmt Antigonos Doson oder
Physkos oder Epitropos (s. o. Bd. I S. 2418) einen
erfolgreichen Zug nach Karien gegen die ägyp-
tische Oberherrschaft (Polyb. XX 5, 11. Trog.
proL 28. Usener a. a. O.). H. war aber später
noch in den Händen der Ptolemäer. 205 ver-
einigten sich Philippos V. von Makedonien und
Antiochos III. d. Gr. zur Aufteilung des ägypti-
schen Eeiches nach dem Tode des Ptolemaios
Philopator (s. o. Bd. I S. 2463). 203—201 er-
obert Philippos viele Städte Kariens, wohl aber
nicht H. (Polyb. XVI 10, 11). Denn unter den
Städten, aus denen er 196 v. Chr. eine Besatzung
herausziehen und sie den Kömern übergeben mußte,
befindet sich H. nicht (Polyb. XVIII 27 — Liv.
XXXm 30). 192 war H. frei und stand auf
Z2SG1
üalikamassos
HaJikärrjassos
2262
Seite der Kömer, unterstützte den Livius Salina-
tor (Liv. XXXVII 10. 16), blieb selbständig,
während das übrige Karien (und Lykien) 189 den
Bhodiern gegeben wurde (Polyb. XXTI 7, 27.
XXIII 3 = Liv. XXXVII 55. Appian. Syr. 44).
129 (s. o. Bd. PI S. 964) wurde aus Mysia, Aiolis,
Lydia, lonia, Karia und Doris (ohne Ehodos) die
Provincia Asia gebildet (Cic. pro Flacc. 27, 65).
Vielleicht gehörte die Peraia noch den Ehodiern
sprochen hatte, sagt XV 90 von H. nur exwaap
dttgöjtoXtv ä£t6loyov; vgl. XVII 25 und Strab,
XTV 656. Vitruvius aber (II 8, 11) nimmt als
summa arx den Höhenrücken an, der sich öst-
lich von dem Gräberfeld nach Osten dehnt.
Aquädukte: Zisternen finden sich viele im
Stadtraum, z. B. in der Nordwestecke der Stadt-
mauer, Newton History II 2, 278. Eeste der
Aquädukte s. am Hafen. Gräber: Im Norden
(Strab. XIV 651). 88 ist H. auf kurze Zeit ein 10 und im Westen des Stadtraums sind viele Felsen-
Teil des Gebietes des Mithradates (Appian. Mithr.
21). Es folgt die Zeit (62-58 v. Chr.) des Über-
handnehmens der Seeräuber, die die Städte H.
und Ephesos an der Westküste Kleinasiens plün-
derten (Cic. Quint. fr. I 1, 8) , so daß Quintus
Tullius Cicero die Stadt wiederherstellen mußte.
Beschluß der Halikarnassier , der gewisse Vor-
rechte den Juden gewährt (Joseph, ant. XTV 10,
23). Hierauf Plünderung durch Verres (Cic. Verr.
gräber, ebenso bei Plan nr. II und beim "Aytog
ttdiQyios im Osten, Newton History II 1, 278.
333ff. 340f.; rn&ot 337. Gebiet: Im 5. Jhdt.
v. Chr. : neben der jtohg werden als Örtlichkeiten
in der Inschrift Michel Eecueil nr. 835 genannt:
zo "Agyog, 77 (?) Kdaa, zö (?) Kevaqov, za (?) Koza,
fj KvoyQtoaig, f) Atör}, s. o. Herodot. I 175, »;?
AvQiaoög , jj(?) Ovaoaog , ra(?) ITovvofiova , ij
2a).fiaxig, rj (?) 'Qv£<ooovaoög, r\ (?) 'ÜOTigdovvog.
I 19, 49). 26 n. Chr. schickte auch H. eine Ge- 20 Zur Zeit Alexandros d. Gr. gehörten Telmissos
sandtschaft nach Eom (Tac. an. IV 55), um sich
um die Ehre zu bewerben , dem Kaiser Tiberius
einen Tempel weihen zu dürfen, die aber den
Smyrnäern gewährt wurde. 395 n. Chr. wird H.
ein Teil des byzantinischen Eeiches. 1402 von den
Johann iterrittern erobert; 1404 aus den Werk-
steinen des Maussolleions das Castello 4L S. Pietro
durch den deutschen Eitter Heinrich Schlegelholt
aufgeführt (Newton History II 1, 74). Der
und die Insel Taramptos (?) (jetzt Tarandos) zu
H. ; vgl. Bev. Arch. 1896, 94. Außerdem wird
noch eine ddlaooa mit einem ogxvvclov genannt.
S. noch Dorion pedion Hermol.- Steph. Byz.
S. Bd. V S. 1563 und den Art. Hekataie.
Gymnasion: Mit Einverständnis des ägyptischen
Herrschers (Newton History II 1,69. 112, 687)
errichteten im 3. Jhdt. die Halikarnassier ein
Gymnasion. Newton (History II 1, 277) ver-
Name H. verschwindet fast ganz, das Gebiet der 30 mutet, daß bei den Euinen des b} r zantinischen
Stadt zwischen den Mauern heißt Miar} , d. h.
der dort zwischen Gestade und Anhöhen gelegene
Hecken oder tabia (d. h. die Verschanzung), Corio-
lano Cippico im J. 1472 (p. 269) neben dem
Castel S. Pietro (ehemals Zephyrion oder Zecpi'Qa)
(Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV yiii 39).
über die Schicksale von H, im Mittelalter und
unter den Rittern Sainte-Croix Sur la Chrono-
logie des Dynastes ou Princes de Carie, Memoir.
Klosters 'Ayia Magiva plate XLVIII, wo Spratt
und Eoß das Maussolleion vermutet hatten, ein
Gymnasion gestanden habe. Häfen: Nach Scyl.
98 hatte H. zwei Häfen, darunter einen verschließ-
baren. Kai ällog foßijv zzeqI tt)v vvjOOv (d. ll.
Plan nr. VII) östlich davon. Vitruvius II 8 unter-
scheidet zwei Häfen, einen als secretus portus
latens moenibus (Korrektur von L, Eoß) wohl
als Arsenal zu denken. Er ist kaum gleich dem
de l'Inst de France Classe d'hist II (1815) 561. 40*Ae«7töc: hfirjv des Skylax (Plan nr. VII). New-
582. Newton On the Sculptures from the Mauso-
leum of H., Classic. Mus. XVI.
Agora Vitruv. II 8: ganz unten längs des
Hafens (westlich von Plan nr. VI). Aus den Wor-
ten est constitutum (nicht erat) könnte man
schließen, daß die Agora erst unter Maussollos
dort eingerichtet wurde. Hier ist wohl auch die
Stätte der hgy äyog^ des 5. Jhdts. (Michel
Eecueil nr. 451) anzusetzen. 'AxQolidog Vitruv.
ton History II 1, 271 u. a. setzt ihn westlich
von Zephyrion an, Judeich Kleinasiat. Stud.
249f. östlich davon. Nach Vitruvius (II 8) fuhr
Artemisia fossa facta unbemerkt nach Osten,,
ohne aus dem großen Hafen fahren zu müssen.
Hauptstraße (platea ampla latitudine. Bei
Vitruv. II 8, 14 verglichen mit der yraecinetio
[Öid£a)fia] eines Theaters), führte vom Tor nach
Myndos zum Tor nach Mylasa, Arrian. an. I 20, 4.
II 8, 11: in summa aree media Martis fanum h0 21, 1. An ihr lag das Maussolleion. Mauern
Habens statuam eolossi , quam aagöhi^ov nomi-
nant, nobüi manu Leockaris (so die beste Les-
art) faetam: harte autem statuam alii Leocka-
ris. alii Timothei putant esse (vgl. Plin. n. h.
XXXVI 4) eine Kolossalstatue des Ares, New-
ton History I 49. Akropolis (r) ziohg axga;
Strab. IX 657: ditzr} <5 n tjv, vgl. Diodor. XVII
23 axQfmoltat xakalg ttExoo^ttjfisvrj). Wenn man
das Stadtbild übersieht, glaubt man mehrere
und Türme aus der Zeit des Maussollos, s.
Judeich Athen. Mitt. XV 142 und den Art.
Mylasa, vielleicht (Newton History II 1, 268)
aus späterer Zeit: Von den antiken Stadtmauern
aus Trachyt, Kalkstein und Tuff sind noch recht
wohl erkennbare, dem Gelände ausgezeichnet an-
gepaßt* Züge vorhanden (Newton History II 1,
267). Die Teile, die dem Gestade näher Waren,
hat man im Mittelalter als Baumaterial ver-
Akropolen unterscheiden zu müssen. Auch die 60 wendet. Durch Türme, deren viele noch in Stock-
Salmakis und die Zephyrionbefestigung könnten
als solche in Betracht kommen. Aber in späterer
Zeit ikamen nur zwei, die Salmakis (Plan nr. II)
Arrian. a n. I 23, 3) und Zephyrion, Zephyra
(Plan nr. VUI) in Frage, die bei Arrian. an. I
23 SxQa *i kw rjy vt}aq> genannt wird (Gronovs
Andemngsvorschlag unnötig) ; Diodoros, der XVII
23 von mehreren Akropolen der Stadt H. ge-
werkshöhe vorhanden sind (schwächster Punkt
334 v. Chr. ,Tripylon' beim Tor nach Myndos),
und unmittelbar vor der Belagerung durch Alex-
andros d. Gr. waren sie auch durch 30 Ellen
breite, 15 Ellen tiefe Gräben (Arrian. an. I 20, 8)
geschützt, die Alexandros teilweise ausfüllen ließ,
'stlieh von der 3tadtmauer ist auf eine ansehn-
liche Strecke noch ein anderer Mauerzug erhalten,
i™ ft J • Eln ^ U -? *"?*£• *** S6i Ke Stadt zu
irgend einer Zeit nach Osten viel ausgedehnter
Äanssolleion aus der Mitte des 4. Jhdts v Chr
{nach 351. Cic Tusc III 81. Strab. XIV 969
Geil, n. a XI 8 : Vitruv. n 8, 14: per median*
que platea ampla latitudij facta iTZa
am\r±
?fl # r: Y ^:F M t n - de Y n «Pect. Paus. VIII stelW Z Ä?.^i os «S an , 8 Uüd ™ r Her-
?fi tTT?! 4 '? 1 " 1011 - deVnspect. Paus VIII
1911 OH? 6 "Tri or 5f B s P ectac ^, Anstach
nLt ™ ß tabula ' Bis auf den hmtigen Tuff
nennt man großartige Grabmäler Mausoleen Es
wird genannt (Nachweise bei Schott): m^ Jhdt
n. Chr. (Gregor. Naz. epigr. 57), im 10 (Const
anecd. I 286) im 12. (Eustath. H. XXIII 12981
L i.! 1 "?* das Mau ssolleion aus. Dann
war noch bis ms 15. nachchristliche Jhdt da
™d LT me K T ^ ma ( = Tersohanzmig) nannte
Wn W SS01 T ^ enteils verschüttet war
dessen JSame erhalten Coriolano Cippico 269
PYYiv, (Jomaschek S.-Ber. Akad. Wien
SS + W Ö} ' Die Stätte des " ach 335 V Chr
Richteten Bauwerks war bis auf Newton TisS
Vitruv. II 8,11. Plin. n. h. XXXV 172 XXYVT
47 an. Ziegelsteinen gebaut und mit StuS und
dicht am Hafen und war 80 angelegt, daß MW
soüos 6 men Überblick nach We&»?Z
und die daneben befindlichen Tempel u^d fach
Süden i über den Hafen hatte. Infolge dTr lefch
fcS™ 8 V Ukti ° n *? eS öeMlldes ™den dessen
Baumaterialien zur Auffüllung des Grabens auf
dem Isthmos zu VTTT <w p! * ..^ aDens aut
2265
Htüikobastagon
Halürius
2266
qo4» r rT *■ ' ■"• ö-amiiion Asia inin TI A^ «± jj. • j Tt ' aw«wce.uiijiien reii
32ff. luid Boß) Stellen gesucht word en a™;^/)^ ?V\? er Nähe der Q uelle Salmakis
manchen schon an dem ? richtig oi' vp™,S2 3 °P em « Eeste: Newton History II i 273f Ares
worden, s. di, „r^iS 6 ! V rt Tautet tempel, gesucht von Rnß T^iL. n 1-f^ . eS
Stellung des S^^jSSuT^S
I e t a em tl S 3o7 8 " ?*& , Etwas "oduTZ
einem MnL v SChe S ^ len in einer Eeih e mit
Jjouiiier Voyage Pittorcsque I pl. 99—101
Newton Historj II 1, 276 Am Fuß der öst
geÄ Ue , r d6S *™»M*™ wmde dS Int hri£
gefunden, die Yon einer Weihung einer Stoa-
^o^ W ßaadj moX bricht New:
ton HlStorj nrmnv.,1 ..... O .... .i l S , >
einem Ecks -
Ll lh Tf tU T r: ^^itetempel, Hermestempel
(vgl Bemerkung zu a^^od/««, ^rf, [R a P t .
geber Bull inst. Arch. Rom. 1839, 182] von
Newton His orj II 1, 274i Mythos Von HerT
dir Ä ^ ? V ' ^t 8 ' W im süd westlichen Teil
manchen .7C j S««cai: woraon, aber von
Trden , J ? ™ de ™ nchtig™ Ort vermutet
Boß ^J' k u ^™ htf ertigte Polemik des I,
iJln^SL W A^ eism ^ 39 ' Arcllitekten
waren featyros und Pitheus (Vitruv. VII 12) Die
Bildhauerarbeiten stammten von Brvaxis C
Soff r7 30 ^ °verbeck Gt. Plastik II 60fF
T H„> P^t?" ^" Ber - ^d- Manch. 1882 114ff
TnnJS 6 ' - n T bau ' der H. ein msQov (Peristvli ^A\\^ mn ^ tj ■ "T ™ -'»f 1 ^ «twas
«n 2p jomschen Säulen trug, übe? dem P S ^40 Ä« d?r '7 , Bu "? on , rtat *J des byzantinischen
von ^t^ Cdlafrie«* HI. eine Pyramid^ ,f f£ "^/^.^M«;«, Newton Histoiy n
S, ^ tufen ' "■ ein Kedestal, V. auf der W,Vn PYYYTr Is ? ^ nd Sera P ls ' S '- ßer - A ^ad.
iss\ £i « + Y / dner Journ - hel1 - s *ud. xni
liehen W tat ? e , deS Mauss °U^ mit einem gött-
ÄÄSf TOn P ^hios. Nach Plfnius
bots 63 luß (= 19! 2 ]n) eine ri L
Ztt^n Ä °-Ä» ^ Westen, A!
tempel, gesucht von Kofi Brisen IV 3bf. in dem
nordwestlichen Winkel der Stadtmauer NeT
lZ?f°? U }' 268 Sagt ' die ^damente (neben
einer Zisterne) seien nicht die eines Tempels
sondern eher emes Wachtturms. Nach ihm stand
^d^JHV*^ Üb6r dem Ma ^^Ueion
und nordwestlich von der dorischen Stoa : s S 81 lff
SS Gr ? e ^ ter Und d6r ^raephone" etwas
A h i^ t'n- r lun ~> Aine na-, Parthenos-
Jl Arten »sheihgtum: Michel Becueil nr. 835.
ninoflTz « de rV Art - Hekatai e und die Vereh-
rung des Ä W ffare^off. Terrasse: etwa in
Mitte des antiken Stadtraums noch Osten u
au Jt^: T h .^ e c ^n S tliche Terrasse
S-iiiSin - e {! ^f f ne Saulenh alle oder ein
^Z$™IJ" vr£™Ä en , hat Zephyrion,
ÖC ,v v } / t, Xlalen - auf dem 14 t)4 n.
Chr. die Burg der Johanniter gebaut wurde, war
worden Zur Zeit des Alexandros d. Gr ist es
noch nicht landfest gewesen (CIG 2656, 26) da
u -v -■ .euer { ivzo) m Kärchers TT^Tr T d ^ , Hafen f ossa f aGta V*™-
awidzeichnnnffln, Karlsruhe IV p IVin Qu a an 8 T U ^™ erkt ^ Osten fährt und da Arrian.
tremere de Quinev ttXM\ V™»; i -n™ 5. , n n " : 2a da7on spneht, daß ein Teil der B«at
Archeol. Hirt ; Ges^ i ^L^.? 6 _? 1 ^; 60 ^,334 sich nach Sahnakis und nach 4 „fiS«
Archen! " TTi^r- ^ r??^ ^ ssai dc ^issert.
nl XYY i? 1 !? G ? SCh " d * Ba «tunst Atl. pl. X 14
™ \f- Canma (1840) Archit. Antica II tay
Ix>ndou g iRfi ? rl M^^um at H. restored,
Hambg ^ u C a hr -^ eter ? en D " Mausoleum
ton Httory II 1* M#° p 'i ? f toa ™ d New *
W *» Tf) v^ooy gerettet habe. Der Vorschlag
Shr "r 8 '- 8 ?** dißSer Worte T ^ r ^fl««fc^o«rS
schreiben ist unnötig und scheint auf einem un-
ÄÄ ff ™* Arkonnesos zu beruhen; denn
das i Eiland 4&™?«k jetzt Oräk Ada) üegt
nicht innerhalb der Stadt, sondern ist 5 km da™
entfernt. Beschreibung des Felsvorsprnngs mw.
U an ' [BurchnerJ
HftlffcobastfigOll (t<1 'Mtxoßdarayov = Meer-
saline, ey'%<oQia>$ imÄeyoftSvij), alter Weg anMeeres-
salinen und Fischteich bei Smyrna im antuen
lonien, im Gebiet des Klosters x<äv Aifißmv bei
Smyrna, genannt bei einer Grenzbeschreibung.
Acta et Diplom, ed, Miklosich und Müller IV
lOf. Vgl. Tomas chek S.-Ber. Akad. WienLXXIV
vni 28. [Bürchner.J
Halikyui ('AAtitvat Steph. Byz. s, v. = Theo-
pomp, frg. 328 Grenfell-Hunt. Diod. XIV 48 , 4
fbergestellt von Gronovius, äyxvgai die Hss.].
'AZutvaToi Thuc. Vn 32, 1. Diod. XIV 54, 2. 55.
7. XXII 10, 2. XXIII 5. Steph. Byz. s. v.;
. . . KYAIOI2 eine attische Ins chr. beiitoehler
Athen. Mitt. 1879, 30f. Halieyemis Cic. II. Verr.
III 13. 91. V 15. Plin. III 91), eine kleine Stadt
Siciliens, wird seit C luv er gewöhnlich mit dem
modernen Salemi, etwa 33 km östlich von Lily-
baion, identifiziert mit Hinweis darauf, daß beide
Namen auf ,Salz f deuten. Mit Kecht betont Bc-
loch Herrn. XXVIII 631. daß dieser Ansatz auf
sehr schwachen Füßen ruht. In der Gegend von
Salemi muß die Stadt allerdings gesucht werden ,
da sie nach Angabe des Steph. Byz. s. v. zwischen
Lilybaion und Entella lag. Da bei Thuc. VII 32, 1
— wo allerdings nicht ganz unbegründete Zweifel
gegen die Richtigkeit der Überlieferung des
Namens erhoben worden sind, da H. in einem
Atem mit dem ostsicilischen Eentoripe genannt
wird; man hat auch an zwei Städte des Namens
H. gedacht — die Halikyaier zu den Sikelern ge-
rechnet, bei Diod. XIV 48, 4 und 55, 7 den Si-
kanern entgegengestellt werden, so ist wohl dar-
an festzuhalten, daß H eine sikelische Stadt
war, und der Versuch Holms (I 61; Freeman-
Lupus 1 103. 502 stimmt bei), sie für die Sikaner
zu vindizieren, muß ebenso abgewiesen werden
wie Ungers These (Piniol. XXXV 210ff.), H. sei
eine Elymerstadt gewesen. Auf dem hypothe-
tischen Boden der Frage nach der vorgriechischen
Besiedlung SiciUens ist Achtung vot der Über-
lieferung das erste Gesetz. Die wenigen uns er-
haltenen Notizen aus der Geschichte von H.
erweisen sie als Kleinstadt , die, für gewöhnlich
gemäß ihrer Lage in der Einflußsphäre Karthagos
stehend, jedem Eroberer ihre Tore öffnen muß.
Welche Bolle H. in den westfälischen Wirren
um die Mitte des 5. Jhdts. gespielt hat, ist leider
bei dem trümmerhaften Zustande der oben zitierten
attischen Inschrift unmöglich mit irgend welcher
Sicherheit zu eruieren, vgl. Freeman-Lnpus
II 513—518. Im Kriege zwischen Syrakus und
Athen steht H. gleich den andern Sik eiergemein-
den zu Syrakus (Thuc. VII 32, 1). Im Feldzug
des Dionysios gegen Motye vom J. 397 gehört
es anfänglich zu den wenigen Städten, die den
Karthagern treu bleiben (Diod. XIV 48, 4) und
wechselt dann zweimal die Farbe (Diod. XIV 54.
2. 55, 7). Von Pyrrhos wird H. 278/7 (Diod. XXTT
10, 2), von den Kömern 263 (XXIII 5) gewonnen.
Cicero rechnet H. zu den sine foedere immunes
etpitates ac liberae (Verr. HI 13) und berichtet ,
daß Verres von den dort ansässigen Fremden durch
seinen Abgesandten P. Naevius Turpio 15000
Sesterzen über den Zehnten hinaus erpressen ließ
(Verr. m 91 j vgl. auch V 15). Plin. TU 91 zählt
die Haiicuenses zu den stipendiarii. Münzen
und Inschriften von H. sind bisher nicht bekannt;
inschriftliche Erwähnungen finden sich außer in
der oben besprochenen attischen Inschrift bei
De Kossi Inscr. Christ. I p. 242 nr. 573. p. 407,
nr. 916. Vgl. Holm Geschichte Siciliens im
Altert. 161. 358 usw. Freeman-Lupus Gesch.
SiciUens I 103. H 513ff. usw. [Ziegler.]
Halikras s. Lykos.
Halimede CAh-fuqdt] , wohl ,die im Meere
waltet'), Nereide bei Hesiod. Theog. 255. Apol-
lOlod. I 2, 7. [Eitrem.]
Halimetus, erwähnt 699 = 55 von Cic. ad
Att. TV 12. r piünzer.]
Halimns (Ahfxovg, Demot. 'Ahfiovoiog), einer der
kleineren Demen im städtischen Bezirk der Leon-
tis. Nach Strab. IX 398 war H. dem Phaleron
benachbart, und daß es am Meere lag, geht aus
dem Namen hervor. Im Bereich dieses Demos
nennt Pausanias ein Heiligtum der Demeter Thes-
mophoros (I 31, 1), das identisch ist mit dem
20 Demetertempel beim Vorgebirge Kcohdg, s. Hesych.
KoyhaQ ' San 8k xai Arjfir}tQOQ tegop avrö&i zzolv-
oxvlov. Von großer Wichtigkeit für die topo-
graphische Ansctzung von H. ist ferner De-
mosthenes 1 Angabe , daß es 35 Stadien von
Athen entfernt war (LVII gegen Eubul. § 10).
Demnach ist der Demos, wie Milch höf er in
den Karten von Attika (Text H 1— 4) des näheren
ausgeführt hat, in der Gegend des Kaps rgsTg
avqyoi südlich von Georgios zu suchen, das die
30 phalerische Bucht im Osten abschließt; dieses
Kap ist die Kcohdg der Alten. Das Vorhanden-
sein der Salzteiche bei Georgios ist eine Bestä-
tigung für die Eichtigkeit der topographischen
Festlegung des Demos H. (vgl. Milchhöfer
Karten von Attika, Text II 1 — 4 und Abh.
Akad. Berl. 1892 Anhang S. 23. Lop er Athen.
Mitt. XVII 3781'.). Die früheren Topographen
Hannot Recherches sur la topographie des deines
de l'Attiquc 70f. Ulrichs Reisen H 1C0 und
40Bursian Geographie von Griechenland I 361
setzten fälschlich den Demos Phaleron bei Tgetg
xvgyoi an und waren infolgedessen gezwungen,
H. weiter nach Süden zu suchen, was sich mit
Demosthenes' Entfernungsangabe nicht verträgt
(s. Phaler). Es bleibt noch die Frage zu erörtern,
ob H. zum Stadtbezirk oder zur Paralia ge-
rechnet werden muß. Nun steht fest, daß zur
Küstentrittys der Leontis die Demen Sunion,
Potamae, Deiradiotai und Phrearrioi gehören, die
50 sämtlich im Süden der Halbinsel liegen. Des-
halb ist es wenig wahrscheinlich, daß H. zum
Küstenbezirk zu rechnen ist, denn es würde eine
vollkommene Enklave bilden. Dagegen sprechen
die von Lop er Athen. Mitt. XVII 389ff. zu-
sammengestellten Demen- uud Prytanenverzeich-
nisse sehr entschieden für die Zuweisung von
H. zum Stadtbezirke. Löper hat nämlich er-
kannt, daß die Deinen nach ihrer lokalen Zu-
sammengehörigkeit aufgeführt werden, wenn es
60 auch vielleicht zu viel behauptet ist, daß in dem
Prytanenverzeichnis IG LT 864 jede der drei Ko-
lumnen je eine eine Trittys repräsentiert. Da
nun IG II 864 und 991 H. neben anderen Demen
mit dem städtischen 2xa[ißovidai vereinigt ist, so
hat Löper den zutreffenden Schluß gezogen, daß
es gleichfalls zum Stadtbezirk zu rechnen ist (vgl.
a. a. O. 378—392. Milchhöfer, der Abh. Akad.
Berl. 1892, 19 H, als Enklave des Küstenbezirkes
bezeichnete, hat Athen. Mitt. XVHI 294ff. seine
Ansicht zu Gunsten von Löpers Vorschlag ge-
ändert, v. Wilamowitz Aristo! und Athen II
156. Kirchner Prosop.Att.H 507). [Kolbe 1
Haiion s. Alion. " J
Halios. 1) Halios, Sohn des AUdnoos in der
Odyssee VIII 119. 370.
2) Halios, ein Lykier der Ilias in einer län-
geren Namenliste V 678. Die dort Aufgezählten
Äaurrnotmos
2268
werden Ton Odysseus getötet. (AuVdtr S w rd 10 07 tÄ^° yiQfm * P' * 538 ' 556 ' XX
der Name zitiert: Ovid. met^Xm ^8 feZr ™ ^£L?° ^JT¥ sein ™*' ?«:
der Name zitiert: Ovid. met. XIII 258, ferner
Tzetz. Hom. 98). - Der Name, der immer an der-
selben \ersstelle steht - "AXcog ze und 'Aktiv »
im dritten Fuß'— ist in der Odyssee einer der
auf Meer und Schiffahrt bezüglichen Phaiaken-
namen, in der Ilias ist er ganz" farblos.
3) Halios Geron (AXiog ysgcov). Nach Dio-
nysios Byz. p. 20 (Wescher) Kultname eines Meer-
gottes, der bei Byzanz auf einer Höhe am Bos-
"imnia Bin TTail-;»^.-« t o -i^ -. . .
des Herakles und Kyknos als (menschlich gebil-
Berlin 1732, Gerhard AuserL Vas. 122f. Schließ-
Jf r?lf SlCh d 5 e Bezeicn ™g Halios Geron bei
den Dichtern und zwar bei Homer (immer äXtoto
reeovrog als Versschluß) für Proteus Od. IV 365, für
Phorkys Od. XHI 96. 345. Ferner heißen die ÜeZ
madcnen xovgai aXhto ySgorzog Od. XXIV 58 und
nTnJfS r4>www IL I 538. 556. XX
porus ein Heiligtum besaß. Der ^^^20^^"^!^"^^' ^
dene Staatskult war auf Grund einer Träumer- mert SL T.TJS" K^Ll* %*, s ^
i rü j i 8 " um "c»<ijj. x/er uamn verbun-
dene fetaatskult war auf Grund einer Traumer-
schemung eingerichtet worden. Halios Geron
wurde von den einen mit Nereus, von andern mit
Ihorkys oder mit Proteus identifiziert, während
wieder andere ihn für den Vater der Semistra er-
klärten, einer byzantinischen Nymphe, die die
Amme der Keroessa, der Tochter der lo, gewesen
ist (Dion Byz. p. 12). Nach einigen habe er dem
lason und den Argonauten den Weg gewiesen und
_„_, . 1V , ±MMai . l geneigt sein wira, sse-
reus zu verstehen, obgleich dessen Name bei
Homer gar nicht und JV TO ,ö* nur im Anfang von
IL XV in vorkommt. Bei Hesiod hat Nereuf den
Zusatz ov r ao xaXSovot yc 9 ovxa (Theog. 234), und
die Meermädchen sind N m f P g XO vga t dXiolo y£-
90VTOS ijheog. 1003). Pindar Pyth. IX 94 zi-
tiert ein Wort des äXtog yi^v (in dem die Schol.
den Nereus sehen) : xeXvog alvslv xai xbv ir&o6y
Tiavxi & V ßa>i ouv xs dixat xaXä q^ovx' IW«r
Uno TTiTüTid n™«™ -17 * n t. ^ '
„;„ a T -, V ö - cu " cg g« wiesen una Antü
sie durch die Enge geführt ,Aavxi a xov ßdvxecog 30 kiese,
(der sonst linlmVanTif d/.T.^«+\ ' ' t
(der sonst unbekannt scheint) xb ysvog ÖW In
Gythion m Lakonien wurde ein Ge T on verehrt
ein Meergott, den man mit Nereus gleichsetzte
( i £ J>? ? 1 ' TT 8) " Schließlich wurde nach Schol.
Apoll. Rhod. n 767 .bei den Iberern', d. h. in
einer griechischen Kolonie Spaniens ein Geron
verehrt, den man mit Glaukos identifizierte. Es
gab dort eine riavxov äxga, die, wie der Ver-
gleich mit Arten, ora marit. 263f. Gerontis arx
Ipnrr TimT-il nTiA^. ^.z~ ~ rr' v ,-^ T
, °r~. --— " ^]j VB . autii uii i^pos senim-
raert mithin die ursprüngliche Selbständigkeit des
Namens Halios Geron durch. (Den yücov in On-
chestos im Hain des Poseidon, der im Homeri-
schen Hermeshymnos 187ff. dem Apollon Aus-
t? ^ bt ' i^ ü ^eaer bei Furtwängler Bronze-
funde 97 mit der Gestalt des Halios Geron gleich-
gesetzt. Das bleibt unsicher.)
. *) 5f llos ^ Posoid on (AXtov dk TQiatmr) steht
Anth. Plan. 214, poetisch, nicht als echte Epi-
^^KeUrWer^ ^»M heißt der Teil derat-
Götterlehre III 158; U. keLtoi^^^J^''^ ÄfS«^ ^
Götterlehre III 158; rgl Meineke Anal. Alex
f.V' v*nn De Menelai itinere 19). Diese
drei Zeugnisse lehren, daß (Halios) Geron wirk-
lich Eigenname war, und beweisen, daß die an-
tiken und modernen Identifikationen dieser gött-
lichen Gestalt mit irgend einem andern Meer«*ott
iü 1 rf?- B >, Gaedechens ' GIaukos tJ« Meeresgott,
190 den Geron m Gythion = Glaukos setzt) falsch
sind; vgl. v. Duhn a. O. Der Name Halios
,. „.. , . , [P. Frieuländer.l
9) Aliog dorisch — "Hho$.
Haliotropios {Ah(n 9 6mo$) , Monat in Epi-
damnos, Kern Inschriften von Magnesia a M
46 und doch wohl auch in Apollonia in Illyrien
trotz des bei Kern a. a. O. 45 überlieferten
Halotropios. Der H. ist Monat der Sonnenwende
und wahrscheinlich der der Sommersonnenwende.
„ ,. „ [Bischoff.l
Hahpedon (AXtxeöov) heißt der Teil der at-
ihen EberiR rl*>r ci^"h 4,^ ,,„,v,:ü ä it- *
M«h : Bronzen von Olympia Taf.XXXIX „. 699 : JL»?^'*T?± ^. J°J , ?? ra I >lus „ ch .5 ^
blech: Bronzen von Olympia Taf. XXXIX nr 699-
vgl dazu Furtwängler Bronzefunde v. Olvmpia
(Abb Akad Berl. 1879) 96: Herakles kämpft mit
dem fisehleibigen Ungeheuer, das auf attischen
Vasen gewöhnlich Triton geoannt wird. Merk-
würdig an dieser DarsteUung ist. daß Halios Ge-
ron hier die /eichen der Verwandlung (in Schlange
und Feuer) hat. Denn diese Verwandlung sieht
man sonst nur bei dem Kampf des Herakles mit
dem "mpTiachli/f'h f»/in+^i+^i -kt r r.
— ~ > --- "*^" im uuuiittciuaren An-
scauiß an den xüi<po; h^v im Norden des Piraeus
westlich der langen Mauern erstreckt. Bei Hesych.
s. y.: 'Alfasddv Tiveg rov Ueigaia (paatv. sou Si
xai xotvojg xÖtio^ Sg nälm fikv f)v Mlazza, av&tg
ds xsöiov iyi-vEio finden wir eine Erinnerung
an die Tatsache, daß dieses Gebiet ursprünglich
vom Meer bedeckt gewesen war. Hieraus ist
der stellenweise sumpfartige Charakter der salz-
üaltigen Ebene zu erklären (Xen. hell. II 4 34
^-s^^^^JT^-^SS^^
und rhetis), wahrend die attischen Tritonvasen
R^TT^^Ä Zeigen " Jenes a ^haische
Bronzeblech ako gibt diese beiden Sagen gleich-
sam noch undifferenziert, und dazu paßt dir un-
sebers Myth. Lei. I 2192f.; Philol. Untersuch.
aia a». ferner kommt Halios G«ron beim Kampf
„ -, — „ „ V .. 1JS/ . ^u, w^u^iapniscue Ein-
setzung ist zuerst von Milchhöfer auf Grund
des Xenophontischen Berichtes über den Gang
des Treffens zwischen König Pausanias und
fhrasybulos (hell. II 4, 30ff. zum J. 403) richtig
bestimmt worden (Karten von Attika Text I 36?
gegen Leake Topographie v. Athen 277f. und
Bursian Geogr. Griechenlands I 264, die auch
die Halmyns (s. d.) genannte Osthälfte der Ebene
zum H. rechneten). Literatur bei Judeich To-
Halirrhothios. 1) Sohn des Poseidon, athe-
nische Sagengestalt. Für H. gibt es zwei Tra-
ditionen, Stiftungslegenden des Blutgerichts auf
dem Areopag. Für die erste Tradition tritt als
ältester Zeuge Hellauikos iv ä CAz&£6og\ ein,
frg. 69, FHG I 54 aus Suidas. Etym M. Svra-
7fm tefrw ZQtioifiw [Bekker Anecd. 444] s.
Aeetoe xayog. Da die Tradition im wesentlieW
2üey
Maürrnotnios
naniaia
£C&i\S
einheitlich ist, so darf man wohl auch die Einzel- tbv nara Kixgoxa Aristodem in SchoL Find. OL
rieiten, die für Hellanikos nicht bezeugt sind, X 83 b), im Marmor Parium ist er in Kranaoa
schon bei ihm voraussetzen. Er kommt noch ein- Regierung hinabgeschoben (vgl. Jacoby Marm.
mal auf die Sage zurück, als er von dem Prozeß Par. 137).
des Orest spricht, frg. 82 = SchoL Eurip. Or. In der zweiten Tradition will H. aus Zorn,
1648 Philochoros im zweiten Buch der Attliis daß sein Vater Poseidon durch Athene besiegt
(Steph. Byz. s. 'Agetog uidyog) stimmt mit Hella- worden ist, deren heiligen Ölbaum umhauen. Da-
nikos wörtlich überein. Euripides deutet zwei- bei schlägt er sich selbst mit der Axt und stirbt
mal (El. 1^68; Iph. Taur. 945) auf die Geschichte (SchoL Aristoph. Nub. 1005. SchoL Aristeid.),
als etwas Bekanntes hin, und ebenso ist sie den 10 oder das Eisen springt vom Stiel und schlägt ihm
Kednern (Demosth. XXIII 66. Deinarch. I 87. den Kopf ab (Serv. Georg. I 18). Der Name
Als Tones der Bede: Aischinesbrief 11, 8; alle- ftoQiai wird ojtö (x,öqov xai rov <povov xov 'AXtg-
mal in sehr ähnlicher Formulierung. Aristeides qo&iov erklärt (Schol. Aristeid. Suid. Phot. s. po-
Panathen. XIII 170 D. [Liban. IV 402 B. kann Qtai, ausgeschrieben bei Apostol. XI 75). Po-
len nicht identifizieren]) wie den Mythographen seidon klagt den Ares als Herrn des Eisens an
und Grammatikern (Apoll, bibl. II i' 180. Paus. (Schol. Aristeid.). Diese zweite Tradition ist zwar
I 21, 4. 28, 5. Agallis r) Ks^xvgata im SchoL auch lokal gebunden, durch die heilige Olive im
BT IL XVIII 483. 490. Schol. Pind. Ol. X 83. Pandroseion, scheint aber künstlicher als die erste
SchoL Aristeid. III 64 ü. Etvm. M. s. /uoptav. Serv. und wohl später zu sein. Man wird bei ihr daran
Georg. I 18. Schol. Iuven.'lX 101), den Chrono- 20 zu denken haben, daß dem Areopag die Beauf-
graphen (Marmor Parium ep. 3. Euseb. Abr. 509) sichtigung der heiligen Oliven (fioglai) zustand,
und anderen Autoren (Lukian. jt. ogy.. 39) ge- und daß das Abhauen eines dieser Bäume der
läufig. Die Stellen sind zusammengebracht und rQ a< PV aoeßeias unterlag (Philipp i Areopag und
geordnet bei Jacoby MarmoT Parium 29. Zur Epheten 155f.). Aber man begreift nicht recht,
Genesis der Sage vgl. v. Wilamowitz Isyllos wie Ares rechtlich hier hineingezogen werden
IGQif. " konnte; höchstens hätte doch das Beil im IIqv-
H. ist Sohn des Poseidon und der Nymphe xavslcoi verklagt werden können (nach Demosth.
Euryte. (Nur Schol. Pind. nennt Bathykleia, in Aristokr. § 76, Harpokr. s. em IlgvzavEicoi).
was auf eine abweichende dichterische Behand- 2) Halirrhotios der Arkader. Pind. OL X 70
lung zu deuten scheint; doch ist die Beziehung 30 wird unter den Siegern im ersten olympischen
auf den Athener H. nicht ganz sicher, vgl. Schluß Agon genannt : dv innotoi de xh^aaiv anb Mav-
dieses Artikels!). Er tat der Alkippe, der Tochter nvmg Sä^og cökigo&iov (so Boeckh). Die ver-
des Ares und der Kekropstochter Agraulos, Ge- schiedenen Lesungen und Interpretationsversuche
walt an und wird dafür von Ares getötet (Hei- s. in den Scholien. Daß der Athener H. geineint
lanikos, Apollodoros, Pausanias usw.), mit einem sei, wird abgelehnt mit der Begründung, die Chro-
Beile nach Etym. M. s. noQiav. Am ausführlich- nologie stimme nicht (Aristodem.). Ein Scholion
sten ist Schol. Aristeid.: Als sie Wasser holen sagt 'AXiqq6&io$ Mavzivevg 6fMovv(tog z<ot 'Ajhj-
geht, versucht er es zum erstenmal. Darauf klagt vaion 8g r\v llooudävog xai Ba&vxXeias, wo nicht
sie es dem Vater. Der schickt sie abermals Wasser ganz sicher ist, ob man die Genealogie auf den
holen und paßt auf, so daß er den H. auf frischer 40 Athener beziehen soll. Ein anderes Scholion gibt
Tat ertappt und tötet. Das genaue Lokal gibt die Schreibung 2rjqog 'MiqqoMov, belegt den Se-
Pausanias I 21, 4: die Quelle ist die im Askle- ros aus Hesiod (frg. 106) und nennt ihn (aus
pieion am Südabhang der Akropolis entspringende Hesiod?) einen Sohn des H., der ein Sohn des
(vgl. Athen. Mitt. II 1877, 183L 253ff. XXI 1896, Perieres und der Alkyone ist. Didymos erklärte
Sllff. Girard L'Asclepieion 11). v. Sybel H. an dieser Stelle für einen Beinamen des Po-
Athen. Mitt. X 1885, 97 hat ohne Grund vermutet, seidon, ohne aber, wie es scheint, einen wirk-
Alkippe sei der ursprüngliche Name dieser Quelle liehen Beleg zu haben. [P. Friedländer.]
gewesen). Damit erhält die Geschichte ihre scharfe HftlJsarmi (>J 'Miaagra; der Bildung und viel-
und offenbar echte örtliche Fixierung. Oben auf leicht der Bedeutung nach verwandt mit Haia-
der Burg ist beim Erechtheion das Kekropion und 50 sarna , s. d. 1) Städtchen im kleinasiatischen
das Heiligtum der Pandrosos (Judeich Topogr. Mysien (in der Troas), Xenoph. an. VII 8, 17;
v. Athen 251 f.), das Heiligtum ihrer Schwester h. gr. III 1, 6. Die Nachkommen des verbann-
Aglauros wird unter dem nördlichen Steilabfall ten Spartiatenkönigs Demaratos, dem von Darcios
gesucht (Judeich 272) : am Südabhang die Quelle; H. (nebst Pergamon , Teuthrania und Gambrion
nordwestlich vom Burgabhang der Areshügel, auf [s. o. Bd. IV S. 2030]) geschenkt worden war,
dem nun der Rest der Sage vor sich geht. Po- blieben lange in diesem Gebiet (Paus. ITI 1, 8)
seidon verklagt den Ares wegen der Bluttat an und schlössen sich an Thibron an.
seinem Sohn, und die Götter sitzen zu Gericht. 2) 'AXtaagva (codd. Strab.XIV 657), Örtchen
Das ist die Einsetzung des Blutgerichts auf dem d. h. wohl Demos auf der Insel Kos ; inschrift-
Areopag, bei dem die Blutsverwandten des Ge- 60 lieh ist der Name 'Maaaova bezeugt, und wohl
töteten (Poseidon !) die Pflicht der Anklage haben. auch so an der Stelle zu schreiben ; vgl. den Art.
und mit dieser Einsetzung gleichzeitig ist dessen Halasarna. [Bürchner.]
Benennung (Euseb. Abr. 509 'Agsiog xäyog ixlrjfiij Halitaia (17 'Mtxaia Paus. VII 5, 10: Valcke-
xai Sixaar^Qtor xaxsazrj). Die Bezeichnung na- naer schlug AXmea vor, nach Etym. M. 60, 47
yog wurde auch erklärt Stä xbv "Agea kxti nr\- 'AXtatijs Urjyi) iv 'Etpiotp; Pape-ßenseler ver-
iavza zb 86qv (Hellanikos. SchoL Aristeid.). Die muten, daß 'AXizaia zu schreiben ist. Vgl. Hamil-
Chronographen setzen den Vorgang unter Kekrops ton Asia min. II 25), war Stadtquelle in Ephesos;
(Abraham 509 = Kekrops 49 : Euseb. ; AXtQQA&tov b. o. Bd. V S. 2802. [Bürchner.]
Ü/I
nainnerses
naiiiisaa
zs r&
Hallthftrges. 1) Asios von Samoa (bei Paus.
Vil 4, 1) zählt unter den Söhnen des Ankaios
von Samos und der Samia, der Tochter des Fluß-
gottes Maiandros, einen EL auf, von dem wir sonst
nichts wissen.
2) Halitherses ist in der Odyssee ein Itha-
kesier. Er heißt Maozogiörjg (II 158), Sohn eines
Mastor (Mao-zogidyg an gleicher Versstelle II. XY
438). Er versteht sich auf Vogemug (Od. II 158ff.).
Als Odysseus nach Troia zog, hat eT ihm die Rück-
kehr nach 20 Jahren vorausgessagt (Od. II 171ff.).
Den Freiern deutet er ein Vogelzeichen auf hal-
dige Heimkehr des Odysseus und warnt sie (Od. II
164ff.). Mit Mentor gehört er zu den väterlichen
Freunden Telemachs (Od. II 253, darnach XVII 68).
Zuletzt tritt H. Od. XXIV 451 mit einer Ansprache
an die Ithakesier auf gerade wie in Od. LT, ja er
"beruft sich auf diese frühere Eede. Ersichtlich ist
dieser H. vom Dichter der Telemachie erfunden
worden.
3) Ein Halitherses stand in dem argivischen
Weihgeschenk zu Delphi, das die argivischen
Heerführer gegen Theben darstellte, neben dem
Wagen des Amphiaraos (Paus. X 10, 3). Die
Liste der Heerführer ist die abgeänderte der The-
bais (Bethe Thehan. Heldenlieder 110, 3. Pomp-
tow Klio Vni 1908, 1951 321ff.), nur daß Adrast
als Kämpfer zählt und Parthenopaios als Nicht-
Argiver fortgelassen ist. H. gehört sonst nie zu
den Helden. Nun kommt aber auf der korinthi-
schen Amphora (Berlin 1655) mit dem Auszug
des Amphiaraos ein Halimedes vor, also in ganz
ähnlicher Verknüpfung wie H. in Delphi. Dar-
aus hat man auf die Identität der beiden Ge-
stalten geschlossen (Eobert Herrn. XXV 1890,
412. Pomptow a. a. O.), sei es, daß hier oder
dort ein Irrtum, sei es, daß eine Variante in der
Namensform vorliege. Völlig sicher ist die Iden-
tifikation nicht, sie führt auch zunächst nicht
weiter. [P. Friedländer.]
Halityrns, ein jüdischer Schauspieler, der bei
Nero und Poppaea Sabina in Gunst stand. Er
gewährte dem Josephus, als dieser nach Eom
reiste, um sich einiger von dem Procurator (An-
tonius) Felix verhafteter jüdischer Priester anzu-
nehmen, in Puteoli Gastfreundschaft und ver-
schaffte ihm bei Poppaea Sabina die Erfüllung
seiner Bitte , Joseph, vit. 16 , im J. 63 n. Chr.
(vgl. vit. 5. 13). [Stein.]
Hali (i SS a ( e A/.tovaaa Paus. II 34, 8; 'AXiovoa
codd.), eine Insel an der Küste der Hermionis ;
ihre Identifizierung wird erschwert durch die
Verwirrung, dieinPausanias' Darstellung herrscht.
Pausanias erreicht 34, 6 von Trozen kommend
nicht weit östlich von Hermione das Meer, er-
wähnt das im äußersten Osten der Halbinsel
gelegene Kap Skyllaion und läßt nun eine Reihe
von Inseln und Vorgebirgen folgen, die zwischen
Skyllaion und Hermione liegen sollen, tatsächlich
aber zwischen der Stadt und einem weiter west-
lich gelegenen Punkte in west-Östlicher Abfolge
liegen (Heberdey 46). Die Verwirrung hat
Schell erkannt, dann Bursian besprochen;
endlich hat Lolling durch Vergleichung der
Pausaniasstelle mit den wirklichen Verhältnissen
die^ Sachlage im wesentlichen geklärt Die lite-
rarische Seite der Frage iat vielfach erörtert, die to-
pographi*che hat nur noch Miliarakis be-
handelt (vgl. die Karte zum Artikel Hali eis).
Geht man von dem Endpunkt iler Route bei
Pausanias aus, so ist die dxtjy ml Uooefötov die
Landzunge Bistis, der atyuzXdg ftt}voei6^g die
Bucht Hag. Anargyri, Hydrea = Hydra, Apero-
pia = Dokös, Buporthmos = Kap Musäki, Tri-
krana = Trikeri, Kolyergia = Kap Milianös (auf
der französischen Karte fälschlich Mylonas, Lol-
ling 108), Aristera = Spetsopüla, das auch Ra-
lOsteri genannt wird (Miliarakis 255) oder Ara-
steri (Lolling 112), Pityussa = Spetsai (die
ältere Form Petsai, Miliarakis 256t). Es folgt
die Insel H. ; es scheint das nächstliegende,
in ihr die Insel Chinitsa zu erkennen, die süd-
lich vor der Einfahrt in den Hafen von Cheü
liegt. Lolling (111) hielt sie offenbar für zu
unbedeutend; deshalb erklärt er: die Halb-
insel westlich von Cheli, , welche jetzt durch
den Salzsee von Ververonda sowie einen schmalen
20 nur aus Humus bestehenden niedrigen Isthmus
mit dem Lande zusammenhängt, bildete eine
Insel und ist H.' (ebenso Heberdey auf seiner
Karte und Hitzig-Blümner). Ob die beiden
Isthmen wirklich so jungen Ursprungs sein kön-
nen, darüber gewinnt man auch aus Philipp -
sons knapper Bemerkung (Pelop. 50) keine Ge-
wißheit. Die englischen Seekarten zeigen zwi-
schen Cheli und dem Salzsee Erhebungen, die
für Dünenbildungen zu beträchtlich sind. Nun
30 paßt aber die Charakteristik, die Pausanias von
H. gibt, ausgezeichnet auf Chinitsa: naQsysrat öh
avtrj lifih'a ivoQfzioaö&at vavotv Ijztzrf^stov. Nach
der englischen Seekarte 1502 besteht die Insel
aus zwei Flügeln, die durch einen kurzen, schma-
len Isthmos verbunden sind; so entstehen zwei
kleine Häfen; der nördliche ist etwa 60 m breit
und greift 100 m tief ins Land ein. Bei süd-
lichen Winden mochte es den Küstenfahrern
allerdings willkommen sein, hier Schutz zu
40 finden (ivoQ/j.ioao&at). Lollings Erklärung: ,Der
bequeme Hafen bei H. ist Porto Cheli' istr sprach-
lich und sachlich unmöglich. Ein etymologischer
Zusammenhang zwischen dem Namen der Insel
und dem Namen der Stadt Halieis (s. d.) t die
mit großer Wahrscheinlichkeit an dem Hafen
von Cheli gelegen hat, ist jedenfalls nicht her-
zustellen (s. Dittenb erger Herrn. XLII 5, 1).
Ist also H. die Insel Chinitsa, so ist das Vorge-
birge Bukephala = Kap Korakiä, und Kap Thynni
50 ist das (westliche) Vorgebirge Skyllaion. Schon
Heberdey (48) sah sich zu dem Schluß ge-
drängt, daß ein Vorgebirge im Westen ,durch
Namensähnlichkeit (oder Gleichheit?) Anlaß zu
der Verwechslung mit dem Sky Ilaion gab'. Vor-
sichtiger wird man sagen, daß es Periploi gab,
die das Skyllaion falsch auf die Westseite von
Hermione verlegten; von zwei Vorgebirgen des
Namens ist nirgends die Hede. Artemidor. bei
Strab. VIII 368: 6 fikv (6 'AgyoXtxog xölnog)
60 (i£%Qi iov ZxvX/.atov . . . ., 6 $£ (6 'Ee/xiovixdg)
(i£XQt xoog ATyivav xzL ; Plin. n. h. IV 18 nennt
Hermione zwischen Skyllaion und Isthmos. Pau-
sanias selbst setzt das Skyllaion östlich von
Hermione an (34, 7. Heberdey 46; Eoberts
gegenteilige Auffassung (229) ist mir unver-
ständlich). Deshalb ist es allerdings wahrschein-
lich, daß er den behandelten Abschnitt einem
Periplus entnahm, wie zuerst Lolling behaup-
22 fö
nauzoneö
tete, dem sich Kalkmann und Reitz und be-
sonders nachdrücklich Heberdey angeschlossen
haben. Bursian und G u r 1 i tt nehmen an, Pausa-
nias habe sich bei der Bearbeitung seiner eigenen
Notizen geirrt (s. dagegen Heberdey 47, 54),
und ähnlich denkt sich Robert die Sache. Wie
der Irrtum möglich war, wird damit nicht erklärt.
Schell De agro Troezenis 11. Bursian Geogr. II
86, 3. lOOff. Lolling Athen. Mitt. IV 1879,
105ff. Kalkmann Paus. d. Perieget 181. Reitz 10
De praep. vm$ ap. Paus, usu locali, Diss. Frei-
burg 1891, 20. Gurlitt Über Paus. 439f. He-
berdey Die Reisen des Paus. 46ff. Robert Paus,
als Schriftsteller 228. Miliarakis recoyQayta
'AßyoXidog xal KoQiv&iag. Frazer Paus. IJJ
291f. Hitzig-Blümner Paus. 12, 644. Karten:
Carte de la Grece. Admiralty Charts 1525. 1502.
Miliarakis. [Bölte.]
Halizones, Volk an der Nordküste Klein-
asiens, Hom. IL II 856. Strab. Xn 549f.; vgl. 20
Alybe. [Buge.]
Halkyone. 1) Die Namensform Halkyone ent-
behrt der sprachlichen Berechtigung und dürfte
durch volksetymologische Verknüpfung mit äXg
entstanden sein; richtig ohne Aspiration, s. o.
WernickeBd.IS. 15790*. Zu Wernickes Aus-
führungen ist hinzuzufügen, daß die unter Nr. 5
(a. O. 1581) genannte Alkyone mit der Mar-
pessa und nicht ihrer Tochter Kleopatra identisch
sein muß, wie eine genaue Interpretation der Ilias- 30
stelle IX 557fi*. ergibt, vgl. Anecd. Graec. Paris.
(Gramer) 4, 5, 3. Nimmt man das gegenüber der
bisher stets vertretenen Ansicht an, so lösen sich
verschiedene Rätsel der Marpessasage. [Sittig.]
2) Nach Plin. n. h. IV 27 eine Stadt am Mali-
schen Meerbusen. Sie ist sonst unbekannt, Kip
Thessalische Studien, Halle 1910, 38. [Stählin.]
Halkyoneus. 1) Sohn des Antigonos Gonatas,
nahm an dem Feldzuge gegen Pyrrhos teil, in
dem dieser seinen Tod fand (o. Bd. I S. 2415), 40
und wurde von seinem Vater getadelt, weil er
Pyrrhos 1 Kopf im Triumphe zu ihm brachte (Plut.
Pyrrh. 34). Er fiel noch bei Lebzeiten seines
Vaters in einem Treffen (Plut. com. Apoll. 33.
119 c. Aelian. var. bist, in 5). [Kroll.]
2) s. Achyoneus.
Halt) onis s. Alkyonis.
Halma {äl/na), der Sprung als Leibesübung.
Vor alters stellte er einen selbständigen Wett-
kampf dar, bei welchem auch ein Preis zu ver- 50
dienen war (Phil. Gymn. 3). So bei Homer, wo
er zwar nicht in der Ilias, wohl aber Od. VIII
103. 128 bei den Phaiakenspielen erwähnt wird.
In historischer Zeit wird er bei den Wettkämpfen
nur als Bestandteil des Pentathlon (s. d.) zuge-
lassen. Krause Gymn. 285 setzt auch dei den
Griechen wie im jetzigen Turnen Weitsprung,
Hoch- und Tiefsprung voraus, doch ist der letzt-
genannte auch in der einzigen Stelle, die
Krause anführen kann, Sen. ep. 15, gar nicht be- 60
zeugt, und ebensowenig können die von de Ridder
in Daremberg-Saglio HI 6 für Hoch- und
Tiefsprung angegebenen Beispiele denselben er-
weisen. Als Übung in der Palästra oder zu
hygienischen Zwecken könnten ja beide zuge-
lassen worden sein, daß jedoch im Wettkampjf
nur der Weitsprung üblich war und auch in der
Palästra vornehmlich geübt wurde, geht aus der
Pa.TÜy-WIssow»-Kron VII
monumentalen und schriftlichen Überlieferung
einhellig hervor. Sicher ist ferner auch, daß er
in historischer Zeit mit Halteren (s. d.) ausgeführt
wurde und, wie das Pentathlon überhaupt, von
Flötenspiel begleitet war. Letzteres bezeugt
Paus. V 7, 10. VI 14, 10. Ps.-Plut. de mus. 26.
Phil. Gymn. 55. Vgl. Krause Gymn. 389.482.
Pinder Fünfkampf 97f. Mie Jahrb. f. Phil.
CXLVII 792. Haggenmüller Fünfkampf
15. Leonardos Olympia 691 Auch auf
Vasenbidern, z. B. Sprung allein unter Flöten-
begleitung Inghirami Vasi fitt. I 83, mit
anderen Übungen Gerhard Auserl. Vas. 260
(Reinaeh II 129); Ann. d. Inst 1846 tav.
dagg. M (Rein ach I 272). Wien. Vorl. D 5.
Nicht völlig einig ist man dagegen über die
Art der Ausführung, und man schwankt, ob man
einen einfachen oder einen Dreisprung anzuneh-
men habe. Für letzteren entscheiden sich Wass-
mannsdorf Monatschr. f. d. Turnw. 1885,
270. Fedde Fünfk. d. Hell. 1889, 22fi. M.
F a b e r Philol. L 478ff . H u e p p e Allg. Sport-
zeitg. 1899. Küppers Arch. Anz. XV 104ff.
1541; Monatschr. 1900. Ein solcher Dreisprung
besteht aus zwei Sprungschritten und einem
dritten Sprung mit beiden Füßen und wird
heute noch als 7ir}br}p,a in Griechenland geübt.
Als Stütze für diese Annahme wird zunächst
angeführt Bekker Anecd. 224 ßaziyQ xb äxQov rov
t&v 3ievxa-dla>v cxäfifiarog , a«p' ov aXXovxat xo
TiQ&Tov. SiXevttog, Svfiftayog öi zö fisoor, d<j?' ov
älöfisvoi ndXiv sg~äXXovxat, ferner die beiden aus
dem Altertum bekannten kolossalen Rekord-
sprünge: vor allem der mehrfach bezeugte des
Phayllos von Kroton (s. d, und G a r d i n e r
Journ. hell. Stud. XXIV 71m 771) über 55 Fuß,
worauf das Epigramm gemacht wurde nevr'' ml
7ZF.vzr}H0vw TioÖag TiqdrjöE $avXXog (Schol. Plat.
Crat. 413 A. Schol. Aristoph. Ach. 213) und
als zweiter der des Lakoniers Chionis mit 52',
vgl. Afric. bei Euseb. zu Ol. 29 JLiovig Aäxcov
otadtov ' ov xo aXpa vß' tzoS&v. Verglichen mit
dem modernen Sprungrekord von 24' ll 3 / 4 '' er-
scheinen die beiden Leistungen bei einfachem
Sprung unmöglich, und man müßte einen Fehler
der Überlieferung bzw. fabelhafte Übertreibung
voraussetzen. Dies nimmt denn auch Gar-
diner a. O. 70ff. in ausführlicher Darlegung
an und hält im Anschluß an ältere Gelehrte wie
Krause, Grasberger u. a. nur einen ein-
fachen Weitsprung im Altertum für möglich.
Eine absolut sichere Entscheidung scheint das
vorhandene Material noch nicht zu gestatten. Die
Anhänger des Dreisprungs müssen zugeben, daß
die gesamte ältere schriftliche und monumentale
Überlieferung hievon gänzlich schweigt, und daß
sich Schwierigkeiten bei der Anbringung des
mittleren ßaxrjg ergeben, den Gegnern wiederum
fällt die Aufgabe zu die angeführten allerdings
sehr jungen Zeugnisse zu erklären oder zu eli-
minieren. Von dieser Grundfrage abgesehen
laßt sich über den Vorgang im einzelnen manches
feststellen.
Das H. wurde, wie gesagt, durchaus mit
Sprunggewichten ausgeführt. Hauptstelle dafür
ist Phil. Gymn. 55 aXxr)Q öe stevxa&Xtov pkv
svgtjfta, £VQ7}xai $e ig to SXfta, a<p" ov dt) xai
&v6fiaezai' oi vag y6f*ot to mfötjfta xo^jiwzbqov'
72
2275
Halma
Haknyris lacus
3276
tfyotifttpoi z&v iv ay&vt r<p xe avXtp Jigoosyslgovoi
Wf strjÖöivta xai zq> aXrfjQt TtQOQekaxpQVVOvat '
rtOfar6g ts yag zcäv %etQ(5v acqioXTjg xai zo ßfj/na
iÖgaiov ts xai evotjfiov sig rtjv yfjv äyet. xovzl ds
6tz6gov 8.$iov ol väfiot öijkovatv • ov yäg £vy%co-
qovoi dtafiEtQelv tö tttfdqfta, Ijv pr} aQzicog £%tj tov
ixvovg. Dazu Aristot. Probl. V 8, 881 b 5 6 phv (sc.
Ttsvta&kog) ßEi^ov aXXerat sxcor ij fiij s%(av oä.T^Qag.
Die Sprunggewichte beschweren also nicht den
beschwerten Arme nach vorwärts gestreckt,
letztere, wie er schon fast den Boden erreichend
die Arme mit den Hanteln zurückreißt, um im
Niedersprung nicht voxwärtszustürzen, sondern
ein ßrjfia sdQaZov zu gewinnen. Der während des
Sprunges durch die Hanteln nach vorwärts ver-
schobene Schwerpunkt wird im letzten Augen-
blick wieder rückverlegt und, so die Vorwärts-
bewegung des Körpers durch den Rückstoß
Athleten, sondern erleichtern die Übung, sie be- 10 aufgehoben, der Athlet würde sonst auf das
wirken Sicherheit in der Bewegung der Hände Gesicht fallen. Die Darstellung zeigt auch, wie
und den verlangten festen und eleganten Nieder-
sprung. Über die Handhabung besagt die Stelle
nichts, hier müssen die Monumente aushelfen,
wobei aber alles auszuscheiden ist, was ein zu-
fälliges Hantieren mit den Hanteln bedeuten
kann und nicht mit voller Sicherheit auf den
Sprung selbst gedeutet werden muß; so werden
z, B. diese Geräte mehr oder weniger eilig her-
die Länge des Sprunges markiert wurde. Man
sieht nämlich mehrere aufrechtstehende Striche,
die mit naiver Perspektive offenbar Furchen im
Boden vorstellen. So auch auf einer Gemme,
jetzt Furtwängler Ant. Gemm. XVII 42. Auf
diese Furchen, ßod-Qog nach Schol. Pind. Nem.
V 19, spielt Pindar a. 0. an: fJiaxQa pot Öy
amö'&ev aiftaty vjtoaxdjtroi xis (vgl. Krause
beigetragen (rf. Schale des Brit. Museum E 58,20Gymn. 394). Gemessen wurde die Weite des
abgeb. Gardiner a. 0. 190, Fig. 10). Deut-
lich hierher gehörig ist zunächst eine Gruppe von
Darstellungen wie z. B. Ann. d. Inst. 1846, tav.
d'agg. M (andere Beispiele bei J ü t h n e r Ant.
Turng. 13, 11): der zurückgeneigte Oberkörper
der Athleten ruht auf dem etwas eingeknickten
einen Bein, während das andere leicht vorgesetzt
oder erhoben erscheint und die bald höher, bald
niedriger vorgestreckten Hände die Hanteln
Sprunges nach Poll. III 151 mit einem xaveov.
Um den Niedersprung zu erleichtern und unge-
fährlich zu machen, mußte der Boden in der
richtigen Entfernung gelockert werden. Der be-
treffende Platz hieß dann rä soxafiuiva oder
axdfifia (s. d. und Gardiner a. 0. 705.),
Phayllos, der darüber hinaus auf festen Boden
sprang, soll sich ein Bein verletzt haben (Suid.
s. vtzeq ra eaxafifieva 7tt)öäv). Die AbspTung-
halten. Daß _ hier ein Aufwärtsschwingen der 30 stelle, die man sich nicht als Sprungbrett, son-
Hanteln bezeichnet ist, wie Gardiner 185
meint, scheint mir nicht richtig. Näher liegt
anzunehmen, daß sich der Athlet unmittelbar
vor dem Anlauf zum Sprung oder vor dem Ab-
sprung selbst befindet, und damit entsteht auch
die Frage, ob das H. mit oder ohne Anlauf vor-
genommen wurde (G a r d i n e r 187ff.). In der
Palästra ist sicherlich beides geübt worden, denn
eine Reihe von Darstellungen zeigt auch trainie-
dern als Sprungsehwelle vorzustellen hat, hieß
ßarfg (s. o. und Bd. III S. 122).
Aus der oben angeführten Stelle in Aristot.
Probl. ist wohl zu schließen, daß der Sprung
auch ohne Halteren geübt wurde, was ja das ur-
sprüngliche gewesen sein muß und noch bei Ho-
mer üblich war. In historischer Zeit kann dies
jedoch nur zur Übung vorgenommen worden
sein, da bei den Wettkämpfen ausnahmslos Hal-
rende Hantelträger im Gehen oder Lauf (Mus. 40 teren vorauszusetzen sind. Gardiner a. Ö.
Greg. XVII 1 a. Gerhard Aus. Vas. 259. 260.
294. Mon. d. Inst. I, XXII 8 — Arch. Ztg.
1881, IX 1. Klein Euphronios 306. Mus.
Borb. XIV 56, besonders deutlich am tuskula-
nischen Mosaik Mon. d. Inst. VI. VII 82), aber
jener Typus mit vorgestreckten Händen ist doch
mit einem Anlauf weniger leicht in Einklang
zu bringen. Zu Beginn desselben hätte das
Schema wenig Sinn, und als Mittelstellung einer
193f. hat es versucht, eine Reihe von Vasendar-
stellungen hierauf zu beziehen, welche junge
Athleten in meist vorgeneigter Stellung und vor-
gestreckten Armen aufweisen. Doch ist Hau-
ser Arch. Jahrb. X 182ff. rechtzugeben, der solche
Darstellungen für den Wettlauf in Anspruch
nimmt (vgl. Bd. V S. 1719). Literatur: Krause
Gymn. B83ff. Grasberger Erz. u. Unterr.
I 298ff. J ö t h n e r Ant, Turng. 3ff. G a r d i-
Bewegung scheint es mir kaum durchführbar. 50 n e r Journ. hell. Stud. XXIV 70n\, 179; Grcek
Am leichtesten verständlich bleibt es als Moment
unmittelbar vor dem Absprung, analog dem Ziel-
schema bei der Diskobolie (s. d. Bd. V S. 1187):
Der Athlet wird im nächsten Moment mit den
Halteren nach rückwärts ausholen und dann sie
vorwärts schwingend den Absprung bewerk-
stelligen. Das würde dann für einen Sprung vom
Stand sprechen.
Für den Flug durch die Luft und den Nie-
dersprung kommen nur zwei Vasenbilder in Be-60
tracht, die jedoch alles in wünschenswerter Deut-
lichkeit illustrieren. Es ist dies die rf. Schale
Bourgignon Arch. Ztg. 1884 Taf. 16, 2 B
(Jüthner a. 0. 15, Fig. 13) und die sf. Am-
phora des Brit Mus. B 48 in Journ. hell. Stud.
H 219 und Arch. Jahrb. V 243, 35 (Jttth-
&er Fig. 14). Erstere zeigt, wie der Springer
durch <fie Luft saust die Beine und hantel-
athlet. sports 295ff. A. de Ridder in Darem -
b e r g - S a g 1 i o III 5ff. L e g r a n d ebenda IV
1056. f [Jüthner.]
'ÄXficovia. Nach Steph. Byz. s. Mtvva ist
H. eine Stadt Thessaliens, die späteT Minya ge-
nannt wurde, vgl. Plin. n. h. IV 29 Almon, Minya
lag nach IG LX 2 r 521 Z. 30 in dem Bergland
nördlich von Mopsion und dem Zusammenfluß
des Europos und Peneios. [Staehlin.]
Halmos {"Alfiog, var. für v AX(wg) s. AI mos
ö. Bd. I S. 1590.
HalmydesEWS s. Salmydessos.
Halmyris laeus an der Donaumündung. Plin.
n. h. IV 79 : primum ostium Feuces ; ex
eodem alveo et super BtstropoUm locus gigmtur
TXmp. ambitu, U. voeant. Die Beschreibung
läßt keinen Zweifel, daß wir den See unter den
geographisch sehr interessanten Liman- und Haff-
2277
Halmyris lacus
*AX<vct
2278
bildungen im Süden des Donaudeltaa zu suchen
haben. Ea lassen sich heute drei untereinander
in Verbindung stehende Seen unterscheiden, die
durch die enge Mündung Poritsa zum Meer sich
öffnen. Am nächsten der Donau der yezero Ra-
sim, ein typisches Liman, der untergetauchte und
durch eine Kehrung fast völlig geschlossene Trich-
ter einer prähistorischen Hauptmündung der Do-
nau, noch heute durch den Dunavatsuarm mit
dem Strom in Verbindung. Auf dem großen Li- 10
man steht senkrecht ein sehr viel kleineres, jetzt
durch eine ganz schmale Zunge zweigeteilt. Durch
eine sumpfige Halbinsel werden sie im Süden von
der Lagune oder dem Haff Sinoe geschieden, ein
der Küste parallel gerichteter Strandsee, durch
eine enge Rinne kaum noch mit der Portitsa-
münde kommunizierend, an Größe dem Liman
Rasim vergleichbar, aber von diesem durch die
wesentlich andere Entstehung verschieden; er
stellt eine durch Küstenwall und Nehrung all- 20
mählich abgedämmte Meeresbucht dar. Die enge
Zusammengehörigkeit der Seen und des Stromes
ist von den hellenischen Ansiedlern in dem Na-
men ihrer am Rand der Seen gelegenen Kolonie
Istros gut zum Ausdruck gebracht worden. Die
Gründung läßt zugleich die besondere Bedeutung
erkennen, welche den Seen einst zukam : sie waren
der natürliche Hafen der Donaumündung und die
alte Eingangspforte zu dem weiten, vom Strome
durchflössen en Hinterland. Das läßt auch schließen, 30
daß im Altertum der Dunavatsu noch bedeutend
und wassereich genug und eine bequem schiff-
bare Straße war (s. Art. Hieron stoma). Aber
zu den Hauptmündungen der Donau wurde er
von den Geographen doch nicht mehr gezählt,
wie die oben angeführte Beschreibung des Pli-
nius am besten zeigt. Es ist falsch, wenn Bran-
dis (s. o. Bd. IV S. 2119f.) in der Dunavezmün-
dung (bezüglich in der Portitsamünde der Seen)
das Hieron stoma sehen will (s. Art. Hieron 40
stoma).
Beziehen wir die 63 Meilen des Plinius wirk-
lich auf den ambitus des H. lacus, so würde dieser
nur das Liman Rasim umfaßt haben. Dieser Be-
schränkung widerspräche aber die weitere An-
gabe des Geographen über die unmittelbare Nach-
barschaft des Sees und der Stadt Istros, da diese
nach den erhaltenen Itineraren mit aller Sicher-
heit viel weiter im Süden und am Rand des Haffs
Sinoe gesucht werden muß. Die Küstenfahrt 50
zwischen Istros und der heiligen {= S. Georg-)
Mündung der Donau finden wir auf 500 Stadien
geschätzt (Strabon, Arrianos, Anonymos ; die Pto-
lemaioskarte ergibt 425); den Landweg bemißt
die Tab. Peut ad stoma (sicher auch die heilige
Mündung, wie der Vergleich mit dem Geogr. Rav.
ergibt ; die Station dürfte am Ausfluß des Duna-
vatsu aus dem Georgs arm gelegen haben) zu 480
Stadien. Zwischen Istros und dem südlicheren
Tomis (dessen Stelle archäologisch genau bestimmt 60
ist zwischen Anadolkiöi und Palasi, nordwestlich
von Constantsa ; vgl. Contogiorgi Sul sito delT
antica citta di T., Constanza 1884) wird die
Küstenlänge auf 250 Stadien berechnet (Strab.).
Alle diese Zahlen vereinigen sich, um Istros auf
-dem Plateaurand zwischen dem winzigen yezero
Devenderen und der Sinoelagane in der Nähe
«des Steppendörfchens Karanasib zu filieren.
Danach scheint notwendig, den H. lacus auch
auf das Haff Sinoe auszudehnen und die 63 Meilen,
anstatt auf den Umfang, auf die Länge des inneren
Uferrandes zu beziehen. Also müssen die gene-
tisch so verschiedenartigen und heute auch räum-
lich bestimmt geschiedenen Seebildungen im Alter-
tum nicht bloß als ein See gegolten, sondern
wirklich einheitlichere Gestaltung besessen haben.
Diese Forderung wird ohne Schwierigkeit durch
die Annahme erfüllt, daß damals die ganz nie-
drige und völlig versumpfte Schwemmlandhalb-
insel gegenüber Portitsa noch nicht bestand, viel-
mehr die Lagune Sinoe sich in ganzer Breite
gegen das Liman Razim öffnete. Das wird auch
unabhängig vom Gang dieser Untersuchung allein
durch die Lage der griechischen Seestadt Istros
an der Lagune und ihre Bestimmung als Donau-
hafen gesichert ; denn diese setzen notwendig eine
freie, ungehinderte Zufahrt nicht nur vom Meer,
sondern ebenso vom Liman und dem Donauarm
voraus, während heute das Haff so gut wie völlig
abgesperrt liegt. Ebenso läßt sich kaum be-
zweifeln, daß die Portitsamünde im Altertum be-
trächtlich breiter war und von der sich eben erst
bildenden Nehrung noch kaum gefährdet wurde.
Vgl. über die Seen Peters, den besten Kenner
derDobruga, in denDenkschr. Akad. Wien,naturw.-
math. Kl. XXVII = 1867, 99. [Kiessling.]
Halna, in der Verbindung maris'halnad;
etruskischer Beiname eines ganz jungen Mars auf
zwei Spiegeln (Gerhard Etrusk. Spiegel Taf. 166,
Chiusi, und 257b, Bolsena; vgl. Religionsgesch.
Versuche und Vorarb. III 1 , 27). Näheres unter
Maris. [Thulin.]
AXtöa hieß ein Fest, das man, wie die großen
Eleusinien, zum Teil in Athen, zum Teil in Eleu-
sis (Dittenberger Syll. 640. Schol. Luk. diäl.
mer. VII 4. Rh. Mus. XXV 557. Bekker aneed.
384) der Demeter, Köre und dem Dionysos zu
Ehren feierte (Bekker aneed. 385. Dittenberger
Syll. 640, 7f. 192, 21f.). Schon im Altertum
leitete man den Namen von äXcog ab und erklärte
es für ein Tennenfest (Philochoros bei Harpokr.
s. "AXcja bei Müller FHG 161 I 411; vgl. Paus,
bei Eustath. IL IX 530 p. 772, 25). Daneben
aber wird berichtet, es sei eitl tfj ropifj rä>v
apiTtkXoiv xai rfj ysvoei tov ajioxsifiivov rjÖrj ofvov
(Schol. Luk. a, a. 0.) oder sm ovyxoftidfj idv
xaQjtäiv (Bekker aneed. 385) begangen worden.
Es fiel in den Poseideon (Philoch. a. a. 0. Fou-
cart Bull. hell. VII 387. 514ff. Mommsen
Athen. Feste 360), eine Jahreszeit, mit der wenig-
stens das ml zofifj tw äfixilcov nicht stimmt.
Nilsson (De Dionysiis 95ff. ; Griech. Feste 329)
meint, Fest und Opfer hätten den Zweck gehabt,
die Gottheit um Gedeihen der eben aufkeimenden
Saat anzuflehen, Bischoff (Schoemann-Lip-
sius Griech. Altert. H 507), wir hätten darin
,ein Fest des Land- und Feldbaus überhaupt zu
sehen', doch dürfen wir es wohl genauer als ein
Erntedankfest bezeichnen. Über die Feier erfahren
wir nur Einzelheiten. Es fand eine Prozession
dem Poseidon zu Ehren statt (Bekker aneed, 384.
Eustath. a. a. 0.; vgl. Pringsheim Archäol.
Beitr. z. Gesch. des Elens. Kults, München 1905,
113, 3). Die Inschriften erwähnen demotische
(Dittenberger Syll. 640) und Strategenopfer
(Dittenberger SylL 192; rgfEiptift, Aq X . 1883 t
2279
Haloissus
Halonnesos
2280
114fE.) r«r te Aijfiyzgi xai rst K6qei xai tois äX-
Xotg ösoTe ole xätQiov rjv (vgl. Ditten berger
Syll. 587, 125. 620 mit Anm. 22 II S. 415); eine
Inschrift ans der Zeit des Commodus bezeugt
wenigstens für damals offizielle Beteiligung der
Epheben (IG III 1147). Daneben kamen natür-
lich auch Privatopfer vor, und zwar lag es der
Priesterin der Demeter ob, die Tiere an der ia^dga
tV tfj avlfj "EUvolvi zu opfern ([Demosth.] LIX
Griechen 'AXtivtj, bei den Türken Pascha limani
von der gleichnamigen Hafenstadt. Inschriften;
Muratori T. m p. MDCCLXXIV 9. CIG mv
3696. Guter Hafen (daher jetzt Pascha ltmäni) r
der durch das Eiland />o<f (vielleicht antik 'ii^d,
bei Plin. n. h. Y 151 vielleicht Phoebe, türk. kojün
adasch! [= Schafinsel]) vor dem Nordwind ge-
schützt wird, Po eocke Travels in the East DOC
c. 121 . Je d e ö n ÜQoixow^aog 37f. Gegenwärtig
116 p. 1385). Auch Wettkämpfe fehlten nicht, 10 an Reben reich. Kot sovfiÜi&Mog Ai^evoSeixrrjg
2) Plin. n. h. II 202 und V 137 Eiland zwischen
Lebedos und Teos an der ionischen Küste West-
kleinasiens aus dem Meer aufgestiegen, vielleicht
Verwechslung mit Halonnesos (jetzt Ataßdtsg)
zwischen den Golfen "Epßarov (jetzt EgrilaT) und
jetzigem Megaivta, weil bei Plinius nur Halonne-
sos bei Samothrake erwähnt wird. Die Ordnung
in der Aufzählung bei Plin. n. h. V 137 ist arg
unter denen ein äycuv Tiaiqiog erwähnt wird, und
bei denen auch öffentliche Auszeichnungen be-
kannt gemacht wurden (Dittenberger Syll. 192
Z. 29, 77. 246 Z. 47. Bull. hell. VIII 201). Aus
dem von E. Eohde entdeckten und im Rh. Mus.
XXV 557 publizierten Scholion zu Luk. dial. mer.
VII 4 geht hervor, daß die Frauen an den C A.
der Demeter, Köre und dem Dionysos Mysterien
feierten und auch eine teXet^ yvvaix&v ev'EXevöTvi
stattfand. Wahrscheinlich hat eine dem Geschlecht 20 gestört. Es werden dort iam hae drea Ephesum
j__.™.!-n--ji j. _. Ti_i._j......_ j„t^ x.„ ei g Uae pj s { s t rai j voeantur Inselchen vor Aiolis
(z. B. Pordoselene) aufgezählt. [Bürchner.]
Halonesi, nur von Plin. n. h. VI 169 (nach luba)
an der schwer zu deutenden Stelle (vgl. Era-
t a n o s) erwähnt , welche einzelne Inselgruppen
des Roten Meeres aufzählt, Inselgruppe in der
Nähe der ägyptischen Küste gegenüber der Trog-
lodytike (dem Gebiete der Bisarin), nördlich vom
Ras el-Anf. C. Müller (Geogr. gr. min. I 55. 69)
der Philleiden entnommene Priesterin der Demeter
diese Weihe vollzogen (Phot. s. &dXstöai. Topf f er
Att. Geneal. 92ff.). Die ausgelassenen und ob-
szönen Scherze und Begehungen der Frauen schil-
dert das Scholion ausführlich. Von diesem Teil
der Feier waren Männer ausgeschlossen. Be-
stimmte Speisen waren den Mysten verboten. Das
Fest muß mehrere Tage gedauert haben. Außer
den zitierten Stellen s. Hermann Gottes dienstl.
Altert. 2 § 57 Anm. 4ff. Daremberg-Saglio V 30 identifiziert die H. mit den Schowarit-Inseln (nach
4f. Rubensohn Mysterienheiligtümer ir5ff.
Pfuhl De Atheniens. pompissacr. 66. Momm-
sen Athen. Feste 359ff. Foucart 3 E(pi)ft. aQ%.
1887, 5. [Stengel.] '
Hftloissns, einer der vielen Lokalgötter im
Gebiet der Pyrenäen, nur auf einem Marmor-
cippus von Gajan bei St. Lizier, jetzt in Toulouse,
nachweisbar. Die Inschrift lautet nach CIL XLTI
14 . . . Baloisso C. Pomptinius Superbus ; rechts
den Angaben Moresbys) 24° 24'— 19' nördlicher
Breite- Zu diesem an und für sich nicht un-
wahrscheinlichen Ansätze stimmt auch die Lage
des von PJinius zuvor erwähnten mons Pente-
dactylos (Gebel Ferag, 23° 37') und der hierauf
genannten Insel Topazos, d. i. der Insel Seberget
(Smaragdinsel) oder St. Jean (23° 36'; über die
Breitenangabe bei C. Müller a. a. O. und bei
Sprenger Die alte Geographie Arabiens 1875,
und links sind Opfergefäße in Relief angebracht; 40 37 s. u.'Gebadaei). Die Aufzählung der Inseln
Tgl. Barry Rev. arch. 1867, 372. Sacaze Inscr.
ant. des Pyrenees nr. QQ. [Haug.]
Hai on. In einer russischen Version der Aber-
kios-Vita lautet der Name des Ortes, der sonst
Aulon (s. d.) genamit wird, Halon: höchstwahr-
scheinlich ist das die richtige Form, Lüdtke-
Nissen Abercii titulus sepulcralis 33. [Rüge.]
Halone (17 'AXdtvt]), Name mehrerer kleiner
Inselchen und Eilande. Die Herkunft des Namens
bei Plinius ist verworren , namentlich durch die
Erwähnung der Insel Cardamme, welche un-
bedingt beträchtlich südlicher liegt als die H.
und die Topazos-Insel, mag man sie nun nach C.
Müller der heutigen Insel Makaur oder nach
Sprenger a. a. 0. 70 der von Ptolem. VT 7, 44
(mit den Maßen 71° 0', 16° 0') verzeichneten
Insel KagSafXrivt} und diese deT Kamarän-Insel,
Breite 15° 20' gleichsetzen; von ihrer Lage hatte
von H. Nr. 1) wird bei Steph. Byz. mit der Berei- 50 weder Plinius noch Ptolemaios eine richtige Vor-
tung von Seesalz zusammengebracht (vgl. Mar-
quardt Cyzicus 37. Jedeön ITqoixSwtjo. 134, 3).
Es ist aber das Wort eher mit äXcog = Tenne zu-
sammenzubringen, umsomehr als es sich im ganzen
um flaehe Inselchen handelt, die stellenweise von
Erhebungen nur bis zu 213 m Höhe begrenzt
sind.
1) Diogenes. Steph. Byz. 'Mcovr} und Bioßixog,
so bis auf die Zeiten der byzantinischen Kaiser;
Stellung. [Tkac\]
Halonnesos, Inselchen zwischen der thraki-
schen Chersonesos und der Insel Samothrake, Plin.
n. h. IV 74. An dieser Stelle liegt wohl ein Fehler
vor, indem der Schriftsteller ein paar Namen, z. B.
Gethone (von Plin. n. h. V 138 als Getane insula
ante Troada aufgeführt) und Lamponia (als Städt-
chen der Troas Lamponion, Lamponeia, Lamponia
bekannt [s. d.]) und Alopeconnesus (bekannt als
dann AvXoivia, AvXcovog vr t aog, bei Meletios 60 Städtchen der thrakischen Chersonesos, s. o. Bd.
Pscjygatpta exd. Ä 441 auch "AltöwTjaog.' Jedeön
IlQoix6vvr}(so$, 'Ev KojvJTtoXst 1895, 40f. Dichte-
rische Namen H.8 im Altertum waren Nebris (von
den äußeren Umrissen; Neuris hieß nach Plin.
n» h. V 152 Proikonnesos) und Prochone (Ver-
schreibung vielleicht aus »Prokonnesos*. Plin. n. h.
V 152 bat als eigenes Eiland Porphyrione (Her-
molaoa-Steph. Byz. g, v. Jetsiger Name bei den
I S. 1597) hieher geraten sind; vgl. o. Bd. VH
S. 1335 Art. Gethone. In der angegebenen
Entfernung: inter Chersonesunt ei Samothracen,
tärimque fere XV (sc. m. p.) Halone&os liegt
auch nur annähernd überhaupt keine Insel; vgl.
Bnrsian Geogr. Griechen! II 390, 2. PliwW
Angaben kommen denen zustatten , die H. Nr* 1
(s. <L) in %ytoc 2t(j&zis suchen. {Bürchner.]
JQUUUUVB UOÖU»
Halonoft nesos, byzantinischer Name für
Halone, s. d. Nr. 1. [Bürchner.]
Halontlon s. Alontion. Über die Schreibung
vgl. den Art. Hadranon. [Ziegler.]
"AXog. 1) Gewöhnlich Maskulin. Bei Strab.
IX 433 und Steph. Byz. s. v. auch Feminin. Auf
einer delphischen Inschrift IG IX 2 addenda ul-
tima 205 IA Z. 22 Feminin mit dem Bei-
namen Axatxri. Derselbe Beiname bei Strab. IX
433. Die antiken Etymologien von aXäa&ai Steph.
Byz. s. v. Etym. M. 70, 8 zeigen, daß die Alten
zur Schreibart 'AXog neigten. Doch wird die Form
"AXog vorgezogen. Sie ist von der am Fuß des
Stadtberges entspringenden Salzquelle abzuleiten
{abgebildet Atheu. Mitt. 1906, 24). H. ist eine
Stadt der phthiotischen Achäer und gehört im
Schiffskatalog zum $&ia>Tty.ov rttos des Achilleus,
II. II 682. Strab. IX 432. Niese Der homerische
Schiffskatalog 19. Als den Gründer von H., das
dabei allerdings als eine Stadt Ätoliens, nur in
einem Pariser Scholion als eine Stadt Thessaliens
bezeichnet ist, gibt ein Hesiodfragment (Kzach
frg. 9. KernN. Jahrb. XHI 1904, 17) den Aloeus,
dagegen Steph. Byz. s. v. den Athamas an. Die
Lage ist durch Strab. IX 433. 435. Plin. n. h.
IV 28 und Pompon. Mela H 44 bestimmt. H.
ist von Iton 60, von Theben 100, von Pteleon
110 Stadien entfernt. Es liegt auf einem Aus-
läufer der Othrys, der die Talebenen des Plata-
nos und des SaJamvrias scheidet, am Südrand der
krokisehen Ebene, dem phthiotischen Theben
gegenüber. Auf der oben bezeichneten delphischen
Inschrift ungefähr vom J. 145 v. Chr. setzt sich
H. mit Theben über gewisse Gebiete, die offen-
bar in der Ebene nördlich von H. zwischen dem
Meere und Gebhge zu suchen sind, gütlich nach
dem Schiedsspruch des Larisäers Makon ausein-
ander. Während das Stadtgebiet von H, im
Korden an das von Theben grenzte, reichte es
im Süden bis an die Grenze der Malier, Strab.
IX 433, das heißt bis an den Südfuß der Othrys.
Kip Thessal. Studien, Halle 1910,47.
Der älteste Teil der Stadt ist mit 2 m dicken
kyklopischen Mauern umgeben und dürfte in die
homerische Zeit zurückreichen. Er liegt sehr fest,
aber auch sehr unbequem hoch über der Ebene
auf einer Bergkuppe, die durch eine Einsenkung
vom Hauptzug der Othrys getrennt ist. Die
Stadt dehnte sich gegen Osten den Abhang
des Berges hinunter weiter aus. Herodot (VII
173), Demosthenes (XIX 163), Artemidor (bei
Strab. IX 433) betrachten sie als Seestadt, ob-
wohl sie ungefähr 2 km von der Küste entfernt
liegt. In den Perserkriegen scheint H. der Haupt-
hat'en Thessaliens gewesen zu sein, Herod. Vn
173. 197. Von 400—344 v. Chr. prägte H. als
autonome Stadt Münzen , obwohl es zu den von
den Thessalern abhängigen Städten Achaias ge-
horte. Am Ende dieser Periode lag es mit Phar-
salos im Streit; e> war mit Athen verbündet und
lehnte sich gegen die makedonische Oberherrschaft
auf. Parmenion belagerte die Stadt, während über
den Philokratischen Frieden verhandelt wurde.
Philipp nahm die Stadt eigens von dem Frieden
ans und zerstörte sie völlig, Demosth. XIX 36
mit Schol. 39. 159. 163. 334. Schäfer Demo-
sthenes und seine Zeit H 2 264. Ihr Gebiet nahm
er den phthiotischen Achäern und gab es den
Pharsaliern, Demosth. XI 1 mit Schol. Strab. IX
433. Eine Lücke bei Strabon enthält uns den
Namen des oder der Neugründer vor. Gegen.
Kramers Ergänzung awcp[xiaav 0aQ0aXioi]
sprechen gewichtige Gründe.
Die Neugründung der Stadt erfolgte ganz
nach dem Gesichtspunkt der Bequemlichkeit, am
Fuß des Berges, neben dem fließenden Wasser
des Amphrysos (= Kephalosis), der zugleich die
10 eine Seite der Mauer schützte. Doch lag die
Stadt, wahrscheinlich des sumpfigen Geländes
halber, auch jetzt nicht ganz am Meere, sondern
hatte den Hafen außerhalb der Stadtmauern.
Diese bilden ein regelmäßiges Viereck, dessen
Seiten fast einen Kilometer lang sind. Die
Mauer ist mit Quadern verkleidet und 2, 70 m
dick, und war mit zahlreichen viereckigen Türmen
verstärkt. Die Westmauer lehnt sich an den Fuß
des Berges an, die Nordmauer an den Bach
20 Kephalosis, die Ostmauer ist von den Bauern und
den Türken abgetragen (Ussing Griech. Eeisen
u. Studien 109f.). Von dieser jüngeren Stadt
gibt es Münzen, die den lokalen und nationalen
Charakter von H. beibehalten und in das 3. Jhdt.
gesetzt werden, Catal. Greek Coins Brit. Mus.
Thessaly to Aetolia by Gardner 13. Darunter
sind solche mit dem Zeichen AX = "A%amv,
die der Zeit von 302—286 angehören. Sie be-
weisen, daß die Stadt wieder frei von Pharsalos
30 und achäisch war, ja wahrscheinlich zu einem
selbständigen Bund der Achäer gehörte (Gard-
ner a. a. O. p. XXIX. Kip a. a. O. 60). Die
NeugTündung hängt vermutlich mit dem Auf-
treten des Demetrios Poliorketes in Thessalien
zusammen (Niese Gesch. d. griech. u. mak.
Staaten I 347). H. war noch am Beginn der rö-
mischen Zeit eine wohlhabende Stadt, wie die
langen ' Freilassungslisten unter den Strategen
Ptolemaios und Italos zeigen (zwischen 48 und
40 30 v. Chr. nachKroog De foederis Thessalorum
praetoribus, Diss. Halle 1908, 26, 60). Doch ist
bis jetzt kein delphischer Hieromnemon der Achäer
aus H. bekannt, das in dieser Hinsicht an Be-
deutung hinter den anderen Hauptorten der
Achäer zurücksteht.
Die Stadt hatte den uralten Kult des Zeus
Laphystios, mit dem das Geschlecht des Atha-
mas zusammenhing, HeTod. VLI 197. Ihm wurden
in Zeiten der Dürre Menschenopfer zur Vertrei-
50 bung der Regenlosigkeit dargebracht, Plat. Minos
315c. O. Müller .Orchomenos s 156. Farnell
Cults of the Greek States I 42. Ni 1 s s o n Griech.
Feste 1906, 10. Zeus besaß ein re/usvo; mit aXoog.
Das Rathaus hieß Xrj'ijov, das wichtigste Heilig-
tum der jüngeren Stadt gehörte der Artemis Pan-
achaia. In ihrem Tempel wurde der oben er-
wähnte Vertrag mit Theben aufbewahrt. Ihr
Kopf erscheint auf Münzen der Achäer von 302
—286 v. Chr., Gardner a. a. O. pl. X 17 p. 48.
60 Ferner ist aus makedonischer Zeit ein Priester
des Apollon überliefert, IG IX 2, 112.
In den Inschriften wird H. uioXig genannt,
hat eine ßovXjj , 184/3 v. Chr. drei Archonten,
die wahrscheinlich 146 durch xayoi ersetzt worden
(Kip a- a. O. 62), einen Hipparchen und einen
halb- oder ganzjährigen zafuag. Die im Register
von IG EX 2 nr. 1322 zu H. gerechneten ägxeoxo-
not und 'A&rivä TToXidg müssen zum phthiotischen
Theben bezogen werden, da die Inschrift dort starb, Tac. ann. XII 66. Suet Claud. 44, 2.
gefunda» ist, Arvanitopullos IJgaxzixd 1907, Auch unter Nero, dem er sich durch diese Tat
166. über den Kalender von H. handelt Ren seh empfohlen haben mochte, scheint er eine ftble
De manumissionum titulis apud Thessalos, Diss. Eolle gespielt zu haben. Dennoch verschonte
Halle 1908, 128. Die Münzen der Stadt zeigen Galba, als er die verworfensten Subiekte Neros
den bärtigen Kopf des Zeus Laphystios und den hinrichten ließ , gerade Tigellinus und H um
Widder mit Phrixos oder Helle, Inschrift AAEQN, nicht nachgiebig gegenüber den Forderungen der
Gardner a. a p. 18 ■ pL. XXI 1. n 6. Head Menge zu erscheinen, ja er verlieh diesem sogar
H ?o^ L J nS( * riften I( f K 2 > 107 - 1B 1- 1321 ein prokuratorisches Amt, Su,et. Galba 15, 2 (4l
-1325 add. ult. 205 IA Im Mittelalter erhob 10 Dio exe. LXIV 3, 3 wV « T^XXlvov xal aXXovc
Bull. hell. XV 1891, 565. XXIII 1899, 396. G ian n o - l(iberiusj proe(urator), dessen Sklave sich in der
pul os Ot ovo fteaattovtxol 'M/tvQot, Athen 1904, stadtrömischen Inschrift CIL VI 8833 nennt
14.19. Moderne Beschreibungen bei Leake Tra- rsteinl
vels in North. Greece IV 336. Ussing Griech. Halter, äXzfc (von SUouat oder SXua Phil
Keisen und Studien 109f. Bursian Geogr. v. Gymn. 55) = Sprunggewicht oder Hantel Die
Griechenland I 78. Athen. Mitt, 1906, 23-27. Form dieses Gerätes wechselte im Laufe der
Georgiades ßsaoaXia, Volo 1894, 222-223. Zeit, Das älteste erhaltene Exemplar ist der
(Tiannopulos #0iüm*d, Athen 1891, 50-53. Bleihalter aus Eleusis, jetzt im Zentralmuseum
I) Halos, Name einer Kome von Demetrias 20 in Athen, abgeb. 'Etptift. a eX - 1883 190 (Phi-
m der thessalischen Landschaft Magnesia; er ist Hos), J ü t hn er Ant. Turng. 3, den der sieg-
aus dem Ethniion AXeig geschlossen, das IG IX reiche Epainetos gewidmet hat. Er bildet ein
2 .'_,^°? Z '„ 5 ( 2 - Jhdt v. Chr.) einem der an den Langseiten Eingedrücktes ParaUelepiped
Demetrias beigeschrie- von 11,5 cm Länge, 3,56 cm Breite, 2,5— 3,8 cm
städtischen Strategen von „„„„„ „„ 16V1Ivllilv .
ben ist und ebd - UJ3 auf einer bei Demetnas Dicke, läßt sich also "'bequem packen"' "üiiTei^
gefundenen Grabschrift vorkommt. Die genaue Seite trägt die Weihinschrift. Von diesem Uni-
Lage läßt sich nicht bestimmen. Der Gedanke kum abgesehen zeigt der H. vom 6. Jhdt. an
SS T^ i^" 1 - hel - ^ S?P L 90 Sr 337 > nach AÄwe« der Originale und Darstellungen
i^Ä !*.'• " ** t a - Ä 1 ^ 18 ^? R g . e ' namentlich auf Vasen der Reihe nach drei Grund-
ZÜS Wahrscheinlichkeit Denn ein 30 formen : die Kolbenform, die sphäroide und die
Burger von H., das durch Inschriften des 2. Jhdts. zylindrische. Bei der ersteren wird das Ursprung-
t^Äw ^n eSe S k a "5 n n h V n i^T lich W Oblongem verlängert, gebogen und an
auch mT,1 K^ rZlTl d ? D0 ? 1 S i k iTn 6 den Enden zu zwei annähernd gleichen Kolben
82 101 Studien Halle 1910, erweitert, die wie durch einen dicken Griff mit-
\\ Tini™ i^r+v i -4. ^*± \ einander verbunden sind. Später ist der vordere
r^de^T»^^ Kolben re S clmä % g^ßer und daher beim
TXl ÄSf , • 1064 aus Alcolea am Sprung besonders wirksam. Beispiele bei J ü t h-
unteren Baetis,: centurme Ores(is), Mawmsfrs), „er a O. 4 Fig. 2. Diese Form zeigen Votiv-
fm ( TsZsk> lZ^f Jt ^^k ITT haltCTen auS Blei Und ^ inKopenCer ,1er-
HÄft "i <V J SchutC tJ < 40ner e[n offcnbar P raktisch verwendeter Heihal-
TonÄÄ? ■ ' ( M ° av ?r ] ' d J ö > M <*restochter< t er, abgeb . Mi / ali Mon mt C Xin 6, der
SesvchT vJfTIir'ti^r Vv7r°^T*r 3 Pf ™ d 3 Unzen ™& sowie ein P ^ ahn icher
GoebeV LeriloJ ™ hL ^i^if f 4 " H " im Brät Museum, abgeb. Gardiner Journ.
trite bei Hom. Od. IV 404 wo von den S< , 7' Solche . S P r " n |g cwlchte wurden
vsnote „aUft AXooMvv di Eede ist, w?e V 422 Z^t^Z™" 7 ^ ^T^ ™™ n "
^^. - 2) Beiwort der Thetis^Hom. II XX S?) ve f kl Z R L ^1* y ^« M ^Ä L J" ' X ?i
nnH im Plnral aiini- w ™?<in« u„ii tju j n , n Tert1 ' Rom. JMitt. V 3d3. Von der zweiten Art
437/21. 1204,1) nannte eme Nereidi HZtos. Ä'± °' ^' .''"e ' ™'_ «"W"» ^»«
fcloie sfhorS Od IV 4oT Ah' Diese zweite endliche Form tritt erst mit der
Hesych. Suid. Apoll. Soph. 21, 21 Schol Apoll L V ^ } ' , Erhalten . ha ^ ? lch stei '
Hhol IV 1599. Bekker Anecd Gr 384 P 1 5.™^ "v l™ ^* Hantel P aa / + , aus
Ve-1 PtpIIpt Ttr,>i P r-t fi„- M T. Ar^iT t — 7 Konnth, jetzt im Xationalmuseum zu Athen,
Vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I oo4. ein rechter H und ein Fragment eines solchei ;
Halotropios s. Haliotropios. l ^^ fin [lo?^ " r Sie f sind ab f bild ^ E <™"- a ^
u i + . t. i ,r 60 1Ö83. 103. Furt wangler Bronzen v. OL
Halotus, , ein Eunuch, Vorkoster am Hof des IV 180 (vgl. auch Jüthner a. O. Fig. 8 u. 9).
hmsets Claudius. Agnppma bediente sich «einer Eine mit diesen Stücken gut übereinstimmende
?,Lff Ä e ^^ d ^.5 ais ^ ail . s demT ' ebenzu Beschreibung bietet Paus. V 26, 3 von den
IfcSuf^- ^_ b ?™ c hügte Goschenn Locusta Sprunggewichten einer Agonstatue desMikythos:
dt^i£ e i° db i^ ende Mischung her, H. hatte oi & dlw^e o$ro t ^ovrm orffta J«M.-
dl 7v^1 ÄU8 flhran « » ^«nehmen. Er reichte *^l w ^Qa^soriQov lal oi* bTax Ql ßi<na-
5^n O^R e S e T P^ » b »eitete Speise, an xov ™ et <pe 9 ovc eiotv fruov, xzm>l n v*to. de räc xal
d«m Genuß Claudius am 13. Oktober 54 n. Chr. t oi s ÄJi&o« «3r JT^ A^«, *a*^* e A T
dxdvoiv atmtöog. In Einzelheiten herrscht natür-
lich große Verschiedenheit, immer ist aber die
längliche Grundform sowie die Handhabe vor-
handen, die bei dem Stück aus Olympia genau
der Form der zupackenden Finger angepaßt ist,
ohne jedoch eine Öse zu bilden. Die Länge der
erhaltenen Exemplare beträgt 25 — 29 cm, " das
Gewicht schwankt von 2 bis gegen 4,6 kg.
Während die länglichen H. bis rund 500
Mart. XIV 47. luven. VI 421. Sen. ep. II 8, 4
und VI 4, 1. Die Ärzte haben diese gesunde
Übung unter die Leibesübungen aufgenommen,
aber erfunden ist sie offenbar in der Palästra.
Luk. Lesiph. 5 verlegt sie in ein öffentliches
Gymnasium: xätteiOirjKSQ rjnofAEv i$ zo yvfivaaiov
. . . 6 de fioXvßdalvag ^js&aad/ows äpäyöriv ex°> v
eyuQoßolu (vgl. auch Mart. VII 67), und nach
«*<, *«- -x^v,.. — ™~ ^— -~~ Iamblichos wurde die a. von den Pythagoräern
v^ChrwohTdlern^übUch waren." finden wir im 10 neben Lauf und Eingkampf selbständig geübt^:
5. Jhdt. beide Arten ohne merklichen Unter-
schied nebeneinander verwendet, gelegentlich auf
einunddemselben Bilde vereinigt (z. B. Jüth-
ner a. a. O. Fig. 10), und so waren sie wohl
auch bei den öffentlichen Spielen ohne Unter-
schied im Gebrauch. Wenn Pausanias zweimal
(V 27, 12 und VI 3, 10) alxrJQag aQxaiovg er-
wähnt, so beweist das nur, daß zu seiner Zeit
eine ganz neue Form üblich war; welche von
Vit. Pyth. c. 21 p. 97 oi Öh xal a%zr}Qoßo\iq %
XetQovofA,ia xqos rag rwv owfiaTwv lo%vg ta ev&Era
imtriä£vovT£5 sxXsyso&ai yvpvama. Alle diese
Nachrichten beziehen sich jedoch auf die Kaiser-
zeit, und für die Beantwortung der Frage, ob
Hantelturnen auch schon in der klassischen Zeit
üblich war, sind wir auf die Monumente ange-
wiesen. Aus diesen ist es aber in den meisten
Fällen nicht zu erweisen, da die Schemata fast
den beiden alten Formen er aber im Auge hat, 20 immer mit dem Sprung in Zusammenhang ge-
läßt sich nicht entscheiden. In römischer Zeit
wurde nämlich, unbestimmt seit wann, eine zy-
lindrische Form verwendet, die noch in einem
Exemplar im Brit. Museum (G a r d i n e r Greek
athlet. sports 301 Fig. 61) erhalten ist. Es ist
aus Kalkstein, 7V 2 Zoll lang, und zeigt Vertie-
fungen für die Finger der Hand eingearbeitet.
Einfachere Zylinder ohne diese Einarbeitungen
pflegen an Baumstämmen römischer Kopien von
bracht werden können, so all das, was Gardiner
Journ. hell. Stud. XXV 192 vorbringt-. Dagegen
scheint eine Darstellung hieher zu gehören, die
der englische Gelehrte a. O. und Athlet, sports
304 im Gegensatz zu Jüthner Ant. Turng. 17
als Niederschwung beim Sprung erklärt. Es ist
dies das Außenbild einer rf. Schale in Bologna (C er-
tosa 179), abg. Jüthner a. O. und Gardiner
a. O. Von einem Paidotriben im Mantel beobachtet
Athletenstatuen angebracht zu sein (Beispiele 30 strecken zwei symmetrisch einander gegenüber-
zusammengestellt Jüthner a. O. 10, vgl. Fig.
11). Wie sie gehandhabt wurden, zeigt ein pom-
peianisches Wandgemälde der kleinen Palästra,
Rom. Mitt. III 202. Fig. 4 und das tuskulanische
Mosaik (Jüthner Fig. 12). Sie sind offenbar
gemeint bei Luk. Anach. 27 ftoXvßötdag x Ei Q°~
7zlr}$eig iv zalv %eqoTv £%ovtes. Lexiph. 5 6 öe
ttoXvßdaivag ^.ua&'ovs dgdydtjv F.yav bxeiqo-
ßolet. Hesych. s. XEQßäStog ' ££C(XctAjJ#»7? Xi&og. , , - ^, -
Cael. Aurel. de morb. acut, et chron. V 2, 38 40 stelle). Die folgende Bemerkung besagt, daß
numipidos . . ., quo$ palae&tritae alxfjQag appel- diese Kraftübung unter die übrigen Leibesübungen
Und. Verwendet wurden die H. einerseits beim gelegentlich einzustreuen ^ist: xaoakrjmcoi Öi xal
Sprung zur Erhöhung des Schwunges (vgl. Hai- xov<poi$ 6ßoi<og aal ßageotv sg nävxa yvfivdaia
m a), anderseits wie unsere Hanteln zur Kräfti- nXriv xov dvajiavovrog. Krause Gymn. 395ff.
gestellte Epheben in Schrittstellung und stark
vorgebeugt die Hanteln nach abwärts. Es sieht
aus, wie wenn hier auf Kommando geturnt würde.
Ähnlich Krause Gymn. Taf. IXb, 25 d. Mus.
Borb. III 13 = Krause XVI 56. Hartwig
Meistersch. Taf. LXX Bb. Die Wirkung der &.
schildert Phil. Gymn. 55 yvpväCovai de oi ftkv
fiaxQol rdjv aXzr)Q<ov wfiovg re aal /«(@aj, ol de
a(patgo£tdscg xal SaKxvlovg (vgl. auch die Epiktet-
Jüthner Ant. Turng. 16ff. Gardin er Journ.
hell. Stud. XXIV 192f. ■ Greek athlet. sports
31 Off. [Jüthner.]
Hai um. Tac, ann. VI 41: Halum et Arte-
müa Parthica oppida; also ist H. sicher mit
50 Chala-Albania gleichzusetzen. S. den Art. Al-
bania 2fr. 2. [Kiessling.]
Hains (AXovg, -ovvzos. Paus. VIII 25, 2), eine
Örtlichkeit am Ladon im Gebiet von^ Kleitor,
deren Lage nicht näher zu bestimmen ist. Ver-
mutungen bei Leake Morea II 272; Pelop. 228.
Curtius Pelop. I 374. Bursian Geogr. II 263,
2. Frazer Paus. IV 287. [Bölte.]
Halykai (oi 'ÄJ.ixai — Meeressalinen, vgl. den
r( ™ 7 ™, ... ,.. r .,^ r Art. Halikobastagon), bei dem neueren Smyrna
xtvovuevcw. avzöjv zs zmv 7 vavat,ouivoiv iußat- 60 in Ionien, Acta et Diplomat* ed. Miklosich und
" Müller IV 14; vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad.
Wien CXXIV vin 28, später in den Portulanen
,Saline\ [Bürchner.]
Halykos. 1) s. Halieis.
2) s. Lykos.
gung der Armmuskulatur (vgl. 'A/.zrjooßoXia).
Jüthner Ant. Turngeräte 3ff. t wo auch die
ältere Literatur angeführt ist. de R i d d e r in
Daremberg-Saglio III 5ft\ Gardiner
Journ. hell. Stud. XXIV 181ff.; Greek athlet.
üports 295ff. [Jüthner.]
'AXzrjQoßolia , das Hantelturnen, von den
Ärzten der Kaiserzeit als Kraftübung empfohlen
(s. o. Bd. VTI S. 2083). Am ausführlichsten ge-
schildert von Antyllos bei Oribas. VI 34 (I 532
B. D.) (.T£pi dX.Tr/ooßoliag) .... Jta^opa 8e sazt
avztjjv zwv aXzzjOoyv, r { yäo ßdXXovzat xaga. pegos
Td>v xttQ&v ixzEivo^dvcov re xal msyxafAzixQvzoiv ,
ij ttoazovvzat fiovov h cioordoct rdiv ytiQ&v
flov%a±ovoö)V (.hg za tzoXXcl ßgaxsiäv zs xivrjoiv
vovzcov xai avaaetovzcov zotg nvxzaig opowg, v\
xazä avvvEVOiv zzjg QaxEtüg zaig y&aai 7iagsyxa}Ui-
xovzojv zwv yv[iva£oj.t€vü)v. Eine besonders kom-
plizierte Übung dieser Art beschrieben bei Gal.
VI 147 (vgl. auch 141), Auch sonst häufig er-
wähnt: Oribas. VI 14. Aretaios morb. diut. I 2
(XUV 299K). Epikt. I 4, 13. Arfcemid. onir.
I S5. Paul. Aegin. IV 1. Etym. M. 71. 20.
Halys (der Name kommt von den Salzquellen
im oberen Stromgebiet, Kretsehmer Einleitung
in die Geschichte der griecK Sprache 208) , der
größte Fluß Kleinasiens, entspringt an den Grenzen
Ton Kappadokien und Pontos auf dem Antitauros,
fließt zuerst gegen Westen, wendet sich dann,
durch Galatien und Paphlagonien strömend, gegen
Norden und ergießt sich in den Pontos, Herod.
I (?, 72. Arrian. peripl. Pont. Eux. 2lf. Ano-
nymus peripl. Pont. Eux. 24f. Strah. XII 544.
546. 12. Plin. n. h. VI 6, 8. Ptolem. V4, 2. Seine
Größe (bei Xen. anab. V 6, 9 übertrieben auf
zwei Stadien angegeben, vgl. Herod. I 75), machte 10
ihn von jeher zum Grenzflusse. Er schied in
alten Zeiten das lydische und persische Reich,
Herod. I 72. Thukyd. 1 16, später in Verbindung
mit dem Tauros Kleinasien von dem übrigen
Asien, Herod. I 28. Strab. Xn 534, XVII 840.
Diod. XVII 54. Curt. IV 11, 5. Er trennte die
Matiener von den Phrygiern, die Kappadokier
{SifQot) von den Paphlagoniern, und auch bei
seiner Mündung die Gebiete von Amisos und
j3.axi«iuiyaut)ii 020*0
Hymnus auf Aphrodite 258ff. Hier heißt es von
den Nymphen des Idagebirges:
at g' mfre {hyroig omt 1 a&avazotoiv movrat,
öngor fisv C&ovoi xal äfißgotov eldag edavatr,
ferner
zfjat & afi t^eXdzai ßk ögvsg vipixaQvvot
yEtvojLtBvflöiv stpvoav im yßovi ßcartavsiQj]
xaXai, xnXffrdovoai . . .
tiU' oxs hsv 8r) fiotga siaQsaxqxn d-avdroto,
äCävstai fihv itQ&Tov im yßovi öivdgm xaXa
qpXotog ff dfi<piJieQl (p&ivvd'ei, Ttinxovot «5 1 fei öCot
x<bv de #' öfiov yv%i] Xeikei qpdog tfeXtoio,
Das lange und doch begrenzte, weil sympathetisch
an das Leben des Baumes gebundene Leben der
Nymphe gab Gelegenheit zu Zahlenspielereien, zu-
gleich auch zu einer Übertragung dieser Mittel-
stellung zwischen Sterblichkeit und Unsterblich-
keit auf alle Nymphen. Daher die Berechnung
Hesiods frg. 171 Kzach, wo in der Stufenfolge
Sinope, Herod. I 6, 72. V 52. Strab. XH 544. 20 Mensch, Saatkrähe, Hirsch, Rabe, Vo^el Phoinix
546. Jetzt Kisil-Irmak. Die ausführlichste Be-
handlung des ganzen Stromgebietes steht bei
Eitter Erdkunde von Asien 1858 XVIII 236—
448, auch heute noch von Wert. Allerdings ist
der größte Teil des Flußlaufes erst viel später
genauer bekannt geworden; 1893 haben die
deutschen Offiziere v. Flottwell, v. Prittwitz
und Gaffron, Märcker, Kannenberg den H.
von der Breite von Angora abwärts verfolgt (Ver-
zicht Palmbaum) an letzter und höchster Stelle in
der Langlebigkeit die Nymphen genannt werden.
Zum Zusammenhang dieser allgemeinen Vor-
stellung (worüber noch vgl. Serv. Aen. I 372.
Lactant. zu Stat. Theb. IX 376. VI 88) speziell
mit dem H. -Begriff vgl. noch Plut. de def. or.
11. Wenn Ausonius in seiner Übersetzung der
Hesiodeischen Spielerei (Id. 18, VII 5 Peiper) im
Anschluß an den Phoenix ales am Schluß sagt:
handl. d. Ges. f. Erdk. Berlin XXI 1894, 69; 30 Quem nos verpetuo decdes praevertimus aevo.
dazu Karten in der Ztschr. d. Ges. f. Erdk. Berlin
XXXIV 1899 und Petermanns Mitt. Erg.-Hett
114); 1896 haben Oberhummer und Zimmerer
weiter stromaufwärts das große Stück zwischen
Avanos und Köprü-Köi aufgenommen (Ober-
hummer und Zimmerer Durch Syrien und
Kleinasien 1899, 219f. Die Karte auch in
Petermanns Mitt. 1897). Jetzt sind nur kleine
Strecken im Mittel- und Unterlauf noch nicht
Nymphae Hamadryades , quarum logissima
vita est,
so kommt er damit, schwerlich mit Bewußtsein
und besonderer Absicht, zu dem Ausgangspunkt
des ganzen Problems der Zeitdauer des Nymphen-
lebens, zurück. Bei Pindar kommt die ursprüng-
liche Bedeutung des Namens klar zum Ausdruck,
wenn er (vgl. Plut. a. a. 0. und amat. XV.
Pindar frg. 165B.) die H. hoösvögov tsk^coq
genauer bekannt. Am bequemsten findet man 40 aliavog Xayovaag nennt,
den ganzen Flußlauf bei E. Kiepert Karte von Die antike Defmitioi
ganzen jiumaui bei n. Xiep<
Kleinasien B IV. C IV. B III. A IV. [Rüge.]
Haffl. 1) Harn, der bekannte Sohn des Noah
Gen. 5, 32. 10, lfi'., grieeh. Xap, bei Joseph. Xdfmg.
Joseph, ant. lud. I 4, 1. 2. 6, 2. 3. Ioann. Ant.
frg. 1, 21. Suid. s. v. Phil, de sobriet. 10 über-
setzt Xdfi mit &8Qfir).
2) Harn, ?; Xdfi = AXyvTirog, Suidas, daher
yfl Xdfi s. j&aviiaöia. [Pieper.
Die antike Definition und Erklärung des Na-
mens öiä xo a/ia xaig ÖqvoI ysvv&o'&at jj (p&sl-
geo&at begegnet Schob Apoll. Rhod. II 477.
Etym. M. s. v. Phavorinus s. v. , lateinisch
Servius Ecl. X 62, Probus Georg. I 11, Ser-
vius Aen. III 34 cum arboribus et naseuntur
et pereunt geht nach den Apolloniosscholien auf
Mnesimachos zurück . also auf jenen Phaseliten,
für den wir überhaupt gerade diesen Schollen
Hamadryaden. BamadryadesXympkae,quaehOd.ie Verantwortung überlassen müssen (vgl. Su-
eum arboribus et naseuntur et pereunt, Dryades
vero sunt, quae inter arbores habitant. Diese
Definition des Servius zu Verg. Ecl. X 62 ent-
hält den entscheidenden Unterschied: Wie der
Name das innige Verwachsensein von Baum und
Weib bezeichnet, so herrscht hier die Vorstellung
von dem sympathetischen Leben einer Nymphe
und ihrem Baum. Diese .Bauraseelen* haben
zunächst nichts zu tun mit den in den übrigen
semihl Gesch. der gr. L. i. d. A. II 392. FHG
IV 453). Da Schol. Apoll. IV 1412 desselben
Mnesimachos Ausführungen über die verschiedenen
Nymphenklassen mit Angabe des Werkes Aid-
Koofioi zitiert werden (vgl. auch Servius Aen.
I 500), so ist kein Zweifel über die genauere
Herkunft. Daß dieses Werk ein mythologisches
Handbuch gewesen sei, ist durch nichts zu be-
weisen, der Titel scheint »Klassifizierungen' zu
Nymphengruppen repräsentierten Dämonen, die 60 bedeuten, womit ja das einzige Zitat sich leicht
in einem bestimmten Bezirk ihr Wesen haben.
Die erstere Vorstellung findet einen besonders
lebhaften Ausdruck in der mythischen Verwand-
lung von Personen in Bäume und wird durch
religionsgeschichtliche Parallelen gestützt (Mann -
hardt A. W. u. F. 4ff.).
Ihren ersten klaren Ausdruck lesen wir, frei-
lich ohne das Wort selbst, in dem Homerischen
vereinigt. Unter dem Ötdxoaftog verstehen ja in
ähnlichem Verstand einige antike Interpreten den
Homerischen Schiffskatalog. Die Apolloniosscho-
lien und das Etym. M. fügen unter Berufung
auf Charon von Lampsakos mit einem im wesent-
lichen gleichen Wortlaut eine Erzählung bei, die
zeigt, daß das Verhältnis der Nymphe zu ihrem
Baum frühzeitig nicht nur jener ZahlenspielereL
Äsow nauiauryauen
sondern auch novellistischer Erfindung Nahrung
bot. Khoiios sieht eine Eiche in ihrem Stand
gefährdet und sich schon zur Erde neigen und
veranlaßt ihre Stützung. Die Nymphe dankt
ihm und verstattet ihrem Retter einen Wunsch.
Der erhält den Genuß ihrer Liebe unter der Be-
dingung, jedes andere Weib zu meiden. Liebes-
bote ist die Biene. Der Liebhaber, den einst
eine Botschaft gerade beim Brettspiel in Er-
regung trifft, läßt sich zu bittern Worten gegen
die H. hinreißen und wird bestraft; vgl. FHG
I 35. Daß diese Geschichte gerade in den xxi-
Otts des Lampsakeners gestanden habe, ist ganz
unerweislich. Eine Spielerei mit Einsilbern am
Ende des Verses gibt u. a. dem Ausonius den
Vers ein (de hist. 7, VH 10, 7 Peiper) Non sine
hamadryadis fato cadit arborea trabs. Auffallend
ist die Ausdrucksweise einer Kallimach eischen
Stelle (hym. IV 78ff.), die im übrigen sich von
der üblichen Auffassung nicht unterscheidet. Die
allgemeine Flucht der Ströme und Länder läßt
eine H. für ihre Existenz fürchten.
^H 8* v7io8tvt]&€laa yogov djiBTtavoaro vvp<pn
avxo'i^o^v MeXit] xa.1 vsioyXoov says Jtaostriv,
ijXixog do&ßaivovaa tisqi Öqv dg' , mg iöe yo.ixr\v
QEiofxh 1 )-} 'EXtxoivog. s^ial &sat, vTiiaxz Movoai,
j] q heov Efhovxo roxe Ögv3g fjvixa vv/Aipai;
vv^xpai ui-v yaiQovatv ots ÖQvag ö'/ußpo; äe£si,
vvfi<pat & av y.laiovoiv ort Sovatv ovx hi (pvkXa.
Hier wirkt freilich der anfangs erwähnte Chor-
reigen mehr als stereotyper Schnörkel der Nym-
phenzeichnung denn als organischer Bestandteil
des ganzen Gedankens. Ob die scharfe Formu-
lierung dieser seltsamen Sympathie als eines
poetischen Vorwurfs einen Hieb auf die noch zu
behandelnde abweichende Fassung der Vorstellung
durch Apollonios Rhodios enthält, muß dahinge-
stellt bleiben. Etwas outriert ist die Ausführung
der üblichen H. -Vorstellung in einer Novelle des
Ovid met. VIII 755ff. Eine alte heilige Eiche
wird von Erysichthon gefällt,
Non dileeta deae solum, sed et ipsa lieebit
Sit dm, mm tauget frondente caeumim terram
xuuueiui v ttticii
eontremuit gemitumque dedit
et pariter frondes. pariter palleseere glandes
coepere ae loiigi pallorem duoere rami
cuius ut in trunco feeit manus impia vulnus,
haucLaliter fiuxit dücusso cortice sang uis
quam solet ante aras ingens ubi victima taurus
coneidit abrupta cruor e cerviee profundi.
Die sterbende Nymphe droht ihrem Mörder Strafe
an:
Nympha sub hoc ego sunt Gereri gratissima ligno
quae tibi factorum poenas instar e tuorum
vaticinor morüns nostri solacia leti.
Der pointierte Zug des blutenden Baumes hat, wie
die Erwähnung bei Serv. Aen. III 34 zeigt, seinen
Eindruck nicht verfehlt. Bei der Schilderung eines
gefällten Waldes erwähnt Statuts Theb. VI 113
den Zug nee amplexac dimittunt robora nym-
phae. Das hohe Alter der Waldung war da-
durch bezeichnet, daß er nicht nur alte Menschen
aberdauert hatte, er soll 95 nymphas etiam mit-
tasse superstes faunorumque greges, wo das Scho-
lion Nymphae diu vivunt et tarnen m&riuntur
in Verbindung mit dem Text zeigt, daß die Vor-
stellung der langlebigen und doch sterblichen
Nymphe hier nur den Zwecken der poetischen
Steigerung dient und ihrem ursprünglichen Sinn
entrückt ist.
Eine in den Lykophronscholien des Tzetzes
(zu 480) berichtete H.-Geschichte wird wiederum
auf Charon von Lampsakos , zugleich aber auch
auf den Epiker Eumelos zurückgeführt. Des
letzteren Beteiligung ist auch sonst durch Zeug-
nisse der Apollodoreischen Bibliothek (TU 8, % 2.
10 III 9, 1, 1. Kinckei EGF 194f.) sichergestellt.
Arkas, der Sohn des Zeus und der Kallisto, der
Tochter des Lykaon, sieht auf der Jagd eine H.
Chrysopeleia gefährdet. Er lenkt den Gießbach,
der sie zu entwurzeln droht, ab und erhält ihre
Liebe. Sie gebiert ihm die Stammväter der Ar-
kader. Diese nennt daher Lykophron a. a. O.
die £370^0* ägvog. Einer euhemeristischen Ten-
denz verdankt wird die von Athenaios (IH 87 b)
dem Epiker Pherenikos zugeschriebene Genealogie
20 der Bäume , "OfvXov rov 'Ogetov 'Aßadgvddi xfj
ädsXqpfi iiiyhxa fisz älXoiv yswfjoai KaQvav, Bd-
Xavov, Kqdvsiav, MoQStxr, AiyetQov, HziXear, *A[i-
TtsXov, 2vx^v xal xavxag Hfiadgvddas vvfiq?a$
xaXsiö&ai xal an avröiv noXXd züv Öevdoaw Ttoog-
ayoosvso&ai. Hier erwähnen wir auch die von
Antoninus Liberalis auszugsweise aus Nikanders
'Ersgotov/nsva (ß) mitgeteilte Verwandlungssage:
Miletos, der Sohn des Apollon und der Aka-
kallis, der Tochter des Minos, wird von der
30 Mutter aus Furcht vot ihrem Vater ausgesetzt.
Wölfe schützen auf Weisung des Apollon das
Knäblein, das schließlich von Hirten erzogen wird.
Miletos gründet Milet und heiratet Eidothea, die
Tochter des Karerkönigs. Ihre Kinder sind Kau-
nos und Byblis. Die letztere weist alle Freier
ab, unsägliche Liebe zu Kaunos macht sie rasend.
Sie will sich von einem Felsen herunterstürzen,
wird aber von Nymphen zurückgehalten. Kai
avxrjv ijlXa^av an äv&gcoTicov dg daifiova .xal
40 oivdfiaaav 'AftadQvdda vvj,i(pT}v BvßXiSa. Vgl. Ovid.
met. IX 447ff., wo freilich die Naiaden aus ihr
eine Quelle machen. Deutlich ist die euheme-
ristische Umdeutung des alten Volksglaubens in
der Sage von Dryope (s. d.). Die TochteT des
Dryops, von den H. zur Gespielin gemacht, wird
von Apollon verführt, später verheiratet. Die
H. entführen sie aber wieder und lassen an ihrer
Stelle eine Schwarzpappel entstehen. Zwei Frauen
verraten die Entrückung der zur Nymphe Gewor-
50 denen und werden zur Strafe in Fichten ver-
wandelt. Ant. Lib. XXXII aus Nikanders 'Exeq. a.
Bei Ovid. met. IX 330ff. wird Dryope in einen
Baum verwandelt zur Strafe dafür, daß sie eine
Lotosblume gepflückt und damit die Nymphe
Lotis verletzt hat. Charakteristisch für Apollo-
* nios Rhodios und Nonnos ist die Vorstellung
eines Weiterlebens der H. nach der Vernichtung
ihres Baumes oder wenigstens der Möglichkeit
einer Trennung. Apollonios läßt den Vater des
60Paraibios im Walde Holz fällen und dabei die
H. mißachten, die ihn anfleht :
fiTj xafisEiv TzoEfwov Sgvog ijXtxog, f} ent novXov
aiixiva xQißeoxs dirjvexeg.
Ihm bringt daher die geschädigte Nymphe Ver-
derben und seinen Kindern, B 475ff. Nonnos, der
Hadryaden promiscue mit H. gebraucht, schildert
das Entsetzen, mit dem die Nymphen ihre zer-
störten Bäume verlassen, B93f. :
£i£tvx najuauryauen
'ASgvdösg 8s
vjXixeg cjövqovto XtTidaxia divögsa Nvfupai.
xai tig evjTTOQ&oio öiyaCofisvoto xogvfitßov
ovyxQOvos axQrjÖEpvos 'AfiaSgvdg äv&oge dd<pvt}g,
ix JTizvog öe tpvyovaa ßaz<p stodt zzagSsvog äXXq
ay%itpavr}q äyögsvae fierqXvdi yehori Nvf4<pfl xzX,
Gerade diese Vorstellung der Trennung von
Nymphe und Baum, Seele und Leib, scheint
ihm ein dankbares, interessantes poetisches Sujet,
das die verschiedensten Variationen verträgt. Die 10
Nymphen bitten, ihre Bäume zu verschonen, sie
selbst aber zu töten:
100 vXozdfiot, to.Se ösvöga 7iagiX§£T£ , fxr} {pvtaAä<pvr] s
TSfiVEtE dstXatyg r£zit](ieva- <pelöso , zkxzaw,
SXxd&a fxij TEXeo-fig mzvibdea Öovgara T£/M>G>vg
{iq goÖtcov tpavoete &aXaaaaitjg Ag?goöiztjg.
xal, ögvio^tog, xvfiäitjv jioqe pot %äQtv , dvzi
XOQVflßoJV
xöjize (is aoTg sislixsoai, xal fj/.i£Z£Qov öta /.ia£ov
xf>£ov ävvjiKpEmoto aao(pgova yalxov 'A&tfvtjg, 20
oq)QO. &avco xqq ydfioio xal "Atdi siagMvog h'Xüco,
siaen vijig Egcorog, ajisg IHxvg, oid zs Adtfvrj.
Man sieht, daß die Verwandlungssagen stark den
Vorstellungskreis beeinflussen. Gleichwohl findet
sieh eine Scheidung der mythischen, in den Baum
verwandelten Person und der Nymphe, die ,aus
dem Baum geworden ist' :
113 7iaQ$Evir}s £fj,ipv?,ov l'yto (pdßov, ozxi xal avzi]
ex Öd(pv7]s yeyavia 8t(bxofiai, oid ze Adrpvr\,
Die fliehende, von ihrem Baum völlig emanzi-30
pierte Nymphe wünscht u. a.:
149 tvf\v ösvdgeov aXlo xal ex ögvog dg dgvag e'Xticü.
Vgl. noch Nonnos XXII 84ff.:
dXXd rig tfvefidevzog vjieQxmpaaa xogi\ußov
ix laaiov xeve&vog Afiaögvdg äv&oge Ntiftyr}'
%etQt Ös dvQoov syovoa <pvrjv IvSdXXszo Bdxyrj,
fiifitjXijv Ögvosvzi sivxa^opisvr) xgiya xiooq}.
tos (pafthrj xaMvogoog 'Aptadgvdg ojyjro Nvfupf),
d>g tzzeqov rfz vorjfia, fu-zaXXdg'aoa de /aogcptjv 40
tov<pvi}g ogvt&i öiizgeye (pvXXdöog vXtjg
r/Xtxog aiooovaa xazd dgvdg.
XXXVII 20f. ist es wiederum das Holzfällen
im Wald, das zu der Bemerkung Veranlassung
gibt:
xai zig Aftaögvddcov fisTavdaziog tmiys NvfMpy,
striyaty d* dxiyijzog ärjßsi ftiyvvzo nötigt},
was man rationalistisch so interpretieren kann,
daß der gefällte Baum in das Quellwasser am
Boden stürzt; vgl. noch XLIV 12. XL VII 460. 50
XLVIII 519ff.:
rjXtxog avzojMzka&Qog vxegxtiywoa xoQVftßov . . .
6fir{Xtxt xev&sto ddfivfp
SvacifiiEvr] dgvÖEvza ndhv Öduov.
XLVIII 641. XXX 293. XVII 311. XL VIII 201.
Das Schwinden der ursprünglichen, nun nicht
mehr lebendig empfundenen Vorstellung gibt außer
zu solchen poetischen Spielereien zugleich auch
Gelegenheit zu gelehrten Tüfteleien über das Ver-
hältnis von Nymphe zu Baum. Aus dem Baum 60
ist die H. entstanden nach Paus. X 32, 9 , der
sich dafür auf eine poetische Tradition glaubt
berufen zu dürfen (oTat zd dgyalov X6ya> t0 xotr}-
Täv iqmovzo dnö zs äXXcov dtvdgtov xal pdXtota
ojm> Täv Öqvüv). Hierzu paßt der oben ange-
fahrte Vers Nonnos B 114. Umgekehrt Eustath.
IL VI 420 (652, 32) d Q veg di avx&v yivovxau
-Eine merkwürdige Vorstellung trägt das Horaer-
ilamaeuia
2292
scholion zu IL XX 8 vor, dem die H. die vvfttpat
S7ti tcöv 8evdga>v sind.
Wie früh der eigentliche Sinn des H.-Glaübens,
von verwandten und doch verschiedenen religiösen
Vorstellungen mannigfach durchkreuzt, abblaßt,
beweist schließlich die schablonenhafte, konven-
tionelle Verwendung des Namens als eines poeti-
schen Schnörkels und schließlich eine gewisse
Grenzvenvischung zwischen 'den einzelnen Nym-
phengattungen in der poetischen Terminologie.
Klischeeartig mutet schon der Reigen an, den
H. zur Syrinx des Pan nach einem Platonischen
Epigramm (Anth. Pal. IX 823} aufführen; nicht
minder auch die Wendung eines Epigramms des
Marianus Scholasticus (IX 668), der in einem
Baumfeld ein evöiov 'Afmdgvddajv dßgoxd/xuov sieht.
Die Dichterin Moiro bemüht in einem Epyllion
(VI 189) die H., die sie nozapov xogai nennt, da
ihre Bäume am Ufer des Flusses stehen, um
Schutz für Kleonymos:
og zdöe xakd
EtGafP VTial Ttizvoiv vfjtfii, fieat, t-dava.
Die geschraubte Genealogie sollte die Konjektur
'AvLygtddsg beseitigen. Die völlige Vermengung
der poetischen Nymphenbenennungen veranschau-
licht Propertius, der I 10 bei der Geschichte von
Hylas abwechselnd von Nymphae, Dryades, Adrya-
des und Hamadryades redet, ebenso Ovid fast.
IV 231, der von einer Naiade redet, w r o wir die
echte H. -Vorstellung zu fassen glauben:
Naida volucribus sueeidit in arbore factis
lila perit, fatum naidos arbor erat.
Für den farblosen, konventionellen Gebrauch des
Namens vgl. ferner Catull. LXI 23. Prop. II 32,
37. 34, 76. Ovid. fast. II 155; met. XIV 624 und
schließlich met. I 690:
Inier hamadryadas celeberrzma Nonaerinas
Naias una fuit
So hängt ein enttäuschter Jäger Anth. Pal. XI
194 seine Hunde statt der fehlenden Jagdbeute
,dem Pan, den Nymphen, Satyrn und H.' auf.
Vgl. Adryaden o. Bd. I S. 421. Dryaden
o. Bd. V S. 1742; ferner Mannhardt a. a. O.
Schoemann Op. ac. II 127ff. Welcker Griech.
Götterlehre III 57h\ Lehrs Pop. Aufs. 2 114ff.
Preller-Robert Griech. Myth. 721ff. Stoll bei
Röscher s. Hamadryaden I 1824fF. Bloch bei
Röscher s. Nymphen III 1, 522ff. [Süß.]
Hamae, Ort mit dem campanischen Bundes-
heiligtum, drei Millien von Cumae entfernt, Liv.
XXIII 35. 36, wo es im J. 215 zu einem für
die Römer glücklichen Gefecht gegen die Cam-
paner kam. Eine im Gebiet von Giugliano nord-
östlich von Cumae gefundene Inschrift (Not. d.
seavi 1885, 81) nennt H. und ist ein Anhalts-
punkt für die Lokalisierung. Vgl. Nissen Ital.
Landesk. II 715. [Weiss.]
Hamaeum litus, ubi auri metalla, Plin.
n. h. VI 150 (diese Namensform verdient vor der
wenn auch durch die Plinius-Hss. besser beglau-
bigten und jüngst wieder von Detlefsen Die
geographischen Bücher ... des Plinius . . . 1904
befolgten Schreibung Mamaeum den Vorzog),
Teil der Westküste Arabiens, von Plinius nach
den Clari (s. d.) und vor der Regio Canauna (s. d.)
erwähnt. Sprenger Die alte Geographie Ara-
biens 1875, 52 erblickt darin ,die Küste Hamidha,
welche ihren Namen von einem Kodommol gegen-
azua
mmaKtyon
über liegenden Städtchen hat'. Anspruch auf
Zustimmung darf jedoch eher die Deutung Gla-
sers (Skizze der Geschichte u. Geographie Ara-
biens 1890 II 32) erheben, wonach das H. Utas
seinen Namen , ersichtlich von Hamma hat, einer
Ortsbezeichnung, die gerade in 'Aalr häufig vor-
kommt 1 und Plinius dasHammaungefähreine Tage-
reise östlich von Sabjä' meint; dann ist das nach
Plinius durch seine Goldbergwerke bemerkens-
werte litus H. ,der Küstenstrich von Sabjä, wahr- 10
schemlich bis gegen Konfuda'. In dieser Gegend
sucht Glaser 29f. auch die Debai (s. d.), deren
Land nach Artemidor bei Strab. XVI 777 und
nach Agatharcliides 95 M. von einem Goldsand
führenden Flusse bewässert und auch sonst gold-
haltig war. Nun finden nach Glasers persön-
lichen Erkundigungen in eben dieser Gegend,
zwischen Konfuda und Mersa Halj, die Beduinen
noch heute sehr häufig Gold, und auch der ara-
bische Geograph HamdänT kennt in derselben 20
Gegend Minen. Ebendahin führt auch die von
Plinius unmittelbar nach dieser Goldküste er-
wähnte Regio Canauna , etwa zwischen 19 ° 8'
und 18° 36' nördl. Breite; ,denn 11/2 Stunden
nordöstlich von Konfuda gibt es noch heute einen
Ort Kanaunä, den auch Hamdäni, Gezlre 181, 15 M.,
meinen dürfte 1 (Glaser 32). [Tkac.]
Hamaktyon, Kommandeur der Leibeskadron
(fjysfitov %r\g ßaoiXixrjS iXtjg) unter Seleukos II,,
und zwar etwa in den 30er Jahren des 3. Jhdts. 30
v. Chr., da er nach Polyaen. IV 9, 6 an der
Schlacht von Ankyra — der Bruderschlacht zwi-
schen Seleukos IL und Antiochos Hierax — teil-
genommen haben muß ; er hat mit seiner Truppe
den König auf deT Flucht nach der Schlacht be-
schützt. [Walter Otto.]
Hamath s. Epiphania Nr. 3.
Hauiavchae. Dieser Beiname der Matronen
rindet sich nur einmal auf einer Inschrift von
Altdorf bei Jülich, jetzt in Köln, CIL XIII 7864 : 40
Matronis Hamavehis C. lulius [PJrimus et G.
Iulius Quartus ex i[m]perio ipsarum . . . I. m.
Nach Kern und Ihm ist der Beiname zu er-
klären aus dem Gau. Hameland oder Hamaland,
dessen Name wieder von dem Stamm der Chamaven
(mit Schwund der Ableitungssilbe av) herkommt,
Ihm Bonn. Jahrb. LXXXIII (1887) 23 n. 307.
Die Formel ex imperio ipsarum ist gerade bei
den Matronensteinen sehr häufig. S. den Art.
M a t r o n a e. [Hang.] 50
"Afia^a, auch af.iag'a bei Homer, Hesiod und
Diog. Laert. (Ausg. Cobet), d^aia bei Arat.
(ed. Maaß) 93 ; Verkleinerung äjua^ig Herodot LTJ
113. Aristoph. Wolken 864. 880, zusammenge-
setzt aus du -+- atja (Kretschmer K. Z. XXIX
349. Prell witz Etym. Wörterb. 302).
I. Teile dieser Wagenart nach Pollux 1253:
die Achse {ä^cov); die Räder {xgoyoi), fest mit
der Achse verbunden; die Achse drehte sich in
zwei Achsen scheren (df*ag~rj?iöÖeq), welche ihrer- 60
seits, durch die daraufliegenden Run gen stücke
(HXa fiatgala) verstärkt, unten an den Wagen-
rungen (Oawot) befestigt sind. Letztere bilden
zugleich die rechte und linke Seite des Gestelles
(vjiEQieQta), das in der Mitte der Leiter (xXifia£)
liegt. Dazu kommen die Deichsel (qv/ios), das
Joch (Cvydg, £vyöv) mit dem Jochbogen (C«i5-
yXf)) t dem Joehröcken (imoCvytov) usf. Piaton
Afxa§ct ZZV4;
(Theaet. p. 207 A) nennt dazu noch die ävruyes.
Das sind sonst Reifen, welche den Wagenstuhl
umrahmen (s. 0. Bd. I S. 2645), in unserem
Falle also die Reife der vTtsgzsgia. Diese wird
von Pollux I 144 als z6 SXov ijzt-d?]fx.a, als Ober-
gestell des Wagens bezeichnet und Hesych stimmt
mit ihm üb er ein. Neben der Klimax, der leiter-
artigen Brücke oder Bank, kann imegzegia nur
ein auf dieser Bank liegender Kasten sein, wie
wir ihn etwa bei Reinach Repert. des vases II
110 oder I 214 abgebildet sehen. Ich ziehe
letzteres Beispiel heran, trotzdem es sich um
einen Rennwagen auf einer panathenaischen Vase
handelt; das Gefährt stimmt nämlich auffällig
mit den Angaben des Pollux überein.
IL Bei Homer bedeutet d. ein Gefüge von
Achsen, Rädern und Bank ohne Oberge stell und
Deichsel, während der voll ausgerüstete und mit
Tieren bespannte Wagen den Namen d^vt} hat
(IL XXIV 266f. 150. 189; Od. VI 37. 69. 72f.
260). Immerhin lassen sich nach dieser Annahme
nicht alle einschlägigen Stellen restlos erklären.
In H. XXIV 711 und 782 hat d. die Bedeutung
,Lastwagen', steht also, wo man äntjvt} erwarten
sollte. Auch Buchholz (Hom. Real. LT 220f.)
kommt nicht über diese Schwierigkeit hinaus.
Lafaye bei Daremberg-Saglio IV 1, 504
setzt überhaupt die ä. der dnr]Yi\ gleich; und
wenn wir die Angaben des Pollux mit dem an-
geführten panathenaischen Rennwagen , auf dem
übrigens der Lenker sitzt, vergleichen, so dürfen
wir Laf ayes Behauptung annehmen, mit der Ein-
schränkung, daß wir die ajnjj>»? als Maultierge-
spann, die a. im allgemeinen eher als Ochsen-
gespann ansehen müssen (s. 0. Bd. I S. 2695).
Bei Xen. anab. VI 4 , 22 und 25 wird der Zug-
ochse geradezu ßovg iwb ä[idk~v}s genannt.
IIL Die ä. diente zu allen Zeiten als Last-
wagen. Dazu konnte sie des Obergestelles oft
entbehren. Meist wird sie einachsig gewesen
sein; doch werden auch vierrädrige erwähnt
(Hom. Od. IX 241. Herodot. I 188. Lucian.
Toxar. 46). Die Räder waren teils Scheiben-, teils
aber Speichenräder (letztere z. B. Schreib er
Bilderatlas LXII 10. Daremberg-Saglio HI 2
Abb. 5160). Als Waren, die auf der a. beför-
dert werden, nenne ich nur Steine (Hom. Od. IX
241; IL XII 448, Xen. de re equestri IV 4;
anab, IV 7. 10. Thuc. I 93), Holz (Hom. Od. X
103; IL XXIV 782) und Reisig (Herodot. IV 62
und 69), Getreide (Xen. Cyrop. HI 4, 18), Wasser,
Wein und Mehl (Herodot. I 188. Xen. anab. I
10,18. Schreibera.a. O. Daremberg-Saglio
a. a. 0.), Nieswurz (Plat. Euthyd. p. 299 B),
Wäsche (Hom. Od. VI 74). Im Kriege diente
die a. als Troßwagen (Xen. anab. I 7, 20. IH 2 r
27. VI 4, 22; Cyrop. IV 3, 1. Thuc. IV 100. V
72); auch im landwirtschaftlichen Betriebe wurde
sie natürlich verwendet (Aelian. var. hist. V 14),
und endlich benutzte man sie zur Wegschaffung
von Leichen (Thuc. IV 48), im Skythenlande so-
gar als Leichenwagen des Königs (Herodot. TV
71). Das sind aber bei weitem nicht alle Klas-
sikerstellen , in denen das Wort d. vorkommt.
Eine Dipylonvase (abgeb. Schreiber Bilderatlas
XCTV 6 = Reinach Rupert des vases 1 190) stellt
ein Leichenbegängnis dar. Der Sarg mit dem Toten
Hegt auf einem vierrädrigen Wagen; im Leichen-
.enge sehen wir ebensolche Gefährte mit kästen-
«rfcigem Aufsatz, auf dem der Fuhrmann steht.
Ein Leichnam auf einem zweirädrigen Wagen ist
bei Schreiber a. a. O. 4. 5, sowie bei Eeinach
a. a. O. I 220 dargestellt. Biese Leichenwagen
«werden, wie die skythischen, wohl nichts weiter
-als d. sein; vielleicht müssen wir dem zuletzt an-
geführten den Namen ajirjvr} beilegen, weil er von
meinem Maultierpaare gezogen wird.
IV. Das a. genannte Fahrzeug befördert aber
auch Menschen, Wenn zwar Plat. Gorg. p. 471 B
erzählt, daß Archelaos von Makedonien den Per-
-dikkas und dessen Sohn Alexander betrunken
machte und sie auf eine ä. warf, so meint er damit
offenbar einen gewöhnlichen Lastwagen. Dagegen
ist das Geschichtlein von Kleobis undBiton bekannt,
die ihre Mutter zum Apollontempel führten , und
zwar, wie Herodot I 31 erzählt, in einer d. War
-diese auch ein Bauern wagen? Bei den einfachen Ver-
hältnissen der alten Zeit wäre es nicht unmöglich.
Doch kann man mit gleichem Bechte voraussetzen,
die Priesterin des Apollon habe auf einem kabrio-
letartigen Fahrwägelein gesessen, wie jene ver-
schleierte Dame auf dem erwähnten Vasenbild
bei Reinach II 110. Der junge Fuhrmann sitzt
vorn im Kastenboden und hält Peitsche und Zügel
in den Händen. Wir kennen übrigens eine Solo-
nische Bestimmung, nach der die Frauen des Nachts
nicht zu Fuß ausgehen durften, sondern auf einer
d. fahren mußten, während ihnen eine Laterne
oder Fackel voranleuchtete (Plut. Sol. 21), Weiter
wissen wir von einer spartanischen Festgesandt-
schaft, die auf a. mit Weib und Kind nach Delphi
fuhr. Als sie im megarischen Aigeiroi an einem
Teiche lagerte, da stießen betrunkene Gesellen
die Fahrzeuge ins Wasser hinein, sodaß mehrere
Mitglieder der Gesandtschaft umkamen. Die Übel-
täter wurden von den Amphiktyonen mit Tod
oder Verbannung bestraft, und ihre Nachkommen
■erhielten den Übernamen ,Karrenschieber, a^a-
£oxv?aozai (Plut. quaest. graec, 59). Wahrschein-
lich waren solche Gesandtschafts- oder Eeisewagen
mit einem Zelte überspannt, vielleicht wie wir
es auf einem Münz bilde aus Ephesus sehen (Da-
remberg-Saglio IV 1, Abb. 5704). Ob nicht
auch die ä. zu dieser Klasse der Eeisewagen zu
zählen ist, in welcher Empedokles seine Todes-
fahrt nach Messina unternahm? (Diog. Laert
VIII 2, 11); vgl. einen ähnlichen Fall bei Diodor.
XX 2-5, 4, wo ein Wagen (%ia) mit Verdeck
{oxyrrj) erwähnt ist. Das vierräderige dopa wird
wohl eine ä. sein. Auf a. haben ferner die atheni-
schen Frauen ihre Wallfahrt zu den großen My-
sterien nach Eleusis gemacht. Wir wissen, daß
sie dabei von den Wagen herab einander Spott-
reden zu schleuderten (Aristoph. Plnt. 1013. Plat.
Leg. I p. 637 B. Suid. s. za kr. töSv dßa;&v
aarnfj-ftara), wie denn solche Scherze in tcov df.ta-
■fejv auch an den Festzügen der Anthesterien und
Dionysien üblich waren (Suid. a. a. 0. und s.
*£ dftä^. Girard Education athenienne 90 2 ).
Eine ähnliche Sitte erwähnt Suid. a. a. O. von
Alexandria. Dort haben besonders dazu beauf-
tragte Männer If äfidfy; den Bewohnern ihr Sün-
denregister verlesen. Das hieß man .Seelenreini-
gnng*. Von den Festwagen bei den genannten
athenischen Anlassen geben uns Vasenbilder eine
Uare Vorstellung. Man vgl. Daremberg-Saglio
naimtuw»
az&o
I 2, Abb. 2204. IV 1, Abb. 5702 u. 5703. Bau-
meister Denkmäler Abb. 2321. Beinach Repert.
de la statuaire I 38. Arch. Zeit. XVI (1864),
Taf. 185 u. 186. Sie hatten verschiedene Formen
und waren je nach Geschmack und Reich'tum des
Teilnehmers ausgestattet. Ein Abbild davon geben
wohl auch die Kinder wägelein, wie sie bei Girard
a. a. O. 91 = Daremberg-Saglio I 1 Abb. 829
und FI 1 Abb. 2427 = Reinach Repert. des
10 vases 117 dargestellt sind. Es werden dies aua-
gtdsg sein, die etwa an den Diasien den Knaben
geschenkt wurden (Aristoph. Wolken 864).
V. d. hießen endlich bei den Griechen die
Nomadenwagen skytbischer und anderer Völker-
schaften (Herodot. I 216. IV 114. 121. Lucian
Anach. 18). Nach Hippokrat. ziegi deg. 18 waren
sie vier- bis sechsräderig, mit Tuchzelten um-
schlossen, bedacht und in zwei bis drei Räume
eingeteilt: die Fahrzeuge der heutigen Zigeuner
20 werden kaum sehr verschieden davon sein.
VT, «. = Pflug bei Hesiod. op. 426. 453;
Sternbild nach Arat. 92.
VII. Die d. als Lastwagen ist dem römischen
plaustrum sehr ähnlich. Vgl." dazu Blümner
Rom. Privataltert. 458. Lafaye bei Daremberg-
Saglio behandelt die d. unter dem Stichworte
Plaustrum.
VIII. 'H d.xov ßovv (sx<pegEt oder sXxei) Sprich-
wort gleich unserem , verkehrte Welt' (Suid. s. v.
30 Lucian dial. mort. 6, 2). Die Wendungen: aal
ßoäg . . . djaxEQ £* äpdl-rjs Demosth. XVIII 122
und sg afzatys ^aQQrjotäCetou. Lucian. Iup. trag. 44,
etwa ,frei heraussagen', olag djudg'ag ß?.ao<prj/nicov
bei Lucian Eun. 2 usw. haben ihren Ursprung in
den angeführten Spottreden.
Als Literatur kommt sozusagen einzig in Be-
tracht der erwähnte Artikel von Lafaye bei Da-
remberg-Saglio IV 1, 504f. [K. Schneider.]
Hamaxanteia (Apa^dvzeia , Demot. 'Aftag'av-
40 zevg) , mittlerer Demos der Phyle Hippothontis,
über dessen Zugehörigheit zur Stadt- oder Küsten-
trittys nichts Sicheres festzustellen ist (vgl. Mi 1 ch -
höfer Abh. Akad. Berl. 1892, 33 und Lop er
Athen. Mitt. XVII 415. 418. Kirchner Prosop.
Att. II 511). [Kolbe.]
Hamaxia, kleine Stadt in den westlichen
Teilen von Cilieia aspera. Strab. XIV 669. Stad.
mar. magni 208 (mit unsicherer Lesart). Beide
Stellen stimmen nicht überein, insofern als
50 nach Strab. H. östlich von Korakesion liegt,
und nach dem Stadiasmus westlich. Es wird
jetzt mit der westlich gelegenen Euinenstätte
von Sinek Kalessi identifiziert, wenn auch ohne
bestimmten Grund. Eine Menge Inschriften sind
daselbst gefunden worden. Heberde v und
Wilhelm Denkschr. Akad. Wien, phil.-h'ist. Cl.
XLIV 1896, 136f. Münzen: Catal. Brit. Mus. Cili-
eia XXXIV, 3. [Rage.]
Hamaxitia (fj 'Aaa^aia Strab. X 473), Be-
60zirk der Stadt Hamaxitos in der Troas, s. den
Art. H amaxi tos Nr. 1. [Bürchner.]
Hamaxitos tf A/xasndg Thuc. Vm 101;
'Aftd£iTo; Diod. XIV 38 ; "Apa^itos Hennolaos-Steph.
Byz. s, v. ; Plin. n. h. V 124 [V 107 Hamaocitus
von H. Nr. 2]). Der Name scheint griechisch zu
sein und mit -q &fm£ir6; — Heerstraße zusammen-
zuhängen). 1) Städtchen in der Troas an der See
(im&akaTTt&ta Xen. an. IH 1, 13), in der Nahe vom
2297
Hamükar
Hamükar
2298
troischenLarisa (Strab. IX 440) und von Neändreia,
das höher lag (Strab. XIII 606) gleich am Vor-
gebirg Lekton (Strab. XHI 604) nicht ganz 233
(in Wahrheit aber schon in Luftlinie 230) Stadien
nach Naustathmon (s. d.), Strab. XIII 612. Die
Ruinenstätte beim jetzigen Gök (d. h. blau) tepe\
R. Kiepert Karte von Kleinasien B I. H. ist
vielleicht von Achaiern gegründet worden. Als
das alte Chryse von dem Teil der Kiliker, die
Gefecht (Diod. XI 20, 5) warf er die Besatzung-
in die Stadt zurück, deren Verteidigung Theron
persönlich leitete, und schloß nun Himera von
der Seeseite im Norden und von der Landseite im
Westen her ein (vgl. die Karte bei Freeman
History of Sic. II 186). Auf den.Hilferuf Therons-
rückte Gelon mit dem Hauptheer heran und schlug
östlich von Himera sein Lager auf; in der sich ent-
spinnenden Entscheidungsschlacht unter den Mauern
nach Pamphylien wanderten, verlassen war (Strab. 10 der Stadt kam H. um, und das karthagische Heer
XIII 612), wendeten sich die übrigen in die Nähe
von H. Dort sind die Reste des berühmten
Tempels. Thuc. VIII 101 ist bei Erzählung einer
Fahrt aus den lesbischen Gewässern nach Rhoiteion
nicht die richtige topographische Reihenfolge ein-
gehalten, indem Lekton, dann Larissa, dann erst
H. aufgezählt ist. Nach Aelian. bist. an. XII 4
verehrte man zu H. die Mäuse göttlich ; vgl. Strab.
XIII 604. 613. H. war zinsbar an Athen 425
wurde nahezu vernichtet (wohl Juni 480 v. Chr.).
Über den Verlauf der Schlacht sind zwei Be-
richte vorhanden, ein sehr summarischer bei Herod.
VII 166, der auf karthagischer Quelle beruht und
erzählt, während des Kampfes, der den ganzen
Tag dauerte, habe H. im Lager den Göttern
Opfer dargebracht; als dann gegen Abend der
Sieg sich auf die Seite der Griechen geneigt
habe, da habe sich der Feldherr in die Flammen
AJ.11 WVt. Uli). -Li. «m AlllüUUl a±± mm/u i-" iiuiuv, ««, "»»" "- -
v Chr. Dann erobert von Manias (s. d) ; Derky- 20 gestürzt und sei so spurlos zugrunde gegangen.
..", / -i-n tt n <-iji\ ..-i i. TT onn „ m. « T\ „„,„14-^ T, ™ T\i ^A "VT Olf n-rria.H-.onA mit dfWtl
lidas (s. o. Bd. V S. 241) erobert H. 399 v. Chr.
Aus dem 4. vorchristlichen Jhdt. stammen M
= Münzen vonH.Head-Sworonos Tor, Nofuop.
B 75, die als Münzbilder den Kopf des Apollon,
die Lyra und die ilische Athena zeigen; vgl. noch
Cat. Brit. Mus. Troas XXI 56. Inventaire Wad-
dington nr. 1146f. 310 v. Chr. wurden die Leute
von H. durch Lysimachos in Antigoneia (d. h.
Alexandreia Troas) angesiedelt, Strab. XIII 593;
Der zweite bei Diod. XI 21 f. erhaltene, mit dem
auch Polyaen. I 28, Frontin. I 118 in Zusam-
menhang zu bringen sind, geht nach Freeman
Hist. of Sic. II 518ff. Busolt Gr. Gesch. 11^
793. Meyer Gesch. d. Altert. III 397 auf IV
maios zurück ; darnach leitete Gelon die Schlacht
mit einem Überfall des Lagers durch seine Rei-
terei ein, die von den Karthagern irrtümlich für
ein selinuntisches Hilfskorps gehalten ward; gleich
k j? j„^. • .3 ^_ itYnwuvn-Fi-ii'l-ta aiüVi iin+a-nin-
vi. Judeich Kleinasiat. Studien 39. Nach der 30 im Anfang des in der Morgenfrühe sich entspin-
Ruinenstätte wurde lange geforscht. Leake Asia
Min. 273. H. Prokesch von Osten Denk-
würdigkeiten III 362.
2) Nach Plin. n. h. V 107 eine Stadt am
karisch-dorisehen Golf in Kleinasien. S. Archaeo-
logia (London 1886) XLIX 345. [Bürchner.]
Hainilkar = Abd Melqart, d. h. Diener Mel-
quarts, in den Hss. oft verwechselt mit Himilcon
= Chimilkät oder Achimilkät, d. h. Freund der
nenden Kampfes (Diod. XI 22, 1) ward H. ge-
tötet. Vielleicht ist dies die syrakusische Ver-
sion, die Herodot kannte, und der er die kartha-
gische vorzog. Einen dritten Bericht gab Aischy-
los im Glaukos Pontios (Schob Eurip. Phoen.
1194. Schol. Aristoph. Ran. 1403), und aus ihm
sind vielleicht zwei Zeilen erhalten, die von einer
Wagen- und Reiterschlacht sprechen: wenn sie
sich wirklich auf den Kampf bei Himera beziehen,
Königin ( Astarte); vgl. darüber Schroeder Die 40 so würden sie dem Bericht Diodors widersprechen,
phöniz. Sprache 104. Beide Namen sind scharf
zu trennen.
1) Hamükar, Sohn des Mago (Iust. XIX 1),
nach Herod. VII 165 wohl richtiger Sohn des
Hanno, der seinerseits ein Sohn des großen Staats-
mannes und Feldherrn Mago gewesen sein mag
(so Schaefer Rh. Mus. XV 1860, 3P8ff., da-
gegen Busolt Gr. Gesch. II 2 788, 1), und einer
Syrakusanerin (Herod. VII 166) König, d. h.
nach dem Wagen und Reiter der Karthager in
einem Seesturm zugrunde gingen (Diod. XI 20,
2). Mit Polyaen. I 27, einer Verkleidungsge-
schichte im Stil des Duris, ist überhaupt nichts
anzufangen. Da die beiden einzigen uns erhal-
tenen Berichte sich in dem wichtigsten Punkt,
dem Tode H.s, direkt widersprechen, so ist über
den Verlauf der Schlacht nichts zu ermitteln (so
Ed Mever, während Busolt Rh. Mus. XL 1885,
-_„„. J i ... i____ t\- j : — u.,« Tl^^^lTf-
Suffet der Karthager und Feldherr in dem großen 501 50ff. manches aus dem Diodoreischen Bericht
Angriffskrieg, den sie 480 gegen die sizilischen
Griechen begannen. Im Frühling des genannten
Jahres, nach der Gewohnheit der Karthager ziem-
lich spät, also etwa Ende Mai, landete er mit
einem bedeutenden Heer, das aus Karthagern und
ihren afrikanischen Untertanen, außerdem aus
iberischen, ligurischen, italischen, sardinischen
und korsischen Söldnern bestand (Herod. VII 165).
in Panormos an der Nordküste (Diod. XI 20, 2).
füT historisch hält). Auf die innere Wahrschein-
lichkeit des karthagischen Berichts hat Free-
man a. a. O. mit Recht hingewiesen. Die eigen-
tümliche Bemerkung Herodots (VII 166), wonach
H. in allen phönizischen Pflanzstädten, vornehm-
lich in Karthago selbst, einen Opferdienst und
eine Säule habe, ist wohl schon richtig von Mo-
vere (Phönizier I 612) gedeutet, der hier eine
Verwechslung von H. = Abd Melqart mit dem
Die von Herodot und Diodor gegebenen Zahlen 60 Gotte Melqart selber vermutete. So auch Meltzer
beruhen natürlich auf Übertreibung ; in Wirklich-
keit wird das karthagische Heer kaum größer als
Gelons Entsatzheer gewesen sein, das Diod. XI
21, 9 auf 50 000 Mann zu Fuß und 5000 Reiter
angibt. Nach kurzer Rast in Panormos brach
H. gegen Himera auf, dessen durch Theron von
Akragas vertriebener Tyrann Terillos in Karthago
Aufnahme gefunden hatte. Durch ein glückliches
Gesch. d. Karth. I 512 und Busolt Gr. Gesch.
112 794, 4, während Ed. Meyer Gesch. d. Alt.
III 490 sie stillschweigend verwirft H.s Söhne
waren nach lustin. XIX 2, 1 Himilkon, Hanno
und Geskon.
Chronologie der Ereignisse. Für die
Datierung der Ereignisse kommt vor allem die
zuerst von Ephoros (Diod. XI 1, 4) ausgesprochene
■*»*iui7 nanniKar
Vermutung in Betracht, daß die Karthager im
Einverständnis mit Xerxes und gleichzeitig mit
ihm, richtiger vielleicht auf geinen Befehl (Schol.
Pind. Pyth. 1 146) ihren Krieg3zug unternommen
hätten; hei Diod. XI 20, 1, wo Ähnliches berichtet
wird, hegt nach Ed. Meyer Gesch. d. Alt. HI
397 Timaios zugrunde, der also wohl aus Ephoros
.schöpfte. Ephoros Ansicht wird von den meisten
Neueren geteilt (so Meltzer Gesch. d. Karth. I
209—214. Holm Gesch. Siciliens I 197f. Free-
man Hist. of Sic II 510ff. Busolt Gr. Gesch.
112 788f. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 397)
während Beloch Gr. Gesch. I 390, 2 und Niese
s. o. Bd. VII S. 100 9f. das persische Bündnis für
eine Konstruktion des EphoTos erklären und den
Krieg durch die Lage Siziliens für hinreichend
begründet halten. Jedenfalls war Ephoros Ver-
mutung nur möglich, wenn man im Altertum von
der Gleichzeitigkeit der Ereignisse im Westen und
Osten überzeugt war. Tatsächlich sagt denn auch
schon Herod. VII 166, Salamis und ffimera seien
an einem Tage geschlagen, offenbar die im
Volke verbreitete Ansicht; Diod. XI 24, 1 setzt
nach Timaios aus sehr durchsichtigen rhetorischen
Gründen den Sieg von Himera gleichzeitig mit
der Niederlage bei den Thermopylen an ; Aristot.
poet. 26 begnügt sich mit der einfachen Fest-
steilung, Salamis und Himera seien xara tovs
avTovg yoovovg geschlagen. Wahrscheinlich fällt
indes die Schlacht bei Himera etwas früher (so
Busolt Gr. Gesch. IP 791A.), da nach dem zu-
sammenhängenden Bericht bei Diodor die Ereig-
nisse sich ziemlich Schlag auf Schlag entwickelt
haben. Unmöglich «dagegen ist die Datierung auf
481, die nach Niebuhr Vorlesungen über alte
Gesch. II 120 zuletzt Holm Gesch. Siz. I 209
in eigentümlichem Gegensatz zu seiner I 197 ge-
äußerten Ansicht vom Zusammenwirken der Perser
und Karthager versucht hat. Sie beruht auf einer
Stelle in Gelons Antwort an die griechischen Ge-
sandten bei Herod. VII 158, wo dieser sich auf
einen früheren Karthagerkrieg bezieht, bei dem
ihm die Ostgriechen trotz seines Aufrufes auch
nicht geholfen hätten. Dieser aber kann mit H.s
Zug nicht identisch sein, da er ausdrücklich als
ein Bachekrieg für Dorieus bezeichnet wird, also
ein Angriffskrieg Gelons sein müßte, während bei
Himera 480 die Karthager zweifellos die Angreifer
waren. Entweder ist also jener erste Krieg wie
die ganze Unterhaltung Gelons mit dem Gesandten
eine Erfindung zur höheren Ehre der sikeliotischen
Griechen, durch die Herodot getäuscht worden ist
(so Meltzer Gesch. d. Karth. I 493ff. Freeman
Hist. Sic. II 515, der mit Recht auf die abwei-
chende Darstellung bei Polyb. XII 26 b = Epho-
ros hinweist, Busolt Gr. Gesch. 112 790, 1 ^d
Ed. Meyer Gesch. d. Alt. III 356). oder es sind
w_e Niese (s. 0. Bd. VII S. 1008) vermutet, frühere
Kämpfe Gelons mit den Karthagern gemeint, aus
der Zeit, da er noch Tyrann von Gela war.
__ . J5> Hamilkar, mit Hasdrubal (s. d.) zugleich
ieldherr der Karthager in der Schlacht am Kri-
misos, die von Meltzer Gesch. d. Karth. I 516
nach Volquardsen (Über d. Quellen Diodors 100)
^i'-V 3, T0I i Beloch und Freeman richtiger
nut Diodor ins J. 339 gesetzt wird, Beide Feldherrn
«mfigo an der Spitze eines bedeutenden Heeres —
<Ue totüm des Timaios bei Diodor und Plutarch
Hamilkar
2800
sind übertrieben; es mögen rund 40 000 Mann
gewesen sein — im Frühjahr 839 nach Sizilien
und landeten in Lilybaion, schwerlich viel vor
Ende Mai, da die Schlacht selber in der zweiten
Junihälfte stattfand (Plut. Tim. 29) ; nach Plut
Cim. 19 war es der 27. Thargelion. Von dort
marschierten sie auf der großen Straße nach
Panormos, wurden aber dort, wo diese den
Krimisos (nach Beloch jetzt der Piume freddo,
10 der m seinem Unterlauf den Namen Piume San
Bartolommeo führt), zwischen Calatafimi und
Alcamo überschreitet, unvermutet von Timoleon
angegriffen und völlig geschlagen. Nach Holm
Gesch. Siziliens I 343f. Freeman Hist. of Sic.
IV 323 und Meltzer Gesch. d. Karth. I 518, die
wohl hauptsächlich darauf sich stützen, daß Ti-
moleons Marsch durchs Akragantinische ging (Diod.
XVI 48, 3), ist der südliche Krimisos gemeint,
der östliche Quellfluß des Hypsas, der bei Selinus
20 ms Meer gelit, heute Beiice genannt. Der Verlauf
der Schlacht ist aus den Quellen noch ziemlich
deutlich zu erkennen: ein Teil des karthagischen
Heeres hatte bereits den Fluß überschritten, als
er plötzlich von Timoleon angegriffen und in den
Strom zurückgeworfen ward; in die dadurch ent-
standene Verwirrung ward dann der Rest des
Heeres hineingezogen. Die Verluste der Karthager
waren sehr schwer; die Trümmer der geschlagenen
Armee zogen sich auf Lilybaion zurück. Beide
30 Feldherrn wurden abgerufen und durch Geskon,
Sohn des Hanno, ersetzt, Diod. XVI 81, 3; s. o.
VII, 1322, 2.
Hauptquelle für die Ereignisse ist Timaios,
der uns in einer doppelten Bearbeitung bei Diod.
XVI 77-81 und Plut. Tim. 25—29 vorliegt. Den
Charakter der Erzählung hat wohl Plutarch treuer
bewahrt, während Diodor. in Einzelheiten vorzu-
ziehen ist, so in der Angabe über die Stärke von
Timoleons Heer, das er auf 11000 beziffert (Diod
40 XVI 78, 3 vgl. mit 79, 1, dazu die Verhältnis-
zahl 78, 5 und 77, 4), während es bei Plutarch
nur 6000 sind (c. 25; vgl. Arnold Timoleon 157.
Gumbinnen 1850), und ebenso über die Größe der
karthagischen Verluste (Diod. XVI 80, 5 vgl. mit
Plut. Timol. 28. 29). Neuere Darstellungen bei
Holm Geschichte Siziliens II 207ff. Freeman
Hist. of Sic. IV 318ff.. vgl. I 80f. Beloch Gr.
Gesch. II 588f.
3) Hamilkar, karthagischer Emissär im Haupt-
o0 quartier Alexanders d. Gr., wo er durch Parmenio
eingeführt ward und sich als Verbannten ausgab.
Er berichtete über Alexanders Pläne und Taten
nach Hause, kehrte nach dem Tode des Königs
nach Karthago zurück, wurde aber dort des Ver-
rates angeklagt und hingerichtet. Hauptstelle
lustin. 21b, 1—7 vgl. Oros. IV 6, 21. Frontin.
12, 3. Sein Beiname lautet bei Oros. Rhodanus,
die Hss. des Iustinus haben ähnliche Formen, der
cod. Harleianus des Frontin hat Rodinum. Viel-
60 leicht ist zu lesen Rhodium, so daß dieser H.
derselben Familie angehörte wie Hannibal Nr. 6.
4) Harniikar, möglicherweise identisch mit
Nr. 2, Feldherr der Karthager auf Sizilien in den
ersten Kämpfen des Agathokles. Er kommandierte
die Streitkräfte in Syrakus im J. 319, als Aga-
thokles aus dem Inneren gegen die Stadt heran-
rückte, brachte aber eine Vermittelnng zustande,
die Agathokles den Weg zur Herrschaft bahnte.
aa.ui
mjxtUKar
namxiKar
aauu
Agathokles soll ihm große Versprechungen gemacht
haben, wohingegen er dem Tyrannen 5000 Söldner
überließ . hieraus schließt lustin. XXII 2, 6, daß
H. hochverräterische Absichten gehabt und sich
für einen Handstreich auf Karthago Agathokles
Mitwirkung habe sichern wollen. Sowohl Meltzer
I 354ff. wie Beloch Gr. Gesch. III 1, 193 halten
das für ausgeschlossen: das Gerede scheint daher
entstanden zu sein, daß Agathokles 5000 von H.
entlassene Söldner sofort in seine Dienste nahm 10 Schubert Agathokles. Niese Gesch. d.gr.-i
(so Meltzer Gesch. d. Karth. a. a. O. und da- Staaten I439ff. 452ff. Beloch Gr. Gesch.
nach Niese Gesch. d. griech.-maked. Staaten I " ' '
439). Im J. 313 vermittelte er zum zweiten Mal
den Frieden zwischen Agathokles und dessen
Feinden Diod. XIX 70—72; ward aber deshalb
von den karthagischen Bundesgenossen in Kar-
thago angeklagt und sollte beseitigt werden, als
sein plötzlicher Tod ihn einem schlimmeren Ge-
schick entzog, Inst. XXII 3, 2 ff. Nach Polyaen „ „ _
V 3, 9 wäre er sogar nach Afrika zurückgekehrt. 20 sich eines gallischen Söldnerkorps und verheerte
verübten Grausamkeiten; doch ist er hinlänglich
durch den fürchtbaren Charakter des Rassenkrieges
erklärt, der sich auch bei andern Gelegenheiten
(vgl. Diod. XIX 103 Ende) offenbart. Hauptcmelle
Diod. XIX 102—109. XX 29—30; einzelnes bei
lustin. XXII 3, 9 und 8, 2. Polyaen. VI 41, 1—2.
Neuere Darstellungen bei Holm Geschichte Siz.
II 232ff. Freeman Hist. of Sic. IV 384ff. 423ff.
Meltzer Geschichte der Karthag. I 363ff. 383ff.
Niese Gesch. d. gr.-mak.
- - - - in
1, 194ff. 203ff. Die Chronologie steht durch die
Sonnenfinsternis vom 15. Aug. 310 fest, die am
Tage nach Agathokles Abfahrt stattfand; fraglich
ist nur, ob die Schlacht am Eknomon 311 oder
310 stattfand; vgl. Beloch a. a. O. III 2, 203.
6) Hamilkar, Feldherr der Karthager im ersten
Punischen Krieg, übernahm an Stelle des vor
Akragas geschlagenen Hanno den Befehl, entledigte
Seinen Sturz, an dem nicht zu zweifeln ist, er-
klärt Meltzer wohl richtiger durch einen System-
wechsel in Karthago, das seit der Schlacht am
Krimisos eine zuwartende Politik betrieben hatte.
jetzt aber, durch Agathokles Erfolge beunruhigt,
die Zeit zum Handeln gekommen glaubte. Haupt-
stellen Diod. XIX 70—72. lustin. XXII 2—3;
vgl. dazu Holm Gesch. Sic. II 221 ff. Freeman
Hist. of Sic. IV 521f. Meltzer Gesch. d. Karth.
alsdann mit der Flotte die Küsten Italiens (Zonar.
VIII 10 b). Im Jahre 260 erscheint er neben
Hannibal Nr. 3, der die Flotte kommandiert, als
Führer des Landheeres; als solcher belagerte er
Segesta und schlug die Römer unter C. Caecilius
(Zonar, VIII 10 — 11), ward aber durch Hanni-
bals Niederlage bei Mylai zur Aufhebung der
Belagerung gezwungen und zog sich auf Panor-
mos zurück. Von hier aus überfiel er bald nach-
I 354ff. 522ff. Niese Gesch. der griech.-maked. 30 her ein bundesgenössisches Kontingent der Römer
Staaten I 433, 9. Beloch Gr. Gesch. III 1, 188
—193; für Einzelheiten Schaefer Rh. Mus. XV
1860, 393 und Schubert Agathokles.
5) Hamilkar, Feldherr der Karthager, Sohn
Geskons (nicht des nach der Schlacht am Krimisos
zurückberufenen, s. Niese Gesch. d. griechisch-
makedon. Staaten 1439, 2 gegen A. Schaefer,
doch hat Niese seine Meinung neuerdings ge-
ändert s. 0. Bd. VII S. 1322, 2). gleichzeitig mit
bei Paropos (heute Collesano nach Holm Gesch.
Siz. I 70) und brachte ihm schwere Verluste
bei, nach Polyb. I 24, 4 4000, nach Diod. XXIII
14 sogar 6000 Mann. Nach der annalistischen
Überlieferung nahm er sodann durch Verrat
Henna und Kamarina (Diod. XXIII 9), befestigte
259 Drepana durch die Entvölkerung der Stadt
Eryx (Diod. XXIII 9. Zonar. 8, 11. 387 d) und
brachte 258 dem Consul A. Atilius bei Lipara
H. Nr. 4 in Sizilien, nach dessen Tode er das Korn- 40 eine Schlappe bei (Zonar. 8, 12 a. Polyaen. VIII
mando übernommen zu haben scheint (lustin.
XXII 3, 6). Im Frühjahr 311 landete er mit
bedeutenden Truppenmengen auf der Insel, zog
die dort noch stehenden Truppen heran und ver-
schanzte sich am Berge Eknomon, westlich von
der Mündung des südlichen Hirn er as, während
Agathokles auf der andern Seite des Flusses auf
dem Phalarion ein Lager bezog. Er schlug Aga-
thokles, als dieser (Juni 810 vtio xvva ovotjs xi}$
20, 1). Im Jahre 257 auch Oberbefehlshaber der
Flotte kämpfte er nach Polybios (I 25 vgl. 27,
1) unentschieden bei Tyndaris, während er nach
Oros. IV 8. Zonar. 8, 12, vielleicht auch Polyaen.
VIII 20, 1 eine Niederlage eTlitt. In der großen
Seeschlacht am Eknomon kommandierte er den
linken Flügel und verstand durch geschickte
Manöver, die römische Flotte auseinanderzuziehen,
ward aber dann in die allgemeine Nieder-
ojqcls, Diod. XIX 109, 5) einen Sturm auf sein 50 läge mit hineingezogen. Polyb. I 27, 6ff. Wäh-
t _ 1 1 _? 1 _. M 1 ■ _. __T_ /^IaI«. _ ^„ .rl Am* tW ».VI _-,_Ili. , ,-»_ /Inn Tn*-i4-J-rt t w\n rth A fri'l-n i»nin
Lager unternahm, und verfolgte ihn bis nach Gela,
alsdann wandte er sich ins Innere und brachte
einen großen Teil Siziliens auf seine Seite. Die
Abfahrt des Agathokles zum Angriff auf Karthago
am 14. Aug. 310 vermochte er nicht zu hindern,
sandte aber 5000 Mann zur Unterstützung der
Vaterstadt nach Hause zurück; sein Angriff auf
Syrakus schlug fehl (Diod. XX 16, 1). Im folgen-
den Jahr (im Frühsommer, Diod. XX 29, 3) kehrte
rend die Überbleibsel der Flotte nach Afrika zum
Schutz der Vaterstadt zurückgingen, blieb er auf
Sizilien .Polyb. I 29, 4. Eutrop, II 21. Oros.
IV 8. Val. Max. VI 6, 2. Zonar. 8, 12). Kurze
Zeit darauf ward auch er zurückberufen, ging
mit 5000 Mann Infanterie und 500 Reitern nach
Afrika hinüber und übernahm nun zusammen
mit Hasdrubal, Sohn des Hanno, und Bostar
(3. 0. Bd. III 189, 1) den Oberbefehl über das Ver-
er mit einem großen Heere, in dem sich auch die 60 teidigungsheer, das indessen bei Adyn (Uthina
1 ■_■_._? tt__.i i__.-L_i.__.j___ T.-1 l ir.u n_,_,_l- A TT rt *.l. TT X-rn. T,™ T?_»_
syrakusanischen Verbannten befanden, zur Belage-
rung der Stadt zurück, ward aber, ehe der Angriff
auf Syrakus begann (so Niese I S. 452f. und
Beloch III 1, 198, 2), bei einem Überfall ge-
schlagen, gefangen und grausam von den Syra-
kusanern hingerichtet. Sein Tod erscheint Free-
man und Meltzer unverdient, nach Beloch war
er eine Repressalie für die an den Kriegsgefangenen
vgl. Meltzer Gesch. d. Karth. II 570) von Re-
gulus besiegt ward (Polyb. I 30, 1—13). In
richtiger Erkenntnis der Sachlage ordne te er sich
dann dem Xanthippos unter (Zonar. Vlll 13 c
vgl. mit Polyb. I 32, 5) und erhielt nach der
Besiegnng des Regulu__ ein Kommando gegen
die abtrünnigen Nnmider und Mauretanien die
er für ihren Abfall hart bestrafte (Oros. IV 9,
p^iiniUft f-
namuxar
29U*
9 etwa 254/3 t. Chr.). Hauptqueüen Polyb. I
24, 4—80, 2 (letzte namentliche Erwähnung
H.s), dazu die annalist ische Überlieferung Diod.
XXm 9—14. Zonar. VUI 10—11, 387 B—D.
Oros. IV 8— 9, auch Polyaen. VUI 20. Neuere
Behandlungen Neumann- Faltin Das Zeitalter
der punischen Kriege 108ff. Holm Geschichte
Siz. m 16f. 347f. Meltzer Gesch. d. Karth.
II 276. 282. 292ff. Beloch Gr. Gesch. III 1,
bung bei Polyb. I 56, 3—8 wird die Heirkte ge-
wöhnlich mit dem Monte Pellegrino hei Palermo
identifiziert, so von Schuhring Topographie von
Panormos I 24—26, Freeman Hist. of Sic. I
I 254f. (gute Karte), Meltzer Gesch. d. Kar-
thager I 342fT., auch von Holm Gesch. Siz. m
254, der indessen einige Bedenken geltend macht.
Neuerdings hat dann Kromayer (Festschr. d.
WieneT Eranos zur Begrüßung d. Phil.-Vers. in
6771 2, 233ff. Mommsen R. G. I 519ff. und 10 Graz 1909, 225) die Richtigkeit der Identifizier
Niese Grundriß d. röm. Gesch. lölf. 520ff.
Hauptfrage bleibt, ob dieser tüchtige und ener-
gische Feldherr mit H. Barkas (s. u. Nr. 7) zu
identifizieren ist, wie dies bereits im Altertum
(Cic. de off". HI 26, 97. Zonar. VIII 10, 387 b)
und neuerdings von Ranke (Weltgesch. II 1,
183) geschehen ist. Gegen die Bemerkung Ran-
kes hat sich sehr entschieden, aber ohne Angabe
jeglicher Gründe Meltzer Gesch. d. Karth. II
rung geleugnet und die der Heirkte entsprechende
Örtlichkeit auf der nordöstlichen Abdachung des
Monte Castellaccio, 7 km nordwestlich von Pa-
lenno, gesucht. Von hier aus führte H. drei Jahre
lang gegen die Römer in Panormos Krieg, wäh-
rend zugleich seine Flotte die Küsten Italiens
bis nach Kyme hinauf brandschatzte. Vielleicht
gehören die Zonar. VIII 15, 397 c und Front. IH
10, 9 erwähnten Kämpfe in diese Zeit (Polyb.
570 gewandt, während die übrigen Forscher sich 201 56, 10—57, 8). Schließlich doch wohl von
it nöT mücüu l-*Tiril7"r nidliT nfflonKüT-f l*i n h j-i« 'I^n-I- As*** TTj^-wT-rJ-rt -,t.-*w4-».-!^"U*-i»-. /"O^Itt'U.-I ^ ^. , A..^.].,.,lL T t-<i
über diesen Punkt nicht geäußert haben. Tat-
sächlich steht der Identifikation nichts im Wege
außer der Notiz bei Nep. Harn. 1, wonach dieser
primo hello Punieo, sed temporibus extremis
admodum adulescentulus exercüui praeesse eoe-
pit. w T as niemand für eine hervorragende Beglau-
bigung halten kann, zumal H.s Kriegführung von
246 ab keineswegs den Eindruck eines Anfängers
macht. Sehr viel schwieriger ist die Identiflka-
der Heirkte vertrieben (Polybios' Ausdruck I 58,
1 ist nicht ganz klar), warf er sich 243 auf die
Stellung am Eryx (S. Giuliano bei Trapani), nahm*
die seit 259 verlassene, ca. 150—200 m unterhalb
des Gipfels auf einein kleinen Plateau gelegene
»Stadt ein und schob sich auf diese Weise zwischen
die römische Besatzung im Tempel auf dem
Gipfel der Eryx und das römische Belagerungs-
korps, das am Südfuß des Berges auf der Pizza
tion mit jenem andern H., der nach Diod. XXIV 30 Argenteria am Wege nach Drepanon lag. Als.
19 zusammen mit Bostar von den römischen Be- Hafen und rückwärtige Verbindung (Polyb. I 58,
hörden der Familie des Eegulus als Geisel über-
geben und von ihr auf das furchtbarste mißhandelt
ward. An der Sache selbst ist nicht zu zweifeln
(vgl. Niese Grundr. der röm. Gesch. 102, 2);
daß beide Geiseln vornehme Männer, womöglich
ebenfalls Feldherrn waren, ist natürlich, und die
Zusammenstellung beider Namen legt die Ver-
mutung nahe, daß beide in der unglücklichen
3) diente ihm die kleine Bucht bei Tonnara di
Bonagia, deren Entfernung der Angabe des Poly-
bios (30 Stadien = 5 km) ziemlich entspricht.
Die mannigfachen Streitigkeiten über die ürtlich-
keit (Holm Gesch. Siz. 3541 s. o. Bd. VI
S. 602f.) sind jetzt durch die genaue Aufnahme
des Geländes erledigt, die Kromayer und Veith
vorgenommen haben (Klio X 1910, 461—477 mit
Schlacht bei Adyn gefangen und nach Rom ge- 40 guter Kartenskizze). Auch hier setzte H. seine
TvKa/>Tl + limr^an cinrl fiTfr\ W l a c- n c n "G,1 TTT V<i™«^r,.„ n ;„^ f„«+ Jii„ J^„ T> ;; J? — i,...-jl J
bracht worden sind (vgl. Niese s. o. Bd. III
789, 1, der aber den Tod Bostars erst nach 243
ansetzt, was natürlich für H. unmöglich ist).
Tatsächlich erwähnt Polyb ios nachher ihre Namen
nicht mehr, wohl aber berichtet die annalistische
Überlieferung, daß H. 255 in Karthago war. So
gut sonst die Sache paßt, um den furchtbaren
Haß H.s gegen Rom zu motivieren, so scheint
doch in der oben gegebenen Geschichte chrono-
Kampf es weise fort, die die Römer fortwährend
in Atem hielt (Polyb. I 58, 4—5), bis durch
Catulns' Sieg bei den Aegatischen Inseln (Mai
241) seine Stellung vom Meere abgeschnitten und
dadurch unhaltbar ward. Nach der Schlacht von
den karthagischen Behörden zum Oberbefehls-
haber mit unumschränkter Vollmacht ernannt (Po-
lyb. I 62, 3), knüpfte er sofort Verhandlungen mit
Catulus an und vereinbarte die Friedensprälimi-
logisch nicht recht Raum für sie zu sein, da H. 50 narien, die Polyb. I 62, 8—9 im Wortlaut vor-
schon 253 wieder als Feldherr gegen die Numider
erscheint. Eingliedern ließe sie sich höchstens
254, dann aber muß man die Notiz des Zonar.
8. 13. 391c verwerfen.
7) Hamilkar, genannt Baraq, d. h. der Blitz
(Meltzers Bedenken gegen diese Erklärung II
582 sind wenig durchschlagend), Feldherr der
Karthager im eisten Punischen Krieg, Sohn
eines Hannibal (Nep. Hann, 1) und Vater des
legt. Für sich selbst und seine Leute verlang-
te er freien Abzug mit allen militärischen Ehren
der wohl ohne Schwierigkeiten bewilligt ward
(anders Nep. Ham. 1. Zonar. VHI 17). Sodann
führte er die Truppen nach Lilybaion zurück und
legte dort das Kommando nieder (Polyb. I 66, 1);
ob auf Betreiben der Gegenpartei oder weil es
nur für Sizilien gegolten hatte, wie MeltzerLT
369 meint, muß dahingestellt bleiben. Haupt-
großen Hannibal; wenn identisch mit Nr. 6, etwa 60 quellen für diesen ersten Abschnitt sind Polyb. I
285 v. Chr. geboren. Im Frühjahr 246 (nach
der annalistischen Überlieferung 247. s. u. unter
Chronologie) an SteUe Karthalos (Zonar. 8. 16,
397 a) zum Oberbefehlshaber der Seestreitkräfte
ernannt (Polyb. I 56, 1), waif er sich sofort auf
die Küsten Lukaniens und Bruttiums, die er
gründlich verheerte, und setzte sich dann auf der
HfflAte bei Panormos fest. Nach der Beschrei-
56—66, der seinem eigenen Geständnisse nach
(c. 18. 19) auf Philinos und Fabius Pictor zurück-
geht, während Diod. frg. XXLT— XXTV fast nur
auf Philinos beruht. Daneben steht die annali-
stische Tradition, von deren Hauptvertreter Livius
nur die Inhaltsangaben der Bücher erhalten sind,
für uns besonders vertreten d urch Eutrop. I 18,.
3—27. Cass. Dio bei Zonar. VUE 10—17 und
2305
Hamiliar
JdamüKar
2306
Oros. IV 8, 6; vgl darüber Meltzer Gesch. d.
Karth. II 557f. Neuere Darstellungen Holm
Gesch. Sizil. HI 24ff. Mommsen R. G. I 531ff.
Meltzer Gesch. d. Karth. II 338—356.
Söldnerkrieg. Unmittelbar nach dem Ende
des ersten Punischen Krieges brach in Afrika der
Söldnerkrieg aus (241—238), in dem zuerst Hanno
den Oberbefehl übernahm; indessen mußte er
nach einigen Mißerfolgen sich es gefallen lassen,
daß ihm H. an die Seite gesetzt ward (Polyb. I
75, 3). Dieser umging sofort die feindliche
Stellung am Makar, schlug den Anführer der
Söldner Spendios und erzwang die Aufhebung
der Belagerung von Utika (Polyb. I 75, 5-76).
Seinerseits von Spendios eingeschlossen befreite
er sich mit Hilfe des Numiderhäuptlings NaTha-
vas durch ein glückliches Gefecht, in dem 10000
Söldner fielen (Polyb. I 77, 1—78, 15); die 4000
Gefangenen entließ er oder stellte sie in sein Heer
ein. Um die Wirkung dieser Milde nicht auf-
kommen zu lassen, reizten die Führer Mathos,
Spendios und Autaritos die Söldner zu der furcht-
baren Verstümmelung Geskons und der übrigen
in ihrer Hand befindlichen Gefangenen, die den
Erfolg hatte, daß nunmehr auch H. jeden Ge-
danken an Milde aufgab. Inzwischen waren Hanno
und H. in Streit geraten, der dadurch beigelegt
wurde, daß Hanno zurückberufen ward und Han-
nibal an seine Stelle trat (Polyb. I 82, 1- 10).
Unterdes belagerten die Söldner Karthago, wur-
den aber bald durch die methodische Krieg-
führung H.s in solche Bedrängnis gebracht, daß
ein Teil von ihnen unter Spendios, Autaritos und
Zarzas sich gegen ihn wenden mußte. Diese
wurden von H. in dem Engpaß Prion einge-
schlossen und nach verräterischer Gefangennahme
der Führer völlig vernichtet (Polyb. I 84, 1—85,
7), Sofort wandte sich H. nun gegen Mathos,
den er in Tunis belagerte, ward aber durch die
Niederlage seines Mitfeldherrn gezwungen, die
Belagerung aufzuheben (Polyb. I 86). Neue Ver-
stärkungen brachte Hanno heran; beide Feldherrn
schlössen unter Vermittlung des Rates eine Ver-
söhnung und wandten sich gegen Mathos, der
in einer letzten Entscheidungsschlacht besiegt
ward. H. brachte endlich noch Utika zur Unter-
werfung (Polyb. I 87, 1—88, 7) und damit den
ganzen Söldnerkrieg zu Ende. Einzige Quelle
für den Krieg ist Polyb. I 75 — 88 offenbar im
wesentlichen nach karthagischen Quellen, s. Melt-
zer Gesch. der Karth. III 588f. ; Diodors Dar-
stellung XXV 2—6. 9, die nur fragmentarisch
erhalten ist, hängt völlig von Polybios ab, wie
Mommsen Rom. Forschungen II 266 gezeigt
hat. Auf Polybios gehen auch die summarische
Darstellung bei Nep. Ham. 2 und sonstige ver-
streute Notizen zurück. Neuere Darstellung Neu-
in an n-F alt in Zeitalter der pun. Kriege 164
— 181. Meltzer Gesch. d. Karth. II 357—392.
Letzte Jahre und Tod. Die Wegnahme
Sardiniens und die schweren Bedingungen, die
Rom von neuem Karthago auferlegte, hatten dort
eine furchtbare Erbitterung erregt, so daß es H.
leicht ward, das Volk für einen Krieg zu gewinnen,
der ihm Ersatz für Siziüen schaffen sollte. So
ward er im Frühjahr 237 nach Spanien geschickt,
wohin er seinen neunjährigen Sohn Hannibal mit-
nahm (Polyb. H 1, 5; s. auch Hannibal). Den
Pauly-Wte80w»-XroU VII
Übergang bewerkstelligte er nach Polyb. Hl, 6
zunächst auf dem Landwege und dann übei die
Meerenge von Gibraltar; wenn Meltzer Gesch.
d. Karth. II 592 die Worte des Geschichtschrei-
bers nicht als ein klares Zeugnis für den Zug zu
Lande ansehen will, so leitet ihn offenbar das
Bestreben, hier Polyb. mit Diod. XXV 10, 1 in
Übereinstimmung zu bringen, wo xarmievos steht.
Doch ist bei der notorisch flüchtigen Art des
10 Exzerptors auf ein einzelnes Wort schwerlich viel
Gewicht zu legen. — Gegenüber dieser Polybia-
nischen Darstellung aber gibt es nun eine zweite,
in den übrigen Quellen hervortretende, die zuerst
Meltzer (jetzt Gesch. d. Karth. II 357f. 392ff.)
als von der karthagischen Gegenpartei H.s her-
rührend erkannt hat. Diese Auffassung der an-
tibarkinischen Partei ist dann vor allem von der
römisch-nationalen Geschichtschreibung angenom-
men worden. Nach ihr lag die Sache so, daß
20 H. unmittelbar nach der glücklichen Beendigung
des Söldnerkrieges von seinen Feinden angeklagt
ward, er habe durch seine maßlosen Verspre-
chungen in Sizilien den Aufstand hervorgerufen.
Indessen wußte er mit Unterstützung des jungen
Volksführers Hasdrubal, zu dem er in unerlaubten
Beziehungen stand, freigesprochen und mit Hanno
dem Großen zusammen in den Numiderkrieg ge-
schickt (Appian. I 4). Als dann Hanno infolge
von Verleumdungen zurückgerufen ward, führte
30 er gegen den Willen der Behörden das Heer nach
Spanien hinüber (Appian. 14, II 2. Zonar. VIII
17 fin.) Der Zweck dieser ganzen Darstellung
liegt auf der Hand: es soll gezeigt werden, wie
H. von Anfang an aus egoistischen Motiven
heraus und ganz im Gegensatz zu den kartha-
gischen Behörden auf den großen Entscheidungs-
kampf zwischen beiden Mächten hingearbeitet
habe (vgl. die klassische Stelle Nep. Ham. 3—4).
Zurückzuführen ist sie auf die Bestrebungen der
40 antibarkinischen Partei, die nach dem Sturz des
großen Hannibal den Argwohn des Siegers be-
schwichtigen und mit Rom wieder in ein besseres
Verhältnis kommen wollte. Diese Auffassung
aber kann dem Zeugnis des Polybios gegenüber
umsoweniger ins Gewicht fallen , als dieser sie
bis zu einem gewissen Grade teilt (III 9, 6ff.) ;
nur daß es ihm nicht einfällt, deswegen die Tat-
sachen zu verändern.
In Spanien angelangt, stellte H. zunächst den
50 früheren Besitz der Karthager wieder her (Polyb.
II 1. 6. Diod. XXV 14) und legte zu ihrem Schutz
"Ay-ga ).Evxi) (röm. Lucen tum, jetzt Alicante; vgl.
Hübner zu CIL III 4 7 9f.) an; dann begann er unter
harten Kämpfen die allmähliche Unterwerfung
der spanischen Völkerschaften (Polyb. II 1, 6— 8).
Unterstützt ward er dabei von Hasdrubal, der
sein Schwiegersohn geworden und ihm nach Spanien
gefolgt waT; diesen scheint er noch einmal auf
kurze Zeit zur Unterdrückung eines Numiderauf-
60 Standes nach Afrika zurückgesandt zu haben
(Diod. a. a. O.). Nachdem er bedeutende Erfolge
erzielt und die Herrschaft Karthagos in Spanien
begründet hatte, fiel er im Winter 229/8 tapfer
kämpfend (P olyb. II 1, 7. Front. LT 4, 17. Appian.
I 5. Zonar. Vm 19, 401 D) bei der Belagerung
von Helike (Diod. XXV 14 im Gebiet derVettonen?
Nep. Ham. 4).
Quellen. Polyb. II 1, 5-9. III 9. 10. Diod.
73
2307
Hamilkar
Hamilkar
2808
XXV 10—19. Appian. I 4. 5. Nep. Harn. 1— 4 '
Öros. IV 13f. Zonar. VIII 19, 401. Daß Diod.
vom Ende des Söldnerkrieges ab nicht mehr Poly-
bios, sondern einer sehr stark antibarkinisch ge-
färbten Quelle folgt, hat zuerst JVIeltz er richtig
ins Licht gesetzt (Gesch. d. Karth, II 592, Tgl.
auch 857f. 392ff.). Von derselben Auffassung sind
auch die meisten übrigen Quellen beeinflußt,
Ackermann Untersuchungen zur Geschichte des
Barkas, Kostock 1876. 0. Gilbert Bom und
Karthago in ihren gegens. Beziehungen 241-218
v. Chr.. Leipzig 1876. Egelhaaf Analekten z.
Geschichte, Stuttg. 1886. Faltin über den Ur-
sprung des 2. punischen Krieges, Progr. Neuruppin
1887. He ss c lb arth Hi stör. -krit. Untersuch, zur
3. Dekade des Livius, Halle 1889. Neuere Dar-
stellungen: Neumann-Faltin Das Zeitalter
der punischen Kriege 240 — 249. Meltzer Gesch.
d. Karthager II 392-404. Mommsen B. G, I
562ff.
Chronologie. Auszugehen ist Tom Beginn
des 2. Punischen Krieges, der nach allgemeiner
Überzeugung im Frühling 218 ausbrach. Damals
war Hamilkar 10 JahTe tot (Polyb. III 10, 7);
die untere Zeitgrenze für seinen Untergang ist also
Frühling 228, und er fiel im Laufe des J. 229/8, aber
sicher näher dem Ende zu, da Polybios sich sonst
seiner Gewohnheit gemäß genauer ausgedruckt
haben würde. Dies war im neunten Jahre seiner
Feldhermschaft (Polyb. II 1, 8. Nep. Harn. 4 u. a,),
also muß sein Übergang nach Spanien, da er
doch in der guten Jahreszeit gekommen sein wird,
Frühjahr 237 stattgefunden haben. Der Auszug
aus Karthago selbst fällt einige Monate früher
ins Ende 238; damals war der im Frühsommer
247 (vgl. Polyb. XV 19, 4) geborene Hannibal et-
was über neun Jahre alt (swaeirjs Polyb. a. a. O.
und sonst überall). Nun geschah aber der Aus-
zug, wie Polybios zweimal hervorhebt (II 1, 5,
III 10, 5) unmittelbar nach dem Ende des Söld-
nerkrieges, der drei Jahre und vier Monate dauerte
(Polyb. I 88, 7. Diod. XXV 6 mit vier Jahren
vier Monaten beruht vielleicht auf Flüchtigkeit
des Exzerptors). Dieser brach unmittelbar nach
der Ankunft der Söldner aus Lilybaion aus,
also August/September 241. Andrerseits ist zwi-
schen dem Frieden und der Schlacht bei den
Aegaten nicht viel Zeit verflossen (vgl. Polybios
Darstellung I 62, 3 ogecog, § 5 u. 7 ngo&vitcog) ;
diese ward, also im Frühjahr 241 geschlagen,
nach Eutrop. II 27 a, d. VI Id. Marl., d. h. wie
Varese und Beloch Gr. Gesch. III 2, 213 ge-
sehen haben, infolge der römischen Kalenderver-
schiebung am 10. Mai 241. H.s Abzug fällt also
bald nach Hochsommer 241. nachdem er zwei
Jahre (Polyb. I 58, 6) auf dem Ervx gelegen
hatte; er war demnach Hochsommer 243 dorthin-
ge kommen. Vorher hatte er oys^ov i.-zi rneTg
sviavTovg auf dem Heirkte Krieg geführt (Polyb.
I 56, 11), d. h. vom Ende des Sommers 246 ab,
er muß also im Anfang deT guten Jahreszeit 246
nach Sizilien gekommen sein und den Sommer
mit der Verheerung der Küsten Italiens zuge-
bracht haben. Seine Ankunft geschah nun nach
Polyb. I 56, 2 im 18. Kriegsjahr, eine Angabe, die
allgemein auf Philinos zurückgeführt wird; der
Krieg müßte also, wie Varese und Beloch Gr.
Gesch. III % 231ff. schließen, tatsächlich erst 268
ausgehrochen sein und nur 23 Jahre gedauert
haben; die widersprechende Äußerung des Polyb.,
der I 63, 4 ausdrücklich 24 Jahre angibt , führt
Beloch auf Fabius Pictor zurück. Allein die
Rechnung stimmt nur, wenn polybianische Kriegs-
jähre zu verstehen sind; es ist aber sehr wohl
möglich, daß Philinos, der den Timaios fortsetzte,
nach dessen Olympiadenjahren rechnete: dann be-
gann der Krieg mit Ol. 129, 1 im Hochsommer
10 264 und sein 18. Jahr endete 246 im Hochsommer;
kurz zuvor war Barkas ins Amt getreten. Auch
die andre Angabe des Philinos, nach dem die
Belagerung Lilybaions im 14. Jahr begonnen ward
(Polyb. I 41, 4 ; auch hier steht T<p TioUfUü, nicht
der Genetiv), läßt sich damit vereinigen: sie fing
Frühjahr 250 an, nachdem auf die Nachricht Tom
Siege bei Panormos Juni 251 (nach Beloch 250)
größere Eüstungen vorangegangen waren (Polyb.
I 41, 3). Der Krieg begann also im Olympiaden-
20 jähr 129, 1 und endete im 24. Jahre Öl. 133, 4,
etwa Anfang September. Dies ist die Bechnung
des Polybios, mit der sieh seine sämtlichen Zeit-
angaben in Einklang bringen lassen. Daneben
gab es noch eine zweite, deren Spur zunächst
bei Liv. XXI 2, 1 vorliegt. Danach lagen zwischen
dem Ende des ersten Punischen Krieges und H.s
Übergang nach Spanien fünf Jahre; hier sind
also die Schlacht bei den Aegaten und der Frie-
densschluß auf 242 angesetzt, und demzufolge
30 berechnet sich die Kriegsdauer auf 23 Jahre (Ined.
Vaticanum. Eutrop. II 27). In sich ist diese
Bechnung ebenfalls ausgeglichen (so gegen Niese
Gruudr. der römisch. Geschichte* 109, 4); doch
verdient die des Polybios den Vorzug, der des-
wegen auch sämtliche Ansätze oben entnommen
sind.
8) Hamilkar, Geskons Sohn, ward im Jahre
218 von Ti. Sempronius Longus mit der gesamten,
annähernd 2000 Mann starken Besatzung auf Malta
40 gefangen genommen, Liv. XXI 51, 1 — 2.
9) Hamilkar, Flottenchef von Hannib als Bruder
Hasdrubal, der nach dessen Abzug das Ober-
kommando von Spanien übernommen hatte, ging
beim Vormarsch von Neukarthago Frühjahr 217
nach dem Ebro mit der Flotte vorauf, Polyb. LTI
95, 2. In ähnlicher Stellung befand er sich noch
212 nach Polyb. VIII 1, 8 ; doch scheint es, als
ob er damals in Sizilien kommandierte, worauf
indessen bei der abgerissenen Natur eles Exzerpts
50 nicht viel zu geben ist. Jedenfalls stand er
wieder beim Heere Hasdrubals, als dieser seinen
Zug nach Italien antrat, blieb jedoch in Nord-
italien zurück, wo es ihm im J. 200 gelang, einen
Aufstand liguriseber und gallischer Stämme an-
zuzetteln, Liv. XXX 10—11. Er eroberte Placentia
und Cremona, worauf der Senat seine Auslieferung
in Karthago verlangte. Da die Karthager dazu
nicht imstande waren, verbannten sie ihn und
konfiszierten seine Güter (Liv. XXX 19). Kurz
60 darauf ward er vor Cremona von dem Prätor L.
Furius angegriffen und besiegt, wobei er selber
in der Schlacht fiel (c. 20). Indessen erzählt der-
selbe Livius (XXXII 30), er sei im Jahre 197 bei
einem großen Siege über die Insubrer und Ceno-
manen vom Consul C. Cornelius Cethegus gefangen
genommen und später (XXXIII 23) im Triumph
aufgeführt worden. Entweder folgt Livius hier einer
andern Quelle, oder es handelt sich am zwei ver-
2309
Hamillus
Hammo
2310
«chiedene Männer, was hei der Häufigkeit des
Namens nicht ganz ausgeschlossen wäre.
10) Hamilkar, genannt der Samnite, mit Kar-
thalo Führer der demokratischen Partei in Karthago
kurz vor dem Ausbruch des dritten Punischen
Krieges. Beide vertrieben die Parteigänger Mas-
sinissas aus der Stadt, worauf dieser seine beiden
Söhne Gulussa und Micipsa als Unterhändler nach
Karthago sandte. Auf Betreiben H.s wurden sie ...
indes ffar nicht vorgelassen und mußten unver- 10 doch soll es nach der von H averfiel d Anto-
. . P ^ t _i. __?!_.„_ 3^' . ; v„_*;„1 TT U „^~ W„11 T? A „™.+ (m aar , IfiQQI IKK ™>WVflfcm+-
örient hinweist, aus welchem die Bömer meistens
ihre Bogenschützen bezogen, so hat Hodgson
die Göttin H. und die Cohors Hamiorum beide
aus Syrien hergeleitet, wo eine bekannte Stadt
Hamath oder Hamä am Orontes lag. Nur ist
diese nicht mit Apamea zu identifizieren, wie
Hodgson gemeint hat, sondern mit Epiphaneia.
Der alte Name lebte neben dem neuen fort und
hat sich bis heute behauptet (s. Hamath). Je-
richteter Sache abziehen; dabei überfiel H. noch
den Gulussa, was den Anlaß zum Ausbruch des
Krieges gab. Appian. VIII 68. 70. Die Vorgänge
gehören ins J. 150, zwei Jahre vor Massinissas
Tod (App. a. a. O. vgl. mit Pol. XXXVII 10, 2).
IV) Hamilkar, vornehmer Karthager, ward
selbfünft nach der Kriegserklärung der EömeT
abgesandt, um die Unterwerfung Karthagos zu
erklären. Die Gesandten kehrten jedoch ohne
nine Wall Report (Glasg. 1899) 155 veröffent-
lichten Ansicht D r i v e r s unstatthaft sein, Bamii
und Hammifs) von dieser Stadt herzuleiten.
[Hang.]
Hammo. Auf Tausenden von Votivinschriften
aus Karthago (CISem. I 180ff. usw.) und Nord-
afrika (z. B. Cirta 192) oder aus den punischen
Kolonien von Malta (CISem. I 123), Sizilien (138),
Sardinien (147) wird ein Gott Ba'al Ch(a)m(mä)n
bestimmte Antwort zurück, Polyb. XXXVI 3, 8ff.20*[tin b?n genannt und im eigentlichen Phönizien
12) Hamilkar, mit dem Beinamen Phameas,
Feldherr der Karthager im dritten Punischen
Kriege, kämpft gegen Scipio Aemilianus, Polyb.
XXXVI 8, 1—2. Bei Appian heißt er Himilkon
und wird später von Scipio für die römische
Sache gewonnen.
13) Hamilkar, Verfasser einer Schrift übeT
Landwirtschaft, Col. XII 4, 2. [Lenschau.]
14) Hamilcar, angesehener Mann in Leptis im
J. 647 = 107 (Sali. lug. 77, 1). [Münzer.]
Hamillus (bei Martial. Amillus), ein Lehrer,
der seine Schüler geschlechtlich mißbraucht, Mar-
tial. VII 62. luven. X 224. [Stein.]
"Aftutjiot s. o. Bd. V S. 256.
Hamiroei, Volk in der südlichen Arabia feUx,
nur von Plimus (n. h. VI 158) nach den Home-
ritae (Himjar, s. Homeritae) und vor den_Ge-
dranitae (s. d.) erwähnt, wohl die Benü c Amir
ben $a'sa, welche, hauptsächlich im Negd seß-
kommt El Chamman (-jün dn) »Knecht des (Got-
tes) Melki Aschtart' vor (Ma'süb: Clermont-
Ganneau Kec. arch. orient. I 81ff. ; vgl. Umm
el r awämTd: CISem. I 8). Die immerfort wieder-
kehrende Widmung in Afrika lautet: ronb roib
yan b?ab T"!Ntn 5?a "jD ,Der Herrin, der T(a)-
n(i)t , Antlitz des Baal, und dem Gebieter, dem
Baal Ch(a)m(ma)n ( . So häufig auch diese Formel
30 sich wiederholt, so ist doch ihre genaue Bedeu-
tung noch unsicher und man hat daran weit-
läufige Kombinationen geknüpft, aber ,eine ein-
zige Bilinguis könnte da mehr helfen als un-
zählige weitere Exemplare* (Nöldeke bei Doma-
szewski Beligion des röm. Heeres 75). Was den
letzten Namen betrifft, so hat man Baal Cham-
man als den Herrn einer vermutlichen Kultstätte,
also den Ba'al von Chamman (d. h. von Afrika'?)
aufgefaßt (Halevy Melanges de critique et d'hi-
haft '(Sprenger Die alte Geographie Arabiens 40 stoire 1883, 426), und man hat weiter darauf
1875, 212), vom Wädl Ahwar bis Abjan wohnten,
also Nachbarn der Himjaren waren (vgl. Glaser
Skizze der Geschichte und Geographie Arabiens
1890 II 140). Gegenüber dieser durch die Namens-
form und die örtliche Beziehung zu den Him-
jaren gestützten Aufstellung Sprengers (gegen
seine Vermutung, daß bei Plimus statt Home-
ritae mit der Mehrzahl der Hss. Nomeritae zu
lesen sei, s. Gedranitae), verliert an Wahr-
hingewiesen, daß der Bebellahamon der Inschrift
CIL III 7954 eigentlich Be f el Hamon heißen soll,
d. h. der Herr des (Dorfes) Hamon (Le"vy Cultes
dans le Talmud [Sep.-Abdr. Eev. Studes Juives
XLIIIj 1901, 6. Dussaud Notes de myth. syrienne
1903, 26). Andere haben Chamman von dem
Stamme zKn abgeleitet und diesen Ba'al als
den glühenden (fervidus) erklärt und ihn als
einen Sonnengott betrachtet, was doch wohl nur
scheinlichkeit Glasers (a. a. O. 141) Vermutung, 50 eine späte Auffassung ist (s. u.). Am wahr-
daß ,die 'Amur (= die 'Ämiriten) im Wädl scheinlichsten bleibt, daß Chamman mit den Cham-
*" - n n i. _.. i! — TT7=j r j._ X-, mänliri identisch ist, den abgöttischen Säulen, die
in dem Alten Testament öfters verpönt werden
(Lev. 26, 30. Jes. 17. 8. Ez. 6,4. 6. IL Chron.
A^kän und zwar dort, wo dieser Wädl den Na-
men Mughail (vielleicht = el-Ghail, da in jener
Gegend m als Artikel gebraucht wird), hat', hier
vielleicht noch besser passen. [Tkac.]
Hamnianientes, Volk in Africa, anscheinend
unrichtige Lesart jüngerer Hss. und älterer Aus-
gaben von Plin. n. h. V 5, 34 für Amantes (Atlan-
tes? Sieglin), s. 0. Bd. I S. 1724. [Dessau]
14, 3. 34, 4. 7). Ba f al Chamman wird also der
.Herr der Säule' sein, das heißt, den semitischen
Vorstellungen entsprechend, die Gottheit, die in
dem heiligen Stein verkörpert ist und verehrt
wird (s. die Art. Baitylia, Ammudates). Da-
Hammi(gl) erscheint auf einer Votivinschrift, 60 mit stimmt, daß statt des Ba'al Chamman in Phö-
die in Thirlwall castle bei Carvoran, d. h. in «;««• ™ n^™™™ ™«>w. imWi«> » i=t a^pti
dem von den Römern Magni (?) genannten elften
^tandlager des Hadrianswalls entdeckt wurde, in
der Dativform de(aje Hammi, CH, VII 750. Da
neben dieser Göttin auch nr. 758 deae Suriae,
759 dea Syria, sowie 752 /. 0. m. Seliopo-
lit. vorkommt, da ferner die dort stehende eoh.
I Hamiorum sagiüar(ioru7n) nr. 748 auf den
nizien El Chamman verehrt wurde: er ist eben
der ,Gott deT Bildsäule-.
Frühzeitig wurde der semitische Ba'al Cham-
man mit dem ägyptischen Gott Amun, gT.
"A/j-ftcüv verschmolzen (vgl. o. Bd. I S. 1856 und
CISem. I 288 s.). Der Zeus Ammon wurde, be-
sonders seitdem Alexander als sein Sohn galt,
weltberühmt, und von Kyrenc aus verbreitete sieh
V5X1
Hammon
Hampaicora
2812
sein Kult in Nordafrika (s. o. Bd. I a. a. O.). Auch im mittleren Reich spielt er eine recht un-
Eine neulich in Tripolitanien entdeckte Inschrift bedeutende Rolle, seine Stellung beruht darauf,
ist dem Adon Arnim (oder Amman) pst*> "pN^ daß e , r sozusagen der Privatgott der XII. Dynastie*
gewidmet: es ist kaum speziell der ägyptische i 8 *» ^fe aus Theben stammt, wo Amon seinen_
(Clermont-Ganneau Rec. darch. orient. YII Wohnsitz hat. Einen bestimmt ausgeprägten
86) oder der punische (Lidzbarski Eph. sem. Charakter hatte der thebanische Lokalgott in
epigraph. III 1909, 60) Gott gemeint, sondern älterer Zeit nicht. Er mag ursprünglich ein
yielmehr beide zusammen. Die lateinischen In- Zeugungsgott gewesen sein, doch ist diese Eigen-
schaften deuten ebenfalls auf eine synkretische straft fast in Vergessenheit geraten und nur der
Gleichsetzung der beiden Gottheiten, worauf schon 10 Umstand, daß er gelegentlich ithyphallisch dar-
die Schreibung Hammo für "A/x/nmv hindeutet. In gestellt wird, erinnert daran. Sonnengott ist
einem Weihepigramm aus Auzia in Mauretanien Amon erst seit dem neuen Eeich (nur ganz selten
(CIL VIII 9018 = Bücheier Carm. epigr. 253) kommt er früher als Sonnengott vor). Erst diese
ist Iuppiter Hammon neben der Dea Caelestis Zeit > besonders der Ausgang der XVIII. Dynastie^
(s. o.) angerufen und als corniger, wie der Zeus nat * flm die überragende Stellung verschafft, die
der libyschen Oase, bezeichnet (vgl. Sil. Ital. III er dann seit der Spätzeit wieder verlor. Zur
10: Inter aniielantis Garamantas corniger Harn- Zeit Alexanders spielt er in Ägypten kaum eine
mon u. IX 298), und er wird auch mit Widder- Eo ^ e 5 senr bedeutend ist dagegen sein Ansehen
hörnern dargestellt (Perrot et Chipiez Histoire ^ei den Griechen, und nur so erklärt sich Ale-
dc l'art ILT 73, ZDMG LIX 512. Ph. Berger 20 ^anders Zu;? nach der Amonsoase. Von anderer
Gazette archeol. 1879, 138). Merkwürdig ist "die Literatur sei vor allem hingewiesen auf Erman
Zusammenstellung einer Inschrift aus Karthago Aeg. .Religion passim und die sehr interessante,.
(Cagnat Annee epigr. 1899 nr. 46 = Dessau aber mit Kritik zu lesende Darstellung in Schnei-
Inscr. sei. 4427): Iovi Hainmoni, barbaro Sil- ^ers Kultur und Denken der alten Ägypter,
vano (vgl. CIL VI 378: Iovi Hamm&ni et Sil- Abschnitt Religion. Eine ausreichende Mono-
vom), womit Dessau eine Widmung dis Mauris graphie über Amon fehlt. Das Heiligtum der
barbaris vergleicht. Strabon erwähnt eine äxqa Amonsoase ist von einer deutschen Expedition
"Afificovog BaXtöan>o$ bei Thapsus, und Vcrgil (Aen. 1900 untersucht worden, doch gibt es darüber
IV 198) nennt H. als den Erzeuger von Iarbas nocn keme wissenschaftliche Publikation (Reise-
(vgl. auch Sil. Ital. V 357. VI 675. XII 459). 30 Bericht: Steindorff Durch die libysche Wüste-
Auch außerhalb von Afrika wird wohl der Ba f al zur Amonsoase, Leipzig 1905). Was die Schrei-
Chamman unter dem Namen H. angerufen : Sol- Dun £ Hammon angeht, so bietet die obenstehende
daten verehren ihn als einen Heeresgott (CIL III Ansicht Cumonts die einfachste Lösung. Die
3463 [Aquincum]. 13604 [Aere in Syrien]. 11128 Kömer werden nach der Schreibung des Namen»
[Carmmtum]; s. v. Domaszewski Religion des ^ en ^ ott YOn den Puniern ühernoramen haben,
röm. Heeres 73; vgl. auch CIL III 3729 |Va- sonst würde man kein h im Anlaut erwarten,
lentia]. XI 3077 [Falerii] und III 75 [Philae] [Pieper.]
1. O. M. llammoni Chnubidi lunoni reginae; HammOnius, lateinische Form des griechi-
vgl. CIG 4893 Xvovßu to} nat "A^mmvi. sehen Ammonios (o. Bd. I S. 1862ff.J, von Leuten
Daß dieser punisch- ägyptische H. sich zu 40 ägyptischer Herkunft bisweilen als römischer
einer großen Weltgottheit emporgehoben hat, Gentilname verwendet (vgl. W. Schulze Zur
entspricht der allgemeinen Entwicklung des se- Crcsch. latein. Eigennamen 121f.). [Münzer.]
mitischen wie des römischen Heidentums. In dem Ham<piar(e) neben amyiare und amrptiare
Gedicht von Auzia wird er als Himmelsgott To- (mit unerklärtem t) etru skischer Name des Sehers-
nans genannt. Wie alle die Ba'alim wurde er und Königs /i^tpidgaos von Argos. Die Form
auch als Sonnengott angesehen, was ja Amün-Rä mit anlautendem h (Deecke Bezz. Beitr. II 1877
in Ägypten seit der ältesten Zeit war (vgl. Ma- —1878. 186. Lattes Rendic. d. R. Ist. Lomb.
crob. Sat. I 21, 19). Man könnte sich wundern, di sc. e lett. Ser. IL Vol. XLII 1909, 803) und
daß dieser der höchsten Himmelsmacht gleich- nicht geschriebenem Schluß-e findet sich zweimal
gestellte Ba r al Chamman, der auf zahllosen puni- 50 bei Gerhard Etr. Spiegel IV Taf. 359 (orig. ine),
sehen Inschriften immer wiederkehrt, Verhältnis- vgl. IV 1 S. 112: zwischen den sitzenden Seher
mäßig so feiten als H. in Afrika erscheine, wenn kam<piar und den ruhig dasitzenden, resigniert
es nicht sehr wahrscheinlich wäre, daß sein zu Boden schauenden Aias (aivas) tritt eine be-
Name gewöhnlich mit Saturnus (s. d.) übersetzt flügelte und bekleidete Schicksalsgüttin, dem Aias
ist (Gseil Mei. Ec. franc. de Rome XVI 1896, eine aufgewickelte Rolle entgegenhaltend, auf der
465). — Bäthgen Beiträge zur semit. Religions- die Worte stehen: la\a \ aivas \ hamyiar; zum
gesch. 1888, 25ff. Ed. Meyer in Roschers Mvth. Typus dieser todverkündenden Schicksalsdämonen
Lex. s. Baal I 2871 ff. v. Baudissin in Herzog- s. Her big Abb. Akad. Münch. XXV 1911, Abh.
HauckRealencycl.il 3 330. Lagrange Etudes sur 4 S. 12ff. Die etruskischen Belege des Namens-
les religio™ semitiquesä 1905, 86ff. [Cumont.] 60 bei Deecke Bezz. Beitr. LT 1877—78, 165; über
Hammon = Amon, dem bekannten ägypti- Amphiaraos in der monumentalen etruskischen
sehen Gott, s. den ausführlichen Art. Pietsch- Überlieferung s. o. Bd. I S. 1892. [Herbig.]
manns Ammon o. Bd. I S. 1853, mit dessen Hanipsicora (Liv. ; Hampsagoras graecisiert
Ausführungen ich im wesentlichen einverstan- Sil.), Führer der Sarden in dem von Karthago
den bin. Die Frage, wann Amon znerst er- unterstützten Aufstande gegen die römische Herr-
scheint, ist heute nicht sicher zu beantworten. schaft 539 = 215; zuerst wurde sein Sohn Hostus.
Doch ist für einen Kult das Gottes im alten in seiner Abwesenheit von P. Manilas Torquatos
Reich noch kein sicherer Beleg erbracht worden. geschlagen; darauflieferte Manlios dem H. selbst
2313
Hanf
Hanf
2314
und den mit ihm verbündeten Karthagern eine der dem Flachs fast ganz gleichkommt bis auf
zweite erfolgreiche Schlacht, in der Hostus fiel; die Dicke und Höhe, worin H. diesen weit über-
H. entkam zwar, gab sich aber auf der Flucht trifft. H. wächst von selbst und gesäet (avto-
selbst den Tod (Liv. XXIII 32, 10. 40, 3—41, 7 päty xal oneiQOßivri). Die Thraker weben aus
aus römischer Quelle; poetisch ausgeschmückt ihm Stoffe, die den linnenen ganz ähnlich sind;
mit Hervorhebung des Hostus Sil. Ital. XII 342 wenn sich jemand erst darauf versteht, so kann
—419; vgl. Zonar. IX 4 Anf. ohne Nennung des er nicht unterscheiden, ob der Stoff aus Flachs
jv ' [Münz er.] oder Hanf ist. Wenn er aber noch keinen H.
Hanf (Cannabis sativa L.). Name: altgriech. gesehen hat, so wird er den Stoif für linnenen
xdvvaßiCt x&vvaßosy ngr, xawäßi, lat. cannabis, 10 halten.' Von Thrakien aus wird der H. einerseits
eannabus, it. canape, eanapa, rum. eanapa, alban. unmittelbar zu den germanisch-slaYisch-littauischen
kanep, kerp, prov. eanebe, cambre, franz. ehanvre, Stämmen, andererseits zu den Griechen gekommen
span. eanama, ptg. eanhamo, ndl. Jcennep (Prell- sein. (Schrader Reall. 331). In Griechenland
witz Et. Wörterb. d. gr. Spr.2 Körting Lat.- scheint er vornehmlich in der Landschaft Elis
rom. Wörterb. 3). Die nordeuropäischen Bezeich- angepflanzt gewesen zu sein. Pausanias (VI 26)
nungen: ahd. hanaf, mhd. kanef, nhd. Hanf, meint, ,ein jeder, der geeigneten Boden besitze,
jmgls. Iioenep, engl, hemp, nord. hampr. aschwed. könne H. anpflanzen.' Immerhin wird er nicht in
hamper m. und hampa /"., neuschwed. hampa, allen Teilen Griechenlands angebaut gewesen sein;
■dän. kamp sind nicht dem griech.-lat. aavvaßig- war doch Athen genötigt, seinen Bedarf an hänfenen
cannabis entlehnt, vielmehr gehen sie mit diesen 20 Schiffstauen aus anderen Ländern zu beziehen
auf eine gemeinsame Quelle zurück. Schrader (Xenoph. respubl. Ath. 2). Nach Sizilien und
(bei Hehn Kulturpfl. u. Haustiere v 190L; Reallex. Unteritalien verpflanzt kam der H. unter unyer-
331) vermutet, daß in dem öeremissischen leene, ändertem Namen nach Mittelitalien und weiterhin
knie ,Hanf' die einfachste Form des Namens zu nach Gallien. Daß am Rhoneflusse bereits im
•erblicken sei. Der zweite Bestandteil -bis oder 3. Jahrh. v. Chr. die H.-Kultur geblüht haben
-pis finde in deT syrjänischen und wotjakischen muß, erfahren wir aus Athenaios (V p. 206), der
Benennung des H. (Ursprung, der Nessel) pis, uns berichtet, Hiero IL habe für sein bei Athenaios
pw die entsprechende Form. Hiernach würde geschildertes ungeheueres Prachtschiff H. von den
cannabis eigentliche ,Hanfnessel' bedeuten. Zu Ufern des Rhodanus bezogen. — Von den römi-
y.ävvaßts, das selbst ein Lehnwort ist, stehen alt- 30 sehen Schriftstellern erwähnt Lucilius zuerst den
.slav. konopolja, lit. kanapes, altpreuß. knapios, H. (Lucilius ed. L. Mueller ex libris incertis
pers. kanab, arab. eannab in dem gleichen laut- 111: vidimus vinetum thomice eannabina). Cato
liehen Verhältnis wie die germanischen Bezeich- und Vergil nennen den H. nicht. Nach Varro
nungen (Kluge Et. Wörterb. d. d. Spr.7). Ein (I 23, 6) wurde H., ebenso wie Flachs, Binsen
■den slavischen Sprachen eigentümliches Wort für und Spartgras auf Feldern gezogen, um das
H.: russ. penka, poln. _pcewfca, czech. penck, penka Material für Stricke und Taue zu liefern. Der
dürfte nach Schrader (bei Hehn 7 589) den beste H. war der bei Alabanda in Karien wach-
Skythen oder Sarmaten entnommen sein, neupers. sende (Alabandica), der vornehmlich zu Netzen
und afghan. beng , hang, vedisch hhanga Hanf, verwandt wurde. Man unterschied bei ihm drei
sendisch banha Trunkenheit, Banga Name des 40 Qualitäten der Faser: die schlechteste befand sich
Daeva der Trunkenheit. nächst der Rinde und dem Marke, am besten war
Herkunft und Geschichte. H. findet sich die mittlere, welche Mittelhanf (rnesa) hieß, die
wildwachsend südlich vom Kaspischen Meer, in zweite Sorte wurde mylaseischer H, (Mylasea) ge-
Mittel- und Südrußland, sowie in Sibirien vom nannt. Der roseische H. (Rosea) im Sabinerlande
Ural bis Dahurien (Eng ler bei Hehn 7 190). De soll Baumes höhe erreicht haben (Plin. XIX 174).
Oandolle (Ursprung 184) meint, die Skythen Die Pflanze und ihr Anbau. Der ange-
hätten ihn um 1500 v. Chr. aus Asien nach Süd- baute H. (xdvvaßts npieqog, auch xavvdßtov und
rußland gebracht. Im westlichen und mittleren ayoivöorgotpov \py>pwiov und oz@E<pa>, also Stricke
Europa ist H. während der jüngeren Steinzeit, der drehend] genannt) hat übelriechende, der Esche
Bronze- und wohl auch der Eisenzeit unbekannt 50 ähnliche Blätter, lange einfache Stengel und eine
gewesen. Weder in den Schweizer Pfahlbauten, runde Frucht (Diosc. ILT 155). H. verlangt fetten,
noch in der Poebene oder sonst in vorgeschicht- gedüngten, was ser ungs fähigen oder natürlich
liehen Schichten ist H. gefunden worden (Bu- feuchten, lockeren, tiefbearbeiteten Boden (Col.
seh an Vorgeschichtliche Botanik 115). Die II 10, 21. Geop. II 31), er kann daher nicht
Ägypter kannten den H. nicht, in der Umhüllung überall angebaut werden (Varr. I 23). Die Aus-
der Mumien hat sich keine H.-Faser gefunden. saat soll um Frühlingsanfang sein (Plin. XIX 173),
Auch den Phöniziern war er fremd, und in den bei feuchter Witterung kann sie bis zur Früh-
hebräischen Religionsbüchern wird seiner noch lingsgleiche (Col. II 10. Paü. LTI 5) hinausge-
nicht Erwähnung getan. Die Mischna spricht schoben werden. Auf den Quadratfuß rechnete
von den textilen Eigenschaften des H. als eines 60 man 6 Körner (Col. II 10. XI 2). Je dichter
wenig bekannten Gegenstandes. Wohl aber wird gesät wird, um so feiner wird der H. (Plin. XIX
H. schon in den ältesten chinesischen Schriften, 173). Nach der Reife zur Zeit des Herbstäqui-
besonders in dem 500 Jahre v. Chr. geschriebenen noktiums wird der Same abgestreift und an der
iHu-hing 1 mit seinen beiden zweihäusigen Formen Sonne, im Winde oder im Rauche getrocknet. Die
genannt(Bretschneider bei de Candolle 183). Pflanze selbst wird nach der Weinlese ausgerissen
Von den griechischen Schriftstellern gedenkt zu- und in den Abendstunden durch Abschälen ge-
«rst Herodot (TV 74 und 75) des H. als einer reinigt (lueubrationibus deooriUa purgatur. Plin.
neuen Pflanze. ,Im Lande der Skythen wächst H. f XTX 173).
2315
Hanf
Hannas
2316
Verwendung des H. Der H. wurde zur
Verfertigung von Stricken benutzt (Biosc. III 155.
Plin. XIX 173). Erwiesen sich die aus spartum
hergestellten Stricke in süßem- und Seewasser als
besonders dauerhaft, so gab man doch im Trocknen
den aus H. verfertigten den Vorzug (Plin. XIX 29).
In Karien wurden treffliche Jägernetze aus H.
angefertigt (Gratii Falisci et Olympii Nemesiani
carm. ven. 46f.). H. gehört zu den ältesten
Arzneimitteln. Im Berliner Papyrus und dem
Papyros Ebers findet er sich unter den ägypti-
schen Heilmitteln. Das Pharmakon Nepenthes
des Homer wollen einige auf das aus dem H.
bereitete Berauschungsmittel, Haschisch, beziehen
(Berendes zu Diosc. III 155). Nach Herodot
(IV 74. 75) haben die Skythen die gerosteten
H.-Körner zur Herstellung von Schwitzbädern
verwandt. ,Nach der Bestattung eines Verstor-
benen reinigen sich die Skythen also: zunächst
reiben sie den Kopf ein und waschen ihn ab.
Alsdann stellen sie drei Stangen so auf, daß sie
gegeneinander gelehnt sind. übeT die Stangen
ziehen sie wollene Decken, spannen diese recht
fest und werfen glühendheiße Steine in eine in
diesem Zelte aufgestellte Wanne. Hierauf schlüpfen
sie in das Zelt und streuen H.* Samen auf die
glühenden Steine, von denen nun ein solcher
Dampf ausgeht, daß kein griechisches Schwitzbad
besser sein kann.' H. zu Saft verarbeitet galt in
das Ohr eingeträufelt für ein gutes Mittel gegen
Ohrenschmerzen.
In der Symbolik der Träume legt Artemidoros
(III 59) dem H. eine ähnliche Bedeutung bei wie
Spartgras und Lein. A ev x ea xoXg fikv tpoßovfievoig
iaxt <poßegd * cxeqqozeqov yäg xal q?0QxtxcoT£Qov
E7iayEt tov qpoßov ' xal xotg dovkoig ßaadvovg
siQoayoQEvei xal eXevdsQtav xölg xivrjct (für i?.ev-
■&EQiav rotg ahrjoi, für das sich verschiedene Les-
arten finden, schlägt Hercher in der Anm. vor
xal öeouä xolg kXsv&SQOtg) xal yag xÖJixszai xal
xazavzXexzstat ' xotg Ös ev xQvtpfj BtdyovGi fyXiipzig
xal OT£vo%6}Qla$ ot]fiatvEi xal xovg ouioötf/tovs
enavdyei, xal fidliozd ye oiav dianövzioi woi ' xal
yaQ avrij ÖiaJidvTiög xofd&zat (Art. 191, 16ff.).
xdvvaßtg de vüeqsjiixeivei zä arjfi.aivdf.isra vjio
zfjs kevxiag xal rov Xtvov (Lein ist günstig inbezug
auf Eheschließung, Freundschaft und Hoffnungen)
xal ßaödvovg vnzQßaXkovoag xivdg otjfiaivei xal
öeOfia svrova (Art. 192, Iff.).
Die zweihäusigen Formen des H., die männ-
liche und weibliche, sind frühzeitig erkannt worden.
GL LH: canape. i. agre genera sunt duo mascu-
lus et femina quae est efficax 587, 73. 608, 68.
Infolge von Verwechselung wurde freilich die
kleinere, schwächere und weniger zu verwertende
männliche Pflanze, die in der Vorstellung des
Volkes als die weibliche erschien, die weibliche
femella genannt, die größere weibliche aber
männlich maseulus. Die beiden Namen haben
sich dann im Deutschen als Fimmel und Mäschel,
Maschel, Hasch in dem früher gebrauchten Sinne
erhalten. Auffallend ist, daß in alten Pflanzen-
glossaren der Kultur-H. öfter die Bezeichnung
agre und agrius = wild führt CGL UI agrio
canapin 631, 21; agriics. canape 543, 4; agre.
i. canape 552, 44. Colm. Glos«, a. . ton (d. i.
agrion) kanepf 17 (v. Fischer-Benzon Alt-
deutsche Gartenflora 87f.).
Literatur: Hehn Kulturpflanzen und Haus-
tiere 7 188ff., dazu Schraders Bemerkungen 7 589^
De Candolle Ursprung der Kulturpflanzen 183f.
v. Fischer-Benzon Altdeutsche GartenfloTa 87f.
B u s c h a n Vorgeschichtliche B otanik 1 1 5ff. S ehr a-
der Keallex. d. indogerm. Altertumsk. 331. Hoops-
Waldbäume und Kulturpflanzen im germ. Alter-
tum 472f. [Orth.]
Hanhavaldns 5 ist in der Trierer Inschrift
10 CIL ITI 3682 als königlicher Prinz der Burgun-
der genannt. [Haug.]
Hannas. *) 1) Hannas L, Sohn des Sethi (im
Neuen Test, lautet sein Name "Avvag, bei Josephos-
"Avavog ; der Name ist abgeleitet von *£rt) wird
im J. 6 n. Chr. von dem syrischen Statthalter
P. Sulpicius Quirinius als Hoherpriester einge-
setzt an Stelle des beim Volk wegen zu großer
Willfährigkeit gegen Rom verhaßt gewordenen
Joasar (Joseph, ant. lud. XVLH 26); daß er zu
20 demselben Hause wie dieser gehört habe (dem des
alexandrinischen Juden Boethos), zu welcher An-
nahme Grätz Geschichte der Juden LTI 5 737f.
neigt, ist nicht zu beweisen. Er hat verhältnis-
mäßig lange, bis 15 n. CIit., das Amt bekleidet,
dürfte also eine geschickte Mittelstellung zwi-
schen den Parteien eingenommen haben ; er selbst
hat der saddueäischen Partei angehört und konnte
als Sadducäer die streng jüdische Richtung natür-
lich nicht befriedigen (Acta Apost. IV 1. 6. V 17.
30 Tosephta Menachot 13, 21). Warum er von dem
neuen Procurator Valerius Gratus abgesetzt wor-
den ist (Joseph, ant. lud. XVIII 33f.), wissen
wir nicht. Auch nach seinem Rücktritt hat er
noch eine sehr einflußreiche Stellung eingenom-
men, ist sogar offenbar der einflußreichste Mann
des jüdischen Synedrions, dessen wahrer Führer
gewesen ; denn nur dann erklärt es sich befrie-
digend, daß H. sowohl bei Luk. III 2 als auch
Act. Apost. IV 6, zu einer Zeit, als sein Schwie-
40 gersohn Joseph Kaiaphas Hoherpriester war, nicht
nur als a.Qxi£Qzvg bezeichnet — diesen Titel schei-
nen die abgesetzten Hohenpriester stets beibe-
halten zu haben — sondern sogar vor ihm an
erster Stelle genannt und dadurch Act. Apost.
IV 6, wo es sich um eine Versammlung des Sy-
nedrions gegen die Apostel handelt, gleichsam
als dessen Präsident hingestellt wird (Schürer
Geschichte d. jüd. Volk. LT> 256. 274f.). Auch
bei Johan. XVIII 13ff. tritt uns diese führende
50 Stellung entgegen ; denn vor ihm, nicht vor Kaia-
phas hat das erste Verhör Jesu stattgefunden.
Für die ganz besondere Bedeutung des H. spricht
schließlich auch, daß außer dem Schwiegersohn
alle seine fünf Söhne das Hohepriesteramt be-
kleidet haben (Joseph, ant. lud. XX 197f.). H.
muß sehr alt geworden sein ; nach Joseph, a. a. O.
scheint es sogar, als wenn er noch die Amtsein-
setzung seines gleichnamigen Sohnes im J. 62
n. Chr. erlebt hätte. 70 n. Chr. war er freilich
60 schon tot ; denn der Circumvallationswall des Titus
hat auch das Grabmal des H. berührt (Joseph .
bell. lud. V 506). Haußleiter in Herzogs Real-
encvkl. f. prot. Theol. u. Kirche 13 555. Sief-
fert ebd. VH3 408.
*) Ich behandle ihn hier unter der von Luther
für ihn eingeführten Namensform, da er bei dem
Buchstaben A keine Erwähnung gefunden hat.
3317
Hannas
mnniDai
Zöis:
2) 'Hannas IL (bei Josephos "Avavos, s-, Han-
nas I.), Sohn des Vorigen, wird im J. 62 n. Chr. von
Agrippa LT. zum Hohenpriester ernannt als letzter
der fünf Söhne H.s I. (Joseph, ant. Ind. XX 197f.);
er ist wohl auch der jüngste gewesen (seine vier
Brüder treffen wir als dg^isgEtg von 16 bis etwa
42 n. Chr., Joseph, ant. lud. XVIII 34. XLX
316), aber damals jedenfalls auch schon ein
Mann in höheren Jahren (Joseph, bell. lud. IV
mäern in die Hände gefallen und getötet worden.
Der Tod des H. ist etwa im Februar — März 68
n. Chr. erfolgt. Man war so erbittert gegen ihn,
daß man dem Toten das Begräbnis verweigert
hat (Joseph, bell. lud. IV 151—325). An der
Anfachung des Bürgerkrieges ist nicht ihm die
Schuld beizumessen, sondern den Zeloten; auch
ist es unbeweisbar, daß er es insgeheim mit Rom
gehalten habe. Mit ihm scheint das Element
151. 238), trotzdem aber kühn und wagemutig 10 beseitigt worden zu sein, das allein noch im-
(Joseph. ant. lud. XX 199), ein glänzender, hin- stände gewesen war, die Schreckensherrschaft der
reißender Redner (Joseph, bell. lud. IV 162ff. ZMn+p.n ^hziiw^r™. Grätz Geschichte d. Juden
321). Er war ein eifriger Anhänger der saddu-
eäischen Partei (die Kombinationen von Grätz
Geschichte d. Juden III 5 749ff. aus talmudischen
Quellen sind freilich sehr gewagt) und ist gegen
seine Gegner scharf vorgegangen, hat sie als Ge-
setzesübertreter durch das Synedrion verurteilen
und sie sogar in Überschreitung seiner Kompe-
Zeloten abzuwehren. Grätz Geschichte d. Juden
HF 443f. 475. 489. 512ff. urteilt infolge seines
Eintretens für die Zeloten über H, nicht richtig.
S. noch Schür er Gesch. d. jüd. Volkes I 3 581.
607. 618f. II 4 256. 273. [Walter Otto.]
Hannibal ? Name einer ganzen Reihe kartha-
gischer Heerführer und Staatsmänner.
1) Sohn Hasdrubals L, Enkel Magos, Inst
tenz steinigen lassen (die Angabe des Joseph. 20 XIX 22 ; sonst nicht weiter bekannt.
ant. lud. XX 200, daß damals auch Jakobus,
der Bruder Jesu, hingerichtet worden sei, ist nicht
gesichert, sie beruht wohl sogar auf Textinter-
polation, Schürer Gesch. des jüd. Volkes 13
581ff.), Infolge dieser Kompetenzüb er schreitung
haben die Pharisäer die baldige Absetzung des
H. leicht durchsetzen können (Joseph, ant. lud.
XX 200—203). Die Amtsenthebung mag den H.
römer feindlich er gemacht, ihn den Pharisäern,
2) Sohn Geskons, Enkel von Hamilkar L,
König d. h. Süßet der Karthager im J. 410, als
das Hilfegesuch der Einwohner von Egesta gegen
die griechische Stadt Selinus anlangte. Von den
karthagischen Behörden zum Feldherrn bestellt,
unterbreitete er zunächst den Streitfall zwischen
Segesta und Selinus den Syrakusanern zur Ent-
scheidung, sandte aber dann Egesta ein Hilfskorps
von 50 00 Libyern und 800 Rampanern. Gleich-
überhaupt der Menge genähert haben, jedenfalls 30 zeitig begann er gewaltige Rüstungen , die er
hat er auch in den folgenden Jahren eine poli- "- 1 * ""- u ™ w '"-*~- " 1AQ *«»<■«-*•*+'> tü*a yttt
tische Rolle gespielt, wobei er sich freilich im
Bewußtsein der Stärke Roms den Gemäßigteren
anschloß (Joseph, bell. lud. IV 319-321 ; Josephos'
Nachruf ist allerdings sicher panegyrisch ge-
färbt) ; immerhin finden wir H. zu Beginn des
jüdischen Aufstandes in leitender Stellung. Er
ist gegen Ende des J. 66 n. Chr. in einer Volks-
versammlung zusammen mit Joseph ben Gorion
auch noch im Winter 410/9 fortsetzte, Diod. XUI
43, 5 — 44, 6. Im Frühjahr 409, wahrscheinlich
Anfang Mai, setzte er dann mit einem bedeutenden
Heer — die Zahlenangaben bei Timaios (100000
Mann) und bei Ephoros (200 000 nach Diod. XIII
54, 5) sind natürlich gewaltig übertrieben — nach
Sizilien über und landete am Kap Lilybaion.
Nach Erstürmung des Kastells Mazara schloß er
Selinus vollständig ein und eroberte es nach neun-
mit der Verteidigung von Jerusalem betraut und 40 tägiger, mit unerhörter Heftigkeit geführter Be-
n " "" stürmung. Die Bevölkerung ward vernichtet;
nur wenige entkamen. Diesen gestattete er die
Rückkehr und übergab ihnen ihre geplünderte
und der Mauern beraubte Vaterstadt, die von nun
an den Karthagern Tribut zahlte (Diod. XIII 54, 1
—59, 3). Fraglich ist, ob die Zerstörung der Tem-
pel auf H. zurückgeht; der Befund der noch vor-
handenen Ruinen deutet mehr auf eine Zerstörung
durch Erdbeben, vgl. Benndorf Die Metopen
zugleich als eine Art oberster Gouverneur der
Stadt bestellt worden {xüv xaxa zijv nölw
äjidvzoiv avTottgdxoiQ, Joseph, bell. lud. II 562f.
648). In dieser Eigenschaft finden wir ihn dann
gleichsam an der Spitze der revolutionären Zen-
tralregierung in Jerusalem und insofern z. B. auch
in Galiläa gegen den dortigen Statthalter, den
Historiker Josephos, eingreifend, um diesen von
seinem Posten zu entfernen; er hat freilich ihm
gegenüber bald eingelenkt (Joseph. vital89ff.216rT. 50 von Selinus 9 ff. Freeman Hist. of Sicily IV 474.
309ff.). H. hat als Gemäßigter versucht, die im v "^ A *~ ^««-^«« ™« K*Ur»„ n ^»„Ato «^
Laufe des Aufstandes immer zügelloser werdende
radikale Partei der Zeloten im Zaum zu halten ;
er ist ihnen freilich schließlich erlegen (Joseph,
bell. lud. IV 651). Als nämlich im Winter 67/8
n. Chr. die Zeloten sich immer entschiedener gegen
die leitenden Kreise wandten, um selbst die Macht
in die Hände zu bekommen, hat es vor allem die
Beredsamkeit des H. verstanden, einen Teil des
Nach der Einnahme von Selinus wandte sich
H. gegen die Stadt Himera an der Nordküste,
die er, verstärkt durch bedeutende Scharen von
eingeborenen Sikulern. ebenfalls einschloß. Gleich
im Anfang waren die Karthager durch eine Mauer-
bresche eingedrungen, wurden aber von den Bür-
gern wieder herausgetrieben, die nunmehr ihrer-
seits Zuzug aus den anderen Griechenstädten —
4000 Mann unter Diokles — erhielten. Darauf
Volkes zum offenen Kampfe gegen die Zeloten 60 hin unternahmen sie einen Ausfall, der zuerst
" T ' ■ 1 J " t- j- -. -rr r. ge k r glücklich verlief, dann aber durch H.s per-
sönliches Eingreifen mit schweren Verlusten für
die Griechen zurückgewiesen ward. Nunmehr be-
schlossen die Bürger auf Diokles 1 Bat, in der
Nacht abzuziehen; einem Teil gelang es, zu Lande
unbemerkt zu entkommen, die andern bestiegen
die gerade von Syrakus anlangende Flotte. Un-
mittelbar darauf ward die von Verteidigern ent-
in Jerusalem zu bestimmen. In diesem Kampfe
haben H, und die Ordnungspartei — H. erscheint
auch hier durchaus als der eigentliche Führer —
zwar zuerst Erfolge errungen, als aber die Ze-
loten die Idurnäer für sich gewannen und diesen
endlich den von der Ordnungspartei gewehrten
Eintritt in die Stadt verschafften , da sind die
Gemäßigteren unterlegen. IL ist dabei den Idu-
üöiy
jtianmoai
nanm&ai
aaau
blößte Stadt erstürmt und dem Erdboden gleich
gemacht. 3000 Gefangene ließ H. an der Stelle
abschlachten, wo sein Ahn geendet hatte ; die ge-
raubten Kunstwerke wurden nach Karthago ge-
schleppt (Cic. in Verr. II 2, 86). Dann löste H.
das Heer auf und ging unter Zurücklassung einer
starken Besatzung nach Karthago zurück, frühe-
stens Ende August 409 (Diod. XIII 59, 4—62, 6).
Diese Unternehmung H.s war das erste Zeichen
i&xovza xeii hiaxoaiotg ereotv). Nicht ganz SO
glatt ist das Jahr des ersten Kriegszuges zu ge-
winnen. Diodor erzählt die Vorgänge unter Dio-
kles 409/8 ; also nach seiner Rechnung begann
der Feldzug im Frühling 409. Gegen diesen An-
satz hat Be loch Einspruch erhoben: da im J. 409
die Flotte der sizilischen Griechen noch im Osten
tätig sei, so müsse H.s erster Kriegszug ins J. 408
verlegt werden, denn es sei doch undenkbar, daß
eines Umschwungs in der auswärtigen Politik 10 Syrakus und Selinus im Angesicht der furchtbaren,
Karthagos, die seit der Niederlage bei Himera 480
sich jedes Eingreifens auf Sizilien enthalten hatte.
Die Ursache dazu lag offenbar in dem Zusammen-
bruch der Macht Athens vor den Mauern von
Syrakus, der sofort die griechenfeindlichen Ge-
walten im Osten wie im Westen auf den Plan
brachte. Der Ausgang des Feldzugs von 409, der
wohl zunächst eine Art Yersuch im großen dar-
stellte, hatte der Kriegspartei recht gegeben, und
sie bedrohenden Gefahr nicht schon spätestens
im Frühjahr 409 ihre Schiffe heimbeordert hätten.
Dagegen ist zu sagen, daß nach Xen. hell. I 2,
10 kurz nach der Schlacht bei Ephesos, die ent-
weder Juni 410 oder 409 anzusetzen ist, der
Untergang von Selinus bereits bekannt war. An-
dererseits hatte H. seine Vorkehrungen in solcher
Stille getroffen, daß man Anfang 409 weder in
Syrakus noch in Selinus etwas von den Schreck-
nun rüstete man sich in Karthago, den Feldzug 20 nissen ahnte, die das Jahr bringen sollte, und
in größerem Maßstäbe zu wiederholen. Auch dies-
mal ward H. zum Feldherrn erwählt, doch ließ
er sich seines hohen Alters wegen seinen Neffen
Himilkon als Mitfcldherrn beigeben. Nach sorg-
fältigen Vorbereitungen erschien er im Frühjahr
406 mit einem noch größeren Heer als das erste
Mal in Sizilien und wandte sich sofort gegen
Akragas, dag er zum Anschluß oder wenigstens
zur Neutralität aufforderte. Nach der Zurück-
deswegen ruhig die Schiffe bei der peloponnesi-
schen Flotte beließ. Erst der Fall von Selinus
und der Vormarsch auf Himera belehrte die Po-
litiker von Syrakus eines besseren, und nun riefen
sie die Flotte zurück, die dann noch rechtzeitig
vor dem belagerten Himera eintraf. Vgl. über
diese Verhältnisse Lenschau Philologus VIII
Suppl.-Bd. 325ff. (1900). Schwierigkeiten dagegen
machen die Worte Xenophons hell. I 1, 37 xal
Weisung seiner Anträge rückte er mit dem ganzen 30 6 Eviavxog k'Xqysv, hv $ Küqx^övioi 'Avvißa yyov-
TTpfirp an nnrt s/>h1nR Mp R+.aM. Am sterh n/hm- phov oxQaxsvaavxEQ Iw Zixzliav Uxa (xvQtdai
Heere an und schloß die Stadt ein, starb aber
gleich im Anfang der Belagerung an der Pest
etwa Juni 406 (Diod. XIII 80, 1-7. 85, 1-86, 3).
Quellen. Hauptquelle ist Diodor im XIII.
Buch, der wie die Heereszahlen erweisen, durch-
weg auf Timaios beruht; einzelnes bei Frontin.
strat. III 10, 3—4 (beidemal handelt es sich
nach Meltzer Gesch. d. Karth I 510 um die-
selbe Sache). — Neuere Darstellungen bei
oxgaxtäg algovatv kv rgtol f.tijai ovo jröJietg *EXh\~
vtdag Ss7uvovvxa xal l^isgav. Am besten fährt
man, wenn man mit Meyer a.a.O. diese Worte
als eine Interpolation desselben Mannes ansieht,
der unmittelbar darauf in I 2, 1 hinter r<p Sk
aU<p hei sicher falsch das Olympiadenjahr 93,
1 und den Namen des Archons Euktemon 408/7
interpolierte: denn dann ist der ivtavxog in I 1,
Holm II 80, 421—424. Freeman Hist of 40 37 eben das Jahr, das Euktemon 408/7 vorauf-
Sicily in 446-524 (mit guter Karte). Meltzer
Gesch. d. Karth. 1254-274. 509-511. Beloch
Griech. Gesch. II 83ff. Meyer Gesch. d. Altert.
V 62—73. Für die Topographie immer noch
maßgebend Schubring Topographie von Akra-
gas 19. 66, doch vgl. Holm a. a O. 426 Taf. IX.
Freeman IV 728. Schneck Akragas-Girgenti,
Breslau 1911, 26.
Chronologie. Auszugehen ist von der Ein-
geht, nämlich Diokles 409/8, und somit stimmten
der Interpolator, der ja auf Timaios zurückgeht,
und Diodoros hier überein. Allein möglich bleibt
es doch, daß I 1, 37 echt ist, und dann ist mit
dem hiavxog eben das den Ereignissen von I 2
vorausgehende Kriegsjahr gemeint, also je nach-
dem man die Ausfahrt Thrasylls mit H a a c k e
in das Frühjahr 410, oder mit Dodwell (nach
Dionys. zu Lys. or. 32) unter Glaukippos 409
nähme von Akragas, die nach Diodor XIV 91, 1 50 setzt, entweder das Kriegsjahr 411/0 oder 410/9.
kurz vor der Wintersonnenwende erfolgte. Die ^ — ---=-3- -■>-- • T ...i... v . i
Belagerung hatte nach Diod. a. a. O. im ganzen
acht, nach dem Interpolator bei Xen. I 5, 21
nur sieben Monate gewährt, woraus Meltzer I
510 mit Recht schließt, daß die Einnahme im
achten Monat stattfand, die Belagerung demnach
im Mai begonnen haben muß. Fraglich ist das
Jahr, insofern Diodor die Vorgänge unter Kairias
406/5 erzählt, während Xen. a. a. O. das Jahr
Dann würde man eben einen Irrtum Xenophons
anzunehmen haben, der diese in dem entfernten
Sizilien spielenden Vorgänge nicht genau mehr
zu datieren vermochte. Zweifellos richtig ist,
wie auch Meltzer hervorhebt, das h xqioi ftrjoi:
fiel Selinus Ende Mai, so kann Himera Anfang
bis Mitte August zerstört sein. Umso eher er-
klärt sich das Erscheinen der noch im Juni bei
Ephesos tätigen Flotte der Syrakusier vor Himera,
des Antigenes 407.6 angibt. Beide Angaben sucht 60 und ebenso begreift man, warum H. nach der
Meyer V 65 in der W T eise in Einklang zu bringen,
daß er annimmt, Xenophon habe den Anfang,
Diodor das Ende der Belagerung im Auge. Diese
würde danach in das julianische J. 406 fallen,
und dazu stimmt dann genau Diod. XIII 905,
wonach die Einnahme von Akragas fast 260 Jahre
vor die Eroberung Karthagos fallt (Ende 406 bis
Mitte 146 = ZtniiQov zavtrjg t^j altoosüig oxe&öv
Einnahme von Himera den Feldzug abbrach:
offenbar langte die Zeit Ende August zu einem
größeren Unternehmen nicht mehr. Doch kann
der frühe Abbruch auch mit dem oben betonten
Charakter des Krieges als eines Versuchs im
großen erklärt werden; insofern war der Zweck
erreicht, als der ganze Verlauf des Krieges die
innere Schwäche Siziliens deutlich offenbart hatte.
2321
itannibai
üaurubai
Z3ZZ
8)' Nach Zonar. VIII 10 Sohn des Geskon,
Feldherr der Karthager im Beginn des ersten
Punischen Krieges. Während er als Flottenchef
mit dem Geschwader bei Lipara lag, wurden die
Mamertiner von Hieron am Longanos besiegt (269
nach der gewöhnlichen Ansicht, die Meltzer
Geschichte der Karthager II 550ff. verteidigt;
richtiger 265, vgl. Beloch Gr. Gesch. III 1,
669, 2 § 104). In der darauf folgenden Verwir-
rung gelang es H. , eine karthagische Besatzung
in die Burg von Messana zu legen, die indessen
durch das Ungeschick des Kommandanten Hanno
bald wieder zum Abzug gebracht ward (Diod.
XXII 13, 7. Zonar. V1TI 8; Polyb. I 10, er-
wähnt nur die Tatsache, nennt aber keinen Namen).
In eines der nächsten Jahre mag der von Fron-
tin, IV 1, 19 erwähnte Vorfall gehören, wonach
H. ein römisches Korps zur Übergabe zwang und
unters Joch schickte; wenigstens deutet darauf
die Erwähnung des Consuls Otacilius (entweder
Marcus 263/2 oder Titus 261/0, wenn die Sache
nicht in den zweiten Punischen Krieg gehört). Im
J. 261 kommandierte H. in Akragas, wo er von
den Körnern vom Juni bis in den Dezember hin-
ein belagert ward. Unmittelbar nach der Nieder-
lage des Entsatz heeres unter Hanno am Toros-
hügel glückte es ihm, die römischen Linien zu
durchbrechen und die Besatzung ohne größere
Verluste durchzubringen (Polyb. I 17, 5 — 19, 3,
erste namentliche Erwähnung H.s 18, 7). Wohl
zum Lohn dafür erhielt er im folgenden Jahre
das Flottenkommando in Sizilien und nahm sein
Standquartier in Panormos (Polyb. I 21, 6), von
wo aus er die Küsten Italiens verheerte (Zonar.
VIII 10, 386 B. Gros. IV 7, 7). Hier in Pan-
ormos erfuhr er auch von der Ankunft des Con-
suls Cn. Cornelius vor Lipara und entsandte Bo-
odes mit 20 Schiffen, um ihn aufzuheben, was
diesem auch gelang, Pol^yb. I 21, 6—8. Wie sich
aus dem ganzen Zusammenhang, besonders aus
§ 9 und dem folgenden ergibt, war lediglich die
Unvorsichtigkeit des Consuls an dem Unglück
schuld; nicht eine Treulosigkeit des punischen
Führers, wie in der annalistischen Überlieferung
erzählt wird (Liv. per. 17. Val. Max. VI 6,
2. Flor. I 18. Eutrop. II 20. Oros, IV 7. Po-
lyaen. VI 6, 5. Zonar. VIII 10, 386 D). Indessen
muß doch auch Polybios diese Erzählung gekannt
haben, da er ihr VIII 35, 9 Glauben beimißt
Kurz darauf war H. mit der Verwüstung der
Küste um Mylai beschäftigt, als die römische
Flotte unter C. Duilius anfuhr. Sofort warf sich
H. mit 130 Schiffen auf die Römer, erlitt aber
infolge der Verwirrung, die die römische Erfin-
dung der Enterbrücken anstiftete, eine empfind-
liche Schlappe, bei der sein Admiralschiff, die
Heptere des Pyrrhos. genommen ward und er
selber nur mit knapper Not der Gefangenschaft
entging (Polvb. I 23, 2-10; vgl. Zonar. VIII
10. Oros. IV 7, 7—10. Eutr. II, 20 dazu die
Inschrift der Colamna rostrata des Duilius, CIL
I 195, über deren Echtheit Wolf Hin S.-Ber.
Akad. Münch. 1890, 293—321 gehandelt hat,
während Niese Rom. Gesch. 4 101, 2 sie für ein
Produkt der ersten Kaiserzeit erklärt, das nach
Livius gemacht sei. Vgl. auch das Elogium des
Duilius, CLL I 1 2 1 1). Dagegen ist die Erzählung
des Polyb. I 21, 10-11 von einer früheren Nieder-
lage H.s gegen die römische Flotte, die er bei
einer Rekognoszierung an der Küste Italiens er-
litten habe, ganz unwahrscheinlich. Einzelne Aus-
drücke und auch die Verlustangaben stimmen
genau mit dem Bericht über Mylai überein, so
daß Beloch Gr. Gesch. III 1, 677, 1 hier wohl
mit Recht eine Dublette zur Schlacht von Mylai
erkennt, die sich vielleicht mit der Version des
Philinos deckte. Die Sache wird dadurch noch
10 wahrscheinlicher, daß die Erzählung bei Polybios
im engsten Zusammenhang mit dem Überfall von
Lipara steht, hei dem von einer Treulosigkeit des
punischen Führers nicht die Rede ist, was ja zu
Philinos karthagerfreundlicher Tendenz sehr gut
passen würde. Dann hätte also an das Bruch-
stück aus Philinos (I 21, 4—11 Überfall von Li-
para und Treffen von Mylai) Polybios unmittel-
bar den Bericht des Fabius über die Seeschlacht
c. 22 und 23) angefügt, ohne zu merken, daß
20 er zweimal dasselbe erzählte.
Nach der Niederlage von Mylai begab sich
H. nach Karthago (Polyb. I 24, 5), wo er zwar
seines Amtes entsetzt ward (Zonar. VIII 11,
387 C), sonst aber keine Strafe erlitt, was wohl
weniger auf die von ihm angewandte List (Diod.
XXIII 10, 1. Val. Mas. VII 3 ext, 7. Zonar.
VIII 11, 387 C. Aurel. Vict. de vir. ill. 38), als
auf seine gute Stellung zur herrschenden Partei
zurückgeht. Jedenfalls ward er sofort mit einer
30 neuen Unternehmung, und zwar diesmal nach
Sardinien betraut. Hier jedoch ward er von den
Römern in einem Hafen eingeschlossen und ver-
lor den größten Teil seiner Schiffe, worauf er
von seinen erbitterten Untergebenen gekreuzigt
(Polyb. I 24, 6. Liv. per. 17. Zonar. VIII 11),
nach einer andern Version (Oros. IV 8, 4) ge-
steinigt wurde (259/8).
Quelle : Polyb. I 18—24, daneben die annali-
stische Darstellung bei Diod. XXIII 7—9. Zonar.
40 VIII 10, 385 B— 12, 389 C. Oros. IV 7, 5—8, 4.
Neuere Behandlungen: Neumann-Faltin Das
Zeitalter der pun. Kriege 76ff. 102ff. Mommsen
R. G. 16 517ff. Meltzer Gesch. d. Karth. II 250
—286. 506ff. Niese Gesch. d. griech. u. maked,
Staaten II 179. Beloch G. Gesch. III 1, 669ff.
und bes. 2, 233f. über die Chronologie der Be-
lagerung, die er abweichend von Meltzer richtig
in 261, nicht 262 verlegt.
4) Sohn des Vorigen, Unterbefehlshaber des
50 in Lilybaion eingeschlossenen Himilkon, trug zur
Vereitelung eines Verrats gallischer Söldier bei,
Polyb. I 43, 4.
5) Genannt der Rhodier, ein vornehmer Kar-
thager; er erbot sich die Blokade von Lilybaion
im ersten Punischen Kriege zu brechen und Nach-
richten von den Belagerten zu bringen, was ihm
vermöge der Schnelligkeit seines Schiffes im An-
gesicht des römischen Heeres gelang (250/49),
Polyb. I 46, 4ff. Er wiederholte den Versuch mehr-
60 mabs mit gutem Gelingen und hob dadurch den
Mut der Belagerten, ward aber schließlich doch
von den Römern gefaßt und geriet samt seinem
Schiffe in Feindeshand, Polyb. I 47, 7-10.
6) Sohn des Hamilkar, befreundet mit AdherbaL
dem Kommandanten von Drepana, fährte den in
Lilybaion belagerten Karthagern 10000 Söldner
zu, indem er von den Aegaten aus mit 50 Schiffen
unmittelbar vor den Augen der Römer die Hafen-
t laiiuiuai -
nanmoai
,332^
einfahrt gewann (250/49), Polyb. I 44, lff. Durch
diese Verstärkung ward der erste große Ausfall
der Karthager aus Lilybaion ermöglicht, den H.
wohl noch mitmachte; gleich darauf verließ er
in der Nacht mit seinen Schiffen den Hafen von
Lilybaion und ging nach Drepana zum Adherbal,
(I 46, 1). Dieser H. ist sonst nicht bekannt; nur
Oros. IV 10, 2 nennt ihn einen Sohn des besiegten
Hamilkar. Wenn der Zusatz mcti nicht lediglich
auf Rechnung des Orosius zu setzen ist, der hier
einen Zusammenbang herstellte, wo in seinen
Quellen keiner zu finden war, so könnte mit dem
vidi nur der Besiegte vom Eknomon (256) ge-
meint sein, d. h. Hamilkar Nr. 6. Dann aber
kann dieser kaum mit Hamilkar Nr. 7 Barkas
identifiziert werden.
7) Vielleicht derselbe wie Nr. 6, ward von
den Karthagern anstatt Hannos, der mit Hamil-
kar Barkas in Streit geraden war, diesem im
Söldnerkrieg (241-238) als Mitfeldherr beige-
geben, Polyb. I 82, 12. Er siegte mit beim
Prion, beteiligte sich an der Unterwerfung des
Landes und übernahm bei der Belagerung von
Tunes die östliche, Karthago zugekehrte Seite.
Infolge seiner Nachlässigkeit ward er jedoch von
dem Söldnerführer Mathos geschlagen, gefangen
und an dasselbe Kreuz geschlagen, an dem kurz
vorher der am Prion gefangene Söldnerführer
Spendios geendet hatte, Polyb. I 86, 5ff.
8) Hannibal, Sohn des Hamilkar Barkas, der
größte Feldherr des Altertums.
1. Jugend- und erste Feldherrnjahre.
Das Geburtsjahr H.s ergibt sich aus der bekannten
Erzählung vom Schwur am Altar, die uns an
einer ganzen Eeihe von Stellen überliefert ist
(Polyb. HI 11, 5. Liv. XXI 1, 4. XXXV 19, 2ff.
Nep. Hann. 2. Val. Max. IX 3 ext. 3. Maxtial.
IX 44. Sil Ital. I 81-43. Flor. H 62. Oros.
IV 14. Aur. Vict. de vir. ill. 42). Übereinstimmend
wird H.s AlteT damals auf neun Jahre angegeben ;
da nun der Auszug nach Spanien, bei dem jener
Vorfall sich ereignete, ganz im Frühjahr 237
stattfand, so ist Frühjahr 247 die obere Grenze
für H.s Geburt. Sie kann aber auch nicht viel
später angesetzt werden, da Polyb. XV 19, 3 den
Feldherrn sich in einer Rede an den Senat Ende
202 als über 45 Jahre alt bezeichnen läßt. Da-
nach ist H. wahrscheinlich Mitte 247 geboren;
dazu stimmt die Notiz bei Zonar. VIII 21, 405 D,
wonach er bei Übernahme der Feldherrnwürde im
J. 221 26 JahTe gezählt habe. Mit der Nach-
richt Eutrops m 7, 2, daß er bei der Belagerung
Sagunts 219 erst 20 Jahre alt gewesen sei, ist
nichts anzufangen; wahrscheinlich ist der Einer
ausgefallen. Nep. Hann. 3. 2 gibt 25 Jahre, nimmt
also als Geburtsjahr 246 an, was mit Livius' An-
sätzen stimmen würde. Frühjahr 237 also ging H.
mit dem Vater nach Spanien, wo er blieb; erst
nach 36 jähriger Abwesenheit, nach seiner Nieder-
lage bei Zama Ende 202, ist er in die Vaterstadt
zurückgekehrt (so Polyb. XV 19, 3 = Liv. XXX 37,
vgl. die abgeleiteten Stellen XXX 30. 35 und bes.
vvt XXVI1 21 *- AIlerdm gs findet sich bei Liv.
XXI 33ff. eine Erzählung, aus der hervorgehen
würde, daß H später nach Karthago zurückgekehrt
und erat von Hasdrubal Dach Spanien zurückbe-
?!.-*?■ AUein ^S 6861 "»* davon, daß die ganze
beschichte sich durch ihre schmutzigen Einzel-
heiten als Erfindung der antibarküiischefl- Partei
"kennzeichnet, leidet sie auch an einer, inneren;
chronologischen TJnwahrscheinlichkeit : wenn H.
erst nach dem Tode des Vaters d. h. frühestens
Anfang 228 nach Spanien zurückging, so stand er
im 19. Jahr und konnte also nicht mehr als vias-
dumpubes (Liv. XXI 3, 2) bezeichnet werden. Wie
dem auch sei, seine drei ersten Kriegsjahre diente
er unter seinem Schwager Hasdrubal ab, wobei er
10 sich besonders als ReiteTgeneral auszeichnete (Liv
XXI 4, lff. 10. Appian VI 6. Nep. Hann. 3)*
Nach dem Tode Hasdrubals (221) ward er sofort
zum Oberfeldherrn gewählt (Polyb. II 36, 3. HI
13, 3. Liv. XXI 3, 1) und vom Volke einstimmig
bestätigt (Polyb. HI 13, 4). 6
Noch im selben Sommer (221) unternahm H.
einen Kriegszug gegen die Holkaden, die er be-
siegte und deren Stadt Althaia (Kartala bei Li-
vius) er einnahm, darauf führte er das Heer in
20 die Winterquartiere nach Neukarthago zurück
(Polyb. III 13, 5-8. Liv. XXI 5, 3-5). Im folgen-
den Jahr (220) besiegte er die Vaccäer am oberen
Duero und nahm ihre beiden Städte Helmantika.
(Liv. Bermandiea, Polyaen. VII 48 — Plut. de
mul. virtut. 10. Salmatis, vielleicht das jetzige
Salamanca) im ersten Anlauf, Arbukala erst nach
langer Belagerung. Auf dem Kückwege wurde
er von einem großen Heer der Karpetaner über-
fallen, doch gelang es ihm, den Tajo als Deckung
30 zwischen sich und die Feinde zu bringen und
diese beim Übergang über den Fluß vollständig-
zu besiegen (Pol. IÜ 14, 1—10, vgl. Front. II 7,
7). Nachdem dadurch die Ruhe in Spanien völlig-
gesichert war, ging er nach Neukarthago in die
Winterquartiere. Hier empfing er eine römische
Gesandtschaft, die in betreff ' Sagunts Vorstel-
lungen erhob , aber von ihm abgewiesen wurde t
(Polyb. III 15, 5—13). Im Frühjahr brach dann '
H. nach Sagunt auf, das er nach achtmonatlicher
40 Belagerung eroberte und zerstörte (Polyb. HI 17,
1—9 Herbst 219), worauf er zum drittenmal
Winterquartiere in Neukarthago bezog (Polyb. ILT
33, 5). Da durch sein Vorgehen gegen Sagunt
der Krieg unvermeidlich geworden war (s. den
Art. Karthago unter Geschichte), so traf er seine
Anordnungen für den Aufbruch, wobei er die
Berichte der schon vorher von ihm ausgesandten
Kundschafter über die Alpenpässe und die Stim-
mung in Oberitalien verwertete (Pol. III 34, 5-(i).
50 Das Oberkommando in Spanien erhielt sein Bruder
Hasdrubal ; die Verteilung der zurückgelassenen Be-
satzungen nahm er noch selber vor — Dislokations-
plan nebst genauen Zahlenangaben bei Polyb. III
33, 6ff. nach H.s eigener Aufzeichnung ebd" § IS
— und wartete die formelle Kriegserklärung Kar-
thagos ab. Sobald die Nachricht davon eingetroffen
war, rief er das Heer aus den Winterquartieren
zusammen und setzte den Tag des Aufbruchs fest.
Quellen. .Hauptquelle Polyb. in 13, 3h\,
60 daraus abgeleitet, aber mit selbständigen Zusätzen,
deren Herkunft noch nicht sicher festgestellt ist,
Liv. XXI 3 — 15. 21, 1 — 5; ferner die sog. annar
listische Überlieferung bei Flor. U 22, 1 — 14.
Eutrop. HI 7—9. Zonar. VHI 23, 409 Äff. Oros.
IV 14ff., die ohne selbständigen Wert ist; ein-
zelnes bei Frontin. H 77 (Angriff der Karpe-
taner). m 10, 4 (Sagont); neuere Behandlungen
Mommsen B. G. I 570ff. Xeumann-Faltin
2S2£
Hannibal
Haüaibal
232©
Das Zeitalter der punischen Kriege 255ff. M e 1 1 z e r
Gesch. der Karthager II 417—456. 601—611.
Chronologie. Auszugehen ist vom Beginn
des Krieges im Frühjahr 218; vorher erwähnt die
Hauptquelle Polybios deutlich dreimalige Winter-
quartiere in Neukarthago, also muß H. 221 das
Kommando übernommen haben. Dies geschah
unmittelbar nach Hasdrubals Tod, der nach Polyb.
II 36, 1 im ganzen acht, nach Liv. XXI 2, 3
Austritt in die Ebene fcu erdrücken. Es kam also
darauf an, Born so lange wie. möglich im unklaren
über seine eigentliche Absicht zu. lassen, und da-
zu dienten offenbar die Kämpfe- am; Jibro,- deren
große Bedeutung hier hervortritt, Mit .Absicht
zog H. sie so lange hin, bis ; er die Nachricht er-
hielt, daß P. Cornelius Scipio mit seinem Heere
zu Schiff nach Massilia abgezogen sei, offenbar
um von dort mit Hilfe der Massalioten zur See
oeto ferme annos den Oberbefehl geführt hatte. 10 nach Spanien zu gelangen und die Karthager dort-
Da nun Hamilkars Tod ins Spätjahr 229 anzu-
setzen ist (s. o. S. 2307), so muß Hasdrubal im
J. 221 ermordet sein und zwar ziemlich spät, so
jedoch, daß in diesem Kriegsjahr noch Zeit zu der
Unternehmung gegen die Holkaden blieb. Also
Hamilkars Tod gegen Ende 229 , Hasdrubals Er-
mordung und Übernahme des Kommandos durch
H. etwa August/September 221. Diese auf Po-
lybios beruhenden Ansätze sind bei weitem der
festzuhalten. Sofort überschritt jetzt H. ; v sogar
unter Zurücklassung des Gepäcks (Polyb. III 3 5, 5),
die Pyrenäen und gelangte in Eilmärschen bis
zur Rhone (Liv. XXI 24, 3): tatsächlich , gelang
es ihm, das Heer gerade noch hin überzubringen, be-
vor Scipios Reiter diesem die Nachricht brachten,
daß der Feind, den er noch am Ebro vermutete^
nur wenige Tagemärsche von ihm entfernt schon
diesseits der Rhone stehe. Unmittelbar nach dem
ganz verkehrten Chronologie des Livius vorzu- 20 Rhoneübergang bog H. nach Norden ab und zog
ziehen, der Hamilkars Ankunft in Spanien auf — 1 *- 1 — 1Vä - " + *■"-■-+« -« ■w«««™. a™
236, seinen Tod auf 227 und Hasdrubals Ermor-
duug auf 220 verschiebt. Dann müssen die spa-
nischen Kriege H.s einschließlich der Belagerung
Sagunts in das J. 219 zusammengedrängt werden,
was offen mit der genauen Angabe der Winter-
quartiere streitet, vgl. Liv. XXI 14, 3. Doch hat
auch Livius 1 Chronologie ihre Verteidiger ge-
funden, vgl. Meltzer Gesch. d. Karthager II
„rma n tx l l . . p TT- J. f7J__._l TlT T71 VTTTT
am linken Ufer stromaufwärts, ein Manöver, das
seit Liv. XXI 31, 3 damit erklärt wird, er habe
eine Schlacht mit Scipio vermeiden wollen, um
möglichst rasch über die Alpen zu kommen. Allein
dazu stimmt H.s Verhalten nicht; zunächst ging
er in vier Tagen bis zur Insel, wo er einige Zeit
verweilte, dann legte er nach Polyb. III 50, 1 in
zehn Tagen 150 km zurück, d. h. bedeutend
weniger als seine Truppen nachher beim Alpen-
393f. Q. Egelhaaf Hist. Ztschr. N. F. XVII 30 Übergang unter den schwierigsten Verhältnissen
43 lff. W. Sieglin Die Chronologie der Be-
lagerung von Sagunt, Leipz. 1878. Buzello De
oppugnatione Sagunti quaestiones chronologicae,
Rönigsb. 1886. Oehler N. Jahrb. XLIII 421f.
(1891). Thiaucourt Les causea et Torigine de
la seconde guerre punique, Paris 1893.
2. Hannibals Angriff auf Italien. So-
weit auch die Ansichten über die Einzelheiten des
H.-Zuges auseinandergehen, so hat doch darüber
zurücklegten (Polyb. HI 56, 3 , vgl. mit 39, 9).
Das sieht nicht sehr nach übergroßer Eile und
nach der Absicht aus , aus Scipios Nähe fortzu-
kommen , vielmehr wird man zu der entgegen-
gesetzten Auffassung gedrängt, daß H. nur des-
wegen mit so geflissentlicher Langsamkeit vor-
wärts zog, weil er Scipio hinter sich herlocken
und zur Schlacht verleiten wollte, je weiter von
dessen Operationsbasis Massilia entfernt, um so
niemals ein Zweifel bestanden, daß das eigentliche 40 besser. Denn wenn Scipio jetzt mit dem ganzen
Ziel des karthagischen Feldherrn die Vernichtung Heere nach Oberitalien ging, so konnte er, der im
der römischen Herrschaft in Italien gewesen ist.
Zur Erreichung dieses Zieles aber standen H. nur
dann ausreichende Streitkräfte zur Verfügung,
wenn es ihm gelang, in Italien selbst eine Ope-
rationsbasis zu gewinnen, von ihr aus die römische
Feldarmee in vernichtenden Schlägen zu besiegen
und auf diese Weise das feste Gefüge der rümi-
Besitz der bequemeren Küstenpässe war, vor H. da
sein und diesem unmittelbar nach der Ankunft in
der Poebene mit frischen Kräften entgegentreten.
Viel bessere Chancen bot H. die Schlacht: numerisch
war er dem Consul überlegen, und mit einem Siege
mußte er von vornherein rechnen, wenn sein Unter-
nehmen gelingen sollte. Der Sieg aber würde nicht
sehen Bundesgenossenschaft zu zertrümmern, auf nur die Poebene , sondern wahrscheinlich auch
der die Weltstellung Roms beruhte. Diese Ope- 50 die bequemeren Küstenpässe frei gemacht haben,
rationsbasis konnte nach Lage der Dinge, d. h. Allein Scipio tatH.de n Gefallen nicht zuschlagen;
bei der unbedingten Überlegenheit der Römer zur
See nur in Oberitalien gesucht werden, wohin H.
auf dem Landwege gelangen mußte; sie bot dem
karthagischen Feldherrn zugleich in den noch nicht
völlig unterworfenen gallischen Völkern ein vor-
treffliches Ergänzungsmaterial für sein Heer, und
auf sie hatte er denn auch von Anfang an sein
Augenmerk gerichtet, wie die Entsendung der
in richtiger Erkenntnis, daß sein Platz in der
Poebene sei, ging er dorthin zurück. Immerhin
war er zu sehr römischer Soldat, als daß er es ge-
wagt hätte, den wohlerwogenen Plan des Senats,,
umzustoßen; deshalb schickte er sein Heer, das
für Spanien bestimmt war, auch wirklich dort-
hin: er selbst ging allein zurück und hoffte mit
den in der Poebene zerstreuten Streitkräften noch
Späher zeigt. Andererseits waren sich die Römer 60 rechtzeitig zur Stelle sein und H. sofort ent-
der Gefahr, die von Norden drohte, wohl bewußt ;
sie hatten den Ebrovertrag mit Hasdrubal nur
geschlossen, um Zeit für die Niederwerfung Ober-
italiens zu gewinnen. H. mußte also befürchten,
daß sie von vornherein seinen Plan durchschauen
und somit Zeit gewinnen würden, überlegene
Streitkräfte nach Oberitalien zu werfen, tun sein
vom Alpenmarsch ermüdetes .Heer sofort heim
gegentreten zu können. Diese halbe Maßregel
war sein Unglück; sobald H. das erfuhr — nach
Polyb. III 61, lff- war er davon unterrichtet — ,
forcierte er den Alpenmarsch und langte tatsäch-
lich mit einem so bedeutenden Vorsprung in
Italien an, daß sein Heer völlig schlachtbereit
war, als der Consul heranrückte. Über den Ge-
samtplan Es und die Durchführung im einzelnen
ZÖZ/
üanmbal
Hannibal
1. v. Vincke Der zweite punische Krieg n. der
Kriegsplan der Karthager, Berlin 1841. Henne-
hert Histoire d'Annibal, Paris 1870/91. Neu-
mann-Faltin Das Zeitalter d. punischen Kriege
1883, 270. W. Streit Zur Gesch. des 2. punisch.
Krieges, Berlin 1887; vor allem aher Delbrück
Gesch. der Kriegskunst I 320ff. und die grund-
legende Darstellung Konr. Lehmanns Die An-
griffe der drei Barkiden auf Italien, Leipz. 1905,
llff. 143ff. I51ff., von denen die obige Auffassung
in einigen Punkten abweicht.
Noch ein Punkt bleibt vor der eigentlichen
Darstellung za erledigen, die Berechnung der
Stärke des Heeres, das H. zur Verfügung stand.
Nur eine authentische Angabe darüber ist vor-
handen; auf der Erztafel im Heiligtum der Hera
Lacinia, die Polybios selbst einsah (III 56, 4), be-
zifferte H. selber das Heer, mit dem er die Po-
ebene erreichte, auf 20 000 Mann zu Fuß und
etwa 6000 Reiter. Für den Ausmarsch aus Neu-
karthago dagegen gibt Polyb. m 35, 2 das Heer
auf 90 0UO Mann Fußvolk und 12000 Reiter an,
eine Zahl von ganz unbekannter Provenienz , die
ihm den Anlaß gegeben hat, geradezu erstaun-
liche Verlustzahlen zu berechnen. Die Unter-
werfung der Ebrolandschaften mußte 20 000 Mann
und 1000 Reiter gekostet haben, denn nach
Detachierung weiterer 20 000 Mann und 2000
Reiter, die zur Hälfte zurückgesandt wurden , zur
Hälfte am Ebro stehen blieben (Polvb. III 35, 3),
waren nur 50 000 Mann und 9000 Reiter übrig,
mit denen H. über die Pyrenäen ging (Polyb.
III 35, 7). Der durchaus friedliche (s. u.) Marsch
durch Gallien bis zur Rhone müßte abermals be-
trächtlichen Abgang verursacht haben, denn beim
Rhoneübergang hatte er nur noch 38 000 Mann
nnd 8000 Reiter (Polyb. III 60, 5) und endlich
kostete ihn der Alpenmarseh noch beinahe die
Hälfte seiner Armee, nämlich 18000 Mann und
■2000 Reiter. Man sieht, welche Mühe es Po-
lybios gemacht hat, die Anfangszabl des Heeres
mit der durch H.s ausdrückliches Zeugnis fest-
stehenden Stärke beim Eintritt in die Poeben e
in Einklang zu bringen. Seine Angaben sind
ebenso abenteuerlich wie die des L. Cincius Ali-
mentus bei Liv. XXI 38, 3, der von H. selber
gehört haben wollte, daß er seit dem Rhone-
übergang 36 000 Mann verloren habe. Delbrück
<326ff.) und Lehmann 131ff. tun also ganz recht,
alle diese Angaben zu verwerfen und die Stärke
H.s bei Ausmarsch nach eigener Schätzung zu
berechnen; die von ihnen gewonnenen Zahlen
(40 000 bezw. 36 000 Mann) kommen der Wahr-
heit jedenfalls erheblich näher, als die überlie-
ferten. Mehr hatte hundert Jahre früher Ale-
xander auch nicht, als er auszog, das persische
Weltreich zu erobern.
Im Frühjahr also 218, wahrscheinlich im Mai,
verließ H. mit einem Heere von 35—40 000 Mann
Neukarthago, überschritt den Ebro und unter
warf in blutigen Kämpfen (pera tiq)1^q <p&o L ,äs
arögtSy) die Völker zwischen Ebro und Pyrenäen
<Polyb. in 35, 2. Liv. XXI 22, 5-23, 6). Zur
Besatzung ließ er Hanno mit einem stärkeren
Truppenteil zurück. Sodann überschritt er die
Pyrenäen, rückte in Eilmärschen (Polyb. III 41
S, vgL Liv. XXI 24, 3) ohne größere Kämpfe
ha rar Rhone und setzte in sechs Tagen das
2328
Heer, am siebenten noch die Elefanten über (Polyb.
m 42-45, 5. Liv. XXI 36, 6-38, 12). Die
Stelle des Übergangs lag nach Polyb. III 42, 1
nur vier Tagemärsche von der Mündung entfernt;
sie kann also weder mit de Luc (Histoire du
passage des Alpes par Hannibal 42ff.) bei Roque-
maure, noch mit Lehmann 15fF. bei Eüenne
des Sorts und Mornas gesucht werden, sondern
lag vielmehr weiter stromabwärts, näher am Delta,
10 etwa bei Beaucaire, wo auch später die große
Straße den Strom überschritt. Von der Über-
gangsstelle ging der Marsch in vier Tagen bis
zur Insel, die nach dem übereinstimmenden Zeug-
nis von Polyb. III 49, 5 und Liv. XXI 31, 4
durch den Zusammenfluß von Isara und Rhone
gebildet ward. Da indessen die Beschreibung bei
Polybios nicht stimmt, man auch unmöglich in
vier Tagen bis zur Isaramündung gelangen kann,
so liegt wahrscheinlich eine Verwechslung mit
20 der Durance vor. Auf der Insel schlichtete er
den Streit zweier Häuptlinge (Polyb. III 49, 8ff.,
ausführlicher Liv. XXI 31, 5), dann bog er nach
Livius links ab und zog durchs Gebiet der Trika-
stiner, Vokontier, Trikorier bis zur Druentia, wo-
mit nun natürlich die Isara gemeint sein muß:
auch die Beschreibung des Flusses bei Livius
paßt viel besser auf sie, als auf die Durance.
Von dem Flußübergang erwähnt Polybios nichts,
der hier besonders stark gekürzt hat; er bietet
30 nur die Angabe, daß H. von der Insel bis zum
Beginn des Alpenanstiegs 150 km (III 50, 1) zu-
rückgelegt habe. Dies würde etwa in die Gegend
von Rovon führen, und es ist sehr wohl mög-
lich, daß H. hier sofort und nicht erst, wie Leh-
mann meint, bei Cularo (Grenoble) die Isere
überschritt, weil er auf diese Weise den Bec de
l'Echaillon umging, der ein schweres Marsch-
hindernis auf dem Südufer bildete (vgl. die Karte
bei Lehmann). Von hier an erfolgt nun der
40 eigentliche Alpentibergang, der in allen wesent-
lichen Punkten von Polyb. III 50, 1-56, 2 und
Liv. XXI 32, 6—38, 1 übereinstimmend erzählt
wird; er dauerte 15 Tage und fand gegen die
Zeit des Frühuntergangs der Pleiaden statt (Liv.
XXI 35, 6. Polyb. III 54, 1), d. h. also Ende
Oktober, eine Zeitbestimmung, die durch das Ein-
treten des ersten Neuschnees als richtig erwiesen
wird. Der Ort des Übergangs war bereits im
Altertum und ist jetzt wieder seit Jahrhunderten
50 Gegenstand der Kontroverse. Die einen (Neu-
mann, Hennebert) lassen Hannibal bis Gre-
noble dem Lauf der Isere , dann dem des Drac
folgen und von hier erst ins Tal der Durance,
dann über den Mont Genevre ins Tal der Dora
Riparia übergehen; ihre Ansicht beruht im we-
sentlichen auf der Erwähnung der Durance nach
der Isere bei Livius. Andere (Oslander, Jul-
lian) nehmen ebenfalls an, daß H. zunächst im
Iseretal aufwärts zog, dann aber lassen sie ihn
60 durch das Tal des Are, die Druentia des Livius,
den Mont Cenis ersteigen und von hier den Ab-
stieg ebenfalls ins Tal der Dora Riparia nehmen.
Lehmann endlich, wie ebenfalls schon andere
(z. B. de Luc, Wickham und Cramer) vor
ihm, ist der Ansicht, daß H. fast bis zur
Quelle das Iseretal benutzt und nun von da ans
über den kleinen St. Bernhard ins Tal der Doxa
Baltea gelangt sei,. Dazu stimmt, daß nach Pol.
ZÖ29
üanmbal
nanniDai
Z3ÖV
III 56, 2 der Karthager zuerst auf die Insubrer
getroffen sei. Nach Liv. XXXI 38, 6 allerdings
waren dies nach allgemeiner Ansicht die Tau-
riner, allein Livius hat hier das Volk, mit dem
H. zuerst feindlich zu tun bekam, für dasselbe
gehalten, in dessen Gebiet sein Zug endete.
Jedenfalls läßt sich seine Angabe nicht dafür als
Argument verwerten, daß H. das Tal der Dora
Riparia d. h. also über den Mont Genevre oder
Mont Cenis herabkam. Im allgemenein spricht die
Wahrscheinlichkeit entschieden für den kleinen
St. Bernhard, wie zuletzt Lehmann dargetan hat
(55ff. 71ff.). Die Literatur s. bei Lehmann
VIII — X, dazu Colin Annibal en Gaule, Paris
1904, und Camille Jullian Histoire de la Gaule
I 4 51 ff; Jahresberichte des philol. Vereins in
Berlin (Ztschr. f. d. Gymnasialwesen 1898ff.).
Nach kurzer Rast, die er den Truppen gönnte,
unterwarf H. zunächst die mit den Insubrern
verfeindeten Tauriner und besiegte dann den
Consul P. Cornelius Scipio, der inzwischen über
Pisa und die Apenninpasse nach Oberitalien ge-
langt war und die dortigen Streitkräfte an sich
gezogen hatte, in der Reiterschlacht am Tessin
(Pol. HI 51-65. Liv. XXXI 39-46), bei Vic-
tumulae (Liv. XXI 45, 3) südöstlich von Vercelli.
Dann überschritt er den Po und folgte dem ver-
wundeten Gegner bis Placentia, wo er ein Lager
aufschlug und last das ganze Pogebiet zum Auf-
stand brachte. Um nicht abgeschnitten zu wer-
den, zog sich der Consul näher an den Apennin
heran und nahm hinter der Trebia Aufstellung
(Polyb. III 66, 1-68, 5. Liv. XXI 47, 1—48, 7 ;
beide begehen den Irrtum, Placentia links von der
Trebia anzusetzen, s. Neumann-Faltin a. a. O.).
H. folgte ihm und schlug in einer Entfernung
von 7 km ebenfalls ein Lager auf, so daß der
Fluß zwischen ihm und seinem Gegner lag; un-
mittelbar darauf nahm er Clastidium durch Ver-
rat (Polyb. III 69, lff. Liv. XXI 48, 8ff.). In-
zwischen war der zweite Consul, Ti. Sempronius
Lorigus, vom Senat aus Sizilien heimberufen, wo
er den Übergang nach Afrika plante. Von Ari-
minum aus — wie sein Heer dorthin gelangte,
ist unsicher, vgl die widersprechenden Angaben
bei Polyb. HI 61, 10. 68, 12 ff. und Liv. XXI 51, 6
— kam er dem Kollegen zu Hilfe und vereinigte
sich mit ihm im Lager an der Trebia. Da H.
wußte, daß er zum Kampf entschlossen war, so
suchte er ihn noch besonders dazu zu reizen, indem
er ein Gefecht der Leichten in einem ungünstigen
Augenblick abbrach (Polyb. III 69, 5—14. Liv.
XXI 51, 2—11). Auf diese Weise gelang es ihm,
den Consul über die Trebia auf das wohl vor-
bereitete Schlachtfeld zu locken und hier völlig
zu besiegen (Mittwinter 218). Nur 10 000 Mann
brachen durch und retteten sich nach Placentia,
wohin sich auch ein Rest Versprengter noch
flüchtete, so daß den Römern die Schlacht rund
20000 Mann gekostet haben muß. H.s Zweck
war erreicht, die Operationsbasis gewonnen, end-
lich bezog er die Winterquartiere in der Po-
ebene, wahrscheinlich ziemlich nahe dem Nord-
abhang des Apennin (Polyb. LU 70, 1—74, 11.
Liv. XXI 53, 1—56, 9).
Quellen. Hanptquelle in diesem ganzen ersten
Teil des Feldzuges ist Polyb. HI 35-74, der hier
einen gekürzten Auszug einer älteren kartha-
gischen Quelle , vielleicht Seilenos, bietet. Da-
neben hat nur Liv. XXT 22 — 56 selbständigen
Wert; doch geht das Urteil über das Verhältnis
der Quellen sehr auseinander. Das Wahrschein-
lichste ist, daß Livius den Bericht des Polybios
zu Grunde legte und hier und da aus andern
Schriftstellern ergänzte, jmter denen vielleicht
aber auch die Quelle des Polybios, also Seilenos
war. Vgl. über das Verhältnis bei den Quellen
10 vor allem Hesseibart h Histor. krit. Unter-
suchungen zur 3. Dekade des Livius, Halle 1889,
der eine direkte Benützung des Polybios durch
Livius erwiesen hat. Ferner Peter tjber die
Quellen des 21. und 22. Buches des Livius, Pforta
1863. Soltau Livius Quellen in der 3. Dekade,
Berlin 1894. A. Sanders Die Quellenkontami-
nation im 21. und 22. Buche des Livius, Berlin
1898 und für die vorliegende Partie besonders
Konr. LehmannSlff. Die übrigen Quellen Nep.
20 Hann, 3. 4. Flor. I 22, 1—14. Eutrop. III 7—9.
Appian. Hann. 4ff. Zonar. Vni 23, 409A-25,
412 C. Oros. IV 14 — 15; dazu einzelnes bei
Polyaen. VII 48 (Einnahme von Salmatis), Frontin.
II 7, 7 (Abzug der Karpetaner), II 10, 4 (Sagunt) y
II 5, 23 (Trebia) haben keinen selbständigen Wert.
Neuere Darstellungen bei Neumann -Faltin
270—319, Lehmann 11-185. Über die Chrono-
logie der Ereignisse s. u.
3. Die Gewinnung einer neuen Opera-
30tionsbasis in Unteritalien. Über die Er-
eignisse des Winters in Oberitalien sind wir nur
durch Livius unterrichtet. Danach machte H. zu-
nächst den vergeblichen Versuch, sich des Hafens
von Placentia zu bemächtigen, und eroberte das
Kastell Victumvia (Liv. XXI 57, 9—14). Bei den
ersten Anzeichen des Frühlings versuchte er den
Apennin zu überschreiten, was sich aber infolge
des schweren Wetters als unmöglich erwies (Liv.
XXI 58, 1—11). H. ging daher auf Placentia zu-
40 rück, wo ihm Sempronius ein hitziges aber un-
entschiedenes Treffen lieferte (XXI 59, 1—9). Der
Consul rückte darauf nach Lucca, H. ins Gebiet der
Ligurer, wo ihm mehrere vornehme Römer aus-
geliefert wurden, vgl. Jung Hannibal bei den Ligu-
rern in Wien. Stud. XXIV (1902) 152ff. 813ff. Von
allem diesen erwähnt Polybios nichts, außer der
kurzen Notiz, daß H. im Keltenlande überwintert
habe. Da die Ereignisse fast sämtlich den Römern
günstig und nachteilig für H. sind, so werden
50 sie der römischen annalistischen Überlieferung
entstammen, die Livius ja eingestandenermaßen
öfter benützt hat. Einen Schritt weiter geht
Varese (Cronologia Romana vol. I Roma 1908,
258—272), indem er das Reitergefecht, bei dem
H. verwundet wird fc. 57, 9) , für eine römische
Dublette des Treffens am Ticinus erklärt, und
ebenso soll der Kampf bei Placentia (c. 59. 1)
die annalistische Darstellung der Trebiasehlacht
sein, die Livius seinem Bericht einfügte, ohne zu
60 merken, daß er zweimal dasselbe erzählte; wahr-
scheinlich geht sie auf den schönfärberischen Be-
richt des Consuls an den Senat #(Polyb. III 75,
1) zurück. Dies ist nun sicher unrichtig, da
der Consul in seinem Bericht den unentschiedenen
Ausgang des Kampfes dem Sturm zuschrieb,
während die Schlacht in c. 59, 1 infolge der ein-
brechenden Dunkelheit abgebrochen werden mußte.
An sich enthalten die von Livius erzählten Ereig-
2331
Hannibal
Hanuibal
2382
misse nichts Un wahrscheinliches; daß das immer- übernahm sie gerade Servilius, vgl, Neumann-
hin doch noch etwa 20 000 Mann starke römische Faltin 328, 1) und begab sich nach dem ihm
Heer in Placentia und Cremona während des zugewiesenen Posten Arretinm in Etrurien; in-
ganzen Winters mit einem Mann wie Tib. Sem- zwischen wird Servilius auch seinerseits nach
promus an der Spitze, ruhig dagelegen habe, ist Ariminum gekommen sein, obwohl das nicht er-
nicht sehr glaublich. Eigentümlich ist die Notiz, wähnt wird. Bei Polyb. III 77, 1 sieht es so
daß der Consul nach Lucca gegangen sei; dann aus, als ob beide Consuln direkt von Rom aus
bat es sich wohl bei der c. 59, 1 erwähnten in die ihnen angewiesenen Stellungen gelangen.
Schlacht um einen erfolgreichen Durchbruch eines Sobald H. hörte , daß Flaminius vor Arretium
Thouret Rh. Mus. N. F. XLII 426. Strittig ist kürzesten Wege, um nach EtTurien zu gelangen.
besonders die Chronologie. Nach Polyb. III 54, Merkwürdig ist, daß die Quellen den Apennin-
1 war beim Alpenübergang die Zeit des Früh- Übergang gar nicht, dagegen sehr ausführlich den
Untergangs der Pleiaden (Ende Oktober) in der Marsch durch die Sümpfe schildern (Polyb. III
Nähe, vgl. auch Liv. XXI 35, 6 oeeidente iam 79, 1—12. Liv. XXII 2, 2—11), deren Lage leider
sidere Vergiliarum, H. muß also Ende Oktober nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist (vgl. dar-
in Italien angelangt sein. Rechnet man für die über die Literatur Nissen Rh. Mus. XXII 565;
Nachricht nach Rom und die Rückberufungs- 20 Ital. Landesk. I 208. Neumann-Faltin 330ff.
ordre an Tib. Sempronius in Liiybaion vierzehn Faltin Herrn. XX 71ff.; Rh. Mus. N. F. XXXIX
Tage bis drei Wochen, so kann dieser etwa in 556. Jung Wien. Stud. XXII [1902] 152—193.
der zweiten Novemberwoche aufgebrochen sein. 313—824. Fuchs Wien. Stud. XXIV [1904] 118
Der Marsch bis Ariminum dauerte (Polyb. 61, —150). Strabon V 217 verlegt sie noch in die
10—12. 68, 12—15) vierzig Tage, was für die Polandschaft, was Niese Grundriß d. römischen
Entfernung von 1400 km allerdings sehr kurz Geschichte 4 114, 2 für richtig hält, während
erscheint (vgl. Varese a. a. 0. 271); indessen Nissen die Sümpfe im Tal des Ombrone unter-
auch wenn man darin nur die Zeit für den Marsch halb von Pistoja am unteren Arnolauf sucht,
bis Rom sieht, so bleibt es immerhin möglich, Jung meint, H. sei aus dem Gebiet der Ligurer
daß der Consul in rund 60 Tagen von Liiybaion 30 über den Paß von Pontremoli ins Arnotal vor-
bis zum Kriegsschauplatz an der Trebia gelangte. gedrungen (außer Liv. XXI 59, 10 läßt auch
Die Schlacht muß also etwa Ende Dezember oder Nep. Hann. die Karthager aus Ligurien kommen) ;
in der ersten Januarhälfte geschlagen sein, und das würde ebenfalls die Ansetzung am unteren
dazu stimmt wieder Polybios' Angabe ovmjs t/;? Amolauf erfordern. Für diese Auflassung spricht
ojqcls 7t£ol zag x^tt^etvag tQoitag Polyb. III 72, 3. Polyb. III 82, 1, bei dem H. unmittelbar nach dem
Dann fallen die übrigen von Livius genannten Marsch durch die Sümpfe von der Gegend von
Ereignisse etwa in den Vorfrühling des J. 217. Fiesole aus an Flaminius vorbei in Etrurien ein-
Gegen diese Chronologie erhebt Varese Ein- bricht. Ganz anders Josef Fuchs, bei dem H.
Spruch, indem er sich vor allem auf den Schlacht- von Forli, nördlich vom Apennin aus, zwischen
bericht bei Liv. XXI 59, lff. stützt, der nach ihm 40 den römischen Heeren durch auf der Linie Mel-
die richtige Darstellung der Trebiaschlacht gibt. dola-S. Piero-Bibbiena über den Mandriolipaß
Diese schloß sich also an den Apenninübergang ins obere Arnotal gelangte, das damals weit und
H.s im Vorfrühling 217 an, und so kommt er zu breit überschwemmt war. Bei seinem Weiter-
der Ansetzung des Sieges an der Trebia auf den marsch an Flaminius vorbei läßt sich dann ge-
April 217. Dadurch wird die Chronologie wesent- nau der Ausdruck des Livius XXII 3, 6 laeva
lieh verschoben: H. erschien nach Varese im relicto hoste Faesulas pefens medio Etruriae agro
November 218 in Oberitalien , die Schlacht am praedatum profectus geltend machen. Die Sache
Ticinus fällt spät in den November, sodaß aller- ist nicht zu entscheiden, da die beiden Haupt-
dings sehr reichlich Zeit für den Truppenmarsch zeugen Gegenteiliges berichten.
Lilybaion-Ariminum bleibt. Doch scheitert die 50 Nach dem Marsch durch die Sümpfe rückte
Ansicht Vareses an der Schlachtbeschreibung H. an dem bei Arretium stehenden Consul vor-
selber; wenn der Einbruch der Dunkelheit die Ent- bei tiefer in Etrurien hinein unter fortwährenden
Scheidung verhinderte, so kann eben die Schlacht Plünderungen und Verheerungen, die darauf be-
nicht im April erfolgt sein. Denn H.s Gegen- rechnet waren, den H. wohlbekannten Charakter
angriff erfolgte am Nachmittag um 3; es wäre des Flaminius als Draufgänger nur noch mehr
also im April noch reichlich drei Stunden hell zu reizen. Tatsächlich eilte denn auch Flami-
gewesen, so daß eine Entscheidnng sehr wohl nius, ohne die Ankunft seines Kollegen zu er-
möglich war. Vielmehr deutet dieser Umstand warten, in Eilmärschen hinter H. her, der ihm
darauf hin , daß die Schlacht (59, 1) innerhalb auf der Straße von Cortona nach Perugia, da wo
der eigentlichen Wintermonate , also November 60 diese am Nordufer des trasimeni sehen Sees ent-
bis Februar geschlagen sein muß. Es muß also lang ging, einen Hinterhalt legte. Infolge mangel-
bei der alten Chronologie des Polybios verbleiben. hafter Aufklärung rückte der Consul in das ziem-
Im Frühling 217 versammelten sich die römi- lieh einem Hohlweg ähnelnde Gelände ein, wo sein
sehen Truppen in Ariminum, wohin das Heer Heer von den rings auf den umgebenden Höhen
von Placentia und Cremona zu Schiff gelangte, aufgestellten Karthagern angegriffen und fast in
(Liv. XXI 63, 1. 15). Dort übernahm Flaminius der Marschordnung zosammengehauen wurde. Nor
die vier allerdings in ihrem Bestände verminder- die Spitze, 6000 Mann, vermochte sieh durch-
ten Legionen des Polandes (nach Appian. Hann. 8 zuschlagen, ward aber schon am folgenden Tage
2883
Hannibal
Hannibal
2834
von H.s Unterführer Maharbal umzingelt und zur learern ab, dem es gelang, einen Teil der Reiterei
Übergabe genötigt (Polyb. III 82, 1—85, 6. Liv. zu vernichten und den Best zur Übergabe zu
XXII 4, 1—7, 5 nach Fabius Pictor). Von Ver- nötigen (Pol. III 86, 1-5. Liv. XXLT 8, 1—9, 1).
lustangaben ist bei Livius die Zahl des Fabius Nach Appian. Hann. 10, der einen etwas ab-
erhalten, 15 000 Gefallene; nach Polybios gab es weichenden Bericht hat, soll das Treffen am See
-ebensoviel Gefangene. Dagegen ist die Zahl der von Plistia stattgefunden haben (Jung Wien.
10 000 Versprengten bei Livius sicher zu hoch Stud. XVIII 1896, 99ff.}. Inzwischen marschierte
gegriffen : tatsächlich wird Flaminius nicht viel H. durch Umbrien weiter — der mißglückte An-
mchr als 30000 Mann gehabt haben. Über den griff auf Spoleto ist wohl römische Erdichtung
Ort der Schlacht ist lange gestritten worden 10 — nach Picenum bis ans Adriatische Meer, wo
(Nissen Eh. Mus. XXII 565ff. Stürenburg er seinen Truppen Euhe gönnte und zur See mit
De Komanorum clade Trasimenna et Caunensi, Karthago in Verbindung trat (Pol. III 87, 1—5.
Leipz. 1883. .1889. Faltin Rh. Mus. XXXIX Liv. XXII 9, 1—5). Hier führte er auch die
260ff. Voigt Berl. philol. Wochen^chr. 1883 Neubewaffnung der Afrikaner aus den römischen
nr. 50. Grundy Journ. ofPhilology XXIV (1895) Beutestücken durch (Polyb. LTI 87, 3). Nach wei-
83ff XXV (1896) 273ff. HendeTson ebd. teren Verwüstungen des bundesgenössischen Ge-
XXV 112ff. Fuchs Wiener Stud. XXVI (1904) biets an der adriatischen Küste ging er nach
118ff. Reuß Kilo VI (1906) 226ff. E. $ade"e Apulien, wohin ihm der mittlerweilen ernannte
Klio X 48—60). Meist entschied man sich für Dictator Fabius mit den zwei Legionen des Servilius
die kleine Ebene von Tuoro am Nordwestufer 20 und zwei neuen folgte. Fabius vermied die offene
des Sees, bis Kromayer auf dem Grazer Philo- Feldschlacht und suchte H. in kleineren Gefechten
logentag 1909 sich für eine Stelle weiter öst- und Überfallen Abbruch zu tun (Polyb. III 85, 6
lieh zwischen Passignano und Montecolognola er- -90, 6. Liv. XXII 9, 7-12, 12. Plut. Fab. 5). Nun
klärte, wo das Gelände genau den Schilderungen brach H. über den Apennin in Samnium ein, das
bei Livius und Polybios entspricht (Neue Jahrb. er ebenfalls verwüstete, und gelangte von Alliiae
f. d. klass. Altert. 1910 1.185—200). Die da- im oberen Volturnustal über den Paß, den Polybios
gegen erhobenen Einwände von Fuchs (Ztschr. Eribianus, Livius Callicula nennt, bei Cales vorbei
f. d. Bsterr. Gymn. LXII 1911, 97ff.) und Reuß in die reiche Fruchtebene am unteren Volturnus
(Rh. Mus. 1910, 352—358) sind meines Erach- nach Casilinum. Von hier aus brandschatzte er die
tens durch Groebe völlig widerlegt (Ztschr. f. 30 weite, prachtvolle Ebene und den angrenzenden
d. österr. Gymn. LXII 1911, 590-600). Schwie- Ager Falernus; als er jedoch, mit ungeheurer Beute
riger ist es, über die Zeit der Schlacht ins reine beladen , auf demselben Wege abziehen wollte,
zu kommen. Nach der Erzählung, wie sie bei verlegte ihm Fabius, der inzwischen Casilinum
Livius und Polybios vorliegt, muß man annehmen, und die Pässe besetzt hatte , den Weg. Nur
daß die Ereignisse sich Schlag auf Schlag voll- durch List gelang es H., dennoch durchzubrechen
zogen haben, daß also zwischen H.s Aufbruch und dem Römern eine empfindliche Schlappe bei-
und der Schlacht am Trasimenus höchstens 3—4 zubringen (Polyb. III 92, 1 -94, 6. Liv. XXII
Wochen liegen, und demzufolge wird die Schlacht 13, 1—18, 4. Plut. Fab. 6. 7). Dann wandte er
meist in den Ausgang April gesetzt. Allein mit sich nach Gereonium an der Nordgrenze Apuliens,
vollem Recht macht Varese a. a. O. darauf auf- 40 eroberte die Stadt — nach Livius war sie teil-
merksam, daß diese Ansicht völlig mit Polyb. V weise durch ein Erdbeben zerstört und von den
101, 3—5 (vgl. 95, 5) unvereinbar ist, wo erzählt Bewohnern verlassen — und bezog hier dieWinter-
wird, daß Philipp von Makedonien die Nachricht quartiere (Polyb. III 100, 1—8. Liv. XXII 18,
von der Niederlage am Nemeenfest, d. li. Ende 5—10). Dabei erfocht der Reiteroberst Minucius in
Juli oder Anfang August, empfing und daraufhin Abwesenheit des Dictators einige kleine Vorteile
aofort Friedensunterhandlungen mit den Aitolern über ihn (Polyb. III 100, 9—102, 11. Liv. XXII
einleitete. Nun war die Nachricht allerdings über 23, 9-24, 14. Plut. Fab. 8. 9), die m Rom derartige
Makedonien gegangen (s. Polyb. a. a. O.), allein Begeisterung erregten, daß man Minucius zum
es ist doch völlig unmöglich, "daß die Kunde von zweiten Dictator ernannte. Die Sache steht, so
einem so gewaltigen Ereignis drei Monate ge- 50 seltsam sie ist, doch durch Polyb. III 103, 3 und
braucht haben soll, um bis zu Philipp zu ge- die Weihinschrift des Minucius CIL I 1503 fest;
langen. Das Höchste sind etwa vier Wochen, und danach ist Liv. XXII 31,8 Versuch, eine Pro-
wenn man das annimmt, so kommt man auf Ende dietatur zu konstruieren, als spätere Erfindung ab-
Juni für die Schlacht am Trasimenus und Ende zuweisen (vgl. auch Niese Rom. Gesch.* 115, 1).
Mai als Datum für H.s Aufbruch. Allerdings Bald darauf ließ sich Minucius unvorsichtigerweise
wäre das reichlich spät, allein es scheint, als ob mit den ihm zugefallenen zwei Legionen in einen
die Karthager überhaupt selten vor Mitte Mai Kampf mit H. ein, der mit seiner Niederlage ge-
ausrückten. Anzumerken ist immerhin, daß die endet haben würde, wenn ihm nieht Fabius mit
offizielle römische Chronologie den 21. oder 22. dem Rest des Heeres zu Hilfe gekommen wäre
Juhi als Schlachttag bezeichnete (Ovid. fast, VI 60 (Polyb. III 103, 1—105, 11. Liv. XXII 25, 1—31,
705). 11. Plut. Fab. 10—13). Die Zeit ist nicht ganz
Inzwischen hatte sich auf die Nachricht von sicher. Nach Livius (XXII 31 , 7) neigte sich
H.s tjbergang über den Apennin der Consul Cn. Fabius 1 Dietatur dem Ende zu und es war medium
Servilius von Ariminum aus in Marsch gesetzt, autumni (c, 32, 1), woraus sich ergibt, daß Livius
um dem Kollegen zu Hilfe zu kommen; die die Schlacht am Trasimenus etwa Ende April
Reiterei , 4000 Mann unter Cn. Centenius, hatte setzt. Nach Polybios HI 106, 1 (vgl. Plut. Fab.
er vorausgesandt. Sobald H. davon hörte, schickte 14, 1) legten die Dictatoren ihr Amt erst nach
er gegen sie Maharbal mit Nnmidera und Ba- der Consulwahl nieder, d. h. Anfang 216 1 was
iODo üannioai
nur dann stimmt, wenn die Schlacht Ende Juni
stattfand. Dies wird das Richtige sein (s. o.);
inzwischen übernahmen bis zur Ankunft des
Aemilius und Terentius Varro die Consuln des
J. 217, Servilius Geminus und der an Fkminius'
Stelle nachgewählte Atilius Regulus das Heer
(Polyb. in 106, 2. Liv. XXIX 32, 1). Der Rest
des Winterg verging ohne Zwischenfälle. Trotz
seines glänzenden Sieges bedeutete für H. der
Feldzug des J. 217 einen Mißerfolg. Die gallische
Operationsbasis hatte er aufgegeben, offenbar weil
die erwartete Massenerhebung der Kelten gegen
die römische Herrschaft nicht erfolgte: nur eine
ziemlich große Anzahl Gallier hatte Dienste bei
ihm genommen. Andererseits hatte er eine neue
Operationsbasis noch nicht gewonnen, da trotz
seiner unbezweifelten und durch Fabius' Verhal-
ten glänzend bestätigten Überlegenheit im Felde
sich bisher kein einziger römischer Bundesgenosse
ihm angeschlossen hatte.
Spät im Frühjahr, sicherlich nicht vor Ende
Mai 216, brach H. von Gereonium auf und nahm
zuerst Cannae mit den dort lagernden Vorräten
weg. Inzwischen hatte in Rom die Kriegspartei
wieder die Oberhand gewonnen, weil man von
einer Fortsetzung der hinhaltenden Kriegführung
des Fabius den Abfall der Bundesgenossen fürch-
tete. Die Consuln hatten also den Befehl zu
schlagen; es ist spätere Erfindung, wenn wie bei
Livius und teilweise auch schon bei Polybios
Varro die Hauptschuld an der Schlacht zugewiesen
wird. Beide Consuln nahmen deshalb sofort nach
ihrem Erscheinen Fühlung mit H., der bei Can-
nae lagerte. Der Ort der Schlacht ist sehr um-
stritten, besonders ob er auf dem linken oder
auf dem rechten Ufer des Aufidus lag (Hessel-
barth De pugna Cannensi, Gott. 1874. Schwab
Das Schlachtfeld v. Cannae, Progr. d. Wilhelms-
Gymn. in München 1897/8. Wilms Beil. d. Wil-
helms-Gymn. in Hamburg 1895. Fry Engl. bist.
Review XII (1897) 748ff. Hartwig Berichte d.
freien deutschen Hochstifts 1898 treten für das
rechte, Stürenhurg Progr. d. Thomasschule in
Leipzig 1883 und besonders Delbrück Gesch. d.
Kriegskunst I 291 ff. mit größerem Recht für das
linke Ufer ein). Nach einigen kleineren Gefech-
ten kam es zur Schlacht von Cannae, die mit
einer vernichtenden Niederlage der Römer endete
(Polyb. III 107, 1—118, 12. Liv. XII 34, 1-61,
15). Über den Kampf liegt ein ausgezeichneter
Bericht bei Polyb. 113ff. vor, den Delbrück
in letzter Linie auf H. selbst zurückführt; auch
Livius hat ihn benutzt und stellt die Sache
mit kleinen Abweichungen ebenso dar; die beste
Analyse der Schlacht, der man fast in allem zu-
stimmen kann, hei Delbrück I 281—304. Über
die Verluste lauten die Angaben sehr verschieden,
Polyb. III 117, 1 Technet 67 000 Mann an Toten
und 5630 Reiter, dazu 10000 Gefangene, die bei
der Einnahme des Lagers gemacht wurden, so
daß nur 3000 Mann zu Fuß und 370 Reiter ent-
kommen wären. Liv. XXII 49, 15 gibt 45 500
Mann Infanterie und 2700 Reiter als tot an; ge-
fangen sind nach ihm 3000 Mann und 1500 Reiter ;
von den 17000 Mann, die sich nachher im Lager
zusammenianden, sollen noch 6000 Mann ent-
nommen sein (vgl. c. 50, 11 und 52, 4). Umge-
kehrt wird H.s Verlust von Polybios auf 5700,
Hannibal
283$
von Livius auf 8000 angegeben, Liv. XXII 52, 4 r
Delbrück ist geneigt, den geringeren Angaben
des Livius Glauben zu schenken; richtig ist vor
allem seine Bemerkung (a. a. O. 297), daß die
Zahl der Entkommenen viel größer gewesen sein
muß, da die Römer aus ihnen zwei Legionen
bilden konnten.
Unmittelbar nach der Schlacht begann der
Abfall der Bundesgenossen, doch bezeichnet die
10 Liste bei Liv. XXII 61, 11—12 nicht die zunächst
Abgefallenen, sondern das Abfallgebiet in seiner
größten Ausdehnung. H. selber drang in Sam-
nium ein, nahm Compsa durch Verrat und machte
einen vergeblichen Versuch, sich Neapels zu be-
mächtigen. Dagegen schloß sich Capua ihm an
(Liv. XXIII 1—10, die Bedingungen Liv. XXHT
7, 1) , was den Abfall vieler anderer Städte zur
Folge hatte (Polyb. VII 1, 4). Nuceria und Acerrae-
eroberte er, während Nola und Casilinum ihm,
20 hauptsächlich durch Claudius Marcellus verteidigt'
widerstanden; dann bezog er die Winterquartiere
in Capua (Liv. XXIII 14, 5-18, 16). Was den
früh (schon bei Livius von Maharbal) gegen H.
erhobenen Vorwurf betrifft, daß er nicht sofort
nach der Schlacht einen Versuch auf Rom ge-
macht habe, so ist so viel jetzt allgemein zuge-
standen, daß H.s Heer dazu in keiner Weise aus-
reichte, ganz abgesehen davon, daß es doch auch
in der Schlacht gelitten hatte (vgl. Delbrück
30 309, der 20 000 Verwundete annimmt, was aller-
dings meines Erachtens viel zu hoch gegriffen
ist). Allenfalls genügten seine Truppen, Rom zu
zernieren, allein dies Unternehmen hätte nur dann
Aussicht auf Erfolg gehabt, wenn die karthagische
Flotte die See beherrscht hätte, woran kein Ge-
danke war. Endlich lag eine Belagerung Roms
in diesem Zeitpunkt durchaus nicht in H.s Kriegs-
plan, der erst den italischen Bund zertrümmern
wollte, wozu jetzt die beste Aussicht vorhanden
40 war. So begnügte er sich damit, eine neue und
viel günstigere Operationsbasis in Unteritalien
gewonnen zu haben, die ihm Verbindungen nach
allen Seiten, vor allem mit der Heimat, gewährte.
Quellen: Mit der Schlacht von Cannae bricht
die zusammenhangende Erzählung des Polybios
in Buch Hl ab, auch Livius schließt mit ihr sein
XXII. Buch, was schwerlich Zufall ist. Für das
Verhältnis beider Schriftsteller gilt das oben Ge-
sagte, Wenig Neues bietet Plutarch im Leben
50 des Fabius und des Marcellus: er beruft sich
auf Livius, benutzt aber wohl eine Livius sehr
nahestehende Erzählung und hat seiner Gewohn-
heit nach auch noch einiges aus andern Schrift-
stellern, z. B. Poseidonios, angefügt. Ziemlich
wertlos ist Appians Bericht, wie das D e 1 b r ü c k
an der Schlacht von Cannae nachgewiesen hat
(29807), und das Gleiche gilt von den übrigen
Darstellungen bei Xep. Hann. 4 ff. Uro?. Eutr.
Zonaras. Interessant ist die Notiz bei Macrob.
60Sat. I 16, 26, wonach Q. Claudius (doch wohl
Quadrigarius, der nach Liv. XXV 10, 2 die An-
nalen des Acüius aus dem Griechischen über-
setzte) als Schlachttag a. d. IV Non. JSexL, d.h.
also den 2. August, angab. Wenn das richtig
sein sollte, so müßte H. noch später, nicht vor
Ende Juni, die Winterquartiere von Gereonium
verlassen haben , da die Ereignisse von da bis
zur Schlacht nach der Darstellung bei Livius
Zööi
xianniDai
und Polybios kaum mehr als einen Monat erfordert
haben können. Vareses Versuch (Cronologia Ro-
mana 28 und 280ff.), die Schlacht in den Sep-
tember hinabzurücken, scheitert daran, daß dann
Polybios sie nicht im III. , sondern im VII. Buch
erzählt haben würde, wo Capuas Abfall berichtet
wird. Offenbar fiel die Schlacht kurz vor das
Ende der 140. Olympiade, also spätestens An-
fang August. Neuere Darstellung Neumann-
Faltin 327—363.
4. Der Krieg in Italien bis zur Schlacht
am Metaurus (215—207). Übersicht. Das
J. 215 zeigt H. auf dem Gipfel seiner Macht,
die süditalischen Bundesgenossen fielen ihm zu,
das Bündnis mit Makedonien, der Tod Hierons
von Syrakus erweckten die vorteilhaftesten Aus-
sichten für die Zukunft; nur in Spanien hatten
die Römer einige Vorteile erzielt. Allein sofort
erfolgte der Niedergang, da die Heeresleitung in
Karthago, anstatt den besten Feldherrn, den sie
hatte, an der wichtigsten Stelle zu unterstützen,
ihre Kraft auf die Nebenkriegsschauplätze zer-
splitterte. Dadurch gelangten die Römer in die
Lage, den Vorteil der überlegenen Volkskraft für
sich auszubeuten: H.s Untätigkeit in den 3. 214
—212 zeigt deutlich, wie er durch die geringe
Stärke seines Heeres, das nur einmal einen ganz
geringen Ersatz von Karthago erhielt, an einer
energischen Kriegführung verhindert ward. So
vermochte er Capua nicht zu entsetzen, und damit
tiel sein eigentlicher Plan, die Zertrümmerung
des italischen Bundes , in sich zusammen. Die
letzte Hoffnung beruhte nun darauf, daß er durch
Hasdrubal noch einmal aus Spanien Verstärkung
bekam — wahrscheinlich hatte dieser Gedanke
schon im ursprünglichen Kriegsplan der Karthager
gelegen. Mit seinem Mißlingen war die letzte
Aussicht geschwunden; insofern ist die Schlacht
am Metaurus die Entscheidungsschlacht des ganzen
Krieges.
Im Herbst und Winter, während H.s Heer in
Capua in den Winterquartieren lag, eroberte sein
Unterfeldherr Himilkon Bruttium (Liv. XXIII 30,
1—9, vgl. das Bruchstück des Polyb. VII 1, 3
— 4 über die Belagerung von Poetelia). Im An-
fang des Sommers bezog H. ein Lager auf dem
Berge Tifata, wo ihn die Gesandten Konig Phi-
lipps nach mancherlei Fährlichkeiten erreichten
(Liv. XXIII 33, lff.). Mit diesem schloß er ein
Bündnis, dessen Bedingungen Liv. XXIII 33, 10
— 12 angibt; es ist interessant, daß der von Polyb.
VII 9, 1 — 17 ausführlich mitgeteilte Eid H.s
außer den allgemeinen Versicherungen gegensei-
tiger Hilfeleistung nur die Bestimmung enthält,
daß im Fall des Sieges die illyri.schen Besitzungen
der Römer Philipp zufallen sollen (vgl über das
Verhältnis beider Berichte Egelhaaf Hist. Ztschr.
X. F. XVII 456). Im übrigen setzte H. seine Be-
mühungen fort, einen Seehafen zu gewinnen, in-
dessen mißlang der Anschlag auf Cumae, und H.
ging in das Lager auf dem Tifata zurück, wo er
eine neue Gesandtschaft Philipps antraf, da die
erste bei der Rückkehr von den Römern abge-
fangen war (Liv. XXII 39, 1 — 4). Alsdann brach
er gegen Marcellus in Nola auf, während gleich-
zeitig Hanno, der an Himükons Stelle getreten zu
sein scheint, aus Bruttium anrückte (Liv. XXITT
43, 5-6). Nach einem unglücklichen Treffen unter
P«üy-Wi8Sowa-KroU VII
muiniuai 20oo
den Mauern der Stadt (Liv. XXIII 44, 3—46, 5.
Plut. Marc. 9 — 12), dessen Bedeutung in der römi-
schen Überlieferung gewaltig aufgebauscht worden
ist, sandte er Hanno nach Bruttium zurück, er
selbst ging nach Arpi in die Winterquartiere (Liv.
XXIII 46, 8. XXIV 3). Während des Sommers —
die Zeit ist ungewiß, s. den Art. Hieronymos —
wahrscheinlich aber noch in Campamen empfing
er die Gesandtschaft des Königs Hieronymos, der
10 durch den Tod seines Großvaters Hieron zur Re-
gierung gelangt sofort Verhandlungen mit H.
anknüpfte. Dieser sandte aus a ein er Umgebung
H, (s. Nr. 9) den Trier archen, Hippokrates und
Epikydes nach Syrakus, um dort die karthagische
Sache zu fühien (Polyb. Vn 2, Sff. Liv. XXIV
6, 1). Hingegen blieben die ihm zugedachten
Verstärkungen aus, sie waren mit seinem Bruder
Mago nach Spanien und ein zweites bedeutendes
Korps nach Sardinien dirigiert worden. Nur ein
20 kleines Korps numidischer Reiter landete in Süd-
italien und vereinigte sich mit den Truppen des
dort operierenden Hanno (Liv. XXIII 41, 10 — 12);
vielleicht sind dies die c. 13, 7—8 erwähnten
4000 numidi scheu Reiter.
Auf die Nachricht, daß die Römer damit Sum-
gingen, Capua zu belagern, brach H. im Früh-
jahr (Liv. XXIV 12, 3) von Arpi auf und bezog
sein altes Lager auf dem Tifata. Hier empfing
er ein paar vornehme Taren tiner, die ihm die
30 Stadt in die Hände zu spielen versprachen. H.
beschloß, ihnen zu folgen, versuchte indes ver-
geblich, vorher noch Puteoli und Nola zu über-
rumpeln (Liv. XXIV 13. 17). Vor Tarent ange-
langt, erkannte er, daß die Römer ihm zuvor-
gekommen, waren, und bezog in Salapia die Win-
terquartiere (Liv. XXIV 20). Hier erhielt er im
Sommer 213 die Nachricht, daß der Consul Fa-
bius Arpi durch Verrat genommen habe, wobei
beinahe 1000 Spanier zu den Römern überge-
40 gangen waren (Liv. XXIV 45—47); weiteres er-
wähnen unsere Quellen in diesem Sommer über-
haupt nicht. Nach Liv. XXV 1 soll H. den Sommer
über untätig in der Nähe von Tarent gelegen
haben, in der Hoffnung, sich dieses für ihn un-
mein wichtigen Hafens zu bemächtigen. In der
Tat gelang es ihm, durch den Verrat einiger
vornehmer Tarentiner die Stadt zu gewinnen,
wobei freilich die Burg in den Händen der Römer
blieb (Polyb. VIII 24, 3—34, 15; darnach Liv.
50 XXV 7 — 11 , der nur die wenig rühmliche Rolle
verschweigt, die der römische Stadtkommandant
C. Livius bei der ganzen Sache spielte). Nach
Polyb. VIII 34 (36) fand die Einnahme während
des Winters statt also entweder Ende 213 oder
Anfang 212 ; daher das Schwanken der Autoren,
das Livius XXV 11 fin. erwähnt. Wenn er selber
sich für 212 entscheidet, so steht dies mit seiner
eigenen Angabe XXVII 25 in Widerspruch, wo
nach Livius die Burg fünf Jahre lang, bis zur
60 Wiedereinnahme der Stadt durch Fabius (209) ge-
halten habe.
Die Untätigkeit H.s während der J. 214/3
und die gleichzeitigen Erfolge der Scipionen in
Spanien haben offenbar denselben Grund, der uns
nur aus einer flüchtigen Erwähnung bei Appian.
Iber. 15 bekannt ist: den schweren Krieg Kartha-
gos mit Syphai von Numidien, zu dem Hasdru-
bal aus Spanien abgerufen ward und der erst im
74
2339
Haimibal
Hannibal
2340
Laufe dee J. 213 beigelegt ward. Mit dem J. 212
begann auf beiden Kriegsschauplätzen, in Spanien
wie in Italien, der Krieg von neuem. Auf den
Hilferuf der Campaner sandte H. zunächst seinen
General Hanno aus Bruttium, um die Campaner
zu verproviantieren (Liv. XXY 13); nach dessen
Niederlage bei Benevent (Liv. XXIY 14, 1 —16, o,
vgl. Varese a. a. 0. 240ff.) folgte im Frühjahr
212 (nach Liv. XXV 15 frumenta iam in herbü
Karthago hauptsächlich für den Krieg in Spanien
gerüstet ward (Liv. XXVLT 5). Gleich im Früh-
jahr des folgenden J. 209 (Liv. XXTII 12 vH
primus in agris pabuli copia fuit) warf sich
Marcellus wieder auf H., um dessen Aufmerksam-
keit von Tarent abzulenken, gegen das der andere
Consu.1, Fabius Maximus, einen Handatreich plante.
In der Nähe von Canusium kam es zu einer
dreitägigen Schlacht (Liv. XX YII 12—14, nach
erant, also zweite Hälfte des Mai) ein Hilfskorps 10 Plut. Marc. 25f. dauerte sie nur zwei Tage), die
von 2000 Numidiern, wahrscheinlich unter Hanno
und Bostar (Liv. XXV 15 vgl. mit Appian. Hann.
36 und Liv. XXVI 12). Inzwischen belagerte er
die Burg von Tarent (Appian. Hann, 33) vergeb-
lich, gewann aber unmittelbar darauf Metapont
und Thurioi (Liv. XXV 15, nach Appian. Hann.
34f. auch Herakleia). Nach dem Fall des Tib.
Sempronius Gracchus (Liv. XXV 17) brach er
nach Campanien auf, lieferte den Consuln ein un
zuerst unentschieden blieb, am zweiten Tage siegte
H. ; am dritten angeblich wieder Marcellus, aber
mit sehr schwerem eigenem Verlust, worauf H.
nach Bruttium abzog (Liv. XXVII 15). Inzwischen
ging Tarent an Fabius verloren (Liv. XXVII 15f.
Plut. Fab. 21—23), H., der in Eilmärschen aus
Bruttium herbeieilte , kam zu spät , vermochte
aber noch Metapont zu retten. In der Nähe muß
er überwintert haben, um gleichzeitig Fabius in
entschiedenes Gefecht (Liv. XXV 19) und verfolgte 20 Tarent und Marcellus in Yenusia in Schach zu
den abziehenden Claudius nach Lucanien. Hier
vernichtete er das Heer des M. Centenius Paenula
und unmittelbar darauf das des Praetors Cu. Ful-
vius bei Herdonea (Liv. XXY 21, 1—10, nach
Yarese a. a, O. 282 eine Dublette der Schlacht
bei Herdonea von 210), während ein abermali-
ger Versuch auf die Burg von Tarent und ein
zweiter auf Brundusium mißlangen (Liv. XXV
22), worauf H. die Winterquartiere bezog. Im
halten (Liv. XXVII 20. 22, nach Plut. Marc. 26
extr. bezog dieser bei Sinucssa in Campanien die
Winterquartiere). Als im Frühjahr 208 der neue
Consul Crispinus Lokroi angriff, zwang H. ihn,
die Belagerung aufzuheben, und folgte ihm bis zu
seiner Vereinigung mit Marcellus bei Yenusia.
Zwischen den drei römischen Heeren stehend, ge-
lang es ihm, zuerst der Besatzung von Tarent, die
zur Belagerung von Thurioi auszog, eine schwere
Frühjahr 211 brach er auf, um endlieh Capua 30 Niederlage beizubringen (Liv. XXVII 27), bald
zu entsetzen und schlug sein Lager angesichts
der römischen Befestigungen am Tifata auf. Aber
der Sturm auf das Lager des Appius mißlang
(Polyb. IX 3, 1—4, 6. Liv. XXVI 4-6 nennt
gerade Fulvius); offenbar hatte H. nicht ge-
nügend Truppen, die römische Stellung zu
forcieren. Deswegen entschloß er sich , um die
Consuln von Capua fortzulocken, zum Marsch auf
Rom , wohin er durch Samnium auf einem Um-
wege (Polyb. IX 5, 8, nach Liv. XXVI 8 extr. 40
auf der Via Latina) gelangte. Am Anio, drei
Milien vor der Stadt, schlug er ein Lager auf
und kam auf einem Rekognoszierungsritt bis
vor die Tore Roms: da aber sein Heer bei weitem
nicht ausreichte, die Stadt zu belagern oder gar
einen Sturm zu wagen, so blieb ihm nichts anderes
übrig, als abzuziehen, zumal der Zweck der ganzen
Diversion, die Aufhebung der Belagerung von
Capua, nicht erreicht war. Beim Abzug nach
darauf legte er den Consuln einen Hinterhalt, wo-
bei Marcellus getötet, Crispinus tödlich verwundet
und zum Rückzug nach Campanien gezwungen
war (Liv. XXYII 28f. Plut. Marc. 29. 30). Viel-
leicht fallt in diese Zeit der bei Appian. Hann. 49
erwähnte Einbruch nach Campanien , wobei er
die Einwohner von Atella nach Thurioi verpflanzte.
Dann entsetzte er abermals Lokroi und über-
winterte im Tarentmischen (Liv. XXYII 40).
Vielleicht hat sich H.s Genialität niemals
glänzender gezeigt, als in diesen Jahren, wo er,
eingeklemmt zwischen den numerisch weit über-
legenen Heeren der Römer, trotzdem seine Über-
legenheit im Felde behauptete und bald hierhin,
bald dorthin vernichtende Schläge austeilte : seine
Lage ähnelt in mancher Hinsicht der Friedrichs
d. Gr. nach der Niederlage von Kunersdorf. Und
endlich begannen sich auch die Folgen dieses
mit beispielloser Zähigkeit geführten Kampfes
Süditalien fügte er der ihn verfolgenden Besatzung 50 geltend zu machen. Nach Polyb. LX 44, 1 — 4
Roms noch eine empfindliche Schlappe zu (Polvb.
IX 5—7, 9. der Bericht bei Liv. XXVI 8, 1—11, 1
ist völlig unbrauchbar, vgl. H. Haupt Melanges
Graux 1884. 23ff.)- Er scheint im Tarentinischen
überwintert zu haben.
Im Frühjahr 210 verlor H. Salapia (Liv. XXVI
38. Appian. Hann. 45 — 47) und einige kleinere
samnitische Plätze an Marcellus . was indessen
durch seinen Sieg über den Proconsul Cn. Fulvius
herrschte im J. 210 eine derartige Teuerung in
Italien, daß sich der Senat genötigt sah, von Pto-
lemaios Philopator Hilfe zu erbitten. Liv. XXYII
4, 10 hat den eigentlichen Zweck verschwiegen
und eine einfache Ehrengesandtschaft daraus ge-
macht. Im folgenden Jahre, 209, wurden zwölf
launische Kolonien schwierig (Liv. XXVII 9-10 ;
warum die Erzählung legendarischen Charakter
tragen soll, vgl. Niese Rom. Geschichte-* 125,
Centumalus bei Herdonea mehr als ausgeglichen GO 3, ist nicht abzusehen) ; auch in Etrurien be-
ward (Liv. XXVII 1. Plut. Marc. 24). Später
kämpfte er unentschieden mit Marcellus bei Nu-
mistro (Liv. XXYII 2. Plut. Marc. 24) und zog
sich darauf nach Apulien zurück, wo er Winter-
quartiere bezog, da es bereits spät im Jahre war.
Seine Untätigkeit erklärt sich auch diesmal aus
der numerischen Schwäche seines Heeres; Ver-
stärkungen waren abermals nicht verfügbar, da in
gannen Unruhen (Liv. XXVII 8), die sich 208
in erhöhtem Masse wiederholten (Liv. XXYII 24).
Inzwischen hatte Hasdrubal bei Baecula sich aller-
dings mit schweren Verlusten durchgeschlagen;
im Winter 208 stand er in Südgallien, im Früh-
jahr wollte er die Alpen überschreiten. Alles
drängte zur Entscheidung. H., im allgemeinen
von den Absichten seines Bruders unterrichtet,
2341
Hannibal
Hannibal
2342
Torach im Frühjahr 207 aus den Winterquartieren
auf, zog zunächst alle verfügbaren Truppen
aus Bruttium zusammen und erzwang bei Gru-
mentum in Lucanien gegen Claudius Nero den
Durchzug (Liv. XXVII 41 , der natürlich wieder
von einem römischen Siege zu berichten weiß).
Dann zog er noch die Besatzung von Metapont
heran und rückte nach Canusium vor, wo er Clau-
dius Nero gegenüber zunächst Halt machte, um
es ihm beliebte, ohne daß die an Zahl weit über-
legenen Feinde ihn daran zu hindern wagten. So
bleibt nichts übrig als einzugestehen, daß wir
die Motive nicht kennen, die H. bewogen, bei
Canusium stehen zu bleiben ; wer an historischen
Analogien Gefallen findet, mag sich, daran er-
innern, daß auch Napoleon gerade im kritisch-
sten Moment seiner Feldherrnlaufbahn, zwischen
seinem Sieg bei Dresden und der Völkerschlacht
weitere Nachrichten von Hasdrubal zu erwarten 10 bei Leipzig, eine solche Periode fast lethargischer
(Liv. XXVn 42). Allein dessen Boten waren im
Gebiet von Metapont aufgefangen und dem Con-
sul Claudius Nero ausgeliefert, der nun den kühnen
Entschluß faßte, mit 6000 Mann Kerntruppen
dem Kollegen zu Hilfe zu kommen und den Rest
H. gegenüber in fester Stellung stehen zu lassen
(Liv. XXYII 48); er war auch nach dem Abzug
H. ? der schwerlich mehr als 15 000 Mann hatte,
immer noch um das Doppelte überlegen (vgl.
Untätigkeit durchlebt hat, die vielleicht auf sein
körperliches Befinden zurückzuführen ist (vgl. A.
Fournier Napoleon I. III IGOff.).
Quellen: Von der Schlacht von Cannae ab,
mit der Polybios drittes Buch abschließt, bildet
der zusammenhängende Bericht des Livius in den
Büchern XXIII— XXYII die Grundlage der Dar-
stellung. Von Polybios ist gerade genug erhalten,
um den geringen Wert der Livianischen Darstel-
Lehmann Die Angriffe der drei Barkiden 265f.). 20 lung erkennen zu lassen; man vergleiche beispiels-
Der Plan gelang ; Ende Juni erlag am Metaurus
Hasdrubal der Übermacht. H, erfuhr von der
Schlacht erst durch das Haupt des Hasdrubal,
das Claudius ihm zuwerfen ließ, und zog sich
nun ins Gebiet von Bruttium zurück, wo er seine
Kräfte konzentrierte. So der Bericht des Livius,
der allerdings, besonders in den Kapiteln 40-42
vollkommen wirr erscheint. Die vielen Kreuz- und
Querzüge, die Livius hier H. zuschreibt, mögen
weise den kurzen, nüchternen Bericht des Grie-
chen über H.s Marsch auf Rom mit der legenden
haften Ausschmückung, die Livius den Ereig-
nissen gegeben hat. Auf seine Parteilichkeit, mit
der er gewisse, den Römern ungünstige Einzel-
heiten verschweigt, ist ebenfalls schon hinge-
wiesen. Sehr hübsch hat Streit in seiner oben er-
wähnten Schrift auf die Lügenhaftigkeit der Be-
richte über die Verlustzahlen des karthagischen
übrigens zum Teil mit der Konzentration seiner 30 Heeres aufmerksam gemacht : wenn man die An-
Truppen zusammenhängen ; sie völlig verständlich
zu machen, ist auch Lehmann nicht gelungen
(237—254). Die Hauptfrage bleibt immer die: wie
war es möglich, daß H. sich durch einen so
plumpen Streich täuschen ließ, zumal die Ab-
wesenheit des Consuls sicher nicht 12 Tage, wie
Livius meint, sondern mindestens 20 Tage ge-
dauert haben muß (Lehmann 248rT.), und ruhig
bei Canusium stehenblieb? Lehmanns eigene
gaben des Livius addiert, so kommen für die Jahre
215-203 über 120 000 Mann heraus, d. h. beinahe
dreimal so viel als H. jemals nach Cannae an Sol-
daten zusammen gehabt hat. Auch unterliegt es
keinem Zweifel, daß sich mehrfach Dubletten bei
ihm finden, indem er nach verschiedenen Quellen,
ohne es zu merken, mehrmals dasselbe berichtet :
die dreimalige Niederlage H.s vor Nola ist viel-
leicht das treffendste Beispiel. Im ganzen ist es
Vermutung, er sei gar nicht stehen geblieben, 40 um unsere Kenntnis des italischen Krieges nach
sondern am Adriatischen Meer bis zur Aternus-
mündung vorgerückt, beruht nur auf einer Zeit-
bestimmung des in solchen Dingen sehr unzu-
verlässigen Livius und findet in unser n Quellen
nicht die geringste Stütze (249ff.). Annehm-
barer erscheint auf den ersten Blick Yareses
Erklärung (Cronologia 304f.), der die Schlacht in
den Anfang November setzt: nach ihm glaubte
H. infolge der vorgerückten Jahreszeit und des
Cannae nur mäßig bestellt, wo wir auf Livius
allein angewiesen sind. Die übrigen ihm ver-
wandten Quellen ergeben ebenfalls nicht viel
brauchbares Material; von Diodor ist sehr wenig
erhalten, Nepos behandelt diese Periode sehr
summarisch, und das gleiche gilt von Eutropius,
Orosius und Zonaras (Cassius Dio), der hier nur
dann und wann etwas Eigenes hat, wie z. B. bei
der Niederlage des C. Centenius. Eine besondere
Ausbleibens jeglicher Nachrichten von Hasdrubal, 50 Stellung nimmt Plutarch im Marc, und Fab. Mas.
daß dieser den Plan der Vereinigung für dies
Jahr aufgegeben habe; er zog sich also nach
Metapont in die Winterquartiere zurück, und nun
erst erfolgte Claudius Neros Abmarsch nach Nor-
den. Aber ganz abgesehen davon, daß die An-
setzung der Schlacht in den November schweren
Bedenken unterliegt (Yarese 2 09 ff. vgl. mit Leh-
mann 195ff., der sich mit Soltau für das über-
lieferte Datum 22./23. Juni ausspricht, während
ein. Im ganzen deckt sich seine Darstellung mit
der des Livius; charakteristisch ist die Neigung
zu einer gewissen novellistischen Art der Erzäh-
lung mit häufiger Verwendung der direkten Rede
(Marc. 10 die Geschichte von L. Bantius, auch
von Liv. XXIII 15, 7 — 16, 2 übernommen, Fab. 21
die Vorgänge beim Verrat Tarents), die an einer
Stelle buchst eigentümlicherweise auch bei Ap-
pian in der Geschichte von Dasius und Blattius
Oehler sie in den April setzt, vgl. den Art. Has- 60 (Hann. 45 -48) wiederkehrt. Bei Liv. XXVI
drubal), steht auch von dem Rückzug H.s nichts
in den Quellen : alle fassen die Sache so auf, daß
er ruhig in Canusium stehen geblieben ist. Schließ-
lich könnte man ja vermuten, daß H. durch die
überlegenen Streitkräfte der Gegner in Süditalien
festgehalten wäre ; allein der Verlauf der ganzen
Erzählung, auch bei Livius, zeigt doch, daß H.
vollkommen das Feld behauptete und hinzog, wo
ist diese rein referierend wiedergegeben ; es scheint
danach, als ob in allen diesen Fällen Plutarch.
Appian und Livius auf dieselbe Quelle zurück-
gehen, die noch nicht ermittelt ist (vielleicht deT
bei Plutarch sowohl im Marc, wie im Fab. mehr-
fach angeführte Poseidonios'?). Neuere Dar-
stellungen: Neumann-Faltin Das Zeitalter
der panisch. Kriege 374 — 478, Niese Grundr,
2343
Hannibal
Hannibal
2344
der röm. Gesch.* 116fF. Über den Feldzug des Sempronius, mußte aber, als dieser den Proconsul
J. 207 vgL R. Oehler Der letzte Feldzug des Crassus heranzog, sich vor den überlegenen Streit-
ging (Liv .
ratur berücksichtigende Arbeit von Konr. Leh- Appian. Hann. 56), Um sich gegen das Umsich-
mann Die Angriffe der drei Barkiden auf Italien greifen des Abfalls (Liv. XXX 19) zu schützen
(1905, 190ff.). In betreff der Chronologie ist und sich einen neuen Stützpunkt zu schaffen,
in erster Linie neben den älteren Arbeiten von verpflanzte H. die treugebliebenen Bewohner von
Matzat Köm. Chronologie 1883/4, Holzapfel 10 Petelia und Thurioi nach Kroton, das nun Haupt-
Köm. Chronologie 1885, Matzat Zeittafeln für waffenplatz ward (Appian. Hann. 57). Hier kam
die J. 219 bis 201, 1880, Soltau Röm. Chronol. es im Sommer 203 noch einmal zu einem Kampf
1889, Unger in J.Müllers Handb. Bd. I 3 779 mit den Römern, dessen Ausgang nach Liv.
besonders das bereits oben erwähnte Buch von XXX 19 ungewiß war, was wohl eine Nieder-
Varese Cronologia Romana 1909 zu vergleichen. läge verschleiert. Inzwischen aber hatte sich die
Varesc glaubt daß der damalige römische Kaien- Lage der Karthager durch Seipios Erfolge derartig-
der drei bis vier Monate gegen die natürliche verschlimmert, daß sie H. zum Feldherrn mit
Jahreszeit im Rückstand war, daß also die Con- unbeschränkter Vollmacht ernannten (Appian. Lib.
suln tatsächlich nicht im März, sondern erst etwa 31) und ihn aus Italien abriefen. Eine Flotte
im Juli ihr Amt antraten. Hieraus ergeben sich 20 (nach Appian. Hann. 58 unter Hasdrubal , Sohn
seiner Ansicht nach eine Reihe von Verschiebungen, des Geskon, der aber nach Lib. 36 damals aus
die sich zum Teil noch aus den in der Erzählung Karthago verbannt war), erschien in Italien, um
verwobenen natürlichen Jahrangaben erkennen die Überfahrt des Heeres zu sichern; von den bei
lassen ; übrigens nimmt er keinen Anstand, wenn seinem Abschied aus Italien verübten Grausam-
diese natürlichen Jahreszeitangaben mit seiner leeiten H.s weiß nur die spätere Überlieferung-
Theorie nicht übereinstimmen, sie für sekundär, (Diod. XXVII 9. Appian. Hann. 58-60), nicht
d. h. aus der Berechnung des betreffenden Schrift- Livius (XXX 19) zu erzählen. Nach sechzehn-
stellers entsprungen zu erklären. Eine Haupt- jährigen Kämpfen im Lande (Liv. XXX 28. Ap-
stütze seiner Ansichten findet er in den Trium- pian. Hann. 60. Polyb, XI 19, 3; wenn er in
phalfasten,- CIL 12 43ff. (besonders herausgegeben 30 dem Rückblick XXIII 13 von 17 Jahren spricht,
von G. Schön Abh. arch.-epigr. Seminars Wien so hat er die gesamte Kriegsdauer im Auge, eben-
1893), die indessen manchen Forschern wieXiese so Diod. XXIX 19), also im Laufe des Sommers
Röm. Gesch. 4 11 als späteren Ursprungs und aus 202 verließ H. Italien und landete nach kurzer
den jüngeren Historikern entlehnt gelten. Vor Überfahrt wohlbehalten mit dem Heer in Africa,
allem nimmt er an, daß seit Mitte des Krieges nach Liv. XXX 25 in Lcptis, nach Diod. XXVII
die Consuln meist erst im zweiten Sommer des 10. Appian. Lib. 33 in Hadrumetum, wohin er
von Juli bis Juli reichenden Consulatsjahres ins erst von Leptis gelangt sein müßte. Hier ver-
Feld zogen. Im einzelnen sind die Abweichungen stärkte er sich durch ein nuniidisches Reiterkorps-
gegen die herkömmliche Chronologie ziemlich (Polyb. XV 35, vgl. Diod. XXVII 10 = Appian.
stark; so setzt Varese die Trcbiaschlacht April 40 Lib." 33) und rückte dann Scipio nach Zama ent-
218, die Schlacht am Trasimenus Anfang August gegen. Ob die bei Appian. Lib. 37—39 erzähl-
217, die bei Cannac September 216, den Abmarsch ten Ereignisse, wonach H. noch einmal durch
Hasdrubals aus Spanien April 207, die Schlacht Masinissa den Frieden vermittelt, dann aber vom
am Metaurns November 207. endlich die Schlacht Volke gezwungen wird, doch loszuschlagen, auf
bei Zama etwa Marx 201. Im einzelnen unter- Wahrheit beruhen, ist sehr zweifelhaft: die Ge-
licgen diese Ansätze mannigfachen Bedenken, die schichte mit dem Reitertreffen vor Zama, in dem
zum Teil schon im vorhergehenden angedeutet sind. Scipio siegt (Appian. Lib. 36), sieht bedenklich.
5. Das Ende des Krieges. Hannibal als nach Valerius Antias aus (vgl. Liv. XXX 29).
Feldherr. Nach der Niederlage seines Bruders Allzuviel Zeit scheint zwischen der Ankunft in
zog sich H. auf Bruttium zurück; aus den beiden 50 Afrika und der Schlacht nicht stattgefunden zu
nächsten Jahren wird nur berichtet, daß Hunger haben, da sie jedenfalls noch in das J. 202. Ende
Syphax' Sohn . fand primis Saturnalibus statt (Li 1
nach Sardinien verschlagen, wo sie größtenteils XXX 36j. Varese allerdings verschiebt nach
in die Hände der Römer geriet (Appian. Hann. seiner Theorie, daß damals der offizielle römische
54 = Coelius Antip. bei Liv. XXVIII 46, auch Kalender um vier Monate zurück war, die Schlacht
die Gesamtzahlen stimmen). Vorwiegend hielt in den Anfang April 201 (Crom Rom. 54), kann
sich H. bei Locri und beim Tempel der Hera sich aber nur auf eine Notiz des wenig zuver-
Lacinia auf. wo er damals die große punisch- 60 lässigen Zonaras (IX 14, 441c) stützen, wonach
griechische Inschrift herstellen ließ (Liv. XXVIII Scipio zur Schlacht roü Zaoag eTzddftipavtos auf-
46). Durch den Friedensschluß der Römer mit brach.
Philipp 205 ward seine Lage weiter verschlimmert. Ende November 202 also lagen sich die beiden
Magos (s. d.) Diversion nach der ligurischen Küste Heere bei Zama gegenüber. Es gab zwei Orte
nützte ebenfalls nichts : im Winter ging durch dieses Namens, der eine, ostliche, nicht weit von
einen Handstreich Seipios von Sizilien aus Lokroi Karthago, der zweite, westliche, bei dem numidi-
verloren (liv, XXIX 6—7. Appian. Hann. 55). sehen Orte Naraggara. Die Nachricht, daß die
Im folgenden Sommer besiegte R den Consul Schlacht fünf Tagemärsche von Karthago (Liv.
2345
Hannibal
Hannibal
2346
XXX 29, nach Westen zu Polyb. XV 5, 3) ge-
legen habe, gibt für das östliche Zama den Aus-
schlag (vgl. über den Ort Mommsen Herrn. XX
144. Tissot Geographie comparöe de Tancienne
DT 571. 577/ Joh. Schmidt Rh. Mus.
vollständig zurücktritt. An seineT Stelle erscheint
die Umfassungsschlacht mit Umgehung auf beiden .
Flügeln, wie sie zuerst im Keim in Alexanders
Treffen gegen Porös enthalten ist. Ihre voll-
Afrique II 571. 577/ Joh. Schmidt Rh. Mus. kommenste Ausbildung hat sie, wie Delbrück
XLIV 1889, 397ff. v. Wittinghausen Wien. richtig erkannt hat (a. a. O. 281ff.), bei Cannae
Stud. XIX 1897, 282ff.). Die Lesart Naraggara, gefunden, wo die Kavallerie , der sonst die Um-
auf die Konrad Lehmann (Der letzte Feldzug . gehung zufällt, noch durch den Seitenangriff des
des Hannib absehen Krieges, N. Jahrb. Suppl. XXI Fußvolks unterstützt wird, was dann zu völliger
527f., auch separat, Leipz. 1894) und Delbrück 10 Einkreisung und Vernichtung des Feindes geführt
(Gesch. der Kriegskunst I 345ff.) ihre gegenteilige hat. Indessen sind schon die Schlachten am Ti-
Ansicht gründen, steht nur in einer Handschrif- cinus und an der Trebia ähnlich als Umfassungs-
tenklasse bei Liv. XXX 29, 9; der Puteanus hat schlachten gedacht, nur daß das System hier
nareara, auch bei Polyb. XV 5, 14 steht ftaoya- noch nicht in so künstlerischer Vollendung wie
qgv. Unmittelbar vor der Schlacht fand eine bei Cannae erscheint (Delbrück a. a. O. 303).
Unterredung der beiden Feldhcrrn statt (Polyb. Scheinbar als etwas ganz Neues tritt dazu nun
XV 6, 1—8. 14. Liv. XXX 30. 31, kürzer Appian. die Erfindung ,der Treffentaktik bei Zama, die
Lib. 39), die indessen ergebnislos blieb. Am Tage Delbrück ebenfalls zuerst klar erkannt und dar-
darauf erfolgte die Schlacht, die nach hartem gestellt hat (334ff.). Allein sie ist aus dem Prin-
Kampf mit der Niederlage H.s und der Vernich- 20 zip der Umgehung organisch entwickelt : das
tunff seines Heeres endete: die Entscheidung zweite Treffen hat, infolge des Mangels an leich-
biachte der Rückenangriff der von Laelius und ter Keiferei, dem H. ohne Erfolg abzuhelfen be-
Masinissa geführten, weit überlegenen Eeiterei müht war, eben die Bestimmung, seitwärts aus-
(Polvb. XV 9,1—16,6. Liv. XXX 32—34 und gezogen zu werden und nun seinerseits den Flanken-
der unbrauchbare Bericht Appians Lib. 40—47; angriff auszuführen. Bemerkenswert ist, daß Scipio
beste neuere Darstellungen bei Lehmann und dieser taktischen Wendung sofort mit demselben
Delbrück a. a. O.). Nur mit wenigen Reitern Manöver begegnet, was Delbrück a. a. Ö. 338
entkam H. nach Hadrumet (Polyb. XV 15, S. für eine geniale Eingebung des Moments zu halten
Liv. XXX 35 ; die übertriebene Entfcrnungsan- scheint. Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich,
gäbe 3000 stad. = 560 km hat erst Appian. Lib. 30 da sich derartige Bewegungen nicht improvisieren
47). wo er einen Teil seines Heeres zurückgelassen lassen, und auch bei H. war es nicht das erstemal,
hatte. Dann eilte er nach Karthago und riet daß er dies Manöver anwandte. Wie die Erfolge
selber zum Frieden (Polyb. XV 19, 1—9. Liv. der Scipionen in Spanien viele Iberer in seinem
XXX 37), den er auch durchsetzte. Heere unzuverlässig gemacht hatten (Appian. Hann.
Quellen: Der Bericht des Livius, mit den 30, vgl. Liv. XXV 30. 49), so scheint auch der
Bruchstücken des Polvbios ; die schlechtere Fassung, Numiderkrieg des Syphax gegen Karthago (ca. 21 5
wesentlich auf römischen Annalisten wie Coelius —213) für H. verderbliche Folgen gehabt zu haben
und Valerius Antias beruhend, bei Diod. XVII und (Zonar. IX 3, 422 D): bereits 211 gab es nach
Appian. Hann. und Lib. ; Nepos und lustin geben Liv. XXVI 10 gegen 1200 numidische Überläufer
nur kurze Notizen. Neuere Darstellungen außer 40 in Korn, und rechnet man Verluste, wie den von
den genannten Neumann-Faltin 506—550. Salapia, mit wo 500 numidische Reiter vernichtet
Zielinski Die letzten Jahre des 2. punischen wurden, so kann man sich leicht berechnen, daß
Krieges. Leipzig 1880. von den glänzenden Reiterschwadronen, die zuerst
Über das Feldherrngenie H.s hat im Alter- auf italischem Boden H.s Überlegenheit begründe-
tum nur eine Stimme geherrscht: Polvbios ergreift ten, schon fünf Jahre später nicht allzuviel vor-
iede Gelegenheit, sein Lob zu singen (IX 22, 1. handen war. Es ist also wohl anzunehmen,
XI 19, 1-7. XV 15, 3—16, 6. XXIII 13, 1-2) daß H. Schritt für Schritt durch den Mangelan
und auch Livius kann, so schwer es ihn ankommt, Reiterei, für die kein Ersatz kam, zur Treffentaktik
nach dieser Seite nicht umhin, ihn rückhaltlos an- gekommen ist, und wenn wir nicht für den Krieg
zuerkennen (Li\\ XXI 4. XXVIII 12. XXX 35); 50 seit 216 einen so eminent unmilitärischen Schrift-
die meisten haben in ihm den ersten Feldherrn steller wie Livius als einzige Quelle hätten, so
des Altertums gesehen (vgl. noch Diod. XXIX 19. würden wir die organische Entwicklung derTreffen-
Iustin. XXXI 4, 10—12). Wie hoch er selber taktik aus der Umfassungsschlacht wohl noch
sich gestellt hat, ist aus der zweifelhaften und ganz gut beobachten können. Dann aber wird
nur zur höheren Ehre Seipios erfundenen Ge- Scipio, der doch bis 209 in Italien war und den
schichte des Claudius Quadrigarius bei Liv. XXXV Krieg mit größtem Interesse verfolgte, dies Mano-
14. Plut. Flam. 21 (ausführlicher und der gemein- ver seinein Gegner abgesehen und es in Spanien
samen Quelle näherstehend App. Syr. 10. 11) nicht selbständig zur Anwendung gebracht haben: in
zu entnehmen; soviel geht indessen daraus her- der Ausdehnung deT Flügel bei llipa 206 läßt
vor, daß H. die Feldzüge Alexanders und Pyrrhus 60 selbst die Darstellung des Livius (XXVni 14)
eingehend studiert hat, und in der Tat finden noch etwas Ähnliches erkennen,
sich in der Scblachtanlage von Cannae und Eine Stelle für sich nimmt die Schlacht am
Gaugamela gewisse Ähnlichkeiten (vgl. Delbrück Trasimenus ein, die sich als ein Überfall auf dem
Geschichte d. Kriegskunst I 2891). Umso merk- Marsche mit außerordentlich geschickter Benützung
würdiger ist es, daß der taktische Grundgedanke des Geländes darstellt ; auch darin ist H, offenbar
Alexanders, das von Epameinondas übernommene ein Meister gewesen, wie sich das noch bei späteren
Prinzip der Durchbruchsschlacht mit nachfol- Gelegenheiten (Polyb. 1H 104,4—6. Liv. XXII 1
gendßr Aufrollung der feindlichen Linie, bei H. 28, 5 Treffen gegen Minucius ; Liv. XXV 21 erste
2347
Hannibal
Harmibal
Schlacht bei Herdonea), freilich nicht wieder mit
. so glänzendem Erfolge gezeigt hat. Eben die
Schlacht am Trasimenua aber läßt nun eine der
hervorragendsten Feldherrneigenschaften H.s er-
kennen: die Fähigkeit, seinen Gegner völlig zu
durchschauen und auf die Vorausberechnung von
dessen Handlungen seine eigenen Pläne zu grün-
den. Auch die Trcbiaschlacht und Cannae legen
davon Zeugnis ah, vor allem aber die Durchfüh-
rung des Landmarsches nach Italien, die bereits
vorher geschildert ist. Überhaupt ist der ganze
Kriegsplan ein Meisterwerk darin, daß H. es
vermochte, ihn den jeweiligen Umständen an-
zupassen, wie der Wechsel der Operationsbasis
zeigt. Auch die Gewinnung der auswärtigen
Bundesgenossen, die Heranziehung Philipps, das
sofortige und zunächst erfolgreiche Eingreifen in
Syrakus zeigt, daß H. neben seiner unvergleich-
lichen Feldherrnkunst auch staatsmännische Be-
gabung besaß : insofern hat Polybios rech t, wenn
er ihn als die Seele des Krieges gegen Rom be-
zeichnet (Polyb. IX 22, 1-6)/ Dazu kommt
noch eins, was die antiken Schriftsteller, die
mit den Schäden des Soldnerwesens besonders
vertraut waren, immer zuerst hervorheben: die
feste Manneszucht und unbedingte Treue seiner
Soldaten, die auch unter den schwersten Umständen
niemals gewankt hat. Endlich umgab ihn eine
Schar fähiger Generale, die nicht bloß unter seiner
Leitung Vorzügliches leisteten, sondern auch selb-
ständig zu operieren verstanden wie Maharbal,
Myttones, Hanno, Sohn des Bomilkar ; die mei-
sten werden sicher aus seiner Schule hervorge-
gangen sein, wenngleich er zweifellos schon einen
Stamm tüchtiger Offiziere von seinem Vater und
Schwager übernommen hat.
Fragt man nun nach den Umständen, die
schließlich doch das Scheitern H.s herbeigeführt
haben, so wird man zunächst immer die unge-
heure Zähigkeit und Aufopferung der Römer
nennen, der es im Verein mit dem unerschöpf-
lichen Menschenmaterial Italiens auch nach ver-
nichtenden Niederlagen immer wieder gelang, mit
numerischer Überlegenheit aufzutreten, sowie die
Treue der mittelitalischen Bundesgenossen, die
erst in der Zeit von 211—206 bedenklich ins
Wanken geriet. Auch die Untätigkeit und das
\ ersagen der Bundesgenossen H.s in Makedonien
und Syrakus hat vieles zur Niederlage beigetragen ;
dennoch wäre es verkehrt, mit Ne u m a n n - F a It i n
(560f.) darin die eigentliche Ursache zu erkennen.
Diese lag vielmehr zunächst darin, daß die kartha-
gische Macht bei weitem nicht so fest gefügt war.
wie die römische, und selbst in den glänzendsten
Zeiten des Krieges durch Aufstände gelähmt ward
(Appian. Hiber. 15, vgl. Diod. XXVI 23. Liv.
XXIV 49). Weiter standen ihr in bezug auf das
Menschenmaterial bei weitem nicht solche Hilfs-
quellen zu Gebote wie den Römern, obgleich auch
so ihre Leistungen nach Cannae gar nicht so ge-
ring anzuschlagen sind, ohne daß sie freilich auch
nur im entferntesten das Maß der römischen Opfer-
willigkeit erreichen. Allein der Hauptfehler bleibt
der, daß diese schon an sich geringeren Verstär-
kungen nicht da, wo sie in erster Linie am Platz
gewesen wären, nämlich in Italien verwandt, son-
dern über Sizilien, Sardinien, Spanien zerstreut
wurden. Und dies wieder läßt erkennen, daß H.
2348
doch eben nicht selber die Zentralleitung in der
Hand hatte, sondern daß diese in Karthago saß.
und oft genug von antibarkinischen Einflüssen
geleitet ward. Wenn H. endlich unterlag, so
sind seine Mitbürger allein schuld gewesen, wenn-
gleich ja auch schließlich — das soll nicht ge-
leugnet werden — Scipios Tüchtigkeit viel zur
ungünstigen Entscheidung des Krieges beigetragen
hat. Als Feldherrn beide zu vergleichen, ist
10 nicht angebracht ; Scipio nimmt zu H. etwa das-
selbe Verhältnis ein wie Gneisenau zu Napoleon I.
6. Letzte Jahre und Tod. Persönlich-
keit. Unmittelbar nach seiner Niederlage war
H. nach Hadrumet geeilt und hatte hier bereits
ein kleines Heer um sich vereinigt (Appian. Lib.
47. 55. Com. Ncp. Hann. 6, 4). Mit diesem
scheint er, unterstützt von Mago, allmählich die
karthagische Herrschaft in Afrika innerhalb der
m dem Friedensschluß gebotenen Grenzen wieder-
20 hergestellt zu haben, bis die Römer im J. 200
seine Abberufung verlangten (Nep. Hann. 7, 4).
Die Karthager gehorchten, wählten ihn aber für
das J. 197 zum Suffeten (ebd.). Während seiner
Amtszeit setzte er wichtige Reformen durch: er-
brach die Macht des karthagischen Rates, indem
er die lebenslängliche Amtsdauer auf ein, höch-
stens zwei Jahre beschränkte (Liv. XXIII 46)
und trat den zahlreichen Unterschleifen bei der
Erhebung der Zölle wirksam entgegen, so daß
30 nicht bloß die römische Kriegsentschädigung regel-
mäßig bezahlt werden konnte (Liv. XXIII 47. Nep.
Hann. 7, 5), sondern sogar noch Überschüsse erzielt
wurden (Nep. Hann. 7, 5). Hierdurch zog er sich
den Haß der Gegenpartei zu, die ihn in Rom ver-
leumdete (Liv. XXXIII 45. Appian. Syr. 44). Als
im folgenden Jahr eine römische Gesandtschaft
erschien, um Grenzsstreitigkeiten mit Masinissa
zu schlichten — ihr geheimer Auftrag ging da-
hin, sich über H.s Pläne zu unterrichten (Liv.
40 XXXIII 47, nach Iust. XXXI 2, 11 sogar ihn zu
ermorden) — hielt H. es für geratener zu fliehen.
Nach der genauen Angabe bei Nep. Hann. 7, 6
fand seine Flucht im J. 196 statt; wenn Livius
a. a. O. sie unter dem J. 195 erzählt, so liegt
das daran, daß er ihn als den eigentlichen An-
stifter des Antiochos zum Kriege gegen Rom er-
scheinen lassen will, wie Niese Grundriß der
röm. Gesch. * 132, 1 gesehen hat. Doch wird
das hvianische Datum von Holleaux Herrn.
50XLIII 296f. verteidigt. Die Flucht wurde mit
großer Heimlichkeit ins Werk gesetzt (Liv. XXXIII
49), H. wandte sich zunächst nach Tyros, wo er
mit großer Auszeichnung aufgenommen wurde
(Liv. a. a. O. Iust. XXXI 2, 1—5). Den gleichen
Empfang bereitete ihm Seleukos, Antiochos" Sohn,
in Antiochia (Liv. XXXIII 49), dann begab er
sich nach dem Hoflager des Königs, den er in
Ephesos erreichte (Liv. a. a. 0. Appian. Syr. 4).
Auf Antiochos' Befragen entwickelte er hier seinen
60 Plan, der im wesentlichen darauf hinauskam, den
Krieg nicht auf Griechenland zu beschränken,
sondern nach Italien hinüberzuspielen und zugleich
Karthago und das noch im Aufstand befindliche
Spanien (Iust XXXT 3, 5—10) in Bewegung zu
setzen (Liv. XXXIV 60. Appian. Syr. 7). In der
Tat machte er durch den Tyrier Ariston einen
Versuch, in Karthago für das Bündnis mit An-
tiochos Stimmung zu machen (Liv. XXXIV 61.
2349
Hannibal
Hannibal
2350
Iust. XXXI 4, 1—3. Appian. Syr. 8), der aber
von der Gegenpartei vereitelt ward. Im Zusammen-
hange damit stand jedenfalls die von Nepos (Hann.
8, 1) erwähnte und genau auf das J. 193 (im
dritten Jahr nach der Flucht) fixierte Anwesen-
heit H.s und Magos in Cyrene, das sie erst ver-
ließen, als jede Aussicht auf eine Erhebung Kar-
thagos geschwunden war. H. kehrte nach Ephesos
zurück, wo er mit der römischen Gesandtschaft
unter P. Villius, nach Claudius Quadrigarius auch
mit Scipio Africanus zusammentraf (Liv. XXXV
14. Plut. Flam. 21). Sein häufiger Verkehr mit
ihnen erregte des Königs Argwohn (nach Appian.
Syr. 9. lustin. XXI 4, 4— 9 war das gerade die Ab-
sicht der Römer, wovon Livius a. a. 0. natürlich
nichts wissen will); doch wußte er sich durch die
bekannte Erzählung vom Schwur am Altar (s. o.
S. 2323, 8 die Stellen) zu rechtfertigen. Noch ein-
mal redete er einer energischen Kriegführung das
Wort (Liv. XXX 6, 7. Iustin. XXI 5, 1—10),
ohne damit durchdringen zu können; wahrschein-
lich ist es im Sinne seiner weitergehenden Pläne
gewesen, wenn er das Bündnis mit den Aetolern
widerriet (Diod. XXIX 3). Allerdings soll der
König später nach dem Mißlingen seines Vor-
stoßes nach Griechenland H.s Warnungen als
richtig anerkannt haben (Liv. XXXVI 15. Diod.
XXIX 3. Iust. XXI 6, 6), aber H.s Anteil am
Kriege war jedenfalls sehr gering. Er führte
den einen Flügel einer unbedeutenden Flotte, die
bei Side von den Rhodiern angegriffen wurde, und
ward in die Niederlage seines Mitfeldherrn hinein-
gezogen (Liv. XXXVII 23. 24, kurz bei Nep.
Hann. 8, 4. Appian. Syr. 22; Iust. XXXI 6, 7
— 10 berichtet irrtümlich, daß M. Livius sein
Gegner gewesen sei). Im Frieden verlangten die
Römer seine Auslieferung, sowohl in den Prä-
liminarien (Polyb. XXI 17, 7), wie im endgültigen
Vertrag (Polyb. XXI 45, 11. Liv. XXXVII 45.
Diod. XXIX 10. Iust. XXII 4, 1). Rechtzeitig vom
König benachrichtigt, rettete H. sich zunächst
nach Gortyn auf Kreta, wo er eine Zeitlang lebte
(Nep. Hann. 9. Iustin. XXXII 4, 3—5). Darauf
begab er sich zu König Prusias von Bithynien,
den er in seinem Kampf gegen Eumenes unter-
stützte; in einer Seeschlacht verschaffte er ihm
den Sieg über seinen Gegner (Nep. Hann. 10
—11. Iust. XXXII 4, 6 — 7. Gründung von Arta-
xata Strab. XI 14, 6 528'?). Zufällig erfuhr T.
Flamininus von dem Aufenthalt H.s bei Prusias
und teilte ihn dem Senate mit, der sofort durch
eine Gesandtschaft mit Flamininus an der Spitze
die Auslieferung fordern ließ. Ob der König
dabei eine zweideutige Kolle spielte , wie Livius
XXXIX 50 andeutet, oder ob er sich anständig be-
nahm, wie Nep. Hann. 12, 2 erzählt, und T. Fla-
mininus die Hauptschuld zuzuschreiben ist. wie
Flut. Flam. 21 und App. Syr. 1 1 in einer wirren Notiz
behaupten, läßt sich nicht mehr erkennen. Sicher
ist, daß H„ um den Verfolgungen der Römer zu
entgehen, sich selber vergiftete, nach Liv. XXXIX
50 und Atticus bei Nep. Hann. 13 im J. 183,
nach Polybios (bei Nep. ebd.) 182, nach Sulpi-
cius 181 (ebd.). Trotz der Übereinstimmung des
Livius und Atticus ist 183 als Todesjahr des-
halb weniger wahrscheinlich, weil bei dieser An-
setznng vielleicht die Absicht mitgespielt haben
kann, die drei berühmtesten Feldherrn ihrer Zeit,
Scipio, Philopoimen und H. in einem Jahre ster-
ben zu lassen. Das Datum des Polybios hat die
meiste Wahrscheinlichkeit für sich. Quellen:
Da die großen Historiker von der Schlacht von
Zama ab nur noch einzelne Notizen gaben, die
sich wesentlich auf seine Flucht aus Karthago,
seinen Aufenthalt am Hoflager des Antiochos und
seinen Tod beschränkten — mehr hat wedeT Li-
vius noch Appian, die zum Teil wieder die rö-
10 mischen Annalisten wie Antias und Quadrigarius
erkennen lassen — so ist die weitaus wertvollste
Quelle für uns die Lebensbeschreibung H.s bei
Nepos. Man erkennt deutlich die Absicht, das
auch bei andern Erzählte kurz abzutun und da-
für die minder bekannten Partien ausführlich und
mit genauen Zeitangaben zu erzählen. In einigen
dieser Znsätze stimmt Nep. zu Iustin; seine Quelle
war wohl eine ältere Lebensbeschreibung H.s, die
er in der oben angedeuteten Absicht exzerpierte.
20 Mit Bezug auf persönliche und private Ver-
hältnisse H.s fließen unsere Quellen nur ziemlich
spärlich. Er war der älteste Sohn des großen
Hamükar, seine beiden jüngeren Brüder (Has-
drubal (f 207) und Mago (f 203 oder 193)
gingen ihm im Tode voraus. Außerdem waren
mindestens zwei, wahrscheinlich ältere Schwestern
vorhanden. Die eine war an Hasdrubal (Nr. 5) ver-
heiratet, der sie aber überlebte ; die andere hatte
eine Tochter, die bereits 210 mit Masinissas Oheim
30 vermählt war (Liv. XXIX 29). H. selbst war
mit einer Spanierin aus Castulo vermählt (Liv.
XXIV 41), doch scheint die Ehe kinderlos ge-
blieben zu sein. Von einem illegitimen Ver-
hältnis weiß Appian. Hann. 43 zu berichten;
die Sache ist aber offenbar nur erfunden , um
H.s Untätigkeit gegen Ende der Belagerung Ca-
puas zu erklären. Iustin. XXXII 4, 9— 12 hebt
gerade seine Enthaltsamkeit auch in diesem
Punkte hervor. An Bildung war H. jedenfalls
10 den meisten seiner Gegner überlegen; er verfügte
über bedeutende Sprachkenntnisse (Zonar. VIII 24,
41 1 D.) und hatte literarisch gebildete Leute um
sich wie Seilen os und Sosylos von Lakedaimon
(nach Diod. XXVI 4 aus Ilion), die beide seine Ge-
schichte schrieben (Nep. Hann. 13, 3). Sosylos
war zugleich sein Lehrer im Griechischen, das
H. mündlich wie schriftlich beherrschte. Nepos
(c. 13. 2) erwähnt eine Schrift an die Rhodier
über die Neuordnung Kleinasiens (188), und viel-
50 leicht hat er auch den Eid Pol. VII 9, 1—17
selber aufgesetzt. Außerdem existieren eine Menge
mündlicher Äußerungen von ihm in den Quellen,
deren Echtheit natürlich zweifelhaft ist. Authen-
tisch scheinen der Witz auf Kosten Geskons vor
der Schlacht von Cannae (Plut. Fab. Mas, 15) und
die bittere Äußerung, die ihm Liv. XXX 44 in
den Mund legt; wenigstens entbehren sie der
rhetorischen Zuspitzung , die meist Verdacht er-
regt. Was endlich seinen Charakter selber be-
60 trifft , so darf man nicht vergessen , daß das
meiste, was wir nach dieser Seite hin erfahren,
so die bekannte Charakteristik bei Liv. XXI 4
römischen Schriftstellern entstammt, deren Pa-
triotismus sich in der Verunglimpfung des Feindes
nicht genug tun konnte: auch hier bildet das
Charakterbild Napoleons I., wie es in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts bei deutschen
Schriftstellern erscheint, eine erwünschte Parallele.
2351
Hannibalianus
Hannibalianus
2352
Der Hauptvorwurf gegen um ist der der Grausam-
keit, aber sämtliche Belege (z. B. Diod. XXVI 14,
1—2. Appian. 28. 31. 59. öO u. a. m.) entstam-
men römischen Quellen. Polybios erwähnt kein
einziges Beispiel und hat ihn IX 22 gerade
gegen diesen Vorwurf sehr wirksam vertei-
digt, indem er manches der Umgehung H.s,
das meiste aber dem Zwang der Verhältnisse
zuschiebt. Jedenfalls spricht die Achtung, mit
der H. stets den gefallenen Feind behandelte (s.
die Belege oben) dagegen; sie sticht ebenso vor-
teilhaft von der Roheit des Claudius Nero, der
ihm Hasdrubals Kopf zuwerfen ließ, wie von
der Gemeinheit des Fabius Marimus ab, die
dieser nach der Einnahme von Tarent gegen die
Bruttier verübte (Flut. Fab. Mas. 22). Ebenso
steht es mit der Treulosigkeit, die H. vorgeworfen
wird: hier wissen selbst die römischen Quellen
kein Beispiel anzuführen, daß H. einen beschwo-
renen Vertrag verletzt oder ein gegebenes Wort
gebrochen habe. Dagegen scheint es mit seiner
Habsucht etwas auf sich gehabt zuhaben; Poly-
bios" Verteidigung in der angeführten Stelle (IX
24ff.) ist jedenfalls viel lauer, und er scheint
geneigt, einiges zuzugeben. Daß H. vom Vater
her sehr begütert war, ist zweifellos; er besaß an
der Küste südlich von Karthago Landhäuser und
Schlösser, und das Li v. XXXI 48 erwähnte wird
nicht das einzige gewesen sein. Bei seiner Flucht
rettete er nur die bewegliche Habe, alles andere
ward konfisziert (Nep. Hanu. 7, 7), allein schon
190 erscheint er wieder im Besitz bedeutender
Barmittel (ebd. 9, 2. Inst. XXXII 4, 8—5). Das
Wahre wird sein, daß er kein Verschwender war
und sein Geld zusammenzuhalten verstand. Auch
von dieser Seite fällt kein Schatten auf die
düstere Gestalt des Helden , dessen überragende
Größe an der Jämmerlichkeit seines Volkes zu
gründe ging.
9) Karthagischer Offizier aus H.s Hauptquar-
tier, ward von ihm in Begleitung des Hippokrates
und Epikydes nach Syrakus zu Hieronymos ge-
schickt (Polyb. VII 2, 3); von dort ging er weiter
nach Karthago zwecks weiterer Verhandlungen
(Polyb. VII' 2, 6). Er wird als Trierarch H.s
bezeichnet und ist wahrscheinlich derselbe wie
der von Polyb. IX 24, 5 in H.s Umgebung er-
wähnte H. Monomachos, auf den er manche an-
geblich von dem großen H. begangene Grausam-
keiten zurückführt.
10) Sohn des Boinilkur, war gleichzeitig mit
Hasdrubal und Mago 215 als dritter Feldherr der
Karthager in Spanien. Mit den beiden andern
ward er von den Scipionen bei Illiturgi und
Intibili besiegt (Liv. XXXITI 49, 5).
11) Mit dem Beinamen rpao (d. h. der Star),
Führer der numidisch gesinnten Partei in den
Kämpfen, die dem dritten punischen Krieg vorauf
gingen (Appian. Lib. 68 1 , ward vertrieben und
begab sieh zu Masinissa (Appian. Lib. 70).
[Lenschau.]
12) Harmibal. Diesen Xanien gab Mettius
Pompnsianus einem seiner Sklaven. Kaiser Donri-
tian legte dem Mettius unter anderem auch diesen
Umstand zur Last, als er ihn später verbannte und
dann hinrichten ließ, Suet Dom. 10, 2. [Stein.]
Hannibalianus. 1) Einer der großen Feld-
herren, die aus der Schule des Kaisers Probus her-
vorgegangen sind, so wie Asklepiodotus u. a.,
auch die späteren Kaiser Carus, Diocletian und
Constantius I., Hist. aug. Prob. 22, 3; s. Anniba-
lianus o. Bd. I S. 2258.
In einer noch ungedeckten lateinischen In-
schrift aus Oescus werden Afranius Hannibaliarms
und Iul(ius) Asclepiodotus als v(iri) em/inentis-
simp prap'[f(eeti) praetforioj] genannt Es ist
kaum zweifelhaft, daß dies dieselben zwei Männer
10 sind , die als Feldherren unter Probus erwähnt
werden. Ebenso treffen wir dieselben zwei auch
im J. 292 zusammen an als Consules ordinarii ;
doch war der Gentilname des Asklepiodotus bis-
her nicht bekannt.
Während dieser im J. 296 (spätestens seit
April 298 war er Praefectus praetorio) als Prae-
fectus praetorio des Constantius I. diesen Kaiser
in der Besiegung des Allectus unterstützte (Viet.
Caes. 39, 42. Eutrop. IX 22, 2. Hieronym.-Euseb.
20 cd. Schoenc p. 187, s. Oros. VII 25, 6: s. Seeck
o. Bd. IV S. 1042. Bd. I S. 1584), wurde Afranius
Hannibalianus im J. 297 Stadtpraefect (Chrono-
graph des J. 354 bei Moni ms en Chron. min. I
66). Seeck o. Bd. IV S. 1041 vermutet, daß er
der leibliche Vater der Flavia Maximiana Theo-
dora war, der Stieftochter des Kaisers Maximian,
mit der sich Constantius I. in zweiter Ehe ver-
mählte; denn ein Sohn aus dieser Ehe heißt
gleichfalls H. Dann wäre die Gemahlin des
30 Afranius Hannibalianus die Entropia gewesen
(Seeck o. Bd. VI S. 1519), die spätere Gemahlin
des Kaisers Maximian.
Als einen seiner Vorfahren sieht Groag österr.
Jahresh. X 288f., den [ Afranius j Hannibalianus
an, der in der Genealogie der Claudia Capitolina,
der Angehörigen einer aus Tralles stammenden
senatorisclien Familie, genannt ist, Athen. Mitt.
XXI (1896)^1131 " [Stein.]
2) Hannibalianus, eines von den sechs Kindern,
40 die Flavia Masimiana Theodora dem Kaiser Con-
stantius I. gebar (Eutrop, IX 22, 1). Wo die
Söhne aufgezählt werden, steht sein Name an
zweiter floh. mon. passio S. Artemii 7. Zonar.
XII 33 ]V. 645 a) oder dritter Stelle (Chron. Pasch.
a. 304) oder wird auch ganz weggelassen (Soor.
III 1. 6). Dies erklärt sich wohl daraus, daß
er früh starb. Jedenfalls wurden nach dem Tode
Con.stautins d. Gr. nur zwei seiner Halbbrüder,
Dahnatius und Constantius, ermordet (Iulian. epist.
50 ad Athen. 270 c, d); der dritte scheint also nicht
mehr am Leben gewesen zu sein.
3) Flavius Hannibalianus (Cohen MMailles
imperiales VII2 303), Sohn des Dahnatius, des
Bruders Constantius d. Gr. (Anon. Val. 6, 35.
Vict. epit. 41, 20. Ammian. XIV 1, 2), vermählt
mit dessen Tochter Constantia (Anon. Vales. a. O.
Ammian. a O. Philo stör g. III 22). In Narbo
war er durch den Rhctor Exuperius unterrichtet
worden (Auson. prof. Burd. 18, 9). Er wurde
00 von seinem Oheim zum rex regum et Pontiearum
gentium ernannt (Anon. Vales. a. O. ; vgl Momm-
sen Chron. min. I 235. Vict. epit. 41, 20) und
wahrscheinlich dazu bestimmt, das Perserreich,
das Constantin am Ende seiner Regierung zu er-
obern beabsichtigte, als Secundogenitur des römi-
schen Kaiserhauses zu beherrschen (Seeck Ge-
schichte des Untergangs der antiken Welt IV
24 ff.). Anfang 338 wurde er von den Soldaten
2353
Hannibalis casfcra
Hanno
2354
in Constantinopel ermordet (Zosim. II 40, 3. Iu-
lian. epist. ad Athen. 270 c. 281 b ; or. VLL 228 b.
230 a. Äthan, hist. Ar. ad mon. 69. Ammian.
XXI 16, 8. XXV 3, 23. Liban. or. XVIII 10.
Seeck a. a. O. IV 28). [Seeck.]
Hannibalis castra s. Castra.
Hanno (griech. "Awtov) , Name einer großen
Reihe karthagischer Heerführer und Staatsmänner.
Ar. pol. VIII 6, 2. 1307 a, 5). Doch ward er ge
fangen und auf grausame Weise hingerichtet, wor-
auf seine Familie das gleiche Schicksal traf (Tust.
XXI 4, 1—8). Nach A. Schäfer Eh. Mus. XV
3911 und E. Meyer Gesch. d. Alt. V 511 sind
seine Söhne Hamükar, der öiaßl?]i%i$ &W em-
Mpsvoz Tfj TvgoavviSi ävrjgs&r] (Polyaen. V 11),
d. h. also' wohTmit dem' Vater zu Grunde ging,
und Geskon. der nach der Schlacht am Krimisos
1) Nach Her. VII 165 Vater Hamilkars I , s. d.
2) Sohn Hamilkars I. (Inst. XIX 2,1), wahr- 10 zurückberufen ward und damals entflohen sein
einlich identisch mit dem Seefahrer (s. Nr. 26) müßte (Meltzer Gesch. d. Karth. I 314f.).
scheinlich
und dem bedeutenden Feldhcrrn, der hei Trog,
prol. XLX den Beinamen Sabellus führt. Der-
artige, von auswärtigen Völkern abgeleitete Bei-
namen me r P6dcog, 2avvtTT)g ( = Sabeilus), Bqsttws
kommen bei karthagischen Familien öfter vor
(vgl. die Art. Hannibal und Mago); ihr Ur-
sprung ist noch nicht völlig geklärt. H., der da-
mals an der Spitze des herrschenden Geschlechts
stand, scheint besonders in Afrika Kriege geführt 20 teilung (Diod. XX 60, 3).
4) Feldherr im Kriege gegen Agathokles,
kommandierte in der Schlacht vor den Toren
Karthagos den rechten Flügel, wobei er tapfer
kämpfend fiel (Diod. XX 10, 1. 12. 3. lust. XXII
6, 6).
5) Feldherr in demselben Krieg gegen Areha-
gatlios, Agathokles Sohn, schlug dessen Unter-
fehlherrn Aischrion und vernichtete seine Ab-
(i) Kommandant der karthagischen Besatzung
in Messene, die Hannibal Nr. 3 nach der Schlacht
ain Longanos dorthin gelegt hatte. Er brachte
zwar zuerst der römischen Flotte unter Ap. Clau-
dius eine Schlappe bei, machte aber dann Frieden s-
anerbietungen. die freilich zurückgewiesen wurden
(Zonar. VIII 8—9. 383 a-d). Nach dem Über-
gang des Claudius ließ eT sich abermals zu Ver-
fj ^ handlungen bewegen und verließ die von ihm be-
Er wurde gestürzt und scheint ebenso wie sein 30 setzte Burg, ward aber von den Römern gefangen
yu haben; auf ihn geht also wohl die Unter-
werfung des karthagischen Landgebiets zurück,
vgl. Dio Chrys. or. 25 p. 313, der von ihm sagt,
er habe die Karthager aus Tyriern zu Afrikanern
gemacht. Indessen scheint die bedeutende Stel-
lung des Magonischen Hauses doch Besorgnis in
Karthago erregt zu haben; insbesondere gegen H.
wurden allerlei Beschuldigungen erhoben (Plin.
VHI 55. Plut. pracc. rei publ. ger. 3. vgl. Nr. 26).
ITt iimTilü (T/iofiiT7f -i-in/5 Q/«Vi Ulli f flViPTlQn WlA KflTl
Bruder Geskon in die Verbannung gegangen zu sein.
Über diese A r orgänge, die der Mitte des 5. .Ihdts.
anzugehören scheinen, vgl. Ed. Meyer Gesell, d.
Alt. III 679-689. Meltzer Gesch. d. Karthager
I. Sein Sohn ist wahrscheinlich Himilkon, der
Mitfeldherr Hannihals im J. 406 (Diod. XIII 80,
2); vgl. A. Schäfer Rh. Mus. XVI (1860) 391ff.
3) Feldherr der Karthager im Kriege gegen
Dionys I. (lustin. XX 5, llff.); wahrscheinlich ist
und verlor die Stadt, wofür er von den Karthagern
bestraft ward (Zonar. VIII 9. 383 c. d).
7) Nach Diod. XXIII 1, 2 Sohn des Hannibal,
landete 264 in Sizilien, zog seine Truppen in
Lilybaion zusammen und befestigte Akragas, das
er für Karthago gewonnen hatte, schloß dann ein
Bündnis mit Hieron und belagerte Messene zu
Wasser und zu Lande (Diod. XXIII 1, 1—3),
ward jedoch von den Römern geschlagen (Polyb.
der vierte und letzte Krieg 368 gemeint (Diod. 401 12, lff. ohne Nennung des Namens). Im J. 261
XV 73, lff.). Nachdem H. seinen Gegner Sunia-
thos, der Verrat gegen ihn plante, gestürzt hatte,
gelang es ihm, in Sizilien bedeutende Erfolge zu
erzielen. Vielleicht geht auf ihn die Kriegslist bei
Polyaen. V 9 (vgl. Schäfer Rh. Mus. "XV 391.
Meltzer Gesch. d. Karth. I 51 5). Der Krieg ward
indessen nach dem Tode des Dionysios bald bei-
gelegt, worauf H. nach Afrika zurückging und
dort ebenfalls offenbar in Kriegen gesren die ein
landete er mit bedeutenden Streitkräften (50 000
Mann zu Fuß. 6000 Reitern, 60 Elefanten nach
Philinos bei Diod. XXIII 8) in Lilybaion und
marschierte von dort nach Herakleia, um den in
Akragas eingeschlossenen Hannibal zu entsetzen.
Nach Polyb. I 18, 8 befand sich H. schon als
zweiter Strateg in Sizilien und nahm dort die von
Karthago gesandten Verstärkungen in Empfang.
Von Herakleia Minoa aus eroberte er zunächst
heimische Bevölkerung Erfolge errang! Trog. prol. 50 Herbessos, wodurch dem römischen Belagerungs-
20). Im -T. 345 ging er mit einem großen Heer
nach Sizilien, wo er die kampanischen Söldner in
Entclla belagerte (Diod. XVI 67. 2). Dann muß er
sich gegen Syrakus gewandt und einen Teil der
Stadt in seine Gewalt gebracht haben (Diod. XVI
29, 2 ohne Namen). Doch wußte er Timoleons
Landung nicht zu verhindern und scheint deshalb
zurückberufen worden zu sein; wenigstens ist 344
bei Diod. und Plut. Tim. 17 Mago Befehlshaber der
beer die Zufuhr abgeschnitten ward (Polyb. I 18,
8—11. Diod. XXIII 8), dann näherte er "sich der
belagerten Stadt, lieferte den Römern ein glück-
liches Reitergefecht und besetzte den Toroshügel,
der nicht ganz 2 km von der Stadt entfernt war.
Auch in dieser Stellung beschränkte er sich auf
kleine Gefechte (Polyb. I 19. 1—5). Erst auf
dringendes Ersuchen des in Akragas eingeschlosse-
nen Heeres entschloß er sich zur Schlacht, die
karthagischen Streitkräfte. Hier in Karthago ver- 60 aber mit einer völligen Niederlage des Entsatz_
suchte nun H., dessen Macht sehr bedeutend ge-
wesen sein muß, die Verfassung umzustürzen und
für sich die Alleinherrschaft zu gewinnen. Zunächst
wollte er den gesamten Rat ermorden, was ihm
zweimal mißlang ; dann verließ er Karthago und er-
hob offen die Fahne des Aufruhrs, in den er auch
die unterworfene Bevölkerung hineinzuziehen hoffte
{daher die Zusammenstellung mit Pausanias bei
heeres endete (Gesamtverluste bei Diod. XXILI
8. 1: ihre Höhe beweist, daß die Heereszahl hei
Philinos stark übertrieben ist). Die Trümmer
des Heeres zogen sich nach Heraklea zurück
(Polyb. I 19, 5—11). Hierauf ward H. durch
Hamilkar ersetzt und in Karthago mit einer Geld-
buße von 6000 Goldstücken bestraft (Diod. XXIII
9, 2, vgl. Zonar. VIII 10. 386b). Anf diese und
JLLOU-UU
die vorhergehenden Kampfe bezieht sich auch
wohl die bei Frontin. III 16, 3, vgl. Diod. XXIII
8, 3 erwähnte Kriegslist, durch die er 4000 auf-
ständische Gallier dem Consul Otacilius, entweder
Marcus 263/2 oder Titus 262/1, ans Messer lieferte.
Im J. 258/7 scheint er mit Hannihal (Nr. 3) zu-
sammen auf Sardinien befehligt zu haben; nach
dem Tode seines Mitfeldherrn brachte er den
Kömern eine Schlappe bei (Zonar. VIII 12, 389 c).
Bei Eknomon kommandierte er den rechten Flügel,
ward geschlagen und zog Hamilkar mit in seine
Niederlage hinein (Polyb. I 27, 5. 28, ltf.). Nach
der Schlacht knüpfte er, um Zeit zu gewinnen,
Verhandlungen an, ging dann aber mit seiner
Flotte nach Afrika voraus, um die Hauptstadt zu
schützen (Zonar. VIII U, 390 a-b). Später ver-
schwindet seine Spur; möglicherweise ist er mit
dem Admiral der letzten Karthagerflotte bei den
Ägatischen Inseln identisch, vgl. Nr. 12.
8) Im J. 259/8 Anführer der Flotte , die zur
Verteidigung von Sardinien und Corsica bestimmt
war, fiel tapfer kämpfend vor Olb ia und ward
von dem römischen Consul L. Cornelius Scipio
ehrenvoll bestattet, Orcs. VI 7. Val. Max. V 1, 2.
Dagegen scheint es nach Zonar VIII 9. 388 a
gar nicht zu einem ernsthaften Kampf vor Olbia
gekommen zu sein.
9) Sohn des Hasdrubal, einer der drei Feld-
herrn gegen Regulus 256 bei Polyb. I 30, 1.
10) Sohn des Hamilkar, Haupt der Gesandt-
schaft an Regulus nach Diod. XXIII 12, 1.
11) Nach Zonar. VIII 15. 396 b karthagischer
Kapitän, mit seiner Pentere bei Lilybaion ge-
fangen, worauf sein Schiff den Kömern als Mu-
ster diente. Hier liegt wahrscheinlich eine Ver-
wechslung mit Hannibal Nr. 5 vor.
12) Im J. 241 Admiral der karthagischen Flotte,
die dazu bestimmt war, Hamilkar auf dem Eryx
xu verproviantieren und dessen Soldner an Bord
zu nehmen. Zu diesem Zweck ankerte er bei
Hiera, um den günstigen Wind abzuwarten, ward
aber von Lutatius Catulus zum Kampf bei den
Ägatischen Inseln gezwungen und trotz tapferer
Gegenwehr (Diodor. XXIV 11, 1—3) völlig ge-
schlagen (Polyb. I 60, 2—3. 61, 1—7). Wegen
seiner Niederlage erlitt er in Karthago den Kreu-
zestod (Zonar. VIII 17. 398 c). Über den Tag
der Schlacht — nach Eutrop. II 27 am 10. März
VI Id. Marl. — vgl. Varese Stndi di Stör. ant.
III 4, Bei och Gr. Gesch. III 2, 213 und wieder
Varese Cronologia Romana I 37ff. ; darnach fand
sie in Wirklichkeit Mitte Mai 241 statt.
13) Ward von den Karthagern im Beginn des
Söldnerkrieges, also 240 oder 239, nach dem auf-
ständischen Sardinien geschickt, aber von seinen
Soldaten verlassen und von den Aufständischen
gekreuzigt [Polyb. I 79, 3|.
14) Von der jüngeren annalistischen Über-
lieferung der Große genannt, war während der
letzten Jahre des ersten Punischen Krieges Feld-
herr der Karthager in Libyen (Polyb. I 67. 1)
und hatte als solcher durch schonungslose Bei-
treibung der erhöhten Kriegssteuern sich überall
verhaßt gemacht, hingegen das Wohlwollen der
karthagischen Regierung erworben (Polyb. I 71,
1 — 3). Außerdem hatte er glückliche Kriege mit
den Libyern geführt und ihre Stadt Hekatonta-
pylos erobert, dabei aber eine ungewöhnliche Müde
walten lassen (Polyb. I 73, 1. Diod. XXIV 10,.
2). Beim Beginn des Söldnerkrieges führte er
zunächst die Verhandlungen mit den Aufständi-
schen in Sikka, die sich aber zerschlugen (Polyb.
I 67, 1 — 13), und wurde dann von der Stadt zum
Oberbefehlshaber gewählt (I 73, 1). Dies erwies
sich als ein Fehler, da H. zwar äußerst ehrgeizig
(Diodor. XXIV 10, 1) und als Organisator aus-
gezeichnet, aber im Felde wenig brauchbar war
10 (Polyb. I 74, 1-2); jedenfalls war er nur den
Krieg mit den leicht entmutigten Numidern und
nicht mit Hamilkars kriegsgeübten Scharen ge-
wöhnt. Nach einem kleinen Erfolg bei ütika
ging er sofort nach Karthago zurück, als ob da-
mit der Krieg beendet wäre: inzwischen aber
ward durch einen zweiten Angriff der Söldner
sein Lager genommen (Polyb. I 74, 10). Zum
zweitenmal ausziehend versäumte er mehrfach
die günstige Gelegenheit zu schlagen, so daß sich
20 die Stadt endlich genötigt sah, die Leitung des
Krieges Hamilkar Barkas zu übergeben und H.
selbst anderweit zu verwenden (Polyb. I 74, 13.
14). Obwohl er nun Feldherr blieb (Polyb. I
81, 1), scheint doch diese Entfernung vom Korn-
mando den Grund zu dem Hasse gelegt zu haben,.
mit dem er später Hamilkar Barkas, sein Hau&
und seine Anhänger verfolgte; als er kurze Zeit
nachher, nach der Ermordung Geskons, von Ha-
milkar zum Kriege herangezogen ward, entstand
30 sofort Streit zwischen beiden (Polyb. I 82, 1—4),
der erst dadurch geschlichtet ward, daß das Heer r
von der Stadt vor die Wahl gestellt, H. absetzte
(Polyb. I 82, 12). An seine Stelle trat Hanni-
bal Nr. 6. Nach dessen Tode aber ward H. wieder-
gewählt, und nun fand unter Vermittelung der
Regierungsbehörden eine feierliche Versöhnung
zwischen Hamilkar und II. statt; beide zusammen
besiegten die letzten Trümmer des Söldnerheeres
(Polyb. I 87, 3—10). Dann wandte sich H, der
40 Belagerung von Hippo zu und zwang binnen
kurzem die Stadt zur Unterwerfung (Polyb. I 88,
3). Als kurze Zeit darauf ein neuer Aufstand
der einheimischen Bevölkerung sich erhob, wurden
abermals beide Feldherrn zu seiner Unterdrückung
ausgesandt, doch uardH., wie es heißt infolge von
Verleumdungen, bald abgerufen (Appian. Ib. 4. 5).
Es war klar, daß bei dem in Karthago herr-
schenden Gegensatz der Parteien H. bald infolge
seines Ansehens das Haupt der den Barkiden
50 feindlichen Partei werden mußte, und als solcher
mag er schon bei den Anklagen, die nach dem
Ende des Söldnerkrieges gegen Hamilkar erhoben
wurden, seine Hand im Spiele gehabt haben (Ap-
pian. Ib. 6). Immerhin behielt Hamilkar die
Oberhand und setzte es durch, daß er nach Spa-
nien gesandt ward ; seine dortigen Erfolge drängten
zunächst H. in den Hintergrund. Doch versäumte
er keine Gelegenheit, vor den Barkiden zu warnen
und gegen sie zu arbeiten. Wenn auch sein Auf-
60 treten Liv. XXI 3. 4 bei Hannibals angeblicher
Sendung nach Spanien kaum historisch ist (vgl.
o. die Bern. S. 2323f.), so machte sich sein Ein-
fluß umso stärker geltend, als die römischen Ge-
sandten nach dem Angriff Hannibals auf Sagunt
in Karthago erschienen, um Genugtuung zu ver-
langen; damals riet H. nicht nur energisch vom
Krieg ab, Bondern verlangte auch Hannibals Aus-
lieferung (Liv. XXI 10, 2. Zonar. VIII 22. 408 c).
Zöö/
Hanno
Hanno
2358
Auch -wahrend der ersten Jahre des Krieges, selbst
216 nach Cannae (bei Zonar. VLIL 26. 414 d schon
vorher) bemängelte er die Erfolge Hannibals und
riet zum Frieden (Liv. XXIII 12, 8-13, 6. Zonar.
IX 2. 421 b). Während der späteren Kriegsjahre
tritt er in unsern Quellen persönlich nicht mehr
hervor; doch wird die Mangelhaftigkeit der Han-
nibal gewährten Unterstützung auf seinen Ein-
fluß zurückzuführen sein. Erst am Schlüsse des
— 8). Dann rückte er auf Hannibals Geheiß bis:
Nola vor, wo er die Nolaner vergeblich zum Ab-
fall zu bringen suchte ; darauf ward er vom Ober-
feldherrn nach Bruttium zurückgesandt (Liv. XXIII
43, 6—44, 2), Hier gewann er Lokroi und Kro-
ton (Liv. XXIV 1-2). Im folgenden Jahre (214)
rückte er aus Bruttium gegen Samnium vor, an-
geblich mit 17000 Mann Bruttiern und Luka-
niern , sowie 2000 afrikanischen Reitern , ward
Krieges nach Zama begegnen wir ihm wieder: 10 aber bei Benevent von Tiberius Sempronius Grac-
damals schützte er mit Hasdrubal Böckchen zu-
sammen eine römische Gesandtschaft vor den Miß-
handlungen des karthagischen Pöbels (Appian.
Lib. 34) und ward kurze Zeit darauf selber an
der Spitze einer Friedensgesandtschaft zu Scipio
geschickt (Appian. Lib. 49). Dagegen ist es sicher
eines von Appians gewöhnlichen Versehen, wenn
dieser ihn auch noch kurz vor 150 in Karthago
als Parteiführer nennt (Appian. Lib. 68). H. d,
ehus vollkommen geschlagen , so daß nur 2000
entkommen sein sollen (Liv. XXIV 14—16. Zonar.
IX 4. 424 b). Bald darauf brachte er seinerseits
Gracchus in Lucanien eine schwere Wiederlage
bei (Liv. XXIV 20, 1) und besiegte im folgenden
Jahr (213) Tiberius Pomponius Veientanus, den
er auch gefangennahm (Liv. XXV 1—3). Wäh-
rend des J. 213 belagerte er die Burg von Tarent
(Appian. Hann. 33). erhielt dann aber den Befehl,
Gr. kann nicht viel nach 280 geboren sein und 20 Capua zu verproviantieren. Er begab sich nach Bene-
war demnach schon beim Ausgang des Krieges ein
hochbejahrter Mann. Vielmehr war es irgend ein
anderer H., dem Appian fälschlich die Bezeichnung
6 fi-syag beilegt. Über H. d. Gr. und die Wirk-
samkeit der antibarkinischen Partei, insbesondere
darüber, daß sie mit ihrer Art der geschichtlichen
Auffassung unsere gesamte Überlieferung beein-
flußtet, s. Meltzer Gesell, d. Karth. L 357ff.
15) Karthagischer Offizier, ward von Hanni-
vent und ließ alles vorjährige Getreide zusammen-
bringen (c. 23, 5), um von dort aus Capua zu ver-
sorgen. In seiner Abwesenheit ward das Lager
von dem Consul Q.Fulvius erstürmt und sein Heer
vernichtet, so daß er nur mit wenigen Begleitern
Bruttium erreichte (Liv. XXV 13—14). Nach Ap-
pian. 37 wäre es Hannibal selber gewiesen, der bei
Benevent stand; er sei aber auf H.s Huf, der damals
in Lucanien stand, dorthin gegangen, und nun sei
bal nach Unterwerfung der Ebrolande als Gou-30in seiner Abwesenheit die Katastrophe erfolgt;
verneur dieser Gegenden mit dem Gepäck des
Heeres und einer namhaften Besatzung zurück-
gelassen; angeblich waren es 10000 Mann Fuß-
volk und 1000 Reiter (Polyb- III 35, 3—5. Liv.
XXI 23, 2—3 s. o. S. 2327 Hannibal Nr. 8).
Bei Oros. IV 14, heißt er mit einer auch sonst
vorkommenden Verwechslung (vgl. auch Nr. 16)
Mago. Noch im selben Jahre ward er von Cn.
Scipio bei Kissa angegriffen, geschlagen und gc-
doch beruht dies wahrscheinlich auf einer Verwechs-
lung. In Bruttium gewann H. mit Mago dem Sam-
niten zusammen Thurioi (Liv. XXV 15. Appian.
Hann. 34), später kommandierte er in Metapon-
tum, von wo er im Frühjahr 207 zu neuen Aus-
hebungen nach Bruttium gesandt ward (Liv.
XXVLt 42). So die Laufbahn des tapferen Gene-
rals nach der annalistischen Überlieferung, in der
es von Niederlagen wimmelt; man wird daher
fangen (Polyb. III 76, 6. Liv. XXI 60, 1—9. 40 Varese (Cron. Rom. 24 Off.) recht geben, wenn er
Zonar. VIII 25. 421a).
16) Sohn des Suffeten Bomilkar (nach Appian.
20 Neffe Hannibals , schwerlich richtig) , hervor-
ragender General in Hannibals Hauptquartier,
von diesem fast dauernd mit selbständigem Kom-
mando betraut. Er tritt zuerst beim Rhoneüber-
gang hervor, wo er durch seine Umgehung der
Gallier die Überschreitung des Flusses ermöglichte
(Polyb. III 42, 6—43, 9. Liv. XXI 27, 2. 28, 3;
annimmt, daß hier mehrfach Dubletten vorliegen,
zu denen einmal die Namen der römischen Heer-
führer Ti. Sempronius Longus und Ti. Sempro-
nius Gracchus, ein ander Mal geographische Be-
zeichnungen den Anlaß gegeben haben mögen.
Da nach 207 H.s Name in Italien nicht mehr
genannt wird, so ist es nicht ausgeschlossen, daß
der tüchtige Offizier nach Karthago zurückging,
zumal Hannibal, nach der Metaurusschlacht auf
bei Zonar. VIII 23. 400 c— d wird auch an dieser 50 Bruttium beschränkt, ihn eher entbehren konnte.
Stelle Mago genannt). Bei Cannae kommandierte
er den rechten Flügel (Polyb. III 114, 7; bei
Appian. 20 ist es der linke); wenn Liv. XXII
46, 7 statt dessen Maharbal nennt, so rührt die
Verwechslung wohl daher, weil hier die numi-
dische Reiterei stand, mit der Maharbals Name
gewöhnlich verknüpft ist. Später kommandierte
H. in Bruttium und Lucanien; die Belagerung
von Poetelia, die bei Liv. XXIII 30, 1 noch
TJ,'.™:ii i^:j._i. ■ j l.-i ■ tt ii/\
Dort erscheint bei Appian. Lib. 24 ein H.. Sohn
des Bomilkar. der nach dem nächtlichen Überfall
Scipios auf Hasdrubal, Geskons Sohn, und Syphax
(203) zum Oberbefehlshaber gewählt war. Er
suchte Hasdrubal den Römern in die Hände zu
spielen . was ihm freilich mißlang , verleumdete
ihn aber mit Erfolg in Karthago (Appian. Lib.
29. 30). Ein Angriff, den er bald darauf mit
Hamilkars Flotte zugleich auf Scipio vor Utica
Himilkon leitet, wird bei Appian. Hann. 30 60 unternahm, ward abgeschlagen (Appian. Lib. 30);
schon diesem H. zugeschrieben; Polyb. MI 1, 3 "'
nennt überhaupt keinen Namen. Noch im J. 215
ward er von Tiberius Sempronius Longus bei Gru-
mentum geschlagen und zum Rückzug auf Brut-
tium genötigt (Liv. XXIII 37, 10-12), wo er
die aus Karthago anlangenden Verstärkungen auf-
nahm (Liv. XXLH 41, 10—12, wahrscheinlich
waren es 4000 Numider, vgl. Liv. XXIII 13, 7
später wird er nicht mehr erwähnt.
17) Vornehmer Karthager, hatte in Sardinien
den Aufstand gegen Rom geschürt, ward aber
215 bei der Niederlage der Sarden und Karthager
von den Römern gefangen (Liv. XXIII 41, 1).
18) Ward mit 100O Mann zu Fuß und 1000
Reitern Capua zu Hilfe gesandt (Appian. Hann. 36)
und übernahm dort zusammen in Bostar (s. o. S. 789)
2359
Hanno
Hanno
2360
das Kommando. Beide versuchten vergeblich, H.
nach einem Abzug von Rom zu einem neuen An-
griff auf Capua zu bewegen (Liv. XXVI 12).
19) Führer der karthagischen Truppen auf
Sizilien nach Himilkons Tod (212). Mit Epi-
kydes, der nach der Einnahme von Syrakus zu
ihm geflüchtet war, und dem von Hannibal ge-
sandten Libyer Muttines schlug er sein Haupt-
quartier in dem festen Akragas auf, von wo aus
Muttines das Land durch seine Streifzüge insur-
gierte. Auf dessen Erfolge eifersüchtig, beredete
er Epikydes, das Lager in Muttines' Abwesenheit
an den Himera (offenbar ist der südliche gemeint)
.zu verlegen, ward aber hier von Marcellus ange-
griffen und völlig geschlagen (Liv. XXV 40—41),
Nach Marcellus' Abzug erhielt er namhafte Ver-
stärkungen, nach Liv. XXVI 21 8000 Mann zu
Fuß und 3000 Eeitcr, und verteidigte mit ihnen
Akragas gegen den heranrückenden Laevinus.
Törichterweise jedoch gab er zum zweitenmal
seiner Abneigung gegen Muttines nach und er-
nannte an dessen Stelle seinen eigenen Sohn zum
Führer der numidischen Reiterei. Aus Rache da-
für verriet Muttines die Stadt den Römern, worauf
H. und Epikydes nichts weiter übrig blieb, als mit
wenigen Begleitern nach Karthago zu flüchten (Liv.
XXVI 40 im J. 210). Hohn Gesch. Siz. III 04ff.
20) Ward nach dem Abzüge Hasdrubals nach
Italien von den Karthagern als dritter Feldherr
nach Spanien gesandt, vereinigte sich mit Mago,
worauf beide von Scipios Unterfeldherrn Silanus
besiegt wurden (Liv. XXVIII 1—2). H. geriet in
Gefangenschaft und ward nach Rom gesandt (Liv.
XXVIII 4 zum J. 207).
21)^ Unterbefehlshaber von Hannibals Bruder
Mago in Spanien, unterstützte diesen nach der
Schlacht von Ilipa in der Neuschöpfung des Heeres
(Liv. XXVLU 23), ward aber am Guadalquivir
von L. Marcius angegriffen und völlig geschlagen,
sodaß er nur mit wenigen entkam (Liv. XXVIII
30). Eine ganz eigentümliche Darstellung findet
sich bei Appian. Iber. 31: danach war das Heer
H.s größer und die Verluste bedeutend geringer.
22) Vornehmer junger Karthager, fiel als An-
führer der Reiterei in einem Landungsgefecht yregen
Scipio (Liv. XXIX 29 zum J. 204)."
23) Sohn des Hainilkar, nach dem Tode von
Nr. 22 Fü lirer der karthagischen Reiterei gegen
Scipio im J. 204, die er durch Anwerbungen unter den
Numidern bald auf 4000 Mann brachte (Liv. XXIX
34). Er bemächtigte sich der Stadt Salaeca, ward
aber von Scipio und Massimssa zum Kampf ver-
lockt, umzingelt und getötet iLiv. a. a. ().). Wegen
der Namen sgl eich heit mit Nr. 22 hat schon Livius
seine Bedenken gehabt (Liv. XXtX 35, 2): zu-
gleich erwähnt er, daß nach Coelius Antipater und
Valerius Antias H. nur gefangen, nicht getötet ward.
Dies stimmt zu Appian. Lib. 14, wo H. nur ge-
fangen und später gegen Massini ssas Mutter ausge-
liefert wird. Dasselbe erzählt Zon. IX 12. 438b. c;
doch ist bei ihm dieser H. ein Sohn von Hasdru-
bal Geskons Sohn. Offenbar geht die auch sonst
stark abweichende Darstellung der jüngeren Über-
lieferung auf einen der genannten Annalisten zurück.
24) Bei Appian. Lib. 68 fälschlich der Große
genannt (s. Nr. 14 am Ende), Führer der römischen
Partei in Karthago vor dem Ausbruch des dritten
KÄrthagerkrieges.
25) Genannt der Weiße, verhindert es, daß
die gesamte karthagische Reiterei dem Beispiel
des Himilkon Phameas folgte und zu den Römern
überging (Appian. Hann. 108). [Lenschau.]
26) Hanno der Afrikafahrer. In dem berühmten
Heidelberger Paradoxographencodex 398 (Lon-
doner Abschrift Müller FHG V 1 prol. XVIII;
Philol. Anzeig. 1877, 129. Wescher Dionys.
Byz. 78) ist erhalten ein zuerst 1533 in Basel
10 bei Froben hinter dem Geleniusschen Arrian ge-
drucktes kleines Stück äwoovog xaQyrjdoviayv
ßaOl'/Jcoq JZEQITZXOVS TÜ>V V7ZEO T«? TJQaxUoVS OTT}-
Xag ?>ißvx65v Trjg yrjg (asqwv ov aal ävt-{hjxev sv
T{jj %ov xqqvov TSfievsif 8r}).ovvxa zdSe (v. Gut-
scn mid Kleine Schriften IV 597). Es ist oft
allein oder mit anderen Geographica zusammen
ediert, kommentiert, übersetzt worden; wichtig
sind die Ausgabe von Müller Geogr. Gr. mim I
am Anfang, Fischer De H. C. periplo, Leip-
20 zig 1893, und die vortreffliche Behandlung von
Illing Progr. Wettingym., Dresden 1899 (leideT
ohne Karte). Kiepert Formae orbis ant. X
1908 gibt eine Karte zur Hannofahrt, offen-
bar ohne die Illing sehe Arbeit zu kennen,
aber im engen Anschluß an die Karten von
Müller Tafelband zu Geogr. Gr. Min. 1. 2
und Vivien de St. Martin Le Nord de
rAfriijue dans l'Antiquite 1863, 2. über Kan
Tijdschr. nederl. aardrijksk. genootschap 1891
30s. Rüge Peterm. Mitt. 1894, 184, Sonstige
Literatur bei Fischer 4 und Meltzer Gesch.
d. Karthager I 505. H. war wohl ein kartha-
gischer Suffet; man hat sich vergebens bemüht,
ihn mit einem der bekannten Träger dieses Na-
mens zu identifizieren. Plin. II 169 datiert ihn
Carthaginis potentia florente , was ebenso unbe-
stimmt ist, wie der allgemein zu fassende Zusatz
sieut eodem tempore Himilco. Die Versuche,
bei Herodot Kenntnis von H.s Entdeckungen
40 nachzuweisen , sind als widerlegt zu betrachten;
ein vorsichtiger Schluß ex silentio Hcrodoti scheint
erlaubt (Illing 5. 7. Meltzer 231. Unger
Rh. Mus. XLII 183). Auch ist nicht möglich,
H. zeitlich vor die Expedition des Sataspes zu
legen (Herod. IV 42. St. Martin 330. Fischer
86). Genauer läßt sich die Zeit nicht fixieren,
che die Geschichte der karthagischen Kolonien
in Marokko nicht erforscht ist. Einen Terminus
ante quem ergeben die Benützungen H.s bei
50 Spateren. H. fuhr nach einem Beschluß der
Karthager (g 1 das y't'jtpiofia, mit 2 beginnt erst
der Bericht) aus mit 60 Fiinfzigruderern und
30000 Kolonisten, um libyphönizische Städte
zu gründen (60 Schiffe sind eine Einheit der kar-
thagischen Marine, Tarn Journ.helL Stud. XXVIII
228; die zweite Zahl scheint falsch; nur drei
Chiliaden?). Die Fahrt ging über die Säulen
hinaus an der Westküste Afrikas hin; ihre Länge
ist aus dem Periplus nicht genau mehr zu be-
60 rechnen (Arrian. lud. 43). Kolonien worden ge-
gründet: Thymiaterion (Mehedia a. d. Sebu-
mündung), Soloeis (Kap Ghir, nach Fischer
Kap C antin), Karikon Teichos, Kytte, Akra, Me-
litte, sämtlich nördlich vom Lixosfluß, in dem
der Wad Draa sicher erkannt scheint. Eine an
diesem angelegte Kolonie erwähnt der gerade hier
wohl verstümmelte Periplus nicht, Eratosthenes
und Artemidor kannten jedenfalls hier die Stadt
2361
Hanno
Hanno
2362
Lixos oder Lygx, Strab. XVII 825. 829. Dann
kam man zur Insel Kerne (semitischer Name,
Oberhummer Phönizier in Akarnanicn 1882,
38), wo die letzte Kolonie angelegt ward, und
zum Flusse Chre[me]tes. Von den Säulen bis
Kerne hatte die Fahrt solange gedauert, wie von
Karthago bis zu den Säulen. Die Weiterfahrt
am Westhorn vorbei bis zum Götterwagen und
Südhorn war lediglich Entdeckungsfahrt. Die
werken elamitische Häuptlinge lebendig schinden,
Maspero Hist. ancienne d. peuples de l'Orient
class., les Empires 415. Mexikanische Gebräuche
bei Brühl Kulturvölker Altamerikas 415. Son-
stige Kenntnis der Alten von afrikanischen Zwerg-
völkern Waser Rosch. Myth. Lex. ,Pygmaien'
3316). Am Gabun kehrte H. um, weil es ihm
an Lebensmitteln mangelte; Arrian spricht von
stollal amy/aviai , die ihm die Weiterfahrt er-
Lokalisierung ist hier noch strittig: Kerne undlO schwert hätten; stand davon einst im Periplus,
Chretes vermuten Fischer, Illing, Rüge wohl
richtig am Sakiet el Hamra, während Müller
die Insel in Herne 23 ° 54' oder Argonin 20 °
35', den Fluß im S. Jean 19° 50', St. Martin
und Kiepert die erstere bei Elbow Kap ungefähr
1 ° nördlich des Kreises, den zweiten im Senegal
fanden. Ist aber das hohe waldige Gebirge § 12
in Sierra Leone (Illing) am Kap Verde (Müller.
St. Martin, Kan, Kiepert) oder Kap Rlanco
oder ist das Hypothese des Eratosthenes? Mög-
lich , daß die an der Westküste Afrikas auf der
südlichen Halbkugel das ganze Jahr wehenden
Südostpassate H. ebenso gehindert haben , wie
seine portugiesischen Nachfolger. Wie Hannibal
auf dem Lakini on im Heraheiligtum einen punisch-
griechischen Bericht von seinen Taten zurück-
ließ, als er von Kroton nach Karthago zurück-
fuhr (über solche Tempelberichte Maaß Arch.
(Fischer) und das Westhorn § 14 am Cestosfluß 20 Jahrb. XXII 21; über die Sitte orientalischer
in Liberia (Illing) am Rio Grande in portug.
Guinea (Müller, St. Martin, Kiepert) oder
am Kap Verde (Fischer) zu suchen? Dagegen
hat aber meines Erachtens Illing bewiesen,
daß im Götterwagen der Kamerunpik zu sehen
ist und in dem Busen am Südhorn der Gabun
mit Kap Esterias oder die Corisco Bai (Sieglin
Woch. Klass. Philol. 1910, 700; den Götterwagen
identifizieren Müller, Kan, St. Martin, Kie-
Herrscher, selbst inschriftlich Zeugnis von ihren
Taten abzulegen, Jacoby o. Bd. VI S. 963),
so hat H. im Tempel des Kronos (wohl Baal-
Moloch) eine Erzählung seiner Erlebnisse auf-
gestellt. Und wie Polybios jene Inschrift sich
abschrieb, so hat ein griechischer Forscher etwa
Anfang des 4. Jhdts. den Bericht des H. über-
tragen , die panischen Götter- und Ortsnamen
durch griechische ersetzend (Müller Praef. 24.
pert mit dem Monte Sagres-Kakoulima, Fischer 30 Illing 9. 12), denn auf jenes punische Original
sucht ihn hinter Kap Mesurado bei Monrovia;
für das Südhorn gibt der letztere Kap Palmas,
die ersteren die Gegend bei Insel Sherboro in
Sierra Leone). Schon Burton (vgl. Peschel-
Ruge Gesch. d. Erdkunde 2 23) dachte an den
KameriiTiberg, der noch heute vulkanisch ist;
nachdem für April 1906 Solfatarentätigkeit be-
zeugt war, fand am 29. April 1909 und folgende
Tage eine große Eruption statt: Globus XCI
müssen letzten Grundes alle sonstigen Nachrichten
zurückgehen. Über den Einfluß, den die Kennt-
nis der H. -Fahrt auf die Zonenlehre und andere
geographische Theorien im 4. Jhdt. geübt hat,
vgL die Vermutungen von Schiaparelli Vor-
läufer des Kopernikus, Altpreuß. Monatschr. XIII
1876, 101. Der früheste Benutzer war wohl
Promathos von Samos, von Aristoteles zitiert
Üb. de inund. Nili SO und Meteor. I 13. 21, der
161. XCV 323. Neuere Forschungen von Vanse-40 den Cremetes — Xm/ih^g oz eis rtjv f£g> qe"i $ä-
low, die mit Illings Resultat übereinstimmen
sollen, kenne ich nur aus Hut t er Wanderungen
und Forschungen im Hinterland von. Kamerun
1902, 4. Gegen Illing scheint zu sprechen, daß
glücklicher Erfolg solcher Riesenfahrt auf einen
Schlag unwahrscheinlich ist; die Portugiesen
sind vor Prinz Heinrich nur bis Kap Bojador
gekommen, erst 1433 werden die gefährlichen
Riffe umsegelt. Indessen sehen sich auch die
Xarzav — mit dem Nil auf dem afrikanischen
Silbergebirge entspringen ließ (Parts ch Abh.
Leipz. Ges. Phil. Hist. Kl. XXVII 579. Der
Name Promathos darf nicht geändert werden, in
der ionischen Form ITgö/i^o; ist er mehrfach
belegt, vgl. auch Promathidas und Promathion.
Bolchert Siegl. Qu. u. Forsch. XV 1908, 42).
Danach vielleicht (vgl. zum Folgenden überall
Fischer 109 — 120 1 Ephoros, der Khotxov iE~iyog
übrigen Gelehrten genötigt anzunehmen, daß H. 50 und Kerne kannte frg. 96. 96 aM. , wohl auch
erheblich weitergefahren ist; wir müssen in ihm
einen gleich Pytheas unbegreiflich mutigen und
glücklichen Entdecker sehen. Arn Götterberg
fand H. auch seine Gorillen, keine Affen, sondern
behaarte Menschen, die Zwergvölker, wie Illing
mit glücklichem Scharfsinn erkannt hat (seine
Konjektur tqi? .itsoo'h; ist unmöglich: vielleicht
oiozoig fitxQots?). Rüge Peterm. Mitt. 1906
Lit-Ber. 88 zweifelt die Pygmäendeutung an. indem
Theophrast . wenn auf ihn Mirab. ausc. 37 zu-
rückgeht, Eudoxos und Timosthenes (Plin. VI
198. Wagner Erdbeschr. d. Timosth.. Leipz.
Diss. 1888, 40) ; ob Euthymenes (Aristeid. Aigypt 85,
Keil 11290) und Ophelias -Apel las von ihm sprachen,
ist unsicher (Strab. XVII 826. wo H. absichtlich
nicht genannt ist, Marc. Heracl. Geogr. Gr.
min. I 565. Müller Praef. 24). Sicher nahm
auf H Bezug Eratosthenes, den Arrian. Ind. 43
er die Abhäutung eines Menschen für unmöglich er- 60 wiedergibt (vgl. auch oben die Lixosfragej. Doch
klärt; diese wird aber erwiesen durch antike Zeug-
nisse, ethnologische Parallelen und die Behaup-
tungen moderner Mediziner (Marsvag. Plnt. Pelop.
21. Phlegon Trall. frg. 63. Gruppe Griech. Myth.
u. Rel. Index s. Haut. Micha 3, 2. Märtyrertod des
Apostels Bartholomaeus und des heiligen Doro-
theas im Apostelindex bei Schermann 1907,
199. Assurbanipal läßt auf assyrischen Bild-
ist Bergers Annahme, der Irrtum des Nepos
bei Plin/VI 199, daß Karthago und Kerne unter
gleichem Meridian gelegen seien , gehe auf Era-
tosthenes zurück, der H.s Periplus als Grund-
lage der Geographie des westlichen Afrika an-
gesehen habe, sehr zweifelhaft (Eratosth. 93.
208; Gesch. d. Erdkunde* S99. Frick Bnrsians
Jahresber. XXIII 553. Knaack o. Bd. VIS. 368).
2363
Haos
Harac
2364
Die Notiz von den Häuten der Gorgades-Gorillen
im Iuno-Astarte-Tempel , die man bis zur Ein-
nahme Karthagos habe sehen können , verdankt
Plinras wahrscheinlich dem Polybios (Plin. VI
199. 200. V 8. 9. Cuntz Polybios u. s. Werk 51.
Klotz Berl. Phil. Woch. 19U8, 1053), der bei
seinem Interesse rar die Zonenlehre (Schrift tz&qI
zi^g xsgi zov iorjfisQivov oixtjoeag) wohl die Wichtig-
keit des H.-Berichtes erkannte und auf seinen
Spuren die mauretanische Expedition mit Panaitios 10
auf sieben Schiffen Scipios unternahm (Cichorius
Rh. Mus. LX1II 220). Iuba hat den Periplus
ausführlich herangezogen (Athen. III 83 b. Plin.
V 8 = Solin 24, 15. Peter Progr. Meißen 1879,
5); auch Nepos handelte über ihn (Peter Hist.
Rom. Rel. II zu frg. 6 der Exempla; vgl. aber
Wissowa o. Bd. IV S. 1411. Klotz Quaest.
Plin. geogr. 18; Berl. phil. Woch. 1908, 1055),
wenn auch schwerlich aus unmittelbarer Kenntnis;
dies gilt sicher für Mela III 90 und Plinius II 20
169. V 8. VI 198, die irgendwie auf Nepos und
Statius Sebosus zurückgehen (Detlefsen Geogr.
Afrikas b. Plin. u. Mola, Sicgl. Qu. u. Forsch.
XIV 1908,53. Klotz Qaest. passira). Solin. 24,
15 stammt aus Plin. V 8 und 56, 12 aus VI
■200, wobei ihm betreffs Xenophon von Lampsakos
eine Flüchtigkeit passiert ist; doch hatte wohl
auch dieser gleich allen Plin. VI 198—200 zi-
tierten Autoren von H. gesprochen. Aus Solin
schöpft Mart. Cap. VI 621; vgl. auch Isidor. 30
Etymol. XIV 6, 9. Die Kachrichten über H.,
die sich nicht mit den Angaben des Periplus
decken, lassen sich zwanglos teils auf eine ein
wenig ausführlichere Fassung desselben zurück-
führen, teils sind sie spätere Kombinationen,
Fabeleien, Flüchtigkeiten. So sind die Tagfahrten
im erhaltenen Periplus lückenhaft (Arrian. Ind. 43
ist verworren, Illings Behandlung 37 läßt noch
Zweifel übrig). Sichere Fabeleien der Späteren
sind Palaephat. 32. Diod. III 54. Stat. Sebos. 40
bei Plin. VI 36. Plin. V 7 cnj Mela III 93. H.s
Glaubwürdigkeit ist oft angezweifelt worden,
sicher zu Unrecht; der schlichte Bericht, den man
ja nicht mythologisch deuten soll (Roh de Gr.
Rom. 180. 195. Weicker Scelenvogel 18), ist
von fabelnder Renommisterei weit entfernt; einer
der ältesten Afrikaforscher erzählt knapp und
treu, was er gesehen, dem Gott seiner Väter,
der ihn in fernen Meeren beschützte.
27) Hanno, ein Tierfreund und Sonderling, der 50
erste Löwenbändiger. Plin. n. h. V1I1 55. Plut.
praec. ger. reip. 3. 799 E. Maxim. Tvr. diss. 32.
Ael. var. hist. XIV 30. Mars Griech. Märch.
von dkb. Tieren 06. [Daebritz.]
Haos wird auf einer einzigen Inschrift der
Africa Proconsulari s erwähnt (CIL VIII 4641
= 16759): Haos aufgfustoj] saerum L. Lepi-
dius saterdos hoc loco initiatus aram posnit . . .
H. ist also wohl eine einheimische numidische
Gottheit, wie Gurzil <s. d.) eine maurische ist. 60
Anders Drexler in Rosehers Myth. Lex. I 1827.
[Cumont.)
Haphe s. K6vt$.
Hat . . findet sich als Gottesname auf einem
1904 am Ölrain bei Bregenz gefundenen altar-
förmigen Votivstein, von mir gesehen. Die (voll-
ständige) Inschrift lautet Deo. Har \ Aurel. \
Augustus | v. s. 1. 1, m. An eine Abkürzung ans
Harmogius zu denken (s. d.), geht wohl nicht
an. [Haug.]
Hara. hara (ära) bei den römischen Agrar-
Schriftstellern ein Abschlag für Schweine- und
Gänseställchen.
1. Abschlag für Schweine. Varro (II 4, 14.
15) fordert, daß jede tragende Sau ihren eigenen
Absehlag erhalte, worin sie die Ferkel werfen
und säugen könne, ohne von anderen Schweinen
belästigt zu werden. Diese Abschläge befanden
sich, wie noch heutzutage, unter Dach. Sie sollten
etwa 3 Fuß tief, ein wenig breiter und so hoch
sein, daß die Sau keinesfalls herausspringen und
sich Schaden zufügen konnte. Oben waren sie
offen, damit der Sauhirt bei seinem Rundgaug
bequem hineinsehen, sich von dem Wohlbefinden
der Alten und der Ferkel überzeugen und et-
waigen Übelständen, wie dem Drücken der Ferkel
durch die liegende Sau, leicht abhelfen konnte.
Die Türe zu diesem Abschlag war über einer fuß-
hohen Schwelle angebracht, deren Höhe das Her-
auslaufen der noch kleinen Ferkel verhindern
sollte, wenn sie allzu frühzeitig der ins Freie
drängenden Alten folgen wollten. Der Abschlag
sollte häufig vom Hirten gereinigt und mit einem
die Feuchtigkeit aufsaugenden Material, wie Sand
oder dgl., bestreut werden. Columella (VII 9) und
Falladius (III 26) wiederholen fast wörtlich diese
Vorschriften, indem Columella noch besonderes
Gewicht darauf legt-, daß den kleinen Ferkeln
die Möglichkeit genommen werde, die Schwelle
zu überschreiten und in andere Abschläge einzu-
dringen, da jede Muttersau nur ihre eigenen Ferkel,
nicht die eines fremden Wurfes säugen solle. Auch
er betont, wie wichtig es sei, den Abschlag rein
zu halten, indem er für das beim Fressen un-
reinliche Tier ein reinliches Lager als Notwendig-
keit hinstellt.
2. Varro (III 107, 3. 4), Columella (VIII 14)
und Palladius (I 30, 2) führen auch dasselbe
Wort H. für die kleinen Verschlage der Gänse
an. In dein großen, für die Gänse von dein übri-
gen Vieh abgesonderten Hofe, dem eigentlichen
Chenoboscion, müssen unter Dach kleine viereckige
Abschläge aus Bruch- oder Ziegelsteinen errichtet
werden, deren Größe etwa 2^2 bis 3 Fuß im Qua*
drat beträgt. In diesem, mit weichem Stroh be-
schütteten Ställchen brütet die Gans ihre eigenen
Eier aus und behält die Jungen die ersten Tage
bei sich. Später wurden, wie es scheint, die
Gänschen in einer Zahl, die zwanzig nicht über-
steigt, ohne die Alte in den Abschlägen unter-
gebracht. Die Türen zu diesen Ställchen sollten
fest und gut verschließbar sein, um dem Raub-
zeug den Eingang zu wehren. Der Boden mußte
stets reinlich und weich mit Stroh beschüttet
sein.
3. Hara suis als Schimpfwort von dem Skla-
ven Tranio in Plautus Mostellaria 40 gebraucht.
[Orth.]
Harac (sie!, nicht llarae), Ortschaft in der
syrischen Steppe, Tab. Peut. Identisch mit dem
"Agaya des Ptolem. V 15, 24 ; so wird dort statt
"A&aya zu lesen sein; vgl. dazu o. Bd. I S. 339
(Art. Adacha). Der Ort existiert noch heute
als unbedeutendes Dorf (mit etwa 20 Häusern)
an der Straße Palmyra-ed Der (am Euphiat),
25 km Östlich von Palmyra. Auch die arabi-
2365
Harauso
"Äfftet
2366
sehen Geographen kennen ihn als Arak (TTrak).
Vgl. B. Moritz Zur antiken Topographie der •
Palmyrene (Abh. Akad. Berl. 1889) 26. M. Hart-
mann Ztsclvr. d. Deutsch. Palästinavereins XXII
135. Le Strange Palestine under the Moslems
{Lond. 1890) 3^5. Kiepert FOA Heft V (1910)
S. 4a. Baedeker Palästina u. Syr.' 326,
[Streck.]
Harauso oder Harouso, Beiname eines ört-
lichen Gottes Boceus (s. d.) von Boucou en Sau- 10
veterre de Nöbousan im Val d'Aur in den Pyre-
näen, einem Seitental am obersten Lauf der Ga-
ronne im einstmaligen Gebiet der Convenae in
Aquitania. Diesem (wohl iberischen) Lokalgott
haben zwei Angehörige derselben Familie, wahr-
scheinlich Vater und Sohn, zwei Marmoraltäre
geweiht (jetzt im Museum zu Toulouse), CIL XIII
78 Bocco Harausoni M. Val(erius) Fuscus v. s.
I. in. und 79 Bocco Harousoni M. Valerhis Fusci-
nus v. s. I. m. Holder Altkeit. Sprachsch. s, v, 20
Röscher Myth. Lex. s. v. [Keune.]
Haren ati bin s. Arena cum.
Hariasa, örtliche niederrheinische Gottheit.
Der dea Ilariasa war im J. 187 n. Chr. von
einem aus Xanten (Colon ia Ulpia Traiana) stam-
menden beförderten Reitersoldaten einer in Köln
stehenden Ala eine Inschrift geweiht, welche 1674
zu Köln gefunden wurde, seitdem aber ver-
schollen ist, CIL XIII 8185. Röscher Myth.
Lex. s. v. [Keune.] 30
Harii. Nach Tac. Germ. 43 einer der fünf
Hauptstämme der in historischer Zeit zwischen
Sudeten und Weichsel wohnenden Lugier: latis-
sime, patet lAigiorum nomen in plures eivitates
diffusum, valentissimas nominasse suffiewt,
Ilarios, Helveconas, Manimos, Ilelisios, Nahar-
navalos. Ihre Sitze lagen wohl im heutigen
Schlesien, an der oberen Oder. Sie werden sonst
nicht erwähnt; nach Much Stammsitze 28. 40.
Schmidt Gesch. der deutschen Stämme 475 40
sind sie identisch mit den Charini, die Plinius
n. h. IV 99 als Teil der Vandilier nennt. Müllen-
hoff Z. f. d. Altertum IX 247 vermutete, daß
sie gar kein Volk, sondern nur die Kriegerscharen
der lugischen Völker gewesen sein. An Macht
Übertrafen die H. alle Nachbarn und wußten sich
ihnen durch sehr eigenartige Kriegsbräuehe furcht-
bar zu machen: Tac. Germ. 43 ceterum Harii
super vires, quibus enumeratos paulo ante popu-
los anteceduni, truces insitae feritati arte ac 5(1
tempore lenocinantur : nigra smüa, tineta Cor-
pora; atras ad prodia noctes Jegunt ipsaque for-
midine atque umbra feralis exercitus ter rarem
inferunt, nullo hostium sustinente novum ac
relut infernum adspeetum; vgl. Weniger Archiv
für Religionswissenschaft IX 201 ff., nach dem die
merkwürdigen kriegerischen Sitten der H. einen
religiösen Hintergrund haben: anders Müllen -
hoff D. A. H 117. IV 490. [Rappaport]
Harimella, Göttin, welcher ein Gamidiahus 60
{Gamidianus?) zu Birrens bei Middlebv in Bri-
tannia einen (jetzt verschollenen) Altair geweiht
hat, CIL VII 1065. Der Stifter war vermutlich
ein Angehöriger, arefarius) nach Hübner,
ar(morum) cfustos) nach Bergk, der eohors II
Tungrorum; die Gottheit ist daher eine germa-
nische (harimella = Volksgericht , Malstatt),
ihrem Namen ähnlich ist der Name einer Ort-
schaft Harimalla an der Maas unterhalb Heri-
stall in Belgien. Bergk Zur Geschichte u. To-
pogr. d. Rheinlande in röm. Zeit 124 (Bonn.
Jahrb. LVTI 29). Koscher Lex. d. gr. u. röm.
Mythol. s. v. [Kenne.]
Hariobaudus. 1) König eines Teils der Ala-
mannen, die er gemeinsam mit seinem Bruder
Macrianus beherrschte. Als Iulian 359 verwü-
stend in ihr Gebiet eingefallen war, baten sie um
Frieden und erhielten ihn bcwillisrt, Ammian.
XVIII 2, 15. 17. 18.
2) Hariobaudes, Tribunus vacans, von Iulian
im J. 359 als Gesandter und Späher bei den Ala-
mannen benutzt. Ammian. XVIII 2, 2. 7.
[Seeck.]
Haris ? Ort in Kleinarmenien, an der Straße
Draconis-Zimara, Tab. Peut. XI 1 (Miller). Nach
R. Kiepert Karte von Kleinasien B V und FOA
VIII, Text 16 ist es = Gökseki; Yorke Geogr.
Journ. 1896 VIII 465 vermutet, daß es mit
Hassis (s. d.) identisch ist. [Rüge,]
Hariza, auf der Tab. Petit. Ortschaft Ar-
meniens an der Route von Artaxata nach Rau-
gonia, von diesem 24, von jenem 80 röm. Meilen
entfernt. Die Strasse lief im Araxestal und zwar
am Südrande aufwärts nach dem Hauptorte Ka-
gyzman, der altarmenisch Kalzvan heißt (Hüb s ch -
mann Altarmenische Ortsnamen 363) und von
Tomaschek dem leisen Namenanklang zu Liebe
mit Colchion der Tab. Peut., 24 Meilen westlich
von Raugonia gleichgesetzt wird (s. o. Bd. III
S. 2022 Art. Chadas). Aber die Distanzen der
Tab. Peut. würden dann sehr stark überschätzt sein,
so daß eher Raugonia in Kagyzman seinen Platz
finden dürfte, zumal es Kreuzungspunkt mehrerer
Straßen und durch Vignette ausgezeichnet ist.
H. muß dann weiter östlich in der Nähe von
Parnaut gelegen haben. K. Müller (zu Ptolem.
p. 941) wollte H. mit Aruzis der Ptolemaios-
Karte gleichsetzen , auch er durch Namenan-
klänge wenig glücklich geleitet. [Kiessling.]
'ÄQßia. 1) Wagen im weitesten Sinne des
Wortes. Homer und Xenophon bezeichnen mit ä.
besonders den Streitwagen, PindaT und andere
hauptsächlich den Rennwagen. Bei Homer werden
noch die Streitwagen zum Wettrennen benützt ;
vgl. vor allem IL XIII 286. 304. 319. 334f.
Aber auch später behielt der Rennwagen im all-
gemeinen die Form des alten Kriegs wagens bei ;
vgl. Reinach Repert. des vases II 124. 125. 70.
I 199. Teile des ä. nach Homer IL V 838. VI
42. X 475. XIII 30. Pollux I 142f. VII 116 und
Lexikographen. Man vergleiche darüber den Art,
Kriegswagen. Ginzrot Die Wagen u. Fuhr-
werke der Griechen u. Römer usf.. Münch. 1817
Bd. I, bes. S. Ulf. Saglio Art. currus bei
Daremberg-Saglio I 2 S. 1633f. (Hauptarbeit
mit vielen Abbild.). Hei big Das homer. Epos
aus den Denkmälern erläutert 88f. Nuoffer Der
Rennwasren im Altertum I. Teil . Diss. Leipzig
1904. " [K. Schneider.]
2) Ortschaft in Boiotien. Der Name wird in
Zusammenhang gebracht teils mit dem Untergang
des Amphiaraos , Paus. I 34, 2. IX 19, 4; Apollo-
doros (Schwartz o. Bd. I S. 2867, 47) bei Strab.
IX 404; weitere Stellen bei Unger Thebana
Paradoxa 164ff.; o. Bd. I S. 1888, 4ff. ; teils mit der
Errettung des Adrastos, Apollod. s. o. nach Philo-
2367
r 'AQfia
Harmachis
2368
choros FHG I 392. Eustath. 266, 35 = Schol. B
IL II 499, vgl. Knaus s De Steph. Byz. Ethn.
exemplo Eust., Diss. Bonn 1910, 43. Bethe Theb.
Heldenl. 66. H. lag nach Paus. IX 19, 4 an der
Straße von Theben nach. Chalkis zwischen Teumes-
sos (heute Messowuni) und Mykalessos, Tgl. Paus.
I 84, 2 und Strabon s. o. Danach hat Ulrichs
Reisen und Forschungen II 2!) die kleine Euinen-
stätte von Kastri mit H. identifiziert. Sie ist
auf der Carte de la Grcce eingetragen und liegt
auf Kauperts Karte von Attika 1 : 100 000
nordwestlich von dem verlassenen Dorfe Kapan-
drfti auf dem Ausläufer des Lyko Yuni , um
dessen Fuß die moderne Straße von Theben nach
Chalkis nordwestlich von Punkt 156 herurnbiegt.
Vgl. Bursian Geogr. I 217. Hitzig-Blttmner
Paus/ III 1, 442. Eine genaue Beschreibimg der
Ruinen gibt Lolling Urbaedeker 19 (s. darüber
Bulle ürchomenos I 116, 2): ,Die Befestigung
nimmt nur den dem Wege nach Chalkis am
nächsten gelegenen Teil der oberen Fläche ein.
Trotz der geringen Ausdehnung der Ruinen (kaum
100 Schritt lang und breit) kann man doch
innerhalb der größeren Umfassungsmauer noch
eine kleinere, den Westteil der Befestigung ein-
nehmende 35' breite Abteilung erkennen. Im
Inneren des größeren östlichen Raumes bemerkt
man Reste alter Bauten. Türme sind nicht vor-
handen , dagegen springt von der Ostmauer ein
besonderer Torbau hervor, der zur Hälfte zerstört
ist. Die Mauer ist 5' breit und aus kleinen und
nicht immer sorgfältig behauenen und geglätteten
Polygonen aufgebaut*. Nach Ulrichs sind die
Nordmauer und die Quermauer aus großen be-
hauenen Steinen erbaut. Leake N. G, II 247
passierte die Stelle von H., ohne es zu merken,
und sptzt infolgedessen H. und die anderen Ort-
schaften 250fi. zu weit nach Osten. Roß (Wan-
derungen I 109) hält Dritsa für H.; dorther
stammen also auch die Steine IG VII 629 und
634. Frazer, der die Gegend nur aus der Ferne
gesehen hat (Paus. V 66), verlegt H. in den Paß
von Rhitsona (62). H. wird im Schiffskatalog er-
wähnt (IL LT 499). Später hat es vermutlich erat zu
Mykalessos gehört, dann zu Theben (Meyer Theo-
pomps Hellenika 97), eudlich in hellenistischer
Zeit zu Tanagra (Strab. s. o. und 405 ~ Apollodor
nach Schwartz o. Bd. I S. 2867 , 54). Nach
Fhilochoros (s. o.) genossen die Einwohner Isopo-
litie in Argos. Strabon nennt H. eine *«,«?? egt]^og
(IX 404), und Paus. IX 19, 4 sah nur noch loehzia,
3) Einen See in Boiotien namens H. erwähnt
Aelian. rar. bist. III Ab. Philippos II. ist durch
ein Orakel vor dem uo/m gewarnt; er meidet in-
folgedessen den Ort H. (Nr. 2) nach Val. Max. I 8, 9.
Xepot. ep. Val. Max. 1X21. Doxopatres rhet. Graeci
II 475. 2öff. Walz. Aelian dagegen überliefert eine
Variante, die den Philippos ermordet werden läßt
rt/v &r}ßa\'yJ]v -zegie'/.Oövto. /Jßvtjv Ttjv xakoviisrip'
Zlofia. Offenbar liegt ein grobes Mißverständnis
vor, und damit verliert auch die topographische
Angabe allen Wert. Ampelius 8, 9 Boeotiae lacus
saeer, ubi Amphiaraus deioratus est vermag sie
nicht zu stützen. Damit sind auch die Versuche
hinfällig, den See zu bestimmen: Ulrichs Reisen
und Forschungen I 258 (— Paralimni). Bursian
Geogr. I 200 (= Literi); vgl. R. Kiepert For-
mae XIV Text 3. [Bölte.]
4) Felsen imParnassos, heute »? Ilavayia (Roßt
, Königsreisen II 86, 12). Strab. IX 2, 11 p. 404
. . . "ÄQfxazog zov xaxa ti?v Azxix^v , o satt sibqi
$v\f}v , drjfiov r7\q 'AtrtKv^, opoQOV xfj Tavaygq,.
Die hier erwähnte örtlichkeit verdankt ihren
Namen der eigenartigen Geländeformation. Schon
von Athen aus kann man den langgestreckten.
Felsrücken sehen, der nach Westen steil ab-
fällt, so daß in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit
10 mit dem Wagenstuhl eines antiken Streitwagens
vorhanden ist. In der Richtung auf dieses H.
pflegten die Pythaisten in Athen vom Heiligtum
des Zevc "AatQaTtaloQ aus alljährlich zu bestimm-
ten Zeiten innerhalb dreier Monate den Blitz zu
beobachten; vgl. Strab. IX 2, 11 a. O. ßhmov-
tojv (sc. tojv flv&atOTäv) mg siti zo "Aq(.ia xai
zöte xsfuidvzojv rifv ftvoiav dg AsXqpovg , ozav
aozgdymvTa löoaat. Milchhöfer Karten von Afr-
ika Text VII/VI1I 10. [Kolbe.]
20 Harmachis. 1) Eine besondere Form des ägyp-
tischen Gottes Horus (s. d.) als Sonnengott, äg.
Har-achte, d. i. Horus, der im Horizont befindliche,
der Gott der aufgehenden Sonne. Die griechische
Form "ÄQ/nax'-i ist so zu erklären : die Sphinxe, be-
sonders der Sphinx von Gizch, gelten spätestens
seit dem neuen Reich als Bilder des Horus und
heißen als solche : Har-em-acht, Horus im Horizont
= 'Ag/uayj;. Mit diesen haben die Griechen den
Har achte, der im Ägyptischen davon unterschieden
30 wird, identifiziert; s. Er man Die Sphinxstele; S.-
Ber. Akad. Berl. 1004, 16. L^ieper.]
*2) Harmachis (der Name zuerst fälschlich
Ilormt [Brugsch Ä. Z. XVI 44 1 und Ilorhotep
[Ro vi 11 out "Rev. arch. N. S. XXXIV 333] ge-
lesen) begegnet uns in demotischen, aus der The-
bais stammenden Papyri, die allgemeine Erwä-
gungen der Zeit des fünften Ptolemaios zuweisen
(Spiegelberg Dem. P. Berl. 3142 -4- 3144. 3145.
Dem. P. London, publ. Rev. e"gypt. II 16. Dem.
40 P. Marseille, publ. Rev. egypt. I 121, 1), als Name
eines ägyptischen Königs, dessen Herrschaft nach
den Datierungen mindestens sechs Jahre gedauert
hat. Man hat diesen einheimischen König mit Recht
allgemein mit dem großen, sowohl in Unter- als
Oberiigvptcn ausgebrochenen Aufstand, der uns
für die 'Zeit von 207/6 — 186/5 v. Chr. bezeugt ist
[s. z. B. hierogl. Inschr. Edfu. publ. Ä. SS. X VI 44/5.
P. Tor. I 1 Col. 5. 27ff. Gr. Inschr. P. S. B. A. X
382. Polyb. XXII 7), in Verbindung gebracht und
50 ferner als sein Herrschaftsgebiet Oberägypten an-
genommen. Wieweit freilich hier seine Macht
gereicht hat, ist ungewiß, da wir aus derselben
Zeitperiode noch zwei weitere oberägyptische Ge-
genkönige. Anehmachis und Hr . . . (s. d.) kennen,
für die 14 bezw. 10 Reglernngsjahre bezeugt sind
(für Anehmachis vgl. Dem. P. Marseille, publ. Rev.
egypt. II 148, 7); es müssen also zum mindesten
zwei Herrscher zugleich in Oberägypten geboten
haben. Unbegründet ist ferner die Behauptung
60 Revill outs Rev. egypt. X 86f., daß H. auch
über Memphis geherrscht habe (Spiegelberg
Arch. f. Papyrusforschung III 146). Die Be-
deutung des H. ist überhaupt früher allgemein
übertrieben worden, vor allem im Anschluß an
eine Vermutung von Brugsch, derzufolge man
H. und ebenso auch Anehmachis als äthiopische
Könige aufgefaßt hat, die Oberagypten fBr sich
gewonnen hätten (Rcvillout Rev. egypt. I
2369
Harmais
'Agfia flauet
2370
148f. II 145ff. Krall S.-Ber. Akad. Wien, Phil,
hist. Kl. GV 369ff.). Dagegen Bouche-Leclerq
Hist. des Lagides I 365, 2. IV 318, dessen Zweifel
an der Geschichtlichkeit dieser Könige freilich
zu weitgehend ist (die Aktpräskripte sind eine
unbedingt zuverlässige Quelle). Die alte Auffas-
sung ist aber jedenfalls durch den inzwischen
bekannt gewordenen dritten König erledigt: man
hat in H. einen einheimischen Führer der Auf-
ständischen zu sehen, einen der ägyptischen dvvä-
oiai, wie uns Polybios a. a. O. deren mehrere
namentlich nennt Bedeutungslos wird man sich
aber H. doch wohl nicht vorstellen dürfen ; da-
für spricht nicht so sehr sein Königstitel als
die Tatsache, daß er sich immerhin längere Zeit
gehalten hat und daß nach ihm datiert worden
ist. Sehr wohl möglich ist es, daß H., wenn er
auch nicht Athiopenkönig war, doch von diesem
unterstützt worden ist (Agatharehides stegl sgv&gäg
■ßaläcorjs, Geogr. gr. min. I 111). Die Zeit des
H. läßt sich nicht genau bestimmen, da wir mit
der Möglichkeit des Nebeneinander-, Regierens'
zu rechnen haben; da aber in Anbetracht der
sachlichen Angaben einer Urkunde vom 7. Jahre
des Anehmachis (Spiegelberg Dem. P. Berlin
3146 A u. B) dieser ein Dokument vom 6. Jahre
des IL vorausgegangen sein muß, so darf man
H. etwa in die erste Hälfte der Aufstandszeit
setzen. [Walter Otto.]
Harmais (Manetho bei Jos. c. Apion. 1, 14
Agimig ; Sothisbuch p. 293 nr. 46 'Agfiaiog ; Afri-
canus Dyn. 18 nr. 14 'Agfisaig; Eusebius I b 1
Dyn. 18" nr. 12. Eusebius kanon. Sync. p. 135
Ügfiatg). Bei Manetho und seinen Epitoma-
toren ein König der 18. ägyptischen Dynastie,
wahrscheinlich zu identifizieren mit dem König
der Denkmäler Haremheb. Er ist der Neube-
gründer des ägyptischen Reiches nach den Thron-
wirren unter den letzten Ketzerkönigen (Nach-
folgern Amenophis IV.). Unter Amenophis IV.
bereits ein hochstehender Offizier, mit dem Kö-
nigshause vielleicht verwandt, gelangte er unter
den kurzlebigen Nachfolgern des königlichen Fa-
natikers zu gewaltigem Einfluß. Ein treuer An-
hänger des alten Amonglaubens, ist er offenbar
durch die Unterstützung der Amonspriestersehaft
auf den Thron gelangt. Er stellte die alte Reli-
gion im Lande wieder her und war bemüht, das
Andenken an die Herrschaft der Ketzer gründlich
zu vernichten. Zu größeren Kriegen kam er nicht,
den Rückgang der ägyptischen Herrschaft in Sy-
rien konnte er nicht aufhalten. Ein großes De-
kret von ihm erzählt, wie er der Rechtsun Sicher-
heit im Lande zu steuern suchte. Vgl. die Dar-
stellungen ägyptischer Geschichte z. B. Wiede-
mann I 408." Ed. Meyer 269. v. Bissing 53;
bes. Breasted-Ranke 315ff. und Ed. Meyer
Äg. Chronologie 8Sff. [Pieper!]
Harmaktika (Ptol. V 10, 2) s. Armastika.
"ÄQtArdfia^a, persischer Reisewagen, hauptsäch-
lich für Frauen. Das Gefährt kam naturgemäß
zuerst den kleinasiatischen Griechen zu Gesichte,
von welchen es wohl auch den aus ägfia und
$ßtt£a zusammengesetzten Namen erhielt. Nach
Griechenland gelangte diese Wagenart unseres
Wissens zum erstenmal in der Zeit der Perser-
kriege, ohne indessen dort heimisch zu werden.
Herodot VII 83 spricht von den zehntausend
Unsterblichen im Perserheere des Xetxea, die
auf a. ihre Kebsweiber und eine zahlreiche Diener-
schaft mit sich führten; und IX 76 erzählt er,
daß nach der Schlacht bei Plataiai eine Frau zu
den Griechen übergelaufen kam, sich dem Pau-
sanias zu Füßen warf und ihn bat, er möge sie
doch befreien. Sie sei die Tochter des Hegetorides
aus Kos und vom Perser Pharadantes gewaltsam
zum Kebsweibe gemacht worden. Von dieser
10 Frau heißt es ,sie schmückte sich und ihre Mägde
reich mit Gold, und in ihrem schönsten Kleide
stieg sie aus der d, aus.'
Die persische Gewohnheit, Frauen auf d. mit
in den Krieg zu nehmen, beschränkte sich nicht
auf die Zeit der Perserkriege. Auch Xenoph.
Cyrop. IV 3, 1 erwähnt Perser, denen ihre recht-
mäßigen Gattinnen samt Nebenfrauen, also ein
ganzer Harem in d. auf dem Feldzuge folgten.
Außerdem nennt Curtius III 3, 23 fünfzehn sog.
20 d. mit den Künigskindern und ihren Erziehern,
welche hinter den Wagen (currus) der Königin
Mutter und der Gemahlin des Dareios einher-
fuhren. Nach Diod. XVII 35, 3 fanden die
Makedonier nach der Schlacht bei Issos das per-
sische Gefolge im Lager des Dareios. Der Schrift-
steller erwähnt die Reisewagen ebenfalls, gibt
ihnen aber den allgemeinen Namen aQfxaza, ohne
die 15 d. des Curtius auszuscheiden. Dagegen
fügt er eine wichtige Bemerkung hinzu, daß näm-
30 lieh die Frauen das Heer nach alter Persersitte
begleiteten.
Die d. wurde aber nicht etwa ausschließlich
in Kriegszeiten verwendet; sie bildete vielmehr
den gewöhnlichen Reisewagen vornehmer Perse-
rinnen. Auf der d. fahren z. B. Panthea, die
Gemahlin des Abradates (Xen. Cyrop. VI 4, 11),
das Gefolge des Kyros (Xen. Cyrop. III 1 , 8),
die Kilikerkönigin Epyaxa (Xen. anab. I 2, 16),
Stateira, die Gattin des Artaxerxes Mnenion (Plut.
40 apophth. reg. 173F; Artaxerxes 5). Wir wissen
auch, daß gelegentlich sogar Männer die d. be-
stiegen (Herodot. VII 41. Xen. Cyrop. HI 1, 40.
Aristoph. Acharn. 70). Wenn zwar Lysitheides
den Themistokles auf einer d. zu Artaxerxes führen
läßt, so tut er dies nur, um seinen Schützling
ungeschoren fortzubringen. Diodor XI 56, 7f. und
Plutarch Them. 26 bezeugen nämlich überein-
stimmend, daß die Perser ihre Gattinren, Neben-
frauen und Sklavinnen auf verdeckten Wagen zu
50 befördern pflegten, um sie den Blicken der Neu-
gierigen zu entziehen. Diodor sagt em axijvqg
xexovfifiht^g , Plutarch im r<Lv do/^atia^öjv und
zwar vnö oxtp'dq xvxXa) vttQiyQaypihag, Diese
Sitte machte sich Lysitheides zunutze.
Wie wir aus den beiden Stellen ersehen, hatte
die d. — denn daß DiodoT hier mit der (uiY\vr\ eine
d. meint, ist doch klar — ein ringsum laufen-
des Verdeck oder einen Verschlag; diese oxr\vr\
konnte aber weggezogen werden, wie aus Xen.
60 Cyrop. VI 4, 11 erhellt. Denn nach jener Stelle
wurde Panthea in die H. geführt und die Ver-
schnittenen und Dienerinnen xaxafiXivavzeg xclte-
xäXvyav zfj oxtjrfi. Es wird weiter nichts sein
als eine avÄaia oder ein staganhaofia , eine Art
Vorhang. Die verdeckte aniqvri des Diodor war
nämlich ebenfalls mit izoXvxeXeot Jic^cuteido/iaoiv
ausgestattet, und Stateira fahr auf einer d. mit
zurückgeschlagenen Vorhängen {avXtäa) oder gar
7ä
2371
Harmastus
Harmatelia
2372
ohne solche (yvptv fy r&v ciaQa7tszaof4,dro>v) , damit
die Untertanen sich ihr grüßend nahen konnten.
Die Vorhänge waren oft reich geschmückt, einzelne
Wagenteile vergoldet oder aus Grold (Diodor. XVII
35, 3. Lucian epist. saturn. II 29).
DeT Umfang der ä. mußte gelegentlich ziem-
lich groß sein, Panthea wurde ja in dieselbe
hineingelegt, und die persischen Gesandten bei
Aristoph. Acharn. 70 versichern, daß sie in den
vorhebt und Diodor wenigstens andeutet, Trenn
er die Belagerung der Stadt an die Ereignisse
im Eeiche des Sambos anschließt und sie außer-
dem die ,letzte Stadt der Brachmanen' bezeichnet,
die er fälschlich als ,e&vo? 1 und zwar gerade das
A r olk des Sambos auffaßt. 2. H. ist die letzte,
d. h. südlichste Stadt dieses Königs (Curt.: in
regno imo), sehr nahe bei Patala (Gart, kine in
proximam gentem Pataliam perventum est);
weich gelegen haben. Übrigens benützte das 10 vgl. auch Strab. C 701. 3. H. stand unmittel-
weibliche Kriegsgcfolgc die Reise wagen wohl auch
als Lagerstätte.
Die g. war jedenfalls vierräderig. Lafaye bei
Darernberg-Saglio I1T 1 veröffentlicht unter
Abb. 3701 ein assyrisches Relief aus dem Briti-
schen Museum, das er zur Erklärung des Namens
d. herbeizieht. Wir sehen da einen vierräderigen
Wagen; darüber liegt auf der Vorderachse ein
halbkreisförmiger, nach vom geschlossener Kerb,
bar am Indus (so ausdrücklich Curtius; dasselbe
folgt aber auch ans Diodor, wenn er sofort den
xazäutiovg Alexanders ds zov ' Qxf.gi'Öv anschließt).
Freilich mag man einwenden, daß diese An-
setzung nur eine Kombination sei , verursacht
durch die irrige Verknüpfung der hierher gehö-
rigen Ereignisse mit der Strom fahrt nach Patala.
Aber gerade bestimmte Angaben in den Schriften
der ExpedLtionsteilnchmor über die Lage H.s am
der als Standort der Kutscher diente; dahinter 20 Indus und die Nachbarschaft Patalas scheinen in
steht auf der hinteren Achse ein geschlossenes
Verdeck. Das ganze Gefährt sieht einer Post-
kutsche nicht unähnlich. Der Vorderwagen mit
dem Korbe soll nun nach Lafaye die aoua sein,
und in der Tat gleicht er einem griechischen
Kriegs- oder Rennwagen; den Ilinterwagen mit
dem Verschlag nennt der französische Gelehrte
die <%ua£u der Reisenden. Die Erklärung ist nicht
ganz von der Hand zu weisen, trotz des assyrL
sehen und nicht persischen Ursprungs des Reliefs 3
und obgleich die eigentliche Kutsche kleiner ist,
als man nach den vorstehenden Ausführungen er-
warten sollte. Mehr als 4 — Personen fanden
darin keinen Platz, und liegen konnte man nicht
in ihr. Doch werden kaum alle Reisewagen van
gleichem Umfange gewesen sein.
Schließlich dürfen wir nicht unerwähnt lassen,
daß Aelian XIT 01, Athenaios V 206 E und Dio-
dor XVIII 26. 1. 5 dem Leichenwagen Alexanders
d. Gr. den Namen «. beilegen,
nach Diodor vierräderig. Auf den zwei Achsen
lag ein Gestell; auf diesem ruhte ein ionisches
Peristyl, von einem gewölbten Dache überragt:
innerhalb des Peristyis hing ein goldgewirktes
Netz. Offenbar sah der Leichenwagen des großen
Makedonien* einer «. gleich, woraus wir wieder
schließen dürfen, daß" d^r persische Reisewagen
ungeiähr die Gestalt eines heutigen Leichen- oder
Gesellschaftwagens besaß
kritischen Geistern die Vorstellung hervorge-
rufen zu haben, wenigstens die Einnahme H.s oder
überhaupt alle Unternehmungen im Land der
Praesti und des Sambos müP>ten nach der defi-
nitiven Abfahrt der Flotte Alexanders von der
viel weiter im Norden gelegenen Hauptstadt des
Musikanos nach Patala stattgefunden haben. So
erklärt sich jedenfalls die falsche Anordnung der
Ereignisse am besten.
Das Land des Musikanos kann nur in den
sehr fruchtbaren Strichen beim heutigen Bhakar,
die Hauptsta.lt desselben in der Paüuenstätte
des seit dem 10. Jhdt, verfallenen AI Kur, etwas
südöstlich von Bhakar, gesucht werden. Zwischen
Bhakar und Haideivibad (= Patala) dehnt sich
die große westliche Ausbiegung des heutigen
Induslaufes, die das ältere Ilaupfcbett des Stro-
mes, Purum genannt (s. u. Indus), fast gerad-
linig abschneidet; mag jenes damals überhaupt
Derselbe war 10 noch nicht bestanden haben, auf diesem ist jeden-
falls die Flotte Alexanders abwärts gefahren.
Von Al-Rör unternimmt Alexander seinen Streif-
zug gegen Pm-tikinos (Oxikanos) und die Praesti,
die keinesfalls, wie Lassen wollte, am alten In-
dus südlich von den Müshika zu suchen sind.
Sonst würde sich Alexander natürlich der Flotte
bedient haben und in ijbereiastinnirjng mit sei-
nem Hauptplan, die Mündung des Stromes und
den Ozean zu erreichen, von der Hauptstadt des
Als Zugtiere für die d. dienton nach Plut. 50 Musikanos, wo alles auf das beste geordnet schien
Alex. 13 Maultiere; auch der Leichenwagen Alex-
anders war mit Maultieren bespannt.
Literatur: Ginzrot Die AVagen u. Fuhrwerke
der Griechen und R">mer, München 1817 I 453.
Lafaye bei Darernberg-Saglio III 1. 1'.
[K. Schneider.]
Harmastus (Plin. n. h. VI 29. 30) s. Anna-
s tika.
und ihn nichts mehr hielt, sofort flußabwärts
gefahren sein. Da die Landexpedition von den
Praesti sofort ins Land der , Berginder* und des
Sambos ausgedehnt wurde und dieses sicher
zwischen dem neueren Strombett und dem ga-
drosischen Randgebirge gelegen war, wird das
Fürstentum des Porti kanos gleichfalls am west-
lichen Rand der Tndusnicderung , nach Westen
von Bhakar und nach Norden von Sehwän (= Sin-
Harmatelia, Stadt im Flachland des unteren ..__
Indus, Diod. Sic. XVII 103 und Curt. IX 8, 17ff., 60 domana, Residenz des Sambos) angesetzt werden
der aber den Namen der Stadt nicht nennt. Die müssen. Von Sindomana kehrte Alexander an
Feststellung ihrer Lage stößt auf große Schwie-
rigkeiten, weil die hier sieh abspielenden Ereig-
nisse des Alesanderzuges bei Arrian überhaupt
übergangen, von Diodor und Curtius nachweis-
lich falsch eingeordnet sind. Von ihren Angaben
sind folgende wichtig: 1. H. gehörte zum Land
des Rsdja Sambos, wie Curtius ausdrücklich her-
den Puräna-Indus zurück und sicherte H., ,die
äußerste Brahmanenstadt', von der er sich dann
wieder nach Norden flußaufwärts wandte, um
den unterdessen gleichfalls abgefallenen Musikanos
zu züchtigen and die in seiner Hauptstadt statio-
nierte Flotte wiederanerreiclien. Av&aemxatdtslous
nach Patala wurde dann E. ein zweites MaI berührt.
2873
Harmateus
Harcnatios
2874
Man sieht, die Bestimmung der Lage H.s
hängt wesentlich von der Ansetzung Patalas ab,
die freilich strittig ist. Wir werden es in Hai-
deräbäd finden (s. u. Patala). Dann kann H. mit
Cunningbam kaum anderswo gesucht werden als
in der berühmten mittelalterlichen Stadt Bräh-
manäbäd, 80 km nordöstlich von jenem. Die teil-
weise sehr gut erhaltenen Ruinen liegen an einem
alten Indusarm und breiten sich weit in der
Wüste aus, die sie umgibt, seitdem sich der Strom 10
von hier völlig zurückgezogen und die kostbaren
Trrigations wässer mit sich fortgetragen hat. Die
Katastrophe fällt ins 10. oder spätestens 11. Jhdt.
und wird von der Tradition, nicht ohne Zu-
stimmung der geologischen Wissenschaft, auf
starke Erdbeben zurückgeführt. Wenn sich die
mittelalterliche Stadt durch ihren Namen als
eifrige Verehr erin der brahmani sehen Religion
bekennt, so war auch im Altertum der Einfluß
der Priester hier besonders stark. Als sich Haupt- 20
stadt und Land des Sambos schon völlig unter-
worfen hatten, flammte in H. noch einmal der
von den Brahmanen zu religiösein Fanatismus
gesteigerte nationale Widerstand gegen die Ma-
kedonen hell auf. Die Stadt heißt oyvoä (offen-
bar durch ihre Lage am alten Indusstrom) xai
ft-eyäki] ; die Einwohner vertrauten auf ihre Tapfer-
keit, ihre vergifteten Wallen und die ÖvcymQiai,
die wohl in den zahlreichen, vom Indus sich
abzweigenden Bewässerungskanälen bestanden. 30
Einige" Diodorhss. lesen Harmafa satt H. , eine
alte "Lesart, die schon Steph. Byz. kennt und
zitiert (s. Harmah Ein ähnlich zusammengesetzter
Ortsname fand sich an der Malabarküste, Arma-
gara. Lassenf I. A. II 188, 2) erklärt das Sanskrit-
wort Arinatala als /Palastboden'. [Kicssling.]
Harmateus CAo/mzsvs). Fpiklesis des Hermes
in Erythrai. Dittenberger Sylt II 2 600, 142
'Eo/inv TJvliov 'AQpatiox;. Der Gott des Verkehrs
{.C En odios) ist" auch der Beschützer der Wagen- 40
fahrcr. der Gott der Agone (>, Enagonios) ist
auch der Schutz der Rennfahrer. [Jessen.]
Harfmajtios, Bildbauer, arbeitete gemeinsam
mit Hera[klci]des, Sohn des Aga[u]os von Ephe-
sos. eine als Mars ergänzte Figur in Louvre
»r. 111. Clarac, Musee de Sculpt. Taf. 313. 1439,
die spätestens in hadrianischer Zeit, wahrschein-
lich jedoch früher entstanden ist. Die Datierung
beruht auf den Schriftformel! der an der stanim-
fnrmigcn Stütze angebrachten Signatur und auf 50
dem m augusteischer Zeit besonders beliebten
Gewandmotiv, das zu einer für den spätesten
Hellenismus und die erste Kaiserzeit bezeichnen-
den Gruppe von Motiven gehört. Gegenüber
Löwvs vorsichtiger Bewertung der Schriftkri-
terien (2.— 1. Jhdt.. vielleicht noch später) gibt
Kaibel an, daß die Form des £ erst in ha-
drianischer Zeit auftrete lliiwy Insehr. griech.
Bildhauer 293. IG XIV 1214).' Ob dies Ergeb-
nis der allgemeinen Statistik zwingend ist, kann 60
fraglich sein, denn das £ zeigt die gebrochene
Form nicht immer, sondern nur auf der Wölbung
neben dem Astknorren. Der Mantel ist so um
die Hüften geschlungen, daß er die Unterschenkel
frei läßt; ein Bausch legt sich vom Rücken her
auf die linke Schulter, das Ende fallt über den
linken Unterarm nach außen. Die Hauptbeispiele
dieses Motivs, das wohl zuerst an dem in sulla-
nische Zeit gehörenden Friese von Lagina auf- '
tritt (Reinach Rep. des Rel. I 171, 2. 175, 35),
sind zwei Großbronzen augusteischer Zeit und das
Augustusrelief von S. Vitale in Ravenna (Ber-
no ulli Rom. Ikonographie II 1 Taf. b\ Arndt
bei Brunn-Bruckmann Denknl. gr. u. röm.
Skulpt. Text zu Taf. 550 Abb. 2; Rev. arch.
1905 V 37). Von den Bronzestatue a stellt die
eine aus Herculaneum Augustus dar; sie ist als
Iuppiter ergänzt (Arn dt a. a. O. Abb. 1. Clarac
Taf. 405, 694). Die andere aus Rom trägt einen
bereits im Altertum aufgesetzten Kopf des Septi-
mius Severus, läßt sich jedoch nach der Arbeit in
frühere Kaiserz ei t, nach der Ornamentik der Schuhe
in augusteische Zeit setzen (Für twä n gier Samml.
Somzee 46, 70 Taf. 30. S. Rein ach Rep. de
la stat. II 57-3, 2). In der bei Panzerstatuen
üblichen ganz hohen Schürzung erscheint das
Motiv bei der ausgezeichneten Statue Domitians
im Vatikan, Amelung Skulpt. d. vat. Mus. I
Taf. 21, 129. Ebenso gemeint ist es bei der
Darstellung des Iupiter conservalor auf Erz-
münzen Domitians , nur ist dort der linke Arm
hoch erhoben, also frei vom Gewand (Over-
beck Griech. Kunstmythol. II Münztafel II 39).
Eine ähnliche Statue in Dresden ist als Iuppiter
ergänzt (Clarac Taf. 400, 677). Vereinzelt und
in mehr oder minder aufgelöster Form findet
sich das Motiv noch auf Sarkophagen (z. B.
Robert II Taf. 15 T 25a). Nach den Abbil-
dungen undatierbar sind z. B. der sog. Mareellus,
Clarac. Taf. 925, 2344 A, dessen Kopf nicht
zugehört (Bernoulli Röm. Ikonogr. II 1, 125),
und die etwas abweichenden Statuen in Beziers,
S. Rein ach Repert, III 278. 4 (Motiv des Po-
seidon von Melos), und in Rom, Clarac Taf. 550,
1162. Matz-Duhn nr. 85 (Philoktet? ?). Bei
sitzenden Figuren erfährt das Motiv eine Ab-
wandlung in der Weise, daß das meist zurück-
gezogene rechte Bein vom Mantel mehr bedeckt
wird" während das linke bis über das Knie nackt
heraustritt; ferner ist der linke Arm erhoben
wie bei dem 'Iuppiter conse.rvator. Auch die
Sitzfi^urcn dieses Tvpus gehören der ersten Kaiser-
zeit an (z. B. Clarac Taf. 919, 2330. 935, 2386
[Kopf modern]. R ei nach Rep. II 583, 2 [Kopf
fremd]. 582, 6 [eine mißlungene Zeichnung der-
selben Figur I 561. 2V|*. Ungleich häufiger ist
ein verwandtes Motiv, das ebenfalls am Friese
von Lagiuu verkommt (Bull. hell. XTX Taf. 12.
Rein ach 17=1, IS): der Mantel läßt die Schulter
frei, bedeckt aber die Beuge des linken Armes
meist in größerer Masse (z. B. Winter Kunst-
ge=ch. in 'Bildern Taf. 81. 7. Amelung a. a. O.
Taf. 76, öf»l [Kopf fremd]. Clarac Taf. 917,
4357 A. 944. 2419 [Kopf fremd]. 952. 2446 B
[Kopf fremd]. Rein ach Rep. II 572, 7. 573, 1.
5. 8. 574, 3. 4. III 5, 1. 160, 1. 275, 1 [Kopf
fremd] |. Bei der Panzerstatue des Augustus von
Primaporta ist der Mantel wieder wie beim Do-
mitian höher geschürzt Von den bei O ver-
beck Griech. Kunstmythol. II 141 augeführten
Zeus- bezw. Iuppiterstatuen dieses Typus ist nur
bei einer, nr. 43, der Kopf wenigstens schon im
Altertum aufgesetzt, die anderen können eben-
sogut von Kaiserstatuen herrühren (daß der
Kopf von nr. 40 fremd ist, gibt Heibig an,
Führer durch (L SammL in Eom2 II nr. 820).
2375
Harmatios
Harmatios
2376
Auch dies Motiv kommt in entsprechender Ab- fremdem Kopf) auf einen Hermes der Wende des
•Wandlung hei Sitzstatuen tot, z. B. Reinach 5. und 4. Jhdts. v. Chr. zurück. 'Ihm folgt
Rep. II 582, 5 (falls die Abbildung den Origi- Rein ach a. a. 0., der in sehr oberfläch-
nalzustand wiedergibt), und klingt auf Sarko- lieber Weise zu zeigen sucht, daß die als At-
phagen hie und da nach, (z, B. Bob er t II fache gearbeitete Kleinbronze aus Veii auf eine
Taf. 10, 22; die Medeasarkophage greifen auf die Alexanderstatue zurückgehe, die im 3. Jhdt. v. Chr.
ältere Form zurück). Ein drittes Motiv läßt den unter dem doppelten Einfluß des Leochares und
Mantel in einfacher Schicht die linke Schulter des Alexander Helios von Chares entstanden sei.
und den Arm verhüllen , eine nur bei der uns Träfe das zu , so würde damit die historische
beschäftigenden hohen Schürzung seltene Form. 10 Stellung des H, und Herakleides sowie des ganzen
Die einzige stehende römische Forträtstatue dieses Kreises verwandter Motive vollständig verschoben.
Typus, die ich nachweisen kann, ist zugleich der Die erstere Behauptung ist unbewiesen; es ist
einzige Vertreter der hohen Schürzung in der dazu nur zu bemerken, daß Arndt nach dem
späteren Kaiserzeit; der ,Aelius Verus' im Louvre, Ergebnis der hier vorgelegten Untersuchung das
d'Escamps Marbres Campana Taf. 91. Eei- Verhältnis zwischen den Augustusfiguren und dem
nach Rep. II 573, 3. Ihm entsprechen zwei Poseidon von Melos genau auf den Kopf stellt.
Kleinbronzen aus Veii und Alexandria, deren Der Text zu E. A. 332 und Reinachs Auf-
Deutung auf Alexander d. Gr. auf sich beruhen satz sind jedoch Musterbeispiele dafür, wie eine
mag, da sie gewiß nieht älter, womöglich jünger motivgeschichtliche Untersuchung nicht geführt
als das 1. Jhdt. v. Chr. sind (E ein ach Rev. 20 werden soll. Zunächst wird ohne weiteres vor-
areh. 1905 V 36, Taf. 11; Eep. II 505, 6. ausgesetzt, daß ein in der ersten Kaiserzeit ver-
III 274, 6. 8- Schreiber Bildnisse Alexanders breiteter Typus nach einem klassischen Vorbild
145) ; ferner griechische Grabreliefs der ersten kopiert sein müsse — eine Methode, nach welcher
Kaiserzeit, wie Photogr. des Instituts G.-R. 504, schon Dutzende hellenistischer Figuren ins 4. Jhdt.
und mit gewissen Abweichungen auch späthelle- gesetzt worden sind. Ferner wird erklärt , der
nistische ~ '""* ' m m ' n n * " 1 ~ 1
254,
desluppitert „ . . .
118, 2, und Reliefs vom Bogen des Titus über den d, Antiken v. Florenz nr. 199. Der Asklepios
des Trajan in Benevent bis zum Bogen des Sep- 30 trägt ein langes Himation, der Hermes eine zur
timius Severus, sowie an Sarkophagen (Rein ach Seite gezogene Chlainys. Wie kann unser um die
Eep. des Rel. I 61, 4. 64, 1. 274, 1. 270, 2. Hüften geschlungener Mantel ein Zwischending
Robert Sarkophage III Taf. 24, 83. Clarac zwischen diesen Trachten sein! Er entspräche
Taf. 146, 116). Die Beispiele auf Reliefs sind dem berühmten Kreuzungsprodukt von Ente und
vereinzelt und zeigen teils eine Lockerung des Kaninchen. Indessen soll die spätrotfigurige Vase
Motivs, teils die Neigung, den Mantel wieder Compte rendu de St. Pctersbourg 1862 Atl. Taf. 3
tiefer herabzulassen. Eine Sitzfigur dieses Ty- den Schlußstein des Beweises liefern: der eleu-
und des Claudius von Lanuvimu und Olympia, Kults 84ff.) soll die gleiche Tracht zeigen. Daß
s. Hegias Nr. 2; es findet sich vereinzelt und die Vase dem Ende, nicht deT ersten Hälfte des
gelockert noch auf Sarkophagen, die ja durchweg 4. Jhdts. oder gar dem Ende des 5. Jhdts an-
mit älterem Gute schalten (Robert II Taf. 8, gehört, mag aus dem Spiele bleiben. Aber
21, T. 6, 20). Ein fünftes Motiv hat für sonst das am Bein gehaltene Ferkel ist für die Be-
unbekleidete Figuren wenig Beifall gefunden, urteilung der Tracht nicht gleichgültig. Furt-
offenbar weil es keinen glücklichen Kompromiß wängler fand hier die Schürzung des Schweine-
zwischen idealer und realer Tracht darstellt; hirten, wozu man den Eumaios der Niptravase
ein reines Beispiel bietet der Fries von Lagina, Mon. d. Inst. IX Taf. 42 vergleichen kann,
a. a. O. 174, 24; bei römischen Porträtstatuen 50 Näher liegt jedoch eine andere Erklärung, auf
pflegt die Schürzung weniger hoch zu sein, Rei- welche Pringsheim hinführt: es ist im wesent-
nach Eep. II 572, 5. liehen die Tracht des Opferdieners , die wir aas
Dieser ganzen Gruppe von Motiven ist die vielen Darstellungen kennen ; man könnte es eine
hohe Schürzung eigentümlich; sie stehen damit Vorstufe dazu nennen: mit einem Griff kann die
im Gegensatz zu der großen Masse der klas- typische Schürzung hergestellt werden. Diese
sischen und hellenistischen Gewandfiguren, von Tracht ist nun für eine gewisse Klasse von
der Alxenorstele und vom Zeus von Olympia Mysten typisch: wir finden sie auf einem eleu-
bis zum Poseidon von Melos und den späthelle- sinischen Relief aus römischer Zeit bei großen
nistischen Ehrenstatuen und Grabreliefs. Ihre Knaben, zwischen Männern und Frauen in ge-
allgemeine Verbreitung ist auf die erste Kaiser- 60 wohnlicher Tracht, die alle Bakchen tragen, bei
zeit beschrankt ; die Ausnahme des späteren einzelnen von den figürlichen Gefäßen, in welchen
,AeHus Verus* bestätigt nur die Regel. Ganz Furtwängler Eubuleus erkennt, z. B. Winter
anders urteilt jedoch Arndt a. a. O. und Arndt- Typenkatalog H 245, 7, und auf dem Pinax der
Amelung Einzel- Aufnahmen antiker Skulpturen Ninnion, TBwP* *M- 1901 Taf - *» ■* ei Knaben mid
zu nr. 332. Er führt nämlich die AugustuB- Mädchen, jedesmal im einzelnen etwas verechieden.
fignren von Herculaneum und S. Vitale auf den Das Vorkommen bei bartigen Mannern wider-
Iuppiter tonans des Leochares und eine der zahl- rät die naheliegende Beziehung auf xoÖec iup"
Teichen Porträtstatuen des zweiten Typus (mit iar(as\ die Beziehung auf das Ferkelopfer, sei es
UUl U±U IUVO
hei der Einweihung, sei es anderweitig, ist jedoch
auf Grund der erstgenannten Vase und der Terra-
kotte offenbar. Endlich hat Overbeck Griech.
Kunstmythol. II 574, 101 eine Statue des 4. Jhdts.
herangezogen: den sog. Hermes vom Capitol,
Clarac Taf. 859, 2170. Arndt-Amelung E. A.
nr. 455f. (vgl. Heibig Führer 12 343 nr. 521.
Furtwängler Samml. Somzee 54f., wo die kunst-
geschichtliche Stellung richtiger beurteilt ist als
älteren Motiven entwickelt worden sind. Brunn
über Herakleides, Gesch. d. griech. Künstler I
5711 584. Overbeck Gesch. d. gr, Plastik H<
457. Collignon-Baumgarten Gesch. d. gr.
Plastik II 733. [Pfuhl.]
Harmatius ('ÄQ^dnog) s. Armatus.
Harmatus (Harmatoti ; 6 'ÄQfiarovg Thuc.
VTII 101 u. a., var. 'AQfiazovvza mit aiolischer
Psilosis; 6 'Agfidrcov Phot 31b, 37 var. 'E&f^a-
Meisterwerke 525). Man hält ihn für Hermes, der 10 rovg), Name vielleicht aus griechischem Sprach-
eine Eede mit der Rechten demonstriere , wie er o-nt_ Vorc-ehir** der kleinasiatischen Aiolis nord-
denn auch auf gleichzeitigen Vasenbildern nach-
zuweisen ist (z. B. Mon. d. Inst. V Taf. 22). Nun
ist aber mindestens der Zeigefinger ergänzt; der
Jüngling kann sehr wohl etwas gehalten haben.
Da ferner ein ähnlicher Typus bei Opferdarstel-
lungen, allem Anschein nach auch auf dem
Iphigenienbilde des Timanthes vorkommt, so liegt
immerhin die Möglichkeit vor, den Hermes als
gut. Vorgebirg der kleinasiatischen Aiolis nord-
westlich vom ela'ütischen Busen, im Mittelalter
(Tomas chek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV vm
25) Marteluzo, Maurolaco, Montesagro, jetzt
Tschynär burnü (= Ahornvorgebirg). Nach Arte-
midoros bei Strab. XIII 622. In Handschriften
und älteren Ausgaben (z. B. von Poppo 1828)
sind an der Thukydidesstelle die Wörter xarav-
zihqv Mt}^t>f.tvijg fälschlich zu ig c Aop.aTOvvra
tes gehören und vielleicht aus einer jener lockeren
Gruppen stammen, die uns so fremdartig anmuten
(vgl. Brunn Gesch. d. griech. Künstler II 760
«. Athleten. Furtwängler Dornauszieher und
Knabe mit der Gans 25). Doch selbst zuge-
geben, daß die alte Auffassung mehr für sich
ischen Meeres, südwestlich von Karpathos, nord-
westlich von Kasos. H. Kiepert FOA XII und
Text a. e. [Bürchner.]
Harcnene s. Armene.
Harmiae, Völkerschaft Innerlibyens, zwischen
dem Thalagebirge und den Fauces Garamanticae.
hat, so wäre die Tracht eine durch Situation 30 Müller zu Ptolem. I p. 748 sucht sie in der
und Haltung begründete Ausnahme; vor allem Gegend des heutigen Hermaua, westlich von
aber entspricht sie unserem festen Typus nur Mursuk; Vivien de St. Martin LeNorddeTAfr.
458 denkt an den Ourghmastamm (Ihn Khaldoun
III 288); beides ganz unsicher. [Fischer.]
Harmodios (s. Aristogeiton o. Bd. II S. 930
und Suppl. I S. 133). 1) Zu der Erzählung von
dem Tyrannenmord vgl. noch Kopp Jahrb. f. kl.
Altert.' IX (1902) 609ff. (631 Versuch einer Er-
.. o klärung, warum nach der freilich verschieden ge-
festen Typus recht deutlich machen (z.°B. La- 40 deuteten Stelle (s. insb. Wilcken Herrn. XXXII
bor de Vases Lamberg Taf. 14. Mon. d. Inst. 478f.) Arist. 14#. stok. 18,1 nicht Hipparch, son-
dern Thessalos als derjenige angegeben wird, ä<p" ■
ov xal avvißt] n)v aQ%rjV avzoig yzvio&ai r&v xa~
kCov) ] de Sanctis 'ArWg S09ff. (spricht sich gegen
die Aristotelische Wendung aus. hält an dem pri-
ganz allgemein , denn der Mantel ist umgekehrt
um den linken Arm geschlungen. Sie stellt
sich damit zu einer kleinen Gruppe klassischer
Gewandmotive . die im einzelnen noch stärker
voneinander abweichen als die Gewänder der
Mysten und dadurch gerade das Fehlen des für
die Wende des 5. und 4. Jhdts. vorausgesetzten
III Taf. 49. Compte rendu de Petersb. Atl. 1862
Taf. 5. 1865 Taf. 4, 1. Mon. d. Inst. nouv. ann.
1830 Taf. 6). In einer dieser freien Formen
erscheint das Motiv bei einer späthellenistischen
oder frühkais erheben Jünglingsfigur aus Magnesia
(AVatzinger Magnesia 208). — Keinerlei An-
knüpfung nach oben vermag ich für den ersten
und den vierten Typus nachzuweisen; nur der
vaten Charakter der Motive aus allgemeinen Grün-
den fest, unter Anerkennung des legendenhaften
Charakters der Überlieferung auch bei Thuky-
dides). Busolt Gr. Gesch. H? 380ff. — Zu den
seltene Tvpus des .Aerius Veras' findet zwar nicht 50 bildlichen Darstellungen: Hauser Rom. Mitteil.
bei nackten, aber wenigstens bei gepanzerten XIX 163ff. (Die Farnesische Gruppe kann mit
oder wie die . Frauen mit langem Chiton be- Sicherheit als eine Nachbildung des jüngeren
kleideten Männern auf spätapulisehen Vasen und
etruskischen Urnen vollkommene Analogien (Für t -
wängler-R eich hold Griech. Vasenmalerei II
Taf. 89 f.) ; ein kleiner Mantel ist bereits auf dem
Polygnotischen Krater aus Orvieto in dieser Weise
umgelegt — und zwar wieder bei aufgestütztem
Fuß (Furtwängler-Reichhold II Taf. 108.
Werks nachgewiesen werden). Meier ebd. XX
330 (Rekonstruktion der Farnesischen Gruppe).
Kopp a. a. O. Studniczka Jahrb. f. d. klass.
Altert. XVII (1906) 545ff. (über das Verhältnis
der beiden Darstellungen). — Die von Xerses ge-
raubte Gruppe wurde wahrscheinlich unter der
v o __ _ Doppelregierung des Seleiikos I und Antiochos I
Michaelis a. Jö. 239 Abb. 435 links). Auf60Soter (293 281) zurückgesandt, Hauser a. a. O.
den Urnen finden sich die Hauptzüge des Motivs
hie und da auch bei stark bewegten nackten Fi-
guren (Körte Urne etrusche I Taf. 87, 4. II
Taf. 30, 6). Es bleibt also dabei, daß das Motiv
der Statue des H. und Herakleides nicht auf Leo-
chares zurückgeht, sondern zu einer Gruppe von
Gewandmotiven gehört, die erst im 1. Jhdt.
v. Chr. durch hohe Schürzung aus verbreiteten
180ff. Über den Standort s. Judeich Topogr.
von Athen 303. [J. Miller.]
2) Athener, Sohn des Proxenos aus Aphidna,
Nachkomme des Tyrannenmörders, diente als Sol-
dat im Korinthischen Kriege (Isae. V 11), be-
kämpfte 371 in der Volksversammlung den Be-
schluß , den Feldherrn Iphikrates zu ehren (Dio-
nys. HaL de Lysia XII p. 477, 12f. Plut. apo-
phtheg, reg. et imp. 187 b. [Lys.] frg. 36—43.
Sauppe Ör. Att. II 1781). Vgl. den Stamm-
baum seiner Familie bei Kirchner Pros. Att.
nr. 2232. [Sundwall.]
3) Harmodios aus Lepreon (FHG IY 411.
Susemihl Gr. Üt.-Gesch. II 399, 314), arkadi-
scher Lokalhistoriker , der tibqi t&v xazd <Ptyd-
},siav {iiaQa <&iya).ivoi frg. 2 M.) vofdizoiv schrieb
mid nur von Athenaios in den Partien über beijzva
dite finden wir sie durchgängig in der thebani-
schen Sage und bei den darauf zurückgreifenden
Schriftstellern, Aischyl. Suppl. 1041, Tgl. 1038.'
Hellanikos Botamad, FHG I 47, 8. Eurip.
Bacch. 1357. Diodor. IV 2. Ovid. A. a. III 86.
Apollod. III 4, 2, 2. Hvgin. fab. G u. 148. Eustath.
Dionys. per. 391. Ps.-Kallisth. I 46 (p. 51 C.
Müller). Schob Pind. Pyth. III 153 b. IG XIY
1285 Ü 2, 1 u. ö. Zum Gemahl wird ihr Kad-
bei den verschiedenen Völkern und über Trink- 10 mos gegeben, dessen Name langst eine einwand-
gefäße_zitiert wird (IV 1 48Fff. =*> XI 479 C. X4 12B. freie Herlcitung aus dem Griechischen gefunden
XI 465 D). Titel, Inhalt und Sprache führen auf
hellenistische Zeit : frg. 2 erinnert die Charak-
teristik der Phigaleer an die ,Städtebilder' ; frg. 3
ist dio Namensform ix &t.ali-iag erhalten, "die
überall sonst und auch im Titel durch das später
durchgedrungene (Paus. VIII 39, 2} <PiydlF.ia er-
setzt ist. Eine nähere Bestimmung wird viel-
leichtauf Grund der arkadischen Inschriften mög-
hat, Pick Wörterbuch 114 66. Fick-Beohtel
Griech. Pcrs. 156. Prellwitz Etym. Würtcrb. 2
214; vgl. Evxaöuog Paus. X 19, 4; EvxadfttÖTjg
IG II 1, 586 und Hesych. xdS/wg' ööqv, Xdcpog,
doxig- KQfßF.s und dazu die von M. Schmidt
erwähnte Phrase Aischyl. Eumen. 766.
Daß II. von alters her nach Böotien gehört,
wird durch das Zeugnis Hesiods, mit dem die
lieh sein, Einen Verfasser von xcof.ion6ovfiF.va 20 anderen nicht wetteifern können, völlig gesichert;
H. hat es nicht gegeben. Schol. 'Von. Aristoph. er vorsetzt sie in seiner Genealogie in den Kreis
fast ausschließlich in Böotien verehrter Götter und
Heroen; «lern Kadmos gebiert sie Ino, Semele,
stoph.
Vesp. 1239 ist der Name aus dem Fragment der
JIslaQyoi I 503, 403 Kock eingedrungen und hat
den Autornamen verdrängt. [Jacoby. |
Harmogius kommt auf der Inschrift CIL III
5320 = Dessau 4566 zu Seekau in Steier-
mark, dem alten Solva der Provinz Noricum, als
Beiname des Mars vor : Marti Latobio Ilarwogio
Toutati Sinaii Mag . . . enio. Da die andern hier d _ .__...___,
stehenden Beinamen des Mars keltisch zu sein 30 im megarisehen Nachbargebiet heimisch, auch der
scheinen, jedenfalls Toutates (= Teutates, Lucan. Gatte der Autonoe hat .sich schließlich als alter
Phars. I 441), so ist das auch von Harmogius
anzunehmen. Als selbständiger Gott erscheint
er CIL III 4014 = Dessau 4568 Harmoyio
Aug(n,üo) saerum, wiewohl IL hier zweifelhaft
ist, zu Pcttau, der römischen Kolonie Poetovio
an der Drau in Oberpannonion. Merkwürdiger-
weise kommt aber auch in denselben Gebenden
Agane, Autonoe und als Sohn den Polydoros, der
übrigens für die böotischc Sage eine bloße FüU-
figur bildet. Semele, die alte phrygiseh-thrakische
Gottheit (Kretschmer Aus der Anomia 17ff.)
hat in Eöotien Heimatrecht erworben. Agaue und
Autonoe sind dort alt eingesessen, Ino ist hier und
ein Mars Marmogius oder Marmogius allein vor
Böoter erwiesen, vgl. den theophoren Namen
^AowT.^öÖMoog IG Vif 538. Als Thebancrin kennt
H. auch Flaton Phaed. 95 A. Die gleiche Descen-
denz wie Hesiod geben der Böoterin die späteren
Schriftsteller, z. B. Pind. Pvth. XT 7. Eurip.
Phoen. 8. Diodor IV 2. Schob Find. Pvth. III
153b. IG XIV 1285 II 2. 1 u. ö. vgl. Leo Herrn.
XV 307. Hecht alte Reminisccnzcn an den böoti-
(s. Marmogius). Die Möglichkeit ist wohl noch 40 sehen Kult dürften auch in der Notiz des Pau-
zu erwägen, ob nicht doch auch auf der Seckauer
Inschrift Marmogio m lesen ist, da die Buchstaben
H und M sich hie und da sehr nahe kommen.
Eine etymologische Deutung ist unseres Wissens
noch nicht versucht. [Hang.]
Hannokydes, Phoker, Stratcg und Führer der
phokischen Truppabteilung im Heere des Mardo-
nios 479 (Herod. IX 17). [ Sundwall. |
Harmon aus Gonnos, Strateg der Thcssaler
zur Zeit des Augustu.s iIG IX 4, 10-14).
[Sundwall. [
Harmonia. 1) Der Name dieser Gestalt der
büotisehen Sage ist völlig durchsichtig : er be-
deutet die Zusammenfügung, die Verbindung
und den daraus hervorgehenden Einklang, vgl.
auch Prellwitz Etymologisches Wörterb. 2 53.
Abzulehnen ist es, mit Crusius (in Roschcrs
Mythol. Lex. I 2. 1831i darin eine volksetymolo-
gitehe Umbildung einer ursprünglich mit Hermes
sanias IX 16, 3 vorliegen, der auf der Kadmeia
von Theben drei archaische Holzbilder erwähnt;
sie sollten Weihgeschenke der H. sein. ioyaodfjvat
ös hxb dxooozoXtcov ä r.alg Käöftov vavoiv >}»■
ti'la jtsnoujftt'va.
Als Vertreterin der in der Welt waltenden
Ordnung und Schönheit gehört IL in Aphrodite*
heiligen Kreis l P r e 1 1 c r - R o b e r t 378) ; noch ehe
sie Einigkeit und Gesetzlichkeit in Staat und Ge-
50meinde schafft (Plut, Pelop. 19). knüpft sie die
jene begründenden Familienbande, stattet die
Krauen mit Anmut und Lieblichkeit aus und wird
zur gütigen Schützerin liebender Gemeinschaft und
froher Lebenslust. Mit Chariten. Hören. Hebe und
Aphrodite verbindet sie nicht nur der in Mittel-
griechenland entstandene Homerische Hymnus auf
Apoll (vgl. Leo Herrn. XV 308. Sikes and Allen
The Homeric hyinns 6$), sondern auch Aischylos
(Suppl. 1040) läßt sie, umgeben von Pothos,
lohe
sionen ihr durch den Namen klar bezeichneter
Charakter überall zu Tage tritt.
Sic wird schon bei Hesiod theog. 937 cf. 975
erwähnt, wo sie als Tochter des Ares und der
Aphrodite und Schwester des Phobos und Deimos
eischeint. Als Tochter des Ares und der Aphro-
ovog
gnonCata-
logue des vases peints du muse~e national d'Athenes
nr. 1588, p. 503ff„ abgebildet in der 'E<ft}tt. oqx-
1897, pl. IX u. X, besprochen p. 129). Vor Augen
geführt wird uns Aphrodite mit ihrem Gefolge,
das aus "Egctc, ji^ftovia, JJst&m, K6gt], "Rfhi und
"IfteQos besteht. Auf dem Bilde einer eichel-
fönnigen attischen Lekythos mit Goldsehmuck
treffen wir Aphrodite, die nach links auf den auf
ihrer Hand hockenden Eros schaut. Von links
naht Peitho, dann folgt Hygieia, unten steht Tyche,
die zut Mittelgruppe gehurt, an die sich rechts
eine inschriftlich als H. bezeichnete Jungfrau an~
schließt (G. Körte Arch. Zeitung XXXVII 95f.
Leo a. O. 307).
Als H. die ihr vom böotischen Kult gezogenen
Grenzen überschritt und ins attische Land gelangt 10
war, dessen Kunst und Wissenschaft im 5. Jhdt.
nach all den glänzenden Siegen herrlich erblühten,
da trag Aischylos Bedenken, sie für die Tochter
des rauhen Kriegsgottes, des verderblichen Ares,
auszugeben und erklarte die segenspendende,
staatscrhaltcnde Göttin für die Tochter des
Zeus (Prometh. 551 : a^u. '?). Auf der von
ihm bezeichneten Bahn folgte Euripidcs, der in
der blondgelockten H. die Urheberin anmutiger,
heiterer Kunst und das Prinzip der unvergäng- 20
liehen zu Ebenmaß und Einheit strebenden
Wissenschaften erblickt und ihrem, nicht der
MnemosvTie Schoß die Neun zahl der Musen ent-
stammen laßt (Medca 830f, ; vgl, Haupt Opusc.
II 174. Leo a. (.).). Ähnlich weit wird ihr Wesen
auch der alexandriniache Epiker Kapiton (im
zweiten Buche seiner Erotika, s. Athen. X 425c)
gefaßt haben, wenn sie bei ihm den olympi-
schen Göttern den Wein kredenzt, nicht minder
der Gewährsmann des Lactantius Placidus (('omni, 30
Stat. Theb. TI 286), der sie mit Zeus zusammen
dio Chariten erzeugen Hißt; an deren Stelle tritt
als Charis selbst H., die in Libyen so genannt
wird nach Nonnos XIII 339. All diese Ideen-
kreise, in denen sich die letztgenannten Schrift-
steller bewegen, dürften zum geistigen Eigcntume
der hellenistischen Epoche gehören und verdanken
ihr Dasein vielleicht dem Libyer Kallimachos
(vgl. auch Crusius in Boschers Lex. T 1. 1832).
Nach einer andern Lichtung wird ihre Ursprung- 40
liehe Natur von den Philosophen verändert, die
ihr Bereich derartig erweitern, daß ihre in der
thebainschen Sage schärfer unirissenc Gestalt fast
zur Allegorie verblaßt. Von den Stellen des Eni-
pedokles. die sie erwähnen (Di eis Frum. d. Vorso-
knitikei-s B 27. 3 [183. 24]. B 9l\ 4' [199. -1. 20 : .
B 122, 2 [209, 10] I, ist besonders die letzte be-
merkenswert, wo von der Erilnmtter. der weit-
blickenden Sonnenjungfrau, der AfjQi; a/itaii'tooa
und der I-Jo/YM'/?; i)ffi.FQÖmi$ usw. gesprochen wird. 50
l'erülimter sind die Kapitel des Phitunisehen
I'haidnn (41 ff. p. 91 Uff.): Snkrates wendet sieh
hier gegen eine sicher herrschende philosophische
Ansicht, nach der die Seele eine doiwria darstelle;
mit feiner Ironie sagt er zu Schluß dieser Er-
örterung zu den beiden Thebanern Kebes und
Simmias: Ehr dij rd fttv'Aofzoviag fjfäv iij; Orjßai-
y.i); i'Äsd ^ojg, cbg k'oixz, /atTQiojg yiyovFY und leitet
dann das Gespräch y,\\ Kadmos über, der als xeo/zog
verstanden wird. Diese Gedankengänge sind wieder 60
möglicherweise von Plotin selbst, sicher aber von
den späteren "Neupiaton ikern aufgenommen, und
jene ganzen Anschauungen von der H. haben dann
im Bunde mit orphiscli-my «tischen Spekulationen
das gewaltige Bild gezeitigt, das Nonnos in seinen
Dionysiaka vom W T alten und Wirken der ßtoaoöog
(XJÄ 333), navzQotpos (XLI 314) und na/z/uTjTCOQ
(XLI 277) 'Agftovta entwirft; sie wird bei ihm
zur allbeherrschenden, welterhaltenden Göttin;
ihre Dienerinnen 'AvtoMij, Avotg, Msa^fißQzdg und
"Agxzog vertreten die vier Himmelsgegenden (XLI
283). Ebenfalls harren 'Aarvvofzeia (v. 291) und
EvQwofiv) (v. 312) ihrer Befehle; sie besitzt die
Tafeln, auf denen die Geschicke der Welt ver-
zeichnet stehen, und die die Namen der sieben
Planeten tragen (v. 340f.). Zu trennen Ist sie
jedoch als solche von der bei Nonnos daneben oft
erwähnten Gattin des Kadmos. vgl. hierzu Kohl er
'["her die Dionysiaka des Nonnos 24if., 82f. über
die Gemahlin des Kadmos bei Nonnos s. Schöne -
wolf Nonniana (Marburg. 1909) 24ff.
Die Romane, die rationalistisch aufklärende
Tendenz verfolgten, wußten natürlich auch H. um-
zudeuten. Als typisches Beispiel für die ganze
gewöhnlich Euhemerismus genannte Richtung
wird man stets die Geschichte von der Flöten-
spielern! H. anführen, die mit dem Koche Kadmos
dem sidonischeu Könige durchbrennt (Euhemeros
im 3. Buche seiner hon dvaygacprj bei Athen.
XIV 658 1 vgl. Zielinski Archiv f. Religions-
wissenschaft IX 57, 1). Derartige Berichte nahmen
Spätere in rührender Einfalt für Ernst; so hat
denn auch der Seholiast zu Eurip. Phoen. 7 als
wichtigstes Faktum uns folgendes zu verraten:
ÄEQxi/Äog Otjßafox) Tivog AgdtiOvrog, "Äveoig de vlov
cf,r t oiv shai rr\v 'Agfiovcav dvyaTFQa, ov cpovsvoag
KdÖftog i.yi-)fif.v 'Apuoviav, vgl. FHG IV 387, 4.
Ähnlich lautet die Erzählung Palaiph. jifqI «jt.
IV 10: Kati/tog xywv yvvatxa'Afia^ovida, fji ovofta
2<piyg, yltinv F,i.g &r)ßag xai djroxrstvag AQaxovra
r-i'jv is ovoiav xai ßaodsiav 7to.Qilcße, fiexa de xai
rtjr äÖF/.ipfjv Aoäxortog, tji ovofta 'A@fiQvia<
Damit haben wir uns schon der im ganzen
Altertume hochberühmten Hochzeit des Kadmos
und der H. zugewandt. Sie hat ihresgleichen nur
an den Hochzeiten des Peleus und der Thetis (mit
der sie Pin dar Pyth. III S9ff. wegen der vorher
gegebenen Zusammenstellung von Kadmos und
Peleus verbindet, vgl. auch den ovog von Eretria,
an dessen unterem Rande Peleus und Thetis im
Ringkampfe dargestellt sind), ferner des Admetos
und der Alkestis (s. u.) und schließlich an der
des Zeus und der Hera (von deren Feste die gol-
denen Apfel der Hesperiden Nonnos XIII 351ff'.
auf die thebanisebe Hochzeit überträgt). Zeus
hatte, sc» hieß es. die H. Ares' und Aphroditeiis
Tochter, dem Kadmos zur Gattin bestimmt, und
am festlichen Tage verließen alle Göiter ihre
himmlischen Gemächer, um auf der Kadmeia mit
ihren Lieblingen gemeinsam zu feiern. Auch die
Chariten und Hören kamen, das Fest zii ver-
schönen, und als Glanzpunkt des Tages galt der
erhabene Augenblick, als die Musen ihr herrliches
Lied anstimmten. Das alle« war in einem Hesio-
deischen Epyllion mach Art des Ki)vxag ydfiog)
besungen, und ein Vers daraus ist noch in dem
dritten der Hvnmen. die die Sammlung der Theo-
gnidea beginnen, auf uns gekommen. Denn dort
heißt es: Motoai xai Xöotrsg, xcvgai Aiög, al'
.TOTg Kv.bj.wv j lg ydtwr l/.dovoai. xaÄöv deiaar''
F.xog m J um xa/.dv cfü.vv Iot(- to b' ov xalov ov
tflXov ioriv (Bergk PLG II * 110. S. auch
Bethe Thebanisehe Heldenlieder 101). Daß
der letzten Partie eine besondere Bedeutung zu-
kommt, die nicht aus den Theognidea selbst her-
zuleiten ist, zeigt die Bezugnahme darauf bei Euri-
jiaruiuiu.il
XliUIUUUlä
Jtides Phoen. 814 kuiz vor der Nennung der" Hoch-
zeit zu Theben; als Sprichwort erscheint der In-
halt des Verses Eurip. Bacch. 881. Hat Lys, 216c.
Nicht nur die Hochzeit der H. und die Teilnahme
der Götter daran wird bei vielen Schriftstellern
erwähnt (z. B. Pind. Pyth. III 88ß\; frg. 29, 6.
Eurip. Phoen. 822; Hypsipyle Oxyrh. Pap. VI
p. 43, 377. Apollod. III 4, 2, 2. Onestes Anth.
Pal. IX 216. Schol. Eurip. Phoen. 4 usw.), sondern
auch der Sang der Musen (Theogn. 15. Pind. Pyth.
in89ff. Hellanikos FUG I 47, 8. Nonnos V 103
usw.; vgl. Preller-Robert 489). Noch zu Pau-
sanias 1 Zeiten galt als sehenswert in Theben das
Gemach der H. und die Stelle, wo die Musen die
Hochzeitsweise angestimmt hatten (Paus. IX 12, 3).
Die bildende Kunst hat sich ebenfalls mit
Vorliebe der Darstellung der berühmten Feier zu-
gewandt; so sah man am amykläischen Throne
des Bathykles, der, wie gefundene Reste gelehrt
haben, aus dem Ende des 6. oder Anfang des
5. Jhdts. stammt, die Götter, die zur Hochzeit
der H. Geschenke bringen (Paus. III 18, 11 ;
Tümpel Jahrb. f. Philol. Suppl XI 666 nimmt
mit Hinweis auf die Francoisvase an, daß auch
die Eltern der H., Ares und Aphrodite, zugegen
waren}. Wichtiger als dieses Zeugnis ist uns eine
noch erhaltene Zeichnung auf einer kleinen
schwarzfigurigen attischen Amphora aus Rhegion,
auf der Apollon (inschriftlich bezeichnet) im langen
Kitharodengewand die Phorminx spielend neben
einem von einem Löwen und einein Eber ge-
zogenen Wagen einherschreltet ; auf diesem stehen
Aag^ovfound Käoopoz fßenndorf Wien. Vorlege-
bl. C VII; auf das Bild hat Robert aufmerksam
gemacht, besprochen ist es bei v. Wilamowitz
Isyllos 187, der gleich die Parallele mit der Hoch-
zeit des Admet zog, vgl. auch Herzog Götter-
vereine 15). Derartige merkwürdige Gespanne
finden sich z. B. auf der Würzburger Phineusvase
{Furtwängler- Reichhold Griech. Vasenmalerei
209n\, Taf. 41), wo Dionysos 1 Wagen von den zu
ihm gehörigen Tieren, dem Löwen, dem Panther
und zwei Hirschen gezogen wird; ähnliche Dar-
stellungen erblicken wir auf den altionischen Gold-
ringen aus Etrurien (Furtwängler Antike Gem-
men III 85), von denen ich einen aus der Zeit
um 600 v. Chr. stammenden namhaft mache; wir
sehen einen unbärtigen Mann auf einem Wagen,
der wie der des Eadnios mit Löwen und Eber
bespannt ist, voran schreitet ein unbiirtiger ge-
flügelter Dämon (Furtwängler Antike Gemmen
I Taf. VII 3, II p. 32); man wird mit Furt-
wängler (a. 0. III 85) den unbärtigen Mann
Admet benennen, dem Apollon Löwen und Eber
an den Wagen schirrt, damit jener Pelias" Be-
dingungen erfülle und sich die schöne Alkestis
erringe. So war es auch am amykläischen Throne
dargestellt. Mit Recht hat nun Crusius in Ko-
sehers Lex. II 1, 842 den Schluß gezogen, daß
auch Kadmos dieselbe Aufgabe wie dem Admet
gestellt worden sei für die Gewinnung der H. Mit
der Töne Zauberinacht vollbringt für ihn der Gott
die Tat. Darauf kann sieh das Fragment des
Pindarischen Hymnus {frg. 32) beziehen. Doch
scheint das nicht die einzige Forderung gewesen
zu. sein, die man an Kadmos richtete. Auf einer
in Vulci entdeckten, jetzt im Berliner Antiquarium
befindlichen Vase ans dem Beginne des 4. Jhdts.
(Furtwängler Katalog H 2ÖS4, ein gleiches
Stück in der Neapeler Sammlung nr. 3226. Wiener
Vorlegebl. I 7), die in Athen arbeitende Dorer,
vielleicht Tarentiner, verfertigt haben (Kr et Sch-
mer Griech. Vaseninschr. 212), bemerken wir
Kadmos im Kampfe mit demthebanischenDrachen;
anwesend sind dabei die Götter, und neben Kad-
mos nehmen wir (die durch Inschrift bezeichnete)
'ÄQfiovia wahr. Das Bild, das wir vor uns sehen,
10 wird, wie schon Reisch (in Roschers Lex. II 1,
836, 4) annahm, wegen seiner Kompositionsart
auf ein Gemälde des 5. Jhdts. zurückgehen, das
anscheinend unter Polygnotischem Einflüsse steht.
Kadmos vor dem Drachenkampfe zeigt uns auch
eine Vase aus der Krim (Eremitage nr. 2189,
Compfce rendu 1860, pl. 5, reproduziert in Roschers
Lex. II 1, 8391), doch ist es hier nicht sicher, ob
H. zugegen ist. Nehmen wir zu dem Zeugnisse
der Berliner Vase die oben zitierten rationalisti-
20 sehen Berichte, nach denen Kadmos den Drakon
tötet und die von ihm bewachte H. freit (vgl.
H. D. Müller Myth. d. griech. St. II 322), so
müssen wir folgern, daß auch die Tötung des
Drachens Voraussetzung für die Erringung der
göttlichen Braut war. Vielleicht dürfen wir die
Sage unter Vergleich der nordischen Sigurdar-
kvieta und vieler anderer Erzählungen dahin er-
gänzen, daß H. als Göttin nur dem der Sterb-
lichen folgen will, der der kühnste der Männer
30 ist, und um ihr diesen Wunsch zu gewähren, stellt
Zeus ihr einen Wächter, und er oder Ares legen
dem, der um sie zu werben wagt, noch neue Auf-
gaben auf. Sie vollbringt ein Liebling der Götter,
der aus fernem Lande übers Meer her gekommen
war. Wie weit es möglich sein wird, die einzelnen
Züge der Sage bei Hesiod nachzuweisen, kann nur
eine genauere Prüfung der Kadmoserzählungen
dartun.
Als weiter der Sagenkreis, der die Gestalt
40 des Oedipus umgibt , mit dem Kadmosmythos
verbunden wurde, da fragte man sich, wie der
Fluch, der auf den Nachkommen des Götterlieb-
lings Kadmos und der H. lastete, seine Erklärung
fände, und nun knüpfte die Sage an die Hoch-
zeitsgaben an. DaB die Götter Geschenke zu
der glänzenden Feier brachten, wie einst zur Hoch-
zeit der Thetis ist schon für die alte Fassung selbst-
verständlich (vgl. Hellanikos FHG 1 47, 8), doch man
setzt jetzt hinzu, daß Unsegcn an diesen gehaftet
50 habe. Unter ihnen werden besonders ein goldener
Ogino; und ein prächtiger .t«üo? namhaft gemacht.
Die Halskette kennt schon Hesiod, der sie als äyalpta
bezeichnet (frg. 233); der älteren Version wird
vielleicht noch Pherekydes folgen, der sie ein Ge-
schenk der Europa nennt (FHG 1 83,45 = Apollod.
III 4. 2. 3), die übrigen erwähnen diesen tffpatoTo-
xsvHtov oofiov als Gabe des Hephaistos (z. B.
Stat. Theb. 271f ; nach Apollod. III 4, 2, 3 gibt
ihn Hephaistos an Kadmos und dieser erst an
60 H.) oder der Aphrodite (Eurip. Hypsipyle Oxyrh.
Pap. VI p. 43, 378. Diodor IV 65. SchoL Pind.
Pyth. IH 167a. Schob Eurip. Phoen. 71 tl a. m.),
der ihn Hephaistos verfertigt hat (vgL Nonnos
V 138). Pausanias IX 41, 2 teilt mit* daß das
Halsband in einem alten AphroditeheUigtitm in
Amathus auf Kypern gezeigt wurde, und seines
Besitzes rahmt sich auch z. B. das Artemigion
auf Dolos (BnlL hau. XIV 408, 2). Hephaistos
AJ.»IUUVI1A<*
soll es mit einem Fluche belegt haben aus Grimm
•darüber, daß ihn seine Gattin mit Ares betrog
(Stat. Theb. 27 IL). Auch der Besitzerin des
Peplos folgte nach dem Plane des Hephaistos
dadurch Unheil, daß ihr eine verbrecherische
Nachkommenschaft in Laios 1 Geschlecht erwachsen
sollte (Hygin. fab. 148, wo das Gewand Geschenk
4er Athena und des Hephaistos ist). Das setzt
also bereits das burleske Liebesabenteuer des
Ares voraus und paßt nicht zu der alten Sage,
paßt auch nicht für Böotien, denn dort finden wir
•erst in ganz junger Zeit die Figur des Hephaistos.
Welche Rolle das Halsband und der Peplos in
■den übrigen thebanischen Liedern spielt, darüber
vgl. man die Art. Alkmai on. Bethe o. Bd. I
S. 1551, Eriphyle, Bethe o. Bd. VI S. 462
und Polvneikes V. Wolff in Rosehers Mvth. Lex.
III 2, 2669.
Dies alles ist, wie gesagt, der alten Sage
völlig fremd. Nach ihr leben Kadmos und H.
von den Göttern reich gesegnet in Theben, bis
sie alt und hochbetagt in die elysischen Gefilde
-entrückt werden, paxägwv ig alav (Eurip. Bacch.
1339; xoiijzai xal fiv&oyg&tpoi Schol. Pind. Pyth.
II [ 153 b). Dort im Nordlande weileu sie dann durch
höhere Macht zurückverwandelt ewig jung und ewig
schön im Kreise seliger, gottbegnadeter Wesen, die
von den Unvollkommenheiten des irdischen Da-
seins nichts erfahren; davon mag ein altes Ge-
dicht berichtet haben (Roh de Psyche II 4 369, 2) ;
der Glaube ihrer Heimat macht sie zu Heroen,
die in Schlangengestalt verehrt wurden. Denn
als Schlangen erscheinen die Seelen der Ver-
storbenen, die guten Geister, die das Haus
schützen; vgl. Kroll Antiker Aberglaube 11.
Mit Recht weist Kroll a. O. auf die Erzäh-
lung von Piatons Schüler Hcrakleides hin, nach
dessen Tode sein Leib verschwand und dafür eine
Schlange auf dem Lager gefunden wurde. Jene
Verwandlang des Kadmos geht ursprünglich in
Theben vor sich; die Erinnerung daran hat sich
bei Philostrat (imag. I 18) bewahrt. (Das Frag-
ment aus Euripides FTG 930, das Valckenaer
der Tragödie Kadmos hat zuschreiben wollen, und
zu dem Nauck p. 496 vermutungsweise die bei
Horaz epist. II 3, 187 erwähnte Verwandlung des
Kadmos hinzunimmt, darf hier nicht gebracht wer-
den, da man es richtiger mit v. Wilamowitz Aus
Kydathen 141 uud 228 dem Euripideischen Erech-
theus zuweisen wird). Die Verwandlung in Schlangen
und die Entrückung ins Gefilde der Seligen kom-
biniert die Sage und läßt Kadmos undH. aus Theben
auswandern und auf einem Ochseiiwagen (vgl.
aber Schol. Pind. Pyth, III 153b, wo es ini
ÖQaxovTojr äofiazo; heißt) nach Norden ziehen
dorthin, wo die Schlangenmenschen, die 'Eyy^let;
wohnen. (In dem Namen erkennen wir das Wort
p/ic, im Altindischen akis, von dem syjeXv; an-
guilla hergeleitet ist). Die Encheleer führten,
so fährt die Sage fort, damals Krieg gegen die
Hlyrier; es war ihnen geweissagt worden, ihnen
sollte der Sieg zufallen, wenn sie Kadmos und
H. zu Führern hätten. Schon Herodot V 61
kennt eine derartige Sage von der Wanderung
nach Norden, doch spricht er allgemein von Kad-
meern, die unter der Herrschaft des Leodamas,
des Sohnes des Eteokles, von den Axgivern ver-
trieben zum Lande der Encheleer sich wenden.
Dann gab es noch einen alten Orakelspruch
(Herodot IX 43), nach dem nordische Barbaren,
Illyrier und Encheleer, das delphische Heiligtum
ausplündern, danach aber sämtlich zugrunde gehen
sollten (vgl. auch Eurip. Bacch 1359, wonach
Kadmos ihr Heerkönig ist). Kadmos besiegt nach
Übernahme der Führung die Illyrier, beherrscht
die Encheleer und wird später mit H. zusammen
in eine Schlange verwandelt (vgl. auch Nonn.
10XLIV 107ff. XLVI 364ff. IV 418ff); nach Apol-
lod. III 5, 4, 2 wird er darauf nochmals ins
elysische Gefilde geschickt. Nach der älteren
Version bleiben sie beide in Illyrien. dort gibt
man ihnen einen Sohn Illyrios, der Eponym der
Illyrier ist (Apollod. III 5, 4, 2; Eustath. zu
Dionys. Per. 389; ihren Aufenthalt in Illyrien
erwähnen noch Strab. I 46. VII 326. Parthen.
c. 32, p. 87, 14ff. Diodor. XIX 53. Hvgin.
fab. 6. Pausan. IX 5, 3. Nonn. IV 419. XLIV
20 116. XLVI 364. Tzetzes Chü. IV 708 und die
nachher Genannten), und geographische Weisheit
wußte später an zwei wohl schlangenförmige
Steine irgendwo im lUyri sehen anzuknüpfen, die
Kadmos und H. darstellen sollten (Ps.-Skyl.
Peripl. 24, Geogr. Gr. m. I 31 in der Nähe des
Rizusflusses. Kallim. frg. 104; vgl. auch Schol.
Pind. Pyth III 167. Dionys. Per. 395), während
andere Leute ihren rvfißog kannten (Apoll. Rhod.
Arg. I\ r 517. Phylarch bei Athen. XI 462 b
30 nennt ihr /nvrj,usior. Dionys. Per. 390 ; vgl.
Tzetzes Chü. IV 394. Eustath. zu Dionys. Per.
391). Spätere knüpfen weiter an die Verwand-
lung an und sehen darin die Strafe dafür, daß
Kadmos einst den Drachen, der dem Ares heilig,
nach manchen dessen Sohn war, erschlagen hatte
(Hygin. fab. 6. Eustath. zu Dionys. Per. 391).
Diese ganze Verwandlungssage, die also in
Illyrien lokalisiert wird, rinden wir poetisch be-
handelt bei Ovid (metamorph. IV 5 63 ff., vgl. III
40 98). Es erwächst uns die Aufgabe, hierzu die
Quelle aufzusuchen. Die Zusammenstellung der
Encheleer mit den Illyriern beruht zweifellos auf
einem etymologischen Spiele; die eigentliche Form
des Namens der Illyrier liefert uns die attische
Inschrift IG I 277, 20, wo wir kt/lvgios lesen
(vgl. auch Kretschmer: Einleitung in d. Gesch.
d. griech. Spr. 245) : jedoch wurde die Aspiration
nicht lange in dem Namen bewahrt; die Sage
brachte ihn deshalb ohne weiteres mit lV.o> zu-
50 sammen, das die schlängelnde, ungeradlinige Be-
wegung bezeichnet z. B. Nikander Ther. 478. Der-
selbe Dichter erwähnt Ther. 607ff. eine Schlange
unz* tjr F§gsy>£ AqiKojv xal Ndgovo; o/Or] \
Ziboviov Kdö/toio ßsuttihov 'Aouovirjz rz. \ sv&a
hvoi daax?S)Ts vouor oTttßovoi boaxome. Dazu be-
merkt der Scholiast, daß Drilon (der heutige Drino
hiane) und Xaron Flüsse in Illyrien seien (vgl.
Eratostlienes Geogr. 3 bei Steph. Byz . s. A vg gäxtov).
Dort wohnten Kadmos und H., die in Sehlangen
60 verwandelt worden seien, wie Dionysios sage. Aus
der angeführten Stelle geht klar hervor, daß Nikan-
der die Verwandlung des Kadmos und der H. in
Illyrien gekannt hat, und da wäre es doch höchst
wunderbar, wenn er sich diese Geschichte für
seine hEgoiovfieva hätte entgehen lassen. Ovid
wird demnach auch hier Nikander benutzt haben,
dazu vielleicht die Hypomnemata des Theon zu
der Stelle (vgl. auch Bethe Herrn. XXXIX lff.J.
2387
Harmoma
Harmonieus
2S88
Die Verbindung der H. mit Kadmos hatte im
Gefolge, daß diese ebenfalls von Böotien aus in
den samothrakisch.cn Kult übernommen wurde, vgl.
Kern Herrn. XXVl?f. Dort erscheint sie als Tochter
der Elektra oder, wie Hellauikos im ersten Buche
seiner troiamschen Geschichten sie nennt, Elek-
tryone (vgl. Wilam owitz Herrn. XIV 458) und des
Zeus und als Enkelin des Atlas und der Hcsione
(Hellanikos und Tdomeneus von Lampsakos FHG
II 494. 18. Schol. Apoll. Bhod. Arg. 1 016. Ephoros
FHG I 235. 12. Schal. Eurip. Phocn. 7. Schol.
Eurip. Phoem 1159); ihre Brüder sind Dardanos.
der auch Polvarchcs, und Eetion. der auch Iasion
heißt (vgl. Prcllcr-Kobert 855). Ephoros a. 0.
erzählt, daß Kadmos an Samothrake vorüber-
fahrend die H. geraubt habe . auf Samotlirake
suche man sie bei den Pesten (vgl. auch hob eck
Aglaoph. II 678). Demagoras (FHG IV 378, 1
Schol. Eurip. a. 0.) laßt die von Libyen kommende
Elektra nach famothrake gelangen ; dort gebiert
sie dein Zeus Eetion. Dardanos und H. : es heißt
dann weiter: xov Ök Kddf_iov xctoanliovia ■ exi
QtpriGiv r/]g äözlyrig (astu Oäaov fivi]di)vai re xal
(.ivovf.if.vov ihelv zr/v'ÄQffOriav, zrocroiai b'c'Athjräg
aoTTÜoai avzt')v. Danach findet die heilige Hoch-
zeit statt (vgl. auch Alnaseas FHG III 154. 28 und
Aman FHG III 598, 64fA Welcher Wert der
Version, nach der Kadmos die Elektra zum Weibe
nimmt, zukommt, laßt sich nicht entscheiden (vgl.
Schol. Eurip. Phoen 5). Fei DiodorV^O. der nach
B ethes Ycrmuturg (Herrn. XXIV 424) in dieser
Partie seines Werkes möglicherweise auf Apoll o-
dors Pchiffskatalog zurückgeht, lesen wir eine aus-
führliche Schilderung der Hochzeit des Kadmos
und der H. auf Samotlirake. Es erscheinen auch
hier die Götter zur Feier und spenden ihre Gaben:
Demeter schenkt die Getreidefrucht, Hermes eine
Lyra, Athena das berühmte Halsband und den
Peplos, dazu Flöten, Elektra schließlich ra t»)<;
fiF.yäXr<q xakcrutvj-jq /.djtooc toiv Oewv itgu fiy.ru.
xvfißälojv xal Tvftjzdrcor xal tu>v ogyia'Cfh'Toyv.
Besonders wird Apolls Spiel auf der Kithara und
das der iluisen auf der Flöte hervorgeholien.
Diese Szenen waren in gleicher Weise wie die
thebanische Hochzeit sehr geeignet, in einem
Epos ausgemalt und verherrlicht zu werden. Wir
haben das nicht nur für Demagoras von Samos
anzunehmen, sondern er hat in der Behandlung
dieses 3Fotives einen hivalen in dem Dichter
Hemdes von Prione gefunden, der in einem Ant-
wortschreiben der Iriener an die Samothrcikier
genannt wird, und der nach der Inschrift (Hiller
v. Gaertringen Inschriften von Prione GM. 7. um
100 v. Chr.) der f.ifjü^JF.o y I\äi)i.iov xa iA/juo\vi'ug]
in seinem Epos gedacht bat. Sein Gedicht trug
ihm diis Ehrenbürgerrecht von Saniothrake ein.
(Alles Wesentliche hat Hiller v. Gaert ringen
in den Pemerkungen zu der Inschrift gegeben).
Das Suchen der H.. das einen Teil "der fest-
lichen Gebräuche bildet, erklärt sich daraus, daß
man jene mit der samothrakischen Köcri verband:
veranlaßt wurde die Zusammenstellung durch die
Gleichsetzung des jüngeren Kabiren mit dem
thebanischen Kadmos; unerlaubt ist es jedoch,
die Köre in den Mysterien vom Böoter Kadmos
statt von dem Kabiren geraubt werden zu lassen
(vgl. Preller-Robert 856). Nach C o n z e (Arch.
Untersuchungen auf Samothrake II 26 ; vgl. auch
I Taf. XXXV— XL1I) und Eobert (Preller 856,
1) war vielleicht das Suchen der Köre im Giebel des
neuen Kabirentempels vom Bildhauer dargestellt.
Ob mit der samothrakischen Kultlegende dio
Notiz des Vibius Sequester. Geogr, Fat. m. 149:
Lelhacus fons insulac Greta e ita dictus 7 quod
II. Cadmon ohliia dititar in irgend welchem Zu-
sammenhange steht, läßt sich nicht ausmachen;
vgl. auch Crusius in Boschers Mvth. Lex, II 1.
10 860
Von Abbildungen der H. sind noch zu berück-
sichtigen die auf tyrischen Münzen Cat. Brit.
Mus., Phoenicia 283', pl. XXXIV 2 : Kadmos mit
der Chlamys über der Schulter, sonst nackt, in
der Linken einen Speer haltend, ergreift mit der
Beeilten die gleiche Hand Hs., die mit langem
Chiton und Himation bekleidet sich ihm nach
rechts zuwendet. Die Färse dahinter spielt auf
Thebens Gründung an. Unsicher ist es. ob die auf
20 der thebanischen Münze Brit. Mus. Cat. Central
Greece 72 pl. XII 10 (44 ti 42G v. Chr.) befind-
liche sitzende Figur mit langem Chiton als H. an-
zusehen ist. .Nicht auf die samothraki sehe Heroine
zu beziehen sind die Bilder Gerhard Etrusk.
Spiegel III 196 und 200. Taf. CCV und CCIX.
Das Sarbophagrclief der Villa Alb an i betrachtet
man jetzt mit Pocht als Darstellung der Hoch-
zeit des Feleus und der Thctis, Helbiir Arch.
Ztg. X XIV 2 Ö 1 ff. O.So h m i d t Arch. "J alirb. II
?A)Yi r i: vsrl. Crusius in Koscher« >fyth. Lex. II l t
832. 3."
Is'elien der thebanischen H. erwähnt der Sdo-
liast Apoll. Khod. Arg. II 900 (= FHG I 75, 25):
'Aofioria [rrftq-tj als Glosse zu dem folgenden
Worte zu streichen] Aw'c, tjc y.al "Agecoc 'Afia^ovac;
(■trat (} }jüt f I'f{ifixvö}jc, v)>. t':i£Tat 'AjwÄXtörtos (II
i'92, vgl. Nteph. Bvz. s. 'Axfwvia). In den Scho-
llen zu II. III 180 werden dafür Ares und die
eponvine Nuiiphe Armeniens 'Agitfvhj genannt;
40 das ist GeoüTapheiierfimlunt'; v^l. Crusius a. O.
830, 3.
Im allgemeinen vergleiche man die stets wert-
vollen Pemerkungen bei Pro 1.1er- Kobert. dann
Gruppe Griech. Mythologie und Crusius' sehr
eingehende und irründliehe Abhandlungen H.
und Kadmos in Eoschers Mvth. Lex. I '/, 1830ff.
and II 1. 82Iff. S. auch den Art. Kadmos.
A?s Personenname erscheint ^m/w/a öfter, z. B.:
2) Anuorio. Tochter des Svralusaners Gclon,
50 Valer. Vax. X 2. Liv. XXlV 241.
3) Anthol. Pal. ATI 337. eine Frau nus Megara.
4) K i e s e r i t z ky u nd W a t v. i n g e r Griech.
Gralireliefs aus Siidrußland nr. 293 p. 51 . '1/3. Jhdt.
5) IG XII 3 Suppl. 1302. 50. Freigelassene
des Theräers Aristodikos.
«) IG XII 2. 321, Tochter des Lesbiers
Strvmcn. [Sittig.]
7) Harnvuiia, Tochter Gelons, Enkelin Hie-
raus IT. von Svrakus, war mit einem vornehmen
00 S}rakusitr Tbemistos vermählt (Liv. XXIV 24),
ward 214 nach ihres Bruders Hieronymos Er-
mordung auf Volksbeschluß getötet (Liv. XX IV
25). [Lenschau.]
Harmonien s, Demos in Antinoupolis;,er ge-
hört zur Phyle Sabina. Seine Einrichtung dürfte
zugleich mit der Schaffung dieser, d. h. 2 agleich
mit der Gründung der Stadt durch Hadrian 130
n. Chr. erfolgt sein, P. Lond. HI 1164 f 38;
23«y
mrmonios
XllUUlUiOlO
i23; k27. P.Hamburg 15, 3. 16, 12. P. Oxy.
YIII 1110, 9; s. Paul M. Meyer P. Hamburg
I p. 66. [Walter Otto.]
Harmonios. 1) Beamter in Syrien und dann
in Arabien, im J. 364 wegen Erpressung verfolgt.
Liban. epist. 1302,
2) Grammatiker in Trier, in der zweiten Hälfte
des 4. Jhdts. n. Chr., beschäftigte sich mit Homer-
kritik. Auson. epist. 18, 26—30. [Seeck.j
Harmoniiis irions, nur von Amin. Marc. XXII
8, 17 unter der Form Armonius erwähnt, wofür
Hirschfeld Harmonim schreibt, a. o. Ud. II
S." 1200); von ihm kommt der Thermodon. H.
de la Viile de Mirmont will wegen Apoll. Phod.
II 992 Aemonius lesen, Ke\ r . phil. 1891, 84f.
[Enge.]
Harmosilas, eponvmcr Priester in Phodcs,
2. oder 1. .Jhdt. v. Chr., Kai bei IG1 2393,
X45t'. [Sundwall. |
'ÄQpooxai, Vögte, Befehlshaber der spartani-
schen Garnisonen, Statthalter. Neben der Form
ä/ofioörij; findet sich die ionische Form ägfioofrjp
Xen. bell. IV 8. 39; vgl. Hesych. s. v. und in
einer Inschrift des 4. Jhdts. v. Chr. aus Kythera
Athen. Mitt V 231; das Verbum do/mfetr =
Harmost sein Xen. reip. Lac 14, 2 und 4 , vgl.
Lukian. Toxar. 17. Nach Schob m Find. Ol. VI
154 gab es 20 H. der Spartaner. Thuk. IV 53
berichtet, daß nach dem von Perioiken bewohn-
ten Kythera jährlich aus Sparta ein xvdijQodixtis
als agy/t geschickt wurde; in schriftlich ist für
Kythera im 4. Jhdt v. Chr. ein Adenau dros äguo-
oTj/o bezeugt Athen. Mitt. V 231. und nach Xen.
hell IV 8, 8 (393 v. Chr.) ließen die Athener
ihren Mitbürger Kikophemos als Harmostes auf
Kythera zurück, AVir können mit Eecht in dem
Kytherodikes einen der 20 H. sehen und annehmen,
daß die H. als Vögte jährlich von Sparta in die
Perioikenstiidte geschickt wurden, um die kom-
munale Selbstverwaltung dieser Städte zu ül er-
wachen; daß sie eine spartanische Besatzung
i<PQf,vnä) befehligten, zeigt die Stelle bei Thuk.
IV 53~ vgl. B el och Gr. G. I 282. S c h o e m an n -
Lipsius I 4 211 f. Anderer Art waren die von
den Spartanern in die auswärtigen unterworfenen
Städte geschickten H. Hesych. s. v. bezeichnet
den H. als i^t/iüijTijg, Siiid. und Harp. s. v. er-
scheinen die H. als ÜQ/orurc, vgl. Thuk. IV 57
und 117, Bekker aneed. 206 als tf^ovoan/m^Hh
als aoyorTf.g xal (foovonoyoi. Ihre Tätigkeit in
der Fremde gibt Xen. reip. Lac. 14. 4 an; äo-
ftöfrrTt" im ^t'vTji. Die Einsetzung der H. galt
als /eichen der spartanischen Herrschaft: Dem.
XVIII f j 6. Aischin. II 77. Isokr. IV 117. XIV
13, und war besonders durch Lvsandros erfolgt:
Plut. Lvs. 13. Paus. IX 32, 9. Erwähnt werden
Alkamenes auf Leshos Thuk. VIII 5. Eteonikos
auf Thasos Xen. hell. I F 32, Lelotus in Hera-
kleia Trachinia Xen. hell. I 2. 18. Hippokrates
in Chalkedon Xen. hell. I 3, 5. Klearchos in
Byzantion Xen. hell. I 3, 15. Kallibios für Athen
Xen. hell. II 8, 18, Derkylidas in Abydos Xen.
hell. IV 8, 3—5. Über das übermütige Treiben
der H., die ihrer verantwortlichen Stellung selten
gewachsen waren und die Verbündeten fast wie
die Heloten der Heimat behandelten , wurde viel-
fach geklagt; Plut. Lys. 19. Isokr. IV llOf. , vgl.
Xen. reip. Lac. 14, 2. Nach Xen. hell HI 5,
12 wurden auch freigelassene Heloten als H. ein-
gesetzt. Nach dem Sturze der spartanischen Herr-
schaft erfolgte die Vertreibung der H. : Paus. VIII
52, 4. IX 6, 4,
Als Stadtvögte sind auch anzusehen der ag-
ftooTtjs der Sinoper in Kityora Xen. anab. V 5,.
19, die H. der Thebaner in den achaischen Städten
Xen. hell. VII 1, 43 und in Sikyon Xen. hell.
VII 3, 4 und 9. Wenn die Ergänzung der In-
10 schrift Bull. hell. X 125, Z. 55: 6 vm-mordnis
xal ol a[ofiü]omi richtig ist, gab es zu Thessa-
lonike im 3. Jhdt. v. Chr. fünf H. ; über ihre
Tätigkeit läßt sich nichts sagen. Literatur:
Westermann in Pauly E.E. III 1069f. Gil-
bert I 2 39. 95. Lecrivain in Haremberg et
Saglio Dictionn, III 10. Busolt Handb. FV~2 ],
1 98 316. Schoemann-Lipsius T* 93. 2111
Beloch Gr. G. I 282. II 115. [X Oehler.] _
'Aquqowoi, Beamte in Sparta, die die Ani-
20 führung der Frauen zu überwachen hatten : Hesych.
s. äcfiöavvoi " dgxv xt ? & v AaxsÖaiftori Lil Trjg evxoc-
fttag TtSv yvvaix<Zv. Die Definition legt einen
Vergleich nahe mit den ol im ii\Q evxoafiiag tüv
■zagdsvurv in Pergamon, Inscbr. v. Perg. 463 und
dem 6 im rijs evy.ocfiias sc. xüv mxQ&evaiv in
Smyrna, CI(r 3185, unter denen wohl keine
Beamten, sondern Lehrer zu verstehen sind. Nicht
unwahrscheinlich ist es daß in Sparta später die
ywatxovmwi die Funktion der a. ausübten, vgl.
30Annual Brit, School Athen XIV 124. Literatur:
Westermann Paulv E.E. IIP 1070. Xv.Müller
Hondb.rva 1,2, 110.5. Gilbert 12 66. Schoe-
mann-Lipsius I 4 254. [J. Oehler.]
Harmozeia (yßooq bei Arrian; in den Plinius-
hss. Arwysia regio, verschrieben aus Armuxiu)
hieß die flache Küstenlandschaft Karmanicns auf
der Ostseite der Straße von Hormüz, die noch
heute ihren Namen trägt, zwischen dem Eingang
des Persischen Golfes und dem steilen Außen rand
40 des wilden, unzugänglichen Berglandes Baskird
(ßesäkird, bei Ptolem. Kanthonike). Der GauBiyä-
bän, den wir heute hier rinden, entspräche IL
völlig, wenn er nordwärts den inneren Winkel
der Meerenge und die Mündung des Ananis (Fluß
von Munal») erreichen würde. Aler gerade die
fruchtbare Alluvialebene dieses bedeutendsten kar-
manischen Wasscrlaufs war der Hanptteil des An-
tiken Gaues, wie Nearch uns lehrt, der ihn zuerst
uns nennt (bei Arrian. Ind. 33, 2 und Iuba-Plin.
50 n. h. VI 107 t. F.s ist auch nicht ausgeschlossen.
ja wahrscheinlich, daß sich H. noch weiter nach
'Westen erstreckte, dem großen Bogen der Straße
von Hormüz bis zur Clarcnceenge folgend und
damit die gesamte, bis 40 km breite karma-
nische Flachküste unter den steilen Bandgebirgen
umfassend — in dieser Ausdehnung eine ge-
■ .schlossenc geographische Einheit. Denn dadurch,
daß Nearch von der Ananismündung nicht durch
die Clarencestraße , sondern an der Außenseite
60 des kanonischen Inselgßrtels entlang gefahren
ist, blieb die West^rcnze H.s ungenannt und un-
bekannt. Dagegen' fiel sicher die Grenze im Süd-
osten annähernd mit der Südgrenze von Biyabän
zusammen; sie lag am Sabis Creek, dem Fvodi-
Gez (Taniariskenßuß) . und hei der persischen
Festung Kunäri, die der Stadt Sabis entsprechen
mag, 800 Stadien nördlich von der karmanisch-
gadrosischen Grenze (am Bäß al Küh, Vorgebirge
Karpella der Ptolemaioskarte). Iuba bei Plin.
n. h. VI 107: ab initio eius (Carmaniae) ad
f/umen Säbim C p. } inde virteas coli et arva ad
flumen Ananim XXV milium spatio; regio
■vocatur Armuxia. Dieser Beschreibung liegt
Nearchs Küstenaufnahme zu Grunde und zwar
in der ausführlicheren Fassung, die uns verloren
ist. Denn nur so erklärt sich, daß Plinius oder
bereits König Iuba versehentlich die für ein
kleineres Kiistenstück unmittelbar südöstlich von 10
der Ananismündung geltende Zahlenangabe von
"200 Stadien auf die ganze Küste zwischen jener
und dem Sabis übertragen hat. Nearch rechnete
im ganzen dafür 800 Stadien, ebensoviel wie vom
Sabis zur gadrosischen Grenze, da sein vorletzter
Ankerplatz vor Erreichung des Ananis, von Ar-
rian kurzweg 7ig6; alyialoi egfyurp bezeichnet,
also ohne Ortschaft, offenbar in der sehr gün-
stigen Mündung des schiffbaren Tamariskenflusses
gesucht werden muß. Hier zuerst wurden von 20
Nearch das arabische Gegen gestade und das Kap
Musandan gesichtet, die Natur der Meerenge und
der Aufschluß eines ungeheuren, dem Mittelmeer
vergleichbaren Golfes erkannt.
Darum setzt fortan die von Eratosthenes ab-
hängige griechische Erdkunde hier das Stoma des
Fersischen Meerbusens an (Eratosth. bei Strab.
C_. 765 Ende [vgl. C. 726J: ott to /ulv ozöua
€tVai OlSt'OV QVZUiS CÜ£ T i'f f AQ[l6£cQV tov tijs
Kagfiaviag axgcoTrjgiov xfjs 'Agaßiag ä<pogÜTai zo 30
iv Maxais und bei Ainmian. Marc. XXIII 6, 23 :
ex Harmoxonte Carmaniae promontorio usw.),
und bestimmt sich das karmanische Vorgebirge,
das die Meerenge flankiert, mit völliger Sicher-
heit in dem allerdings nur flachen Küsten vor -
Sprung Ras Kunäri, etwas im Süden von der
Mündung des Tamariskenflusses. Die Überliefe-
rung i£ 'Agf.io^ojv tov r. «. a. hat Anstoß erregt
und die von Casaubonus vorgeschlagene Ver-
besserung in e$ c Agfio£ovTos tov usw. fast allge- 40
meine Billigung gefunden; aber Marcianus (pe-
riplus maris ext. I 27) schreibt wie Strabon :
£.t( 'AgfiöCwv äxgcoTTjoiov und äxö tov *Aguö£oyv
<mg., wonach auch bei Ptolem. VI 8 aus "_e,«cCo?'
uxqov r Aoii6£oiv axgov herzustellen ist. Also
hatte es Eratosthenes Vorgebirge der Harmozoi
genannt, aus geographischen Rücksichten, um ihm
einen leicht verwendbaren Namen zu geben; ein
Kap , Harmozon' hat es an Ort und Stelle natür-
lich nicht gegeben. Die Harmozoi sind die An- 50
wohner der Landschaft H., die wohl Xearch und
Eratosthenes richtiger Harmozia geschrieben hat-
ten. Hartnoxaei heißen sie bei Plin. n. h. VI
110, wahrscheinlich nach dem Bericht des One-
sikritos a promunturio (sie!) Carmanis iun-
guntur IV Das Kap der H. ist hier kurzweg
das Vorgebirge; ebenso VI 109 a flumine Arabi
promunturiumipsum inhabitant usw., nämlich
die Carmani. wie Mela III 75, aus derselben la-
teinischen Vorlage schöpfend, uns belehrt. Nach SO
Plin. VI 98 folgt auf den Hyctanis (= Ananis)
promunturium Carmaniae, ex quo in adver sam
oram ad gentem Arabiae Maeas traieetus distat
L. p. t d. n. das Kap der H. galt manchen Geo-
graphen als das .karmanische Vorgebirge' xax
i£ox$v, unzweideutig bestimmt durch seine Lage
am Stoma des Persischen Meerbusens. Erato-
sthenes und seine Schule (Strab. C. 726) dagegen
unterschied es durch jenen Zusatz von dem »ersten'
Kap Karmanieus, das nach Süden in den Ozean
hineinspringt, die Karpella äxga der Ptolemaios-
karte.
Die auf das Vorgebirge bezüglichen Angaben
des Plinius (VI 98. 109. 110} finden sich freilich
in geographisch auf das ärgste verwirrtem Zu-
sammenhange und scheinen auf den ersten Blick
kaum verweitbar. Sie gehen aber alle drei im
letzten Grunde auf Onesikritos zurück und sind
Plinias durch mehrere Zwischenquellen vermittelt
worden, deren erste (Alexander Polyhistor) den
Periplus der iranischen Küsten in Nearchs Fahrt
entgegengesetzter Richtung, von West nach Ost
beschrieben hat; die jüngere, lateinische hat ver-
sucht, ihn wieder in die Ostwestrichtung umzu-
setzen, mit dem zweifelhaften Erfolg, daß die
ostwärts auf die Ichthyophagen folgenden Oreiten
und Arbieis und Örtlichkeiten des Indusdeltas wie
der Portus Macedonum ( = 'A?.e^dvSgov Xifitjv) in
die Nachbarschaft Karmaniens übertragen worden
sind. Derselben Ungeschicklichkeit ist Plinius
zum Opfer gefallen, wenn er das Kap der H. an
der Persischen Meerenge im Westen der Hycta-
nismündung ansetzt (VI 98). Die Sicherheit
unserer Ansetzung am Ras Kunäri wird dadurch
nicht erschüttert, Vielmehr ergibt sich als un-
anfechtbares Resultat, daß auch der Bericht des
Onesikritos wie derjenige Nearchs selber die re-
gio H. an dem Punkt der karmanischen Küste
beginnen ließ, der das gegenüberliegende ara-
bische Vorgebirge zuerst in Sicht bringt.
Hatte Eratosthenes irrig den Eingang des
Persischen Golfes gleichsam auf eine Linie zwi-
schen den beiden Vorgebirgen reduziert, so ist später
den letzten wissenschaftlichen Vertretern der grie-
chischen Erdkunde die lange, nord-südliche Erstrek-
kung der Meerenge nicht mehr verborgen geblieben.
Sie wird jetzt richtiger charakterisiert als Ein-
schnitt zwischenzweiGebirgstficken, denBergender
Asaboi auf der arabischen Seite, und dem .runden*,
mächtig aufsteigenden Pik der Semiramis auf
der karmanischen , den man freilich auch am
Kap der H. über die niedrigeren Vorberge der
Küstenlandschaft herüberragen sieht, dessen ganze
majestätische Form aber nur dem auf dem ara-
bischen Gegengestade Stehenden sich enthüllt,
ein wenig vergleichbar dem Taphiassos, dem
schönen Eckpfeiler der Meerenge von Ehion. So
hat ihn der ungenannte Kaufmann gesehen, dem
wir den Periplus des Erythräischen Meeres ver-
danken (Geogr. gr. min. I § 35 p. 284). Auf
ihm und anderen Zeitgenossen beruht die bessere
Darstellung der Ptolemaioskarte und die Be-
schreibung Marcians (periplus m. ext. I 27). Als
der eigentliche Eingang der Meerenge gilt ihnen
richtiger nicht mehr das Kap der H. , sondern
Kap Karpella (so Marcian ausdrücklich!).
Ptolemaios und Marcian geben als Entfer-
nung zwischen den beiden Vorgebirgen 750 Sta-
dien, bis auf eine geringe Differenz mit Nearch
übereinstimmend. Dagegen haben sie die an sich
schon übergroße Zahl Nearchs von 800 Stadien
zwischen der Ananismündung und dem Kap der
H. noch auffällig erhöht, stimmen aber auch
untereinander nicht überein, da Marciaa insge-
samt 1400 Stadien rechnet, die Positionen der
Ptolemaioskarte etwa 1200 ergeben. Von den
_S3_*3
mrmozeia
narmozeia
aay<-
Einzeldistanzen dieser Küstenstrecke bei Ptole-
maios und Marcian interessieren uns hier die auf
eine Stadt Harrmt&a bezüglichen. Sie wird uns
im Altertum nur von ihnen genannt; für die
Auffindung ihrer Lage ist die Entscheidung zwi-
schen beider Angaben grundlegend. Doch birgt
sich, wie schon längst gesehen, die Stadt offen-
bar auch in Hermupolis bei Ammian. Marc. XXII I
6, dessen Geographie von Iran in ebenso nahen
t. ■ T T1J.-1 J .:,~ ~4-„"Ui 1„ ^„- ~D„
Flußlandschaft am Ananis ein wahres Paradies i
<piliu 8i 7]örj xal ziafttpoga ravTfl tjv, wie auch
der Perser selbst sie preist, der schönste Garten
Irans zu sein. Im Ananis wurde Gold gewaschen ^
auf Gold, Silber Kupfer, Eisen, Zinnober, Rötel
und Steinsalz (dessen Lager eine interessante geo-
logische Formation der Küstenregion und In sein r
namentlich der Insel Hormüz bilden, darnach
die Hormüz Salt Formation gerannt) ließen die
Beziehungen zu Ptolemaios steht wie der Pe- 10 Achaemeniden in den Randgebirgen graben (One-
"1 ~1T_ _ *_ T~li- _ 1 j-t-r» i-, 1 ^ -. „ rt-t rtlni rt-J- A t rt Itov nil^wl + j-.,-! It.«-! Q+-v»nl^ I ' ^f^ß "Pti fi __ nnn riüi T*l-m
riplus Marcians. Ptolemaios zeichnet die kar-
manische Küste vom Ananis zum Kap der H.
in südwestlicher Richtung; indem sie hier all-
mählich nach Norden zu einem kleinen Vorsprung,
dem genannten Vorgebirge, umbiegt, entsteht im
Osten des Kaps eine kleine Bucht. An dieser
ist die Stadt Harmuza angesetzt, kaum 200 Sta-
dien vom Vorgebirge, über 1000 Stadien vom
Ananis entfernt! So die Ptolemaioskarte, mit
sikritos bei Strab. C. 726 Ende und bei Plin.
VI 98). Aber noch diente keines dieser Pro-
dukte zur Belebung des Handels. Wir haben
gar kein Recht, wie gewöhnlich geschieht, schon
für die Zeit Alexanders eine Stadt H. am Minäb-
flusse und an der Stelle der persischen Festung
anzunehmen; auch nicht unter dem Namen Sal-
mus, den Diodor. Sic. XVII 106, 4 der ztolig
Ttagadaläöötos gibt, in der angeblich Nearch ge-
der Marcians Zahlen so völlig unvereinbar bleiben, 20 landet und mit Alexander zusaminm engetroffen
daß über ihre selbständige, von Ptolemaios un-
abhängige Entlehnung aus einem topographischen
Qu eilen werk kein Zweifel obwalten kann. Dieser
nicht näher bestimmbare Periplus maß 800 Sta-
dien für die Küstenlänge zwischen Stadt und Vor-
gebirge H. Das ist aber genau die Entfernung,
die Nearch zwischen dem Stoma (am Kap H. !)
des Persischen Golfes und dem Ananis annahm.
Die Übereinstimmung beruht schwerlich auf Zu-
sei. Aber nach Nearchs eigenen Worten lagen
der Ort des Zusammentreffens und das makedo-
nische Standlager fünf Tagemärsche landeinwärts ;
mit Recht sucht darum Tomaschek Salmus in
Guläsgird, weit im Innern auf dem Hochplateau.
Noch der griechische Kaufmann der zweiten Hälfte-
des 1. .Jhdts. kennt und nennt nur zwei persi-
sche Emporia und Welthäfen, Charax Spasinu
am Schatt el-Arab und Omana an der westga-
fall, vielmehr hat nach aller Wahrscheinlichkeit 30 drosischen Küste (peripl. mar. Erythr. 35. 36).
die topographische Quelle Marcians Nearchs Zahl
zugrunde gelegt. Also stand die Stadt Harmuza
am Ananis (Mlnäb). Marinos-Ptolemaios aber
dürften durch die Übereinstimmung der Namen
verleitet worden sein, entgegen den Angaben der
Küsten beschreibungen die Stadt in die unmittel-
bare Nachbarschaft des Vorgebirges zu rücken.
Aber diese Lage wird allein schon durch die Be-
trachtung der topographischen Gestaltung der
Man sieht, das karmanische Küstenland hat auch
jetzt noch nicht Teil an dem großen Durchgang-
handel des Persischen Meeres, wenn auch wahr-
scheinlich die Stadt Harmuza damals schon ge-
gründet war, da sie Marinos in seinen topo-
graphischen Quellen vorfand. Sehr verkehrt ist
die Harrnoxa regia des Geogr. Rav. (p. 52) mit
der karmanischen Küstenstadt gleichgesetzt wor-
den. Das Itinerar enthält die Straße von Perse-
Küstenlandschaft sehr unwahrscheinlich ; man muß 40 polis nach Ekbatana, die auch die Tab. Peut. ver-
--■- 1 — 1 -~ — - 7 — zeichnet, und die Königsburg liegt an dieser wenig
nördlich von der persischen Hauptstadt, offenbar
die Ruinenstätte Murghäb mit dem berühmten
Cyrusgrab.
Die Blütezeit Harmuzas beginnt deutlich erst
in der Sasanidischen Epoche, vielleicht geweckt
und begünstigt durch die Großkönige selbst ; we-
nigstens wird von der Tradition unter den Grün-
dungen des Stifters der Dynastie, Artachslri Pä-
erwarten, den Vorort in den zentralen und zu-
gleich von der Natur am besten ausgestatteten
Strichen zu finden. Diese gruppieren sich um
den Ananis. Hier residierte auch nach Nearchs
Schilderung der vjzagxo* des karmanischen Kü-
stenlandes, der zuerst Alexander d. Gr. die Kunde
der glücklichen Ankunft der Flotte überbrachte.
Freilich läßt Nearchs Bericht klar erkennen, und
was aus dem Werke des Onesikritos erhalten ist,
bestätigt, daß damals im karmanischen Küsten- 50 pakan (gestorben 241) ausdrücklich auch Hör-
"I ^ . . _1 ^ _. _ >1_ l__* u _X^ Ji' ~.l. -_ /^ ____ „T__ w_. „*. *-m^ *.Z .->1t wi^ ww #-*,-• *■**-» -»-l ^* J- ihn . U ftnmft n Inrtilmnlnitor/in 1 An_
lande noch kein städtisches Gemeinwesen sich
entwickelt hatte, noch kein Hafenplatz, in dem
Handel und Verkehr das iranische Binnenland
mit den Gestadeländem des Indischen Ozeans
verknüpften. Selbst mit dem nahen arabischen
Kontinente scheint noch kaum ein lokaler Aus-
tausch stattgefunden zu haben. Hinter dem
stark sumpfigen Strand- und Lagunengürtel üppig
wuchernder Mangroven lag das karmanische Küsten-
müz genannt. Da Kosmas Indikopleustes (An-
fang des G. Jhdts.) in seiner christlichen Topo-
graphie zwar die indischen Ausfuhrhäfen, leider
aber nicht auch die persischen Eingangsemporien
des östlichen Handels namhaft gemacht hat, fehlen
noch direkte Zeugnisse, um den Anteil der letz-
teren und die Bedeutung des Sasanidischen Hor-
müz sicher bestimmen zu können. Nach der mus-
limischen Eroberung Irans unter den Abbasiden
land noch einsam mit seinen Dattelpalmen- und 60 unterrichten uns die arabischen Geographen voll-
rx 1.~.-_~_ „^_._ txt_.-__._i. n-_ m au f. } nnen gut H. als Haupthafen des Persischen
Golfes, wetteifernd mit Siräf, dem halbwegs zwi-
schen der Meerenge und der Euphratmünde ge-
legenen Emporion, und vorzüglich die Einfohr
nach dem Norden und Chorasän vermittelnd. Die
Trümmer der arabischen Stadt H. hat man am
Ufer des Mlnäb Creeks, etwa 6 englische Meilen
von der persischen Feste und 9 von der Fluß-
Orangenhainen, seinen Weingärten voller Riesen-
trauben, seinen Obstbäumen und Kornfeldern,
deren künstliche Bewässerung die meisten Wasser-
läufe schon lange vor Erreichung des Meeres auf-
zehrt (Arrian. Ind. 32, 5. 33, 2. Strab. C. 726.
Plin. n. h. VI 107). Nur den Ölbaum vermißte
das griechische Auge, aber nach der Öde und
Wüste der gadrosischen Küste dünkte es die
2395
Harmozike
Harpagos
2396
mttndung entfernt aufgefunden. Wahrscheinlich
dürfte hier auch die sasanidische und noch früher
die aTsakidische Gründung gestanden haben.
Unter den letzten Abbasiden war H., seiner geo-
graphischen Geschlossenheit angemessen, ein selb-
ständiges Königreich ; die Namen seiner arabischen
Fürsten kennen wir. Einer von ihnen, um 1300,
glaubte seine Hauptstadt den mongolischen Ein-
fällen allzu preisgegeben und tat den bedeut-
an der Südküste der Propontis. Andere verlogen
den Ort des Eaubes an das Vorgebirg Dardanioh
oder Dardanis (s. Plan des Hellespontos). Als
Gemeinde bezahlte H. zum 'EXX-gojtovxiog <p6go$
des Athenischen Seebundes von 439 —421 v. Chr.
je 300 Drachmen, Pedroli Studi di Storia Aut. I
(1891) 155ff, Larfeld Handb. d. gr. Epigr. II 1,
24ff. 410 nimmt die athenische Flotte 8 Schiffe
der Peloponnesier bei Priapos und H. Die Stelle
«amen Schritt, ihre Bürgerschaft, ihre Handels- 10 von H. wird von R. Kiepert Karte von Klein-
kontore und Hafenaulagen auf die nahe Insel zu
verpflanzen, die seitdem bis heute den alten Na-
men usurpiert hat. Nach dieser radikalen Um-
wälzung erhebt sich H. während des 14. — 16.
Jhdts., zuerst noch unter der arabischen Dyna-
stie, dann unter portugiesischer Herrschaft, zu
jener höchsten, fabelhaften Blüte, die immer von
neuem die größte Bewunderung und das Staunen
der Weisenden aller seetüchtigen Nationen her-
asien Bl bei einer Lagune zwischen Grauikos-
und Aiseposmündung angesetzt. [Biirchner.]
flarpagion s. Harpagia.
Harpago {äg^dyg), eine lange Stange mit
einem eisernen Haken vorn, Liv. XXX 10, 16:
asseres farrco unco praeßxi , an einer Kette
hängend, verwendet bei Belagerungen zum Ein-
reißen von Mauern , Palisaden u. ä., Caes. bell.
Gall. VII 81. Auetor B. Hisp. 16. 2, oder auch
vorrief; es wurde einer der ersten Welthäfen, in 20 im Seekrieg, um feindliche {Schiffe heranzuziehen,
dem alle oeeiden tauschen und orientalischen See-
mächte und Landesprodukte sich trafen. Wie
ein lateinisches Distichon, kaum übertrieben, sagte :
Si terrarum orbis, quaqua patet, annulus esset,
Illius Ormishwi gemma decusqne forel.
Vgl. Lord Ourzon Persia and the Persian que-
stion II 413-427.
Tomaschck leitet den Namen TL ab von
der Hauptfrucht der Küstenlandsehaft, der Dattel
also ähnlich der marius ferrea. Plin. n. h. XVII
209 und dem corvus (s. o. IM. IV S. 1665).
[Liebenam.]
Harpagos. 1) Meder, Angehöriger des könig-
lichen Hauses des A^tyages (avi)o oixijiog Herodot.
I 108). wird Verräter an dem König; die Erzäh-
lung des Herodot (I 108— IM 117-119) von
dem Anteil des H. an der Aussetzung des Kyros
und von seiner grausamen Bestrafung soll wohl
(npers. khurma), und vergleicht die arabische Be- 30 den Verrat entschuldigen. Er setzt sich mit
Zeichnung des Königreichs Hormüz. Moghistän.
die sicher Dattelland bedeutet. Das scheint be-
stechend, wird aber sehr zweifelhaft durch die
Wiederkehr desselben Namens auf dem Hoch-
land der Persis ; denn llarmoza regia, nördlich
von Persepolis, (s. o.) liegt längst außerhalb der
nördlichen Grenze der Dattelpalme und noch mehr
der Dattelkultur, deren Produkt; im Gegenteil
nach jenen Distrikten eingeführt wird (vgl. Th.
Kyros in Verbindung und geht in der ersten
Schlacht zu Kvros über (550 v. Ohr.), Herodot.
I I23f. 127. 129. Er ist daran! Feldherr des
Kyros im Kampf gegen die Lyder ; seine Kriegslist
entscheidet den Kampf bei Sardes Herodot. I 80.
Nach Diod. IX 85 ist er es, der als der Statt-
halter der Meeressatrapie die Griechen abweist,
als sie nach Untergang des lydischen Kelches in
ein 'Vertragsverhältnis zu Kvros treten wollen.
Fischer Die Dattelpalme, Erg.-Heft 64 zu Pe-4*iAls Nachfolger des Mazares unterwirft er die
termanns geogr. Mitteil.). Also kann H. hier
nicht von der Frucht abgeleitet werden, und wir
sind genötigt, für beide Ortsnamen ein anderes
Wurzelwort anzunehmen. Wie aus ähnlichem
Grunde die parallele, von Hübschmann Alt-
armen. Ortsnamen 405 versuchte Herleitung des
Namens der altarmenischen Ortschaft Annavasen
von armav .Dattel' scheitert. Vgl. Tomaschck
Küstenfahrt Nearehs "0 — 47. [Kiessling.]
ionischen Städte, die Karer und Knidos, die Lv-
Merund Kaunier. Herodot. 1 162—168. 171. 174
— 177 (Treuber Gesch. d-'rLvkler Ol). Duncker
Gesell, d. Altert. IV* 254 IT. ":-J3Cff. II 760. Bu-
solt Griech. Gesch. II - 505fT. Präsek Gesch. d.
Meder u. Perser 2 >7. 209f. 223. Aus dem Um-
stand, daß in Xanthos auf einer Inschrift des
5. oder wahrscheinlicher des 4. Jhdts. der Sohn
eines IT. genannt wird (OIG 4269 = Kai bei
Harmozike (Strab. O. 5 | il) s. Ärmastika. 50 Epigr. gr. 70ty. ist geschlossen werden, daß
die Familie des H. dort ein erbliche? Amt
oder Reich besessen habe. Dieser Schluß, als
vorschnell mit Recht von Treuber a. a. O. 94
abgewiesen, wird noch aufrecht erhalten von Prä-
sek a. a. O. VI 233, 4. Dagegen trifft aller-
dings die Person des H. bei Herodot so sehr
in den Vordergrund, daß die Annahme einer
.Harpagidcntradition' als Quelle des Berichts bei
(Hekataios? und) Herodot gerechtfertigt erscheint.
Harouso s. Harauso.
'AQjtayfjg ygaqpjj, öffentliche Klage auf Raub,
srheint an manchen Orten existiert zu haben, vgl.
Lukian. ind. voc. c. 1 VQa- r fh r ''^ IO ™ JÜTyua
rroog to Tau em rmr f.xtu <Payri}n-iojr ßta; vrrag-
yövTviv xai ägxayt];. Xen. Kyr. I 2,6 syyJ./j-
uara xai xlotcT^z xeu agziay^g nai ßtag. Im atti-
schen Recht ist sie nicht nachzuweisen , obwohl
auch Plat. Leg. XI 933 e. XII 941b und Arist,
Plut. 372 die u. von der y.Xo.-ifj trennen, vgl. OONöldeke Aufs. z. pers. Gesch. 13. Schubert
Meier-Lipsius Att. Proz. 157. Lipsius Att.
Recht 442. [Thalheim.]
Harpagia {Harpagion; zä Ao^dyta Herrao-
laos-Steph. Bvz. s. -g 'Aoxayia. Schol. II. XX
234; tö 'Aojiäywv Thuc/VIH 107. Strab. XIII
587), einer der Orte, wo Ganymede8 von Zeus ge-
raubt worden sein soll, örtlichkeit bei Kyzikos
Zwischen den Gebieten von Kyzikos und Priapos
Herodots Darstellung der Cyrassage 74ff. v. Gut-
schmid Kl. Sehr. V 40f. ; insbesondere Präsek
Berl. Stud. XI 3, 12£ Bnsolt a. a. 0. 112 500,
2, wo noch weitere Literatur.
2) Persischer Feldherr (Enkel des Vorigen?
Präsek Gesch. <L Med. n. P«rs. 222), nimmt im
ionisehen Aufstand den Histtaios ^fangen und
laßt ihn im Einverständnis mit Artaphrenes hin-
•
25SOT
. MärpaKuaes
narpaios
aay»
richten, Herodot. VI 28. 30. Bnsolt a. a. 0.
II 555. [J. Miller.]
Harpaktidea, athenischer Archon im J. 511/10,
Aristot. 'A&rjv. jioX. XIX 6. Derselbe Name auf
dem Marm. Par. ep. 45 'A[o]si[axzidgg]; vgl.
Jacoby Mann. Par. 173. [Kirchner.]
Harpalianos ($Xdßiog 'Ag^a[Xiav]6g ITsio(s)-
svg (IG III 1069); der Name ist hergestellt von
Wilhelm^??,«. &q%. 1005, 251 nr. 15). atheni-
scher Archon um dieselbe Zeit wie Archon Epaphro-
deitos, der um 178 n. Chr. anzusetzen ist, Dit-
tenb erger Syll. 737 nr. S. [Kirchner.]
Harpalis, Archon auf Delos um '210, Homolle
Archives de l'intendence sacree a Dolos. Sehoef-
fer o. Bd. IV S. 2501. [Sundwall.]
Harpalos ('ÄQ^aXog). 1) Makedone, vielleicht
Bruder des Machatas und Oheim des H. Nr. 2), vgl.
Schaefer Demosthenes H 2 13, 4. E' - spielte als
Befehlshaber in Amphipolis dem Tphikrates eine
Anzahl Amphipoliten in die Hände, Demosth.
XXIII 140. Vielleicht ist er der Vater von Ale-
xanders Satrapen Kalas 6 Aoxälov, Arrian. anab.
I 14, 3. Diodor. XVII 17, 4.
2J Vornehmer Makedone, Sohn Ae< Machatas
(Arrian. anab, III 6, 4) und Bruder des Philip-
pos, der von Alexander die Satrapie Indien
erhielt. Er brachte seine Jugendjahre am Hofe
des Königs Philippos zu, wurde aber nach dem
Ausbruch des Zwiespalts zwischen Philippos und
Alexander als Vertrauter des letztem mit Near-
chos, Erigyios. Laomedon und Ptolemaios aus
Makedonien verbannt, Arrian. anab. III 0, 5,
Plut. Alex. 10, dazu Schaefer Demosthenes III-
05, 2. Nach Philipps Tode wurden diese Männer
von Alexander in seine Nahe berufen und be-
sonders begünstigt; H, wurde, weil er zum Kriegs-
dienst körperlich untauglich war, zum Schatz-
meister ernannt ("ÄQ^aXor öl- im rtar /ogndrcjy,
ort avTfii xo oagia kq ta Tialfitta ay/jslor gi> Ar-
rian. anal). III 0, ; auf schlotternden, hinkenden
Gang weist vielleicht der Übern :imc IlaXXtögs,
der H. in dem Satvrdrama Agen beigelegt wurde,
vgl, Athen. XIII '505 f). Allein schon " vor der
Schlacht bei Issos macht-; sieh H. eines — nicht
näher bezeichneten — Vergehens schuldig und ging
mit einem schlechten Menschen namens Tauriskos,
der ihn dazu angestiftet hatte, durch. Er blieb
als Verbannter in Megaris , bis ihn Alexander
unter Zusicherung völliger Straflosigkeit zur
Rückkehr aufforderte. Neuerdings würdigte ihn
der Konig seines Vertrauens, indem er ihn wie-
derum zum Schatzmeister einsetzte, Arrian. anab.
III 0, 7. Als solchem unterstellte er ihm u. a.
die erbeuteten persischen Schätze, die Pannenion
in die Burg zu Ekbatana gebracht h-itte. Arrian.
anab. III 10, 7. In das obere Asien sandte H.
dem lesehungrigen König auf dessen Wunsch
allerlei Bücher nach , Plut. Alex. 8. Als Ober-
einnehnier für alle neu eroberten Länder (t<J)V
i)> BaßvXoirt ■dgaat'Qojy aal iGw ^ooaodcov ti)v
<pv/.ax?p> xsmoxsvuh'o; Diodor. XVII 108. 4) re-
sidierte II. zumeist in Babylon. Während Ale-
xander in den fernen Osten zog, überlieb sich hier
H. auf Kosten des königlichen Schatzes den üp-
pigsten Vergnügungen, ließ seine Tafel vom Per-
sischen Golfe her verproviantieren und verschwen-
dete ungeheure Summen auf seine Hetären Py-
th(i)onike und Glykera, die eT, als die berühmtesten
seiner Zeit, eigens hatte aus Athen kommen
lassen, Diodor. XVII 108, 4—6. Pyfch(i)onike,
die wie eine Königin in Babylon lebte (Philemon
im Baßvlo'jvwg frg. 10 bei Athen. XIII 595 c,
Kock II 482), gebar ihm eine Tochter, Plut.
Phok. 22. Als sie .starb, ließ IL sie in Babylon
mit fürstlichem Gepränge bestatten (Poseidonios
frg. 22 bei Athen. XLII 594 e, FHG III 259)
und errichtete ihr zwei prunkvolle Denkmale,
10 das eine in Babylon (vgl. das Fragment aus dem
Satyrspiel Agen bei Athen. XI H 595 f), ein
zweites später in Attika (Theopompos in dem
Briefe an Alexander frg. 277 bei Athen. XIII 595
a— c, FHG I 325). Von dem letztern, das an
der heiligen Straße nach Eleusis gelegen und
als Heiligtum der Pyth('i)onike Aphrodite ausge-
stattet war (s. o. Bd. IS, 2735, 23ff., wo aber
die insehriftliehen Zitate auf einem Irrtum be-
ruhen , vgl. Conze Philol. XIV 150. Dittcn-
20bcrgcr zu IG III 3823], handeln außer Theo-
pompos noch Dikaiarchos frg. 72 bei Athen. XIII
504 f -595 a, FHG II 26fif. Diodor. XVII 108, 5.
Paus. I 37. 5. Plut. Phbk. 22. Die Glvkera (ein
Artikel über sie fehlt o. Bd. VII S. 1437) ließ
IL nach dem Tode der Pyth(i)onikc aus Athen
kommen, im Palaste zu Tarsos Wohnung nehmen
und sich dem Volke gegenüber als ßaai'Xiaaa ge-
berden; in der syrischen Stadt Ehossos weihte
er ihr ehernes Standbild. Theopompos iv roig
30 jtt-gl tTjg Xiaq 'EjzwtoXrjg frg. 278 bei Athen. XIII
586 c (FHG I 325); Brief an Alexander frg. 278
bei Athen. XTII 595 d (FHG I 325). Kleitarchos
frg. 21 bei Athen. XIII 580c (Scriptores rer.
Alexandri 83). Glykcras Zusammenleben mit IL
wurde in dem Satyrdrama Agen verspottet: Frag-
mente bei Athen. XIII 536d. 5^5e— 590 b. Ebenda
finden sich Anspielungen auf die auch sonst (Dio-
dor. XVII 108, 6) bezeugte Tatsache, daß H.,
■wohl auf das Betreiben der Glykera, den Athe-
40 nern reiche Getreidespenden zugewandt hat und
zum Dank dafür von ihnen mit dem Bürgerrecht
beschenkt worden i*t. Von II.s Bemühungen um
die Anlage und Pnege der königlichen Gärten
in Babyion und besonders von seinem mißlun-
genen Versuch, den griechischen Efeu zu akkli-
matisieren, ist die licde bei Thcophrastos a.
rpvT^v Igtooi'u; IV 4. 1. Plut. Ales. 35; quaest.
conv. 048 c d. Angeblich sandte H. , als Ale-
xander in Indien weilte, 700>') Mann zur Ver-
50 Stärkung des Heeres, die im Herbst 326 beim
Hydaspe.s eintrafen,- Gurt. 1X3.21. Aman weiß
hievon nichts. Sicher ist, daß IL. wie manche
andere Statthalter, an eine Rückkehr Alexanders
aus Indien nicht geglaubt hatte. Als er sich
hierin getäuscht sah. machte er sieh im Herbst
325. um Alexanders Strafgericht zu entgehen,
mit Glykera und dem Töchterchen derPyth(i|onike
auf die Flucht, begleitet von 6O00 eigenmächtig
angeworbenen Söldnern und im Besitz von 5000
00 Talenten aus dem königlichen Schatze. Vgl. das
Fragment aus dem .Agen' bei Athen. XIII 5>5e.
Dio'dor. XVII 108. «! Aman, bei Phot. bibl.
cod. Ül p. 08b, 21 (aus der lückenhaften Stelle
Arrian. anab. VII 12, 7); zur Chronologie vgl.
Beioch Gr. Gesch. III 2, 362. Mit einem Ge-
schwader von 30 Schiffen, das er zusammenge-
■bracht hatte, segelte er nach Kap Sunion (Früh-
ling 324), in der Erwartung, am ehesten bei den
von ihm früher beschenkten Athenern Aufnahme bewirkte durch einen Volksbeschluß, daß EL in.
zu finden, Curt. X 2, 1. Tzetz. Chil. VI 164ff. Gewahrsam genommen und seine Gelder am
Die Nachricht von seiner Flucht kam Alesander nächsten Tage auf der Burg deponiert wurden,
so unerwartet , daß er ihre Überbringer zuerst bis ein von Alesander Bevollmächtigter zur Über-
ais falsche Angeher festnehmen ließ, Plut. Alex. nähme komme. Diese Rede des Demosthenes.
41. Als die Kunde sich bestätigte, war er gegen wird von Dkm. Hai. st. z^e Xexzixrjs At}f*oc&e-
H. und Athen gleich sehr aufgebracht und vovs dstvoztjTng 57 zitiert unter dem Titel ev r<p
sann auf Rache, Curt. X 2, 1, vgl. Bei och pt} ixöovvai "Agnakov. H. mußte sofort die vor-
Gr. Gesch. III 2, 363. Daß H. die Absicht handene Summe angeben, und Demosthenes be-
hatte, die Athener zum Krieg gegen Alexander 10 richtete danach dem Volke, daß es 700 Talente
aufzureizen, schließt Köhler S.-Bcr. Akad. Berl. seien. Am folgenden Tage, als die Gelder über-
1890, 572 aus dem namenlos überlieferten, je- nominell wurden, fand sich nur die Hälfte vor».
doch wahrscheinlich aus der Lücke bei Arrian. Philochoros bei Ps.-Plut. X orat. vit. 846 b
anab. VII 12,7 stammenden Fragment bei Bek- (dazu Schaefer Jahrb. f. Philol. LXIJ (1851)
ker Anecd. Gr. I 145, 18 avtos dz k 'A&rjvag 235f.; Demosth. III 3 310, 1). Hypereides gegen
zl&wv d)$ ixxofofjuooaiv rovg 'A&yvaiovs siQÖg Demosthenes (frg. ITI col. 8—10 ed. Blaß 8 und
'A/Jgavöoov . . . Aber obwohl sich viele Athener ed. Kenyon 1906}. Darauf stellte Demosthenes-
dem H. Verpflichtet fühlten — z. B. Phokions den Antrag, der Areopag solle den Verbleib der
Schwiegersohn Charikles hatte von ihm 30 Talente Gelder untersuchen und gegen die der Bestechung
für die Besorgung des Denkmals der Pyth(i)onike 20 Schuldigen solle gerichtlich vorgegangen werden j.
empfangen (Plut. Phok. 22) — , so wagte es die Straflosigkeit wurde denen zugesichert, die bereits
Bürgerschaft doch nicht, einem Manne, der offen empfangenes Geld freiwillig zurückerstatten wür-
als Verräter an Alexander auftrat, den Zutritt den, Plut. Demostn. 26. Deinarch. I 4. 51. 82fL
zu gestatten. Auf den Antrag des Demosthenes Hypereides gegen Demosthenes (frg. VII BI.3
wurde H. nicht eingelassen und der Komm an- = IX Kenyon, col. 34), dazu Schaefer Demosth-
dant von Munichia, Philokles, eidlich verpflichtet, III 2 311. Plötzlich entkam H. aus seiner Haft - r
seinem Geschwader die Einfahrt in den Hafen die näheren Umstände sind nie aufgeklärt wor-
von Peiraieus, wenn nötig mit Gewalt, zu wehren. den ; ohne Zweifel hatten dabei solche , die von
(?catafyy>öfi£vov zqv siohv). .... . ...
rückgewiesen segelte H. mit seinen Söldnern Kreta ein. Hier wurde er von dem Spartaner
nach Kap Tahiavon, der damaligen Hauptwerbe- Thibron ermordet, der sich der noch übrigen
statte. Hier ließ er sein Geschwader und die Schätze und der Schiffe bemächtigte, Ps.-Plut.
Söldner zurück (Diodor. a. a. O.) und kam mit X or. a. a. O. Hypereides gegen Demosthenes frg.
nur zwei Schiffen und einem Teil des geraubten IV col. 12. Paus. I 37, 5. II 33,4. Plut, Dem.
Geldes zum zweitenmal nach Athen. Diesmal 25. Diodor. XVII 108, 7f. XVIII 19, 2. Aman,
ließ ihn Philokles ein ; er geriet dadurch in den ra /nsrä 'Ate%. bei Phot, bibl. cod. 92 p. 70 a,
Verdacht, von H, bestochen zu sein, Deinarch. Ilft. Bekker (Arrian. cd. Dübner p. 242). Strab.
III 2ff. Diodor. a. a. O. Plut. Demosth. 25. dazu 40 XVII 837. Nachdem der Areopag sechs Mo-
Schaefer Demosthenes ILI2 308, 1. Blaß At- nate mit der Entscheidung gezögert hatte (Jü-
tische Beredsamkeit ITI2 317. H. stellte sieh, n]aaoav *£ pyrog Deinarch. I 45), erklärte er
sein Geld und seine Schiffe dem attischen Volke endlich 324/3 eine Anzahl Männer für schuldig
.... ,-w^-, j -»-* ,1 r\* \ .1 "1 ~ J ^~"L J* Ä "O^J-^X^^ «« Air* n^rt r^n rld-n TTq T_
zur
bis .
mitgebrachten « v «....~ vt .. /t ...... „.-.,-,-=. -~~ — „ ; .
'Ag-idhioi) sehen wir schon in den Werfturkunden II 6): der Hauptredner war Stratokies (Deinarch.
der nächsten Jahre (IG II 811b, 141ff. 812 a, I 1. 20f.), außerdem werden genannt Hypereides
143f.) der athenischen Flotte einverleibt. Seinen (dessen Rede y.axa Arjpoodhovg in größeren
Aufenthalt in Athen benützte H., um zahlreiche 50 Bruchstücken erhalten ist, vgl. auch Ps.-Plut. X
Politiker zu bestechen. Philokles , Hagnonides, or. vit. 848 f ) , Pytheas , Menesaichmos , Hime-
Ariistogeiton, Moirokles, Demon, Kallisthenes, raios. Patrokles (Ps.-Plut. X or. vit. 846c): einer
Aristonikos, Kephisophon , Deroades, Charikles der Redner hielt die erhaltenen, von dem Met-
(vffl Plut praec ger. reip. 808 a), und auch De- oiken Deinarchos aufgesetzten (Ps.-Plut. X or. vit.
mosthenes wurden dessen bezichtigt und zum 850 c) Reden gegen Demosthenes , An stogeiton
Teil später deswegen (mqi t&v 'AoTtaXsiwv) in und Philokles, vgl. Blaß Attische Beredsamkeit
Prozesse verwickelt, vgl. Timokles" in der Ko- ni? 309ff. So wirkte die von Hypereides ge-
mödie Arlog frg. 4 bei Athen. VIII 341f. (Kock führte Kriegspartei, die dem Demosthenes die
n 452). Dionys. Hai. Dein. 10 p. 654. Hyper- Gefangennahme des H. nicht verzieh (ein Zitat
eides g. Demosth. Deinarchos I_m. Phokion 6 0bei PolL X 159 aus einer Rede des Hypereides
wies ein Angebot des H. zurück, Plut. Phok. 21. fciig 'AgsiMov t! m yevdfe ist ohne Gewahr),
Als nun Antipatros und die Königin Olympias mit der makedonischen zusammeri. Das ijgebnis
brieflich die Auslieferung des H. und seiner war, daß Demosthenes Demades und Philokles
Schätze verlangten und ebenso Philoxenos, Ale- zu Geldbußen verurteilt worden. Anstogeiton
xanders Statthalter in Kilikien, diese Forderung ging straflos aus. Die Schuldfrage kann 1 hier
persönlich in Athen vertrat (Diodor. a. a. O. nicht untersucht werden, vgL darffber HoUeck
Paus, n 33, 4. Plnt. de vitioso pudore 531a), Der Harpalische Prozeß des Dtmoaaenes, Progr.
widersetzte sich Demosthenes dem Begehren und Beutheu 1892. AI« schuldig bezeichnen den De-
mosthenes außer seinen Anklägern Theopompoa
bei Plut. Demosth, 25. Plut. o&yxQ. Demosth.
Cic. 3. Ps.-Plut. X or. vit. 846 b. Zu seinen
Gunsten (vgl. auch Demosth. Brief U 14. III
42) fällt jedoch stark ins Gewicht, daß der nach
Bhodos geflüchtete und dort von Philosenos ver-
haftete Kassenführer (züv xeVf t ^ rcov Sioixtjr^g)
des H. im Verhör den Demosthenes unter den
Empfängern Harpalischen Geldes nicht genannt
achiedener griechischer Heroinen. 1) Amazonen-
ahnliche Jungfrau aus Thrakien, mit der Vergil
die waffengerüstete Venus, wie sie ihrem Sohne
Aeneas erscheint, vergleicht, Aen. I 315ff. Von
ihr wird weiteres berichtet bei Serv. Aen. a.
a. O. und in abgekürzter Fassung bei Hygin.
fab. 193. Ihr Vater war Harpalykos, König eines
thrakischen Stammes (der bei Serv. Amymonii,
bei Hygin, auch fab. 252, Amymnei heißt, wo-
hat, Paus. II 33, 4f. Im Lamischen Kriege wur- 10 für man jetzt gewöhnlieh Amymni liest, s, d.).
den die zurückgebliebenen Schätze des H. von
den Athenern unter Leosthenes zur Anwerbung
von Söldnern gegen die Makedonen verwendet,
Diodor. XVIII 9, 4. Im allgemeinen vgl. v. D uhn
Jahrb. f. Phil. CXI (1875) 33ff. Schaefer De-
mosthenes III 2 304ff. 320ff. Beloch Gr. Gesch.
III 1, Ölff. [Stähelin.]
3) Makedonier, Feldherr und Gesandter des
Königs Perseus an Eumenes II. von Pergamon
Dieser wollte sie, als ihre Mutter gestorben war,
zu seiner Nachfolgerin auf dem Throne erziehen,
und so wurde das Kind durch die Milch von
Stuten und wilden Tieren ernährt und, schon ein
Mädchen, mit Waffengebrauch vertraut gemacht.
Ihr Vater war aber ein strenger Herrscher, wurde
in einem Aufstande getötet, und H, flüchtete sich
in die benachbarten Wälder, wo sie als Jägerin
und Räuberin lebte und die Ställe der Bauern
(Liv. XLII 14, 2f. Diodor. XXIX 34. Appian. 20 hart heimsuchte. Zuletzt wurde sie, als sie einen
Maced. 11, 3. Hut. Aem. Paul. 15). Derselbe
wohl identisch mit H., Sohn des Polemaios aus
Beroia, Hieromnemon des Königs Perseus in
Delphoi 178/7 (Bull. hell. VII 427f. nr. VI. Dit-
tenberger Syll.2 293, 5). [SundwalL]
4) Sklave Ciceros (fam. XVI 24, 1 vom J. 710
— 44). [Münz er.]
5) Unsere Nachrichten genügen nicht, um von
seinen Leistungen ein klares Bild zu gewinnen.
jungen Ziegenbock geraubt hatte, in Jagdnetzen,
die für Hinden aufgestellt waren, gefangen und
darauf getötet. Sodann entbrannte ein Streit
unter dem Volke, wer der Besitzer des Böckleins
wäre; viele wurden getötet, und deshalb feiert
das Volk immerfort die verstorbene H. durch
Scheinkämpfe an ihrem Grabe, um sie zu ver-
söhnen. Einige haben als weiteres Beispiel der
Tapferkeit H.s erzählt, daß sie einmal ihren Vater
Wir wissen nichts von seiner Herkunft (der Name 30 aus der Hand der Geten oder der von Troia mit
weist nach Boiotien oder Nordgricchenland). H.
muß jünger als Kleostratos (Censorin. 18, 5) und
älter als Meton (Avien. II 1366ff.) sein. Nach
Censorin. 19, 2 hat er das Jahr auf 365 Tage
13 Stunden bestimmt ; darauf wird er sein neues
System der Oktaeteris gegründet haben (Censorin.
18, 5). Beide Angaben sind angefochten, die erste
gewiß mit Recht: Scaliger (De emend. temp. 68)
Neoptolemos zurückkehrenden Myrmidonen ge-
rettet habe, und zwar mit solcher Schnelligkeit,
daß sie besonders deswegen berühmt geworden
sei (Verg. , schneller wie der rasche Hebrus', der
wenigstens im oberen Laufe ein iorreiis ist,
ebenso Sil. Ital. II 7Sf.).
Die ganze ätiologische Dichtung ist über Kult-
gebräuche beim Grabe einer jung gestorbenen
Heroine aufgebaut Diese rituellen Scheinkämpfe
setzt 12, Ad. Schmidt (Handb.d.gr. Chronol. 421)
7 statt 13 Stunden; beides gleich unsicher. Aus 40 sind besonders aus dem Gebiete der Iruchtbar-
Wien a. a. O. folgert Ad. Schmidt a. a. O., keitsgottheiten (Demeter, Damia und Auxesia)
folgert
der Zyklus sei neunjährig gewesen. Aber wenn
der Kalender des H. t wie aus Avien zu erschließen,
aus lokalen Gründen die Jahreswende in den
Winter legte (dagegen Ad. Schmidt 393f.), ist
Aviens Ausdruck (qui solem hiberna novem putat
aetliere volvi . . .) für die Oktaeteris korrekt, d. h.
in den neunten Winter fällt der Ablauf der Periode.
So hängt Schmidts Versuch, für H. einen Zyklus
bekannt. Hier aber wird es direkt ausgesprochen,
daß der Kampf und der Siegespreis, ein Böcklein,
zur Erinnerung an die wehrhafte Jungfrau ein-
gestiftet sind -und als Sühnungsritus für unge-
recht vergossenes Menschenblut gelten. Daß H.
schnell ist und raubt, liegt schon im Namen.
Daß sie auch rettet (obgleich dieser Zug auch
„^ ._ „„ ; J in der von H. jedenfalls stark beeinflußten Camilla-
2*f6 =8*3-9 Jahren zu konstruieren, in 50 sage hervortritt), ist vielleicht sekundär. Aber
der Luft, ganz abgesehen davon, daß ein so um-
fangreicher Zyklus in so früher Zeit außerordent-
lich unwahrscheinlich ist. Unsere Quellen wußten
eben nichts Genaueres über sein Schaltsystem,
und Avien, der sein Wissen sicherlich auch hier
seinem Aratkommentar verdankt, mag ihn heraus-
gegriffen haben, weil von des H. 9 Wintern aus
der Übergang zu den 19 JahTen Metons formell
hübsch zu gewinnen war (vgl. Unger in Iw.
daß der Tapfern nachgesetzt wird, daß sie den
Verfolgern erliegt und jung sterben muß, ist das
Wesentliche, dessen immerfort gedacht wurde und
womit man ihren Heroinen kultus begründete. So
hat sie dasselbe Schicksal erreicht wie so viele
andere heroisch verehrten Jungfern. H. trägt so-
wohl artemisische wie amazonenhafte Züge, und
deshalb faßt sie Gruppe (Gr. Myth. 1294) als
Artemis selbst oder eine ihr verwandte Sturm-
Müllers Handb. 12 736. Ideler Handb. d. math. 60 gottheit auf, Preller Myth. 2 II 152 als Winds-
u. techn. Chrono! I 306. Ginzel Handb. d. math.
u. techn. Chronol. H 386). ' [Rehm.]
6) Von ihm erwähnt Galen XIII 928f. ein
Zugpflaster und XIV 167 (im 2. Buche sieqI dvti-
dotatv) ein Mittel gegen viertägige Fieber.
[Gossen.]
Harpalyke ^Aona-Xvxr} Jtaubwfllfin', Fick-
Bechtel Gr. Personenn. 382. 398), Name ver-
P»oly-Wl8sow»-Kroll TU
■raut, Crusius Roschers Myth. Lex. 1839 als dem
.Kornwolfe* parallel (vgl. Mannhardt Mythol.
Forsch. 262 ff.), welche letztere Auffassung Knaac k
Rh. Mus. XLTX 529ff. mit weiteren Analogien aus
der Camillasage, besonders dem Umstände, daß
der Vater die CamiBa in Baumrinde gehüllt an
seine Lanze bei der Rettung befestigt habe, zu
stützen sucht. Die Rettung des Vaters schreibt
76
2403 Harpalyke
Cr us ins der höfischen hellenistischen Richtung
zu. Die Herkunft aus ,Thrakien 4 mag ursprüng-
lich sein, denn nach Daulis (Phokis), wo die
Thraker saßen, weisen viele Spuren, vgl. Nr. 2
und Harpalykos — der Scheinkampf Aavlig
in Argos (Hesych. s. v.) wird wohl ebendahin ge-
hören. Dagegen ist der Kampf mit Neoptolemos
sekundär: der Sohn des Amazonenbezwingers
Achilleus hat sich sehr leicht als ein passender
Harpasa
2404
blutige Mahlzeit, wo der Vater sein Kind ißt,
werden rituelle Realitäten die Grundlage darge-
boten haben. Ein altes mythisches Element bietet
auch der Raub und die Rückführung der Braut,
die ursprüngliche Form der Eheschließung. Die
Namen weisen jetzt bestimmt ins Gebiet der
chthonischen Mächte hinüber (vgl. die Abstam-
mung des Iphiklos, H. Nr. 2), während der Einfluß
^ der Atalantesage (Scboineus als Vater und die
Gegner der der Penthesileia ähnlichen H. dar- 10 arkadische Heimat, wie umgekehrt Atalante selbst
geboten.
2) Nach Athen. XIV 619 e eine Jungfrau, die
aus verschmähter Liebe zu einem Iphis starb,
und deren Erinnerung sich noch in einem Wett-
gesange der Jungfrauen namens H. lebendig er-
hielt. Es liegt nahe, in dieser H. eine neue Form
der an erster Stelle angeführten zu sehen, eben
weil sie jung und — wie die erste Amazoneiihafte
Liebe der Männer verschmähend — so jetzt um-
Tochter einer Klymene heißt , Apollod. HI 105)
die ursprüngliche Bedeutung der schnellen Läuferin
noch durchschimmern läßt. Auch die Medeasage
(Zerstücklung des jüngeren Bruders) scheint von
Einfluß gewesen zu sein. Mit den Namen Kly-
menos und Presbon (vgl. Gruppe Gr. Myth. 220,
13) gelangen wir in die Nähe der alten Thraker
über Orchomenos (Paus. IX 37, 1). Hier wird der
König Klymenos während eines Festes getötet,
gekehrt selbst verschmäht, sterben muß. Dann 20 und die Gegnerschaft des Herakles gegen seinen
wird Iphis eine Kurzform des Minyaden Iphiklos Sohn und Nachfolger erinnert wiederum an den
(s. d.) sein, der Sohn einer Klymene (Periklymene) Zug desselben gegen die Neliden. Der Braut-
heißt und als unerreichbarer Läufer, wie H. Nr. 1, werber Alastor, der Sohn de_s Neleus, hat folg-
und als Besitzer vieler Rinder — folglich ein
begehrenswertes Ziel sowohl wie der natürliche
Antagonist einer JßaubwölfiV — bekannt war.
Vgl. auch die Sage vom kyprischen Iphis und der
widerspenstigen Anaxarete, Ovid. met. XIV 698ff.
(vgl. Anton. Lib. 39), wo die Rollen umgetauscht
sind.
3) Tochter des Klymenos, deren grausige Ge-
schichte Euphorion behandelt hat, s. Parthenios
13 und die Schol. IL XIV 291. Der ArgiveT
Klymenos (oder Periklyraenos), Sohn des Teleus,
hat mit Epikaste die Söhne Idas und Theragros
und die Tochter H. Der Vater wird von Liebe
zu seiner schönen Tochter ergriffen und verkehrt
mit ihr, anfangs heimlich. Nachdem ihr Bräuti-
gam, der Neleide Alastor, mit ihr nach der Hoch-
zeit schon auf dem Heimwege war, führt der 40
Vater sie mit Gewalt zurück und verkehrt jetzt
mit der Tochter vor aller Augen. Um sich zu
rächen, tötet H. ihren jüngeren Bruder (Presbon
in den Homerscholien genannt) und setzt ihn
während eines Volksfestes dem Vater als zube-
reitete Fleischspeise vor. Dann betet sie zu den
Göttern, um den Menschen entrückt zu werden,
und wird demnach zum Nachtvogel XaXxlg ver-
wandelt, während ihr Vater sich selbst tötet.
Kürzere und abweichende Fassung gibt Hyg. fab. 50
lieh seinen tieferen Grund. Für die weitere Be-
deutung des Klymenos-Hades kann eine Notiz in
den Biasscholien verwertet werden , der zufolge
der Nachtvogel XaXxig mit Zeus verkehrt habe
und deshalb von Hera verwandelt worden sei.
Über alle drei H. vgl. Crusius Roschers Myth.
30 Lex. 1835ff. (Eitrem.]
Harpalykeia {'ÄQnaXvxeia Steph. Byz; mög-
licherweise nicht aus griechischem Sprachgut),
Ortschaft (jiöhg) Phrygiens, d. h. des östlichsten
Kariens, vielleicht wie Harpasa im Gebiet des
Harpasos gelegen, Gründung der Gordioteichi-
ten (s. d.). [Bürchner.]
Harp alyko 8 (zur Etymologie vgl. H a r p a 1 y k e).
1) Vater der Harpalyke Nr. 1, König der Amym-
ner. s. o.
2) Lehrer des Herakles in der Fechtkunst,
Theokrit XXIV USff. (bei Apollod. H 4, 9 wird
dafür Autolykos genannt), Sohn des Hermes (als
Palaistrit), aus Phanoteus in Phokis gebürtig.
Seine Meisterschaft und sein schreckeneinflößen-
des Aussehen während des Ringens wird gerühmt.
Die ,thrakische' Heimat deutet auf die Identität
dieses H. mit dem Vater der Harpalyke Nr. 1 T
die aucli durch ihren Vater zu allerlei Leibes-
übungen aufgezogen wurde
3) Reisegefährte des Aeneas , der vor dem
1 f ^___ -11 __ X^llJ. TT" \ ™ VT «7t:
Lanzenwurfe Camillas fällt, Verg. Aen. XI 675.
Die Gleichheit der Camilla mit Harpalyke erklärt,
wie ein H. in der dichterischen Phantasie hier
206 (vgl. fab. 238. 246. 255. Lactant. Plac. zu
Stat. Theb. V 120. Nonn. Dionys. XTJ 7l£):
Klymenos ist hier Sohn des Schoineus (Oineus
fab. 238, fehlerhaft), König in Arkadien, die
Tochter setzt — eine Steigerung des Effektes —
ihren eigenen, vom Vater gezeugten Sohn dem
Vater während der Mahlzeit vor und wird darauf
vom Vater selbst getötet. Diese Fassung schreibt
Crusius a. O- mit Rohde Griech. Romano 30 „. . -_-„ .
wegen ihrer größeren Knappheit und dramatischen 60 von Priene angesetzt; über die Varianten der
Steigerung einer spätgriechi sehen Tragödie als Position s. die Ausgabe von U Muller; jetzt
plötzlich auftauchen kann.
4) Sohn des Arkaders Lykaon, Apollod. TU
8. 1. [Eitrem.]
Harpasa (zä "Aonaoa Ptolem. V 2, 19 [15
M.]). Stadt des kleinasiatischen Kariens (Plin. n.
h. V 109), von Ptolemaios östlich und nördlich
Vorlage zu. Man sieht sofort die Ähnlichkeit
dieser Geschichte mit der Thyestesmahlzeit und
besonders der thrakischen Tereusgeschichte. In
Wirklichkeit scheint diese H. mit den beiden vorigen
identisch zu sein: das zugekommene erotische
Element fahrt hier , wie der Fall in Nr. 2 war,
die tragische Entwicklung herbei, und für die
Arpas Kalessi zwischen Nysa und Antiocheia. Bei
H. cautes mirabüis Plin. n. h. H 210, nach. Her-
molaos-Steph. Byz. s. v. nach dem Flußchen
Harpasos jetzt Akfcschal (s. Harpagos) genannt,
an dessen rechtem Ufer Ruinen liegen. Nach Hie-
rocl. 688, 6 im konsularischen Karien (Hauptstadt
Miletos), Bischoftsite dem Metropoliten von Stau-
2405
Harpasos
Harpastum
2406
xopolis untergeordnet, Notit. ep. I 332. VIII
383; in HI 285. IX 293. X 400 al %&ta<jat.
E. Kiepert Karte von Kleinasien CIL H. Kie-
pert FOA IX. Ramsay Histor. Geogr. As,
Min. 423. Münzen: Head-Sworonos 'loxogla
Nofiifyidzcov II, 153. Cat. Brit. Mus. Caria. Münzen
I autonom: M mit Apollon, Dionysos. Inschr.:
örjuoq, ovyxXrjxog, II kaiserliche von Domitian
bis Tranquillina. Inschriften: tsgh avyxXrjxog,
Sfj/Aog "AöTtaorjvwv. Typen: Flußgott Harpasos, 10
Göttin, die der ephesischen Göttin ähnelt, Zeus,
kämpfende Athena, Apollon Kitharodos, Artemis
Kynegetis. Münzen mit der Aufschrift des Pro-
consuls von Asia Ti. Iulius Candidus Celsus.
Homonoiamünzen mit Neapolis (in Karien?).
[Bürchner.]
Harpasos (6 %o7iaoog OGIS nr. 271 und nr.
279. Quint. Smyrn. 10, 144. Apoll. Aphr. in
Etym. M. Hermolaos-Steph. Byz. s. v.; Etymo-
logie ungewiß, möglicherweise wegen des Ausgangs 20
auf -aaoq aus kleinasiatischem Sprachgut , vgl.
A. Fick Vorgriech. Ortsnamen 30). 1) Neben-
flüßchen des karischen Maiandros von Süden.
Fr entspringt aus dem Tauros an der Grenze
zwischen Skiritis und Kibyratis und wendet sich
4er Hauptstrecke nach nach Nordnordwest, jetzt
Aktschai = Weißbach. An ihm liegen die Ruinen
von Xyotis, Hyllarima (s. d.), Neapolis, Harpasa
(s. d.). Fast auf seinem ganzen Lauf ein Winter-
bach. An ihm wurde 229/8 v. Chr. der Seleu-30
kidenprinz Antiochos von Attalos geschlagen, so
daß er Asien dem Pergamener preisgeben mußte.
H. Kiepert FOA IX. R. Kiepert Karte von
Kleinasien GH. [Bürchner.]
2) "ÄQxaaog (Xen. anab. IV 7, 18, verderbt zu
"ÄQTzayog Diod. XIV 29, 2) , Fluß Armeniens bei
den Chalybern und Skythenen, vier Plethren breit,
jetzt Dzoroch, türk. Tscharuksu. Im Mündungs-
gebiet hieß er Acampsis (s. d.). [Baumgartner.]
Harpagte , Leibnärrin von Senecas (erster) 40
Gemahlin, blieb dann in seinem Hause; sie er-
blindete später, Sen. ad Lucil. V 9. [Stein.]
Harpastum, dgnaoröv zu agnaCco, rapere, ein
Ballspiel. Der dazu benutzte kleine, harte Ball
<Poll. IX 105) hat bei Epiktet und Artemidor
Oneirocrit. I 55 den gleichen Namen wie das
Spiel, während Martial ihn mit dem Mehrzahl-
wort karpasta bezeichnet. Nach Athen. I 14 F
war H. der zu seiner Zeit übliche Name für das _
ehemals <pamv8a oder (psvlvba genannte Spiel. 50
Poll. IX 105 sagt nach einer kurzen Beschrei-
bung der Pheninda ebenfalls: eixd^oizo $' uy
sivai i\ dia rov fiixgov oepatgiov o ex xov aoTid-
C« iv ojvö/taazai • zdya 8' äv xal rijv Ix zrjg /tia-
XaxffS ocpaioag xatdiäv ovza> ng xa/.oirj. Da Athe-
naios beifügt, H. sei sein Lieblingsspiel (8 iy<o
xdvzcov iiäXioxa äoxäZofiat), so müssen wir ihn
wohl als urteilsfähig anerkennen und annehmen,
zu seiner Zeit habe man im allgemeinen nicht
mehr Pheninda gespielt. Auch aus Pollur ergibt 60
sich dasselbe ; nur scheint er kein großer Spieler
gewesen zu sein und weiß daher nicht recht, ob
das H. oder das Spiel mit dem weichen Ball der
früheren Pheninda entspreche. Freilich hat die
Pheninda in gewissen (regenden doch noch fort-
bestanden, wie sich aus Clem. Alex. HI 10, 50
entnehmen läßt. So erkl ärt es sich denn auch,
wie Eustath. m Od. VUI 876 Pheninda und H.
als zwei selbständige Spiele auffahren kann, wenn
wir diese Angabe nicht der Bücherweisheit des
Bischofs von Thessalonike zuschreiben wollen.
Die Nachrichten über H. lassen sich in zwei
Gruppen scheiden. Einmal sagt Epiktet II 5 :
16 vom H : Xqitiqv iv zovztp v\ svgv&fAia h^ zovtq
v\ T&yvr), zo xd%og, r\ svyvco/ioavvtj , tv iyoi fitjd^
äv rov xöXnov sxTstvco , Svvcoftat XaßsTv avxo ' o
&?, av ßaXa>, Xafißdvsi. av dh fisTa xagaxßG «ai
<poßov Sexcbfis&a q ßäXXcopev v.vx6, noia ht nat-
did, siov U ris svora&qoet, xov de ng ro ££i}$
öyt-tat iv avjfj ; 6XK 6 fisv iget ,ßdXe% o 6h ,jiq
ßdXys', 6 öe ,fii] ävEßcJjg'. zovzo dr] fiäxr) sott
xal ov jzatdid. Und II 5, 19 bemerkt er: wg
aoxaozlq) naitatv. xal xt eml iv fdom aQnäojiov;
zl Cn v usw - Dazu k<> mmt Galen de parvae pilae
esercitio 2 oxav ydg owiordfievoi jzqos dXXrjlovg
xal änoxwXvovzsg vtpagftdoai rov fiszag'v Sicuio-
vmat, ftsytorov avro xal oyodQoTazov (yvfivdotov)
xaMozazai. Galen nennt zwar den Namen H.
nicht; aber da er mit Epiktet ziemlich überein-
stimmt, dürfen wir die Stelle schon für unser
Spiel beanspruchen. Da ergibt sich nun im we-
sentlichen folgendes: ein Mittelspieler hat die
Aufgabe, den ihm zugeschleuderten Ball aufzu-
fangen. Seine Spielgenossen suchen ihn aber
daran zu hindern. Was geschah, wenn ein anderer
dem Mittelspieler den Ball wegschnappte, wissen
wir nicht genau. Vermutlich wurde dieser selbst
Mittelspieler und hatte den Ball weiter zu werfen.
Denn weiter geworfen wurde derselbe, wie schon
Epiktet andeutet (ö 8h äv ßdXco Xafißdvei). Zwei-
tens müssen wir auch die Nachrichten über die
Pheninda berücksichtigen. Da erfahren wir aus
Schol. Clem. Alex. a. O. : n-cadiä ^ tpsvlvba roiavxij •
o(palQav xQaxtöv xig x(üv xaiCdvxcov aatdcov , eha
h£Q(ü JiQodetxvvg zavzrjv , h&Qq> avtrjv exsjxsfi-
zisv. djvdfiaozat de r} vito <Paivlvdov xov ytQmrov
ivgovrog ?} äzio rov tpsvaxi^siv , o iaziv ditazäv •
xal yaQ yxdza 6 hsgoi p,hv dsig~ag srego) de
emSovg. Ganz ähnlich drückt sich Poll. IX
105 aus. Also ein Spieler bemächtigt sich des
Balles, bezeichnet einen Mitspieler, dem er ihn
zuschleudern wolle, wirft ihn aber einem andern
entgegen. Diese Angaben haben wir mit den
vorangehenden zu verbinden, um nicht mit Athe-
naios in Widerspruch zu geraten. Die Brücke
findet sich, wenn wir vom Ballwerfer der Phenincla
ausgehen. Dieser mußte sich erst seines Balles
bemächtigen. Dieses y.QazElv gestaltete sich nach
und nach zum agna&iv aus, wie wir es aus den
Schilderungen Epiktets und Galen s kennen lernten ;
der Ballwerfer der Pheninda ist weiter nichts als
der Mittelspieler im H.
Also hat das H. zwei Teile: erst muß ein
Spieler den Ball erhaschen, doTtäC^tv, und nach-
her ihn als Mittelspieler weiterwerfen, so zwar,
daß er einen bezeichneten Spielgenossen täuscht.
ysvax&t, (L-razä. Den Namen hat unser Spiel
vom ersten Teil, vom &gxäfrtv.
Das H. verlangte von den Spielern große Si-
cherheit im Werfen wie im Auffangen des Balles.
Epiktet hat, wie wir gesehen, deutlich genug dar-
auf hingewiesen. Galen, a. O. lobt das Spiel
vom medizinischen Standpunkte aus wegen der
vielen dabei vorkommenden Bewegungen des Halses
(zQaxr}Xtoftoi) und anderer Körperteile, wodurch
eine gleichmäßige Ermüdung eintrete.
2407
Harpina
Harpina
2*u»
Der Ball fiel begreifücherweise oft in den
Sand und wurde staubbedeckt zusammengelesen ;
Martial. IV 19, 6 und VII 32, 10 bezeichnet ihn
deshalb als harpaata pulverulenta. Hier und
da gibt es dann ein lustiges Bildchen, wie wenn
z. B. bei Martial. XIV 48 der Liebhaber des An-
täus unter mächtigen Halsverrenkungen den Boden
küßt und den Ball im Sande statt in der Luft
erhascht (hase rapit Antaei velox in pulvere
draucus, grandia qui vano colla labore faeit).
Der Ball gelangte in soviele Hände, daß ihn
Artomidor Öneirocrit. I 55 mit einer Hetäre ver-
gleicht, weil er bei keinem bleibt und zu vielen
geht. Natürlich ging es da nicht immer fried-
lieh her, und ein zaudernder Mittelspieler bekam
allerlei Zurufe zu hören. Wir haben solche be-
reits bei Epiktet gesehen. Andere überliefert
Antiphanes bei Athen. I 15 A Gelegentlich ent-
stand dann ein solches Gewirr, daß Epiktet ge-
radezu von einer Schlacht spricht.
Es wäre ein unfruchtbares Unternehmen, den
Kegeln über das H. ins einzelne nachgehen zu
wollen. Die Aufstellung der Spieler um den
Mittelmann herum ä. B. bleibt einfach unklar.
Man hat das Fußballspiel zum Vergleiche herange-
zogen, oder auch das Lawn-Tennis, und sich da-
bei auf Sidonius Apollinaris ep, V 17, 7 gestützt.
Dort heißt es vom vir illustris Filimatius: qui
eum frequbnter de loco stantum med icurrenlis
impulsu submoveretur, nune quoque aeoeptus in
aream tarn pilae cor am- praetervolantis quam
superiectae, nee inter eider et tramitem nee cave-
ret, ad hoc per eatastropham saepe pronatus
aegre de ruinoso ftexu se recolligeret , primus
hvdi ab aecentu sese removit. In diesem Spiele
haben wir aber eine eigentliche Mittellinie, axvoog,
welche beim H. fehlt, ebenso einen umherrennen-
den Mittelspieler. Mit H. und Phcninda dürien
wir die Stelle meines Eraehtens auf keinen Fall
in Verbindung setzen. Auch mit dem erwähnten
Bruchstück aus Antiphanes können wir nicht viel
anfangen, da der Text verderbt ist und z. B. von
Kaibel nach Sidon. Apoll, zurechtgestutzt wurde.
H. wurde von männlichen Personen gespielt.
Martial VII 67 nennt zwar eine Frau, die saubere
Philaenis. Aber der Dichter bezeichnet sie selbst
als Mannweib, die alles tut, was sich für Frauen
nicht schickt. Das Spiel scheint in Rom recht
verbreitet gewesen zu sein; aber auch in Griechen-
land war es wohl heimisch,
Literatur: Grasberger Erzicjiung u. Unter-
richt I 94f. Becq de Fouquieres Les jeux des
anciens 204f. J. Marquardt Claudii Galeni de
parvae pilac exercitio librum edidit, Güstrow 1879.
Marindin The game of Harpa tum or Pheninda,
in Class. Rev. IV 145f. Lafaye bei Darein-
berg-Saglio s. Pila IV 1, bes. S. 476. Mar-
«juardt-Mau Privatleben d. Pionier 846. Blüm-
ner Rom. Privataltert. 441. [K. Schneider.]
Harpina (ÄQmva Strab. VIII 357. Paus. VI
21, 8. Luc. de inorte Peregrini 35. Steph. Byz.
= Herodian. I 258, 16 Lentz; "Aomwa ein Teil
der Pausaniashss. ; Lobeck Pathol. 222), eine
Ortschaft in Elis, die Pau«anias in der Route
von der arkadischen Grenze nach Olympia (VI
21, 3-22, 1) erwähnt. Da Pausanias § 5 vom
rechten Alpheiosufer auf das linke übergeht, so
folgert Robert (238), daß wie Phrixa so auch
alle folgenden örtlichkeiten und somit auch H.
auf dem linken Ufer des Flusses gelegen hätten.
Daß Curtius 1 (108) Textänderung in § 5 nur
zu neuen Schwierigkeiten führt (Heberdey 76),
wird man Robert (2391) zugeben müssen, viel-
leicht auch, daß Pausanias bei der Schlußredak-
tion dieser Stelle von der Vorstellung beherrscht
war, die Pisaia habe sudlich vom Alpheios ge^
legen (Robert 241) — andere Stellen seine»
10 Werkes sprechen trotz Robert (239) vielmehr
dagegen — , tatsächlich gehören doch die ört-
lichkeiten , die Pausanius nach Phrixa nennt r
wieder dem rechten Alpheiosufer an (Boblaye
129). Eine Gegend, die ,von Erinnerungen an
Pelops und Oinomaos durchsetzt ist' (Robert
238), kann nicht von Olympia durch eine solch&
Verkehrsschranke getrennt sein, wie sie der Al-
pheios bildet (Part seh 9). Dazu kommen noch
die Angaben Lukians und Strabons, die Robert
20 (240, 1) nicht nach Gebühr gewürdigt hat. Pere-
grinus hat sich für seine Selbstverbrennung na-
türlich eine Stelle ausgesucht, die von Olympia
bequem zu erreichen ist; viele begeben sich zu
Wagen dorthin, Lukian selbst bricht um Mitter-
nacht zu Fuß auf. Das alles ist nur verständ-
lich, wenn Olympia und H. auf demselben Ufer
des Alpheios lagen. Die weitere Angabe ozdöiot
xävTsg omoi sihoüiv anb trjq 'O^vfAmag xatä rov
ivijioSoofiov ajiiovrcov xoog e'(o führt uns im Al-
30 pheiostal aufwärts bis in die Gegend zwischen
dem Bach, der östlich der Kapelle des H. Ilias
und dem, der westlich von dem Dorfe Viliza ent-
springt. Als ebenso eindeutig erweist sich die
Strabonstelle : naga 6h xrjv 'OlvfMiiar eörl xal ff
"Aosttva, xal avrrj i(öv 6xrd> (Niese Genethliakon
1910, 33ff.), öS %s (d. h. durch deren Gebiet)
qsi jioraßdg ITaQ-dsviag, wg dg <Pagaiav aviovzayv.
So die hsl. Überlieferung, deren Verständnis erst
Partsch (8) erschlossen und durch Heranziehung
40 von Polyb. IV 77, 5 gesichert hat. Es handelt
sich um" eine Straße, die von Lala aus über die
Hochfläche der Pholoe nach Norden zog, und die
man vom Alpheios aus entweder durch das Tal
des Kladeos oder durch das des Parthenias er-
reichte. Danach ist der Parthenias der Bach,.
der westlich von Muriä in den Alpheios fällt
und heute nach dem östlich von Lala gelegenen
Dorfe Bakireika benannt wird (Boblaye, Cur-
tius, Kaupert, Partseh). Der Parthenias ist
50 nun alier der erste Punkt t den Pausanias § 7
nach Phrixa erwähnt; wir haben damit die Ge-
wißheit, daß die Periegese von hier an wieder
der Straße auf dem rechten Alpheiosufer folgt.
In dem Harpinates, den Pausanias § 8 danach
erwähnt, werden wir also den Bach von Viliza
erkennen (Partsch), und aus den Worten ov
.-ro/r cbio zovzov tov xozafiov xöXeojg 'AoTilvrj? ■ .
ioEima tbigern, daß dies westlich von dem ge-
nannten Bach gelegen hat (Bursian, Frazer)
60 in Übereinstimmung mit Lukian. Kaupert und
Partsch verlegen H. an den Bach, der östlich
der Kapelle des H. Ilias entspringt, unterhalb der
Kapelle der Panagia. Leake, Curtius, Frazer
suchen H. bei Miräka, das indessen nur etwa.
10 Stadien von der Altis entfernt ist Daß
Major Harriott 1831 nördlich von Miraka be-
trächtliche Reste von alten Mauern sah flUake
Pelop. 218), kann nichts beweisen, da jeder An-
halt fehlt, um ihr Alter zu bestimmen. Übrigens
würde dieser Punkt auch zu weit von der Straße
abliegen , der die Periegese des Pausanias folgt.
Boblaye Recherches 128f. Leake Morea II 211.
Ourtius Pelop. II 50. Bursian Geogr. II
287. Heberdey Die Reisen des Pausanias 74fi
Partsch Olympia, die Ergebnisse der Ausgra-
bungen, Testband I. Frazer Paus. IV 94f.
Blümner-Hitzig Paus. II 2, 658. Eobert
2) Harpokras, Freigelassener des Kaisers Clau-
dius, der ihm das Vorrecht (das wenigstens in
späterer Zeit nur Konsularen zustand, vgl. Momm-
se'n St.-R. I 3 397) erteilte, sich in einer Sänfte
durch die Stadt tragen zu lassen, sowie die Be-
fugnis, öffentliche Schauspiele zu geben, Suet.
Claud. 28,1. Später ließ ihn. Claudius töten,
Senec. apocol. 13, 5 (überliefert ist die Namens-
form Arpoeras). Wenn die stadtrömische In-
Pausanias als Schriftsteller. Carte de la Grece. 10 schrift CIL VI 9016 auf ihn zu bezieben ist,
dann ersehen wir daraus, daß er von dem Kaiser
Claudius selbst freigelassen wurde und daher Ti.
Claudius Arphoeras (sie) hieß, Procurator des
Kaisers und zweiter Gemahl der lulia Phoebe war.
3) Harpokras (überliefert ist die Form Arpo-
eras), ein Alexandriner, ließ sich unter Nero als
Vielfresser in Rom sehen, wie der Chronograph
vom J. 354 berichtet, Mommsen Chron. min. I
146. Denselben Mann erwähnt Suet. Nero 37,2
oder "Sachiötika gelegen hat , " stellte zuerst 20 als Vielfresser aus Ägypten, ohne seinen Namen
Kaupert in Curtius und Adler Olympia und
Umgegend. 1883 Bl. I. Partsch Übersichtskarte
der Pisatis in Olympia, die Ergebnisse der Aus-
grabungen, Mappe Bl. I. [Bölte.]
Harpinates s. Harpina.
Harpleia (xä %gxAsta) erreicht Paus. III 20,
7 vom Eleusinion aus. Daß dies südlich von
Sparta am. Fuß der steilaufsteigenden Vorkette
xles Taygetos bei dem Dorfe Kalyvia tis Sochäs
v. Prott fest, Athen. Mitt. XXIX 1904, 8, dazu
Karte Taf. 1. Weitere Untersuchungen und
Grabungen haben mit vollkommener Sicherheit
ergeben, daß das Heiligtum am nördlichen Rande
des Dorfes lag. Karo Aren. Anz. 1909, 11 5. 1910,
164. Rhomaios HoaxTiKa rov foovg 1909, 294.
Dawkins Journ. hell. stud. XXX 1910, 359. Ann.
Brit. School Ath. XVI 12ff. Woodward ebd. 58tf.
Vom Eleusinion rechnet Pausanias 15 Stadien bis
zu nennen; Nero habe gewünscht, ihm auch
lebende Menschen zu fressen zu geben.
4) Harpokras, ein Arzt zur Zeit des Kaisers
Traian (Plin. ep. X 5, 2), geboren im ägyptischen
Distrikt Memphis (X 10, 1), ein Freund des
jüngeren Plinius, der ihn häufig seinen iatra-
liptes nennt. X 6, 1 bedankt sich jener bei Traian,
daß er diesem unverzüglich das römische Bürger-
recht geschenkt habe mit Umgehung der gesetz-
Lapithaion, von dem Dereion nicht weit entfernt 30 mäßigen Reihenfolge , wonach ein Ägypter (vgl.
ist, weiter von hier 20 Stadien bis H. Danach Wilcken Pap. Arch. V 427) erst das alexandri-
nische Bürgerrecht erlangen mußte, ehe er das
römische erhalten konnte. X 7 gibt ihm der Kaiser
auch das alesandrinische. Er muß dem Plinius
sehr nahe gestanden haben: X 10, 1 exprimere
hat v. Prott (13) Lapithaion und Dereion bei
Anogia und Sotira südlich von Kalyvia Sochiotika
augesetzt und H. bei Xerobamkos oder Xiro-
kampi (14). Dies Dorf liegt auf der breiten, ge-
neigten Schotterfläche, die sich zwischen den Ab-
fall des Gebirges und das eigentliche Flachland
«inschiebt, eine Lage, die mit Pausanias' Aus-
druck xa&rjxorm ä%Qi rov jzsSiov vollkommen über-
verbis non possum, quanto nie gaudio ajfecerint
epistulae tuae, ex-quibus eognovi te Harpocrati,
iatraliptae meo, et Alexandrinam c-imtatem tri-
buisse. Zu dem Titel iaxgaldnTrjz stimmen die
einstimmt. Im wesentlichen zustimmend Orme- 40 Salben und Pflaster, die Galen auf ihn zurück-
rod Ann. Brit. School Ath. XVI 65f. Über die
antiken Reste bei Xerokambos, namentlich die
berühmte Bogenbrücke, s. v. Prott 13. Boss
Wanderungen H 10. 243f. Bursian Geogr. II
132 mit weiterer Literatur. [Bölte.]
Harpokras. 1) Ein Grieche oder mindestens
ein Mann griechischer Bildung, steht im Dienste
der Äthiopenkönigin Kandake im J. 13 v. Chr., und
zwar anscheinend in prominenter Stellung (CIG
III 5080; vgl. hierzu Lepsius Denkmäler aus 50
Ägypten und Äthiopien VI gr. nr. 407 mit den
Bemerkungen von W'ilcken Herrn. XXVIII 154fr.
GaTdthausens Augustus und seine Zeit LT 2,
45G gegen Wilckens Interpretation erhobene
Einwände sind irrig). Ob H. allerdings, woran
Wilcken zu denken scheint, als Haupt einer
äthiopischen Gesandtschaft an Augustus geschickt
worden ist. erscheint mir nicht sicher; dagegen
spricht vor allem Z. lf., wo gerade bei einem seiner
Begleiter der Begriff des xoeoßsvzrj; (keine An- 60
deutung des ,Mitgesandten' findet sich hier) her-
vorgehoben wird . während H. gar keinen Titel
führt. Sollte er nicht vielmehr nur diesen Ge-
sandten und seinen Sekretär — man müßte dann
allerdings wohl an einen römischen denken —
zu seiner Königin hinaufgeleitet, die fremde Ge-
sandtschaft nur gleichsam eingeholt haben?
[Walter Otto.]
führt; so Xn 631 (Ohrenpflaster), 754 (ein'J^o-
KQäxEiov genanntes Mittel), 943 (gegen Bräune),
Xin 729. 840 (Wunden zuzuheilen), 838 (ein
Hamostaticnm) und 978 (ein Malagma). Die Zeit
ist bestimmt durch die Nennung des Statthalters
von Ägypten, (C.) Pompeius Planta: zwischen 98
und 100 n. Chr. ^ [Gossen-Stein.]
5) Harpokras (?), Verfasser von 'O^vjUTitovtKai;
s. o. Bd. I S. 896, 20. [Jacoby.]
Havpokrates. 1) Ägypt. etwa : Har-pe-chrod
= Horus, das Kind, besondere Form des Gottes
Horus. Wann sie zuerst vorkommt, ist nicht sicher
festzustellen, seit der 26. Dynastie wird sie ziem-
lich häufig und besondere Verbreitung erhielt die
Verehrung des Gottes seit der Einrichtung des
Serapiskultes durch die Ptolemaeer in Alexan-
dria. Da die verschiedenen Formen des Gottes
Horus schwer auseinanderzuhalten sind, werden
alle zusammen unter Hotus behandelt werden.
[Pieper.]
*2) Eponymer Priester in Rhodos, 2. oder 1. Jbdt.
v. Chr. CIG III praef. nr. 150. [SundwalL]
Harpokration. 1) Ägypter (Liban. epist. 371),
Dichter (Liban. epist. 367. 727. 728), Lehrer,
unterrichtete zuerst in Antiochia und wurde dann
im J. 358 durch Themistius nach Constantinopel
berufen (Liban. epist. 367. 371. 729).
[Seeck.]
2411
Harpokration
Harpokratiofi
2413
2) Harpokration aus Argos, Platoniker, Schüler identisch mit einem Manne, dessen xixvrj hei dem
des Attikus (nach Procl. in Tim. 93 c I 305, 6 Anonymus Seguerianus, der Epitome des Coxnutus
Diehl), der Zeit Marc Aureis an gehörig, Verfasser nach Graeven, öfter zitiert wird, auch hier in
eines Platonkommentars in 24 und eines Piaton- Gesellschaft mit Neokles und rhetorischen Leh-
lexikons in zwei Büchern (Suid. s.AQjioxQazteovAQ- rem der ersten Kaiserzeit, Es ist wohl am ver-
yecog), Suidas nennt ihn ov/j,ßia)ri)g Kaioaqog, wor- nünftigsten, den Suidasartikel und alle weiteren,
aus man nicht auf Identität mit dem gleichnamigen Angaben auf eine Persönlichkeit zu beziehen^
Grammatiker, dem Lehrer des Kaisers Veras (Hist. vielleicht einen jüngeren Zeitgenossen des Hermo-
aug. Ver. 2) schließen darf. Die Erklärung des genes (Graeven Cor nuti Epitome XXX. LXVHI).
Mythos im 10. Buch der Republik (Procl. in Plat. 10 Die Zitate zur Statuslehre müßten dann aus der
remp. ed. Kroll II 96, 12) war wohl in dem von ts^vtj QjjzoQixfj stammen. Ob die v7io-&iosig röüv
Suidas genannten großen Piatonkommentar ent- I6ya>v YasQtöov diesem H. gehören, könnte man
halten. H. folgte seinem Lehrer Attikus in der in Zweifel ziehen. Einesteils fällt auf, daß die
zeitlichen Auffassung der Weltschöpfung im Ti- Anführung mit xal erfolgt, während alle anderen
maios (die Welt ist, weil geschaffen, ihrer Natur Schriften asyndetisch aufgezählt werden, andern-
nach vergänglich, unvergänglich nur durch Gottes teils , daß ein ähnlicher Titel bei Gaius H. er-
Willen, Schol. Vat. z. Procl. in remp. II 377, scheint.
15 Kroll), dem Numenius in der Lehre von den 4) Harpokration Gaius. An vierter Stelle wird
drei Göttern und der Annahme eines doppelten hei Suidas Gaius H. genannt, und es heißt von
Weltschöpfers (Procl. in Tim. I 304, 22 Diehl), 20 ihm : xQtjftaxtoag oo<pioz?]g sygays nsgi zejv'Avzi-
sowie in der Ableitung des Bösen aus dem Leibe yäjvzog ox^)ftdz(ov stsgl xcov 'Yjie^ldov xal Avoiov
(Iamhl. de anima bei Stob. Ecl. I 375, 15, 380, Xöycav xal ivsQa. Die Übereinstimmung der Cha-
14 W.). Vgl. Aen. Gaz. p. 16 Barth. Herrn, in rakteristik (x^fiaziaag aoq>iaxf}g) und die Ahn-
Phaedr. p. 75 Ast. Zeller Phil. d. Griech. IV 3 lichkeit zweier Titel {bnoftiosig xc5v köycov e Yxs-
803. 805, 1. V 3 216, 4. 223. [v. Arnim.] gidov: tieqI zwv Ystegldov laytnv) weckt den Ver-
3) Unter den Männern des Namens, die Suidas dacht, daß bei Suidas irgend eine Verwirrung
verzeichnet, erscheint an erster Stelle ein Aerius eingetreten ist, doch gibt es keine Möglichkeit,
Harpokration, der als xQtifiaztaag ootpiot^g charak- diese Mutmaßung schärfer zu begünden. Bei der
terisiert wird und jzsqi xüv öoxovvzcov rolg qy\- Häufigkeit des Namens ist an sich wahrschein-
toqöiv rjyvoija&ai xal iuiod-eaeig z&v Idycov 'Yxe- 30 lieh, daß mehrere Persönlichkeiten mit Namen
Qidov, TieQi xov xaxsyevo&cu xvjv 'Eqoöözov Igzo- H. als Ehetoren und Sophisten bekannt geworden
Qiav, mgi zlüv Ttagä Esvoq>&vxi zd&cüv, jieqI rix- sind. In Athen hat sich ein in guten trochäi-
vr)G Q^TOQiy.rjg, jtsgl idsajv geschrieben haben soll. sehen Septenaren abgefaßtes Grabepigramm etwa
An dieser Schriftstellern fällt zunächst die lexi- des B. Jhdts. n. Chr. gefunden, das einen H. als-
kographische Beschäftigung mit Xenophon auf Qijza>g und fpiMaoyog preist (Kaibel Epigr. gr.
(denn es ist nsgi zwv szaqa Esvofp&vzi }J%ea>v zu 106); leider fehlt das Praenomen, und so sind
emendieren) ; sie hat nur Sinn in einer Zeit, die wir auch hier nicht in der Lage , die Gleichset-
den Autor zum Zwecke der Nachahmung stu- zung mit einem sonst bekannten H. zu wagen,
dierte. Dio Chrysostomus ist für uns der erste, [Radermacher.]
der p((Ar}oi$ Xenophons empfahl (Usener in der 40 5) Verfasser eines Lexikons zu den zehn Ked-
Vorrede seiner Spezialausgabe der sogenannten nern. Über sein Leben sind wir nur aus Suida»
tezvri des Dionys von Halikarnass) ; im 2. Jhdt. s. v. unterrichtet: c ÄQ7zoy.Qaxi(ov 6 BcdsQiog X9V~
haben wir dann in Annan einen echten Vertreter /uartoag, 4v TC °9> 'AXs^avdQsvg- Ae^stg xä>v t q^-
der Xenophonromantik. Die feindselige Stellung, xoqwv , 'Avßye&v avvayojyi'jv. Das an zweiter
die H. zu Herodot einnahm, ist dazu das Gegen- Stelle genannte Werk ist verloren , erhalten da-
stück; man denke an Plutarchs Schrift de Hero- gegen unter seinem Namen ein Rednerlexikon,
doti malignitate und die entsprechenden Äuße- zuletzt herausgegeben von D in dorf Oxford 1853.
rungen des Favorinus. So würde man etwa in die Vorrede des ersten Bandes zählt XI — XIV
Hadrians Zeit gelangen , aber eine Schrift tieqi die früheren Ausgaben auf (Editio princ. Aldina
iöewv verbietet, H. von Hermogenes allzu weit 50 1503, Bekker stellt auch hier den Text auf eine
abzurücken. Nun wird bei Syrian und in den neue hsl. Grundlage, Berlin 1833); Bd. II gibt
Scholien zu Hermogenes tisqi oxdoeoov öfter ein H. eine bequeme Zusammenstellung der An merkungen
zitiert (vgl. Glöckner Quaestiones rhetoricae 95. früherer Herausgeber und Bearbeiter. Daß wir
Schilling Quaest. rhet. selectae 742). Der noch weit entfernt seien von genauer Kenntnis
Mann charakterisiert sich durch eine gewisse Selb- der Hss., betonte mit Recht Kalkhoff (De codtL
ständigkeit der Ansichten; er nahm 14 Status epitomes Harpocrationeae, Diss. philo!. Halenses
an (Walz V 328), stellte die Tiagayga^ an die VIII 1887, 143); der Bearbeiter des H. für die
Spitze (Syrian. II 60, 14 u. a.), erklärte die Ord- Lexicographi Graeci, Wentzel, hatte die Güte,
nung von si^ixöztjg und tzq6$ zi für gleichgültig mir die noch nicht gedruckten Resultate seiner
{Walz IV 519). Vor allem, er hat gegen Hermo- 60 Untersuchung der Hss. für diesen Artikel zur Ver-
genes polemisiert (Walz VII 349, 25. 350, 29). fügung zu stellen; über den Plan der Ausgabe
Ferner erscheint in den Walz -Scholien ein H. vgl. S.-Ber. Akad. Berl, 1895, 487.
mit einer Definition des svdvfiTjfia und snev&v- Das Lexikon des H. ist doppelt überliefert,
Mfia. Sieht man sich die Stellen (V 410. VII in einer vollständigeren Fassung -und ^ einer kür-
752. 763) genauer an, so erkennt man, daß es zeren, der sog. Epitome. Die ansffltabcnere Fas-
sich um Listen von ogot handelt, die wohl zeit- snng steht in jungen Hss., A — Angehe. Roman,
lieh geordnet waren und in denen H. vor Neo- 3 saec. XV mit dem Titel 'Aexoxgaztoros X^t-
kles seine Stelle hat. Dieser H. ist zweifellos xov x&v texa favietov, daneben iwei nahe Yer-
2**5
joarpoEramou
xuti yv tu. auuu
wandte Hss. saec XV, Riccard. Floren t, 12 und liehe Reichtum Didymeischer Kommentare in
Loudim 16 C XVII, in deren Vorlage das Lexikon unserem H. zusammengestrichen ist (Blass a. a.
anonym war, der Name des H. in den beiden O. 160. Cohn a. a. O. 828, 2), während der
Abschriften ist nur eine Vermutung der Schreiber. von Diels-Schubart a. a. O. und in der Bibl.
Aus der großen Zahl der übrigen Hss. der aus- Teubn. 1904 herausgegebene Berliner Papyrus 9780
führlicheren Fassung kommen für die Konstitu- mit den Fragmenten aus dem Buch des Didymos
tion des Textes noch in Betracht M = Vat. gr. über Demosthenes, also aus einem avyygafißa,
871 saec. XIV und P = Cantabr. Trin. Coli. 1, keine Berührung mit H. zeigt (Leo Nachr. Gott.
S saec. XIV; hervorzuheben ist, daß wieder im Ges. 1904, 267). Nach der Auffindung der Höh-
Cantabr. Bibl. Acad. Dd. IV 63 saec. XIV das Lexi- 10 xda °A$rjva(a>v des Aristoteles wurde ihr Ver-
kon anonym ist. Exzerpte aus dieser ausführ- hältnis zu H., der sie oft zitiert, mehrfach unter-
licheren Fassung stehen in G = Laur. 58,4 saec. sucht (v. Wilamowitz Aristoteles und Athen
XV des Michael Apostoles, in dem Darmstädter 1 114, 27. 12S, 3. 213, 51. 227, 82. II 255.
Exzerpt des Darmst. 2773 und dem Oxforder Ex- Bursy De Aristotelis IJohxeiag 'Aß^vatov partis
zerpt des Barocc. 50 saec. X1H = Cramer An. alterius fönte et auetoritate, Diss. Jurjewi (Dor-
Oxon. II 488. Dagegen ist unabhängig von der pati) 1897, 32ff. 94. 111. 137). Die Benutzung
vollständigeren Fassung, wie Kalkhol f a. a. O. der Attizisten hatte Boysen De Harpocrationis
176 gegen Bernhardy Quaest. de Harpocrationis lexici fontibus, Diss. Kiel 1876, 83 behauptet, sie
aetäte auetarium, Ind. lect. Halle 1856 gezeigt wird mit Recht abgelehnt von Stoj entin Jahrb.
hat, die Epitome der Hss. D = Paris. 2552 saec. 20 f. Phüol. CXLX (1879), 113, von Freyer Leipz.
XV und E = Palat. Heidelberg. 375 saec. XIII Stud. f. klass. Philologie V 1882, 263 und von
(Leydens. Univ. Bibl. XVIII 33 E saec. XV ist Cohn a. a. 0. 826, der darauf hinweist, daß die
nach Dindorf I p. XIV von Kalkhoff a. a. 0. Attizisten gar nicht in erster Linie Redner er-
150 als Abschrift von E erwiesen worden). Die klären; Berührungen sind also aus Benutzung
Hss. DE haben den mit Suidas stimmenden Titel gemeinsamer Quelle zu erklären.
M£eis tcöv bixa q?jz6qcov GvXlsyeXotu Ttaga 'Aqtio- Für die Zeitbestimmung des H. ist einzig
xeaxiwvog zov yQafifiaztxov, aber eine noch nicht sicher der Terminus post quem, den die jung-
näher bekannte Hss. in Jerusalem 425 saec. XIV sten zitierten Schriftsteller Dionysios Sohn des
(Papadopulos-Kerameus c h e ooolvfxirtxi} Bi- Tryphon (s. o. Bd. V S. 985, 1) und Dionysios
ßlto&qxij II, Petersburg 1894, 542), zu E gehörig, 30 von Halikarnass geben, Augusteische Zeit; da-
hat den Titel rQa^ixazixr} xaza axoiiiov %ov <Poe- nach hat H. M. E. Meier Opuscula acad. LI 1863,
vi/ov (Wentzel brieflich). 147 ihn in die Zeit des Tiberius gesetzt. Da
" Während die ausführlichere Fassung in der die Hss. zeigen, daß der Name des H. für den
Nebenüberlieferung erst spät erscheint, also an- Verfasser des Lexikons durchaus nicht fest sitzt
scheinend auf die Hs. eines Gelehrten zurück- und außerdem dieser Name häufig ist (Fabri-
geht, der sie hervorzog (Kalkhoff a. a. O. 161), cius Bibl. Graeca ed. Harles. VI 1798, 249.
wurde die Epitome in einer E nahestehenden, Maussac Diss. crit, de Harpocratione 1G14 bei
aber ihm vorausliegenden Redaktion fast voll- Dindorf II p. V— XVII), scheint mir die Identi-
ständig in die Xvvayayi) ?J£ea>v xQtjoi/Awv auf- fikation mit einem datierten Namensträger aus-
genommen, die gemeinsame Vorlage für Photios, 40 sichtslose Spielerei. Valesius in seinen Bemer-
Suidas und das sechste Bekkersche Lexikon = kungen von 1682 bei Fabricius a. a. O. 249
Bekker An. gr. I 1814, 319 (Wentzel S.-Ber. hat an den von Libanios epist. 367 und 371 er-
Akad. Berl. 1895,480. Reitzenstein Der An- wähnten Ägypter H., einen Dichter und Lehrer,
fang des Lexikons des Photios 1907 XXXLT). Die gedacht, also an das 4. Jhdt., während man in
aus der Nebenüberlieferung zu rekonstruierende neuerer Zeit (Cohn Griech. Lexikogr. in J. Mül-
Hs. tritt neben die erhaltenen Hss. der Epitome lers Handb. H^ 1 [1900], 590. Christ Griech.
und beweist ihre Existenz spätestens im 9. Jhdt. Lit.-Gesch.* ebd. Vn [1905] 803. Sandys A
Da das Lexikon des H. Wort- und Sacher- history of class. scholarship I 2 [1906] 325) sich
klärung zu den Rednern gibt, so sind in letzter für die Vermutung zu entscheiden pflegt, die zu-
Instanz seine Quellen Rednerkommentare des Di- 50 erst mit Bestimmtheit Gyraldus im Dialogus
dymos und Historiker, die Atthidographen durch V de poetarum historia, zweifelnd Casaubonus
Vermittlung des Istros, Aristoteles, Apollodoros, in seiner Anmerkung zu der gleich zu nennenden
Eratosthenes u. a., wie sie in Dindorf s Index Stelle, beide mit Zustimmung zitiert bei Maussac
scriptorum aufgeführt sind. Direkt lag ihm wohl a. a. O. p. XVI. ausgesprochen hat. Danach ist H.
schon eine Zusammenstellung dieser hervorragen- der von Iulius Capitolinus in seiner Biographie
den Gewährsmänner in einem Onomastikon vor; des L. Verus II 5 (= Script, hist. Aug. I 69,
seine eigenen Zusätze, sprachlich-exegetische Glos- 19 Peter) genannte Lehrer dieses Kaisers, gehört
sen, erkennt man durch Vergleich mit dem fünften also ins 2. Jhdt. Jedoch ist dies nur eine Mög-
Bekkerschen Lexikon t das auf demselben Ono- lichkeit, und das Fehlen aller Zitate aus der Zeit
mastikon beruht (Wentzel S.-Ber. Akad. Berl. 60 nach Augustus spricht entschieden füT die vor-
1895, 483. Cohn Jahrb. f. Philol. Suppl. XHI her angeführte Ansicht von H. M. E. Meier.
1884, 826). Neuere Funde haben an zwei Stellen Bei dieser Datierung müssen allerdings spä-
den Vergleich mit den Vorlagen ermöglicht ; das tere Zusätze anerkannt werden. Leicht erledigt
auf Didymos beruhende Lexikon zur Aristocratea sich Strabon, der s. Asvxag und Aixatov genannt
des Demosthenes (von Blass Herrn. XVII 1882, wird; er steht nur in der vollständigeren Fas-
150 ans Pap. Berolin. 5008 herausgegeben, wieder- sung, nicht in der Epitome, ist also später Zu-
holt von Diels-Schubart BerL Klass.-Teite satz, wie Meineke gesehen hat, dem Dindorf.
I 1904, 78) zeigt deutlich, wie sehr der Ursprung- I 191 mit Recht folgt Dagegen liegt das Ver-
hältnis zu Athenaios komplizierter ; D i n d o r f
hatte I p. XXI ohne eigene Nachprüfung seinen Vor-
gängern die Abhängigkeit des H. von Athenaios
nachgesprochen und sogar für die Datierung des
H. benutzt. Unter den Übereinstimmungen hebt
sich zunächst ein Komplex heraus, der eine ein-
zelne Partie des Athenaios angeht, XIII 585 f
— 593 a ; sie gibt ausdrücklich im Anfang als ihr
Thema die Erwähnungen der Hetären bei den
siohztxol, den Rednern an. Die Konkordanzen
sind, wenn ich nichts übersehen habe, folgende :
Harpokr. s.'Avzixvga = Athen. XIII 586 f
„ Aqtvag = „ „ 586 a
Nale = „ „592 c
„ Ndvnov — „ „ 587 au. 582 e
„ 2tvdmt} = n „ 586 a
„ <&avoaxQaztj = „ „ 586 a
Alle diese Artikel (mit zufälliger Ausnahme von
Avzixvga) stehen auch in der Epitome, gehörten
also schon spätestens im 9. Jhdt. zum Bestände
des H. Ein Vergleich der Stellen zeigt, daß bei
H. im allgemeinen ein Exzerpt aus Athenaios
steht. Entscheidend für die Frage, ob Benut-
zung des Athenaios durch IL selbst, wie Din-
dorf wollte, oder spätere Interpolation des H.
aus Athenaios anzunehmen ist. scheint mir der
Anfang des Artikels Ndvnor.
Harpokr ation s. v.
JVdvviov. 'Yjisgstötjg sv zau xaza üazQoxXhvg,
et yvr'jotog. 'A^ioXXoSooQog iv x&t tzeqi xwv
Iratguiv öiä zo ßaXXov rbv xajiylov xaza-
<p aye.lv x.t.X.
xi.aijJviLiau.uu wxi.\j
fiel und nun zur Motivierung des Beinamens der
Nannion ein Zeugnis angeführt wurde, das gar
nicht sie, sondern die Niko anging. In dieser
Redaktion exzerpierte ein für Redner interessierter
Mann die Partie aus dem Buch Xin des Athe-
naios und schrieb seine Exzerpte an den Eand
seines H. ; von dort kamen sie in die Überliefe-
rung, bevor die Epitome sich abzweigte. Ob er
den Widerspruch der Stelle über Nannion emp-
10 fand, wissen wir nicht ; jedenfalls hat er nicht,
wie Valesius bei Dindorf II 342 und Heyne
Apoll. Bibl. I 1803, 452 meinten, eine eigene
Konfusion angerichtet. Unsere heutige Fassung
des Athenaios an dieser Steile beruht darauf, daß
der Epitomator zunächst die Quellenangabe Apol-
lodor, außerdem wegen des deutlichen "Wider-
spruchs den Machonvers wegließ; glücklicher-
weise übersah er den Rückverweis auf 582 e, aus
dem der ursprüngliche Tatbestand klar wird. Für
20 das Verhältnis zwischen H. und Athenaios ergibt
sich also, daß die Übereinstimmungen mit dem
Buch XTII des Athenaios sämtlich Zusätze eines
späteren Lesers sind ; sie haben keine Bedeutung
für die Datierung des H.
Anders ist das Verhältnis zwischen Harpokr.
s. Eyyv&rjK-r} und Avxtovgysig und Athen. V 199 c
und XI 486 c aufzufassen ; an der ersten Stelle
Die durch den Druck hervorgehobenen Stellen
lehren ein Doppeltes. Dem Verfasser des H.-4Q
Artikels lag eine etwas reichere Fassung des Athe-
naios vor, was durchaus nicht überraschend ist,
da unsere einzige Hs. des Athenaios bekanntlich
dem 10., die Redaktion dieses H.- Artikels aber
spätestens dem 9. Jhdt. angehört. In dieser et-
was reicheren Fassung des Athenaios war also
die Echtheit der Hypereidesrede bezweifelt, als
Quelle für den Beinamen der Nannion Apollodor
genannt und endlich der Machon vers zitiert, auf
den unser jetziger Athenaios nur verweist. Daß 50
aber von einer Benutzung des Originalwerks des
Athenaios durch H, selbst nicht die Rede sein
kann, beweist die Übereinstimmung beider Stellen
in der Verstümmelung des Apollodorzeugnisses,
das ursprünglich folgendermaßen lautete: Apol-
lodor sagt, Nannion habe den Beinamen ATg~ ge-
führt (es folgte der uns nicht überlieferte Grund) ;
denselben Beinamen habe man auch ihrer Kol-
legin Niko gegeben, und den Grund dafür über-
liefere Machon in den Versen i^iExaXsJzo usw. 60
Diesem so rekonstruierten Apollodorzeugnisse (das
gut mit der Scheidung der beiden Trägerinnen
des Namens Phryne XIII 591 e zusammengeht)
fügte Athenaios eine Verweisung etwa mit iooxsQ
ngosmofisv bei, weil er den Machon vorher in
weitem Umfang ausgeschrieben hatte; der Epi-
tomator strich das Apollodorzeugnis so zusammen,
daß die erste auf Nannion bezügliche Hälfte weg-
Athenaios XIII 587 a und 582 e
587 a Navviov ds 'YjieQEiörjg /nrrj^ovsvsi iv xmi
xaza TlacQOxHovs (frg. 144 Blass). avxr\ öh ozt
Ät£ ijisxaXstzo Jtgostxoftzv (582 e) dia to 0aXX6v
zov xa.7iifA.ov ig~aval&oat.
582 e wird aus Machon iv ralg smyQafpofihaig
Xgsiaig von einer Hetäre Niko erzählt
FJiexaXetTo <V Aig,
ort zov fxsyav xazstpay ioaarrjv jiozs
SaXXov.
ist H. reicher, hat z. B. das Zitat des Dai machos,
an der zweiten Stelle wird der Didymoskommentar
von H. und Athenaios zitiert; so gehen wohl
diese beiden Konkordanzen auf die . gemeinsame
Quelle zurück, und die Benutzung des Athenaios
beschränkt sich demnach auf die eine Partie
des dreizehnten Buches durch einen späteren Leser.
Literatur (soweit nicht schon angeführt) : Co-
bet Collect, crit. 1878. 168—184, dazu E ge-
il olff Bursians Jahrcsber. XVII (1879), 113—116.
Stein Diss. Göttingen 1891 XV 1. Kaibel Herrn.
XXX 1895, 439. Sauppe Aasgew. Schriften
1896, 112. 139. 662. 735.
6) Griechischer Grammatiker unbekannter Zeit,
Lehrer eines Dios (s. o. Bd. V S. 1080, 53), schrieb
einen Iliaskommentar (Schol. A zu II. IX 453).
7) Als Rhetor und Philosoph gefeiert Anth.
Pal. app. 320. [H. Schultz.]
8) Arzt aus Mendes in Ägypten, schrieb etwa
im 1. Jhdt. n. Chr. neei alaxovvztov, Athen. XIV
648 b erwähnt aus dieser Schrift den Namen eines
Obstkuchens.
9) Arzt, von dem Galen XII 629 eine Salbe
gegen Ohrenfluß beschreibt.
10) Schriftsteller der späteren römischen Kaiser-
zeit aus Alexandreia. Sein noch unediertes^Werk
tisqI tpvmxöäv dwä/teatv, das die medizinischen
Kräfte der Tiere, Pflanze» und Steine behandelt,
ist handschriftlich in Madrid (cod. Matrit. bibl.
nat. 4631 aus dem J. 1474) vorhanden und zwar
in der Weise, daß Abschnitte der dasselbe Thema
behandelnden Schrift Kvgavideg des Hermes Tris-
megistos dazwischen geschrieben sind. Diese
berufen sich überhaupt häufig auf H. So heißt
es z. B. F. de M<51y Les lapidaires de l'anti-
quite LT. 3, daß die Kvgavidsg aus der Schrift
eines Ferserkönigs Kyranos xai ix tö>v 'Aqjio-
xgart'&vog 'AXefavdQetog uigog xr\v olxdav foyaisga
zusammengestellt seien; S. 4 wird eine Stelle
wörtlich zitiert; S. 8 und 10 lesen wir, Kyranos
urteile darüber so, H. so; ferner wirdH. S. 21. 24,
42. 43. 48. 49 erwähnt, also nur im 1. Buch des Her-
mes Trismegistos ; eteqov (sc. ßißXtov) ov% evQOftev
sagt dieser an der letzten Stelle. Im Marc. app.
cl. V 13 heißt der vollständige Titel ix x<bv zov
c AQ7ioxQaxio3vog zov 'AXs^avbgeojg aeol (pvoix&v
Svvdjusoiv Z<bi<öv ze (pvzcüv xai Xföcov, ä eygaips
nQog rtjv iUav dvyazega. Im Coislin. 158 ßißXtov
"AQ7iaxQo.xicovog , ovv&soig zov Kvgavov ßaodzcog
tisqI xö Xi&cov Jtsxtivmv zs xai t%&v(0V xai ßoza-
v&v xaz äXyaßrjxov. Der Anfang der Schrift
zeigt hier einige Abweichungen. In dem oben
erwähnten Madrider Kodes steht außerdem noch
ein Brief des H. an einen osßaazog Kaloag, der
eine Vorrede zu dem Werke eines Syrers Necepsus
sein soll. Die sich hier findende Bemerkung,
der Autor habe in Asien Grammatik gelehrt, be-
vor er nach Alexandrien gegangen sei, woselbst
er die berühmtesten Philologen in Schatten ge-
stellt habe, hat schon Iriarte Cat. cod. Matrit.
Graec. 432 veranlaßt, ihn mit dem bekannten
Rhetor Valerius Harpokration (s. d.) zu identi-
fizieren ; und Mely Les lap. de Pantiqu. II 1,
pref. IX behauptet: V Harpoer ation qtii figure
dans les Öyranides est Selon toute vraisemblanee
l'ami et le correspandant de Libanius. Aber
man mag eher an eine Interpolation in jenem
Briefe glauben, als dem berühmten Grammatiker
Schriften aulbürden, in denen Dinge vorgetragen
werden, von denen zur Quacksalberei kein großer
Schritt mehr ist. Dagegen kann, was Tertull.
de coron. 7 (I 433, 1 \)ehler) als Lehrmeinung
eines H. mitteilt: Efeukränze auf dem Kopfe
schützten vor Trunkenheit, ohneBedenken unserem
H. zugeschrieben werden. Vgl. Salmasius Exer-
cit Plin. 796. Fabricius Bibl. Graec. VI 250.
Di eis Handschriften d. ant. Ärzte n 41.
[Gossen.]
Harpyien. 1. Als gewöhnliche Form des
Namens jener Fabelwesen, die wir H. zu nennen
pflegen, ist uns "Aqxvicu überliefert. Nur zwei
sichere Belege gibt es bisher, die eine hiervon
abweichende Schreibung aufweisen. Das Etymo-
logikum Magnum enthält p. 138, 21 folgende
Notiz : "Aoxviai ' Kai cikEOvao(.iGti xov E äoexvtat.
Auf diese" Form machte Fick aufmerksam und
führte sie, um die Wirkung eines vielleicht im
Homerischen Epos beabsichtigten Wortspieles zu
erhöhen, in die Odvssee ein (I 241. XIV 371.
XX 77, vgl. Fick 'Odvssee 2 u. 320, s. aber
auch W. Schulze K/Z. XXIX 235, 1). Die
inschriftliche Bestätigung lieferte dann für die
Form die auf Aigina gefundene sf. Schüssel dee
Berliner Museums (FurtwänglerK atalog 1 1 682 ,
publiziert von demselben Arch. Ztg. XL 197 Taf. 9
n. 10. S. dazu auch Ed. Schmidt Münchener
areb. Stud. 263. Inschrift ('Apeitvia Dual) und
Zeichnung habe ich am Original verglichen);
auch auf der Phineusschale des Wagner sehen
Kunstinstituts der Universität Würzburg (Furt-
wängler-EeichholdGriech. Vasenmalerei 209ff.
Taf. 41; verfertigt auf einer der ionischen Ky-
kladen, vielleicht Naxos, kaum vor der Mitte des
6. Jhdts.; vgl. dazu die hei Furtwängler ge-
gebene ausführliche Literatur und außerdem Ed.
Schmidt a. O. 340) stellt das erhaltene API....
möglicherweise den liest von 'Agesivia dar. Wenn
10 es auch dem Belieben des einzelnen überlassen
bleiben muß, diese Form in den heute uns vor-
liegenden Text des Homer oder Hesiod einzu-
setzen, so müssen wir meines Erachtens doch
wohl annehmen, daß sowohl den Grammatikern
als auch den Vasenmalern jene aus den alten
Epen übermittelt worden ist. Die Inschrift der
Würzburger Vase ist noch insofern bemerkens-
wert, als wir aus ihr ersehen, daß der Vasen-
maler das Wort ohne Aspiration läßt, während
20 er den Buchstaben A in ^Ügat schreibt. Der h
Anlaut entbehrt der etymologischen Berechtigung.
Die Zusammenstellung mit agnata haben
schon die Alten vorgenommen (vgl. u. a. Hesych.
s. äQxvta un<i r AQxvtag. Schol. Lycophr. Alex. 267.
Schol. Odyss. I 241. Etym. Gud. s. "Agjivta und
"AQjtviat, Etym. M. s. "AqTwiat. Myth. Vat. II 13.
Die Schol. Lycophr. Alex. 267 wollen das Wort noch
von sv täi aegi nsz£G§ai herleiten). Kretschmer
Griech. Vaseninschriften 208, vgl. 56 verbindet das
30 Wort richtig mit lat. sarpo, lettisch sirpe Sichel,
kslav. srüpü, rüss. serpü, vgl. ahd. sarf scharf (s.
auch Prellwitz Etym. Wörterb. 2 54) und setzt als
ursprüngliche Flexion an ägeTWia, *ägjivtäg mit
wechselndem Akzente wie die übrigen Femi-
nina auf -tfi (vgl. Joh. Schmidt K. Z. XXV
36); a im Anlaut ist prothetisch (Kretschmer
a. O. 56. Prellwitz Gott. Gel. Anz. 1886, 763.
W. Schulze K. Z. XXIX 235, 1. Kretschmer
K. Z. XXIX 427).
40 Die eigentliche Bedeutung des Wortes erhellt
aus dem Vergleiche der beiden Odysseeverse XX
66 : ü)$ Ö' Öze IJavöagiov xovgag ävilovzo tiveklat
und XX 77 : z&pga Sh rag xovgag äQmnai avi]~
(jsiyjavzo (vgl. Hesych. äonviat • al x&v dvifiav
ovorgotpat, tivsiXat. Eustath. comm. 1414. 38.
Schol. Odyss. I 241).
2. Hom. II. XVI 150 wird die agxvia Jloddgyt]
genannt ; bei Hesiod Theog. 267 heißen die beiden
H., die Töchter des Thaumas und der Elektra,
50UaUw und 'Qxvniht) ^Üxvnobn stellen Sittl
Wiener Stud. XII 42 und Fick Hes. Ged. 33
aus Apollod. I 9,' 21, 7 her, doch liegt wohl bei
Apollodor einfach eine Vertauschung vor). Nach
Apollod. a. O. heißt die eine Nixo&oy oder
'AsXXdnovg (dazu ist *AeXlu> Kurzform), die andere
'Qxvxöbr) oder 'Qxv&örj ; hierzu wird als dritte
zugefügt Kelatvöi Tzetz. zu Lycophr. Alex. 165.
Verg. Aen. III 209. Val. Flacc. Argon. IV 453
(Töchter des Tvphon). Serv. Aen. III 209. Myth.
60 Vat. I 111. Mvth. Vat. II 13 Töchter des Pontes
und der Ge, III 5, 5 des Poseidon. Hyg, fab.
14 im Argonautenkatalog, wo ihre Eltern Thaumas
und, wie der Frisingensis hat, Ozoinenesind (o£ofiat^
bei Hippocr. = c£<u, der Name beruhte dann auf
hellenistischer Erfindung). Derselbe Kodex bietet
als Namen der H. Alopie, Acheloe, Ocypete; das
hat Bursian verbessert.
3. Wie noch im heutigen Hellas die Land-
bewohnet meinen, daß in den alles mit sich fort-
reißenden Wirbelstürmen unheimliche Geister,
die Neraiden einherziehen, so schrieben schon die
Alten die trockenen, ausdörrenden Winde der Ein-
wirkung besonderer Dämonen, der H., zu (vgl.
B. Schmidt Volksleben der Neugriechen I 123ff.
Mannhardt Antike Wald- und Feldkulte 90ff.
100. 101. 202. 206. Weniger Arch. f. Eelig.
X 72. S. auch Neumann u. Parts eh Physi-
ph&den, die | vorher Plotai hießen, entfliehen.
Das sind ursprünglich Inseln , die nirgends loka-
lisiert sind, sie liegen eben im Jenseits ; erst spater
versucht man sie geographisch festzulegen, so im
Ägäischen Meere (Hyg. fah. 14, vgl. Gruppe
Griech. Myth. 398, 2), im Ionischen ("Verg. Aem
HI 210. Val. Flacc. Argon. IV 512, ähnlich läßt
man den Unterweltsherren Neleus in Pylos ge-
bieten), oder man setzt sie weithin nach Westen,
kaiische Geographie v. Griechenland 114ff.). Ob 10 in die sizilische See, wohin ja auch die Fahrt
die Griechen sich diese Sturmgottheiten in älte-
ster Zeit als gespenstische Rosse gedacht haben,
wie sie die deutschen und skandinavischen Volks-
sagen uns schildern, läßt sich nicht sicher er-
mitteln. Hom. II. XVI 149ff. wird die ägavta
IToödQyt} als Mutter der Eosse Xanthos und Ba-
lios erwähnt (vgl. Hom. II. XIX 400. Quint.
Smyrn. VIII 155), die sie ßoaxofäv-t} ?,etftcövL jiaga
göov 'üxsavolo dem Zephyros gebar. Auch andere
des Odysseus geht und wo des Aiolos Inselreich
ist (Dionys. Per. 465. Eustath. comm. und paraphr.
dazu. Schol. Apoll. Ehod. Argon. II 297). In
Skythien heimisch sind sie nach Peisandros SchoL
Apoll. Ehod. Argon. II 1088. An den Eingang
zum Hades werden sie, wie andere schreckliche
Wesen, verwiesen von Pherekydes (Diels II 2 1,
509), Vergil (Aen. III 215. VI 289) und Silius
Ital. (Pun. XIII 599); als Hunde des Zeus er-
durch Schnelligkeit berühmte Eosse stammen der 20 scheinen sie bei Apoll. Ehod. Argon. II 289 (vgl
Sage nach von der H. ah, so die Dioskurenrosse
Phlogeos und Harpagos (Stesichoros frg. 1, PLG
III 205 von Podarge), Areion (Quint. Smyrn. IV
570. Eustath. comm. 1051, in alter Zeit ist
Erinys die Mutter, Preller-Eobert Griech.
Myth. 590) und die Bosse des Erechtheus
(Nonn. Dionys. XXXVII 159, von der Si&ovlq
r ÄQjivia), vgl. Preller-Eobert Griech. Myth
559, 4. In der Odyssee I 241. XIV 371. XX
77 (danach Paus. X 30, 2; zu den Versen 30 H. nicht kennt.
Hesych. s. v. Aiog xvvsg Hygin fah. 19 Myth. Vat.
I 27. II 13. III 5, 5), wie Lucan. Phars. VI 733
stygische Hunde der Hekate nennt ; vgl. Serv. Aen.
IH 209 (Eohde Eh. Mus. L 3. Stengel Herrn.
XXXV 634). Aus den Worten Vergils Aen. IH
2 1 5 hat dann Donat ihre Unverwundbarkeit her-
geleitet (Serv. Aen. III 242, vgl. Berthold Eeli-
gionsw. Versuche und Vorarb. XI 1), während
die ältere Sage eine solche Eigenschaft an den
s. v. Wilamowitz Homer. Unters. 63) haben
die H., deren Zahl nicht näher bestimmt wird,
deutlich die Punktion von Todesgenien (Conze
Heroen- und Göttergestalten 46), die Odysseus
wie die Töchter des Pandareos ins Eeieh des
Hades entrückt haben sollen (Eohde Psyche I 4
71ff. 248, 1; Eh. Mus. L lff. Dieter ich Ne-
kyia56\ 1. Stengel Herrn. XXXV 684f. Malten
Arch. f. Eelig. XII Sil. Steinmetz Arch. Jahrb.
4. Wie sich die Griechen das Äußere der H_
dachten, darüber läßt sich aus dem Verse Hom.
IL XVI 150 nichts Sicheres entnehmen (vgl. Eoss-
bach Arch. Ztg. XLI 174, 11: doch kennen wir
(gegen Rossbach) eine roßgestaltige Medusa
(Bull. hell. XXTI pl. 5), zumal da noch die Mög-
lichkeit hinzukommt, daß hier das Wort ägjwta
im Sinne eines reinen Epithetons gebraucht ist;,
denn Podarge erscheint nie als Name einer der-
XXV 48). Gegenüber den von Eohde und Die- 40 ienigen H die in der phineussage als Sturm-
t er ich vertretenen Ansichten ist zu bemerken,
daß in den Odysseeversen weniger Wert darauf
zu legen ist, oh Lebende oder Tote von den H.
entführt werden, als darauf, daß der Eaub durch
sie ein ruhmloses Ende bezeichnet, vor allem, daß
den Dahingerafften kein rvftßog aufgeschüttet wird,
an dem ihnen die GTabspenden dargebracht wer-
den, nach hellenischer Eeligion ein furchtbares
Geschick.
dämonen auftreten. Für die Figur Furtwängler
Antike Gemmen I Taf. VII 39. 40. III 101 ist,
wie Furtwängler selbst erkannt hat (a. O.
III 444), die Benennung H. nicht genügend ge-
rechtfertigt. Wichtiger für uns ist Hesiods Zeug
nis Theog. 265ff. , der dem Thaumas und der
Elektra zu Kindern gibt *Iqiv | t)vk6{aovs <5' Aq-
xviag 'AeXÄa> x 'üxvnhrjv ts. Daraus geht wohl
„ hervor, daß Hesiod sich die schönlockigen H. als
Als Sturmgeister stehen die H. in enger Be- 50 Schwestern der^ Iris nicht als schreckliche Unge-
Ziehung zum Seelenreicbe. Des Menschen Seele
kommt und geht vom Windhauche getragen (Ari-
sto! de anim. I 5, p. 410 II 29f.), die im Sturme
dahinfahrenden Geister sind selber abgeschiedene
Seelen (Eohde Psyche I* 249 ; Eh. Mus. L 3ff. Eo-
hert Herrn. XXXV 662. Man möge auch an die
semitischen Vorstellungen vom nr* denken). Ihr
Wohnsitz ist im Eeiche des Unbekannten, im
fernen Westen, da wo man auch den Eingang
tüme vorgestellt hat; dann hätte er sie auch
wahrscheinlich der folgenden Gruppe, die dem
Phorkys und der Keto entstammt, zugewiesen
(Töchter des Typhon sind sie erst hei Val. Flacc.
Argon. IV 428); als Attribut gibt ihnen Hesiod
Flügel. Ebenso scheinen sie in den Theognidea
715 gedacht zu sein, wo der Dichter die Schnellig-
keit ihrer Füße rühmt. Als geflügelte Frauen
ohne sonstige nichtmenschliche Zutat treffen wir
zur Unterwelt hin versetzt ; wo die Sonne ins Meer 60 s ie auch auf den beiden sf. Vasenbildern des Würz-
sinkt, wachen sie über die goldenen Äpfel der
Hesperiden im Göttergarten (Epiraenides und Aku-
silaos, Diels II 2 1, 496, 9. 513, 5), ja bei Epi-
menides werden sie den Hesperiden gleichgesetzt
(Diels a. O., vgl. Kern De Orph. Epim. Pherec.
theogoniia 65. 76. Studniczka Kyrene 26).
Nichts anderes besagt es, wenn sie in der Phi-
neussage zu ihrem uralten Wohnsitze, den Stro-
burger und des Berliner Museums (s. o.). Auf
der ersten Schale werden den H. sowie den
Boreaden je vier Flügel an den Schultern ge-
geben, von denen zwei nach oben gebogen sind,
ferner haben sie an den Stiefeln Flügel, ganz so,
wie es die ionische Kunst liebt. Auf der ägi-
netischen Schussel des Berliner Antiquariiims be-
sitzen sie gemäß der idtattischen Technik zwei
Schulterflagel. Nicht anders erscheint die Bil-
dung der Dämonen auf der kyrenaischen Vase
Naukratis I pl. VIH. IX p. 53 (Journ. hell. Stud.
X 1S3, vgl. Catalogue of Greek and Etrusc.
vases II B 4, p. 50. Stndniczka Kyrene 17ff.).
Ausgezeichnet sind sie auch hier durch wallendes
Haar (Studniczka a. O. 18). Ansprechend hat
Studniczka a. O. 26 die weiblichen Wesen,
die von links auf den Silphionbaum zustürmen,
H., die männlichen Boreaden genannt, wenngleich
Crusius Philol. LH- 708 in jenen die Nymphen
der vier Pflanzstädte Kyrenes, in diesen die drei
Phylenhcroen erblickt. Immerhin würde die Deu-
tung auf den südlichen , austrocknenden Wüsten-
stunn und den Feuchtigkeit spendenden, von Nor-
den her wehenden Seewind, die beide den Silphion-
baum umgeben, keine unpassende sein (vgl. auch
G. Smith Journ. hell. Stud. XIII 103h\ Eo-
b e r t Herrn. XXXV 662. Fr tlri n g h a m Amer.
journ. of arch. IX 425f.).
Außerdem erwähne ich hier die Darstellung
der H. auf der Volutenamphora der Sammlung
Jatta zu Ruvo, einer Vase frühunteritalischen
Stiles (Furtwängler-Eeichhold Taf. 60, 2
p. 304, dazu die Literatur p. 302, 3); auf ihr
erscheinen sie als weibliche geflügelte Wesen, von
denen namentlich das letzte als widerwärtiges
Geschöpf durch Hakennase und kurzes Haar mit
beinahe semitischem' Typus charakterisiert ist.
Die Vase ist aus dem Kreise attischer Künstler,
wohl des Aristophanes und Erginos, hervorge-
gangen {Furtwängler a. O. 305; Meister-
werke d. Plast. 151 f.) und zeigt durch die An-
gabe der Terrain wellen auf die Kunst des großen
Thasiers Polygnot hin. Wahrscheinlich ist es,
daß wir hier die Reproduktion eines Polygnoti-
schen Tafelgemäldes vor uns haben, und ich ver-
mute, daß wir damit eine andere Erwähnung der
H. kombinieren dürfen. Wenn Polygnot 474 nach
Athen kam und hier als Freund des Kimon das
damals herrlich aufblühende Athen mit seinen
Kunstwerken schmückte, da wird wohl auch der
Mann, der auf einem andern Gebiete der füh-
rende Genius war, und der selbst bei Marathon
und Salamis, als es galt, den Perser aus dem
Lande zu weisen, mit den Waffen in der Hand
mitgeholfen hatte, Athens Größe zu begründen,
dem zeitgenössischen Meister volle Bewunderung
gezollt haben, und jeder Athener wußte, was die
Worte der Pythia in den Eumeniden 50f. besagen
sollten eiSdv jiot t/6t] fPirscos yeyQaixiävag \ det-
nvov (psgovaag. Das Bild des Polygnot aber mag
seinerseits vielleicht wieder Bezug genommen
haben auf die dramatische Fassung der Sage;
wenn auch die Tatsache, daß auf der Vase Phi-
neus in der von der Bühne entlehnten Königs-
tracht mit Ärmelchiton und Mütze mit Zacken -
kämm gezeichnet ist, natürlich keinen Anhalt
gewährt, so ist es doch immerhin denkbar, daß
eine Aufführung der Aischyleischen Tragödie Phi-
neus, die 472 zum erstenmal erfolgte, Polygnot zum
Schaffen des Kunstwerkes anregte. Auch auf dem
rf. attischen Vasenbilde (Millingen Anc. uned.
mon. I Taf. 15, p. 40 = Stackeiberg Gräber der
Hellenen Taf. 38, p. 32. Duc deLuynes Ann.
d. Inst. 1843, 15f. Fla seh Arch. Ztg. XXXVTH
139: häßliches Profil, struppige Haare) und der
rf. Amphora des britischen Museums aus Ka-
meiros (Catalogue of the Greek and Etrusc. yases
TU E 302 p. 219. Flasch Arch. Ztg. XXXVm
Taf. XII 2 p. 142: jugendlich schön, mit nicht
sehr großen Flügeln ausgerüstet) weicht die
Zeichnung der H. nicht wesentlich von dem
bisher besprochenen Typus ab. Die Deutung
des Bildes der Nolaner Amphora (Wiener Vor-
legeblätter CVIII 1, 4. Jh. Flasch Arch. Ztg.
XXXVHI Taf. XII 1 p. 143f. De Witte
10 Arch. Ztg. XXXIX 1631; vgl. auch Catalogue
Durand nr. 628) auf Phineus wird mit Eecht
von Petersen Arch.-epigr. Mitt. VI 52ff.
W assner De heroum eultu 56 These VI und
Klein Griech. Vasen mit Liehlingsinschr.2 143
abgewiesen. Für durchaus unangängig halte ich
es, auf der rf. Oinochoe Mon. antichi XIV 89f.
eine Darstellung des Phineusabenteuers erblicken
zu wollen ; neben anderen Gründen bestimmt mich
dazu der Umstand, daß die von Eizzo H. ge-
20 nannten Wesen , nach der Abbildung zu urteilen,
männlich sind. Als geflügelt dahinstürmende
Jungfrauen schildert sie (vielleicht Apoll. Ehod,
Argon. II 187ff. 223ff. 227. 252. 2671F., doch s.
u. und) Apollöd. I 9, 21, 3. Daß die römische
Anschauung eine Vermischung mit den Sirenen
vorgenommen hat, kann nicht befremden, da die
Köm er auch z. B. die Satyrn mit Bocksbeinen be-
gaben, etwas, was sich ja noch in unserer Zeit ein
Nietzsche geleistet hat. (Verg. Aen. m 216. 233.
SO Ovid. mct. VII 4. Stat. Theb. VHT 256, der sie 520
famulae lovis nennt. Val. Flacc. Argon. IV 457.
Myth. Vat. II 143 usw., vgl. auch Schol. Lycophr.
Alex. 267. 653, so denn auch Dante Inferno XIII
13f.nach Vergil: Ale hanno late f e colli e visi hu-
mani, \ Pie con artigli, e pennuto il gran venire).
Die Gelehrten scheinen jene Bildung wohl fast
allgemein für römische Erfindung zu halten (vgl.
Furtwängler Arch. Ztg. XL 204. Frothing-
ham Amer. journ. of arch. IX 425), doch haben
40 die Eömer meines Erachtens das, wie so vieles,
dem hellenistischen Kulturkreise entnommen : be-
rufen kann man sich dabei auf Lykophron, der
seine Alexandra ja allerdings wohl sicher nach
197 gedichtet hat (v. 653); vielleicht sind auch
die bei Apoll. Ehod. II 188 erwähnten Krallen
schon als Vogelkrallen zu denken, vgl. Blas»
Eumeniden p. 75. Der Argonautenkatalog bei Hy-
gin, der sie als geflügelte Wesen mit Hühner-
kopf und Hühnerfüßen, aber menschlichen Armen,
50 Brust und Schenkeln beschreibt (fab. 14). kann
keinesfalls auch schon wegen der Nennung der
Mutter Ozomene (vgl. Apoll. Ehod. Argon. II
191) auf einer älteren als höchstens der helleni-
stischen Anschauung fußen.
Da für die archaische und klassische Zeit der
griechischen Kunst sich nichtmenschliche Ge-
staltungen der H., bei denen die Deutung durch
die Verbindung mit der Phineussage völlig ge-
sichert ist, bis jetzt, soviel ich sehe, nicht nach-
60 weisen lassen, so müssen wir bei der Entschei-
dung der Frage, ob wir den ziemlich häufig er-
scheinenden beflügelten Figuren, die oben Men-
schen- oder Gorgonenkopf, statt der Füße jedoch
Vogelkrallen aufweisen, den Namen H. zuerkennen
sollen, zum mindesten zu einem ,non liquet* kom-
men (eine solche Figur z. B. auf einer Berliner
Vase aus Vulci Furtwängler Katalog I 2157.
Engelmann Arch. Jahrb. I 211, vgl. Amer.
joum. of arch. III 226: ein Todesdämon mit Me-
duse nhaupt, vier Flügeln, unten Vogelkrallen, hält
zwei zappelnde Knaben, diese im Typus des streng
rf. attischen Stiles, ähnlich auf der in Picenum
gefundenen bronzenen Situla Fiorelli Not. d.
scavi II 114. Arch. Ztg. XLH 144f. Engel-
mann Areh. Jahrb. I 211 : der Dämon hält die
Knaben mit dem Fuße auch an der Hüfte fest;
auch andere Fabelwesen (wie auf einer Gemme,
die in die Zeit um 600 gehört, Furtwängler 10
Ant Gemmen III 103 (menschliche Figur mit
Vogelleib), dann Catalogue of sculpturc I nr. 47,
- 44 p. 88 der archaischen Periode des Artemisions
von Ephesos angehörig [menschliche Figur mit
Vogelbeinen], Mionnet Suppl. V 503 Münze von
Abydos [Vogel mit Sphinxkopf], vgl. auch Arch.
Ztg. V 148 Taf. X 24. Ann. d. Inst. XVII 7f.
Head HN 451 [500/480 v. Chr.], andere Münzen
hei Imhoof-Bluraer Monn. gr, 46G, Sarko-
phagbild Journ. hell Stud. IV 4) dürfen wir nicht 20
ohne weiteres für H. ausgeben. Schließlich ent-
hehrt es auch der Berechtigung, wenn wir die
an dem berühmten Monument von Xanthos auf-
tretenden geflügelten weihlichen Wesen als H.
deuten (Gerhard Arch. Ztg. III 76. Curtius
Ges. Abhd. II 171. Fnrtwängler Arch. Ztg.
XL 204. Frothingham Amer. journ. of arch.
IX 425). Wir haben schon deshalb auf sichere
Benennung schlechterdings zu verzichten, da wir
es möglicherweise mit Wesen der lykischen Eeli- 30
gion zu tun haben, deren Name uns dann völlig
unbekannt wäre. Über das H.-Monument. das
«in Meisterwerk der ionischen Kunst im aus-
gehenden 6. Jhdt. darstellt, möge man folgende
Abhandlungen vergleichen und dort gegebene Ver-
weise berücksichtigen: Fellovs A Journal of an
Exe. in Asia Minor 231 ; An aecount of discoveries
in Lycia 140. Curtius Arch. Ztg. XIII lff. = Ges,
Abhd. II 1 64m Vorwort X. Friederichs -Wol-
ters Bausteine nr. 127—130. Eavet Mon. de 40
Tart ant. I pl. 13-16. Brunn-Bruckmann
Denkmäler Taf. 146f. Benndor f-Xiemann
Reisen im südwestlichen Kleinasien I 85 ff. 108.
n 196f. Bcnndorf Österr. Jahresh. III 101.
Perrot et Chipiez Histoire de l'art VIII 331 ff.;
vgl. Pieller-Eobert 559, 3. Weitere sogenannte
H. z. B. Catalogue of vases III E 477 p. %H.
Catalogue of sculptnre I nr. 116 p. 66 (aus Xau-
kratis, wie auf dem Denkmal von Xanthos), ebenso
Arch. Jahrb. VII Anz. 105,2(freierStildes5. Jhdts.); 50
vgl. v. Fritze Arch. Jahrb. IX Anz. 75; Berl.philol.
W r oehenschr. XIV v33f. dazu Conzc ebd. und
Arch. Jahrb. X Anz. 106, auf der Ciste von Prae-
neste. Monum. ined. VI pl. LXIV 3, Fignr aus
Pompeii. Rom. Mitt. II 124, etruskischc Terra-
kotte Gazette archeol. XII, pl. XXXIV. Terra-
kotten aus Tarsos, Arch. Jahrb. XI Anz. 304 usw.
Über den Seelenvogel vgl. Weicker Seelenvogel;
,Seirenen ; in Roschers Myth. Lex. IV 60 lff.
Unsicher bleibt auch die Deutung der rein 60
menschlichen geflügelten Figur auf einer atti-
schen sf. Lekvthos in Dresden, Arch. Jahrb. XI
Anz. 210, 31 .*
Über die Darstellungen der H. im allgemeinen
vgl. C. Smith Joum. hell. Stud. XHI 103ff.
Frothingham Amer. journ. of arch. IX 425.
Harris on Prolegomena to the study of Gr. reliff.
176ff.
5, Über die Entwicklung und die Versionen
des Mythos von den H. und Phineus hat zuerst
grundlegend gehandelt Hill er v. Gaert ringen
De Graecorum fabulis ad Thraces pertinentibus
(Berl. 1886) 56ff., dessen Darstellung noch
heute als durchaus maßgeblich zu gelten hat.
Die älteste literarisch bezeugte Verbindung des
Sehers Phineus mit den H. genannten Sturm-
dämonen liegt uns in den Hesiodeischeu Gedichten
vor, und zwar sind uns die Fragmente aus dem
dritten Buche der Kataloge, das man als eine
yrjs siegiodos bezeichnet hat, im wesentlichen in
den vorzüglichen Scholien zu Apollonios Ehodios
erhalten, die in ihrem Kerne auf den gründlichen
und zuverlässigen Gelehrten Theon zurückzuführen
sind. Daß die Phineussage im dritten Buche
der Kataloge mit der Argonautenfahrt verbunden
war, beweisen die erhaltenen anderen Bruchstücke
dieses Teiles. Die Argonauten gelangen auf ihrer
Fahrt nach Korden ans Gestade des thrakischen
Bosporos. Dort denkt sich der Dichter den Sitz
des Phineus, was deutlich daraus zu erkennen
ist, daß ihm zu Söhnen Thynos und Marian-
dynos gegeben werden (frg. 53*Ezach). Ihm war
einstmals die Wahl gelassen zwischen schnel-
lem Tode und langem Leben, das mit Blindheit
verbunden sein sollte. <Pivsv$ Ök tov (mxqov
XQOVOv i-rjs oyecog tiqoexqivsv (frg. 52 — Schol.
Apoll. Rhod. Argon. II 178: ttoXvzqövioq eijero
ixällov eivai q ßlsTZEiv). Die Entscheidung wird
möglicherweise schon in frühester Jugend ihm an-
heimgestellt worden sein, nicht begründet als Strafe
des Zeus dafür, daß er das von den Göttern für
die Zukunft Beschlossene an die Menschen ver-
riet. Weil er so unbesonnen wählte, sandten die
Götter, vielleicht Helios, die H., zwei an der
Zahl, Aeilo und Okypete. Die raubten dem blin-
den Seher die Speisen, die ihm täglich vorge-
setzt wurden. Als die Argonauten ihn aufsuchen,
urn über ihre Fahrt von ihm Auskunft zu er-
langen, macht er zur Bedingung hierfür die
Befreiung von den H. Die Argonauten wil-
ligen ein und setzen ihm Speisen vor. Sofort
nahen sich auch die H. und wollen ihm das Mahl
entreißen; da stürzen Kaiais und Zetes, die Bo-
reassöhne, mit gezückten Schwertern hervor und
verfolgen die H. ; übers Meer geht die wilde Jagd
bis zum äußersten Westen; schon drohen die H.
den Boreaden zu entkommen, als diese sich im
Gebet an den Zeus auf dem Berge Ainos, der
den Süden der Insel Kephallenia beherrscht, wen-
den (frg. 57) ; Zeus gewährt es ihnen, daß sie
die H. auf den Strophaden, die damals noch Plo-
tai hießen, ereilen (möglich ist es, daß hier noch
ein etymologisches Spiel mit dem Namen Aine-
sios {TiaQaivioj) eingeschoben war ; die Strophaden
liegen gegenüber von Triphylien : eine dieser In-
seln heißt noch heute Strophadia) ; die Boreaden
schwingen die Schwerter, um den H. den Todes-
streich zu versetzen ; da erscheint der Windgott
Hermes (vgl. Eo scher Hermes der Windgott),
hindert jene an ihrem Tun, leistet aber den Schwur,
daß fortan Phineus von der Plage der H. be-
freit sein solle. Dann kehren die Boreaden zu
den Argonauten zurück. Höchst ungeschickt und
weit hergeholt ist in der Erzählung die Etymo-
logie, die die Strophaden benannt werden läßt
nach den Boreaden of tjvgarro töm Aü argaq>epreg
2425
Harpyien
(Schol. Apoll. Khod. II 297) ; das Ursprüngliche
ist, daß der Name der Inseln zusammengebracht
wird mit den ßogsäSsg -dveXfaxi (vgl. Serv. Aen. III
209), von denen es hieß orgoipdösg Ss naÄt/Mzetes
äztoveovrai. So etwas wird die Vorlage des Kata-
logdichters gehabt haben, eingefügt ist bei diesem
der Passus, um den Zeus Ainesios zu erwähnen,
dem wohl ein längerer Hymnos gewidmet war.
Dadurch wird andererseits gesichert, daß die
Boreaden die H. wirklich auf der Verfolgung 10 Theognis 715 und bei den Lyrikern Ib}-kos und
aarpyien a*zo
das beweist auch wieder die Verbindung mit der
Argonautenfahrt (vgl. frg. 52 Ezach). In den-
selben Zusammenhang setzt den Mythos der Dich-
ter der NavitäxTui i'^rj, der die H. bis zu dem
kretischen Arginoeishügel entfliehen laßt, Schol.
Apoll. Ehod. Argon. II 299. Das letzte Faktum
erwähnt auch Pherekydes im Buche ö (Schol.
Apoll. Ehod. a. O.). Die Sage muß sich großer
Beliebtheit erfreut haben, da ihrer nicht nur bei
ergriffen. Nur Hermes verhindert ihre Tötung
(frg. 58). Ausdrücklich erwähnt der Scholiast
Apoll. Ehod. Argon. JJ 296: xaxa ds 'Haiodov
xai 'Avrijiiaxov xal 'Anollmviov ov xxüvovxai (frg.
59), denn nach der älteren Version, die sich
bei Ibykos und Telestes, sowie im Aischyleischen
Phineus erhalten hat, werden sie erschlagen
(nach der Ergänzung von Gomperx bei Philo-
dem Jiegl svosßsiag, Herkul. Stud. II 18; vgl.
Telestes (in seinem Dithyrambos 'Agyco, s. o.) ge-
dacht wird, sondern auch Darstellung fand am
Kasten des Kypselos (Paus. V 17, 11, zweite Hälfte
des 7. Jhdts. H. Stuart Jones Journ. hell. Stud.
XIV 68 pl. 1 benützt mit Eecht das Würzburger
Bild zur Rekonstruktion der Partie, vgl. Löschcke
Arch. Ztg. XXXIV 1 13, 17), am amykläischen Throne
des Bathykles (Paus. III 18, 15, wie die Eeste
zeigen, Ende des 6. oder Anfang des 5. Jhdts,)
Ibykos frg. 49. Bergk PLG III 250; vgl. auch 20 und auf den beiden oben erwähnten sf. Vasen
Oppian. Kyn. II 624, der ihre Tötung kennt; (auf der Würzburger Schale erscheinen die Hören
in anderer Weise wird sie bei Apollod. I 9, 21, als natürliche Feinde der alle Vegotationvernich-
5 und 7 vorausgesetzt). Die Rekonstruktion der
Hesiodeischeu Darstellung muß vielfach hypothe-
tisch bleiben und ist sehr schwierig, da hierbei
das wichtigste Zeugnis, Pindar, in unserem Falle
versagt; Näheres s. unter Phineus.
Bevor wir uns den anderen Schriftstellern, die
die H.-Sage behandelt haben , zuwenden , haben
wir noch zwei Fragmente zu beachten, die unter 30
dem Namen Hesiods gehen. Ephoros erzählt bei
8 trab. VII 302, daß Hesiod in der sog. y-ffg nsvio-
&o$ den Phineus von den H. zu den skythischen
Galaktophagen entführt werden läßt (frg. 54), auch
soll Hesiod "wohl in dem gleichen Gedichte nach
Strabon VII 300 (frg. 55) die rossemelkenden
Skythen erwähnen. Man ordnet jetzt beides in
das dritte Buch der Kataloge ein und meint, daß
unter yfjg xegiodog der Sondertitel dieses Buches
tenden H., Gattin des Phineus ist hier Erichtho,
darüber Furtwänglcr-ReichrioldGriech.Vas.-
Malerei 210). Abzulehnen ist die Deutung des
Eeücfs der ephesischen Columna caelata auf die
Phineussage (vgl. Robert Arch. Ztg. XXXVII
115, der eine andere Erklärung im 39. Berliner
Winckelmannsprog. 37f. vorträgt).
Das Folgende möge sich im wesentlichen auf
kurze Notizen beschränken, Näheres s. Phineus.
Hesiods Katalogen folgt Antimachos in seiner
Lyde; eine bedeutendere Abweichung läßt sich
nicht konstatieren, nur erwähnte er nicht den Zeus
Ainesios, sondern leitete den Namen Strophaden
vom azQatpfjvai sk tovjzloco her (Schol. Apoll.
Rhod. II 296). Hellanikos FHG I 50, 38. Schol.
Apoll. Ehod. II 178 macht Phineus zum Sohne
des Agenor und scheint damit einer Quelle zu
verstanden sei. Wenn die Argonauten wirklich 40 folgen , die sich bei Apollonios Ehodios wieder-
bei ihrer Durchfahrt durch den Bosporos. wo " """'
Hesiod zweifellos doch sich Phineus ursprünglich
wohnend denkt, Kunde von Phineus erhalten
hätten und ihn im Lande der Skythen im Norden
aufsuchen, wohin Phineus geschleppt worden ist,
was geschah nach der Verfolgung der H."? Wurde
er von den südlich von Kephallenia umkehrenden
Boreaden in seine Heimat am Bosporos zurück-
gebracht, und begaben sich die Boreaden noch
findet. Dieser behandelt ausführlich die Sage
Argon. II 17611". Die Argonauten landen in Bi-
thynien, wo Phineus, Agenors Sohn, weilt. Er
hatte die ihm von Apoll verliehene Sehergabe
mißbraucht und den Menschen Zeus' hochheilige
Beschlüsse verkündet; der strafte ihn deshalb mit
Blendling und ließ ihn von den H. geplagt wer-
den, die ihm die Speisen zumeist entführten, den
Eest aber mit scheußlichem Dunste anhauchten.
einmal nach Norden, um wieder zu ihren Be- 50 Er bittet die Argonauten nun ihn ans seiner
gleitern zu stoßen? Das hätte doch, um andere
Schwierigkeiten unbeachtet zu lassen, ein wunder-
liches Dichtwerk abgegeben. Es ist klar, hier
liegt eine uralte Sage vor, nach der Phineus zu
den Galaktophagen entrückt ist. ähnlich wie die
Töchter des Pandareos von den H. geraubt wur-
den. Eine Wiederkehr aus dem Nordlaude war
nicht in dieser Fassung vorgesehen. Dann ergibt
sich aber auch, daß die hier erwähnte yfc xsoio-
Qual zu erlösen, da ja doch die Boreaden seiner
Gattin Kleopatra verschwistert seien. Es folgt
die Vertreibung der H. durch die Boreaden, die
jene bis zu den Plotai verfolgen. Iris hindert
die Tötung ihrer Schwestern, schwört jedoch,
daß Phineus fortan unbelästigt bleiben solle. Die
H. bergen sich in den Klüften der kretischen
Berge; die Plotai aber werden Strophaden um-
benannt. Phincu.s schmaust zusammen mit den
bog in keinem Zusammenhange mit dem dritten 60 Argonauten und verkündet ihnen ihre nächste Zu-
Buche der Kataloge stehen kann, dem man jene
Fragmente mit Unrecht anreiht. Es ist das die
einzige Version des Phineusmythos, in der die H.
Todesdämonen darstellen, während sie sonst durch-
weg als W^indgötter erscheinen. In den großen
Ehoien mag die Phineussage ähnlich gelautet
haben wie in den Katalogen; Phineus wird hier
geblendet, weil er dem Phriios den Weg zeigt,
kunft. Kreta als Zufluchtsort der H. erwähnt
auch der hellenistische Dichter Neoptolemos von
Parion, Schol. Apoll. Rhod. Argon. II 299. Be-
merkenswert ist, daß Apollonios in den meisten
Punkten sieh nicht an die Hesiodeischen Kataloge
anschließt; wahrscheinlich diente ihm besonders
eine korinthische Quelle (Eumelos?) als Vorlage.
Eine bedeutende Umänderung der Sage nahmen
die Tragiker vor. Sie ließen Phineus an seinen
eigenen Kindern freveln und sich dadurch in
schwere Schuld verstricken. Im Phineus des
Aischylos (der unter dem Archonten Menon mit
der Tetralogie Phineus, PerseT, Glaukos und Pro-
metheus siegt; vgl. Hypothosis zu den Persern
und Athen. X 421 f) befreien die Boreaden Phi-
neus von den H. und töten sie (s. o.). Daß es
in dem Drama an Anspielungen auf Athens große
narpyitjn 242ö
oder Okythoe" (oder Okypete) mit Namen, entflieht
über die Propontis hin bis zu den Echinaden, die
danach Strophaden hießen. Dort sinkt sie zu-
sammen mit ihrem Verfolger ermattet nieder,
Apollod. 19, 21, 7. Die Boreaden gehen mit
den H. zugrunde nach Apollod. III 15, 2. Seneca
erwähnt Medea 784f. die Grotte, zu der die H.
sich flüchten, Vergil Aen. III 21 Off. läßt sie auf
den Strophaden im Ionischen Meere weiterleben.
Zeit, namentlich auf die Befreiung der thrakMO Wenig besagen die Bemerkungen über die H. bei
sehen Küstenbewohner von den Persern, nicht
gefehlt haben wird, ist ziemlich sicher, möglich
ist es auch, daß die Parallele H.-Perser, Boreaden-
Athener xu ziehen erlaubt war, vgl. auch 0. Mül-
ler Griech. Lit-Gesch. II 85; Kl. Schrift. I 3941
(Fragmente s. in S i dg wicks Ausgabe des Aischy-
los 258n\). Sophokles scheint nur in dem einen
Stücke Phineus die H. erwähnt zu haben, wäh-
rend die Tympanisten und der andere Phineus
Plut. de vit. aer. al. S. Lucian pro imag. 20;
Tim. 18; Diss. c. Hes. 1. Sext. Empir. adv. ma-
them. I 262. Claudian XXVI 27f. Eudoc. 416.
Horat. sat. II % 40. Ovid. metam. VII Sf. ApuL
metam. X 15. Seneca Phoen. 63. Myth. Vat. HI
6, 33. Quint. Smyrn. I 169 $oai genannt, vgl.
I 169. IV 513. X 395. Orac. v. 197 Wolff xoöyai
genannt, Anth. ap. ep. II 743, 1 Cougny x a ^ E ^,
vgl. Bruchmann Epithet. deor. 43. Das Epi-
sie wohl nicht kennen; s. jetzt zum Aiscbyleischen 20 gramm, das Marcellus auf Veranlassung des Hero-
Phineus und zum ersten Phineus des Sophokles
Osyrh. Pap.Vm 1 05, 34ff. Veranlaßt war die Strafe
dadurch, daß Phineus seine Söhne PaTthenios und
Kramhos (über Plexippos und Pandion nach der
Version bei Apollod. III 15, 3. Scbol. Sophocl.
Antig. 980 vgl. Usener Gütteniam. 63. 21) auf
die Verleumdung seiner zweiten Gattin Idaia
hin blendet (Josephs- oder Hippolytosmotiv, vgl.
v. Wilamowitz Eurip.Hippolytosp.34f.). Die
des Attikus für dessen um 161 nach Chr. gestorbene
Gattin Annia Regula verfertigte, nennt die H.
xXco&äes und fiilatvat IG XIV 1389 i 14.
Hervorzuheben wären noch die euhemeristi-
schen Auslegungen der Sage. Nach Palaiphatos
(jisqI äniaxoiv XXII. Apostol. 18, 68) ist Phineus
ein alter blinder König von Paionien, dessen
Töchter 'Epdosta und 'ÄQjivQEia sein Vermögen
verschwenden (vgl. auch Tzetz. zu Lykophr. Ales.
H., die hier (oder bei Aischylos, vgl. W. H. van 30 165; Chil. I 219). Zetes und Kaiais, die Söhne
de Sande Bakhuyzen De parod. in comoed.
Aristoph. 189) xaza^äazai, ETG frg. 648 ge-
nannt werden, peinigen ihn so, daß er anzusehen
ist wie eine ägyptische Mumie (frg. 646, vgl.
Apoll. Rhod. Argon. II 197ff.). Ferner waren
die H. wohl verglichen mit fidaraxf-; (= dxQiösg
frg. 650), denn der Ausdruck wäre für die alle
Vegetation vernichtenden Sturmdämonen gut ge-
eines Mannes Boreas, die seine Nachbarn sind,
vertreiben die Töchter und verhelfen dem Phineus
wieder zu seinem Vermögen. Nach Herakleitos
[Titoi anioTtov Vffl) sind die H. Hetären ; jedes-
mal wenn sie Phineus' Vermögen durchgebracht
hatten und er im Elend war, verließen sie ihn
und kehrten erst wieder, wenn er neues erworben
hatte (anderes bei Eustath. comm. 1712, 24). Jene
wählt. Schließlich findet sich bei Asklepiades in Deutungen sind wohl daraus hergeleitet, daß man
seinen Tragodumena folgende Version (FHG III 40 Verschwender als H, bezeichnete. Nennt doch
302, 3. Schol. Odyss. XII 69) : die zweite Gattin des
Phineus, der der Sohn des Phoinix ist (Schol. Apoll.
Rhod. II 178), tötet die Kinder der Kleopatra, der
ersten Frau des Phineus. Zeus läßt Phineus die Wahl
zwischen Tod und Blindheit. Phineus entscheidet
sieh für die letzte Strafe, zu der Helios noch die
H.-Plage fügt. Diese Version darf man vielleicht
für das Aischyleische Drama in Anspruch nehmen,
vgl. Hiller v. Gaertringen a. O. 63. Über
die Komödie Theopomps Phineus (Athen. XIV 049b) 50
wissen wiT nichts Näheres. Die von II e y d c m a n n
Arch. Jahrb. I Anz. 300 veröff entlichte' Phlyaken-
darstellnng auf einer Oinochoe im Musee eeraiui-
que de Sevres (nr. 80) wird von Ziehen Arch.
Jahrb. VII Anz. 75 auf Phineus gedeutet; das
halte ich für völlig unbewiesen. "Die weiteren
Behandlungen der Sage von Phineus und den H.
und die kompilatori sehen Berichte der Mytho-
graphen können wir hier kurz abtun. Die' Ver-
such Aristophanes (Pax 810f.) die Brüder Mor-
simos und Melanthios, die zwar schlechte Tragö-
dien schrieben, aber stets auf ein gutes Mahl
hielten, lopyovsg di[)o(pdyoi } ßrxxihöoxonoi ägirviat.
Zur Benennung räuberischer Menschen bedienen
sich des Wortes Apoll. Sid. epist. V 7, 4 und
Rutil. Xam. I 608n\ Weiteres zu den rationalisti-
schen Deutungen s. bei Fulgent. I 9 p. 6341 (p. 21
Helm). III lfp. 734 (p. 79). Myth. Vat. III 5, 6.
" A 6. Entwicklung der Sage: Wie noch jetzt in
Hellas zu heißer Sommerszeit verzehrende Wirbel-
stürme von Süden her heranfegen und Windböen
Wolken von Saud über das sonnendurchglühte
Feld hinpeitschen, der Vegetation Feuchtigkeit
und Nahrung raubend, und, wenn dann Jahie
kommen und gehen, doch immer wieder im Wechsel
der Zeit, in ewiger Wiederkehr dieselben unheim-
lichen, dämonischen Gewalten die Luft dureh-
toben, so war es auch einstmals; da antwortete
bindung mit der Argonautenfahrt scheint überall 60 auf die Frage nach dem Grunde der Erscheinung
vorausgesetzt zu sein. Die Boreaden befreien den
blinden Phineus von den H. und verfolgen sie
bis zu den Strophaden (Hyg. fab. 13), ihre Tötung
hindert nach Val. Flacc. Argon. IV 516 ihr Vater
Typhon. Nach anderer Version stürzt die eine
H., Nikothoe oder Aellopus, in den peloponnesi-
sehen Tigresfluß, der von da ab Harpys genannt
wird (Apollod, I 9, 21, 6) , die andere Okypode
dem Bewohner hellenischer Erde, dessen kind-
lichen Glauben an eine AUbeseelung der Natur
noch kein wissenschaftlicher Zweifel zu erschüt-
tern sich erdreistete, die Sage: Hoch oben im
Norden liegt das Ziel der wilden Jagd, dort wohnt
ein uralter Seher, den suchen die im Stnrme
einherfahrenden H. T schönlockige Göttinnen, heim.
So oft er sich zu Tische setzt, rauben sie ihm
sein Mahl, und so leidet er denn ewige Qual,
wie auch den großen Frevlern in der Unterwelt
ewige Pein beschieden ist. Das ist der Kern
des Mythos, der nun allmählich erweitert und
anagestaltet ward, zunächst nach zwei Eichtungen
hin. Man fragte einmal nach der Ursache der
Blindheit des Sehers. Ursprünglich ist er von
Geburt an blind; denn in der alten Sage wird
nur dem die Sehergabe verliehen, dem von An-
beginn seines Lebens verwehrt ist, das Tages- 10
licht und die Gegenwart zu schauen /vgl. Hill er
v. Gaertringen a. O. 65). Erst die Späteren
erklären die Blindheit für ein Leiden, das die
neidischen Götter gesandt haben, ein Gedanke,
den hernach Aischylos und Sophokles in reinerer
Gottesanschauung zu ändern unternahmen. Ande-
rerseits verwandelte die Sage die ewige Qual in
eine zeitliche. Die vernichtende Wirksamkeit der
hei'ßen Südwinde konnte nur durch die Söhne
des kalten Nordsturmes, die Boreaden, aufgehoben 20
werden. Die jagen ihnen nach und töten sie ;
an der Tötung von Gottheiten, die in alter Zeit
der hellenischen Sage ebensowenig fremd ist
wie der germanischen, nahmen Spätere Anstoß;
man sagte, die H. hätten sich schließlich, als sie
am Rande des Okeanos angelangt seien, auf
schwimmende Inseln gerettet, wo sie sich ver-
borgen hielten bis zum Abzüge der Boreaden,
d. h. bis der Wind wieder umsprang und nach
Norden zurückjagte. Von orgotpädeg mXlm spricht 30
noch die orphisehe Argonautenerzählung 671ff.
Das führte dazu, den Plotai den Inselnamen
Strophaden zu geben (Apoll. Rhod. Argon. II 295ff.
Schol. Apoll. LT 207. Verg. Aen. III 209. Myth.
Vat. I 27. II 142).
Als die Fahrten der Griechen nach Norden
hin sich ausdehnten und die Besiedlung der thra-
kischen Küsten begann, da werden heimkehrende
Schiffer ihren Landsleuten von den Wundern jener
Gegenden erzählt haben ; darunter war auch das 40
Märchen vom alten Seher, den die H. peinigten;
sein Wohnsitz wurde nunmehr an den öden,
steinigen Strand der Propontis verlegt. Wahr-
scheinlich ist es, daß erst hier der Seher den
Namen Phineus (vgl. F i c k - B e c h t e 1 Griech . Pe r-
sonennamen 433) als Eponym der Stadt Phincion
(Steph. Byz.), später Phinopolis erhielt (Strab. VI
319: fort d'ovzog eQ7]/uog alytalog xal Äi&ojdqg.
Ptol. III 11, 4. Mela II 23. Plin. n. h. IV 45.
Steph. Byz.). Die neuerdings gegebene Zusammen- 50
Stellung des Wortes Phineus mit div- ist meines
Erachtens abzuweisen. (Man will doch nicht etwa
den dorischen Begründern von Phineion zumuten,
daß sie den Namen ihres angeblichen Gottes und
der nach ihm benannten Stadt mit dem äolischen
Vertreter der labialisicrten Gutturalis vor hellem
Vokale im Anlaute versahen. Außerdem besteht
Verdacht, daß $iv- mit alter dentaler Aspirata
beginnt). Als die Gegenden am Pontos bereits
genügend bekannt waren, läßt die geographische 60
Weisheit der yfjg Tisgiodog, die eine alte Ent-
rückungssage voraussetzt, den Phineus von den
H. zu den Galaktophagen nach Skythien entführt
werden. Nach dem Angeführten gewinnen wir das
eine Sagenzentrum, das ins Gebiet der Kolonisten
von Phineion, d. h. wahrscheinlich ins Megarische
zu verlegen ist. Da die MegarenseT die Lokali-
sierung der Phineuasage an der Küste der Pro-
pontis, die von ihren Stammesgenossen damals
besiedelt wurde, vornahmen, so mußte die Ver-
folgung der H. bis zur südlichsten Grenze des
ägäischen Meeres vor sich gegangen sein, also biß
Kreta. Hier sollen sich die H. in einer Höhle
unter dem Arginoeishügel verborgen haben (vgl.
auch Maaß Gott Gel. Anz. 1890, 379, 2). Es wäre
nicht ganz ausgeschlossen, daß man in alter Zeit
dort auch Gräber der H. gezeigt hätte. Eine
andere Sagenversion scheint am Korinthischen
Meerbusen ihren Sitz zu haben. Wir haben es
hier mit- mittelgriechischer (wohl ätolischer) Sage
zu tun, wie sie später vielfach in den Hesiodei-
schen Katalogen ihren Niederschlag gefunden hat.
Für diese ergibt sich durchaus ungezwungen, daß
die H. bis zu den Strophaden fliehen. Die Jagd
geht an Kephallenia vorbei, auf deren Berg Ainos
(im Süden der Insel) der Zeus Ainesios ein Heilig-
tum hatte (Kleon im Periplus und Timosthenes
in seinem Buche über die Häfen, Schol. Apoll.
Rhod. Argon. II 297. Eine Münze von Pronnol
aus dem 4. Jhdt. zeigt den Kopf des Zeus Aine-
sios, He ad HN 358). Nicht weit von jener Insel
liegen die EcMnaden "HfaSog ävxa Hom. II. II
626, die Apollod. 19, 21, 7 wohl nicht nur auf
Grund einer bloßen Verwechslung anführt. Wenn
dem so ist, setzt ihre Erwähnung sicher recht
altes Sagengut voraus, da der Name mit keiner
etymologischen Spielerei verbunden ist. Die Phi-
neuserzählung und damit überhaupt die Boreaden
werden mit der Argonautensage in der Argolis
oder besser auf einer der dorischen Inseln (dort
hat z. B. auf Thera Boreas Kult, IG XII 3, 357,
vgl. Hiller v. Gaertringen a. O.) verbunden
worden sein, und es ist möglich, daß erst hier
Elektra, die bei Hesiod allerdings die böotische
Heroine ist, den H. zur Mutter gegeben wurde.
Diese als Kinder der auf Rhodos verehrten Sonnen-
tochter Alektrona zu denken, wäre nicht unpassend
(vgl. v. Wilamowitz Herrn. XIV 458). Wohl
erst durch die Aufnahme des Thrakers Phineus
in den Sagenkreis der Argolis ist die Zusammen-
stellung mit dem Arkader Phineus hervorgegangen,
der in den Kreis des Mykeniers Perseus einge-
ordnet ist; Anknüpfungspunkte hierfür ergaben
sich nicht nur durch die Namensgleichheit, son-
dern auch durch die Beziehung zwischen Gor-
gonen und H. und der Ähnlichkeit dieser wieder
mit den stymphalischen Vögeln (vgl. Myth. Vat.
1111.1116,25. Hiller v. Gaertringen a. 0.69).
In Arkadien spielt die Sage von Phineus und den H.
nach Serv. Aen. III 209; vgl. Myth. Vat. 1 27. 111.
II 13. 142. III 5, 5f. Lact. Plac. Theb. VHI 255.
Die Verlegung der Strophaden ins sicilische Meer
wird man bei den sicilischen oder unteritalischen
Lyrikern finden. Durch spätere Lokalsage kam die
H. hinein, die sich in den Harpys stürzt. Der
Name Harpys .der alles mit sich fortreißende*
kann sehr gut noch in historischer Zeit für einen
Fluß im Peloponnes in Gebrauch gewesen sein.
Er ist natürlich nicht erst aus der Verbindung
mit dem Namen H. entstanden (Ag^vg heißt z.
B. auch Eros bei Parthenios, frg. 9 und Hesych).
Bei den Tragikern scheint schließlich noch Ein-
fluß der Sagenwelt Milets vorzuliegen, denn dort
mag Eidothea, Phineus Gemahlin, die auch Eury-
tia (d. h. Tochter des Eurytos) genannt wird,
heimisch sein (vgl. hierzu Eobert bei Hiller
2481
Harra
uaruspices
24&£
v. Gaertringen 70, 257); das Motiv der Ver-
wandtschaft der Boreaden mit Phineus' Gattin
stammt wohl aus der attischen Version des 5.
Jhdts. (vgl. Hiller v. Gaertringen 58). Doch
ist eine ganz zuverlässige Entscheidung bei alle-
dem nicht möglich, wie auch die meisten unter
nr. 6 vorgetragenen Dinge höchstens Wahrschein-
lichkeit, aher keine Sicherheit für sich beanspruchen
dürfen. Über dieH. im allgemeinen vgl. Prell er-
der allgemeinen Annahme zu der Sippe^ gr. x°qH
Darm, aisl. gorn Darm, gatrnar pl. Eingeweide,
ai. hirä Ader, lat. hira Darm. Schwierigkeit
macht das u und Verdacht erregt die wechselnde
Schreibung des Wortes in den Inschriften. Man
hat deshalb gemeint, daß das Wort oder sein
erster Teil ein Fremdwort sei. Die Herleitung
aus dem angeblichen chaldäischen Wort für Leber
HAB, die A. Boi ssier zuerst aufgestellt, aber
Robert Griech. Myth. Berard im Dictionnairc 10 selbst zurückgenommen hat, muß jetzt ganz auf-
i ■ . .. /t\ 1 Ci„„1* \ 1 J™ J„ JZ~ T TTAT3 „äTK„
d. ant. grecques et romaines (Daremberg-Saglio)
V I3ff. Gruppe Griech. Myth. und in Boschers
Myth. Lex. die Artikel von Enge lmann Harpyien
I 2, 1842ff. und von Jessen Phineus III 2, 2357ff.
2) "A^nvia heißt ein Hund des Aktaion in
Aischylos' Toxotides (frg. 245 Sidgwick), ebenso
nach Ovid. nietam. III 215. Hygin. fab. 181.
3) "Anjivta heißt eine Stadt im Lande dcrEnche-
leer, d.i. Illyrien, nach Steph. Byz. Ihr Be-
gegeben werden, da die Lesung HAB völlig un-
bewiesen ist (s. Jastrow Ztschr. f. Assyriologie
XX 1906, 105). Ebenso verfehlt ist aber der
Versuch, das auffallende w in haruspex aus dem
Etruskischen zu erklären, da wir oben festgestellt
haben, daß die etruskische Form des Wortes
liarispex ist. Pokrowskij Bh. Mus. 1906, 187
weist darauf hin, daß die ä- Stämme in Zusammen-
setzungen auch auf -Ö enden (Brugmann Grandr.
wohncr: "AQnvirJTqs Polyb. bei Stcph. Byz. Hero- 20 II 24) und erklärt haruspex ans häro-spex, hari-
dian I 281 Lentz. f Sittig.
Harra. Auf einem Grenzstein bei Chursunlu,
östlich vom Nordosten de des Akschehir Göl (R.
Kiepert Karte von Kleinasien C III) steht:
"Oqoi gvv ■&£({> pjpi'wi' "Aqocov (oder "Aqqcov*}))
zwischen Chursunlu und Harranlar liegen Buinen,
die für H. in Anspruch genommen werden können,
Anderson Journ. hell. Stud. XIX 293. [Buge.]
Harran s. Karr ha i.
spex als eine selbständige Bildung neben der alten
Form haruspßx nach Komposita mit % am Ende
des ersten Teils, z, B. extispex (vgl. Jordan
Hermes VII 193). Nach den Inschriften zu ur-
teilen ist jedoch die Nebenform harispex nebst
ihren Varianten arispex , haryspex, ar(r)espex
eher auf die Rechnung der Etrnsker zu schreiben,
bei denen das Wort ein Fremdwort war. In der
lateinischen Literatur ist harispex nie eine leben-
Harsiesis, Sohn des Peteharsemtheus , wohl 30 dige Form gewesen. Auch das h sitzt in dem
der Stellvertreter des Vorstehers des berühmten
Horustempels zu Edfu im J. 224/3 v. Chr., Spie-
gclberg Dem. P. Eleph. 5 = Bubensohn P.
Eleph. 26. [Walter Otto.]
Harudes s. Charudes.
Harnspiees. *) gl. Die überlieferten
Formen. In der Literatur besonders der klassi-
schen Zeit ist die Form haruspex unendlich
häufiger als aruspex (bis Varro 16 : 6, von Cicero
Worte so fest, daß der Versuch O. Kellers, es
durch volksetymologische Anlehnung an ieqooxo-
tzoc zu erklären, nichts für sich hat.
§ 3. Das etruskische Wort für haruspex ist
enthalten in der Bilingue von Pisaurum, CIL XI
6363 [L(arsj Cajfatius L(artis) f. Ste(llatina)
haruspe \ fulguriator ; etrusk. Cafates I/r. Lr.
nets'vis trutnvt frontat (s. Deeckc Etr. Forsch,
u. Stud. V 32). Den zwei lateinischen Worten
bis Clandianus 206 : 17 ; nur bei Propertius (2 mal) 40 haruspex fulguriator entsprechen hier drei etru-
und Val. Maximus (8 mal) ist die Form ohne h
durchgehend überliefert), die Form harispex da-
gegen nur ganz sporadisch (Terent. Phorm. 709
nach cod. Bemb. Fest. M. p. 229 Th. p. 284.
Gramm. Lat. VII, Velius Longus 73, 9 und 10
arispex ab ari[u]ga, quae es[se]t Iwstia, non
aruspex. In Plin. n. h. XXXII 23 ist harnspices
zu schreiben, da bei ihm sonst überall (11 mal)
skische. Aber nets'vis, das zuerst steht und in
der Inschrift Fahre tti 560 ter h, t. XXX nae.
eleu | pednal \ netsvis (s. De ecke a. a. O.) der
einzige Titel ist, muß gewiß der dem haruspex
entsprechende Haupttitel sein. Auf einem Skara-
bäus (Furtwängler Gemmen Taf. XIX 8) liest
man neben einem Opferschauer, der exta in der
Linken hält, die etruskische Beischrift natis,
wohl mit dem ersten Teil des nets'vis identisch
haruspex überliefert ist). In den Inschriften sind
die Tonnen mit h mehr als sechsmal häufiger als 50 oder wenigstens verwandt (Bugge Bezz. Beitr.
32: 10 nämlich CIL II 898. 4311. V XI 1886, 30). Über mts Garn. 799 s. Torp Etr.
die ohne k (62 :
5704. VI 32 439. 2166. X 3680f. XI 3382. 2295f.),
aher die Formen mit u nur wenig häufiger als
die mit i {y oder e). Dabei ist aber besonders zu
bemerken, daß harispex (event. arispex, haryspex,
arrespex) die Hauptform in Etrurien ist (CIL XI
633. 1850. 2305. 2345. 2385. 3158. 3390. 7131.
7137; harysp. XI 1355, arisp. 3382, arresp.
2295f.; dagegen haruspjex nur XI 2952. 4194
Beitr. II 111. Frontac, wahrscheinlich Lehnwort
aus dem Oskischen {vgl. die osk. Inschr. Fahre tti
28. 79 t. LV tanas numerus: f runter , etwa
ßgovzooxojnjg), ist fulguriator. Zur Deutung des
trutnvt, das nur hier vorkommt, verdient ange-
führt zu werden die Inschrift von Iguvium CIL XI
5824 L. Veturius \ Bufio \ [ajvispex extispicus
- / -~~ i [sac]erdos publieus j [e]t primtus, aus der her-
mii'C Imnispex die "regelmäßige Form in Rom 60 vorgeht, daß bei den Umbrern die Aufsicht über
und den außeritalischen Besitzungen, während im * — : ~~ ™ J v - 4 - ^ ~"*" 1 ^«*« ls "" ™ »»"
übrigen Italien die Formen mit u und * ab-
wechseln.
§2. Etymologie. Haruspex gehört nach
*) Die Abkürzung Thulin E.D. bezieht sich
auf meine Arbeit: Die etruskische Disciplin I-III,
Göteborgs Högskolas Äxsakrift 1905. 1906. 1909.
Auspicia und Exta bei einem Priester lag, wie bei
den etruskischen H.. während den römischen
Augurn nur die Auspicia oblagen. Ein Titel wie
sacerdos würde gut passen für die weite Berugnia
des etruskischen Priesters (vgL CIL X S680f.).
Lydns de ost. a 2, 8 A nennt unter seinen etruski-
schen Quellen Ta&ronl w *$ #wws«feH> . . . {xai
Ka}xbwvt fegä (Torp Ute, Bei*& H 41 übeMötzt
^433
Hafuspices
wie De ecke etruskisches tnet mit saeer). Die
faliskische Form soll nach Deecke haraefnja
sein, CIL XI 3159 HARAC\ I ACVBAT (auf
zwei Ziegeln). Es liegt nahe , das Wort frontac
(s. o.) zu vergleichen, und, da der in 3159 er-
wähnte C. Clipmrim M, /". Sohn des M. G[U]-
pmrio , . karispfex] in 3158 ist, karaena als
,Sohn des hara& zu deuten. Aber freilich ist
diese Suffixbildung bis jetzt nur bei Nomina be-
legt, und die Lesung selbst steht nicht fest (das 10
Original ist verloren).
§ 4. Geschichte der Haruspices. A. Die
Königszeit und die Zeit der Republik.
Die H. kennen wir nur, insofern sie in Beziehungen
zu Rom getreten sind. Diese Beziehungen aber
gehen naturgemäß in die graue Vorzeit zurück,
die etruskische Zeit Roms , für die die Worte
Livius' I 56, 4 itaque cum ad publica prodigia
Etrusei tantum vates adhiber&ntur sehr glaub-
lich klingen. Sein Zeugnis IX 36, 3 habeo am- 20
tores, vulgo tum Romanos pu&ros 7 sicut nune
Graeeis, ita Etruscis liiteris erudiri solitos hat
besonders Furtwängler Gemmen III 269 gegen
grundlosen Zweifel verteidigt: ,etruskisch lernten
die Römer damals, um höherer Bildung teilhaftig
zu werden'. Die Hauptträger der griechisch-
etruskischen Kultur aber waren die Priester, deren
heilige Bücher auf fast alle Verhältnisse des
Staats- und Privatlehens Bezugnahmen. Die Lite-
ratur war hauptsächlich sakral. 30
Die griechische Kultur fand zuerst den Weg
nach Rom über Etrurien, ehe die direkten Ver-
bindungen anfingen, die dem etruskischen Einfluß
starken Abbruch machten. ,Das Griechische, sagt
Furtwängler Gemmen III 270, stand zunächst,
wie es scheint, in engerem Verhältnis zu der
plebeischen Bevölkerung und wuchs mit dieser
an Macht, während die altrömisch-patrizische Re-
ligion mit dem Etruskischen näher zusammen-
hing.' Auf dem sakralen Gebiet überlieferten 40
die Sibyllinischen Bücher zuerst unmittelbar die
griechische Lehre, und in den ersten Jahrhunder-
ten der Republik wurden sie öfter als die H.
offiziell zu Rat gezogen. Aber vom zweiten Puni-
schen Krieg an, der Zeit der größten nationalen
Erregung, war das Ansehen der H. in Rom in
stetem Steigeil, so daß sie schon im 2. Jhdt. v. Chr.
fast ebenso häufig wie die Sibyllinischen Bücher
(16:22), im ersten fast ausschließlich (12:5)
über die Staatsprodigien befragt wurden, wie es im 50
Gesetzvorschlag Cicero s zu klarem Ausdruck kommt
(de leg, n 21 prodigia portenta ad Etruscos haru-
spices [et ar. Hs.], si senatus iussit, deferunto). Ein
gutes Zeugnis gab ihnen im J. 186 v. Chr. der
Consul Postumius in seiner Rede über die Unter-
drückung des griechischen Kultus der Bacchana-
lien, obgleich diese von Etrurien nach Rom ge-
kommen waren: in zahllosen Fällen, sagte er,
hätten sie neben den Pontifices und dem römi-
schen Senat die nationale Religion gegen das 60
Eindringen fremder Kulte geschützt (Liv. XXXIX
16, 7). Wie stark ihre Macht über die Ge-
müter der Römer im 2. Jhdt. v. Chr. war, erhellt
am besten aus Obseq. 18 (152 v. Chr.) turbinis
vi in campo columna ante aedern lovis deeussa
cum signo aurato, cumque aruspiees respondis-
sent magistratmim et sacerdotum interitum fore,
omnes magistratufs] se protmus abdieaoemmt.
Fwüy-Wlraowft-Knrfl TU
Haruspicea
Wenn sie aber absichtlich falsche Antworten
gaben, so drohte ihnen der Tod (Gell. IV 5, 5).
Der römische Senat sorgte auch selbst dafür, daß
das Ansehen der etruskischen H. nicht sank, in-
dem er Söhne der vornehmsten Männer in den
12 Etruskerstädten dazu bewog, sich ihrer Kunst
zu widmen (Cic. div. I 92).
Besonders die Aristokraten in Rom standen
immeT in naher Beziehung zu den H. r die oft in
ihren Antworten ihre der Demokratie wie auch
der Königsherrschaft feindliche Gesinnung zum
Vorschein kommen ließen (Cic. har. resp. unten
§ 40). Die Gründung der Kolonie des C. Grac-
chus auf dem Grund Karthagos suchten sie im
J. 121 v. Chr. zu verhindern (Appian. bell. civ.
I 24, 105), gleichfalls im J. 99 das Ackergesetz
des Volkstribunen Sex. Titius (Obseq. 46), im
J. 84 die von Cinna geleiteten Komitien (Appian.
bell. civ. I 78, 359). Octavius warnten sie im
J. 87 vor Marius (Appian. bell. civ. I 71, 326),
Cicero standen sie gegen Catilina bei (Cat. Cat.
III 19f. Obseq. 61). Andererseits bekämpften
sie eifrig die drohende Alleinherrschaft sowohl
Sullas, der Etrurien den Todesstoß gab, wie Cae-
sars und Augustus (Plut. Sulla 7. Cic. div. II 52.
Serv. Buc. 9, 46. Appian. bell. civ. IV 4, 15).
Die Feldherren und die Provinzstatthalter
hatten H. in ihrem Stab als Eingeweideschauer
und Deuter der Ostenta (Liv. VIII 9, 1 Decius
340 v. Chr. ; XXHI 36, 10 Fabius 215 v. Chr. ;
XXV 16, 3 T. Sempron. Gracchus 212 v. Chr.;
XXVH 16, 15 Fabius 209 v. Chr.; XXVH 26, 14
= Plin. XI 189 Marcellus 208 v. Chr. Medioum
haruspic&m praeconem. erwähnt Cicero in Verr.
II 27. 33. III 28, 54. 137 als einflußreiche Leute
im Gefolge des Verres). Sulla (Cic. div. I 72
Postumius) und Caesar (div. I 119. Val. Max.
VLTC 11,2. Suet. Caes. 81 Spurinna) hatten
eigene Leib-H. , eine nach dem oben Gesagten
leicht erklärliche Vorsichtsmaßregel. Der summus
haruspex, der nach Cic. div. LT 52 Caesar den
verderblichen Rat gab, nicht sogleich nach Afrika
zu gehen, war gewiß nicht sein Spurinna. Diesen
hatte er sogar in den Senat aufzunehmen gewagt,
was Cicero verurteilt (ad fam. VI 18).
Mit dem Bundesgenossenkriege hatte Etrurien
für immer seine politische Rolle ausgespielt, und
ein Jahrhundert nachher war sogar seine Sprache
ausgestorben (Skutsch s. Art. Etruskische
Sprache o. Bd. VI S. 780 § 8 meint mit Unrecht,
daß die H. noch zur Zeit des Iulianus ihre Ritual-
bücher etruskisch gelesen haben. Ammian. Marc.
XXV 2, 7 bezeugt im Gegenteil ausdrücklich, daß
sie den libri Tarquitiani, d. h. der lateinischen
Übersetzung folgten). Aber erst in jener Zeit
tritt die etruskische Disziplin in die römische
Literatur ein. M. Tarquitius Priscus, der die
heiligen Bücher ins Lateinische übersetzt«, scheint
ein älterer Zeitgenosse Varros gewesen zu sein,
Nigidius und Varro übermittelten die Kenntnis
der Disziplin weiteren Kreisen. Der Etrusker
Caecina, der Freund Ciceros und Schüler des Po-
seidonios. behandelte die Blitzlehre wissenschaft-
lich. Und sogar in die griechische Literatur drang
das Etruskische ein (Staseas, Attalus, Arrianns
s. u. §§ 16. 39).
B. Die Kaiserzeit. Augustus, der sich
gegen Blitze durch ein Seekalbsfell zu schützen
77
2485
Haruspices
Haruspices
2436
«lichte und auf Ostenta sehr achtete (Suet. Aug.
90. 92), folgte gewiß gern dem Bat des Maecenas,
einige H. selbst zu ernennen (Cass. Bio LH 36, 3).
"Über h. Imperatoris, Augusti, Augustorum s. § 7.
Nach Anweisung der H. (Suet. Aug. 20) erbaute
er den palatinischen Tempel, in dem nach dem
Zeugnis des Servius Aen. VI 72 nunmehr auch
die etruskischen Bücher wenigstens teilweise mit
den Sibyllinischen zusammen aufbewahrt wurden
ganz beherrscht zu haben scheinen. Plinius d. J.
erzählt, daß zur Zeit Neros der verhaßte Angeber
Regulus immer die H. über den Ausgang der
Prozesse befragte {Plin. ep. VI 2, 2), und Plinius
d. Ä. sagt n. h. VIII 102 föbris extisque, circa
quod magna mortalium portio hae ret Das-
selbe bezeugt im 3. Jhdt. Herodian Vlll 3, 7.
Die Scriptores hist. Aug. lassen erkennen, daß
man häufig die H. über die Omina und Prodi-
(libri Begoes nympkae, quae artem scripserat 10 gia imperii befragte. Wie tief die etruskische
fulguritarum [1. fulgurzatorum nach CIL XI 6363]
apiid Tuscos). Aber er erließ ein Verbot, die
H. über den Tod jemands zu befragen (Cass. Dio
LVI 25). Dies ist die erste uns bekannte Ver-
ordnung gegen die H. Tiberius ging auf diesem
Wege weiter, wenn er den Bürgern untersagte, die
H. ohne Zeugen zu befragen (Suet. Tib. 63), ( ein
Verbot, das über die Verbreitung jener Sitte keinen
Zweifel läßt. Claudius dagegen, der Etrusker-
Disziplin in den Vorstellungen des Volkes wur-
zelte, lehren uns aber am besten die Schriften
der christlichen Schriftsteller (Tertullian, Arno-
bius, Lactantius, Augustinus), die sie als einen
gefürchteten Nebenbuhler des Christentums mit
bitterem Ernst bekämpften , und besonders die
Verfolgungen der christlichen Kaiser.
Die Verfolgung der H. wurde im J. 319 Tom
Kaiser Constantin durch eine rigorose Verordnung
forscher und Etruskerfreuiid ," suchte die Lehre 20 eingeleitet; die H., die die Schwelle eines Bürger-
und Institution der H. durch Eingreifen von
staatswegen zu reformieren und aufrecht zu halten ;
der Senat beschloß auf seinen Antrag hin, den
Pontifices eine Kevision der etruskischen Lehre
aufzutragen (Tac. aim. XI 15). So weit war es
also jetzt gekommen, daß die Pontifices, die
Wächter des patrius ritus, die Aufsicht über die
H. erhielten, deren Lehre Claudius selbst als
hauses, sei es auch das eines alten Freundes, be-
treten, sollten verbrannt, die Leute, die sie be-
fragen, deportiert und die Angeber belohnt werden
(Cod. Theod. IX 16, 1). Kurz nachher beschränkte
er jedoch ausdrücklich das Verbot auf private Be-
fragung (sacrifieia domesticä)'. auf den öffent-
lichen Altären und in den Tempeln sei es erlaubt,
zu opfern und dabei die H. zu befragen (ebd. IX
heimisch den fremden (externae super stitiones) 16, 2). Er erneuerte also in der Hauptsache das
gegenüberstellt. Jene Revision war aber gewiß da- 30 Verbot des TiberrHs. Auch die staatliche Be-
mals nötig wegen des weit vorgeschrittenen Syn- fragung ließ er bestehen , indem er die H. als
kretismus zwischen etruskischer Religion.Astrologie Blitzdeuter bei fulgura publica und primta lega-
(Nigidius) und griechischer, besonders stoischer
Philosophie.
Obgleich die Literatur der Kaiserzeit die H.
nicht oft erwähnt, geht dennoch aus einzelnen
Zeugnissen hervor, daß sie sowohl im Staats- wie
im Privatleben eine bedeutende Rolle spielten.
Über die publica fulgura wurden sie, wie es
lisierte (ebd. XVI 10, 1).
Im J. 357 erließ aber Constantius ein allge-
meines Verbot gegen jede Art von Divination
unter Androhung der Todesstrafe (ebd. IX 16, 4).
Kaiser Iulianus aber hob es sogleich auf und
hatte selbst immer H. in seinem Gefolge. Wie
eifrig er sich der Haruspicin widmete, schildert
scheint, immer befragt (Claudius, Tac. ann. XIII 40 lebhaft sein Zeitgenosse Ammianus Marcellinus
24 urbem prineeps lusiravü ex response liaru- (XXI 2, 4. XXII 12, 6f. XXHI 5, 10. XXV _ 4,
spieum, quod Iovis ac Minervae aedes de caelo
taetae erant. luven, sat. 6, 587 atque aliquis
senior qui publica fulgura condit. Cod. Theod.
XVI 10, 1 320 n. Chr. si quid de palatio nostro
out ceteris operibus publicis degmtatum fulgore
esse constiterü, retento more teteris observantiae,
quid portetidat, ab haruspieibus requiratur),
wahrscheinlich auch über monstra (Tac. ann. XV
17. 6, 1). Seine Nachfolger, die wieder das
Christentum begünstigten, erneuerten zwar die
Verordnungen gegen fremde oder verbrecherische
Magie ; aber sie erlaubten ausdrücklich die eigent-
liche Haruspicin (Eingeweideschau), wenn sie nicht
in böser Absicht ausgeübt werde (Cod. Theod.
IX 16, 7f.). Erst der eifrige Zelot Kaiser Theo-
dosius verbot sie wieder ganz und gar im J. 385
47. Phlegon frg. 54). Beim Wiederaufbau des 50 (ebd. XVI 10, 9' und 12).
capitolinischen Heiligtums im J. 70 bestimmten
sie über die Form und das Baumaterial , sowie
auch über die Riten der Grundlegung (Tac. hist.
IV 53). Die Inschriften bezeugen, daß es kaiser-
liche H. (§ 7) und Legions-H. (§ 8) gab. und daß
der ordo haruspicum LX mindestens noch im
3. Jhdt. bestand {% 5). Alexander Severas. der selbst
mit der Disziplin vertraut war, errichtete sogaT
staatlich besoldete Lehrstühle der Haruspicin wie
Nach seinem Tode hören wir den Dichter
Claudianus in Rom die etruskische Weissagekunst
als noch lebendig besingen (in Eutrop. I 11).
Das gehört vielleicht nur zu seinem gelehrten
Apparat. Dagegen traten im J. 408 wirklich
etruskische Blitzbeschwörer in Rom auf, die dem
Bischof Innocentius versprachen, die Stadt gegen
Alarieh durch herabgezauberte Blitze zu schützen
(Zosim. V 41). Ihrer Forderung, die Kunst öffent-
der übrigen praktischen Wissenschaften (Hist. aug. 60 lieh auf dem Forum ausüben zu dürfen , wagte
Alex Sev 27 6. 44. 4 rhetoribus, grammaticis, er jedoch nicht nachzukommen, weshalb sie wieder
- ■ ' - abzogen. Im J. 409 ließ Honorius die Schriften
der Mathematici verbrennen; die Vegonischen
waren wohl schon von Stilicho (Ruifl. Itin. H 51)
mit den Sibyllinischen zusammen verbrannt wor-
pen. Aber die Ausübung der Haruspicin war
nicht au diese Bücher gebunden, und Verbote
gegen sie finden wir noch im 7. Jhdt. n. Chr. (s.
haruspieibus, mathematicis, meehanicis, archi-
tectis salaria instituit et auditoria decrevit et
diseipulos cum annonis pauperum filios modo
ingenuos dari iussit).
Im Privatleben standen die Deutungen der H.
hoch im Kurs, besonders auf dem Gebiete der
(eigentlichen Haruspicin) Eingeweideschan, die sie
2437
Haruspices
Haruspices
2438
Muller Etrusk. II 18, 65). Ein merkwürdiges
Zeugnis dafür, daß das Studium und die Kenntnis
der etruskischen Disziplin noch im 6. Jhdt. nicht
ausgestorben war, gibt uns das Buch des Joh.
Laurentius Lydus ksqi dioonmitov, das viel mehr
Echtes und Wertvolles enthält, als Wach smuth
{Praefatio) gemeint hat.
§ 5. Ordo haruspicum LX. Nach der
Tradition soll die von Tages in Tarquinii offen-
barte Lehre (s. o. Bd. VI S. 725) zuerst von
-den Vornehmsten, den Lucumonen, der zwölf
Staaten aufgezeichnet sein (Cic. div. II 50. Fest.
359 s. Tages, Censor. IV 13 diseiplinam quam
lucumones tum Etruriae potentes exscripserunt.
Comm. Bern. Lucan. I 636 duodeeim prineipum
pueris). Die Lehre* selbst hatte auch ein echt
patrizisches Gepräge, wie schon die häufig vor-
kommenden Worte prineipes, reges, regalia usw.
bezeugen, und war vom Anfang an im Besitz des
Adels, bei dem sie von Vater zu Sohn fortge-
pflanzt wurde (Cic div. I 92, s. u. ; de leg. II 9, 21
Etruria prineipes diseiplinam doceto. Tac. ann.
XI 15 primores Etruriae sponte aut patrum
Romanorum impulsu reiinuisse scientiam et in
famüias propagasse). Noch zur Zeit Ciceros
hatte der Adelige Caecina die Disziplin von seinem
Vater erlernt (Cic. ad fam. VI 6), und die In-
schriften XIV 164 patri et magistro und XIIC
3694 ob memoriam — magistratorum et paren-
tum suorum bezeugen, daß diese Sitte weiter
fortlebte. Neben die offiziellen H. traten aber
Privat-H., die die Ausübung der Kunst zu einem
Gewerbe machten (s. z. B. Cic. div. I 132 vicani
haruspices . . . qui qua-estus causa hariolantur)
und das Ansehen des Berufs herunterzogen (Cic.
div. II 51 Öaio mirari se aiebat quod non ri-
deret haruspex, karuspicem cum vidisset; div.
I 132 Verse des Ennius, 131 des Pacuvius ähn-
lichen Inhalts; vgl. Plaut. Mil. 692 haruspicae.
Aruspex vel pexor rustieus hieß eine Komödie
des Pomponius nach Nonius 516 M. 830, 15 L.).
Als daher die Söhne des Adels zu wenig Neigung
zeigten, sich der Disziplin zu widmen, griff der
römische Senat, dem daran lag, zur offiziellen
Sühnung der Prodigia würdige Vertreter der Dis-
ziplin herbeiziehen zu können, regelnd ein und
verordnete, daß in jedem Staat des etruskischen
Verbands eine bestimmte Zahl junger Adliger
sich für jenen Beruf ausbilden sollte (Cic. div. I 92
quocirca hem apud maiores nostros senatus tum,
cum fiorebat Imperium [ — 2. Jhdt v. Chr.], de-
crevit, ut de prineipum filüs sex singulis Etru-
riae populis in diseiplinam traderentur, ne ars
tanta propter tenuitatem hominum a religionis
auetoritate abdueerentur. Val. Max. I 1,1 ut . .
decem prineipum filii senatus consulto singulis
Etruriae populis pereipiendae saerorum disci-
plinae gratia traderentur. Müller Etrusk. II 4,
13 und Christ schreiben X ex statt sex, Schen-
kel bei Bormann österr. Jahresh. 1899, 134,
5 [se]X, Traube bei Furtwängler Gemmen
Hl 271 A halt sowohl sex bei Cicero wie decem bei
Val Maximns für Konjekturen der Schreiber statt
«iner ausgefallenen Zahl, die vielleicht V gewesen
sei). Damit war der Anfang gemacht zu einer
Organisation und gleichmäßigen Vertretung der
etruskischen zwölf Staaten, ans der zweifellos die
Zahl 60 (5 X 12) des ordo haruspicum LX her-
vorgegangen ist; die Überlieferung erlaubt uns
nur nicht, zu erkennen, ob diese Zahl schon da-
mals fixiert wurde. In seinem Gesetzesvorsehlag
sagt Cicero de leg. II 9, 21 nur kurz: Etruria
prineipes diseiplinam doceto. Sein Ausdruck
summus haruspex (div. II 52) beweist, daß eine
Rangordnung der H. damals bestand. Das erste
sichere Zeugnis des ordo haruspicum LX gibt
eine 1890 vor der Porta Salaria zu Born gefundene
10 Inschrift vom Ende der Eepublik: CIL VI 32439
h. Vinuüeius L. f. Pom. JmcuIIus, arispex ex
sexaginta ... (s. Gatti Bull. com. 1890, 140ff.
Bormann Österr. Jahresh. II 1899, 134). Bor-
mann meint, daß erst Augustus diese Körper
schaff geschaffen habe, da nach Cass. Dio LH
36, 2 der Etrusker Maecenas ihm den Rat gab,
einige H. und Auguren selbst zu ernennen. Das
ist aber nur eine unsichere Vermutung. In der
Literatur wird der Ordo nur einmal berührt,
20 nämlich in der von Tacitus wiedergegebenen Rede
des Kaisers Claudius im Senat über Reformen, die
sich auf das eollegium haruspicum und ihre
Lehre bezogen (Tac. ann. XI 15; s. o.).
Daß diese Körperschaft in Tarquinii, wo nach
der Tradition der Religionsstifter Tages aus der
Erde emporgestiegen war (Cic. div. II 50), ihre
Kasse und also ihr amtliches Zentrum hatte, hat
Bormann a. a. O. 135 aus der Inschrift CIL
XI 3382 ... ex ordine arispicum LX, euraiori
BOareae bis, IUI vir. iure dieundo, [ijtem aedili
. . . erschlossen. Dort sind auch die Reste zweier
analoger Inschriften gefunden worden, die zwei
berühmte Lehrer, den Übersetzer der Disziplin
M. Tarquitius Priscus und einen anderen, dessen
Name fehlt, verherrlichen — und wahrscheinlich
unter ihren Bildnissen im Amtslokal der H. an-
gebracht waren (CIL XI 3370. Bormann a. a.
O. 129ff.).
Der Vorsitzende des Kollegiums hieß magister
40publicus haruspicum (CIL VI 2161 ; wahrschein-
lich ist auch XI 4194 [InteTamna] zu ergänzen
[mag. publ. hjaruspicum LXbis, wo Bormann
[mag. ordinis] vorschlägt) oder auch haruspex
Primarius de LX (Lugdunum XUI 1821). So
verstehe ich auch XIV 164 (Ostia) fdius patri
et magistro, liarp de LX (= Jiaruspici pri-
maria de LX), das Mommsen unrichtig so
interpunktiert und ergänzt: filius patri et magistro
(haruspicum) pfublieo) de LX. In VI 2164f.
50 werden zwei Brüder M." Valerius Quirinus, Satur-
ninus und Bassus, die Kriegstribune der Leg. III
Cyrenaica gewesen waren, harispices maximi ge-
nannt. Auch dieser Ausdruck bezieht sich wohl,
ebenso wie summus haruspex bei Cic. div. II 52,
auf den Präses der Körpers chaft Die Mitglieder
heißen arispex ex sexaginta (VI 32439) , haru-
spex de LX (VI 32275) , ex ordine haruspicum
LX (VI 2162. XI 3382) oder einfach ordinattis
(VI 2166). Viele von den in diesen Inschriften
60 Erwähnten waren angesehene Leute: VI 2161
pontifex und dietator Albanus, XI 3382 IJIIvir
iure dieundo und aeditis in Tarquinii. XI 4194
Uli vir i. d. und Kriegstribun. VI 2164f. Kriegs-
tribune; der arespex ordinatus VI 2166 aber ein-
facher Soldat. Von den 12 Inschriften gehören
8 nach Rom, wo der ordo gewiß seine Wirksam-
keit hauptsächlich entfaltete. Daß er im 3. Jhdt.
n. Chr. ein Amtslokal dort besaß, beweist die
2489
Haruspices
Haruspices
2440
Inschrift VI 2161, die eine Schenkung o(rdini) alters im State der Feldherren und Statthalter
£! f t In+lfalt ( s - °- § 4 A * Knegstnbune und gemeine Sol-
S 6 üTe städtischen Haruspices. Auch daten haben wir schon unter den H. gefunden
die Kolonien und Muni zipien hatten ihre oßtaiel- (CIL VI 2164-2166. XI 4194) Aber als ein
£n h!"4 CIL X 3680f. Misenum. XII militärischer Offizial erscheint der harus(p«c/
3254 Nimcs Xin 3694 haruspices publßei) leg(toms) erst in Inschriften des 3. JMts n. Chr.
^MiTTr{everorum) HI 1114t' Apulum, Da- (VIII 2809. 2586 I. 57 Lambaesis, Numidien, a.
T'tf^T^ae) ss. AttAsötieta Uomaszewski Die ,Relig ion des_ *****
krriana rParenzo) XXIV p. 252 harusp. publ. Westdeutsche Ztschr. XIV 111). Vgl. CIL VLLL
tePomT^ Die Stiftung Iffl 676|T(m5m 10 2567 20 Helvius Calvus Q» Aar. Cas. = Ca*™
harusJcibfus) collleais) d, d. deutet darauf, daß Lambaesitanis) und Pais Suppl. ItaL 39 j ((jalli*
Sfl Sen Der har(uspex) pitblficus) pH- spex. Aurcliaims untersagte seinen Soldaten, den
SrL, IX 1540 war gewißVr Präses des Kol- H. Geld zu geben (Hurt. aug. Aur. 7 8 a medi-
SZ 7 „ ip^ventum «'* araiis curentur, haruspietius nihil dent).
l0gl D?e H ™ n cht" selten in ihren Städten f 9. Liberti als Haruspices. Die etru-
hochbedeutende Männer: V 99 Comum Ullvir skische Religion übte, wie o. § 5 erwähnt, von*
nocnDeaeuienue m^ an der Mel au aber w ganen auch>
cTci Ä l ^Ät ^ d£ :« &««to M er dies Amt .nicht beibehielt sondern der
S.f„ ® V 99 Comum. X 5420 20 römische Senat wiederholt eingreifen mußte, um
sevirolaulni XI G^Faventia. XH3254Nimes ihn dazu anzuhalten. Unter den H der In-
Vllir IZustalisJ; und Vlllviri: IX 4622, s. Schriften erscheinen mjojh. : «mge «^^
o TX 5447 Falerio Picenum Vlllvir gratmtus soweit man sehen kann nur als Privat^.. £iu
U^l/Ä Der pranesÄcbe H. IX 3964 (Alba Pocen.) P fg«« P^ljg-
XIV 2992 war oft**» toter cheurimies, der H. wamjdi« haruspex. 4908 (^^ ^™2'
aus Pola dbm. Dem Mitglied des ordo LX Q. Oaeth Ql Sar. harusp^ XI 13E i5 fl*na£
Oppius Placidus hatte der Senat zu Lyon einen. Die in IX 544/. X ^2° '3 ; , 5- XI 633 erw ahn
-n -u ■ i^„ ^„^o,^ fYTTT ^fi,9.^^ Der har ten H. waren mit Libertmen verneiraten. uiv
SrtÄenl X 368 Ä J^ -d Bestimmung, daß die Staate freigeboren sein
rge^esZldotumereatus. Sogar einen römi- 30 muBter i hielt noch Alexander S™»«*^
schrn Ritter finden wir im 2. Jhdt. in Poitiers, als er Sohne der ] Armen . den ^ 8 "" n ^ H S
XTTC 1131 spicin als Schuler zuwies (Hist. aug. Alex. »ev-
Die Stadtbeamten hatten ihre eigenen besol- 44, 4 pauperum filios m f"%^l\ u& m&
deten H die in der Lex Coloniae Genetivae yoin § 10. Haruspices und ? a ? e ? dot ^ £ ft
J U t Chr (CIL II 5439 Urso, Spanien) an zweit- H. gehörten nicht zu den romischen Priester-
letltr Stelle unter den Bedienten (lictares Mnos, schatten, sondern wurden in der Rege Won Etru-
accensos sina scribas binos, viatores binos, nen jedesmal herbeigerufen wenn der btaat sie
wäbnt werden und weniger Gehalt als die Lic- har% nat, deor. II 11), und der ntus eW
terenb kommen der dc S ö Duumvirs ÄS Ä des40wurde von dem patrius ^.^*«»J"^
Ute ESC (falsch für D). Aus dem Ausdruck Aber das Eingreifen des r T\ sche \^™ ts "g
XI 25M (Tu ana) decurllis haruspex scheint Erhaltung der Disziplin ^«eist am besten daß
hervorzu-ehen daß diese H. wie die übrigen die Römer sie nicht entbehren konnten. Der Em-
geordneten Beamten in Decurien .erteilt ^^^^^
W T7 Die kaiserlichen Haruspices. Dem ganz aufging, andererseits neue ^J^ ^
Beispiel Sullas und Caesars, die eigene H hatten. den Eingang tanden ^f^^ ^ gjtas
folgten die Kaiser, über den Eat des Maecenas A tererbte vertraten ( Ll '- ^^^'^S
s f § 4B. Der H. Galbas war der von Plinius mius 186 v. Chr Tac. ann. X 1 !\ Claudius)
hochgeschätzte Schriftsteller Umbrich« Melier 50 Schließlich als der ^nat anf *en A^ag des
(Suet Galba 19. Tac. hist. I 27, 2. Hin. n. h. Claudius die Disziplin unter ^ntoUeJer
X 19 haruspicum in twstro azvo peritisstmus; Pontihces stellte 1^.^. ^ShnkS
ind auet 1 XI gut de etrusca diseiplina sem- man sagen, offiziell in den staatlichen Kultus
psit). Und die Inschriften bestätigen, daß es aufgenommen unter den
kaiserliche H. gab. die sehr angesehene Leute und Es lallt daher nicht auf, daß man unter aen
wenStens im 3 Jhdt, besoldete Beamten waren H. der Kaiserzeit einen flamen Martwlis findet,
rvTlier 2™63 2715. X 472U Ein adiutor CIL XTV^ 4178c (Lanuvium oder Ancia) ja: m
Zruspicum imperatoris war nach VI 2168 selbst 3. Jhdt. sogar einen P?^Yl 2161 Häufiger
XiJier Kitte? und pontifex Albanus. Der X aber ^"^ÄS
4721 erwähnte ka^pex Augfati) nfostry L- 60 und zwar oft außerhalb ^ ^ fW*J^
Vibius Portunatus war zugleich magister a studus jf^us XIV ^J^^nJ ^%\1^
L. Fonteius Flavianus VI 2161 war sogar ■ ponfa X 3680f. C™™g^™" w y h fä ( 5San ft)
fex und dietator Mbanus. Dem ordo XL ge- ex .9 er ^f^^Z^l^Jb») -Z> e^zi
Ute er sowie anch der in VI 216B erwähnte ^^^^^^dSt ^uTi^e^^
*Tt Ü5 ion.baruBpices. H. waren B eit JQ». V WB (Ai) — MF« A^
*««««. in Ul4f. (Apulum, Dacien) [SM injvißto sedtmm parte* cwlttm tn ™W e ^J™V*™_
Äto^ torf. LX 1540 (Beneventum) Mm «orfttm» semnd* ad mwidwm tertmad
wntemZiG Liberali, har. publ. primaria reliquum est ab ooeasu ad septerdriones. Has
t IT DieHaruspices Etrusker? Die in Herum in quaternas diwsere parHs , ex quibm
4erLiterat£ erwklmten H. (a. Thulin E.D. III oeto ab exortu **"%*'»*> f^*^?™
iMVtragT alle gut etruskische oder in Etnirien appellamredextras die Deutung Körtes Böm.
iSute Namen sogar noch der haruspicinae Mitt. XX 360, 1 (oeto ab exortu = octoab ex-
trü^Apruneulis Gallus im Gefolge des Iulia- 10 orte ad oeeasum) ist meine ich, spachheb nj-
P Zl Timm an Marc. XII 1, 2 ; vgl. apruntial möglich und wd durch die vorhergehenden Vv orte
CTE 3834T Es St gar kein Zweifel, daß mit Plin. II 142 laeva prospera wsHmattiur qmn,am
^rinSmm ftlU bei Cic div. I 92 und Val. Max. Iowa parte mundi ortus widerlegt). Ostblitze
{ TSrnsÄe AÄ gemeint sind, wie Cicero waren also Glücksblitze die westlichen brachten
L den Sto anBdTüeHich sagt fem pr^ Unglück, aber je nördlicher sie waren fd« Norden
3i« AmpKm»» rfo«to. Aber'da es unter den war ja Wohnung der Gotter) um «^edeotan^
^ 3 ._-»■-•„- :+ ™'„ n . «nanWaiW T7wM , Mln.RHfiTifl voller erschienen sie (vgl- berv. Aon. 11 t»_yd
^S^'T^Xia^ (Fun. n HB«- dg-, g«
au die Namen der H in den Inschriften dieser septentrionem ab ooeasu attvigunt), die gluck-
et w rd dasTelbe beweisen (s. Thulin E.D. HI lichsten die vom Nordosten (144 cum a pnma
155f. . Als Severus den Professoren der Haru- caeli parte venera et m ^« J
spicin Söhne der Armen als Schüler anwies, war summa feheitas portenditur^ quäle SuUae die-
keine Rede davon, daß sie Etrusker sein mußten. tatori ostmtum datum accepitnus) Die H be-
Zur Z^ des lulianus herrschte völlige Freiheit obachteten deshalb genau di» ^^8 J^»
Ommian Marc XXII 12 7 J. 362: et quisque, nicht nur des kommenden, sondern auch des zu-
^^r^äi^^: s*«**™ «*$*Ä4 rücklaufenden BUtzes (Hin. ™J^J^-
prof^Js . ?. sine M e »el praesUtutis ord^ ^ = .^^ Z?£äF^^
Die Lehre: diseiplina Etrusca. reditus, sive ab ietu resüÜ ignis sive apere emi~
S 12. Da ich oben Bd. VI S. 727 eine kurze fecto aut igne consumpto Spiritus remeat-, vgl.
I I i b r i f u durales jm terra quogue arbitratur quae infera appel-
S 13 Die Blitzbücher enthalten die Lehre tat . . . omnia e superiore caelo deeidmUa obh-
von der Erforschung und Deutung, der Sühnung quos habent ietus, haee auten \^J°P a '* i £:
und Beschwörung der Blitze; die Überlegenheit 40 r^a rectos). Wenn wir nun diese echt etru ki_
de Etmsker in dieser Kunst wird oft hervorge- sehen T^hren (*^ ./f»^; n ^ to f«^f
hoben (Cic. div. I 92 Etruria autem de eaeh reeti) etwas ™°J^ert bei Aman™ Stob Plo^
taeta scientissume animadvertü. Sen. nat. quaest I p. 238 wiederfanden t s - R T . h ^^^^5i
II 32 Dionys IX 6, 4). Unsere Kenntnis davon so ist damit bewiesen, daß Arnanus Etruskisches
erdanken w^r besonde s den Darstellungen Sene- aufgenommen hat. Entweder hat er denPImiua
■a, nät ouTest^ II 31-41 und Plinius' n. h. II selbst oder eine ihnen gemeinsame Quelle benutzt
137-l^^rimnpteacbUch auf dem Werk des Dieser Arrianus kann also sehr gut der bekannt
Etruskers' Caecina des Zeitgenossen Ciceros, Schriftsteller sein (s. y. Wilamowitz Hermes
^%^1^^ V ^^^^^ Di« » Blitzgotter und die 11
SSÄ ^Tonitruale Kigidii bei Job Manubien Auf ^«*^£*^
|dus de ost. c. 47 52, 26^38 steckt sicher viel ™^^™«*^ t tlcÄTt
^ U Die Himmelsregionen und die den Blitz gesandt hatte. Es gab nämlich neun
Blitzgötter. Die H. teilten "den Himmel wegen Götter die Blitze werfen durften (Plm n h H
der BlLchau in 16 Regionen, während die Römer 138). Der Blitzgott vor allen war jed «* J«ft£
nur 4 unterschieden (Cic. div. II 42. Serv. Aen. luppiter der aus aUen Region^ «meBhtae
VIII 427)- 16 sind auch die Randregionen der sandte (berr. Aen. Y1SI 427. X In. Mart. Lap
Bronzeleber von Piacenza (Körte Rom* Mitt. XX I 46 ut est in ommbm) aber besonders , to
348-379), und in 16 Himmelsregionen wohnen 60 Regionen im Norden besaß, wo wir in sowohl
die Götter nach Martianus Capeila I 41-61 (s. bei Martianus Capella als auch auf der ^ Bronze
Religionsgesch. Versuche und .Vorarbeiten III: 1 finden (in den Randregionen der Bronze 7 .und
Thulin Die Götter des Hart Cap. u. der Bronze- 8 tin in der angrenzenden I^nregion 1 8 tuu»
leber von Pi«.); zu der Zahl 16 s. Thulin a. a. bei Körte Rom. Mitt XX 355 bezw. . Beg. .15.
O 69 1 Jastrow ReUg. Babyloniens H 406, 3 16 und 1' nach Deecke. Bei Mart Cap. 145
gerade 10 eine häufig erwähnte Zahl in Leber- -47 in der, 3 ersten Regionen; vgl. Ps.-Acro
lhanberichten*. Daß diese Einteilung gegen Süden Hör. carm. I 12, 19 seeundum ^™P™™*V*>
«rentiert war, bezeugt Plinius n. h. U 143: « vd disputattones, gm Jovem pnmam seeundam
Z44ö naruspices
et terttam partem caeti solum toahmt in fulmi-
nibtts tenere. Daß die Berechnung im Norden
anfängt, sahen wir oben aus Plin. II 143).
Iuppiter hatte aber auch drei Blitzarten oder
Btanubien (Serv. Aen. I 42 in libris Etruseorum
lectum est iaetus fulminum manubias dici.
Plin. II 138 Jovem trina ia&alari). a) Die erste,
die er nach eigenem Beschluß schleuderte, war
mild und warnend (Sen. nat. quaest. II 41 monet
et placata est), h) Seine zweite Manubie r über
die er erst seinen Rat, die Zwölfgötter oder di
Consentes (Cbmplices) hören mußte, kam mit
drohendem Donner und zersplitternder Kraft und
war immer gefährlich (Sen. nat. quaest. II 41
seeundam mittit quidem Iuppiter sed ex eonsilii
sententta, duodeeim enim deos advoccä; — ne
prodest quidem impune. Fest. 129 alterae quae
maiores sint ae veniant cum fragore diseutiant-
que). Diese di Consentes entsprechen den zwölf
&soi ßovXaToi der Ägypter, den Tierkrcisbüdern,
die im römischen Bauernkalender als sechs Götter-
paare erscheinen, von denen gleichzeitig der Gott
untergeht, die Göttin heraufkommt und umge-
kehrt (Boll Sphaera 478. Yarro bei Arnob. a.
n. DI 40 kos Consentes et Complices Etru-sci —
nominani quod una oriantur et oeeidant una 7
sex mares et totidem feminas, nominibus ignotis
et miserationis paroissimae). Marti an I 41 nennt
sie senatores deorum , qui Penates ferebantur
Tonantis ipsius (vgl. Arnob. III 40 penates lovis
nach Nigidius) und stellt sie in die erste Kegion
neben Iuppiter.
c) Die dritte, durch Feuer verheerende und
alles umgestaltende Manubie durfte er nur im
Einverständnis mit den verhüllten hohen Gott-
heiten, den Moiren der Etrusker, aussenden (Sen,
nat. quaest. II 41, 2 tertiam manubiam idem
Iuppiter mittit sed adhibüis in consilium diis
quos superiores et involutos vocant, quin vastat
in quae ineidit et utique mittat statum priva-
tum et publicum quem invenit: ignis enim
nihil esse quod fuit patitur).
Von den übrigen 8 Blitzgöttern, die je eine
Manubie hatten, kennen wir nur uni-lmxo, menrva--
Minerva, s'e#&m$-Vulcanus (Serv. Aen. I 42),
maris-Maxs und sofr-es-Saturnus (Plin. n. h. II
139. Serv. Aen. VIII 429). Die Blitze Iuppiters
waren blutrot (Ps.-Acro Hör. carm. I 2, 1 — 4
lunonis (so lese ich statt omnes) manubiae albae
et nigrae pallida coruscatione esse dieuntur,
lovis rubra et sanguinca), die der Iuno blaß und
regenbringend (Serv. Aen. I 42 cum nubes suae
sint. VIII 429), die des Mars rötlich (Serv. Aen.
Vm 429) und zündend (Plin. II 139), die der
Minerva sturmbringend (Serv. Aen. XI 259).
Saturnus sandte die fürchterlichen Winterblitze
(Plin. H 138f. infera, s. o. ; der Ausdruck a Sa-
turni sidere deutet auf astrologische Umdeutung
der etruskischen Lehre).
§ 16. Blitzarten. 1. Nach der Stärke und
Wirkung des Blitzschlages unterschied man nach
Sen. nat. quaest. II 40 drei Arten : a) genus quod
terebrat, der wunderbare, schnell hindurchdringende
Blitz, der das Innere traf, ohne die Außenteile
zu beschädigen {= Plin. n. h. II 137 quod darum
voeant. Serv. Aen. II 649 quod afflat. Sen. nat
quaest II 31. 53); b) genus quod dissipat, der
zerschmetternde Blitz, der mit heftigem Donner
naruspices
Ü44*
und Sturm verbunden war (= Serv. Aen. II 649
quod findit.TAZ disiieiens idemque fragosum)',
c) genus quod urit, der zündende oder schwärzende
Blitz (manifesta ardoris vestigia imprimit, quod
aut urit mit fuseat). Diese Einteilung ist nach
Sen. nat. quaest. II 41 den Etruskern und den
(griech.) Philosophen gemeinsam, und sehr Ähn-
liches findet man bei Arist. meteor. m 1 , 7
wieder (Di eis Doxogr. 452. Lydus de mens. c. 175.
10 178), und noch mehr bei Arrian. Stob. I p. 237f. r
der Griechisches und Etruskisches zusammenge-
arbeitet hat. Aber was sie den Griechen ent-
lehnt, haben die Etrusker jedenfalls frei verwertet,
denn diese drei Arten entsprechen genau den drei
Manubien Iuppiters, mit denen sie Verrius Flac-
cus, wahrscheinlich nach Caecina, ausdrücklieb
gleichstellt: Fest. 129 Manubiae lovis tres ere-
duntur esse, quarum unae sint minimae, quae
moneant placataeque sint, alterae quae maiores
20 sint ac veniant ohm fragore discutiantque, ter-
tiae his ampliores, quae eum igne veniant usw.
2. Die hierin enthaltene Lehre, daß ein mäch-
tigeres Zeichen siegt, wird näher ausgeführt Fest.
2 14 Peremptalia fulgura Qraeeus (Th. d. P-
Grapusf) ait vocari , quae superiora fulgura
vel (ut Hs.) portenta vi sua peremant duobus
modis, prioribus tollcndis, aut maiore rnanubia y
ut tertia seeundae, seeunda primae cedat. nam
ut omnia superentur fulgure sie ietum fulgur
30 manubiis vinci. Fest. 245. Sen. nat. quaest. II
49, 2). Sie gehört bekanntlich auch der römischen
Auguraldisziplin (Serv. Aen. III 374 atispieiorum
gradus ; Ecl. IX 14 minor a enim augüria maiori-
bus cedunt). Attest ata heißen aber die Blitze,
die vorher gegebene Zeichen bestätigen (Sen. nat.
quaest. LI 49, 2 quae prioribus eonsentiunt. Fest.
Paul. 2. Fest. 289 renovativa).
3. Man unterschied ferner Blitze, die für uns
etwas bedeuten, solche, die nichts bedeuten und
40 solche, deren Bedeutung uns entgeht (Sen. nat.
quaest. II 50f.). Der aus der römischen Augural-
lehre bekannte Satz auspicium observantis est
(Sen. nat. quaest, II 32, 6) ist also auch etrus-
- kisch, wie Plin. n. b. XXVLTI 17 deutlich her-
vorhebt (T hui in E.D. I 69f.).
4. Der römischen Einteilung in auspiciaim-
petrativa und oblativa entspricht zum Teil (a.
und c) die etruskische Einteilung der Blitze (Sen.
nat. quaest. II 39; vgl. Serv. Aen. VTA 524) in
50 a) genus eonsiliarium: cum, aliquid in animo>
versantibus suadetur fulminis ietu aut dissua-
detur; b) genus auetoritatis: post rem faetam
venu quam bono futuram malove sigmficat und
c) genas Status : ubi quietis, nee agentibm qitic-
qu/im nee eogitantibus quidem, fulmen inter-
venit et auf minatur aut promittit aut monet.
Ein fulmen eonsiliarium s. Ammian. Marc. XXLTI
5, 12. Zu dem genus Status gehören die moni-
toria, quibus docetur quid cavendwm sit (Caecina
60 bei Sen. nat. quaest. II 49), pestifera, quae mor-
tem exiliumqu portendunt (ebd.), dentanea, quae
speeiem periculi sine perieulo adferunt {ebd.;
Schmeisser schreibt ostentanea nach Serv. Aen.
VLTI 429 ostentatorium est, quo terror ineuütur)^
fallacia, quae per speeiem alicuius boni noeent
(ebd.), poHtulatoria, quibus saerifieia mtenmssa
aut non rite facta repetuntw (ebd. » Fest 245
postularia).
5. Nach der Dauer der Wirkung unterschieden
die Etrusker fulmina perpetua, finita und pro-
rogativa.
a) Die perpetua beweisen die Beziehungen der
etruskischen Disziplin zu der Astrologie. Wie das
Horoskop der Chaldäer gelten nämlich die an
der Geburtsstunde gegebenen Zeichen {fulmina
privata, familiaria) für die ganze Lebenszeit
eines Menschen. Der Geburtsstunde glcichge-
49, 2 erwähnt fulmina atterranea quae in eluso
fiimt [inelusa feritmt coni. Gercke] und fulmina
obruta, quibus iam prius pereussa nee procu-
rata feriuntur.
Blitze in Mauern bezogen sich auf den Feind
nach Fulgurale Labeonis, Lyd. de ost. 47 c: von
der Seite, wo die Mauer vom. Blitz geschädigt
wird, seien Feinde zu erwarten.
Bezeichnende etruskische Deutungen sind foL
eines jM-eiustaieu. fei xjcuuiuöoumiu.^ b'"w S v ^ — —~ ~ ~- - "
stellt werden andere wichtige Einschnitte imlOgende. Im J. 65 v. Chr. wurden H. aus ganz
• - ■ 1 -i Tll : . ~„T ,~_,™ Di:+„^T.lÄ«/i nnnli T?/vm
Leben, wie wenn er sui iuris wird oder zum
erstenmal heiratet (Sen. nat. quaest. LI 47. Plin.
n. h. II 139). Gleichfalls beziehen sich die am
Gründungstag gegebenen Zeichen {fulmina pu-
blica) auf die ganze Existenz der Stadt.
b) Die finita , sind die zeitlich bestimmten
(Sen, a. a, O. quae ad diem utique respondent.
Plin. II 141 in fulgurum interpretatione eo pro-
fecit sewntia, ut Ventura alia fmito die praeei-
Etrurien wegen schwerer Blitzschläge nach Kom
gerufen. Die Gesetztafeln schmolzen: die H. ver-
kündigten den Untergang der Gesetze und des
Rechts. Das Bild des Stadtgründers wurde be-
schädigt: die Stadt und das Imperium sei in
größter Gefahr. Statuen berühmter Männer wur-
den umgestürzt: von vornehmen Leuten drohe
die Gefahr. Götterbilder wurden zerschmettert:
die Tempel seien vor Brand zu schützen (Cic.
nat .. .). Eine solche Deutung gaben die H. 20 Cat. LH 19; div. I 20. LT 45.47. Obseq. 61b.
dem Augustus, als ein Blitz den ersten Buch-
staben des Namens Caesar unter seinem Bild auf
dem Capitol weggerissen hatte : nach hundert (C)
Tagen werde er vergöttert werden, weil aesar
das etruskische Wort für Gott sei (Suet. Aug. 97.
Cass. Dio LVI29. Über aisar s. Skutsch o.
Bd. VI S. 775).
c) Die prorogativa sind diejenigen, deren
Drohung durch Sühnriten bis um zehn (für den
Arnob. VII 40. Aug. civ. d. II 27. Cass. Dio
XXXVII 9, 11).
Den Rittern und den Jungfrauen wurde in-
famia angekündigt, weil die Tochter eines römi-
schen Ritters von einem Blitzschlag getötet und
entblößt und der Schmuck ihres Pferdes verletzt
worden war (114 v. Chr., Obseq. 37. Oros. V 15,
21. Plut. quaest. Rom. 83). Der Tod des Solda-
ten Iovianus durch einen Blitz war wegen seines
iJlUIlUllg um Uli uuiiuiiLCii \JJ.o uiii Lwui v-iua «v." i^" iv '""""" ~^v,~ „„„„ „„„_ ..-._ _-a-
Staat bis um dreißig) Jahre verschoben werden 30 hohen Namens besonders verhängnisvoll (Ammian.
können (Sen. a. a. O. quorum minae differri Marc. XXIII 5, 12f.).
possunt, averti tollique non possunt. Plin. II
139 ceterum existimant non ultra deeem annos
portendere privata — , publica non ultra triee-
simum annum. Vgl. u. § 39).
§17. Blitzdeutungen. Der getroffene Ort
oder Gegenstand gab in der Regel von selbst
die Deutung her. Fulmina regalia nannte man
die in öffentliche Plätze oder Gebäude der Stadt
Dem Vornehmen, der einen Blitzschlag über-
lebte, wurde großes Glück prophezeit: seine Nach-
kommen würden großen Ruhm erlangen (Serv.
Aen. II 649 sane de fulminibus hoc scriptum
in reconditis invenitur , quod si quem prinei-
pem civitatis ml regem fuhnen afflaverit et
supermxerity posferos eius nobiles futuros et
aeternae gloriae. Über prineipem und regem s.
einschlagenden, die dem Staat mit innerem Streit 40 § 5). Vgl. Fest. 245 Pullus lovis dieebatur Q.
und Umsturz der bestehenden Verfassung drohten
(Fulgurale Labeonis, Lydus de ost. 47 c sfMpvllavQ
ze xöXeuovs xal azdasig xcu rov itohTerfiarog
ävatQOTzyv brilot), zur Zeit der Königsherrschaft
wohl mit dem Tode des Königs, zur Zeit der
Republik mit dem verhaßten Königtum (Sen. a.
a. O. II 49 regalia cum forum tangüur vel
comitium vel principalia urbis liberae loea,
quorum significatio regnum ewitati minatur).
Fabius, cui Eburno eognomen erat propter can-
dorem, quod eius natis fulmine ieta erat.
§18. Das Sühnen der Blitze. Durch die
richtige Sühnung war man imstande, die Dro-
hungen der Blitze abzuwehren, zu mildern oder
aufzuschieben (Sen. a. a. O. II 37 nach Caecina
proeuranda existimant fulmina et expiationes
non dubitant prodesse aliquando ad summovenda
pericula, aliquando ad levanda, aliquando ad
Die Blitze, die Heiligtümer trafen, wurden 50 differenda. Über fulmina prorogattva s. o.). Die
-u 4~~~ -£)„„::+„«- ™/.^«,^a+ ir:n Ttli+T \-n A on TT InänfhpTi anrb trprn die Drohungen . um die
je nach dem Besitzer gedeutet. Ein Blitz in den
Tempel der Iuno wurde auf die Frauen bezogen
(Liv. XXVII 37, 7). Wenn jemand gegen Iup-
piter gefehlt hatte, so traf er eine Eiche in seinem
Hain, sagt ein Vergiliuserklärer (Tun. Philarg.
Verg. Buc. I 17, vgl. Ps.-Acr. Hör. carm. I 12,
59f.). Nach dem Fulgurale Labeonis bei Lydus
de ost. 47 waren Tempelblitze den Vornehmen
und Hof leuten gefährlich {ioZg ivöö^oig tov no/.i-
H. häuften auch gern die Drohungen, um die
Wirkung der Sühnmittel zu erhöhen (Cic. div. II
24). Aber Fälle wie Appian bell. civ. IV 4 be-
weisen, daß es auch fulmina inevitabilia gab
(Sen. a. a. O. LT 50, 2 nach Attalus), deren Ver-
kündigungen durch keine Sühnungen abzuwenden
waren; vgl. fulmina finita o. § 16, 5.
A. Die Blitzbestattung. Die erste Auf-
gabe der H. war, die Spuren des Blitzes zu ent-
rsvuazog xal zolg xegi zijv ßaaiieiav avXt}v 6 xiv- 60 fernen : sie reinigten den Ort und begruben, was
a i ' \ r^n.^ c^imivim nniimf iiv.il iVii-an Aar Ttli+i fTo+rt+o+ f\Afr 7*>rsfli m pttprt hatte (T/uean.
övvos Evoifqipei). Den Sühnern selbst und ihren
Kindern drohte ein Blitz, der einen geschlossenen
Tempel Iuppiters getroffen hatte, mit Untergang
(Obseq. 44, 102 v. Chr. Aedes lovis clusa fid-
mine ieta. cuius expiationem qui primus mon-
straverat AemiHus Potensis aruspex praemium
tulity ceteris celantibus quod ipsis liberisque
exitium portenderetur). Seneca nat quaest II
der Blitz getötet oder zerschmettert hatte (Lucan.
bell. civ. I 606. Sen. de dem. I 7, 1; nach Schol.
Pers. II 26 auch steinerne Blitze). Dann hegten
sie den Platz ein (Lucan. VIII 863. Apoll. Sid.
carm. IX 193f.) und weihten ihn dem Gotte,
dem Bie auch ein Sühnopfer (bidens) darbrach-
ten (Lucan. I 608f. Pers. II 26). Da» Blitagrab
trug die Inschrift fulgur eonditum (GEL Xu 1047.
VI 30871. X6990; fulgus condit X 1603; ful-
gur divom conditum Xll 3048 Nimes; fidgur
divom Xn 3047—3049. Vn 561. V 6778) oder
saerum publicum fulguris XI 1024 (Brescello),
In der Literatur heißt es aber bidental , nach
der Erklärung' der Alten von ovis bidens (nach
C. Lindsten Eranos 1908, 21 bidens = bis edens
, wieder kauend'), wahrscheinlich weil der Zweizaek
bidens einstmals das Symbol des Blitzes war
oder zwei von ihnen, wie bei Liv. XLIE 20, 1).
Nach der sog. Verordnung Numas war die Süh-
nung den Pontifices anvertraut (Liv. I 20, 7
pontifex edoceret quae prodigia fulmmibus aliove
quo uisu missa suseiperentur atqice eurarmtur).
Aber nach den Prodigienberichten werden diese
hauptsächlich bei außerrömischen Blitzen in An-
spruch genommen (T hui in E.D. 1 114) und nach
176 v. Chr. ist kein Fall mehr bezeugt. Die
(üsener Eh. Mus. 1905, 22. Thulin E.D. I 96). 10 Inschrift von Interamna CIL XI 4172 lovi Pul-
Auch die Pontifices bestatteten den Blitz. mini Pulguri Tonanti Bustius L. f. {G)aepio
Das Grab hieß aber puteal (Fest. 333), weil es
wie der Tempel des Dius Fidius, des römischen
Blitzgottes, unbedeckt sein mußte und deshalb
durch eine brunnenähnliche Öffnung in Verbin-
dung mit der Luft stand (ein solches Blitzgrab
mit der Inschrift [fjulgur dium ist in Rom ge-
funden worden : ein steinerner Sarg , über dem
vier Mauern gleichsam einen Brunnen bildend
pont. ex s. e. dedieavit ist zeitlich nicht zu be-
stimmen. Wegen Blitze, die in templa oder loca
publica Roms eingefahren waren, wurden die H.
oder die Decemvirn befragt, und nach 167 v. Chr.
(liv. XLV 16) ist nur ein einziges Mal bezeugt,
daß die Decemvirn über ein Blitzprodigium ge-
hört worden sind, Cass. Dio XXXLX 15, 1 57 v.
Chr., wo politische Gründe mitspielten. Sonst
sich erheben, Thulin E.D. I 102). Und statt 20 immer die H., und zwar bis in die Zeit Constan-
zes blutigen Opfers brachten die Pontifices ein tins hinein (s. § 4 B).
Sühnopfer von Zwiebeln, Haaren und Sardellen
dar (Plut. Numa 15, 14. Ovid. fast, in 285ff. 333
—345. Arnob. V 1). Den durch den Blitz Er-
schlagenen begrub man am Orte des Blitzschlags
ohne die sonst üblichen Zeremonien (Plin. n. h.
II 145. Fest. 178 s. occisum. Quintil. decl. 274).
Nach Plutarch soll dieser pontifikale Ritus noch
zu seiner Zeit bestanden haben. Aber etwa aus ._
der Zeit der Antonine ist eine besondere Priester- 30 dam et precationibus vel cogi fulmina vel im-
Cifl ho Tt o rw n*ia*rt r\*j* n fc/.i-//iii/A?An -i v\ AALimfiK «1™ iU a» a«h .-a4* ^. _-i- . *V X — TV _ _i. J " _ * TJ 1* "I _ j. T
§19. Die Blitzbeschwörung. Mit Recht
behauptet WissowaRel. 106, die Blitzbeschwö-
rung als eine priesterliche Kunst sei der otruski-
schen Superstition eigentümlich, den Römern von
Anfang an fremd. Durch Opfer und Gebete
vermochten die etruskischen Priester die Blitze
abzuwenden oder herabzuzaubern (Plin. n. h. II
140 exstai annaliwm memoria saeris
schaff saeerdotes bidentales in schriftlich bezeugt
(s. Bidental o. Bd. III S. 430), die wohl in
späterer Zeit das Blitzbestatten besorgte.
B. Für die Sühnung der vom Blitz getroffenen
Bäume gab es besondere Vorschriften, durch
welche die H. als die priesterlichen Lehrer des
Volks in der Gartenbaukunst auftreten konnten :
nur bestimmte Baumarten durfte man propfen,
denn sonst würde die Sühnung nach einem Blitz-
petrari). Jene Kunst, die in Italien heute noch
fortlebt (Bellucci La grandine nelV Umbria,
Perugia 1903, 31f. Eselsschädel und Gebete), be-
schreibt näher Colum. X 341 et tempestatem
Tuscis avertere saeris. 344 hinc caput Arcadici
nudum eute fertur aselli I Tyrrenus föxisse Tages
in limite ruris, j utque Iovis magni prohiberet
fulmina Tarchon \ saepe suas sedes praecinxit
vitibus albis. Die weißen Roben waren Glücks-
schlag erschwert werden; und auch die Zahl der 40 bäume, die nie vom Blitz getroffen wurden, ebenso
Propfungen wurde durch Rücksicht auf die Süh-
nung beschränkt (Varro r. r. I 40, 5. Plin. n. h.
XV 57. XVII 124. Thulin E.D. I 107). Die
getroffenen Bäume selbst standen da als arbores
infelices oder religiosae, dem Blitzmal vergleich-
bar (Plin. n. h. XIV 119 prolibare diis nefastum
habetur vina — praeter inputatae — vitis ful-
vnine taetae. XVI 24). Im heiligen Hain der
Fratres Arvales , wo keine entweihten Bäume
wie der Lorbeerbaum Plin. n. h. II 146. XV 153
(das Gegenteil haliphloeos XVI 24). Opfer erwähnt
auch Ovid. fast. V 301 als wirksames Mittel.
Über die angeblich etruskischen Worte arse verse
als Feuerbeschwörung auf den Wänden Fest. ep.
18. Plin. n. h. XXVIII 20 s. Skutsch o. Bd. VI
S. 776.
Zwei Arten herabgezauberter Blitze sind uns
durch Caecina Sen. nat. quaest. H 4 49, 3 über-
stehen durften, wurden alle getroffene Bäume 50 liefert: 1) kospitalia, wenn man durch Opfer den
entfernt und verbrannt, neue an ihrer Stelle ge-
pflanzt und zur Sühnung den Göttern des Hains
je zwei Opfertiere {arietes verveees oves ge-
schlachtet (Acta fratr. Arval. Henzen S. 21 3f.
224 n. Chr). Das blutige Sühnopfer deutet auf
etruskischen Ritus.
Auch hier hören wir von besonderen Priestern,
den strufertarii, die den vom Blitz getroffenen
Bäumen unblutige Opfer aus Kucben darbrachten
Gott einladet, als Gast und Ratgeber herunter-
zukommen (vgl. Plut. Numa 15. Ovid. fast. lH
285ff. Liv. I 81. Plin. XXVIII 14); 2) auxiliaria,
wenn man ihn anfleht, mit Blitzen zu Hilfe zu
kommen. Von einem solchen Blitz aus der grauen
Vorzeit erzählt Plin. n. h. II 140: vetus fama
Etruriae est impetratum, Volsinios urbem de-
populatis agris subeunte monstro, quod voeavere
oliam, evocatum a Porsina suo rege. Ein anderer
(Fest. 294; ep. 295 qui quaedam sacrißeia ad 60 begegnet uns am Eingang des Mittelalters, Zosim.
nrhnt'P.s fttJnnri/frv fnrit>hn<ni • o-n R?I fnvniiiwi ™m/ t . V/Il.t. n £ A Ti fi*, .Um« na ti^ift*- .-In /.Vi "hiar
arbores fulgoritas faciebant ; ep. 85 feretumgenus
tibi . . . strue altera genere tibi. Vgl. Acta
fratr. Arval. Henzen S. 134 struibus et fertis).
C. Staatliche Sühnungen. Der römische
Senat beschloß Sühnungen der publica fulgura
entweder ex deereto pontificum oder ex responso
karuspieum oder iussu decemvirum (eve ntuell
befragten sie alle drei, wie bei Liv. XXVII 87, 2,
V 41 ; s. o. § 4 B fin. Aber es heißt doch hier
Evyfj xai xarä rä jiaxgta -degemetq, also wie bei
Plinius saeris et preeatiombus.
Aber die häufigste Form des Blitzzaubers
war gewiß die mit Regenzauber verbundene: das
Hemmziehen des lapis numalis hat Usener
Rh. Mus. 1905, 19, 1 richtig als einen Versuch,
das Donnerrollen nachzuahmen und dadurch Ge-
DU1UJO
witter hervorzurufen, erklärt. Und das Zeugnis
des Fulgentras, das diesen Ritus der etruskischen
Doktrin zuschreibt, trägt alle Spuren der Echt-
heit (s. §.25).
LI. Libri haruspicini.
§ 20. Die auf den Tages zurückgeführte Lehre
von der Eingeweideschau war der ursprünglichste
und wesentlichste Bestandteil der etruskischen
Disziplin. Haruspex ist der Titel des Priesters,
auch wenn er fulgura oder ostenta behandelt, und
haruspicina bezeichnet oft die ganze Disziplin
(Cic. div. I 91. II 28. 37 u. ö.). Aber in engerem
Sinne ist haruspex der extispex (Cic. div. II 109
haruspices et fulguratores et interpretes ästen-
torum), und die Bücher von der Eingeweideschau
heißen libri haruspicini (div. I 72). In dieser
Kunst waren die Etrusker anerkannte Meister
(Cic. div. 1-73 extorum cognitiani se maxime de-
diderunt Vgl. die Etymologie Varros Isid. XIV
4, 22 Tuseia . . rbio zov frvoai). Sie verstanden
die Sprache zu deuten, die die Götter durch be-
stimmte Zeichen der Eingeweide redeten (Tib. II
5, 13 lubrica signavit eum deus exta notis) und
so Prophezeiungen zu machen, während die Römer
bei jedem Vorhaben nur untersuchten, ob die eoeta
in Ordnung waren oder nicht, um zu wissen, ob
die Gottheit zustimmte (iitare) oder nicht (non
perlitatum est), d. h. sie stellten an den Gott
eine Frage, die er mit ja oder nein zu beant-
worten hatte (Cic. div. II §2 quando ea nos extis
exquirimus? aui quando aliquid eimmodi ab
hantspice inspectis extis audivimus ?). Der
etruskische Tennin us ist deshalb consulere exta,
der römische inspicere exta (Serv. Aen. IV 64
aruspices enim exta consulere dieuntur, eum
inspieiuni). Wie bei den römischen auspicia
impetrativa die legum dictio, das Fragestellen,
sehr wichtig war, so mußten die Römer auch bei
der Opferschau im voraus bestimmen, von welchem
Gotte sie Antwort zu bekommen wünschten, und
konnten mit einem Opfertiere nur diesen Gott
befragen (Liv. XLI 14, 7: immolantibus lovi
singulis bubus. Cic. div. n 38 cum pluribus
diis immolatur, qui tandem evenit, ut Utetur
aliis , aliis non Utetur? . . . ut Apollinis exta
bona sint, Dianas non bona. Liv. XLI 15, 4
ceteris dis perlitatum ferttnf, Saluti Petilium
perlitasse negant). Dagegen hat die Bronzeleber
von Piacenza (s. § 14) mit ihren Regionen und
Göttemamen uns gelehrt, daß die Etrusker den
Göttern bestimmte Wohnungen an der Leber so
wie am Himmel zugeteilt haben. Sie konnten
also nach dem Platz jedes Zeichens entscheiden,
welcher Gott zu ihnen aus den Eingeweiden sprach
(Plin. n. h. XI 195 haruspices fei Neptuno et
liumoris potentiae dieavere).
§21. Hüstiae animales und consulta-
toriae. In der etruskischen Opferlehre unter-
schied man hostiae animales und eonsultatoriae
(Serv. Aen. IV 56 duo enim genera hostiarum
sunt: unum in qua voluntas dei per exfa ex-
quiritur; alterum in quo sola anima deo sacra-
tur : unde etiam aruspices animales hostias ap-
pellant = Macrob. Sat. HI 5, 1 ; ebd. 5 vel ani-
?nalibits vel eonsultatoriis. Serv. Aen. III 231
animales kosttae, quae tantum immolantur ; V
483 meliorem : aptiorem, nam animalem hostiam
dal; Georg. IV 539 ut tantum oeeidantur; Aen. IV
64 aruspices exta eonstdere dicuntier). Mit den
eonsultatoriae wird die ganze folgende Untersu-
chung sich beschäftigen. Die animales, deren Leben
und Seele den Göttern geweiht wurde, ohne daß
man die exta prüfte, führen uns auf die mysti-
schen Lehren, die die etruskische Religion der
Orphisch-pythagorcischcn Doktrin verdankt und
in den Acherontischen Büchern aufgezeichnet
hatte: durch Opfer bestimmter Tiere, die ge-
10 wissen Göttern dargebracht wurden, konnten die
menschlichen Seelen zur Unsterblichkeit gelangen
(Arnob. a. n. II 62 Etruria libris in Aeheron-
iicis pollicetur, eertorum animalium sanguine
numinibus certis dato divinas anim,as fieri et
ab legibus morlalüatis educi. Vgl. Serv. Aen.
IH 168 Labeo in libris qui appellantur de diis
ammalibus - - aii esse quaedam, sacra , quibus
animae humanae aertantur in deos, qui appel-
lantur animales, quod de animis fiant. hi autem
20 sunt dii penates et viales). Diese Seelen sind
diejenigen, die am letzten Ziele der Seelenwan-
derung, der Vergötterung, angelangt sind (Furt-
w an gl er Gemmen III 259). Auf etruskischen
Gemmen erscheint häufig Hermes- Turm als der
Gott, der die Seelen aus der Unterwelt herauf-
holt und zu neuem Leben erweckt (Furtwängler
Gemmen III 203. 254ff.). Martianus Capeila II
142 läßt die durch einen Trank unsterblich ge-
machte Philologia danken, daß sie nicht erst in
30 die Unterwelt habe hinabsteigen müssen, um durch
solche Opfer heraufgezaubert und unsterblich zu
werden (quod nee Vtdimn cum itxore conspe-
xerit, sieut suadebat Etruria ; s. Müller Etrusk.
II 94, 42),
Zwei Arten dieser sacra Ackeruntia oder
Proserpinae unterscheidet Servius Aen. VI 149
unum tieeromantiae . . . aliud sciomantiae . . .,
in neeromantia . . . sanguis est necessarius, in
sciomantia vero, quia umbrae tantum est evocatio,
40 suffieit solus interitus. Von etruskischer Necyo-
mantie sprechen -Tertulliau apol. 13, Clemens
Alex, protr. 11 P.
§ 22. Probatio und Consultatio, Für
die äußere Prüfung der Opfertiere ist nichts für
die Etrusker Eigentümliches überliefert. Denn
die Bestimmungen, daß das Tier gesund sein
mußte (Serv. Georg. III 491 colligi nisi ex sana
metima futura non possunt) und nicht am Altar
Widerstand leisten durfte (Serv. Georg. II 395;
50 vgl. Aen. IX 624. Macrob. III 5, 8), sind allge-
meine Opferregeln. .
Bei der Befragung der exta kamen, soweit
die Texte Auskunft geben, nur Schaf und Rind
(Kalb) in Betracht. Von diesen ist jedoch das
Schaf die eigentliche liostia consultatoria. Die
Bronze von Piacenza, sowie die Alabasterleber
von Volterra (s. Thulin Religionsgesch. Versuche
u. Vorarb. II 4 Taf. III 2), gehören Schafen (L.
Stieda Anatomisch-archäol. Stud. , Wiesbaden
60 1901, 47), wie auch die erhaltenen babylonischen
Lebern.
Ursprünglich untersuchten die H. , wie die
Chaldäer, nur die Leber und die Gallenblase.
Plinius bezeugt, daß sie erst im J. 274 v. Chr.
angefangen haben, das Herz zu prüfen (n. h. XI
186). Die Lungen erwähnt erst Cicero (div. I
85). Die Leberschau ist aber so vorherrschend,
daß exta, wenn nicht näher bestimmt, immer auf
die Leber zu beziehen ist (z. B. Hin. n. h. XI
189 oaput extorum = eaput iecoris u. ö.).
§ 23. Die Leber. Eine kranke, verküm-
merte Leber verkündigt Unglück (Lucan. I 618
terruit ipse color vatem. . . . tobe ieeur madi-
dum. Sen. Oed. 357 tabidum), eine ungewöhn-
lich große Glück und Zuwachs an Macht (Obseq.
69 Gaesari . . . immolanti duplieia exta ap-
paruerunt. Seeutae sunt cum res prosperae.
Plin. n. h. XI 190 Augusto . . . ioeinera repli-
cata intrinsecus ab ima fibra reperta sunt, re-
sponsumque duplicaturum intra annum Impe-
rium, -= Sueton. Aug. 95 ita enim ob nimiani
niagnitudinem se replicuerant exta, ut duplicia
viderentur = Cass. Dio XLV 35 Strza rjnaxa.
Verdoppelung des Vermögens Plin. ep. II 20, 13).
Günstig -war gleichfalls eine starke Haut um die
Leber (Amraian. Marc. XXII 1, 1 operimento
dupliei), ungünstig eine dünne (Sen. Oed. 361
tenuis membrana).
In der etrusfcischen Leberschau unterschied man
drei Teile der Leber, nämlich eaput iocineris,
pars faniüiaris und pars hostilis sive inimica.
1. Caput iocineris, der Processus pyrami-
dalis oder caudatus (früher lobus Spiegelii ge-
nannt) , war der Hauptgegenstand der Unter-
suchung (Gic. div. LT 32 eaput iecoris ex omni
parte düigentissime considerant). Sowohl auf
der etruskischen Bronzeleber, als auch auf der
babylonischen Terrakottaleber (Brit. Mus. Bu.
89 — 4 — 26, 238; s. Thulin E.B. II Taf. II)
ist es eine dreiseitige Pyramide, die die natür-
liche Form stilisiert wiedergibt (die Spitze ist
im natürlichen Zustand henintergebogen). Aber
es variiert sehr stark . und ist deshalb für die
Mantik um so ergiebiger (Plin. n. h. XI 189
eaput extorum — magnae varietatis). Dasselbe,
was von der Leber im ganzen galt, finden wir
auf das eaput übertragen. Ist es besonders groß,
so bedeutet das Glück (Liv. XXVII 26, 13 Mar-
cellus 208 v. Chr. prima kostia caesa iecur sine
capite inventum, in seeunda . . . auetum ctiam
visum in capite; nee id sane karuspici placuisse,
quod seeundum trunea et turpia exta nimis
laeta apparuissent. Plut. Marc. 29 ij ts xacpalr]
juiye&og imeo<pvsg avmy„e. Plin. n. h. XI 189 ge-
minum eaput. Val. Max. I 6, 9 eaput iocineris
duplex), sein Fehlen oder eine verkümmerte Form
verkündigt größtes Unglück, besonders den Tod
(Cic. div. LT 32 nihil (haruspices) putant aeeidere
potuisse tristius). Kein Zeichen erscheint häufiger
als dieses eaput defuit oder twn inventum est
(Liv. XXVII 26, 13. XXX 2, 13. XLI 14, 7. 15, 3.
Obseq. 17. 35. 47. 52. 55. Plin. n. h. XI 189).
Ein Spalt in ihm bezeichnet Umwälzungen: in
Ovid. met XV 794 die der Bürgerkriege nach
dem Tode Caesars, Liv. VIII 9, 1 (s. u.) den Tod
des Decius. Aber dem Unglücklichen verspricht
dieses Zeichen eine Wendung zum Bessern (Plin.
n. h. XI 190 eaput extorum tristis ostenti eae-
sum quoque est praeterquam in sollicitudine ae
metu. tune enim peremit curas). Zwei Häup-
ter deuten auf Zwiespalt (Lucan. I 626f.). Seneca
Oed. 359-361 verbindet mehrere Unglückszeichen :
capita bina . . . utrumque eaesum tenuis abseon-
dit eaput membrana. Dagegen war eine kranz-
ähnliche Bildung auf dem eaput ein Siegeszeichen
(Hut Sulla 27, 6. Augustin. c d. II 24). VgL
Jastrow Belig. II 306 f oben — gut, unten —
schlecht*.
Wie die Leber selbst, so hatte auch das eaput
eine pars familiaris und eine pars hostilis, Liv.
VLTI 9, 1 Deoio eaput iocineris a famUiari parte
eaesum haruspex dieitur ostendisse: alioqid
aeeeptam dis hostiam esse, d. h. auf den Dechis
selbst bezog sich das Unglückszeichen, sein Heer
siegte.
10 In der griechischen Hieroskopie bezeichnet
Xoßög speziell das eaput iecoris, und tjtkiq akoßov
oder isqcl äloßa ist der Ausdruck für eaput deest.
Aus Nie. Ther. 560 rJTzarog äxQorarov xegöai
koßov, ög T£ TQani'Qrig EKtpvsxai geht hervor, daß
der ganze Lobus caudatus mit den beiden Er-
höhungen, dem Processus papillaris und pyrami-
dalis, roänsCa hieß. Auf der erwähnten babylo-
nischen Leber ist er durch eine höhere Lage an-
gegeben. Der Pyramidalfortsatz selbst, der in
20 den Omentexten eine ganz hervorragende Rolle
spielt, heißt ,Horn der Hand' = /Finger 1 (Schu-Si
= uhänu), aber auch ,Kopf der Leber* (Sag-Ur
= rescfi kabitti), der ganze Lobus mit den beiden
Erhöhungen ,Mitte der Leber' (Jastrow Die
Relig. Babyloniens II 230f.). Von Bedeutung ist
jedoch nur der Pyramidalfortsatz , der in römi-
schen Texten allein in Betracht kommt, obgleich
auf der Bronze auch der Warzenfortsatz vor-
handen ist.
30 2. Pars familiaris und hostilis. In den
ausführlichen Texten der chaldäischen Leberschau
herrscht durchgehend das Prinzip ,rechts = gün-
stig, links = ungünstig' und ,rechts auf denFragen-
den bezüglich, links auf den Feind 1 (Jastrow
Die Eelig. Babyloniens II 238. 244 u. ö.). Auf
die Frage Ciceros div. II 28 quo modo est con-
latum inter ipsos (haruspices), quaepars inimica T
quae pars familiaris esset? ist die richtige Ant-
wort: sie haben es von anderen gelernt. Ein un-
40 günstiges Zeichen auf der pars familiaris ist
dem Fragenden ungünstig (Liv. VIII 9, 1 ; s. o.).
Ein gutes Zeichen auf der pars hostilis ist dem
Feind günstig , dem Fragenden also gefährlich
(Sen. Oed. 362 hostile valido robore insurgit latus
septemque venas tendit. Lucan. I 621 venasque
minaces hostili de parte videt, d. h. die pars
hostilis war kräftig entwickelt).
Daß cella der Terminus technicus der H. für
pars (hostilis oder familiaris) gewesen ist, sagt
50 der Scholiast Comm. Bern, zu Lucan. I 621 (s. o.):
diver sae venas sunt, quas aruspices eellas dieunt,
hostium, amicorum et alia huiusmodi. Oum
erqo aspiciunt ioeinera, intelligunt quae cella
nee eat (iaeeat corr. Usener mit B), quae pars
saliat (s. Blecher De extispicio 173). Statt der
sinnlosen Worte diver sae venae sunt empfiehlt
Otto DLZ 1909, 1042 die Lesung B s venas in
duas partes dividebat; dann müssen aber die
Worte et alia huiusmodi gestrichen werden.
60 Die natürliche Scheidung in einen rechten
und einen linken Lappen ist auf der Bronze von
Piacenza beiderseits durchgeführt (s. Körte Rom.
Mitt. XX 357). Es fragt sich nur, ob diese Teile
mit den partes familiaris und hostilis identisch
sind. Körte meint so; aber er scheint mir das
stärkste Argument dagegen aelbat gegeben zu
haben, indem er festgestellt hat, daß jene Schei-
dungslinie zugleich die Ostwestlinie i*t (a. a. O.
360f.). Daraus folgt nämlich, da die 16 Band-
regionen der Leber zweifellos in Beziehung zu den
16 Himmelsregionen stehen , daß auf der Leber
wie am Himmel die Westseite die ungünstige,
und also der obere Teil der beiden Lappen die
pars hostilis ist, die Ostseite die günstige: also
der untere Teil der Lappen pars familiaris. Die
Götternamen der Bronze, die wir deuten können,
stimmen nur zu dieser Annahme (Thulin E.D. II
28). Dieses Resultat fällt jetzt nmsoweniger auf,
als Jastrow (Die Relig. Babyloniens 11353,4)
festgestellt hat, daß in der chaldäischen Leber-
schau die Bestimmungen Rechts' und ,links' sich
nicht auf den rechten und linken Lappen, sondern
auf den oberen und unteren Teil beziehen: der
Priester hielt den rechten Lappen sich zugewandt,
als er die Leber beobachtete.
§ 24, Fissa oder Streifen auf der Leber-
fläche. Sehr wichtig war in der Haruspicin die
Beobachtung der fissa (Cic. nat. deor. LTI 14
quis invenit fissum iecoris?; div. I 16 quid
fissum in extis, quid fibra valeat ateipio. I 118
singulis ieeorum fissis. Fronto p. 137 Naber
sieut in extis diffisis^a plerumque minima et
tenuissima maximas significant prosperitates).
Nach deTen Erscheinung auf der pars familia-
ris oder hostilis nannte man sie fissum fami-
liäre oder vitale (dem Leben drohend) : Cic. div.
II 28 . . . quod fissum periculum, quod commo-
dum aliquod osienderet ; 32 fissum familiäre et
vitale traetant. Ein fissum. brachte Gewinn, ein
anderes Verlust (Cic. div. II 34. 32).
Solche Streifen oder kleine Spalten erscheinen
besonders auf den Schafslebem sehr häufig. In
den chaldäischen Texten werden sie so oft be-
rücksichtigt, daß Boissier Choix de Textes 120
mit Recht sagen kann: ,Les haruspices assyriens
sont des ,fissiculfitores i '. Je nach der Zahl und
dem Erscheinungsort gaben sie günstige oder
ungünstige Zeichen.
§25. Fibra. Fibra, häufiger fi.br ae, ist das
Wort der Dichter für exta oder ieeur. Als Ter-
minus technicus soll es die Spitze (der Leber)
bedeuten nach Serv, Georg. I 120 iocineris ex-
tremae partes fibrae a nonnullis appellantur
(vgl. Cic. div. I 16 quid fibra valeat, aeeipio,
Plin. n. h. XI 190 ab ima fibra. Lucan. I 622
fibra pulmonis tatet); nach einer anderen Version
Serv. a. a. 0. fibrae per iecur, id est venae quae-
dam et nervi. Wenn die fibrae rot waren, drohte
Dürre: Fulgentius germ. ant. Helm p. 112, 11
Labeo, qui diseiplinas Etruseas Taget is et Baci-
tidis quindeeim voluminibus explanavit. ita ait :
,Fibrae iecoris sandaracei coloris dum fuerint,
manales tune verrere opus est petras'. Analoge
Beispiele der chaldäischen Denkmäler haben mich
dazu bewogen, dieses Zitat, das den lapis vnana-
lis der etruskischen Disziplin zuteilt, für echt
zu halten (s. Thulin E.D. n 48f.).
§ 26. Die Gallenblase war besonders dem
Neptunus und dem Mars geweiht. Denn Plinius
sagt n. h. XI 195 Taurorum feite aureus duci-
tur color. Jiaruspices id Xeptuno et umoris po-
tentiae dieavere geminumque fuit divo Augusto,
quo die apud Aetium vicit. Und auf der Gallen-
blase der Bronzeleber ist der Name maris voll-
ständig, von ne&uns nur der Anfangsbuchstabe
eingeritzt (Thulin E.D. II 21; s. ebd. und 45
die Übereinstimmung mit chaldäischer Vorstellung.
Vgl. Jastrow Die Relig. Babyloniens II 305 »eine
Vertiefung am Kopfe des Gallenblasengangs be^
deutet Regenguß'). Eine sehr große {geminum)
Blase verkündigte demnach einen Seesieg. Ein fei
nigrum war dagegen ein böses Zeichen (Sen. Oed.
358). Aus Cic. div. II 32 ab aqua aut ab igni peri-
cula monent (haruspices) scheint hervorzugehen,
daß ein fei rubrum Feuersgefahr prophezeite.
10 §27. Herz und Lungen, Als man anfing,
diese Organe mit zu beobachten, übertrug man
auf sie die Prinzipien der Leberschau. Das Fehlen
des Herzens war Vorzeichen des Todes (Cic. div.
I 119 Caesar und Spurinna) , ein krankes Heiz
gleichfalls ein böses Omen (Sen. Oed. 356 cor
marcet aegrum. Lucan. I 624 cor iacet). Eine
Fettbildung um die Spitze verkündigte aber Glück
(Plin. n. h. XI 186 in corde summo pinguitudo
quaedam est laetis extis); s. o. § 23, 1.
20 Ein Spalt in der Lunge (vgl. eaput eaesum)
nötigt zum Aufschub (Cic. div. I 85 quid enim
habet haruspex cur pulmo incisus etiam in bonis
extis dirimat tempus et proferat diem?). Ein
fissum vitale (s. § 24) beschreibt Lucan. I 622
pulmonis anheli \ fibra lotet parvusque secat
vitalia limes. Fibra lotet entspricht dem eaput
defuit.
% 28. Die Extispicin und dieBlitzlehre.
Den Zusammenhang zwischen diesen beiden Teilen
30 der Disziplin erkennen wir schon an den 16 Rand-
regionen der Bronzeleber, die den 16 Regionen
des Himmels entsprechen. Auch die Termino-
logie war zum Teil gemeinsam. Mit den ful-
gura § 16, 3 vergleiche man die muta exta (Fest.
Paul. 156 ex quibtts nil divinationis animad-
vertebant), mit den fulgura auxiliaria die exta
adiutoria (Fest. 157 ab in(cendio ut caveamus
aut) a mneno . . . finium deminutionem) ; den
fulgura regalia entsprechen die regalia exta (Fest.
40 289 quae potentihus insperatum honorem polli-
centur. privativ et humilioribus hereditates, filio
familiae domifiationem). Die im letzten Beispiel
enthaltene Doppeldeutung, die eine für die Regie-
renden und den Staat, die andere für Privatleute
und Leute niedrigen Rangs, zeugt von auffallen-
der Übereinstimmung zwischen der etruskischen
und der chaldäischen Divination (s. Jastrow II
246 und Anm. 1. 258).
Besondere Beachtung verdienen drei ganz ahn-
50 liehe Antworten, die die H. den Consuln gaben,
als diese im Auftrag des Senats vor dem Anfang
eines neuen Krieges opferten (hostiis maioribus)
und um einen glücklichen Ausgang baten: Liv.
XXXI 5, 7 (200 v. Chr. gegen Philipp) haruspices
respondere laetaque exta fuisse et prolationem
finium i'ictoriamque et triumphum portendi;
XXXVI 1, 3 (191 gegen Antiochus) . . terminos
pop. Rom. propagari: vietoriam ae triumphum
ostendi. XLII 30, 9 0171 gegen Perseus). Die
gegen
60 H. wußten, daß der Senat keine ungünstigen
Antworten annahm (Liv. XLI 15, 4 senatus . . .
usque ad lüationem sacrifieari iussit) und ver-
standen dessen Wunsch nachzukommen. Wie hier
nur die Deutung , nicht die Zeichen , aus denen
sie herausgelesen wurde, mitgeteilt werden, so
auch in Liv. XXVII 16, 15. Tac. bist. I 27.
Suet. Galba 19: die H. warnen vor Hinterhalt.
Sallust. bell. lug. 63, 1 magna atque mtrabüia.
Z4Ö5
naruspices
HL Libri rituales.
§ 29. Die Ritualbücher, der umfangreichste
Teil der Disziplin, enthielten Bestimmungen über
die Anlage der Stadt und der Tempel (Fest. 285),
die Teilung des Landes (limitatio Agrim. p. 27.
166. 303), die Staatsverfassung und das Rechts-
wesen (Fest. 285. Serv. Aen. I 2); ferner die
Schicksals- und Todesbüchcr (libri fatales, Aehe-
runtid Cens. 17, 5. 11, 6. 14, 6. Serv. Aen. VIII
398. III 168. Arnob. II 62) und die Ostentaria 10
oder die Lehre von der Deutung und Sühnung
der Osten ta.
§ 30. Der Stadtgründungsritus. Die
etruskische Okkupation des nach diesem Yolk
benannten Landes wird durch die Anlage großer
und starker Städte bezeichnet, von denen aus die
Minorität der Eroberer das Land beherrschte.
Die Ausgrabungen in Marzabotto (Monum. antichi
d. Lincei I), der etruskischen Stadtanlage des
6. — 5. Jhdts,, haben uns gelehrt, daß die Römer 20
das Schema ihrer Koloniestädte den Etruskern
verdanken, und Rom selbst ist wahrscheinlich eine
etruskische Gründung (Schulze Eigcnnam. 571ff.
582).
In der römischen Literatur wird aber nur er-
wähnt, daß die Römer die Gründungszeremonie,
den ritus etruseus, von ihren Nachbarn im Norden
übernommen haben. Mit einem Pflug, vor dem
ein Stier rechts und eine Kuh links angespannt
waren , und dessen Zahn aus Erz war , bezcich- 30
nete der Gründer den Umkreis der Stadt. Die
Schollen, die alle nach innen fallen mußten, und
die Furche stellten Wall und Graben vor, an
deren Stelle später die Mauer trat. An der Stelle,
wo später ein Tor sein sollte, hob man den Pflug
empor, um sie profan zu lassen, während die
Mauer selbst heilig war, weil auf geweihtem
Raum (pomerium) aufgeführt (die Belege Thu-
lin E.D. III 5-8).
§ 31. Pomerium war der geweihte, beider-40
seits durch elppi bezeichnete Landstreifen, auf
dem die Mauer stand mm der zugleich die sakrale
Grenze der Stadt vertrat (Liv. I 44, 3 locus quem
in condendis urbibus quondam Etrusci , qua
murum dueturi cremt, certis circa terminis in~
augurato conseerabant, nt neque inferiore parte
aedificia moenibus continuarentur , quae nunc
vukfo etiam coniungunt, et extrinsecus puri ali-
quid ab Jiumano eultu pateret soli). Aus Ver-
teidigungsrücksichten also entzog man Ursprung- 50
lieh beiderseits um die Mauer herum dem Privat-
gebrauch einen freien Raum; der innere wurde
aber allmählich bis zur Mauer bebaut und das
lateinische Wort pomerium selbst (pos-moiriom)
bezieht sich nur auf die äußere Seite hinter der
Mauer (Messala augur bei Gell. n. a. XIII 14, 1
... locus inira agrum effatum [s. Wissowa
Relig. 456] per totius urbis cireuitum pone
tnuros regionibus certis determinatus, qui facit
fmem urbani ausptoii. Varro de 1. 1. V 143 posi 60
ea [sc. fossam et murum] qui fiebat wbis ,urbis l
prineipiutn , qui quod erat post ?nurum post-
moerium dictum. Fest. 249 Gato . . . quasi
promerium. Plutarch Romulus 11 . . . ncofifaior
olov oTtio&tv Ttlzovs. Tac. ann. 12, 24).
Die sakrale Bedeutung dieses den Etruskern
entlehnten Ponierinms als Grenze der städtischen
Anspielen bestand in der römischen Angurallehre,
naruspices i*w
auch nachdem der Zusammenhang mit der Mauer
verwischt war, so daß es Mauern ohne Pomerium
und Promerium ohne Mauern gab (vgl. Valeton
Mnemos. XXV 144. Cic. nat. deor. III 94).
§ 32. Mundus. Nach der Schilderung Plu-
tarchs Rom. 11 (ßod-pog ya@ wpvyr] Jtegi to vvv
Kofihiov xvxXojEQrjs ajta.Q%ai xe jt&vrcov t oaois
vo/tiü) fiev d>g xaXoig exQCüvTO, <pvau <5' &q avay-
xaiotg, äTisxsß^oav ivzav&a . . .) und Ovids fast.
IV 819ff. fing die Stadtgründung damit an, daß
man eine Grube schuf, in die man Erstlinge
der Feldfrüchte und Erde aus der Heimat hinein-
warf. Dieser Akt. der dem Umfurchen vorher-
ging, vertrat das erste Bauopfer, das man dar-
brachte, um die Huld der Erdgottheiten zu ge-
winnen, und die Grube hieß mundus (Plut. a. a.
O. xaXovöi dt-: tov ßö&gov zovtov, <p xai xöv oXvfi-
tiov drö/uart uoijvhov), wie alle Opferstätten fÜT
die Gottheiten der Erde oder der Unterwelt. Auf
dem Palatin verehrte man bis in späte Zeit hinein
(Ri cht er Topogr. 118) unter dem Namen Borna
quadrata das Denkmal der ersten Gründung Roms,
in dem man alles (Pflug, Joch u. a.) aufbewahrte,
was bei dein Gründungsakt boni ominis causa
zur Verwendung gekommen war (Fest. 258 s. qua-
drata Borna). Es ist ja möglich, daß man dies
Denkmal über der Grube, die mit Erde gefüllt
wurde (Plut. s. o. Ovid. fast. IV 823 fossa reple-
tur humo plenaeque imponitur ara), errichtet
hat. Aber Plutarch verlegt dann falsch seinen
mundus auf das Comitium. Die auf sein Zeugnis
gebauten Versuche, in den Funden des ,Romulus-
grabs' das Denkmal der zweiten Gründung Roms,
d.h. der Vierregionenstadt, zu erkennen, schweben
in der Luft. L>er von Cato (Fest. 154 s. mundus)
beschriebene, drei Tage des Jahres geöffnete
Mundus, die Wohnstätte der Di Manes (= aedes
Orci Ileliogab. 1 , 6 ?), den man allgemein wegen
Plutarch mit Roma quadrata willkürlich gleich-
stellt, hat mit der gefüllten Grube Plutarchs
oder überhaupt mit dem Gründungsritus nichts
zu tun. Über einen der Catonischen Beschrei-
bung des Mundus entsprechenden unten gewölbten,
14,5 m tiefen Pozzo in der Nähe von Bolsena,
s. Mon. ant. XVI 1906, 169-240.
§ 33. Tempelbau und Tempelweihe.
Die Ritualbücher gaben nach Festus 285 an : quo
ritu . . . arae aedes sacrentur. Diesen Ritus er-
wähnt nur Tacitus hist. IV 53 da, wo er die
Wiederherstellung des capitolini sehen Tempels
im J. 70 beschreibt. Nach den Vorschriften
etruskischer IL wurden zuerst die Reste des alten
Tempels ins Wasser geworfen, und der Grund für
den neuen auf dem alten Platz zurecht gemacht,
dann Opfer in den Grund geworfen, in den dann
der Grundstein feierlich hinabgelassen wurde (da
dieses Hinabwerfen des Opfers aus chaldäischen
Texten uns wohlbekannt ist — Per rot -Chipiez
LI 332 — , so sehe ich keinen Grund, zu be-
zweifeln, daß auch der orientalische Ritus der
Grundsteinlegung von den Etruskern übernommen
worden ist).
Die Vorschriften der IL erstreckten sich aber
auch auf den Bau ^nnd die Form des Tempels.
Die Tarquinier sollen etruskische Seher für den
Bau des capitolinischen Heiligtums «i Rate ge-
zogen haben (liv. I 55, 1), und die Baureste
stellen noch den etruskischen Einfluß klar (Wis-
2467
Haruspiees
■sowa Relig. 36). Bei der Wiederherstellung galt
die Vorschrift nolle deos mutari veterem formam
(Tac. a. a. O.), die übrigens auch in chaldäischen
Texten erscheint (Jastrow Die Relig. Babylo-
niens H 144). Auf die Anlage der Tempel be-
ziehen sich die erhaltenen Notizen aus der etruski-
schen Disziplin. Nach Serv. Aen. I 422 waren m
jeder ritu gegründeten Stadt drei Tempel erfor-
derlich, nämlich die der capitolinischen Trias lup-
naruspices ä*oo
514), hatte also ihr Viertel und ihr Heiligtum.
Aber die lokale Absonderung der Gentes ließ sich
nicht aufrecht halten, und aus den drei Tempeln
wurde zunächst ein dreizelliger. Da der Stadt-
plan mit drei Toren schon in einer altitalischen
und voretruskischen Ansiedlung, dem kreisrunden
Städtchen auf Monterado (bei Orvieto) mit Ein-
gängen gegen Norden, Süden und Osten, gefunden
worden ist (Mon. ant. IV 44), so haben die
(lernen, namnen uie uei t;a jiwiuiiouiai iüu.^ aujj , t ^^^ ^- v _ - i • j-^
piter-Tma, Minerva-Menrva , luuo-Uni, ohne 10 Etrusker jene Lehre wohl ebenwwenig ™ dia
K .,, ; .-u._j j„_ „-„«««„„uni,™ Pi«fai. ^■ni+.nl ni«(>bp Göttftrtnas fertig nach Italien mit-
Zweifel entsprechend der ursprünglichen Eintei-
lung der Stadt in drei Tribus (s. u. § 35). Aus
den drei Tempeln ist aber nachher ein dreizelliger
geworden (Rom, Falerii, Signia, Felsina). Den
tuskanischen Tempel beschreibt Vitruv IV 7f£,
worüber s. Th. Wieg and La Glyptotheque Ny
Carlsberg, Teste II 1—32. Die erhaltenen Tem-
pelreste weisen wechselnde Südorientierung auf
(Thulin E.D. m 45).
capitolinische Göttertrias fertig nach Italien mit-
gebracht; für die zwei Götter jener Trias hatten
sie nicht einmal eigene Namen, sondern haben
die italischen aufgenommen (luno, Minerva —
uni, menrva).
Vom 6. Jhdt. an haben aber die Etrusker, wo
es das Terrain erlaubte, die Lehre der Limitation
auch auf den Stadtplan verwendet. Die 1883
und 1888/9 ausgegrabene etruskische Koloniestadt
Nach Vitruv I 7, 1 schrieben ferner die etruski- 20 Felsina (bei Marzabotto , südlich von Bologna,
en Bücher vor, daß die Tempel der Venus, Mon. ant. I 249-422), die vom Ende des 6. bis
sehen —~ — . ~-, — - L
des Mars und Vulcanus außerhalb der Stadtmauern
liegen mußten, um Genußsucht, innere Streite
und Feuersbrunst von der Stadt fern zu halten.
§ 34. Limitation. Die Römer haben nach
Varro die Kunst der Limitation von den Etruskern
gelernt (Agrim. 27. Frontin limitum prima origo
sicut Varro deseripsit , a diseiplina Etrusca;
quod aruspiees orbem terrarum in duas partes
zur Wende des 5./4. Jhdts. von Etruskern be-
wohnt war. zeigt nämlich eine rechteckige von
Oardo (Süden— Norden) und Decumani (Osten-
Westen) durchzogene Stadtanlage, wie sie die
Feldmesser empfehlen (Agrim. 180, 2 deeimanus
?naximus et cardo a civitate ori{un)tur et per
quattuor portas in morem castrorum ut viae
ampUssimae limiiibus diriguntur. Haee est
dimserunt dextram appellaverunt (quae) septen- 30 eonstotwmdorum hmitum ratio pulehemma).
. • . ? ■ j. „ _-f_*„H* ™.~„ ~ ™« a ~;^;««« u*oh riPTnqplhfm rpp-p] mäßigen Schema war die
Nach demselben regelmäßigen Schema war die
etruskische Stadt Capua im 6. Jhdt. angelegt
worden (Körte Etrusker 751. Beloch Campa-
nien 2%ff.), ebenso wie die Griechenstädte dieser
Landschaft (Neapolis, Puteoli, Surrentum, Be-
loch Cainpanien 66. 89. 128. 263) und Paestum.
Die Hügelstädte Etrurions, d. h, die große
Hauptmasse der etruskischen Städte scheinen, so
muue 7,«»™* «**/«/«« o* y — - weit wir sie kennen, ganz von der Form des
Das Wort qruma selbst laßt 40 Felsens abhängig zu sein. Ihr innerer Stadtplan
irioni subiaeeret, sinisiram quae a meridiano
terrae esse{t, ab Oriente) ad oceasum, quod eo
sol et luna speetaret . . .). Ein auf die Heilig-
keit der Grenze bezügliches Bruchstück der etruski-
schen Lehre ist in lateinischer Übersetzung in
der Sammlung der Gromatici erhalten: die sog.
Weissagung der Vegoia (Agrim. 350 , .^ cum
autrni Iuppiter terram Aetruriae sibi viwliea-
vit, eonstituit iussilque metiri eampos signari-
que agros usw.). Das Wort gruma selbst läßt
sich nur nach etruskischen Analogien aus dem
trriechischen yvwuova herleiten (Schulze S.-Ber.
Akad. Berlin 6. Juli 1905 ; 709), ist also sicher
durch etruskische Vermittlung zu den Römern
gekommen. Und das Maß aenua (120 QFuß),
das mit dem lateinischen versus (100 |_JFuß)
konkurriert (Varro r. r. I 10. Agrim. 30, 9),
scheint ein etruski sehe s Wort zu sein. In der
etruskischen Limitationskunst herrscht Westorien-
ist jedoch noch nicht genau untersucht worden.
§ 36. Die Staatsverfassung. Nach Fest.
285 lehrten die Libri rituales qwmodo tribus
euriae centuriae distribuantur, exercitus consti-
tuant(ur) ordinentur ceteraque eiusmodi ad bel-
lum ac pacem pertinentia. Die römische Tradi-
tion verehrt den Etrusker Servius Tullius-Mastarna
(maestrna) als Schöpfer der römischen Verfassung
und Hecrordnung, und die etruskischen heiligen
tieranc (Agrim 27; s. o.): die Anfangslinie war 50 Bücher gaben nach Festus Vorschriften über staat-
ja die von der aufgehenden Sonne gebildete Schat-
tenlinie gegen den Westen. S. ferner den Art.
Limitatio.
§ 35. Der Stadtplan. In einer etrusco ritu
gegründeten Stadt mußten drei Tore, drei Straßen
und drei Tempel sein (SeTv. Aen. I 422). Der nach
diesem Ritus gegründeten palatinischen Stadt
schreibt Varro de 1. 1. V 164 drei Tore zu. Diese
Dreizahl der Tore, Straßen und Tempel setzt eine
liehe Einrichtungen, die wir in Rom wiederfinden.
Die ältesten Tribus Roms hatten etruskische
Namen (s. o. § 35K und das Wort tribus kommt
in alterer Zelt nur in etru?kisch beeinflußtem
Gebiet vor (Körnern ann Klio 1905, 87. 6).
— Die acht bekannten Namen der römischen
CuTien sind teils lokaler, teils gentilizischer
Herkunft, wie die der attischen Deinen und der
umbrischen ,decuria& {tekvias Iguv. Taf. nb 1-7.
Dreiteilung der Stadt voraus, und eine solche 60 Schulze Eigenn. o43tf.). W den vier gentih-
ist auch ausdrücklich bezeugt sowohl für die
etruskische Stadt Mantua, die drei Tribus hatte
(Serv. Aen. X 202), als auch füT das älteste Rom,
dessen drei Tribus Ramnes, Tities, Lueeres Namen
etruskischer Gentes tragen (Schulze Eigennam.
218. 581). Jede Tribus, die ursprünglich eine
sowohl gentile als lokale Einteilung bezeichnete
Varro de 1. 1. V 55. Meyer Gesch. & Altert H
zischen sind drei etmskisch: Velitia-velifrna,
Titia-tilie, Faueia-<pauxa (Schulze 259 f. 218.
151a). Die Curien waren Unterabteilungen der
drei Tribus sowohl in Mantua nach Serv. Aen. X
202 als in Rom nach Cic. rep. LT 8. — Centuria
(nach Analogie von decuria gebildet, Schulze
Eigenn. 545f.) ist wohl ursprünglich wie ahd,
kuntari (Bugge St. TV 341) ein Verband von
2459
Haruspices
Haruspices
2460
100 Hofstellen, heredia, ungleicher Größe und
hat in dem unter etniskischem Einfluß ent-
standenen Bodenrecht die Bedeutung von 100 be-
halten, während keredium als Maß fixiert wurde
(= 2 Iugera oder 4 Acnuae). Vgl. Mommsen
Hermes XXVII 80f. über die wandelbare Einheit
eenturia. Ob sie jemals im Heere 100 Mann
bezeichnet hat, ist unsicher trotz Festus 58.
Über die etruskische Verfassung- und Heerordnung
verweise ich auf die Darstellungen von Müller
Etr. I 335ff. 364rT. Martha bei Daremberg-
Saglio Dictionnaire und Körte Art. Et rusker
o, Bd VI S. 754. Die römische Reiterei scheint
nach dem Vorbild der tnskulanischen im 7. Jhdt.
organisiert worden zu sein : die Schutzgötter des
Equitatus, die Castores, sind von der Etrusker-
stadt Tusculum nach Rom gekommen (H eibig
Hermes XL 101—115. Wissowa Relig. 217f.).
§37. Das Rechtswesen. Die Ritualbücher
waren zugleich das Gesetzbuch des Etrusker: das
ius civile hat sich aus dem ius sacrum ent-
wickelt. Auf das Stadtrecht beziehen sich die
Worte des Festus 285 qua sawtüate muri, quo
iure portae. Den Meineid hat Tages mit Ver-
bannung des Frevlers und seiner Nachkommen
bestraft (Serv. Aen. I 2 est en/i-m in libro qui
inscribitur terrae iuris Etruriae scriptum voci-
bus Tage (etrusk. Gen.) , cum qui genus a
periurü duceret, fato eztorrem et profugum esse
debere). Wer die Heiligkeit der Grenze verletzt,
wird der Strafe der Götter anheimgegeben: er
wird schnell sterben samt seiner ganzen Sippe,
und sein Gut wird vom Unglück heimgesucht
werden (Agrim. 350 der Spruch der Vegoia, der
mit den Worten propterea iwque fallax neque
bilinguis sis. diseiplinam pone in cor de. tuo
endet).
Die Schwurformel der Fetialen (Liv. I 32 . . .
patriae compoiem nie numquam siris esse) setzt
dieselbe Strafe des Eidbruches voraus, wie die
etruskische des Meineids. Der parrieida wurde
nach altrömischer Verordnung in einen Sack ein-
geschlossen und ins Meer geworfen (Dig. XLVIII
9, 9), der siearius und der r>enefi.eus nach Lex
Cornelia nach einer Insel deportiert (Dig. XLVIII
8, 3). Die Zwitterkinder wurden auf Befehl der
H. in einen Sarg eingeschlossen und ins Meer ge-
worfen , Erwachsene, die ihr Geschlecht gewech-
selt hatten, auf einer öden Insel ausgesetzt. Der
parrieida wird mit Ruten eines Unglücksbaums
gegeißelt (Dig. XLVIII 9, 9). die prodigia werden
mit Unglücksbäumen verbrannt (Maerob. Sat, III
20, 3}. Die Verbrecher werden demnach wie die
Prodigien behandelt und die römischen Strafen
sind mit den etruskischen Sühnungen identisch.
Diese Beispiele genügen, sowohl um die Ent-
wicklung von im sacrum zu ins civite, als auch
um die Abhängigkeit des römischen Rechts vom
etruskischen klar zu stellen.
§ 38. Die Schicksals- und Todesbücher:
lihri fatales, Acheruntiei. Über die Vorstellungen
von Vergötterung der Seele durch geeignete Opfer
s. § 21. Durch gewisse Sühnriten kann auch der
Mensch die Bestimmungen des Fatums bis auf
zehn, der Staat bis auf dreißig Jahre hinaus-
schieben: den ersten Aufschub bewilligte Tina-
Iuppiter , den zweiten die Schicksalsgottheiten
(Serv, Aen. VIII 398 »ed seiendem seeundum
aruspicinae libros et saera Ächeruntia, , quae
Tages compostdsse dtdtur, fata decem annis qua-
dam ratione differri . . . primo loco a love di-
eunt posse impetrari, post a fatis. Sen. nat.
quaest. n 48, 1. Plin. n. h. II 139; s. o. § 16, 5 c).
Wie die Astrologen schrieben die H. der Ge-
burtstunde die größte Bedeutung zu; es waren
nur nicht die Sterne allein, nach welchen sie das
Horoskop stellten : alle bedeutungsvollen, am dies
10 natalis gegebenen Zeichen bezogen sich auf das
ganze Leben des Menschen (fulgura perpetua, in
totam vitam fatidiea, s. o. § 16 , 5 a). Mit dem
dies natalis stellten die H. den dies patrimonii
aeeepti und den dies matrimonii primi gleich
(Sen. nat. quaest, H 47. Plin. n. h. II 139). Sie
nahmen aber auch in Übereinstimmung mit chal-
däischer und griechischer Lehre (Censorin. 14,
4f.) regelmäßige Abschnitte des Lebens an: jedes
siebente Jahr sei kritisch (vgl. Cens. 14. 9), d. h.
20 dann sei besonders auf Götterzeichen zu achten.
Die etruskischen lihri fatales rechneten 12 Hebdo-
maden; aber nur in den zehn, also bis auf sein
70. Jahr, kann der Mensch das Fatum durch
Sühnriten aufschieben. Dann darf er nichts mehr
von den Göttern verlangen; wenn er noch zwei
Hebdomaden überlebt, ist seine Seele vom Körper
ausgeschieden, und die Götter senden ihm über-
haupt keine Zeichen [prodigia) mehr (Varro bei
Censorin. 14, 6).
30 Die zehn Hebdomaden hat schon Solon (Cen-
sorin. 14, 4, vgl. Arist. pol. VIII 15), die zwei
überschüssigen fügt auch der Peripatetiker Staseas
von Neapolis (erste Hälfte des 1. Jhdts. v. Chr.)
hinzu, gewiß unter etruskischem Einfluß, Etru-
skisch ist die Verbindung der Hebdomaden mit
prodigia, deren Drohungen durch Sühnungen ver-
schoben werden konnten, etruskisch die Lehre
vom zehnjährigen Aufschub, die sie auch für die
Hebdomaden verwendeten.
40 § 39. Die Säkula. Die Lehre der lihri
fatales ist vom menschlichen Leben auf das Leben
des Staates übertragen worden. Der Stadt-Staat
hat seinen dies natalis, und die am Gründungs-
tag gegebenen Zeichen beziehen sich auf seine
ganze Existenz (s. § 38). Der Staat lebt aber
wie der Mensch nur gewisse Zeit, und sein Leben
zerfällt wie das menschliche in Abschnitte oder
Säkula. deren Länge der höchsten Lebensdauer
eines Menschen entsprechen (Censorin. 17, 2. 5).
50 Da aber damit keine bestimmte Zahl gegeben war,
so machten die Götter durch besondere Zeichen
das Ende jedes Säkulums den Menschen bemerk-
lich.
Auch von diesen Abschnitten gilt die Lehre
vom zehnjährigen Aufschub; es gab nämlich im
ganzen nur zehn Säkula, quibus transactis filtern
fore Hominis Etrusci (Varro, Censorin. 17, 6),
d. h. bis zum zehnten Säkulum konnte man die
durch ostenta saeeularia kundgegebenen Dro-
60 hungen des Fatums durch Sühnmittel beschwich-
tigen, dann durfte man nichts mehr von den
Göttern verlangen.
Die Säkularfeiern sind also Sühmingen der
ostenta saeeularia. Zwei solche Zeichen sind
überliefert: im J. 88 v. Chr. der scharfe klagende
Ton einer Trompete (Hat Snllft 7. Yäöo bei
Serv. Aen. VIH 526), 44 t. Chr. «in Komet (Serv.
Buc. EX 46). Ein dritte« ivt gswiß <Üe iertia
2461
Haruspices
manubia Iavis, da dieser verheerende Blitz die
Lage des Staats und der Bürger völlig verändern
konnte (s. o. § 15 c). In jedem neuen Großjahr
herrschen nämlich andere Sitten und Verhältnisse
(Plut. Sulla 7 ia yhn &iaq>sQOVta tot? ßioig Hai
roTg rjd-sat).
In den J. 364 und 363 v. Chi- wurde eine
verheerende Seuche durch ludi more etrusco und
<las Einschlagen eines Nagels gesühnt (Liv. VII
2f.). Daß dieser Nagel ein Säkularnagel war,
erhellt aus den capitolinischen Fasten, die einen
dietator davi figendi causa nicht nur bei dem
J 363, sondern auch 263 verzeichnen. Da aber
auch im J. 463 v. Chr. das Prodigium einer großen
Seuche gesühnt worden war (Liv. III 6, 2) , so
hat Mommsen Chronol. 2 176 mit Recht die
Worte des Livius VII 3, 3 repeiitum ex seniorum
memoria dicitur, pestilentiam quondam elavo ab
dietatore fixo sedatam auf das J. 463 bezogen.
Eine verheerende Seuche war also ein ostentum
saeeulare. Daß aber das Einschlagen eines Nagels,
ebenso wie die Spiele der etruskischen istri (Liv.
VIJ 2, 6 ister Tusco verbo ludius; vgl. <perm-
persona S kutsch Arch. f. lat. Lexic. XV 145),
ein etruskisches Stimmittel war, geht aus Liv.
VII 3, 7 hervor {Vulsiniis quoque clavos in-
dices numeri annorum fixos in templo Nortiae
Etruscae deae comparere, düigens talium monu-
mentorum auetor Gincius affirmat. Boissier
Society of biblical Archaeology 1902, 228 glaubt
den clavus auch in einem chaldäischen Text zu
erkennen). Die ersten römischen Säkularfeiern
waren also sicher etruskischen Ursprungs.
Nach den im 8. etruskischen Säkulum ge-
schriebenen Tuscae historiae betrugen die vier
ersten etruskischen Säkula je 100 Jahre, die fol-
genden 123, 119 und 119 (Varro Cens. 17, 6).
Wenn wir dem 8. dieselbe Länge 119 zuteilen
dürfen , so bekommen wir zwei Perioden von je
vier Säkula, die ersten 100 jährig, die letzten
120 jährig. Der Trompeten schall vom J. 88 n. Chr.
verkündigte das Ende des 8. Säkulums (Plut. Sulla
7; da es nämlich nach Varro zehn Säkula gab,
so müssen die Worte Plutarchs ömm tö avu-
Ttavxa ysrti auf die schon durchlebten sich be-
ziehen. Der Haruspcx Vulcanius setzte ins J. 44
v. Chr. das Ende des 9. Säkulums nach Serv.
Buc. 1X46). Die etruskische Zeitrechnung
fing also nach der Tradition der heiligen Bücher
um das J. 967 v. Chr. an.
Die hundertjährigen Säkula finden wir in der
römischen Geschichte wieder und zwar auch hier
eine tetraeteris. Mit dem J. 2G3 v. Chr. ist näm-
lich die alte Säkularsühnung , das Einschlagen
eines Nagels verbraucht, und nach einer neuen
Ansicht geht das 5. Säkulum der Stadt erst mit
dem J. 249 zu Ende. In diesem Jahre wurden
nach Blitzprodigien zum erstenmal ludi Tarentini
gemäß einem Spruch der Sibyllinischen Bücher
gefeiert (Varro bei Censorin. 17, 8). und die Be-
stimmung getroffen uti ludi centesimo quoque
anno fierent. Diese Sibyllinische Feier wurde im
J. 146 v. Chr. wiederholt. Ob die H. auch bei
diesen Säkularfeiern beteiligt waren oder etwa
die Sibyllinischen Bücher etroskischen Einfluß
erfahren haben, bleibt unentschieden. Im J. 44
oder 43 verkündigte ein neuer Sibylliniflcher Spruch
dag Ende einer Weltepoche von vier 110 jahrigen
Säkula und den Anfang einer neuen ähnlichen
(Verg. Ecl. 4, 4 ultima Cumaei venit iam car-
mwiis aetas ; magnus ab integro saeclorum Ttasd-
tur ordo. Varro bei Augustin. civ. dei XXII 28,
s. Mommsen Chronol. 2 184). Aber auch die
H. nahmen in diesen Jahren einen Säkulum Wech-
sel für Korn an (Vulcanius s. ö. Appian. bell. civ.
IV 4). Ein Zeugnis von der Teilnahme der H.
an den Säkular spielen der Kaiserzeit geben eTst
10 die Acta ludorum saeculariura Severi 204 n. Chr.
CIL VI 4, 2 p. 3254 mox har[u$p]icatione.
§ 40. Die Deutung der Ostenta. Von
den' etruskischen Ostentarien oder Büchern über
die ostenta sind nur drei Fragmente der lateini-
schen Übersetzung des Tarquitius Priscus erhalten,
über die s. Thulin Ital. sakrale Poesie u. Prosa
lf. 71ff.
Sonst kennen wir ihren Inhalt, abgesehen von
kurzen zerstreuten Notizen, nur aus den Ant-
20 Worten, die etruskische H. den Römern wegen
Prodigien gegeben haben. Ein solches Respon-
sum erstreckte sich in der Eegel auf vier Punkte
(s. Wissowa Eelig. 471): es wird angegeben,
1. von welchen Gottheiten das Zeichen ausgeht,
2. aus welchem Anlaß sie es gesandt haben,
3. was es ankündigt (quid portendat), 4. wie es
gesühnt werden kann. Die wörtlichen Zitate
Ciceros de har. resp. geben uns eine gute Probe :
1. § 20 quod in agro latiniensi auditm est
30 strepitus cum fremitu, postiliones esse lovi Sa-
turno Neptuno Telluri Bis caelestibus.
2. § 20 ludos minus diligenter faetos pollutos-
que. § 9 Iota sacra et religiosa profana Jiaberi.
§ 34 oratores contra ius fasque interfectos.
§ 35 fidem iusque iurandum mgleetum. § 40
sacriföeia vetitsta oceultaque minus diligenter
facta pollutaque.
3. § 40 ne per optimatium discordiam dis-
sensionemque patribus prineipibusque eaedes
40 periculaque creetttur, auxilioque fdiminuitis (1.
divinitus) deficiantur, qua re ad unum imperium
peeuniae redeant exercitusqiw apulsus (sit} de-
minutioque accedat. § 55 ne oecultis eonsiliis
res publica laedatur. '§ 56 ne deterioribus re-
pulsisque Iwnos augeatur. § 60 ne rei püblicae
Status commutetur.
1. Die Gottheit wird angegeben. Livius
1 34, 9 nennt die Tanacmil perita ut vulgo Etrusci
caelestium prodigiorum und läßt sie sagen : eam
SOalitem ea regione et eius dei nuntiam venisse:
man könne also auch bei anderen Zeichen als den
Blitzen die Götter an den Himmelsregionen er-
kennen. In den überlieferten Beispielen aber
folgen die H. Bestimmungen einfacherer Art:
wenn das Bild Apollos weint, maß Apollo ge-
sühnt werden (Obseq. 28a): ein aus der Erde
emporsteigendes Getöse fordert die Versöhnung
der Ceres und Proserpina (Obseq. 43. 46). Mehrere
Götter erwähnt das Responsum bei CiceTO : posti
btiliones esse Iori Satumo Neptuno lellun Bis
caehstibm.
2. Weshalb das Zeichen gesandt wurde.
Als Grund des göttlichen Zorns gaben die H. be-
sonders Verstöße gegen den ritus patrius an.
So in dem H. Responsum Ciceros (s-öj. Der-Con-
sul Fostumius 186 v. Chr. (Liv. XXXEt 16, 7), so-
wie der Kaiser Claudius (Tac. ann. XI 15) rühmten
sie anch, weil sie die Römer gegen das Eindringen
ü4bö
Haruspices
Haruspices
2464
fremder Kulte oft geschützt hätten. Im J. 48
v. Chr. z. B. schritt der Senat nach ihrem Gut-
achten gegen den Kultus der Isis ein (Cass. Dio
XLLT 26). Im J. 163 v. Chr. behaupteten sie
non fuisse iustum eomitiorum rogatorem (Cic.
div. I 33. II 74; nat. deor. III 10). Daß man
oft postridie (Kai. Id. Non.) geopfert habe, sei
der Grund vieler Unglücksfälle gewesen nach der
Aussage des H. Aquinius im J. 391 v. Chr.
erklärten die etruskischen H. des Kaiser Iulianus
sowohl fax in eaelo als auch die Erscheinung^
eines Kometen für unheilvolle Zeichen (Ammian.
Marc. XXV 2, 7. 10, lf.). Im X 44 v. Chr. be-
haupteten sogar der H. Vulcanius, daß der Ko-
met dieses Jahres die Ankunft des 10. und letzten
Säkulums ankündigte (Serv. Bnc. IX 46). Die>
bei den Dichtern hervortretende günstige Auf-
fassung dieses Zeichens als Gaesaris astrum geht
(Macroh. Sat. I 16, 21—24). Auch Ungesetzlich- 10 sicher auf griechische Quelle, die Sibyllinischen
keiten und Eideshruch hielten die H. des J. 56
den Römern vor (Cic. har. resp. 34. 36).
3. Die Bedeutung der Zeichen. Von den
vier oben erwähnten Punkten der responsa haru-
spicum tritt in den römischen Prodigienberichtcn
die Beantwortung der Frage quid poriendat pro-
digium in den Vordergrund, da die H. darin
dank ihrer Wissenschaft höchste Autorität waren
Bücher, zurück (vgl. Verg. Buc. IV 9),
Über Berührungen mit der Astrologie s. § 38
und T hui in Martiamis Cape IIa 79ff. Erst zur
Zeit des Alexander Severus wird aber erzählt, daß
die H. nach den Sternen allein das Horoskop
stellen (Hist. Aug. AI. Sev. 13, 5). Bei Verg. Aen.
X 175 steht sidera für alle Zeichen des Himmels.
§ 43. Baum zeichen. Von dem ostentarium
(Wissowa Relig. 472. Cic. div. 1 92). Eine arhorarium ist ein Bruchstück der Übersetzung
kurze Übersicht der überlieferten Deutungen folgt. 20 des Tarquitius erhalten, in dem die arbores in-
felices angegeben werden, Macrob. Sat. III 20, 3
Tarquitius autem Priscus in ostentario arbora-
rio sie ait : arbores, quae inferum deorum aver-
tentiumque in tutela sunt, eas infeliees nom,i~
nant: al(a)temum, sanguinem, filieem, fieum
atrum, quaeque bacam nigram nigrosque fntc-
tus ferunt, itemque acrifolium, pirum silvati-
cum, [p'jruscum, rubum sentesque, quibus por-
resp. seditionem . . portendü). Desgleichen wer- tenta prodigiaque mala comburi iubere oportet
den die mit dem Erdbeben zusammenhängenden 30 (vgl, Plin. n. h. XVI 108. Thulin Ital. sakrale
Getöse {strepitus cum fremitu, horribilis fremi- Poesie und Prosa lf. 71ff.). Es sind lauter un-
§ 41. Erdbeben ist sowohl dem Staat wie
dem einzelnen ein sehr ungünstiges Zeichen (Serv.
Aen. IV 166 seeundum Etruscam diseiplinam
nihil tarn incongruum nubentib-us quam terrae
motus vel oaeli. Ammian, Marc. XXIII 1 , 7
minus laetum . . . aliena pervadere molienti
reetori). Dem Staat verkündigt es innere Kämpfe
(Cic. div. I 97 Aetna mons terrae motu . . . ar.
tus armorum) aufgefaßt. Darauf beziehen sich
alle die Drohungen der H. in dem von Cicero
mitgeteilten Eesponsum, in dem zugleich die
aristokratische Richtung der etruskischen Seher
klar hervortritt: sie vermahnen die Optimaten zu
Eintracht im Kampfe gegen die Alleinherrschaft
und die Plebeier (deteriores repuhique). Vgl.
Obseq. 48 civües portendere discordias; 57 molem
nützliche Bäume (besonders die mit schwarzen
Früchten) und Sträucher, die nie gepflanzt wurden.
Mit deren Holz verbrannte man böse Prodigien
und geißelte man Missetäter (s. § 37); viele von
ihnen hatten aber als Heilmittel wunderbare
Wirkung {mrga sanguinea, Plin. n. h. XXIV 73;
tamarica ebd. XXIV 671} . In der Lehre von
den Unglücksbäumen steckt also zugleich eine Art
ingentis belli portendere. Der Trompetenschall 40 magischer Heilkunst, und die di avertentes, unter
v. Chr. (Plut. Sulla 7) bezeichnete ein neues
Säkulum. Vgl. Plin. II 148.
Als Seufzen der Erde aufgefaßt, verkündigt
aber solches Getöse Hungersnot und fordert die
Versöhnung der Ceres und Proserpina nach Ob-
seq. 46.
Das vom Sturm heruntergestürzte Bild des
Iuppiter drohte nach der Aussage der H. 152
v. Chr. dem Leben der Beamten und Priester,
deren Schutz jene Bäume stehen, sind wohl ,die
das Böse vertreibenden'.
Die arbores felices sind nach der Lehre der
Pontifices die nützlichen Bäume, die gepflanzt
werden (Macrob. Sat. III 20, 2 ait enim Veramus
de verbis pontifiealibus ,feliees arbores putantur
esse quercus aesculus Hex suberies fagus corylus
sorbus ficus alba pirus malus vitis prunus cor-
nus latus'). Daß aber diese Einteilung den H.
die infolgedessen sämtlich ihre Ämter niederleg- 50 und Pontifices gemeinsam war, erhellt aus der
ten (Obseq. 18). Das vorwärtsgestürzte , aber
aufrechtstehend gebliebene Bild der Nike gab da-
gegen ein Vorzeichen des Sieges (Zonar. VIII 1,
2—4). Nach Eisenregen prophezeiten die H.
im J. 64 v. Chr. superna volnera (Plin. n, h. II
147), nach Regen von Kreide aber im J. 98 v. Chr.
gute Ernte (Obseq. 47). Daß im J. 130 v. Chr.
das Bild Apollons zu Cumae , weinte 1 , deuteten
sie auf den Untergang Griechenlands. Tropfen
ähnlichen Verwendung der Unglücksbäume im
altrömischen Recht und in der etruskischen Reli-
gion ('s. £ 37).
Dem jungen Vespasianus versprachen die H.
summa elaritudo , weil auf seinem Gut eine
heruntergestürzte Zypresse von seihst sich wieder
erhoben hatte (Tac. hist. II 78). Eine Deutung
der H. ist wohl auch die folgende Hist. aug.
Alex. Sev. 13, 7 nata in domo laurus iuxtaper-
von Honig und Milch an dem Altar luppiters 60 siei arborem intra unum annum persici arborem
auf dem Capitol waren im J. 296 v. Chr. Vor-
zeichen von Krankheit (weil Honig ein Heilmittel
sei) und Hungersnot, aber Tropfen von Blut er-
klärte diesmal ein weiser Etrusker für ein Sieges-
zeichen, weil Siegesopfer auf diesem Alta r dar-
gebracht zu werden pflegten (Zonar. VIH 1, 2).
§ 42. Zeichen vom Himmel her. Nach
den von Tarquitius übersetzten heiligen Büchern
vicit. unde etiam coniectores dixerunt Pergas
ab eo esse vincendos. Vgl. ferner Plin. n. h. XVH
244.
§44. Tierzeichen, Wie die arbores felices
und infeliees scheint man anch animalia felieia
und infelida unterschieden su haben. Zn den
Unglückstieren sind ra re chnen : . Raubtiere, wie-
der Lowe (Ammian. Marc. JUUli 5, 10) und der
Wolf, Rauh- und Nachtvögel wie der Geier (Plin,
n. h. X 19; s. § 46), die Eule (a. a. O. 34 dirum
ostentum), der Brandvogel (a. a. O. 37 inauspi-
cata est et ineendiaria avis . . . alü spintumi-
cem eam vocant), nach deren Erscheinung in Rom
oder in einem Tempel immer eine lustratio urbis
erforderlich war (Plin. X 35f.). Auch der elivia
genannte Vogel (Plin. X 37 Labeo proliibitoriam
dieit) gehört hierher; nach der Deutung Plin. X
41 zu urteilen , war auch der Specht feralis.
Unglückstiere sind ferner die Mäuse (Cic. div. I
99 Lanuviis clipeos, quod haruspieibus tristissi-
mum visum esset, a muribus esse derosos) und
die Bienen (Plin. n. h. XI 55 kaudquaquam per-
petua haruspiewm eonieetura, qui dirum id
ostentum existimant sentper).
Die Haustiere gaben dagegen öfters gute Vor-
zeichen. Daß die Pferde zu den animalia felieia
gehören, erhellt aus Serv. Aen. III 537 in libris
Etruseis invenitur etiam equos bona auspieia
dare. Da Vergilius hier von weißen Pferden
spricht (538 candore nivali), so ist wohl dieser
Farbe besonders glückliche Bedeutung zuzuschrei-
ben (Schmcisser Die etrusk. Disciplin 17, 83).
Ein Schaf oder ein Widder mit purpurnen oder
goldenen Flecken (purpureo aureove colore ovis
ariesve si asper getur) verkündigte einem Vor-
nehmen (prineipi) und seinen Nachkommen Glück
und Ruhm (Macrob, Sat. III 7, 2). Dem Anton.
Geta versprach ein H. infolge dieses Zeichens
das Imperium (Hist. aug. Geta 3, 5). Ein pur-
purfarbiges Taubenei deuteten die H. auf bald
eintretendes, aber kurzes Imperium (Hist. aug.
AI. Sev. 13, 1).
Die Schlangen gaben bei den Etruskern, eben-
so wie bei vielen anderen Völkern (Hopf Tier-
orakel und Orakeltiere 1888, 182ff. Jastrow
Relig. Babyloniens II 376, 2), bald böse, bald
gute Zeichen. Nach den überlieferten Beispielen
zu urteilen, bedeutete eine Schlange Glück (Cic.
div. I 72 Sulla. Liv. XXVI 19, 6 und Gell. VI
1, 1 — 15 Scipio minor. Cic. div. I 79 Roscius. Tac.
ann. XI 11 unam omnino anguem Nero), zwei
Schlangen Unglück (Liv. XXV 10 ab oecultis
eavendum hominilms consultisque Ti. Gracchus ;
Cic. div. I 36 Todeszeichen für den Vater der
berühmten Gracchi oder seine Frau), schwarze
Schlangen wohl immer Unglück (Obseq. 28 angues
duo nigri — eivilem caedem portenderunt).
Gewisse Tierzeichen bezogen sich besonders
auf die Regierenden (regalia ostenta). Ein ge-
töteter Löwe verkündigte den Tod eines Königs,
Ammian. Marc. XXIII 5, 8 obitus regis porten-
debatur ; 10 prineipi . . . contrarium. Die Tauben
gaben nur den Königen Zeichen (Serv. Aen. I 393).
i'ber die purpurfarbigen Tiere s. o. Auch die
Bienen, das Symbol der Monarchie, gehören hier-
her, denn ihr Erscheinen an prodigiösen Orten
verkündigte die Ankunft eines fremden Herrschers
{Verg. Aen. VII 59. 68f.), den Sturz der Republik
und drohende Alleinherrschaft (Cic. har. resp. 25
ut a servitio caveremus), den Tod der Consuln
(Liv. XXVII 23, 2ff.) oder des Kaisers (Cass. Dio
LXI 35, 1). Über Hist. aug. Anton. Pius 3, 5 s.
Thulin E.D. III lOOf.
§45. Vogelschau. Auspieia. Daß in den
etruskischen Ostentarieri viele Vögel neben dem
Text gemalt waren (vgl. die Abbild, der chaldä-
Pauly-WisBow»-Kroll VII
ischen Texte der Extispicin), erwähnt Plinius bei
der Behandlung der römischen Unglücksvögel
(Plin. n. h. X 37 sunt praeterea eomplura genera
depieta in Etrusea diseiplina, saeoulis non
visa\ vgl. Fest. 330 spiniurnix avis genus tur-
pis figurae). Diese Unglücks vögel sind nach
Plin. n. h, X 34 — 40 zu urteilen, ähnlich wie die
Unglücksbäume (§ 44), dieselben in der römischen
Augurallehre und der etruskischen Disziplin, und
10 auch sonst fehlte es gewiß nicht an Überein-
stimmungen zwischen den beiden Lehren (vgl.
z. B. die Rangordnung der Auspicien und der
Blitze § 16, 2). Aber während in der römischen
Augurallehre nur eine kleine Zahl von Vögeln,
die Augural vögel, in Betracht kam (Cic. div. II
76 exttma auguria . . . omnibus fere utuntur,
nos admodum paucis) t kann nach der etruski-
schen Disziplin jeder Vogel göttliche Zeichen geben
(Serv. Aen. I 398 ... in libris reeonditis [vgl.
20 Serv. Aen. II 649] lectum esse, posse quamlibet
avem auspicium adtestari, maxime qitia non
poscatur). Und während die Römer aus den be-
stimmten Zeichen nur erkennen konnten, ob die
Götter einer Handlung geneigt oder abgeneigt
waTen, vermochten die etruskischen Seher aus
den Zeichen die Zukunft zu erkunden (Wissowa
s. Augures o. Bd. II S. 2315). Die Augurallehre
umfaßte nur fünf Gattungen von Zeichen : (Fest.
261) \ ex eaelo, ex avibus, ex tripudiis, ex quadru-
30 pedibus, ex diris, aber nicht die exta, und selbst
die Sonderstellung der Vogelschau, die in den
Worten augur auspicium hervortritt, ist der
etruskischen Lehre fremd (vgl. das Wort karuspex) ;
die Etrusker scheinen sogar für auguralis ein
umbrisches Lehnwort aviekl benützt zu haben
(Skutsch Vollm. .Jahresber. V 52. Vgl. ferner
Wissowa Relig. 450. 453, 7).
Alles spricht also für die Annahme einer echt
römischen Augurallehre , und die Römer selbst
40 haben diese in geschichtlicher Zeit von der Lehre
der fremden H. streng unterschieden. Aber die
Übereinstimmungen zeugen davon, daß die römi-
sche Lehre starken etruskischen Einfluß erfahren
hat. Dasselbe beweist schon das Epitheton der
Auguren, der lituus, der uns zuerst auf etruski-
schen Denkmälern bekannt ist. Über den etruski-
schen Ursprung des Pomeriums, das in der Augural-
lehre eine wichtige Rolle spielt, s. § 31.
Einzelheiten der etruskischen Vogelschau
50 wissen wir sehr wenig. Nach dem H. Umbricius
erzählt Plinius, daß die Erscheinung eines Geiers
einen Todesfall nach drei Tagen ankündigt (Plin.
n. h. X 19 Umbricius haruspieum in nostro
aevo peritissimus purere tradit [sc. vultures]
ova tredeeim , uno ex his reliqua ova nidum-
que lustrare, mox abieere. triduo autem ante
advolare eos, tibi cadarera futura sunt). Eine
Deutung teilt er X 41 mit: fpieusj in capüe
praetor is urbani Aelii Tuberonis . . . respondere
60 vates exitium imperio portendi, si dimitteretur ■,
at si exanimaretur praetori (vgl. Cic. div. I 36).
Den fulgura regalia § 17 und exta regalia % 28
entsprechen wohl die auspieia regibus data (Serv.
Aen. I 393 columbae).
% 46. Das Sühnen der Ostenta, Den
Römern kam es bei den Prodigien vor allem
darauf an, durch die richtigen Sühnmittel den
Zorn der Götter zu besänftigen und die Drohungen
78
äio t jLarusjjiues
abzuwenden. Dies war auch immer der wesent-
liche Grund, weshalb man die H. herbeirief, wenn
auch in den Testen die Deutungen mehr hervor-
treten (bei Liv. XLII 20, 4 geben zwar die H.
die Deutung, die üecemvirn das Sühnmittel an,
aber an die Sühnung brauchten sie hier nicht
zu denken, da sie das Zeichen für günstig hiel-
halten, als ob die Gottheit durch sie geredet
hätte (Liv. XXXV 21, 5. XLI 13., 2).
B. Besondere Sühnungen beschloß bei
Staatsprodigien der Senat nach Anweisung der
Pontifices, Decemviri oder H. Die überlieferten
Beispiele beweisen, daß die H. in der Eegel da-
7 ___. _ u , bei keine etruskischen Sühnriten empfohlen, son-
ten: prolationem finkim . . porUndi). In den dem sich an die geläufigen römischen und grie-
ersten Jahrhunderten der Republik wurden bei einsehen gehalten haben {Varro de 1.1. VII 88
den Staatsprodigien die Sibyllinischen Bücher 10 cum haruspex praeeipit, ut suo quisque ritu
viel häufiger als die H. befragt. Sühnungen der sacrificium faeiat) , während die griechischen
Pontifices werden nur erwähnt zwischen den J. 213 Götter und der ritus graecus durch Vermittlung
und 176 v. Chr. (Wülker Prodigicnwesen, Diss. der Sibyllinischen Sprüche in Rom eingedrungen
Leipz. 1903, 31). Aber vom 2. vorchristlichen sind. Die H. empfahlen also öfters Opfer, Ge-
Jhdt. an wächst der Einfluß und Ruf der H. schenke, Geldspenden, Statuen, lustratio urbis,
immer mehr (s. § 4 A), bis die Berichte über aber auch echt griechische Sühnmittel wie sup-
ofüziello Prodigien mit dem Ausgang der Repu- plieatio und Jungfrauenchöre ; einmal ludi per X
blik fast aufhören. dies (Cic. Cat. III 19). Sie verwandten aber diese
A. Die erste Aufgabe der Sühnung der H. Mittel nach eigenen Prinzipien. Lustratio urbis
war es , die Spuren des Schreckzeichens zu be- 20 war stehende römische Sühnung, wenn Unglücks-
seitigen (Wülker a. a. 0. 36. 39). Der betroffene tiere in der Stadt erschienen; die H. benützten
Platz wurde für religiosus erklärt und eingehegt dies Mittel nach Blitzprodigien. Die Sibyllini-
(über das Blitzgrab ■ s. § 18 A. Ob seq. 70 in sehen Bücher schrieben Jungfrauenchöre in Ver-
castris Cassii examen apium eonsedä. locus bindung mit stips Cereri et Proserpinae nach
aruspieum iussu interelusus interius dueto tallo. Androgynenprodigien vor, die H. aber nach Erd-
Vgl. Liv. XXV 17, 2 loco puro) oder auch sorg- beben und damit zusammenhängenden Zeichen,
fältig gereinigt (z. B. regelmäßig die Stadt, wenn während sie sowohl Androgynen- wie überhaupt
Unglückstiere eingedrungen waren). Einer vom widernatürliche Zeichen aus dem Pflanzen- und
Blitz oder Sturm heruntergestürzten Statue wurde Tierreich durch supplicatio sühnten (Thulin E.D.
eine richtigere Aufstellung angewiesen (Gell. IV 30 III 126f.).
5,1. Cic. Cat. III 19 harmpices ex tota Etruria Aber es gibt Zeugnisse dafür, daß die H.
. . . iusserunt simulacrum lovis faaere maius früher noch wagten, etruskische Riten den Römern
et in excelso conloeare et ... ad orientem con- vorzuschlagen. Die alte Säkularsühnung, das
vertere). Ein Tempel mußte dagegen auf der- Einschlagen eines Nagels, war sicher etruskisch,
selben Stelle und in derselben Porin wie früher und die von etruskischen istri aufgeführten ludi
wiederhergestellt werden (Tac. hist. IV 53 , s. more Etrusco des J. 364 v. Chr. sind zweifellos
§ 33), von den H. empfohlen. Es zeugt von ihrer Ak-
Die Prodigien selbst wurden nach dem § 44 komniodationsfahigkeit, daß sie damit aufhörten,
angeführten Fragment mit dem Holz von arbores da sie sahen , wie abgeneigt die Römer gegen
infelices verbrannt (Liv. XXXV 9, 4 ein Wespen- 40 alles Fremde waren. Aber wir dürfen nicht den
schwärm; XXXVI 37, 2 zwei Ochsen, die auf etruskischen Büchern jene Sühnungen absprechen,
einem Dach in Rom gesehen waren: eos vivos nur weil sie römisch oder griechisch sind. Viele
comburi cineremque eorum deiiei in Tiberim Sühnmittel, wie Opfer, Geschenke, lustratio urbis,
haruspiees iusserunt; das Junge eines Maulesels waren gewiß den Etruskern und Römern gemein-
Lucan. Phars. I 590 infaustis urere flammis: sam, viele wahrscheinlich auch den etruskischen
eine Mißgeburt Obseq. 25 puer quattuor pedibus). und den Sibyllinischen Büchern, da die Etrusker
Zwitterkinder wurden aber in der Regel aus dem überhaupt, nicht am wenigsten in der Sühnlehre,
römischen Gebiet entfernt und ins Meer geworfen, sehr viel Griechisches aufgenommen haben,
lebendig in einem Sarg eingeschlossen (Liv. XXVII [Thulin.]
37, 6 extorre agro Romano proeul terrae con- 50 Hasdrubal (gricch. 'AadQovßag) t Name einer
tactu alto mergendum. vivum in arcam con- ganzen Reihe karthagischer Heerführer und Staats-
diderunt, Obseq. 22; vgl. 27. 32. 34. 36. 47. männer.
48. 50, wo jedoch die H. nicht ausdrücklich er- 1) Sohn des großen Mago, Feldherr der Kar-
wähnt werden. Bei Liv. XXXIX 22, 5 ( = Obseq. thager, am Ende des 6. und Anfang des 5. Jhdts.,
31 heißt es nur arceri Romano agro necarique). unterwarf Sardinien, vielleicht auch am Kriege
Bei Erwachsenen, die ihr Geschlecht gewechselt gegen die Libyer beteiligt. Er war elfmal
hatten, wurde diese Bestimmung so modifiziert, ,Dictator' und triumphierte viermal, ward aber
daß sie auf eine öde Insel ausgesetzt wurden schließlich auf Sardinien schwer verwundet und
(171 v. Chr., Plin. n. h. VII 36 = Gell. IX 4, 15). starb, nachdem er seinem Bruder Hamilkar den
Diese verschiedenen Arten der Vertilgung 60 Oberbefehl übergeben hatte, Iustin XIX 1, 2— 4,
wurden später nicht streng auseinandergehalten. vgl. Meltzer I 197f.
Ein erwachsener Androgvn wurde im J. 92 v. Cbr. 2) Sohn des Vorigen, Feldherr der Karthager
verbrannt (Diodor. XXXII 12, 2; vgl. Obseq. 53), im 5. Jhdt, leitete mit seinen Brüdern Hannibal
eine Mißgeburt im J. 83 v. Chr. in rinnendes und Sapho, sowie seinen drei Vettern, den Söhnen
Wasser geworfen (Obseq. 57), gleichfalls 112 HamJlkars Nr. 1 damals die Geschicke Karthagos
n. Chr. (Phlegon frg. 54). bis zum Sturz des Hauses Mago«, Inst. XIX %
Tiere, welche gesprochen hatten, wurden hin- 1—6. Meltzer Gresch. d. Karth. I 225£
gegen nach Befehl der H. auf Staatskosten er- 8) Ein Jahrhundert spater, mit Hamilkar
Führer des großen Heeres, das die Karthager gegen deutend (Diod. XXII 12), so daß er der kartha-
Timoleon nach Sizilien sandten, ward mit seinem gischen Regierung gegenüber eine völlig selb-
Mitfeldherrn am Krimisos besiegt, 339 v. Chr.; ständige Stellang einnahm, zumal ihn auch die
vgl. Hamilkar Nr. 2. Spanier zum Oberbefehlshaber ernannt hatten
4) Abermals ein Jahrhundert später, Sohn des (Diod. a. a. O.). Auch die Römer wagten ihn
Hanno, mit Bostar und Hamilkar zum Feldherrn nicht anzugreifen, behandelten ihn vielmehr äußerst
gegen Kegulus erwählt (Polyb. I 30, 1) und mit vorsichtig und begnügten sich, mit ihm den Ebro-
beiden zusammen von diesem bei Adyn geschlagen, vertrag zu schließen (Polyb. II 13,7), wodurch
worauf er wie sie das Kommando zu Gunsten des sich H. verpflichtete, den Ebro nicht zu über-
Xanthippos niederlegte (ebd. 5—14. 32, 5. Zonar. 10 schreiten. Nicht lange nachher, im J. 221. nach-
VIII 13. 391a. e). Im J. 255, gleich nach dem dem er fast acht Jahre lang (so richtig Liv. XXI
Schiffbruch des M, Acmilius und Scr. Fulvius 2, 3 , unrichtig neun bei Diod. XXV 12) den
(Polyb. I 38, 2), der zwischen Aufgang des Orion Oberbefehl geführt hatte , ward er von einem
und Sirius, also Ende Juni 255, erfolgte (Pol. I keltischen Sklaven (Polyb. II 36, 2), dessen Herrn
37, 4) ging H. mit einem bedeutenden Heere nach er getötet hatte, auf der Jagd (Appian. Hann.2 )
Doch hatte er im Felde das Übergewicht, da die 20 Kriege, als 218 die römischen Gesandten in Kar-
Römer eine Schlacht vermieden (Polyb. I 39, 12). thago erschienen, um Genugtuung zu verlangen
Erst im J. 251 entschloß er sich, wohl auf Vor- (Zonar. VIII 22. 408 a-b).
Stellungen seiner Regierung (Diod. XXIII 22, 1), 7) Sohn des Hamilkar Barkas, jüngerer Bruder
Metellus in Panormos anzugreifen, erlitt aber eine des großen Hannibal, ward von diesem, als er im
vollständige Niederlage (Polyb. I 40, 1 - 15. Diod. Frühjahr 218 nach Italien zog, mit rund 15000
XXIII 22; vgl. Zonar. VIII 14, 393 c— d), wofür Mann als Höchstkommandierender in Spanien zu-
er in Karthago hingerichtet ward (Zonar. VIII 14. rückgelassen (Polyb. III 33, 6. Liv. XXI 22, 1-4).
394b). Vgl. Holm Gesch. Sic. III 20— 24. Neu- Auf die Nachricht von der Niederlage, die der
mann- Faltin Das Zeitalter der pun. Kriege Praefect der neueroberten Ebroprovinz, Hanno,
130—134. Meltzer II 313. Das Jahr war das 30 durch Cn. Scipio erlitten hatte, eilte er sofort
13. des Krieges (vgl. Polyb. I 413), also August herbei , überschritt den Ebro und brachte den
252—251 : die Schlacht fand in der Ernte statt, plündernden Römern eine Schlappe bei, ging aber
also wohl Ende Juni 251. Bei och Gr. Gesch. III dann in die Winterquartiere nach Neukarthago
2, 231. 235 setzt die Schlacht ein Jahr später 250; zurück (Polyb. III 76, 8-12. Liv. XXI 61, 2-3) ;
vgl. über diese Chronologie Hamilkar Nr. 7. nach Liv. XXI 61, 5 soll er noch einmal über
5) Gegen das Ende des ersten Punischen den Ebro gegangen, aber von Cn. Scipio zurück-
Krieges Volksführer in Karthago (Appian. Ib. 4), gewiesen worden sein, was nicht sehr wahrschein-
näherte sich dem Hamilkar Barkas, mit dem er lieh ist. Im Sommer 217 rückte er gleichzeitig
nach dem verleumderischen Bericht des Liv. XXI mit der von Hainilkar befehligten Flotte und dem
2. 3ff. Nep. Hann. 3 in unerlaubten Beziehungen 40 Landheer bis zur Ebromündung vor, wo die Flotte
gestanden haben soll, und heiratete dessen Tochter von Cn. Scipio angegriffen und im Angesicht des
(Diod. XXV 103. Appian. Hann. 4). In Begleitung Landheers geschlagen ward (Polyb. III 95, 1 - 96, 6.
seines Schwiegervaters ging er im Frühjahr 237 mit Liv. XXII 19, 1—20, 2); auch hier fügt Liv. XXII
nach Spanien (Appian. Hann. 4) und unterstützte ihn 20,3—12 etwas Besonderes an, einen Raubzug
bei seinen dortigen Feldzügen. Später ward er von der römischen Flotte an der Küste bis Neukarthago
Hamilkar Karthago zu Hilfe geschickt und unter- beruntcr. Inzwischen hatte H. durch iberische
drückte einen Numideraut'stand (Diod. XXV 10). Völkerschaften verstärkt, den Ebroübergang gegen
Vielleicht fällt in diese Zeit sein Versuch, die kar- das römische Landheer erzwungen, indessen ward
thagische Verfassung zu stürzen, von dem Fabius er durch einen Aufstand der Celtiberer zurückge-
Pictor bei Polyb. III 8. 1—4 berichtete: indessen 50 rufen , bei dem er starke Verluste erlitt (angeb-
ist die Sache zweifelhaft und wahrscheinlich nur lieh 15 000 Tote, 4000 Gefangene nach Liv. XXII
aus Verleumdungen der antibarkinischen Partei 21. 1—8). Nachdem dann im Laufe des Sommers
entstanden. Nach Spanien zurückgekehrt, ward P. Scipio mit Verstärkungen von Rom angelangt
er nach Hamilkar s gewaltsamem Ende vom Heere war, überschritten beide Brüder den Ebro und
zum Oberfeldherrn gewählt (Ende 229) und von gelangten bis Sagunt, wo ihnen der Verrat des
der karthagischen Regierung bestätigt (Polyb. II Spaniers Abilux und die Vertrauensseligkeit des
1,9). Er rächte zunächst den Tod seines Schwieger- Kommandanten Bostar sämtliche dort von Han-
vaters (Diod. XXV llf.) und setzte dann dessen nibal internierten spanischen Geiseln in die Hand
Werk fort, wobei er mehr mit den Mitteln der spielte (Polyb. III 97, 1-99, 9. Liv. XXLT 22,
Diplomatie als in offenem Kampfe erreichte (Po- 60 l—2j-, infolge ihrer Rucksendung begann die
lyb. II 36, 2. Liv. XXI 2, 5. Diod. XXV 11, 1); Treue der Spanier zu wanken. Im J, 216 erhielt
dazu gehörte auch seine Heirat mit einer spani- H. Verstärkungen aus Karthago (4000 Mann und
sehen Prinzessin (Diod. XXV 12). Um der puni- 1000 Reiter, Liv. XXII 26, 2) und unterwarf zu-
sehen Macht einen festen Mittelpunkt zu geben, nächst die aufständischen Tartessier an der Mün-
gründete er Neukarthago (Polyb. II 13, 2. Diod. düng des Guadalquivir. Dem Befehl der Behör-
XXV 12. Zonar. Vm 19. 402a). Das Heer, für den in Karthago, er solle seinem Bruder in Ita-
das er Ersatzmannschaften aus Afrika mitgebracht lien zu Hilfe kommen, weigerte er sich, Folge zu
hatte (Appian. Ib. 6), verstärkte er ganz be- leisten, mit der Begründung, daß dann Spanien
an die Scipionen verloren ginge. Erst als Himilkon
mit einem neuen Heere ankam , übergab er diesem
die Provinz und machte sich nunmehr nach Italien
auf, ward aber von den Scipionen am Ebro ge-
schlagen (Liv. XXIII 27, 9—28, 6. 29, 1—11).
Im folgenden J. 215 langten abermals bedeutende,
ursprünglich für Hannibal bestimmte Verstärkungen
unter H.s Bruder Mago in Spanien an (nach liv.
XXIII 32, 5— 11 waren es 12 000 Mann und 1500
Reiter) ; trotzdem ward H. abermals bei IUitnrgi
(offenbar in der Nähe des Ebro gelegen) und Intibili
von den Scipionen besiegt (Liv. XXIII 49, 5—14
mit fabelhaften Vcrlustangaben). Auch im J. 214
stand er noch in Spanien und erfocht, wie es
scheint, im Anfang des Jahres mit seinem Bru-
der Mago einen großen Sieg über aufständische
Spanier (Liv. XXIV 41, 1) ; da aber im weiteren
Verlauf des Krieges neben Mago nur noch H.,
Sohn des Geskon, erscheint (Liv. XXIV 41, 2-42
Ende), so muß man annehmen , daß H. ziemlich
im Frühsommer 214 nach Afrika zurückberufen
ward, wo Karthago in einen schweren Krieg gegen
Syphax von Numidien verwickelt war (Liv. XXIV
48, 2. Appian. Iber. 15). Mit Hilfe des Massi-
nissa besiegte er Syphax und ging dann mit be-
deutenden Verstärkungen nach Spanien zurück
(Appian. Iber. 16), wo inzwischen sein Bruder
Mago und Hasdrubal , Geskons Sohn , von den
Scipionen bis nach Andalusien zurückgedrängt
worden waren (Liv. XXIV 41 f.). Im Frühsommer
212 stand er mit seinem Heere bei Antorgis, als
er von Cn. Scipio angegriffen ward; doch gelang
es ihm, die Celtiberer Scipio abspenstig zu machen,
worauf dieser sich zurückziehen mußte (Liv. XXV
32. 33). H. folgte ihm unmittelbar auf dem
Fuße, zog Mago und Hasdrubal, Sohn des Ges-
kon, die inzwischen P. Scipio besiegt und getötet
hatten (Liv. XXXI 34), an sich heran und zwang
die Kömer zu einer zweiten Schlacht, in der auch
Cn. Scipio fiel {oetavo anno, postguam in Hi-
spaniam venerat, Liv. XXV 35—36, was aber
insofern nicht stimmt, als er selber die Ereig-
nisse unter dem Sommer 212 bringt; wahrschein-
lich fallen sie in das J. 211). Darauf fiel Spanien
den Karthagern zu; nur die Ebrolinie ward von
den Römern behauptet, bis im Sommer 211 neue
Truppen unter Claudius Nero anlangten. Diesem
gelang es. H. zwischen Illiturgi und Mentissa
(wahrscheinlich in der Sierra Morena) einzu-
schließen, aber durch eine List wußte sich dieser
zu befreien und bezog Winterquartiere bei Sa-
gunt (Liv. XXVI 17. 20). Im folgenden J. 210
scheinen die drei Feldherren Spanien wieder er-
obert zu haben, wobei sie nach Polyb. IX 36
törichterweise mit großer Härte vorgingen ; als
Scipio Spätsommer 210 in Spanien ankam, war H.
damit beschäftigt, eine Stadt der Carpetaner zu
belagern (also recht in der Mitte der Halbinsel
Polyb. X 7, 5). Um dieselbe Zeit wurden in Kar-
thago bedeutende Verstärkungen mobil gemacht,
mit denen er Hannibal zu Hilfe ziehen wollte
(Liv. XXVII 5. 7). Nach dem Fall von Neu-
karthago (209) scheint H. sieh zunächst ruhig
verhalten und die Ankunft der Verstärkungen ab-
gewartet zu haben: erst im Frühsoramer 208
setzte er sich von Andalusien ans in Bewegung.
Bei Baecnla (heute Baylen) von Scipio angegriffen,
erzwang er mit schweren Verlusten den Durch-
zug (Polyb. X 38f. Liv. XXVII 18f. der all&
diese Sachen unteT 209 erzählt). Darauf ging'
Scipio in die Winterquartiere (Polyb. X 40, 2.
Liv. XXVII 20), während H. sich mit den beide»
Feldherrn vereinigte und ihnen seinen Entschluß
kundtat, auch gegen den Willen der Behörden,
nach Italien zu gehen. Beide billigten den Plan
und stellten ihm ihre besten Truppen zur Ver-
fügung (Liv. XXVII 20). Mit diesen überschritt
10 H. noch in demselben Jahre die Pyrenäen, wie es
scheint im Westen (Appian. Iber. 28), während
Scipios Truppen (Liv. XXVII 20) ihn wohl an
der Ostseite erwarteten.
Quellen: Die zusammenhängende Erzählung
des Livius in den Büchern XXI— XX VII bildet
den Grundstock, dazu kommen einzelne Bruch-
stücke des Polybios und Appian in den Hiberika.
Livius benutzt hier eine stark römerfreundlich
gefärbte Darstellung (vgl. bes. Liv. XXIV 41. 42 r
20 wo die karthagischen Feldherrn rund 40 000 Mann
in kürzester Zeit verlieren , und vor allem die
Heldentaten des L. Marcius XXV 37 - 39, wo er
auch seine Quellen Claudius Quadrigarius, Vale-
rius Antias, Piso namhaft macht). Leider ist er
dabei mit der Chronologie in die Brüche ge-
kommen, von 212—209 sind fast alle Ereignisse
ein Jahr herabzurücken. Den Anlaß gaben wahr-
scheinlich die Liv. XXIV 41. 42 erzählten Kämpfe,
die sich tatsächlich wohl über zwei bis drei Jahre
30 verteilten , aber künstlich zusammengeschoben
einen großartigeren Eindruck machen sollen. Von
neueren Darstellungen vgl. Ncumann- F alt in
Das Zeitalter der puni sehen Kriege 322f. 3831
S97f. 413f. 435. 455—462. H. Genzken De
rebus a P. et Cn. Corneliis Seipionibus in Hispa-
nia gestis, Göttingen 1879. Frentz Die Kriege
der Scipionen in Spanien. Münch. 1883. Soltau
Herrn. XXVI 408ff. Jumpertz Der röm.-kartha-
gische Krieg in Spanien, Diss. Leipzig 1892.
40 Den Winter von 208/7 brachte H. in Süd-
gallien zu, wahrscheinlich lagen seine Winter-
quartiere am Nordrand der Pyrenäen, im Garonne-
gebiet. Im Frühjahr brach er auf und zog am
Gebiet der Arverner (Liv. XXVII 39) vorbei,
vermutlich südlich zwischen Pyrenäen und Ce-
vennen (Lehmann Die Angriffe der drei Bar-
kiden 1941!.), nicht etwa durch Mittelgallien, wie
andere annehmen, den Alpen zu, die er in der
ersten Aprilhälfte (Lehmann 196ft\) nach Liv.
50 XXVII 39. Appian. Hann. 51 auf demselben
Wege wie sein Bruder, nach Varro (Serv. Aen. X
13) auf einem andern überschritt. Der Übergang
ging trotz der frühen Jahreszeit bedeutend schneller
und einfacher von statten, wie seinerzeit bei Han-
nibal (Liv. XXVII 39. Polyb. XI 1, 1). In der
• Poebene angelangt, belagerte H. zunächst Placen-
tia, was ihm Liv. XXVII 39, 2ff. als Fehler an-
rechnet; indes kam es ihm wohl nur darauf an,
während des Aufenthalts in der Poebene, den er
60 notwendig brauchte, um durch Werbungen sein
Heer zu verstärken, nebenher noch irgend ein
unter Umständen vorteilhaftes Unternehmen zu
beginnen (so richtig Lehmann 203). Nach einem
Monat etwa hob er die Belagerung auf nnd rückte
nunmehr, nachdem er sechs Boten an seinen Bruder
mit der Nac hricht seines Vormarsches abgesandt
hatte (Liv. XXVH 43), südwärts tot, um die
Via Flaminia zn gewinnen, auf der er nach Mittel-
24/ ö
aasaruDai
jtiasaniDai
SS4/4
italien yorrftcken wollte. Bei Sena t wahrscheinlich
etwa 18 km vor der Stadt bei dem späteren
Forum Foituhae, wo die Via Flaminia von der
Kiistenstraße abzweigt, traf er auf den Consul
Livius Salinator, der hier mit überlegenen Kräften
Posto gefaßt hatte, um beide Straßen zu decken
{so richtig Lehmann 212 nach Dodge Hanni-
bal, Boston 1891, 535). Hier wartete er zu-
nächst Nachrichten von Hannibal ab (Zonar. IX 9.
432 e), was Claudius Nero Gelegenheit gab, sei- 10
nein Kollegen zu Hilfe zu kommen (vgl. o. den
Art. Hannibal S. 2341). Als H. merkte, daß
ihm beide Consuln gegenüberstanden, suchte er
der Schlacht auszuweichen und zog in der Nacht,
um ihnen auf der Via Flaminia voraufzukommen,
den Metaurus aufwärts. Allein er wurde von den
Consuln eingeholt und zur Schlacht gezwungen;
von der Übermacht überwältigt, suchte und fand
er den Tod.
Quellen: In erster Linie wieder der zusammen- 20
hängende Bericht des Livius in XXVLT 39—51,
dem Zonar. IX 9. 432 e- 433 d einige besondere
Züge hinzufügt, dazu kommt für den Kampf selbst
ein wertvolles Bruchstück bei Polyb. XI 1, 2ff.
Appian. Hann. 52 ist wertlos, teilt aber mit Livius
und Zonaras die Tendenz, den Sieg am Metaurus
als eine vollständige Vergeltung für die Schlacht
von Cannae darzustellen , daher die ganz unge-
heuren Verlustzahlen. Das Richtige wird Polyb.
XI 3, 3 haben, der alles in allem 10000 Tote an- 30
gibt; mehr als 15000 Mann hatte H. vermutlich
überhaupt nicht. Der Ort der Schlacht ist wahr-
scheinlich etwas oberhalb von Fossombrone in
dem ziemlich engen Metaurustal zu suchen; die
Zeit scheint bei Ovid. fast. VI 770 (24. Juni)
ziemlich richtig angegeben zu sein. Vgl. über
.alle einschlägigen Fragen das grundlegende Werk
Konr. Lehmanns Die Angriffe der drei Bar-
kiden auf Italien, Leipzig 1905, 190—283, das
auch über die gesamte Literatur orientiert. Her- 40
vorzuheben daraus ist Raim. Oehler Der letzte
Feldzug des Barkiden Hasdrubal und die Schlacht
am Metaurus (Berl. Stud. für klass. Philol. und
ArchaeoL N. F. II 1), Berlin 1897.
Über H.s Feldhermgeschick herrschte im Alter-
tum übereinstimmend die Meinung, daß er seinem
Bruder zwar keineswegs ebenbürtig, aber doch
von hervorragender Tüchtigkeit war (Polyb. XI
2, 1—10. Diod. XXVI 24, 1—2; auch Livius
vergißt das nicht hervorzuheben c. 49). Seine 50
Niederlagen in Spanien schreibt Polybios haupt-
sächlich der Untüchtigkeit der anderen Führer
zu. was richtig ist ; denn bis zu H.s Abberufung
nach Afrika waren die Römer nicht weit über
den Ebro hinausgekommen, und erst in seiner
Abwesenheit gelang es ihnen, bis zum Guadal-
quivir vorzudringen. Allein sofort mit seiner
Rückkehr gingen sämtliche Eroberungen der Rö-
mer verloren; Scipio mußte, als er 210 in Spa-
nien antrat, wieder beim Ebro beginnen. Be- 60
sonders hervorragend muß H. als Organisator ge-
wesen sein ; auch nach schweren Niederlagen ver-
mochte er stets von neuem das Feld zu behaupten.
Schließlich erlag er einer Reihe von unglücklichen
Zufallen und einer mehr als doppelt so großen
Übermacht.
8) Generalquartiermeister Hannibals (6 hti
zw? XeivovgytcBv retayfievot Polyb. lU 93, 4),
fahrte nach der Schlacht am Ticinus das Heer
über den Po, während Hannibal nach Placentia
vorauseilte (Polyh. IEE 66, 6). Beim Abzug aus
dem Falernergebiet, den Fabius Hannibal verlegt
liatte, setzte er nach Hannibals Angaben die Kriegs-
list mit den Rindern ins Werk (Polyb. LTI 93.
4). Im selben Jahre 217 kam er aus den Winter-
quartieren in Gereonium Hannibal, der von Mi-
nucius bedrängt ward, mit 4000 Mann zu Hilfe
(Polyb. III 102, 6). Endlich bei Cannae führte
er den linken Flügel, die spanisch-gallische Rei-
terei, die durch ihren Rückenangriff das Geschick
des römischen Heeres vollendete (Polyb. LH 114,
7. 116, 6. Liv. XXII 46, 7. 48, 6). Später wird
er nicht mehr erwähnt.
9) Mit dem Beinamen der Kahle, karthagi-
scher Heerführer, ward 215 mit etwa 10 000 Mann
nach Sardinien geschickt, um die zum Abfall von
Rom neigende Insel für Karthago zu gewinnen
(Liv. XXIII 32, 12). Indessen ward er vom Sturm
nach den Balearen verschlagen und brauchte dort
lange Zeit, um seine Schiffe auszubessern (Liv.
XXIII 34, 16. 17). Dann landete er wirklich
auf Sardinien und vereinigte sich mit den auf-
ständischen Sarden, ward aber vom Praetor Man-
lius geschlagen und gefangen (Liv. XXIII 40 , 6
-41, 2).
10) Sohn des Geskon, karthagischer Heer-
führer in Spanien und Afrika, scheint bei H.s
Abberufung nach Afrika an dessen Stelle dorthin
gegangen zu sein ; wenigstens wird er zuerst im
J. 214 dort erwähnt (Liv. XXIV 41, darnach
ist Appian. Iber. 16 zu berichtigen). Gemeinsam
mit Hannibals jüngstem Bruder Mago kämpfte
er in den nächsten Jahren äußerst unglücklich
gegen die Scipionen. Liv. XXIV 41. 42 zählt
nicht weniger als vier Schlachten auf, bei Hli-
turgi, Munda, Aurinx und noch einem vierten
nicht genannten Orte, in denen die Karthager
rund 43000 Mann verloren haben sollen (über
die Unwahrscheinlichkeit dieser Ereignisse vgl.
H. Nr. 7). Erst die Rückkehr H.s machte den
karthagischen Feldherrn Luft; beide besiegten
in einem nächtlichen Treffen P. Scipio, der in
der Schlacht fiel, vereinigten sich dann mit H,
Nr. 7 und vernichteten auch den Rest des römi-
schen Heeres (Liv. XXV 32-36). Dagegen ward
H. bei dem Versuch, die Trümmer des röm. Heeres
links vom Ebro zu vernichten, von L. Marcius
zurückgeschlagen (Liv. XXV 37 — 39 sehr zu-
gunsten der Römer übertrieben^. In den folgen-
den Jahren herrschte Uneinigkeit unter den
karthagischen Führern, wodurch die Ausnutzung
des Sieges sehr beeinträchtigt ward (Polyb. IX
11, 1 — 4. X 7. 3); insbesondere machte sich H..
durch seine Habgier bei den Spaniern verhaßt.
Zur Zeit von Scipios Ankunft 210 lag er an
der Tajomündung in den Winterquartieren
(Polyb. X 7, 5 , ungenauer bei Liv. XXVI 20 ad
Oceanum et Gades). An der Schlacht von Bae-
kyle (Baylen Sommer 208) nahm er nicht teil
(anders Appian. 24, bei dem er selber der Be-
siegte ist), wohl aber an dem darauf folgenden
Kriegsrat, nach dessen Beschlüssen er nunmehr
nach dem Abzug des Barkiden H. den Oberbe-
fehl in Spanien übernahm (Liv. XXVII 20).
Als Oberfeldherr erschien er 207 im Feld und
nahm sein Hauptquartier in Orongis, zog sich aber
2475
Hasdrubal
uasaruoai
Z±fO
auf die Nachricht von deT Niederlage seiner beiden die andern von ihm berichteten Taten, der Über-
Mitfeldherren Mago und Hanno auf Gades zu- fall der römischen Transportflotte (Liv. XXX 24;
ruck (Liv. XXVIII 1—3). Im folgenden Jahr Polyb. XIV 6, 10— 12. Diod. XXVTI 11 erzählen
206 trat er, vereint mit Mago und Massinissa, das Faktum, nennen aber keinen Namen) und
an der Spitze eines neuen Heeres auf den Plan, ebenso der Anschlag auf die römischen Gesandten
ward aber von Scipio bei Hipa völlig geschlagen (Liv. XXX 25. Polyb. XV 2, 6—15. Appian.
(Polyb. IX 20, 1- 24, 9. Liv. XXVILt 14—15 ; Lib. 34) noch vor Hannibals Ankunft fallen. Dann
Appian. Iber. 25—28 nennt als Ort der Schlacht bleibt nichts übrig, als bei Appian. Hann. 57 ein
Carmona). Sein Heer ward fast völlig vernichtet, Versehen oder einen gleichnamigen zweiten Ad-
er selbst rettete sich nach Gades (Liv. XXVIII 10 miral anzunehmen.
16) und ging von dort unter Aufgabe Spaniens 12) Mit dem Beinamen Böckchen (sQt(pog r
nach Afrika zu Svphax, bei dem "er mit Scipio fiwäus), vornehmer Karthager, schützte mit
zusammentraf (Polyb. XI 24 a, 4. Liv. XXVIII Hanno d. Gr. Scipios Gesandte vor der Wut des
17_18. Appian. Ib. 29). Durch die Vermäh- Volkes (Appian. Lib. 34) und ging ebenfalls mit
lung seiner Tochter Sophoniba mit Svphax — über Hanno nach der Niederlage von Zama als Ge-
seinen Anteil daran s. den Art. Sophoniba — sandter zu Scipio (Appian. lib. 49). Später war
ward dieser der römischen Sache zuerst entfremdet er Wortführer der Friedensgesandtschaft in Eom
(Liv. XXVIII 24). Während der Folgejahre lebte (Liv. XXX 42). Seinen Zusammenstoß mit Han-
er meist in Karthago, wo er infolge seiner vor- nibal erzählt Liv. XXX 44. Er scheint mit
nehmen Abkunft und seines Eeichtums eine sehr 20 Hanno zusammen das Haupt der antibarkmischen
angesehene Stellung einnahm (Liv. XXIX 28), Partei gewesen zu sein.
oder bei seinem Schwiegersohn Syphax, den er 13) Der Boetharch, Oberbefehlshaber der Kar-
gegen Massinissa aufreizte (Liv. XXIX 31). Nach thager gegen Massinissa. Im J. 150 rückte er
Scipios Landung in Afrika 204 zum Oberbefehls- mit einem bedeutenden Heere gegen Massinissa
haber ernannt, sammelte er bedeutende Streit- aus (Appian. Lib. 70); durch 6000 Überläufer
kräfte (Liv. XXIX 35 nennt 30 000 Mann und verstärkt, ließ er sich auf ein ungünstiges Ge-
3000 Keiter, Appian. Lib. 9 gibt noch größere lande verlocken und ward völlig besiegt (Appian.
Zahlen), vereinigte sich vor Utika mit Syphax Lib. 71). Sein Heer ward von Massinissa ein-
und zwang Scipio, die Belagerung aufzuheben. geschlossen und nach einem vergeblichen Durch-
Im Frühjahr 203 (Liv. XXX 4 Ende) wurde er 30 bruchversuch zur Kapitulation unter sehr schweren
samt Syphax in seinem Lager, das dabei in Flam- Bedingungen genötigt, H. kehrte nach Karthago
inen aufging, überfallen und erlitt eine vernich- zurück (Appian. Lib. 72—73) und ward hier
tende Niederlage (Polyb. XIV 1, 1-6, 1. Liv. aus Furcht vor dem drohenden Kömcrkrieg
XXX 5 - 6. Appian. Lib. 18—23). Doch ent- zum Tode verurteilt (Appian. Lib. 74). Darauf
kam er nach Karthago, wo er zu weiterem ener- sammelte er ein beträchtliches Heer und belagerte
gischen Widerstände riet. Bald hatte er ein neues damit Karthago, als 149 die römischen Con-
Heer beisammen, das sich unter seiner Leitung suln in Utika erschienen (c. 80). Nachdem die
abermals mit den frischen Truppen des Königs Stadt den Krieg gegen Rom beschlossen hatte,
Syphax vereinigte (Polyb. XIV 6, 13. Liv. XXX 7, übernahm H. auf Bitten des Yaterlandes wieder
nach Appian Lib. 25 war er wegen der Niederlage 40 den Oberbefehl (Zonar. IX 26. 463 d) und bezog
zum Tode in Karthago verurteilt, hatte aber in bei Nepheris in der Nähe Karthagos eine feste
Andan heimlich ein neues Heer zusammen- Stellung, von der aus er den Römern allerlei
gebracht). Allein auch diesmal hatten die Ver- Abbruch tat. Ein Angriff des Consuls Manilius
btindeten kein Glück, beide wurden abermals auf seine Stellung mißglückte (Appian. Lib. 102
auf den Großen Feldern von Scipio geschlagen —104. Zonar. 1X26. 27. 464a— d. 465e; Buck-
(Polyb. XIV 8, 1—11. Liv. XXX 8), worauf H. sendung der gefaUenen Offiziere auch Diod. XXII
wieder nach Karthago flüchtete (Polyb. XIV 8, 8); auch ein zweiter hatte keinen Erfolg (107).
14). Hier indessen scheint er abgesetzt worden Die neuen Consuln von 148 wagten ihn über-
zu sein (Zonar. IX 13. 439 b), worauf er eine haupt nicht mehr anzugreifen (Appian. Lib. 110).
Freischar sammelte und den Kleinkrieg führte. 50 Hierdurch ermutigt, stürzte er zunächst seinen
Vergeblich versuchte er eine Versöhnung anzu- Mitfeldherrn H, ließ dann seinen Unterfeldherrn
bahnen (Appian. Lib. 30), bis Hannibal nach seiner Diogenes in Nepheris zurück (vgl. Appian. Lib.
Ankunft seine Rückberufung durchsetzte (Appian. 126) und bezog nun ein festes Lager unter den
Lib. 36). Doch wagte er sich in Karthago nicht Mauern Karthagos im Angesicht des römischen
öffentlich zu zeigen. Kurze Zeit darauf wurde Belagerungsheeres unter Scipio im J. 147 (Appian.
er noch vor der Schlacht von Zama des Verrats Lib. 111. 114). Die Eroberung des Stadtteils
bezichtigt und vergiftete sich, um der Wut des Megara vermochte er nicht zu hindern; um aber
Volkes zu entgehen, das seinen Zorn noch an jede Aussicht auf Ergebung abzuschneiden, ließ
dem Leichnam ausließ (Appian. Lib. 37. Zonar. er die römischen Kriegsgefangenen im Angesicht
IX 13 441b). Sein Sohn war Hanno Nr. 23, 60 des römischen Heeres auf das grausamste hin-
seine Tochter Sophoniba. morden (Appian. Lib. 118 Zonar. IX 29 467 a
11) In den Quellen als 6 vava QX og bezeichnet, —468 b). Die Mitglieder des Rates, die darüber
Admiral der karthagischen Flotte, holte nach murrten, ließ er hinrichten und bereitete seine
Appian Hann. 57 Hannibal aus Italien ab und Alleinherrschaft vor (Appian. lab. 119). beme
brandschatzte auf dessen Geheiß die Städte Brut- wüsten ScMeramereieninder ausgehungerten
tiums. Bei Appian. Lib. 31 dagegen, wo eben- Stadt tadeln Polyb. XXXVni 2, 11-15 und
felis Hannibals Abholung berichtet wird, ist sein Diod. XXXH 22; dabei stand er mimer noch in
Name nicht erwähnt, und in der Tat müssen auch ganz guten Beziehungen zu den Römern und wußte
sich bei einer Unterredung mit Massinissas Sohn Xaycbg der vulgäre Name (Hase) gewesen zu sein;
Gulussa, bei der er einen albernen Kleiderluxus und wenn Dichter (Hom. 11. XvII 676. Nie. ther.
entfaltete, sich leidliche Bedingungen zu sichern, 949. Anth. Pal. VI 92. IX 217) den H. ;ttc6£
die er dann freilich nachher großtuerisch ablehnte oder oxtvag (Nie. al. 67 ;. ther. 577) nennen, so
(Polyb. XVIII 1, 1—2, 8, doch vgl. Zonar. IX könnten wir das vielleicht mit Lampe wieder-
30. 468 d). Diese Unterredung fand im Winter geben. Aelian, der ja lateinisch konnte, nennt
statt (Polyb. XXVIII 2, 2), im Frühjahr 146 sah das Kaninchen x6vixlog (hist.- an. XIII 15), ebenso
sich H. genötigt, das äußere Lager aufzugeben Polyb. XII 3, 10. Die La kedaimonier nannten den
(Appian. Lib. 119). Um weitere Fortschritte der H. ra/Jvas, Aelian. hist. an. VII 47. H. und
Römer zu verhindern, versuchte er den Stadtteil 10 Kaninchen ergänzen sich übrigens in merkwür-
Kothon einzuäschern, wobei dieser in Feindes- diger Weise auf den Inseln des Ägäischen Meeres,
hand geriet (c. 127). Von da an beschränkte er Erhard Fauna der Cykladen 22. Auf Ithaka
sich auf die Verteidigung der Byrsa und des gedeihen die H. nicht (Arist. hist. an. VIII 28
festen Asklepiosheiligtums , in das er sich mit p. 606 a 2. Antig. hist. mir. 11), auf Eleusa die
seiner Frau, seinen Kindern und den römischen Kaninchen (Plin. n. h. VIII 226); in Attika sind
Überläufern zurückgezogen hatte, ergab sich dann beide selten (Nausikrates bei Athen. IX 399 E).
aber Scipio , der ihn begnadigte , während seine Der junge H. heißt Xayiösvg (Aelian. hist. an. VII
Frau mit ihren Kindern unter furchtbaren Yer- 47), aber Strabon meint III 144 ohne Zweifel das
wünschungen sich in die Flammen stürzte (Ap- Kaninchen damit; sonst ist das Häschen ?>ayföiov
pian. Lib. 131. Diod, XXXII 23. Zonar. IX 30. 20 (Marc. Aur. X 10) oder layojfaov (Ar. Ach. 520).
469b. Liv. per. LL Strab. XVII 3. 14 p. 832. —Als Abarten werden unterschieden der Berg-
Val. Max. III 2, 8. Flor. II 15. Oros. TV 23). und Busch-H. (Aelian. hist. an. XIII 14), der
H. starb in der Gefangenschaft in Italien. Sumpf-H. in der Gegend des makedonischen Sees
Quellen: Hauptquelle ist die zusammen- Bolbe (Arist. hist. an. II 17 p. 507 a 6) und unfein
hängende Darstellung bei Appian. Lib. 69—132, davon in Krastonia (mir. ausc. 122 p. 842 a 15.
vgl. Zonar. IX 26, 462c ff. 29, 467a. 30, 470a, Aelian. lüst. an. V 27. XI 40. Athen. IX 401 A
dazu einzelne Bruchstücke bei Diod. XXXII. Im — alle aus Theopomp XX) mit besonders stark
allgemeinen gehen alle auf Polybios zurück (vgl. eingeschnittener Leber, der Alpen- oder Schnee-H.
Appian. Lib. 132), von dem aus Buch XXXVIII (Lepus variabilis Pallas), dessen Farbenwechsel
einige wertvolle Bruchstücke erhalten sind. 30 Plin. n. h. VIII 217 schildert, der ägyptische H.
14) Enkel des Masinissa, zweiter Oberfeld- (Lepus aegypüacus Ge off r), der nach Arist. hist.
herr der Karthager im Kriege von 149 für die an. VIII 28 p. 606 a 24 kleiner als der Feld-H.
Verteidigung der Stadt (Appian. Lib. 93), ward ist, und der sog. layws xehboviag Athen. IX 401 A.
von seinem Mitfeldherrn H. Nr. 13 verleumdet, Hebräisch heißt der H. rQS^S; "£*£ ist nicht das
als ob er die Stadt an Gulussa habe verraten Kaninchen, wie Luther übersetzt, sondern der
wollen, und von der Volksmasse getötet (Appian. Klipp schiefer (Hyrax syriacus).
Lib. 111). [Lenschau.J Gestalt und Lebensweise. Der Kopf des
15) Hasdrubal aus Gades, von Cn. Pompeius h. ist gestreckt, schlank, abwärts geneigt, der
nach dem afrikanischen Kriege von 673 = 81 mit Nacken dünn, mäßig lang, die Schulterblätter
dem römischen Bürgerrechte beschenkt (Cic. 49 gerade, oben unverbunden, die Schenkel leicht,
Balb. 51). [Münzer.] dicht beieinander, die Brust gewölbt, die Rippen
Hase. Name und Arten. Brehm Tier- dünn, die Hüften gedrungen und rund, oben aus-
leben 3 II 635 sagt: ,Plinius erwähnt es (nämlich einanderstehend, die Keulen feist, die Weichen
das Kaninchen) unter dem Namen Cuniculus, schwammig, die Beine lang, kräftig gebaut, mit
Aristoteles nennt es Dasypus.' Der Philologe starken Muskeln, aber wenig Fett, die Vorderläufe
wird mit einem derartigen Urteil vorsichtiger sein äußerst biegsam und schmal, die hinteren stramm
müssen. Daß Plinius, wo er cuniculus sagt, stets und breit, länger als jene. Die Ohren sind un-
das Kaninchen (Lepus cuniculus) meint, ist wohl verhältnismäßig lang, leisten aber gute Dienste,
sicher; aber was ist dann der Unterschied zwischen da sie an den Bücken gelehnt, das leiseste Ge-
dasypus und lepus bei demselben Schriftsteller? 50 rausch vernehmen. Xen. ven. V 27ff. Aelian. hist.
Häufig nennt er diese beiden Namen neben- an. XIII 14. Sein Gesicht ist wegen der fehlen-
einander, nicht selten auch cuniculus und lepus, den Lider (steht im Widerspruch mit V 11) äußerst
niemals aber cuniculus und dmypus. Diese beiden schwach, Xen. ven. V 26. Er hat Krallen (Plin.
Bezeichnungen sind also wohl bei Plinius identisch. n. h. XI 199), die ihm aber nicht als Waffe dienen
Dasselbe möchte ich aber auch für Aristoteles (Gal. III 2), und ist unter den Füßen und sogar
behaupten, also Brehm widersprechen. Nach im Schlünde behaart (Arist. hist. an. III 12 p.
genauerDurchsicht aller hierauf bezüglichen Stellen 519 a 22. Plin. n. h. XI 229 nach Troges); seine
ist es mir nicht möglich gewesen, einen Unter- übrige Behaarung ist kurz, dicht und weich, aber
schied zu eruieren; für diese Auffassung spricht nicht zart (Xen. ven. V 10. Arist. gen. an. V 3
auch die Tatsache, daß Plut. mor. 971 D die 60 p. 783 a 7); sie ändert der Farbe nach oft um,
Jungen der Saovxodes XaytbsTs nennt. Auch findet besonders im Alter, oder wenn er seine Lebens-
sich bei Aristoteles niemals die Verbindung daov- weise ändert, de col. 6 p. 798 a 25; vgl. Xen.
xovg xal layws, sondern in der hist. au., part. V 22 f. Der H. hat eine zweilappige Leber (Arist.
an. und gen. an. herrscht Saovjiovg (19 mal gegen part. an. III 7 p. 669 b 34), besonders die Exem-
3 mal Xaywg), in den übrigen (nicht ins Fach plare am See Bolbe, in Krastonia (s. 0.), im Bri-
schlagenden) Schriften Xaytbs (11 mal gegen lmal lessos, Parnes und in der thrakischen Chersones
öaavjiovs) vor. Aaavjtove scheint also gewisser- (Plin. n. h. XI 190), und ein großes Herz (Arist.
maßen der wissenschaftliche (Lepus vulgaris), part. an. TU 4 p. 667 a 20). In diesem soll das
2479
Hase
Hase
2480
Kaninchen, das übrigens eine im allgemeinen
dunklere, am dünnen, kurzen Kopfe hellere Fär-
bung und einen kleineren Schwanz besitzt (auch
anders schmeckt und uxiter der Erde lebt, Polyb.
XII 3, 10), sogar einen Knochen haben; ojzeq ovv
tivog dya&öv, Eiöevai (aeItjoei ällcp, sagt Aelian.
hist. an. XIII 15. Außer den Wiederkäuern ist
der H. das einzige Tier, das Lab produziert (nverta,
ooagulum, dorisch fj tdf.uaog z. B. Nie. ther. 577
mit Scholion nach Nikon) : Arist. bist. an. III 21
p. 522 b 9. Plin. n. h. XI 239. In seinem Blute
dagegen befindet sich kein Fibrin (Ivsg), und des-
halb gerinnt es nicht zu einer festen, sondern nur
zu einer schwammigen Masse: Arist. bist, an ILT 6
p. 561 a 1. Seine Stimme ist hell, physiogn. 2
p. 807 a 21; er schläft mit bewegten Nüstern und
offenen Augen, Plin. n. h. XI 147. Aelian. hist.
an. II 12. XIII 13. Xen. Ten. V 11, der noch
hinzufügt, im Wachen habe er die Augen ge
schlössen. Fett wird er nie, Plin. n. h, XI 212.
Den Urin entleert der H. nach hinten (Arist hist.
an. II 1 p. 500 b 16; parfc. an. IV 10 p. 689 a
34), weshalb bei der Begattung das Weibchen
auf das Männchen steigt (V 2 p. 539 b 22. Plin.
n. h. X 173); diese findet übrigens außerordent-
lich häufig statt, monatlich während des ganzen
Sommers, und noch während die Weibchen schwan-
ger gehen, empfangen sie schon wieder. Sie haben
schon Milch, bevor sie werfen. Sie setzen nicht
auf einmal, sondern in beliebigen Zwischenräumen,
und zwar blinde Junge, Arist. hist. an. VI 33
p. 579 b 30; der Uterus soll während der Trag-
periode Saugwärzchen enthalten, III 1 p. 511a
29. Herodot übertreibt stark, wenn er sagt, wäh-
rend der H. mit Jungen trächtig gehe, die schon
Wolle, mit anderen, die noch keine hätten, und
mit dritten, die sich eben bildeten, empfange er
schon wieder. Treffend aber ist die Bemerkung
des Vaters der Geschichte, daß Gotjt allen furcht-
samen und eßbaren Tieren eine große Fruchtbar-
keit verlieben habe, III 108; vgl. Plin. n. h. VIII
219. X 179. 182. Xen. ven. V 12. Arist hist.
an. V 9 p. 542 b 31. Phys. et med. ed. Ideler
I 178. Plut. mor. 829B, Eine merkwürdige Ge-
schichte erzählt Aelian. hist. an. XIII 12, die ich
mit seinen eigenen Worten wiedergeben möchte:
,Von einem Jäger, einer ehrlich en Haut, der das
Lügen fern lag, habe ich eine tolle Geschichte
gehört. Er sagte nämlich, auch der männliche
H. gebäre und zeuge zugleich und liege in Wehen
und zwei bis drei Junge ziehe er groß. Das schien
mir nun ganz unglaublich; folgendes aber setzte
der Sache die Krone auf; er habe selbst, so ver-
sicherte er, einen halbtoten männlichen H. ge-
fangen, dessen Leib geschwollen gewesen sei; er
habe ihn nun aufgeschnitten und in der Tat eine
Gebärmutter und drei Junge entdeckt. Als er
diese herausgenommen, hätten sie unbeweglich wie
Fleischklumpen gelegen; von der Sonne jedoch
erwärmt, seien sie wieder aufgelebt, eins habe
sieh geregt, die Augen aufgeschlagen, auch die
Zunge herausgestreckt und das Maul vor Hunger
geöffnet. Man habe den Kleinen nun natürlich
Milch gereicht und sie so bald großgezogen, ein
Beweis, so scheint mir, für ihre wunderbare Ge-
burt. Ich, kann mich nicht dazu verstehen, der
Erzählung zu mißtrauen, weil der Mann, wie ge-
sagt, weder ein Lügner noch Aufachneider war.'
Auch das Weibchen soll unbefruchtet gebären,
Archelaos bei Plin. n. h. Vm 218. Die Frucht-
barkeit des H. wird nach Aristoteles durch eine
in mehrere Teile gespaltene Gebärmutter hervor-
gerufen {problem. X 14 p. 892 b 1) und äußer-
lich durch die dichte und ungewöhnliche Behaa-
rung angekündigt (gen. an. IV 5 p. 774 a 31).
Wie viele Taschen der H. für die Exkremente
habe, soviel Jahre soll er nach Archelaos alt sein,
10 Plin. n. h. Vm 218. Die Milch hat die gleich
starke Dicke wie die des Schweines und des
Hundes, Arist. hist an. VI 20 p. 574 b 13. 33
p. 580 a 4. Alle Tiere sondern zur Paarungszeit
einen üblen Geruch aus (Theophr. odor. 61). der
H. daher fast das ganze Jahr (caus. plant. VI
20, 4); aber auch das junge Häschen (Xen. ven.
V 13). Die H. sind schlau, aber feige (Arist. hist
an. I 1 p. 488 b 15; physiogn. 1 p. 805 b 26.
Plin. n. h. XI 183. Her. III 108. Aelian, hist.
20 an. Vn 19. Gal. III 2). Mutlose Menschen wer-
den daher mit ihnen verglichen, so Aischines bei
Dem. XVIII 263, die Korinther, in deren Mauern
die H. in Mengen herumlaufen, von Lvkurg bei
Plut. mor. 190 F. 229 D, und von Archidamos,
des Zeuxidamos Sohne, ebd. 218 D; vgl. auch
Thilostr. vit. Ap. IV 37.
Ausführliche Schilderungen der Lcbensgewohn-
heiten des H. geben wieder Xen. ven. V lff. und
Aelian. hist. an. XIII 14, denen ich folgendes
30 entnehme. Die H. laufen äußerst schnell und
geschmeidig; ja, sie laufen nicht, sie springen,
indem sie die Hinter- vor die Vorderläufe setzen:
das kann man im Schnee beobachten. Sie be-
wegen sich aber meistenteils nicht geradeaus,
sondern bald hierhin bald dorthin, um ihre Ver-
folger zu täuschen, und schlüpfen glatt durch
allerhand Gestrüpp, Gräser und Sumpfpflanzen.
Nach der Richtung, in der sie laufen, zeigt immer
das eine Ohr; denn ihr kurzer Schwanz kann
40 ihnen nicht als Steuer dienen. Sie gehen aber
nicht verschwenderisch mit ihrer Kraft um, son-
dern richten sich ganz nach der Fähigkeit dessen,
der ihnen nachsetzt. Werden sie nun von guten
Jagdhunden gehetzt, dann laufen sie, was sie
können, bleiben auf einem Hügel stehen, sehen
sich um und machen Männchen, gleichsam als ob
sie den ganzen Jägertroß verachteten, legen sich
dann auch zuweilen friedlich nieder und schlafen
ein. Die Berg-, Busch- und Sumpf-H. sind nicht
50 so flink; jene verlassen sich darauf, daß Hunde
und Pferde nur schwer eine Anhöhe erklimmen;
diese wiegen sich hinter ihrem Gestrüpp in Sicher-
heit. Die Spuren des H. sind im Winter aus-
gedehnter als im Sommer ; aber wenn es während
der Nacht gefroren oder gereift hat, sind sie
morgens nicht aufzufinden; erst die auftauende
Sonne macht sie den Hunden bemerkbar; auch
viele Eegengüsse sind für den Jäger ungünstig
(geringe Befeuchtung nicht: Theophr. caus. plant.
60 VI 19, 5). Wenn der Mond voll ist, dann spielen
und springen die H., und man wird dadurch
ebenso verwirrt, wie wenn Fuchse dazwischen
gelaufen sind. Am deutlichsten ist die Fährte in
einem milden Frühling zu erkennen, wenn noch
nichts blüht (erschwerend tritt hier jedoch die
Unruhe der Tiere während der Begattung hinzu),
und dann wieder im Herbste, wenn das Getreide
eingebracht ist Einen intensiveren Geruch als
2481
Hase
Hase
2482
■die Laufspur hinterläßt selbstverständlich der
Lagerplatz, besonders wenn er sich im Wald oder
Buschwerk befindet; das tritt aber nicht allzu
häufig ein, da der H. sich überall niederlegt. Er
schwimmt im Notfälle auch über kleinere Ge-
wässer. Sein Nest legt er sich im Winter an
windstillen, im Sommer an schattigen, im Früh-
ling und Herbst an sonnigen Plätzen an. Er duckt
sich, indem er die Hinterläufe einzieht, die vor-
deren aber ausstreckt und auf diese seinen Kopf 10
legt; die Löffel schmiegt er dabei dicht an die
Schultern. Seine Vorliebe für Buschwerk muß er
oft mit dem Tode büßen (Aelian. hist. an. XIII
13); denn im Laufe ist ihm kein gleich großes
Tier über. Besonders gut läuft er bergan, bergab
dagegen wegen seiner langen Hinterbeine schlechter.
In der Umgebung seiner Lagerstätte verwischt er
die Fußspuren (Aelian. hist. an. VI 47) oder macht
den letzten Sprung sehr groß (Plut. mor. 971 D),
um der Verfolgung zu entgehen. Um seine Jungen 20
ist er sehr besorgt (Aelian. hist. an. XIII 11); er
legt sie an verschiedene Stellen, oft 30 m von-
einander entfernt, damit sie nicht alle zusammen
die Beute des Hundes werden (Plut. mor. 97 1D).
Jagd. Schon Hom. H. X 360 benutzt eine
H.- Jagd zu einem Gleichnis ; der Hund Argos hatte
einst diese Tiere gehetzt, Od. XVII 295. Ferner
waren H. verfolgende Jäger auf dem Schilde des
Herakles von Hephaistos gebildet, Hes. sc. 302.
Die ausführlichste Darstellung einer H.-Jagd geben 30
wiederum Xenophon (ven. VI lOff.) und seine
Nachschreiber Arrian, Aelian. (hist. an. XIII 14)
und Pollux. Man treibt die H. mit Hunden ins
Stellgarn hinein (vgl. Aesch. Eum. 25). Der Jäger
hat eine nachlässige, leichte Kleidung und Schuhe,
in der Hand trägt er einen Stock (XaycoßöXov
Theoer. IV 49), der Netzwächter folgt ihm. Schwei-
gend gehen sie ihres Weges, damit der H. nicht
zu zeitig Keißaus macht. Nun bindet man die
Hunde an verschiedene Bäume, aber nicht allzu 40
fest, und dann stellt man die Netze an verbor-
genen, vertieften, dunklen Stellen, ausgetrockneten
Flußläufen und anderen geeigneten Orten, an die
der H. sich zu flüchten pflegt, auf. Hier bleibt
der Wächter stehen. Dann nimmt man die Hunde,
führt sie ins Jagdrevier, und nachdem man vor-
her zu Apoilon und Artemis, die sich an layoyßo/.iat
erfreut (Call. Dian. 2), gebetet, läßt man den
besten los und zwar im Winter mit Sonnenauf
gang, im Sommer vor Tagesanbruch. Hat der 50
Hund die richtige Spur, dann löst man auch den
zweiten, bald auch die übrigen, indem man ihnen
gut zuredet. Diese laufen nun. ganz Feuer und
Flamme, die kreuz und quer. Sind sie in der
Nähe eines H., dann merkt man es auch in der
Ferne an ihrem Gebaren. Schließlich stürzen sie
sich wütend auf den Lagerplatz, der H. fährt
heraus, rings ertönt Gebell; der Jäger nähert sich
und ruft ermunternde Worte, wie : Los doch ! oder :
Brav, brav! Wenn der H. aber entflieht und die 60
Hunde sich verlieren, fragt man irgend einen
Mann, der des Weges kommt, ob er vielleicht die
Meute gesehen habe. Hat man erfahren, daß sie
die Spur noch nicht verloren haben, dann ruft
man ihre Namen in allen nur möglichen Tonhöhen
und -stärken und treibt sie an ; sind sie aber ab-
geirrt, so sucht man sie durch geeignete Zurufe
wieder auf die richtige Fährte zu bringen. Ist
der H. endlich ins Netz getrieben, so gibt der
Wächter ein Zeichen, daß die Jagd auf ein neues
Tier beginnen kann. Wenn der H. trotz aller
Anstrengung nicht hat gefangen werden können,
und wenn die Hunde schon müde sind, dann
sucht der Jäger alle Gesträuche und Schlupfwinkel
durch; denn es ist anzunehmen, daß sich der H.
irgendwo versteckt hat und sich ganz ruhig ver-
hält. Schließlich wird er aufspringen und kann
nun gepackt werden. Dann legt man die Netze
zusammen, streichelt die Hunde, läßt sie aber im
Hochsommer nicht sogleich über den heißen Sand
nach Hause laufen, sondern gönnt ihnen etwas
Kühe. — Schon wenn die weiblichen jungen Hunde
acht, die männlichen zehn Monate alt sind, soll
man sie auf die Jagd mitnehmen, aber erst dann
loslassen, wenn der H. nicht mehr zu sehen ist,
denn sonst strengen sie sich zu sehr an, ihn zu
erreichen, was für ihr Alter noch schädlich ist;
fassen sie aber doch einen, dann soll man ihn
ihnen überlassen; denn ov zalq da^atg xmv Xaycooiv
al xvveq yrngovotv, aklit xf} ßQütaec Arist. eth. Nie.
HI 13 p." 1118 a 18. Füttern soll man sie stets
am Netz, damit sie sich dorthin gewöhnen (Xen.
ven. VII 6ff.). Hunde, die nicht fassen können
und keine gute Spürkraft haben, sind für die H.-
Jagd unbrauchbar (III 3); ebenfalls solche, die
sich in Windungen gefallen (III 6). — Anders ist
die H.-Jagd im Winter; da nimmt man keine
Hunde mit, denn die Kälte beeinträchtigt ihre
Witterung, ihre Füße erfrieren, und der Geruch
vom H. verschwindet. Man hat ja auch keine
Schwierigkeiten, da man auf dem Schnee der
Fährte leicht nachgehen kann. Kommt man in
die Nähe eines Lagerplatzes, so geht man nicht
nahe heran, sondern im Kreise herum. Hören die
Spuren da auf, so kann man sicher sein, den H.
aufzuscheuchen. Aber man läßt ihn ruhig liegen,
weil er doch da bleibt, und geht einer anderen
Bahn nach, ehe die Mittagssonne sie verwischt
hat. Dann stellt man die Garne auf und treibt
die H. hinein. Sollten sie sich hinauswinden,
dann läuft man ihnen nach : sie werden entweder
in ein anderes Stellgarn geraten, oder im Schnee,
auf dem sie wegen ihrer behaarten Füße sehr
schlecht laufen können, verenden, VIII lff. Auch
in der Anabasis erwähnt Xenophon (IV 5, 24)
eine H.-Jagd. Die Inder jagten die H. auf fol-
gende Weise, Aelian. hist. an. IV 26 nach Ktesias.
Sie bedienten sich nicht der Hunde, sondern jung
gefangener und abgerichteter Adler, Weihen und
Raben. An einen zahmen H. banden sie ein Stück
Fleisch und ließen ihn dann laufen; daraufhetzten
sie ihm jene Vögel nach und gaben ihnen, falls
sie den H. erreicht hatten, das Fleisch zur Be-
lohnung. Diesem willkommenen Köder glaubten
jene nun auch, wenn sie wilde H. jagten, ent-
gegenzusehen und brachten sie ihren Herren so
schnell wie möglieh. Nun erhielten sie die Ein-
geweide zum Fraß.
Aber der Mensch und die in seinem Dienste
stehenden Tiere sind nicht die einzigen Feinde
des armen Lampe; besonders stellt ihm auch der
Fuchs nach, wie wir wieder bei Aelian. hist.. an.
XTTT 11 lesen. Nachts macht sich Meister Kei-
neke auf, wittert nach einer H.-Spur und verfolgt
sie lautlos, mit angehaltenem Atem. Schon glaubt
er sich im Besitz des leckeren Bratens, aber jener
hat ihn bemerkt und entflieht. Nun beginnt eine
wilde Jagd: Der EL läuft, so schnell er kann; der
Fuchs immer hinterdrein. Aber der Nager ist
geschwinder als der Räuber; in einem Wildlagcr
ist er verschwunden und ruht sich ein wenig aus.
Der Fuchs jedoch läßt ihm nicht viel Zeit. So
wird der H. schließlich müde und fällt seinem
Feinde zum Opfer. Unter den Vögeln stellt der
Adler dem H. am grimmigsten nach: Hom. IL
XVII 676. XXII 310. Aes. fab. 7. Arist. hist.
au. IX 32 p. 619 b 9. Aolian. hist. an. II 39.
IX 10. Xen. ven. V 16; Cyr. II 4, 13. Assyrische
Darstellungen von Adlern, die auf junge H. stoßen,
zeigt Layard The moimments of Miniveh II 62.
Keller Tiere des klass. Alt. 275 sah im Briti-
schen Museum mehrfach auf Gemmen Adler, die
Kaninchen auflauern oder sie Hunden zu ent-
reißen suchen. Ähnlich waren die Münztypen von
Agrigent (ebd. Fig. 44) und von Thessalonich
(Eckhel Doctr. numrn. I 2, 79). Fin H. von einem
Panther zerfleischt auf zwei Reliefs und einem bron-
zenen Schlüsselgriff im Kanton Aargau, Keller
395, 169; im Kampfe- mit einer Riesenschlange,
Nie. ther. 453ff. In Rom ergötzte man sich
sogar daran, einem Kampfe zwischen Löwen
und H. zuzusehen: Cur tibi pro Libycis elau-
duntur reie teaenis Imbelles capreae soÜiciiusquc
lepus? Ov. fast. V 372. So ist der H. denn ein
von allen Seiten gehetztes Tier (Aes. fab. 237),
und selbst in der Fabel findet er gegen gemein-
same Feinde keine Unterstützung (236), wehrlos
wie er ist (Arist. pol. III 13 p. 1284 a 16). Ge-
zähmt wurde er selten, Plin. u. h. VIII 220. Ein
sinniges Epitaphion auf den Tod eines Langohrs,
das , feist von der reichlichen Kost, am unersätt-
lichen Schmaus" starb, haben wir von Meleager
Anth. Pal. VII 207.
Aber die Fruchtbarkeit des H. gleicht alle
Verluste wieder aus; ja er und besonders das
Kaninchen kann in so gewaltigen Mengen auf-
treten, daß sich die Menschen nicht mehr vor ihm
zu retten wissen. Besonders waren im Altertum
Turdetanien und die Balearen von Kaninchen-
herden heimgesucht. Von der Landplage erzählt
Strab. III 144, daß sie die Wurzeln der Bäume
anfräßen und Pflanzungen und Saaten verheerten,
sich sogar über die Pyrenäen bis nach Marseille
verbreiteten; wilde Wiesel mit Maulkörben ver-
wende man zu ihrer Jagd. Und von den Ein-
wohnern der Balearen berichtet er übereinstimmend
mit Plin. n. h. VIII 218, daß jene, durch die
Kaninchen in Hungersnot gebracht, den Kaiser
Augustus um militärische Hilfe gebeten hätten.
Viele Kaninchen waren auch auf einer kleinen
Insel vor Puteoli vorhanden, Athen. IV 401 A.
Ähnliches hatte Hegesander aus Delphi in seinen
Denkwürdigkeiten berichtet. Zur Zeit des Anti-
gonos Gonatas (gest. 240/239) war die H.-Plage
auf der Insel Astypalaia so groß, daß die Ein-
wohner das pythische Orakel befragten. Die
Priesterin antwortete, sie sollten Hunde anschaffen
und mit diesen auf die Jagd gehen. Das taten
sie auch, und sie erlegten in einem Jahre über
60000 H. Diese stammten alle von einem einzigen
Paare ab, das ein Mann von der benachbarten
Insel Anaphe dort ausgesetzt hatte aus Rache
dafür, daß ein Astypalaenser einige Jahre vorher
zwei Rebhühner nach Anaphe gebracht, die sich
ebenfalls in erschrecklicher Weise vermehrt hatten
(Athen. IX 400 Di). Die Inseln Lagussai vor der
troischen Küste waren nach dem H. -Reichtum be-
nannt, Athen. I 30 D. Anaxilas von Rhegium
führte die Tiere in Sizilien ein und setzte des-
halb einen H. auf seine Münzen, Arist. republ.
Rhegin. frg. p. 1565 a 7.
Zubereitung. Luc. hist. 56 rechnet H.-
Braten unter die feinen Speisen. In den Rittern
10 des Aristophanes (1192ff.) will der Paphlagonier
Herrn Volk einen H. schenken, aber der Wurst-
verkäufer nimmt ihn ihm heimlich weg und be-
glückt nun selbst jenen mit dieser kostbaren Gabe;
vgl. auch Ach. 1110 und Cratin. frg. 108. Cha-
mailcon hatte in seiner Biographie des Simonides
erzählt, daß dieser, bei einem von Hieron veran-
stalteten Diner zuletzt, als nur noch die Knochen
übrig waren, mit H. -Braten bedient, den Vers des
Homer II. XIV 33 mit geringer Variation zitiert
20 habe: , Nimmermehr kam er zu mir, wie breit
auch und feist er gewesen!' Athen. XIV 656 C.
Archestratos, der berühmte Kochkünstler, be-
hauptete, es gebe mannigfache Arten der Zu-
bereitung des H., die beste aber sei, das Fleisch
nicht ganz durchzubraten, sondern so zu servieren,,
daß das Blut beim Tranchieren herauslaufe. Die
anderen Kocharten erschienen ihm der Erwähnung-
gänzlich unwert, da man bei Öl- und Käsesaucen
doch an Katzen denke (IX 399 Df.). H.-Klein
30 (ftifAaQxvg) aß man als Vorspeise, Ar. Ach. 1112;.
dies war besonders von dem sog. Schwalben-H.
geschätzt, Diphüos bei Athen. IX 401 A. Es be-
stand aus der im Blute gekochten Leber oder allen
Eingeweiden, Gal. VI 699. H.-Milch war besonders-
bei den Gourmets der Großstadt beüebt, XII 259.
Die Juden mußten sich des H. enthalten (Lev.
XI 6; Deut. XIV 7), weil er wiederkäue und die
Klauen nicht spalte. Falsche Gründe gibt Lam-
prias im Plutar einsehen Gastmahl 670 E an, so
40 die Ähnlichkeit mit dem Esel, oder weil die Juden
den IL wegen seiner Schnelligkeit, seiner im
Schlafe offenen Augen und seines feinen Ohres.
(das die Ägypter als Zeichen für ,hören' gebrauch-
ten) wegen für heilig gehalten hätten.
Medizinisches. Ar. Equ. 909 bietet der
Wurstverkäufer Herrn Volk einen H.-Schwanz als
Taschentuch an: er solle sich die Augen damit
wischen. In der zünftigen Heilkunde fanden viele
Bestandteile des H.-Körpers Verwendung, am
50 meisten das Lab. Dies, drei Tage nach der Men-
struation genommen, macht steril, heilt den Ge-
bärmutterblutfluß, wird mit Erfolg gegen Epilepsie
angewandt, löst im Magen geronnene Milch und
soll sogar Schwindsüchtigen helfen (Diosc, II 19.
Gal. XII 274. Plin. n. h. XI 239. XXVIH 202),
was Galen mit Recht bezweifelt, der es bei dieser
Krankheit nie zu verschreiben gewagt hat. Da-
gegen galt es allein oder in A'erbmdung mit
anderen Medikamenten allgemein für gut gegen
60 Schlangen (Philum. VJI 12. XVII 7. Diosc. II
19. Nie. al. 325; ther. 577. 711. 949), Skorpion-
und Spinnengift (Philum. XV 15. Plin. n. h.
XXVIII 154). Außerdem nahm man es bei aus
Hundswut entstandener Wasserscheu (Philum. IV
12), als Gegenmittel gegen Stierblut (Plin. n. h.
XXVDI 162), bei Ohrenachmerzen (177), losen
Zähnen (178), Aneurisma (190), Hasten (194),
Dysenterie in Brot oder Gerstengrütze (204) oder
2485
nase
auch in lauem Wein (206), um Blutungen zu
stillen (239), ja in Wein mit Kapern, sogar Krebs
zu heilen (242). Wenn die Mutter die Saug-
warzen mit H.-Lab bestreicht, bekommen die Säug-
linge keinen Brechdurchfall (258). Auch Splitter
und Geschosse kann man mit seiner Hilfe aus
dem Körper entfernen (245. XXX 122). Der Ge-
nuß von vielem H. -Fleisch erzeugt dickes Blut
(Gal. VI 664; vict. att. 67) und schließlich die"
H. immer an derselben Stelle beobachtet werden,
so bedeutet das schönes Wetter, Aelian. hist. an.
VII 8 ; vgl. XIII 13. In der Nähe des Artemis-
tempels auf der Insel Ikaros im Arabischen Meer
waren die H. zahlreich; wenn man auf guten Fang
rechnen wollte, mußte man vorher zur Gottin
beten; andernfalls wurde man sogar bestraft, IX 9.
[Gossen.]
Haselnuß, Corylus avellana L. nebst Ver-
usXavroXixv xgäois (VIII 183). Der Kopf, ge- 10 wandten. H. -Schalen fehlen nach Busch an Vor-
r .. , l r -j. T>-.-..!L^i.j. ,-„+. — 4. „„„™ ,1™ A™-F<,iia« o^sftliifh+lifbp "Rntn.nik 1 (Uff. selten unter den
röstet mit Bärenfett, ist gut gegen das Ausfallen
der HaaTe (Diosc. II 19. Gal. XII 334. Plin.
n. h. XXVIII 166) und wird prophylaktisch gegen
Zahnschmerz angewandt (Gal. XII 877); seine
Asche, mit Narde parfümiert, gibt ein empfehlens-
wertes Mundwasser (Plin. n. h. XXVIII ] 78) ; die
Asche der Haare braucht man bei Kuhr (209), in
Verbindung mit zerhackter Lunge bei Frostbeulen
an den Füßen (221). H.-Blut, warm aufgestrichen,
geschichtliche Botanik 104ff. selten unter den
vegetabilischen Überresten der vorgeschichtlichen
Niederlassungen Mitteleuropas. Aus Italien führt
er welche an von den Pfahlbauten zu Lagozza
(neolithische Periode), Lago di Fimon, Varesesee,
Gardasee = Peschierra, und von der Terramare
au St. Ambrogio (Bronzeperiode). Auch im Quater-
nar Roms hat man sie gefunden, weshalb Gö s chke
in seiner Spezialstudie Die Haselnuß, ihre Arten
vertreibt Sommersprossen, Leber- und andere Haut- 20 und ihre Kultur (Berlin 1887) schloß, sie müsse
flecken (Diosc. II 19), sein Genuß ist aber Per-
sonen, die eine Entfettungskur durchmachen, zu
untersagen (Gal. vict. att. 67). Gebratenes Gehirn
braucht man gegen krankhaftes Zittern, zerstoßenes
gegen die Schmerzen beim Zahnen der Kinder
(Diosc. II 19. Gal. XII 334. Plin. n. h. XXVTII
259); Lunge bei Tränenfisteln (172), gesalzen mit
Weihrauch in Weißwein bei Fallsucht (224); das
Herz, auf den Körper gebunden, bei Fieber (229).
in dem nordischen und einem Teile des medi-
terranen Florengebietes einheimisch sein. G o ir a n
(Alcune notizie veronesi di botanica archeologica,
Nuov. Giorn. boten. Italiano XXII 1890, 1) will
unter den oberitalienischen Funden zwei Formen
herausgefunden haben. Die eine bezeichnet er als
var. silvestris (nux eylindriaca) , die andere als
var. ovata (var. subrotunda ovata); die erstere
Form unterscheidet das Veroneser Volk als no-
Mit einem Kippenknochen, der einer Nadel mög- 30 sella von der zweiten, der olane (Buschan a.
liehst ähnlich sieht, soll man in hohlen Zähnen
stochern (179). Alte, in Wein aufgelöste Nieren
treiben die Blasensteine ab (213). H. -Läufe, an
die Hüften gebunden, heilen Ischias; ein dem
lebendigen H. abgerissenes Bein, dauernd getragen,
Podagra (220). Hoden muß man roh verschlingen,
wenn man Lendenschmerzen hat (199); sie, aber
auch die Gebärmutter, den Speisen beigegeben,
bewirken die Geburt von Knaben; die noch un-
O.). Im heutigen Griechenland ist nach v. Held-
reich Die Nutzpflanzen Griechenlands, Athen
1862, 15 Corylus avellana <povvTovxr)a (Früchte
(powToi'xia oder ÄeTrzoxäQva) ein ziemlich sel-
tener Strauch, am häufigsten noch in Akarnanien,
wird aber auch in Gärten gezogen ; weitere Fund-
orte vgl. Halacsy Conspectus florae Graecae
III 134, Leipzig 1904. Häufiger wild im Kö-
nigreiche Griechenland ist Corylus colurna L.
(jtJtv 11 Ü.U11 uic ycuuiu null juiiiul.u, vmj iiuuii u..i ... e -„~ -.- •> - _ T „
geborenen Jungen solchen Frauen, die bereits auf- 40 (ayqia cpovvxavx^a) mit kleinen runden Aussen.
gehört haben zu gebären, wiederum. Fruchtbar-
keit (248). Selbst der Mist wurde gegen Kose
und anderweitig benutzt (210. 235. 249); wenn
man ihn bei sich trug, vermeinte man, von Hunden
nicht angebellt zu werden (XXX 147). Harnzwang
heilte man durch einen Wein, in welchem das
Gehirn, die gerösteten Hoden und das Lab eines
IL zusammen mit Gänseschmalz und Gersten-
graupen aufgelöst waren (XXVIII 215). Dagegen
Die" meisten H. kommen aus den benachbar-
ten Provinzen der Türkei in den Handel (z. B.
in großer Menge vom Berge Athos). Als H.
deutete Sprengel wohl unrichtig (vgl. Athen. II
54b) die Qama xdgva des Hippokrates (,-rept
vovotov VII 133, 11 L; Tzovzixa xaQva VIII 403 t
208L.) und K. Koch (Die Bäume und Sträucher
des alten Griechenlands, Stuttgart 1879, 54) will
unter den xaovai des Sophoklesfragments (frg.
empfiehlt Cels. II 31 den H. als Lrin treibendes 50 688 N.) bei Athen. JJ 38 p. 52 b 6 xagvai fietiu
Mittel; einschläfernd nannte ihn der alte Cato,
Diomed. I 358. Vgl. Plin. n. h. XXX 140. Auch
schön glaubte man nach seinem Genüsse zu werden :
Du schickst mir einen H.. liebes Herz,
Und schreibst dazu: .Acht Tage nur, du weißt,
Dann bist du schön !* — Ist's, Gellia, kein Scherz,
So hast du nimmer solch ein Tier verspeist!
Mart. V 29.
Volksmund. Aaovjiovs xqsöiv extdvftet sagte
ts H. verstehen, obwohl der Eingang des Athe-
naioskapitels (al 'Atxtxol xal oi a/./.oi ovyyoaqpeig
xoträg nävxa. rix axQÖbgva xaetva leyovaiv) sowie
das folgende Zitat aus Herakleon von Ephesos: y.a-
Qva Exälovv y.ai ta; äfivydä/.ag xai ra vvv xaazä-
vtiia nicht dafür sprechen. Ob die y.ägva ta
Tilazm ovx eyovza bta<fvv)v ovöefxiav, welche die
Zehntausend "(Xen. anab. V 4. 29) bei den Mossy-
noiken fanden, H. oder Kastanien gewesen sind,
man von Leuten, welche andere um Dinge bitten, 60 ist streitig; Koch a. a. O. erklärt sie für die
die sie selber besitzen (Diogen. IV 12); also etwa:
.Ablaß nach Kom tragen.' Aaytog xaßzvbOv von
solchen, die sich so stellen, als ob sie schliefen
(Zenob. IV 84): ,Er predigt und glaubt's selbst
nicht.' Aaywg top negl xoiv xoe&v xqiywv von
Menschen, die sich unüberlegt in große Gefahren
stürzen (85): ,Schuster, bleib bei deinen Leisten.'
VgL Arist. ihet. HI 11 p. 1413 a 17. Wenn viele
Früchle seiner Corylus pontica, ebenso spricht
sich V. Hehn Kulturpflanzen u, Haustiere 388"
für eine große Corylus-Art aus. Ganz unzweifel-
haft findet sich die H. erst bei Theophrast, der
sie hiat. plant. III 15, 1—3 eingehend be-
schreibt: ,Die tJQax?^(ozixij xagva ist von Natur
wildwachsend — die Früchte der wilden Art sind
nämlich wenig odeT gar nicht schlechter als die
<s*o 4 nasüiiiuij
4er zahmen, auch ist sie winterhart, findet sich
häufig im Gebirge und trägt in bergigen Gegenden
reichlich (oQsioig Wimm., <poQaig Aid. Edd., ich
möchte ßogetotg lesen) , ferner macht sie keinen
■eigentlichen Stamm, sondern ist strauchartig mit
rutentörmigen langen und mitunter ziemlich dicken
Schößlingen ohne viel Seitentriebe und Knoten
— doch wird sie auch kultiviert. Dann hat sie
eine bessere Frucht und ein größeres Blatt. Dieses
naseinuD
2*öö
II 28 (VI 609) ßaoilixd nvsg dvoftdtovat xdgva
zavra ta vvv vjio vzävTCov dnXöig dvofta£<ifieva
xdgva' xaAsTtcu. de xai älla xiva XsTtxoxdgva,
7iokXq> fitXQoisQa rovtcov, a MQoaayoQevovaiv eviot
üovTtxd, In Italien ist Corylus avellana nach
Arcangeli Flora Italiana 181 auf der ganzen
Halbinsel und den Inseln gemein, während dieLam-
hertsnuß (Corylus maxima Mill. = Corylus tubu-
losa Wildd.) nur für einige Punkte des Nordens
ist bei beiden Formen gesägt, am ähnlichsten 10 angegeben wird und auch da wohl nur angebaut
dem der Erle, doch ist es breiter, wie ja auch
der ganze Baum größer ist. Durch Beseitigen
der Schößlinge wird die Fruchtbarkeit erhöht
{vgl. 1 33 ; caus. plant. II 12, 6). Yon beiden Formen
gibt es zwei Arten : Die eine hat eine runde, die
andere eine längliche Nuß, weißlicher ist sie bei
den zahmen. Die schönsten Früchte trägt sie
auf feuchtem Boden. Durch Umpflanzung läßt
sich die wilde in die Kulturform überführen.
Sie hat eine glatte, schülfrige, dünne, glänzende 20 S. 27).
ist (vgl. Ascherson-Graebner Synopsis der
mitteleuropäischen Flora IV 378ff.). Der Strauch
heißt bei den Römern corylus, so schon Cato
agr. 18, 9 (vgl. Thes. L. L. IV 1080), die Frucht
nux Abellana von der kampanischen Stadt
Abella, vgl. Plin. n. h. XV 88. Macrob. Sat. in
18, 5 nux haec Avellana seu Praenestina y quae
est eadem, ex arbore est, quae dicitur corylus.
Serv. Georg. II 65; Aen. VII 740 (s. o. Bd. I
Rinde mit eigentümlichen weißen Tupfen, das
Holz ist sehr zähe, weshalb man aus den ganz
dünnen Schossen, wenn sie entrindet, und aus
den dickeren, wenn sie gespalten sind, Körbe
machen kann. Sie haben auch ein schwaches,
gelbliches Mark, das später schwindet. Eigen-
tümlich sind ihnen die Kätzchen; vgl. III 5, 5.
Die H. treibt nach dem Abfallen der Früchte
ein traubiges (?) Gebilde wie eine stattliche
Cato macht a. O. aus dem Holze einen orbis
olearius, nach Plin. n. h. XVI 75 eignet es sich
für Fackeln, steht aber zur Anfertigung von
Lanzen der Esche nach, n. h. XVI 228, weshalb
sie wohl Ovid. met. X 93 fragüis heißt. Die
Biegsamkeit (in der Jugend) erwähnt Sidon. ep,
II 9, 8. Die Sträucher wachsen dicht und ge-
sellt mit Ulmen (Verg. Ecl. I 13. V 3; coryleta
Ovid. Fast. LT 587) und Föhren (Nemes. Ecl.
Raupe, mehrere auf einem Sproß , Kätzchen ge- 30 II 87), umsäumen mit Eichen Haine (Col. VII
narmt. Von diesen besteht jedes aus schuppigen 9, 6) und steigen mit Korn elkir sehen, Eichen,
Blättchen , die aneinander gereiht sind wie bei den beiden Eschenarten, Ahorn, Buche und Hain-
den Fichtenzapfen, so daß das Ganze einem
jungen noch grünen Zapfen nicht unähnlich
sieht, nur daß es länger ist und fast überall
von gleicher Dicke. Dieses wächst den Winter
über (mit Frühlingsanfang springen die Schuppen
auf und werden gelb) und erreicht eine Länge
von drei Fingern. Wenn aber im Frühling das
buche in die Ebene hinunter (Plin. n. h. XVI
74). Doch soll man sie nicht neben Reben
pflanzen, da sie diesen schaden (Verg. Georg. II
299. Serv. z. d. St.), andererseits gelten sie iür
glückbedeutend (Veranius in Macrob. Sat. HI 20.
2). Plinius beschreibt die Pflanze n. h. XV 88 ee-
teris quidquid est solidum est, ut in abellanis,
Laub ausschlägt , so fällt das Kätzchen ab, und 40 et ipso nueum genere , quas antea Abellinas
es entstehen die kelchartigen Fruchthüllen der J ' ' " ' ' ' J ' "
Nuß vom Stiel ab zusammenschließend und in
gleicher Anzahl, als Blüten waren; in jeder von
diesen ist eine Nuß (vgl. III 7, 3). Das ist ganz
evident die Beschreibung einer H. und zwar am
ersten der Corylus colurna; wenn es also Athen.
II 53 c heißt 'Eofiwval; de xal Tttuayldag sr
rXojooaig Atog ßdkavöv qxjai xaXetadat xo Uov-
jixov xägvöv und ebd. 53 d Aioxlrjg .... rä
patriae nomine appellabant. in Asiam Qrae-
eiamque e Ponto venere eae ideoque et Ponticae
nuees vocantur (vgl. Isid. orig. XVII 7, 24 eo
quod circa Ponticum mare abundant). has quo-
que mollis protegit barba, sed putamini nu-
eleisque solida rotunditas inest, hae et torrentur,
umbilicus Ulis intus in venire media. Die
Kätzchen erwähnt er n. h. XVI 120. Eine nux,
longa, quae voeatur Albana (Priap. 51, 12) deutet
dk 'BqaxKEOixixd, xalovfteva de Aiog ßdÄavot, 50 Murr Die beschreibenden Epitheta der Pflanzen
■i'nyrm* Un ™nT. On+ TTT 10 n „ ( 1. ..• .1 _» • -1 T-l' 1.1 T-T 1 * _1_ J. J
ferner Macrob. Sat. III 18, 7 nux eastanea . . .
voeatur et Heraeleotica. Nam vir doetits Op-
pius in libro quem fecit de silvestribus arbo-
ribus sie ait: Heraeleotica haec nux, quam
quidam castaneam vocant, so liegt entweder eine
Verwechselung vor, oder aber obige Notizen gehen
auf Zeiten zurück, da diese Namen noch schwank-
ten (vgl. Hehn Kulturpfl. u. Haustiere'' 387).
Fest stehen sie in der Inschrift bei Boeckh
bei den römischen Dichtem, Jahresbericht d.
Staatsgymn. in Marburg 1893, 20 auf die
Lambertsnuß; Cato nennt agr. VIII 2. 143, 3
Praenestinas (vgl. Plin. n. h. XV 90) ; ob Ma-
crob. a. a. O. mit seiner Gleichsetzung recht
hat, bleibe dahingestellt. Cato empfiehlt (agr.
133, 2), die H. aus Stecklingen zu ziehen (vgl.
Plin. n. h. XVTI 69) und zwar im Suburbanum
(agr. 8. 2); Columella (V 10, 14; de arbor. 22, 3)
Staatshaushalt II 356 ; IltQotxag tygas xai dfivy- 60 will die tarentinische Sorte der Mandel oder
dalag xai ' PtQaxlsoyxixa xdQva xai xcovovg xai
staozdvaia und Athen. LT 53 b IJovzixaiv xa-
y.ovftEvcav xoqvo>v . a Xojitfid ttveg 6voftdCovoi t
fivjjftovsvei NlxavÖQog (vgL 54 d). Klar scheidet
auch Dioscur. mat med. 1 125 W xdqva ßaodtxd,
3. evtoi ütQaixa xalovat zä de üorund,
& ifcwi XenzoxdQva xaXovoi; vgl. euporist II 31
(241) und I 95 (141) , sowie GaL de facult. aL
H. erzielen, indem er anfangs Mai in einer Setz-
grube in einen gespaltenen Ferala-Stengel den
enthüllten Samen steckt und d ann w ieder zu-
deckt. Plinius will sie (n. h. XVTI 136) im
Anfang März gesät haben; Palladios rät (agr.
Ell 25, 31), die Nüsse im Februar *n legen; die
Früchte reifen im Anfang Juli Die Oeoponica
heißen sie X 68 xorzuedr xdgvor oder lexzoxd-
qvöv in einem dem Didymos (s. o. Bd. V S. 445) zu-
geschriebenen Kapitel (vgl. Gramm. Lat. IV 581,
Gloss. H 859, 38. 521, 27. IH 88, 14. 256, 18.
316, 16. 372, 37. 400, 67. 428, 16. II 445, 1.
in 564, 39. 572, 49), wo sie auch (HI 587, 2.
607, 24. 616, 34) als nux minor erscheint). Sie
sollen zur selben Zeit wie die Mandel in einen
tonhaltigen und wasserreichen Boden gelegt
werden; es gibt eine runde und eine längliche
Form, erstere ist schnellwüchsiger. Im Edict. 10
Dioclet. VI 53 werden enthülste (purgatarum) H.
erwähnt. Stellen, an denen die H. als Maß für
andere Dinge angegeben wird, siehe Thes. L. L.
I 63.
Über die medizinische Verwendung handeln
Dioskur. 1 125, der ihnen nachsagt, daß sie Kopf
und Magen schädlich seien, aber feingestoßen
und mit Honigmet getrunken veralteten Husten
heilen. Geröstet (vgl. Apicius VII 303) und mit
etwas Pfeffer gegessen lindern sie den Katarrh. 20
Ganz gebrannt und mit Schmalz oder Bäreni'ett
verrieben stärken sie als Pomade das durch die
Fuchskrankheit ausfallende Haar. Einige sagen
auch, daß die gebrannten, mit Öl feingeriebenen
Schalen bei blauäugigen Kindern Pupillen und
Haare schwärzen, wenn der Vorderkopf damit
eingerieben wird (vgl. Plin. n. h. XXIII 150
Garg. Mart. 54). Galen a. a. O. schreibt beiden
wenig Nährwert zu, doch immerhin noch mehr
der H., da sie dichter von Substanz und weniger 30
ölig sei als die Walnuß, doch ist letztere leicht-
verdaulicher und besser für den Magen. Beide
Nuß arten schützen nach der Behauptung vieler
Ärzte nüchtern mit Raute genommen gegen töd-
liche Gifte. Celsus de med. III 27, 4 läßt bei
gewissen Sehnenleiden H. mit Honig essen. Fs.-
Plinius med. II 6 läßt die Kätzchen im Back-
ofen dörren, bei Marcellus Empiricus 26, 33 er-
scheinen avellanae purgatae et excaldatae dräg.
III in einem froe/meus-ßezept gegen Nieren- 40
und Blasenschmerzen; bei Theodorus Priscianns
eup. phaen. 54 wird gegen die affatio oHs, quod
aptham appellamus gegeben: avellana cum de-
spumato melle eontrita pro eleetario und logic.
110 gegen Harnbeschwerden in Honig gerieben H.
mit Hyoscyamus u. a. Samen. Cassius Felix de
med. 68 p. 167 darf der von einer Phalangis
Gebissene während der Kur keine H. essen.
Nach Anthimus beladen H. den Magen, wenn sie
mit anderen Dingen gemischt genossen werden. 50
Folkloristisch kommt in Frage die Stelle Petron.
137, w r o H. mit einer Beschwörungsformel in
Wein versenkt werden. Vgl. noch Fischer-
Benzon Altdeutsche Gartennora 160. A. Schra-
der Reallexikon der indogermanischen Altertums-
kunde 395. [Stadler.]
Hasmon (*p)52Jn , Josephos [s. Indes bei Niese]
Aoaficavaiog), ist wohl als eine für uns historisch
freilieh nicht näher greifbare Persönlichkeit auf-
zufassen. Bei Josephus bell. lud. I 36 (ebenso 60
Johann. Antioch. frg. 58, FHG IV 558) erscheint
er als Vater des jüdischen Priesters Mattathia,
des Erregers des Aufstandes gegen Antiochos Epi-
phanes, dagegen bei Joseph, ant. lud. XII 265 als
dessen Urgroßvater, und wird in der L Makk. 2, 1
»ich findenden, allerdings nur Vater und Groß-
vater bietenden (dieselben Namen wie hei Joseph,
a. e. a. O.) Genealogie des Mattathia gar nicht er-
wähnt. (Wellhausens Pharisäer u. Sadducäer
94, 1 Vorschlag, hier für den Großvater Simeon
den Namen H. in den Test zu setzen, ist unwahr-
scheinlich uud wohl auch von ihm definitiv auf-
gegeben; s. seine Israel, u. jüd. Gesch. & 259, 1.
Gegen Grätz Gesch. d. Juden III 5 322, 1 An-
nahme, der Name Asamonaios sei in dieser Quelle
im Teit ausgefallen, sprechen die folgenden Dar-
legungen). Die Nichterwähnung des H. in dem
I. Makkabäerbuch dürfte nun wohl auf Absicht
beruhen (Niese Kritik der beiden Makkabäer-
buch er 44f.); begegnet uns doch in den Makkahäer-
büchern auch niemals die Bezeichnung Hasmo-
näer, welche sowohl hei Josephos wie auch in
der alten hebräischen Literatur für die Nach-
kommen des Mattathia allein angewandt wird,
während in diesen Quellengruppen dagegen die Be-
zeichnung Makkabäer. nach denen man jene andere
Literatur genannt hat, durchaus vermieden wird.
Josephos übernimmt nun in den Antiquitäten
jedenfalls die Genealogie von I. Makk. 2, 1, welche
den Zweck hat, die besonders vornehme priester-
liche Abkunft des Mattathia nachzuweisen, und
wer dieser Abkunft, und zwar mit Recht, skeptisch
gegenübersteht, der muß methodischerweise auch
jene ganze Genealogie aufgeben. H. als Urgroß-
vater des Mattathia in dieser zweiten Genealogie
des Josephos ist offenbar eine Verlegenheitsan-
nahme des Josephos, er ist also als solcher nicht
genügend historisch beglaubigt. Dagegen erscheint
mir die Persönlichkeit des H. gesichert, ein-
mal durch ihr Erscheinen in beiden Genealogien
des Josephos — in die zweite bringt er sie sogar
gewaltsam hinein — und dann durch die Bezeich-
nung der Hasmonäer als oi (an) (if) Aoaucovaiov
(TzaloEQ) (Joseph, ant. lud. XI 111. XIV 490. XVI
187. XVII 162. XX 190. 238. 247. 249; bell. lud.
119; vit. 2,4), als rj 'Aoa/xojvaiov yeved (Joseph,
ant. XIV 491), %6 Acaftowatov yhog (Joseph, ant.
XV 403), bezw. als ^rmpn (n:a) ",55 (für die
hebräische Tradition Belege bei Levy Chald.
Wörterb. und Neuhebr. Wörterb. s. v.). Für die
auch in Betracht gezogene Ableitung von 'Aoafioi-
valog von einer Ortschaft oder für seine Auf-
fassung als Appellativum sind dagegen über-
zeugende Gründe nicht beizubringen (die genealo-
gische Deutung vertritt auch Haußleiter in
Herzogs Realenzykl. f. Prot. Theolog. u. Kirche
Vn 3 464. Bezüglich des Appellativums sei be-
merkt, daß eine Wurzel ?:^n trotz Psalm 68, 32
nicht mit Sicherheit zu belegen ist; damit scheidet
also auch die Deutung des Synkellos Chronogr.
p. 543 (Bonn), Asamonaios sei ein Beiname des
Mattathia [dafür Seh latter Iason von Kyrene
10, 1], so gut wie aus. Freilich auch im alten
jüdischen Gebetbuch heißt Mattathia Hasmonai
[HeTzfeld Gesch. d. Volkes Iisrael II 264], doch
s. die Anmerkung). Ob nun allerdings H., wie
Josephos in seiner ersten Genealogie angibt, wirk-
lich der Vater des Mattathia gewesen ist, er-
scheint mir auch sehr zweifelhaft*); das Vor-
*) Als Vermutung sei wenigstens bemerkt, daß
hier vielleicht ein sprachlicher Fehler des Josephos
vorliegt, der aus einer hebräischen Form des Stamm-
vaternamens entsprungen ist (erinnert sei daran,
daß das Bellum ursprünglich aramäisch abgefaßt
war). Die griechische Form, 'Aoaftwvaios , ent-
handensein der anderen Genealogie spricht nicht
sehr dafür, und Josephos kann sehr wohl seine
Angabe bloß aus der geläufigen Bezeichnung der
Hasmonäer als Nachkommen des H. herausge-
folgert haben (Mattathia als Vater des Simon
und seiner Brüder stand eben unbedingt fest
[Nies es a. a. 0. 46, 1; Geschichte d. griech. u.
maked, Staat. III 234, 5 Zweifel an ihm und sein
Gedanke, ihn durch H. zu ersetzen, sind unbe-
rechtigt] , und so nahm man H. einfach in die
nächsthöhere Generation). Man darf daher mit
Sicherheit H. wohl nur als den den Namen liefern-
den Vorfahren der Hasmonäer bezeichnen, man
darf aber wohl aus der Verschwommenheit seiner
Persönlichkeit sowie daraus, daß er in der die
vornehme Abkunft der Hasmonäer prätendieren-
den Genealogie gar nicht erscheint, noch weiter
folgern, daß er von geringer, wenn auch wohl
priesterlicher Herkunft gewesen ist; s. hierzu
auch das öfters in Erscheinung getretene Be-
streiten des Rechtes der Hasmonäer auf den hohe-
priesterlichen Stuhl, Niese Kritik der beiden
Makkabäerbücher 44f. [Walter Otto.]
Hasmonaeer, die Nachkommen des Hasmon
(s. d.). Außer den schon dort angeführten grie-
chischen und hebräischen Bezeichnungen ist noch
zu nennen ot 'Aoa/uatvaiot (Joseph, bell. IthL D.
344. V 139). Die Bezeichnung der H. als Mak-
kabäer, die von dem Beinamen des Juda Mak-
kabi herrührt, ist als eine nur irgendwie zeit-
genössische nicht zu belegen (s. o. den Art.
Hasmon). Sie hängt zusammen mit dem Titel
der beiden Makkabäerbücher; wo das prius steckt,
läßt sich freilich nicht sicher entscheiden. Von
dem ursprünglich nicht griechisch, sondern wohl
1 hebräisch geschriebenen ersten Buch kennen wir
aber noch den allerdings nicht zu deutenden ur-
sprünglichen Titel (Origenes bei Euseb. bist. eccl.
VI 25, 2. Schürer Gesch. d. jüd. Volk. HI*
1941".); da nun das zweite anders als das erste im
wesentlichen eine Geschichte des Juda Makkabi
bietet, so liegt es immerhin nahe, daß von ihm
der Titel Maxxaßai'xd ausgegangen ist und auf
das erste, das die Geschichte der H. bis 135
v. Chr. behandelt, übertragen worden ist, und
20 daß daraufhin erst die Bezeichnung Makkabäer
entstanden ist. Jedenfalls ist aber Origenes (a.
a. 0.) der früheste Zeuge für sie.
Die erste historisch greifbare Persönlichkeit
der H. ist der Priester Mattathia aus Mode'in
aus der Zeit Antiochos' V. Epiphanes*). Von ihm
ab ergibt sich folgende Genealogie der H. :
Mattathia t 166
i
Jochanan Gaddi Simon Tliassi Juda Makkabi
t 161 (HS/2-135) t 161
Eleasar Avaran Jonathan Apphus
(Chavran ?) (Chapphus ?)
f 163 (152—143/2)
Jochanan (Johannes) Hyrkanos I. Juda
(135-104) f 135
Aristobulos I. (Juda) Antigonos
(104—103) t 104
Mattathia
t 135
Alexandros (Jonathan-Jannai)
(103—76)
vermählt mit Alexandra (Salma?).
der Witwe des Aristobulos I.
(76—67)
Absalom
f nach 63
Hvrkanos IT. (Jonathan'- 1 ) f 30
(67, 63-40)
Aristobulos IL t 49
(67—63)
Alesandra vermählt mit Alexandros Antigonos (Mattathia)
f 28? t 49 (40—37)
Aristobulos (Jonathan) f 35 Mariamine t 29
vermählt mit Herodes I.
Für die in der Genealogie genannten H. s. Sonder-
artikel Alexandra Nr. 2 (Bd. 1 S. 1376), Ale-
xandros Nr. 24. 25 (Bd. I S. 1439ff.), Anti-
gonos Nr. 8. 9 (Bd. I S. 24191'.). Aristobulos
Nr. 5. 6. 7 (Bd. II S. 907ff.), Eleazar Nr. 4
(Bd. V S. 2245), Hyrkanos, Jochanan bezw.
spricht nämlich gar nicht dem Namen H. , den
man postulieren muß — nach ihm müßte man
lAoauwvos erwarten — , sondern einem von H.
abgeleiteten Adjektiv Hasmonai. Sollte man dem-
nach nicht 'Aoaficürcüo; an dieser Stelle des Bel-
lum und auch sonst eigentlich als Bezeichnung
des Hasinonäers, nicht des H. fassen dürfen,
eine Bezeichnung, die dann freilich fälschlich auch
als Namensform für H. selbst gesetzt worden ist;
Mattathia wäre dann an jener ,Bellum'stelle ganz
richtig als der Sohn des Hasmonäers (nicht des
H.) bezeichnet. S. hierzu auch die oben gebotene
Angabe der alten jüdischen Gebetbücher.
Joh annes, Jochanan bezw. Johannes Hyr-
SOkanos, Jonathan, Juda, Juda Makkabi,
Mariamme, Mattathia Nr. 1. 2; für den bis-
her nicht behandelten Absalom s. Joseph, ant.
lud. XIV 71 ; bell. Iud.1 154 (Oheim und Schwieger-
vater Aristobulos 1 II. wird bei der Eroberung
Jerusalems durch Pompeius im J. 63 v. Chr. ge-
fangen genommen) und für die nicht behandelte
Alexandra. Tochter Hyrkanos' IL und Gemah-
lin des Alexandros, s. Joseph, ant lud. XV 23
-87. 166ff. 183ff. 202. 247ff. ; bell Ind. I 438ff.
60 (Schwiegermutter des Herodes durch die Ver-
heiratung ihrer Tochter Mariamme mit diesem,
*) Diese Umnummeriernng des bisher allge-
mein als 4. Antiochos bekannten Königs scheint
mir nötig zu sein, da ich nachgewiesen zu haben
glaube, daß vor ihm sein Neffe Antiochos, der
älteste Sohn SeleuW IV., wem» aoeh nur kurze
Zeit regiert hat. S. den Art. Heliodoros.
«ine heftige und sehr verschlagene Gegnerin ihres
Schwiegersohnes ; ihr Ziel war die Wiederherstel-
lung der hasmonäischen Herrschaft. Durch ein ge-
schicktes Intrigenspiel bei Antonius und Kleopatra
vermochte sie im J. 35 v. Chr. bei Herodes die
Ernennung ihres Sohnes Aristobulos zum Hohen-
priester durchzusetzen. Mit Recht fürchtete sie
dann freilich für dessen Leben; ihr Fluchtver-
such mit Aristobulos nach Ägypten mißlang, und
Ische Religion war hier der Boden doch noch
nicht genügend bereitet. Der jüdische Glaubens-
eifer begnügte sich nicht nur , wozu freilich die
Chasidim neigten, mit passivem Widerstand oder
gar mit Resignation gegen das Gebot des Syrers,
sondern er führte zu offenem Kampfe. Diesen
im J. 167 v. Chr. entfacht zu haben, ist das aus-
schließliche Verdienst des Mattathia und seiner
fünf Söhne ; die Chasidim haben sich ihrem Vor-
sie mußte die Beseitigung ihres Sohnes durch 10 gehen erst angeschlossen. Es ist ein reiner Reli-
Herodes miterleben. Sie setzte dann bei Kleo-
patra und Antonius durch, daß Herodes deswegen
von dem letzteren zur Verantwortung gezogen
wurde. Er wurde jedoch freigesprochen und ist
damals trotz seines Mißtrauens gegen Alexandra
nicht gegen sie vorgegangen. Es scheint, als wenn
sie ihre wahren Absichten und Ansichten stets aus-
gezeichnet zu verbergen , eben ausgezeichnet zu
heucheln verstanden hat und deswegen nicht recht
gionskrieg, den Mattathias und nach seinem bald
im J. 166 v. Chr. erfolgten Tode sein Sohn Juda
Makkabi mehrere Jahre lang und zwar mit
gutem Erfolg führen. Denn noch Antiochos V. hat
sich — allerdings wohl erst zu Beginn des J. 164
v. Chr. und zwar wohl mit Rücksicht auf seinen be-
vorstehenden Zug nach dem Osten — entschlossen,
mit den Juden zu paktieren (Wellhausen Nachr.
Gott. Ges. Phil.-hist. Kl. 1905, 141ff.). Den Auf-.
zu fassen war. Eine Probe dieser außergewöhn- 20 ständischen ist Amnestie und die Rückkehr nach
lieben Verstellungskunst hat sie schließlich auch
bei der Hinrichtung ihrer Tochter Mariamme durch
Herodes an den Tag gelegt, indem sie die Hand-
lungsweise des Herodes für gerecht erklärte und
ihre Tochter des Undankes gegen diesen zieh.
Als Alexandra bald darauf von der schweren Er-
krankung des Herodes hörte, da hielt sie ihre
Stunde endlich für gekommen und machte durch
Besetzung der beiden Zitadellen Jerusalems den Ver-
Jerusalem gewährt worden; auch der jüdische
Kultus wurde wieder erlaubt, Der Tempel zu
Jerusalem, der von dem König dem olympischen
Zeus geweiht worden war, wurde Jahweh restauriert,
feierlich gereinigt und wiedergeweiht. Das Ziel des
Kampfes erscheint also eigentlich bereits erreicht.
Wenn trotzdem der Frieden nicht lange gedauert
hat, sondern der Aufstand sehr bald von neuem
losgebrochen ist, so ist es natürlich möglich, daß
such, sich der Herrschaft zu bemächtigen. Dieser 30 auch noch der neue Kampf zur vollen Sicherung
ist an der Treue der beiden Burgkommandanten
gescheitert, und jetzt hat Herodes seine alte Feindin
umgehend hinrichten lassen, wohl etwa Anfang 28
v. Chr.). Infolge der Sonderartikel erübrigt sich
hier eine die einzelnen Ereignisse mit genauen
Quellenangaben registrierende Darstellung der H. ;
nur ein Bild der Entwicklung ihrer Herrschaft
sei gezeichnet.
Im 2. Jhdt. v. Chr. schien sich auch Judäa,
der religiösen Freiheit der Juden begonnen wor-
den ist (s. etwa IL Makk. 12, 2), aber es könnte
sich doch auch schon bei ihm um weitergehende
Ziele der H handeln. Jedenfalls ist damals
Juda bereits imstande gewesen, den jüdischen
Glaubensgenossen außerhalb Judäas im weiteren
Palästina gegen ihre heidnischen Bedränger zu
Hilfe zu kommen, auch Raubzuge über die Gren-
zen Judäas hinaus zu unternehmen. Als dann
das Zentrum des Judentums in dem damals noch 10 aber — Antiochos Epiphanes ist inzwischen ge-
durchaus nicht stark judaisierten Palästina, dem
Hellenismus allmählich zu erschließen; in den
Kreisen der Höhergestellten, selbst unter den Mit-
gliedern der hohepriesterlichen Familie fand er
großen Anklang, die Partei der Griechenfreunde
war im ständigen Anwachsen gegenüber den
„Frommen', den Chasidim CAoidatoi), welche be-
sonders streng an dem alten Judentum, das alles
von außen Kommende ablehnte, festhielten. Es
sterben — die syrische Zentralregierung energisch
in Judäa eingriff, da hat Juda ihr nicht wider-
stehen können. Ende 163 v. Chr. ist der Aufstand
zusammengebrochen, aber auch jetzt ist wieder volle
Religionsfreiheit denXiedergeworfenen zugestanden
worden. Von jetzt an kann daher auf keinen Fall
mehr das alte Kampfes ziel als Grund des weiteren
Aufstandes in Betracht gezogen werden, au seine
Stelle ist vielmehr ein neues getreten, weltliche
war daher selbstverständlich , daß Antiochos V. 50 Interessen anstatt der religiösen. Die H. kämpfen
Epiphanes als glühender Vorkämpfer des Hellenis-
mus hier ansetzte und der Partei der entschie-
denen Griechenfreunde zur Herrschaft im hohe-
priesterlichen Amt verhalf. Er hat sich aber
schließlich mit dieser Förderung nicht begnügt,
sondern hat sich dazu hinreißen lassen — die
große Politik, der Kampf mit Ägypten, das unter
den Juden, seinen früheren Untertanen, noch großen
Anhang hatte, ist hierfür jedenfalls ebenso bestim-
zwar auch jetzt noch nicht für die staatliche Frei-
heit der Juden, wohl aber für ihre eigene Herren-
stcllung innerhalb des jüdischen Gemeinwesens
gegenüber dem legitimen Oberhaupt, dem Hohen-
priester: der hasinonaische Freiheitskampf er-
hält dadurch zeitweise sogar den Charakter
eines Bürgerkrieges. Da nun aber der von den
Seleukiden bestellte und diesen ganz ergebene
neue Hohepriester Alkimos ein Anhänger der
raend gewesen wie der Hellen isierungseif er — die 60 Griechenfreunde war, so macht sich in diesem
Hellenisierong desLandes gewaltsam durchzusetzen.
Hierbei hat er sich ganz folgerichtig vor allem gegen
das Hauptstück des jüdischen Wesens, die jüdische
Religion gewandt : der jüdische Kultus wurde ver-
boten. Das gewaltsame Vorgehen des Königs war
jedoch ein großer Fehlgriff; beruhend auf einem
starken Verkennen des religiösen Fanatismus der
Juden ; für den Hellenismus und seine synkretist-
Kampfe allerdings auch ein jüdisch-nationales
Element bemerkbar; doch ist dies nicht zu sehr
in den Vordergrund zu stellen, da die Chasidim
sich Alkimos als dem durch seine Abkunft legi-
timen Hohenpriester durchaus gefügt haben. Eine
wichtige Etappe in dem Kampfe der H. um ihre
Herrschaft bedeutet alsdann das J. löl v. Chr. ;
die H. haben damals den ersten Versuch gemacht,
auch das Ausland für sich zu gewinnen, Juda
hat sich an Born um Hilfe gegen den neuen
syrischen König Demetrios I. gewandt. Eine solche
ist zwar von den Römern nicht gewährt, sondern
den jüdischen Aufständischen ist offenhar nur das
Wohlwollen Roms versichert worden (so die meines
Erachtens endgültige Lösung der alten Streitfrage
der Beziehungen Judas zu Korn durch Niese
Oriental. Studien f. Th. Noldeke 817ff.), aber die
prinzipielle Bedeutung des Vorgehens des Mak-
kabi wird dadurch nicht berührt; man hat in ihm
das erste Anzeichen dafür zu sehen , daß man
auf seiten der H. auch schon die Gewinnung der
nationalen Unabhängigkeit ins Auge zu fassen
beginnt. Freilich, dieser Gedanke ist dann wieder
sofort infolge der schweren Niederlage und des
Todes Judas 161 v. Chr. in den Hintergrund ge-
treten. Auf den Kriegshelden Juda folgte nun als
Führer der rücksichtslose Diplomat Jonathan,
und dieser hat sich mit der syrischen Regierung
157 v. Chr. verständigt, also den Gedanken an
nationale Freiheit vorläufig nicht weiter verfolgt
gegenüber der Sicherung seiner eigenen Stellung.
Eine offizielle, amtliche ist ihm damals freilich
noch nicht zugestanden worden; sie ist ihm erst
im J. 152 v. Chr. zugefallen, als Folge seiner ge-
schickten Stellungnahme in den syrischen Thron-
streitigkeiten. Der syrische Thronprätendent Ale-
xander Balas hat ihn damals zum Hohenpriester
ernannt, und seitdem ist die alte erbberechtigte
hohepriesterliche Familie, sind die Griechen freunde
von der syrischen Regierung definitiv fallenge-
lassen. Bald darauf, 150 v. Chr. , ist Jonathan
von dem inzwischen siegreich gewesenen Balas
auch die Statthalterschaft von Judäa, d. h. die
Versehung der königlichen Gerechtsame in die-
sem Gebiet übertragen worden (Titel: oroaztjyo^
xal fi£QtöäQ%r}<;) ; in seiner Hand waren also jetzt
die höchsten weltlichen und geistlichen Befug-
nisse vereinigt, die H. waren jetzt die auch vom
seleukidischen Oberherrn anerkannten offiziellen
Führer der Juden. Die ständigen Thronstreitig-
keiten im Seleukiden reich, dessen Schwäche und
Zerrüttung hat Jonathan auch in der Folgezeit
geschickt zu verwerten verstanden, ihm ist jedes
Mittel recht gewesen, um seine Stellung in Judäa
selbst zu stärken und sein Gebiet über die Grenzen
Judäas auszudehnen. Dies ist ihm auch in vollem
Maße gelungen. Jonathan ist am Ende seines
Lebens nicht mehr seleukidischer Beamter, son-
dern ein mächtiger Vasall des syrischen Reiches.
Inwieweit er bereits schließlich daran gedacht
hat, die syrische Oberhoheit vollends abzuschüt-
teln, ist schwer zu sagen; die Berichte von dem
Anknüpfen näherer Beziehungen zu auswärtigen
Staaten, Born und Sparta, unterliegen doch vielen
Zweifeln. Die volle Beseitigung des Vasallitäts-
verhältnisses, die Entlassung aus diesem durch
die Seleukiden, ist dann auch noch nicht dem
Nachfolger Jonathans, dem letztüberlebenden Sohne
des Mattathia, dem Simon 1 143 2—135 v. Chr.)
gelungen (z. B. die verbreitete Behauptung von
baldigst ihm zugestandener voller Steuerfreiheit
beruht auf nicht scharfer Interpretation von I. Makk.
13, 34; s.auch 15, 2ff. und 26ff.). Freilich sind
unter ihm viele wichtige Schritte weiter auf dem
Wege zur vollen Unabhängigkeit gemacht worden ;
sie ist von ihm als nächstes von den H. zu er-
reichendes Ziel mit allen Mitteln erstrebt worden,
und insofern kann man immerhin von Simon als-
dem eigentlichen Begründer der hasmonäischen
Dynastie sprechen. Allerdings sollte man hierfür
nicht die Tradition verwerten, derzufolge Simon
sich durch einen Volksbeschluß seine Hohepriester-
würde als erblich in seiner Familie hat bestätigen-
lassen, denn die Glaubwürdigkeit dieser Tradition
ist äußerst gering; man hat vielmehr andere gut
10 beglaubigte Tatsachen ins Auge zu fassen. So
ist unter Simon die letzte syrische Besatzung in
Judäa, die der Akra von Jerusalem, vertrieber*
worden; Simon führte ferner eine eigene Zeit-
rechnung nach seinen Herrschaftsjahren ein, ihm
ist das Münzrecht wenigstens für Kupfermünzen
zugestanden worden, und er hat auch wohl al&
der erste H. ein offizielles Bündnis mit Rom ge-
schlossen. Ihm ist es auch bereits möglich gewesen,
für die Hebung der Wohlfahrt seines Landes ernst-
20 lieh zu sorgen. Siinon ist überhaupt als wirk-
lich bedeutender Regent zu fassen (s, auch I. Makk»
2, 65) ; außer ihm hat das hasmonäische Herrscher-
haus höchstens nur noch einen, seinen Nachfolger
und Sohn Jochanan (Johannes) Hyrkanos-
(135— 104 v. Chr.) aufzuweisen. Unter diesem ist
auch die endgültige Loslösung der Juden vom syri-
schen Reich erfolgt ; sofortnach dem Tode Antiocnos"
VIII. Sidetes (129 v. Chr.), als das Seleukidenreich
nach dessen Katastrophe im Partherkrieg ganz ohn-
30 mächtig wurde, hat sich der H. völlig unabhängig
gemacht. Als souveräner Herrscher hat er dann
auch zuerst Münzen , die seinen Namen tragen,
geprägt. Die Eroberungspolitik, die bereits Jona-
than begonnen hatte, wurde jetzt energisch fort-
gesetzt; im Norden, Süden und Osten wurden die
Grenzen erweitert, Samarien, Idumäa und ein Teil
des Ostjordanlandes wurden jüdisches Gebiet. Die
Nachfolger Jochanan s , A r i s t o b u 1 o s I. (1 04
— 103 v. Chr.) und Alexandros Jannai (103
40 —76 v. Chr.), sind auf dem Wege , das alte
Reich Davids und Salomos wiederherzustellen,
rüstig weitergeschritten, und so hat in den 70er
Jahren v. Chr. das Reich der H. etwa ganz Pa-
lästina unifaßt. Der religiöse Freiheitskampf
hat also die Juden noch einmal zu einem poli-
tisch selbständigen Volke gemacht; so ist aus
den Trümmern des Seleukidenreiches infolge dessen
Ohnmacht und nicht so sehr auf Grund der eigenen
Stärke auch im Westen ein größerer Staat ent-
50 standen, der von besonderer Bedeutung war als
der religiöse Mittelpunkt der großen jüdischen
Weltgemeinde. Auch das Reich der H. ist ein
Erzeugnis der gewaltigen orientalischen Reaktion
gegen die griechische Herrschaft im Osten. Das
jüdische Element in Palästina hat durch die Be-
mühungen der H. außerordentlich an Ausdehnung
gewonnen ; Galiläa und Peräa sind überhaupt erst
durch sie judaisiert, und außerdem noch die
Idumäer für das Judentum gewonnen worden.
60 Die H. sind mit Esra und Nehemia einigermaßen
auf eine Stufe zu stellen; auch sie haben die
Verschmelzung der Juden mit den Nachbarn ver-
hindert, die spezifisch jüdische Kultur wieder fest
gegründet. Aber trotz dieser ihrer Bestrebungen
haben sie sich doch nicht ganz der Macht des
Hellenismus entziehen können und wollten es
offenbar auch nicht. Bereits die Söhne Jochanans
(Johannes) Hyrkanos fuhren griechisch-jüdische
XUMHttUUlMTOr
Doppelnamen*}, die Münzen erhalten seitAleiandros
Jannai neben der hebräischen eine griechische
Umschrift, nichtjüdische Söldner stützen seit
Jochanan Hyrkanos die Herrschaft, Aristobulos I.
wird sogar als { Pi\kl.'kr\v bezeichnet, muß also
die hellenistische Kultur direkt begünstigt haben :
überhaupt darf man sich die Judaisierung Palä-
stinas durch die H. nicht zu allgemein und zu
gewaltsam vorstellen, denn Griechenstädte mit
ihrem Einfluß auch über ihr eigentliches Gebiet 10
hinaus haben auch in hasmonäischor Zeit im
Lande zahlreich bestanden. Unbedingter Kampf
gegen den Hellenismus ist also nur in der An-
fangszeit die Parole der H. t sie haben sich gar
bald gewandelt. Das nationale Element, als dessen
Träger sie emporgekommen waren, kommt ins
Hintertreffen gegenüber dem dynastischen, die
religiösen gegenüber den rein weltlichen Interessen ;
auch sie treten allmählich ein in die große Reihe
der hellenistischen Herrscher. Sic begnügen sich 20
nicht mehr mit dem Hohenpriestertitel, sondern
nehmen den Königs titel an und zwar seit Alexan-
dros Jannai**); an die Stelle der Theokratie tritt
seitdem ein priesterliches Königtum, an Stelle
eines »Papstes', der zugleich auch die weltliche
Leitung hat, tritt der König, der zugleich Kirchen-
oberhaupt ist. Der Wandel der Führer hat auch
einen Wandel in der Gefolgschaft zur Folge,
er bringt neue Zwietracht in die Reihen des
jüdischen Volkes. Dieses hatte anfangs in seiner 30
Menge durchaus hinter Mattathia und seinen
Söhnen gestanden. Die besonders Gesetzesge-
strengen, die Chasidim, waren freilich bald (s.
S. 2493) von ihnen abgeschwenkt; diesen Eiferern
erschienen die H. als dauernde Führer wegen
ihrer mangelnden Legitimität ungeeignet. In der
Zeit des weiteren Freiheitskampfes, als beim
Volke noch das nationale Element überwog,
scheinen sie aber zu einer bedeutungslosen Sekte
herabgesunken zu sein, um freilich nach der 40
glücklichen Beendigung des Kampfes , als die
nationalen Bestrebungen verwirklicht waren und
*) Der Name Jochanans Hyrkanos ist als
solcher nicht aufzufassen. Durch die griechische
Form des Namens Hyrkanos darf man sich nicht
dazu verleiten lassen, sondern der Name Hyrka-
nos ist innerhalb des Judentums entstanden, hat
sich aus einem Beinamen von Juden, die in Hyr-
kanien gelebt haben , herausentwickelt , s. etwa 5(1
"??=" ? TT, 2. Daß Jochanan nun gerade noch
diesen Namen angenommen hat — er ist in seiner
Doppelnamigkeit durchaus mit seinem Vater und
dessen Brüdern auf eine Stufe zu stellen iL Makk.
2, 2ff.) — , dafür kann nun allerdings sehr wohl
seine Teilnahme an dem Partherfeld zuge des 8.
Antiochos bestimmend gewesen sein; so ist wohl
Euseb. chron.n 130 Schoene zu erklären. Schür er
Gesch. d. jüd. Volk. 13 258, 2 ist also zu modi-
fizieren. 60
**) Joseph. belL lud. I 72; ant. lud. XLTI 301
nennt zwar an seiner Statt seinen Vorgänger
Aiistobulos L, aber Strab. XVI 762 dürfte mit
der Nennung von Alexandros im Recht sein, da
nicht nur die Münzen des Aristobulos I., sondern
sogar noch einige des Alexandros — und dies ist
meines Erachteng entscheidend — nur den Hohen-
priestertitel nennen.
P»nly-WlsBOw»-Xroll VII '
xiasuiuuwwr «490
die religiösen Interessen unwillkürlich wieder in
den Vordergrund traten, aufzuleben und nun
unter dem neuen Namen der Pharisäer zu einer
mächtigen Partei zu werden, welche gegen die
neuen, nicht legitimen Hohenpriester umso
schärfer ankämpfen mußte, je mehr diese sich von
dem Ideal der altjüdischen Theokratie, von dem
starren Judentum entfernten, je weltlicher sie
wurden , und durch dies alles sich von dem
innersten Wesen des Judentums, das sie eben erst
gerettet, abzuwenden schienen. Es ergab sich
ferner von selbst, daß die H, infolge dieser ihrer
Wandlung in enge Verbindung mit denen traten,
die sie anfangs bekämpft hatten, die gerade durch
sie ini Volksempfinden diskreditiert worden waren,
mit der priesterlichen Aristokratie, die damals
genau wie die hohen Geistlichen des ausgehenden
Mittelalters und der Renaissancezeit gerade die Ver-
treter einer weltlich gesinnten politischen Richtung
waren und dementsprechend auch jeden strengen
Orthodoxismus in Religion und Kultur verwarf,
die aber im 2. Jhdt. v. Chr. noch nicht als eine
besondere dogmatische Partei zu bewerten ist.
Die Verbindung mit dieser Gruppe der vor-
nehmen Priester und der ihnen verbundenen nicht
priesterlichen Vornehmen , den sog. Sadducäern,
ist nun ein weiterer Grund für die Entfremdung
zwischen den H. und Pharisäern; die Herrscher
gewannen zwar den Adel für sich, um aber da-
für das Volk allmählich zu verlieren. Schon unter
Jochanan Hyrkanos hat der Umschwung einge-
setzt; anscheinend ist sogar unter ihm gegen Ende
seiner Kegierung bereits der vollständige Bruch
mit den Pharisäern erfolgt. Dieser Gegensatz
hat sich alsdann unter Alexandros Jannai
zu einer direkten Gefahr für die Herrschaft der
H. ausgewachsen. Unter diesem ist es zur offenen
Rebellion der pharisäischen Partei gekommen
(Ende der neunziger Jahre). Sechs Jahre lang
hat der Bürgerkrieg getobt ; die Pharisäer haben
selbst vor dem Landesverrat nicht zuriickgescheut,
sich mit dem Seleukiden Demetrios III. verbun-
den. Allerdings sind sie schließlich unterlegen,
da ein großer Teil des Volkes noch nicht ganz
in ihrem Bann gewesen zu sein scheint, die Ehre
der Nation noch über die Religion stellte und
sich schließlich aus seiner bisherigen Teilnam-
losigkeit zur Unterstützung des Königs gegen die
Pharisäer aufraffte. Der Niederlage der Pharisäer
ist dann nach kurzer Zeit ein großer Triumph
gefolgt: die Nachfolgerin des Alexandros, seine Ge-
mahlin Alexandra (70—07 v.Chr.). hatnichtnur
mit ihnen Frieden geschlossen, sondern ihnen sogar
maßgebenden Einfluß auf die Regierung gestattet,
ihre Vertreter, die Häupter der Schriftgelehrten, in
den jüdischen Senat, in das Synedrion aufgenom-
men, das zwar schon unter Jochanan Hyrkanos
staatsrechtlich von Bedeutung gewesen sein muß.
da es in den Münzaufschriften neben dem Herr-
scher genannt wird, dessen großer tatsächlicher
Einfluß aber offenbar erst aus der Zeit der Ale-
xandra stammt. Die Pharisäer haben es dann ver-
standen, in ihm sich bald eine dominierende Stel-
lung zu verschaffen. Aber den inneren Frieden
hat auch diese Reaktionszeit, in der nach außen
das Reich noch ungebrochen dasteht, dem Staate
der H. nicht wiedergebracht : der jüngere tatkräftige
Sohn Alexandras, Aristobulos IL, hat sich den
79
zurückgesetzten Sadducäern zugewandt, und es ist
ihm nach dem Tode der Mutter gelangen, den
rechtmäßigen Erben, den unbegabten Schwächling
Hyrkanos IL, zu verdrängen und selbst König zu
werden (67 v. Chr.). So tritt jetzt zu der Uneinig
keit im jüdischen Volke noch der Zwist im Herr-
scherhau.se hinzu; denn Hyrkanos ließ sich von
dem schlauen Idumäer Antipatros zum neuen
Kampfe gegen Aristobulos aufreizen , und dieser
Bruderkrieg besiegelte das Schicksal des Kelches.
Er bietet infolge der Torheit der Streitenden,
die die Römer als Schiedsrichter angingen, diesen
Gelegenheit, sich einzumischen. Als schließlich
Aristohulos gegen den Schiedsrichter Pompeius
mißtrauisch wurde und sich gegen ihn auflehnte,
da war es schon zu spät; Rom war jetzt nicht
mehr gewillt, auf die Beute, die man ihm
geradezu entgegengebracht hatte, zu verzichten.
Und so ist 63 v. Chr. Jerusalem in die Hand
des Pompeius gefallen ; Aristobulos wurde als
Herrscher beseitigt, zugleich mit ihm aber auch
die Selbständigkeit des Reiches. Hyrkanos mußte
mit für die Auflehnung des Bruders büßen, wurde
tributpflichtiger Vasall Korns in einem stark ver-
kleinerten Reiche. Der Königstitel wurde den
H. genommen, nur der Hohepriestertitel blieb,
es* trat also wieder der weltliche Charakter des
Gemeinwesens in den Hintergrund, wie es die
Pharisäer von Pompeius erbeten hatten. Ihrem
religiösen Fanatismus erschien eben die Beseiti-
gung eines Reiches von weltlichem Gepräge als
unbedingte Notwendigkeit; sie haben sich daher
nicht gescheut, hierzu die Unterstützung des
Römers anzurufen und ihn um die Abschaffung
des Königtums zu bitten. So haben also in dem
Kampfe der 60er Jahre eigentlich die Pharisäer
gesiegt und nicht einer der beiden Brüder. Mit dem
kurzen Glänze der H. ist es hiermit definitiv aus;
Rom ist auch der Juden allgewaltiger Herr ge-
worden. Hyrkanos, der vollständig in der Hand des
Antipatros ist, ist gegenüber den jeweiligen römi-
schen Machthabern im Osten ganz wehrlos, fügt sich
ihnen und ihren Anordnungen ohne weiteres, und
die verschiedenen Versuche, welche in den fünfziger
und vierziger Jahren Aristobulos II. und seine
Söhne Alexandres und Antigonos im Ver-
trauen auf den Römerhaß der Juden und das von
neuem mächtig erwachte nationale Freiheitsgefühl
unternehmen, sich der Herrschaft in Palästina zu
bemächtigen, sind nur als Putsche zu bewerten,
und als solche von keiner großen Bedeutung.
Antigonos ist es dann freilich 40 v. Chr. mit
Hilfe der Parther gelungen, Hyrkanos und seinen
allmächtigen Günstling Herodes zu entthronen :
er ist der letzte H., der zur Herrschaft gelangt
ist. Seine Aspirationen — er nennt sich wieder
König und prägt als solcher Münzen — waren
aber größer als seine Macht; als Herodes, der an
Stelle des unmöglichen Hyrkanos von Rom zum
jüdischen Herrscher ausersehen war, von Antonius
wirksam unterstützt wurde, da brach seine Herr-
schaft schnell zusammen. Im J. 37 v. Chr. ist
er auf Antonius' Befehl hingerichtet worden.
Jetzt waren nur noch zwei männliche Mitglieder
des H.-Hauses am Leben. Bereits zwei Jahre
später ist dann das eine, Antigonos' Neffe Ari-
stobulos, dem Mißtrauen des Herodes erlegen,
ohne daß es ihm vergönnt gewesen wäre, eine
xiaaiuuuuecx
politische Rolle zn spielen,, und 30 v. Chr, ist
auch der letzte H., der greise Hyrkanos, der die
letzten 10 Jahre seines Lebens durchaus als Pri-
vatmann gelebt hat, von HeTodes beseitigt worden;
der Usurpator wollte dadurch verhindern, daß
seine Gegner sich etwa des Entthronten zur poli-
tischen Propaganda bedienen könnten. Das letzte
weibliche Mitglied der H. -Familie, eine Tochter des
Antigonos, begegnet uns im J. 5 v. Chr., als Frau
10 des Antipatros, des Sohnes des Herodes (Joseph,
ant. lud. XVII 92). In der weiblichen Linie, in
den Nachkommen des Herodes und der Mariamme,
haben sicli die H. freilich noch längere Zeit bis
zum Tode des wohl kinderlosen Agrippa II. ge-
halten.
Die H. , die so kräftig begonnen , sind sehr
ruhmlos aus der Geschichte verschwunden; sie
sind erlegen infolge des inneren Zwistes und der
Allmacht Roms, gegen die sie freilich auch auf
20 der Höhe ihrer Macht, in der Zeit von Jochanan
Hyrkanos bis Alexandra, nichts auszurichten im-
stande gewesen wären. Denn eine über die lokalen
Verhältnisse hinausreichende, wirklich bedeutsame
Stellung hat das H.-Reich im hellenistischen
Staatenkreise sich nicht zu erringen verstanden.
Die Erfolge , die es erzielt, verdankt es weniger
der eigenen Macht oder der besonderen Tüchtig-
keit seiner Herrscher, als der Schwäche der andern;
selbst das geschwächte Seleukidenreich hat stets,
30 wenn es sich zu kräftigerem Vorgehen gegen
die Juden aufraffte, über sie völlig triumphiert.
Die weltgeschichtliche Bedeutung der H. beruht
also nicht auf ihrer mehr oder weniger ephe-
meren Staatsbildung, dem Produkt der zweiten
Periode ihrer Tätigkeit, sondern durchaus in ihrem
Wirken für die AufrechteThaltung des Judentums,
d. h. in den Taten und Kämpfen der ersten
Generation. Vom Standpunkt der jüdischen Ge-
schichte aus betrachtet ist aber natürlich außer
40 diesem auch jene Staatsbildung hoch zu bewerten,
da durch sie und zwar zum letztenmal ein rein
nationales und ganz unabhängiges jüdisches Reich
geschaffen worden ist. Wenn trotzdem im Tal-
mud der nationale Freiheitskampf der H. und
ihre politischen Erfolge ganz in den Hintergrund
treten, wenn sie in ihm überhaupt nicht nur eine
geringe Rolle spielen, sondern zum Teil direkt
scharf feindlich behandelt werden, so hängt dies
mit ihrer Gegnerschaft gegen die Pharisäer zu-
oOsammen, deren Gesinnung ja im Talmud zum
Ausdruck kommt. Rein menschlich Erfreuliches
tritt uns außer bei Juda Makkabi in der has-
monäischen Familie nicht viel entgegen, dagegen
eine starke Rücksichtslosigkeit, Wildheit und Grau-
samkeit, die vor keinen Verbrechen und Schand-
taten, selbst nicht vor dem Muttermord, zurück-
schreckte. Ein Mann wie z. B. Alexandras Jannai
ist sogar das Muster eines orientalischen Despoten.
Quellen. Neben gelegentlichen Erwähnungen
60 bei den verschiedensten antiken, auch zeitge-
nössischen Schriftstellern besitzen wir zusammen-
hängende, freilieh nicht zeitgenössische Darstel-
lungen eines Teiles bezw. der gaiusen hasmonäi-
sehen Periode. Es sind dies: das L ISakkabaer-
buch für die Zeit etwa tob 170—135 v. Chr.,
das n. Makkabäerbuch Ar die Zeit von etwa
bald nach 180-161 t. Chc^ftr Quellenwert bt
neuerdings eirjgehendeö^pft^roflg«n unteraogen
YÖU1
HaSSiS
Hasta
3502
-worden. S. Willrich Iudaica 40ff.'lS6£ (vieles
sehr Hypothetische,«). Niese Kritik der beiden
Makkabäerbücher (s. auch Hermes XXXV 268ff.
453ff.), der gegenüber der weitverbreiteten An-
sicht von dem höheren Wert des I. dem n. den
Vorzug gibt (ebenso Laqueur Krit. Untersuch,
zum Lt. Makkabäerbuch), freilich ohne mit seinen
positiven Ausführungen zu überzeugen; dagegen
treffen seine negativen Bemerkungen gegen I. viel-
Lange Rom. Altert. 13 91f. H. ist die charak-
teristische Waffe der römischen Phalanx, sie wird
ursprünglich von. allen drei Gliedern derselben,
nicht bloß von den hastati geführt. Zur Zeit
des Polybios waren aber nur die triarii mit der
H., der schweren, zum Stoßen geeigneten Lanze,
ausgerüstet ; die prineipes und die hastati führten
das pilum, die leichtere, nur zum Wurf geeig-
nete Lanze (telum missile), durch deren Ab-
fach das Richtige. Dieses Urteil etwa auch bei 10 werfen regelmäßig die Schlacht eröffnet wurde.
Wellha us enNachr. Gott. Ges. PhiL-hist. El. 1905,
117ff. S. ferner Joseph, bell. lud. I 31—357; ant.
lud. XH 237— XV 10. Außer der klassischen Lite-
ratur ist die rabbinische hereinzuziehen ; eine gute
ZusammensteUung der Angaben der letzteren bei
DeTenbonrg Essais sur l'hist. et la geogr. de la
Palestine I 53ff. Über die literarischen Quellen
— r erhaltene und nicht erhaltene — s. die näheren
Ausführungen bei Schür er Gesch. d. jüd. Volk,
Polyb. VI 23, 9. Veget. I 20. II 15. Marquardt
St.-V. II 327f. 339f. Später ist der Unterschied
zwischen h. und pilum nicht mehr streng auf-
recht erhalten worden : vgl. z. B. Paul. Dig. IX
5. 2, 1. Unter hastete velitares sind die noch
leichteren Wurfspieße zu verstehen, von denen
die Leichtbewaffneten der Legion mehrere, fünf
oder sieben, trugen. Fest. 28 s. advelüatio. Liv.
XXVI 4. 4. XXXVLTI 20, 1. Lucil. bei Non.
I^ 31ff. III 4 192ff. Verhältnismäßig wenig kom- 20 p . 552, 31. Ln Zusammenhang mit dieser müi-
men als Quellen die Überreste irgendwie monu-
mentalen Charakters in Betracht, wir besitzen
von ihnen sehr wenig ; am wichtigsten von ihnen
sind die Münzen, s. Madden Coins of tbe Jews
74ff.
Literatur. H. Ewald Gesch. d. Volk. Israel
IV3 372ff. Grätz Gesch. d. Juden n, 2 2 268ff.
m& lff. Schürer a. a. O. 1** 179ff. II* lff.
Wellhausen Israel, u. jüd. Geschieht. 6 248ff.
tärischen Bedeutung steht die alte römische Sitte,
tapferen Soldaten eine 7i., gewöhnlich eine pura,
d. h. ohne Spitze, zu verleihen, andererseits die
Degradation durch Wegnahme der h. (eensio ha-
staria) zu vollziehen. Fest. 101, 54. Serv. Aen.
VI 760. Sali. lug. 85, 29. Snet. Cland. 28. Po-
lyb. VI 39, 3. Gell II 11. Tac. ann. IV 21.
Marquardt II 328, 4.
Ihrer kriegerischen Bestimmung entsprechend
■de Saulcy Hist. des Machabees ou princes de la 30 findet die h. auch im Sakralwesen Verwendung.
■dynastic asmoneenne. Herzogs Realencykl. f.
prot. Theol. u. Kirche VU 3 463ff s. v. Hasmonäer.
Niese Gesch. d. griech. u. makedon. Staaten III
2271F. 252ft 261. 281 ff. 294ff. Bevan Thehouse of
Seleukus II 162ff. 198ff 215ff. 224ff. 238ff. 249.
256f. 260ff, Für die Chronologie ist grundlegend
Niese Herrn. XXVIII 216ff. , für die Kenntnis
der jüdischen Parteien unter den H. : Well-
hausen Pharisäer und Sadducäer, s. dazu auch
Schür er a. a. O. 114 447ff. [Walter Otto.j
Hassig s. Aza.
Hasta. 1) H. (ursprünglich Schoß, Sproß,
Reis, verwandt mit dem mittelirischen gas und dem
lateinisch- keltischen ghas-t Rute, vgl. Walde^
s. hasta) bedeutet im gewöhnlichen Sinne eine
Stange oder einen Stab : so z.B. hasiae de viti-
hiis Thyrsusstäbe ; hastam reetam ferre bei Paul.
I>ig. VTII 'S, 7 pr. - einen Stab in die Luft ra-
gend tragen, was bei der Ausübung der servitus
Bei dem alten Brauche der Devotion muß der
sich den unterirdischen Göttern Weihende, ent-
weder der Feldherr selbst oder ein beliebiger
Mann des römischen Heeres, während des Aus-
sprechens einer bestimmten Formel mit verhülltem
Haupte auf einen Speer treten. Liv. VTII 9, 6.
Cic. nat. deor. II 3, 10. Aurel. Vict. 27. Die
Fctialen schleuderten, nachdem der Krieg von dem
Senat beschlossen worden war, zum Zwecke der
40 formellen Kriegserklärung eine h. mit eiserner
Spitze und mit verbranntem und blutigem Schaft
in das feindliche Gebiet; später wurde dieser
Lanzenwurf nur noch symbolischerweise von dem
zuständigen Fetialen in Rom am Tempel der Bel-
lona vorgenommen. Liv. I 32, 12. Gell. XVI 4,
1. Cass. Dio LXXI 33, 3. Serv. Aen. IX 52.
X 14. Ovid. fast. VI 205. Fest. p. 33. Die H.
ist auch das eigentliche Symbol des Mars; die
hasiae Martis werden in einer Kapelle (sacra-
viae zum Schutze der Bäume und deren Früchte 50 rium) der Regia, des alten Königshauses, spä-
nicht zulässig sein sollte. Folgende speziellere
Anwendungen von H, sind zu unterscheiden:
I. Im militärischen Sinne. Dann De-
deutet es die altrömische National waffe, welche
nach Festus p. 49. 62 in sabinischcr Sprache
.curis' (= quiris) genannt wurde. Macrob. Sat.
19, 16. Ovid. fast n 475. Serv. Aen. I 292.
Isid. orig. IX 2, 84. Eine Beziehung zu dem
Namen Quirites als Einheitsbezeichnung für die
teren Amtslokals des coUeqium pontificum, auf-
bewahrt. Serv. Aen. VTH 3. Gell. TV 6, 2.
IL Im rechtlichen Sinne erscheint h,
— dann gleichbedeutend mit fesiuea — als Sym-
bol des iustum dominium mit Beziehung auf
das kriegsmäßige Beuterecht: bes. Gai. IV 16.
Fest. p. 101. Hieraus erklärt sich auch die Auf-
stellung der h. bei den Sitzungen des Centum-
viralgerichts, welchem ein praetor ad hastam
vereinigten Ramnes und Tities ist offenbar vor- CO {hastarivs) vorstand und dessen Abteilungen selbst
handen; diese Herleitung aus dem Sabinischen
und die Namengebung durch die Tities würde
zu der allgemeinen Tatsache stimmen, daß die
Tities als leitender Stamm in das römische Ge-
meinwesen eingetreten sind. Vielleicht kann aber
auch angenommen werden, daß die Lanze als
Symbol des Gottes Quixinus, des Heros eponymns
der Quinten, hasta quiris genannt worden ist;
hastae hießen ; denn von altersher waren diesem
Gerichtshofe die zivilrechtlichen Vindikationen zur
Entscheidung überwiesen. Val. Max. VII 8. 1
—4. Suet. Aug. 36. MartiaL VTI 63, 7. Plin.
ep. V 9, 5. VI 33, 3. Paneg. in Pis. 41f. Quintil
inst. XH 5, 6. V 2, 1. CIL X 8260. VI 1365,
Pomp. Dig. I 2, 2, 29. Mommsen St-R. ü»
225, 2. Im Zusammenhang mit dieser symboli-
2503
Hasta
Hasta
Zötf*
sehen Bedeutung der H. steht weiter ihre Ver- S. 1591ff.). Darüber, wie dieselbe im einzelnen De-
wendung bei den öffentlichen Versteigerungen und schaffen war, sind wir in völliger Unkenntnis. Aueht
Verpachtungen (auetiones et focationes), Ursprung- fernerhin warenalle PhalangitenLanzenkämpfer. In
lieh offenbar bei dem öffentlichen Beuteverkauf der um die Zeit der Samnitenkriege aufkommenden,
durch den Quaestor, um die kriegerische Erwer- Manipularstellung (vgl. darüber Fröhlich Bei-
bung der Beute und auch die staatliche Autorität träge zur Gesch. d. Kriegführung u. Kriegskunst
des Aktes anzudeuten, Liv. II 14, 2. Y 16, 7. der Römer 21. Delbrück Hist. Zeitschr. LX
VI 4, 2; später wird das Zeichen auf sonstige 1888, 243. Liebenam a. a. 0. 1594). führten:
Verkäufe von Staats wegen (d. h. durch einen nur noch die im Hintergründe stehenden, gegen
Magistrat im Namen des Volkes, besonders bei 10 Ende der Schlacht geschlossen : vorstürmenden.
bona publicata) übertragen: hastam ponere in Triam die H. (Liv. VUI 8, 10. Polyb. VI 23, 16
foro {pro aede lovis) als signum venditionis nach und dazu Marquardt a. a. 0. 3S9. 359. Momm-
dem ius hastae. Liv. XXIII 38, 7. XXIV 18, sen a. a. 0. 438. Ed. Meyer a. a. 0. 144.
11. Cic. Phil. II 64. 103; de offic. II 27. 83; Delbrück Gesch. d. Kriegskunst 12 280), die-
ad Att. XII 3. Tac. bist. I 20, 10; ann. III 31, beiden vorderen Glieder, die Hastati und Princi-
23. XIII 28, 16. Suet Caes. 50; Octav. 24. Fest. pes, vertauschten die Stoßlanze mit dem Pilum.
p. 101. Orelli-Henzenzun. 2379. 6153. Auch 223 v. Chr., in dem Kampfe mit den Insubrern,
die späteren auetiones s. subhastationes und die mußten die Triarier ihre langen Lanzen an difr
Fiskalverkäufc werden allemal unter der I.anze vorderen Glieder abgeben, die damit die feind-
abgehalten: tit. Cod. Theod. X 17. Cod. Iust X 3. 20 liehen Schwerthiebe unwirksam machten, vgl.
Hasta codibaris wird mehrfach erwähnt bei Polyb. II 33, 4 f. Ein gleiches Verfahren wen-
der Beschreibung der feierlichen Hochzeitsbräuche: dete nach Plutarch (Camill. 40, 4. 41, 5) bereits
vor der Hochzeitsfeicr wurde nämlich das Haar Camillus 367 v. Chr. an. Doch hat Plutarch nach
der Braut nicht mit einem Kamine geordnet, son- Ed. Meyer a, a. O. 144, 1 Polybios Erzählung"
dem mit einem an der Spitze gekrümmten Lan- irrtümlich mit Camillus in Zusammenhang ge-
zeneisen, hasta coelibaris genannt. Fest. p. 62. bracht. Mit Unrecht verdächtigt Delbrück
Irnob. II 67. Flirt. Rom. 15; quaest. Rom. 87. (Gesch. d. Kriegskunst 1 312) auch Polybios' Bericht.
Ovid, fast. II 560. Über die Herkunft und Be- Von der eigentlichen K. der langen, schweren
deutung dieses symbolisierenden oder abergläu- Stoßlanze, ist die von den Veliten (s.u. Velites)
bischen Brauches waren die Kömer später selbst 30 getragene h. vditaris (Fest. p. 28. Liv. XXXVIII
im unklaren. Marquardt Privatl. der Bömcr 20, 1), griech. ypöorpog (Polyb. VI 22, 3), die
X 44 [Klingmüller.] kurze, leichte Wurflanze (Cic. Brut. 271 hasta
2) Die älteste und eine Zeitlang wichtigste amentata; de orat. I 242. Liv. XXIV 34, 5.
Angriffs wafte der Römer war die Lanze (vgl. XXX 33, 15. XXXI 31, 5. XXXVIII 21, 13;.
v. Arnim Tned. Vatic. Herrn. XXVII 1892, 121), daher Liv. XXVI 4, 4f. auch iaeulum genannt),
ursprünglich mit dem sabimsch.cn Worte curia nach Plinius n. h. VIT 201 ursprünglich eine-
bezeichnet (Fest. p. 49. Ovid. fast. II 177. Serv. etruskiache Waffe (O.Müller Die Etrusker 12
Aen. I 292. Macrob. Sat I 9, 16. Isid. orig. IX 368), wohl zu unterscheiden. Ihr Schaft war
2, 84. Schrader Reallexikon d indogerm. Alter- nach Polybios a. a. 0. nur zwei Ellen lang, einen
tumsk. 786. Walde Latein, etymolog. Worter- 40 Finger dick und mit einer kurzen, dünnen, leicht
gottes, die wenr uer Kriegs uereiiieii jvumei , uei tico luju. jiui.gi;« t ^ii a ■""" x. v f . .*.... „ r .-™.~
lanzentragenden Quirites (Mo mm sen R, G. I 7 Zeit war daran, wie es scheint, noch eine Wurt-
69 Anm. Marquardt St.-V. 112 328), dazu das schlinge angebracht, vgl. Cic. Brut. 271. Die
uralte Abzeichen der römischen Könige (Iustm. Zahl der von den Veliten getragenen Wurf lanzen
ep XLIII 3, 3 Heibig Abb. Ges. Göttingen betrug nach Liv. XXVI 4,4. Frontin. strat. IV
phil -hist Kl. 190S N. F. X nr. 3, 30f.) Die 7, 29. Val. Max. II 3, 3 sieben, nach Lucilius VH
H. der römischen Urzeit beschreibt Properz (V 33 bei Non. Marceil. p. 533. 3 fünf; vgl. Mar-
1, 28) als einen Holzspeer mit am Feuer gebär- 50 quardt a a. 0. 343, 5. Ebenso dünn und zer-
teter Spitze (Hei big a. a. 0. 271). Die in der brechlich wie die H. velitaris muß nach Polyb.
Nekropole von Alba Longa, der ältesten Latincr- VI 25. 5 f. die altrömisihe Reiterlanze gewesen
stadt gemachten Funde sind dadurch bemerkens- sein. Später dagegen bekamen die Reiter zufolge
wert, daß daselbst bereits metallene Lanzenspitzen, Polyb. VI 25. 8f, feste, oben und unten mit eisernen
aber noch keine Schwerter zum Vorschein ge- Spitzenversehene Stangenlanzen; vgl. Mar quardt
kommen sind (Heibig Die Italiker in der Po- a. a. 0. 347f. Kubier o Bd. VI S. 2/9.
ebene 78). Nach der Servianischen Heeresord- Gegen Ende des 2. Jhdts. v. Chr. machte
nung der Überlieferung waren nicht nur die An- Marius das Pilum zur gemeinsamen Waffe aller
o-ebörigen der drei ersten in der geschlossenen Legionare (Marquardt a. a. 0. 437. Mommsen
Phalanx stehenden Klassen, sondern auch die als 60 a. a. 0. II" 194. Delbrück a. a. 0. 436f. Liebe-
Leichte kämpfenden Glieder der vierten Klasse nam a. a. Ü. 1600), so daß nunmehr nur noch
mit der langen (Serv. Aen. I 292 1. schweren die Hilfstruppen mit der Lanze bewaffnet waren.
Stoßlanze, griechisch öögv. ausgerüstet (Liv. I Auch in der Kaiaerzeit diente die H. Tor
43, lff. VUI 8, 5. Dion. Hai. IV 16, 2. 17, 1 allem den Uves colwrtes, den I^drfbewaflMiten,
und dazu Marquardt a. a. 0. 326f. Momm- als Angriffswaffe; vgL Tac ann. XII 45. Mar-
sen a. a. 0. 92. Ed. Meyer im Apophoreton der quardt a. a. 0. 470, 1 und eine Anzahl rtwmi-
Graeca Halensis (1903) 143ff. Delbrück Gewh. scher Grabreliefo, anf wel^ OAörtalfln zwei
d. Kriegskunst I« 265. 268f. Liebenam o. Bd. VI leichte WuTflansen in der Rechten haltend d*r^
zsmio
nasua
■gestellt sind, z. B. CIL XIII 7684 — Bonn. Domaszewski (Westd. Zeitschr. XIV 1895, 93)
Jahrb LXXVH 1884, 14-37 Taf I 1 = Bau- die als Hastiliarii bezeichneten Equitea singu-
meister Denkmäler LH 2054 Abb, 2267: aus lares — vgl. CIL VI 224 und dazu Westd. Zeitschr.
4er ersten Hälfte des 1. Jhdts. CIL XIH 7507 a a. 0. 48. CIL VI 3192. 3226. 3284. 32807.
= Lindenschmit Die Altertümer unserer heid- 32848 — gewesen zu sein.
Tusch. Vorzeit I 10, 5, 1 = ders. Tracht und Be- CIL VLTI 2562 werden nach v. Domas-
waffhung des röm. Heeres während der Kaiser- zewski (a. a. 0. 88, 356) auch fünf hastiliarii
Tzeit Taf. VI 1 = Baumeister III 2056 Abb. der equites legionis III Augustae erwähnt. Ein
2269- aus dem Anfang des 2 Jhdts. CIL XIII Legionsreiter mit der Lanze ist beispielsweise
7582 = Lindenschmit Tracht Taf. VI 2. Bild 10 CIL XIII 8059 (aus der ersten Hälfte des
CXTHder Traianssäule (C ich orius Taf. LXXXHI 1. Jhdts.) = Bonn. Jahrb. LV/LVI 1875 Taf.
300, Text III 21 7f. 223) zeigt zwei Auxiliare auf V 1 = Daremberg II 785 Abb. 2737 = Li n-
Vorposten, sich auf ihre Lanzen stützend, die sie denschmit Tracht Taf. VII 1 (Wiedergabe un-
mit^der Fechten am oberen Schaftende ergriffen genau) abgebildet, ein Reiter der achten präto-
haben. Mit der Lanzo ausgerüstet waren ferner Tischen Kohorte mit der nämlichen Waffe CIL
4ie römischen Flottensoldaten , vgl. die Abbil VI 2672 = Daremberg II 787 Abb. 2748
-düngen von CIL III 556a. Archäol. Zeit. XXVI = Amelung I Taf. 28 nr. 137a. Aber die H.
1868 Taf. V, und CIL III n*l09. 7290. 7323. war nicht nur eine Soldatenwaffe, sondern wurde,
Leipziger Stud. f. Philologie XV 1394 Taf. IV. wie zahlreiche bildliche Darstellungen erkennen
VI. VII. 20 lassen, auch vom Feldherrn, bezw. vom Kaiser,
Die schwergerüsteten Fußtmppen, insboson- wenn er sich im Felde befand, als Zeichen der
<Lere die Legionare, führten Tac. ann. XII 35 Herrschaft — vgl. Festus p. 62 h. summa ar-
zufolge in der Kegel das Pilum (s. den Art. Pi- morum et imperii est und dazu lustin. ep. XLIII
lum), Wohl als Ausnahme hat es zu gelten, daß 3, 3 — getragen. Auf eine Lanze stützt sich der
auf einem in Eheinhessen gefundenen Grabsteine siegreiche Feldherr, der auf einer in Kastell Nieder-
<CIL Xni 7255 = Lindenschmit Altertümer biber gefundenen Silberplatte dargestellt ist; vgl.
I 9, 4, 1 - Tracht Taf. V 1 = Baumeister III Lindenschmit Altertümer I 7, 5, 1. Auf Bild
2053 Abb. 2266 [nach Hübner Exempla scrip- LXXXVI der Markus säule (PetersenTaf.XCVIB,
turae nr. 206 aus der Zeit des Tiberiusj) der in Text 82) tragen die Begleiter des Kaisers in der
leichter Uniform dargestellte Legionär Publius 30 Linken je eine zu Boden gerichtete H. Auf
Flavoleius statt des Pilum eine h. amentata trägt, Bild XXV der Traianssäule (Cichorius Taf.
Aerm etwa in der Mitte des Schaftes angebrachte XX 63, Text II 122, 126) betrachtet der Kaiser,
Riemenschleife {amentum) sein rechter Zeigefinger in der Linken die nach unten gesenkte Lanze
berührt Mit Hilfe des amentum (Cic. de orat. haltend, die feindlichen Befestigungen. Die H.
I 242. Fest. p. 12. Serv. Aen. IX 662. Sil. Ital. in der Linken hält Marc Aurel auf Bild IV,
IV 14f. IX 509. Isid. orig XVIII 7. 6) war es XCVI und C der Marcussäule (Petersen Taf.
möglich, eine Lanze achtzig Meter weit zu schleu- XI B. CIVB. CIX A, Text 53. 86. 87) eine An-
dern, d. i. viermal soweit als ohne dasselbe; vgl. spräche an die Truppen.
dazu VercheTe de Beffye Kev. arch. nouv. Der Schaft der römischen Lanze, das Jmstüe t
scr. X (1864) 345. Waß'mannsdorf XXIV. 40 wurde mit Vorliebe aus festem Eschenholz ge-
Philol. Vcrsamml. Heidelberg (1865) 208. Bau- schnitten; vgl. Ovid. met. X 93. XU 323f. Plin.
meist er Denkmäler III 2077. Unklar ist die n. h. XVI 228. Angaben über seine Länge
Bestimmung der drei auf den Bandleisten des fehlen. Nach Festus p. 54 bestand eine mili-
<lem Legionär Annius Salutus errichteten Grab- tärische Strafe darin, Soldaten, die sich ver-
steins (CIL XIII 6953 — Lindenschmit Alter- gangen hatten, eine dem Verschulden angemessene
tümer I 9, 4, 2) abgebildeten Lanzen. Von den Anzahl Lanzenschäfte hauen und zurichten zu
reitenden Truppen der Kaiserzeit waren die lassen (Mommsen St. -K. II 3 396, 2). Ein Lan-
Auxiliarreiter mit dem Contus (s. o. Bd. IV zenschub, dazu bestimmt, beim Niedersetzen der
S. 1170) bewehrt, die Equites singulares, die H. ein Absplittern des unteren Schaftendes zu
Legionsreiter und die Heiter der prätorischen 50 verhüten, wurde in Kastell Osterburken gefunden;
Kohorten dagegen mit der H. Besonders häufig vgl. v Sarwey und Hettner Der obgerm.-raet.
mit der Lanze abgebildet sind die Singularreiter, Limes des Bömerreichs 2. Lief. (1895) Taf. VII
vgl. die Grabsteine CIL VI 3177 = Amelung 35. Die von einem bald stärkeren (hohlen) bald
Die Scuipturen des Vatic. Mus. II Taf. 26 nr. 102/?. schwächeren Mittelgrate durchzogene Lanzenspitze
CIL VI 3202 = Daremberg Dict II 790 Abb. war in der Regel nicht unmittelbar am oberen
2746 = Amelung I Taf. 28 nr. 137. CIL VI Schaftende angebracht, sondern, damit sie fester
3228 = Amelung ebd. nr. 137c. CIL VI 3280 aufsaß, mittels einer starken Metalltülle daran
und dazu Müller Philol. XL 1881,259. Matz befestigt. Über Form, Größe und stoflliche Be-
Antike Bildwerke in Born HI 177 nr. 3883. schaffenheit der römischen Lanzenspitzen liegen
Amelung I Taf. 96 nr. 64. Nur der Eques 60 zurzeit abschließende Einzeluntersuchungen, welche
singularis Gemellinus (CIL VI 3261) soll nach alle Ergebnisse der überaus zahlreichen Funde
Müller (a. a. 0. Anm. 11) ein Pilum in der sorgfältig verzeichnen und verwerten, noch nicht
Hand haben. Auf Bild V der Traianssäule (Ci- vor. Auf Grund einer Vergleichung von gefun-
<horius Taf. VIII 16—18, Text II 37. 39) denen Laozeaspitzen mit den bildlich darge-
f>ehen wir eine Anzahl im Vorrücken begriffener stellten weist Lindenschmit (Tracht 14) vor
Singnlarreiter ihre Pferde führen und die Lanze allem zwei Grundformen derselben nach: entweder
Über der Schulter tragen. Ein Elitekorps der sind die Seiten der Klinge gradlinig gebrochen,
Trappe, die ,StabekavaÜerie 4 , scheinen nach v. oder sie verlaufen nach der Tttlle zu in ovaler
2507;
Haste
Hasta puta
z&o$
Rundung. Die erstere Form zeigt z. B. eine im
Nydamer Moor gefundene 31 cm lange Eisen-
spitze (Lindenschmit Tracht Taf. XI 19), des-
gleichen zwei in Mainz gefundene von 24 hezw.
13 cm Länge (Lindenschmit Altertümer IV
46, 14, 1.4); das gleiche Aussehen haben z. B,
die Lanzen der Cohortalen Daverzus (CIL XIII
7507) und Licaius (CIL XIII 7582) (s. o.), des
Flottensoldaten Kufmus (CIL* III 556a) (s. o.),
des Legionsreiters Marius (s. o.) , des Reiters
Saturninus der achten prätorischen Kohorte (s. o.),
sowie der Singularreiter auf Bild Y der Traians-
säule (s. o.). Von ovaler Form (blattförmig) da-
gegen ist z. B. eine 15 cm lange Eisenspitze ans
Mainz (Lindenschmit Altertümer IV 46, 14.
2), eine 19 cm lange aus Alise St. Keine (Lin-
denschmit Tracht Taf. XI 17, vgl. dazu Ver-
chere de Reffye Kev. arch. 1864 nouv. s£r.
X 343f.), desgleichen eine von 36 cm Länge ans
Rheinhessen (Lindenschmit Tracht Taf. XI 18);
von der nämlichen Form sind z. B. die Lanzen-
spitzen des Cohortalen Firmus (CIL XIII 7684,
s. o.), sowie die des Legionars Flavoleius (s. o.).
Bei militärischen Waffen Übungen wurde an der
Lanzenspitzc, um die Wirkung des Wurfes oder
Stoßes abzuschwächen, eine Kugel (püa) aus Kork
oder Leder angebracht: eine solche Lanze hieß
h. praepüata, vgl. Liv. XXVI 51, 4. Hirtius
bell. Afr. 72, 6. Quintü. inst. or. V 12, 17. Lite-
ratur: Lindenschmit Die Altertümer unse-
rer heidn. Vorzeit 1858ff.; ders. Tracht und Be-
waffnung des röm. Heeres während der Kaiserzeit
(1882) 31 14. 21ff. Jahns Handbuch e. Gesch.
des Kriegswesens (1880) 199. Marquardt St.-V.
112 (1884) 326ff. 333. : J .39. 343. 359. 437. 470,
1. A. Müller in Baumeister Denkmäler des
klass. Altertums III (1888) 2047ff. 2053ff. 2076ff.
Beurlier in Daremberg-Saglio Dict. III
(1900) 38-40. Liebenam ' o. Bd. VI S. 1591ff.
1594. Delbrück Gesch. d. Kriegskunst 12 (1908)
265. 268f. 280. 312. [Fiebiger.]
3) Hasta, heute Asti am linken Tanaroufer
in Ligurien (IX. Region), Plin. III 49. Cassiod.
var. XI 15, wird erst in der Kaiserzeit erwähnt,
war aber gewiß einer der ersten römischen Stütz-
punkte im Keltenland ; darauf dürfte Name und
Zuweisung zur Tribus Poltia (CIL V 7559. 7566f.
7577, Pais971. CIL VI 2902. XIII 2, 6875. 6890.
8057. !N T ot. 3. seav. 1889, 287) weisen; vgl. Bor-
mann Arch.-ep. Mitt. X 226f. Als Kolonie ist H.
nur von Ptolem. III 1, 41 bezeichnet. Plinius
XXXV 160 rühmt die keramische Industrie der
Stadt (vgl. Walters History of ancient pottery
II 417). Im J. 402 hielt sie erfolgreich Alarich
stand, Claudian. de consulat. Honor, 203, auf der
römischen Synode von 465 erscheint ein Bischof
von H. (Mon. Genn. Auct. ant. XII p. 505 In-
dex). Die Stadt erhielt anläßlich eines Not-
standes in Ligurien 534 eine Unterstützung
seitens der gotischen Regierung. Sonst ist H.
noch genannt CIL V 7555. 7563, Tab. Peut. und
auf einer Karte der römischen Feldmesser (dazu
Schulten Herrn. 1898, 551). Vgl. CIL V p. 857.
Grassi Storia della cittä d'Asti 1890 (nicht ge-
sehen). Nissen Ital. Landesk. II 156.
4) Station der Via Anrelia in Etrurien, nach
Tab. Peut. nenn Miilien südlich vom untersten
Ombrone; vgl Geogr. Rav. IV 32. V 2.
5) Station der ligarischen Küstenstraße, nach
der Tab. Peut. 33 Miilien westlich von Genua;.
vgl. Geogr. Rav. V 2. [Weiss.]
6) Hasta {so Mela III 1. 4. Plin. n. h. LTt
11. Itin. Ant. 409, 4. CIL XI p. 499 ; Asta : Strab.
III 1 40. Geogr. Rav. 4, 43) mit dem Beinamen Regia.
(Plin. : IL quae Regia dicitur), nach Plinius mit
den Städten Nabrissa (heute Lebrija) und Colo-
bana ,inte,r aestuaria Baetis', nach den Itinera-
lOrien auf der Straße von Gades nach Sevilla ge^
legen, wird mit dem Hügel ,Mesa de Asta' (25 km
nördlich von Puerto S. Maria, 15 km südlich vom
Lebrija) identifiziert, wozu die Itinerarien einiger-
maßen passen. H. wird bereits im J. 186 (Liv.
39. 21) und 168 u. Chr. erwähnt (C. H 5041).
. [Schulten.]
7) s. Ninnius.
Hasta pura. Das älteste und ursprünglich
einzige donum rnilitare (s. o. Bd. V S. 1529)
20 der Römer, die k. donatica, wurde zunächst ohne-
Unterschied des Ranges und Standes für außer-
gewöhnliche Tapferkeit verliehen, vgl. Polyb. VI
39, 3. Sallust. bell. lug. 85, 26. Festus p. 62.
101. 201 M. Dion. Hai. X 37,3. Val. Max. LH
2, 24. Gellius II 11, 2. Cass. Dio ed. Boissevain
I p. 73. Die Auszeichnung war gewiß uralt.
Sicher bestand sie bereits vor Mitte des 5. Jhdts.
v. Chr. (Heibig Abh. Ges. Göttingen phiL-hist..
KL N. F. X 1908 nr. III llf.), da im Zwölf-
30 tafelgesetz der Kranz als weiteres praemium vir-
tutis erscheint (Mommsen St.-R. I 3 426, 2).
Dargestellt ist die altrömische Ehrenlanze auf
einer bei Chieti gefundenen Schale aus Terra
sigillata, sowie auf römischen Kupfermünzen des
Sextantarfußes aus der Zeit des ersten Punischen
Krieges (Heibig a. a. O. 8f. u. Taf. 1). Danach
hatte sie die Form eines Stabes mit runden
Knäufen an beiden Enden. Dazu stimmt Varros
Beschreibung bei Serv. Aen. VI 760, der sie als.
40 eine h. p. id est sine ferro, als eine Lanze aus-
einem und demselben Stoff ohne Metallspitze be-
zeichnet. Auch berichtet Cass. Dio ed. Boisse-
vain I p. 73 die Verleihung von fidoaza äoidrjQft
im J. 396 v. Chr. (Heibig a. a. O. 3. 13f.).
Die alfcrömische H. p. war nach Hei big (a. a. O.
3011*. 38) in der Form wie im Stoff wohl dem
ursprünglichen Abzeichen der italischen Könige,
der hasta (lustin. ep. XLIII 3, 3. Verg. Aen. VI
760. Fest. p. 62 M.). nachgebildet, die wir uns
50 nicht als Waffe, sondern als Holzstab, ähnlich
dem in dem oberitalischen Pfahldorfe von Ca-
stione gefundenen (Montelius La civilisation
primitive en Italie 1895 Ser. B. pl. Xni 2), zu
denken haben. Um die Mitte des 2. Jhdts.
v. Chr. wurde nach Polybios (VI 39. 3) als H. p.
eine eiserne Lanze (yaioos) verliehen (Heibig
a. a. O. 5f. 39). Aus dem keltischen yaiaoq (s. u.
Gaesum o. Bd. VII S.463) folgert Steiner (Bonn.
Jahrb. CXIV/CXV 1906, 6f.) mit Unrecht, die
60 Ehrengabe habe damals in einer erbeuteten gal-
lischen Wurflanze bestanden; denn Polybios ge-
braucht anderwärts (z. B. XVLLT 18, 4) yäioos
ausdrücklich von der römischen Lanze. Aber
noch auf Münzen, auf welchen die dem Praetor
Q. Arrius im Sklavenirieg verliehenen dona mi-
lüaria abgebildet sind^ (Babelon Descriptäon
des monn. de la iep. rom- I 220. Heibig a.
a- O. 10 iL Taf. 1), hat die H. p. das Aussehen
mm
aastati
Hastati
3BÖXU
einer Schaf tes mit einer Spitze an beiden Enden.
Seit dem Ausgange der Republik zeigen die
Darstellungen der H. p. (griech. 36qv xa&agov
vgl. R«v. arch. 1897 LT nr. 115. 123. CIL LH
6984 = 13648) ausgesprochene Lanzenform, vgl.
CLL LH 6984 = 13648 = Steiner a. a. O. 35
Fig. 23. Rom. Mitt. V 1890, 295 = Steiner
Taf. 1 Fig. 4. Röm. Mitt. XXI 1906, 185 Fig. 7
= Steiner 458 Fig. 3. CIL XI 624 = Stei-
ner 9 Fig. 4. In der Kaiserzeit wurde die H. p.
nicht mehr wie einst ohne Ansehen der Person
verliehen. Vielmehr war es eine seltene Aus-
nahme, daß nach Tac. ann. III 21 ein Gemeiner
diese hohe Auszeichnung erhielt, auf die selbst
Centurionen nur, wenn sie zur Garde gehörten,
Anspruch hatten (Steiner a. a, O. 81t). Im
allgemeinen gebührte eine H. p. den Militärtri-
bunen und Prafekten ans dem Ritterstande, zwei
den Tribuni militum laticlavii senatorischer Ab-
kunft, drei den Legati praetorii, vier den Le-
gati consulares (Steiner a. a. 0. 82—88. v. Do-
maszewskiBonn. Jahrb. CXVII 1908,137—139).
Mitunter waren die verliehenen Ehrenlanzen sogar
aus Edelmetall; vgl. Rev. arch. 1900 LT nr. 95.
Literatur: Baumeister Denkmäler LTI 2062.
Daremberg-Saglio Dict. LH 41. Marquardt
St.-V. 112 328,4. 574. Steiner Bonn. Jahrb.
CXIV/CXV 1906, 6-10. 81-88. Heibig Abh.
Ges. Gott. phil. hist. KL N. F. X 1908 nr. 3.
| Fiebiger.]
Hastati bedeutet Lanzenkämpfer, vgl. Ermius.
bei Macrob. Sat VI 1, 52. Varro de 1. 1. V 89.
Doch hießen keineswegs alle in der altrömischen
Phalanx streitenden Phalangiten, die ohne Aus-
nahme mit der schweren Stoßlanze (s. o. S. 25ü3)
bewaffnet waren, wie man erwarten sollte, H., son-
dern nur die hinter den Principes, den vermögend-
sten und am besten gerüsteten, stehenden Bürger
des zweiten Gliedes (vgl. Veget. I 20. II 2. 15. III
14, dessen Angaben nach Marquardt St.-V. II 2
327 , 7 möglicherweise auf Cato zurückgehen); aus
welchem Grunde, war schon Varro (a. a. O.) ein
Rätsel (Marquardt a. a. 0. II 2 358). In der um
die Zeit der Samnitenkriege aufkommenden Mani-
pularstellung (vgl. dazu Fröhlich Beitrage zur
Gesch. d. Kriegführung u. Kriegskunst d. Römer,
Berlin 1886, 21f. D elb r ü c k Hist. Ztschr. LX 1888,
243. Liebenam o. Bd. VI S. 1594), in welcher die
Schwerbewaffneten nach Alterstufen angeordnet
waren (M advig Die Verfass. u. Verw. des röm.
Staates II 485. Marquardt a. a. 0. 112 335.
Delbrück Histor. Ztschr. LX 1888, 245; Ge-
schichte der Kriegskunst I 2 274. 280), vertausch-
ten Principes und H. die Plätze: zuvorderst,
dem Feinde am nächsten, standen nunmehr regel-
mäßig die Manipel der von Livius (VIII 8, 6)
als flos iuvenum pubescentium ad milüiam
(vgl. auch Polyb. VI 21, 7. 23, 1) bezeichneten
H." (Tgl. Liv. Vin 8, 5. 8. XXX 8, 5. 32, 11.
34, 10. XXXVII 39, 8. Polyb. XIV 8, 5. XV
9, 7), während die Manipel der dem Mannes-
alter angehörenden Principes ihnen folgten. Als
Vordermänner der Triarii oder Pilani hießen H.
und Principes übrigens auch Antepilani, vgl.
Liv. VIII 8, 7. Madvig a. a. 0. LT 488. Aber
auch die Bewaffnung der als Panbopliten mit
Galea, Lorica, Ocreae, Scutum, Gladios und Hasta
gerüsteten H. erfahr in der zweiten Hälfte des
4. Jhdts. v. Chr. eine bedeutsame Änderung, in-
sofern als ihnen ebenso wie den Principes jetzt
statt der Hasta, die ihnen einst den Namen H.
gegeben hatte, das Pilum als Angriffswaffe diente,
vgl. Polyb. VI 23, lif. und dazu Madvig a. a.
0. II 488. Marquardt a. a. 0. TP- 336-339.
358—360. Delbrück Kriegskunst P 279f. Die
allein von Livius (VIII 8, 5 , vgl. darüber Mar-
quardt a. a. 0. 112 360—363} berichtete Eim
lOteilung der H. in 15 Manipel war nach Del-
brück (Hist Ztschr. LI 1883, 249f. LX 1888,
243. 250; Kriegskunst P 296f.) nur vorüber-
gehend. Vielmehr bildeten die 1200 H. (Polyb.
VI 21, 9) einer römischen Normallegion 10 Ma-
nipel zu 120, bezw. 20 Centurien zu 60 Mann,
vgl. Madvig a. a. 0. II 486. Marquardt a.
a. 0. 112 346. Delbrück Kriegskunst I« 274.
In der Schlacht standen die einzelnen H. -Manipel,
je 20 Mann breit und je 6 Mann tief, in mäßigen
20 Abständen (Liv. VIII 8, 5: distantes inier se
modieum spatium) nebeneinander, unmittelbar
hinter ihnen, auf die zwischen den H.-Manipeln
gelassenen Zwischenräume ausgerichtet, die Ma-
nipel der Principes, um etwaige in der dem feind-
lichen Angriff am stärksten ausgesetzten H,-Front
entstandene Lücken durch sofortiges Einrücken
schließen zu können, wie Liv. X 14, 17 es schil-
dert; vgl. im übrigen Delbrück Hist. Ztschr.
LI 1883, 244; Herrn. XXI 66; Kriegskunst 12
30 275. 277. 281. Wenn der nämliche Livius (VIII
8, 9) berichtet, die ins Wanken gebrachten Ma-
nipel der H. hätten sich durch die zwischen den
einzelnen Manipeln der Principes befindlichen
Zwischenräume zurückgezogen und diesen die Ab-
wehr des Feindes überlassen (Marquardt a. a.
0. 112 35i) t so hat Delbrück (Kriegskunst 12
298 f.) ein derartiges Schlachtenmanöver mit Recht
als taktisch unmöglich bezeichnet, vgl. Liebe-
nam 0. Bd. VI S. 1595. Im zweiten Panischen
40 Kriege und später standen die Manipel der Prin-
cipes mit Abstand — Polyb. XV 9, 7: ev axo~
axäoEi — hinter denen der H. Seitdem — nicht
früher bereits, wie Marquardt (a. a. 0. LT 2
350f.) es darstellt — bildeten beide Abteilungen
selbständige, mit größerer Bewegungsfreiheit aus-
gestattete taktische Körper oder Treffen ; vgl.
Delbrücks ausführliche Darlegungen Herrn. XXI
68f. : Hist. Ztschr. LI 257ff. LX 243f. ; Kriegs-
kunst I 2 386ff. 390. Bezeichnet wurden die zehn
50 H.-Manipel einer Legion der Nummer nach ent-
weder als primns -- deeimus ordo hastaius (z.
B. Liv. XLII 34, 5) oder häufiger kurzweg als
primus — deeimus hastatus (z. B. Cic. de div.
I 77. Liv. XXVI 5, 15. XXVII 14, 8) ; vgl. dazu
Madvig a. a. 0. n 487f. 500. Über Bezeich-
nung, Rang und Aufrücken der zwanzig, H. ge-
nannten Centurionen, welche die in zwanzig Cen-
turien gegliederten zehn H.-Manipel befehligten,
vgl. v. Domaszewski 0. Bd. III S. 1962; Bonn,
60 Jahrb. CXVII 90ff. Von der Gesamtlegion wur-
den gegebenenfalls bald einzelne, bald aber auch
sämtliche Manipel der H. und Principes deta-
chiert, vgl. Liv. Vn 34, 5. X 14, 14. XLI 1, 6
und dazu Marquardt a. a. O. LT 2 398. Auf
dem Marsche formierten H., Principes und Tri-
arii, sobald ein feindlicher Angriff drohte, drei
nebeneinander vorrückende Kolonnen, vgl. Polyb.
VI 40, 10 und Liebenam 0. Bd. VI S. 1659.
aoix nasoien
Im Lager lagerten Polyb. VI 28, 31 29, 8f. zu-
folge von den zwanzig H.-Hanipeln eines aus
zwei Legionen bestehenden consularischen Heeres
je fünf, an je fünf Manipel der Principes sich
anlehnend, zu beiden Seiten der Via Quintana,
jeder für sich ein hundert Fuß langes und ebenso
breites Viereck einnehmend, vgl. Nissen Das
Templum (Bonn 1869) 26ff. und Tai I. Mar-
quardt a. 0. II 2 404. 4081 v. Domaszewski
o. Bd. III S. 17021 In den Wachdienst teilten
sich die H. im wesentlichen mit den Principes.
Von den vierzig Manipeln, die beide zusammen
ausmachten, hatten vier die Ordnung auf der Via
principalis (Polyb. VI 33, 3), während von den
übrigen sechsunddreißig' allemal je drei zur Dienst-
leistung bei jedem der zwölf Tribunen befehligt
wurden, für die sie außerdem je vier Mann Po-
sten stellten (ebd. VI 33, 5 ff.). Die Bewachung
des Praetoriums, die ein täglich wechselnder Ma-
nipel versah, lag auch den Triaricrn mit ob (ebd.
VI 33, 12. 35, 2), vgl. dazu Lieben am o. Bd.
VI S. 1656. Als seit dem Aufkommen der wohl
mit Recht dem Marius zugeschriebenen Cohorten-
taktik die bis dahin hinsichtlich des Alters und
der Bewaffnung der H.. Principes und Triam
vorhandenen Unterschiede völlig schwanden (vgl.
Madvig a. a. 0. II 490. Marquardt II 2 4341
Delbrück Hist. Ztschr. LX 243; Kriegskunst
12 436. Liebenam o. Bd. VI S. 1600), hatten
auch jene einst so wichtigen drei Abteilungen
selbst nur noch eine ziemlich untergeordnete Be-
deutung. Kein äußerlich bestanden dieselben in-
sofern freilich fort, als die Cohorte, die neue tak-
tische Einheit, je einen um achtzig Mann ver-
stärkten Manipel der H. , Principes und Triam
in sich vereinigte, vgl. Fröhlich Das Kriegs-
wesen Caesars (Zürich 1889) 13. Delbrück
Kriegskunst I 2 4361 So begegnen wir ihren
Namen auch ferner einmal in den Titulaturen der
die sechzig Centurien der zehn Cohorten befeh-
ligenden Centurionen, über deren Bang und Auf-
rücken v. Domaszewski o. Bd. III S. 1963 ge-
handelt hat, und ferner auf zwei Münzen aus den
J. 83 und 49 v. Chr. (Cohen Med. cons. 321
nr. 11. 227 nr. 1), auf denen Manipelfeldzeichen
dargestellt sind, deren Vexilla deutlich die Buch-
staben H. — Hastati und P. = Principes erkennen
lassen; vgl. dazu v. Domaszewski Die Fahnen
im röm. Heere (Wien 1885) 45 und Fröhlich
a. 0. I 13. Nicht unerwähnt bleibe schließlich,
daß auch die cohortes benannten Kontingente
der italischen Bundesgenossen in H., Principes
und Triarii zerfielen, vgl. Liv. XXXVII 39, 7
und dazu Marquardt a. a. 0. 112 397, 9. 399.
Fröhlich a. a. 0. I 14. Delbrück Kriegs-
kunst 12 437.
Literatur: MadvigDie Verfass. u. Verw. des
röm. Staates (Leipzig 1882) II 485-491. 500.
Marquardt St.-V. (Leipzig 1884) 112 327. 3351
3381 346. 3501 3581 361ff. 397ff. 4081 4341
Delbrück Gesch. der Kriegskunst (Berlin 1908)
12 274—281. 296—299. 386-390. 4361 Liebe-
nam o. Bd. VI S. 1593—1595. 1600. 1656.
1659. [Fiebiger.]
Hastlferi heißen gewisse munizipale Korpo-
rationen, die eine Art von militärischer Bewaff-
nung- haben, aber auch religiöse Bedeutung an
sich tragen. Sie treten besonders hervor auf zwei
natenanus
z&iz
Inschriften von Kastei bei Mainz. Auf der einen,
1809 gefundenen, CIL XIH 7281 (hier die frühere
Literatur), heißt es: In h. d. d., deae Virtuti
BeÜon(a)e montem Vatieanum vetustate eonlab-
sum restituerunt iiastiferi civitatis Mattiacorum ;
es folgt das Datum, 23. August 236, und das
Namensverzeichnis, G(aius) Meddignatitts Seve-
rus, eurfator) bis, mit 17 weiteren Namen. Auf
der zweiten, 1887 entdeckten, ebd. nr. 7317, steht:
10 In k. d. d. , numinfi) AugfustiJ hastiferii (sie)
sive pastor(es) eo?zsistenfes Kastello Mattiaeorum
de suo posuerunt, mit dem Datum 24. März 224.
Mit h. ist ihre Bewaffnung, mit pastores ihre
sonstige Tätigkeit, mit civitatis Mattiacorum
ihre Zugehörigkeit zu der Gaugemeinde der Mat-
tiaker (Hauptort Aquae Mattiacorum, jetzt Wies-
baden), mit comistentes Kastello Mattiacorum
ihr Standort Kastei bezeichnet (über den Begrift
des consistere vgl. Maue Philo! 1888 487ff. und
20 Mommsen Westd. Korr.-Bl. 1889 nr. 13, so-
dann besonders Körnern ann 0. Bd. IV S. 922ff.).
Die religiöse Bedeutung der Körperschaft tritt
hervor in dem Datum der zweiten Inschrift; denn
der 24. März ist der Bluttag des Göttermutter-
kultus der späteren Zeit, und auf der ersten In-
schrift handelt es sich um die Wiederherstellung
des mons Vaticanus , der in den Taurobolien
eine Rolle spielt (Mommsen ebd. 1887 nr. 197).
H. erscheinen übrigens auch in zwei weiteren In-
30 schriften: in Köln CIL XIII 8184, wo auf einer
.Basis steht Genio kastiferforjum, und in Vienne,
CIL XTI 1814, wo ein maxister astiferorum ein
sigmim Genii widmet. Hier bestätigt sich die
schon durch curator bezeichnete Organisation als
Kollegium auch in dem Wort magüter. Dagegen
gehört eine weitere Inschrift aus Oberolm bei
Mainz, CIL XIII 7250, nicht hieher. Über die
eigentliche Bestimmung der H. gehen die An-
sichten noch auseinander. Mommsen (schon
40 in Ber. Leipz. Ges. 1852, 197 und zuletzt R. G,
V 135) hat sie für eine Munizipalmiliz erklärt,
die auch zum Schutz der Grenzen diente. Maue"
dagegen (s. 0.) für ein rein sakrales Kollegium,
identisch mit den dendrophori, die aber selbst
nicht sicher zu erklären sind. An Mommsen
hat sich angeschlossen Cagnat De munic. et prov.
militiis 8t>, ferner Liebenam Röm. Vereinswes.
302ff.. der die H. für eine freiwillige Landwehr
erklärt, die aber im Land der Mattiaker unter
50 Alexander Severus und Maximin auch zum Schutz
der Grenze mitkämpfte. Dagegen hat Waltzing
(Corporations professionelles I 204 II 152. IV
911 1 keine ganz entscheidenden Beweise für ihren
militärischen Charakter anerkannt, und bei den
H. von Vienne kann ja jedenfalls von Beteiligung
am Grenzschutz keine Rede sein. Vielleicht dürf-
ten sie am ehesten als eine munizipale Sicher-
heitspolizei zu fassen sein ( Herüber 0. Hirsch-
feld S.-Ber. Akad. Berl. 1891, 8751», womit sich
60 auch die Annahme Liebenams Tereinbaren ließe,
daß sie außerordentlicherweise in Kriegsfällen aus-
halfen wie die Gensdarmen {difoyttXxat) im Marko-
mannenkrieg (V. Marci 21, 7). [Hang.]
Hastiliarii s. Hasta Nr. 2.
HaterianuB. 1) s. Iulius.
2) Haterianus. Die Scholia Veronensia ent-
halten fünf Anmerkungen desH. zuVergils Aeneis :
Vn 337. IX 362. 390. 397. X 243, ¥<m denen
jedoch die zweite und dritte in" so kümmerlichen
Besten vorliegen, daß nichts damit anzufangen
ist ; die vierte bezieht sich auf die DistLnctio und
«nthält, wie die beiden übrigen, Worterklarung.
\Ferner findet sich eine Anmerkung zu Aen. II
632 hei Macrob. Sat. HI 8, 2 (wo die Hss. aethe-
rianus haben): hier wird ein Ausdruck Vergils
durch ein Zitat aus Calvus verteidigt. Da das-
selbe Zitat bei Servius wiederkehrt, so ist viel-
XlitUBllUZ»
Tochter des Agrippa (vgl. Prosop. a. a. 0.) und der
älteren Marcella gewesen zu sein, die nach Suet.
Aug. 63 von diesem mehrere Kinder hatte. Im
J. 15 n. Chr. war H. Volkstribun und erhob als
solcher mit Erfolg Einsprache gegen die im Se-
nate verhandelten Anträge, daß gegen die an einem
Theaterexzeß schuldtragenden. Schauspieler den
Praetor en das ius virgarum zustehen solle. Tac.
ann. I 77. Zwei Jahre später (17) wurde er nach
leicht der Kommentar des H. von Servius be- 10 dem Tode des Praetors Vipstanus Gallus von Ger-
nutzt worden (vgl. auch Serv. und Schol. Veron.
z;u Acn. VII 337), ob direkt, ist fraglich (Laem-
merhirt Gomm. phil. Jen. IV 3861, gegen Linke
Quaest. de Macrob. Sat. fönt. 13, 4. 211). Ma-
crobius hat jedenfalls den H. nicht unmittelbar
benutzt (Thilo Quaest. Serv-. 52. Linke 22.
Laeminerhirt 385); vielleicht war ein Sainmcl-
kommentar die gemeinsame Quelle, aus der so-
wohl Macrobius wie die Scholia Veron. und die
manicus und Drusus protegiert und (vermutlich
bei ursprünglicher Stimmengleichheit; vgl. Drae-
ger- Becher z. d. St.) seine Wahl zum Praetor
suffectus endlich doch mit geringer Majorität
durchgesetzt; ebd. II 51. Im J. 21 Consul de
signatus, stimmt er (an erster Stelle; vgl, ebd-
III 22) in dem gegen Ende dieses .Jahres statt,
findenden Prozesse des Clutorius Priscus für dessen
Todesstrafe ; ebd. III 49. 51. Im folgenden Jahre
■Scholia Dan. (denn auch in diesen scheint H. zu 20 (22) bekleidet er mit C. Sulpicius Galba das Con-
stecken; vgl. Schol. Veron. u. Dan. zu Aen. IX
397. 3G2) schöpften (Thilo Serv. I praef. XXVL
Halfpap-Klotz Quaest. Serv. 531 Georgii
Antike Äneiskritik 18ff.), und in diesem Sammel-
kommentar fanden sich unter anderem Exzerpte
aus H. Damit ließe sich auch ein Anhalt für die
Lebenszeit des H. gewinnen ; denn da jener Sam-
melkommentar älter sein wird als Donat (Mitte
des 4. Jhdts.), der ebensowenig wie Urbanus
in den Schol. Veron. und Dan. erwähnt wird 30 Gnom. Tacit. 3391
sulat; ebd. III 52 Dio ind. LVII. CIL 1* p. 70.
XI 1356 ( = 12 p. 73). VI 562. 10051 {=, 12
p. 73). XV 4611. Tac. ann. VI 4 erwähnt zum
J. 32 sein feindseliges Auftreten im Senat gegen
die Consuln des vorhergehenden Jahres, wodurch
er sich nur noch verhaßter gemacht habe, und
zeichnet mit scharfen Strichen den Charakter des
durch seinen ausschweifenden Lebenswandel ent
nervten Mannes, Prosop. II 126 nr. 18. Fabia
(Georgii lOff. 20), und somit wohl um 300 an-
gesetzt werden darf, kann H. spätestens im 3. Jhdt.
gelebt haben. Ein Terminus post quem ist nicht
zu ermitteln ; daß Schol. Veron. zu Aen. IX 362
Asper an der Spitze des Scholions steht, Serv.
zu Aen. VII 337 Asper am Schluß nennt, be-
weist noch nichts für inneren Zusammenhang.
Die Sache wäre erledigt, wenn Gräfenhans
5) Q. Haterius Antoniuus, wahrscheinlich Sohn
des 1). Haterius Agrippa Nr. 4 ; vgl. Prosop. a. a.
0.. und Consul Ordinarius des J. 53 n. Chr. mit
D. Iunius Silanus Torquatus. Tac. ann. XII 58.
Phlego mir. (FHG III 019 frg. 36). CIL IV
S. I p. 382 dipt. 138. Er hatte sein ererbtes
Vermögen verschwendet und erhielt zugleich mit
Aurelius Cotta im J. 58 von Nero eine jährliche
Rente ausgesetzt; Tac. ann. XIII 34. Prosop. II
A'ermutung (Cesch. d, class. Phil. IV 304) sicher
wäre, daß unser H. identisch ist mit dein Iu-40126nr. 19. Fabia Onom. Tacit. 340. [Gaheis.]
lius Atherianus. den Trebellius (um 306i Hist. I») M. Haterius Candidus, Proconsul von Si-
: (um ;-iUU)
aug. XXX tvr. 6, 5 p. 103 P. betreffs des'Victo
rianus (t 268) zitiert (vgl. Rühl Rh. Mus. XL1I1
597); doch bemerkt Halfpap-Klotz (35, 1)
richtig, daß diese Vermutung nur auf der Na-
mensgleichheit beruht. Vgl. noch Ribbeck Pro-
leg, crit. ad Vergil. 1771 [Wessner.]
Haterius. 1) Wahrscheinlich Senator (vgl,
Tac. ann. IV 61) und Rechtsgelehrter (Cic. fam. IX
Zilien (CIL X 7192 Agrigent). Da in derselben
Inschrift als sein Quaestor L. Cornelius Marcellus
genannt wird (s. 0. Bd. IV S. 1406), läßt sich
der Proconsulat des H. auf Neronische Zeit be-
stimmen. [Groag.] #
7) Aterius Latronianus . auf einer stadtrömi-
schen Leitungsröhre genannt (CIL XV 7467 =
La n ei an i Sil! nr. 74). Derselbe ist allem An-
18, 2 aus dem J. 708 = 46), im J. 711 =43 von 50 schein nach . . . atronianus, tribfunus) mitfitum)
den Triumvirn proskribiert und von einem seiner
Sklaven verraten, der aber später den Kindern des
Getöteten als Sklave zurückgegeben wurde (Appian.
bell. civ. IV 127). H. ist wohl ein Bruder des
Redners , der unter Augustus cos. suff. war und
24 n. Chr. starb (Prosop. n. 17. Borghesi
Oeuvres V 121'}. JMünzer.]
2) Haterius . ein notorischer Erbschleicher,
Sen. de benef VI 38, 4.
der Legio II Adiutrix, der unter dem Kommando
seines Vaters Ti. Haterius Satuminus in Aquin-
cum diente (CIL III 3473 : s. Nr. 11). [Groag.]
8) T. Haterius Nepos. Seine Laufbahn lernen
wir aus der akephalen Inschrift von Fulginiae
(seiner vermutlichen Heimat) kennen, CIL XI
5213 = Dessau I 1338, die schon Borghesi
Oeuvres V 241 auf ihn bezogen hat, da von der-
selben Stelle die Inschrift des gleichnamigen
8) Haterius (in der Epit. des lulius Paris ist 60 Senators [CIL XI 5212 = Dessau 11058) stammt
Haturius überliefert, ed. Kempf p. 482) Rufus,
ein römischer Ritter, wurde durch einen unglück-
lichen Zufall von einem Gladiator im Amphitheater
zu Syrakus getötet, Val. Max. 1 7, 8. [Stein.]
4> D. Haterius Agrippa. Nach Dio ind. LVII
Q. f.\ er war also wohl der Sohn des Redners
Q. Haterius (o. Z. 54). Propinqtms Germamei
nennt ihn Tac. ann. II 51 ; seine Mutter scheint eine
und unter den Amtern auch das eines Präfekten
von Ägypten angegeben erscheint, überdies die-
selbe Zeit durch die Nennung der Provinz Armenia
maior bestimmt wird, die nur in den letzten
Jahren Traians bestand. Er absolvierte zuerst
die drei Militiae equestres in der üblichen Reihen-
folge: [pjraefffeetusj cohjortis, tribfunus) mi-
lüfum, pjraefi equitfum) ; dann war er censüo[r]
UÖlö
mterms
±tatra
2Ö1Ö-
Brittonum Anavionfensftum)] , pror/uratorj
Aug(usti) Armeniae. mai[or(is)] (also zwischen
114 und 117 n. Chr.), ludi magni, h&reäit<xbiwm
et a censibus (vgl. Hi r sc h f e 1 d Kaiser]. Verwalt b. 2
65), a libellis Augfusti) , praef. vigilwm, praef.
Aegyfpti]. Ausführlich behandelt die Inschrift
Borghesi V 3—39. Das Fragment einer fast
gleichlautenden Inschrift von demselben Ort, ge-
setzt von seinem Sohn, ist CIL XI 5214. Als
Statthalter von Ägypten kennen wir ihn (vgl.
auch Cantarelli La serie dei prefetti di Egitto
I 46, 40) auch durch eine Inschrift auf dem
Memnonskoloß vom 18. Februar 121, CIL III 39;
ferner durch einen Papyrus aus der Sammlung
Erzherzog Rainer (Corp. pap. Rain. I 51, n. XVIII)
und einen aus dem Berliner Museum (BGU III 742
col. I Z. 3), sowie endlich durch eine merkwürdige,
nach Art eines Militär diplo ms abgefaßte Missions-
urkunde auf einer zu Kairo gefundenen Holztafel,
S. de Ricci Comptes rendus de l'acad. des
inscr, 1905, 402 = Bruns-Gradewitz Fontes
iur. Rom." 277; vgl. Wilcken Pap. Arch. IV 252.
V 435, 1. Auch hier ist sein voller Käme und
Titel genannt: T. Ilaterius Nepos praef. Aeg.,
am 4. Januar 122. Die Berliner Urkunde ist
vom 21. April 122 datiert; hier ist von dem
Namen nur Atsqiov (auch das Datum
7. Mai 122) erhalten. In dem Wiener Papyrus
heifit es ArsQiov [Nf.ji]ojzos xQazia%o[v f}]y£(t6vog,
datiert 13. April 124. Er hat also das dem Prä-
l'ekten in damaliger Zeit gebührende Prädikat
«e<möros; sicher in den Jahren 121 bis 124 hat
er diese Statthalterschaft geführt. Am 4. August
119 war noch Q. Rammius Martialis, am 20. März
126 schon T. Flavius Titianus in diesem Amte.
In dem von Wilcken Pap. Arch. II 125 aus zwei
Papyrusfragmenten zusammengesetzten Protokoll
ist die Unterschrift des xQafaiaxov rjymJövos (Z.
9f.) erwähnt, der jedenfalls noch am 17. Sep-
tember 124 (vgl. a. a. 0. 125) Ägypten verwaltete.
Wahrscheinlich ist auch dieser mit H. identisch. —
Der Konsul T. Ilaterius Nepos Atinas Probus
Pitblicius Matenianus (CIL XI 5212 ~ Des-
sau I 1058) ist vielleicht sein Sohn (der CIL
XI 5214 setzt) oder sein jüngerer Bruder; vgl.
Bormann z. St. [Stein,]
9) T. Ilaterius Nepos Atinas Probus Publi-
eius Matenianus, in einer verstümmelten Ehren -
inschiift aus Foligno (Fulginine) genannt: T.
Haterio Nepoti Aiinati Probo Pubticio Mate-
niano , co(n)s(uli) , pontif(ici) , trwmpkalihfus)
[ornamentis honorato] . . . (CIL XI 5212 [vgl.
Bormanns Bemerkungen] ~ Dessaul 1058 ;
zu den Namen des H. vgl. Schulze Z. Gesch.
lat. Eigenn. 274. 528). Anscheinend derselbe
Mann ist T. Haterius Ne}tos, der im August 118
in den Protokollen der Fratres Arvales genannt
wird (CIL VI 2078 = 32374. in den Protokollen
des ersten Halbjahres 118 fehlt sein Name) und
im J. 120 für das nächste Jahr (vgl. o. Bd. II
S. 1470) zum Magister der Arvalhrüder gewählt
wurde (CIL VI 2080; daß CIL XI 5212 die
zweite Priesterwürde fehlt, beweist nichts gegen
die Identifizierung, vgl. z. B. Fulvius Nr. ö6).
Erst um J. 134 bekleidete er den Consulat als
Snflectus mit T. Vibius Varas (CIL III dipL
XLVm p. 877 = 1979 Militardiplom vom 2. April
134). Im J. 138 verwaltete er Pannonia superior
als Legat Hadriaris (CIL III dipl. LI p. 879' =
1980 Militärdiplom vom 16. Juni 188 ; am 10. Juli
starb Hadrian , s. o. Bd. I S. 516). H. dürfte
diese Stellung unmittelbar nach dem Tode des
L Aelius Caesar (1. Januar 138, s. o. Bd. HT
S. 1831) angetreten haben (Ritterling Arch.-
epigr. Mitt. XX 1897, 20) und noch unter Anto-
nius Pius einige Zeit im Amte geblieben sein
(vgl. Hist. Aug. Pius 5, 3). Als Statthalter von
10 Oberpannonien wird er Gelegenheit zu Waffen-
taten gegen barbarische Nachbarstämme gefunden
haben, die ihm die Auszeichnung der Ornamenta
triumphalia eintrugen (CIL XI 5212); ob er diese
noch Hadrian oder bereits Antoninus Pius ver-
dankte, steht dahin (Ritterling meint, daß H.
von L. Caesar begonnene Kämpfe beendet habe;
doch wäre auch denkbar, daß die zwischen 140
und 144 geprägten Münzen des Pius mit rex
Quadis (latus [Cohen LT 2 339, vgl, Arch,- epigr.
20 Mitt. X 16] mit Erfolgen des H. im Zusammen^
hang stehen; H.s Nachfolger ist vielleicht Fufi-
cius Cornutus gewesen, s. o. Bd. VII S. 199). H-
war wohl eher der Sohn als der Bruder des Präfek-
ten von Ägypten, T. Haterius Nepos (s. Nr. 8).
Wie so häutig, wird sich dem Sohne eines zu den
höchsten Stellungen gelangten römischen Ritters
die senatorische Laufbahn uud schon in jungen
Jahren der Zutritt zu einem angesehenen Priester-
kolleg (der Arvalbruderschaft) geöffnet haben.
30 10) Ti. Aterius Saturnin us, in einer Liste, di&
im J. 140 aufgezeichnet und bis mindestens 172
durch Nachträge erweitert wurde, unter den Pa-
tronen einer Genossenschaft in Ostia als einer
der letzten genannt (CIL XIV 246 I 18. 19, vgl:
Dessau ebd. p, 482; unmittelbar auf H. folgt
C. Pantuleius Graptiacus. Legat von Thrazien im
J. 172). Vgl. den Folgenden.
11) Ti. Haterius Saturninus. hg(atus) Augfus-
torum) prfoj pr(aetore) von Pannonia inferior
40 (Inschriften aus Aquincum: CIL III 3473 Weihe-
gabe, den [di] müitares [sjalutares von H. und
seinem Sohne [Ljatroniamts dargebracht; 3479
Weihinscbrift aus einem Mithraeum. pro saluie
familtoe TL Hateri Saturnini). Mommsen und
Dessau (zu CIL XIV 246) halten H. für iden-
tisch mit dem Vorausgehenden und sehen dem-
nach in den Augusti entweder Marcus und Verus
(161—169) oder Marcus und Coinmodus (176 —
1 80) . D agegen set zt v. D o m a s z e w s k i ( Wc std.
öOZtschr. XIV 1895, 2) die Inschrift CIL III 3473
wegen der Nennung der di mifitares erst in das
3. Jhdt.; dann wären die Augusti wohl am ehesten
Severus und Caracalla und H. der Sohn des Voraus-
gehenden. [Groag.]
Ha#iia, etniskischer Name eines Satyrs bei
Gerhard Etr. Spieg. IV Tai*. 322 (orig. ine.) ; vgl.
IV 1 S. 58. V S. 55 und Deecke in Koscher Myth.
Lex. I 1850. Falsche Etvmologien bei Gerhard
IV 1 S. 58, 190 und Corssen Spr. d. Etr. I 311f.
60 Andere etruskische Satyrnamen sind yeltpun und
sime (= Slfiog); vgl. Hey de mann Satyr- und
Bakchennamen (5. Haitisches Winekelmanns-Progr,
1880) 33f. I Herbig.]
Uatflius s. Atilius Nr. 2 und 3.
Hatrm, Stadt im estlichen Teile Mesopota-
miens. In dieser Form begegnet der Name nur
bei Ammian. Marc. XXV 8, 5 {Haira) und auf
der Tab. Pen! (Hatri*); wrnnt immer: "Arga Cass.
aqu naira
Dio LXXTV 11. LXXV 10. LXXX 3; "ÄT & at
Arrians ITaQ&ixä bei Steph. Byz. s. v. und s. At-
ßavai\ Herodian. III 9, S. Ethnic. 'Atgijvol Cass.
Dio LXVTII 31. Herodian. Uli, 3. 9, 3. Der
Stadtname ist aramäischen Ursprungs (aram.
N~en * Niain = hebr. li:n d. h. Umzäunung,
Hürde) und bezeichnet eine feste Niederlassung
im Gegensatze zu einem Beduinenlager ; syrisch :
Hatra und Huträ, gelegentlich auch der Plural
AXOl LI Oi
Die beiden, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen
inszenierten Sturmversuche blieben erfolglos und
trugen den Kömern lediglich entsetzliche Ver-
luste ein. An dem zweiten Angriffe beteiligten
sich übrigens nur mehr das syrische Kontin-
gent der kaiserlichen Armee; die durch die
drückende Sommerhitze schön erschöpften euro-
päischen Abteilungen revoltierten auf Anstiften
der Fourageure, welche unter den plötzlichen
a^S^iw , ^S!)^bn«ldlt Bemerkt 10pb f fällen der feindlichen Reiterei schwer zu
T?'™Ä ,i„a ;„ .L™ d.„j„„ T>*^ am V 17 /litt leiden hatten. Septimras Sc verus sah sich unter
leiden hatten. Septii
diesen Umständen nach 20tägiger Blockade zum
Rückzüge gezwungen. Das militärische Prestige
Korns erlitt durch diesen Mißerfolg eine schwere
Einbuße.
Das Aufkommen und der Fortbestand des-
kleinen Fürstentums H. hatte offenbar nur der
verlotterte Zustand des Partherrcich.es ermöglicht.
_ „ n . Als dann dieser morsche Bau dem Anstürme
H. taucht in der Literatur" erst in der römi- 20 des kraftvollen Ardaschlr I. erlegen war und
sei noch, daß in dem BifidxQa Ptolem. V 17 (18),
13 (o. Bd. III S. 473) unmöglich der Name H.
stecken kann, wie manche (z. B. Mann er t; s.
auch Pauly B.E. I 919) annahmen; denn es ist,
wie Herzfeld Memnon I (1907) 219 mit Recht
betont, geradezu undenkbar, daß dem Ptolemaios
der richtige Name einer durch die Belagerung
Traians im ganzen römischen Reiche berühmt
gewordenen Stadt unbekannt geblieben wäre.
sehen Kaiserzeit auf. Im 2. und S. Jhdt, n. Chr.
bildete es das Zentrum eines kleinen Staates, der
unter einer eigenen Dynastie von wahrscheinlich
aramäischer Herkunft (vgl. den Namen Barsemius)
stand und sich einer so kraftvollen Blüte erfreute,
daß er den Angriffen zweier durch Kriegstüchtig-
keit ausgezeichneter römischer Kaiser erfolgreich
trotzen konnte. Zuerst belagerte Traian im J. 1 17
auf der Rückkehr von seinem Partherzuge vor-
dem säsänidischen Staatengebilde Platz gemacht
hatte, da mußte es dem Begründer desselben
vor allem daran liegen, eine derartig selbständige
Herrschaft innerhalb seines Machtgebietes und in
so gefährlicher Nähe der Residenzstadt Ktesiphon
zu vernichten. Der wohl bald nach der Nieder-
lage des letzten Partherkönigs (224 n. Chr.) er-
folgte Angriff Ardaschlrs auf H. scheiterte aller-
dings, dem Berichte des zeitgenössischen Cass.
geblich die Stadt. Die römischen Truppen litten 30 Dio LXXX 3 zufolge, ebenso, wie die Versuche
furchtbar unter der Unwirtlichkeit der dortigen der römischen Kaiser (s. auch o. Bd. II S. 1323).
' " ' n " T " "" ' """ ' Es ist auch sehr fraglich, ob ihm selbst noch
auf einem späteren Zuge die Einnahme der Stadt
geglückt ist. Höchst wahrscheinlich werden wir
dieselbe in Übereinstimmung mit der Mehrzahl
Gegend, in der es weder Wasser, Holz noch Fut-
ter gab und ein glühender Sonnenbrand, sowie
unzählige Fliegenschwärme (noch heute dort eine
Landplage; vgl. Ritter Erdk. X 126) Mensch
und Vieh erschlaffen machten. Nach einem blu-
tigen, von den Einwohnern energisch abgeschla-
genen Sturmversuche sah sich der Kaiser genötigt,
die Zemierung des Platzes aufzugeben und den
der arabischen Historiker, erst seinem Nachfolger,
Schäpür I. (242—272) zuschreiben müssen. Die
Erzählung von dem Untergänge H.s ist nns in
einem wunderbaren Gemisch von persischer Über-
W T eitermarsch nach dem Westen anzutreten. Je- 40 lieferung und arabischer Phantasie erhalten. Der
denfalls infolge der großen vor H. ausgestandenen
Strapazen erkrankte er bald darauf und starb
auf dem Heimwege in Kilikien.
Von kriegerischen Verwicklungen zwischen
Rom und H. hören wir erst wieder unter der
Regierung des Septimius Severus. Dessen Neben-
buhler Pescennius Niger war ein Freund des
damaligen Fürsten von H. namens Barsemios
(Barsenios ; vgl. dazu o. Bd. III S. 29 und Suppl.
damalige König von H. trägt in ihr den Doppel-
namen Sätirün und Daizan. Allem Anscheine
nach handelt es sich aber hier um zwei ganz
verschiedene Persönlichkeiten; Satirün (syrisch
Sanatrüg, ein parthischer Name) gehört wohl in
eine viel frühere Periode, vielleicht in die Traians;
wie zu dessen Zeit der Herr von IL hieß, dies
verraten uns die dürftigen Exzerpte aus Cass.
Dio nicht. Hingegen dürfte in Daizan , der Tra-
I S. 243) und von diesem im Kampfe um das 50 dition nach der Angehörige eines in jener Gegend
Imperium durch Hilfstruppen unterstützt worden. damals wohl zeltenden südarabischen Stammes,
Septimius Severus wollte daher auf seinem Feld- der wirkliche Name des von Schäpur I. bekämpften
Sept:
zuge gegen die Parther auch nebenbei die Ha-
rrener züchtigen. Jedoch sein zweimaliger Ver-
such, sich ihrer Stadt zu bemächtigen, zerschellte
an der Tapferkeit der Verteidiger und der Festig-
keit der Mauern. Schon der erste im J. 200 ge-
wagte Handstreich wurde mit großen Verlusten
für die Römer vereitelt. Im folgenden Jahre (201) ,, tj
erschien der Kaiser abermals mit einem bedeu- 60 Stellung des arabischen Historikers T&^tT (ed.
tenden Heere vor H. und schritt zu einer regel-
rechten Belagerung. Aber obwohl sich in seinem
Lager anch der General Pripcus, ein hochge-
feierter Meisier der Kriegskunst, befand, machten
die römischen Waffen doch keine Fortschritte.
Die Stadtbewohner begossen die Angreifenden mit
brennendem Naphtha und setzten damit auch einen
großen Teil der Belagerungsmaschinen in Brand.
Fürsten zu erblicken sein. Die arabische Legende
läßt den Säsänidenkönig nur durch Verrat von
Seiten der Nadira, der Tochter des Sätirün-Dai-
zan. in den Besitz der hartnäckig verteidigten
Stadt gelangen. Man vergleiche über diese Er-
oberung, die jedenfalls bald nach der Thronbe-
steigung Schäpürs stattfand, besonders die Dar
Stellung des arabischen Historikers Tabarl (ed.
Lugdun. I 827ff.'| und Nöldeke Gesch. d. Perser
u.Araber zur Zeit der Sasaniden (Leyden. 1879}
33_3C,. 50O; ferner Blau ZDMG XXIII 570.
G. Hoffmann Auszüge aus syrischen Akten per-
sischer Märtyrer (Lcipz. 18S0J. 184-186. G. Koth-
st ein Die Dynastie d. Lahraiden in al-Hira (1899)
42 — 43. J. Marqnart Untersuch, z. Gesch. von
Eran, Heft 2 (1905), 228-230.
Schäpur kam es nur darauf an, die sein Reich
bedrohende Machtstellung H.s für alle Zeit gründ-
lich zu brechen, eine eigentliche Zerstörung der
Stadt beabsichtige er aber wohl kaum. Gegen
eine solche Maßnahme spricht schon die heute
noch vortreffliche Erhaltung ihrer Ruinen. H. wurde
wahrscheinlich nach und nach von den Bewohnern
verlassen und verödete vermutlich erst vollkommen
nach dem Falle Palmyras (273), mit dein es auch
V 129ff. und Jäfcut II 28ff, Syrische Belege bei
G. Hoff mann a. a. 0. und Budge The historia
monastica of Thomas of Marga (1893) II 305. 346.
Vorübergehend scheinen sich allerdings, die
Atabegenfürsten von Mosul mit dem Gedanken
getragen zu haben, H. wieder zu einer Karawan-
serai zu erheben; dies darf man wohl aus einer
an der Fassade der großen Halle des Hauptpalastes
angebrachten arabischen Inschrift schließen, die
sicher in reger Handelsverbindung gestanden haben 10 von einer Restauration durch den Fürsten 'Izz
wird. Der Untergang Palmyras knickte den bis-
herigen, blühenden mesopotamisehen Transitv er-
kehr und versetzte damit wahrscheinlich auch H.,
•dessen Bedeutung im wesentlichen gewiß auf dem
Karawanenhandel basierte, den Todesstoß. Als
dann das römische Heer nach Kaiser Iulians Tode
im J. 363 unter Iovian seinen fluchtartigen Rück-
zug über den Tigris quer durch die mesopota-
mische Wüste bewerkstelligte, lag H. nach dem
addin Mas'üd ibn Maudüd (regierte 576—89 deT
Higra = 1180-1193 n. Chr.) berichtet und nach
dem J. 586 = 1190 n. Chr. datiert ist; s. 2ur
Inschrift Ritter a. a. 0. XI 489.
H. spielte in der Geschichte eine ganz ähn-
liche Rolle wie Palmyra; die Blüteperiode beider
Staatswesen fällt auch im großen und ganzen in
die gleiche Zeit. Beide Städte, an den einander
entgegengesetzten Rändern der mesopotamisehen
Zeugnisse des Amraian (a. a. 0.) schon längst in 20 Steppe erbaut, waren reiche Handelsemporien, die
Trümmern und war vollkommen unbewohnt (in
media solitudine). Ammians Worte erweisen auch
die Behauptung Firdausis und verschiedener ara-
bischer Autoren, daß erst Seh ä pur H. (310—379)
H. bezwungen habe, als irrig; diese haben hier
lediglich den ihnen M r eit bekannteren König an
die Stelle des gleichnamigen ersten gesetzt: vgl.
Xöldeke a. a. 0. 33, 4.
H. wurde seitdem nie wieder dauernd besiedelt ;
den großen Verkehr zwischen Osten und Westen,
in erster Linie zwischen Iran und dem persischen
Meerbusen einerseits, Syrien und Klein asien andrer-
seits vermittelten. An H. lief die wichtige, oft
von römischen Legionen begangene Straße Ktesi-
phon-Singara vorüber, die sich weiterhin in eine
nach Nisibis und eine andere nach Harrän
(Karrhae)-Edessa führende Linie gabelte. Mit
Palmvra stand H, vermutlich nicht nur sekundär
es wird zwar noch das ganze Mittelalter hindurch 30 durch Abzweigungen der Hauptstraße , sondern
von arabischen und syrischen Schriftstellern viel-
fach erwähnt, aber nicht als ein damals noch be-
wohnter Platz. Dagegen spricht auch nicht eine
Notiz im Reisewerke des Benjamin von Tudela
(Mitte des 12. Jhdts.), der H. als eine große jü-
dische Kolonie kennt; denn augenscheinlich ist
damit nicht, wie Ritter Erdkunde X 134. XI 467.
492 annimmt, unsere Stadt gemeint, sondern eine
andere desselben Namens unterhalb Takrlts nahe
auch durch eine direkte Route in Kommunikation.
Noch heutzutage kann man H. als einen nicht
unbedeutenden Verkehrsknoten bezeichnen, da sich
in dessen unmittelbarer Nähe mehrere Kamel-
karawanenwege kreuzen. Ein ackerbautreibendes
Volk hätte in dieser Gegend kaum existieren
können. Die äußere Machtstellung beruhte hier
wohl, ebenso wie in Palmyra, auf dem Aufgebote
der benachbarten Beduinenstämme. Die innere
dem Tigris, welche, wie der arabische Geograph 40 Geschichte H.s ist uns völlig unbekannt.
Jäküt (Anfang des 13. Jhdts.) versichert, zu seiner
Zeit wegen ihres überwiegend jüdischen Charakters
geradezu sprichwörtlich war; vgl, Streck Die alte
Landschaft Baby Ion Jen n. den arab. Geographen II
(Leiden 1901) 180. H. ist überhaupt im ara-
mäischen Sprachgebiete kein seltener Ortsname;
zum Unterschiede von gleichnamigen Plätzen hieß
daher die von den Säsäniden zerstörte Stadt bei
den Svrern Hatrfv de Sanatnig, bei den Arabern
Für die europäische Wissenschaft ist H. erst
wieder in der ersten Hälfte des 19. Jhdts. durch
die Expeditionsreisen von Dr. J. Ross (1836/7)
wieder entdeckt worden. Die Ruinen der Stadt
liegen ca. 80 km südwestlich von Mosul (Luftlinie)
und nicht ganz 50 km nordwestlich von KaVat
Schergät (Assur); von letzterem Orte kann man
bequem in 5 — 6 Stunden hinreiten. Die genaue
Position ist: 42° 40' östlicher Länge (Greenwich)
Hadr al-Sätirun nach ihrem angeblichen Gründer. 50 und 35° 40' nördlicher Breite. Die schon über
dem schon oben erwähnten Fürsten Sanatrüg
=.: Sätirün. Die staunenswerten Trümmer der Stadt
in verhältnismäßiger Nähe des Kulturlandes konn-
ten nicht völlig in Vergessenheit geraten und
beschäftigten sowohl die Phantasie des in ihnen
lagernden Nomaden wie die des vorüberziehenden
Kaufmannes. In der alteren arabischen Poesie
werden die Ruinen von H., vornehmlich unter
Anspielungen auf den romantisch ausgeschmückten
li/ 2 Jahrtausend alten Ruinen von H. entstammen
der Hauptsache nach der letzten Zeit der Parther-
herrschaft; neben den Denkmälern von Palmyra,
Baalbek und Persepolis sind sie wohl die ein-
drucksvollsten monumentalen Überreste de9 vor-
deren Orients.
Das Gelände der Stadt und ihrer nächsten
Umgebung liegt etwa 40 m über der Sohle des
31/2 tm entfernten Thartharflusses ; es ist fast
jähen Untergang der Stadt, nicht selten erwähnt; 60 ganz flach, nur schwach wellig und mit geringen
vgl. Dichterstellen bei Nöldeke a. a. 0. 34—40:
Ibn Kot?iba, Rh. poesis et poetar. (arab. edid. de
Goeje, Lugd. 1904) 112 = Bibl. geogr. arab. (ed.
de Goeje) V 130. VI 94 = Jäfcüt II 284 Nach-
richten arabischer Geographen über die Stadt s.
bei Tuch De Nino urbe (Ups. 1845) 14, 20 und
Le Strange The lands of the eastern caliphate
981 ; beachte bes. Ibn Fafclh — BibL geogr. arab.
Gipsklippen besetzt. Die Behauptung des He-
rodian (III 9, 3), daß H. seine Festigkeit der Lage
auf einem steilen Felsen verdanke, entspricht
jedenfalls durchaus nicht dem örtlichen Befunde.
Die Stadt wird durch eine überall mit grober
Scharfe erkennbare, gewaltige, streckenweise ver-
doppelte UmwaUung begrenzt, die, wie der dazu
gehörige Graben, noch in vollem Umfange er-
halten i&t und auf den ersten Blick den Eindruck
einer regelrechten Kreislinie erweckt, in der Tat
aber ein Polygon (mit 14—15 Ecken) darstellt.
Die größte Diagonale beträgt 2 km, die Peri-
pherie ca. 6 km. was ein Areal von 3, 2 ^km
oder 320 ha ergibt. So ziemlich in der Mitte
der Enceinte erhebt sich der ausgedehnte Kom-
plex der Palastruinen. Wenn auch, wie gesagt,
die Anlage der Stadt nur scheinbar eine kreis-
förmige ist, so springt doch ihre nahe Verwandt-
schaft mit anderen uns bekannten antiken (Warkii,
Zengirli) und mittelalterlichen (Hirakla, Baghdäd,
Räfika.) Stadtplänen im Bereiche des Zweistrom-
landes (vgl. vor allem den Grundriß des alten
Baghdad und dazu v. Kiemer Kulturgesch. des
Orients 1877, II 48; ferner Sarre-Herzf eld
Archäol. Reise L Euphrat- u. Tigrisgebiet I (1911)
160. 162) deutlich in die Augen. Die Hatrener
folgten hierbei wahrscheinlich älteren baulichen
Mustern. Die ungemein massive, 10 Fuß dicke
Kingmauer war von einer großen Anzahl weitaus-
ladender rechteckiger Türme (nach Ibn -Fakih,
den Jäktit exzerpiert, im ganzen 60) flankiert, von
denen noch jetzt einige 80 wohlerhalten sind und
den Lauf der Umwallung wirksam markieren.
Den Glanzpunkt der heutigen Ruinen bildet
der die Mitte der Stadt einnehmende, kunsthisto-
risch hochbedeutsame Palast, die Residenz der
ehemaligen Fürsten: ein ausgedehntes Rechteck
von 456 m Länge und 320 m Breite, das mit
seiner Grundfläche von 15 ha ein volles Zehntel
des gesamten Stadtgebietes in Anspruch nimmt.
Das Haupttor der Palastanlage geleitet zunächst
in einen riesigen quadratischen Vorhof ( 2 / ;1 des
Ganzen), der durch eine Scheidemauer vom eigent-
lichen Schlosse geschieden ist. Dieses letztere
zerfällt wieder in einen mittleren Hauptbau und
zwei große Anbauten. Am meisten bewundert
wird hier die ungeheuer tiefe und hohe, nach
vorn offene Mittelhalle mit überaus kühner Ge-
wölbekonstruktion. Der quadratische westliche
Anbau enthält eine Türe mit figürlichen Relief-
darstellungcn , die dem ganzen Paläste die Be-
zeichnung als Sonnentempel eingetragen haben;
für diese Annahme reichen die wenigen Indizien
kaum aus. Daß aber in H., wie in Palmvra, der
Sonnengott in erster Linie verehrt wurde und
dort auch ein durch viele Weihgeschenke ausge-
zeichnetes Heiligtum desselben stand, dies wird
von Cass. Dio LXVIII 31. LXXV 10 ausdrück-
lich hervorgehoben. Genauer untersucht ist bis
jetzt nur der im Stadtzentrum hegende Palast;
die anderen Schutthügel im Innern harren noch
der Durchforschung. Außerhalb der Ringmauer
bemerkt man nur geringe Reste von Gebäuden,
so namentlich zwei turmai-tige Anlagen. Als
Baumaterial ist überall gelber Kalksandstein ver-
wandt; die Quadern erscheinen durchwegs mit
großem Geschick behauen und zeigen an ihrer
Schauseite zumeist Steinmetzmarken, deren Formen
zum großen Teil direkt dem altaramäischen Al-
phabet entlehnt wurden, zum kleineren jedoch als
frei erfundene Zeichen zu beurteilen sein dürften.
Im Stadtgebiete von H. gibt es gegenwärtig
nur braekige Tümpel und eine schweflige Quelle;
dicht außerhalb der Mauern sprudelt aber in einer
Höhle eine süße, reiche Quelle» offenbar dieselbe,
die auch Iovians Armee versorgte (vgl. Ammian.
Marc. a. a. 0.). Aber auf ihr allein hätte die
Existenz einer so großen Oase, wie H. , kaum
fundamentiert sein können. Der heute nicht mehr,
perennierende Thartbär, der in geringer Entfer-
nung ostlich von der Stadt vorüberfließt, war im
Mittelalter nach Berichten frühislamischer Schrift-
steller durch die in ihn bewirkte Ableitung des
größeren Teiles des Wasservolumens eines an-
deren Flusses (des Hirmäs) weit wasserreicher,
10 und er versorgte wohl auch H. durch Kanäle.
Über den Tharthar vgl. Her zf eld Memnon I
(1907) 218—219 und Sarre-Herzfeld a. a. 0. 1
193f. 196. 204. Sc heil behauptet auch (s. die
Notiz bei v. Oppenheim Vom Mittelmeer z.
pers. Golf 1900, II 3, 3), daß sich in H. noch
tatsächlich die Spuren einer großen unterirdischen
Kanalanlage befinden.
Die erste Kunde von den merkwürdigen Ruinen
H.s gelangte nach Europa durch den schon oben
20 erwähnten englischen Arzt Dr. J. Ross, der zwei-
mal (1836/7) "in ihnen verweilte. Seine Schilde-
rung erfuhr bald eine willkommene Ergänzung
durch den eingehenden Bericht von W. Ains-
worth, der sich im Frühjahr 1840 dort in Be-
gleitung von A. H. Layard und H. Rassam auf-
hielt. Seitdem ist H. noch von einer Reihe von
europäischen Reisenden besucht worden (Lady
Blunt, Jacquerez, Fossey, Koldewey, Maresch.
Jordan. Andrae u. a.) ; aber alle die^e Besuche waren
30 nur von kurzer Dauer. Da nämlich die dortige
Gegend infolge der Überfälle der Schammar-
Beduinen, die eifersüchtig über den Besitz des
ihnen auch durch seine Quelle wertvollen Platzes
wachen und ein Fußfassen der Regicrungsgewalt
verhindern möchten, sehr unsicher ist, so war
es bisher niemand möglich, länger als eine Tages-
frist der Untersuchung zu widmen. Trotz aller
Beschreibungen der älteren Reisenden konnte man
sich doch bis vor kurzem von dem wirklichen
40 Aussehen der Ruinen kein klares Bild machen,
da nur wenige und dazu mittelmäßige Abbil-
dungen derselben veröffentlicht waren. Erst die
genauen Aufnahmen dreier Mitglieder der Assur-
Expedition der Deutschen Orientgesellschaft , die
1906 und 1907 je einen Tag in H. arbeiteten,
haben diesem Mangel in trefflicher Weise abge-
holfen. Man vgl. die auf jenen Studien beru-
hende Publikation von W. Andrae Hatra I. Teil.
Allgem. Beschreib, der Ruinen, Leipzig 1908, mit
50 photolithographischen Ansichten und Planskizzen
der Stadt und des Tempels (einen Stadtplan hatte
schon Ross entworfen). Weitere wichtige Auf-
schlüsse über die Ruinen sind wohl in Bälde von
Andrae zu erwarten, dem sich in allerj längster
Zeit (Januar und März 1911) die erwünschte Ge-
legenheit bot, zweimal (das zweite Mal eine volle
Woche) in H. ungestört verweilen zu können und
zwar als Gast des Kommandanten einer türkischen
Truppeuabteitung, der mit der Pacifi zierung der
60 aufständischen Schammarschechs betraut war und
zu diesem Behuf e mehrere Monate in den Ruinen
von H. sein Standquartier aufschlug. Vgl. An-
drae Mitteil. d. Deutsch. Orient-Ges. nr. 45
(Juni 1911), 38— 59. 50-64.
Abgesehen von den schon im vorausgehenden
gegebenen Literaturnachweisen kommen für H.
noch in Betracht: die Berichte von Ross im
Journ. of the Roy. Geograph. Societ. IX (1839)
nana
2&Z4
439—470 und Ainsworth a. a. 0. IX (1841) Zeltdach bilden eine weitere Entwicklungsstufe,
1—20, sowie des letzteren Travels und research. Bulle Orchomenos 45 (daran der Peripteros er*
in Asia Min^r, Mesopot, Chaldaea and Armenia funden [Bulle]). Über das Fortleben dieser Form
(London 1842) II 147—178 (besond. 166—174). im Kult Bulle a.a. 0.43f. Dragendorf Thera II
Kitter Erdkunde X 125—127. 129—1-84. 159. 99. Altmann Ital. Kundbauteri 86. Die Tholoi
XI 262—264. 466-492 (Resume über die Er- von Delphi, Epidauros, Athen sind architektonisch
gebnisse der Untersuchungen von ßoss u. Ains- und kultlich die monumentalen Nachfolger eben-
worth). Blau ZDMG XXIII (1869) 575. 576, 9. so der italische Testatempol. Zu Eundhütten mit
XXV (1871)544—545. Momtnsen R. G. V 401. Zeltdach vgl. die beiden Büchsen aus Amorgos
Lady A. Blunt Beduin tribs of thc Euphrates 10 Athen. Mitt. XI 1886, 18. Tsuntas-ManattMv-
{London 1879) II 281ff. Jaequerez (! nicht 11 .ceneanage 260 fig, 134. und aus Melos Tsuntas-
Rev. Archeolog. XXXI (1897) 343 352. Lord Manatt a. a. 0. 259 fig. 133. Perrot-Chipiez
"Wark w orth Notes from a diary in Asiatic Turkey Hist. de Tarfc TI 91«. 461. Die Büchse von Amor-
(London 1898) 2091F. Chapot La frontiere de gos stellt einen einfachen Bundbau mit Zeltdach
TEuphrate (Paris 1907) 158, 5. 189. 196,4.211. dar, der eine Innenteilung hat, während die melische
230. Über drei von F o s s e y in H. abgeschriebene eine siebenfache Wiederholung der einzelligen
aramäische Inschriften s. Halevy Rev. Semiti- Hütte, um einen Mittelhof gruppiert, zeigt; also
que X (Paris 19' »2) 1911'.; eine vierte aramäische eine Addition des Urtypus, eine Zusammenfassung
Inschrift erwähnt Andrae a, a. 0. I 29; unsicher zu einem großen Wohnkomplex als Urbild des
ist die Herkunft aus H. bei einem von Her z fei d 20 späteren griechischen Wohnhauses. Rundhütten
(inHerzfeld-Sarre a.a. 0. 12081) mitgeteilten mit Zeltdach und Mittelstütze in Griechenland
aramäischen Inschriftenfragment. [Streck.] nicht nachgewiesen; auch dem italienischen H.
Hatlana s. Attana und Atta. ist die Mittelstütze fremd (A lt mann Ital. Rund-
Hauara s Auara und Leuke Korne. bauten 151), im Gegensatz zu spanischen Rund-
Haus. 1. Die runde, .einzellige' Hütte bildet bauten (Pfuhl a. a. 0. Cartailhac Les mon.
bei jeder primitiven Kultur den Anfang der bau- prim. des lies Baleares fig. 395).
liehen Entwicklung des H. , Schliz Der Bau 2. Der Wunsch nach Vermehrung und Vergröße-
vorgeschichtl. Wohnsrilagen, Mitt. d. anthTOpol. rung der Wohnräume führt zunächst zur Teilung
Gesellsch. Wien XXIII 1903, 301. Bulle Orcho- des Hüttenrunds, wie an der Büchse von Amor-
menos I 36f. Ein spitzkegeliges oder mehr ei- 30 gos, dann zur Streckung des Runds zum Ovalbau.
förmig gewölbtes Gerüst aus Banmästen oder Bulle Orchomenos I 47. Ovale Hütten in Grie
Baumstämmchen, ohne Mittelstütze, wird mit chenland E<prju. dgx- 1900, 180 Anm. Italische
Schill Eeisig, Blättern oder Stroh bedeckt. Im Hüttenurnen der Villanovakultur mit ovalem Grand-
Mittelpunkt der Hütte ist die Feuerstclle. Lieh- riß, Altmann Ital. Kundbauten 13 (dort weitere
tenberg Haus, Dorf, Stadt 26. Literatur darüber).
Bei zunehmendem Bedürfnis nach größerer In Orchomenos sind in der Bothrosschieht ovale
Dauerhaftigkeit und Feuersicherheit wird die Hütten mit Steinsockel und Lehmmauern bis zu
Eundhütte aus Lehm und Stein gebaut. Über den vierfacher Schichtung übereinander nachgewiesen,
mutmaßlichen Entwicklungsgang Bulle Orchome- die wahrscheinlich einst mit Lehmkuppeln über-
nos I 38ff, dort auch Vergleiche mit primitiven 40 wölbt waren, Bulle a. a. 0. 25ff., allerdings
Kulturen aus Afrika und mit den heutigen Vlachen- meist nicht in reiner Ovalform, sondern mit eineT
hütten in Griechenland; vgl. auch die heutigen mehr, oder weniger geradlinig geführten Schmal-
Hütten in der römischen Campagna. seite, die bei den jüngsten Typen an die Längs-
Kreisrunde Hütten bis zu 5 m Durchmesser mit wände schon rechtwinklig ansetzt.
Soekelmauerwerk aus Bruchsteinen, darüber Lehm- Ovale, kuppel über wölbte Räume sind im Gräber-
kuppeln in eiförmiger Gestalt sind in Orchomenos bau häufig. Einziges monumentales Kuppelgrab in
in der ältesten Wohnschicht aus vormykenischer Thorikos, flgaxr. 1893, 13. 'Eytj/ii. aQ%. Ifc95, 223.
Zeit nachgewiesen. Bulle Orchomenos I 19ff. Ein Die kleinen "und unregelmäßigen Oval- und Eund-
Lehmestrich bildet den Fußboden, über die Form formen der Kykladengräber Tsuntas 'Eyrjfi. oqx..
der Türen ist nichts bekannt. Ähnlich muß die 50 1899. 74ff. Abb. 10 sind nicht vergleichbar mit
Tholos im Palaste des Odysseus gewesen sein Hom. der technisch schwierigen ovalen Überwölbung
Od. XXII 442. 466. Steinkuppelhäuser : im südöst- eines größeren Eaumes. Die ovale Stein-Lehm-
liehen Italien Perrot-Chipiez Hist. de l'art IV kuppel ist statisch nur bei kleinen Abmessungen
52; .Sesis' auf Pantelleria Orsi in Mon. Line. IX günstig, daher nicht entwicklungsfähig.
1899. 474. Pfuhl Athen. Mitt. XXX 1905. Neben der gewölbten ovalen Stein-Lehmhütte
331ff. : m Griechenland oberirdisch bisher nicht entwickelt sich die ovale Hütte mit selbständig auf-
nachgewiesen. In der Form der Kuppelgräber gesetztem Dach zu größeren Abmessungen. Dieses
lebt diese uralte H.-Fomi noch über ein Jahr- nähert sieh beim kurzen Oval der Form des Zelt
tausend weiter, und wird unterirdisch zum tech- dachsieswirdbeigrößererStreckungdesKundszuni
nisch vollendeten Steinbau entwickelt , B u 11 c 60 W a 1 m d a c h. Die Türe rückt schon im einzelligen
Orchomenos I 42. Tsuntas 'Eyrjfi. äo%. 1885, ovalen Kaum möglichst von der Feuerstätte ab.
29. Die Frage, ob das Kuppelgrab auf dem Fest- Hire Stellung an der scharfgekrümmten Kurve an
länd oder in Kreta ausgebildet worden ist , läßt einem Ende der Längsachse führt konstruktiv zu
sich noch nicht endgültig entscheiden. Neueste geradlinigen Stirnseite (Pfuhl a. a. O. S47ff.).
Aufdeckung von Kuppelgräbern in Pylos, Athen. Das Dach wird darüber vorgezogen und auf zwei
Mitt. XXXII 1907 und XXXILI 1908, 295ff. Taf. oder mehr Stützen gestellt Dar«» entwickelt
15—17. sich hei größeren Abmessungen «in eigener Tor-
Die Eundhütten mit zylindrischen Wänden und räum.
Sechs vormykenische ovale Wohnhäuser in gel von Walmdächern gefunden worden sind, dio
Olympia nachgewiesen Athen. Mitt. 1898. 188ff., vielleicht zum Tempel des 6. Jhdts gehören-,
von denen zwei eine Quermauer zeigen, die einen Kawerau-Soteriades Antike Denkm. II
halbkreisförmigen Raum abtrennt. Das Oinomaos- Heft 5. 1 Taf. 49—53. Das Walmdach wird
H. (Olympia Ergebn. TT, 4) ist als ein letzter Eest späterhin bei einfachen Wohnhausern, das Sattel-
der ovalen Hausform noch als Kultraum erhalten dach beim monumentalen Stein- und Tempelbau
geblieben. Bei seiner Größe 10 : 18,5 m waren verwendet.
Innenstützen für das Dach nötig. Der Eaum war 3. Rechteckige Hausform, entwickelt sich
also zweischiffig. Paus. T 20. 3 erwähnt noch an vielen Orten und zu verschiedenen Zeiten
eine uralte erzumschiente Holzsäule, Werriieke 10 selbständig und verschiedenartig, Macken zie
Arch. Jahrb. 1894, 95. Bulle a. a. 0. 45. Ovales B. S. A. XIV 343ff. Altmaun Ital. Rundbauten
Grab mit Mittelstützen, also eine zweischiffige An- 16. Für die Länder am Mittelmeerbeckcn wird
läge, in Spanien, Montclius Orient und Europa 57, allgemein orientalischer Einfluß bei der Ter-
175; das genauer untersuchte nach Bulle a. a. 0. I 52. Noack Ovalhaus und Palast 45. Für die
49 vielleicht ein Versammlungsraum, ähnlich dem Selbständigkeit der Entwicklung des Rechteck-
"Nbrdflügel des Buleuterions von Olympia (Olymp. baus am Ägäischen Meere spricht die Verschieden-
II 76 taf. 55f. Pfuhl a. a. 307). ' Beide Bauten 20heit der jeweiligen Urzelle, d. i. des eigentlichen
bereits in historischer Zeit entstanden, uralte Wohnraums = Herdraums im primitiven H. In
vormykenische Form bewahrend. Griechenland ist eine vorherrschende Grundform
Das langgestreckte Oval mit gradliniger Stirne das Mcgaron: ein rechteckiger Raum mit nach
am einen, und mit gebogener Umfassung am andern Süden gerichteter offener Vorhalle; ein H. für
Ende der Längsaxe führt zum Apsisbau. Bulle ein Nordvolk, das Wärme braucht und einen
a. a. 0. 50. Vormykenisches Gebäude auf Paros. Herd in den Mittelpunkt des Baums stellt ; vgl.
Tsuntas '£V?/'- «o/. 1898. Abb. 9 u. 10, mit ab- Bulle a. a. 0. Im Gegensatz dazu ist es in
Vertiefung .„„ -_ -. ... . - ,.
o-efunden. Basis für Mittelstütze'? Kleiner Apsis- Herd aufstellt. Wegen seiner emer Maander-
bau in Delphi B. C. H. 1900. 142. Pomtow Z. linie ähnlichen Grundrißform mag seine Urgestalt
f. Gesch. d. Arch. III 185 Abb. 57. Wiegand Mäander-H. genannt werden, s. u.
Poros-Architektur. 159. Abb. 154 u.a. Für West-Europa geht nach Mackenzie a.
Die übliche Teilung des spitzovalen Grund- a. 0. die Verbreitung des Rechteckbaus vom
risses wird also in Griechenland mittels Quer- Mittelmeer aus entlang den großen Bernstein-
wänden erreicht. In dem breitovalen H. in Cha- und Zinnstraßen, Osteuropa behält die runde
maizi Siteia in Kreta aus der frühen Kamares-Zeit ,ostasiatische' Nomadenhütte bis in die römische
<Middle Minoan I) *E<pr}fi. olqx> 1906, 119. Taf. Kaiserzeit; Abbildungen an der Marcussäule in
7-11 ist eine mehr radiale Teilung und Grup- 40 Rom, Fortleben der Rundform in Italien, Alt-
pierung der Gemächer um einen mittleren Tecbt- mann a. a. 0. 17f.
«ckigen Hof versucht. Noack Ovalh. und Palast 4. Kreta. Zusammenfassende Literatur: A.
in Kreta, sieht in dieser Anordnung die Keime Evans Essai de Classification des epoques de la
zur Entwicklung des kretischen Palastgrundrisses. civilisation minoenne 1906. Fimmen Zeit und
Der Ovalbau von Chamaizi ist ein später Aus- Dauer der kretisch-mykenisch. Kultur 1909. Bur-
läufer der elliptischen H.-Form, die hier aus der rows The discoveries in Crete 1907. Aug. Mosso
absichtlichen Ummauerung der elliptischen Hügel- Palaces of Crete and their builders 1907 (wenig
kuppe mit einer Stützmauer entstanden ist. Ma- wertvoll). Karo im Vorwort zum 2. Bd. der
kenzie B. S. A. XIV. 415 nennt es ein freak. Antiouites erötoises von Maraghiannis 1907.
Es ist nur ein vereinzelter Versuch, der durch 50 Das einzellige H. in Magasä, B. S. A. XI
die Umstände veranlaßt war. kein Typus einer 263 fig. 2. B. S. A. XIV 443ff. fig. 2. Unregel-
H.-Form. Die von Xanthudidi s vermutete Zwei- mäßiges Rechteck, seitlich gelegener Eingang
geschossigkeit braucht nicht angefochten zu wer- mit eingebauter Schutzwand; erster Anfang zur
den. Die Dachbildung ist weder nach Noacks Abtrennung eines eigentlichen Eingangsraumes
Vorschlag a. a. 0. noch nach Bull es Meinung vom Wohnraum. Innere Raumgröße 6 X 11 rn.
a. a. 0. 126 annehmbar. Für Kreta ist das flache Decke ohne Stützen. Ähnlich das ebenfalls breit
Dach nachgewiesen : s. u. stirnige Ossuary in Kastri , B. S. A. X 202. XI
Der Ovalbau weicht dem Eechtecksbau, weil 271 fig. 4, 2. Die fast völlige Abtrennung des
seine innere Teilung unorganisch bleibt. Er hinter- Eingangs vom Hauptraum in der Form eines da-
läßt im Apsisbau die wertvollste Raumform und 60 vor gelegten schattigen Vorraums zeigt den Keim
im Walmdach eine dem Satteldach allerdings nicht der kretischen Grundrißgestaltung . Macken-
ebenbürtige Dachform. Eine Fortwirkung der Ge- zie B. S. A. XIV 365. Zeit nach Dawkins
statt eines langgestreckten ovalen H. ist zu sehen früh minoisch II (E[arly] M[inoan] II). Eine
in der langen, mit Adyton versehenen Cella des Verdoppelung desselben Typus in einem andern
griechischen Tempels in den ältesten sizilischen und Ossuary in Kastri, B. S. A. XI 275 fig. 4, 3.
unteritalischen Tempeln, Koldewey-Puchstein EM IIL Der Grundriß dieser einfachen Gebilde
die griechischen Tempel in Unteritalien and Sizilien, erinnert an die Form des ,Mäanders' und zeigt
«benso in Therxnon, Efpnn- «PJt- 19M, wo auch Zie- eiuen uralten typischen H.-Plan.
Haus
In der Art von Magazinen durch vier paral-
lele niedrige Zwischenmauern in fünf schmale
Kammern geteilt ist das Ossuary von Palaikastro,
B. S A. VIII 286if,, waht scheinlich mittelmi-
noisch I (M[iddle] M[inoan] I).
Gourniä. H. B, Hawes Goimaiä Vasiüki
and other prehistorio sites 011 the Isthmus of
Hierapetra Crete, Philadelphia 1909, Beste einer
ganzen dicht behauten Stadt: die H. lassen
die verschiedensten Gruppierungen von Wohn- 10
räum, Korridoren, Magazinen, Treppenhäusern
erkennen, aber keinen besonders auffallenden
H.-Typus. Meist führt vom Straßeneingang ein
Korridor zum kleinen Hof, an den sich je nach
Baum und Große die Gemächer anschließen (A n),
oder von dem aus durch einen weiten Kor-
ridor auch noch rückwärts liegende Bäume zu-
gänglich sind (Cb); diese mehrfach mit Fenstern
nach der hintern Gasse (Cb, Ao) oder nach
Zwischenhöfen (A c). Es sind nur die Unterge- 20
schösse erhalten, die sich ungemein natürlich
mit Stockwerkstorrassen dem Abhang anpassen.
Die älteren Teile zeigen Mauern aus kleinen
Bruchsteinen mit Lehnmiörtel verband und star-
kem Kalkputzüberzug (Haus A). Zur Verstärkung
dienten eingelegte Holzriegel und Pfosten aus
Holz; für die Obergeschoß mauern waren Luft-
ziegel (keine gebrannten Ziegel, Dur in Handb.
d. Arch. II 37) verwendet, S. 28. Decken be-
standen aus Bohr mit Lehm seh lag. Die sog. 30
Zyklopische Bauart mit größeren Bruchsteinen tritt
erst in der spätminoischen Zeit auf. Am Palast
(G 1 — 33) an hervorragenden Teilen Quadermauer-
werk, das mit Stuck bedeckt war. Im erhal-
tenen Untergeschoß des Palastes Magazine. Auf
der Oststseite des Zentralhofes eine Halle mit
quadratisch gemauerten Pfeilern, die mit Holz-
säulen auf Steinhasen abwechseln. Genauer Plan
nicht mehr erkennbar. Die Obergeschosse fehlen.
Auch in verschiedenen Privat-H. Fd 14. Da 3 40
und Eh (LM III) Steinbasen für einzelne Hof-
säulen.
Vassiliki in Hawes Gourniä PI. XII und
Seager Transactions Department of Archaeol.
üniversity of Pennsylvania I 3. 213—221 (mir
unzugänglich). Nach den Funden EM Ansied-
rang; aus der ältesten Periode EM II keine H.-
Grundrisse erhalten, aus der folgenden nur dürf-
tige Mauerreste von rechtwinkligen H. Erst
die dritte Periode (PI. XII bei Hawes Gour- 50
nid) zeigt entwickelte mehrzellige H.. deren
Kaum Verteilung aber nach dem gegebenen Plan
nicht deutlich ist Nach einem Umbau erscheinen
die Beste der 3. Periode um einen Hof grup-
piert* untergeordnete Bäume gebildet zu haben,
ohne Zugang von außen, nur erreichbar aus
einem aus den Funden nachgewiesenen Ober-
geschoß von oben herunter; vgl. dazu Tsuntas
Mykene 44. Auch hier bestanden die Obennauern
aus Luftziegeln mit Lehmmörtelverband undtiO
Holzriegeln (Längsriegel 10 X 10 cm, Querriegel
5 xr 5 cm Querschnitt) und die Decken über den
Balken aus Bohr mit Lehmschlag. Die jüngsten
dürftigen H. -Reste stammen aus dem Ende der
EM-Zeit.
Pseira. Arch. Anz. 1908, 125. Journ. helL
Statt XXVH 1907, 291; photogr. Ansicht in An-
tiquites CnStoises H Tal XV— XVH (ohne Plan),
2528
frühminoische Ansiedlung, in MM-Zeit blähen-
des Städtchen bis LM IE. In der spätminoiseher*
Zeit LM III verschwindet es. Ziegelmauern bis-
her nicht nachgewiesen.
Palaikastro (B.S.A. VIII 286ff. IX 274f
pl. VI. B. S. A. XI 258—260. 272ff. pl. Vüf
— XIV), städtische Ansiedlung an schmalen, zum
Teil rechtwinklig sich kreuzenden Straßen ■ viel-
räumige Wohnhäuser, besonders Block ß und v.
Straßenfassaden durch schönes Quadernmauer-
werk mit Vor- und Rücksprüngen absichtlich ar-
chitektonisch gegliedert bei H. y und 3. Eingang
von der Straße meist mit Vestibulum, tiefer
Türnische, dahinter korridorartiger Raum und
dann der Hauptraum mit Lichthof, der bei
Haus ß und ö einem Säulenperistyl ähnlich ist.
Die übrigen angegliederten Räume enthalten
meist nur Keller, Magazine und Treppenhäuser
zu den nicht mehr erhaltenen Obergeschossen
(Block x 51—56, % 10-17). In Block y 1-9
(B. S. A. XI 272ff. fg. XI1T. LM HI) Sänlen-
vorhalle am Eingang. Die Einzel-H. sind meist
größer und bedeutender als in Gournia. Da-
tierung: Nach einer Katastrophe am Ende der
MM Periode beginnt die Bebauung langsam
wieder in der LM I-Periode, B. S. A XI Plan XH
und XIII (Übersichtspläne). Die genannten be-
deutenden H. stammen erst aus der LM II- und
LM HI-Periode, als der Westteil der Stadt be-
reits verlassen war. Von den altern Schichten
(EM und MM) nur unzusammenhängende Grund-
risse in Block x aufgedeckt, die keine klare Vor-
stellung von den frühern Bauten geben, den
spätem aber technisch verwandt sind, B. S. A.
XI Plan X. In allen Ilaumgruppierungen fällt
immer wieder die beliebte Anordnung auf, eine
Kammer durch einen Vorraum so zugänglich zu
machen, daß der Eintretende vom Vorraum aus
nur mit einer Drehung von 00 ° den Hauptraum
erreichen kann (Maeandermotiv).
Zakro (Jonrn. hell. Stud. XXII. B. S. A
Vn 121 Plan III), H. aus LM-Zeit, meist nur
in Untergeschossen, an den Berg angebaut, er-
halten. Haus A mit Pfeiler für Treppe und obern
Umgang im Hof. Haus G : Am Eingang ein Vesti-
bulum mit einer Säule (erhaltene Steinbasis mit
30 cm Durchmesser), hinter der Türe ein
ca. ,
Vorplatz, dann der Innenhof, umgeben von Ma
gazinen und Nebenräumen, welche zum Teil vom
Obergeschoß zugänglich waren. Haus I, unüber-
sichtlicher H.-Plan, ebenfalls ursprünglich mit
Vestibulum, daneben und um den Hof kleine
Kammern und Magazine und ein mit bemaltem
Stuck ausgestatteter Raum (5), bei (10) vielleicht
eine Küche.
Mochlos, Journ. hell. Stud. XX VH 1907,
291. AIA XIII 1909. Antiquites Cretoises II
Plan 1 und II (photographische Ansichten). Ein
veröffentlichter Grundriß in AIA XJH gibt ein
Teilstück eines sehr entwickelten H.-Planes, aber
kein verständliches Bild der Anordnung der
Räume. Nach den Funden LM L
Palast in Knossos. Ausgrabungsberichte
von Evans in B. S. A. VI- XL Zusammen-
fassende Aufsätze von Mackenzie Oretan pa-
laces. B. S. A. XI— XIV. Dörpfeld Athen. Mitt.
XXX 257C und ebd. XXXII 576ff. Plan: VH
PI. I. Vm PL I, Teilplan vom Westhagel und
2529
Haas
Haus
2580
theatral area X 38 flg. 13. Theatral area: XX
99f. flg. 68. 69. Nördlicher Eingang: VII 68
fig. 22. 23. VIII S fig. 2. 3. Bad an der Nord-
seite: VT! 60f. fig. 18. 62. Nordöstliche Teile:
VH 72f. Vin 93. Ostbastion: VUI 110 flg. 67
—69. Östliche Teile: olive press. VII 82; hall
of double axes VLT 110 fig. 33—36, zum Teil
falsch rekonstruiert, VUI 39ff. fig. 22. 23. 29.
30. Korridor: VLT 99. VLTI 34. Treppenhaus:
die altern Magazine lagen (zum Teil freigelegt E5
auf Plan Mon. d. Line. XIV Taf. XXVLT und unter
B69). Der Zentralhof mit seiner geschmückten
Nordwand und dem großen Korridor, und die Licht-
hofanlage beim Nordmegaron (E 50 auf dem ge-
nannten Plan) gehören wahrscheinlich auch der
frühern Periode an (B.S.A. XI 181ff.). Dem spätem
Bau gehört der große Westeingang mit der mäch-
tigen Freitreppe, dahinter der Lichthof (69) und
VII 102. VUI fig. 29. 30. Modern restaurirt XI 10 die anschließenden Gänge und Treppen, die Ma-
23 fig. 12. Photogr. Aufnahme in Noack Bau-
kunst d. Altertums Taf. 7 Zentralhof: X 26
fig. 9 Plan 1. Throngemach (Badezimmer): X 29.
32 fig. 10. 33. Südosthaus : IX 3ff. fig. 1 . 2. 5. House
of fetish shrine: XI 2ff. fig. 8. 4. Villa beim Palast
IX 130ff. Taf. 1 fig. 89. Ältere Teile auf noch
älteren Wohnschichten aus neolithischer und früh-
minoischer(EM)-Zeit, B. S. A. XIV 4431, von denen
jedoch keine Mauerzüge nachgewiesen sind. Die
älteren Teile der heutigen Palastruine reichen in 20 Mackenzie ebd. 212.
gazine 27—36, das große Peristyl (R 74) und die
neue Westwand des Zentralhofs. Dörpfelds
Hypothese von einer achäischen Konstruktion der
Jüngern Palastteile Ath. Mitt. XXX 1905, 257—297
ist von Noack Ovalhaus und Palast 16 und von
Mackenzie B.S.A. XI 181ff. überzeugend wider-
legt. In beiden Bauzeiten sind die Hauptzüge der
Anlage, der Bauformen und Technik gleich. Funda-
mental unity and continuity of architecture style,
mittelminoische Zeit zurück (MM I und MM LT)
und zeigen im wesentlichen bereits dieselben
architektonischen Gebilde wie die Teile der spät-
minoischen Zeit (LM). Dem älteren Palast ge-
hörten an: Der Westhof, daran anschließend das
Westportal mit seiner Einsäulenfront; der ganze
westliche Palastteil in seinen tiefern Schichten,
B. S. A. XI 20; das sog. Throngemach mit dem
unter einem Lichthof tieferliegenden Bad (MM II.
HagiaTriada. Plan : Instituto Lomhardo XXI
Taf. L B.S.A. VIII I. Athen. Mitt. XXX 1905, 270.
Noack Ovalh. und Palast Abb. 5 und Mon. d.
Line. XIV Taf. XXVLTL Photographische An-
sicht von R6 in Noack Baukunst d. Altertums
Taf. 16 C. Eivista dltalia 1903, s. o. Phaestos.
Älteste Fundschichten MM II und III. Zu den
altern Teilen gehörten der Nord- und Ostflügel
mit ihren Pfeilersälen und Lichthöfen. Zeit wahr-
B. S. A. XI 211); der große Zentralhof, dessen 30 scheinlich LM I. Die Gestaltung der Säle ent-
Westrand mit Vor- und Rücksprüngen etwa 1 m
hinter der späteren stand, B. S. A. X 26 fig. 9
Plan 1; das Nordostquartier mit der Nordost-
halle, B. T. Vm PI. (Ende MM zerstört); die
mächtige Mauer der Ostbastion, die hinter einer
später davor gebauten in Charakter und Aus-
führung gleich ist, B. S. A. XI 190. Der ganze
westliche und nördliche Palast und die beiden
Höfe stammen also aus der MM-Periode. Die
Restauration nach einer Zerstörung sowie spätere 40 sicher noch mykenisch.
spricht dem ausgebildeten Typ der spätem Periode
der Paläste von Knossos und Phaestos (Burrows
84. Evans Essai de Classification). Die jüngere
Schicht ist nicht, wie in Phaestos und besonders
in Knossos, auf dem altern Palast unter Benützung
seiner Mauern und Räume aufgebaut, sondern
völlig selbständig; es sind große Substruktionen für
einen rechteckigen Hauptbau (A), kleinere Gebäude,
eine Säulenhalle (36); nach Inst. Lomh. XXI 270
Umbauten lehnen sich in Knossos an den alten
Bestand. Die Zutaten sind mehr nur Ergän-
zungen und Erweiterungen, Burrows 81: am
Zentralhof die neue Westwand mit dem Vor-
raum zum Throngemach; der Südwesteingang,
Umänderungen in den Magazinen (B. S. A. IX
fig. 15. 16. X 34), im Westhof, B. S. A. X 18
fig. 7. Die Errichtung des .Theatrons' (älteres an
seiner Stelle fraglich) und die ganze Südostanlage
Zusammenfassung: Typische Form zeigt der
Pfeilersaal: Noack Hom. Paläste 51f. Dörp-
feld Athen. Mitt. 1905, 273f., bis jetzt nur in
den Palästen nachgewiesen; äußerst anpassungs-
fähiges Raumgebilde, fremder südlicher Ursprung
nicht wahrscheinlich. Wände zum Teil in Pfeiler
aufgelöst, die Zwischenräume als Türen zum Ver-
schließen ausgebildet. Vor seinen Pfeilerwänden
stehen Säulenvorhallen, die sich ins Freie, nach
dagegen erscheint neu: das große Treppenhaus, 50 einem Hof oder nach einem Lichthof öffnen. Der
die Lichthöfe in Verbindung mit dem ,Queens'-
megaron, und der ,Hall of double axes' usw.
Aus der späteren Palastzeit stammt auch das
kleine Südosthaus und die königliche Villa.
Diese späten Bauwerke sind architektonisch am
besten durchgebildet und zeigen die typisch
kretischen Raumformen: Pfeilersaal, Lichthof,
Säulenvorsaal in verschiedenen Gruppierungen.
Phaesto s. Plan : Mon. d. Line. XII Taf. II ; XIV
Pfeilersaal ist erst in Verbindung mit diesen Hallen
ein Ganzes und erscheint dann als vornehmster
Wohnraum. Die Beleuchtung geschieht also in-
direkt. Ausstattung mit feinstem Stuckbelag auf
Böden und Wänden.
Lichthöfe wohl hauptsächlich durch die Mehr-
stöckigkeit der Bauanlagen veranlaßt (Noack
a. a. O. 62), meist klein, mit Stuckboden, Wasser-
ablauf, Wände in Quadermauerwerk (B.S.A. XI
Taf. XXVH. Athen. Mitt. XXX Taf I. B.S.A. 60 193), dienen zur Beleuchtung verschiedenster
XL PL V; Teilplan Noack Ovalhaus und Palast
Abb. 3; Zentralhof. Mon. d. Line. XIV 363 Fig. 13.
Taf. XXLX 2. Rivista d'Italia 1903 Nov.-Heft
L. Pernier H palazzo, la villa e la necropoli di
Festo. Älteste Teile des Palastes aus der MM-Zeit :
Das Theatron im Westhof, die Emsäulen-Portikus
am Sudende des Westhofs, B.S.A. XI 181, die
alte weit vorgeschobene Westfront, hinter welcher
Pstüj-WlMKmft-Kron TU
Räume (B. S. A. XI 208), Treppenhäuser, Pfeiler-
säle, Korridore, Exedren, Bäder usw. Die Räume
öffnen sich gegen die Lichthöfe mit einer Säulen-
stellung, meist ein oder zwei Säulen, je nach Größe
des Raumes. Lichthöfe schon in der altern Bau-
periode der Paläste gebräuchlich. Knossos Thron-
gemach B.S.A. X 29, Phaestos R 50, in den spätem
Bauanlagen reichlich angewendet
80
2531
Haus
Hans
2582
Säulenhallen als Vorhallen vor den Pfeiler-
sälen, als gedeckte Hallen und Übergänge eben-
falls in der spätem Bauzeit der Paläste reichlich
vorkommend. Aus der frühen Zeit die Nordost-
halle in Knossos, B. S. A. VII 75. XI 210, Vorliebe
für Säulenstellungen in den spätem Palastteilen
auffallend; technische Begründung Athen. Mitt.
XXX 272f. In Hagia Triada vermutlich ein
Peristyl, R9; vgl. Noack a. a. 0. Abb. 4 (Er-
gänzung jedoch unsicher) und wahrscheinlich auch 10 kene. Durm ebd. Gesims : ältere Form: Rtmd-
und Taf. II. Erhaltener verkohlter Holzschaft,
Durm Österr. Jahresh. X 41. Verzierung der
Schäfte wahrscheinlich ähnlich wie in Mykcne an
der großen Tholos, Perrot Hist. de Tart VI 631ff.
Kannelierung in der Art von Bündelsäulen in
Knossos, Hause of the fetish shrine. B. S. A. XI 1.
Kapitelle : doppelter Wulst mit Einziehung, darüber
Abakus, nur aus den genannten Abbildungen be-
kannt; vgl. auch Kapitell der Ätreustholos in My-
in Phaestos R74. Im ,House of fetish shrine 1
um den Lichthof an drei Seiten Säulen, zum Teil
direkt vor die Mauer gestellt; B. S.A. XI 1, Abb. 3.
Tendenz zur Symmetrie (Noack a. a. 0. 15),
Säulenhallen auch an den Torbauten. Knossos;
südwestliches Tor. Phaestos (3). Ältere Einsäulen-
portikus-Form auch an dem spätem Prachteingang
von Phaestos (67). Rückwärts gegen den Lichthof
dann drei Säulen. Torbauten nicht selbständige
balkenköpfe über Arehitravbalken, B. S. A. VIII
Fig. 8 und 9 ; jüngere Form : rechtwinklige Bal-
kenköpfe, Journ. hell. Stud. 1901, 193, Taf. 5,
Kultbau. Holzsäulen und Holzgebälk fügen sich
organisch in die gemischte Bauweise. Den entwickel-
ten Steinbau kennt die kretische Baukunst nicht.
Mauern: älteste Vassiliki EM II aus kleinen
Lesesteinen mit erdigem Mörtel, erst später Lehm-
mörtel. Verstärkung der Mauern durch hölzerne
Gebäude, sondern im engsten Anschluß an die Ge- 20 Längsriegel und Querhölzer schon EM II oder III
samtanlage; vgl. auch den Türeingang in Zakro
Haus G.; s. o. Noack a. a. 0. 8. Reiche Mannig-
faltigkeit in der Gruppierung der Räume um einen
Hof, vielfach vor- und zurückspringende Außen-
mauern, kleinere Lichthöfe, bescheidene Torein-
gänge sind Kennzeichen der altem Palastgestaltung.
Starkes Streben nach durchgehenden großen Linien,
nach symmetrischer Gestaltung, reiche Verwendung
von Säulenhallen, hinter welchen luftige und doch
in Vassiliki und von da an bis in die Spätzeit
üblich, sowohl bei Luftziegel- als bei Bruchstein-
mauern, B. S. A. VII 106 Fig. 32. Gournia—
Vassiliki s. 49. Mauern aus großen Bruch-
steinen sauber ausgezwickt, Gournia. Quader-
mauern von Kalk und Gipsspat in MM II be-
ginnend, besonders für Außenmauern und bei
Lichthöfen angewendet, Knossos, Phaestos usw.
Holzklammern zur Verbindung einer zweihäuptigen
verschließbare Räume liegen, die Ausbildung von 30 Gips spatorthostaten wand in Knossos. B. S.°A.
Vor- und Hinterhallen an den Toreingängen
(Knossos Südtor, Phaestos [67]) zeichnen die An-
lagen der spätem Paläste aus. In bescheidenem
Verhältnissen bestätigen diese Entwicklung die
aufgedeckten Privat-H. der städtischen Ansiede-
lungen in Gournia, Palaikastro und Zakro. Alle
kretischen Bauanlagen zeigen die Gruppierung
der Räume um oder an einem Hof; ein bestimmtes
typisches Raumgebilde, an das sich der Organis -
XI 22 Fig. 11. Obergeschoßmauern meist aus
Luftziegeln mit Lehmmörtel. Gebrannte Ziegel
kommen nicht vor, leichtgebrannte (?) in Zakro,
B. S. A. VII 121, oder aus kleinen Bruchsteinen
ebenfalls mit Riegelwerk. Decken und Dach über
großen Baumstämmen und rechtwinklig behauenen
Balken aus Rohr und Zweigen mit starkem Lehm-
estrich, B. S. A. IX UOff. Tat I königliche Villa,
Gournia PL I 2 und Phylakopi in Melos. Kretische
mus des H. anschließt, besteht aber nicht. Die An- 40 Mauer konstruktion spiegelt die Fassadendekoration
Wendung von Korridoren zur Bildung vielräumiger wieder, Bulle Orchomenos I 81ff. Fayenceplätt-
Anlagen tritt jedoch auffallend hervor; dabei er-
scheint die Urform des uralten Wohnraums (s. o.)
als Grundgedanke in der Entwicklung des viel-
räumigen H.; die Elemente und Ansätze zur
Bildung des Pfeilersaals und seiner Vorhalle bis
zur Erfindung des Peristyls von Phaestos (74)
hat die schöpferische Eigenart des kretischen
Volks (Furtwängler Deutsche Rundschau 1908,
242) aus demselben Motiv entwickelt. Man braucht 50 aus Quadermauerwerk. Die H. haben flache Dächer
Fayenceplätt-
chen aus Knossos, B.S.A. VIEL Fig. 8 und 9, mit
H.- Darstellungen zeigen Fassaden mit Rundholz-
einlagen und mit kantigen Riegeln, beide vorzugs-
weise im Horizontal system verwendet (im Gegen-
satz zum nördlichen stehenden Riegelwerk), — dar-
aus die für den Süden überall so charakteristische
horizontale Sehichtenstreifung als Dekoration ent-
standen (bis heute noch üblich) — und Fassaden
nicht eine fremde vorbildliche Form für den Pfeiler-
saal anzunehmen (Noack 63), Weder Ägypten
noch Babylonien zeigen verwandte Saalformen.
Bauformen und Technik. Säulen aus Stein:
nur kleinstes Bruchstück gefunden in Knossos im
Bad an der Nordseite ; ebd. auch eine tellerartige
Steinbasis, nach der Art ägyptischer Säulenbasen.
B. S. A. VII 61. Abbildungen von Steinsäulen auf
einem Steatitgefäß von Hagia Triada; die Kapi-
mit bedeckten Treppenaufgängen. Über kretische
Fassaden Bulle Orchomenos 1 74ff. Taf. XXVIII 1.
Noack Hom. Paläste 78. Über Innendekorationen
B ulle a. a. 0. 81 ff. Noack Ovalhans u. Palast 37.
5. Inseln. Phylakopi. Excavations Journ.
hell. Stud. Suppl. 4.* Städtische Ansiedlung: ältere
Schicht zerstreute H., meist schiefwinklig, ein- oder
zweiräumig aus kleinen Steinen mit Lehmmörtel ge-
baut -~ Kykladenzeit. Zweite Schicht mit systema-
telle haben die Form eines viereckigen umsäumten 60 tischer Bebauung an Straßen, Mauern aus Kalkstein
Abakus. Österr. Jahresh. X 78 fig. 25. Säulen aas
Holz : wahrscheinlich mit geringer Verjüngung nach
unten (Durm s widersprechende Darlegung, österr.
Jahresh. X 41, nicht überzeugend). Als Basis
dient entweder runde Vertiefung in Steinplatten
(Knossos Treppenhaus) oder glatte runde Auflager-
platte (in Phaestos, Hagia Triada). Ansichten von
Sänlen auf Fresken von Knossos: B. S. A. X 42
und Basalt, meist zwei Fuß stark, mit Kalkmörtel ver-
putzt. Wechselnde Grnndrißformen : meist tiefer
Hauptraum, entweder mit rückwärtigem Baum,
Fig. 31, oder mit vorgelegtem Korridor, Fig. 27,
mit Vorraum and seitlichem Korridor als Zugang
zu einem geteilten Hinterraum, Fig. 32, schon
fast an ein Megaron erinnernd ; a. n. Arne. Fen-
ster nirgends nachgewiesen, obschon die Mauern
2538
Haus
Haus
2584
bis zu 2,3 m Hohe anstehen. Decken aus dünnen
Holzbalken, darüber Rohrbelag mit Lehmestrich.
Davon Stücke gefunden, Fig. 41. Dritte Stadt-
schicht mit geradlinigen, zum Teil sich recht-
winklig kreuzenden Straßen. H.-Grundrisse nicht
klar, meist auf älteren Mauern errichtet — viel-
fach nur Untergeschosse, Fig. 48 vielleicht Me-
garon, Fig. 49 und 50 der ,mykenische Palast* mit
Megaron, aber ohne Säulen ; anschließende Korri-
dore und Nebenräume ungenügend dargestellt. Da 10
<rleichzeitige3 vom Altern und Jüngern graphisch
nicht getrennt ist, erscheint die Gesamtanlage
unklar. Mackenzies These von der Entstehung
■d. Megaron, B. S. A. XII 251f. daraus entwickelt;
s. u. Nur in zwei H. Basen für Säulen gefunden.
Therasia (Thera) unter der Bimssandschicht
großes mehrzelliges H., Fouque Santorin, Paris
1879, 96f. Per rot- Chip iez Hist. de l'art VI
135ff. Tsuntas-Manatt Mycenaean age 237.
Zwei tiefe parallele Bäume C D durch Türen ver- 20
bunden unter sich und mit Nebenkammern E F.
Kleine Fenster, 0,6 m hoch, 0,5 m breit, 1,0 m
über dem Boden in D und E. Vor diesen Bäumen
ein Gemach A mit kleiner Erweiterung B. In
A eine Säule, die das Zeltdach über diesem Baum
gestützt haben soll! ? Die Anlage ist nicht völlig
freigelegt und ungenügend dargestellt. Zeit nach
Funden lokaler Vasen, Fouque PL XL— XLII,
etwa MM IL
Zweikammerhaus auf Thera, Fouquö ebd. 30
breitstirnig mit rechtsliegcndem Eingang. Wände
mit Kalkputz, einfach ornamental bemalt, nach
den Funden spät mykenisch.
Auf Syros, 'EwP- äg^. 1899, 118 und auf
Paros ebd. 1898, 168 Abb. 9 nur geringe Reste
von vormykeni sehen, anscheinend meist zweiräu-
migen H. In Paros dabei zwei Steinplatten mit
tiefer runder Einlassung für dünne Holzpfosten
gefunden.
6. Troia (Dörpfeld Troia u. Ilion Ergebn., 40
Athen. 1902. Schliemann Troian. Altertümer,
Leipz. 1874; ders, Ilios, Leipz. 1891; Jahrb. XI
1216f.). Älteste Wohnschicht mit schiefwinkligen
JVIauerzügen ohne erkennbare Form weder der
Gesamtanlage noch eines Einzel-H. In der zweiten
Schicht die , Megaron gruppe' Dörpfeld a. a. O.
Fig. 23. Drei parallel nebeneinander stehende
langgestreckte schmale Gebäude mit offener Vor-
halle an der gegen den Hof gekehrten Schmal-
seite, Abb. IIA, IIB und IIE. Die Gestalt der 50
rückwärtigen Hallen nirgends mehr zu ermitteln.
Mauern im unteren Teil aus unbearbeiteten Feld-
steinen mit ausgezwickten Fugen, im Aufbau aus
laftgetrockneten Lehmziegeln mit reichlicher Ver-
stärkung durch horizontale Riegel und Querhölzer;
Mauer stirne durch vorgestellte senkrechte Holz-
pfosten verkleidet, Dörpfeld ebd. Fig. 26 — 29.
Der Hauptsaal vom IIA etwa 10,2 m breit und
mit ca. 1,4 m starken Mauern, nach Dörpfeld a.
a. O. 85 mit horizontalem Erddach bedeckt ; die 60
angegebene Begründung ist nicht beweisend.
Stützen nicht nachgewiesen, fehlten also wahr-
scheinlich. Reste vom Lehmestrich der Decke
mit Schilfrohrabdrücken gefunden. Zeit: etwa
gleichzeitig MM II (Kamares). Die dritte Schicht
zeigt in dem am besten erhaltenen sog. H. des
Stadtoberhaupts eine mehrzellige H.-Forro, die
an das hettitische Chilani erinnert. Dörpfeld
ebd. Taf. IV. Auch die übrigen H.-Eeste scheinen
vom Typus des Megarongutshofes (Noack Ovalh.
und Palast 45) abzuweichen.
In der VI, Schicht ist der Megarontyp gegen
Schicht II verändert — breitstirniges kürzeres
H. mit Vorhalle, ob mit Säulen ist unbestimmt,
aber fast wahrscheinlich. VIA breites Megaron;
sorgfältig gefügte Bruchsteinmauern im Unter-
bau, Aufbau aus kleinen Steinen; in VIB zer-
sprengte Steinbasis für eine Holzsäule. VI E und
VIF einräumige H., vielleicht mit VI C zu einem
Gebäudekomplex gehörend. Mauern von VIE an
den Ecken quaderähnlich gefügt (Abb. 62 Beil.
25). VIC Fig. 63 schmaler zweischiffiger Raum
mit mittlerer Stützen Stellung. Eine Säulenbasis
Fig. 64 in situ. Nach Dörpfeld ein Tempel,
weil keine Feuerstelle nachgewiesen ist. VIM
mehrzelliges H. in | |form, mit kleinem Hof,
Fig. 57 und 58. Verbindung der Räume unter
sich unbekannt. Die Bauten der VT. Stadt sind
an radialen Gassen konzentrisch um den ehe-
maligen Mittelpunkt angelegt, daher sind viele
Räume trapezförmig statt rechteckig. (S. u.
Aegüia). Neben dem kurzen breiten Megaron
VIA und VIB tritt also der lange zweischiffige
Saal VIC, wahrscheinlich ebenfalls mit Vorhalle
und der vielzellige 1 | förmige Typus mit ein-
geschlossenem Hof auf j dazu kommen noch lose
nebeneinandergestellte Einzel-H. Über die Be-
dachung ist auch hier nichts bekannt, s. unten.
Zeit der VI. Stadt etwa LM I— IL
7. Griechisches Festland. Neolithische
H. in Thessalien (Tsuntas AI Jt^oi'aroQixal
axQOttöXsts tov A i^iTjvtov xai Eeönkov, Athen. 1908).
Zwei städtische Ansiedlungen mit mehrfachen
Ringmauern. Älteste Hütten: Holzgerüst mit
Rohr- und dickem Lehmbelag (SÖQcooig) S. 77.
Abb. 13 — 16. Durchmesser der in den Boden
gesteckten Ständer etwa 12 cm. Lehmfragmente
mit Rohrabdruck und Spur eines schrägen Giebel-
abschlusses. Neolithische H. : annähernd recht-
winklig, in Sesklo Taf. III 38 ganz in Stein mit
Lehmmörtelverband; ebd. Taf. III 37. Haus mit
Vorhalle, die durch Vorziehen der seitlichen Wände
gebildet wird, breitstirnig wie Megaron VIA in
Troia. In einer jüngeren neolithischen Schicht be-
reits der ausgebildete Megarontypus, entstanden
durch Addition eines zweiten breitstirnigen Ge-
machs zum ursprünglichen Megaron A ebd. S. 50.
Abb. 9 mit der schon üblichen Vorhalle; lichte
Weite zwischen den Anten 6,35 m. Zur Unter-
stützung des Daches in der Vorhalle und im Haupt-
rauni waren Stützen in den Boden gesteckt, nicht
auf Plinthen eingelassen oder aufgestellt, a. a. O.
Sp. 89. Ähnlich H. Abb. 18 und Taf. III 1-6 mit
bloß vermuteten Stützen in der Vorhalle, und drei
ebenfalls in den Boden gesteckten Stützen im
Herdraum (lichte Kauinbreite 8,5 m). Der Herd
ist hier und in Megaron B in Dimini (S. 60)
aus der Mitte des Raumes abgerückt. Hinter
dem Hauptraum ein kurzes Gemach ohne Stützen,
— Schlafraum — ob durch Fenster erleuchtet,
ist unbestimmt. Reste einer offenen Hinterhalle
am H. Taf. III 1—6 und Abb. 18 und 21. Dort
auch der Nachweis einer bestimmten Absichtlich-
keit in den Maßen der Zimmergrößen. Mauern
durchweg ans kleinen Steinen mit Lehmmörtel-
verband und LehmTerputz, oft 3—5 cm stark.
In Orchomenos (Bulle Orchomenos I 53ff.) t
mehrzellige rechteckige Bauten von kleinen Ab-
messungen aus der älteren mykenischen Schicht,
ohne erkennbare Grundrißanordnung. Mauersockel
aus Bruchsteinen, darüber Lehmziegel wände, Wand-
te wurf aus Lehm mit weißem Kalküberzug.
Arg os (Bull. hell. XXXI 139 pl. V). Prä-
historische Ansiedlung auf der Aspis; kleine recht-
winklige H. (B) mit Quermauer, megaronähn-
Einzel-H. südlich vom Gräberrund: ein Mega-
ron mit seitlichem Korridor und Anbauten, ohne
Innensäulen. Westlich ein dreiräumiges H., ver-
mutlich nur Untergeschoß ; Zugänge vom fehlen-
den Obergeschoß aus, Tsuntas S. 43. Einzel-
heiten fehlen.
Palast von Arne auf der Insel Gla im Ko~
paissee (Bull. hell. XVIII 1894, 271 Taf. XL
Athen. Mitt XIX 1894, 4221 Noack Hom.
lieh, ebenso (E); alle langgestreckt, aber kein typi- 10 Paläste, Lpz. 1903 Abb. 9), spätmykenische An-
scher Megarongrundriß.
Aegina (*E<p. Ao%. 1895, 243 Fig. 2, 3);
jüngere mykenische H.-Anlagen unvollständig
untersucht. Bayrische Ausgrabungsresultate noch
nicht veröffentlicht: Am Orosgipfel meist zwei-
räumige H., an radialen Gassen auf der Südseite
der Berglehne in Terrassen angelegt; vgl. Troia
VI. Mykenische Schachtgräberzeit nach Fund von
einem goldenen Kettenglied. Unter dem Aphro-
lage, aus zwei im rechten Winkel zueinander
angelegten Flügeln bestehend, mit ausgebildetem
Korridorsystem. Ein Hauptkorridor läuft längs
der beiden Bauteile, dahinter ein zweiter, durch
Türen verbunden, an welchem die zum Teil noch-
mals doppelt gesicherten Kammern liegen. Die
von Noack 23 betonte Kaumgruppierung in bei-
den Flügeln ist auffallend, indes läßt sich die
vermutete Lehre von der Wirkung der Richtung
diteheiligtum am Hafen ebenfalls vorwiegend zwei- 20 des Hauptraums auf die Nebenräume durch die
räumige mykenische und vormy kenische H. auf-
gedeckt. Mauern aus kleinen Steinen mit Lehm-
mörtel höchst dürftig. Kleine Türen mit starker
Verengung nach oben. Ähnlich Phylakopi II,
nirgends ein Megarongrundriß.
Palast von Tiryns (Schliemann Tiryns,
Leipzig 1886. Schuchhard Schliemanns Aus-
grabungen, Leipz. 1890. Perrot-Chipiez Hist.
de Part VI PI. VIII. Athen. Mitt. XXX 151.
Notwendigkeit, sämtliche Bäume unter ein durch-
gehendes Dach zu bringen, erklären; die von
ihm auf Abb. 9 als Megara gekennzeichneten
Räume an den Enden der Flügel sind keine sol-
chen; seine Abb. 9 ist willkürlich. Die Ruine,
in die Befestigungmauer der Insel eingeschlossen,
mit ihr entstanden, ist vielleicht als das Unterge-
schoß eines luftigeren Aufbaues — die vorhandenen
Räume können nicht als Wohnräume bezeichnet
XXXII lff.), über den Resten eines älteren und 30 werden; eine architektonische Ausstattung wie in
mit den späteren Palästen von Knossos und
Phaestos etwa gleichzeitigen Baues; darunter noch
ältere Schicht aus der Kamareszeit. Auf engem
Hügelplateau angelegt, mit zwei parallel neben-
einander liegenden Megara, das große an ge-
räumigem Vorhof mit eigenem Propylon, das
kleinere mit engem Hof und gesondertem Zugang
vom Haupttor aus. Gänge und Neben räume um-
schließen sie unregelmäßig und bilden eine äußerst
den Palästen ist nicht nachgewiesen; primitiv
bemalte Stuckrestc in den Räumen D und F 1 be-
weisen nichts — oder als Nutzbau anzusehen,
der mit stark gesicherten Speicherräumen, einigen
zum Wohnen oder Bewachen eingerichteten Ge-
lassen und mit Türmen an beiden Enden ausge-
stattet war. Außenmauern aus grob zugerichteten
Blöcken mit guter Fugenanordnung in Lehm ge-
legt mit dünnem Auftrag von Kalkmörtel ; Innen-
umständliche Verbindung zwischen beiden. An 40 mauern aus kleinen Bruchsteinen mit Lehmver-
den Gängen öfters Kammern mit doppelter Tür-
wand.
Die Form des großen Megaron ist erweitert
durch eine in die tiefe Vorhalle eingeschaltete
Türwand, nach der Art kretischer Pfeilersäle.
Über den Einfluß kretischer Baukunst auf das
Festland Noack Ovalh. u. Pal. 35. Der fremde
Einfluß zeigt sich auch in dem Bestreben, den
Baukomplex geschlossen um die Höfe zu grup-
band , etwa 0,50 m hoch , darüber Lehm wände,,
ebenfalls mit dünnem Kalkmörtelverputz,
Zusammenfassung: Auf den Inseln, in Troia
und auf dem Festland tritt die Megaronform auf,,
aber mit verschiedenen Abweichungen. Ältere
Form, sehr lauggestreckt in Troia II, jüngere
Form in Troia VI breiter und kürzer, ebenso in
Phylakopi und in den Burgen von Tiryns und
Mykene. Die schmale, längliche Form eignet
pieren. Die Frage nach der Bedachung bleibt offen; 50 auch den vormykenischen H. auf der Aspis und
s. u. Rekonstruktionen bei Perrot- Chip iez a. a.
O. PI. VIII mit flachen Dächern auf den Megara
und Propyla dürfte jedoch unrichtig sein. Säulen
in der Vorhalle und im Herdraum des Megaron I
und im Hof und den Hallen des Tors aus Holz
auf Stembasen, Mauersockel aus sauber gefügten
Bruchsteinen, Aufbau mit Lehmziegeln und Holz-
versteifung, hölzerne Parastaden an den Mauer-
stirnen, Verkleidung der Wände mit Kalkputz,
den H. von Aegina, ebensosehr wie den Megara
von Dimini und Sesklo.
Die nach Süden zwischen den vorgezogenen
Seitenmauern geöffnete Vorhalle ist in Troia H
sehr tief. Die selbständigen Bildungen in Dimini
und Sesklo und die Megara von Troia VT haben
seichtere Vorhallen, die von Tiryns sind durch
eine Pfeilerwand in zwei seichte Räume geteilt.
Säulen zwischen den Anten nur in djen spät-
zum Teil mit skulpierten Frieseinlagen (Ärch. 60 mykenischen Beispielen nachgewiesen, aber in den
Anz. 1900, 149. Schliemann Tiryns Taf. TV.
Bulle Orchomenos I 73).
Mykene (Schliemann Mykene 1878. Tsun-
tas Mvxijvai 1893). Reste des Herrscherpalastes
auf der Akropolis Schliemann Plan C. Tsun-
tas PI. I S. 35ff. , isoliertes Megaron mit seit-
lichem Korridor, davor ein Hof ohne Säulen-
stellung, Nebengebäude zum Teil nachweisbar.
Boden gesteckte Stützen schon in den frühen
Beispielen von Dimini und Sesklo; Troia VI
bleibt fraglich.
Der Herdraum = Hauptraum in allen Fallen
tiefer als breit, sicher ohne Fenster in den Außen-
wänden, enthält die Feuerstelle, meist in der
Mitte, zuweilen auf die Seite oder an die Rück-
wand verschoben in Dimini und Seeklo (Abb. 18-
und Sp. 60). Stützen für das Dach umgeben ihn
hei den spätmykenischen Beispielen als Säulen,
.aber auch schon in den thessauschen Megara als
in den Boden gesteckte Pfosten. Ein Dachauf-
bau für Lichtemlaß oder Rauchabzug (Michae-
lis in Springers Haudb. d. Kunstgesch. I 111),
ist nicht wahrscheinlich. Rauchabzug erfolgte
durch das Dach, s. u. Zum älteren Megaron ge-
hört schon in Troia II ein rückwärtiger Raum,
-eine Kammer, deren Form nicht mehr mit Sicher-
heit nachgewiesen werden kann. Der offene Opi-
.sthodonios nach Dörpfeld ist wenig wahrschein-
lich. Die selbständigen Bildungen in Thessalien
besitzen die rückwärtige Kammer, mit seitlicher
oder in die Mitte gelegter Eingangs tür. Dieser ge-
schlossene Hinterraum fehlt bei den Megara von
Phylakopi, Tiryns, Mykene und in Troia VI. Auch
diese Verschiedenheit weist auf verschiedene Vor-
stufen des Megarons, Myres Journ. hell. Stud. XX
149. In Sesklo (a. a. O. Abb. 18, 19 und 22) ist
.außer der rückwärtigen geschlossenen Kammer noch
*ine offene Hinterhalle mit Wahrscheinlichkeit
nachgewiesen. Im späteren Tempelbau kommen
schon bei den frühesten monumentalen Beispielen
beide Megaronformen vor: Cella mit Adyton z. B.
in Selinus, Tempel C (Koldewey-Puchstein),
Cella ohne Adyton altertümlicher Hexastylos in
Paestum (ebd.), der nach hinten offene Üpistho-
dom zuerst am Heraion in Olympia (Umbau?).
Die Selbständigkeit des Megarons als uraltes
Einzel-H. (dagegen die These von Mackenzie
B. S. A. XII 251f. , von Noack Ovalhaus und
Palast 3Sff. widerlegt), zeigt sich in der Wieder-
holung der gleichen Eaumform in Troia, und
in der Isolierung derselben bei den Palästen von
Tiryns und Mykene, wo die Nebenräume durch
ein System von Gängen und Kammern nur lose
und unorganisch mit den Megara verbunden sind.
Noack 39ff. Das ,Hintereinanderreihen' der
Räume des Einzel- H. ergibt die für das Dach
konstruktiv einfachste, länglich rechteckige H.-
Form. Sie weist in ein Gebiet, in dem das
Satteldach, nicht das Terrassenlehmdach heimisch
war. Das Satteldach gehört- unzertrennlich zur
überlieferten Gestalt des Megaron-H. ; uralter
Tradition gemäß tritt es mit diesem zu einem
■einheitlichen Organismus verbunden auf in Troia
VI neben dem mehrzelligen H.-Typus, in der
mykenischen Anlage auf Phylakopi, in Tiryns
und Mykene neben den zum Teil vielleicht zwei-
geschossigen niedrigen und flachgedeckten Neben-
räumen. Selbst für Troia H ist die Annahme
«ines Satteldaches bei 10,2 m Spannweite im
Megaron II A, und als Glied einer großen Kette
betrachtet, wahrscheinlicher als die Vermutung
eines flachen Erddachs, Schliemann Ilios 214.
Zur Stützung des Dachfirsts Mittelstützen in Troia
VI c, und die Säulen um den Herd in Tiryns,
Mykene usw. Gleichzeitige monumentale Belege
für das Satteldach sind die mykenischen Kammer-
gräber mit Satteldachdecke in Mykene, Tsuntas-
Manatt Mycenaean age 134, und ein Dreikammer-
grab in Sparta, ebd. 135; ferner die H.-Darstellung
auf der Francoisvase, Furtwängler-Reichhold
Griech. Vasenmalerei Taf. 1 und 2, deren abgekürzte
Darstellung des Giebels nicht für ein gewölbtes
Lehmdaeh anzusehen ist. Das Weiterleben des
Satteldachs und seine Vorherrschaft auf dem grie-
chischen Tempel (vgl. auch Aegina I 84) ist rück-
wirkend für die Gestalt des Megarondaches ein Be-
weis. Auch Arne (s. o.) ist für die frühgriechische
Gebundenheit an das Satteldach ein schlagendes
Beispiel; vgl. ferner Od. XII 239.
Vor dem Megaronwohn-H., ihm zugehörig, liegt
ein Hof. An die Hofmauer sind vom Hauptbau un-
abhängige Nebengelasse in loser Verbindung ange-
baut in Troia II und Mykene (Akropolis) ; in Tiryns
10 dagegen zu geschlossener Anlage ausgebildet und
der Hof ringsum mit einer Säulenhalle umgeben,
die seitlich an das Megaron und das Tor, aber
ohne organische Verbindung mit diesen, anschließt.
Vorläufer des ausgebildeten Peristyls des späteren
griechischen H. Noack Ovalhaus u. Palast 45.
Vom Megaron abweichende mehrz eilige H.-
Form erscheint schon im ältesten Troia, Dörp-
feld Troia und Ilion Abb. 7 in der zweiten Schicht
wird sie überstrahlt durch die bekannte Megaron-
20 gruppe, bleibt aber bis hinunter zur VL Schicht
neben der Megaronform bestehen; ihr Vorhanden-
sein auch in Thera, Phylakopi, Aegina, Argos usw.
beweist nur verschiedene Entwickelungen der
rechteckigen Bauweise. Die klarste und in sich
abgeschlossenste Form des mehrzelligen H. ist
aber das Megaron-H. ; von alten Geschlechtern als
ehrwürdige Eaumform beibehalten, wird es zur
Grundform des Kult-H.
Technik und Bauformen: Der Bau
30 der Wände aus kleinsten und größeren Lese-
und Bruchsteinen bildet den Anfang; der Luft-
ziegelbau mit Holz Versteifung und hölzernen Para-
staden wird besonders da ausgebildet, wo be-
reitliegende oder leicht zu gewinnende Bausteine
fehlen. Erst in frührnykeniseher Zeit entstehen
Mauern aus größeren Steinen, bis zur kyklopischen
Bauart für Befestigung — späterer Palast von
Tiryns — ; für den H.-Bau wird ordenlich gefügtes
Bruchsteinmauerwerk mit Lehmmörtelverband bis
40 zu sorgfältiger Quaderfügung an den Ecken (Troia
VI) und Anten verwendet. Der Aufbau bleibt
Lehmmauerwerk mit Holzeinlage und Versteifung
an den Mauerstirnen. Die Mauern werden durch-
aus mit Lehmmörtel und Kalkputz überzogen.
Freistehende Pfeiler sind nicht nachgewiesen.
Stützen und Säulen bestehen aus Holz, in der Form
den kretischen ähnlich, mit leichterVerjüngung nach
unten. D u im s gegensätzliche Behauptung, Österr.
Jahresh. X 41; ebd. eine Zusammenstellung der
50 monumentalen Belege für die Gestalt der Säulen.
Die Säule stammt für Griechenland nach Noack
Ovalh. u. Palast 36 aus Kreta. Vorliebe für
Säulen allerdings erst in den spätmykenischen
Anlagen, wo kretischer Einfluß bedeutend war,
was aber kein Beweis für deren Herkunft ist.
Holzsäule als Stütze und Gebälkträger in Grie-
chenland sicher selbständig angewendet; s. o.
Dimini, Sesklo, aber die Formengebung wird durch
Kreta beeinflußt; Schaftverzierung erinnert an
60 Metaliverkleidung. Tsuntas-Manatt a. a. O.
Fig. 131 gedrehte Säule. Basen, einfache Stein-
teller oder zylindrische Untersätze, abgetreppt an
der Atreustholos. Kapitelle mit doppeltem Wulst
und doppelter Einziehung, ebenfalls mit Ver-
zierung, die an Metallverkleidung erinnert. Bare
Charakterisierung Furt wängl er Deutsche Bund-
schau 1908, 244.
Das Gebälk über dem Architrav zeigt die
Eundbalkenköpfe der vorspringenden Decke, nach
kretischer Art. Gesimsform des Megarondaches
ist noch nicht monumental ausgebildet. Auch
die Dekoration der Wände ist kretisch. Noack
a. a. 0. 37. Bulle Orchomenos 73. Michaelis
bei Springer Handb. der Kunstgeseh. I 112.
8. Nach dem Zusammenbruch der mykenischen
Kulturwelt dürftige Ansiedfungen mit kleinen,
äußerst bescheidenen Wohn-H.: Aegina beim
Aphroditeheiligtum am Hafen (noch unveröffent- 10 gelegene Räume,
rot {msgixovza zmv vneßipoov efe räf dtjftoota?
ööovg aal tövg dvaßa&ftovg xai xa nQotpoayfiata.
xai zag {HiQag rag ävotyftevag e£<o. — TJgoqpQd-
yfmra Zäune eines Vorgartens oder Vorhofs an
der Straße, Lange Haus u. Halle 134. Enge
Bebauung, aber jedes H. besitzt eigenen Hof in
beliebiger Form und Umbauung, nicht als archi-
tektonischen Mittelpunkt. Treppen, oft in den
Felsboden geschnitten, führen von außen in höher
licht) wenigstens zwei vorklassische Wohnschich-
ten mit 2— 3räumigen unregelmäßig gestalteten
H., jedoch ohne typische Einteilung und Grup-
pierung; mehrfach" scheint ein kleiner Hof sich
den unregelmäßig gelagerten Gebäuden anzu-
schließen. H. aus dem 7. Jhdt. unter der
späteren Ostterrasse des Tempels der Aphaia in
Aegina Furtwängler Aegina I 152ff. Abb. 121.
|_J förmige Gruppierung an einem Hof oder Vor-
9. Auch nach dem Brand bietet die Stadt bald
wieder dasselbe Bild, enge, krumme Straßen, unan-
sehnliche H., Dikaiarch FHG II 254. Spuren von
Grundrissen, Balkenlöchern, Nischen, Treppen,.
Zisternen und sonstigen Einarbeitungen auf den
felsigen Höhen der Weststadt, aber keine voll-
ständige Anlage mehr erkennbar. Curtius-Kau-
pert Atlas v. Athen Bl. III. V. YII S. 18 und Abb.
auf S. 19. Durin a. a. 0. Abb. 460. Judeich
platz; in Raum H 2 der Wand entlang eine bank- 20 Topogr. v. Athen 3471 mit weiteren Angaben über
artige niedrige Aufmauerung. Troia: Dörp-
feld a. a. 0. 184ff. Abb. 70-73, Schicht VII 1
dagegen langgestreckte magazinartige Gemächer,
ohne jeglichen Zusammenhang, ob Wohn-H.?
Schicht VII 2 Abb. 77 kleine, locker gruppierte
Einzel-H., vielleicht noch alte Megaronform, be-
scheidenste Abmessungen ohne Stützenstellung.
Bevölkerung nach Brückner in Dörpfeld Troia
u. Ilion 572. Aeoler, Zeit gegen 700 v. Chr.
Funde von H.-Resten. Material wie vorher: Bruch-
stein, Lehm, Holz. Xenoph. mem. III 1, 7.
H.-Grundrisse im Peiraieus (Curtius und
Kaupcrt Karten v. Attika Text 56 Abb. 7) im
Stadtteil Akte : Eingang von Westen ; gegen Osten
offener Hof und Garten, daran die in beiden
Plänen gleichmäßig \ [förmig gruppierten vier
Räume, ganz symmetrisch angelegt, Ende 5. Jhdts.
Funde von anderen H.-Aniagen und Bebauung
Frühgriechische Reste in Orchomenos: Bulle 30 der Straßen im Peiraieus bei Judeich a. a. 0.
Orchomenos I Taf. III 70; Thasos Athen. Mitt. 378f. und 397f.
XXX 1908, 216. Von größeren Anlagen auf der
Aspis bei Argos (Bull. hell. XXXI pl. V) und Thera
(Hiller v. Gaertringen Thera III 75) keine
H.-Grundrisse überliefert. Über die altertümliche
StadtanlagevonEphyrabeiKorinths.Monceaux
Fouilles et recherches archeol. au sanetuaire des
jeux isthmiques, Gaz. archeol. 1884 und 1885.
Auch die große Hof anläge mit angebautem mehr-
räumigem Wohn-H. in Praisos (Kreta) B. S.A. 40
VIII 237—240 Fig. 7 gibt kernen Typus; vgl.
auch L. Pernier Prinia, Boll. dArt« II 1908,
441—462. Uralte H.-Form nach Delbrück
Athen. Mitt. XXV 305 im Grab-H. A in Vurva.
Athen. Mitt. XV 318 Taf. IX. XIII, länglicher Drei-
kammerbau aus Lehmziegeln mit Lehmtünche ver-
putzt; Dachaus Steinplatten und Lehm, amunteren
Rand vorspringend, und deutlich abgewalmt.
Scheint eher an ägyptische Anlagen (Mastaba)
zu erinnern, als an eine griechische H.-Form; vgl. 50
Menesgrab in Nagada, Borchardt Ztschr. f.
ägyp. Spr. XXXVI (1898) 87ff. Die Megaron-
form also für die frühgriechische Zeit, abgesehen
von Troia VII 2 nicht nachgewiesen; dagegen öfter
eine \ | förmige Gruppierung bei drei und mehr
Räumen. Ausführung in Lehmziegeln über geringen
Mauern aus Lesesteinen, über polygonal gefügtem
Sockel (Aegina) oder Ürthostaten (Troia VII 2).
Auch in Athen vor dem Perserbrand kleine
Dys tos (Bergstadt auf Südeuboia), Athen,
Mitt, XXIV 458f. Taf. V. Zweistöckige kleine
H. aus Marmorquadern, zum Teil noch polygonal
gefügt; größeres H. J mit doppeltem Hof und
anstoßenden Gemächern , über welchen an der
Nordseite Reste eines Obergeschosses erhalten sind.
Auffallend der schlauchartige Eingang ; dabei eine
Zelle für den Türhüter.
Aegina. Furtwängler a. a. Ö. 107ff.: fünf-
zimmeriges W r ohn-H. mit Vorplatz. Im Haupt-
raum den Wänden entlang niedrige Bankschwellen.
Mauern aus Kalksteinquadern, zum Teil mit ein-
fachen Profilierungen, Wände einst mit rotem
Stuck überzogen. 5. Jhdt.
H.-Gruppe in Megara 'Eqptjp. oqx. 1890 t
36ff. Taf. 4: Gebäudegruppe, locker um einen
Hof gruppiert, R, 7 und 8 mit niedrigen Podien an
den Wänden (canapes liis), Platz für die Klinen.
Reich ausgestattete Land-H. in Attika vor dem
Peloponnesisohen Krieg (Thukyd. II 65, 2. Isokr.
Areop. 52) ; dann wegen des Krieges Umschwung
in der Wohn weise der attischen Bürger. Die
Enge des städtischen Bauens führt zu einer archi-
tektonischen Durchbildung des Hof-H. Bescheidene
Behausungen mit Vorhof oder rückwärtigem Gar-
ten, je nach der Lage zur Sonne, wie im Peiraieus,
s. o. Bei größerem Raumbedürfnis führt die Aus-
nützung des engen Bauplatzes zu einer Um bauung
unscheinbare H. an engen, dichtbebauten Straßen, 60 des Hofes, es entsteht der Typus: Hof-H., der
Judeich Topogr. von Athen 268. Durm Bau- in der Folgezeit nicht mehr verlassen wird, und
kunst der Griechen 1910, 513. Reste von H.- selbst für freistehende Einzel-H. Anwendung findet.
Mauern: Judeich ebd. 224; Athen. Mitt. XXI
(1896) 459, keine Anlage ist vollständig. Bau-
material Bruchstein, Lehm und Holz ; vortretende
Obergeschosse, ähnlich wie Casa del balcone pen-
8Üe, Pompeii, Mau Pompeji 281 Fig. 144, werden
Ton Hippias besteuert. Arist oec II 5 p. 1347 a
Diese Entwicklung spielt sich in Athen um die.
Wende vom 5. zum Ende des 4. Jhdts. ab. Doch
ist bisher dort kein einziges Hof-H. dieser Zeit
gefunden worden. Ans dem 4. Jhdt. a mW esthang
der Akropolis, Athen, lütt XIX 496. XX Taf. XV.
Spuren einer großen Hofanlage, östlich vom Lenaion.
10. Ergänzend treten in die Lücke der Fundtat-
sachen gelegentliche Notizen und Beschreibungen
des Wohn-H. bei alten Schriftstellern. Darem-
berg-Saglio s. domus, Petersen Hausgottes-
dienst der alten Griechen, Cassel 1851. Lange
Haua n. Halle. Gardner and Iwon Greek house
und Gardner The greek house, Journ. hell. Stud.
XXI 1901, 293fl\ Ergebnisse aller solcher Studien
unrichtig, wenn Nachrichten über ältere und
konitäs also verschließbar, ira Gegensatz »um
offenen Raum der Andronitis. Nach Lys. I 9
lag in dem kleinen H. (olxföiov) des Euphiletos
die yvvaixcovXug im Obergeschoß, die avö^coviTte
unten. Besondere Bewachung der ywatxavizig zu-
weilen nßtig, Xen. oec. IX 5. Lys. 124. Imgrfißern
H. der &dXa/.iog h> oxvgß (Xenoph. oec. IX 3) abge-
schlossenes Gemach, insbesondere Schlafgemach,
auch Brautgemach , z. B. Athen. Mitt. XXXII 89 ; bei
jüngere Anlagen wahllos zusammengenommen 10 Herodot. I 34 ddlaptot als verschlossene Räume
wurden. Belichte über spätgriechische H., also
vorzugsweise Yitruv, Pollux, Galenos u. a. haben
auszuscheiden, damit aus gleichzeitigen Angaben
ein Bild des H. aus der Zeit vom 5. — A, Jhdt.
entworfen werden kann.
Die Lage eines H.: möglichst so, daß sich
die Wohnräume gegen Süden öffnen, Xenoph.
mem. III 8, 9. Der gegen Süden offene Teil
des H. soll höher sein als der nach Norden ge-
im Gegensatz zu den allgemein zugänglichen äv-
ÖQscörsg, Im H. des Ischomachos (Xenoph. oec. IX
7) werden ferner Plätze für Waffen, Kleider, Decken,
Schuhe, Schmuck, Opfergeräte, Tischgerätschaften,
Werkzeuge zum Kochen, Backen, Waschen, zur
Wollbereitung aufgefübrt ; trockene Kammern unter
dem Dach (ra ZrjQa twv ozsycöv) für das Getreide,
kühle Räume — also wohl Keller — für den
Wein. Auch warme Bäder werden genannt, Xe-
richtete, Xenoph. oec. IX 4. H. steht an H. mit 20 noph. oec. Y 9. Zum H. der Reichen gehören
gemeinschaftlichen Zwischenmauern. Aischyl. Äg. auch sevüveg , Gastzimmer, Eurip. Ak\_ 543ff.
976. Plat. leg. Vm 844. Thuc. II 3. Isaios VI 39.
Eingang an der Straße. Haustüre liegt zu-
rück, schließt einen tiefschattenden Vorplatz ab,
TiQÖdvQov Aristoph, Yesp, 875. Plat. Protag. 6.
Form des xQoßvQov meist nur ein schmaler Gang ;
vgl. Dystos, Athen. Mitt. XXIV. V, doch so,
daß bei größeren H. mehrere Personen hier
warten können, Plat. Protag. 6. Hier Platz
Xenoph. oec. II 5. Kallias richtet ein Zimmer,
sonst als Magazin gebräuchlich, für seine Gäste,
Plat. Protag. 7. Obergeschosse erwähnt bei
Lys. I 9. Demosth. XLVH 56; auch das olxelv
vyttjknreQa. tä fiftv tzqoq f.iF,or](ißQiav (Xenoph. mem.
III 9) läßt auf Obergeschosse besonders über den
rückwärtigen, also nach Süden sich öffnenden
Räumen schließen; gegen die Straße vortretende
für Bildwerk oder Weihung an eine Gottheit, 30 Obergeschosse rä vneqEyw™ Tdi ? otxoSo^fidiaiv
Aristoph. Vesp. 875; Plut. 1154. Petersen
Hausgottesdienst der alten Griechen 14ff. mit
Anm. 11—33. Die Haustüre avhia dvQa Lysias
I 17; avfaiog -dvQa Plat symp. 212 oder nur
■dvQa Plat. Protag. 6; meist geschlossen, da-
neben in bessern H. ein Türhüter, ßvQajgög
Aischyl. Choeph. 558. Plat. Protag. 6. Sein
Gemach nvkdtQiov Poll. I 27. Wenn die Haus-
türe geöffnet ist, tritt man in den Hof, avXr);
sig rag Srjfioaiovg ööovg von Ipikrates verboten,
Polyaen. III 9. 30, aber dennoch beibehalten. Zu
hohe Aufbauten : Demosth. XXII 53. Mehrstöckige
H. erst später, vgl. Frachtschiff Hierons II, Athen.
V 40. 206. Dächer in Satteldachform, Clarac Mus.
d. sculpt. I pl. 133 noch mit gebogenen Flachzie-
geln, und Pultdächer. Fenster im Obergeschoß:
Aristoph. Thesm. 797. Milling.cn Peintures
de vases grecs, Rome 1813 pl. XXX. Das
Plat. Protag. 6. Im H. des Kallias an der Ein- 40 Äußere der H. schlicht, ohne Fassadenbildung,
^.««™n™i4-/i fvi-n« TT.illn ™. ^surrs?.**; iiVionon fi-arrcm - lvifl Vt/lim Tlfll + i (fPTI nVl ^lltnll Sf.Vl PTI TT Bilden
gangsseite eine Halle, jiqogzojov , ebenso gegen-
über, also jenseits des Hofes: xd war 1 dvnxQv
jiqooköov, seitlich keine Hallen; zum Aufenthalt
wird ein beliebiges rafiiEiov benützt, Plat. Protag.
7, also noch kein ausgebildetes Peristyl, xeqi-
orvlog xonog oder jzsqlotojov Poll. I 77. Von
einer ringsum laufenden Säulenhalle im Privat-H.
ist bei den gleichzeitigen Schriftstellern nirgends die
Rede. Im Hof ein Altar, Soph. Ai. 49. Peter-
wie beim heutigen orientalischen H. Buden
und Ställe gegen die Straße werden vielfach
nicht gefehlt haben; vgl. die ftvQai Avoty^thai
f£cr>, Aristot, oec. II 4. Ausstattung und An-
lage ursprünglich sehr einfach, zu Demosthenes 1
Zeit aber schon üppig und sehr geräumig . . .
a'ioic ztvkg (xkv avröJv tzoÄXmv ötjfiooicov oixodo-
{.irjuaxüiv ösfivoztgag rag iSiag otxiag xareoxsvd-
xaatv, Demosth. XXIII 207. 208 ; ahnlich XIII 28.
sen a. a. O. 17 Anm. 41—48; dvögtöv Aischyl. 50 Ausschmückung der Wohnräume Xenoph. oec. 1X2
Ag. 335; Choeph. 701. Xenoph. symp. 1, 31;
oToal dvSQöJveg Aristoph. Eccl. 676. Speisezimmer
für Männer. Lage im H. nirgends durch Be-
schreibung bestimmt, aber wahrscheinlich auf der
dem Eingang gegenüberliegenden Seite ; dann da-
vor das xai 1 dvTtxQV xQooraiov als Vorhalle; so
auch wahrscheinlich nach Xenoph. symp. 1, 3
dvÖQOivTjig. Xenoph. oec. IX 5 Raum für Männer im
Gegensatz zur yvvaixoyvtxig, dem Raum für Frauen.
und mem. III 8. 10. Demosth. XXI 147, auch
des Prothyrons: FHG H 257, 8. Geogr. graec.
min. I 101.
11. Lage und Verhältnis der Räume zueinander
sind aus der schriftlichen Überlieferung nicht ersicht-
lich, auch je nach Größe und Platz eines H.s
stets wechselnd. Zwei Höfe werden nirgends genannt,
sind auch nicht aus Lys. 117 ixpoipei iv Ixeiyij ty
vvxii fj füravlog üvoa ■ho.I r\ avlsiog zu erschließen,
Nicht Männer- und Frauenabteilung! Lan'ge 60 Lange Haus und Halle 135. Avleiog &vga,
Haus und Halle 136 nimmt dafür fälschlieh zwei Türe von der Straße in den Hof; fihavlog dvga
getrennte Höfe an ; die Stelle Xenoph. oec. IX 5
lautet: SSei^a xal ttjv yvvaixojvixiv avzfj ■d'VQa
ßaXavfottp uiQiOft£v7)v ojtö zfjg dvÖQcovtuöog,
xai avzo&i dvooiQov, tva ptfjTE sxtpeQijrat Svöodsv
Sit fit} öet, fir/ie xsxvoJiot&vxai ol otxhai ävev
xffg ^/uxegae yvwfttje. IX 6 axgcofiara iv ywat-
xcwfrtdt, oxQtbpaTa iv dvÖQiovixtdi . . . Die Gynai-
(wird = fiioavlog gesetzt?), Türe vorn Hof in
einen Raum — bei Euphiletos kleinem H., viel-
leicht den einzigen des Erdgeschosses. Zu dieser
Auffassung von fUaavlog {Htga vgl. Eorip. Ale.
549, ferner Lange a. a. O. 1361
Andron und die vorgelagerte Halle sind ver-
mutlich als Mittelpunkt des EU anzusehen — viel-
leicht auf die uralte Megaronform zurückgehend,
obschon alle Zwischenglieder fehlen, möglicher-
weise aber auch wieder neu gebildet — stehen mit
den um den Hof herum gebauten Kammern und
der Eingangsseite nach Plat, Protag. 6 nur in
losem Zusammenhang: völlige architektonische
Einheit ist noch nicht erreicht (Zeit des Dialogs
etwa 432, geschrieben etwa 390 v. Chr.). Ein-
fachere Bürger-H. werden diese noch weniger be-
sessen haben. Vgl. H.-Grundrisse im Peiraieus, 10
Curtius und Kaupert Karten von Attika
Text 56 Abb. 7. Aber die Entwicklung zur archi-
tektonischen Einheit des griechischen Hof-H.s wird
unterstützt, ja erst möglich durch die neuen recht-
winkligen Straßenanlagen, die im ausgehenden
5. Jhdt. xazä rov vscotsqov zov 'Izixobäpietov tqö-
tiov aufkommen. Arist. Polit. II 8. VII IL Dazu
Wiegand-Schrader Priene, Ergebn. 45ff.
Priene: ebd. 285ff. H. des ausgehenden 4.
Jhdts. auf rechteckiger Grundform innerhalb der 20
insulae des regelmäßig angeordneten hippodä-
mischen Straßennetzes. H.-Emgang mit zurück-
liegender H.-Türe; ein anschließender Korridor
oft so, daß der Eintretende den Hof nicht so-
fort übersehen kann. Gegen Süden öffnet sich
mit einer Vorhalle der Hauptraum, dessen Dach
bei größeren Abmessungen der Vorhalle von Säulen
getragen wird. Vorhalle und Hauptraum, nach
Vitruv. VI 10 jTQöojäs und oihoq, bilden den Kern
jedes prienensischen H.s, und zeigen die schon er- 30
wähnte Megaronform. Daneben liegen entweder
beidseitig oder nur auf einer Seite größere Ge-
mächer, das eine davon öfters als Speiseraum zu
erkennen. Priene Ergebn. 291. Gekocht wird in der
Vorhalle ebd. 292. Kleinere Gemächer, alle gegen
den Hof offen, an der Langseite ; gegenüber der
Vorhalle eine cx&dra mit Seitenräumen. Priene
a. a. O. Abb. 288 (das tiqoozqjov im H. des Kal-
lias. Plat. Prot. 6). Neben H, mit vierseitig
um den Hof gruppierten Räumen auch kleinere, 40
bis zu solchen, die nur Haupt- und Vorraum an
einem kleinen Hof besitzen, ebd. Abb. 301—307,
Indes zwei H. mit verdoppeltem Kern, ebd. Abb.
314 vermutlich eine Trennung von Andronitis
und Gynaikonitis, wie sie Xenoph. Oee. IX 5 be-
schreibt. Obergeschosse nirgends gesichert, aber
mehrfach durch vermutete Treppenansätze wahr-
scheinlich gemacht. Die a. a, O. Abb. 299 ver-
suchte Rekonstruktion, in bezug auf die Dach-
lösung wahrscheinlicher bei Durin Baukunst der 50
Griechen 1910, Abb. 470. Priene vertritt mit
seinen älteren H. den Typus ,Prostas-H.' in ver-
schiedenen Abwandlungen — bei bescheidenen
Anlagen gänzlich ohne Säulen, Abb. 303—307,
bei größeren in der Prostas Säulen Abb. 301 —
von der einfachsten Gestalt bis zur voll ent-
wickelten, bei der alle vier Seiten des Hofes aus-
gebaut sind , wie es der gesteigerte Bedarf an
Wohnräumen bei enger Stadtlage mit sich brachte.
Einfache Ausstattung durch Rustika in den Fas- 60
saden S. 300 Abb. 318f.
12. Indessen hat in Griechenland (?) die Ent-
wicklung z um vollkommenen Peristyl-H. schon statt-
gefunden: wahrscheinlich im alexan dänischen Zeit-
alter, vielleicht unter dem Einfluß von Ägypten
über Alesandria, vgl. dazu Lange a. a. O. 142f.
die Entwicklung des Oikos und der ägyptischen
Säle; dann das Prachtzelt Alexanders mit einem
Hof und 92 daranliegenden Gemächern, sicher nicht
ohne Hallen ; die pe ristyle Anlage des Museions
in Alexandria. Strab. XVTI 1.8.
Die peristyle Halle des H. kann auch lediglich
aus dem gleichem Schmuckbedürfnis entsprungen
sein wie die Anlagen von Säulenhallen an öffent-
lichen Gebäuden. Daß der ursprüngliche Prostas-
typus noch zugrunde liegt, aber zu einer neuen
Form abgewandelt wird, zeigt das zum Peristyl-
H. umgebaute H. XXXITI in Priene, a. a. O.
Abb. 316. Es ist rings um den Hof eine Säulen-
halle gestellt, die Prostasballe wird mit einbe-
zogen und verbreitert, behält indes ihre ursprüng-
liche Höhe; aber die Zusammengehörigkeit des
Vorraums mit dem Hauptraum geht verloren;
der Megaroncharakter verschwindet. Um die Hof-
halle ringsherum anlegen zu können, wird das
H. erweitert, ein Neben-H. mit dazu genommen,
wodurch eine zweihofige Anlage entsteht.
Die vollkommen peristyle Anlage, d. i. die
völlig gleiche Herumführung der Säulenhalle auf
allen vier Hofseiten löst jede organische Ver-
bindung der Halle mit den dahinterliegenden
Räumen. Die Austeilung der Zimmer wird ganz
unabhängig von der Säulen Stellung; die Axialität
des Eingangs und des Hauptsaales wird aber meist
streng gewahrt.
Kalauria auf Porös: Freistehendes quadra-
tisches Gebäude, ganz symmetrisch angelegt, wahr-
scheinlich mit peristylem Innenhof. Athen. Mitt
XX 283f. Taf. VII. Zeit Anfang 3. Jhdt.
Olympia. Leonidaion. Olympia Tai -Bd. I.
LXII— LXVI, Textbd. II 83—93. Freistehender
fast quadratischer Bau mit dorischem Peristyl
und äußerer ionischer Ringhalle — also bereits
Fassadenbildung! wahrscheinlich xatayayyuov.
Zeit etwa 300 v. Chr.
Ebenda das ältere Theokoleon Taf.-Bd. I. LXXI
— LXXII, Textbd. II 109f. Kleine reizende Ein-
hofanlage, aber ohne Peristyl, jedoch mit vier
Säulenfronten der Hofseiten, "eine den besonderen
Verhältnissen des Baues entsprechende Abart des
Einhof-H.s. Zeit etwa Mitte 4. Jhdts. Pryta-
neion ebd. mit Ziegelsäulen 2. Jhdt.? aber Da-
tierung sehr fraglich. Wiegand Priene 299.
Pergamon. Altertümer von Pcrgamon: II.
XXXVI ehemaliges Wohn-H. hinter Bibliothek
und Athenaperibolos, mit später verändertem Pe-
ristyl. Ferner der ältere und jüngere Palast,
mit Peristylhof, etwa Ende 3. Jhdts. Springer
Hdb. d. Kunstgeschichte 1 9 359. H. des Consuls
Attalos, Athen. Mitt. XXXII Taf. XIV-XV 167ff.,
vorzügliche Anlage aus der Zeit Attalos I. Peristyl
mit hohen Schranken, zum Teil geschlossen. Der
Hauptraum fast 10 m breit, wahrscheinlich mit be-
sonderer Säulenstellung zwischen den vortretenden
Anten. Fußboden den Wänden entlang 90 cm
breit als Platz für die Klinen besonders ausge-
bildet ; Reste von gekuppelten Fenstern mit dori-
schen Halbsäulen, ebd. 182; ähnlich Epidanros
am xaTayajysTöv. Auch Wohn-H. A in Pergamon,
Athen. Mitt. XFX Taf. VII -IX 1141, schöne
Peristylanlage. Haupträume axial angelegt Beide
H. später vielfach umgebaut.
PrivaVH. auf Delos: BulL helL VIII (1884)
473f. Taf. 21. XIX (1895) 460ff. Taf. 4—6. Ende
des 2. Jhdts. mit gleichmäßig herumgeführtem
Peristyl, meist kleinere, aber «ehr schon ausge-
bildete Anlagen. Der Hauptraum — Saal — hat
vielfach eine große Breite und öffnet sich mit
Tür und Fenstern gegen das Peristyl. Vielfach
auch noch ein Exedra-ähnlicher Raum a. a. O.
502 neben den sonst sehT kleinen Gemächern,
die nur indirekt beleuchtet, meist gegen Westen
und Norden angelegt sind. Hochliegende Fenster,
wie in Pompeii, kommen allerdings hier und da
vor, doch ohne große Bedeutung für Licht- und
Luftzufuhr, Bull. hell. XIX 493f. 498f. Wie- 10
gand-Schrader Priene 304. Dagegen sind breit
und groß alle Türen , zur Beleuchtung der Räume
meist offen, doch auch verschließbar, Bull. hell.
XIX 467. 375 Fig. 2 ; ebenso Priene a. a. O. Abb.
323 und 324. Küchen in Delos nirgends nach-
gewiesen; vgl. dazu Priene Wiegand a. a. O,
292 und Nissen Pomp. Studien 666; ebenso
keine Aborte — vgl. dazu Athen. Mitt. XXVII
54. Herod. II 35. Priene a. a. 0. 294 und Abb.
312. — Dagegen mehrfach deutliche Treppen- 20
läute zum Teil mit Treppenabsätzen, daher sind
Obergeschosse gesichert, Bull. hell. XIX 497 ;
meist aber nur über dem nach Süden sich öff-
nenden Teil des H.s gelegen; genauere Schlüsse
über deren Ausbildung erlauben die bisherigen
Publikationen nicht.
Alexandria Troas. H e u z e y Mission de Mac6-
doine, Paris 1876. Keste eines großartigen H.
wahrscheinlich noch vorrömisch. Athen: JTgaxT.
1889, 8ff.; ferner Peiraieus: Athen. Mitt. IX 297 30
Taf. XIII— XIV.
In kleineren Orten und Landstädten tritt das
Peristyl-H. bei kleinern Verhältnissen entsprechend
bescheiden auf, nur mit zwei- oder dreiseitiger Hof-
anlagc. So in Aegina (nicht publiziert), in Thera
(Hiller v. Gaertringen Thera I 252 und III
138 Abb. 120 H. B, ebenso III 148 Abb. 128
und III 182ff. Abb. 197ff.), überall jedoch das
Bestreben, die Höfe, auch bei ganz unregelmäßiger
Anlage des Grundrisses, möglichst rechtwinklig zu 40
gestalten, ebenso wie in Delos. In den Höfen
vielfach Brunnen, auch tiefgehende oft mehr-
kammrige Zisternen. Thera III 1481". u. S. 160,
in Delos Bull. hell. XIX 466; in Pergamon: H.
des Consuls Attalos, Athen. Mitt. XXXII 167ff.
Abb. 1. Reste von Peristyl-H. griechischer Zeit
auch in Epidauros, Phaleron, Megalopolis, Milet
usw.
Peristyl-H. wird schon bald im 2. Jhdt. in
Pompeii dem italischen H. angefügt. Mau Pom- 50
peji 267. Der Typus ist schon im 3. Jhdt. fertig
ausgebildet im Leonidaion, das nach Inschrift und
Bauglicdern zwischen 300—250 angesetzt wird.
Neben dem Peristyl mit gleichen Hallen auch das
rhodische (Vitruv. VI 10) beliebt, bei welchem die
Front der Seite gegen Süden höher war als die
übrigen. Zweigeschossige Peristylia nicht mit
Sicherheit nachgewiesen, Athen. Mitt. XXXII H.
des Attalos in Pergamon., aber an der nach Süden
offenen Seitewahrscheinlichsehroftzweigeschossige 60
Hallen, so in Pompeii a. a. O.; vgl. auch Phar-
makowski in Isvestia imperatorskoi XIII 1906,
hellenistisches Wohn-H. in Olbia Taf. Xf. (rus-
sisch). Die Vergrößerung des festen H.-Typus ge-
schieht entweder durch größere Ausdehnung des
peristylen Hofes, oder durch Anfügung eines oder
mehrerer neuer Höfe; vgl. o. Paläste in Perga-
mon, und die Anlage des HmayvrfnXw in EpidanroB.
Immer aber wird der geschlossene Hofring als feste
Einheit beibehalten.
Vitruv. VI 10 beschreibt ein spätgriechisches
H. Seine Beschreibung läßt den Prostastypus,
verbunden mit der peristylen Hallenanlage, Er-
kennen, also eine Form des Übergangs, wie sie oft
vorgekommen sein mag, ähnlich in Priene a. a. O.
Abb.316 ; auch erinnert sie an das rhodische Peristyl.
Das ist nach der dem Vitruv zur Vorlage dienenden
Beschreibung offenbar der älteTe Teil seines ,grie-
chischen H.s*. Die Anfügung größerer Peristyle
weist deutlich daraufhin, daß das reine Peristyl
als die jüngere vollendetere Form angesehen wurde.
Die Frage nach Andronitis und Gynaikonitis
in Vitruvs Beschreibung, läßt sich an Hand von
Priene 299 Abb. 316 ausreichend verstehen; vgl.
Lange a. a. 0. 137f. Vitruv will nur sagen,
daß die Einhof an läge den bedeutenden Anforde-
rungen der spätgriechischen Zeit nicht mehr ge-
nügte, und daß man durch Nebenhöfe und weite
zu festlichen und gastlichen Zwecken angegliederte
Räume Anlagen schuf, die naturlich nicht dem
Verkehr der Familie dienten, sondern nur den
beim Hausherrn verkehrenden Gästen. Das eigent-
liche Wohnhaus, den altern Teil nennt er deshalb
Gynaikonitis, den neuern Andronitis. Die von
Gardner und Iwons Greck house 36 angenom-
mene Verdoppelung des Peristylhofes schon in der
klassischen Zeit wurde später von Gardner Journ.
hell. Stud. XXI 293 wieder aufgegeben. Das grie-
chische Wohnhaus der klassischen Zeit mit einem
Hof war stets mehr das H. der Frau und der
Familie (Xenoph. oec. VIII), während der Mann
im politischen Leben die meiste Zeit des Tages
außerhalb zubrachte, und keinen geselligen Ver-
kehr zu H. abhielt. Erst in späterer Zeit, bei
zunehmendem Luxus und geringerer politischer
Betätigung, empfand der Mann das Bedürfnis, in
seinem H. Räume zu schaffen für sich und den
Verkehr mit seinen Gästen. Gar dn er Journ. hell.
Stud. XXI 304. Demosth. III 25. 26.
Die Vergrößerung der Räume des hellenisti-
schen H.s innerhalb des gegebenen Rahmens wird
schon in alexandrinischer Zeit vorbereitet: das
riesige Prachtzelt Alexanders s. o., noch größer
dann das des Ptolemaios IL Philadelphos, Athen.
V 25, 196ff; vgl. dazu Lange a. a. 0. 142ff. Der
Palast der Ptolemäer in Alexandria machte einen
ganzen Stadtteil aus, und wurde für römische Palast-
anlagen vorbildlich. Entwicklung dieser Ansätze
im römischen H. und Palast, sowie die Weiter-
existenz des griechischen H.s in römischer Zeit s.
unter Art. Römisches Haus. [Fiechter.]
Haza s. Aza.
He . . . , ein Kastell von unbekannter Lage
im Gebiete des großen dalmatinischen Stammes
der Daesitiaten (s. d.) und Endpunkt einer im
J. 19 20 n. Chr. fertiggestellten, von Salona nach
Bosnien führenden Straße, CIL IU 3201 = 10159
(vgl. p. 1651 not. 1. 2328, 19) : Ti. GJaesar divi
Augusti /". [Aujgustus imp. pontif. max. trib.
potest. XXI [c]os. III viam a Salonis ad He-
[. . cjastel(lum) Daesitiatium per m. p[ass]uum
CLVI munit. Zum Namen bemerkt jedoch
Hirschfeld utrum He an lAb . . . in lapide
esset, in re praes enti d ubitavi. A. Bauer Ar-
chäoh-epigr. Mitt. XVII 136. v. Domasxewski
Westdeutsche Ztsehr. 1902, 1711 [Patsch.]
Heoata, falsche Lesart in manchen Ausgaben
des Plin. n. h. VI 120 (auch bei Pauly R.-E.
III 1081 gebucht). Zu verbessern in Thebata
= Thebeta, s. d. [Streck.]
Hebdömag (Septimana, Woche: über den
griechischen und lateinischen Wortgebrauch s.
Thumb und Gundermann Ztschr. f. deutsche
Wortf. I 164. 176). Es kann in dem nach-
stehenden Artikel, dem Plane deT Realenzyklopä-
aUem für die zum Ackerbau übergehenden nahe-
liegend und notwendig. Aber feste Grenzen, die
nach Fristen zu zählen erlauben, sind damit nicht
gegeben. Am Laufe der Sonne wird die große
Abweichung des Aufgangs- und Untergangspunktes
in den verschiedenen Jahreszeiten sich mit der
Zeit als ein merkwürdiges Phänomen aufdrängen,
dessen Erklärung freilich schon in das Gebiet
der ersten Anfänge der Astronomie gehört; eine
die entsprechend, nur gelegentlich von der Be- 10 genauere Feststellung der Solstitien und noch
deutung der Siebenzahl im allgemeinen für den
Kultus und für die Philosophie und Wissenschaft
gesprochen werden. Es muß im übrigen ge-
nügen, auf das überreiche Material hinzuweisen,
das W. H. Koscher in mehreren verdienstvollen
Abhandlungen darüber gesammelt hat ; sie seien
unter Übergehung der kleineren gleich hier an-
geführt und mit den kürzeren Bezeichnungen ver-
sehen, unter denen sie weiterhin zitiert werden:
mehr der Äquinoktien ist jedenfalls eine Auf-
gabe, die in primitiven Zuständen kaum gestellt,.
geschweige denn gelöst wird, Die Beobachtung
des Aufganges und Unterganges gewisser einzelner
Sterne, wie z. B. des Hundssternes oder des Ark-
turos oder einer enggedrängten Sterngruppe wie-
der Pleiaden, und ganzer größerer Sternbilder ist
ein Hilfsmittel, das für den Ackerbau wahrschein-
lich an verschiedenen Orten spontan in gewiß sehr
1. die enneadischen und hebdomadischen Fristen 20 verschiedenem Umfange benutzt wurde ; aller-
und Wochen der ältesten Griechen, Abb. K.
Sachs. Ges. d. Wiss. Ph.-H. Cl. XXI r.r. IV (1903)
— Röscher I; 2. die Sieben- und Neunzabl im
Kultus und Mythus der Griechen, ebd. XXIY
nr. I (1904) = Koscher LT; 3. die Hebdomaden-
] ehren der griechischen Philosophen und Ärzte
ebd. XXIV nr. VI (1906) = Koscher III ; 4. En-
neadisehe Studien ebd. XXVI nr. I (1907) = Ko-
scher IV; 5. über Alter, Ursprung und Bedeu-
dings ist die Beobachtung nicht einmal für den
modernen Astronomen so einfach, daß nicht Diffe-
renzen von mehreren Tagen entstünden, und da*
her die Festlegung von bestimmten Abständen
(äoxQcov öiaoTri/uaTa), nach denen die landwirt-
schaftlichen Arbeiten sich vollziehen lassen, nicht
etwas so ganz Primitives: man muß nur sehen r
wie bescheiden bei Hesiod die Zahl solcher An- '
Weisungen noch ist und wie neben den wenigen
tung der Hippokratischen Schrift von der Sieben- 30 Angaben aus dem Sternkatcnder hier die Vege-
zahl ebd. XXVIII nr. V (1911) = Röscher V tations- und Witt " - - - -
(1911)
(zur letzteren Abhandlung siehe jedoch auch Diels
DLZ1911 nr.SO und G. Helmreich Herrn. XL VI
437fF. ; jetzt wieder Koscher Memnon V). Als eine
neuerdings erst publizierte griechische Schrift über
den Gegenstand ist zu nennen Anatolios tisqi sßöo-
fiahoiv ed. I. L. H ei berg Ann. Internat, d'hist., Con-
gres de Paris, 5. Sectio n (Eist, de Sciences) 35ff. ;
vgl. Borghorst De Anatolii fontibus, Berl. 1905.
Witterungsanzeichen und allerlei
andere Vorzeichen hergehen (vgl. z. B. Erga 414ff.,
wo beides nebeneinander steht, und dann 479
die Winterwende). Die am leichtesten überseh-
bare Einheit aber liefert der Lauf des Mondes.
Durch das Interlunium, das freilich einer fort-
laufenden Zeitrechnung wieder große Schwierig-
keiten schafft, ist ein ganz fester Einschnitt ge-
geben, wie er bei der Sonne fehlt. Es ist der
Ein Verzeichnis der übrigen aus Poseidonios Korn- 40 erste in sich geschlossene Zeitkreis (nvxXog), den
mentar zum Timaios schöpfenden Schriftsteller
im Anschluß an Schmekel (Philos. d. mittl. Stoa
4Ü9ff.) und Borghorst s. bei Koscher III 109IT.
Im übrigen ist über die Siebenzahl besonders
auch Bouchc-Leclcrcq L'astrologie gr. 477, 2
und Frhr. v. Andrian Die Siebenzahl im Gei-
stesleben der Völker, Mitt. d. Anthropol. Ges. in
Wien XXXI 225ff. zu vergleichen. Die Arbeit
von W. Schultz Gesetze der Zahlenverschiebung
auch der primitivste Wilde wahrnimmt. Der Lauf
des Mondes ist durch seine wechselnden Licht-
gestalten, die nie ganz über die Lage des gegen-
wärtigen Zeitpunktes innerhalb des Monats im
Zweifel lassen, wie nichts anderes zur Messung
von freilich noch kurzen Zeiträumen geeignet;
die Etymologie, die die indogermanischen Wörter
für Mond von der Wurzel rne ableitet und da-
mit dem Monde die Rolle des Zeitmessers gibt,
im Mythus ebd. XL lOlff. versucht in Verfol- 50 trifft hier auch sachlich das Richtige. Die großen
gung eines Gedankens von G. Hü sing den Nach-
weis zu erbringen, daß im Arischen durchaus die
Drei und Neun ursprünglich und die Zwölf und
Sieben sekundär (aus babylonischem Kulturkreis,
wie der Verfasser vorläufig annimmt) an deren
Stelle getreten seien; das beigebrachte Material
gibt manches Beachtenswerte, ist aber zum Be-
weis der weittragenden These viel zu wenig ge-
sichtet.
Anstrengungen, von dieser unmittelbar und an-
schaulich gegebenen ersten Einheit durch Aus-
gleich, sei es mit Sternbeobachtungen, sei es mit
dein Sonnenlauf, zu einem Kalender zu gelangen,
der die Wiederkehr der jährlichen Verrichtungen
des Bauers und des Schiffers zu erkennen ermög-
licht, sind nur ein Zeugnis dafür, wie eindrucks-
voll eben gerade der Lauf des Mondes sich als
Zeitmesser darstellt: wäre hier nicht ein Zeitab-
I. Die verschiedenen Arten der Mo- 60 schnitt anschaulich, ja zwingend am Himmel durch
natsteilung. Jeder Versuch einer bestimmten
Zeiteinteilung muß notwendig an die himmli-
schen Erscheinungen anknüpfen. Zwar gibt auch
die einfache Wiederkehr von Hitze und Kälte,
von Blüte und Frucht die Gewißheit zyklischer
Natarvorgänge , und so ist allerdings ein in
plumpen Annäherungen sich bewegendes Vege-
tationsjahr ohne Zweifel für alle Volker und vor
allgemein sichtbare und nicht zu übersehende Er-
scheinungen markiert, so hätte man sich die Muhe
jenes Ausgleichs mit dem Sonnenjahr, die alle
Kalenderarbeit beherrscht, nicht erst gegeben.
Wie nun eine größere Zeiteinheit eist durch
Zusammenfügung von mehreren MondUtafen zu
gewinnen ist, so ist anderseits der Monat eine
zu große Zeitstrecke, als daß sie der Befristung
eine brauchbare Grenze geboten hätte: es war
notwendig, kleinere Abschnitte festzulegen. Aber
der Lauf des Mondes bietet dafür mancherlei nicht
geringe Schwierigkeiten; sei es, daß man vom
Lichtmonat ausgeht, also die 1—3 Tage, wo der
Mond mit der Sonne in Konjunktion sich befindet
und somit unsichtbar ist, als eine Art von Zu-
satztagen (Epagomenen) betrachtet, oder von Voll-
mond zu Vollmond oder auch von Neumond zu
Neumond, also mit dem synodischen Monat, 10
rechnet, und somit die Tage der Un Sichtbarkeit
mit einzählt. Die Zeit, die zwischen zwei auf-
einander folgenden Neumonden verstreicht, be-
trägt ca. 29!/ 2 Tage, die Zeit des Lichtmonates
also um die angegebenen Tage weniger, im Durch-
schnitt ungefähr 27 Tage (der siderische Monat,
d. h. die Zeit, innerhalb deren der Mond wieder
zu demselben Fixstern zurückkehrt, ca. 27 1 / 3 Tage).
Daß dieser Zeitabschnitt, eben weil er einige Tage
völlig ausschließt, zur fortlaufenden Rechnung 20
ganz ungeeignet ist, liegt auf der Hand. Das
Problem einer Teilung aber ist auch im übrigen
niemals rein lösbar; von 291/ 2 Tagen kann man
entweder im Dekadensystem und in Hinneigung
zu der Dreizahl zu 30 = 3x10 kommen (dabei
werden aber freilich die sichtbaren Gestalten des
Mondes völlig ignoriert) ; oder aber zu der nächst-
kleineren teilbaren Zahl 4x7, wobei wiederum
ein Teil der Unsichtbarkeitstage vernachlässigt
wird. Bei etwa 27 Tagen stellt sich, wie schon 30
Kant (vgl. seinen Brief an Penzel, Werke hgg.
von der K. Pr. Akad. XII 362) gesehen hat, die
Teilung in 3 X 9 ein. Da der Monat durch den
Vollmond halbiert wird, ergeben sich zunächst
zwei Monatshälften von etwa 14—15 Tagen, die
sich dann auch in drei Abschnitte zu 5 oder in
2 zu 7 Tagen zerlegen lassen; auf dem Wege
der Dreiteilung läßt sich weiter zu Abschnitten
von nur drei Tagen fortschreiten.
Alle diese Zeitabschnitte von 3, 5, 7, 10, 14 40
— 15 Tagen lassen sich geschichtlich nachweisen,
selbst die ungeschickteste von allen, die acht-
tägige, kommt hinzu in dem römischen Nundinum,
das wohl auch ein Monatsviertel sein soll (auch
bei den Bewohnern von Altkalabar gibt es acht-
tägige Wochen); Röscher II 72 denkt an aber-
gläubisches Vermeiden der Siebenzahl bei dieser
unpraktischen Wochenzählung. Ich begnüge mich
hier für die einzelnen Arten von Monatsteilungen
mit ganz kurzen Hinweisen, umsomehr als Ro-50
scher I 7ff. (Nachträge an vielen Stellen, be-
sonders 74ff.). II 76ff. fast alle nötigen Nach-
weise gibt. Dreitägige Perioden haben die Muys-
kas der Hochebene von Bogota (Columbia) (Schia-
parelli-Lüdtke Astron. im Alt. Test. 114).
Fünftägige haben verschiedene Negerstämme und
Mexikaner, besonders aber die Babylonier (hammtti,
entdeckt von Sayce, dann von Win ekler Alt-
orient. Forsch. II 91fi. näher erklärt; vgl. wei-
teres bei Jensen Ztschr. f. deutsche AVortforsch. 60
I 150f. ; in Babylon ist die hamustu ausdrücklich
in Znsammenhang mit den Gestalten des Mondes
gebracht: nach III Rawlinson 55, 17ff. sind
die ersten fünf Tage des Monats die Tage der
Sichel, die nächsten fünf der Niere, die nächsten
fünf der Königsmütze; vgl. auch J. Hehn Sieben-
zahl und Sabbat bei den Babyloniern und im
Alten Testament 1907 = Leipzig, semit. Studien
II 5, 118f.). Dann ist die fünftägige Frist bei
den Persern, auch bei den ältesten Griechen nach-
zuweisen (Röscher I 74f.). Auch auf einem
astrologischen Papyrus in griechischer Sprache, Pap.
Oxyr. III 125ff. findet sie sich (vgl. B o 11 N. Jahrb.
XXI 115), einem Kalender, der aller Wahrschein-
lichkeit nach einem .hermetischen' Werk unter dem
rätselhaften Titel iJakfisvtxiaxd oder Salfisoxot-
vtaxä angehört, das schon von Nechepso — Peto-
siris um 150 v. Chr. benützt wurde und eine
merkwürdige Vereinigung von ägyptischer und
babylonischer Mythologie zeigt. Bei den Ägyp-
tern lag neben der ihnen sonst geläufigen Tei-
lung in drei Dekaden die Fünferwoche durch die
Epagomenentage ihres Jahres, und beide Teilungen
finden sich in jenen eben genannten Salmenichiaka.
Auch in den von Bezold-Boll S.-Ber. Akad.
Heidelb. 1911 nr. 7 als auf älteren babylonischen
Quellen beruhend nachgewiesenen Kapiteln bei
Lydus de ost. c. 17 — 20 überwiegen die zehn- und
fünftägigen Fristen. Rechnung nach neuntägigen
Fristen ist nicht bloß bei Indern, Persern, Kel-
ten, Iren, Griechen der homerischen und vor-
homerischen Zeit, sondern auch bei den Ägyptern
nachgewiesen. Zehntägige Fristen, also Teilung
des Monats in drei Dekaden ist vor allem bei
den Ägyptern gewöhnlich (tie haben eigene Stern-
gottheiten datür, die Dekane, die aber auch im
babylonischen Schöpfungsepos, Taf. 5 stehen),
aber auch bei den Griechen, sowie bei Chinesen
und Neuseeländern zu finden. Endlich die be-
quemste und im Grunde nächstliegende von allen,
die Teilung in Monatshälften von 14—15
Tagen weist Röscher bei Indern (vgl. neue-
sten auch Rühl Rh. Mus. LXIII 158ff. zu Curt.
Ruf. VIII 9), Persern, Griechen, Germanen, Kel-
ten, aber auch bei den Chinesen nach. Zwölf-
tägige Fristen begegnen ebenfalls bei den Grie-
chen und Römern s. Röscher I 13, 45. 70, 203.
II 81f. Er erklärt sie, sicher mit Recht, als
Übertragung der Zwölfzahl von den zwölf Monaten
des Sonnenjahres; der Mond hat also hier gar-
nichts zu bedeuten. Über die Chinesen s. Boll
Sphaera 333 : auch hier ist jeder Zusammenhang
mit dem Mond völlig zerrissen. Auch die antike
Astrologie hatte solche zwölftägige Fristen, wie
Manilius III 512. 520 beweist (s. ebd. 334).
IL Siebentägige Frist und Mondlauf.
Am wichtigsten sind für uns nun die sieben-
tägigen Fristen, die bei Babyloniern und Juden,
Ägyptern, Persern und Indern, Chinesen, Mon-
golen, Malaven, bei Germanen und Griechen von
Röscher I 28ff. II 85ff. 98ff. nachgewiesen sind;
ebenso bei den Cherokeeindianern und anderen
Indianerstämmen: Röscher I 71,204 (auch bei
ihnen tritt nicht selten die Neun als Konkurrentin
der Sieben auf; vgl. auch über die Mexikaner
ebd. 791). Gegenüber einer neuestens vertretenen
durchaus falschen Auffassung (Nilsson Arch. f.
Relig. XIV 433) ist es notwendig, festzustellen,
daß, abgesehen von der natürlichen, aber zu lange
Fristen ergebenden Zweiteilung des Monats nicht
die Teilung in 3 x 9, sondern die in 4 X 7 weitr
aus die natürlichste ist. Die Teilung in 3 X 9
Tage sucht Nilsson als natürlich zu erweisen
durch den Hinweis, daß Zunahme, Vollmond und
Abnahme die Dreizahl von selbst ergeben; aber
damit sind doch nichts weniger als drei gleiche
jLLCMuuuiaa
nemiomas
2DÖ2S
nur einen eintägigen Markierungspunkt bildet, geteilt in navoilyvot, diese in die 6yS6ai (nach
der niemals auf die Zahl neun führen kann. Es griechischer Ausdrucksweise), dann in die zergdöss.
ist vielmehr klar, daß zwar ein gewisser Trieb Die vier Abschnitte des Mondlaufes scheinen auch
zur Dreiteilung durch die von Nilsson bezeich- den vier jugas der Inder nach Mai Müller und
neten Umstände angeregt wird, daß dagegen die A. Weber (Ind. Stud. I 283) zugrunde zu liegen;
Teilung in drei gleiche Teile dem Monat nur und auch in einer dort zitierten spätvedischen
•eben aufgenötigt werden kann, weshalb denn auch 10 Schrift werden das erste wie das letzte Viertel
die Zahl sieben kam ; nicht nur wegen ihres Ver-
hältnisses zu 27 V3 = 28, sondern mindestens
Aufstellung von sieben viertägigen
Wochen statt von vier siebentägigen hat Ro scher
II 31, 48. 130, 184 für den bedeutenden Astro-
— (zitiert
Tagen vergeht, und zwischen Vollmond und Neu- bei Michael dem Syrer ed. Chabot 1 184, mir
mond ungefähr das Doppelte. Es ist wunderlich, 20 durch Kugener T r n traite' astron. attrib. a Denys
wenn Nilsson diese Halbzirkel des Mondes nicht TAr^op,, Actes du XIV. Congr. intern, des Orient,
als wirklich beachtete Abschnitte gelten läßt. Es 1907 t II 171, 5 bekannt). Sol und Luna als
genügt demgegenüber beispielshalber auf Nechepso- Vater und Mutter zeugen darnach in jedem Monat
Petosiris p. 369, 139 Eiess oder noch besser gleich sieben Kinder, also jedes Jahr 84. Eine Lehre von
auf die Stelle im babylonischen Schöpfungsepos sieben o^iaxa oetyvris wird aber auch bei Vettius
hinzuweisen (Bezold Babyl.-Assyrische Texte = Valens II 35 p. 10Ö, 29 Kroll kurz gestreift.
Lietzmanns Kleine Texte nr. 7, 15): ,Er (Mar- Koscher hält die Theorie für altpythagoreisch j
duk) bestimmte ihn (den Mond) als das Gebilde nach den neuen Zeugnissen fragt es sich, ob sie
der Nacht zur Bestimmung der Tage monatlich nicht babylonisch war.
ohne Aufhören, legte der Scheibe Schranken auf 30 Wenn 'es aus vielen Gründen wahrscheinlich
{und sprach) : Am Anfang des Monats beim Auf- ist, daß von den Himmelskörpern zuerst der Mond
gehen im Lande sollst du mit Hörnern glänzen mit seinen auffällig wechselnden Phasen die Auf-
zur Bestimmung von sechs Tagen, am siebenten merksamkeit und Verehrung auf sich gezogen hat
Tag sei gehalf tet die Scheibe, am 14. Tage sollen (vgl. über das Verhältnis von Mond- und Sonnen-
sich gegenüberstehen gleiche Hälften des Monats*; kult und die Priorität des Mondkultus Cumont
was nicht hindert, daß wenige Zeilen vorher Mar- Theol. sol. du paganisme romain. Mem. pr&s. ä
duk für die zwölf Monate je drei Sterne fest- LAcad. d. inscr. XII 2, 3f., der sie vielleicht et-
setzt. ^ Es ist darnach recht mißlich, Drei- und was zu einseitig betont), so darf man wohl
Vierteilung mit Nilsson u. a. als arisch und Hehn a. a. O. 57ff. recht geben, der hier den
babylonisch einander gegenüberzustellen ; es wird 40 Ursprung der Heiligkeit der Siebenzahl überhaupt
noch mancher Untersuchung bedürfen, ehe sich sucht. Nur muß man noch etwas weiteres be-
so weittragende Folgerungen mit irgend welcher achten. Jede heilige Zahl hat die Tendenz, ihre
Gewähr ziehen lassen. Die gleiche Auffassung Geltung zu erweitern; und je mehr sie sich an-
der Entstehung der siebentägigen Frist durch wenden oder noch besser unmittelbar in der Natur
Vierteilung des Mondes im Anschlüsse an seine nachweisen läßt, desto größer wird ihre Aussicht
natürlichen Phasen zeigt auch die wohl aus Po- sein, durchzudringen. Das ist aber bei der Sieben-
seidonips (s. Röscher III 109) stammende Stelle zahl in ungewöhnlichem Maße der Fall. Sie ist,
bei Philo de mundi opif. 34 av&rai [aev yag (rj um von allen Bezügen im Menschenleben {kriti-
oekrjvr)) ax.6 rijs xqüxyjs juyvoetdove ixdäpyswe sehen Tagen usw.) abzusehen, am Himmel ge-
f^XQ 1 dizoroftov rinigaig hna, sW hmaig ro- 50 geben in den 2x7 Sternen des großen und
oamats nXrjoiqpai)? yiyvezai xal tioJ.iv vTiooToitpet . . . kleinen Bären (daran erinnert das Fragment des
im TT/v ötxözouov ferro xäXiv f}pi£Qat$ , elz ojiq Heraklit 4 a = 126 a Diels unmittelbar im An-
zavzrjg hrl zijv [irjvoeibrj zalg toatg k^rjg 6 /£/#£<? schluß an die H. des Mondes; vgl. auch Bosch er
aQi&fiög {xif) ovuxexirjQcomt. Nicht minder sind III 54). Sie ist ferner gegeben in dem für den
die Mondviertel bei Arat. 805ff. beachtet, wozu alten Kalender höchst wichtigen und besonders
die Scholien zu vergleichen sind, die dabei auf auffälligen Sternbild der Pleiaden (Zimmern
die Pythagoreische Schätzung der Siebenzahl hin- KAT3 621 gibt sogar mit gutem Grund ,zu er-
weisen; ferner auch die von Bouche-Leclercq wägen, ob in der Himmelsbetrachtung der Baby-
477, 2 dazu angeführten Stellen bei Gell. III lonier die Siebenzahl der Pleiaden — die ja ohne
10 (nach Aristides von Samos); Philon leg. alleg. 60 weiteres dem Auge sich als eine Einheit darstellen
I 4. Macrob. somn. Scip. I 5, 48ff., die alle die — nicht das Ursprünglichere ist und die Sieben-
4x7 Tage trotz des synodischen Monats von zahl der Planeten erst in Analogie dazu als eine
29 Tagen zu rechtfertigen wissen; sodann Cle- geschlossene Einheit gefaßt worden ist'). Die
mens Alex. Strom. VT 16, 143; vgl. Eo scher sieben Hyaden kommen dann ebenso wieder be-
lli 31. Wie stark die Siebenteilung gerade am stätigend hinzu, wie etwa zu den sieben Sternen
Mond, dem Urheber auch von Ebbe und Flnt, des großen Bären die sieben des kleinen und die
haftete, zeigt der merkwürdige, offenbar auf echte sieben Hauptsterne des Orion. ITarra wtUßdofM'.
keltische Überlieferung zurückgehende Text bei dazu trägt auch die Eigenart dieser Zahl selbst
2553
HeMoruas
ttebaomas
ZÖÖ4
(= 3 -i- 4) einiges bei. Freilich erfährt die Gel-
tung der Siebenzahl dann eine ganz ungeheure
Steigerung durch die Entdeckung, daß sieben
Weltkörper dem Gang des Himmels entgegenlaufen :
aber sie ist nicht erst durch diese sehr künstliche
oder besser gesagt erst auf einer vorgeschrittenen
Erkenntnis stufe mögliche Zusammenfassung der
sieben Planeten entstanden, die Morgen- und
Abendstern (Venus) schon als identisch voraus-
ebd. IV 142 sind dagegen der 7., 14., 19., 28.
günstige Tage, während der 21. seinen alten böses
Charakter ganz behalten hat; vgl. auch Bezold-
Boll a. O. 2 Anm. Aus dem Arabischen über-
setzt ist ebd. V 3, 90fi\, wo es vielmehr gerade-
am 7. gut ist, neue Kleider anzulegen. Diese
Vorschriften haben sich also bei den Arabern,
wenn sie sie früher kannten, ganz verwischt und
verloren). Ob diese Siebenertage in babylonischen
setzt den schwer zu beobachtenden Merkur kennt 10 Texten als Schabattu-Tage bezeichnet werden, laßt
und äußerlich so sehr verschiedene Himmelskörper
wie Sonne und Mond mit der Venus und selbst
mit den übrigen Planeten bloß wegen der Um-
laufsart gleichstellt, die sich ferner schon soviel
Kenntnis des Himmels zutrauen darf, um mit
dieser Siebenzahl die Reihe der Wandelsterne für
abgeschlossen zu halten, die Kometen also grund-
sätzlich ausschloß. Man muß es sich also abge-
wöhnen, bei jeder Siebenzahl von vornherein
sich bis jetzt nicht nachweisen, Hehn 109. Mein-
hold Sabbat und Sonntag 6). Aber auch ihr
Charakter ist von dem des jüdischen Sabbattages
verschieden: die unleugbare Ähnlichkeit beruht
in dem Sichenthalten von allerlei Tätigkeiten,
aber diese Tage sind nicht als vollkommene
Ruhetage für alles Volk anzusehen, wie der israe-
litische Sabbat, wenigstens scheint es, daß an
ihnen Kontrakte geschlossen werden ganz wie an
schon an die Planeten zu denken. Ihr von gewissen 20 anderen Tagen (Hehn 108; vgl. auch K König
Zeiten an ungeheurer Einfluß laßt sich nicht in
beliebige Zeiträume rückwärts übertragen. Be-
herrschend wird er erst von der Zeit an, wo die
Astrologie in die griechisch-römische Welt vor-
dringt. Das ist der Vorgang, den wir nun auch
bei der siebentägigen Woche beobachten werden,
III. Die siebentägige Mondwoche bei
Babyloniern und Juden kann hier nur in
einigen wenigen Grundzügen charakterisiert wer-
Neue Jahrb. XXI 1908, 453). Wichtiger aber ist
noch, daß diese Siebenertage bei den Babyloniern
nur für ein en Monat bezeugt sind, und ganz be-
sonders, daß es sich um keine fortlaufende, d. h,
über die Mondmonate unabhängig hinübergrei-
fende Tagzählung handelt wie bei der israelitischen
Woche. Immerhin zeigt doch, was nicht ver-
gessen werden darf, die Einreihung gerade des
19. Tages eine Tendenz dazu, auch den folgenden
t;iUlgCll WCllIgCll VJl UlIUi.li.gcll v,ii»i»ÄH,iioiviu "v. i.V. j-t-^^u . . -~— — , _ j. J
den; für weiteres vergleiche u. a. Baudissin 30 Monat mit hereinzuziehen (sie ist nur verstand-
PRES s. v. Mond und Lotz ebd. s. v. Woche;
Meinhold Sabbat und Woche im Alt. Test.
(Forsch, z. Relig. u. Lit. des A. u. N. T. 5. Heft,
1905), sowie dessen populäre Darstellung: Sabbat
und Sonntag (in der Sammlung , Wissenschaft und
Bildung' Bd. XLV 1909); ferner besonders auch
das schon oben genannte Buch von J. Hehn (1907).
Vor allem muß, wie das schon Letronne getan
hat (vgl. Bouche-Leclercq 477, 1) auf das
lieh, wenn man den 19. Tag als den ursprünglich
49. betrachtet). Das System der siebentägigen
fortrollenden Woche ist damit freilich nur an-
gebahnt: und doch ruht gerade darin, daß die
Woche ,ohne Rücksicht auf Monat und Sonnen-
jahr ununterbrochen weiterrollt', die von Nöldeke
Ztschr. f. d. Wortf. I 161 mit Recht hervorge-
hobene chronologische Genialität der Erfindung
der Woche, die er darum dem israelitischen
schärfste unterschieden werden zwischen der sieben- 40 Bauernvolk nicht zutrauen will und sie — aller
tägigen Mondwoche und zwischen der Plane ten-
woehe; nur von der ersteren wird im folgenden
zunächst gesprochen. Das Vorkommen von sieben-
tägigen Fristen bei Babyloniern seit Gudea, auch
in Gilgames-Epos, stellen Röscher I 29ff. Hehn
40ff. zusammen. Man sah nach dem Ausdruck
von Jensen in sieben Tagen die nächst höhere
oder wenigstens eine höhere Einheit nach den
einzelnen Tagen (Ztschr. f. d. Wortf. I 152; s. o.
dings mit ausdrücklicher Feststellung, daß aus
einheimisch babylonischen Dokumenten diese
siebentägige Woche und der Sabbat noch nicht
konstatiert ist — doch den Babyloniern beilegen
möchte. Die schwierige Frage kann hier nicht
erörtert werden; doch sei auf Meinholds
Ausführungen ebd. 12ff. hingewiesen, wonach
Alt-Israel ursprünglich als Fest für den Mond-
gott, dann erst für Jahve, Neumonds- und Voll-
eiu»eijieii iaguu luteum, i. u. mui». j. a^-, ^. ", & , - — -, _
S.2549ff.). Aber noch mehr: in der HemeTologie für 50 mondstage, als Erholungs- und Festtage, feierte
den Monat Elul II treten die Siebenertage, der 7.,
14., 19. (30 + 19 = 49), 21., 28. Tag gleich-
mäßig und augenfällig hervor (IV R. 321). Die
Verbote, welche diesen Tagen gemeinsam sind,
lauten: .Der Hirte der zahlreichen Völker darf
Fleisch, das auf Kohlen gebraten ist, und Aschen-
brot nicht essen, sein Leibgewand nicht wechseln,
eine Opferspende nicht ausgießen. Der König soll
seinen Wagen nicht besteigen, als Herrscher niebt
und den letzteren Sabbat hieß, weil da der Mond
, fertig' ist (so heißt auch babylonisch Sapatti
der 15., d. h. der Vollmondstag, s. Zimmern
ZDMG LVin 194ff. 458ff. Beer DLZ 1907,
211); daß dagegen während der babylonischen
Verbannung der jüdische Sabbat mit seiner völ-
ligen Enthaltung von jeder Arbeit und seinen
strengen Verboten für jeden siebenten Tag ein-
gerichtet wurde im Anschluß an die schon vorher
seinen Hiigm uii-ui ucswigcu, «m in.wovuvi üi^ui, & ,,m-*.^~ .. — — — — - — M „
sprechen, an geheimnisvoller Stätte soll der Magier 60 bestehende Übung, während der Ernte- und Pttuge-
keine Sprüche sagen, der Arzt soll an den Kranken
seine Hand nicht legen, einen Bannfluch zu voll-
ziehen ist nicht möglich.' (In griechischen Texten
hat sich, wie hier gleich bemerkt sein mag, manche
ähnliche Vorschrift und Warnung vor diesen Tagen
erhalten: vgl. den 7. und 21. Tag, auch teilweise
den 28. in der griechisch-jüdischen Liste Catal.
codd. astr. HI 32ft In der griechischen Liste
zeit an jedem 7. Tag die Arbeit aus menschlichen,
nicht aus religiösen Gründen ruhen zu lassen.
Wenn sich diese Erklärung bestätigen sollte, so
würde sich also der jüdische Sabbat gleich der
Beschneidung gerade als beabsichtigter Gegensatz
zur babylonischen Umgebung, nicht als Über-
nahme ans Babel herausstellen.
IV. Siebentägige Fristen bei den Grie-
chen in der älteren Zeit Aus dem außer-
ordentlich reichen Material, das Eos eher I 41ff.
III 8ff. auch über siebentägige Fristen in Griechen-
land gesammelt hat, ist hervorzuheben, daß schon
bei Homer, jedoeh anscheinend nur in der Odyssee
X 80. XII 397. XIV 249. XV 476 siebentägige
Fristen, d. h. stets Fristen, die mit dem siebenten
Tage abschließen, sich finden (also £$~rjp,aQ nMo-
].isv . , ißAofidry <T ixo/iteoda), während es bei
den Fristen von neun Tagen vielmehr heißt VII 10
253 swfjfiao (psqoaiqv, dexar?] ds jus vvxti ßelalvt]
xtX., also zum Abschluß, nach der auch sonst
(auch bei den siebenjährigen Fristen) dem Griechen
geläufigen Art, noch die'Wendetage zur typischen
Kahl hinzugefügt werden, also zugerechnet, im
ersteren Fall dagegen eingerechnet werden. Diese
von Eos eher I 47 (vgl. III217ff. 240. IV llf.)
erkannte Tatsache hat Kilsson zu weiteren
Folgerungen verwendet; die erstere sei die grie-
chische, ja allgemein indogermanische, die andere 20
dagegen die babylonische Zahlung; und im An-
schluß an den bekannten Aufsatz von v. Wila-
mowitz Herrn. XXX VIII 575 entwickelt er aus
der auffallenden Bedeutung der Siebenzahl im
Apollonkult die Annahme, daß dieser, asiati-
schen Ursprungs, in seinen Sühneriten die sieben-
tägigen Fristen mit sich gebracht habe. Diese
eben erst aufgestellte These wird weiter geprüft
werden müssen; gewiß aber und seit langem her-
vorgehoben ist, daß das Vorwiegen der Sieben- 30
zahl im Apollonkult (vgl. die ausführlichsten Zu-
sammenstellungen bei Röscher II 4tf. III 24.
210ff.) etwas sehr Auffallendes hat. Apollon
ist am 7. geboren; ihm sind ,nic!it bloß die
eßdoficu, sondern auch die übrigen für die Ab-
grenzung und Einteilung des Mondmonats wich-
tigen Tage, nämlich die vovftijviat. die dixopyviai,
die elxaÖEQ und die roiaxädeg geheiligt', also der 1 .',
7., 14., 20., 30. Tag? wobei das dekadische Prinzip
offenkundig wieder durchkreuzend wirkt. Die 40
siebentägigen Fristen hat Röscher II lOff. als
primär gegenüber den übrigen Heptaden im Apol-
lonkult nachzuweisen gesucht, auch gegenüber
jenen zahlreichen Chören von 7 oder 2x7 Per-
sonen. Ganz besonders in Boiotien tritt die Sieben-
zahl stark hervor (Koscher I 63f. II 41 «., der
auch hier an ältere apollinische Kulte denkt).
Freilich ist auch bei Dionysos, im Herakult, bei De-
meter und sonst die Siebenzahl von Bedeutung ; in
der Religion der Griechen überwiegt überhaupt 50
die Siebenzahl gegenüber der Ncunzahl (Röscher
II 69f.J, woraus zunächst auf ihre Priorität ge-
schlossen werden müßte. Wichtig sind dann weiter
die siebentägigen Fristen in Krankheiten (kritische
Tage: Pvoscher I 50), die bis zum 63. Tage fort-
rollen , und allerlei verwandte Theorien , wie sie
in den pseudohippokratischen Schriften Tlmi
sßdofiddfjuv und TIsol öaoHü>v und bei zahlreichen
Späteren sich finden: die siebenjährigen Fristen
gehen auch hier parallel (z. B. in dem bekannten 60
Gedicht des Solon über die Altersstufen frg. 27
Bergk), ebenso die siebenmonatlichen (über all
das siehe besonders Röscher III passini ; IV 69ff.).
Diels hat in der Festschrift für Gomperz (1902)
9 bereits die Auffassung geäußert, daß mit der
Siebenzahl ein alter assyrischer (semitischer) Ein-
fluß auf die griechische Religion gegeben sei, was
dann, wie bemerkt, neuerdings speziell für den
ApoUonkultus Nilsson aufgenommen hat; Da
v. Wilamowitz 1 Annahme kleinaaiatischen Ur-
sprungs des Apollon viel für sieh hat, so wäre
von hier aus schwerlich etwas gegen die Hypo-
these einzuwenden; aber die Tatsache, daß die
Siebenteilung des Mondlaufes so sehr viel bequemer
und natürlicher ist als die Neunteilung, und viele
der von Koscher auch für andere Völker ver-
zeichneten Tatsachen (u. a. auch der Kampf von
Sieben- und Neunzahl bei den Kelten, s. Rö-
scher II 73f., 88ff. nach und teilweise gegen
Loth Rev. Celt. XXV [1904] 113ff.) macht wieder
zweifelhaft, ob hier wirklich an Übertragung und
nicht an mehrfache spontane Entstehung zu
denken ist, ein Schluß, zu dem auch Röscher
und Hehn gekommen sind. Dagegen scheint es
mir sehr möglich, ja wahrscheinlich, daß diese
schon vorhandene Teilung befestigt, vielleicht
wiederholt befestigt wurde durch immer wieder
einsetzende östliche Einflüsse, namentlich auch
bei den alten Pythagoreern, die, wie Röscher
I[ 24fF. ausführt, die H. -Lehre in außerordentlich
ausgedehnter Weise durchgebildet haben, und
natürlich dann seit der hellenistischen Zeit.
V. Die Reihenfolge der Götter in der
Planetenwoche. Die Mondwoche ist ohne
Zweifel längst vorhanden gewesen, ehe man auf
den Gedanken geriet, jeden Tag der Woche mit
einem der sieben Planeten zu verbinden. Ist
doch diese Reihe selbst etwas Künstliches und
erst nach Erreichung einer gewissen Abstraktions-
fähigkeit denkbar (s. o. S. 2553). ,Erst nachdem
man die 7 Tage hatte, kam man darauf, sie nach
den sieben Planeten zu benennen ; die Siebenzahl ist
das einzige Band zwischen ihnen' (Wellhausen
Proleg. z. Geschichte Israels 6 108). Diese Ver-
bindung wird man zu allererst geneigt sein, auf
babylonischem Boden zu suchen, wo einerseits
eine Hervorhebung der siebenten Tage, anderseits
die Zusammenfassung der sieben Planeten sich
sicher nachweisen läßt und die Beachtung der
Mondviertel feststeht. Aber bei der Durchführung
des Gedankens ergeben sich zahlreiche Schwierig-
keiten. Einmal sei gleich vorweg genommen, daß
sich die Planeten woche auch jetzt noch erst seit
dem 1. Jhdt. v. Chr. nachweisen läßt, und zwar
auch da nicht auf babylonischem Boden, sondern
in Rom. Zweitens sind es nur wenige Stellen, an
denen die Planeten als geschlossene Siebenheit
in der babylonischen Literatur auftreten (Hehn
51f.); die heilige Sieben tritt völlig unabhängig
von ihnen auf, sodaß der Kult der Planeten als
der weltbeherrschenden, alle anderen verdrängen-
den Siebenheit hier keineswegs etwas so Selbst-
verständliches ist, wie man sich zumeist vorstellt;
ist doch bis jetzt nirgendwo eine Darstellung der
sieben Planeten als geschlossener Einheit auf
einem babylonischem Monument nachgewiesen,
wie sie so oft in römischer Zeit erscheint. Der Ge-
danke, Götter mit Tagen zu verbinden, ist zwar
babylonisch; jeder Tag im Monat soll nach Jen-
sen (a. a. O. I 154) bei den Babyloniern seine
Gottheit oder sein Götterpaar haben, wie auch in
Ägypten (Herodot II 82) jeder Monat und jeder
Tag einem Gotte unterstand; aber hier wie dort
waren es nicht die Planetengötter. Einzelne Ffinfer-
tage des dreißigtägigen Monats sind bei den
Babyloniern gewissen Gottern gewidmet, ,der 5.
U^UUUUIOO
dem Bei von Ekur und der Belit von Ekur, d. i.
den Hauptgöttern des uralten Kulturzentrums
Mppur', und so gehören auch der 10. und der
25. Tag je zwei Gottheiten; aber von hier ist,
wie man sieht, noch ein ganz unklarer Weg,
■einerseits zu dem ganz anderen System der fort-
laufenden siebentägigen Woche, die auch die
Planetenwoche voraussetzt, anderseits aber zu der
ausschließlichen Verteilung aller Tage in Siebener-
reihen an die Planetengötter. Der Gedanke setzt 10
nicht nur eine außerordentlich auffallende Ver-
drängung aller übrigen Gottheiten durch die astra-
len voraus, die sich zwar in einer Theorie, nicht
.aber im Kulte so leicht vorstellen läßt, sondern er
ist auch an sich sehr wunderlich: was hat irgend
ein Tag der Woche in höherem Grade mit dem
Monde oder dem Mercur zu tun, als irgend ein
anderer? In der Natur der Dinge ist die Verteilung
4er Wochentage an die Planeten und ihre Götter .. _
im und für sich ohne den leisesten Anlaß und Hinter- 20 ausgeschlossen. Die Ordnung der Wochentags
Planeten in der Reihe, m kommt man zur Sonne;
von da ist wiederum der vierte der Mond, von da,
wenn mau die Reihe zum zweitenmal anfügt, Mars,
von da Mercur, von da, wenn die Reihe zum dritten-
mal in gleicher Form fortgesetzt wird, Iuppiter,
von da Venus. Dann geht es wieder von vorne an.
Um jede Unklarkeit auszuschließen, sei die Sache
auch graphisch veranschaulicht:
1. Saturn 2. Iuppiter 3, Mars 4. Sonne
5. Venus 6. Mercur 7. Mond
8. Saturn 9. Iuppiter 10. Mars 11. Sonne
12. Venus IS. Mercur 14. Mond
15. Saturn 16. Iuppiter 17. Mars 18. Sonne
19. Venus 20. Mercur 21. Mond
22. Saturn 23. Iuppiter 24. Mars 25. Sonne usw.
Es ist bei dieser absoluten Regelmäßigkeit,
wie sich jeder leicht überzeugen kann, jeder Zufall
grund. Es ist also einfach das feste Schema der
sieben Planeten auf das eben so feste Gefüge einer
vorher bestehenden Mond wo che aufgepropft wor-
den: der Umstand, daß es hier wie dort sieben
Einheiten waren, hat das nicht nur ermöglicht,
sondern den Gedanken erst herbeigeführt.
Daß es sich nicht um ein allmähliches Ent-
stehen, sondern um ein einmaliges svQyfta in der
Parallele von Wochentagen und Planeten handelt,
götter beruht auf der Ordnung der Planeten nach
der Umlaufszeit, also auf einem in der Natur der
Dinge gegebenen, aber erst durch die Astronomie
zu findenden Verhältnis. Dieses ist auch in den
antiken Erklärungen, die wir besitzen, zugrunde
gelegt. Die bekannteste ist Cass. Dio XXXVII
18; älter ist Vettius Valens, der Astrolog der
Antoninenzeit (I 10 liegt extclCcövqv tjzoi oaßßa-
rtxrjs rjiiFQag &jio x Et Q^)'y später sind der Pap.
•dafür spricht vor allem die völlige Ausschließlich- 30 Leid. ed. Dieterich Abrasas 186, 11, vgl. ebd.
41, und der Astrolog des 4. Jhdts. Paulus Ale-
xandr. c. 27. Die von Schürer a. a. O. 22f.
erwähnte Tatsache, daß die Ssabier (syrische
Planetenanbeter, griechisch beeinflußt, da sie die
Sonne Mos = fjfoog nannten) gerade diese beiden
Planetenordnungen haben, erklärt sich ebenfalls
aus deren notwendiger Zusammengehörigkeit.
Plutarchs Auseinandersetzung über den Gegenstand
., -j. i o v • a. t* -t. (quaest. symp. IV 7 dta ti zdq öfiatvvfiovg xolg
? d ?TSÜuSS™ . n g ( darUl,er 40Sa^ tV ^ ? « ff oi, xarh rfjv hmivw zä£iv,
" 6.1X t-vtjllay/nevcog doid-f-tovaiv) ist uns leider ver-
keit, mit der eine einzige ganz bestimmte und an
sich äußerst ungefüge und auffällige Planeten -
Ordnung ausnahmslos die Reihenfolge der Wochen-
tage bestimmt, während bei allmählicher Ent-
stehung sich doch irgendwelche Reste von Va-
rianten, ein Schwanken zeigen müßte. Die
Reihenfolge ist bekanntlich stets die folgende:
Saturn Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter Venus
s. u. Abschnitt IX):
Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter Venus Saturn.
Diese Planetenreihe läßt sich bei den Babyloniern
und Ägyptern, wie sich zeigen wird, überhaupt
nicht nachweisen, und bei den Griechen erst in
jener Zeit, wo wir auch schon die Existenz der
Planeten wo che nachweisen können. Wie ist nun
diese seltsame Reihe zustande gekommen? Eine
halbwegs überzeugende Ursache der Anordnung
loren; der erhaltene Titel kennzeichnet richtig
das Problem.
Erhalten sind uns aus dem Altertum ver-
schiedene Lösungen der Frage. Absehen können
wir von den Ausführungen bei Lydus de mens.,
der fast das ganze zweite Buch (c. 4—12) der
Erklärung des Verhältnisses der sieben Planeten
zu den Zahlen 1 — 7 widmet, in der Absicht, die
ist auch durch mythologische Erwägungen nicht 50 Woche zu erklären, die er mit dem Sonntag be-
zu finden. Umso klarer ist es aber, daß sie ginnt. Diese Auseinandersetzung, an deren Spitze
auf einer anderen Planetenliste beruht und aus
ihr mit mathematischer Präzision abgeleitet ist.
Sie fußt ausschließlich auf der ,richtigen' Planeten-
ordnung, wenn man die nach der Um lauf zeit
oder, was in der Hauptsache gleichviel bedeutet,
nach der Entfernung von der Erde , mit diesem
kurzen Ausdruck bezeichnen will. Vom obersten
Planeten zum untersten, wie sie noch häufiger
gesagt wird, Sit oi zzeqi Zcoooäozot]v xai 'Yazdantjv
XalÖaXoi xai Alyvnttoi äxo zov dpiftfiov twv
Tilavrjtcov iv sß&ofiddt ras rjusgac dvekaßov (was
auf apokryphe griechische Schriften über den
Gegenstand, unter persischen Autornamen, zu ver-
weisen scheint), ist durchaus pythagoreische Zahlen-
spekulation und zitiert neben Zoroaster und Chal-
däern und Ägyptern nicht blos Orpheus, Pytha-
vorkommt, als in der umgekehrten Folge, heißt 60 goras und einzelne Pythagoreer, sondern auch
diese Reihe: spätere griechische Gelehrte wie Piaton und
Aristoteles bis zu Proklos; sie kommt nicht bloß
wegen dieser heterogenen Bestandteile, sondern
auch wegen des Inhalts nicht ernstlich in Be-
tracht. Cassius Dio setzt bei Gelegenheit der
Erzählung von Pompeius Einnahme von Jerusalem
die Verehrung des Kronostages durch die Juden,
wo sie nicht kämpfen und daher auch die Stadt
Saturn Iuppiter Mars Sonne Venus Mercur Mond.
Diese Reihe trägt bei den Griechen den Namen
ijtzd^otvog (davon lateinisch septixdnium, woraus
septi&odium nur verdorben ist, s. gegen Maase
Tagesgötter 20ff. Schürer Ztschr. t neut. Wisa.
I 30. 63ff.). Geht man vom Saturn zum vierten
neimomas
erobert wird, und dann die Wochentage auseinan-
der, die er von den Ägyptern ableitet, während
sie hei anderen Völkern auch vorhanden seien, aher
nicht seit lange, wenigstens hätten die Griechen
nicht das geringste davon gewußt, während die Pla-
netenwoche jetzt bei allen Völkern und selbst bei
den Römern üblich und fast hergebracht sei. Er er-
klärt dann, er habe von zwei Methoden gehört, die er
nun mitteilt, und die beide nähere Überlegung ver-
nöbiF
dienen^ Die eine geht aus von & Vb^S.lööS) 10 Erklär^ SlIS:S:
gezeigten Tatsache, daß fortgesetzt« Stritt* ^ nur }^A+. "1' £ « ^?„?l: en ?i\t T ™ [tms
gezeigten Tatsache, daß fortgesetzte Schritte dtä
TEOoaQcov von der richtigen Planetenordnung zur
Wochentagsordnung führen. Er heißt das ,das
musikalische Intervall, das Öta tEoadQütv (die
Quarte) genannt wird, auf die Sterne übertragen';
an dasselbe Verfahren muß auch Celsus bei Örig.
c. Cels. VI 21 (= Cumont Text, et Mon. de
Mithra II 31) gedacht haben, der als Ursache für
diese Reihe der Wochentagsgötter, die er im
Mithraskult als xltuaE purnji^lnc ip<wii in n.™.
als harmonisch zusammen; so bliebe nichts übrig,
als von jeder astrologischen Herkunft abzusehen
und die Wochentagsordnung rein pythagoreisch-
mathematisch zu erklären. Das ist angesichts
ihres Fehlens in der pythagoreischen Philosophie
und ihrer handgreiflichen Verbreitung durch die
Astrologen ganz unwahrscheinlich. So kann diese
Erklärung nicht befriedigen; man fühlt, daß dieser
Schritt dtä xeoüo.q(üv eine nachträglich aufgedrängte
hWlilm-ncr horlon+tt+ Aln /\!« ***, — T tt...i.-u •
nur benützt, um es in pythagoreischer Weise zu
erklären. Wie man das Spiel mit den Quarten
dann weiter fortsetzte, zeigt ein Astrolog aus un-
bekannter Zeit, Zenarios: Catal. codd. astr. 1 176f •
vgl. dazu Boll Ztschr. f. Assyr. XXV 375.
Die andere Erklärung, die Cassius Dio und
ebenso schon längere Zeit vor ihm Valens gibt,
ist dagegen wirklich astrologischen Ursprungs.
, r ,, T - ,— , ■• —-— b^^uu^, v^ ci im ,Man zählt die Stunden des Tages und der
Mithraskuit als xtifia? hträxvlos, jedoch in um- 20 Nacht von der ersten an und gibt diese dem
r ~T» vrr.«,.«^^, JVUUVJ1 .11.1 tlllA"
gekehrter Ordnung von Saturn bis Sonne nach-
wies, fiovöwovg löyovg anführte. Man kann diese
Reihe öta zsoodgcov bequem mittels des Hepta-
gramms veranschaulichen :
Saturn, die zweite dem Iuppiter, die dritte
dem Mars, die vierte der Sonne, die fünfte der
Venus, die sechste dem Mercur und die siebente
dem Mond gemäß der Ordnung, welche die
Ägypter den Planetenbahnen anwiesen (also nach
der richtigen Planetenordnuug ; ob die alten
Ägypter diese gekannt haben, s. u. S. 2564) und
fängt immer wieder von vorne an, bis man alle
24 Stunden durchgegangen hat. Man findet dann,
30 daß die erste Stunde des folgenden Tages auf
die Sonne fällt. Verfährt man mit den nächsten
24 Stunden auf dieselbe Weise, so trifft die erste
Stunde des dritten Tages auf den Mond und fährt
man so fort, so wird jeder Tag den ihm zu-
kommenden Gott erhalten'. Die o. S. 2558 ge-
gebene Liste zeigt das anschaulich. Dieses System
ist nicht etwa, wie es nach Zimmern u. a. fast
scheinen möchte, eine Singularität bei Cassius
Dio, sondern es ist die auch sonst verbreitete
40 Lehre von den xokevwTes (,die den Tag drehen,'
Tagesgöttern) wndSt^zovzeg (Stundendurchwaltern,
Stundengöttern), die genau in der gleichen Weise
an den angeführten Stellen bei Val. und Paul.
Alex, stehen; weiterhin z. B. Wessely Gr. Zauber-
pap. (1886) 58, 5431 ; Catal. codd. astrol. IV
99, 2. VII 88, 5 usw. 114, 14. 20. VIII 3,
144 [in einem mittelgriechischen Texte] usf.).
Hier sind somit nach der Ordnung der Umlaufs-
zeiten zunächst die Stunden verteilt; wenn man
Ein Heptagramm, aber, wie wohl zu beachten ist,
ohne Planetenzeichen oder Namen, ist auch auf
babylonischem Boden von Hilprecht Explor. in.
Bible Lands 530 gefunden worden, abgebildet z. B.
Astr. 2 1909. Da aber keine Erklärung beigegeben 50 aber jedesmal den Planeten der ersten Stunde
ist, so wissen wir nicht, welchem Zweck das dienen des Tages in ganz natürlicher Weise zugleich den
sollte; daß an Planeten oder gar an die Wochen-
tagsplaneten zu denken sei, davon fehlt die leiseste
Andeutung, sodaß Hehn 53 mit Eecht ablehnt,
es für die vorliegende Frage zu gebrauchen. Immer-
hin ließe sich einwenden, daß spätere griechische
Pythagoreer in Anlehnung an diese auf babyloni-
schem Boden nachgewiesene Figur die Sache so
konstruieren mochten. Aber man sieht nicht recht
ganzen Tag mit beherrschen ließ, so ergab sich
die Eeihe der Wochentagsgötter. Dieser Weg,
von den nach der Umlaufszeit geordneten Stunden-
gottern zu der Reihe der Wochentagsgötter zu
kommen, ist so einfach, und zugleich mit der
fortgesetzten Neigung der Astrologen, die gleichen
Zahlen möglichst vielseitig wirksam zu machen
{s. z. B. Boll Sphaera 332tf.) so trefflich im Ein-
em, wie auf dem Weg astrologischen Denkens die 60 klang, daß sich nicht zweifeln läßt, daß in der
Planeten gerade zu einer Konsonanz (die Quart
ist das kleinste konsonierende Intervall, vgl.
Stumpf Geschichte des Konsonanzbegriffes, Abh.
Akad. Münch. I. Cl. XXI 1, 38) geführt worden
sein sollten: klingt doch die Art der Planeten,
von denen zwei, nämlich Iuppiter und Venus gut,
zwei, Mars und Saturn, böse, die anderen ver-
schieden sind, für die Astrologen nichts weniger
Tat auf diese Art die Wochentagsreihe entstanden
ist. Die erste, , musikalische' Erklärung (Sia teo-
odgmr) ergibt sich dann ganz von selbst: die
erste Stunde des folgenden Tages ist, vom vor-
hergehenden ab gezählt, die 25. ; also (7xS) + 4.
Bemerkt sei noch, daß das von Jensen a. a. O.
I 156 f. geäußerte Bedenken gegen die Ableitung
der Planetentage von den PlanetenstöJiden ganz
2561
Hebdomas
Hebdomas
2562
und gar nicht begründet ist: der Beginn mit Diese Annahme ist weiterhin aufgenommen von
Saturn kann für den nicht das mindeste Auf- H. Winckler Altorient. Forsch. II 367f. Dil
fällige haben, der die griechischen Planetenlisten, 186ff. ; nicht abgelehnt, wenn auch ebensowenig
namentlich bei den Astrologen fast immer mit bestimmt angenommen von Zimmern a. a.
Saturn beginnen, d. h. eben von der obersten 0.622; weiter verteidigt von Hommel Aufs. u.
Sphäre zur Erde herunterlaufen sieht. Abh. 446ff. Hilprecht Anniversary Volume (1909)
VI. Die Planetenordnungen bei Baby- I70ff. Dagegen wurde sie abgelehnt von Kug-
loniern, Ägyptern, Griechen. Ist es durch 1er Sternkunde I 220. II 77ft; in der Ztschr.
die vorhergehenden Ausführungen sicher gewor- Anthropos (1909) 477ff.; Im Bannkreis Babels
den, daß erst auf Grundlage der gichtigen' Pia- 10 94ff. Auf die noch strittigen Details kann hier
netenordnung nach den Umlaufszeiten die Wochen- nicht eingegangen werden (gegen Wincklers
tagsreihe geschaffen werden kann — ja man darf und Ho mm eis Heranziehung der Liste IV R 33
wohl weiter sagen, daß sogar ein gewisses allge- vgl. jetzt Kugler Im Bannkreis Babels 89ff.,
meineres Bekanntsem dieser Eeihe vorausgesetzt gegen Hommels u. a. Hinweis auf eine Ent-
werden muß — so muß nun zunächst untersucht deckung von Ungnad [Ztschr. f. Assyr. XXII
werden, wo und wann diese richtige Planeten- 13ff.] s. Kugler Sternkunde II 78ff.); aber die
Ordnung sich zuerst nachweisen läßt. Es ist das ganze Vertauschungshypothese stößt sich an der
umso nötiger, als in weitverbreiteten Werken Tatsache, daß Kaimänu , der Beständige' niemals
darüber zum Teil irrige oder verwirrende Mit- ein Name für den Mars, sondern nur für den
teilungen gegeben sind ; sachliche Vollständigkeit 20 Saturn gewesen sein kann : das Wort assidue fer-
wurde angestrebt, um die unbequeme Halbteilung tur bei Hygin. astr. IV 18 , das, im Gegensatz
des Materials auf die Art. Hebdomas und Planetae zu pervolat für Mars, die langsame Bewegung
zu vermeiden. des Saturn in Übersetzung des babylonischen Ter-
A. Babylonische Planetenordnung. - minus bezeichnet (s. Boll Ztschr. 1 Assyr. XXV
a) Abschrift einer sumerischen und baby- 373, 1), beweist, daß auch der spätbabylonischen
1 onis ch-as syrischen Liste IIE(awlinson) 48, 48 Zeit der Sinn des Wortes Kaimänu noch gegen-
—54(KuglerSternkundeI9ff.; vgl. Jensen Ztschr. wärtig war. Wenn aber nur die Vertauschung
f. deutsche Wortforschung I 155. Zimmern bei der Namen von Iuppiter und Mercur an sich als
Seh rader KAT3 622 [unter Buchstabe Ä]): zulässig zugegeben werden könnte (womit über
Mond Sonne Iuppiter Venus Saturn Mercur Mars. 30 die Haltbarkeit des versuchten Beweises nicht
Die Reihe (Zeit der Abschrift ca. 650 v. Chr.) ist so ff u , rtcil * ^ in 8 ° U k s ° er ^ e sich v m ^Uste
geordnet, daß die zwei großen Himmelslichter am »> die , E ^ he : ™ on { Sonne Mercur Venus Saturn
Anfang stehen; über die noch sehr unsicheren ^ppiter Mars, die ebensowenig nach den Umkufs-
Gründe, die sich für die Aufeinanderfolge der feiten geordnet wäre, wie die m den neubaby-
Planeten vermuten lassen, s. Kugler a. O. I 16. loni ^nen leiten.
b) Babylonische Texte (Kugler I 13) um ß , Beme £ kt seL < ^ * ie Ll £ te , IIX ? b $J'
700 und um 550 v. Chr.: l ' -61 (neu herausg. Cuneiform Texts vol XXVI
T ., , T , , r , r pl. 45) keineswegs, wie Koscher behauptet
Iuppiter Venus Saturn Mercur Mars (Myth ; Lex m ^ unter Berufung auf / au .
Also die gleiche Reihe wie in a), nur mit Weg- 40 dissin studi z . semit Rel> t 233), eine Planeten-
lassung von Sonne und Mond. reihe in der Aufeinanderfolge unserer Wochen-
c) Spätere, neubabylonische Texte von tagsgötter enthält, sondern sieben mäSü, nach
400—7 v. Chr. : Jensen (Ztschr. f. Assyr. I 259 Anm.; vgl. Kos-
luppiter Venus Mercur Saturn Mars. mo I. 144ff.) sieben Paarsterne; sicherlich aber
Hier ist also lediglich Saturn vor Mercur getreten. nicht sieben Planeten, sondern u. a. mindestens
Diese drei oder eigentlich nur zwei nur wenig 3x2 Fixsterne und dazu noch den Regulus
verschiedenen, in keiner Weise auf die Umlaufs- (gütige Mitteilung von C. Bezold). Diese Liste
zeit Rücksicht nehmenden Anordnungen, die viel- ist also hier überhaupt auszuschließen,
mehr (vgl. Boll Ztschr. f. Assyr. XXV 372ff.) mit y) Zum Überdruß oft werden die Farben baby-
der Anordnung nach der Umlaufszeit durchaus 50 Ionischer Bauwerke als Beweis für die babyloni-
inkommensurabei sind , sind die einzigen, die sehe Herkunft der richtigen Planetenreihe ange-
sich bisher auf babylonischem Boden wirklich führt, aber mit Unrecht. In Betracht kommen
nachweisen lassen; alle anderen sind lediglich 1. die Angabe des Herodot I 98 über die
Hypothesen oder besser gesagt Postulate. Mauerzinnen von Ekbatana; diese hatten von
a) Um die seltsame alte Reihe a), die so gar innen nach außen folgende Farben: golden, sil-
keinen astronomischen Hintergrund besitzt, der bern, sandelfarben, blau, purpurrot, schwarz, weiß.
Ordnung nach der Umlaufszeit näher zu bringen, Unter der — keineswegs feststehenden oder be-
hat Hommel Aufs, und Abh. 377 (= Aus- weisbaren — Voraussetzung, die Siebenzahl sei
land 1891, 383) seine ,Vertauschungshypothese' hier durch die Planeten bestimmt und ebenso die
aufgestellt: Mercur und Iuppiter, andererseits 60 Farben, hat Rawlinson History of Herod. I 242.
Mars und Saturn sollten in späterer sZeit ihre II 58Sf. hier die Ordnung der Wochentage finden
Namen vertauscht haben, womit sich aann die wollen: Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter
Reihe Mond Sonne Mercur Venus Mars Iuppiter Venus Saturn. Aber der erste Blick lehrt, daß
Saturn, d. h. — abgesehen von der auch später Venus unmöglich mit schwarz, Saturn mit weiß
ja häufigen Vorwegnähme der zwei großen Hirn- geglichen werden kann (Iuppiter ließe sich etwa
meislichter — die Eeihe nach der richtigen Um- mit dem Erz, also mit purpurrot, zur Not zn-
laufszeit der Planeten in der altbabylonischen Pia- sammenbringen) ; vom übrigen hat nichts als golden
netenordnung ganz von selber herausstellen würde. und silbern — Sonne und Mond eine Wahrschein-
P auly-Wisaowa-KroU TU 81
ZÖOÖ
ueDüomas
±ieDQomas
ZÖO^t
lichkeit, die aber natürlich noch nicht das ge-
ringste für weitere Planetenfarben beweist. Ein
Umstellen bei Herodot, wie es z. B. Bousset
Arch. f. Relig. HI 240 befürwortet, ist Will-
kür; obendrein scheinen die Farben der erhaltenen
untersten Etagen des Etagenturms von Khorsa-
bad in ihrer Reihenfolge genau denen von Ekba-
tana bei Herodot zu entsprechen. Der durch
Celsus bei Orig. c. Üels. VI 21 (vgl. Cumont
II 31 undl 117f.) für den Mithraskult bezeugte
Vergleich der Planeten mit sieben Metallen (in
der xi.Tf.iat; $jtta7wi.og) ist wieder nur um den
Preis für Herodot verwendbar, daß man bei Cel-
sus eine Verwechslung deT Metalle des Ares
und des Hermes annimmt, was umso unwahr-
scheinlicher ist, als Celsus eine ausführliche
Begründung auch für sie beigegeben hat. So
haben Jensen Ztschr. f. d. Wortf. I 157f. und
Hehn a. a. 0. 50 mit Recht diese ganze Hypo-
these abgelehnt. Wollte man aber mit Zim-
mern a. a. 0. 624 als die Reihe der Planeten
(E bei Zimmern) Sonne Mond Iuppiter Mercur
Mars Saturn Venus ansehen, so ist doch klar,
daß diese Reihe mit der der Wochentagsgötter
ganz inkommensurabel ist. Da sie obendrein auf
rein willkürlicher Gleichsetzung einzelner Farben
mit Planeten beruht (sandelfarben mit Iuppiter
und blau mit Mercur) , so ist sie überhaupt als
unbegründet zu streichen.
2. Die Stufen des Tempelturms Ezida, des
Nebotempels von Borsippa (Abbildung der Ruinen
bei Röscher Myth. Lex. III 54) sollen nach
Rawlinson IRAS XVIII lSff. folgende Farben
gehabt haben (denen gleich die Planeten, die
Rawlinson darin fand, beigesehrieben sind) und
zwar von oben(!) nach unten:
Mond
silbern
Mercur
dunkelblau
Venus
weißgelb
Sonne
golden
Mars
rosenrot
Iuppiter
braunrot
Saturn.
schwarz
Das wäre die Reihenfolge nach der Umlaufszeit
— sonderbarerweise freilich der erdennächste Pla-
net zu oberst. Allein erstens ist, wie Jensen
Kosmol. d. Babyl. 143 bemerkt, die Färbung der
Stockwerke zum großen Teil nur vermutet; und
nach Oppert Expe'd. en Mesop. I 206ff. lägen
die Planeten hier vielmehr in folgender Reihe (der
Reihe der Wochentage) zugrunde:
Sonne Mond Mars Mercur Iuppiter Venus Saturn.
Angesichts dieser enormen Widersprüche und des
schwachen Fundamentes muß man mit Jensen
a. a. 0. I 158 sich bescheiden, daß ,sich aus den
Trümmern des Nabutempels nichts Sicheres heraus-
lesen läßt'. Daß man auch Vierstufentürme ge-
baut hat, wobei jeder Gedanke an die Planeten-
zahl fernzuhalten ist, sei hier nach Hehn a. a.
0. 13 noch angefügt.
Das Ergebnis dieser Nachprüfung ist somit:
es ist bei den Babyloniern weder die Reihe der
Wochentageplaneten (F bei Zimmern) unmittel-
bar, noch die Reihe der Planeten nach der Um-
laufszeit (C bezw. D bei Zimmern), noch die
lediglich durch die Vertauschungshypothese postu-
lierte Reihe B (Anordnung nach der Umlaufs-
zeit, aber mit Voranstellung der Himmelslichter,
also Sonne Mond Mercur Venus Mars Iuppiter
Saturn), noch endlich die wieder nur postulierte
Reihe für die Mauerzinnen von Ekbatana (E bei
Zimmern) nachgewiesen: nur die Reihe Ä mit
ihrer spätbabylonischen Variante ist als babylo-
nisch erwiesen. Solange also kein neues Material
aus früherer oder späterer Zeit auftaucht, wird
man gegenüber allen A r ersuchen, die Sachlage zu
verschieben und für ein halbes Dutzend von un-
10 zulänglichen Halb- und Viertelsbeweisen die Gel-
tung eines ganzen Beweises zu fordern, daran
festhalten müssen, daß sich die Wochentagsreihe
unmittelbar aus Babylon nicht ableiten läßt.
Daß die Reihe nach der Umlaufszeit nur den
Heutigen die selbstverständliche ist, hatBouche"-
L e cl er cq a.a.O. 105 sehr klar gezeigt: der Astro-
logie mußte die Bewegung aller Sterne auf einer
Fläche -vielmehr weit lieber sein, wie sie, wenn
Aet. II 15, 1 recht berichtet, noch sogar Xenokrates
20 im Gegensatz zu seinem Meister Piaton annahm.
Die Wochentagsreihe aber in ihrer absoluten
Künstlichkeit ist ganz und gar abhängig von der
nach der Umlaufszeit; wäre die erstere auf baby-
lonischem Boden durch eine irgend verbürgte
Liste gesichert, so wäre es so ziemlich auch die
nach der Umlaufszeit Aber bis jetzt haben wir
weder die eine noch die andere in irgend einem
Exemplar.
B, Die ägyptische Planetenreihe
30 (Brugsch Thes. inscr. Aegypt. I 63ff.; ders.
Ägyptologie 335ff. Bouche'-LeclercqL'astr. gr.
64, 1 scheint hier Brugsch mißverstanden zu
haben).
a) In Gräbern und Tempeln der XIX. und
XX. Dynastie (A— D i bei Brugsch):
Iuppiter Saturn Mars Mercur Venus.
Jedoch in einem Verzeichnis der Königsgräber
von Bab-el-Moluk (D 2 Brugsch):
Saturn Mars Iuppiter Mercur Venus.
40 b) In der griechisch-römischen Epoche ver-
schieden; in Eifu (E):
Venus Mercur Satarn Iuppiter Mars,
in Dendera (Pronaos: F, G):
Saturn Mars Iuppiter Venus Mercur,
auf dem Deckel des Sarkophags des Heter (J) die
gleiche Reihe wie in der XIX. und XX. Dynastie :
Iuppiter Saturn Mars Mercur Venus.
Dieselbe Reihe umgekehrt auf den Stobartschcn
Plan etentaf ein (K).
50 Hier ist also ebenfalls nirgendwo eine Anord-
nung, die sich an die Umlaufszeit hält. Auch
ist es bemerkenswert, daß in der festen Anord-
nung der älteren Zeit (Iuppiter Saturn Mars
Mercur Venus) keine Anlehnung an die alte baby-
lonische Ordnung (Iuppiter Venus Saturn Mercur
Mars) zu finden ist. Auf den Tierkreisen in Den-
dera (Zeit des Tiberius) sind die Planeten nach
festen astrologischen Gesetzen angebracht (Boll
Sphaera 233ff.: auf dem rechteckigen Tierkreis
CO nach dem System der himmlischen Häuser, auf
dem runden nach dem System der vytöfiaTa);
hier sind also besondere Forderungen der Astro-
logie maßgebend, sodaß man die ohnehin späten
Bilder nicht gebrauchen kann, um eine spezielle
ägyptische Planetenordnung (H bei Brugsch)
zu ermitteln. Ebensowenig lassen sie sich ver-
werten, um die Entstehung dieser Lehre auf
ägyptischem Boden zu erweisen; dann mußten
2565
Hebdomas
Hebdomas
2566
wir vielmehr die Planetenreihe gerade auch vor-
her und außerhalb dieser späten astrologischen
Denkmäler erwarten.
Ein von Spiegelberg OLZ 1902, 6ff. publi-
ziertes demotisches Ostrakon (etwa 1. uachchristl.
Jhdt.) hat folgende Reihe der fünf ,Lebenssterne':
Saturn Mars Mercur Venus Iuppiter,
es ist im Grunde die alte Reihe, nur daß sie mit
Saturn statt mit Iuppiter begonnen wird, was
wohl Einfluß der griechischen Ordnung nach der 10
Umlaufszeit ist.
€. Die griechischen Planetenordnungen.
Wir können für die griechischen Planeten-
ordnungen leider erst seit Piaton Genaueres sagen.
Wie übel es mit der Exaktheit der babylonischen
Beobachtungen stand, die die ionische Natur-
philosophie zugrunde legte, ergibt sich aus der
Überlieferung (Aet. plac. II 15, 6), daß Anaxi-
mander zu oberst die Sonne, dann den Mond,
dann Fixsterne und Planeten anordnet: das ist 20
im Einklang mit der Nachricht bei Diodor. II
30, 6, wonach die Chaldäer die Fixsternsphäre
unter die der Planeten gestellt haben (vgl. o.
Bd. VI S. 2413; neuerdings Eis ler Weltenmantel
und Himmelszelt 90, 4, wo Hinweise auf die gleiche
Anordnung bei den Persern gegeben sind); von Wich-
tigkeit scheint es mir, daß beiVirolleaudL'astrol.
Chald., Textes cunelf. Istar n. XXI 86ff. die
Fälle erwähnt werden, wo der , Wagenstern' im
Monde (oder in seinem rechten und linken Hörn) 30
steht: das zeigt deutlich, daß nicht bloß die
Perser, sondern auch die Babylonier wirklich die
wahre Stellung des Mondes zu den Fixsternen
zu der Zeit nicht kannten, wo jener Text aufge-
zeichnet wurde. Über Parmenides, für den die
doxographische Nachricht (Aet. II 15, 7) die Reihen-
folge, von oben nach unten, Venus, Sonne, Sterne
behauptet, vgl. die Äußerung von Diels Herrn.
XXXV 201. Nach Leukippos war die Sonne zu
oberst , der Mond zu unters t , dazwischen die 40
übrigen Sterne (man kann nicht sagen, ob bloß
die Planeten oder auch die Fixsterne dazwischen
anzunehmen sind, s. Diog. Laert. IX 33). Es
ist sehr merkwürdig, daß Lydus de mens. II 6
p. 23, 17 W. hervorhebt, daß ,Zoroaster' (s. o.
S.2558,51ff.) die Sonne jioö zajv änlavtov rdirot, im
Gegensatz zu den Griechen, für die sie ein Planet
sei: in diesem Pseudepigraphon ist also doch
wohl die Sonne ebenfalls zu oberst gesetzt gewesen,
dann erst die Fixsterne und Planeten. Bei De- 50
mokrit sind die drei Gestirne Sonne, Venus, Mond
herausgehoben aus der Zahl der übrigen Planeten,
was babylonischer Religion (vgl. z. B. die baby-
lonischen Grenzsteine mit den drei Symbolen des
Halbmondes, der Sonne und des achtstrahligen
Venussternes) entnommen ist (Cumont N. Jahrb.
XXVII 3). Wenn auf die doxographische Über-
lieferung Verlaß ist (Aet. II 15 Diels), so müß-
ten bei Demokrit die Fixsterne zu oberst, dann
die Planeten, dann Sonne Venus Mond kommen, 60
da in dem ganzen Planetenkapitel die Reihe
von oben nach unten gezählt wird ; vgl. unten
S. 2569f.
Die Schrift sieqi ißdoftddojv, die (unter Ver-
schweigung der Planeten oder in Subsomierung
unter die Fixsterne) so ordnet: Feuerkreis, Fix-
öternsphäre, Sonne, Mond (Röscher V 54n*.),
macht darin keinen altertümlicheren Eindruck als
etwa Demokrit; aber der Verfasser ist willkürlich
genug, selbst die Venus einfach zu übergehen.
Die griechischen Planetenordrinngen sind, seit
wir volle Reihen kennen, im Grunde nur Varian-
ten der Ordnung nach der Umlaufs zeit; der
Hauptunterschied wird nur dadurch gebildet, daß
die Himmelslichter (tä (pwra, d. h. Sonne und
Mond) außerhalb der Reihe stehen, oder in sie
aufgenommen sind. Wie kennen folgende Ord-
nungen (ich gebe die Belege, soweit sie von
einiger Bedeutung sind, unter Absehen von dem
größeren Teil der für unsere Zwecke minder wich-
tigen Materialien, die Röscher Mvth. Lex. III
2531 = Röscher III 170f. vorlegt)/ Zusammen-
stellungen solcher Art, nicht immer korrekt, bei
Forbiger Handbuch der alten Geogr. I 52Öf.
Schmekel Philos. der mittl. Stoa 283. 463f.
Bousset Arch. f. Relig.-Wiss. IV 238f. Dreyer
Hist. of the planet, syst. 31. 44. 129f. 169f.
Hultsch o. Bd. II S. 1833f. (zum Teil unrich-
tig!). Bouche-Leclercq a. a. O. 64, 1. 104ff.
Tannery Rech, sur Thist. de l'astr. anc. 261ff.
1. Die philolaisch-platonische Reihe:
Mond Sonne Venus Mercur Mars Iuppiter Saturn.
Sie ist mit voller Sicherheit bezeugt seit Piaton
Tim. 38C-D, wo allerdings nur die Ordnung der
unteren Planeten bis Mercur ausdrücklich ausge-
sprochen wird. Das gleiche ist ohne Namens-
nennung auch in rep. 616 E f. zu verstehen; s.
auch Kroll Procl. in rempubl. II 413. In der
Epinomis, die jedenfalls als Zeuge für die Schul-
meinung gelten darf, steht 987 C ausdrücklich die
richtige Ordnung auch der oberen Planeten; übri-
gens erklärt Ptolem. synt. IX 1 (II 206, 19
Heiberg), daß diese letztere a^sdov naga näot roTg
jiQcözotg jAa§rjfjia.Ttxoi£ avfuiEfpoivrjfiiva sei. Bei
Aet. II 15 wird für Piaton, wo tatsächlich Tim.
38 D die Ordnung von Venus und Mercur sogleich
umgekehrt ist, wahrscheinlich eben deshalb die
Anordnung Mercur Venus behauptet; dieselbe bei
Achill, p. 42, 30 ; vielleicht auch bei Mart. Cap.
VIII 851; vgl. auch v. Jan Philol. LH 18.
Ob diese Ordnung für Anaxagoras bereits an-
zunehmen ist, bleibt leider aus Eudem. frg. 98
bei Procl. in Tim. 258 C ganz zweifelhaft (eigent-
lich ist nur das nähere Verhältnis von Sonne
und Mond hier bezeugt). Die Angaben über die
Pvthagoreer gehen auseinander: nach Alex. Aphrod.
in Metaph. I 5 (Schob Arist. ed. Brandis 540b 2)
ist von den Pythagoreern unter den 10 um den
Herd des Weltalls sich bewegenden Körpern die
Sonne an den 7. Platz gesetzt; sie steht also
zwischen den Planeten und dem Monde, und da-
zu stimmt Phot. cod. 249 (p. 439 b 23), jedoch
hat hier die Venus, wie öfter, mit dem Mercur
den Platz gewechselt, wie denn auch sonst die
Stelle keinen ganz alten Eindruck macht (vgl.
Ptolem. II 154 ed. Heib.j. Ausdrücklich ist aber
für Philolaos bei Aet. H 8, 7 die Folge Planeten,
Sonne, Mond bezeugt : das ist also sicher Piatons
Vorgänger (die Stelle Eudemos frg. 95 = Sim-
plic. de cael, 471, 5 Heiberg rrjv zijg deoeoig rä-
t~iy elg xovg üvdayoQsiovs ärcMpEQoyv lehrt leider
nichts Genaueres darüber, an welche Ordnung zu
denken sei). Dem Piaton folgen Eudoxos (Procl.
ebd. 257 F, auch auf dem Eudosospapyrus); eben-
so Kallippos (s. Aristot. met. 1073 b 32); Aristo-
teles {s. die zwei gleichen Stellen) ; Chrysipp (von
2567
Hebdomas
Hebdomas
2568
oben nach unten Di eis Doxograph, 466, 10);
Eratosthenes (Theo Smyrn. ed. Hiller p. 142, 7,
vgl. Schmekel 464); soweit auf Hippol. IV 8
Verlaß ist, auch Apollonios von Perge und Archi-
medes ; die astronomische Inschrift von Keskintos
auf Rhodos IG XII 1, 913, s. Hui t seh o. Bd. II
S. 1851; Ps. Aristot. u. xöa/j.ov 392a 23 (geord-
net von ohen nach unten, vgl. Capelle N. Jahrb.
XV [1905] 29,4); Achilleus c. 17 (ebenfalls von
ohen nach unten). 'Evioi? unter den Mathema-
tikern wird sie zugeschrieben von Ptolemaios a.
a. 0.; ebenso nach Aetios II 15 rwv fta&tiftan-
xmv rivss cw? niäxcov , wobei aber nach ihm
Mereur und Venus die Stelle tauschen.
Dieses System — jedoch ebenfalls mit der
von Aet. II 15 für Piaton angenommenen Variante,
daß der Mereur nach der Sonne steht, dann erst
Venus — wird von Macrob. somn. Scip. I 19, 2
den Ägyptern zugeschrieben; auf die § 5 ihnen
ebenfalls beigelegte spezielle Bewegung von Mereur
und Venus um die Sonne ist hier nicht der Ort
einzugehen (vgl. Dreyer 130: Ms testimony
is quite worthless).
2. Die Eeihe nach den (weitesten) Ent-
fernungen der Planeten von der Erde,
zugleich die Ordnung, die der Umlaufszeit
[Näheres darüber im Art. Planetae] entspricht
(hier kurzweg die richtige genannt) :
Mond Mereur Venus Sonne Mars Iuppiter Saturn-
Es ist leider sehr schwer, mit einiger Bestimmt-
heit festzustellen , wann diese Planeten Ordnung
aufgekommen ist. Vor dem 2. JMt. v. Chr. läßt
sie sich nicht fest nachweisen, Sie wird dem
Pythagoras zugeschrieben, als Grundlage seiner
Sphärentheorie, von Plin. II 84 und Censor. 13,
3f. ; vgl. auch Plut. de an. proer. 1028B, wo
die gleiche Reihe der vier unteren Planeten als
pythagoreisch steht, und die vollständige Eeihe
in Verbindung mit harmonischen Verhältnissen
bei Hygin. IV 14 (p. 116, 26ff.): genannt sind
hier bloß nonnullt; Martian. Cap. II 169ff. Allein
jene Sphärentheorie bei Hygin, Plinius, Censorin,
Martian ist sicher später als Eratosthenes 1 Erd-
messung (Tannery Rech. 324; er schreibt sie
[330] freilich nur durch Vermutung dem Hypsi-
kles um 170 v. Chr. zu). Ptolemaios synt. IX 1
(II 207, 2) legt die Reihe ausdrücklich ,den Älteren
unter den Mathematikern' bei; vgl. dazu ratio
mathematicorum bei Cic. de div. II 91; xivkg
zcör flv$<xyoQdü)v nennt Theo Smyrn. 138, 10
Hiller. Aber selbst für Archimedes steht sie
trotz Macrob. somn. Scip. I 19, 2. II 3, 13 keines-
wegs fest, weniger wegen Cic. de rep. I 22 als
wegen der entgegenstehenden Angabe bei Hip-
polytos (s. o. Z. 3). Wenn sie bei Apollonios
von Perge (vgl. Tannery 261) und Hypsikles
ebenfalls noch recht unsicher bleibt, so ist sie
nicht einmal dem Stoiker Diogenes von Babylon
(ca. 160 v. Chr.) mit voller Sicherheit aus Cic.
de div. II 91 zuzuschreiben; immerhin wird sie
für ihn recht wahrscheinlich (Cumont Theol.
sol. 472, 1). Dann folgt zunächst Petosiris-
Xechepso (ca. 150 v. Chr.) , nach Plinius II 88
[ = frg. 2 Riess: die Corruptel ändert an der
Sache nichts] ; weiter Geminos, wohl unteT Sulla,
I 1 p. 13 Man., der die Reihe von oben beginnt:
Alexander Ephes. [nicht Aetolus, vgl. o. BcL I
S. 1448] in Hexametern bei Theon Smyrn. p. 139f.
Hill. Bei Cicero steht die Reihe de rep. VI 17
[daraus entlehnt bei Firm. Mat. math. 1 10, 14, s.
Piniol. LXIX 170]; de div. II 91. Manilius hat
sie in zwei Verse gebracht I 811f., die Breiter
mit unzulänglichen Gründen verdächtigt (aus Y
2 f. ergibt sich keineswegs mit Sicherheit das
platonische System ; V 6f. sind wohl zu streichen).
Dann haben die obige Reihe , die immer mehr
dominiert, Vitruv IX 1, 5, Philo qu. rer. div. her.
10 c. 45 (III 15, 17 Wendl., aber mit dem auch
sonst begegnenden und begreiflichen Platzwech-
sel von Venus und Mereur); Plin. n. h. II 32ff.
Ptolemaios erklärt sie für die mftava>TSQa (a. a.
0.); s. auch Tetr. IV 10 (Ordnung der Alters-
stufen darnach), und die Inschrift des Ptolemaios
im Kanobostempel (Serapeion) in Alexandria (ed.
Heiberg II 149 ff.). Von Späteren seien genannt
Kleomedes I 3 (p. 31 , 18 Z.) , Nicomachus c. 3
(s. Jan Philol. LH 17ff. Th. Reinach Rev. d
20 et. gr. XIII 432ff.), Chalcidius c. 72 , Iulian. imp
or. IV 146 D (s. Dreyer 169, 4), Proklos in
remp. II 220. 21 Kroll, Nonnos V 69ff. XLI 340ff.
Auch im Poimandros (Reitzenstein p. 336, 11)
liegt diese Ordnung zugrunde.
Dieses System hat ohne Zweifel dem späteren
Altertum deswegen vor allem eingeleuchtet, weil
es der Sonnentheologie, die Cumont a. a. 0.
dargestellt hat, die Grundlage gibt, "indem Sol
hier in die Mitte tritt und die anderen Planeten
30 zu 6oqv(p6qoi dieses ßaoäevs werden (vgl. übri-
gens schon das bekannte Gedicht, mit dem die
Athener den Demetrios Poliorketes begrüßten,.
Athen. 253 E). Aber ob es erst um 200 v. Chr.
entstanden ist, kann nach dem schwerwiegenden
Zeugnis des Ptolemaios, der es älter nennt als
das andere, nicht als sicher gelten [trotz Hultsch
o. Bd. II S. 1856f.] ; der Gedanke an vorplatonische
Pythagoreer drängt sich vor, obwohl er nicht zu
beweisen ist. Bei Macrobius (I 19, 2) heißt das
40 System das des Archimedes und der Chaldäer
(vgl. auch Cumont a. 0. 451, 2); es würde
daraus gefolgert werden können, daß es spätere
,Chaldäer' (nach Archimedes, wenn auf die Ord-
nung bei Macrobius etwas zu geben ist) unbe-
stimmter Zeit, wohl der letzten Jahrhunderte v.
Chr. , gewesen seien , die die Lehre wenn nicht
erfanden, so doch vertraten, d. h. Astrologen:
und in der Tat ist dieses System das von der
Astrologie rezipierte und in ihr herrschende.
50 Eine ganze Reihe von Astrologen sehr verschie-
dener Herkunft nennt es ausdrücklich: Ptolemaios,.
Antiochos Athen., Paulus Alex. c. 27, sein Kom-
mentator Heliodor (Catal. codd. astr. VII 113 r
27), Iulian. Laodic, Rhetor. Aegypt. , zwei Ano-
nym., die ebd. 213 zusammengestellt sind, auch
der Anonymus bei Lud wich Max. 121, 23 haben
diese Ordnung: Proklos zitiert (in Tim. 258 C.
280 B; in remp. II 220) Iulian den chaldäischen
Theurgen. Ganz im Einklang mit dem Vor-
60 kommen bei Nechepso-Petosiris heiß t aber die ses
,chaldäische' System bei Cass. Dio XXXVTI 19
und Achilleus c. 17 (p. 43, 28 M.) gerade das
ägyptische, und jenes andere [nr. 1], das bei
Macrobius ägyptisch heißt, vielmehr das helle-
nische. Man sieht, daß es völlige Willkür ist,
in der üblichen Art mit einer von diesen Stellen
etwas beweisen zu wollen, ohne die anderen zu
kennen: Bonchc-Leclercq (65 Anm.) hat auch
neuuuuuu
llCUUUUUIt}
hier weitaus am klarsten gesehen. Nichts ist auch
mit der Tatsache anzufangen, daß das System
der Prosopa in der Astrologie, das jedem der
drei Dekane (= 10 Grad im Tierkreis) einen
Planeten als 3tQ6ao)xov und zwar in dieser gen-
ügen' Reihenfolge gibt (Bouche'-Leclercq 228),
auch bei Teukros dem Babylon ier (c. l.Jhdt.
n. Chr.) vorkam; denn für ihn ist ein Gemisch
von babylonischen, griechischen uud ägyptischen
Bestandteilen nachgewiesen, und die Marmortafel
des Bianchini (Boll Sphaera Taf. V), die das
gleiche System hat, ist evident ägyptisch-
griechisch. Vielleicht sind diese Planetenpro-
sopa sogar zuerst in einem sehr alten ägyptisch-
griechischen , von Nechepso-Petosiris schon be-
nützten Werk, jenen 2akpLSG%oiviaxä berücksich-
tigt (falls uns in Oxyrh. Pap. III ein Stück da-
von vorliegt); aber das bleibt unsichere Ver-
mutung. Noch ein weiteres astrologisches System
beruht wohl eher auf dieser als auf der unter
nr. I genannten Planetenordnung: die Vertei-
lung der Planeten in ihre himmlischen Häuser
(Bouche-Leclercq 108. 189); damit ist im
Prinzip identisch das Thema mundi (Macrob. somn.
Scip. I 21, 24; Firmic. III 1, wiederum aus
Nechepso-Petosiris = frg. 25 Riess, s. Zimmern
a. a. 0. 623. Bouche-Leclercq 185ff. Boll
Sphaera 234). Petosiris-Nechepso beriefen sich
dafür auf .hermetische* Offenbarung durch Askle-
pios und Anubis ; aber bei der Mischung babylo-
nischer, griechischer, ägyptischer Elemente auch
in diesem Buch kann man die Provenienz der Reihe
damit nicht beweisen, nur einen Terminus ante quem.
Nichts weiter als ein Beginnen der gleichen
Reihe von Mereur ab kennzeichnet die von Schü-
rer Ztschr. f. neut. Wiss. VI 6, 3 aus Pirke
derabbi Elieser c. 6 verzeichnete Liste (man muß
die Reihe nur kreisförmig anschreiben, um das
einzusehen). Ebenso ist die Reihe bei den Man-
däern und vereinzelt im Syrischen und Jüdischen
(Sonne Venus Mereur Mond; Sat. Iup. Mars,
D bei Zimmern) nur die absichtlich mit der
Sonne begonnene »richtige* Reihe; gerade so auch
in der * Yygofiavteia 2oko^i(bvrog , einem mittel-
griechischen Apokryphon auf älterer Basis (ed.
Heeg Catal codd. astr. Vin 2, 144ff.).
Eine andere Ordnung, die sich ebenfalls aus
der Ordnung nach der Umlaufszeit erklärt, ist:
Sonne Mond Saturn Iuppiter Mars Venus Mereur.
So Ptolem. tetrab. I 4. Valens I 1. Herrn. Tris-
meg. bei Pitra Anal. s. V 279ff.; darauf bezieht
•sich auch die Bemerkung bei Achill, c. 16 p. 43,
2M. : etat bh oi TtoGiTov rov yktov Xiyovotv, dev-
teqov 6s xi]v asX^vrjr, rgtrov ös rov Kqovov. Das
Prinzip ist leicht verständlich : zuerst werden die
awei Himmelslichter ausgeschieden und nach dem
Rang geordnet, dann die fünf Planeten nach der
Umlaufszeit von oben nach unten. Ziemlich der-
selben Art ist Isidor. orig. V 30, 11: Sonne Mond
Mereur Venus (Mars fehlt) Iuppiter Saturn. Eine
weitere bei Achill, ebd. p. 43, 1 :
Saturn Iuppiter Mars Mereur Sonne Venus Mond
ist interessant, weil sie die Sonne zwischen Mer-
eur und Venus stellt; dabei stimmt mit Demokrit
überein, daß Sonne Venus Mond in dieser Ord-
nung zu unterst stehen (s. o. S. 2565), allein da
Demokrit im übrigen nach Senec. nat. quaest. VII
3 nee numerum illarum (stellarum quae eurrattt)
posuit nee nomina, so ist nicht an unmittel-
bares Zurückgehen auf ihn zu denken, eher an Zu-
sammenhang mit jener Lehre von der Sonderbe-
wegung von Venus und Mereur um die Sonne,
die Heraklides von Pontos aufgestellt hat.
3. Über die Ordnung der Planeten nach den
Größenverhältnissen bei Piaton s. Kroll
Procl. in remp. II 413ff.; es scheint bei Plat. rep.
10 616 eine doppelte Textüberlieferung, vielleicht so-
gar eine doppelte Rezension des Meisters selbst (so
Bouche-Leclercq 106, 2) gegeben zu haben:
Sonne Mond Venus Mars Iuppiter Saturn Mereur
und
Venus Mars Mond Sonne Mereur Iuppiter Saturn.
Die letztere ist durch das Vorantreten der Venus
vor allen Planeten nebst Sonne und Mond merk-
würdig, aber doch kaum glaublich. Die Größen-
20 Verhältnisse der Planeten scheinen sonst nur bei
Hygin.IV 15-19, Plut. de an. proer. 1028A beachtet.
Die .Ordnung* bei Lyd. de dieb, It 2 p. 38 R,
Mereur Venus Sonne Saturn Mars Mond Iuppiter
ist von ihrer zweiten Hälfte an nichts als zufällige
Konfusion.
4. Nur die fünf Planeten werden genannt
(vgl. dazu auch Reitzenstein Poim. 53, 2) und
zwar in der Reihe von oben nach unten:
Saturn Iuppiter Mars Mereur Venus
30 bei Cic. de nat. deor. II 52f. Seltsamer scheint
zunächst die Reihe
Venus Mereur Iuppiter Saturn Mars
bei Hygin. IV 15-19 an einer sonst als babylonisch
beeinflußt erwiesenen Stelle (vgl. Boll Ztschr.
f. Assyr. XXV 373, 1); dieselbe Reihe mit anderem
Beginn bei Serv. Aen. VI 714 :
Saturn Mars Venus Mereur Iuppiter.
Sie erklärt sich durch die in den Eratosthenischen
Katasterisraen (repräsentiert durch die Epit. c. 43.
40 Schol. Germ. BP. Hyg. II 42. s. Eratosth. ed. Robert
p. 194f.) und zwar infolge der allzu nahen Verwandt-
schaft der griechischen Bezeichnungen < Pae&<ov und
4>aiv(av für Iuppiter und Saturn entstandene Ver-
wechslung dieser letzteren, so daß hier die Reihe
Iuppiter Saturn Mars Venus Mereur
erscheint; so ist auch die vorige Ordnung bei
Hygin und Servius nur durch andern Beginn
dieser Reihe entstanden.
VII. Di e Entsteh nngsz ei t der Plane ten -
50 wo che. Im ganzen ist das Ergebnis der vor-
stehenden mühsamen, aber zur vollen Aufklärung
der Frage notwendigen Zusammenstellung sehr
einfach: 1) weder die babylonischen noch die
ägyptischen Texte oder Denkmäler zeigen die
Ordnung der sieben Planeten oder die dieser zu-
grunde liegende nach der Umlaufszeit oder Ent-
fernung von der Erde. 2) Die Griechen kennen
seit den Pythagoreern wohl etwa der zweiten
Hälfte des 5. Jhdts. , abgesehen von ein paar
60 bedeutungslosen Singularitäten, nur zwei, im
Grunde nur in einer Nebensache variierende Listen,
die beide von der Umlaufs zeit entnommen sind.
Vorher schwankten sie in einer Weise, die es nahe
legt, daß sie aus dem Osten zwar die Kenntnis
der Planeten selbst, aber nicht auch eine brauch-
bare prinzipiell befriedigende Ordnung der Pla-
neten unter sich, noch auch im Verhältnis zum
Fiisternhimmel empfangen hatten. 3) Da nun
die Planetenwoche, wie gezeigt, von der Ord-
nung nach der Umlaufszeit abhängt, so kann sie
nach unserer heutigen Kenntnis nur auf griechi-
schem Kulturboden entstanden sein. Sie ist in
ihrer ganzen Art nichts weniger als griechisch
gedacht, vielmehr recht eigentlich orientalischem
Stern glauben und persischem Zeitkultus gemäß:
aber wie sie nun einmal ist, stellt sich das or-
ganisierende Element in ihr, die Planetenreihe,
als griechisch dar. So zwingt uns der Tatbestand,
an eine Zeit zu denken, wo in solcher Weise hel-
lenische und orientalische Kultur sich mischten
und die ,richtige' Reihe bei den Griechen schon
dominierte: also an die Zeit des Hellenismus.
In der Tat sind die Voraussetzungen hier ohne
Zweifel gegeben. Man kann geradezu von der
Ausbildung einer förmlichen Zeitenmystik in der
hellenistischen Zeit sprechen, von der im Grunde
die Wochentagsgötter nur eine einzelne Seite dar-
stellen, so dauernd einflußreich sie auch geblieben
ist. Es ist charakteristisch, daß schon der Be-
gründer der Stoa nach Cic. de nat. deor. I 36
astrisy tum annis mensibus amwrumque mu-
tationibus göttliche Kraft beilegt. Wie sich das
iu hellenistischer Zeit weiter entwickelt und
Stunden, Tage, Monate, Jahre, Äonen vergöttlicht
werden, kann hier nicht näher ausgeführt werden ;
es mag genügen, auf Reitzenstein Poim., Bei-
gabe II (25? ff.) zu verweisen, wo ein reiches
Material zusammengestellt ist, das jene Stelle im
Galaterbrief (4, 10) r}fi?oag 7iaQair}QEta&e xal uijvag
xal xaiQovg xal ivtaviovs vielseitig erläutert;
s. auch Cumont Mon. myst. Mithra I 20. 74ff.
92ff.; Heiig. Oriente 223. 260. 3971, wo der Zu-
sammenhang mit Persien und zuletzt Babylon
hervortritt; Drexler bei Röscher Myth. Lex.
unter ,Horogeneis Theoi'; jetzt auch noch Valens
I 11, wo die Planeten als Jahresregenten wie
noch heute in unseren Kalendern stehen. An
wirklichen Kultus dieser vergöttlichten Tage und
anderer Zeiteinheiten ist allerdings zumeist weniger
zu denken als an jenes ängstliche Beobachten :
man fühlt sich abhängig von dem Gang der
großen Weltenuhr und ist ängstlich beflissen, sein
Tun in Einklang mit jenen alles beherrschenden
in den Sternen thronenden Mächten zu halten;
trotz der uns stellenweise überlieferten Planeten-
gebete (vgl. Orig. c. Gels. VI 31 und Heeg Catal.
codd. astrol. VIII 3, 154fr*. ; auch das schon von
Porphyr, phil. ex orac. 138 Wolff angeführte
apollinische Orakel [Maass Tagesgötter 2451],
wonach jeder Planetengott an seinem Tage anzu-
rufen ist) will man weniger diese Götter sich
geneigt oder untertänig machen als vorauswissen,
was in Stunde und Tag und Jahr kommen wird
und muß, und Unheil von sich fernhalten. Gewiß
hat auch die alte Zeit, wie Hesiod zeigt, schon
den Glauben an glückliche und unglückliche Tage,
hier aber nur im Zusammenhang mit dem Mond-
lauf, gekannt und beobachtet; und in der Atmo-
sphäre des attischen Exegetenkollegiums gedieh
neben der gelehrten Sammelarbeit auch die Lehre
von der Bedeutung der einzelnen Tage des Monats,
wie Philochoros .t. ^tow» 1 zeigt (Reitzenstein
Gott. gel. Nachr. 1906, 1). Aber wenn es gänzlich
verkehrt wäre, darin einen die ganze ältere und
klassische Zeit bestimmenden Grnndzug zu er-
kennen, so nimmt umgekehrt in der spät helle-
nistischen' Zeit diese Zeitenmystik immer zu, die
aus der Astrologie hervorgeht, und mit ihr in
inniger Verbindung bleibt, wenn sie auch von
der eigentlich technischen Astrologie sich für den
Laien vorteilhaft durch ihre Faßlichkeit unter-
scheidet; denn den Wochentag und die Stunde
kann sich jeder ohne Vorkenntnisse selbst ab-
zählen. Ad primum lapidem veetari cum plaeet,
hora sumitur ex libro heißt es bei luven. VI
10 577, recht ähnlich wie in jenem alten Verbot an
den babylonischen König, am 7. Tage der Mond-
woche den Wagen zur Jagd oder zum Kriege zu
besteigen (s. o. S. 2553, 58); und wiederum bei
Tibull. 1 3, 18 hält neben Vogelzeichen und andern
Omina auch der Saturnstag von der Reise ab.
Was in den stets mit sich getragenen Epheme-
rides der römischen Damen stand (luv. VI 574),.
wird nicht viel anderes gewesen sein als eben die
Liste der Tage und Stunden mit ihren Planeten-
20göttern und etwa einer kleinen Nutzanwendung,.
wie sie z. B., freilich aus später und spätester
Zeit, Catal. codd. astr. VIT 88ff. oder VIII 2, l44ff.
zeigen (die erste Stunde am Montag ist gut für
geschäftliche Aufzeichnungen, die zweite durch-
aas schlecht usw.). Auf der gleichen einfachen
Theorie von noXsvwzEg und diEJiovzeg beruht die
Beantwortung der Frage jteqI tov yrüvai noiq
fjfiEQa xijg ißdofAdöog zsÄsvT/jOEt zig (ebd. V 3, 28L
90). Ein ganz besonders beliebtes Spiel muß nach
30 den zahlreichen erhaltenen Belegen die Beobachtung'
des Wochentages des 1. Januar (bei den iiakaioi r
d. h. wohl Ncchcpso-Petosiris, war es der Neumond
des Monats Thoth oder der Siriusaufgang, Val. I
1 1) gewesen sein, jene KaXavdokdyia, von denen ein
Beispiel unter Antiochos' Namen, aber offenbar
judaisiert, weil ohne die Namen der Planeten-
götter, ebd. VII 126 steht (dort weitere Litera-
tur); Johannes Chrysostomos hat in einer Predigt
(23) dagegen geeifert (Migne G. XL VIII 953ff.), in
40 der auch die oben angeführten Worte aus dem
Galaterbrief zitiert werden. Weiteres reiches Ma-
terial über diese Januarkalendenbeobachtungen gibt
Bilfinger Unters, über d. Zeitrechnung der alten
Germanen II (Stuttg. Progr. 1901) 59ff.: ,Der
Aberglaube, aus dem Wochentag, der auf Neujahr
trifft, auf Beschaffenheit und Ereignisse d^s fol-
genden Jahres zu schließen, läßt sich dokumen-
tarisch vom 6. — 18. Jhdt. verfolgen und zugleich
sehen, wie im Verlauf dieser Zeit die Kaienden
50 durch Weihnachten ersetzt werden.' Abessinische
Wochentagsmystik weist Littmann Arch. f.
Relig.-Wiss. XI (1908) 21 8f. nach. — Eine Berech-
nung Ayt&uog Ttöy etitol ftfiegcöv rifg ißdo/udöog,
bei der dann aber merkwürdigerweise neun Tage
statt sieben genannt werden, hat Tanuery Not.
et extr. XXXI 2 (1886), 258 herausgegeben i
doch werden hier nur die Ordinalzahlen der
Wochentage im Psephos errechnet.
Dürfte man den Iuvenal ernstlich beim Wort
G0 nehmen, so hätte man bei ihm vielleicht sogar
den Namen oder wenigstens das Pseudonym dessen,
von dem diese ganze Standen- und Tagmystik in
einer so enorm um sich greifenden Weise in die
Welt gebracht worden ist, VI 5801 : aegra licet
iaceat, eapiendo nutia videtur J aptior hora eibo,
nisi quam dederit Petostrts. Iuvenal beweist
natürlich nicht viel; aber innerlich unwahrschein-
lich ist es durchaus nicht, daß gerade das Peto-
sirisbuch mit seiner seltsamen Mischnng ägypti-
scher, babylonischer, griechischer Elemente auch
hier wie im ganzen Gebiet der Astrologie bahn-
brechend gewesen ist und sein Verfasser die
danernd in Geltung gebliebene Theorie der Pla-
netenstunden und Planetentage aufgestellt hat.
Damit käme die nur durch die sonstige Exaktheit
seiner Quelle in höherem Grade beweiskräftige An-
gabe des Cassius Dio, daß dieses System von den
Ägyptern herrühre, insofern völlig zu ihrem Rechte,
als gerade Petosiris-Nechepso von den Astrologen
stets als die aakaiol Aiyvjizioi bezeichnet werden.
Beachtung der Stunden ist in den Auszügen aus
ihrem Werk Catal. codd. astrol. VII 132ff. regel-
mäßig, lehnt sich hier aber an babylonische Vor-
gänger an; der kßbo[iabix6g xhfiaxrrjg, das Stu-
fenjahr nach der Siebenzahl, wird infrg.23 (p. 375
Riess) nebst dem iwsadixog berücksichtigt. Aus-
drücklich spricht vom deonöCcov zäv xqövwv p. 372,
262 Riess, vgl. 370, 202 zovg rfjg AfpQoMtrjg xai-
Qixohg xQ° vov c- ^ a ß s i° die ,richtige' Planeten-
ordnung hatten, steht fest, s. o. S. 2567. So würde
allerdings das billigste und dürftigste Stück aus
der Hinterlassenschaft dieser weisen ,Ägypter' das
dauerndste Glück gemacht haben, was am Ende
nichts Unmögliches wäre. Einheitlichkeit des Aus-
gangspunktes ist ja auch durch die Tatsache ver-
bürgt, daß überall der gleiche Tag Sonntag
usw. heißt. Bedenken schafft nur die sonstige
berufene Dunkelheit ihrer Sprache und ihrer Vor-
schriften, für die ein so simples Rezept fast zu
gering wäre; einem Schwachkopf wie dem Verfasser
der Partie im Leidener Zauberpapyrus (Dieterich
Abraxas 186) war freilich auch das noch ein großes
Mysterium, das ovds ßaoüelg taxvoav xaraXaßio&ai.
' VIII. Die Ausbreitung der Planeten-
woche im Bereiche der griechisch-römi-
schen Kultur können wir erst von der Zeit des
Kaisers Augustus an verfolgen. Tibull (s. o.) spielt
auf den Saturnustag an ; er denkt also an die Pla-
netenwoche, während Horat sat. I 9, 691 den 30.
als Neumondstag, dazu den jüdischen Ruhetag zu
meinen scheint (Dom hart Arch. f. lat. Lexikogr.
VI 2731; Lejay Eev. de l'hist. et de lit. relig.
VIII 305ff., der tricensima, sabbata interpun giert).
Übertreibung ist natürlich die der jüdischen Woche
geltende Behauptung des Josephus c. Apion. II
39, 2 [282] eotiv oi) Tiöktg 'EXXrjvtov ovöqzioovv
ovhh ßdoßaQov ovÖs Sv t&vog, evfta /<?) zo %rjg
ißöojudöog, rjv aQyovfAev tj/xäg, xb t&og 6iaxE<poi~
ir\Kiv. Auffallend ist das Hervortreten der sieben-
tägigen Woche — doch wohl der Planeten woche,
nicht der jüdischen — auf dem als Fasti Sa-
bini bezeichneten Kalenderfragment aus der Zeit
des Kaisers Augustus (CIL 12 220). Hier werden,
neben Reihen von 8 Buchstaben zur Bezeichnung
der römischen Woche, in der nächsten Columne
auch Reihen von 7 Buchstaben (A — G) zur Be-
zeichnung der siebentägigen Woche gesetzt und
nachher die gewöhnlichen Angaben, ob dies C(om-
mitialis), N(efastus) oder F(astus). Ovid in den
Fasti nennt nur die achttägige Woche (I 84),
während er a. amat. I 416 (cuita Palaestino sep-
iima festa Syro) und rem. am. 2191 (?iee te pere-
grina morenlur sabbata) vom jüdischen Sabbat
spricht; die Zeugnisse lehren, wie der an den
Sabbat sich fast notwendig anschließende Aber-
glaube (Meinhold Sabbat und Sonntag 19ff.;
besonders 31) den Charakter dieses jüdischen Rohe-
tages schon damals dem des Tages des unfreund-
lichen Planeten Saturn genähert hatte, und ander-
seits in begreiflicher Weise die jüdische Woche
und die ägyptische Planeten woche nebeneinander
und in kaum zu scheidender, wohl den Spre-
chenden meist unbewußter Konkurrenz eindrangen
und sich gegenseitig förderten. Das nächste
Zeugnis für die Planetcnwoche stammt aus der
10 Zeit des Nero. Bei Petron. c. 30 enthält eine
der zwei Tafeln an den Türpfosten im Speise-
zimmer lunae eursum stellarumque septem ima-
gines pietas; et qui dies boni quiqite incom-
modi essent distinguente bulla noiabantur. Daß
Trimalchio eine solche Einrichtung besitzt, kenn-
zeichnet einigermaßen die Kulturstufe, die sich
der neuen Errungenschaft einstweilen besonders
erfreute. Aber es ist doch sehr bemerkenswert,
daß in Pompeii nicht nur ein um 50 n. Chr. ent-
20standenes Wandgemälde (s. Heibig Wandge-
mälde Campaniens 200), sondern auch mindestens
zwei, wohl drei Inschriften gefunden wurden, die
die Wochentage aufführen ; das setzt voraus, daß
liier der Wochentagsglaube um 70 n. Chr. schon
ziemlich festgewurzelt ist. In der griechischen
Reichshälfte kommen die Zeugnisse erst später.
Die Erzählung, daß Apollonios von Tyana sieben
Ringe gehabt habe, nach den Planeten genannt,
die er je einen Tag getragen habe (bei Pbilostr.
30 v. Apoll. III 41, unter Berufung auf Damis), ist
kaum ein sicheres Zeugnis. Somit scheinen für
die griechisch redende Welt die oben (S. 2558,
38) erwähnten Tischgespräche des Plutarch das
früheste bestimmte Zeugnis zu sein.
Ein vollständiges Verzeichnis der Denkmäler
und des literarischen Vorkommens der Wochen-
tage ist hier bei der großen Anzahl nicht möglich
und umsoweniger erforderlich, als in den letzten
Jahrzehnten mehrfach das Material zusammen-
40 gestellt worden ist. Am wichtigsten sind von
den älteren Abhandlungen L er seh Die planetar.
Götterkreise, Jahrb. des Vereins v. Altertums-
freunden im Rhein! IV 147ff. de Witte Les
divinites des jours de la semaine, Gaz. archeol. HI
(1877) 50fl. 77ff. V (1879) lff. Haug Die Wo-
chengöttersteine (Westd. Ztschr. f. Gesch. u. Kunst
IX (1890) 17fL; die Arbeiten von Thumb und
Gundermann Über die Namen der Wochentage
im Griechischen und bei den Römern , Ztschr. f ,
50 deutsche Wortforsch. I (1901) 161ff. E. Maass
Die Tagesgütter in Rom u. d. Prov. 1902, gegen
dessen Übertreibungen Wissowa L. C. 1902,
1500ff. zu vergleichen ist; Schürer Die sieben-
tägige Woche im Gebrauche der ehristl. Kirche
der ersten Jahrhunderte, Ztschr. 1 neutest Wiss.
VI (19051 lff. Einiges Material auch bei Thiele
Antike Himmelsbildcr (1898); für die Beziehung
der Wochentagsgotter zum Mithraskultns , der
ihre Verbreitung wesentlich gefördert hat, beson-
60ders Cumont Mithra I 112ff.
Die örtliche Verbreitung der Planetenwoche
kann man bei Maass 265ff. und zweckmäßiger
bei Schür er 20ff. übersehen; vgl. auch Thumb
und Gundermann 172. 1781 Für die östliche
Reich shäfte sind Zeugnisse aus Griechenland selbst
außer jenem Problema des Plutarch nicht vor-
handen. Mit Sicherheit ergibt sich die Kenntnis
der Planetenwoche für Syrien (bemerkenswert Iu-
Btin. Mart. ap. c. 67 : 'HXtov jj^ega und Kgovatt}
^fJtsQüi) ; sodann für Ägypten durch eine Münze des
Antoninus Pius, die die Wochentagsgötter enthält ;
Clera. Alex, wehrt sich mehrfach (protr. 54 P. ;
ström. VI 813 P.) gegen den Planetenglauben, spielt
ah er VII 877 P. mit dem 4. und 6. Tag als dem
des Hermes und der Aphrodite ; auf einer Holztafel
mit Schreib Übung eines griechisch -ägyp tischen
Schülers im Museum zu Marseille (Fröhner Pin-
iol. Suppl. V49. Schür er 2Sf.) aus dem J. 294 10 ist es nicht -wahrscheinlich, daß schon zur Zeit
Glauben an die 7 Planeten als Zeitgötter entsprungen
war, wenn auch die Form, in der sie hier angebracht
waren, nicht näher zu bestimmen ist (Schürer 30).
Beim römischen Pantheon fehlt es dagegen trotz der
7 Nischen an einem festen Beweis für die Be-
stimmung als Planetentempel (Maass 287ff.);
obgleich die Kuppel schon im Altertum (Cass. Dio
LIII 27) als Bild des Kosmos gefasst wurde und
Statuen des Mars und der Venus bezeugt sind.
n. Chr. wird nach rifik^a ffilov datiert. Schon
diese Tatsachen würden genügen, um Thumbs
Feststellung (172), es sei auffallend, daß Ägypten
an den Datierungen nach der Planetenwoche kaum
beteiligt sei, für Schlußfolgerungen zu entkräften;
doch seheinen Datierungen nach Wochentagen in
den ägyptischen Papyri nicht vorzukommen: im
amtlichen Verkehr hatte sie also jedenfalls keine
Geltung. Gegen die oben versuchte Ableitung
des Agrippa in diesem glänzenden Bau in solcher
Weise die Planetengötter in den Vordergrund ge-
treten wären. Groß ist vor allem die Zahl der
Denkmäler in Gallien und Germanien, wo nament-
lich die Wochengöttersteine sehr verbreitet waren
(s. Hangs Verzeichnis und die kurze Zusammen-
stellung von Gundermann 178). Diese runden
sechs- und acht-, bisweilen auch viereckigen Steine
sind aber nicht selbständig, sondern haben ,in
aus einem Buch ägyptischer Astrologen ist von 20 einigen Fällen sicher, wahrscheinlich immer als
daher jedenfalls kein Einwand zu machen; es ist
gar kein Grund, seine Wirkung auf dem Boden von
Ägypten ausgedehnter zu erwarten als anderswo.
An der kleinasiatischen Küste scheinen die sehr
späten 7 Nischen an der Orchestrawand des Theaters
von Milet für Planetenstatuen bestimmt gewesen
zu sein (Arch. Anz. 1904, 6). Die sogenannte
Planeteninschrift vom Theater von Milet gehört
auch erst der bvzantinischcn Zeit an und ist nicht
Mittelglieder (Zwischensockel) von größeren dem
Iuppiter geweihten Denkmälern gedient, deren
unterstes Glied, den Hauptsockel, eine vierseitige
Ära' (mit römischen Gottheiten), ,deren oberes
Glied eine, meist geschuppte Säule mit Kapitell
und darauf das Bild des über einen Giganten weg-
reitenden Iuppiter bildeten' (Haug 53; vgl. auch
Cumont C.-R. du Congres de la Föder. archeol.
et hist. de Belg. XXI. sess., 1909, lff.). Diese
an die Planeten (denn die eigentümlichen Zeichen 30 Denkmäler gehören nach Haug vorwiegend in
sind jedenfalls als Planetenzeichen nicht nach-
gewiesen), sondern an die jüdischen Erzengel ge-
richtet (Deissmann Licht vom Osten 328ff.), die
freilich oft genug mit den Planeten kombiniert
worden sind. Für den Westen sind die frühe-
sten Zeugnisse aus Italien schon genannt worden ;
ein Steckkalender (ziaedxw/bta), der in den Titus-
thermen eingeritzt war (Schür er 28, 1 nach
Mommsen), und eine Markttafel des 1. Jhdts.
die erste Hälfte des 3. Jhdts. ; es ist bezeichnend,
daß der älteste sicher datierbare Stein (Haug
nr. 17) der Zeit des Septimms Severus angehört.
Die Gegenstände, auf denen sich Darstellungen
der Wochengötter finden, sind außerordentlich
verschieden: außer jenen schon genannten Bau-
werken, Gigantensäulen, Wandgemälden, Kalen-
darien (dazu vgl. auch die hschr, Kalenderbilder des
Chronographen von 354, die Strzygowski 1888
n. Chr. in Puteoli mit den Planeten in der An- 40 publiziert hat) schmücken sie Mosaiken, Münzen,
Ordnung der Wochentage (CIL X 1605) seien noch
erwähnt. ,Auf Grabschriften, heidnischen wie
christlichen, griechischen wie lateinischen erschei-
nen die Tagepony men in Unteritalien (auch den
übrigen Teilen Italiens) und Sizilien seit der Mitte
etwa des 3. Jhdts. häufig, die meisten allerdings
erst seit etwa 400' (Maass 266). In Verona be-
zeugt ein Mönch zu Pipins Zeit in einem Hymnus
auf Verona Heiligtümer der 7 Planetengötter,
ein Armband, irdene Lampe, Bronzezange (aus
der Themse), Bronzekästchen, Bronzekrug, Bronze-
schiffchen (in Montpellier, vgl. Maass 271, 33),
Silberfigur aus Macon (abgebildet bei Maass 242),
Silberkanne, tönernen Trinkbecher, auch zwei
Reliefplatten aus Heddernheim. Die große Mannig-
faltigkeit der Gegenstände, an denen die Woche o-
gotter angebracht sind, macht wenigstens zum
Teil ein besonders nahes Verhältnis dieser Götter
die er vom Mond beginnend in der Reihe der 50 zum Zweck des Gegenstandes unwahrscheinlich ;
Woche nennt (MGH Poet. aev. Carol. I 119
Dümmler, vgl. Maass 139f.); Statuenbasen sind
auch bei Trient gefunden worden. Für Rom
kommen außer den ,sethianischen' Fluchtafeln
etwa um 400, wo mehrfach der Tag des Ares vor-
kommt (Wünsch Seth, Vera. 79 weist auf den
Zusammenhang des Vorstellungskomplexes mit
Ägypten hin) ganz besonders die Septizonien in
Betracht: eines, das durch Suet. Tit. c. 2 schon
sie sind alle zusammen eben immer wieder Zeug-
nisse des überhandnehmenden Gestirnglaubens;
aber auch das dekorative Wesen dieser sieben
Figuren, deren Attribute usf. im Art. Planetae
zu schildern sein werden, hat sicherlich für die
Häufigkeit der Darstellung ebenso mitgewirkt, wie
etwa im Mittelalter bei der so oft wiederholten
Darstellung der sieben freien Künste. Dargestellt
sind auf den Wochentagssteinen zu mehr als zwei
für den Anfang des 2. Jhdts. bezeugt wird : später 60 Dritteln ganze Figuren, während auf den kleineren
das berühmte Septizonium des Afrikaners Sep-
timius Severus , der in Syrien in enge Berührung
mit dem orientalischen Gestirnglauben getreten
war. Auch in Afrika ist mindestens schon im
2, Jhdt n. Chr. zu Lambaesis ein Septizonium
gebaut worden. Der Name (vgl. über «rra£ö>-
vo? o. S. 2557) weist schon zur Genüge darauf
hin, daß es sich um einen Bau handelt, der dem
Gegenständen die Darstellung in Brustbildern sehr
überwiegt. Als achte Gottheit ist ganz im Einklang
mit der Zeitenmystik auf den achteckigen Wochen-
tagssteinen gerne Fortuna oder Genius gewählt, auf
den anderen Monumenten auch andere Gottheiten
(Ha ug 37. 46). —Für Spanien mag auf PriscüL 1 15
verwiesen werden, wo nur ein kleiner Fehler die Ab-
weichung von der Wochentagsreihe veranlaßt hat.
Bemerkt sei noch, daß selbst bis zu den Chi-
nesen sieh die siebentägige Woche verbreitet hat
(Ideler Abh. Akad. Berl. 1887, 331ff.) und zwar,
wie es scheint, die Planetenwoche, da nach ver-
schiedenen Andeutungen früher die Charaktere der
7 Planeten beigeschrieben waren, beginnend, wie
es scheint, mit der Sonne. Die Chinesen ge-
brauchen sie aber nur manchmal zu astrologi-
schen Zwecken. Wann dieser Zeitkreis nach China
gekommen ist, weiß man nicht mit Bestimmtheit ;
aber die Art der Verbindung der Wochengötter
(beginnend mit Iuppiter) mit den 28 Mondstationen
auf einem Spiegel (Chavannes T'oung-Pao Ser.
IT, vol. VII 59) legt, wie ich anderwärts zu zeigen
hoffe, Ursprung aus dem Hellenismus sehr nahe.
Die von Jeremias Alter d. Bab. Astron. 2 86, 1
beigebrachten Tatsachen (Vorkommen der Planeten-
woche in der Nabatäerschrift des Mac[rlsi (f 845
n. Chr.) und in der Kabbala, die jedem der sieben
Wochentage einen Planetenengel als Herrscher
gibt, sind ebenfalls ohne Schwierigkeit aus der
viele Jahrhunderte vorher im ganzen antiken
Kulturkreis dominierenden Planetenwoche des
Hellenismus zu erklären. Bei Troels-Lund
Himmelsb. und Weltansch. 52 ist die xlngabe, es
gebe sichere Spuren für den Sieg der Planeten-
woche in Indien um 400 v. Chr. nur ein irrefüh-
render Druckfehler ; für 400 nach Chr. gibt den
Nachweis Biot Et. s. Vastr. ind. et chin. 95ff.
IX. Beginn mit dem Saturn oder der
Sonne. Es kann kein Zweifel bestehen, daß man
ursprünglich die Planetenwoche mit dem Saturns-
tage begann^ wie es auch Cass. Dio ausdrücklich
tut; das hat seinen Grund darin, daß Saturn der
oberste der 7 Planeten ist. So ist auch auf den
«ben bezeichneten bildlichen Darstellungen der
Anfang mit Saturn zumeist durch entsprechenden
Abschluß zwischen Venus und Saturn sicher
(Gundermann 179); nur auf einer Schöpfkelle und
auf einem Lämpchen ist Beginn mit Sol anzunehmen
(Gundermann ebd). Schürer (38) hat das be-
stritten und angenommen, daß der Beginn mit
dem Sonntag ausschließlich auf christlichem Ein-
fluß beruhe, da die Christen, aus Gegensatz gegen
•das Judentum, den Beginn mit Sonntag stets fest
gehalten haben. Allein nicht nur in dem öfter ge-
nannten Zauberpapyrus (s. o. S. 2558, 29), sondern
auch in der neupiatonisenen Weisheit des Lydus (s.
o. S. 2558, 45) und ebenso bei den Ssabiern (s. o.
S. 2558, 32) ist christlicher Einfluß nicht von vorn-
herein wahrscheinlich. Dazu kommt ein schon
Schürer bekanntes Mithrasmonument in Bologna
(Cumont Mithra I 114. 119. II 261), wo die
Reihe allerdings von Sol zu Saturn, Venus usw.
nach rückwärts läuft. Jetzt kommt aber dazu
das gewichtige Zeugnis des Valens I 10, bei dem
christlicher Einfluß ausgeschlossen ist, auch Helio-
dor Catal. codd. astr. LV 136 und VII 114, 14,
während die Teste IV 99 und VII 880'. aus
christlicher Zeit sind. Für diesen Anfang mit der
Sonne sind bestimmend der Sonnenkult und die
Sonnentheologie dieser späteren Zeit, die auch im
Mithraskult sich ausspricht, und wohl auch auf
den christlichen Beginn mit dem Sonntag, dem
Tage der ,Sonne der Gerechtigkeit', nicht ohne
Einfluß geblieben ist. Seit dem 4. Jhdt. ist der
Anfang mit Sol unbestritten (Gundermann 180).
X. Die Fortdauer der Planetenwoche
im Christentum und die Übernahme der
Wochentaganamen durch die modernen
Völker kann hier nicht näher erörtert werden:
vgl. Schürer a. a. O. lff.; Meinhold Sabbat
und Sonntag (1909); zu der Übernahme der
Wochentagsnamen ins Albanesische, Keltische und
ins Romanische s. Thumb, Meyer-Lübke,
Thurneissen Ztschr. f. deutsche Wortf. 1 173ff.;
über die deutschen Wochentagsnamen Klug e Wiss.
10 Beil. z. Zs. des deutsch. Sprachvereins VIII 89fl\ ;
H.Fischer Württ. Vierteljahrsh. f. Landesgesch.
N. F. IX 158ff., mit Nachtrag von Kluge Beil.
Münch. Neuest. Nachr. 1909, nr. 42 (Ertag bayr.
— Arestag). Für die besonderen Vorstellungen, die
sich im Deutschen an die einzelnen Wochentage ge-
knüpft haben, auch Rochholz Deutscher Glaube
und Brauch II (1867) lff. Seit etwa dem Ende
des 3. Jhdts. n. Chr. (nicht viel früher) wird im
christlichen Gebrauch die Datierung nach Tagen
20 der Planetenwoche angenommen, während vorher
die Christen sich der jüdischen Bezeichnung an-
geschlossen hatten {oäßßaiov t jiaQaaxevr}, sonst
aber ösvrs^a oaßßaxoiv, rghrj oaßßntoiv — adßßara
hier = Woche — oder bloß devzega usw.). Die
älteste datierte christliche Grabschrift, auf der
sich eine Planeten datierung befindet, ist eine
römische aus dem Jahre 269 (De Rossi nr. 11);
und im christlichen Osten finden sich auch später-
hin, abgesehen von Ägypten, keine Belege dafür
30 (Schürer 54f.). ,In kaiserlichen Erlassen wird
seit Constantin der christliche Herrentag — tfftsQa
xvQiaxfj heißt der Sonntag zuerst, abgesehen von
Johann. Apoc. I 10, bei Ignat. ad Magn. 9, Di-
dache 14, 1 — dies Solu genannt; seit Ende des
4. Jhdts. wird dieser Gebrauch aber wieder ver-
lassen' (Schürer 44, vgl. lf.). Interessant ist
der Catal. codd. astr. IV 99 publizierte Versuch
eines Byzantiners, an die Stelle der heidnischen
Wochentagsnamen durch Entlehnung aus den
40Kanones der Parakletike, des noch heute in der
orthodoxen Kirche gebräuchlichsten Liturgie-
buches, andere christliche Wochentagsvorstellun-
gen zu setzen; vgl. Weyh Philol. (1909) 572f.
Zu der merkwürdigen Bezeichnung der Tage durch
&EÜV a, &sä>v ß' bei den Syrern s. Schür er 54.
E. Schwartz Abh. Gott. Ges. Phil. hist. Cl.
N. F. VLTI (1905) 4. Immerhin scheint noch
heute ein Rest von Scheu vor dem Samstag sich
bei den Neugriechen erhalten zu haben. Zu den
50 Barbaren des Westens ist offenbar noch vor der
Christianisierung die Planeten woche gedrungen ;
die Deutschen haben sie wohl im obergermani-
schen Limesgebiet, und zwar in der Rheinebene
zwischen Vogesen und Schwarzwald um 300 von
den Römern erhalten (Maass 280). Die Kirche
hat auch im Westen heftig gegen die Planeten-
woche opponiert (Schürer 52f., und über Chri-
stianisierungsversuche im Westen Bilfinger a.
a. O- I 8. Piper Symbolik I 2, 303), während
60 sie in der Gemeinde und im bürgerlichen Branche
fortlebte; das dauerndste Vermächtnis, das die
Astrologie selbst noch den Jahrhunderten nach
ihrem Verfall hinterlassen hat , und insofern kein
übles, als noch heute für Millionen von Menschen,
ohne daß sie sich dessen klar bewußt sind, auf
den ,Tag des Herrn' zugleich der beglückende
physische Glanz des »Tages der Sonne* fällt.
[BolL]
Hebdome, kßdoßt), der 7. Tag des Monats,
hat von alters her in Griechenland im religiösen
und praktischen Lehen eine große Rolle gespielt.
Als Schlußtag einer siebentägigen Frist, einer
Hebdoinade, hatte der 7. Tag überhaupt nach
altem Volksglauben einekritischeBedeutungfür das
Wohlergehen der Menschen wie für das Gedeihen
der Natur (Röscher Abh. Sachs. Ges. d. Wiss. XXIV
31. 94): am 7. Tage geht die Getreidesaat auf (Ni-
komachos von Gerasa bei Ast Theol. arithm.
48), tritt eine Entscheidung in Krankheiten ein
(Galen. IX p. 784K. Censorin. de die nat. 14, 9
aus griechischer Quelle) , wird das neugeborene
Kind um den Herd getragen und erhält seinen
Namen (s. Art. Amphidromia), weil nach an-
tiker Anschauung der 7. Tag nach der Geburt
über die Lebensfähigkeit des Neugeborenen ent-
scheidet, Aristot. de an. hist. VII 12. Plut. quaest.
Rom. 102. Eben wegen der zuletzt erwähnten
Sitte war wohl die H. allgemeiner Feiertag der
Schuljugend (Herond. raimiamb. III 53. Luk.
Pseud. 16. Gellius N. A. XV 2). Deswegen war
vielleicht auch die H. dem Apollon geweiht und
galt als sein Geburtstag (13 einame ißööunog, §ß-
Sofiayhag u. a., s. Art. Apollon o. Bd. II S. 50
und Röscher Piniol. LX 302; Heb dorn aden lehren
21 Off.)- In Sparta hat man am 7. dem Apollon
geopfert (Herod. VI 57). wohl auch in Kroton (Iambl.
vit. Pyth. 138. Röscher Hebdomadenlehren 24),
zu Milet die Hebdomaia gefeiert (Satzungen der
milesischen Sängergilde, S.-Ber. Akad. Berl. 1904,
622. 626), wie man auf Lesbos vielleicht dem
Dionysos am selbigen Tage opferte (IG XII 2,
123)- Die H. war auch der Opfertag des phry-
gischen Mondgottes Men (IG II 3, 74, 16). Vor
der H. durften die Athener nicht ins Feld ziehen
(Zenob. III 79, die Lexikogr. a. ißö.). Literatur:
Röscher Die emieadischen und hebdomadischen
Fristen und Wochen, Abb. der Sachs. Gesell,
der Wiss. XXI nr. 14 (1903); Die Sieben- und
Neun zahl, ebd. XXIV nr. 1 (1904), vgl. ders. Die
Hebdomadenlehren der griechischen Philosophen
und Ärzte, ebd. XXIV nr. 6 (1906). [Eitrem.]
Hebdomeios (Eßdoftetog). Epiklesis des Apol-
lon in Athen in einem Heiligtum der Phratrie
Achniadai, IG II 1653 (GIG 463. Dittenberger
Syll. II 2 441) Isqov "ÄTzöilowog Eßdofteio rpga-
TQtag 'Axvataötiv. Apollon heißt H.. zßdofiayf-zag
(Aischyl. Sept. 783), ißöopayevfc (Plut. quaest,
conviv. VIII 1, 2 p. 717 E), weil er am 7. ge-
boren (Hesiod. Erg. 771) und der 7. Monatstag
ihm geheiligt war (Schol. Aristoph. Plut. 1126).
Vgl. Röscher Philol. LX (19ul) 360ff. und
Sieben- und Neunzahl im Kultus und Mvthus
d. Griech. 6 (Abh. d. Sachs. Ges. XXIV 1). "über
Apollon-Kult in attischen Phratrien s. A. Mo min -
sen Feste d. Stadt Athen 325. [Jessen.]
Hebdomigkos, Sohn des Aristeus aus Andros,
Strang, 1.? Jhdt. v. Chr., CIG 2349 e add.
[SundwalL]
Hebe CHßtj). 1) Dem Namen nach bedeutet
H. die .Jugend' und bezeichnet die Personifikation
der menschlichen Lebensblüte, vgl. Geras und über-
haupt die uralten Personifikationen der Zeit und
der Zeitteile. Weiblich ist sie wie das griechische
Wort selbst. Als voll entwickelte Persönlichkeit
kannH- nicht allein genealogische und mythologi-
sche Verknüpfungen, sondern auch Kulte aufweisen.
I. Unter den Kulten ist besonders der ar-
givische bemerkenswert. Im Heraion bei Mykene*
stand ihr Bild neben demjenigen der Hera, von
der Hand des Naukydes gemacht, Paus. II 17, 5.
Ebenfalls wurde sie (mit Athena) in Mantinea.
der Hera beigesellt, wo Praxiteles das Kultbild
gemacht hatte, Paus. VIH 9, 2. Wichtig ist
ferner ihr Kult zu Phlius (Tempel der Hera in
der Nähe) , wo man ihr jährlich im Zypressen-
lOhain auf der Akropolis ein großes Fest, die
Kissotomoi, feierte. Paus. II 12, 4 und 13, 3
(über den bildlosen Kult existierte eine heilige
Legende, die Pausanias verschweigt). Der Name
Ktaaorö/ioi und der Efeukranz kehren auf den
Münzen der Stadt wieder, s. Cat. Brit. Mus. Pelo-
ponnesus 34f. Taf. VII 2 und 5. Es wird sich
hier wahrscheinlich um ein bakchisches Fest han-
deln (eine Art Saturnalien nach Nilsson Gr.
Feste 39), man hat, mit Efeu geschmückt, ge-
20 zecht und vielleicht geopfert (vgl. Olck Art.
Epheit o. Bd. V S. 2837 und 28411. übrigens war
der Epheu im athenischen Herakulte verboten,
Wächter Rcl. Vers. u. Vorarb. IX 1, 107). Dazu
stimmt der Name der gefeierten Göttin, welche
die Ältesten der Phliasier Ganymeda, die Späteren
H. nannten, Paus. a. O., wohl weil die Gottheit
den zu genießenden Wein spendete (vgl. He-
sych. s. v, fjßij • anolaxfia xai aftizekog. SchoL
Arist. Vesp. 855, den Dionysos "Ilßcov in Neapel,
30Macrob. Sat. I 18, 9 und den Dionysos Bak-
cheios und Lysios zu Sokyon, von denen wenigstens
der erstere aus dem von einem Sohne des Dio-
nysos gegründeten Phlius stammte, Paus. II 7,
5f.). Strabon (VIII 382) gibt ihr aber hier wie
in Sekyon einen andern Namen, nämlich Dia (vgl.
Escher o. Bd. V S. 299), und diese mächtige, einer
Hera nagderog vielleicht ähnliche Göttin wird die
ursprüngliche Inhaberin sein. Aber H. hätte nicht
ohne irgend welchen Anhaltspunkt eindringen
40 können , und diesen wird zunächst die fröhliche
Festfeier selbst, vielleicht auch ihre olympische
Dienstschaft , geboten haben. Ihr uraltes Heilig-
tum war nämlich zugleich Sklavenasyl (die Les-
art der Hps. olyJzag ist zu halten), und die be-
freiten Sklaven hängten die Fesseln an den Bäumen
auf. Paus. II 13, 4 (vgl. besonders die satur-
nalienhaften Peloria in Thessalien. Athen. XIV
639 dl. Weitcrc Kultstätten der H. sind außer
dem schon erwähnten Sekyon im attischen Ge-
50 biete Kynosarges , Paus. I 19, 3 (mit Herakles
zusammen), vgl, die Sesselinschriften vom Theater,
IG II 3, 370 und 374, und Aixone, wo sie Heilig-
tum und Priesterin besaß, IG II 1, 581 und 1055,
22 (Etpripi. äo%. 1884, 170). Mit Herakles wurde
H. auch in Kos. Cornut. 31, und an einer anderen
unbekannten Kultstätte {h xfi Evgat^jj) verehrt,
Mnaseas frg. 11 bei Aelian. n. a. XVII 46 (hier
waren Hennen ihre heiligen Tiere, entsprechend
den Hähnen des Herakles). In der Schlacht bei
60 Mykale diente H. als Parole dem Leotycbides und
den zu befreienden Ioniern, Herod. IX 98 (die
Änderung von "Hßys in "Hgr}$ t von Bosch er
Jahrb. f. cL PhiloL 1879, 3491 wegen des be-
nachbarten samischen Heratempels vorgeschlagen,
ist unnötig, weil H. in engster Beziehung zu Hera
steht, und außerdem zu Phlius wirklich eine Göt-
tin n]g ikevihjQitic war). Als Scbinsname kommt
H. in Attika vor, Boeckh Att Seewesen X 6, 141,
II. Während die H. des Kultes uns ziemlich un-
bekannt bleibt, ist die H. der Dichtung viel
greifbarer. Die ewige ,Jugend', die im Olymp
den Göttern die Himmelsspeise reicht, durch
welche sie nie altern, wird ganz natürlich (zuerst
in Argos, wie uns der Kult lehrt, v. Wilamo-
witz Herakles I 301) zur Tochter der Himmels-
königin. Schon Ölen hatte in einem Bymnos
an Hera die H. als Tochter der Hera besungen,
Paus. II 13, 3, ebenso nennt sie Hesiod. Theog. 10
922 und 952 (= Hom. Od. XI 604, eine Inter-
polation des Onomakritos nach dem Schol. 'l. St.)
eine Tochter des Zeus und der Hera (auch Apol-
lod. I 3, 1. Lact. Theb. I 548. Mythogr. Vat. I
204, vgl. Pind. Nein. VII 5 und Hymn. Orph.
prooem. 13). Die ionischen Rhapsoden haben die
personifizierte ,Jugend' sehr natürlich in den
jungen Töchtern der vornehmen Herrscherhäuser
wiedergefunden. In der Ilias versieht H. eben
den im J. 191 im Circustale eingeweihten Tem-
pel, Liv. XXXVI 36, 5 (Wissowa Bei.' der Rom.
126), ihre Iuventas galt auch vorzüglich der
männlichen Jugend. Für die Schönheit der H.
haben die Dichter viele schmückenden Beiwörter,
so Hom. HaXXioq>vQog, Pind. xcdPUöTa $eö>v, &a-
kegd, xQVOoatEfpavog, zeqtivu, itykaoyvtog, Bacchyl.
aykaä, Theoer. kevmctpvQog , vgl. Bruchmann
Epitheta deor. 144.
III. Die Kunst hat oft Gelegenheit gehabt,
die H. als den Inbegriff der Jugend, der Schön-
heit und aller Genüsse eines lebensfrohen und
der Liebe huldigenden Alters zu verherrlichen.
Sehr berühmt war die goldelfenbeinerae Statue
des Naukydes im Heraion zu Argos, s. o. Eine
Kopie eines Polykletischen Werkes glaubte Ke-
kule Hebe Taf. 1 (1867) in einem Marmorköpf-
chen, das heraähnliche Züge trägt, nachweisen
zu können (Abb. bei Baumeister Denkm. I 629).
die Dienste , welche diesen gewöhnlich zufielen 20 Im Ostgicbel des Parthenon ist man jetzt geneigt,
(wie schon Aristarch bemerkte), sie badet den
Ares, IL V 905 (vgl. Od. III 464), schenkt beim
Mahl den Göttern ein, IL IV 2 (vgl den Kult
der H.-Ganymeda zu Phlius, ebenso Schol. IL
XX 234. Schol. Arist. Vesp. 855. Athen. X 425 e.
Lukian. d. d. 5, 2. Nonn. XXV 450. Serv. Aen. I
28. Mythogr. Vat. II 198. III 13, die Konkur-
renz mit Ganymedes sucht Lact, zu Theb. I 548
zu erklären) und hilft ihrer Mutter den Wagen
die H. in der früher Iris (oder Eileithyia) be-
nannten, ersebreckt laufenden Jungfrau, deren
junges Alter durch die flachen Brüste hervorge-
hoben wird, wiederzufinden; vgl. A. H. Smith
r Hie Sculptures of the Parthenon (1910) Taf. 3
Text S. 11. Die Vasenmaler haben sie vorzüglich
als olympische Mundschenkin dargestellt (geflügelt
auf Vasenbild im Louvre, Mon. d. Inst, VI
Taf, 58, 2, auf Sosiasschale Ant. Denkm. I Taf. 9.
anschirren, IL V 722 (vgl. den argivischen Kult). 30 Gerhard Auserl. Vasenb, 7, vgl. ebd. Taf. 146
Aber auch die Tanzlust und Liebe hat man in
H. verkörpert: im Homerischen Hymnus an Apol-
lon 195 tanzt sie auf dem Olymp im Chor mit
den Chariten, Hören, der Harmonia, Aphrodite
und Artemis (dabei Ares und Hermes) zur Musik
des Apollon und der Musen ; Hör. c. I 30 , 8
läßt sie im Gefolge der Aphrodite mit Eros,
Chariten, Nymphen und Hermes erscheinen. Vor
allem hat H. als himmlischer Lohn aller irdischen
und 300. LaboTde I Taf. 34, vgl. Geras bei
Eur. Her. 649), als solche schenkt sie vorzüglich
ihrem Vater oder ihrer Mutter ein. Sie hat über-
haupt ihren Platz in der Götterversammlung,
Vasenb, des Oltos und Euxitheos, Mon. d. Inst.
X Taf. 23f. mit Blume (man erinnert sich leicht
des "Hßtjg ävß-og . festes Epitheton der H. seit
Homer) und Apfel, auf Hermes folgend = Wien.
Vorlegebl. Dl. In Darstellungen des Paris-
Qualen, als Braut des tapfersten der griechischen 40 Urteils findet man sie kindlich an die Schulter
Helden, des Herakles, Furore gemacht, so in der
Unter weltszene der Odyssee XI 604 ([s. o.] = Hom.
hymn. XV 8). Hesiod. Theog. 950. Sappho 48 B.
Pind. Ol. VII 1; Nein. 171. X 17; Isthm. IV 59.
Eur. Heraclid. 915; Or. 1686. Theoer. XVII
37. Diodor. IV 39. Luk. <L iner. 16, 1. Ps.
Heracl. ep. 4 p. 482 Hercher. Ovid. met. IX 396;
fast. XI 65ff.; trist III 5, 42. Prop. I 13, 23.
Mart. IX 13; Travestie von E picharm in "Hßag
der Mutter angelehnt, Vasenbild aus Kertsch
Compterendu, Petersb. 1861 Taf. 3 (= Bau-
meister Denkm. II 1165), vielleicht tritt sie
auch als bedeutsame Staffage bei dem lo-Aben-
teuer und im Marsvasstreite auf, Wien. Vorlege-
bl. 18901 Tal 12, 2. Mon. d. Inst. VIII Taf. 42.
Sie gesellt sich bei den Vasenmalern wie bei
den Dichtern gerne der Aphrodite (s. den Athener
Onos 'EtprjfA. äpx. XV Taf. 10 — Eos che rs
ydjiwg, Kaibel Com. gr. frg. I 98ff. , wo Kraft 50 Myth. Lex. III 2119 Abb, 9) und dem dionysi-
und ,Jugend' sich zur wüsten Schlemmerei ver-
einigen. Als Mundschenkin reicht ihm H. jetzt
den Nektar, Stat. silv. III 1, 27. IV 6, 54. Wie
H. auf Herakles' Bitten dem Iolaos Jugend ver-
leiht. Ovid. met. IX 400, so wird begreiflicherweise
Herakles selbst, der nach dem irdischen Leben
die himmlische ,Jugend' auf Ewigkeit erlangt,
der natürliche Gegner des FfjQag (Vasenbilder
PhiloL L Taf. 1. Journ. hell. Stud. 1883 Taf. 30).
sehen Kreise, Heydemann Hall. Winckelmanns-
progr. 1880 m. Abb. (reich bekleidet, einen Teller
tragend), zuweilen auch der Athene, Elite ceram.
I 71 (Reinach Repert. II 327). Vor allem war
die Hochzeit der H. mit Herakles ein beliebter
Vorwurf der Künstler, schon von Naukydes im
Silber am Altar des argivischen Heraions dar-
gestellt, Paus. II 17, 6. Viele Vasenbilder geben
die Einführung des Herakles in den Olymp im
Kinder dieser olympischen Ehe wissen schon die 60 Beisein der H. wieder, schwarzfiguriges Vasenbild
Mythographen aufzuzeigen, nämlich Alexiares
und Aniketos, Apollod. II 7, 7, 12 (vgL die Nike
auf den Heiratsszenen der Vasenbilder, s. u.).
Die Römer haben, als sie nach dem zweiten Pa-
nischen Kriege ihre Iuventas nach griechischem
Muster umgestalteten, eben auf diese Verbindung
der H. mit Herakles zurückgegriffen, vgL das
Lectisternium im J. 218, läv. XXI 62, 9 und
Arch. Ztg. 1866 Taf. 209. Ant. Denkm. I Taf. 9.
Gerhard Auserl. Vasenb. 146, besonders schön
auf einem in der Villa Papa Giulio befindlichen
Krater, den Furtwängler auf den Pinsel des
Meidias zurückführt, Furtwängler-Reichhold
Gr. VasenmaL I Taf. 20. Die Vermählung selbst
außerordentlich schön auf einem apulischen Va-
senbild, Gerhard ApuL Vasenb. Taf. 15 (= Bau-
meister Denkm. I 630, s. Kekule a. 0. 35,
dagegen nach Preller-Robert Gr. Myth. I
498, 5 die Heirat des Herakles mit Megara), vgl.
-ebd. Taf. 14. Zuweilen besteigt sie das Vier-
gespann mit Herakles, Gerhard Auserl. Vasenb.
140. 325 (vgl. 111). Ebenfalls wird gewöhnlich
ein Bninnenrelief aus Korinth auf die Hochzeit
mit H. bezogen, Arch. Ztg. XXVII Taf. 24, 1,
Tgl. Michaelis Journ. hell. Stud. VI 48 und
überhaupt Kekule a. 0.; etruskischer Spiegel 10
bei Micali Atlas Taf. 49 (anwesend Apollon
und Artemis) = Daremberg-Saglio Dict. III
1 Abb. 3737, vgl. Gerhard Etr. Spiegel IV
Tal 145. Gemmen bei Tassie Raspe I HOff.
Babelon Catal. cam, 13, 16 Taf. II 16. Lite-
ratur: Welcker Griech. Götterlehre I 369ff.
Preller-Robert Gr. Myth. I 498f. Kekule"
Hebe (1867). v. Sybel Art. Hebe in Boschers
Myth. Lex. I 1869f£ P. Decharmc in Darem-
berg-Saglio Dict. d. ant. III 44ff. [Eitrem,] 20
2) "Hßrj {f}ßäv) erscheint in technischem Sinne :
1. Im Kriegswesen in Sparta nach dem J. 404
in der Form xa dexa dtp' fjßtjg, ot rsrraQdxovza
dtp' f}ßt]$, wobei fj. die Vollkraft, den Beginn der
Dienstpflicht außer Landes, das 20. Lebensjahr
bezeichnet. Die Formel findet sich a) beim Auf-
gebot ((pQovQav cpaivEtv), das nach Moren und
innerhalb dieser nach Jahrgängen erfolgte, Xen.
hell. VI 4, 17; resp. Lac. 11, 4. Die vsteg zsz-
TaQ&xovia dtp'' tjßrjs waren zum Dienst außer 30
Landes nicht mehr verpflichtet, hell. V 4. 13;
b) in der Schlacht, wo den zehn jüngsten Jahr-
gängen hell. II 4, 32. III 4, 23. IV 5, 14. V 4, 40,
den fünfzehn jüngsten IV 5, 16. 6, 10 besondere,
anstrengendere Aufgaben zufallen. Voraussetzung
dafür ist, daß auch in der Gliederung des Heeres
die Altersklassen Berücksichtigung gefunden hat-
ten. Denn man konnte nicht durch solche Aus-
sonderungen im gegebenen Augenblick die Ordnung
der kleinsten Einheiten (ev asozial) durchbrechen. 40
2. Im bürgerlichen Recht : a) in Gortyn tritt
der Tjßlaw VII 37. IX 46 in Gegensatz zu dem
avrjßog XI 19 oder avcoQog VII 29. 54, und eben-
so die fjßtovoa VII 37. 41. 53 oder d)Qi/na VIII
39 zu der äv(o e oc VII 29. VIII 46. 47. 50. XII
22. Für Mädchen ist die Grenze XII 34 auf
zwölf Jahre festgesetzt, welche das früheste
Heiratsalter bezeichnet; für Knaben fehlt uns eine
Angabe, doch konnte eine gesetzliche Bestimmung
nicht fehlen , und da der tjßtfov nach VII 35 50
•ehemündig ist, so kann die Grenze nicht zu tief,
schwerlich unter 16 Jahren, angenommen werden
(gegen Rec. inscr. jur. gr. I 407 : 14 Jahre). Der
flßiatv war außerdem zeugnisfähig behufs des Be-
weises IX 46, durfte sogar adoptieren XI 18,
galt aber noch nicht als volljährig, solange er
ajiobQOßog war VII 35, d. i. an den Übungen des
boofiog (Suid, s. ögoftot;) nicht teilnahm. Erst
der boofievg (s. d.) ist volljährig, wozu wahrschein-
lich ein Alter von 18 Jahren erforderlich war; 60
b) in Athen ist in einem augenscheinlich alten
Gesetz über die Söhne von Erbtöchtern mit den
Worten nai ä/m fjßTj^U «" &'«*«s der Eintritt der
familienrechtlichen Mündigkeit bezeichnet, vgl.
Bekker Anek<L I 255, und auf dieses Gesetz be-
ziehen sich auch die sonstigen Anführungen des
Ausdrucks, Isae. VIII 31 X 12 frg. 25. Hyper.
frg. 192 (bei Harpocr. s. EmdtExsg). Hier, wie auch
bei Luc. Zsits rgay. 26, wird dieser Zeitpunkt mit
der Eintragung in das kt\^iaQ%ato¥ yeanpaxeTw
(18 Jahre, Ajrist. resp. Ath. 42) gleichgesetzt,
während Didymos und Harpokration a. 0. irren.
Aischines III 122 braucht. den Ausdruck auch
von Delphiern, die zu einem Hilfszuge aufgeboten
werden. [Thalheim.]
3) s, Ephebia.
'HßtjTTfgtov. 1) = ovfiTiaaiov nach Athen. X
425 E und Eustath. II. XX 219- Nach Hesych
heißt nämlich rjßäv auch svcoxsto&ai, uv&vax£o§ui
, schmausen, sich betrinken'.
2) — mtiarfjQtöv .Speisesaal', Ort zum Schmau-
sen. Hesych.
3) — xaTokvöiQ , Herberge'. Hesych. Suid.
4:) = 7iaidr.vTtJQtov , Schule*. Suid.
J>) Allgemeiner: ein Vergnügungs ort. So schon
bei Herodot. II 133 unter dem Namen ivtjßtjz^-
qiov. Athen. X 438 B gibt bei der Übersetzung
der Herodotstelle das Wort mit 17. wieder. Nach
Plut. Pomp. 40. 53 vielleicht eine Art Pavillon
auf den Gütern vor der Stadt. [K. Schneider.]
Hebon (srntpavsozatos dsos), Mysteriengott
dionysischen Charakters in Neapel, IGI 716. 717.
Als Epiklcsis des Dionysos faßt es Macrob. Sat.
I 18, 9. * [Neustadt.]
Hebraei s. Iudaea.
Hebromagus s. Eburomagus.
Hebron (M. T. ■jrqrr, LXX Xsß & d>v) Hegt
etwa sieben Stunden südlich von Jerusalem auf
dem Gebirge Juda an den oberen Anfängen eines
nicht tiefeingeschnittenen fruchtbaren Tales, des-
sen umgebende Berge ca. 950—1000 m hoch
sind, am Kreuzungspunkt von vier wichtigen
Handels- und Verkehrsstraßen (Guthe in Eeal-
encyklop. für prot. Theol. IX 3 565), woraus sich
das hohe Alter und die große Bedeutung H.s als
Handelsstadt und Kultstätte erklärt. Nach der alten
und glaubwürdigen Nachricht Num, 13. 22 (J) war
H. sieben Jahre vor Soan ( = Tanis) in Ägypten ge-
baut (E. Meyer Die Israeliten 1906, 447). Joseph,
bell. Jud. IV 9, 7 ist das Alter von H. noch höher
als das von Memphis in Ägypten eingeschätzt.
Jedenfalls ist H. vor der Einwanderung Israels in
Kanaan gegründet worden. Als älteste Bewohner
werden Num. 13, 23. Richter 1, 10 die drei fabel-
haften Enakitergeschlechter Sesai, 'Ahiman und
Talmai genannt; sie gelten Num. 3, 32f. (E) Deut.
2, 11 als Riesen, für welche jüngere Überlieferung
als Stammvater Jos. 15, 3. 21, 11, oder als gewaltig-
sten unter ihnen Jos. 14, 15 einen Arbo* fingiert.
H. hieß nämlich früher yanN nr?E, Rieht. 1,10.
Jos. 15, 13f. (J), und darnaen bei P Gen. 23, 2. 35,
27. Jos. 15, 54. 20, 7. 21, 11. Sa^fit {4) = 'AM
wurde von jüngerer Schriftgelehrsamkeit als Per-
sonname gedeutet, wovon schon der Umstand
hätte abhalten müssen, daß Gen. 35, 27. Neh. 11, 25
T2"iN den Artikel vor sich hat 73"?$? ^ZlV
wird von E. Meyer a. a. 0. 264 ah. die Stadt
der vier Götter, nämlich Abraham, Sesai, 'AMman
und Talmai gedeutet (s. 0.); vgl. Hieronymus,
Peregrinatio S. Paulae, wonach die Joden 'p '«
als Stadt der vier Männer Abraham, Isaak,
Jakob und Adam erklären, indem Adam ans
Mißverstand von Jos. 14, 15 als vierter dazu-
gekommen ist (Baedeker Palästina? 1910, 105).
Guthe a. a. 0. 564 mochte den Namen als
2585
Hebron
Hebron
2ööö
Stadt der vier zusammenlaufenden Wege (s. o.)
deuten. Vielleicht laufen Meyers und Guthes
Erklärungen auf das gleiche hinaus: 't*'p die
Stadt der vier Götter, denen die vier Wege an-
vertraut sind. Wenn P Gen. 23, 2ff. 25, 10.
49, 32 Hetiter die Urbewohner von H. sein läßt,
so erklärt sich dies daraus, daß für P Hetiter
= Kananiter sind» indem die Tatsache nach-
bar Giora überrumpelt und geplündert (Joseph,
bell. lud. IV 9, 7) und im J. 69 von dem römi-
schen Tribun Cerealis erobert und zerstört, bell,
lud. IV 9, 9 (Schür er Gesch. d. jüd. Volkes
13.4 621). Nach der Beendigung des großen
jüdischen Aufstandes unter Bar Co^a (132—135
n. Chr.) wurden auf dem Jahrmarkt an der TeTe-
binthe von H. Juden so viel feilgeboten, ,daß ein
wirkt , daß Hetiter einst vor den Israeliten in jüdischer Sklave nicht mehr als ein Pferd galt'
Vorderasien einschließlich Palästinas Reiche grün- 10 (Schür er a. a. 0. 1 698, 143). Von byzantinischen
deten. Nur läßt sich nicht beweisen, daß gerade
H. hetitischer Besitz war. Hommel (Altisrael.
Überlief. 2 32 f.) will die Umnennung von Kirjat
'Arba c in H. mit dem Eindringen der in den
Amarnabriefen genannten Habiri zusammen-
bringen, während andere den Namen -pinn von
^cn Genosse ableiten und die Umnennung auf
die Kalebiter zurückführen. Dieser den Edo-
mitern und Judäern nahestehende Stamm hat
Kaisern mit Bauten geschmückt, erlangte H. unter
muslimischer Herrschaft wieder Ansehen. Bei den
Kreuzfahrern hieß H. eastellum oder praesidium
ad sanetum Abraham. Gerhard von Avesnes er-
hielt H. von Gottfried von Bouillon als Lehen.
1167 wurde H. Bischofssitz, fiel aber schon 20
Jahre .später an Saladin (Baedeker Palästina 7
106). Heute heißt H. el-halil (eine Abkürzung
aus balil er-raAmän), [Stadt] des Freundes (des
nämlich bei der Einwanderung Israels in Kanaan 20 Bannherzigen [fljttafl, d h AtaJ«m.. Jjj.
sich von Süden aus H.s bemächtigt. Jos. 10,
3ff. besiegt zwar Josua an der Spitze von ganz
Israel Hoham , den König von H. , und erobert
seine Stadt, während Eicht. 1, 10 Juda H. erobert.
Da aber Kalebiter (Guthe a. a. 0. 713ff.) zur
Zeit Davids in und um H. wohnen, ist es das
natürlichste anzunehmen , daß sie sich in H. bei
der Invasion Israels in Kanaan festsetzten. Die „ „ „ 1TT ,,..-. j
Überlieferung von der Eroberung H.s durch ganz beitung von Ziegenfellen zu Wasserscheueren und
T*r^i h«w <*,,«* Inda *«t flinA KnTiütxnktimi 30 die Herstellung von Glasarbeiten, durch welche H.
41, 8. Jak. 2 , 23. Es ist von ca. 20 000 recht
fanatischen Moslims und ca. 2000 Juden (mit
drei Synagogen) bewohnt und bildet einen Kreis
(kada) des Gouvernements (sandschak) Jerusalem.
Über die Einteilung der Stadt in sieben Quar-
tiere s. Baedeker a. a. 0. 106. H. hat sich
seine Bedeutung als Handelsstadt und Kultstätte
bewahrt. Von Industrie ist besonders die Bear-
Israel, bezw. durch Juda, ist eine Konstruktion 30 A ™ Herstellung
der biblischen Geschichtsschreiber. Jos. 15, 13ff.
überweist Josua dem Stamm Kaleb das Gebiet
von H. Als Saul gegen die Philister gefallen
war, wurde H. 7ty 2 Jahre lang die Residenz Da-
vids als Königs von Juda (II. Sam. 2, lff. 5, lff.),
da David durch seine Heirat mit Abigail (I. Sam.
25) mit den Kalebitern verschwägert war. In
H. fanden die Verbandlungen Davids mit Abner
statt (H. Sam. 3, 2 Off.), der schließlich von Joab
schon im Mittelalter bekannt war, zu nennen.
Wichtig ist H. wie einst für den Verkehr mit
den Beduinen. Wie schon im höchsten Altertum
ist der Wein von H. berühmt; der Name des
Tales Eskol, von wo Num. 13, 23 die Kund-
schafter die Riesentraube mitbrachten, hat sich
erhalten in bet iskahil nördlich von H. Charak-
ter istischerweise fehlt aber der Wein bei dem
Beduinenmahl, das Abraham Gen. 18 seinen
im Stadttor vonH ermordet wurde. Am Teiche 40 gasten auftischt. Vor allem aber ist H eines der
Hauptheiligtümer der muslimischen Welt, die in
das ETbe von Synagoge und Kirche trat. Der
Ruf des heutigen H. als muslimischer Wallfahrts-
ort knüpft sich an die biblische Patriarchen-
legende, besonders in der Form, in der sie P
bietet. Das Hauptheiligtum H.s bildet heute das
im Osten der Stadt gelegene hdram mit den
Patriarchengräbern. Nach P sollen in der durch
Abraham von den Hetitern käuflich erworbenen
von H. , wohl dem unteren der zwei noch vor-
handenen Teiche von H, wurden die abgeschla-
genen Hände und Füße der hingerichteten Mör-
der Iaboseths (II. Sam. 4, 12) aufgehängt. Als
David als König von Gesamtisrael das von ihm
eroberte Jerusalem zur Hauptstadt gemacht hatte,
sank die Bedeutung von H, es bildete aber beim
Auftreten Absaloms den Herd der Verschwörung,
II. Sam. 15, 7ff. Hernach wurde H. von Reha-
beam (II Chr. 11, 10) befestigt. Seit dem Eni 50 Höhle in der nbcSM ™n H. Sara (Gen 23, 19),
v --—'-'- ^- & - -- Abraham (Gen. 25, 9), Isaak, Rebekka, Lea (Gen.
49, 31) und Jakob (Gen. 50, 13) bestattet sein.
Gen. 23, 9. 11. 17 war das Grab eine Höhle,
die 23, 17 in der Ma/pela vor (";;??), das ist wohl
östlich von Mamre = Hebron lag. Ma^pela war
daher wahrscheinlich Bezeichnung einer Gegend,
etwa eines Feldes von H. , während LXX (rö
o.-tr]).aiov to bt^lovv) bei r.SSD'E a n eine Doppel-
höhle denkt. Wenn Ma^pela östlich von H. zu
geriet es in die Hand der Edomiter, vor welchen
die Kalebiter zum Teil nach dem Norden aus-
wichen, I. Chr. 2, 19. SOff. 4, 4. Neh. 3, 9. Der
Theorie nach wurde aber H. als jüdischer Besitz
nicht aufgegeben. Bei P Jos. 20, 7 gilt H. als
eine Asylstadt, Jos. 21, 11. 13. I. Chron. 6, 40
—42 als Priesterstadt. Der Chronist bezeichnet
Neh. 11, 25 H. als jüdisch. Wahrscheinlich will
auch P Gen. 23 nachweisen, daß mindestens auf
eins der Hauptheiligtümer von H. , die heilige 60 suchen ist, stimmt wenig dazu die Lokalisierung-
Höhle in der Ma^pela von H, Israel ein uraltes
Anrecht habe. Nichtsdestoweniger ist H. edomi-
tisch geblieben, bis es 164 v. Chr. von Judas
Makkabaeus erobert wurde , I. Makk. 5 , 65.
128 v. Chr. wurden die Edomiter durch Johann
Hvrkan dem neujüdischen Reich einverleibt, Joseph,
ant. Ind. XHI 9, 1. Während des jüdischen
Kriegs gegen die Römer wurde H. von Simon
der Patriarchengräber in und unter dem käram
von H. (vgl. die Beschreibung desselben bei
Guthe a. a. 0. 566 — 568). Denn der hdram
liegt am Ostende des heutigen H. , während nun
aber dieses selbst dem größeren Teil nach in der
Osthälft« des Hebroner Tales liegt, hat das ältere
H. vielmehr in der Westhalfte des Tales von H.
gelegen. Der hier befindliche Hügel er-rumeidi
2587
Hebron
Hebros
2588
ist reich an Höhlen, Zisternen u. dgl. Dort
mögen in der Zeit Ps die Patriarchengräber,
vergleichbar den Königs- und Riehtergräbern bei
Jerusalem, gezeigt worden sein. Vielleicht kennt
sie hier noch Joseph, bell. lud. IV 9, 7. Vgl.
die Planskizze von H. bei Giithe (Kurzes Bibel-
Wörterbuch 1903, 247). Ersten Spuren von grö-
ßeren Bauten über den Patriarchengräbern be-
gegnen wir bei dem Pilger von Bordeaux (333
n. Chr.). Antoninus Martyr (570 n. Chr.) er-
wähnt eine vierhallige Basilica. Sie möchte von Iu-
stinian (527 — 565) herrühren und wurde, nachdem
sie inzwischen in eine Moschee umgewandelt war,
1167—1187 durch eine KreuzfahrerMrche ersetzt,
die von den Arabern restauriert wurde und die
jetzige Hauptmoschee von H. bildet, ein den
Christen und Juden vermehrtes Heiligtum. Die
Verlegung der Patriarchengräber nach ihrer
jetzigen Stelle wird mit der Zerstörung der Stadt
durch die Kömer und mit dem Wiederaufbau
in dem östlichen Tal von H. zusammenhängen
und ca. 70— 300 n. Chr. erfolgt sein. Der Jes.
51, lf, erwähnte Schacht (td) der Sara dürfte
mit dem am östlichen Fuß des Hügels er-rumeidi
gelegenen 'Äin dsehedide (Bädeker a. a. 0. 106)
gemeint sein. Viel verloren von seiner ursprüng-
lich hohen Bedeutung hat der sogenannte
Hain Mamre (Gen. 13, 18. 18, lff.) , einst viel-
leicht nicht bloß das Konkurrenzheiligtum der
Höhle in der Maxpela, sondern noch angesehener
als diese. Ältere jüdische und christliche Über-
lieferung (Joseph, ant. lud. I 10, 4; bell. lud. IV
9, 7. Pilger von Bordeaux 333 n. Chr.) sucht
ihn in der 3 km nördlich von H. gelegenen Stätte
Ramet ä-halil (vgl. die Planskizze bei Outhe).
Die dort befindliehen Steinschichten könnten Reste
des ehemaligen heiligen Hages sein, während die
östlich davon zu sehenden größeren Bauüber-
bleibsel der von Konstantin an Stelle des zer-
störten heidnischen Altars erbauten Kirche an-
gehören möchten. Der MT redet Gen. 13, 18
und 18, 1 von sntttt ^zbü , also von Terebin-
then in der Mehrzahl, während LXX hier, wie
auch der MT Gen. 18, 4. 8 nur einen Baum hat.
Ebenso läßt Joseph, ant. lud. I 10, 4 den Abra-
ham TtBgi jijv "üyvyrjv xaiov/ievrjv Sqvv wohnen,
wohl demselben Baum, den Joseph, bell. lud. IV
9, 7 nennt. Sind die Terebinthen Gen. 13, 18
und 18, 1 treue Überlieferung, so wäre von dem
heiligen Hain schließlich nur ein heiliger Baum
stehen geblieben, woraus sich bereits der Sin-
gular bei LXX erklärt. Jedenfalls kennt die
heilige Legende seit Josephus nur einen Abra-
hamsbaum. Nach den Angaben des Hieronymus
(im Onomastikon 111 und in der Peregrmatio
S. Paulae) wäre zu seiner Zeit dieser heilige
Baum beseitigt gewesen. Seit den Kreuzzügen
taucht die Auffassung auf, daß eine Rieseneiche,
die noch heute bei dein russischen Hospiz vor
H. steht, leider aber jetzt im Absterben begriffen
ist , der heilige Abrahamsbaum sei. Wenn auch
Ramet el-halil die ältere Überlieferung für sich
hat, so entspricht auch sie wenig den alt-
testamentlichen Angaben. Die Entfernung des
Baumes von H. wäre zu weit (Gut he ßeal-
enc. IX 3 569). Gen. 13, 18 und 18, lf. ist
die GrüfldungBsage für das Heiligtum «-rtaia
<(Junkel Genesis 3 1910, 201), wie Gen. 23 die
für die heilige Höhle in der Maxpela von H. Was
N")72tt bedeutet — eine Entstellung von rT^lla
Orakel[-Terebinthe] ? — ist unsicher. Der junge
Midrasch (Gen. 14, 3) macht Mamre und Eschkol
zu Personen. Das Heiligtum von H. ist schon
zu Davids Zeit hochberühmt, LT. Sam. 15, 17ff.
David hat es nicht erst gegründet, wohl aber ist
die Beziehung auf Jahwe in israelitischer Zeit er-
folgt. Wenn man in Israel erzählt, daß in H.
lu Jahwe dem Abraham erschienen, und dieser zum
Dank den Altar von H. stiftete, so folgt daraus
1) das Heiligtum von H. ist älter als das histo-
rische Israel; 2) das Heiligtum von H. unterstand
früher einem anderen Numen; 3) da H. bis zur
Zeit Davids kalebitischer Besitz war und H. be-
reits zur Zeit Davids ein israelitisches Heiligtum
ist, so wird die Verbindung H.s mit Abraham
nicht erst durch Israel erfolgt sein, d. h. Abraham
ist dann ein Heros oder Gott der Kalebiter oder
^ ihrer Vorgänger. Ja er ist wohl das in H. verehrte
Nurnen (oder eines der dortigen Numina), und Sara
ist das weibliche Pendant. Das Numen ist schließ-
lich zum Stifter seines Heiligtums geworden. Unter
dem Firnis des Jahwismus in den Kult Israels
aufgenommen, hat aber der Kult des ursprüng-
lich selbständigen Numens sich zäh bis in die
Gegenwart gehalten. Abraham ist mit den übrigen
Patriarchengestalten einer der Nothelfer von Chri-
sten, Juden und Moslemen. Die Bittzettel, die
'*" man den Patriarchen in die Gräber wirft, gelten
ihnen als Heiligen, Welis, Halb- oder Vollgöttem.
Wie für den Juden H. neben Jerusalem, Tiberias
und Safed, so ist für den Muslimen H. nach
Mokka und Jerusalem die angesehenste heilige
Stadt, und auch Christen wallfahrten zu der
Abrahamseiche von H. Das ursprünglich heid-
nische Numen der uralten Handelsstadt hat ihr
bei den Bekennern der drei monotheistischen
semitischen Eeligionen bis jetzt ihre Hauptan-
^ ziehungskraft gewahrt. [Beer.]
Hebros, 6 "Eßgog, bei Byzantinern Evqos
(Etymologie unsicher, s. Tomas chek Thraker
II 2, 93. F ick in Kuhns Ztschr. XLII 85t),
der Hauptstrom Thrakiens, jetzt slav. Maritza
genannt, entspringt wie Strymon, Nestos und
Öskios in dem Skomiosgebirge, Thuc. LT 96, 4.
An st. inet. I 13, fließt dann ostwärts an Philippo-
polis (160 m) vorüber bis Hadrianopolis (40 m), wo
er in die Talrichtimg des vom Haimos her ihm zu-
50 strömenden Tonzos übergeht und sich nach Süden
wendet, um nun als ein bedeutender, auch für
größere Fahrzeuge schiffbarer Strom zwischen Do-
riskos und Ainos das Agäische Meer zu erreichen,
Her. IV 90. VII 59. Die früheste Erwähnung
findet sich bei dem Dichter Alkaios (frg. 109
Bergk), der ihn xäV.toros nozaticöv nannte. Eur.
Herc. für. 386 nennt ihn, wohl mit Bezug auf die
Schlammführung, dQyvggoQvtTjc. Sonst erwähnen
ihn die Dichter mit Vorliebe in Verbindung mit
60 dem durch seine Winterkalte berüchtigten Klima
Thrakiens, so Theokrit. VIT Ulf. jtlftaxi ftvoaw\
"JSßgov jiäg Tiozafiöv. Verg. Buc. X 65 frigoribus
medicis Hebrumque bibamus. Hör. carm. I 25,
19f. fiiemis sodali — Bebro f ebd. m 25, lOf.
Hebrum — et nive candiäam Thraeen; epist I
3, 3 Hebrusque nivali compede vincius, ebd. I
16, 12f. fem — vi nee frtgidior Thracam nee
purior ambiat Hebrus. Tai Place, II 515 a ge-
2589
Hebrus
Hecht ,
2590
keit des Cornelianus, die Zusatzscholien des Serv.
Buc. VH 65 auch mit Värius, den wir aber sonst
nur als Editor der Aeneis kennen. Es bleibt
einzig die Sicherheit, daß H. vor Servius ge-
schrieben hat und auch vor dem jedenfalls ge-
meinsamen Gewährsmann des Philargyrius (Termi-
nus post quem seiner schriftstellerischen Tätigkeit
wie es scheint Donat; vgl. Barwick Comment.
<s"d.), also dem Becken von Philippopolis. was philol. Jen. VJJI, h 1211 und W essner Berl.
freilich nur für kleine Fahrzeuge zu verstehen 10 philol. Woch. 1910, 850) und der Danielschollen
ist, das Ende der großen, als Via Egnatia (s. d.) (entstanden wohl um die Wende des 4. zum 5.
Udi Boreas eonvaUibus Hebri \ toUitur, Anth.
Pal. VH 542, 1 "Eßgov x^f 1 ^ ^ — KQVpioioi
■Se&ivros. IX 56, 1 "Eßgov Öqtjikiov xQvjim jtejes-
fypievov v6o>q usw. Von den Geographen gibt
Strabon mehrfache beachtenswerte Angaben. Er
erwähnt VII 331 frg. 51 die Deltabildung des
Flusses (divrofjtov ovzos) und ebd. frg. 47 seine
Schiffbarkeit bis hinauf in das Gebiet der Bessoi
bekannten Überlandsfcraße am H. bei Kvpsela
(VII 322 nach Polyb. XXXIV 12, 3. 329 frg. 9),
den Nebenfluß Arisbos XIII 590. Andere Geo-
graphen nennen den Fluß nur kurz oder bei-
läufig, so Skyl. 67. Artom. bei Strab. VII 331
frg. 56. Mela II 2. Plin. n. h. IV 41. Ptol.
III 11, 2. Herod. IV 90 erwähnt aus Anlaß des
Skythenzuges des Dareios den Nebenfluß Agrianes
(s. d.), dem wieder der Tearos zuströmt ; Plin. 20 der Vatic Scholien bei Georg. IV 88 (und 169), wo
n. h. IV 50 nennt die Nebenflüsse Bargus und sie den Namen H. durch das einfache unpersön-
Synnus. Über Veränderungen des Unterlaufes bei liehe legüur ersetzen (andere Beispiele dieses Ver-
Ainos berichtet Plin. XVII 30, über Goldführung faliTens bei Barwick Philol. a. 0. 141ff.. ; über das
Jhdt.; vgl. Barwick Philol. LXX 122t); auf die
indirekte Benützung des H. durch beide Scholien-
gruppen mittelst der gleichen Quelle weist außer
dem schon bekannten zwischen ihnen bestehenden
Verhältnis dieselbe Art des Zitierens hin: in
Hebri mit Auslassung von libro bei Serv. Dan.
(die Aspiration wie bei Servius), in Ebri (Ebrii)
in den Hss. des Philargyrius, und ein Vergleich
des Flusses Plin. XXXIII 66, worauf auch divitis
Hebri bei Val. Flacc. IV 463 zu gehen scheint.
Zahlreich sind die bildlichen Darstellungen
des Flußgottes auf Münzen, besonders von Phi-
lippopolis, und die meisten der ihm beigegebenen
Attribute kennzeichnen die Beziehungen des Flusses
Wesen der A r atic. Scholien ebd. 108 Anm.). _ Ja
selbst das einzige Zitat des Servius geht vielleicht
auf dieselbe Quelle zurück. So kommen wir auch
auf diesem Wege spätestens auf die erste Hälfte
des 4. Jhdts. , wenn nicht eher auf die zweite
des 3.; diese Zeit anzunehmen oder gar etwas
{EBPOS auf einer Münze Hadrians) zur Land- 30 hinaufzurücken, stehen die textkritischen Lei-
schaft, so die Ähren und das Füllhorn, Schilf, stungen des H. nicht im Wege; scheute sieh doch
ein Kahn usw., s. die Nachweise bei Drexler Eibbeck (a. a. O.) nicht, sie selbst einem Verrius
in Roschers Myth. Lex. I 1871ff.
Von neueren geographischen Schilderungen ist
die von Theob. Fischer inA. Kirchhoffs Län-
derkunde v. Europa II 2, 100—104 hervorzu-
heben, ferner Vivien de Saint-Martin Dic-
tionn. de geogr. III 661f. [Oberhummer,]
Hebrus, ein Vergilherausgeber, dessen Fjxi-
zuzu weisen. [Funaioli.]
He Im des (oder ähnlich) ist der eigentliche
Name der auf Grund einer falschen Lesung auf-
gekommenen Bezeichnung der Hehriden. Vgl.
Diefenbach Celtica ILt 247 und K. Müller
zu Ptolem. II 2, 10. Der Name ist überliefert
Haemodae (s. d.) bei Mela, dagegen irrtümlich
stenz mit Unrecht vielfach bestritten worden ist, 40 doppelt: Aemodae und Hebudes bei Plinius, Ebu-
so vonRibbeck Proleg. ad Verg. 174ff., wogegen
Hagen Jabrb. f. Philol. Suppl. IV 731ff. Er
kommt nicht nur bei Servius Aen. VII 6 vor und
neunmal in den sog. Berner Scholien zu Vergil
(Georg.), sondern auch, was ich nirgends ange-
merkt finde, in dem Kommentar des erweiterten
Servius Buc. VII 64 und 65 ; ferner in einer Explan,
der VergiLischen Buc. VIII 40 und in der sog.
Brev. Expos, der Georg. I 296 (App. Serv. III,
des bei Solin. 22, 42 app. p. 234 (Mommsen),
"Eßovdat bei dem besten Kenner des alten Irlands,
Ptolemaios (a. a. O.) und nach ihm bei Steph. Byz,
s. Aißavdat Ihre Zahl wird teils auf sieben berech-
net (Mela, Plinius), teils auf fünf (Solin, Ptolemaios).
Von der dürftigen Lebensweise und den rohen Sitten
der Bewohner berichtet Solin. a. a. O. [Hang.]
Hecatostylon, nach Fragment 31 der Forma
Urbis (wo sich der Name findet) eine schmale,
II ed. Hagen), zwei Auszügen einer und derselben 50 langgestreckte Halle an der Nordseite der Fom-
Scholiensammlune-. aus welcheT auch die Berner peianae Portieus (s. d.) nach dem Marsfelde zu,
deren .hundert Säulen* eine große, fast genau
Scholiensammlung, aus welcheT auch die Berner
stammt und deren Kern, soweit es nicht Servius
ist, auf Philargyrius, zum Teil auch auf einen
Gallus. zurückgeht. Somit haben wir auch aus
den Eclogen Zitate des H. gewonnen und kennen
außerdem nicht allein von ihm überlieferte Varian-
ten des Vergilischen Textes, von denen sogar
mehrere Spuren in Vergilhss. geblieben sind;
hinzu kommt noch bei Serv. Dan. Buc. VII 64
in der Ostwestrichtung orientierte MittelmaueT
flankierten (Jordan-Hülsen Topogr. I 3, 582f.) ;
vgl. Martial II 14, 9 inde petit eentum penden-
tia teeta columnis, illinc Pompei dona nemus-
que duplex und ni 19, 1 proxima centenis osten-
diiur ursa columnis, exornant ftetae qua pla-
ianona ferae. Hieronym. ad a. Abr. 2263 = 247
eine ausdrückliche Begründung des H. für die 60 n. Chr. Dwatrum Pompei ineensum et Heeato-
17 =.1 ■ • __ T L — l. ... „U„> i. „*../...„, TJ„„„l,,^U -v A S+ Ttr.r» TTT 3 ZA
Zurückweisung einer Lesart, wonach es scheint,
daß die Vergilausgabe mit Anmerkungen versehen
war, in der Art etwa, wie die des Valerius Probus
(vgl. Serv. Dan. Aen. I 21 und dazu Aister-
mann De M. Valerio Probo Beryt., Bonnae 1910,
14). Die Lebenszeit des H. genauer zu bestimmen,
ist uns versagt; ihn verbinden öfter Berner und
verwandte Scholien mit der unklaren PersönUch-
stylum. Beschreibung d. St. Rom III 3, 54.
Jordan Forma urbis Eomae 22. Über die Aus-
grabungen 1884 Not. degü seavi 1884, 108f.;
dazu Jordan-Hülsen a. a. O. De Rossi-Gatti
BulL com. 1893, 189ff. [Gull.]
Hecht (lueius; Esox lucius L.). Da der H.
sich hauptsächlich in den Binnengewässern des
nördlichen und mittleren Europas aufhält, so
aoyi
neaas
neayios
zoyis
war er in der klassischen Periode des Altertums
unbekannt: Aristoteles und Aelian erwähnen ihn
nicht. Die Eömer scheinen unter esox nicht
unseren H. verstanden zu hahen; denn was von
jenem gesagt wird, paßt nicht auf diesen. Anthi-
mus 45 nämlich heißt es: tecones dieuntur esse
filii esocum; tarnen ipsi boni sunt et sanis et
infirmis elixt in sale et oleo. Teeo f hei Pole-
mius Silvius p. 268 tecco (französisch tacon) ist
der Sälmling, d. h. der Salm vor der Laichzeit,
solange er noch auffallend hell gefärht ist und
der roten Flecken ermangelt. Daß man ihn
iioch zu unserer Zeit für einen besonderen Fisch
hielt, beweist die noch um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts in England vorgenommene Ausrot-
tung der jungen Salme, die man als Boden-
dünger verwandte und sich so einer kostbaren
Speise beraubte (Brenni Tierleben 8 VIII 3301).
Man beachte ferner, was Anthimus 41 von dem
esox als Nahrungsmittel sagt: de esoce vero f
quando recens fuerit, comedatur- si autem de
pluribus diebus fuerit, gravat stomachum. Prae-
terea si salsi sunt, gravcs sunt et malos hu~
mores nutriunt Davon läßt sich nichts auf
den H. deuten. Weit eher dagegen, wenn auch
immerhin kleine Bedenken zurückbleiben, paßt
für diesen Fisch die Beschreibung Anthimus 40 :
ucius piseis et ipse bonus est, operi vero, quod
de ipso fit, spumeo albumen de ovo sie ntiscea-
tur y ut modiee tenerum sit quam durum, et
eomestum non nocet. Cutis vero lueii ipsius,
quomodo frixus fuerit penitus non mandueetur,
quia graviter nocet. Auch Ausonius (ebd. X 121
p. 124 Peiper), der doch sicher den H. meint
(Brehm Tierleben» VIII 315), ist in seiner Be-
schreibung ja etwas ungenau: hie etiam, Latio
risus praenomine, cultor \ Stognorum, querulis
vis infestissima ranis, \ Lucius, obseuras ulva
menoque laeunas \ Obsidet Hiß nullos mensa-
rum leetus ad usus \ Fervet fumosis olido nidore
popinis. Auch Polemius Silvius erwähnt a. a.
0. den lueius unter den natantia ; daneben offen-
bar als andere Fischarten den esox (darauf folgb
unmittelbar salmo, vgl. o.) und den lupus. Ita-
lienisch heißt unser Hecht luecio, span. und portug.
lucio. Vielleicht ist die Lahn, ahd. loganaha,
als Hechtwasser zu deuten. Übrigens steht unser
Jieckt bereits bei Hildegardis. Ich lasse einige Be-
merkungen Gesners über den H. folgen. In sei-
nem Fischbuch Zürich 1575 Bl. 175f. heißt es:
,Auß den fischen so mencklichen in vnsern landen
bekannt sind, ist der Hecht, ein gantz gemeiner und
breuchlicher fisch, auff Latin Lucius genannt ....
dann die so in Seen und umb die ror wonend,
werdend Rorhecht genannt: andere so in den
tieffinen Seehecht: item etliche von der zeyt
Mertzenhecht : uü nach Ostern von der grosse
grosse Hecht: item Grundecht. Bey Straßburg
nenend sy die jungen Hecht Hürling . . . Dann
der Wälschen Hecht sind gantz unlieblich zu
ässen als etlich von uns Teütschen zu Mompelier
mit grossem verdruß erfaren habend. An efr-
lichen anderen orten sind sy nit gentzlich zu
schälten , als die aus dem Rhyn kommend bey
BaseL Straßburg.' [Gossen.]
Hedas ("Edag), ovo/ua zov TUgftov jtaQa. Foq-
Twiote, Etym. M., sonst unbekannt. Hermes auf
Münzen von Gortyn, Cat Brit. Mus. Crete 45
nr. 62. 46 nr. 78f. Ungenügende Erklärungs-
versuche im Etym. M. als 6oz^q sdoav (k&a*v),
im Philo!. Suppl. II (1863) 377 von Schwenck
als iöavog = lieblich, [Jessen.]
Hediste, weiblicher Lieblingsname auf einem
rf. Stamnos im Boston. Klein Lieblingsinschrif-
ten 128. Derselbe Name findet sich Kirchner
Pros. Att. 6375—6377. [Leonard.]
Hedius. 1) L. Hedius Rufus Lollianus Avi-
lOtus s. Lollianus.
2) Q. Hedius Rufus Lollianus Gentianus s-
Lollianus.
3) C. Hedius Thorus, als Senator nachweisbar
in den J. 715 = 39 und 719 = 35 {rdiog" 'HSiog
raiov viog KXavöta Oatgo; , Viereck Senno
Giaecus 40f. nr. XLX 9. XX 9 ; vgl. Add. p. VII).
[Münzer.]
"Edva. 1. Die Brautgeschenke, die ursprüng-
lich den Kaufpreis darstellen, den der Freier für
20 die Braut zahlt Sie bestehen hauptsächlich in
Rindern und anderem Vieh, Hom. IL XI 244.
Mehrere Bewerber suchen sich darin zu überbieten,
Od. XV 17. XVIII 276. XVI 392. Nur unter
besonderen Umständen erhält der Freier die Braut
ohne solche, dvaeSvw, IL IX 146. XIII 366.
Andererseits stattet der Vater seine Tochter aber
auch aus, und das Wort bedeutet 2. die Aus-
stattung, Mitgift, die im Falle ungerechtfertigter
Verstoßung erstattet werden muß, Od. II 132,
30 wie umgekehrt beim Ehebruch die Brautgeschenke,
VIII 318. Man hat diese Bedeutung des Wortes
in Abrede gestellt (insbesondere Cobet Mise. crit.
239), aber Od. I 277 und II 196 lassen keine
andere Deutung zu, und dazu stimmen auch die
hSvcorai II. XIH 382 und isSvtooaizo &vyatQa
Od. II 53, sowie der Gebrauch späterer Dichter,
Pind. Ol. IX 11. Eur. Andr. 2. 153. 942. Vgl.
Schoemann-Lipsius Gr. Alt. I* 50 und für den
gegenteiligen Standpunkt Hentze zu Od. I 277
40 Anhang. [Thalheim.]
Hedoniker s. Kyrenaiker.
Hedraios ('EdQaios). In einer Inschrift auf
einer Säulenbasis aus Patara in Lykien werden
nebeneinander ein feog Soter Hedraios Asphales
und Poseidon Hedraios genannt, Journ. hell.
Stud. X 81 (Oeov ZonfJQog 'Edgaiov ActpaXovg
xai IJoöEiöo)vog 'Eögaiov xai 'HXiov 'AxoXXojvos).
Poseidon H. ist wohl Schutzgott gegen Erd-
beben und entspricht dem Poseidon Asphaleios
50 ( s . o. Bd. II S. 1726) und fapeXtoüzos, den Orph.
hymn. 17, 9 bittet Sdqava yi[g otoCotg; vgl. Wide
Lakon. Kalte 36. Gruppe Griech. Myth. 1139, 2.
Wer als dsog 2W?Je unter Übertragung der Po-
seidon-Epitheta H. und Asphales verehrt wurde,
ist unbekannt. [Jessen.]
Hedyle ("HövItj), Tochter der attischen Iam-
bendichterin Moschile und Mutter des Hedylos
(s. d.), schrieb ein Epyllion ZxvUtj. Das ein-
zige Bruchstück bei Athen. VII 297 A handelt
60 von Geschenken, die der liebende Glaukos der
Skylla bringt. Knaack bei Susemihl U 532,
71. Waser Skvlla, Zürich 1894 und Knaack
Rh. Mus. LVII 205ff. [v. ßadinger.]
Hedylion s. Hadylion.
Hedylos. 1) Athener, Sohn des Straten ans
LamptraL Kosmet der Epheben um 84 — 78 v. Chr.
(IG II 481. Prosop. Att. nr. 6393). [SundwalL]
2) 'H&vlos, Dicht« ans Samot oder Athen,
Sohn der Dichterin Hedyle (Athen. VH 297 A B).
Meteagros, der Epigramme de« H. in seinen Ste-
plhmos aufgenommen hat, verbindet ihn pr. IV
1. 45. 46 (ev de TloasiÖmstov ze xai 'HdvXov
äygi ägovQijg (Feldblumen) 2ixsXiös<o t' äviftoig
av&ea <pv6{4sva) mit Poseidippos und Asklepia-
des. Ist auch die Annahme von Reitzenstein
Ined, poet. gr. frg. II 6f. ; Epigr. u. Skol. lOlf.
(nur V 160 ist zwischen H. und Asklepiades strit-
tig), daß die drei ihre Gedichte in einer Samm- 10
lung, dem Zoigog, vereinigt herausgegeben haben,
mindestens für H. nicht zu erweisen, so standen
sie doch sicher in nahen Beziehungen zuein-
ander ; denn daß H. wie Theokrit den Asklepiades
bei seinem Spitznamen SixsXi8o.g nennt (Athen.
XI 473 A), daß bei allen drei dieselben Personen
wiederkehren (Pythias: V 158 ev 163. 212, Ni-
konoe = Mko : VI 292 ^ V 163. 204. 208, Kal-
listion : Athen. XI 468 B ^ XII 131, Nikagoras:
V 198^X11 135, Kleophon: V 160 tw V 152), 20
kann nicht auf Zufall beruhen. Wir werden sie
als Jugendgenossen betrachten dürfen. Aus dem
fröhlichen Kreise von Athen oder Samos, den wir
uns nach Poseidippos V 182 vorstellen mögen,
sind die leichtfertigen Oe dichtchen des H, her-
vorgegangen: Athen. XI 427 F Trinklied, V 158?,
160 (vielleicht auch 43; vgl. V 3. 4) Hetaeren-
praktik,_V 198. VI 292. Athen. XI 486 B He-
taerenweihungen ; so mag auch das eine oder
andere der stilverwandten adyka des Palatinus, 30
wie V 1 34 rc Askl. 133 ; V 167 <■« Askl. 63 ; V 199.
200 *o Hed. 198. VI 292 ; V 204 ew Askl. IX 752;
VI 283 (v Askl. XLT 50 dem H. gehören. Einen
eigenen Zyklus scheinen die Epigramme auf Weih-
geschenke gebildet zu haben. Casaubon. zu Athen.
XI 13 p. 817. In einer andern Eeihe von Epi-
grammen verspottet er, so wie Poseidippos, be-
kannte Zecher und Schlemmer (h smygdft/naoiv
oipocpäyovg xazaXsywv Athen.): den Sokles, Ly-
kophrons Vater (?), dessen xalyvia er über die 40
des Asklepiades stellt (Athen. XI 473 A), den Agis
(Athen. VIII 344 E), die Kallistion (Athen. XI
486 E) und Kleio (Athen. VHI 345 A B vgl. Pha-
laikos X 440 D); dagegen sind die beiden Epi-
gramme Anth. Pal. XI 123 u. 414, in denen ein
Arzt Agis verhöhnt und das Podagra als Tochter
des Bakchos und der Aphrodite erklärt wird (vgl.
Fr. Eeuter Stromtid II c. 22) im Stile des Ni-
karchos (vgl. XI 118. 119. 122) und sicher von
einem anderen Verfasser. Stadtmüller bei Su-50
semihl II. Nachtr. 699.
Übrigens enthalten auch die ersten Spottge-
dichte recht frostige Witze, wie T Ayig IJQOizsvg—
Zevg %Qvoo@6ns exi ttjvö' 'AxQtoiov XoTtdSa und
Klsito Foeytö - yoyygog. Zeitanspielungen finden
sich in der Grabschrift des Flötenvirtuosen Theon,
Athen. TV 176 C und in dem Epigramm auf das
Trinkhorn, das Ktesibios in Form eines tanzenden
Besas (s. o. Bd. III S. 325) verfertigte. Athen. XI
497 D E. Die im ersteren Gedicht v. 7 angeführten 60
FXavxng fiefieüvafieva nalyvia. Movaecov gehören
in die Zeit des Ptolemaios Philadelphos, da diese
Glauke sicher mit der Chierin bei Theoer. IV 31
(ev ftkv za Flavxag &yxgovo/iat) identisch ist.
Knaack bei Susemihl II 521, 18. In dieselbe
Zeit aber fährt auch die Erwähnung des Ktesi-
bios, dessen mechanisches Kunststück im Tempel
der 'ÄQatuMiTi ZtqtvQtzx (s. o. Bd. I S. 2764 und
Patdjr-WlMOWft-KroIl VII
negeiocnos zovr*
die dort angeführten Epigramme des Poseidippos
und Kallimachos) aufgestellt war. H. muß sich
also wie Poseidippos in Alesandrien aufgehalten
haben. Ob er dort in freundliche oder feindliche
Beziehung zu Kallimachos trat, laßt sich aus
Etym. M. s. äXvzdg^tjg : 'HdvXog 6s etg ra hit-
ygd[ifi.a.Ta Kakhßdxov Stä XI ovofid&i zovg äXv-
zag (Kampfordner in Olympia) nicht feststellen.
Außer Epigrammen scheint H. nach dem Vor-
bilde seiner Mutter Hedyle auch ein Epyllion
riavxog (?) gedichtet zu haben ('HdvXog — Ms-
Xix&qtov cpTjaiv sQao&ivza zov FXavxov savzov §i-
tpat sig X7]v 'ßdXaTrav Athen. VII 297 AB). An-
deres war schon im Altertum unsicher, wie das
Zitat rov noitfoavzog zo sXsyslov, eTty r H8vX,og
larlv sitF ootisovv bei Strab. XIV 683 (aus De-
metrios von Skepsis) beweist. Über Sprache und
Metrik: H. Ouvre Quae fuerint dicendi genus
ratioque metrica apud Asclepiaden, Posidippum,
Hedylum, Paris 1894. [v. Itadinger.]
Hedyphon, Nebenfluß des Eulaios (s. d).
An ihm lag gemäß Plin. n. h. VI 135 das Asylum
Persarum, gemäß Strab. XVI 744 die große Stadt
Seleukeia, früher Soloke genannt. [Weissbach.]
HedytOj Athenerin, Tochter des Theodoros
aus Erchia, Mutter des Redners Isokrates (Vita
Isoer. Sauppe Orat. Att. LI 3a 2, vgl. Vita
X or. 838b). Ihr Grabmal lag in der Nähe von
Kynosarges (Heliodor. bei Vit X or, 839 d; vgl.
B. Keil Hermes XXX 201), ihr Bildnis stand
auf der Burg (Vit. X or. 839 d). [SundwalL]
Hegeas, Führer der von Neapel zum römi-
schen Heere gestellten Reiterei, gefallen 538 = 216
(Liv. XXTJI 1, 9). [Münzer.]
Hegeleos galt nach Paus. II 21, 3 als Stifter
des Tempels der Athena Salpinx in Argos; die
Legende machte ihn zum Sohne des Tyrsenos
(s. d.) und ließ ihn die unter Temenos' Führung
einwandernden Dorer im Gebrauch der Trompete
unterweisen. Dieselbe Rolle spielt nach einer
anderen Version Archondas (s. d.); auch ist es
nicht Zufall, daß Temenos 1 Sohn Agelaos hieß
(s. d.). In jedem Falle haben wir es also mit
späten und mythologisch wertlosen Erfindungen
zu tun. Gruppe Gr. Myth. 1199,4. [Kroll.]
Hegel ochos. 1) Sohn des Hippostratos, Ma-
kedonien Reiteranführer Alexanders d. Gr. in
der Schlacht bei Granikos (Arrian. anab. I 13, 1),
nachher mit der Deckung des Helles pontes beauf-
tragt (vgl. Arrian. in 2 , 6f. Curt. in 1 , 19,
vgl. Schäfer Dem. HI2 173 u. Anm. 2), leitet
er als Befehlshaber die Flotte Alexanders mit
Erfolg gegen die Seemacht der Perser (Arrian.
a. O. Curt. a. O. Schäfer a. O. S. 182L), kämpft
als Harch bei Arbela (Arrian. anab. ÜI 11, 8).
[Sundwall.]
2) Hegelochos, nach Diod. XXXTV/V 20 Feld-
herr eines FIzoX£f.talog 6 xQeoßvzeQog, in dem man
wohl Ptolemaios IX. Euergetes n. zu sehen hat.
Er hat für diesen das abtrünnige Alexandrien
wiedererobert und dabei den OTQazrjyog züv AXe-
savögeaiv Marsyas gefangen genommen. Die Ein-
ordnung dieser Tat des H. in die Zeitereignisse
bei Niese Gesch. d. griech. u. raaked, Staaten
m 272 undBouche'-LeclercqHist. des Lagides
n 73f. ist schwerlich ganz richtig. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach Mit sie allerdings erat nach
132/1 t. Chr., dem Anfangsjahre des Bürgerkrieges
82
2595
Hegemon
Hegemone
zouo
zwischen Euergetes IE. und Kleopatra ü.j auf
deren Seite steht Aleiandrien. Nach BGü HI 993
CoL 2, 3ff. ist nun Alexandrien noch im J. 128/7
v. Chr. nicht in der Hand des Königs (Otto Priester
u. Tempel im hellen. Ägypten II 305, 3); also kann
die Tat des H. erst nach diesem Jahre fallen, aber
wohl noch vor 124 v. Chr., dem Jahre, das augen-
scheinlich die Wiedervereinigung des Euergetes II.
mit seiner Schwester gehracht hat , s. aber neuer-
dische Agon auf den rhapsodischen folgte, liegt
in der Natur der Sache ; sein naturlicher Platz in
Athen sind also die Panathenaeen (vgl. Hegemon
hei Athen. XV 698e). Daß H. mit der Giganto-
machie und andern Parodien in Athen siegte,
bezeugt Polemon (Athen. XV 699 a). Die von
Polemon mitgeteilten Verse wissen noch nichts
von Siegen, sondern zeigen, daß H. , den der
Wunsch, Geld zu verdienen, in die Welt trieb,
dings Preisig ke Arch. f. Papyrusforsch. V 301ff. 10 in Athen damals nicht den ersten Preis von 100,
Alexandrien hat sich eben auch noch nach der ge-
rade von hier aus erfolgten Flucht der Kleopatra II.
nach Syrien (lustin. XXXIX 1, 4 : opibus Aegypti
navibus impositis) weiter gegen Euergetes II.
allein gehalten, und insofern erscheint die oben
gebotene Bezeichnung des Gegners des H., des
Marsyas, durch die Kiese irregeführt worden
ist (zur Annahme eines besonderen Aufstandes
der Alexandriner, in den dannH. eingreift) ganz an-
sondern den zweiten von 50 Drachmen erhalten
hatte. Inschriftlich ist ein Agon xaQq&äv nur
für die 340 gestifteten Artemisien in Eretria
(Etpyft. ägx- 1902, 98 und 1904, 97) bezeugt; die
Preise betragen hier 50 und 10 Drachmen. Daß
H. seinen Hexametern auch, nach Art des Mar-
gites, Trimeter einmischte, ergibt sich aus Par-
oem. Gr, I 406. Nach Polemon schrieb H. auch
eine Komödie Philine , dg tov Aq^oiov tqoxov,
gemessen. Bouche-Leclerqs a.a.O. Vermutung, 20 aus der Athenaios III 108c zwei Trimeter an-
in dem H. Diodors den insehriftlich uns bezeugten
hohen ägyptischen Beamten Lochos zu sehen,
ist nicht genügend begründet. [Walter Otto.]
Hegemon. 1) Athenischer Archon im J. 327/6,
Dionys. Hai. Din. 9 p. 649, 5. Papyr. Oxyrhynch.
Philol. LVIII 563. Arrian. anal). V 19, 3. IG
II 748. 808 c 117. d 173. 809 e 134. 811 c49.
[Kirchner.]
2) Hegemon , Athener aus Lamptrai , Trie-
rarch um 325/4 (IG 809 c 156). [Sundwall. J
3) Hegemon von Thasos, Tarode, den manche
auch als Dichter der alten Komödie zählten (Athen.
I 5 b). Er selbst gebraucht von sich mehrfach
den Spitznamen <Paxfj (Athen. IX 406 f. 407 a.
XV 699 a). Bei Aristoteles , der ihn zuerst er-
wähnt (Poet. 2, 1448 a 12), heißt er 6 zag jiu-
GQjStag jioirjGas ngtixog , und das wird richtig
sein, obwohl Polemon hei Athen. XV 698 b Hip-
ponax den Erfinder der Parodie nennt und auch
fährt; ob und wo sie aufgeführt ist, wissen wir
nicht. Eine kurze Notiz über diese Komödie
hei Suidas s. 'By^^iwr ist vom Interpolator aus
Athenaios eingefügt (Wagner Symbol, ad com.
Graec. bist, crit, cap^ quatt. 45). Das Material
über H. ist gesammelt von Brandt Parod. epic.
Graec. reih 37ff. vgl. Meineke I 214, Kock
I 700. [A. Körte.]
4) Epigrammatiker des Meleagroskranzes, er-
30 halten nur ein Epigramm auf die Thermopylen-
kämpfer VII 436 in Meleagrosreihe ; daß er vom
Paroden H. verschieden ist, zeigt auch die Na-
mensform, [v. Badinger.]
5) H. aus Alexandreia in Troas, Suid. s. y.
'AXsgdvdgeta duvTEQa laxl nöliQ TqoIcls, iv # eye-
vexo 'Hyrjfioiv enoxotöq, og syQatps xov Asvxxgt-
xov jioXspov xoiv &r}ßalcöv xai Aaxsöatfioviayv.
Aelian. n. a. VIII 11 'HyqfAwv iv xoig Aagdavi-
xotg /iFTQOig tisqI 'AXeva tov ßsxxaXov <prjat xai
Epicharm und Kratinos dem H. voranstellt. Das 40 äXXa fiev, h dk xoig xai oti r)Qao$r) dgdxoiv
^ - J; J--1? --^j-~ -N- -~ui -v,™ a vrov (es folgt eine genaue Inhaltsangabe); Tgl.
Suse mihi Gesch. d. alex. Lit I 409, 195.
6) Athen. IH 75 d 9 A vöq oxi'qjv de i) QiXatitog t]
'IlyfftiQtv iv zeji ye<0Qyix(ö yevt) avxtor xa&s äva-
y Q ä<p£i. [Weinberger.]
Hegemone (Hyefiovrj). 1) Artemis. ^ Ur-
sprünglich wohl eine selbständige euphemistische
Bezeichnung der Todesgöttin (Wide Lakon. Kulte
110f.), ward H. zu einer Epiklesis der Artemis.
Parodieren des Epos war nichts Neues, wohl aber
die Ausbildung dieser Dichtungsform zu einem
selbständigen yevog, das seinen besonderen Platz
unter den musischen Agonen erhielt. Wir sind
über H. vornehmlich durch einen längeren Passus
aus Chamaileons sechstem Buch negi xrjq dp-
yaiag xco/uosdiag bei Athen. IX 406 e— 407c und
durch ein größeres Zitat aus Polemons zwölftem
Buch xüv TiQog Tijumov bei Athen. XV 698 c
—699 a unterrichtet. Chamaileon mischt wie ge- 50 Diese Artemis H. aber galt späteren Zeiten nicht
wohnlich Wertvolles mit Klatsch, Polemon gibt
vortreffliches Material und teilt vor allem 21 Verse
des Dichters mit. die v. Wilamowitz Herrn.
XL 173ff. eindringend behandelt hat. Die Zeit
des H. ergibt sich aus den beiden von Chamai-
leon erzählten Anekdoten, Alkibiades habe eine
gegen ihn zur Zeit des attischen Reiches in
Athen angestrengte Klage eigenmächtig im Me-
troon gelöscht i Athen. IX 407 b), und die Athener
mehr allein als Führerin zur Unterwelt, sondern
als Führerin aui jeglichem Wege und zu jeglicher
Tat ; an einigen Stellen scheint sie im Sinne einer
Artemis Propylaia (Immerwahr Kulte Arka-
diens 157) verehrt zu sein. In Arkadien hatte
Artemis H. bei Lykosura am Eingang zum De-
spoinaheiligtum (s*. o. Bd. V S. 252) einen Tem-
pel, das eherne Kultbild zeigte die Göttin mit
Fackeln in den Händen (Paus. VIII 37, 1). In
hätten sich im Theater von dem Vortrag seiner 60 Tegea gab es ein Heiligtum der Artemis H., über
Gigantomachie nicht losreißen können, obwohl
gerade die Nachricht von der sizilischen Kata-
strophe eingetroffen sei (Athen. IX 407 a). Die
zweite dieser Anekdoten ist sicher erfunden, denn
das sizilische Unglück muß in Athen spätestens
Ende September 413 bekannt geworden sein, zu
einer Zeit, wo es keine musischen Agone gab
(Schrader Eh. Mus. XX 186). Daß der paro-
dessen Stiftung Paus. VHT 47, 6 folgendes be-
richtet : der Tyrann des arkadischen Orchomenos,
Aristomelidas (vgl. Aristokleidas, o. SuppL-Heft I
S. 133), liebte ein Mädchen aas Tegea und über-
trug ihre Obhut dem Chronios; als aber das Mad-
chen sich aus Furcht und Scb*m da« Leben nahm,
erschien Artemis dem Chwg^ ™ weckte ihn
zur Bache, so daß er d«»:t3W»«oön Ton Orcho-
2597
Hegemone
Megemomos
2598
menoa tötete und dann nach Tegea flüchtete, um
dort das Heiligtum der Göttin zu stiften. Aus
Arkadien, und zwar aus Asea, stammt auch die
sitzende Statuette mit der Inschrift ,Agemo' (Ar-
chäol. Ztg. XXXI 110; IGA92. Collitz-Bechtel
1 1185), einer Kurzform zu H. In Sparta lagen
benachbart Heiligtümer der Dioskuren, Chariten,
Eileithyia, Apollon Karneios und Artemis H. (Paus.
III 14, 61. In Ambrakia war im Heiligtum der
Artemis H. (Polyaen. VIII 52) die Göttin als
Jägerin, als Artemis Agrotera, dargestellt; denn
sie hatte auf der Jagd den Tod des Tyrannen
Phalaikos bewirkt und die Ambrakioten verehrten
die Göttin als H. zum Danke für diese Befrei-
ung von der Knechtschaft (Ant. Lib. 4 = Nikand.
frg. 38 Schneider). Weihinschriften für Artemis
H. sind ferner gefunden in Aitolien : Joum. hell.
Stud. XIII 353 nr. 30. Collitz II 1428h ( y Ao-
lipaxog 'Ayefiovofs]), in Thespiai : Bull. hell. XV
659 (Ayefiov?]), im Peiraieus: IG II 5, 1663c(/ip-
zsfudog 'OQ&cootas 'Hysfidvqg), auf Tenos : IG XII
5, 894 (Aprif/idos 'Aye/j-ovziag ^OQ&ajaiag). Als
Führerin ganzer Städte erhält Artemis die Bei-
worte xa&t]y£jna)v Tag uioXiog in Magnesia (Kern
Inschr. von Magnesia 38, 35), jigoxa^yhig in
Ephesos (Hicks Inscr. in the Brit. Mus. III 483),
xgoxa'ihjyefiöjv zfjg szoXeoyg in Iasos (Rev. ötud. gr.
VI 1893, 159), und in diesem Sinne heißt es bei
Callim. hymn. in Dian. 227, Neleus habe sich
bei seiner Fahrt nach Milet Artemis Chitone als
rjyefiüvt] gewählt. Daß Artemis H. auch in My-
sterienkulten eine Rolle spielte, • geht aus Orpti.
Argon. 909 hervor, wo die öetvi} &sog r/yefiöveta,
die kolchische Artemis— Hekate, den Uneinge-
weihten schreckt. Bei Orph. hymn. 1, 8 und im
Hymn. mag. m 4 bei Abel Orphica p. 289 führt
Hekate das Beiwort H. und bei Orph. hymn. 72,
-3 wird Tyche als Artemis H. bezeichnet.
2) Aphrodite, Hesych. s. 'Hyeftövr)'AQr/-fiig
xai *A(pQo6lrrj m xai ravg rtg ovra> xaXstzai. Die
Epiklesis würde für die Göttin als Geleiterin der
Schiffe passen, wie z. B. auch Theseus auf seiner
Fahrt nach Kreta die Aphrodite zur xadr/ys^ojv
nahm (Plut. Thes. 18); aHein es sind auch man-
nigfache andere Beziehungen denkbar (vgl. Gruppe
Griech. Myth. 1351, 3). In Athen ist in dem
Heiligtum des Demos und der Chariten eine
Weihinschrift gefunden: 'AoppobUr) yyefiovg tov
dfowv xai Xäotoiv, IG II 5, 1161b; vgl. Furt-
wängler S.-Ber. Akad. München 1899, II 592.
U) Eine der Charites. Xach Paus. IX 35,
2 hätten die Athener die bei ihnen übliche Drei-
zahl der Charites erst von den Boiotem über-
nommen und ursprünglich nur zwei Charites,
Auxo und H, verehrt. Wer dies annahm, er-
klärte wohl auch von den Schwurgöttern des
attischen Ephebeneides , Agraulos Enyalios Ares
Zeus Thallo Auio Hegemone (Poll. VIII 106), die
beiden letzten als jene alten Charites. Dem gegen-
über hat Robert Commentat. in hon. Monim-
sen 146t und 21. Hall. Winckelmannsprogr. ,Die
Knöchelspielerinnen d. Alexandras' 22 dargelegt,
daß für Athen nur die Dreizahl deT Charites,
Thallo — Auxo — Karpo, in Betracht komme; die
in Athen verehrte H. sei Artemis EL Mit der Än-
derung, daß unter H. vielmehr Aphrodite H. zu
verstehen sei, stimmt Escher oben im Artikel
Charites {B<L HC S. 2152) den Ausführungen
Eoberts zu; vgl. auch Gruppe Griech. Myth.
25,6. 1089, 0. Dagegen tritt TJsener Götter-
namen 131ff. für die Meinung des Pauaanias ein.
4) Name eines Schiffes, Hesych. [Jessen.]
'Hyefiovia SixaoTijQiayy steht als offizieller
Ausdruck in einem Gesetzeszitat bei Aisch. HI 14,
vgl. 27. 29, dazu Schol. zur ersten Stelle. Har-
poer. s. v., und am besten Bekker Anekd. I 262:
äg/ r ovtsg r\<iav etaaycoyecg dixöv jiv(ov dg za öixa-
10 ovrjQta TtqoavaxQivovxEg zag Sixag xai jrgooxa&e-
£6{iiEvot roig ötxaoxfiQioig xai sI%ov xr\v xwv Stxa-
atf]Qicov fjyefioviav. Es war dies der Kest ihrer
früheren richterlichen Befugnisse, und die rj. ö.
stand innerhalb ihres Wirkungskreises allen zu,
uoot dia/Etgi£ovoi n tujv xtjg uioXEOtg utXmv rj
zQiäxov& fjfisQaQ Aischin. a, Ö. Über die Tätig-
keit bei der avdxgtotg s. d. Dieser voraus ging
aber das Anbringen der Klage (s. Ai}k~ts), worauf *
die Behörde über deren Annahme zu befinden hatte.
20 Am Verhandluugstage führte sie den Gerichts-
hof in die Gerichtsstätte ein {rioaysi [Demosth.]
XLVH 26. XLVIH 31) und leitete Verhandlungen
und Abstimmungen. Daß sie dabei auch auf das
Ergebnis nicht ohne Einfluß war oder wenigstens
man dies glaubte, zeigen Stellen wie Lys. XIV
21. [XV lj. XVII 10. XVIII 26. Endlich hatte
bei öffentlichen Klagen die Behörde auch bei der
Ausführung des Urteils mitzuwirken, insofern sie
die Höhe der Strafe an die nQaxxoqsg (s. d.) bezw.
30 die Schatzmeister der Göttin schriftlich mitzu-
teilen hatte , [Demosth.] XLHI 71, im Unterlas-
sungsfälle trifft sie die gleiche Strafe. Bei Leibes-
strafen haben sie den Verurteilten den svdexa
(s.d.) zu überantworten. Vgl. Meier-Lipsius
Att. Proz. 41. Lipsius Att. Eecht 53.
[Thalheim.]
Hegern Olli des wird nach der Unterwerfung
Judäas im J. 163 v. Chr. von Antiochos VI. Eupa-
tor und Lysias zum Statthalter (oTpaztjydg) des süd-
40 liehen Syrien von Ptolemais bis zur ägyptischen
Grenze, also von Palästina in weitester Ausdeh-
nung, ernannt. II. Makk. 13, 24. Niese Gesch.
d. griech. u. maked. Staaten III 242, der frei-
lich mit der Möglichkeit einer Namenskorruptel
rechnet. [Walter Otto.]
Hegemonien (Hys^ovcog), Beiwort des Hermes.
In Athen (Aristoph. Plut. 1159 nebst Schol.:
xazä xQV a ^ v ° (f 'Ä&rjväioi rjyefioviov 'Eqfjii'p' Iöqv-
oavxo) opferten die Strategen dem Hermes H.
50 IG II 741 Aa 20 b 15. II 1207, 6. Es sind dies
'HyEftöövva-Opfor (Xenoph. anab. IV 8, 25), wie
man sie jedem Gotte darbrachte, den man als
?iy£jucöv ehrte; bei Xenoph. a. a. O. gelten sie
z. B. dem Herakles iiyzpüv (vgl. VI 2, 15. 5.
241). Aber der Kreis der Verehrung ging viel
weiter. Hermes 'EvoStog xai 'Hyefiövtog oder
f Hyeu(öv stand an allen Wegen (Cornut 16. Schol.
Plat Leg. XI 914 B); ihn ehrt der Wanderer, der
Jäger (Arrian. de ven. 34), der Blinde (Schol.
60 Aristoph. Plut. 1159); dem Hermes 'Hyeßtav setzte
auch ein Pädagog einen Altar im Piraeus (IG
III 197) als Gott der Rede (Plut. maiime cum
prineip. vir. philosoph. esse disser. 777 B. Nonn.
Dionys. 26, 284: yX<öoar\g ^yEftov^a). Er ist der
r}yriza>Q ovetQOv (Hom. hymn. 3, 14), der ■qyefttöv
der Charites (Cornut. 16), der Geleiter der Ver-
storbenen. VgL den Art. Agetor o. Bd. I
S. 807). [Jessen.]
2599
Hegemonws
Hegemonlog. Was wir vor 1908 über die
Acta Archelai wußten, hat Juli eher o. Bd. II
S. 455 Nr. 40 zusammengestellt. Inzwischen hat
Traube eine Hs. des lateinischen Textes ent-
deckt und erworben, welche den bisher verlorenen
Schluß nebst einem Anhang enthält. Die am
Ende der Übersetzung gebotene Unterschrift Ego
Egemonius scripsi disputationem istam exeepiam
axi describendum volentilnts bestätigt die Angabe
des Heraklian (bei Phot. cod. 85), daß der Ver- 10 beizulegenden ttöIs^oq nicht, wie es z. B. Niese
fasser der Disputation H. heiße; denn daß er Geschichte d. griech. u. maked. Staaten II 642.
negesanaros aovv
197 v. Chr. an; erat damals greift Antiochos IH.
in die kleinasiatischen Verhältnisse aktiv ein.
Die gleichzeitige Anwesenheit eines Gesandten
Philipps V. von Makedonien auf Kreta' (Michel
Kecueil 55—60) macht nun aber die Zeit nach
197 v. Chr. nicht gerade wahrscheinlich. Sollte
197 v. Chr. der richtige Zeitansatz sein (für 19£
v.Chr. hat sich dagegen z. B. Bürchner s. o,
Bd. V S. 2352 entschieden), dann könnte man den
sputatii
sich hier nur als Stenographen der (in Wahrheit
ja fingierten) Unterredung bezeichnet, wird nie-
mand täuschen. Der Nachtrag, welchen Traube
(S. 548) dem Übersetzer selbst zuschreibt, wäh-
rend Beeson (p. XVIÜ) ihn , vielleicht von einem
der ersten Leser' zugefügt sein läßt, gibt eine
■ gedrängte Übersicht über die naehmanichäischen
Ketzereien und nennt als zurzeit aktuell den Pho-
tinus {nunc Fotinus p. 99, 1 B.), den Apollina- 20 Bereicherung,
750 und Bevan The house of Seleukus II 47
tun, auf eine innere kretische Fehde deuten,,
sondern auf den kretisch-rhodischen Krieg, der
gerade 197 v. Chr. zu Ende gegangen ist (s. etwa
Herzog Klio II 231). Der Tätigkeit des H. wäre
also größere politische Bedeutung zuzumessen,
und es erführe durch sie unsere Kenntnis von der
damaligen Politik des Syrerkönigs eine wichtige
[Walter Otto.]
rismus (extrema est heresis ApolUnaris p. 99,
25), über dessen Schulunterschiede er ziemlich
unterrichtet ist, sowie die Montenses (p. 100, 5.
7). Letzteres war der Name, den die Donatisten
in Rom führten (s. o. Bd. III S. 1443, 18ff.):
damit ist Rom als Entstehungsort des Nachtrags,
eventuell auch der Übersetzung festgelegt. Was
über die Häresien gesagt wird, macht die Zeit
um 400 für beides sicher. Der 431 zu Ephesus
4) Hegesandros (AyTJoavdoos Phot. Berol. 77 r
13Reitz. BA 377, 30) von Delphi (Athen. 44 C
u. o. Zweifel an dieser Herkunft äußert Pom-
tow o. Bd. IV S. 2523, 25ff., ,weil der Name
in den zahlreichen delphischen Urkunden nicht,
einmal für einen Delpher vorkommt') war ein
Anekdotensammler, der mindestens sechs Bücher
(Athen. 162 A) 'Y^io^rrj^ara (so stets zitiert)
schrieb. Seine Zeit wird nach oben dadurch be-
verdammte Nestorianismus ist noch unbekannt, 30 stimmt , daß er als letzte historisch nachweis-
während andererseits Hieronymus in den 392 ver-
faßten Viri inlustres c. 72 nur erst von einem
griechischen Text des H. weiß. L. Traube Acta
Archelai in S -Ber. Akad. Münch. 1903, 533ff.
A. Harnack Chronologie II 548f. Neue Aus-
gabe mit Prolegomena von C. H. Beeson in Die
griech. christl, Schriftsteller der ersten drei Jahrh ,
Leipz. 190G. [Lietzmann.]
Hogesagoras. 1) 'leponotog, d. h. der eponyme
bare Person den rhodischen Politiker Kho doph on
nennt, der bei Polyb. XXVII 7, 3. XXVLTI 2,
3. XXX 5, 4 in den J. 172-167 erscheint (Droy-
sen Hellenism. ILT 1 S. 246, 3). Auch sonst wird
er mehrfach für Fakten und Personen aus der
Zeit Antiochos d. Gr. (223—187) zitiert: so für
den Historiker Mnesiptolemos und den ihn ver-
spottenden Komiker Epinikos (Athen. 432 B, C)
für Euphorion und Theodorides von Syrakus (ebd.
Beamte von Erythrai, wohl im J. 274/3 v. Chr., 40 229 A B. 477 E). Da ihn Athen. 83 B zu den
i - ■ r7 'a j: ci.Jj. „4.„1„„.;;:„,.1, -^„3«.^/ rnnlinot meto- jav "Vn+fo 9. .TVidfiö v C!hr^
also in einer Zeit, wo diese Stadt ptolemäisch
war. Dittenberger Syll. 2 I 210, 4. Nach
Syll. 2 II 600, 158 hat H. bald darnach, etwa um
270 v. Chr.. d. h. auch noch während der ptolemä-
ischen Periode, dasselbe Amt noch einmal be-
kleidet. Gabler Erythrai 66, 90ff. Beloch
Griech. Gesch. III 2,"273ff. [Walter Otto.]
2) Tierarzt, an den Apsyrtos Hippiatr. p. 186
schreibt. " [Gossen. 1
iialatoi rechnet, mag er Mitte 2. Jhdts. v. Chr.
geschrieben haben.
Der Inhalt des Werkes war der in der Apo-
mnemoneumataliteratur gewöhnliche : witzige Aus-
sprüche, pikante oder interessante Geschichten
und Vorgänge, die sich auf Menschen und Sitten T
Kunst und Natur beziehen. Die Fragmente ent-
halten vieles über die im Mittelpunkte der Inte-
ressen in der hellenistischen Gesellschaft stehen-
Hegesaios aus Sinope, 6 IQotos ixixXtiv, von 50 den Menschenklassen : über die Könige von Make-
Diog. Laert. VI 84 als Schüler des Diogenes von donien und Syrien (die Ptolemäer fehlen gewiß
■ " " ' T ' 1 " n "^ nicht zufällig); über Personen ihrer Umgehung,
Parasiten, xöXaxzg usw.; über Künstler und Lite :
raten aller Art ; über Hetären, Philosophen, ö>o-
(fdyoi, vÖQOTtözai und andere Originale. Sehr
vieles ferner über Symposien und alles, was da-
mit zusammenhängt, bis herunter zu glossographi-
schen Notizen (Athen. 87 B. 229 A. 365 D). Das
Leben der Natur war auch jedenfalls stärker be-
60 dacht, als unsere einseitig ausgewählten Zitate
erkennen lassen (Athen. 52 A. 400 D E). Der
bunte Inhalt scheint aber in eine gewisse sach-
liche Ordnung gebracht worden zu sein, so^ daß
ein Buch als ev rät kntyqavpofiEv<ot vjro/iv^fiati
arSQtdvxwv xai aytü.fidran' zitiert werden konnte
(Athen. 210 B), nach Koepkes Vermutung ein
Catalogue raisonnö vornehmlich der delphischen
Weihgeschenke. Ein zweiter ßpezialtitel (B. A a. &.
Sinope genannt. Daß er als Lehrer oder Schrift-
steller den Kynismus vertrat, folgt daraus nicht
[v. Arnim]
Hegesandros. 1) Hegesandros aus Thespiai,
Führer der boiotischen Hopliten in einem Hilfs-
korps nach Sicilien, Frühjahr 413 (Thuk. VII
19, 3).
2) Hegesandros, Lochag der Arkadier im Zuge
der Zehntausend (Xen. an. VI 3, 5). [Sundwall.]
3) Hegesandros, Sohn des Eukrates aus Rho-
dos, steht in Diensten Antiochos" DX und ist als
sein Gesandter auf Kreta tätig gewesen Jni ras
r« xoUfito diaH'oeig' (Michel Kecueil 53. 57).
Die allgemeine politische Lage und im speziellen
das Eintreten der syrischen Gesandten für die
Asylie von Teos bei den kretischen Städten Rhau-
kos und Elenthema weisen hin auf die Zeit von
<X) ist durch Ausfall verloren. Da Athenaios mit
«iner Ausnahme ohne Buchzahl zitiert, ist jeder
Versuch, die Folge der Bücher wiederzugewinnen
besonders der von Weniger 53ff.), absolut will-
kürlich.
Fragmente sind außer zwei Erwähnungen bei
Xexikographen (Hesych. s. a7t6(paQtHs. Paus. p. 101
&chw. = BA. Phot. Suid. s. 'AlxvoviSeg rt/uepai)
nur durch Athenaios erhalten. Das Werk hatte
offenbar eine gewisse Bedeutung als Reservoir der
älteren Anekdotenliteratur, die H. nicht nur keimt
und benutzt, sondern auch, wie es scheint, zitiert
hat. Er nannte jedenfalls seine Quellen, je ein-
mal Dikaiarchos (479 D E) und Pythermos (52 A),
höchst wahrscheinlich auch Sotion (343 C). Ans
ihm stammt wohl sicher die Berufung auf Hero-
dot (210 B) und das große Fragment des Epi-
nikos (432 B C). Dagegen beruht Wenigers
<S. 56) Versuch, Benutzung des Anaxandrides
■durch H. nachzuweisen, nur auf der falschen Ein-
setzung jenes Namens 210 B. Gekannt wird frei-
lich der Delpher den Delpher wohl haben. Be-
nutzt hat den H. nicht nur Plutarch, direkt oder
indirekt (v. Wilamowitz Philol. Unters. IV 215,
38); er gehurt auch zu den Autoren, die Athe-
naios selbst exzerpiert hat (479 D bibliographisch
genaues Zitat der ersten Worte. 82 B i£a-
vayvovg avxov navta xa vnofivTjf.iara. im Munde
einer Gesprächsperson, aber für Athenaios selbst
gültig) ; und zwar sehr ausgiebig. Fast in jedem
seiner sachlichen Kapitel erscheint ein Zitat aus
H. : in gewissen Partien . wie über die xohams
{248 E. 249DE. 250D-F. 251 A.B. 260 A.B), die
Jiyocpdyoi (340 E F. 343 C D E. 344 A), auch über
die HetäTen (572 D. E. 584 F. 592 B) hat er ihn
geradezu als Hauptquelle neben sich liegen ge-
habt.
Die Benützung greift auch sicher weiter, als
die wörtlichen Zitate gehen. H. hat offenbar
■dem Athenaios eine Reihe von Belegen aus älteren
Autoren geliefert. Im einzelnen läßt sich freilich
bei der Art, wie Athenaios seine Belege anein-
anderreiht, kaum je etwas Sicheres sagen. Von
Brunks Vermutungen {bei Susemihl I 489,
16ff.) sind die meisten teils unbeweisbar, teils
sicher unrichtig. Letzteres gilt, obwohl 343 D
Sotion durch H. zu Athenaios gekommen ist, für
den Versuch, die vielen anderen Geschichten über
Aristippos (besonders 544 A— E; H. wird 544 C
zitiert) auf H. zurückzuführen, der seinerseits aus
Sotion geschöpft habe. Aber Koepkes Behaup-
tung einer auffallenden Übereinstimmung' zwi-
schen Diog. Laert. II 65ff. und den betreffenden
Partien des Athenaios, die Brunk zu dem Stemma
Sotion— H. — Athenaios und Sotion —X— Diogenes
veranlaßt, ist falsch. Gerade die Anekdote über
Aristipps 6yjo<payia, für die Athen. 344 C Io>zl(ov
xai "IL zitiert, kehrt in der Diogenesvita nicht
weniger als dreimal wieder (II 66. 75. 76f.) ; aber
keine der drei Fassungen stimmt in den Einzel-
heiten zu H. Nicht anders steht es Athen. 544
cNi Diog. II 67 mit den Geschichten über das
Verhältnis Aristipps zu Dionys. Auch hier sind
alle Einzelzüge verändert. Bei diesen tralatizi-
schen Geschichten, die in vielen Parallelfassungen
ranliefen und in allen Aristippviten standen, ge-
stattet aber nur völlige Übereinstimmung in der
Einzelansfuhrang den Schluß auf gemeinsame
Quelle. Auch die vier Lynkeuszitate 62 D. 1S1 F,
837 D. 585 A aus H. herzuleiten (Brunk 489,
16), sehe ich keinen Grund. Lynkeus wird von
Athenaios viel häufiger zitiert; er wird direkt
benutzt sein; dati er mehrfach in den gleichen
Partien und in der Nachbarschaft des H. erscheint,
brachte der Stoff mit sich. Dasselbe gilt für
Dikaiarch (gegen Brunk 489", 20), obwohl dieser
auch einmal durch H. zu Athenaios kommt. Eher
10 möglich ist, daß das vereinzelte Zitat aus den
'ATtofjivrjfj.ovsv^aTa des (Isokrateers ?) Dioskurides
507 D aus H. stammt (Brunk 490, 24. Schwartz
o. Bd. V S. 1128, 60). Ziemlich sicher wird
dann durch Vergleich von Pkt. quaest. conv.
668 C D ^s Athen. 340 Eff. und Plutarch. 667 F
— 668 A ^ Athen. 276 E f. H. als unmittelbare
Quelle dieser Abschnitte mitsamt dem Zitat aus
Polemon erwiesen (v. Wilamowitz a. O. Brunk
490, 24). Ganz sicher ist endlich, daß Athenaios
20 don Historiker Pythermos nur aus H. kennt
(Brunk 490, 22). Denn 52 A zitiert H. den Py-
thermos ; 289 C— F folgt nach Einschub eines
kurzen Zitates aus Alexis auf H. wieder Pyther-
mos ; 44 C geht ein Zitat aus ihm einem solchen
ajs H. unmittelbar vorauf.
FHG IV 412-422. Koepke De hypomn,
Graec. I. Berlin 1842, 20—38. Weniger Quaest.
Delph. speeimen, Bonn 1865, 49—59. Suse-
mihl Griech. Lit.-Gesch. I 489—491.
30 5) Hegesandros von Salamis (FHG IV 422.
424, 5) wird nur von Tzetz. Lyk. 883 p, 286, 1
Scheer und Etym. M. 136, 31 für eine Version
über den Namen der Argo zitiert. Quelle jeden-
falls Scholien zu Apollonios (vgl. Schol. A 4).
Doch ist an letzterer Stelle der Name infolge
von Abbreviatur in den Hss. zweifelhaft { c Hyy-
otxnog neben rjy*l und ijyV'™?). Dazu kommt,
daß Tzetz. zu v. 177 p. 87, 30ff. sich rühmt,
über iözoQlm besser Bescheid zu wissen als Käo-
40 oavSpog 6 SaXafiivio?. So bleibt selbst der Name
zweifelhaft. [F. JaoobyJ
Hegesaretosj angesehener Mann in Larissa
in Thessalien, im J. 691 = 63 in Rom mit Aus-
zeichnungen bedacht (Cic. fam. XIII 25: Hage-
saretus), im Caesarischen Bürgerkriege Führer
der Pompeianischen Partei in seiner Heimat (Caes.
bell. civ. HI 35, 2; vgl. Larissa als Hauptquar-
tier deT Pompeianer vor der Schlacht von Phar-
salos ebd. 80, 4. 96, 3. 97, 2), doch offenbar von
50 Caesar begnadigt und im J. 708 = 46 dem von
diesem bestellten Statthalter von Achaia Ser. Sul-
picius Rufus durch. Cicero a. a. O. angelegentlich
empfohlen. Der Name ist auf Inschriften von
Larissa bisher nur einmal zu finden {KUoqxos
6 'Ifyrjoaehov IG IX 2, 549, 7). [Münzer.]
Hegeaianax( IZj^ötava^). 1) Sohn des Diogenes,
aus Alexandreia in der Troas { c Hyr}oiava% Ato-
yhov; *AU$avdQBvz eh ras TgoidÖoq wird erwähnt
in der delphischen Inschrift Dittenberger Syll. 2
60 268, 43f. = Samml. d. griech. Dialektinschr. II
nr. 2581 als Prosenos der Delpher in der zweiten
s£äfiT]vos des Archontats des Peithagoras, d. h.
in der ersten Hälfte des J. 193 v. Chr.). Er war
einer der <piloi Antiochos d. Gr. (Demetrios von
Skepsis frg. 7 (Gaede) bei Athen. IV 155 b) und
wurde von ihm wiederholt ah? Gesandter ver-
wendet. Im J. 196 reiste er mit Lysias nach
Korinth und wurde dort nach der berühmten
Isthmienfeier von T. Quinciäus Flamininus emp-
fangen; von Korinth begaben sich die beiden
Gesandten nach Lysimacheia zu Antiochos zu-
rück. Polyb. XVIII 47, 4. 50, 3 (Liv. XXXIII
34, 1—4 ohne Nennung der Gesandten). Die
zweite uns bekannte Gesandtschaftsreise unter-
nahm H. im J. 193 mit Menippos zusammen nach
Rom ; im Namen des Senats verhandelte eine von
T. Quinctius Flaminmus präsidierte Zehnerkom-
221f. Maas s Änalecta Eratosthenica 91. 104.
Knaack Quaestiones Phaethonteae 60. Maas»
Aratea 160. 220f. Skeptisch äußert sich gegen
mehrere dieser Vermutungen Boll Sphaera 111
Anm. und 123, 1. Einige schrieben auch Arats
Buch Ttsql ävaro?.r)5 dem H. zu, vgl. Vita Arati
II, Westermann Biogr. 56. Deutlich zeigt sich
schon in den wenigen erhaltenen Fragmenten der
fpatvopsva, daß H. mehr als Aratos die Mytho-
mission mit den Gesandten und übergab ihnen 10 logie berücksichtigt und eine besondere Vorliebe*
das römische Ultimatum an Antiochos. Liv.
XXXIV 57, 6. 58, 4. 59, 1 aus Polybios (vgl.
Nissen Krit. Untersuch. 162ff.); ebenso Diod.
XXVIII 15, der nur den Menippos nennt, wäh-
rend App. Syr. 6 neben H. und Menippos hier
wohl irrigerweise den Lysias einführt, der drei
Jahre früher der Begleiter des H. nach Korinth
gewesen war. Vermutlich berührte H. auf dieser
zweiten Heise auch Delphi und wurde daselbst
für attische Sagen gezeigt hat. Ein Titel At-
ßvxd bei Ps.-Plut. Parallela minora c. 23 p. 311 D r
wo übrigens 'Hoidvag überliefert ist, ist ohne alle
Gewähr. Im allgemeinen vgl. über H. Suse-
mihl Gesch. d. griech. Literatur II 31ff. und
Müller FHG III 68ff. [Im allgemeinen zuzu-
stimmen ist Niese Gesch. d. griech, und maked.
Staaten II 647. 669. 675. 677, 4. Bevan The
house of Seleukus II 48f. 57ff. , dagegen bietet
zum Proxenos ernannt (s. o.), vgl. Foucart Rev. 20 auch noch Dittenberger Syll. 2 I p. 423 Fal-
de philol. II (1878) 216f. Rohde Rh. Mus.
XXXIV 153. Bergk Philol. XLII 244. Seine
Gunst bei Antiochos verdankte er dem gewandten
Vortrag eigener noirjuaxa nach der Nachricht des
Demetrios von Skepsis a. a. O. Derselbe Autor
behauptet, daß H. sich den Wohllaut der Stimme
erworben habe, indem er während 18 Jahren keine
Feigen aß (frg. 9 Gaede bei Athen, in 80 d).
H. wird als Dichter, Historiker und Grammatiker
sches. Otto.] [Stahelin.]
Da Demetrios (Athen. 155 AB) poetische Be-
tätigung des H. bezeugt, dem er sonst entspre-
chend seinem speziellen Interesse an ihm das-
Signum 6 xdg hxoglag ygaipas gibt (Athen. 155 A r
vgl. 80 D), so erscheint, zumal bei dem Charakter
dieser 'lözogiai (s. u.), die Identifikation mit dem
'IL yga^iarixög . , i)v ös Tgcoadtrüg sicher, der
TisQt zfjg At}ftoxgtzov Xegewg ßtßXiov ev xal nsgir
bezeichnet. Steph. Byz. s. T^codg: "Evxevftev rjvStiizoiqnxüiv Xegecov geschrieben hat (Steph. Byz„
xal c Hyt)ötdva£ yQa/nfiaxixog ygdtpag Ji£Qi xrjg Ar\-
ßoxgizov Xigecog ßißXtov ev xal Jisgl jzotrjtixMv
Xit-ewv, rjv 6h Tocoaöevg. Von den hier genannten
Schriften hat sich kein Bruchstück erhalten.
Seine Tgonxd oder 'loxogiai gab H. unter dem
fingierten Autornamen eines uralten (vgl. Dion.
Hai. I 49. 72) Gergithiers Kephalon oder Ke-
phalion heraus (Athen. IX 393 d : ob? xd Ke<pa-
?d(övo$ £JTtygaip6/u,sva Tgauxd ovv&fas ' Hyrjaidvag
s. fgcoidg. Die Stelle, die Mein eke richtig als
Zitat auffaßt, ist unvollständig). Zitiert werden
diese im engeren Sinne grammatischen* Arbeiten,
mit denen man am nächsten Euphorions sechs
Bücher über die legis des Hippokrates (o. Bd. VI
S. 1189, 33) vergleicht, nirgends. Dagegen kennen,
wir wenigstens eines der poetischen Werke. Denn
dem 'AXegav&Qtvgdjid TgwdÖog gehören dochhöchst-
wahrscheinlich die nicht ganz selten zitierten <£cu-
d'AXegavögsvg). , Wenn H. im Gegensatz zu Homer 40 rdfieva eines H., den die Vit. Arat. I zwischen
auf Grund eines uralten Berichtes die wahre Ge-
schichte des troischen Krieges berichten will, so
sehen wir schon die Mythenbearbeitung ausge-
bildet, die später in die Schwindelbücher des Dik-
tys und Dares ausläuft* Wen dl and Einl. in die
Altertumswiss. I 359. Da Demetrios von Skepsis
frg. 21 (Gaede) bei Strab. XIII p. 594 den H.
selbst für ein Ereignis der spätesten troianisohen
Geschichte zitiert, so scheint es, daß H. die jüng-
dem Kaliimacheer Hermippos und Aristophanes.
aufführt. Wenn das Epigramm iv zolg 'Idtocpv-
fotv, das diesen H. und Hermippos zu ihrem Nach-
teil mit Arat vergleicht, wirklich dem unter Euer-
getes lebenden (Reitzenstein o. Bd. II S. 453
Nr. 34) Archelaos gehurt, wie Maass Comm. i.
Arat. rell. 1898. 79 meint, so würde das zeitlich
nicht widersprechen, sondern nur die $cuv6fiEva f
was auch an sich wahrscheinlich ist, in die Ju-
ste Vergangenheit Troias unter seinem eigenen 50 gend des H. verweisen. Zitiert wird das Werk bei
Namen, sei es in einer Einleitung oder einer Fort
Setzung zu Kephalon, behandelt hat. Vgl. Su-
se mihi Gesch. d. griech. Literatur II 31 f.. 15.
Von dem Alexandriner H. aus der Troas ist wohl
nicht zu trennen der gleichnamige Verfasser eines
astronomischen Gedichtes *P<uv6fi£va. der in einem
Epigramm der 'Idioyvfj des Königs Ptoleniaios
(Vita Arati I, Westermann Biogr. 55) neben Ara-
tos and Hermippos genannt wird. Wörtliche Zitate
Hvg. astr. II 6. 14. 29; von Nigidius Figulus
Schol. BP Germ. Arat, p. 85, 13 Breys. und Plut.
de fac. 920 DE. 921 B (Ayyoidvag). Bei Hyg-
LT 4 erkennt Maass Philol. Unters. VI 57- 104
zwei Fassungen der Erigonegeschichte, deren einfr
die Erathostenische ist, wahrend er die zweite,
ausführlich in Nonn. Dionys. XLVTI wiederge-
gebene, dem H. zuweist, der die Eratosthenische
Darstellung für den größeren Zusammenhang der
daraus liegen vor in den Versen des ,'Ayr}otdva£ l 60 $aivöfiF.va bearbeitet habe. Weiteres aus H. ent-
bei Plut. de facie in orbe lunae c. 2 p. 920 E
und c, 3 p. 921 B, wie Meineke Änalecta Ale-
xandrina 243f. erkannt hat. Ferner wird H. drei-
mal als Gewährsmann zitiert in den Astronomica
des Hyginus II 6 p. 41, 21ff. (Bunte). 14 p. 50,
llff. 29 p. 70, Hfl; Weitere Vermutungen über
H. als Quelle für Astronomisches: bei Robert
Eratosthenis Catasterismorum reliquiae 32, 66.
nommenes Gut bei Hygin versucht Robert Era-
tosth. catast. rell. 1878, 221ff. nachzuweisen (vgl.
Boll Sphaera 110, 2. 123, 1). Es ist Dicht un-
wahrscheinlich, daß H. mehr als Arat auf das
Mythologische, und zwar unter Bevorzugung atti-
scher Sagen eingegangen ist (Suse mihi 33).
Man mag damit den Charakter der römischen
Bearbeitungen Arats vergleichen. Eine 'AvatoXq
war zwischen Arat und H. strittig {rtvog 'Agar. des Dares Ephemerides u. a. Hier war der Ge-
rt 823 Maass). wahrsmann wohl ein Bewohner der uralten Stadt
Inhalt und Art der loxogtai, die so nirgends Gergis in der Troas (über sie Kiepert KUo 1909,
zitiert werden, werden schon dadurch präjudiziert, llff.), die flüchtigen Troianern als Zuflucht ge-
daß Demetrios von ihrem Verfasser im Tgcotxdg dient haben soll. Ob Kephalon zu ihnen gehört
didxoouos so ausführlich sprach. Sodann da- haben, oder ob er der Finder gewesen sein soll,
durch daß Steph. Byz. doch vermutlich unseren läßt sich kaum entscheiden.. Aber em Fundbe-
gut ein solches Werk für den späte
passen würde und so sehr das einzige prosaische unsichere Grundlage für solche Vermutung bildet,
Fragment unter H.s Namen, das Strab. XIII 1, mit einer die weiteren Schicksale der Troas schil-
27 freilich ohne Buchtitel beibringt, zu dieser dernden Einleitung (Suse mihi) oder Fortsetzung
Annahme verlocken könnte. Aber bemerkens- (C. 1h eil er) verbunden. Vielleicht aber gehörte
wert ist schon, daß das hier berichtete Faktum die Erwähnung der gallischen Invasion auch mit
sich auf die Troas bezieht (über die Gallier in zum Fundbericht. Das können wir eben nicht
Ilion) und daß Strabon an jener Stelle aus De- entscheiden. Demetrios hat den Tatbestand ge-
metrios schöpft. Daß dieser den H. häufiger kannt. Die Späteren haben sich täuschen lassen,
zitiert hat, schloß Gaede Demetr. Sc. quae super- In Strabons literarhistorischen Notizen wird Ke-
sunt, Greifswald 1880, 28, 40 richtig aus dem20phalon verzeichnet (XIII 1,19), und dem Dionys
Vergleich von Strab. XHI 1 , 33 Otvojvtjs, w ist er ein avvjq a^cuo? *cü Xdyov ä$io$ (I 49, 1), ein
ioroQovot yvväixa ysyovhai xov 'AXsg~dvdgov Jiglv avyyga<pevs nalaiog Jtdvv (I 72, 1). [F. Jacoby.]
r EXhr}v dQxdoat mit Parthen. narr. am. 4 neql 2) Sohn des Dositheos, Bruder des Phyrson,
Ölvd>v?)s • laxoQsi Nixavdqog . . xal Ks<pdl(ov 6 aus Kolophon, frühverstorbener Schüler Epikurs,
r .'.a._. ' . >v — , r~ ,-.n^ nk,l HA ^-es,) jr n ™',A*iti ' rldsaATi Andpnlrpm ev in einer r }Ivwaidva£ beti-
rEQyi&tog. _ — —
graphische Notiz Athen. 393D E ein, die jeden- stete. Usener Epicurea p. 138, 14. 151, 3 adn.
falls direkt oder indirekt auf Demetrios zurück- 100, 23.
geht: ein spezielles Faktum aus dem Leben des 30 3) Kyniker unbekannter Zeit, aus dem Sto-
von Achilleus getöteten Kyknos wird zitiert aus baios (nach Phot. cod. 167 p. 114 b 24) in seinem
ö rä KE<pdX[i]wvo$ sjtiyQa<p6(.ieva Tgcüixa avv- Florilegium Exzerpte mitteilte. [v. Arnim.]
Mg r IL 6 'A?.e£avS<>£vg. 4) Hegesianax ('Htnavag codd.), Schwindel-
Denn dieser KeydXtov 6 ngyi&tog [so lautet antor des Ps.-Plutarch. Parall. 23 p. 811 C D,
der auch in historischer Zeit nicht seltene Name. der ihn iv rptW Atßvx&v zitiert. FHG III
i&^aJUW bei Athenaios ist trotz Lob eck Aglaoph. 70f. [F. Jacoby.]
II 995 p doch wohl nur Korruptel; vgl. Ksydl- Hegesias. 1) Athenischer Archon, 'Aristot.
Xa>v cod. A Dion. Hai. ant rom. I 72, 1, Ke<pa- 'Aß-qv. xoltx. XIV 3. Nach Pomtow (Rh. Mus. LI
Xkoiv cod. E Steph. Byz. s. Agioßt). Bei Siiid. 575) identisch mit Hegestratos 6 fiszd Konkav
s. KeyaXi<ov jj KetpdXvv npylfaos sind diese 40 dqgag , Phanias bei Plut. Sol. 32. Da Korneas
Worte auszuscheiden als Glossem eines Mannes, nach Jacoby Apollodors Chronik 168. 184 im
der an den aus Phot. bibl. cod. 68 bekannten J. 561/0 Archon war, so fällt das Archontat des
Verfasser des ovvxoftov ImoQixov KeyaXitov dachte, H. (Hegestratos) ins J. 560/59.
s d] wird vielfach für die älteste troische Ge- 2) Athenischer Archon im J. 324/3, Diodor.
schichte zitiert. Von Steph. Bvz. s. 'Agtaßtj und XVII 113. Papyr. Ckyrhynch. Philol. LVIII 563.
rgnixos für Ankunft des Dardanos in der Troas Arrian. anab. VII 28, 1. Marm. Par. B9 bei
und die Etymologie des Granikos; von Parthe- Jacoby 21. 195. IG II 607. 609. 811b 30ff.
nios a. 0. (beidemal in Verbindung mit Nikan- 1330. II 5, 180c. [Kirchner.]
dros. Denn 34, 2 wird aus diesem eine Variante 3) Tyrann von Ephesos, gegen Ende der Re-
angeführt) für Paris cns Oinone; von Dion. Hai. ant. 50 gierung Alexanders d. Gr. von seinen Gegnern
rom. I 49, 1. 72, 1. Oros. Etym. M. 490, 1. Fest. erschlagen (Polyaen. VI 49; vgl. Droysen Hei-
p. 266 Muell. für die Geschichte des Aineias lenism. II 1, 209);
(Tod in Thrakien) und seiner italischen Nach- 4) Strateg der Thessaler um 1 v. Chr. (IG
kommen (Gründung Capuas und Roms durch IX 4, 531).
Romos und Romylos). Darnach sind die 'Ioxo- 5) Athener, Schiffsbaumeister um 350 v. Chr.
oiai des H. gewiß identisch mit den von ihm (IG LI 800 b 28).
unter dem Namen eines KeydXcov verfaßten TQwixd. 6) Athener, Strateg im xr\v xagaoxev^v 306/5
Wir haben es zu tun mit einem der im 3./2. v. Chr. (IG II 733 B. TL V, 270; vgl. Ditten-
Jhdt. so beliebten mythologischen Romane, die berger Syll 2 187 nr. 14).
— in welcher Absicht auch immer — die dich- 60 7) Athener, Sohn des Lysistratos aus Aixone,
terische Darstellung der Sagenzeit historisierten Chorege um 326/5 v. Chr. (IG LT 579 j.
und ausmalten auf Grund irgendwelcher alten 8) Athener, Sohn des Philostratos aus Thy-
Urkunden inschriftlicher oder literarischer Art. maitadai, Epimelet von Delos um 145 v. Chr.
Man vergleicht einerseits Chroniken von der Art (Bull. helL VTI 337).
der Atthia des Amelesagoras (die Wellmann 9) Athener aus Phlya, Thesmothet 228/7 v.Chr.
Herrn. 1910 nicht wieder hätte .retten' sollen) (IG II 859, 21). [Sundwall.]
und des Melisseus AeXtptxd. Andererseits die 10) Hegesias aus Smyrna war nach Ditten-
Bomane des Dionysios, des Diktys Historia und berger Sylh (or.) I 229, 34 eponymer Priester
in einem der letzten der 4.0er Jahre des 3. Jhdts.
v. Chr.; die Gottheit, der er diente, ist leider
nicht genannt. Da nun zugleich mit ihm der
offizielle eponyme Beamte von Smyrna, der öt^-
<pavr}(poQog, erwähnt wird — eine solche Doppel-
datierung ist mir aus Smyrna sonst nicht be-
kannt, sondern nur aus Mylasa, wo freilich der
Name der Gottheit erscheint (Bull. hell. V 108) —
so ist die Erwähnung des Priesters an und für
sich auffällig und die Annahme, daß es sich hier
um einen ganz besonders bedeutsamen Priester
handelt, sehr wahrscheinlich. Das Mchtnennen
der Gottheit ist ferner nur bei einer allgemein
bekannten erklärlich, die damals allein für epo-
nyme Zwecke in Betracht kommen konnte. Da
nun Smyrna in den 40er Jahren des 3. Jhdts. noch
zum seleukidischen Machtbereich gehört hat, und
da gerade durch die obige Urkunde ein Tempel
des seleukidischen Königskultes in Smyrna be-
legt ist, so liegt es nahe, H. als Priester dieses
Kultes zu fassen, zumal zu jener Zeit bereits
die verschiedenen Gegenden des Reiches besondere
eponyme Königspriester besessen haben (Ditten-
berger SylLJor.) I 224). [Walter Otto.]
11) Hegesias von Sinope, kynischer Philo-
soph, Schüler des Diogenes ; sein Beiname 6 Kloiog
{das Halseisen) mag sich auf die Anhänglichkeit
an den Kvfov beziehen. Diog. Laert. VI 84. Wei-
teres ist von ihm nicht bekannt. [Natorp.]
12) Hegesias von Kyrene, als Oberhaupt der
kyrenäischen Schule Nachfolger des Paraibates und
Vorgänger des Annikeris (Suid. s. 'Aqiotixjtos ; zur
Zeit des Ptolemaios Lagu), mit dem Beiworte
IIstoiftävaTos. weil er in seinem AxoxaQTSQow, an
der Erreichung der Glückseligkeit verzweifelnd,
für den Selbstmord eintrat, da die nach dem
Tode sichere Empfindungslosigkeit das Beste sei.
Er wurde aus Alexandria eben wegen des An-
klanges, den seine Vorträge fanden, ausgewiesen ;
vgl. Cic. Tusc. I 83f. Diog. Laert. II 86. 93ff.
J. C. Murray An Ancient Pessimist, The Philo-
sophical Review II (1893) 24—31 Christ-
Schmid in Müllers Handb. VII & 613.
[Weinberger.]
13) Hegesias aus Magnesia am Sipylos (Dion.
Hai. verb. comp. p. 28; Strab. XIV 648 gibt irr-
tümlich Magnesia am Maiandros an), ein Viel-
schreiber (Dion. Hai. a. a. 0. 128: iv yovv to-
oavzatg ygeupats), der um 250 lebte (s. Suse-
mihl Gesch. alex. Lit. II 464, 40), gehörte der
asianischen Rhetorenschule an, als deren Haupt-
vertreter er bei Späteren vielfach erscheint, und
war Nachahmer des Charisius, aber auch des De-
mo sthenes (Agatharchides Geogr. V). Sein Stil
wird meist getadelt (außer Dion. Hai. [vgl. die
Ausgabe von Roberts, London 1910, 52] s.
Cic. Brut. 286; orat. 226. 230. Longin. 3, 2.
Theon prog. 2 [II 71 , 11 Sp.] u. a. Blass Griech.
Bereds., Berlin 1865, 25. Norden Kunstprosa
134ff. [dazu v. Wilamowitz Herrn. XXXV lff.]),
Varro lobte ihn (Cic. ad Att. XLT 6, 1) ; vgl. die
aus dem jüngeren Gorgias genommenen Fragmente
in der lateinischen Fassung des Rutilius Lupus,
Luk. rhet. praec. 9. Nach Hesych. Mil. wurde er
äyQifishaaa genannt (Suid. dygta /neltoaa eiti x<bv
stov7}Q(Öv xai difitöv) ; vgl. Strab. IX 396 (wohl epi-
deiktisch aufzufassendes Fragment über die Akro-
polis). Er verfaßte eine Geschichte Alesanders d. Gr. ;
daher stehen alle Fragmente in Müllers Script,
hist. AI. (an Didots Aman, Paris 1846, 138-144),
auch Plut. vit. X or. 8 (Anekdote von Demosthenes),
Plin. n. h. VII 207 (longa nave lasonem pri-
munt navigasse Philostephanus auetor est, He-
gesias Parkalum), Gell. IX 4, 3. wo H. unter
den Autoren, die unerhörte und unglaubliche
Dinge berichten, und Vitruv VIII 3, 27, wo ein
H. unter anderen Historikern genannt wird, die
10 locorum proprietates aquarum virtutes behandeln.
/ 14) Hegesias Moqo*vit7i$ wird von Varro r. r.
1 1, 8 (Col. 11,9) unter den landwirtschaftlichen
Schriftstellern angeführt ; für das Werk xeol vöd-
zcov s. o. Nr. 1 (am Ende). [Radermacher.]
15) s. Hegias Nr. 6.
Hegesibulos, attischer Vasenfabrikant aus
der Zeit des entwickelten rf. Stiles. Wir kennen
mit seiner Signatur : , EytoißoXo>; inötecev — Um-
schrift des Innenbildes — zwei Schalen: 1. Schale
20 im englischen Privatbesitz, im Stil auffallend nahe
verwandt mit den von dem Maler Epilykos sig-
nierten Schalen, abgeb. Furtwängler-Reich-
hold Taf. 93, 2, vgl. Griech. Vasenmalerei II
178ff. II 337. Innenbild: ein als Semit charak-
terisierter Mann, der einen lakonischen Fuchshund,
eine älamexig zum Verkaufe führt. Abgeb. Furt-
wängler-Reichhold Vasenmalerei II 179 Abb.
60. Außenseite: A.Trinkgelage, B Komos von
Jünglingen mit Weiberhauben. 2. Weißgrundige
30 Schale, früher in der Sammlung van Brautheghem
(Fröhner Coli, van Er. nr. 167), jetzt im Brüs-
seler Museum. J. Kreiselspielende Frau, abgeb.
Fröhner pl. 42 , darnach nur das Bild Furt-
wängler-Reichhold II 181 Fig. 61. Die Schale
nr. 1 steht dem Kreise des Epiktet (s. o. Bd. VI
S. 131f.) sehr nahe und zeigt dieselben stilistischen
und technischen Eigentümlichkeiten wie die Schalen
des Epilykos, s. o. Bd. VI S. 159, dazu Pottier
in Mon. Piot X 49ff. und in Catal. d. vas. ant. III
40 764, 891ff. ; Furtwängler-Reichhold Vasen-
malerei II 182 ff., während die Schale nr. 2 in
Form und Technik untrennbar verbunden ist mit
mehreren anderen Schalen, die von dem Töpfer
Sotades, welcher der Zeit des freien rf. Stiles an-
gehört, signiert sind, doch zweifelt Furtwäng-
ler a. O. 180 wegen der Gleichartigkeit der beiden
Inschriften nicht an der Identität des Verferti-
gers beider Schalen. W T ir können jedoch nach
ihm nicht mit Sicherheit bestimmen, ob sie beide,
50 von denen er nr. 1 mit Wahrscheinlichkeit für
das feinste und reichste Werk des Epilykos hält
(s. 1841), von demselben Maler gemalt sind. Lit.
Fröhner Coli, van Br. nr. 167. Walters Pot-
tery I 445. Furtwängler-Reichhold Vasen-
malerei II 179ff. [Leonard.]
Hegesidemog (FHG IV 422. Susemihl
Griech. Lit-Gesch. II 400, 314), wird im Ind.
auet. zu Plin. n. h. IX genannt und IX 2/ zi-
tiert für die Geschichte von der Liebe eines Del-
60phins zu dem Knaben Hermias von lasos. Die
Heimat des H. kennen wir nicht; die Vulgata
Kv&vioe ruht auf der ganz unwahrscheinlichen
Änderung von Hegesidemo Sudine in H. Cyth-
nio, die C. Müller durch verkehrte Behandlung
von Plutarch. soll. anim. 36 vergeblich zu stützen
suchte. In dem verdorbenen Worte steckt eher
ein Autorname, vermutlich Duris 6rgL die PUn.
n. h. 1X27 vorangehende Geschichte über einen
anderen Fall von Delphinliebe ebenfalls aus lasos
au« der Zeit Alexanders d. Gr. mit Duris bei
Athen* XUI 606 C D). Der Charakter des Buches
ist nach dem einen Zitat, das schließlich überall
stehen konnte, natürlich nicht mit irgendwelcher
Sicherheit zu bestimmen. Aber die ausführliche
Parallelversion Plut. a. O. p. 984 EF, die C.
Müller nicht dem 984 E zitierten Myrsilos noch
zuweisen durfte [sowenig wie die folgende Koi-
ranosgeschichte auf H. zurückgeführt werden darf], 10
weist mit dem abschließenden atztov über den
Münztypus von lasos auf ein Buch über diese
Stadt, deren noltrda ja auch Aristoteles be-
schrieben bat (frg. 503 Kose; aus ihm könnte
Theophrast auch diese Geschichte haben, wenn
er Plutarchs Quelle ist, wie Joachim De Theo-
phrasti libris jt. ^dtrov, Bonn 1892, 46 glaubt).
Unsicher bleibt freilich, ob nun H. Verfasser
dieses Buches über lasos ist, oder ob auch er nur
aus einem solchen geschöpft hat. Die lasische 20
Geschichte selbst kehrt nur noch bei Aelian. hist.
an. VI 15 wieder, aber in einer Form, die auf
Kontamination mit der in Dikaiarcheia— Puteoli
zur Zeit dos Augustus passierten (Apion. bei GeU.
VI 8, 4fl. Plin. n. h. IX 25) deutet. Es bleibt
also auch unsicher, ob H. noch der hellenisti-
schen Zeit angehört. An den zweifelhaften Lehrer
<les Hippias (Diels Vorsokr.2 II 579, 7) durfte
C. Müller nicht erinnern. [F. Jacoby.]
Hegeslkles s. Agasikles. " 30
Hegesüaosj heißt im Laur. V 3 bei Clem.
Strom, I 14 (40. 16. 17 Stähl.) der akademische
Philosoph, welcher als Lehrer des Karneades be-
kannt ist und gewöhnlich (Diogen, IV 60. Cic.
ac. pr. II 16. Euseb. pr. ev. XIV 8, 1. Acad,
Ind. Herc. 78 Mekl. Gal. hist. phil. 227 K.) 'Hy?j-
Givovg (s.d.) genannt wird. Vgl. über ihn Diels
Rh. Mus. XXXI 47. Zeller Gesch. gr. Phil. III 1 4
515. Susemihl Alex. Lit.-Gesch. I 127. v. Wi-
lamowitz Herrn. VL. 407: Zu erwägen bleibt, 40
ob hier statt Korruptel der Überlieferung nicht
vielmehr die bekannte Erscheinung der Verände-
rungsfähigkeit des zweiten Bestandteils im Voll-
namen vorliegt (Theophr. Charakt, 28, 2. Suid.
s. 'Agymag. Meister Bezzenberg Beitr. XVI
173. Crusius Jahrb. f. Piniol. OXLIII 385).
[Daebritz.]
Hegesileos, Athener, aus Probalinthosi ?),
Vetter des Staatsmannes Eübulos (Demosth. XIX
290), Strateg 362/1, befehligte er das athenische 50
Truppenkorps, das nach Mantineia gesandt wurde
(Xen. de vect. 3, 7. Ephor. hei Diog. Laert. II
54. Diodor. XV 84, 2. Schäfer Demosth. 12 193
Beil. 11), Strateg 349/8 und an die Spitze des
athenischen Hilfskontingents gestellt, das im
Anfang des J. 348 nach Euboia zur Hilfe des Ty-
rannen Plutarchos auszog (Ulpian p. 116 C; vgl.
bei Sanppe Or. Att. II Ind. 56), wurde er
nachher als mitschuldig an den Betrügereien des
Plutarchos vor Gericht gestellt und verurteilt 60
(Ulp. a. a. O. Demosth. XIX 290; vgl. Schäfer
Demosth. ES/79. 85). [Sundwall.]
Hegesllochos. 1) Hegesilochos aus Rhodos,
stürzt um 356 v. Chr. die Demokratie in Rhodos
und führt, unterstützt von dem karischen Könige
Mausollos (vgl. Demosth. XV p. 191 u. Schäfer
Demosth. 12 473, 1), eine Oligarchie ein, an deren
Spitze er selbst steht. Den schändlichen Miß-
brauch seiner Gewalt schildert Theopomp bei
Athen. X 63 p. 444.
2) Hegesilochos aus Rhodos, zur Zeit des Be-
ginnes des Krieges gegen den makedonischen König
Perseus (171 v. Chr.) oberster Staatsbeamter, Pry-
tane der Rhodier, wirkt für das Bündnis mit den
Römern (Polyb. XXVIII 2, Liv. XLH 45).
[Sundwall.]
Hegesini kos, Athener, ans Phlya, Thesmo-
thet im J. 225/4 (IG II 859, 51; vgl. Prosop.
Ath. nr. 6340). ' [SundwalL]
Hegcsinns (*Hyt]oivovg) aus Pergamou, Schol-
aren der neueren Akademie, Nachfolger des Euan-
dros, Vorgänger und Lehrer des Karneades. Diog.
Laert. I\ r 60. Cic, Lucull. 16. S. den Art. Hege-
silaos; vgl. Goedeckemeyer Gesch. d. griech.
Skeptizismus 50. [v. Arnim ]
Hegesippos. 1) Athener aus Kydantidai,
Trierarch um 340 (IG II 805, 1).
2) Hegesippos, Halikarnassier , Flottenführer
des Demetrios Poliorketes in der Seeschlacht bei
Salamis auf Kypern 306 (Diodor. XX 50; vgl.
Niese Gesch. d. griech. und makedon. Staaten
I 320). [Sundwall.]
3) Hegesippos, Dichter der neuen Komödie. Bei
Athenaios sind Vü 290 b (vgl. IX 403 d) 30 Verse
aus den 'AfeXtpoi und VLT 279d 6 Verse aus den
$iUzatQ<H erhalten. In letzteren wird 'Emxov-
Qog 6 ao(pog in einer Weise genannt, die es nahe
legt, ihn als verstorben zu denken, dann fällt
das Stück nach 270, und H. gehört zu den
jüngeren Vertretern der neuen Komödie. Das
längere Bruchstück schildert in der üblichen
Weise einen ruhmredigen Koch. Bei Suidas hat
ein Interpolator (vgl. Wagner Symbol, ad com.
Graec. hist. crit. cap. quatt. 45) einem aus Har-
pokration entnommenen Artikel über den Redner
H. eine aus Athenaios geschöpfte Bemerkung über
den Komiker angehängt, die beide zusammen-
wirft. Meineke I 475f., die Fragmente Mei-
neke IV 479. Kock III 312. [A. Körte.]
4) Hegesippos von Mekyberna (Steph. Byz.
s.v. FHG IV 422-424. Susemihl Griech. Lit.-
Gesch. I 643f.) schrieb eine Lokalgeschichte von
Pallene, die Steph. Byz. s. Ältjxvßegva (vgl. Dion.
Hai. ant. rom. I 49, 1) mit Recht als sein einziges
Werk erwähnt. Denn die ihm noch von Suse-
mihl zugeschriebenen Mdqotaxd beruhen nur
auf einer schon von Hecker unzweifelhaft richtig
verbesserten Korruptel im Teste des Parthenios
narr. am. 16 Iotoqü'H. Mäyoiaxäv a. Das Werk
umfaßte demnach mindestens zw r ei Bücher. Frag-
mente, die mit Ausnahme vielleicht von Theodos.
can. Gramm, gr. IV 1 p. 142, 15 Hilg. (Hero-
dian. II 650, 9 L. und CAF III 314, 3 Kock) auf
die Sagenzeit sich beziehen, stehen bei Dion. Hai.
ant. rom. I 49. Parthen. a. O. 6. 16. Schol. Eurip.
Rh. 29. Steph. Byz. s. IIa/./.t}i>r) [über Etym. M.
136, 32 s. 0. Hegesandros v. Salamis]. Sie
würden eine wesentliche Vermehrung erfahren,
wenn Höfer Konon, Greifswald 1890, 53ff. mit
Recht eine ganze Reihe der Kononischen Erzäh-
lungen auf H. zurückgeführt hätte. Aber die
Annahme ist nicht unbedenklich (vgl. Oder Woch.
kl. Philol. 1891, 512. Anders Schwartz Herrn.
1900, 129, 2) und jedenfalls nicht wirklich be-
weisbar. H. gehört jedenfalls noch in gnte helle-
nistische Zeit. Zwar auf Dion. HaL a. O., der ihn
jaegeaiiipua
avtjQ aQxaXo$ xai Xoyov a%iog nennt, ist schon
wegen der Verbindung mit dem fabelhaften Ke-
phalon (s. o. Hegesianax v. Alexandreia) wenig
Gewicht zu legen. Aber Mekybema bestand um
100 v. Chr. offenbar schon lange nicht mehr
(Ps.-Scymn. 641f. Schwär tz Herrn. 1900, 129
meint sogar, daß er als Bürger einer der kleinen
chalkidischen Städte ,nicht unter das 4. Jhdt,
herabgeschoben werden darf). Bis ins 3. Jhdt.
kommen wir schon auf Grund der Beziehungen
Euphorions zuH.; denn wie Bob de Rom.a 105,
2 (anders Knaack Neue Jahrb. I 1888, 149) er-
kannte, hat jener (frg. 68 Scheidw. coli. Lykophr.
Alex. 499n°.) die Geschichte von der Liebe Lao-
dikes zu Akamas und vom Schicksal ihres Sohnes
Munitos den Palleniaka (Parthen. narr. 16) ent-
nommen. Aus Paus. X 26, 8 EvyoQtcov Ös .
ovv ovöevi etxoxi xa ig xi]V Aaobixr\v ijiofyoev
möchte man auf autoschediastische Weiterbildung
der Sage schließen, soweit sie Laodike betraf,
von deren weiteren Schicksalen wir bei H. nichts
erfahren (anders Knaack a. 0.), Auf frühere
Zeit führt auch, daß H. zweimal (Steph. Byz. s,
FTaHLyv*}. Parthen. narr. 6) zusammen mit Thea-
genes Maxebovtxd zitiert wird. Da es unwahr-
scheinlich ist, daß dieser ihn zitiert hat, führt
das auf ein zusammenfassendes Werk eines Gram-
matikers etwa über Pallene, in dem beide exzer-
piert sind. [F. Jacoby.]
5) Hegesippos, Küchenschriftsteller ans Tarent
(Athen. XIV 643 f), von dem Athen. XII 516 d
eine Art Käsekuchen beschreibt. [Gossen.]
6) 'Hyrjotnjiog, Epigrammatiker des Meleagros-
kranzes, prooem. IY 1. 25 ifjoi b~ ä,u 'Hyrjaut-
Ttov svinlexE fiatväöa ßötqvv. Die sieben Epi-
gramme behandeln in einfacher Sprache — nur
XIII 13 zeigt reicheren Redeschmuck — Stoffe
der älteren hellenistischen Epigrainmatik, VI 124.
178 Schildwcihe nach [Simonid] 52 und Nikias
127; VII 320 Timon, nachgeahmt von Rhianos?
315, Kallimachos? 318 (v. Wilamowitz Cal-
limach. praef. 8), Leonidas? 316, wird von Plut.
Ant. 70 ungenau als xo JieQupeeö/AFvov Kalh^ä-
ysiov angeführt VI 226 und XIII 13 weisen
dieselbe Verbindung von Hexameter und iambi-
schem TrimcteT auf. Alles dies scheint auf ältere
hellenistische Zeit zu führen. Unecht Ut VII
276, abhängig von Lconidas 605, nachgeahmt von
Antipatros von Thessalonike. .Fischer finden in
ihren Netzen einen halbzerfressenen Leichnam 1 .
Reitzenstein Epigr. undSkol. 148 A. Knaack
bei Susemi hl II 548. [v. Radin ger.]
7) Hegesippos, Kirchenschriftsteller, den Euse-
bios oft als Quelle zitiert (die Stellen bei
Schwartz in der Ausgabe von Eusebs Kirchen-
geschichte III 69f.J. Seine Zeit ergibt sich aus
seinen eigenen Worten (bei Euseh. hist. eccl. IV
22. 3) ysvofievog Se ev 'P'-'iftfl, 6iaöoyJ]v t ixoirjoä-
fjLtjv tiEXQ l $ 'Avixr}TOV ' ov dtdxovog r\v EXev&soog,
xai Tiagä lAvixrjxov öiaSs/jxai. Sojxrjo, us& <>y
EXsvd-eooc Die Amtsführung des Eleutheros fällt
sicher in die Zeit des Marc Aurel (174—189,
Harnack Chronologie 1 200, aber vgl. Schwartz
Euseb. Kirchengesch. LU p. CCXXIIff.) ? und
diesem Ansatz für die Zeit der Schriftstellerei H.s
widerspricht es nicht, wenn er (bei Euseb. hist.
eccL IV 8, 2) den vergötterten Antinous, den
Liebling Hadrians, als 6 eip f tjfttöv yevdfievos be-
zeichnet: jene Zeit lag nur etwa ein Menschen-
alter zurück. Geschrieben hat er fünf Bücher
vnofjLvrjfiaTa (Euseb. hist. eccl. LT 23, 3. IV 22,
1 oder jievrs avyyoäftitaza, IV 8, 2), denen Euseb
vornehmlich Notizen über die Schicksale der Jeru-
salemer Gemeinde entnimmt, so über den Tod
des Jacobus (II 23, 4ff.), die Zitation der Ver-
wandten Jesu durch Domitian (III 20, lf.) und
den Tod des Klopas (III 32, 3-8. IV 22, 2ff.).
10 Doch war der Zweck des Werkes wohl in erster .
Linie Ketzerbestreitung: er nhrs avyyQa.fi/iaoiv
xf}v ajtXavrj ixagadooiv tov äjioaxoXixov xqpvy-
fiaiog äTzXovozäxfl ovvia&i ygaipfjg vJiofxvr}/j,ati-
oafisvoc; charakterisiert ihn Euseb. IV 8, 2, und
seine eigenen Worte IV 22, 4—7; vgl. III 32,
7_8 weisen in die gleiche Richtung. Im Kampfe
mit den häretischen Judenchristen hat er ix tov
xa&' Eß^alovq evayysXtov xai tov Zvoiaxov xai
iSiag ex xffi 'Eßgatöog StaXsxzov zitiert^ (IV 22,
20 8) ; wenn Euseb fortfährt sptpaivatv «f 'Eßgatoiv
iavrov aeatozsvxevai, ihn also für einen getauften
Juden hält, so ist das möglicherweise nur eine
aus solcher Sprachgewandtheit erschlossene Ver-
mutung. Aus dem Osten stammte er allerdings,
da ihn sein Reiseweg nach Rom über Korinth
führte (IV 22, 2). Daß er sich im Kampf gegen
die Häresie auf die bischöfliche riiaöo^ berief
nach der Weise seines Zeitgenossen Irenaeus, zeigt
außer IV 22, 3ff. auch II 23, 4. III 20, 6. 32, 6.
30 Nach Euseb finden wir nur bei Phnippus Sidetes
(Cramer Anecd. Gr. II 88. de Boor in Har-
nack Texte und Unters. V % 169) und Stephanus
Gobarus (nach Phot. bibl. 232) schwache Spuren
von Benutzung des H. ; daß Clemens Alexandrinus
und Epiphanius 78, 7. 14. 27, 6. 29, 4 auf ihn
zurückgehen, ist höchst anfechtbare Vermutung
(Zahn Forschungen VI 254ff). Was andere alte
Zeugen, namentlich Hieronymus vir. inl. 22, von
ihm berichten, stammt aus Euseb.
40 Die fragwürdigen 'Notizen über das Vorhan-
densein des ganzen H. im 16. Jhdt. sind wert-
los. Beste Ausgabe der Fragmente bei Zahn
Forschungen z. Gesch. der neutest. Kanons VI
(1900) 228ff. ; Handansgabe inPreuschens Anti-
legomena 71 ff. ; vgl. Harnack Gesch. d. altkirchl.
Literatur I 483ff. : Chronologie I 311rT. Bar den -
he wer Gesch. d. altkirchl. Lit I 483.
8) Hegesippus oder Egesippus heißt in der
entstellten Überlieferung der lateinische Josephus
50 (s. (L). [Lietzmann.]
Hegesipyle, Tochter des Königs Oloros von
Thrakien, Gemahlin des Miltiades aus Athen
(Herod. VI 39. Plut, Cim. 4. Marcellin Vita
Thuc. 11; vgl. Busolt Griech. Gesch. LI 2 528,
5). [Sundwall.]
Hegesistratos. 1) Athener, Sohn des Ty-
rannen Peisistratos, s. u. Thessalos.
2) Hegesistratos aus Elis, aus dem Seher-
geschlechte der Telliaden, entkommt auf wunder-
60 bare Weise aus der Gefangenschaft, in der er
bei den Lakedaimoniern gehalten wurde, zuerst
nach Tegea, dann wurde er Scher im Heere des
Mardonios, später aber wurde er auf Zakynthos
von den Lakedaimoniern gefangen genommen und
getötet (Herod. LX 37f; Tgl. Plut. II 479 B).
3) Hegesistratos, Sohn des Anstagoras, Sa-
mier, kam vor der Schlacht bei Mykale an der
Spitze einer Gesandtschaft der Sander zu dem
spartanischen Könige Leotychides, der mit der
hellenischen Motte hei Delos lag, mit der Auf-
forderung, Ionien von der Herrschaft der Perser
zu erlösen (Herod. IX 90ff.).
4) Hegesistratos, Milesier, Befehlshaber der
persischen Besatzung in Milet gegen Alexander
d. Gr. 334 (Aman. anab. I 18, 4; vgl. Niese
Geschichte der griech. und maked. Staat. I 63).
[Sundwall.]
5) Hegesistratos ist (nach DittenbergerlO
Syll. 2 I 221) ßaadevg, d. h. der oberste Beamte
auf Samothrake gewesen zur Zeit, als diese Insel
unter ptolemäischer Oberhoheit stand, und zwar
etwa in der zweiten Hälfte der Eegierung Ptole-
maios'LTI. Euergetes I. (der damalige ptolemäische
Statthalter von Thrakien, Hippomedon [s. d.J, muß
bei dem Amtsantritt des H. schon einige Zeit sein
Amt verwaltet haben, Z. 13). [Walter Otto.]
Hegestratos ? betrügerischer Schiffskapitän
aus Massilia [Demosth.] XXXII 2-20 (vgl. 20
Schäfer Demosth. Beil. 2921). [Sundwall.]
Hegetmatia. Von Ptolem. LI 11, 14 als
Stadt in Germania Magna genannt: "Hy^x/iazia.
Die Lage ist unbestimmt. Müller ed. Ptolem.
vermutet darin das heutige Gitschin. Versuch
der Erklärung des Namens bei Much Z. f. deut-
sches Altertum XLI 135. [Rappaport]
Hegetor, ein Arzt aus der Schule des Hero-
einrenken und sich mit erfolglosen Arbeiten quälen
zu wollen . . .' Es folgt eine Widerlegung dieser
Sätze des H. durch Apollonios. [Gossen.]
Hesretorides. 1) Sohn des Antagoras aus
Kos. Seine Tochter, die der Perser Pharadates,
des Teaspes Sohn, gegen ihren Willen aus Kos
mitgenommen hatte, wurde nach der Schlacht bei
Plataiai von Pausanias freigegeben (Herod. IX 76.
Paus. IDT 4, 9).
2) Hegetorides aus Thasos, überredete bei
Lebensgefahr seine Landsleute, die belagerte
Stadt den Athenern zu übergeben, als jede Aus-
sicht auf eine erfolgreiche Verteidigung ver-
schwunden war und die Hungersnot die Stadt
verheerte (wohl im J. 403 v. Chr. , Polyaen. LT
33; vgl. Beloch Gr. Gesch. II 46 lf). [Sundwall.]
Hegias. 1) 'Hyiaq TtftoxQaxovg, athenischer
Archon. IG III 709, nach Dittenberger um die
Mitte des 3. Jhdts. n. Chr. [Kirchner.]
2) Athener aus Marathon, Trierarch um 357/6
und 342 (IG II 793 g 22. 803 b 139). [SundwalL]
3) Hegias aus Phokaia in Ionien, einer der
Führer der römischgesinnteri Partei in dieser
Stadt während des Krieges Antiochos' JJI. mit
Korn. Er gehört zu der Gesandtschaft, welche
im Frühjahr 190 v. Chr. die auch römisch ge-
sinnte phokäische Regierung aus Furcht vor dem
zu Antiochos hinneigenden Teile der Bürgerschaft
an den in der Nähe der Stadt stehenden Seleu-
phüos (Gal. V11I 955), wohl nicht vor dem Ende
des 2. Jhdts. v. Chr., da er mitten in dem er- 30 kos, Sohn des Antiochos LIL, schickt, um von
bitterten Kampfe steht, der sich zwischen den diesem wenigstens die Anerkennung der Neutra-
• ... il« 1_ ... TT T-*! J J „J. T7™ K+K+ i1ht> ö + n^lf In* ij mm ill^TOfl rlöO TTTlPCTfK 7.11
eigentlichen Herophileern und den strengen Em-
pirikern entsponnen hatte. Apollon. Cit. 23, 15
Schöne verdanken wir das einzige Fragment seiner
Schrift ksql aixi&v, das eben umfangreich genug
ist, uns einen Einblick in seine Lehre tun zu
lassen. ,Ich muß mich wahrhaftig über die
Herophileer wundern,' so sagt Apollonios hier,
,wie sie die Anatomie gleichsam liebend um-
lität der Stadt bis zum Austrag des Krieges zu
erlangen, was jedoch nicht erreicht wird. Polyb.
XXI 6, 2ff. Niese Gesch. d. griech. u. maked.
Staaten II 726f. [Walter Otto.]
4) Hegias von Athen, unter den Testaments-
vollstreckern Piatons, Diog. Laert. III 43.
[Natorp.]
5) Hegias, Neuplatoniker. Über ihn Damasc.
armen und sich nicht von ihr trennen können, 40 vit. Isid. bei Phot. cod. 242 p. 349a 21 ff. 39, b 11
ja geradezu lachen muß ich, wenn ich den H.
lese. Dieser redet nämlich in seinem Buche,
das er ,Aetiologie' betitelt hat, über die Aus-
renkung des Oberschenkels wie folgt: Weshalb
zerbrechen sie sich nicht den Kopf, noch eine
andere Methode der Einrenkung des luxierten
Oberschenkels zu ergattern außer der großen
Menge, die ich eben verworfen habe; in der
Meinung, sie könnten die Einrenkung wirklich
(§ 221. 227. 230 West.) und bei Suid. s. r IIylag
und Evjieißw;, Marin, vit. Procl. 26. Über die
Einordnung der Angaben bei Photios und Suidas
in die Schrift des Damaskios handelt J. E. As-
mus flyz. Ztschr. XVIII (1909) 473. XIX (1910)
278f. H. war wahrscheinlich Sohn des reichen und
mächtigen athenischen Archonten und römischen
Senators Theagenes (über den Suid. s. v.) und
Ururenkel des Neuplatonikers Plutarch. Für die
bewerkstelligen, diese törichten Empiriker? Aus 50 Verwandtschaftsverhältnisse vgl. Suid. s. 'Hylag
der Analogie wollen diese Leute schließen, wenn
sich der Kiefer, der Oberarm, der Ellenbogen,
das Knie, die Finger usw. wieder einrenken, das
müsse überall so sein! Diese Menschen können
gar keine Rechenschaft darüber ablegen, weshalb
das Oberschenkelglied nicht wieder eingerenkt
werden kann; aber weil es bei den anderen geht,
glauben die Dummköpfe zuversichtlich, hier gehe
es auch. Wenn sie aber wüßten, daß am Ge-
a. E. (ivfjv ydg ti iw 'Hyia xai xijs Geayevovg
HeyalöffQovoQ qpvaecog xxX), ?. Evnd&iog (ein Sohn
des H. hieß Archiadas; vgl. auch Phot. p. 349
a 24 § 222 AVest. Den gleichen Namen trug
ein Enkel des Plutarch nach Marin. 12 g. E.,
der Schwiegervater de^ Theagenes nach Marin.
29), Marin. 26 g. E. (H. Athener von vornehmer
Abkunft). Vgl. auch Zell er Philos. d. Gr.
III 2*, 899, 5, In seiner Jugend war H. viel-
lenkkopfe des Oberschenkels eine Sehne beginnt: 60 versprechender Schüler des Proklos in dessen
die mitten in der Hüftpfanne angewachsen ist,
daß, wenn diese fest ist, es unmöglich ist, daß
der Schenkel herausgleiten kann ; daß sie, wenn
sie zerrissen ist, nicht wieder zusammengeklebt
werden kann; daß aber, wenn sie das nicht kann,
auch das Glied nicht mehr fest hält; daß man
also ans diesen Gründen überhaupt davon ab-
stehen muß, einen luxierten Oberschenkel wieder
letzten Lebensjahren, alsdann wurde er infolge
seines wohl von Theagenes herrührenden Reich-
tums von Schmeichlern verderbt. Immerhinwar
er nach Suidas (fdofiaßt); ooa t^v <pvatv E^rjyr}-
aaodm, enei xaiä tt}v äXXtjv ovv^eiav saxiv ojiij
aal öisxmxret xtöv og&wv XoytofitHiV. Er war also
jedenfalls kein Anhänger der hochfliegenden Meta-
physik des athenischen Neuplatonismus und wurde
2615
Hegias
Hegias
2616
deshalb von Damaskios gering geschätzt . Man
wird daher dem Urteil des Damaskios bei Phot.
349 a 21ff. § 221 West, sk zoaovrov yag axr\-
xöafiev <ptXooo<piar xazcMpQOVtj'd'sZoav ovöe ukotiote
*A$iiv7}Giv ooov ECOQaxaßEV dTifiaCofisvrjv ijii 'Hyiov,
obwohl es nur eine Tatsache festzustellen scheint,
doch- mit einiger Vorsicht begegnen müssen. Nach
der angeführten Stelle (s. auch Phot. 349 b 11
§ 230) ist wahrscheinlich, daß H. (als Nachfolger
Six Rom. Mitt. VI 282f. Seilers The eider
Plinys chapters on art 64 und Urlichs hei
Arndt Text zu Brunn-Bruckmann Denkmäler
griech. und röm. Skulpt. Taf. 502. Sie datieren
nach Pyrrhos von Epeiros und nehmen daher einen
ihm gleichzeitigen , sonst unbekannten H. an ;
auf dessen Werk führt Six ohne weitere Gründe
die erhaltene Herme des Pyrrhos zurück. Falls
dieser jüngere H. existiert hat, so darf man ihn
des Isidoros) Diadochos der platonischen Schule 10 jedenfalls nicht mit einem H. von Tenos identi-
in Athen gewesen ist. Im Gegensatz zu Thea- fi"*™« A*as>m Ttfnw auf d«n in Pertramon ei-
genes und seiner eigenen angeheirateten Verwandt-
schaft schloß sich H. dei heidnischen Reaktion
an JtaQaßoloneQOv ?} evosßsazsgov xfj 7iQ0&v{4iq %Qtj-
odfisrog, wie Damaskios (Suid. s, r Hyiag) vielleicht
mit Rücksicht auf seine unbefriedigende philo-
sophische &eokoyia bemerkt. Diese Auflehnung
gegen das Bestehende in Verbindung mit seinem
zur Verfolgung lockenden Reichtum zog ihm
fizieren, dessen Name auf den in Pergamon ge-
fundenen Bruchstücken zweier Basen steht, die
einst bronzene Männern* guten trugen; denn ganz
abgesehen von der chronologischen Schwierigkeit
spricht das offenbar ursprüngliche Fehlen eines
Verbums mehr für Frank eis Annahme, der in
H. den Weihenden sieht, als für Th. Rein ach s,
der ihn für einen Künstler hält (Inschr. v. Perga-
mon nr. 147f. Rev. et. gr. IV 380). Brunn Gesch.
schlimme Gegner zu . zumal sich H. mehr als 20 d. griech. Künstler I 102 hielt es für selbstver-
Theagenes, von dem er den Zug zum Wohltun
hatte, mit seinen Gaben auf Freunde und Be-
dürftige beschränkte, Über seine Söhne s. Suid.
s. Evnf.iftiog. [Praechter.]
6) Hegias , Bildhauer aus Athen , der Lehrer
des Plieidias, lebte vom Ende des 6. bis Mitte
des 5. Jhdts. v. Chr. Die Grundlage für die
Beurteilung der Überlieferung bildet das auf der
Akropolis zwischen Parthenon und Erechtheion ge-
ständlich, daß reoc ein gedankenloser Zusatz des
Plinius sei; in seiner Quelle habe nur Pyrrhos-
Neoptolemos gestanden. Michaelis (Liter. Zen-
tralblatt 1901, 592) unterstützt die Annahme
von Brunn durch den Hinweis auf die Kano-
nische Eroberung von Skyros, welcher die Blüte
des athenischen Theseion folgt. Welche Rolle
Pyrrhos, der Sohn des Achill, noch später spielte,
zeigt die Ergänzung von IG II 91 durch v. Wi-
fundene, vom Feuer geschwärzte Bruchstück einer 30 1 am w it z Aristoteles und^ Athen I 157, 61.
Marmorbasis mit seiner Signatur, deren Schrift-
fonnen eine wesentlich frühere Entstehung als
in dem Jahrzehnt zwischen Marathon und Sala-
mis auszuschließen scheinen (IG I 373, 259
p. 203), sowie die Angabe des Dion von Prusa
zu Beginn der 55. Rede, er sei der Lehrer des
Pheidias gewesen. Der Name ist aus leichten
Korruptelen der Dionhandschriften von Otfried
Müller mit hinreichender Sicherheit hergestellt,
S. Reinach (Rev. et. gr. XX 415) scheint diese
triftigen Gründe von Michaelis nicht gekannt zu
haben. Bursian endlich, dem noch Kalkmann
a. a. O. 19, 1 folgt, hält den ersten Teil der
Angabe des Plinius für ein grobes Mißverständnis
der XXXIV 80 richtiger wiedergegebenen Über-
lieferung Pyrrhus Hygiam et Minervam fecit,
die ihrerseits auch noch einen. Irrtum enthält;
denn es darf als sicher gelten, daß diese Angabe
und die Angabe des über Pheidias und Polygnot 40 auf die noch heute an der Innenseite der Pro-
genau unterrichteten Dion muß als gut bezeugt
gelten. Die Blütezeit des H. fällt also in das
erste Drittel des 5. Jhdts., und dies bezeugt im-
plicite auch die abweichende Angabe des Plinius
n. h. XXXIV 49, nach welcher die Erzbildner
H., Kritios (Critias) und Nesiotes aemuli des in
der 83. Olympiade, also genau um die Mitte des
Jahrhunderts blühenden Pheidias gewesen seien ;
denn Kritios und Nesiotes sind durch ihre Sta-
pyläen stehende Basis der Athena Hygieia des
Pyrrhos zu beziehen ist, also aus einer Statue
zwei macht. So scharfsinnig Bursians An-
nahme einer Verwechslung des Lemmas durch
Plinius ist, so würde sie doch erst dann mehr
als eine unerweisliche Möglichkeit darstellen,
wenn nachgewiesen werden könnte, daß kein
Bildhauer H. einen Pyrrhos gemacht hat (vgl.
Wolters Athen. Mitt. XVI 155, 2). Gegen
tuen der Tyraimenmörder von 477/6 datiert. 50 Bursian und für Brunn bezw. Six und Sel-
* ^ " - -• ■"- -■>-—• -• *-= 1- i ers spricht nun noch Folgendes. Bei Plinius
folgt auf H. Hagesias. Dies könnte zwar bei
seiner alphabetischen Aufzählung Zufall sein, ge-
winnt jedoch dadurch Bedeutung, daß die volle
Form Hegesias sicher statt des Kurznamens H.
verwendet worden ist Lukian (rhet. praeeept. 9)
nennt nämlich Hegesias und den Kreis des Kri-
tios (Kritias) und Nesiotes als Vertreter eines
Stiles . dessen Beschreibung vollständig auf die
Gelebt haben können alle drei immerhin noch
um 450 (vgl. Klein Avch.-epigr. Mitt. V 84. 1).
Mit der Angabe des Plinius kombiniert Kalk-
mann Quellen der Kunstgesch. des Plinius 65f.
die des Paus. VIII 42. 10. welcher den Onatas
vermutungsweise in die Zeit des H. und des
Hageladas setzt: für die Zeit vor 450 hätten der
antiken Chronologie bezw. dem zu erschließenden
Vermittler Apollodoros feste Daten gefehlt. Die
Ansetzung des Pausanias ist insoweit richtig, als 00 Tyrannenmörder paßt. Diese Zusammenstellung
die Tätigkeit der genannten Künstler trotz offen-
barer Altersunterschiede teilweise gleichzeitig ist.
Das letzte Zeugnis mit der Namensform H. wird
von zwei Seiten angefochten. Plin. n. h. XXXIV
78: Hegiae Minerva Pyrrhu&que rex foudatur et
eeletixontes pueri et Castor ae Pollux ante aedem
Iovis tonantis Hagesiae in Pario colonia Ber-
nde» Isidoti buthytes. Am konservativsten sind
darf ums oweniger von der bei Plinius, wo der
Name H. lautet, getrennt werden, als auchQuin-
tilian (inst. or. XII 10, 7) neben dem Agineten
Kallon Hegesias als Vertreter dieses harten Stiles
nennt; es handelt sich also um einen Künstler
von Ruf. Nimmt man daher an der bei Plinius
gut überlieferten dorischen Namensform keinen
Anstoß — was wnnderbarerweise in diesem Zu-
2617
Hegias
Hegias
26X8
sammenhange niemand ausdrücklich getan zu
haben scheint — , so liegt allerdings die Annahme
nahe, daß Plinius nicht nur durch das Alphabet
zu einer Zusammenstellung von Werken gekommen
ist, in welcher er den Meisternamen so schrieb,
wie' er ihn jeweils vorfand (Hageaias bei Mucian
nach Oehmichen und Kalkmann a. a. O. 141).
Brunn selbst entzieht sich diese Stütze seiner
Ansicht freilich dadurch, daß er in Hagesiae eine
in den Text geratene Glosse zu Hegias sieht und 10
Hercules Isidoti buthytes zu einem Werke des
Isidotos verbindet. Eine solche Wortstellung darf
jedoch in dieser alphabetischen Aufzählung von
Künstlern nicht angenommen werden. Wer sich
also nicht scheut, Hagesias = Hegesias zu setzen,
darf auch Hagesias mit H. gleichen; die Mög-
lichkeit, daß der Herakles von Parion doch von
einem sonst unbekannten Künstler Hagesias
stammt, bleibt natürlich vollauf bestehen.
Ganz einwandfrei bezeugt ist überhaupt kein 20
Werk des H., denn der Anspruch des von Six,
Seilers und Urlichs angenommenen H. des
3. Jhdts. erstreckt sich auf alle von Plinius ge-
nannten Werke. Immerhin könnte Plinius den
alten und den jungen H. vermengt haben, so
daß dem alten die Dioskuren und die Knaben
zu Pferde gehören würden. Erstere will Six
a. a. O. entgegen aller Wahrscheinlichkeit dem
H. aus der Kaiserzeit zuweisen, s. d.; ein allzu
kleines Münzbild vergleichen Imhoof und Gard- 30
ner Journ. hell. Stud. VITI 45 T. 57 EE1. Letz-
tere für die Söhne der Dioskuren zu halten
(Michaelis-Springer Handbuch der Kunst-
gesch. 8 198, vgl Paus. I 18, 1), besteht kein
zwingender Grund; es können Weihungen wie die
von der Akropolis oder Grabstatiien wie der Reiter
von Vari, jedoch von Bronze, gewesen sein. Die
Athena und den Pyrrhos kann man, wie oben
ausgeführt, in doppeltem Sinne anzweifeln. Hält
man ihre Existenz für sicher, so entsteht die 40
weitere Frage, ob sie eine Gruppe bildeten oder
nicht. Ersteres glauben Urlichs a. a. O. und
Pichon (Rev. et. gr. XXI 119f.) aus gramma-
tischen Gründen annehmen zu müssen, wogegen
S. Beinach in einem Zusatz einwendet, das Latein
des Plinius dürfe nicht mit ciceronianischem
Maßstab gemessen werden. Unter der Voraus-
setzung, daß die Athena eine Einzelstatue und
ein Werk des alten H. war, haben Arndt a. a. O.
und S. Rein ach (Rev. et. gr. XX 399) versucht, 50
Kopien und Nachbildungen in unserem Denk-
mälervorrat anfzuweisen. Arndts kurze Ver-
mutung entzieht sich der Kritik; R ein ach s
Ausführungen gelangen schon deshalb nicht zum
Ziel, weil sie mit der Voraussetzung arbeiten,
daß die Athena des H. eine ähnliche Rolle wie
später die Promachos gespielt habe, während es
doch eine beliebige Kult- oder Weihstatue ge-
wesen sein kann. So bedenklich es im allge-
meinen ist, aus dem Schweigen der Überlieferung 60
Schlüsse zu ziehen — eine bronzene Kolossal-
statue vom Lehrer des Pheidias auf der Akropo-
lis könnte unmöglich verschollen sein. Reinachs
ganze Kombination richtet sich jedoch dadurch
selbst, daß er mit dem Vorhandensein einer alten
Replik dieser Statue in Lindos rechnen muß.
Folgendes kann als überliefert gelten. In Kon-
stantinopel stand bis 120S auf einer Saide eine
bronzene Athena, die wahrscheinlich mit der
einen Hand ursprünglich die später verlorene
Lanze aufstützte, während die andere Hand das
Gewand schürzte oder, wie Reinach vermutet,
auf die Hüfte gesetzt war. Diese Statue stammte
aus Lindos. Auf der Akropolis von Athen gab
und gibt es eine Athenastatue , welche die für
die Konstantinopler Figur vermuteten Motive
zeigt. Wir besitzen eine unterlebensgroße Mar-
morstatue und ein Vasenbild, welches eine solche
Statue auf einer Säule zeigt. Es besteht kein
Grund zu Rein ach s Annahme, daß beide eine
große Unbekannte nachbilden; denn daß Mar-
morstatuen nicht im Freien gestanden hätten,
glaubt Rein ach doch wohl selbst nicht. Da»
Motiv der in die Hüfte gestützten Hand erscheint
auch bei der ,Briseis ( des Vasenmalers _ 01tos r
ist also nicht so mannweiblich, wie Rein ach
findet (G e r h a r d Auserl. Vasenbilder 187). Wie
kann man bei diesem Stande der Überlieferung
schließen, daß die aus Lindos stammende Kon-
stantinopler Statue eine Replik des großen Vor-
bildes der kleinen Athener Statue und des Va-
senbildes, sowie deshalb ein Werk des H. gewesen
sei, weil von den damaligen attischen Bildhauern
nur er als Meister einer Athena genannt werde!
Keines der literarisch überlieferten Werke
kann also bisher als nachgewiesen gelten; eben-
sowenig gestatten die allgemeinen Angaben bei
Lukian und Quintilian, seinen Stil in irgend
etwas von dem des Kritios und Nesiotes zu
scheiden. Unter diesen Umständen ist es zwar
sehr wohl möglich, von einem Kunstwerk zu
sagen, es stelle eine Vorstufe des Phidiasischen
Stils dar und könne von H. sein, ein Beweis
läßt sich jedoch ohne äußere Bestätigung eben-
sowenig führen wie ein Gegenbeweis. Als Bei-
spiel für die Selbsttäuschung, der sich aussetzt
wer diesen Tatbestand verkennt, kann FuTt-
w an gl er s Zuweisung des Apollontypus von
Pompei und Mantua dienen (Meisterwerke 80f.,
vgl. den Art. H a g e 1 a d a s). Er findet den Einfluß
des von ihm erschlossenen altargi vischen Stiles
des Hageladas in Werken aus der Frühzeit, viel-
leicht sogar von der Hand des Pheidias, und
schließt daraus auf das Vorhandensein des gleichen
Elementes in der Kunst seines Lehrers. Einzelne
Proben dieses Stiles findet er unter den Funden yon
der Akropolis, und einen Vorläufer eines vielleicht
frühphidiasischen Apollontypus erkennt er in dem
Apollon von Pompei. Diese richtigen Beobach-
tungen verbindet er mit einer philologisch un-
haltbaren Kombination; er verschmilzt die gut
bezeugte Angabe, daß H. der Lehrer des Pheidias
gewesen sei, mit der sehr schlecht bezeugten,
welche Hageladas nennt, in der Weise, daß er
H. zum Schüler des Hageladas macht. Daraufhin
folgert er zuversichtlich, daß der zwischen Hage-
ladas und Pheidias stehende Apollon von Pompei
von H. sei; ein älteres Werk des H. erkennt er
in einem kleinen Bronzekopf von der Akropolis.
Die Methode ist falsch, das Ergebnis vermutlich
auch; aber selbst wenn es richtig wäre, könnten
wir es nicht wissen. Unter Ausschaltung des
Hageladas und mit mehr Vorsicht befürwortet
Klein die gleiche Zuweisung, entwertet sie je-
doch dadurch, daß er den von Stephanos ko-
pierten Athleten ebenfalls dem H. zuweisen will
2619
Hegias
Hegias
aöüy
(Gesch. d. griech. Kunst I 385. 410. II 37; vgl.
den Art. Hageladas). Dagegen wendet sich
unter Hervorhebung des argivischen Charakters
des Apollon Bulle Der schöne Mensch & 91.
Mahl er (Österr. Jahresh. H 80) endlich erinnert
angesichts einer köstlichen Kleinbronze an den
Herakles des H. — oder des Hagesias — in Pa-
xion, obwohl er das Figürchen zu einer Kampf-
gruppe ergänzt.
Auch der Versuch, ein nur literarisch bekanntes
großes Werk dem H. zuzuweisen, unterliegt
schweren Bedenken. Pomtow Klio VIII 951 be-
seitigt die chronologischen Schwierigkeiten, die
dadurch entstehen, daß Paus. X 10, 1 das große
athenische Weihgeschenk aus der marathonischen
Beute dem Pheidias zuschreibt, in der Weise, dab
er einen Lesefehler annimmt: die altattische Schrift
und ihm unbekannte Feinheiten der Orthographie
sowie eine Beschädigung des ersten Buchstabens
hätten den Periegeten Pheidias statt H. lesen
lassen; Bulle merkt dazu an. daß auch der Lokai-
patriotisnius der Delpher bei der Umtaufe nach-
geholfen haben könne, und ist auch Berl. phil.
Wochenschr. 1908, 630 entschieden für Pomto ws
Annahme eingetreten. Der Lesefehler an sich wäre
wohl nicht so schlimm, wie Hitzig-Blümner,
Paus. III 679, findet, vorausgesetzt, daß der Name
mit dem rauhen Hauch geschrieben war. Aber
grade diese Voraussetzung ist mehr als unsicher,
denn nach Ausweis seiner angebrannten Signatur
von der Akropolis hat H. gleichzeitig oder wenige
Jahre später seinen Namen ohne H geschrieben
(weshalb auch Rayets Versuch, eine zweite Sig-
natur zu ergänzen, problematisch bleibt. Eev.
et. gr. II 98. IG I 482). Pomtow unterdrückt
gewissenhaft seine Neigung, die Brandspuren zu
leugnen, wenn er sich auch nicht zugesteht, daß
seiner Vermutung dadurch der Boden entzogen
wird. Methodischerweise muß man sie unwahr-
scheinlich nennen; richtig sein kann sie trotzdem.
Die große Erzgruppe von Apollon, Athena und
Miltiades mit den attischen Heroen darf also nicht
als Werk des H. gelten. — Noch weniger für sich
hat eine Vermutung von R o s e zu Vitrnv III praef. 2,
wo in einer Aufzählung von Künstlern, denen zum
Ruhme nur das Glück, nicht das Talent gefehlt
habe, ein verderbter Name erscheint. Zwei Hand-
schriften schreiben lidlas zwei tfieltas. Daraus
machte man früher einen doch wohl unmöglichen
Namen Hellas; jet2t schreibt Rose im Text Teleas,
im Apparat fragend IL Auf diesen trifft jedoch
die Angabe des Vitruv nicht zu ; denn sein Nach-
ruhm hat eine ausgebreitete, also erfolgreiche
Tätigkeit zur Voraussetzung, für welche durch die
Zerstörung Athens die besten Vorbedingungen ge-
schaffen waren. Man hat ihm daher nicht ohne
Grund einen hervorragenden Anteil au dem
Skulpturbedarf der Heiligtümer und an den neu
errichteten Hermen zugewiesen (Miehaelis-
Springer Handbuch der Kunstgesch. I 8 198
1 9 230, wo die etwas zu weit gehenden Vermutungen
der älteren Auf lagen eingeschränkt werden. Furt-
wängler Abhandl. Akad. Münch. XX 573).
Overbeck Gesch. der griech. Plastik * I 154.
Collignon-Thraemer Gesch. d. griech. Plastik
I416f. JoubinSculpt. att. 9f. LechatSculpture
att avantPhidiaa 386. 451. Klein Gesch. (L griech.
Kunst I 375 und a. a. O.; Arch. epigr. Mitt. VH
56f. 72 und a. a. 0. Michaelis-Springer
Handb. der Kunstgescta. 19 216. 230. Busolt
Griech. Gesch. III 1, 372. Reis ch Österr. Jahresh.
IX 226. 257. Frickenhaus Arch. Jahrb. XXVI.
7) Hegias, attischer Bildhauer des 1. Jhts. n.
Chr., arbeitete nach Ausweis der an dem stützenden
Baumstamm angebrachten Signatur gemeinsam
mit Philathenaios eine Statue des Kaisers Claudius
als Iupiter, die mit anderen Kaiserstatuen im
10 Metroon von Olympia aufgestellt war. Sie ist bis
auf die vorgestreckte rechte Hand, die Finger der
am Szepter erhobnen Linken, die Nase und den Kopf
des Adlers im wesentlichen vollständig erhalten:
Olympia, ErgebnisseIII Tai 60f. 1, S. 244f. (Treu).
Die Figur ist eine freie Kopie im Typus der Kolossal-
statue aus Lanuvium in der Rotunde des Vatikans,
B e r n o u 1 1 i Köm. Ikonographie II 1 Taf. 1 7. Treu
findet sie besser als diese und folgert daraus gar
eine allgemeine Überlegenheit der attischen Bild-
20 hauer dieser Zeit über die römischen. Damit wird
dem H. und seinem Genossen eine Bedeutung zu-
geschrieben, die ihnen keineswegs zukommt; denn
das Zentrum des lebendigen Hellenismus war damals
Rom, während in Athen Klassizismus und alt-
hellenistische Koine vorherrschten. Ein Vergleich
der olympischen und der römischen Statue zeigt,
daß H. und Philathenaios es fertig gebracht haben,
alles Charakteristische ihres Vorbildes in Form,
Bewegung und Ausdruck zu verwischen. Ihr
30 Claudius steht in leichter Pose gen Himmel blickend
da, von Kopf bis Fuß durchflössen von dem Rhyth-
mos, den das 4. Jhdt. auf Polykletischer Grundlage
ausgebildet und der Hellenismus theatralisch ge-
färbt hat. Der Kopf- ist in Anlehnung an den
Augustustypus soweit idealisiert, daß man ihn
eben noch erkennt; nur auf ikonographischem
Wege ist eine Spur des glänzenden Porträtstils
der claudischen Zeit in die Stirnbildung ein-
gedrungen. Das Gewand ist nach berühmten
40 Mustern am Spielbein wie naß angeklebt, als ob
es ein leichtes Frauengewand und nicht ein wollener
Männermantel wäre; auch der Kontrast scharfer
Grate und welliger Kanten erinnert stark an die
Nikebalustrade. All das ist mit äußerst flotter
Mache hingeworfen. Bei der römischen Statue
sind die Formen, der Kolossalgröße entsprechend,
einfacher und architektonischer behandelt; das
Gewand ähnelt mehr der Toga als koketten Frauen -
Kleidern. Der Kopf ist nicht erhoben und durch
50 kleine Verschiebungen in Rumpf und Beinen ist
der Rhythmos des Motivs gebrochen. Das Gesicht
ist in gleitendem Ineinanderübergehen der Formen
auf die Wiedergabe des optischen Eindrucks, nicht
auf tektonischen Aufbau angelegt; die Porträtzüge
mit dem dumpfen Bleidruck, der auf Stirn und
Augen lastet, sind von äußerster Ausdruckkraft.
Obwohl oder vielleicht grade weil der Körper nicht
nach frühhellenistischer Art porträthaft gebildet
ist. läßt sich kaum eine großzügigere Parodie der
60 Majestät denken als dieser gutmütige, täppische
und eitle Mensch mit der Bürgerkrone und in der
heroischen Nacktheit hellenistischer Könige. Nur
eine originale Porträtstatue des kleinasiatischen
Hellenismus, der ,Zenon' vom KapitoL ist diesem
Claudius überlegen; aber auch bei ihm drangt sich
der Gedanke an Velasquez auf. H. und Phila-
thenaios haben also ein großartiges Vorbild durch
und durch banalisiert; es ist rar ihr Verfahren
symbolisch, daß sie den Eichenkranz durch einen
Lorbeerzweig ersetzt haben. — Das Gewandmotiv
gehört der ersten Kaiserzeit an; es findet sich wohl
zuerst bei dem Orestes in der Gruppe des Menelaos.
Schülers des Stephanos, und kommt auch bei
Göttern vor, z. B. bei der guten frührömischen
Kleinbronze des Poseidon, Babelon-Blanchet,
Bronces de la biblioth. nat. 29 nr. 62, bei dem
schlechten Iuppiter ebd. 9 nr. 16, bei dem Zeus
auf den augusteischen Münzen von Aizanoi in
Phrygien, Overbeck, Griech. Kunstmythologie LI
Münztafel II 24; weiteres s. Harmatios. Was
der Kaiser in der Rechten hielt, fragt sich; für
und wider Blitz, Schale, Weltkugel oder Victoria
spricht ungefähr gleich viel. L (i w y Inschr. griech.
Bildh. nr. 332. Olympia, Ergebnisse V nr. 642.
Treu a. a. O. Heibig Führer durch d. Samml.
in Rom 2 200 nr. S12. — Die Vermutung v. Six
Rom. Mitt. VI 282, daß die bei Plin. n. h. XXXIV 78
genannten Dioskuren vor dem Tempel des Iuppiter
tonans in Rom nicht von dem Lehrer des Pheidias,
sondern von unserem H. herrührten, ist umso un-
wahrscheinlicher, als auch das Kultbild des Tem-
pels eine alte Statue des Leochares war. [Pfuhl.]
8) Hegias, attischer Schalenmaler (Signatur
sygaftpoe)) des entwickelten rf. Stiles, bekannt
durch eine Schale aus Athen ohne Außenbilder,
das Innenbild mit der Darstellung einer Nike,
die einem Jüngling ein fußloses Gefäß und eine
Schale reicht. Abgeb, Stackeiberg Gräber der
Hellenen Taf. XXV 6. Lit. H. Brunn Künstler-
gesch. II 693. Walters Pottery I 444. Klein
Meistersig.2 186. [Leonard.]
Hegies, Sohn des Antiochos aus Elis, aus dem
Geschlechte der Iamiden, erhielt auf die Bitte
seines Bruders, des Wahrsagers Teisamenos, mit
ihm das spartanische Bürgerrecht vor der Schlacht
bei Plataiai (Herod. IX 33). [Sundwall.]
Hegra s. E g r a Nr. 2.
Hegylos, Bildschnitzer aus Lakedaimon, ar-
beitete nach Paus. VI 19, 8 gemeinsam mit seinem
Sohne Theokies eine Gruppe aus Zedernholz:
Herakles im Hesperidengarten. Zu Pausanias' Zeit
standen Herakles, Atlas mit dem Himmelsgewölbe
und der Apfelbaum mit der Schlange im Schatz-
hause der Epidamnier in Olympia, fünf Hesperiden
im Heraion. Bei letzteren nennt Pausanias nur den
Theokies als Meister und bemerkt, er solle ein
Schüler von Dipoinos und Skyllis gewesen sein
(V 17, 2); dadurch wird die schon aus der An-
gabe über die Gruppe folgende Ansetzung ins
6. Jhdt. bestätigt. Auch die Figuren im Schatz-
haus von Epidamnos bezeichnet Pausanias als
das Werk des Theokies, fügt jedoch hinzu, nach
der Inschrift auf dem Himmelsgewölbe habe sie
H. gemeinsam mit seinem Sohne gearbeitet. Es
hat darnach den Anschein, als ob H., der ver-
mutlich hinter seinem kretisch geschulten Sohne
zurückstand, an der Arbeit nur als Gehilfe be-
teiligt gewesen sei; doch könnte dies aus der
wahrscheinlich metrischen Inschrift mit Unrecht
gefolgert worden sein. Daß die Gruppe nicht
einfarbig, sondern mindestens durch Zutaten von
Gold (Hesperiden äpfel, Sterne) belebt war, nimmt
Overbeck Gesch. d. griech, Plastik* I 88 wohl
mit Recht an. Das Holz dürfte mit Einlagen,
wie sie Haus er für die Kypseloslade erschlossen
hat, verziert gewesen sein (Furtwängler-
Reichhold Griech. Vasenmalerei m 3); das
Überwuchern solcher Einlagen hat dann, zn den
Goldelfenbeinbildern mit hölzernem Kern geführt.
Die Blüte der altspartanischen Bildschnitzerei
wird jetzt durch die Elfenbemfande der Engländer
besser veranschaulicht als durch die früher üb-
lichen Eückschlüsse aus der Steinskulptur (Brit.
School Annual XIII f Overbeck a. a. O. 230.
Klein Gesch. d. griech. Kunst 1 104 f.). Brunn
10 Gesch. d. griech. Künstler I 45 f. Collignon-
Thramer Gesch. d. griech. Plastik I 242.
Michaelis-Springer Handbuch d. Kunstgesch.
19 182. [Pfuhl.] _
Heiasun mit anlautendem h (Latte s Rendic.
d. R, Ist. Lomb. di sc. e lett. Ser. IL Vol. XLTI
1909, 803) steht einmal neben sonstigem etruski-
schen eiasun, easun, aeasun (De ecke Bezz.
Beitr. II 1877-78, 166. 186. Körte Etr. Spiegel
V S. 118) zur Bezeichnung des mit dem Drachen
20 kämpfenden 'Idoav: Gerhard Etr. Spiegel LT
Tat 238 (orig. ine); Tgl. III S. 221t ; s. den Art.
Iason. [HeTbig.]
Heilesion (EiUatov) war die Namensform der
im Schiffskatalog (II. II 499) erwähnten böotischen
Stadt, dieApollodoros (Strab.IX406) für die richtige
ansah, entsprechend seiner Anschauung von einem
älteren Zustand des Landes (ixlq&t] ötä zo ini toi;
eUoiv iÖQvo&ai). Ein anderer Grammatiker (Etym.
M. 303, 11) trat von ähnlichen Voraussetzungen aus
30 für die Form Elgiotov ein äno zijs elgeötas; dazu
stimmt Iresium Plin. n. h. IV 26. Die hsl. Über-
lieferung der Hiasstelle bietet ausnahmslos EIM-
otov, ebenso Nonn. Dionys. XIII 61. Die Existenz
der Stadt ist also nur duTch den Schiffskatalog
bezeugt, und in bezug auf ihre Lage wissen
wir nur, daß sie zu Boiotien gehörte. Alle
weiteren Vermutungen entbehren jeder Grund-
lage. O.Müller Orchomenos 2 50. 480. Ulrichs
Reisen und Forschungen II 81. Bursian Geogr.
401 224. Lolling Hellen. Landesk 126. W.
Schulze Quaest. ep. 161f. Philippson o.
Bd. V S. 2112. Ebenso steht es mit dem Versuch
Im hoof-Blumers, dem Orte Münzen zuzuweisen,
Numism. Ztschr, III 1871, 353ff. Nun bietet Sui-
das außer ElXsmov und EiQ&oiov auch noch die
Form 'Egiotov, und diese hat Holst en auch bei
Dion. Kall. 90 eingesetzt, indem er statt hsl.
ciV 'EfiTisQiaiov xaXovpievov axqoxaxov schrieb
shev Efjsatov xzL; zustimmend Meineke Scymni
50 Chii Periegesis et Dionysii descriptio Graeciae 73
und C. Müller Geogr. gr. min. 1 241. Danach hätte
die Stadt zwischen Aulis und dem Euripos ge-
legen; hier lag aber Hyria, und für eine andere
Ortschaft ist tatsächlich kein Raum. Außerdem
enthält aber das dürftige Machwerk, in dem diese
Stelle steht, so viel offenkundige Torheiten, daß
die Berechtigung zu einer Änderung des überliefer-
ten Textes mindestens zweifelhaft ist. [Bölte.]
Heileti : Ei^u ■ Zeh kv Kvxqm, Hesych, bei
(50 dem sich auch andere kyprische Zeusnamen, deren
Erklärung noch nicht gelungen ist, finden; vgl.
Elaius (Bd. V S. 2228 Nr. 6), Euelides (Bd. VI
951). Escher erinnert an 'EU-cauos (o. Bd. VI
1290, 42j. [Jessen.]
Heimarmene. Der Begriff der H. tritt uns
zuerst bei den Ionikern entgegen und ist ebenso
wie 3is3iQO}fievt} nicht von alters her den Griechen
geläufig gewesen, sondern wohl als Schöpfung der
2623
Heimarmene
Heimarmene
Phüosophen zu betrachten. Er führt im 6. und Cicero übersetzt mit: ordinem aeriemgue c&u-
5. Jhdt. zunächst als Philosophenkind ein be- sarum , cum causa eausae ttexa rem ex se gi-
scheiden Sonderdasein neben den im Volke tief gnat (de divin. I 55 p. 125). Sie geht auf Chry-
eingewurzelten Vorstellungen von der Moiga, sipp zurück, Gellius noct. Att. VII 2, 3. Euseb.
'Avdyxrj und 'Aloa, bis er dann von den Stoikern in praep. ev. VI 8, 8 p. 263 c. Auch Ps.-Plutarch
den Mittelpunkt der philosophischen Spekulationen leitet das Wort de fato c. 4 p. 570 B ebenfalls
gerückt wird. von stgofiai ab. Eine ähnliche , etwas abwei-
1. Name und Bedeutung. Vor dem Sub- chende Auffassung gibt der Verfasser der Schrift
stantivum ist zur Bezeichnung des im Worte üsgl xöafiov c 7: dta to etgstv xai ywQEiv
liegenden Begriffes die Verbaltbrm sif.ia.QTo und 10 äxwlvTots. Während diese rein stoische Auf-
die Partizipialform nifiaQftevos gebräuchlich ge- fassung das Schicksal als tätige, selbständige-
wesen und auch geblieben, nachdem das Sub- Macht darstellt, fassen die beiden andern Ety-
stantivum sich eingebürgert hatte (sl'iaagto = es mologien es als passiv bestimmt, ohne den zu
ist beschieden, Hom. Od. V 312. XXIV 34; IL nennen, der es so festlegt. Die Auffassung el~
XXII 281. Hesiod. Theog. 894. Plat. Phaedr. fiag/Asvrj = sig^aq^h^ — äofio; berichtet uns
sZftaQfitva, Heraclit.-Simpl. in Arist. Phys. comm. oder die Grenze , d. h. das Schicksal des ein-
I 2 p. 24, 5 Diels xmä nva sißao^ivrjv dvdyxrjv). 20 zelnen. Dieser rein passiven Auffassung verleiht
Aus dem Gebrauch des Partizipiums hat sich Sallustius jisqi fteüv xal xoapov c. 9 OrelU p. 32
unter Wegfall des üblichen Substantivums t uoToa auch aktiven Sinn , wenn er den Namen erklärt
das Wort fi tipaquivr} entwickelt, ursprünglich das öia tö ftäXiov roig oiofiaot <paivsa$ai rov sig^ov.
zugeteilte Los, später das Schicksal, das Verhäng- Diogenian scheint auf eine weitere Ableitung
nis. Zuerst finden wir es als fertigen Begriff zur anzuspielen, wenn er Chrysipp das Wort (Euseb.
Zeit des Heraklit (Heraclit wendet es an: Aet. I praep. ev. VI 8, 8 p. 263c) erklären läßt: dgo^sv^v
7, 22. 27, 1 = Diels Vorsokr. I 2 58, 30ff. (seil, tprjalv) uva (seil. Stoitttiaiv) ehe ix decov
Biog. Laert. IX 7f. Anaxagoras: Aet. I 29, 7 ßwXfoews &e i$ rjs Mjjzoxs ahia;. Danach wäre
= Di eis a. 0. 306, 7 und Ales. Aphrod. de fato es von ä'gco, einer Nebenform von Xiyw t abzu-
c 2 p. 165 Br. Parmcnides: Aet. I 35, 3 = Diel s 30 leiten, eine Etymologie, die auch Areios Didymos
a. O. 110, 29). Das Wort geht dann als philo- bei Euseb. XV 15, 6 p. 818a gibt. Diese dreiDeu-
sophischer Terminus weiter und findet sich bei tungen sind sprachlich unmöglich und zu verwer-
Leukipp (Aet. I 25,3 = Diels a. O. 110, 29), fon, es ist vielmehr das Wort auf die Wurzel *smer
Sprachschatze, sie haben dafür d'/tiagro , dpag- ator/(o fii} £%ovzi nkga? tä yivöfxeva ovUr}xpiv
ßsvov . . eW (Trag. Graec. frg. N. 2 905, 352), r\ d. ovkXaß^ stsgt^ xa&dnsg xal ev t£ üqp$ \
sowie die festgewurzelten Vorstellungen von der vgl. Sommer Griech. Lautstudien 30. Prell-
alaa, (.lolga, dvdyxt). Im 4. Jhdt. begegnet er40witz Etym. Wörterbuch 1905, 28b' s. [isiQOfxat.
uns wiederholt bei den Rednern, so bei Isokrates Da nun die Form sowohl als passivisch = das
(X 52) Antiphon (I 21), Demosthenes (de Corona zugeteilte Los, als auch als aktivisch = die zu-
296, orat. funebr. 1394); sie haben den Begriff teilende Schicksalsgöttin aufgefaßt werden kann
ebenso wie die Philosophen in weitere Kreise des und von den Griechen auch in diesem Doppel-
Volkes hineingetragen und ihm zu der Bedeutung sinne angewendet wird, können wir bei dem Ge-
verholfen, die er im 3. und den folgenden Jahr- brauch des Wortes beide Richtungen verfolgen,
hunderten bekommt. Mit Zenon rückt er in den Als Schicksal oder Lebensende des einzelnen
Brennpunkt aller philosophischen Doktrinen; sein findet es sich bei Isokrates, Antiphon, Demo-
Buch darüber hat eine Menge von Erweiterungs- sthenes, Piaton (s. o.), es ist hier also völlig iden-
und Gegenschriften über die L veranlaßt (s. u.). 50 tisch mit uot Q a\ doch ist das Wort in diesem
Das Wort hat dann eine große Lebensstärke ent- Sinne nicht recht lebensfähig und volkstümlich
wickelt und sich durch die ganze griechische geworden. Wenigstens kommt es in Inschriften
Literatur hindureb erhalten. (ans späterer Zeit ein Epigramm bei kaibel
Die Römer haben den Namen selbst nicht in Ep. graec. 734 nr. 297 : EipaofUvn öe jieomeawv
ihren Sprachschatz aufgenommen, sondern den Be- xaxf) und CIGr. II 2061. 2062 vno navra vst-
griff entweder einfach griechisch wiedergegeben, xonihnz si/iaouhijs dyTjg^äyq) sowie in Ko-
z. B. Cic. de divin. I 55 p. 125 oder ihn mit fatum, mödie, Romanen und Sprichwörtern kaum vor,
fati necessitas, vis fatalis, faUdis lex et necessitas während die üblichen Schicksalsgöttinnen hier eme
u. a. ausgedrückt. Nur Firmicus Maternus hat große Rolle spielen ; eine Darstellung in der Kunst
die Form himarmene (I 9,3 p. 29 Kr. haue 60 fehlt. Dies kommt daher, daß der reine abstrakte
(seil, lex necessüasque fatorum) namque quam Begriff = Weltgeist, Weltgesetz in dem Worte uber-
dieunt himarmenen). wog. Es ist zunächst, wie schon betont, innerhalb der
Abgeleitet haben es die Alten entweder von Philosophenschulen geblieben^ und groß geworden.
et^ttcu ep. praes. von &a = bestimmen, fest- 2. Schriften über die H e V^ r ™ e "% Zu-
setzen, oder von efe/«fe = Grenze oder von bXqo- non schrieb zuerst ein Buch daruberJlÄog. l^aert.
uat = aneinanderreihen. Letzteres ist stoische De- VTI 149), worin er Wesen ™^ Wjwtnii« der-
finition, sie fahrt Diog. Laert, VH 149 an: Zart selben dartet Ihm en^nete Epilrar in emer
3' eifMQfOrtj ahia x&v Srtatv elgo/thnj, welche Schrift mit demselben Titel (scü. xmqi «f^W*»^f
2625
Heimarmene
Heimarmene
ZS2G
Diw Laert. X 28). Dann schrieb Chrysipp zwei Von neueren Schriftstellern ist zu nennen:
Bücher über dieselbe (Diog. Laert. VII 149; die Frag- H. Grotius Philosophorum sententiae äe fato
mente zusammengestellt von A. Gercke Chry- = Opp. theol. HI 379ff., Amsterdani 1679.
sippea, Jahrb.f.class.PhüoLSuppl.-Bd.XIV693ff. A. Trendelenburg Notwendigkeit u. Freiheit
715f£ und von J. v. Arnim Stoicor. veter. frg. II L d. griech. Philos. = histor. Beitr. z. Philos.
264 nr. 912ff., Leipz. 1903); nach ihm sind zu II Berlin 1855, 112-188. O, Heine Stoicorum
nennen Boethos (mehrere Bücher: Diog. Laert. de fato doctrina, Hamburg! 1859. J. C. Or ellin s
VII 149), Kleitomachos (Aufzeichnungen aus Alex. Aphrod., Aramonii Hermiae filii, Plotim,
den Lehrvorträgen, die Karneades darüber ge- Bardesanis Syri et Georgii Gemisti Plethoms de
• Migne), Dioge
nus (Euseb. praep. evang. VI c. 8, 1 p. 262ff., 3. Die philosophischen Auffassungen
vgl. A. Gercke a. O. 748ff.), Poseidonios (zwei der Heimarmenc als Weltgesetz, a) Io-
Bücher: Diog. Laert. VII 149), Cicero (de fato, niker und Pythagoras. Die von den Ioni kern
Anfang und Schluß fehlen, ebenso mehrere Stücke neugeschaffene Idee von einem den ganzen Kos-
von c. 3), Ps.-Plutarch (jtsqt dfiaQ^svrjg = opp. mos gleichmäßig durchdringenden Gesetz ringt
p. 568—575), Plutarch (zwei Bücher, verloren; mit althergebrachten Werten und schafft neue
zitiert von Lamprias catal. Plut. nr. 56) , Barde- Werte, um dem Neuen Gestalt und Leben zu
sancs (Stücke daraus bei Eus. praep. ev. VI 10, 20 geben. So finden wir bei Heraklit dvdyxq mit
1—48; doch ist die Schrift, die ihm Eusebius «.gleichgesetzt: und nach dieser Naturnotwendig-
zuschreibt, wohl nicht von ihm selbst verfaßt, keit vollzieht sich der ganze Weltprozeß (Arist.
sondern es sind Aufzeichnungen, die seine Schüler Met. A 3, 984 a 7. Cic. de fato 17, 39. Simplic.
aus den Lehrvorträgen entnommen haben: Hil- a. O. Diog. Laert. IX7=Dielsa. 0. 155, 9
genfei d Bardesanes der letzte Gnostiker 24ff., u. 58,11). Außerdem setzt er es mit dem Welt-
Leipzig 1864. Harnack-Preuschen Gesch. d. gesetz, der Weltvernunft identisch (Aet. I 7, 22
altchr. Liter. I 1, 190), Minucius Felix (de fato = Diels 58. 30). Ebenso suchen Parmenides
vel contra mathematicos : Hieron. de vir. illustr. und Demokrit diese dunkle Schicksalsmacht
c. 58. Bardenhewer Gesch. d. altchr. Lit. 1315. menschlich näher zu rücken, indem sie sie mit
Schanz Handb. d. klass. Altert. VIII 3, 268), 30 ölxi}, ngövoia und dem weltgestaltenden Prinzip
Alexander Aphrodisiensis {tiqoz tovq avro- zusammenstellen (Aet. I 25, 3 ^ Diels HO, 29).
xQatoQag nsgl sifiag^Evr/g: Scripta min. ed. Bruns Auch Pythagoras kannte die L und nannte sie
II 164ff), Origenes (Exzerpte daraus in einem rs x&v oltav aal xaxd {liqos ahiav rfj$ öwtxTJosüis,
cod. Palat. Gr. 209 fol. 167». Pitra-Stevenson Diog. Laert. VIII 1, 27. Phot. cod. 259). Später
Codd.manuscr.Palat Graeci Bibl. Vatic. 106. Har- schrieb man auch Pythagoras eine mystische
nack-Preuschen a. 0. I 385), Tertullian (de Lösung des Schicksalsproblems zu, Lydus de mens,
fato, er nennt die uns nicht erhaltene Schrift de LT 10 p. 31 Wünsch schiebt ihm m, daß er ihr
anima c. 20. Harnack-Preuschen a. O. I 672), die Zahl 5 ^ zugeteilt ^ habe :^ inü xüv aladrjTcov
Diodor Bischof von Tarsus {xara dfiagfiEvr}? nazdoxeiv tr\v dfxaQ^hrjv Xdyog, die späteren Py-
größere Partien daraus bei Phot. bibl. cod. 223 40 thagoreer setzten sie mit der Dekas identisch,
p. 208ff.), Hier ocl es (jh-qi ngovoias xai äpag- Procl. in Tim. 331 F. Allerdings findet sich
fdvTjCy Bruchstücke ebenfalls bei Phot. bibl. cod. nirgends etwas angedeutet über das Wesen der-
214 und cod. 252), Gregorius Nvssenus {xaxa selben, sowie über das Verhältnis zwischen«.
st[iaejx£vt}$ : Migne G. 45, 145ff.) F Ioannes und dem einzelnen Individuum, daher dennjiuch
Chry so stomos (jingl dfiagfiivrjg ts xai jigovoiag, der Ausfall des Anaxagoras xevöv zovro ovofta
sechs Reden: Migne G. 49, 749ff.) t Proklos (de (Alex. Aphrod. de fato 2 = p. 165, 22 Br.).
Providentia et fato). b) Stellung Piatons zur Schicksalsidee;
Ferner finden sich Bruchstücke von weiteren Aristoteles. Daß aber im 6. und 5. Jhdt. sich
Providentia I 77—88; Gellius noct. Att. XIV digkeit und eines von vornherein bestehenden
lff. (enthält die Angriffe des Favorinus), Origenes Verhängnisses sich vollziehe, dem der Mensch
comm. zur Genesis, ausgeschrieben von Euseb. ohnmächtig mit gebundenen Händen gegenüber-
praep. ev. VI. XI 1— 82; Stobaeus Anth. I c. 5 steht, ersehen wir aus einer reichen Zahl von
p. 74ff.W.; Plotin Ennead. HI 1, lff.; Iulia- entsprechenden Äußerungen. Hierbei ist die
nus von Halicarnass in dem comm. zu Hiob Schicksalsmacht entweder gleichgesetzt dem Wil-
= üsener Rh. Mus. LV (1900) 326ff.; der sog. len der Götter oder sie steht als Allgebieterin
Ambro siaster in den quaestiones = Appendix über Gott und Mensch (Welcker Griech. Götter-
zu den Werken Augnstins Migne L. 34, 2347: de CO lehre II 188, Göttingen 1860. Nägelsbach Die
fato, dazu F. Cumont La polemique de TAmbr. nachhomerische Theologie des griech. Volksglau-
contre les Paiens = Revue d'hist. et de litt, relig. bens 22. 141-157, Nürnberg 1857. Zell er
VIII(1903)431ff.; Eusebius Praep. evang. VIc. 1 Philos. d. Griech. I* 96. Max Wundt Geschichte
—11; Augustinus De civitate dei V 1 , speziell d. griech. Ethik I 1908. 230ff. 293. 333). Mit
gegen die philosophische Auffassung des Fatum: diesen Vorstellungen wird nun Ende des 5. Jhdts.
c. 8; Proklos Comm. in Plat. Tim., besonders der junge Phüosophenterminus S. in Zusammen-
p. 322ff. und in rempubl. p. 50ff. Scholl.; Suidas hang gebracht, so spottet Piaton darüber Gorg.
a. t. $. I 2 p. 765ff. 512 E f daß es Weiberart sei, zu glauben, ort rijv
FanlT-WissowA-Xroll VII 83
ä027
Heiuiarmene
Heimarmene
2328
st(A.a.Q(Jtevr}v ovft äv eTg sxtpvyoi, und Phaed. 115 A
läßt er den Sokrates sagen : Sxav tj ElfiaQfAivr} xaXfi
. . . i/it- ds vvv rjdrj xakst . . . <pafy av dvtjg xgayixög,
ähnlich Theaet. 169 C. In seinen späteren Schrif-
ten dagegen hat er das Wort vollberechtigt aufge-
nommen und zwar sowohl in deT Bedeutung von
Einzelschicksal als auch von Weltgesetz. Einzel-
schicksal ist es Polit. X 619C, wo die Seelen
sich ihr Lebenslos wählen, Weltverhängnis, ge-
ihxe Verkörperung fand (Roh de Der griechische
Romano Leipzig 1900, 296. 299. 302ff. Kaerst
Gesch. d. hellen. Zeitalters, Leipzig 1909, II 1,
202), andererseits löste sie die Überzeugung
aas , daß alles Geschehen nach starrer Natur-
notwendigkeit geschehe, daß der Mensch natur-
gemäß so handeln müsse, wie es ihm vom Ein-
tritt ins Menschenleben an durch eine dunkle,
unbegreifliche und unerschütterliche Schicksals-
maß dem der Kosmos entsteht und veigeht, 10 macht von vornherein bestimmt sei: Menschen-
wenn der oberste Gott, der Steuermann des
Ganzen, das Ruder fahren läßt: Politikos 271 E.
Legg. X 904C. IX 873 C. Als selbständiges
Wesen erhält sie aber im Vergleich zu der Idee
der Weltseele bei Piaton keine besondere Beach-
tung, er faßt sie als das Gesetz auf, nach dem sich
der Prozeß des Werdens vollzieht ; diese Auffas-
sung erkennen wir aus den zehn d/iagfievoi H~
yot, die der Demiurg den Sternseelen über die
handeln und Weltgeschehen ist unabänderlich
gebunden an das Verhängnis, das alles gleich
beherrscht. So gestaltet Zeno den Begriff der
i. für die folgenden Jahrhunderte und fand hei
der Unsicherheit und Inhaltslosigkeit des reli-
giösen Gefühls, das seine und die folgende Zeit be-
sonders kennzeichnete, großen Anklang (s. Wend-
land Die hellenistisch-römische Kultur in ihren
Beziehungen zu Judentum und Christentum in:
Natur des Weltganzen und des Menschen Tim. 20 Handbuch zum Neuen Testament I 2 1907, 60).
41 Dff. mitteilt. Danach zwingt die ävdyxrj
= mechanische Notwendigkeit die Seele in einen
Körper, die Seele selbst muß sich nach den ge-
gegebenen Gesetzen der Wandlung richten, was
wohl identisch mit L erklärt werden darf. My-
stisch hat er dies in weiterer Form in dem
Mythos des Er Polit. X 619 Cff. zum Ausdruck
gebracht, wo das Schicksal (= drei Moiren) als
Folge (Töchter) der Notwendigkeit dargestellt
Nach ihm ist das Schicksal die alles bewegende
Kraft, identisch mit nQovoia und <pvoig (Aet. Plac.
I 21 — Stob. I 5, 15. Theodor. Graec. Äff. Cur.
VI 14 p. 153 R.); dem religiösen Empfinden ent-
spricht er, indem er es mit Zeus identifiziert
oder es überhaupt als göttliches Urwesen be-
zeichnet (Epiph. prooem. adv.haeres. II 5 = Di eis
Doxogr. 588, 18). Aber nicht nur die äußeren
Geschehnisse der Natur vollziehen sich gemäß
ist. Umschrieben findet sich der Begriff der L 30 dieses allwaltenden Gesetzes, sondern auch jede
i i j » . i j j. •_ tu j_ ojon J nr ... TJC««„1.,4. mivrxe.>»'Vil ; !rt'Vifi TTon fllviTi er i of mit llirer» UWItrAn rmn
durch die Adrasteia Phaedr. 248 C, dazu Hippolyt.
Philos. 10, 19 = Di eis Doxogr. Graec. 569.
Später hat man Piaton die Gleichstellung von L
und tpvotg zugeschrieben (Porphyr, in Plat. remp.
p. 127, 36ff.), ebenso eine Scheidung xaz ovoiav
und xat' ivegysiav (Nemesius de nat. hom. c. 38
p. 753 M.), andere haben neben Spes Nemesis,
Amor und Occasio, auch Fortuna und Fata als
lügnerische Erfindungen des , wahnwitzigen 1 Pla-
ton hingestellt (Paulin. epist. XVI 4).
Aristoteles hat sich nicht weiter auf den Be-
griff der L eingelassen. Bekannt war ihm das
Problem des Fatalismus, doch bedient er sich
hauptsächlich zu dessen Bezeichnung der Worte
dxovaiov, olkov, dvdyxrj , ßia, q>vöiQ und polemi-
siert gegen diese Begriffe (besonders Nikom. VII
32ff.; Physik. II 196aff. VIII 254b. Hilde-
brand Aristoteles' Stellung zum Determinismus
und Indeterminismus. Diss. Leipzig 1885. llff.
63. Zeller 113 2, 330ff. 587ff.). Bei der 50
Aufzählung und Zerlegung der vier Ursachen:
vovs, <pv<jts, dvdyxn, tüjij hat er sie als Neben-
begriff der äväyxri untergeordnet: zi]v &k slfiao-
ftitnjv ovx ahiav fdv, zoonov de ziva ahiag avfi-
ßsßtjxoza Jtoog roig xf}g ärdyxijg zerayuevotg Aet.
plac. I 29, 2 = Stob. Ecl. I 6, 17.
c)Die Stoiker. Während bis auf Aristo-
teles der Begriff des Fatalismus nur eine neben-
menschliche Handlung ist mit ihren Folgen und
Ursachen nach ihm von vornherein bestimmt
{Diog. Laert. VII 1, 23. Dryoff Ethik der al-
ten Stoa = Berl. Stud. f. cl. Phil. N. F. II
1897, 130, 2). Kleanthes stellt die e. in Gegen-
satz zur göttlichen ngovoia und behauptet, was
nach der Vorsehung geschehe, geschehe auch ge-
mäß des Verhängnisses, aber nicht umgekehrt
(Chalcid. in Plat. Tim. 20. v. Arnim a. O. S. 8.
40 Dieterich Abraxas 75). Auf ihn geht der Satz
volentem dueunt fata, nolentem traliunt (Sen.
ep. 107, 10, u. a. Zeller III 2, 304), ferner das
Gebet an Zeus und an das Schicksal: äyov de
fi <5 Zev xal av y r\ xmQwuevr} \ otiov ?ro#'
vfüv df.il dtatETayuevos | tbg kyo/uat y äoxvog •
j}v de ye fii] ftslo) \ xaxög yevoptevog, ovSkv fyztov
eipofiai (Sen. ep. 107, 10. Epictet. Man. c. 53.
Vettius Val. cat. codd. astr. V 2 p. 40 und 43, 19.
Brinkmann Kh. Mus. LX 630).
Einen richtigen Begriff von der altstoischen
Anschauung erhalten wir aus den Fragmenten,
die uns von Chrysipp erhalten sind; er gibt uns
ein klares Bild, wie eisern konsequent hier die
Lehre von der i, durch alle Einzelheiten des
menschlichen Lebens und des xoofiog durchdacht
ist und wie sie sich mit kleinen Abänderungen
durch die Mittel- und Popularstoa der Kaiserzeit
erhalten hat (v. Arnim a. O. S. lff.). Nach ihm
ist Materie und Gott identisch, Gott = I. sowohl
sächliche Bolle in der griechischen Philosophie ^. ™ ,
spielte, trat er in den Vordergrund durch die 60 bewegendes als bewegtes Prinzip (Plofan. t-nneaa.
politischen Ereignisse, besonders infolge der Taten III 1 , 2 p. 162 HL), der Kosmos ist durch den
Alexanders. Wie er und die folgende Diadochen- in ihr immanenten göttlichen Logos eiir vernunl-
zeit alle bestehenden Werte rücksichtslos nach tiges Lebewesen; dem Wesen nach denK er sich
eigenem Willen zurechtschlug und so die Men- i. als hauchartige Substanz w»/«™l «w«
sehen ohnmächtig einem willkürlichen Geschick (Aet. I 28. Stob. I 5 f 15. ^^«M » J>""
unterwarf, so gewann einerseits die Idee die Doxogr. 323), oder als ^J*™* 1 * ■ *JgL w * r<_
Oberhand, das ganze Weltregiment sei nur das xar, das selbst v^vtxinmmm^» j JWim aller
launische Spiel einer Gottheit, die in der Tyehe Dinge in sieb, tragt, daher au** Uyoi oxsepa-
Heimarmene
Heimarmene •
2630
ttwoi oder Xtyoe onsQfiazix6$ genannt wird (Aet. bunden folgen muß, ob er will oder nicht, am
I 7, 83 = Plut. ep. I 7. Stob. I 1, 29 p. 37 W. besten aber daran tut, freiwillig der Notwendig-
— Diel s Doxogr. 305ff. Zeller a. O. Hl 1* keit sich zu fügen, und an dem Würfel, der so fal-
161ff.). Oder sie ist, um anderen Anschauungen len muß, wie er geworfen wird (Plut. de Stoic.
gerecht zu werden, die Weltseele = (da ng wv%r} repugn. c. 23, 1045 c. Hippolyt. philos 21, 2
Sta navrog dtrjxovoa; Plotin. Ennead. 1111,4, — Diels Doxogr. 571, 11. Stoic. vet. frg. II
nähergebracht als ■dsov vovg und Aiog Myog, 284. n. 975. v. Arnim a. O. 17), daher darf denn
Stoic. vett. frg. II 267 n. 928. 937. Um den eigentlich auch kein Vorwurf dem Menschen
Begriff des Gottlichen, Allgewaltigen anderweitig für sein Tun gemacht werden, Gellius VII 2, 5 :
faßbarer zu machen, setzt er sie mit anderen 10 fato putat omniu mov&ri et regt nee deelinari
Tolkstümlichen Werten identisch, charakteristi- trameendique posse agmina fati et volumina,
scherweise mit lauter unfaßbaren , wesenlosen peecata quoque hominum et delicto, non suscen-
göttlichen Vorstellungen, so nennt er sie: aA*?- senda neque induemda sunt ipsis voluntatibus-
-ftsia, alzta, qpvatg. äväyxt) nQomi&eig zag ersQag que eorum sed necessitaii euidam et instantiae
■dvoftaotag, u>g inl xtfi am?}s ovaiag aaif hegag quae oritur ex fato . . . et propterea Tiocentium
aal ezsQag smßoXdg. Dazu nennt Stob. a. a. O. poenas legibus inique constitittas , si homines
noch die Moiren Klotho, Lachesis und Atropos. ad maleßeia non sponte vemunt, sed fato tret-
Ferner setzt er selbst und seine Schüler sie mit huntur, vgl. Alex. Aphrod. c 26ff. und Stoic. vet.
Adrasteia und mit Zeus wesensgleich, Cornut. frg. II 284 n. 975. 984; zur ganzen Vorstellung
<; 13. Stob. I 5, 19. Euseb. a. O. XV 15, 6. 20 v. Arnim a. O. 13ff. Es ist nur mehr ein Spielen
Posnansky Nemesis und Adrasteia = Berl mit Worten, wenn Chrysipp trotzdem den Begriff
Phil. Abh. V 2, 1890, 72ff. , \gl. auch 52. 56. des Möglichen und der tvxv aufrecht erhält und ein
Zell er a. 0. III 1* 161, ebenso mit evvoftia, z6 s<p ijfilv, was aus dem eigenen Trieb und Ent-
öixtj , öfiovota f etQ^jvr} , Philodem, de Piet. frg. schluß geschieht und nicht bloß unter dem Druck
<;. XII (Diels Doxogr. 545b). Der Tätigkeit nach der äußeren Einwirkungen, dem unbedingt Notwen-
ist sie der Causalnexus aller Dinge, die xiwjots digen, xad? eijtiaQfievtjv geschehenden gegenüber-
ai'dwg ovvextjg xal zezayfiivy (Theodor, de affect. stellt, Stoic. vet. frg. II p. 289f. n. 965. 970, 972.
VI 14 = Stoic. vet. trg. II p. 265 n. 916) oder 973. 979. Zeller a. a. O. III H, 167-169.
wie Cicero sagt ordo seriesqtte causarum, cum v. Arnim a. O. 13 — 15. Als Beweis dafür dient
causa causae nexa rem ex se gignat. ea est ex 30 ihm der ägydg loyog: jeder Satz muß entweder wahr
omni aeternitate fluens veritas sempiterna . . ex oder falsch sein, nachgewiesen an dem Beispiel
quo intellegitur, ut fatum sit non id } quod super- der Seeschlacht Alex. Aphrod. X, vgL Stoic. vet.
stitwse, sed id quod physice dicitur, causa frg. II 279ft., 959—964. 282ff. 974—1007. Ver-
aeterna rerum, cur et ea quae praeterierunt mutlich hat er seine ursprüngliche starre Mei-
faeta sint, et quae instant, fiani, et quae sequen- nung von der i. dvixr\zoq xal ävexßtaoto; xal
tur, futura sint (de divin. I 55, 125f. ; vgl. Gellius xegtyevtjzixt] aitarzotv (Plut. de Stoic. rep. 46
VII 2, lff). Selbst das Handeln der Götter ist p. 1055 e) später auf die Angriffe seineT Gegner
völlig dieser Ur kraft unterworfen und nach ihm hin erst so modifiziert.
bestimmt (Stoic. vett. frg, II p. 266 n. 924 vgl. 919. Die Beweise seiner Anschauungen schöpft er
922. 9231. Chrysipp hat auch die weitere Folge- 40 1. aus Dichterworten (Stoic. vet. frg. U 266.
rung nicht gescheut, dies auf das Menschenlehen 925), 2. aus der Etymologie der Schicksalsbe-
in voller Konsequenz auszusprechen, er ist so der Zeichnungen (ebd. u. Diogenian hei Euseb. VI 8,
Vollender des Fatalismus geworden. Nicht wir, 1 p. 262ff ), 3, aus derMantik. Letztere zeigt, daß
sondern das Schicksal denkt und handelt in uns, nicht bloß die bedingenden Ursachen, sondern
wir sind an sich nur das, als was uns die Ur- auch die Folgen von vornherein bestimmt sind; be-
kraft geschaffen hat. Dieser Gedanke war von sonders beweisen dies die Orakelsprüche. Gewisse
so ungeheurer Tragweite, daß er in seiner letzten von Gott besonders begnadete Menschen kennen
Konsequenz alle bestehenden sittlichen und po- das, was kommen wird, aber so unerschütterlich
litiseben Werte umstürzen mußte. Chrysipp hat fest ist die £. , daß selbst einer , der das Ver-
sich nicht gescheut, ihn trotzdem auszusprechen: 50 hängte weiß, ihm doch nicht entrinnen kann:
der Mensch steht in dem gewaltigen Weltmecha- Beispiel das Orakel an Laios: Stoic. vet. frg. II
niamus völlig willenlos und gebunden da. Jede 270—272. 939—944. Eine Bestimmung der I.
Handlung ist eine naturgesetzliche conditio sine in der Geburtsstunde nach astrologischen An-
qua non, die ganze Reihe der unmittelbaren und schauungen kennt weder Chrysipp noch Zenon,
mittelbaren Ursachen ist scharf vorherbestimmt ; nach ihnen ist es eben das naturnotwendige Ge-
diese fixiert eben das Schicksal zur Erreichung schehen gemäß dem unverbrüchlichen Causalnexus,
seiner Ziele, also ist jede Seele und ihre Hand- das allein das Prinzip derselben, das mit Zeus,
lungsweise gebunden durch Naturnotwendigkeit Apollon (vgl. Barth Die Stoa2, Stuttgart, 1908,
Selbst Gesetze, Strafen, einzelne Ermahnungen, 58ff.) identisch ist, veranlaßt, kennt und durch
Künste, Gesundheit, Krankheit und Genesung, Lob, 60 seine Seher den Mensehen mitteilt.
Tadel sind im Voraus schon festgelegt gewesen, Unterdessen wurden die Griechen mit dem in
Chalc. ad Plat. Tim. c. 160f. Darin liegt aber, Babylon aufgewachsenen astrologischen Fatalis-
da ja letztere göttliche Kraft durchrieselt, Ver- mus bekannt (Kroll Ans der Gesch. d. Astrol.
nanft, mitbin ist der wahrhaft frei, der seinen = Neue Jahrb. VII (1901) 561 f.), und es ist De-
Willen mit dem Walten derselben völlig identi- greiflich, daß er bei den Stoikern nachhaltigen
fiäert , der nur noch das Vernünftige wollen Anklang fand. Die Lehre von der absoluten Sym-
kann: der Weise. Typisch veranschaulicht er diese pathie im Weltganzen fand in der babylonischen
Idee an dem Hund, der an einen Wagen ge- Lehre, daß alle irdischen Vorgänge kraft einer
2631
Heimarmene
Heimarmene
2632
untrüglichen Weltvemniiffc auf das engste mit
dem Wandel und dem gegenseitigen Verhältnis
der Sterne zusammenhängen , ihre volle Bestäti-
gung. Wer von ihnen zuerst den Sternenglauhen
mit den Lehren der i. in Einklang gebracht hat,
läßt sich nicht erweisen, aher bereits vor Pa-
naitios müssen stoische und astrologische Ideen
verschmolzen und mit den moralischen und so-
zialen Verhältnissen in Zusammenhang gebracht
worden sein. Denn Chrysipp verwertete bereits
chaldäische Lehren (Bouche-Leclercq L'astro-
logie grecque, Paris 1899, 3S), und Karneades
wies bereits die Astrologie zurück, ebenso mit
Gründen des Karneades Panaitios (Schmekcl
Die Philos. der mittl. Stoa, Berlin 1892 320ff.).
Poseidonios nimmt sie dagegen vollberechtigt in
die stoische Theologie auf und verteidigt die ab-
solute Sympathie zwischen Himmel und Erde
{Schmekel a. 0. 244ff. 246. Barth a. 0. 60).
Aber sein Schicksalsbegriff ist bereits anders ge-
stellt; während für Chrysipp und Zeno Schicksal,
Vorsehung, Gott und Materie völlig identisch sind,
trennt er und stellt folgende Reihe auf: Zeus —
Natur (Materie) — Schicksal (Aet. Plac I 28
= Diels Doxogr. 323). Wir haben hier also die
Trennung von dem altstoischen Prinzip der be-
seelten Materie und Unterstellung der l unter
ein höheres Wesen. Jede Mantik ist daher zuerst
abhängig von Gott, dann vom Schicksal, dann
von natürlichen Dingen (Cic. de divin. I 55, 125).
Das ewige Schicksalsgesetz ist in seinem Wesen
die Verknüpfung von Ursache und Wirkung, im
Menschen durchschaut es der freie göttliche Geist,
sieht in ihm die Keime und die aus denselben
entstehenden künftigeu Handlungen liegen (Cic.
a. 0. 126ff. Wachsmuth Die Ansichten der
Stoiker über Mantik und Dämonen, Berlin 1860,
I8ff.). Er zeigt in der Astrologie das Wesen der
i. in konkreter Gestalt. Die Lehre selbst ist für
uns in ihrer ursprünglichen Fassung allerdings
verloren. Wir können sie aber aus den Nach-
wirkungen auf die späteren, besonders auf Mani-
lius rekonstruieren (Boll Studien über Claudius
Ptolemaeus, Jahrb. f. klass. Phil. SuppL-Bd. XXI
221 und Die Erforschung der antiken Astrologie,
Neue Jahrb. f. d. klass. Altert. XXI 1908, 107).
In den folgenden Jahrhunderten sind k. und
Astrologie, die Lehre von dem Geschehen nach
dem starren Gesetze einer unentrinnbaren Schick-
salsmacht und die Überzeugung, eine magische
Gewalt verknüpfe alles irdische Werden und Ver-
gehen mit dem Gang der Planeten, eng verbun-
den, vgl. Sen. cons. ad Marc. 18 ex horum [quin-
que siderum] levissimis motibus fortunae po-
puhrum dependent, de provid. 5: (ata nos du-
cunt et guantum euique restet, prima naseen-
tium hora disposuit. Weitere Belege Bouche-
Leclercq a. 0. 552, 3f. Dabeibleibt auch den
Stoikern der Kaiserzeit Gottheit und Schicksal
im Grunde wesensgleich , Sen. nat. quaest. LT
45 sagt von Iuppiter: c-ui nomen omne eonvenit
vis illum, fatum voeare? non errabis, hie est, ex
quo suspenso, sunt omnia , ex quo sunt omnes
eausae cansarum. vis ülum providentiam dieere?
rede dices . ... vis illum naturam voeare? non
peccabis . ... vis ülum voeare mimdum? non
falleris, vgL de provid. c. 5 und Corautue epidr.
c. 13. In dieser jüngeren Sichtung hebt sich
besonders scharf ab der Begriff des großen Welt^
fatums , das in ewiger Wiederkehr aller Dinge-
sich vollzieht. Wie eine Kette schließen sich
Ursachen und Wirkungen nach demselben Gesetze-
immer wieder gleichartig ineinander, so wie es
schon einmal in Erscheinung trat. Menschenlehen
und historische Prozesse sind mithin nur vor-
übergehende Modifikationen des. Urgeistes, der
Ursubstanz, Sen. Consol. ad Marciam XXVI 4.
10 M. Aurel. «V kavtov VIT 49. IX 38. Kaerst a. O.
159f. 163. Der Weise denkt daher sich immer
als Teil zf t g ov/ujidorje ovaiag . . . xai ifjg etftag-
[iSvijs, %$ noGxov ei fiigog (Marc. Aurel. a. 0.
V 24). Die heitere Ruhe des Überwinders be-
glückt den, der so sein Geschick als avo>&sv
ex zwv TZQEoßvzdjcov airtMv ovyxXoy&6(i£vov tragen
kann (ders. V 8), man muß es tragen, wie die
Verordnungen eines Arztes (ebd.), ist auch manch
bitteres Tränklein dabei, so bringt es doch Ge-
20sundheit, nämlich Ruhe des Gemütes.
Wir erkennen die Idee von der L = Kausa-
litätsgesetz bei vielen andern Schriftstellern, die,.
obwohl außerhalb der Stoa stehend, doch stark
stoisch gefärbte Weltanschauungen tragen, z. B.
nennt sie Philon: dxoXovd'ia xal dvaXoyia zöv avft-
tt&vtcov EiQfiov £%ovöo. ddtäXvzov s= de mutat. nom.
135 W. Alles ist abhängig vom Steuermann des.
Weltalls, dem göttlichen Logos, daher bleibt der
Menschen Handeln für Glück und Unglück an sich
30 ohne Belang, de Cherub. 34if. Quod dem sit im-
mutabüis. 177. Gegen den Begriff der L als
Sternenschicksal zieht er allerdings mit Grün-
den des Karneades ins Feld : de provid. 77—88.
Wendland Philos Schrift über die Vorsehung,
Berlin 1892,240*. — Die Weltordnung heißt als-
unentrinnbare Notwendigkeit: ?6 zijg etuagptsvtjg
ävayxa7ov bei Dion Prus. or. II 78, sie wird mit
xv%7\ und nejiQo'wsvov gleichgesetzt von Alciphr.
I 25, ebenso setzt nach stoischem Muster sie der
40 Verfasser der Schrift hsqI xöopov c. 7 identisch
mit Zeus — dvdyxt} — XEJiqoiftEvr) — polga — ve-
usotg — 'Adgdoxeia — aha (Capelie Die Schrift
von der Welt, N. Jahrb. VITI 1905, 560) und
Pausanias VUI 21, 2 mit aväyxr) = mxQayfisvr).
— Auch in die Religion der Juden ist sie ein-
gedrungen, so berichtet uns Josephus ant. lud.
XIII 5, 9. XVIII 18, daß die Pharisäer das
Walten der H. teilweise, die Essener aber sie als
Herrin aller Dinge anerkannt hätten, während
50 die Sadduzäer sie zurückwiesen.' Dies ist wohl
mit Bousset (Die Religion des Judentums, Ber-
lin 1906, 533) als Fremdgut d. h. stoischer Im-
port zu betrachten.
4. Astrologische Auffassung: Heimar-
mene = Sternenschicksal. Neben dem Ein-
fluß, den die Stoiker auf die Weltanschauung der
Gebildeten hatten, trug aber die Zunft der Chal-
däer den Glauben ans Schicksal praktisch in
weite Volksschichten in Hellas und Rom ein und
60 machte ein erträgliches Handwerk aus dem, was
im Orient darüber geschaffen worden war. Das
Werden und Festwachsen derselben in der alten
Kultur ist zum großen Teil der indirekten Pro-
paganda zuzuschreiben, die die Lehre toi» der
stoischen i. für sie bildete. Wie mm die Stoiker
als alleinigen Nutzen der Mantik im letzten
Grunde die uneischttfcteriklw Jtohe gegen alle»
Kommende im Bewußtsein, daß es unbedingt so
kommen muß (Cic. de div. II 8), priesen, so
hatten eigentlich die Astrologen für ihre Kunst
kein anderes Moment zu betonen, da ja das Walten
des Schicksals mit unverbrüchlicher Naturnot-
wendigkeit sich aus den Gestirnen ablesen ließ.
So erklärt Vettius Valens als größten Vorteil,
den man aus der Kenntnis der e. gewinnen kann,
3aß man mit heiterer Ruhe der Zukunft ent-
gegengeht und dem Schweben zwischen der Göttin
Tv%rj und ikjitg enthoben ist, V6 = cat. codd. 1
astrol. V 2 p. 30, 3ff.: ol dk nsoi zr t v zcöv jueA-
Xovrcov ütQoyvcaßtv xal xrjv äXrj&siav ao%oXri$£v-
zeg äöovXaydiyrjzov xal iXev&egav rfv yfvzjp *«f-
oa.fA.evoi xaratpQovovai ßhv zfj$ WXV^> ov ^Q ?-
xagrsQovai de iX;iidi, zov de ddvazov ov <po-
ßovrxai, dzaed%a>g öh öidyovoi, TtQoysyvjuvaxorsg
ttjv y>vxh v ^aQöalear xai ovze fiyv im zoTg dya-
$otg dyäXlovzai ovrs sjiI zote tpavloiQ ra^etvovvrai,
dgxovvzai dk tois aagovot. Sie haschen nicht nach
Unmöglichem, sondern tragen das Verhängte als 20
unerschütterliche Soldaten der £., vgl. VI 9 = a.
a. O. 40, 33ff. 41, 11 ovöstg sXsvd-eoog, Jiavxes öh
dovloi zrfi sifiaQfievt^g. Der Astrologe trägt ohne
Murren sein Schicksal, wie ein Sklave die Launen
seines Herrn (ebd. 51, 7ff.). Weder Geburt noch
Opfer wird die Befehle der letzteren umstimmen.
Dieselbe Anschauung vom Nutzen der Astrologie
vertritt Ptolemaios Tetrab. ed. Melanchthon Basel
1551 p. 11.
Während aber bei den Stoikern die Astro-30
logie nur ein Teil der Mantik ist und als sol-
cher nur als eine Stütze zum Beweis einer alldurch-
nutenden Schicksalsmacht dient, ist für die Astro-
logen dieselbe völlig identisch mit dem Walten
der Sterne: Der Neben begriff wird zum Haupt-
hegriff erhoben und geht in ihm auf; so kommt
•es, daß man unter i. völlig dasselbe verstand
wie unter dem Begriff der Astrologie.
So ist in der hermetischen und astrologischen
Literatur unter H. stets das Wirken der Planeten 40
verstanden : Lyd. de mens. IV 7 p. 70 Wünsch.
Suid. a. 0. f. = yeveaig. Reitzenstein Poi-
mandres, Leipzig 1904, 46. 51. 113; ebenso bei
den Gnostikern, Clem. v. Alex. Exe. ex Theod. 78
= opp. III S. 453 Dind. Pistis Sophia c. 13, 16ff. 21
n. ö. Von anderen will ich noch nennen : Orig. Phi-
loc. XXXDZ p. 187 Rob. £. = z<öv nXavatfiivcov
nazsQoyv invzXoxi} jzqos zovg h tcü fadiaxw.
Für die Astrologen genügt es, auf die oben ge-
nannten Stellen aus Valens und Ptolemaios hin- 50
zuweisen. Hierbei erleidet nun der Begriff der
€. folgende weitere Unterscheidungen: Sie deckt
sich an sich mit der Bahn der Planeten und der
Herrschaft, die dieselben auf die irdische Atmo-
sphäre ausüben. Gott ist dabei völlig ausge-
schaltet, er hat die Regierung, ebenso wie auch
die anderen Götter, völlig den Gestirnen über-
tragen; die l ist an sich kein persönliches Wesen,
sondern eben das Gesetz, nach dem die ovttxd&eia
oXoiv Sternenlauf und irdische Verhältnisse in 60
Zusammenhang bringt. Danach steht alles un-
entrinnbar unter der i. der Planeten : das Leben
jedes einzelnen Menschen, Leib und Seele, Ge-
sundheit und Willensentscheidungen, Altersstufen,
sowie das Werden und Leben der einzelnen Völ-
ker, ja selbst eines Tempels, einer Stadt, Schiffes
usw. Die Konjunktur ruft ohne Unterbrechung
stets neue Wirkungen hervor. Wie ein
dem flüssigen Wachs sein Bildnis gibt, so gibt die
Konstellation dem Menschen, wenn er das Licht
der Welt erblickt, sein Schicksal, Sen. Consol. ad
Marciam 18, 3. luven. VII 194. Tac. ann. VI
22. Vett. Val. a. 0. 52. Gregor. Nyss. p. 148M.
Firm. Mat. 18, lff. 9, lff. Augustin. de civ.
dei V 1 u. a. Konsequenterweise war mithin
jedes Zwischenwirken einer anderen Macht aus-
geschlossen, so hatte Zenon und Chrysipp die Per-
sönlichkeit eines Gottes geleugnet , Opfer und,
Gebet an sich verworfen, und es hat nach diesen
eine Reihe von Männern, die der Lehre von der
i. anhingen, ein Zwischengreifen der Volksgötter
in das starre Räderwerk des Gestirnverhängnisses
für Aberwitz gehalten. Gott und Mensch stehen
völlig machtlos dem Schicksal gegenüber, das
eben durchaus identisch mit dem mechanischen
Naturgesetz ist. Die Gedanken, die wir bereits
bei Moschion Teleph. (frg. 2 p. 631 N.), Isocrat.
X 52 ausgesprochen finden, sind besonders stark
im 1. Jhdt. n. Chr. hervorgetreten. Tiberius
vernachlässigt so den heimischen Götterkult in
dem Bewußtsein, daß alles dem Fatum unter-
worfen ist (Suet. Tib. 69). Man fügt sich in
das allmächtige Gesetz, achtet es, betet es aber
nicht an und opfert ihm nicht, Sen. nat. quaest.
n 35 ; ep. 70. Vett. Val. a. O. 30. 51, 8ff. Lucian.
Iupp. conf. 5. Mas. Tyr. XI 4ft\ 5. AI. Aphr.
20 S. 196, 26 Br. Iuüan von Halic. a. O. 333.
Dazu Cumont Les religions orientales dans le
paganisme Romain, Paris 1906, 218. 316, 46.
Helm Lukian u. Menipp, Leipzig 1906, 121.
Wie ein Schauspieler bald die Rolle eines Königs,
bald eines Bettlers spielt, bald eines Gottes oder
simplen Bauern, so sollen wir uns in die uns
vom Schicksal gegebenen Rollen fügen (Vett. Val.
a. O. 30, vgl. Epictet XVII).
5. Schicksal und Gottheit. Neben dieser
Vorstellung einer dunkeln allgewaltigen Schicksals-
macht lief durch die Jahrhunderte hindurch eine
Abart, die wir von Moira schon bei Homer finden,
die von i. aber umgeprägt wurde durch Chry-
sipp. Er hat nicht so rigoros wie Zenon mit den
bestehenden Anschauungen von den Göttern und
ihren Kulten gebrochen, sondern das Zugeständ-
nis gemacht, es gibt Einzelgottheiten, die aller,
dings nm nach dem großen Weltgesetz in die irdi-
schen Verhältnisse eingreifen können. Sie wissen
das Kommende, denn sie kennen die Verknüpfung
von Ursache und Wirkung und sie zeigen dies den
Menschen durch Vorzeichen an, so daß man ihren
Willen daraus erkennen und sie bestimmen kann,
die Drohungen zurückzunehmen; dies geschieht
aber nicht gegen die i., sondern dem Schicksal
gemäß (Cic. de div. II 63, 130. Sen. nat. quaest.
H 38, 2. Wachsmuth a. O. 26). Während bei
ihm aber an sich Götter und Schicksal sich decken,
stellt Poseidonios die Dreiteilung Zeus — Natur —
Schicksal auf. Dies bedeutete einen Bruch mit den
konsequent durchgeführten altstoischen Ideen und
gab nun zu den mannigfaltigsten Schiebungen
Anlaß. Davon sei erwähnt: Gott steht fern der
£., ebenso die gottähnliche Seele. Es beherrscht
dieselbe also nur den Kosmos und die Materie. Sie
ist dann aber nicht mehr die jivevpaTtxij twaia
als Urprinzip, sondern von der Gottheit bestimm-
tes, unter ihr mechanisch waltendes Naturgesetz.
Wir sehen hier Platonische Anschauungen (vgL die
2635
Heimarmene
Heimarmene
3636
sifiaQ(*£voi X6yot Tim. 41 E) mit stoischen verbunden.
Statt zu der Gottheit greift man auch zu dem in
dieser Zeit beliebten abstrakten Begriffe und
stellt entweder die Dreiteilung agdvoia — dvdyxrj
— s. auf, wobei eines aus dem andern hervor-
geht, die itqövota aber alles in sich faßt (Stob. I 5,
16 p. 79 W.), oder man trennt vovg — dt}fMov@y6g
— i. (Herrn. Trism. I 9. S. 4 P. Dieterich
Abraxas 75). Dazu saugen diese Ideen noch die
chaldäischen Schicksalslehren auf, die mit der
Drehung des gestirnten Himmels verknüpft sind,
so daß die e. als Werk von Dämonen betrachtet
wird, die teils auf Befehl Gottes, teils gegen ihn
die Herrschaft über den xöopog sich angeeignet
haben. Diese Vennengung begegnet uns besonders
in der Lehre der Hermetiker (Stob. I 5, 14 p. 77 W.
und 16 p. 79 W. Herrn. Trism. a. 0. und c. 12
S. 102ff. Lyd. de mens. IV 7 p. 70 Wünsch.
Eeitzenstein a. 0. 51 ff.), der Valentinianer
(Exe. ex Theod. a. 0. 451, 69ff.), der Peraten (Hip-
polyt. ref. haer. V 16, 188ff. D.-S.), der späteren
Gnostiker (in der Pistis Sophia wird allenthalben
darauf angespielt, vgl. Anz Ursprung des Gno-
sticismus — Texte u. Unters, z. Gesch. d. altchr.
Lit. XV 45), ferner in der Lehre des Mithras
(Cumont Mithras I 18, 2. 86ff., ferner 294. 296)
und in einer Reihe von Geheimkulten (z. B. der
Isis, s. u.). Zu vergleichen ist auch der erste Ber-
liner Zauberpapyrus (Parthey Abh. Akad. Berl.
1865, 126 Z. 216. Eeitzenstein 78): vmoäöm-
oov fiov Jigog Ttäaav vstsqoyjiv i$ovoiag } dai/iiovog,
■d-govov, stpiagfiEVtjg ' va,i xvqis, ort EmxaXovpal
aov to xqvtixov ovopa xb dirjxov äiid xov oxeoe-
tofiaxog im xqv yfjv. Auch die Christen der spä-
teren Zeit waren der L in ähnlichem Sinne zu-
getan, sie gingen sogar soweit, Christus als
Schöpfung der Sterne hinzustellen, Orig. philoc.
XXXIII p. 188 Hob. Ainbrosiaster erwähnt Chri-
sten, die behaupteten, Christus habe sich in
seiner ganzen Tätigkeit nach dem Fatum (= ars
matheseos) gerichtet, a. 0. S. 2358. Cumont
Revue d'hist. et de lit. rel. rc. VIII 435f.
6. Irdische und himmlische Heimar-
mene. Daneben fand aber auch eine andere Auf-
fassung der L Anklang. Aristoteles hatte die
beiden Welten über und unter dem Monde ge-
schieden, das Reich des Fixsternhimmels und der
Planeten von dem Reich der ysveatg und <pdoQ<x.
(Spätere schoben ihm die Gleichsetzung der i,
mit dem Lauf der Gestirne zu: So der Platoniker
Attikus bei Euseb. praep. evang. XV 12, 2).
Dies hatte Xenokrates zu einer an sich schon
gegebenen Dreiteilung erweitert, Fixsternhimmel,
Planetenwelt und Welt unter dem Monde, und
als Hüterin soll er jedem der Gebiete eine der
Moiren zugewiesen haben (Sext. Emp. adv. rnath,
VTI 149. Heinze Xenokrates 75ff. Ps.-Plutarch
de fato p. 568 E schreibt diese Dreiteilung des
Weltraums an die Moiren Piaton zu, ebenso Chal-
eidius in Tim. c. 144 p. 203 W. und Proclus
in Plat remp. p. 50 Seh.). In diesem Sinne
scheiden nun die späteren Astrologen eine ßsta
nnd tpvötK^ i. , erstere herrscht in der Bahn
der Gestirne, sie ist von unabänderlicher Natur-
notwendigkeit und unverrückbar, letztere unter
dem Monde, diese aber ist wandelbar, und zwar
kann sie der menschliche Wille zerreißen. Trotz-
dem- aber besteht zwischen beiden eine Verbin-
dung: die L der Sterne wirkt auf die irdische»
Dinge, trifft aber dort Wideretande, auf die si*
zwar ihren Einfluß ausüben kann, aber nicht mit
naturnotwendiger Folge ausübt. Besonders aus-
gesponnen ist diese Ansicht von Ptolemaios im
den Tetrabibl. p. llff., der hierbei peripatetische-
Grundlagen be nützt, Boll N. Jahrb. f. klass.
Phil. Suppl. XXI 158ff. Ebenso spricht sich
Alex. Aphrod. aus c. 6 S. 169ff. Br. T der jedoch
10 besonders scharf die Willensfreiheit betont. Wer
z. B. sinnlich veranlagt ist, müßte nach dem
Fatum entnervt werden, doch kann ihn davor
Einfluß besserer Menschen bewahren und so das*
Fatum brechen. Daher sind auch die Irrtümer der
Seher zu erklären, sie können nicht wissen, ob
sich in dieser Hinsicht alles nach Natur und Fa-
tum vollzieht. Auf die i . &eta spielt auch Chal-
eidius an, wenn er von der felix necessüas per-
petuae beatitudmis der Sterne spricht: in Tim.
20 c. 160 und c. 177.
7. Heimarmene = Materie. Als letzte
Phase des Bedeutungswechsels ist die Gleich-
setzung e. = <pvatg zu betrachten. Dies ist spe-
ziell neuplatonische Anschauung. So sagt Iam-
blich in dem Brief an Sopater (Stob. I 5, 18
p. 81 W.) rtfs Ök rifmQptivr)*; ovoia av^naoa ioxiv iv
xrj <pvoet ' q?vöiv Ös Xtyat tijv d/^gtaxov ahtav xov
xoofiov xal dxcoQtaxcog negie^ovoav zag oXag ai-
xt'ag xi\g ysvioEwg , ooa %toQioxa>q at xQSixtoveg
30 ovoiat xal öiaxoaf.trjöetg övredr}<paotv iv eavxmg.
Hier ist also der Ort, wo die f. ihre Wirkung
ausübt, die Sinnenwelt, sie selbst ist das Wirken
der niederen kosmischen Kräfte auf die Seele^
Natur oder Materie decken sich mit dem Schick-
sal (ebenso de myster. 8, 7. Zeller a. 0. III
2 a , 703). In dieser Ideenfolge identifiziert auch
Porphyr, in Plat. remp. p. 273 b die Platonischen
duaQfihoi Xoyot mit (pvoig, und Proclus in Tim.
41Ep. 323Bff. u. ö. Zeller III 23, 813. Kroll
40 De oraculis Chaldaicis = Bresl. Phil. Abh. VII 48t
50, wo Kroll auf Psell. 1145e fit} övvav^a^g
xrjv et/^aQfi£vt}v verweist und es wohl richtig mit
noli augere corporis in te dominationem interpre-
tiert, d. h. mit dem irdischen Leib und der Körper-
welt, der die Seele gemäß dem Gesetz der Ananke
einmal in jeder Weltperiode angehören muß.
über dem Ganzen steht als Steuermann, Feld-
herr, König und wie die Vergleiche alle heißen,
Gott: tisqI xöoftov c. 7, ähnlich Chalcid. in
50 Tim. c. 188 summus deus iubet , seeundus or-
dinat, tertüis intimat. animae vero lege aguni.
Die Sterne sind nicht mehr die Schöpfer des
menschlichen Schicksals, sondern sie zeigen dies
nur als geheime Gottesschrift an ; die Seele steht
nicht von vornherein willenlos unter dem Fatum r
sondern jede einzelne wählt sich freiwillig vor
dem Eintritt ins Leben ihr kommendes Lebens-
los, das sie dann aber tragen muß (Bouche-
Leclercq a. O. 603; ähnliche Ansicht von der
60 Stellung der Sterne als geheime göttliche Schrift
der Zukunft ebd. 614).
8. Die verschiedenen Erlöserlehren,
wie man der H. entgehen kann. Demnach
vollzieht sich das Wirken der L rein automatisch
als Gesetz, so wie es von dem Weltsehöpfer auf-
gestellt wurde. Die Menschen haben ihm willen-
los Folge zu leisten nnd sich m tt der I
keit abzufinden, sich gegai d« Fitem i
2637
Heimarmene
^hihihi inniin
zu können. Daneben aber greift gleichzeitig der Ge-
danke weit in der Stimmung der Jahrhunderte
Plat«, daß es doch möglich sei, dies Fatum in
seinem Walten zu hemmen, zu schwächen oder
überhaupt zu beseitigen. Die Sehnsucht, seinem
Druck sich zu entziehen, zeitigt mannigfache
Auswüchse, die, einmal zagend ausgesprochen,
allmählich zu festen Theorien erhärten. Wir
können dabei drei große Gruppen sondern, in
denen auf verschiedene Form eine Lösung der 10
Frage gefunden wurde:
a) rein philosophisch ging man auf alte
Lehrsätze vom Wesen der Seele zurück, wonach
dieselbe ihrer Natur nach göttlich und an sich
frei sein mußte. Da nun Gott über dem Schick-
sal stand oder gleichbedeutend mit Schicksal war,
so konnte die mit ihm wesensähnliche Seele nicht
völlig in dem Zwang der Materie und des darin
obwaltenden Naturgesetzes verstrickt sein. Die
Stoiker haben sich mit diesem Problem der 20
Willensfreiheit besonders mühsam abquälen müs-
sen, aber entsprechend ihren ganzen Anschauungen
vom Wesen und Walten dgs Schicksals nur halbe,
nicht befriedigende Sätze erzielen können. Denn
sie konnten den Menschen nicht über das Schick-
sal herausstellen und in all seinen Handlungen
wirklich aus sich selbst heraus frei erklären.
Dagegen findet naturgemäß weit mehr Anklang
die Umformung der Schicksalsidee dahin, daß
an sich nur der Körper unter dem Druck des 30
Verhängnisses steht, während die Seele ihrer
Natur nach über es völlig erhaben ist. Dadurch
nun, daß sie gerade das Walten des Verhäng-
nisses erkennt, entrinnt sie ihm und wird, trotz-
dem der sie umschließende Körper darunter steht,
stets ihre göttliche Freiheit aufrecht erhalten.
Dies hatte bereits im Gegensatze zu Chrysipp Po-
seidonios schärfer betont, wir finden sodann die Idee
bei Manilius (H 390. 407) und bei Valens (cod.
astr. V 2 p. 49, 85ff M er stützt sich auf Orpheus ; 40
denn dieser habe behauptet, daß wir in Bezug
auf die Seele unsterblich sind und gottgleich
handeln; stirbt man dem Körper ab, so ist
man der £. enthoben). Letzterer wendet dies
auf die Astrologie an und schöpft aus ihr die
Kenntnis des Loses, das dem Körper beschieden
ist. Dadurch wird die Seele jeder vergeblichen
Bestrebung nach äußerem Glück enthoben und
so wahrhaft frei (a. O. S. 40, 33ff. 51, 7ff.), und
darum sind nur diejenigen wirklich Sovlot Tijg 50
rfpaQ/uivrjt; , die keine Kenntnis der Sternkunst
haben. Hier ist Valens selbst der Prophet, der den
Menschen in hochtrabenden Worten seine Lehre
verkündet; ebenso ist von Kritodemos [ogaoig
= Cat. Codd. astr. I 79) die Lösung von der I.
durch die Kenntnis seiner Lehre von der Bewegung
der Gestirne versprochen worden. Doch geraten
wir hier bereits in mystisch religiöse Ideen, wo-
bei der Astrologe der Priester der zur Religion er-
starrten Sternkunde ist, wie er es bis ins Mittel- 60
alter und die Neuzeit hinein geblieben ist, ohne
daß auf eine weitere selbständige philosophische
Lösung der Frage eingegangen wird. Dies wurde
besonders von den Neuplatonikern berücksichtigt
und auch von den Christen aufgenommen. Dem-
nach steht alles Körperliche, Krankheit, Armut,
Reichtum, Klima, Hitze, Kälte, Regen usw. unter
dem Einfluß des Fatum, nicht aber unser Wille.
Es ist uns gegeben, das Fatum zu erkennen, der
Entschluß und der Anfang einer Handlung steht
bei uns, ebenso die Möglichkeit, die Folgen der-
selben zu überschauen, die Folgen selbst aber
stehen völlig unter demselben. Nun ist aber die
stumpfe Menge nicht in der Lage, klar die Ge-
setze des Verhängnisses zu überschauen, und steht
unter demselben und erfüllt das Verhängnis, wäh-
rend der Weise im Hinblick auf das Walten der
Gottheit das Wesen der L durchschaut und frei
davon handeln kann (Plotin. Ennead. III 1. 10 u.
II 3, 9. Zeller a. O. III 2 3, 560. 585. Iambl.
de myst. 5, 18. 8, 7. Firm. Matern. I 9, 3ffi p. 29
Kr. Hermipp. s. de astrol. I c. 7 p. 10 Kr. Proel.
in Tim. p. 321 A. 323E. 314D. Kroll De orac.
chald. 54. Zell er a. O. 811ff. Chalcid. in Tim.
c. 152. Hicrocl. = Phot. codd. 251 p. 463b 10.
Zeller a. O. 787). Demnach steht fBr den
Weisen nur der Leib (Gesundheit, Leben, Tod)
unter dein Fatum, die Seele selbst wird dadurch,
daß sie sich den Einwirkungen des Leibes ent-
zieht, geklärt und frei von der e.
b) Für das Volk sind solche Lehren ein magerer
Trost, es verlangt nach mystisch-religiösen
Deutungen. Und es begegnen uns eine Menge
von Erlösertheorien, die sich besonders mit der
Aufhebung des Schicksalsdruckes beschäftigt und
weiten Anklang gefunden haben. Hierbei spielen
nun sämtliche Deutungen, die im Laufe der Zei-
ten die i. bekommen hat, eine besondere Rolle,
hauptsächlich aber wird dieselbe dabei als et-
was außerhalb der Gottheit, ihr feindlich Gegen-
überstehendes gedacht. Am wichtigsten ist die
Rolle gewesen, die die i. als Walten der Stern -
mächte gespielt hat, die als furchtbare Tyrannen
aufgefaßt werden, da sie im Gegensatz zu der gut
gedachten Schöpfung Gottes die Menschen zum
Abfall von ihm zu bringen suchen. Im Orient,
wo diese Lehren herangereift waren und die
weiteste Verbreitung gefunden hatten, sind auch
die Ideen aufgewachsen, wie man von dem Ver-
hängnis befreit werden kann, sie haben dann
im Abendland mit bestehenden religiösen Kulten
und philosophischen Theorien sich zu den phan-
tastischen religiösen Ideen verschmolzen, die als
Gegenmächte das sinkende Heidentum mit neuer
Kraft zu durchfluten versuchten. Zuerst soll der
Prophet Bitys eine Lehre verkündet haben, wie
auserwählte Menschen der L entrinnen und zu
der über ihr wohnenden Gottheit gelangen könn-
ten. Er hat seine Lehre ausgesprochen unter
einer Welt, die unter dem Alp des Gestirnfata-
lismus stand; im Mittelpunkt steht die Lehre vom
"Av&QtüTiog. (Die späteren Schriftsteller — Iambl.
de myster. VHT 4. Zosim. nsgl ogyävtov xal xa-
fj,iva>v yvfjota vjrofivrjftaxa tibqi xov to oxotyriov
— Berthelot Collection des Alchimistes Grecs
I 228ff., Paris 1888 stellen sie mit der herme-
tischen Literatur auf eine Stufe. Danach versetzt
ihn und die ganze Lehre Reitzenstein [Poi-
mandres 107] nach Ägypten, während Bousset
[Göttinger Anzeiger 1905, 699ff.] nachweist, daß
die Lehre seihst nicht in Ägypten, sondern wohl
im Zweistromland entstanden ist, von wo aus sie
von Bitys vermutlich nach Ägypten gebracht wurde.)
Daneben wird als Verkonder der Lehre von Zosimas
Zoroaster nnd der unauffindbare Nikotheus genannt.
Welche Form nun diese Lehre vom Menschensohn
aeay
Heimarmene
Heimarmene
ÜÖ4U
und von der Erlösung der H. hatte, läßt sich in
der ursprünglichen Fassung nicht mehr fest-
stellen. Sie ist sehr bald Mischungen mit grie-
chischen Kulten eingegangen, so mit dem Attiskult
(Bousset a. 0. 698), mit der Lehre vom Hermes
und ist später von da aus auf die gn ostischen
Christen der Naassenersekte übergegangen und
hat sich dann in der ganzen Gnosis weiter ent-
wickelt. Auch bei ihnen spricht als Hauptmotiv
die Frage , wie man dem Fatalismus entgehen 1
kann. Alle Menschen stehen unter dem Fatum,
wer aber dieser oder jener Religion sgerneinde
angehört, ist von dessen Zwang befreit. So
nennt Hermes und Zoroaster seine Anhänger
(— x6 <pi\oa6q>Q3v yivog) über der I. stehend
(Zosim. a. 0. 221), sie sterben durch das Ver-
senken in sich selbst und in Gott den Einflüssen
der Materie gänzlich ab und leben so bereits hier
in den höheren Kegionen, wo ihre Seele schon
vor dem Leben auf Erden war (Zosim. a. 0. 229. 20
Herrn. Trism. c. 12 p. 103 P.). Die hermetische
Lehre selbst zeigt auch in der Weltordnung
einen stark philosophischen Einschlag und An-
klang an griechische Doktrinen, so lehrt Hermes
als Urprinzip die TtQovota = avrorsX^g loyog rov
ETtovQaviov dsov. Aus ihr entsteht die dvdyxrj, der
wiederum die i, unterstellt ist: rfj Ss et^agfiEvi)
imr]Q£tovoiv m dozegsg " ovze yag Eifj.aQpisvrjv (pvyslv
xig dvvazai ovte <pvld^ai kavtov asiö rfjg zovxoiv
öetvozrjzog. ojiIov yag eifiaq^sv^g ol äaTSQes, xaxa 30
ya.Q xavxrjv ndvza djzozsXovot zfj yvosi xal xotg av-
ÖQ<&xots (Stob, I 5, 20 p. 82 W., dazu 14 p. 77 W.
und Lyd. de mens. IV 7 p. 70 Wünsch, oqoi 'AöxX.
Xlff. «= Reitzenstein 352f. , dazu 42ff.). Die
aber den Gott (Helios) erkannt haben, sind frei vom
Fatum, als Mittel wird schlechthin die svasßsta
— yvcooig zov &sov genannt (Lactant. divin. inst.
II 16) , dagegen bleiben die , die dieser Offen-
barung entgegentreten, Sklaven der H. (Zosim.
a. 0. 229. Reitzen stein a. 0. 102ff.). Auch 40
die Anhänger der Mithraslehre verheißen ihren
Gläubigen Freiheit von der Schicksalsgewalt und
den speziellen Schutz des Gottes, der ihre fioiga
und xvxn ist und sie nach dem Tode dem seligen
Leben zuführt, Eohde Psyche 112, 337. 400.
Dieter ich Eine Mithrasliturgie 52. Cumont
Mithras 156. 294 ff. Wen dl and Handb. z. N.
Testam. 171 f. Ebenso sicherten die Mysterien
der Isis ihren Angehörigen Lösung von dem Ge-
schick. So hat dem Apuieius das blinde , harte 50
Schicksal nur Leid und Elend zugefügt, bis es
ihn zufällig in die rettenden Arme der Isis geführt
hat, die die ihr Geweihten dem Fatum entzieht,
ja ihnen bereits auf Erden gegen dasselbe das
Leben verlängern kann und nach dem Tode Un-
sterblichkeit verleiht (Zinzow Psyche und Eros
113. 115, Halle 1881. Wendland a. 0. 171).
Bei den Chaldäern steht das ganze Schicksal in
der Macht der Hekate, die ihre jünger wiederum
zu schützen weiß (Procl. de prov. 179, 26. Kroll 60
De orac. Chald. 49f.). Noch Arnobius zieht gegen
die Gotteskinder los, die sich rühmen, durch ihre
Gottheit frei von dem launischen Geschick zu sein
und durch sie dem seligen Leben zugeführt zu wer-
den (adv. gentes H 62). Die Juden trösteten sich zu
der Zeit, da der Glaube an die allgewaltige i. die
düstere Weltanschauung der Massen bildete, mit
dem Gedanken, daß sie als das Volk Gottes ihr
enthoben seien, während die übrigen Völker ins-
gesamt ihrer Gewalt unterstellt seien (Beitzen-
stein a. O. 78). Auch die Christen stellen sich
ihren Erlöser als den Heiland der Gestirnmächte
vor, Ansätze dazu lassen sich schon hei Paulus
nachweisen (Rom. 8, lff.; Ephes. 6, 12. Bous-
set a. 0. 706). Als solcher spielt er eine be-
sondere Rolle bei verschiedenen christlichen Sek-
ten. So führt die Valentinianer Christus aus dem
Reich der i. in die Ogdoas, aus der Sklaverei
in die Freiheit (Clem. Esc. es Theod. 72 p. 451 D.).
Solange man nicht die Taufe erhalten hat, steht
man unter ihrer Gewalt, nach der Taufe haben
die Sterne keine Gewalt mehr (ebd. 76 S. 452 D.
78 S. 453 D.). Bei den Peraten löst schon das Be-
wußtsein des göttlichen Ursprungs und die Kennt-
nis der Wege, auf denen der Mensch zum Kosmos
herabgestiegen ist, von derselben (Hippolyt. adv.
haer. V 16 p. 188 D.-S. Anz a. 0. 19). Ein
ausführliches Durcheinander von falschen astrolo-
gischen und mystisch religiösen Vorstellungen
finden wir über das Verhältnis, in dem Christas
zur i. steht, bei den ophitischen Gnostikern.
Nach ihnen bestimmen die Archonten der oyatga
und die $. den Menschen nicht nur das äußere
Geschick, sondern verdüstern auch ihre Seele und
zwingen sie zur Sünde. Ihre Macht ist dadurch
gebrochen worden , daß Christus sie für sechs
Monate des Jahres nach rechts und für sechs
Monate nach links gedreht hat. Dadurch hat
er alle Einflüsse derselben gebrochen und durch
seine Mysterien die Seelen frei gemacht, die
ihm folgen wollen (Näheres bei Anz a. 0.
31ff.). Interessant ist, daß sie eine Zweiteilung
der i. kennen und von einer großen und kleinen
L sprechen. — Auch bei anderen Christen findet
sich die Überzeugung, daß sie frei von ihr sind,
es genüge auf Tatian hinzuweisen (ad Graecos
ed. Schwartz = Texte u. Unters, zur Gesch. d.
altchr. Litt. ed. Gebhardt Harnack IV 1 c. X S. 10)
rj/isTs ät" xai Ei/uagftEvrjg EOfikv ävwrsQot xal dvti nka-
rtjxöjv datftovojv sva tdv ajiXavij ösojiozr/v (iEfta&tf-
nafxev nal ov jca#' sipaQfiEVijv dydfievoi xovg xav-
xr\g vofiodixag ^aQrjxrj(iE&a. Christus hat die i.
zerstört (Io. Chrys. Homil. VI in Matth. Bouchö-
Leclercq a. 0. 612).
c) Neben diesen Kulten griffen auch magi-
sche Vorstellungen Platz, daß man durch
Zauber und Gebete die Macht der e. brechen
könne. So berichtet Arnobius II 62 von den
Magiern die stolze Behauptung deo esse se gna-
tos nee fati obnoxios legibus. Und in diesem
Sinne berichtet Lyd. de mens. II 10 p. 31
Wünsch von ihnen: ov yag v<p" e//«xon)r dyelt]v
mnrovoi Oeovqoi. Weitere Belege gibt Kroll
a. 0. 54. Bouche'-Leclercq a. 0. 612. Und
Neinesius (c. 36 S. 745 f. M.) berichtet von ägyp-
tischen Weisen, die da behaupten, die Gewalt der
Sternen-H. sei gewiß wahr: xa£jiso$ai 8e avxrjv
svyatg xai duzoxQomaofioig . etvat ydq xirag xai
zovziov avxäv xdv doxeQOiv ^sqaneiaq, zag ixftst-
Itaaof^vag avxovg xai alias xivag vxsßxetf^vag
övi'dptEig tag ZQcnetv avxovg dwap&HK xai 6th
tovxo rd? Ev%ag xal rag fagoxetae r&r &süv xai
zovg djioTgojttaöfWve imvevoijofou. Ferner ver-
spottet Arnobius (II IS und 62) die Magier, die sich
anmaßen, Beschwörungen zu kennen, die die auf-
steigende Seele vor der Gewalt der Sebicksals-
2641
Heimarmene
Heimarmene
ÜÖ4B
machte bewahren. Solche Beschwörungen haben
die Mithrasanhänger, die Gnostiker in Fülle auf-
gezählt und zum Teil wohl der Zauberliteratur
entnommen ; vielleicht denkt an diese Kulte Ar-
nobius, oder er kann auch damit die Zauberer
meinen (n 13 spricht er von den secretarum
artium rüus, II 63 von den magi), die in weiten
Schichten des Volkes ihren Anhang hatten und
abseits von den genannten Kulten mit ihren For-
meln das Schicksal beschwören und brechen konnten. 10
Dabei befinden wir uns aber in der Sphäre rein orien-
talischer Anschauungen, wonach L = Walten der
Planeten ist. So wird es begreiflich, daß der Be-
griff Zauberer im Abendland identisch geworden ist
mit Astrolog, dessen Tagesgewerbe nicht bloß die
Enthüllung der Zukunft, sondern auch die Angabe
der Mittel war, wie man drohendem Unglück
entgehen könne. Es geht also das Brechen der
£. darauf aus, den feindlichen Planeten herauszu-
finden und ihn durch Opfer, Gebete u. a. umzu- 20
stimmen oder seinen Einfluß abzuwenden, eine
Anschauung, die trotz der energischen Einsprache
von Philosophen , Staatsmännern , wissenschaft-
lich ernsten Astrologen und Priestern einen breiten
Kreis von Anhängern gefunden hatte und immer
wieder fand. So lehrte Chairemon, der Lehrer
Neros, Mittel, wie man das drohende Verhängnis
abwenden könne (Euseb. V 10, 5ff.). Dies ist
dann volkstümliche Anschauung bis hinein ins
5. Jhdt. geblieben ; dies zeigt zur Genüge Que- 30
rolus LI 3 p. 28 ff. Peip. ; eine Beleuchtung dieser
Vorstellungen gibt Bouche-Leclercq a. 0. 605f.
Maass Die Tagesgötter in Rom und den Pro-
vinzen 276, Berlin 1902. Cumont Les relig.
orient. 218. Man geht sogar soweit, daß man
vermittelst Beschwörungen, wobei es besonders
wichtig ist, den geheimen Namen zu kennen, den
Planeten erscheinen und ihn selbst das Verhängte
aussprechen läßt, Dicterich Abraxas 186, lff.
Man kann ihn durch Gebete und Opfer umstimmen ; 40
über den Zauber, die L zu brechen, Dieter ich a.
0. 1 76tT. Mithrasliturgie 10, 15. Reitzenstein a.
0. 75ff. Philosophisch weißPlotin dies umzudeuten
dadurch, daß er den Satz aufstellt, die Bewegung
des Betenden pflanze sich sympathetisch von unten
nach oben fort und rufe vermitteis der Seele, die
den Gestirnen innewohne, eine reflexive Bewegung
hervor; duTch den Wunsch des Betenden werde
die parallele Ideenfolge bei den Sternen, an die
das Gebet gerichtet werde, ausgelöst, Ennead. 50
IV 4. 26 Anf. 41f. Zeller III 2 3, 627. Auch
bei den Juden ist zum Teil dieser Glaube auf-
genommen worden , hier vereitelt man die Wir-
kung der k. durch die Anrufung der Engel mit
deren geheimen Namen (Reitzenstein a. 0.).
Auch viele Christen huldigten diesen Anschau-
ungen (Ambrosiaster quaest Migne L. 34, 2358.
Leon. Magn. serm. XXVLL Migne L. 54, 218.
Cumont Revue d'hist. et de lit. relig. VHI 435f. ;
im Stillen blieb der Glaube bis in die Neuzeit 60
hinein erhalten: als typischer Beleg sei auf Ar -
batel De magia veterura 1681 hingewiesen).
Als Persönlichkeit wird H. selbst nie angerufen,
man spricht auch keine Gebete zu ihr, wie zu
anderen Gottheiten. Doch wurde die Frage leb-
haft erörtert , ob bei dem von Geburt au jedem
Menschen festgelegten Verhängnis ein Eingriff der
Götter möglich sei. Wir haben oben bereits die
starren Leugner kennen gelernt, doch wissen
andere wieder Schicksalsbegriff und Götterhilfe
derart zu vereinen, daß sie behaupten, die Götter
lesen selbst das Verhängnis aus der Stellung der
Sterne ab, teilen dies durch ihre Zeichen dem
Menschen mit, und durch Gebete und heilige
Handlungen können die allmächtigen Götter zum
Eingreifen bestimmt werden (Iambl. de myst.
VIDI 7 oud' avioig tieoig xr\v stfiaQßEvr}v ävrnpa-
fiEv , ovg tbg XvxfJQag x^g EifiaQftEVTjg k'v xe tegoig
aal %aavoig &eQa.7iEvopLEv, Porph. bei Euseb. praep.
ev. VI 4, lf. Dieterich Abraxas 5). Bezeichnend
ist dafür besonders Finnicus Maternus, der einer-
seits die Allgewalt der L betont und darlegt, wie
unrettbar jeder sich ihr fügen muß, und kurz
darauf zu den Göttern betet, mit ihrem Schutze
dem Willen der Sternmächte trotzen zu können
(Cumont Les rel. orient. 218 j ähnlicher Konflikt
hinsichtlich der Stellungnahme zum Gebet bei
Seneca, Lucian. Maximus Tyriusu. a. H. Schmidt
Veteres philosophi quomodo iudieaverint de pre-
eibus = Rel. Vers. u. Vor. IV 1, 34f. 43f.).
9.Heimarmenealspersönlich gedachte
Gottheit. Während hier durchweg die e. ein
Begriff rein philosophischer abstrakter Art ist,
finden sich doch hie und da Ansätze dazu, ihn
zu beleben und den verwandten Gottesvorstel-
lungen gleichzustellen. Zunächst ist hier die alt-
stoische Auffassung der Schicksalsgewalt als einer
alles durchziehenden jzvsvpaxixr} ovoia zu erwäh-
nen (s. 0.). Dann hat sie der Stoiker AntipateT
direkt fteog genannt (Stob. I 5, 15) ; andere haben
ihr Wesen dadurch zu fixieren gesucht, daß sie
dieselbe mit anderen Gottheiten wie Adrasteia,
Nemesis, Tyche, Zeus usw. (s. 0.) gleichsetzten.
Dies war aber nur ein Versuch ohne tieferen Er-
folg, denn während sich bei den Stoikern aus der
Gottesidee der volkstümliche Götterolymp neue
Geltung verschaffte, konnte die k. sich nicht
aus den verwandten Vorstellungen vom Schicksal,
wie fiolga, fioiqat, parca - parcae zu einem per-
sönlichen Gotteswesen entwickeln mit anthropo-
morph gedachtem Handeln, wie niederschreiben,
spinnen, singen oder sprechen, wohnen im Olymp
oder in Höhlen, erscheinen bei Geburt oder Tod
u. a. Versuche , sie zur Persönlichkeit umzuge-
stalten, fehlen jedoch nicht. So wird in einem
kosmogonischen Hymnus aus hellenistischer Zeit,
der später unter dem Namen des Sanchuniathon
ging, berichtet, daß Uranos im Kampfe mit Kro-
nos um die Weltherrschaft H. und Hora mit an-
deren Kämpfern vorgeschickt habe, aber Kronos
habe diese für sich gewonnen und bei sich be-
halten. Dies teilt Eusebius I 9, 20ff. aus He-
rennius Philo mit, der es als phönikisches Gut
dem Sanchuniathon unterschiebt, doch liegen
wahrscheinlich hellenistisch gefärbte Quellen zu
gründe, Gruppe Die griech. Kulte und Mythen
I 388ff. 406f., Leipzig 1887. Christ Gesch. der
griech. Literat. 3 764. Auch in der orphischen
Theogonie wird sie personifiziert, sie ist die
Tochter de3 Demiurgen und der Ananke, Procl.
in Plat. Tim. 323 c. Ferner wird sie in den chal-
däischen Orakeln geflügelt gedacht, Procl. in Plat.
Tim. 321 A ftoigrig EiftaQpsvrjg xb jizeqov Kpevyovoiv
dveiSeg und de prov. 164, 26 quieumque autem
patris opera inteüegentes reverendi fiunt, sortis
fatalem alam ejfugiunt. Er oll a. O. 54. Doch
£043
xieiiuaruieu«
•UCHIUCM IMWIO
sind dies nur ganz vereinzelt dastehende Ver-
suche ohne eine weitere Wirkung auf eine volks-
tümliche Weitergestaltung. Die i, wird als dunkle
unpersönliche Macht immer gedacht; dies erkennen
wir am besten aus Proclus in Plat. Tim. 322 E,
wo sieben verschiedene Auffassungen der i. be-
sprochen werden, ohne daß auf eine Persönlich-
keit hingedeutet wäre, und aus den ausweichen-
den, ablehnenden Antworten, die Gregorius Nys-
betonte, daß nach dem Schicksalsglauben jede-
Ethik hinfällig sei, Lob, Tadel, Strafe, Richter*
Gesetze, persönliche Verantwortung zu verwerfe»
seien, da ja niemand für seine Handlung ein-
stehen könne, sondern dem Geschick sein Tun
zuzuschreiben habe; ein Einspruch, den bereit»
Zenon hören mußte, etfiaQtä p,ot xkmpat, und den
er widerlegte xal Sag^vai, Diog. Laert. VII 1, 23.
Kur bei Naturereignissen hat die stoische ovfi-
senus a. 0. S. 1481 den Philosophen dem Christen \Osid&eia twv olav Berechtigung, nicht aber bei
auf dessen scharfgesetzte Fragen geben läßt : ist
I. ein Gott, der über allem steht?
10. Invektiven. Es erübrigt, noch auf die
Invektiven hinzuweisen, die die Lehre von der
e. in ihren verschiedenen Auffassungen erfahren
hat. Bereits Epikur schrieb gegen die Annahme
einer Schicksalsgewalt eine Schrift, wovon uns
allerdings nichts erhalten ist. Die Negation der-
menschlichem Handeln, es ist also ein Unsinn,
die Zukunft aus der Stellung der Sterne ablesen
zu wollen. Dabei betont er die Unmöglichkeit
einer genauen Beobachtung des Sternen Standes
infolge der raschen Drehung des Himmels, der
ungenauen Angaben über den Zeitpunkt, für den
das Horoskop gestellt wird [Geburt und Zeugung),
der verschiedenen geographischen Standorte der
Astrologen. Ferner wie soll ein einzelnes Indi-
selben entsprach seinem ganzen Standpunkt zu
dem Stoizismus und seiner Weltanschauung (Hip- 20 viduum von einem einzigen Augenblick seine per-
polyt. Philos. 22, 3 = üiels Dox. 572. Usener sönliche Prägung erhalten, wo doch nachweislich
------- - ■"-■ - ■<•" ~ ganze Völker dieselben Sitten, geistige und kör-
perliehe Veranlagung aufweisen, ebenso zwei
gleichzeitig geborene Menschen, z. B. Zwillinge,,
völlig verschiedene Begabung, Charaktere und
Schicksale haben? Karneades hat nicht darüber
geschrieben, seine Schüler, besonders Klitomachos,
haben es aufgezeichnet, doch sind deren Auf-
~ . ~~- r -_- r . ... - Zeichnungen sämtlich verloren (Vi ck Quaestiones
c!Trrn V aUe^"LÜcretius spricht vSlÜfvon dem 30 Carneadae, Diss. Rost. 1901, 20. 29), sie sind aber
Epkurea 65, 13. Zellcr a. 0. III* 1, 439,2
n. 412). Welche Beweise er gegen die L vor-
brachte, ist nicht überliefert, es wird nur betont,
daß er es für besser hielt, dem alten Götter glauben
anzuhangen, tj jr} rwv <pvatxwv dfiaQftsvj} dov-
Uveiv (Belege bei 1 Z e 1 1 e r a. 0. 439, 2 u. 442). Von
späteren ist uns ein Abriß der Abhandlung des
Epikureers Diogenian bei Euseb. praep. ev. VI
Fatum; er behauptet nee sanetum numen fati
protollere fines posse neque adver sus naturae foe-
dera niti, er erkennt also im Gegensatz zu Epikur
das Schicksal neben dem Naturgesetz an. Vermut-
lich haben auch die Kyniker sofort sich dagegen
gestellt, doch ist uns auch von ihren Angriffen
aus der älteren Zeit nichts erhalten, von späteren
sind besonders die Auslassungen des Oinomaos von
Interesse, da er den Lucian wesentlich beeinflußt
von Späteren benützt worden; so können die r<J-
nov gegen die i. rekonstruiert werden aus Cic.
de fato und de divin. und Philo de prov. I 77—
88. Sie kehren dann immer wieder zum Vorschein.
Eine Zusammenfassung der moralischen Folgen
gibt Alex. Aphrod. 20, 67 p. 190, 26 Br. t&
yäg tovxo Tiemorevxöti ovx imxtfti^oai uvi 7 ovx
STiaiviaai xivd, ov avfjtßovlsvoai zivt, ov nQOTQe-
^ ._ ipaa&ai ziva, ovx ev^aadat fteois, ov x^6 lv o.vxoig
hat. In seiner yor/rtov <poQa zog er gegen den Fa- 40 yv&vat nepl hvojv,ovx ä)2o n noielv olov xs
talismns los; Stücke daraus finden sich bei xäv otpedcphüiv evXoycog yirsaOai vx& z&v xal
Eusebius praep. ev. VI 7, lff. Von Angriffen
gegen den Fatalismus in der Komödie ist uns
bei den Griechen wenig erhalten, daß aber auch
hier derselbe und die von ihm gebilligten astro-
logischen Ideen frühzeitig verspottet wurden, lehrt
uns das Fragment des Sotades, das uns Iulian
von Halicarnass überliefert hat (a. 0. S. 334 und
338): d utza zö pia&etv \ ovx i/v Jiadslv a Ösi
Tia&eTv Ssl yaQ ftad'eiv. j sl 8ü nadzTv 8k xäv pa&aj 50 tonen besonders noch, daß bei der Lehre von der
xt Set ua&etv; | ov Ön fiaßstv ays fei na&eiv ; Gewalt der k. der Glaube an Christus und dessen
rov ziottüv sxaoxov öiv tiowvoiv xrjv i^ovaiav
nsmözsvxotaiv. Zur Literatur über Karneades und
das Weiterleben seiner Invektiven: Schmekel
a. 0. 181fr: 318f. Wendland Philos Schrift
v. d. Vors. 24ff.; die Belege noch vermehrt
durch Boll Jahrb. f. kl. Philo! Suppl.-Bd. XXI
182ff. 240. Rieß Art. Astrologie o. Bd. II
S. 1813. v. Arnim a. 0. 10. Die Christen be-
Sei yaQ Jta&eiv. | Öiä xovx {ctg') ov üsla* jiia&üv,
jia&stv ju' a ösL Daß auch in der römischen Posse
und Satire dagegen vorgegangen wurde, zeigt
Cic. de divin. II 10, 25, Favorinus bei Gellms
noct. Att. XIV 1, 34f., forner der Querolus, wo
allenthalben gegen den Aberglauben vorgegangen
wird; für die Satire genügt es, auf luven. VII
194ff. und Lucians Iup. conf. hinzuweisen. ~ .
Doch sind das vorübergehende Ausfälle ge- 60 xonot gegen den Fatalismus erscheinen i (Cum ont
ien. die in der Literatur keinen nachhaltigen Les relig. orient. 2171 Bonche-Leclercq a U.
620ff.). Hierbei wurde seit Bardeaanes unter der Be-
tonung der Sitten und körperlichen Eigentümlich-
keiten besonders auf das JndfiDsolk hingewiesen,
das überall seine Eigenart beibehalten habe. Die
Aufstellungen von wirklich eingetroffenen Vor-
aussagen, die zum Bew*ui der £ diesen sollten,
Heilslehre nichtig ist. ferner daß dann Gott und
die Gebete an ihn ebenfalls ausgeschaltet seien,
der ja sein Regiment der Willkür der Sterne an-
heimgestellt habe (Orig. Philocal. XXXIII p. 1871
Kob. Gregor. Nyss. p. 173 f. M, Euseb. praep. ev.
VI 6. lff. Iulian. von Halic. a. 0. S. 332. Neme-
sius de nat. hom. c. 3off. p. 741 M.), sonst über-
nehmen sie die Einwände, die von Karneades an als
wesen, die in der Literatur keinen nachhaltigen
Eindruck hinterließen, am wichtigsten sind die
Angriffe gegen den Fatalismus der mittleren
Skepsis, besonders des Kameades. Er hat hier
xoxoi geschaffen, die für alle Invektiven mit ge-
ringen Änderungen maßgebend geworden sind und
Ms ins 5. Jhdt von heidnischen und christlichen
Gegnern immer wieder herangeholt wurden. Er
wurden als Einflüsterungen abgefallener Dämonen
hingestellt, die die „Zukunft zur Täuschung und
Abwendung der Menschen von Gott gewisse Men-
schen haben schauen lassen (Gregor. Nyss. p. 17*2 M.
Tatian. a. 0. c. 12f.). [Gundel.]
Heios, angeblicher Gemmenschneider, dessen
(vermutlich mit Benutzung des aus Ciceros Ver-
rinen bekannten Namens des Kunstliebhabers
Heius) erfundene Signatar auf mehreren gefälsch-
ten Steinen erscheint, sowie auf einer modernen
Glaspast (Cat. Brit. Mus. nr. 765), die auf eine
antike Gemme unbekannten Ortes mit archaisti-
scher Artemisdarstellung zurückgeht ; vgl. Furt-
wängler Arch. Jahrb. 1889, 70. S. Reinach
Pierres gravees 170, 36. [Sieveking.]
EiQYptov Stxrj, Privatklage, gegen den ge-
richtet, der freie Menschen unberechtigt in einer
Art von Privatgefängnis hielt oder sie wenig-
stens auf einige Zeit des Gehrauchs ihrer Frei-
heit beraubte. Von dem Vorhandensein dieser
Klage wissen wir bloß durch Poll. VI 154 und
Lex. Cantabr. 670, welches als Beispiel den Fall
des Alkibiades mit dem Maler Agatharchos her-
anzieht, Demosth XXI 147. Plut. Ale. 16. [And.]
IV 17. Vgl. auch den Art. "YßQEtog yga-wn
und Lipsius Att. Recht 435. Ganz verschieden
davon ist die Klage adtxwg uq/ß^vai mg [AOtjov.
S. Möt%£ias ygatpr). [Thalheim.J
Heirktai {EIqxtciI), örtüchkeit dicht bei Argos,
in deren Nähe Agesipolis 388/7 lagerte (Xen. hell.
IV 7, 7 3t£Qi zag eiQxzds: so codd. FMDV bei
Holder, ei^m? BC). [Bölte.]
Hcirkte (Eigxxij Polyb. , 'E^xr/ Hiod. XXII
10, 4. XXXIII 20), nach der üblichen Annahme
der heutige Monte Pellegrino, ein völlig isolier-
ter , rings , außer gegen Palermo , schroff ab-
stürzender und unzugänglicher Tafelberg nörd-
lich von Panormos (Palermo), etwa 600 m hoch,
zur Hälfte seines Umfanges vom Meer bespült,
auf der andern Seite von der fruchtbaren Ebene
Gonca d'oro umschlossen; von Pyrrhos besetzt
(Diod. XXII 10, 4), berühmt durch die bedeu-
tende Rolle, die er im ersten Punischen Krieg
als Standquartier des Hamilkar Barkas 248 — 245
spielte. Nach Polybios, der I 56 — 57 die Kämpfe
des Hamilkar schildert, hatte der Berg nur drei
beschwerliche Zugänge, zwei von der Landseite
und einen von der See, wo in seinem strategi-
schen Bereich ein von den Karthagern während
jener ganzen Zeit behaupteter Hafen lag. Wo
man diesen zu suchen hat, ist, wohl infolge geolo-
gischer Veränderungen der Bodengestalt, unsicher;
denn der einzige heute vorhandene Hafenplatz
Mondello nördlich der H. wird nicht von ihr be-
herrscht. Die Identifikation mit dem Monte Pel-
legrino wird bestritten von Kromayer Festschr.
d. Wiener Eranos zur Begrüß, d. Phil. -Vers, in
Graz 1909, 225, und die nordöstliche Abdachung
des Monte Castellaccio, nordwestlich von Palermo,
für die H. erklärt. Vgl. Schubring Topographie
v. Panormos I (Lübeck 1870) 24ff. Holm Gesch.
Siciliens im Altertum I 15. 3341 III 281 354.
Freeman- Lupus Gesch. Siciliens I 50; Karte
214. 219. [Ziegler.]
Hciulius* römischer Geschlechtsname, mehr-
fach auf Inschriften republikanischer Zeit, so bei
einem Quaestor von Tibui (C. Beiulius T. f. CIL
XTV 3655) und im J. 646 = 108 in Capua (L.
Hcioleius P. f. CIL 1 565 = X 3776). [Münzer.]
Heins. 1) InLilybaeum, noch unmündig und
unter Vormundschaft des C. Marcellus (o. Bd. III
S. 2783 Nr. 214), als er von Verres 681 = 73
ausgeplündert wurde (Cic. Verr. IV 37).
2) C. Heius, in Messana aus altangesehener
Familie (Heii Cic. Verr. IV 6) und von großem
Reichtum, hatte in einer Hauskapelle vier be-
rühmte Meisterwerke griechischer Plastik (vgl.
darüber 0. Roßbach Rh. Mus. LIV 277—284)
10 und wurde sowohl dieser Kunstschätze, wie seiner
kostbaren Teppiche (Cic. Verr. IV 27) durch den
Statthalter Verres beraubt (Cic. Verr. IV 3—19).
Trotzdem ging er an der Spitze der Gesandtschaft
der Mamertiner im J, 684 = 70 nach Rom, um
beim Prozeß des Verres im Namen seiner Ge-
meinde als der einzigen von allen sicilischen zu
Gunsten des Angeklagten Zeugnis abzulegen ; Ci-
cero wußte ihn jedoch bei der Verhandlung durch
seine Fragen zu belastenden Aussagen zu bewegen
20 (Verr. II 13. IV loff. 150. V 47), wofür sich
dann Verres durch eine Denunziation bei den
Auftraggebern des H. rächen wollte (ebd. IV 181).
Vielleicht ist derselbe rdiog "U'iog Thov, der auf
Delos nicht lange zuvor einen Beitrag zum Wieder-
aufbau der 666 = 88 zerstörten Agora der Italic!
leistete (Bull. hell. XXXI 462), und C. Heius T.
f. Libo, der auf einer ebenfalls um wenig älteren
delischen Inschrift erscheint {ebd. XXXIII 496).
3) Cn. Heius, Richter im Prozeß des Albius
30 Oppianicus 680 = 74 (Cic. Cluent. 107). [Münzer.]
Heizung. Eine Untersuchung über die H.
bei den Alten hat mit besonderen Schwierigkeiten
zu rechnen. Einmal fehlen uns abgesehen von
den unklaren, der Interpretation große Schwie-
rigkeiten bietenden Stellen bei Vitruv (V 10 und
VIII 2. 4) über die H. von Bädern direkte tech-
nische Mitteilungen über H. von Wohnräumen
vollständig, so daß wir fast nur auf gelegentliche
Erwähnungen seitens technisch nicht interessierter
40 Schriftsteller angewiesen sind. Da diese Nach-
richten natürlich aus den verschiedensten Zeiten
und Gegenden stammen, vom rein Persönlichen
ganz abzusehen, so kann es nicht weiter wunder-
bar erscheinen, daß es unmöglich ist, aus diesen
Nachrichten eine feste Terminologie der Heizein-
richtungen der Alten zu rekonstruieren, und daß
wir infolgedessen bei manchem Zeugnis im Zwei-
fel bleiben , von welcher der drei dem Altertum
bekannten Heizmethoden darin die Rede ist. Es
50waren das: 1. Die H. mittelst Kohlenbeckens.
2. Kaminfeuerung mit Holzbeschickung. 3. Hy-
pokausten-H. durch Suspen sur des Fußbodens
und Tubulatur der Wände. Bei der letzteren
Art von Heizanlagen unterscheidet man wiederum
zwei Systeme : Die eigentlichen Hypokausten und
die sog. Kanal-H. , wozu als drittes noch eine
Mischung beider Systeme zu rechnen ist {KrelL
47. Jacobi Saalburg 241. Blümner Rom. Priv.-
Alt 104). Die monumentale Überlieferung hat
60 uns nur Beispiele von 1 und 3 erhalten, und
aus dem oben Gesagten erklärt es eich leicht, daß
wir nicht in der Lage sind, festzustellen, wie die
Alten jene Kohlenbecken benannten, und daß sich
in der Ausdeutung der Reste der Hypokausten,
zu deren Erklärung wir ja im wesentlichen auf
Vitruvs nur für die Bäder-H. im frühesten Sta-
dium ihrer Erfindung geschriebenen Worte ange-
wiesen Bind, unter den Beurteilen» eine ganze
Ci\J*±t J-L Gl £ UUg
Seihe von abweichenden Ansichten ergeben haben.
"Wir können hier davon absehen, auf diese Kon-
struktionsfragen, die im Art. Hypocauston zu
behandeln sind, und auf die Hypokausten der Bä-
der, welche im Art. Balneum besprochen sind,
einzugehen, und uns darauf beschränken, nur die
Hypokausten-H. der Wohnräume im Verhältnis zu
den übrigen Heizraitteln der Alten zu betrachten.
Die winterliche H. der Wohnräume spielte
Venant. Fort. 4. vita S. Mark 490), aber es
kann durchaus keinem Zweifel unterliegen, daß
man solche Becken in größeren Abmessungen
auch zur allgemeinen Erwärmung kleinerer und
größerer Räume verwendete (s. Suet. Tib. 74, wo
natürlich einis et famlla e cärbonibus trotz
extinctus zu lesen ist, da sonst dem angeblichen
Prodigium die Hanptpointe fehlt).
Schon der Umstand, daß in dem Tepidarium
und spielt in den Kulturgebieten des klassischen 10 der Forumsthermen zu Pompeii (s. överbeck
Altertums infolge der klimatischen Verhältnisse
des Mittelmeergebietes bei weitem nicht die
Eolle, die dieselbe heutzutage bei uns einnimmt.
Der Tage, welche eine dauernde künstliche Er-
wärmung der Wohnräume wünschenswert oder gar
nötig erscheinen lassen, sind dort verhältnismäßig
so wenige, und das Bedürfnis, dauernde Einrich-
tungen zu schaffen und zu unterhalten, ist infolge-
dessen ein so geringes, daß es ganz erklärlich
Pompeji 208) ein großes Kohlenbecken noch mit
Resten der Feuerung gefunden wurde, ist dafür
beweisend, daß man auch die Warmräume der
Bäder, als die Hypokausten-H, noch nicht er-
funden war, und auch nachher noch da, wo man
diese aus irgendwelchen technischen oder peku-
niären Gründen nicht anlegen konnte oder wollte,
mit Kohlenbecken beheizte. Ja, ich zweifle selbst
mit Kr eil (76), ob man die hohen Temperaturen,
erscheint, daß erst die Zeit einer größeren Luxus- 20 die im Caldarium und im Laconicum und den
entfaltung für die Wohn statten der Wohlhabenderen
und der Reichen in den Hypokausten Erfindungen
auf diesem Gebiete hervorbrachte, die natürlich
wegen ihrer Kostspieligkeit in Anlage und Unter-
haltung nie Gemeingut des Volkes werden konn-
ten. Noch heutzutage sind bekanntlich, wenig-
stens im südlichen Italien und in Griechenland,
Zimmer, die mit festen eisernen oder aus Kacheln
aufgemauerten Öfen versehen sind, selbst in den
Wohnungen des Mittelstandes eine Seltenheit, in 30
den Wotinnngen des Gros der Bevölkerung aber
so gut wie ausgeschlossen. Umsomehr können
wir annehmen, daß es im Altertum damit nicht
anders stand, zumal auch die antiken Zeugnisse
und die Funde dasselbe lehren.
Der gemeine Mann begegnete der kälteren
Temperatur zunächst durch wärmere Kleidung
(Ovid. fast. IV 695ff.), und wenn es ihm dennoch
zu arg wurde, so flüchtete er an das Herdfeuer
Sudationes erforderlich waren, allein durch Hypo-
kausten-H. hervorbringen konnte und nicht viel-
mehr wenigstens im Laconicum ein in der Mitte
derselben stehendes Kohlenbecken zu Hilfe nehmen
mußte. Diese Annahme würde durchaus mit Vi-
trav V 10, 5 {laconicum . . . ad circinum fieri
oportere videtur, ut aequaliter a media flam-
mae vaporisque vis per ourvaturae rotunda-
tloncs pervagetur) im Einklang stehen.
In das hohe Loblied freilich, welches Krell
(5—29) dieser H.-Methode des Altertums singt,
braucht man aber wohl kaum einzustimmen, denn
ohne Rauch und Ruß, besonder* beim Nachfüllen
von frischen Kohlen, und namentlich ohne Ver-
unreinigung der Luft durch die leichte, weiße
Flugasche (favilla), die bei jedem unvorherge-
sehenen Luftzuge mit der Hitze in die Höhe ge-
wirbelt wird, geht es nun einmal dabei nicht ab.
Mag auch die Kohlen oxydbildung, wie Krell aus-
der Küche (Varr. bei Non. 83, 15), oder er suchte 40 führt, bei richtiger Behandlung so gering sein,
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mit seinesgleichen die warmen Badstuben, in denen
ihm die Fürsorge seiner Obrigkeit oder die Freigebig-
keit seiner reichen Mitbürger einen behaglichen Auf-
enthalt mit angenehmer Unterhaltung meist gratis
oder gegen ein ganz geringes Entgelt bot, öfter
auf als zur schönen Sommerszeit, oder er wußte
beim Gevatter Bäcker ein warmes Plätzchen am
Backofen zu finden (Hör. ep. I 11, 13), und daß
man auch die wärmende Kraft des Weines im
daß daraus Gefahren für Leib und Leben nicht
leicht entstehen konnten, so ist doch sehr frag-
lich, ob diese richtige Behandlung, deren Kennt-
nis sonderbarerweise mit dem Gebrauch der Kohlen-
becken den nördlichen Völkern nicht überliefert
ist, den Südländern so etwas Selbstverständliches
war und ist, als Krell annimmt. Jedenfalls weiß ich
aus Erfahrung, daß man sich auch von einem
pompeiamschen Kohlenbecken einen tüchtigen
Kampfe gegen die Winterkälte zu schätzen wußte, 50 Kopfschmerz zuziehen kann. Außerdem aber hat
lehrt uns Horaz (I 9, 6).
Ein allgemein verbreitetes Hilfsmittel jedoch,
im Bedürfnisfalle einen Raum zu heizen . waren
und sind noch heute in jenen Gegenden die Kohlen-
becken, von denen aus Pompeii und anderen Orten
mancherlei antike Exemplare in Bronze, Kupfer
und anderen Metallen auf uns gekommen sind
(s. Daremberg-Saglio 1821. II 1196). In be-
scheidenen und ärmlichen Haushaltungen konnte
die Koblenbecken-H. größerer Räume den offen-
bar auch dem Altertum bekannten Nachteil, den
oberen Luftraum zu überhitzen, während der Fuß-
boden kalt bleibt, und gerade dieser Umstand,
der offenbar in den Schwitzbädern besonders un-
angenehm fühlbar wurde , gab wohl die Veran-
lassung zur Erfindung der Hypokausten-H.
Wir kommen nun zu der zweiten der oben
erwähnten H.-Methoden des Altertums, der oft
natürlich jeder irdene Napf oder selbst jede ge- 60 bestrittenen und von K r e 1 1 überhaupt nicht ein-
nügend große Scherbe eines solchen, mit den
Resten des Herdfeuers gefüllt, dieselben Dienste
tun. Die kostbaren Eiemplare beweisen nur die
allgemeine Verbreitung auch in begüterten Kreisen.
Kohlenbecken kleineren Umfangs nützte man
wohl meist als fomeräa (vgl. Senec. dial. I 4, 9),
am Füße und Hände und andere Körperteile
daran zu wärmen (s. Sulpicius Sev. 3. Dial. 14.
mal erwähnten Kamin-H. mit Holzfeuerung. Eine
stattliche Reihe von Zeugnissen ist es, welche
von einer solchen Zimmer-H. spreche n, d ie als
caminus bezeichnet wird (Oic. ad fem. VII 10, 2.
Hör. sat. I 5, 79ff. und ep. I 11, 19. Ovid. met.
VII 106. Suet. VitelL 8. Sidon. ApolL ep. II 2. 10.
Iulian, misop. p. 3410). Trotzdem ist es aber
nicht ganz leicht, eine sichere Vorstellung davon
2649
Heizung
zu gewinnen, wie beschaffen die Einrichtung eines
soleheü caminus war. Das Wort ist der latei-
nischen Sprache als Lehnwort aus dem Griechi-
schen zugekommen und wird also wahrscheinlich
ursprünglich mit einer den Latinern unbekannten
Sache Aufnahme gefunden haben. Es liegt also,
da Back- und Schmelzofen bereits der Bronzezeit
bekannt waren, nahe, daß mit der Einführung
der Eisenbearbeitung das Wort zur Bezeichnung
der Schmiedeesse den Latinern bekannt geworden 10
ist. Eine Sicherheit ist darüber natürlich nicht
zu erlangen, denn von den oben angeführten Stellen
abgesehen wird caminus in fast wahllosem
Wechsel als Synonym mit elibanus furnus, fornax
und foeus verwendet, jedoch tritt in der Dichter-
sprache eine gewisse Vorliebe - zutage , dasselbe
zur Bezeichnung der Werkstatt Vulkans und in
übertragenem Gebrauche zur Bezeichnung vulka-
nischer Höhlen und Grotten überhaupt zu ver-
wenden. Auch das spricht wohl dafür, daß der 20
Römer beim Worte caminus zunächst an die
Schmiedeesse dachte und ihre Form im Sinne
hatte, wenn er das WoTt auf andere Feuer stellen
übertrug. Wie wir uns nun aber eine solche
Schmiedeesse vorzustellen haben, davon gibt uns
die Darstellung der Werkstatt Vulkans auf einem
römischen Sarkophag (Mus. Capit. 4, 25) einen
Begriff, wo wir auf einem Herde über und hinter
der Flamme einen flachgewölbten, muschelförmigen
Mantel sich erheben sehen, hinter welchem ein 30
Gehilfe den Blasebalg bedient. Dieser Mantel hat
den Zweck, die Flamme zusammenzuhalten und
den Funkennug abzufangen, der sich ja beim
Wirken des Blasebalgs besonders stark einstellt.
Im antiken Zimmerkamine werden wir uns
also eine in ähnlicher Weise von flachem muschel-
förmigem Mantel überwölbte Feuerstelle, wahr-
scheinlich aber zu ebener Erde, vorzustellen haben,
und damit stimmt das wenige, was sich aus den
oben angegebenen Belegstellen für die Form er- 40
mittein läßt, auf das beste überein.
' Aus Ciceros Worten luculento Camino (ad
fam. VII 10, 2) dürfen wir wohl schließen, daß
das Feuer des Kamins ein offenes, in die Augen
fallendes war; nach Horaz (sat. I 5, 79) und
Sidonius Apollinaris (ep. II 2. 11) drang der
Rauch aus demselben ungehindert in das Zimmer.
Die Bezeichnung des Kamines als arouatüis in
derselben Stelle bezeugt den gewölbten Mantel.
Den Kaminmantel dürfen wir uns aber schwer- 50
lieh als Rauchfang mit Rauchabzugsrohr vorstel-
len. Wie die antike Küche in der Regel auf eine
besondere Einrichtung für die Rauchentfernung
verzichtete, so wird es wohl auch beim Zimmer-
kamine gewesen sein. In Pompeii sind bekannt-
lich Rauchabzugsrohre auch in den Küchen sehr
selten, sondern bleibt die Ableitung des Rauches
einem Fenster oder der Türe überlassen; einen
Rauchfang erwähnt freilich Överbeck (440); es
fehlt daselbst aber jede belegende Angabe dar- 60
über, wo derselbe zu finden ist und in den Aus-
grabungsberichten erwähnt wird. Dann aber
heben ja die römischen Schriftsteller, wie in
Küche und Bad so auch im Wohnzimmer, immer
wieder und wieder die Rauchbolästignng hervor.
Man versuchte freilich auch Abhilfe dagegen zu
schaffen, aber die Versuche dazu bewegten sich
anscheinend mehr in der Richtung, ein rauch-
Heizung aoov
loses Feuer durch Verwendung von Holzkohlen
und sog. ligwum aeapnon, das man aus Oliven-
holz durch Imprägnierung mit dem Vorlauf des
Olivenöls zu gewinnen wußte (Cato r. r. 130. Plin.
n. h. XV 34), zu erzielen, als dabin, den Rauch und
mit und nach ihm einen großen Teil der dem Holz-
feuer entstammenden Hitze durch einen Schornstein
abzuleiten. Wenn nun aber in Pompeii bisher
keinerlei einem Kamin entsprechende Anlage ge
funden worden ist, so ist das meiner Ansicht
nach noch nicht für die Nichtverwendung solcher
Kamine daselbst beweisend. Pompeii ist im
Sommer zerstört, also zu einer Zeit, in der man
keine Zimmer zu heizen braucht. Anderseits
haben wir aber keinerlei Anhalt dnfär, daß die
antiken Kamine dauernde feste Einbauten waren,
wie die unsrigen, und nicht vielmehr alljährlich
erst im Bedarfsfälle in irgend einer Ecke des
Zimmers, das man zu heizen wünschte, aus ein
paar Ziegeln aufgemauert und mit Eintritt wär-
meren Wetters wieder fortgeräumt wurden. Auf
denselben Gedanken führen auch einige Schrift-
stellerzeugnisse. Wenn nämlich Cicero in der
schon mehrfach angezogenen Stelle seinem Freunde
rät, von einem luculento Camino Gebrauch zu
machen, so muß dieser Freund doch über die
Größe des Kamins zu bestimmen in der Lage
gewesen sein. Auch was Vitruv (VII 3, 4. VII
4, 4) mit kurzen Worten über die Heizbarkeit der
Wohnräume sagt, paßt besser zu vorübergehenden
als zu dauernden Einrichtungen, und da von Holz-
feuerung dabei die Rede ist, kann er auch nur
Kamine und nicht etwa Kohlenbecken meinen, und
was Plinius (n. h. XXX 63) von einer Wunderkur
berichtet, zeigt, daß man auch zu einmaligem Ge-
brauch einen Kamin schnell herzustellen wußte.
Die von Saglio (I 861) erwähnten angeblichen
antiken Kamine, von denen in Abb. 1057—1059
die Grundrisse gegeben werden, sind schon durch
ihre bis zu 6 m betragenden Maße als Kamine
ganz unglaublich und bleiben besseT ganz außer-
halb der Diskussion. Kamine von solchen Dimen-
sionen (besonders in der Tiefe) sind selbst in nor-
dischen mittelalterlichen Schlössern und Klöstern
unerhört.
3. Die Erfindung der Hypokausten in Bädern
verdankte man einem gewissen C, Sergius Orata
(Val. Max. IX 1, 1. Plin. n. h. IX 168. XXVI
16; vgl. Macrob. Sat. III 15, 3. Cic. bei Non.
194, 12). Aber während zu des Erfinders Zeiten
solche unterfangenen Baderäume sich in sehr be-
scheidenen Abmessungen hielten, war man zu
des Valerius Maximus Zeiten bereits soweit darin
fortgeschritten, daß man Badebassins unterfing
von solcher Größe, daß man sie, wie er meint,
beinahe Meere nennen könnte.
Über die bauliche Einrichtung und Anlage
dieseT Hypokausten, in betreff deren noch manches
sehr strittig und unaufgeklärt ist, können wir auf
den Art. Hypocauston verweisen. Hier soll nur
kurz von ihrer Anwendung als H. die Rede sein.
In den Bädern war in dieser Hinsicht ihre
Aufgabe zunächst wohl nur die, die Fußböden
der Tepidarien und Caldarien, später auch die
Hohlräume in den Wänden und Deckengewölben
derselben auf eine mäßig warme Temperatur zu
bringen, um so die schnelle Abkühlung des die
Hauptwärmeuuelle bildenden, stets zufließenden
ZOOl
Heizung
Hekabe
2652
heißen Waasers und der von ihm aufsteigenden
Dämpfe zu verhüten. In dem trockenen Schwitz-
bade, d. h. dem Laconicum, blieb wohl das in
der Mitte des runden Zimmers stehende große
Kohlenbecken die einzige Wärmequelle, wenig-
stens glaube ich so Vitruvs Worte (V 10, 5) deuten
au dürfen. Wollte man mittels der Hypokausten
mehr als eine mäßige Fußbodenwärme erreichen,
so waren Vorrichtungen nicht zu umgehen, die
Ton dem Praefurnium aus, von der Suspensur
oder der Tubulatur aus der heißen Luft direkten
Zugang zum Luftraum der Caldarien gestatteten
und die man öffnen konnte, sobald die Rauch-
entwicklung aufgehört hatte oder wenigstens ganz
gering geworden war. Daß dem so war, dafür
lassen sich wieder einige Zeugnisse beibringen.
Wenn nach Plutarch (quaest. conv. III 103. 658 E.)
die Agoranomen den Badepächtern verboten, in
das Feuer der Hypokausten Samen des Taumel-
lolchs zu werfen, weil der dadureh entstehende
Dampf den Badenden Kopfschmerzen und Schwin-
delanfälle bewirke, so mußten doch die Heizgase
des Hypokaustons mit dem Lufträume der Bade-
zellen in direkter Verbindung stellen. Plinius (n. h.
XVIII 156) weiß aus Asien und Griechenland zu be-
richten, daß die Badepächter den genannten Samen
aut das Feuer warfen, wenn sie die Badegäste ver-
treiben wollten. Ich vermute, daß man meist
wohl zu unrecht den Balneatofen diesen Vorwurf
gemacht haben wird, weil es eben das Kohlen-
oxydgas war, das aus den geöffneten Heizrohren
im Boden oder in den Wänden mit der heißen
Luft in die Baderäume eindrang und den Baden-
den die genannten Beschwerden verursachte. Auch
eine Stelle bei Fronto (ad M. Gaes. I ep. 2), wo
die Vorzüge von Baiae gegenüber den gewöhn-
lichen Badeanstalten hervorgehoben werden, läßt
nur die Deutung zu, daß die Heizgase in der
Regel damals aus den Hypokausten einen direkten
Zugang znm beheizten Baume hatten. Tatsäch-
lich sind ja nun aber auch Hypokausten anlagen
genügend bekannt, bei denen aus Suspensur oder
Tubulatur die Heizgase direkten Zugang zu den
Zimmern fanden (Krell 47ff.}. Wir haben aber
auch wiederum ein ganz unzweifelhaftes Zeugnis
dafür bei Plinius (ep. H 17. 23), wo es heißt:
Adplieitum est cuhiculo kypoeauston perexiguum,
qitod angitsta fenestra suppositum catorem,
ut ratio exigü, aut effuwlit aut retinet. Es wurde
also das Hypokauston unter dem Schlafzimmer
geheizt und dann von hier aus die warme Luft
durch eine verschließbare kleine Klappe im Fuß-
boden nach Bedarf dem Zimmer zugeführt. Die
indirekte Beheizung der Räume durch den Fuß-
boden hindurch spielte jedenfalls nur eine unter-
geordnete Rolle, da man bald eingesehen hatte.
daß eine genügende Heizwirkung ohne direkte
Zulassung der Heißluft aus dem Hypokauston
nicht zu erzielen war.
Jedenfalls aber haben wir die Hypokausten-
H. von Wohnräumen als eine Luxusein richtung
wohlhabender Kreise anzusehen, und wir dürfen
deshalb auch Erwägungen über die unökonomi-
sche Heizmaterialverschwendung, auf die Krell
sein absprechendes Urteil besonders gründet, ganz
beiseite lassen.
Was aber die Wirkung der Hypokausten an-
betrifft, so beweist allein schon die weite Ver-
breitung, die durch die zahlreichen Funde be-
zeugt wird, und eine Reihe von Zeugnissen mit
völliger Gewißheit, daß solche Hypokausten auch
ganz zur Zufriedenheit der Benutzer wirkten.
Wenn Krell (32 und 41) und Blümner (107
Anm. 1) bestreiten, daß die Flammen und Heiz-
gase von der Feuerstelle aus direkt unter die
Suspensur hätten gelangen dürfen, so sind, von
Vitruv (V 10, 2) abgesehen, denn doch Stellen
10 wie Stat. silv. I 3. 43C, Auson. Mos. XVIII 2.
33;>ff. und besonders Stat. silv. I 5, 57 schlechter-
dings nicht anders zu verstehen, als daß das doch
der Fall gewesen sein muß. [Degering.]
Hefcabe. 1) Gemahlin des Priamos. E t y-
mologie des Namens: Die Etymologie,
die die Alten von dem Namen 'Exaßr) (so z. B.
auf der ilischen Tafel IG XIV 1 284 iv, altkorin-
thisch Faxdßa SGDI 3130, von B 1 a s 8 mit Un-
recht in Fsxdßa korrigiert, s. J. Schmidt K.
20 Z. XXXII 355. 364f. 393. KretsehmerK.Z.
XXIX 168. XXXIII 467, 1; Griech. Vaseninschr.
21. 43, attisch hsxdßrj Furtwängler-Reich-
hold Griech. Vasenmalerei I 64, Taf. 41, die
Form EKYBE Gerhard Auserles. Vasenbilder
203. CIG 7659 muß bezweifelt werden, meines
Erachtens v aus altem ä verlesen; vgl. Kretsch-
mer Vaseninschr. 118, etruskisch ecapa Ger-
hard - K ö r t e Etrusk, Spiegel V 155 Taf. 118,
lateinisch unter Wirkung der altitalischen Be-
30 tonung Hecuba CIL VI 3, 21846, 12 oder älter
Hecoba Quintil. I 4, 16) geben: Suid. Etym. M.
Exdßr} : R exa&ev ßsßrjxvla [tiqos röv ävöga]
brauchte wirklich nicht von modernen Philologen
wieder aufgenommen zu werden. Richtig beur-
teilt ist der Name von Kretschmer der
K. Z. XXXIII 467 (vgl. Fick-Bechtel Griech.
Personcnn. 390) ihn zu ixrjßolos stellt, was allein
zu übersetzen ist ,nach seinem Willen treffend*
( fsxa : fexotv vgl. G. Hermann Opusc. VII
40 306), nicht »fernhin treffend' (fexäßolo; mit «
vgl. Wackernagel Dehnungsgesetz d. griech.
Komposita 7ff. und W. Schulze Quaest. ep. 8).
Genealogie : Als Vater Hekabes wird der
Phrygerkönig Dymas, Sohn des Ei'oneus, Enkel
des Proteus, genannt Hom. II. XVI 718 u. Schol.
SchoL Eurip, Hec. 1. Pherekydes FHG IV 639 a
im Schol. Eurip, Hec. 3. Apollod. III 12, 5, 2.
Hygin. fab. 91. 111 243. 249. Myth. Vat. 1204,
13. Diktys I 9. Serv. Aen. VII 320, X 705.
50 Auson. VI epir. XXV. Georg. Kedrenos 124 C, I
218Bekker. Joh. Malalas O 121, 96, 17 Dindorf.
Tzetz. argum. poern. p. 266. Eustath. comm.
1082, 61. Suid. Etym. M. Gud. Daneben finden
wir zweitens eine Version, zuerst bei Eurip. Hec.
3 überliefert, nach der H. Tochter des Kisseus
(Sohnes des Egtion und der Hippothoe, der Toch-
ter des Erichthonios Schol. Eurip. a. O.) ist,
Athenion und Telekleides bei Eustath. comm. 1109,
22. Nikander Schol. Eurip. Hec. 3. Schneider
60Nicandrea 67 frg. 62. Enniu3 bei Serv. Aen.
VII 320; vgl. Gellius N. A. XI 4, 1; Vahlen* 151,
194. Pacuvius bei Serv. a. O. Ribb. Trag. Rom,
frg.3 I 150 XXXIV. Verg.Aen. VII 320. X 705.
Apollod. III 12, 5, 2. Hygin fab. 91. 111. 243.
249. 256. Dracont. YHI 164. Lact PI«, zu Stat.
Achill. I 22. Myth. Vat. H 297. Statilius FW-
cus An t hol. Graec. Brunck II p. 240. SchoL Hom.
IL XVI 718. Trete, theo*. 45». An«cL Matnnga
2Ö53
rieKaoe
II 598. Eustath. comm. 1083, 1. Daher wird sie
Ktoasia (Ktooia) genannt Philochoros FHG IV
£48a; vgl. G r u p p e Griech. Myth. I 209, 11.
Da ihr Vater Dymas nach Hom. II. XVI 719
&Qvyir)i vaieoxs qocüs &tt HayyaQiOiO , SO gilt
auch bisweilen einfach der heimische Flußgott
Sangarios als ihr Erzeuger, Apollod. HI 12, 5, 2.
Für ihre Mutter gab das Altertum eine
ganze Reihe von Namen an, sodaß der Kaiser Ti
Taf, 19, 12. HektorsVerfolgung auf der rötflgurigen
Vase in Boston, Gerhard Auserl. Vasenb. 203.
Overbecka. O. 450; Taf. 19, 1. Benndorf
Trysa 155, 142. Die Anwesenheit H.s bei
Hektors Rüstung auf der Vase des Euthymides
Furtwängler-Reichhold Griech. Vasen-
malerei I 64, Taf. 41 und bei Hektors Abschied
in Troia 1) auf der schwär zfigurigen Cäretaner
Vase des Louvre, Pottier E 638 pl. 50. Wiener
ferius (Suet. Tiber. 70, 3) eine Untersuchung 10 Vorlegebl. III 1, 1, Inschrift Faxdßa s. o., 2) auf
darüber anstellen konnte, quae mater Heevbae
fuisset Wir kennen von diesen Namen allein
fünf: Ev&ot] (Gattin des Dymas) Pherekydes
Schol. Townl. II. XVI 718-; FHG I 95. 99;
EvayoQT] Schol. Eurip. Hec. 3; TrjUnleia (Gattin
des Kisseus, Tochter des Ilos) Athenion Schol.
IL XVI 718, [FHG IV 345, 2].; MctoW? (Gattin
■des Sangarios) Schol. Eurip. a. O.; Tlavx'mnv]
Tochter des Xanthos) a. O. Als ihre Brüder
der jüngeren attischen Amphora des Museo Gre-
goriano, H e 1 b i g Führer II 316, 1248. O v e r-
beck a. O. 398, Taf. 16, 16, Inschrift Exdßt)
und wahrscheinlich 3) auf dem Wiener Krater
v e r b e c k 401 ist freie Erfindung der Vasen-
maler, vgl. Robert Bild und Lied 23. Ebenso
ist zu beurteilen die Vase Monum. I pl. 34.
Benndorf Trysa 153f. und die etruskischen
Spiegel Gerhard IV 2. 56f. und Taf. 401 (?). Ger-
werden Asios Hom. IL XVI '718 u. Schol. und 20 har d- K ö r t e V 155, Taf. 118). Als erste
Otreus Schol. Hom. IL III 189 bezeichnet, als
ihre Schwester Theano SchoL Eurip. Hec. 3.
Schol. Lykophr. 340.
Ihrem Gemahle Priamos gebar sie 19 Kinder
(IL XXIV 496 u. SchoL Schol. Eurip. Hec. 421;'
Simonides Schol. Theokr. XV 139, p. 93Dübner
und Theokrit a. O. geben rund 20 an). Von die-
sen werden besonders genannt Hektor IL VI
451 u. ö. , der nach einer sehr alten Version
unter den Troianerinnen erhebt sie die Toten-
klage um Hektor XXII 430 (danach XXIV 747;
vgl. auch die ilische Tafel Brüning Arch.
Jahrb. IX 163. BenndoTf Jahrb. d. kunsthistor.
Sammlungen IX 44. Auf einem pomp dänischen
Gemälde H. bei der Heimbringung der Leiche
Hektors, Mau Pompeji in Leben u. Kunst 2 495
Fig. 286. IL Lat. 1022. Diktys IV 1. Auf sein
Grab legte sie eine Haarlocke, Ovid. metarmoph.
Sohn des Apollon war (s. u.), ferner Paris, Dei-30XHI 427. Vgl. die zum Teil erfundenen Szenen
phobos,. Polydamas, Helenos, Troilos (nach Ly-
kophr. 313. Apollod. TU 12, 5, 7; vgl. SchoL und
Tzetzes zu Lykophr. 307ff. Sohn Apollons), Kas-
sandra, Polyxena, Polydoros, Pammon, Polites,
Antiphos, Hipponoos, Kreusa und Laodike, vgl.
Apollod. III 12, 5, 2. 61 Myth. Vat. I 204, 13ff.
III 9, 8. Arrian Epict. diss. II 19, 7. Hygin
fab. 109. 270. Quint. Smyrn. IV 41 9f. XIV 288.
Eurip. Hec. 3. 31. 1133ff. Diodor IV 75.
Robert Ant. Sarkophag. Rel. II Taf. XXI
nr. 45. XXLTf. 47c. 50. XVII 26c. XXIV 54. 57).
Ihrem Gatten Priamos, der trotz ihres Ein-
spruches XXIV 200ff. sich entschließt , bei Achill
um Lösung des Leichnams zu bitten, reicht sie
eine Spende, die er dem Zeus darbringen soll,
und geleitet ihn mit ihren Segenswünschen
XXIV 283ff.
Auch in den Kyprien (zum Auszuge des Pro-
Philostr. Heroic." XIX 11. Anthol. Graec. Brunck 40 klos vgl. R o m a g n o 1 i Studi Ital. di fil. class.
™ . ^. . -r-t-r .. -*T^vr^r T-s-i i tt r\F-j TV" O t 1 Ü" v 4 — ti-i- J»a T^yi-wrt^rt /]ai> TT izränin 1 in j"1j"-TI
II p. 240. Auson. VI epit. XXV. Diktys II 27.
Eustath. comm. 1214, 65. Tzetzes zu Hom. 450;
Chil. III 252; theog. 460 in Anecd. Matranga
II 593 u. a. m. ; zu Mygdon und Otreus (?) vgl.
Robert Stud. zur Ilias 444. Im Palaste des
Priamos erzog sie zusammen mit den übrigen
Söhnen und Töchtern des Priamos 50 Kinder,
Eurip. Hec. 421, vgl. Eustath. comm. 1361, 18.
Die älteste Erwähnung der H. finden wir in
IX 35fl.) tritt die Person der H. wenig in den
Vordergrund, wenn auch wohl dieses Gedicht den
Traum der H. und die Aussetzung des Paris
kennt (vgl. Pindar 8. Paian 29ff. : \%xäßa] tÖofr
. . zexelv 3ivQ<pÖQOv 'Eqivvv . . kxatöyymQa . .). Der
attische Vasenmaler Brvgos zu Beginn des
5. Jhdts. (Wiener Vorlegebl. VIII 3) stellt aller-
dings vielleicht die Ankunft des Paris im Hause des
Priamos lediglich als eine Parallelszene zum Paris-
der Ilias, vgl. Robert a. O. 365. 425. 444. 50 urteil dar, ohne etwas von der Wiedererkennung
452; hier spielt sie jedoch eine ganz unter-
geordnete Rolle; sie, die Tochter des Plrrygers
Dymas und Schwester des Asios XVI 718, ist
Gemahlin des Priamos (VI 451. XXII 234. XXIV
193 u. oft). Von ihrem Sohne Hektor (VI 451.
XXII 79. 234 u. oft) dazu veranlaßt, veran-
staltet sie einen Bittgang zur Athene und bringt
ihr einen Peplos als Geschenk dar VI 293, vgl.
IL Lat. 546ff. Auson. perioch. II, VI. Verg. Aen.
in den Kampfspielen zu wissen (Robert Bild u.
Lied 89; s. u.). Ebenso ist schwer zu erweisen,
daß H. in der Iliupersis eine wichtigere Stellung
eingenommen hat. Wir sehen sie bei der Zer-
störung Troias anwesend auf einer attischen
schwarzfigur igen Vase älteren Stils zu Berlin
(Furtwängler Katalog II 1009L nr. 3988,
abg. bei Furtwängler Samml. Sabour. Taf.
49, 50, 1; daß H. auch auf der äginetischen
I 479. Lukian de sacr. 2 und die ilische Tafel, 60 Vase späteren schwarzfigungen Stiles m Berlin
i^ .. . . , T , , TW .,„ m.u TT* i ... -a 1 „ ,. TZ-«+„l^™ TT 1fl1Q ni- 3QQR TU
s. Brüning Arch. Jahrb. IX 149 (Bittgang
zu Apollon Diktys III 2). Sie muß mit ansehen,
wie der Leichnam Hektors, den sie vergeblich
hatte vom Kampfe mit Achill zurückhalten wol-
len (XXH 79, vgl. Auson. perioch. IL XXH),
von Achills Rossen durch den Staub dahinge-
schleift wird XXH 405 (vgl. dazu das Silber-
gefäß O verbeck HeroengaUerie I 461, 124;
Furtwängler Katalog II 1013 nr. 3996 zu
erblicken ist, halte ich nach Vergleich des Origi-
nals für sehr zweifelhaft). Ob H. wirklich auf
dem Bilde der Iliupersis des Polygnot in der
Lesche der Knidier in Delphi anzusetzen ist (vgl.
Noack Illiupersis 68. Robert 50. Berliner
WinckelmanTJsprogr. 43, 15; vgl. dazu Robert
Beschreibung der Gemälde des Polygnotos von
2655
Hekabe
Hekabe
2656
Thasos [als Manuskript gedruckt Berlin 1888] 7, Späteren als Vater der H. auftritt. Zu trennen
schließlich Robert 17. Hall. Winckelmannsprogr. ist er natürlich zunächst durchaus von dem in der
65. 68. 74), bleibt unwahrscheinlich; die Ver- Hias XI 223 u. VI 299 erwähnten Thrakerkönige
mutung Roberts, daß auf dem athenischen Kisses oder Kisseus.
homerischen Becher (Kumanudes 'Eiprjfi. olqx- Schon Sophokles (und vielleicht noch vor ihm
1884, 59ff. und Tat'. 5. Robert Arch. Ztg. der Rhapsode Ion von Ephesos, Plat. Ion 535 B)
XLIII 78. 50. Berlin. Winckelmannsprogr. 43) hatte die Figur der H. gegenüber den alten Sa-
li, beim Tode des Priamos zu sehen ist, hat gen bedeutend mehr in den Vordergrund gerückt,
sich durch den Becher des Berliner Museums Daß sich im Sophokleischen Alexandros (Nauck
glänzend bestätigt (vgl. Winter Arch. Jahrb. 10 FTG 2 150f.) wohl zuerst die Erwähnung des-
XIII 81). Man darf demnach wohl auf die Traumes der H. fände, vermutete Robert Bild
Anwesenheit der H. bei Priamos' Tötung auch u. Lied 237, und meinte, die Fassung dieses be-
für das Gedicht des Lesches voraussetzen (vgl. reits in der Oidipussage vorhandenen Motives von
das Mittelfeld der ilischen Tafel, Jahn Bilder- der Aussetzung bei Sophokles nähme wahrschein-
chroniken 33, 67. 36. B r ü n i n g Arch. Jahrb. lieh auf die Erzählung des diesem befreundeten
IX 161 und dazu eine Lekythos aus Kertsch in Herodot I 114ff. vom Traume der Mandane und
der Eremitage zu Petersburg Antiqu. du Bosph. von der Aussetzung drs Kyros Bezug (vgl. Pal-
eimmer. pl.48, 3; Arch. Jahrb. IX 162, Abb. 36. mer Ovidii Heroides 439, 51). Dennoch dürfen
S. auch die apulische Amphora Bull. Nap, n. Ser. wir diese geniale Hypothese nicht festhalten, da.
VI Taf. 9. Heydemann Iliupersis Taf. II 20 der nach Roberts Ausführungen gefundene 8.
2 a. b. c p. 36. Catalog. of vases in the Brit. Mus, Paian Pindars anders entschieden hat und das.
IV F 278. Zur Vivenziovase Noack Aus der Traummotiv wohl schon den Kyprien angehören
Anomia 160. H.s Trauer um Astyanax Robert wird. An die Sophokleische Darstellung schließt
Sarkoph. II, XXVI 636. Bei den Sarkophagen sich eng Euripides an, der 415 v. Chr. zusammen
liegt fast immer die nichts besagende Vulgata mit dem Palamedes, den Troerinnen und dem
zugrunde). Daß sie den Tod ihrer Tochter Poly- Sisyp hos seinen Alexandros aufführen ließ (Aelian.
xena noch miterlebt hat, ist nicht anzuneh- v. h. LT 8. Nauek FHG 2 373). Diesem Stücke
men. (Auf die Darstellung der schwarzfigurigen liegt folgende Fassung zugrunde (vgl. Troad.
Amphora des Brit. Museums Catalogue of vases 915. Hygin. fab. 91. Robert Bild und Lied
IV F 160. v e r b e c k I 663, 174 ist kein Ver- 30 234ff. W e n t z e 1 Epithal. für Passow XXVh\):
laß. S. zu den Iliupersisvasen auch Gardner Als die Zeit herannahte, wo H. ihren zweiten
Journ. hell. stud. XIV 170ff. Weiteres Catalogue Sohn gebären sollte, schien es ihr im Schlafe,
of vases II B 205. 241 ; vgl. Schneider Troi- als brächte sie eine brennende Fackel hervor, die
scher Sagenkreis 169. 196. Heydemann Iliu- die ganze Stadt entzündete. Die auf Priamos'
persis 14, 3 Rom. Mitt. III 109). Befehl um das Gesicht befragte Priesterin Apol-
Mit dem Untergange Ilions verknüpft er- Ions, Kassandra (vgl. Eurip. Andr. 296ff.), riet
scheint sie bei den Lyrikern in Sizilien und das zu erwartende Kind sofort bei der Geburt
Unteritalien. Neben Simonides, der Hekabe den zu töten. Doch H. wußte es zu bewirken, daß
Tod ihrer Kinder beklagen läßt (Schol. Theokr. die Diener den neugeborenen Alexandros mir auf
XV 139), ist vor allem Stesichoros zu nennen, 40 dem Ida aussetzten. Dort fand ihn ein Hirt, der
in dessen Iliupersis H. von Apollon nach Lykien das Knäblein aufzog und Paris nannte. Als die-
entrückt wird (PLG IIP 212, 18 aus Pausan. X ser zum Jüngling herangewachsen war, folgte er
27, 2; vgl. Roh de Psyche 4 II 83, 3). Diese einst einem von ihm bisher auf dem Ida gehüte-
Version setzt uraltes Sagengut voraus, nicht nur ten Stiere, der als Preis für die in Ilion statt-
wegen ihres allgemeinen Charakters, sondern findenden Wettkämpfe ausgesetzt werden sollte,
auch wegen der direkten Beziehung, die zwischen Paris nahm nun daran teil, besiegte alle seine
Apollon und der ursprünglich sein weibliches Brüder und errang den Stier. Als Deiphobos
Korrelat darstellenden H. (s. u.) hier angenom- darob ergrimmt zum Schwerte griff, erfolgte
men wird. Damit hat man höchst wahrscheinlich durch Kassandra die Entdeckung. Vielleicht
die für Stesichoros PLG III 4 228, 69 und für 50 darf man der Weissagung Kassandras vom Unter-
Ibykos PLG III 4 247, 34 A (Schol. II. Ven. A. gange Ilions und der Königsfamilie auch den
Laur. III 314 führt Porphyrios ferner Alexander Vers aus Plut. de Is. et Osir. 71, Nauck FTG&
den Aitoler, Euphorion und Lykophron 266 an) p. 673, 968 zuerkennen.
bezeugte Notiz zu kombinieren, nach der Rektor, Von der Euripideischen Formulierung weichen
H.s ältester Sohn, für einen Sproß des Apollon die Späteren (Ennius im Alexander Vahlen 2 124,
gilt (vgl. Meineke Anal. Alex. 142, 125. 249; 35ff. R i b b e c k TRF3 I 373. V lff. aus Cic. de
Porphyrios schöpft vielleicht aus Lysimachos: divin. I 42. Verg. Aen. X 705. Ovid.Heroid.
Kalk mann Paus. 252; s. auch Schol. und XVI 239. Seneca Troad. 40. Plut. paraU. 24. Paus.
Tzetz. zu Lykophr. 266. Julian, epist. 78. Troi- X 12. 5. Apollod. III 12, 5, 2ff. Hygin. fab. 91.
los als Sohn Apolls Apollod. III 12, 5, 7). Auch 60 249. Galen Med. Graec. op. XIX 180. Serv. Aen.
Ibykos hat H. in den größeren Zusammenhang II 32; vgl. Mvth. Vat. I 212. Serv. Aen. VII 320;
der Zerstörung Troias und der Opferung Polv- vgl. Lact. Plac. Achill. I 22. Myth. Vat. II 197.
xenas am Grabe Achills durch Neoptolemos ge- Serv. Aen. X 705. Diktys III 26 (F ü r s t PhiloL
stellt (vgl. ferner H.s Verwandlung in eine Hündin LXI 345). Tripbiodor 380. Schol. Enrip. Andr.
PLG HU 721, 101 frg. adesp. aus Dion Chrvs. 293, Schol. Lykophr. 224. 319. Tzetz. zu Lykophr.
XXXIU59). In den apollinischen Mythenkreis ge- 86; Antehomer. 40ff. Eustath. Erot Script,
hört wohl auch Kissens, der zuerst bei Euripides Graec. Hercher II p. 204, 8; s. auch Prell er
und unter Euripideischem Einflüsse bei vielen Griech. Myth. II 8 41 lf, G r u p p e Grieeh. Myth.
2657
Hekabe
Hekabe
2658
I 665, 7) zum Teil in verschiedenen Einzelheiten
ab: Als H. zum zweiten Male schwanger ist,
träumt ihr, sie gebäre eine glühende Fackel, aus
der sich zahlreiche Schlangen entwickeln (Hygin.
fab. 249), oder die die Stadt in Brand setze
(Apollod. III 12, 5, 2. Schol. II. HI 325. Tzetz.
zu Lykophr. 86; nur die Häuser des Antenor
und Anchises bleiben verschont, das ist Weis-
heit des Diktys III 26). Priamos befragt die
fürsten Polymestor anvertraut hatte (dies auch
in der Iliona des Pacuvius und seines griechi-
schen Vorbildes; vgl Hygin. fab. 91. 109. 240.
Nach Welcker gehört das Fragment aus Cic. de
orat. III 219; vgl. 164 dem Pacuvius TRF
Ribb.s I 285. XLII 80ff.). Man bringt den Leich-
nam zu H M die den entsetzlichen Zusammenhang
errät und furchtbare Rache zu nehmen be-
schließt. Sie ladet den nach Gold lüsternen
Seher (durch sie Apollon TRF Ribb. 3 a. O.); die 10 Thraker in das Zelt der Troianerinnen, laßt seine
raten, das Kind zu töten (nach Pausan. X 12, 5
verkündet die Sibylle Herophile das zukünftige
Unheil); es folgt die Aussetzung auf dem Tda,
wo es fünf Tage von einer Bärin genährt wird,
dort findet es der olxfatjg jlysXaog, Apollod.
IH 12, 5, 4, und zieht es auf. Euphorion
(bei Serv. Aen. II 32, vielleicht im 5. Buche
seiner Chiliaden , Meineke Anal. Ales. 153)
und Lykophron kannten die Aussetzung nicht;
Kinder vor seinen Augen töten und blendet ihn
(vgl. Ovid. met. XIII 551 ff.; Ib. 267f. Mvth.
Vat. II 209. Serv. Aen. III 15. Tzetzes Chil.
III 257f. Eustath. Erot. Script. Graec. II 204.
S. auch Prell er Griech. Myth. II« 446).
Polymestor, dem auch Agamemnon seinen Bei-
stand versagt, stoßt fürchterliche Verwünschun-
gen aus und weissagt, vom Geiste seines hei-
matlichen Gottes Dionysos beseelt, der H., sie
nach Euphorion rät Aisakos, der Sohn des Pria- 20 werde vom Mäste des griechischen Schiffes ins
mos und seiner ersten Gemahlin Arisbe (T ü m-
pel o. Bd. II S. 847f. u. Herodian I 308, 8ff.;
Schol. Lykophr. 319 heißt es: Il^idfiov de XQ 03 '
jj.hov iv Zsldai tzsqi zfjg ßaoddag), das an einem
bestimmten Tage geborene Kind solle getötet
werden (vgl, Apollod. III 12, 5, 3); es gebären
gleichzeitig H. und Killa, die Gattin des Thy-
moites. Priamos läßt daraufhin diese samt
ihrem Sohne umbringen (ihr Sohn Munites Ly-
Meer springen und sich in eine Hündin ver-
wandeln (v. 1265); ihr Grab werde dereinst den
Schiffern ein Wahrzeichen zur See sein. Auch
Kassandra und Agamemnon kündet er ihr
Schicksal.
Die Gestalt der H., des psychisch kranken,
dämonischen Weibes, wie sie Euripides in seinen
Dramen gezeichnet hat, wurde schnell eine Ziel-
scheibe des Spottes der Komödiendichter,, nament-
kophr. 498, Munippos Tzetz. zu Lykophr. 315. 30 lieh des Aristophanes (frg. 594 a. Hall-Geldart,
Wertlos die Notiz Schol. und Tzetz. zu Lykophr.
319: Munippos, Priamos 1 eigener Sohn, den er
heimlich mit Killa gezeugt hat). H. und ihr
Kind bleiben aber am Leben, und so wird da-
durch mittelbar Troias Untergang und das Ende
der Herrschaft des Priamos herbeigeführt (Eurip.
Troad. 919. Schol. Lykophr. 319; s. auch Cic.
de fato XV 34).
Zusammen mit dem Alexandros wurden die
Eustath. comm. 1467, 35. Bekker Anecd.
Graec. I 336, 31; vgl. 327, 13). In diesen Zu-
sammenhang hat man wohl auch Athenion (vgl.
Iuba bei Athenaios XIV 660e) und Telekleides
zu rücken, die Eustath. comm. 1109, 22 namhaft
macht (die Ansicht M e i n e k e s Fragm. com.
Graec. I 90, 41, daß die Notiz über Telekleides
aus einer Verlesung der Worte Schol. II. XVI
718 hervorgegangen sei, kann ich nicht teilen;
Troerinnen aufgeführt (vgl. dazu besonders 40 denn einmal ist Eustathios ein guter Vermittler
Steiger Philol. LIX 362ff . und D i e t e r i c h
o. Bd. VI S. 1260), das, wie alle Euripideischen
Stücke, so fern uns auch der Inhalt liegt, seinem
Gehalte nach dem Empfinden des Modernen so
außerordentlich nahe kommt und recht dicht an
Problemstellungen etwa eines Ibsen streift, ist
die Figur der H. im wesentlichen die, welche
Euripides etwa ein Jahrzehnt früher in dem nach
ihr benannten Drama geschaffen hat. Hier wurde
von Nachrichten über die alte Komödie, und
dann ist es keineswegs ausgeschlossen, daß Tele-
kleides, der fünfmal in Athen siegte (IG II 977
I 4) noch die Zeit des Archidami sehen Krieges
durchlebte, er verspottet den Euripides z. B.
FCA Kock I 218, 39. 40. Vgl. Kirchner
Prosop. Att. II 306). Das Fragment 'Exäßt] oxoxv-
fyvea FCA Kock III 546, 783 weist Meineke
a. 0. IV 629, 100 ohne Berechtigung dem Komi-
die Gestalt der H. zum ersten Male zum Mittel- 50 keT Piaton zu. Auch die spätere sizilisch-unter-
punkte einer Tragödie gemacht (vgl. dazu Diete-
rich o. Bd. VI S. 1256). Die wichtigste äußere
Änderung, die Euripides mit dem alten Mythos
vornahm, besteht darin, daß in die Sage von
H., die als wehrlose gefangene Troianerin ihrer
Tochter Polyxena grausame Schlachtung (Quint.
Smyrn. XIV 272 nachgebildet dem Traume von
Polydors Tod bei Euripides) ertragen muß, im
zweiten Teile des Dramas die auf der thraki sehen
italische Posse mag H. in ihr Spiel aufgenommen
haben. Die Bezeichnung eines alten häßlichen
Weibes als H., Martial. ILT 76, 4, kann aus dem
dramatischen Mimos genommen sein, der in der
Kaiserzeit das Lustspiel ersetzte.
Die Wirkung der Euripideischen Stücke ver-
mag man nicht nur aus den Vasendarstellungen
.(der geblendete Polymestor auf einer lukanischen
Vase in Neapel verbeck Heroengallerie I
Chersones heimische Geschichte von Polymestor 60 670ff. Taf. 28, 2, auf einer apulischen Amphora
verwoben wird (v. Wilamowitz Einl. in d.
griech. Trag. 37; vgl. K aibel Herrn. XXX 85).
Die Dienerin, welche die Leiche der Polyxena
am Strande gewaschen hat (nach dem völlig wert-
losen Schol. Ovid. Ib. 267L ist es H. selbst),
findet dort den entseelten Körper des letzten
troiani sehen Königsohnes, Polydoros, den H,
einst zugleich mit vielen Schätzen dem Thraker-
Panly-Wfssowa-Krotl VII
Arch. Jahrb. XVI Anz. 159, nr. 5), sondern auch
aus den römischen Erwähnungen und Bearbei-
tungen des Sagenstoffes zu ersehen, Ennius im
Alexander (vgl. Varro de 1. L. VII 82. Nauck
FTG 2 373, 41. Ribbeck Rom. Trag. 81f.
Fragmente bei Va hie n2 124H.), ähnlich in der
Hecuba (Ribb eck a. O. 142ff. Fragmente bei
VahlenS 151f£, dazu vielleicht .anch QuintiL IX
84
2659
Hekabe
Hekfifee
2660
3, 77. TRF Ribb.s I 274. IX 21), Pacuvius in der {'Oövooeia äx^a Ptolem. III 4, 7) auf Sizilien in
Iliona (s. o. Ribbeck Rom. Trag. 232ff.; TRF 3 der Nähe des Helorosftusses ein Kenotaph er-
I 114ff.), Accius in der Hecuba (Ribbeck Rom. richtet und ihr Grabspenden darbringt. Aus
Trag. 419; TRF 13 230; wohl anders als Eury- dem Kerne des uralten Mythos, der noch bei
pides), auch in der Komödie , Plaut. Menaechm. Lykophron durchscheint (s. u.), wird sich zu-
714ff. (H.s Verwandlung s. u.) und Bacch. 963ff, nächst die Sage gebildet haben, daß H. schon in
(der H. von Helena verratene Odysseus wird ge- Troia infolge ihrer Schmähungen gegen die
schont nach Eurip. Hec. 239fi). Griechen sich in eine Hündin verwandelt und
Den Euripideischen Mythos von H. nahm sich in den Hellespont stürzt (so Nikander a. 0.;
schon Asklepiades in seine Tragodumena auf 10 auch nach Eurip. Hec. 1263 und Schol. Hyg.
Schol. Eurip. Hec. 1273 (vgl. Schol. Lykophr. fab. 111. 243; vgl. Serv. Aen. III 6. Suid. s.
315), der auf H.s Verwandlung Bezug nimmt. Kvv6or}/M)v springt sie ins Meer). Als man an
An Asklepiades richtete Philochoros FHG IV die Erzählung von H. den Polymestorraythos
639a einen Brief tieqI t^aycotStcöv, in dem er bei fügte, mußte die Sage ebenso wie die Polyxena-
Durchforschung der Mythengrundlage für Euripi- episode notwendig in Thrakien lokalisiert wer-
des feststellt, daß H. auch XoiqiXtj (vgl. Suid. den, H. wird von den Dolonkern mit Steinwür-
s. Xatoilr) u. XoqIXt} und Herodian parüt p. fen verfolgt (so Lykophr. 331. Ovid. met. XIII
153 Boissonade XoiqvXXtj) benannt worden sei; 5G5ff. Steinigung durch die Griechen: Sehol.
dazu notiert er £v rotg 'ÖQyixöis ol yotyoi kxaßat Lvkophr. 315. Auson. VI epit. XXV. Tzetz. zu
TtöoaayöQEÜGvTai. Das weist vielleicht nach Thra- 20 Lvkophr. 1030; CHI. III 242. Suid. s. u. Vgl.
kien (Maaß Orpheus 155, 49) und kann mög- Diktys V 16. Tzetz. zu Lykophr. 1176) und
licherweise Bezug nehmen auf den Kult des mit nimmt die Gestalt einer Hündin an (ihre Ver-
Apollon ausgeglichenen Dionysos Kisseus, der Wandlung auch bei Plaut. Menaechm. 714ff.
z. B. bei den Sikyoniern als XotgoifaXac (vgl. Agatharchides Geogr. Graec. min. I 114 A 34f.
auch XoiQo&Uy) verehrt wurde (auch hier zwei- Cic. Tuscul. III 63. Mela II 26. Pollux V 45.
deutige Anspielungen der Komödie). Hyg. fab. 111. 243. Myth. Vat. III 9, 8. Serv.
Die Sage von der Verwandlung der H. in eine Aen. III 6. Schol. Lykophr. 314. 315. 330. 1176.
Hündin wurde in hellenistischer Zeit ähnlich wie Schol. Eurip. Troad. 430. Triphiodor 401 f. Quint.
z. B. die von Kadmos und Hannonia aufgenommen Smyrn. XIV 346ff. Dracont VIII 145. Tzetz.
(Dosiad. ara 4. v. Wilamo witz Buc. Graeci 152, 30 zu Lykophr. 315. 1176 u. ö.). Hier greift die
4) und weiter ausgesponnen. An sie knüpft Nikan- alte Version der aitiologischen Sage ein ; sie
der in seinen Heteroiumena an (Schneider Nican- knüpft, von Euripides Hec. 1273 ausgehend,
drea 67 frg. 62). Die erhaltenen Verse h>& 'Exdßri an das Kynossema auf der Chersones (Lage
Kioorjfc, oV iv stvgl deQxeto jiäzQfjv \ xai tiqöiv Strab. XIII 595) an, das ursprünglich mit H.
£knr)$Etcfa TtaQaonaiQovm övqkaTs \ eis äka jioaaiv ebensowenig zu tun hat wie die Kynossemata
ooovas xal f]v rfXXd^axo {ioQ<pt)v j y&ljiov 'Ygxa- anderer Gegenden (z. B. Plut. Themist. 10), s.
vtdeoow (codd. 'YQvaxlöeatv , vgl. Eustath. comm. Thukyd. VIII 104. Asklepiades Schol. Eurip.
1822, 5) ieidofdvj) oxvXäxeooiv genügen uns, um Hec. 1273; vgl. Tzetz. zu Lykophr. 315. Strab.
daraus zu ersehen, daß Nikander die Verwand- VII 331 frg. 56. XIII 595. Ovid. met. XIII
lung gleich nach dem Tode des Priamos ansetzte, 40 569f. Diodor XIII 40, 6. Mela II 26. Phn. n.
ohne vorher wie Euripides auf die Polyxena- und h. IV 49. Pollux V 45. Auson. VI epit. XXV.
Euripides . .,,_...
Wandlung und verlegt wie dieser den Schau- fierov Hrjfxa. Georg. Kedrenos 132 C, I 232, 133.
platz nach Thrakien. Der aitiologische Schluß Bekker. Auf jüngerer Version fußt die Lokalisie-
XHI 565ff. scheint aber aus einer andern Quelle rung Solin X 22, Mart. Capella VI 658. Diktys
zu stammen, vermutungsweise nenne ich Kalli- V 16. Nach den Nosten trafen Neoptolemos und
machos' Aitien, in die vielleicht auch diese Odysseus in Maroneia wieder zusammen; dort-
Sage ebenso wie die von Harmonia aufgenommen 50 bin wird dann die Schlachtung der Polyxena und
war. In denselben Zusammenhang wie Ovid hat damit die Steinigung der H. verlegt (vgl. auch
schon Lvkophron die Sage gerückt, der in seiner Georg. Kedrenos 132 C, I 232, 13ff. Suid. s.
Alexandra die Seherin auch H.s Traum 224ff. Kwo; öi^a). Nach Apollod. epit. V 24 (vgl.
und ihre weitere Zukunft 330ff. prophezeien läßt: Dares 42f.) bittet Helenos, der Neoptolemos be-
H. wird von den Dolonkern gesteinigt und in gleitet, H. los und begräbt sie nach ihrem Tode
eine Hündin verwandelt. V. 1174ff. nimmt er auf der Chersones am Kynossema.
auf eine jüngere Erzählung, die auf die durch Auch abgesehen von besonderen Episoden wie
Tiraaios (G e f f c k c n Timaios 28) vermittelte H.s Verwandlung und H.s Traum (bei Eupho-
sizilisclie Kultsage von Hekate zurückgeht (vgl. rion; s. 0.) hat die hellenistische Dichtung
C i a c e r i Contributo alla storia dei culti 60 vielfach sich mit der Gestalt der H. beschäftigt,
dell'antica Sicilia 29ff.), Bezug, nach der Odys- wie uns z. B. wiedeT ein Papyros gelehrt hat,
seus, H.s Herr (seine Sklavin ist sie schon v. Wilamo witz Berl. Klassikertexte V %
Eurip. Troad. 277. 427. 1285; vgl. hvpoth. 135, 137 (H. geht mit klagenden Mädchen zn
dazu. Ovid. met. XIII 485. Apollod. epit.'V 24. den Feldzeichen der Danaer). Auf den Literatur-
Hyg. fab. 111. Dion Chrys. XI 154. Diktys V forschungen dieser Zeit fußen auch im Grande
13. Quint. Smyrn. XIV 22. Schol. Lykophr. die homerischen Becher und später die Tabulae
1183; vgL Gruppe Griech. Myth. I 694) aus Homericae oder, wie man sie gewöhnlich nennt,
Furcht vor Hekate ihr am Pachynosvorgebirge Iliacae, die ihrerseits wieder durch das Interesse
2661
Höfcabe
üetaerge
Z002
4er Augusteischen Epoche an den Sagen beein- Feste 397, 3. Dissert. HalensesXX 61ff.). Eine
Hußt sind {v. Wihmowitz Einl. in die Erscheinungsform dieser Göttin selbst war die
kriech. Trag. 170). Dieses wandte sich aus leicht Hündin (axiXa£, in Karien daher häufig der
begreiflichen Gründen speziell den troischen Per- Personenname Skylax?), nach der sie auch den
«önlichkeiten und somit auch der H. zu (Vergil, Kultbeinamen 'Exän? ZxvXaxlxtg (Orph. hymn.
-Ovid, Kaiser Tiberius, der im Stile des Eupho- 15; danach Artemis XXXV 12, in Pergamon, wie
rion Rhianos und Parthenios dichtete, und an- Kern schlagend bewiesen hat Herrn. XL VI 4311t.)
dere). Auch in der griechischen und römischen führt (vgl. auch Quint. Smyrn. X 155ff. Gruppe
Literatur der Kaiserzeit finden wir H. oft er- Griech. Myth. II 804, 3. De Visser Die nicht
wähnt, abgesehen von den Fachschriftstellern, 10 menschengestaltigen Götter der Gneehen 189L
Geographen usw., z. B. in den Tragödien Sene- Radermacher Rh. Mus. N. F. LIX 311ff.
-cas, der wieder direkt auf Euripides zurückgreift, Die Ausführungen S i e c k e s Götterattribute 83
•ohne jedoch irgendwie dem inneren Gehalte der lehne ich ab). Der Zusammenhang H.s mit
griechischen Dramen gerecht zu werden (H. Per- Hekate, der, wenn auch wohl schon nicht mehr
son in den Troerinnen [u. Agam. 648], ferner verstanden, bei Euripides Nauck FTG 2 p. 673,
epist.-mor. 47, 12; vgl. 88, 6). Auch bei den 968, Aristophanes frg. 594 a Hall-Geldart und
Ehetoren der Kaiserzeit wird gelegentlich der H. LykophT. 1174ff. (s. auch die Grammatikernotiz
gedacht, Quintil. s.o. Dio Chrys. s. 0. ; vgl. hier Bekker Anecdot. Graec. 327, 13 und 336, 31)
auch das Grabgedicht CIL VI 3. 21846, 12. Buche- durchschimmert, ist dann völlig in Vergessenheit
ler Carm. Lat. epigr. n 1165. Das Epigramm 20 geraten. Aus der Tatsache, daß H. nur eine Hy-
Diog. Laert. ITI 23 soll Piaton angeblich an Dion postase der kleinasiatischen Hekate darstellt,
gerichtet haben, und es soll auf dessen Grab gesetzt findet die Erzählung von der Verwandlung in
sein. PlutaTch erwähnt H. mehrfach, Thes. et Rom. eine Hündin ihre Erklärung.
6. Pelop. 29; de aud. poet. 8; pro nobil. 21 ; de Vgl. zu Hekabe Höfer in Roschers Myth.
Is. et Osir. 71 gehen wie Athen. II 66 a und b und Lex. I 2 , 1878ff. Ihre Beinamen verzeichnet
Aelian var. hist. 118 speziell auf Euripides. Carter Epithet. deor. 41.
Etwa aus derselben Zeit datiert das Interesse 2) Tochter des Danaos, die ihren Gemahl
derjenigen an den troischen Sagen, die nicht Dryas in der Hochzeitsnacht tötet, Hygin. fab.
innere Kunst, sondern nur die äußeren Vorgänge 170. [Sittig.]
anziehen konnten (s. auch Lucian. somn. s. gall. 30 Hekaerge. 1) Hyperboreerin, Dienerin
17); kein Wunder, daß sich die Neugier nun be- der Artemis. Die in der Zweizahl oder Drei-
sonders auch auf die Ante- und Posthomerica zahl auftretenden, den Hören und Chariten ähh-
richtete; der genügten die Schriftstellernotizen, die liehen Göttinnen der Vegetation wurden in Kul-
wir in den späteren Exzerpten des Diktys (II 18. ten des Apollon und der Artemis, speziell auf
27 Polydoros' Tod) und Dares (27—34 hinter- Delos, diesen beiden Gottheiten untergeordnet,
listige Rache der H. an Achilleus) des 4. und 5. als Hyperboreerinnen in deren Sagenkreis ver-
Jhdts. antreffen. Weiterhin erscheint H. bei den flochten und zum Teil mit solchen Namen belegt,
Epikern Quintus Smyrn. und Triphiodor , in den die Beiworten des Apollon und der Artemis ent-
Berichten der byzantinischen Chronisten, wie nommen waren. Eine dieser Hyperboreerinnen
GeorgiosKedrenos(s.o.Bd. IS 707, 13: H., Iokaste 40 heißt H. Herodot IV 33ff. unterscheidet zwei
und Niobe Bilder der leidenden Mutter; vgl. Paare: das erste Paar heißt Opis und Arge;
Zonar. epit. XIV 14, III p. 199 Büttner-Wobst. ihr Grab lag auf Delos hinter dem Artemision,
Leo Gramm. 144, 22, Nikeph. Kallisth. h. e. nahe beim Schatzhaus der Keer, und sie wurden
XVIII 41) und Johannes Malalas (p. 108 Dindorf: auf Delos, auf anderen Inseln und bei den lonern
Tod des Priamos und der H.; p. 106 Eigenschaf* mit angeblich von Ölen gedichteten Hymnen ver-
ten der H.; ebenso wertlos der nach Euripides ehrt; die Frauen sammelten bei festlichen üm-
■erfundene Bericht der Tötung Helenas durch H., zügen Gaben für sie ein , auch brachte man die
den ich hier nachtrage, Ptolem. Heph. 4 Wester- Asche der auf dem Artemisaltar verbrannten
mann 189 aus Phot. biblioth. 149 B 12f.) und Opfertiere auf ihr Grab; sie sollten schon mit
schließlich bei dem Schwindler Tzetzes (Postho- 50 Leto und Eileithyia nach Delos gekommen sein
mer. 366f. Beschreibung H.s), sowie natürlich und, so ging die Legende wohl weiter, dann Letos
in den bereits oben angeführten Bemerkungen Kinder, Artemis und Apollon, gepflegt haben,
verschiedener Autoren und in mannigfachen No- Das zweite Paar bilden nach Herodot Hyperoche
tizen der Scholien- und Lexikographenliteratur, und Laodike, deren Grab auf Delos innerhalb des
die vielfach weit älteres Material verarbeitet Artemisions unter einem Ölbaum lag und denen
haben. die Haarweihe galt; sie sollten weit später als
Deutung der Sagenfigur: Nicht Opis und Arge mit den heiligen Gaben aus dem
nur der Name H.s (Exäßr] : hxrjßolog, ixarrjßolog) Lande der Hyperboreer gekommen sein. An Stelle
und ihres Vaters Kisseus (vgl. Aeschyl. frg. 341 des ersten Paares, Opis und Arge, nannte ein
Sidgwick o xtoosvg 'Ä3t6X).mv)^ sondern auch die 60 angeblicher Hymnos des Melanopos von Kyme
Sage von der Entrückung der H. durch Apollon, Opis und H. (Paus. V 7, 8). Diese beiden Namen
der sich einst ihr in Liebe genaht und mit ihr führen die Hyperboreerinnen, die mit den heiligen
"Troias Hort, Hektor, erzeugte, weist sie in den Gaben nach Delos kommen, bei Serv. Aen. XI 532
apollinischen Kreis. Als weibliches Korrelat und bei Claud. cons. Stilich. HI 253, wo sie als
Apollons verehrte man in Kleinasien Hekate, eine Jagdgenossinnen der Artemis aufgefaßt sind- Da-
in dieser Gegend allein heimische Göttin, die gegen spricht Kallim. hymn. 4, 292ff. von drei Hyper-
von hier aus erst ziemlich spät nach Griechen- boreerinnen, von den Töchtern des Boreas.Upis.Loxo
3and selbst gelangte (vgl. Nils son Griech. und H. f denen man auf Delos die Haare weihte,
2663
Hekaerge
Hekaergos
2664
ebenso Etym. M. a. Ovmg und Nonn. Dionys. V ihr VateT Alkidamas willigte unter einem Eid
491. XLVTII 332, wo diese drei als Töchter des bei Apollon in die Heirat ein, brach dann aber
Okeanos und Dienerinnen der Artemis erscheinen. den Schwur und verlobte sie einem andern; Her-
Pflegerin des kleinen Apollon, der nach ihT mochares drang in das Artemision ein, wo Kte-
den Beinamen Hekaergos erhalten habe, ist H. sylla der Artemis opferte, entführte das Mädchen
bei Eustath. IL 138, 24. Andere sprechen von nach Athen und heiratete sie, doch bei der erstens
Opis und Hekaergos, die vom Lande der Hyper- Geburt starb sie , da die Gottheit noch wegen
boreer eherne Tafeln mit Aufzeichnungen über des väterlichen Meineids zürnte, und wurde in
die letzten Dinge gebracht hätten (Ps.-Plat. Axioch. eine Taube verwandelt (vgl. Ovid. met. VII 368ff.) y
12 p. 371 A) oder die Erzieher von Apollon und lOHermocharcs aber erhielt vom Orakel den Auf-
Artemis gewesen seien (Serv. Aen. XI 532. 858). trag, das Ktesylla-Heiligtum in Iulis zu stiften.
Über die Hyperboreerinnen vgl. Crusius bei Ro- Diese Legende, die ihre Parallele in der Sage
scher Myth. Lex. I 2805ff. Nilsson Griech. Feste von Akontios und Eydippe (s. d.) hat, motiviert
207 ff. Schroeder Arch. f. Rel.-Wiss. VIII 69 und sowohl die Gleichsetzung der Ktesylla mit Aphro-
unten Art. Hyperboreerinnen. [Jessen.] ditc wie mit Artemis H. Was dem Wesen der
2) In Melite (Phthiotis) hat am Flusse Tar- Ktesylla mehr entspricht, läßt sich nicht ent-
taros, d. h. einem Zugang zur Unterwelt, im scheiden, vgl. W ernicke o. Bd. II S. 1358
Heiligtum der Artemis die Fischgöttin 'AomtXig Nr. 22. [Jessen.]
(aonälovg- zovg ix$iag Adaptives Hesych.) 'Apei- Keka,er%0$ (ExaeQyog). 1) Apollon_ führt bei
]»ü.™ /iTfVI urtltrTu • nnirsvmv TTpscp.Ti.^ 'KvnFitVn "K"nlt i
Dreinamigkeit vgl. Hera Argeis , T T ^ - M „ „^
auf Kos, Dittenberger Syll.« 617, 5, Jung- II 79. 179. 204. 242. 262. 296. III 281. 333. 500}
frauen opfern ihr jährlich einen jungen Bock oder die selbständige Bezeichnung H. (II. I 147.
durch Erhängen — ein Ritus zur Forderung der 474. VII 34. XXI 472. 600. XXII 15 ; hymn. II 64.
Fruchtbarkeit ; vgl. Nilsson Griechische Feste III 239. 307. 464. 472. 492). Im ersten Buch der
233ff. Der Machtbereich der Göttin, der sich in Dias kennzeichnet H., das hier mit ExrjßoXog,
den Namen ausspricht, und ihre Beziehungen zu ixaxrißoXog, ixartjßeXhrjg, i'xatog (s. Hekebolos,
Artemis finden eine Parallele in der fischleibigen Hekatos) abwechselt, den Gott, dessen Pfeile
Göttin Eurynomc (vgl. Eurynomos) zu Phigaleia, 30 Verderben und Tod bringen (ebenso IL IX 564),
wo ein y/vxoxoftitslov, also ebenfalls ein Abstieg im übrigen aber ist H. ein feststehendes Beiwort,
in die Unterwelt ist, Paus. Hl 17, 9; xrjv de das der Dichter ohne Bezug auf die besondere
EvQvvöur)v 6 fih tfüv &iyalia>v Öfjßoq smxXr}oiv Situation gebraucht. Die spätere Poesie ver-
bat aemoTEVxEV 'A&eftidos, Paus. VIII 41, 5. wendet H. ebenso wie Homer, bald als Beiwort
[Neustadt.] des Bogenschützen Apollon (Tyrtaios frg. 3. Pind.
Von den drei Namen 'Atmalts = Fischerin Pyth.IX28), bald als typische Bezeichnung dieses
(äonaXtevs = Fischer) , A^d^z n = apeikxtos, Gottes (Solon frg. 13, 53. Inschr. der Xypsolos-
äuelhyos (vgl. Hesych. s. petXsiv ' agiaxstv), und lade: Paus. V 18, 4. Anstoph. Thesmoph. 972.
'Exafoyn weisen die beiden letzteren, ebenso Kallim. hymn. 2, 11. Plut. Tit. 12. Orph. frg.
wie die Verknüpfung mit dem Tartaros, auf die 40 148, 1. 160, 11, weiteres bei Bruchmann Epithet,
Todesgöttin = Artemis -Hekate Hekaerge Nr. 3. deor. 23). Wie bei Hom. H. I 474 die Griechen
3) Artemis, Hekate. Wie ixrjßdXog und den Pestbringer Apollon versöhnen /tüxotnes
ExaxrißoXog Beiworte des Apollon und der Artemis Exäegyov, so soll auch nach Apollod. von Kerkyra
(s Hekebolos Nr. 2) sind und wie Apollon Hekatos und Kallim, frg. 75 bei Clem. Alex. Strom. V
neben Artemis Hekate steht, so führt neben Apollon 48, 4 Branchos, als er Milet von der Pest reinigte,
Hekaergos (s. d ) auch Artemis die Bezeichnung das Volk aufgefordert haben fiüxEte, a> xaidsg,
H. • vgl. den angeblichen Vers des Branchos bei Exdepyov y.al Exasgyqv. Im Altertum wurde H.
aus der Trachonitis heißt es, der Grabschänder Soph. lex. 65, 8), sei es als Sonnengott (ojxadev
solle der H. (d. h. der Hekate) verfallen sein egyaCöuevog za tieqi yijv <og rjXiog, Eustath. Hom. II.
(Kaibel Epigr. Gr. 460, 6 = Le Bas VI 2416). 138, 23. Serv. Aen. XI 532), oder als Seher (fidvng
In beiden Fällen klingt noch die älteste Bedeu- xdvrmv txdegyog, Orph. frg. 160, 11; vgl. Heke-
tung all der Beiworte wie Hekebolos, Hekatebo- bolos), dann auch von der Hyperboreerin Hekaerge
los Hekatos, Hekaergos hindurch als euphemi- (Etym. M. s. Ovms), seiner Pflegerin (Eustath. Hom.
stische Bezeichnung der aus der Ferne sicher IL 138,241 oder vonH.Nr.2. Über neuere Erklärun-
wirkenden Todesgottheiten. gen vgl. Doederlein Homer. Glossar. II lOo nr.
4) Ktesylla wurde in Iulis auf Keos verehrt 575 (exäs — eigyrnv ,von fern abwehrend' ^ aXe£i-
als Aphrodite KtesyUa, an anderen Orten auf60«a«o<r, äxoTgöxaios) ; Goebel Lexil. zu Hom. I
Keos als Ktesylla H. Die Legende besagte nach 54 ff.: der die Pfeile (io exog von ß^i) abwärts
Nikander bei Anton. Lib. 1: als Ktesylla, die richtende {vergere) Sonnengott; Prell ^witzfefcvm.
Tochter des AlMdamas aus IuUs, bei den Pythien Wörterb.2 133: der nach semem WiUeti(^>
in Karthaia am Altar des Apollon tanzte, ent- treffende. Fröhde Bezz. Beitr. m 7 XIX 235:
zückte ihr Anblick den Hermochares aus Athen; der Ferntreffer, zweiter Teil des Wortes — got ;
er schrieb auf einen Apfel einen Eid bei Arte- vairpan, ajtsl. «TW- -/«E?™? \^? ^ J* ei
mis, daß er sie heiraten wolle, und warf der Gruppe Gnech. Myth. 1244, 1. 1£&5,G. Der
Ktesylla diesen Apfel im Artemis-Heiligtume zu; enge Zusammenhang zwwehen fxaxoc , exr/ßölog,.
2665
Hekale
neKaraios
£UUU
Jxdspyoc Hegt klar (vgl. Usener Götternamen bracht wurden, werden im Etym. K s. v. als
37Ä337) ; ursprüglich scheinen sie euphe- Opfer bezeichnet. Dort ^,^^J^ *
^tische Be *LJ&L Todesgottes gewesen gjjjj ^^^dSS£S^
^ 2rt Q HvT)erboreer Statt des Hyperboreerinnen- des Zeus ExdUwg und das 'ExaXjocov (-*«?) g«-
«mXun Hekaerge sprechen Ps.-Plat. nannte Opfer. Dann aber scheint irgendetwas
Seh 12 n 371 A und Serv. Aen. XI 532. 858 jenseits der Sage und Dichtung auch an dem Namen
7 P P ,r fi«; a iJh s Hekaerge fe«aWw zu sein. Denn die Deutung, daß es sich
von dem Paare Opis und H. , s. H J««K e £ flr J einen Schrae i c hemamen handle, sieht ge-
*Hikaler£xcUn Demotikon^««^^), kleiner 10 zwungen aus. Ob diese Hekaline oder 'H. alsDemen-
Den^ofdeÄ Leontis, der nach seinerkellung HeroineKult hatte, stnichtklar. ^s Hekalesien-
im Prytanenverzeiclmis IG II 864 zur Binnenland- fest und was es sonst noch von Kulttatsachen gab,
tSttyY gezählt werden muß. Den einzigen An- sollte an Theseus angeschlossen werden. Zum
haltgunkt zu seiner näheren Fixierung bildet der Anschluß wählte man die Sage vom mwrfh om-
Mvthus von der Bast des Theseus auf seinem sehen Stier wegen der ortlichen Nahe und den
Abenteuer zur Bezwingung des marathonischen Theoxenientypus, wie er am ähnlichsten in der
Stieres (Hut. Thes. 14). Danach hat H. an Molorchos sage begegnet. Vgl Heyne «uAp ollo-
einem wichtigen Punkt im Gebirge auf dem Wege dor II 5. Naeke Opusc. II 118. Deneken De
Athen- Marathon gelegen. Näheres läßt sich nicht theoxenns 26. [P. Jmedlanaer.j
ausmachen: Mißhhöfer Karten von Attika, 20 Hekaleios (Ä), Epiklesis des Zeus im
Test III -VI S. 37 suchte es bei Kalisia am Süd- attischen Demos Hekale wo ihm das Hekalesion-
abhang des Penteükon 5 Abh. Akad. Berl. 1892 Fest gefeiert wurde H ^\, s -/"f^^:
22 im Bergkessel von Kukunarti, bei Stemata auf Steph. Byz s . Exaly. Plut. Thes. 1 4 ^nach , Phi
der Ostseite des Gebirges, nahe bei Marathon. ochoros (ExdX f Ad). Der Kult sollt« tob ,He-
Diese Annahme bekämpft Löper Athen. Mitt, kale (s d) gestiftet sein. [Jessen.]
XVII 384 und schlägt vor, es auf der Südseite Hekatadoros s. Hypatodoros
11 Parnessos etwa bei KerLmidi zu suchen. Bei Hekataic , W Exaratr, = %™»%£™^
der Gründung der Phyle ntoUpak ums J. 224/3 Gebiet), ein Bezirk, der der Hekate geweiht i wai
TOde H. ihr zugewiesen, wie aus IG IL V und zum Gebiet von Hahkamassos gehörte £
477c hervorgeht (s. Kirchner Prosop. Att. H30d.. Inschrift m der ehemaligen Ritterburg von
5321 [Kolbe] Halikarnassos gefunden, Newton Essays on Art
21 Eponyme Heroine des gleichnamigen atti- and Archaeol. 433 L 215: Kdxgav Wd/J^
sehen Demos Die Überlieferung über sie geht nXr^v Exmatrjg. iBür^nner.j
auf aas Seht Tes Kallim a chos%tyn, M. Suid. . Hekataios 1) Sohn ^Kolchos ™%»%>
8 'Exdlm Naeke Opusc. II. Gomperz Aus der Tnerarch, geehrt von den Athenern zur Zeit des
H des Kallimachosf Wien 1893. V Wilamo- Krieges gegen Philipp .von Mata^enflG
witz Nachr Gott. Ges. 1893. 731ff.) und auf die 11414. Dittenberger Syll.2 267) [bundwall.]
Itthis des Phüochoros (Plutarch. Theseus 7) zu- 2) Hekataios von Eretna (Mueller Scr Eer^
rtck. Kallimachos schöpfte gewiß aus einem ^ f^M. 49 Köper Über »« S ^«-^
älteren Atthido^raphen (wie er die Akontiosge- 40 mit Namen Hek., Danzigl8<7. 1878 feuseminl
Se der ShL cVonik des Xenomedes ent- Gr. Lit.-Gesch II 399 314) .Zeitgenosse Alexanders
nahm- Oxvr Pap VII nr. 1011 v. 54). Es han- oder aus der frühesten hellenistischen Zeit, wie
delt sich L eine Episode aus dem Kampfe mit die Umgebung zeigt, in der sein Name i- dem
dem marathonischen Stier. Theseus kommt zu einzigen Zitat erscheint; namheh bei Plutoh.
H.. bevor er in den Kampf geht, und wird freund- Alex. 46 in einem Zitatennest (aus ; Istros? v Gut-
lich aufgenommen. Das gab bei Kallimachos eine Bchmid Kl. Sehr. V 155f.), unter den i Schntt-
berühmte Szene, die (z. B. auf Ovid und Nonnos) stellern, die Alexanders Begegnung mit der Ama-
stark gewirkt hat. H. betet dann für den Helden zone für ein .^a erklarten Ihn deshalb unter
und gelobt, wenn er gesund zurückkomme, ein die Alexanderhistoriker zu rechnen (Böp er I <JO
Opfer Sie stirbt abcr\or seiner Eückkehr und 50 II 13), ist mindestens unsicher Denn Plutarch
«findet sie tot (Priapeum 12: quam domo re- scheint in seiner Aufzählung durch ein jtgog rovrotg
vertens 7k«ms repperit in rogo iaeentem). Da zu scheiden zwischen den Alexanderhistonkern
setzt er selber alsDank für die Aufnahme den (Anstobulos Chares , Ptolemaios, Anhktades,
Kult ein, an den sich die ganze Sage als ätio- Philon von Theben ist unbekannt; von Phi ippo8
logische Legende knüpft, ,Es opferten nämlich', aus Theaggela kennen wir nur Kagcxa) .^3olcJ e n
sagt Plutarch a. O. - und gerade dies wird aus die die Sache in anderen Werken erwähnt hatten .
Phüochoros stammen -.die umwohnenden Demen, außer H. Duris und der unbekannte Fhihpjos
indem sie - in H. Nr. 1 jedenfalls - zusammen- von Chalkis, also ebenfalls ein Euböer. Das macht
kamen, dem Zeus *ExaXog das Hekalesienopfer v. Guts chmids Vermutung (124) wahrschem-
VExaXri<Höv ist überliefert, ExaXfaa Korais) 60 lieh, daß geographische Gründe maßgebend waren
und sie verehrten die H. , indem sie sie mit und daß auf einen von beiden die gnechiscner
Kosenamen (vxoxoqiHohsvoi) Hekaline nannten, ,Kantönlieitelkeit< entsprungene Nachricht von
weil auch sie den ganz jungen Theseus nach Euböern in Armenien zurückzufuhren ist, die im
Greisinnenart freundlich behandelt und mit sol- Bunde mit Gargareero und Thrakern gegen die
chen Schmeichelnamen bedacht hatte.' Hesych. Amazonen kämpfen (Strab. XI 5 2). Da auch
s v nennt den Zeus wohl richtiger 'EkoIeio; in Chalkis Amazonengräber erwähnt werden (Plut.
und' läßt seinen Kult von H. selbst gegründet Thes. 27), könnte H. Evßo**« oder Egtipoxa ge-
aein Die Ehren , die ihr nach Plutarch darge- schrieben haben. Daß ihn Mneller und v. Gut-
Jicnauttiuo
JtieKaiaios
200»
schmid für einen Schriftsteller über den Pontos
öder die Nordlande überhaupt erklären, ruht allein
auf Bnttmanns Konjektur Pa.-Scjmn. &70*E.-efy'
ovgetQtevs, die jetzt allgemein zu Gunsten von
Röpers 6 Tfyog aufgegeben ist. (Mueller FHG
II 389, 11 wies dem Eretrier deshalb auch SchoL
Apoll. Rhod. IV 284 zu, wo aber an dem Milesier
festzuhalten ist, und wiederholt Scr. Rer. Alex. M.
49b die von Schweighäuser zu Athen, I S. 468
Schreiber fehlt: BQvoraxia, <9e5vtf, Magtoveia^
ndrvxoc, Hv&s, Zeoriov, Zißspiv*], XdXxtf. Dazu
eine Reihe ^rakiflcher* und ägyptischer Städte
(s. § 12, 4. 15). Doch fahrt das schon auf die
gewaltige Vermehrung unseres Materials durch
Kachweis der Benutzung des H. bei Späteren (vgL
§ 6. 21). Der Versuch, diese anzuzeigen, ist bis-
her leider nur für Einzelheiten gemacht; und da,
oft ohne feste Prinzipien. Die dringend not-
gemachte törichte Identifizierung des Eretners 10 wendige Monographie fehlt. Aus der Literatur
mit dem Nrjottozrjg, den Kallimachos als Verfasser
der Periegese des Milesiers genannt fand). Ganz
unwahrscheinlich ist es, mit Heck er Philol. V
1850, 420 und Stiehle ebd. VIII 591 in ihm
den H. zu nennen, den Agatharchid. de m. rubr.
64 neben Basilis als Autorität für den Osten nennt.
3) Hekataios von Milet, ävtjg Xoyonoiög (Her od.
H 143. V 36. 125; danach Aristeid. II 482. Aman,
anab. II 16, 5. V 6, 5. Aelian, n. a. IX 23; iozoqio-
nenne ich an allgemeinen Darstellungen Vossii
De Histor. Graec. ed. Westermann (1838), 15fF
C. Mueller FHG I p. IX- XIV. IV 623. E.Meyer
Gesch. d. A. II 1893 § 5. 465. Wachsmuth
Einleit. 1895, 327. 509. Gom perz Griech. Denker
I 1896, 205fl. v. Wilamowitz K. d. G. I 8
(1905), 33 und Greek Historical Writing, Ox-
ford 1908, 7. Christ-Schmid Gesch. d. Gr,
Lit.5 I 1908, 4261 Bury The Ancient Greek
— -■ ■ 1 -■ -7 '■ " ~ • — -"-■ — *■■ J «^»^^.^^ jjitj. m. j.t.uvj, TIUVl. XJU.1J J.UC -TLUIjUJIILj VJIXCCJS.
yeayog Suid. s. v.; cozoQixog Kerkid. bei Aelian. 20 Hist., London 1909, 8ff. Zu dem geographischen
Var. bist. XIII 20. Suid. R. 'fiAlrlviitnc MtXrininc- WprlfP- TTV Pr+ TTn+oron/>Vi iiliüT ^i'ü a^«. /I fic , TT
var. bist. XIII 20. Suid. s.EUdvtxog Mitycw,
6 Ttjv toroQiav ovvzdijag Strab. XIV 1, 7; unter den
historiae conditores Solin. c. 43).
§ 1. H. ist eine der bedeutendsten Er-
scheinungen in der Geschichte der älteren Prosa-
literatur und der Wissenschaft; der erste Ver-
treter ionischer iaroglij auf den Gebieten, die
wir jetzt Geschichte und Geographie nennen.
Die Alten führen ihn mit Eecht unter den
Werke: Ukert Untersuch. übeT die Geogr. des H.
und Damastes, Weimar 1814. Hollander a. a. 0..
Forbiger Handb. d. alt. Geogr. 12 1877, 48—58.
Mas P. C. Schmidt Zur Gesch. d. Geogr. Lit.
usw., Berlin 1887, 8ff. Atenstädt De H. M.
fragm. quae ad Hispaniam et Gailiam pertinent.
Leipz. Stud. XIV 1891, 1—172. Trope a Ecatecv
da Mileto, Messina 1896. 1897. Berg er Erdkunde
d. Gr. 2 1903, 31 ö. Zur Echtheitsfrage v. Gut-
ältesten Prosaikern auf. Er konkurriert dabei 30 schmid Philol. X 1855 = Kl. Sehr. I 3911. ;
mit Pherekydes, der als Philosoph rechnet und
hier als .Erfinder' der Prosa die berechtigteren
Ansprüche der Schule des Thaies zurückgedrängt
hat. So Suid, s. ExazaTog ■ jtQOizog bk iazogtav
mCüg i^rsyxe, avyyga<pijy de <Z>EQExvSt}$ (xa yäg
'Axovadäov vo&evstai), wo iozogla den späteren
Sinn , Geschichtswerk' hat, ovyyoacpfi ganz all-
gemein das (prosaische) »Schriftwerk' bedeutet;
Vgl. auch Strab. I 2, 6 jipcoxtoza vag f\ Jioirjzixr)
Nissen Ital. Landeskunde II 88 3, 7. Cobet Mne-
mosyne N. S. XI 1883, 3—7. XII 1884, 81f.
Lipsius Quaest. Logographicae , Leipzig 1885,
15—17. Niese Gott. Gel. Anz. 1885, 24Cff. Diels
Herrn. XXII 1887, 411ff. Curt Th. Fischer De
Hannonis Carthag. Periplo, Leipzig 1893, 95—98..
Wells Journ. hell. Stud. XXIX 1909, 41—52.
Caspari ebd. XXX 1910, 23G-248. Zur Be-
nutzung durch Herodot u. a.: Baehr Herodoti
xazacxsvr} Tzag^X&er etg ro pieaov . . . uza ixeivtfv 40 Historia2 IV (1861) 435ff. Heil Logographi»
UlUOVUEVOt. XvaavTEC ro U2TOOV. r&lkn Rh r»jil/i- Tmm H«r näne auch tti/I MarKiiw* 1 QQA TM al o
fiiHovftevoi , Xvoavrsg rö ixszqov, räXha de <pvkä-
tavzeg rä n:oii}Ti?ta ovveygmyav oi tzeqI Kddpov
xai 0£Qsxvdrj (daß der Syrier gemeint ist, zeigen
Varro b. Isid. orig. I 38, 2. Cic. de or. II 53)
xaVExazaTov. Der pseudepigraphe Kadmos scheidet
hier so gut aus wie bei Suid. a. 0. Akusilaos;
denn da ist nicht der Genealoge, sondern der
apokryphe Boioter gemeint.
Die Fragmente sind verständig gesammelt und
num Her. usus esse vid., Marburg 1884. Diels
a. O. Wiedemann Philol. XL VI 1888, 170—174.
Fries Quaest. Herodoteae, Berlin 1893. Leh-
mann-Haupt Festschr. f. Kiepert, Berlin 1898.
Präsek Klio IV 1904, 193if. Herrmann ebd.
XI 1911, 382-384. Zu dem historischen Werke:
Ed. Meyer Forschungen I 1892 passim. Die
Literatur ist teilweise ungewöhnlich unbedeutend.
Wirklich energische Förderung haben seit Klau-
besprochen von Klausen Hec. Milesii fragm.; SOsens noch jetzt zu benutzendem Buche nur die
Scvlacis Gnrvand Pm-inlns TWIin 1ft31 TiaTia^'h Aiifaafoa v^n ^ n„fo-.l, m ;^ Tk.'^l^ f iir^^^-
Scylacis Caryand. Periplus, Berlin 1831. Danach
ohne Förderung C. Mueller FHG I (1841) p. XVI.
1—31. IV 627f. Nachträge geben Stiehle Philol.
Vm 1853, 590ff. (nicht ohne Irrtümer und Un-
sicheres) und Hollander De Hec. Mjl. descrip-
tione terrae. Diss. Bonn 1861, 17, 2. In der
Müllerschen Sammlung sind zu streichen frg. 2
(trotz Tropea I 48f.), 160, 291, die dem Abde-
riten gehören; als unsicher auch frg. 254, dessen
Aufsätze von v. Gutschmid, Diels, E.Meyer
gebracht. Ich behandle H. deshalb ausführlicher^
ohne doch mehr geben zu können, als Hinweise
und Anfänge.
§ 2. Über H.s Leben sind wir unterrichtet
durch eine Vita bei Suidas, die aber außer einem
errechneten Zeitansatz und einer unbrauchbaren
Angabe über H.s ,Lehrer {axovoiqq JlgofxayoQov :
IIv&ayÖQov Sevin, was ebenso unmöglich wie die
.-».,.... (^„..^^„i., „»„ u.uMiuü'vi uu\/j.i "£,. i-WT, ULOOLU J I VlfU^UJJWC/ UCI111, V¥ tlö CUC11&U UlllllVgUUli wie V11C
Hauptteil zu frg. 358 gehört; frg. 374 (Hesych. 60 leere Beziehung auf einen Homonymen durch
CT A+1T f*-il*t*\*i\ IP+ Ql<l rt A rtrt UnlrtrtA n-m-t A rt« A /kV> 4- n -n r>» J^l ^T .. . 1 1 . .. __J*_- P TT AV3 J ^^.1^
s. vji avvrjv) ist aus den Falsae zu den echten zu
stellen. Hinzuzufügen sind Aristeid. II 482 Dind. ;
Dio Chrys. or ; LHI 10 (II 112 Arnim) zu frg. 332:
Harpokr. S. Qodwrid, Kcdavgsta, xvjtaoatg, Aot~
diag; Steph. Byz. s. fdgyaQa, 'EXßeoziov. Aus
demselben wohl KtaQvxog, Xcddia, wo der Autor-
name korrupt ist, und eine Reihe von Artikeln,
wo er durch Schuld des Exzerptors oder der
C. Mueller oder auf H. von Abdera durch
Tropea 116. Vielleicht liegt Verwechslung mit
Hellanikos vor) nichts gibt, was wir nicht aus
älteren Quellen besser wüßten. Brauchbar sind
nur die Angaben Herodots V 36. 125 (und Ephoros
bei Diod. X 25, 4?), die allerdings nicht auf H.
selbst zurückgehen (so wieder Bury 12), sondern
vermutlich auf mündliche Tradition über den
Ionischen Aufstand (an Dionys von Milet denkt
Lehmann-Haupt Klio II 339), denen wir aber
ihrerinneren Wahrscheinlichkeit wegen den Glauben
nicht versagen. Die schwerste Lücke upserer
Kenntnis ist der völlige Mangel an Nachrichten
über H.s Bildungsgang. Doch dürfen wir mit
Sicherheit eine Vermutung aussprechen, die seine
Schriftstellerei uns aufdrängt: er hat zu dem
Kreise gehört, den Diels (Über die ältesten
Philosophenschulen der Griechen 1887) mit Becht
als die Schule des Thaies bezeichnet. Die is. von
Leros (Ross Iss. graec. med. II 68). aus der
Tropea I 20f. weitgehende Schlüsse zieht, geht
überhaupt nicht auf den Milesier.
H. ist Milesier (Selbstzeugnis frg. 332. Herod.
V 36. Eratosth. bei Strab. I 1, 1. 11 und viele
andere; eine abweichende Angabe existiert- nicht)
und Sohn eines Hegesandros (Herod. V 125.
VI 137. Suid. s. v.). Zugehörigkeit zur Aristo-
kratie seiner Vaterstadt bezeugen dieser Vaters-
name und die spöttische Erzählung Herod ots
(II 143), daß er zi]v uzatqii]V ig ixxaiÖmaTOV Ssov
zurückführen konnte. Dem entspricht seine Be-
teiligung am politischen Leben, soweit eine solche
bei der halbtyrannischen Regierungsform möglich
war. Er gehört zu den hervorragenden Männern,
die Aristagoras vor Beginn des Aufstandes gegen
Persien (J. 499) um sich versammelt (Herod. V 30),
und ist der einzige, der den Abfall widerrät
xaxalkymv xä te ißvsa jzdvza züv rjQ^s Aagstog
xai xrjv Svvafitv avzov (daß dies erst aus H.s
geographischem Werk abgeleitet ist, braucht man
nicht anzunehmen). Über die Landmacht der
Ionier machte er sich keine Hlusionen und riet
deshalb, sich der Herrschaft auf dem Meere zu
versichern. Um die Mittel zum Bau einer großen
Flotte zu gewinnen, empfahl er Beschlagnahme
der Schätze des Branchidenheiligtums, die doch
nur dem Feinde in die Hände fallen würden. Wir
bewundern den klaren politischen Blick des Mannes,
der auf Grund seines Wissens auch praktisch die
Machtmittel der Staaten richtig abschätzte und
erkannte, daß Ionien allein keine Basis zum Kampfe
gegen Persien bot, daß die Freiheit der Griechen
in Asien durchaus auf der Beherrschung des
Xgäischen Meeres beruhe. Athen hat später den
Beweis für die Richtigkeit dieser Überzeugung
geliefert; doch liegt kein Grund vor, den Rat des
H. erst daraufhin fingiert sein zu lassen. Man
möchte vermuten, daß auch der Versuch, die Hilfe
des Mutterlandes zu gewinnen, auf H.s Veran-
lassung unternommen ist. Jedenfalls war ^ der
Zalxfog jziva£ h tön ytf$ dxdatis uzsQiodoq foxs-
tfirjzo (Herod. V 49) höchst wahrscheinlich die
Erdkarte des H. (Gronovius, vgl. § 13. Die Po-
lemik Tropeas I 32, 3 ist verfehlt). Als dann
der Krieg, wie H. vorausgesehen hatte, zu Un-
gunsten der Ionier ausfiel und nach der Nieder-
lage bei Ephesos die Perser gegen Milet rückten,
widersetzte sich H. den feigen Vorschlägen des
Aristagoras und empfahl seinerseits, Leros zu be-
festigen, von wo man zu gelegener Zeit nach Milet
zurückkehren könne (Herod. V 125). Daß dieser
Rat von Herodot kombiniert sei, um H. lächer-
lich zu machen, wird man Macan nicht glauben
(zu Herod. a. O.; sehr niedlich ist seine Anmer-
kung zu V 36 perhaps Herodotus did not approve
of kistorians meddling with poUiici). Aher daß
Herodot die nicht befolgten Ratschläge ohne ein
Wort des Lobes erwähnt, ist, wenn man I 170
vergleicht, für sein Verhältnis zu H. allerdings
bezeichnend. Macan (Herodotus IV— VIp. LXVII;
II p. 73) sieht auch in dem Fehlen eines Namens
bei Herod. VI 42, während Ephoros bei Diod.
X 25, 4 H. als TTQZOßsVXnS VSIO XÜV 'IdtVfOV (X3£t
axa.XiJ.hog nennt, Übelwollen Herodots. Aber daß
Ephoros unabhängige Überlieferung besaß, ist
10 wenig glaublich. Daß es H. war, der Dareios'
Bruder Artaphrenes bewog, bei der Neuordnung
der ionischen Satrapie mit Müde und zum Besten
der Ionier selbst vorzugehen, ist gewiß nur eine
Vermutung. Sie lag nahe und entbehrt nicht der
inneren Wahrscheinlichkeit. H. mochte sich auf
frühere Bekanntschaft mit dem persischen Prinzen
stutzen können.
H.s Zeit haben die antiken Chronographen,
wie üblich, nach dem persischen König bestimmt,
20 den er vermutlich selbst als letzten erwähnt hatte:
yiyove xaxd xovg Aaqeiov xq° vov g Suid. Bei Ein-
tragung in die Zeittafeln ist daraus das erste
Regierungsjahr dieses Königs geworden: Ol. 65 =
520/19 (Suid. s. v.; entsprechend s. 'ElXdvtxog'
'Exazaiwi tnsßafa ysyovoig [yeyovozi codd.] xara
xa ITsQoixd d. h. 480, 40 Jahre nach IL; daraus
als Geburtsjahr ca. 548 zu berechnen, wie Tropea
I 15f. tut, ist Spielerei). Ganz vage Dionys. Hai.
de Thuc. 5 szqq xov TlEXojiovv^aiaxov jeoXsjlwv. Für
30 uns ist das einzig sichere Zeitindizium, daß H.
beim Ausbruch des Ionischen Aufstandes nicht
nur alo&avofiEvog xrji fjhxiat, sondern ein gereifter
und erfahrener Mann war. Denn was Herodot
erzählt, wird durchaus bestätigt von Herakleitos,
dessen Buch eben damals erschienen ist (Diels
Parmenides Lehrg. 1897, 71f.). Dieser, der über
sich selbst das stolze Wort sagte hdityodurjv ifie-
(ovzöv, schloß auch H. in das epigrammatische
scharf formulierte Urteil über die Nutzlosigkeit
40 des Wissens ein : TtoXvfiadirj voov ^««.v ov öiödaxet •
'Hoiodov yäg uv idiäa& xai IJvftayÖQrjr avxig zs
ZEvoyävza xai 'ExaraXov (frg. 40 Diels). Es ist
W e 1 1 s 44 vorbehalten geblieben, aus diesen Worten
zu schließen, that the fame of H., though eonsi-
derable, was not that of a geographer (!) ; and in
any case the emtemptuous tone of Heraclitus
ist completely inconsistent with the prominent
pari in the development of Ionian seience which
his modern admirers assign to H. ; er war nach
50 Wells 52 really a writer of no miportance. Das-
selbe Unverständnis zeigt Caspar y 230. Und
dann wundern sie sich, daß wir keine , Zeugnisse'
für H.s Bedeutung besäßen. In Wahrheit zeigt
die Zusammenstellung vor allem mit Hesiod, wie
hoch wir das Ansehen, dessen H. sich bei seinen
Zeitgenossen erfreute, zu veranschlagen haben; und
damit im vollsten Einklang steht die Tatsache,
daß die anekdotisch-novellistische Tradition, die
bei Herodot vorliegt, die Erinnerung an ihn ebenso
60 bewahrt hat wie die an Thaies, Bias, Solon und
andere große Männer der ionischen Zeit.
Nach alle dem haben wir die Reisen des H.,
die sich jedenfalls über einen längeren Zeitraum
erstreckten und mindestens auch die Publikation
der IJegtodog r?fi vor 500 anzusetzen. Da die
ersten Regierungsjahre des Dareios einer Bereisung
des Orients, den H. gerade besonders genau ge-
schildert hat, kaum günstig waren, wird man sie
au t 1 jaeKaraios
nicht vor ca. 516 beginnen lassen. Die Frag-
mente bestätigen, obwohl sie ihrer eigenartigen
Erhaltung wegen nicht viel ausgeben, und obwohl
man immer damit rechnen muß, daß ein von H.
gegebener Name nicht auf eigener Erkundung,
sondern auf mündlicher oder schriftlicher Tradition
beruht und deshalb nicht absolut für die Zeit der
Niederschrift beweist, doch dieses Resultat. Den
Terminus ante quem (Klausen 7f.) geben die
sizilischen Namen: Kardv?] frg. 44, das Hieron 10
nach den Olympien 476 als Al'rvr} neu gründete;
ZdyttXr) frg. 43, das gegen 490 bei der Neu-
besiedelung durch Anaxilaos den Namen Messana
erhielt. Den modernen Zweifeln an der Echtheit
gegenüber mögen auch frg. 49 Himera (später &sg-
nai), zerstört 409; frg. 47 Moxvrj, zerstört 398; frg.
46 Advßawv axga, seit 397 Stadt, angeführt sein.
Einen Terminus post quem liefert frg. 140 coli.
Steph. Byz. s. BogvCa: eine xoXtg Ueqgixv} B6qv£<x
(vgl. frg. 175. Herodot. VII 59 Aogtaxog) an der 20
thrakischen Seite des Pontos kann nicht vor Dareios 1
Skythenzug, der freilich nur sehr approximativ
auf 512 bestimmt wird (E. Meyer Gesch. d. A.
III 70A.) ( gegründet sein. Sfcglin hei Leh-
mann Klio II 337 schließt ferner aus frg. 188
Moa^ot, Kölyoiv efhos, daß die Aalt] ,den Zustand
darstellte, der herrschte, ehe die 19. Satrapie ein-
gerichtet wurde' und ,ehe die Moscher als An-
gehörige dieser Satrapie von den Kolchern getrennt
wurden, die nicht in direkte Abhängkeit gerieten'. 30
Das wäre vor dem Skythenzug, ,für den der Besitz
des im damaligen Moschergebiet liegenden Süd-
ausganges der kaukasischen Pforte unerläßlich war'.
Mir scheint da aus dem Genetiv, der schließlich
eine ethnographische Zugehörigkeit bezeichnen
kann, etwas viel geschlossen zu werden, zumal diese
"Völker — Moscher, Chalyber u. s. 1 — doch ,nur
vorübergehend unterworfen' sind (E. Meyer Gesch.
d. A. III 93). Aber es ist selbstverständlich mög-
lich, daß H. Asien früher bereist hat als Europa. 40
Publiziert ist die üegiodog natürlich als die Ein-
heit, die sie war. Wenig Wert ist darauf zu
legen, daß in Herodots Aiyvjzxiaxa die Daten auf
Amasis gestellt sind. Das braucht nicht daran
zu liegen, daß Herodot den H. benutzt, sondern
kann sich aus dem Untergange der ägyptischen
Selbständigkeit unter diesem Herrscher erklären.
Die revmXoyiai sind später erschienen, als die
Hsolodog (§ 19); mehr läßt sich nicht sagen (das
Zeitindizium, das Friedländer Philol. Unters. 50
XIX 161, 1 für möglich hält, ist gewiß nicht
richtig). Wie weit sich H.s Lehen erstreckt hat,
bleibt ganz unbestimmbar.
§ 3. Erhalten sind uns von H. etwa 380
namentliche Fragmente; davon 311 bei Steph.
Byz., die anderen fast alle bei Grammatikern
(Scholiasten und Lexikographen). Sie verteilen
sich sehr ungleich (37 -+- 333; etwa 10 sind ihrer
Herkunft nach ganz zweifelhaft) auf die zwei
Werke, die das Altertum von H. besaß und die 60
gewiß seinen ganzen literarischen Nachlaß bildeten ;
auf die loTOQiai und die IJegioSog Fijg. Denn
unter diesen Namen scheinen sie in die Ilivaxes ein-
getragen zu sein (Suid. s. 'EXXänxog MtXrjotog).
Natürlich sind die Titel nicht alt. Wie H. selbst
überschrieben hat, wissen wir wenigstens von dem
historischen Werke (frg. 332; vgl. auch Dio or.
IUI 10). Daher variieren die Titel in den Zitaten.
HeKataios
BOY 2
Das historische Werk wird entweder ganz all-
gemein als loroglai zitiert (frg. 338 = Schol. Apoll.
Ehod. I 551; frg. 333. 343 = Steph. Byz.; vgl.
Strab. XIV 1, 7 '£. 6 xrjv laxoglav <fwt&g~ag. Suid.
s. 'Exaiatog' lozogiav 7tE£(tjg igrjveyxev. Frg. 332
iv Tiji ülqxv 1 r tf£ iaxogiag); oder nach der Form
als revwXoylai (Athen. IV 148 F = frg. 355; Steph.
Byz. = frg. 335. 336. 344. 350. 363. 364). Ein-
mal auch nach dem Inhalt als UgayoXoyia (Harpokr.
s. ädsl(piCstv: fjpco iXeyEiäv u. ä. die Hss.), wie
das Werk des jüngeren Anaximandros (Athen. XI
498 B). Dies letztere ist gegenüber gewissen mo-
dernen Vermutungen über den Inhalt des Werkes
wesentlich. Nicht ganz bedeutungslos ist die
Titelfrage auch bei dem geographischen' Werk —
um diese bequeme Unterscheidung beizubehalten.
Die Bezeichnung üsgiodog Pfjg ist vermutlich aus
Herod. IV 36 genommen, wird aber nicht häufig
gebraucht (Strab. XII 3, 22. Harpokr. s. KaXat-
QEia. Als Teiltitel Evgtöatjg Ilegtoöog; Athen. X
447 D. Harpokr. s. Kvjiaootg, Aotölag). Nicht
ganz mit Unrecht ; denn Pfjg ITsgioSog bezeichnet
an jener HeTodotstelle und im älteren Sprach-
gebrauch überhaupt zunächst nicht die Erdbe-
schreibung — diesen Text zur Karte nennt Herodot,
wenn er H. zitiert, einfach loyot (VI 137) — , son-
dern die Erdkarte (Herod. V 49. Aristoph. nub. 206.
Aristot. met. 1 13. II .5 p. 362, 12; vgl. im Schrif-
tenkatalog Anaximanders Suid. s. v., während Diog.
Laert. II 2 rfjg xai d'aXdoaijg tzsqi/hexqov sagt) und
ist als Buchtitel überhaupt selten (so für Eudoxos
und Dikaiarchos, die beide zweifellos eine Karte
beigaben; dagegen nicht für Hellanikos, der äjtXd-
oroig Tiagedame rfyv iazoglav); vgl. auch Strab.
VIII 1, 1. Der Üblichen Terminologie entspricht
der in den Zitaten viel häufigere Titel IlEgt^yrjoig
(Porph. bei Euseb. praep. ev. X 3. Harpokr. s. qo&co-
vtd; Athen. 447 C = frg. 290. Steph. Byz. frg. 263.
280. 282. 301. 304. 312. 313. 317. 318. 326. 330.
Als Teiltitel ITsgi^yriGig Evgatjitjg : Herod. jt. fiov.
1%. 31, 25. Steph. Byz. frg. 81. 107. 113; Ilegin-
yrjoig 'Aofyg: Athen. 70 A; vgl. 410E rag ntgtr\-
yr\otig h zijt 'Amai emyQa<pop£vrn [daraus auf die
Betitelung durch Kallimachos zu schließen, geht
nicht an]. Herod. n. pov. Xe£. 31, 24. Steph. Byz.
frg. 173. 181. 207. 235. 262. 273. 305-307. 323;
ITeQtTjyrjcit; Aiyvxxow. Steph. Bvz. frg. 264. 265.
267. 272. 274. 277. 283. 284; Vgl. Arrian. anab.
V 6, 5 rä a/x<pl xjjt yfji ti\t AiyvJtztat 7tott)fiaxa\
IIso. Aißirjg- Steph. Byz. frg. 271. 275. 288. 299.
303. 311. 314-316. 321. 322). Hieraus abgekürzt
ist die häufigste Zitierweise, die nur in Stephanos'
Epitome vorkommt als Evgdtnrj (111 mal) und
'Aoty (67 mal). Verwechslungen sind nicht ganz
selten: Harpokr. s. xvizaaaig; Steph. Byz. s. Oiav&rj,
XoiQÖSeg. Als Teiltitel kommt noch AIoXiko, vor
(Steph. Byz. = frg. 212. 213), während iv'EXXij-
ojiovTon (Steph. Byz. s. Teredog) wohl Ortsbe-
zeichnung, nicht Titel ist.
§ 4. Die inhaltliche Zerlegung in Evgwji3j und
Aot't} deckte sich vermutlich mit der bibliotheka-
rischen in zwei Bücher. Wenigstens enthielt
Buch I sicher die Evgmjsr), Buch LI sicher die
'Aofy (HsQtriytöe<»g ß: frg. 182. 280. 290. Hegt^y.
a; frg. 70 und Harpokr. s. Qotovid; hierüber § 10.
Ausgefallen ist die Zahl frg. 301).- Die Verteilung
auf zwei Bollen, die durch den Umfang des Werkes
bedingt war, ist voralexandriniaeh. Das eeigt die
2673
Hekataios
Hekataios
5SÖY4
Eintragung der *Aoh\ unter dem Namen eines
Ntioidmjg in den alexandrinischen Bibliotheks-
katalog: Athen, 70 A 'E. . . iv *Aotag UegiTjyrjosi,
£i yv-qniov tC ™ avyyga<peo>g xo ßißXlov — KaXXt-
jA.axog yäg Nrjatcorov avxo avayQoxpet; 410 E ( E. . .
rj 6 yeyga<p6)g rag Txegtrfyqoetg ev xfft 'Aoicu mi-
ygafpofisvrjt- Arrian. anab. V 6, 5 'E. . . ?J el öij
xov äXXov ioxt rä apitpi xrjt y^i xrjt Alyvszxiai .tomJ-
fiaxa. Daß wirklich nur die Aata gemeint ist (so
Frage aber ist durch die glänzende Untersuchung
von Diels im bejahenden Sinne entschieden. Die
Sache ist erledigt; ovxht nQÖßXrtfiä iaxiv, auch
wenn sie von Zeit zu Zeit wieder aufgewärmt wird
unter Wiederholung der alten, von Diels zurück-
gewiesenen Irrtümer und unter Hinzufügung einiger
neuer. So zuletzt von Wells, der zwar die
elcarmss of statement bei Diels rühmt, ihn aber
ganz flüchtig gelesen hat. Er ist von Caspari*)
auch Diels 413), scheint umso sicherer, als 10 wenigstens in den Einzelheiten richtig widerlegt.
Athenaios die EvgaMT) ohne jeden Ausdruck des Weder ist der ganze literarische Nachlaß des H.
Zweifels zitiert. Es verträgt sich auch gut mit
deT archaischen Art des Buchwesens. Die Aoit]
stand zwar auf einer besonderen Kollc, weil .das
ganze Werk für eine Rolle zu umfangreich war
und man doch irgendwo teilen mußte. Aber H.
hat ihr keine neue Überschrift gegeben und hat
den Abschnitt nicht anders markiert, als HeTodot
die Übergänge zwischen den einzelnen Xoyoi oder
eine hellenistische Fälschung, wie Cobet behaup-
tete (das ewige Gerede von einer Fälschung saec.
III auf den ,berühmten Namen', für deren Mög-
lichkeit man immer wieder die gleichen Galen-
stellen zitiert, die doch in Wahrheit gerade be-
weisen, daß die Gelehrten sich durch solche Fäl-
schungen nicht haben täuschen lasse^ erledigt
sich schon dadurch, daß das Werk oder ein Teil
Skylax die z wisch enEvgoijrti-A oir\ und 'Aofy-Aißvii 20 von ihm, garnicht unter dem berühmten Namen,
(c. 69. 70. 107). Sie war, sobald sie allein um-
lief, anonym und konnte von einem Fremden
okkupiert werden. Die kurze Ausdrucksweise, in
der StTab. I 1, 11 Eratosthenes' Ansicht wieder-
gibt (rov dk 7?. xaxaXtJTEtv ygafifia Tztozovßevor
Ixstvov slvat ix xrjg aXXov avtov yqacprjg), wider-
spricht mindestens nicht. Wohl aber ergibt die
Tatsache, daß Eratosthenes die Echtheit der "Aoit}
nur aus inneren Gründen erweist, etwas anderes :
sondern unter dem ganz obskuren eines NrionojTjg
in die Bibliothek gekommen ist), noch ist nur
die IJegiodog gefälscht (Wells); noch ist das
echte Werk durchgehend oder in einzelnen Par-
tien direkt oder aus einem gefälschten H. inter-
poliert (C. Mueller p. Xllff. Nissen 7. Max
C. P. Schmidt 10. Fischer 96f. Wachsmuth
510, 1); noch stand endlich neben dem echten
Werke ein gefälschtes Buch über Ägj^pten (Hol-
die 'Aaiij ist, wie etwa auch das Werk Anaxi- 301ander. Lipsius 15. Niese 240). Diels' Be-
manders (Diog. Laert. II 2) und vermutlich noch
viele andere alte Bücher, nur in einem Exemplar
in die alexandrinische Bibliothek gelangt. Nach
der Textgeschichte (§ 9) ist das auch garnicht un-
glaublich. Es geht jedenfalls nicht an, die Ein-
schiebung eines xal vor Ntjoküxov (Diels 415, 1)
. als etwas ganz Selbstverständliches zu betrachten
und in dem Verfassernamen Nt}Gt(oxr}g nur eine
Variante zu sehen. Unsere Zeugnisse erlauben
hauptung, daß die von den Modernen aufgespürten
Verdachtsgründe gegen einzelne Fragmente ,auch
nicht den leisesten Anhalt an der Tradition' haben
(soweit es sich nicht etwa um einfache Schreib- oder
sonstige Traditionsfehler handelt), besteht auch
jetzt noch zu Recht. Sie ist seitdem für die auf
Spanien und Gallien bezüglichen Stücke positiv
bewiesen von Atenstädt. Negativ beweist ihre
Berechtigung sich fast noch besser durch die ver-
allein die Konstatierung von zwei Tatsachen: 1. in 40 zweifelten Angriffe der Skeptiker. Ein bezeich-
den ülvaxeg war die A attj eingetragen nicht unter nortfaa T^eniel. SitAnh "Rv7 fiihrt aus H. nicht
H.s Namen, sondern unter dem eines Nrjaiwxtjg.
2. Eratosthenes nahm die ganze IlEQiohog für
H. in Anspruch unter Berufung auf die (sprach-
lich-stilistische oder sachliche) Übereinstimmung
mit den sicher echten Büchern. Üb sich Kalli-
machos selbst mit der Echtheitsfrage näher be-
schäftigt hat, wissen wir nicht. Wahrscheinlich
ist es nicht. Keine Vermutung ist über die Per-
nendes Beispiel: Steph. Byz. führt aus H. nicht
weniger als 10 Städte OlväzQcov iv (xeaoyeiat an.
Wenn nun einmal s. 'Aqlvftri hv ttsooxorafiiai er-
scheint, so ist das ein Schreibfehler, den schon
die Hs. K verbessert hat. Wells sagt the $outk
ofltaly is notoriously seant of water; but some
light is perkaps tkrown ort the fragmmt by the fact
tkatthere is an ,Interamnia' inBrutUum, Perkaps
a .Utile leaming is a dangerous thing* for a
sönlichkeit jenes Nyounxrjg möglich. Wir wissen 50 f orger. Es ist unmöglich, dergleichen überhaupt
• i^l .1. . ci.i___.'i — t>„„:.l — „j^_ Ti^-v.^i.~~ noch ernsthaft zu nehmen (auch die Erklärung
von Tropea Eiv. d. Stör. ant. 1897, 89 auf die
wirkliche Lage von Arinthe zwischen zwei Neben-
flüssen des Krathis ist sprachlich unzulässig. So
spricht Polybios, nicht H.). Ebensowenig Wider-
legung verdienen die immer (zuletzt von Caspari
nicht, ob er Schreiber, Besitzer oder Bearbeiter
(so v. Gutschmid 55) der Aoirj war. Nur an-
tasten wird man den Namen nicht (xov Tijiov
Köper; insidanus C. Mueller).
An den Widerspruch, der zwischen der Angabe
der Ilivaxeg und dem Urteil des Eratosthenes be-
steht, hat sich in neuerer Zeit ein unter mannig-
fachen Mißverständnissen des Wertes der beiden
Zeugen geführter Streit geknüpft über die Echt-
*) Während mein Artikel im Druck war, erschien
„, . o o o x der dritte Band von Gercke -Norden Einleitung
heüT des° Werkes , aus dem unsere Fragmente 60 in die Altertumswissenschaft 1912. Die hier (S.76ff.
stammen. Es erscheint überflüssig, seine Akten
vorzulegen und die Mißverständnisse zu besprechen.
Für jeden, der eine Vorstellung von der Über-
lieferungsgeschichte der älteren griechischen Lite-
ratur hat, ist bei dem Sachverhalt überhaupt nur
eine Frage denkbar: bestätigen die erhaltenen
Fragmente das zuversichtlich ausgesprochene Urteil
des ältesten Historikers der Geographie?' Diese
81ff.) von Lehmann-Haupt gegebene Behand-
lung des H. berücksichtige ich absichtlich auch
nachträglich nicht mehr. Jede Polemik gegen die
von Lehmann-Haupt akzeptierte Ansicht Sie-
glins über eine Bearbeitung der üsgiodog aus
dem 4. Jhdt. und gegen Lehmann-Haupts
Auffassungen von den Quellen der griechischen
Geschichte erscheint mir völlig überflüssig.
2675
Hekataios
Hekataios
2676J
JJöYY
neKataios
ILCAUUUIUO
2S6f.) wiederholten Versuche, die Lemmata des
Stephanos laur Diskreditierung einzelner Fragmente
und , des H. selbst zu benutzen. Aus den drei
Ableitungen des Namens Xlog bei Steph. Byz. s. v.,
von denen vielleicht keine dem H. gehört, dessen
wörtliches Zitat (frg. 99) nur Xfog-xoXtg Xlog um-
faßt, wählt er die zweite, um zu beweisen, daß
ein Ionier das nicht geschrieben haben könne.
Das ist erstens an sich falsch (der Schneefall ist
einmalig, ein mythologisches Geschichtchen: Ion
frg. 13. Paus. VII 4, 8) und zweitens völlig will-
kürlich. Auch daß frg. 125 (1. 135) und 163
unter Verweis auf Di eis 418f. als plainly derived
from- Herodot IX 118. IV 86 bezeichnet werden,
ist charakteristisch.
§ 5. Bei den meisten sind denn diese An-
griffe auf einzelne Fragmente auch nur Neben-
sache. Den entscheidenden Grund, die ganze
nsQtoöos \)der wenigstens einzelne Teile zu ver-
werfen, geben ihnen gewisse Koinzidenzen zwischen
Herodot und H., die sich sonst nur durch inten-
sive Benützung des Älteren von Seiten des Jüngeren
erklären ließen. Und das ist undenkbar. Herodot
ist Klassiker', und ein Klassiker darf natürlich
niemand benutzen. Ich mag darüber keine Worte
verlieren. Herodots Bedeutung als Historiker
und Künstler oder besser als historischer Künst-
ler hängt ja doch in keiner Weise davon ab, ob
er in Teilen seines Werkes — und es handelt
sich ja nur um Teile und nur um solche, die in
seinem Zusammenhange eine Nebenrolle spielen
— den wissenschaftlich bedeutenden Vorgänger
benützt. Nicht einmal der Wert seiner oytg und
ioTogiij wird dadurch irgendwie getrübt, daß er
die Berichte eines Vorgängers verwendet. Wer
Herodot hier verteidigen zu müssen glaubt, hat
weder seine literarische Entwicklung noch seine
literarische Bedeutung begriffen, vor allem aber
nicht den fundamentalen Unterschied, der in
Zweck, literarischer Form und sachlichem Inhalt
zwischen H. und Herodot besteht (s. u.). Solche
Verteidigung mag verständlich sein als Reaktion
gegen die Versuche der Hekataiosmonomanen (die
Schlußworte von Wells 52 verraten seine psycho-
logischen Beweggründe), so ziemlich den ganzen
Herodot auf H. zurückzuführen; irgendwelchen
absoluten Wert hat sie nicht. Da nun aber die
richtige Benützung Herodots zwar nicht Voraus-
setzung für die Gewinnung eines einigermaßen
farbenreichen Bildes von der ÜEglobog ist — ein
solches müssen wir durchaus aus den Zeugnissen
und Fragmenten zu gewinnen suchen und können
das auch, — wohl aber dieses Bild und viele wert-
volle Züge bereichert, so halte ich es für prak-
tisch, das zwischen H. und Herodot bestehende
Verhältnis vorab zusammenfassend zu behandeln.
Daß ein solches Verhältnis besteht, daß die
Werke des Milesiers füi Herodot eine besondere
Bedeutung haben, ergibt sich widerspruchslos aus
einem Faktum, dessen Bedeutung überhaupt nicht
überschätzt werden kann : Herodot zitiert H. und
nur H. namentlich (VI 137 iv xoiai Xöyoiot. II
* 143). Den Alten ist dieses Verhältnis bekannt
gewesen. Was Hermog. n. 13. II 12, 6 sagt (E.
6 Mikyotos, nag ov dtj fidXioza ojq)ü.rjxai 'Hq66o-
zog. Danach Said. s. v. Hgoboxog öe . . . oifpiXij-
Tot xovtov vewteqos €ov), mag sich allein auf den
Stil beziehen. Aber sachliche Abhängigkeit kon-
statierte jedenfalls nach älteren Autoren mgl
itX<mr)s Polio, vermutlich der Grammatiker hadria-
nischer Zeit, den Porphyrios bei Euseb. pr. ev. X 3'
ausschreibt. Er spricht nur von einigen Partien
in Buch II. Herodot habe die Kapitel über
Krokodiljagd, Nilpferd, Phönix (II 70. 71. 73>
aus H. übernommen, xaxä Xslgiv fiex7jvzyxsv ix
zfjg nzgirjyrjoecog ße a X^ a sieQtJiot^aag. Daß diesem
Zeugnis weder umgedeutet (so. noch v. Gut-
lOschmid 521), noch gar ganz verworfen werden
kann, zeigte schon Hollander 3ff. durch die
Untersuchung der für uns kontrollierbaren Be-
hauptungen des Polio. Wenn Hollander sich
durch Annahme gefälschter Aiyvxxiaxä des H.
noch den Konsequenzen seines Hinweises zu ent-
ziehen suchte, so muß man das jetzt aufgeben r
nachdem Diels an einigen schlagenden Beispielen
gezeigt hat, daß Herodot auch da, wo er nicht
zitiert, auf H. Bücksicht nimmt: H. frg. 279
20 nannte Ägypten dcogov zov Tiorafxov ; mit Eecht r
da er unter Ägypten nur das Delta versteht.
Herodot, der gegen diese Abgrenzung heftig pole-
misiert, behält II 5 den Ausdruck bei, charak-
terisiert ihn durch SijAa yäg 6ij aal firj ngoaxov-
oavrt, iöövn de als Zitat und paßt ihn durch den
Zusatz AXyvnrog ig rijv'EXX^vsg vavzäXovzat seiner
geographischen Anschauung an, d. h. er bricht
ihm eigentlich die Spitze ab. Ebenso schlagend
ist der Vergleich von Her od. II 156 mit H.
30 frg. 284 über die schwimmende Insel Chemmis*
§ 6. Wir haben danach selbstverständlich zu
fragen, wie weit nun die Benützung des Vor-
gängers bei Herodot geht. Es ist das eine außer-
ordentlich difficile Frage, und die Herausschälung
Hekatäischen Gutes — zunächst einmal der Ilsgio-
$ og _ darf nur mit äußerster Vorsicht versucht
werden. Ich kann hier nur einige ausgewählte
Beispiele geben ; denn die vollständige Unter-
suchung der Nachwirkung der Üegiodog erfordert
40 ein Buch. Aber zu beachten sind meines Er-
achtens vor allem folgende Punkte: 1) erscheint
es zweifellos, daß die Übernahme sich nicht auf
jene vier oder fünf Stücke beschränkt, die, wir
durch Porphyr und durch Koinzidenz mit erhal-
tenen Fragmenten des H. kennen (hinzuzufügen
sind hier noch H. frg. 289. 290 = Athen. 114 C.
448 E oa Herod. II 77 über den ägyptischen
Gerstentrank und das xvXXr ( axig — Brot). Aber
die Feststellung wird dadurch erschwert, daß H.
50 dem Usus der Zeit entsprechend da, wo er ein-
fach ihm richtig erscheinende und von ihm selbst
ebenfalls gesehene Zustände oder Tatsachen über-
nimmt, nicht zitiert. Wenn er aber zitiert, so
nennt er nicht den griechischen Schriftsteller, der
vor ihm die Dinge gesehen und aufgezeichnet hat,
sondern die, sei es schon von diesem genannten,
sei es erst von Herodot zur Kontrolle des Vor-
gängers befragten, Originalquellen, d. h. die Aus-
sagen der faix&Qiot. Der griechische Vermittler
60 fällt als gleichgültig fort (Klausen 126f. Diels
433ff.). Wo er dagegen dem H. nicht glanbt,
polemisiert er entweder namentlich gegen ihn
oder fügt dem aus H. entnommenen Bericht der
emxtoqiot den Ausdruck seines Zweifels bei oder
endlich er stellt der Version des H. die der bii-
xeSecot gegenüber (VI 137). Für. namentliche
Polemik neben stillschweigender tfbernahme hat
Diels das Verfahren des Aristoteles gegenüber
Herodot als Analogie beigebracht. Hinzuzufügen
ist das des Thukydides gegen Hellanikos: er tadelt
ihn I 97, 2 mit Namen und übernimmt I 9, 2
die Geschichte des Atridenhauses, indem er ot xa
ocupeavaza Jlehmowrjmojv ftvrjfirji nagä imy Jtgo-
tsqov dedsypsvoi als Quelle zitiert. So heißt es
IE 5 von der Bezeichnung Ägyptens^ als öägov
xov nOTCL/iov: xai ev fiot eSoxeov Uysw (sc. ot
tsQsle) ™ e i xrjg x">Qns\ H 73 beim Phönix <£?
'HXtoTioXTxat Uyovmv ; II 156 bei Chembis Xsysxai 10
V7ib Alyvsitioiv. An den beiden letzten Stellen
ist aber gleichzeitig ein gewisser polemischer Ton
deutlich. Den Aussagen der Eingeborenen stellt
Herodot in sich gleichbleibender Form seine eigene
ö'yng gegenüber: II 73 iyoi jth jiiv ovx sldov ä
/tirj ooov yecKprjt — sftol fikv ov marä Xiyovrog
^11 156 avrog {isv sy(üys evts jtXiovaav ovts
xivrj&üoav eiöov. Der Ton sticht deutlich ab
gegen eine einfache Konstatierung Herodots, daß
er etwas nicht selbst gesehen hat (z. B. I 183). 20
Offenbar wendet Herodot den Skeptizismus , den
er bei H. gelernt hat, mit Vergnügen gegen diesen
selbst an ; er bezweifelt, was dieser Unglaubliches
nach orientalischen Gewährsmännern berichtet
hatte , während er an anderem Orte von den
gleichen Gewährsmännern ebenso Unglaubliches
ruhig hinnimmt. Ähnlich scheint die Sache IV
8f. , wo "EX?.T]vsg oi iv Ilovrcoi zitiert werden, zu
liegen: die Ableitung der skythischen Könige von
Herakles ist im Stile des H., der in der flegw- 30
Sog auch Erytheia im äußersten Westen gelassen
hatte (s. § 19). Der polemische Zusatz egyon de
ovx aKodEtxvvGL wirkt hier besonders unvermittelt
und zwecklos.
Neben die skeptischen oder polemischen Zu-
sätze tritt als zweites Kennzeichen dafür, daß
Herodot den Vorgänger benützt, eine auffällig
markierte Betonung der eigenen Beobachtung, die,
wenn irgend möglich, sich in der Hinzufügung
von etwas Neuem, nicht immer nichtigem (wir 40
können auch sagen, daß der Zusatz meist falsch
ist) dokumentiert: Herodot hat die Sachen auek
gesehen, und er hat mehr gesehen; er ist zu der
gleichen Ansicht gekommen und begründet sie
besser. So II 5 erst idovxi öe, dann die Aus-
dehnung von Ööjqov zov xorapov auf rot xazv-
MQ&t: hi xrjg Xifitvrjg xavzr\g ... rfg nept ixzTyot
ovdzv zu xoiovöe sXeyov. II 12 rotot Uyovot avza
xetftofiat xai avrog ovzm xdgza doxeco slvat, idajv
xtX. II 10 xazänsQ ot tQhg eXe^ov, iöoxei xai 50
avitäi fiot Eivat . . . xä>v yäg xxX. III 97 aytyhvoi
<Ye (jlezqi sfiev und tu h «,«*'. III 103 die Er-
gänzung in der Beschreibung des Kamels. Die-
selbe starke Betonung der Selbständigkeit seines
eigenen Sehens und Denkens (II 112), dieselben
Zusätze (II 120. 116f.?) treten hervor in dem Ex-
kurs II 112—120 über die Schicksale von Helena
und Menelaos in Ägypten. Daß die Einlage in
ihren Grundzügen aus H. stammt, zeigen die von
v. Gutschmid und Dieis herangezogenen Frag- 60
mente: <Päoog frg. 287 (+ Steph. Byz. s. v.);
'ElivEtog frg. 288; Küvojßcg Aristeid. II 482
{■+- Steph. Byz. s. v. Strab. XVII 1, 17); O&ng
(Steph. Byz. s. v. Strab. XVH 1, 17); AovXojv
noXig frg. 318. Das stark rationalistische Schlnß-
kapitel bestätigt die Vermutung. Der bei Hero-
dot im IL Buch ungewöhnlich starke Kationalis-
mus (Zasamnienstellnng bei Bauer Entst. des
Herodot. Geschichtswerkes 1878, 46ff.) ist längst
auf den Einfluß des H. zurückgeführt. Die Schluß-
folgerung für die Einlage über Herakles II 43
—45 liegt auf der Hand: auch hier wird II 44
die eigene Reise hervorgehoben, die er unter-
nommen hat, um Genaueres über diese ihm also
bereits überlieferten Dinge zu erfahren. Endlich
noch ein Beispiel: daß V 57-61 H. zugrunde
liegt, zeigt die Übereinstimmung mit frg. 89
(rtyvoaiot. — TavayQoXoi) und 361 (Kadmos bringt
die Buchstaben nach Hellas). Der .Exkurs 58
— 60, 1 stammt übrigens wohl aus den rsveaXo-
y tat. Hier hat Herodot zuerst eine eigene Ver-
mutung hinzugefügt über die Gestalt dieses älte-
sten Alphabets: 58, 1 d>s if-wi SoxsTv ■— ygapfiä-
tcov. Sodann betont er am Schlüsse bestätigend,
seine Autopsie: 59 sldov ök aal avxög xxX. Mit
der Erkenntnis, daß Herodot die als sein geistiges
Eigentum gekennzeichnete Vermutung in einen
übernommenen Zusammenhang eingeschoben hat,.
erklärt sich auch die Unklarheit, die die Inter-
preten in der Darstellung von ca. 58 finden. Die
Vorlage hatte nur von den Verdiensten der Ionier
um die Entwicklung des phönizischen Alphabets
gesprochen, was gut zu H. paßt (s. § 10).
Das Material für H. vermehrt sich auf diese
Weise recht wesentlich. An Stelle von Einzel-
heiten treten ganze Partien, in denen Herodot
eine Vorlage in bestimmter Weise benützt. So-
ge winnen wir für H. weiter den geschlossenen
Abschnitt II 5-10: denn an den Ausdruck Swqov
tov noxaiwv wird die Vermessung des Landes ge-
knüpft und durch doppelte Berufung auf die tsgeTg
(c. 5. 10) umschlossen. Ein Zusatz Herodots wird
II 7 die Vergleichung mit dem Wege von Athen
nach Pisa sein und vermutlich II 10 die Zu-
sammenstellung ähnlicher jiQogxwpaxa jiomn&v t
deren Elemente freilich wieder aus H. stammen
können , von dem diese ganze wissenschaftliche
Art, analoge Erscheinungen zusammenzustellen
(s. xl. Nr. 5), ausgeht. Ebenso gehen auf H. nicht
nur die Einzelkapitel II 70. 71. 73 zurück, die
Polio anführte, sondern der Abschnitt II 65—75
in seiner Grundanlage (s. § 15) überhaupt. Denn
von der «70a xgoxoÖtUcov (71) läßt sich die <pvotg
xeoxofaiXtov (69—70) nicht trennen, c. 73 zieht
Eon 6k xal äXXog oqvig tsqög das c. 72 und eben-
so 74 über die fcoat otpisg mit sich. Darum aber
folgt c, 75 (wie üblich am Schluß) die Betonung-
der eigenen laxogirj: Herodot ist nach Buto ge-
reist, jzvvdavope vog ■ neoi xürv xzeqoit&v otfiwy.
Bemerkenswert aber ist in diesem Abschnitt ein
nicht versteckter, sondern offen polemischer Satz
c. 69 ex.: jene Tiere heißen in Wahrheit nicht
xQoxöÖEtXoi, al/.ä xäf*V !ai ' xgoxoÖEtXovg 6k "Iwveg
mv6fiaaav. Das führt uns zum zweiten Punkt,
der in seinen Konsequenzen noch wichtiger ist.
2. Herodots Werk ist in seinem ersten Teil
durchzogen von der Polemik vor allem gegen das
ionische Weltbild im ganzen und in Einzelheiten
(bes. II läf. 20-23. ll&f. IV 36-45); aber auch
gegen sonstige Einzelheiten, die von "EXXtjveg oder
"Laves mitgeteilt oder geglaubt werden. Beide
Bezeichnungen sind nicht gleichwertig, wie schon
II 16 "EXXvjväg xs xai avxovg "Iowas zeigt. Unter
"EXXrjves versteht Herodot zunächst einfach eine bei
den Griechen überhaupt rezipierte Meinung, der er
die eigene Ansicht gegenüberstellt: so z. B. II 20
6U(» neitataios
''EHXyvcov ftiv tives ijrtatjftot ßovX6/4sroi ysveo&at.
II 17 rcÖi (fix 'ßXXrjvtpy VEVOfMOftövtoi (sc. X6ya>t),
vgl. auch II 134 f*ETe£heQot 'EXXrjvcov. Diese
Meinung kann schriftlich vorliegen, braucht es
aber nicht; Stellen wie II 2 ex. "EXXtjveg ök Xi-
yovaiv äXXa re ßdzaia noXXa xai xxk. machen den
Eindruck mündlicher Tradition. Öfter freilich
noch sind die EXXqvsg dieselben, gegen die H.
im Eingange der revmXoyfai zu Felde zieht: oi
yäg r E\Xr)vb)v Xöyot xxX., d. h. die epischen Dich-
ter. So ex. gr. II 45 Xsyovai de noXXä xai äXXa
V.VE71WKSXTOK oi 'EXXrjvsg. II 118 etgofxivm Sc
Itev rovg tegeag ei fta.Ta.iov Xoyov Xsyovai ofEXkrj-
vsg xxX. Ich wähle absichtlich diese Stellen, weil
sie zeigen, daß diese Kritik der "EXl^rsg direkt
so aus H. übernommen, Polemik aus zweiter Hand
sein kann. Doch wie dem sei, jedenfalls versteht
er unter den 'Icovtov yvüfxai ganz bestimmte lite-
rarisch verbreitete Anschauungen: die II 15 ihnen
zugeschriebene Ansicht, xo AeXxa /wvvov rfvai
Atyvmov, ist uns aus II 5 als die des H. bekannt;
II 69 steht die Abweisung der "Icovsg in dem
■ebenfalls aus H. entnommenen Abschnitt über das
Krokodil; II 16 können wir die Dreiteilung der
Erde ebenfalls als Hekataiisch nachweisen. Also
"EXXrjvsg kann die Ionier überhaupt und H. im
besonderen miteinbegreifen ; "Itovsg bezeichnet H.
Was v. Grutschmid I 67ff. gegen die Gleichung
"Itavss — H. einwendet, besagt nichts, da er diesen
Unterschied der Terminologie übersieht. Thaies 1
und Anaxagoras 1 Ansichten (II 20ff.) über den Nil
werden eben nicht als , ionisch', sondern als hel-
lenisch' bezeichnet; und der fabelhafte ,ionische'
Kadmos, mit dem v. Out schmid rechnet, scheidet
für uns aus. Darum können aber auch die "EXXrj-
vsg den w I<oveg entgegengesetzt werden. Denn H.
hat ja die "EXXr^vsg selbst oft genug kritisiert.
Wenn Herodot II 2 vom Experiment des Psam-
metich nach den Mitteilungen der Priester von
Memphis berichtet und am Schluß eine anders-
artige Erzählung der "EXXrjvsg abweist, so dürfen
wir in der ersten die Meinung der Icovsg d. h.
des H. umso sicherer sehen, als die Polemik
gegen die "Itoves in II 15 nur in Hinblick auf
II 2 verständlich ist (Klausen zu frg. 297).
Wir entnehmen daraus, daß H. , ehe er von der
Natur des Landes sprach, über das Alter des
ägyptischen Volkes handelte, wie das seitdem die
Eegel in den Aiyvmmxa geblieben ist (Diod. I
10). Die Bestätigung , daß Herodot in diesen
geographischen Abschnitten einem Vorgänger folgt,
liefert wieder das erste Indizium. Wir haben II
15 eine Abgrenzung des Deltas, die sich direkt
als Zitat gibt. Ihre Herkunft aus H. wird da-
durch bewiesen, daß die Maßangabe von 40 o%oTvot
für die ägyptische Küste (= 2400 Stadien) mit
der des Skylax 106 stimmt, der 2300 Stadien an-
gibt (vgl. Wiedemann 173. ~g£ ist natürlich
nicht in ZT zu ändern , sondern höchstens in
BY) - Dem gegenüber steht Herodots eigene An-
sicht II 6 deutlich geschieden durch xaxa tjfiets
öiaigeofiEv elvai AXyvnxov. Aber so deutlich ist
Herodot nicht immer. An einer Reihe von Stellen
weicht er offenbar von H. ab, ohne den Unter-
schied mit der gleichen Deutlichkeit zu markieren,
sei es daß er auch ohne Hinweis auf Verständnis
Technen zu können glaubte, sei es daß er der
Autorität des Vorgängers gegenüber nicht recht
uetataios
SHHJÜ
wagte, dessen Ansicht ganz zu verwerfen. Letz-
teres scheint der Fall II 8 (vgl. Wiedemann
172f.). Die Behauptung, daß das Niltal vier
Tagereisen oberhalb von Heliupolis wiedeT breit
würde, widerspricht den Tatsachen und, wie es
scheint, Herodots eigener Überzeugung. Dennoch
darf man den Schlußsatz von c. 8 nicht streichen
und die 4 nicht durch 14 ersetzen. Denn Skylas
nennt Ägypten Spoia tzeXSxei, nimmt bei Memphis
10 die engste Stelle, dann gleich eine steigende Ver-
breiterung an. Offenbar liegt hier eine Ansicht
des H. zugrunde, die Skylax einfach wiedergibt,
während Herodot sie verbessert, es aber nicht
wagt, sie ganz zu verwerfen. Dagegen ist es
wohl stillschweigende Verbesserung, wenn er an
Stelle der von Skylax einfach aufgezählten sieben
Nilmündungen II 17 zwar auch sieben Arme (zum
Teil mit anderen Namen) hat, aber mit einem
gewissen Nachdruck von zweien dieser Arme sagt,
20 daß sie ovx i^aysvea azöfiara, a)X ogvxxd seien.
Solche Dinge mahnen zu sehr großer Vorsicht in
der Benützung gerade der Partien, in denen Hero-
dot am allermeisten von H. übernommen hat.
3. Damit ist nun der dritte Punkt berührt.
Auf H. als gemeinsame Quelle führen gewisse Über-
einstimmungen in rebus geographicis und ethno-
graphicis zwischen Herodot und anderen Autoren
namentlich des 5. Jhdts. Auf diese Weise er-
klären sich höchstwahrscheinlich die Koinzidenzen
30 zwischen ihm und dem Verfasser von liegt digoav
vö. röx., die jedenfalls nicht auf gegenseitiger Be-
nützung beruhen. Auch für Aischylos, der ein
starkes geographisches Interesse gehabt zu haben
scheint, ist danach Benützung des H. mehrfach
behauptet: v. Gutschmid Kl. Sehr. IV 298, der
damit die geschichtliche Richtung in den Persern,
die periegetische im Prometheus' erklären wollte
(letzteres sehr denkbar, ersteres, wenn er die Wahl
des Stoffes meinte, sicher unrichtig) ; Di eis 422,
40 4 und seiner Andeutung nachgehend Fries a. O.
Dabei bleibt im einzelnen viel Unsicheres; aber daß
Aischylos insbesondere für den Westen, für Ägyp-
ten und Libyen, vielleicht auch für Thrakien geo-
graphisches Material aus H. entlehnt hat, erscheint
sicher. Es entspricht diese Verwertung eines
wissenschaftlichen ionischen Buches auch durch-
aus dem Interessenkreise der Tragiker und ihres
Publikums. Die Parallele mit dem Verhältnis
des Sophokles zu Herodot drängt sich auf. So
50 nennt Aischylos Prom. 813 Ägypten xglyoivog
y$6iv NetXdirig , d. h. er versteht darunter das
Delta; er indiziert die Teilung in Oberägypten
und ?,Xn (Pers. 34ff. o> Herod. II 77. 92); er kennt
die Eßbarkeit des Byblos (Suppl. 761 c*a Herod.
II 92), den ägyptischen Gerstentrank (Suppl. 919
oi Herod. n 77 ^ H. frg, 289. 290 ; auch den thra-
kischen [Lycurg. sat. frg. 124 N. 2 ] hat er eher aus
H frg. 123, als aus der gelegentlichen Erwähnung
bei Archilochos frg. 32 B.); die ßägig als ägypti-
60 sches Schiff (Pers. 551 ; Suppl. 836. 874 co Herod.
II 96) u. a. m. Die von ihm erwähnten Wunder-
völker der Kwoxi<palot xai 2xegvo<p&aXf£oi xai
Movopfiaxot (Strab. I 2, 35) entsprechen den Kwo-
xstpaXot xai axeqpaXot oi sv xoiai arq&eoi rovg
oqr&aXfiovs exovxe;, w$ dq Xeyovxai ys foro Aißvtüv
(Herod. IV 191 ; s. § 16). Im Westen kennt er
die zuerst von H. frg 5. 8 genannte Stadt Adria
(frg. 71 N.2 ans den Heliaden: 'ASqhipoItb ywatkeg)
2G81
üeicataios
j-Lcn.a uuvo
und verlegt den Eridanos nach Iberien (frg. 73 K*
<w Herod. III 115. Die Identifikation mit der
Ehone, die Aischylos zugeschrieben wird, erwähnt
Herodot nicht. Sie ist schwerlich Hekataiisch).
So mag er H. auch die Aißvgvixr\ fiavövr/ (frg.
364 N. 2 ) verdanken, wenn auch ihre Erwähnung
bei Steph. Byz. s. Atßvgvoi gewiß auf Aischylos,
nicht auf H. sich bezieht, dem hier nur die geo-
sie das Weltbild seiner geographischen Haupt-
quelle beherrscht. Auch wo Varianten geographi-
scher Art erwähnt werden, ist wenigstens gelegent-
lich der Gedanke an H. nicht abzuweisen. So I
201 eiöi Öe otziveg xai Hxv&ixov Xsyovai xovxo
xo sd-vog (die Massageten) eTvat coli. Steph. Byz.
s. 'laaridövsg (H. frg. 168) und S. Maooayexai,
Stücke, die man eben danach auch H. zuweisen
kann , der den Skythennamen für alle Nordvölker'
graphische Änsetzung der Liburner (frg. 61) ge- kann, der den Skythennamen lur alle JNory
hört. Vorsicht ist aber auch hier geboten, und 10 verwendet hat; vgl. auch TV 45 (u. § 10).
man darf nicht blindlings alles Geographische bei
Aischvlos auf H. zurückführen. So erklärt jener
die Nilschwelle (Suppl. 542ff. frg. 300 N.2) nicht
mit H., sondern wie später Auaxagoras. Auch
was er Prom. 807ff. über die Nilquellen sagt, ent-
spricht nicht der Ansicht des H. Hier tritt wohl
ein älteres Weltbild der ionischen Philosophie ein.
Dasselbe Verhältnis, nur daß nicht ältere, sondern
jüngere Quellen hinzutreten, gilt für die Über-
5. Sehr wichtig ist die Beobachtung, daß
kleinere sachliche Einlagen geographisch-ethno-
graphischen Inhalts und deskriptiven Charakters-
bei Herodot auf H. zurückgehen. Sie beziehen
sich vielfach auf Länder, die Herodot nicht aus
eigener Anschauung kennt, und zeichnen sich
häufig durch vergleichende Form aus. Diese,
die in der Nö/M/ta- Literatur stark gewuchert
hat, entspricht der wissenschaftlichen Art der
lungere wumeii miiEULn^cii, guu j.u.j ««, u^- ""-> ^..»« r ^. — — -
einstimmungen zwischen einerseits Herodot und 20 ionischen Physiker und scheint von H auf die
Aviens Vorlage, andererseits für Herodot und
Skylax, wie sie nicht nur für Ägypten (darüber
Wiedemann Philol. XLV 17 Off. Diels 443f.),
sondern vor allem für die östlichen Küsten des
Mittelmeeres und für Libyen nachweisbar sind (s.
u. § 13. 16). Noch vorsichtiger muß man Koin-
zidenzen zwischen Herodot und späteren Autoren
verwerten. So hat Diels 442f. zwar sehr wahr-
scheinlich gemacht, daß in Strabons Alyvmtaxa
Länderkunde übertragen zu sein: iTg. 189 iv d£
ütölig 'Yo'ijcrj- oi 5' äv&gconoi io&fjxa (pogiovaiv
ofyvjiEQ üatpXayövEg', vgl, auch Harpokr. s. xv-
jiaaoig. So findet der vielfach gestrichene Satz
III 97 ovzoi oi Ai&loJiEg - KalXa[v]riai Jvboi
seine Erklärung durch frg. 177: H. hatte über
das indische Volk gehandelt. III 102 heißt es
von den Bewohnern von Kaspatyros, sie hätten
Baxtgioiai jzaQaaXtjofyv öiatzav. Herodot be-
H verwertet ist (z. B. XVII 1, 16. 17. 30), wenn 30 schreibt die diavza der Baktrer nirgends; aber
auch natürlich nicht direkt. Aber Lehmann- " ;-— - o + „ J+ „„«i.™«* ,i„ ir,»™,,™,*-
Haupts Versuch (Kiepert-Festschrift 1898, 307ff. ;
Klio I 271, 2) , in Strabons BaßvXavtaxä (XVI
1, 14. 20) die Benützung Herodots auszuschalten
und den ,bis auf die Übertragung ins Ionische
[1. aus dem Ionischen] kaum veränderten Bericht'
des H. herauszuschälen, muß als gänzlich miß-
lungen bezeichnet werden. Quelle Strabons ist
vielmehr ein überarbeiteter und durch Autopsie vmv „. .. .,.
erweiterter Herodot (vgl. auch E. Meyer Forsch. 40 Die Kynesier nannte auch HerodoT, der hieT von
II 233, 1). Daß bei dieser Erweiterung H. he- " "-»--* /- - * 11 ^ t iüa .,« ,™.>™™.-
nützt ist, wäre möglich; auch daß Herodot in den
BaßvXoivtaxd H. benützt hat, ist a priori glaub-
lich. Aber Näheres ist nicht nachweisbar, da wir
gerade aus dieser Partie kaum ein direktes Frag-
ment des H. besitzen. Am ehesten für H. spricht
noch der beständige Vergleich zwischen Babylo-
nien und Ägypten (I 182. 193. 198), der auch
einmal (182) mit einer skeptischen Bemerkung m ^-, - -~ - — ■ . „ , , , _
verbunden ist. Doch sind das Dinge, die zwaröOQuelle zurückgeht oder auf eigene Beobachtung
jene indische Stadt erscheint als KaonaTivgog
bei H. frg. 179. Daher offenbar der Vergleich.
Herod. IV 192: die libyschen und tartessischen
yaXal. Auf den Westen gehen auch Einlagen
wie II 33 über den Lauf des Istros und die
Sitze der Kelten, außerhalb der IxrjXat, als
Grenznachbarn (öpovoelv: vgl. frg.^ 135. 190.
195), der Kwfotoi, oi ea^arot ngog dvo^imv
olxhovöt to>v iv xrji Evgtonrji xaxoixr)fiiva>v.
Die Kynesier nannte auch HerodoT, der hieT von
H. abhängt (s. u. § 12, 1). I 196 ein ao<f<oraxog
voftos der Babylonier, rät xat IXlvgiüv Evsxovg
Tzvv&ävoftai xQäo&at, eine Anmerkung, die nicht
,erst in Italien gemacht ist', sondern aus H.
stammt, der ,illyrische Eneter' sagte, weil er ein
gleichnamiges Volk auch am Pontos fand (frg.
200). Zum Ausdruck vgl. I 214 xglvoj . . . xai
Örj xai Ttvv&dvofiat. Natürlich läßt sich nicht
immer sagen, ob ein solcher Einschub auf eine
H. eigen sind, die Herodot aber von ihm gelernt
hat und selbständig anwenden kann. Auf das
Vorkommen Hekatäischen Gutes in den Geogra-
phica des Ephoros und in der späteren geographi-
schen Literatur will ich hier nicht eingehen (s.
immerhin § 9).
4. Auf H. dürfen wir schließen , wo Herodot
sich mit seiner eigenen geographischen Auffassung
in Widerspruch setzt. So ist n 19 (vgl. Strab.
XVH 1, 30) die Teilung Ägyptens in einen arabi- 60
sehen östlichen und einen libyschen westlichen
Teil beibehalten; und wird II 158 IläzQvfiog als
arabische Stadt' bezeichnet (v. Gutschmid 40).
Der Atßvxög Xvyog (IV 198) schließt mit einem
Vergleich zwischen Atßi*i einerseits, Ehgomr) und
'Aairi andererseits ab, der die Annahme dreier
Erdteile voraussetzt, die Herodot bekämpft, der
er sich aber praktisch nicht entziehen kann, weil
oder Erkundung Herodots: z. B. I 174 Lage von
Knidos; I 180 Lauf des Euphrat; I 189 Lauf
des Gyndes (zur Form: H. frg. 202). Auch ist
nicht immer zu sagen, ob die Quelle gerade
H. ist: so z. B. I 101 die yfvr/ Mr/bw, I 125
yivfj I7eqöwv und vor allem die Zusätze in der
Heeresliste. Aber das Faktum selbst, daß solche
Einlagen nachweisbar sind, ist für die Quellen-
kritik fundamental wichtig. >
Es sollte nämlich bekannt sein, daß solche klei-
neren sachlichen Einlagen, die bei HeTodot unend-
lich häufig und sehr verschiedener Herkunft sind,
nie etwas für die Herkunft der Partie beweisen,
innerhalb deren sie stehen. Oder doch nur eines
— daß dieser Abschnitt selbst aus anderer Tradi-
tion stammt. Ein Beispiel: I 1 10 irt die Beschrei-
bung des medi sehen Landes cd öe vasgcogeai —
jräaa änedos eine deutliche Einlage in die
Jugeh%eschichte des Kyros. Ich zweifle auch
nicht, daß sie aus H. stammt, dessen frg. 172
iormell und inhaltlich gleichartig ist. Aber eben
deshalb ist es unzulässig, wenn Präsek Klio
TV nun die' »Harpagidentradition' über Kyros
*uf H. zurückführt und konstatiert (S. 208), daß
Herodot ,die Hekataiische Umarbeitung der Er-
zählung . . fast wörtlich zur Grundlage seines
Mrj&ixog Xoyog gemacht habe'. Eine gewisse
■Quellenforschung ist augenblicklich überhaupt 10
geneigt, sich Herodot als einen ziemlich genauen,
nur erweiterten Abklatsch des H. vorzustellen.
Sie bedenkt nicht, daß zwischen beiden ein
fundamentaler Unterschied der literarischen Form
und der literarischen Abzweckung besteht: nicht
unser jetziger Herodot darf mit H. verglichen
werden; denn er entfernt sich weit von der
Hekataiischen Form der ÜEQiodog; sondern ganz
allein die Abschnitte, die auch in der neuen
Umgebung den Charakter der Länderbeschrei- 20
bung bewahrt haben. Also beispielsweise die
nsQirjyijais Aißvtjg IV 168—199, bei der dieser
Charakter ganz rein bewahrt ist. viel reiner als
in dem Aly wtruutde löyog (s. § 16). Jene Quel-
lenforschung vergißt ferner, daß zwischen H.
und Herodot die neue Gattung (wenn sie auch
aus der IleQlobog entwickelt ist) der Ethno-
graphie tritt, die zur deskriptiven Behandlung
von Land und Leuten die mehr oder minder
kontinuierliche Erzählung der politischen Ge-30
schichte fügt. Es ist durchaus zweifelhaft, ob
H. überhaupt schon geschichtliche Nachrichten
im Zusammenhang gegeben hat. Die alte, scharf
z. B. von Bury S. 12 formulierte Behauptung,
H. ,introdueed the Greeks to oriental history
-and sketehed for the ürst time the successive
monarchies of Ässyria Media Persia' entbehrt
nicht nur jeder Begründung, sondern ist auch
völlig unglaublich. Gegen den immer wieder-
kehrenden Versuch (z. B. Prä sek Forsch, z. 40
Gesch. d. Altert. II 6ff.), H. mehr oder weniger
Anteil an Herodots Geschichte der ägyptischen
Könige (II 99—182) zu vindizieren, hat schon
v. G u t s c h m i d I 45 richtige Worte gefunden.
Nur da, wo es sich um Erklärung von Stadt-
flamen, um griechische Fabeln über Ägypten,
vor allem um die Kritik der griechischen Sage
auf Grund ägyptischer Weisheit handelt, finden
wir Spuren des H. Den starken Übereinstim-
mungen in geographischen und ethnographischen 50
Dingen, die sich auf geschlossene größere Ab-
schnitte erstrecken und bis zur wörtlichen Über-
nahme einzelner Stücke gehen, steht als Faktum
gegenüber, daß nirgends in den historiscb-er-
zählenden Partien der geringste Anhalt für eine
Benutzung des H. gegeben ist; wir besitzen auch
nicht ein einziges Fragment des H., das sich
mit diesen Dingen befaßte. Doch ist es kein
einfacher Schluß ei silentio, wenn wir zusam-
menhängende historische Erzählung für H. ab- 60
lehnen, sondern das Fehlen direkter und in-
direkter Fragmente bestätigt nur. was wir aus
dem literarischen Charakter von H.s Buch und
aus dem Charakter des Mannes selbst schließen
müssen. Denn auch das ist zu beachten: die für
Herodots Werk so außerordentlich charakte-
ristische Verwandtschaft mit der ionischen No-
vellistik und seine intensive Benutzung des spä-
2684
tet in den <5^öt publizierten Schatzes an lokalen
Erzählungen ist dem H. fremd. Auch in den
revealoylm ist keine Benützung dreser lokalen
Tradition historischer' Fakten nachweisbar.
Alle Versuche, rein historisch darstellende (no-
vellistisch-erzählende) Partien des Herodot aus
H. abzuleiten, mögen sie sich auf den Ionischen
Aufstand oder auf Kyros' Jugendgeschichte oder
auf die Tradition über die Peisistratiden be-
ziehen, die H. ,nach Generationen erzählt' haben
soll (! Seeck Klio IV 299), richten sich von
selbst. Sie beruhen auf falscher Auffassung der
literarischen Entwicklung, Dagegen ist metho-
disch richtig und ergebnisreich (übrigens der
Erweiterung fähig, s. § 12 Nr. 4), was Herr-
mann Klio XI über H. als Quelle Herodots
in der Darstellung des Xerxeszuges . feststellt.
Nicht für den historischen Verlauf des Zuges
rekurriert Herodot auf ihn. wohl aber für die
geographische Seite: er beschreibt die Gegenden,
durch die der Zug ging, im Anschluß an H.s
Pericgese Thrakiens (dieses Verhältnis, das z. B.
frg. 132 e» Herod. VII 59 ohne weiteres erkenn-
bar ist, wird verdreht und zum Beweise der Un-
echthcit des H. mißbraucht von Wells 50.
Gleichartig ist das Verhältnis in der Heeresliste,
z. B. frg. 189 «a Herod. VII 72, wo schon Cas-
par! 242 die Verdrehungen von Wells zu-
rückweist.)
Hier muß denn auch die difficile Frage be-
rührt werden, ob HeTodot den H. gewissermaßen
negativ benützt hat, d. h. ob er gewisse Dinge
knapper behandelt oder nur im Vorbeigehen be-
rührt, weil H. sie schon ausführlich dargestellt
hatte. Behauptet ist das vielfach: so vonLar-
cher und Heeren (Ideen II 2, 207) mit Be-
ziehung auf die sehr knappe Behandlung des
ägyptischen Theben; von For biger 50 für den
Westen; von Fries 28 für die Schilderung des
rponos Cörjg der Oberägypter (II 77). Es ist
nun methodisch jedenfalls richtiger, so zu fragen,
als von dem zu reden, was Herodot alles ,nicht
kennt* (so wieder Präsek 206); denn solche Aus-
drucksweise beruht auf der falschen Gleichsetz ung
von Herodots und H.s literarischer Art. Hero-
dot ,kennt' natürlich alles, was in H.s Büchern
stand, aber er kann es im Rahmen seines Werkes,
das im wesentlichen der Geschichte der persi-
schen Könige folgt, nicht alles geben. Das gilt
besonders für den Westen, den er nur ganz ge-
legentlieh berühren kann. Es ist nicht auszu-
denken, wo er eine ausführliche Schilderang hätte
anbringen sollen, da sein Blick nun einmal nach
Osten gerichtet ist, und da er den gleichzeitigen
Zusammenstoß der Westgriechen mit Karthago
in seiner Bedeutung nicht erkannt oder, wenn
doch, ihn seiner Darstellung einzufügen nicht
vermocht oder nicht gewollt hat. Sehen wir
nun, daß er die ausführlichen Schilderungen des
Vorgängers über Ägyptens <pvot$, über dortige
Tiere usf. auch seinerseits wiederholt, so ist es
nicht wahrscheinlich, daß er Dinge, die in seinen
Zusammenhang paßten , nur deshalb nicht auf-
genommen hat, weil sie schon bei BL standen.
Er scheint vielmehr das Prinrip gehabt zu haben,
aufzunehmen, was sich irgendwie mit seinem
Thema Terhinden ließ, das Aufgenommene aber,
wenn es aus H. stammte, durchgehend* zu ver-
2685
Hekataios
bessern. Das war nun allerdings nicht immer
möglich: er konnte das tun, wo ihm die eigene
Sxptg und täxoqir} zur Verfügung stand, wie in
Ägypten; oder wo er andere Theorien hatte und
das übernommene Material polemisch zustutzen
konnte, wie bei den Exkursen über die iazanal
{LH 106—116) und die Teilung der Olxovfävr}
YXV 36—45). Zur Aufnahme genügt es ihm,
wenn er auch nur Einzelheiten bestreiten kann;
dagegen für den Westen fehlt ihm die Autopsie
und die Tradition. So wird er sich hier nicht
besonders bemüht haben, einen Platz für die
Beschreibung zu suchen, die er ohne Änderung
hätte übernehmen müssen. Diesem Prinzip wider-
spricht nur scheinbar III 103: das Aussehen des
Kameles huora{ievotot xolci "Etätfoi ov ovyyQaqpa) •
to <5e fit] imotsatai avtf/g rovzo yqd<poi. Hier
braucht sowenig wie an den vielen anderen Stel-
len, wo Herodot nur ra d^taji7)yr)TÖmra mitteilen
zu wollen erklärt, Beziehung gerade auf eine in
der Literatur vorhandene Beschreibung angenom-
men zu werden. Wirklich widerspricht der At-
ßvxös JL6yos, der ohne größere Veränderungen
übernommen ist ; aber gerade die Partie , in der
er steht, erweckt auch gewisse Bedenken, die
sich auf den Abschluß des Werkes beziehen,
s. § 16. Wirklich negativ bestimmt wird He-
rodot, um das gleich hier zu sagen, nicht durch
die IJsQio6og, sondern durch die rcvmkoyiai,
deren Inhalt er tatsächlich bei seinen Lesern als
bekannt voraussetzt : I 5 syd> 5e jibqI tovtqjv oyx
xQZOftat igeotv xxl. VI 55 Ott Ss iorzsg Alyvit-
xioi . . äklotoi yaQ mgl avttöv EtjpTjtcu sdaofiev
■avtd • za Sh akkoi ov ttazeXäßovTO , tovkdv iivv\-
fA7)V 7l0it)00(Aat.
Schränkt man die Benützung des H. bei He-
rodot so ein, wie es das verschiedene literarische
ysvog verlangt, und enthält man sich leichtfer-
tiger Spekulationen, so bekommen wir wertvolle
und vor allem recht sichere Resultate. Grund-
lage für die Beurteilung des Verhältnisses der
beiden Autoren zueinander muß (nach verstreuten
Bemerkungen Früherer) der Aufsatz von Diels
sein. Die Einwendungen E. Meyers (I 183, 1),
der übrigens die tatsächlichen Ergebnisse von
Diels meist für richtig hält', beruhen auf Miß-
verständnis von Worten und darauf, daß er Arbeits-
weise und Zitierweise nicht auseinanderhält; mag
jene bei Herodot nicht anders als bei modernen
Autoren sein, diese ist es zweifellos. Diels' Ver-
dienst besteht gerade darin, daß er die unhisto-
rische Beurteilung der Früheren beseitigt hat, die"
bei Übereinstimmungen und bewußter Material-
entlehnung entweder von Plagiat sprachen oder
ungünstige Folgerungen für die Echtheit deT
ütgiodog daraus zogen. Es steht jetzt fest (wo-
für II 143 stets hätte genügen sollen), daß He-
rodot auf seinen Reisen das Buch des H. mit
sich geführt hat; daß seine eigene Forschung
von diesem Buche ausgegangen und in ihrer Rich-
tung teilweise durch dies Buch bestimmt ist;
daß er es schließlich bei der Ausarbeitung seiner
Xöyot stark benutzt hat. Das Korrelat zu der
ausgiebigen Benützung ist das intensive Bestreben,
den Vorgänger zu erweitern, zu verbessern, zu
widerlegen. Die Polemik, die sich gegen Einzel-
heiten und mehr noch gegen die geographischen
Gtuadanschautmgen des H. richtet, ist naturge-
maß da besonders scharf im Ton, wo Hörbd^t
am meisten übernimmt. In solchen Partien ist
die Gelegenheit, polemische Bemerkungen anzu-
bringen, oft geradezu an den Haaren herbeige-
zogen. Die Art, wie dann Herodot die koyoi bei
der Ausarbeitung des uns vorliegenden Werkes
benützt, macht es verständlich, daß Benützung
der JTegiodog in weiterem Umfange a priori nur
in den Büchern I— IV zu erwarten ist, während
10 es sich in der zweiten Hälfte nur um kleinere
oder größere Einlagen handeln kann. Wieweit
der Beweis für die Benützung im ersten Teil zu
führen ist, hangt zum Teil .von zufälligen Um-
ständen ab ; vom Inhalt der Fragmente ; von der
Art der Verarbeitung bei Herodot, die wesentlich
durch die Ausdehnung seiner Autopsie bedingt
ist; von der Zahl der möglichen Quellen. So
sind im I. Buch nachweisbar aus H. nur einige
geographischen Einlagen. Ob ,die knappen No-
20 tizen über die Angriffskriege der lydischen Könige
gegen die griechischen Städte* aus ihm stammen
(v. Gutschmid Gott. gel. Anz. 1885, 236), ob und
wie stark er in den BaßvX<oviaxd benützt ist
läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Da-
gegen ist in Buch II die Benützung durch-
gehend, soweit es sich um die Natur des Lan-
des, die voftot seiner Bewohner, die Beziehungen
der Hellenen zu Ägypten handelt: H. hat das
Alter des Volkes, die <pvotg zijs x&gyg, den Nil,
30 die vöfioi Alyvjixitov besprochen, und diese Be-
handlung bildet die Grundlage für Herodot. Das
Buch kann als Schulbeispiel dienen, wie in einem
Abschnitt {yvoig x™QV£ und Nil ) die Verwen-
dung ganz polemisch gestaltet ist; in dem an-
deren (vöfioi und hellenische Sagen) engster An-
schluß und direkte Übernahme größerer Stücke,
verbunden mit krampfhaften Versuchen, die Selb-
ständigkeit des Benutzers irgendwie zu markieren;
endlich in der Königsgeschichte , von rationa-
40 listischen Einlagen über griechische Sagen abge-
sehen, völlige Selbständigkeit. Im HL Buch ist H.
nachweisbar in dem zusammenhängenden Stücke
89_116, dessen einzelne Abschnitte (Liste der
Satrapien 89ff.; Indien 98—105; die übrigen
saxcaiai 106-116) aber seinen Einfluß wieder
in verschiedener Weise von direkter Übernahme
(Indien) an bis zur Verbindung mit einer anderen
Quelle (Satrapien liste) zeigen; in B. IV gehen
die Atßvxd ganz auf H. zurück; aber auch in
50 den Sxvdixä ist er stark herangezogen. Die Po-
lemik in dem großen Exkurs (IV 36rT.) trifft
wieder ihn allein. Von V an beginnen Einlagen,
wie die oben besprochenen (V 57 — 61).
§ 7. Die Resultate, die eine vorsichtige Quellen-
kritik Herodots liefert, sind deshalb besonders
wertvoll, weil sie ein richtigeres Urteil über die
wissenschaftliche Bedeutung ferlleQiodog erlauben.
Die direkten Fragmente sind dürftig der Zahl und
dem Umfang nach. Das ist die Folge der äußeren
60 Schicksale, die das Buch gehabt hat; ein Beweis
auch für den Fortschritt der Länderkunde zwi-
schen H. und Strabon (s. § 9). Aber die neueste
Weisheit, der ja auch Herakleitos und Herodo-
tos als Zeugen für H.s Ansehen nicht genügen
(§ 2), verkündet daraufhin mit einer historischen
Ahnungslosigkeit, dieauMauthners , Aristoteles 4
mahnt : so for as our evidence avails, ü stamps
the File Ihgiodog as an ordinury ZTegfrAov?,
zob; uexataios
tricked out with an unusual amount. of ready-
made etymology (Caspary 236), Wer geistige
Lei Stangen aus ihrer Zeit heraus und nach ihren
Wirkungen zu beurteilen vorzieht, wird bei der
Einschätzung des H. ausgehen von dem Urteil
des Mannes, der noch die gesamte ältere geogra-
phische Literatur überschaute: Eratosthenes (Strab.
I 1,1. U), der gegen die Mängel und Lücken
von H.s Kenntnissen nicht blind waT (s. § 11),
begann die Geschichte der wissenschaftlichen Erd-
kunde mit der Karte Anaximanders und dem
Buche des IL Nicht als ob er damit den Früheren
geographische Kenntnisse hat absprechen wollen;
sein Überblick beginnt mit Homer und konsta-
tiert z. B. bei Hesiod eine wesentliche Erweite-
rung des geographischen Horizontes (p. 40ff.
Berger). Er ordnet die Ionier hier ein. Wenn
er trotzdem mit ihnen eine neue Epoche beginnt,
so muß er einen prinzipiellen Unterschied zwi-
schen ihnen und allen älteren konstatiert haben ;
ein solcher ist auch für uns kenntlich.
Die Form, in die H. sein Wissen von der
Oixovfiivt) gekleidet hat, war längst sehr weit
vorbereitet. Wie überall (s. § 18), so tritt auch
hier die Prosa an Stelle des Epos, knüpft in-
haltlich wie formell an poetische Behandlungen
des gleichen Materials an. Es hat zweifellos
epische IIsQtrjyrjoeig gegeben. ,Eine Art Perie-
gese von Hellas, ein Verzeichnis hellenischer
Stämme, Landschaften und Städte' liegt dem
Kaiäkoyog Ns&v der Ilias zu Grunde. Niese
(Der hom. Schiffskat., Kiel 1873) setzt es ins
saec. VIII, spricht ihm epische Form zu und
nennt seinen Verfasser gewissermaßen einen
Vorgänger des H. An Nilssons Ausführungen
(Rh. Mus. LX 161ff ) ist jedenfalls das eine rich-
tig: die geographischen Interessen und Kennt-
nisse, die durch die Kolonisationstätigkeit und
die Handelsfahrten seit saec. VIII geweckt und
gesammelt sind, haben sich auch literarisch
niedergeschlagen. Auf epische Periplen scheint
die Formel 68o$ xal /neiga xeXevd~ov zu weisen.
Solche gibt Proteus dem Menelaos (Od. IV 389),
Teiresias dem Odysseus (X 539). ~E$ya 698 &£«
öij tet \ihqa zioXvvpXoioßoio {taXdoorjg könnte
wirklich ,als Einleitungsvers eines alten Periplus
gedient' haben. Eine Üsqioöo; rijg unter He-
siods Namen wird von Ephoros und Eratosthenes
zitiert (Strab. VII 3, 7. 9), ist also sicher kein
junges Machwerk, sondern ,eine von den alten
verifizierten Periegesen*. Wie weit das in der
Form reine Lehrgedichte waren, stehe dahin. Der
Schiffskatalog hat sich ja nur erhalten, weil er
in die Ilias gekommen und für sie zurechtgemacht
ist, wobei der Aöde prinzipiell vielleicht nicht
anders vorging wie Herodot, als er H.s Periegese
von Thrakien für den Xerxeszug aptierte (§ 12,
4). Seine ursprüngliche Form kennen wir nicht.
Für das ps.-Hesiodische Gedicht möchte die Form
des Zitates ev rtjt xaXov/j.svrjt r. JIbq, ebenso
wie sein Inhalt (die Skythen werden dadurch
eingeführt, daß Phineus von den Harpyien zu
ihnen entführt wiid) darauf deuten, daß die Kon-
vention für den geographischen Stoff irgend eine
heroische Einkleidung verlangte. Dafür boten
sich ja Argonautensage, Odysseusfahrten , Hera-
kleszüge ohne weiteres dar. Immerhin ist in den
Beeten dieser Literatur bei der Einzelausfuhrung
neitataios
2688
die Ähnlichkeit mit den späteren Periegesen unver*
kennbar. Die Vorlage des Schiffskatalogs enthielt
schon die Geschichte von Thamyris (IL II 594ff,
Nilsson 166ff.) T um von den hier nicht nur
schmückenden Beiworten der einzelnen Städte
abzusehen. Der jüngere Troerkatalog mit seiner
Erwähnung und Schilderung von Flüssen und
Seen (839. 849f. 854. 865), seinen geographischen
Abgrenzungen (845) , Anführung von Landespro-
lOdukten (839. 845. 857) ähnelt dem knappen
Überblick über die Völker an der Königsstraße-
(Herod. V 49) oder in Libyen (ebd. IV 168ff.).
Eine Schilderung wie Od. IV 81ff. stellt sich
ohne weiteres zu H.s Beschreibung des Polandes-
(frg. 58).
Aber wie immer diese epischen Periegesen
eingekleidet waren und welchen Gesichtskreis
sie hatten , sie waren jedenfalls rein chorogra-
phisch. Auch H.s üsgioSog will nun eine Zu-
20 sammenfassung des Wissens von der Olxovßhij
geben; aber nicht nur spricht sie die neue-
Sprache der Wissenschaft — sie ist auch auf dem
Boden der Wissenschaft erwachsen. Sie geht aus
von dem Weltbild der ionischen Physik und ver-
sucht selbst ein solches zu geben. Der Geiste
in dem das Material behandelt wird, ist ein neuer.
H. beschreibt die Welt nicht zur Ergötzung der
Leser, die gern etwas von fremden Völkern hören,,
auch nicht für den praktischen Gebrauch der See-
30fahrer und Kaufleute, sondern aus dem gleichen
theoretischen Interesse heraus, das die Bücher
liegt tpvoscog erzeugt. Bei ihm zuerst scheint auch
die Forschungsreise zu wissenschaftlichem Zwecke,,
um der loxoglrj willen, nachweisbar. Was selbst-
verständlich nicht ausschließt, daß H. auch durch
praktische Zwecke auf Reisen geführt ist.
Daß dieses erste wissenschaftliche Weltbild
in lonien entstand, war selbstverständlich. In
Milet besonders vereinigten Wissenschaft und
40 Leben ihre Wirkungen wie in einem Brennpunkt.
Hier hat die Philosophie sich einen Begriff zu
machen versucht von der Erde als Weltkörper;
hier trieb man Astronomie und Mathematik,,
machte man Beobachtungen über die physika-
lischen Veränderungen der Erdoberfläche. Hier
hatte sich aber auch durch die Handelsfahrten
von mehr als zwei Jahrhunderten ein Schatz von
praktischen Einzelkenntnissen aufgehäuft. Viel-
leicht hat die Einverleibung loniens in das Eeich
50 des Kyros und die dadurch geschaffene Möglich-
keit, auch den Osten durch eigene Anschauung
kennen za lernen, den Anstoß zu dem Versuche
gegeben, das von der Philosophie entworfene All-
gemeinbild auch im einzelnen auszuführen. Sti-
mulierend haben diese politischen Verhältnisse
jedenfalls gewirkt. Wie Dareios sich eines Grie-
chen bediente für seine indische Expedition, so
hat auch H. wohl sicher Beziehungen zum per-
sischen Hofe gehabt (§ 2), die ihm teilweise
CO seine Reisen erst ermöglichten. Denn daß er
Reisen gemacht und einen guten Teil der da-
maligen Welt selbst gesehen hat, müssen wir
annehmen, nicht nur weil Eratosthenes (Agathem.
ge. inf. II) ihn einen avijQ jiolvjtAavfe nennt,
sondern einfach, weil ein Werk wie die ITegiodog
in jener Zeit garnicht anders entstehen konnte.
"Oyjig und tozogirj sind für H. f wie nach ihm für
Herodot und Demokrit, die erste Quelle. Sein
3HJ5tf
nssmsfos
VerfWiren müssen wir uns ganz und gar nach
dem des Herodot vorstellen. Schon bei ihm be-
gegnen wir der Befragung der eingeborenen 16-
yioi: er spricht mit den Priestern in Theben
(Herod. II 143), beruft sich auf die xev<"$ # 0( -
vüt<ov (frg. 254 -f- 358), auf Auskünfte der
Karthager über den Westen Libyens (Herod. IV
195. 196), auf die Aißveg selbst (ebd. 191). Die
Vermutung von Diel s 436, diese Methode sei
eben von H. eingeführt, findet eine starke Stütze
daran, daß sie bei Herodot regelmäßig da er-
scheint, wo die Sage rationalisiert wird (I lff.
II 54. 113ff. u. ö.); denn die Befragung bezieht
sich naturgemäß mehr auf Dinge, die der Tra-
dition angehören, und scheint deshalb von H. in
den rsveaioylai stärker verwendet zu sein, als
in der Periegese, wo die öyng wichtiger ist.
Wohin und wieweit sich H.s Reisen erstreckt
haben, wissen wir nicht. Bezeugt ist nur der
Besuch Ägyptens (Herod. II 143). Die Bereisung
Kleinasiens ist selbstverständlich; ebenso wohl
die des Pontos. Sehr wahrscheinlich (nach Herod.
V 36) die des persischen Herrschaftsgebietes in
Asien, wenigstens der Zentralländer. Die Schil-
derung des iranischen Hochplateaus (Herod. I
110) und der Landschaft im Süden des Kaspischen
Meeres (frg. 172, 173) macht den Eindruck der
Autopsie. Auch die Königsstraße hat er wohl
selbst gekannt (Herod. V 49), dagegen nicht In-
dien. Ganz im unklaren sind wir über den
Westen. Falls wir, was wahrscheinlich ist, bei
Arriah. anab. II 16, 5 (frg. 349) das Zitat des
H. auch noch auf § 6 ausdehnen dmrfen, wäre
Autopsie für die Westküste von Griechenland
(Ambrakischer Golf) festgestellt. Damit verträgt
sich gut, daß H. das Flußsystem dieser Küste
mythischen Vorstellungen gegenüber korrigiert
hat (frg. 71. 72). Aus der Menge von Namen
aus dem Westen kann man nichts Sicheres
schließen , so glaublich es auch an sich ist, daß
H. seine Reisen hierhin ausgedehnt hat. Aber es
ist auch zweifellos, daß er neben der eigenen
örptg benützt hat, was bereits an Material vor-
handen war. Das war nicht wenig; und es war
zum Teil schon schriftlich, wenn auch (von den
epischen Periegesen abgesehen) noch nicht Lite-
rarisch, niedergelegt. Es gab wohl sicher Hand-
bücher für den praktischen Gebrauch, d. h.
Häfenverzeichnisse mit Entfernungsangaben, die
Vorläufer der Periplen, die durchaus eine ältere
Form darstellen als die wissenschaftliche Perie-
gese. Es existierten feiner Relationen über ein-
zelne besonders bedeutende Fahrten, die vielleicht
schon in primitiver Weise literarisch verbreitet
waren. Denn es ist mit Grund nicht zu bestreiten,
daß H. den Bericht des Massalioten Euthymenes
über seine Umsegelung Afrikas gekannt hat
(Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 582, 3). Da
der Bericht bald versehollen ist und den Späteren
(Herodot, Dikaiarch, Ephoros) nur aus H. be-
kannt gewesen zu sein scheint (Jacob y o. Bd.
VI S. 1511), so hat H. ihn wohl in Massalia er-
halten. Ebenso war ihm der Bericht des Sky-
lai, mit dem er persönlich zusammengetroffen
sein kann, über seine Fahrt auf dem Indus im
Auftrage des Dareios bekannt (Schwanbeck
Hegastb, Indica 61 n* a. Skyl. b. Athen. II 70 C
und H. frg. 174; Erwähnung von KcumänvQog,
P»tt] T -WlMOW*-Kron TU
von wo die Erpedition ausging, frg. 179; über
die Bezeichnung Sxv&iöv axzr) Marquardt Pin-
iol. Suppl. X 242. Der Zusammenhang, in dem
Skylax bei Herodot. IV 44 auftritt, zeigt, daß
dieser ihn wieder nur aas H. kennt). Auch
Hannos Bericht scheint er gekannt und für
Aißvr} s|o) xtäv orr}X(öv benutzt zu haben (s.
§ 16). Endlich war in lonien selbst, besonders
in Milet, Phokaia*, Samos, wie in den griechischen
10 Kolonien am Pontos, in Ägypten und Nordafrika,
in Spanien und an der ligurischen Küste, durch
Befragung viel zu gewinnen über die Länder, die
H. nicht selbst besuchen konnte; teils auf Grund
regelmäßiger Handelsverbindungen dieser Städte
— vgl. z. B. Herod. I 163 xai xöv zz HÖqitjv
xai ttjv TvQatjvfyv xal ri}v 'IßtjQtijv xal zbv Tao-
Tijaaov ovrot (die Phokaier) eioi ot xanxds^avzsg
— teils weil sich die Tradition an einzelne Fahrten
erhalten hatte (z. B. Herod. IV 152 über die Tar-
20 tessosfahrt des Samiers Kolaios). Wie diese äxot}
die oxpis ergänzte, zeigt Herodot an vielen Stellen.
H. mag z. B. in Massalia Nachrichten über die
Kelten bekommen haben. Auch Dokumente, wie
die Satrapienliste, können ihm durch persische Ge-
währsmänner recht wohl zugänglich gemacht sein.
§ 8. Was H. so in der Heimat und auf Reisen,
durch eigene Beobachtung und Erkundung oder
durch Benützung vorhandenen Materials an Kennt-
nissen gewonnen hatte, das verarbeitete er in der
BOIIsQioSog. Was er hier gab — schon dadurch
zeigt sich der fundamentale Unterschied gegen
etwa schon schriftlich fixierte Schifferhandbücher
{IIsQmXot) — war zweierlei: die Karte (üsglodog)
und der zugehörige Text (Xdyoi). Man hat die
Existenz der Karte vielfach bezweifelt (zuletzt
Tropea I 321), besonders weil Eratosthenes bei
Strab. I 1, 11 sie nicht erwähnt. Aber mit Un-
recht. An jener Stelle werden nur die zwei Ar-
chegeten genannt, der erste Kartograph und der
40 erste Schriftsteller über Geographie (zov fih ovv
ixSovvai TiQfäxov ye&yQCKptxov Tztvaxa, zov d^'E.
yqdfifm xazaXmEiv. C. Muellers Erklärung von
yqdfxfia als orbis terrarum delineatio ist falsch).
Das schließt natürlich nicht aus , daß der erste
Schriftsteller auch eine Karte gab. Ausdrücklich
bezeugt wird sie denn auch von Agathem. ge.
inf. I 1 (vgl. Schol. Dion. Per. p. 428, 7. Eust.
Dion. epist. p. 208, 16 Muell.), wo es heißt, H.
habe die Anaximandreische Karte so verbessert,
50 wate d'avftaoßijvai zd ziQäyfjKx. Dieses Zeugnis,
das in seinem Wortsinn durch den Gegensatz
'EXXdvixog 6e cbildazcog xagiätoxe zt]v tozoQtav
gesichert wird, ist aber glaubwürdig, nicht nur
weil es auf Eratosthenes zurückgeht, sondern weil
es der Natur der Sache entspricht. Zur wissen-
schaftlichen Periegese gehört die Karte. Das Ver-
hältnis der Hekataiischen zur Anaximandreischen
Karte wird mit diatiQißovv bezeichnet. Kecht
gut. Denn während es Anaxirnander wohl mehr
60 auf die allgemeine Gestalt der Erde, auf die Lage
der Olxovfiivr}, ihre Form und ihr Verhältnis zur
Erdoberfläche überhaupt, vielleicht auch auf die
sonstigen »geographischen 1 Probleme ankam, ver-
band H. — um die griechischen Termini (Eust.
Dionys. Perieg. p. 212, 20. SchoL Dionys. Perieg.
p. 428. Ptolem. geogr. 1 1) beizubehalten — mit
dem geographischen' das ,chorographische' In-
teresse. Er lieferte die ins einzelne gehende Be-
85
$$$i
Hekataios
Hekataios
2S92
«öhrelbung der Olxovftivr]*, seine Karte zeigte die
Sitaie det einzelnen Völker und ihre Namen (vgl.
Herod. V 49). Auch die Gebirge, Müsse und
Sfc&dte waren gewiß eingezeichnet. Anarimander
ist der .Erfinder' der Geographie; H. der ,Er-
finder' der beschreibenden Länderkunde.
Dieser Annahme entspricht es, daß H,, soweit
wir sehen, in den grundlegenden geographischen
Fragen nicht geneuert, sondern das philosophische
Erdbild, das , was Herodot die Karte der "latveg
nennt, übernommen hat (s. § 10); wohl aber
führt er — hierin die Praxis der Periplen aus-
bildend — für die Beschreibung der Olxovjxevr)
die Form der ,Umwandelung' ein, die seitdem die
wissenschaftliche Länderkunde der Griechen be-
herrscht hat. Die Disposition ist dadurch ge-
geben, daß der Autor dem Laufe der Küste folgt
und von hieraus jedesmal an den passenden Stel-
len in das Binnenland und zwar bis zu den Erd-
rändern fortschreitet. Daß mit der Nordhälfte
begonnen wird und die Erdteile sich in der von
Herodot. II 16 festgehaltenen Eeihe Evgdmt] 'Äottj
Aißvr) folgen, ist ebenfalls konstante Praxis ge-
blieben. Die Wahrscheinlichkeit spricht durchaus
dafür, daß auch der Beginn mit den Herakles-
säulen in Spanien, durch den ein wirklicher
Rundgang um den ganzen Umkreis des inneren
Meeres erzielt wird, bereits auf H. zurückgeht.
Wenn Klausen 14 aus frg. 83. 74. 75 (67 ist
doch anders) schließt, daß H. a Graeeia initium
fadens oöeidentem versus pergeret, so ist das
nicht zwingend: denn sobald, wie bei dem Fest-
land von Hellas , der Autor ausführlicher auch
das Binnenland behandeln muß, ändert sich die
sonst einfach dem Laufe der Küste folgende An-
ordnung der Landschaften (s. % 12). Gegen Klau-
sen läßt sich denn auch nicht nur frg. 78 an-
führen, sondern auch frg. 56, das für die ita-
lische Ostküste die Richtung Süd-Nord beweist.
Die Form, in der die Einzelbchandlung sich
vollzog, ist direkt nicht kenntlich, da keines der
wörtlichen Fragmente den Umfang von 1—2
Druckzeilen überschreitet. Dennoch erlauben sie,
die im folgenden mit * ausgezeichnet und mög-
lichst allein benützt werden (nur vermutungs-
weise dem H. Zugeschriebenes setze ich in ( )),
eine gewisse Vorstellung, die durch vorsichtigen
Vergleich vor allem mit dem Periplus des Skylax
als dem ältesten erhaltenen Dokument dieser
Gattung noch eine etwas festere Gestalt bekommt.
Zieht man etwa noch gewisse Partien Herodots
und die paar wörtlichen Zitate aus Eratosthenes 1
drittem Buche der reoiygatpovfxeva hinzu, die, wie
H.s köyoi, zur Erläuterung der Karte bestimmt sind
(Späteres lasse ich beiseite, da eine vollständige
Aufarbeitung hier doch nicht möglich ist), so er-
gibt sich eine große Konstanz der äußeren Form,
die auf ein maßgebendes Werk am Anfange der
ganzen Entwicklung hinweist und Rückschlüsse
auf dieses erlaubt. Daß damit auch ein fester
Maßstab für die höhere Kritik des Skylax ge-
wonnen wird, sei nur nebenbei bemerkt.
1. Es ergibt sich eine Einteilung der ganzen
Periegese dadurch, daß die Behandlung i&vixwg
(wie bei Ephoros : Ps.-Scynn. 470ff.) erfolgt, d. li-
es werden zuerst größere, politisch oder ethno-
graphisch zusammengehörige Gebiete genannt
(Mastiener, Tyrrhenex, Oinotrer, Thraker, Skythen,
Troaa, Aiolis, Aigyptos ü. a.). Sie haben wie die
Xöyoi Herodots und die Abschnitte bei Skylax
eine gewisse Selbständigkeit, wie die Zitate h>
AloXixolg, sv Alyvnxov Ilegttjyi^ost, iv 'EXXtjözzov-
xcoi (?) zeigen. Noch häufiger als bei Skylax
wird die Überschrift, um dieses Wort zu brauchen,
durch den Volksnamen gegeben: frg. 56* psta
de IlevxaToi; frg. 67*. 78*. 83* (xexd de AoxgoL
135*. 173*. 175*. 180*. 190*. 193*. 195*. Der
10 bei Skylax übliche Zusatz e&vog fehlt; dafür
frg. 175* äv&Qvmoi 'Qmat [auch Herod. IV 168fF.
steht e&vog nur, wenn es eine nähere Bestimmung
— edvog iov jtoUöv u. ä. — erhält]. Der Landes-
name (für italische Gebiete kommt nur "laixvyia
und 'Izcdia vor, sonst durchgängig Volksname)
erscheint gern in Form des Ktetikons, mit oder
ohne xcöqci: Tgotixtj frg. 209*; Bsxetgtx^ frg.
190*; Xaovixtj frg. 74 (aber Xaovia im Lemma
des Steph. Byz. frg. 76) ; Otöavnxrj frg. 66;
2Q ravdagixjj frg. 178; Aiyvoxixrj frg. 22. Wirk-
liche Gesamtnamen sind noch recht selten. In
Italien z. B. kommen weder Samniten noch Lu-
kaner noch Brettier vor. was dem Zustand saec.
V in. entspricht (vgl. 3sTi ese Gott. gel. Anz. 1885,
250). Wichtiger als der Gesamtbegriff Qgaixeg
sind dem H. die einzelnen e'dvij , Paionen, Ki-
konen u. s. f. Die lexikalische Verarbeitung, die
mit den späteren Gesamtnamen wirtschaftet (nicht
ohne Mißverständnisse: 'IzaXia frg. 27. 29 s. §
30 12, 2), erschwert hier das Urteil.
2. Die genannte Landschaft wird dann geogra-
phisch begrenzt, besonders gern durch Flüsse:
Skyl. 66 ovzog (Strymon) ögi&t Maxedoviav xal
&gdixr\v co (frg. 296) 6 Ne7X6g iazl 6 xi}v 'Aotyv
ÖQiCoiv Ttjt Aißvtji; frg. 175* f.äxQ l tovtov (seil.
'lvdov) 'Qmaf dizb de tovtov egquiT) pe%gig '/v-
dojv o^ Skyl. 107f. ptexgig ovv ivrav&a Alyi'n-
xtoi äg/ovotv • dao de"Amdog xxl. frg. 190*. 305*.
Leider sind diese Abgrenzungen, die historisch
40 besonders wichtig wären , fast alle verloren ; er-
halten außer denen der libyschen Stämme (s. § 16)
nur die des Delta <Herod. II 15, vgl. § 15).
Auch aus Steph. Byz/ Lemmata lassen sich einige
Schlüsse ziehen (§12, 4). — 3) Zweifellos wurde
ferner, wie bei (Herodot) Skylax, Eratosthenes,
die Ausdehnung der Küste überall angegeben.
Auch andere Maßangaben können nicht gefehlt
haben: frg. 303* 6 Wv/Mxog xokxog /niyag xal
ßa&vg, TQiäv f}pt,£QÖw jzXovg. Rest solcher Bestim-
50 mungen wohl frg. 170 *. 209 *. Cramer Anecd. Ox.
I 287, 28 nsfi.iTQr}vrat piejuezoiarat .taga zon e E,
Ob die Maße immer in Tagesfahrten und -mär-
schen gegeben waren oder ob, wie bei Herodot
fex. gr. IV 85f.) und Skylax in bestimmten Par-
tien die Stadienrechnung konkurrierte (Umrech-
nungen Skyl. 69. Herod. IV 101. V 53), läßt
sich nicht ganz sicher sagen. Der Vergleich von
Herod. IV 175 «» 181 ff. spricht dafür. Nur wird
H. weniger nach Stadien vermessene Strecken ge-
60 kannt haben. — 4. Die Lage der Landschaften zu-
einander wird, wie bei einer Aufzahlung nach
dem Laufe der Küste natürlich, vielfach nicht
näher bestimmt, sondern von der Grenzstadt oder
dem Grenzflusse aus mit einfachem /tewd (seltener
ebfö: frg. 175* «* Herod. IV 17. 184Vgegeben:
frg. 56* ev de Xavdaxtj stdltg • p*** 9* Iltvxatot.
frg. „_ .. .
frg. 79. 83*; vgl. Herod- IV 18& tt. *. Skyl. 72
iura de Matätzag Stvdot SQvoz. Ert*0*ÖI. HIB 112
2693
Hekataios
Hekataios
at»*4
l
. 8tJ8 Betger fuxa *UXvQtkovt Nwnafoi: (Ephor.
i.) Pfc-Skymn. 473 paxh roi/t *A*a@v$vae p&v Satt
Ahwlla. Strab. VIII 1, 1. 12 in knapperen Auf-
zählungen; u. a. Doch wird die Grenznachbar-
schaft ausgedrückt auch mit e%so&cu (frg. 190*
Zxovxai <$' avxcöv Xoi, vgl. Herod. IV 168ff., wo
diese Form fast durchgeht; Skylax, wo sie sehr
häufig ist. Ephor. frg. 73 i%Oftevr} de tovrcov
Aivo; nöXtg) oder mit dpovgsTv (auch olxelv) und
nächst in aUereinfachster Form die Städte, Slüsse,
Gebirge, Meerbusen und Häfen aufgezählt wer-
den: Z. U. frg. 35* sv de 3 I£ia; nokts, &> de Ms-
vexivt] a6Xi$ (zur Form: Herod. I 145 "Qlsvos, iv
%&i IIsTgoe aozap6$); frg. 40* iv 6b Ad^xog no-
xau6$, sv Se Aautixtvot, Ebenso frg. 83*. 116*.
135*. 173*. 175*. 180*. 189*. 193*. 217*. <Steph.
Byz. s. Magcbveta*}. Einmal steht eine Ord-
nungszahl dabei, frg. 87* iv de jioXtg Xmgmvsia
Angabe der Himmelsrichtung: frg. 67* ^saagrj- 10 ra agtita. Steph. hat daraus seine genetivischen
ftiow Tigog ßogico olxeovm Xelidöviot; frg. 78*.
173*. 190* e? f,tbr xovzo f\ Bt%togixr\ ' ^ovxai ö'
avtwv Xoi . . . fi&XQ 1 f* EV tovxtov Xoi . . XoTai d 1
■oijLovgsovot Jigog iffoov ävia'/ovia AiCtjges; frg.
135*. 193*. 195*; vgl. Herod. IV 169 xovxwv dh
Ejovxai rthyd/xat vsjuofisvoi ro Jigog soiregtjv ^eo-
grjv fid%Qi xxk. 170 rtXtyafjLswv ds fjforrat to Ttgog
£o3zegr)g (man kann sich danach vorstellen, was
in den Lücken von frg. 190 gestanden hat); 173
Lemmata entwickelt: z. B. Xotgddsg ' nöhg Moa-
awoixoiv • C E. Evg(OJtf}i • . . . Moaavvotxoi . . . iv
de avxotoi Xotgddeg xofag. Bei der Küstenbe-
schreibung tritt wieder das einfache \xsxd ein:
frg. 75* fiexa de Bov&Qaixdg adlig, fiErä'ds'Qgt-
xbg Xifify; ebenso frg. 9*. 16*. 44*. 118*. 140*.
251*. 252*. 260* (Steph. Byz. s. XdXxr}*).
Daraus stammen Steph. Byz. 1 ^srafv-Lemmata;
z, B. frg. 219 Mvowrjoog nölig (azto^v Tio) xal
Naoapt&öi de .igoooftovQoi sioi Wvllor, Eratosth. 20 Asßidov. Den Beginn eines Abschnittes haben
TTIT3 CO ,v <MA R™™. A« H ort l/,V,n« Sü+^at, a l n A W i r UQCh frg. 83* jUSröt dk AoXQOl * SV dk Xd-
III B 63 p. 314 Berger. Aus solchen Sätzen sind
die vielen Lemmata mit ngoaex&s bei Steph. Byz.
entwickelt (frg. 57 ITsvxsxiavteg ' edvog xotg Olvm~
zgotg ngoas X ig- t frg. 62. 63. 64. 69. 73. 114. 166.
185. 188. 189. 192; deutlich frg. 114* olxmvmv
"Ifitpeeg, IlegQaißoi <r& Lemma 'I(A<pisTg • edvog ngoa-
sxk Toig neogatßoTg), von denen die genetivi-
schen Verbindungen zweier Volksnamen sorgfältig
xu trennen sind, weil sie politische oder ethnogra-
Xatov 7t6Xig 7 iv de Otäv&r} si6Xig\ vgl. frg. 99*
Xiog xax' 'Egv&gdg m iv de jzdXig Xiog. Diese
Foi-m leuchtet deutlich in Steph. Byz.' Umsetzung
durch: frg. 102 Aijpvog • vtfaog ngog xiji @güixt]i,
dvo JiöXeig ex ovaa > H<paiaxtav xal Mvgwav , dyg
'E. Ev. Die Aufzählung ist hier überall ganz
knapp und enthält nichts außer dem Namen und
dem charakterisierenden Beiwort, das meist nach-
phische Zugehörigkeit ausdrücken (frg. 69 Aßgot ■ 30 gestellt wird: Y£m? jtöXtg, Adfirjxog ^ noxa^idg,
sih'og , , TavXavuvoiv, Jigooexeg xoig XeXidoviotg ; 'Omvnr Xmnv Knnc AYr.vr). AtXvSatov axoa (irs.
frg. 185. 188 u. ö.). Diese Bezeichnung nach
■der Himmelsrichtung war besonders notwendig
überall da, wo der Autor von der Küste ins In-
land ging. Die einfachste Form ist hier, wenn
es sich nur um das unmittelbare Hinterland han-
delt, vjtig: frg. 44* (vgl. Herod. IV 175 ovxot
[ihr dt} xazvJteQ'&e oixsovai Naaaß(6vo?v , to de
jiagd. xr\v üdXaoaav xxX. IV 185 U. o.). Doch _ _
hat H. sich hier auch anderer Hilfsmittel zur 40 geblieben. — 6. Es ist wohl zweifellos, daß diese
'Qgtxog Xiptjv , ogog Aixvrj, AtXvßatov axga (frg.
46), Xittvr) Mdgig (Steph. Byz. s. Magcbveta), äv-
ftoamot 'Qxtat (frg. 175*); einmal nokig ITagt-
xdvri ovvopa (frg. 180*). Archaisch steif und bei
der sonstigen Knappheit doppelt auffällig ist die
jedesmalige Wiederholung der einleitenden Loka-
lisierungsfonnel iv de und der Epitheta TioXig
u. a.; von dieser Steifheit befreit ist aber die
einfache Aufzählung der Periegese eigentümlich
geographischen Bestimmung bedient, indem er
die Lage zu einem größeren Gebirge oder Flusse
angab: nach Kabessos kommt man vjiegßdvn
xov Aifiov (frg. 144* zum Ausdruck: Herod. I
104 vxegßrjvai ig rtjv Mtjdtxrjv, IV 18 dtaßdvxi
rov BoQvadevia.) ; Itone liegt vjio xbv Afyov (frg.
151) ; Krobyzen und Trizen wohnen ngog vöxav
dvifi-ov xov"laxgov (frg. 149. 150), an dem die
Stadt Xjgydfir} liegt (frg. 152), und über den die
allereinfachste Form der ziemlich öden Aufzäh-
lung in großen Partien der Tleglodog geherrscht
hat. Ziehen wir hinzu, was über die Behandlung
der Landschaften festgestellt ist, so können wir
uns die einzelnen Abschnitte und ihTe Verknüpfung
etwa nach Skyl. 14. 15 vorstellen: /hetcl di ttjv
Aevxaviav 'läjivyig eiatv edvog [lexgi 'QgiojvOg
ogovg xov iv zäJi xofoicoi %6>i 'Adgtai . jiagaitXovg
Tiagd xi)v 'Iaszvyiav ?£ tj/neocov xal Jrf vvxtibv.
Kenntnis nach JSorden nicht hinausgeht. FüröOe»' de 'Ianvyiat olxovatv "ElXriveg xal ndhig eloiv
die Küsten Völker und überhaupt in fortlaufender
Aufzählung waren derartige relative Bestim-
mungen nicht notwendig; sie finden sich in den
wörtlichen Fragmenten kaum je (nur 175* die
Opiai ^agd tov ' lvdov jtoxafidv) ; die meisten Lem-
mata, in denen die läge von Völkern und Städten
bestimmt wird nach Gebirgen (z. B. jiagä oder
MQi x6r"A&oy. frg. 121. 161. 162. 186). dxgai
und Ur&fioi (frg. 3. 6. 90. 325), Meeren (lonios
aide ■ 'HgdxXsiov 'Mexandvxtov Tdgag xal Xtfxrjv
'Ydgovg ixt x&i xov 'Adgiov . . oxdpiaxt. [Zavvi-
xat]. Mexa de 'Idxvyag coco 'ügioivog Sawtiat
edvog iozcv xzl. Verglichen werden mag gleich
noch Eratosth. y rea>yga<p. (Steph. Byz. s. Avg~
gdxtov): i%6fievoi d' oixovoi TavXdvziof noXtg de
'EXXqvig 'Esiidüfivog im x^QQOVi^oov xfjg xaXovpt£Yr}g
Avggayjov . izoxafioi de AgiXwv xal Aöiog , negl
ovg ol Kddftov xal 'Agftovtag zd<poi deixvvvzai.
xojjtog und 'Adgiag 59. 60. 61. 69 ; Hellespont 60 Für das, was hier über die einfache Aufzählung
136-138; Pontos 1CÖ. 195. 198. 199; Kaspisches
Meer 169. vgl. 171; üegaixog xdhnog frg. 182;
Aißvxog xöhtog 315), Flüssen (frg. 195. 316),
anderen Städten (205. 308. 310 u. ö.). sind wohl
meist erst von dem Lexikographen aus dem Zu-
sammenhang der Hekataiischen Aufzählung ent-
wickelt. — 5. Von jeder Landschaft wird dann die
chorographische Beschreibung gegeben, indem zn-
hinausgeht, werden wir sogleich die Parallelen
auch bei H. finden, denn allein herrschend ist
diese einfache Aufzählung nicht gewesen. Zu dem
Namen mit Epitheton tritt zunächst vielfach (wie
hier hei Skylax zn Tdgovg und bei Eratosth. zu
'Ejitdaprog) eine nähere geographische Bestimmung
der Lage: frg. 135* sv ö" avxoun xoXtg Xygod-
vtjoog ev r&t loöfuSt xov XeQOovifoov. Das gilt
zwo neKaiaios
besonders für die Inseln, deren Einordnung bei
der Kttstenfabrt immer gewisse Schwierigkeiten
macht: Skylax hat hier jedesmal die steife For-
mel, die bei Herodot mehrfach den Exkurs ab-
schließt, indvsipi 8h jzdltv int ztjv ijjietgov, o&sv
^EXQa7töfir}v. Die Lage der Insel bestimmt er
mit Angabe der Entfernung von einem Punkte
des Festlandes aus: xazä 6e TvQgtjviav xsTzai
vfjdog KvQvog (§ 6J ; xazä de 'Prjycov ioxt SixeXia
üejßrtaios
BÖWS
XdXxtg ff 3iq6t£qov Eßßoia xgooTjyQQv&ETo; denn
es ist mindestens nicht sicher, daß die folgende
Ableitung cbio K6fißr\g zfjg XaXxiSog xaXov/nevtfg
noch H. gehört. Daß dieser die mythischen
Gründer oder Namengeber genannt hat, und zwar
meist in der einfachen Art, daß der Stadtname
durch Homonymie mit dem Gründer erklärt wird,
ist aber sicher: frg. 72* "Ivaxog und "A&yog *Afi-
(päoxtxov von Amphilochos; 252* NayiSog nohs
vfjoog (vgl. ex. gr. Eratosth. HIB 112 p. 356 10«jro zov Ndytdog xvßegvnzov, 287* $dgog vom
Berger Neazaloi, xaty ovg $dgog vrjoog. Ps.- " r * J ~~ ™ — 1 — A ~ •■-*.-:* t i*™* tt
Scymn. 446 u. ö.). Ebenso H. frg. 99* Xwg xaz
'Egv&gdg (danach die Lemmata frg. 18. 22. Har-
pokr. s. KakavQsta. 97. 100. 102. 313. 315. Ge-
legentlich setzt Steph. Byz. einen Genetiv aus
dem Zusammenhang hinzu: frg. 25 AlMXr) vrjoog
TvQoyväv cc Skyl. 6 ; frg. 95 *EXevt), v. zrjg 'Ar-
Ttxijg coli. Scyl. 58 xazä 8h zrjv 'Arrixrjv ....
EXirt}, 98 KoQoml vf\aog ztfg 'Icoviag dvztxgv
7iQ(üQevg des Menelaos; Äristeid. II 482* Kano-
bos von seinem xvßsgvrjzijg (Skyl. 106 ex.); da-
nach sicher auch 'EXhetog frg. 288, wo die Ab-
leitung fehlt. Danach wahrscheinlich auch frg.
61. 80. 84. 85. 88. 139. 171. 241. 242. 250. Von
wirklicher Sicherheit ist aber nicht die Rede, wo
mehrere Ableitungen gegeben werden (frg. 99.
101), und überhaupt, wo die Ableitung hinter
dem Autornamen steht: das zeigt ein Blick auf
ZäfAov). Die Himmelsrichtung vom Festland aus; 20 frg. 87, wo die auf das wörtliche Zitat folgende
frg. 26; die Zugehörigkeit zu einer Inselgruppe: *v,i„:+ ^_a v„/ ^;„i™„i™ — a_-~.l-
frg. 139. — 7. An die Nennung einer Stadt werden
andere chorographische Angaben geknüpft ; frg. 44*
fiexä 8s Kazävt} TiöXig, vjikg 8k ögog Aitvt} • frg, 202*
im ds'AXaCiai tcöXi noTafiog'OÖQvorjg (knappe Schil-
derung seines Laufes von der Quelle bis zur Mün-
dung); 241* Sdvd-og nag rfi Edvüog ii-fyat sioza-
\i6g. Bei Skylax wird durchgängig hervorgehoben,
welche Städte .hellenisch* sind {nötig 'EXXrjvtg
Ableitung dsio Xalgawog vielmehr aus Aristo-
phanes belegt wird. H. kann sie auch gehabt
haben ; es ist aber nicht nachweisbar. Sicher aber
hat es außer den mythischen Etymologien auch
andere gegeben. Von einem historischen Namen
wird Phanagoreia (<Pavay6gov noXig Skyl. 72 u. a.)
abgeleitet frg. 164 + Arrian. b. Eust. Dion. 549
r)v sxziae <Pavayogag 6 Ttog tpevyoiv ttjv zwv Usq-
oeov vßgiv (vgl. zur Form Skyl. 67 Adzov, ndfag-
ist bei ihm und Eratosthenes die Form; H. hat SO e EXXt)vig, f}v djixios KaXXiazgatog'A^vaiog. Ephor.
den lebendigeren Genetiv). Das ist bei H. eben-
falls geschehen und nicht auf die hellenischen
beschränkt: frg. 116* iv <$' avxcöt 0%«?/ ndlig
EXX-qvcov &Q7\ixoiv (Salmasius und Moineke
streichen &etjixcov; aber vgl. Herod. IV ll"EX/.r)-
veg Sxv&at; anderes Stein zu I 72, vgl, Ca-
spari 246), iv 8e Xa?>datQr} jidXtg Qgtjixatv
(vergleicht man Skyl. 86 Moogvvolxoi edvog . .
Xotgdöeg ndXig 'EXXryvig mit frg. 193*, so ergibt
frg. 73. Ps.-Skymn. 441 a. 0.). Von geographi-
schen Namen frg. 60 KavXmol . , xixXyzat cbia
üQovg (vgl. Herod. IV 184). 213 Metyzog xdXnog
vom homonymen Flusse ; von Eigenheiten in der
Lebensweise frg. 154 die Melancblainoi. Ver-
gleicht man etwa noch Skyl. 22 "YXXot • ovzoi
öe (paaiv "YXXov zbv 'HgaxXsovg avzovg xazoixioai r
so wird wahrscheinlich, daß H. die epischen Ko-
lonisationssagen durchgängig berücksichtigt hat r
sich, daß die Exzerpte aus H. in dieser Beziehung 40 um den Ursprung der Völker und Städte anzu-
unvollständig sind), frg. 140* B6gv£a • jrdXtg IJsg-
aeoiv (am Pontos! Zu beachten ist der Unter-
schied im Ausdruck gegen frg. 175* iv ös rtfyog
ßaodytov;Ygl Herod. VIT 59). Danach sind zu be-
urteilen frg. 244 KoQv8aXXa ■ noXtg 'Poöioiv. Steph.
Byz. S. rdqyaQa * jtöXc; Tgoiddog , r/v AioXixrjv
dva/ud&t . . E. frg. 275 noltg <Poivtxm' zwv iv
ZvQiai. 311 xaXtg "Idavaiv iv Aißvrji &otvtxcov.
geben. Direkt erhalten hat sich davon fast nichts,
weil Spätere (besonders Ephoros) hier mehr gaben.
Aber in die llsgioSog gehört, was H. von der
früheren barbarischen Bevölkerung Griechenlands
zu sagen wußte: frg. 356 (= Strab. VII 7, 1),
dessen Ausdehnung leider unsicher ist. Auch
die Fjrzählung von Pelasgern in Attika (Herod.
VI 137 'E. , . iv zolot Xdyoiot, vgl. E. Meyer
(SteplL Byz. s. XdXxij). Ein Lemma wie frg. Forsch. I lOf. 20f. 114f.) weise ich unter Ver-
225 MtXijzog • uidltg im(pavi}g iv Kagiat tojv 'Ia>- 50 gleich von frg. 89 cw Herod. V 57 der U^iodog
vr . iV avwaic*: cV^ Annix V/M^i^*!, «,;+ ov„i an zu _ jy^ turze Erwähnung auch der lydischen,
phönizischen, ägyptischen Kolonisten unter Füh-
rung des Pelops, Kadmos, Danaos ist wahrschein-
lich, während die Stammbäume (z. B. Herod. VI
53—55, s. § 21) natürlich den FeveaXoyiai vor-
behalten blieben. Über die einfache Nennung von
Eponymen hinaus geht jedenfalls frg. 47 Mozvtj *
uiöXig £ixeliag cLro Mozvrjg yvvatxog jttijvvadofjg
'HQaxXel xovg iXdaavzag xovg avzov ßovg • C E.
vcüv erweist sich durch Vergleich mit Skyl. 99
fj.ezd öi Avölav Kagla . . xai TioÄEtg iv avzijt
EXXrjvlöeg . . . MiXrjzog als direkt aus H. über-
nommen; nur der sachliche Zusatz hwpavqg (fie-
ytatrj, pf-ydXt)) bleibt seiner Herkunft nach hier
wie frg. 45. 101. 225. 261. 262 fraglich: denn
frg. 99* (das freilich unvollständig ist) hat ein-
fach Xio; gegenüber dem Lemma ^ i^KpaveardTt}
vfjoog zöjv 'Igovcdv. Sonst aber fehlt es nicht an
sachlichen Angaben, die über das chorographisch 60 EvQwxrjt. Das ist eine kurze Erzählung ätio-
Notwendige hinausgehen. So hat H. offenbar logischer Natur aus der Heraklessage, tfie wir
ein besonderes Interesse für die Namen, ihre Her-
kunft und etwaigen Veränderungen gehabt und
sie mehr oder weniger ausführlich erklärt. Ganz
knapp wird frg. 260* /«t« 8h $ xdXai Acägog,
vvv Ss AcöQa xaXeizat einfach die Tatsache kon-
statiert (vgL Skyl. 84 avzt} rj ndXtg zo siqiv xaVEni-
Xsvxddtot &roftd£ovTo). Ebenso scheinbar frg. 105*
trotz des Widerspruchs gegen die revsaXoyiat
dem H. nicht absprechen dürfen (s. § 19, vgl.
frg. 48 [Heraklessage] und 95 [troischer Kreis]).
Auch Eratosthenes hat sich, weil er in der Be-
schreibung des Polandes der mit jener Gegend
verknüpften Phaethonsagen gedachte, den Vorwurf
ovdsvog ajie%exai (iv&m&ove (p. 356fF. Borger) zu-
mvi
axKK*mw9
gesogen; tmd Skyl. 18 notiert Kpdtcov Aaxt-
rtop . . ri}<foc EaXvytoSg, ir ?jt 'Ofawotiti &uut
jtaea Kulvipot. Der Passus zeigt, daß solche
Hinweise und Ableitungen aus der mythischen
Geschichte ohne ausführliche Erzählung inner-
halb der Aufzählung gegeben werden konnten.
Ob das auch für 212 {Afta^dvtov , alter Name
von Kvprf) und 89 (rstpvgaioi o* TavayQatoi)
möglich war, muß dahingestellt bleiben; vermut-
lich war hier doch erzählt, was Herod. V 57.
61, 2 von den rs(pve aZoL berichtet (s. § 6). Nicht
mehr möglich erscheint es für frg. 207 ^ über
Latmos als alten Namen von 'IlQdxXeia f) vsio
AdzfAfot: man kann (trotz 'des Ausdruckes qtieq
"E. fxhv ifitpaivst) darin nicht etwa einen Schluß
sehen, den Strabons Quelle daraus machte, daß
H. die Stadt mit dem alten Namen Latmos, das
anliegende Gebirge mit dem Homerischen Namen
4>&£iqü)v ögog aufführte. Vielmehr ist mindestens
eines — und dies ist das Wesentliche — sicher,
daß H. den Latmos mit dem vjzo zov jzoitjzov
(IL Et 868) <P&siqmv oget Xeyofievtoi identifizierte.
Hier bietet Skylax keine Parallele (wohl aber
ex. gr. Thukyd. VI 2,1 im ethnographischen
Exkurs über Sizilien). Begreiflicherweise; denn
hier zeigt sich deutlich der wissenschaftliche
Charakter der üegtoSog. Es ist doch interessant
und wirft ein helles Licht auf die Entstehung
der Geographie als Wissenschaft, daß sie
schon in ihrem ersten Vertreter jenen charakte-
ristischen Zug aufweist, durch dessen überstarke
Betonung die nicht rein praktischen Zwecken
dienenden geographischen Werke in hellenisti-
scher Zeit ilrre so seltsam philologische Physio-
gnomie bekamen. Ebenso wie in frg. 227 ist
der Wunsch, die Homerischen Orte aufzufinden
und die Geographie des Epos mit der der Wirk-
lichkeit in Einklang zu bringen, frg. 200 (Strab.
XII 3, 25 -f- Eustath. IL II 852): H. las H 852
i£ 'Evetijg und erklärte dieses offenbar für den
alten Namen von Amisos (wohl vor der grie-
chischen Besiedelung). Zweifelhaft ist es frg. 202,
ob bereits H. sich mit dem Problem von IL U 857
beschäftigt hat oder ob erst der Skepsier Deme-
trios das Homerische "AXvßri in der von H. ge-
nannten, später verödeten Stadt 'AXa&a wieder-
fand. Auch frg. 348 schaltet man hier wohl
besser aus, zumal es vermutlich aus den rsvea-
Xoyiat stammt. Anderes, was auf Anknüpfung
an Homerische Geographie zu deuten scheint,
hat Klausen 19 (vgl. auch Diels 442) zusam-
mengestellt. Danach ist denkbar, daß H. auch
Ephyra als alten Namen Korinths genannt hat
(trg. 90). — 8. Alles dieses mag man schließlich
als Zutaten innerhalb der Aufzählung ansehen,
die in kürzester Form (relativisch wie frg. 105*;
präpositional 252*; selbständiger Zwischensatz
260*) an die geographischen Namen angeschlossen
wurden. Aber das ist nicht alles. Die einfache
Aufzählung der i&vrf , ihre Grenzen und Städte
ist zweifellos unterbrochen worden durch Schil-
derungen, die sich bezogen: 1. auf die Natur des
betreffenden Landes; 2. auf die rdjwot seiner Be-
wohner. Der direkten Fragmente sind ja gewiß
wenige (bezeichnenderweise stammt kaum eines
von ihnen aus Steph. Byz.); aber sie genügen
vollkommen, um die Tatsache selbst zu sichern.
60 zu 1): frg. 58* über die Fruchtbarkeit des
Polandes, das man zu Unrecht dem H. immer
wieder abspricht; frg. 172*. 178* über Boden-
gestaltung und Flora am Kaspischen Meere und
bei den Chorasmiern (im Ton völlig analog die
oben dem H. zugewiesene Einlage über Medien,
Herod. I 110. Doch muß die indirekte Über-
lieferung hier noch ferngehalten werden); frg.
174* die Flora am Indus. Zu vergleichen sind
ex. gr, die Schilderungen aus dem Reisebericht
10 des älteren Skylax über Indien (Athen. II 70B C).
Besondere Aufmerksamkeit scheint H. dabei dem
Flußsystem des betreffenden Landes gewidmet zu
haben (frg. 70- -72); er hat für die Beschreibung
des Flußlaufes eine ganz feste Form entwickelt
(frg. 202), die bei Herodot — zum Teil eben aus
H. — I 6. 180. 189. 202. II 33 u. ö\ wieder-
kehrt. Für Schilderung der vdftoc beweist vor
allem frg. 123* über die Paionen, ihre Getränke
und das Salben eXaicoi ästö ydXaxzog; Kleidung
20 der Bewohner von Tcfony (frg. 189*), der Kissiej
(Harpokr. s. xvnaootg*), der Frauen eines unbe-
kannten Volkes (frg. 329*), vielleicht der Libur-
ner (frg. 61). Wie diese Dinge eingefügt waren,
zeigt ein Vergleich von frg. 190 mit Hcrodots
Aißvxd. — 9) Solche Schilderungen kontrastieren
stark mit den trockenen Aufzählungen, wie wir sie
oben konstatierten. Hier kommen wir an die Stelle,
wo unsere Vorstellung von dem Werke zu ver-
schwimmen beginnt. Wir vermögen mit Sicher-
30heit nicht zu sagen, ob von allen genannten
Völkern solche Schilderungen gegeben waren;
noch weniger, ob überall mit der gleichen
Ausführlichkeit. Wahrscheinlich ist das letztere
allerdings nicht. Ich will mich hier nicht auf
Skylax berufen , obwohl die in seinem Periplus
vorhandene Ungleichmäßigkeit, das Schwanken
zwischen extremer Brachylogie und ausführlichster
Schilderung durch alle Stadien hindurch ganz
gewiß nicht allein oder auch nur hauptsächlich
40 Schuld der Überlieferung ist. Ich will auch keine
allgemeinen Erwägungen anstellen : daß eine solche
Ungleichmäßigkeit in jenen schriftstellerisch noch
ungewandten Zeiten nichts irgendwie Verwunder-
liches wäre, hat Diels 428 unter Vergleich mit
Herodot betont ; und es liegt im Wesen dieser
Gattung, die nicht aus schriftstellerischem, son-
dern aus wissenschaftlichem Bedürfnis geboren
ist, daß der AutoT ohne ßücksicht auf äußere
Gleichmäßigkeit das gibt, was er von jedem
50 Lande weiß. Das Wesentliche ist die Feststellung
des Faktums selbst; und an dem läßt sich nicht
zweifeln. Der knappen, abeT vollständigen Schil-
derang des Kaspischen Meeres (frg. 172*) oder
Mediens <Herod. I 110) steht die sehr ausführ-
liche Behandlung der <pvotg xdtQ^g von Ägypten
gegenüber. Gewiß ist H. viel knapper in Wor-
ten gewesen als Herodot; auch die Polemik ver-
breitert bei diesem die Darstellung; aber daß er
bei H. eine ausführliche Beschreibung Ägyptens
60 vorfand, leidet keinen Zweifel. Denn direkt sind
uns hier die bis ins einzelne gehenden Schilde-
rungen der Fauna (frg. 292—294) bezeugt; die
vdfioi ebenfalls (frg. 289. 290); eine ungewöhn-
lich starke Berücksichtigung der hellenischen
Sagengeschichte (§ 6) ; Erwähnung von Tempeln
und thtviidöia (frg. 277*. 284*. 318*); Reise-
erinnerungen und Erlebnisse persönlichen Cha-
rakters (frg. 276). Man braucht wohl nicht so
xLe&awuuH
jiesat&ios
ÜTW
vorsichtig zu sprechen wie Di eis 429; die Un*
gleichmäßigkeit war wirklich vorhanden. Als
stärkste Gegensätze mag man die Schilderung
Ägyptens und den Katalog (frg. 37) der Städte
xüv OivahQfov iv /uscoysiat betrachten, wobei
übrigens gegen Skylax ein charakteristischer
unterschied festzustellen ist: H., der sich bemüht,
ein Vollbild des geographischen Wissens zu geben,
zählt auch die Städte des Binnenlandes nament-
faHig wie in dem letzten Teile; aber sie ist nichts-*
destoweniger vorhanden. Die Uegtodog hatte,
wenn man schon vergleichen will, weit mehr Ahn-,
lichkeit mit Skylax' nsQtJiXovg als mit Herodots;
larogtat. Die Entwicklungslinie, an deren An-
fang sie steht, läuft über eine Reihe ähnlicher
Werke saec. V, über Eudoxos, Dikaiarchos und
die ganz selbständigen geographischen Bücher de*
Ephoros zu Eratosthenes r&ojyQa<povfiEva und von
lieh aal; Skylax, der nur einen IIsqmXovs schreibt, 10 da weiter zu Strabon. Wer Anfang und Ende
beeHÜfft Sich, die FiYlstenz solcher K+ärH-A im voto-Tai/iM -oÄ-eA (ranint TTiiJ-fl™nV,i n ^/, ™ ~:«„-.i
begnügt sich, die Existenz solcher Städte im
Binnenlande zu konstatieren (c. 35. 36. §6 u. ö.).
Besonders deutlich tritt der Unterschied zwischen
Periplus und Periegese auch in der Schilderung
Libyens hervor (s. § 16). Diese Verschiedenheit
ist zu berücksichtigen, wenn man aus Skylax ab-
nehmen will, welche Möglichkeiten für die ein-
zelnen Abschnitte denkbar sind: die nackte Auf-
zählung der Pontosvölker c. 70ff.; die italisch-
vergleicht, wird genug Unterschiede im einzelnen
finden ; <3ie wissenschaftliche Bedeutung der ein-
zelnen Glieder der Kette (insbesondere das Ver-
hältnis des geographischen zum chorographischen
Teile) ist recht verschieden. Aber die Grundform
bleibt konstant; und ebenso der Zweck, ein Voll-
bild des jedesmaligen Wissens von der Olxovfisvr}
zu geben ohne die Absicht unmittelbar praktischer
Verwendung. Herodot steht nicht in dieser Reihe.
__ — -— ™~'"«™* -"■ -v"«» «v »»"™" lui.i^uuuiig. licimiui nuciiL ijiijiiu in umsei xteme.
adriatischen Küsten mit den verstreuten Notizen 20 Sein Zweck ist ein anderer; und damit ist eine
über Mythisches (13. 22), Sprachliches (15), Kultus völlig verschiedene Form gegeben.
(16) und vößot (21), Historisches (18); die sehr
ausführliche, (pvaig zrjg x^Q^s, Flora, vöfioi be-
rücksichtigende Schilderung Libyens. Wieweit
bei H. die einzelnen Abschnitte sieh der einen
oder der anderen Form näherten, läßt sich schwer
sagen. Es scheint aber doch, als ob die Extreme
selten gewesen sind, und als ob wir eine durch-
gehende Grundform annehmen dürfen, die wir
§ 9. Ehe wir zusammensteilen, was wir von
dem Hekataiischen Weltbilde noch wissen können,
müssen wir uns die Schicksale klar machen, die
das Werk im Laufe der Zeit gehabt hat. Nur
so ist es möglich, das erhaltene Material richtig
zu verwerten, die bei den neuesten Bearbeitern
so unerfreulich starken Mißgriffe in seiner Beur-
teilung zu vermeiden. Werke wie die JJegioöog
uns am besten nach Herodot. IV 168ff„ daneben 30 sind an und für sich bestimmt, durch die be-
nach V 49 (die Ähnlichkeit beider Partien in
der Form ist evident) vorstellen dürfen: Name
des Volkes, Angabe seiner Grenzen mit Beziehung
auf die Nachbarvölker; Aufzählung der Städte
(mit Angabe der meist eponymen Gründer, Ab-
leitung des Namens, Nationalität der Bewohner),
Flüsse (mit Angabe des Laufes von der Quelle
bis zur Mündung), Seen, Gebirge usi, eine knappe
Skizze der <pvoig jjoüo^? und der vdfioi xmv ab-
ständige Erweiterung der Kenntnisse und die
Verbesserung (oder auch nur Änderung) der Grund-
anschauungen und Methoden in ihrer absoluten
Bedeutung verdrängt zu werden; vielleicht um-
so schneller, je bedeutender sie sind und je an-
regender sie wirken. Die Jlsgladog, deren ur-
sprüngliche Bedeutung Heraklit und Herodot direkt
und indirekt bezeugen, war nun im saec. V un-
zweifelhaft das geographische Hauptbuch. Als
vgeoncov. Eingestreut kürzere oder längere Ex- 40 solches ist es von Aischylos, dem Autor liegt
kurse über die hier lokalisierten hellenischen
Sagen. Man wird danach verstehen, daß die an-
tiken Stilurteile (§ 22) sich durchgängig nur auf
die revealoytai beziehen. Die Üsgiodog bot zut
Entfaltung schriftstellericher Fähigkeit keine Ge-
legenheit. Der geringe Umfang der Periegese
von ganz Libyen bei Herodot, obwohl hier doch
sehr unbedeutende Stämme verzeichnet sind ; das
Fehlen historischer Erzählung selbst in dem aus-
dsQfov, Herodot, Hellanikos, Damastes (der zä
TzhXoxQ. ek xtöv Exazaiov fiexayoäifag TTzgtnXovv
eygaipsv, Agathem. ge. inf. I 1) einerseits einfach
aufs stärkste ausgebeutet oder als Ausgangspunkt
der weiteren Arbeit benutzt, andererseits aber zum
Hauptzielpunkt der Polemik gegen das ionische
Weltbild gemacht. Dadurch verändert sich seine
Stellung schon im saec. IV. Dem Theopomp
(Strab. I 2, 35) war die üsgiobog offenbar nicht
tuhrlichsten der Aoyot, der I7sQt^yr}otg Aiyvji- 50 modern genug, zu knapp und sachlich: er nennt
t/141 • SliSk Tft + nrt aIij-l A t\ fl HJ^—^J^i- i n 'L _._! Z ~ r,l_ TT __ * . 1. j. * 1 i f* ., 1 * ■* j l tm
zov; die Tatsache, daß Herodot teils polemisch,
teils auf andere Weise die übernommenen Stücke
stark verbreitert — dies alles genügt, die Nichtig-
keit des im Echtheitstreite erhobenen Einwandes
zu erweisen, daß bei der vorauszusetzenden aus-
führlichen Behandlung Ägyptens zwei Bücher für
die ganze Periodos nicht ausgereicht hätten.
Doch ist der Hinweis vielleicht nicht unnütz, dafj
auch Ephoros die Beschreibung der Oixwpevti
H. nicht in der Aufzählung der Autoren, die er
übertreffen will. Aber auch Ephoros und Aristo-
teles haben vielleicht nicht mehr das alte Buch
benutzt, sondern die modernisierenden Bearbei-
tungen durch Hellanikos, Damastes (den ja auch
Eratosthenes stark heranzog), Ktesias. Doch be-
darf dieser Punkt noch näherer Untersuchung
(Bolchert Arißtot. Erdk. usw. 1908 hat das alles
nicht beachtet), wobei das Fehlen von H.-Zitaten
in zwei Büchern geben konnte, und daß Erat*- 60 bei Aristoteles kaum ins Gewicht fällt. Er zitiert
sthenes für die chnrnoranhisphp Rrtlärnnof epinoT i* fi>ioTliaTiTi+ oaU-an TKiwvk/i»+ii A k ^«j ^ nn « «.«o^
sthenes für die chirographische Erklärung seiner
Karte nicht einmal ganz zwei Bücher gebraucht hat.
Darum sei noch einmal konstatiert, wie falsch
es ist, auch nur in den ersten 4—5 Büchern
Herodots eine Art von erweitertem H. zu sehen.
Die Verschiedenheit des erzählenden und de»
deskriptiven ytvog ist hier infolge der großen
deskriptiven Exkurse vielleicht nicht so augen-
ja überhaupt selten namentlich (und dann meist
polemisch; und macht für Herodot nur deshalb
eine Ausnahme, weil er der bekanntere Autor ist.
Daraus erklärt sich auch, daß er die Beschrei-
bungen ägyptischer Tiere nicht aus H., sondern
ans Herodot nimmt (vgl. Diels 430ff.). Jedenfalls
wurde im Laufe saec IV, nachdem die Kugel-
gestalt der Erde erkannt und die Zonenlehre an?
WfVl
neKataios
raejtaiiuuis
»#V»
genommen war, das Weltbild und die alte iomscb* Daß aber aus diesen 200—300 Namen ein wirfc
Karte durch die Arbeiten des Eudoxos und Dikai- liches Bild des Inhalts der ITegiodos sich ge^
arch in den Hintergrund geschoben ; die UeqioÖoe winnen lasse, wird niemand glauben. Der In-
verschwand damals wohl mehr und mehr aus den halt ist eben in die geographischen Schriften
Händen auch des gelehrten Publikums, sodaß es der Späteren aufgegangen. Auch was die Quellen-
erklärlich erscheint, daß wenigstens der zweite kritik an sicherem Material uns zurückgibt, ist
Teil nur in einem Exemplar und noch dazu unter — selbst wenn die Nachwirkung schon vollständig
falschem Namen in die alexandrinische Bibliothek verfolgt wäre, was nicht geschehen ist, und was ich
kam. Als dann Eratosthenes die Geschichte der hier nicht tun kann — viel zu wenig, als daß es das
Geographie schrieb und dabei des H. mit ent- 10 Bild sehr viel voller machen könnte. Ferner ist es
schiedener Anerkennung gedachte — er nannte — von der selbstverständlichen Tatsache abgesehen,
seine Ausarbeitung des Änaximandreisehen Pinax daß H. im allgemeinen dem Laufe der Küsten erst
.bewundernswürdig' (Agathem. ge. inf. II)—, Europas, dann Asiens und Afrikas folgt — ganz
wurde zwar die Aufmerksamkeit wieder auf dieses ausgeschlossen , die Disposition der Üegloöog z.
älteste Dokument der griechischen Geographie ge- B. in der Besprechung Griechenlands, Kleinasiens
lenkt; auch zeigt Eratosthenes 1 eigener Karten- oder des inneren Asiens wiederzugewinnen. Daß
entwurf überall da, wo die astronomischen Orts- wir hier auch nicht raten dürfen, zeigt die kom-
bestimmungen nicht ausreichten, ganz besonders plizierte Art, in der Herodot. IV 37ff. ein Bild
in der Legung der Meridiane (s. z. B. § 13) die der Völker Asiens gibt. Viel besser stehen wir
Nachwirkung von H.s Karte. Aber gerade durch 20 dagegen für den »geographischen' Teil der Pe-
das Erscheinen der remyQatpovfiEva hört doch die nodos. Auf eine Nachzeichnung seiner Karte
direkte Verwendung der TTegiodog als eine Quelle wird man freilich verzichten müssen (Versuche
geographischer Kenntnisse endgültig auf. Das bei Klausen undForbiger 50. Sieglins als
Buch hat seine absolute Bedeutung eingebüßt. Manuskript gedruckte Rekonstruktion ist mir un-
Die wissenschaftliche Geographie arbeitet jetzt bekannt. Mit Recht skeptisch Berger 2 11 Off.).
mit ganz anderen Mitteln ; und für die seit Poly- Wir haben gar keine Vorstellung davon, in wel-
bios' Zeit immer mächtiger werdende chorogra- eher Richtung er die Küsten laufen ließ. Was
phische Richtung gilt das Wort : toi'? fiev äo^cuoi^ wir von Himmelsrichtungen bei ihm kennen (ex.
iäv. zovs ftexdvovs eUyyovzag Qex&Ceiv AtxaL- gr. östlicher Lauf des Indus), mahnt zur äußer-
clqxov xe xal 'EQaxoodevtj , '. nal ITvümv (Polyb. bei 30 sten Vorsicht. Bei dem Mangel astronomischer
Strab. LI 4, 1). Wenn Agatharenides (de mar. Ortsbestimmungen muß die Karte in einer Weise
rubr. 64) als besten Kenner des Ostens neben einem von der Wirklichkeit abgewichen sein , die wir
Autor saec. III den H. nennt (Analog Variante. nicht mehr ahnen können. Dafür geben die aus-
Zu zweifeln ist an 'Ex. kaum; keinesfalls ist der führliche Polemik Herodots (besonders IV 36ff.)
Abderite gemeint), so werden wir darin doch wohl und die Zeugnisse aus den späteren Geschichten
nurmehr eine historische Anerkennung sehen der Geographie zusammen mit einzelnen Frag-
dürfen. Wirklichem Interesse begegnet die ITe- menten doch ein ziemlich vollständiges Bild von
Qiodos jetzt bei den Philologen. Die Bearbeiter den allgemeinen Grundlagen des Hekataiischen
der Homerischen Geographie, Demetrios der Weltbildes. Mit ihm ist zu beginnen.
Skepsier (frg. 202) und Apollodoros (frg. 200; 40 §10. Daß dieses Weltbild besonders originale Züge
mehr ist aus Strabon zu gewinnen), finden bei nicht aufweist, wurde schon bemerkt. Es scheint
H. alte Namen und einen älteren, dem Homeri- im wesentlichen wirklich nicht das alleinige Eigen-
selten näherstehenden Zustand, als bei den Geo- tum des H., sondern das der "latves, der ioni-
graphen der Alexanderzeit Manche Probleme sehen Physiker zu sein, unter welchem Sammel-
scheinen mit Hilfe von H.s Angaben namentlich natnen Herodot gegen H. polemisiert. Wenn er
über Kleinasien und die Pontosküsten lösbar. Nur dabei mehrfach den Vorwurf erhebt, daß dieser
in Partien, die der .philologischen Geographie' Dichtererfindungen leichtgläubig hingenommen
angehören, erscheint H.s Name bei Strabon; und habe (II 23. III 115). so ist der Ausdruck ab-
------- --~-.~ ~~ . .,,,., ..!,!•-. i ..ii. ._i. _*.___ j Yiei__
Gegensatz
die betreffenden Gegenden schon in der nächsten zu dem konstruktiven Geiste der Philosophie, die
Generation den Griechen verschlossen wurden (so ein ganzes Weltbild geben wollte und daher der
besonders Spanien und Nordafrika) oder weil Hypothesen nicht entbehren konnte. Daß sie
starke politische Änderungen das ethnographische dabei einzelne dichterische Namen verwendet (Qxe-
Bild des Landes ändern (Unteritalien oder Italien avos u. ä.) — denn um mehr handelt es sich nicht,
überhaupt; Sizilien), — dieser Tatsache verdanken da von einem eigentlichen Weltbilde des Epos
wir den weitaus größten Teil unserer Fragmente. gar keine Rede sein kann — ist eine nebensäch-
Es ist auffallend, wieviele Namen von Steph. liehe Äußerlichkeit. Das von der Philosophie ent-
Byz/ Autoren nur aus H. belegt und auch uns 60 worfene, von H. angenommene Bild zeigt eine
nur aus seinen Fragmenten bekannt sind. offenbar beabsichtigte mathematische Schemati-
Das Resultat der , Textgeschichte' ist darnach sierung (über das Streben nach Symmetrie in den
folgendes: Was wir von H.s Chorographie , die alten Karten Ptolem. ge. VIII 1, 2f.). Die Erde
doch den Hauptwert des Buches, als es erschien, - denn von der Oixov^svrj darf man hieT noch
ausmachte, besitzen, sind ganz wesentlich Namen. nicht sprechen (Bolchert in Sieglins Quellen u.
Gelegentlich ein paar umgebende Worte, die uns Forschungen XV 1908, lf.) — ist eine kreisrunde,
erlaubten , die äußere Form uns wenigstens bis rings vom Okeanos umflossene Scheibe : aakaoi
zu einem gewissen Grade zu vergegenwärtigen. bis auf Demokrit bei Agathem. ge. inf. 1 2. Schol.
XLeKHUUUS
Z'fUft
Dionj-a. perieg. p. 428 a 7ff.; dazu Herodot. II
■21. IV 8. 36 (Aristot. meteor. II 5 p. 362 a 12).
Daß er den Okeanos für einen Fluß hielt, geht
aus Herodot. II 23 zur Evidenz hervor (Klau-
sen schloß es aus frg. 347, wo das Mittelmeer
ftsydXtj $aXäo<rq heißt. Dagegen Tropea 1441:
aber dg xqv rjfiexeQav &dXao<mv frg. 339 sind
Worte des Scholiasten. Daraus darf man nicht
auf eine s^eo üälaooa des H. schließen). Aus
dieser Annahme erklärt sich am einfachsten,
daß er das Kaspische Meer wahrscheinlich für
einen Binnensee gehalten hat (Herodot. I 203f.).
Denn daß er tatsächliche Kenntnis von dessen
Binnen Charakter hatte, ist recht unwahrschein-
lich. Ob er Delphi noch für den Mittelpunkt
der Erdseheibe hielt, wie man nach Agathem. ge.
inf. I 2 annehmen müßte , erscheint doch zweifel-
haft. Kießling Geogr. Ztschr. XII 1906, 23, 1
meint, dieser habe für H.s Karte etwa in Byzanz
gelegen. Schwer glaublich. Ich vermute wegen
Herod. I 142 nebst Parallelstellen , daß er viel-
mehr Ionien für den Mittelpunkt hielt. Für die
Existenz eines die Erde umfließenden Ozeans
wurde natürlich der Beweis angetreten: im We-
sten bewies ihn der Augenschein und Nachrichten,
die er in Spanien oder Massalia erhielt ; für den
Süden die auch von Herod. IV 42 (bis auf eine
Einzelheit) anerkannte Tatsache der Umschiffbar-
keit Libyens, Im Osten beruht die Annahme
auf Vermutung, da jenseits des Indus die JgiftuA?
dta ttjv yiäfiftov jedes weitere Vordringen aus-
schließt. Merkwürdigerweise polemisiert Herodot
hier nicht, während er die schärfsten Angriffe
(III 115. IV 45) gegen den nördlichen Ozean
richtet, weil die Umschiffbarkeit Europas nicht
nachgewiesen sei H. stützte sich hier vermut-
lich auf Nachrichten, die auf dem Wege des
Zinn- und Bernsteinhandels übermittelt waren
(Herod. III 115).
Die kreisrunde Erdscheibe hat H. dann in
zwei gleiche Hälften zerlegt, EvQamT] und 'Aotrj
(Herod. IV 36 verbindet beides ganz eng). Das
geschah wohl durch eine Wasserlinie, die von
den Säulen des Herakles bis zur Maiotis ging
und sich durch den Phasis (?) bis zum Ozean
fortsetzte. Höchstwahrscheinlich galten ihm diese
Hälften als Nord- und Südhälfte. Die Südhälfte
zerfiel in zwei Quadranten durch den Unterlauf
des Nil, der eaxt xaxä xovrov xov Xöyov 6 xqv
"Aai-qr ovqi£(öv zrji Aißvtjt (Herod. II 16. Der
Satz wirkt wie ein wörtliches Zitat). Wieder
wird für den Norden ein Analogieschluß ge-
macht: der Istros ghi /ueoyv o/JC^r tty Evqco-
7tt)v (Herod. II 33f.). Von der" Donaumundung
läuft eine meridionale Linie über Sinope am Pon-
tos, Kilikien, Kypros, Ägypten bezw. Nilmündung.
Auch hier tritt ein Fluß ein, sodaß der Meri-
dian nur über eine kleine Landstrecke läuft : der
Halys ajiotäftvBt o%edov zidvxa zrjg 'Aot'rjg kxX.
(Herod. I 72 ; vgl. § 14). Mathematische Figuren
gibt auch die weitere Teilung : Asien wird durch
eine meridionale Linie in Ost- und Westasien,
dieses weiter in zwei geradlinig (?) begrenzte anrät,
jenes in eine Reihe von Rechtecken zerlegt (§ 14).
Libyen zerfällt in rechteckige Streifen ; diese wie-
der in Quadrate (g 16).
H. hat drei ErdteUe angenommen: EvQtbnr),
'Aofy, Aißvrj. Die Einwände, die dagegen er-
hoben sind, beruhen einmal auf der Verwechs-
lung der Erdteilnng mit der rein bibliographi-
schen Teilung des Werkes in zwei Evgckttjg und
'Aaivjg Ue@£o$os überschriebene Bücher. Diese
spätere Teilung beweist natürlich nichts; H. hatte
selbst seine einheitliche ITsgiodos in eine Anzahl
Xöyot, zerlegt; das zeigen die Teiltitel. Sodann
aber auf einer gewissen Unklarheit zwar nicht
der Erdteilung, wohl aber der Terminologie i 'Agitj
10 ist einmal Name des Erdteiles; zweitens aber
a parte potiori auch der ganzen südlichen Erd-
hälfte (so beim Autor IIsqI asQtov und überhaupt
in dem vulgaten Gegensatze Asien c* Europa,
z. B. Herod. II 4 und besonders deutlich IV 36
coli. 42). Analog ist die doppelte Bedeutung von
Aißvr) selbst (1. Erdteil, 2. Sitze der Libyer),
vermutlich auch die von ßgainr} und Sxv&ikt}
(§ 12). Die Teilung in drei Erdteile bezeichnet
Herodot. II 16 ausdrücklich als Ansicht der "Iwvsg
20 und bekämpft sie hier und IV 42. mit Recht in-
sofern, als das Delta bei dieser Dreiteilung tat-
sächlich eine Sonderstellung erhielt: es gehörte
im Grunde weder zu Asien (obwohl H. es dazu
gerechnet zu haben scheint) noch zu Libyen, hätte
also, wie Herodot sagt, als .vierter Erdteil' ge-
rechnet werden müssen. Dieser Kritik hat Skyl.
106 Rechnung getragen: zo de Kavamixbv ord^a
ÖQcCet 'Aolav xai Aißvtjv mit wörtlichem Anklang
an den von Herod. II 16 zitierten Satz des H.,
30 aber mit Veränderung des darin von Herodot ge-
fundenen Anstoßes. Überhaupt aber erkennt He-
rodot das Prinzip des H. nicht an (s. besonders
IV 45), der zu denen gehörte, die die Erdteile
xotg nozafiolg ötatQslv strebten, zöii te NsiXcot xai
r<Si Tavdiöt, vyoovg a7io<paivovzsg (Eratosth. bei
Strab. I 4, 7). Dieses Prinzip hängt, wie Berg er
Die geogr. Fragm, d. Eratosth. 165 (der aber
gerade H. übersieht) erkannte, mit der Herlei-
tung der Grenzflüsse aus dem Ozean zusammen.
40 Dies tat H. faktisch für Nil und Phasis : frg. 339
= Schol. Apoll. Rhod. IV 259 ist vollkommen
klar. Frg. 187 ^ ebd. IV 284, wo der Text in
jedem Falle korrumpiert ist (der Ausweg von
Klausen zu frg. 187, Berget 45, 4 u, a.,
daß Landtransport und Flußfahrt der Argo zu-
sammen gemeint seien, ist unmöglich), ist dar-
nach wie auch immer zu korrigieren (s. auch E.
Schwartz Quaest. lonicae 1891, 6ff.). Für den
Nil wird frg. 339 durch Herod. II 21. 23 be-
50 »tätigt, dessen Polemik sich gegen H. richtet.
Dieser hielt die Herkunft des Nils aus dem Ozean
für bewiesen durch den Reisebericht des Massa-
lioten Euthymenes (§ 7) und hat darnach für den
Phasis vermutlich wieder einen Analogieschluß
gemacht.
Darnach müssen wir auch die Frage entschei-
den, welche Flüsse nach H, die Grenzen der Erd-
teile bildeten: es sind Nil und Phasis. Wie sie
frg. 339 beide aus dem Ozean abgeleitet werden.
60 so heißt es Herod. IV 45 ovo' %<y ovftßedda&m
ijf oxev fxtfjt iovorjt yrjt ovvofiaxa XQupaoia xtixat
ijMowfiia; Eyovxa ywaixmv ' aal ovQioftaxa avxr\t
NeiXog xe 6 Aiyvnziog aotaptas he&ij xai $äats
6 Kökyog (ot dk Tavaiv not&fxov %ov Matyxtjv xai
üoQ&fitjia xä KififQta Xeyovot*). übet den Nil
besteht auch kein Zweifel: Herodot II 16. IV
45 nennt ihn and weiß selbst keine andere Grenze
zwischen Asien und Libyen ei fiij xoite AJywrxüov
2795
Hefcataios
Hekataios
2706
&Vw£ (II 17), Die Fragmente bestätigen: sie
zitieren Städte Oberägyptens nnd außerhalb der
von H. gegebenen Grenzen des Deltas aus der
*Aaty<; üeQi^ynotg (frg. 273 vgl. 281); Städte west-
lich davon aus der UeQujy. Atßwjg (frg. 271.
275, 288. 318. Steph. Byz. s. Käv&jtog); Städte
im Delta aus der ITEQirjy. Aiyvjtzov (frg. 272.
274. 284). Dabei ist nur zu beachten, daß die
erste Bezeichnung bei Steph. Byz. gelegentlich
bibliographisch gemeint ist und das ganze zweite
Buch deckt (frg. 268), die letztere mehrfach in
dem späteren , umfassenderen Sinne (Atyvsixog
= Niltal überhaupt) gebraucht ist (frg. 264. 277.
283, Tgl. 265. 267). Vielen Zweifeln aber ist der
Phasis ausgesetzt gewesen. Herodot selbst führt
ja, freilich nur als Variante, den Tanais an. Daß
H. diesen keinesfalls als Grenze annahm, zeigen
die Fragmente: er rechnet nämlich einige An-
wohner des Kaukasos zu Europa (frg. 161 Aav-
öaQiot. 162 Tunaviaai) ; dagegen die KtijÄoi jxqos
zcot Kavxäocot, nach denen die viKaoEiai xov Kav-
xaaov KwXtxa oqi] heißen, und ihre den Kol-
chern unterworfenen Nachbarn, die Koga^oi, zu
Asien (frg. 185. 186). Auch Phanagoreia frg. 164
und ein Nachbarvolk der bei Phanagoreia woh-
nenden Sinder, die 'Igißätcu (frg. 166), werden
aus der Aofy zitiert. Aber das verträgt sich nicht
mit dem .kolchischen* Phasis, den Herodot als
Grenze nennt. So könnte man dazu kommen,
in diesem Zusatz <&äotg 6 Kölyog wieder eine
der polemischen Korrekturen Herodots zu sehen.
Vielleicht hat H. mit seinem $aotg den späteren
"Ynavtg gemeint, wie man das auch für den Aischy-
leischen Phasis (Prometh. Lyom. frg. 191 N.2) ver-
mutet hat. Das ist nicht unwahrscheinlich. Denn
die damalige Kenntnis des Landes zwischen Pontos-
Maiotis und Kaspischem Meer, überhaupt östlich
vom Pontos ist völlig schwankend und unklar.
Das beweist ja schon die Herleitung des Phasis,
welcher Fluß damit auch gemeint ist, aus dem
Ozean.
Aber damit, daß H. den Phasis nach den Frag-
menten für die Grenze erklärte, ist die Sache
noch nicht erledigt. Denn die indirekte Über-
lieferung stimmt dazu nicht ganz. Autoren, die
in rebus geographicis den H. benutzen, gehen in
dieser Frage auseinander: den Tanais betrachten
als Grenze Skyl. 68. 70 (vgl. Herod. IV 21. 57)
und der Autor ITsqi üleqcqv 13 (er nennt nur die
Maiotis) ; den Phasis aber Aischylos a. a. O. (vgl.
auch die Zusammenstellung von Nil und Phasis
Pind. Isthm. II 39. Eurip. Androm. 650) und
Herodot, der die andere Ansicht nur als Variante
anführt. Das wird doch so zu erklären sein, daß
die Variante schon aus H. stammt, d. h. daß
dieser beide Flüsse nannte. Er besprach die
Frage und entschied sich für den Phasis. Das
kann nur in einer allge meinen Einleitung im Ein-
gang der ITeQioÖos geschehen sein, in der H. die
geographischen Grundlagen seiner Karte ausein-
andergesetzt hat. Hierhin gehört, was wir aus
Herod. LT 16. IV 36ff. Über die drei Erdteile,
ihre Grenzen, Größe und Namen (die Ableitung
von drei eponymen Frauen ist ganz im Stile des
H.) entnehmen. Eine solche Einleitung war in
der Tat vorhanden: Harpokr. s. $od(ovta gibt,
wie allgemein angenommen, mit $oda>vtd 17 t&v
ßödav <pvxsla f &tmeQ Icovta % xdbv Uov die Ety-
mologie des Namens 'Icjvia. Er zitiert sie aus
ä I7sQtt)yijö8a>c, während die Periegese Ioniens
in der 'Aota stand (frg. 214ff.). Eine derartige
Ableitung, die von der Schönheit der ionischen
Flora ausgeht, kann kaum in einem anderen Zu-
sammenhang gestanden haben, als in dem, den
wir aus der Übereinstimmung von Tl. äeQo>v 12
os Herod. I 142 für H. in Anspruch nehmen
dürfen. Ionien, das ich um eben dieser Stellen
10 willen schon als die vermutliche Mitte der Heka-
taiischen Karte bezeichnete, wird dieser Mittel-
lage entsprechend verherrlicht: es hat die gün-
■ stigsten klimatischen Bedingungen. Solche kli-
matologischen Beobachtungen, die offenbar schon
von den ionischen Physikern angestellt sind, waren
H. keinesfalls fremd : sie finden sich bei Herodot
sogar gerade da, wo aus anderen Gründen die
Benutzung des H. gesichert ist. So II 77 über
den Einfluß der sich gleichbleibenden (bgat auf
20 die Gesundheit der Menschen ; unmittelbar vot ■
dem Stück, in dem die Koinzidenz mit frg. 289
sich findet. Dann III 106 als Einleitung zu dem
Exkurs über die eoxartol zrjs otxovftevrjs. Und
gleich noch ein weiteres. Der an die Schilde-
rung_ der günstigen Lage Ioniens unmittelbar an-
schließende Satz über die xQÖvzot tsootsgeg siaga-
yoyyiwv, die in Ionien gesprochen werden, hat
sein Gegenstück bei Skyl. § 15. Der Satz über
die yläaaat Unteritaliens mag an falsche Stelle
30 geraten sein; abgesprochen zu werden verdient
er dem Skylax, der in dieser Partie ;eine Eeihe
von sachlichen Notizen hat (s. §■ 8 Nr. 9), nicht.
Überhaupt zeigt die Beachtung, die die Ethno-
graphen saec. V (z. B. Xanthos) den Sprachen
der Völker zuwenden, daß auch hier nicht etwa
sophistische Einflüsse wirken, sondern das ältere
Vorbild des H., der ja auch ägyptische Worte
mitgeteilt und (falsch) übersetzt hatte (E. Meyer
Forsch. 1 192f.), und in dessen Fragmenten auch
40 einmal eine Glosse zu etymologischen Zwecken
benutzt zu werden scheint (frg. 341?); der jeden-
falls ,zu weilen ein geradezu philologisches Inte-
resse zeigt, die authentischen Namensformen zu
ermitteln' (Di eis Neue Jahrb. 1910 I 5). Mit
Recht konstatiert also Diels a. a. O. 15, daß
H. dem Herodot in den sprachlichen Observa-
tionen vorangegangen ist. Die Beobachtung
selbst, die natürlich auf die lebende, die Um-
gangssprache geht, ist übrigens sachlich verständ-
50 lieh er in einer Zeit, in der eine ionische Litera-
tursprache mit ihrer vereinheitlichenden Wirkung
noch kaum im Entstehen begriffen war. End-
lich entspricht auch deT Satz avxai ftev iv zrji
Kaoi?]i xaxoixrp>xai durchaus der Art des H., der
Milet eine xoXtg iv KaQtat zmv 'leovcov nannte
(frg. 225, s. § 14). c. 142 stammt inhaltlich
ganz aus H. ; nur hat Herodot um der folgenden
Polemik willen den Unterschied der Dialekte wohl
stark übertrieben (6/AoXoyiovat xaxa yXajooav ovdev).
60 Dadurch empfängt aber auch die nun folgende,
wegen ihres seltsamen Gedankenganges viel be-
sprochene (zuletzt v. Wilamowitz S.-Ber, Akad.
Berl. 1906, 47ff.) Polemik, Licht. Sie richtet sich
gegen eine literarische Behandlung Ioniens (so-
viel haben schon Dahlmann Herodot 115. Klau-
Ben 108. Baehr zu Herod. 1 146 gesehen). In
dieser nun waren als Ioner nur die Bewohner deT
Dodekäpolis, z&r xai xo IIaridtVHh> &m, bezeichnet.
2707
Hekataios
Hekataios
2708
Demgegenüber stellt Herodot den Satz auf, daß
Ionier vielmehr die seien, oaoi ä& Afrtjvecov ys-
y6vaot xal 'Axaxovgm äyovot ogxtfv. Ich kann
hier den Gedankengang Herodots nicht im ein-
zelnen besprechen. Aber alle Schwierigkeiten
lösen sich, wenn wir annehmen, daß der pole-
mische Charakter nur dem Herodoteischen Satz
innewohnt. Der ihm vorliegende Autor hatte
nicht etwa die Herkunft der Ionier von Athen
bestritten, wie das nach dem Zusammenbrach des 10
attischen Eeiches z. B. Timotheos tat, der eben
darum den Ioneruamen, wie es scheint, überhaupt
vermied (v. Wilamowitz 12), sondern er hat
diese Ableitung überhaupt nicht gekannt, es sei
denn für einige milesische Geschlechter. Er hat
auch seine Definition ,Ionier sind, die am Pan-
ionion teil haben' nicht polemisch, sondern ein-
fach konstatierend gemeint. Da lavta für ihn
kein abgegrenztes Gebiet war, so wollte er damit
.die betreifenden Städte der loner iv Kagiac und 20
Avdiai zusammenfassen einerseits gegenüber den
nökf.tg Aloltxai und Aatgisojv, anderseits gegen-
über den Kägeg, Avöot usw. Erst Herodot hat
durch den zweimaligen Einschub xüv äXXav 3 I(o-
voiv (c. 143, 23. 146, 2) sich hier die Möglich-
keit einer Polemik geschaffen, durch die er ge-
rade die von jener Vorlage Jonier' genannten
Städte verächtlich machen konnte. Es treibt ihn
der persönliche Haß ; darum verdreht er seine
Vorlage, schiebt ihr Motive unter, die sie in dieser 30
Form nicht gehabt hat. Sie pries Ionien; aber
sie tat es absolut, ohne an andere zu denken,
im Stolze auf die eigene Heimat. Positiv aber
ergibt sich dann, daß die in der Vorlage gegebene
Definition Ioniens einem Autor gehören muß, der
um 500 schrieb. Denn mit der Bedeutung des
Panionions, das bei jenem Autor im Mittelpunkt
steht, ist es, wie v. Wilamowitz 12 zeigt, seit
dem Ionischen Aufstand und solange das attische
Reich besteht, vorbei. Jener Autor war dar- 40
nach H.
§11. Die chorographi sehen Kenntnisse des
H., soweit wir sie aus den Fragmenten entneh-
men können, entsprechen durchaus den Verhält-
nissen, die bis Ende saec. VT, d. h. bis zum Auf-
kommen der etraski sehen und karthagischen Macht
einerseits, bis zum Ausbruch des Konfliktes zwi-
schen Hellas und Persien anderseits herrschten
(s. zuletzt Caspari 243f.). Wenn die gute Kennt-
nis des Pontos bei einem Milesier selbstverständ- 50
lieh ist, so waren für die Bekanntschaft mit
Thrakien und den Skythen die Unternehmungen
des Dareios wesentlich. Auch für den Besuch der
asiatischen Provinzen und Ägyptens war seine
Regierungszeit günstig. Noch stand der Westen
mit Nordafrika den Handelsfahrten der Griechen
offen ; aber schon begannen hier die Verhältnisse
sich zu ändern : der Verlust von Alalia und die
Niederlage des Dorieus fallen in H.s Lebenszeit.
Ob auch noch die Perserkriege, vermögen wir 60
nicht zu sagen. Die Fragmente sind übrigens
mit Vorsicht zu benutzen ; sie scheinen (aus den
oben angeführten Gründen) eine besonders gute
Kenntnis und dementsprechend genaue Behand-
lung des Westens — Her geht sie, wenn auch
nur in Einzelheiten über die az^Xai hinaus —
und Nordens (Thrakien und Skythen) zu bekunden.
Aber Agatharch. de in. r. 64 nennt dort als Autori-
täten TimaioB- und Lykos, hier Diophahtos und
Demetrios von KaUatis ; H. dagegen für den Osten;
Abgesehen etwa von den Kernlanden der per-
sischen Monarchie erstreckt sich H.s wirkliche,.
d. h. durch Autopsie erworbene Kenntnis nh>
gends weit ins Binnenland hinein. Aber für die
wissenschaftliche Periegese und den Versuch einer
Karte ist es selbstverständlich, daß alle Nach-
richten über die Völker des Binnenlandes zu-
sammengestellt werden; daß versucht wird, auf
allen Seiten bis zum Erdrand zu kommen. Schon
H. hat die vier großen Randvölker genannt, die-
wir bei Ephoros frg. 1 Dopp wieder treffen, und
deren Gebiete sich vermutlich auch bei. ihm. be-
rührten: im Süden die Aithiopen, im Westen die
Kelten, im Norden die Skythen, im Osten die
Inder. Die Erde ist im Osten bis zum Indus
bekannt, den Skylax befahren hat und dessen
Lauf man sich west-östlich gerichtet dachte (Herod.
IV 44; den nord-südlichen Lauf gab erst Era-
tosthenes frg. III B 6 p. 224ff. Berger; ebd. III
B 11 über die dgxaloi mvaxeg). Er mündet in
den östlichen Ozean ; und der Osten Indiens ist
sQf}(.ilrj dtä Z7}v yw/A-fiov ovök e'x ei ovdslg qpgdoat,
otov Öi] xt iözi (Herod. III 98. 102. 106. IV 40).
Ebenso ist die Sand wüste im äußersten Süden
(II Slff. IV 185, s. § 16). Die Kunde geht hier
bis zum west-östHchen Oberlauf des Nils, der au&
dem Ozean kommt. Ein Tisdiov obisigov ig äjio-
ypiv (I 204), dessen größten Teil die von einigen
als ,Skythen' bezeichneten Massageten (I 201)
bewohnen, erstreckt sich ostwärts auch vom Hyr-
kanischen Meer. Grenzfluß war der west-östlich
(in den Ozean?) laufende Araxes. Im Norden
reichte die Kenntnis bis zur Donau (frg. 149.
150. 152), dem Grenzfluß Thrakiens (im weiteren
Sinne). Was darüber hinaus liegt, i'grjftog x^Q 1 ?
(paiverat iovoa xal anetgog (Herod. V 9 aus H.).
Doch kennt man vom Hörensagen hier noch das
Volk der Siyvvvai , deren Gebiet ayxov 'Evsräv
xäv iv tg?( AdQitji reicht. So scheint ein großer
Wüsten gürtel die ganze bewohnte Erde zu um-
geben.
Jenseits der letzten, wenigstens vom Hören-
sagen bekannten Völker setzt H. die Fabelvölker
an, die man mit wachsender Kenntnis immer
weiter nach den Erdrändern zuschob. Sie sind
Anwohner des Okeanos. So im Norden die ein-
äugigen Arimaspen, die das Gold imex xtöv ygv-
jtcöv aQjtdCovoiv (Herod. III 115), und die Hyper-
boreer. Er wird dafür, wie Herod. IV 13, Ari-
steas zitiert haben, dessen Völkerreihe (von Süden
nach Norden) Skythen — Issedonen — Arisma-
spen — Hyperboreer xazrjxovtsg im &d?Moaav bei
H.s Ausschreiber Damastes iv zän IJe^l i&vdöv
(Steph. Byz. s. 'YnsQßÖQsot) ausführlicher wieder-
kehrt, als Herodot sie hat: Skythen — Isse-
donen — Arismaspen — 'Pixaia ögrj — Hyper-
boreer xaztjxovzeg eig xyv szegav ■ddXaooavy vgl*
ferner Hellanikos frg. 96 Muell. ; die Issedonen
als Nachbarn deT (skythischen) Massageten, Herod,
I 201 ; die Übereinstimmung in der Schilderung
der 'Pinata oqij bei Damastes und II. dißotv 19.
Überall liegt H. zugrunde. Im Süden jenseits
der hier als äußerstes bekanntes Volk wohnen-
den Aithiopen (Herod. III 114) und äthiopisch
genannt (irg. 265) wohnen die eigentlich indi-
schen Fabelvölker der ZxufroU; (frg. 265) und
2709
Hekataios
ii&Eataios
z/iv
die .Homerischen (III 8ff.) nvyfuaot (frg. 266), die
seltsam gerästet mit den yigavoi Krieg fahren*
ein e&voe yeoogytxör, die dgivrjt fygrioavxo &tl xov
aoza%w. Wir werden hier die Bestimmung ek
rä avwxdza> ftegt} rys Atyvmiaxfjg yijg (vgl. Arist.
bist. an. 597 a 4ff.) itlrjotov tov 'Qxsavov H. zu-
schreiben dürfen, da auch Zxtdnofcg und Taaslg
(frg. 267, vgl. v. Gutschmid Kl. Sehr. I 42) aus
der IlsQi^yTjaig Alyvmov zitiert werden, H. also
offenbar von Ägypten aus südwärts bis zum Ozean 10
fortgeschritten war. Die Leichtgläubigkeit, die
in der Erwähnung solcher Völker liegt, hat schon
Eratosthenes bei Strab. VII 3, 6 moniert. Denn
auf H. gehen wohl die Worte and 6h xovzoiv
(Homer, Hesiod, Aischylos) im xobg ovyyga<pmg
ßadl&i 'Pmala ögt) (s. o.) Xsyoviag xal xo 'Qymov
oQog nai xr\v xaiv FoQyovoiv xal "Eansglötov xa-
loixiav (s. §16 ex.); es folgen Theopomp, H.
von Abdera, Euhemeros. Aristoteles. Aber den
modernen Beurteilern blieb die Einseitigkeit vor- 20
behalten, daraus ungünstige Schlüsse auf H.s
geistige Veranlagung und auf seine Stellung in
der Geschichte der Wissenschaft überhaupt zu
ziehen (Tropea I 8f. ; vgl. Wells 51f.). Wie
H. mythische Vorstellungen über Gegenden, die
der Autopsie zugänglich waren, zerstörte, lehrt
die Widerlegung deT Verbindung des amphilo-
chischen Inachos mit dem gleichnamigen Flusse
der Argolis durch eine geographisch richtige Dar-
stellung des epeirotisch-akarnanischenFTußsystems 30
(Strab. VI 2, 4. VII 5, 8. Steph. Byz. s. Adx-
jmcüv). Die Forderung aber, daß er Dinge, die
sich empirisch nicht verifizieren ließen, nun über-
haupt nicht hätte erwähnen sollen, ist nicht ein-
mal von dem Empiristen Herodot erfüllt und ist
auch an sich unbillig. Was. verlangt werden
kann, ist allein, daß der Autor angibt, worauf
sein Wissen beruht. Das hat H. aber sicher ge-
tan. Frg. 266 heißt es von den Pygmaeen yz-
Xoiov fiev xal ov mikavov ■ Xkysxai de, was im Aus- 40
druck an Herodoteische Zweifel erinnert und gut
auf H. selbst zurückgehen kann. Daß er die Ilvy-
{tatot trotzdem erwähnte, war selbstverständlich ;
denn er kannte vermutlich Berichte über Zwerg-
völker in Libyen, wie sie Herod. II 32. IV 43
stehen. Vermutlich wird er jene von den Isse-
donen bis zu den Hyperboreern reichende Völker-
reihe mit der gleichen Vorsicht eingeführt haben,
wie Herodot.. IV 16: Autopsie dieser Gegenden
fehlt ; auch der Zeuge für sie, Aristeas, hat seine 50
Weisheit nur von den Issedonen. Daß H. jene
Fabeleien einfach gläubig als Fakta mitgeteilt
habe, itt eine völlig willkürliche Behauptung, die
man mit Stephanoslemmata nicht belegen sollte.
Wirklich allzu gläubig ist er wohl nur gewissen
Wundererzählungen der ägyptischen Priester ge-
genüher gewesen (frg. 284. 292), aber das sind
ziemlich nebensächliche Einzelheiten. Durchaus
berechtigt war dagegen die Erwähnung der auf
Handelstradition beruhenden KaooizEQtdeg und des 60
Bern steinlandes im und am westlichen. Ozean :
Herodots Polemik (LTI 115 ovösvog avjdjtzsoj ye-
vofievov övvafiat dxovaai) ist kurzsichtig und
klammert sich an den ^poetischen* Eridanos, den
Aischylos (Plin. n. h. XXXV11 32 nach H. ?) ehen^
falls nach Iberien verlegte.
§ 12. Die folgende Aufzfthlung macht nicht
den Anspruch, alles zu geben r was H. gewußt
hat. Das würde ausgedehnte Einzeluntersuchungen
erfordern. Sie soll nur einen Überblick gewähren
über das sichere Material, das der Ausgangspunkt
für weitere Untersuchungen sein muß. Auf Ein-
zelfragen über die Namen usw. kann nicht ein-
gegangen werden.
1. Spanien (vgl. Atenstaedt 27ff. Tropea
I 50ff. E. Meyer Gesch. d. Alt. II §425). H.
hat noch keinen Gesamtnamen ('Ißrjgtxov i-'&vog
zuerst Herodor FHG II 33, 20), sondern kennt
nur einzelne Völker [Tagz^ooioi undV^e; auch
Herodot. 1 163 und Ephoros frg. 12 Dopp ). Außer-
halb der ZxfjXtu Tagz^ooög (so Landesnamc auch
Herod. 1.163) mit den Städten 'Efoßvgy?i frg. 4
un&'lßvtta, wo die Gold- und Silberbergwerke
sind <frg. 5). Erwähnt waren die tartessischen
yalal <Herod. IV 192). Ferner die rXrjxeg (He-
rodor. a. a. O. h- Steph. Byz. s. v.) und die Kv-
vi]oioi oder Kvvtjtgg, ot £ö%a.Toi HQog dvof/.ea>v ot-
xeovat xö3v iv zfjc EvgäTiqi xaroixijfiEvoiv (Herod.
II 33. IV 49 + Herodor. a. a. O. ot im roig
ioydxoig olxovvxsg xa Jigbg ävo/xscov + Steph. Byz.
s. Kvvrjzixov: nh\isiov "Qxeavov}. An sie stoßen
{6[.iovgiovat !) die Kelten h'$to HganUoiv ozqtäv
mit der Stadt und dem Gebirge Pyrene, von wo
der Istros ausgeht fieaijv oxiC<*>v xfjv EvQüiJiijv
und der Tartessos (Herodot. a. a. O. -+- Arist.
jnet. I 13 -h Avien. or. mar. 558ff.). Auf die
Tartessier folgen nach den Zrrjiat zu die 'Ekßi-
axtoi : Steph. Byz. s. v. (vgl. Herodor. a. a. O.) ;
dann stgog xatg 2xf}Xaig die Maouyvoi frg. 6 mit
den Städten Maoxta frg. 6 ('?), Maivoß(bga frg. 8,
MoXvß&ivn frg. 10, 2t$os frg. 9*,2vahg <frg.7>.
Vielleicht auch Kakä&rj, nohg ov nogoat xoiv 'Hg.
or. frg. 3 (Klausen 42. Atenstaedt lSltfl
Tropea I 50. II 51f.). Dann die "Ißygsg mit
den Städten Kgaßaota frg. 13, Zixdvr) frg. 15,
Toyj und dem Flusse AsavQoq frg. 16*; ein i'&-
vog 'Ißr/pcov sind die MiayrjiEg frg. 12; vermut-
lich auch "die "Eoöqzsg frg. 11 und ' llaQavydzai
frg. 14. Inseln xazä "Ißqgag sind Kgofxvovaa
frg. 17 und Mfaovoa frg. 18.
2. Italien (Tropea II lff.): der Name *haXla
bezeichnet bei H. nur das spätere Bruttium, Daß
gerade frg. 27 Kanva jidlig 'IzaXtag frg. 29 Ka-
7igij]vr\ vijoog 'IxaXlag steht, erklärt sich sehr ein-
fach. H. hatte zweifellos Avoövow geschrieben,.
Steph. Byz. aber dies mißverständlich verwertet,
weil Avoovia später poetisch für 'IzaXta gebraucht
wird. Einen Gesamtnamen kennt H. nicht, son-
dern nur eine Reihe von Völkern oder Land-
schaften (die mehr ethnographische als geogra-
phische Form der Namen ist zu beachten: Tro-
pea II 25): Aiyveg (Aiyvaxixrj), Ivgorjvoi, Avooveg T
QlroiXQol, aber IzaXia und Ianvyia. Das zeigt
einen sehr altertümlichen Zustand, namentlich
wenn man die Reihe bei Skylax {Aiyvsg, Tvqqijikh,
Aaztvot, "Olaoi, KafUiavoi, Savvliai, Asvxavoi,
"laJivyta, Zawlxat, '0/j.ßQtxoi, Tvgoi}voi, KeXzoi,
'Evezoi) vergleicht. Die Etrusker hatten noch
nicht Campanien, die Osker noch nicht Lukanien
und Bruttium genommen (Caspari 245). Übri-
gens sind unsere Kenntnisse hier recht lücken-
haft. Von den Ligurern wird genannt das edvos
der *EXiovxoi frg. 20 (Aiyvow xm 'Ekiovxtov He-
rod. VH 165), vermutlich an die y IXaQavyämt an-
schließend. Ihre Hauptstadt ist nach Avien. 587
Narbo, Überliefert aus H. wird nur das Ethni-
-LTCABUUUa
nexacaios
2712
27IS
MeKaraios
Aic&auMVP
tonNaeßaTot frg. 19. An der Küste liegen MaooaXta
xata zi,v Keluxijv frg. 22, Movotxog frg. 23,
'A/meXos frg.24 . Ob hier ausführlicher über die Kelten
gesprochen war und Nvga^ noXig KsXxtx^ frg. 21
hierher gehört, ist zweifelhaft. Von der Beschrei-
bung Tyrseniens ist nur die Insel AlMXr} frg. 25
erhalten, zwischen dem Festlande und Kvgvos
frg, 26, die nach Skyl. 6 jedenfalls hier bespro-
chen war (falsch Tropea II llf.). Daß die
als .etruskisch' bezeichneten Städte usw. außer-
halb des späteren Etruriens — Axgia, TvÖegza,
üoxioXoi, Zvggsvxior, Svsaoa, Iltxevxta, üifir}-
xovooai — H. gehören (Niese Gott. Gel. Anz.
1885, 249) , ist recht unwahrscheinlich, schon
der Form wegen ; außer bei Tvösgxa {itöXtg Tvg-
Qt}vixrj)un&£veo0u(7i. TvQQtjvctiv) erscheint tiberall
der Landes name Tvggtjvca, der für H, mindestens
nicht nachweisbar ist. Auch daß schon H. die
Tyrrhener aus Lydien abgeleitet habe (Niese),
ist eine unbeweisbare YennutuDg. Bei den Av-
aoveg nannte H. Ntila frg. 28. Hinzukommen
Kaitvt} frg. 27 und die Insel Kangtrfvr} frg. 29.
Einen ganzen Katalog offenbar hellenischer Städte
gab H. aus der fie ooyeta Otvcozgwv: Aglv&tj frg. 30,
'ÄQTefitoiov frg. 33, Agvg frg. 32(?), "Egtpov frg. 34
'I$tdg frg. 35*, Köaoa frg. 39, Kvzeqiov frg. 36, Ma-
Mvtog frg. 37, MevexIv?) frg. 35% NCvata frg. 38,
Ildzvxog {Steph. Byz. s. v.>, Tlv^tg < Steph. Byz.
s. y.>. Yielleicht auch Bgvozama <frg. 31) und
ZtßeQtvr} (Steph. Byz. s. v.). In 'haXia sind die
A afi^xivot frg. 40* mit dem Flusse Ad^zog ; Msd^
mit der gleichnamigen Quelle frg. 41 ; das Vor-
gebirge SxvlXatov frg. 42 ; Aoxgol 'EmCeipvgtot
frg. 51, AHatvia frg. 52, KgdxaXXa frg. 53. Zwi-
schen ZxvXXmov und Aoxgol hat schon Klausen
richtig (vgl Skyl. 12f. xam ök T^yiov — ijid-
rstfu 6k jidXir im rijv tjjieiqop) die Schilderung
Siziliens eingefügt, die wohl auch, wie bei Sky-
lax, von ZäyxXr] frg, 43 erst an der Ostküste
(Kazdvfj mit Aitna frg. 44*, Ivgaxovaai frg. 45)
entlang ging; dann Südküste bis zur ngög Svaiv
äxga Advßaiov frg. 46; dann Nordküste Mo-
rvrj, loXovg, Ifiega, MvXai frg. 47-50. Daß die
Schilderung mindestens so umfangreich war wie
die des Skylax, geht aus frg. 47. 48 hervor. Wahr-
scheinlich bot sie viel mehr. Endlich 'Ianvyia
(frg. 54 ist wohl die Landschaft gemeint. Zur
Ausdehnung von Herakleiabis Brundisium, Tro-
pea II 45) mit dem eüvog der 'Ek-vnoi frg. 55
und der Stadt Xavöavt} frg. 56. Die Lücken
unserer zufälligen Kenntnis sind hier besonders
deutlich. Daran stießen die üsvxaioi frg. 56*,
wohl identisch mit den als Kachbarn der Oinotrer
bezeichneten IlevxExlavzEg frg. 57.
3. Das Adriatische Meer, die Balkan halbinsel.
Von der Ostküste Italiens hören wir jenseits Ia-
pygiens weiter nichts. Sie war auch ohne Be-
deutung. Erst im nördlichen Teile des Adriati-
schen Meeres, wohin die Phokaier Handel trieben,
kennt H. im Delta des Po, den er 'Aögias nennt,
die Stadt 'Adgla, deren fruchtbare Landschaft er
preist (frg. 58). Auch einen xoXjiog Aöglag nennt
er und versteht darunter wohl den ftv^og (Skyl.
18) etwa vom Podelta bis Istrien, ebenso wie
Herodot. I 163. IV 33. V 9 (EvexoI ol h> rät
'A&eifji), während er das Meer selbst vermutlich
als "Uviog xoXnog (vgl. Aischyl. Prom. 866) be-
zeichnete (so Parts ch o. Bd. I S. 417, 52ff.
richtig auch gegen E, Meyer Gesch. d. Alt. II
424 A.). Die Lemmata bei Steph. Byz. (frg. 58
—61. 69. 71) achwanken auf Grund des spateren
Gebrauches ; da aber keines der Fragmente wört-
lich ist, widersprechen sie der Armahme nicht.
Die 'EvexoI, bei denen Skylax 19 den Eridanoa
nennt (nicht der Po, s. § 17), kommen direkt nicht
vor; doch geht Herod I 196 ein vdfiog der *RXv-
Qt&v 'EvezoI sicher, V 9 'Evszol ol fr xüi A&qItji
10 (d. h. am Adriatischen Busen) als Nachbarn der
Sigynnen wahrscheinlich auf H, zurück. Erwähnt
hat sie H. schon wegen der Evsxol am Pontos
(frg. 200) sicher. Die weitere Folge an der West-
küste ist zunächst jedenfalls die gleiche wie bei
Skylax : "lazgot edvog lv xoJi 'loviou xoXitou (frg.
59) und wohl hier KavXtxol frg. 60 ; Atßvgvol,
an zö evöoxego) fiegog xov Adgiaztxov xölnov gren-
zend (frg. 61) mit Schilderung deT vö/toi (Aischyl.
frg. 364 N. 2, vgl. Skyl. 21) und als anstoßende
20 Völker Msvzoqs$ frg. 62 (vfjooi MevzogidEg der
Liburner: Skyl. 21), Svumtoir frg. 64 und T#-
pixat frg. 63. Dann 'IXXvgtol, die er vermut-
lich auch jtaga. ftdXazzav uexqi Xaovlag tt}$ xaza
Kigxvgav ztjv AXxtvoov vfjoov (Skyl. 22) ausdehnte,
da die nächstgenannte Landschaft eben Xaovta
ist und die chaonischen Ae^dgoi Grenznach-
barn der (illyrischen) Encheleer heißen (frg. 73).
Die Grenze scheint etwa der Atlas — Awog und die
Stadt Apollonia (frg. 70—72) gewesen zu sein.
30 Bei den Illyriern nennt ^ H. die Stadt (? äxga
Skyl. 27) 'Iazivyia ; die Ot6avxtxrj yij und Oldavtsg
frg. 66 (Stadt Oldavnov erst Theopomp); die
Taulantiner mit dem Stamme der "Aftgot frg. 69
und der Stadt Zsadg^og frg. 68. Nördlich von
den 2eoaer}$ioi wohnen (im Binnenlande) die
XeXiÖövioi frg. 67. Auch die 'Ey^ekeat waren ge-
nannt frg. 73. Bis Xaovia (Stadt Bcuäxrj frg. 76)
und dem nördlichsten chaonischen Stamm der
As^dgot frg. 73 ist deutlich die nord- südliche
40 Richtung bewahrt. Während der Periplus des
Skylax nun weiter der Küste folgt und nach den
Taulantinern Orikos, das Stückchen Küste der Mo-
losser und Ambrakia nennt, wo r\ EXXä$ vvvsxfis
anfängt, von der Küste aus aber gelegentlich Orte
des Binnenlandes erwähnt (Dodona c. 26), müssen
wir nach der ost-westlichen und süd-nördlichen
Richtung in den frg. 83*. 75*. 79 annehmen, daß
H. von den Xdoveg aus das Binnenland behan-
delt hat. Da bleibt es zweifelhaft, ob wir ein-
50 fach die Reihenfolge der c. 27ff. des Skylai um-
kehren dürfen, d. h. ob er erst die Westhälfte
des griechischen Festlandes bis zum Pindos und
herabsteigend bis zur Westküste derMegaris, dann
die Peloponnes und die Landschaften der grie-
chischen Ostküste behandelte; oder ob er, den
Pindos übersteigend, erst Thessalien besprach
und einen vollständigen Rundgang durch Hellas
machte. Wahrscheinlicher ist das erste. Jeden-
falls verfolgte er den Atas bis zu seinem L T r-
60 sprung und behandelte das Flußsystem des Pin-
dos (frg. 70-72). Dabei nannte er die epeiro-
teischen Stämme: Molosser mit Vgeoxcu frg. 77;
südlich von den Molossern Dodona frg. 78. Die
Ordnungszahl za ngwxa bei Chaironeia frg. 87*
würde sich ebenfalls bei der ersteren Annahme,
nach der er aus dem Binnenlande der Phoker kom-
mend die bootische Grenze überschritt, gut er-
klären. Dann gehört frg-. 88 KoQtbvtta hierher
Wia *T«. 84 &*»ds x&ea x*qI tfo Ka&wwtr ist
vor frr. 87 m stellen. Vermutlich schloß daran
die Megftriß (Westküste) und Korinthos frg. 90.
Von Korinth begann zweifellos der Bundgang
durch die Peloponnes : barbarische Urbevölkerung
frg. 356; Mavxivr) in Arkadien frg. 93; Eleer und
Epeier frg. 848; M^xtaxov in Triphylien frg.
92; Kalaureia (Harpokr. s. v.) und 'YSgea (frg.
97), Inseln bei Troizen. Klar ist jedenfalls, daß
er die Nordküste des Korinthischen Golfes von
Osten nach Westen verfolgte: frg. 74* xoXnog
KtQQCüog (das weitere xal rd nsSiov er xqt Xao-
vixfji ist unverständlich) ; frg. 85. 86 Kgloa) frg.
83* fiexa 6k Aoxgot mit den Städten XdXatov
(frg. 83*) und Oldvfa} (frg. 83*. 82) in dieser
Folge; frg. 81 'OXvxgsia bei Naupaktos (wohl
Aitolien : Skvl. 35 MoXvxgsia) ; frg. 80 Av&ia in
Akarnanien <?AXv£ia Skyl, 34); frg. 79 >EmXev-
xddwt ■ noXts fi£xa Axagvavlav (vgl. Skyl. 34 avxq
7} noXts zo Jtglv xal 'EmXEvxddiot wvopdZovxo);
frg. 70—72 derlnachos und das amphilochische
Argos ; frg. 75* die chaonische Küste Bov$ga>x6g
adlig, fisxa Sk 'Qgixog Xtfirjv. Damit war er
wieder am Ausgangspunkt angelangt und kehrte
dann etwa nach der Megaris zurück, um die Ost-
küste zu verfolgen. Wir hören von Attika (pe-
lasgische Bewohner: frg. 362. Qogtxds stoXtg
frg. 94. r EXevt} vijoog frg. 95); Boiotien {Tava-
ygalot—r£<pvgaioi frg. 89 coli. Herod. V 57);
opuntische Lokrer (frg. 108 Kvvog nöXig); Ma-
liern (frg. 109 Aiyatvsia • stöXig MyXiiotv) ; Thes-
salien (frg. 110-114).
Hier mögen die griechischen Inseln Platz fin-
den, die uns in H.s Fragmenten begegnen: Eu-
boia {XaXxig frg. 105, VgeotT} frg. 107 ; frg. 106
2xto$ uolpa zfjg Egexgiaxfjg gehört in die Fev sa-
Xoytai) und Lemnos mit seinen beiden Städten
(frg. 102—104) waren sicher bei der Beschrei-
bung des Festlandes exkursweise erwähnt; jenes
zwischen Attika und Boiotien (vgl. Skyl. 58) unter
den KvxXdöeg vyoot, von denen sonst keine mehr
genannt wird ; dieses bei Beschreibung der thra-
ldschen Südküste (frg. 102 v^oog ngog tty ßgde
xrjt. Skyl. c. 67). Hierher gehört auch Teveöog
frg. 139. Dagegen muß er die Inseln an der
Westküste Kleinasiens — Aeoßos mit Mytilene
frg. 101 ; Xio; xax Egvd-gäg mit der Stadt Chios
frg. 99 und den nahen Ölvovoaai frg. 100 ; Kog-
oiai rrjoog xijg *l(oviag dvztxgv üdfiov frg. 98 —
vielleicht am Schlüsse der Periegese Europas zu-
sammenfassend behandelt haben. Daß er sie im
Gegensatze zu Skylax zu Europa rechnet, obwohl
er ihre Lage nach der asiatischen Küste bestimmt,
ist ein Beweis für den konstruierenden Charakter
des wissenschaftlichen Werkes; überall soll das
Wasser (Meere und Flüsse) die Grenze bilden.
4. Der Norden (Makedonien, Thrakien). Daß
H. Maxedovia als besondere Landschaft kannte
(irrtümlich Meineke zu Steph. Byz. p. 554, 17),
ergibt sich aus Harpokr. s. Kvxaootg: der Aoi-
ölag [AvSiris Herod. VII 127. Skyl. 66] ist auch
bei Skylax ein makedonischer Fluß ; bei Herodot
mit dem Haliakmon der Grenzfluß zwischen Ma-
tußovig und BozxtatU. Es gehört hierher noch
Gramer Anecd. Or. I 223, 13 1 ITdütXog und $dxoe.
Wie weit er den Namen ins Binnenland ausdehnte,
und welche anderen Teilfuratentümer er kannte,
wissen wir nicht Aber deutlich ist, daß die
Küste Makedoniens hei H. erst eine ganz geringe
Ausdehnung besitzt ; vermutlich ging sie vom Pe-
neios bis Haliakmon, während Thue. II 99 sie bis
über den Strymon ausdehnt, der auch bei Skyl.
661 die Grenze zwischen Makedonien und Thra-
kien bildet. Makedonische Küstenstädte scheint
es überhaupt damals noch nicht gegeben zuhaben.
eigw, bei Thuc. I 61, 2. LT 29, 6 makedonisch,
ist nach frg. 116* noXig 'EXX^vcov Og^ixcnv. Dar-
io nach hat Meineke a. a. O. zunächst eine Reihe
später makedonischer Städte, die bei Steph. Byz.
das Lemma xoXig ßgatxijg tragen, dem H. zuge-
wiesen. Absolut sicher ist das nicht, weil noch
andere frühe Quellen (insbesondere die Psephis-
menpublikationen) in Betracht kommen und ge-
legentlich sogar die ganz späte Eparchienteilung
(so für Begris); vot allem stammen aber eine
Reihe dieser Lemmata aus der Herodoteischen
Darstellung des Xerxeszuges. Der vonHerrmann
20 Klio XI 383 statuierte Unterschied hält gegen-
über frg. 121 Zegftv?Ja • JtoXig staga zdv"A&(ü oder
den Lemmata noXig Ggdixrjg Tigoosyrig zrji IlaX-
Xrpn\t bei Alaa und riyoyvog, die deutlich aus
Herod. VII 123, 2 entnommen sind, nicht Stich.
Aber in vielen Fällen wird die Herleitung stim-
men. Sehr charakteristisch sind Lemmata wie
Z. B. v OXvvüog ■ JiöXig Ggdixtjg (— H.) xoog rfjt
Zt&a>viai (= Herodot) xijg Maxeboviag (= spätere
Vulgata). Eine Reihe von Zusätzen, wie hier
30 äjrd 'OXvv&ov xov 'HgaxXiovg, sind für H. zwar
nicht beweisend, passen aber zu ihm. Es sind
bezeichnenderweise meist Notizen aus der Hera-
klesgeschichte (vgl. frg. 47. 48). Ferner hat Herr-
mann richtig festgestellt, daß Herodot in der
Schilderung des Xerxeszuges sich des H. als geo-
graphischer Quelle bedient hat. (Daß Verschie-
denheiten in den Namen vorkommen — Magig
Ufivr} H. : v I<3{iaoi,g\ EegfivXia. : ZsgftvXr] — wider-
spricht hier so wenig wie sonst.) Es handelt
40 sich wesentlich um VII 58-59. 108—124. Herr-
mann verweist auf die Bezeichnung von Mqio-
xog als xtliog ßaod^tov aus der Zeit von Da-
reios Skythenzug (c. 59, 1 ; vgl. sachlich frg. 140*
Bögv'Qa Ttölig TlEgasav, zum Ausdruck frg. 175*
iv de xstxog ßaotXrjtov); auf die Anknüpfung an
Homerische Geographie, die sich in der zwei-
maligen Feststellung zeigt, daß gewisse Orte im
alten Gebiete der Kikonen liegen (59, 2. 108, 3
oa frg. 132 Zd>vtj • TioXtg Kixövcov). Aber wir
50 brauchen auf die Einzelheiten gar keinen großen
Wert legen; die ganze Schilderung Herodots macht
den Eindruck einer geographischen Darstellung,
die durch historische Notizen erweitert und durch
gewisse Formeln in historische Beleuchtung ge-
rückt ist: so z. B. die rein geographische Be-
schreibung des AlytaXog von Doriskos und die
sorgfältige Aufzählung nicht nur der Städte, son-
dern auch der Seen und Flüsse (VII 108, 2—109),
die zur historischen Darstellung durch die For-
60mel gemacht wird, daß das Wasser dieser Seen
und Flüsse für Xerxes Heer nicht gereicht habe.
Ganz analog ist die vollständige Aufzählung der
Städte der Zi&wvirj c. 122, obwohl die Flotte
sie nicht berührt. Der Zusatz <og xai ex zov-
zstöv zär noXiojv oxgazti}V nagiXaßt, der den color
historicus gibt, erinnert an das Verfahren, mit
dem der Dichter des SehiffskatalogB eine Perie-
gese zur epischen Erzählung gestaltet hat. Für
2715
Heteataios
Hekataios
2716
Herodot gab sich die Verteilung auf Flotte und
Landheer (= Küste und fisaoyeia) von selbst.
Ebenso stellt es c. 123 mit den Städten von Ha X-
Ar/rt), wo die Angabe des alten Namens 0XeyQ V
an H.s Art erinnert. Der Widerspruch, den man
c. 124 bei der Beschreibung von Xefxes Land-
marsch von Akanthos nach Thermo konstatiert
Tiat (Stein undMacan z. St.; Xerxes wählt den
kürzesten Weg und berührt trotzdem die Kgrj-
Atftoe und *Iotqos bestimmt werden, heißen weder
thrakisch noch Bkythisch: Atftov oqos frg. 143;
vno x6v Atftov 'harr} x&Q<* frg. 151; lntqßdvxi
tÖv Alfiov Kaßijooos noXiQ frg. 144; ng6; vdtov
avifiov xov v Iotqov KgoßvCoi frg. 149 und TgtCot
frg. 150 (zusammen genannt als äftavaxiZovxss
Phot. s. ZdXfio^ig. &or)iKsg oi KgdßvCot Herod.
IV 49 in dem großen Exkurs über die skythi-
- a ._ „„„„_„ _ — ^., sehen Flüsse); ixl z<öi 'Iozgwt 'Ogydfiti uzdXtg
orwvtxT}), erklärt sich nicht drach Zusammen- 10 frg. 152. Von dem thrakischen Binnenlande
ziehung der Routen der drei Armeekorps, sondern
dadurch, daß H. die Kgrjazüveg (frg. 124) als
Binnenvolk- bei der Beschreibung der Chalkidike
genannt hatte (zur Beschreibung des Flußlaufes
vgl. H. frg. 202). Ebenso die Aufzählung der
thrakischen Stämme im Binnenlande c. 110— 111
(die nächste Parallele bietet hier der Aißvxög
Xöyog) und c, 113, das deutlich geographisch ist
{die Stämme werden von der Küste zum Pag-
hat H. , der hier offenbar auch bei den Unter-
nehmungen des Dareios gewonnene Nachrichten
benutzen konnte, eine ausführliche Schilderung
gegeben. Hier sitzen die vielen, nur von ihm ge-
nannten und für uns nicht weiter zu lokalisie-
renden Ohri der Bdvxiot frg. 156, AaxvXf]jixoi
frg. 142, Ataogoi frg. 145, 'Evxgißal frg. 148,
Sdv&ot frg. 134, TqiojtXai frg. 147. Auch die
Lage der Al&x-f} frg. 115 ist unbekannt. Mit
>. ^ ■--■ — — • — ^«^..1 * — b '"«b^ ■ J "-"- ■"«-ts«"-'/ "ö- ii« mu uuucaauuu. iyj.Hi
gaion, dann weiter nach Norden aufgezählt; die 20 den Aiüixeg der IL II 744 am Pindos (Steph.
Landschaft $vXXlc am Pae^aion ß-eoeTJiTi'hknh cre- V.\i. a Ah%v,' n \ V»a+ *'i* ni^htc *n +™ ,„■*.„„
Landschaft <PvXXlq am Paggaion geographisch ge-
schildert) c. 100, 2 zeigt, daß Herodot seine
Vorlage verkürzt, was nur einer geographischen
Beschreibung gegenüber denkbar ist. Besonders
charakteristisch ist eine Kleinigkeit: 123, 2 f\
de xovzoiv x^QV Kgooaairj xai h tööe xaLtzai.
Das «oi, das ABC fortlassen, ist verständlich nur
bei Benutzung einer älteren Schilderung des Lan-
des und entspricht dem auch hier mehrfach er-
Byz. s. Atftmia) hat sie nichts zu tun, wenn
Ogdixijg ßEQog richtig überliefert ist.
Folgen wir der Küste und erweitern, was die
Fragmente geben, aus Herodot und Skylax: von
den Städten am Pontos iv Ogdtxrjt zwischen Do-
naumündung und Chersonnes (Skylax 'AxolXcövta
—KdXXarig) geben die Fragmeute nichts; wohl
aber die sonst unbekannte persische Festung B6-
tovCa und (das Vorgebirge?) ßvvidg frg. 140*.
scheinenden fisx&i i{*w. Die Art der historischen 30 An und auf der Chersonnes sitzen 'Ayiv&wi und
Notizen zeigt schließlich deutlich, daß Herodot
nicht etwa die ganze Schilderung des Zuges einem
älteren Autor entnimmt, sondern daß er selb-
ständig das historische, auf vereinzelter Lokal-
tradition beruhende Material in die zu seinem
Zwecke hergerichtete Periegcse einarbeitet.
Es scheint, als ob diese ältere Periegese, die
auch im V. Buche Herodots benutzt ist, auch
hier wieder einen größeren Komplex — und zwar
südlich von ihnen Xegoovrjotoi mit der Stadt
Xeggov^oog iv zwl io&fia>i tov Xsggovrjoov frg.
135*, die der von Herodot. VII 5 8 und Skylax
zwischen Kardie und Paktye genannten Stadt
Ayooä entspricht (o. Bd. III S. 2251 Nr. 3). An
der Küste Alptvat tzoX, jzegl Zyozdv frg. 137 und
Mddvrog frg. 138. Hier wohl auch die zur Ho-
mergeographie gehörigen 2xawi peraSv ztfg Tgm-
döog xai xf/g Ogdix^g frg, 133. Von den iju-
das ganze Land, das im Süden vom Meere, imiQxoQia am Milag xöXjzog (Skylax) haben wir frg.
Osten von Hellesnont und Pnntns bis 7nr Mün. ^'Äf\ R7.uy™,- Am Mii^r- i, am -T,r,4- a;„ „™„v,,wr.
Osten von Hellespont und Pontos bis zur Mün-
dung der Donau, im Norden von der Donau, im
Westen etwa von den Illyriern begrenzt wurde
{also auf drei Seiten von Wasser) — als Ein-
heit zusammengefaßt und in weiterem Sinne Thra-
kien genannt hat. Wenigstens geht die Beschrei-
bung auf der hellespontischen Chersonnes von
Norden nach Süden (frg. 135*), an der thraki-
schen Küste aber evident ost-westlich : es folgen
136 Kvnaotg. Am MeXag beginnt die genauere
Übereinstimmung mit Herodot. Atvog jioXig nennen
dieser und Skylax. An der vom Hebros durch-
flossenen alyiaXog von Ao^laxog (VII 59, vgl.
Skyl. "Eßgog xai sx avrtoi AovqIoxos zetyog), die
sich bis 2soQeiov äxga erstreckt und altes Ki-
konengebiet ist, liegt Zwvij • nöXig Ktx6va>v frg.
132 und Aqvg'jröXig Oqdtxcov frg, 32 (i^utogLOv:
Skylax). Bis zum Nestoa (- Skylax) nennt He-
sich frg. 116* Chalastre— Themre und < Steph. 50 rodot (VII 108) Zxgvpti, 'Io/aagig Xt/ivr} und
Byz. s. Magcoveta*} die Mdoig XijAvr}, die nach
Herodot. VII 109, 1 zwischen Stryme und Ma-
roneia liegt, und Magwvsta nölig. H. mag von
der makedonischen Küste in das obere Makedo-
nien und weiter ins Binnenland gegangen sein,
etwa zu den Paionen, deren ro/uoi frg. 123* schil-
dert. Dann mag er das thrakische Binnenland
südlich vom Haimosgebirge bis zum Pontos und,
von da an der Küste zurückkehrend zum Aus-
MaQcoveia (= H. <bei Steph. Byz. s. Ma.Q<hveia));
Aixaia (— Skylax) mit der Btoxovig Xißvt) und
den Flüssen Tgavog und Kofiyarog; "Aßdrjoa {=
Skyl. ; H. frg. 127). Jenseits des Nestos liegen
Oaoioiv at faetgcbzideg sioXeig, von denen Herod.
109 nur WozvQog mit dem Salzsee von 30 Sta-
dien Umfang nennt; Skylax zähltauf das später
gegründete (daher die historische Notiz yv wixios
KaXXiazQmog xü.) Adiov, NeaTzolig, die Insel
gangspunkt, das im engeren Sinne Thrakien ge- 60 Qdoog, rdXrfipog (H. frg. 122 R ndl. Oedtxrjg
nannte Land bellandft1f■, hahp-n Fln^li läRf ci^h ««) ft*".«^».,.«,\ n;™'...„ /^„';.- if js / ö+««i.
nannte Land behandelt haben. Doch läßt sich
die Ordnung im einzelnen nicht sicher erkennen.
Thrakien wird er an der Küste wie Herodot vom
Lydies und Haliakmon und wie Skylax bis zur
Donaumündung ausgedehnt haben. Im Binnen-
lande bildete das Afjuor-Gebirge (xo AT^ov sc.
«ßoe frg. 143) die Grenze des eigentlichen Thra-
kiens. Denn die Stämme u*w , deren Sitze nach
xal Ktxövojv), Olovfttj (.To'/.i? MaxeSovtag Steph.
Byz., öutoixta Baaioyv Thuc. IV 107, 3. Aiovfir} •
jzoXig 0Qdtxtje mit Zitat von II. II 304 Steph.
Byz. s. v.; H. brauchte also die Homerische Form)
xai äXXa if^Jiogta ßaoiatv. Es folgen bei Herod.
110t 7 idrea Bgijtxtov Si &v z^ff x<*>Qyc 6ddv
Fjioulio, von denen bei H. die SdtQat hg. 128
(vgl. Zaxqoxeyxai frg. 129) und AäWHot {Abq-
2717
HeKataios
XLV&HUUUB
<mitn Herod.) frg. 130 wiederkehren. Er hat
zweifellos die übrigen genannt. Von den Sitzen
der HtsQse bis Eion {OdygriQ hat H. frg. 126 als
noX. ßQdtxtjg) geht Herodot ins Binnenland ; Berg-
werke am Paggaion (zum Ausdruck vgl. <frg. 5»
mit den Stämmen der llisgeg, 'Oödpavxoi, Sdxgat
<frg. 128. 129), Landschaft Phyllis. und nördlich
vom Paggaion üaiovsg, Adßtjgsg, üatojtXat. Zwi-
schen Strymonmündung und Akanthos, wo Skylax
mehr Städte nennt, erscheint Aiycaldg (Herodot
= H. frg. 125) und als ndXetg f>gdiX7}g bei Steph.
Byz. die bei Skylax schon makedonischen* *Agi-
<&ovoa, *OX6tpv£og, "Axav&og. Es folgt die Chalki-
dike, von H. frg. 120 jj h> ßgdixrji x £ eQ° v *) a °s
genannt. Von den fünf Städten an der West-
küste der Zi$<ovirj, die Herod. c. 122 nennt,
bieten die Fragmente (rdXrjywg frg. 122?) Ssq-
fivXia frg. 121, Myxvßsgva frg. 120; Steph. Byz.
als xöXetg ßgdixijg Toqd>vrj dno Togmvrjg xxX,
{vgl. Antip. hist. in Socrat. epp. 30, 7) und v OXw~
&og. Auf Pallene, das früher ^Xiygrj hieß und
in die Kavaatgalov äxgr) ausläuft (Skyl. Kavd-
mgaiov zijg IIa?>Xt)vt)$ isgov dxgOT^gtov. Steph.
Byz. Kdvaxgov • axga Qgdixrjg xai Maxedovtag),
kennt Herodot acht Städte (Skylax nur noch fünf;
es fehlen Nfy ITdXtg, Alyrj, Zdvy), von denen
sechs bei Steph. Byz. als nöXztg Bgdixr\g wieder-
kehren: noTEidEia,'A<pvzr], Aiyrj, Sxiävr}, Msvdr),
2dvr} (a. auch s. Nty noltg). Zwischen Pallene
und dem Thermäischen Golf liegt die ,noch jetzt«
Kgoaaalt] heißende Landschaft (c. 123, 2) mit
sieben Städten, von denen Skylax nur noch AX-
vua kemit. H. hat davon AUa^og frg. 119, 2[üX<x
frg. 118; Steph. Byz. als nölsig Qodixrjg AToa,
Fiyoivog, Aiveta (vgl. aach s. Kdym, wo BX das
Ethnikon KapyaTog haben). Am Thermäischen
Golf hat Herod. 121f. Oig^, SlvSog, Xaliaxgij
am Axios (Skylax nur <9%^) ; H. frg. 116* OeQ^n
und XaXd<figt}\ frg. 117 die Zivdovalot Bgdtxtov
idrog. Im Binnenlande der Chalkidike liegen
die IIaiovixr\ und die KQtjozwvixrj co frg. 123*
üaioveg. frg. 124 Kgrjoxcövsg.
5. Die Skythen. Von H.s Beschreibung des
Skythenlandes ist direkt sehr wenig erhalten.
Daß sie ausführlich war, lehren auch hier wieder
Volks- und Stadtnamen, die allein in den Frag-
menten des H. vorkommen: 'BSoi frg. 159 (=
Edones Plin. VI 50?); "lorjTiog frg. 158; Maxv-
xixat frg. 156; Mvgyhat frg. 155 (vgl. Klausen
87); Kagdrjaoög frg. 157. Aber sie ist offenbar
als Ganzes durch Herodot verdrängt. Dieser be-
nützt Aristeas und eigene Erkundigung; aber es
scheint unzweifelhaft, daß ein großer Teil seiner
Angaben auf H. zurückgeht, der ebenfalls Aristeas
zitiert hat (s. § 11) und sich der durch Dareios 1
Expedition gewonnenen Kenntnisse als erster be-
dienen konnte. Für Benützung des H. spricht
(außer IV 49 der Wiederholung der Angabe über
den Lauf der Donau) die mehrfache Übereinstim-
mung einerseits zwischen Herodot und ITsgl digatv
(c. 17^ Herod. IV HOff.; c. 18 c^ IV 16. 29.
46; c. 19 p. 61, 10t s. o.; c. 22 e« I 105); anderer-
seits zwischen Herodot und Skylax 68. So knapp
naturgemäß die Schilderung des letzteren ist,
stimmt sie mit Herod. IV 21. 57. 99f. in der
^Angabe der Wohnsitze der Skythen, Sie sitzen
%un Pontos von der Donatunündnng bis zur Tanri-
schen Chersonnes. Grenzstadt gegen das Tavgt-
xi» mros, das bei Herodot 102 und Skylax 08
von den Skythen geschieden wird, ist die Stadt
EaexivTxtg (Herod. 99 co H. frg. 153 K. itdhg
Sxv&txri)* Weiter an der Maiotis bis zum Tanais,
der Grenze Europas und gegen die Sauromaten,
die ebenfalls bei beiden nicht eigentliche Skythen
sind. Sie wohnen hier ins Binnenland hinein in
vier Völkern: H.s Fragmente nennen nur noch die
nach ihrer Kleidung so genannten (Herod. IV 107)
10 MsXdyxAaivot frg. 154. Wenn Herod. IV 20 da-
gegen betont, sie seien äXXo eftvog xai ov üxv&t-
xov, so haben wir die Polemik, die überall auf-
tritt, wo er besonders stark den H. benützt.
Darum legt er auch IV 36ff. gelegentlich der von
H. (s. § 11) genannten Hyperboreer den großen
polemischen Exkurs ein und betont seine Selb-
ständigkeit in der Abmessung des Pontos IV 86
(H. frg. 163. Cramer Anecd. Ox. I 287, 28 ; vgl.
Diels419). Gegeben hat eine solche offenbar auch
20 H., der zudem diesem Meer die Gestalt eines skythi-
■ sehen Bogens zuschrieb (frg. 163). H. hatte ver-
mutlich 2xv$ai im engeren Sinne (das was Herod.
IV 99 de%air\ 2xv&ir} nennt) und die Nordvölker
überhaupt als Sxv&ai bezeichnet. Gerade wie
er Libyen sowohl den südlichen Erdteil über-,
haupt wie die Sitze der Atßvsg d. h. die Nord-
hälfte des Erdteiles nennt. Jedenfalls nannte er
die Massageten ein skythisches Volk (Herod. I
201), ebenso wie die Issedonen (frg. 168), dvrtov
30 deren sie wohnen. Letzlere setzt er schon nach
Asien , weil sie östlich vom Hyrkanischen Meer
wohnen. Ein anderes skythisches Volk Asiens
sind die "Id^ai frg. 167.
6. Als letzte Völker müssen die europäischen
Bewohner des Kaukasos (wohl an der Nordwest-
ecke der 'Ygxavii] d'dXaoaa) erwähnt werden:
AavSdgtoi frg. 161 und Tutavtaai frg. 162.
§ 13. Die Schilderung Asiens kann nicht
durch einfache Küstenfahrt gegeben sein, da bei
40 einer solchen das innere Asien fast ganz ausge-
fallen wäre. Ein Vergleich der Fragmente mit
Skylax zeigt das zur Genüge. Um die Ökonomie
von H.s Werk hier wiederherzustellen, steht uns
als wichtigstes Hilfsmittel der Gesamtüberblick
über die Gliederung Asiens bei Herodot IV 37ff.
zur Verfügung, der eine Karte voraussetzt, und
den ich ohne Bedenken auf H. zurückführe. Da-
nach wird Asien durch eine südnflrdliche , von
der Egv&qi] ddlaooa bis zum Pontos und zur
50 Phasismündung laufende Linie in eine West- und
eine Osthälfte zerlegt. Auf der südnördlichen
Linie wohnen die IJegoat, MfjSot-, X&onEiqeg 7 K6X-
yot (vgl. I 104. VII 79). Nach Herodots ^ Dar-
stellung ist diese Linie die Basis zweier äxxai,
in die der Westen zerfällt. Die erste wird nörd-
lich begrenzt durch eine ostwestjiche Linie, die
ebro <Pdoiog dgtafisvij Tiagarixaiai ig $dAaooav Tiagd
zs zov ITovzov xai tov c EXXr\OTiovxov fiexQt Ztydov
zov Tgonxov; südlich geht die Grenze and xov
60 MvQiavötxov xoXnov zä ig ddiatioav ftezQi Tgiomov
äxg-qg. Die Westgrenze wird durch das Ägäische
Meer gebildet. Wir haben auch hier auf drei Seiten
Wassergrenzen. Diese dxxt} wird von 30 Völkern be-
wohnt. Die südliche (auch sie auf drei Seiten von
Wasser begrenzt) dxri) ojio üegoecov aQ^afdvr)
jzagaxhaTat ig xipr Egv&qviv &dAaooav, f\ xe IltQ-
oixtj xai and Tarnt}? ixdexofänj v\ 'Aoavgirf xai
djto 'Aoovßbis 17 'Aeaßfy. Ihre Westgienae — ov
J3.0IUitfU.UO
Z/JÖV
Xyyovoa et py vofian, d. h. eigentlich sollte man
Libyen hinzuziehen — ist der xdktog *A$&ßtog.
Ostasien, über das Herodot wenig zu sagen weiß
— er nennt nur als östlichstes Land die 'IvStxt)
— , wird begrenzt südlich von äer'Egv&Qi} tidXaooa,
nördlich von Kaomr} üdXaaoa und dem nach Osten
fließenden Araxes, im Osten vom Ozean Diese
Darstellung entspricht wohl der des H. ; doch ist
sie unvollständig. Aus frg. 170 ergibt sich, daß
eine der Hauptlinie parallele Südnordlinie Ost- 10
Herodot
tf Ss AXyvnxog zrjs oQuv^g KiXixtyg fxdXioxd arjt
avxir) xeixat
sv&svxev Ss ig SiviOTirjv xr\v iv Ev^eivoh jiovrcai
Jievxe r}ft£Q€(ov i&ea 686g sv£(ov<m clv^qI
Es entstehen so wenigstens für den nördlichen
Teil eine Keine (5) von offenbar als Rechtecken
gedachten und als solche in die Karte eingetragenen
Komplexen (vergleichbar den westöstlichen Streifen,
in die Libyen zerfällt: jiaQa&aXaaala, ötiQtcbdtjg,
W&PM* Herodot. IV 181; s, § 16). Für ihre
Einzelbehandlung bieten eine gewisse Hilfe die
beiden großen Aufzählungen der asiatischen Völker-
schaften in der Satrapienliste III 90ff, und der
Heeresliste VII 61 ff. In beiden ist freilich die
geographische Ordnung durch allerlei andere Rück-
asien noch einmal zerlegte: sie ging von den
Mykoi am Roten Bfeor bis zum Araxes. Eine
weitere Linie (es ist der Meridian, der bei Era-
tosthenes vom Issischen Busen nach Amisos —
Sinope geht; frg. m A 36 p. 204f. Berger) zer-
legte aber auch Westasien noch einmal, wie der
Vergleich von Herod. II 34 (II 33— 34 ist ein
aus H. stammender geographischer Exkurs) mit
Skyl. 102 lehrt:
Skylax
ex Ob Zivcojtrjg xifg sv zdit Ildvxan
Sia rrjg qxeioov xai x-qg Kdixiag slg 26Xovg
666g iöxiv äiib &aXäaot]g elg -d-dXaoöav -{zum Aus-
druck Herod. IV 37!) ^eq&v s,
sichten gestört. Aber beide zeigen die große
Teilung von West- und Ostasien; und wenigstens
20 für den ersten Teil der Satrapienliste hat Fries
15ff. auf Grund des schon von Kiepert gemach-
ten Vergleiches mit V 49. 52 (wo H.s Karte
durch Aristagoras erläutert wird) Benützung des
H. nachgewiesen. Ich füge hinzu die Aufzählung
der Flottenkontingente VII 89ff. und Skylax:
denn dieser Teil ist ganz wesentlich Küstenbe-
schreibung vom Pontos bis Ägypten. Man vgl.:
Herod. HI 90ff.
B
Herod. V 49. 52
II.
in.
IV,
"Icovsg
Mdyvtjxeg iv Aoitji
AioXeeg
KäQeg
Avxioi
MiXvhg
ÜdfKpvXot
"Icoveg
'pQvyeg
KaTma&oxatSvQioi
Mvaoi
Avdoi xxX.
'EXXt)ox,6vxioi ot ijil öe!~ia, '■
EÖJlXsOVTl
0Qvysg
OQTjixeg ol iv ttji 'Aofyi '
(= Bi&vvoi) !
üaipXayöveg
MaQtavdvvot
Svqioi ( = Kajinadoxeg)
Herod. VH 89ff.
(in umge k ehrter Folge)
D
Skylax
Tanais
Sauromaten (c. 70)
Maioten (71)
Sindoi-Gelones (72—80)
KiXixeg
KlXixcg
Kvjiqos
'EXXtjOxovziOi
WQvyia
Tßotdg
AtoXfog
AloXig
VTjotcÖxai
Adaßog
"latreg
Avbia
Kägeg
Kagia
AojQihg ex xrjg 'Aoitjg
Avxiot
Avxia
UäfupvXoi
JlafKpvXia
KiXtxeg
KtXixta
K&lfHOt
Kvxqos
Kolcher
81
Byzeres
82
'ExEXElQtg
83
Be%Ei(>txT]
84
MaxQoxitpaXot
85
Moaavvotxoi
86
Tißagrjvoi
87
XdXvßsg
88
AoovQia
89
ÜafpXayovla
90
Maqiavdvvoi
91
Bf&vroi
92
Mvoia
93
^gvyia
94
Tßotdg
95
96
97
98
99
100
101
102-
103
2721
Hekataios
HekataioB
2722
A
B
C
D
Herod. in 90ff,
Herod. V 49. 52
Herod. "VTE 89ff.
(In umgekehrter Folge)
Skylax
V.
<Pötvtxt}
2vQirj 7\ JlaXaioxivrj
Kvjigog
Agaßirj
SvQm xai <Poivixr) 104
Aqaßta 105
VI.
Atyvjxxog
Atßvsg ot 7iQOö£%eTg Alyv-
nxiüi
KvQYjVf}
Alyvnxioi
Alyvsizog 106
Atßvr} 107
Bäpxr}
*A(>(A£VlOl
Matii}voC
Kiaotr)
^oivtxeg üvv 2vqioioi
xdig iv JlaXaiortvrjt
Deutlich liegt für das westlichste Eechteck die
gleiche Liste zugrunde : es decken sich C D voll-
ständig, nur daß Herodot in umgekehrter Folge
aufzählt und die ^olvixsg als beste Seeleute vor-
weg nimmt; gerade wie in A B die "Io>vsg aus
der Reihe genommen sind; in A weil sie der
Satrapie den Namen geben, in B weil die Straße
hier beginnt. Auch nennt Herodot seinem Zwecke
entsprechend die Aojgihg "Icaveg und vqat&zai be-
sonders, während sie bei Skylax unter Lydien und
Karien mitaufgezählt werden. Letzteres entspricht
vermutlich der Weise des H.: frg. 225 MlXqxog
nöhs EJittpavrjg iv KaQiai z&v *I<ova>v. Von A
deckt sich die erste Satrapie (nur daß die'ibwec
an erste Stelle treten) mit (B)CD 96—101; die
dritte (nur daß die Mvooi, die offenbar hier keine
Küste haben, in die zweite Satrapie treten) mit
D 95-89; die vierte mit B CD 102; die fünfte
und sechste mit CD 103—107 (nur daß die
Stellung von Kvagog in A leicht verschoben ist).
Der Unterschied zwischen A und D besteht darin,
daß die Pontosküste (die in B C fehlt) in der
reinen Küstenfahrt von D zusammenhängend be-
handelt wird, in A auf die Satrapien verteilt ist.
[Doch erscheinen die Völker D 85 — 87 auch in
der 19. Satrapie zusammen : die Verschiedenheiten
(Skylax nennt Möo%oi und Mägeg nicht) erklären
sich leicht: die Mägeg (H. frg. 192) sind vermut-
lich kein Küstenvolk: die Möa^oi gehören nach
frg. 188 politisch zu den Kolchem]. Es ist wahr-
scheinlich, daß Skylax auch hier dem H. näher
steht. Dafür daß dieser die Küste des Pontos
von der Grenze der Erdteile an zusammenhängend
behandelt hat, sprechen die vielfachen Bestim-
mungen deT Pontosvölker in ihrer Lage zuein-
ander (frg. 185. 188. 189). Vor allem aber, daß
frg. 195 die Armenier als südliche Nachbarn der
Chalyber bezeichnet werden. Er ging also ver-
mutlich bei passender Gelegenheit von der Küste
ins Binnenland, während die 13. Satrapie vom
Binnenland her ITaxxvtxf], 'Aofievioi xai oi ngooe-
Xeig fisxe 1 Evfrivov Ilövxov aufzählt. (Dabei ist
es möglich, daß solche BinnenvölkeT doppelt er-
wähnt wurden, wie z. B. die Oase Avyda in den
Atßvxd IV 172 von der Küste ans und IV
182 in ihrem Streifen). Immerhin zeigt sich,
daß H. auf die Satrapienliste auch bei reiner
Kästenfahrt für die Strecke vom Tanais bis
zum Nil Rücksicht nehmen konnte. Durch
dieses gelegentliche ans praktischen Gründen er-
F»Uly-WiMOw»-XroU TU
folgte Hineingehen ins Binnenland erklärt sich
20 auch die mehrfach auftretende west-östliche Rich-
tung in der Aufzählung: frg. 190. 193. Vom
Hellespont an deckt sich Küstenfahrt und Satra-
pi enteilung. Daß für die Rechtecke des Binnen-
landes H. sich der Satrapien einteilung anschloß,
die er im Texte und auf der Karte jedenfalls er-
wähnt hatte (Fries 16), ist mir wahrscheinlich.
Spuren der Benutzung des H. fehlen bei Herodot
auch für die Satrapien VLTif. nicht, wenn er auch
hier den H. nicht so zugrunde legt, wie für I— VI.
30 Dahingestellt lasse ich, wieviel aus den Notizen
über die einzelnen Völker in der Heeresliste direkt
oder indirekt (durch Dionys von Milet?) auf H.
zurückgeht. Eine Behandlung wie ex. gr. VII 61
(Name des Volkes; Kleidung und Bewaffnung;
frühere und epichorische Namen; Verbindung mit
hellenischem Mythos durch Eponyme) widerspricht
jedenfalls der Art des H. nicht. Die Angabe des
Befehlshabers trat natürlich erst hinzu, als die
geographische Aufzählung zur Heeresliste wurde.
40 Die Analogie bietet die Route des Xerxeszuges
(oben § 12). Lehmann-Haupts Betrachtungs-
weise (Klio VII 299) kann ich nicht billigen.
§ 14. Die Fragmente beginnen am Hypanis
(= Phasis?) mit Phanagoreia dxo <PavayÖQov
(frg. 164 + Arrian. bei Eusi Dion. 549. <&ava-
yÖQov moXig Skyl. 72) und dem xoXnog "Ajtdxovgog
frg. 165 Jo. Bd. I S. 2681) und vielleicht 'Egpä-
vaooa TioXig dno 'Eg^tcovdaorjg frg. 197. Die Stadt
liegt im Gebiete der Stvöoi (Skyl. 72), die H.
50 erwähnt hat : 'I^ißdrat idvog jtoo; rtöt üovxoii
noooexhg zrji (2}ivbixfjt frg. 166. Klausen 91
ordnet hier die skythischen 'Idftai frg. 167 ein.
Es folgen Koqa^oi, edvog KoXzcov TtXqaiov K(oXcov y
die ztQog tcöi Kavxdofot wohnen frg. 185. 186.
Beide Völker zusammen auch bei Skyl. 77. 78;
vgl. Herod. LTI 97 RoX/ot . . xai oi tiqogex&S
fiEXQ 1 Ka.vxdoio$ ogovg, wo der Kaukasos die
Grenze der persischen Herrschaft heißt. Die
Kolcher selbst (frg. 188 vgl. Herod. IV 37. IH 97.
60 Vn 79), bei denen Skylax 81 die Stadt der Medea
nennt, und ein ihnen unterworfenes Volk, die
Möoyot, die mit Makrones u. a. (H. frg. 191 — 193)
die 19. Satrapie bilden. H, ist hier ins Binnen-
land gegangen; denn kein Kustenvolk sind die
»Nachbarn der Moscher* genannten Maxitjvoi mit
der Stadt Ttwirj, deren Bewohner io&qxa tpogeovat
ofyv y&ß IIa<pXay6reg frg. 189 (ooü. Herod. VH
72). Von den drei Landschaften, in denen dieses
86
j-Ltmabo&UB
Volk sich findet (e. Stein an Herod. I 189, 2),
ist hier die gemeint, in der nach Herod. I 202
der Araxes entspringt. An Hyöpe grenzen die
rögöwt frg. 189 (vgl. roQÖvaict agt} o. Bd. VII
S. 1594). Die Bexetgtxy frg. 189; an sie grenzen
südlich die Xot (= 7W? o. Bd. Hl S. 181f.);
an diese nach Osten die AiCijgsg (kaum identisch
mit den Bvtygzg SkyL 82; o. Bd. V 1248). Md-
xgcovtg ol vvv Zdvvoi frg. 191 (die 2avvixr\ (Steph.
Byz. s. Xatöia)); hier die Stadt Egfimvaaoa frg.
197('?). Tibarener und östlich von ihnen die
Mossynoiken mit der Stadt XoigdÖsg (Skyl. 86.
87), der die Mägsg benachbart sind frg. 192.
193. Die XdXvßsg mit der Stadt 2zafiiv V «2V)a-
fiivsia Skyl. 88) frg. 195, 196. Der Thermodon,
bis zu dem nach Genealog, frg. 350* azib Xadiofyg
das Gefilde 0£{uoxvgt} reicht, ist Grenze gegen
die kappadokisehen Syrer auch bei Skyl. 89, vgl.
Herod. I 72. II 104. Von den Chalybern aus
scheint Armenien behandelt zu sein: frg, 195 und
<Steph. Byz. s. XaXöia), Die Leukosyrer (frg.
194^200; Aoavgla Skyl. 89; Svgtot Herod. III 90.
VII 72 ; Kaxjtaddxat xovg TjfAstg Svglovg xaXeofisv
V 49) mit Teigia frg. 194 und 'Apuads, dem Home-
rischen 'Evsttj frg. 200. Klausen ordnet hier
die beiden unbekannten pontischen Städte Ildxga-
avg frg. 198 und Kgdaaa frg. 199 ein. Grenze
gegen Paphlagonien — der Name tlayXayovsg frg.
189 — ist der Halys: (Herod. I 6. 72). Hier
die Mariandyner mit der Stadt Stetpavtg frg. 201
(Ex&pdvy hfitfv Skyl. 90). Bithynhn-ßgäixeg
Bi&vvoi s&vog SkyL 92; Oprjtxsg ol ev zfy'Aofyi
Herod. III 90 ; Ggfyxeg, früher Sxgvfidviot, später
Btüwoi VII 75f. — und Mysien erscheinen in
den Fragmenten nicht mehr. Danach bei Skyl.
94 — 96 <pQvyia vom Kiavög xöfaiog bis Antandros
d. h. außer der Pontosküste bis Abydos auch
Troas und Aiolis umfassend, die dann aber doch
(ungleich den ionischen Städten) als eigene Ab-
schnitte genannt werden; vgL in der dritten
Satrapie EXXr\on6vxiot oi ml öe^ia eiojzXeovzi und
$ovyeg. Hierher gehören: die verschwundene
Stadt 'AXaZla, an der Mündung des Odryses in
den Rhyndakos, östlich der ixßoXai des AXor\no$
frg. 202. 203; die AoXihg, in deren Gebiet Kyzikos
liegt frg. 204 ; 2xvXdx n in der Nähe dieser Stadt
frg. 205 ; "Aßagvog, Aa^tpdxov äxgt] frg, 207. Aus
der TqcoixtJ (so frg. 209) Ziyq zrjg Tgatadog
(ebenso Skyl. 95. Styeiw Herod. IV 38); Mvgi-
xovg frg. 209, dem gegenüber TivsSoc (frg. 139)
und Lesbos (Evgdi^ bei H.) liegen. An der
Nordküste des Adramyttenischen Golfes und im
Inland Aa/Micbveia frg. 210 (Aafuiatviov Herod. V26.
Hellanik. bei Steph. Byz. s. Aa/wtoveta). Und die
.äolische 1 Stadt Palaigargaros: Steph. Byz. s. rdg-
yaga. Weitere äolische Städte, die Skylax 98 an der
lydischen Küste nennt, sind rgvvsta hg. 211
(Herod. I 149; rgvveiov Skyl. 98 mit 'Ayaiüv
XtftTjv, wo die Achaier über den Zug gegen Tele-
phos berieten; rgvvtov, noXi/vtov Mvgivaicov Strab.
XIII 3, 5); Kyme mit dem alten Namen ApLa-
Covtov frg. 212 und Zfivgva (ev ?]t "Oftrjgog t}v
Skyl.) mit MkXtjxog xo?jiog und «orajctos frg. 213.
Von den ionischen Städten, die Skylax 98f.,
wie offenbar auch EL, auf die lydische und ionische
Küste verteilt, werden genannt: 'Egv&gaCfre. 215
(vgl. frg. 99); Zi&ovooa frg. 217* (h ök 2. n6Xie
d.h. iv xyrEQv&eai™, vgL Thtxkyd, THI 24, 2);
neitami03
a/s*
2725
Hekataios
Kvß&tta jkü« frg. 214 (xt&ftfj Strab. XIV 1, 83);
K&qvxos $qo£ jifyoiov Tea> xai 'Egv&göjv frg. 216 ;
Mvövtjaog pevaSv Tnm xai Aeßddov frg. 219;
N6xtov frg. 220; Kolovga tva HQit]vr[s S£ovto
frg. 831* (vgl. Steph. Byz. s. AtßovQa)', Mvtjs
frg. 224 (Mvfotoi Herod. VI 8); Aaxyuxog x6X-
nog mit dem Latmosgebirge , dem Homerischen
$&eig&v ögog frg. 227; MtXr}zog frg. 225; Aeßt}
frg. 226. Unbekannt ist die Lage von ZidtfXtj
10 frg. 218. In Karien nennt H. nicht weniger als
13 Plätze : Z-tJtovqaos frg. 231 ; Kagvavda frg. 228;
Kedotal frg. 234; KogvSaXa, jzoXi; "PoMqjv frg.
244; KoäS n frg. 235; KvXXavÖog frg. 233; Adeia
frg. 236; Awgvfia frg. 232; Meö/taaog frg. 230;
Mioaaßa frg. 237; MvvÖog frg. 229; SvXog frg.
238; Tvwoog frg. 239. Aus Lykien (dessen Ein-
wohner früher TgepiXai hießen: frg. 364, vgl.
Herod. I 173) nur Stadt und Fluß Sdv&og frg.
241; ndzaga frg. 242; Zivbia frg. 240, Dagegen
20 nennt er eine Reihe Städte, die bei Skyl. 100
lykisch sind, pamphylisch: <PeXX6g frg. 243;
"Idvgog izoXtg xai Ttotafiog frg. 246 (IlafMpvXiaq
Theopbr, de vent. 53); Aigräjeia noXtg (vijoog
Skylax, wo Muellers Note zu vgl.). Auch bei
Skyl. 101 zu Pamphylien rechnen : Ztörj frg. 250 ;
KogSvzog frg. 248; Kvgßij frg. 249; MsXavlTtmtov
frg. 247. Aus Kilikien nennt er den Xd^aSgog
nozapog frg. 251* (-ovg nolig xai Xipqv Skyl. 102);
als Grenzstadt gegen Pamphylien NdytSog tkid
30 tov Ndyiöog xvßsgvrjxov , xai vr)oog Naytdovoaa
frg. 252 (N. jtoXtg , f\ xai vr\oov e%ei SkyL);
KatQvxsta Steph. Byz. s. Kdtgvxog', SoXoi frg. 253.
Von Lykien oder Pamphylien aus ist er wohl
wieder tiefer ins Binnenland gegangen und nannte
KaßaXtg tiXijgIov Kißvgag Jigog vdzov Maidvdgov
frg. 223, vgl. Herod. III 90 die Kaßalhg im
zweiten vop6g und VII 77 KaßrjXhg oi Myioveg,
Aaadrtoi de xaXov/tevot ; und MvXioi, s-ßvog &gv-
ylag frg. 206 (wo Meineke MtXvat vermutet,
40 vgl. Herod. I 173. III 90. VII 77. Strab. XIH
4, 15ff.). Unbekannter Lage, wohl auch von der
Küste entfernt, sind die lydischen Städte Kvvtj
frg. 221 und Mi^tv n Ö6g frg. 222.
An die Kiliker schließt — Kypros fehlt in
den Fragmenten — Zvgty xai <&otvixr\ , dessen
alter Name Xvä frg. 254 erwähnt worden zu sein
scheint. An der Küste wohnen die $oivtxEg oi
ev 2vgiat (frg. 257 im Gegensatz zu den <Polvixeg
ev Avßlrji): ihre Städte sind rdßcda frg. 255,
50 SiQayv frg. 256, Amga^ früher Amgog (so SkyL
104) frg. 260, 0oivixovooai frg. 257, Aiyd frg.
258, rtyyXvpaixr) frg. 258. Von syrischen Städten
erscheinen Kagövxog frg. 262 und Kävvztg frg.
261 (Kälvue Steph. Byz. s. v., KdSvus Herod. II
159. III 5), d. h. Gaza, die Grenzstadt gegen
Ägypten. Von Arabien nur die Kapagrjvoi vijaoi
Agaßioyv frg. 263 (vgl. Klausen 116); doch
ist bei Herod. III 107ff. H. jedenfalls benützt.
Endlich Ägypten, soweit es zu Asien gehört, d. h.
60 östlich des'Nü (v. Gutschmid Kl. Sehr. I 411)
Täßig zrdXig 'Agaßiag frg. 264; Atijßgtg, noXtg
&otvtxa>v frg. 283 ; MdydwXog frg. 282 und Kgtög
frg. 273 (jtoXet; Aiyvjtxov im Lemma gehört dem
Lexikographen); $axovoocu ftetagv Alyvmvo xai
xfjg 'Eqv&qös öaläooys frg. 281 ; genannt vermut-
lich bei Erwähining des Nechokanals (vgL Herod.
II 158, wo Ildtovfiog nölig 'Agaßiag heißt),
v. Gutschmid fügt hinzu die ägyptischen Städte,
Hekataios
2726
■die bei Steph. Byi. arabisch heißen, wie Uo&pv-
@Txtc jt6Xi( Agaßiag war' AVyvnxov. Über das
Delta s. § 15.
Es folgt die südliche axxr} "Westasiens, die
in den Fragmenten sehr spärlich vertreten ist.
Die 9. Satrapie, Aaavgiti mit Babylon, fehlt über-
haupt; ein sicheres Urteil über das Verhältnis
Herodots in seinen BaßvXmvtaxd (I 178—200) zu
H. läßt sich auch nicht gewinnen. Auf die 8.
von der südlichen axxr} aus zu Ägypten überzu-
gchen, sodaß er tatsächlich dann auch das Nil-
land in ununterbrochener oder doch nur durch
die Angabe der Grenze zwischen Aalt/ und Aißvrj
unterbrochener Folge behandelt hätte. Mir ist
das glaublicher,
§ 15. AXyvnzog. Die starke Benützung von
H.s Schilderung Ägyptens ist oben mehrfach fest-
gestellt (§_6). Sie muß uns für den Mangel an
— — „„ „„„w 5„„. „.„„.,. ü^» vj.^ u. göouonu yy yjj. 010 iuud uns iur neu iaangei an
Satrapie (Kiöoty mit Susa) weist Harpokr. s. 10 direkten Fragmenten entschädigen. Denn hier
Kvjiaomc über die Kleidung dar TTiRsifir <W1 rm/] aV^ri^ ftw T.ii,™« i^v.™ ;k~ t ^^:i t.__
Kvjiaoatg über die Kleidung der Kissier (vgl.
Herod. V 49. 52. VII 62. 86). Auch von den
Völkern, durch die die Grenzlinie lief, haben wir
wenig; die beiden noXeig Jlsgoixal JZixxdxi} frg.
184 und Xavöavdxt] frg. 181 und die Nennung
der Mtjdla %<bga frg. 171 ; dazu die Beschreibung
Mediens Herod. 1 110, wo auch die Grenze gegen
die Zdaneigeg wieder erscheint. Mit den Medern
sind im 10. vofxog die IJagixdviot vereinigt (s,
und ebenso für Libyen haben die Lexikographen
nur solche Namen aus H. exzerpiert, die bei
Herodot entweder überhaupt nicht vorkommen
oder anders geschrieben werden. Von den nur
fünf Orten aus dem Delta, die die Fragmente bieten,
gilt jenes für 2mg frg. 274, Sfjvog frg. 272 (noch
einmal bei Steph. Byz. s. IlätXis, das v. Gut-
schmid ebenfalls H. zuweist), BoXßtxtvtj noXtg
frg. 285 (Herod. II 17 nennt nur BoXßixtvov ozö^ia)-.
Stein zu Herod. HI 94), sodaß frg. 180 Ilagi- 20 dieses für XSftßts frg. 284* (XW Herod. II 156)
xdvij • xoXig ITegotx^ wohl hierher gehört.
Das östliche Asien wird vermutlich in engerem
Anschluß an die Satrapienteilung behandelt sein.
Jedenfalls tun wir am besten, üit zu folgen. An
die Jlegatg östlich schließend die 14. Satrapie
(Herod. LTI 91, vgl. HI 117. VH 67. 68. 80. 85.
I 125) (j aus der die Mvxot, frg. 170 und Kvgtj,
vrjoog iv tu» Ilegaixäit jzovxaii (vgl. Klausen
"95f. Bolchert 11, 1) erhalten sind. Aus der
und 'A&agd(A,ßr) xai 'A&aga^ßizrjg vo/tdg frg. 283*
CA^eißtrtje Herod. II 166). Aber frg. 283 zeigt,
daß H. unzweifelhaft die vojuoi mit ihren Haupt-
städten aufzählte (vgl. Herod. II 164ff.). Eine in
die Einzelheiten gehende Analyse des Heiodot-
buchea und eine Untersuchung, was auch von dem
chorographischen Material auf H. zurückzuführen
ist, kann hier nicht gegeben werden. Ich begnüge
mich mit der Konstatierung, daß der Anschluß
11. Satrame der die Kaojztoi u. a. angehören, ist 30 Herodots an H. in dem Abschnitt über die wvoig
nichts erhalten- faTlo -nirtlit A\* "P^ D «1™^V.™„ J Ä ™ _.-_ ...t . ;n w n ,> , , -. , ^T b
nichts erhalten; falls nicht die Beschreibung des
Kaspischen Meeres frg. 172 und das Volk der
Kazavvoip) jzgog rr}i Kaojilrjt &aXdoayt frg. 169
liierher gehören. Ich stelle hierzu die Beschreibung
des Araxes und der Kaanir^ MXaaoa, die H. frg,
172* Ygxarlr} nennt (doch kommen frg. 171 die
Kdömat jrvXai vor) , bei Herodot. I 202f. Es
schließt daran (vgl. Herod. IH 117) die 16. Satra-
pie, aus der wir ndg&oi und Xogdafiiot mit der
xrjg x&gvig (II 5—34) trotz oder wegen der Po-
lemik besonders eng ist, und erwähne nur noch
einen Punkt. Daß H. allein das Delta Atyvxiog
nannte und es als Öwgov xov nozaftov bezeichnete
und erwies, ist unbezweifelt : frg. 279 und (Herod.
II 15 (= frg. 295)). Seine Abgrenzung an letz-
terer Stelle macht den Eindruck eines direkten
Zitats : es reicht cbio üsgadog xaXeofievrjg oxomfjg
zb mxga. ■&dXaaoav ßsxQt Tagi^an xwv HtjXov-
Stadt XogaofiiT} frg. 172. 173* haben. D ie Be- 40 oiaxcov, in einer Ausdehnung von 40 oyoivoc, and
«chreibung ging hier von Westen nach Osten.
Daran schloß südlich die 12. Satrapie, die Bax-
rgtavoi, die H. nach Herod. LH 102 sicher er-
wähnt hatte. Sodann die 17. Satrapie (III 91,
Tgl. VII 66), aus der frg. 178 die ravSdgat oder
ravddgtot in der ravdagixij und frg. 179 die Stadt
KaouidTivgog (vgl. Herod. Itt 102. IV 44) bieten,
wo die Fahrt des Skylax begann. Endlich die
20. Satrapie , die 'Ivdoi. Die Fragmente geben
erstreckt sich ig /ueooyatav fteXQ 1 KegxaowQov
TzoXtog, wo der Nil sich in den Pelusischen und
den Kanobischen Arm teilt. Das Faktum, daß
wir es hier mit H.s Bestimmung zu tun haben,
von der die Herodoteische II 6. 17 in. ganz ge-
waltig abweicht, wird durch Skylax 106 bestätigt.
Nun Hegt aber nach Strabon XVII 1, 18 die
üegaeog öxomfj und xo Mdtjoiatv z£txog(\) am
Bolbitinischen Nilarme, d. h. das Delta hätte nach
TTT m & : d J5, EÖW? de ^^ alajiat fr S- 177 W- Herod - 50 H. an diesem Arme begonnen, den Herodot ögvxxov
I I 1 -""CK Vi 7 UTA Art J i *m /j.* 7»/»* Pill lArtnn i'nü .-«..3 „ J_ "1 1 TV 1 w 1 J n . ^
III 38. 97 , wo KaXXa[v]xtai zu lesen ist) und
"Qjiim mit retxog ßaodfyov frg. 175; den Indus
frg. 174. 175, der vermutlich die Grenze bildete,
und die Stadt Agydvzr} frg. 176. Aber daß Herod.
LH 98—105 im wesentlichen Wiedergabe des H.
ist. erscheint sicher (s. o.): die Disposition ist so,
daß erst die Lage des Landes gegeben wird, dann
die einzelnen Völker genannt und meist kurz (wie
etwa im Atßvxog Xoyog) skizziert werden.
ist, wieweit mit dieser Aufzählung die Anordnung
des H. getroffen ist. Zwar für die größeren
Komplexe wird sie stimmen. Sehr zweifelhaft
dagegen bleibt deren Folge. So z. B. ob der
asiatische Teil Ägyptens mit dem Delta in der
durch Skylax-Herodot gegebenen Seihe der Küsten-
länder des Mittelmeeres stand, oder ob EL nach
Sieinasien erst den Osten behandelte, um Atmn
nennt, und der Kanobische Arm mußte von H.
schon zu Libyen gerechnet sein. Bei Strabon ist
XVII 1, 16ff. H.s Darstellung, wenn auch gewiß
nicht direkt, benutzt (vgl. Di eis 443). Andrer-
seits sagt Skylax ausdrücklich, daß zo Kavcomxbv
azdfia ogiCsi 'Aatav xai Aißvtjv (c. 106), und daß
Libyen ttrö xov Kava>mxov axofiazog beginnt
(c. 107). Die Herodotinterpreten haben die Mög-
lichkeit einer Begrenzung Ägyptens, wie sie sich
Knaus TTorr.il IT in. ; n _!_ S+«K a C\ a^^iYA- «»
Es sei noch einmal betont, daß es fraglich 60 aus Herod. II 15 in. -+- Strab. a. O. ergibt, ffe-
— — „. , , . — „„ „ _„„, & „
leugnet; und Stein z. B. versetzt die Perseaswarte
westwärts zwischen Kanobische Mündung und
Aleiandreia. Aber sie scheint dadurch bestätigt
zu werden, daß 'EXheiog xdnoq Tigog töh Karaßon
frg. 288 zitiert wird ans der JIsQt^atc Aißvrjg
und — beweisender — daß es bei Steph. Byz.
s. Kdvamog heißt: lati xai Atfifyf rdotos K&*a>-
xog. Wollen wir nicht annehmfln, daß H. eine
2727. '
Hökataios
Hekatam
2725
ältere, mit BoXßlxtvov ozd/ua* nsgaeos oxomrj und
Mdriaitov xeixog und eine j öligere mit Kanopos
beginnende Begrenzung nebeneinander gegeben
habe, und daß Herodot die Erörterung des Vor-
gängers stark zusammengezogen hat, so bleibt
nur eine andere Annahme übrig: Herodot hat,
wie öfter, die von ihm zuerst einfach referierte
Ansieht seines Vorgängers (II 15 lin. 9—14 Hude),
im Verlauf der Polemik (lin. 15) unmerklich ver-
bessert und Skylax hat das aus ihm übernommen, 10
wie er auch die Ausdehnung des Namens Atyvxxos
auf das ganze Niltal von ihm übernimmt und
seine Kritik der Grenze zwischen Asien und Li-
byen berücksichtigt. Der Fall würde ähnlich
liegen wie in II 8 über die Verbreiterung des
oberen Niltales. Für die erstere Annahme gäbe
eine Analogie die wahrscheinlich ebenfalls aus-
führlicher behandelte Frage über die Abgrenzung
Europas und Asiens, wo H. auch zwei Ansichten
(Tanais und Phasis) erwähnt hatte, um sich selbst 20
für eine von ihnen zu entscheiden (§ 10).
Wir werden jedenfalls die Fragmente 0dgog
(287), 'EXhewg (288), Kdvayjcos (Aristeid. II 482),
Güvtg ((Steph. Byz. s. v.)), ÄovXcov JidXig (318)
zusammenstellen unter Hinweis auf Herodot. II
112ff., während Skylax Kdvwnog zu Ägypten,
Pharos aber und doch wohl auch Thonis zu Li-
byen rechnet. Hierhergehören dann (vgl. v. Gut-
schmid a. a. 0.) die westlich des Nils gelegenen
Städte Oberägyptens, die auch meist aus der Tis- 30
Qt7}yr}<Hs Aißvqg zitiert werden, und der Unter-
lauf des Nils selbst: "Aßoxtg frg. 269; NeiXog
frg. 277; 'Ovdßaxig frg. 271; Kßäfißmms frg.
275 ; die vfjooi Iv xwi NeiXcot Xlog Aiaßog Kv-
Ttgog Sa.fi.og xal äXlai frg. 286 -+- < Steph. Byz.
S. Kvxgos m sart xal Aißvxr\ (!) Kimgog) ; TfoSiov
(Steph. Byz. s. v, sioXig Aißvr\g (Hellanikos frg.
150 aber nennt sie iv AlyvTrxtaxoTg)). Keiner dieser
Namen kommt bei Herodot vor. Unbekannt ist
die Lage von MvXoiv frg. 270. An den libyschen 40
Teil Ägyptens schließen sich die Aithiopen, wie
v. Gutschmid 43f. aus frg. 267 1 'aasig [i. e.
'Y aasig = 'Odasig] ' vfjoog fiixgä xal fieydXr} Al-
üioitojv coli. Steph. Byz. s. "Yaatg • nöXig Aißvr\g
schloß. Das wird bestätigt dadurch, daß die
2xidjtodeg • t'&vog AWiojiixöv aus der IJegtijyt]atg
Alyvnxov zitiert werden (frg. 265). H. ging offen-
bar vom Delta südlich bis zum Ozean, wo in den
dvondtcd (iSQt) xfjg AlyvTtxiaxfe yfjg dem Ozean
nahe die Jlvyftcüoi sitzen (frg. 266). Übrigens 50
s. § 16. Ein nicht fabulöser Stamm der Aithiopen
scheinen die Mdg/xaxeg frg. 268 zu sein.
§ 16. Auch für Libyen geben die Fragmente
selbst nicht viel aus, da wieder ganz wesentlich
nur bei H. vorkommende Namen exzerpiert sind,
die wir chorographisch vielfach garnicht ein-
ordnen können: so die noteis Aißvrjg Qiyyr) frg.
326 (gewiß nicht mit Klausen 138 gleieh
Tgiyya außerhalb der 2xfj)jxi, die nach Strab.
XVII 3, 2 von Artemidor Avyya, von Erato- 60
sthenes Alk~os genannt wurde; auch .nicht wie
Meineke wollte, identisch mit Bgiyxrf frg.
325); layg-ovcnts frg. 320; KaXapiv&i) oder
-€v&rj frg. 312; Kgofi^vtov ndXig frg. 319; Mexa-
ycovioy frg. 324; MwXvg frg. 321; Sxöiai frg.
322; SxQayri frg. 323; die Inseln ItQoxpn frg.
317 und <Paot}Xovoai tiXtjöIov Higtos noxaputv
[womit sicherlich nicht der Oberlauf de& Nils
gemeint ist] frg. U16. Einige andere werde»
durch Zusätze des Lemmas bestimmt. So ge-
hören an die Küste im Herrschaftsbereich der
Karthager die nqbg xf\i KaQ%t}Mvi oder xsgt
KaQxydäpa liegenden Städte YßeXrj frg. 308?
Kav&rjXia frg. 310 und die Inseln Tavlos frg.
313; Evbe'tTivr} frg. 314; $oivtxovooai frg. 315»
Vor FavXog nennt Skylax 111 MeXitt) siolig xal
Xtfi^v. Das ist vielleicht MiXiooa : nöhg Atßvaiv
frg. 327 (Klausen identifiziert sie mit der
phoinikischen Gründung hinter SoXöeig, Hanno
c, 5; aber dann müßte das Lemma &otvtxa>v
heißen). Mit Kav&ijKa ist identisch Kav^Xv}-.
jiöhs Aißv(potv'iK(üv frg. 309. Auch XdXxtf
(Steph. Byz. s. v.)* heißt tioXis $oivixwv und
wird von Skyl. 111 genannt. Danach werden wir
Kvß(o nöXis Icbvoov iv Atßvr\i <froivix(ov mit
Hafen und äxga frg. 311* hier suchen. Be-
stimmbar sind ferner Kvvööorjfia adlig Atßvr}g r
frg. 299, nach Strab. XVII 1, 15 am mivfavos
xölnog (weder von Skylax noch Herodot ge-
nannt); Avayda vfjaog frg. 300 in der Kyrenaica
(östlich von Tav^eiga nach Ptolem. IV 4 p. 667,
2 MuelL); Z-qßvxxig frg. 302 (falls identisch mit
Zf}{Av$og Ptolem. p. 672, 2 zwischen NedjioXtg
und BaQxij; vgl. auch ZrjveQxig Skyl. 108 vor
Tavxftga); Mdaxcoxog xXtjoiov xwv 'MöxeqBg»
frg, 301; Msyaoa hg. 305, wo das Gebiet der
otxofpdyot xal aQoxrjQes beginnt. Einigermaßen
auch &Qiyxt) tisqI xäg oxrjXag frg. 325 und
AovQita Xifivt] mit Alias Tioxapdg frg. 328*,.
falls das der Ai'^og Hannos (c. 6) ist.
Das wichtigste dieser Fragmente ist 305,.
weil wir daraus entnehmen, daß H. in Libyen
zwischen Aißvcs aao(pdyoi xal aQoxtjQeg und
vOf.tdöss xQEorpdyoi xe xal yaXaxxondxat (zum
Ausdruck Skyll. 112 p. 94 ex. Muell. AmoTiEgr
ovrot XQEoqpdyot ya?Mxxon<kai) unterschied wie
Herodot im Aißvxog Xdyog IV 168 — 199, wo
dieser Unterschied die Disposition des ganzen
gibt (IV 186. 191). Wir können aber jene mit
oixEovGt öf xaxd xdöe Aißvsg beginnende Partie
überhaupt auf H. zurückführen. Dafür spricht
zunächst ihr Charakter als Einlage und zwar
als eine ganz einheitliche mit klarer Disposition:
I. Ostlibyen oder nomadische Libyer 168—190;
und zwar a) die einzelnen s&vt) 168—185 (über
ihre Anordnung sogleich), b) die vdfioi der
Nomaden im allgemeinen 186 — 190; II) "West-
libyen oder ackerbauende Libyer 191—195 mit
einem Anhang über das Gebiet eg~co 'Hgaxtecov
oti}Xe(ov 196; III. über die Bewohner und die
Natur von Libyen im allgemeinen 197 — 199
(darüber u.). Der Abschnitt macht durchaus den
Eindruck, als Ganzes aus einer schriftlichen
Quelle entnommen zu sein; was selbstverständ-
lich nicht ausschließt, daß Herodot im einzelnen
geändert hat. So möchte man c. 173 Naaafi&oc
dh 7iQ0öö[xovöot etat Wv/Jkoiz o&zot ik~axoXa}Xaat
XQcöjtcüt xomt&E . . . ex ovat X V V Z f ^Q r i v °l Naaa-
vätfieg eine Verbesserung Herodots auf Grund
eigener dxojj erkennen: Xsyco di tavxa xa Xfyovot
Alßveg. Denn wenn auch diese Quellenangabe
an sich einem Vorgänger entnommen sein
könnte (M a c an z. St.), so haben wir doch kein
Recht, über den Gegensatz der Tempo» hinweg-
zusehen. Denn Skylax (s. n.} kenn« die Wtttoi
nicht mehr; und Herodot selbst hat, wo er seiner
XLC&autnuD
(mündlichen oder schriftlichen) Quelle freier
gegenübersteht, auch in der Form keinen Zwei-
fel aufkommen lassen (so z. B. I 196 htoäexo —
fy _ {f pevzot v%v ye xxX.). Bei H. nun spielten
die WvXloi eine Rolle als naQa&aAdootov c&vog:
frg. 303* o WvXXixog xoXziog yiiyag xal ßa&vg,
roißv rifJieQ&v nXovg. Die seltsame Auedrucks-
weise Herodots erklärt sich danach wohl sicher
so, daß er eine Völkertafel vor sich hat und sich
sehen ytdai mit den tartessischen. So spricht nur,
wer die letzteren selbst gesehen hat. Es geht
wirklich nicht an, die spanischen yaXäi in den
zoologischen Garten von Thurioi zu versetzen.
Der vergleichende Abschluss (c. 198) setzt die
drei Erdteile des H. voraus.
Aber wichtiger als das alles ist die geogra-
phische Gesamtauffassung Libyens, die in diesem
Exkurs herrscht und die zweifellos auf einen
von ihr nicht losmachen kann, auch wo er in 10 Kartographen zurückgeht und zwar auf einen,
der Lage ist, Änderungen zu konstatieren. Da-
für daß diese Völkertafel aus H. stammt,
Spricht alles: wer nur mit den namentlichen
Fragmenten des H. wirtschaftet (wie Macan
Herodotus IV— VI vol. II 277), kommt freilich
nicht weit. Denn diese Fragmente sind, wie
gezeigt, dürftig. Immerhin erklären sie nicht
nur die Art, wie die WvkXot auftreten, und bieten
die große Scheidung von vo/ndöeg und aQotijQsg;
der recht gründlich mathematisch konstruiert.
In Libyen wohnen vier Rassen (c. 197): an der
Küste &oivixeg xal "Mlrjveg ejzrjXvöeg, ins Bin-
nenland hinein Aißyeg xal Al&ioneg avTox&orss.
Die Äthiopen nehmen den Süden des Erdteiles
ein (vgl. III 17 AiMoTiag oixyfdvovg Atßvr}?
im xfji voxItji ftaXacoyt), die Libyer den Norden,
die Grenze im Westen ist die SoXöttg axQa (II
33 vgl. Skvlax 112 p. 93 MuelL; daraus ergibt
sie geben auch alle drei Völker, die Herodot in 20 sich auch, daß H. hier noch einmal die Äthiopen
Westlibyen aufzählt: Md£ves c. 191 ctf Mdfyse
frg. 304; Zavjjxes c. 193 co Zavrjxas e&vog hg.
307*; rvCavxss (Zvyavxeg PK) C 194 csa Zvyavxig
nöXtg Aißvrjs frg. 309 (von deren Bewohnern
Eudosos ev $ rfjg IleQiööov bei Steph. Byz. s. v.
das gleiche erzählt, was Herodot von den
Tv^avxEg sagt).
Zu diesen äußerlichen Übereinstimmungen
treten dann 1) wichtige innere Indizien, 2) die
genannt hatte). Getrennt sind sie durch den
Nil, der vom westlichen Ozean kommend den
ganzen Erdteil west-östlich durchzieht. Das
sieht so aus, als ob derAutor sich die Gebiete
als zwei Rechtecke vorgestellt hat; wir begreifen,
warum der Nil Grenze zwischen Asien und Li-
byen heisst. Der Autor gewinnt dadurch auf
allen Seiten gradlinige Wassergrenzen. Libyen
nun wird durch Tritonsee und -flnß in eine
Übereinstimmung zwischen Herodot und Skylax, 30 Ost- und eine Westhälfte zerlegt (168—190.
Nehmen wir jene zuerst. Auf H. weist die Form
der Schilderung der Einzelvölker (s. § 8): ganz
knapp der Name des Volkes, die Ausdehnung
des Landes an der Küste, Aufzählung der Städte,
Häfen, Inseln (s. u.), Produkte des Landes und
rdjwor seiner Bewohner. Dabei finden sich die
bekannten Berufungen auf die sxixoöqioi, was
an sich nichts besagt. Aber nicht nur ist der
Ausdruck der Skepsis in dieser Partie unge-
I9l— 196). Das ist die Zone, die II 32 den
Gesamtnamen der ötxovfisvri erhält, der hier
fehlt (dafür I8l in. ot naQa&aXävoioi), Sie zieht
sich von Ägypten bis zu den SxijXai und dem
westlichen Ozean. Hinter dieser Zone ziehen
sich ebenfalls durch den ganzen Erdteil (das
wird verdunkelt durch die Disposition, die be-
sonders auf den Gegensatz von Osten und We-
sten innerhalb der bewohnten Zone aufgebaut
wohnlich häufig; es sind auch die Gewährs- 40 ist, wird aber durch c. 1 81 naQatsivovoa — oxr}U.g,
männer nicht etwa die Kyrenaeer, sondern außer
Libyern die Karthager (c. 195. 196), auf die,
wie es scheint, die Beschreibung Westlibyens
mit seinen Schrecknissen und Wundervölkern
{hier ist das Zusammentreffen c. 191 o$ Aischyl.
bei Strab. I 2, 35 zu beachten) zurückgeht.
Herodot war nicht in Karthago, kannte auch
Hannos Bericht nicht, der hier zum Teil zu
Grunde liegt (s. u.). Man mag damit verbinden,
185 di^xsi-xovxicov. gesichert) drei weitere Zonen:
ff &t}Q«üdr]S AlßvT], OipQVT] ipdfxpov (c. 181), f}
iQrjfiT) (als besondere Zone gesichert durch 181
soxaxoi TiQog xfjg EQrjftov und 185 ex.). Daß
diese Zonen den ganzen Erdteil durchzogen,
wird der Autor aus Hanno geschlossen haben, der
c. 7 oberhalb der Aih~ttai die yn fojetwfojs nennt
(zu den hier wohnenden AWloneg TgtoyXoSvxai,
die schneller sind als Pferde, s. Herod. IV 183),
<jrrunae liegt. ^. u.;. ±unu mag uaiiutr rciwuiuc.., ^ »"""^7; , — 7*" -. ' , , ~ .,"
daß die Oasenzone statt von Memphis von 50 dann südlich der At&mt die emm; dann weiter
Theben ausgeht (c. 181). Die Interpreten be-
tonen den geographischen Fehler; aber H. hat
seine Erkundigungen in Theben eingezogen.
Die ost-westliche Richtung der ganzen Schilde-
rung paßt für ihn. Ebenso die Korrektur
<Stein) oder besser Rationalisierung epischer
Angaben: c. 177 über die Lotophagen und den
Lotos; c. 189 über die alyis. Überhaupt ist für
den allgemeinen Abschnitt 186 — 190 die Her
südlich die AUHonee. Wenn diese ganze Strei-
fenteilung, wie z. B. Macan vermutet, über-
haupt aus der <pvoig Westlibyens abgeleitet ist
(was freilich wegen II 32f. recht unsicher ist),
so würde das mit absoluter Deutlichkeit für H.
sprechen. Die otxovpsvri und die 6<pQi>t} ydupov
werden von Osten nach Westen behandelt. Da-
bei ist auffällig, daß die Oasen (xoXcovot aXos
sagt Herodot. Vaatg kennt er nur als Eigen-
leitung heUenischer Dinge von den Barbaren 60 namen III 26, ebenso H. frg. 267 TTaotg) sich
charakteristisch: 188 aontg und xQdvog aus
Ägypten; 189 ioiH)s und alylg der PaJladia aus
Libyen (wo die Etymologie zu beachten ist). Die
gleiche Herleitung der oXoXvy^i macht den Ein-
druck einer der bekannten Zutaten Herodots.
Durchgängig ist die vergleichende Betrachtung
angewendet: c 172. 190. 195. 198; entscheidend
meines Erachtens 192 der Vergleich der liby-
in absolut regelmäßigen Abständen von je 10
Tagereisen folgen. Herodot zählt fünf solcher
Oasen auf: Awubvtot (181), AfyiXa (182), Ta-
eäfiartes (183), 'Ardgarxes (184), 'AxXavteg (184).
Mehr Namen hat er nicht. Aber er betont aus-
drücklich (185 in.), daß «ick bis zu den 'H&a-
xttai axi}Xai (d. h. bis zu dem Meridian, auf dem
die öxijXm liegen) &tä 6£xa ^fUQtor rfoo« solche
xxe&atfuuB
Hügel xal äv&Q&moi ottteovreg finden. Aus der
•fyQittäjs nennt der Autor nur ein Volk, die
raQdfiavres (c. 174); und zwar von der Küste
aus. Sie wohnen x&v Nacafitovaiv xaximeQ&e.
Solches gelegentliche Eingehen auf das Hinter-
land ist uns bei H.s Beschreibung der Pontos-
küste begegnet. Es kann also vorkommen, daß
eine Gegend zweimal genannt wird (so Avyda
c. 172. 182). Dadurch aber werden — und das
ist die Absicht — Beziehungen zwischen den
Zonen hergestellt, die ohne weiteres an die süd-
nördlichen Linien in Asien (Persis — Kolchis,
Mykoi— Araxes, Soloi— Sinope) erinnern. Av-
yda liegt oberhalb der Nasamonen; die Tapet-
[mvri-s in der &r}et<öör}g ebenfalls.. Die Linie
schneidet also die drei Zonen: Nasamonen {oixov-
fxsvrj) — Garamanten (-&r}Qi68rjg) — Augila
(yrdppos). Eine andere Linie, die diesen offen-
bar parallel ist, geht avvxo{i(bxaxov von den anderen
Garamanten der oqpQvi? ipd/nfiov zu den Loto-
phagen an der Küste (c. 183). Die Länge des
Weges, der wieder durch drei Zonen führt, be-
trägt 30 Tage. Ganz offenbar sind das zehn für
jede Zone, d. h. die ost-westlichen rechteckigen
Streifen werden durch nord -südliche Linien in
Quadrate von zehn Tagemärschen Seitenlänge
zerlegt. Das ist das Kartennetz, in das die
Einzelvölker eingetragen sind. Daß es so gut
wie rein konstruktiv ist, braucht nicht weiter
gesagt zu werden, sollte aber von den Herod ot-
interpreten berücksichtigt werden.
Der Kartograph, dem Herodot dieses Schema
verdankt, ist H.; das beweist zu allem Bis-
herigen auch noch die Übereinstimmung mit
Skylax. Daß beide der gleichen Quelle folgen,
zeigt zunächst die Aufzählung der Völker. Ich
stelle nebeneinander:
Skylax :
"AövQfiaxiSat (107)
MaQftaQidai (108)
KvQrjvT]
BdQHTj
Tavx^iQa
Herodot :
'ASvenaxidat (168)
rtXiydfifiat (169)
Aoßvaxai vtzeq Kvotfvrjg
(170)
Avozloat vnsq Bdgxqg
(171)
(BdxaXsg xaxd Tav^eiga
im Binnenlande der
Avo%ioai)
EveonegidESjiNödäeAvozt- 'Eoxsgtösg ' tzöXi; xal
aat ans Meer reichen hfirjv
Naoaftwreg (172) NaaafioJvsg
[ *FvXXöt " XOVTCOV XT^V ££ü-
qr\v ex ov(fl Naoapcöveg
(173)3
[Tagd/^avzeg xaxvjitQÜE
xovxcav iv xrp jhjatoyöet xal
(174)]
Mdxai (175) mit K'twtp Mdxai (109)
noxa/nog (Kivvy) xdAtg eorjftog •
Kiwxp noiaftog)
rivSäves (176) und
auf einer dxtij npoirovaa . , ,^ n .
i e atövxov roizL, xcSr Aa>zo<payot (110)
7f*d. Atoxoipdyoi
Herodot : Skylax :
TQtxmvlg Uftvr}, um den TqizqwIs • negioixovötv
nigig ötMEovoi Md%kvsg bh avxrjv Aißvsg f
und Avaisg (178. 180) ndvxsg e&vog
fteaoyeta (181—185) —
äQOTTjQsg Aißvsg Mdg-veg Kaoyn&äv (111)
(191)
Zavyxsg
™ rvfpavzeg
£t~<o xmv 2ttjU(uv (196) pezä TigaxXsc'ovg otrjXag
ug xd e£a> jiXeovxi (112)
Die Unterschiede zwischen beiden Autoren er-
klären sich einfach genug. Es fehlt bei Skylax
alles, was in der fteooysia sitzt; das ist selbstver-
ständlich. Er nennt ferner an Stelle der drei
Stämme, die von den Advgfiaxidai bis Eveojie-
Qtdeg sitzen, die Mag^agibai. Ob das ein Ge-
20samtname ist, mag dahingesteUt bleiben. Der
wirkliche Unterschied besteht nicht in dieser
Namensverschiedenheit, sondern darin, daß für
Skylax die libyschen Stämme Nebensache, die
griechischen und phönizi sehen Küstenplätze
Hauptsache sind. Denn statt der drei west-
libyschen Stämme nennt er das Küstengebiet
der Karthager. Kleinigkeiten sind, daß er nur
die Lotophagen nennt, nicht die Ttvöäveg, weil
jene die Küste haben (vgl. auch Herod. c. 183!);
30 daß er die Völker ausläßt, die zu seiner Zeit
nicht mehr existieren (WvXXot). Das Verhältnis
beiderAutoren zueinander und zu der gemein-
samen Quelle zeigt sich am deutlichsten in dem
Küstenstrich von den Adyrmachiden bis Euhe-
sperides. Die griechischen Hauptstädte, die Sky-
lax nennt (KvQiqvr} Edgar} Tav%eiQa 'EajtrjQtÖEg)
kommen alle bei Herodot vor; aber nicht an sich,
sondern um die Lage der libyschen Stämme
zu bestimmen. Das entspricht Herodots Pro-
40 gramm — otxeovai Ök xaxä xdÖe Aißvsg, Aber es-
ist doch sehr auffällig, wie er sich hier auf
eine Küstenbeschreibung bezieht, die er selbst
nicht gegeben hat. Überall in dem Abschnitt
über Libyen rinden sich Hinweise, denen die
Beziehung fehlt: auf kyrenaeische Kolonien (170),
auf die vdfiot Kvgtjvaicov (170 ex.), ohne daß
Kyrene nach dieser Richtung hin vorher be-
handelt wäre. Der Nachtrag 198—199 über die
tpvois xwQVS macht die Sache nur noch auf-
50 fälliger. Die Lösung ist natürlich die, daß
Herodots geographische Vorlage, d. h. H. die
Küste zuerst beschrieben hatte, danach die erste
Zone, die olxovfiev^. So erklären sich die Be-
ziehungen. Herodot hat an Stelle der Küsten-
beschreibung das historische Faktum des Perser-
zuges gesetzt; eT hat aber die Beschreibung der
Libyer in der Küstenzone und der fteooyeia
ziemlich unverändert übernommen und äußer-
lich in den historischen Zusammenhang ein-
60 gefügt. So entsteht der merkwürdige Zustand,
daß in einer Beschreibung Libyens Karthago
überhaupt nicht erwähnt wird (daß H. es aus-
führlich behandelt hat, zeigen die Übereinstim-
mungen der Fragmente mit Skyl. 111). Daß
Herodot sich der Seltsamkeit dieser Partie be-
wußt gewesen ist, dürfen wir annehmen. Ich
glaube, daß wir hier einmal wirklich mit der
Unfertigkeit seines Werkes zu rechnen haben.
.□.eÄtiuaiu»
Hätte «r nun später den eigentlichen Aißv-
xd$\ Xoyog gestrichen? Schwerlich, Ich glaube
eher» daß er etwas hinzugefügt hätte, c. 167
wird eine Flotte erwähnt, die absolut keine Rolle
spielt (vgl. c. 203!). Hatte Herodot die Absicht,
wie er es beim Xeixeszuge getan hat, die geo-
graphische Schilderung des Landes so zu geben,
daß er sie an den Marsch der Flotte einerseits,
des Landheeres andrerseits anknüpfte? er hätte
dann wohl einen Übergang gefunden, auch den
von der Flotte nicht berührten Teil der Küste
d. h. die karthagische Machtsphäre einzuflechten.
Wie die Sache jetzt liegt, werden wir H.s
Behandlung aus den sich ergänzenden Darstel-
lungen des Skylax und Herodot aufbauen und
dabei Rücksicht darauf nehmen, daß Herodot
Herodot. 168. 169:
. . . ACßveg ' an Alyvnxov äpg'dfiEvoi jzqwxoi A8vq-
ßa%idat Aißvoiv . . .
zovioov de lx ovxm rihydfifiai . . . fteXQ 1 *A(pQodt-
atdSog vtjaov.
iv 8e rän fisxag'v x^Q 031 ™vtoji
i) xe Illaxia vfjaog inixeixcu, xyv Zxuoav oi KvQtj-
vaTot
xai iv ztot rjneiQCöt MevdXaog Xtpr[v iou
xal *A£tQt$ xi\v ol KvQi]vatoi otxeov
xai to aiX<pior aQX £Tat ^° tovxov. jrag^«« 5e (hto
JJXarstjg vr)oov fiixQ 1 toC ^önaxog xr)g Hvgxiog
xo aiX<ptov.
auch hier der Vorlage selbständiger gegenüber-
steht als Skylax. {Einige Kleinigkeiten: die
Stadt ffieoneolösg Herod. IV 171. 198 wird bei
H. frg. 301 und Skyl. 108 mit der den Dichter-
erzählungen geläufigen Form ^amgiösg genannt.
Vgl. Eratosth.-Apollod, bei Strab VII 3, 6. Sky-
lax 110 erwähnt am Tritoirsee das Heiligtum
der A&rjvä Tgacövlg. Herodot. c. 178 läßt es
aus, setzt aber 180. 188 die Erwähnung voraus.
10 Er kürzt überhaupt.] Freilich doch nicht so
selbständig wie sonst wohl, was begreiflich, da
er selten geographische Stücke so ganz geogra-
phisch gelassen hat, statt sie irgendwie in histo-
rische Erzählung umzusetzen. So rinden wir
hier vielfach wortliche Übereinstimmungen; z. B.
in der Beschreibung der 'AbvQfm%ibai
Skylax 107-108:
aQXsrat f} Atßvrj cUö xov Kavomixov ozoftaxog.
ASvQfiaxidat {ngätov suppl. Mueller) tdrog
Atßvuiv ....
Msvüaog (sc. Xtftrpr) . . IIstQag . . XsQQOvrjöot s Ap-
Xtöos XifiTJv — xavxa xfjs KvQrjvaiwv x^Q a S toxi,
h de xwi peefcot Jlhgavxog xal XsQQOvtjaov
dal vrjooi 'Arföcjvta xal IlXazetat
ivxev&ev agxetat xb oiXyiov <pvso&ac yfvjyg'
siaQtjxet dk eUo Xsqqov^öov dia Tijg (isaoyElag
fi£%Qi 'EajieQi&av
*A<pQoötotäg vfjoog.
Daß hier nicht an Interpolation aus HeTodot zu
denken ist, sondern beide Autoren die gleiche
Vorlage mit einzelnen Veränderungen wieder-
Herodot. 177:
Acoxotpdyot, oi xov xciqjiov (iovvov xov Xojxov xqoj-
yovxeg £a>ovot (I)
6 8s xov Xaxov xaQnog ioxi fieyadog ogov xb xf ( g
o%ivov (II)
ylvxvxTjxa 8s xov <potvtxog xöit xoqiz<öi tiqoosi-
xsXog (in)
noiEvvxai de ix xov xaaxov xovxov ol Acoxofpdyoi
xai otvov (IV)
§ 17. Nicht näher bestimmbar sind die frg. 50
329 (aus 'Aola); frg. 330 EUXyeta jiöhg; Gramer
Anecd. Ox. I 287, 28 fUfiexQiaxai, wo die Worte
des H. durch das Herodotzitat IV 86 mit ausge-
fallenem Autornamen verdrängt sind.
§ 18. Das zweite Werk des H. ist von den
Späteren in vier Bücher zerlegt. Form und In-
halt ergiebt sich aus dem am häufigsten ge-
brauchten Titel rzveaXoyiai (§3). Wie die
üeolodog rijg an Stelle epischer Periegesen tritt,
so "erobert sich in den ArmAoyüw die wissen- 60
schaftliche Prosa das Gebiet der ,Geschichte'.
Prosadarstellungen ersetzen die inhaltlich glei-
chen ,Hesiodischen' Epen (Stahl Jahrb. CLLTI
369ff.; nur sehr teilweise richtig Seeck Ent-
wickl. der antiken Geschichtschr., Berlin 1898,
18ff.). Eb mag dahingestellt bleiben, ob es
prosaische Umsetzungen des Epos ßchon im
saec VI gegeben hat, wie v. Wilamowitz
geben, und daß Skylax der treuere Zeuge ist,
ist klar. Ebenso etwa in der Schilderung der
Lotophagen.
Skylax 110:
Beschreibung der Insel Boaxeicov. iv ös zy vßawt
yivetai Xoizög, ov io&iovoi, xai izSQog, ij ov
otvov Ttotovatv (=: I. IV).
o 8k xov Xojtov xaQTios ioxi tibi fieyi$£t oaov /it-
ftaixvXov (= II)
Weitere Beschreibung des Volkes und der Insel.
Phil. Unters. XVIII 107, S.-Ber. Ak. Berl. 1909,
823 für möglich hält. Wenn ja, so haben sie
für die literarische Entwicklung so wenig Be-
deutung wie die nachweisbar vorhandenen schrift-
lichen Relationen von Seefahrern, die vor der
Ihoiobog liegen. Die Fortschrittslinie läuft auch
hier ohne Berührung der rein praktischen
Zwecken dienenden, un literarischen Aufzeichnungen
von dem wissenschaftlichen Epos zu den ältesten
wissenschaftlichen Prosabüehern, von Hesiod zu
den ionischen Philosophen. Den "EXXrjvsg d. h.
den epischen Dichtern gegenüber fühlt sich H.
als einer, der Neues bringt, und spricht das mit
stolzen Worten in dem glücklicherweise erhal-
tenen Prooimion aus (frg. 332): rdbt yodyat,
ä>g fiot boxsi äXt}&£a elvat • oi yag r EXXqva>v Xoyot
sfoXloi J€ xai yeXoioi xal ifiol <paivovxai (xa?)
eletiv. Sie erinnern nicht zufällig an die Verse
des Xenophanes noXla öeoig dve&yxav X}/*ijqo€
xiefi-auttiuö
Hotodfe re xrX.; und sie klingen nach r in der Beispiel muß* genügen. Denn wieweit diese epo-
Formulierung, die Thukydides seinen kritischen nymen Stammbäume bei H. schon vorhanden
Grundsätzen gegeben hat, die Geschehnisse zu waren, ist uns in den Einzelheiten nicht be-
erzählen ovx ix tov Ttaoaxvxövrog avv&avopsvog kannt; erst eine Aufarbeitung der gesamten
n9Q°%\ efi01 l86xth dXX> oIs T£ ait ^ na ^ v * rL Daten dürfte hier die Stadien der Entwicklung
(I 22, 2), TOn Hesiod an erkennen lassen.
Trotz des scharf polemischen Tones, der Uns genügt das Faktum; und wichtiger ist
einen neuen Geist, eine neue Etappe in dem die sich aus der allgemeinen Entwicklung ergebende
Verhältnis zur Vergangenheit des eigenen Volkes Tatsache, daß damit die älteste griechische
ankündigt, ist aber auch hier unverkennbar, daß 10 Geschichte beschränkt war auf die Zeit bis zu
H. nur eine Entwicklung fortsetzt, die bereits den Helden von Troia und etwa noch ihren Söh-
im Epos seihst begonnen hat Das eine wichtige nen. Hesiods Theogonie und Frauenkatalog, ,in
Charakteristikum der älteren Pro sali teratur, die gewissem Sinne der erste Versuch einer Welt-
geschichte' (v. Wilamowitz Die griech. Lit.
19), beschränken sich auf diese Zeit, können
garnicht anders: dsiöv yivog — Ztfva — äv&gwatDv
systematische Sammlung und Ordnung des Mate-
rials, ist schon älter. Hesiod hat die äußere
yivog = yvvaixä>v yviov. Die Genealogen saec. V
bieten nichts anderes. Der letzte Sprößling dieser
Form dieser Materialsammlung gefunden: den
Stammbaum, der von der Erschaffung der Welt
und der Regierung des üranos herabführt bis
zu den Helden von Troia und ihren Söhnen. ganzen Literatur, die Bibliothek* beginnt mit
Im Leben selbst lauft der Stammbaum von der 20 Övgavog und schließt mit TrjXiyovog und dem
Gegenwart zurück in die Vergangenheit, soweit Tode des Odysseus. Ich will nicht wiederholen,
die Erinnerung reicht: ö hüva tov delva u. s. f. was E. Meyer Forsch. I 185ff.; Gesch. d. A. II
So zählt Herodot VII 204 die Ahnen des Leo- § IS. über die große Kluft in der Tradition
nidas, von ihm selbst beginnend bis herauf zu der griechischen Geschichte gesagt hat. Will
Herakles, dem Stammvater der dorischen Könige: auch nicht weiter betonen, daß die Zeugnisse,
so heißt es von H. selbst yevstjXoy^aavzi xal soweit sie auf die FsveaXoylai gehen, H. als das
üvadtjöavTi xr\v utazQtrjv ig mxatUxarov &eov erscheinen lassen, was schon Piaton fiv&oygdyog
(Herod. II 143). Auch im Epos war das ut- nennt (Hermog. n. id. II 12, 6 /nv&ovg rä sidvza
sprünglich nicht anders. Auch hier ist die ax^Sov xal rooavzrjv ziva. tazogtav ovyygaxpdßsvog,
^Gegenwart' gegeben, d. h, deT Inhalt des Hei- 30 Aelian. nat. an. IX 23 /iv&mv «^aiW aw&i-
denepos selbst, die Geschichten von den zwei njs)', daß eigentlich schon das Zitat als *Hqo>-
oder drei Generationen, die Hesiod eben um des oXoyia (Harpokr. s. &8eXq>i£ew) entscheidend ist.
Homerischen Epos willen so unorganisch in die Die Entwicklung selbst schließt völlig aus, daß
Reihe seiner yhi) ^qouimv av&Q<a7zoiv einge- H. die eigene Zeit in den FzveaXoyiai behandelt
schoben hat: ävSgcöv rjgaxnv 8eiov yivog . . xal hatte. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß
rovg fiiv ^6hfA.6g ze xaxbg xal q>vXomg aivfy rovg
fikv vq>' mzajivkfot Grjßyi . . . wfoos paqvauivovg
. . . rovg Se xal h vrjsoaiv . . ig Tgoirjv äyaytbv
xzX, (Erga 159ff.). Ilsgl yovewv xal xgoyvvmv
er nicht auch einmal einen Stammbaum bis auf
die Gegenwart herabgeführt hätte, wie später
Pherekydes (Marcellin. v. Thuk. 3) den der Phila-
iden. Nachweisbar ist auch das nicht und für
to>v dg "Ikiov orgatcvoauEvcov schreibt noch 40 den Ionier weniger wahrscheinlich, als für den
Damastes (vgl. Polos rsveaXoyia rcöv im "IXtov
ozgatEvodvTcov r EX\y)v(ov), Um Troia waren die
IJavElkTjvEg vereinigt; von Troia mußte der Ver-
such, die .griechische Geschichte* darzustellen,
ausgehen. Das Epos selbst gab die Vorfahren
mit Athen in Beziehungen stehenden Pherekydes.
Aus Herod, VI 55 ort Öe iovzsg Aiyvmtoi —
dgrjzat möchte man sogar direkt schließen, daß
H. die Könige von Sparta nicht weiter als bis
zur Rückkehr der Herakliden in die Peloponnes
auf ein paar Generationen zurück. Am Anfang verfolgt hat. Es ist an sich möglich, daß die
standen die Götter, die Väter der Öioyevüg ßaai- Ableitung und Folge der lydischen Königsge-
Xrjsg. Die Verbindung geben alywaixeg, oooai agi- schlechter Herod. I 7 aus H, stammt: denn hier
ozrjOiv aloxoi eoav tfÖe döyargsg (Od. XI 225f.). werden die "EXXyvsg citiert; die Anknüpfung an
Aus diesen Daten konstruiert der Wissenschaft- 50 Herakles und die Umnennungen des Volkes
liehe Dichter in die Vorzeit zurückgehend seine weisen auf eine genealogische Quelle; und wir
Stammbäume; und sein Hauptmittel ist eines,
das im Grunde mehr geographisch als historisch
ist. Er schafft — und füllt damit den Zwischen-
raum zwischen den Anfängen der Welt und dem
Kriege um Troia aus — Eponyme der Stämme,
die jene fjgcoeg im Epos führen, und derer, die
er sonst in Hellas kennt. Das geographische
Größenverhältnis setzt sich bei den Eponymen
kennen aus H,s letztem Buche Fragmente,- die
auf Kleinasien weisen. Aber ebenso möglich
ist hier als Quelle auch die Üsgiobog. In diese
würde sicher die Einlage über Pheidon Herod.
VI 127 gehören, die Lehmann-Haupt
Klio II 336 auf H. zurückführt — wenn sie
überhaupt eine schriftliche Quelle hätte, was
nicht der Fall ist. In die üeoiodog gehört, was
um in das von Vater und Sohn: Phokos nennt 60 H. an historischem Material in unserem Sinne
die Phoker; sein Sohn Krisos die Stadt Krisa.
Es ist nur konsequent, wenn H. diese Eponyme
auch in der üegiobog (frg. 84—86) nennt. Ao-
xgog ist Sohn des Physkos (frg. 342), von dem
die Lokrer früher 4>voxot hießen. Er ist Sohn
des 'Afi(ptxTv<üv, des Eponymen der großen Ver-
einigung der mittelgriechischen Staaten. Lo-
kros' Sohn nennt wieder die Stadt Opus usf. Ein
gegeben hat; daß man auch hier seinen Umfang
nicht überschätzen darf, ist oben gesagt. ^ .
Diese Beschränkung auf die Sagenzeit ist in
gleicher Weise bedingt durch die Anknüpfung
an das genealogische Epos wie durch den Mangel
an Quellen für die nachepische Zeit; denn Be-
nutzung von ävaygatpal und lokaler Tradition
ist für die revecdoyUu ganz abzuweisen, wurde
S5YÖ/
neKataios
nenauuu»
auch eine Darstellung dieser Zeit damals noch auch der anderen Strömungen, die, soweit wir
nicht ermöglicht haben. Trotzdem sind die sehen, mit Ausnahme vielleicht der Lokalchronik,
revealoyiat wirklich ein historisches Buch als alle direkt oder indirekt ihren Ausgang von H.
erzählende Zusammenfassung dessen, was ge- nehmen, wird unmöglich gemacht durch den
wesen ist, im Gegensatz zu der deskriptiven leider immer noch üblichen Terminus ,Logo-
Zusammenfassung des Wissens von dem, was graphen 1 und die Bezeichnung des H. als .des
ist, in der Ilsgtodog. H. ist wirklich ,der Be- bedeutendsten der Logographen/ Die Dar-
gründer der Geschichtsschreibung bei den Griechen' Stellung z. B. bei C h r i s t - S c h m i d Ge-
<E. Meyer G. d. A. II § 465, demgegenüber schichte der Griechen Lit. 5 I 1908, 424ff.,
bedeutet die Darstellung I 2 § 130ff., bes. § 133 10 in der in friedlichem Vereine H., Skylax(!) ?
einen Rückschritt). Ich habe Klio IX 96ff. ge- Akusilaos, Charon und andere Horographen,
zeigt, wie die Linie der großen Geschichts- Xanthos, Pherekydes, Hellanikos usw. als eine
Schreibung im saec. V von Hekataios über Hero- Gruppe dem Herodot voraufgehen, ist eine ver-
dot zu Thukydides läuft. Herodot schließt an schlechtere Wiedergabe von Dionys. Hai. de
H.. wie Thukydides an Herodot. Während der Thuc. 5. Verschlechtert, weil die rein stil-
letztere in den rein periegetischen Teilen seines kritische Trennung Herodots von den übrigen
Werkes weder als Darsteller noch als Wissen- Autoren saec. V vermischt ist mit der sachlichen
schaftler über die IJegiodog anders als in Einzel- Ungeheuerlichkeit, die dem C reuz er sehen Ge-
heiten hinauskommt, vielfach aber in diesen brauch von Xoyojzowg-Xoyoygätpog anhaftet. Sie
Teilen hinter H. zurückbleibt, von dem er jeden- 20 zu widerlegen erscheint zwecklos. Es genüge,
falls in stärkstem Maße abhängig ist, tritt sein zu konstatieren, daß die Entwicklung der Histo-
Werk als Geschichtswerk und als Ganzes durch- rjographie nicht in einer Linie sich vollzieht,
aus neben H. und schreitet über ihn hinaus fort. sondern daß formell und inhaltlich voneinander
Er knüpft hier an H. und steht doch im Gegen- und von der Hauptlinie geschieden eine Reihe
satz zu ihm: der Konflikt zwischen Asien und anderer Linien laufen: die direkt an H. anküpfen-
Europa ist für die alte Zeit in H.s revmXoylai den der Genealogie (Mythographie) und Ethno-
dargestellt; ob schon unter diesem Gesichts- graphie, die (im Gegensatz zur panhellenischen
winkel, ist kaum fraglich. Herodot läßt deshalb Historiographie entstandene) Horographie, die
diese ganze Zeit beiseite (I 1—5. VI 55): xöv de (auf der panhellenischen Historiographie erwach-
olda avzbg ng&zov imägkavza ädixcov zgycov ig $0 sene ) Chronographie; vgl. Klio a. O. 83ff.
rovg "EXXrjvag, tovzov or)fir)vag nQoßrjoopai ig § 19. Inwieweit der Gedanke, geschichtliche
tö ngöoca tov koyov. Dem entspricht VII 19ff. Vorgänge von Bedeutung vor der Vergessenheit
das zweite Prooimion, das Thukydides wieder- zu schützen, sich bereits in H.s ÜEglobog geltend
aufnimmt, der nun zuerst den axofji Xsyöpsva machte, vermögen wir nicht zu sagen. War er
den selbstdurchlebten Zeitraum gegenüberstellt vorhanden — und das ist nicht unwahrscheinlich
und statt dessen, was geschehen ist, darstellt, — so würde Herodots Bedeutung damit sowenig
was in der Gegenwart geschieht. Parallel mit gemindert werden, wie die von H.s revmXoylai
dieser Änderung des Stoffes, die qualitativer dadurch, daß der Gedanke der Kritik an der
Art ist, weil die Quellen verschiedener Art sind epischen Überlieferung auch nicht zuerst in ihnen
(Xöyoi 'MXtfvayv — ixvv\fir\ äv&gcQxa>v — olg ts 40 auftritt., Idftev ipevbea ^ xoXXa liysiv ivü^oioiv
avxog Tzagrjy xal xaga twv aXXcov, soweit sie ofxom, i'^ufv ö\ sfa? iMlcofiev, aXr}&ia yrjgvoao&ai
aagovreg zoXg igyotg ixdazoig waren) geht eine sagen die Musen Hesiods (Theog. 26ff.). Das
Änderung in der Stellung des Schriftstellers zum programmatische Wort, das auf das Sprichwort
Stoff, die sich deutlich in den Prooimien aus- stoXXa yjEvbovzat aoibaL anspielt, richtet sich
spricht. H. tritt einem bereits literarisch ge- sicherlich ebenso gegen das ionische Epos, wie
formten Stoff als Kritiker gegenüber; er will sich H.s Prooimion rabs yga<pco &$ jtol doxel
ihn darstellen, wie er ihm wahr zu sein scheint. äXrj&ia ehai xrX. gegen die genealogische Epik
Herodot schreibt, um die Erinnerung an egya in erster Linie richtet. Die Hauptaufgabe der
fieyäXa, insbesondere aber die an den großen letzteren ist deshalb doch nicht Kritik, sondern
Kampf zwischen Asien und Europa in der Gene- 50 Sammlung und Systematisierung gewesen. Die
ration vor ihm, den noch niemand literarisch entschieden kritische Haltung, die H. dem epi-
fixiert hatte, der drohenden Vergessenheit zu sehen Stoffe gegenüber einnimmt, der Versuch,
entreißen. Thukydides schärft diesen Gedanken den er macht, die epischen Erzählungen von den
durch die Betonung der historischen Wahrheit, wunderbaren und naturwidrigen Bestandteilen
die nur bei der Fixierung zeitgenössischer Er- zu befreien und durch Aufzeigung des Xöyog
eignisse zu erreichen ist, und fügt das letzte rix&g (frg. 346) in jedem Einzelfall den wahren
Motiv hinzu, mit dem ein wissenschaftlicher geschichtlichen Verlauf aus ihnen herauszudestil-
Historiker seiner Aufgabe gegenüber treten kann, Heren, ist vielmehr beeinflußt von der philo-
daß die so gestaltete Geschichte Lehrmeisterin sophisehen Bewegung, die im saec. VI überall
sein kann für das Leben (I 22, 4. II 48, 3). 60 das eigene Denken, die Vernunft, an Stelle der
Praktisch wirksam war freilich dieser Gedanke Tradition setzte (vgl. E. Meyer Gesch. d. A.
schon bei H. gewesen (Herodot V 36). Spätere II § 5; daß C ob et a. O. 4f. und Sittl Gr.
finden nur noch den kindischen Gedanken einer Lir.-Gesch. I 349 den Rationalismus der Frag-
moralischen Wirkung der Historie. raente als Beweis für Unechtheit der VeveaXoyiai
Diese klare Hauptlinie der griechischen ansahen, ist eine Verirrung, die sofort zurück-
Historiographie, der großen panhellenischen Ge- gewiesen wurde: Lipsius 17. Di eis 436f.).
schichtsehreibung , die im Verlaufe saec. V zw Freilich hatte die Ratio auf dem geschichtlichen
Zeitgeschichte wird, und damit das Verständnis Gebiet mit einer besonderen Schwierigkeit zu
2739
Hekataios
Hekataios
2740
kämpfen. Die Bücher IIsqI qrvowz konnten von historischen Überlief erung erkennen und das
der traditionellen Kosmogonie einfach absehen; Epos benutzen konnte, wie es Thukydides that
die Theologie mußte sich polemisch mit den oder wie wir es heute thun; der vergleichenden
epischen Erzählungen von den Göttern aus- Methode musste die subjektive vorausgehen,
einandersetzen, konnte aber dafür alles, was Die Bedeutung von H.s Schritt bemißt sich
Homer und Hesiod von ihnen erzählten, ein- also auch nicht danach, daß sein Werk eine
fach verwerfen und im besten Falle einen Reihe ähnlicher Behandlungen des Epos erzeugt
allegorischen Sinn in der Vielheit der Home- hat, sondern danach, daß es der Ausgangspunkt
rischen Götterwelt finden. H. steht unter den geworden ist für die Hauptlinie der griechischen
gleichen Einflüssen wie der älteste allegorische 10 Historiographie, die von der Kritik der Tradi-
Homererklärer Theagenes von Rhegion; aber er tion f ortschritt zur Darstellung der eigenen
konnte den Heroen gegenüber nicht mit der Zeit, bei der man vermied, was H. an der epi-
gleichen Entschiedenheit vorgehen — oder er sehen Tradition auszusetzen gehabt hatte,
hätte die geschichtliche Qualität des epischen Es ist von D i e 1 s 436 erkannt worden, daß
Stoffes überhaupt leugnen müssen. Zu diesem die Berufung auf einheimische d. h. barbarische
Schritte aber war es damals noch zu früh; erst Tradition, auf die cjiixüqioi, eine Eigenheit nicht
Thukydides und die sophistische Kritik konnten etwa nur der üegioSog gewesen ist, sondern
es wagen, die Geschichtlichkeit des Epos zwar auch der FeveaXoylai. Er hat den Hinweis darauf
nicht ganz zu bestreiten — das haben auch sie in den Worten des Prooimions ol yag "EUrjvcov
nicht getan — wohl aber auf die Geschichts- 20 Xöyot izoXXoi te xai yeXoiot xxX. gefunden und
erzählung nach dem Epos zu verzichten und an diese Berufungen zutreffend bezeichnet als ,An-
ihre Stelle die Zustand- und Kulturschilderung fange einer kritischen Methode auf geogra-
der Vorzeit zu setzen. H. ist durch den Ein- phische und historische Forschung angewandt',
fluß der Naturwissenschaft auf den Weg der Es scheint sogar, als ob die barbarische Tradi-
r,atjonalistivschen — ,halbhistorischen' sagt tion in dem historischen Werke eine weit be-
Gomperz — Einzelbehandlung gedrängt wor- deutendere Rolle gespielt hat, als in dem geo-
den: der Kerberos ist nicht der Höllenhund, graphischen. Nicht nur gehört das einzige
sondern eine giftige Schlange (frg. 346) j Geryo- Fragment, das solche Berufung zeigt (358 —
nes hat nicht auf einer Insel im fernsten W T esten Herodian. 77. pov. l££. 8, 1), hierher; auch bei
gewohnt, sondern auf dem Festlande bei Am- 30 Herodot erscheinen die Xoywt IleQoioiv, <Poivl-
brakia, und die Rinder hat Herakles von hier xoir, Aiyvnxloiv vor allem in Partien, in denen
geholt; , auch dies kein tpavXov ä $Xov ' (frg. 349) ; die griechische Sage (zitiert als ol "EXXyveg)
Aigyptos hatte keine 50, sondern nicht einmal korrigiert wird; und zwar gewiß nicht zuerst
20 Söhne (frg. 357; vgl. v. Wilamowitz Phil. von Herodot: so I 1—5. II 54. 113ff. 118f. 182.
Unters. 194); die göttlichen Jungfrauensöhne sind Das ist auch ganz natürlich: in der üeglodog
unglaublich; Mädchenraub und Verführung tre- treten lozoöty und äxot} doch nur als Ergänzung
ten an ihre Stelle (frg. 345; vgl. Herodot. I der oytte auf. In den reveaXoyiat aber muß der
1 — 5). Herakles zieht nicht allein gegen den Autor, sobald er mißtrauisch geworden ist gegen
König Augeas, sondern er wird von den Epeern die Autorität seiner dichterischen Quellen, in
unterstützt (frg, 348). Dieses Verfahren ist un- 40 ganz anderer Weise das Bedürfnis fühlen, einen
befriedigend (das übersieht B ü d i n g e r Uni- Ersatz für diese verlorene Autorität zu gewin*
versalhist. im Altertum 1895, 16, der deshalb nen, die eigene Meinung durch äußere Hilfs-
H. gleich zu hoch einschätzt.) Es läßt sich nicht mittel zu stützen. Eines von diesen ist die Ety-
einmal voll durchführen. Wie H. offenbar trotz mologie (Diels a. 0. 437; Neue Jahrb. 1910
allem an seinen Stammbaum geglaubt hat, so I4ff.), die teilweise in ziemlich kindlicher Weise
bleibt auch sonst Wunderbares genug bestehen: mit den eponymen Heroen wirtschaftet, ohne
so die Erfindung des Weinstockes (xvojv avzwi zu erkennen, daß diese doch erst dichterische
arsXexog Ixmt frg. 341), der sprechende Widder Fiktionen sind; teilweise aber in einer doch auch
des Phrixos (frg. 337; anderes bei Tropea I für uns diskutierbaren Weise verwendet wird. So
9f.). Daß H. freilich den ältesten Menschen ein 50 Herod. IV 1 89 die Ableitung der aiyig von m|(vgl.
Leben von 1000 Jahren zugeschrieben haben auch frg. 52. Harpokr. s. ooöwvtä). Dabei ist
soll (frg. 365), brauchen wir Josephus nicht zu zu beachten, daß diese Etymologie angeregt ist
glauben. Wo man die Rationalisierung später dureh eine in die üeghSog gehörige Beobachtung
voll durchgeführt hat (z. B. Herodoros von He- über die libysche Tracht. Ganz analog wird frg.
rakleia), da haben wir keine als Geschichtswerk 349 die Ansetzung von Erytheia bei Ambrakia
gedachten Genealogien mehr vor uns, sondern durch die Beobachtung olda de iyoj xai ig zovto
philosophische, geographische oder einfach unter- hi evßozov zi}v ^üieiqov zuvzjjv xai ßovg rgiqmv-
haltende Romane. Die Genealogie als Zweig aav xa/Marag bestätigt; wie sie überhaupt erst
der historischen Literatur hat die Mitte saec. IV veranlaßt ist durch das neue Weltbild, das jen-
nicht überlebt. Das berechtigt uns aber nicht, wie 60 seits der Erdküste im Ozean keine Inseln aner-
es neuerdings mehrfach geschehen ist, die Be- kennen kann. Aber weiter erstreckt sich die
deutung des H. herabzusetzen. Jener Weg war Bedeutung der barbarischen Tradition. Doch
ein Irrweg, weil man mit der völlig subjektiven darf man auch sie nicht überschätzen. Es ist
rationalistischen Kritik aus dem Epos fortlau- zwar unverkennbar, daß eine Szene wie die von
fende Geschieh tserzählung nicht machen kann; Herod. II 143 geschilderte auf H. einen unge-
aber der Irrweg musste gegangen, der Versuch henren Eindruck machen mußte, _ daß sie viel-
gemacht werden» ehe man die qualitative Ver- leicht sogar erst den psychologischen Anstoß
schiedenheit der dichterischen Tradition von der gegeben hat zu einer systematischeil Bearbeitung
13*41
üeitataios
üeKataios
ZY42
der .historischen' Überlieferungen der Griechen.
Aber eine wirklich entscheidende Wirkung haben
die ungeheuren Zeiträume, die die Ägypter
aTQsxecoG <paol inlorao&ai akt te Xoyi£öftevoi
xai aiei <bwyea<pöfievoi rä ezea doch eigentlich
nur auf theologischem Gebiete. Hier zieht H.
Schlüsse (und veranlaßt Herodot zu dem gleichen
Verfahren), wie die, daß die Hellenen ihre
Götter von Ägypten bekommen haben (Herod.
verwirft diese Anschauung ausdrücklich. Frei-
lich frg. 47 ist nicht wörtlich erhalten; ein
Xeyovatv o. ä. hätte H. erlaubt, die vulgate An-
sicht zu erwähnen, auch wenn er sie für falseh
hielt. Stillschweigende Korrekturen der dichte-
rischen Anschauungen fehlten auch in der
IIsQiodog nicht (so im Aißvxog Xoyog, s. § 16).
Aber im ganzen wird H. hier die vulgaten An-
schauungen einfach erwähnt haben, und WideT-
II 50); daß der hellenische Herakles ein Mensch 10 Sprüche gegen die FeveaXoyiai mögen häufiger
ist, der nur den Namen des alten Gottes trägt
(Mittel der Homonymie); daß Pan oder Diony-
sos, die kein menschliches Leben gehabt haben,
von den "EXXrjveg deshalb so spät angesetzt sind
weil man ihre Namen erst später kennen gelernt
hat (äft' o$ öe Ejzv&ovro xqovov, djtd tovtov yeverj-
Xoysovoi avTcöv zi]v yeveoiv II 146). Es hängt
damit zusammen (vgl. z. B. II 49), daß offenbar
schon H. die Überzeugung gewonnen hat vom
gewesen sein. Die Unechtheit der reveaXoyiat
beweisen sie natürlich nicht, auch wenn sie nicht
nur scheinbar sind d. h. Folge der Knappheit
unserer Fragmente.
§ 20. Wenn schon die entschieden rationa-
listische Kritik H. über die epischen Genea-
logien hinaus zu einer ,histori sehen' Auffassung
der Sagenzeit führt, so ist ein weiterer Schritt
nach vorwärts — wenigstens relativ; über den
orientalischen Ursprung der hellenischen Kultur 20 absoluten Wert des Verfahrens mag man strei-
überhaupt, daß schon bei ihm Kadmos, Danaos,
Pelops die Rolle der Kulturbring er spielen.
Vergleichen wir aber mit einem Abschnitt wie
dem über die Götter (II 43 ff. 142ff.) etwa den über
Menelaos-Helena in Ägypten (II 112ff.), oder
über die ältesten Zwistigkeiten zwischen Asien
und Europa (I }—Q), so ist der Unterschied
augenfällig. An Stelle der einschneidenden Ände-
rungen tritt die mehr oder minder starke Rationali-
ten — getan durch die Einführung einer abso-
luten Chronologie, deren Ausgangspunkt beim
Mangel einer einheitlichen griechischen Aera
(s. Rh. Mus. LIX 86) natürlich nur die eigene
Zeit sein kann. Es ist E. Meyers Verdienst
(Forschungen I 1892-, 154ff.), hier dem H. ge-
geben zu haben, was ihm gebühTi nämlich die
Aufstellung des festen chronologischen Systems
der griechischen Sagengeschichte (und — das sei
sierung, die die Fakten selbst doch ziemlich unbe- 30 noch besonders betont — nur dieser, während
rührt läßt. Die Hochachtung vor der orienta-
lischen Tradition hat hier nur die Aufgabe, die
subjektive Meinung, mit der H. den Angaben
der Dichter entgegentritt, zu temperieren. Das
ist der oben bereits festgestellte Unterschied
zwischen Theologie und Heroologie, der unver-
meidbar war, solange man in den Erzählungen
von den Heroen Geschichte sah. Die barbarische
Tradition hat hier nichts qualitativ geändert,
für die historische Zeit Daten überhaupt fehlen;
s. Klio IX 112ff.), auf das Herodot innerhalb
seines Werkes mehrfach Bezug nimmt. Meyer
hat evident nachgewiesen — ich kann seine Re-
sultate einfach registrieren — , daß dieses System
nicht von Herodot selbst aufgestellt, sondern
als etwas Gegebenes und Anerkanntes übernom-
men ist; daß es einem griechischen Autor ent-
stammt; daß es bereits vor Herodot von einem
weil sie, wie wir wissen, wie H. nicht wußte, 40 anderen, höchstwahrscheinlich Dionys von Milet,
ja von der hellenischen nicht unabhängig, son-
dern nur eine Zurechtmachung jener in maiorem
Or lentis gloriam war. Darum decken sich die
reveaXoyiat inhaltlich und in der Form trotz
aller Korrekturen nach den smxüiqioi viel mehr
mit den epischen Genealogien, als es die Theo-
logie mit der Homer isch-Hesiodischen tut.
Aus der Art, wie H. in den reveaXoyiat die
Erfahrungen seiner Reisen verwertet, muß man
zum Ausgangspunkt für die Berechnung der
orientalischen Dynastien (Lyder, Meder, Assy-
rer) gemacht ist. Das alles führt auf H. Die
Epoche ist natürlich der Troianische Krieg; die
Grundlage des Systems die Synchronismen, die
das Epos selbst für die Argonauten und die
Helden von Theben und Troia liefert. Troias
Fall wird (II 145) auf ca. 1250 angesetzt; Hera-
kles auf etwa 1330. Es ist eine Bestätigung,
aber doch schließen, daß der Gedanke an eine 50 wenn der Stammbaum des H. selbst für den
prosaische Bearbeitung auch der historischen
Tradition wenigstens seiner Konzeption nach
später ist, als der an die Bearbeitung des Welt-
bildes (so auch Diels 436f . ? E. M e y e r II
§ 465). Letzterer war ja auch in ganz anderer
Weise durch die ionische Naturwissenschaft vor-
bereitet. Vermutlich aber sind die reveaXoyiat
auch faktisch später abgefaßt. Wenigstens wird
sich so der Widerspruch zwischen frg. 47 ~ 349
Heros, mit dem das Geschleeht beginnt, auf
1090—1050 führt. Denn es liegt nahe, den
Beginn des Stammbaumes eines ionischen Ge-
schlechtes mit der Besiedelung Ioniens zeitlich
gleichzusetzen. Die ionische Wanderung ist um
zwei Generationen von der dorischen getrennt;
diese wieder durch zwei von dem Troianischen
Kriege. Das gibt 1170 für jene, wieder 1250
für diesen — die Generation zu 40 Jahren ge-
am einfachsten erklären, den Fischer De Hanno- 60 rechnet. Diese Generationsdauer (im Gegensatz
nis Carthag. Periplo 1893, 96f. als sichersten
Beweis' für die Unechtheit der reveaXoyiat miß-
braucht hat. Frg. 47 setzt mit seiner Ableitung
der sizilischen Stadt Motvrj ajtb Mozvijg yvvatxog
ftijvvodorjg UgaxXel rovg iXdoavrag xovg avzov
ßovg die vulgate Anschauung voraus, daß Hera-
kles die Rinder aus dem fernsten Westen ge-
holt habe (vgl. Herod. IV 8; aus H.?). Frg. 349
zu der Herodotei sehen von 33 l /a) dürfen wir für
den älteren Autor annehmen; denn sie ergibt
sich aus den Daten selbst und hat wenigstens
für die Zeit von Troia bis zur Heraklidenrück-
kehr auch die spätere griechische Chronographie
beherrscht (ohne erkennbaren Grund schreibt
Lehmann Hermes XXXV 1900, 649 und
Klio IV 123 dem H. eine Generation von
2748
Hekataios
Hekataioa
2744
35 Jahren zu). Meyer hat vermutet, daß H.
bei seiner Berechnung die Stammbäume der
spartanischen Könige zu Grunde gelegt hat; spe-
zieller vielleicht den ziemlich gleichzeitigen Re-
gierungswechsel, der 490/88 Leonidas und Leo-
tychides zur Regierung bringt oder auch die
MTjöixd, die er noch erlebt haben kann. Hier
gibt Herodot VII 204 den Agiaden Stammbaum;
dieses Ereignis bildet noch bei Eratosthenes und
Apollodor den Abschluß der ersten Periode der
griechischen Geschichte. M e y e r spricht vor-
sichtig; er weist auf die vielen anderen Stamm-
baume hin, die zu Gebote standen. Aber
die Vermutung bleibt trotzdem wahrscheinlich.
Xicht nur ist der Heraklidenstammbaum schon
um 500 der wichtigste; H. selbst hat gerade von
Herakles überall — auch in der üegioSog —
ausführlich gehandelt. Und auch ein weiteres
hat Meyer mit Recht betont, daß , unmittelbar
nach Herodot Hellanikos das System des H. end-
gültig umgestoßen hat'. Seitdem ist die kürzere
Generation von 33 L /3 Jahren, die Herodot selbst
annimmt, die offenbar auch Demokrits Rech-
nung (Diog. IX 41) zugrunde liegt, ziemlich
allgemein gültig. Damals ist vielleicht auch an
Stelle der unbestimmten , eigenen Zeit', das ig
spie, ein absoluter Ausgangspunkt der Rechnung
getreten, die Einsetzung der Olympien 776/5.
Über die Geltung dieser Epoche hat L a q u e u r
Hermes XLII 513ff, Licht verbreitet; Aber ich
muß betonen, daß seine Resultate E. Meyers
Konstatierungen für H. und das saee. V über-
haupt in keinem Punkte umstoßen. Es ist doch
charakteristisch, daß Laqueur ,nur zwei troische
Daten nicht auf die einfache Formel: Olym-
piadenanfang -+- n Generationen bringen' kann;
das des Duris (1000 Jahre vor Alexander), das
er mit Recht für ,ein Kompliment an den neuen
Achill' erklärt, und das — des Herodot, fÜT
das er eine Erklärung überhaupt nicht versucht.
Sie ist durch E. Meyer gegeben. Denn daß
auch für H, der Beginn der Olympiaden maß-
gebend gewesen sei, wird Laqueur nicht
behaupten. Vor Herodot und bei ihm ist eine
chronologische Verwertung von Ol. 1 weder nach-
weisbar noch wahrscheinlich. Ob sie bei Hella-
nikos auftrat, müssen wir unentschieden lassen;
denn wir kennen sein troisches Datum nicht.
Mit Sicherheit hat Laqueur die Verwendung
in Verbindung mit der yered zu 33V3 Jahren
bei Ephoros nachgewiesen. Offenbar hat zwi-
schen ihm und Herodot Hippias' Publikation der
olympischen Festchronik, die meines Erachtens
von Thuc. I 6, 5 (vgl. daneben und dagegen
Herod. I 10) benutzt ist, Epoche gemacht.
Wieweit die absolute Datierung von H. aus-
gedehnt worden ist, läßt sich mit Sicherheit
nicht sagen. Aber schwerlich hat er schon die
Stammbäume mit Einzelzahlen versehen, son-
dern hat sich in der Erzählung, wie Herodot.
wesentlich mit Angabe der Generationen begnügt
(ex. gr. Herod. I 3).
§ 21. Stärker, weit stärker, als bei der YltQio-
doz, habe ich die Behandlung der revmXoyiai
auf allgemeinen Erwägungen aus der Entwick-
lung der griechischen Historiographie überhaupt
und auf dem, was Herodot uns an Material
liefert, aulbauen müssen. Das ist gefahrlos, weil
wir jene Entwicklung sicher tiberblicken können
und weil die Benutzung der FevsaXoylat bei
Herodot eine unbestreitbare Thatsache ist. Wo
die Herodotinterpreten nur von älteren Genea-
logen oder ähnlich sprechen, können wir ruhig
überall H. einsetzen. Selbst angenommen, daß
Akusüaos und Pherekydes schon vor 450 ge-
schrieben haben, was nicht wahrscheinlich ist,
davon ,daß sie auf Herodot irgend welchen Ein-
10 fluß geübt hätten, findet sich keine Spur' (E.
Meyer 169). Das Verhältnis des Herodot zu
H.s rEvmloylai ist dagegen klar und weitaus
einfacher, als bei der Üsgiodog: er ergänzt und
polemisiert hier nicht, sondern er entnimmt
ihr einfach, was er von den Dingen braucht, die
er selbst nicht ex officio behandeln will, eben
weil H. sie behandelt hat; äiXotai ya@ nzgi
avrtör Etgrjxai, Moofisv avxa. Aber das Verfahren
war auch notwendig; denn die Zahl der erhal-
20 tenen Fragmente ist sehr gering. Nur gegen 40
lassen sich mit einiger Sicherheit hierher ziehen;
und unter diesen sind noch mehrere nur An-
führungen von Dialektworten oder -formen (frg.
354. 367. 370. Gramer Anecd. Ox. I 207, 20.
265, 9, Hierher gehören wohl auch die nicht
ganz sicher einem der beiden Werke zuzuweisen-
den Fragmente: 254. 359. 366. 368. 369. 371.
374. Apollon. Dysc. de pron. p. 92, 20). Ver-
wunderlich ist das nicht, da hier H. in ganz
30 anderer Weise als in der Jlsglodog durch die sich
schnell folgenden ausführlicheren Bearbeitungen
aus der zweiten Hälfte saec. V überholt ist;
ganz besonders aber durch die, welche auch die
Lyrik und vor allem die attische Tragödie in den
Kreis der Darstellung zogen. Es läßt sich daher
auch nur wenig einzelnes über den Inhalt sagen;
und auf eine auch nur vermutungsweise Wieder-
herstellung der Disposition (ein Versuch bei
Klausen 29f.) wird man verzichten; denn nur
40 12 Fragmente geben Buchzahlen {I: 332. 333.
335. 338. 343; II: 344. 350. 354; III; 335; IV:
336. 363. 364. Sie sind im folgenden mit * her-
vorgehoben); und auch sie lassen vielfach mehrere
Deutungen zu. So kann AfAtpavai frg. 335 * aus
B. I genannt sein bei Herakles, der Kyknos
'Autpavalag olxrjxoQa tötet (Eurip. Heracl. 392),
in der Argonauten- oder Deukaliongeschichte
(da es in der Nähe von Ilayaoai und dem Vor-
gebirge IlvQQa liegt), oder endlich in der Ge-
50 schichte von Hellens Söhnen (xokig Acoqix^I
Klausen 140). Ebenso steht es mit Irtovia
hg. 338*. Ixxta (Tochter der Tyro) frg. 333*
läßt sich auch nicht sicher bestimmen. Immer-
hin führen alle drei Fragmente nach Thessalien
und lassen sich (wie das vierte mit Buchzahl
01vr\ Tioliq %Qyovs 343*) mit den direkt von
Deukaliou ausgehenden Stemmata verbinden,
die man im ersten Buch doch zunächst suchen
wird; der Heros (Steph. Byz. s. v.) Iton ist
60 Sohn Amphiktyons, in Thessalien geboren (Ar-
menidas, Schob Apoll. Rhod. I 551), Vater des
Boiotos (Paus. IX 1, 1); Tyro stammt von Aiolos,
Hellens Sohn. Deukalions Nachkommen herr-
schen in Thessalien, das früher nach Pelasgos
Pelasgia hieß (frg. 334). Seine Söhne gibt in
sehr altertümlicher (ob vollständiger?) Aufzäh-
lung SchoL Thuk. I 3, 2 (cm. M.); die Nach-
kommenschaft des einen davon (Otestheus) frg.
2745
Hekataios
üefcatawa
2/4H
341. 342. Danach lässt sich folgender Stamm-
baum gewinnen:
AevxoXIqjv
JTqovoos 'Ogw&evg MaQ<xS(&viog
"EXXrjy $vttog
(äägog Eov&og AToXog) Oivevg
AhcoXog
,1
$voxog
I
AoHQog
Die drei Söhne Hellens sind vermutungsweise
eingesetzt, weil H. hier doch wohl mit Hesiod
übereinstimmte, frg. 333*, die auf die Argo-
nautensage bezüglichen 337. (338*?) 339 + 187,
vielleicht auch frg. 340 (Amphiaraos) würden
dann zu der Behandlung von Aiolos' Nachkom-
men gehören. Für Doros käme frg. 335* in Be-
tracht. Diesen Inhalt von Buch I bestätigt frg.
343* OivTj • Tiöhg "ÄQyovg, identisch mit Oinoe,
die nach dem aus Aitolien vertriebenen Oineus
benannt ist (Klausen 145). Im Stammbaum
nicht unterzubringen ist Amphiktyon, den H.
doch wohl genannt hat, da Herod. VII 200 und
Theopomp bei Harpokr. s. v. ihn als Stifter der
Amphiktyonie im Gegensatze zur delphischen
Tradition kennen (Mann. Par. 33fL). Zu ihm
stellt sich vielleicht frg. 338*, wenn Iton ge-
nannt war, was auch zum Aitolerstammbaum
gehören kann. Von, der Theogonie, die wohl
sicher wenn auch noch so kurz behandelt war,
haben wir keine Reste.
Buch II (frg. 344* erymanthischer Eber;
frg. 350* Amazonen) scheint zum großen Teile
dem Herakles gewidmet gewesen zu sein, dem
Evevo&ecog Xecög, wie er Cramer An. Ox. I 265, 9
heißt. Von den &&to, über deren Reihenfolge
sich natürlich nichts sagen läßt, erscheinen noch
die Hydra frg. 347, der Kerberos frg. 346,
Gervones frg. 349, Augeas frg. 348. Ferner:
Oichalia frg. 106 und das Verhältnis zur Auge
mit Ableitung der teuthran tischen Könige (frg.
345, sie ist sicherlich älter, als F r i e d 1 ä n d e r
Phil. Unt. XIX 161, 1 andeutet, vgl. übrigens
Thrämer Pergamos 379ff.) in der epischen, auch
von Euripides im Telephos befolgten Version
(ob Bd. II S. 2300ff.). Von den Amazonen handeln
noch frg. 351. 352; vgl. frg. 200. Vermutlich
ist auch frg. 353 Keyx und die Herakliden
hierher zu stellen. Ob äöeXcplCetv 354* auf Hera-
kles und Theseus geht? Die Rationalisierung
scheint in diesem Buche besonders weit gegangen
zu sein, wobei auch Herod. II 43ff. zu beachten
ist. Vorausgegangen sein muß aber der Geschichte
des Herakles, der ja bei H. reiner Mensch war,
die Behandlung seines Geschlechtes, d. h. dessen,
was die Bibl. II 1 xb Ivdytiov yh<K nennt und
an das Geschlecht Deukalions anschließt. Für
Herakles kommt der in der Bibliothek zuerst
behandelte Zweig, ol anb BrjXov, in Betracht.
Man möchte sagen, daß das, was Herod. VI 53.
55 xazä xa leyofieva vxd 'EXX^vatv schreibt
(Aaeiiatv ßaaiUas faxe* P& &*l Htgcios xov
Aarane sindtEJUiyv«; <S*o & Aavdrjg tfjg 'AxQtotov
nach oben aber Aiyvartöi l&ayevies) und was er
nicht ausführlich erzählen will (3 w ös kfoee
Aiyvnttoi xai o rt cmoS^dfievoi eXaßov rag
AatotEfov ßaodijtag), weil ,andere es behandelt
haben' — daß dies eine knappe Inhaltsangabe
von H.s zweitem Buche ist. Die skeptische Be-
merkung xov &eov äjiEOvtog stimmt dazu; ebenso
aber, daß er keinen menschlichen Vater des
Perseus zu nennen vermag. Denn auch H. frg.
10 254. 358 gab an xfji Aaväi fAtoyeräi Zevg. Hero-
dot scheint, wie ja öfter, wo er von H. abhängt,
dessen Skepsis zu steigern. Der abweichende
Xöyog JJeQoioiv c. 54 könnte schon von H. bei-
gebracht sein. Danach gehören in dies Buch
noch frg. 357 Ankunft der ,nicht einmal 20
Söhne des Aigyptos in Argos; frg. 359 Xeiqo-
yäöTOQtg, falls Creuzer darauf mit Recht
Strab. VIII 6, 11 die Erbauung von Tiryns zu-
sammengebracht hat; frg. 254 + 358Danae; frg.
20 360, wenn man es mit Recht auf die Benennung
Mykenes 6x6 [ivxtjxog xov &<povg, o itpoQst,
neooevg deutet. Das Buch ging bis zur Rück-
kehr der Herakliden; und wenn H. die Stamm-
bäume der spartanischen Könige bis auf die Gegen-
wart herabgeführt hat, so ist das hier geschehen.
Vom III. Buch wissen wir direkt garmchts,
da aus ihm nur ein nicht näher zu beziehendes
'ÄQxadmov Seijtvov frg. 355* zitiert wird. Die
Zuweisung aller Res Peloponnesiacae an dieses
30 Buch (Klausen, Mueller, West ermann) ist
schon deshalb verfehlt, weil sie die landschaftliche
an Stelle der genealogischen Ordnung setzt. Wir
werden auch hier eher der Bibliothek folgen
dürfen; denn bei allen Änderungen im einzelnen
scheint der Grundplan des Gebäudes der grie-
chischen Sagengeschichte konstant geblieben zu
sein Nach Arkadien führt das Geschlecht des
UeXaoyög (Bibl. II 96ff.), das behandelt sein
wird. Vorher abeT muß, auf Belos folgend, die
40 Nachkommenschaft Agenors behandelt gewesen
sein. Ob schon im dritten oder noch im zweiten
Buch, wissen wir nicht. Es ist auch gleichgültig.
Die Fragmente geben dürftigste Reste: Kadmos
frg. 361 (vgl. Herod. V 58, oben § 6) Tevfcve: o
IUM* Phot. s. v. (FHG I p. XVI); Schol.
Soph. Oed. C 1320 (FHG IV 627). Letzteres be-
zeugt die Behandlung des Zuges der Sieben gegen
Theben. Frg. 356. 362 gehören in die TLsgiobog.
4us Buch IV werden die karischen Städte
50 UtXla frg. 336* (die Hss. des Steph. Byz schwan-
ken zwischen ä und ö) und Mvytaaog frg. öbö
sowie die lykischen Tremilen frg. 364* zitiert.
Wir dürfen ihm deshhalb nicht die ,kleinasia-
tischen Sagen* zuweisen. Den Zusammenhang,
in den frg. 364 gehört, zeigt vielmehr Herod.
I 173 coli. Bibl. III 206: die Tremilen heißen
Lykier nach Lykos, Pandions Sohn. Das gehört
in die Genealogie des Kixoo\p avx6x$e>v (Bibl.
III 177ff.). Daß es im vierten Buch steht, ist
60 ein Beweis für die Annahme eines konstanten
Grundplanes der reveaXoyiat von H. bis auf
die späten Handbücher. Ich zweifle daher
auch nicht, daß die karischen Stadtnamen dieses
Buches auf die Rückkehr der einzelnen Helden
von Troia und die ihnen zugeschriebenen Grün-
dungen gehen. Nach Bibl. epit. VI 18 siedelt
sich z. B. noöaXiiQtog auf der Kaetxt} jf^^oos
an. Es ißt dies das einzige, was von der B®-
Ü747
Hekataios
Hekataios
2748
handlung der Tgcoaed in den reveaXoylai er-
halten ist.
Dies letzte Faktum ist geeignet, die Dürftig-
keit unserer direkten Kenntnis von der ältesten
Jiistori sehen Bearbeitung der griechischen Sagen-
geschichte zu illustrieren. Wir besitzen aus dem
ganzen Bau nur ein paar zufällig erhaltene
Steine. Allerdings läßt sich das Material nicht
ganz unwesentlich vermehren, vor allem aus
dides, Xenophon als gelesen und stilistisch imi-
tiert auf, gegenüber den Werken des Theopomp,
Ephoros, Philistos und Hellanikos. H. gilt ihm
offenbar als Hauptvertreter der ionischen Prosa.
Es ist also noch ein Wort über die äußere Form
zu sagen.
§ 22. In der bekannten Strabonstelie I 2, 6
jTQfottara yaQ ij noirjzixi) xaxaoxevi] xaQtjX&ev
eig xb fAEOov . . . ejteira avxrjv fic/AOVfjisvot, Xvoavzsg
Herodot. Ich muß aber auf Rekonstruktionsver- 10 rö fiexQov, zä)la de (pvXdi-avzeg xa jiotrjtixa avve-
suche größerer Partien verzichten, nicht nur
weil für die dazu nötigen Spezialuntersuchungen
hier kein Platz ist, sondern auch weil ich noch
nicht sehe, ob und inwieweit die revmkoyiai auch
von Nichthistorikern d. h. vor allem von Aischylos
und etwa^ den anderen Tragikern benutzt sind.
Wirklich etwas sagen läßt sich meines Erachtens
darüber erst, wenn die Systeme des Pherekydes
und Hellanikos soweit möglich rekonstruiert und
yQmpav ol stsqI Kdöfiov xal <PeQExvör) xal r Exa-
raiov wird eine Verbindungslinie zwischen Epos
und ältester Prosa gezogen, die sich auf die
sprachlich-stilistische Form der letzteren bezieht.
Woher diese Anschauung von dem poetischen
Charakter der ältesten Prosa kommt und ob sie
für Pherekydes den Syrier zutrifft, mag un-
erörtert bleiben. In keinem Falle darf man aus
dieser Stelle schließen, ,daß die ältesten Er-
m ihren Nachwirkungen untersucht sind. Vor- 20 Zeugnisse der ionischen historischen Prosa .
lällfif läßt <i\ch nur rlin nllrpomoinii ~Wi tV « n n Ar,* untür An-m mni+m/,Vnv,J n *„„ Ti:w,.fl..n j t^i:_i.x.-.
läufig läßt sich nur die allgemeine Wirkung der
revmXoyiat konstatieren: sie haben als Literatur-
form, die um 450 vom Mutterlande aufgenommen
ist, dauernd Bestand gehabt, als ein elöos erst
der Historiographie, später als eines der Unter-
haltungsliteratur und einer im Dienste der all-
gemeinen Bildung stehenden philologischen
Schriftstellerei. Der von H. eingeführte Geist
des Rationalismus ist herrschend geblieben, so-
unter dem weitgehendsten Einfluß der Dichtung
auf Worte und Wendungen geschaffen worden
sind' (Zarncke Entst. d. griech. Literatur-
spr., Lpz. 1890; Stud. f. Lipsius, Lpz. 1894,
120ff.). Schon Norden Kunstpr. I 35ff., ob-
wohl er Zarnckes Ansicht ,im allgemeinen
richtig' nennt, hat sie beschränkt auf den Satz-
bau; und er hat sie praktisch aufgehoben
durch die den antiken Urteilen zustimmen-
Jange die Sagenzeit als Domäne der Historiker 30 den Bemerkungen über den SfirjQtxcöxazos
gilt, wie das am besten die Stellung Herodots
zum Inhalt des Epos beweist; er hat von hier aus
auch in die Ethnographie und die Lokalchronik
übergegriffen. Er verschwindet, als die gegen
den historischen Wert der Sagen gleichgültige
Philologie die Behandlung dieses Stoffes über-
nimmt.
Die absolute Geltung auch der reveaXoylai
hat saec. V kaum überdauert. Für Ephoros
r 'HQÖ6oroq (S. 40). Wir müssen es aber viel
schärfer sagen, daß jene Anschauung auf die
historisch-geographische oder auf die wissen-
schaftliche Prosa überhaupt ab'solut nicht zu-
trifft. In ihr konstatieren wir bei HeTodot und
in anderer Weise, aber im Prinzip gleichartig
bei Thukydides eine bewußte Benutzung der
Poesie für die Bildung des Stiles, die ausgeht
von der sophistischen Kunstrede, im Prinzip be-
kommt nicht mehr H., sondern nur noch Hellani- 40 kämpft wird von Isokrates. Bei H. und ebenso
lr*~kc» nlci fln^nki sil*4i™isiVt wAtl\A« ^T ^. « m^.^.^^-i-\^ ? __ ^."L ... _ TT _ " j_ T __ .1 Tl . . j 1 X 1 n * j *i i rt ^
kos als Geschieht Schreiber der mythischen Zeit
in Frage. Auch die Lokalcbronik (s. ex. gr.
Dieuchidas FHG IV 388, 1) knüpft an diesen an.
Seine umfassendere Ausgleichung der verschie-
denen Traditionen hat wohl den ersten Versuch
auf diesem Gebiete endgültig verdrängt. H. ist
nur noch gelegentlich benutzt, wie z. B. von dem
sog. Melesagoras (Clem. AI. Strom. VI 26, 8).
Man pflegt für sein Ansehen im saec. IV noch
in den Resten der Lokalhistoriker aber finden
wir, soweit die dürftigen Fragmente ein Urteil
erlauben, eine zunächst im Wortschatz durchaus
prosaisch einfache, in ziemlich starkem Maße
dialektisch gefärbte Sprache {vgl. nur die Gram-
matikerzitate von ionischen Worten und Formen
aus H.: frg. 366. 367. 369. 370. 374; Cramer
Anecd. Ox. I 207, 20. 265, 9. 287, 28. Apoll. Dysc.
p. 92, 20 Sehn.) und einen ebenso einfachen, un-
± tT3 ~~ -.-. — ^w«v« "" ky«.^w« -m. » iJ.Wl-1 |/. <-'"} "" L"-IA1A.J UJ1V1 L1AILI1 C UC11ÜU CHHrtVlltlL, Uli"
die Anekdote Aelian. var. hist. XIII 20 anzu- 50 gekünstelten Stil, der mit seiner Knappheit und
führen (s. zuletzt Pohlenz Xägneg 1911,
80, 4); ich zweifle durchaus an der Identi-
fikation dieses KeQxtÖäs mit einem der bekann-
ten Träger des Namens. Nachdem dann das
W T erk einmal in die hellenistischen Bibliotheken
gekommen ist. hat es sich weiter erhalten als
eines der wenigen Denkmäler ältester ionischer
Prosa. Als solches hat es in der Zeit des
Archaismus eine Rolle gespielt. Während bei
seinen Inkonzinnitäten weit mehr an die ge-
sprochene Sprache, als an den Stil des Epos er-
innert. Das ist entwicklungsgeschichtlich nicht
nur verständlich, sondern a priori zu erwarten.
Die altesteProsa, die im Kreise des Thaies entstand,
ist im Grunde genommen weniger Literatur, als
knappe Aufzeichnung dessen, was im Kreise der
Schule erarbeitet ist, zur Stütze des Gedächt-
nisses und vielleicht noch mehr zur Mitteilung
Dion. Hai. de im. 3 der Name^des H. noch fehlt 60 an auswärtige Freunde. Die Vorrede des Alk-
und Herodot als jfj-; lädog aoiozo? xavüv er maion (frg. 1 p. 103 Diels 2 "Ahcpuaimv Kqozo>-
scheint (ad Pomp, epist. 3), bringt der Autor rirjzrjs räöe sXe^e . . Bgorirütt xal Aimnt xal
Ilegl vipovs ein Beispiel aus ihm; setzt ihn der
sog. Demetrios 77, %*. an die Stelle Herodots
in der Besprechung des Unterschiedes zwischen
periodtsierter Rede und te£ie eigofievt]-, und stellt
Hermog. 77. tS. II 424, 105. die reveaXoyiat
(nur sie berücksichtigt er) neben Herodot, Thuky-
Ba&vU.on) in ihrer eigenartigen Mischung von
von allgemeiner und persönlicher Anrede ist
dafür sehT charakteristisch. In solchen Aufzeich-
nungen von Männern, die von der Gedankenwelt
des Epos so ganz abgerückt sind, haben poetische
Stilmittel (soweit sie nicht unbewußt sind)
2749
neKaxaios
keinen Platz. Sie bewegen sich in dem wirklichen dieser einfachsten Parataxe steht die Wetterfüh-
SS d. h. nilt der vulgaren Sprache rung durch «, nicht selten unter Wiedawif-
des Volkes aber der des täglichen Lebens, wie nähme des Substantivs aus dem vorhergehenden
S der Gebüdete spricht, unmerklich gehoben, Satze (frg. 44. 192 otgea - «ri. * jo^v
wie es der Unterschied des Schreibens vom *%>«,* 173. 284. 341). Dabe! wird nicht angst-
Reden mit sich bringt. Was wir erwarten, be- lieh auf Konzmnität geachtet (frg 190 «Ä*«-
St b n Zeugnis: Anaximenes bediente sich C «tf - !*««» f «^, ,). Auch die ßegrtn-
siaxigt em ^h A ^ FniTTfm (Dioff II 31 dungspartikeln (öto, yä e ) sind nicht selten. Um-
&°3L Kr isTum 7LSS Tl'^Ll somfh? ist es die Hypotaxe: ein Konsekutivsatz
»gawn Wr werden bei ihm auch die gleiche 10 (frg. 58) ein Relativsatz (frg. 164 + Aman
Fom Erwarten, auch wenn seine Werke sich b. Eust. Dion 549) em paar parüzipiale Kon-
vielleicht schon' bewußt an einen größeren Kreis, struktionen (frg. 173. 8411. ^yndetische Auf-
an das Publikum überhaupt wenden (KMäfaog Zahlungen sind beliebt (frg. 1 14. 173), aber
räöTztäe). Und wieder bestätigen die Zeugnisse häufiger noch ist das Polysyndeton mit immer
unsere Erwartung. Was Dion. Hai. de Thuc. 5. wiederholter Emgangsformel (sv &, P** °*>
11 (vgl. Cio. de°or. II 51f.) für die sämtlichen frg. 35 40 75. 83 16 o.). Irgendwelche
Historiker vor Thukydides (auf die Zeitbestim- stilistische Wirkung ist damit nuh ^ beabsic htigt
mung ist natürlich kein Gewicht, zu legen) sagt, Ganz fehlt es aber ^ an Stilmitteln nicht Der
Zs bezeugt Hermog. H. X. II 12, 6 für H. imbe- Auct. 77. B v . 27, 2 fuhrt den unvermittelten
sonderen. Die Autoren, von denen man nicht nur den 20 Übergang aus der Erzählung in direkte Rede
Namen kennt (ausgeschlossen sind also die be an (frg. 353); frg 284 dient die dreifache
reite damals in ihrer Echtheit bezweifelten Wiederholung desselben Begriffes ^a Q m n «m
Fälschungen auf die Namen des Kadmos, Ari- «ai mQmtä xal mvelxac cm xov vdaros) gewiö
steas u. a ), haben alle - ausgenommen Herodot ! dazu, das Erstaunliche der Tatsache hervorzu-
- die gleiche **«.*,««, ob sie nun las oder heben Die Verwendung direkter Rede war m
alte Atthis schreiben. Sie weisen eine xvgta den FeveaX^ vielleicht nicht g^z selten
Xifc. keine iQomxy auf. Die cvv&eoig dvofiäxw (außer frg. 353 noch Cramer An Ox^l ^07, -iO).
ist lup^s *oi ävLxydevxos; es ist die U£*s Disponiert wird durch umrahmende Wiederholung
ßtnumtUvTt. die auch bei Herodot noch meist (frg. 175). ,
herrscht, im Gegensatz zur periodisierten (Demetr. 30 Eine Bemerkung die eigentlich nur die 77j<-
de eloc 12 = H frg. 332). Weder in jl#<w oöoe angeht, mag hier noch nachgetragen gem.
noch in v^aets gehen sie weit hinaus aus den Die Orthographie der Eigennamen (v Gutschmid
Greven der ^ew^l *<* *™V ™ ÖW ^^ l 42 " Diels ^ ^l" 1 f 1] 1Ü ^ 5* Zt
Iao ( ätooe. Wie ihrer aller Ute -v Uw> eine recht schwankende Seine Schreibungen
ixdoxrt xns ÖiaXixxov ya Q axxrj Q a bewahrt (Dionys.), stehen vielfach de« einheimischen naher smd
so schreibt H. (wie Anaximenes) die *«?««* lAs phonetischer, als die spater üblichen; ein
Zivi, wwA om xaxä xov H Q 6borav xointh, Resultat eigener mündlicher Erkundung: X&
fHermog.r Alles in allem, sie besitzen die fr frg. 284; JGWo ff Steph. Byz s. v (ande es
ävaylfa. d Q exai des Stiles, d. h. ihre U& aus ^OTten bei t Gutschmid, de \^ ^
istxa&aoä, oaris, otvropo; axoxQÜvnos; aber 40 die griechisch gebildeten Gentdicia me Aßnuvc>
asuvoXoyia. ^yaXo^i^a - oder doch nur m öTtaTivQog frg 179; ^hg™, & .vimäa lr|.
Anfängen und gelegentlich. Ganz anders Hero- 233(?); Näoßaihg. 1997 ; M*8m frg. 41; Xa-
dot (Dionys.), mit dem Hermogenes den H. ganz Xatov frg. 83; A^eaxtafrg. JW>
eenau so ve gleicht. Und wie diese alten Histo- In anderen Fallen hat er sie gerade mehr dem
riker doch efne -ewisse & Q a xal t * Q * haben, griechischen Munde angepaßt : Ata&wfa (frg. 280)
enn auch in verschiedenem Gradef um derent- statt^^. M f kwür ^ h ^^ 1«S«
willen ihre Werke erhalten sind (Dionys.), so Femininformen der ersten ^khnatm^ KaXa^
ist H. nicht nur *aft*fc nal «urfs, andern frg 3 (^«f-« ÄT^fÄmHeUanik
Iv xiot xal yte; ov pexQivs, wenn er auch ^^m^^Vb^.),^^^^^^^^^
weit hinter Herodot zurückbleibt (Hermog.). JforuV* frg. 93 (Mavnvsia Herodot ); 2yn frg.
WClt Die nicht zahlreiche, fast duUweg leider ^(^^^^^^^^Z
175. 180. iay. i9o. i'jä. 190. zvu. ü4. «i. t- " „ ; 7oi v73,.ß ni f rf r i<>5 aimv
252 284 318 341. 344. 350. 353) bestätigen, Konaz&vss frg. 124, XaXvßov frg. 1»5. Mju»
was' für den Wortschatz schon angedeutet ist, als Neutrum zitieren die Alten noch aus Hella-
die antiken urteile. Der Ausdruck ist knapp nikos und Eudoxos.
(z B hs 341 föfcv knl ßaoiteiav), und das 4) Hekataios aus Abaera (bmd s v iJiog.
l Z erb B um fnitum wird in kürzeren Sa'tzen gern 60 Laert IX 69 Hut d. 1^ P- 354C.;,ua ? t
unterdrückt (frg. 172). Der behagliche Plauder- conv I\ 3 , 1 j>. 666 E. ^^ p^Arist
ton findet sich nur frg. 58 und ist bei H. E. ohy SMc X V aco, aXXoAß ^ c Fs.A nst^
schwerlich häufig gewesen Als Beispiel der |& o f ,^°^
Stniojiuevn U£ic dient fr?. 341 a xal b xal c xat Teos (Strab. ALV l, öv, wo a^"* «!„_—
SS e Dabei ist g der Subjektswechsel zu Zxvfrvos natiirUch abzulehnen ist ^Scymn.
J.J-BO.CLUUU»
Jieiiaiaios
Z/ÖZ
beredete Unterschied ist weder mit Koeper durch
Scheidung zweier homonymer Schriftsteller , von
denen der Teier als ungefährer Zeitgenosse des
Milesiers den Pontos behandelt habe, zu erklären ;
noch mit Schwartz S. 234 als Vertauschung des
Ethnikons der Kolonie mit dem der Mutterstadt,
dadurch begünstigt, daß H. in den Philosophen-
diadochien noch näher mit Demokritos verbunden
werden sollte (vgl. Clem. Alex. Strom. II 130,
zu bezweifelnden Besuch in Ägypten neihts. Viel-
leicht gehörte er zu den vielen Vertretern ioni-
schen Geisteslebens, die in den neuen Reichen
des Ostens ihr Glück zu machen suchten. Ge-
rade die Philosophen waren guter Aufnahme an
den Höfen sicher (Di eis Doxogr. 82, 2. Roh de
224, 4. Schwartz 260, 2). Aber ob H. wirk-
lich dieses Ziel erreicht hat, ist mindestens nicht
sicher. Die Tendenz seiner Alyvnzmxä (s. u.) spricht
4). Vielmehr hat sich H. in dem Werke ,Über 10 weder für noch gegen eine solche Stellung. Auf
die Hyperboreer' selbst Teier genannt. Wir wissen Josephus (c. Ap. I 183ff.) ist nichts zu geben :
nicht, aus welchem Grunde ; doch wird es mit daß H. den Ptolemaios I. in den Syrischen Krieg
der Rahmenerzählung zusammenhängen ; denn der
sorgfältig beschriebene Reiseweg zur Ki^fisglg
jioXis führte durch den Kimmerischen Bosporos
und die Maiotis zur Tanaismündung über die
teische Pflanzstadt (Ps.-Scymn. 886fT. Arrian. bei
Eustath. Dion. 549) Phanagorcia. Das Zitat des
H. bei Ps.-Skymnos aber bezieht sich auf die
begleitet habe (Alu eil er 384), steht nicht aus-
drücklich da ; und die Charakteristik avfe <pdo-
aofpog äjua xal 7ieqI rag nQaJ-Etg txavcbzazog ist
recht unbestimmt. Einen Besuch Spartas (mög-
licherweise, wenn man Josephus glaubt, in offi-
zieller Eigenschaft als Gesandter) bezeugt die
Anekdote Plut. Lyc. 20 (= apophthegm. Lac.
Herkunft des Tanais aus dem Arases. Auch Stra- 20 218 B), wo E. 6 Qoq>wxf}$ nur den Abderiten be-
bon (VII 3, 6) kennt oder erwähnt wenigstens
allein das Hyperboreerbuch. Übrigens macht der
Satz XIV 1, 30 den Eindruck einer Interpola-
tion (nach Ps.-Scymn.), zumal Steph. Byz. weder
mrter "Aßdtjga noch unter Ts<og den H. nennt.
H.s Zeit bestimmt sich im groben dadurch,
daß er neben Timon als Schüler Pyrrhons ge-
nannt wird (Diog. Laert. IX 69. Wenn wirklich
mit C. Mueller bei Diog. Laert. IX 61 an Stelle
zeichnen kann. Archidamidas ist, wenn nicht
Archidamos IV. (König im J. 294) gemeint ist,
was zeitlich gut passen würde, unbekannt.
H.s schriftstellerische Tätigkeit ist uns nur
unvollständig bekannt, da die Bücherliste der
Vita mit dem ersten Titel abbricht. Zitiert wer-
den Yon ihm 1. liegt zf\g noirjoecog 'OfirjQOv xal
Uotödov Suid. s. v. 2. Biß?.ia Emygafpöftsva szeqi
t<äv 'Yjtf-QßoQsmv (Schol. Apoll. Rhod. II 675),
des unbekannten und zweifelhaften 'Aoxdviog 6 30 als besondere Schrift auch von Plin. n. h. VI 55
"AßSfjghtfg zu lesen wäre 35. 6 'AßöijQizijg, so hätte
J7. de Hyperboreis (sc. privatim condidit volumen)
genannt. Vgl. Diod. II 47, 1 voftiCo^v %ä jieqI
zalv 'YsisgßoQswv /Liv&oZoyovjusva öiel&sTv ' röjv yäg
zag zzakaiag ßv&oloyiag dvaysyQatpöxtov E, xz/L.
Außer dem größeren Exzerpt Diod. H 47 ge-
hören von den Fragmenten, die sämtlich ohne
Buchtitel sind, hierher: Aelian. nat. an. XI 1.
Ps.-Scymn. 865ff. Plin. n. h. IV 94, Schol. Apoll.
Rhod. II 675. Schol. Pind. Ol. III 28 a. Steph.
Lehrer Anaxarchos Alexander nach Asien be- 40 Byz. s. EXi^oia und Eaqa^ßvxat. Strab. VTI 3,
gleitet hat (v. Wilamowitz Phil. Unt. IV 34f. 6. Was Crusius bei " " "
er auch über Pyrrhons Leben geschrieben. Die
Art, wie hier die yswatoz^g von Pyrrhons Philo-
sophie aus seinem Verkehr mit Magiern und
Gymno Sophisten abgeleitet wird, entspricht aller-
dings H.s Stellung zur Weisheit der Barbaren.
Aber damit stand H. nicht allein.). Denn da
Pyrrhon, dessen Blüte Apollodor (p. 340 Jac.) auf
Ol. 111 = 336/5 xal faisxuva bestimmt, mit seinem
Pohlenz Herrn. XXXIX 27) und vielleicht schon
vorher als Lehrer aufgetreten ist (Pohlenz 28),
so könnte für H. die Zeitbestimmung des Jose-
phus c. Apion. I 183 AlsfdvdQwi z<ot ßaodsl
ovvaxfiäoag xai IlzoXsfj,ai(t>t xcöi Adyov ovyysvo-
fxevog auch in ihrem ersten Teile richtig sein.
Aber da sie mit dem Pseudepigraphon IIeqI 'Iov-
datav (s. u.) zusammenhängt und offensichtlich
Röscher Myth. Lex. I 2826
hinzufügt, ist völlig unsicher. 3, Alyvnziaxd oder
Aiyvmiaxal tazöQiat oder wie der Titel sonst ge-
lautet hat : Diod. 146,8 t(öv . . ovvza^afiEvayv
zag AlyvTtztaxag iozoQiag, <Zv iozt xai E. Vgl.
Clem. Alex. Strom. V 113, 1 E, 6 rag lazogtag
owzag'äfxevog. Nur eine Teilbezeichnung — Di eis
459 gibt darnach zweifelnd den Titel eines eigenen
Buches: IJegl zfjg zc5v Alyvützimv (pdoaoyiag Ä~E
den Zweck hat, H. zum Augenzeugen aller von 50 /".... y (Alyvjizmxcovy — steht Diog. Laert.
ihm berichteten jüdischen Heldentaten zu machen, pro. 10 E. ev rrjt jigtözm xeqi zrig r<öv Aiyvnxicov
wird man die Angabe der Vita yfyove Im x&v —' -'-- ™- ™ A ~ - J —'--*-■ -
SiaSöz<ov vorziehen. Zu ihr stimmt, daß Era-
tosthenes- Apollodor (Strab. VII 3, 6; doch s.
Rohde Rh. Mus. XLVHI 112, 1) ihn zwischen
Theopompos und Euhemeros, dessen legä 'Ava-
yga<pf} gegen 280 erschienen ist (s. o. Bd. VI
S. 953), nennen; und daß er nach eigener An-
gabe (Diod. I 46, 8) nnter Ptolemaios L.agu das
ffiloootplag. Die Fragmente sind wieder ohne
Buchtitel. Es gehören hierher: Aet. plac. 1120
p. 351, 9 Diels. Aristeas ad Philocr. ep. 31 (s.
zuletzt Geffcken XII 6). Diod. I 46, 61 Diod.
XL 3 (= Phot. bibL 244 p. 380 a 7, wo E. 6
Mdrjoiog längst als Versehen des Photios er-
kannt ist). Diog. Laert. pro. 9. 10—11. Plut. de
Is. 6 p. 353 A.B; ebd. 9 p. 354 CD. Schol. BT
ägyptische Theben besucht hat. Überhaupt sind 60 H. I 383 + Steph. Byz. s. Aids *6hg ' {Käxcov hsl.
seine Aiyvnxiaxd ganz auf die Zeit des ersten
Ptolemaios gestellt (Diod. I 31, 7. 46, 7, 84, 8.
Dazu die auf die ötdßaatg 'AXe^ävdgov bezogenen
Zeitangaben: 26, 1. 44, 1, vgl. Schwartz 226
und o. Bd. V S. 671). Ob er die Regierung des
Philadelphos überhaupt noch erlebt hat, ist sehr
fraglich.
. ,Von H.8 Leben wissen wir außer dem nicht
an beiden Stellen. Käotcag Wyttenbach; Bd-
rcovEbert, Meineke, Beloch, v. Gutschmid.
das richtige E., das durch Diod. I 31, 7 gesichert
wird, fanden unabhängig voneinander Heeren
[Stiehle PhüoL VLTI 1853, 592, der aber zu
unrecht an d en Miles ier den kt] und v. Wilamo-
witz Herrn. XXXHT 520f. XXXV 546t). Aber
Athen. X 418 E (frg. 10. Diels 482, 39) gehört
2V53
Hekataios
Hekataios
2754
nicht dem Abderiten, sondern dem Milesier, s. ebd.
44? C. 4. Ilegi 'Iovdatarr ßißUov : Joseph, c. Ap.
I 183. Orig. c. Cels. I 15 p. 67, 29 Koetschau.
BißUov stegi yttoöv : Joseph, c. Apion. 1214. Frag-
mente: Joseph, c. Apion. I 184—204. LT 43-47.
Über weitere Benutzung dieses und des folgen-
den Buches bei Josephus vgl. Willrich Judaica,
Göttingen 1900, 108ff. Geffcken XV 4. 5. Bt-
ßXiov jzsgi avrov (i. e. Aßgafiov): Joseph, ant.
lud. I 159. Kar' Aßgafiov xal tovg Alyvnztovg: 10
Clem. Alex. Strom. V HS, 1.
Auffällig berührt an dieser Liste das Fehlen
eigentlich philosophischer Werke. Vorhanden
waren sie wohl sicher. Denn H. gilt der antiken
Biographie in erster Linie als Philosoph (Suid.
s. E. AßdrjQizrjg. Joseph, c. Apion. I 183. 2o-
(piorrjg Plut. Lyc. 20. Das farblose avyyQatpsvg
wählen Strab. XIV 1, 30 und Aelian. nat. an.
XI 1 im Hinblick auf Iltgi 'YxtQßoQiaiv, wäh-
rend Clem. Alex. Strom. V 113, 1 nicht ohne 20
Absicht 6 zag ioxogiag ovvra^äfievog [vgl. Diod.
I 46, 8] sagt). Die Philosophengeschichte be-
rücksichtigt ihn, indem sie ihn entweder unter
Pyrrhons Schülern (Diog. Laert. IX 69) aufführt
oder unter den , Abderiten' zwischen Demokritos
einerseits, Apollodoros von Kyzikos und Xausi-
phanes anderseits (Clem. Alex. Strom. II 130,
4). Daß beides sich miteinander verträgt, hat
Schwartz 24 Off. gezeigt. Die Doxographie bringt
wenigstens eine physikalische Ansicht von ihm 30
bei (Aet. plac. II 20, vgl. Schwartz 242. Diels
461, 9 stellt das Fragment kaum mit Eecht unter
die Alyvmiaxä). Außerdem haben wir zwei Frag-
mente, von denen Plut. quaest. conv. IV 3, 1
p. 666 E wohl aus einem ethischen Traktat stammt ;
Clem. Alex. Strom. II 130, 4 die in dieser Form
in keines der bekannten Werke passende Angabe
macht, daß H. die avzägxeta als xilog bezeichnet
habe. Viel ist das alles nicht und kaum ge-
eignet, uns H.s philosophischen Standpunkt ge-40
nauer kennen zu lehren. So wissen wir gar nicht,
ob und in welcher Weise Pyrrhon auf ihn ge-
wirkt hat; denn wenn er sich über erkenntnis-
theoretische Fragen überhaupt ausgesprochen hat,
so wissen wir doch nichts davon. Einiges über
seine physikalischen Anschauungen gewinnen wir
aus der den alten Ägyptern zugeschriebenen Theo-
logie (Diod. I llff.). Es ist eine seltsame Mi-
schung von Gestirn- und Elementenkult, die wohl
H.s geistiges Eigentum gewesen ist, d. h. von 50
ihm aus verschiedenen, uns nur teilweise kennt-
lichen Anregungen zusammengearbeitet ist ; einer
der vielen, wenig originellen Versuche, die Viel-
götterei des Volksglaubens zu erklären und aus
der philosophischen Weltanschauung zu verbannen
(das Verfahren des Gesetzgebers Mneues bei
Diod, I 94, 1—12 — falls das H. ist — und
die daran geknüpften Erörterungen erinnern an
Kritias' Ansicht über die Entstehung des Götter-
glaubens. Die Annahme von imyeioi feot, d. h. 60
von Menschen, zum Teil ägyptischen Königen,
die öiä ovveoiv xai xoivtjv av&Qomoiv evEQyeoiav
göttlicher Verehrung gewürdigt seien [Diod. I
13], deckt sich mit der auch bei Persaios er-
scheinenden Modifikation eines Gedankens des
Prodikos, o. Bd. VI S. 969f.). Irgend einen Ein-
floß der Stoa vermag ich, auch abgesehen von
chronologischen Bedenken, nicht anzuerkennen.
?anly-Wlttowa-Krott VII
Was von stoischen Elementen bei H. sich findet,
wie z. B. das nveüfia (Diod. I 11, 6), ist völlig
anders ver wendet ; und ( Schwartz' Erklärung
(243) der Verschiedenheit wäre nur zulässig, wenn
der stoische Einfluß anderweit feststünde. Auch
die erwähnte Übereinstimmung mit Persaios be-
weist nichts für stoischen Einfluß (sowenig wie
die stark betonte Idee des ßaodsvg eveQyszrjg für
kynischen). Überhaupt ist es prinzipiell falsch,
die Übereinstimmungen zwischen den großen Sy-
stemen saec. III 1 und den einzelstehenden Mo-
ralphilosophen der Übergangszeit ans direkter Be-
einflussung durch einander zu erklären. Beein-
flussung der Stoa durch H. wird jeder ohne wei-
teres ablehnen; und das umgekehrte Verhältnis
ist chronologisch mindestens sehr unwahrschein-
lich. Die Erklärung für die übrigens selten weit-
reichenden Übereinstimmungen liegt vielmehr in
beiderseitiger Abhängigkeit von dem im saec. IV
äußerst lebenskräftigen und wirkungsreichen Ge-
dankenvorrat der Sophistik im weitesten Sinne
(s. o. Bd. VI S. 970 und jetzt gut Gercke in
Gercke-Norden Einleit. in die Altert. -Wiss. LT
30 8f.). In der Ethik mag die avxdgxeta, die ja
auch Demokrit preist (frg. 246 Diels 2 ), in ihrer
Formulierung als mäßiges und genügsames, vor
allem als von Leidenschaften freies Leben (Diod.
I 70—71 Idealbild des ßhg der alten Pharaonen.
I 45, 2 *> Alesi<no>s bei Athen. X 418 E. Plut.
de Is. 8), sowohl der Demokritischen evfrvfih}
wie der Pyrrhonisch-skeptischen dzaga^ia ver-
wandt sein (Schwartz 244ff.). Dagegen vermag
ich kynische Züge wieder nicht zu entdecken.
(Ein Satz wie Diod. I 71, 3 widerspricht dieser
Annahme sogar direkt, da dem Kyniker »wissen*
gleich ,recht handeln' ist.) Es handelt sich viel-
mehr auch hier um viel weiter verbreitete, zum
Teil sophistische' Gedanken, die sich im saec,
TV überall finden. So hat die Verehrung der
barbarischen Weisheit, die ja vielleicht Pyrrhon
selbst nicht fremd gewesen (Diog. Laert. LX 61),
sicherlich nichts mit dem kynischen Kosmopoli-
tismus zu tun, wie dies Schwartz 261 glaubt.
Sie mag wie dieser sich als Reaktion gegen den
hellenischen Kassedünkel saec. IV erklären (vgl.
v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl. 1901, 20.
Geffcken IXf.). Aber diese sehr verbreitete
Reaktion ist für den Ionier, dem jener mutter-
ländische Hochmut überhaupt fremd war , eigent-
lich selbstverständlich und bildet höchstens eine
Voraussetzung seiner Stellungnahme. Die Höher-
schätzung der Barbaren ist doch etwas sehr an-
deres als die Anerkennung ihrer menschlichen
Gleichberechtigung. Diese Verehrung, die bis zu
einem gewissen Grade durch die rationalistischen
Historiker vorbereitet ist, erscheint eher als ein
Symptom der einsetzenden Ermüdung des philo-
sophischen Sinnes. Aus der Vielfältigkeit und
dem Widerspruch der jungen griechischen Philo-
sopheme flüchtet man sich wie in einen sicheren
Hafen zu der festen Tradition von Glaube, Gesetz
und Sitte, wie sie die Völker des Orients seit
Urzeiten unwandelbar besaßen oder zu besitzen
schienen. Die Überschätzung der barbarischen
AVeisheit — die äußerlich natürlich beeinflußt
ist durch Alexanders Erschließung des Orients —
geht Hand in Hand mit der Zurückdrängung der
theoretischen Spekulation und der immer stärkeren
87
2YE>Ö
Reisen ebenfalls berechtigtem Zweifel begegnen
(s. o. Bd. VI S. 953). Eeisen des Abderiten sind
— Ton dem Besuche Ägyptens abgesehen — we-
der bekannt noch wahrscheinlich; und der von
AgathaTchides Geogr. gr, min, I 156, 9 neben
Basilis (s. o. Bd. III S. 99) als bester Kenner des
Ostens genannte H. ist sicherlich nicht der Abde-
rite, sondern der Milesier (so auch Diels 2 462,
20). Der Abderite verlegt seinen Schauplatz gar-
Das geht weit 10 nicht nach Osten, wie die meisten der zur Zeit
der Diadochen erscheinenden Reiseromane (so Eu-
hemeros und der von Plin. n. h. VI 55 mit H.
zusammengestellte Amometus, über den o. Bd. I
S. 187R), sondern — und dies ist ein Zeichen,
daß sein Bach älter ist — er bedient sich der
alten Vorstellung eines gottgeliebten frommen
Nordvolkes. Ganz deutlich können wir, obwohl
wir kaum etwas anderes als Rahmenstücke be-
sitzen, Rahmen und Kern unterscheiden. H. hat,
Betonung der praktischen Ethik für das staat-
liche und private Leben. H. scheint in seiner
Schriftstellerei nicht nur den Hauptnachdruck
auf die Verbreitung einer solchen stark theolo-
gischen und ganz wesentlich praktisch orien-
tierten Ethik gelegt zu haben j er hat auch —
und das ist charakteristisch — als erster oder
einer der ersten sein ganzes Staats- und Lebens-
ideal in einem der wirklich existierenden Völker
des Orients verkörpert gefunden,
hinaus über die Kyrupädie u. ä. Es scheint so-
gar möglich, hier noch eine gewisse Entwicklung
bei ihm zu erkennen.
Es ist gewiß nicht nur der Zufall der Erhal-
tung, der uns als H.s wichtigste Werke die Bü-
cher IJsqi 'Yjisgßo^eoiv und die Aiyvxxiaxd er-
scheinen läßt. Sie gehören beide zu den im saec.
IV wie Pilze aufschießenden Werken, in denen
Philosophen oder philosophisch interessierteSchrift-
steller gewisse moralische Tendenzen, gewisse 20 der Forderung der Zeit entsprechend, dieses Volk
Ideale vom Staate und vom gesellschaftlichen Leben
dem Publikum schmackhaft zu machen suchen
durch Einkleidung als Reiseerzählung oder Be-
schreibung zunächst meist fiktiver Länder am
äußersten Erdrande oder in unbestimmten geo-
graphischen Breiten. Diese Tendenzerzählungen
sind die älteste Literaturform der Popularphilo-
sophie ; die, deTen Zauber die Griechen stets zu-
gänglich geblieben sind ; aber auch die, die sich
aus der Unbestimmtheit — vavai ö' ovrs astog
icbv äv svQoig ig r YnegßoQio>v äycova &avfiaräv
oSov Pind. Pyth. X 29 — in eine feste geo-
graphische Umgebung gebracht, die freilich nur
scheinbar ist, da er es nicht, wie später Posei-
donios mit einem der bekannten Volker identi-
fiziert, sondern es am äußersten Erdrand ansie-
delt. Umsomehr bekräftigt er — denn dies ist
ja die Aufgabe der Rahmenerzählung überhaupt
im Grunde am weitesten von dem philosophi- 30 die Glaubwürdigkeit seines Berichtes. Wir haben
1_ _. 1 1_J_ l_J?^ i. T\ ^_^_ .^.I —T— AU 1 J ~\^ -»^ x-u aT-l / C? a1-i rtl \ vk aIT T* T» a/1 TT ß "7 tl\ ns^m s\ jiiic>rli«i^rtlT_
sehen Ausgangspunkt entfernt. Denn sicherlich
sind diese Schriften von der Mehrzahl der Leser
weniger ihres philosophischen Endzweckes, als
der romanhaften Einkleidung willen gelesen wor-
den. Begreiflich genug; denn die Einkleidung
wurde vielfach mit soviel Liebe und Kunst aus-
gearbeitet, daß sie den vollen Schein der Wahr-
heit erhielt und weniger scharfsichtige Beurteiler
über den wirklichen Charakter der Werke voll-
noch (Schol. Apoll. Rhod. II 675) seine ausdrück-
liche Versicherung, ,daß das Volk noch zu seiner
Zeit existiere'. Vorhanden war eine ausführliche
Schilderung der Reise ; sie wurde glaubwürdig
gemacht durch Mitteilung von Inschriften aus
der Hyperboreerstadt (Diod. II 47, 4), die einen
dauernden Verkehr des Volkes mit Hellas be-
wiesen. Diese Reiseroute hat, obwohl H. sehr
wenig Phantasie dabei entwickelte und meist ander-
kommen täuschte. Diodor hat die Isqä dva- 40 weitig bekannte Namen einfach auf den Norden
ygoupr/ so gut wie die Alyvnxiaxa für historische
Werke angesehen. Wir bezeichnen sie, um einen
bequemen Namen zu haben, als philosophische
Romane' oder , ethnographische L T topien'.
Dieser Romancharakter steht ganz fest für
das mehrere Bücher umfassende Werk ITegt 'Yxeq-
ßßQ£(ov, das Eratosthenes (Strab. VII 3, 6) schon
mit Theopomps Megonlg und Euhemeros Ilay-
yaia yfj zusammengestellt und das selbst Dio-
übertragen hat, das Interesse der Späteren er-
regt, wofür die verhältnismäßig große Zahl der
Fragmente Zeugnis ablegt. Sie ging vermutlich
(s. o.) von Teos aus und führte von der Tanais-
mündung nördlich bis zum Oceanus Amalcius
(Plin. n. h. TV 94), d. h. dem angefrorenen Meere
der Hyperboreer' (Tomaschek o. Bd. I S. 1716f.).
In jenem Ozean lag dann der eigentliche Sitz
der Hyperboreer, eine Insel ovx iXdxxco x^g £i-
dor nicht mißverstanden hat (II 47. 1 toe jtbqi 50 xe?aag iv xotg dvxmeQag %r\g KsXxtK^g xösioig (Diod.
zojv YjtegßoQsoiv fiv&oloyovfieva). Ganz richtig
ist es von Roh de beurteilt. Das Werk ist weder,
wie Röper II 7 unter falscher Verbindung mit
Herodot. IV 32 und dem Buche liegt T/;e noitj-
aecog 'Ofir'joov xal 'Hoiötfov wollte, die ,Frucht
der gelehrten Studien eines Grammatikers, wel-
cher die Aussagen der alten Dichter und Logo-
graphen kritisch bearbeitete und vielleicht mit Zu-
ziehung moderner Reiseberichte auf einen realen
II 47, 1). KeXxtxr} ist hier das ,Land am nord-
westlichen Ende Europas mit unbestimmter Aus-
dehnung nach Osten' (Müllenhoff D. Alter-
tumsk. I 423f.). Daß H. für seine Reisebeschrei-
bung die Berichte des Pytheas benützt habe, ist
nicht nachweisbar und ebensowenig wahrschein-
lich, wie eine Berührung Indiens nebst Schilderung
dieses Landes. Wenig anfangen können wir mit
einigen weiteren Namen — Ki/^fiegig nöXtg (Strab.
Gehalt zu bringen suchte , sei es im handels- 60 a. O.), Insel Elixoia der Hyperboreer (Steph. Byz.
politischen Interesse seines königlichen Gönners,
sei es lediglich als gelehrte Untersuchung' ; noch
darf man mit Schwär tz 237. 251 seinen Ver-
fasser den vielen einreihen, ,welche in der Zeit
der Diadochen die neu erschlossenen LandeT be-
reisten'. H. ist nicht mit wirklichen Entdeckungs-
reisenden, wie Patroklos Daimachos Megasthenes,
zusammenzustellen, sondern mit Euemeros, dessen
&.*EH!-ota), Fluß Kagafißvxag und davon benanntes
sihog "YTtEQßoQscov (Steph. Byz. s. Kagafißvxat).
Sie zeigen nur, daß die Schilderung recht aus-
führlich war. Auch die Hauptinsel wurde, wie
aus dem allerdings stark kürzenden Exzerpt Dio-
dors ersichtlich, ausfuhrlich, aber wieder ohne
große Originalität, mit den üblichen Farben aus-
gemalt. Eine Jnsel der Seligen', wo der durch
a/i>/
mKaiaios
HeKataios
3VÖÖ
sehr alte Tradition (Schroeder Arch. £ Rel.-
Wiss. VHI 1905, ÖftfiP.) gegebene Hauptgott Apol-
lon zu bestimmten Zeiten in Person erscheint
(Diod. II 47, 6, vgl. Aelian. nat. an. XI 1); Svag-
ytfs, wie das in der goldenen Zeit der Heroen
überall gewesen war (Roh de 227, 2). Das Land
ist exzeptionell fruchtbar (Diod. § 1); seine Be-
wohner liegen einem beständigen , Gottesdienst
ob, moTiEQ isQslg zivsg AxolXoovog. Sie besitzen
Herrschers, dem daran gelegen war, den Rassen-
und Bildungaduukel der Hellenen zu dämpfen.
Wohl aber ist eine Verbindung mit dem prak-
tisch-politischen Leben der Zeit nachweisbar für
die sog. Alyvjtticued, wie das in allen Haupt-
zügen Schwartz 256ff. richtig ausgeführt hat.
Die Alyvnzuxxd sind keine ägyptische Geschichte,
nicht einmal eine .romanhaft gefärbte' (S u Se-
rn ihl 312), höchstens eine philosophische', eine
«inen großen Apollontempel und eine , heilige 10 Art von Gegenstück zu dem Hyperboreerbuche.
Stadt', deren BewohneT fast alle xiftagiowi sind
und ihren Tag mit dem Preise von Apollons
mgafeig verbringen. Sie haben eine eigene Sprache
und stehen unter dem Königsgeschlecht der Bo-
readen (Diod. § 7. Aelian. a. O. Schol. Pind. OL
ILT 28a).
Dies alles gehört zum Rahmen. Die Tendenz
des Werkes hat Diodor hier so wenig wie in den
analogen Fällen beachtet. Aus den paar anderen
Aber wenn in diesem ein mythisches Volk künst-
lich durch die Rahmenerzählung als wirklieh er-
wiesen wird, so wird jetzt die Theorie an einem
realen Volke demonstriert. Das steigert zunächst
die Wirksamkeit der vorgetragenen Gedanken,
macht die Möglichkeit ihrer Durchführung wahr-
scheinlicher. Die Theorie verliert ihren utopi-
schen Charakter, den sie im Reiseroman bei aller
aufgewendeten Kunst schwerlich los geworden
Fragmenten läßt sie sich noch weniger gewinnen. 20 war. Denn die Leser waren im saec. IV doch
Roh de nahm erbauliche Absicht an. H. habe ,in
dem Volke der Hyperboreer ein Musterbild from-
mer Götterverehrung und deren segensreichen
Folgen aufstellen wollen'. Vielleicht trifft das zu.
Aber man wird darauf verzichten, dies mit dem
angenommenen Skeptizismus des H. in Einklang
bringen zu wollen (oder gar mit C. Mueller daran
2U erinnern, daß Pyrrhon in seineT Heimat aQ%tEQEvg
gewesen sei). Es ist doch ein Unterschied, ob
kaum naiv genug, sich durch diese Kunst wirk-
lich täuschen zu lassen und den hyperboreischen
Apollontempel mit seinen griechischen Anathemen
zu glauben. In den Aiyvmiaxd aber trat ihnen
nicht nur ein wirkliches Volk entgegen ; es be-
ruhte auch alles, was von ihm berichtet wurde,
auf Piiestermitteilungen aus den' uralten legal
dvaygacpai, die man zwar auch nicht kontrollieren
konnte, an deren Existenz und Glaubwürdigkeit
man im praktischen Leben xotg (patvo/ievoig dxo- 30 aber kein Hellene zweifelte. Es hegt darnach
Xov&sT oder ob man ein positives Ideal dieses
Lebens aufstellt. Das ist nicht mehr skeptisch.
Man wird bei dem Roman den Skeptizismus über-
haupt ausschalten müssen. Eher denkbar ist,
daß H. sein zelog, die amdoxsia, am Leben der
Hyperboreer demonstriert hat, wie später an
dem der Pharaonen. Viel weiter kommen wir
damit nicht. Mir scheint in dem Diodorexzerpt
noch das wichtigste die durch Inschriften im
nahe, das rein theoretisierende und philosophisch
konstruierende Hyperboreerbuch, das unseres Wis-
sens keinen Einfluß der durch Alexanders Züge
veränderten Verhältnisse zeigt, vor die AiyvTixiaxd
zu legen, die sicherlich durch den Aufenthalt des
H, in Ägypten angeregt sind. Denn hier trat
dem Autor eine uralte und einheitliche, schem-
bar völlig stabile und vom Ausland völlig un-
berührte Kultur — und dies letztere war die
Apollontempel besonders beglaubigte Tatsache 40 Hauptsache , um derentwillen alle Utopien ihre
eines Verkehrs zwischen Hellenen und Hyper-
boreern zu sein, die ich im Sinne der Aufzäh-
lung in den Aiyvxnaxä (Diod. I 96ff.) deuten
möchte, nach der die Griechen durch berühmte
Männer besonders der alten Zeit sich alle Weis-
heit und Kultur aus Ägypten geholt haben. Denn
ein Rest solcher Tendenz scheint in der (von
Diodor bis zur Unverständlichkeit gekürzten) Ab-
leitung des Me tonischen Zyklus aus dem regel-
Musterländer aus der Olxovfihi} heraus verlegt
hatten — leibhaftig entgegen. Dazu ein abso-
luter Herrscher, der das Land mit den orienta-
lischen und griechischen Untertanen neu zu or-
ganisieren hatte und dabei völlig freie Hand zu
haben schien. Es war eine ungewöhnlich gün-
stige Gelegenheit für einen Philosophen, der über
die beste Staatsform spekulierte, den alten Pla-
tonischen Versuch zu wiederholen und dem philo-
mäßigen Erscheinen Apollons bei den Hyper- 50 sophischen Ideal Einfluß auf die politische Wirk-
boreern zu liegen; vgl. die Form Diod. § 6 xal
öta tovzo xbv ivveaxaidexaszij yqovov vziö xcüv
*EXlr}vo)v Mfaavog hiavxov ovOfid£ea&at «a z. B.
I 14, 4 dto xal xovg TiaXaiohg "EXXrjvag xijv Ar\-
ftrjXQav d-softtxpoQov dvoudCeiv. Wesentlich ist
ferner die schriftstellerische Form: ein Staats-
und Lebensideal wird nicht als abstrakte Forde-
rung vorgetragen, sondern als existierend bei
einem existierenden Volke geschildert. Diese Exi-
lichkeit zu gewinnen. H. hat das, wie wir sehen
werden, versucht.
Wir kennen sein Werk nun viel weniger aus
den Fragmenten, die ganz wesentlich aus dem
ersten Buche über die ,Philosophie' der Ägypter
stammen, als aus Diodor, der in seinen Alyv-
Ttxtaxä (I 10—98) in der Hauptsache einen aller-
dings stark gekürzten H. bietet. Diese schon
von Droysen Hellenism. III 2 2 S. 47, 2 und C.
stenz des Volkes ist freilich fiktiv. Aber gerade 60 Mueller II 391 ausgesprochene, von Schneider
das ist wichtig. Die Hyperboreer sind kein ,Bar-
barenvolk'. Danach kann bei dem -Hyperboreer-
buch gewiß nicht von einem Zusammenhang mit
den Tendenzen Alexanders oder gar der Diado-
chen, Orient und Occident zu verschmelzen, die
Rede sein. Sein Charakter ist der einer rein
philosophischen Utopie. Es diente auch nicht
nebenbei den praktisch-politischen Interessen eines
De Diod. fontt, Berlin 1880 Diss. näher ausge-
führte Ansicht ist völlig sicher sicher bewiesen
von Schwartz Rh. Mus. XL 223ff. und mit
verbesserter Analyse o. Bd. V S. 670. Durch die
letztere Fassung sind implicite die Einwände von
Evers Festschr. Königstädt, Realgymn. Berlin
1882 widerlegt (vgL auch Wachsmuth Einleifc. in
das Stud. d, a. Gesch. 100, 2. 329£, der aber selbst
2759
Hekataios
H«kataios
2760
54 von den 89 Kapiteln dem H. zuweist). Dio-
dors Darstellung zerfällt nach einer Einleitung,
die den Anspruch der Ägypter, das älteste Volk
zu sein, aus den physikalischen Eigenschaften
ihres Landes begründet (c. 10), in vier große Ab-
schnitte: I. c. 11—27 die Qsoloyovfxeva mit einer
Appendix über die ägyptischen Kolonien (c. 28
— 29). Ausgesondert hat Seh wart z hier außer
Kleinigkeiten das Exzerpt aus einem späteren
scher und Untertanen auf <3*nnl der efogyätffct
des ersteren (54, 1 — 2. 64, 9 und der Gegensatz
60, lff. 62, 5—6), Verwaltung (54, 8ff.) u. a. Bei
den großen Bauten der einzelnen Herrscher wird
beständig die zQ 8 * a *"** xoivonpsUa betont (51 1
7. 55, 12. 56, 1. 57, 2). Dazu der Reflex philo-
sophischer Diskussionen: über den Selbstmord (58>
3), die Schätzung geistiger Arbeit gegenüber dem
bloßen Reichtum (64, 12), die Todesstrafe vom
Roman über den weltbezwingenden Dionysos- 10 Standpunkt des Nutzens betrachtet (65, 3fl\), der
Osiris (15, 6-8. 17-20, 5). Die Götter zer-
fallen in die eigentlichen Götter {dtöioi xai xq<ö-
roi c. 11 — 12) Osiris = Helios und Isis = Se-
len e und in ihre fisor), die fünf Elemente nvev t ua
jtvQ yrj v6o3Q ar]Q (= Zeus, Hephaistos, Demeter,
Okeane, Athena), die in Tier- und Menschenge-
stalt auf Erden erscheinen, und in die kmystot
&£ot (c. 13ff,), d. h. vergötterte Sterbliche, die
zum Teil die gleichen Namen wie die ovQaviot
Unterschied von ßaatXevg und olxovofiog (62, 5}
u. a. Vor allem aber gleich im Eingang der
Preis der avxdgxeia (45, 1—2). Der in den übri-
gen Teilen nachweisbare Rationalismus des H.
tritt auch hier stark hervor (59, 2. 62, 3f. 67 r
11). IV. c. 69—95 die Ndpioi mit einer Ap-
pendix über die nach Ägypten gekommenen Hel-
lenen und das Verhältnis der griechischen zur
ägyptischen Kultur. (96—98). Ausgesondert hat
&zol tragen. Sie sind teilweise wenigstens ägyp- 20 Seh wart z den davorstehenden Abschnitt über
tische Urkönige. Daß dies nicht ,Euhemeristisch' die ägyptischen Gesetzgeber (94— 95), Doch ist
-_j_ —^i j„ *»_ ui.,1 „ ,.-u„w,v+™,r*-;c„i, a i. ntr ia j r zweifelhaft ,* ob die Widersprüche mit der
Königsgeschichte dazu berechtigen.
Da wir wissen, daß H. die ^Philosophie' der
ist, weil der für Euhemeros charakteristische Zug
der Erklärung des Götterglaubens aus der Selbst-
vergötterung lebender Herrscher fehlt, hat
Schwartz gesagt. Trotzdem wird die falsche
Auffassung von Wachsmuth 330 und Christ-
Schmid 172 wiederholt. In Wahrheit hat Eu-
hemeros die ®£oloyov(xeva des H. benutzt (s. o.
Bd. VI S. 968f.), die ihrerseits vermutlich durch
Ägypter im ersten Buche behandelt hat(Diog. Laert.
pro. 10), so wird auch die Vierteilung des Stoffes
auf ihn zurückgehen. Daß Diodor überhaupt der
Disposition des H. folgt, wird sich noch zeigen.
Alle vier Abschnitte charakterisiert außer einem
Leon von Pellas IsQog loyog und wohl auch durch 30 ausgesprochen rationalistischen Standpunkt in
einheimische Priesterspekulation beeinflußt sind, gleicher Weise das Streben, die ägyptischen Mei-
nungen und Institutionen als allein wahr, vor-
trefflich und nachahmenswert hinzustellen. Die
Hochachtung, die die ältesten ionischen Histo-
riker vor der uralten Kultur des Nillandes und
vor allem vor der Weisheit seiner Priester hegen r
ist hier zur kritiklosen Bewunderung alles Ägyp-
tischen überhaupt, zu einer wahren Ägyptomanie
^ u. o. „.«* a — ~ -v- D -... gesteigert. Die Quellen, auf die er beständig re-
Die" Bezugnahme = 31, 9* verweist über "die Ein- 40 kurriert und gegen die es keinen Widersprach
läge aus Agatharchides hinaus auf den dritten gibt, sind die Aussagen der hqüg oder_ der AU
Teil. HL c. 43— 68 die Königsgeschichte bis aut
abgesehen von den alteren sophistischen Gedanken
über die Vielgötterei, die sie in erster Linie ver-
werten. IL c. 30—41 Chorographie, d. h. we-
sentlich eine Abhandlung über den Nil (c. 32
—41), die auf Agatharchides zurückzuführen ist
(o. Bd. V S. 670). Aber im Eingang ist c. 31
durch den Vergleich mit Schol. IL I 383 -+- Steph.
Byz. s. ätog nofog sicher für H. zu gewinnen.
Amasis mit einer Einleitung über die d^atorar*/
dycayt} xäv xar Alyvmov (c. 43), die der Ein-
leitung von Teil I (c. 1 0) parallel steht. Schwartz
235, 1 hat diesen Abschnitt richtig als eine Um-
setzung der Herodoteischen Berichte ins Pragma-
tische' unter Heranziehung auch anderer Quellen
bezeichnet (Zitat aus Ktesias 56, 5 ; aus anony-
yfanoi (10, 1. 12, 2. 5. 7. 13, 3. 7. 15, 2. 26,
1. 2. 28, 1. 62, 2. 86, 2. 3) und — namentlich
wo er besonders wirksam reden will — die legal
avayqatpai, die die Priester h xatg tsgalg ßißioig
ix 7iakai<öv xqövwv äel zolg öiadoxotg hinterließen
(43, 6. 44, 4. 46, 7. 63, 1. 69, 7. 96, 2. Plut.
de Is. 6). Nach ihnen werden hellenische Er-
klärungen verworfen (z. B. 12, 8 der Beiname
men enoi 63, 5. Mehrfach scheint bereits H. gegen 50 riavxäms, wo die griechische Erklärung svrjöss
" - ' *■■—'- - J — '"-—*—* ^~* — heißt), hellenische Ansprüche bestritten (z. B.
16, 2 , Erfindung' der Olive). Nach ihnen wird
auch festgestellt, daß die Ägypter als ältestes
Volk alles bis herab auf die artikulierte Sprache
(12, 1) zuerst gehabt haben, und in durchgehen-
dem Vergleich der griechischen mit den ägypti-
schen Institutionen nachgewiesen, daß jene, von
den Göttern angefangen bis auf die Einrichtungen
des täglichen Lehens herab, von diesen über-
Vorgänger polemisiert oder Varianten notiert zu
haben: 53, 1. 64, 1. 6. 13. Doch bleibt das
zweifelhaft. Sicher aber gehört dem H. die Pole-
mik ohne Namennennung gegen Herodot. II 151
in c. 66 , 1 evtoi 6e xojv aQ%aiotv ovyyQatpetov
fivdoloyovot; vgl. u. über c. 69, 7). Die gerade
hier erhobenen Zweifel gegen Herkunft aus H.
sind unberechtigt sowohl wegen der allgemeinen
Übereinstimmung mit den anderen Abschnitten
im Charakter der Darstellung wie im besonderen 60 nommen sind (z. B. 14, 4. 16, 2. 22, 7. 77, 5.
wegen der engen Beziehungen zwischen diesem
erzählenden und dem systematischen (vierten)
Teile. Sie bilden zusammen ein Ganzes. Zu be-
achten ist besonders, wie schon hier die Erzäh-
lung vielfach den Charakter einer Empfehlung
der ägyptischen Einrichtungen annimmt und prak-
tische Maximen tax die Regierung liefert : so über
Kindererziehung (53, 3—4); tßvota zwischen Herr-
9. 79, 4. 92, 3. [95, 2.]). Im ersten Teile wird
dabei im wesentlichen nur die Tatsache konsta-
tiert, daß die ältesten Dichter und Weisheitslehrer
der Griechen, Orpheus und Homer, mit den Lehren
der Priester übereinstimmen (nur in Nebensätzen r
12, 10 und 23, 2 heißt es, daß sie nach Ägypten
gekommen sind). Erst am Schlüsse der ganzen
Darstellung (9641) wird diese Frage systematisch
behandelt und aufgezählt, welche Griechen von
Orpheus an bis auf Eudoxos nach Ägypten ge-
kommen sind und was sie von dort mitgebracht
haben. Was Ungläubige oder Chauvinisten bis-
her bezweifeln konnten,. wird hier mit dem stärk-
sten Zeugnis bekräftigt: alles dieses erzählen
die Priester ix xßv dvayQuyäv xmv iv xaig tegoig
ßlßXoig (96, 2). Daher der Schluß ig Aiyvjixov
der Bevölkerung mehr als 4700 Jahre gesichert
haben (69, 6), schließt er mit einem bezeichnen-
den Ausfall auf die älteren Darsteller der ägyp-
tischen Geschichte (H@d<$oro<r xai xivsg tmv td?
Atyvmtov nQ&£ste ovvxa£dt*evoi) : sie haben mut-
willig das jtaQadot-oXoyüv xai fj,v$ovg 7t?.dzxetv
yvxayvyiag h>zxa der Wahrheit vorgezogen, die
or selbst aus den dvayqayai der Priester durch
dwaoic {9d, H). Jjaner uer cwmuu sg Aiyvuwv ^ ^^^ „„~ ~™. — , c T
JSwA ***« *' &v *a e ä rolg "Mttwv sorgfätiges Studium gewonnen hat (69, 7 Da-
Wavuhl}oav unwiderleglich erscheint. Mit der 10 mit wird wieder in stärkster Weise die Urkund-
tvttt^uu e, „„!!„,„, ana j™ lir.bkft t der folgenden Darstellung betont.
Zeit ist dieses Verhältnis den Hellenen aus dem
Gedächtnis geschwunden. Wie sie die Gottkönige
in ihre Götter verwandelt haben, so ist die rich-
tige Erklärung ihres Wesens, ihrer Namen, ihrer
Attribute teils verschwunden, teils getrübt. Da-
her die Polemik gegen, die nag" TJlkrjot fiv&o-
Uyoi oder evtoi xüv %Xlv\vo>v im Gegensatz zu
Orpheus und Homer (11, 3. 12, 5. 13, 4).
Schon in dem ersten Teile sind, wie bereits
lichkeit der folgenden Darstellung betont.
Was es mit dieser Urkundlichkeit auf sich
hat und wie weit H. selbst davon überzeugt war,
daß er wirklich die alten ägyptischen vo^iia mit-
teilte, mag dahingestellt bleiben; die Ägyptio-
logie hat sich im allgemeinen wenig günstig aus-
gesprochen: dem Urteil Wiedemanns (Ägypt.
Gesch. I 1884, 118f.), der Diodors Bericht .sehr
hohen Wert' zuspricht, steht gegenüber, daß
eenon in aem ersten ibhc emu, yh* ^»«» ±±v^^ •■"" , '*-, — : * t e im tt , a™
Schwartz erkannt hat, politisch-philosophische 20 E- Meyer Gesch. d. A.« I § 150 H. zu den
^_ i..,.. j * oL d :- aj a iiLj;»!,. v„-r- ^TilimmstATi Entstellern der ägyptischen Ge-
Oedanken der eigenen Zeit in die ägyptische Vor-
zeit reflektiert. Griechisch ist vor allem die Idee
des ßaodsvs svsQyhtjg, des ,auf geklärten Despoten',
die der Schilderung der alten Gottkönige zugrunde
liegt. Dieser Teil ist es auch, den Euemeros zu-
nächst benutzt hat. Trotzdem ist dieser Teil,
der rein darstellend ist, mehr vorbereitender Na-
tur. Man könnte ihn für sich allein als eine rein
wissenschaftliche, tendenzlose, wenn auch in vor-
,schlimmsten Entstellern der äg}T?tischen ^ Ge-
schichte' rechnet. Die Glaubwürdigkeit ä&cUgal
dvaytta<pal oder vielmehr dessen, was H. aus ihnen
berichtet, erledigt sich durch Behauptungen wie
die in 96, 2. Die Priester mag er befragt haben;
aber von welcher Art ihre Auskünfte waren und
was sie wert sind, wissen wir aus Herodot.
Keinesfalls dürfen wir, woran noch Schwartz
glaubte, bei H. eine Kenntnis der Landessprache
wissenscnaiuicne, lenueuHuse, wenn a-um m vm- 8 «.^^™, — -*. v-u.li.-u n
gefaßter Meinung geschriebene Studie über den 30 annehmen, die es ihm ermöglicht haben soll,
?t 3 r_ °ui:^^ tr„n.«- «;« D A^f a/^ a( *ihat Tnsebriftfin zu lesen. Im übneen magder
Ursprung der menschlichen Kultur, eine Art ßiog
%i\g olxov/j-hijg auffassen. Es ist kein Zufall,
daß am Schlüsse dieses Abschnittes der Exkurs
über die ägyptischen Kolonien steht: sie gingen
nach Babylon, dessen Chaldäer ägyptische Prie-
ster sind; nach Argos, der ältesten griechischen
Stadt; nach Kolchis und Judäa; nach Athen,
dessen drei Stände ägyptisch sind und das ägyp-
tische Könige gehabt hat. Die Kultur der ganzen
selbst Inschriften zu lesen. Im übrigen mag der
historische Wert der einzelnen Abschnitte ein
verschiedener sein; für den vierten Abschnitt ist
die Frage überhaupt gleichgültig, denn hier gilt
unzweifelhaft, was Schwartz (236) sagt, daß
,die Tatsachen des ägyptischen Lebens dem H.
höchstens Ausgangspunkt, keinesfalls ausschließ-
liches Objekt sind'. Wir haben hier eine voll-
ständige üoXneia — der Herrscher (c. 70—72),
tisene iwmige genau u uai, jji« ivui^ui u« gnunu. „«««u.^« ^r..,~™ TT , r ,„.., \ j -n:
Olnovahn ist ägyptisch; und wenn den Griechen 40 das Land (73), die Untertanen (Stande und Be-
KSMvvfwj j>jv _',.,.. _ tj ii q * ™ ™te ^ 7A\ das Gerichtswesen (75— 76) und die
auch vor allem das Verhältnis von Hellas zu
Ägypten interessiert, so fehlt es doch auch in
dem letzten Teil nicht an Hinweisen, daß es mit
den übrigen Völkern genau so steht (81, 6). Übri-
gens steht diesem Exkurs, der den ersten grund-
legenden Teil abschließt, formell parallel der den
vierten Teil abschließende Exkurs über die nach
Ägypten gekommenen Griechen. Beide haben
den gleichen Zweck, Es sieht doch so aus, als
rufe, c. 74), das Gerichtswesen (75—76) und die
Gesetzgebung (77—80, 2), das Privatleben (Ehe-
und Kindererziehung 80, 3-81, Medizin 82),
Religion (Tierdienst 83—90; za atQi xovg tetsXev-
Trjxöxag vo^iifia 91—93) — über deren utopischen
und protreptischen Charakter kein Zweifel sein
kann. Zwar ist die Form nicht die der theore-
tischen Vorschriften und Erwägungen, sondern
die des historischen Berichtes über ein einmal
ob wirH.s eigene Disposition vor uns haben. 50 wirklich vorhanden gewesenes Staatswesen; aber
j. i- lk ■ *\.i~.\.t.~ t,»™^«*. ™u &i*, ar A*r T^n ih+. d«r der Emnfehlunfir mit Urteilen.
Denn auch die Königsgeschichte beginnt mit einer
besonderen Berufung auf die dvayQa<pat der Prie-
ster. Vollkommen deutlich aber ist, daß die Ein-
leitung des letzten und wichtigsten Abschnittes
(c. 69) nicht Diodor gehört, sondern den Gedanken-
gang des H. selbst wiedergibt. Hier wird die
lehrhafte Tendenz des Werkes offen ausgespro-
chen in den Worten, daß er von den Nöfioi an-
führen wolle xd xs jtaQaSo^oxaxa xai ra (tdfaoxa
der Ton ist der der Empfehlung mit Urteilen,
und die praktischen Nutzanwendungen, die sich
für die Gegenwart aus dem geschilderten Zustand
entnehmen lassen, erscheinen überall. Mit Bewun-
derung wird z. B. von dem durchaus rationell
eingerichteten Leben des Königs gesprochen; oder
es wird konstatiert, wie die Grabsitten eine fieyioxt}
xai avfKpoQützdTt) ÖioQ&wotg x&v ^öv ergeben
(93, 4); wie überhaupt diese Gesetze die besten
axpeXtoat dvrdfieva xovg dvaytväoxovzag (69, 2) ; 60 seien, Menschen emetxeozarot xoig V &eat xalitokiri-
__„j j:_- n ':_vi %* A aa -Wi+™«c wiir+ nnoh «/.iinrni ma^hfin. Deutlich ist überall ein latenter,
und dieser Gesichtspunkt des Nutzens kehrt noch
einmal wieder 77, 1 : es sollen die Gesetze der
Ägypter besprochen werden, die nakatoxijxi dtrj-
veyxav r} jiaßtjkkayfisvrjv xdt-tv Zayvv % xo awoXov
dxpiletav röig yiiavayvataxovoi Övvavxai aaga-
ozea^at. Nachdem H. diese ätpiXeia der ägyp-
tischen 1»»/ vor allem damit begründet hat, daß
sie die Stabilität der Verfassung und das Glück
xcbxaxoi machen. Deutlich ist überall ein latenter,
ja vielfach (73, 5. 74, 7. 79, 5. 92, 5) ein ausge-
sprochener Gegensatz gegen die tatsächlich be-
stehenden Einrichtungen der griechischen Staaten :
so wenn konstatiert wird, wie nützlich die Erb-
lichkeit der Berufe, die Beschränkung auf einen
Beruf, der Ausschluß der Techniten vom po-
litischen Lehen ist (74, 1- 6—7); vgl ferner die
Verteilung des Landes an . den König und die
oberen Stände der Priester und Krieger (73);
das schriftliche Verfahren vor Gericht, das die
r^X vai x &v e^rogcov xai xyv xfjg VTxoxQloeoig yotj-
rsiav und alles , was sonst beim griechischen
Verfahren die Wahrheit verdunkelt, ausschließt
(76, 1); die Ausschließung der Schuldhaft (79,
3 — 5); die Verurteilung der Kinderaussetzung
(80, 3) oder der übermäßigen Schätzung der Ab-
kunft (92, 5); das Verhalten gegen die Sklaven
(77, 6) u. a. m.
Es ist vollkommen deutlich , daß hier ein
Staatsideal gezeichnet wird , das ganz auf ratio-
neller Grundlage aufgebaut ist und abzielt auf
die höchste evdaipovla. des Landes und seiner
Bewohner. Es ist ebenso deutlieh, daß die Ge-
danken und Motive , die IL in den ägyptischen
Institutionen findet, oder die er in sie hineinlegt,
nach denen er sie biegt und umdeutet, durchaus
griechisch sind; hervorgewachsen aus den Dis-
kussionen über die beste Staatsform , über den
Wert und die wünschenswerte Gestaltung der
Regierung einerseits, des Lebens der Beherrschten
andererseits. Denn diese Scheidung steht für H.,
wie für die Philosophie saec. IV überhaupt, fest,
geradeso wie die Überzeugung, daß der Herrscher
für das Wohl der Untertanen da ist, ßaodsve
BVEQystfjq sein soll (43, 6. 90, 2-3 u. o.). Man hat H.
danach einen Vertreter des ^aufgeklärten Despotis-
mus' genannt. Kaum ganz mit Recht, man könnte
eher das , konstitutionelle Königtum' als sein Ideal
bezeichnen; denn wenn auch in der Königsge-
schichte die alten Pharaonen als absolute Herr-
scher erscheinen, so spielt doch in dem systema-
tischen Teile der König durchaus nicht die Rolle,
die man von dem überzeugten Vertreter solcher
Auffassung erwarten sollte, Namentlich von der
kynischen Auffassung des Hirten über die Men-
schenherde ist nichts zu spüren, ebensowenig
übrigens von irgendwelcher göttlichen oder son-
stigen sakralen Stellung des Königs (s. besonders
70, 4ff. und vgl. 90, 3). Der Unterschied gegen
Euhemeros ist sehr deutlich und wohl auch ein
Zeichen, daß wir die Aiyvnxiaxä zeitlich nicht
zu tief herabdrücken dürfen. Die Darstellung
macht vielmehr den Eindruck eines Kompromisses,
das von der Platonischen Anschauung ausgeht,
aber diese den tatsächlichen Verhältnissen ent-
sprechend modifiziert ; es herrscht zwar der König
und nicht der Philosoph; aber dem König fehlt
die fiovaQxmi) s^ovoia, er handelt nicht xaxä ttjv
kavxov Tigoatgsatv äwnev&vvaig (70, 1), sondern
er ist bis in die kleinsten Einzelheiten (70, 9ff.)
hinein den röytoi unterworfen. Woher diese vöjnoi
stammen, wird nicht weiter gesagt ; sie sind eben
seit Urzeiten da, d. h. es ist die vom Philosophen
entworfene und in die Urzeit reflektierte Ideal-
verfassung. Die Bewahrer der vo/iot aber sind
die ieptis, deren Söhne den König umgeben (70,
2) und die selbst in ganz eigenartiger, auf die
doch nun einmal tatsächlich vorhandene Macht
des Königs Rücksicht nehmender, man möchte
sagen in diplomatischer Weise den König zu er-
ziehen haben (70, 8). Auffällig ist auch, wie oft
H. hervorhebt, welchen Vorteil der König selbst
aus einer gesetzmäßigen, dem Wohle der Unter-
tanen gewidmeten Regierung zieht; nnd umge-
kehrt, welche Strafen den schlechten König tref-
jiGKaiaios
2Y0*
fen (45, 2. 62, 6, 64, 4—6. 9. 72). Dieser Vot-
teil besteht allerdings allein in der svvota der
Untertanen ihm gegenüber bei seinen Lebzeiten
und bei der Bestattung sowie in dem Nachruhm.
Auf einen griechischen Gewaltherrscher, der nicht
die ägyptischen Vorstellungen vom Werte einer
richtigen Bestattung hatte, konnte das keinen
rechten Eindruck machen. Das war eine Schwie-
rigkeit, die in der Natur der Sache lag ; dem ab-
10 sohlten König gegenüber — und ein solcher war
doch der neue griechische Herrscher — gab es
kein wirksames Drohmittel; es lag doch allein
an seinem guten Willen, ob er dem Rate des
Philosophen folgen wollte.
Aber den Eindruck macht es allerdings, als
ob H. unter den Lesern , Ton denen er spricht
und denen er mit der Darstellung der altägyp-
tischen JIoXiTeia nützen will, in erster Linie den
König selbst versteht. Bücher IIeqI ßamXeias
20 waren seit Alexanders Zeit an der Tagesordnung ^
sie waren die den tatsächlichen politischen Ver-
hältnissen sich anpassenden Nachfolger der /2b-
Xitsiat und Nofjtot. Die Alyvjixtaxd des H. sind
meines Erachtens eine nicht ganz unoriginelle-
Variation dieses philosophischen jigoxQsnxixög an
einen königlichen Adressaten. Der Gedanke,' ge-
rade den Herrscher von Ägypten durch die ideale
Schilderung des altägyptischen Staatswesens zu
einem philosophischen Gebrauche seiner Macht
30 zu machen , war entschieden geistvoll. Man
würde unter diesen Umständen auch ,eine ge-
wisse Opposition gegen die Ptolemäerherrschaft^
verstehen, die Schwartz 260ff. bei H. finden
will, wenn er sie auch für ,sehr harmlos' erklärt,
aber sie ist nicht vorhanden. In dem Lobe der
Stabilität der ägyptischen Gesetze liegt wirklich
keine unverkennbare Spitze gegen die Fremd-
herrschaft der Ptolemäer*. Ein Gegensatz der
Maxedoves gegen die ßaodeia twv iyzcaQiav wird
40 überhaupt nur am Schlüsse des Absatzes über die
Gesetzgeber (94 — 95), den Schwartz selbst dem
H. abspricht, konstatiert. Sonst wird die Schwie-
rigkeit, die in der tatsächlichen Fremdherrschaft
liegt, mit Stillschweigen übergangen, während
die Perserherrschaft mehrmals mit Schärfe be-
handelt wird (44, 3. 46, 4. 49, 5). Dagegen zeigt
die Angabe über die Zahl der xib/xai und noXsis
in Ägypten (31,6—7) deutlich, wie wohlwollend
H. der Herrschaft des Ptolemaios gegenübersteht,.
50 die ja auch mit einem gewissen Recht den An-
spruch machte, die alte Selbständigkeit des ägyp-
tischen Nationalstaates wiederhergestellt zu haben.
Was wie Opposition aussehen könnte — und das-
ist doch allein die Nichterwähnung der griechi-
schen Herrschaft — , ist Konsequenz der Ein-
kleidung. Von den Griechen und was sie für
Ägypten getan hatten, konnte nun einmal in
dem systematischen Teil nicht die Rede sein.
Im Gegenteil kann man in dem Buche neben
60 seiner protreptisehen Bestimmung für den Herr-
scher auch einen Protreptikos an seine griechi-
schen Untertanen sehen. Die Politik schon des
ersten Ptolemaios ging dahin, ein friedliches Zu-
sammenleben seiner verschiedenen Untertanen zu
ermöglichen; es ist im Sinne dieser Politik, wenn
H. den griechischen Nationalhochmut, der sich in
einem eroberten Lande leieht besonders listig
machen konnte, durch seine Darstellung von der
zwirn
XXOKBUUU9
alten Kflltormaeht Ägyptens dämpft; wenn er
nachweist, wie die Griechen in allen Dingen von
alters her nur Schüler der Ägypter gewesen sind.
Nicht mit dem Übermute der Sieger, sondern
mit Verehrung sollen sie daher den jetzt Be-
siegten entgegentreten und es dem Könige nicht
erschweren, wenn er die alte, von den Persern
vernichtete Blüte des Landes wiederherzustellen
sucht. Es ist eigentlich ganz im Sinne dieser
zu regen beginnt, greift sie zu H. ; er ist sicher be-
nutzt im Ansteasbrief (Schwartz ,258ff. Wend-
land Ausg. p. 52. 62. 70 und die entschieden zu
weit gehende Vermutung Berl. phiL Woch. 1897,
1104. Geffcken XU) und von Artapanos (Freu-
denthal Hellenist. Stud. I. DT 160ff. Willrich
llltT. Geffcken XIII). Dabei bildet der Ab-
schnitt über die Juden nur den Ausgangspunkt;
die Benützung selbst erstreckt sich über die gan-
Srf Roma^ auch den Maxeöw zum Sohne dem , was H. von den Agypt
de^Osiris macht (20, 3). Wenn H. selbst Ma-
kedonien in seiner Übersicht über die ägyptischen
Kolonien nicht nennt, so ist das ein Zeichen so-
wohl für seinen Takt wie für die Stimmung sei-
nes Leserkreises; der erste Ptolemaier hätte eine
solche Fälschung seiner Nationalität kaum gut
aufgenommen.
Die AlyvJttiaxd scheinen einen gewissen üte
Lim«, "«» — .— — ~o./r iern Sagte» aUf ^
Juden übertragen wird; z. B. wird der ägyptische
Hermes, der Vater der Erfindungen, zum Moses-
Hermes ; und die Gleichung Moses-Musaios, durch
die Moses zum Lehrer des Orpheus und damit
der Hellenen wird, taucht auf. Bei dieser Art
der Benützung versteht sich , daß man — von
der Erklärung, weshalb die Juden von den griechi-
schen Autoren nicht erwähnt wurden, abgesehen
-^^535=5? £»5^&£ATä\ 4 *Ä'sä
ihre philosophische Tendenz entging, bat sie
herangezogen als das letzte und daher modernste
Buch vom Ethnographie-Typ™ über Ägypten, aber
das Hauptbuch sind sie nie gewesen. Dafür ist
bezeichnend, daß Plutarch de Iside sie nur ge-
legentlich (Schwartz 230ft. , der meines Er-
achtens noch zu viel auf H. zurückführt) und,
wie ich glaube, nicht direkt benützt, sondern in
einer Zwischenquelle, in der auch Manethos ver-
__1_ 'A-i J«- -KliavliailTlf fif+AT Tnit. TT. ZU-
Apokr. n.' Pseudep.'d. A. T. II 2. Geffcken XU
6) __ H. nicht namentlich zitiert.
Das wird ganz anders bei späteren Autoren.
Josephus gibt c. Apion. I 184—204, TI 43—47
(soweit ist das Zitat auszudehnen) zwei Exzerpte
aus einem Buche des H. 77. lovdatcov (mehr weist
ihm Willrich 97ff. zu; vgl. Geffcken XV 4)
und erklärt ausdrücklich, H. habe nicht naQeeyax;
über die Juden gehandelt, sondern ein eigenes
. ' _*. ™:^ m&n. T**r+ ™-n 10_ avtätv 'üwdatW avvYsypawE ßißltov. § ^14 Zu-
sammen genannt wird (Diog. Laert. pTo. 10,
Plut. de Is. 9). Seine stärkste Wirkung hat das
Werk jedenfalls in der hellenistisch-jüdischen
Literatur gehabt. H. hatte in den Aiyvnxiaxa
von den Juden gesprochen (Phot. bibl. 244 =
Diod. XL 3, vgl. Willrich Iudaica, Göttingen
1900, 80ff. Geffcken Xlff.), jedenfalls im Rah-
men der ägyptischen Kolonisation (Diod. XL 3,
2 ew I 28, 2). Der Stil ist der der Ethnographie,
avt&v 'Iovdatcw avyysyQaipE ßißltov. §214 ßt-
ßUov nsQt fifiäv), das übrigens leicht zu erhalten
sei (§ 205). Die Sonderesistenz eines solchen
Buches ist schon danach sicher; es wird aber
auch von Origen. c. Cels. I 15 (I 67, 29 Koe-
tschau) erwähnt, der zugleich den Zweifel des
Herennius Philon an seiner Echtheit mitteilt.
Dieser Zweifel gründet sich auf das übermäßige
Lob , das in dem Buch der jüdischen Weisheit
9 ess 1 28, 2). Der Stil 1SI acr uei jiiLiiiiugiajJuic, ^.v», -"•- "* — ■* — - M u»n„r, ™ a -r
tie denn' auch Diodor das Stück als ethn^a- 40 «nnd. w;rd und m^ anfacht ■erhalten w«-
vhische Einleitung für den Judenkrieg des Pony den (Willrich 86ff. Geffcken XH. Stahlia
peius verwendet. Der Ton ohne Feindseligkeit
(so wird § 4 der äaavdQoixos xai pioo&vog ßiog
entschuldigt durch die erlittene frvrjlaoia) , aber
auch ohne besondere Sympathie (Willrich 89);
denn daß Moses <pqovv)Ou xs xai dvögslai nolv
Sta<p£eo>v genannt wird (§ 3), besagt nicht viel;
und was an seinen Einrichtungen anerkannt wird
(g 7), stammt aus Ägypten. Unverkennbar, aber
bei Christ-Schmid Gesch. d. gr. L.& II 1911,
472), obwohl Elter (Gnom, graec. hist. IX 1895),
Mendelssohn (Aristeae . . ad Philostr. ep. init,
Dorpat 1897) und Wendland (gegen Willrich
Berl. phil. Woch. 1900, 1199f., vgl. bei Kautzsch
a. O.) für die Echtheit der bei Josephus erhal-
tenen Fragmente eingetreten sind. Aber mag
man auch annehmen, daß Diod. XL 3 den Juden-
asa^S^irJiÄ-i'ttS'S
Interesse an dem eigenartigen Volkstypus. Der
Bericht darüber aber ist nicht ohne tatsächliche
Irrtümer (z. B. § 5). An der Echtheit ist eben-
sowenig ein Zweifel wie daran, daß H. die Sep-
tuaginta noch nicht kannte, sondern auf eigene
oder fremde Beobachtungen und Berichte ange-
wiesen war. Daß die Berichte jüdischer Herkunft
waren und daß H. im Lande selbst war, ist nicht
sicher und nicht einmal wahrscheinlich. Denn die
wenig wahrscheinlich das nach Wortlaut, Ge-
dankengang, Schlußwort des Stückes ist; mag
man, unter Berufung auf das Sonderbuch über
Abraham (s. u.), selbst sachliche Differenzen über-
sehen — der Ton und der Inhalt der Exzerpte
ist so völlig verschieden, daß sie unmöglich aus
dem gleichen Buche stammen können. Der
ruhigen Objektivität des Diodorischen Stückes
steht bei Josephus ein vollständiger Panegy-
sicher und nicht einmal wanrscneinucn. yenu uw *™^ »^ ™,i,—» — m i T^^-MM^n aW
Lücken ^^^n^^^^^^^-^ - P* EStS« SS
groß, und es ist überhaupt nicht viel, was er
gibt; aber die bloße Tatsache, daß ein Grieche
die Juden erwähnte, wurde von Bedeutung ; man
sehe nur, in welche Verlegenheit z. B. den Ps.-
Axisteas (§ 29ff.) das Schweigen der älteren und
der dem H. gleichzeitigen Autoren über die Juden
setzt Sobald daher die jttdisch-hellenistische Li-
teratur sich kräftiger in phüosemitischein Sinne
lückenhaften und zum Ted recht falschen lat-
sachenmaterial eine sehr intime Kenntnis des
jüdischen Landes und der jüdischen Geschichte.
Die Gesetzestreue der Juden (c. Ap. 1191^).
ihre «oW^awr« (§ »}).*¥ y* ™f
Schönheit ihres Landes (§ 195), der Hauptstadt
und des Tempels (196flL) werden mit voltem Pin-
sel gemftJt Anekdoten illustrieren ihre geistige
ZfOY
Hekataios
üejcataios
avöö
und sittliche Überlegenheit (201ff.). Ihre Treue
und Tapferkeit sicherte ihnen von vornherein
die Gunst Alexanders und der Ptplemaier (H
43ff.), Wir kennen Ton und Inhalt ans an-
deren Produkten der jüdischen Apologetik, von
deren Masse sich Ps.-H. vielleicht aher dadurch
unterscheidet, daß er nicht ganz so roh arbeitet.
Die Anknüpfungen an den echten H. , die man
gefunden hat, sind freilich unbedeutend, aber der
Autor behandelt den historischen Hintergrund 10
mit einer gewissen G-eschicklichkeit (Geffcken
XV) : er erfindet nicht schlechthin, sondern knüpft
an historische Zahlen an, die ei umdeutet (c. Apion.
I 186. 194 Anschluß der Juden an Ptolemaios I.
wegen seiner ^m6xr}g und <pdav&e<o7zia oder wegen
der ozdatg in Syrien vgl. mit der gewaltsamen
Verpflanzung bei Ps.-Arist 12f. coli. Diod. XIX
93, 7) oder erweitert (Verhalten der Juden beim
Neubau des Beltempels, c. Ap. I 192; vgl.
Greffcken XV 3). Auch schriftstellerisch scheint 20
er nicht ungewandt gewesen zu sein. Vielleicht
darf man aus Joseph, c. Ap. I 183ff. eine Rah-
menerzählung erschließen, die in Ich -Form (§ 189
ovvrjd-rjg f}[üv , § 201 sfiov yovv) den Autor als
Begleiter des Ptolemaios im Syrischen Kriege
(184f.) und Teilnehmer an anderen Expeditionen
(201) einführte. Sie lief dann wohl aus in die
Übersiedelung vieler Juden nach Ägypten ; unter
ihnen war auch der agiisgevs E&xiag (186f.),
dessen Vorlesung — elyev yag zrjv xaroixTjotv 30
avrcöv xai tr/v TioXizsiav yeygaftfisvrjv (189) —
das Kernstück des Buches bildete. Allerdings ist
sie schwerlich vor den eigenen Genossen gehalten,
sondern vor den Mitgliedern des hellenischen
Kreises, dessen owqdr\g Ezekias geworden war.
In avzöig (§ 189) steckt ein Fehler des Josephi-
schen Testes.
Der Verfasser des Buches läßt sich natürlich
nicht ermitteln; Freudenthals Annahme, es sei
Artapanos gewesen, ist mit Recht allgemein ab- 40
gelehnt. Die Entstehungszeit (saec. III ex. v. Chr.
Schür er Gesch. d. jüd. Volk. III 3 607. Suse-
mihi II 644; saec. II ex./I in. und etwa gleich-
zeitig mit Ps.-Aristeas Stählin 473; kurz vor
Ps.-Aristeas, etwa im Anfange unserer Zeitrech-
nung Will rieh 95ff. 127) wird nach unten be-
grenzt durch Josephus, nach oben mit etwas ge-
ringerer Sicherheit dadurch, daß Alexander Poly-
histor und Philon ihn nicht nennen. Dazu stimmt,
daß eT den Aristeasbrief vorauszusetzen scheint 50
(Ps.-Arist. 12f. c* c. Ap. I 186. 194 ; das umge-
kehrte Verhältnis, das Willxich 97ff. u. a. an-
nehmen, ist meines Erachtens ganz unmöglich),
der seinerseits noch den echten H. zitiert.
Es liegt im Wesen solcher Fälschungen, daß
sie beständig weitergebildet werden; und ein
Käme, der einmal von den Fälschern aufgegriffen
ist, wird auch öfter gebraucht. So kennt Jose-
phus ant. lud. 1 158 ein weiteres ßißliov des E.
liegt 'Aßgdfiov (er benützt es noch I 161. 165f., 60
vgl. Willrich 108), das gewiß identisch ist mit
dem von Clemens Strom. V 14, 113 unter dem
volleren Titel sv twi xaz" "Aßgapov xai zovg Atyv-
jizlovg zitierten Buche. Clemens, der daraus die
falschen Sophoklesverse anführt, betont sehr stark,
daß der .Historiker* H. es verfaßt habe; und Jose-
phus fährt es genau so ein, wie ITsgi 'Iovöaltov ;
Berosos habe Abraham (übrigens nicht namentlich)
erwähnt, 2?. de tov (Avt)afr%vai nleZov xt xsjiottjxsv *
ßißXtor yäg xrl. Zu identifizieren (Muell er 385.
Susemihlll 644 u. a.) sind die beiden Fälschungen
nicht. Das Buch Ilsgl 'Aßgäpov (über dessen
Weiterbildung im einzelnen zu vergleichen sind
Elter Gnom. hist. V. IX. Christ Philol. Stud.
zu Clem. Alex., München 1900, 31ff. Geffcken
XVf.) vertritt ein fortgeschritteneres Stadium.
Es ging weniger darauf aus, eine — wie günstig
auch immer gefärbte — Darstellung der jüdischen
Geschichte und Institutionen zu liefern, wie das
JIsqi 'lovöatcov in einem gewissen Anschluß an
den echten H. tat, als vielmehr in energischer
Weise die Ansprüche der Juden auf alleinigen
und uralten Besitz aller Wahrheit und Weisheit
zu vertreten und die übrigen Völker (d. h. in
erster Linie die Ägypter) als ihre Schüler zu er-
weisen. Das war unmöglich ohne gefälschte Zitate,
die für liegt 'lov&aiatv mindestens nicht nach-
weisbar sind.
Kehren wir vom falschen zum echten H, zu-
rück. Er ist kein Mann von hervorragender Be-
deutung, kaum von eigenen Ideen gewesen (Roh de
2241 Schwartz 262). Daß er uns überhaupt
faßbar ist, verdanken wir eigentlich nur der
mangelnden Einsicht Diodors. Aber er ist inter-
essant als ein Schriftsteller aus der Übergangs-
zeit zum Hellenismus. Er repräsentiert dieses
Zwischenstadium besonders gut; er läßt die ver-
schiedensten Einflüsse Früherer auf sich wirken,
zeigt aber seinerseits schon die einseitige Bevor-
zugung einer stark theologisch und erbaulich ge-
richteten Ethik. Ebenso den Zug der Philosophie
zur Anpassung an das praktische Leben. Be-
sonders deutlich aber zeigt sich seine Übergangs -
natur darin, daß er auch den Übergang der helleni-
schen Philosophie zur hellenistischen Wissenschaft
verkörpert. Er verbindet noch, was schon die
nächste Generation um die Wende saec. IVfUl
tatsächlich trennt: ijTsxXtj&ij xai xgtrixög (xg. xal
hsl.; verbessert von Küster) ygafi/narixog. Durch-
aus richtig hat Roeper (II 8) hier auf H.s Zeit-
genossen Philitas verwiesen, der ebenfalls yga/u-
fiatixoQ xQiTixög heißt (Suid. s. v.) und gleich-
zeitig philosophisch interessiert war. Natürlich
decken sich beide nicht vollkommen. H. neigte
viel stärker nach der philosophischen Seite; und
der dichterischen Tätigkeit des Philitas hat er
nur die Prosaromane entgegenzustellen. Aber wie
dieser /7oö<kfcu geschrieben hat, so führt Erotian.
s. xvgßaatrjv für H. auf ein ähnliches Werk.
Homeriker waren sie beide. H.s Buch liegt zf\g
rtoi^aeojg 'öfirjQov xal Uatodov ist uns allerdings
direkt nicht kenntlich. Aber man darf wohl
seinen Charakter aus den Homerzitaten der Atyv-
szztaxd erschließen (Diod. I 12, 2. 5. 10. 45, 4ff.
c*- Schol. D. I 383), die ihren ursprünglichen
oder späteren Platz sehr wohl in einer besonderen
Abhandlung gehabt haben können. Danach hatte
es weniger rein philologischen, als sozusagen
philosophischen Charakter. Nicht Textkritik;
eher vielleicht Problemata, sodaß es neben Ari-
stoteles 'AsxoQrjfiara 'Ofiyeixa treten würde. Am
wahrscheinlichsten aber doch eine systematische
Abhandlung mit dem Ziel, Homer und Hesiod
philosophisch zu verwerten, wobei die diesen Dich-
tern zugeschriebene Weisheit ans Ägypten abge-
leitet und aus Ägypten erklärt wurde. Schwartz
27 t*y
Hekatas
Mefcate
2Y7V
250 hat auf die Vorliebe Fyrrhons für Homer
hingewiesen (Diog^ Laert. IX 67). Zu erinnern
ist auch an die Homerstadien des Anaiarchos
(Strab. Xm 1,27), dessen Enkelschüler H. war,
und an die seines Mitschülers Timon (Diog. Laert.
IX 113).
Literatur: FHG II 384—396. IV 657b.
Rohde Der griech. Romano (1876, 208ff.) 223ff.
Roeper Über einige Schriftsteller mit Namen
Über den Ursprung und die Bedeutung der
H. laßt sich bei dem Mangel an Zeugnissen nichts
Sicheres feststellen. Sie wird weder in der Ilias
und Odyssee, noch in den Fragmenten der Ho-
merischen Epen erwähnt. Die älteste literarische
Quelle ist das Preislied auf H. in Hesiods Theo-
gonie 410—452. Aber aus diesem Hymnus läßt
sich für das Wesen der Göttin wenig lernen. Da
sie nämlich an diesen Stellen als Allgöttin ver-
Hekataios, Danzig 1877. 1878. E. Schwartz 10 herrlicht wird, erhalten wir nur ein ganz allge-
Rh. Mus. XL 223-262. Susemihl Gr. Lit.-Hist.
I 310-314. H 644f. Wachsmuth Einig, i. d.
Stud. d. a. Gesch. 1895, 329—332. Schwartz
o. Bd. V S. 670-672. Di eis Fragm. d. Vorsokr.
12 (1906) c. 60 S. 458-462. Geffcken Zwei
griech. Apologeten (1907) p. X— XVI. Christ-
Schmid Gesch. d. gr. Lit.5 § 454 (ü S. 172).
Stähl in ebd. § 652 (II 472f.). [F. Jacoby.]
5) Hekataios (Exazatog) von Thasos, Epigram-
meines, jeder Bestimmtheit entbehrendes Bild
von ihr. Auch herrschen über die Echtheit starke
Zweifel. Vielfach hält man die Verse für ein Ein-
schiebsel (dessen Alter sich schwer bestimmen läßt)
mit Anlehnung an einen Hymnus (orphisch : S c ho e-
mann Opusc. II 2l5ff. ; anders Rohde Psyche 5 - 6 -
II 82, 2) verfertigt, das an eine Erwähnung der
H. in dem alten Text der Hesiodeischen Theo-
gonie angeknüpft wurde (Nilsson Griech. Feste,
inatiker unbestimmter Zeit. In der zerrütteten 20 Leipz. 1906, 295). Auffallend ist die Beobach-
Partie der Anth. Pal. VII 163—168 auf Wöch-
nerinnen steht zu 167 das Lemma rov avxov (d.
h. Dioskorides) oi bh'Exazaiov ßaolov (C, ebenso
Plan.) ; da wir von H. sonst nichts wissen, ist eine
Entscheidung über den Autor von 167 unmög-
lich, [v. Radinger.]
6) Hekataios (Hecataeits) erfand ein Pflaster,
auf leichte Wunden zu legen, Cels. V 19, 16.
26, 35. [Gossen.1
tung, daß sie bei Hesiod gänzlich der unheim-
lichen Seite entbehrt; vielmehr erscheint sie als
eine sehr angesehene, den Menschen in den ver-
schiedenen Lebenslagen hilfreiche Göttin.
Dann wird sie im Homerischen Hymnus an
Demeter kurz erwähnt.
Erst mit dem 5. Jhdt. setzen die Zeugnisse
zahlreicher ein, und zwar ist nach ihnen H. die
Göttin der Gespenster und der Geister (Nilsson
7) Hekataios, wird von Plinius (n. h. XXXLTI 30 395). Damit wird es auch verständlich, daß sie
' Ywnr öt\ .._± j i7i l-.'ij _i_m ± • j tt ■ vu-,.. rr~j:^i«4-™« «;^U4- ,,-.^.1,^™™-*-
156. XXXIV 85) unter den Erzbildnern als ToTeut,
der in Silber arbeitete, genannt, Brunn Gesch.
d. griech. Künstler I 526. H 405. [Pfuhl.]
Hekatas , Sohn des Gnotos, einer der 27
Strategen von Erythrai, die hier alljährlich als
wichtigste politische Beamte gewählt worden
sind (je 9 von ihnen je 4 Monate im Amt).
Seine Amtszeit fällt etwa in das J. 274 v. Chr.,
d. h. in eine Zeit, wo die Stadt ptolemäisch war.
Dittenberger Syll.8 I 210, 7. II 600, 72. 91.40
Beloch Gr Gesch. III 2, 273ff. [Walter Otto.]
Hekate ^Exdrt]). Der Name wird meistens
aufgefaßt als weibliches Gegenstück zu Apollon
IxazrjßoXog, Sxdegyog, ixaT?fßskhtjg, der auch ein-
fach exazog (s. d.) genannt wird, Usener Götter-
namen 37f. ; Artemis heißt auch sxaigyr] (s. d.),
und 'Exdtrj ist ein häufig vorkommender Beiname
von ihr {Preller-Robert Griech. Myth.* 321,
3. v. Wilamowitz Herrn. XXI 609). Daher
in den Homerischen Gedichten nicht vorkommt.
Sie gehörte dem Volksglauben an und paßte in
die aristokratische Göttergesellschaft des aufge-
klärten Homerischen Zeitalters nicht hinein. Mit
dem Sinken der hellenischen Kultur und dem
Vordringen des Volksglaubens gewinnt auch H.
an Bedeutung. Sie wird die Führerin des Gei-
sterheeres und spielt im Aberglauben und Zauber
eine große Rolle.
Vielfach finden wir H. nicht als selbständige
Göttin vor, sondern schon früh ist sie mit anderen
göttlichen Wesen in Verbindung gebracht worden.
Am frühesten wurde sie Artemis gleichgesetzt.
Im Kulte ist sie mit ihr verschmolzen, z. B. in
Athen (CIA I 208, 2), Epidauros CEqwp. oqx-
1883, 152, 48), auf Delos (Dittenberger Syll.
LT 2 nr. 588, 45, 176), und Kern (Herrn. XXIV
500) ist der Meinung, daß beide im Kulte nie
scharf getrennt werden. Die Zusammenstellung
hielt man H. für einen ursprünglichen Beinamen 50 Artemis- H. finden wir schon bei Aischyl. Suppl.
der Artemis, und der Form nach für eine Ab- 676. Eurip. Phoen: 109 ; vgl. Varro de 1. 1. VII
kürzung von 'jExa.njßEkhy ebenso wie Hekaerge
und Hekabe (s. d.). Etymologisch deutete man
den Namen als ,Femhintreffende l (Preller- Ro-
bert a. a. O. 321). Die Ableitungen im Etym.
Gud. 176, 9. SchoL Hom. H. V 759. Eustath.
Hom. 1197, 27 führten Steuding (in Roschers
Myth. Lex. I 1899) zu der Annahme, ,daß er wohl
auf die Fernwirkung des Lichtes bezogen werden
83. Myth. Vat. 1 112. Später ist sie ganz allgemein,
Verg. Aen. IV 511 und Schol. Serv. Schol. Eur.
Med. 396. Schol. Theoer. II 12, 33f. Orph. Arg.
933. Abel Orph. 289, 6. Nonn. Dionys. XTV
191ff. Etvm. Gud. 176, 9. Suid. s. 'Exdzyv. Tzetz.
Lycophr. 1180. Eustath. Hom. 1197, 27. Pap. Par.
2523 (ed. Wünsch Kl. T. 84) u. a.
Die Vermischung mit dieser Göttin, mit der
muß'; auch Gruppe (Griech. Myth. 1288, 6)60H. sicher manche Züge gemeinsam besaß, hatte
hält diese Ableitung von cxdg für wahrschein-
lich, obwohl sie nicht sicher ist, Usener Rh.
Mus. XXIII (1868) 330, 33; anders Fick Per-
sonenn. 2 452, der ihn von fixt/n ableitet und
ihn als ,der nach dem Willen Schießende* aus-
legt. Eine weitere Deutung Bnry Class. Rev.
HI (1889) 416; vgl. dagegen Vince ebd. IV
(1890) 47.
besonders zwei Folgen : erstens hat sie den Cha-
rakter der H. in vielen Punkten verdunkelt. Denn
da beide Göttinnen sich ihre Eigenschaften gegen-
seitig übertrugen, läßt sich das ursprüngliche
Wesen der H. häufig nicht mehr erkennen. So
gehen die hrtxltjoeig der einen meist auch auf
die andere über, da sie in der Volisvorstellung
nicht mehr geschieden werden konnten. Wir
liCttttW
finden eine Artemis t^todlttg (in Thera, Hill er
v. Gaertringen Klio II 901, 224; vgl. Charikl.
bei K o ck CAF IH 394, 1 . Com. c. 34) u. a. ; ebenso
eine H. otbxstQa (in Pbrygien, s. Athen. Mitt.
X (1885) 7 und dergl. mehr; s. Steuding bei
Koscher Myth. Lex. I 1896. Preller-Robert
321ff. Farn eil Cultes of greek states II (1896)
509ff. ; besonders Paris bei Daremberg-Saglio III
1 (1900), 50ff. Gruppe 1289, 2). Wahrschein-
Kroll De orac, Chald. 27ff. 49. 69. Ziegler
Arch. f. Rel.-Wiss. Xin [1910] 266ff.).
In der Genealogie gilt H. gewöhnlich als
das einzige Kind (juowoyevrjs : Hes. Theog. 426.
448. Apoll. Rhod. m 1035) des Titanen Perses
oder Persaios und der Asteria (Hes. Theog. 409ff.
Hom. bymn. V 241 ' Apollodor. I 2, 4. Lyeophr.
1175. Schol. Apoll. Rhod. LTI 200. Diodor. IV
45. Cic. nat. deor. in 18, 46; vgl. Warr Class.
lieh ist anch der Hesiodische Hymnus durch diese 10 Eev. IX [1895] 390ff. Nach Diodor. IV 45 ist
Gleichsetzung beeinflußt. Der Einfluß der Arterais
gab wohl den Anlaß, daß H. auch zur Jägerin
wurde (Athen. VII 126 p. 325 c. Schol. Apoll.
Rhod. III 200. Stat. Ach. I 344 und in orphi-
scher Dichtung). Darauf bezieht sich auch die
Darstellung in der Kunst mit Bogen (Matz-
Duhn Ant. Bildw. in Eom 617; Euseb. praep.
ev. LTI 11, 22. Petersen Arch.-epigr. Mitt.
IV [1880] 143). Doch ist es schwierig, jeder
Perses der König der Taurer und Bruder des
Aietes; s. Gruppe 547, 6). Darnach wird sie
auch IIsQOElr} (CIG 5950. ürph. hymn. I 4. VaL
Flacc. VI 495) oder Ils^is genannt (Lyeophr.
1173. Apoll. Rhod. III 467. 478. 1035. IV 1020.
Ovid. met. Vn 74. Sen. Med. 814. Stat. Theb.
IV 481 ; vgl. Bruchmann Epitheta deorum 98.
Diese Beinamen benutzt v. Eoemer Jahrb. f.
sexuelle Zwischenstufen V (1903). II 725ff., um
die ihr zukommenden Eigenschaften zuzuschreiben. 20 eine Beziehung zwischen H. und Mithras herzu-
Auffallend ist es aber, daß Artemis trotz ihrer
engen Verwandtschaft mit H. erst ganz spät als
Göttin der Gespenster auftritt (Gruppe 1292,
2), diese Seite scheint also ihrem Wesen ursprüng-
lich fremd, dagegen der H. eigentümlich zu sein.
Zweitens trägt diese Verbindung die Schuld,
daß H. meist als untergeordnete Göttin vorkommt
und ziemlich in den Hintergrund gedrängt ist.
Diese Erscheinung hat auch zu der Annahme ge-
stellen; s. die Richtigstellung bei Ziegler Arch.
f. Rel.-Wiss. XIII 267, 2). Nach Pherekydes (FUG
I 72, 10 = Schol. Apoll. Rhod. III 467) ist Ari-
staios ihr Vater,
Aber auch mit Zeus ist sie in Verbindung ge-
bracht worden (Schol. Apoll. Rhod. III 467, 1035).
Sie gilt als Tochter des Zeus und der Demeter
(Eur. Ion 1045. Schol. Theokr. II 12. Abel
frg. 219), oder des Zeus und der Hera (Sophron
führt, daß H. nur eine Ablösung einer Seite der 30 bei Schol. Theokr. a. a. O.), des Zeus und der
Artemis ist (Kern a. 0, u. a.). Aber liegt die
Vermutung nicht nahe, daß die mächtigere Göttin
die unbedeutendere Sondergöttin (dafür scheint
der allgemeine Name kxäzv} zu sprechen) aufge-
sogen hat, eine Entwicklung, die sich so häufig
in der griechischen Religionsgeschichte beobachten
läßt?
Bei den Römern verband sich H. aufs engste
mit Diana (Ennius trag. frg. 362 Ribb. Catull.
Pheraia (Schol. Theokr. II 36. Tzetz. Lyeophr.
1180).
Als Göttin des Zaubers wird sie zur Gattin
des Aietes gemacht (Diodor. IV 45. Schol. Apoll.
Rhod. II 200) und von ihm Mutter der Kirke
(Ovid. met. XIV 405) und der Medea (Diodor. IV
45ff. Schol. Apoll. Rhod. III 242. Etym. M.
515, 11). Ferner ist sie Mutter der Skylla (Schol.
Apoll. Rhod. IV 827ff. Schol. Hom. Od. XIII
i. 34. Hör. c. I 21. LH 22 u. a. ; vgl. Pap. Par. 40 85 = FHG II 10, 8) ; von Zeus Mütter der Brito-
2786ff. Lob eck Agl. 543), die von ihr den Bei-
namen Trivia übernahm (CIL X 3795. XIV 2867,
triformis CIL II 2660; im Kult: CIL VI 511.
Buecbeler Carm. epigr. 1529. Wissowa Rel.
u. Kult. d. Römer 202). Mit ihr verschmolzen
lebt sie im Volksmunde bis ins späte Mittelalter
hinein als wilde Jägerin weiter (Grimm Deutsche
Mythol.4 235. 237. 778. 792. 972. Rader-
macher Westd. Ztschr. XXIV [1905] 219ff.
Rohde Ps. 84).
Im Zeitalter des Synkretismus trat sie mit
den verschiedensten Göttinnen in Verbindung,
der Aphrodite (Pap. Paris. 2557; vgl. Diete-
rich Abraias 103. Kroll De orac. Chald. 69),
der Bona Dea (Macrob. Sat. I 12. 23), Magna
Mater (CIL 511 = Buecheler C. epigT. 1529 A
5), Isis (Apul. met. XI 2. 5. Drexler bei Rö-
scher Myth. Lex. II 468), Bendis (Hesych. s.
HS/a^tov xöqt]), Bruno, der Göttin von Phera
martis (Favorin. s. BQtzöptaoxtg . Etym. M. 214, 26 ;
vgl. FHG Hl 8, 23); von Triton Mutter der Kra-
taiis (FHG IV 495). Von Caelus ist sie schließ-
lich Mutter des Saturnus und Ianus (Arnob. II
71. III 29; s. Kroll De or. Chald. 69).
H. scheint von Anfang an die Göttin der Gei-
ster und Gespenster gewesen zu sein, als deren
Anführerin das Volk sie sich in späterer Zeit
dachte. Sie ist also ein dämonisches Wesen und
50 hat als solches viele Beziehungen zur Unterwelt,
sodaß sie vielfach als chthonische Göttin be-
trachtet wird (Rohde II 80ff.). Freilich läßt
sich nicht feststellen, welche Auffassung den wirk-
lichen Ursprung richtiger gibt ; jedenfalls stehen
sie in engem Zusammenhange, wenigstens in spä-
terer Zeit. Man glaubte sie in der Tiefe des
Herdes wohnend (Eur. Med. 398ff.; nicht un-
wahrscheinlich ist die Vermutung, daß man sie
unter der nvgbs dsonotva zu verstehen hat, Eur.
(Einfluß der Artemis): Lyeophr. 1176. Apoll. 60 Phaeth. frg. 781, 39. Rohde II 82, 1). Häufig
«. ■. m „«„«, ..r^i 3 c, ^ i ^„l i — w ^ s j e a j g yß ov i a angerufen: Schol Aristoph.
Ran. 295 (frg. 500. 501 Kock). Theokr. II 12
und Schol. Trag. Anon. frg. 375 NauckS. Plut.
quaest R. 111; de defect. orac. 13 p. 416 E.
Kaibel Epigr. Gr. 1136, 5. Pap. Paris. 1443^
bei defiziones: Wünsch Def. tab. Att praef. VI.
Index II 47. Audollent I>ef. tab. praeter At>
ticas, Index IVA 461. Wünsch Ant. Zauberg.
Rhod. HI 861ff. 1211 und Schol. Orph. Arg.
17, 431. Nach Aagustin. serni. 242, 7 und bei
Porphyr, (or. phil. 122 W.) wird sie als Weltseele
bezeichnet (vgl. jiclvtos xooftov x?,ftdovzog ävaooa
Orph. hymn. I 7).
In ähnlicher, verallgemeinerter, abstrahierter
Form ist sie endlich auch von den Neuplatoni-
kern in ihr mystisches System aufgenommen (s.
tiOÄfliwj
24; als xax*%&ovia\ Andollent nr. 74, 2—3.
75, 4 — 5; ferner entsprechend der Unterwelt als
eines dunklen Ortes als oxoxia (Diodor. I 96.
Pap. Paris. 2562ftY) ; oder fjIXatva (CIG 3857 k).
Für ihren chthomschen Charakter spricht auch
ihre Verschmelzung mit Persephone, der sie oft
gleichgesetzt wird (Schol. Theokr. II 12. Serv.
Aen. IV 511. VI 118. Myth. Vat. I 112. II 15.
III 7, 1; vgl. Lucan. VI 700. Stat. Theb. IV
429 und Scbol. IV 144. Fulgent. myth. I 9.
Apul. met. XI 2. Pap. Paris. 2522 ; vgl. 1402.
2745. 2798; inschriftliche Belege bei Cumont
Mon. Mithr. I 140; s. Wünsch Zauberg. 24ff.),
oder mit der sie genealogisch verknüpft wird (s.
o.) ; wie Persephone wird auch H. Gattin des
Pluton (Soph. Ant. 1199 und Schol.; vgl. Oed.
Col. 1548. Pap. Paris, 2714. 2720. 2745); bei
Hesych. heißt sie ''AÖfirjiov (— Hades, O. Müller
Proleg. 306) xöqj) (s. v.), oder auch selbst äd-
jw?jt»7 (hymn. 3 bei Abel 289). Tochter des Eu-
bnlos (= Hades) ist sie im Orph. hymn. 72, 3.
Sie heißt Orph. Arg. 980 Tapragoxats (vgl. Pap.
Paris. 1403) ; andere haben sie zur Begleiterin
(Hymn. Hom. V 40) oder Amme, der Persephone
gemacht (Schol. Theokr. II 12).
Ihr chthoimcher Charakter wird auch deut-
lich gekennzeichnet durch ihre Attribute; wie
die rächenden und strafenden Gottheiten der Unter-
welt, die Erinyen, hält auch H. Dolch, Schlange
und Geißel, Petersen Arch.-epigr. Mitt. V (1881)
76fr. Auf dem pergamenischen Zaubertische ist
H. mit diesen Dingen ausgestattet (Wünsch
Zauberg. 25). Auf einer karthagischen Fluch-
tafel (Audollent nr. 242, 39) heißt H. tgifioQ-
<pog (iaoT£Lyo(poQog ; das Schwert der H. wird er-
wähnt: Pap. Lugd. (ed. Dieterich) 1, 10. Pap.
Paris. 2479ff.; die Schlange: Soph. qiCot. frg. 490
= Schol. Apoll. Rhod. XII 1214. Schol. Arist.
Ran. 295. Pap. Paris. 2800; vgl. Wünsch a.
a. O.
Durch ihre Gleichsetzung mit Persephone,
durch ihre Stellung als Gattin des Pluton wird
schon deutlich, daß sie die Herrin der Unter-
welt ist (ävaooa hymn. Hom. V 440. Orph. hymn.
I 6). Als Zeichen ihrer Macht besitzt sie die
Schlüssel des Hadestores; sie hat die Gewalt,
die Pforte zu öffnen und zu schließen (Verg. Aen.
VI 258. Apul. met. XI 2 ; Pap. Paris. 1403 wird
sie angerufen als xlubov%s IIsQoifpaooa, Tag-
zdgov xoQij ; 2293 xk-iäa xqclt<L ; vgl. 2235. 2719;
s. Inschrift aus Cypern: Wünsch Def. tab.
praef. XVLTI nr. I v. 53 p. XX ; und die xXetdog
ayoyyrj in Stratonikeia). Den Schlüssel hält sie
in der Hand auf dem Zaubertisch aus Pergamon,
wo sie die Beinamen hat: jiaotxgdxeia , Tzaaifti-
feia, iidvxa iqpssiovoa (Wünsch a. O. 24f.), und
auch sonst ist ihr auf Kunstdenkmälern der
Schlüssel als Attribut gegeben (Petersen a. a.
O. V 76ff. Koehler Arch. f. Rel.-Wiss. VLTI
[1905] 221. 223. 230). Später wurde mit der
Ausdehnung der Herrschaft über die drei Reiche
(s. u.) auch ihr Schlüsselamt auf die ganze Welt
ausgedehnt (Orph. hymn. 17).
Auf die Herrschaft der H. im Schattenreich
deutet Wünsch (a. a. O. 25) den Kopfputz, den
,T(Uof, der die Statuen der H. ziert und den sie
auch in dem Zauberdreieck auf dem Kopfe trägt.
In den Zauberpapyri wird dieser Kopfschmuck
als fiiiTQt) bezeichnet: Pap. Paris. 2595. 2657 j
vgl. 2840.
Die Macht der H. bleibt aber nicht nur auf
die Unterwelt beschränkt, sie tritt auch mit den
Menschen in Verbindung (Audollent nr. 38,
14). Ihr Einfluß, den sie auf der Oberwelt be-
sitzt, beruht auf ihrer Eigenschaft als Herrin der
Seelen, die nach dem Tode im Hades verweilen.
Sie wird als veQzsQcor nqvzavic, bezeichnet (Schol.
10 Theokr. II 12; vgl. Verg. Aen. VI 118. 564.
VaL Flacc. Vn 194), und in einem Mimus des
Sophron heißt H. vsiox^ovlmv öeouiöztg (v. Wi-
lamowitz Herrn. XXIV [1899] 208. Wünsch
Jahrb. f. Phil. Suppl. XXVII [1902] 119). Apul.
met. c. 31 : manium potens Trivia. Mit Her-
vorhebung der schädlichen Seite der Seelen: äg-
%ovoa z&v jtovi]Qöiv oaif.töva>v (Euseb. praep. ev.
IV 22); Literatur bei Abt Apologie d. Apuleius,
Rel.-gesch. Vers, und Vorarb. IV 2 (1907) 128.
20 Als solche wird sie häufig mit dem ipv%o7iopt7t6^
Hermes zusammengestellt: Pap. Paris. 1443. 1462.
Audollent p. LXI, Indes IVA p. 461f. 464ff.
Index VII Ephes. gr. 45 p. 504; Def. tab. nr. 242,
30ff. und Anm. Wünsch Def. tab. praef. XV b.
XVIII a, nr. 104-108; Rh. Mus. LV (1900) 69
nr. 10. 11. 18. 19; s. Abt a. O. 128, 1.
H. kann als Hemn der Schatten die Seelen
der Verstorbenen heraufsenden (Eurip. Hei. 569f.
Orph. Arg. 938ff. ; vgl. Claudian. in Ruf. I 155 ;
30 s. Steudinga. 0.1896). Ihre Macht als Königin des
Hades gewann aber an Bedeutung durch den Über-
gang von Seelen zu Dämonen, deren unheilvolles
Wirken der primitive Mensch überall zu ver-
spüren glaubt.
Durch Dämonen glaubte man Krankheiten
veranlaßt, und besonders Epilepsie legte man als
Besessenheit durch böse Geister aus. Auch H.
wurde als Urheberin dieser Krankheit angesehen
(Schol. Eurip. Med. 1172. Eustath. Hom. II. 87,
40 31); ebenso schrieb man ihr die Ursache des
Wahnsinns zu. Phaidra heißt sv&sog i£ 'Exäzas
(Eurip. Hippol, 141); ähnlich gibt Hippocr. (de
morbo sacr. I 592 K.) die Schuld dieser Krank-
heit den emßoXmi; xal rjQtöoüv £<podoi$ (Tarnbor-
nino De ant. daemonismo, Rel.-gesch. Vers, und
Vorarb. VII 3 [1909] 68). H. sendet mmo}i?zas
und schlimme Träume, sie verursacht nächtliche
Schreckgesichter (Theophr. char. XVI 5, 7 (Leipz.
Ausg. 125f.). Hippolyt. ref. VI 20. Artemidor.
SOoneirocr. II 37 p. 139 H. Hippocr. a. a. O.). Ganz
allgemein wird sie . ,Führerin und Anstifterin'
alles Spuks und gespenstischen Greuels*. Sie ist
die Senderin der 'Exaxaia (Apoll. Rhod. III 861)
und 'Exaxtxa <pdo/Mxxa (Schol. Apoll. Rhod. a.
a. O. Eurip. Hei. 569f. ; Ion 1054. Pap. Par.
2727ff. |Abel 289]; vgl. Dio Chrysost. or. 4
[p. 168f.R.]. Hesych. s. ^Aviaia. Marin v. Procl.
28. Suid. s. 'Exdz V v. Lobeck Agl. 223ff.). Eben-
so schickt sie die Personifikationen griechischer
60 Spukgestalten, die Empusa (Hesych. s. v. Etym.
M. 336, 39. 44) u. a., denen sie auch selbst gleich-
gesetzt wird (Empusa: Schol. Aristoph. Ran. 293.
Mormo: Hippolyt. ref. IV 35. Baubo: Hymn.
Hek. Abel 289, 2); vgL Rohde n 408).
H. erscheint aber auch selbst unter allerlei
erschreckenden Gestalten (Theophr. char. AVI.
Dio Chrysost. a. a. O. Lucian. Philops. 39. Eustath.
Hom. 1887, 54). Als ävzaia faös begegnet sie
2775
Hekate
neKate
Sä/YO:
den Menschen (Soph. frg. Sil) und heißt, weil
sie die ävrcüa schickt, selbst avzala (Soph. frg.
811. 368. Etym. M. 111, 49f. Hesych, s. v.).
Eine Anspielung auf H. ävtata vermutet Nils-
son 395, 2 in Hom. hymn. V 52.
Gefürehtet ist sie als daemon meridianus:
Lucian. Philops. 22: dort erscheint sie asiofiov
tivo; yevofiEvov-, vgl. Verg. Aen. VI 255 (Nor-
den). Pap. Oxyrh. 412 (UI 36ff. Grenfell-Hunt)
Au dollent nr. 38, 14). Dort nimmt sie die Seelen
in Empfang. Auf Friedhöfen verzehrt sie die
Leichen, und den Menschen, die ihr verfallen
sind, saugt sie nach Vampyrart das Blut aus:
Orph. hymn. I 1. Pap. Par. 2857f. 2484. 2544.
2864 aifiosioti . . . xagötodatre, oagxotpäys, äatpo-
ßöge. Pap. Par. 2855. Theoer. II 13. Hippolyt.
ref. IV 35, 3—5. Lucan. Phars. VI 738; vgl.
Dieterich Nekyia 52. Audollent n. 241, 40f.
heißt sie osiaix^ovsß?}; Audollent n. 38, 14 10 Bei Begräbnissen ist sie anwesend: Plut. de su-
QTjgix&cav; vgl. Wünsch Arch. f. Rel.-Wiss. XII
<1909) 4, 10; s. auch die von Lobeck AgL 1902
angeführte Stelle der Acta Mart. Usener Rh.
Mus. L (1895) 147.
Die Erinnerung an die Schrecken der "Wege-
lagerer gaben wahrscheinlich mit den Anstoß,
daß diese Angst verbreitende Göttin den Bei-
namen svoMa erhielt (Soph. Ant. 1199; qiCoz.
frg. 492. Lucian. navig. 15, Eürip. Ion 1054ff.
perst. 10 p. 19B (= Bergk PLG* LH 680).
Schol. Theokr. II 12; vgl. Abernetty De Plut.
de superst. libello , Königsberg 1911, 55ff. Der
Balken, an dem Verbrecher gezüchtigt wurden,
hieß ixarrj (Hesych. s. v.).
H. ist also eine gefürchtete Gestalt des grie-
chischen Volksglaubens (<poßsga: IGSI 1019.
Audollent nr, 38, 14), deren Namen man nicht
aussprechen darf (äfgaTiog Hesych. s. v.), oder
Helen. 569; frg. 308. Paus. II 30, 2. Philostr. 20 die man, wie häufig Totengötter, euphemistisch
v. Apoll. IV 23. Pap. Par. 1432. 2563. 2613.
Anth. Pal. VI 199, 1. Orph. hymn. I 1. Steph.
Byz. s. TgioSoe. Hippolyt. IV 35 v. 2. Hesych.
s. v. Etym. M. 344, 42; vgl. Pkt. leg. XI 1
p. 914b) oder mr^xoog (CIG 7321 b). Wie alle solche
Phantasiegebüde kann auch H. unter verschiedenen
Gestalten sich zeigen (Steuding a. O. 1894).
Da im Volksglauben die bösen Geister an
Kreuzwegen, besonders Dreiwegen ihr Unwesen
bezeichnete als MeXivöt] (Orph. hymn. 71; s.
Wünsch Zauberg. 26); KaXXioTt} (Hesych. s. v.);
EvxoXlvrj Etym. M.
In ihrem Gefolge befinden sich grausige »t-
xvoöatfioves , darunter besonders die acogot und
ßiato&ävaroi (Pap. Par. 2728), mit deren Schwärm
{'Exäirie Höj/ios : trag. ine. frg. 375. Plut. de su-
perst. 3 p. 166 A. Kaibel Epigr. Gr. 376 a.
Dilthey Eh. Mus. XXV (1870) 332ff. Eohde
treiben (s. cross-road in Hastings Encycl.), ver-30II 411. Wünsch Jahrb. f. Phil. Suppl. XXVII
t..„j ___!_ j__ j. .„i„ w j -~ [1904] 116ff.) sie auf Erden umgeht, mit denen
sie nächtlicherweile in wilder Jagd durch die
Lüfte fährt (Eur. Hei. 570f. Orph. hymn. 13
\pv%aX$ vsxvcov pha ßax%£vovoav). Als Führerin
des Totenschwarms heißt sie ^avar^yo; (Pap.
Par. 2865).
Dabei dachte man sie umgeben von Hnnden,
die Porphyrios selbst als n&ytjQol dai/noveg be-
zeichnet (Euseb. praep. ev. IV 23, 7, 8) und deren
band man auch das dämonische Wesen, das man
als Herrin der Geister ansah, mit diesen un-
heimlichen Orten. Dort glaubte man ihr Wirken
zu verspüren, an solchen Stellen wurde sie ver-
ehrt. Diese Verehrung scheint in ziemlich frühe
Zeit zurückzugehen, und vielleicht ist H. ur-
sprünglich nichts anderes als eine Wegegöttin, die
später in andere Vorstellungskreise hineingezogen
wurde.
An Dreiwegen glaubte man sie wohnend (Soph. 40 Beziehung zur Unterwelt als Toten- und Höllen-
frg. 490 = Schol. Apoll. Rhod. in 1214. Pap.
Par. 2812. Theoer. II 36. Schol. Lycophr. 1180).
An den Wegekreuzungen wurde sie verehrt (Schol.
Aristoph. Plut. 591. Inschr. v. Cilicien: Hell.
Journ. Phil. 1890, 252), und dort werden ihr Opfer
dargebracht (Plut. quaest. Rom, 111. Schol. Ari-
stoph. Plut. 594. Athen. VII 126 p. 325 D. Luc.
dial. m. I 1. Harpokr. und Suid. s. öl-v&vfua.
Plut. v. Hom. 30). Danach die Beinamen rgio-
geister Röscher (Abb. sächs. Ges. d. Wiss. XVII
[1896] 30ff.) nachzuweisen sucht (anders Kroll
Eh. Mus. LH 344). Diese Tiere sind ihre Be-
gleiter (Hippolyt. ref. IV 35. Orph. Arg. 959.
Tzetz. Lycophr. 1176. Pap. Par. 2530. Apoll.
Ehod. LH 1216. Kaibel Epigr. Gr. 376); unter
Hundegeheul erscheint sie (Sophron frg. 6 Kai-
bel. Theocrit. LT 35 und Schol. Horat. sat. I
8, 35. Tibull. I 2, 52. Verg. Aen. VI 257. Lucan.
Ötiis (Steph. Byz. s. tgiodog. Athen. VII 126 50 VI 733 [Wünsch Festschr. f. C. F.W.Müller
p. 325 D. Plut. de fac. in orb. Um. 24 p. 937f.
Hippolyt. ref. IV 35, 2. Pap. Par. 2525. 2728.
2810. Com. 34); wigaoöfas (Pap. Par. 2559ff.) ;
lateinisch Trivia (Varro de 1. 1. VLT 16. Verg.
Aen. VI 335. X 537. Ovid. met. II 416. Sen.
Med. 787; Oct. 978; Ag. 382 u. a.; s. Carter
Epitheta deorum 29) oder Quadrwia.
Dabei mag der Umstand mitgespielt haben,
daß an Wegegabelungen oder an Kreuzwegen
115]. Sen. Med. 840; Oed. 569), und sie wird
selbst bellend wie ein Hund gedacht: Orph. hymn.
V 17 (Abel 293). HI 24 (Abel 290): sXdovo'
vkaxfi xal (ö>/?. Die ihr untergebenen Hunde
zittern bei ihrem Nahen vor ihrer Herrin: Theokr.
II 12. Die enge Beziehung der H. zu den Hun-
den zeigt sich auch in ihren Benennungen: oxv-
laxtug (Orph. hymn. I 5); yiXooxvXag' (Nonn.
Dionys. HI 74); axvXayhtg (mag. h. 12. Abel
Todesurteile vollstreckt wurden (Plat. leg. 1X60 289, 7); oxvXaxdyem (Pap. Par. 2722); xwo-
12 p. 873b. Gruppe 761, 0), oder daß ,die Alten
ihre Gräber an den Straßen hatten* (Preller-
Robert 325) und diese zum Machtbereich der
Göttin gehörten (Steuding a. O. 1896).
H. hält sich als Herrin der Gespenster gerne
an Begräbnisstätten auf, wo die Totengeister,
über die sie herrscht, umgehen, wo man sie auch
bisweilen anruft (Horat. sat. I 8; sie heißt vsxvla:
Xvyfiare (Pap. Par. 2549). Bisweilen wird sie
selbst als Hund angerufen (Pap. Par. I432ff.
xvg>v fteXatva. Porphyr, de abstin. DI 7. IV 16.
Pap. Par. 2119f. 2251. 2614), oder hundeköpfig
geschildert (Eur. frg. 968. Hesych. s. %h. äyalfm.
Pap. Par. 2117ff. Bekker Aneed. 1 886, 22) oder
als Hündin dargestellt {Hesych. a. a. O. Bekker
Anecd. I 336, 41—337, 5. Orph. Arg. 978). Ker-
2777
Hekate
b*r<m folgt ihr nach (Lucian. Philops. 14) und
er -wird ihr auch gleichgesetzt (Lyü. de mens.
ms p. 42, 4W). Man glaubte, H. verursache
Tollwut (Orph. Arg. 910; vgl. 978). Die hunde-
köpfige Skylla ist ihre Tochter (Hesiod. frg. 172);
Hekabe wird von ihr in einen Hund verwandelt
(Lycophr. 1176); vgl. auch die ätiologische Le-
gende aus Ephesos (bei Callim. frg. 100 h. b.
Sehn. H p. 356), nach der Artemis ein gottloses
Weib in einen Hund verwandelt und es nach
der Bückverwandlung H. nennt (Eustath. Hom.
1714, 41). Die Hunde sind ihr daher heilig
(Pap. Par. 2336), und man bringt ihr zu Ehren
Hundeopfer dar (s. u.). Robertson Smith Re-
ligion d. Semiten 220. Ee in ach CMR 12(1908)
58 fassen die Hundeopfer der H. totemistisch
auf; anders Nilsson 396, 2.
H. sendet die Gespenster, aber als Hemn der
Geister konnte sie auch gegen ihre Angriffe
Schutz gewähren (Apul. met XI 2. Plut. symp.
VTI p. 709 A). Sie ist also auch apotropäische
Göttin. Apotropaischen Zweck hat auch großen-
teils die Verehrung, die man ihr zollt. Durch
die Opfer, besonders die ihr zukommenden Hunde-
opfer, suchte man ihre Gunst zu gewinnen. Den-
selben Zweck haben die H.-Mahlzeiten (Plut.
symp. p. 709 A), die Bilder und Kapellen, die
man an Dreiwegen, an der Straße und vor den
Stadtmauern aufstellte (die sog. 'ExaraTa. e Exd-
Teta oder Exairjota standen fast vor jeder Tür
in Athen: Aristoph. Vesp. 804; Ran. 366; Lys.
64. Aischyl. frg. 386 = Schol. Theokr. II 36.
Plut. reg. apophth. p. 193 F. Porphyr, de abst.
II 16 ; vgl. auch ihre Epitheta TigodvQaia (Orph.
hymn. II 12. Prokl. h. VI 2, 14); n&mvkiia
(Hesych. s. v.; 'E, v\ ngoa&ev xvXewv in Milet,
S.-Ber. Akad. Berl. 1904, 619ff. Z. 25ff.); Eos:
(v. Prott Fast. sacr. nr. 10, 5), oder allgemein <pv-
kaxr} oder <pvXa% (Schol, Theokr. LI 12. Hesych. s.
4mXd8a. Lob eck Agl. 545). Zum Zweck der Hei-
lung von Krankheiten (s. o.) nahm man an den
Mysterien der H. teil. Schließlieh gibt man ihr
aus diesem Grunde die Fackel ständig als Attri-
but, die gerade im Kulte chthonischeT und or-
giastischer Götter vorkommt (Hom. hymn. V 52.
Pap. Lugd. 1, 6 (Diet.). Pap. Par. 2119. 2714.
2800. 2823. Aristoph. Ean. I362f. Eurip. Troad.
308; vgl. Eurip. Helen. 569 frg. 959. Schol.
Apoll. Rhod. in 861.467. Audollent nr. 241,
39ff. u. a.; s. Steuding a. 0. 1888. Gruppe 1298,
2; häufig auf Denkmälern; vgl. Vassits Die
Fackel in Kultus u. Kunst der Griechen, Mün-
chen 1900; auf dem Zaubertisch aus Pergamon:
Wünsch a. a. O. 24). Die Hen-in der Gespenster
kann auch gerade bei den von Dämonen am
meisten gefährdeten Gelegenheiten im mensch-
lichen Leben Unheil abwehren. Daher möglicher-
weise ihre Verehrung als xovQozgoipog. Als Ge-
burtsgöttin erscheint sie schon Hesiod. Theog.
450. 452; auf Samos: Plut. (Hesiod.) v. Hom. 30.
Orph. hymn. I 8; Athen: Schol. Aristoph. Vesp.
800; Argos: Plut. quaest. Rom. 52 p. 277; La-
risa: Athen. Mitt. XI 450; vgl. Euseb. praep. ev.
HI 11, 23. Varro de L 1. VLT 83 (Galinthias,
s. Eoscher 1591, 40ff.); sie wird Eüeithyia ge-
nannt: Orph. hymn. 31 7ff.; Genetyllis (Hesych.
8. t.); Iphigeneia (Hesiod. frg. 123. Stosich.
frg. 38. Paus. I 43, l)j s. «ich Paus. H 22, 7.
tteKaw .»'#9
Diese Eigenschaft kann sie jedoch auch von Ar-
temis entlehnt haben. Sie ist auch Hochzeits-
göttin nach Eurip. Troad. 322 und Schol. i
Der H. sind die bösen Geister untertänig; auf
ihren Befehl üben sie an der Oberwelt ihre Tätig-
keit aus; andererseits hat H. auch die Macht, sie
zurückzurufen und vor ihren "schädlichen Ein-
flüssen zu schützen. Diese doppelte Seite ihres
Wirkens machte sie ganz besonders geeignet für
10 alle Arten von Zauber. Sie wird zur Schützerin
aller Magie: Apoll. Ehod. III 251. 478. 529. 738.
842. 915. IV 1020 Schol. Ovid. met. XIV 403.
VII 74 174. 194. 241. Sen. Med. 6f. 577. ApuL
ap. 31. Pap. Par. 2957. 2961. Theokr. II 10 und
. Schol. Lucian. Philops. 14. Porphyr, de abstin.
IV 16. Euseb. praep. ev. V 14; s. auch Wes-
sely Denkschr. Akad. Wien XXXVI (1888) In-
dex. Sie ist zugegen bei allem Liebeszauber, der
meist die "Form der Totenbeschwörung hat: Theokr.
20 II und Schol. Ovid. Heroid. XII 168; met. XIV
44. Horat. sat. I 8, 33. Lucan. VI 736ff. Stat
Theb. IV 514f. Lucian. necyom. 9. Pap. Par.
1432f. 1462 u. a.; s. Fahz De poet. Rom.
doctrina mag. , Gießen 1904, lOf. ; der Zauber-
kreisel heißt Ixaiixog ttTQö(paXos (Nikephor. in
Schol. Synes. p. 362. Psellus 1133a. Kroll Or.
Chald. 41, 2); sie gibt den Giften und Zauber-
tränken ihre schädliche Wirkung: Diodor. IV 45.
Hesych. s. ttw«*^?. Sen. Med. 833. Ovid. met.
30 VI 139. Apoll. Rhod. III 529; sie leistet Bei-
stand bei Verwandlungen: Apul. met. XI 2.
Durch Bitten und Zwang bewogen (Schol. Apoll.
Rhod. m 1030. Hippolyt. IV 35. 36. Theophr.
char. XVI) sendet sie ihre Rachegeister; daher
wenden sich an sie häufig die defixivnes (meist
zugleich an Hermes): Wünsch Def. tab. praef.
p. VI. XX; Index?. Ex. S. 47. Audollent 61 j
vgl. Index IVA 461f. Die auf solchen Täfelchen
häufigen Ephesia grammata nennt eine Defixio
40 aus Megara Xöyoi Exaxixoi (Wünsch a. a. Ö.
praef. XIII. XX).
Unter ihrem Schutz stehen natürlich auch die
beiden großen Zauberinnen Kirke und Medea,
Soph. fr. 490 = Schol. Apoll. Rhod. LH 1214.
Eurip. Med. 394ff.; das zeigt auch die genealo-
gische Verknüpfung der beiden mit H., die zu
ihrer Mutter wird (s. o.). Dadurch wird auch
H. in die Verwandtschaft des Helios, der Sonne,
gebracht, mit der die Zauberkraft verbunden ist.
50 Schließlich wird das Bild der H. gerne auf
Zaubergeräten angebracht, z. B. auf dem perga-
menischen Zaubertisch (Wünsch a. a. 0. 23);
auf Ringen, durch die sie gebunden wird, Pap.
Par. 2690; auf Amuletten: Pap. Par. 2632; vgl.
2878.2119. Petersen V 74f. Wünsch Zauberg.
24. Das von H. selbst beschriebene Bild: Euseb.
praep. ev. V 12f. Abt a. a. O. 130.
Eine Seite der H. wurde bisher ganz vernach-
lässigt: H. als Mondgöttin. Den Charakter
60 als Göttin des nächtlichen Gestirns scheint H.
nicht ursprünglich besessen zu haben (anders
FarneU a. a. O. 510ff.), denn die älteren Zeug-
nisse weisen zu wenig Beziehungen zu diesem
Gestirn auf, dessen Kult überhaupt erst durch
astrologische Spekulation an Ausdehnung gewann.
Die Fackeln der H. lassen sieh nicht ohne weiteres
als Abbilder des Mondes auffassen-, ebenso bissen
die Opfer, besonder« die Hnndeopfer, die man an
2779
Hekate
Hekate
2780
den verschiedeneu Mondphasen darbrachte, keine
lunare Deutung zu; auch ihre Verehrung an den
Dreiwegen, schließlich ihre Dreigestalt, geben
keinen Anhalt zu einem Schlüsse auf H. als Mond-
göttin. Denn die Erklärungen, die daraus eine
Beziehung auf die Natur des Mondes ableiten,
sind späte Kombinationen , die alte Eigenschaf-
ten der H. nach ihrer Verschmelzung mit der
Mondgöttin damit in Einklang zu bringen ver-
suchen (Cornut. 34. Kleomedes ti. (ist. 2, 5, 10
111. Schol. Eurip. Med. 396. Sehol. Aristoph.
Plut. 591. Plut. de defect. orac. p. 416E. Por-
phyr, bei Euseb. praep. ev. III 11, 32. Interp.
Serv. Aen. IV 511). Derselbe Grund war wohl
maßgebend, daß man den Aufenthalt der Seelen
in den Eaax^ fivyög auf den Mond verlegte
(Plut. de fac. in orb. km. p. 944 C). H. als Mond-
göttin finden wir häufig in der Gegenüberstellung
des Tagesgestirns (so z. B. Soph. frg. 490); in
Stratonikeia (CIG 2720. Bull. hell. IX [1885] 26. 20
XI 152. 161. 377. XII 479); die namentliche
Gleichsetzung hat erst Schol. Theokr. II 12, 14;
H. steht dann in Verbindung mit Selen e und
Artemis: Schol. Aristoph. Plut. 594. Euseb. III
11. 22 u. a. (s. Steuding a. O. 1897). In den
Zauberpapyri ist die Gleichsetzung vollständig
durchgedrungen ; ebenso bei den Römern (z. B. in
Senecas Tragödien und den oben angeführten
Stellen; vgl. Eo scher Selen e und Verwandtes,
Leipz. 1890). 30
Als Mondgöttin bezeichnen sie vielleicht Bei-
namen, wie vv%ta (Lucian, necyom. 9. Pap. Par.
1403. Pap. CXXI 950); ^ (Orph. hymn. IX
3); vvHtmoloQ (Apoll. Ehod. IV 1018); vvxreQtf}
(Orph. hymn. I 5); wxTttpävsta (Pap. Par. 2523);
Tochter der Nacht (Schol. Apoll. Ehod. III 467);
s. Steuding a. 0. 1895. Wünsch Zauberg. 23.
Noch einige ihrem sonstigen Wesen fremde
Züge weist der Hesiodeische Hymnus auf. Sie hat
nach v. 439ff. auch Macht auf dem Meere (vgl. 40
Athen. VH 126 p. 325) und wacht über die
Beute des Fischers (v. 443f. Schol. Oppian. hal.
ni 28). Sie gewährt schließlich Hilfe in der
Schlacht (431ff. Apoll. Ehod. III 1211. Plut. de
Herod. malign. 26 p. 862 a) und vor Gericht (v. 434;
vgl. Wünsch Def. tab. nr. 104. 105; praef. VI).
Kulte der Hekate. Die meisten Eultorte
der H. liegen an der Ostküste Kleinasiens und
den vorgelagerten Inseln im Südosten. Von der
Ausdehnung ihres Kultes geben die zahlreichen 50
Bildwerke das beste Zeugnis. Weniger reichlich
sind die literarischen und inschriftlichen Nach-
richten, die auf uns gekommen sind.
Eine sehr angesehene (ijutpavsozaTt}) Göttin
war sie in den karischen Städten Stratonikeia
und Lagina ; ihr Heiligtum erhielt das Asylrecht
von Sulla, das ihr auch in der Kaiserzeit zuge-
standen war (Bull. hell. IX [1885] 445. Tac.
ann. m 62). Hire Priesterämter waren sehr an-
gesehen (Heller De Cariae Lvdiaeque sacerdoti- 60
bus, Jena 1891. 241ff. Nilsson Gr. R 400);
eine Priesterin hieß xXsukxpÖQos. Das Hauptfest
war die xlsidog äyotyrj oder jzojujzrj , daneben
kleinere Feste. Auch Spiele wurden ihr zu Ehren
gefeiert, die sog. Hekatesia (SIG* 678 v. 9. Poll,
I 37. Strab. XIV 2, 25 p. 660. Steph. Byz. s. v.
und s. Adyira). Kurz erwähnt ist ein. ijtt/isXe-
ttje zwr pvortjQÜov, jedoch ist Aber die Mysterien
nichts Näheres bekannt, Benndorf Reisen in
Lykien 154ff. Bull. hell. IX XI (darin Zusammen-
stellung der Einzelheiten). XIV. Nilsson 400f.
In Tralles befand sich ein Ugiämov xai Exaxiov
ayXrj (Bull. hell. IV 337 v. 25). Milet besaß
einen alten H.-Kult; nach Hesych. s. v. wurde
sie dort als vTioXäfjmxeiQa verehrt; von dort be-
sitzen wir die ältesten Zeugnisse: S.-Ber. Akad,
Berl. 1904, 619ff. 1905, 542. In Kolophon wurden
rjj'Evobitp schwarze Hunde geopfert (Paus. III 14,
9). Auf einen Kult in Paphlagonien deutet die
Nachricht, daß Medea dort ein Heiligtum grün-
dete (Apoll. Ehod. IV 247 u. Schol.). Auf Kos
ist ein Kult der Göttin bezeugt (v. Prott Fast,
sacr. nr. 10 Z. 5. 19). Bei Delos hieß eine Insel
TtKdttjs vi}oo$ (Athen. XIV 53 p. 645 b. Harpokr,
und Suid. s. v.). Man opferte dort der Iris, die
an H.s Stelle später getreten zu sein scheint.
Einen berühmten Tempel besaß sie in Aigina,
mit Bildwerken bekannter Künstler (Paus. II 22,
7f. Steph. Byz. s. T G todog). In Athen befand
sich die E. muwQyidia (CIA I 208, 5); H. Zea
(Hesych. s. v.); H. xa?Mattj (Hesych. s. v.); H.
TQiyXavdivr! (Athen. VII 126 p. 325 d; vgl. Eustath.
1197, 34). Nach Agrai entsandten die Athener
jährlich zum Andenken an den Sieg von Marathon
eine Prozession (Plut. de malign. Herod. 26 p. 862),
H. in Pherai mit Brimo zusammen (Polyaen. strat.
VIII 43; s. o.). In Byzantion ein Heiligtum
von Byzas gegründet ; dort auch Statue der lapt-
naö^oQog (Hes. Mil. FHG IV 149. 151). Eine
H. 'Aytiata wurde wahrscheinlich in Ägypten ver-
ehrt (Steph. Byz. s, v.; vgl. Diodor. I 96). Ein
"AXaog 'Exdrrjg befand sich am Nordufer des Pon-
tus Euxinus (Ptolem. III 5, 7. Anon. peripl. pont.
Eux. 58). S. die Zusammenstellung bei Steu-
ding 1885ff. Farn eil II 606f.
Die zahlreichen Kulte im südöstlichen Klein-
asien deuten vielleicht darauf hin, daß dort ihre
Heimat zu suchen ist (Farneil 507ff. hält sie
für eine ursprünglich thrakische Göttin); dafür
spricht ferner das häufige Vorkommen der vom
Stamme exar gebildeten Namen in Kleinasien (s.
die Beispiele bei Nilsson 397, 3); im Oxyrh.
Pap. 412 (Grenf eil -Hunt HI 36ff.) wird sie
Kageirj genannt (s. Wünsch Arch. f. Eel.-Wiss.
XII [1909] 4 Z. 28. 10).
Man verehrte H. durch Opfer: die ,Hekate-
mahlzeiten', Speiseopfer, die ihr am letzten
Mondtage, dem man im Aberglauben eine große
Eolle zuschrieb, dargebracht wurden (Exazam.
dÜTiva Exdzrjg, Exaifoia bei Pollux I 37. Steph.
Byz. s. v.). Speisen wurden ihr hinausgebracht
an die Dreiwege (Schol. Aristoph. Plut. 544. 594.
Plut. symp. 708 F; quaest. Rom. 111. Athen. VII
126 p. 325 A. Harpokr. s. Tpiaxäg. Bekker Anecd.
1 247, 27); Gebäck (Soph. frg. 668. Aristoph. Plut.
594ff. Demosth. LIV 39. Athen. XIV 53 p. 645 B.
Harpokr. s. Exdirjg vtjaog. Eustath. Hom. II. 1165,
14); Lichterkuchen: Athen. XIV 53; s. Lob eck
Agl. 1062f.; vgl. auch S.-Ber. Akad. Berl. 1904
Z, 2 Stf.); Fische (xQtyXri und fiatvdg: Athen. VII
125. 127. 92. VIII 57); Eier und Käse (Aristoph.
Plut. 594ff. u. Schol. Lucian. diaL mort. I 1.
XX TT 3; tyrann. 7). Zu Methydrion in Arkadien
pflegte man jeden Monat den Hermes and die
H. zu bekränzen und zu schmücken^ Porphyr, de
abstin. JJ 16. Immerwahr Arkad. Kulte (Leipz.
2781
Hekate
MeKate
3YP3S
1891) '210t Ferner sandte man ihr die Reste des
Kehrichts» die Überreste der Reinigungsopfer,
hinaus (Phot. s. Ö£vTV[ua. Poll. V 163. Suid. s. v.
Plnt. symp. 708). Die rituelle Vorschrift , daß
man die Opfer djtooxQÖfpotoiv ottftaoiv (Aisch.
Choeph. 98 u. Schol.) hinwarf, deuten darauf
hin, wie sehr man an die Gegenwart der ge-
spenstischen Totengöttin und ihre Begleiter dachte
(RohdeHSS, 2. Stengel Griech. Kultusaltert.2
Ulf.). Schließlich wurden ihr Hunde an Drei-
wegen geopfert (Paus. III 14. 9. Schol. Theoer.
JJ 12. Eustath. Od. 1467, 35. Hesych. s,'Exätt)$
äyaXjua. Theophr. char. 16. lulian. or. V 176 d.
Bekker Anecd. I 327, 13. 336, 31. Plut. quaest.
Eom. 52 p. 277. 111 p. 290. Lykophr. 77 und
Schol. Ovid. fast. I 389. Paroimiogr. I 379 Anm. ;
s. auch Heydemann Griech. Vasenbilder Taf.
11, 3).
Schließlich gab es auch Mysterien derH.
In Lagina (s. o.) werden sie kurz erwähnt. Mehr
wird uns über die Mysterien in Aigina berichtet.
Zur Heilung von Wahnsinn nahm der Kranke
daran teil (Lucian. navig. 15. Paus. II 30, 2.
Liban. orat. pro Aristoph. p. 426 B. Aristoph.
Vesp. 122; vgl. Strab. X 3, 10 p. 468; s. Orig.
e. Cels. VI 290. CIL VI 1780, 7. Lobeck Agl.
242. Nilsson 398f. Tambornino De daemo-
nismo 75). Einem Mysterienritus gleicht der
TzsQiCHvlaxtofiog (Plut. quaest. Korn. 68).
In Verbindung mit den Korybanten wurden
ihr in der Zerynthi sehen Höhle Mysterien unter
Fackelglanz und Hundeopfern gefeiert (Schol. Ari-
stoph. Pax 276. Lvkophr. 771 1178. Nomi. Dion.
IV 183ff. XXIX '214. Strab. X 3, 20 p. 472.
Suid. s. ZrjQiv&iov und ZapLo&Qaxr}. Etym. M. s.
Zfeirihv; s. Nilsson 399).
Am Ende des Altertums sind die H.-Myste-
rien den anderen , besonders den eleusinischen,
angeglichen. In dieser Verschmelzung kamen sie
nach Eom und gewannen dort ziemliche Verbrei-
tung (CIL 1780). H. tritt dadurch in engste
Verbindung mit Dionysos. Wir hören häufig von
der Hierophanta der H. (CIL VI 504. 511. 1675.
Ephem. epigr. VIII 648. CIL VI 261. 1778f. VI
500. 510. Inscr. gr. Sic. It. 1019. CIL 1779.
Zosim. IV 3. Carm. adv. pag. [BaehrensPLM
III 290] v. 71); zusammen mit Dionysos (CIL
XI 671. IH 1095. 1154. VI 507. WissowaRel.
u. Kult, der Römer 31 6f.).
Sie verband sich ferner dem Mithraskult
(Cumont Mon. Mithr. I 140).
Auf einen Mysterienkult scheint sich die von
Diocletian geweihte unterirdische Grotte zu be-
ziehen, zu der man in zfc' = 365 Stufen hinab-
stieg (Malalas p. 408 O. = 307 v. 17 Dind. Cu-
mont I 352).
Einen (Mysterien-)Kult in Trier nimmt mög-
licherweise an: Hettner Steindenkmäler (1893)
nr. 143. nr. 83. 84, s. Cumont a. O.
Von einem Orakel der H. spricht Porphyr,
bei Augustin. civ. dei XIX 23. Euseb. praep. ev.
IV 23, 6. V 8, 3ff. Xn 13, 4.
Heilige Pflanzen und Bäume der H. scheinen
zu sein: die Eiche (Apoll Rhod. III 1215; Schol.
a. a. O. 1214); Mandragora (Orph. Arg. 919);
Wacholder (Orph. Arg. 953); öixtat*ro$ (Orph.
Arg. 919).
In der Kunst wird H, ehigestaltig darge-
stellt {fwvo7tQ6aa>nog Artemid. II 37). Diesen
Typus hält Steuding 1900 für den älteren und
ursprünglichen. Eingestaltig war die Statue des
Myron für Aigina (Paus. II 30, 2). Nicht so
deutlich läßt es sich erkennen, ob die Bildwerke
des Thrason und Menestratos in Ephesos diesem
Typus gefolgt sind (Strab. p. 641 ; Plin. XXX VI
32; s. Eeinach Cultes, mythes et religions II 2
307ff.). Daneben ist viel häufiger die dreige-
10 staltige H., die Petersen für die künstlerische
Ausgestaltung der dreiköpfigen Herme hält (anders
Usener Eh. Mus. LVHI [1903] 165). Auf diese
Darstellung beziehen sich die Beinamen der H.
rgifioQ(p£ 7 xQutQOöGoirs u. a. (Athen. 168 C. 325D.
Artemidor. n 37. Orph. Arg. 979. Ovid. met.
VH 94. 194; fast. 1 141. Sem Med. 7 und häufig
z. B. in den Zauberpapyri). Die Darstellungen
zerfallen in zwei Hauptklassen; die Göttin ist
entweder dreileibig und dreiköpfig dargestellt, oder
20 auf einem Körper sitzen drei Köpfe. Das älteste
Bild des ersten Typus soll die H. smxvgyibia des
Alkamenes sein (CIA III 268. Paus. II 30, 2).
Die zweite Klasse ist gewöhnlich so dargestellt,
daß aus einem Leibe drei Köpfe hervorgehen, daß
aber trotzdem sechs Arme vorhanden sind. So
ist H. z. B. dargestellt auf dem pergamenischen
Gigantenfries.
Als Attribute sind der H. gewöhnlich Fackeln,
Hunde, Schlangen, Geißeln, Schwerter, Schlüssel
30 u. a. beigegeben; s. Petersen Arch.-epigr. Mitt.
IV HOff. V lff. 193ff.; dazu kommen: Athen. Mitt.
XXI (1896) 281. MichonMel. d'arch. et.d'hist. XU
(1892) 407- 424. Petersen AtcIi. Jahrb. XXHI
(1908) 21. Sitte österr. Jahresh. XIII (1910/11)
87ff. Wieg and Athen. Mitt. XXV 1900, 173.
Wünsch Zauberg. 22ff. Vielleicht beeinflußte
die dreigestaltige H. die gallische Dreiheit Erecura,
Epone, Ilithya (Courcelle-Seneuil Les dieux
gaulois, Paris 1910, 164fl\).
40 Die Dreigestalt der H. fand verschiedene Aus-
legungen. Man leitete sie ab aus der Herrschaft
der H. über die Reiche: über Himmel, Erde und
Meer (Hesiod. Theog. 404ff. Euseb. praep. ev. IV
23) ; über Himmel, Erde und Unterwelt (Plut. def.
orac. 13 p. 416; Is. et Os. 44 p. 368. Verg. Aen.
VI 267. Euseb. praep. ev. IV 23, 5); über Wasser,
Luft, Erde (Euseb. III 16, 6). Andererseits er-
blickte man darin die einzelnen Mondphasen (Com.
n. d. 34. Cleom. n. fisx. 2, 5, 111; vgl. Schol.
50 Eurip. Med. 396. Serv. Aen. IV 511). Schließlich
glaubte man, die Dreiheit entspreche der potestas
nascendi, vahndi, moriendi (yewrjxtxTj, $Qemtxrj,
anaqaltriTos — Moiren. Interp. Serv. Verg. Aen.
IV 511; vgl. Serv. Buc. VIII 75).
Usener a. O. 206. 332 folgert aus Paus. II
22, 7, H. sei ursprünglich nur eine Doppelgöttin
gewesen und habe erst später Dreigestalt ange-
nommen.
Eine vierköpfige H. bezieht ein fivoxixös Xoyog
60 bei Cramer Anecd. Paris. I 321, 31 auf die vier
Elemente.
Literatur: Die ältere bei Steuding in
Roschers Myth. Lex. I 1885—1910; Famell
Cultes of greek states II 1896, 501ff. Preller-
Robert Griech. Myth.* 1894, 321tt Johde
PsycheS.e II 80ff. Nilsson Griech. Feste 1906,
394ff. Gruppe Griech. Myth. 1298Ä. '
[Heekeiih»cb.3
2783
Hekatebeletes
Hekatodoros
2734
Hekatebeletes a. Hekebolos.
Hekatebolos s. Hekebolos.
'Exdrijs äXaog soll nach dem Anonymos des
Schwarzen Meer's 58 die in die Odessaer Bai
vorspringende Westspitze der pontischen Achilleus-
laufbahn heißen. Aber nach der Ptolemaioskarte
ist es ein Kap im Innern der Bai nach Norden
von der Laufbahn und von ihrer Spitze in gerader
Linie 275 Stadien entfernt. Da nnn der Ano-
nymos und Strabon (C. 307 Ende) ihre überein-
stimmenden Beschreibungen und Distanzen des
Dromos unzweideutig demselben, genau ortskun-
digen Geographen entlehnt haben und ferner
Strabon den damals freilich verschwundenen
heiligen Hain auf der Westspitze ausdrücklich
Achill eus selber zuweist, so ist offenbar Ptole-
maios im Recht und der anonyme Periplus im
Unrecht. Welch bedenklichem Versehen der Ano-
nymos hier zum Opfer gefallen ist (über sin
anderes, einschneidendes Mißverständnis vgl. unter
Hermonaktos x<x>fj,rj), lehrt die Kritik der 1200
Stadien, auf die er die Länge des Dromos be-
mißt. Wie wir Strabon glauben müssen, zählte
die gemeinsame Quelle vielmehr nur 1000 Sta-
dien und weiterhin von der westlichen Spitze der
Laufbahn bis zum nächsten, bedeutsamen Kosten-
punkt, dem Ausgang des Borystheneslimans, 200,
also von der östlichen Spitze bis zu demselben
Ziele 1200. Indem er den Hain der Hekate mit
dem des Achilleus verwechselte, hat der Ano-
nymos die von der Vorlage gegebene Distanz
zwischen Tamyrake und dem Hekatehain an der
Borysthenesmündung irrtümlich auf die Länge
der Laufbahn und ihr westliches Kap bezogen.
So erklären sich die falsche Ansetzung des Hains
und die falsche Längenangabe des Dromos aus
demselben Versehen, und wir erhalten zugleich
Gewißheit über den wahren Platz des aXaog. Er
lag auf der Halbinsel am Yegorlyk Liman bei
der Stadt Pezakov, von wo eine kleine sandige
Zunge mit dem Fort Kinburu ausläuft. Die
Landzunge hat übrigens seit dem Altertum an
Länge eingebüßt, da 1885 ein Kalkstein in Zy-
linderform und von sehr großem Gewicht ein
weites Stück von der jetzigen Küste im Meer
von Fischern gehoben worden ist. Er trägt die
Inschrift des 4. oder 3. Jhdts. 'AxdXel ton ßcoftöv
xai tö xeÖQov und bezeugt, daß selbst im He-
katehain auch noch Achilleus besondere Ver-
ehrung genoß. Wahrscheinlich war der aXaog
beiden Gottheiten gemeinsam geweiht, und wenn
das von jenem ortskundigen Geographen zum
Ausdruck gebracht war, so verstehen wir noch
leichter, wie der Anonymos diesen und den Achil-
leushain auf dem Dromos verwechseln konnte.
Vgl. über die Inschrift Latyschew Inscript.
ant. orae sept. P. Eus, IV 28ff. Außerdem über
H. Ammian. Marc. XXU 8, 40: religio gas per
eas terras Triviae lucus.
Hier sei noch ein Nachtrag zu Achilleos Dro-
mos (Bd. I S. 221) angefügt. Tomaschek be-
hauptet dort, gerade die Achilleusbahn liefere
den Beweis, daß sich der Wasserspiegel des Pon-
tos seit 2000 Jahren nicht verändert habe. Aber
der erwähnte Altar des Achilleus deutet eine Ver-
minderung der Halbinsel von Kinburu an, sei
es durch Senkung der Küste, sei es durch Hebung
des Wasserspiegels. Ein anderes Zeugnis des-
selben säkularen Schwankens erblicke ich in den
abweichenden Angaben des Altertums über die-
Länge des Dromos. Zunächst lassen die genauen
Zahlen über die Breite der Laufbahn, ihre Ent-
fernung vom Festland, die Ausdehnung ihres
Isthmus und die sonstigen Bemerkungen keinen
Zweifel, daß der von Strabon und dem Anonymos
benützte ältere Geograph sehr genaue Ortskennt-
nis besaß. Seine Längenmessung von 1000 Sta-
10 dien verdient darum unbedingt Glaubwürdigkeit
und beweist eben, daß die beiden Nehrungen in
einem ferneren Altertum beträchtlich weiter vor-
sprangen als heute, wo die gesamte Länge des
Dromos gegen 125 km oder 760 Stadien beträgt.
Dieser Zahl kommt ganz nahe eine zweite und
jüngere Messung des Altertums, die zuerst auf
der Agrippakarte (Plin. n. h. IV 83) verwertet
war und von dieser in den Ptolemaio3atlas über-
gegangen ist; sie. rechnete 80 römische Meilen
20 (Ptolemaios 680 Stadien). Also ist diese nega-
tive Küstenversetzung der Odessaer Bai, welche
die Zahlen dokumentieren, noch im Altertum
selbst eingetreten; auch der Achilleusaltar von
Kinburu gehört ins 4. oder 3. Jhdt. Auf jenes
Phänomen führe ich auch die Unstimmigkeit der
Entfernungsan gaben zwischen dem Borysthenes-
liman und der Westspitze des Dromos zurück:
150 Stadien nach Arrian, 200 nach dem Anony-
mos, 275 nach der Ptolemaioskarte.
30 Dagegen scheint der Isthmus der Laufbahn
eine Zunahme in positivem Sinn erfahren zu
haben. Denn bei Strabon und dem Anonymos
ist seine Breite auf nur 40 Stadien geschätzt,
obwohl sie gegenwärtig sehr viel großer ist. Ich
glaube aber, den Landzuwachs durch teilweise
Austrocknung eines Küstensees erklären zu können.
Noch heute zeigen nämlich die Karten auf dem
Isthmus einen Überrest desselben. Arrians Peri-
plus (31) aber erwähnt auf der östlichen Nehrung
40 der Achilleusbahn Tamyrake eine Xipvt) ov fieydXrj T
die 300 Stadien von der östlichen Spitze und 380
von der westlichen entfernt einen Ausfluß ins
Meer habe. Also lag der See in Wahrheit auf
dem Isthmus und, offenbar ansehnlicher als heute,
muß er wirklich die Breite der Landenge nicht
unbeträchtlich vermindert haben. Im allgemeinen
ist auf Neumann Hellenen im Skythenlande
365 — 375 zu verweisen. [Kiessling.]
Hekatesta. 1) s. Hekate.
50 2) r\ Exazr}ala ( = der Hekate geweiht), anderer
Name für die Stadt Idrias-Chrysaoris-Europos,
Hermolaos bei Steph. Byz.; s. den Art. Idrias.
[Bürchner.]
Hekates nesos (■% "Exdxijg vfjoog = der Gnä-
digen geweihte InseL Lycurg. xaza MevzoclIxiiov,
FHG IV 492 nr. 2. Sem. Del. a. a. O. p. 492
nr. 3), das südlichere und größere der beiden
Eilande, die zwischen Delos und Rhenaia liegen,
s. o. Bd. IV S. 2465f., jetzt MeydXog 'Pepaztdgi;,
60 d. h. der größere Rheumatiker. Über H. n. war
wohl die Brücke geführt, die Delos und Rhenaia
eine Zeitlang verband. Auf ihr finden sich ein
Altar der Hekate oder der Iris und Steinbrüche.
Nach Semos von Delos FHG IV 492 nr. 3
opferten die Delier auf H. n. der Bis besondere
Speiseopfer. fBttrchner.]
Hekatodoros. 1) s. Hekatadoros.
2) Byzantier, Wortführer der Stadt bei den
2788
Hekatombaion
„ mit deft Ehodiern 220 t. Chr.
b. IV 47. JJiese Gesch. d. griech. n. mak.
Staat, n 9851. [Sundwall.]
Hekatomb&ion &xac6(tßatw). 1) Ein Heilig-
tum in der Nähe von Dyme in Achaia, erwähnt von
Polyb. II 51, 3. Plut. Kleom. 14; Arat. 39. Hier
nehmen im J. 226 (Niese Gesch. d. griech. u.
maked. Staaten II 319) die Achaier Stellung, um
den Anmarsch des Kleomenes zu erwarten. Dieser
rückt von Arkadien her über Pharai heran (Plut.
Kleom.), lagert zwischen H. und Dyme und schlägt
die Achaier entscheidend. Der ganze Verlauf
dieser Ereignisse spricht entschieden dafür, daß
Dyme bei Kato Achaia lag (von Duhn Athen.
Mitt. III 75ff.) und nicht bei Karavostasi in der
Nähe von Kap Araxos (Philippson o. Bd. V
S. 18771). f ßölte.]
2) e ExaTOfA.ßai(av , 'Exatofißscov , Monatsname
in mehreren ionischen Kalendern.
1. In Athen der erste Monat nach dem Sommer-
solstitium, Julian. Juni/Juli (Arist. bist. an. V
11) und demzufolge der erste des Jahres über-
haupt (Bekker Anecd. Gr. 247). Die Überliefe-
rung, daß der H. in uralter Zeit Kronios oder
Kronion geheißen habe (Plut. Thes. 12. Etym. M.
321), ist umsoweniger ohne weiteres zu ver-
werfen, als sich der Monat Kronion jetzt in
einigen anderen ionischen Kalendern nachweisen
läßt; vgl. im allgemeinen Bergk Beitr. z. griech.
Monatskunde 43. Wenn der H. in einem be-
sonderen Falle (IG I Snppl. 59, 27 b) als Schalt-
monat benutzt worden ist, so ist das die Folge
einer außerordentlichen Maßregel, an deren ka-
lenderischer Bedeutung nicht mehr zu zweifeln
ist, seitdem wir auch von Gamelion und Anthe-
sterion wissen, daß sie gelegentlich zu Schalt-
zwecken verdoppelt worden sind (IG LT 5 , 733.
385 c, 32).
2. H. Monat auf Imbros, einer athenischen
Kleruchie, in der man wohl den athenischen
Kalender voraussetzen darf, Bull. hell. VII
[1883] 154.
3. Siebenter Monat auf Delos, zeitlich dem
athenischen H. entsprechend, Bull. hell. V
[1881] 27.
4. Im Opferkalender von Mykonos 'A&yvatov
II 237 = Dittenberger Syll.2 615 nimmt der
H. die vierte Stelle ein hinter Posideon, Lenaion,
Bakchion, entsprach zeitlich aber doch wohl dem
delischen und athenischen H. Doch ist nicht
ausgemacht, welche Ordnungsziffer ihm im Ka-
lender zukam, da die Frage nach dem Jahres-
anfang in Mykonos noch nicht zu entscheiden
ist; vgl. von Prott Fasti sacri 15.
5. Monat auf Naxos, geglichen mit dem Mil-
tophorion in Arkesine auf Amorgos, IG XII 7,
67. 36; auch er ist wohl dem gleichnamigen de-
lischen und athenischen Monate zeitlich gleich-
zusetzen.
6. Monat auf Smyrna, Le Bas DZ 25, 15:
artexe&t} ig tf dgxfejtov xqo jievzs xaXavd&v Eiov-
vUov, fuj(vo$) 'Exaxofiße&vos xexdgzj} (2. oder
3. Jhdt. n. Chr.). Die Gleichsetzung von a. d. F.
Kai. Zun. mit Hekatombeon 4 ergibt als Anfangs-
tag des Monats den 25. Hai, so daß der Monat
in Smyrna gegen den gleichnamigen attischen
um eine Stelle snrückgeschobeB erscheint.
7. Hecatombeon (Ianuarius); vgl. Corp. gloss.
Fftnly-WlMOWfe-Kroll TU
'Mxatfyßil 2786
lat ed. Goets VI 692: T&mrttm menses : Anthe-
sterion (hdius), Eeeatombeon (Ianuarius), Ela-
phebotion (Augustus), Qamenon (Itäips), Me~
macterion (Aprilis), Posteon (Maius), Munition
(September), Sciroforion (November). — ,Ecatom-
beon teuerorum lingua ianuarius mensis : aspi-
ratur' Vocabularium des Papias (Mailand 1476,
Venedig 1485, 91, 96) bei Bröcker Philol. II
(1847) 246ff. An beiden Stellen ist der athenische
10 H. gemeint, wie die ganze Monatsreihe offenbar
dem athenischen Kalender entstammt. Die Glei-
chung mit Januar rührt anscheinend daher, daß
man den ersten athenischen Monat einfach auf
den ersten römischen übertragen hat.
Der Name H. geht zurück auf ein Opferfest
Hekatombaia, wie es für Argos (Hesych.), für
Delphoi (CIG 1715), als Hekatomboia für Delos
(Bull. hell. XXIX [1905] 243) und für Tegea
(CIG 1515), als Hekatombia für Amorgos (Athen.
20 Mitt. I [1876] 337, 7, 12. Bull. hell. XXJJI [1899]
390, 1, 29) überliefert ist und an und für sich
auf die verschiedensten Gottheiten bezogen werden
kann. Daß der athenische H. dem Apollon ge-
weiht war, geht aus Etym. M. 321 hervor : 'Exazop-
ßaiatv Sk cüvdfzaotat Stä zag zov 'Ait6XXa>vog ■dvoiag
usw., und dasselbe gilt für den H. in Mykonos,
an dessen siebentem Tage dem ApoUon Heka-
tombios ein Opfer dargebracht wurde. S. auch
die Art. Hekatombaios, Hekatombeus, He-
30katombios. [Bischoff.]
Hekatombaios ('Exazopßawg, in der Inschrift
von Mykonos 'Exazdfißiog). 1) Epiklesis von Götr
tern, denen man Hekatomben darbrachte und
Hekatombaia-Feste (Nilsson Gr. Feste 43. 138
174) feierte, von welchen auch die Monate He-
katombaion und Hekatombeus ihren Namen haben.
1. Zeus H. in Gortyn in Arkadien und auf
Kreta, Hesych. s. 'ExazojußaTog ■ 6 'AxoXXtov naga
'Affyvaioig ■ xoX 6 Zevg b> roQzvvt} nao 'Agxaai
40 xat KQtjolv.
2. Apollon in Athen, Hesych. a. a. O, Etym.
M. s, Exo.%o}ißamv (vgl. Bekker Anecd. Gr.
247) : . pLr\v iaxi nag 'Afrqvatotg , . . dta rag rov
'A&oXXcovog -dvoiag ' &vovot yag avz0 'ExaTOftßat(p,
rovriazi TioXvtijtfü , fiäXXov 6k ixazov ßöag sv%6-
fxeroi\ vgl. Mommsen Feste d. Stadt Athen 3,
4. S c h o e m ann Griech. Altert. LT 4 467. In My-
konos wurden dem Apollon r Exaz6fißiog am 7. He-
katombaion ein Stier und zehn Schafe geopfert,
50 Dittenberger Syll. II 2 615, 20; über den
7. Monatstag als Festtag des ApoUon vgl. den
Art. Hebdomeios; über die Beschränkung der
Hekatomben auf eine geringe Zahl von Opfer-
tieren vgl. Nilsson a. a. O. 174. [Jessen.]
2) Nach dem Hemerologium Florentinum
(I de ler Handb. der Chronol. I 414) Monat im
asianischen Kalender, 31 Tage, vom 24. Juni
bis 24. Juli umfassend. Über die Bedeutung des
Namens vgl. das unter Hekatombaion Gesagte.
60 S auch die Art. Hekatombeus und Heka-
t o m b i o s. [Bischoff.]
'ExardjißTj, &voia Jf ixazov StjXqvöu xvquos
ßoüv erklärt Eustathios (R I 66; Od. XI 130)
das Wort, fügt aber selber sogleich richtig hin-
zu xaza%Qtjöztxcog ftevroi xai tj i£ ixator £tb<ov
und xai xo btaxor fori toC xolAa votioarrsg ixa-
xSftßtpr yaoi tw ht stoXXür &xX&c frfcw. In der
Tat bedeutet /. nur ,groß« Opfer*. Od. DI 59
2787
Hekatombeiis
bringen die Pyliei dem Poseidon ötttC aya^keith
I. dar, aber sie besteht nur aus 81 Stieren (III
7ff.)- IL XXm 146 heißt es, Peleus habe dem
Spercheios eine tegrj £. von 50 männlichen (i^la.
gelobt, und Athen. I 5 wird von Konon erzählt,
er habe nach dem Siege bei Knidos iHardftßrjv
t<p ovti -dvoag aal ov tpsvdtovvpco<: alle Athener
bewirtet. So bestätigen denn auch viele andere
Stellen, daß man weder an der Zahl hundert,
HeEaEOIDIiOS * * w
der zu seinen Vorfahren gehört haben dürfte
(Boeckh zu CIG 2691). Die Ahnen des H als
Wohltäter« von Mylasa Dittenb erger byll.
12 95, vgl. Judeich Kleinasiat. Studien 234, 2 ;
Mylasa als Heimat der Familie bei Strab. XIV
659. H. war zuerst Fürst von Mylasa — in welche
Form sich sein Regiment über die als itoUg or-
ganisierte Stadt kleidete , wissen wir nicht —
erscheint aber schon 390 als Satrap von Kanen
öteuen, aao man weuei au uci u«»i u«^.^*, U io^ UU xu ^«^ „™*— ~~- — - A
noch an dem Opfer von Rindern festhält. II. 110 (Diodor unter dem J. 391 . • f*f«? ^"^'-h
7?« ü v A T?V ^ n+ ^* rn; n fl M b.n. *nm pTfiß- XTV 98. 3^. Er hat diese Stellung vermutlich
447 besteht die Hekatombe mindestens zum größ-
ten Teil aus Kleinvieh (vgl. T 66) , I 316 aus
Stieren und Ziegen. IL IV 120 und XXIII 873
geloben Pandaros und Mcriones eine Hekatombe
ganz junger Lämmer; Soph. Trach. 760 rinden
wir zwölf Stiere und im übrigen ovwtyij ßooai\-
fiara. Ganz gewöhnlich war es, daß man eine
sog. L ßovjHXüQos oder ßovagxog (Dittenberger
Syll. 281, 8." Hesych. s. ßovxQyeos ; vgl. Ditten-
XIV 98, 3). Er hat diese Stellung vermutlich
395 bei dem Sturze des Tissaphernes erhalten,
als das verwaiste Karien möglichst rasch einen
Verwalterhaben mußte, dessen Ansehen im Lande
fest wurzelte, und man daher von selbst auf
den mächtigsten unter den zuverlässigen lokalen
Großen zurückzugreifen gezwungen war. Weniger
wahrscheinlich ist die Annahme, daß die Satrapie
dem H. erst 390 (bei Gelegenheit der Sen-
Kr ger Syll 27 SV:' SaHS' XXVIII 1Ö7) 20 Jung des Struthas) übertragen worden ist (vgl.
opferte. In einer alten milesischen Inschrift ™ ™— "-•*> * Ä1 * v sfi ^-
(v. Wilamowitz S.-Ber. Akad. Berl. 1904, 626)
wird ein Opfer von drei Tieren, von denen eines
■&i}Xv , eines svoQ%k (das dritte also verschnitten)
sein soll, 3. genannt. Umgekehrt hat man wohl
auch Opfer, die aus mehr als hundert Tierenbe-
standen, als Hekatomben bezeichnet (vgL Diod.
XI 72. Dittenberger Syll. 86. Boeckh Staats-
haush.3I75ff.). s. Schoemann-Lipsius Griech.
Ed. Meyer Gesch. d. Alt. V 866).
Bei dem Erwachen der persischen Krieg-
führung 390, die durch die Übernahme des Kom-
mandos durch Struthas als Satrapen von Ionien
eingeleitet wird, erhielt H. den Auftrag, sich an
dem Feldzuge gegen Euagoras zu beteiligen, der
fast ganz Kvpern in seiner Hand vereinigt hatte.
H. fährte unter Autophradates, des Satrapen von
Lydien, Oberbefehl die Flotte (Theop. frg. 101
Altert. II 248f. Hermann Gottesdienstl. Altert« 30 Grenf. -Hunt. Diodor^ a. a. O., bei to^ HLjds
S 26 Anm. 16. Stengel Griech. Kultusaltert. 2
106. [Stengel.] ^
Hekatomben», (tr\v jihqu. AaxsSaiftoviotg, ev
c5 ro Toxii^mi, Hesysch. Die Hyakinthien fielen
wahrscheinlich in den athenischen Skivophonon;
denn wir wissen, daß sie bald nach den Isthmien
gefeiert wurden (Xen. hell. IV 5), und daß diese
den Asklapieien in Epidauros um neun Tage vor-
angingen (Schol. Pind. Kern. III 145). Diese
Höchstkommandierender erscheint). Der folgende
Seekrieg von Kypern wird bei Theopomp. a. a. O.
Tmt"7 AT*TjtT5V Tl TlT"
Die Beziehungen von H. zur Reichsregierung ver-
schlechterten sich bald. Augenscheinlich machten
die Anhäufungen königlicher Truppen im west-
lichen Kleinasien vor dem definitiven Abschlüsse
des Antalkidasfriedens den ehrgeizigen Dynasten
mißtrauisch. Er erscheint bei den damals be-
aKeging man im epidaurischen Monat Apel- 40 ginnenden neuen Unternehmungen dei -?™ e f^
r-I. / z B ™ „+T. M i«,„i, „ sw m «bnTinTi CEmnu. Euagoras unter den heimlichen Verbündeten des
laios, d. i. im athenischen Skirophorion (Etpr)^
a.Qx- 1901, 57rT.) ; ihm werden also die Hyakin-
thien angehört haben, und ihm setzen wir dem-
nach den Monat H. gleich. Für dieselbe Glei-
chung hatten sich aus anderen Gründen schon
früher, ehe die Lage des Asklapieienfestes bekannt
war, entschieden Bischoff Leipz. Stud. VIT 369f.
und Busolt Jahrb. f. Philol. 1887, 50, wiewohl
auch die Gleichungen mit athen. Thargehon und
Euagoras unter den heimlichen Verbündeten des
letzteren, den er mit Geld unterstützt (Diodor.
XV % 3).. H.s Stellung zum Hofe blieb lange
zweifelhaft , noch 380 nennt ihn Isokrates (IV
162) unter den zum offenen Kriege längst bereiten
Gegnern des Großkönigs.
Gleichwohl konnte H. an wirklichen Abfall von
diesem nicht denken, seine Stellung in Karien war
von vielen lokalen Gewalten noch keineswegs aner-
auch oie txieicnungen mit aiiuen. nwigciwu ^« -^ .^^ „„™«~ .„ --— „
,„it Btt.tomb.Jln Betracht kamen; vgl. toM™**™**»^^*™*^:
Art. Hyakinthios. Über die Bedeutung des
Wortes H. wird auf das zum Hekatombaion Be-
merkte verwiesen. S. auch die Art. Heka-
tombaios und Hekatombios.
[Bischoff.]
Hekatombios, Monat im Kalender von Halos
in Phthiotis, IG IX 2. 109 b, 50; wahrscheinlich
hatte er die zehnte Stelle inne und entsprach dem
athenischen Hekatombaion (Bischoff Jahrb. f.
ständige Politik (Kämpfe des H. mit seinen Lands-
leuten, Suid. S. At&nnog).
H.s Tod läßt sich, da Maussolos 353/2 im
24. Regierungsjahre starb (Diodor XVI 36, 2)
und die karischen Königs] ahre postdatiert werden,
auf 377/6 fixieren (Kahrstedt Forschungen zum
5. und 4. Jhdt. 22).
H. hinterließ fünf Kinder, Maussolos, Idneus,
Pixodaros, Artemisia, Ada (Strab. XIV 656. Arrian
atnemsctien tieKaiomuaiuii ui^u«" öauiu . *. j.^™*™, .„_„..„._, — , f >**„,' \
Philol 1892 482ff.) Über die Bedeutung des60anab. 123. i. Harpokr. &. ExaxopYW, l^vg).
Zr~:- ^l!L n.v.t^i,,,^« aJLrt». H.s amtlicher Titel ist bei Isokrates a. a. O. wh-
Namens vgl. das unter Hekatombaion Gesagte.
S auch die Art. Hekatombaios und Heka-
tomben s. [Bischoff.]
Hek&tomnos. 1) Von Mylasa (Exazofiyotg die
Inschriften, Strabon, Harpokration, unrichtig 'Exa-
wfivog Diodor. u. a.). Er stammt aus vornehmer
alteingesessener Familie ans Mylasa, Heiodot
erw&hnt (V 118) einen Pixodaros, Maussolos Sohn,
H.s amtlicher Titel ist bei Isokrates a. a. O. au-
ota&iioQ zi}g KaQias, ßaodevg bei Strab. a.a.O.
ist ein Versehen. H. auf Inschriften (als Vater
des Maussolos und eines anderen Kindes, nicht
bei seinen Lebzeiten) CIG II 2691. Ditten-
berger SylL 12 95. 107. 160.
Seine Beziehungen zur gnechiscnen Kultur
werden durch denAwfeiitlialt des kölschen Arztes
Deiippos an seinem Hofe (Suid. a. a. O.) und
•durch seine Prägung beleuchtet
Er benützt neben dem Zeus von Labranda,
dessen Kultzentrum im Gebiete von Mylasa lag,
und dem Löwen von Mylasa (?) einen zweiten
Löwentyp, der dem milesischen nachgebildet ist,
anm Teil in ungeschickter Nachahmung, und prägt
-diese Stücke nach dem eüboeischen System, deut-
lich in Anlehnung an die griechischen Handels-
zentren Kos und Rhodos, die im Anfange des
4. Jhdts. diesen Fuß hatten. Seit der Ernennung
zum Satrapen von Karien prägt H. — vermut-
lich in Mylasa, wie vorher auch — Satrapen-
münzen nach kleinasiatischem Fuße.
In Milet hat H. nie geprägt, die vom Cat. Brit.
Mus. Ionia 187 hierhin verwiesenen Münzen des
EKAfzofiviog) sind in Mylasa ausgebrachte Imi-
tationen der milesischen Typen. Vgl. Head HN 2
x328f. Cat. Brit. Mus. a. a. O. und Caria 180.
Imh 00 f -Blumer Eev. suisse numisin. XIV260Ö'.
Das unmittelbare Herrschaftsgebiet des H. ist
stets beschränkt geblieben. Milet hat es nie um-
faßt (s. 0.), Halikarnass hat erst sein Sohn Maus-
solos erworben, ebenso Herakleia am Latmos
{Judeich a. a. 0. 241). Der Verwaltungsbereich
als Satrap umfaßte ganz Karien, seit dem An-
talkidasfrieden auch die definitiv der Krone unter-
worfenen Küstenstädte.
Ein Standbild des H. in Mylasa Ditten-
berger Syll. 12 95 Z. 21f. [Kahrstedt]
2) Sohn des Aristeas aus Mylasa, Archon in
Mylasa (Le Bas III 394)
3) Hekatomnos aus Elis oder Milet, Sieger
{TQiaoxrjs) zu Olympia im Lauf, Doppellauf und
Waffenlauf, Ol. 177 = 72 v. Chr. (Afric. bei Euseb. I
■212. Phleg. frg. 12 FHG III 606. Die Quellen etwas
abweichend untereinander). [Sundwall.]
Hekatompedon (ßxarotuteSov). 1) Nach Ptol.
III 13, 5 (14, 7) Stadt im epeirotischen Gau Cha-
onia. Doch zeigt der Zusatz Aoidavstov in einer
der besten Hss. (Vat. 191), daß hiemit das Heilig-
tum zu Dodona (s. d.) gemeint ist, s. C. Müller
z. St. [Oberhummer.]
2) to c Exaxöfute6ov =100 Fuß langer Tem-
pel; Ptolem. III 14, 7 (13, 5 M.): E*««fa-
jiedov Aoydtovscov ist der berühmte dodonaiische
Zeustempel in der epeirotischen Molossis (Hel-
lopia; nach Ptolemaios, der weder Land noch
Volk der Molotter kennt, in Chaonia), dann eine
Bezeichnung für Dodone selbst. S. 0. Bd. V S,
1258 undKarapänos Dodone et ses Ruines I 18.
155ff. Die lange umstrittene Lage von Dodone
wurde 1832 von Lincoln richtig bestimmt, und
1875 wurden auf Veranlassung des Herrn Kara-
pänos durch den Ingenieur Mi ne'iko aus Athen
Versuchsgrabungen angestellt. Dodone lag im
Hochtal vom jetzigen Tscharakowista, östlich vom
jetzigen Alpochöri, nördlich vom Tömaroszug
(jetzt Oiytzika) am Ursprung eines Nebenflüßchens
des Thyaniis. Der Tempel des Zeus Na'ios ist
so, wie er herausgegraben ist, 40 m lang, 20,5 m
breit. Die Abteilungen des Tempels (s. Kara-
pänos II pl. III, 4) haben folgende Ausmaße:
jfQovao; 10,80 X 8,0 m, vaog (ceUa) 20,5 X 20,5 m,
dniaöodo/Aog 20,5 X 7,0 m. Also entsprechen die
Ausmaße der Tempelteile ebensowenig wie des
.ganzen Tempels 100 altgriechischen Fuß (~
50,7 m). [Burchner.]
Hefeatompedo». 1) Eine Örttiehkeit in Sjra-
kns (Plut Dio 45 [Ai<&v] tloißaU 8tä t&v «wA&r
sk rr/v 1ExaT6ftxedov Uyo(dvrjv\ in der NÄhe des
Hexapylon, durch das nach Diod. XVI 20, 2 Dion
einmarschierte. Freemans Ansicht (History of
Sicily IV 279), daß es eine 100 Fuß breite Straße
war, stimmt Holm Gesch. Siziliens im Altertum
III 360 bei, nachdem er II 461 an eine oxoa
ixar6ft3tsSos gedacht hatte. Es könnte auch ein
10 Stadtviertel gewesen sein. Über die Lage vgl.
den Art. Syrakusai. [Ziegler.]
2) Als Längenbezeichnung s. den Art. Maße
und Gewichte.
°EHarofitp6via hieß ein festliches Opfer in
Messenien, das dem Zeus Ithomates darbringen
durfte, wer hundert Feinde erschlagen hatte.
Nach Paus. IV 19, 2 bestand dieser Brauch ix
jtakatotdwv) Aristomenes soll dreimal'^, geopfert
haben (Paus. a. a. 0. Plut. Homul. 25) [was
20 Clem. Ales. Protr. HI 42 p. 36 Potter und Euseb.
praep. ev. IV 16 von dreihundert geopferten Men-
schen erzählen, ist natürlich Fabel]. An anderen
Orten sollen Krieger, die hundert Feinde getötet,
dem Ares C E. geopfert haben. Steph. Byz. s.
Btewog. Fulgent. exp. serm. ant. p.559 (Schaefer
Philol, XXIII 562). Hermann Gottesdienstl.
Altert.2 § 48 Anm, 3. § 53 Anm. 3. Schoemann-
Lipsius Griech. Altert. II 256 und (abweichend
von dem Obigen) Unger Philol. XXV lff. Darem-
30berg-Saglio V 53f. [Stengel.]
Hekatompodos s. Hekatompedos.
Hckatompylos. 1) An der Heerstraße von
Teherän-Eei nach Chorasän, wurde nach dem 240
v. Chr. erfolgten Einbruch der Parner und der Be-
gründung des parthischen Königreichs wohl noch
von dem Stifter desselben, Arsakes Teridates, zur
Hauptstadt gewählt (,Kfinigsburg f der Parther
nach Apollodor Artem. bei Strab. C. 514. Ptolem.
VI 5, 2; nach Plin. VT 44 caput Parthiae). Es
40 besteht schon während der Achämenidenherrschaft,
erhält aber städtischen Charakter nach helleni-
schem Muster erst durch die Neugriindung des
Seleukos Nikator (Appian. Syr. 57 ; Curt. VI 2, 14:
urbs erat ea tempestate clara H. > eondita a
Graecis — natürlich im Hinblick auf die jüngere
Hauptstadt der Parther gesagt und unbedacht
auf die Zeit Alexanders übertragen ; Ähnliches gilt
für Diodor. XVII 75, 1).
Nach Polyb. X 28, 7 und Plin. VI 113 lag
50 H. mitten in Parthien. Das gilt auf keinen
Fall für die persische und seleukidische Provinz,
sondern setzt voraus die Einverleibung der alt-
medischen Distrikte Choarene (Chwär) und Komi-
sene (Komis) in das neuerstandene parthische
Königreich. Allerdings ist jüngst (von Mar-
quart Eran II 40f. im Suppl. X des Philologus)
die von allen als sicher betrachtete ursprüngliche
Zugehörigkeit jener Landschaften zu Medien mit
Schärfe und Entschiedenheit angefochten und be-
60 hauptet worden, daß sich Parthien zu allen Zeiten
bis an die Kaspischen Tore erstreckt habe. Aber
auch wenn man die Zweideutigkeit des Zeugnisses,
aus dem sie bisher gefolgert wurde (Apollodor bei
Strab. G. 514), zugeben wollte, so läßt sich doch
der Beweis auf folgendem Wege erbringen. Die
Stadt Apameia wurde von Seleukos Nikator aus-
drücklich cv t# MqMq. gegründet; Apollodor. bei
Strab. C. 524 Ende, vgL auch 514. Andererseits
2791
Hekatompylos
20
wissen wir durch Isidor von Oharas auf daß be-
stimmteste, daß Apameia eben in der Landschaft
Choarene östlich der Kaspischen Tore gelegen
war. Zur Zeit der Gründung der Kolonie ge-
hörte Choarene also wirklich noch zu Medien.
Ähnlich Plin. VI 43, nachdem er von der Wieder-
herstellung Hamadäns durch Seleukos gesprochen
hat: reliqua Medorum oppida Phisganxaga,
Apamea Rhagiane cognominata; auch der Bei-
name zeigt hier Apameas und Choarenes Zuge- 10
horigkeit zur medischen Provinz Ehagiane an.
Hingegen läßt die Bestimmung der Lage von H.
,im °Herzen Parthiens' keinen Zweifel, daß schon
zur Zeit des großen Feldzuges Antiochos d. Gr.,
210/209, die beiden ostmedischen Distrikte in den
Händen der Parther waren; noch Arsakes Teritfa-
tes selbst (f 211) muß sie erobert haben. Stepha-
nos von Bjzanz zitiert also richtig aus einer ver-
lorenen Partie des 10. Buches des Polybios Kal-
liope in Choarene als itohg IIaQ&vai(ov. _
Über den Marsch Alexanders von Raga bis H.
erfahren wir folgendes (Arrian. III 20, 4. 21—22,
1). Am Abend des ersten Tages lagerte er ngog
mtg Kaomaig nvXatg , am zweiten el'aco szagfjlfo
%h>v avXäv sme olxovfiiva r\v. Apollodor bemißt
die Entfernung von Eaga bis zum Paß gut auf
500 Stadien; das erste Lager muß dann noch in
weit beträchtlicherem Abstand von dem Eingang
der Tore geschlagen worden sein, als Arrians
Worte vermuten lassen. Es wird richtiger heißen 30
müssen, daß Alexander am zweiten Tag den Paß
durchzog und das im Osten sich anschließende
Kulturland der Choarene eben noch erreichte.
Von hier aus holte er in vier Nachtmärschen,
von denen der letzte und stärkste die ungewöhn-
liche Leistung von 400 Stadien aufwies, die flüch-
tigen Perser ein und zerstreute sie ; Dareios wurde,
von seinen eigenen Generälen ermordet, auf dem
Gefechtsplatze tot aufgefunden. Arrian bestimmt
die Lage der denkwürdigen Stätte nicht näher. 40
Aus Curt. VI 2, 12—15 ersehen wir, daß das
makedonische Heer von dort aus unmittelbar nach
H. vorrückt und hier ein Standlager bezieht. Die
Entfernung von der Stadt bis zu den Kaspischen
Toren berechneten die Bematisten Alexanders auf
1064 Stadien (bei Plin. VI 62 und 44). Über
die Richtigkeit der Überlieferung dieser Zahl zu
urteilen, ermöglicht zum Glück eine Analyse der
sämtlichen von den mensores üinerum zwischen
den Toren und der indischen Grenze ermittelten 50
Marschdistanzen. Ihre Summe geben sie auf
15 680 Stadien an (nach Plin. VI 45). Die Reihe
der Einzelzahlen wird bei Plin. VI 62, wie folgt,
überliefert:
Kasp. Tore— H. 133 röm. Meüen = 10b4 Stad.
— Alexandreia Ariorum 575 = 4600 „
— Prophthasia 199 = 1592 „
— Arachos. oppidum 565 = 4520 „
— Ortospanum 175 = 1400 B
—Alexandreia sub Cauc. 50 — 400 , 60
-bis zum Cophen und Peucolatis oppidum
Indorum 237 = 1896 Stad.
Plinius fügt hinzu: in quibus ezemplaribus di-
vers i numeri reperiuntur. Zu diesen gehören
offenbar, wie die Vergleichung mit den Eratosthe-
nischen Zahlen (bei Strab. C. 514) wahrschein-
lich macht, die Strecken Prophtiiasia-Arachos.
oppidum und von Arachos. oppidmn-Ortospanum.
JfcteEflXOmpyiOS aiva
Für die erste gibt Eratosthenes 4120 Stadien an;
Plinius sollte also statt DLXXV DXV Meilen
haben. Für die zweite wollte schon Hermolaus
Barbaras 250 Meilen, entsprechend den 2000 Sta-
dien der griechischen Geographen lesen. Setzen
wir diese Zahlen in die zu addierende Summe
ein, so beläuft sie sich auf 15 672 Stadien; bis
auf die, natürlich durcR Verschreibung der oben
zuletzt angeführten 237 Meilen ohne weiteres zti
erklärende Differenz von 1 Meile genau die Ge-
samtzahl der mensores itinerum abportis Caspiis
ad Indiae principium. Da die so erzielte Über-
einstimmung schwerlich dem Zufall verdankt wird,
sind wir nunmehr berechtigt, die verbesserte Liste
als die ursprüngliche und authentische der Bema-
tisten Alexanders zu betrachten (s. indessen auch
weiter unten). Dann ist aber zweifelsohne auch
die Distanz von den Kaspischen Toren nach H.
im Pliniustext richtig überliefert, ist die Original-
rechnung der Schrittmesser. Wenn dagegen Era-
tosthenes sehr viel mehr, nämlich 1960 Stadien
rechnet, so haben wir notwendig zu folgern, daß
die 'AoLcmxol ota&fwl, die seine Quelle bilden,
von den Stationen der Bematisten wenigstens teil-
weise verschieden waren (s. u.). Daß aber die
sehr viel kleinere Zahl wirklich in der geographi-
schen Literatur kursierte, bestätigen die 1040
Stadien bei Ammian. Marc. XXIII 6. 43. Auch
den Positionen der Ptolemaioskarte liegt sie zu
Grund, auf eine Linie von 900 Stadien reduziert.
Erinnern wir uns nun, daß Alexander nach dem
vierten Nachtmarsch vom Ausgang des Defile's ab
die fliehenden Perser einholte, bevor er noch H.
erreicht hatte, so ist aus dem Verhältnis der vier
Nachtmärsche zu der Summe von 1064 Stadien
der ganz notwendige Schluß zu ziehen, daß der
Ort des Zusammentreffens doch in allernächster
Nähe von H. gelegen war. Denn da die letzte
Etappe, welche die Reiterei allein ohne Fußvolk
zurücklegte, ausdrücklich auf 400 Stadien Weg-
länge angegeben wird, fallen auf die vorausge-
gangenen Nachtmärsche des aus Reiterei und Fuß-
truppen vereinigten Korps durchschnittlich je 220
Stadien, eine Zahl, unter die auf keinen Fall
heruntergegangen werden darf. Also haben alle
uns berichteten Maßnahmen Alexanders, alle Er-
eignisse nach der Zerstreuung des Perserheeres
und der Ermordung des Großkönigs bis zum Auf-
marsch der Makedonen nach Hyrkanien, von Ar-
rian ohne weitere Ortsbestimmung unmittelbar
angeschlossen, von Curtius unverständigerweise
teilweise noch auf den Gefechtsplatz, teilweise in
das Standlager von H. verlegt, insgesamt unzwei-
deutig die Umgebung von H. zum Schauplatz
gehabt. Hätte Alexander erst nach dem Auf-
marsch zur hyrkanischen Grenze H. passiert und
hier seinem Heer schon drei Tage nach dem Auf-
bruch ein zweitesmal eine ganz unerklärliche
längere Rast gewährt, wie uns Diodor (XVII 75)
glauben machen will, so würde Arrian davon ge-
wiß Notiz genommen haben. Aber auch ohne
dieses Argument steht unleugbar fest, daß Diodor
irrt, wenn er das entscheidende Gefecht drei Tage-
märsche nach Westen von H. ansetzt. Diese drei
Tage gehören vielmehr nach Curt. VI 4, 2 in den
Aufmarsch von H. durch Parthien nur hyrkani-
schen Grenze, die auf dem Kamm des östuchen,
Labus genannten AlbuMgebürges entumg lief.
2793
ttesasömpyios
Paß der Übergang entweder ron DÄmaghto öder
Sährttd aus bewerkstelligt worden sein muß, ist
nnbeiweifelt. Nachdem jüngst Marquart (Eran
XI 58) aus arabischen Quellen, die bei Curtius
nnd Diodor ins Wunderbare gesteigerten topo-
graphischen Details des Stiboitesflusses für Tat,
nördlich von Dämaghän am Fuße des Gebirges
nachgewiesen hat, fallt die Entscheidung zugunsten
dieses "Übergangs. Täk hat seinen Namen seit
dem Altertum behauptet, die Griechen gaben es
als Tagai wieder; mit der hyrkanischen Königs-
burg Tape, die nach ApoUodor 1400 Stadien von
den Kaspischen Toren entfernt, am Ufer des
Kaspischen Meeres stand, darf es natürlich nicht
vermengt werden (Marquart). Auf demselben
Wege ist dann 210/209 auch Antiochos d. Gr.
über den Alburz nach Hyrkanien hinübergegangen,
da ausdrücklich gemeldet wird, daß er von Tagai
aus den Aufstieg unternahm.
Wir sind nunmehr in den Stand gesetzt, die
Stelle des achämenidischen H. einigermaßen ge-
nau aufzufinden. Es lag drei Tagemärsche von
Täk nach Westen bezw. Südwesten und 1064
Stadien von den Kaspischen Toren nach Osten
an der Heerstraße nach Baktrien, also am Ost-
rand des Kulturgebietes der Stadt Simnan (Se-
raina auch im Altertum) unter dem vom Alburz
südöstlich weit in die Steppe und Salzwüste des
Hochplateaus vorspringenden Bergrücken, der die
Oase begrenzt und zugleich ursprünglich die na-
türliche Scheidewand Mediens gegen Parthien
bildete. Die moderne Postroute, aber auch schon
die antike und mittelalterliche Kurierstraße über-
schreitet ihn in dem ziemlich beschwerlichen Paß
des Akhöri Ahüän, der Karawanenweg geht im
Süden herum von Simnan über das Dorf 'Alah
und die Quelle Abgerm nach Doseir und Erat und
vereinigt sich bei Dämaghän wieder mit der
direkten Straße. Hier ist auch Alexander nach
Tagai marschiert. H. aber fällt in den Strich
zwischen f Alah und Abgerm, der einst zur Land-
schaft Komisene gehörte und von Tak bequem
in drei Tagen zu erreichen ist. Wir sahen, daß
Komisene ursprünglich ein medischer Gau war,
also war auch das achämenidische H. eine me-
dische, keine parthische Ortschaft. Dem
widerstreitet allerdings Curtius, da er H. aus-
drücklich schon in Parthien ansetzt. Aber es
liegt auch bei ihm unmittelbar an der medisch-
parthischea Grenze; denn erst von dem Orte, wo
Dareios ermordet worden war, rücke u die Make-
donen in Parthien ein (VI 2, 12: kino in Par-
thienem perventum est). Das ist einerseits ein
weiteres wertvolles Zeugnis für die ursprüngliche
Zugehörigkeit Komisenes zu Medien (s. o.). Ander-
seits erkannten wir. daß Curtius' Quelle unrichtig
einen Teil der dem Tode des Großkönigs folgenden
Ereignisse, vor allem die Bewegung im make-
donischen Heer zu Gunsten einer sofortigen Heim-
kehr, in ein besonderes, von jenem Platze min-
destens einen Tagemarsch entferntes Standlager
bei H, verlegt hat, während doch beide Orte und
damit auch alle jene Ereignisse zusammenfallen.
Hier scheint sich nun der Schlüssel zu dem merk-
würdigen Verhalten der von Curtius benützten
Quelle zu finden. Sie vermochte nicht zu unter-
scheiden zwischen der parthischen Hauptstadt und
dem achämenidischen H., wie schon der Ana-
JUCA» WU1|J J IVB ■— ■ - ■■— — ■
chroniamus der urbs elara a Oraeeis eonditam-
schaulich verrät, und ruckte in Übel angebrachter
Kritik des ihr vorliegenden Originalberichtes dieses
jenem zuliebe gleichfalls nach Parthien, dadurch
auch zu einer Trennung der am gleichen Orte
sich abspielenden Ereignisse veranlaßt.
Tatsächlich haben wir allen Grund, zwischen
dem persisch-medischen H. und der seleukidisch-
arsakidischen Stadt sehr genau zu unterscheiden.
10 Denn es zeigt sich, daß die Zeugnisse des Alter-
tums, die mit Gewißheit auf die letztere bezogen
werden müssen, gar nicht auf die erstere passen.
An dem arsakidischen H. hebt des Polybios topo-
graphischer Scharfblick die zentrale Lage im
parthischen Königreich hervor und will damit
wohl seine Eignung zur Metropole dieses Staates
andeuten. Aber auch nach dem Vorschieben der
Grenzen Parthiens bis zu den Kaspischen Toren
bleibt der in Komisene (Bezirk von Simnan!) ge-
201egene Ort doch peripher, ein Platz der west-
lichen Grenzmark. Viel schwerer wiegt eine
andere Unstimmigkeit. Gerade der Meister der
antiken Erdkunde, dessen Sorgfalt notorisch ist,
dessen Darstellung Asiens auch den schärfsten Geg-
nern Respekt einflößte, hat den Abstand zwischen
den Kaspischen Toren und H. fast auf das
Doppelte der von den makedonischen Bematisten
berechneten Länge, auf 1960 Stadien augegeben.
Und Strabons immer sprungbereite Kritik läßt
30 das unbeanstandet gelten (C. 514). Also hatte
Eratosthenes seine Abweichung von der offiziellen
Messung des Alesanderzuges motiviert, wie auch
an sich selbstverständlich. Nun nennt Strabon
freilich fast im selben Atem noch eine zweite
Zahl, die auch nicht die der Bematisten ist und
aus Apollodor von Artemita zitiert wird, aber
wiederum ohne jegliche Andeutung der auffälligen
Divergenz und ohne den mindesten Versuch einer
hier doch unbedingt notwendigen Kritik und
40 Entscheidung , auf die ihn schon eine gewiß
vorauszusetzende Polemik Apollodors selbst hätte
führen müssen. Ich schließe daraus, daß wenig-
stens Eratosthenes und Apollodor in Wahrheit
über die Entfernung übereinstimmten; daß ent-
weder Strabon selber versehentlich 1260 statt
1960 geschrieben hat, oder in den Hss. o = 200
aus ff — 900 verlesen ist. Denn des Erato-
sthenes Zahl ist nachweislich richtig überliefert.
Wie wir wissen, gab er bei Berechnung der nach
50 Baktrien führenden Straße die Weglänge von den
Kaspischen Toren bis Alexandreia in Ana auf
6400 Stadien an. Für die parthiach-indische
Straße zerlegt er dieselbe Strecke in zwei, von
Alexandreia bis H. zu 4530 Stadien und von H.
bis zum Kaspischen Tore zu 1960, in Summa
6490. Diese, bis auf ein Geringes mit der andern
übereinstimmende Gesamtzahl erweist die richtige
Überlieferung der Teikahlen. Offenbar hatte Era-
tosthenes für die baktrische Straße die auf Hun-
60 derte abgerundeten Stadiensummen (1900 -+- 4500)
addiert. Zugleich ist augenfällig, daß die von
ihm benützten 'Äaiattxoi om&ftot wenigstens teil-
weise von den Bematisten Alexanders abwichen
und darum neuere Messungen verwertet haben
müssen. Denn auch die 4530 Stadien der Weg-
lange von H. nach Alexandreia können trat* der
geringen Differenz in keiner Veiw m den 4600
der Bematisten in Beziehung gebracht weiden.
2795
Hekatompylos
Hekatompylos
2796
Beide Zahlen sind unantastbar, und wenn auch
sehr auffällig erscheinen muß, daß sie sich ein-
ander so stark nähern , so kann darin doch nur
der Zufall sein Spiel treiben; wollte man eine
Interpolation der Bematistenrechnung nach den
'AoianHol aza$fj,öi annehmen, so müßte aber ge-
naue Übereinstimmung herrschen. Eratosthenes
hat eine direkte, quer durch Parthien laufende
Straße von den Kaspischen Toren über H. nach
Herat im Auge, wie er selbst sagt (bei Strab. C.
723 fJiexQt (ihr 'AXe^avÖgeiag xijg ev Agloig aito
Kaoxiwv JivXiöv öiä rfj$ IJag&vaiag fila xai
f/ avtfj Ööös); für diese erscheint die Schätzung
der Länge auf 4530 Stadien angemessen. Da-
gegen hatten die Bematisten den Umweg über
Hyrkanien und durch die nördlichen Landschaften
Parthiens gemacht; ihre Messung müßte folglich
sehr beträchtlich größer ausgefallen sein. Die
in ihrem Namen überlieferte Zahl bleibt darum
nicht bloß durch ihre Annäherung an die Era-
tosthenische rätselhaft. Die Ptolemaioskarte mißt
in gerader Linie zwischen H. und Alesandreia
5750 Stadien; zwischen H. und den Kaspischen
Toren, annähernd wie die Bematisten, 900. Diese
Koinzidenz möchte der Vermutung günstig sein,
daß Marines überhaupt die Messungen des Ale-
xanderzuges grundlegend verwertet habe.
Wenden wir nunmehr die Berechnung der
'AaiaTixoi örad-/tioi und des Eratosthenes an, so
finden wir das seleukidisch-parthische H. un-
zweifelhaft beim heutigen Sährüd. Also müssen
wir folgern, daß die von Seleukos Nikator ge-
gründete Stadt nicht an der Stelle des achäme-
nidischen H. stand; daß der griechische König,
einen in jeder Beziehung unvergleichlich gün-
stiger gelegenen Punkt von größter strategischer
Bedeutung auswählend, offenbar nur die Ein-
wohner des alten H. dorthin verpflanzt hat. Dar-
um blieb der alte Name, aber so in hellenisches
Gewand verkleidet, daß man die ursprüngliche
iranische Form darunter nicht mehr zu erkennen
vermag (am ehesten möchte sich in -pylos neu-
persisch pül [Brücke] verbergen). Und umso
naturgemäßer erschien die Umformung und die
griechische Etymologie, als der neue Platz wirk-
lich dem Namen gerecht wurde, weil er der na-
türliche Kreuzungspunkt einer ganzen Anzahl
wichtigster Sfraßen ist. Polyb. X 28, 7 : xtjv f E.
XQOoayoQEVOftEvrjv, t) xeixat (ikv iv ßiot) zfj Hag-
dvrjvfj, x&v de dtodwr xwv (peqovaätv im Jtdvrag
xov$ Ji&Qi$ xöizovg ivxavda ovßnmxovaiöv ajid
tov ovfißaivovxoc 6 xöjzog eiXr}<pE xtjv XQoatjyogiav ;
diese, sicherlich nicht bloß aas der Etymologie
des Namens abgeleitete, sondern ebensosehr auf
authentischen topographischen Angaben beruhende
Beschreibung paßt nur auf Sährüd. Wenn Arsa-
kes IL 210/209 vertraut, die parthischen Wüsten
möchten Antiochos vom Vormarsch ins Innere
und nach H. abschrecken, so muß die Steppen-
region zwischen den Kulturoasen Simnäns und
Däinaghäns gemeint sein; H. liegt demnach im
Osten derselben. In EL beschließt Antiochos,
nach Hyrkanien zu marschieren, und rückt nach
Tagai, um von hier den Übergang über den Labus-
Alburz zu bewerkstelligen. Das setzt einen Rück-
marsch von Sährüd nach Täk voraus, von dem
Polyhios freilich nichts sagt. Aber diese leichte
Unstimmigkeit wiegt wenig gegenüber der Ent-
fernungsangabe der , asiatischen Stationen' — und!
anderen Zeugnissen indirekter Art. So dürfte H.
in dem Itinerar Europos (Raga) -Tagae der Tab.
Peut. ebensowenig fehlen wie unter den Ort-
schaften Komisenes in den Ilae&ixol oza&fioL
Isidors, wenn es, sei es bei Simnän, sei es bei
Dämaghän gelegen hätte. Das letztere wird im
Gegenteil durch die Tab. Peut. entschieden aus-
geschlossen, da sie das etwas nördlich von ihm
10 gelegene Täk und nicht H. zum Kreuzungspunkt
der medischen Heerstraße, der hyrkanischen Paß-
straße und einer geradewegs durch Parthien nach
Drangiana gerichteten Route macht. Die direkte
Straße nach Baktrien und Alexandreia-Herät, die
eigentliche Fortsetzung der medischen Heerstraße,,
fehlt auf der Karte und darum auch H.-Sährud.
Sie ist auch in dem uns erhaltenen Auszuge aus
Isidors parthischer Periegese weggefallen ; dieser
beschreibt wie die Tab. Peut. nur den Paßweg
20 von Komisene nach Hyrkanien. Aber da ihm
Komisene, wie aus der hohen Schoinenzahl zu
folgern, nicht bloß Simnän, sondern überein-
stimmend mit den arabischen Angaben über Ko-
mis auch Dämeghän umfaßt, so hätte doch auf
jeden Fall H. darin genannt werden müssen,
wenn es die Vorläuferin dieser Stadt gewesen
wäre; aber ausdrücklich enthält Komisene nur
Dörfer, keine Stadt; ein Dorf war also auch
Tagai-Täk. Daß H. damals schon nicht mehr
30 bestanden hätte , scheint ganz unwahrscheinlich.
Am Anfang des 1. Jhdts. v. Chr. nennt es der
landeskundige Apollodor, der zugleich par-
thischer Untertan war, noch die Königstadt der
Arsakiden. Es müßte somit in irgendwelchen
inneren Unruhen zerstört worden sein zu einer
Zeit, als die Römer gewohnt waren, alle Ereig-
nisse des feindlichen Staates mit größter Auf-
merksamkeit zu verfolgen; in ihrer Literatur
würde der Untergang der berühmten Stadt, die
40 Curtius preist, unbedingt wiederklingen. Auch
Ptolemaios könnte nicht mehr von ihr wie von
einer bestehenden Stadt sprechen, an einer wich-
tigen Stelle der allgemeinen Einleitung seines
geographischen Werkes (I 12, 5f.) und in der
Übersicht der einzelnen Kartenblätter im VIII. Buch
(5, 16), Er erklärt, daß die große Heerstraße
vom Euphrat nach Ekbatana und durch die
Kaspischen Tore nach H. wesentlich auf dem
Breitengrade von Khodos verlaufe; er hebt her-
50 vor, daß in H. der Hauptweg nach Hyrkanien
abzweigt. Zweifellos haben die Parther ihrer
Hauptstadt einen eigenen Pahlawinamen gegeben ;
der mag auch in den wechselvollen Jahrhunderten
der arsakidischen Geschichte mehr als einmal
geändert worden sein. Aber in Vorderasien und
Europa behielt doch der hellenisierte, ursprüng-
lich medische Name Geltung, wohl solange Nach-
fahren der griechischen Kolonisten in den Städten
Irans und Mesopotamiens ihre Muttersprache be-
60 wahrten. Nicht lange vor dem Sturz der Sfisä-
nidenherrsehaft im letzten Jahrzehnt des 6. Jhdts.
gründete der in Medien und Parthien als Gegen-
könig auftretende Prinz Bistäm einen Parasangen
vom heutigen Öährüd entfernt unter seinem Na-
men eine Stadt, die noch heute fortlebt und in-
teressante Bauwerke der arabischen Frühzeit auf-
weist. Damals hatte also die Ton Seleukos Ni-
kator gegründete parthische Hauptstadt aufgehört
2797
Hekaton
Helaisoncheiren
2798
zu sein , aber wir wissen nicht , seit wann
und wie.
Zumeist wurde H. in Dämaghän gesucht, so
von Ritter und H. Kiepert. Houtum-Schind-
ler (Zeitschrift der Berl. Gesellsch. f. Erdk. 1877,
217) brachte eine zwischen Dämaghän und Erat
sich findende Ruinen statte in Vorschlag, unter
Zustimmung von Tomas chek (Zur hist. Topogr.
v. Persien 81) und neuerdings von Marquart
(Eran II 21ff. 40—45), dessen Abschnitt über H.
im wesentlichen verfehlt ist. An Sährüd dachte
zuerst wohl der englische Reisende F er r i er (1845) ;
ihm folgte in einer längeren, aber wertlosen Ab-
handlung Mordtmann Hekatompylos, S.-Ber.
Akad. Münch. 1869, 497—536); schließlich Sie-
glin Atlas antiquus 6). [Kiessling.]
2) i] "ExaxöfiTivXog , Stadt im Binnenlande
Afrikas , von Herakles gegründet , Diod. IV 18,
1, von den Karthagern zur Zeit des ersten Puni-
schen Krieges unter Hanno erobert, Polyb. in
71. Diod. a. a. O. und XXIV 10, 2 ; früher mit
Capsa, seit Movers Phönizier III 2, 519 mit
Theveste identifiziert, s. d. [Dessau.]
Hekaton. 1) Aus Rhodos, Stoiker, Schüler des
Panaitios, welcher, der eklektischen und platoni-
sierenden Richtung seines Lehreis folgend, haupt-
sächlich über Ethik schrieb. Neben Panaitios
und Poseidonios ist er der angesehenste und meist-
gelesene Philosoph der mittleren Stoa. Bei Diog.
Laert. werden zitiert seine Schriften: mgi aya-
&üv (mindestens 19 Bücher), nsgl ägszuv (3 Bü-
cher), wgt siad-öiv (2 Bücher), sieqI nagadögtor
(13 Bücher), xeqi xsX&v und jieqi xiXovg (7 Bü-
cher), xqsIcu (2 Bücher); bei Cic. de oft'. III 63
und 89 eine dem Q. Aelius Tubero gewidmete
Schrift sitgl xaftriHovzos (6 Bücher) , aus der wohl
auch die Zitate bei Seneca de benef. und in den
ep. ad Luc. stammen. Diog. Laert. hatte den
H. zwischen Panaitios und Poseidonios behandelt.
Denn xdxa>v im Vitenverzeichnis des cod. P (Use-
ner Epicurea praef. XI adn. 2) ist Korruptel für
exdicov. Bezeichnend für H.s Behandlung der
Pflichtenlehre sind namentlich die kasuistischen
Erörterungen über PÜichtenkonnikte, Cic. de off.
III 89f. Fragmentsammlung: Powler Panaeti
et Hecatonis fragmenta, Bonn, Dissert. 1885.
Zeller Phil. d. Griech. IV 3 569. 1. 235, 6. 263, 2.
274, 2. 300, 2. _ [v. Arnim.]
2) Hekaton B Kgvaooevg inoirjoe lautet die
Signatur eines Bildhauers aus Lindos, die in der
vorläufigen Künstlerliste von Blinkenberg und
Kinch kurz angeführt wird (Bull, de racad. de
Danemark 1907, 23). [Pfuhl.]
Hekatoncheiren. Die H. gehören, den Ky-
klopen gleich, zu den Urweltswesen, die sich der
Volksglaube in der Tiefe der Erde wirkend dachte.
Den Hundertarm Aigaion-Briareos holt in der
Ilias (I 402ff.) Thetis aus der Tiefe des Meeres
zum Schutze des Zeus in den Olymp. Während
bei Aigaion die Beziehungen zum Meere zahl-
reich und ursprünglich sind (Mayer Gigant, u.
Titan. 120ff. Bernhard in Roschers Myth.
Lex. I Ulf. Tümpel o. Bd. I S. 945ff.), hausen
nach der verwandten Vorstellung der Hesiodiscben
Theogonie die Riesen in der Tiefe der Erde ; ihre
Geschosse sind gewaltige Felsblöcke, deren sie
dreihundert bei einem Wurfe schleuden» (▼. 7511).
Man hat auf die verwüstenden Wirkungen der
Erdbeben gewiesen (Preller-Robert Griech.
Myth. 149), sich aber »ugleich darüber verwun-
dert (Mayer 129ff.), diese zerstörenden Kräfte
in der Theogonie auf Seiten des Zeus kämpfend
zu sehen, zumal doch parallele Überlieferungen
die H. zu Bundesgenossen der Titanen machten
(Kykl. Titanomachie des Eumelos bei Schol. Apoll.
Rhod. I 1165. Verg. Aen. X 565ff.). Dabei ist
unbeachtet geblieben, daß in der Tat die H. nicht
10 dem ursprünglichen Plane der Theogonie ange-
hören und ihre Existenz in diesem Gedicht erst
einer nachschaffenden Hand verdanken. Die H.
finden sich jetzt in den Versen 139—153, dann
in der Titanomachie 61 7—719 + 729—735, schließ-
lich in der Partie 807—819. Die Unechtheit
der ersten Versreihe ist von A. Meyer (De
compos. theog. Hesiod. 55ff. 60. 62f. 68f.) zwin-
gend nachgewiesen worden; sie sind mit dem
Aufbau unvereinbar und mühsam eingefügt. Daß
20 ferner auch die Titanomachie so, wie sie ist,
nicht Hesiodisch sein kann, auch in sich keine
Einheit ergiebt, haben Meyer 37ff. und Disco
(Quaest. Hesiod. 73ff.) gezeigt. In dem Kampfe
der Götter gegen die Titanen werden die ersteren
zugunsten der H. ganz zurückgedrängt ; wer hier
die H. einführte, dichtete, da Hesiod selbst von
der Erzeugung der H. nichts gesagt, 139—153
nach; beide Partien bedingen sich. Mag also,
wie Lisco aus den Versen 881 — 885 erweisen
30 will, eine ältere, echthesiodische Titanomachie
ohne H. noch in Resten greifbar sein, oder mag
die ganze Titanomachie eine spätere Einlage vor-
stellen, in jedem Fall ist die Einführung der H.
sekundär. Über die Unechtheit der dritten Stelle,
807—819, vgl. v. Wilamowitz Herakl. 12 90,
165. Durch die nachträgliche Aufnahme werden
die H., für die der Eindichter die Namen Bri-
areos oder Obriareos, Kottos und Gyes verwendet,
insgesamt Söhne des Uranos und der Ge, wäh-
40 rend Aigaion allein offenbar auch nach der Vor-
stellung der Ilias Poseidonsohn ist, wie Aristarch
zu 11. I 399 richtig bemerkt. Für die Vorstellung
vom Aussehen der H. hilft die Vergleichung mit
den Cheirogastores oder Gasterocheires (Mayer
125ff. Tümpel o. Bd. HI S. 2221f.), die wir ent-
gegen der rationalistischen Ausdeutung der Alten
(Strab. 372) als Ungeheuer mit Armen, die am
ganzen Leibe angewachsen sind, zu denken haben
(vgl. auch Preller-Robert 624). Später bildete
50 man die H. im Gigantentypus ; wenn die Ergänzung
Gerhardsvon Iaitov zu Aiyaltor richtig ist, schon
im 5. Jhdt, (Vase des Erginos und Aristophanes,
Berlin 2531, abgebildet Gerhard Trinksch. u.
Gel 2, 3 ; Wiener Vorlegebl. Ser. I Taf. 5 ; über
die Ergänzung s. Preller-Robert 71,5. Mayer
201f.), dann an dem Pergamenischen Altar (Be-
schreib, der Skulptur, aus Pergamon», Berl. 1904,
25) ; in der Literatur zuerst Briareos als Gigant
bei Kallimachos, Hymnus auf Delos 142f., öfters
60 bei den Römern (Stellen bei Preller-Robert
72, 4). In der Mythographie leben die Vorstel-
lungen der Hesiodischen Eindichtung weiter<ApoH
bibL I 1 ; 7 W. ProkL Chrest bei Phot bibL
319 Bekk. Etynu M. s. ^T^K *£** ""? iSS"
amic. multit. 6) ; auch die Identäir«*™ m » * , * r Tri -
topatores mit denBL bei «Big«». v
rechnet mit der gleichen G^eah^ie (rf *JJ
zvwy
±±eEatomie90i
iieKeDOlos
32ÖUU
M. s. TQixojtaxoQss ; vgl. Philochoros hei Phot.
Lex. p, 443. Lobeck Aglaoph. 754. Mayer
12S. Tümpel o. Bd. LH S. 835). Die Zeit der
rationalistischen Umdeutung (Palaiph. 19 [20])
läßt die H. in einer Stadt Hekatoncheiria woh-
nen, nach Schwartz' Verbesserung gelegen zrjg
Xaovias rr/s vvv 'Ogeoziddog. Die Deutung der
H. als Winddämonen (E. H. Meyer in Roschers
Myth. Lex. III 2793) halte ich nicht für zutref-
fend. Die Stellen, an denen je nur ein bestimmter H. 10
namhaft gemacht wird, s. unter den Art. Aigaion,
Briareos, Gy(g)es, Kottos. [Malten.]
Hekatonnesoi (at 'Exazowrjooi [s. Meineke
zu Steph. Byz. s. 'Agxovqoog], der einer antiken
Etymologie [Strab. XIII 618 und Hermolaos-Steph.
Byz. s. v.] nach = Inseln des Hekatos [= Apollo n],
nach der anderen xäv Exarov vtfocov [Hermol.
bei Steph. Byz. s. SsXrjvrjg ziolig] [=100 Inseln];
Tgl. Diodor. XHI 77, 20 [Strab.] nach Timosthe-
nes 40 ebd.), Eilande zwischen Lesbos (Dioge-20
nian.-Hesych. s. v.) und dem Festland der klein-
asiatischen Aiolis, jetzt Moaxovrjata (Eilande eines
gewissen Seeräubers, Moschos). Die antiken
drei Städte der Eilande : iNasos, Pordoselene und
Chalkis prägten im 4. Jhdfc. v. Chr. (nach He ad
s. u. schon 450) einmal gleichzeitig kleines Kupfer-
geld mit den Initialen: NA FLOP XA Imhoof-
B lumer Monnaies Grecques 280; Ztschr. f. Num.
HI 312ff.; Kleinasiat. Münzen 35. Catal. Brit.
Mus. Troas 2l7ff. Head-Svoronos c Iotoq. No- 30
fiioudrcov II 101 f. über die H. schrieben außer-
dem: Ch. Texier Asie Min. II 212. G. Eari-
n ö s IlQoodioQtOftos Tfj$ äyvcöozov dioecog aQ%aio)v
ztvmv ütoleatv xfjg Mvaiag — MovoeTov x. BtßXioü.
EvayyeX. 2>o% 1876, 110—146. Ph. Stumpf
De Kesiotarum republica, München 1881. E. Drä-
kos Mixöaoiaval ITgayfiazEiai iozoQixal xai xono-
ygoupixal ■tjxoi ai Exaxovrjooi, 6 dfjfiog Nvficpaiov
xai fj snaQxia 'Aveojv. AdrjvrjOi 1888, 18992.
Über die Inschriften bei den einzelnen Namen 40
usw. Tgl. o. Bd. III S. 2090 Chalkis Nr. '11
und die Art. Nasos oder Nesos, Pordose-
lene oder Poroselene. [Bürchner.]
Hekatonymos aus Sinope, Gesandter der
Sinopeer an Xenophon und die Zehntausend (Xen.
anab. V 5, 7. 24. VI 3). [Sundwall.]
Hekatog ("Exazog), Kurzform zuExazrjßöXog,
'ExaxrjßEXdztjg und ebenso wie Hekebolos (s. d.)
und Hekaergos (s. d.) seit Homer Beiwort des
Apollon (Hom. II. VII 83. XX 295; hyrnn. I 1.50
63. 90. XXIV 1) und selbständige Bezeichnung
dieses Gottes (Hom. II. I 385. XX 71; hvmn. H
97. 98. Alkman frg. 85 A. Simonid. frg. 26 A.B.
Apoll. Rhod. I 958. II 518. IV 1747. Schol.
Apoll. Ehod. I 515. Nikand. Alexiph. 11. Hy-
pothek, metr. Soph. Oid. KoL 13. Quint. Smyrn,
XI 136. XU 4). Als eigentlicher Kultbeiname
ist H. bisher noch nicht nachgewiesen. Wenn
Münzen Ton Ilion aus der Zeit der Faustina
(Ztschr. f. Numism. XVII 9) das Beiwort zeigen, 60
so geschieht das nur in Anknüpfung an Hom.
H. Vit 82 f. Daß die Hekatonnesoi ihren Namen
Ton dem Kult des Apollon H. erhalten hätten
(Strab. XIII 618. Steph. Byz. s. Exazowtjoöi.
Eustath. Hom. II. 49, 18), ist eine falsche Kom-
bination. H. wurde schon im Altertum ab Kurz-
form Ton kxatriß6Xog erklärt und als »Ferntreffer*
gedeutet (Etym. Jl s. Exdxoio und ixrjßoXos.
Hesych. s. Exdxoio, vgl. SchoL B. Hom. IL V
422 = Etym. M. s. Kvxqis 547, 13), sei es
als Todesgott, was wohl das ursprüngliche ist
(s. Hekebolos), sei es als Sonnengott (Cornut.
32). Vgl, Preller-Eobert Griech. Myth. I
290. Wernicke o. Bd. II S. 17, Gruppe
Griech. Myth. 1244. Simonid. frg. 26A.B leitete
H. davon ab, daß Apollon mit hundert (exarov)
Pfeilen den delphischen Drachen getötet habe.
Andere Erklärungen bei Döderlein Homer.
Glossar. II 24 nr. 438 (von uxuv, ixaiv ~ nach-
giebig, gnädig). Goebel Lexil. zu Homer. I 54ff.
(von irjfu — exos = Pfeil, der .Pfeilsender').
Usener Götternamen 37. 49. 332f. (von einem
Wortstamm, der feuchten' bedeutet). [Jessen.]
'Ekoltoottj und potga, der hundertste Teil des
Wertes eines Gegenstandes als Abgabe, z. B. als
Zinsen, Plut. Luc. 20, speziell eine Steuer in Höhe
von l°/ des Wertes. Solche gab es in Athen um
das J. 422 mehrere, Arist. Ar. Vesp. 658 ra? noX-
läg ixavoardg. Bekannt sind 1. S. f\ iv UeigaiEi
[Xen.] resp. Ath. 1, 17. Auch dieser Ausdruck zeigt,
daß es noch andere I. gab. Vielleicht war sie mit
dem IXXipiiviov identisch, Boeckh Staatsh. P 388f.
2. Eine Verkaufssteuer für Grundstücke von dem
Käufer zu entrichten, Theophrast bei Stob. Flor.
XLIV 22. Bruchstücke von Listen IG n 784-788,
z. B. Aeövxtog KaXXtddov 'EjitxrjtptfbtogJ ouiidozo
ycoQiov iy Kw&oaxibüiv ' Q)vr\(xr\q) M.vr}atßa.%o$ Mvtj-
ooxov [H H] TT* sxaxooxrj \-\-\\\. Schon Bekker
Anekd. I 255 stellt damit die sjicona (s. d.) zu-
sammen, die jedoch anders berechnet werden,
nämlich in bestimmter Skala auf ganze Ob ölen
abgerundet, während die §. bis auf Viertelobolen
genau festgestellt wird. Jene erscheinen auch
nur bei Grundstücks verkaufen des Staates. Auch
aus Chalkedon hören wir beim Verkaufe eines
Priestertums des Asklepios von einer L in Ver-
bindung mit einer xgiaxoox^, Dittenberger
Syll.2 594, 19. 29 (3./2. Jhdt). [Thalheim.]
Hekebolios. 1) Sophist in Constantinopel. Da
er Christ war, wurde er um 342 vom Kaiser Con-
stantius zum Lehrer Iulians erwählt (Socr. III
1, 10. 11. Liban. or. XVIII 12) und soll diesem
den Eid abgenommen haben, niemals Schüler des
Libanios zu werden (Liban. or. XVIII 14), Als
Iulian Augustus geworden war, ließ er sich von
diesem zum Heidentum bekehren, tat aber nach
dem Tode des Kaisera Buße und kehrte zum Chri-
stentum zurück (Socr. III 13, 5. 6). Der an ihn
gerichtete Brief Iulian. epist. 19 ist nach Cu-
m o n t Sur authenticite" de quelques lettres de Iu-
lien, Gent 1889, 15 nicht von dem Kaiser Iulian,
sondern von einem älteren Homonymen desselben
geschrieben.
2) Sohn des Ascholios, scheint kurz vor 361
in Ägypten eine Statthalterschaft bekleidet zu
haben. Denn der Brief des Libanios (309), in
dem eine magistratische Handlung von i hn» er-
wähnt wird, ist an den Präfekten von Ägypten,
Gerontius, gerichtet (s. o. S. 1269). Derselbe
war wahrscheinlich, als Iulian epist. 43 an ihn
schrieb, Praeses Mesopotamiae. Es ist nicht aus-
geschlossen, daß er mit dem Vorhergehenden
identisch war. I Seeck.]
Hekebolos, Hekateboloa, Hebalebeletes
(Exfjßolöe, 'ExatijßtXos, ExaxijßeXexrjc). L Bei-
wort oder selbständige Bezeichnung des Apollon.
2801 Höltebö^s
' Wlfi Homerischen Gedichten finden sich neben-
einander l*T)ß6loc als Beiwort (II. T 14. 21. 378.
438. XVI 518. XXII 302. XXTTT 872; hymn. I
177. HI 18. 236. TV 151. XXV 2) und selbständig
(EL I 96. 110; hymn. I 45. LU 218. 509. 522),
ixarrißdXog als Beiwort Ol. I 370. V 444. XVI
711. XVII 333; Od. XX 278; hymn. I 134. 140.
H 37. 44. 51. 61. 99. TU 234) und selbständig
(II. XV 231), ixaxtjßsXhije als Beiwort (H. I
fnettemoriöi
2ÖUZ
richtig trifft ; vgl. SchoL Soph. Oid. Tyiv IM
und die Movöa ixijßälog bei Ioann. Gai Ana-
creont. 1,3. Erklärt wird H. gewöhnlich als
der ,Ferntreffer ( (von ixdg)x Schol. Hom. H. 1 14.
Eustath. Hom. IL 28, 15. 52, 12. Hesych. s. faa-
xrjßsXhiis, ixaxrjßoXog, extjßoXog. Etym. M. s. kxa-
xtfßsXexao. Cramer Anecd. Öxon. I 154 s. ixrjßd-
Xog. Apoll. Soph. lex. 65, 14. Preller-Eobert
_. __ _,, , r ... , Griech. Myth. I 290. Daneben sind in alter und
75) und selbständig (hymn. I 157). Diesem ab- 10 neuer Zeit eine Eeihe anderer Erklärungen ver-
sucht woräen. Simonid. frg. 26 A erklärte "Exa-
tog ;= Exaxr}ßsihr)g als den, der mit hundert
(ixaxov) Pfeilen den delphischen Drachen tötete.
Orph. Argon. 135fi erklärt exyßoXog als den Gott,
welcher rjxev ßüog; vgl. Hom. hymn. IV 151 enij-
ßöXog — jigotf} ßüsa ; ebenso Cramer Anecd. Oxon.
I 155 s. ixaxrjßsXezao, Etym, M. S. exaxrjßeXexao.
Goebel Lexilogus zu HomeT I 54ff. deutet H.
des Apollon von Naxos , die wohl den Bogen in als ,Pfeilsender , indem er von %m auf ein Wort
wechselnden Gebrauch folgt die spätere Poesie;
Sammlung der Belegstellen bei Bruchmann
Epithet, deor. 23 s. IxaßoXog, sxazaßöXog (dazu
Timoth. Pers. 249), ixatrjßsXsztjg (dazu Sueton.
Jfero 39), ixaxrjßoXog, ixr\ßsXizr\g , ixrjßoXog. In
Weihinschriften in poetischer Form findet sich
ixnßdXog IG Xn 5 , 148 (von Paros) und IGA
408 = IG Xu 5, 42 auf einer Bronzestatuette
der Linken trug (abgeb. Archaeol. Zeitg. 1879 20 ixog = Pfeil schließt. Usener Götternamen 333
Taf. 7. O verbeck Gesch. d. Plastik I Fig. 43,
2; Kunstmythol. LH 36 Fig. 8. Röscher Myth.
Les. I 452), ferner exaxrjßoXog CIG 1946 (= Kai-
bei Epigr. Gr. 799), 5649 d (= Kaibel 801).
Zwei gleichlautende Prosa-Weihinschriften aus
Epidauros gelten dem Apollon SxaßsXhtjg IG IV
1014 (= 'Ewp. d ex . 1883, 147). 1015 (= CIG
1176), doch handelt es sich auch hier wohl um
eine allgemeine Bezeichnung, nicht um die Epi-
(vgl. 49) denkt an einen Wortstamm, ,der leuch-
ten bedeutet haben muß'. Andere suchten einen
Zusammenhang mit ixtbv; H. — ,nach seinem
Willen treffend', vgl. Prell witz Etym. Wörterb.2
133.
2. Artemis führt das Epitheton ihres Bruders
als die loxzcuga, und zwar kxaxtjßdXog bei Hom.
hymn. IX 6, ixrjßoXog bei Soph. frg. 369 Nauck 2 .
Nonn. Dionys. XV 187 und in einer Weihinschrift
klesis eines bestimmten Kultes. Das Beiwort, 30 von Delos in poetischer Form, Bull. hell. 1879, 3
welches ebenso wie aoyvQoxo^og, xXvz6xo£og 1 ro-
£otpÖQog, xos~6tt)s den Gott als den berühmten
Bogenschützen, als ,Ferntreffer' kennzeichnet,
wird von den Dichtern ohne Unterschied ge-
braucht, ob es sich um den Apollon von Delos,
Delphi, Ilion usw. handelt, auch da, wo von dem
Gott der Musik die Rede ist (z. B. Hom. hymn.
XXV 2 = Hesiod. Theog. 94; vgl. Margit, frg. 1).
An einigen Stellen paßt es zu der speziellen Si-
= Anth. Pal. append. I 8 Cougny. Cornut. 32
bringt es mit der Deutung der Artemis als Mond-
göttin in Zusammenhang. [Jessen,]
Hehle, Sechstel; als Münze heißen so be-
sonders die Sechstelstateren von Phokaia (ßxzai
0o)xat8eg, inschriftliche Belege bei Babel on
Traite des monn. I 489/90) aus Elektron, 2,6 g
schwer, ebenso wie die von Lesbos und Kyzikos
in Mengen erhalten, He ad HN* 588. 558. 523.
tuation. Dem Apollon H. gelobt Meriones vor 40 Über ihre abwechselnde Prägung in Phokaia und
J Tk . T 11 ■ TT-l-.l 1,,. /"Tl WTTT OHrt\ TIjI" LM ^ .! — X ,«.!« »^.U.^IiaUa«! \fj\-J-wniV A-**llAl4-An
dem Bogenschuß eine Hekatombe (H. XXIII 872),
ihn bittet der durch einen Pfeil verwundete Glau-
kos um Heilung (H. XVI 513), von ihm erhält
Eurytos seinen Bogen (Apoll. Rhod. I 88). Vor
allem aber führt Apollon im ersten Buch der
Hias , wo er mit seinen Pfeilen Pest und Tod
bringt, überaus häufig die Bezeichnungen ext}-
ßöXog, ixaxtjßoXog, sxaztjßEXEztjg, ixazog (v. 385),
faäeeyog (v. 147. 474. 479) , und ebenso heißt Ausdruck xaxct ravztjv yaQ xtjv fiio&cootv [jjeyd-
es von dem Todbringer Hom. hymn. IV 151 ov5' SOCovro z&v nXovoiwv zovg dygovg scheint er sie für
eixsv sxijßdXog avzog 'AnöXXtov | ro£ov an aoyv- unfreie Pächter gehalten zu haben (Th. Gomperz
Mytilene ist ein inschriftlicher Vertrag erhalten,
Michel ßecueil d'inscr. nr. 8. [Regling.]
Hektemoriot (ixxrjfiogot, exz^ögioi). Aristo-
teles (*A&. noX. % 2) schildert die agrarischen Ver-
hältnisse Athens vor Solon in dem Sinne, als ob
die gesamte arme Bevölkerung Athens (die Männer
mit ihren Frauen und Kindern) zu den Keichen
im Dienstverhältnisse der H. standen. Nach seinem
qeov TtQottj ßiXea otovÖEvza. H. scheint ursprüng-
lich eine euphemistische Bezeichnung des Todes-
gottes gewesen zu sein. Später hat man, da
Apollon als Sonnengott und die Sonnenstrahlen
als Geschosse (vgl. exaßoXov ßsXog: Timoth.
frg. 25 Wilam. bei Macrob. Sat. I 17, 20) auf-
gefaßt wurden, das Beiwort H. auch als speziel-
les Beiwort des Sonnengottes Apollon verwendet,
Die Schrift vom Staatswesen deT Athener und ihre
neuesten Beurteiler 12, vgl, auch Ostbye Die
Schrift vom Staate der Athener und die attische
Ephebie 4); falls sie ihren Pacht nicht entrichteten
oder im Rückstande blieben, wurden sie als zah-
lungsunfähige Schuldner exekutiert. Dagegen
werden bei Plutarch (Sol. 13) die H. von den
Schuldnern getrennt und ihre Stellung zu den
vgl. Orph. Argon. 1356; frg. 49, 1. 5 mit der 60 xXovotot besonders aufgefaßt. Die Lexikographen
Paraphrase von Ioan. Malal.; Etym. M. s. ixrj-
ßoXog. Cornut. 32. Bei Orph. frg. 160, 11 heißt
es: "HXiog, ov xaXsovOtr ^AnöU-cava xXvxoxo£ov } \
&otßov kxy]ßzXkxT\v, fidvxiv jiävzcov exäsoyov, wie
hier dem Beiwort indeQyog, so ist bei Orph.
Argon. 1: wva£ Uvöävac fte&itav ixartjßoXe ftdvtt
dem Beiwort ixattißöloe die Deutung beigelegt,
daß der Gott mit »einen Orakeln das Fernste
(zusammengestellt bei Rose Aristot. Frgm. 389 *
und inKenyons Akademischer Ausgabe von Ari-
stoteles 'A&. noX. zu 2) stellen hinwiederum die
H. als Lohnarbeiter (aeXaxat) bin. Bezüglich der
Frage, ob die H. ein Sechstel oder fünf Sechstel
des Erträgnisses des von ihnen bearbeiteten La ndes
erhielten, sind die Lexikographen unfer «ick im
Zwiespalt; nach Plutarch (a. ». O.) «ntrichteten
2808
Hektenes
Extsvg
a«o*
sie Vö) aus Aristoteles geht nicht klar hervor,
welcher Ansicht er war (Bühl Der Staat der
Athener und kein Ende 684). Unter den Neueren
sind hauptsächlich zwei Ansichten vertreten ; wäh-
rend die einen die H. für Feldarbeiter halten,
welche eine bestimmte Quote des Rohertrags als
Lohn erhielten, waren sie nach den anderen Hörige
(hörige Kolonen), vgl. die Übersicht in meinen Bei-
trägen z. griech. Becntsgcschichte (1905) lOlff.,
war als das von Solon eingeführte, eine Nachricht,
die von Lehmann-Haupt (Hermes XXVII 1892,
534ff. u. ebd. XXXV 1900, 646f.) und von v. Wi-
lamowitz (Arist. u. Athen I 42f.) zu Unrecht
bekämpft wird. Baß phei donische Maß nun ist r
wie wir die Überlieferung zu verstehen haben,
gleichzusetzen mit dem unten zu berührenden
äginäischen Maß (vgl. Marm. Par. v. 45 ; im übri-
gen Stellen- und Literaturnachweis bei Hultsch
wozu noch kommen G. Niccolini Riv. di storia 10 Metrologie 2 521 mit Anm. 1 u. 2; zur Sache
antica VII 1903, 673ff. und Ch. Güliard Quel- "-••*- - 1 - ™~ ß.-- ^i^j "+«-1 t-;™ ieoa
ques ßäformes de Solon 91 ff. Ganz abweichend
ist die Auffassung der Hektemorie als einer Form
des Hypothekarkredits (De Sanctis 'Axftk 196,
ähnlich Otto Müller Jahrb. f. Philol. Suppl. XXV
834 und Glotz La Solidarite de la famille dans
le droit criminel en Grece 362). Ich selbst habe
(a. O. 102ff. 106ff.) ausführlich die Anschauung
entwickelt, daß dieH. ein auf öffentlich-rechtlichem
Hultsch Die Gewichte d. Altertums, Leipz. 1898,
60, 8. Verschiedenheit des äginäischen und phei-
donischen Systems suchen Köhler Athen. Mitt.
VII 1882, 5 und Lehmann -Haupt a, a. 0»
zu erweisen). Doch handelt es sich bei der
Gleichsetzung der beiden Systeme nicht um
eine absolute Gleichheit aller beiderseitigen (gleich-
namigen) Gewichte und Maße in ihren Beträgen,
sondern vielmehr um eine Gleichheit der Norm.
Wege organisierter Stand von erbuntertänigen, an20Brandis hat bekanntlich (Münz-, Maß- u. Gew.-
Grund und Boden gebundenen Hörigen waren,
welche von ihren Herren lebenslänglich ein Grund-
stück zum Nießbrauch für sich und ihre Familie
zugewiesen erhielten; der Best der Ernte blieb
nach Abzug der dem Grundherrn gebührenden
Quote, die mit Ludo Hartmann (bei Gomperz
a. 0. 45ff.) auf l/e zu bestimmen ist, in ihrem
Besitz, daneben hatten sie ihren Herren Fron-
dienste zu leisten. Die Stellung der H. entsprach
Wesen in Vorderasien 45ff.; vgl. zuletzt J. Hae-
berlin Berl. Ztschr. f. Num. XXVII 1909, 4) an
Gewichten ans Babylon erwiesen, daß das metro-
logische System der Babylonier, das Muttersystem
aller antiken Systeme, insofern gewissermaßen ein
Doppelsystem war, als jedes einzelne Nominal
desselben bei gleicher Benennung in doppelter
Form, nämlich zugleich als Ganzes und als Hälfte
existiert; und gemäß dieser Erscheinung pflegt
meines Erachtens ungefähr derjenigen der lako- 30 man von der großen (im Gewicht auch schweren)
nischen Heloten und der thessalischen Penesten. und der kleinen (oder leichten) Einheit des baby-
lonischen Systems zu sprechen. Kein anderer
Den Ursprung der Hörigkeit sehe ich in frei-
williger Ergebung (a. 0. 114 ff.), ein Teil der H.
gehörte infolge des erblichen Dienstverhältnisses
schon von Geburt diesem Stande an. Mit der
Wandlung der Grundherrschaft zur Gutsherrschaft
seit der Einführung des gemünzten Geldes und
dem Eindringen des Kapitalismus in die Land-
wirtschaft wird sich die früher erträgliche Stellung
Unterschied besteht zwischen dem pheidonisch-
äginäischen und dem pheidonisch-attischen System -,
denn die erwähnte Aristotelesstelle beweist gegen-
über dem Befund der äginäischen Münzen mit
Evidenz, daß das vor soloni sehe Gewicht genau
die kleine Einheit des äginäischen darstellt. So-
mit ist der attisch-pheidonische Medimnos gleich
^!^-r^l 6B SÄfS h ±r t ( ^;°-Ti!S 40 5 pheidon.-ägin.Medhnnos, d.i.5^? (.. «.) =
Solon hob die Hörigkeit und damit das Institut
der H. auf (daß seine Gesetzgebung sich damit
beschäftigte, ergibt sich aus Pollux VII 151).
Busolts Ansicht (Festschrift für L. Friedländer
525ff.), daß die H. nicht durch Solon, sondern erst
durch Kleisthenes volles Bürgerrecht erhielten,
wurde von Otto Müller (a. 0. 831 ff.) widerlegt.
Wie ich glaube, war es auch die Absicht Solons,
die H. zu freien Grundbesitzern zu machen, doch
27,23 1, der H. also 4,56 1 und die Choinix 0,57 1.
2. Der Medimnos Solons hat gemäß dem (baby-
loniseh-)großpersisch-euböischen Maß, dem er nach-
gebildet ist (vgl. die auf die Zeit des Kyros-
bezügliche Gleichsetzling der medischen Artabe
mit dem attischen Medimnos bei Polyaen. IV 3 r
32), 35,0208 1, der H. mithin 5,837 1, die Choinix
als Achtel 0,729 1 Ansätze, zu denen das attische
wurde diese Maßregel infolge der nach seinem 50 System noch nachweisbar ist aus Herodot (I 192).
Archontate eingetretenen politischen Kämpfe erst 3. Im J. 401 ist dagegen dieses System insofern
durch Peisistratos durchgeführt (a. 0. 127ff.).
[Swoboda.]
Hektenes, die alten Bewohner des boiotischen
Theben, über die Ogygos herrschte, Paus. IX 5, 1.
Lycophr. 433. Der Name war durch irgend einen
alten Dichter gerettet. [Kroll.]
*2?xrrus, seltener ixzov (vgl. Hultsch Metrol.
Script. Ind.), griechisches Hohlmaß für Trockenes,
geändert, als jetzt, wie durch Xenophon (anab.
I, 5, 6) erwiesen wird, die Choinix auf (den halben
Betrag der klein asiatisch-persischen xanl&rj d. i.)
1,094 1 erhöht ist. Der H. wird durch ein gleich-
zeitiges Zeugnis zu 6 Choiniken = 6,564 1 angesetzt:
kxtEvg $e ionv k%a%oiratov [iezqov (Fragm. Ari-
stoph. beiErotian ed. Klein 76. 1; von L. Din-
dorf bei Steph. thes. 1. Gr^und Klein a ; a. 0.
im Volumen jeweils das Sechstel des Medimnos 60 zu Unrecht beanstandet, von Hultsch Metrologie 2
gleichen Systems (extcvs . . . phgov, exzov ixeiro 500f., o. Bd. III S. 2357 und von Kock Com.
ftediftvov ov 6r)ka6ij rj/xtov to rjfitsxTöv, Eustath. * T "*"' x ~~ " """"°
Od. p. 1854, 13). Das Hauptteilmaß ist neben
dem Hemihekton die Choinix. a) Im attischen
System wird der L gemeinhin zu 8 Choiniken an-
gesetzt (Stellennachweis bei Hultsch a. a. 0.).
1. Vor Solon galt in Athen das pheidonische
Maß, das nach Aristoteles (A&. noX. c. 10) kleiner
frg. I p. 551 irrig interpretiert). Der Medimnos
stellt sich hiernach mit 39,39 1 auf den Betrag,
zu dem der Metretes, das Parallelmaß für Flüssiges,
überliefert ist (Hultsch a. a. 0. 108). 4. Im
2. Jhd. v. Chr. wird der Medimnos auf 52,52 1
d, L auf den doppelten Betrag der römischen
Amphora (s. o.), derH. entsprechend auf 8,754 1,
2805
Extevg
d*. i auf den Betrag des römischen Modius (Hultsch
a. a. 0. Tabelle XI S. 704) erhöht. Die Choinix
behält das alte Volumen und wird damit wieder
Achtel des H. In diesem Aufbau zeigt das attische
System der "Überblick bei Hultsch a. a. 0. 106.
5. Als Atticus in Athen weilt (nach Nepos Attic.
2, 2 im J. 88 v. Chr.), hat der Medimnos sieben
römische Modien: (Attieus) universos frumento
donavit, Ha ut singulis VII modii tritici daren-
tur : qui modus mmsurae medimnus Athenis 10
appellatur (a. a. 0. 2, 6), wo die Lesart VII der
Handschriften gegen Böckhs und Fleckeisens
Konjektur (vgl. die Halm sehe Ausg.) smi {VI)
durch anderwärts zu besprechende monumentale
Befunde gestützt wird. Der H. dieses Medimnos,
der sich selbst auf 61,278 1 stellt, hat 10,213 1,
die Choinix 1,276 1. Die Kotyle des Systems,
die (wie auch sonst) ty 6 der Choinix beträgt, hat
sieben römische Unzen (Ölgewicht) d. i. 0,2128 1
und ist in einem von Duchesne (Arch. miss. 20
scient. TU 1876, 385, 11) aus cod. Patm. nr. 17
(saec. X) edierten metrologischen Fragment über-
liefert. 6. Im jüngsten attischen System endlich,
das Plinius (n. h. XXXI 34) als internationales
System der Arzte kennt, hat die Choinix, wie aus
einer Reihe metrologischer Teste zu entnehmen
ist, (3 bezw. 6 Kotylen von je 7,5 Unzen Ölge-
wicht oder 0,228 1 =) 0,684 bezw. 1,368 1, der
H. mithin als Sechzehn- oder Achtfaches der
Choinix 10,944 1 und der Medimnos 65,664 130
(vgl. Metrol. Script. 1 242, 12—16 mit 235, 13-- 14
und für die Doppelchoinix 233, 9). Ermittelt
wurde dieses System zuerst von Pernice (Galeni
de pond. et mens, testinlonia, Bonn 1888); doch
irrte sowohl Pernice wie auch Nissen (Me
trologie S.-A. 39 = Iw. Müller Handb. 13 879)
in der Berechnung der Systemnorm, da die Kotyle
von 7^2 Unzen, nicht auf Wasser — sondern auf
Ölgewicht zu beziehen ist und deshalb nicht 0,2046
sondern 0,228 1 ergibt. 7. Als Kaufpreis für 40
1 H. Weizen gibt Schol. Aristoph. EccL 547
ca. 3 Obolen an: tivqwv ixiea] TQi'J}ßoXov tocog
rjv; demgemäß Suidas (= Metrol. Script. I 337, 9
. . . ixzea • tovzsotl tQidißoXov. Hultsch konjiziert
hier ganz zu Unrecht tqixotvIov; denn wenn nach
Letronne Consid. gener. 119 (s.Böckh Staatsh.,
3. Aufl. von Fränkel 79) um das J. 400 der
Medimnos Getreide zu Athen im Durchschnitts-
preis 21/2 Drachmen, d. i. 15 Obolen kostet, so
stellt sich demnach der H. auf 2i/ 2 Obolen. 50
b) 1. Für das wie es scheint konstante ägi-
näische System hat Hultsch Jahrb. f. Philol.
XCV 531ff. (= Metrologie 2 499ff.; vgl. jedoch Die
Gewichte des Altertums 60, 8) das Volumen des
Metretes aus dem effektiven Münzgewicht an-
nähernd richtig zu 54,52—55,89 1 berechnet. Der
lakonische Medimnos berechnet sich aus Angaben
des Plutarch (Lyc. c. 12) und Dikaiarch (bei
Athen. IV 141 e); nach ersterem hatte jeder
Spartiat zu den Syssitien 1 (lakon.) Medimnos 60
beizusteuern, ein Betrag, den Dikaiarch zu xgia
fxdXiaxa ^ui/iidt-fiva 'Axuxa angibt. Der attische
Medimnos hat zu Dikaiarchs Zeit 39,39 1, sodaß
der obere Grenzbetrag für den lakonischen Medim-
nos (U/2 att. Medimn.) 59,08 1 beträgt Setzt
man nun den lakonischen Medimnos mit dem
äginäischen Metretes zu 54,72 1 an — dies ist
nämlich nach dem Ausweis einer urkundlich be-
nejctor aovu
zeugten ägyptischen Artabe von 40 Choiniken der
genaue Betrag — so stellt er sich damit auf
1,389 attischen Medimnos. Zu demselben Betrage
ist der äginäische Medimnos anzusetzen, da
Hultschs Ansatz desselben zu ca. 72,7 1 (a. a. 0.)
auf der irrigen Annahme beruht, daß der attische
Medimnos zur Zeit Dikaiarchs schon 52,52 1 gehabt
habe. Der H. des äginäisch-lakonischen Medimnos
hat 9,12 1.
2. Für den lakonischen Hafenort Gytheion ist
ein H. monumental durch einen ebenda gefun-
denen, im Archäol. Museum zu Athen aufbe-
wahrten Hohlmaßtisch (Literatur: E. Curtius
Philol. XXIX 1870, 696ff. Eustratiades *Aqx-
atoX. icpt)fi. Ttegiod. ß', ysvx- tö' 1870, 378ff. Le
Bas Explication H4,117f. Dumont Kev. arch.
XXIV 1872, 298ff. Hultsch Metrologie^ 537ff.
Pernice Berl. Ztschr. f. Kumism. XX 1897, 222ff.
Bourguet Eev. arch. II 1903, 25 ohne Kenntnis
von Pernices Arbeit) zu erweisen, von dessen
Hohlräumen einer auf seinem Bande die inschrift-
liche Bezeichnung HMIEKTON trägt. Derselbe
hat heute ein Volumen von 3,8 1; doch stellt
sicli sein wirkliches Volumen, da er ursprüng-
lich noch einen kupfernen Einsatz besaß (Per-
nice a. a. 0.), wie sich mit großer Gewißheit
aus anderweitigen Parallelen ergibt, auf 7,28 1,
der H. mithin auf 17,56 1 (vgl. übrigens u. r\\ii-
fieötfivov c). Nicht zu erklären und zweifellos
korrupt ist Suidas (= Metrol. seript. I 337, 7): '£.
fievQov eozlv ravrdv sivai Xeyovoi rf) xoivixi, doch
scheint die Änderung »J xoivify nicht fernliegend.
Vorstehende Ausführungen beruhen auf ge-
nauen Einzeluntersuchungen, die zum Teil im
Manuskript abgeschlossen, zum Teil dem Abschluß
nahe, demnächst (Hermes 1912/13) vorgelegt
werden. [Viedebantt.]
Hektor ^Extojq, -ogog). 1) Eine Etymologie
des Namens scheint in Hom. H. V 472f. zu liegen.
Er ist im Gegensatz zu den echten, alten Heroen-
namen, die schwer, oft gar nicht zu deuten sind r
,ein redender Name = Halter des Volkes, der
Stadt', wie ihn schon die Alten auslegten (für
einen ungedeuteten Personennamen hält ihn Fick-
Bechtel Personennamens 426), Plat. Cratyl.
p. 393 A; vgl. Suid. Etym. M. Lycophr. 100.
Tzetz. Schol. Nach Hesych ist es die phrygische
Übersetzung des persischen Wortes AageTos; vgl.
Pott Etym. Forsch. II 260. Curtius Ztschr.
f. vergl. Sprachforschung I 35. VTI 256. E. H.
Meyer Idg. Mythen II 556ff. versucht, an die
Hesychglosse anknüpfend, H. als ,Biegelpflock'
zu erklären und den Namen mythologisch zu
deuten; vgl. dagegen Crusius S.-Ber. Akad.
München 1905, 760. Bei H. von Chios, dessen
Zeit sich nicht feststellen läßt, ist der Name
vielleicht auch seiner Bedeutung wegen, nicht des
troischen Helden wegen gewählt; bei historischen
Personen ist der Name noch nicht nachgewiesen ;
über den angeblichen Vasenmaler vgl. Haus er
Arch. Jahrb. X 160. Crusius a. a. 0. 769f.
Bei Homer ist H. der Sohn des Priamos und
der Hekabe. Er wird aber nicht, wie hei Apol-
lodor. III 12, 5, 2, der erstgeborene genannt;
wohl klagt Priamos bei seinem Tode, daß der
Verlust dieses Sohnes ihm den größten Schmerz
bereite, mehr als der aller seiner anderen Söhne,
und Hekabe berichtet, daß sie gerade in ihn, den
2807
Hekfcor
die Troer wie einen Gott verehrten, ihren Stolz
gesetzt habe. Solche Stellen waren vielleicht der
Anlaß , daß der Mythograph ihn den Erstgebo-
renen nennen konnte. Noch vor der Belagerung
Troias durch die Achäer vermählt er sich mit
Andromache (s. d.) , sein Sohn ist Skamandrios
oder Astyanax (VI 369). .
Im IL Buch tritt er uns entgegen als Leiter
der Versammlung, er beruft und schließt den
Bat, ist also als politisches Oberhaupt, als Stell- 10 zurückzukehren. Von da geht H. t ohne sich auf-
Hektor
bittet vielmehr seine Mutter, um der erzürntem
Göttin Versöhnung durch Opfer und Gebet zu
erwirken, die greisen Troerinnen zu der Pro-
zession und dem Bittopfer nach dem Athene-
tempel zu versammeln, die seinem Wunsche auch
sogleich nachkommt. Unterdessen begibt sich H.
zu Paris und macht ihm Vorwürfe, daß er, der
doch den Krieg veranlaßt habe, sich vom Kampfe
fern halte. Paris verspricht ihm, zum Heere
Vertreter des alten Priamos anerkannt. Als der
hervorragendste Sohn des Priamos wird er auch
besonders angeredet. Bei den Kämpfen ist er
der Heerführer der Troer.
Mit dem HL Buch beginnt der erste Schlacht-
tag der Hias. Die Heere der Troer und Achäer
rücken gegeneinander vor. Als Paris vor Mene-
laos zurückweicht, veranlaßt ihn H, durch seine
höhnenden Worte, Menekos einen Zweikampf um
halten zu lassen, nach seiner Wohnung zu seinem
Weibe und Kinde. Da er sie jedoch nicht zu
Hause trifft, eilt er dem skäischen Tore zu. An
der Mauer begegnet er ihnen. Nach einer Unter-
redung mit seiner Gattin befiehlt er sein Weib
und sein Kind den Göttern und begibt sich nach
einem rührenden Abschied wieder auf das Schlacht-
feld. Am Tore trifft er mit Paris .zusammen, und
beide kehren in die Schlacht zurück. VI. Buch.
Helena und ihre Schätze anzubieten. Um diesen 20 (E. Bethe Abh. d. phil. bist. Kl. d. sächs. Ges.
zustande zu bringen, verhandelt H. mit Meuelaos
wegen eines Waffenstillstandes zwischen den
kämpfenden Heeren und läßt den Priamos zur
Abschließung des Vertrages aus der Stadt rufen.
Nach diesen Vorbereitungen mißt er mit Ödysseus
den Kampfplatz ab und schüttelt das Los, wer
beginnen soll. III. Buch.
In dem nach dem Vertragsbruche wieder be-
ginnenden Kampfe muß H. mit seinen Scharen
zurückweichen. IV. Buch.
Die Achäer sind im Übergewicht, und die
Troer vermögen ihrem Vordringen nicht standzu-
halten, bis H. auf die Scheltworte des Sarpedon
hin die Troer zum Kampfe anfeuert und mit des
Ares Hilfe das Treffen wiederherstellt. Unter
dem Schutze des Ares stürmt H, auf Diomedes,
der sich besonders im Kampfe ge^en die Troer
hervortat, los; aber Diomedes erkennt den H.
begleitenden Gott und zieht sich zurück. H.
d. Wiss. XXVII [1909] 12 sieht in H.s Abschied
einen alten Kern, den der ordnende Dichter mit
Diomedie verband; vgl. Berl. phil. Wochenschr.
31 [1911] 761).
Das Erscheinen der beiden auf dem Schlacht-
felde gibt den Troern neuen Mut zum Vordringen.
H. tötet den Eioneus. Auf Geheiß Apollons und
Athenas bestimmt Helenos den H. t den Zwei-
kampf mit einem der Griechenhelden aufzu-
30 nehmen. H. nimmt den Vorschlag an und for-
dert die Griechen zum Kampfe heraus. Nach
längerem Zögern melden sich auf Nestors Tadel
hin neun Helden, von denen Aias. durchs Los
gewählt, sich ihm gegenüberstellt. In dem Speer-
gang streift Aias' Lanze H. am Halse, und dunk-
les Blut rieselt zur Erde. Dann wird H. durch
einen mit Wucht geschleuderten Stein des Aias
am Knie verletzt und zu Boden gedrückt, jedoch
durch Apollons Beistand gleich wieder aufgerichtet.
folgt ihm und tötet den Menesthes und den An- 40 Da soll der Streit mit dem Schwerte entschieden
chialos. Im weiteren Verlauf des Kampfes wird
Sarpedon verwundet und kommt mit seinen Ly-
kiern ins Gedränge. H. kommt unter dem Bei-
stand des ihn schützenden Gottes ihm zu Hilfe
und treibt die Achäer zurück ; Teuthras, Orestes,
Trechos, Oinomaos, Helenos und Oresbios fallen
von seiner Hand. Aber durch das Eingreifen
der HeTa und der Athena, durch die Verwun-
dung des Ares durch Diomedes tritt eine Wen-
werden. Als abends der Kampf noch schwankt,
werden sie durch Herolde getrennt. Auf H.s
Vorschlag ist auch Aias mit dem Abbruch des
Kampfes einverstanden. Sie tauschen beim Ab-
schied Geschenke aus, Aias gibt H. seinen Gürtel,
H. dem Aias sein Schwert. VfL Buch.
Nach zweitägiger Kühe beginnt am dritten
Tage der zweite Schlachttag. Die Troer greifen
die Achäer siegreich an, so daß sie sich zur
dune des Kampfes zugunsten der Achäer ein, 50 Flucht wenden müssen. Nestor war durch einen
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und die Troer kommen in große Verlegenheit.
V. Buch.
In dieser Bedrängnis begibt sich H. auf seines
hellsehenden Bruders Helenos Rat hin in die
Stadt, um seine Matter Hekabe und die troischen
Trauen zu einem Bittgang nach dem Tempel der
Athena aufzufordern, ihr einen Peplos darzu-
bringen und Opfer zu geloben. Als H. sich dem
Tore nähert , eilen ihm die Zurückgebliebenen
Unfall zurückgeblieben , ihn griff H. an , und er
hätte ihn getötet, wenn nicht Diomedes {Lehner dt
bei Koscher sagt irrtümlich auch Ödysseus) ihm
zu Hilfe gekommen wäre. Nachdem er Nestor
aus seiner mißlichen Lage befreit hat, wendet
er sich mit Nestor gegen H. und tötet durch
einen Speerwurf H.s Wagenlenker Eniopeus. Ob-
wohl H. bald einen Ersatzmann fand, wäre er
doch in große Not geraten, wenn nicht Zeus
entgegen, um sich nach ihren Angehörigen zu 60 durch einen Blitzstrahl die Pferde des Diomedes
erkundigen. Er befiehlt ihnen, zu den Göttern
zu beten. Als er in den Königspalast kommt,
tritt ihm seine Mutter entgegen und bietet ihm
einen Becher Weines an. Jedoch H. weigert
sich, den Wein zu trinken, weil er in seiner Auf-
regung die zu starke Wirkung des Weines fürchtet,
ebenso mit unreinen Händen Zeus zu spenden,
da er mit Blut und Schmutz bedeckt ist. Er
erschreckt und beide zur Umkehr bewogen hätte.
Die Hoffnung, Nestors Schild und Diomedes'
Rüstung zu gewinnen , gibt H. den Antrieb zu
erneutem Angriff auf die Griechen, er feuert seine
Leute zum Vorgehen gegen die Verschanzungen
an. Die Griechen weichen zurück hinter den
Wall. H. dringt siegreich bis zum Graben der
griechischen Mauer vor. ß: ist nahe daran, die
Sdriff« in Br«^ zu st«ckeri- Ab« Agamemnon
l^traöch TfflshtwSÖg zu krlftfger Abwehr an.
Die Griechenhelden, Diomedes voran, stürmen
über den Graben vor. Teukros zeichnet sich
dabei besonders aus und tötet mit seinen Pfeilen
viele Troer. Zweimal sendet er sein Geschoß
gegen H., doch Apollon lenkt die Pfeile ab auf an-
dere, trifft dadurch H.s Wagenlenker. In der Wut
darüber ergreift H. einen gewaltigen Stein und
verwundet den gerade zum dritten Mal auf ihn
anlegenden Teukros. Durch diese Tat gewinnen
die Troer wieder frischen Mut; von H. eifrig
verfolgt, fliehen die Achäer über den Graben
zurück. Erst die hereinbrechende Nacht macht
dem Kampf ein Ende. H. beruft eine Versamm-
lung der Troer und befiehlt ihnen, auf dem
Schlachtfelde vor dem Tore bei den Wachtfeuern
zu lagern, damit die Griechen nicht heimlich
absegeln können; die troischen Knaben und die
Greise sollen die Mauer bewachen. Am anderen
Tage wollen sie den Kampf erneuern, in der Hoff-
nung, bis an die Schiffe vorzudringen. VIII. Buch.
Zu gleicher Zeit schicken die Griechen ihre
Gesandtschaft an Achilles, ihn zur Teilnahme am
Kampfe zu bewegen. Ödysseus hebt unter den
Gründen besonders H.s Übermut hervor. Jedoch
Achilles erklärt, daß er nicht eher in den Kampf
eingreife, bis H. mordend zu den Schiffen der
Myrmidonen vordringe. IX. Buch.
In der Nacht schicken beide Parteien Späher
aus, die Achäer Ödysseus und Diomedes, H. da-
gegen Dolon. Dolon wird von den beiden Grie-
chen gefangen und getötet. X. Buch.
Am folgenden Morgen beginnt der dritte
Schlachttag. Nach gegenseitigen Vorbereitungen
treten die Parteien ins Gefecht ; den Anfang
macht die 'Aya^rovos ägiaxeia, wodurch die
Troer zurückgedrängt werden und bis zum skäi-
schen Tore fliehen. Durch H. wird die Schlacht
wiederhergestellt. Auf Zeus' Wink weicht er
jedoch Agamemnon aus ; nach dessen Verwundung
schlägt er die Achäer in die Flucht, die sich
zum Schiffslager begeben. H. tötet mehrere
Heerführer der Achäer (Asaios, Antonoos, Opites,
Dolops, Opheltios, Agelaos, Aisymnos, Oros, Hip-
ponoos) und viele andere. Doch Ödysseus und
Diomedes halten die anstürmenden Troer auf
und bringen den Kampf zum Stehen. H. wird
von Diomedes durch einen Speerwurf am Helm
getroffen und betäubt, Diomedes selbst von Paris
verletzt. Durch die Verwundung mehrerer achäi-
scher Helden sind die Troer im Übergewicht. H.
kämpft wieder auf der linken Seite des Schlacht-
feldes gegen Nestor und Idomeneus, wo besonders
Aias die Troer bekämpft. Den Kampf mit Aias
meidet H., aber Aias zieht sich, von Zeus ge-
schreckt, langsam kämpfend zurück. XL Buch.
Im XTI. Gesänge tobt der Kampf nach der
Flucht der Achäer schon im Graben und an der
Mauer des Lagers der Griechen. H. will mit
den Rossen über den Graben setzen, aber die
Pferde scheuen davor zurück. Deshalb lassen
H. und die Troer auf des Polydamas Rat Rosse
und Wagen zurück und stürmen in fünf Haufen
gegen die Mauer. Nach einem längere Zeit
schwankenden Ringen gelingt es schließlich H.,
nachdem ein Angriff H.s auf die Mauer durch
die tatkräftige Gegenwehr der beiden Aias ge-
scheitert ist, durch einen wuchtigen Steinwurf
das Tor der Mauer zu sprengen. Die Troer
stürmen inB Lager, die Achäer fliehen ins Schiffs-
lager. XH. Buch.
Die flüchtigen Achäer halt Poseidon auf und
ordnet durch die beiden Aias ihre Scharen. Ihr
Widerstand hält H. von der Vernichtung der
Schiffe zurück. H. erneuert seinen Angriff und
tötet den Amphimachos, wird aber von Aias
10 durch einen Stoß auf seinen Schild zurückge-
worfen. Die Achäer erlangen in dem einsetzen-
den heftigen Ringen zuerst auf der linken, dann
auch in der Mitte, wo H. steht, ein bedrohliches
Übergewicht; aber auf des Polydamas Rat eilt
H. auf die linke Seite und ruft die Helden nach
der Mitte, wo er die zerstreuten Scharen zum
Angriff sammelt und gegen die standhaft sich
wehrenden Achäer vorgeht. XIII. Buch.
In diesem Kampfe führt Poseidon, während
20 Zeus durch Heras List eingeschläfert ist, die
Achäer siegreich vor; H. wird von Aias durch
einen Steinwurf betäubt, so daß er von seinen
Gefährten ohnmächtig aus der Schlacht zum
Flusse Xanthos getragen werden muß. Infolge-
dessen wenden sich die Troer bestürzt zur Flucht.
XIV. Buch. t „ ^
Als Zeus erwacht, befiehlt er Apollon, H.
sogleich wiederherzustellen und ihm neue Kraft
zu verleihen. Der Gott führt ihn neugestärkt
30 in den Kampf zurück uud schreckt die_ Achäer
mit seiner Agis. Unter seiner Leitung jagt H.,
der schon den Stichios und den Arkesilaos nieder-
gestreckt hat, die Achäer in die Flucht, sogar
bis in das Schiffslager. Nach der Zerstörung der
Mauer und Ausfüllung des Grabens durch Apollon
spinnt sich der Kampf weiter an den Schiffen.
H. sucht das von Aias verteidigte Schiff in Brand
zu stecken; er tötet dabei des Aias Gefährten,
Lykophron. Teukros greift in den Kampf ein,
40 aber bei dem Versuch, auf H. den Bogen zu
spannen, springt durch Zeus' Walten die Sehne.
Dieser Vorfall stärkt H.s Mut. Er tötet den
Schedios, Antilochos zieht sich zurück, die Achäer
fliehen; H. stürmt vor, den Feuerbrand auf die
vordersten Schiffe zu schleudern, aber Aias wehrt,
mit einer Stange bewaffnet, im Zurückweichen
noch einmal das Verderben von dem Schiffe des
Protesilaos, das H. schon erfaßt hat, und den
zunächst liegenden Schiffen ab. XV. Buch.
50 Lange jedoch, kann sich Aias nicht halten vor
den Geschossen der Troer, und als H. ihm mit
dem Schwerte den Speer zerschlägt , gibt er die
Verteidigung auf. Die Troer stecken das Schiff
des Protesilaos in Brand. In der höchsten Not
erscheint Patroklos auf dem Kampfplatz , in der
Rüstung des Achill, und treibt die Troer zurück.
Aus dem Getümmel, das bei dem Rückzuge ent-
steht, kann sich H. nur mit Mühe durch sein
Gespann retten. Die Troer werden in die offene
60 Ebene hinausgejagt. Dem nachsetzenden Patro-
klos stellt sich Sarpedon entgegen, erliegt aber
dem Schwertstreich des Patroklos. Um seine Leiche
den Achäern zu entreißen, stürzt sich H. ins Ge-
fecht, muß aber vor Patroklos weichen, da ihn
plötzlich Furcht erfaßt. Aber als PaUoliofl gegen
die Mauern Troias anstürmt, tritt ihm IL unter
Apollons Schutz entgegen. B* Wagantonker Ke-
briones wird von PatroWos getötet Im Kampfe
£öll
üeKtor
Hektor
2812
um des Kebriones Leiche fällt Patroklos mit Hilfe
des Apollon und Euphorbos durch H.s Speer.
Sterbend weissagt er dem H. seinen nahe bevor-
stehenden Tod. H. zieht seinen Speer aus der
AVunde und eilt dem Automedon nach, der mit
Achills Rossen flieht. XVI. Buch.
Indessen beginnt der Kampf um Patroklos'
Leiche, die von Menelaos verteidigt wird. H. wird
von der Verfolgung des Automedon durch Apol-
Athena überredet den H. in Deiphobos 1 Gestalt,
den Entscheidungskarnpf zu wagen. Den Vor-
schlag des H., gegenseitig sich zu verpflichten,
den Leichnam des Besiegten auszuliefern, weist
Achilles zurück. In dem nun beginnenden Kampfe
erlegt Achilles nach einem durch Athenas Täuschung
vergeblichen Speergang den H., indem er ihm
eine tödliche Wunde am Halse beibringt. Die
Bitte H.s um Auslieferung seiner Leiche verweigert
Ion herbeigerufen und greift Menelaos an. Wäh- 10 Achilles; im Tode noch erinnert H. den Achilles
rend dieser zurückweicht und den Aias zu Hilfe an sein nahes Ende durch Paris und Apollon.
ruft, bemächtigt sich H. der Rüstung des Patro-
klos und Achilles, muß aber vor Aias weichen.
Die Waffen läßt er nach der Stadt bringen. Auf
das Schelten des Glaukos, daß er den Kampf mit
Aias scheue, legt H. die Rüstung des Achill an
und beteiligt sich am Streite um den Leichnam,
Darauf beraubt Achilles den Toten seiner Rüstung
und schleift die Leiche, mit durchbohrten Füßen
an seinen Wagen gebunden, zum Lager unter den
Klagen der Troer und seiner Angehörigen, XXLT.
Buch.
Im Lager angelangt, läßt Achilles H.s Leiche
im Staube neben der aufgebahrten Leiche des
Patroklos liegen, und er verspricht, sie den Hunden
lieh. Als das Gespann des Achill mit Antonie- 20 preiszugeben. Aber Aphrodite wehrt die Hunde
don wieder auf dem Schlachtfelde erscheint, be- ab und bewahrt ihn durch Salben vor Entstel-
Er schleudert seine Lanze gegen Aias, der jedoch
geschickt ausweicht, trifft aber den Schedios töd-
drohen H. und Aineias den Helden, um die Rosse
zu erbeuten; aber da sein Speerwurf fehl geht,
und die beiden Aias den Gegner unterstützen,
begibt sich H. wieder zu des Patroklos Leiche,
wo er unter Apollons Beistand wuchtige Schläge
austeilt. Leitos wird verwundet, und Koiranos
durch seinen Speer getötet, so daß die Troer bald
im Vorteil sind. XVTI. Buch.
lung. Apollon hüllt ihn in eine Wolke und schützt
ihn so vor den Sonnenstrahlen und der Verwe-
sung. XXIH. Buch.
Auch als ihn Achilles täglich dreimal um das
Grab des Patroklos schleift, bleibt er durch Apol-
lons Beistand unbeschädigt. Die Götter, die Mit-
leid mit dem Schicksal H.s empfinden, erheben
Einspruch gegen die Mißhandlung. Zeus läßt
Des Patroklos Leiche ist sehr gefährdet und 30 Achilles durch Thetis zur Auslieferung der Leiche
nahe daran, in die Hände seines Feindes zufallen;
denn kaum sind die beiden Aias mit Meriones
und Menelaos noch im stände, den Leichnam zu
schützen. Da zeigt sich Achill (s. d.) am Graben
und schreckt die Troianer, von Athena unterstützt,
zurück. Die vorzeitig hereinbrechende Nacht be-
endigt den Kampf. Gegen des Polydamas Vor-
schlag besteht H. darauf, mit seinen Troern vor
den Toren der Stadt zu bleiben, um am folgenden
bestimmen. Gleichzeitig schickt er Iris zu Priamos,
um ihn zu dem Entschlüsse zu bewegen, H.s
Lösung zu versuchen. Trotz der abmahnenden
Bitte der Hekabe begibt sich Priamos unter dem
Geleite des Hermes mit kostbaren Geschenken
in das Lager und weiß durch seine Bitten und
das reiche Lösegeld die Rückgabe der Leiche von
Achilles zu erlangen. Achilles läßt den Toten
waschen, salben und bekleiden. Zur Bestattung
Tag gleich den Kampf wieder aufzunehmen, selbst 40 bewilligt er Priamos einen elftägigen Waffen-
gegen den mächtigen Achilles, der bei der Klage stillstand. Für die Nacht bietet er ihm seine
um Patroklos gelobt hat, ihn nicht eher zu be-
statten, bis er H.s Waffen und Haupt zur Stelle
gebracht habe. XVTIL Buch.
Am folgenden Tage, dem vierten Schlachttage,
sucht Achilles den H. unter den fliehenden Troern
zu erreichen. Aber auf Apollons Einwirkung hält
sich H. dem Kampfe fern. Erst als er Polydoros
von des Achilles Hand fallen sieht, stellt er sich
Gastfreundschaft an. Auf Hermes* Antrieb bricht
Priamos noch in der Nacht auf und langt mit
Tagesanbruch in der Stadt an, wo die trauern-
den Troer den Toten wagen in Empfang nehmen.
Die Leiche wird in den Palast gebracht, auf dem
Totenbette ausgestellt, und es beginnt die Toten-
klage, Am zehnten Tage wird die Leiche auf
dem Scheiterhaufen verbrannt. Bei seiner Be-
ihm entgegen , aber Athena hält H.s Speer auf, 50 stattung ehren sie ihn durch ein hohes Grab-
so daß er machtlos Achilles vor die Füße fällt.
Apollon rettet dagegen H., indem er ihn in eine
Wolke hüllt, vor dem wutenden Ansturm des
Achilles. XX. Buch.
Die Troer ziehen sich nach der Stadt zurück
vor dem Drängen des Achilles und flüchten sich
hinter die Mauern. H. jedoch hält vor dem
skäischen Tore stand; weder die Bitten des Pria-
mos noch seiner Mutter Flehen können seinen
mal. Damit schließt die Ilias. XXIV. Buch.
Ein Charakterbild des H. versucht F. A. Happe
Der hom. Hektor, Progr. Coblenz 1863 zu ent-
werfen, danach Lehn er dt bei Röscher Mvth.
Lex. I 1916ff.
H. gilt in der Ilias als die Stütze Troias und
des väterlichen Hauses, mit dessen Tod anch der
Untergang der Stadt verknüpft ist (H. V 472.
VI 401ff. Tzetz. Hom. 129. CIG 7690), ein
Entschluß ändern. Als aber Achilles sich ihm 60 Zug, der in der späteren Literatur oft wieder-
_ a i.__i **, tt ■ -,,. i . , ,. ™ , , kelirt (z ß Pind 0l n89 Lykopin 208. 305.
1190. Sen. Troad. 128; Ag. 781. Anth. PaL VII
137ff. u. a.).
Die spätere Literatur zeigt in der Dar-
stellung der H.-Sage manche Abweichungen von
der Homerischen Fassung. In den Ryprien gj^
Kyknos, EL und Memnon die drei ifauptgegner
des Achilles (Find. OL II 81; Isthm. V 39).
nähert, ergreift H. in wilder Angst die Flucht.
Achilles treibt den fliehenden H. dreimal um die
Stadt, wobei er ihm jedesmal den Zugang nach
dem Tore zu abschneidet. Als sie zum vierten-
mal den Rundlauf beginnen und Zeus beider
Schicksal durch die Wage entscheidet, sinkt H.s
Schale, und Apollon, der ihn bisher unterstützt
und gestärkt hatte, aberläßt ihn seinem Geschick.
2813
Hektor
Als die Griechen in der Troas landen, wurden
sie mit Steinwürfen empfangen ; Protesilaos, der
zuerst ans Land springt, wird durch H. getötet
(Kinkel Ep. Graec. fr. p. 17. Lykophr. 530f.
Proclus Chrestom. I = Mythogr. Gr. I p. 241.
Apollod. epit. III 21). Dieser Fassung begegnen
wir hei Sophokles in den Poimenes (frg. 457
Nauck 2 p. 241; vgl. Schol. Lykophr. 530); nach
Hom. IL LT 701 tötet ein AagSävog ävr}Q den
Protesilaos (Lehrs Aristarch^ 186). Ein be-
liebter und häufig behandelter Stoff war H.s Tod
und die Auslösung seiner Leiche. Er spielte eine
Eolle bei Aischylos in der Trilogie Myrmidones,
Nereides, Phryges oder Hektoros lytra (vgl. N au ck
TGF 2 84ff. Robert Bild u. Lied 96). Auf Ai-
schylos soll auch der Zug zurückgehen, daß der
Leichnam des H. nach IL XXII 351 (Haupt
Diss. Hai. Xni [1896] llöff.) von Priamos mit
Gold aufgewogen wurde (vgl. Schol. A und cod.
Townl. z. d. St. Lehrs Aristarcb.3 183. Nauck
a. a. O.). Diese Version kehrt wieder bei Lyko-
phron, der v. 260—270 von H.s Flucht, seinem
Tod und der Schleifung berichtet, und v. 269 die
Auslösung der Leiche um ein gleiches Gewicht
Gold erzählt (vgl. Diphilos im Emporos = Mei-
neke FCG IV 390, 2; s. Holzingers Kom-
mentar zu Lykophr. 269). Auch dem Sophokles
schreibt Phryges oder Hektoros lytra zu Welcker
Gr Tr. II 134. Dem Waffentausch zwischen H.
und Aias (vgl. Anth. Pal. VII 151 f.) dichtete
Sophokles hinzu, Aias habe sich mit dem Schwerte
des H. getötet (Ai. 661f. 817f. 1026f.), ebenso
Lykophron 464ff. (vgl. Meineke An. AI. 123 zu
Euphorion frg. 90. Holzinger 241); ähnlich
soll H. mit dem von Aias eingetauschten Gurt
an Achilles' Wagen gebunden worden sein (Schol.
Lykophr. 463). Euripides erzählt im Gegensatz
zu Hom. IL XXII 399ff., wo H.s Leichnam so-
fort von den Mauern Troias nach den Schiffen
geschleift wird, vielleicht nach dem epischen
Zyklus in seiner Andromeda 1051 von einer Schlei-
fung um die Mauern der Stadt. Den Euripides
ahmte, wenn auch nicht die gleichnamige Tra-
gödie (Vahlen Poes. Enn. rel. p. CCm), Ennius
in seiner Andromeda nach; auf frg. 100 (S. 133
ed. Vahlen) soll die Schilderung der dreimaligen
Schleifung H.s um die Stadtmauer nach dem Ge-
mälde am Iunotempel in Karthago bei Verg. Aen.
I 483 zurückgehen (Forbiger* ed. p. 116; vgl.
lliad. lat. 998. Hvg. fab. 106. Serv. Aen. I 483.
Myth. Vat I 209." U 205 ; vgl. Daremberg-
Saglio Dict. III 378). Bei Euripides tritt H.
im Khesos auf, doch wird sein Charakter ab-
sichtlich entstellt, H. und Khesos sind .barba-
rische Renommisten'; ähnlich im Schol. Townl.;
vgl. DittenbergerHerm.XL (1905) 461. Christ
Griech. Lit-Gesch. 13 358.
Eine Lösung H,s gab es noch von einem Dio-
nysios (Tzetz. Chil. V 180. Nauck 2 794) und Ti-
mesitheos (Suid. s. v.), einen H. schrieb Asty-
damas (Plut. de glor. Athen, c. 7 p. 349 F ; Schol.
A H. VI 742. Nauck^ 778). Die Tragödie des
Astydamas soll nach Welcker Gr. Tr. 1059
Naevius in seinem Hector proficiscens verwertet
haben (Ribbeck Rom. Trag. 46). Von En-
nius haben wir Fragmente einer Hectoris lutea,
die den Titel Aischylos entlehnt hat, aber sich
in ihrem Inhalt an die Homerischen Gedichte
anschließt (gegen Ribbeck Rom. Trag. 126
und Wecklein S.-Ber. Akad. Münch. 1891, 327£,
die behaupten, Ennius habe die Handlung der
Aischyleischen Trilogie in ein Stück zusammen-
gefaßt, stellt diese Ansicht Vahlen in seinen
poes. Enn. rel. p. CCV, p. H4ff. auf). Den In-
halt dieser Dichtung gibt wahrscheinlich Hyg.
fab. 106. Ähnlich behandelte den Homerischen
Stoff, Aias' Kampf um die Schiffe (ihn erzählt
lOBakchylides XIII 72ff.) bis zu H.s Tod und Lö-
sung vielleicht Accius in seiner Epinausimache
(Wecklein a. a. O. 327ff. Croiset Rev. 6t.
°r. VT! [1894] lolf. Gruppe Griech. Mythol.
676, 5).
Während Homer nur einen Sohn H.s, Ska-
mandrios oder Astyanas kennt, sprechen spä-
tere Autoren von mehreren Kindern, so schon
Euripides Androm. 424 ; aber das Scholion erklärt,
es entspräche nicht der geschichtlichen Wahr-
20 heit ; einen Sohn Laodamas erwähnt Dictys VI
12; ebd. in 20 einen Laomedon; durch Kon-
jektur gewinnt einen Sohn Orphnios, Müller
FHG IV 301 b (vgl. Head HN 474). Zwei Söhne
hatte eT nach Konon 46 und Lykophr. Schol.
1226 und Tzetz., vgl. Dictys V 16.
Nach Dictys III 15 wird H. von Achilles aus
einem Hinterhalt getötet, da er der Amazone
Penthesilcia entgegenzieht. Mit den mythologi-
schen Figuren wurde auch H.s Gestalt in den
30Mimus aufgenommen. Darauf scheint sich die
Erwähnung eines nach H. benannten Tanzes bei
Lucian. de salt. 76 zu beziehen; vgl. auch Cho-
ricius, apol, mim. X 6 bei Graus Rev. de philol.
N. S. 1 (1877) 229. Reich Mimus 240.
Schließlich ist H. noch mit Theseus in Ver-
bindung gebracht worden j nach Istros soll er
Aithra von Troizen geraubt und nach Troia ge-
bracht haben, Plut. Thes. 34. Crusius a. a. O.
40 H. ist in der Ilias der besondere Schützling
Apollons, aber X 50 wird betont, daß er weder
einer Göttin, noch eines Gottes Sohn war. Weil
er jedoch in besonderem Maße die Hilfe dieses
Gottes erfuhr, nennt ihn Lykophron 264 seinen
Liebling. Nach Stesichoros frg. 69, Ibykos 34 A
und bei den alexandrinischen Dichtern Euphorion,
Alexander Aitolos (Meineke An. AI, 142, 125.
249) Lykophr. 264 ist er der Sohn Apollons
(vgl Schol. Lykophr. a. a. O. und Tzetz. Schol.
5011. HI 314. Lobeck Aglaophamus 268. Gruppe
Griech. Myth. 305) ; weiterhin übertrug man auch
die Eigenschaften des Gottes auf ihn, Lykophr.
1205 heißt er, wohl nach Hom. IL I 51, Ab-
wehrer der Seuchen. Nach Gruppe 3041 wurde
Apollon am Skamandros auf der Burg Pergamos
wahrscheinlich unter dem Kultnamen H. verehrt.
(Ähnlich ist es wohl zu verstehen, wenn Sappho
dem Zeus den Beinamen H. beilegt, frg. 154
= Hesvch. s. "ExTOQsg. Gruppe621,5, Crusius
60 S.-Ber.' Akad. Münch. 1905, 760; möglicherweise
liegt auch nur ein Mißverständnis nach Hom. IL
XIH 54 vor).
Von einem Kult des H. in früherer Zeit läßt
sich nichts Sicheres sagen. Hom. IL XXIV 6o0.
784ff. ist von seinem Grabmal die Rede, vgL
Paus. IX 18, 5 ; von Leichenspielen bei H,s Tod
(nach dem Muster des Patroklos) spricht Philo-
strat, heroie. 699, II 168 K. ; bei Ovid. met XIII
2815
Hektor
Hektor
2816
427 legt Hecuba eine Haarspende auf H.s Grab
(nach älterer Quelle, oder nur dichterische Aus-
schmückung?} Gruppe 913, 4; H.s Grab er-
wähnt eine Inschrift aus Nikomedia (Kaibel
Epigr. Gr. 349). Eine Totenspende der Troer
an H.s Grab war dargestellt am amykläischen
Thron des Bathykles (Paus. III 18, 16; so er-
klärt die Stelle Hitzig-Blümner in seinem
Kommentar gegen frühere Auffassungen, die an
Xin 1 [PHG IH 310]); Tzetz. zu Lyiophr. 1194
variiert das Orakel, die Geheine sollten in der
griechischen Stadt, die nicht am Kriege teilge-
nommen habe, beigesetzt werden (vgl. Schol. IL
II 505. Strab. IX 412. Eustath. z. d. St. 269,
37. Artemidor. IY 63). Eine andere Tradition
scheint bei Paus. IX 18, 5 vorzuliegen, der die
Gebeine aus Ilion selbst übertragen sein läßt,
mit der Begründung, daß die Thebaner dadurch
H.s Lösung dachten, Overbeck I 70. Furt- 10 großen Reichtum gewinnen würden (Kalkmann
wängler Phil.-hist. Aufs. E. Curtius gew. 179. Pausanias 128. Welcker Griech. Götterl III
Klein Arch.-epigr. Mitt. IX (1885) 149; schon
Robert 50. Berl. W.-Progr. 26 hielt diese Aus-
legung für gezwungen ; vgl. Schneider Troisch.
Sagenkreis 47; sprachliche Vergleiche sprechen
dafür : Plut. mor. p. 272 E ; v. Rom. c. 4 ; Anton,
c. 84. Xen. Eph. 5, 10). H.s Grab ist darge-
stellt auf einem Homerischen Becher mit dem
Anfang der Aithiopis, vgl. Robert a. a. 0. 21 ff.
250. 257). Der Ort des Grabes war vor dem
proitidischen Tore an der Oidipusquelle und hieß
nach Aristodem. Aiog yovat (vgl. Lykophr. 1 194 und
Tzetz. vgl. Pfister a. a. O. E. Schmidt Kult-
übertragungen , Gießen 1909, 112). Auf diese
Nachrichten und andere hin halten Dümmler
Kl. Sehr. II 240ff. und Bethe Neue Jahrb. VII
(1901) 671 H. für einen ursprünglich boiotischen
In späterer Zeit wird H., wie auch die andern 20 Helden , dessen Kult durch boiotische Ansiedler
Gestalten des Epos, in Ilion als Heros verehrt
(Clem. Rom, hom. VI 22 [Mi. n 215]. Dio Chry-
sost. or. Troi. XI 104 [I 142 Arn.]), und bis in
die Zeit des Kaisers Iulian wurde sein Kult dort
ausgeübt. Er besaß einen Tempel mit Opfern
(Lucian. deor. conc. c. 12), und seine Statue war
dort aufgestellt (Iulian. ep. 78 ed. Hennig Herrn.
IX 25 p. 603 Hertl. Kaibel Epigr. graec. 1080:
Epigramm von der Statue eines Heros. Baeh-
an den Hellespont kam (vgl. Gruppe Griech.
Myth. 308, 8). Als H. durch das Epos mit Troia
verknüpft wurde, hielt man ihn dort für einhei-
misch, und es entstand die Legende von seiner
Übersiedelung nach Theben; s. Pfister a. a. 0.
194; andere urteilt darüber Crusius S.-Ber.
Akad. Münch. 1905, 761ff.; vgl. Gruppe Burs.
Jahresb. CXXXVII (1908) 506 (Wünsch bei
Pfister weist auf die Möglichkeit hin, daß
83 c.
XIX
rens PLM IV 521 - Riese Anth. lat. I 367. 30 verschiedene Heroen desselben Namens [s. o.] da-
Athenag. leg. 1 p. 1 Schwartz. Geffcken Griech. durch miteinander in Verbindung gebracht und
gleichgesetzt wurden).
Die bildlichen Darstellungen sind zu-
sammengestellt in den o. Bd. I S. 242 angeführten
Werken. Zu erwähnen ist H.s Kampf um die
Leiche des Troilos, auf Vasenbildern, Overbeck
364. Luckenbach 607ff. Schneider 128; der
Stoff ist wahrscheinlich den Kyprien entnommen.
Die von früheren Gelehrten als H. mit Troilos 1
Apol. p. 120, 5. 160; Synes. calv. enc. p.
Mi. 66, 1200. W. Schmid Philol. N. F.
[1906] 558ff.). Über seine Wundertätigkeit und
seine Verehrung als Heilheros berichtet Philostr,
heroie. in 21 (II 151/2 K.). Sein Bild zeigen
Münzen von Ilion aus der Kaiserzeit: Catal. Brit.
Mus. Troas usw. p. 60ff. H. v. Fritze bei Dörp-
feld Troia u. Ilion II 484ff. 519ff. Crusius
a. a. O. 790ff. Wie lebhaft das Volk seine Ge- 40 Leiche gedeutete Neapeler Gruppe (abgeb. bei
genwart empfand, zeigt Philostratos' Bericht, daß T> - - - 1 - — M - iX - T — T irvim --"--"^ -- -^ ""
Hirten Erscheinungen von Heroen des troischen
Krieges zu sehen glaubten (Rohde Psyche II 6
350, 2. 3), wie Max. Tyr. XV 7 h (p. 110 Hobein ;
p. 283 R.) von H. erzählt, Friedländer Sitten-
geschichte IV 8 387. Diesem Heroenkult des H.
mußte aber auch ein Grab zugrunde liegen. Den
Ort seines Grabes zeigte man auf dem Hügel
Ophrymon am Eingang des Hellespont (vgl, o.) ;
Röscher Myth. Lex, I 1919) stellt nach Ross-
bach Rom. Mitt. X (1895) 240ff. Athamas und
Learchos dar. H.s Abschied von Andromeda : ein
Gemälde zu Velia in Lukanien mit dieser Dar-
stellung wird flüchtig erwähnt Plut. Brut. 23
(,es gibt den Augenblick, wo Andromeda ihr Kind
von H., der den Knaben geküßt hatte, zurück-
empfängt, und wo sie den Gemahl mit dem ahnungs-
vollen, zärtlichen Blick anschaut') ; andere s. Over-
Lykophr. 1208, Schol. und Tzetz. 1194ff. Ari-50beck 403ff.; die Darstellung auf der Vase von
stodem. in Schol. Venet. A II. XHI 1. Anth.
Pal. VII 137ff. 151f. Tzetz. zu den Homerica 489
(das Epigramm wohl umgestaltet nach Peplos,
3. u.); vgL Pfister Reliquienkult im Altertum,
Gießen 1909, 193.
Ein Grab des H. (Exzerpt aus Peplos Ps.-
Aristot. bei Rose Arist. Pseudepigr. p. 575. Anth.
Pal. II 755) besaßen auch die Thebaner, und
zwar sollten die Gebeine des H. von Troia her-
übergeholt sein. Die Legende dieser Kultüber-60
tragung ist uns in doppelter Gestalt überliefert:
die älteste Quelle, Lykophron, berichtet : daß man
während einer Pest oder eines sonstigen Unheils
(einige sprechen vielleicht mit Anspielung auf
die Zeitverhältnisse von Krieg) auf den Rat des
Orakels die Gebeine des Heros aus der Troas
herübergeschafft habe (Lykophr. 1208. SchoL zu
1204. 1208. Aristodem. in Schol. Venet. A IL
Vulci (Overbeck 404, 26) hält Heydemann
Arch. Jahrb. IV (1889) 260f. nicht für H.s Ab-
schied, sondern für eine ähnliche Genreszene unter
dem Einfluß dieser Schilderung; ebenso ist an
H.s Abschied nicht zu denken bei Gemmendar-
stellungen, z. B. Overbeck 406, 29, wo nur
ein von den Seinen sich entfernender Krieger dar-
gestellt ist; über erweiterte Darstellungen: Ro-
bert Bild u. Lied 25. Luckenbach 5431".
H.s Zweikampf mit Aias: Pind. Nem. II 14f.
Eurip. Rhes. 479. 1. Die Herausforderung H.s
und die Losung der Achäer stellte eine Bronze-
gruppe des Onatas, ein Weihgeschenk der Achäer
in Olympia, dar, Paus. V 25, 5. 2. Der Zwei-
kampf war auf dem Kypseloskasten abgebildet.
Eris zwischen den beiden Hel den, Paus. V 19,
2; Jones Journ. helL Stnd. XIV (1894) 75;
Vasenbild auf der Schale des Doris; s. Lucken-
2817
Hektor
Hektoridas
2818
bach 517. Robert Bildu. Lied 98fi% 3; Waffen-
tansch, rf. Vasenb., att. Amphora aus Vulci (Bau-
meister I Abb. 779. 780 Taf. XIH) wurde so
gegen Overbeck 333 u. a., die ihn auf den in
den Kyprien geschilderten Kampf des H. und
Achilles bezogen, von Luckenbach 520. Leh-
ner dt bei Röscher Myth. Lex. I 1920 aufgefaßt.
Kampf um die Schiffe (Bakchyl. XILT 72ff.):
als häufig vorkommendes Gemälde erwähnt von
rehef von der Akropolis hinzu (Wolters Athen,
Mitt. XX (1895) 478 Taf. 14, 1. Amer. Journ.
of arch. XI (1896) 351. 353 Fig. 2). 2. Achilleus
auf der Kline bei oder nach dem Mahle (Fröhner
Arch. Jahrb. VH [1892] 27), H. liegt unter oder
vor dem Lager, Priamos steht mit Gefolge, das Ge-
schenke trägt, in bittender Haltung vor Achilles ;
häufig auf Vasen: Luckenbach 508ff.; Schnei-
der 33ff. Robert Bild u. Lied 19ff. Pollack
Lucilius in Anth. Pal. XI 211; am Artemistempel 10 a. a. 0. 174ff. macht auf eine Abweichung auf-
in Ephesos war ein Bild des Samiers Kalliphon
gemalt, Paus. V 19, 2; sonstige Darstellungen
Overbeck 421 ff.; H, die Brandfackel auf das
Schiff schleudernd auf einer Münze von Ilion (abgeb.
bei Röscher), auf röm. Terrakottamedaillon :
Fröhner Gaz. arch. XIV (1889) 50ff. Taf. 15.
H.s Kampf mit Achilleus: Overbeck 451.
Luekenbacn 515ff., häufig auf Vasenbildern:
Gerhard Auserl. Vasenb. III 201—204; vgl.
merksam, daß nämlich Priamos statt des Gefolges
von Angehörigen seiner Familie begleitet ist, und
findet die Quelle zu dieser Auffassung in der
Lyrik. 3. Auf apulischen und etrurischen Vasen
sitzt Achilleus auf einem Sessel, Priamos kniet vor
ihm, seine Knie umfassend (Röscher Myth. Lex.
I 1925). Auf den apulischen (süditalischen) Vasen
wirkt auch, wohl unter dem Einfluß der Tragödie
(s. o .), der Zug mit, daß H. gegen ein gleiches
Robert XV. Hall. Winckelm.-Progr. 1891, 7f. 20 Gewicht Gold ausgewogen wird (z. B. Mon. d.
In der Darstellung weichen die Künstler in Einzel-
heiten von der Schilderung des Gedichtes ab ; vgl.
Luckenbach a. a. O.
H.s Schleifung: Overbeck 454ff.; auf Vasen -
bildern: Schneider 25—33. Jahn Archaeol.
Beiträge 181; s£: Luckenbach 499-504;
neuerdings ein Vasenbild aus Klazomenai Zahn
Athen. Mitt. XXHI (1898) 38; rf.: Luckenbach
531; auf der ilischen Tafel: Jahn-Michaelis
Inst. V 11. Reinach Rep. d. vases I 138; Ro-
bert B. u. L. 142). Auf Reliefs sind anscheinend
verschiedene Vorlagen zusammengeschweißt, be-
sonders auf Sarkophagbildern (Robert Sarko-
phagrel. II 61 ; vgl. im übrigen Benndorf a. a. O.
241. Jahn Bilderchr. 24, 50. Brüning Arch.
Jahrb. IX 155ff. Röscher Myth. Lex. I 1925ff.
Gruppe Gr. M. 679).
Was das Bild des Polygnot in der Lesche zu
Griech. Bildwerke 23. 47. Brüning Arch. Jahrb. 30 Delphi bedeutet, läßt sich nicht entscheiden. H.
ms Dalmatien, Arch.- hat beide Hände um das linke Knie geschlungen, in
IX (1894) 154; ein Relief aus
epigr. Mitt. aus Österr. XIII (1890) 42; anderes
Heibig Camp. Wandg. 292; Gemmen: Chassie-
Raspe I 542. Die Bilder zerfallen in drei
Gruppen: Achilleus ist entweder während der
Fahrt neben dem Wagen laufend dargestellt (Er-
klärung s. Baumeister I 736f. Lehnerdt bei
Röscher I 1922; vgl. Schneider 27 die Zu-
sammenstellung dieses Typus), oder er steht hinter
Kummer vor sich hinbrütend (wie Paus. X 31, 5 die
Stellung deutet; vgl. Hitzig-Blümner z. d. St.).
Auf eine argivische Sage bezieht sich wohl
der Kampf des H. und Menelaos um die Leiche
des Euphorbos, wie ihn der alte Teller aus Ka-
miros zeigt. Aus der Berühmtheit seines Schildes,
den man in Argos als Sehenswürdigkeit zeigte
(Paus. II 17, 3 u. d. Komm.), läßt sich vielleicht
dem Wagen (Schneider 28). Auf einigen Dar- 40 schließen, daß H. darin eine größere Rolle spielt
Stellungen steht er auf dem Wagen mit seinem
Wagenlenker (Cabinet Durand 383, sicil. Lekythos,
Overbeck 455. Luckenbach a. a. O. F), oder
er lenkt selbst sein Gespann (Zahn a. a. O. 38ff.).
Während auf Vasenbildern gewöhnlich Patroklos'
Grab den Mittelpunkt bildet (über die ver-
schiedene Art der Wiedergabe vgl. Röscher
Myth. Lex. I 1922f.), sehen wir auf Reliefs die
troische Stadtmauer als Hintergrund verwendet
als in der Hias (Conze Verb. d. 23. Phil. Vers,
in Hannover 1864, 43; o. Bd. VI S. 1173. Koepp
Archaeologie II 79f.).
Schließlich muß noch erwähnt werden, daß
der Name H. häufig auf .heroisierten Genrebildern'
in Kampfszenen, Rüstungs- und Abschiedsdar-
stellungen beigeschrieben wurde; vgl. Lucken-
bach 534f. Röscher Myth. Lex. I 1919.
Literatur : Lehnerdt bei Röscher Myth. Lex.
(Arch.-epigr. Mitt. XIH (1890) 68ff.). Vielleicht 50 1 1910ff. Gruppe Griech. Myth.2 1906. Crusius
. .,■■ * ^ j-^x — j__ j-d *^:n :^ S.-Ber. Akad. Münch. 1905. [Heckenbach.]
2) Hektor, Beischrift des sich rüstenden H.
auf der Münchener Amphora des Euthymides
(Jahn nr. 378), früher fälschlich für den Namen
eines Vasenmalers gehalten, s. Pauly R.E. DI
1091; s. Hauser Arch. Jahrb. X 1601
3) Hektor, nach Haus er Arch. Jahrb. X 161
nicht zu erklärende Umschrift des Innenbildes einer
fragmentierten rl Schale der Münchner Samm-
soll damit angedeutet werden, daß Achilleus sich
nicht damit begnügte, den H. von der Stadt zu den
Schiffen zu schleifen, sondern daß er ihn erst um
die Mauern Troias zog, wie es spätere Autoren
schildern (s. o.; vgl. Daremberg-Saglio Dict,
HI 378).
H.s Lösung: die Zahl der Denkmäler ist sehr
groß, sie sind gesammelt: Overbeck 464 484;
besonders Benndorf Ann. d. Inst. XXXV 111
(1866) 241—270; Nachträge bei Pollack Athen. 60lung.
Mitt. XXTn (1898) 169ff. Die Darstellungen
scheinen auf 3 Typen zurückzugehen: 1. Achilleus
stehend, vor ihm der tote H. auf dem Boden,
Priamos von Hermes geleitet. Zu dem Bronze-
spiegel (Furtwängler Hist. phil. Aufs., E. Cur-
tiua gewidmet Tal 4; S. 179ff.) und dem Bronze-
relief aus Olympia (Furtwängler Olympia IV
103 Taf. 39. Schneider 36) kommt ein Bronze-
Faulj-Wluowfr-Kron VII
[Leonard.]
4) Freigelassener und Günstling des L. Lici-
nius LucuUus (Plin. n. h. XXXV 200). [Münzer.]
Hektoridas, Bildhauer, der in der ersten
Hälfte des 4. Jhdts. v. Chr. in Epidauros arbeitete.
Selbständige Tätigkeit bezeugt ein Stein von
einer Basis mit seiner Signatar, IO IV 1477.
Außerdem war er an der Ausführung der von
Timotheos gelieferten Modelle für die Skulpturen
89
2819
Helbesus
Helena
2820
am Asklepiostempel in Marmor beteiligt und
lieferte für die enkaustische Bemalung der mit
Löwenköpfen als Wasserspeier verzierten Simen
selbst ein jiaQäbuypa (IG IV 1484 Z. 89. 104.
111. 303). Außer den Skulpturen, von welchen
Giebelfiguren (aber niebt ein ganzer Giebel) für
ihn direkt bezeugt sind, scheint er auch die Aus-
führung feinerer Architekturtcile übernommen,
aber doch wohl seinen Gehilfen überlassen zu
noch später ist H. hinzugekommen. Er begegnet
wieder Apollod. II 59, wo unter den Helden des
Taphierzugs aufgezählt wird ex de 'EXovatjg trjg
'Agysiag (gewöhnlich schreibt man "EXovg trotz
TTjg 'Agy.) "Elsiov xbv üsgasoig, und II 60, wo
Amphitryon die eroberten Inseln EXdou xal Ks-
qidXati gibt, xäxeivoi jzoXei? avza>v ijicovvfiovg
xazwi>trj0av. Weder eine Stadt Helos oder Helussa
in der Argolis noch eine auf den Taphierinsein
haben. Wolters und Sieveking Arch. Jahrb. 10 kennen wir sonst. Doch begegnet der Ortsname
XXIV 186ff. Ov erb eck Gesch. d. griech. Plastik
II 4 126. Collignon-Bamngarten Gesch. d.
griech. Plastik II 209. Klein Gesch. d. griech.
Kunst II 386. [Pfuhl.]
Helbesus, ein sizilisches Flüßchen in oder
bei Segesta, Solin. V 17: apitd Segestanos Hel-
besus (einige Hss. Itelbessus) in medio flumine
subita exaestuatione fervescit. Wegen des Gleich-
klangs des Namens hat man ihn mit dem Tel-
Helos öfter. Am bekanntesten ist die Stadt in
Lakonien, und auch diese wird von dem Perseus-
sohn abgeleitet: Schol. Townl. IL XIX 160. Paus.
III 20, 6. Strab. VIII 363 (wohl aus Apollodor).
Die spartanische Stadt hätte man schwerlich an
einen Perseussohn angeknüpft, wenn nicht so etwas
von einer argivischen Stadt gleichen oder ähn-
lichen Namens schon fest gewesen wäre. Daraus
folgt erstens, daß wir die argivische Stadt, von
messos identifizieren wollen (vgl. Aelian. var. bist. 20 der man sonst nichts weiß, kaum auf Irrtum zu-
II 33 Alysataloi ds tov üögjraxa xal xbv Kqijm-
oov xal rov Tekßfjoaov ävdoow eldsi TificJai), den
Parthey für den heutigen Fiume San Cataldo
hält. Andere dachten an die Thermen von Segesta
(vgl. Diod. IV 23, 1). Holm Gesch. Siziliens im
Altertum I 33. 344. [Ziegler.]
Helbo, Insel an der Küste von Lykien, Plin.
n. h. V 131. E. Kiepert Karte v. Kleinas. D II
setzt sie ~ Avthoki in der Makribucht. [Rüge.]
rückführen dürfen, zweitens, daß als Namensform
mit einiger Wahrscheinlichkeit "EXo? angesetzt
wird, obgleich der überlieferte Genetiv Elovar^g
zunächst an 'EXovaaa denken läßt. Auf höheres
Alter für diesen H. führt auch die Erwägung, daß
sowohl die argivische wie die taphische Stadt
später ganz unbekannt waren. H. kann wie Mestor
sehr wohl noch der epischen Schicht der Sage ange-
hören. — Schol. Eur. Or. 5 (daraus Tzetzes Eseg.
'EXeevg (Etym. M.). Offenbar liegt hier ein 30 II. 68. Mantissa proverb. 2, 94) zählt unter den
Versehen vor: der attische Demos heißt 'EXatovg,
das Demotikon 'EXaiovoiog (s. o. Bd. V S. 2227
EXaiovg Nr. 4). [Kolhc.]
Helega s. Heluia.
Heleia (EXda). 1) Epiklesis von Göttinnen,
deren Heiligtum in feuchter Niederung lag, wie z. B.
das Heiligtum der Aphrodite iv sXei oder iv xaXä-
fwic auf Samos (Athen. XIII 572 f ) oder Heilig-
tümer der Artemis Limnatis (s. d.). 1. Artemis
Söhnen des Pelops einen H. auf. Da er zwischen
Kleonos, Argeios, Alkathoos, Pittheus, Troizen
steht, die die Städte Kleonai, Argos, Megara,
Troizen vertreten, so könnte dieser Pelopssohn
gleichfalls Eponym der argivischen Stadt sein.
Doch ist auch nicht ausgeschlossen, daß er zur
lakonischen gehören soll. [P. Friedländer.]
Heleia , Ortschaft in Mesopotamien , die in
der späten Kaiserzeit der Verwaltung des Dux
H., Heiligtum beim 'Akcooiov sXog in Triphylien, 40 Syriae unterstand, und wo damals die Cohors prima
mit arkadischer Priesterschaft (Strab. VIJI 350),
und in Messcnien (Hesych.). Gruppe Gr. Mvth.
1280. 1421 vermutet, daß sich bei Heiligtümern
der Artemis H. Heilanstalten wie Moorbäder u. dg],
befanden. 2. Hera H. auf Kos, Tempel und Opfer
für Hera 'Aoyda EXda Baatksia (Journ. hell. Stud.
IX 328 = Paton-Hicks Inscr. of Cos 38) und
Gothorum garnisonierte; s. die Notit. dignitat.
(or. XXXIII 32 ed. Seeck). Offenbar, wie schon
Seeck (z, St.) bemerkt, identisch mit dem Alalis
des Ptolemaios (s. o. Bd. I S. 1275), dem Alalius
in Harduins Acta Concilior. (Paris. 1715) I 314
und dem Alalorum bei Le Quien Oriens Chri-
stian. II (Paris 1740) 848. Nach Ptolemaios war
Alalis eine Station der Straße Palmyra -Babylon
und lag zwischen Barbalissos und Sura am Euphrat.
auf Kypros (Hesych. s. iXsta). [Jessen.
2) s. Helos.
Heleios {"EXeiog wechselt mit der schlechteren 50 Daß das AdiazaVe des Geographen von Ravenna
Form "EXio;; der Name ist nicht selten stärker aus dem Alalis des Ptolemaios verderbt sei, wie
Moritz Palmyrene (= Abh. Akad. Berl. 1889) 31
annimmt (s. auch o. Suppl. Bd. I S. 10), ist sehr
unwahrscheinlich. Adiazane erscheint beim Geo-
graph. Rav. in einem augenscheinlichen Stations-
listenduplikate auch in der Form Diothaze (s. o.
Bd. V S. 1147); vgl. dazu Herzfeld in Sarre-
Herzfeld Archäol. Reise im Euphrat- u. Tigris-
gebiet I (1911) 155. [Streck.]
Heielinm s. Helvetum.
Helena. 1) Gallisches Kastell an den Pyre-
näen, bei dem Kaiser Constans im J. 350 getötet
wurde. Zosim. H 42, 5. Zonar. XDI 6 p. 14b.
Eutrop. X 9, 4. Vict epit. 41, 23. Jetzt Eine.
2) Flavia Iulia Helena (Dessau 709 = CIL
VI 1134. Cohen Medailles imperial. VLT2 95ff.,
häufiger nur Flavia H elena : C ohen a. O. Dessau
708 — CIL X 517. Vm 1633 u, s.}, war um
korrumpiert), Sohn des Perseus. Apollodor bibl.
II 49 nennt als Söhne des Perseus: Alkaios. Sthene-
los, H„ Mestor. Elektryon. Von diesen gehören
Alkaios als Vater des Amphitrvon, Sthenelos als
Vater des Eurystheus und Elektryon als Vater
der Alkmene in ein recht altes Stadium der Hera-
klessage. (Über ein noch älteres Stemma vgl.
Philol. Unters. XIX 46). Sie sind auch dadurch
verbunden, daß sie drei Pelopstöchter zu Gemah- 60
linnen haben, die zusammen einen Hexameter füllen
NtxiJTJirj. AvatbUrj , 'AozvÖäueta (Friedländer
Argolica 79, 30; Philol. Unters. XIX 46, 1). Nach-
träglich ist Mestor hinzugetreten, um als Vater
der Hippothoe, die von Poseidon Mutter des Ta-
phios, Großmutter des Pterelaos wird, das Königs-
geschlecht der Taphier anzuknüpfen, mit dem
Amphitryon kämpft. Gleichzeitig mit Mestor oder
2821
Helena
Helena
z»zz
das J. 257 geboren, da sie um 336 vor dem
Tollendeten achtzigsten Jahre starb (Euseb. vit.
Const. IH 46). Sie war Gastwirtin (Ambros. de
«bit. Theod. 42 = Migne L. 16, 1399 vgl. Anon,
Tales. 2, 2. Zosim. II 8, 2. 9, 2), als sie der
spätere Caesar Constantius zu seiner Konkubine
machte (Zosim. II 8, 2. 9, 1. Zonar. XIII 1
p. la. Hieron. chron. 2322; vgl. Liban. or. XVIII
8. Chron. Pasch, a. 304). Daß man sie nach
seinem Tode als seine Gattin bezeichnete, von
der er sich geschieden habe, um Theodora,
die Stieftochter des Kaisers Maximian, zu hei-
raten, war wohl nur Schmeichelei gegen sie und
ihren Sohn (Anon. Val. 1,1, Eutrop. X 2. 2. Vict.
Caes. 39, 25; epit. 39, 2. Zonar. XII 31. 33. XHI
1 p. G40d. 644d. la. CIL X 1483. 517 = Des-
sau 708). Sie gebar zu Naissus (Firm Mat.
math. I 10, 16. Anon. Val. 2, 2. Steph. Byz.
s. Naioodg) wahrscheinlich im J. 288 (Seeck
Geschichte des Untergangs der antiken Welt I
406ff.) Constantin den Großen, der sie, nachdem
er sich 312 zum Christentum bekannt hatte, gleich-
falls dazu bekehrte (Euseb. vit. Const. III 47, 2).
An seinem Hofe besaß sie großen Einfluß. Er
ernannte sie erst zur nobilissima femina (Co-
hen nr. 14), dann, wahrscheinlich bei Gelegen-
heit seiner Vicennalien im J. 325, zur Augusta,
verlieh ihr das Diadem und ließ Münzen auf
ihren Namen schlagen (Euseb. vit. Const. III 47,
2. Theophan. 5816. Cohen VIP 93. Maurice
Les origines de Constantin ople. Mein, de la soc.
d. antiquaires de France 1904, 286). Eine seiner
Töchter und die Provinz Helenopontus wurden
nach ihr benannt (Nov. Iust. 28, 1); sie besaß,
jedenfalls durch seine Schenkungen, Landgüter,
■die über alle Teile des römischen Reiches zer-
streut waren (Euseb. vit. Const. III 46, 1), und
konnte über seinen Schatz frei verfügen (Euseb.
vit. Const. ILT 47, 3), was sie zu reichen Gaben
an die Kirche, Almosenspenden und Geschenken
an Private, aber auch zu Geldverteilungen an die
Truppen benutzen durfte (Euseb. vit. Const. III
44). rhrem Einfluß schrieb man es zu, daß Con-
stantin seine Stiefbrüder, die Söhne der Theo-
dora, anfangs seinem Hofe fernhielt (Liban. or.
XIV 30; vgl. o. Bd. IV S. 1044). Im J. 326 soll
sie die Kaiserin Fausta bei ihrem Gatten ver-
klagt und dadurch deren Tod herbeigeführt haben
(Zosim. II 29. 2. Vict. epit. 41, 12.' Codin. orig.
Const. II 93; vgl o. Bd. VI S. 2086). Im J. 327
vollzog Constantin die Neugründung einer Stadt,
um sie nach seiner Mutter Helen opolis zu be-
nennen. Sie hatte dazu Drepana in Bithynien
gewählt, weil dort die Reliquien des Märtyrers
Lucianus aufbewahrt wurden (Philostorg. II 12.
Hieron. chron 2343; de vir. ill. 77. Socrat. 117,
1. Chron. Pasch, a. 327). Ihre Vorliebe für
diesen Heiligen , der Lehrer des Arius und des
Eusebius von Nicomedia gewesen war (TheodoT.
hist. eccl. I 4, 36. 5, 4. Philostorg. II 14. Epiph.
haer. 43, 1. 69, 6 ; ancor. 33. Sozom. III 5, 9),
ist wohl auch bestimmend dafür gewesen, daß
Constantin in seinen letzten Jahren zum Ver-
teidiger der Arianer wurde (Äthan, hist. Ar. ad
mon. 6 d%ov yag xr\v Jtgog ßaatXia jraga z(öv
yvvaixoiv ovomotv). In Konstantinopel erbaute
sie gemeinsam mit ihrem Sohne die Apostel-
kirche, in der er seine letzte Ruhestätte fand
(Codin. 150. III l. IV 32), und mehrere andere
Kirchen (Codin. HI 3—5. 81. 82). Auf den
öffentlichen Plätzen der neuen Stadt wurden ihr
mindestens sechs Statuen errichtet (Hesych. Mil.
frg. 4, 4 = FHG IV 154. Codin. I 44. II 15.
16. 29. 35. 66. 96. 102), was dann natürlich
viele andere Städte nachahmten (CIL VI 1134
—1136. VI11 1633. IX 2446. X 517. 1483. 1484
und sonst). In hohem Alter unternahm sie eine
10 Wallfahrt nach Jerusalem (Euseb. vit. Const. III
42), wahrscheinlich gleich nach der Einweihung
von Constantinopel (11. Mai 330), der sie wohl
noch beigewohnt haben dürfte. Denn in dem-
selben Jahre wurde Eustathius, Bischof von An-
tiochia, abgesetzt (Theodor, hist. eccl. II 31, 11),
und zu den Gründen dafür gehörte auch der, daß
er als fanatischer Gegner der Arianer H. be-
leidigt hatte (Äthan, hist. Ar. ad mon. 4 d>g
TJj /nrjiQt avrov noir\oag vßgtv). Dies kann kaum
20 bei einer andern Gelegenheit geschehen sein, als
da sie bei ihrer Reise nach Palästina in Antio-
chia, das auf ihrem Wege lag, Rast hielt. Sie
erbaute eine Kirche in Bethlehem und eine auf
dem ÖlbeTge (Euseb. vit. Const. III 41. 43),
scheint sich also längere Zeit in und bei Jeru-
salem aufgehalten zu haben. Nach ihrer Rück-
kehr gründete sie noch in Konstantinopel zwei
Kirchen, von denen die eine zum Andenken an
ihre Wallfahrt den Namen Bethlehem empfing
30 (Codin. III 4) , starb dann in Anwesenheit ihres
Sohnes (Euseb. vit. Const. III 46. Rufin. hist.
eccl. X 12) und wurde in Rom begraben (Euseb.
vit. Const III 47, 1). Einige ihrer Münzen, die
sie nicht diva Jlelena, sondern Flavia Iulia
Helena Augusta nennen, also jedenfalls noch bei
ihren Lebzeiten geschlagen sein müssen, sind mit
denen des Caesars Dalmatius gleichzeitig (Mau-
rice Numismatique Constantmienne I 261. 498.
Revue numismatique 1901, 202). Sie kann also
40 nicht vor dem 18. September 335, an dem er
den Caesartitel erhielt (s. o. Bd. IV S. 2456), und
nicht nach dem 22. Mai 337, dem Todestage
Constantins gestorben sein. Ihren Tod setzt
man gewöhnlich in das J. 328 statt, wie es
richtig ist, 336 und beruft sich dafür auf Tille-
mont; doch hat dieser nur festgestellt, daß sie
nicht vor 328 gestorben sein kann. Daß sie bei
ihrer Wallfahrt nach Palästina das echte Kreuz
Christi entdeckt habe, wird zwar von späteren
50 Quellen ausführlich erzählt (Ambros. de obit.
Theod. 43 = Migne L. 16, 1400. Rufin. hist. eccl.
X 7. Socrat. I 17. Sozom. II 1. Theodor, hist.
eccl. I 18. Codin. III 4. Nov. Iust. 28, 1 und
sonst); aber da Eusebius, der nicht nur Zeit-
genosse . sondern auch Palästinenser war , ganz
darüber schweigt, kann es nur Legende sein.
3) Helena, Gattin des Caesars Crispus. Wegen
ihrer ersten Niederkunft erließ Constantin d. Gr.
im Herbst 322 eine Amnestie, Cod. Theod. IX 38, 1.
60 4) Helena, Tochter Constantins d. Gr., wurde
von ihrem Bruder, dem Kaiser Constantius zu
Mailand mit lulian vermählt, gleich nachdem
dieser am 6, November 355 zum Caesar ernannt
war (Ammian. XV 8, 18. Mommsen Chron. min.
I 238. Zosim. LH 2, 1. Philostorg. IV 2. loh.
mon. Artemii passio 15. Socrat. IH 1, 25. So-
zom. V 2, 20 Themist. or. IV 59 a). Als sie in
Gallien am 356 ihren ersten Sohn gebar, wurde
2823
Helenae thermae
Helene
J>»24
dieser durch Ungeschicklichkeit der Hebamme
getötet (Ammian. XVI 10, 19). Im Frühling 357
traf sie mit ihrem Bruder und ihrer Schwägerin
Eusebia in Rom zusammen, und diese soll ihr
aus Neid auf ihre Fruchtbarkeit ein Gift beige-
bracht haben, durch das sie bei späteren Schwanger-
schaften immer abortierte (Ammian. XVI 10, 18;
vgl. o. Bd. IV S. 1081). Als Iulian Anfang 360
in Paris zum Augustus ausgerufen wurde, be-
X 485. Pompon. Mel. H 7, 10. Plin. n. h. IV 62.
Bröndstedt Reisen und Unters, in Griechen! I
77. Bursian Geogr. von Griechenl. I 356.
[Kolbe-Bürchner.]
2) Helene, tf 'Eienj, Quelle auf der Insel
Chios, in der sich H., die Frau des Menelaos, ge-
badet haben soll. Hermol. bei Steph. Byz, s. v, ;
s. o. Bd. III S. 2290. [Bürchner.]
3) Helene ('E/Levt]; Etymologie ganz dunkel)
fand sie sich in seinem Palaste (Iulian. epist, 10 ist aus einer vermutlich vorgriechischen Göttin
ad Athen. 284 c. 285 b), doch Ende 360 oder An-
fang 361 starb sie (Ammian. XXI 1, 5. Zonar.
XIII 11 p. 22a. Socrat. III 1, 50. Liban. or.
XVin 179. Iulian. epist. ad Athen. 284 c) und
wurde bei Rom an der Via Nomentana begraben
(Ammian. XXI 1, 5). Später beschuldigte man
Iulian, daß er sie vergiftet habe (Liban. or.
XXXVII 3ff.). Er selbst erwähnt einiger Briefe,
die er an sie geschrieben hatte (Rivista di Filo-
logia XVII 1889, 293). [Seeck.]
5) s. Helene.
Helenae thermae [Helmianae thermae) in
Rom (Lanciani Forma urbis Romae 31. 32),
die von Helena, der Mutter Constantins, nach
CIL VI 1136 wiederhergestellten Badeanlagen
nördlich vom Amphitheatrum Castrense in der
Nähe der Porta Praenestina. Über die Reste und
die mit den Thermen in Verbindung stehende
Piscina in Villa Conti, vgl. Beschreibung d. St. Rom
die sagenberühmte Heroine geworden.
I. Helene als Göttin in ihrer örtlichen
Verbreitung.
1) Hauptort ihres Kultes war Therapne bei
Sparta, Hier war das Grab der H. und des
Menelaos und Tempel, Paus. HI 19, 9. Schon von
Ross 1883 entdeckt (Arch. Ztg. XII 217), wird
er seit 1909 ausgegraben, Annual British School
XV (1908/9) 108ff. XVI (1910). Mykenische Mauern
20 (p. 109) und viele spätmykenische Keramik.-
Kult hatten dort H. und Menelaos, Isokr.
Hei. 63. Aeneas Gaz. Theophr. 646 Migne. He-
rodot VI 61 spricht auch von einem Heiligtum
der H. in Therapne , aber Pausanias (in 19, 9)
nennt nur einen Tempel des Menelaos, Polybios
(V 18, 3) redet vom Menelaeion, vgl. Liv. XXXIV
28 Menelai moniis.
2) Nach Pausanias (III 15, 3) hatte H. ein
Heiligtum in Sparta. Ein lakonisches Fest'l&e-
ni 1, 569. Jordan-Hülsen Top. I 3 r 2471 und30ma bei Hesych. s. v. und ein Heiligtum der H.
Lanciani The ruins and exe. 400ff, [Gall.]
Helenaia mit erhaltenem anlautendem griech.
k und altetrusk. Femininendung -aia (Müller-
Deecke Etr. II 2 475f.) neben späterem elinai,
elinei mit etruskisierter Femininendung und elina,
praenest. velena mit erhaltener nicht ionisch-atti-
scher und lateinischer Femininendung, einmal be-
legt bei Gerhard Etr, Spiegel I Taf. 84 (orig.
ine); vgl. III S. 88: eine nackte, mit Halsband
ist erwähnt in der lakonischen Glosse (vgl. Plut.
Agesilaos 19) xavvaftQa bei Hesych. Ob sich
diese Notizen auf Sparta oder Therapne beziehen,
ist nicht sicher zu sagen. Theokrit (XVIII 43ff.)
verwertet in dem Liede der spartanischen Jung-
frauen nach H.s Hochzeitslied einen spartanischen
Opferbrauch: sie wollen in die Rinde der mit
Lotoskranz geschmückten, mit öl begossenen
Platane schreiben aißov fi, 'EXsvaq <pvzöv slfu;
und Ohrgehängen, Annbändern und Knöchelringen 40 vgl. Mannhardt Wald- und Feldkulte 22.
geschmückte Frau in Tanzbewegung hält dem
Dionysos und der Ariadne ein Salbgefäß entgegen.
An der Identität der Namen etr. helenaia — griech.
'EXivrj ist nicht zu zweifeln, doch scheint der
Name auf unserem Spiegel eine Bakchantin und
nicht die bekannte Helena zu bezeichnen. Belege
für die etruskische Namensformen bei He ecke
Bezzenb. Beitr. II 1877—78, 167 ; s. o. den Art.
Helena. [Herbig.
Kaibel Herrn. XXVII (1892)255. 3) Pausanias
(III 19, 10) erwähnt ein Heiligtum der H. 8ev-
ÖQiug in Rhodos und gibt dazu eine aitio-
logische Legende, nach der H. sich an einem
Baume erhängt habe, als sie beim Bade durch
Dienerinnen der Gattin des Tlepolenios, die ihren
Mann an H. rächen wollte, in Erinyenmasken
erschreckt wurde. Also war H. mit Baumkult
verbunden. Daß auch das Bad in der rhodischen
Helene (Eltvfj). 1) Kleines längliches Felsen- 50 Legende von Bedeutung war, wird nahe gelegt
eiland von etwa 12 km Länge, an der Ostküste von
Attika gelegen, Strab. IX 5, 3 p. 485 'Aqts/,u8(oqos
d' ovv 6iaQi-&ixsTzai siBQt zfjq EXivrjg eoköv, ozi gjio
ßogixov p&XQi 2owiov MXQaxsiT.au /uangä, oiadtwv
ocov €$rjxovza zo f.ir}xoq (vgl. IX 1, 22 p. 399).
Wie im Altertum ist die Insel auch jetzt nicht
bewohnt; höchstens im Sommer dient sie für
kurze Zeit Hirten zum Aufenthalt. Ihr moderner
Name ist Maxoov?}oi. Die Alten brachten den
Namen H. mit dem der Gattin des Menelaos zu- 60
sammen und bezogen die Homerverse II. III 4451,
wo die Insel Kgavärj genannt wird, auf das Eiland
an der attischen Küste (so Strab. IX 1, 22 p. 399.
Schol. Hom. H. UI 445. Paus. 135,1), während Pau-
sanias an anderer Stelle (UI 22, 1) jene Wort« rich-
tiger auf die Insel Kgavdij hei Gytheion deutet.
Ein anderer Name war Makris, Hermol.-Steph.
Byz. s. 'EXhr]. Vgl. Eurip. Hei. 1673ff. Strab.
durch diese Notizen: EAsvtjs Iovtqov hieß ein
heißer Quell bei (4) Kenchreai bei Korinth r
Paus. II 2. 3, und nach Steph. Byz. s. 'EUvij
265, 5 hieß H. eine Quelle in (5) Chios. Also
Baum- und Quellkult ist für H. gesichert. Die
Notiz Paus. VHI 23, 4, bei dem arkadischen Ka-
phyai bei Orchomenos habe eine Platane an einem
Quell Mevslaig geheißen, fahrt zu der Vermutung,
daß Menelaos mit ihr wesensverwandt gewesen sei.
Zwar nicht durch Kult, aber durch Sagen-
spuren ist H. ferner sicher lokalisiert an fol-
genden Orten: 6) zwischen dem arkadischen
Tegea und Argos, wo ein Gebiet am Abhang
des Parthenion sv KoQv&evat hieß (Paus. VIII
54, 5): denn hier allein ist Korythos zu Hause,
der zu H. entweder als Sohn des Alexandras und
der Oinone und H.s Liebhaber (Parfhenios 34)
oder als H.s eigener Sohn von Alexandras (Ni-
fcander hei Parthenios 34, wo auch Hellanikos
zitiert ist, SchoL Hom. Od. IV 11. SchoL Lykophr.
851 Tzetz. Dictys V 5) in Beziehung gesetzt wird.
Es scheint, als ob wirklich einer dieser Autoren
■oder noch ein anderer Gelehrter H. und Alexan-
dros hier lokalisiert hat, da der Schwindler Pto-
lemaios Chennos (Her eher Jahrb. f. Philol. 1
Suppl. 267ff.) in seiner xaivr\ lazoQia IV (Phot.
bibl. 190 = Westermann Mythogr. Graeci
188, 28) sagt, H. sei von Alexandros £v Ilao&s-
vlqy öqsi geraubt. 7) Im benachbarten Ajgos
ist sie durch Homers Bezeichnung 'AgyrnTj C E.
anerkannt. Busolt (Griech. Gesch. 12 223)
und Bei och (Griech. Gesch. I 157) haben frei-
lich unter Cauers Zustimmung (Grundfragen
d. Homerkritik 2 233) H. wie Agamemnon ins
ihessalische Argos versetzt, aber von beiden
findet sich dort keine Spur, ebensowenig von
Menelaos. Die Hypothese ist unzulänglich be-
gründet, und auch von den vorgebrachten Grün-
den hält keiner Stich. Dagegen wird H. an das
peloponnesische Argos durch eine Reihe fester ört-
licher Beziehungen gefesselt. So ist ihre Tochter (8)
Hermione die Eponyme dieser argivischen Stadt,
ihr Räuber Theseus ist in (9) Troizen, Hermio-
nes Nachbarstadt, zu Hause, von dort zieht er
aus nach Athen und bezeichnet seinen Weg durch
seine Taten. In Troizen wohnt auch Aithra, die
Mutter des Theseus, nach Hom. IL III 144 H.s
Sklavin. Ihre andere ebd. genannte Sklavin Kly-
mene weist wieder nach Hermione, wo Hades
unter dem Namen Klvmenos verehrt wurde (Lasos
von Hermione bei Athen. XV 624 E, vgl. Prell er-
Robert Griech. Myth. 751, 1). So dürfte man
vielleicht auch in dem Namen ihrer Dienerin
Hom, Od. IV 123 Adreste eine Beziehung zu (10)
Sikyon sehen, wo Adrestos durch Bockschöre ver-
ehrt wurde, wie sonst Dionysos (Herodot. V 67),
also eine Fruchtbarkeit spendende Unterwelts-
gottheit waT. Als solche würde Adreste wie die
Unter weltagöttin Klymene gut zu H. passen, die
sich durch ihren Baumkult in Sparta und Rhodos
als ein Wachstum spendendes Wesen erweist. Da
Rhodos von Argos aus besiedelt war (Pind. Ol.
VII 19. Thuc. VH 57), so ist die Vermutung
begründet, für Argos auch den Kult der 'E.
Ssvögiztg wenigstens in Frühzeit anzunehmen.
Eine Spur des H.- Kultes könnte sich verbergen
unter der Legende (Paus. II 22, 6), H. habe das
Heiligtum der Eileithyia in (11) Argos da ge-
gründet, wo sie dem Theseus die Iphigeneia ge-
boren habe.
Der Name H. haftet an einer kleinen langge-
streckten Insel weshalb sie auch MaxQig hieß,
vor der Südostecke von (12) Attika (Hekataios
bei Steph. Byz. s. v. Strab. IX 399. X 485 usw.),
und bezeugt so, daß H. hier einst gesessen hat,
vermutlich verehrt wurde; denn daß der Name
H. dieser Insel erst durch mythologische Spielerei
beigelegt sei, ist eine nicht begründete und nicht
zu begründende Hypothese.
Daß der H. in Athen mit den Dioskuren ge-
opfert sei, erwähnt nur der Atticist Pausanias
bei Eustath. Od. I 399 p. 1425, 62 = Dionys. et
Paus. frg. coli. E. Schwabe 112, 1. Wenn Athe-
nagoras Supplicatio an Marc Aurel und Commo-
dus c. 1 behauptet, der Hier bete neben Hektor
an tijv e EUvr ) v 'ASedczsiar sxtordftevoe, so besagt
das wohl nicht mehr, als daß sie Tochter der
Nemesis sei (Otto). Ohne Gewähr ist die Notte
bei Plut. de Herod. mal. 857 B von vielen Ehren,
die H. und Menelaos bei den Ägyptern genössen.
Dagegen könnte man vielleicht erwägen, ob die
Geschichte von der IrrFahrt des Menelaos mit der
wiedergewonnenen H. von Troia nach (13) Ägyp-
ten (Proklos Nosten, Odyss. IV 351ff.) vielleicht
aus dem Kult der H., vielleicht auch des Menelaos
10 in Naukratis im 7. Jhdt. entstanden sein könne.
Ein Temenos der Dioskuren aus dem 6. Jhdt.
ist dort gesichert, M. Prinz Naukratis (1908) 3.
11, 37ff.
So ist H. örtlich beschränkt auf die südliche
und östliche Peloponnes bis nach Arkadien hin-
ein und in der argivischen Kolonie Rhodos; ver-
einzelt steht die Insel H. vor Attika, und die
Quelle H. in Chios.
Sekundär erst von den Dioskuren auf sie über-
20 tragen scheint die Vorstellung, daß H. wie diese,
denen sie als Schwester gesellt worden war, den
Schiffern als Flämmchen erscheine (St. Elms-
feuer). Nach Euripid. Orest. 1637 ist es wie
das der Dioskuren ein gutes Zeichen. Das Scho-
lion führt Sosibios für das Gegenteil an, ebenso
Plin. n. h. II 101. Solin. 18, 1.
IL Helene in Verbindung mit andern
Wesen. (Sagen).
Jede Gottheit steht zunächst meist für sich
30 allein da. Ihre Verbindung mit andern zu ge-
nealogischem oder ehelichem Verhältnis ist se
kundär. Wird ein Wesen Kind des Zeus ge-
nannt, so besagt das nur, daß es göttlicher Natur
ist. Andere Väter und die Mütter sind meist
wohl derart zu erklären, daß sie dem betreffenden
Wesen örtlich nahe verehrt wurden oder waren
und deshalb zu ihm in Beziehung gesetzt wurden,
natürlich alles nur an diesem einen Orte. So
konnte es kommen, daß dieselben Wesen an ver-
40 schiedenen Orten verschiedene Verbindungen ein-
gingen. Setzten sich mehrere durch, so hielten
es die Dichter für ihre Aufgabe, sie irgendwie
zu vereinigen. So hat z. B. Herakles zwei Väter,
Zeus und Amphitryon, Theseus viele Frauen, H.
mehrere Eltern und viele Männer.
A. Helenes Eltern und Geburt. H.
heißt Tochter des Zeus in der Ilias und Odyssee
(s unter III. 1. und 2.). Von ihrer Mutter ver-
lautet nichts. Nur Hom. Od. XI 298 in dem
50 spät eingelegten Heroinenkatalog der Nekyia wird
Leda als Mutter des Kastor und Polydeukes ge-
nannt. Obgleich diese IL ni 238 die leiblichen
Brüder der H. heißen, wird dort H. nicht unter
Ledas Kindern aufgeführt. Und nicht Zeus ist
Od. XI 298 Vater jener beiden, sondern Tyndareos:
Tyndariden heißen sie ebenso wie Dioskuren.
Ebenso erscheint H. auch als Tochter des Tyn-
daTeos z. B. bei Hesiod. frg. 93 Rz«, Stesichoros
in SchoL Eur. Or. 249, Euripid. Helena 20; He-
60 eub. 269, Hyg. fab. 78 u. ö. In Tyndareos Haus
wächst H. auf, er empfängt die Freier und gibt
sie dem Menelaos: Hesiod. frg. 93. 94 Rz*. Apol-
lod. bibl. HI 129ff. Hyg. fab. 78. Die' wider-
sprechenden Angaben zu verbinden, wurde das-
selbe Mittel wie bei Herakles angewendet in seinem
Sohnesverhaltnis zu Zeus und Amphitryon. Zeus
und der nicht mehr als Gott empfundene Tyn-
dareos sind Leda in derselben Nacht genaht: vom
2827
Helene
Helene
2828
Gotte in Schwanengestalt empfängt Leda H. und
Polydeukes, Ton Tyndareos Kastor: Apollod. bibl.
III 126, und ähnliches: vgl. Pind. Nem. X 150
mit Schol. Euripid. Helena 20. 1642. Schob Ly-
cophr. 88.
Die Vaterschaft des Tyndareos zu H. wird
spartanische Sage sein, denn dort hat er ein
Mnerna neben einem Tempel des Zeus (Paus. ITI
17, 4) und sein Vater Oibalos ein Heroon (raus. III
15. 10). Leda dagegen scheint kaum lokalisierbar. 10
Daß Leda von Zeus in Schwanengestalt ge-
schwängert H. geboren habe, gibt zuerst Euripid.
Helena 20. Ein im Tempel der Hilaeira und
Phoibe, der Leukippiden, in Sparta aufgehängtes
mit Tänien geschmücktes Ei gaben die Ciceroni
als das von Leda geborene Ei aus, Paus. III 16, 1.
Aber auch Leda ist nicht die einzige, die als
Mutter mit H. verbunden war. Nach den Kyprien
(frg. 6 K.) ist H. Tochter der Nemesis, die tot
Zeus flieht und von ihm in Gestalt eines Fisches 20
oder anderer Tiere verfolgt, schließlich in Gans-
oder Schwanengestalt von ihm überwältigt, ein
Ei gebiert, Kyprien frg. 6K. Apollod. bibl. III
127f. Lycophr. Alex. 88 mit Schob Eratosthenes
Cataster. 25 (Robert 142). Hyg. Poet. Astr. II 8.
Comment. in Arat ed. Maass p. 233f. 578.
Aus diesem Ei, von einem Hirten gefunden und
der Leda übergeben, entstammt H. , so Apollod.
bibl. III 127. Schol. Lycophr. 88, Auson. ep. 54,
nach anderen auch Kastor und Polydeukes : Ho- 30
rat. ars poet. 147; sat. II 1, 26. Schol. Dan.
Verg. Aen. III 328 usw. Auf diese Weise sollten
die beiden Mütter der H,, Nemesis und Leda, ver-
einigt werden. Auch Kyprien frg. 6 führt darauf,
doch wird aus den Versen nicht klar, in welches
Verhältnis Leda neben Nemesis zu diesen Kindern
gesetzt war. Sappho (frg. 56 und 112 bei Athen.
II 57 D) erzählte, Leda habe einst ein Ei gefun-
den; vgl. Kratinos CAF I 108 Kock = Athen.
IX 373 E. Wichtig ist die Entscheidung der 40
Frage, ob die Kyprien , die in Iphigeniens auli-
scher Opferung und der ihnen vermutungsweise
zugewiesenen Sage von H.s Wiedereroberung aus
Aphidna (s. II B 3) sicherlich attische Lokal-
sagen benützten, auch für H.s Zeugung von Ne-
mesis durch den attischen Nemesiskult in Rham-
nus (Paus. I 31) beeinflußt seien. So v. Wila-
mo witz Herrn. XVIII (1883) 261f. O. Ross-
bach in Roschers Myth. Lex. s. Nemesis 126
führt dagegen an, daß der dortige größere, sicher 50
der Nemesis gehörige Tempel erst von etwa 450
stamme, während in dem kleineren, dem 6. Jhdt.
angehörigen Tempel daneben ein Bild der The-
mis aus dem 4. Jhdt. gefunden sei (Stais in
'Eyrjp. ägyaiol. 1891, 45), er also der Themis ge-
höre. Aber wie Stais ausdrücklich bemerkt
p. 47 , kann die in der Ecke stehende Themis-
statue nicht Kultbild gewesen sein. Da nun
Pausanias nur Nemesis als Kultgöttin von Rham-
nus nennt und diese Göttin auch in Smyrna 60
sicher schon im 6. Jhdt. verehrt ist (Paus. IX 35,
6), so ist Rossbachs Schluß bedenklich und die
Beziehung der Kyprien auf Rhamnus nicht un-
wahrscheinlich. Kallim. hymn. III 232 nennt
H. Taftvovaig, das Scholion erklärt: Zeus habe
nämlich in Rhamnus die Nemesis umarmt. Ebenso
Eratosth. Cataster. 25; Coxumentar. in Aratum
ed. Maass 233, 578.
Eine ganz andere Genealogie der H, stand bei
Hesiod. frg. 92 Kz2 = Schol. Find. Nem. X 150:
H. sei Tochter des Okeanos und der Tethys. Das
ist eine passend fingierte Abkunft für eine Göttin
des Wachstums, als welche H. durch ihren Kult
an Bäumen (Platane) und an Quellen charakteri-
siert ist (s. o. I 2. 3. 4. 5).
B. Helenes Männer, Entführungssagen.
Um die aus örtlicher Nachbarschaft in ver-
schiedenen Gegenden entstandenen widersprechen-
den Vorstellungen einer ehelichen Verbindung der
H. auszugleichen, ist das beliebte Raubmotiv
angewandt worden.
1) Aus der Sage auszuscheiden als poetische
Erfindung ist H.s Verhältnis zu Achill. Homer
weiß nichts davon. Nach Proklos Angabe er-
zählten die Kyprien, dem Achill hätten bald nach
der Landung Aphrodite und Thetis die H. zu-
geführt , die er zu sehen gewünscht. Ob dieser
Zug dem Epos zuzutrauen ist, scheint mir zweifel-
haft. Im Traum läßt ihn Lycophr. 174 sie sehen,
ebenso Schol. IL ITI 140 BTwl. Erst nach
seinem Tode wird H. seine Gattin auf der Insel
Leuke an der Istrosmündung: so Paus. III 19,
11 mit Hinweis auf .den loyog der Krotoniaten
und Himeräer', Schol. Euripid. Androm. 229. Phi-
lostrat. Heroic. 211f.K
2) Nach dem Tode des Paris heiratet H. in
Ilion den Deiphobos, Sohn des Priamos: so im
kyklischen Epos ,kleine Ilias' (Proklos), Lycophr.
168 mit Schol. Schol. Euripid. Androm. 299.
Euripid. Troad. 959. Menelaos erschlägt ihn bei
der Eroberung Ilions, Hom. Od. VIII 517. Apol-
lod. bibl. Epitome V 22. Quint. Smyrn. XIII 355.
Möglich, daß Deiphobos der H. nur gesellt ünV
da sie einen Mann haben mußte; daß dies Ver-
hältnis also poetische Erfindung war. Aber mög-
lich scheint auch, daß ein altnachbarliches Ver-
hältnis zugrunde liege, wie der Sage vom Raubfr
der H. durch Theseus. Denn Deiphobos erscheint
als amykläischer Heros in der Heraklessage: er
entsühnt ihn vom Morde des Iphitos (Apollod.
II 6, 2, 3. Diodor. IV 31, 2), also in unmittel-
barer Nähe von Therapne und Sparta, wo H. ver-
ehrt wurde. Sein Kampf mit Menelaos wäre
dann ein Nachbarkampf, der von Lakonien nach
Troia versetzt wäre wie so viele andere. Doch
das bleibt unsicher.
3) Echte Sage ist dagegen sicher H.s Raub
durch Theseus, Apollod. bibl. III 128. Diodor.
IV 63. Hyg. fab. 79. Paus. 141,4. Plut. Thes.
31. Lycophr. 513 mit Schol. Schol. IL III 144.
242. Herodot. IX 73. Orid. Her. V 127. Mit
Hilfe des Peirithoos raubt er sie (bei einem Ar-
temisopfer), er bringt sie nach Aphidna in Attika.
Ihre Brüder, die Dioskuren, erobern die Stadt in
Abwesenheit des Theseus und bringen sie mit
Aithra, Theseus Mutter, die sie ihr als Sklavin
geben, nach Sparta zurück. ^^
Homer kennt diese Sage nicht (Schol. IL Vll
352. XIII 626). Doch war sie dargestellt auf
dem Kypseloskasten mit erläuterndem Epigramm^
das sicher korrupt ist (Toepffer Beiträge 154),
wohl vom Anfang des 6. Jhdts. (Paus. V 19, 3),
und an dem amykläischen Thron um 550 (Paus.
III 18, 15). Ich vermute mit Wentzel (Epi-
thalamion, Göttingen 1890, 22), daß das kyklische
Epos Kyprien die Sage so erzählt hatte (vgl.
2829
Helene
Schol. IL m 242 AD), und daß erst dies Epos
sie mit der Menelaos-Paris-Sage verbunden hatte.
Es hatte die Dioskuren verwendet, um H. zu-
rückbringen zu lassen, damit sie von Menelaos
geheiratet und von Paris geraubt werden könne;
dadurch wird auch der große Exkurs der Ky-
prien über den Tod der Dioskuren (frg. 5-7K)
verständlich. ,
Die ursprüngliche Sage kannte nicht die
Rückgewinnung der H. , sondern nur den Raub
der H. durch Theseus und die eheliche Verbin-
dung beider; wird doch für ihre Wiedergewinnung
Theseus entfernt. Den Beweis gibt die Über-
lieferung, daß Iphigenie die Tochter der H. von
Theseus war, Paus. II 22, 6 mit Beleg aus Stesi-
choros, Euphorion (vgl. frg. 61 M.), Alexander
Aitolos, Antonin. Liber. 27 (Nikander), Schol.
Lycophr. 102 (Duris). 183.
Die Sage ist hervorgegangen aus einem nach-
barlichen Verhältnis dieser drei Wesen, H., The-
seus, Iphigenie. Wir können sie nachweisen im
Norden Attikas, wo Theseus festsitzt (Toepffer
Beiträge 153ff.) und Iphigenia bei Brauron verehrt
wurde (Euripid. Iph. Taur. 1446 usw.; s. d.) und
wo H.s einstige Anwesenheit aus der Attika vor-
gelagerten Insel H. erschlossen werden darf, bezw.
auch aus der Sage von H.s Zeugung durch Zeus
und Nemesis in Rhamnus (s. I. 12 und H. A).
Aber auch in der Argolis sitzen sie zusammen:
Theseus und H. sind mit Troizen verbunden, wie
H. auch sonst zu Argos Beziehungen hat (s. o.),
und Iphigenie hatte wie in Megara ein Heroon
(Paus. I 43, 1), so in Argos wenigstens Spuren
hinterlassen, die allerdings nicht sicher genug
sind (Paus. I 33, 1). Einen Tempel der Aphro-
dite Nymphia zwischen Troizen und Hermione
betrachtete die Legende als Stiftung des Theseus
nach dem Raube der H. (Paus. II 32, 7). Schol.
Apoll. Rhod. I 101 laßt die Dioskuren H.s wegen
in Theseus' Abwesenheit gegen Troizen ziehen,
es zerstören und Aithra rauben. Zu entscheiden
sehe ich keine Möglichkeit. Doch ist die vor-
liegende Sagenform sicher attischen Ursprungs,
da H. nach Aphidna gebracht und dies um-
kämpft wird. , r 1 , ,
4) H.s eheliches Verhältnis zu Menelaos ist
aus ihrem gemeinsamen Kult in Therapne ver-
ständlich. Nur hier ist für uns ihre Kultgemem-
schaft nachweisbar. Deshalb ist Sparta ihr Königs-
sitz in der Odyssee. In der Ilias aber ist Lake-
daimon als Sitz H s nur erwähnt LTI 239. 244
387. 443 und II 586 (vgl. Finsler Herrn. XLI
1906, 435), während H. sonst Argeerin heißt. Es
sieht also so aus, als ob auch in Argos Menelaos
mit ihr verbunden gewesen war. Daß Sparta in
der jüngeren Sage vordrang, erklärt sich aus der
Dauer ihres Kultes dort.
5) Alexandros-Paris ist H.s Gatte in der
Ilias. Er hat sie dem Menelaos geraubt und kämpft
mit ihm um sie , IL ITI 328ff. Daß ein Troer
eine Spartanerin raubt, kann nicht alte echte
Sage sein. So ist es entweder poetische Erfin-
dung, wie Niese (Entwickelung d. Homer. Poe-
sie) und andere meinen, oder sie ist wtrkbcbd
Sage, aber vom Ort ihrer Entstehung nach Troia
übertragen. Ihre Heimat kann nur da sein, wo
alle drei, H , Menelaos und Alexandras, beisammen
nachweisbar sind. Direkt ist das nirgends mög-
lich Aber vielleicht könnte man aus dem Kult
der 'Alexandra (s. d.) in Amyklai, der Nachbar-
Stadt von Sparta und Therapne, auch auf die
einstüre Existenz des Alexandres dort schließen.
Einen anderen Weg weist die vielleicht schon
von Hellanikos (Parthenios 34), sicher von M-
kander (ebd.) in Schob Od. IV 11 , von Schol.
Lycophr. 851 Tzetz. Dictys V gegebene Isotiz,
daß H. dem AlexandTos einen Sohn Korythos
10 geboren habe, den Eponymen der KoQvdeTs im
Partheniongebirge zwischen Tegea und Argos.
Freilich wd nicht dieser Ort angegeben (nur
Ptolemaios Chennos IV (West er mann Mythogr.
Gr. 188, 28) behauptet, Paris habe H. h Hag-
Üsviy geraubt), aber der Name Korythos hat
nur diese eine örtliche Beziehung, und H. heißt
in der Hias Argeerin, auch Menelaos sitzt im be-
nachbarten arkadischen Kaphyai fest (Paus. VIII
23, 3). Bedenkt man , daß Telephos , in dessen
20 Sage Korythos auch eine Rolle spielt, nur bei
Tegea und in der kleinasiatischen Teuthrania
südlich der Troas seßhaft ist, und daß ebenso
Aineias und Anchises in derselben Gegend des öst-
lichen Arkadiens und in der Troas sitzen, so er-
scheint die Vermutung nicht als unmöglich, daß
die Sage von H., Alexandras (Korythos) und Me-
nelaos auf der Grenze von Arkadien und Argos
entstanden und nach dem nördlichen Kleinasien
übertragen sein könne. H.s Entführung aus Ar-
30 gos (Verg. Aen. I 651. Luc, Charidem. 17) stammt
aus Hom. IL VII 363. .
6) Korythos, der Eponyrne des Koqv&eTs im
Fartheniongebirse und Tegea, wurde zu H. als
ihr Liebhaber oder als ihr Sohn in Beziehung
gesetzt. Im ersten Verhältnis erscheint er als
Sohn des Alexandros und der Oinone; er kommt
als Helfer nach Ilion, verliebt sich in H. , die
ihn freundlich aufnimmt, und wird vom eigenen
Vater aus Eifersucht erschlagen, so Parthenios 34
40 mit dem Scholion (vgl. Herrn. XXXVIII [1903]
608ff.) laroQEt'EXXäviKog Tqwmüv . . xai KsfpaXtov
6 reQyi&tos, von denen letzterer wohl diese tra-
gische Geschichte gab. Ebenso Konon 23, der
angibt, Oinone habe ihren schönen Sohn gesandt,
um der H. Unheil zu bereiten. Es ist dies eine
wohl hellenistische Ausdichtung einer alten Orts-
sage, vgl. unter I 6 und II 5.
C. Kinder der Helene. Nach Hom. Od.
IV 12 hat H. nur ein Kind geboren, und zwar
50 dem Menelaos die Hermione. Auch Hom. IL III
175 erwähnt, H. habe, von Paris entführt, eine
Tochter zurückgelassen. Schol. Od. IV 11 no-
tiert: ol de vsunsQoi hätten ihr mehrere Kinder
gegeben, auch einen Sohn Nikostratos von Mene-
laos: so Hesiod. frg. 99 Rz. 2 = Schol. Soph. EL
539. Schol. 11. III 175 DB notiert aus Porphynos
'Ouriptxa ; V rriuaza als Zeugen für Nikostratos
Kinaithon und fügt bei: ,die Lakedaimomer ehren
zwei Söhne der H., Nikostratos und Aithiolas'
60 (die beide auch Schob Lycophr. 851 Tzetz. nennt),
ferner zitiert es Diaithos [nach Seh war tz und
Cohn = Areithos (s. d.)] als Zeugen dafür daß
H. dem Menelaos den MoTaphios (?) geboren habe,
von dem das Geschlecht der Moraphier bei den
Persern heiße. — Dem Theseus soll H. die Iphi-
genaa geboren haben : Stesichoros. Alexander Aito-
los, Euphorion bei Paus. II 22, 7. Schol. Ly-
cophr. 513 und 851 Tzetz. — Mit Alexandros hat
AXV1VUV}
H. nach Nikander bei Parthenios 84 den Kory-
thos gezeugt, nach Schol. Lycophr. 851 Tzetzes
Bovvixog, Kögv&os, "Ayavog, 'ISaios, die hei Dic-
tys V 5 als Bunonius Corythus Idaeos erscheinen,
ebenso hei Malal. V p. 140 faber Bovvtuog) und
Cedren. 130.
Von diesen Namen sind sagenhaft : Hemrione,
die Eponyme der argi vischen Stadt, Korythos, der
Eponym der Koqv&sis im Partheniongebirge zwi-
in der Ilias erwähnt wird, erweckt das Gedicht
doch die Vorstellung, daß um sie sich der ganze
Krieg drehe, vgl. z. B. I 159. II 177. VTt 350ff.
XXII 114ff. Durch ihren Raub ist in der Ilias
die Teilnahme aller Aehaierhelden am Kriege moti-
viert. Diese Motivierung tritt im Verlauf der Hand-
lung mehr und mehr zurück, ohne jedoch ganz
zu verschwinden (z. B. XXII 114). Die einzelnen
Heldenkämpfe werden das Ursprüngliche sein und
sehen Argos und Tegea, Iphigeneia, die in Nord- 10 das H.-Motiv wird erst nachträglich ihnen zuge-
attika, Megara, Argos nachweisbare Göttin. Poe-
tische Erfindungen sind sicher Nikostratos, Bu-
nikos (Bunomos), Idaios, auch wohl Aithiolas.
III. Helene in der Dichtung.
Sind die Liebesverhältnisse der H. unter II.
2 und 3 vereinzelt geblieben und erst spät und
locker angefügt, so hat die Vereinigung der Sagen
unter 4 und 5 durch Homer unvergleichlichen
Kubm erlangt.
bracht sein, um sie zusammenzuhalten.
2) Odyssee. Aucb sie kennt H. als Argi-
verin IV 121. 184. 296. 305, XV 100, 104. XXIII
218 usw. und als Zeustochter IV 184. 219. XXIH
218. Aber ihr Königssitz ist hier, abgesehen von
III 251. 260 — 311, wo man zweifelhaft sein kann,
ob Menelaos nicht in Argos gedacht sei, durch-
aus Sparta (IV), wo Telemach sie in Menelaos'
Hause sieht. Menelaos hat sie sich zurücker-
1) Ilias. Über H.s Entführung gibt die20obert, nachdem er bei der Eroberung von Ilios
späte Teichoskopie Andeutungen , die auf schon
ausgebildete Sage schließen lassen. H. folgte
dem Alexandros unter Aphrodites Leitung III
400ff„ verließ Menelaos und Tochter III I74f.,
ihre Brüder sind Kastor und Polydeukes HI 237.
Auf der .felsigen* Insel (Kgavaij) genoß Alexan-
dros zum erstenmal die entführte H. Auch sonst
gibt das HI. Buch am meisten über H. Sie zu-
rückzufordern kamen Menelaos und Odysseus Ver-
den Deiphobos erschlagen hatte, Hom. Od. VIII
517, ihren letzten troischen Gatten (vgl. Hom. Od.
IV 277). In Ilios hatte sie den Odysseus, der
als Bettler verkleidet zum Kundschaften einge-
drungen war, erkannt und gepflegt IV 240ff.,
die Helden im hölzernen Pferde hatte sie ver-
sucht, indem sie die Stimmen ihrer Frauen nach-
ahmte und sie bei Namen rief (Od. IV 275ff.).
Auf der Eückfahrt von Ilios war H. mit Mene-
geblich nach Ilios als Gesandte III 206ff. , vgl. 30 laos nach Ägypten verschlagen und dort zu Po-
tt n ft tt™ „:„ ..„;. ;,. xx-i.-i.__ c-x.*^ lybog in Theben (Hom. Od. IV 126) und zu Po-
lydamna, der Gattin des Thon gekommen.
3) Kyklos undHesiod. Gibt die Ilias die
Grundzüge der H.-Sage, so wurden diese in den
kyklisehen Epen weiter entwickelt teils durch
Weiterdichtung, teils durch Einbeziehung neuer
H.-Sag^n. So ist die Sage von H. und Theseus
(s. o. II 3) von den Kyprien, wie es scheint,
aufgenommen worden, die von H. und Deiphobos
XI 140. Um sie und die entführten Schäfze
kämpfen unter feierlichen Eiden Alexandros und
Menelaos III 20ff. H. wird von Iris auf den Tor-
turm zu Priamos und den Greisen gerufen, den
Kampf zu sehen III 120ff., und nach der Ret-
tung des überwundenen, aber durch Aphrodite
in sein Haus entrückten Alexandros wird sie von
der Göttin diesem trotz ihres Widerstrebens zu-
geführt III 383ff. Vereinzelt und wohl nur ex-
temporiert, um die Pracht des von Hekabe der 40 (s. o. II 2( war in der ,kleinen Ilias' = Jliu-
Athena Ilias geweihten Kleides zu malen, ist die persis* erzählt (Proklos). Die ,Nosten' (Proklos)
Notiz VI 290, Alexandros sei mit H. nach ihrer " ' n * *' " ' " "* ~"
Entführung nach Sidon gekommen und habe von
dort sidonische Weiber nach Troia gebracht. Wenn
Apollo dor bibl. Epit. 3. 4 und Proklos unter
Kyprien (s. jedoch Herodot. II 117) sagen, Hera
habe sie dahin verscblagen , so ist das eine poe-
tische oder gelehrte Deutung dieser Stelle, eben-
so wohl auch die andere Version bei Apollod.
und wohl nach ihnen Hom. Od. IV 351ff. er-
zählten von der Irrfahrt des Menelaos mit der
wiedergewonnenen H. nach Ägypten, die vielleicht
erst auf Grund eines H.-Kultes in dem sicher
seit Mitte des 7. Jhdts. besiedelten Naukratis
entstanden sein könnte (s. o. I nr. 13).
Die poetische Ausgestaltung der H.-Sage ge-
schah auf vielerlei Art. Die Odyssee (s. o. HI 2)
Epit. 3. 4, Alexandros habe sich absichtlich, um 50 gibt Beispiele dafür. Auch aus den kyklisehen Epen
einer eventuellen Verfolgung zu entgehen, längere
Zeit in Kypros und Phoinikien aufgehalten. —
Das Gedicht von Hektors Abschied (VI 313— VII
7) stellt H. und Paris dem so ganz anders ge-
arteten Paare Hektor und Andromache mit feiner
Kunst gegenüber: Abhdlg. Sachs. Ges. d. Wiss.
XXVn (1909) 413ff. Hom. II. XXIV 760 singt
auch H. dem Hektor die Totenklage, deren Ge-
danken sich an VI 378ff. anzulehnen scheinen.
direkt haben wir Belege. Ihre Entführung durch
Alexandros (Proklos, Kyprien) und ihre Wieder-
gewinnung durch Menelaos (Proklos, Iliupersis
und .kleine Ilias' frg. 16 = Schol. Aristoph. Ly-
sistr. 155, wo auch Ibykos und Euripides (An-
drom. 628) dafür zitiert werden, Quint. Smyrn.
XIII 388) reizten dazu besonders : vor dem Lieb-
reiz der H. entfiel dem Menelaos das rächende
Schwert. Die in der Ilias doch recht lockere
XXIV 765 erwähnt H., es sei das 20. Jahr, seit 60 und nur leise angedeutete Motivierung der Teil-
sie ihre Heimat verlassen habe.
Als Tochter des Zeus erscheint H. nur HI
199. 418. 426. Nur IH 239. 244. 387. 443 und
II 586 wurden H. und Menelaos in Lakedaimon
gedacht, sonst heißt sie in der Hias Argiverin,
z. B. VI 323. 343. 360. IV 19. VII 350. XXTV
761 usw. und VII 363 sagt Paris sogar, er habe
sie aus Argos entführt. Obgleich H. nicht häufig
nähme aller Aehaierhelden am Kriege gegen Troia
wurde verbessert durch die hübsche Erfindung,
H.s Vater Tyndareos habe auf Odysseus Bat H.s
Freier schwören lassen, daß sie alle dem zu er-
wählenden Gatten gegen jeden Entführer der H.
beistehen würden : und alle Helden, außer Achill,
waren ihre Freier gewesen. Ihren Katalog hat ein
Papyrus (Berlin. Klassiker-Texte VIS. 28ff.)
11«1CUC
aus Heaiodö Katalogen 1> frg. 94 Bz. *) erhalten,
«tn Stück» das die ,Peisistratisch& Interpolation 4
IL H 557 voraussetzt, also nicht älter als Ende
des 6. Jhdts. ist. Ich vermute, daß der Dichter
der ,Kyprien' den Freiereid erfunden oder wenig-
stens zuerst als Mittel, die Massen zusammen-
zuhalten, im großen Zusammenhange verwendet
hat. Der Freiereid ist seitdem allbekannt : Schol.
II. II 339 ^ tazogia jraoa .SzTjaf/o'ea), Euripid.
halt, der ihm H. und die Schätze abnimmt, um
sie dem rechtmäßigen Besitzer aufzubewahren.
Euripides hat die Version des Stesichoros und
ihre hei Herodot vorliegende Variation seiner
412 aufgeführten Tragödie H. zugrunde gelegt,
die seiner Taurischen Iphigenie sehr ähnlieh ent-
worfen ist : H. von Hermes nach Ägypten zum
weisen Proteus entrückt, wird nach dessen Tode
von seinem wilden Sohn Theoklymenos begehrt;
Iphig. Aul. 58, Isoer. X 40 usw. Listen der 10 Menelaos nach der Eroberung Ilions mit H.s
TT ■"— -— rr ~-~' - v — -•-*- — ^ t_: a„.ii_;j ttt Eidolon nach Ägypten verschlagen, trifft mit der
echten H. zusammen, erkennt sie, das Eidolon
verschwindet, mit Hilfe Theonoes, der heiligen
Schwester des Theoklymenos, versuchen sie die
Flucht, werden zurückgebracht, dann durch die
Dioskuren errettet. Vgl. Lycophr. 820 mit Schol.
Apoll, bibl. Epit. VI 30, Westermann Mythogr.
Gr. 383, 35, Dio Pr. XI 40f, LXXX 4. Philo-
strat. Heroic. 693 und Apollon. Tyan. 154. Dazu
H.-Freier zum Teil abweichend bei Apollod. III
129ff., Hyg. fab. 81. Euripid. Helena 9" 9 nennt
auch Achill als H.-Freier. Nach Proklos haben
die Kyprien auch schon Achilles und H. als die
Hauptpersonen der Dichtung zusammengeführt.
H.s Schicksale in Ilion nach Paris Tod inte-
ressierten bald. Ob ihre Verbindung mit Dei-
phobos im Kyklos schon benutzt ist, um den
Helenos, seinen Nebenbuhler, aus Hion zu ent-
fernen und zum Verräter zumachen (Apoll, bibl. 20 M. Mayer De Euripid. mythopoeia, Berl. Diss,
Epit. V 9. Konon 34), ist nicht klar. Nach Pro-
klos hat aber die ,kleine Hias' erzählt, daß Odys-
seus als Späher in Ilion eingedrungen, von H.
erkannt, mit ihr über die Einnahme verhandelt
habe (vgl. Hom. Od. IV 240. Euripid. Hecub. 239).
4) Helene in späterer Literatur. Die
folgende Dichtung hat die vom Epos erfundenen
Züge meist nur erweitert und hier und da in
modernerem Sinne umgestaltet. Doch eine wich-
1883, 8. Seeliger Überlieferung griech. Helden-
sag. bei Stesichoros, Meissen Progr. 1886, 4;
Phil. Anz. 1886, 601. Preuss De Enripidis
Helena, Leipz. Diss. 1911.
Bei Vergil Aen. VI 511 gibt H. den Achaiern
das Feuerzeichen zur Eroberung und verrät 525
den Deiphobos. H. flieht bei der Zerstörung in
den Tempel der Aphrodite und verhandelt dort
mit Menelaos: SchoL Euripid. Andromache 631
tige Neuerung führte Stesichoros ein. In der 30 (Ibykos), vgl. Schol. Arist. Vesp. 714 und die
sog. jiaZtv<p8ia (als deren Veranlassung schon
Piaton Phaedr. 243 A die Blendung des Dichters
durch H. kennt, die über Stesichoros Schmäh-
gedicht auf sie [frg. 26ff. B.] empört war; vgl.
Konon 18. Paus, in 19, 13. Schol. Plat. 243 A.
Schol. Horaz carm. I 161) hat er erzählt, nicht H.
selbst sei nach Troia gekommen, sondern nur
ihr ei&oilw, und um dies hätten AcTiaier und
Troer zehn Jahre gekämpft, während sie selbst
Tabula Hiaca (Jahn-Michaelis Griech. Bilder-
chroniken Taf. II). H. sollte gesteinigt werden
nach Stesichoros Schol. Eurip. Orest 1274; von
ihrer Mißhandlung durch Menelaos Eurip. Troad.
880 ; Helena 116.
Inzwischen war H., wje so viele andere mytho-
logische Stoffe, von den Sophisten für dialek-
tische Übungen verwendet werden. Sie eignete
sich vortrefflich als Beispiel dafür, daß ein ob-
rem bewahrt blieb, frg. 32 B. Nach Herodot. II 40 jektives Urteil nicht möglich sei, sondern daß, je
115 ist H. nach Ägypten entrückt, ebenso bei
Euripides H. Daß Stesichoros schon so gedichtet
habe, ist unbeweisbar. Da aber der troische Krieg
und des Menelaos Teilnahme an ihm für Stesi-
choros unverrückbare Tatsachen waren, muß doch
auch in seiner 7takivo>dla H. irgendwie dem Ge-
sichtskreise des Menelaos entrückt worden sein.
Durch diese Erfindung sollte wohl der Wider-
spruch zwischen der durch Sage und Dichtung ent-
nach dem Standpunkt des Beschauers, sie so gut
weiß wie schwarz erscheinen könne. Der matvog
'Ettvris steht parallel zum matvog BovoiQtbog,
KvxA.G>no$ usw., es galt xov qztto loyov xgehvoi
tioisTv. Schon in der Hekabe etwa von 425 und
den Troerinnen von 415 hat Euripides von sol-
chen dialektischen Interessen beeinflußt die Fisrur
der H. dargestellt. Das erhaltene syampttov *EU~
vqe von Gorgias, über dessen Echtheit lange ge-
_j. *±i ■ J. ^i.-T-'i ■-ll.'.l.i ~,li- U„-«Jao TT in
standenen Vorstellung vom Leichtsinn der H. und 50 stritten ist, steht vielleicht mit Euripides H. in
ihrer Vielmännerei ausgeglichen werden mit der an
ihren Kaltorten gebliebenen göttlichen Verehrung.
Dazu ist das schon der Hias bekannte Kunst-
mittel verwendet worden, die Person durch einen
Gott zu entrücken und durch ein eidcolov zu er-
setzen, das die Menschen dann für wirklich halten:
so entrücken Aphrodite und Apollon II. V 343f.
den Aineias auf die Burg und Apollon ersetzt ihn
H. V 449 durch ein ei&öiXov> Mit dieser Ein-
Zusammenhang (Preuss Lpz. Diss. 1911). Iso-
krates mit seiner 'EXivrf schließt sich an. Die
Analyse dieser Schriften und Dichtungen er-
gibt "für die Kenntnis der H.-Sage nichts, eben-
sowenig lohnt es, den Versuch zu machen, alle
Stellen über H. zu sammeln. Sie war und blieb
ein beliebter Tragödienstoff. Eine Tragödie H.
hat Theodektes geschrieben, auch von Sophokles
wird einmal dieser Titel frg. 663 zitiert, öfter
sieht (jetzt auch ausgesprochen von F. L i 1 1 g e G0 'E/.evt}$ ä^airtjais, auch ein Satyrspiel "^^K Y&-
G.-Prg. Bremen 1911 nr. 1035 S. 50) fallen die ftos hat er geschrieben, aneb in seinen Afxaami
wunderlichen Deutungen auf H. als Mondgöttin,
die man nicht zum wenigsten auf diese Sage baute.
Herodotos (II 112—115) hat die Stesfchorische
Fabel (selbst oder nach sophistischer Vorlage?)
rationalistisch-moralisch umgestaltet, derart, daß
Paris mit H. nach Ägypten verschlagen räfl,
dieser dort eine Lektion vom König Proteus er*
bat H. vielleicht eine Bolle gespielt. Der Kr-
niker Diogenes schrieb aneb eine /Tragödie* H.
Ancb die Komödie,' besonder» die inittiere, hat,
wie viele Mythen, aneb den der H. parodiert, s.
Kock Com. Attie. V*&, Ja*«* I» &* Sauer-
Mit gab H. Stoff sa mimtadwft Tarnen; Locian.
desaltat.40.
2835
Helene
Helene
Ubüt>
Einige Einzelheiten späterer poetischer Um-
gestaltung der H.-Sage seien erwähnt. Zeugung :
Zeus als Schwan laßt sich von Aphrodite in Adler-
gestalt verfolgen, um in Nemesis' Schoß zu fliehen,
Hyg. Poet. Astr. II 8. Nach Neokles von Kroton
(Athen. II 57 F) war das Ei, aus dem H. stammt,
vom Monde gefallen, nach Plutarcli symp. 637 B
vom Himmel, wofür er ,Dichter' zitiert.
Ablösung der Jungfrauenopfer ist wie an Iphi-
lemais in Oberägypten 43ff,). Da das Alexander-
priestertum sonst, soviel wir bisher wissen, stet»
von Männern bekleidet worden ist (Otto Prie-
ster u. Tempel im hellen. Ägypten I 138. 175ff.
II 322ff.), so ist diese Ausnahme sehr bemer-
kenswert, und zwar um so mehr, als damals auch
in Ptolemais das sonst von Männern versehene-
eponyme Priestertum des Königs Philometor und
der Kleopatra I., d. h. das andere für den Kult der
genie so auch an H. geknüpft: Plutarch Par all. 10 lebenden Herrscher bestimmte Priestertum (180/79-
314 C.
Ein reizvolles Epithalamion H.s hat Theokrit
18 gedichtet mit Benutzung von Sappho und
Alkman und im Anschluß an lakonischen Kult:
Kaibel Herrn. XXVII 255. Diels Herrn. XXXI
369. Jurenka Philol. LVI 405.
Paris raubt H M als sie am Ufer opfert, Ly-
cophr. 106. Steph. Byz. 554, 6 ZaixvXia jzohg
KaQtag, MotvXov xtio/na tov zrjv 'Elkv^v xal Tlägiy
vjtoSs^afisvov.
IV. Helene in der bildenden Kunst
zu verfolgen, ergibt weder für ihre Sage noch
für die Kunstgeschichte etwas Rechtes. Vgl.
Schneider Bildwerke des troischen Sagenkr.
(1886). Die ältere Kunst hat dargestellt
1) H.s Rückführung und Aithras Mißhand-
lung durch H. : Kypseloskasten Paus. V 19, 8 ;
2) besonders häufig die Entführung H.s in einem
Typus , der sowohl auf Theseus und Peirithoos
(so am amykläischen Thron, Paus. III 18, 15; 30
durch die Inschriften KOPONH mid HE AENH
merkwürdig die Münchener Amphora bei Furt-
wängler-Reichhold Taf. 33) wie auf Paris
und Aineias paßte: auf sf. Vasen von Robert
Bild und Lied 56 gedeutet; vgl. Schneider 108.
Besonders schön und reich auf dem Skyphos des
Hieron in Berlin, Wien. Yorlegebl. Serie A. 5
= Arch. Ztg. 1882, 1 und des Makron Serie C. 1
= Baumeister Denkmäler Abb. 709 = Furt-
wängler-Reichhold Taf. 85;
3) H.s Wiedergewinnung durch Menelaos, der
sie meist mit dem Schwert bedroht : am Kypselos-
kasten, Paus. V 18, 3, Darstellungen bei Schnei-
der 182, 1, der auch die spartanische Basis (O ver-
beck Plastik I 6) so erklärt. Oder dem Mene-
laos entfällt das Schwert beim Anblick der H.
auf der schönen attischen Vase Museo Gregoriano
II 5, 2 a = Baumeister Denkm. Abb. 798. Als
Gegenstück zur Entführung auf dem Skyphos des
v. Chr. sind nach P. Amh. n 42 die fcot ^t-
XopLYßQQEs bereits im Alexanderkult vertreten ge-
wesen, während sie freilich in den demotischen!
Urkunden von 179/8 v. Chr. nicht erwähnt wer-
den), von einer Frau verwaltet worden ist (PI au -
mann a. a. O. 45). Sollten etwa irgend welche
uns noch unbekannte politische oder religiöse
(dies letztere mir am wahrscheinlichsten) Gründe
— es handelt sich um die Zeit der Vormundschaft
20 der ersten Kleopatra — für diese eigenartige
Neuerang maßgebend gewesen sein?
5) Helene, Tochter des Helenos, Kanephorc der
Arsinoe Philadelphos in Alexandrien, im J. 204/3
v. Chr. (Spiegelberg Dem. P. Cairo 30660.
30700. Auch in dem P. Leid. 373, publ. Rev.
egypt. I 128, 1 dürfte dieser Name wohl zu lesen
sein und nicht Eirene, Tochter des Kleon; so
noch Otto Priest u. Tempel im hellen. Ägypt I
189).
6) Helene, Tochter des adiabenischen Königs
Izates (Joseph, bell. lud. V 147) und Gemahlin
und Schwester des Königs Monobazos Bazaios
von Adiabene (Joseph, ant. lud. XX 17ff.), ge-
boren etwa im letzten Viertel des 1. Jhdts. v. Chr.
Aus ihrem Namen oder gar aus der Geschwister-
heirat auf griechischen Ursprung zu schließen,,
wie Grätz Gesch. d. Juden III' 403f. es tut,
ist unbegründet. Schon zu Lebzeiten ihres Mannes,
ist sie durch einen an ihrem Hofe sich aufhal-
40 tenden Juden für die jüdische Religion gewonnen
worden (Joseph, ant. lud. XX 35); der offizielle
Übertritt scheint freilich erst zugleich mit ihrem
Sohne Izates erfolgt- zu sein, als dieser seinem
Vater in der Herrschaft nachgefolgt war, etwa
zweite Hälfte der 30er Jahre n. Chr. (Joseph.
ant. lud. XX 17. 38fr.). H, hat übrigens durch
ihr kluges Verhalten, das freilich von Josephus
wie überhaupt der ganze adiabenische Fürsten-
hof stark idealisiert wird, viel zu der ruhig ver-
hauptsächlich
4) Werbung des Paris um H. : bei Gerhard
Etrusk. Spiegel IV 377, damit zu vergleichen
ist das Relief Museo Burbonico III 45 = Bau-
meister Abb. 708;
5) Paris und H. auf der Hydroa mit Gold-
schmuck aus Kertsch um 330 nach wahrschein-
licher Deutung Furtwängler-Reichhold Taf.
79, 1.
6) Die Sage vom Ei, aus dem H. geboren wurde,
ist dargestellt auf einer Gruppe von attischen.
Vasen, die zuletzt Kekule S.-Ber. Akad. Berl.
1908, 691n\ besprochen hat, [Bethe.]
4) Helene (?Hlna), Tochter des Gs[. . .],
hat im J. 179/8 v.*Chr. das Amt des Alexander-
priesters in Alexandrien versehen (Spiegelberg
Dem. P. Cäiro 30968 und dazu Plaumann Pto-
42 oder 43 n. Chr.) hat H. ihren Wohnsitz in
das Heimatland ihrer neuen Religion verlegt j
Sehnsucht nach Jerusalem und dem Tempel, aber
wohl auch der Entschluß des Izates, in Jeru-
salem fünf seiner Söhne erziehen zu lassen, mögen
dies veranlaßt haben (Joseph, ant. lud. XX 49f.
71). Sie hat sich in Jerusalem einen Palast
60 inmitten der Akra erbaut (Joseph, bell. lud. V
253. VI 355) und hat sich hier oder in Lydda,
einem Hauptsitze rabbinischer Gelehrsamkeit (To-
sephta Sukka c 1), bis zum Tode des Izates,
etwa bis gegen Ende der 50er Jahre aufgehalten.
Während der großen Hungersnot in Judäa in der
Mitte der 40er Jahre hat sich H. als Volkswohl-
taterin durch Aufkaufen von Getreide in Ägypten
und Feigen in Zypern erwiesen (Joseph, ant
2887
EAiPtict
Ind. XX 51f. 101. Hieron. Epist. 108, 9, 2. Oros.
VII 6, 12), sie hat den» Tempel reiche Geschenke
gemacht (Mischna Joma HI 10), und im Talmud
und Midrasch wird die königliche Proselytin so-
gar in fast legendärer Weise erwähnt; ein Na-
siräatsgelübde dürfte sie allerdings wohl jeden-
falls abgelegt haben (Mischna, Nasir LTI 6). Bei
der Kunde vom Tode des Izates ist sie noch ein-
mal in die Heimat zurückgekehrt, doch bald nach
ihrer Rückkehr, also wohl um 60 n. Chr., ge-
storben (Joseph, ant. lud. XX 94). Beigesetzt
wurde sie bei Jerusalem in einem besonders präch-
tigen Mausoleum, das sie sich noch bei Lebzeiten
erbaut hatte, und das noch bis ins 4. Jhdt. auch
über Judäa hinaus Bewunderung erregt hat (Jo-
seph, ant. lud. XX 95; bell. lud. V 55. 119.
147. Paus. VHI 16, 5. Euseb. hist. eccl. II 12,
3. Hieron. epist. 108, 9). Erhalten ist es an-
scheinend in den heutigen sog. Königsgräbern.
Hamburger Real-Enc f. Bibel u, Talmud II. Abt.
373f. Grätz a. a. O. III 5 403ff. 786fr" Schüre r
Gesch. d. jüd. Volk. III* 169ff. [Walter Otto.]
7) Tochter des Timon aus Ägypten soll nach
Ptolemaios Hephaistion bei Photios Bibl. p. 482
zu Alesanders Zeit gelebt und die Schlacht bei
Issos gemalt haben; das Bild sei unter Ve-
spasian auf das Forum pacis versetzt worden. Will
man die in einer Aufzählung berühmter Helenen
gemachte Angabe eines gewerbsmäßigen Schwind-
lers glauben, so darf man doch keinesfalls das
pompeianische Mosaikbild der Alexanderschlacht
auf dies Gemälde zurückführen. Das Mosaikbild
ist ein Meisterwerk von größter Kraft und Tiefe.
Kunstleistungen von dieser Höhe werden von
Frauen nur auf den ihrer Natur gemäßen Gebieten
und auch dort vorwiegend im Reproduktiven
erreicht: in den Stimmungskünsten der Lyrik und
der Musik, und in der Schauspielkunst, die die
Waffe des Schwächeren ist. Für die Zuweisung
des Bildes an H. sind Welcker Kl. Sehr. III 471,
und noch entschiedener O verb e ck Pompei 2 II 228
eingetreten. Letzterer setzt das spätestens im
2. Jhdt. v. Chr. entstandene Mosaikbild deshalb
in die Zeit des Vespasian. Brunn Gesch. d.
griech. Künstler II 261 gibt die Möglichkeit zu,
Klein Gesch. d. griech. Kunst III 25 implicite
ebenfalls. Sonst neigen die Neueren zu mehr
oder minder entschiedner Ablehnung : Michaelis-
Springer Handbuch d. Kunstgesch. I*> 348.
Winter Das Alexandermosaik 8, 8. G. Körte
Rom. Mitt XXII 15, 1. Koepp Preussische
Jahrb. 1909, 513- ■ [Pfuhl.]
'EUvsut hieß ein der Helene in Lakedaimo-
nien gefeiertes Fest (Hesych. s. v.). Es wird
sich darauf beziehen, was Hesych. s. xäwadoa
von der festlichen Wagenfahrt spartanischer Jung-
frauen nach dem Heiligtum der Helene berichtet,
vielleicht auch was wir bei Isokr. eyx(o(.t. 'EHv.
63 über Opfer lesen, die sie und Menelaos zu-
sammen in Therapne empfingen . wo beide gött-
liche Verehrung genossen. S. auch Paus. III 15,
3. Wide Lakon. Kulte 340ff. Nilsson Griech.
Feste 426. Schoemann-Lipsius Griech, Altert.
H 560. [Stengel.]
c EXsvrj$ XovtqAv hieß nach Paus. II 2, 3 eine
starke salzige Quelle Kenchreai gegenüber, wo
sie noch heute etwas nordwestlich von dem Vor-
gebirge, das die Bucht im Süden abschließt, aus
dem Schuttkegel am Fuß der Oneia einige Meter
über dem Meere hervorfließt. Während sie sich
zu Pausanias 1 Zeiten unmittelbar in die See er-
goß, treibt sie jetzt eine Mühle und wird dann
bis an den Ansatz des Vorgebirges geleitet. Die
Temperatur bestimmte Fiedler auf 12° R. ; Pau-
sanias' Worte lassen vermuten, daß sie im Alter-
tum höher war (vöan ofxotov dg^o^sveo feotiai-
vbg&cu). Leake Morea III 325. Dodwell Tour
10 II 295. Fiedler Reise durch alle Teile Grie-
chenlands I 245f. Philipp son Peloponnes 33L
Frazer Paus. LH 18 mit weiterer Literatur.
Hitzig-Blümner Paus. I 2, 492. [Bölte.]
'EXiviov {inula, Alant), Pflanzenname zweifel-
hafter Ableitung und Bedeutung. Nach Nikand.
ther. 309ff. ist "das Kraut aus den Tränen er-
wachsen, welche Helene über den von einer Gift-
schlange getöteten Steuermann des Menelaos ver-
goß, vgl. Plin. n. b. XXI 159. Murr Die Pflan-
20 zenwelt in der griechischen Mythologie 214 (nach
Aelian. hist. an. IX 21 pflanzte die ausgesetzte
Helene die von der Frau des Ägypterkönigs ihr
gegebene Pflanze auf Pharos an als Mittel gegen
die dort häufigen Schlangen). Prellwitz (Ety-
mol. Wörterb. d. gr. Sprache 137, 2) deutet fra-
gend auf i?Jvrj (Pollux) = geflochtener Korb hin,
was wohl etwas zu botanisch gedacht ist. Er-
wähnt wird der Name zuerst Hippocr. nat. mul. VII
358 L., die Pflanze beschrieben von Theophrastos,
30 der hist. pl. VI 1, 1 sie unter den oteyavtouxa
(Zierpflanzen) erwähnt, welche einen niedrigen
Holzstengel haben und deshalb als strauchig
((pQvyavixd, (pgvyavcöSzg II 1, 3) bezeichnet wer-
den. Sie wächst anb zov ai^axog und gehört
nebst sQnvMog und otovfißotov, mit denen es
auch den Wohlgeruch teilt (VI 6, 2), zu den
axXa t-vXwdt), doch sind an diesen Pflanzen ge-
rade die Blumen am wenigsten wohlriechend
(caus. pl. VI 11,3), die wildwachsenden schärfer
40 als die zahmen (caus. pl. VI 20, 1). Die Be-
hauptung, Quendel, f., Sisymbrion und Minze
hätten gar keine Frucht und gingen deshalb
nicht auf, wenn man sie getrocknet und ver-
rieben aussät, erklärt er für falsch, da die wild-
wachsenden Formen das Gegenteil erweisen (hist.
pi_ vi 7, 1—2). Die gleichen Pflanzen haben
auch oberflächliche, vielfaserige und verflochtene
Wurzeln, die alle holzig sind (hist. pl. VI 7, 2.
4). Mit alledem ist botanisch nicht viel zu
50 machen und auch mit dem Fragment aus Nicand.
georg. (Athen. XV 684 d frg. 74 Schmidt) xä?
Ö£ xtQ r\ eXivetov rj aoxiqa. (pvnitovra bgeya; sivo-
Motot &EÜV xaoav.äßßah otjxolg usw. kommen wir
nicht weiter. Höchstens könnte man versuchen,
in Griechenland festzustellen, ob nicht heute
noch die von Theophrastos oben ständig neben-
einander genannten Pflanzen, die offenbar einen
natürlichen oder künstlichen Verein darstellen,
wild oder in Bauerngärten nebeneinander^wachsen
60 und dann aus den bekannten Größen (eojtvkkos,
oioi'fxßQiov , äßgoTovov) das unbekannte L zu
finden. Keinenfalls aber darf man mit Fraas
Synops. plant, flor. class. 179 einfach das e.
des Theophrastos mit jenem zusammenwerfen,
von dem Dioskurides m. m. I 29 sagt: ein an-
deres i. t berichtet Kratenas, wächst in Ägyp-
ten. Es ist eine krautartige Pflanze, welche
ellenlange auf der Erde liegende Zweige hat,
neiemus Acron
ZÖ4V
wie der Quendel, Blätter denen der Linse ähn-
lich, aber länger und zahlreich an den Zweigen,
eine blasse Wurzel von der Dicke eines kleinen
Fingers, unten dünn, oben dicker mit einer
schwarzen Rinde. Es wächst in der Nähe des
Meeres und an sandigen Stellen, vgl. Plin. n. h.
XXI 59 : denn letztere wird ausdrücklich für eine
ägyptische Pflanze erklärt, Theophrastos spricht
aber von einer griechischen, und wenn auch —
das Vorkommen in Ägypten vorausgesetzt — die
Beschreibung des Kratenas auf Thymus incanus
L. (Calamintha incana S. et S. Halacsy consp.
fl. Gr. IT 542) zu passen scheint, so sind doch
die Angaben des Theophrastos viel zu dürftig,
um eine Identifikation zuzulassen. Somit sind
wir ganz auf Dioskurides angewiesen. Dessen
echter Text lautet nach Wellmann I 28: Das
£., das auch die Kamen ovfi<pvrov, IleQötxrj, Mt}~
Ötx-f), 'Opp.OTiov, vsxxolqiov, tilsiövioVy ßdzog ToWa
und tpiöpog 'Idatog führt (vgl. Plin. n, h. XIV
108), hat Blätter ähnlich denen des schmal-
blätterigen Phlomos , aber rauher und länglich.
Die Wurzel ist groß, wohlriechend, etwas scharf,
von gelber Farbe, von der wie bei der Lilie und
dem Aron Schößlinge zur Pflanzung genommen
werden. Es wächst an bergigen, schattigen und
feuchten Plätzen.
Eine wesentlich erweiterte Beschreibung bietet
der Neapolitaner Codes zu Wien, wo es heißt:
Das e., auch %vX6<pooov oder ovfMpvrov , bei den
Römern l'vovXa Ka^jidva genannt , treibt einen
rauhhaarigen Stengel bis über zwei Ellen hoch,
der kantig ist und die behaarten Blätter in nicht
gar großen Abständen trägt, diese sind länglich
und erinnern an die des ßovyXcoao v. Es hat aber
an den Kanten der Stengel gewisse hingezogene
Vorsprünge anliegender Blätter an jedem Knoten
— , damit soll wohl gesagt sein, daß die (oberen)
Blätter herzförmig-stengelumfassende Basis haben
— gelbe Blumen und darin eine Frucht wie die
des Phlomos, beim Anfassen Jucken erzeugend,
Die Wurzel ist wohlriechend, etwas scharf, gelb-
lich, zur Vermehrung gut geeignet, außen schwarz,
innen aber weiß, klebrig.
Bei Sprengel-Berendes sind diese Be-
schreibungen derart ineinander geschoben, daß
die hieraus entstandenen Widersprüche jede Be-
stimmung ausschließen, dagegen stimmt beson-
ders die Beschreibung des cod. Neapol. sehr mit
dem schönen Bilde des cod. Constantinop. über-
ein, das eine Pflanze darstellt mit verzweigter
rotgelbeT Wurzel, aufrechtem Stengel mit herz-
förmig umfassenden am Rande gesägten großen
Blättern mit starken Fiedernerven. Die Blüten
stehen in deutlichen Körbchen mit vielblätteriger
Hülle, sind aber rosenfarben. Trotzdem möchte
ich diese Pflanze als Inula helenium L. nebst
einigen Verwandten deuten, kleinere Fehler in
Färbung und Zeichnung können ja den Kopisten
zur Last fallen. Auch die Standortangabe stimmt
mit Halacsy II 19 überein, ebenso spricht hie-
für eine, wie es scheint, niemals unterbrochene
Tradition.
Dioskurides berichtet weiterhin: Die Wurzel
wird im Sommer gegraben und zerschnitten ge-
trocknet. Die Abkochung davon treibt getrun-
ken den Urin und die Menstruation. Die Wurzel
selbst mit Honig genommen hilft gegen Husten,
Engbrüstigkeit, innere Rupturen, Krämpfe, Blä-
hungen und den Biß giftiger Tiere, indem sie
sich überhaupt als wärmend erweist. Die mit
Wein abgekochten Blätter werden mit Erfolg den
an Ischias Leidenden aufgelegt. In Süßwein ein-
gemacht ist die Wurzel gut für den Magen. Die
Einpökler trocknen sie nämlich ein wenig, kochen
sie dann und tauchen sie in kaltes Wasser, wor-
auf sie dieselbe in die Abkochung legen und
10 zum Gebrauch aufbewahren. Damit stimmen die
späteren Ärzte überein wie Galen. XI 873 und
XIV 244. Aetios I und Paulos Aegineta XII3 s. v.
Ps.-Apuleius 95. Oribas. de simpl. V 100.
Von den Römern nennt nur Celsus das Hele
nium als zerteilendes Mittel (de med. V 11),
ferner spricht davon Plinius n. h. XXI 59, der
auch XIV 108 (= Diosc. V 66) daraus einen
nectarites genannten Wein und XV 30 ein wohl-
riechendes öl herstellen • läßt. Die anderen ge-
20 brauchen den sprachlich gleichen Namen Inula
(vgl. Walde Lat.-etym. Wörterb. s. v.), doch ist
ihnen diese Pflanze, wie auch dem Mittelalter,
mehr Genußmittel (vgl. Fischer-Beuzon Alt-
hochdeutsche Gartenflora 63) denn Arznei. Sie
wird genannt Lucret. II 430. Verg. Mor. 73.
Horat. sat. II 2, 44 (acidas i.) ; 8, 51 (amaras «.).
ColumellaX 118 {i. tristes); letzterer spricht aus-
führlich über ihre Kultur XI 3, 35 (= Plin.n.h.
XIX 92 (62). Pallad. III 24, 13) und gibt in
30 einem ganzen Kapitel (XI 46) teilweise recht veT-
künstelte Rezepte, die Wurzel für die Küche ein-
zumachen, vgl. Plin. n. h. XTX 91. 92 , wonach
Iulia Augusta sie tagtäglich zu genießen pflegte.
übrigens hält Plinius bei seinem Mangel an
Sachkenntnis bald die verschiedenen Angaben
seiner griechischen und lateinischen Quellen aus-
einander, bald wirft er sie zusammen. Entschieden
nicht auf unsere Pflanze darf bezogen werden Plin.
n. h. XIX 100 folia cadunt a cacuminibus ori-
idgano, inulae, denn in dieser aus Theophr. bist
pL I 9, 4 übersetzten Stelle ist fälschlich statt
oefovov iXiviov gelesen worden. Nach Galen XIV
244 verwendeten Daker und Dalmater i. zum
Vergiften von Waffen, doch wirkte das Gift nur,
direkt in die Blutbahn gebracht, nicht aber im
Verdauungskanal.
Was die medizinische Wirkung anbelangt, so
empfiehlt Scribon. Larg. comp, 128 die Inula
campana getrocknet, gestoßen und gerieben den
50 lienosi, 83 hilft gegen Blutungen symphyti ra-
dix, quam quidam inulam ruslicam vocant,
quidam aidem alum Gallieum; von der Tra-
dition des Dioscurides unabhängige, vielleicht
aus römischer Quelle geschöpfte Heilsanwen-
dungen gibt Plin. n. h. XX 38; als Bestandteil
eines antidotum ex eitrio nennt Garg. Mart. 45
(190, 19) die Inula; in einem atitidotum tonoti-
con id est profteiens adversus debilitatem epatis
führt Cass. Felix 44 (110, 13) die Inula cam-
60 pana an; letztere verwendet auch Veget. mulo-
med. III 70 in einem Hustenmittel, das bar-
barorum usus invenit [Stadler.]
Helenius Acron, lateinischer Grammatiker,
Verfasser von Kommentaren zu Terenz und Horaz.
Der Terenzkommeutar beschränkte sich wohl
auf Adelphen und Eunuchus; wenigstens werden
nur zu diesen beiden Stücken Anmerkungen zitiert
und zwar nur von Iulius Romanus bei Charisius
ܻ4I
neienius Acron
JJ.0J.0111UD awwu
Gr. L. I (Sammlung der Fragmente bei Froehde
De C. Iulio Romano, Xeipz. 1902, 64&., bei
W essner Aerailins Asper, Halle 1905, 16f. und
bei Langenhorst De scholiis Horatiania quae
Acronis nomine feruntur, Bonn 1908, 6ff.). Vgl.
Iul. Eom. 1 192, 30 Helenius Acron eommentariis,
quos Adelphis Terenti non indiligentes attulit.
Sichere Spuren lassen sich in den erhaltenen
Terenzscholien kaum nachweisen. Über ' den
Horazkommentar heißt es am Schlüsse der
Dichtervita der ,Expositio in Horatium' (Ps.-Acr.
Schol. rec. Keller I p. 3; vgl. u. unter Pseud-
acron) Commentati in illum sunt Porphyrion,
' Modestus et Helenius Aeron; Aeron omnibus
melius. Dieser Horazkommentar Acrons wurde
benutzt von Porphyrio, der zu serm. 1 8, 25 schreibt
niemini me legere apud Helenium Aoronem usw.
und jedenfalls nicht nur an dieser Stelle von Acron
abhängt; die Angaben de personis Horatianis
führt auf ihn zurück Kiessling Ind. schol.
Greifsw. 1880, 9, den Langenhorst a. O.
S. 15 wohl mißversteht, wenn er seinerseits be-
hauptet Aeronem in eomm. Horat prweipue
de personis Horatianis egisse (vgl. S. 18); denn
die Fragmente des Terenzkommentars zeigen, daß
Acron auch die sprachliche Erklärung keineswegs
vernachlässigt hat. Über das Verhältnis des Acron-
Kommentars zu den ps.-acronisehen Scholien s. u.
In einem Scholion zu Persius sat. II 56 heißt es
Aeron tradit quod in portieu quondam Apollinis
Palatini fuerint L Danaidum efßgies et contra
eas sub divo totidem equestres filiorum Aegypti:
daraus hat O. Jahn Proleg. zu Pers. p. CLVIÜ
gefolgert, A. habe den Persius kommentiert; doch
ist dies nicht sehr wahrscheinlich, da die Notiz
aus dem Hoiazkbmmentar übernommen sein kann
(zu c. I 31 nach Langenhorst a. O. 16, zu c.
LTI 11, 23 nach Keller Mdlanges Boissier 312),
vgl. Kiessling a. O. 10. Es soll jedoch nicht
verschwiegen werden, daß in den erhaltenen Horaz-
scholien zu Sermonen und Episteln, die vielleicht
zum Teil auf Acron zurückgehen, Persius, der in
der Expositio nur einmal genannt ist, 33 mal
zitiert wird; vgl. u. Die Lebenszeit Acrons wird
nach der einen Seite durch Porphyrio (Anfang des
3. Jhdts.) einigermaßen bestimmt, nach der anderen
Seite fehlt eine sichere Grenze, denn der Umstand,
daß Sueton und Gellius ihn nicht erwähnen, er-
laubt keinen sicheren Schluß. Geht aber der
älteste Kern der nichtporphyrionischen Horaz-
scholien auf Acron zurück (Keller vol. IE p. V.
LX), so ist eine genauere Umgrenzung daraus zu
gewinnen, daß die Zitate nicht über die Zeit
Traians und Hadrians hinausreichen und ander-
seits die Bemerkung zu serm. I 8, 7 sicher einige
Zeit vor dem Tode' des Herodes Atticus (t 176)
geschrieben ist; demnach würde Acron der Zeit
der Antonine (so schon Schott mü 11 er De Plinii
libr. gramm., Leipz. 1858, 32) angehören, vgl.
Graffunder Rh. Mus. 1905, 128ff.
P s. - A c r o n. U nter Acrons Namen ist in etlichen
Hss. saec. XV (Guelferb. 2821, Paris 7985 und 7988
u. a.) ein Horazkommentar überliefert, den man lange
Zeit als Werk des Helenius Acron angesehen hat
(so noch Pauly in seiner Ausgabe, Prag 1861, die
nur auf dem Guelf. beruht); durch Aufnahme des
Materials älterer Hss., deren SchoKen awfcjiut
jenem ,Acron' vielfach aufe engste berühren,
sachte Hauthal (Ausg. Berlin 1864) einen voll-
ständigeren verbesserten ,Acron' herzustellen, ein
völlig verunglücktes Unternehmen. In die richtige
Bahn wurde die Behandlung der nichtporphyrioni-
schen Horazscholien durch Usener Ind. lect.,
Bern 1863 (bes. S. VH) und namentlich durch
O. Keller gelenkt, der in den Symbola philol. r
Bonn. 1867, 491 ff. daran ging, die verschiedenen
Scholienrezensionen zu scheiden; außer Keller
10 (Epilegom, zu Horaz, Leipz. 1880) hatten dann
Petschenig Gymn.-Progr., Klagenfurt 1872 und
Graz 1873, Kukula De tribus Ps.-Acron. scholior.
recensionibus , Wien 1883, Kurschat Gymn.-
Progr. Tilsit 1884, Wessner Quaestiones Por-
phyrioneae, Comm. phil. Jen. V 153, Graffunder
und Langenhorst (s. o.) das Problem seiner
Lösung zu nähern versucht. Soviel sich zur Zeit
übersehen läßt, liegt die Sache etwa so. Um 400
ungefähr (zu c. II 11, 1 werden die Hunni er-
20 wähnt) verfaßte ein Ungenannter eine Expositio
in Horatium mit einer Vita an der Spitze ; eine
Hauptquelle war der Kommentar Porphyrios,
dessen Vita und Erklärungen er mit kleinen Ände-
rungen übernahm. Auch der Kommentar des
Helenius Acron scheint, nach seiner Bemerkung
in der Vita, von ihm in einigem Umfange benutzt
worden zu sein. Auf größere Gelehrsamkeit
machte der Verfasser wohl keinen Anspruch : von
den Zitaten, die er in seinen Quellen vorfand,
30 ließ er fast alles weg, was in seiner Zeit kein
Interesse mehr hatte, dafür setzte er eine Un-
menge von Vergilzitaten (im Komm, zu carm. u.
epod. finden sich ca. 800!) ein und zitierte auch
besonders häufig die damals Mode gewordenen
Dichter Iuvenal (ca. 50 mal in dem genannten
Abschnitt) und Lucan (ca. 60 mal); auch Statiu»
wird, wenn auch viel seltener (7 mal) angeführt.
Ziemlich rein erhalten ist diese Expositio, die den
Eindruck eines geschlossenen, einheitlichen Kom-
40 mentars macht, nur in dem cod. Paris. 7900 A saec.
X, daher auch Eec. A (oder A' nach Keller)
genannt; jedoch erstreckt sie sich, wie die Hs.
selbst, nur auf carm., epod. und carm. saec. und
ist am Schlüsse durch Defekt der Hs. nicht ganz
vollständig. Ob die Expositio ursprünglich den
ganzen Horaz umfaßte, ist noch nicht sicher aus-
gemacht. Neben der Expositio ist eine zweite
Scholienmasse vorhanden, die sog. ,Scholia /\
Diese finden sich in einer größeren Zahl von Hss.,
50 am reichhaltigsten ist die Sammlung im cod. Paris.
9345 saec. X/XI (r)und Paris. 7975 saec. XI (/).
Diese Scholienmasse enthält in dem die Carmina
betreffenden Teile die meisten Scholien der Ex-
positio (bis c IV 2 einschl.), erweitert durch eine
Anzahl von Zusatzscholien, die besonders häufig
dem ordo verborum gelten; von c. IV 3 an werden
die Scholia r selbständig und stellen sich als ein
loses Konglomerat von Scholien verschiedenen Ur-
sprungs und jedenfalls auch verschiedenen Alters
60 dar (sehr häufige Doppelscholien, mit aliter an-
einandergehängt). Die Erwähnung Isidors zu
c. HI 29, 4 zeigt, daß die jüngeren Bestandtteile
frühestens ans dem 7. Jhdt. stammen; eine ältere
Schicht wird vielleicht ins 5. Jhdt gehören, wenn
ihr die Zitate zu s. I 5, 97 (. . . hodieque, ut
dwit grammatieu* Theotistm, d. Il der Lehrer
Priscians) und zu s. I 9, 76 (*ie Servius
magitter exposuit) raiureehnen sind. Ein nicht
2040 neiemus Acr/on
unbeträchtlicher Teil der Schotten muß aber einem
yiel älteren Kommentar entlehnt sein, da sich,
im Gegensatz zur Expositio, eine ganze Anzahl
von gelehrten Zitaten findet (Ennius, Caecilius,
Plautus, Titinius, Atta, Cinna, Lucretius, Lucilius,
Cato, Yarro, Furius Bibaculus, Pupius; Asconius
Pedianus, Suetonius Tranquillus), die, wenn nicht
alles täuscht, auf einen Horazerklärer des 2. Jhdts.
n. Chr. hinweisen. Persius wird auch ziemlich
weienos
2844
auch des Kompilators eigener Horazkommentar
geplündert worden sind. Das Machwerk hat keinen
selbständigen Wert; vgl. Endt Studien z. Comm.
Cruq., Leipzig und Berlin 1906; Bick Horaz-
kritik seit 1880, das. 1906; Keller Pseudacr.
schob vol II p. X. Über die Hypothese von
Vollmer (Philol. Suppl. X 259ff.), der alle er-
haltenen Horazscholicn für mehr oder weniger
interpolierte Auszüge aus einem Urporphyrio an-
häung zitiert (s. oben), dagegen selten Lucan 10 sieht, vgl. Berl. phil, Wochenschr. 1906 T 524ff.
(2 mal) und Iuvenal (6—7 mal), gaT nicht Statius
{die Zitate aus Luc. u. luv. gehören wohl jüngeren
Schichten an); Vergil wird im Vergleich zur Ex-
positio viel seltener zitiert (zu Sermonen und
Episteln höchstens löOmal nach Langenhorst)
und zwar oft als Maro (über 30 mal) oder schlecht
hin als poeta (etwa ein Dutzend mal). Porphyrie
ist in den Scholia F häufig benutzt und fast stets
wörtlich ausgeschrieben (vgl. zu a. p. 120 apud
DLZ 1906, 1033. Burs. Jahresber. CXXXIX 165ff.;
außerdem Berl. phil. Wochenschr. 1903, 519ff.
1905, 249ff. [Wessner.]
Helenogalatai (o! Elsvoyakdxat Diodor. V
32), die Galater im mittleren Kleinasien, zum
Unterschied von den Gallern in Westeuropa so
genannt. ^ [Bürchner.]
'EXevofpoQia hieß ein in Athen gefeiertes Fest
mit mysterienartigem Charakter. Poll. X 191 :
commentatorem sie inveni relatum — Porph.) ; 20 SXsvi] zilsxtov ayyetov . . . h q> cpeQovatv ispä
einmal wird auch Acron genannt (zu c. IV 9, 37).
Auch im Kommentar zu den Sermonen und Episteln
finden sich die ordo Schollen häufig, die in den
T-Erweiterungen zur Expositio auffallen. Eigen-
tümlich ist den Scholia F ferner die häufige Ver-
wendung des Griechischen zur Erklärung und
sonst; sie ist vielleicht der dem 5. Jhdt. ange-
hangen Scholienschicht zuzuschreiben. Ein Teil
der Scholia F findet sich in dem (sehr lücken-
haften) cod. Dessav. A saec. X in. (*-), mit dessen 30 Nr. 4.
aQQtjra rote 'ElsvoyoQioig. Preller-Robert
Griech. Myth. I 312, 3. Hermann Gottesdienst!
AItert.2 62,16. A. Mommsen Feste Athens 123,4.
458, 2 [da man jetzt bei Athen. VI 223 A Aitpi-
log cT h> 'Elaicov?j<pgov(>ovot liest (Kaibel LT S. 2)
und dieses Zeugnis" für die E, fortfällt, hat man
über das Fest nur die Notiz des Pollux].
[Stengel]
Helenopolis, Stadt in Bithynien s.Drepanon
Hilfe Keller eine ältere Schicht F' aus F her-
auszuschälen versucht; außerdem im cod. Vatic.
Ursin. 3257 saec. XII (V), der zusammen mit /"
eine noch ältere Schicht § (— recensio Ä aueta)
ergeben soll (beide Hss. enthalten auch die Ex-
positio zum Teil). Eine derartige, auf den ziem-
lich sehwankenden Scholienbestand einzelner Hss.
begründete Scheidung mag in vielen Fällen das
Richtige treffen, ist aber absolut nicht ausreichend,
Helenopontos, consularisehe Provinz, nach
Helena, der Mutter Constantins des Gr. benannt,
umfaßte Pontus Galaticus und einen kleinen Teil
von Paphlagonien mit den Städten Amaseia,
Ibora, Euchaita, Zela, Andrapa, Sinope, Amisos
und Leontopolis. Iustinian vereinigte damit die
Provinz Pontos Polemoniakos mit den Städten
Neokaisareia, Komana, Trapezus, Kerasus, Pole-
monion, so daß die ganze ehemalige Provinz
um die älteren und jüngeren Bestandteile zu son- 40 Pontos nun Helenopontos hieß. lustin. novell. 28.
dem ; auch wo v oder V fehlen, bietet F nicht
selten Bemerkungen, die man eher geneigt sein
wird, der älteren als der jüngeren Schicht zu-
zuweisen (was Keller übrigens selbst in gewissem
Sinne anerkennt, wenn er solche Scholien durch
* hervorhebt, z. B. Epist. I 9, 12. 1 15, 5 u. a. m.) ;
vgl. besonders Langenhorst a. a. O. 41ff. (gegen
dessen Hypothese, die Expositio rühre von einem
Schüler des Servius her, vgl. Berl. phil. Wochen-
sehr. 1909. 1107ff); über die Interlinearglossen 50 phobos und Asios die dri
in V s. Endt Progr. Smichow 1905, über den zu die Mauer XII 94, ist in
den jungen ,Acron*-Hss. gehörigen Paris. 7985
s. dens. in Wien. Stud. XXVIII 141 ff. Kurz er-
wähnt werden mag noch eine dritte Scholien-
gruppe #, die aus dem Mittelalter stammt, sich
eng an Porphyiio anlehnt und in der Ausgabe
von Hauthal teilweise, unteT die älteren Scho-
lien gemischt, veröffentlicht ist (eine vollständige
Ausgabe hatte Holder beabsichtigt); ebenso sei
Commeütator Cruquianus, ist eine von dem
Brügger Professor Jakob Cruquius verfertigte
Kompilation, für welche die Scholia F Scholia 0,
andere .mittelalterliche Scholien und Glossen, ge-
druckte Ausgaben des Porphyrio und ,Acro',
moderne Horazkommentare und antike Autoren,
Const. Porphvr. de them. I 2. Hierokles 701. Not.
episc. I 234/ III 172. VIII 286. IX 195. X291.
XIII 150. Ramsav Asia Minor 320. [Buge.]
HelenoS. 1) Ilgiaßoio tpilog nalg Hom. II VII
4 4, ein Seher und ein Held. Er vermittelt den Willen
der Götter anläßlich des Zweikampfs Hektors mit
einem Danaer VII 44, veranlaßt VI 76, oliovoTiolojv
o% äpioTog, durch Hektor einen Bittgang der
troianischen Weiber zu Athene, befehligt mit Dei-
itte Rotte im Sturm auf
der fid%i} £xi zeug vavoiv
beteiligt, wo er u. a. den Deipvlos tötet und mit
Menelaos kämpft XIII 576. 582. 758. 770. 781. Schon
in der Ilias beliebt, ist die gleichzeitige Nennung
des Dei phobos t}'pisch in der Tradition der Folgezeit.
Die in der Ilias etwas blasse Gestalt nahm
Züge reicheren Lebens im kyklischen Epos an.
In den Kv.tgta weissagte er vor der Fahrt des
Paris das kommende Unheil (Kinkel EGF 17),
'" ' ' ~ gefangen
alcooeoos,
holt
Die Verbindung des H. mit der Philoktetsage
im Sinne dieser Quelle bleibt gewahrt bei Bak-
chylides in seinem Dithyrambus ^doxx^rijs (frg.
7 [16] B.) t bei Sophokles (Phil. 606. 1337), bei
Euripides nach der Paraphrase des Dion (LIX 2.
II 131, 27 A), während im übrigen die Bezeich-
2845
ueienos
11D1ÖUUÜ
iiuug der Teilnehmer an der Espedition nach
Lemnos variiert, insofern die Bedeutung des Odys-
seus anscheinend als besonders dankbare Pointe
auf das Konto der Tragödie kommt, und weiter
Sophokles diesem den Neoptolemos, Euripides aber,
worin Dion (LH. 14. [II 108, IIA]) ein o^-
qixöv sieht, den Diomedes beigibt.
In den Noaxot ist Helenos nicht direkt nach-
zuweisen, doch steht es bei der großen Bedeutung,
-die seiner Persönlichkeit in den Heimkehrlegenden
aller Späteren beigelegt wird, außer Zweifel, daß
seine Bolle hier eine ausgeführte war. Hiermit
stimmt es auch, wenn die Iliasscholien zu VII 44
von H. berichten nnd dabei auf Antikleides,
- d. h. doch offenbar auf dessen Nooxoi verweisen.
Nach diesem Bericht waren H. und Kassandra,
mit der er auch sonst oft zusammengestellt wird,
Zwillinge. Bei den yevedha von den trunkenen
Festteilnehmern im Tempel des thymbräischen
Apoll zurückgelassen, schlafen sie ein. Man findet
sie wieder, wie Schlangen ihnen die tiöqoi xtav
<tlo§t}xr]oi<av reinigen und so die Gabe der Mantik
übermitteln (ebenso Tzetzes Lyc. hypoth. und
Eustath. Tl. 663, 40). "Über H. als einen Bestand-
teil des thymbräischen Apollonkultes hat K lau s e n
(Aeneas und die Penaten I 188ff.) weittragende
Kombinationen von meines Erachtens geringer
Glaubwürdigkeit ausgesponnen, Gruppe nimmt
einiges davon und bringt (Griech. Myth. I
305) den Namen mit der ilsvij zusammen, dem
belügen Korbe mit der Schlange, der in dem
Kultkreis der angeblich in Thymbra ursprünglich
verehrten Gottheiten Artemis und Dionysos üblich
ist, wie er auch an einen Zusammenhang der
Helene-Figur mit der Schlange denkt (1203, 2).
Neben der oben erwähnten einfachen Fassung
der Philoktetsage steht nun eine kompliziertere
Version, vertreten vor allem in den Apollodor-
excerpten. Danach veranlaßt Kalchas statt seiner
die Expedition zu dem Bogen des Herakles und
seinem Besitzer Philoktet. Mit Hülfe dieses Bogens
wird Paris getutet. H. und Deiphobos bewerben
sich um Helena. Zurückgewiesen verläßt der erstere
voll Erbitterung die Stadt. Da Kalchas sagt, daß
H. die l>v6fisroi xrjv TzoXir /^tjo/hoi kennt, fängt
ihn Odysseus. Der Gefangene gibt auch nach
dieser Fassung den Griechen Winke, vor allem
hinsichtlich des Raubes des Palladiums. In
der kleinen Ilias dagegen wird die Ehe des Dei-
phobos mit Helene eTst nach des H. Beteiligung
bei dem Zuge zu Philoktet erwähnt, und die Über-
mittelung des mit dem Palladium verbundenen
Geheimnisses an die Griechen geschieht durch
Helena selbst, die sich mit dem als Bettler in
Troia später Dienste leistenden Odysseus beredet.
Den Motiven dieser Sagenumgestaltung ist W a g n e r
(Epit. Vatic. ex Apollod. bibl. p. 21Gff.) nach-
gegangen. Der Helene Ehe mit Deiphobos ist
wahrscheinlich schon für die Odyssee (IV 276.
VIII 517), sicher für die Ilias parva anzunehmen.
Den H. hier mit Deiphobos in Konkurrenz treten
zu lassen, lag nicht nur durch den Namenanklang
H. -Helena, sondern vor allem aucn durch die
tvpische Verbindung der beiden Namen (vgl.
Äpollod. HI 12, 5. Hygin. fab. 273. Dares Phry-
gius XII. Prop. ffl 1, 29. Phüostr. her. XVII 2,
wo überdies eine Parallele mit Kalchas) nahe. Zu-
gleich wurde so die unheilvolle, berückende Macht
der Helene an einem neuen Beispiel gezeigt, der
Weggang des H. aus Troia tiefer motiviert. Da
dieser erst nach dem Tode des Paris eintreten
kann, so tritt nunmehr an Stelle des H. als Ver-
anlag ser der Fahrt zu Philoktet Kalchas, während
H. bei diesen Voraussetzungen das Geheimnis des
Palladiums den Griechen vermittelt (über sonstige
Vaticinia vgl. Wagner 225). Ansprechend führt
WagneT diese ganze Umbiegung der Sage auf
10 Stesichoros zurück, indem er besonders die Rolle
der Helena hervorhebt. Dieser in den Apollodor-
excerpten vertretenen Gestalt der Sage folgt Konon
(IBS, Slff., Mythogrgr. ed. Westermann) und
Tryphiod. 45ff. Quintus Smyrnaeus verwendet
zwar auch den Zorn des H. wegen der Ehe seines
Bruders, er läßt ihn aber keinen besonderen Ge-
brauch davon machen und ruhig weiter kämpfen
(VIII 254. X 346. XI 349). Tzetz. chil. VI 508ff.
moniert den Unterschied der beiden Versionen
20 6 <5' EvDtmdqg Isysi
ävft ovjieq 6 Atjiyoßog klaße xrjv "Etevrjv^
6 xovxov ovvaifiog <p$oväv xol; "Ellrjoiv ixijl&e.
tqv S" Vövooeol 2o<poxlLifc Ifyet drjQäaat zovxov,
axovxa Sk xrjv ntadijoiv "EMrjot Tqoiag (ppaoai.
Danach muß Euripides entgegengesetzt seinem
Philoktet. der hier nach Dion sich im Einver-
nehmen mit der kleinen Ilias befand, auch einmal
der anderen Version gefolgt sein. Diktys Cretensis
bringt als Grund des Übergehens zu den Griechen
30 die Entrüstung darüber, daß Paris den Achill am
Altar des Apoll getötet hatte (IV 18), bei Dares
verbietet er die Schändung der Leiche des Achill
(XXXIV) und wird bei Einnahme der Stadt wegen
seiner friedlichen Gesinnung freigelassen (XLH).
Dares gibt (XII) auch das Signalement Deipho-
bum et Helenum similes patri dissimili natura.
Deiphobum fortem Helarium dementem doetum
mtem und läßt ihn, wie in den Kimqta, von An-
fan» an abmahnen (VII). Dion Chrysostomos in
4<Hmre rov 7W w äXwvat (XI 137. 142) läßt H.
aus Zorn über die Ehe der Helene seinen Vater
um Schiffe und Leute bitten und verwendet seine
spätere Herrschaft bei den Molossern parallel den
Eroberungen des Aeneas als Beweis seiner im
Titel angedeuteten paradoxen These. Sieht man von
der Stelle Dares 42f. ab, wo H. mit Hekabe, Kas-
sandra und Andromache nach der Chersones geht,
so ist diese tendenziös beeinflußte Darstellung die
einzige, in der H. nicht mit den vöazot des Neopto-
50 lemos verbunden erscheint, wie es die allgemeine
Tradition in offenbarer Übereinstimmung mit dem
Berichte der alten Nöoioi wollte. Hierher mag es
zu erklären sein, daß in der Sagenfassung der
Apollodoreicerpte H. gerade unter seinen Vaticinia
auch das Mitkämpfen des Neoptolemos fordert.
Nach Serv. Aen. II 166 hatte er diesem geraten,
den Landweg nach Hause zu nehmen. Nach Euri-
pides vermählt sich H., nachdem Orest den
Neoptolemos getötet hat, mit Andromache
60 (Andrem. 1245), nach Verg. Aen. LTI 327 über-
läßt Neoptolemos, nachdem er seine Gunst der
Hermione zugewendet hat, dem H., famuto famu-
lam, die Andromache. An derselben Stelle be-
richtet Vergil, wie H. in Epiras eine parva Troia
und simtdata magnis Pergama errichtet habe
und sein Land Chaonift genannt habe, alles dieses
anläßlich des Besuch» des Aeneas. Natürlich
muß er auch hier diesem Meissagen. Über den
ZB*/
Heienos
Heieon
2848
2849
'EXbjzoXis
Heliadai
2850
Namen Chaonien und seine Herleitung von einem
von H. versehentlich auf der Jagd getöteten
Troianer Chaon vgl. Serv. Aen. HI 297 und 334,
über die auch von Vergil erwähnte Stadt Buthrotos
Serv. Aen. III 293. Etym. M. s. v. und Steph.
Byz. s. v., wobei die beiden letzteren sich auf
Teukros von Kyzikos berufen. Danach sei die
Gründung und Benennung erfolgt, als hei der
Opferung der sxißatngta eine Kuh, noch nicht
tötlich getroffen, einen Meeresarm durchschwömmen
und dann an der Stelle der nachmaligen Stadt
gestorben sei. Über ein makedonisches "Puov als
ein 'EXivov xzhfia vgl. Steph. Byz. s v., ebenso
über ein 'Efofita ebd. s. v. Ein Sohn des H.,
Kestrinos mit ISTamen, erwähnt von Steph. Byz. s.
Kafijttavia, über eine Gemahlin Cestria, Campi
film vgl. Serv. Aen. in 334, Beide Personen
scheinen Eponymc zu sein und mit dem Heilkraut
xzotqov zusammenzuhängen. Eine von Seneca
Troad. 60 erwähnte troianische eoniux des H. ist
wohl nur ad hoc fingiert. Eine Ehe mit Deida-
meia, der Mutter des Neoptolemos, nach ihrer
gemeinsamen Ankunft bei den Molossern, kennen
nur die Apollo dorexcerpte XXII 8. Dionys von
Halikarnass I 51 weiß von der Zusammenkunft
des Aeneas und des H. in Epirus, deutet aber
nichts über seine Verbindung mit den Griechen
Olympias, die Mutter Alexanders, hat nach
Theopomp ihren Stammbaum auf Dardanos durch
H„ auf Aiakos durch Pyrrhos zurückgeführt (Tzetz.
Lyk. AI. 1439).
Dargestellt innerhalb einer größeren Gruppe
in Olympia von Lykios aus der Schule des Myron
als troianisches Pendant des weisen Griechen
Ödysseus (Paus. Y 22, 2), in der Lesche zu Delphi
von Polygnot gemalt oberhalb der Helene (Paus.
X 25, 5). Eine Statue des den Troianern und
dem Priamos zürnenden, den Griechen Gutes weis-
sagenden H. mit einer Schale in der Rechten be-
schrieben Anthol. gr. II 155. Sein Grab in Argos
gezeigt (Paus. II 23, 5). Vgl Engelmann bei
Koscher Myth. Lex. Wagner a. a. 0. 218. 246.
271. Reich an Kombinationen und Mythen-
deutung ist Klausen a. a. Ü. 189ff. 418ff.
2) OlvomdrjQ, von Hektor getötet, Hom. II
V 707.
3) "0$ avveyQayse zo x £t 9°oxojiixov oldjvt.0f.ia,
<bg özav zfjg kxzdoEwg zwv x^Q^' «?« aakdfitjg
djto züv Qvrtdiov eijzcojuev, jiatdojiotei rj xi zoiovrov
(Suid. s. v.).
4) Nach Eustath. IL 626, 22 ein Thraker, der
dem ursprünglich 2xa?*dv&Qtos benannten Pria-
mossohn erst den Namen zugleich mit der Mantik
gegeben habe. Gruppe I 305, 15. [Süß.]
5) Helenos ist nach Dittenberger Syll.
(or.) 1 148 und der Inschrift Journ. hell. Stud. IX
251 n. 109 zuerst TQotpevg rov ßaodsoig, d. h.
eines Prinzen, der später König geworden ist, und
zwar eines Ptolemäers, gewesen. Unter zQoqsvg
hat man hier nicht einen einfachen xaidaycoyög,
sondern etwa einen Erziehungsgouverneur (,gou-
verneur du Dauphin'] zu verstehen, s. Perdri-
zet Ann. du Service IX 243ff.). Die spätere
Karriere des H. und der ihm verliehene oiyyevqc-
Titel zeigen deutlieh die Bedeutung dieser Stel-
lung.. Er ist, als sein Zögling König wurde,
Generalgouverneur (otganfffc) von Kypern ge-
worden und proximaler Oberpriester, <L h. hat
die Oberleitung des gesamten kyprischen Kultus
(natürlich einschließlich des Königskultes) Über-
nommen (ägx^Qsvq tt)g vi]Oov — a.Qxt£Qzv$ z&»
xaza zr\v vfjoov. Lefebvre Ann. du Service IX
236 urteilt über diese Stellung des H. falsch).
Er dürfte sich in dieser Stellung bewährt haben ;
sowohl ihm unterstellte Truppen als auch Prie-
ster haben ihm Statuen errichtet. Von Ditten-
berger und Lefebvre a. a. 0. ist H. fälsch-
10 lieh in die Zeit Euergetes 1 IL gesetzt worden;
Dittenbergers Annahme, der Sobn eines H,
der unter Ptolemaios XL Alexander L ein höheres
Hofamt bekleidet hat, sei der Sohn unseres H.,
ist an sich sehr hypothetisch, die Bezeichnung
jenes Mannes als 'Avxtoyjvg spricht sogar wohl
direkt gegen sie. Die Zeit des H. bestimmt sich
vielmehr durch die Form seines Stattbaltertitels
— nur GiQazriyoq xal aQxisgevs und noch nicht
der seit Euergetes II, übliche Titelkomplex mga-
20njyde xal vavaQ%og xal äex^Qeis (Dittenberger
Syll. (or.) I p. 134) — auf die Zeit von Epiphanes
bis auf Euergetes IT. Da ferner einfach nur von
einem ßaodevg ohne Nennung des Namens ge-
sprochen wird, so kann die Errichtung der In-
schrift und damit die Statthalterschaft in die Zeit
einer Mitregentschaft nicht fallen. Ptolemaios
Eupator (153/2—150 v. Chr.) kommt also als der
betreffende ßaodevg nicht in Betracht, zumal
sein Gouverneur Andromachos geheißen hat (Anth.
30 Pal. VTI 241. Das Epigramm zuerst für die
Ptolemäergeschichte herangezogen von Cicho-
rius Eh. Mus. LXIII 213ff; seine richtige Be-
ziehung auf Ptolemaios Eupator bei Laqueur
Herrn. XLIV 146ff.); auch Neos Philopator (146/5
v. Chr., Pareti Atti Acad. Torino XLIBL 501ff.)
scheidet wohl aus. Es stehen mithin als Zög-
linge des H. nur Epiphanes und Phüometor zur
Verfügung, von denen der letztere wahrschein-
licher ist, da die Erwähnung des Söldner-
40korps der Kiliker in der einen Inschrift immer-
hin mehr auf das Ende der in Betracht kom-
menden Periode hinweist (Paul M. Meyer
Heerwes. d. Ptolemäer und Römer in Ägypten 93).
[Walter Otto.]
6) Helenos, ein Schriftsteller Über Wahrsage-
kunst, Suid. s. oitbviofta. Er behandelte beson-
ders die Prophezeiungen aus den Linien der
Hand.
7) Tierarzt, Hippiatr. p. 207. [Gossen.]
50 8) Helenus (Appian. Dio), Freigelassener des
Caesar Octavianus und daher mit vollem Namen
C. Iulius Helenus (Inschr.), nahm im J. 714 = 40
vorübergehend Sardinien für seinen Herrn in Besitz ;
doch der Flottenführer des Sex. Pompeius, Meno-
dorus, eroberte bald darauf die Insel zurück und
nahm H. selbst in Caralis gefangen, sandte ihn
aber ohne Lösegeld an den Caesar (Appian. bell, civ,
V 277. Dio XLVin 30, 8; vgl. 45, 5. Ganter
Provinzialverwaltg. der Triumvirn [Diss. Straßbg.
60 1892J 27). Eine Ehreninschrift aus Aletrium
(CLL X 5808 = Dessau 6267) hat Gardt-
hausen (Augustus LI 127, 4; danach Ganter
a. 0.) mit Recht auf ihn bezogen, obgleich sie
nichts von seiner Laufbahn andeutet. [Münzer.]
Heieon (j? "EXeatv), war nach Ptolemaios aus
Askalon (Lentz Herodianos praef CLSX) im
Schol. A H. X 266 die einheimische Außen»*
des Namens der Stadt in der Nähe von nute
gl*, die gewöhnlich Bteon heißt. Apollodoros
nahm diese Form an und brachte sie in Zusam-
menhang mit seiner Hypothese von ausgedehnten
Sümpfen, die in Boiotien in alter Zeit vorhanden
gewesen sein sollten (Strab. IX 406, vgl. 404.
405. 439). Vgl. im übrigen den Art. Eleon o.
Bd. V S. 2319f. [Bölte.]
'EXemoXis, Name ungewöhnlich großer Be-
lagerungstürme, die Demetrios Poliorketes bei
den Belagerungen von Salamis auf Kypros (Diod.
XX 48, 2f.) und von Ehodos (ebd. 91, 2f.) er-
bauen ließ; vgl. Vitruv. X 22. Athen. 27 W.
Plut. Dem. 21, Eine L beschreibt auch Biton
53; vgl. Bauer Griech. Kriegsaltert 2 456. Droy-
sen Heerwesen und Kriegführ. d. Griechen 215f.
S. o. Bd. VI S. 2232. [Lämmer!]
Helgas s. Germanikopolis Nr. 1.
Heliadai. Unsere älteste Quelle für die rho-
dischen Heliossöhne ist Pindar Olymp. VH. He-
lios zeugt mit der Ehodos sieben Söhne, deren
aotpcoraxa voyuara weiten Ruhm gewannen ; ihrer
einer hat die Stadteponymen Kamiros, Ialysos
und Lindos zu Söhnen (v. 71ff.). Ferner erzählt
der Dichter den ätiologischen Mythos, die H.
hätten, als ihr Vater ihnen nach Athenes Ge-
hurt geboten, als die ersten der jungen Göttin
und ihrem Vater Opfer zu bringen, um sich so
ihres besonderen Schutzes zu versichern, das Feuer
zum Opfer mitzunehmen verabsäumt; so hätten
sie nur änvQa kga auf der Akropolis einrichten
können ; die Götter aber hätten ihnen das nach-
gesehen; Zeus habe Gold regnen lassen, Athene
Kunstfertigkeit geschenkt (v. 39ff.). Mit solcher
Erklärung suchte man einen alten, wahrscheinlich
vorgriechischen Kultbrauch zu deuten (van Gel-
der Gesch. d. alt, Rhodier 53f. mit Literaturnach-
weisen). Pindar hatte sein Material offenbar von
der Familie, deren einem das Lied gilt, bezogen ;
was er gibt, kann also für die seiner Zeit in Rho-
dos geglaubten Vorstellungen gelten (Genaueres
s. Art. Halia). Einzelnamen deT H, nennt der
Dichter nicht. Sie finden sich bei Hellanikos
(Schol. Ol. VTI 132 a Drachm., wo sie Ochimos,
Kerkaphos, Aktis, Makaros, Kandalos, Triopas,
Phaeton ov oi xaza zrjv vfjaov Tevdyijv xalovat,
i heißen; Schol. 131a führt an Stelle des Ker-
kaphos und Ochimos einen als Heliossohn öfters
erscheinenden Chrysippos ein), und in nur wenig ab-
weichender Form in der rhodischen Urgeschichte
des Rhodiers Zenon bei Diod. V 56, 3—57, 8;
vgl. auch Konon 47 (Schol. Anth. Pal. IX 287
ist wertlos). Die Herkunft der Partie ist be-
stritten; gegenüber Bethes Versuch (Herrn.
XXIV 430ff.), Apollodor bei Diodor zu finden,
hält v. Wilamowitz seine ablehnende Hal-
tung (Herrn. XIV 457. XVIDI 429; bei Bethe
444) auch Gott. Nachr. 1895, 242 aufrecht; vgl.
besonders auch Schwartz o. Bd. I S. 2866f. V
678. Zenon berichtet nach der aus Pindar be-
kannten Opferszene, die sieben H. , denen er Elek-
tryone als Schwester beifügt, hätten sich durch
Astrologie und Zeitberechnungen für die Schiff-
fahrt ausgezeichnet; schließlich wären sie auf
den schönsten, Tenages, eifersüchtig geworden,
und vier der Brüder hatten sich an ihm ver-
griffen ; dafür hätten sie auswandern müssen,
Makar nach Lesboe. Kandalos nach Kos, Aktig
nach Ägypten, wo ei die Stadt des Soimengottm»
FMlT^WUcows-Kron VIX
HeMupolis, gründete, Trkroas nach Karlen, wo er
das Triopion stiftete. Ochimos und Kerkaphos
seien zurückgeblieben j ersterer habe mit der
Nymphe Hegetoria die Kydippe-Kyrbia gezeugt,
die wiederum von ihrem Oheim Kerkaphos den
Lindos, Ialysos und Kamiros geboren habe. Daß
die Namensreihe der H. in der heutigen Form
nicht ursprünglich sein könne, sah v. Wilamo-
witz Herrn. XVHI 429; neben dem unheroischen
10 Aktis (o. Bd. I S. 12151) fänden sich griechi-
sche Namen wie Triopas in der Reihe, wohin-
gegen die Sage selbst, wie die Identifizierung des
griechischen Phaeton mit einem einheimischen
Tenages erkennen lasse, vorgriechisch sei und der
karischen Urbevölkerung (vgl. Beloch Rh. Mus.
XLIX 130) angehöre. Es läßt sich weiter er-
weisen, daß die Namen der H. selbst fast durch-
weg nach Rhodos übernommen sind. Der helle-
nische Triopas ist Eponym des Triopions auf der
20 knidischen Chersones , das so von Griechen be-
nannt wurde als Vorgebirge der ,drei Löcher' oder
der ,drei Angesichte' (vgl. Theokr. XVII 68 W.
zqiotiov xoXa>vav, ,der Hügel, der nach drei Seiten
sieht'; dazu v, Wilamowitz Testgesch. d. Bu-
kol. 52, 2); daß erst nach dem Ortsnamen der
Heros benannt wurde, ist natürlich. Darnach ist
die Verknüpfung mit Thessalien (Kallim. hymn.
VI u. sonst) oder mit Kos (Steph. Byz. s. Meqoip)
oder Syme (Diod. V 53, 1) oder Lemnos (Diod.
30 V 81, 2) so sekundär wie die mit Rhodos (vgl.
Athen. 262 E). Wenn Diod. V 61 den Triopas
aus Rhodos nach der knidischen Chersones als
Gründer des Triopions kommen läßt, so verquickt
er zwei Geschichten: a) eine rhodische, b) eine
thessalische Version (mit passender Genealogie
§ 3 ; zu b) stellt sich Hyg. astr. II 14). Nur
durch rhodische Annexion wird Triopas, Vertreter
des Vororts der Hexapolis, zum rhodischen Helios-
sohn, van Gelders Auffassung des Triopas als
40 Ausdrucksform des Helios (54. 56f.) ist nicht halt-
bar, ebensowenig Useners Deutung als Gott
Dreiauge (Rh. Mus. 58, 183f.). Kandalos, den
Oikisten von Kos, der hier dem Merops gegenüber
den barbarischen Namen trägt (v. Wilamowitz
430f.), hat Bethe 431, 2 glücklich mit dem koi-
schen Vorgebirge 2xdvdakov oder SxavSdgiov
(Strab. 657) zusammengestellt. (Anders Höfer
in Koscher s Myth. Lex. HI 3343.) Der dritte
H. Makar wurzelt völlig in Lesbos. Hier kennt
50 ihn schon die Ilias als König (XXIV 544) j hier
führen sich alle Städte auf ihn als Gründer zu-
rück (Steph. Byz. s. 'Ayaprjdtj, "Avuooa, 'ÄQtößij,
"Egeoos, Mri&vtiva, Mvzdrtvtj, Diod. V 81, 7.
Bethe 437, 1. Schirmer in Röscher s Myth.
Lex. II 2288f.); der rhodischen Sage, die ihn
für sich okkupiert und von Rhodos nach Lesbos
wandern läßt (außer Diod. noch SchoL TL 24,
544 MdxoQ 6 'Eliov (BV VXov, von Wilamo-
witz 429, 1 verbessert und durch den Town-
601eian. bestätigt] tpovsvoas xov ädtXtpov Tevayrjr
exetae (<xw)q5xi/<«r [nach Lesbos] xal xöltv olxioac
dito rifc yvrautbq Arxtaaa» dtvöftaow)^ steht eine
andere gegenüber, die vom lesbischen KOnig Ma-
kar die Insel Rhodos kolonisiert werden läßt
(Diod. V 81, 8), womit dieNotii nia a mninnhan gen
ma*, daß neben vietatt anderen Namen anch
Makaria ab alte Benfcftnnn« tot Bhodqe rifch
findet (Hm. n. h. TJjJteSÄH» OrieA» »b/äi.
2851
Heliädai
Hellas monachos
2852
300). Daß Makar ursprünglich schwerlich eine
griechische Figur sei, wird von Preller-Roberti
I*- 631, 2 vermutet. Damit wäre die Zahl der
H. erschöpft, die die rhodische Sage seihst durch
Auswanderung entfernt ; in der Tat sind alle drei
von außerhalb her, von der Chersones ^ und Kos
sowie von Leshos übernommen. Ähnlich steht
es um die auf der Insel Zurückbleibenden. Zwar
über Ochimos ist unsere Überlieferung unergiebig
(Plut. quaest. gr. 27. Lentz Herodian I 171,
20). Von Kerkaphos erzählte übereinstimmend
mit Zenon Apollodor bei Strab. 654. Steph. Byz.
s. KdfiiQog und Atvöos , vgl. Schob Pind. Ol. TU
135, daß er Vater der drei wichtigsten Stadt-
eponymen geworden ; auch hießen die Bhodierinnen
nach ihm KeQt<a<ptdss (s. auch Eustath. zu II. II
656, wo van Gelder 59 mit Hecht Avcm^q zu
Kvdbmr}? ändert. Anth. Pal. IS 287). Ein Rho-
dier Kerkaphos auf Inschr. aus Rhodos, ca. 100
v. Chr. (Hiller v. Gaertringen Athen. Mitt.
XX 1895, 228). Jedoch findet sich an der klein-
asiatischen Küste unweit Kolophon ein Berg Ker-
kaphos, bekannt als Grabstätte des Kalchas, Ido-
meneus und Sthenelos (Lykophr. 424 und Tzetz.
z. St. ; vgl. Nikander Theriak. 218) ; es muß als
wahrscheinlich gelten, daß der rhodische Kerka-
phos von hier seinen Ausgang genommen hat
(vgl. auch Gruppe 642). Hängt die Angabe des
Ps.-Plut. de fluv. 9, daß der Maiander seinen
Namen von einem gleichnamigen Sohne des Ker-
kaphos trage, damit irgendwie zusammen*? (Der
Sohn Kerkaphos des thess arischen Triopas bei
vanG eider 57 berubi wohl auf Versehen ; Schob
IL IV 88 nennt ihn Karkabos, Eustath. zu IL
IV 87 Karnabas). Auch der Name der Gattin
des Kerkaphos, Kyrbie, abgeleitet von dem in
Kreta (für Hierapytna Steph. Byz. s. v. ; vgl. Strab.
472) bezeugten Namen Kyrbe, der auch in Rho-
dos als alter Ortsname wahrscheinlich ist (Diod.
V 57, 8. van Gelder 60), kehrt nach Hekataios
bei Steph. Byz. s. Kvgßj] in einer Stadt Kyrbe
im Pamphylien und als Kvgßaoa (Steph. Byz.
s. v.) in Karien wieder, so daß wir hier auf die
karische Unterschicht, dem kleinasiatischen Fest-
land wie Rhodos gemeinsam, stoßen. Gruppes
Ansicht 257 kann ich nicht teilen. Zu Tenages
schließlich, dem Opfer seiner Brüder, tritt die
Hesychglosse Tivayog ■ vfjoog Tgotag, die, wenn
verläßlich, uns nahe den Gegenden führt, denen
Makar entstammt; auch ist bemerkenswert, daß
die Schwester deT H., Alektrona, sich wie in Rho-
dos, so auch in Samothrake und der Troas findet
(v. Wilamowitz Herrn. XIV 458. XVIII 429.
XXVI 210. 235, 1. Friedländer Herakles 4 7ff.).
In jedem Falle ist der Name Tenages wie der seiner
Schwester vorgriechisch, und auf Rhodos muß
von diesem karischen Sonnensohn eine Sage er-
zählt worden sein, die den Griechen gestattete,
ihn mit ihrem Phaeton zu identifizieren. Spuren
dieser Sage findet v. Wilamowitz 430 in der
atlantischen Mythologie des Dionysios Skytobra-
chion (Diod. HI 57) ; ähnliche Sagen von Phaeton-
Absyrtos (Apoll. Rhod. IU 245) und Atymnios
(Solin. 11) zieht heran Knaack Quaest. Phaetont.
14f. Wenn aber v. Wilamowitz 426, 1 (vgl.
Knaack 18) schließt, daß die Genealogie Schob
Od. XVTI 208 (Phaethon, Sohn des Helios und der
Rhode, der Tochter des Asopos) auf die iberische
Pflanzstadt der Massilioten deute, so liegt doch
näher, diese Genealogie als Produkt der von Ko-
rinth her bewirkten Identifizierung der Phaethon-
sage mit der karischen anzusehen, so daß Asopos,
natürlich der argolische, und Rhode Anfangs-
und Endpunkt in der Ortsverknüpfung markieren.
Nonn. Dionys. 14, 44 nennt drei H. Thrinax
(Eponym von Thrinakia), Makareus (vgl. Makar)
und Auges (gebildet aus Augeias). Dazu v. Wi-
lOlamowitz Gott. Nachr. 1895, 242, 53. Die
genauere Kenntnis der karischen Sage wie selbst
die ursprünglichen Namen der Mehrzahl der H.
bleibt uns verborgen. Gesondert steht die Notiz
bei Cicero de nat. deor. III 54 über Helios, Sohn
der Akantho und Vater des Ialysos, Kamiros und
Lindos. Ton einer Bildsäule eines der H. in
Rhodos spricht Dion von Prusa 31. 93 (van Gel-
der 62). Über das Verhältnis von H. zu Tei-
chinen, die ron manchen Forschern identifiziert
20 werden (Literatur bei van Gelder 53), s. Art,
Teichinen. [Malten.]
Heliades, nach Diodor. XXXH 10, 1 Ge-
neral des Alexandros I. Balas, mit dem er nach
der unglücklichen Schlacht am Oinogaras im J. 145
v. Chr. zu dem arabischen Fürsten Z abdiel im
nördlichen Syrien flüchtet. Er und seine Offi-
ziere haben den König jedoch verraten ; sie müssen
sofort nach der Schlacht (Joseph, ant. lud. XU!
117f.) mit den Siegern, Ptolemaios VI. Philo-
30metor und Demetrios IL, Unterhandlungen an-
geknüpft haben, und als Demetrios ihnen um-
gehend ihre bisherigen Stellungen zusicherte,
haben sie zusammen mit dem von ihnen auch
gewonnenen Zabdiel den Alexander ermordet.
[Walter Otto.]
'miaut bezeichnet 1. die Gesamtheit oder
einen Bruchteil der attischen Geschworenen, altes
Gesetz bei Lys. X 16. Demosth. XXIV 105, ferner
ebd. 63. XXI 47. [Demosth.] XLIII 75; ebenso
40 in der Fluchformel Demosth. XXIII 97 ; t? fjXltua
ij x&v &eafio&ETüv IG IV 1, 27 a — Ditten-
berger Syll.2 17 Z. 75 und Ant. VI 21 ist ein
Gerichtshof unter Vorsitz der Thesmotheten ;
2. eine Gerichts statte [Demosth.] XLVTI 12. Paus.
I 28, 8, und zwar die größte, die benützt wurde,
wenn mehrere Richterabteilungen zusammenge-
zogen wurden, Arist. resp. Ath. col. XXXIV 25.
Harpokr. Bekker Anecd. I 262. Bei And. I 28
heißt sie to rar &eofio&exo>v dtxaotJQtov, wahr-
50 scheinlich an der äyogä gelegen. Die Ableitung
war schon den Alten zweifelhaft, sie schwanken
zwischen aXia&o&ai und %Xio;; Bekker Anecd. I
310, Schob Demosth. XXIV 21, für die erstere
ist Herodian bei Steph. Byz. s. v. Sicher ist die
ursprüngliche Form rjUaia IG I 37. IV a. O.
Diog. Laert. I 66. Arist. Av. 110. Fritzsche
De sortit. iud. 78. Davon hergeleitet tjXtäCEO&ai
Lvs. bei Harpokr. Gesetz bei Demosth. XXIV 50.
Arist. Equ. 798; Vesp. 772; Lys. 380; tjUaois im
60 Richtereide Demosth. XXIV 150; Jjlautriqs ebd.
(s. Atxaoiris); rj/uaorisiös /xio&os und OQKog s.
Atxaorrjs. Vgl. Wachsmuth Stadt Athen n 1,
359. Meier-LipsiusAtt.Proz.176. [Thalheim.]
Hellas monachos, mit dem Beinamen Gkarax,
mag hier ein Plätzchen finden im Hinblick auf
seine Schrift IIsqI &ta<poQcov fiitQor oder, wie die
Überschrift mit Widmung vollständig^ lautet:
UXioü ilajiGtoo ftovazov XaQcaeog sfQog'Imdvrrjv
2658
Helias monachos
Hehce
285$
tov ädeX<pov a&tov sibqI dicupogow fiirgcov. Das
Büchlein wurde ehemals ungenügend herausge-
geben von Franc, de Furia als Anhang des
Draco Stratonicensis von G. Hermann, Lips.
1814, sorgfältig auf Grund namentlich des cod.
Laurentianus LVI 16 und des Venetus Marcianus
483 Ton W. Studemund in den Anecdota va-
ria I (Berlin 1886) 167—184. Eine Quellenana-
lyse der Schrift verdankt man, nachdem schon
Hephaest. § 81h t& noXirsvdftsva genannten vier
Hauptmetra deiByzautiner behandelt, das iamhische
(1 70t St.), das heroische (171ff.), das elegische (175),
das Anakreontische (176t), eine Reihenfolge, die
sich in zweien der Rezensionen des byzantinischen
Kompendiums wiederfindet (p. 280 und 309 Consbr.),
während in der dritten (Appendix Rhetorica p. 339
Consbr.) vielmehr das heroische Metrum den Vor-
tritt hat, dem dann das iambische und die übrigen
E. Westphal Metrik I 2 in seinem Kapitel über 10 folgen. Aber die letztere ist die ältere und ur-
3 - . TT._T.,.i:.„ „:„_!.„„ a„-L„i:., x> 1 neflp „i,„ sprüngliche, es hat sich von ihr auch in der zweiten
Rezension des byzantinischen Kompendiums noch
eine deutliche Spur erhalten (Append. Dionysiaca
p. 309, 23. Hoerschelmann Ein griechisches
Lehrbuch der Metrik 12). H. folgt also der
jüngeren Fassung. Daß alles übrige, was sich
an H.s Darstellung deT genannten vier Metra in
den Hss. anschließt, d. h. die von Studemund
als Appendix I bezeichneten Abschnitte Kap. I
Helias Monachos gehört wie der Verfasser der 20 HsqI avvi^aeoyg, Kap. II Kara jiooovg xQonovs
> W. Mangelsdorf (Karlsruhe 1876) heraus- yivexat x<»Xa rä im} {177— 183 Studem.) und die
11 />i-i -=--- — !- t»_ •»*-. _■!..__ Appendix II ITeQi xatv kv xotg oxfyoig nafißv (184
Studem.), die zuerst Villoison Anecd. Gr. LT
851 veröffentlicht hatte, mit H. nichts zu tun
die Hephästioneischen Scholia B 196ff. manche
Zusammenhänge richtig hervorgehoben hatte, der
Straßburger Dissertation von Ludwig Voltz De He-
lialsaaco monachoPs.-Dracone scriptoribusmetricis
Byzantinis, Argentor. 1886. Einschlägiges bietet
aüchPs.-Hephaestion de metris ed. H. zurJacobs-
muehlen Dissert. Argentor. vol. X, Argentor. 1886.
Vgl. auch Krumbacher Geschichte des byzanti-
nischen Literatur s 594ff.
gegebenen Anecdota Chisiana, wie Ps.-Moschopu-
los, Isaak Monachos, Ps.-Drakon u. a. zu der Gruppe
byzantinischer Kompilatoren, welche ihre Weisheit
mit mehr oder weniger wörtlicher Anlehnung aus
einem metrischen Kompendium schöpften, das
W. Hoerschelmanns grundlegende Untersu-
chung in dem Schriftenkomplex der seit "W e s t p h a 1
sogenannten Scholia Hephaestionea B als das fünfte
haben, ist in der Hauptsache schon von R. West-
phal erkannt, und wird auch durch die stili-
stische Beobachtung bestätigt, daß die in den
echten Partien gewählte Anrede an den Bruder
Johannes hier vermißt wird (Voltz 8). Aber auch
Buch erkannte: W. Hoerschelmann Ein grie 30 in den nun übrig bleibenden vier Kapiteln hat sieh
chisches Lehrbuch der Metrik, Dorpat 1888. Vgl.
darüber Art. Hephaistion. Die älteste Gestalt
dieses Lehrbuchs, welches uns in drei jetzt hinter
Consbruchs Hephästion (Lips, 1996) 280—304.
305—334. 335—343 bequem zugänglichen Rezen-
sionen vorliegt, scheint dem 7. Jhdt. anzugehören.
Wenigstens gehen die jüngsten der in den genann-
ten Rezensionen zitierten Autoren, wie Sophronios
(t 638) und Georgios Pisides, unter Kaiser Hera-
noch mancher dem H. fremde Zusatz einge-
schlichen. Daß in dem Kap. Ilegl tov taftßtxov
fisxQov die nur im cod. Laur. LVI 16 überlieferten
§§ 3 — 5 dem H. abzusprechen sind, machte
Voltz (a. O. 9) wahrscheinlich, der auch an der
Echtheit von §§ 2 und 7 desselben Kapitels zweifelt
(a. O. 11). In dem zweiten Kapitel sind die wie-
derum nur im cod. Laur. LVI 16 überlieferten
§§ 3—5 (p. 173 Studem.), wie Westphal Metr.
klios (610—641), nicht unter das 7. Jhdt. hinab. 401 2 209 sah, gleichfalls späteres Einschiebsel, in-
Wenn dagegen von Helias 175 Studem. in dem Ka-
pitel IIeqI tov sXeyeiaxov fdrgov als Beispiel für
den Pentameter ein so übles Gebilde wie pn\ pov
Xtj&tjv ov xoiet fii) Xfioxs gegeben wird oder von
Isaak Monachos in dem Kapitel IJegl xov 'Ava-
HQsovxslov ein Vers des Konstantinos, des Siziliers
(9. Jhdt.), so wird wohl Voltz (a. O. 6) mit der
Annahme recht behalten, daß wir darin spätere
sofern H. selbst unmittelbar vor § 3 den Schluß
seiner Erörterung des iambischen und heroischen
Maßes markiert hat. Das dritte und vierte Kapitel
zeigen eine etwas freiere, aber eben darum keines-
wegs wertvollere Fassung, wie sich das auch in
den zum Teil wohl von H. selbst gebildeten
Beispielen verrät. Die H. eigenen Sätze sucht
man mit Recht in denjenigen, welche in Ps.-Mo-
Zusätze des H. und Isaak Monachos selbst zu schopulos ([Ps.-]Moschopuli tractatus de metris ed.
sehen haben, nicht aber die übrigens reserviert 50 Fr. Nie. Titze in Manuelis Moschopuli Cretenais
ausgesprochene Vermutung Krumbachers (a. O-
594), der es wahrscheinlich bezeichnete, daß da3
byzantinische Kompendium in seiner Urgestalt dem
10. Jhdt. angehöre, ,der Zeit der Enzyklopä-
dien und Sammelwerke'. Die Zeit des H. Oharas
selbst aber läßt sich vorderhand nicht genauer
als durch seine Abhängigkeit von der älteren Fas-
sung jenes byzantinischen Kompendiums bestim-
men. Die Vermutung von Voltz (a. O. 14), H.
Opusc. gramm, Lips. et Pragae 1822, 43ff.) und
den Anecdota Chisiana, mit welchen er sonst viel-
fach übereinstimmt, keine Parallele finden. Das
Detail hierüber bei V o 1 1 z. Zieht man die Summe,
so kann H. unter der nicht geringen Zahl by-
zantinischer Kompilatoren, welche sich die altere
Fassung jenes ,liber quintus' der Scholia Hephae-
stionea altera zum Torbild nahmen, keineswegs
als das wichtigste und zuverlässigste bezeichnet
gehöre dem Anfang des 9. Jhdts. an, insofern 60 werden. Nur tut man gut, ihn nicht nach der Über-
■ "--•— ^ — =j— --•■ lieferung des cod. Laur. LVI 16, sondern nach der
des cod. Marc. Ven. 483 zu beurteilen (vgl. Voltz
a. O. 13). fHense.]
- Heiice (Helycc); ein Sumpfsee {stagrmm) an
der Mündung des Flusses Atax (Aude), mit engem
Ausgang ins Meer; vgL Arien, oxa niarifc. v. 587-
D es j ardin s Geogr. de la Gaule Born. I 152ff.
245. CBang.]
unter dem Ioannes, dem er seine Schrift widmet,
vielleicht der jüngere Grammatiker Ioannes Gram-
maticus Charax zu verstehen sei, bezeichnet ihr
Urheber selbst als unsicher. Die Zeit des H.
Charax ist, wie Krumbacher mit Recht betont
(a. O. 596), ,gänzlich unbestimmt. Der Inhalt der
Schrift schließt sich an das byzantinische Kompen-
dium in der Weise an, daß sie wie jenes die von Ps.-
Helleo. 1) Nach einer späten bei Plin. n. h.
XII 5 vorliegenden Version der keltischen Wander-
sage ein Helvetier, der in Eom als Zimmermann
gearbeitet hatte und durch mitgebrachte Süd-
früchte bei seinen Landsleuten die Begier zum
Einfall in Italien weckte (vgl. dazu Hirschfeld
S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 346f., zum Namen auch
Holder Altkeit. Sprachschatz I 1414).
2) Helico, Bauer in Tusculum, erwähnt um
709 = 45 von Cic. fam. XVI 18, 2 nach unsicherer
"Überlieferung (Salaeo, helluo u. a. Konjekturen).
[Münzer.]
Helikaon ('Efoxäcw). 1) Troianer, Sohn des
Antenor und Gemahl der Priamostochter Laodike,
Hom. TL m 123. Paus. X 26, 7, bei der Erobe-
rung Troias von Odysseus gerettet, Lesches frg. 13
(Paus. X 26, 8). Sein Dolch mit Weihinschrift
wurde in Delphi gezeigt, Phainias FHG II 297
(Athen. VI 232 c). Mit Antenor (Verg. Aen. I 247)
und seinem Bruder Polydamas (Int. Serv. Aen. I
242) gründet er Patavium, Mart. X 93. XIV 152.
2) Lesbier, nach einem hellenistischen Dichter
bei Parth. Erot. 21 Sohn des Lepetymnos, von
Achilles bei der durch den Verrat der Peisidike
ermöglichten Eroberung von Methymna erschlagen.
3) Heerführer beim Zuge des Dionysos gegen
die Inder, Nonn. Dionys. XLLtt 54. [Weicher.]
4) Pythagoreer, den Iamblich. (vit. Pythag.
130. 172. 267) unter den Gesetzgebern von
Rhegion erwähnt und wegen seiner Tätigkeit
und seines Charakters lobt. [E. Wellmann.]
Helike (EXixrj). 1) Stadt in Achaia. Den
Namen leitet Busolt Gr. Gesch. I 286, 5 von
Uixij ,Weide' ab, ebenso Solmsen Eh. Mus.
LLTI 1898, 147; Beitr. z. griech. Wortf. I 84 f.
Nach Solmsen Unters, z. griech. Laut- u. Vers-
lehre 15, 1 möchte man unmittelbare Ableitung
von iXog annehmen, was zur Lage passen würde.
Gruppe Griech. Mythol. II 743, 11 bringt den
Namen mit klt£ ,Rind* zusammen. Ethnikon:
EXtxevg Strab. VI 263. VUI 385. Steph. Byz.
Diodor. XV 49, 3. Paus. VII 25, 4 (hsL EXi-
xaicov , d. i. EXtxicov) ; TUtxcovizijs Steph. Byz.
Ktetikon : EXtxqaios Aelian. nat. an. XI 19. Steph.
Byz.; EXixyiog Aristarch. Etym. M. 547, 15ff.
Daß EXixtoviog als Ktetikon von H. gebraucht
ist, läßt sich nicht erweisen; Solmsen Beitr.
(s. o.) tritt für die Möglichkeit der Bildung ein.
H. lag nach Paus. VII 24, 5 40 Stadien östlich
von Aigion, jenseits des Selinus (Fluß von Vo-
stitsa oder Aigion) und nach 25, 5 westlich des
Kerynites (Buphusia). Herod. I 145 nennt es
zwischen Bura und Aigion in der von Osten nach
Westen fortschreitenden Aufzählung der achäi-
schen Städte, die Apollodor bei Strab. VIII 385
übernommen hat. Bei Ptolem. III 14, 36 er-
scheint H. unter den binnenlandischen Städten,
und zwar in südlicherer Breite als Bura, ein bis-
her nicht erklärter Irrtum. Um eine genauere
Vorstellung von der Lage za gewinnen, ist es
nötig, zunächst auf den Untergang der Stadt ein-
zugehen, der durch ein gewaltiges Erdbeben in
einer Winternacht des J. 373/2 v. Chr. erfolgte;
das Jahr Polyb. II 41, 7. Strab. VHI 384, Diod.
XV 48, 1. Paus. VII 25, 4. Tageszeit Hera-
kleides bei Strab. VUI 385. Diod. XV 48, 2.
Aelian. nat. an. XI 19. Jahreszeit Herakleides.
Paus. Tu 24, 12. Die Angabe des Zeitgenossen
Herakleides läßt sich nicht dadurch erschüttern
(Schmidt 139f.), daß nach Aelian und Favorinus
bei Diog. Laert. TU 13, 20 = FHG HI 578, 6
damals spartanische Schiffe in H. waren, und daß
nach Aelian alles Ungeziefer vor der Katastrophe
die Stadt verließ. Ersteres ist nicht unerklär-
lich, letzteres kann eine Wandergeschichte sein.
Das Verständnis des Vorgangs hat Schmidt 77f.
erschlossen durch seine Beobachtungen anläßlich
10 eines Erdbebens, das im Dezember 1861 dieselbe-
Gegend heimsuchte ; vgl. W e i 1 361 ff . N e u m an n-
Partsch 324f. Philippson 436.438. Die Kü-
stenebene südöstlich von Aigion besteht aus den
Schwemmstoffen, welche die Flüsse in eine flache
Bucht des korinthischen Meerbusens abgelagert
haben. Die englische Seekarte von 1896 zeigt,
daß die 100 Fadenlmie sich vor diesem Teil der
Küste ungewöhnlich weit vom heutigen Ufer ent-
fernt (durchschnittlich 2,5 km und mehr), und daß-
20 diese Linie auf einer ziemlich steilen Böschung
(etwa 1 : 3) verläuft. Bei dem Erdbeben von
1861 löste sich diese ganze Alluvialmasse in einem
etwa 13 km langen und 2 m breiten Spalt von
den Neogen schollen , an die sie sich im Süden
anlehnt, und senkte sich schwach nach Norden,
so daß ein Küstenstreifen von etwa derselben
Länge und 100—200 m Breite dauernd unter
dem Seeniveau verschwand. Daß die Katastrophe
von 373 v. Chr. in derselben Weise, nur in zehn-
30 fach größerem Maßstabe, durch Abrutschen der
in steiler Böschung aufgehäuften Schuttmassen
erfolgte, können wir aus Herakleides' Bericht
noch deutlich erkennen (Strab. VIII 385). Da-
nach lag H. 12 Stadien vom Meere, und dieser
ganze Streifen samt der Stadt versank in die
See (xakv<p&Eviog) ; 2000 Achäer, die herbeieilten r
um die Leichen zu bestatten, vermochten es
nicht; wir ergänzen: weil sie unter den Trüm-
mern der Stadt im Meere begraben lagen. Dieser
40 klare Tatbestand ist überraschend schnell (mit
am stärksten schon bei Ephoros) verdunkelt wor-
den. Die meisten Berichterstatter erwähnen nur
das Ergebnis, daß H. im Meere versunken sei,.
und die Phänomene, die man an der ganzen
Küste beobachtet hatte, Erdbeben und Meeres-
woge: Arist. met. I 6 p. 343b, 1. II 8 p. 368b, 6.
Eratosth. bei Tzetz. zu Lycophr, 591. (Berg er
Die geograph. Fragmente des Erat. 353). A elian.
nat. an. XI 19. Paus. VII 24, 6. 12. Strab. VLU
50 384. Diod. XV 42, 2f. (nach Ephoros) läßt die
Flutwelle erst bei Tagesanbruch eintreten, während
das Erdbeben auch bei ihm nachts erfolgt. Nur
das Erdbeben erwähnen Schol. BTVL IL VUI
203, nur die Seewoge Strab. 159. Polyb. LI 41,
7 sagt nur, H. sei vom Meere verschlungen. Von
einer Poseidonstatue, die noch auf dem Meeres-
grunde stehe , erzählten die Seeleute dem Era-
tosthenes bei seiner Anwesenheit (Strab. Vlll
384. Berger 352); von den Euinen, die unter
60 Wasser sichtbar seien, berichten Ovid. met. XV
293ft. und Paus. VII 24, 13. Das Zusammen-
treffen des Erscheinens eines Kometen mit der
Katastrophe erwähnen Arist. met. I 6 p. 343 b, 1.
Kallisthenes bei Sen. nat. quaest. VJJ 6,2; zur Ur-
sachemacht ihn Ephoros bei Sen. nat. quaest. VII
16, 2 = FHG I 273, 142. Häufig wird mit BL zu-
sammen das gleichzeitig zerstörte Bura genannt, da»
weiter sudlich im Gebirge lag; Strab. 1 89. Bianor
avvt
neu*«
JLLUL1A*?
Arrth Pal. EC 423. Phiitwtr. Her. 90,31. Aber
schon Zeitgenossen lassen Bura mit ins Meer
versinken: Ephoros bei Sen. (s. o.) und Diod. XV
48, 3. 49, S. Kallisthenes bei Sen. nat. quaest.
VH 5, 2 (zum Text G. Müller De L. Annaei
Senecae nat. quaest,, Diss. Bonn. 1886, 44). VI
23, 3. 26, 3 = frg. 6 in C. Müllers Script, rer.
Alex. M. 13f.; ebenso [Aristot.] tcsqi xöoftov 4
p. 396 a, 22. Ovid. met. XV 293ff. Plin. n. h.
II 206. Derselbe IV 12 oppida Heliee, Bura,
in quae refugere kaustis priorzbm vermengt
vielleicht die Eroberung des Landes durch die
Achäer mit der Erdbebenkatastrophe. Endlich
Philon jisqi ä<p'&aQöias xoo/nov 26 (42, 3 Cu-
mont) behauptet, mit H. und Bura zusammen
.sei auch Aigeira ins Meer versunken, und zitiert
dafür zwei Hexameter (vyirjlrjv 'EXixstav; zur
Form Meineke Anal. Alex. 46). Es ergibt sich
also, daß vor 373 die breite, flache Bucht süd-
östlich von Aigion nicht vorhanden war, sondern
die Küstenlinie wesentlich weiter nach Nordosten
au verlief; und in der Mitte dieser über 4 km
breiten Ebene, nordöstlich von dem Dorfe Ta-
ratsa, lag H. , etwa gleich weit vom Meere und
vom Fuß des Gebirges entfernt, ohne jede An-
lehnung im Gelände, für eine griechische Stadt
eine höchst auffällige Lage. Curtius wollte
deshalb, wie vorher schon Boblaye, in den
Euinen oberhalb Eisomylo die Akropolis von H.
•erkennen; da aber hier, wie er selber annimmt,
Keryneia lag, gerät er in unlösbare Schwierig-
keiten. Vor seiner Zerstörung war H. bekannt
durch seinen Kult des Poseidon, der schon IL
VUI 203 erwähnt wird. Denselben Gott zeigt
die schöne Bronzemünze, die nicht lange vor dem
Untergang der Stadt geschlagen sein kann. Und
als um dieselbe Zeit neun ionische Städte in
Kleinasien dem Poseidon Helikonios in der Ge-
gend von Ephesos ein neues Heiligtum zu bauen
beabsichtigten, wandten sie sich nach H, (nach
Ephoros bei Diod. auf den Rat des delphischen
Orakels) und erbaten nach Herakleides ftdhcta
fiev xo ßgexas xov Iloosiöcovog , « dh pr), zov ye
ieoov xfyv ätpidgvotv, nach Ephoros d(ptÖQVftaxa
and xäv ßmfifäv (vgl. v. Wilamowitz 13). Nach
beiden stimmte das Koinon der Achaier zu, die
Helikeer aber verweigerten den Gesandten die
Bitte, nach Ephoros zerstreuten sie sogar deren
Opfer und mißhandelten sie selbst. Dies ge-
schah nach Herakleides im Sommer 373, und viele
erblickten in dem Untergang der Stadt eine gött-
liche Strafe. Nach Aelian werden die Ion er ge-
tötet; dasselbe Verbrechen nennt Paus. VII 24,
6, die Ion er sind aber bei ihm zu namenlosen
Schatzflehenden geworden, offenbar unter dem
Einfluß des 25, 1 folgenden Logos. Daß Posei-
don in H. unter dem Namen HelikoDios verehrt
worden sei, ergibt sich aus diesen Berichten
nicht, das wurde erst von einem Teil der grie-
chischen Philologen im Streit um die Erklärung
von IL XX 404 behauptet, namentlich von Era-
tosthenes (Eohde), und erscheint dann als aus-
gemachte Tatsache bei Strabon, Pausanias und
den Scholiasten. Aristarch. Etym. M. 547, 15ff.
bestritt den Zusammenhang, und gerade hierin
erblickt Eohde mit Recht einen entscheidenden
Beweis dafür, daß jener Beiname damals für H.
jedenfalls nicht nachzuweisen war. Ton der Ge-
schichte von HL wissen wir so gut wie nichts.
Der Schiflskatalog (II. II 575) rechnet TMkijv
svQEiav zum Beich Agamemnons. Nach Herod.
I 145 war H. die letzte Zuflucht der loner, nach-
dem sie von den Achäern im Felde geschlagen
waren; diese Bemerkung ist von Apollodor bei
Strab. VIII 385 a. E. übernommen, der auch die Aus-
wanderung der Ioner von H. ausgehen läßt; vgl.
Schol. IL XX 404. v. Wilamowitz 9, 4. Die
10 Ausgestaltung der Urgeschichte bei Paus. V 4,
3f. VII 1, 4. 8. 6, 1 zu erörtern, wäre zwecklos,
vgl. o. Bd. I S. 158, 5. 15.9, 38ff. 160, 12. Daß
H. sich an der westgriechischen Kolonisation be-
teiligte, ergibt sich aus der Nachricht Strab. VI
263, der OiMst von Sybaris stamme aus H. Seine
Stellung unter den achäischen Städten kommt am
deutlichsten darin zum Ausdruck, daß in seinem
Gebiet das Bundesheiligtum des Zeus Homarios
lag (Strab. VIII 387, s. den Art. Homarion).
20 Nach dem Untergang der Stadt fiel der Eest des
Gebietes an Aigion (Strab. VIII 387. Paus. VII
25, 4). Julius S chmi dt Studien über Vulkane und
Erdbeben IL Weil Ztschr. f. Numism. VH 1880,'
361ff. Neumann-Part seh Physikal. Geogr. von
Griechenl. Philippson Peloponnes. Boblaye
Eecherches 26. Curtius Pelop. LI 467f. Bur-
sian Geogr. LT 333f. Frazer Paus. IV 165.
167. Kult des Poseidon: v. Wilamowit z S.-B er.
Akad. Berl. 1906. Rohde Rh. Mus. XXXVI
30 1881, 407ff. = Kl. Sehr. I 29ff. Münzen: Weil
s. o. u. Taf. VIII 6. Head-Svoronos f Iax. z.
Nop. I 521. Head HN 2 414. Karten: Carte de
la Grece. Julius Schmidt Taf. IV; Admiralty
Chart. 1600. [Bölte.]
2) )J 'EXixrj. Stadt in Thessalien nach Hesiod.
scut. 475. Strab. VIH 7, 2 p. 385. Eustath. p.
292, 32. Steph s. v. Die Lage ist unbekannt.
[Stählin.]
3) Als Sternbild kommt der Name H. seit
40 der Alexandrinerzeit erst vor. Epimenides hat
zuerst den kretischen Mythus von der Ernährung
des Zeus durch die Nymphen H. und Kynosura
mit dem großen und kleinen Bären in Verbin-
dung gebracht. Aglaosthenes hat darauf diese
Idee aufgenommen in seinen Nagoxä und auf
naxisebe Lokalsage übertragen. Arat hat jedoch
den kretischen Mythus des Epimenides anerkannt
und ist dadurch für die Gestaltung desselben in
der Folgezeit ausschlaggebend gewesen. Wie er den
50 Namen bereits als erstarrten Begriff gebraucht
und von der EXtxt}'ÄQxxog (51), der EXixqg ovQtj
(59) redet, also unter dem Namen nicht immer die ,
Nymphe H., sondern entweder die in eine Bärin
verwandelte Nymphe oder den alten Begriff der
"Agxxog darin erblickt, so spricht nach seinem
Beispiel auch ApolL Ehod. Argon. II 360. HI
1195 von der Wxrj ÖQxxog. Die Römer haben das
Wort in derselben Form übernommen (Cic. Arat.
frg. VI 2 — de nat. deor. II 105, besondere beliebt
60 ist es in späterer Zeit, wo es die haupteachUchste
Benennung des Sternbildes ist, x. B. findet ea sich
bei Germanicus, Manilius, Avienna allearfiialben)
und sprechen ebenso von der SeHes maior und
minor, wie von dem großen und UflÜMn Baien
und wir finden wie bei Arat auch bei den Römern
die Hßlice* eauda Avien. H 158 erwähnt oder H.
mit dem un^rungüchen Gestinuannen , Wagen* in
Verbindung gebr«ht (Luc Phaw.II33dt). Statt
2859
Helike
Helike
2860
der üblichen Form Heiice und JTelica findet sich
bei Späteren auch die Benennung Helix (Beda
De signis caeli I = Comm. in Arat. rell. coli.
Maass 582, 1. Schol. Bern, in Germ. Arat. 233,
3, 12B).
Der Name laßt an sich verschiedene Deu-
tungen zu. Theophrast (bist, plant. III 13, 7)
bemerkt zu der Salweide: xaXovoi ff oi jzsqi "Aq-
xadtav ovx tzsav dXXa sXixrjv to ösvSqov. Mit-
hin wäre es ein altachäisches Wort, dessen Sinn 10
in dem achäischen Städtenamen 'EXixij zu er-
kennen wäre (Weiden stadt: Solmsen Eh. Mus.
LIH 147, 1. Prell witz EtymoL WörterM
1905, 138. Boisacq Dictionn. e'tym. de la langue
Grecque 243). Danach wäre eben die Bezeich-
nung des Sternbildes rein dichterische Fiktion,
ohne daß das Wort selbst irgendwelche Bück-
sicht auf die Stellung der Sterne nimmt , wie
wir dies ähnlich ja hei einer Keine anderer Ge-
stirnbenennungen antreffen. 20
Daneben bleibt aber eine Keine anderer Deu-
tungsmöglichkeiten. Die Alten bringen das Stern-
bild mit iXtoveo&at in Zusammenhang und er-
klären den Namen aus der kreisförmigen Bewe-
gung des Gestirnes = Drehgestirn. Arat. Schol.
35 = p. 348, 2 M. öta rd iXioasötyai aal iXtxwdr)
XQog rrjv ovqolv s%etv xal Slo, xo eXxso&cu vstb
ovgavov; vgl. Hippol. ref. omn. haer. IV 48
p. 118D Sehn. Arat. Schol. 37 = p. 348, 5 M.
xr\v fislCova v Aqxtov e EXixr}v Hapa tac eXixag xa- 30
avoTQoqpäg avrjjg , woraus Butt mann die sehr
gesuchte Deutung nimmt, daß man in den
sieben Sternen ein 5" einzeichnen könne (Abb.
Akad. Kerl. 1826, philos. KL 20). Eine sehr ver-
führerische Idee spricht Svoronos NoiAioitäxtxa
— "Etprj^. olq%, 1893, lOff. aus, ihm folgt Gruppe
Hdb. d. kl. Altertumsw. V 2, 2, 743, 11. Er ver-
mutet, daß ursprünglich das Bild den Namen
elixeg ßÖeg geführt habe, woraus später einfach
f'Xtxsg und dann nach Verdunkelung des Ursprung- 40
liehen Sinnes iXixtj geworden sei. Der Name
Bootes = Ochsenhirt legt ja die Vermutung sehr
nahe, daß den Griechen ursprünglich, wie auch
den Römern, einfach das Sternbild sieben Ochsen
waren und daß dieselbe Verblassung des alten
Begriffes die eXtxeg ßosg zu der H. umgestaltet
hat, wie die septentriones zu der septentrio
gen. fem. später herabgesunken sind (Gundel De
stellar, appell. et rel. Korn. = Relig. Vers. u.
Vorarb. III 2, 151ff.). Dieser Name hätte sich 50
dann etwa in einem (achäischen oder kretischen)
h Dialekte erhalten und die Katasterismendichter auf
die Idee gebracht , ihn mit den Ammenmärchen
des Zeus, in denen eine Nymphe Helike eine be-
sondere Rolle spielte, in Verbindung zu bringen.
Die Idee scheint ja auch eine Stütze dadurch zu
bekommen, daß eXtxsg auch sonst Sterne be-
zeichnet, so spricht Nonn. Dionys. I 225 von den
att^sg ovQavioiv eXixuyv. Doch bleibt dies nur
eine — allerdings sehr ansprechende — Vermu- 60
tung, da uns Belege ans der älteren Zeit über
eine entsprechende Benennung des Sternbildes
völlig fehlen.
Mit dem Namen wurden zwei Mythen ver-
knüpft, ein kretischer und ein arkadischer. Nach
Epimenides gestaltet Arat den H.-£atasterie~
mus, der aus kretischen Priestersagen entnommen
ist. Danach waren H. und Kynosura idäische
Nymphen, die den jungen Zeus in einer Grotte
des kretischen Idagebirges aufzogen und ernährten.
Zum Lohne dafür wurden sie von Zeus in die
Sternbilder des großen und kleinen Bären ver-
wandelt. Die Sage muß eine ganz junge Schöp-
fung gewesen sein, da Arat sie selbst unter
Vorbehalt et heov fy wiedergibt, Arat. v. 30ff.
Kallimachos hat sie zurückgewiesen mit der Be-
gründung KQrjteg äsi ipsvojal (hymn, I 8). Die
Fabel wird erzählt von Eratosth. epit. II = Erat.
catast. rell. Kobert 58. Serv. Georg. I 246 ; Aen.
III 516. Hyg. astron. II 1 p. 30 B.; vgl Maass-
Aratea = PhiloL Unters. XII 341ff. Neustadt
De Iove Cretico, Diss. BeroL 1906, 21 n. 29.
Vermutlich liegt, wenn wir in dem Namen $Xi£
— Kuh erkennen, der alte Mythus von der Er-
nährung des Zeus durch eine Kuh zu Grunde, von
dem wir Darstellungen auf den Münzen von Prai-
sos haben; s. Svoronos a. O. 8ff. ; Bull. hell.
XVIII 1894, 116. Gruppe a. O. 946, 4. Mit
dem geläufigen Namen des Sternbildes ,Bär' wird
der Mythus von Aglaosthencs dadurch in Zu-
sammenhang gebracht, daß er die beiden Nym-
phen bei der Verfolgung durch Kronos zunächst
in Bärinnen verwandelt werden läßt. Zeus selbst
rettet sich dadurch vor seinem Verfolger, daß er
sich in eine Schlange verwandelt und nach Naxos
flieht. Später versetzte er dann aus Dankbarkeit
die beiden als Bärinnen umherirrenden Nymphen
an den Himmel, nachdem er die Herrschaft dem
Kronos entrissen hatte, Schol. Od. V 272. Schol.
German. BP p. 59, 5, p. 56 K. Isagoga bis exe.
= Comm. in Arat. rell. p. 330, 13ff.M. Servius-
a. O. Robert Eratosth. cat. rell. 25f. Neu-
stadt a. O. 21. Neben der Flucht des Zeus,
nach Naxos und der zunächst irdischen Ver-
wandlung der beiden Nymphen, die Aglaosthenes-
wohl den Naxica zulieb erdacht hat, geht eine
vermutlich ältere Version auf Epimenides zurück.
Danach hat Zeus sofort sich und seine beiden
Ammen in das Sternbild des Drachen mit den
beiden Himmelsbären verwandelt, Schol. in Arat.
46 = p. 349 M. Angedeutet ist diese Verstirnung
auf kretischen Münzen, wo der Zeus xQstayevfjs
von sieben Sternen umgeben ist, Svoronos Bull.,
hell. XVIII 116.
Auch in Achaia war ein Mythus bekannt T
wonach Zeus in seiner Kindheit von zwei Nym-
phen Aiga und H., beschützt wurde; diese waren
die Töchter des Olenos; doch wird hier nicht aus-
führlich von den Gründen der Verstirnung in die
Himmelsbärin geredet, Hyg. astron. II 13 p. 48B.
Die Sage ist auch an der Propontis heimisch,
wo man auf einer Insel (Kyzikos) den Berg der
Bärinnen zeigte, so benannt, weil dort die in
Bärinnen verwandelten Zeusammen weilten, SchoL
Apoll. Rhod. I 936. Man hat auch den Nach-
weis versucht, daß in Arkadien die Bu-Sage be-
kannt war und frühzeitig mit der Kallistoerzäh-
lung verschmolzen wurde. Franz (De Callistus
fabula, Leipzig. Studien XII 1890, 299ff.) sucht
dies bereits bei Theoer. I 123 nachzuweisen,
ebenso Neustadt a. 0. 29, vgl. auch St oll
bei Röscher 12, 1985, doch läßt sich diese Idee
bei genauer Prüfung nicht halten. Später nämlich,
als die Bezeichnung weiteren Anklang gefunden
hatte, wird H. die Tochter Lykaons genannt und so-
mit mit dem Kallistomythus wirklich verschmolzen;
2861
Helike
die kretische Sage ist dabei völlig unterdrückt. In
den Gennanicusscholien wird Hesiod als Urheber
dieser Mischung zitiert (SchoL G u. S p. 112 B.),
doch ist diese Angabe zurückzuweisen, denn H.
wird in den Scholien völlig identisch mit Arktos
gebraucht, wie von Germanicus in den Aratea
auch. Es ist hier also nicht betont, daß H.
nach Hesiod Lykaons Tochter war, sondern der
Mythus der Kallisto wird hier mit dem vom
Dichter gebrauchten Namen des Gestirnes er % 10
zählt; dazu vgl. Eratosth. epit. p. 49 R., die Scho-
lia Basil. in Germ. p. 58B. Schol. Arat. 27
p. 344 M. Hyg. astron. H 1 p. 30 B, wo Hesiod
als Urheber der Kallistosage ohne Erwähnung
des Namens H. genannt ist. Die Mischung ge-
hört lediglich der späteren Zeit an, wo der Name
H. die gebräuchlichste Benennung des Sternbildes
war, sie findet sich auch bei Serv. Georg. 1 67,
138. 246. Arat. latin. p. 181 M.
Was die Persönlichkeit der H. im Verhältnis 20
zu der Anordnung der Sterne am Himmel betrifft,
so sieht man gemäß des Mythus und der alther-
gebrachten Benennung des Bildes bald die Ge-
stalt der Bärin H. am Himmel, bald glaubt man,
in den Sternen lebe die Nymphe weiter als Göt-
tin. Über die Zahl der Sterne und Komposi-
tion derselben, die die Alten zur Zeichnung des
Bärenbildes heranholten, s. die Belege bei Ro-
bert a. 0. 54f. Als Seele des Siebengestirnes
wird sie von den Dichtern mit Rede und Ver-30
nunft begabt dargestellt; sie hat die Drehung
der Sterne zu besorgen und beobachtet die Vor-
gänge auf der Erde. Daher wird sie von Ceres
auf der Suche nach der Tochter und von den
MeiiEeia aoo£
Zauberern angerufen, Ovid. fast. IV 580. CIA 1 523.
Lucan. Phars. LT 237. Claud. XVLT 298ff. Maass
Orpheus 260f. Zu der Anschauung, daß das Stern-
bild die Wohnung eines Geistes ist, vgl. Blake
Astron. Myth. 40f. Chantepie de la Saussaye
Lehrb. d. Religionsgesch., Tübingen 1905, I 61.
Besonders wichtig ist sie als Örientierungsgestirn
für die griechischen Schiffer (Arat. 37. Apoll. Rhod.
Argon. II 95 u. Ö.) ; daher man auch später den
Namen kXi«S>7isg daraus ableiten wollte, weil die
Griechen bei der Fahrt nach der H. sich richteten
(Schol. in Arat. 37 p. 348 M. Ideler Unters, üb.
d. Urspr. u. d. Bedeut. der Sternnamen, Berlin
1804, 294; dies wurde in geistiger Hinsicht auf
die Ziele der Weltkinder übertragen von Hippol.
refut. omn. haeres. IV 48 p. 118 D. Sehn.).
Von Frauen, die in anderen Sagen außerhalb
der Katasterismen vorkommen, wird H. genannt :
1. die Tochter des Danaos, CIG 2374, 16 R. Hyg.
fab. 170 p. 33 Schm.; % Gattin Oinopions und
Mutter der Mtgw, der Geliebten Orions, Parthen.
Erot. 20; 3. Tochter des Selinus, Gemahlin von
Ion, Mutter der Bura, Paus. VII 1, 2. 25,
5. Steph. Byz. s. v. Vielleicht geht auf ein Heilig-
tum derselben die Inschrift CIG I 529; 4. Amme
des Hermes, Philostephanus Schol. Pind. Ol. VI
144 = FHG ed. M. III 30, 9; 5. Bakchantin
Nonn. Dionys. XVII 217; 6. Hesperide auf einer
Vase in Neapel, CIG 8394. Stoll a. 0.; 7. Bei-
name einer Frau , CIG 6254. Anth. Palat. App.
nr. 247 MaQxtavtj EXixy. CIA II 2, 989, 9.
[Gundel.]
Heltkeia s. Helike.
Nachträge.
S. 572, 24 ist einzuschieben:
Oalbanum, Mutterharz. Diese heute höch-
stens noch zu zerteilenden Pflastern und Salben
sowie zur Bereitung von Kitten gebräuchliche
Droge stammt nach den neuesten Angaben von
mehreren Ümbelliferen Persiens und Afghanistans
(Ferula galbaniflua Boissier et Buhse = Peuce-
danum galbanifluum H. Baillon und deren var.
Aucheri, dann Ferula rubricauHs Boiss. = Peuce-
danum rubr. H. Baill. und Ferula Scha'ir Bge. ;
vgl. Dragendorff Die Heilpflanzen 495. J.
Wiesner Die Kohstoffe des Pflanzenreiches 12
198. F. A. Flückiger Pharmakognosie des
Pflanzenreiches 3 62ff. , wo auch weitere Literatur,
Beschreibungen und Analysen zu finden sind).
Das im europäischen Handel erscheinende G.-Harz
bildet nach Wiesner entweder kleine Körner
oder größere, wahrscheinlich aus kleineren Stucken
zusammengeknetete Massen von ziemlich gleich-
artiger, grünlichbrauner Farbe, wachsartigem
Glänze, durchdringendem, an gelbe Rübe erinnern-
dem Geruch und bitterem, terpentinartigen Ge-
schmack. Länger gelagert nimmt das G. eine
aus Grün in Orange übergehende bräunliche Farbe
an. Auf frischeT Bruchfläche ist es gelblich bis
weiß, glänzt, wird aber bald matt. Der Bruch
ist muschelig. Schon der altisraelitische Gottes-
dienst gebraucht ein Bauchwerk Ghelbenah, yaX-
ßavr) (Exod. XXX 34. Jes. Sir, XXIV 21); "die
Hippokratiker verwenden ein %aXßävt) genanntes
Harz hauptsächlich bei Frauenleiden in Form von
Räucherungen und Pessarien (Littre" II 455. 465.
VI 347. VII 372. 414. VIII 165. 173. 219. 425).
Theophrastos setzt yoXßdvr\ nebst ßä?.oafiov unter
die däxQva (h. pl. IX 1, 2), es hat einen unan-
genehmen und arzneiähnlichen Geruch und stammt
gleichfalls aus Syrien von dem sog. Panakes (h.
pl. IX 7, 2). Der Saft des Panakes, die sog. yaX-
ßdvr), wird verwendet gegen Fehlgeburten, gegen
Krämpfe und ähnliche Schmerzen, ferner gegen
Leiden der Ohren- und Stimmorgane fh. pl. IX 9,
2), Nikandros (Schneider Nikandrea) nennt
theriak. 52 die yalßdvr] ßagvodpog und spricht
938 von QiCat yakßavidss und alexinharm. 555
von einer gi^a ycdßavösaaa, was die Scholien als
gi'ta %aXßavr}s erklären. Auch nach Dioskurides
mat. med. III 83 W. (87 Spr.) ist es der Saft
einer in Syrien wachsenden Dolde, welche einige
fi£ta)7ioY nennen.
,Als bestes G. gilt das, welches weihrauch-
ähnlich, körnig, rein, fettig, holzfrei ist und etwas
von der Frucht und der Staude beigemengt ent-
hält, einen starken Geruch hat, weder sehr feucht
noch ganz trocken ist. Es wird verfälscht durch
Zusatz von Harz, Bohnenmehl und Ammoniakum.
Es hat erwärmende, brennende, reizende und ver-
teilende Kraft. Im Zäpfchen und in der Räu-
cherung angewandt befördert es die Menstruation
und treibt den Fötus aus. Mit Essig und Na-
tron aufgestrichen vertreibt es Leberflecken und
wird getrunken gegen alten Husten, Atemnot,
Asthma, innere Rupturen und Krämpfe. Mit
10 Wein und Myrrhe genommen, ist es ein Gegen-
mittel gegen Gift ; es stößt auch in gleicher Weise
genommen den toten Fötus aus, auch wird es
gegen Seitenschmerzen und Furunkel aufgelegt.
Epileptische, von Mutterkrämpfen und Schwindel
Befallene regt es als Riechmittel an. Wilde Tiere
verscheucht es, wenn es zur Räucherung ange-
zündet wird und schützt die damit Eingesalbten
vor Bissen. Schlangen tötet es, wenn es mit
Bärenklau und Öl in deren Nähe gebracht wird ;
20 Zahnschmerz lindert es herumgestrichen oder in
den hohlen Zahn gesteckt. Es scheint aber auch
Harnverhaltung zu bewirken. Zu Tränken wird
es aber mit bitteren Mandeln und Wasser oder
Raute oder Honigmet oder warmem Brote ge*
mischt ; anders mit Mohnsaft, gebranntem Kupfer
oder frischer Galle. Gereinigt wird es mittels
Kolierens.' Celsus nennt es als urin treibendes,
Eiterung beförderndes, reizendes, ätzendes und
erweichendes Mittel (III 21. V 3. 4. 6. 18, 2);
30 als Umschlag bei Nerven und Gelenkschmerzen
wird V 2, 28 galbanum sine sureulis gebraucht
(W. Frieboes A. Com. Celsus 609). Scribonius
Largus nennt G. als Zusatz sehr vieler Arznei-
mischungen, ebenso Marcellus Empiricus, Theo-
dorus Priscianus, Pelagonius, Vegetius, Chiron,
die Geoponika u. a.
Columella heilt damit (VIII 5) von Schlangen
angeblasene Küchlein; dagegen scheint er eine
heimische Pflanze zu bezeichnen, wenn er ver-
40 langt, daß ein guter Gartenboden noria galbana
suceo nicht dulde (X 17). Nach Sueton Galba
3 leiteten einige den Namen Galba davon ab:
primus Sulpieiorum cognomen Galbae tidit . . .
quod oppidum Hispaniae frmtra diu oppugna-
tum inlitis demumgedbano faeibus sueeenderü (!).
Plinins berichtet (n. h. XXIV 21) im wesentlichen
dasselbe wie Dioskurides, doch wächst es ihm
(Xn 126) in Amano monte e ferula, quam eiics-
dem nominis resinae modo stagonitim appellatit;
50 der Preis des medizinisch-reinen betrug damals
in libras J^V- Angezündet verscheucht es die
Schnaken aus den Gärten (XIX 180, vgl. Falla-
dius I 35, 8), dient zur Verfälschung des Bal-
sams (XII 121) und bildet einen Bestandteil des
metopitm (XIII 8); vgl. Lukan. Phars. IX 916
(peregrinaqus gaibwui sudant) und Calpurn. ecl.
5, 89. Auch Galen schreibt (XII 153) dem G. r
das er als Saft einer Doldenpflanze bezeichnet
und nach Dioskurides beschreibt, erweichende und
verteilende Kraft zu (XIII 957), es erwärmt im
dritten Grade, trocknet im zweiten, erweicht ver-
härtete Stellen und skirrhöse Geschwüre (XI 728.
738), nützt bei Mutterkrämpfen (XLTI 320), Pneu-
monie (XV 858), Fieber (XV 846) u. a. Ihm 10
folgten; Rufus, Oreibasios II 699 (= Synops. II
56). V 78. 79. 640. VI 476 Aetius Amidenus I
p. 24. der Aldina von 1534 und Paulus Aegi-
neta VII p. 118 der Aldina von 1528. Alexander
. Trallianas (ed. Puschmann) gibt G. I 401 gegen
Quotidianfieber und Quartanfieber (425), in zu-
sammengesetzten Mitteln gegen Schwerhörigkeit
(II 75), zur Beschleunigung der Eiterbildung (115),
gegen sog. Ankylosen (541), gegen Husten und
Atembeschwerden (157. 159. 177. 185), in einem 20
Erweichangspflaster bei Verhärtungen des Magens
(297), ferner als Bestandteil der sog. Undank-
medizin (I 423), der Eibischsalbe (517), des Zin-
nobermittels (557), das Lysiponiummedikamentes
(I 589. II 539). Galbane oder chalbane steht
auch in dem Verzeichnis kostbarer Einfuhrartikel
in Iustinians Pandekten (Meyer Gesch. d. Bot.
TI 167). Nach Suidas p. 1115 ist %aiß6.vr} aloupt}
ttg evsQyttitcT} agos titTiövg.
Aus alledem ergibt sich nichts weiteres zur 30
Bestimmung dieses Harzes ; was die Alten unter
G. verstanden, ist eben nicht mehr zu enträtseln,
wahrscheinlich liefen auch verschiedene Drogen
unter diesem Namen : jedenfalls aber war es nicht
identisch mit dem jetzt so benannten; vgl. Ko-
bert Hist. Stud. V 53 nr. 91 und I 102.
[Stadler.]
S. 1227, 25 ist einzuschieben :
Georgios Lakapenos, gelegentlich fälschlich 40
Gregorios oder Jonannes (Ambros. E 81 sup. :
Bassi Riv. di filol. XXV [1897] 445) genannt;
statt Aaacmrivoc, (nach Krumbacher a. u. a. O.
559, 2 = aus Aaxcw}), in hsl. Überlieferung
Ldkkapenos, Lakapinos, Lakaptinos, Lekapenos,
Leukapinos, Logaponus (Krumbacher 559, 2),
Alakapinos (cod. Mosqu. 434 s. XV/XVII bei
Lundström Eranos II [1897] 48) geheißen,
byzantinischer Mönch, der in Thessalien, mit ge-
lehrten Studien beschäftigt, in den ersten Jahr- 50
zehnten des 14. Jhdts. lebte; Zeitgenosse von
Johannes und Andronikos Zaridas, Schülern des
Maximos Plamides, und Gregorios Palamas: vgl.
Maximi monachi Planudis epistulae, Ed. Max. Treu
1890 p. 224 und das Zeugnis der ältesten Hand-
schrift seiner Briefsammlung, des cod. Coislin.
341 aus dem J. 1318 (Omont Invent. somm. des
manuscr. grecs de la Bibl. nat. III [1888] 186),
ein ,nicht uninteressanter byzantinischer Vorläufer
des byzantinischen Humanismus', als Verfasser 60
von Schulbüchern von gewisser Wirkung auf seine
Zeit und die folgenden zwei Jahrhunderte.
Erhaltene Werke: \)'Emoxolal xov Aaxasit)-
vov xvoov ree&gyCov xal xov ZaQt&a xvqov *Av6qo-
rixov, Sammlung von 32 Briefen: 8 von Andro-
nikos Zaridas an Lakapenos, 24 von Lakapenos
und zwar 17 an Andronikos Zaridas, 4 an dessen
Bruder Johannes, je einer an einen Airzt Zacharias,
an Palamas und Michael Gabras (vgl. besonders den
Bericht von Zanetti Greeca d. Marci bibliotheca
codd. mss. 1740 S, 233 über cod. Marc. 446). Eine
Ausgabe dieser Briefsammlung, die in zahlreichen
Hss. erhalten ist (s. Voltz a. u. a. O. 222ff., dazu
Nachträge bei Bassi a. O. 267—276. 445f.), steht
noch aus; sie würde Material für die Literatur-
geschichte, Lexikographie und Grammatik liefern.
Ediert ist nur als Probe Brief 13 der Sammlung
(ine. os ö' %v zig sQijrat . . .) bei Bassi 274f.
Ziel der Schriftstellerei ist in diesen gekünstelten
Briefen, die wirklich und nicht fingiert zu sein
scheinen, einzig und allein das mit gutem Erfolg
durchgeführte Streben nach xaXXioQiiftöavvt), wel-
ches sie zu einem oft gebrauchten Schullesebuch
jener Zeiten machte. In den Hss. finden sich
bisweilen, so schon in der ältesten, dem cod.
Coislin. 341, Interlinearnoten, Anmerkungen, Epi-
merismen, die, einsetzend mit dem Lemma y#d-
(petv, dem Text der einzelnen Briefe oder, zum
Teil unter den Bezeichnungen yga^anx^, oi zäv
smazoktov /negioftoi, xsyvoXoyia nsol ygafiftaux^g
u. ä., dem gesamten Briefcorpus folgen oder, von
diesem losgelöst, als vollständiges Werk erscheinen
oder gar, noch immer unter dem Titel yoawa-
Tixf}, als alphabetisch geordnete Wortsammlung
auftreten (vgl. Voltz a. a. O.). Sie wurden zu-
erst als Werke des Lakapenos hingestellt von
Bandini Catal. cod. Laur. LT (1768) 367. Diese
alphabetische yga/ifiauxr} ist aus cod. Mosqu. 316
herausgegeben von Matt h aei Lectiones Mosquen-
ses 1779 p. 55—79 und in ganz kleiner Probe aus
cod. Marc. 486 bei Villoison Anecdota Graeca
II (1781) 79. Über den Quellenwert dieser Samm-
lung vgl. Voltz 232—234 und Krumbacher
a. O. 559. 577. — 2) Sammlung von 246 Briefen
des Libanios mit der Vita Libanii von Eunapios
an der Spitze, in einer oft besseren und durch-
gängig kürzeren hsl. Fassung, die für seinen eigenen
Briefwechsel als Vorlage und Stilniuster (s. z. B.
Matthaei a. a. O. passim) diente, in zahl-
reichen Hss. erhalten; vgl. über diese Recensio
Lacapeniana und ihre überlieferungsgeschichtliche
Bedeutung Förster De Libanii libris manuscri-
ptis Upsaliensibus etLincopiensibus, Rostock 1877,
8—16. Lundström Prolegomena in Eunapii
vitas philosophorum et sophistarum (Skrifter i Up-
sala VI 2 [18971) 20—35 (s. dazu Kroll Berl.
Philol. Wochenschr. XVHI [1898] 933-934).
Libanii orationes. Rec. Förster I 1 (1903) 1-3, —
3) Kommentar zu Epiktets Encheiridion {c. 1 — 12,
unediert) im cod. Paris. 1961 (fol. 24), der, von
Konstantinos Palaeokappa (Omont a. a. O. LI
[1888] 171) geschrieben, nicht über jeden Zweifel
der Echtheit erhaben ist (s. Krumbacher a. u.
a. 0. 559). Im cod. Mosqu. 434 der Synodal-
bibliothek (s. den Katalog des Archimandriten
Wladimir 1894, 666 und danach Lundström
Eranos II [i897] 471) findet sich fol.^387— 397 :
iZrjyrjou; eis eyyeigtStor 'EmxTrjrov tov 'Alaxtuu-
vov, freilich mit anderem Anfang, als im Paris.
1961. — Nicht erhalten oder noch nicht wieder-
gefunden: 4) Eine Historia von nicht näher be-
kanntem Inhalt, nach Verderins Supplementum
epitomes bibliothecae Gesnerianae etc., Lugd. 1585
P . 59 (darnach Fabricius a. a. 0. XU [1809] 60)
in einer Hs. aus einer constantinofpofiliftmachen
Bibliothek. — 5) "jfopßoi, ein iambitches Gedicht,
XltLl^UlililgC
iwgc
an verschiedenen Stellen des Briefcorpus genannt Suid. s. yswijzat): ysvvijxat * jt&Xai xo z&v 'A&ij-
(Fabricius ebd. 61). — Zweifelhaffe oder pseud- vatoiv zzXrj&og naiv tj KXeto&ivt) Stoixrjaav&at xa
epigraph: 6) Homeri canonismata inedita im cod. siegt zag <pvXa$ 6ijjqijzo eis {evxaxQlöag xai suppl. e
Paris. Graec. 2938, die zuerst von Mellot Catal. Phit. Tnes. 25} yecogyovg xai Öi}f*tovQyovg xai
codd. mss. bibliothecae regiae II (1740) 575 und zovzcov tpvXai r\aav 6' ' , x&v de q>vX&v exdoxr\ puoigag-
Omont a. a. 0. III (1888) 65 tinter Ausdrücken ei%e y , äg ygazoiag xai zgizzvag exdXovv zoixojv
des Zweifels wohl nur deshalb dem G. L. zuge- Ök ixdozt] öweiox-t/xei ix zQidxovxa ysvöjv, xai
wiesen wurden, weil vor ihnen im Codex der gram- yivog. sxaazov ävögag eixs TQtdxovxa zovg eig xa.
matische Brief kommentar des Lakapenos steht. — yevrj rsxay/nsvovg oTziveg yswrjzai ixaXovrxo, (££ )
7) Traktat izeqI awxä&iog xwv gjjfxdzov . öfters 10c5v ai isgatavvai (at suppl. ex Harpokrat. s. yevvtj-
in frühen Drucken dem Lakapenos zugeschrieben, reu) ixdozotg nooorjxovoat kxXygovvzo, ohv EvftoX-
nach hsl. Zeugnis Werk von Michael Synkellos; jiidai xai Krjovxeg xai 'Ettoßovra&ai , dtg torogeZ
vgl. Krumb ach er a. u. a. 0. 586. — Haupt- ev xfj A$qvata>v jtoXirsm AoiozoxiXrjg Xiyw ovxcog
schiiften: Allatius Be Georgiis et eorum scrip- usw. Auch Bauern und Handwerker sind, wie
tis diatriba, Parisiis 1651 (= Fabricius Biblio schon die Zahl der ,Männer' zeigt, in 4 Phylen
theca Graeca X, [Hamburg 1721] 700 — 704 und (der Gcleonten, Argadeis, Aigikoreis, Hopleten, He-
Fabricius-Harless ebd. XH [Hamburg 1809] rodot. V 66), 12 Phratrien, 360 G. eingeteilt
59_61); vgl. dazu Fabricius ebd. VI (1798) worden (vgl. v. Wilamowitz II 277. 147 n. 5.
191f. Voltz Byzantin. Ztschr. II (1893) 221 Wilbrandt 138ff.), sie haben, vermutlich in
— 234. Krumbacher Gesch. der byzant. Literat. 2 20 langen Kämpfen, politische Gleichberechtigung
(1897) 482. 558ff. 586. [B. A. Muller.] mit den Eupatriden errungen (v. Wilamowitz
I 51). Die sprichwörtliche Redensart vom firj
o im-7 a, • , • v- u wvloxqtvstv aus der Zeit nach Kleisthenes (Aristot.
S. 1297, 26 igt einzuschieben: Athen pol. 21, 2) scheint ungleichmäßige Ver-
Geschlechter (revtj), vgl. Top ff er Attische teilung von Eupatriden, Bauern, Handwerkern
Genealogie, Berlin 1889, mit ausführlicher Be- auf die vier Phylen zu bezeugen,
sprechung der enizelnen G. und G.-Verzeichnis. Bauern und Handwerker sind nicht Eupa-
v. Wilamowitz Aristot. und Athen 14. II 2. triden geworden, sondern Geomoren und Demiurgen
n 6. II 7. III 1. Wilbrandt Die politische geblieben. Noch 581/80 treten sich Eupatriden,
und soziale Bedeutung der attischen G. vor Solon, 30 Geonioren, Demiurgen bei der Archontenwahl
Philol. Suppl. VII 1899, 133ff. gegenüber als geschlossene Stände, die noch immer
Die Nachrichten der Lexikographen gehen um die Macht im Staate kämpfen, obgleich alle
zurück auf Meliton nsgi xtiv 'Adrfvrjot yevwv (Har- drei ,adlig' sind. Die strenge Geschlossenheit be-
pokrat. s. xd&ezog) , Drakon stegi yev &v (Harpo- sonders der eupatridischen G. wird auch für diese
krat. s. Ezsoßovzädai), Theodoros tzeqi Ktjqvxcov Zeit, das 7. und 6. JMt., ausdrücklich bezeugt:
yevovg (Etym. M. 429, 26. Phot. s. ^{leQoxaXXeg), Kylon ist xtbv TidXai evyevrjg xe xai dvvazog, Thuc.
Hellanikos Atthis (jzeqi xov yivovg t<öv 'legocpav- I 126 (Wilbrandt 152ff. ; ist da zwischen altem
zcöv, Harpokr. s. isQoipdvzrjg). Töpffer p. 1 not. und jungem Adel geschieden V), im Skolion wird
I, Die Geschlechter im Adelsstaat. Auf geklagt (Athen, pol. 19, 3):
Theseus (Phrtarch. Thes. 25) wird die ständische 40 aiat Aeirpvdgiov ^godojahatgov
Gliederung der Athener in Eupatriden, Geomoren, otovg ävögag dndiXeoag fidxeodui
Demiurgen zurückgeführt. äyadovg ts xai Evxazgtöag
Nach der Rede gegen Eubulides [Demosth. oi tot Bet^av ol'a>v ziaxigouv eoav.
LVn] 67 sind Apollon xaxgtpog und Zeus sQxelog Megakles läßt (Pind. Pyth. VII) Vaterstadt (Athen)
Götter der Genneten. Die Frage nach Zeus her- und G. (die Alkmeoniden) verherrlichen,
keios und Apollon patroos bei der Dokimasie der Keryken und Eumolpiden sind die Inhaber
Archonten (Aristot. Athen, pol. 55, 3) neben der der eleusinischeu Priesterämter , die Butaden
Frage nach Vater, Mutter, des Vaters Vater und scheiden sich von den Bewohnern des Demos
der Mutter Vater läßt eine Zeit erschließen, in Butadai stolz ab als Eteobutaden, die Alkmeo-
der der Kult des Zeus herkeios und des Apollon 50 niden und Paioniden leiten ihre G. aus Messenien
patroos den Eupatriden vorbehalten ist und nur von Nestor ab (Paus. LT 18, 8. Töpffer 225),
Eupatriden zu Archonten gewählt werden können. die Androkleiden sind als Adelsg. in Athen (He-
Schon vor Drakon jedoch wurden die Archonten sych. s. v.), als Königsgeschlecht in Messenien
gewählt dgtazivSrjv xai TiXovuvfyv (Aristot. Athen. (Paus>. IV 4, 4. Töpffer 244) und Ephesos
pol. 3, 1; 3, 6). Im J. 581/80 werden zu Archonten (Pherekydes bei Strab. XIV 633. Töpffer 245)
gewählt 5 Eupatriden, 3 Agroiken, 2 Demiurgen bezeugt. Daß diese Eupatriden jemals Geomoren
(Aristot. Athen, pol. 13, 2; vgl. 3, 6. 55, 3. und Demiurgen in ihre G. aufgenommen haben,
v. Wilamowitz LI 51). erscheint ausgeschlossen.
Folglich ist vor Drakon mit dem Kultus des Demnach ist anzusetzen, daß die Geomoren und
Zeus herkeios und Apollon patroos der ,Adel* den 60 Demiurgen eigene plebejische G. gebildet haben.
.Bauern' und ,Handwerkem' verliehen worden : Die AatäaXiSai und Ai&aXfäai sind vermutlich einst
dieser Schluß wird bestätigt durch Piaton Euthy- Gilden gewesen (v. Wilamowitz II 58). Die
dem. 302 (Zeus herkeios und Apollon patroos Aiyetgoxofiot, &Q£a}ev%at, PeipvQatoi sind schwer-
sind allen Athenern gemeinsam, vgl. Töpffer 7) lieh ursprünglich eupatridische G. Die 700 Fami-
und Aristot. Athen, pol. (im Lex. Patm. Bull. lien (oixiat), die Isagoras, des Kleisthenes Gegner,
corr. hell I 1877, 152 Sakkel. = Rose frg. 385. mit Hilfe des Kleomenes vertreibt, haben zum
Athen, pol. ed. Kaibel-v. Wilamowitz frg. 3; vgL großen Teil vermutlich plebejischen G. angehört
SchoL Plat. Axioch. p. 371 D. Harpokr. s. yew^zat. (Aristot Athen. poL 20, 3). Die Erkenntnis, daß
tHe, Geschlechter' zum Teil recht künstliche Ge-
bilde sind, finden wir Harpokration s. ygwfjTai:
ö&X oi avyyeveZg äxX&s xai oi ef atfiatog yevvrj-
zai xe xai oi ix xov avzov yevovg ixaXovvzo,
dXX" ot et aQxm **S T< * xaXov/usva yertj
xazavEfirid-evzBg, SchoL Hat Phileb. 30D:
ovzot (seil, oi yEvvvjzai) 5' slal xa&djxsg oi dr)fj.6zat
xat -(pQazoQEg v o pa> z ivi sxovzeg xoivodvlav.
IG I 61 (ergänzt aus der Bede gegen Makar-
tatos [Demosth. XLIII] 57) wird auf einem Stein 10 bestimmter Census (zttog).
keios gehört ursprünglich allein den Eupatriden,
während die Orgeonen ihren Dionysoskult haben:
jetzt werden die Orgeonen in die Phratrien auf-
genommen, sie erhalten auch den Kult des Zeus
herkeios und Apollon patroos, daneben wird nun
an den Apaturien auch dem Dionysos geopfert,
Töpffer 10—13.
Alle Bürger sind adlig, außer dem Adel wird
für Bekleidung der höchsten Ämter verlangt ein
aus der Zeit des Dekeleischen Krieges ein Dra-
konisches Gesetz von Solons erstem Axon zitiert
über die Aidesis bei unvorsätzlichem Totschlag;
. . Aq&xövzos vdfiov rov txsqi xov <povov avaygatpäv-
xeov oi ärayQa<pf}g xcoy vöfioiv. . . {aldsoaiidm $ säv
jutr TzazrfQy f}i 7] ddeXtpog tj i'tfg cLravxas, . .{iäv
Öe xovzoiv [irjÖEig tji, xzsi)vr)i Ss äxatv, yvwoi ob
{oi TiEvyxijjxorxa xai zig oi e(phai äxovxa) xxeT-
vai, iaio4(ov Ö£(xa oi (pgdzOQeg eav s&eXwotv.
Schon in Drakon s Gesetzen werden genannt
Pentakosiomedimnen, Hippeis, Zeugiten (Aristot.
Athen, pol. 4, 3), diese drei Steuerklassen (xiXrj)
haben ihre Vertretung im Rate (ebd.), sie sind
die SjzXa jraQsxofi^ot, denen die Regierung über-
lassen ist (4, 2). Auch zur Zeit Drakons existiert
schon die vierte Steuerklasse {x^fiaxi SieiXev
Solon die Bürgerschaft etg zezzaga xiXv\ xaftäztsQ
difJQTjzo xai jigozsQov), die Theten, denen
xovtovg d)s oi yievzrjxovra' xai slg aQ(i)o(rivöt}v 20 erst Solon Anteil gibt an Volksversammlung und
atQEto&cor). Neben eupatridischen Mitgliedern,
den aQtozivStjv zu wählenden, sind auch nicht-
eupatridische Mitglieder in der Phratrie: an-
scheinend Geomoren und Demiurgen (Wilbrandt
152ff.).
Zwei Arten von Phrateren bezeugt auch Philo-
choros (bei Phot. s. doyseörsg) : neoi de xmv
oqyeojvow ysygafpEV xai <PdöxoQOg * xovg de <pod~
xooag 'EnävayxEg d^xeod-ai xai xovg ögystovag xai
xovg öfioydXaxzag , ovg yevvrjrag xaXovyLtv. n ' a
Gerichten (Aristot. Athen, pol. 7, 3). Ursprüng-
lich sind die Bezeichnungen Hippeis, Zeugiten,
Theten wohl Bezeichnungen der Stände, genau,
entsprechend den Bezeichnungen Eupatriden, Geo-
moren, Demiurgen. Als Namen für die Steuer-
klassen sind die Bezeichnungen Pentakosiome-
dimnen, Hippeis, Zeugiten, Theten nicht erst von
Drakon geschaffen: das Prinzip, doiozlvörjv xai
7zlovzcvÖt]v zu wählen, wird ausdrücklich als
Die 30 vordrakontisch bezeichnet, 3, 1 : ijv d" ff xd%ig xi\g
Bezeichnung SfioydXaxxsc läßt auf alte Zustände
schließen (Philochoros bringt nach Lex. Patm.
und Harpokrat. s. yevvfjzai die Notiz ivzfi xexdgxr}
'Az&iöog, v. Wilamowitz LT 269, die Gesetzes-
bestimmung ist demnach später erneut), Seleukos
bei Phot. s. ooysöjvEg {JtsXevxog iv z<p vsiOfj.vtf~
fiazi z(öv ZoXoyvog d^dvaiv ögyeojvdg (pr)(H xaXet-
a$at zovg avvdÖovg exovxag tieqi riväg rjoaiag rj
deovg) bezeugt für die Zeit Solons die Orgeonen. gewissen Abschlüsse kommt dadurch, daß alle
Zwei Arten ,Adliger' sind aus Aristot. vgl. 40 Bürger, Eupatriden, Geomoren, Demiurgen, in die
[Demosth.] LVn 67. Plat. Euthyd. 302 zu erschlie- 4 Phylen^ 12 Phratrien, 360 G. eingereiht werden
dgxalag jzoXirsiag xrjs tiqo Agdxovzog xotdöe *
xag juev aQxag xa&iozaoav aQioxivdrjv xai jtXov-
xivbriv.
Die plebejischen G. und die vier Steuerklassen
sind älter als Drakon, dgiaxivötjv xai jzXovxivSrjv
werden die Ämter schon vor Drakon besetzt. Das
führt zu folgender Kombination: in derselben Zeit
vor Drakon, in der der Kampf der Stände zu einem
ßen ; zwei Arten , Adels' bezeugen CIA 61 und Phi-
loch. vgl. Seleukos bei Photius. Daraus ergibt sich
die Identität der patrizischen Adligen, die sich
stolz als SpoyäXaxxes bezeichnen, mit den Eupa-
triden, die der plebejischen Adligen, die als
Orgeonen bezeichnet werden, mit den Geomoren
und Demiurgen. Sind die Eupatriden Genneten
im speziellen Sinne, so sind staatsrechtlich die
Angehörigen beider Kategorien Adliger sowohl 50 Der verarmte Eupatride kann in das öqzixor
Phrateren (Philochoros) als auch Genneten : Aristot. züog kommen und damit von Volksversammlung,
(vgl. v. Wilamowitz II 140), wohl durch den-
selben Akt der Gesetzgebung, wird auch die Ent-
wicklung der Steuerklassen abgeschlossen dadurch,
daß die Gesamtbürgerschaft in die vier Steuer-
klassen der Pentakosiomedimnen, Hippeis, Zeu-
giten, Theten eingeteilt wird und die politischen
Rechte an die Zugehörigkeit zu einer der drei
ersten Steuerklassen gebunden werden.
Phrateren (Philochoros) {
Athen, pol. im Lex. Patm.; Pollux ni 52: ixa-
Xovvzo de ovxot (sciL oi ev ixdaz(p ysvsi ävÖQeg)
xat oftoydXaxzeg xai ooye&vsg. Bekk. Anecd. I
227: wajtEQ oi 8rjf.iöxat xai (pqazeQEg ixaXovvzo
v6fA,0)v xoivmviav ziva ixovzsg, ovzco xai oi yevvfjzat
ovyysvtxojv OQyia>v f] v^söjv (seil, xotvaiviav ztva.
syovxsg), äq? &>v xat ogyetüveg a\vofido , 9r)OXiv.
ögyta lassen Kult des Dionysos vermuten:
Richterstellen, jedem Amt ausgeschlossen sein,
ohne die Zugehörigkeit zu seinem Geschlechte
zu verlieren: Rede gegen Makartatos [Demosth.
XLni] 54: wenn Erbtöchter das {hjxtxöv züog
zahlen, haben die ihrem Geschlechte angehörigen
Pentakosiomedimnen, Hippeis,' Zeugiten für ihre
Mitgift aufzukommen. (Das Gesetz wird mit
Wahrscheinlichkeit datiert auf die Zeit Solons:
Harpokr. s. Beolvta • iv olg oi yewijxat ixsdvov. 60 Rede gegen Leochares [Demosth. XLIV] 68>
Rede gegen Neaira [Demosth, LIX] 78: Eid der Der vermögende Demiurg kann als Pentako-
Gerairai- xai zä öeoivta (KßrvB; tfeoywa F siomedimnos sogar Schatzmeister (Aristot. Athen.
X#) xai zä loßdxzeia fegatgoi x0 Atovvo<p. vgl.
Hesych. s. fcoivia • dvoia Aiovvaov 'A&rjrtjotv xai
&eog Giotvog Atöwoos. Etym. M. 1 18, 54 : 'Axa-
Tovgia* iogtf] hnxsXovfterij r<ß Atovvoep rqi Ilva-
vey/tawi pnrprL
Der Kult des Apollon patroos und Zens her-
pol. 8, 1), er kann Archont und Ratsherr auf
dem Areshügel werden, ohne die Zugehörigkeit
za seinem »Geschlechte' zu verlieren: Die drei
Archonten aus den G. der Bauern und die swei
aus den G. der Handwerker im J. 581/80 (Aristot.
Athen. poL 13, % ßmd Peutakoffloroedinineii oder
Ritter: Aristot. Athen, pol. 26, 2: ^filov 'Av&s-
jtlojv TtjvS' ave&tjxs &eötg &t}ztxov ävvl xeXovg
inTzätf äptvy&tiEvoq verkündet die Aufschrift
eines dvd&qpa zeöv äg^ettW auf der Akropolis:
Aristot. Athen, pol. 7, 4.
Die vordrakontisclie Gesetzgebung, die den
Geomoren und Demiurgen Gleichberechtigung
gewährt, schränkt die Macht der Eupatriden
bedeutend ein; doch ist deren Einfluß noch groß w , . r
genug, die ganze Gliederung des Staates bleibt 10 iusche G.-Staat ist beseitigt.
steht den Demoten zu (42 t 1); offisdell wird dem
Namen des Bürgers der Name des Demos statt
des Namens des Vaters beigesetzt (21, 4), das ist
die Praxis der offiziellen Inschriften des 5. Jhdts.
Rede gegen Neaira [Demosth. LIX] 59 gehören
sieben Angehörige des Geschlechtes der Brytidai
sechs verschiedenen Demen an (Töpffer 308/9).
Die Demen wurden zum Teil nach den alten G.
genannt, z. B. Butadai, Thymoitadai. Der athe-
gentilizisch. Von Staatswegen sorgt noch im
4. Jhdt, der Archon dafür, daß die ,Häuser' nicht
aussterben: Isaios VII 30. Aus Philochoros bei
Phot. s. ÖQyeöivES und aus der Demotioniden-
inschrift IG II 841b dürfen wir Dokimasie der
übrigen Phrateren durch die eupatridischen Phra-
teren allgemein erschließen. Von der Aufnahme
in Geschlecht und Phratrie hängt das Bürger-
recht ab. Plutarch Solon 91 (Bei ir z$ yivzi
IL Die Geschlechter unter der Demo-
kratie. Die Zugehörigkeit zu einem alten Ge-
schleclite und einer alten Phratrie ist jetzt staats-
rechtlich bedeutungslos, die G. haben fortan nur
privatrechtliche Bedeutung. Ta ök ysvrj xal rag
(fQaxQiag xal zag isgwovvag etaoev (Kleisthenes)
tysiv ixdozovg xazd za stdtQia (Aristot. Athen,
pol. 21, 6). Die alten zwölf Phratrien (21, 3)
werden nicht aufgehoben, ihre Zahl wird nicht
za xew aza xai T °v olxov xara/nsvetv) bezeugt 20 vermehrt nach dem ausdrücklichen Zeugnis der
Geschlechtsgüterrecht (Wilbrandt 197). Das 'A&qvaicov Trohreta. (Die Aristoteles Politik 1319b
ganze Geschlecht wird haftbar gemacht für seine
einzelnen Mitglieder: Aristot. Athen, pol. 1: das
ganze Geschlecht der Alkmeoniden wird verbannt
wegen des Kylonischen Frevels.
Dadurch, daß Solon die Verschuldung der
, Vielen' hebt (Aristot. Athen, pol, 5, 1. 6, 1),
kommen Bauern und Handwerker in großer Zahl
zum Ritter- und Zeugitencensus. Solon schließt
erwähnte Phratrienvermehrung gilt nur für Ky-
rene). Kleisthenes vermehrt die Zahl der Bürger
(21, 4) durch Aufnahme von £evot, fiizoixoi, sogar
öov).oi (Freigelassenen?) in seine neuen Phylen,
Politik 1257 b; für diese Neubürger gentilizische
Verbände, Phratrien und G., neu zu schaffen, liegt
ihm gänzlich fern. Sogar das i&zd&tv tä yevt)
ist, offenbar für öffentliche Zwecke, verboten: wird
die Theten weiter von den Ämtern aus, läßt sie 80 der Versuch gemacht, so wird er verhindert mit
aber zur Volksversammlung und zu den Richter- der Formel pu} yvloxotveiv : das Zurückgehen auf
die alten Phylen und die alte G.-Ordnung mit
stellen zu (Aristot. Athen, pol. 7, 3). Das hat
eine weitere Beschränkung des Einflusses der
Eupatriden zur Folge, denn die Theten sind in
der Mehrzahl Bauern und Handwerker.
Dank dieser Maßregel Solons stellen Bauern
und Handwerker im J. 581/80 fünf von zehn
Archonten, die andern fünf sind immer noch
Eupatriden. Peisistratos stützt sich auf das Volk
ihren Rangunterschieden ist unstatthaft (Aristot.
Athen, pol. 21, 2).
Die Frage ist : werden die von Kleisthenes neu
kreierten Bürger in die bestehenden G. und Phra-
trien aufgenommen? Unzweifelhaft werden sie
in eine Phratrie aufgenommen : noch im 4, Jhdt.
heißt es in Bürgerbriefen: IG II 228: xal eivat
(Aristot. Athen, pol. 13, 4). Bei der Archonten- 40avr<£ ygdyaod-at tpvkrjg xai Örjpov xai (p@a rgtag
wähl im J. 581/80 (Athen, pol. 13, 2) werden
zum letztenmal die Bezeichnungen der alten Stände
Eupatriden, Geomoren, Demiurgen erwähnt: die
Bezeichnung ist dann in der offiziellen Termino-
logie verschwunden. Die alten Steuerklassen der
Pentakosiomedimnen , Hippeis, Zeugiten, Theten
werden bezeugt für das J. 457/6, in dem den
Zeugiten das Archontat zugänglich wird (Aristot.
Athen, pol. 26, 2), für das J. 387/86 IG II 14
fjg äv ßovXrjzcu xarä zov vöfiov, ebenso ist die
Wahl von <pvArj, drjjuog, <pQaxQta freigestellt dem
Neubürger IG II Hob. 148. 230a (Dittmar
Leipz. Stud. XIII 153ff.).
Der Besitz des Bürgerrechts wird von Klei-
sthenes abhängig gemacht von der rechtmäßigen,
anerkannten Zugehörigkeit zu einem Demos (Ari-
stot. Athen, pol. 42, 1); die Bezeichnung nach
dem Demos wird offiziell eingeführt, damit die
(v. Wilamowitz 182). Isaios VIH 39. [Demo- 50 Neubürger nicht erkannt werden, wenn die alten
sthenes] XLin 54.
Ol j<p yivBt firj xa&agoi fürchten für ihr
Bürgerrecht vor Peisistratos' erster Tyrannis, nach
dem Sturze der Peisistratiden wird ein diaynjqHOf tos
veranstaltet (Aristot. Athen, pol. 13, 5). Isagoras
und Kleomenes vertreiben 700 vermutlich über-
wiegend plebejische Familien (20. 3). Eine neue
Adelsherrschaft droht.
Da gründet Kleisthenes die Demokratie: die vier
Bürger sich nach dem Vatersnamen bezeichnen
(21, 4). Sehr charakteristisch fehlt in den Bürger-
briefen die Erwähnung eines Geschlechtes, in
das der neue Bürgersich aufnehmen lassen könne.
Demnach ist anzusetzen: die Neubürger des
Kleisthenes treten nicht in die vorhandenen G.
ein, sowenig sie G. neu bilden. Das ist die not-
wendig% Konsequenz von Kleisthenes' Verfassung:
den zu Bürgern gemachten £4vot, phoixoi, dovXot
alten Phylen werden beseitigt ((ovv)h'ei^ ^dvzag 60 kann Kleisthenes nicht für neu von ihnen zu
dg dexa tpvXdg dvzl zcöv rerragtov 21, 2);
ära/uet^ai ßovXdfievog OTtcag juerdo^wot xleiovg zijg
noXtTstag setzt er jede seiner neuen zehn Phylen
aus einer Phylentrittys der Stadt, einer des Küsten-
landes, einer des Binnenlandes zusammen; auf
diese 30 Trittyen werden die Demen verteilt (21, 4).
Jede so gebildete Phyle sendet ihre 50 Vertreter
in den Bat (21, 3). Die Dokimasie der Epheben
bildende G. attische Heroen als Gründer des Ge-
schlechts geben, er kann ihre Vorfahren nicht im
Grabe zu Athenern machen. Er kann ihnen nur
attische Väter geben durch Adoption seitens athe-
nischer Bürger aus den alten G. ; durch solche
Adoptionen hätte er jedoch seine Demen zu
Gunsten der alten Geschlechter empfindlich ge-
schädigt. (Anders waren die Verhältnisse gewesen
#9«s*
IIOUUVKOQQ
hei Bildung oder Anerkennung der G. der schon
vorher athenischen Bauern und Handwerker durch
die vordrakontische Gesetzgebung.)
Auch den kledsthenischen Neubürgern sowie
allen, denen in späterer Zeit das Bürgerrecht
verliehen wird, steht der Kult des Apollon patroos
und des Zeus herkeios zu : Piaton Euthydem, 302.
Wie die kleisthenischen und späteren Neu-
büTger neben die alten G. treten in den Phratrien,
ergibt sich aus Andokides I, Philochoros, der
Demotionideninschrift, Isaios H. VII. [Demosth.]
LVII. LIX, vgl. XLIIL XLIV.
Andokides I 127: die Keryken nehmen nach
,ihrem' Gesetz den Sohn des Kallias von der
Chrysias auf, nachdem Kallias den Eid geleistet
hat, daß der Knabe sein Sohn sei. Phrateren
werden nicht erwähnt (v. Wilamowitz II 271).
Philochoros (s. doyetiorsg bei Photius : tovg dk
<pqateQas ixdvayxsg dsxeo&ai xal tovg boysävag
xal rovg öfioydXaxrag , ovg ysvvrjzag xaXovfxtv
und Lei. Patm. Bull. corr. hell. I 1877, 152:
<PdöxoQo; ds sv tfj rezdgTfl Az&idog ysvvrjzdg
xal opoyälaxtag xakst. ovzot ds tovg iyygatpo-
fisvovg etg rovg <f>QazOQag biaxQivovzsg xal doxt-
fidCovveg et stoXtzai slaiv ij fsvoi iddxovto usw.) ist
auch für die Zustände der nachkleisthenischen
Zeit heranzuziehen, denn die betreffende Urkunde
hat gestanden im vierten Buche der Atthis
(v. Wilamowitz II 269). In der Phratrie dieser
Urkunde sind Genneten, die sich stolz noch dfioyd-
Xaxzeg nennen, und Orgeonen. Die Genneten
haben die Dokimasie über sämtliche Brüder, jeden-
falls in erster Instanz.
Die Phratrie der Demotioniden IG II 841b
(= II 2 p. 534. II 5 p. 205) hat ihren eigenen
v6f.ios der Demotioniden. Die Brüder (seil, vom
Hause der Dekeleier, vgl. Philochoros. v. Wila-
mowitz JI 259ff.) haben nach Hierokles' Antrag im
J. 396 («k <PoQfittcovog ägxovzog) sofort die Dia-
dikasie über sämtliche Brüder der Phratrie in
erster Instanz vorzunehmen; vgl. v. Wilamo-
witz II 266. Ist von ihnen jemandem die Zu-
gehörigkeit zur Phratrie abgesprochen worden,
so kann er an die Gesamtheit der Demotioniden
appellieren: um ihren Spruch vor den gesamten
Phratoren zu vertreten, wählen die Brüder vom
Hause der Dekeleier fünf Anwälte.
Anders bestimmt Nikodemos 1 Antrag: Jeder
Jüngling, der als Phrator eingeführt zu werden
wünscht, hat drei Zeugen aus seinem Thiasos oder
in Ermangelung deren andere Phratoren zu stellen.
Bei der Diadikasie stimmen zuerst die Thiasoten
des zur Wahl Gestellten, dann stimmt die gesamte
Bruderschaft. Erkennen die Thiasoten den zur
Wahl Gestellten als Bruder an, verwerfen ihn
dagegen die gesamten Phrateren, so werden die
Thiasoten gestraft,
Die Mitglieder der Phratrie der Demotioniden
bestehen demnach aus den Brüdern vom Hause
der Dekeleier und den übrigen Phrateren; die
sind nach dem zweiten Dekrete in diaaoi organi-
siert Das Haus der Dekeleier hat noch die Ent-
scheidung in erster Instanz sich gesichert bei der
allgemeinen Diadikasie der Phratrie nach dem
Ende des Peloponnesißchen Krieges. Das Dekekier-
haus geriert sich als adliges Geschlecht und ist
anerkannt als solches: Der Altar des Zeus ist in
Dekeleia; der Priester des Hauses fungiert für
die Phratrie , er zieht z. B. die Strafsumme für
den Zeus phratrios ein. Die Phratrie publiziert
am Rendezvousplatz der Dekeleier in Athen. Das
,Haus der Dekeleier* ist jedoch kein geschlossenes
eupatridisches Geschlecht: col. 64 und col. 124
werden ,die Dekeleier* gleichgesetzt dem ,Hause
der Dekeleier' (v. Wilamowitz II 266), in dem
Dekret des Nikodemos sind etwaige Privilegien
des Hauses ignoriert; Genneten werden weder im
10 Hause der Dekeleier noch in den ftiaaoi erwähnt
(v. Wilamowitz II 265).
Isaios II (jisqI töv MsvsxMovg xlyoov) 14
führt Meneldes den Adoptivsohn bei den Phra-
toren ein, schreibt ihn ein bei den Demoten und
Orgeonen. 16. 17. 45 treten Phratoren, Orgeonen,
Demoten als Zeugen der Adoption vor Gericht auf.
In Menekles' Phratrie sind Orgeonen, werden
Genneten nicht erwähnt. Die Orgeonen schreiben
ein, offenbar in ihr Eegister: der Mann ist nicht
20 adlig. r
Isaios VTI (ttsqI zov ' AjioXkoddtgov xaijqov)
werden Genneten und Phratoren bezeugt. 26—27
werden die Genneten als ,Verwandte' des Apollo-
doros bezeichnet: Apollodoros gehört demnach
einem adligen Geschlechte an. Dazu stimmen
die Angaben über die Angehörigen des Geschlechtes :
Eupolis, Thrasyllos, Mneson leisten Leiturgien,
Thrasyllos, der Vater des Apollodoros, als Trie-
rareh (5, 38), Archedamos wird von Apollodoros
30 aus der Kriegsgefangenschaft durch Zahlung von
Lösegeld befreit (8), Apollodoros' Schwager wird
Hierophant (9), Apollodoros selbst Thesmothet (34).
An den Thargelien führt Apollodoros den Adop-
tivsohn Thrasyllos an die Altäre zu Genneten und
Phratoren, leistet den Eid. daß er, der Einführende,
und der Eingeführte vollbürtige Athener seien, die
Anwesenden stimmen ab, und als ßodovXlog'AsioX'
Xodäoov wird der Adoptivsohn in das xoivbv yga/i-
fiazsiov eingetragen (dg rovg yervtftdg xal etg tovg
40 tpgdroQag 13). Verfahren wird nach dem Gesetze,
das ,sie', d. h. Genneten und Phratoren dieser
Phratrie, über die Einführung der Söhne an den
Thargelien haben (§§ 15-17).
27—28 : Die Demoten tragen unter Widerspruch
der späteren Prozeßgegner des Adoptierten den
Thrasyllos als Sohn des Apollodoros in das Xt)g~i-
aQx iX " v yQajtifiarsTov ein, u. a. auch auf die An-
gaben des (inzwischen verstorbenen, 26—28, vgl.
die vnoümtg) Apollodoros hin, daß Genneten und
50 Phratoren seinen Sohn rezipiert hätten.
Die Genneten und Phratoren dieser Phratrie
sind so angesehen, daß ihre Beschlüsse sogar
nicht ohne Einfluß auf die Beschlußfassung der
Demoten bleiben.
Rede gegen Neaira [Demosth. LIX] 59 : Phra-
stor will seinen Sohn von der Tochter der Neaira
bei den Phrateren und Genneten des Geschlechtes
der Brytiden, dem er selbst angehört, einführen.
Die Genneten schreiben jedoch das Kind nicht
60 ein. 60: Phrastor prozessiert deshalb gegen sie
vor Gericht, leistet aber nicht den Eid, der auf
Veranlassung der Genneten von ihm verlangt
wird, daß er glaube, die Mutter seines Sohnes
sei eine athenische Bürgerin. ^
Sieben Mitglieder des Geschlechtes der Bry-
tiden aus sechs verschiedenen Demen treten als
Zeugen auf: die Brytiden sind demnach «in altes
adliges Geschlecht» das noch lUMmmenlialt
xiauiibi
Die Gerateten schreiben den Genneten in ihr
Verzeichnis ein : sie haben wohl, wenigstens hier,
wo es sich um Aufnahme eines Genneten handelt,
in der Phratrie nicht nur die erste, sondern auch
die endgültige Entscheidung über den Aufzu-
nehmenden, denn Phrastor appelliert nicht an die
Entscheidung der gesamten Phratores, sondern
an die des Gerichts.
In der Rede gegen Eubulides [Demosth. LYII]
c*gc AOfU
noch lange das Recht der Prüfung der gesamten
Phrateren in erster Instanz. Die Orgeonen und
die .Verwandten* werden den Genneten immer
mehr gleichgestellt; auch sie führen ihre Listen.
Vor Kleisthenes haben die eupatridischen Ge-
schlechter jedenfalls mancherlei Privilegien vor
den , Geschlechtern' der ,Bauern' und Handwer-
ker' gehabt.
Unter der Demokratie sind Beschlüsse der
spricht Euxitheos mehrfach vom ysvog seines 10 Genneten , Phratoren , Orgeonen für den Staat
Iro+Q-ra vi-n/1 n/vi««« "Hf-.-.-M-™ fflO O^ ^A A A J /> __1 •_ 1. _.-. l j ■ • i i . ° . ,. . ,
Vaters und seiner Mutter (28. 35. 40. 44. 46.
52) ; er hat xazgaia ßvfyiaia (28). Erbbegräbnisse
legen sich die Familien an, nicht die G. ; in den
Ktfiwveia {ivriftaxa, wird Thukydides' Grab gezeigt:
Marceil. Tita Thucyd. 17.
Euxitheos selbst ist Phratriarch (23), Demarch
(63), Heraklespriester (46) gewesen. Er gibt zu,
daß die Mutter seine? Vaters nicht Athenerin ist,
(30), sein Vater sei trotzdem Athener, da er vor
gleichgültig ; sie haben im wesentlichen nur noch
religiöse Bedeutung. Das Bürgerrecht des ein-
zelnen wird jetzt durch die Demoten geprüft
Vor Kleisthenes 1 Demenordnung erkannten Gen-
neten und Phratoren das Bürgerrecht zu oder er-
kannten es ab.
Aus dem Phratrienverzeichnis '.E^^. dgx- 1901
col. 157ff., das nur 20 Mitglieder der Phratrie
zeigt, ergibt sich, daß die Zahl der Athener, die
Eukleides geboren sei. Euxitheos _ Mutter ist 20 sich bei den Phrateren einführen lassen, vermut-
raiviöxatZig (31). Er selbst unterscheidet zwischen
seinen ,Verwandten' und den yevvfjxai (24. 67),
er rechnet sich ausdrücklich nicht zu den svysvs-
oxaxot (46). Demnach ist er selbst nicht Gennet;
er spricht von seinem , Geschlechte', sowie jeder
Athener von seinem ,Geschlechte' sprechen kann,
sowie ein jeder seine avyyevelg hat. Er ist ein-
geführt bei den Phrateren, eingeschrieben bei den
Demoten (46).
lieh schon im 5. Jhdt. dauernd abnimmt: die
Phratrien, ohne politische Rechte, zerfallen allmäh-
lich, v.WilamowitzII276. A. Körte Herrn. 37.
AVenn die Lesung IG LI 1652 richtig ist,
(i)£q6(v 'AnöXjktovfog Tiavgjqyov rpfgaxQmJg (@)sq-
Qix(iah)wv suppl. Bürmann, hat die Phratrie der
Therrikiaden keinen eigenen Zeus tpodxQiog mehr,
sondern den Geschlechtsgott Apollon siaxgßog.
Die alten großen G, bleiben weit in die Kaiser-
39 werden die (pgaxo e eg ovyysveig drj/aozat 30 zeit hinein bestehen; durch Adoption wird ihr
(S a u p p e s Konj ektur r <5 v ovyysviöv i st fals ch ;
ovyyevsTg der Mutter gibt es, nicht aber <pgdxoQeg
der Mutter) genau so zusammengestellt, wie Phra-
tores, Orgeonen, Demoten Isaios LT 16. 45 und
Kratin. bei Athen. XI 460: avyysveTg xal <pgd-
regag xal dtjßoxas evgwv ftöXtg (Töpffer 11, 1) ;
vgl. [Demosth.] LVII 24 dquöxat und ovyysvetg.
Isaios VII 27 wird eingeschrieben bei den ovy-
ysvetg (die Isaios VII Genneten sind 26—27),
Aussterben verhindert, [Demosth.] gg. Makarta-
tos (XLHI) 11. 12.
Die Geschlechtskulte der großen G. sind jeden-
falls schon im 7. Jhdt. zum Teil Staatskulte ge-
worden, zum Teil haben sie sich als Sonderkulte
der G. erhalten. Sowohl diese Staatskulte wie
diese Privatkulte bleiben bei diesen G. bis in
die Kaiserzeit. Aischines' Vater gehört derselben
Phratrie an wie das G. der Eteobutaden; alle An-
eingeschneben wird bei den Orgeonen Isaios II 40 gehörigen dieser Phratrie haben zu den Altären
1 A ^Trrrl Ya« lii-ill T *7 O s A ^_^' = _T"_ _« __ j .__ T7tj_ _ _ i_ j l n- > «ij -m-\ • t» , <» . -* . -.-.
14 (vgl. Xen. hell. I 7, 8 'Anaxovgta h otg ni xe
(fQUiegeg xal ol ovyysvetg gvveiotv. [Demosth.]
LVII 43 xalsi /not xal töjv <pgaxeg(ov tovg oixeiovo).
Demnach schließen sich die Verwandten {avy-
ysvstg) vielfach als Orgeonen oder sonst zu einem
ftlaoog zusammen (vgl. v. Wilamowitz II 267);
sie werden bald als dgyeäveg, bald als &iao&xat,
bald als ovyyevsTg bezeichnet. Wenn Verwandte
den Orgeon enverband bilden, entspricht der Ver-
der Eteobutaden Zutritt. Die Eteobutaden stellen
die Priesterin der Athena polias (Aischin. negl
jzaQanQsoß. (II) 147. v. Wilamowitz II 269, 12).
Daneben verehrt das Geschlecht der Eteobutaden
den Butes (Apollodor. III 14, 8. Töpffer 113).
Staatskulte und Sonderkulte haben ferner die
Hesychiden und Thauloniden, sowie die eleusini-
schen G. (Töpffer 170ff. 24ff.).
Die Inschriften bezeugen Privilegien der Prie-
band genau einem adligen ,Geschlechte' : der 50 ster-G. (ihre Streitigkeiten entscheidet der König,
Orgeon enverband schreibt seine Mitglieder wie ein
Adelsgeschlecht die Seinigen in sein Verzeichnis
ein (Isaios II 14). Nicht alle ovyytvng bilden
Orgeonenverbände, nicht alle Orgeonen sind ovy-
yerstg; aber viele Orgeonen sind ovyysvfjg, und
viele avyysvsTg bilden Orgeonenverbände. Die
■diaowxm der Demotionideninschrift entsprechen
genau den Orgeonen oder ovyysvug.
Als Orgeonen , wie schon vor Drakon die
.Bauern' und Handwerker 1 , oder als avyyevstg oder 60
als Otaa&xai erscheinen die kleistheni sehen und
späteren Neubürger in den Phratrien.
Vor Kleisthenes wie nach ihm sind die ver-
schiedenen Phratrien im wesentlichen gleich orga-
nisiert (ia ö'e yevrj xal xäg (pgaxgiag xai zag isgoi-
ovvag s'aaev sysiv ixdaxovg naxa xa Tiärgia); in
jeder Phratrie sind adlige Genneten und Nicht-
genneten. Die Genneten wahren sich zum Teil
Aristot. Athen, pol. 57, 2); aus den Verfassungen
der Priester-G. lassen sich Schlüsse auf die Ver-
fassungen der anderen G. ziehen, Dittenberger
Herrn. XX.
IG II 596 bauen die Krokoniden, ausdrück-
lich als Genneten bezeichnet, der Hestia ein Hieron.
"Edo&v Kpoxcovidaig : sie veranstalten beschließende
Versammlungen des Geschlechts (vgl. Andoc. I
127).
IG II 605 'Etpr/fi. d gx . 1883, 82 treten Ke-
ryken und Eumolpiden zu gemeinschaftlicher Ver-
sammlung zusammen; sie haben sogar einen ge-
meinsamen Archon, (zav ao)yovxa xtbv ysv&v col. 19.
IG LT 1325 (= III 97) werden Archonten des
Geschlechts der Bakchiaden bezeugt. Diese Archon-
ten der G. wurden vermutlich jährlich gewählt,
IG III 680. 702: äg£avza xov Ktjffvxatv yivovg
und &Q$aq (im Aoriste) von Lebenden bezeugt;
■ Wkjmjfc &QX- HI (1883) 82 n, 10: to£k ägxovxag
$#fc fei xa&toxafitvovg i£ ixatigov toi> yivovg.
:!<} LT 470 (1. Jhdt. v. Chr.) die Epheben
(Z. 11) owe^yayoy de xal zi}v IlakXdda ftexd
%mv yevvrjxwv xal ndliv darjyayov pexa ndoqg
evxoofiiag an den Plynterien.
IG m 1276 ist aus der Zeit des Augnstus
(Dittenberger) ein Verzeichnis des Geschlechtes
der Amynandriden erhalten; angeführt wird ein
oqx<ov xov yevovg, ein izpsvg KsxQoxog, ein xapias
tov" yhovg. Die Geschlechtsangehörigen werden
angeführt nach Phylen geordnet; sie gehören den
verschiedensten Demen an. Es gehören u. a. zu
den Mitgliedern des Geschlechts ein rdtog 'PoßQiog
üaXlrjvsvs und ein ITXa>xtog AvXov 'i^fflfröf.
IG HI 1278 sind bezeugt ein äioxiegevg xal
ywsfaQxrig! suppl. Dittenberger) und ein
SaSovxog. [Dahms.]
S. 1596, 1 ist einzuschieben:
Gorgas [roQydg], 1) Nebenform zu Gorgo
(s. d.), Suid. und Phot. s. tAokiov Pogyädog.
2) Bezeichnung der Hera bei Lykophr. 1349,
der die alte Feindin und nachmalige Freundin
des Herakles G. nennt, d. i. nach Schol. und
Tzetz. ,die Schreckliche* , xryv Epmotovaar <poßov
Sta zrjv yogyoxr t za. Der Gedanke von 1349: f\ 3 q
7ialipL<fQ<av roQydg ist derselbe wie bei der Be-
zeichnung der Hera als {xfjg) &r}tag — Tgonatag
— dsäg (v. 1327f.). Lykophrons Art entspricht
eine solche Übertragung des Namens der Gorgo
auf Hera, und die Annahme v. Holzingcrs im
Kommentar zu Lyk. 1349, es könnte G. vielleicht
ein Kultbeiname der Hera am Gorgopis-See ge-
wesen sein, ist überflüssig. Da Hera sonst nie-
mals G. heißt, Athena aber häufig Gorgo, Gor-
gopis, Gorgophona u. dgl. (vgl. Bruchmann Epi- ^
thet. deor. 7), haben nach Schol. und Tzetz. zu
Lyk. 1349 einige auch hier unter G. die Athena
verstanden. Der Zusammenhang läßt jedoch keinen
Zweifel daran, daß Hera gemeint ist.
3) rogydSeg. Hesych. yogyddoyv aXtd&a)v, äat-
ddXqj 2o<pox\i}g\ Hesych. yogyibsg- arQxeavidsg.
Zonar. lex. p. 448 yogyddeg • at deonotvai. Als
Gorgades = Gorgones konnten alle göttlichen
Wesen bezeichnet werden, die nach Gorgonenart
(vgl. Aischyl. Choeph. 1045 : dßcoal yvvalxeg, rüde ^
roQyovoiv bixr\v xxX.) auftraten. Sophokl. Daidal.
frg. 167 hat die Haliaden vielleicht nur im Sinne
von yoqyai als yogyaÖeg bezeichnet. Röscher
Myth. Lex. I 1701 erinnert an die Auffassung
der Gorgonen als Meerdämonen, Gruppe Griech.
Myth. 1209, 2 an die von Perseus besiegten Haliai
(Paus. II 22, 1). [Jessen.]
S. 2164, 2 ist einzuschieben:
Hftdra, eine Stadt im Binnenlande von Libur-
nien (Ptolem. II 16. 6: IlöXeis de eiol peodysiot
AtßovQviag . . - "Abga), Station der Straße Burnum
-Clambetae (Tab. Peut : Hadre-ab Hadre; Geogr.
Rav. 211, 3: Adrise), wurde nach Medvidje, östlich
von Zara, verlegt (Lj üb ic^ Archiv für Kunde
österr. Geschichtsquellen XXII 253. M o m m s e n
in CIL III 368. 384. 1630. H. Kiepert ebd, tab.
iü ITI und FOA XVII Beiblatt 6 Anm. 65. Toma-
schek Mitt. der Geogr. Ges. in Wien 1880, 501.
R. Kiepert CIL III S. tab. VI. Jelic Wissen-
schaftl. Mitt. aus Bosnien 1900, 194), doch lag
dort nach der Terminationsinschrift Österr.
Jahresh. VIII Beiblatt 53 Sidrona (Patsch
ebd 119ff.). H. ist sonach noch nicht lokalisiert.
[Patsch.]
20 S. 2181, 56 ist einzuschieben:
Haemasi, ein frühzeitig untergegangener
Stamm in dem nachmaligen dalmatinischen Con-
ventus von Narona (Plin. n. h. III 144: praeter
hos teniiere tractum eum Ox>uaei, Partksm, öav( }
Haemasi . . .). [Patsch.]
S. 1898, 5 ist einzuschieben:
Grumb&tes, König der Chioniten, Bundes-
genosse des Perserkönigs Sapor, begleitete diesen
bei dem Feldzuge des J. 359 gegen die Römer.
Der Schuß einer Balliste von den Mauern von
Amida tötete seinen Sohn, und dies veranlaßte
Sapor, die Stadt zu belagern, Ammian. XVIH
6,22. XLX1,7. 2,1. 6. ^
60
S. 2229, 17 ist einzuschieben:
Haldagates (oder Haldegastes), wird in einem
gefälschten Brief Kaiser Valerians an den späteren
Kaiser Aurelian genannt als einer der germani-
schen Offiziere, die unter dessen Befehl standen,
vielleicht als Führer germanischer Hilfstruppen,
wenn nicht hier überhaupt alles erfunden ist,
Hist. aug. Aurei 11, 4; vgl. Bang Die Germanen
im römischen Dienst (Berlin 1906) 911 [Stein.]
S. 2245, 6 ist einzuschieben:
Halicaniburgua, ein von Iustinian in Moesia
superior am rechten Donauufer in der Nähe der
Traiansbrücke erbautes Kastell (Procop. de aedif.
289, 18: 'AXixavißovQyov). Nach Kanitz Rom.
Studien in Serbien 58 beim heutigen Praovo in
Serbien. Holder Altkeit. Sprachsch. s. v.
[Patsch.]
S. 2245, 6 ist einzuschieben :
Halicanuni j Station der Straße Vindobona
-Poetovio in Pannonia superior (Itin. Ant. 261.
9: Alieano-, 262,4: Halictmo; Geogr. Rav. 216,
3: Ligano; bei Ptolem. II 14, 4: VXifiaxov%
vielleicht Unter-Limbach, nordöstlich von Pettau,
der Fundort der Grabinschrift CIL III 4149.
Mommsen CIL III 525. H. Kiepert Formae
orbis antiqui XVII. R, Kiepert CIL ILT S. tab.
VLT. v. D o m a s z e w s k i Westdeutsche Zeitschrift
1902 Karte. Holder Altkeit. Sprachschatz s. v.
[Patsch.]
S. 2276, 63 ist einzuschieben:
Halmyris, nach dem gleichnamigen Strandsee
benannter Ort in Moesia inferior, wohl identisch
mit der Station Salmorude des Straßensegmentes
Aegissus (Tultscha)-Istros (Karanasuf) im Itin.
Ant. 226, 4, wurde im Winter 384/5 oder S85/6
Ton Barbaren (Goten?) vorübergehend besetzt, als
2879 Nachträge Nachträge
der arianische Bischof von Kyzikos Ennomios ihr benannten Landschaft Chalonitis {a. Bd. IH
daselbst in Verbannung weilte (Pbilostorg. bist. S. 2099 und SuppL I S, 281) oder Kalloniüs. Schon
eccL X 6). H. hatte eine auch aus Griechen be- in den Keüinscnriften als Alman, Ldman, .gaJ*
stehende christliche Gemeinde (Acta sanctorura man zu belegen; s. Suppl., a. a. 0. Noch im
Iulii II 542f.) und wird in der Notitia episco- Mittelalter spielte der Platz (arab. Hulwän) als
patuum (Zeitschrift für Kirchengeschichte Sil 532) Grenzstadt des Irak (Babylonien) eine wichtige
als Bischofssitz erwähnt; Tgl. Hierokt. 637, 15. Rolle j vgl, die Nachrichten arabischer Geographen
Seine Befestigungen wurden unter Iustinian re- bei G. le Strange The landa ofthe eastern Cali-
stauriert (Procop. de aedif. 293). Augenscheinlich phate (Cambridge 1905) 191. Die noch vor-
der römisch-byzantinische Ruinenkomplex beim 10 handenen Ruinen der Stadt liegen jetzt auf per-
Dorfe Dunawetz in der Dobrudscha, südöstlich sischem Boden, unweit Sär*Pul unter 34° 26 r
von Tultscha. Tomas chek S.-Ber. Akad. Wien nördlicher Breite und 45° 46' östlicher Länge. Im
CXIII 1887,309. H. Kiepert Formae orbis übrigen ist vor allem Alb ania Nr. 2 von Andreas
antiqui XVII. L. Schmidt Geschichte der deut- (o. Bd. I S. 1304) und Eitter Erdkunde IX
sehen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwan- 470ff. zu beachten. [Streck.]
derung 119. J. Weiß Mitt. der geograph. Ges.
^h^ 8 " ^° ? '- 651 ^oi^ d ,?f le D0t ?P Ä i im S. 2309, 59 ist einzuschieben:
Altertum (Sarajewo 1911) 55f. [Patsch.] '
Hanunenm, nach der Tab. Peut. (vgl, Geogr.
a oona fi o •„+. ^„„.„„t.;^™. 20 Rav. 206, 1: Acmeon) die zweite Station der von
S. 2276, 63 ist einzuschieben: Naisgns f Nisch) in Moesia superio r transversal
Halmyris lacus, Plin. n. h. IV 79 : Primum nach Lissus (Alessio) an der Adria führenden;
ostmm Peuces, mox ipsa Peuee insula, in qua noch im J. 471 erwähnten (Iord. Get 285, vgL
proxvmus alvem* appellatw XIX p. magna L. Schmidt Geschichte der deutschen Stamm*
palude sorbetur. e& eodem alveo et super Bistro- bis zum Ausgang der Völkerwanderung 134) Straße
polin locus gignitur LXJII passtmm ambitu, und Abzweigungsstelle der Route nach Scupi (tfa
Halmyrin voeant. Die große, seichte, noch im küb), von Kanitz Rom. Studien in Serbien 115.ff.
12. Jhdt. von dem Araber Idrisi Myris genannte mit der serbischen Stadt Prokuplje identifiziert;
Bracklagune Raselm südlich vom Donaudelta, die vgl. Mommsen CIL mp. 268. TomaschekS.-
mit dem St. Georgsarm der Donau durch die30Ber. Akad. Wien XCIX 1881, 442. A. J. Evans
Rinne Dunawetz verbunden war und ist, vom Antiquarian Researches in Illyricum ni and rV
Pontus jedoch durch Nehrungen abgeschlossen 153. H. Kiepert FOA XVII Beibl. S. 4f. v. Do-
wird und im Süden in die Lagunen Golowitza, maszewski Arch.-epigr. Mitt. X1TT 145ff. urjd
Smeltza und Sinoe übergeht. Am Westufer der Westdeutsche Zeitschrift 1902, 175. Holder Alt-
letztgenannten lag Istros. Peters Denkschrif- kelt. Sprachsch. s. v. [Patsch.]
ten Akad. Wieu, Mathem.-naturw. Kl. XXVH
1867, 99 v. Almäsy Ornithologische Kekognos- g %m &g . einzuschieben .
zierung der rumänischen Dobrudscha (Budapest '
1898) m$. Tomas chek S.-Ber. Akad. Wien, Harpii und Harpis (Ptolem. HI 10, 7: "Aq-
Phil.-hist. Kl. CXm 1887, 309 und oben u. 40 »««, "Agms sioXtg) s. Carpi. [Patsch.]
Abrytus. H. Kiepert Formae orbis antiqui
J.Weiß Mitt. der Geogr, Ges. in Wien 1907, *' *"'' *° ah «""«"»w»"«™'
651 und Die Dobrudscha im Altertum (Sarajewo 11) Der Vater oder Lehrer des Grammatikerg
1911) 13. 15. 55ff. ' [Patsch.] Tryphon. Etym. M. 247, 54 (= Etym. Gen.).
Etym. Gud. 134, 28 nach der Verbesserung des
o noofl an ■ *. •„ „i^i verschriebenen Namens durch v. Velsen (Tryph.
S. 2286, 62 ist einzuschieben: frg p 3) [de g^ff
Halus, Stadt im äußersten Nordosten Baby-
loniens von Tac ann. VI 41 (47) zusammen mit 50 g 241? 49 ^ einznschieben .
Artemita m der Landschaft Apolloniatis genannt. a ' ** L '' w ™ b wunw-wow».
Höchst wahrscheinlich mit dem Chala (XdXa) des Harpyia, nach Polyb. fragm. bist. XXTH bei
Isid. v. Charax zu identifizieren, das Baum- Steph. Byz. s. v. (vgl. Herodian. Techn. ed. Lentz
stark (o. Bd. m S. 2036) verkehrterweise mit I 281) eine Stadt in Ulyrien im Gebiete dör
der assyrischen Reichshauptstadt Kalhu (bibl. Enchefeer. G. Zippel Die römische Herrschaft
Kelach) kombiniert; vgl. dagegen schon meine in Ulyrien bis auf Augustus 12ff. Engelmann
Bemerkung im Suppl. I S, 281. Meine in der Myth. Lex. s. Harpyia 1847. [Patsch.]
Orientalist. Lit. Ztg. 1906, 346 geäußerte Ver-
mutung daß H eine Latinisierung von assyrisch g 2546 68 ^ einzuschieben .
alu s= ,Stadt* reflektiere und bei Tacitus irrtum- 60 '
lieh als ein Nomen proprium figuriere, erscheint Heba, als Münzaufschrift HEBA *^ Mtuv
mir jetzt weniger wahrscheinlich. Der gleiche zen von Theben, 5. Jhdt. v. Chr., mit bogen-
Stadtname begegnet bei den Klassikern noch in spannendem Herakles, gedeutet auf diesen als
den Formen Albania, Albanis (s. Bd. I S. 1304) Vertreter der waffenfähigen Mannschaft ; v. Sali et
und Kelonai (s. d.). Es war der Hauptort der nach Ztschr. f. Num. XXI 205f. [Regung.]