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Full text of "Repertorium für Kunstwissenschaft"

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REPERTORIUM 

FÜR 


KUNSTWISSENSCHAFT 


HERAUSGEGEBEN 

# 

VON 

KARL KOETSCHAU 


BAND XXXIX 

MIT 35 ABBILDUNGEN IM TEXT 



BERLIN 

DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER 

1916 


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FINK ARTS 



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INHALTSVERZEICHNIS 


Bees, Nikos A., Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage und 


den Mosaikschmuck der Apostelkirche zu Konstantinopel. ,... 97, 231 

Bock, Franz, Leonardofragen. 153, 218 

Bombe, Walter, Eusebio da San Giorgio. 30 

Daun, Berthold, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. Mit 14 Abbildungen 136 

Gümbel, Albert, Altfränkische Meisterlisten.. 52, 165 

Habicht, V. Gurt, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 193 

Kauffmann, Hans, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner 

Trajansteppichen. Mit 3 Abbildungen . 15 

Koegler, Hans, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S. Mit 5 Abbildungen. 1 

Roh, F., Ein neues Selbstbildnis Dürers. Mit 5 Abbildungen . 10 

Schilling, Edmund, Dürers Kupferstich »Die vier Hexenc. Mit 6 Abbildungen 129 

Simon, Karl, Studien zur Alt-Frankfurter Malerei. Mit 2 Abbildungen. 251 

Sybel, Ludwig von, Das Werden christlicher Kunst . 118 

Weinmayer, Konrad, Wilhelm Schmidt f . 64 

Notiz. 257 

Literatur. 66, 177, 258 

Register aufgestellt von Kurt Biebrach. 269 


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EINE ZEICHNUNG DES BASLER MEISTERS D. S. 

VON 

HANS KOEGLER. 

Mit 5 Abbildungen. 

D ie Zeichnung des Gekreuzigten, die in Abb. 4 in Originalgröße wiedergegeben 
ist und die ich für eine Originalarbeit des Meisters D. S. l ) halte, befindet 
sich in der öffentlichen Kunstsammlung in Basel, frühere Signatur U. 15. 39, also 
aus einem der bekannten U-Bände abgelöst, der aber laut neuerlicher Mitteilung 
wohl nicht aus Amerbaschichem Besitz, sondern aus der Sammlung Birmann 
stammen dürfte. Die Zeichnung ist Federzeichnung auf Pergament, ziemlich 
knapp ausgeschnitten (Blattgröße 0,137 : 0,186), trägt kein Künstlermonogramm und 
mißt, von einfacher Linie eingefaßt, 0,131 m in der Breite und 0,182 m in der 
Höhe 2 ). 

Der gekreuzigte Heiland hängt, ganz von vorne gesehen, an dem aus zwei runden 
Naturstämmen gefügten Kreuze, dessen Querteil beinahe die ganze Breite über¬ 
spannt, indem er beiderseits ganz dicht an die Ausläufer der gotischen Ast- und 
Blattwerkeckfüllungen der oberen Ecken hcranreicht. Der Kreuzfuß ist ziemlich 

weit vorne in dem Bodenstück eingerammt, das man unten mit einfachen Mitteln 

■ 

gezeichnet und von wenigen Gräsern, Pflanzen und Kieseln belebt sieht. Hinter 
dem Kreuz liegt nach rechts vor ein Krummstab am Boden, der noch über die eine 
Inful der Mitra hinweggeht, die in der rechten Ecke mit scheinbarem Stützpunkt 
an der vertikalen Einfassungslinie halb aufgerichtet liegt. Ungefähr in der linken 
Ecke steht ein einfacher Wappenschild aufrecht auf dem Boden aufgestellt, ohne 
sichtbare körperliche Stütze, die ihn in dieser Stellung halten könnte; schon dadurch 
sind Schild und Mitra sichtlich dekorativ, als gleichwichtige Eckbetonungen ent¬ 
sprechend den auch freischwebenden oberen Astwerken, verwendet. Aus einem 
Spalt des Kreuzstamms ragt oben eine eiserne Gabel (oder Dornen), woran die 
Schriftrolle mit dem: »• I • N • R • I •« steckt, welche (die Fläche bis an die obere 
Einfassungslinie füllend) die Astwerke gefällig miteinander verbindet und in ihrer 

*) Erster Fundbericht in den Basler Nachrichten vom 6. Januar 1912. Die auf Grund damaliger 
Information von mir — allerdings zu bestimmt — gemachte Angabe, daß der Band U. 15 aus Amerbachischem 
Besitz stamme, ist zu korrigieren. 

*) Also das Format unserer photographischen Platten 13x18. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. I 


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2 Koegler, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S. 

Wirkung ganz der dekorativen oberen Rahmung zuzuzählen ist. Der Grund hinter 
den oberen Eckfüllungen ist wagrecht schraffiert, sonst weiß, mit Ausnahme einiger 
zarter Luftstriche längs der oberen Begrenzungen. 

Das Wappen und die bischöflichen Abzeichen weisen eindeutig auf den Basler 
Bischof Christoph von Utenheim, wodurch schon äußerlich die Zuweisung 
der Zeichnung an einen Basler Künstler nahezu gewiß wird; leider ergibt sich daraus 
nichts für die Datierung des Blattes, weil Christoph von Utenheim über die lange 

Zeit von 1502 bis 1527 die bischöfliche 
Würde innehatte. Auch die Hoffnung, 
in den Hofrechnungen des fürstbischöf¬ 
lich-baslerschen Archivs etwas über die 
Zeichnung oder deren Künstler zu finden, 
hat sich trotz der dankenswerten Nach¬ 
forschung von Professor H.Türler nicht 
erfüllt. 

Die Zeichnung ist keine zufällig 
erhaltene Künstlerstudie, sondern aus¬ 
geführt und komponiert, einem be¬ 
stimmten Zweck dienlich, sei es als Vor¬ 
lage für einen danach auszuführenden 
Holzschnitt, etwa für Titel oder Titel¬ 
rückseite eines Meßbuches oder für einen 
selbständigen Wappenholzschnitt, sei es 
als Entwurf für ein gemaltes Fenster. 

Abb. I. HoUschnitt des Meisters D. s. ( Man wird sich im allgemeinen Zu- 

bekannt seit 1507. sammenhang zwar auch erinnern dürfen, 

daß Bischof Christoph von Utenheim 
seinem 1501 verstorbenen Neffen Wolfgang von Utenheim im Kreuzgang des Basler 
Münsters ein prächtiges Kreuzigungsdenkmal errichten ließ, und daß bei einem 
solchen Unternehmen vielleicht allerhand Entwürfe zu Rat gezogen werden konnten. 
Allerdings wird das Denkmal von dem kundigen Urteil Rudolf Burckhardts 3 ) bald 
nach 1502 angesetzt, während die Zeichnung wohl gegen Ende des ersten Jahrzehnts 
gehört. Vielleicht war das Kreuzigungsdenkmal nicht das einzige der Erinnerung 
an den Verstorbenen geweihte Kunstwerk. 

Der künstlerische Wert der Zeichnung ist zweifellos ein hoher. Wenn unser 
Interesse auch durch nichts von dem Kruzifix als solchem abgelenkt wird, so ist dem 
Ganzen doch der Charakter einer selbständigen Zeichnung durch eine einfache, aber 
geradezu besonders schöne Komposition gewahrt. Die Mittel, aus denen sich die 

3 ) Basler Plastik aus der Zeit der Spätgotik, von Rudolf F. Burckhardt (Jahresbericht des historischen 
Museums zu Basel für 1910, Basel 1911). Mit Abbildungen. 



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Koeglcr, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S 


3 


Rahmung bildet, sind herkömmlich, der Reiz liegt schon in dem edlen Format und 
dann in den geschmackvollen Verhältnissen. Die vier Eckbetonungen stehen nicht 
so weit voneinander ab, daß man ein Abreißen, ein sich Einschieben des Leeren 
empfinden könnte. Den Körper und das Kreuz sieht man breit und ausdehnlich 
in der Fläche, durch die Beschränkung des Rahmens gerade in diesen Eigenschaften 
gesteigert; zugleich stehen Kreuz und Körper im Raum ziemlich weit vorn in ein¬ 
drucksvoller Nähe. 

Die Auffassung des am Kreuz Verschiedenen ist vor allem ebenmäßig und ruhig, 



Abb. 2. Ausschnitt aus dem Kreuzigungsholzschnitt des Meisters D. S. (verkleinert). 

sie lädt mit fast symmetrischen Umrissen zu langdauernder gesammelter Betrachtung 
ein. Sie vermeidet weitergehende Realistik und qualvolle Eindrücke, sie will nicht 
an die grausame Handlung erinnern, sondern an den Symbol gewordenen Kruzifixus. 
Die Darstellung ist von überraschendem Schönheitssinn beherrscht, sowohl im Ge¬ 
fühlsmäßigen der innerlichen Teilnahme als in der Formgebung; doch sind die 
Formen im einzelnen von empfänglichem Künstlerauge gesehen und in den 
Schwingungen eines bestimmten Temperaments wiedergegeben, nicht durchschnitts¬ 
mäßig und nie flüchtig. Diese Haupteigenschaften sprechen unter den damaligen 
Basler Zeichnern schon für den Meister D. S., zudem klingt die Formgebung 
deutlich an seine an. 

Zu direktem Vergleich mit dem Werk des genannten Meisters dienen zunächst 


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Koegler, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S. 


drei Holzschnitte mit dem Gekreuzigten, das kleine Kanonbild 4) (Abb. i), das im 
Jahr 1507 erschien, dann die große Kreuzigung 5 ) der Sammlung Lanna, jetzt in 
Berlin (Detailabbildung 2), und drittens das große Kanonbild, das seit 1510 bekannt 
ist (Abbildung bei Dodgson). 

Das kleine Kanonbild von 1507 ist im Christusmotiv fast nur eine gekürzte 
Wiederholung oder Vorstudie des Christus der Berliner Kreuzigung; auch die Maria 
ist im Motiv, besonders der Handhaltung, der Gottesmutter der großen Kreuzigung 
zweifellos verwandt. Nun müssen sich die Motive im Werk eines Künstlers nicht 
gerade nach dem Kalender reihen, immerhin geben diese Übereinstimmungen zu 
denken, ob nicht die große Kreuzigung mehr in die Nähe des kleinen Kanonbildes 
gehört, als Dodgson, der die Kreuzigung gleichzeitig oder etwas später mit dem 
großen Kanonbild von 15IO setzte, und ich (wohl um 1514) angenommen hatten. 
Auf dem Kanonholzschnitt von 1507 und der großen Kreuzigung hängt Christus 
hoch, mit ganz oder beinahe horizontalen Armen, auf unserer Zeichnung und dem 
großen Kanonholzschnitt von 1510 hängt er aber an schrägen Armen tiefer. Wie sich 
das Lendentuch vor dem Schoß kreuzt und mit dreieckigen Endzipfeln nach einer 
Seite ausfliegt, ist auf dem Holzschnitt von 1507 und der Handzeichnung recht 
ähnlich, das ausfliegendc Ende noch mehr auf dem großen Kanonbild von 1510 (erster 
Zustand); ganz verwandte Bildungen sieht man auch auf der Messe Gregors (Abb. 
bei Dodgson) und auf der Berliner Kreuzigung. Abweichend ist auf unserer Zeich¬ 
nung zunächst nur die den rechten Umriß belebende Vcrknotung des Tuches, doch 
zeigt der signierte Schmerzensmann 4 5 6 ) des D. S. (Abbildung bei Lippmann X. 41 a) 
vor der Mitte des Leibes wieder eine in Einzelheiten ganz ähnliche Vcrknotung. 

Auf dem kleinen Kanonbild und der großen Kreuzigung sind die Finger der 
durchnagelten Hände ausgestreckt, auf unserer Zeichnung zur Faust geschlossen. 
Hier ist der Abstand der Hände an den äußeren Fingcrknöcheln gemessen genau 
gleich der Körperlänge von der Scheitelrundung bis zu den Zehenspitzen. Das gleiche 
Verhältnis besteht bei den zwei eben vorher genannten Holzschnitten, wenn man 
sich die Hände zur Faust geschlossen denkt. Bei dem großen Kanonbild von 1510, 
das mit geschlossenen Händen unserer Zeichnung im allgemeinen mehr gleicht, ist 


4 ) 0,065 breit und 0,077 hoch. Erschienen auf der Titclrückscitc des Quartdruckcs: Postillac maiorcs 
Guilielmi Parisiensis in Epistolas et Evangclia, Basel bei Jacob v. Pfortzheim, September 1507. (Exemplare: 
St. Gallen, Stifts-Bibl.; Dörnach bei Basel, Kapuzinerklostcr; Kloster lambach in Oberösterreich; Pruntrut, 
Bibi, du College; Zug, Pfarrbibliothck. — Der Holzschnitt allein im Basler Kupferstichkabinett bei den 
Anonymen.) Zuerst von mir im XII. Jahrgang der Zeitschrift fur Bücherfreunde, S. 441, dem Meister D. S. 
zugeschrieben; zuerst abgcbildct bei C. Chr. Bcrnoulli, Die Statuten der theologischen Fakultät Basel, Basel, 
Fr. Reinhardt, 1910, S. 36. 

5 ) Abbildung bei Lippmann, Kupferstiche und Holzschnitte alter Meister, III, 36; verkleinert auch 
im Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, N. F. IX, 1907, Taf. XXIII. — Der große Kanonholzschnitt 
von 1510 ist bei Dodgson im Jahrbuch der Kgl. Preußischen Kunstsammlungen 1907, Heft 1, abgcbildct, 
weiche Studie mit ihren Abbildungen beim Lesen dieser Zeilen heranzuzichen ist. 

6 ) Wohl nicht ohne Einfluß von Dürers Kupferstich B. 20 entstanden. 


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Koeglcr, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S. 


5 


das Verhältnis aber anders, der Körper ist um ein Zehntel länger 7 ) als die Spannung 
breit ist. Diese Verlängerung entstand aus etwas längerer Brust - und merklich längerer 
Bauchbildung, als man sie auf den beiden erstgenannten Holzschnitten und der 
llandzeichnung sieht. Nach diesen Merkmalen gehörte die Zeichnung in größere 
Nähe der zwei erstgenannten Holzschnitte. 

Allen Gekreuzigten des Meisters D. S. ist die verhältnismäßige Kürze der nicht 
vom Tuch verhüllten Oberschenkel eigen, sehr zum Unterschied von vielen zeit¬ 
genössischen Künstlern. In der Entwicklung dieser Eigenart scheint die Basler Zeich¬ 
nung die Mitte zu halten, während sie sich am Kanonholzschnitt von 1510 am auf¬ 
fallendsten zeigt. Bei letzterem Blatt sind bei größter Gesamtlänge die Oberschenkel 
am kürzesten, der Rumpf am längsten und auch am mächtigsten, es ist ein wahrer 
lleldenkörper, der auch die stärkste Armmuskulatur hat, die bei den anderen Fassun¬ 
gen schwächer war, besonders bei der Zeichnung. Gemeinsam ist den Gekreuzigten 
des D. S. ferner, daß der Brustkasten nicht mit scharf abgehobenen Rippen über 
einer Bauchhöhlung hervortritt, sondern daß der Bauch voll gebildet ist und weich 
zur Brust übergeht. Auch hierin stimmt die Handzeichnung und nähert sich dem 
großen Kanonbild am meisten. Die Modellierung von Bauch und Brust ist vor allem 
entscheidend für die Zuweisung der Zeichnung an Meister D. S. Hält man alle Mo¬ 
mente zusammen, so scheinen sich die Fassungen des Gekreuzigten so zu folgen: 
kleiner Kanonholzschnitt von 1507, Berliner Kreuzigung, Basler Handzeichnung, 
großer Kanonholzschnitt von 1510. Ob das genügt, die Berliner Kreuzigung als 
Ganzes vor 1510 zu datieren, will ich damit noch nicht endgültig behaupten. 

Im übrigen ist ja deutlich zu sehen, wie an unserer Zeichnung die Art, wie die 
Beine neben- und übereinander gelegt und genagelt sind, wie die inneren und äußeren 
Konturen der Beine gezeichnet sind, wie die Umrisse des Oberkörpers geführt sind, 
wie die Schrägen unter den Achselhöhlen und die Hände gebildet sind, wie das alles 
ganz auffallend dem Kanonholzschnitt von 1510 gleicht. Auch die Locken, die 
Dornenkrone, die stacheligen Strahlen des Heiligenscheines, die Bildung und Be¬ 
schriftung der Schriftrolle stimmen schön zu den Gewohnheiten des Meisters D. S., 
ebenso die Neigung und das Vorsinken des Hauptes. Der ganze Gesichtstypus ist 
etwas weniger eigenartig, etwas edler schön, doch sind wieder die Einzelheiten der 
Formung von Backen, Nase und Mund dem Kanonbild von 1510 überzeugend ähnlich, 
der ganze Typus auch dem Schmerzensmann des Gregor-Blattes verwandt. 

Bedeutende Beweiskraft für die Zuweisung an Meister D. S. hat das gotische 
Eckornament der Zeichnung. Man vergleiche die Blatt- und Astformung, den schraf¬ 
fierten Eckgrund und die leichten angrenzenden Luftstrichelungen mit dem un- 
signierten Basilisken 8 ) von 1511 (Detailabbildung 3), der als sicheres Gegenstück 


7 ) Bei Dürer ist der Körper stets länger als die Spannung breit, öfters sogar recht erheblich. 

8 ) Abgebildet als Nr. 5 der Basler Büchermarkcn von Hcitz und Bcrnoulli. — Der andere, mit D. S. 
und der Jahreszahl 1511 versehene Drache kommt vermutlich zuerst in der von Kalend. Juni 1511 datierten 


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Kocglcr, Eine Zeichnung des Rasier Meisters D. S. 



Abb. 3. Ornament des Meisters D. S. (aus dem unbereichneten Basilisken von 1511). 


zu dem mit Monogramm D. S. versehenen Basilisken gehört. Wenn es sich da auch 

• • 

um weitverbreitete Muster handelt, so ist die Übereinstimmung auch im Ornamen- 

• • 

talen bedeutend. Ähnliches Ornament auch auf dem mit D. S. signierten Titelblatt 
des Salzburger Missales. Von anderen Einzelheiten stimmen die Bänder der Mitra 
und der knittrigweiche Stoff des Parnisellum am Bischofsstab mit den entsprechenden 
Gegenständen des Titelblattes des Brixener Missales von 1511. 

Das Zeichentechnische der Bodendarstellung, das Schwärzerwerden der Schraf¬ 
fierungsschichten gegen den Bodenrand, die Gräser und Steine findet man beim 
Meister D. S. öfters ganz gleich, z. B. auf dem Astronomen (vor 1508) und auf dem 
Titelblatt der Margarita philosophica (1508); bei beiden Beispielen findet man auch 
Analogien für die kerbschnittartige Schraffierung des untersten Teiles des Kreuz¬ 
stammes. Stärkste Schattenstellen in kräftigen Kreuzlagen findet man auf den 
Holzschnitten des Meisters stets; ungemein ähnlich sind die strahlenbüschcligen 
Kreuzlagen unter den Füßen des Gekreuzigten auf unserer Zeichnung und der Ber- 


Folioausgabe von Gregor IX. Decrctalcn, in Basel bei Amcrbach, Petri und Proben, vor. In diesem Buch 
kommt ein großer Holzschnitt einer Buchüberrcichung mit Urs Grafs Monogramm vor (His 281) und ein 
großer König hinter einem Stammbaum stehend, den ich im Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde 1907 
als Nr. 339 ebenfalls dem Urs Graf zuwies. Beide Holzschnitte lehnen sich an französische Vorbilder an. 
Es kommen also in diesem Buch (und in den verwandten Ausgaben der vereinigten Drucker Amerbach, 
Petri und Proben der Jahre 1511 und 1512) tatsächlich Urs Graf und der Meister D. S. mit neu auftauchenden 
Holzschnitten nebeneinander zu Wort. Das habe ich früher zu wenig beachtet und noch einen ornamentalen 
Holzschnitt, der auf Folio 261 von Gregors Decrctalcn vorkommt, dem Urs Graf als Nr. 377 zugeschrieben. 
Dieser Holzschnitt, der sich nicht an französische Vorlagen lehnt, ist aber vom Meister D. S. Die gotischen 
Eckfüllungen gleichen hier noch viel mehr denen der Basler Handzeichnung, und ich bilde sic nur deshalb nicht 
ab, um nicht mit unbewiesenem Maßstab zu messen. — Zwei andere kleine Holzschnitte des Meisters D. S. 
sind ein 0,058 breites und 0,068 hohes, reich verziertes Initial A, mit Füllhörnern, einem Satyrkopf und im 
Grund ein nach rechts kniender Mann; zuerst bekannt aus dem Missalc Salzcburgensc von 1510 und wie das 
signierte Titelblatt dieses Missales nach Vorlage des 1507 in Venedig gedruckten Salzburger Missales kopiert 
oder umgezcichnet. Offenbar ist dann auch eine 0,02 breite und 0.185 h°h e Zierleiste mit einem Pfau, eben¬ 
falls aus dem Missalc von 1510 zuerst bekannt, vom Meister D. S. 


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Koegler, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S. 


7 



Abb. 4. Der Gekreuzigte mit Wappen Utenheim, Handzeichnung des Meisters D. S. (Basel). 


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8 Koegler, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S. 


liner Kreuzigung. Ebenso ähnlich sind die Modellicrungsstriche des Schienbeins 

des rechten Fußes auf der Zeichnung und dem großen Kanonholzschnitt. 

• • 

Trotz solcher teilweise deutlicher Übereinstimmungen der Strichführung und 
Schraffierung darf man nicht übersehen, daß der Strich bei der Modellierung der 
Zeichnung vielfach, besonders am Oberkörper, ziemlich anderen, weicheren, inein - 
anderfließenderen Charakter hat als durchschnittlich bei den Holzschnitten des 
Meisters D. S. Wenn man die Zeichnung für echt anerkennt, woran ich nicht zweifle, 
so wird man sich fragen, ob der Meister D. S. seine Vorzeichnungen für fremde Holz¬ 
schneider in anderer Strichmanier hielt, worin er den bekannten glänzenden Eigen¬ 
schaften seiner Holzschnitte verständnisvoll vorarbeitete, oder ob er nicht viel eher 
selbst mit dem Schneidemesser in der Hand in jedem Augenblick der individuell 
anpassende, geistvolle, treffsichere Übertrager seiner eigenen Feder war. 

Ich komme zu dem Resultat, daß die Basler Zeichnung des Gekreuzigten eine 
echte Handzeichnung des Meisters D. S. zwischen 1507 und 1510, mehr gegen letztere 
Grenze hin, sei, und daß diese Zeichnung die schon von Kristeller 9 ) nahcgelegte 
Ansicht stärken kann, daß der Meister D. S. seine Entwürfe wohl selbst in Holz ge¬ 
schnitten habe. 

Anhangsweise noch ein paar Worte über Holzschnitte, die wohl in den Kreis des 
Meisters D. S. gehören. 1. Ein Titelblatt mit Christkind und Evangelistensymbolen 
in fünf Kreisen, um den mittleren Kreis geflammt, vertikal schraffierter Grund, ein¬ 
fache Linieneinfassung, 0,098 breit und 0,126 hoch. Umzeichnung eines älteren Holz¬ 
schnittes, kommt in der Postilla Guillermi ohne Ort und Jahr (Hain 8234) vor, die 
offenbar bei Keßler in Basel ganz gegen Ende des XV. oder zu Anfang des XVI. Jahr¬ 
hunderts gedruckt wurde. (Vergleiche Weisbach, Basler Bücherillustration S. 68.) 
Der Holzschnitt ist vom Meister der Titelillustration zu Praßbergs Musika von 1501 
und gehört mit diesem in das Werk des Meisters D. S. oder scheidet, wie andere 
Autoren meinen, mit diesem aus. — 2. Sündenfall und Austreibung aus dem Paradies 
in einem, 0,071 breit und 0,059 hoch, einfache Einfassung. Erst 1519 bei Adam Petri 
in Basel in Luther: Eine Predigt von dem ehelichen Stand, bekannt. Der Holzschnitt 
gehört mit den zwei Schlachten aus Ettcrlins Kronik in das Werk des Meisters D. S. 
oder scheidet, wie andere Autoren meinen, mit diesen aus. — 3. Halbfigur der Ma¬ 
donna mit Kind in einem Kreis von 0,063 Durchmesser, weißer Grund. Erst 1543 
bei Rudolf Deck in Basel bekannt in: Das Vatter unser und Ave Maria außgelegt, 8° 
(Zürich, Stadt-B. Gal. XXV. 1011). Diese Erwähnung soll noch keine feste Zu¬ 
schreibung sein, hat aber doch manches für sich. — 4. Illustration zum Berner Jetzer- 
handel, es stehen nebeneinander links der Jetzer und rechts die vier Mönche des 
Predigerordens. 0,io6breit und0,098 hoch, einfache Linieneinfassung. Der Holzschnitt 
kommt auf dem Titel des Ouartdrucks ohne Orts- und Jahresangabe vor: De quatuor 


9 ) Paul Kristellcr, Die Heimat des Meisters D. S. (Repertorium für Kunstwissenschaft XXXI 1 . 


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Koegler, Eine Zeichnung des Basler Meisters D. S. 


9 


heresiarchis || ordinis Prcdicatorü de Observätia nuncupatorö, apud || Suitenses in 
civitate Bernensi cöbustis. Anno Christi. ]j MD IX || . . .« (Wolfenbüttel). Der 



Abb. 5. Der Kanonholzschnitt von 1510. Meister D. S. 


Druck stammt aus der 
Bei der Zuweisung des 


Basler Presse des Pamphilus Gengenbach, etwa um 1516. 
Holzschnittes kann man nur zwischen dem Meister D. S. 


Repertorium für K.un<»twis»cn'ichaft, XXXIX. 


2 


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IO 


Roh, Ein neues Selbstbildnis Dürers. 


und Urs Graf schwanken. Wegen des vortrefflichen Kopfes der mittleren Figur würde 
ich mich eher für D. S. entscheiden. — 5. Im Bad tafelnde Personen, mir nur als 
Fragment (rechte Hälfte?) von 0,055 Breite und Höhe in einem ganz matten Abdruck 
aus dem Jahre 1578 bekannt in dem Basler Quartdruck: Beschreibung von Baden 
im Aargau durch Heinrich Pantaleon. Da der Holzschnitt nur als Fragment bekannt 
ist, wäre eine bestimmte Zuweisung verfrüht. Entfernt könnte man sonst noch an 
den Meister H. D. I0 ) oder Niklaus Manuel denken, doch glaube ich, daß viel mehr 
für den Meister D. S. spricht. 


EIN NEUES SELBSTBILDNIS DÜRERS. 

VON 

F. ROH. 

Mit 5 Abbildungen. 


I m Weimarer Museum liegt eine Zeichnung Dürers, die bei Lippmann (L. 156) wenn 
auch etw^as erweicht, so doch im ganzen getreu reproduziert ist (Abb. iu. 3.). 
Sie ist mit Feder und Pinsel, weiß gehöht, auf grünes Papier gesetzt und fungiert als 
»nackter Mann«. Justi (»Konstruierte Figuren und Köpfe«) bildet sie als Beispiel für 
unmittelbare Aktnachzeichnungen ab, im Gegensatz zu konstruierten Figuren. Sie 
ist in der Tat ein schlagender Beleg für einen spezifischen Natureindruck. Ein ent¬ 
blößter Mann steht in leichter Schräge vor uns, sichtbar bis zum Knie, wie auch von 
seinen Armen nur die oberen Teile gegeben sind. Das Haar ist zurückgenommen 
unter eine poröse Haube, unter der man derzeit en den langen, schönen Locken- 
schw'all unschädlich machte. 

Wir haben in diesem Menschen Dürer selbst vor uns, der seinen Kopf und 
Körper so wmndervoll unmittelbar gezeichnet hat. 

Für diese These hat sich einmal das Blatt als ein Spiegelbild darzustellen, vor 
allem aber müssen die Züge des Kopfes sich denen der sicheren Selbstbilder Dürers zuge- 
stellen. Was das erstcre, die allgemeine Situation betrifft, so denke ich an ein Stehn vor 
einem Spiegelglas, den Blick angespannt auf das Gegenüber der eigenen Figur ein¬ 
gestellt. Der Arm am rechten Bildrand hat gezeichnet, er ist nur noch in einer Linie 


,0 ) Der Meister H. D. des Holzschnittes eines Bauern, der eine Heugabel und einen Hahn trägt, nach 
links gerichtet, rechts unten bezeichnet HD (aneinander); schweizerisch uni 1320—1530. Mir bekannt aus 
dem 1624 ohne Ortsangabe gedruckten Octavbuch »Welt Spiegel, /; Darinn /, Der weit gemei- /; ne händcl, 
Laster, ...» (Basel, Univ.-B. F. O. XI. 10). ln dem gleichen Buch Seite 78 noch ein unbezeichnctcr Holz¬ 
schnitt desselben Meisters. Soweit man mit diesen zwei, bei Brulliot, Passavant und Nagler fehlenden Holz¬ 
schnitten Vergleiche anstellen kann, halte ich es für möglich, daß sie von dem Meister II. D. seien, von dem 
die Zeichnung des Gekreuzigten im Britischen Museum bekannt ist. (Abgebildet in Vasari Society IV, 1908/09, 
Nr. 30.) Es liegt natürlich nahe, bei dem Monogramm H. D. an den Basler Maler Hans Dyg zu denken, doch 
muß das noch dahingestellt bleiben. 


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Abb. i. Zeichnung im Museum zu Weimar (29,2 x 15,4 cm). 

2 * 


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12 


Roh, Ein neues Selbstbildnis DUrcrs. 


für seinen untern Teil angedeutet, sonst schon oben abgeschlossen. Der andre Arm 
steht vom Körper ab, vielleicht irgendwo aufgestützt gewesen; cs ist natürlich nicht 
der rechte, wie Lippmann sagt. Der Lichteinfall kommt von rechts, wohl aus einem 
Fenster, während der Lichtsaum an der andern Seite außer Modellierungsgründen 
noch einem Spicgelreflex oder dem Fenster einer zweiten Wand entsprechen wird. 

In prächtiger Sicherheit ist der Kopf aufs Papier geschrieben, mit wenigen, 
schnellen Strichen eindeutige Form gegeben. Somit wird manchem, einmal auf¬ 
merksam gemacht, der Eindruck »Dürer« gleich entgegenspringen. Ein regelrechter 
Einzelnachweis aber soll den bloßen Eindruck sicherstellen. Ein voller Mund tritt 
uns entgegen, sinnenkräftig aufgeworfen und doch von einer Kurvung, die ihm Kraft 
und Geist verleiht. Wenn auch Dürers spätgotische Formbeschwingung solche Be¬ 
lebungskurv cn öfters hcrauszuspürc’n trachtete, so führt dieser Mund uns doch gleich 
auf das Münchener (Abb. 4), das Pariser und das Madrider Selbstbild (Abb. 2), wo die 
Lippen wie kleine gespannte Bogen aufeinanderstchn, wo stets der Vorsprung vor¬ 
handen ist, mit dem sich die Mitte der Oberlippe in eine kleine Bucht der Unterlippe 
schiebt. Der Bart, der um den Mund steht, ist ebenfalls ganz der, wie wir ihn auf dem 
Madrider und dem Münchener Selbstbild finden, ein weicher, hängender Schnurrbart, 
unter dem eine »Fliege« sitzt, und ein dünner Backenbart mit tiefem Ansatz, so daß 
über ihm leere Stellen bleiben. Schon diese Bartform wird man schwer bei Köpfen 
anderer finden, nirgends aber das Zusammensein mit all den andern Einzelformen 
des Gesichts. Dominierend die Nase mit ihrem kräftigen Schwung, wie er schon in 
der frühen Zeichnung des Dreizehnjährigen entstehen will, in der Erlanger Zeichnung 
entwickelt ist und sich 1493 und 1498, wie auch auf den zwei späteren Medaillen und 
dem Holzschnitt B. 156 (vergl. Wölfflin S. 355) wiederfindet, am wenigsten auf 
dem Münchener Selbstbild, wo der Kopf eben frontal steht. Um so mehr aber 
mahnen die Riesenaugen und ihre Gewalt sofort an das Münchener Bild. Man 
ist geneigt, diese Größe des Augenschnittes als Stilisierung des monumental 
gedachten Gemäldes zu fassen, wenn man von dem Madrider Bilde und seiner 
noch unvollkommenen Verkürzung kommt. Aber schon die Erlanger Zeichnung 
deutet auf eine runder geöffnete Augenspaltc, aus der der Augapfel weit 
und plastisch hervortritt. Unsere Aktzeichnung, der jede Heroisierung fernliegcn 
mußte, bestätigt die hierin doch individuellere Formangabe des Münchener Bildes. 
Die Vehemenz des Blickes, wie sie sich in den drei letztgenannten Bildnissen 
findet, steigert sich noch durch die Wülste, die über der Aughöhlung lagern. Es 
scheint mir das ein besonderes Merkmal für Dürers Kopf, das nirgends so stark hcraus- 
kommt als auf unserer Zeichnung, wo einmal das alles verdeckende Haar weg¬ 
gestrichen ist und der Lichteinfall gerade von der konturierenden Seite her kommt. 
So tritt rechts die Plastik des unteren Stirnansatzes besonders scharf hervor, so daß 
die Braue wie auf einem Hügel läuft. Aber nicht nur bei der Erlanger Zeichnung, 
auch beim Pariser und Madrider Bilde findet sich dies, beim Münchener nur wieder 


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Roh, Ein neues Selbstbildnis DUrers 


13 


versteckt durch die ruhige Frontstellung und ihre Tendenz weicher Ausbreitung 
der Fläche. Ein entsprechend gewölbter Backenknochen steht auch unter dem 
Auge, dessen machtvoller Spiegel nun wie zwischen zwei Dämmen ruht. Diese Bucke¬ 
lungen sind wieder nicht nur spätgotische Stilfaktur, wie man sie in Dürers Bechern 




Abb. 2. 1498 (Madrid). 


Abb. 3. (Weimar.) 



Abb. 4. 1506 (München). 


Abb. 5. 1506 (Rosenkranzbild, Prag). 


findet; sie sind seiner Kopfbildung gemäß, deren Knochenunterbau selbst noch 
aus dem fleischigen Münchner Selbstbild hervortritt. Dieser zeigt sich mit der 
Zeit auch allmählich in den unteren Backenknochen, wo Dürer auf unserer Zeich¬ 
nung und dem Münchener Bilde ziemlich breit ist, während er auf den früheren 
Bildern im Untergesicht noch zarter erscheint. 


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Roh, Ein neues Selbstbildnis Dürers. 


Mit diesen Argumenten kommt man schon auf die fragliche Zeit unserer signierten 
aber undatierten Zeichnung. Der männliche Habitus des Kopfes wird niemanden 
hinter das Madrider Selbstbild von 1498 zurückgreifen lassen, wo der Vollbart schon 
vorhanden ist, den Dürer auch auf dem Münchener Bild noch trägt, das man jetzt 
auf 1506 ansetzt. Der Alterscindruck des Gesichtes könnte verführen, nicht unter 
dieses Datum zurückzugehen, ebenso die ungefähre Annahme, daß weiß gehöhte 
Zeichnungen auf grünem Papier (nach Ausscheidung der grünen Passion) erst in der 
Zeit der 2. italienischen Reise aufgetreten sein möchten. Letzteres aber ist durch 
keine innere Notwendigkeit bindend, und was die Altersfragc bei Porträts anlangt, 
so ist sie von jeher sehr heikel gewesen. Scharfer Seitcnlichteinfall, Struppigkeit des 
Kopfes und markanter Strich unterstreichen die Altersvorstellungen (vgl. die Er¬ 
langer Zeichnung, wo doch nur ein junger Zwanziger vor uns steht). 

Es kann hier nur der Zeichnungsstil die Entscheidung aussprechen. Dieser aber 
führt uns vor das Münchener Selbstbildnis zurück. Legen wir neben unsere Zeichnung 
den ebenfalls nach der Natur gezeichneten, ebenfalls auf grünem Papier weiß gehöhten 
Akt von 1506 (L. 138), so reiht sich dessen füllige, breite, plastische, aus dem Ganzen 
formende Art gut zu dem Münchener Selbstbild, nicht aber zu unserer Zeichnung. 
Sic ist noch unklarer in der Faktur, streicht wie mit verschiedensten Handstellungcn 
die Erscheinung zusammen und ist dementsprechend auch in der Formvorstellung 
viel weniger rational; man vergleiche nur die Höhe der zwei Hüften und die un- 
plastische rechte Seite, die man nicht umgreifen könnte, während nach oben links 
hin der Körper seine Raumkraft allmählich voll entfaltet. Diese noch stoßende und 
wühlende Art hat anderseits eine Intensität und unmittelbare Kraft, die nicht an 
die beschauliche Zeit des Marienlebens als vielmehr an den geistigen und Form- 
zustand erinnert, wie er uns im Oswolt Krell von 1499 gegeben ist. Eine ähnlich ag¬ 
gressive Macht des Ausdrucks, ähnlich dynamisch im irrationalen Strich, ähnlich 
gemischt aus breitender Klarheit und ruheloser VerunkUirung der Form, aus Plastik 
und Flachheit der Erscheinung. 

Was der Zeichnung ihren besonderen Wert verleiht, ist, daß sie neben dem 
Erlanger Blatt einen selten erdnahen Eindruck von dem Schädel Dürers gibt, den 
wir sonst nur in gewisser Tracht, Positur und Stilisierung haben. Hier steht einmal 
Dürer gleichsam in nuce, ohne alle Historie vor uns, als wäre ein Vorhang aufgerissen 
und ließe uns den Menschen plötzlich in aller Erdnähe wittern, zugleich die formenden 
und denkenden Energien des ruhelosen Suchers. 

Von all dem vermag das kleine Bremer Blatt L. 130, das Dürer wohl für den Arzt 
entwarf, nichts zu geben, obgleich es eine ähnliche Situation darstellt. Es war eben 
nur ein summarisches Schema zur Angabe einer typischen Stelle des Leibes, daher hat, 
wie das auch Wölfflin betont, eine Einzelvergleiehung wenig Zweck, obgleich der 
Kopftyp unserer Zeichnung entspricht. Der Akt des Blättchens zeigt vollere Form, 
die einem späteren Zustande Dürers und einer späteren Formauffassung zukommen 


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KaufFmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen. jcj 


mag. Will man die kleinen Porträts Dürers vom Rosenkranzbilde (dasselbe ab¬ 
stehende Ohr!) (Abb. 5), der Marter der Zehntausend und vor allem dem Wiener 
Dreifaltigkeitsbild heranziehen, so wird man überall den Bau des Kopfes unserer 
Zeichnung wiederfinden. 

Eine erschöpfende Zusammenstellung von Dürers Selbstbildnissen steht noch 
aus *). Ich erinnere nur an den Trommler des Jabachschen Altars und stelle den 
Nürnberger Herkules zur Diskussion, Dürers einziges mythologisches Gemälde, dessen 
Pollaiuolo-Motiv der Zeichnung (L. 207) er im Bilde seinen Kopf aufgesetzt zu 
haben scheint. 

Mancher mag den Kopf unserer Zeichnung und die späteren Bildnisse Dürers 
als exotisch ansprechen, wozu denn zu überdenken ist, wie Dürer selbst aufschrieb, 
daß sein Vater aus Ungarn einwandertc, wo »sein Geschlecht haben sich genährt 
der Ochsen und Pferd«; daß ferner des Vaters Bruder Ladislaus hieß und dessen Sohn 
Unger genannt wurde. Nimmt man etwa Veit Stoß und Pollack dazu, so kommt 
man auf die Frage, wieweit der Osten zur spätgotischen und deutschen Kunst bei- 
getragen habe, eine Perspektive, die sich noch erweitert, wenn einem einfällt, daß 
J. S. Bachs Vorfahr 1590 aus L T ngarn nach Thüringen einwandertc. 


EIN SELBSTPORTRÄT ROGERS VAN DER WEYDEN 
AUF DEN BERNER TRAJANSTEPPICHEN 

VON 

HANS KAUFFMANN. 

Mit 3 Abbildungen. 

K unsthistorisches bei einem Mystiker des 15. Jahrhs.« lautet der Titel einer 
Abhandlung, die Hermann Brandt im Repertorium für Kunstwissenschaft 
Bd. 36 (1913), 297 ff. veröffentlicht hat. Im Besitze des Herrn Ernst Fischer zu 
Freiburg i. Br. hatte der Verfasser eine Pergamenthandschrift, deren Maße und Umfang 
er angibt, entdeckt. Auf die Provenienz schien ihm ein Eintrag von jüngerer Hand 
auf Fol. Ia zu deuten: Cartusianorum in Buxheim , das Datum gab die später zuge¬ 
setzte Jahreszahl 1456. H. Brandt druckt die kunsthistorisch wertvollen Sätze, die 
sich am Anfang der Handschrift finden, ab; ich lasse sic hier folgen: 

Sed 2 ) vos humaniter ad divina vehere contendo similitudine quadam hoc fieri 
oportet, sed inter humana Opera non reperi ymaginem omnia videntis proposito nostro 

*) H. Ochenkowskis Heidelberger Dissertation über «die Selbstbildnisse von A. Dürer« kiio kündigte 
eine vollständige Besprechung an, die noch nicht erschienen ist. 
a ) lies si. 


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f6 Kauffm«ann, Ein Selbstporträt Rogers van der Wey den auf den Berner Trajansteppichen. 


couventiorem . ita quod facies siibtili arte pictoria ita se habeat quasi cuncta circum- 
spiciat . harum et si multae reperiantur optime picte. uti illa sagittarij in foro Nurin - 
bergensi et bruxellis rogeri maximi pictoris in praetiosissima tabula quae in praetorio 
habetur et Confluentie in Capelia mea Veronice et Brixine in Castro angeli arma ecclesie 
tenentis. et multe alie undique. ne tarnen deficiatis in praxi . quae sensibilem talem 
exigit figuram. quam habere potui caritati vestre mitto tabellam. figuram cuncta videntis 
tenentem . quam eykonani dei appello. hanc aliquo in loco . puta in septentrionali muro 
affigetis . circumstabitisque vos fratres pariter parum distanter ab ipsa. intuebitisque 
ipsam et quisque vestrum experietur. ex quocumque loco eandem inspexerit se quasi 
solum per eam videri. videbiturque fratri qui in Oriente positus fuerit faciem 
illam orientaliter respicere et qui in meridie meridionaliter et qui in occidente 
occidentaliter . 


Der Lateiner legt hier umständlich die Beobachtung dar, daß das Auge eines 
aus dem Bilde blickenden Kopfes den seinen Standort wechselnden Beschauer verfolgt. 

Der Titel des Traktates blieb unbekannt. Es war H. Brandt auch nicht ge¬ 
lungen, den Verfasser ausfindig zu machen. Er vermutete ihn in dem unter dem 
Namen Dionysius der Karthäuscr bekannten Mystiker, dessen Lebenszeit in die 
Jahre 1402—71 fällt. Doch hatte D. A. Mougel 2 ) in seinem zuverlässigen Ver¬ 
zeichnis der Werke dieses Mystikers jene Schrift nicht mit aufgeführt. 

Ich bin in der Lage, den Verfasser und den Titel des Traktates namhaft zu 
machen: es ist der Kardinal Nico laus von Cu es an der Mosel (1401—64); die 


von Brandt zitierte Stelle findet sich in der Praefatio seiner Schrift De visione dei 


sive de icona liber 3 ). 

Der Rahmen, in den H. Brandt seine Untersuchung stellte, um mit den Sätzen 
aus der Freiburger Pergamenthandschrift die Wechselwirkungen zwischen spätmittel¬ 
alterlicher Mystik und bildender Kunst von neuem zu belegen, fällt durch diese 
Feststellung weg, da Nicolaus Cusanus im strengen Sinne nicht mehr zu den Mystikern 
zu zählen ist 4 ). Die Jahreszahl 1456 stammte von jüngerer Hand; sie trifft vielleicht 
für die Fischerschc Handschrift, nicht aber für die Entstehungszeit der Schrift des 


*) D. A. Mougel, Dionysius der Karthäuser (1402- 71), sein Leben, sein Wirken, eine Ncuausgabe 
seiner Werke. Mülheim 1898. 

3 ) Vgl. mit Brandt a. a. O. S. 297 D. Nicolai de Cusa Cardinalis opera Basileae s. a. (1563), p. 181 ff.: 
Pan dam ... bis zum Schlußsatz p. 208 Trahe me domine quia nemo pervenire poterit ad te nisi a te ir actus, 
ul atiractus absolvar ab hoc mtoido et jUngar tibi deo absoluto in eternitate vite gloriose Amen, libri de visione 
dei , finis. Die Fischerschc Handschrift schließt dagegen mit den Worten finit theoria (Brandt S. 298). 

■*) Fr. Überweg , Grundriß der Geschichte der Philosophie, 3. Teil, 11. Auf!., hrsg. von M. Frischeisen- 
Köhler, Berlin 1914, 42 U. Der Cusancr nimmt eine Mittelstellung zwischen der Scholastik und der Philo¬ 
sophie der Neuzeit ein. Mit dieser verbindet ihn die mechanische, astronomische Forschung und sein Anschluß 
an die platonische Naturphilosophie. Immerhin ist eine Verbindung mit der Mystik noch vorhanden; vgl. 
Pandam nunc y quae vobis dilectissimis jratribus ante promiseram circa facililatem mystieae Theologiae. über 
sein Verhältnis zu den Karthäusern sowie über den Gedankengang der Schrift de visione dei vgl. Johann 
Ucbinger, Zeitschrift für Philosophie Bd. 105 (Leipzig 1895), 77 IT. 


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Kauffmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen. I j 


Cusaners zu: diese läßt sich genauer bestimmen 5 ). Den terminus post quem gibt 
ein Brief des Kardinals an Abt und Brüder des Benediktinerklosters zu Tegernsee 
d. d. Branzoll am Feste von Kreuzerhöhung (14. September) 1453 5 6 7 )» m dem der 
Traktat, der für dasselbe Kloster bestimmt war, angekündigt wird. Den terminus 
ante quem der Abfassung des Traktates bietet ein zweites Schreiben des Kardinals 
an jenes Kloster d. d. Brixen, 23. Oktober 1453 7 ), wo er am Schluß sein Bedauern 
darüber ausspricht, daß er den versprochenen Traktat nicht mitschicke, weil er 
noch nicht fertig abgeschrieben sei. 

Manche Unklarheiten des Textes, die Brandt Schwierigkeiten bereitet 
hatten, vermögen wir nunmehr durch die Feststellung des Verfassers und 
auf Grund der näheren Kenntnis seines Lebens 8 9 ) leicht zu beheben. Ohne 
weiteres werden die Worte Confluentie in Capelia mea verständlich: Nicolaus 
war seit 1430 Dekan des Kollegiatstiftes St. Florian in Coblenz 9 ). Capella mea ist 
demnach die Kapelle des Cusaners in diesem Stifte. Ein Veronikabild in dieser Kapelle 
fand ich nirgends bezeugt, doch steht nicht das geringste im Wege, auf Grund der 
Aussage des Cusaners ein solches zu erschließen. Das Veromkarelief in der Kapelle 
des Koblenzer Deutschordenshauses, das Brandt erwähnt, muß außer Betracht bleiben. 
Er selbst betont ja, daß es sich im ganzen Zusammenhang nur um Gemälde handeln 
könne ( picte ). 

Brixine in Castro (< angelt arma ecclesie tenentis) hat Brandt bereits richtig 
gedeutet: es ist die bischöfliche Residenz. Nicolaus von Cusa war seit März 
1450 Bischof von Brixen. Eine Darstellung des Erzengels Michael, mit den Waffen 
der Kirche zum Drachenkampf gerüstet, aus den zitierten Worten herauszulesen, 
dürfte berechtigt erscheinen. 

Am 24. Dezember 1450 w ? urde Nicolaus von Cusa zum päpstlichen Legaten 
für Deutschland ernannt. Zu Anfang des Jahres 1451 (3. Februar) trat er eine 
Visitationsreise durch Deutschland und die Niederlande an I0 ). Auf ihr hat er wahr¬ 
scheinlich Ende April Nürnberg berührt "). Welches Gemälde mag nun der Kardinal 


5 ) Fr. Ant. Scharpff, Nicolaus von Cusa (Tüb. 1871), S. 190 Anm. 2; Zeitschrift f. Philosophie 
Bd. 105, 85. 

6 ) Cod. latin. monac. 18711; bei Scharpff a. a. O. S. 189 fr. Vgl. unten S. 20 Anm. 20 a. 

7 ) Cod. latin. monac. 18711, fol. 91 b; vgl. Zeitschrift f. Philosophie Bd. 105, 85 Anm. 2. Vgl. 

unten S. 20 Anm. 20 a. 

8 ) Uber Leben und Wirken des Kardinals von Cues vgl. Scharpff a. a. 0 ., Allgem. deutsche Biographie 
Bd. IV (Leipzig 1876), 655 ff., Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche Bd. IV (Leipzig 
1898), 360 ff. 

9 ) Jul. Wegeier, Beiträge zur Geschichte der Stadt Koblenz. 2. Aufl. Koblenz 1882. S. 23 ff. 

,0 ) Durch sie gewann er zu dem Benediktiner Kloster Tegernsee, an das er 1453 de xnsione dei sandte, 
nähere Beziehung. Vgl. Scharpff a. a. O. 182 ff u. Ztschr. f. Philos. Bd. 105, 77. 

n ) Fr. Ant. Scharpff, Der Cardinal und Bischof Nicolaus von Cusa. I. Teil (Mainz 1843) S. 163; 
Joh. Martin Dilx, Der deutsche Cardinal Nicolaus von Cusa. (Regensburg 1847.) Bd. 2 S. 17. 

Repertorium fUr Kunstwissenschaft, XXXIX. 3 


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l8 Kauffmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Wey den auf den Berner Trajansteppichen 


meinen, wenn er uns von einem sagittarius in foro Nurinbergensi berichtet 12 ) ? Wieder 
stimme ich Brandt bei, wenn er die Fassadenmalereien des Nürnberger Rathauses 
heranzieht. Denn es handelt sich offenbar um die urkundlich bezeugten Gemälde des 
Meisters Berchtold vom Jahre 1423. Kaum trifft aber Brandt das Richtige, wenn 
er hinsichtlich des Vorwurfs an eine Darstellung des Tierkreises [sagittarius) denkt. 
Eher ist wohl, wie Dr. Hampe mir mitzuteilen die Freundlichkeit hatte, mit illa 
sagittarii das Bild eines Stadtschützen, das besser zum Rathause paßt, gemeint. 

Fahren wir in der Lebensgeschichte des Cusaners fort, so treffen wir ihn im 
Juli 1451 in Brüssels) auf derselben Reise, die ihn zuvor nach Nürnberg geführt 
hatte und ihn jetzt das Brüsseler Rathaus betreten läßt. Er teilt uns sein Erlebnis 
in dem Satze mit: Bruxellis Rogeri maximi pictoris in pretiosissima tabula t quae in 
praetorio habetur . Bei der Auslegung dieser Stelle vermag ich H. Brandt nicht mehr 
zu folgen. Er ergänzt nämlich vor Rogeri illa sagittarii und übersetzt: »das (Gesicht) 
des Bogenschützen von dem großartigen Maler Roger auf der höchst kostbaren Tafel, 
die sich im Rathaus befindet♦, nimmt also an, Roger habe in die Rathausbilder den 
Bogenschützen (aus dem Tierkreise) aufgenommen. 

Nun hat aber auch neuerdings der Münchener Literarhistoriker Karl Borinski 
in seinem Buche »Die Antike in Poetik und Kunsttheorie« Bd. I (Leipzig 1914) 
S. 151 f. den »Platonischen Unterricht des Kardinals von Cusa« behandelt m). Er 
sagt unter anderem: »Die Stärke und Weite der damals nach allen Seiten getragenen 
künstlerischen Weltauffassung Platos läßt sich an keinem prägnanteren Beispiel 
aufweisen als an den Schriften des ernstesten und gewissenhaftesten der antik ge¬ 
sinnten Beistände des Papstes in den Nöten des Basler Konzils, des deutschen Kardi¬ 
nals Nicolaus Cusanus. Auffällt zuerst bei diesem Kirchenfürsten die Apologie der 
Möglichkeit, ja des Verdienstes reiner künstlerischer Auffassung körperlicher Schön¬ 
heit. Als rechte Hand der in solcher Konstellation gewählten Philologenpäpste, 
Nicolaus V. (des Bauherrn Albertis) und Pius II., als Kenner des Griechischen und 
der östlichen Verhältnisse — dabei des antikisierenden Schwärmerglaubens, durch 
Plato die Mohammedaner für Christus zurückzugewinnen! — mit geistespolitischer 
Mission in Griechenland, stellt er sich so nach jeder Richtung als Urquell des künst¬ 
lerischen Platonismus dar. Auch wohl direkt für Alberti! Einen »Traktat über die 

,2 ) Der Baseler Druck hat die Variante illa sagiltariae . Die Lesart illa sagittarii (Brandt) ziehe ich 
um so lieber vor, als mir Herr Dr. Th. Hampe (German. Mus. Nürnberg) diese Konjektur bereits empfohlen 
hatte, ehe ich von der Fischerschen Handschrift Kenntnis erhielt. — »Über den vielfach fehlerhaften Text 
der Basler Ausgabe* vgl. A. Scharpff, Des Cardinais und Bischofs Nicolaus von Cusa wichtigste Schriften. 
(Freiburg 1862), S. VII. — Zur Sache vgl. die Erlanger Zeichnung eines Bogenschützen, der aller¬ 
dings schwer zu lokalisieren ist, bei Alw. Schultz, Deutsches Leben Bd. II S. 576 Fig. 629. (Je eine 
Variante im Dresdener und Münchener Kupferstichkabinett.) 

f 3 ) Fr. Ant. Scharpff, Nicolaus v. Cusa. (Mainz 1843.) S. 183; Joh. Mart. Dux, a. a. O. 
Bd. 2, 32. 

* 4 ) Den Hinweis auf diese Stelle verdanke ich meinem Vater Prof. Dr. Kauffmann-Kiel. 


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Kauffmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen 


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Malerei« erwähnt er als auffallende Äußerung eines Künstlers, der nur auf rein geistige 
Weise sein Formenideal mitzuteilen unternimmt * 5 ). Mit Namen nennt er meines 
Wissens nur Rogier van der Weyden wegen eines mit dem Effekt des überallhin 
folgenden Blickes ausgestatteten Christusbildes — zur Versinnlichung der ,visio 
Dei‘«. Als Beleg dienen Borinski die Worte: Figur am cuncta videntis . . . Rogeri 
maximi pictoris ; de vis. dei sive de icon. liber l . c . fol. 185 ( Harum . . . etsi multae re - 
periantur optime pictae uti illa sagittariae in foro Norimbergensi) l6 ): wie sie auch 
H. Brandt zitiert. Aber Borinski hat ganz anders übersetzt und als Vorlage 
für den Cusaner einen Christuskopf erschlossen. Dies ist mit der Interpretation 
Brandts völlig unvereinbar. Irgendwo muß also ein Fehler stecken. 

Seiner Abhandlung hat Nicolaus ein Bild des allsehenden Gottes beigegeben 
[charitati vestrae mitto tabellam , figuram cuncta videntis tenentem, quam iconam dei 
appello ); cap. IV fordert er die Tegernseer Benediktiner zur Betrachtung dieser 
Gottesdarstellung auf ( accede nunc tu frater contemplator ad dei iconam * 7 ) et primum 
te loces ad orientem'deinde ad meridiem ac ultimo ad occasum . . . visus iconae te aeque 
undique respicit ), damit sie erkennen: domine nunc in hac tua imagine providentiam 
tuam . . . intueor . . . visus tuus adeo attente me prospicit } quod nunquam se a me avertit ; 
cap. V fährt er fort: Video in hac imagine tua } quam pronus es domine , ut faciem tuam 
ostendas ; cap. VI begegnen die Ausdrücke imago faciei tuae . . . depicta (quia depingi 
non potuit facies sine colore) und facies picta , die auch späterhin wiederkehren. Hiervon 
gänzlich verschieden ist nun die auf Nürnberg, Brüssel, Koblenz und Brixen sich 
beziehende Nachricht. Aber aus der Gottesdarstellung, die er uns beschreibt, ist 
schon ersichtlich geworden, daß sich Nicolaus von Cusa im Zusammenhang seiner 
»visio dei« nicht für irgendwelche andere malerische Details interessierte, daß sein 
Interesse vielmehr ausschließlich auf die facies der betreffenden Bilder konzentriert 
war. Dies ergibt sich mit vollkommener Deutlichkeit auch aus seinen weiteren hierher 
gehörenden Bemerkungen. Zwar ist in der Praefatio zunächst nur von einem Bild 
im allgemeinen die Rede ( figendo obtututn in iconam) ) bald aber läßt Nicolaus diesen 
Ausdruck zurücktreten hinter den Begriff, auf den allein es ihm ankommt: facies 
oder visus pictus ( experietur immobilem faciem moveri ; dazu cap. I: visus pictus 
simul ornnia et singula inspiciens bzw. visus iconae ); cap. VI ist ganz diesem Haupt¬ 
punkte gewidmet: es trägt die Überschrift de visione faciali. 

Unter diesem Gesichtspunkt muß nun also auch die von Brandt und Borinski 
mißverstandene Hauptstelle interpretiert werden. Sie lautet 18 ): lta quod facies 


* 5 ) Nie. de Cusa, De Genesi Dialogus (Opera fol. 134): Die quaeso y si quis artis inventor alieuius pula 
picioriae post quem nullus talis et cum non (uisil cui tradal , relmquere artein velit et incotifigurabilem pingendi 
artem (quia melius relinqui nequit) in libro depinfcal} Nonne videbis ftguras in libro ex quibus mirabilem et 
incognitam arhficis artem conjicere poteris... 

*) Borinski a. a. 0 . S. 291, 152,2. 

* 7 ) Vgl. slo coram imagine faciei tuae y deus meus cap. X; Video in hac picta facie cap. XV. 

,8 ) Vgl. den Textzusammenhang oben S. 16. 



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Kauffmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen. 


subtili arte pictoria ita se habeat quasi cuncta circumspiciat. harum et si multae reperian - 
tur optime picte f uti illa sagittarij in foro Nurinbergensi et Bruxellis Rogeri maximi 
pictoris in praetiosissima tabula quae in praetorio habetur . Also ist illa sagittarii 
zu verstehen als facies sagittarii , und für die folgenden Objektgenitive Rogeri , Veroni - 
cae 1 9 ), Angeli ist illa d. h. facies als Nominativ gedacht und zu ergänzen. 
Nicht mehr und nicht weniger! Es kann bei dem Brüsseler Gemälde weder ein 
Christuskopf noch gar ein Bogenschütze gemeint sein: es kann sich vielmehr 
nur um die facies Rogeri } d. h. um ein Gesicht Rogers handeln. 
Hierzu ist nun vorweg zu bemerken, daß in unserem Zusammenhang Roger lediglich 
als Dargestellter fungiert, genau ebenso wie Sagittarius, Veronika, Angelus. Mit 
dem Zusatz maximi pictoris hat der Cusaner den vorgenannten Gelehrten ein Schnipp¬ 
chen geschlagen. Borinski 20 ) wie Brandt haben offenbar in dem Rogersatze die An¬ 
gabe des Vorwurfes der malerischen Darstellung vermißt und sind auf ihre ver¬ 
unglückten Konjekturen verfallen, weil sie meinten, Roger sei in erster Linie und 
allein als bedeutendster Maler von dem Cusaner genannt, während dieser sagt, er 
habe in Brüssel ein Bildnis dieses berühmten Künstlers auf einem wertvollen Ge¬ 
mälde gesehen 20 *). 

Das allersicherste Zeugnis eines Rogerporträts liegt somit vor uns. Denn 
es stammt aus dem Jahre 1451 von einem Zeitgenossen des Brüsseler Stadtmalers, 
dem wir als einem der »ernstesten und gewissenhaftesten« Denker seines Jahr¬ 
hunderts unbedingtes Vertrauen schenken müssen. Es ist ferner die früheste Notiz 
über ein Rogerporträt, eine der frühesten Erwähnungen des Meisters überhaupt. 
Alle sonstigen Zeugnisse von Rogerporträts, die auf uns gekommen sind, stammen aus 
viel späterer Zeit und sind ohne Gewähr 21 ). Wir wollen im einzelnen nicht prüfen, 

* 9 ) Brandt a. a. O. S. 303 irrte sich also auch, wenn er auf dem Koblenzer Veronikabilde den Chris tu s - 
köpf heranzog für die Eigenschaft quasi cuncta circumspiciat Vgl. oben S. 17. 

ao ) Borinski zerstört den Sinn des Satzes von vornherein durch Vorwegnahme von figura statt facies . 
Auf ein Christusbild ist er wohl lediglich durch den Titel der Schrift de visione dei geführt worden. Daß 
es aber gar nicht nötig ist, eine sakrale Darstellung zu verlangen, erweist der sagittarius! 

20 *) Das Manuskript war schon aus meiner Hand, als im Sommer 1915 Heft 2—4 der »Beiträge zur 
Geschichte der Philosophie des Mittelalters« Bd. XIV (Münster 1915) erschien mit einer Abhandlung von 
E. Vanstecnberghe unter dem Titel »Autour de la docte ignorance«, in deren Verlauf der Verfasser auch 
auf die Schrift des Nie. Cusanus de visione dei zu sprechen kommt (S. 36 ff.). Seine Ausführungen bringen für 
unsern Zusammenhang nichts Neues. Interessant sind die beiden für das Datum der Vollendung des Traktats 
ausschlaggebenden Briefe von 14. Sept. und 23. Okt. 1453, die Vanstecnberghe vollständig abdruckt (S. 113 ff. 
resp. II8), vgl. oben S. 17 Anm. 6, 7. Übrigens mißversteht Vansteenberghe ebenfalls unsere Textstelle. 
Auch er denkt irrtümlicherweise an ein Christusbild Rogers v. d. Weyden, an ein ebensolches in der Kapelle 
zu Koblenz und verfällt so ganz konsequent auf eine »chapelle de la Vcroniqueä Coblenz*! 

11 ) Als Porträts oder Selbstporträts Rogers v. d. Weyden galten bisher in Original oder Kopie: 

1. Stich von Cock; Abb. bei I. Bullart, Acad^mies des scicnces et des arts (Paris 1682) S. 387; 
im Gegensinn bei van Mander (ed. Hymans). 

2. Nachzeichnung in der Arraser Porträtserie. 

3. Kopie in der Slg. L^on, Seigneur de Proisy (Friedr. Winkler, Der Meister v. Fl^malle 
u. Roger v. d. Weyden [Straßburg 1913] S. 56 u. 179). 


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Kauffmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen. 21 


welches dieser Bildnisse auch künftig als Porträt oder Selbstporträt Rogers van der 
Weyden bezeichnet werden darf. Hinfällig ist jedenfalls, wie ich nachher zeigen werde, 
Volls Behauptung, in dem hl. Lukas der Münchener Madonna ein solches erkannt 
zu haben. 

Mit der Notiz des Cusaners haben wir eine feste Grundlage gewonnen, die den 
Ausgangspunkt bilden muß für den Versuch, Rogers Porträt ausfindig zu machen. 

Ein doppelter Anhalt bietet sich für unsere Nachforschung: I. der den Be¬ 
schauer verfolgende Blick des aus dem Bilde hcrausgerichtctcn Auges und 2. das 
Rathaus zu Brüssel als Aufbewahrungsort des Bildes. 

Es ist nicht glaubhaft, daß ein Einzelporträt Rogers noch zu seinen Lebzeiten 
im Brüsseler Rathaus sich befunden habe. Durch die Worte des Cusaners pretiosissima 
tabula werden wir vielmehr an die bis zu ihrem Untergang im Jahre 1695 so vielgepriese¬ 
nen Gerechtigkcitsbilder von Rogers Hand gemahnt, und so bietet sich uns 
die naheliegende Vermutung, daß der Meister ihnen sein Sclbstporträt 
cingefügt habe und der Cusaner eben dies Selbstporträt meine, wenn er sagt: 
Bruxellis ( facies) Rogeri — maximi pictoris — in pretiosissima tabula quae in prae - 
torio habetur. Mit dem Verlust der Brüsseler Rathausbilder müssen wir den von 
Rogers Selbst porträt beklagen. 

Doch sind uns ja die Berner Trajanstcppichc erhalten. Sind sie einiger¬ 
maßen treue und zuverlässige Kopien der Brüsseler Originale, so dürfen wir hoffen, 
auf ihnen Rogers Selbstbildnis zu finden. Jeder Versuch, bei einer ernsthaften Kritik 
den Zusammenhang zwischen den Teppichen und den Brüsseler Rathausbildern zu 
leugnen, scheitert an der Identität der Inschriften, wie schon Crowe und 
Cavalcaselle u. a. hervorgehoben haben”). H. Brandt * 3 ) ist darauf überhaupt nicht 

4. Mann mit dem Totenkopf in Hermannstadt (Abb.: Auslese von 40 Gemälden der Galerie zu 
Hermannstadt, ed. M. Csaki; Tafel 33). 

5. Der hl. Lukas der Lukasmadonna in München. (K. Voll, Altniederländische Malerei. 
[Leipzig 1906] S. 79.) 

ll ) In der deutschen Ausgabe (S. 229, Anm. 6) lehnte Springer allerdings Rogers Autorschaft ab; 
ebenso bestritt Schnaase (Gesch. d. bild. Künste, Stuttgart 1879, Bd. 8, 172, 1) jeden Zusammenhang. 
Brandt kommt (Repert. Bd. 36, 303) zu demselben Ergebnis. G. Kinkel (Programm der eidgenössischen 
polytechnischen Schule für das Schuljahr 1867/68, Zürich 1867, und Mosaik zur Kunstgeschichte, Berlin 1876, 
302 ff.) trat mit Recht, im Gegensatz zu A. Michiels (Histoire de la peinture flamandc et hollandaisc 3. Bd., 
2. Auf 1 ., Brüssel 1865—74 und Gazette des Beaux Arts 1866, II, 210 ff.), für engen Zusammenhang zwischen 
den Teppichen und den Brüsseler Originalen ein, ebenso K. Voll (a. a. O. S. 281 ff ), Fr. Winkler (a. a. O. 
S. 103 f.), Jubinal et Sansonetti (Les anciennes Tapisseries historiöes, Paris 1838; Tapisscrics de Berne 
S. 21), Pinchart (Guiffrey, Müntz, Pinchart: Histoire göneralc de la Tapisserie Bd. III und Bulletins de 
l'Acad^mie royale des Sciences de Belgiquc s£rie II, Bd. 17 [Brüssel 1864] S. 73 u. 75); A. Wautcrs (Les 
tapisseries bruxelloises [Brüssel 1878] S. 53 ff.): »Rogier a trace des cartons pour les tapisseries en memc 
temps qu’il peignit ä l’huile<; L. de Fourcaud (bei A. Michel, Histoire de Part [Paris 1007] Bd. III S. 217) 
bezeichnet die Teppiche als freie Wiederholungen; Guiffrey (ebendort Bd. III S. 359): »La celcbrc tapisscric 
de Berne reproduisait exactcment les pcinturcs de Rogier«; I. Dcstr^e (Tapisseries et sculpturcs bruxelloises 
[Brüssel 1906] S. 7) begründet in zutreffender Weise Abweichungen des Teppichs von den Originalen mit 
der Verschiedenheit der Technik. 

* 3 ) a. a. O. S. 303. 


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22 


Kauffmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen. 


eingegangen, sondern behandelt die Sachlage folgendermaßen: »Selbst wenn man 
nur nach einem auffallend aus dem Bilde herausblickenden Kopfe sucht, wird die 
Erwartung völlig getäuscht. Die ganz nebensächliche Gestalt eines Höflings rechts 
auf dem Bilde der Hinrichtung des Sohnes des Trajan und die kleine Heiligenfigur 
auf dem Altar, vor dem Gregor betet, könnten allenfalls genannt werden, aber sie sind 



Abb. t. Teppich in Bern (Mittelteil), Gregorszene aus den Brüsseler Bathausbildern. 

Rogers v. d. Weyden (Detail). 


durchaus bedeutungslos, im übrigen ist es geradezu auffallend, wie die 
Blickrichtungen sämtlicher Figuren, auch der zum Teil en face ge¬ 
gebenen Hauptpersonen, durchaus im Bild raum bleiben und die oben 
charakterisierte Wahrnehmung (das Verfolgen des Blickes) keinesfalls auf 
sie zu trifft.« Wirklich? Sollte H. Brandt nicht einen Kopf übersehen haben? 
Freilich der Kopf eines Bogenschützen ist nicht vorhanden, aber auch Brandt suchte 


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Kauffraann, Ein Selbstporträt Rogers van der YVeyden auf den Berner Trajansteppichen. 


ja nur nach einem aus dem Teppich herausblickenden Antlitz. Findet sich ein solches 
nicht auf der Zungenwunderszene senkrecht über der Tiara des Papstes? (Abb. i)* 4 ). 

Ganz überraschend und wirkungsvoll blickt dort ein Kopf auf den Beschauer 
und verfolgt ihn mit seinen scharf beobachtenden Augen. Das charakteristische 
Merkmal, das der Cusaner erwähnenswert fand, ist ihm durchaus eigen. Ich denke, 
der Kopf, den wir gesucht haben, ist in ihm gefunden: es ist der Kopf Rogers. 

Auch ohne die Worte des Kardinals hätte man zu dieser Erkenntnis gelangen 
können. Wie oft hat allein der herausgerichtete Blick eines Kopfes innerhalb eines 
größeren Bildzusammenhanges oder der eines Einzelporträts dazu geführt, in dem 
Dargestellten den Künstler selbst bzw. sein Selbstporträt zu sehen! Unser Kopf im 
Hintergründe fällt aus dem Bildorganismus heraus. Zunächst am auffallendsten 
durch die Farbe: sämtliche Köpfe um ihn herum sind weiß gehalten, er allein im 
oberen Teil rötlich, unten graubraun 2 5 ). Im Gegensatz zu den Köpfen seiner Um¬ 
gebung steht er auch durch seine Bewegung: sein Gesicht wendet sich nach rechts. 
Am schärfsten aber zeigt sich seine Sonderstellung in seinen porträthaften Zügen. 
Alle andern Köpfe sind nach einem und demselben Typus geformt, für den die hoch- 
gezogenen Brauen, die wie verweint zwinkernden Augen, die kleinen, geworfenen 
Lippen über dem runden, gegrübten Kinn, vor allem aber die viel zu kleinen Nasen 
mit den seltsam hängenden Spitzen und zu hoch sitzenden Nasenflügeln stilbildend 
waren; der individuelle Ausdruck ist nur schwach gewandelt: müde und gelangweilt 
erscheinen die zahlreichen Figuren, ganz anders, als man es bei dieser Wunderszene 
erwartet. Nichts von alledem bei unserem Rogerkopf! (Abb. 2)* 6 ). Innerhalb der ihn 
umgebenden Typcnwelt wirkt seine karikaturenhaft scharfe Individualisierung mit 
dem herben, strengen Zug nur um so schärfer. Die viel sorgsamere, Licht und Schatten 
berücksichtigende Modellierung der einzelnen Gesichtsteile, besonders des Mundes, 
sei erwähnt. Höchst charakteristisch ist ferner seine starke Adlernase und die energi¬ 
sche Faltenlinie, die von den Nasenflügeln sich herabschwingt. Dazu kommen die 
eindringlich ringsum beobachtenden, weitgeöffneten Augen, denen das nervöse 
Zwinkern völlig fehlt a 7 ). Die Kopfbedeckung 28 ) ist die der vornehmen Männer, wie sic 
in Belgien und Frankreich bis zur Mitte des 15. Jahrhs. getragen wurde und wie sic 

2 4 ) Die Abbildung verdanke ich Herrn Prof. Dr. Ad. Goldschmidt-Berlin. 

a 5 ) Diese Angaben verdanke ich der freundlichen Mitteilung des Herrn Direktor Dr. Wegeli (Bern, 
Histor. Museum). Ich bemerke, daß auf jeder Photographie die dunkle Färbung dieses Gesichtes zu erkennen 
ist (vgl. Abb. 1). 

* 6 ) Die Photographie besorgte mir in liebenswürdiger Weise Herr Direktor Dr. Wegeli-Bcrn. 

* 7 ) Die beiden Augen sind nicht gleichgestellt, sic schielen ein wenig. Es erklärt sich dies aus der Un¬ 
vollständigkeit der (vom Bilde aus) rechten Pupille (vgl. das linke Augel). Offenbar liegt hier ein Fehler des 
Webers vor, der auf Kosten der normalen Pupille die Regenbogenhaut des rechten Auges um einige Stiche 
vergrößert hat. 

**) Vgl. I. v. Falke, Kostümgeschichte der Kulturvölker, Abb. 162; Viollet-le-Duc, Dictionairc 
du mobilier frangais (Paris 1872) Bd. III, 137!.; P. Post, Die französ.-nicderländ. Männertracht (Diss. 
Halle 1910), § 97, 3. 


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Abb. 2. Selbstportrat Rogers v. d. Weydcn von der Gregorszene der Brüsseler Rathausbilder 

nach der Berner Kopie. 


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Kauflfmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen. 


auch der Kopf rechts oben auf dem Teppich (hinter dem Pfeiler) zeigt. Über die 
rechte Schulter scheint er den Mantel geworfen zu haben — die Abbildung läßt es 
nicht deutlich erkennen —, das » derdendeeU , das ihm als Brüsseler Stadtmaler zu 
tragen erlaubt war, wie uns eine Urkunde aus der Zeit um 1440 vermeldet * 9 ). 

In jeder Beziehung also, in Haltung und Bewegung, in Modellierung und Farbe, 
in Ausdruck und Form verrät Rogers Antlitz persönliche Besonderheit und nimmt 
sich in der ganzen Szene wie ein Fremdling aus. Es sind dieselben zeichnerischen 
und malerischen Mittel, mit denen Fra Filippo Lippi auf seinem Gemälde der 
Schutzmantelmadonna im Berliner Kaiser-Friedrich-Museum (Katalog v. 1912 Nr.95) 
sein Selbstporträt aus der Gemeinde der Andächtigen heraushob. Gewiß darf man 
auf dem Berner Teppich manches von der schablonenhaften Behandlung der übrigen 
Figuren und der kontrastierend herausgeholten Individualisierung des hier behan¬ 
delten Kopfes der bewußten Arbeit des Kopisten zuschreiben. Wir können sie aber 
nicht anders erklären als aus dem Streben des Kopisten, gerade diesen Kopf aus dem 
Hintergründe vortreten zu lassen. Denn kannte der Cusaner diesen Kopf als Selbst¬ 
bildnis Rogers, hörte also offenbar jeder Besucher der Brüsseler Rathausbildcr von 
diesem interessanten Detail, so wird der Kopist erst recht das Selbstporträt des 
Meisters, dessen Original er nachbildete, gekennzeichnet haben. 

Wir dürfen uns also fortan der Gewißheit freuen, auf Grund des klar erkannten 
Strebens des Kopisten und der eindeutig bestimmten Worte des Nicolaus Cusanus, 
von denen wir ausgingen, das Selbstbildnis Rogers van der Weyden auf dem Berner 
Teppich zu besitzen. Zur Zeit, da der Kardinal es in Brüssel bewunderte und der 
Weber es kopierte 3 <>) — 10 Jahre waren damals seit der Aufstellung des Originals im 
Rathaus vergangen —, war diese Kenntnis noch lebendig. Später ist sie erstorben, 
nirgends finde ich sic in den Reiseberichten. Auch in der gelehrten Literatur über den 
Berner Teppich scheint der auffällige Kopf mit Stillschweigen übergangen zu sein. 

Leider ist nun aber Rogers Selbstbildnis 3 *) nur in der Kopie erhalten, dazu 

* 9 ) Perkement Bock mette Tactscn im Brüsseler Stadtarchiv fol. 23: Item seien hebben de gesivoerenc 
knapen van der stad ende meester Rogier een derdendeel van eenen lakene, iweerande varwe , darr 
af Huer rechte syde altoes syn sal gelycker varwe van de clercken, ende die seien de voirseyde knapen 
altoes selten op huer rechte syde. Vgl. A. Wauters, Messager des Sciences historiques. 1846. S. 131. 
Anm. 1. 

3 °) Der Teppich entstand um 1450, also fast um dieselbe Zeit, als Nicolaus von Cues Brüssel besuchte. 

3 1 ) Von hier aus läßt sich auf dem kürzesten Wege Volls Hypothese betreffend den Lukaskopf (vgl. oben 
S. 21 Anm. 21, Nr. 5) erledigen. Zu verschieden sind die Züge von denen unseres Berner Selbstporträts. Die 
Identifikation scheitert aber auch an dem Altersunterscheid, denn mit Recht hat F. W T inkler (a. a. O. S. 110 ff.) 
auf Grund seiner stilistischen Untersuchungen die Lukasmadonna in die frühe Zeit Rogers gesetzt, also etwa 
gleichzeitig mit den Rathausbildern. Der Lukaskopf der Münchener Madonna erscheint mindestens 10 Jahre 
älter als der Kopf auf den Berner Teppichen. Ebensowenig darf das Bild in Hermannstadt als Selbstporträt 
Rogers in Anspruch genommen werden. Die Inschrift auf der Rückseite derTäfel: »Le pourtr. .ct de maistre 
Rogir van der Weyde faict de maistre dirick von Haeriem« stammt aus dem 17. Jahrh. und kann deshalb nicht 
als beweiskräftig herangezogen werden. Das Totenkopfmotiv führt uns in viel spätere Zeit, frühestens an 
das Ende des 15. Jahrhs., und mit Recht geht das Bild heute in Hermannstadt unter der Bezeichnung »Art 

Repertorium fUr Kunstwissenschaft, XXXIX. 4 


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Kauffmann, Ein Sclbstporträt Rogers van der Weydcn auf den Berner Trajansteppichen. 


in einer Technik wiedergegeben, die das Original nicht völlig ersetzen kann. Das soll 
nicht verschwiegen werden. Mit ein paar Worten sei nur noch einmal auf die mangel¬ 
hafte Zeichnung des rechten Auges (vom Beschauer links) hingewiesen. Daß durch 
die Unvollständigkeit der Pupille das Auge zu schielen scheine, habe ich schon gesagt. 
Das ganze Auge mit den es umlagernden Fleischteilen wirkt unorganisch und ohne 
körperliche Rundung. Die einzelnen Linien verstehen wir erst, wenn wir die Augen 
Rogcrscher Originalporträts heranzichen. Allen ist die kreisförmige Zusammenfassung 
des unteren und oberen Lides eigentümlich; sie machen den Eindruck, als ob die Lider 
ringsherum gleichmäßig gehoben bzw. gedrückt wären. Auffallend ist ferner der 
hohe, runde Schwung der Brauen. Auch diese Einzelheiten begegnen bei unserem 
Selbstporträt, doch vermissen wir die körperlich formende Kraft des Originals. 

Andrerseits wäre es falsch, das Teppichbild als gänzlich verdorben zu bezeichnen. 
Abgesehen von den selbstverständlichen Mängeln einer solchen Kopie ist Rogers 
Selbstporträt in überraschender Reinheit auf uns gekommen. Die charakteristischen 
Stilmerkmalc Rogerscher Porträts weist auch unser Kopf in aller Vollständigkeit auf. 
Ein Vergleich mit dem Kopf des Kanzlers Rolin auf demBcauner Altar, dem Porträt 
in der Sammlung von Kaufmann-Berlin oder dem Philipps des Guten im kgl. Schloß 
zu Madrid 3 ») braucht hier nicht durchgeführt zu werden. Vergegenwärtigen wir uns 
ferner, was M. Friedländer in seinem »Berliner Ausstellungswerk von 1899« über 
Rogersche Porträts sagt: »Seine (Rogers) Porträtierfähigkeit ist nicht so groß, als 
daß nicht das Typische seines Stils überall durchdrängc. . . . Charakteristisch für 
den Meister sind namentlich die nicht ganz einwandfreie Zeichnung der nahe an¬ 
einandergerückten Augen, die Leere der Form, die Betonung der zeichnerisch erfaßten 
Hauptlinien, besonders der langen Kinnbackengrenze, die geringe Stofflichkeit des 
Fleisches, endlich die herbe und bittere Empfindung, die den Kopf beseelt«, so läßt 
sich Wort für Wort dieser Charakteristik auf unser Porträt übertragen. 

In der Bestätigung der Worte des Cusaners ( Bruxellis Rogeri maximi pictoris 
in pretiosissima tabula quae in praetorio habetur) durch die Berner Teppiche dürfen 
wir endlich einen neuen durchschlagenden Beweis für die Zuvcrlässi gkeit der 
Teppiche als Kopien der Brüsseler Rathausbilder begrüßen. Wie Brandt das 
Gegenteil behaupten konnte 33 ), weil er seinen Bogenschützen vermißte, so werden wir, 
da sich des Cusaners Angaben für den Teppich nun doch als zutreffend erwiesen haben, 
die umstrittene Frage hoffentlich endgültig lösen, indem wir schließen: die Berner 
Teppiche bewahren uns eine treue Wiedergabe der Brüsseler Gcrechtigkeitsbildcr. 

Hierfür mache ich außerdem folgende Beobachtungen geltend. A. Michiels 
(Histoirc de la peinture flamande et hollandaise, I. Aufl., Brüssel 1846, Bd. II 1,393 f.) 


des Barthel Bruyn#. So auch bei Th. v. Frimmcl, Kl. Galericstudicn N. F. t. Lfg.: Die Gemälde¬ 
sammlung in Hermannstadt. Wien 1894. S. 14. Nr. 32. 

3 J ) Sämtlich abgeh. von F. Laban, Zeit sehr. f. bild. Kunst N. F. 19 (1907/08) S. 54 ff. 

33 ) a. a. 0 . S. 303. 


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Kauftmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Wey den auf den Berner Trajansteppichen. 


bespricht die triptychonartige Anordnung der Brüsseler Originale, wonach die Hcrkcn- 
baldszene als Mittelbild, die Trajansdarstellung auf dem (vom Beschauer aus) linken, 
die Trajan-Gregorszene auf dem rechten Flügel anzusetzen sei. Dem stimme ich zu, 
weil in allen Berichten auf die Herkenbaldszene der Hauptnachdruck gelegt ist. 
Daß die Flügel bewegliche Klappflügel (mit Innen- und Außenmalerei) gewesen 
seien, erscheint mir dagegen eine allzu kühne Annahme 34), denn die Tranjanszene 
und die Trajan-Gregorszene sind je in sich unteilbar. Daß aber die beiden Hcrkcn - 
baldszenen den Mittelpunkt der Rogerschen Darstellung bildeten und als zwei 
selbständige Tafeln gelten müssen, scheint auch durch die beiden darunter¬ 
gesetzten Inschriftblätter um so lebhafter angedeutet zu werden, als den ver¬ 
mutlichen Flügelbildern, deren jedes eine Einheit bildet, nur je eine Inschrift 
beigefügt ist. Diese Vierzahl der Inschriften ist auch für das Original z. B. durch 
Dürers Aussage (die vier gemalten materien) gesichert 35 ) und darf deswegen bei der 
Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Teppich und Original nicht 
außer acht gelassen werden. 

Nach der von Michiels vertretenen Anordnung gruppierten sich um die beiden 
Herkenbaldszenen als Mittelbilder die Trajan- und Trajan-Gregorszencn als »Flügel¬ 
bilder«. Ich versuche dies noch durch folgende Betrachtung zu stützen 3 6 ). 

Der Augenpunkt der Gregorszenen liegt ganz links in unmittelbarer Nähe des 
Rahmens. Eine ähnlich strenge Konstruktion ist bei einer Landschaft wie der der 
Trajanszcne unmöglich. Dafür geht das Interesse der Figuren auf der Trajanszenc 
nach rechts und korrespondiert dadurch mit der Darstellung der Gregorszene. 

Beiden »Flügelbildern« gemeinsam ist ferner die die Komposition beherrschende 
Diagonale. In der Trajanszene sind die Reiter hintereinander in zwei parallelen 
Linien diagonal aufgestellt, sie kommen von rechts hinten nach links vorn. In der 
Trajan-Gregorszene deutet links die Stellung des betenden Papstes die Diago¬ 
nale an, rechts geht der Raum ebenfalls diagonal in die Tiefe. Da nun aber die 
Bilder des Teppichs nicht so angeordnet sind w f ie die Originalgemälde, vielmehr das 
ursprüngliche Mittelbild vom Kopisten auf den rechten Flügel gesetzt ist und infolge¬ 
dessen das rechte Flügelbild in die Mitte genommen w urde, weil er das linke Flügel- 
bild an seinem Platze beließ, um die beiden Trajanszenen miteinander zu verbinden, 
sind die Diagonalen der ehemaligen Flügelbilder nicht mehr, w r ie es der Maler 
beabsichtigte, vom Mittelbild aus orientiert. Durch die Umstellung der 
Einzelbilder auf dem Teppich ist die diagonale Tendenz, die in der ursprünglichen, vom 


34 ) *Lcs deux tableaux du milieu ötaient immobiles (Hcrkenbald) . . . les autres toiles etaient mobiles 
et peintes sur les deux faccs, de Sorte que l’ouvrage entier sc fermait comme un triptyque* (Trajan, 
Gregoirc), A. Michiels a. a. O. S. 393 f. 

35 ) Dürers Tagebuch der'Reise in die Niederlande S. 58. Vgl. G. Kinkel, Mosaik zur Kunstgeschichte 
S- 359 f. 

34 ) Vgl. Abb. des ganzen Teppichs: Repertorium Bd. 36 S. 301 und Fr. Winkler a. a. O. Taf. 19. 

4 * 


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28 Kauflfmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Traj an Step pichen. 


Mittelbild beherrschten Komposition von diesem ausging, indem auf dem linken 
Flügel die Bewegung von rechts hinten nach links vorn auslief und umgekehrt auf 
dem rechten Flügel die Achse des Raumes von links hinten nach rechts vorn gelegt 
war 37), zu einem toten Motiv geworden3 8 ). Folglich kann diese Raumanlage nicht 
vom kopierenden Weber herrühren, muß vielmehr aus seiner Vorlage stammen. 

Für die Beschaffenheit des verlorenen Originals glaube ich aus dem Teppich 
noch einen weiteren Beleg herausholen zu können. Ich mache darauf aufmerksam, 
daß in der Herkenbaldszene als Bodenbelag ein Fliesenmuster erscheint, dessen 
Quadrate senkrecht stehen. Das war notwendig und entsprach sicher dem Original - 
gcmälde, weil diese Szenen als Mittelbilder auf Frontalansicht berechnet sein 
mußten39). Anders verhält cs sich dagegen bei der Trajan-Gregorszene als »Flügel¬ 
bild«. Die Achse des Raumes geht, wie bemerkt wurde, diagonal in die Tiefe, die 
Kanten der Fliesen lagen den Wänden parallel, mußten deshalb auf dem Original- 
gcmälde des Flügels diagonal (wie der Raum) gesehen, zeichnerisch auf die Ecken 
gestellt werden. Sie ergaben ohne die perspektivische Verschiebung der Linien, 
wie sie auf dem Gemälde eintreten mußte, beim Kopisten ein flächenhaft 
ornamentales Rautenmuster des Teppichs (nicht des Originals), das in der rechten 
Ecke der Zungenwunderszene vorherrscht und im Vordergründe rechts von der 
Mittelsäule der Umrahmung wiederkehrt. Aber hinter dieser Vordergrundspartic 
und unmittelbar hinter dem aus der Gebetsszenc herüberfallenden Saum des Papst¬ 
mantels stoßen wir auf eine Abweichung. Entsprechend der uns schon bekannten 
Raumdiagonale (von rechts vorn nach links hinten) zieht sich dort ein Fliesenfragment 


37 ) Diese Beobachtung steht im Einklang mit dem merkwürdigen, in der Gebetsszenc von dem hinter¬ 
sten Kapitell (rechts von der kleinen Petrusstatue) ausgehenden, auf den Bogenansatz oben an der Mittel- 
säulc des Bildrahmens zulaufenden Gebälk (vgl. Abb. i). 

38) Welch störende Folgen sich hieraus für die einheitliche Gesamtwirkung der Bilder ergeben, läßt 
sich daran aufweisen, daß es nicht mehr möglich ist, die Darstellungen des Teppichs auf einmal zu er¬ 
fassen, man vielmehr für die Trajan- und Trajan-Gregor-Szenen einerseits und die Herkenbald-Szenen an¬ 
dererseits einen besonderen Standort wählen muß. 

39) Leider macht die Kopie an dieser Stelle ein abschließendes Urteil unmöglich. • Auf beiden 
Herkenbald-Szenen scheint die klare Entwicklung des Raumes, wie wir sie bei dem Original Rogers voraus¬ 
setzen dürfen, zerstört und im Sinne der Flächenkunst des Teppichs umgewandelt zu sein. In der vollen 
Breite des Bildes erstreckt sich auf der linken Darstellung parallel zur Bildebene das Fußende des Bettes. 
Nach der Anordnung des Hintergrundes hat cs dagegen den Anschein — und die Szene rechts dürfte es 
bestätigen —, daß das kleine Madonnenbildchen (Roger malte also schon vor seiner italienischen Reise 
Halbfigurenbilder 1 ) über dem Kopfende des Bettes, das Bett selbst also in der Raumdiagonale zu denken 
sei. Nur dann wird die Stellung der Figuren rechts hinter dem Bett möglich. Es fehlen aber die orien¬ 
tierenden Orthogonalen am Bett sowohl wie an den bedeckenden Baldachinen. Die Tendenz gleichmäßiger 
Flächenfüllung ließ den Kopisten an beiden vorderen Ecken des Baldachins jenes birnenförmige Stoff- 
knäuel anbringen, das wir bei gleichen Darstellungen auf Originalgemälden Rogers und seiner Zeitgenossen 
(vgl. die linken Flügel des Johannes-, Bladelin- und Columba-Altars) nur an einer Ecke antreffen. 
Ich möchte aber annehmen, daß schon auf Rogers Originalgemälde die beiden Herkenbald-Szenen als Mittel¬ 
bilder der Gesamtkomposition auf Frontalansicht hin angelegt waren und die sämtlichen Unklarheiten der 
Kopie sich als Übertreibungen dieser Tendenz der Vorlage erklären lassen. 


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Kauftmann, Ein Selbstporträt Rogers van der Weyden auf den Berner Trajansteppichen. 


hin, das nicht flächenhaft, sondern perspektivisch angeordnet ist (Abb. 3). Es ist 
nicht das Rautenmuster des Kopisten, sondern dort kommen die von mir für dasOriginal 
geforderten, auf die Ecken gestellten Quadrate mit ihren durch die Per¬ 
spektive verschobenen Kanten und deutlicher Tendenz von rechts 
vorn nach links hinten zum 
Vorschein. Durch diese Analyse 
des Fußbodenfragmentes und seines 
Verhältnisses zu dem »Fliesen - 
muster« des Teppichs wird die für 
das Flügelbild entscheidende Raum- 
diagonale vortrefflich bestätigt. 

So glaubeich nun also mehrere 
Anhaltspunkte gewonnen zu haben, 
mit deren Hilfe die Arbeit des Ko¬ 
pisten von der des Schöpfers unter- 

• • 

schieden werden kann. Die Ände¬ 
rungen des Kopisten erscheinen 
danach als so unwesentlich, daß 
eine erhebliche Beeinträchtigung 
des Rogerkopfes nicht zu befürchten 
ist und er auch im technischen Sinne 
der Teppichweberei mit größter Be¬ 
stimmtheit als Selbstbildnis Rogers 
van der Weyden bezeichnet werden 
darf. Bei der richtigen Gruppierung 
der Teppichbilder, wie sie den 
Originalen entspräche, würde Rogers 
Selbstbildnis am äußersten Rande Abb. 3. 

des rechten Flügelbildes erscheinen. 

Dies bescheidene »Beiseitetreten« paßt nun durchaus zu der Beobachtung, daß 
Selbstporträts, wo sie innerhalb eines größeren Bildzusammenhanges sich finden, nahe 
der Bildgrenze auftreten. Ein besonders treffendes Beispiel hierfür, ein Beispiel 
zugleich, bei dem der Künstler durch Malstock und Pinsel, die er in Händen hält, 
uns die Bezeichnung Selbstporträt erleichtert, gibt uns jener unbekannte Holländer (?), 
der um die Mitte des 15. Jahrhs. den seltsamen »Triumph des Todes« (Palermo, 
Palazzo Sclafani) geschaffen hat 4 °). Ich verweise ferner auf Gerard Davids 
Selbstporträt (Abendmahlsaltar in Rouen) und auf das Raphaels (»Schule von 
Athen«). Luca Signoreilis (Dom zu Orvieto) bekundet auffallende Ähnlichkeit 



4o ) Vgl. Franz Dülbcrg, Frühholländcr in Italien, Tat. I u. 2. 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


mit unserem Rogerbeispiel4*). Allen (außer dem G. David) ist zugleich das Ver¬ 
folgen des Beschauers gemeinsam. 

Zum Schlüsse möchte ich die schönen Worte des Cusaners, die sich im XXV. 

Kapitel seiner visio dei finden, anführen, weil auch sie verdienen, bekannt zu werden. 

Denn sie charakterisieren das Wesen seiner Kunstkritik und die Tiefe seines Kunst' 

Verständnisses vortrefflich. Die Stelle lautet: Tu domine , qui omnia propter temet 

ipsum operaris Universum hunc mundum creasti propter inteile dualem naturam: quasi 

pictor qui diversos temperat colores ut demum se ipsum depingere possit ad finem ut 

habeat sui ipsius imaginem in qua delicietur ac quiescat ars eius: ut cum ipse unus sit 

immultiplicabilis t saltem modo quo fieri potest in propinquissima similitudine 

multiplicetur. rnultas autem figuras facit: quia virtutis suae infinitae similitudo non 

potest nisi in multis perfectiori modo explicari. Nicht ein Selbstporträt im äußerlichen 

• • 

Sinne meint der Cusaner, wenn er sagt: ut se ipsum depingere possit . Die Äußerung 
der künstlerischen Natur findet er vielmehr in der Totalität ihrer Werke. Hier tritt 
die Persönlichkeit des Künstlers voll zutage, denn in seinen Schöpfungen spiegelt sich 
sein Genius, sein Wesen offenbart uns seine Kunst. Nur in der Vielheit seiner male¬ 
rischen Gebilde vermag er den Reichtum seiner künstlerischen Kraft aufzudecken. 

Von solchem Gesichtspunkt aus. sind auch wir gewöhnt, Rogers Künstler¬ 
persönlichkeit aus dem Gesamtkunstwerk zu erforschen. Friedländer hat das künst¬ 
lerische Wesen Rogers auf den Begriff »des großen Dramatikers«4*) abgezogen. Damit, 
finde ich, steht im Einklang die Physiognomie seines Äußeren, das der charakteristi¬ 
sche Kopf auf den Berner Teppichen uns vergegenwärtigt. 


EUSEBIO DA SAN GIORGIO. 

VON 

WALTER BOMBE. 


N ur einem einzigen Künstler aus Peruginos Nachfolge war es vergönnt, außerhalb 
der umbrischen Heimat einen großen Wirkungskreis zu finden und die volle 
Höhe des Weltruhms zu erreichen, einem Schöpfergenius ersten Ranges, Raffael. 
Aus der großen Schar der übrigen Schüler und Nachfolger Peruginos, die lediglich 
lokale Bedeutung haben, ragt neben dem Urbinaten nur eine Künstlerpersönlichkeit 
hervor, Eusebio da San Giorgio. Dieser Künstler, über den wir Ergebnisse archiva- 
lischer Forschungen aus dem Nachlasse Prof. Adamo Rossis, vermehrt durch eigene 
urkundliche Untersuchungen, mitzuteilen in der Lage sind, tritt uns, obgleich er ein 


O) Vgl. Vcnturi, Storia dcll’artc italiana B< 1 . VII, II, S. 372. 

4 a ) Brüggcr Leihausstcllung von 1902: Repertorium 26 (1903), S. 70. 


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3i 


Bombe, Eusebio da San Giorgio. 

Schüler Peruginos war, in seinen Arbeiten als ein Nachfolger Pinturicchios und 
Raffaels entgegen, während alle seine Genossen aus der Werkstättc Peruginos 
geistig miteinander verbunden sind durch die Art, wie sie die Weise des Meisters 
mit ihrem eigenen Wesen verschmelzen. Die Peruginer Maler des 16. Jahrhunderts 
haben noch ein Mcnschenalter lang nach dem Tode des großen Meisters aus Castel 
della Pieve in dessen Sinne weitergearbeitet. Einige von ihnen, Giannicola di 
Paolo (Manni), Domenico und Orazio Alfani und Giovanni Battista Caporali, 
holten sich in Florenz und in Rom ihre Anregungen, aber alle verfielen schnell 
einem unfruchtbaren Manierismus. Wenn cs auch dem begabteren Eusebio da 
San Giorgio nicht gelang, die Peruginer Malerei zu neuer Blüte zu bringen, so ist 
die Ursache nicht zum mindesten darin zu suchen, daß ihm keine große Aufgaben 
gestellt wurden und daß die ungünstigen politischen Verhältnisse in der Hauptstadt 
Umbriens die künstlerische Tätigkeit lahmlegten. 

Geboren ist Eusebio da San Giorgio in Perugia, wahrscheinlich zwischen 1465 
und 1470, gestorben daselbst nach 1540. Sein voller Name: »Eusepius Jacobi 
Christofori« findet sich in der zweiten und in der dritten, 1506 begonnenen Matrikel 
der Peruginer Malerzunft kurz nach dem Namen des Pinturicchio, weshalb wir an¬ 
nehmen dürfen, daß er bald nach diesem Meister in die Zunft eingetreten ist, also 
wohl kaum als dessen direkter Schüler angesehen werden darf. Schon Vasari erwähnt 
ihn als Schüler Peruginos, und wir haben keinen Grund, diese Angabe zu bezweifeln. 
Eusebios Vater Jacopo di Christoforo war Speziale (Spezereienhändler) in Perugia, 
und der heilige Georg, den dieser als Abzeichen seiner Bottega führte, wurde später 
zum Beinamen seines Sohnes. Die früheste urkundliche Nachricht über Eusebios 
künstlerische Tätigkeit datiert vom 11. April 1493, stammt aus den Rcchnungsbüchern 
des Klostcs S. Pietro in Perugia und besagt, daß das Kloster dem Künstler »per la 
monta di la depentura di la tavola di S. Benedetto, quäle ha posta in chiesa presso 
la porta«, 10 Fiorini, 10 Soldi ifnd IO Denari schuldete. 

Urbini, dem wir die eingehendste Schilderung der Lebensumstände und Werke 
Eusebios verdanken, identifiziert mit diesem Bilde die Darstellung eines sitzenden 
Benedikt zwischen S. Maurus und S. Placidus und zwei Gruppen kniender Mönche, 
denen der Ordensstifter die Regel erteilt, auf dem dritten Altar des rechten Seiten¬ 
schiffes von S. Pietro, auf Leinwand gemalt, während die Urkunde von einem Tafel¬ 
bilde spricht. Das Hauptbild weicht stark von den gesicherten Werken des Meisters 
ab, weshalb die Zuschreibung nur unter Vorbehalt angenommen werden darf. Die 
jetzt mit dem Altarstück vereinigte Predelle, zehn Geschichten aus der Legende der 
heiligen Christina darstellend, gehört zu einer noch zu erwähnenden Anbetung der 
Könige ebendort, die Eusebio am 18. Februar 1508 zu malen übernahm. Ein 
tief glühendes Rot und ein starkes Gelb sind Licblingsfarben Eusebios, die auch 
hier wiederkehren, aber den Gesichtern der knienden Mönche fehlt jener Ausdruck 
zarter Melancholie, der die charakteristische Note aller seiner sicheren Bilder ist. 


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32 


Doch wäre immerhin möglich, daß der im Jahre 1493 etwa 25jährige Meister damals 
seine Eigenart noch nicht voll entwickelt hatte. 

. In der Korporation der Peruginer Maler muß er cs zu jener Zeit schon zu ge¬ 
wissem Ansehen gebracht haben, da er im Dezember 1493 für das erste Semester 
des nächsten Jahres zum Kämmerer gewählt wurde. In Beziehungen zu dem führen¬ 
den Meister unter den Peruginer Malern, zu Pietro Perugino, zeigt ihn ein Dokument 
vom 8. März 1495: er fungiert als Zeuge bei dem Kontrakt, den Perugino mit dem 
Kloster S. Pietro wegen des Hochaltarbildes für die Kirche des Klosters abschloß. 
Im Hinblick auf Ateliergewohnheiten der Peruginoschule ist eine Urkunde vom 
6. Mai 1496 sehr interessant: Nicht weniger als fünf Maler, von denen vier Schüler 
Peruginos gewesen sind, Lodovico di Angelo Mattioli, ein Nachzügler der älteren 
Peruginer Malerschule, Sinibaldo Ibi, Berto di Giovanni, Lattanzio di Giovanni und 
Eusebio da San Giorgio mieten eine gemeinsame Werkstätte*). 

Im Jahre 1500 hat er für das Hospital der Misericordia in Perugia eine thro¬ 
nende Madonna mit den Heiligen Antonius Abbas und Magdalena gemalt, ein schlecht 
erhaltenes und übel restauriertes Bild, das sich noch heute in der Pfarrkirche S. Maria 
Maddalena in Castiglione del Lago befindet, wohin es die Prioren des Hospitals gesandt 
hatten. Am 17. Juni 1500 bestätigen die Prioren, ihm für das Bild noch 21 Fiorini 
und 50 Soldi zu schulden. Von bescheidenen Arbeiten handwerklicher Art, bemalten 
Trompetenwimpeln für die Prioren von Perugia, die er gemeinsam mit einem andern 
Schüler Peruginos, Berto di Giovanni, ausführte, berichtet dann eine Urkunde vom 
30 . April 1501. Bald danach tritt in den urkundlichen Nachweisen seines Aufent¬ 
haltes in der Heimat eine Pause ein; am’25. Februar 1502 kauft er gemeinsam mit 
seinem Bruder Niccolö ein Stück Land in der Umgegend von Perugia, bei Papiano, 
und am 4, November 1504 erwirbt er dort weitere Ländereien. In der Zwischenzeit 
könnte er in Siena tätig gewesen sein als Gehilfe Pinturicchios, der, von schwerer 
Krankheit genesen, nach Aufsetzung seines ersten Testamentes, erst im Früjahr 1503 
nach Siena gereist zu sein scheint, um die Ausführung der Fresken in der Dom¬ 
bibliothek zu beginnen 1 *). 

Im Jahre 1505 malt Eusebio sein schönstes Bild, eine Anbetung der Könige, 
ehemals auf dem Altar der Cappella degli Oddi in S. Agostino, schon von Vasari als 
Arbeit Eusebios erwähnt *), jetzt in der Pinakothek zu Perugia (Saal 17, Nr. 12), 


a ) Die für die Confratcrnita di S. Trinita in Citta di Castello wahrscheinlich im Pestjahre 1499 
gemalte Kirchenfahne (jetzt Museum daselbst) halte ich für eine Arbeit Raffaels, an der Eusebio nicht 
beteiligt ist. — Der Anteil Eusebios am Venezianer Skizzenbuche, Uber den Urbini sich in seinem ge¬ 
nannten Aufsatze auf p. 65 f. äußert, wird Gegenstand einer besonderen Abhandlung sein. 

h) Weitere Hinweise auf die sehr wahrscheinliche Mitarbeit Eusebios an den Sieneser Fresken 
können erst gegeben werden, wenn ruhigere Zeiten eine Reise nach Siena möglich machen. 

*) Vasari, Ed. Milanesi, Bd. 3, S. 596. — Im 17. Jahrh. wird das Bild von Ccsare Crispolti in seinem 
«Compendio dclle Memoric di Perugia«, Manuskript der Comunalc daselbst, c. 26 t erwähnt, und von 
G. B. Morclli in seinen 16S3 erschienenen »Brevi Notizie ... di Perugia«, S. 26. — Im 18. Jahrh. bezeichnet 


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mit dem Datum MDV im Mantelsaum der Madonna. Das Bild zeigt etwa zwanzig dicht 
gedrängte Figuren in reicher, luftiger Landschaft, unter dem Einflüsse Pinturicchios 
geschaffen, wie die Typcnbildung, das reiche, schmückende Beiwerk und das charak¬ 
teristische Felsentor links zeigen. In dem schönen Jüngling am linken Rande des 
Bildes hat man ein Bildnis Raffaels entdecken wollen, was gewiß aber nicht zutrifft, 
und ein deutscher Kunstgelehrtcr, Foerster, war sogar geneigt, das ganze Bild dem 
Urbinaten zuzuschrciben, zumal auf dem Saum des Mantels über der linken Schulter 
der Madonna das Monogramm RV (Raffael Urbinas) zu lesen ist. Doch dürfte eine 
Mithilfe Raffaels, der 1505 in Perugia an dem großen Fresko für die Mönche von 
San Severo und an der Madonna Ansidei malte, sich auf den Kopf der Madonna be¬ 
schränken, der stark an die Madonna Diotalevi gemahnt. Eine leicht melancholische 
Stimmung lagert über dem Bilde, dessen aus der Tiefe leuchtende warme Farbe mit 
dem nachdenklichen Wesen der Eltern Christi und der drei Könige, dem wehmütigen 
Engelchor in den Lüften und dem abendlichen Himmel einen einheitlichen Grund¬ 
akkord abgibt. 

Für dieselbe Kirche S. Agostino, in der sich einst die Anbetung der Könige 
befand, hatte Eusebio noch ein zweites Altarbild zu malen; ein gewisser Bartolomeo 
di Lorenzo di Raffaclc erteilte ihm am 6. März 1506 den Auftrag, über seinem Altar 
daselbst ein Tafelbild der thronenden Madonna mit den Heiligen Petrus und Paulus 
zu malen, deren Ornament dem des Altarbildes ähnlich sein sollte, das Ser Bernar¬ 
dino di Ser Angelo hatte ausführen lassen. Die Lieferung der Tafel übernahm der 
Auftraggeber, so daß der Künstler nur die Malerarbeit und die Ornamente auszu- 
führen hatte, gegen ein Honorar von 40 Fiorini, von denen II in barem Gelde, 25 in 
Immobilien, einem Hause und einem Stück Land bei Monte TAbate unweit Perugia 
zu zahlen waren, während die Anzahlung von 4 Fiorini und 40 Soldi bei der Auf¬ 
nahme des Kontraktes erfolgte a ). Das Bild, zu dem auch eine Predella gehörte, 
die Eusebio nach eigenem Gutdünken malen durfte, ist leider verschollen; jenes Altar¬ 
werk, das als Vorbild für die ornamentale Ausgestaltung dienen sollte, ist unzweifel- 


es Baldassarre Orsini, der es noch in der düsteren Kapelle in S. Agostino sah, als »lontana dal bello Stile 
del maestro« in seiner Guida di Perugia, 1784, S. 142, und erwähnt es in seiner Vita di Pietro Perugino, 
1804, S. 282. Später besang es Antonio Mezzanotte in Versen (Poesie, Ed. Montepulciano, 1846). Der fran¬ 
zösische Maler Sabatier-Ungher vertrat zuerst in einem 1857 in der Florentiner Zeitschrift »Lo Scaramuccia« 
erschienenen Aufsatze (Band 4, Nr. 31, 30. Mai) die Ansicht, daß Raffael an dem Bilde in hervorragender 
Weise beteiligt sei. 

2 ) Solche Zahlungen in Gestalt von Häusern, Bauerngütern oder Stücken Landes an Stelle baren 
Geldes kommen auch sonst nicht selten in Perugia vor. So wurden Perugino im Jahre 1502 von den 
Augustinern in Perugia für ihr Hochaltarbild 500 Scudi versprochen, von denen er nur 100 Fiorini in 
barem Gelde, den Rest aber in Gestalt eines Hauses und eines Bauerngutes erhalten sollte (s. des Verfassers 
Gesch. der Perug. Malerei, $. Bd. der »Italienischen Forschungen, herausgegeben vom Kunsthistorischen 
Institut in Florenz«, Berlin 1912, S. 210). Ebenso wurde Perugino von der Brüderschaft der »Bianchi« in 
seiner Heimatstadt Castel della Pieve an Stelle einer Zahlung in barem Gelde für sein FresVo, das die An¬ 
betung der Könige darstellt, ein der Brüderschaft gehöriges Haus überlassen (ibidem S. 191). 

Repertorium für Kunst Wissenschaft, XXXIX. c 


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haft eine aus S. Agostino stammende, jetzt in der Peruginer Pinakothek bewahrte 
Madonna in Glorie, verehrt von den Heiligen Nikolaus (oder Thomas von Villanova), 
Bernhardin, Hieronymus und Sebastian, von Perugino unter Beihilfe Raffaels im 
Jahre 1500 gemalt, ein Bild, dessen Prcdelle ich im Berliner Kaiser-Friedrich-Museum 
nachwies 3 ). Diese Predellentafel, die das heilige Abendmahl in deutlicher An¬ 
lehnung an Peruginos gleiche Darstellung im Refektorium von S. Onofrio in Florenz 
zeigt und deren Zugehörigkeit zu dem Bilde Peruginos für S. Agostino die genau 
übereinstimmenden Maße und ältere Peruginer Autoren bestätigen 4 ), trägt die 
Inschrift: Hoc Opus Fecit Fieri Ser Bcrnardinus S. Angcli Anno Salutis M.D. 

Eine Siencscr Urkunde vom 24. März 1507 bringt den interessanten Nachweis 
einer Fortdauer der Beziehungen Eusebios zu Pinturicchio. Dieser verpflichtet sich, 
ihm IOO Dukaten zu zahlen, wahrscheinlich für die Ausführung des noch zu erwähnenden 
Altarbildes in S. Andrea zu Spello. Im selben Jahre ist Eusebio in Assisi tätig, wo er 
Fresken im Kreuzgang des Klosters San Damiano malt. In einer gemalten Schein - 
architektur, einer Archivolte über zwei Pilastern, wie die im Jahre 1501 in Spello 
geschaffenen Fresken Pinturicchios sic zeigen, erblicken wir links die Stigmatisation 
des heiligen Franz auf dem rauhen Felsen der Vernia, in der ikonographisch herge¬ 
brachten Weise, den heiligen Ordensstifter, der kniend die Wundenmalc Christi 
empfängt, ohne aber den Heiland anzublicken, während sein treuer Begleiter Fratc 
Leone von seinem Buche aufschaut und mit der linken Hand die Augen beschattet, 
die den himmlischen Glanz nicht zu ertragen vermögen. Die bergige Landschaft zeigt 
eine jener dolmcnartigen Felsbildungen, die uns so oft auf Bildern Pinturicchios 
begegnen, auf dem rechten Pilaster steht das Datum 1507, links die Signatur: 
Eusebius Perusinus Pinxit. A. D. MDVII, die über einer noch teilweise erkenn¬ 
baren alten Signatur erneuert worden ist. Die symmetrisch aufgebaute Verkündi- 
gung in gleicher Scheinarchitektur erinnert in Einzelheiten, wie dem »Hortus con- 
elusus« und in der Grazie des knienden Engels an das in S. Maria Maggiore zu 
Spello befindliche Fresko desselben Gegenstandes von Pinturicchio, dem Eusebio 
die reichsten Anregungen verdankt. 

Pinturicchio hatte sich im April 1507 zur Lieferung eines Altarbildes für die 
Minoritenkirche S. Andrea in Spello verpflichtet. Durch dringende Arbeiten in Siena 
festgehaltcn, begnügte er sich damit, den Karton zu diesem Bilde zu fertigen, während 
er die Ausführung ganz seinem Freunde Eusebio überließ. Er hatte zwar versprochen, 
wenigstens die Köpfe der Madonna, des Kindes, des Täuferknaben und der vier stehen¬ 
den Heiligen selbst zu malen, aber auch diese Arbeit scheint Eusebio übernommen 
zu haben, gegen die Zahlung von IOO Dukaten, mit der Verpflichtung, das Werk 
im April 1507 zu beginnen, und auf eigene Kosten die Tafel, das Gold und die Farben 


3 ) »Geschichte der Peruginer Malerei«, S. 198 f. 

») G. B. Morclli, »Brcvi Notizie ... di Perugia«, 16S3, Orsini, Gulda di Perugia, 1784, S. 137—138. 


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anzuschaffen. Das noch an Ort und Stelle erhaltene Gemälde stellt dis thronende 
Madonna mit dem Kinde und dem Täuferknaben sowie zwei Engeln und vier Cheru¬ 
bim, den stehenden Heiligen Andreas und Ludwig von Toulouse (links) und Franzis¬ 
kus und Laurentius (rechts) dar, in schöner Landschaft, deren Motive der Umgegend 
von Spello entnommen sind. Für die auffallend schwache Farbengebung ist Eusebio 
verantwortlich zu machen; Pinturicchio, der 1510 in Perugia nachweisbar ist, dürfte 
sich damit begnügt haben, die Arbeit Eusebios zu übergehen. Das Bild ist, wie man 
es auch werten mag, jedenfalls eine Schöpfung aus einem Gusse und rührt in der 
Ausführung so gut wie ganz von Eusebio her. Nur die Ornamente und die Ver¬ 
goldung des Rahmenwerkes sind von Giovanni Francesco Ciambella genannt Fan¬ 
tasia, einem Schüler Peruginos, laut Urkunde vom 3. September 1510 ausgeführt 
worden. Auf einem Schemel vor dem Thron der Madonna ist ein Faksimile eines 
Briefes von Gentile Baglioni an Pinturicchio vom 24. April 1508 zu sehen. Der 
Brief enthält die zweimal wiederholte Aufforderung Gcntiles, Pinturicchio möchte 
nach Siena zu Pandolfo Petrucci zurückkehren, der ihn erwarte. Was mag der 
bizarre Günstling des Tyrannen von Siena damit beabsichtigt haben? Vielleicht eine 
Art origineller Entschuldigung wegen der langen Abwesenheit? Oder sollte Eusebio 
die Kopie des Briefes angebracht haben, um dadurch anzudeuten, daß Pinturicchio 
das Bild nicht eigenhändig ausgeführt habe? 5 ) Die Predclle, für die Pinturicchio 
Zeichnungen in Aussicht gestellt hatte, glaubt Corrado Ricci in der Galerie der Brera 
in Mailand wiederentdeckt zu haben 6 ). Die Maße der Tafeln, die Geburt, Vermählung 
und Himmelfahrt der Madonna darstellcn, stimmen mit dem Bilde in Spello überein, 
der Stil aber ist völlig verschieden. 

Am 18. Februar 1508 erteilt ihm Donna Leonarda, die Witwe des Oliviero 
Baglioni, den Auftrag, für ihre Familienkapelle in S. Pietro in Perugia ein Tafelbild 
zu malen, die heiligen drei Könige mit ihrem Gefolge und den Figuren der Heiligen 
Georg und Hieronymus, auf der Predclle Geschichten der heiligen Christina, zwei 
Propheten an der Wand über dem Bilde in der Nähe des Fensters, auf dem Altar¬ 
vorsatz (tenda denante a 1* altare) die Madonna mit dem toten Sohn in Schoße, 
die trauernden Marien und den Lieblingsjünger, die ganze Arbeit binnen vier Monaten 
für 52 Golddukaten auszuführen, in der Weise, daß ihm ein Drittel bei Beginn der 
Arbeit, das zweite Drittel nach Vollendung der Hälfte und der Rest nach Erledigung 


5 ) Das Bild wird erwähnt von Mariotti in »Lettere pittorichc Pcruginc« p. 222, ausführlich beschrieben, 
zuerst von Severino Servanzi-Collio in »Una tavola dcl Pinturicchio in Spello« (Giornalc scientifico-lctterario 
di Perugia, 1846, Juli—September, auch als Separatdruck in Sanseverino 1846 erschienen). Neues brachte 
dann Giulio Urbini in »Le Opere d’Arte di Spello« (Archivio storico delP Arte X p. 18—21 und in »Augusta 
Perusia« 1906 p. 49 f. Die Urkunden bei Borghesi und Banchi, »Nuovi documenti per la storia dcH’arte 
senesc« p. 390 f. Zusammenfassendes in Walter Bombe, »Gesch. der Peruginer Malerei«, p. 235, 238 f. 

6 ) In seiner 1912 erschienenen italienischen Ausgabe des Buches nimmt Ricci diese Vermutung insofern 
zurück, als er über den Verbleib der Predella nur äußert: »La predella, andata perduta o smarrita.« »Pin- 
toricchio«, italien. Ausgabe, Perugia 1912, p. 301. 

5 * 


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der ganzen Arbeit zu zahlen sei. Am 18. Juni 1509 erhält Eusebio eine Teilzahlung 
von I Fiorino und 67 Soldi für das Bild, und wenige Tage später findet sich in den 
Rechnungsbüchern des Klosters der Vermerk, daß die Auftraggeberin dem Kloster 
11 Minen und 2 Quart Korn schuldig war, die an Stelle Eusebios der Maler Giannicola 
di Paolo empfangen hatte; man hat daraus auf eine Beteiligung Giannicolas an 
dem noch heute im linken Seitenschiff von S. Pietro vorhandenen Bilde der Anbetung 
der Könige geschlossen. Wir finden aber in diesem Bilde überall die Stilelemente 
Eusebios, vermischt mit Reminiszenzen aus den Werken Pinturicchios und Raffaels, 
aber nicht Giannicolas. Vielleicht hat dieser nur während einer kurzen Abwesenheit 
Eusebios von Perugia das Korn in Empfang genommen. In der Farbengebung fällt 
hier wieder das aus der Tiefe leuchtende Rot auf, in der Landschaft des Hintergrundes 
die Neigung des Malers, phantastische Felsbildungen anzubringen, in dem Gefolge 
der drei Könige fehlen nicht die ikonographisch überlieferten Kamele; cs fehlen auch 
nicht die kontraktlich vereinbarten Gestalten des heiligen Georg, der den Drachen 
tötet, und des heiligen Hieronymus, die den Hintergrund beleben. Die neuerdings 
irrtümlich mit dem Benediktusbilde in Zusammenhang gebrachte Predelle (s. S. 31) 
zeigt zehn Darstellungen aus dem Martyrium der heiligen Christina mit Anklängen 
an einzelne Figuren der Bernhardinstafeln der Pcruginer Pinakothek, die von 
Pinturicchio herrühren. Die im Kontrakt vorgesehenen Wandmalereien und der 
Altarvorsatz sind nicht mehr vorhanden. 

Noch während der Arbeit an dem Bilde für S. Andrea in Spcllo ging Eusebio da¬ 
ran, das ihm schon 1506 von Bartolomeo di Lorenzo in Auftrag gegebene Altarbild 
der thronenden Madonna mit den Heiligen Peter und Paul zu vollenden. In 
dem Kontrakt vom 6. März 1506 waren nur diese beiden Heiligen vorgesehen; 
das ausgeführte, jetzt in der Pcruginer Pinakothek (Saal 17, Nr. 10) befindliche 
Bild zeigt außer ihnen noch zwei weibliche Heilige: S. Caterina von Alexandrien 
und S. Agata, die bescheiden hinter den beiden Protagonisten zurückstehen. 
Auf der ersten Stufe des Thrones der Madonna findet sich das Datum 
A. D. MCCCCCVIIII. LASI. Eine willkürliche Interpretation der letzten Buch¬ 
staben hat Crowe-Cavalcaselle 7 ) und Giovanni Morelli-Lcrmolicff zu der An¬ 
nahme geführt, der Peruginoschüler Sinibaldo Ibi sei an dem Bilde beteiligt. 
Das Bild ist in der Ausführung freilich flüchtiger als die besseren Arbeiten Eusebios, 
aber selbst die Annahme einer untergeordneten Mitwirkung dieses wenig bedeutenden 
Provinzmalers, dessen Stil ein ganz anderer ist, muß zurückgewiesen werden. Wenn 
Meister Eusebio sich bei der Ausführung des Bildes als säumig erwies, da er seinen 
Klienten drei Jahre lang warten ließ, so war dieser wiederum ein säumiger Zahler, 
der im Jahre 1514 noch mit 5 Dukaten des ausbedungenen Honorars im 


7 ) Crowe-Cavalcasclle, engl. Ausgabe, Bd. V, Ed. Borcnius, London 1914, p. 459 f. — (Morclli) 
Lermolieff, Die Galerie Berlin. 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


Rückstände war und deshalb von Eusebio vor das Tribunal des Cambio zitiert 
wurde 8 * * * * * 4 ). 

Derselben Schaffcnspcriodc unseres Meisters entstammt die »Madonna degli 
Alberetti« der Pcruginer Pinakothek (Saal 17, Nr. 15), ein Bild, das sich einst in dem 
Oratorium der Brüderschaft von S. Benedetto befand und wegen dessen cs, wie cs 
scheint, im Jahre 1508 zu einer Gerichtsverhandlung kam. Der Peruginer Holz¬ 
schnitzer Giambattista Bastone hatte für die Herrichtung der Holztafel (und wohl 
auch des Rahmens) bereits 8 Golddukaten erhalten, aber die Arbeit nicht abgeliefert, 
weshalb Eusebio sich an das Tribunal des Cambio wandte, um die Rückzahlung 
dieses Betrages zu erlangen. Es ist wahrscheinlich, aber nicht völlig sicher, daß die 
in Frage stehende Tafel die von der Brüderschaft S. Benedetto in Auftrag gegebene 
war, weil noch im Oktober 1509 die Brüderschaft dem Maler 3 Fiorini dafür schuldete. 
In der Gesamtdisposition der Figuren und in der Form des Thrones steht das schöne, 
tieftonige und sorgfältig ausgeführte Bild unter dem Einfluß von Raffaels Madonna 
Ansidei. — Das Motiv der thronenden Madonna mit Zypressenbäumchen zur Rechten 
und zur Linken findet sich in der umbrischcn Malerei zuerst bei Gentilc da Fabriano 
(Tafelbild im Berliner Kaiser-Friedrich-Museum), dann bei Boccati da Camcrino 
(Tafelbild im Museum zu Ajaccio, ehemals in der Sammlung des Kardinals Fesch). 
Durch Gentile scheint die »Madonna degli Alberetti«, die Bäumchenmadonna, nach 
Venedig gebracht worden zu sein 9 ). Von Malern der Peruginer Schule des 16. Jahr¬ 
hunderts hat sie außer Eusebio da San Giorgio noch Giovanni Spagna in seiner Altar- 
tafcl aus S. Girolamo (jetzt gleichfalls in der Peruginer Pinakothek) dargestellt. 

Während der Monate Juli und August 1509 bekleidete Eusebio das hohe Amt 
des Priors von Perugia, und während des ersten Semesters 15IO das des Kämmerers 
der Malerzunft. 

Aus dem Jahre 1512 besitzen wir dann wieder ein hervorragendes Werk seines 

8 ) Von den Tribunalen der Zünfte in Perugia war das der Uditori dcl Cambio das angesehenste. Nicht 
nur Zunftstreitigkeiten, sondern alle möglichen Zivilprozesse wurden vor dem Tribunal des Cambio ausge¬ 

tragen. Zwei Auditoren, die je ein halbes Jahr im Amt blieben, führten den Vorsitz, und ein Notar fungierte 
als Sekretär. Die vor den Auditoren des Cambio geschlossenen Verträge hatten schon seit 1342 die Bedeutung 
eines »pubblico istrumento*, und die von ihnen herrührenden Urteilssprüchc, »licenze«, waren denen der 

Peruginer Kurie gleich geachtet. Ein Breve Papst Sixtus’ IV. von 1482 bestätigte die Privilegien dieses 

Tribunals (abgedruckt bei Marchesi, *11 Cambio di Perugia*, Prato 1853, S. 319—321). Die uns noch 

in großer Zahl erhaltenen »Libri degli Uditori* (478 Bände von 1478—1816 reichend), die *A11i giudiziari* 

(163 Bände von 1467—1775 reichend) und die »Rcgistri d’ amministrazione del Cambio* (231 Bände, von 

I 4 21 —1817 reichend) geben ein höchst anschauliches Bild von der Vielgestaltigkeit seines Wirkens und zeigen, 
daß auch sonst Peruginer Künstler sich häufig und gern bei Streitigkeiten mit ihren Auftraggebern und 
aus andern Anlässen an das Tribunal des Cambio wandten, um zu ihrem Rechte zu gelangen. (S. über 
das Archivalischc: G. Degli Azzi in *Gli Archivi della Storia d* Itnlia*, 1902, fase. 1, über die Gerichtsbai- 
keit der Zunfttribunalc: Antonio Briganti in *Lc Corporazioni delle Arti nel Comune di Perugia*, Perugia, 
1910, S. 110—159. 

9 ) s. P. Molmenti und G. Ludwig, *La Madonna degli Alberetti« in »Emporium«, Bergamo, August 
1904, S. 109—120. 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


Pinsels in einer Madonna auf dem Throne mit den Heiligen Johannes Evangelista, 
dem Apostel Andreas, Nikolaus und Antonius von Padua, in Matelica bei Fabriano 
(S. Francesco). Auf der höchsten Stufe des Thrones der Himmelskönigin ist der Name 
des Stifters verewigt: DIONYSIUS. PETRI. BERTI. FACIUND[UM]. CURA- 
VIT, auf der untersten Signatur und Datum: 1512. EUSEBIO. DE. SCO. GEORG IO. 
PERUSINUS. PINXIT. Nächst der Anbetung der Könige von 1505 ist dieses Bild 
das schönste des Meisters; in Einzelheiten, wie dem Täuferknaben, gemahnt es an 
das Bild in S. Andrea zu Spello, aber es ist lichter und heller in der Färbung, die fein 
abgetönt ist. Auf den drei Tafeln der Predella sind Wunder des heiligen Antonius 
von Padua dargestellt: die Heilung des zornigen Jünglings, der sich den Fuß, mit dem 
er nach seiner Mutter gestoßen, abgehauen hatte, die Fischpredigt und das Hostien - 
wunder des heiligen Franziskaners. 

Am 26. September 1513 verpflichtete sich unser Meister, für die Witwe des Antonio 
di Carlo Berardelli nach dessen Testamentsverfügung ein Tafelbild, den thronenden 
Antonius Abbas zwischen den Heiligen Franz und Bernhardin von Siena zu malen. 
Aus der Kirche S. Francesco al Prato zu Perugia, für die es bestimmt war, ist auch 
dieses Bild in die Peruginer Pinakothek gelangt (Saal 17, Nr. 16). In der Formcn- 
gebung nähert es sich mehr als alle andern Werke unseres Meisters der Art Peruginos, 
in der Ausführung ist es flüchtig, in der Farbe ohne Reiz. 

Damit ist die Reihe der unzweifelhaft sicheren Arbeiten Eusebios erschöpft. 
Als ein nahezu sicheres Werk des Meisters darf eine Madonna mit dem Kinde in der 
Kirche S. Giovanni zu Matelica angesehen werden, eine kleine Tafel, die an das oben 
erwähnte Bild von 1509 (Madonna mit vier Heiligen) in der Pinakothek zu Perugia 
erinnert. — Schwächer in Zeichnung und Kolorit, das dunkel und monoton und hart 
in den Schatten ist, aber ganz in seinem Stile ist ein wohl aus dem zweiten Dezennium 
des 16. Jahrhunderts stammendes Tafelbild der Madonna mit Sebastian und Magda¬ 
lena am Anfänge des rechten Seitenschiffes von S. Pietro in Perugia. — Als gleichfalls 
fast sichere Werke dieser Zeit seien noch erwähnt zwei rechteckige Tafeln aus dem 
Oratorium der Brüderschaft von S. Bcnedetto (jetzt in Saal 18, Nr. 41 und 43 der 
Pinakothek zu Perugia), die Pestheiligen Sebastian und Rochus darstellend. 

Im Jahre 1514 gibt ihm der Peruginer Maler und Bildschnitzer (?) Polidoro di 
Stefano Ciburri den Auftrag, ein Leinwandbild der Madonna zu malen, über dessen 
Ausführung und Verbleib wir nichts wissen. 

Im 2. Semester 1516 bekleidet er wiederum das Amt des Kämmerers im Auf¬ 
träge der Peruginer Malerzunft, und zum letzten Male im 2. Semester 1526. Im Mai des 
nächsten Jahres erhält er ein anderes wichtiges bürgerliches Ehrenamt; er wird zum 
Mitgliede der für jeden der fünf Rioni (Stadtteile) von Perugia ernannten Hundert- 
männerbchörde gewählt. Daß er auch in seinen letzten Lebensjahren noch künstlerisch 
tätig war, erfahren wir lediglich aus Urkunden. Im Jahre 1530 gibt eine Urkunde des 
Cambio-Archives an, daß er zwei Engel mit vergoldeten Leuchtern gefertigt hatte, 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


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die vor den Säulen des Hauptaltars der Confraternitä di S. Benedctto aufgestellt 
wurden — wahrscheinlich Arbeiten aus Holz oder polychromem Stuck; noch Siepi 
erwähnt dort ein Stuckornament in Flachrelief mit verschiedenen Engeln und Frucht¬ 
kränzen ,0 ). Eine andere Arbeit ähnlicher Art war das 1525 gefertigte Relief eines 
S. Rochus für Antonio di Rosato aus S. Martino in Colle bei Perugia, und vielleicht 
auch die Darstellung eines Arztes als Abzeichen einer Apotheke. 

Der Reihe der oben angeführten sicheren Werke Eusebios können noch zwei 
ihm von Urbini mit Recht zugeschricbene Arbeiten angegliedert werden: ein kleines 
Madonnenbild in S. Giovanni zu Matelica, das an das bereits erwähnte Bild von 1509 
(Madonna mit vier Heiligen) in der Pinakothek zu Perugia erinnert. — Schwächer 
in Zeichnung und Kolorit, das dunkel und monoton und hart in den Schatten ist, 
aber ganz in seinem Stil ist ein Tafelbild der Madonna mit Sebastian und der Magda¬ 
lena am Anfänge des rechten Seitenschiffes in S. Pietro zu Perugia. — Ihm nahe steht 
eine irrtümlich auch Pinturicchio zugeschriebene Anbetung der Könige im Dome zu 
Gubbio, ein Tafelbild mit dem Datum 1513 im Rahmen. — Von einem Nachahmer 
Eusebios dürften die Heiligen seitlich vom Altar in der Cappella delle Rose in S. Maria 
degli Angeli bei Assisi herrühren. 

Die Zuschreibung des Freskobildes des Abendmahls Christi in S. Onofrio zu 
Florenz, die Urbini neuerdings auf Grund zweier Uffizienzcichnungen versuchte 11 ), 
ermangelt der Begründung. Außer dem sehr einheitlichen Gesamteindruck des Fresko¬ 
bildes, der durchaus peruginesk ist, und der Technik, die mit der bei Perugino üblichen 
übereinstimmt, ist die Entlehnung einzelner Züge aus früheren Schöpfungen Peru- 
ginos ganz unverkennbar. So ist der Kopf des Apostels Petrus aus dem Ölbergbilde 
entlehnt, das Perugino Anfang der neunziger Jahre des Quattrocento für das Floren¬ 
tiner Jesuatenkloster gemalt hat, und dem herbeifliegenden Engel auf letzterem 
Bilde gleicht bis ins einzelne der Engel auf der im Hintergründe des Freskos darge¬ 
stellten Ölbergszene, nur im Gegensinne, w r ie Perugino überhaupt seine Entlehnungen 
aus dem eigenen Formenschatz in dieser Weise zu verheimlichen liebte. Der Kopf 
des Erlösers auf dem Fresko ist im Ausdruck und im Typus den Christusköpfen 
früherer Werke Peruginos und auch dem Kopfe des Täufers auf des Meisters Ma¬ 
donnenbilde in der Tribuna der Uffizien verwandt. Schließlich besitzen wir noch in 
den beiden von Urbini dem Eusebio zugeschriebenen Uffizienzeichnungeil vorbereitende 
Studien des Meisters selbst. Diese Zeichnungen hielt man früher irrtümlich für 
Kopien aus dem Fresko, von der Hand des Lucantonio de Ubertis, der die Vorlage 
für eine freie Kuperfsticlnviederholung des Freskos gefertigt hat, die das Gothaer 
Museum als einziges Exemplar besitzt. Die eine dieser Zeichnungen zeigt den Apostel 
Petrus links neben einem bartlosen Jüngling ohne Mantel, der die linke Hand leicht 
erhebt und mit der Rechten einen Becher umfaßt. Während die Figur des Petrus 

,0 ) Siepi, op. cit. S. 295. 

■*) Marzocco (Florenz) 1913, Nr. 47. 


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40 


Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


mit geringfügigen Abänderungen in das Fresko übernommen wurde, ist hier aus dem 
bartlosen Jüngling der bärtige Apostel Jakobus der Ältere geworden, der mit einem 
bis auf die Füße herabfallcnden Mantel bekleidet ist und die linke Hand auf den 
Tisch stützt. Für diese linke Hand finden wir auf der Skizze noch zwei Einzelent- 
würfe in der ursprünglichen und der definitiven Fassung. Daß es sich um eine Studie 
und nicht um eine Kopie aus dem Fresko handelt, zeigt ein Blick auf die Beine des 
jungen Apostels auf dem ersten und der beiden Apostel Andreas und Petrus auf dem 
zugehörigen zweiten Zeichnungsblatt der Uffizien. Der Künstler hat sie nackt ge¬ 
lassen, unzweifelhaft, weil er sich die Bewegungen der später mit einem Mantel be¬ 
kleideten Gliedmaßen vorher klarmachen wollte. Ein Vergleich mit den sicheren 
Zeichnungen Peruginos ergibt schließlich, daß auch die beiden genannten Blätter zu 
dessen eigenhändigen Entwürfen gezählt werden müssen, mit denen sie die charak¬ 
teristische, stark schattierende Schraffierung durch Kreuz- und Querstriche, die 
eigentümlichen Faltenaugen, die Festigkeit der Umrisse und die energische Betonung 
des Knochengerüstes an Händen und Füßen verbinden 12 ). 

Verschollen sind ein Tafelbild und ein Gemälde auf Leinwand, die Madonna 
darstellend, von dem Architekten und Steinmetzen Polidoro di Stefano Ciburri für 
die Kirche S. Giovanni del Fosso im Jahre 1514 in Auftrag gegeben. — Zeichnungen, 
die unserem Meister mit Sicherheit zugeschrieben werden könnten, sind bisher nicht 
nachgewiesen worden. Ein Frauenkopf, der an die heilige Katharina auf dem Bilde 
der Madonna mit vier Heiligen in der Peruginer Pinakothek erinnert, befindet sich 
im Mus6e Wicar in Lille. Von Urbini werden ihm noch zwei Reiter im Venezianer 
Skizzenbuche, den Hintergrundfiguren auf der Anbetung der Könige in der Peruginer 
Pinakothek ähnlich, zugewiesen. 

Bis zum Jahre 1540 können wir Euscbios Lebensschicksale verfolgen. Am 
31. Oktober des Jahres 1536 macht er, erkrankt, sein Testament, verlangt in S. Do¬ 
menico zu Perugia bestattet zu werden, hinterläßt Legate für seine Gattin Giulia 
und ernennt zur Universalerbin seine Tochter Maddalena, die mit einem gewissen 
Girolamo di Narduccio verheiratet war. Andere Kinder hat er nicht gehabt. Der 


u ) Für die Datierung des Abendmahls in S. Onofrio gibt einen Anhaltspunkt die von einem Schüler 
Peruginos, vielleicht Gerino da Pistoja, im Jahre 1500 verfertigte Kopie auf einer Predellentafel des Kaiser- 
Friedrich-Museums in Berlin, die, wie ich nachwies (Gesch. der Perug. Malerei S. 180), zu Peruginos 
Madonna in Glorie mit vier Heiligen in der Peruginer Pinakothek gehört. Vor dem Jahre 1500 wird dieses 
schwächere, aber des Meisters nicht unwürdige Fresko angesetzt werden dürfen. Zum erstenmal ist 
Schmarsow für die Zuschreibung des Freskos an Perugino eingetreten: »Das Abendmahl in St. Onofrio 
zu Florenz#, im »Jahrbuch der Königl. Preuß. Kunstsammlungen« 1884, S. 207—231. — Crowe-Caval- 
caselle halten das Wandbild in der Hauptsache für Werkstattarbeit, an der Peruginos Schüler Giannicola 
Manni, Eusebio da San Giorgio und Gerino da Pistoja beteiligt sein sollen: »Gesch. der ital. Malerei«, deutsche 
Ausgabe Bd. 4, I. Hälfte, S. 260—261. — Wir schließen uns der Meinung Prof. P. N. Ferris an, der, vom 
Studium der beiden Zeichnungen ausgehend, die Erfindung und die Ausführung des Ganzen Perugino zu¬ 
schreibt: »Disegni del Perugino per il Ccnacolo di Fuligno*, in »Misccllanea d* Arte* 1. Bd.. 1908, S. 121 —129. 


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Bombej Eusebio da San Giorgio. 


41 


Wert seiner Hinterlassenschaft und seine urkundlich überlieferten zahlreichen Häuser- 
und Güterkäufe lassen darauf schließen, daß er in guten Vermögensverhältnissen 
lebte. Als er im 1. Semester 1537 zum letzten Male das Amt des Kämmerers in 
der Malerzunft bekleidete, war er sicherlich schon hochbetagt. Wann er vom Tode 
ereilt wurde, steht nicht fest. In den noch erhaltenen Totenbüchern der Sakristei 
von S. Domenico findet sich sein Name nicht. Vielleicht starb er nach dem Jahre 
1540, als es infolge des Interdiktes, das Papst Paul III. über Perugia verhängt hatte, 
verboten war, die Toten in den Kirchen zu bestatten. 

Eusebio da San Giorgio gilt seit den Tagen Vasaris als Schüler Peruginos, ist 
aber, wie gezeigt wurde, weit mehr von Pinturicchio abhängig. Mit lebhaftem Schön¬ 
heitssinn begabt, sucht er auch Raffael nachzueifern. In der Zeichnung korrekt, in 
der Durchführung seiner Bilder sehr sorgfältig, bevorzugt er tieftonige Farben, vor 
allem ein starkes, eigenartiges Rot, und verleiht seinen schlanken, anmutig bewegten 
Figuren den Charakter einer weich-träumerischen Schwermut. Neben Spagna ist 
er, von Raffael natürlich abgesehen, der bedeutendste Meister der an Perugino und 
Pinturicchio anknüpfenden Peruginer Malerschule. 


Bibliographie. 


Monographien: 

Vasari, Vite, Ed. Milanesi, 1877—85, Bd. III, p. 596. — Deutsche Ausgabe, Ed. Gronau-Gottschewski, 
Bd. IV (1910), p. 46, 80 f. 

Moreil), Giovanni Battista, Brevi Notizie delle pitture etc. di Perugia, Perugia 1683, p. 26, 163. 

Lancellotti, Ottavio, Scorta Sagra, Ms. der Biblioteca Comunale zu Perugia, c. 226 t. 

Crispolti, Cesare, Perugia Augusta, Perugia 1648, p. 133. 

Pascoli, Leone, Vite de’ Pittori etc. Perugini, Perugia 1737. p. 54—56. 

Mariotti, Annibale, Lettere pittoriche Perugine, Perugia 1788. p. 206, 208, 332—3. 

Mariotti und Vermiglioli, Aggiunte manoscritte alle Vite del Pascoli, Ms. der Biblioteca Comunale zu 
Perugia, p. 64. 

(Modestini, P.), Descrizione della Chiesa di S. Francesco a Perugia, Perugia 1787, p. 10—11. 

Orsini, Baldassarre, Vita di Pietro Perugino, Perugia 1804, p. 282—284. 

Derselbe, Guida di Perugia, Perugia 1784, Register. 

(Galassi, P.), Descrizione delle pitture di S. Pietro di Perugia, Ed. terza, Perugia 1792, p. 53—54. 

Lanzi, Luigi, Storia pittorica della Italia, Pisa 1815, Bd. II, p. 33. 

Siepi, Serafino, Descrizione topologica-istorica della Cittä di Perugia, Perugia 1822, Bd. I, p. 192, 228, 
Bd. II, p. 592, 599, 600. 

Gambini, R., Guida di Perugia, Perugia 1826, p. 43—44, 94. 

Mezzanotte, Antonio, Della Vita e delle Opere di Pietro Vannucci, Perugia 1836, p. 241—246. 

Crowe und Cavalcaselle, Geschichte der italienischen Malerei. Deutsche Ausgabe von Max Jordan, 
Bd. IV (1871), p. 358—361. — Englische Ausgabe vonTancred Borcnius, Bd. V (1914), p. 459 h 

Cavalcaselle, G. B., und Morelli, G., Catalogo delle opere d* arte nelle Marche e nell* Umbria, 1861—62, 
Bd. 2, der »Gallerie Nazionali Italianet, Rom 1896, p. 281 f., 289, 294, 326—327. 

Passavant, I. D., Raphael d’Urbin, Paris 1860, p. 477—479. Ferner deutsche und ital. Ausgabe. 

Guardabassi, Mariano, Indice-guida dei Monumenti dell’ Umbria, Perugia 1872, p. 29, 103, 156, 169, 176, 
237. 362. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 6 


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42 


Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


Rossi-Scotti, G. B., Guida illustrata di Perugia, Ed. III, Perugia 1878, p. 67, 110, m. 

Cristofani, Antonio, Storia della Chiesa e del Chiostro di S. Damiano, Ed. III, Assisi 1882, p. 136—137. 
Woltmann-Woermann, Geschichte der Malerei Bd. II, 1882, p. 249. 

Morelli, Giovanni, Le Opere dei Maestri Italiani etc., Bologna 1884, p. 330. Die Galerie zu Berlin, Kunst- 
Ä kritische Studien, Berlin (Reg.). 

Lucarelli, O., Memoric e Guida storica di Gubbio, Citti di Castello 1888, p. 551. 

Lu patte lli, Angelo, Storia della Pittura in Perugia, Foligno 1895, P* 44 — 45 - 
Burckhardt, Jakob, Cicerone, IO. Aufl., 1910, Bd. II, p. 743. 

Magherini-Graziani, Giovanni, L’Arte a Cittä di Castello, Cittä di Castello 1897, p. 219—234. 
Symonds, M., und Duff-Gordon, L., The Story of Perugia, London 1898, p. 171, 234, 259, 262, 263. 
Fumi, Luigi, Inventario e Spoglio dei Registri della Tesoreria Apostolica di Perugia e Umbria, Perugia 1901, 
p. 121, 126. 

Borghesi e Banchi, Nuovi Documenti per T Arte Scncse, Siena 1898, p. 390 f. 

Ricci, Corrado, Pintoricchio, engl. Ausgabe, London 1902. Reg. ital. Ausgabe, Perugia 1912. Reg. 
Lupattelli, Angelo, Catalogo dei quadri della Pinacoteca Vannucci in Perugia, Perugia 1904, p. 37, 38, 
41, 42. — La Pinacoteca Vannucci illustrata, Perugia 1909, p. 43 f. 

Bonacci-Brunamonti, Alinda, Ricordi di viaggio, Florenz 1905, p. 263. 

Catalogo della Mostra di Belle Arti in Macerata, Macerata 1906, p. 77. 

Manzoni, Luigi, Statuti e Matricola dell’ Arte dei Pittori dtlle Cittä di Firenze, Perugia e Siena, Rom 1903, 
p. 60, 65. 

Catalogo della Mostra dell’Arte antica senese, Siena 1904, p. 338. 

Catalogo della Mostra d* antica arte umbra, Perugia 1907. 

Berenson, Bernhard, Central Italian Painters, London 1909, p. 164. 

Bombe, Walter, Geschichte der Peruginer Malerei in »Italienische Forschungen*, herausgegeben vom Kunst¬ 
historischen Institut in Florenz, 5. Bd., Berlin 1912, s. Reg. 

Venturi, Adolfo, Storia dell’Arte Italiana, Mailand, Bd. VII, 2. Teil, 1913, s. Reg. 

Jacobsen, Emil, Die umbrische Malerei usw., in »Zur Kunstgeschichte des Auslandes*, Heft 107, Stratiburg 
1914, p. 123. 


Zeitschriften: 

Archivio Storico Italiano, Ser. III, Florenz 1865, p. 5 ff. (Antonio Cristofani, Notizia di Dono dei 
Doni pittorc). 1880, p. 461—462 (Gustavo Frizzoni, L’ Arte dell’ Umbria, rappresentata nella 
nuova Pinacoteca di Perugia). 

L' Apologetico, Perugia 1864, p. 458, 1865, p. 378, 1866, p. 440, 449 (Luigi Manari, Ccnno Storico ed 
Artistico della Basilica di S. Pietro). 

Zahns Jahrbücher für Kunstwissenschaft II, 1869, p. 276 (Mündler). 

Giornale di Erudizione Artistica, Perugia 1872 f., Bd. I, p. 128, III, 15—18 (Adamo Rossi). 

Nuova Rivista Misena, Arcevia 1892, Bd. V, p. 147, 1894, Bd. VI, p. 49. 

Archivio Storico dell* Arte, Bd. X, 1897, p. 20. 

Repertorium für Kunstwissenschaft Bd. V, 1882, p. 149, 172, Bd. XXXIII, 1910, p. 209. 

Rassegna Bibliografica dell* Arte Italiana Bd. II, 1899, p. 218. 

L* Umbria, Perugia 1902, Nr. 7, 8, p. 53—55 (G. Degli Azzi, Notizie per servire alla Storia delP Arte in 
Perugia, auch einzeln erschienen unter dem Titel: II Collegio del Cambio, in der Serie Perugia 
illustrata, Heft 3, Perugia 1902, p. 15—16). 

Emporium, Bergamo 1904, Agosto, p. iioff. (Molmenti, Pompeo, und Ludwig, Gustavo, La Madonna 
degli Alberetti). 

Rassegna d' Arte, Mailand 1907, p. 118, 1913, Dezember, Beilage p. V. 

Augusta Perusia, Perugia 1906, Bd. I, p. 33—40, 49—57, 65—69 (Giulio Urbini, mit Bibliographie, die 
benutzt und ergänzt wurde). 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio 


43 


Chronologischer Prospekt. 

(Regesten und Dokumente auf Grund nachgelassener Urkunden¬ 
abschriften des Professors Adamo Rossi in Perugia und eigener archi- 

valischer Forschungen.) 

1491, 12. Oktober. Eusebio da S. Giorgio und sein Bruder Niccolo kaufen 
eine Werkstätte unter dem eigenen Hause. 

Rog. Mariotto Calcina, Prot. 1491, c. 189 (Archivio Notarile, Perugia). 

1493, 11 • April. »Per la monta di la depentura di la tavola di S. Benedctto, 
quäle ha posta in chiesa presso a la porta . . . per l’ingessatura e imbiancatura del 
tabernacolo« schuldet ihm das Kloster S. Pietro in Perugia 10 Fiorini, 10 Soldi und 
10 Denari. 

Don Luigi Manari, Doc. dell’ Archivio di S. Pietro a Perugia N. XXIV in 
»Apologetico« (Perugia, 1864). 

1494, 1. Semester. Bekleidet das Amt des Kämmerers für die Pcrugincr 
Malerzunft. 

Registri degli Offici XIII c. 16 f. (Archivio Comunale, Perugia.) 

1495, 8. März. Fungiert als Zeuge bei dem Kontrakt zwischen dem Kloster 
S. Pietro zu Perugia und Pietro Perugino wegen des Altarwerkes für die Kloster¬ 
kirche. 

Mag. Petri pictoris locatio ancone altaris maioris monasterii = 

1495. Di vero ottava mensis Martii. Actum Perusie in dicto monastcrio S. Petri 
presentibus Eusepiojacobi de Perusio P. S. S. etJohanneFrancisci Ciambelle 
de Perusio P. S. testibus etc. Reverendissimus in Chripsto pater dopnus Lactantius 
de Florentia abbas monasterii S. Petri de Perusio ordinis S. Benedicti congrcgationis 
S. Justine nec non dopnus Benedictus de Senis et dopnus Daniel de Perusio eiusdem 
ordinis sindici et procuratores dicti monasterii de licentia etc. ditti domini abbatis 
presentis et consentientis et quilibet eorum per eos et eorum successores obligando res 
et bona dicti monasteri etc. pro infrascriptorum omnium observatione condusserunt 
et locaverunt spectabili viro magistro Petro Christofori de Castro Plebis pictori ex- 
cellcntissimo presenti, acceptanti pro se et suis ad pingendam et ornandam tabulam 
sive anconam maioris altaris ditte ecclesie S. Petri hoc modo videlicct: In campo 
sive quatro ipsius tabule Ascensionem domini nostri HJesu Chripsti cum figura 
et imagine gloriosissime Virginis Marie et XII apostolorum cum aliquibus angclis 
et aliis ornamentis secundum quod in facto cognoverit oportunum. In circulo vero 
superiori pingatur figura sive immagoDei Patris omnipotentis cum duobus angclis ad 
latus substinentibus circulum: predulam autem ad pedes istoriatam pictam et ornatam 
ad voluntatem domini Abbatis pro tempore existentis. Colupne autem et corniccs et 
totum ornamentum ipsius tabule ornare debeat ad aurum finum et azzurrum 
ultramarinum finum et alios finos colorcs secundum quod magis convencrit. Ita quod 

6 * 


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Bombe, Gusebio da San Giorgio. 


ditta tabula sive ancona a capite usque ad pedes sit bene ac diligenter depitta ornata 
et deaurata ut supra ad usum boni suificientis et legalis ac perfecti magistri infra 
tempus duorum annorum cum dimidio proxime futurorum omnibus ipsius mag. Petri 
sumptibus et expensis. Que omnia et singula prefatus magister Petrus facere tenere, 
attendere et observare promisit ditto domino abbati pro ditto monasterio recipienti 
sub penis infrascriptis et obligatione omni suorum bonorum mobilium et stabilium 
presentium et futurorum. Et hoc fecit dictus mag. Petrus pro eo quia prefatus 
Reverendissimus pater Abbas per se etc. promisit et convcnit eidem mag. Petro presenti 
stipulanti et recipienti pro se et suis heredibus solvere et cum effectu numerare pro 
sua pictura mercede coloribus auro et aliis necessariis et opportunis ad perfectioncm 
ditte picture et ornamenti ditte tabule ducatos auri larghos 500 solvendos infra 
4 annos incipiendos a die quo inceperit dictam picturam videlicet anno quolibet 
quartam partem. Non tarnen venire intelligatur in ditto coptumo cassa que circundat 
dictam tabulam neque ornamenta posita in sumitate ditte casse etc. Salvi veniat 
corpus ipsius tabule cum suis ornamentis. Renuntiantes etc. pena dupli etc. pro- 
misit facere etc. 

Rog. P. Paolo di Bartolomeo = Prot. 1486 a 1497 = P* !I 9 cxlib. contr. No. 15 
p. 119. 

Veröffentlicht von L. Manari in der Peruginer Zeitschrift »Apologctico« Band IV, 
1866, p. 440—441. — Milanesi (Vasari III, p. 611) und Schmarsow (Pinturicchio in 
Rom, p. 99) geben fälschlich als Datum 1496 an. 

1496, 6. Mai. Mietet gemeinsam mit vier andern Künstlern eine Werkstätte. 

Nobilis vir Johannes Raynerius quomdam Ludovici Giliocti de Acerbis (?) 
de Perusio Porte Heburneeper seetc. dedit et locavit ad pensionem et nomine pensionis 

Ludovicho magistri Angeli, 

Sinibaldo Ivonis, 

Bcrto Johannis, 

Latantio Johannis, 

Eusebio Jacobi 

pictoribus civibus perusinis presentibus, stipulantibus rccipientibus pro sc etc. 
unam domum sitam in civitate Perusii in Porta Heburnee et parrochia Sancte 
Marie de Mcrchato etc. per tempus unius anni hodie incipiendi et finiendi ut stipu- 
latur etc. pro pretio florenorum quinque ad bolonenos quadraginta pro floreno etc. 

Rog. Rubino di Giacomo = Prot. 1494—96 c. 298 = (Archivio Notarile, 
Perugia). 

1499, 16. Juni. »Nicolaus et Euscpius filii quondam Jacobi Christofori aroma- 
tarii dicti de S. Giorgio nomine proprio et Magdalene eorum matris« versprechen 
dem Goldschmiede Bevignate di Gabriele, Gatten ihrer Schwester Lucrezia, eine 
Mitgift von 200 Fiorini für diese. 

Rog. Vittorio di Mattco, Prot. 1495—99, c. 264 t. (Arch. Not. Perugia.) 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio 


45 


1500, 17. Juni. Die Prioren des Hospitals bestätigen, ihm 21 Fiorini und 50 Soldi 
für ein Altarbild zu schulden, das sie in die Kirche S. Maria Maddalena in Castiglione 
dcl Lago gesandt haben. Das 1500 datierte Bild stellt die thronende Madonna 
zwischen S. Antonius Abbas und Maria Magdalena dar. 

(1499.) »Uspio de Giapocho pentore de contra de’ avere insino a di XVII de 
giugno 1500 Fl. XXI s. L a bol. 40, sonno per pengnettura de una tavola de altare 
per noie a la reditä de Bartolomeo de Senso da Chastiglione Chiogino, la quäle tavola 
fu mandata per Matteo mulattiere in Santa Maria Madalena nel ditto chastello e 
posto de la reditta in quaterno.« 

Archivio dello Spedale, Registro 1497—1500 segnato D c. CCCV. 

1501, 30. April. Eusebio und Berto di Giovanni empfangen für 4 bemalte 
Trompetenfähnchen 16 Fiorini. 

Bertus Johannis et Eusepius Jacobi, cives perusini pictores ... pro pictura 
quatuor pennonum tubarum —. F. 16. 

Tesoreria di Perugia e delT Umbria. (R. Arch. di Stato, Roma. Busta 27 
N. II. 1511—01, c. 85.) Fumi, Inv. e Spoglio p. 121. 

1502, 25. Februar. Ein gewisser Vito di Lorenzo verkauft an Eusebio und 
dessen Bruder Niccolo di Giacomo ein Stück Land in der Gegend von Papiano bei 
Perugia. (Rog. Mariotti Calcinae, Prot. 1502, c. 71. (Archivio Notarile, Perugia.) 

1504, 24. Februar. Der Peruginer Magistrat läßt ihm unter Hinweis auf eine 
Notiz in einem (nicht mehr vorhandenen) Rechnungsbuche 2 Fiorini und 32 Soldi 
anweisen. 

Annali Deccmvirali 1504 c. 109 (Archivio Comunale, Perugia). 

1504, 4. November. Erwirbt Ländereien in Papiano bei Perugia. 

Rog. Vincentii Caroli, Prot. 1504—1507, c. 19. (Archivio Notarile, Perugia.) 

1505, 7 - Januar. Gemeinsam mit seinem Bruder, dem Speziale (Gewürzkrämer) 
Niccolo — sein Vater Cristoforo di Jacopo ist bereits tot — verpachtet er ein Stück 
Land. 

Rog. Jacobi Christophori Jacobi, Prot. 1505, c. 31. (Arch. Not. Perugia.) 

1505, 2. April. Verspricht, einem gewissen Cesarino di ser Cola eine Summe 
Geldes zu zahlen. 

Rog. Jacobi Christophori Jacobi, Prot. 1505, c. 446. (Arch. Not. Perugia.) 

1505. Datiert eine Anbetung der Könige, einst in S. Agostino, jetzt in der 
Pinakothek zu Perugia. 

1506, 6. März. Verpflichtet sich, einem gewissen Bartolomeo di Lorenzo di 
Raffaelc für dessen Altar in S. Agostino zu Perugia ein Altarbild zu malen. 

Eusepius olim Jacobi dictus da san Giorgio de Perusio porte s. Angeli sponte 
et ex certa scientia et non per errorem per se etc. obligando se etc. promisit ac con- 
venit Bartolomeo Laurentii Rafaelis de Perusio porte s. Angeli presenti etc. pingere 
unam tabulam existentem super altare dicti Bartolomei et suorum existenti in 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


46 


ecclesia S. Augustini et in ea pingere una Madonna a sedere col figliolo in collo et 
uno san Pietro et uno san Paulo collo ornamento simile a la tavola de Taltare de 
ser Berardino de ser Angelo existente in dicta chiesa a uso de bono et legale majestro 
et la predella de dicta tavola depengerla come parrä a dicto Eusepio, la quäle tavola 
dictus Bartolomeus promette darla ad Eusepio si che esso Eusepio non abbia se non 
a pegnere et ornare. Et hoc fecit quia dictus Bartolomeus heres Angeli sui fratris 
carnalis per se etc. obligando se etc. promisit et convenit dicto Eusepio pictori pro 
dicta pictura et ornamento darc solvere et cum eflectu numerare florenos quatra- 
ginta ad rationem XL bologninorum pro quolibet floreno videlicet florenos undecim 
ad dictam rationem in pecunia numerata ad banchum heredum dicti Angeli et florenos 
viginti quinque ad dictam rationem in bonis stabilibus hereditatis dicti olim Angeli 
videlicet in una domo posita in pertinentiis castri montis abbatis in vocabulo el borgo 
etc. in una petia terre arata et olivata posita in pertinentiis dicti castri in vocabulo 
vignate et unam petiam terre positam in fonte de coda etc. ascendentem ad dictam 

summam de 40 fl.-iuxta extimationem faciendam per duos bonos homines 

eligendos etc. de quibus XV florenis dictus Eusepius fuit confessus habuisse florenos 
quatuor et solidos quatraginta etc. 

Rog. Jacobi Cristofori Prot. 1506 c. 175. Arch. Not. Perugia. 

1507, 24. März. Bernardino di Betto, genannt Pinturicchio, verspricht, 
Eusebio 100 Dukaten, wahrscheinlich für die Ausführung des von Pinturicchio 
übernommenen Altarbildes für S. Andrea in Spello zu zahlen. 

Borghesi und Banchi, »Nuovi Documenti per la Storia dell* Arte Sencse«, p. 390 f. 

1507. Datiert und signiert zwei Fresken im Kreuzgang von S. Damiano bei 
Assisi: Verkündigung und Stigmatisation des hl. Franz: Eusebius Perusinus Pinxit 
A. D. MDVII. 

• • _ 

1508, 18. Februar. Übernimmt von Donna Leonarda Baglioni den Auftrag, 
für ihre Kapelle in S. Pietro zu Perugia ein Altarbild zu malen, eine Anbetung der 
Könige und Darstellungen der hl. Christina auf der Predella. 

Nobilis Domina D. Leonarda uxor olim nobilis viri Oliveri de Baleonibus per 
se etc. dedit et locavit ad pingendum et ornandum Eusepio Jacobi da San Giorgio 
unam tabulam cum omnibus suis ornamentis de suo lignamine cum predula infra- 
scriptis pactis videlicet. 

Imprimo il ditto Eusepio sia tenuto c obligato e cusi promette a dicta Dompna 
pengnere in dicta tavola la storia de li magi cum tute loro fighure videlicet cum tute 

loro fighure videlicet cum tute.* 3 ) Item dicto Eusepio promette a dicta Dompna 

depengnerc nel quadro de dicta tavola dicta istoria cum una figura de San Giorgio 
e uno San Girolamo in partibus picoli. 

Item promette depengnerc nella prcdola de dicta tavola le storic de Sancta 
Crestcna sccundo verrano piu al proposito o tucte o parte tucte a olio. 

* 3 ) Eine Ecke des Papiers abgerissen. 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio 


47 


Item promette depengnere doya profete sopra la tavola nel muro della detta 
capella da la finestra-come parerä a li monaci de San Piero. 

Item promette dicto Eusepio depengnere la tenda denante a l’altare cum la 
Madompna in grembo el figliolo morto cum lc Marie e san Giovanne a olio. 

Item promette depegnere dicta tavola de colori fini azurro oltramarino cum 
oro fino nel quadro e li ornamenti dove ce vanno. 

Item promette darc finita tucta questa tavola per termine de quatro mese 
proximi che veranno. 

Et hoc fecit pro eo quod dicta dna Leonarda pro se etc. ob sc etc. promisit et 
convenit dicto Eusepio presenti etc. pro eius mercede in pretio dicte picture dare et 
solvere ducatos quinquaginta duos auri hoc modo videlicct tertiam partem in prin- 
cipio dicti laborerii aliam tertiam partem in medio ipsius et residuum finito dicto 
laborerio. 

Bernardino di Ser Angelo, Bastardello. 1508—12, c. 50. Arch. Not., Perugia. 

1508, 21. März. Die Peruginer Wechslerzunft zahlt ihm einen Fiorino und 
90 Soldi für Malerei und Gold an einem Wappen auf Porta S. Giovanni. Lib. N. c. 12 t. 
(Arch. del Cambio, Perugia.) 

1508, 1. September. Die Confraternitä di S. Sebastiano in Perugia überträgt 
ihm eine Madonna mit vier Heiligen für ihr Oratorium im Rione Porta S. Angelo. 

Rog. Venturae Jacobi, Bastardelli 1502—1525, c. 200. (Arch. Not., Perugia.) 

1508, 13. Oktober. Die Gattin eines gewissen Alessandro di Fedele läßt einen 
Notariatsakt über den Verkauf eines Bauerngutes an Eusebio aufsetzen, und dieser 
leistet eine Teilzahlung von 32 Fiorini. 

Rog. Joannis Francisci Petri, Prot. 1507—1508, c. 753. (Arch. Not., Perugia.) 

1509, 18. Juni. Don Paolo, Mönch von S. Pietro, zahlt ihm 1 Fiorino und 
67 Soldi für die Anbetung der Könige in der Cappella Baglioni (Teilzahlung). Manari, 
Doc. XXIV der Documenti di S. Pietro, Apologetico, Perugia, 1864. 

1509, 23. Juni. Donna Leonarda Baglioni schuldet dem Kloster S. Pietro 
11 Minen und 2 Quart Korn, die an Stelle Eusebios der Maler Giannicola di Paolo 
empfangen hat. (Ibidem.) 

1509. Während der Monate Juli und August bekleidet Eusebio das Amt des 
Priors. 

Rcgistri degli Offici XIV, c. 41 t. (Archivio Comunale, Perugia.) 

1509, 12. Oktober. Gibt die Katastererklärung über einige in Papiano und 
Cerqueto bei Perugia erworbene Ländereien ab. Ex libris catas. vct. sig. 23, quat. 4. 
(Archivio Comunale, Perugia.) 

1509, 23. Oktober. Zitiert einen gewissen Francesco Ciambella vor das Tribunal 
des Cambio, wegen einer ausgebliebenen Zahlung von 3 Fiorini »ex eius promissionis 
sibi verbo facte pro fraternitate S. Benedicti de Perusia debitricis dictj Eusepii pro 
pittura unius tabule, videlicet pro residuo«. 


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48 


Bombe, Euscbio da San Giorgio. 


Liber citationum 1509, 2. Sem. c. 38. (Arch. del Cambio, Perugia.) 

1509, 17. November. Ein gewisser Valerio di Luca bestätigt, von ihm für Feld¬ 
arbeiten einen Ochsen erhalten zu haben. 

Rog. Joannis Francisci Petri, Prot. 1509—1510. (Arch. Not., Perugia.) 

1510, 1. Semester. Bekleidet das Amt des Kämmerers der Peruginer Maler¬ 
zunft. (Registri degli Offici, XIV, c. 43 t.) 

1510, 4. Mai. Ein gewisser Giovanni di Agostino quittiert ihm über 10 Fiorini 
und 23 Soldi, den Preis eines kleinen Stückes Land. 

Rog. Joannis Francisci Petri, Prot. 1509—1510, c. 528. (Arch. Not., Perugia.) 

1511, IO. Juli. Zahlt an Lorenzo und Angelo Sozi 50 Fiorini. 

Rog. Bemardini Ser Angeli in Bastardelli 1508—1512, c. 30 S. (Arch. Not., 
Perugia.) 

1512, Datiert und signiert ein für Dionisio di Pietro in S. Francesco zu Matelica 
gemaltes Altarbild der Madonna mit den Heiligen Johannes Evangelista, dem Apostel 
Andreas, Nikolaus und Antonius von Padua: 1512. EUSEBIUS DE. SCO. GEORGIO. 
PERUSINUS PINXIT. Dreiteilige Predella mit Wundern des hl. Antonius von 
Padua. 

1513, I. Februar. Federico Crescimbcni quittiert ihm über 14 Fiorini. 

Rog. Johannis Francisci Petri, Prot. 1513, ad diem. (Arch. Not., Perugia.) 

1513, 26. September. Verpflichtet sich, der Costanza di Niccolo de* Graziani, 
Witwe des Antonio di Carlo Berardelli, laut dessen Testamentsverfügung, ein Tafel¬ 
bild, S. Antonius Abbas zwischen dem hl. Franz und dem hl. Bernhardin von Siena, 
darüber die Jungfrau Maria, für 50 Fiorini nach vorgelegter Zeichnung zu malen. 
Das Bild, einst in S. Francesco al Prato, jetzt in der Pinakothek zu Perugia. 

Eusepius Jacobi Christofori aliter da San Giorgio de Perusia porte s. Angeli et 
parrecie s. Donati sponte et ex sua certa scientia et non per errorem iuris vel facti 
per se et suos heredes obligando se et omnia eius bona etc. promisit et convenit nobili 
Domine Constantiae filiae olim Nicolai de Gratianis et uxoris et heredis Antonii 
quondam Caroli Francisci Berardelli de Perusia ex eius testamento manu ut asseritur 
ser Victorii ser Mathei de Perusia P. S. S. facere et construere unum quadrum seu 
tabulam secundum designum quod est in manibus fratris Baldi ordinis s. Francisci 
conventus in quo tabula sive quadro teneatur depingere seu depingi facere figuram 
s. Antonii cum la barba in medio manu dextre figuram s. Francisci, manu sinistra 
figuram s. Bernardini et desuper figuram gloriosissime virginis ad usum boni et legalis 
[magistri] quae debeatur ipsa finita extimari et sit extimationis quinquaginta florc- 
norum et non minoris pretii et hoc pro satisfactione legati per ipsum Antonium 
facti etc. 

Rog. Mariotti Calcinac in Prot. 1512 ad 14 non cart. ad diem. (Arch. Not., 
Perugia.) 

1514. Der Peruginer Maler und Bildschnitzer(?) Polidoro di Stefano Ciburri 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


49 


gibt ihm in Perugia ein Leinwandbild der Madonna in Auftrag. (Arch. del Cambio, 
1514 , Reg. 95, c. 45 t; 153, R- r 30 . e. 61 r.) 

1514, 20. September. Beruft die Maler Fiorenzo di Lorenzo und Sinibaldo 
Ibi als Sachverständige bei der Streitsache mit Bartolomeo di Lorenzo, wegen einiger 
nicht den Bestimmungen des Kontraktes entsprechender Figuren auf dem von 
Bartolomeo di Lorenzo ihm in Auftrag gegebenen Bilde. 

1514, die 20. Septcmbris. »Bartholomeus Laurentii bambachanus ex una et 
Eusepius Jacobi de San Giorgio pittor ex altera compromiserunt in prudentes viros 
mag. Florentium Laurentii et Syniboldum Ibi pittores perusinos presentes et accep« 
tantes occasione differentie que esset vel essere posset inter dictos occasione tabule 
dcpicte per dictum Bartholomeum in Sancto Augustino in qua fecit certas figuras 
quas fecit absque sponte eius et voluntate, quibus dcderunt plcnam licentiam de¬ 
cidendi.« 

Rog. Bernardini scr Angcli, Bastardelli 1512—1514 circa finem ad diem. (Arch. 
Not., Perugia.) 

1516, 26. April. Quittiert dem Tommaso di Benozzo über 11 Fiorini, den Preis 
eines diesem verkauften Pferdes. 

Rog. Simonis Francisci Longi, Prot. 1516, c. 149 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1516, 2. Semester. Bekleidet das Amt des Kämmerers für die Peruginer 
Malerzunft. 


Registri degli Offici XIV, c. 80. (Arch. Comunale, Perugia.) 

1521, 14. Januar. Quittiert dem Angelo di Filippo über eine Summe Geldes. 

Rog. Hicronymi Bernardini, Prot. 1519—1522, c. 257 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1521, 18. Mai. Zahlt seinem Schwiegersohn Girolamo di Narduccio 12 Fiorini 
und 46 Soldi als Teil der 50 Fiorini betragenden Mitgift seiner Tochter Maddalena. 

Rog. Petri Pauli Dominici, Prot. 1517—1522, c. 294. (Arch. Not., Perugia.) 

1522, 1. Juli. Schließt mit dem Pfarrer von S. Niccolo im Rione Porta S. Su- 
sanna einen Vergleich wegen der Grenzen eines Stückes Land in Valiano bei Perugia. 

Rog. Vincentii Caroli Valentini, Prot. 1522, c. 157. (Arch. Not., Perugia.) 

1522, 16. Oktober. Einigt sich mit Rodolfo di Pietro de* Coli wegen der 
Grenzen eines Hauses in Valiano bei Perugia. 

Rog. cit. c. 287 t. 

1525, 8- Januar. Eusebio verspricht, dem Magister Eusterio di Francesco 
27 Fiorini für seine Schwester Lodovica zu zahlen (die er schon einmal ausgestattet 
hatte). 

Rog. Nicolai Angeli. Prot. 1515—28, c. 28 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1525, 15. April. Antonio di Rosato aus S. Martino in Colle bestätigt, ihm 
12 Fiorini für ein Relief, den hl. Rochus darstellend, schuldig zu sein. 

1525, 15. Aprilis. 


»Antonius Rosati Batista de Castro S. Martini in Colle etc. ex eerta sui scientia 


Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 


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50 


Bombe, Eusebio da San Giorgio 


ct non per aliquem errorem iuris vel facti fuit confessus et contentus esse verum et 
legitimum dcbitorem Eusebii Jacobi dicti de Sancto Georgio in quantitate duodecim 
ducatorum auri iargorum demptis duobus concessis eidem florenis XX ad rationem 
XL bologninorum pro floreno sibi debitorum pro pretio imaginis divi Rochi facte de 
rilievo per dictum Eusepium et dicto Antonio vendite et tradite sub presenti die; 
qui Antonius dixit cmisse dictam imaginem pro Stefano Bertoni de dicto Castro pro 
exsolvendo voto facto per dictum Bartonimum, et de commissione ipsius Stefani, 
quos XX florenos dictus Antonius per se et suos hercdes etc. obligando etc. promisit 
et convenit dicto Eusebio presenti etc. dare et effectualiter solvere hoc modo, videlicet 
florenos X hinc ad octo dies ct alios decem florenos hinc et per totum mensem maii 
proxime futurum, pro quo Antonio et eius fratribus ser Lconardus Herculani Ranutii 
solemniter fidejussit.« 

Rog. Simonis Francisci Lungi c. 293 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1526, 20. Mai. Quittiert dem Pietro di Cristoforo da Castello als Bevoll¬ 
mächtigtem der Emiliana di Pier Jacopo della Staffa über 20 Fiorini, die er für Male¬ 
reien in einer Kapelle in S. Francesco del Convento empfängt. 

Rog. Petri Pauli Joannis, Prot. 1524—27, c. 911 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1526, 2. Semester. Bekleidet das Amt des Kämmerers für die Malerzunft zu 
Perugia 

Registri degli Offici XIV, c. 143. (Arch. Comunale, Perugia.) 

1527, 26. Mai. Wird zum Mitglied der für jeden der fünf Rioni von Perugia 
ernannten Hundertmännerbehörde gewählt. 

Annali Decemvirali 1527, c. 71. (Arch. Comunale, Perugia.) 

1528, 16. September. Vermietet auf drei Jahre an einen gewissen Marino di 
Mariotto aus Collcstrada ein Pferd. 

Rog. Vincentii Benincasa, Prot. 1525—28, c. 331. (Arch. Not., Perugia.) 

1528, 4. November. Simone di Sebastiano quittiert ihm über 9 Fiorini, den 
Preis eines kleinen Hauses. 

Rog. Vincentii Benincasa, Prot. 1525—1528, c. 401 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1529, 8. März. Kauft von Vincenzio di Giovanni ein Stück Land in der Gegend 
von S. Sisto bei Perugia. 

Rog. Vincentii Caroli Valcntini, Prot. 1529—1531, c. 82. (Arch. Not., Perugia.) 

1529, 15. März. Ein gewisser Vincenzo di Giovanni quittiert ihm über II Fio¬ 
rini, den Kaufpreis eines Stückes Land. 

1 Rog. Vincentii Caroli Valentini, Prot. 1527—1529, c. 601. (Arch. Not., Perugia.) 

1529, 17. März. Ciancio und Troiano, die Söhne seines Bruders Niccolo, ver¬ 
kaufen ihm ein Stück Land (tenimento) in Papiano bei Perugia. 

1 Rog. Vincentii Benincasa, Prot. 1529—1531, c. 75. (Arch. Not., Perugia.) 

1529, 25. Juni. Sein Neffe Trojano di Niccolo, Sohn seines Bruders, quittiert 
ihm über 35 Fiorini und 2 Soldi, die er als Teilzahlung für ein von Eusebio erworbenes 
Stück Land in der Gegend von Papiano bei Perugia zu erhalten hatte. 


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Bombe, Eusebio da San Giorgio. 


51 


Rog. Petri Pauli Joannis, Prot. 1527—29, c. 740 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1529, 13. August. Sein Schwiegersohn Pietro di Francesco bestätigt ihm den 
Empfang von 110 Fiorini als Teil der Mitgift der Maddalena, Tochter Eusebios. 

Rog. et prot. cit. c. 762 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1530, 19. Oktober. Gibt der Stadt Perugia eine Anweisung (?) auf 3 Minen 
Korn und 2 Minen Roggen, »da Tassegna al comune di Perugia*. 

Annali Decemvirali 1530, c. 41. (Arch. Comunale, Perugia.) 

1530. Fertigt zwei Engel mit vergoldeten Leuchtern, die vor den Säulen des 
Hauptaltars der Confraternita di S. Benedetto in Perugia aufgestellt werden. (Notiz 
Adamo Rossis ohne Quellenangabe.) 

1535, 2. Oktober. Verkauft eine Mine Land vom Poggio di Sellano (Cerqueto). 

Rog. Teseo Baldelli, Prot. 1534—35, c. 157. (Arch. Not., Perugia.) 

1536, 8. April. Verpachtet ein Stück Land (la palazzetta) auf 3 Jahre. 

Rog. Simonis Francisci Longi, Prot. 1536, c. 139 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1536, 31. Oktober. Erkrankt, macht er ein Testament, verlangt in S. Domenico 
zu Perugia beigesetzt zu werden, hinterläßt seiner Gattin Giulia ein Legat und ernennt 
zur Universalerbin seine Tochter Maddalena. 

Rog. Petri Pauli Joannis, Prot. 1536, c. 543. (Arch. Not., Perugia.) 

1537, I. Semester. Bekleidet das Amt des Kämmerers der Peruginer Maler¬ 
zunft. 

(Registro degli Offici XV, c. 36 t.) 

1537, 7. Mai. Verkauft an Sebastiano di Meo di Bernardino ein Stück Land 
vom Poggio di Sellano in Cerqueto für 24 Fiorini. 

Rog. Teseo Baldelli, Prot. 1536—37, c. 558. (Arch. Not., Perugia.) 

1537, 23. Oktober. Quittiert dem Sebastiano di Meo di Bernardino über 
24 Fiorini, den Preis des am 7. Mai gekauften Stückes Land. 

Rog. et Prot. cit. c. 671 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1537, 15. Dezember. Verpachtet auf 5 Jahre ein Stück Land in Papiano. 

Rog. et Prot. cit. c. 750 t. (Arch. Not., Perugia.) 

1538, 28. April. Vertauscht ein Stück Land mit dem Kloster S. Pietro zu Perugia. 

Rog. Petri Pauli Joannis, Prot. 1537—38, c. 87. (Arch. Not., Perugia.) 

1540, 3 °- Oktober. Verkauft an einen gewissen Jacopo di Mariotto di Cola 
ein Stück Land in der Gegend von Papiano bei Perugia. 

Rog. Petri Pauli Joannis, Prot. 1540, c. 334 t. (Arch. Not., Perugia.) 


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Gümbel, Altfränkische Meisterlisten. 


Siegel des Nürnberger Malers Konrad Luckenbach vom 
J. 1434. Gezeichnet vom Verfasser. Vgl. unten Nürn¬ 
berger Meisternamen, Nr. 79, lit. d. Die Umschrift des 
Siegels lautet: S[IG 1 LLVM] CONRAT LVCKENBA[CH]. 



ALTFRÄNKISCHE MEISTERLISTEN. 

VON 

ALBERT GÜMBEL, NÜRNBERG. 

Einleitung. 

Die nachfolgenden Mcisterlistcn umfassen in zwei Abteilungen 
A. Nürnberger und Bamberger Meister 1 ), 

*) Von den Nürnberger Meisternamcn sind fast ausschließlich Maler (Glasmaler, Kartenmaler usw.), 
nur vereinzelt Steinmetzen, auch einzelne Schreiber berücksichtigt, dagegen glaubte ich eine größere 
Reihe urkundlicher Belege für das Gewerbe der Seidennäher (seidenneter) oder Seidensticker auf¬ 
nehmen zu sollen. Über diese, schon frühe dem klösterlichen Monopol entwachsenen, bürgerlichen Kunst¬ 
handwerker, welche für die Kirchen und deren Diener den Schmuck der Paramente und kirchlichen Ge¬ 
wänder zu liefern hatten, sind w'ir noch wenig unterrichtet. Es ist wohl anzunehmen, daß diese Paramenten- 
sticker nicht immer mit Modeln oder nach fremden Vorlagen arbeiteten, sondern vielfach auch selbst jene 
Ornamente, Bordüren, Zierstückc, Wappcnbildcr und figürlichen Darstellungen, mit welchen sie die Antc- 
pendien und liturgischen Tücher der Altäre, die Alben, Manipeln, Dalmatiken, Kasein, Infuln usw\ der bischöf¬ 
lichen und pfarrhcrrlichcn Paramentenschränkc bedeckten, entwarfen. Ein solcher Fall, daß Sticker und 
Zeichner sich in einer Person vereinigten, ist uns ja in unseren Mcisterlistcn ausdrücklich bezeugt, vgl. Nr. 120. 
Bekanntlich beteiligten sie sich auch an der Herstellung der für kirchliche und profane Zwecke vielgebrauchten 
Behang- und Überhangteppiche, w'obei Weberei und Stickerei Hand in Hand gingen, indem der Seiden- 
näher die Muster der gewirkten Teppiche durch Stickerei erhöhte oder (in einfacherer Arbeit) umzog. 

Anderwärts hießen diese Kunsthandwerker »Seidenhefter», z. B. am Rhein, wo sich (in Cöln usw\) 
die größten mittelalterlichen Werkstätten für Seidenstickerei auf deutschem Boden befanden. Auch in 
Leipzig findet sich diese Bezeichnung. So schrieb der Nürnberger Rat unter dem 14. Februar 1439 an 
Herzog Friedrich von Sachsen: 

»Gnediger herre! als uns cur durchlauchtigkeit verschriben hat von meister Ludccke zu Leipck 
und Conrfat] Sunntags, seins vettern, cur gnaden seyderheffter und w T crkleute, [in parallelen Schreiben 
vom gl. Tage an einige sächsische Edclleute und den Domherrn Arnold von Heseden zu Minden werden diese 
beiden Conrat Sunntag von Hildesheim und sein vetter Ludeckc, seydcnstickcr zu Leipcik, genannt] und 
Hannßen Rummels wegen, bei uns zu Nurenberg wonhaftig, etc., das haben wir wol vernommen und tun 
euern hochgebornen gnaden zu wißen, daz unser gnediger herre, der bischof von Eystct, einen hof bei uns 
zu Nurcmberg hat, darinn sein gnade jetzunt einen castner und amptman hat, genannt Hanns Rummel; 
dersclb Rummel ist unser burger nicht und ist auch in unser vcrsprechnus nicht; wie darum, so haben wir 


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Gürabel, Altfränkische Meisterlisten. 


53 


B. Würzburger Meister. 

Eingeteilt in beide Gruppen sind eine Anzahl kleinerer Orte, je nachdem sie 
ihre künstlerische Zugehörigkeit (welche zumeist mit der politischen übereinstimmt) 
der einen oder anderen Abteilung zuzuweisen schien. 

Die zeitliche Grenze bildete im allgemeinen das Jahr 1500. 

Als Quelle dienten für die Nürnberger Meisternamen in erster Linie die Nürn¬ 
berger Ratsbücher 2 ) und Stadtrechnungen im K. Kreisarchive Nürnberg, dann 
die Protokolle und Kopialbücher des Nürnberger Stadtgerichts, die sog. Libri Con- 
servatorium und Literarum im städtischen Archiv Nürnberg, endlich die Amts¬ 
bücher und Protokollbände des kaiserlichen Landgerichtes des Burggrafentums 
Nürnberg, für die Bamberger und Würzburger Meisterverzeichnisse fast ausschlie߬ 
lich solche Protokolle des kaiserlichen Landgerichtes des Herzogtums Franken, das 
mit dem fürstbischöflichen Stuhle zu Würzburg, und des Bamberger Landgerichtes, 
das mit dem bischöflichen Stuhle des hlg. Heinrich verknüpft war 3 ). Die Nürn- 

cucrn fürstcnlichcn gnaden zu sunderm gefallen freuntlichen mit im davon reden und bitten laßen; der hat 
uns geantwurt: es sei wol also, das im ein truhen mit etwas geraetes zugesandt worden sei. es hab aber der 
vorgenante unser herre von Eystett, des gnaden er geswom hab und im gehorsam schuldig sei, im darnach 
verboten söllich truhen und geraete niemand heraus zu geben on seinr gnaden laub und geheiß und im sei 
nicht füglich, söllich verpot zu übergeen. Script, sabato Valentini [1439].« 

Bemerkenswert bezüglich der Stellung der »Seidennäher« in Nürnberg zu anderen verwandten Ge¬ 
werken ist doch auch, daß sie z. B. mit den Malern, Bognern (Schnitzern), Goldschlagern und Glasern ein 
gemeinsames Zelt (zum Gebrauch im Felde) besaßen. Vgl. hierüber unten die Notiz aus dem Jahre 1465 
bei Nr. 82, Anm. am Schlüsse. 

Bei den Bamberger und Würzburger Meisterlistcn erscheinen Maler und Steinmetzen in buntem 
Wechsel. 

2 ) Soweit sie nicht schon von Hampe in seinen »Nürnberger Ratsverlässen« benutzt worden waren. 

3 ) Vielleicht sind einige erklärende Worte über die hier genannten drei kaiserlichen Landgerichte 
(judicia provincialia) willkommen. Wir haben in diesen Reste alter gaugräflicher Gerichtsbarkeit vor uns. 
Bekanntlich war das karolingische Deutschland (natürlich auch unser Franken) in eine große Anzahl Gaue 
als unmittelbare königliche Verwaltungsbezirke eingeteilt, an deren Spitze je ein Graf als Vertreter des Königs, 
des Trägers der obersten Heeresgewalt und Quelle alles rechtlichen Schutzes, stand. Dem unter Königsbann 
richtenden Grafschaftsgericht war die Bestrafung der schweren Verbrecher und die Entscheidung von Streitig¬ 
keiten über das Grundeigentum der Vollfreien Vorbehalten. Mit der Verminderung der freien Leute, die in 
rasch fortschreitenden Umfang von irgendwelchen vogteilichen, grundherrlichen, lehensherrlichen, amts- 
dienerlichen usw. Abhängigkeitsverhältnissen erfaßt wurden, und insbesondere infolge der gewaltigen, von 
den deutschen Königen selbst geförderten Vermehrung der Immunitäten, d. h. vom Grafschaftsgericht exi- 
mierten weltlichen und geistlichen Territorien, schwand allmählich die Bedeutung des Grafschaftsverbandes, 
so daß man schon für das frühe Mittelalter von einer förmlichen Auflösung der Gaue sprechen kann. Reste 
der alten, unmittelbar aus königlicher Verleihung stammenden Gerichtsbarkeit — eben jene »kaiserlichen 
Landgerichte«, deren es neben den oben genannten fränkischen noch eine ganze Reihe im südlichen Deutsch¬ 
land gab — erhielten sich jedoch als wertvoller Lehensbesitz in den Händen großer Territorialherren. So 
ist das Bamberger Landgericht aus dem alten Landgericht des Radenzgaues entstanden, während der 
Bischof von Würzburg es verstanden hatte, eine ganze Anzahl solcher Grafschaften in seiner Hand 
zu vereinigen; im Hinblick auf diese, herzoglicher Gewalt sich annähernde Machtfülle nannte er sich »Herzog 
von Franken«, dux Franciae orientalis, und sein Landgericht ein »kaiserliches Landgericht des Her¬ 
zogtums Franken«. Das »kaiserliche Landgericht des Burggrafentums Nürnberg« endlich 
hängt unmittelbar mit dem königlichen Gericht der Nürnberger Burggrafen (seit 1192 bekanntlich hohen- 


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54 


GUrabel, Altfränkische Meisterlisten 


berger Protokollbände befinden sich im K. Kreisarchiv Nürnberg, die letztgenannten 
beiden Gruppen in den Kreisarchiven Würzburg und Bamberg 4 ). Außerdem wurden 
für beide Abteilungen noch vereinzelte Urkunden und Kodizes herangezogen. Der 
Fundort ist jedem einzelnen Vortrag beigefügt 5 ). 

m 

Durch die von Hans Bösch in den Mitteilungen aus dem Germanischen National¬ 
museum 1890, S. 25 ff., veröffentlichten Verzeichnisse Würzburger Maler, Bild¬ 
hauer und Glaser vom 15.—17. Jahrhundert 6 ), dann neuerdings ganz besonders 
durch die Untersuchungen Franz Friedrich Leitschuhs zur Würzburger und Bam- 
berger Kunstgeschichte 7 ), ist das Interesse für diese bisher ziemlich nebenhin be¬ 
handelte fränkischen Provinzen der deutschen Kunstgeschichte wieder stärker er¬ 
weckt worden. So dürfte unsere Sammlung, welche die von Bösch und Leitschuh 
beigebrachten biographischen Notizen bezüglich einer Anzahl Bamberger und Würz¬ 
burger Künstler ergänzt und zahlreiche neue Namen bringt, nicht unwillkommen 
sein. 

Die Zusammenfassung der Nürnberger und Bamberger Meisternamen in eine 
Gruppe geschah nicht ohne Absicht. Die uns für die Nürnberger Geschlechtergc- 
schichte längst bekannte Tatsache einer alten und lebhaften Freizügigkeit zwischen 
den Bamberger und Nürnberger Familien 8 ) tritt auch auf dem Gebiete der künst- 


zollerischen Stammes) zusammen. Die deutschen Kaiser hatten solchen in den königlichen Städten sitzen¬ 
den Gerichten eine konkurrierende Gerichtsbarkeit (insbesondere für den Fall der Rechtsverweigerung) in 
den nachbarlichen Landgerichten der Territorialherren bezüglich Eigen und hohe Rügen (Verbrechen) zu 
sichern gewußt, und noch Albrecht Achilles, Markgraf von Brandenburg und Burggraf von Nürnberg, 1440 
bis i486, erhob für sein kaiserl. Landgericht den Anspruch, daß cs »durch alle Landgerichte des Reiches« 
zu richten habe. 

Nähere Angaben über unsere Landgerichte bietet jede deutsche Rechtsgeschichte, für das Bamberger 
und Nürnberger insbesondere die unten bei den Spilern (Nr. m) angeführte Schrift von Rieder. 

Zum Verständnis der in diesen Protokollen gebrauchten Gerichtssprache dürfte die Erklärung einiger 
häufig wiederkehrender Ausdrücke willkommen sein. So bedeutet vollung die gerichtliche Anerkennung 
des Anspruches auf eine Sache, dazu gehört crvollen = eine solche gerichtliche Zuerkennung aussprechen. 
Antworter = Beklagter, bringen = vor Gericht beweisen. 

4 ) Den Herren Vorständen der K. Kreisarchive Würzburg und Bamberg, die mir die Durchsicht dieser 
Protokolle durch Übersendung nach Nürnberg ermöglichten, spreche ich auch hier den besten Dank aus. 

5 ) Was die Gestaltung des Textes betrifft, so wurde die Schreibung nach den für Herausgabe mittel¬ 
alterlicher Texte jetzt allgemein befolgten Grundsätzen vereinfacht. Von Abkürzungen werden gebraucht 
Lgr. = Landgericht, Bgrftms. = Burggrafentums, Hzgtms. = Herzogtums, Kr.-A. = Kreisarchiv, Nbg. = 
Nürnberg oder Nürnberger. 

6 ) Aus einer jetzt im Germanischen Museum befindlichen, früher C. Becker in Würzburg gehörigen 
Pergamenthandschrift. Ich habe bei einzelnen Namen der Würzburger Liste auf dieses Verzeichnis mit dem 
Beisatz »Bösch« und der Seitenzahl verwiesen. 

7 ) Monatshefte für Kunstwissenschaft, Jahrg. V, 1912, S. 41 ff. und »Studien und Quellen zur deutschen 
Kunstgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts«, Freiburg 1912. 

8 ) Es sei an die Nürnberger Familien der Haller, Münzmeister (Haller von Bamberg), Zöllner, Kammer¬ 
meister, Lemmel, Löffelholz, Tintner erinnert. Beide letztgenannten Familien behielten sogar noch Präsen¬ 
tationsrechte auf Bamberger Pfründen, so die Löffelholz auf St. Oswaldsaltar bei St. Martin, die Tintner bei 
St. Martha vor den Toren Bambergs. 


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Gtlmbel, Altfränkische Meisterlisten 



lerischen Beziehungen, je mehr wir diese kennen lernen, desto bedeutungsvoller 
hervor. Es sei z. B. hier an die Pleydenwurffs erinnert, ebenso bieten unsere Meister¬ 
listen hierfür neue Unterlagen. Es kann dies ja auch nicht weiter befremden: die 
beiden einander so nahe liegenden Städte pflogen einen durch keine natürlichen 
Hindernisse (unwirtliche Gebirge, große Flüsse) gehemmten regen Verkehr, die 
Reichsstadt gehörte kirchlich dem Bamberger Diözesanverbande an, woraus sich eine 
Fülle von Beziehungen aller Art ergab 9 ), zahlreiche Bürger trugen Lehen vom 
bischöflich bambergischen Stuhle, auch politisch war das Verhältnis zwischen der 
Reichsstadt und dem Stuhle des hlg. Heinrich, die beide an den mächtig aufstreben¬ 
den hohenzollerschen Burg- und Markgrafen nicht immer bequeme und freundlich 
gesinnte Nachbarn hatten, von einer stetigen, oft durch förmliche Bündnisse be¬ 
kräftigten Herzlichkeit. 

Vielleicht darf hier, wo von der Geschichte der Kunstbeziehungen zwischen 
den beiden Städten die Rede ist, auf einen bisher nicht beachteten merkwürdigen 
Ratsverlaß vom 19. November 1482 hingewiesen werden, der auf eigentümliche, 
zünftige Beziehungen der Nürnberger Brief- und Kartenmaler zu Bamberg schließen 
läßt. Es scheint sich um Bestrebungen dieser Maler gehandelt zu haben, sich nach 
Art der Steinmetzen unter Leitung eines Vorortes zunftmäßig zusammenzuschließen. 
Der Rat trat dem, wie stets in solchen Fällen, kräftig entgegen. Er wollte weder 
selbst den Briefmalern eine Handwerksordnung geben I0 ) — es sollte eine freie, jedem 
offene Kunst sein —, noch ihnen gestatten, sich handwerksmäßig (also mit Vor¬ 
gehern, Strafbüchse für die »Bußen« usw.) zu organisieren oder sich gar einer fremden 
Organisation (in Bamberg oder sonstwo) einzugliedern. Das hervorstechendste 
äußere Zeichen einer solchen Eingliederung wäre eben das Zahlen von Bußgeldern 
gewesen. Der Ratsverlaß lautet: 

Item den brief: und kartcnmalern ir begern und anpringen einer neuen Ordnung 
halben inen zu geben abzulainen und sol bei altem herkomen beieiben, inen auch 

9 ) So erfolgte z. B. das erstmalige Einreiten des neuen Diözesanbischofs in Nürnberg unter festlichem 
Gepränge. 

,0 ) Ratsverlaß vom J. 1479 (zwischen 19. und 23. Januar): Item den brief: und kartenmalern ist ab- 
gelaint ein Ordnung zu geben, und sol bei altem herkomen beleihen. (Nbg. Ratsbücher 2, Fol. 260 a.) Selbst 
dem Henker solle das Briefmalen freistehen. »Item dem nachrichter ist vergönnt briefemalen, als ein 
frye kunst, nachdem das nicht für ein handwerk gehalten würt, zu üben und zu treiben, unangesehen der 
kartenmaler anfechtung« [sabbato post Luce = 20. Oktober 1481, Ratsbücher 3, Fol. 136 b]. 

Die Nürnberger Briefmaler scheinen überhaupt ein ziemlich unruhiges und auch unter sich nicht 
eben verträgliches Völklein gewesen zu sein, denn im J. 1488 mußte ihnen der Rat, um die bisherigen Streitig¬ 
keiten, wie es scheint, um die besseren Standplätze, zu verhindern, eine eigene Verkaufsordung geben. 

Dieselbe lautet: Item den bricfmalcrn, die bisher in dem portale bei unser fraucn capeln ir briefe 
vaile gehabt haben, ist vergönnt, soliche hinfüro auch zu geprauchen, doch uf eins rats widerrufen, nach¬ 
dem sie solichs allain us gunst und kainer gerechtigkeit haben, und mit der droe und Warnung, das sie sich 
gegeneinander eins zimlichen, züchtigen, stillen und fridlichen wesens halten, denn welchr das nicht hielt, 
demselben wölt ein rat das veilehaben daselbst verbieten und nicht mer gestatten, darnach sie sich 
mögen richten, die herren bei dern pfcntcr. acU sabbato ante dominicam palmaruni (= 29. März) 148S. 


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56 


Gümbel, Altfränkische Meisterlisten. 


in sunderhait zu verbieten under inen selbs kainerlai Ordnung noch puß zu machen, 
weder gen Bamberg noch anderswo zu geben, das sei eins rats meinung. 
Stephan Coler, Sebolt Reiche [sc. sollen ihnen das sagen.] act. feria 3 a, Elisabeth 
(= 19. November) Ao. [14]82. Ratsbücher Nr. 3, Fol. 228 a. 

Indem der Verfasser nun die nachfolgenden Meisterlisten, das Ergebnis einer 
umfangreichen und nicht immer mühelosen Schürfarbeit, vorlegt, ist er sich wohl 
bewußt, daß diese Namen zumeist jenen grauen Schatten der odysseeischen Unter¬ 
welt gleichen, die erst Stimme gewinnen, wenn sie vom warmen Lebensblut getrunken 
haben, oder, ohne Bild gesagt, wenn es gelungen ist, diese Meisternamen mit uns 
noch erhaltenen Werken der mittelalterlichen Kunst zu verknüpfen. Dies mag stets 
schwierig, in manchen Fällen aussichtslos sein. Gleichwohl rechnet Verfasser aui 
einigen Dank, denn das ist ja unbestreitbar: je vollkommener und lückenloser wir 
die Entwicklung irgendeiner kunstgeschichtlichen Epoche und die Namen ihrer 
Träger, Führer und Gefolgschaft, kennen, desto eher wird es uns gelingen, ein Kunst¬ 
werk in den historischen Rahmen einzufügen, dem Meister sein Werk, dem Werke 
seinen Meister wiederzuschenken. 

A. 

Nürnberger 11 ) und Bamberger Mcisternamen. Nr. 1 —134. 

1. 

Adolff, Hans, Maler von Kolmar (?), i486. 

Der Nürnberger Rat teilt der Stadt Straßburg mit, daß kein 
Maler des obigen Namens sich in Nürnberg befinde, i486, 27. März. Nbg. 
Briefbücher 39, Fol. 239 b. 

»Straßburg. 

Lieben freunde! eur schreiben, auf anregen Jorgen Geyler[s] von Colmar, von 
wegen eins, der Hanns Adolff genant und bei uns geseßen ein moler sein solle etc, 
jetz an uns gelangt, haben wir vernomen und durch etlich unser ratsfreunde auf der 
maler hantwerk nachfrag tun, auch unser bücher, darein unser burger geschriben 
werden, besichtigen lassen und nach fleißiger forschung und nachfrag nit erfaren 
mögen, das keiner des namens jetzo hie sitze, noch in vergangen Zeiten hie gewesen 
sei, das haben wir euer liebe in freuntlicher, guter meinung nit verhalten wöllcn.... 
dat. am eritag nach Johannis baptiste i486.« 

2 . 

Albrecht, Karteiunaler in Feucht. 1446—1448. 

n ) Wo sich bei diesen der Beisatz »Hampc« oder »GümbeN findet, soll damit auf Hampes Nürn¬ 
berger Ratsverlässe und auf meine »Malernamen der Nürnberger Meister und Bürgerbücher 1363—1534 
und der Steucrlisten 1392—1440*, Rep. f. K.v., Bd. 29 und 30, verwiesen werden. 


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GUmbel, Altfränkische Meisterlisten. 


57 


a ) 

Wird unter den waffenfähigen Nürnberger Hintersassen zu 
Feucht genannt. 1446. Mskr. 590 im Kr.-A. Nbg., Fol. 23 a. 

»Albrecht, Kartenmaler, [besitzt] panzer, hauben, armbrost.« 

b) 

Erscheint als Beklagter. 1448, 14. Oktober. Manualien des kais. Lgr. 
des Bgrftms. Nbg., Literalien Nr. 117, Fol. 338 b. 

»Judicium in Cadolczpurg feria secunda ante festum Galli [14 ]48. 

JohannVlmer der Jünger [klagt] adAlbrechten, kartenmaler zu Feucht. « 
(Klagegrund wird nicht angegeben.) 

3 . 

Andreas (Endres), Maler in Wöhrd bei Nürnberg, 1433. 

a ) 

Wird wegen einer Schuld verklagt. Liber judicii in Werd, 1433—1436, 
im Kr.-A. Nbg., Fol. 2 b. 

»Judicium secunda feria post dominicam cantate (= 11. Mai) [14J33. 

. . . H. Decker von Dynckelspuhel [clagt] ad Endr[es] maler pro 10 
gr[osch] et d[amnum].« 

b ) 

Bietet die verpfändete fahrende Habe des H. von Abenspergk 
auf. Ebenda, Fol. 35 a. 

»Judicium feria secunda ante Egidii (= 31. August) [14]33* 

Endr [es] mol er hat H. von Abenspergk varnde pfand aufpoten. ist erteilt 
auf 14 tag zu verk[undcn] und sol im darauf verkünden, als di schöpfen zu rat 
werden.« 

Ansbach, Fritz, Glaser in, s. Fritz, Glaser in Ansbach. 

,, Fritz, Maler in, s. Fritz, Maler in A. 

,, Heinrich, Schnitzer in, s. Heinrich, Schnitzer in A. 

,, Ulrich, Schnitzer in, s. Ulrich, Schnitzer in A. 

,, Wilhelm, Fritz, Steinmetz in, s. Wilhelm, Fritz. 

Augsburg, Neumayr, Veit, Schnitzer zu, s. bei letzterem. 

4 . 

Aysteter (Eystcter), Georg, Maler in Nürnberg. 1497—1499. Gümbel 
Nr. 2 (1496). 

a) 

Zahlt den »Gemeinen Pfennig« in Nürnberg. Sammelregister Lorcnzer 

IJ ) Dorf s.ö. von Nürnberg. Vgl. auch bei Nr. 129. 

Repertorium für KuDstwitsenftchaft. XXXIX. g 


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Gümbcl, Altfränkische Mcisterlisten 


58 

Seite vom J. 1497. Akten des siebenf. Alph. Nr. 100 im Kr.-A. Nbg., Fasz. I, 
Fol. 103 b. 

»Jorg molcr von Eystet [zahlt] für 2 person.« 

b) 

Erbauseinandersetzung mit seinem Bruder Hans, Maler von 
Eichstätt. 1499, 15. Oktober. Libri Conserv. 5, Fol. 227 a. 

»Jorg Eysteter, der malcr, confitetur, das ime um sein anerstorben veter- 
lich und mütterlich erb ain volkumen Vergnügung bcschehen, und das Hannß Maler 
von Eystat, seinem bruder, unter anderm zu seinem tail angefallen und worden des 
Hannßen Malers, ir baider vaters seligen, verlaßne behausung, zu innern westen zu 
Eystctt gelegen, und das er auch dem genanten seinem bruder auf dieselbig behausung 
für sich und sein erben ledig gezelt, in auch um väterlich und mütterlich erbgut 
ledig und losgesagt hab. . . 3 a post Dionisij 15. octobr[is] [14)99.« 

Baiersdorf, Hanns, Steinmetz von —. Siehe Hanns, Steinmetz von Bai¬ 
ersdorf. 

Baldersheim, Hans, Maler zu, siehe Hans, Malcr zu Baldershcim. 

Basel, Kaspar, Briefmaler von, siehe Kaspar von Basel. 

,, Kögel, Konrad, Malcr in Basel, siehe bei diesem. 

,, Ludwig, Maler von, siche Ludwig, Maler von Basel. 

5 - 

Beham, Hans, Maler zu Nürnberg. 1485. 


a) 

Seine Tochter Margaretha verträgt sich mit ihm und der Stief¬ 
mutter über ihr Erbteil. 1485, 28. November. Libri lit. 2, Fol. 225 b. 

[Schultheiß und Schöffen der Stadt Nürnberg beurkunden] »das für uns 
kam Elßbeth, Hannsen Bchams, des malers, eliche wirtin, burgerin zu Nurm- 
berg, von iren und des genannten irs manns auch ir [er ] kinder wegen, bei im uber- 
komen, und pracht mit unsers gerichts buch, das die erbern Wilhalm Haler und 
Scbolt Schlüßclvelder vor gericht uf ir aid gesagt hetten, das sie des geladen zeugen 
weren, das junkfrau Margreth Behemin, des genanten Hannsen Behems tochter, 
bei Cristina, seiner ersten clichen wirtin sei. uberkemen, am eritag nach s. Elßbeten 
tag nechst vergangen vor ine für sich und all ir erben verjechcn und bekannt, das sie 
sich mit gütem willen . . . mit dem vorgenanten irem rechten vater und ir[er] Stief¬ 
mutter um ir mütterlich anerstorben und künftig veterliche erbschaft, wart und 
erbfeie endlich und unwiderruflich vereinigt und vertragen hett, also das sie ir, so 
der vater mit tod abgieng oder, so sie verhyrat wurde, darum geben solten 10 fl. 
reinisch, ainen mantel von herntaler oder ainem andern tuch, das sich an der güt 


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Gümbel, Altfränkische Meisterlistcn. 



aincm herntalcr tuch gleichet, auch ain gerichts bett und ainen schlair, so irer muter 
seligen gewest were. . . [Falls sic das erhält, will sic weitere Ansprüche niemals 
erheben.] testes her Anthoni Tücher und her Hector Pomer. 2 a post Kathcrine 
[ = 28. Novbr. j 1485.« 

b) 

Dessen Witwe bekennt sich zu einer Geldschuld. 1487, 4. Mai. 
Liber Conserv. 1, 327 b. 

»Eis Bchamin, Malerin, wittib, confitctur Jörgen Schedl 26 guldin auf gute 
rcchnung vcrfallens zins zu erclagtem und erfolgtem rechten, testes rogati herr 
Hanns Schurstab und Wilhalm Hcgncin. Via post crucis invencionis [14)87.« 

<0 

Dieselbe verspricht für den Fall, daß sie das aus der Erbmasse 
zu ihrem Gebrauch zurückbehaltene Handwerkszeug ihres Mannes 
verkaufen wolle, ihre Söhne Hanns und Georg zu benachrichtigen 
und gerichtlichen Ausspruch hierüber zu erwarten. 1488, 10. März. 
Libri Conserv. 2, 28 b. 

»Eis Hanns Behaimin confitctur, das sie den Werkzeug, so ir hauswirt seliger 
hinder ime verlassen und iren sunen vermaint und geschafft (= vermacht) hat, die¬ 
weil sie das hantwerk arbait, selbs brauchen wöl und den nicht verkaufen; doch 
wo sie eehaft oder ander not anstics, das sic des zu verkaufen notturftig were, so 
soll sie Hannscn und Jörgen, iren sunen, daVzu verkünden und rechtlich 
darum erkennen laßen, testes herr R[uprccht] Haller und herr Jobst Haller, act. 
secunda post Oculi [14]88.« 

d) 

Die Vormünder der Söhne des f Malers Hans Bchaim lösen dessen 
von Gg. Schede! gepfändetes Handwerkszeug ein und überlassen es 
der Mutter für ein Jahr zum Gebrauch. 1488, 26. September. Libri Con¬ 
serv. 2, Fol. 91 b. 

»Mertin Smaltz, Hanns Rosenzweid und Conntz Prcnntler als Vormund Hannsen 
Behaims, des malers seligen, kinder mit namen Hannsen und Jorgen der Behaim, 
so er bei Elsbcthcn, seiner hausfrauen, uberkommen und hinder im verlaßen hat, 
auch dieselb Elsbeth haben bekannt, das sie sich miteinander auch mit Jorgen Schedl 
des hausrats und Werkzeugs halben, den derselb Jorg Schedel um verfallen hauszins 
in vergangen Zeiten hab angetast, mit gutem wißen und willen verainigt und ver¬ 
tragen haben, also das die urtail, vormals zwischen der genannten Eisbethen und 
Jorgen Schedl gesprochen, tod und ab und Jorg Schedl derselben sach nun fürter 
on hadern stcen und beleihen soll, und das sic, die vorgcmclten drei Vormund, Jorgen 
Schedel gegen sollicher habe, der er ine abgestanden sei, sein verfallen zins, nemlich 

8 * 


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6o 


Gümbel, Altfränkische Meisterlisten. 


28 fl. laut seiner bekanntnus, die er darin hab, ausrichten und bezalen sollen, und 
das auch die Vormund der genannten Eisbethen die habe, so nit geschätzt sei worden, 
widergeben und ir darzu den Werkzeug, so noch vorhanden ist, bis auf s. Jacobstag 
zu geprauchen leihen. . . act. sexta post Mathei [14J88.« 

6 . 

Berchinger, Jakob, Kartenmaler in Nürnberg. 1491. Gümbel Nr. 21 

(147;). 

Schuldanerkenntnis. 1491, 14. Juli. 

»Jacob Berchinger, kartcnmaler, confitctur Hannsen Schurstab, 
karttenmacher, 6 gülden gelihens geltz . . . eodem die = 5 a post Margrethe 
[14)91.« Libri Conserv. 3, Fol. 230b. 


7 - 

Bernhart, Briefmaler in Nürnberg. 1497. 

Wird 1497 * n dem Einsammelregister des »Gemeinen Pfennigs* auf der 
Lorenzer Seite genannt. Akten des siebenfarbg. Alphabets im Kr.-A. Nbg. 
Nr. 100, Fasz. I, Fol. 72 a. 

»Bernhart Brieffmolcr dedit für 5 person.« 

8 . 

Bernhart, Hans, Seidennäher in Nürnberg. 1457—1469 (?)• 

a) 

In der Erbeinigung zwischen den Brüdern Rummel zu Nürnberg erhält Lien¬ 
hart Rummel zu seinem Teil einen jährlichen Zins von 10 fl. aus »Hannsen Bern ¬ 
harts, Seydennetters, Hawß Neben des Ortolffs haws hintter vnser frawen 
Cappeln gelegen.« Urk. des sog. siebenfarb. Alphabets im Kr.-A. Nbg., Nr. 2593 
vom 23. Februar 1457. 

b) 

Dessen Witwe (?) bestraft. 

»Item 2 U novi 13 Schillinge 8 hlr. Bernhart Scidenncterin verbotner 
münz [halb.]« Nbg. Stadtrechnungen, XV, Fol. 21 b, 1469, zwischen 20. September 
und 18. Oktober. 

c) 

Agnes, Franz Ortolfs Ehefrau, verkauft an »Gerhaus Bernhartin, Seyden- 
netterin«, Bürgerin zu Nürnberg, 8 fl. Eigengeld aus 2 Häusern an der Spitalgasse, 
nämlich aus dem der Käuferin selbst vererbten Haus, dann einem weiteren, act. 
quarta post Laurenti [12. August] 1489. Libri. lit. 6, Fol. 83 a. 


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Gümbel, Altfränkische Meistcrlisten 



d) 

Gcrhaws, Hans Bernharts, des Seydenneters, Wtw., verkauft an 
Wolfgang Beringsdorffer ihre Behausung. 2 a post Martini [ = 14. November] 
1496. Libri lit. im Stadtarchiv Nbg., 13, Fol. 223 b. 

9 . 

Bernhart, Maurer zu Flachslanden ! 3 ). 1458. 

»Meyster Bernhart der mawrer zu Flachßlan ten« wird als Zeuge 
(neben Hanns Otenwalt, dem Zimmermann, in einer Urkunde vom 22. September 
M 58 genannt. (Urk. des kais. Lgr. Nbg. im Kr.-A. Nbg. Nr. 200.) 

Birklingen, Kloster, Recß, Hans, Werkmeister des Kl. B., siehe Reeß, 

Hans. 

10. 

Braun, Hans, Maler in Bamberg. 1489. 

Klagt auf Besitzeinweisung in ein verpfändetes Grundstück. 
1489, 9. Februar. Bamberger Landgerichtsbücher Nr. 713, Fol. 44 b. 

»Judicium provinciale, am montag nach s. Dorotheen tag anno etc. [14] 89 
gehalten. 

Hanns Braun, Maler zu Bamberg, klagt uf ein wiesen, zwischen Demelß- 
torff und Zeckendorff gelegen, die Hans Zeckendorffer innhat, mit aller nützung 
und zügehörüng, umb das dieselbig wiesen seines swehers seligen und seines bruders 
Unterpfand sei für 64 und mag im nit widerfaren on gerichts hilf, dampnum 
tantum.« 

b) 

Derselbe ist Kläger in der gleichen Angelegenheit. 1489, 25. Juni. 
Ebenda, Fol. 64 b. 

»Judicium provinciale, am donerstag nach s. Johannstag sonwenden anno etc. 
[r4J89 gehalten etc. 

Hanns Brawn, maler zu Bamberg, verbeut die frücht auf Hannsen 
Zeckendorffers wisen, die Elisabeth Storin und ir sün bestanden haben, das man 
solcher wiesen nit gebräuchen solle.« 

11. 

Christian, Maler zu Neuhof 1 *). 1448. 

Wird verklagt. 1448, 30. Oktober. Manualien des kais. Lgr. des Bgrftms. 
Nbg. Literalien Nr. 117, Fol. 344 a. 

»Judicium in Cadolczpurg feria quarta ante omnium sanctorum anno [l4]48. 
* 3 ) Marktflecken nördlich von Ansbach. 

M) Wahrscheinlich der Markt Neuhof an der Zcnn, zwischen Neustadt a. A. und Ansbach gelegen. 
Möglicherweise liegt beim Vornamen ein Schreibversehen vor und ist dieser Maler identisch mit Nr. 86. 


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Gtlmbel, Altfränkische Meisterlisten. 


Gutta Hessin von Nuremberg [klagt] auf alle die gut, habe und recht, die 
Cr ist an Maler und Gerhaus, sein hausfrau, in dem dorf und in der mark zum 
Newenhof . . . haben.« [Klagegrund fehlt.] 

12. 

Clement, Maler zu Falkendorf* 5 ). 1443. 

Wird verklagt. 1443, 7. Mai. Manualien des kais. Lgr. des Bgrftms. Nbg. 
Litcralien Nr. 116, Fol. 80 b. 

»Judicium in Nuremberg feria tercia post fcstum s. Walburgis anno d. 1443. 

Hans Tapfheimer [klagt] auf alle die gut, hab und recht, die Clement Maler 
hat zu Falkendorf oder wo er sunst ichtz hat, erb, eigen.« 

13 . 

Clement 16 ), Maler zu Landshut. 1491. 

Bittschriftenverzeichnis des Nürberger Rates 1491, Einlauf zwischen 16. März 
und 6. April: »Jorg Reynisch, Schreyner, vnd Clement, Maler zu Landshut«. 
Inhalt nicht näher bezeichnet. 

Dinkelsbühel, Mathes, markgräflicher Schnitzer in, siehe Mathes, Schnitzer 

in Dinkelsbühl. 

,, Veit, Maler von, siehe Veit, Maler von Dinkelsbühl. 

14 . 

Dirndort, Hans, Maler in Wöhrd bei Nürnberg. 1540* Hampc, I, 
Nr. 1852—1854 (1531) * 7 ). 

Dessen Sohn bestraft. 1540, 17. Februar. (Wöhrder Strafbuch im Kr.-A. 
Nbg., Mskr. 471, Fol. 226 a.) 

»Hanns Dirndort, des malers, sonc, ist darumb, das er bei nechtlicher 
weil auf der gaßen grausam geflucht und gotsschwur getan, auch das er seine nach- 
pauen geschmecht, dieb, pocswicht und hurn gescholten hat, 14 tag in das loch gein 
Nurmberg gestraft, dieselbigen halb mit dem leib und halb mit dem geld auszu- 
richten und sol zwischen heut und dem nehern sontag in die straf geen und die bürgen 
sollen dieweil irer burgschaft nit entledigt sein.« 

15 . 

Eck, Konrad, Maler in Wöhrd bei Nürnberg. 1532— 1545 * Hampc, 
I, Nr. 2220 (1536). 

* 5 ) Ein Dorf zwischen dem ehern, bischüfl. bamberg. Amtsstädtchen Herzogenaurach und dem Kloster 
Nlünchaurach. »Clement* ist wahrscheinlich Vorname; diese Namensf« rm erscheint im 15. Jahrh. stets für 
»Clemens*. 

,6 ) Über den Namen vgl. bei 12. 

* 7 ) Ein Nikolaus Dürndort wird 1458 Bürger in Nürnberg. Gümbel Nr. 78. 


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Gümbel, Altfränkische Meisterlisten. 


63 


a ) 

Dessen Tochter Klara wird bestraft. 1532, 25. Juni. Wöhrder Straf¬ 
buch, Fol. 51 b. 

»Clara, Cuntz Ecken, des malers, tochter, ist darumb, das sie auf das 
furpiten (= Ladung vor Gericht], so ir von Anna Heintzin Solfuß, lebkuchlers 
ewirtin, bescheen [ausgeblieben ist], um 2 h [aller] gestraft worden.« 

b) 

Derselbe gelobt Frieden zu halten. 1535, 16. Februar. Ebenda, Fol. 

110 b. 

»Conradt Eck, maler, contra Sebastian Harder: haben frid zu halten 
angerürt l8 ) bei meiner herren höchste [n] straf und bei 20 # gepoten mit Worten 
und werken.« 

c) 

Wird in die Eisen gelegt. 1536, 23. Novbr. Nbg. Schuldhaftsregister 
Fol. 202 a. 

»Cuntz Eck, maler von Werd, ist von wegen N., seiner toten J 9 ), umb 
15 guld. hinderstelligs erbteils in die eisen gefürt und uf deshalb gemachten vertrag 
und ein urphed wider ausgelassen den 23. novembris 1536.« 

d) 

Ist in einen Streithandel mit einem Nachbarn verwickelt. 1540, 
8. Juni. Wöhrder Strafbuch Fol.* 233 a. 

»Cristoff Vischer, fingerleintreher, ist gerügt und einem erbern rat ernstlich 
angezaigt, wie er ungeverlich vor 14 tagen mit seinen nachpauen ein grosen ungfür 
gehapt, und unter andern mit Conradt Ecken maler . . . darum er zu strafen 
und wandelpar ist; hat bald um 20 h [aller] angerürt auf gnad.« 

e ) 

Wird wegen Friedensbruchs gerügt. 1545, 16. Juni. Ebenda, Fol. 304a. 

»Cüntz Eckh, maler, wider Wolff Baunrusts hausfrau, [wird] frid geboten 
und [werden] zu guten freunden gesprochen, dabei ain strefliche red angezaigt.« 

,8 ) sc. den Büttelstab, den der Richter in Händen trug. 

* 9 ) Patenkind. 

(Fortsetzung folgt.) 



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WILHELM SCHMIDT. 


Geb. 18. 7. 42 in Birkenfeld, gest. 15. 7 - ! 5 ' n seinem Landhaus in Herrsching am Ammersee. 


Mit Wilhelm Schmidt ist einer der Väter der Kunstgeschichte dahingegangen, ein 
Gelehrter von ganz seltenem Wissen und ebenso seltener Bescheidenheit. Viele der Leser 
werden den Forscher als Direktor der Kgl. graph. Sammlung in München (1885—1904) 
persönlich in Erinnerung haben. Er war liebenswürdig gegen jedermann und verschwen¬ 
derisch gegen viele, die ihn um Rat angegangen. In eben diesen Ratschlägen, in seinen 
umfangreichen Briefen und in seinen vielen, in allen wissenschaftlichen Zeitschriften (nicht 
zuletzt im Repertorium) verstreuten, größeren und kleineren Aufsätzen schenkte er sein 
Wissen der Wissenschaft. Ihr ein ehrlicher Diener zu sein, dahin ging all sein Stieben. Dicke 
Bücher hat er mit Ausnahme etwa der Faksimilewerke über die Rarissima der graph. Samm¬ 
lung nie herausgegeben. Mit einem Schriftchen über den feinsten der niederländischen 
Genremaler, über Adriaen Brouwer trat er 1873 in die Wissenschaft ein. Seitdem galten seine 
Forschungen dem gesamten Gebiete der Malerei und Graphik unter besonderer Bevorzu¬ 
gung vielleicht, von Deutschland und Italien. Immer jugendfrisch, ja revolutionär in vielem 
— es sei nur an seine frühen Hinweise auf die Bedeutung von Grünewald, Wolf Huber, Lys 
u. a. beispielsweise erinnert — bahnte er sich seinen Weg, mit klarem Forscherblick in völlig 
unbekannte Gebiete leuchtend und Resultate aufstellend, die heute, zum Teil nach 30 und 
40 Jahren noch unverrückbar stehen. Wochen, Monate und mehr hatte er diesem oder 
jenem Gegenstand gewidmet und am Ende gab er nur, so trocken, wie er selber war, einen 
Extrakt, das reine Resultat und die zum Verständnis unbedingt notwendigen Erläuterungen. 
Während der Arbeit schrieb er diesem oder jenem Freunde noch über einen besonders wich¬ 
tigen Punkt ausführlicher, zu seiner Rechtfertigung. Teilten ihm einige ihre Zustimmung 
mit, dann freute er sich, wenn nicht, dann meinte er nur, die Zeit würde ihm schon Recht 
geben, und sie hat ihm Recht gegeben in sehr vielen Fällen. Wie viele Spezialarbeiten sind 
in den letzten 20 Jahren aus seinen Anregungen entstanden! Und W. Schmidts Erfolge 
sind in seiner, nach heutigen Begriffen, einseitigen Methode begründet! Reisen und immer 
wieder reisen und sehen und vergleichen, war sein oberster Grundsatz zu Zeiten, wo das noch 
lange nicht so selbstverständlich war, wie heute. In einem wichtigen Fall nur das Ori¬ 
ginal, niemals eine Photographie entscheiden lassen! Zum Bild kommen, wie zu einem Schau¬ 
spiel, das man zum erstenmal sieht, ganz Aug und Ohr und dann den Weg begehen, den er 
kannte wie nur ganz wenige (die jüngste Schule überhaupt kaum), den, wenn ich so sagen 
soll, kriminalistisch-technischen, sein Anfang und Ende. Schmidt ging ihn mit unüber¬ 
trefflicher Sicherheit, entschied rein technisch, ob echt oder falsch, und ordnete rein krimina¬ 
listisch in das betreffende Sondergebiet ein. Am nächsten Tag kam er wieder, holte noch 
einmal den »ersten Eindruck«, ein, dann formte er sein letztes Urteil. Auch er ging natür¬ 
lich das Netz der Wechselbeziehungen dabei durch, das die moderne Kunstwissenschaft 
so sehr fesselt, aber er verweilte nicht dabei, ihn interessierte letzten Endes nur der mathe¬ 
matisch-kriminalistische Beweis. Der war eben seine Meisterschaft. 

In den letzten 15 Jahren etwa war die venezianische Malerei sein Lieblingsgebiet. 
Vielleicht seine beste Arbeit auf diesem Gebiete stellt die in vielen Jahren gereifte Lösung 
der Giorgione-Frage dar (Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft, 3. Jahrg. 
Heft I, 1903). Hier führte er auch seine Lieblingsidee durch, die Ergänzung der Totalphoto¬ 
graphien durch technische Einzelaufnahmen, entsprechend seiner Methode. Mit starker 


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s 


Wilhelm Schmidt. 



Hand zerriß er die Sagenschwaden um den großen Venezianer und stellte unter dem Beifall 
vieler die unverrückbaren Grundmauern wieder her. 

Sehr viele seiner Forschungen galten natürlich den Schätzen seiner drei Lieblings¬ 
sammlungen, der K. graphischen Sammlung, der K. alten Pinakothek und der Schleiß- 
heimer Gemäldegalerie. Bei Kriegsbeginn hatte er sich eben mit Holbein beschäftigt. In 
einem Brief an mich—die Aufzeichnungen selbst scheinen mit vielen anderen verloren zu 
sein — stellt er die Bewandtnis mit Nr. 1490 des neuen Katalogs der alten Pinakothek 
fest: Derick Bcrck, deutscher Kaufmann in London »Schulreplik«. Schmidt schreibt: »Nr. 
1490 ist nach Holbcin kopiert. Daran ist ja nicht zu zweifeln, aber eine Schulkopie ist es nicht, 
meiner Ansicht nach ist das Bild sicher von einem Niederländer gemalt, der es in England aus 
irgendeinem Grunde kopiert hat. Es ist mit niederländischer Technik meisterhaft gemalt, 
wer sich auf Holbcinschc Behandlung veisteht, findet sic ganz und gar nicht darin, eine 
Schulkopic müßte sic ja auch aufzeigen. Die Behandlung ist die des J. van Cleef (sötte Cleef), 
der ja in England längere Zeit gelebt hat. Die Kommission hat ganz Rechte gehabt, seiner 
Zeit (1890) das Bild zu kaufen.« Das war meines Wissens Schmidts letzte kunstgeschicht¬ 
liche Arbeit überhaupt. 

Die Arbeiten des Gelehrten über Gegenstände der graph. Sammlung sind überall 
verstreut, seine Bestimmungen der Rarissima im übrigen in seinen Faksimilewerken nieder - 
gclegt, die meisten seiner Bestimmungen von Gemälden der alten Pinakothek und der Schleiß- 
heimer Galerie in den Katalogen dieser Sammlungen aufgenommen. 

Wilhelm Schmidt war ein ausgezeichneter Museumsmann. Die graphische Sammlung 
verdankt seiner Gelehrtentätigkeit dort und seinen Ankäufen altei Kunst dafür einen großen 
Teil ihres heutigen Rufes, cs sei nur beispielsweise an seine Erwerbung der hervorragenden 
Zeichnungen des Wolf Huber und der vielen Blätter des Meisters ES erinnert. 

Der Allgemeinheit vielleicht weniger bekannt dürfte Schmidts, bis in die allerletzte 
Zeit dauernde Tätigkeit als Berater der alten Pinakothek sein. Schmidt kannte den Mün¬ 
chner Markt wie kein einziger. Er hatte für die alte Pinakothek immer eine Reihe ausge¬ 
zeichneter Werke an der Hand, deren Geheimnis er sorgsam hütete. Ich vergesse nie, wie 
ihm auf diese Weise einmal kurz nacheinander ein Konrad Witz (angeboten für 1800 M.) 
und ein Wolff Traut (angeboten für 800 M.), der eine in eine auswärtige Galerie und der 
andre in Privatbcsitz entschlüpfte; und wie bedrückt er damals war. Wenig bekannt dürfte 
auch sein, daß Tschudi manchen Rat sich dort erholte und daß beispielsweise der glänzende 
Ankauf der vielgerühmten fünf Goyas (Katalog Nr. 1480—84) hauptsächlich auf Schmidts 
Betreiben hin erfolgte. 

Wilhelm Schmidt hat in seinem langen Leben sehr viel Schweres durchgemacht und 
alles mit einer Vornehmheit getragen, an der er zugrunde gehen mußte. Im Krieg umnachtete 
sich sein Geist zusehends. Der Tod war ihm eine Erlösung. Die Kunstgeschichte verliert 
mit ihm einen von den prächtigen Ahnen, die der jungen Wissenschaft so sehr not tun, 
wegen ihrer über jeden Zweifel erhabenen Selbstlosigkeit. Schmidts ausgezeichnete Privat¬ 
sammlung soll in alle Winde gehen. Wer Schmidt kannte, hatte ihn gern. Als Lehrer und als 
Mensch wird er mir immer unvergeßlich sein. Man konnte unendlich viel von ihm lernen. 
Vielleicht findet sich nach dem Kriege Gelegenheit, eine Sammlung seiner Studien heraus¬ 
zugeben, die der Wissenschaft von größtem Nutzen wäre. 

München, im Dezember 1915. Konrad Weinmayer . 


Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 


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LITERATUR. 

Provinzial-Museum in Bonn. Katalog der Gemäldegalerie. Von W. Cohen. 

Bonn 1914. (Mit 103 Tafeln.) 

Der Charakter der Bonner Sammlung, die eine Vereinigung einer kunsthistorischen 
Lehrsammlung mit der eines Liebhabers alter Bilder, vermehrt um eine Reihe von Werken 
aus der Rheinprovinz und mehreren Erwerbungen der letzten Zeit darstellt, bedingt gleich¬ 
mäßige Berücksichtigung aller Gebiete der Malerei, ohne daß die darauf bezügliche Literatur 
anders als in ihren allgemeinsten Ergebnissen dafür verwertet werden kann. Sind Äuße¬ 
rungen vorhanden, die unmittelbar auf die Sammlung Bezug nehmen, so sind sie doppelt 
sorgfältig nachzuprüfen. Abseits der großen Heerstraße gelegen, gebricht es an ausreichend 
begründeten Urteilen über die Bilder, wohl aber herrscht Überfluß an flüchtig geäußerten 
Vermutungen, wie sie sich dem Betrachter bei der Prüfung der Sammlung sozusagen als 
Stichworte aufdrängen und die ihm später leicht Tatsachen dünken, die des Beweises nicht 
mehr bedürfen. Der persönliche Anteil des Verfassers überschreitet denn auch weit das 
Maß des Üblichen. 

. Entgegen einer nicht nur in den Katalogen kleinerer Sammlungen geübten Gepflogenheit 
fußen die biographischen Notizen nicht auf den bekannten Verzeichnissen der großen deut¬ 
schen und ausländischen Sammlungen, sondern lassen die persönliche Auslegung der ma߬ 
gebenden Quellen erkennen. Der Erinnerung kommen die knappen Angaben über die Art 
des malerischen Vortrags, über offenbare Beschädigungen der Bilder, die Hervorhebung 
charakteristischer Farben in erwünschtester Weise zu Hilfe. Die von Cohen angewendete 
Methode der Farbenbeschreibung bietet bei dem Mangel eines einheitlichen Verfahrens 
einstweilen die größten Vorteile, und man möchte wünschen, daß der individuelle Ton 
der Beschreibungen aus den Katalogen vieler kleiner Sammlungen widerklingen möge, 
bei denen man weit mehr auf eine Stütze der Erinnerung angewiesen ist als in den bekann¬ 
ten Sammlungen. Nachahmenswert ist auch die reiche Illustrierung des Kataloges mit 
103 Tafeln, die ungefähr ein Drittel des Gesamtbestandes wiedergeben. 

Nachdem bereits Friedländer (Kunstchronik NF. 1914) neue wertvolle Beobachtungen 
zu den Bildern mitgeteilt hat, — auch Frimmels Notizen in seinen »Stud. u. Skizzen zur Ge¬ 
mäldekunde« (Mai 1914) sind zu berücksichtigen —sei auch hier noch einiges nachgetragen. 

(Taf. 16.) Der oberdeutsche Meister der Madonna mit Heiligen, dem von Cohen die 
Madonna mit dem falschen Schongauermonogramm in Wien u. a. m. zugeschrieben wird, 
ist im Elsaß tätig gewesen. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist ihm das Sockclbild des Altars 
von Tcmpclhof bei Bergheim (Ober-Elsaß) im Colmarer Museum zuzuschreiben. 

(Taf. 31. »Nachfolger des Meisters des Todes Mariä.«) Die Komposition des Mittel¬ 
bildes ist eine ziemlich getreue Nachahmung des Triptychons von Memling im Wiener Hof¬ 
museum. 

(Taf. 35. »F. Floris zugeschrieben.«) Die Vermutung Cohens, der das Bild einem 

zurückgebliebenen Künstler vom Ende des 16. Jahrhunderts geben möchte, ist wohl zu¬ 
treffend, da die malerische Durchführung der Blumen und des übrigen Beiwerks nicht vor 
dieser Zeit möglich ist. Stilistisch geht das Bild auf die Madonnen des sogenannten Lambert 
Lombard, kompositioncll (vgl. den Johannesknaben und Joseph) deutlich auf Werke aus 
dem Kreise Raphaels zurück. Die diesem Werk genäherte Madonna in Zwolle, sowie die in 
Dortmund sind von dem Schüler des Floris Crispin van den Broeck, wie ein ganz ähnliches 
bezeichntes Halbftgurenbild im Prado erweist. 



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Literatur. 



(Taf. 42.) Es ist anscheinend noch nicht beobachtet worden, daß auf Scorels großer 
Kreuzigung die Gruppe des galoppierenden Reiters mit dem laufenden Kriegsknecht auf 
der linken Seite des Bildes aus Raphaels Teppich »Bekehrung des Saulus« entlehnt ist. 

(Taf. 52.) Die Schneiderwerkstatt Q. Brekelenkams kommt nochmals in der Samm¬ 
lung Johnson in Philadelphia vor (vgl. die Abbildung in Bd. II des Kataloges von Valentincr). 

(Taf. 72. »Terborch.«) Das Werk ist eine Kopie nach dem anscheinend außerordent¬ 
lich schönen Familienbild Terborchs der Sammlung Hallwyl in Stockholm (Granberg, In- 
ventaire g6n£ral des tr6sors d'art en Sufcde II 1912 Nr. 1). F. Winkler. 


Deutsches Barock und Rokoko. Herausgegeben im Anschluß an die Jahihundert- 
Ausstellung deutscher Kunst 1650—1800 Darmstadt 1914 von Georg Biermann. Leipzig 
1914. Verlag der weißen Bücher Erik-Ernst Schwabach. 

Erstaunlich bald nach dem vorzeitigen Abbruch der Darmstädter Ausstellung sind 
die beiden dicken Bände fertig gewesen; offenbar sollte wenigstens ein Teil der Wirkung, 
die sich das große Unternehmen erhofft hatte, durch das Werk, in dem die wichtigsten Aus¬ 
stellungsgegenstände abgebildet sind, erzielt, vielleicht auch ein Teil des von der Ausstellung 
erregten Interesses für ihren literarischen Niederschlag gerettet werden. Ein solches Werk, 
das reiches, z. T. unbekanntes oder schwer zugängliches Material gesammelt enthält, mußte 
in hohem Grade willkommen sein. Was man ihm etwa hätte vorweifen können, wären 
Schwächen der Ausstellung gewesen, die auch den Veranstaltern nicht unbekannt geblieben 
sind; durch den notwendigen Verzicht auf Architektur, auf dekorative Skulptur und Malerei, 
durch den nahezu völligen Ausschluß des Kunstgewerbes, durch das fast unverständliche 
Fortlassen der Graphik, die »wohl in keinem Jahrhundert für die Allgemeinheit eine solche 
Rolle gespielt hat wie im XVIII.« (H. Brandt, Goethe und die graph. Künste, Heidelberg 
1913, S. 2), mußte nicht nur ein einseitiges, sondern ein völlig falsches Bild vom künst¬ 
lerischen Wesen jenes Zeitraums entstehen. Ein Blick auf die ersten Abbildungen des Werks, 
die die nüchternen, aller modernen Ausstellungstechnik entsprechend eingerichteten Räume 
im Darmstädter Residenzschloß zeigen, entschleiert beinahe einen gewissen inneren Wider¬ 
spruch in der Bezeichnung »Barock- und Rokoko-Ausstellung«. Daß auch innerhalb der 
ins Programm aufgenommenen Gebiete nicht immer das Beste und Charakteristischeste 
zu ei langen war, kann dem Buche nicht vorgeworfen werden; es leidet hier einfach unter 
den Zufällen und Schwierigkeiten, mit denen die Ausstellung, so gut wie jede andere, zu 
kämpfen hatte. Hier waren sie vielleicht besonders arg, da die Epoche, um die es sich ihr 
handelte, so ungenügend erforscht ist. 

Wenn ich all das hier streife, so geschieht dies keineswegs, um die Ausstellung, die 
ich nicht mehr zu sehen Gelegenheit hatte, irgendwie in Diskussion zu stellen; sie soll im 
Gegenteil auch in allem Folgenden völlig außerhalb meiner Betrachtung bleiben *). Ich 
erwähne die Schwierigkeiten nur, um die Verantwortlichkeit zwischen Ausstellung und 
Buch gerechter zu teilen, um von diesem nichts zu fordern, was cs zu leisten nicht schuldig 
ist. Hierher gehören z. B. die Meinungsverschiedenheiten, die sich sowohl bezüglich der 
nationalen als der zeitlichen Abgrenzung des so komplizierten Materials naturgemäß leicht 
ergeben können. Mit Recht sind Ausländer aufgenommen worden, die in Deutschland 
künstlerisches Bürgerrecht gewonnen haben. Pcsne, Meytcns, Marees sind im Gesamtbilde 
der deutschen Kunst des achtzehnten Jahrhunderts unentbehrlich, wenn sic sich auch — 

r ) Ich möchte nur die persönliche Bemerkung machen, daß ich im November H)i3 Prof. Biermann in 
bestimmtester Weise meinen Austritt aus dem Wiener Arbeitsausschuß angezeigt habe, also mit Unrecht 
im Katalog der Ausstellung als Mitglied dieses Ausschusses genannt werde. 

9 * 


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68 


Literatur. 


wie z. B. Guibal in einem Brief noch von 1779 — zeitlebens als Fremde fühlen mochten. 
Aber man möchte fragen, warum dann nicht auch bilvestre, Vivien, Schoonjans? Warum 
statt ihrer Ausländer ohne Bedeutung und ohne nähere Beziehung zu Deutschland wie Möller, 
Bencini u. a. ? Anderseits läßt sich gewiß verfechten, daß gebürtige Deutsche, die im Aus¬ 
land gelernt und gelebt haben, in der Ausstellung vertreten waren; aber wenn Jacobsen, 
Knüpfer, Quinckhardt, warum nicht auch Backhuysen und Nctscher, Kneller und Lely? 
Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich bei der zeitlichen Eingienzung; hat man Wilhelm 
von Kobell (t 1853), I. F. Morgenstern (*1*1844) oder Martin Wagner ("f 1858) aufgenommen, 
um das Ausklingen der früheren Kunst zu zeigen, so hätte vielleicht manche andere Richtung 
— z. B. die über die Nazarener führende — ein ähnliches Verfolgen verdient. Noch schwerer 
war es, den Grenzstrich gegen die andere Seite zu ziehen; denn schließlich dient bis zu einem 
gewissen Grade alles Vorangegangene einer Kunst zur Vorbereitung. Ob wirklich gerade 
Flegel (f 1638), Fclpacher (1639), König (f 1642), ob die bis in die Mitte des sechzehnten 
Jahrhunderts zurückreichenden Goldschmiedearbeiten die entscheidenden Bindeglieder 
sind, darf bezweifelt werden. 

All diese Meinungsverschiedenheiten aber berühren mehr die Ausstellung als das Buch; 
denn dieses konnte an dem von jener gebotenen Material nur durch Auswahl und Gruppierung 
eine teilweise Korrektur vornehmen. Die Einteilung des reichen Stoffs ist nun allerdings 
alles andere als glücklich; weder die örtliche noch die zeitliche Gruppierung ist eingehalten 
worden. Im norddeutschen Kunstkreis würde man Angelika Kauffmann aus Bregenz oder 
einen unbekannten Tiroler (Abb. 264 ff.) ebensowenig suchen wie ein Bild von Fcucrlcin 
(1668—1728), das noch dazu 1702 datiert ist (Abb. 715), innerhalb der deutschen Malerei 
von 1750—1800. Oder daß Fiedler einmal unter den Norddeutschen, einmal unter den 
Süddeutschen, einmal in der Zeit bis 1750, einmal im Abschnitt danach erscheint (Abb. 159 
und 714) beweist keine besondere Ordnungsliebe. Unter dem Titel Bildnismalerci in Süd¬ 
oder in Norddcutschland sind Bilder von allerlei Art zusammengcstellt; was für Porträts 
im »geistigen Deutschland« und welche in irgendeiner der anderen Abteilungen zu suchen 
sind, ist kaum ersichtlich; innerhalb der einzelnen Abteilungen sind die Abbildungen olrnc 
bestimmtes System aneinander gereiht. Man wollte wahrscheinlich das rasche Erscheinen 
des Buchs nicht durch genauere Ordnung des Materials verzögern. Aber warum hat man 
die Heliogravüren, die doch besonders markante Bilder reproduzieren, so völlig aus der 
natürlichen, ohnedies bescheidenen Ordnung der Dinge herausgerissen ? Sie sind ohne Rück¬ 
sicht auf die Zugehörigkeit der abgebildeten Objekte über die verschiedenen Abteilungen 
ausgestreut; sie tragen die Maß- und Ortsangaben nicht, die den anderen Abbildungen bei- 
gegeben sind; und sic haben endlich keine Nummern, so daß man, wenn im Text oder Re¬ 
gister auf eine Heliogravüre hingewiesen wird, immer den ganzen Band durchzublättern 
genötigt ist. 

Alle diese Mängel erschweren die Benützung des Buches, beeinträchtigen aber nur 
w f enig unsere Erkenntlichkeit für das reiche Arbeitsmatcrial, das cs uns bietet. Nur findet 
unsere Dankbarkeit, fürchte ich, keine rechte Anerkennung; denn nach den Worten des 
Herausgebers (S. IV) will die »Veröffentlichung weniger der Erinnerung an die Darmstädtcr 
Jahrhundert-Ausstellung als vielmehr der Erkenntnis jenes vielseitigen Kapitels deutscher 
Kunstgeschichte gewidmet sein, dessen Material zum erstenmal in den weiten Räumen 
des Großherzoglichen Schlosses übersichtlich ausgebreitet werden konnte«. Das Werk soll 
in der Zukunft die wichtigste Quelle für die deutsche Kunstgeschichte von 1650—1800 
bilden; es erhebt also wissenschaftliche Ansprüche, die eine gewissenhafte Prüfung des Ge¬ 


botenen zur Pflicht machen, 


die läßliche Freundlichkeit, 


die dem Bilderbuch gegenüber 


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Literatur. 


69 


gestattet war, verbietet sich einer Veröffentlichung gegenüber, die die bisherige, »durch 
keinerlei Sachkenntnis gestützte Kunstgeschichtsschreibung« (S. XI) enthronen und einer 
künftigen erschöpfenden Geschichte dieser Kunstepoche ein festes Fundament schaffen will. 

Die wissenschaftliche Arbeit besteht außer in der Gruppierung des Materials — über 
deren Seltsamkeiten ich schon einiges gesagt habe — in dem dem zweiten Band vorange¬ 
stellten Katalog und in den textlichen Beiträgen des ersten Bandes. Jener wird nach 
der Versicherung des Herausgebers nicht weniger willkommen sein als diese, »die lediglich 
in großen Linien die Zusammenhänge anzudeuten vermochten«. Tatsächlich ist ein zuver¬ 
lässiger Katalog über wenig bekannte Werke wenig gekannter Künstler eine dringend 
erwünschte Gabe, zumal offenbar keine Mühe gescheut wurde, hier wirklich in knappster 
Form gediegenste Arbeit geleistet wurde. »Die hier zusammengestellten biographischen 
und entwicklungsgeschichtlichen Angaben«, merkt eine Notiz des Herausgebers an, »sind in 
erster Linie nach den Mitteilungen der vorhandenen Künstlerlexiken und Quellenschriften 
(Nagler, Fucßli, Meusel, Singer, Thieme-Becker), ferner nach den Angaben in den Samm¬ 
lungskatalogen bearbeitet worden. Ebenso wurde die zum Teil weit verstreute Zeitschriften¬ 
literatur zu Rate gezogen. Was an neuen Tatsachen und Feststellungen mitgeteilt werden 
konnte, fügte sich den übrigen Mitteilungen ein, ohne besonders hervorgehoben zu werden.« 
Dieses Verschweigen der eigenen Verdienste scheint mir allerdings eine zu weitgehende 
Bescheidenheit zu sein; denn bei allem Respekt vor gewissenhafter Forschung, wir wollen 
doch wissen, worauf eine Abweichung vom bisherigen Stand der Kenntnis sich stützt. Aber 
jedenfalls haben wir einen reichen Auszug aus der arg zerstreuten Literatur zu erwarten, 
wenn sich auch — damit schließt jene Vorbemerkung des Herausgebers — bei der Fülle des 
Materials der Bearbeiter dieser Abteilung — d. i. nach dem Inhaltsverzeichnis der Heraus¬ 
geber selbst — darauf beschränken muß, »nur solche Literaturangaben namhaft zu machen, 
die grundlegenden Wert haben«. Hier erwartet uns die erste Enttäuschung; in dieser auf 
die grundlegenden Arbeiten sich beschränkenden Bibliographie fehlen die wichstigtcn mono¬ 
graphischen Darstellungen — teils Bücher, teils Zeitschriftenaufsätze —, deren es auch für 
diese so stiefmütterlich behandelte Zeit einige gibt. Z. B. für Baumgartner A. Hämmerle, 
Leben und Werke des Augsburger Malers I. W. B. im Sammelblatt des historischen Vereins 
von Eichstädt 21. Jahrgang (1906); für Byss Fritz Hirsch, Das s. g. Skizzenbuch B. Neu- 
manns, Beiheft 8 der Zeitschrift für Geschichte der Architektur, wo die ganze bisherige 
Auffassung des Künstlers umgeworfen wird; für Holzer Hämmcrle, Der fürsterzbischöfl. 
Hofmaler etc. 1 . E. H. im Sammelblatt des histor. Vereins von Eichstädt 1908 und 1909; 
für Knollcr Joseph Popp, M. K., Innsbruck 1905; für Ferdinand Kobell I. A. Beringer, 
F. K., Mannheim 1909: für Wilhelm Kobell H. Höhn, Studien zur Entwicklung der Mün¬ 
chener Landschaftsmalerei vom Ende des 18. und vom Anfang des 19. Jahrhunderts, Studien 
zur deutschen Kunstgeschichte, 108, Straßburg 1909: für I. L. E. Morgenstern Rosa Schapire, 
1 . L. E. M., Studien z. d. Kg. 57, Straßburg 1904: für Anton de Peters A. Fortlagc, A. de P., 
Studien z. d. Kg. 122, Straßburg 1910: für Rottmayr H. Tietze, I. M. R. im Jahrbuch der 
Zentral-Kommission 1906: für Ruthardt Th. v. Frimmel, K. A. R. im Repertorium für 
Kunstwissenschaft IX, für A. Stcch B. Makowski, Der Maler A. St. in Zeitschrift des west¬ 
preußischen Geschichtsvereins, Heft 52: für I. H. Tischbein H. Bahlmann, I. H. T. in 
Studien zur deutschen Kunstgeschichte 142, Straßburg 1911: für M. A. Unterberger 
K. Zimmeter, M. A. und Sebald U., Innsbruck 1902. Für A. Kauflmann gibt es statt des 
angeführten Buchs von Rossi von 1810 zwei neuere Arbeiten, eine von W. Schram, Die 
Malerin A. K., Brünn 1890, die andere von F. Gcrard, London 1892; bei den Königsleutnants- 



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70 


Literatur. 


dem Martin Schubart seine Lebensarbeit gewidmet hatte, und die gründlichen Unter¬ 
suchungen von Otto Donner von Richter und von Heuer im Jahrbuch des freien deutschen 
Hochstifts 1904 und 1907, dafür ist auf ein Aufsätzchen von Bangel verwiesen, weil es in 
denJMonatsheften für Kunstwissenschaft erschienen ist. 

-r; Sieht es schon um die Kenntnis der grundlegenden Arbeiten so aus, so werden die 
biographischen Angaben nicht gar zuverlässig sein; tatsächlich strotzen sie — trotzdem 
sie sich der größten Kürze befleißigen und nur dieallerclementarsten Angaben enthalten — von 
Fehlern, die bei einiger Kenntnis der Literatur zu vermeiden gewesen wären. Dubois ist 
1668, nicht 1688 geboren, letzteres beruht, wie in Thiemes Lexikon zu lesen ist, auf einem 
Druckfehler bei Nicolai. Etgens ist nicht 1754, sondern 1757 gestorben; Fesel hieß nicht 
Christian, sondern Christoph; I. E. Fischer von Erlach ist nicht 1695, sondern am 13.9. 1693 
geboren, auch hat er das Schwarzenberg'sche Palais in Wien weder »geschaffen« noch gebaut. 
Hans Graf ist nicht um 1680 geboren und zu unbekannter Zeit gestorben, sondern 1653 
geboren und 1710 gestorben; ob Daniel Gran in Wien geboren ist, weiß man nicht, aber man 
weiß, daß er hauptsächlich bei Werle lernte. Samuel Grimm ist nicht 1740, sondern 1733 
geboren; sein Vater war nicht der Miniaturmaler Johann Grimm — der war sein Onkel —, 
sondern der Notar Joh. Jakob Grimm; auch starb er nicht 1806, sondern 1794. Norbert 
Grund ist nicht 1714, sondern 1717 geboren; bei Guibal sind die Daten der römischen und 
Stuttgarter Aufenthalte fehlerhaft. Hans König starb nicht nach 1665 — das geht, wie man 
schon lange weiß, auf einen Lesefehler in einem alten Pommersfeldenschen Katalog zurück — 
sondern nach Doppclmeyer 1642: Wilhelm von Kobell starb nicht 1855, sondern am 15. Juli 
1853. Loth, dessen Vater mehr Ulrich als Johann hieß, hat nicht in Wien für 
Kaiser Leopold II. (statt I. *)) gemalt, sondern hatte nur den Titel Hofmaler. 
Lauterer ist nicht 1735, sondern 1733 gestorben; dafür ist Maron nicht in letzterem Jahre, 
sondern 1731 geboren; er war übrigens nicht Sekretär der Akademie von S. Luca, sondern 
1768 Proveditore, 1771 und wieder 73 Custode. Maulpertsch hat nicht »symbolische Darstel¬ 
lungen im Bibliothekssaal zu Prag, in der Hofkapelle und in den Gemächern der Kaiserin 
in Innsbruck und der St. Benno-Kapelle in der Dresdner Hofkirche« gemalt, sondern alle¬ 
gorische Fresken in der Bibliothek zu Strahow r , im Riesensaal in der Residenz in Innsbruck 
und in der genannten Kapelle in Dresden. Ismael Mengs war nicht Direktor der Akademie 
in Dresden, G. F. Meyers Lehrer war nicht Hein, sondern D. Hien, Meytens kam nicht 
1726, sondern erst 1731 wieder nach Wien; Palko soll Schüler des Bibiena an derWiener 
Akademie gewesen sein, kein Mitglied dieser Familie war je an ihr Professor. Josef Pichler 
lernte nicht in Linz (Oberösterreich), sondern in Lunz (Tirol), er starb wohl nach 1764, 
nämlich 1808; zahlreiche Arbeiten aus der Zeit nach 1764 sind bekannt, ebenso daß er erst 
1778 Mitglied der Wiener Akademie wurde. Joh. G; Platzer lebte nicht 1702—60, sondern 
1704—1761, Schalch starb nicht um 1790, sondern am 21. 8. 1789, Schnetzler nicht 1768, 
sondern am 30. 5. 1763, I. M. Schmidt war nicht Schüler seines Vaters, Stocklin starb nicht 
1 795 * sondern 1800, Speisegger — Georg Herrmann mit dem Taufnamen — war wohl tätig 
gegen Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, er lebte nämlich vom 
24. 8. 1774 bis zum 12. 10. 1846. •« 

Die Fülle der Fehler, die sich um zahlreiche kleinere Ungenauigkeiten beliebig ver¬ 
mehren ließe, ist so erstaunlich, daß ich ausdrücklich betonen muß: alle meine Richtigstellungen 

*) Einer von den zahlreichen Druckfehlern, von denen besonders die Eigennamen wimmeln: Canca für 
Conca, Lepcl für Lepler, Restaut für Restout, Mayer für Meyer (Lehrer I. R. Hubers), Weichrod für Wele- 
hrad, F. für N. Largilliere, Johanneum in Prag für in Graz etc. 


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Literatur. 


71 


stammen nicht aus archivalischenQuellen oder auch nur seltenen Lokalzeitschriften, sondern 
aus leicht zugänglicher gedruckter Literatur, gewissermaßen aus der Handbibliothek jedes, 
der sich mit deutschem Barock und Rokoko beschäftigt; wer vollends eine eigene Abteilung 
»Schweizer Kunst« arrangiert, hätte z. B. C. Bruns Schweizerisches Künstlerlexikon 
(Fiauenfeld 1905 ff.) kennen sollen! Jetzt wird die Bescheidenheit, die eigenen Forschungs¬ 
ergebnisse in die allgemeine Masse verschwinden zu lassen, erst verständlich! Wer sich — 
wie ich es getan habe — die Mühe nimmt, Artikel um Artikel durchzugehen, wird finden, 
daß das Neue — von den paar Biographien abgesehen, bei denen vorbereitete neue Werke 
dem Herausgeber zur Verfügung standen, z. B. Manyoki, Ovens, Zick — auf einem sehr 
kleinen Zettelchen Platz fände; in Wirklichkeit sind die Biographien zum allergrößten 
Teile flüchtige Auszüge bis F. aus dem neuen Thieme, von da an aus dem guten alten Nagler, 
wobei manchmal sogar ästhetische Urteile in das neue, alle bisherige kritiklose Forschung 
beschämende Fundamentalwerk übergingen. So z. B. wenn über Ignaz Stern gesagt wird, 
daß »in seinen Arbeiten eine weichliche Grazie auffällt«, was Nagler ausdrückte, daß Sterns 
Grazie öfters in Weichlichkeit ausartete. Es ist überhaupt staunenswert, wie geschickt das 
alte Lexikon modernisiert ist. Wie geschwätzig klingt z. B.: »Hopfer, Wolfgang Ludwig, 
Maler zu Nürnberg, erlernte die Anfangsgründe der Kunst bei G. Strauch, begab sich dann 
zu I. Spielberger nach Wien und hierauf besuchte er Italien, wo er neun Jahre blieb. Nach 
seiner Rückkehr wurde er Hofmaler des Kurfürsten von der Pfalz, und 1698 starb er, 50 Jahre 
alt. Dieser W. Hopfer malte Bildnisse und Schlachten im I. Ph. Lembkes Manier.« Wie 
ganz anders wissenschaftlich hört sich doch folgende Biographie an: »Hopfer, Wolfgang 
Ludwig, geb. 1648 in Nürnberg, gest. 1698. Schüler von Georg Strauch und Johann Spillen - 
berger. War neun Jahre in Italien tätig. Nach seiner Rückkehr wurde er Hofmaler des 
Kurfürsten von der Pfalz. (Ohne Nennung des Namens klingt das nicht ganz wissenschaft¬ 
lich, aber warum hat Nagler das Geheimnis nicht verraten, wer damals Kurfürst von der 
Pfalz war!) Er malte Bildnisse und Schlachten in der Manier des I. B. Lembke.« Aber diese 
schneidige Umstellung macht den Text nicht immer richtiger; denn daß August Querfurts 
»erste Bilder die großen Schlachtstücke sind, die er für den Prinzen Alexander von Württem¬ 
berg (da ist jetzt der Name!) und den Fürsten zu Waldeck (da ist er wieder nicht!) malte«, 
würde uns baß verwundern, wenn wir uns nicht von Nagler her erinnerten, daß es seine 
ersten Bilder, welche ihn allgemein bekannt machten, waren, die er für den Prinzen 
Alexander von Württemberg (ach so!) und den Grafen von Waldeck malte. Besonders unauf¬ 
merksam gegen seine Hauptquelle erweist sich Biermann aber bei der Biographie des Malers 
Roeßler; er exzerpiert Nagler zwar fehlerfrei, aber in der Eile erwischt er Johann Carl Rößler 
aus Görlitz statt Carl Rößler von Nürnbeig, wo doch das ausgestellte Porträt ausdrücklich 
Rößler v. Nürnberg bezeichnet ist s) und Nagler wohlmeinend gewarnt hat: »darf aber mit 
dem folgenden Künstler nicht verwechselt werden!« 

Der Katalog besteht aber nicht nur aus den Biographien der Künstler, sondern auch 
aus der Beschreibung der ausgestellten Werke; diese ist sehr knapp gehalten: Bezeichnung 
des Gegenstands; Malgrund, Maße. Eventuell Signatur oder auch gelegentlich eine An¬ 
merkung, Besitzer. Malgrund, Maßangaben — die ohne ersichtlichen Grund und sehr be¬ 
dauerlicher Weise bei den Zeichnungen weggelassen wurden — und Besitzer habe ich nicht 
überprüft, zu den anderen Punkten habe ich mehrere Einwendungen zu erheben, obwohl 
ich auch da für die Signaturen nur ein sehr ungenügendes Kontrollematerial habe und Porträts 

3 ) Übrigens malt J. C. Roeßler ganz anders. Siehe z. B. das in der Ausstellung deutscher Kunst des 
XIX. Jahrhunderts im Leipziger Kunstverein (September-November 1915) ausgestellte Porträt, das im 
Katalog abgebildct ist. 


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7 2 


Literatur. 


und Landschaften ausscheide. So unwahrscheinlich es klingt, es sind häufig die dargestellten 
Themen nicht erkannt worden. Die beiden Schlachtenbilder von Schönfeldt stellen nicht 
die Kriegstaten Alexander des Großen, sondern biblische Schlachten dar; denn auf der 
sogenannten Schlacht bei Issus steht in monumentalen Buchstaben »losuc X. Cap.«, es ist 
also die Besiegung der fünf Könige bei Gibcon dargestellt. Das Pendant ist die Besiegung 
Ahabs bei Gilead (II. Chron. 18) und nicht die Schlacht bei Granicus, wozu doch in erster 
Linie eben der Granicus gehört. Ebensowenig kann Nr. 125 — daß es wirklich von Johann 
Heiß gemalt ist, möchte ich nach den signierten Bildern Nr. 35 und 36 schwer glaublich finden 
— »Venus an der Leiche des Anchiscs« vorstcllen; Anchises starb, wie wir in der Aeneis 
lesen, als gebrechlicher Greis inmitten der Seinen und Venus hat sich um ihren 
ehemaligen Galan bei dieser Gelegenheit nicht gekümmert. Dagegen hat sie den 
toten Aeneas durch den Elußgott Numitius reinigen lassen und ihn dann mit 
Nektar gesalbt, um ihn zu den Unsterblichen zu entrücken, wieOvid in den Metamorphosen 
berichtet und wie auch andere Künstler (z. B. Nattier) es dargestellt haben. Nr. 132 
zeigt nicht Susanna im Bade, wozu immer zwei Greise gehören, sondern Syrinx und Pan; 
was auch nicht anders sein kann, weil das Bild ja eine genaue Kopie nach dem bekannten 
und so benannten Gemälde im Kaiser Friedrich-Museum in Berlin ist. Ist hier ein antikes 


Motiv für ein biblisches gehalten, so ist dafür bei Nr. 297 das Umgekehrte der Fall. Nicht 
Alexander der Große wird von den Frauen des Darius durch Lebensmittel besänftigt — es 
ist überhaupt nur eine Frau da! — sondern Abigail beschwichtigt den Zorn des David, wie 
im I. Buch Samuelis Kap. 25 nachzulesen und in der Barockzeit unzähligemal dargestellt 
worden ist. Nr. 285 kann niemals den hl. Florian vorstcllen, weil der kein Bischof war und 
kein Salzfaß in der Hand hält, beides ist aber bei dem hl. Rupert, dem Patron von Salzburg, 
der Fall. Auf dem Bild Nr. 245 ist nicht Kieopatra dargestellt, denn die war ganz fröhlich, 
als sic den Becher in der Hand hielt und hatte, als sic eine so selbstmöderische Miene machte, 
eine Schlange am Busen; aber Becher und Selbstmordmicne zusammen, das ergibt nicht 
Kieopatra, sondern immer Sophonisbe, für die sich unser Barock bekanntlich auch sehr 
interessiert hat. Bei der Fügerschen Skizze Nr. 670 hat man sich mit Recht mit der allge¬ 
meinen Angabe begnügt »Mythologische Darstellung«, denn erst aus der zugehörigen Zeich¬ 
nung der Albertina kann man den Stoß, die Teilung der Weltherrschaft zwischen Zeus, 
Poseidon und Pluto, deutlich erkennen. Dagegen ist es beim Bild von Schönfeldt 
Nr. 31 unzweifelhaft, daß es sich nicht um die »Hinrichtung einer Heiligen« handelt — 
es ist ja nirgends ein christliches Attribut zu sehen —, sondern um die beliebte »Polyxena, 
die den Manen des Achilles geopfert wird«, dessen Schatten sich ja auffallend genug auf dem 
Sarkophag herumräkelt. Auch bei der Plastik kommen, obwohl sie im allgemeinen besser 
bearbeitet ist als die Malerei, ähnliche Verstöße vor. 1143 zeigt nicht Thetis und Hephaistos, 
sondern Venus bei Vulkan, um die Waffen für Aeneas zu erbitten, worüber Feulner nicht 
im Zweifel geblieben wäre, wenn er Gefährt und Gefolge der Bittstellerin beachtet oder be¬ 
merkt hätte, daß das Relief eine genaue Kopie der Komposition jenes Themas von Jou- 
venet ist, die L. Desplaccs gestochen hat. Daß Tassaerts anmutige Gruppe Nr. 1174 nicht 
»Venus verbrennt die Pfeile Amors« darstcllt, sondern den Sieg der Freundschaft über die 
Liebe — ein echtes Rokokoepigramm — hat Vitry in einem eigenen Aufsatz in der Revue de 
l'art V, S. 157 ff. ausführlich dargetan. 

Ebenso schlimm sieht cs mit den Signaturen aus; hier erweisen sich die Angaben des 
Katalogs als ganz unzuverlässig. Bei Nr. 55 fehlt die Signatur P. H. B., die der Karlsruher 


Galerickatalog angibt; ein Phil. Hier. Brinckmann ist doch nicht so ohne weiteres zu erkennen, 



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Literatur. 


73 


unter seinem Namen geht. Nr. 89 ist nach Angabe des gleichen Katalogs mit F. P. v. H. 
bezeichnet, was man eher Ferdinand Philipp als Carl Wilhelm zu lesen versucht wäre. Beim 
Bilde 117 fehlt die Signatur »Georg Dathan 1748«, bei 277 die »Anton Kern pinxit 1730«. 
Auf der Zeichnung Nr. 324 steht nach Monatshefte 1915, S. 2 D. Schultz; irgendeinen Grund 
muß es doch haben, wenn man diese Kopie nach einem Sprangerschcn Stich — worauf ich 
zurückkommc — mit Schultz in Verbindung bringt. Ferner fehlt die Signatur »Christian 
Leberecht del. 1808« auf Nr.996; wollte man die Entstehung im neunzehnten Jahrhundert 
nicht zugeben? Und weshalb fehlt bei der Zeichnung 1035 die Signatur »Chodowiecki fecit 
1759«, die im Gegensinn ist und die Zeichnung als Vorlage eine der frühesten Radicrver- 
suchc erkennen läßt? Die lange Inschrift auf der Zeichnung 1012 ist wohl keine Signatur, 
aber sic hätte doch gebracht und erklärt werden sollen; daß Toeque — wie sonst gelegent¬ 
lich bei den russischen Porträts Schmidts — mit der Zeichnung etwas zu tun hat, glaube 
ich nicht, denn auf dem seltenen Stich, zu dem sie dient, heißt es ausdrücklich »ad vivum 
fecit Petrop. 1762«. (Cataloguc raisonne de ToeuvredeG. F. Schmidt. ALondres 1789, Nr. 85. 
Deutsch. Berlin 1815. Fehlt übrigens auch im Literaturverzeichnis, obwohl es noch immer 
die grundlegende Arbeit über Schmidt ist.) 

Jedenfalls hätte der Hinweis auf den Stich zur Beschreibung des ausgestellten Blattes 
gehört; auch bei vielen anderen Werken fehlt eine entsprechende Angabe. Z. B. Nr. 281 
Skizze zum Deckcnfrcsko des Brünner Landhauses, Nr. 285 Skizze für das Chorfresko in 
Hof-Arnsdorf (Abb. in Östcrr. Kunsttop. I, Fig. 7), Nr. 2 86 Skizze für ein Altarbild der 
Melker Pfarrkirche (Abb. daselbst III Fig. 368); Nr. 1140—42 Skizzen zu den Gartenskulp- 
turen in Vcitshöchheim (Abb. in den Bayr. Kunstdenkmälern, Unterfranken III, Fig. 150, 
155 und T. XV); Nr. 1139 Kopie der Tauridischcn Venus in St. Petersburg (Abb. in Lcs 
Tresors d'Art en Russie, III, T. 3). Auch die Angabe bei Nr. 695 und 1272 »nach Mcytens« 
oder »wahrscheinlich nach Mcytens« ist ungenügend, denn die Bilder gehen wohl in 
letzter Linie auf dessen großes Familienbild in Schönbrunn zurück, sind aber 
in dieser Fassung nach dem Winkl ersehen Stich kopiert, der die Meytcnsschc 
Komposition um die später geborenen Prinzen bereicherte; ebenso ungenügend 
ist es, unter ein Porträt nichts als »Grooft« oder »Du Ry« zu schreiben, wenn 
es mehrere bekannte Träger dieses Namens gibt. Da muß man sich schon die Mühe 
machen, in einem Konservationslexikon nachzusehen und schreiben: Karl de Groff oder 
Simon Louis du Ry. Eine ausführlichere erläuternde Anmerkung ist eigentlich nur bei 
J. H. Wilhelm Tischbeins Orest und Iphigenie gegeben und die ist falsch. »Goethe und Lady 
Hamilton haben zu diesem BildeModcll gestanden«, ist unrichtig; nur Lady Hamilton hat das 
getan, u. z. vielleicht auch für den Ausdruck des Orest. Daß Goethe mit dem Bild etwas zu tun 
hatte, ist sowohl nach seiner eigenen Äußerung über das Bild in der Italienischen Reise, als 
auch nach dem Brief Meyers darüber völlig ausgeschlossen (s. Goethe-Jahrbuch IX 220); 
das ganze Kustodenmärlein beruht auf einer mißverstandenen Stelle in einem Brief Fried. 
Bruns vom 14. 5. 1799, die auf einer ihr gehörigen Zeichnung Orest Goethe ähnlich findet! 
Hätte doch statt dessen lieber das Bild Zeisigs Nr. 801 eine Erläuterung erhalten, das als 
»Die Kurfürstlich-sächsische Familie« nahezu unverständlich ist; cs ist eine Allegorie auf 
die Wiedergenesung der Kurfürstin und wurde in der Neuen Bibliothek der schönen Wissen¬ 
schaften und freien Künste XVI, l. St., 112 als ein Hauptstück der Dresdner Akademie- 
Ausstellung von 1772 ausführlich erläutert und höchlich gepriesen. 

Die genaue Kenntnis des dargestcllten Gegenstandes, die sorgfältige Beachtung einer 
Inschrift können auf die Spur eines unbekannten Meisters helfen; allerdings darf man nicht 
zu kühne Schlüsse ziehen. Weil Nr. 131 mit der Signatur »A. E. Herdincg Pinxit Roma 1663« 

Repertorium für KundtwUsenschaft, XXXIX. IO 


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Literatur 


das Porträt des Herzogs Ferdinand Albrecht I. von Braunschweig ist, braucht dieser Herdincg 
— dessen Vorname in der Unterschrift der Abbildung merkwürdigerweise Hermann heißt — 
doch kein Braunschweiger zu sein; noch unerfindlicher ist, warum das Porträt Zoegas (Nr. 
863) mit der Inschi ift »Rom A. 1787« von einem »Hamburger Maler um 1785« hei rühren soll. 
Was für ein Hamburger Maler hat um diese Zeit so gemalt — wie ein rückversetzter Julius 
Oldach —, was für ein Hamburger Maler kann in dem Goethejahr, in dem wir über die deutsche 
Künstlerkolonie in Rom so genau unterrichtet sind, in Rom tätig gewesen sein, ohne daß 
wir es wüßten? Ist es nicht wahrscheinlicher, daß Zoega, der später die Aufsicht über die 
jungen dänischen Künstler erhielt, von einem seiner Landsleute gemalt worden ist, z. B. 
von I. H. Cabott, mit dem er um die fragliche Zeit in engster Berührung stand (Welker, 
Zoegas Leben, in Klassiker der Archäologie IV, S. IO, 46) ? Auch bei Nr. 1003 führt die In¬ 
schrift irre; es steht zwar »I. E. Nilson del.« darauf, dennoch ist die Zeichnung von G. B. Götz, 
der sie selbst mit der ganzen Folge bei W r agner in Venedig herausgab; Nilsons Jahreszeiten 
sehen ganz anders aus. Dafür war für andere Unterschriften leider kein Interesse vorhanden: 
Das Stilleben von Tamm (Nr. 34) ist »Franz T. Tamm fecit Ao 1757« signiert, 
was bei einem Maler, der schon 1724 gestorben ist, immerhin auffallend sein 
sollte! Es wird wohl — auch in der Malweise von den noch zu Lebzeiten gemalten 
Bildern des für Biermanns Empfinden (S. XVI) noch viel zu wenig geschätzten 
Franz Werner Tamms ziemlich verschieden — von dessen Sohn herrühren, der nach dem 
Hamburger Künstlcrlcxikon gleichfalls Malei gewesen ist. Tamm arbeitet noch 33 Jahre 
nach seinem Tode, dafür fängt Johann Jakob Scherer schon acht Jahre vor seiner Geburt 
zu malen an; er ist 1676 geboren*), sein Porträt des Bürgermeisters Tobias Holländer von 
Beran ist von 1668 datiert. Wenn Biermann das von ihm leider viel zu wenig geschätzte 
Schweizerische Künstlerlexikon gekannt hätte, hätte er gewußt, daß die Zuschreibung 
dieses Bildes an Scherer auf eine alte Liste der städtischen Bilder zurückgeht, die I. I. 
Mezger gehabt haben soll, daß sic also ganz in der Luft hängt und der stolze Herr Bürger¬ 
meister sich wohl eher von einem zeitgenössischen als von einem künftigen Maler abkonter - 
feyen ließ. 

Aber genug mit dem philiströsen Beschnüffeln von Aufschriften und Inschriften. 
Erst wo sie von solchen engherzigen Rücksichten frei schalten kann, entfaltet sich die wahre 
Kennerschaft zu voller Blüte. Zwar den Künstlernamen kann man nicht immer feststellen, 
aber soviel weiß man doch, daß ein Bild wie das »Jüngste Gericht« Nr. 128 an die Spitze 
der norddeutschen Barockmalcrei gehört. Daß es eine der zahlreichen Kopien nach dem 
Stich von Sadcler nach einem Bild von Christoph Schwarz ist, ändert daran nur wenig; 
es ist dann eben süddeutsch und gehört in den Kreis der Manicristen, also etwa 50—60 Jahre 
vor den Anfangstermin der Ausstellung. Noch ein zweites Mal haben sich die Manieristen 
in das Ausstellungswerk cingeschlichcn; die Zeichnung von Daniel Schultz (Nr. 324) — die 
übrigens auch Biermann gelinde Zweifel eingeflößt hat (S. XXIV) 5) — ist eine Kopie nach 
dem reichen Stich, in dem H. Goltzius die Komposition von B. Sprangcr (im Wiener Hof¬ 
museum) erweitert hat. (Abbildung des Stichs im Jahrbuch der kh. Sammlungen des ah. 


i) Bei der Abbildung steht als Lebensdaten 1667'—1 74 ^- Bas soll aber die Sache nicht wahrschein¬ 
licher machen, das ist nur der übliche Druckfehler. 

5 ) In den Monatsheften für Kunstwissenschaft 1915, S. 2 orakelt George Cuny über diese Zeich¬ 
nung folgendes: „Eine sichere peinliche Zeichnung, welcher Uber den zu vielen Einzelheiten der Zu¬ 
sammenschluß fehlt. Unbefriedigt von dieser leeren Manier, hat er das Blatt nie vollendet Er ist auch 
später auf Motive dieser Art nicht wieder zurllckgekomraen.“ 


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Literatur 





Kaiserhauses XXVIII, Fig. 27.) Das war 1590! Ziemlich alte Geschichten für eine 
deutsche Barockausstellung! 

So weit sollten die Zusammenhänge mit der früheren Kunst ja gar nicht zurückvcrfolgt 
werden; nur an die Traditionen eines Elsheimer und seiner Schüler sollte noch angeknüpft 
werden, »unter denen Johannes König mit einem kleinen Bildchen aus Greiz (Abb. 132) 
hier etwa an der Spitze steht (S. XVI)«. Wir haben dadurch den Vorteil, Meister und Schüler 
in einem Stück vor uns zu haben; denn das Bild ist eine genaue Kopie nach dem Bilde Eis* 
heimers im Berliner Kaiser Friedrich-Museum 6 ). Diese Tatsache ist nicht neu, denn schon 
Paul Weizsäcker hat im Repertorium XXI S. 195 dieses Bild als Beispiel für Königs unver¬ 
schämte und geistlose Plagiierung Elsheimerscher Kompositionen genannt. Ein schöner 
Anfang unserer barocken Landschaftsmalerci! Daß ein Bild an so bekannter Stelle über¬ 
sehen wurde, ist nicht weiter auffallend; ist doch auch der Sandrart Nr. 14 eine Kopie nach 
einem ziemlich leicht zugänglichen Bild. Die Vermählung der hl. Katharina hat Sandrart 
1647 für den Erzherzog Leopold Wilhelm gemalt und sic befindet sich heute noch im Wiener 
Hofmuseum; in der Biographie des Meisters (Teutschc Akademie S. 17b, 18a) ist das Bild 
ausführlich beschrieben und in Kutters Monographie auch noch reproduziert. 

Man merkt schon, sorgfältige Einzelarbcit ist Biermanns größter Vorzug nicht; vielleicht 
verachtet er sie sogar ein wenig, nicht ohne Überlegenheit spricht er (S. XXVII) bei Will- 
mann von »deutscher Gründlichkeit, die das Gegenteil jedweden genialen Schaffens ist.« 
Die Genialität seines eigenes Schaffens erhärtet Biermann sogleich, indem er in Willmanns 
Kreuzabnahme (Nr. 203) ein Werk von dem gleichfalls in Breslau vielfach tätig gewesenen 
J. M. Rottmayr veröffentlicht; es ist die Skizze zu dem Altarbild der Prälatenkapelle in 
Kremsmünster in Oberösterreich, das ich im Jahrbuch der Zentral-Kommission 1906, S. 113 
Fig. 61 abgebildet habe. Auch abgesehen hiervon — und abgesehen davon, daß das Bild von 
den anderen Willmanns, z. B. dem gegenüber abgebildetcn hl. Gregor, wirklich recht ver¬ 
schieden ist — war Biermann nicht ungewarnt: Knoblich hatte zu dem Bilde ein Frage¬ 
zeichen gesetzt (Leben und Werke des Malers M. L. L. Willmann, Breslau 1868, S. 25), 
Klossowski war — vorsichtig — mit Stillschweigen darüber hinweggegangen (M. W., Bres¬ 
lauer Diss. 1902), nur der letzte Biograph, Dietrich Maul, in seiner grenzenlosen Leicht¬ 
gläubigkeit hat auch dieses Bild anerkannt. (Ich habe Mauls Buch schon im Repertorium 
1914 S. 309 charakterisiert.) Auch in einem andcrnFall habcichschon vor vielen Jahren das 
Werk publiziert, an dessen Skizze Biermann herumrät; das Bild Abb. 289, das im Bilder¬ 
band ehrlich als »Unbekannter Meister«, im wissenschaftlichen Katalog jedoch als »Art 
des Josef Appiani aus Mainz, um 1750 bezeichnet wird, ist die Skizze von Joh. M. Schmidt 
zu seinem 1787 gemalten Deckenfresko in der Pfarrkirche zu Krems (Österreichische Kunst¬ 
topographie I, Taf. VII). Auch hier hätte Biermann selbst ohne Kenntnis des Freskos den 
Urheber erkennen können; denn durch einen Zufall, der ja auch bisweilen genial schafft, 
ist das Bild gerade gegenüber von einem andern Kremser Schmidt zur Reproduktion gelangt. 
Das Anschauen des Nebenbildes ist überhaupt eine methodisch sehr empfehlenswerte Vor¬ 
sichtsmaßregel bei Bestimmungen; hätte sie Biermann geübt, hätte er niemals unter dem 
Namen Meytens das Bildnis Kaiser Josefs II. 7) (Abb. 657) — ein Bild, das überhaupt kaum 
in den Kreis der österreichischen Kunst gehört —, unter dem Namen Mengs das kindische 
Blättchen (Abb. 998) gebracht, das noch dazu 1763 entstanden sein soll, also in den Jahre 


6 ) Nr. 664 A. In Posscs Katalog II. Band, S. 77 ist eine weitere Kopie von 1597, merkwürdigerweise 
auch in Greiz, genannt. Liegt hier vielleicht ein Irrtum vor? 

7 ) Unter dem Bilde steht Franz Joseph II. Das ist aber nur der übliche Druckfehler. 

io* 


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Literatur. 


der Madrider Bilder, die man (S. XXXV) »gesehen haben muß, um speziell den Porträt¬ 
maler richtig werten zu können«. Um zu erkennen, daß das aquarellierte Blatt (Abb. 337) 
mit Josef Emanucl bischer von Erlach nichts zu tun hat, hätte cs allerdings genügt, irgend¬ 
eine Architekturzeichnung des achtzehnten Jahrhunderts angesehen zu heben. 

Wenn ich die Liste von fehlerhaften Bestimmungen nun schließe, so geschieht cs nicht, 
weil mir alle anderen Bilder richtig bestimmt erschienen; ich habe im Gegenteil noch eine 
große Anzahl schwerwiegender Bedenken und gerade bei den bedeutenderen Meistern —, 
Kupetzky, Kauffmann, Chodowiecki, des Marces, Joh. Hcinr. und Fricdr. Aug. Tischbein, 
Füger etc. — scheint mir das Oeuvre von fremden Zutaten keineswegs frei zu sein. Aber 
eine Diskussion darüber würde zu weit führen, würde stellenweise mit der unfruchtbaren 
Feststellung bloßer Meinungsverschiedenheiten enden. Und nichts liegt mir ferner, als mich 
auf Meinungsverschiedenheiten mit diesem »Werk« cinzulasscn; ich begnüge mich, die Tat¬ 
sachen anzuführen, aus denen sich das wissenschaftliche Niveau der Arbeit von selbst ergibt. 
Sollte jemandem darüber noch ein Zweifel geblieben sein, so wird dieser bei der Kenntnis¬ 
nahme der Bicrmannschcn Übersicht im I. Band, gewissermaßen dem wissenschaftlichen 
Extrakt des ganzen Unternehmens, sofort schwänden. 

Bevor ich mich diesem unerfreulichen Unternehmen zuwende, möchte ich noch ein 
paar Worte über die anderen Mitarbeiter an dem Bande sagen; denn die Herren, die der 
Herausgeber (S. V) mit dem lobenden Wortschwall eines Kabarct-Confercnciers dem ver¬ 
ehrten Publikum vorführt, haben ihre Aufgabe in durchaus verschiedenartiger Weise auf¬ 
gefaßt. Kippenberg hat für den scinerzeitigcn Ausstellungskatalog ein ganz kleines harm¬ 
loses Feuilleton als Einführung geschrieben, das nun als »wertvolle Einleitung« der 
Silhouettenabteilung in dasMonumcntalwerk übernommen wurde. Brinckmann hat die Mi¬ 
niaturenabteilung durch einen kurzen Text eingcleitet, der die Schwierigkeiten des Unter¬ 
nehmens mit erfreulicher Aufrichtigkeit bespricht. Die Miniaturmalerei ist bisher fast immer 
nur von Dilettanten literarisch bearbeitet worden; eine wirklich kritische Sonderung des 
Materials hat nicht stattgefunden und wir wissen eigentlich auch bei den altbeglaubigten 
Stücken kaum, welche als Originalarbeitcn, welche nur als mehr oder weniger handwerk¬ 
liche Kopien nach einem künstlerischen Original anzusehen sind. Das allermeiste kann als 
Massenartikel gelten, der mit Kunst und Kunstgeschichte nichts zu tun hat. Dazu kommt, 
daß das Material, das bei den verschiedenen Ausstellungen auftaucht, in der Regel voll¬ 
tönende Namen mitbringt, an denen man nicht allzustrenge Kritik üben will; dadurch 
stiftet jede Ausstellung neuerliche Verwirrung. Auch diesmal ist keineswegs alles einwand¬ 
frei, und namentlich gegen manche der Stücke, die unter dem Namen Chodowäecki und 
Füger vorgelegt werden, lassen sich verschiedene Einwendungen erheben. Aber die an¬ 
spruchslose Art des Textes, der die Bilder begleitet, macht jede kritische Auseinandersetzung 
unnötig. 

Bei zwei weiteren Abteilungen ist auf eine besondere zusammenfassende Einleitung 
verzichtet worden, so daß wir bei ihnen auf die knappen Angaben des Vorwärts des Heraus¬ 
gebers angewiesen sind. Das »Porträt des künstlerischen und geistigen Deutschland« wurde 
gesammelt, um dem ikonographischen Interesse an einer Zeit gerecht zu werden, *dic nicht 
nur die Grundlagen unserer modernen Geisteswissenschaften geschaffen, sondern mit Schiller 
und Goethe zugleich die zweite große Blüte unserer Nationalliteratur begründet hat. Daß 
im übrigen durch eine solche Porträtgalerie .... auch die kunstwissenschaftliche und lite¬ 
raturhistorische Erkenntnis nicht wenig profitieren w'ürden, stand von vornherein fest. Diese 
Sonderabteilung mußte deshalb selbst auf die Gefahr hin, daß hier und dort das künst¬ 
lerische Moment enttäuschen sollte, in jedem Falle besonders reizvoll sein«. Von diesem 


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Literatur 


77 


dicken Selbstlob läßt der Herausgeber auch einiges auf den Bearbeiter abtropfen, indem 
er mitteilt, daß Dr. Uhde-Bernays »dank einer seltenen literarhistorischen Bildung einen 
Teil des in der Porträtgalerie vereinigt gewesenen Materials nachgewiesenen habe«, bringt 
ihn aber dadurch, daß er seinen Anteil an dem Ausstellungswerke als eine neuerliche wissen¬ 
schaftliche Leistung hinstcllt, in den Kompetenzbereich der Kritik. Denn wieder gilt der 
Grundsatz: Der bloßen Ausstellungspublikation gegenüber reine Dankbarkeit für alles, 
was da ist; der wissenschaftlichen Publikation gegenüber auch eine Erinnerung an das, 
was fehlt. Das künstlerische Deutschland ist durch 106 Bildnisse vertreten; davon fallen 
auf Maler 97, auf Bildhauer 5, auf Architekten 2; diese zwei sind Knobclsdorff und Pigage! 
Das soll ein Bild des künstlerischen Deutschlands jener Periode geben, der nach den Worten 
des Vorworts (S. III) vor allem die Architektur die neue Schwungkraft vermittelt hat! 
Von den 97 Malern kommen ungefähr 36 in den anderen Abteilungen des Werkes überhaupt 
nicht vor, d. h. sie sind nicht wert, in eine Darstellung der Kunst dcsBarock und Rokoko 
aufgenommen zu werden, vertreten aber doch das künstlerische Deutschland; tatsächlich 
sind Leute darunter, von denen man nichts weiß, als daß sic ein zufällig erhaltenes und 
beglaubigtes Selbstporträt gemalt haben (z. B. Adler oder Fehrmann), andere die in Be¬ 
deutungslosigkeit mit ihnen wetteifern könnnen: Donath, Gohl, Hampe, Harpcr, Oeding, 
Treu u. v. a. Eine solche Malergalcrie ließe sich ins Unendliche vermehren. Es ist eben hier 
wie anderwärts ein zufällig zusammengerafTtes Material, das erst irgendwie gegliedert werden 
müßte, um wissenschaftliche Ansprüche erheben zu dürfen; man hätte die wahrhaft großen 
Künstler der Zeit aufbieten können — denn es gibt Bildnisse von fast allen den führenden 
Architekten und den meisten Bildhauern — oder sich auf die kunsthistorisch nicht un- 
ineressante Frage des Malerporträts einschränken sollen. Das geistige Deutschland ist fast 
ebenso ungleichmäßig gezeigt; unter den Musikern fehlen fast alle (z. B. Gluck und Mozart, 
von denen man doch wirklich nicht behaupten kann, daß es keine Porträts gibt), von den 
Führern auf dem Gebiete des religiösen Lebens wird nicht Notiz genommen (z. B. Zinzendorf, 
Spener, Bcnj. Schmolck, die doch von Kupctzky, I. G. Wagner, Seibt gemalt worden 
sind), von den großen Historikern und Philologen, die doch »unseren modernen Geistes¬ 
wissenschaften« den Grund gelegt haben, ist fast niemand da. Aus der Literatur sind die 
wichtigsten vertreten — obwohl auch da eine Menge fehlen, von denen gute Porträts be¬ 
kannt sind z. B. Canitz, Neukirch, Breitinger, Rabencr, Leisewitz, Claudius, Schubart, Joh. 
Gg. Jacobi, Hamann, Fricdr. Müller u. v. a. —, aber nach welchem Grundsatz? Ist immer 
das charakteristischeste oder dos künstlerisch wertvollste Bildnis ausgewählt ?Odcr ein weniger 
bekanntes Poiträt hervorgezogen? Oder ein solches, das erst durch Vergleichung mit 
anderen der Beglaubigung bedürfte? Es ist das alles nicht der Fall, auch hier hat nur der 
Zufall den Ausschlag gegeben. 

Die zweite Abteilung ohne Einleitung ist die Edelmetallkunst. Hier sollten nach dem 
Vorwort (S. IV) ausgewähltc Beispiele »die Anschauung von dem Wesen barocker Kunst¬ 
übung einerseits, von dem hohen Geschmacksniveau der Zeit anderseits vertiefen helfen«; 
die Bearbeitung übernahm der bewährte Fachmann Geheimrat Marc Rosenberg, dessen 
»vorbildlicher Katalog fast wörtlich, nach nochmaliger Revision durch den Verfasser in 
diese Publikation übernommen« wurde. Unter den Berichtigungen heißt es noch ergänzend, 
daß die unter den Abbildungen genannten Daten zum Teil noch genauer fcstgestellt werden 
konnten, so daß für diese Abteilung immer die Angaben des Registers gelten. Ob dieser, 
also einerseits fast wörtlich übernommene, anderseits noch genauer gewordene, ohnedies 
schon mustergültige Katalog all diese Lobsprüche wirklich verdient, läßt sich schwer prüfen, 
da er durch die Anordnung der Abbildungen — wofür der Bearbeiter gewiß nichts kann — 


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7 8 


Literatur 


nahezu unbenützbar geworden ist; der Katalog ist nämlich nach folgendem System geordnet: 
Augsburg (wobei der Familie Biller noch eine eigene Unterabteilung gewidmet ist), Nürnberg, 
Straßburg, das übrige Süddeutschland, Dresden, Breslau, Halle, Berlin, Hamburg, das 
übrige Mittel- und Norddeutschland, Kirchliches. Die Abbildungen sind gar nicht geordnet 

— wahrscheinlich sind sie in der Reihenfolge gegeben, wie sie vom Klischieren gekommen 
sind — und ihre Unterschriften sind häufig mangelhaft. Eis steht z. B. gar kein Ortsangabe 
darunter (z. B. Nr. 635—638 u. a.), und ich muß das ganze Register durchsuchen, bis ich 
nach der Beschreibung oder der Seitenzahl mein Stück finde; oder es ist als aus Halle be¬ 
zeichnet und ist im Register dem Beschauzeichen entsprechend unter Braunschweig (Nr. 628) 
untergebracht; öderes steht darunter: Straßburg um 1728 (Nr. 570, 71, wobei die Merk¬ 
würdigkeit besteht, daß auf einer Seite das gleiche Stück zweimal oder zwei gleiche Stücke 
je einmal abgebildet sind). Nach langem vergeblichen Suchen bei Straßburg finde ich das 
Stück unter den »Augsburger Goldschmieden Biller und ihre Schule«; der Straßburger Gold¬ 
schmied heißt Imlin; wenn Rosenberg sagt, daß er ein Schüler der Biller war, wird es wohl 
wahr sein, aber woher soll man das wissen! 

Abgesehen von diesen Schwierigkeiten der Benützung steht aber noch manches der 
versprochenen Vertiefung unseres Einblicks in die barocke Kunstübung im Wege: z. B. daß 
sehr viele Stücke, darunter mehrere der wenigen, die bedeutend sind, gar nicht der Barockzeit 
angehören. Nr. 551, 552, 556, 563, 595, 636, 655, 654 gehören in die erste Hälfte, z. T. in 
die früheste Zeit des 17. Jahrhunderts, Nr. 555 — sogar bei der Abbildung um 1616 datiert 

— ist nach Meistermarke und Alliancewappen 1567 gearbeitet. Ein zweiter Nachteil für 
jenen Zweck ist die Art des Datierens. Manchmal fehlt jede Zeitangabe (bei den Abbildungen 
sehr häufig, z. B. Nr. 608, 613, 615, 625 [obwohl von 1689 datiert] 626, 627 [obwohl von 
1698 datiert], 635, 637 [obwohl von 1719 datiert], 638 u. a., aber auch bisweilen imText, 
z. B. Nr. 628) oder sie ist viel zu allgemein, denn 17. und 18. Jahrhundert oder auch 17. oder 
18. Jahrhundert (Nr. 560, 580, 605, 623, 632), ist bei einer Ausstellung 1650—1800 eigent¬ 
lich selbstverständlich (allerdings gibt es hier ja, wie wir sahen, auch ältere Arbeiten). Daß 
im Register manche direkt falsche Datierungen richtig gestellt sind (z. B. 601 /2, 1690—1725, 
im Text der ausgebildetcn Rokail und dem Jahresbuchstaben entsprechend in 1749/51 um¬ 
gewandelt oder 644, Ende des XVII. Jahrhunderts, im Text in die Jahre 1721/27 versetzt, 
was am Ornament ohnedies zu sehen gewesen wäre), beweist, daß jene Revision des muster¬ 
gültigen Textes nicht nur noch genauere Bestimmungen, sondern auch wesentliche Richtig¬ 
stellungen ergab, ist aber beim Gebrauch des Bandes — wegen der raffinierten Unbenütz¬ 
barkeit des Registers — nahezu belanglos. Übrigens sind auch jetzt noch E'ehldatierungen 
stehen geblieben: Nr. 608 ist nach dem Jahresbuchstaben K auf 1735 oder 59 datiert, was 
wegen des Ornaments bei einer Arbeit aus Dresden — wo G. Semper bekanntlich die Heimat 
des Rokoko finden wollte — völlig ausgeschlossen ist; der Jahresbuchstabc paßt nach R 2 
S. 277 ja auch auf 1711, was mit dem Ornament — dem gleichen wie bei Nr. 614 — ja ganz 
gut zusammengeht. Auch bei Nr. 615, bei Nr. 588 — wo die mythologische Darstellung 
übrigens zweifellos Apollo und Coronis ist — und Nr. 598 habe ich gewisse Zweifel, die ich 
aber bei dem trüglichen Charakter der Abbildungen von Metallgegcnständen lieber nicht 
bis zu einer Diskutierung der betreffenden Gegenstände verdichten möchte. 

Die beiden Hauptabteilungen waren ohne Zweifel Plastik und Malerei. Feulner, der 
Bearbeiter jenci war dadurch in der günstigen Lage, das er sich schon vor der Ausstellung 
mit dem Stoff etwas beschäftigt hatte, hingegen dadurch benachteiligt, daß gerade seine 
Abteilung das allerdürftigste und ungenügendste Material bot. Den Vorteil hat er ausge¬ 
nützt, indem seine Biographien dem Stand der Forschung durchaus entsprechen. Eine 


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Literatur. 


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ziemlich wesentliche Verbesserung möchte ich von etwas abgelegener Stelle heranbringen: 
Eihafen ist nicht »vermutlich in Nürnberg«, sondern nach Angabe des T/auungsbuchs von 
St. Stefan in Wien in Innsbruck geboren 8 ). W'ie rückt dadurch die kluge Beobachtung 
Scherers, der Colinsche Anklänge in Eihafens Arbeiten wahrnahm, ins rechte Licht! Die 
altväterische Methode der Kunstgeschichte, ein Arbeitsgebiet wirklich gewissenhaft zu durch¬ 
forschen, ehe man darüber Bücher schrieb, hat doch auch Vorteile gehabt 9). — Den oben 
erwähnten Nachteil hat Feulner sehr vernünftiger Weise dadurch zu beheben gesucht, daß 
er sich in seiner Übersicht nicht an das ausgestellte Material hält, sondern einen raschen Über¬ 
blick über die Barockplastik überhaupt gibt. Allerdings wirkt seine handbuchartige Auf¬ 
zählung der wesentlichen Erscheinungen dieser Periode dadurch einigermaßen wie eine 
Absenzliste. Wien fehlt so gut wie gänzlich, denn Hagcnauer kann doch gerade mit einem 
Frühwerk von 1756 — die andere Arbeit ist fraglich — dieser Schule nur im weitesten Sinn 
zugezählt werden. Bayern ist durch einiges teils benanntes, teils anonymes Handwerksgut ver¬ 
treten, aber nur von Günther kann man halbwegs ein Bild gewinnen; aber auch nur halbwegs, 
wenn die prachtvolle Marienbüste (Nr. 1137) von solchen Werkstattengeln (1136 und 1138) ein 
gerahmt wird. Die fränkische Plastik war besser vertreten, infolgedessen lag die Gefahr der 
Überschätzung nahe. Bei Auvera von Größe zu reden, ist ebenso unrichtig, wie bei P. A. Wag¬ 
ner gerade dieOriginalität der Erfindung zu rühmen (S. LIII); wenn auch dieboshafte Bemer¬ 
kung Caroline Schlegels (18.3.1804; Waitz-Schmidt, Caroline II. 382), er möge nicht viel mehr 
als altadeliche Wappen in seinem Leben ausgehaut haben, sein Sohn (Martin Wagner) sei 
gewiß sein gelungenstes Werk, den alten Rokokomeister allzu einseitig vom neugewonnenen 
Standpunkt des Klassizismus aus abfertigt, so trifft sie doch darin das richtige, daß die 
handwerkliche Ausführung, nicht die Erfindung seine starke Seite gewesen ist. Von den aus¬ 
gestellten Skizzen ist die Diana (Nr. 1140) eine Variante von Falconets Baigneuse, die Ceres 
(Nr. 1142) eine solche von Donners Sommer in Preßburg, der Dornauszieher (Nr. 1141) die 
Umsetzung einer in mehreren Exemplaren überlieferten Renaissancefigur (z. B. aus der 
Sammlung Beckerath in der Ausstellung von Bildwerken des Mittelalters und der Renaissance 
aus Berliner Privatbesitz 1898, Taf. XXX) und das Relief (Nr. 1143), über dessen falsche 
Benennung ich bereits gesprochen habe, eine gekürzte Kopie nach einem Stich von 
L. Desplaces nach einem Jouvenct von 1713. Wie Wagner von der nachfolgenden Ge¬ 
neration als Überbleibsel einer überwundenen Richtung empfunden wurde, so hat sich 
auch Permoser, der einzige bedeutende Bildhauer, der auf der Ausstellung vollgültig ver¬ 
treten war, gegen den neuen Stil, gegen die Moderne seiner Zeit nach Kräften gesperrt. Nicht 


8 ) 1697, April 28. — Ignatius ölhoffer, Bildhauer, zu Innspruck gcb., Jungfrau Annam Isabellam 
Kopetzkin, des Andreas Kopetzki, Kammerherrn des Herzogs von Anhalt, Tochter. — Zeugen: Heinrich 
Petersohn, Niclas Bon, beide hofbefreite Goldarbeiter. Trauungsbuch der Pfarre von St. Stefan in Wien 
33, 287. Al. Hajdecki, Auszüge aus den Ehematrikeln von St. Stephan in Quellen zur Geschichte der Stadt 
Wien, I. Abt. Band, Reg. 7113. Übrigens wird ELhafen auch in einem handschriftlichen Vermerk Rap- 
parinis, auf den Th. Levin in Beiträge zur Geschichte des Niederrheins XIX, 52 und XX, 194, Anm. 
aufmerksam gemacht hat, ausdrücklich als Tiroler bezeichnet. — Daß Eihafen 1697 in Wien war, 
wissen wir auch sonst aus bezeichneten Arbeiten, z. B. Goldschmiedeabteilung, Abb. 566. 

9 ) Wenn ich noch eine Emendation vorschlagen darf, so wäre es, den Lehrer Trippeis nicht Lücki zu 
nennen, sondern mit I. C. L. von Lücke (oder vielleicht seinem Bruder?) zu identifizieren. Trippei nennt ihn 
ausdrücklich einen Bildhauer in Elfenbein; das paßt sehr gut auf Lücke, der in der Unstetheit seines spätem 
Lebens sehr wohl 1760 in England gewesen sein kann, wo er ja schon einmal gelebt hatte. Vielleicht kann 
auch das zur Unterstützung herangezogen werden, daß Trippei von England nach Kopenhagen geht, wo Lücke 
um diese Zeit noch am meisten Beziehungen hatte. 


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8 o 


Literatur. 


weil seine Art zu originell war (S. LIV), hat sein Schallen auf gleichzeitige Künstler keinen 
Einfluß gewonnen, sondern weil er für den Kunstgeschmack seiner Zeit zu zurückgeblieben, 
zu überladen und schwülstig war (vgl. Jahrb. d. kh. Instituts d. Zentalkommission 1914, S. 3). 
Daß in seinem Pathos etwas liegt, was an spätgotischen Überschwang erinnern mag, kann 
schon sein; daß die Kreuzigung in Dresden aber an Grünewald gemahnt, liegt doch zum 
Teil an der Übersetzung ins Altdeutsche, die sie der Restaurierung von 1888 verdankt. 

• Auch die Plastik Nord- und Mitteldeutschlands ist hier nicht eben charakteristisch 
vertreten. Ob Doells Büsten der Prinzen von Sachsen-Weimar (Nr. 1164 und 65) mehr auf 
»antikische Wirkung« ausgehen oder mehr verkapptes Rokoko sind (S. L 1 V), scheint mir 
nicht so untersuchungsbedürftig wie der Umstand, ob sic überhaupt von ihm sind; denn 
nach dem Alter des Prinzen können sic nicht nach 1765 entstanden sein, und da war Döll 
fünfzehn Jahre ak. Dagegen weiß ich nicht, warum die Büste S. L. du Rys (Nr. 1184) als an¬ 
onym publiziert wird; Gerland hat das zweite existierende Exemplar seinerzeit fürNahl in 
Anspruch genommen, und gegen diese Zuschreibung scheint doch nichts zu sprechen; wenn 
aber doch, so müßte es gesagt werden. Nahls eigene Porträtbüste jedoch (Nr. 1183) hätte 
ich kaum in diese Ausstellung aufzunehmen gewagt; ist diese Arbeit, in der Houdonschcr Stil 
so kräftig vorschlägt, überhaupt deutsch? 

Noch werden die Anfänge des neuen Stils an Skulpturen von Carstens, Schadow, 
Trippcl und Landolin Ohnmacht gezeigt; die vier Bildhauer, die Eeulner tatsächlich in 
einem Athem zu nennen zuwegebringt, scheinen seinen Beifall aber nur sehr bedingt 
zu besitzen. »Künstlerisch am wertvollsten erscheinen uns auch aus dieser Periode 
heute die Werke, die für ihre Zeit schon wieder rückständig galten, die Werke, die 
weniger nach einer gelungenen Imitation antiker Kunst, sondern, wie Sehadows beste 
Skulpturen, nach Veredelung des natürlichen Vorbildes durch die antikisierende Form, 
nach scharfer sinnlicher Erfassung und handwerklich tüchtiger Wiedergabe des Ge¬ 
sehenen trachteten, die Werke also, die nicht aus literarischen Reflexionen, sondern 
aus der rein künstlerischen Anschauung geboren waren und die von Goethe deshalb 
als prosaisch, patriotisch und naturalistisch verurteilt wurden.« Abgesehen davon, daß 
dieses in einem der Gesinnung entsprechenden Deutsch vorgetragene künstlerische Be¬ 
kenntnis auf einer Höhe steht, die Hagedorn, Sulzer und andere als seicht verschrieene 
Schriftsteller des achtzehnten Jahrhunderts mühelos erreicht hatten, ist der Ton, mit dem 
Goethe belehrt wird — ich ringe nach einem milden Ausdruck —, der Stelle in Biermanns 
Einleitung über Bury, W. Tischbein, A. Kauffmann (S. XXXV) würdig, »die dem künst¬ 
lerischen Geschmack eines Goethe kein besonderes Zeugnis ausstellen«. Ich fühle mich nicht 
berufen, Goethe gegen solche Angreifer zu verteidigen; er hat es selbst mit unvergleichlicher 
Würde getan, wo er in der italienischen Reise von dem Tadelnswürdigen spricht, das er 
neben dem Köstlichsten bei Palladio gefunden habe. »Wenn ich nun so bei mir überlegte, 
inwiefern ich Reiht oder Unrecht hätte gegen einen solchen außerordentlichen Mann« — 
Feulner und Biermann kennen keine solche Zweifel —, »so war es, als ob er dabeistünde und 
mir sagte: ,Das und das habe ich wider Willen gemacht, aber doch gemacht, weil ich unter 
den gegebenen Umständen nur auf diese Weise meiner höchsten Idee am nächsten kommen 
konnte 1 .« Aber ich fühle mich berufen zu sagen, daß dieser Ton im allerhöchsten Grade ge¬ 
schmacklos ist. Von der deutschen Barbarei, von der uns das Ausland die Ohren gellen 
macht, liegt in solchem bis zur KulturJosigkeit gesteigerten Individualismus ein bedauer¬ 
liches, aber nicht uncharakteristisches Beispiel vor 1 ); denn welcher gebildete Franzose, 

,ü ) In den Monatsheften für Kunstwissenschaft 1015 schreibt ein Herr P. F. Schmidt: »Die heitere 
Ahnungslosigkeit Goethes in bezug auf die schweren Fragen des antiken Pessimismus offenbarte er in der 


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Literatur. 


81 


Engländer, Italiener würde wagen, derartig über Hugo, Browning, Carducci — ich rede 
gar nicht von Corneille, Shakespeare und Dante — zu sprechen! Wir aber sollten dulden, 
daß im ausgesottensten Journalistenjargon und vom frivolen Standpunkt einer Tagesmeinung 
aus Goethe abgekanzelt wird, weil seine in lebenslanger Arbeit errungene Meinung von Kunst 
den Herren nicht geläufig ist; nicht geläufig sein kann, weil sie sich in eine Region erhebt, 
von deren Existenz jene noch keine Ahnung haben. Ihm gab es einen höheren Begriff von 
Künstlerschaft, als ihn die geschmackvolle Betriebsamkeit auch der besten Zeitgenossen 
vertrat, einen Begriff von Kunst, in dem alles Schöpferische, Heilige, Gewaltige mitschwang, 
womit ein halbes Jahrhundert tiefschürfender und sehnsuchtsvoller Bemühung diesen Na¬ 
men erfüllt hatte. Und wenn wir die Bände der Darmstädter Ausstellung durchblättern, 
an all der Anmut und Geschicklichkeit, Naturfreude und Vornehmheit vorbei zu Carstens' 
Parze Atropos kommen, dem armen Gips des Weimarer Museums, so ahnen oder wissen wir 
— mir wenigstens scheint es sonnenklar und unzweifelhaft —, daß Goethes Ideal, mit dem 
Haupt in die Wolken des Himmels ragend, doch fest gefugt auf kräftigster Wirklichkeit ruht. 

Es wäre nun lockend, die ungeheure Bedeutung dieser Kunst zu zeigen, die alle früheren 
Bestrebungen in sich aufnimmt und doch wie neugeboren scheint, die ein Zwischenspiel 
heißen könnte und demnoch die Vorbedingung für alles ist, was das folgende Jahrhundert 
geschaffen hat. Aber wenn ich mich auch mit Feulner — wenigstens in ein paar Jahren — 
verständigen könnte, so müßte ich mich doch hauptsächlich mit Biermanns eigener Ein¬ 
leitung über die Malerei von Barock und Rokoko auseinandersetzen und das hieße in einen 
Sumpf hineinbauen. Er war nicht in der Lage wie Feulner, über ein halbwegs vertrautes 
Thema zu sprechen, sondern hat offenbar erst anläßlich der Ausstellung erfahren, was es 
im 17. und 18. Jahrhundert alles an Kunst gegeben hat; das ergibt sich nicht nur aus den 
bereits erörtertem groben Fehlern seines Katalogs, sondern wird auch durch die ungeheuchelte 
Entdeckerfreude über Dinge bewiesen, die den Arbeitern auf diesem Gebiete längst geläufig 
sind. Wo er nun versucht, das flüchtig gekannte Material wissenschaftlich zusammenzufassen, 
gelangt er zu unsinniger Überschätzung herausgerissener Einzeldinge, zu Widersprüchen 
mit sich selbst, zu leeren Behauptungen, die aus dem schillernden Phrasenschwall heraus¬ 
gelöst als völlig nichtig erkannt werden. All das ist ebenso schwer zu fassen, wie die schein¬ 
baren Lcitidcen, die einem unter den Händen zerstieben, denn diese wissenschaftliche Ein¬ 
leitung gleicht einem jener hurtigen Zeitungsberichte über eine eben eröffneteAusstellung, in 
dercnTcxt möglichst viele Namen beteiligter Künstler, und sei es auch mit aller Gewalt, hinein¬ 
verflochten werden sollen. Dennoch werde ich nicht ermangeln, genügendes Beweismaterial 
für meine Behauptungen aus dieser Einleitung herauszufischen. 

Biermann scheidet zunächst — den Verhältnissen der Ausstellung Rechnung tragend — 

die große kirchliche Barockkunst Süddcutschlands aus seiner Betrachtung aus; sie ist etwas 

• # 

vom Übrigen völlig gesondertes (S. X), obwohl man auch in der bürgerlichen Kunst jene 
Momente erkennen kann, die uns berechtigen die gesamte Malerei dieses Zeitraums unter 
dem Begriff des deutschen Barock zusammenzufassen (S. XI). Diese von dem Übrigen 
teils völlig gesonderte, teils im wesentlichen mit ihr übereinstimmende Kunst schöpft aus 
dem Verlangen, sich schon auf Erden dem Geiste des Unendlichen zu nähern, die theatra¬ 
lische Geste (S. X), und deswegen empfindet man die Notwendigkeit des künstlerischen Aus- 


Kunstnovcllc »Der Sammler und die Seinen« (S. 373) und-»ein Briefwechsel zwischen Goethe und 

Meyer, dessen abgründlichcr Ernst uns heute voll unwiderstehlicher Komik dünkt« (S. 417). — Ich finde die 
Heiterkeiten des Herrn Schmidt zu einer Zeit, da Deutschtum und deutsche Kultur auf dem Spiele stehen, 
nicht eben angemessen. 

Repertorium fllr Kunstwissenschaft, XXXIX. 1 f 


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82 


Literatur. 


drucks einer großen Stilepoche nirgends so auf den ersten Blick wie angesichts ihrer Werke 
(S. X). In ihnen steht das mächtigste Zeitalter unserer deutschen Vergangenheit (d. i. 
die Zeit der religiösen Kämpfe) wundervoll plastisch vor Augen (S. X), und deshalb können 
wir sie ruhig aus unserer Betrachtung dieses Zeitraums weglassen. Nach Abstoßung dieses 
wegen des in Darmstadt mangelnden Materials—und woher sollte man sonst davon Kennt¬ 
nis haben! — wirklich unangenehmen Paragraphen wendet sich Biermann nunmehr seinem 
Hauptthema, der profanen Malerei der Zeit, zu. Hier sei zuerst eine bürgerliche Kunstübung 
maßgebend gewesen, die erst später, etwa im dritten Jahrzehnt des achzehnten Jahrhunderts, 
von einer höfischen zurückgedrängt wird; unzweifelhaft ist (wenn man die Scheidung in bür¬ 
gerliche und höfische Kunst überhaupt für grundlegend erachten will), wie es auch Feulner in 
seiner Einleitung als selbstverständlich angemerkt hat (S. XLVIIIft.), gerade das Umgekehrte 
richtig: die durch die höfischen Zentren bestimmte und auch in den Reichsstädten sich höfisch 
gebärdende Kunst des XVII. und der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts durchsetzt 
sich mehr und mehr mit bürgerlichen Elementen, die auch die an den Höfen blühende Kunst 
in ihrem Charakter mehr und mehr bestimmen. Es ist im wesentlichen die gleiche Entwick¬ 
lung wie in Frankreich, dessen Einfluß auf Deutschland Biermann ebensowenig in Abrede 
stellt, wie irgend jemand, der sich mit der Kunst dieser Zeit befaßt; ebensowenig ist es irgend 
jemandem, der hier wissenschaftlich gearbeitet hat, entgangen, daß Deutschland neben dem 
vielen Unselbständigen eine eigene bodenständige Kunst besaß (S. XI f.), oder vielmehr 
daß alle jene Anregungen des Auslands hier in selbständiger Weise verarbeitet worden sind. 
Biermann aber scheinen alle jene wissenschaftlichen Arbeiten entgangen zu sein, sonst könnte 
er nicht — im Gedanken an irgendwelche veraltete Handbücher, aus denen er geschöpft 
hat — davor warnen, den Einfluß dieses Fremden auf die Kunst unserer hundertfünfzig 
Jahre zu überschätzen, wie es eine kritiklose, durch keinerlei Sachkenntnis gestützte Kunst¬ 
geschichtschreibung bisher getanhat! (S.Xl). Ich weiß nicht, wen dieser Vorwurf meint, aber 
ich weiß wenigstens, w'en er trifft! Es ist Biermann, der im einzelnen immer durch Hinweis 
auf ausländische Erscheinungen charakterisiert, nicht gelungen, das innerhalb des inter¬ 
nationalen Barock und Rokoko spezifisch Deutsche — das er von Zeit zu Zeit pathetisch 
betont — irgendwie zu kennzeichnen. Er verspricht, es nicht an den bisher bekannten Werken 
und Namen, sondern an bisher übersehenen Gliedern der Entwicklungsreihe zu zeigen; 
»in ihnen zittert der Geist jenes kriegerischen Zeitalters, lebt das Gefühl einer neuen Mensch¬ 
heit, für die der Begriff der Einheit von Individuum und Allgemeinheit, wie ihn das Mittel¬ 
alterbetont, nicht mehr besteht. Gegenüber der künstlerischen Abstraktion von aller detaillie¬ 
renden und spezialisierenden Betrachtungsweise, wie sie das Merkmal der großen mittel¬ 
alterlichen Kunst gewesen, die in ihrer Idee nur dem Makrokosmos diente, weist das neue 
Weltgefühl die Menschen auf den Mikrokosmos hin. »Der Lebensrhythmus ist kleinlicher 
geworden, obwohl die Weltanschauung an Weite gewonnen hat. Aber der einzelne empfindet 
sich nicht mehr als Teil eines großen Unbegrenzten, sondern die Not der Zeit, der Zwiespalt 
des Gewissens hat dem Individuum auch in seinem Verhältnis zur Natur eine entscheidende 
Wendung gebracht. An Stelle der Natur als Formelement, durch das wie auf den Wand¬ 
malereien des Mittelalters Kosmos, Mensch und Tier zu einer großen Harmonie verwachsen, 
wird diese selbst künstlerischer Selbstzweck.« (S. XII.) Ich behaupte selbstverständlich 
nicht, daß ich diese Sätze verstehe, aber ich behaupte, daß sie Biermann auch nicht versteht; 
denn ein paar Seiten später, wo er den Maler Grund entdeckt, »obwohl das Rudolfinum nahezu 
hundert (genau gezählt 107) Arbeiten von seiner Hand vereinigt hält«, behauptet er ziemlich das 
Umgekehrte: »In dieser kleinen Welt, die der Grundsche Pinsel vorzutäuschen weiß, bean¬ 
sprucht der Makrokosmus trotzdem seinen Platz. Wie die Natur empfunden, wie vielleicht 


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Literatur 




zum erstenmal in der neueren Malerei der Mensch ein organischer Bestandteil dieses mäch¬ 
tigen Naturwillens ist (!), wie er als Einzelerscheinung (zum Beispiel in dem famosen Bild 
des Schlittschuhläufers)« — es ist in Wirklichkeit ein ebenso harmloses nettes Bildchen wie 
die anderen 106 des Rudolfinums — »überragend groß, fast suggestiv die ganze Stimmung 
beherrscht, das weist nachhaltig auf einen Schöpfer hin, der trotz der Anklänge im Motiv 
an die genannten Vorbilder doch in seinem Gefühl neu und wahrhaft modern erscheint. Es 
ist bei diesen Grundschen Bildern wie bei den Tafeln eines Memling. So klein auch die For¬ 
mate sein mögen, es ließen sich doch die Szenen auf Wände übertragen und man würde 
dann erst die verhaltene monumentale Größe restlos erkennen« (S. XIX). Ich habe die beiden 
Stellen etwas ausführlicher gebracht, um zu zeigen, daß dieses schiefe, haltlose und wider¬ 
spruchsvolle Gerede unmöglich diskutiert werden kann. Erst wo einzelne Erscheinungen 
besprochen werden, ist es möglich, der wahren Meinung des Verfassers habhaft zu werden. 

Zuerst wird das Porträt besprochen, weil ihm die Tafelmalerei zu Beginn des Barock 
fast ausschließlich zugewandt ist (S. XII), »wenngleich in dieser ersten Hälfte des 18. Jahr¬ 
hunderts (und noch weniger am Ausgang des 17.) die Vorherrschaft der Bildnismalerei über 
die Landschaft und vor allem über das Genre noch nicht so absolut entschieden war. Die 
wird erst Tatsache, als die Akademien fast ausschließlich die großen Brennpunkte des inter¬ 
nationalen Kunstbetriebes werden und die P'ürsten anfangen, dem von Ludwig XV. gegebe¬ 
nen Beispiel nachzueifern, das schon um der äußern Repräsentation willen dem Porträt 
seine hervorragende Stellung im Geiste der höfischen Kultur zuweist« (S. XIII). Danach 
sind die Akademien, die die Porträtkunst prinzipiell geringschäzten und deren Vertreter 
nur widerwillig in ihren Schoß aufnahmen, schuld am Überwuchern des Bildnisses über die 
Landschaft in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, zu einer Zeit also, in der die neue 
Landschaftsauffassung entsteht und zu der am Hofe Ludwigs XV. übrigens die repräsenta¬ 
tive Porträtmalcrci längst im Verschwinden war! (S. Dumont-Wilden, Le Portrait en France, 
Bruxelles, 1909, S. 34 und 39.) Die Hauptvertreter dieser Richtung sind Kupetzky und 
Manyoki, »obwohl man ihre Kunst nur zum Teil als höfisch gelten lassen kann« (S. XIII); 
sie legen also das Hauptgewicht auf Tracht und Beiwerk, während die bürgerliche Bildnis¬ 
kunst, an deren Spitze Sandrart steht, nach dem individuellen Ausdruck hascht! Trotzdem 
bedeuten einige Bilder Kupetzkys »einzigartige Höhepunkte, man empfindet sie als absolut 
modern, so unzweideutig auch noch die niederländische Tradition aus ihnen spricht« (S. XIV 
Z. 9). In ganz ähnlichem Sinn wird dann auf ein Bildnis Skretas verwiesen, von dem aller¬ 
dings vier Zeilen später hervorgehoben wird, wie wenig es das Gefühl unserer Zeit berührt 
(das., Z. 13). Diesen plötzlichen Abfall verdankt es der Vergleichung mit dem vollsignierten 
Reiterbildnis des braunschweigischen Hofmalers Albert Freyse. Man muß sich dieses 
nette kleine auf Kupfer gemalte Bildchen ansehen (Abb. 129), denn »alles was an gleichzei¬ 
tigen oder späteren Reiterbildnissen dieses Jahrhunderts bekannt ist, muß vor dem ursprüng¬ 
lich Monumentalen des Bildes bescheiden zurücktreten!« (S. XIV, Z. 16). Rubens und Velas- 
quez treten zurück vor einem Bildchen, dessen Urheber sich selbst niemals als mehr denn 
einen Contrafayter bezeichnet hätte und dessen fast mittelalterlich gebundene Form sich 
daraus erklärt, daß der Maler, wie er wohl bei seinen sonstigen Erzeugnissen gewohnt 
war, sich an einen der typischen Reiterstiche gehalten hat! 

In einer so kriegerischen Zeit mußte notgedrungen auch »das Thema der Schlachten¬ 
malerei immer aufs neue von Größen ersten und zweiten Ranges variiert werden« (S. XIV, 
Z. 8 von unten). Und doch hat sie im Rahmen der künstlerischen Entwicklung eine nur 
untergeordnete Rolle gespielt (das., Z. 2 von unten); und wurde überhaupt seit dem Dreißig¬ 
jährigen Krieg besonders geübt und geschätzt (S. XV). Große Kunst innerhalb dieses Gebiets 

11 • 


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Literatur 


bezeugen hauptsächlich drei kleine Bildchen mit Pandurenkämpfen, von denen Biermann 
merkwürdig viel zu erzählen weiß. Man muß annehmen, daß der anonyme Künstler ein 
Tiroler Meister gewesen ist, der die hier geschilderten Szenen unmittelbar erlebt hat (S. XV). 
Das hätte ich mir, als ich vor Jahren der Firma Heinemann die drei frischen derben Bilder 
aus Gefälligkeit bestimmte und mit aller Zurückhaltung einen Tiroler als Autor vorschlug, 
nicht träumen lassen, »daß sie ihresgleichen in der gesamten Geschichte der Malerei nicht 
haben«! »Sie bilden den Abschluß einer Entwicklungsreihe, denn was später Carl Urlaub 
in seinen beiden Schlachtenbildcrn des Frankfurter Historischen Museums entwickelt, ist 
aus einer völlig modernen Empfindung heraus gestaltet (S. XV; später, S. XXXIX, heißt 
es von einem der beiden Bilder, das cs der junge Menzel gemalt haben konnte!), wie sie ähn¬ 
lich aus jenem Reiterstück des Schweizers Conrad Gessner spricht, das allerdings frühestens 
ander Wende des 18. Jahrhunderts gemalt sein dürfte.« Auch diesen Passus bekenne ich 
wieder nicht zu verstehen; das Bild ist doch deutlich 1786 signiert und außerdem beschreibt 
es Gessner in einem Brief an seinen Vater (Briefwechsel S. 115) ausführlich, war es doch 
einer seiner ersten Schülerversuche, das an Wouvcrmann und den andern geschätzten 
Vorbildern der Dresdner Galerie Gelernte in einer eigenen Komposition zu verwerten. 

In der Stillebenmalerci hat es wirklich bahnbrechende Persönlichkeiten nicht gegeben, 
wenn uns gleich Bilder von Flegel, der das malerische Talent nicht verleugnen kann (S. XV), 
und im Gegensatz zur malerischen Richtung die zeichnerische Form über alles stellt (S. XVI), 
und uns überhaupt hier nichts angcht, weil er den Jahren (f 1638) und dem Stil nach einer 
älteren Richtung angchört, ferner solche der vielköpfigen Malerfamilic Hamilton auch heute 
noch nahestehen (S. XV), und die Arbeiten der Fehling, Pichler, Sperling im einzelnen 
unser Empfinden noch berühren (S. XVI). Bahnbrecher sind nur F. W. Tamm und Ruthardt, 
die Biermann mit Schuch und Courbet zu vergleichen schwer unterdrücken kann. Obwohl 
ihm dies gewiß niemand verwehren möchte, bittet er doch ausdrücklich, solche Hinweise bei¬ 
leibe nicht sensationell zu nehmen oder gar im Sinn einer »Entwicklungsgeschichte« zu werten, 
die sich mit einigen equilibristischcn Verrenkungen für die moderne Kunst auf Grund unserer 
Epoche sehr leicht konstruieren ließe (S. XVI). Ja, was meint er denn mit den equili« 
bristischen Verrenkungen ? Meint er, weil er — wie wir sahen — Tamms Wirken um 33 Jahre 
verlängert hat, er hätte es mit einiger Mühe auch noch bis zur Zeit Courbets auseinander - 
ziehen können? 

Da die Stillebenmalerei mit der Mitte des 18. Jahrhunderts zuende ist — was natür¬ 
lich ganz falsch ist, der oben genannte Pichler z. B. lebt und arbeitet, allerdings ohne 
daß es Biermann weiß, bis 1806 — kommt nun die Landschaft an die Reihe; hier findet 
Biermann am meisten zu reformieren. Mehr als ein anderer Kunstzweig habe sich, vor¬ 
wiegend durch das Schaffen der süddeutschen bzw. österreichischen Künstler, die Ent¬ 
wicklung der deutschen Landschaftsmalerei folgerichtig und selbständig vollzogen. Leider 
klärt Biermann diesen allgemeinen Satz nicht zur Genüge auf. Das Wesentliche scheint 
ein um die Wende des 17. Jahrhunderts auftretendes neues Naturgefühl und »eine — 
wenn man so sagen darf — neuzeitliche Romantik« zu sein, wofür er Agricola als Beispiel 
anführt. Was er mit dem Romantischen meint, verstehe ich nicht. Daß auf den Bildern 
Türken Vorkommen, kann cs doch unmöglich sein, das ist z. B. in Frankreich so oft der 
Fall gewesen, daß ein ganzes Buch über diese Maler zusammengestellt werden konnte. 
Daß aber »die Natur hier nicht im Sinne der üblichen Prospektenmalerei gesehen, son¬ 
dern mit einem starken Gefühl für die kompositionellc Gliederung von einem eigen¬ 
willigen Temperament neugestaltet« sei, ist ebenso unrichtig, wie die Behauptung, daß das 
andere Bild ganz auf das Idyllische des deutschen Waldes abzielc (S. XVII). Sondern 


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Literatur 



Agricola arbeitet noch völlig mit den der niederländischen Malerei entstammenden Kom¬ 
positionsschemen sowie mit ihrem Valeurdreiklang, und erst in der nächsten Generation, 
bei Brand und Thiele, werden in das noch lange fortbestehende Schema die atmosphärischen 
Beobachtungen eingetragen, die zu einer allmählichen Umschmelzung der überkommenen 
Prospekte, zu einem koloristisch erfaßten Naturausschnitt führen. Ob es diese sich in den 
Impressionismus fortsetzende Richtung oder die an der Größe monumentalen Aufbaus 
festhaltende Ausdrucksweise ist, die die Wurzel der Landschaftsmalerei des 19. Jahr¬ 
hunderts bildet, läßt Biermann unentschieden und so läuft die so groß begonnene Reform 
unserer Auffassung von Landschaftsmalerei auf die bare Selbstverständlichkeit hinaus, 
daß alle unserer Zeit möglichen Tendenzen in irgendwelchen Formen der Vergangenheit 
mehr oder weniger entfernt vorbereitet sind. 

Infolgedessen ist die Charakteristik der einzelnen Meister völlig schief. Was über 
Grund gesagt ist, habe ich z. T. zitiert, es müßte aber alles wiedergegeben werden, um zu 
zeigen, wie mit bedeutend tuendem Wortgeklingel nichts, gar nichts erklärt wird. Übrigens 
braucht er ja auch gar nicht erklärt zu werden. Denn wer in diesem Zusammenhang das 
hier ebenfalls reproduzierte Selbstbildnis des Künstlers in sich aufgenommen hat, empfindet 
deutlich auch den Geist, der diese Kunst erstehen ließ« (S. XIX) 11 ). Man lernt überhaupt 
erst in diesem Buche, was sich aus einem Porträt alles herauslesen läßt. Da gab es in Daim- 
stadt von Johann Heinrich Roos, der noch das Kind des Dreißigjährigen Krieges war, aber 
schon als Knabe nach Amsterdam kam, die Porträts eines älteren Paares, »in dem man gern 
die Eltern des Künstlers sehen möchte, weil eigentlich nur Kindesliebe solche ergreifende 
Bilder zu malen versteht«. Ist diese Bemerkung nicht rührend? Vergißt man nicht beinahe, 
daß Roos # Vater ein armer Leinweber war und daß der dargestellte alte Herr ganz gewiß nach 
Kostüm und Haltung einer von den Schöffen oder sonstigen Frankfurter Dignitären ist, 
die Roos serienweise porträtierte, also unmöglich sein Vater sein kann? Aber trotzdem ist 
die Sache rührend: »Die Frau mit den verweinten Augen, der Mann mit dem resigniert drein¬ 
schauenden Antlitz; man fühlt die Nähe des Dreißigjährigen Krieges, den namenlosen Jammer 
dieser ganzen Zeit, die ihre Furchen in die Züge der beiden Alten eingegraben 
haben« (S. XXI). Man vergißt dieser Sprache gegenüber sofort, daß das Bild 1669, 
also 21 Jahre nach dem Kriegsende gemalt ist, und daß andere 81 jährige Greise — so alt 
ist der Dargestellte — auch nicht glattere Stirnen zu haben pflegen. — Auch von Philipp 
Peter Roos ist Merkwürdiges zu melden. »Man weiß von dem liederlichen Leben dieses 
Künstlers, der gleichmäßig Bacchus und Venus zugetan war und sich schließlich auf seinem 
kleinen Besitztum in Tivoli vor den Gläubigern nicht mehr retten konnte. Und doch muß 
er voll Leidenschaft gewesen sein.« (S. XXI.) 

Unter den Hamburgern sticht Mathias Scheits hervor; ich glaube, daß Lichtwark diesen 
Eklektiker etwas überschätzt hat. Jedenfalls aber ist es zuviel, auch noch echte Goyasche 
Geste (S. XXII) und eine Watteausche Entwicklung (S. XXIII) bei ihm zu finden; dagegen 
findet ihn Biermann »von allen holländischen Reminiszenzen entfernt. Denn die koloristische 
Behandlung weist Töne auf, die die Teniers und Ostade nicht haben« (S. XXII f.). Hollän¬ 
dische Reminiszenzen an Teniers kann man doch auch nicht wohl verlangen! Überhaupt 
ist die Hamburger Malerei nicht leicht zu begreifen. »Es ist der Krämergeist der Zeit und des 
Bodens in seiner höchsten Potenz, der hier — in Balthasar Denners Porträts — vor Augen 


H ) Man vergleiche die Charakteristik Grunds durch Biermann mit der ruhigen sachlichen Analyse, 
die Mateycek im Jahrbuch des kh. Instituts der Zentralkommission 1914, Beiblatt S. 19 ff. von dem Künstler 
gibt, um den Unterschied zwischen seichtem Feuilleton und Wissenschaft zu erkennen. 


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Literatur 


tritt« (S. XXIII). Daneben gibt es aber andere Maler, Luhn, Rundt, Paulsen, Jacobs etc., 
lauter »Beweise für die Tatsache, daß gerade hier oben im Norden eine Kultur des Auges 
für das rein Malerische herrschte, die den kleinlichen Geist eines Denner fast fremdartig 
auf diesem durch kräftige Tradition geheiligten Boden erscheinen läßt.« (S. XXIV.) Was 
ist also der wahre Geist der Hamburger Malerei? Ich möchte darüber eine so bündige Aus¬ 
kunft haben, wie sie Biermann über Johann Rundt gibt: »Das Süffige seiner ungemischten 
Farben hat direkt etwas Bestrickendes« (S. XXIII). Jeder Kommentar beeinträchtigt die 
vornehme Schönheit dieses Kunsturteils, besonders wenn man das betreffende Prinzessinnen - 
bild (Abb. 178) dazu betrachtet. 

Eigentlich gehört dieser Rundt auch einigermaßen zu den Hofkünstlern, auf die Bier¬ 
mann sonst gar nicht gut zu sprechen ist. »Sie haben meist nichts dazu getan, den Geschmack 
ihrer Umgebung zu heben, sondern sind — wie es in dieser Zeit des absolutistischen Fürsten - 
regimentes kaum anders denkbar war — der Mode und Versimpelung ebenso untertan gewesen, 
wie die hohen Herren, die sie zu bedienen pflegten« (S. XXVI). Wenn man bedenkt, daß 
dieser Satz an Malern belegt wird, die im Dienste König Augusts von Sachsen und Friedrichs II. 
von Preußen standen, so bewundert man diese Gesinnungstüchtigkeit und denkt bedauernd, 
was die deutschen Fürsten — die sich allerdings in ihren Schlössern ein stolzes Denkmal 
setzten (S. XVII) und das »hohe Geschmacksniveau der Zeit« doch zumindest teilten, das an 
anderer Stelle gerühmt wird (S. IV) — hätten leisten können, wenn sie einen unentwegt libe¬ 
ralen künstlerischen Beirat in ihren Kabinetten gehabt hätten! Das wäre um so 
wichtiger gewesen, als die höfische Kunst nun mehr und mehr in den Vorder¬ 

grund tritt, denn *der Sieg der höfischen Kultur über die bürgerliche bedeutet 
künstlerisch das Ende des Barocks zugunsten des Rokokos« (S. XXIX), wir 

haben schon gehört, daß dies ein Lieblingsvorurteil des Verfassers ist. Diese höfische 

Kultur aber war ein rechter Bettel; »nicht das Individuelle reizt die Palette dieser 

malenden Höflinge (die bezeichnenderweise an den kleinen Fürstenhöfen meist den Rang 
eines Kammerdieners einnehmen), sondern es heißt, das Ideal des neuen Weltmenschen nach 
den Geboten und der überkommenen höfischen Formensprache verkörpern« usw. (S. XXX). 
Nur wenn er sich von dem höfischen Zwang frei machte, Fürstenbildnisse zu malen und sich 
der Insel der Cythera zu nähern (? S. XXXI), ist Pesne wert der deutschen Kunstgeschichte 
einverleibt zu werden (S. XXIX), und »auch bei Johann Conrad Seekatz begegnet dieser 
innere Zwiespalt zwischen dem, was die Mode will, und dem, was der Künstler wirklich mit 
seinem Herzblut schafft« (S. XXVIII). Worin dieser Zwiespalt eigentlich besteht, wird aller¬ 
dings nicht klar, denn es wird uns gleich darauf versichert, daß die gleiche große Heiterkeit 
allen seinen Schöpfungen eigene, ob er Supiaporten in französischem Geschmack oder bürger¬ 
lich gesehene Genreszenen malt (S. XXIX). Arme Künstler! Selbst wenn sie kraftvoll und 
begabt sind, wie G. D. Matthieu, erschlafft das Talent doch bald in der Atmosphäre eines 
Fürstenhofes und »das Schicksal hat es gewiß gut mit ihm gemeint, als es ihn bereits 1778 — 
noch fünf Jahre vor seiner Stiefmutter—, erst einundvierzig, abberief« (S. XXXIII). Welchen 
Unannehmlichkeiten von seiten Biermanns ist er dadurch glücklich entgangen! 

Ist es wirklich notwendig, die groben Unrichtigkeiten dieser Ansicht ausdrücklich zu 
zeigen? Besonders darauf hinzuweisen, welche außerordentliche Bedeutung den Fürsten¬ 
höfen innerhalb der großen künstlerisch-literarischen Regeneration der deutschen Kultur 
zugefallen war? Die Fürstenhöfe der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bilden ein 
Mäzenatentum, das in seiner produktiven Kraft so einzigartig ist wie die Kunstförde¬ 
rung der Medici oder der Kunstzentralismus Ludwigs XIV. Die Eigenart dieser künstle¬ 
rischen Kultur liegt in der engen Durchflechtung mit der großen ursprünglich von England 


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Literatur 


87 


ausgegangenen bürgerlichen und literarischen Strömung und erhält ihr besonderes Gepräge 
durch die starken Persönlichkeiten ihrer fürstlichen Träger. Der philosophische Hof Fried¬ 
richs des Großen ist etwas völlig Neues und — von der geistvollen Tafelrunde des Regenten 
ebenso verschieden wie von der Selbstherrlichkeit Ludwigs XIV. — etwas durchaus Unfran¬ 
zösisches, obwohl der König die unausgebildete Muttersprache geringschätzte und sich 
französische Bilder und Philosophen anschaffte. War die Luft am Hofe Maria Theresias 
wirklich so verseucht, haben alle die Höfe, ohne deren wärmstes und tätiges Interesse 
die geistige Geschichte Deutschlands in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht 
denkbar ist, wirklich nur für hohlen Prunk gelebt? Scharf umrissene Peisönlichkeiten wie 
Markgraf Karl Friedrich von Baden und Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, wie 
die »große Landgräfin« Karoline von Hessen und Luise Dorothea von Gotha, wie Herzog 
Ernst II. oder Prinz August von Gotha, Kurfürst Max Friedrich von Fürstenberg in Köln 
und der Koadjutor Dalberg sollen eine Gesellschaft knixender Rokokofigürchen 
bilden, denen wir Geschmacklosigkeit und Versimpelung vorwerfen dürfen 1 Im Gegen¬ 
teil, diese Kultur hat etwas auch für uns so stark Anmutendes, weil das Menschliche 
so stark durchschlägt. Diese für die ganze geistige Kultur so bedeutsamen Höfe hatten nun 
auch ihre Maler, gute und schlechte, wie man sie gerade erlangen konnte; auch die hand¬ 
werklichen brauchte man, weil Persönlichkeitskult und soziale Bedürfnisse eine große Pro¬ 
duktion von Bildnissen nötig machten. Für diesen Massenbetricb an Porträts, der in der 
Photographie kein Hilfsmittel besaß, hatte man Künstler, die nicht viel wert waren, die 
man aber auch um nichts höher einschätzte, als sie verdienten. Konnte man bessere 
erlangen, so hat man Mühe und Geld nicht gescheut, sie sich zu verschaffen. 

W'ie seltsam unlogisch geht doch Biermann vorl Er trägt Bilder, die die Besteller 
niemals für Kunstwerke gehalten haben, jämmerliches Zeug von Schnaphan und Pahl und 
J. H. Schmidt und Hagelgans usw. in eine Kunstausstellung zusammen und beweist dann 
den einstigen Herren dieser Maler, daß sie keinen Geschmack besessen, den Malern selbst 
aber, daß sie für die Weiterentwicklung keine Bedeutung gehabt haben. Die hervorragenden 
Künstler unter den Hofmalern muß er seiner These zuliebe sämtlich für Ausnahmen erklären: 
bei Pesne überwindet das Talent fast immer den Hofmann (S. XXXI), bei Lisiewski findet 
man Arbeiten, die über jeden Zweifel erhaben sind (? S. XXXII), Anna Dorothea Therbusch 
malt ein Selbstporträt, das sich auch unserm modernen Empfinden ob seiner fast seherischen 
Größe unvergeßlich einprägt, mit einer in dieser Zeit vollends unerhörten Vergeistigung, 
die mit dem Rokoko eigentlich nichts mehr gemein hat (S. XXXII). Eine Ausnahme ist 
ihm deshalb auch Ziesenis, dessen glänzende Hervorholung, meinetwegen auch Entdeckung, 
meinem Eindruck nach das größte Verdienst der Ausstellung gewesen sein muß; die Bild¬ 
nisse des Grafen Wilhelm von Schaumburg-Lippe, bisher nur in einer Kopie in Kassel bekannt, 
die Bahlmann als vermeintliches Hauptwerk J. H. Tischbeins ausführlich besprochen hat, 
und der Gräfin Maria, der fürstlichen Gestalt, die uns aus der Geschichte unserer klassischen 
Dichter vielleicht zu allermeist ans Herz gewachsen ist, haben Anspruch, ein bleibendes 
Stück deutschen Kunstbesitzes und Kunststolzes zu werden. Trotz dieser ach so gern aus¬ 
gesprochenen Anerkennung kann ich die Charakteristik des Malers nicht richtig finden; 
er ist keineswegs »vielleicht der Einzige von allen Hofmalern seiner Zeit, die den Fürsten 
nicht nach dem Schema als Repräsentanten in Ornat und Würden, sondern als Menschen 
gesehen und überliefert haben« (?), und ebenso scheidet ihn nicht von den anderen Por- 
trätisten, daß die Art, wie hier die Herrschaften mitten in die Landschaft des gräflichen 
Parks hineingestellt sind, auf ein neues Verhältnis des Menschen zur Natur hindeutet 
(S. XXXIV). Sondern beides liegt bei aller hohen Qualität des Malers durchaus in der Linie 
der allgemeinen europäischen, wie der speziell deutschen Entwicklung. 


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Literatur 


Daß sich diese bei Biermann derartig verwirrt, liegt an seinen merkwürdigen historischen 
Vorstellungen; jene völlig verzeichnete höfische Kultur, als deren Repräsentanten er Fried¬ 
rich II. nennt (S. XXX), wird von einer neuen bürgerlichen Epoche, dem Zeitalter der 
Aufklärung, überwunden! Jedes Mißverständnis ist ausgeschlossen, denn Biermann spricht 
diese Behauptung, die die allbekanntesten Vorgänge der geistigen Entwicklung des 18. Jahr¬ 
hunderts völlig auf den Kopf stellt, mehrmals aus; Chodowiecki versucht »dem Zeitalter der 
Aufklärung künstlerisch vorzuarbeiten« (S. XXXVII), Graff »ist das Kind einer neuen 
Zeit; die mächtig nach Aufklärung verlangte« — in Wirklichkeit war sic nichts so über¬ 
drüssig wie die Aufklärung — »und wie sehr er den Geist dieses, durch deutsche Gelehrsam¬ 
keit und Dichtkunst (!) vorbereiteten großen Zeitabschnittes in sich aufgenommen, beweisen 
nicht zuletzt dieBildnisse jener Männer, die die Grundlagen der modernen Kultur vorbereitet 
haben«, d. s. die Bildnisse der Lessing, Nicolai, Hagedorn, Mendelssohn usw. (S. XXXVIII); 
nur der nicolaitischen, vorschlegelschen Auffassung verdankt Lessing wohl die zweifelhafte 
Ehre, hier unter die »Vorbereiter« der modernen Kultur aufgenommen zu sein, die be¬ 
kanntlich im deutschen Geistesfrühling am Ende des 18. Jahrhunderts wie die Eismänner, 
wie die schlimmsten Widersacher und Schädlinge empfunden wurden. Sogar F. A. Tisch¬ 
bein, der Freund und Maler Caroline Schlegels, hat »als einer der ersten das traditionelle 
Rokokoideal verlassen und sich im Gefühl dem Geiste der Aufklärung auch künstlerisch 
anzupassen versucht« (S. XL). 

Infolgedessen ist es nicht verwunderlich, daß sich Biermann die Folgerichtigkeit der 
künstlerischen Vorgänge völlig verzerrt. Sehr richtig hat Michel schon vor Jahren in prag¬ 
matischer Verkürzung konstatiert: »Les Tischbein .... sont les pr^curseurs desOwerbeck 
et des Cornelius«, Biermann aber ist weiter genötigt, alle bedeutenden oder für bedeutend 
erachteten Erscheinungen für Ausnahmen zu erklären. Nicht nur daß »Mengs an den Bury, 
Wilhelm Tischbein, Ang. KaufTmann gemessen, wie ein Gott unter seinesgleichen erscheint« 
(sic!), »was bei den anderen Pathos und Mode scheint, gewinnt unter dem Zauber seines 
Pinsels die Größe einer neuen Weltanschauung« (S. XXXVI). Eine Ausnahme ist auch sein 
Schwager Maron, dessen Bild »gestern oder vor zehn Jahren gemalt sein könnte«, eine Aus¬ 
nahme natürlich Graff; Ausnahmeerscheinungen im Rahmen ihrer Zeit sind im Ganzen 
gesehen sowohl Johann wie Januarius Zick (S. XXXVIII), besonders ersterer gewiß mit 
Recht, da »er den Geist Rembrandt dem eines Tiepolo zu vermählen verstand«, und ebenso 
Georg Karl Urlaub, dessen Bildnis des Grafen Kesselstadt »trotz seinem kleinen Format 
überzeugend aus dem Rahmen der Zeit heraustritt« (S. XXXIX). Die Ausnahmsstellung 
dieser Künstler ist dadurch begründet, daß sie sich von dem verlogenen Pathos des Rokoko 
freimachten, wie es z. B. in Österreich als Ausdruck einer ganz und gar auf Äußerlichkeiten 
gestellten Kultur bis tief ins neunzehnte Jahrhundert fortlebte (S. XXXVI und XXXVII), 
und Werke schufen, an die erst eine viel spätere Zeit, die Krüger, Menzel etc., wieder an- 
knüpften (S. XXXVII), »Zwischenstufen auf dem Wege, der von Holbein über den Klassizis¬ 
mus zu Leibi führt«. D. h. die wahren Werte der Kunst des 18. Jahrhunderts liegen dort, 
wo die Großtaten der naturalistischen Malerei des 19. Jahrhunderts vorbereitet werden. 

Diese These knüpft direkt an das Programm der Berliner Deutschen Jahrhundert- 
Ausstellung von 1906 an. Dort hatte es sich darum gehandelt zu zeigen, daß sich die An¬ 
fänge der sogenannten impressionistischen Malerei — die Muther und die von ihm abhängigen 
Modeschriftsteller von Constable und der französischen Malerei ableiteten — auch innerhalb der 
deutschen Kunst durch das ganze Jahrhundert hindurch \ erfolgen lassen, so daß sich hier 
eine geschlossene künstlerische Tradition ergebe. Hieian knüpfte die Darmstädter Aus¬ 
stellung ausdrücklich und mit Bewußtsein an, und besonders bei der Landschaftsmalerei 


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Literatur. 


89 


betrachtet es Biermann als ein Vermächtnis Lichtwarks, jene Zusammenhänge weiter zu¬ 
rückzuverfolgen, ihr Werden im achtzehnten Jahrhundert zu erkennen (S. XLIII). Tat¬ 
sächlich war dies, wie auch ich mich entsinne, ein Lieblingsgedanke Lichtwarks, aber Bier¬ 
mann hat ihn mißverstanden, woran teilweise die etwas veränderte künstlerische Situation 
schuld ist; die Berliner Jahrhundert-Ausstellung fiel an den Höhe- und Wendepunkt einer 
naturalistischen Kunstbetrachtung, die Darmstädtcr Ausstellung gehört schon einer Zeit 
an, die die Überwindung jenes einseitigen Standpunkts auch innerhalb der rückgewandten 
Kunstbetrachtung im Programme führt. Infolgedessen sucht Biermann, der Weisung Licht¬ 
warks folgend, die wirklichen Zusammenhänge, aber er weiß nicht recht, wo er nach ihnen 
fahnden soll. Er preist den Wirklichkeitssinn gewisser Schweizer Landschafter, aber das 
Motivische allein, das Wiedergeben einer konkreten Landschaft, kann doch nicht aus¬ 
schlaggebend sein, denn solche Bilder hat es immer gegeben; auch die Umwandlung 
einer Vedute in eine rein optische mit koloristischen Mitteln bewältigte Einheit — das 
ist wohl die Richtung, der Lichtwark am energischesten nachgegangen wäre — hat 
Biermann nicht zum maßgebenden Kriterium jenes Zusammenhanges gemacht. Dann 
spricht er wieder von der Romantik mancher Erscheinungen, wozu ihm die Verwandtschaft 
zwischen Geßner und Böcklin Anlaß bietet, aber auch hier gewinnt er den gesuchten 
Schlüssel nicht; und endlich empfindet er auch den Zusammenhang zwischen monumen¬ 
talen Landschaften der spätem Zeit und gewissen Erscheinungendes 18. Jahrhunderts, und so 
führt auch dieser Teil der Reform unserer Landschaftsauffassung—genau wie wir es schon früher 
beobachtet haben — nur zu der ganz vagen Konstatierung, daß die verschiedenen Erschei¬ 
nungen des achtzehnten Jahrhunderts in mannigfacher Weise in verschiedenen Erschei¬ 
nungen des neunzehnten eine Fortbildung gefunden haben, bzw. daß diese in jenen vor¬ 
bereitet sind. Daß diese vage Feststellung nicht längst eine allgemeine Erkenntnis der Kunst¬ 
geschichte ist, ist gewiß nicht die Schuld des Verfassers; wüßten wir alle, daß das neun- 

« 

Zehntejahrhundert auch mit seiner Kunst aus seinem Vorgänger herauswächst — und wüßten 
wir es nicht nur im allgemeinen, sondern hätten wir auch die Hauptfäden genau und ge¬ 
wissenhaft verfolgt —, so wären wir so weit, wie die Geschichte der deutschen Literatur zur 
Zeit Scherers war. Dann aber wäre als Hauptaufgabe— das entspricht dem, was die moderne 
Germanistik seitdem getan hat — die Frage zu lösen, wodurch sich die Kunst des neun¬ 
zehnten Jahrhunderts dennoch grundsätzlich von der des achtzehnten unterscheidet. Ein 
Ansatz zur Antwort liegt in dicke Wolken von Mißverständnis gehüllt im Schlußsatz der 
Biermannschen Landschaftsbetrachtung: »Vor den Bildern Hackerts empfindet man nir¬ 
gends den Schatten jener grauen Theoretiker, die die Schönheit der Winckelmannschen 
Kunstanschauung zu einem öden System sklavischer Abhängigkeit von einem der Zeit im 
Grunde fremden und längst verloschenen Geiste erniedrigt haben« (S. XL 1 V). Nur durch 
den Klassizismus hindurchgehend, der hier noch einmal geschmäht wird, konnte die Kunst 
des neunzehnten Jahrhunderts zu ihrer Eigenart und ihrem Reichtum gelangen. 

In dieser prinzipiell grundverschiedenen Auffassung, die ich im Zusammenhang mit 
diesem Buche nicht weiter darlegen möchte, aber dereinst ausführlich zu begründen ge¬ 
denke, liegt wohl der tiefste innere Gegensatz zwischen mir und dem Verfasser begründet. 
Dennoch wäre mir nichts leichter gefallen, als diese reiche Materialsammlung dankbar will¬ 
kommen zu heißen, wenn das Buch nicht durch seine Anmaßlichkeit die schonungslose 
Aufdeckung seiner zahllosen Fehler herausgefordert hätte. Die vielen Unrichtigkeiten, die 
allgemeine Unzuverlässigkeit und Ungenauigkeit in jedweder Beziehung machen das Buch 
zu einem unnützen Ballast für die Kunstgeschichte; die Leichtfertigkeit und Anmaßung, 
mit der der Verfasser an diese schweren und wichtigen Fragen herantritt und sie durch leere, 

Repertorium für Kunstwisxentchaft XXXIX. 12 


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Literatur 


schillernde Phrasen zu lösen vorgibt, erhöht noch seine Bedenklichkeit. Deutsches Barock 
und Rokoko, über die sich Biermann mit dem ganz richtigen Instinkt, daß es hier etwas zu 
entdecken gibt, hergemacht hat, sind zweifellos stark vernachlässigt worden und daher 
wenig bekannt; die wenigsten Fachgenossen — geschweige denn das größere Publikum, an 
das das Buch sich ebenfalls wendet — können sich hier ein selbständiges Urteil bilden, und so 
müssen sie vertrauensvoll nach einem Werk greifen, das sich mit unerschütterlicher Selbst - 
gewißheit als das lange entbehrte Fundamentalwerk bezeichnet und das noch dazu geschickt 
den nationalen Wind in seine Segel zu fangen weiß. Den wesentlich deutschen Charakter 
auch dieses Abschnitts unserer Kunstentwicklung zu erweisen, ist zweifellos eine schöne 
und stolze Aufgabe; warum hat sie Wilhelm Pindcr in seinem prächtigen Blaubuch über 
deutschen Barock lösen können, warum konnte sie Biermann nicht lösen? Weil man das 
Deutsche nicht erkennen kann, wenn man nicht auch Einsicht in die gleichzeitigen Vorgänge 
innerhalb der niederländischen, italienischen, französischen, englischen Kunstentwicklung 
besitzt; weil man das Deutsche nicht erkennen kann, wenn man innerhalb der deutschen 
Entwicklung nicht die großen geistigen Zusammenhänge erfaßt, nicht die einzelnen Tatsachen 
in gewissenhafter Arbeit erforscht hat. All das macht die schärfste Zurückweisung des Bier- 
mannschen Buches zur Pflicht; es mangelt ihm an allem, was zu allen Zeiten der höchste 
St dz deutscher Wissenschaft war: an unbedingter Treue im einzelnen, an folgerichtiger 
Durchdringung des Ganzen, an einem hohen idealen Standpunkt, der aus wissenschaftlichen 
Leistungen sittliche Taten macht. Dieses gewissenlos zusammcngesudelte Buch ist durch 
und durch undeutsch, und deshalb — denn in dieser Zeit der Hochspannung schlagen unser 
ethisches und unser nationales Ideal naturgemäß in eines zusammen— auch durch und durch 
unsittlich. 

Dezember 1915. Hans Tietze . 


G. I. Kern. Der Mazzocchio des Paolo Ucccllo. Sonderabdruck aus dem Jahr¬ 
buch der Königl. Preußischen Kunstsammlungen, 1915, Heft 1. 

Den perspektivisch-historischen Forschungen Kerns verdanken wir eine ganze Reihe 
wichtiger Ergebnisse allgemeiner und besonderer Art, insofern nämlich seine exakte per¬ 
spektivische Untersuchung eine neue Basis für die Datierung und Gruppierung von Bildern 
lieferte, ferner dadurch, daß bisher unbeachtete Zusammenhänge zwischen der Architektur 
und der Malerei auf gewissen Bildern entdeckt wurden. So wurden durch Kern zum ersten 
Male die Bildarchitekturen der Pala-Madonna des Jan van Eyck in seiner bei E. A. Seemann 
erschienenen trefflichen Dissertation *) und des Dreifaltigkeitsfreskos von Masaccio in 
S. Maria Novclla *) enträtselt. Zum mindesten wurden kunstgcschichtliche, vor allem 
architekturgeschichtliche Fragen von außerordentlicher Tragweite angeschnitten und teil¬ 
weise beantwortet. Zwischen dem Fluchtpunkt der Einzelebene und des Raumes macht 
Kern als erster unter allen Perspektivforschern einen prinzipiellen Unterschied. Im beson¬ 
deren wurde durch ihn festgestellt, daß der Fluchtpunkt für die Einzelebene bereits im 
14. Jahrhundert gefunden worden ist und daß schon auf Ambrogio Lorenzettis Verkündi¬ 
gung von 1344 in der Siencser Akademie ein Fluchtpunkt für die Tiefenlinien einer Be¬ 
grenzungsebene des Raumes vorkommt 3 ). Dagegen wurde der Fluchtpunkt des Raumes 

9 Die Grundzüge der linearperspektivischen Darstellung in der Kunst der Brüder van Eyck und 
ihrer Schule, Leipzig, E. A. Seemann, 1904 und Repert. f. Kstw. Bd. XXV S. 27—64 und 268—272. 

*) Jahrbuch der K. Preufi. Kunstsamml. 19* 3 * 

3 ) Mitteilungen des Kunsthist. Instituts in Florenz, Berlin, 1912, S. 39—65. 


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Literatur. 



selbst erst im 15. Jahrhundert gefunden; in Italien durch Filippo Brunelleschi, auf den 
auch die Entdeckung der Distanz als Mittel zur perspektivischen Einteilung der Tiefen¬ 
linien zurückgeht, in den Niederlanden, unabhängig von Brunelleschi, durch Jan van 
Eyck oder dessen Schüler Petrus Kristus, der schon auf seiner Madonna mit zwei Heiligen 
von 1457 Staedelschen Institut den Raum mathematisch konstruiert. 

Zu diesen älteren ergebnisreichen Forschungen Kerns gesellt sich jetzt ein Versuch, 
den perspektivischen Studien Paolo Uccellos als einer Hauptquelle für das Verständnis 
der ganzen Quattrocento-Perspektive auf den Grund zu kommen. Vasaris berühmte Samm¬ 
lung von Handzeichnungen enthielt mehrere Blätter Uccellos mit perspektivischen Kon¬ 
struktionen, darunter einen mit unendlicher Geduld und Mühe ausgeführten Mazzocchio, 
und noch heute sind in der Sammlung der Uffizien zwei Mazzocchio-Zeichnungen Uccellos, 
ferner eine aus mehreren Mazzocchi zusammengesetzte kelchartige Konstruktion erhalten. 
Auch der Louvre besitzt eine Mazzocchio-Zeichnung des Meisters. Der Mazzocchio gehörte 
zum Cappuccio, einer im 15. Jahrhundert zu Florenz sehr beliebten Kopfbedeckung, dem 
italienischen Ableger der burgundischen Sendelmütze. Das Drahtgerüst dieses Kopfputzes 
in Form eines Ringes hat Uccello, so merkwürdig es auf den ersten Blick erscheinen mag, die 
Anregung zu verwickelten Konstruktionen gegeben; das Gerüst wird hierzu einem ringförmigen 
regelmäßigen Polyeder von der geometrischen Grundfigur eines gleichseitigen Zweiund- 
dreißigecks, dessen Stirnseiten mit Diamantquadern besetzt sind. In überaus scharfsinniger 
Weise hat Kern das Verfahren ermittelt, das Uccello anwandte, um zu seiner schwierigen 
Konstruktion zu gelangen. Ein besonderes historisches Interesse gewinnt noch das Thema 
durch die vom Verfasser zusammengestellten Konstruktionen ähnlicher Art in den ältesten 
für Maler geschriebenen Traktaten der Perspektive, namentlich der »prospettiva pingendi« 
von Piero della Francesca und der »pratica della perspettiva« von Daniel Barbaro, in denen 
der Mazzocchio ausführlich und zwar als Vorstufe zum perspektivischen Zeichnen von Säulen 
behandelt wird. Zu den zweifellos bedeutsamsten kunstgeschichtlichen Urkunden über die 
Behandlung des Raumproblems in der Renaissance werden diese Blätter Uccellos durch 
den Umstand, daß sie lange vor Pieros della Francesca berühmter Schrift entstanden sind, 
spätestens im Jahre 1447, dem Datum der Sintflut im Chiostro Verde von S. Maria Novella, 
wo schon konstruierte Mazzocchi Vorkommen. Damit ist eine völlig neue Grundlage für 
alle späteren Forschungen auf diesem Gebiete der Kunstwissenschaft geschaffen. 

Walter Bombe. 


Anmerkung des Herausgebers. 

Uber Kerns perspektivische Studien, die auch außerhalb der kunstgeschichtlichen Literatur besondere 
Anerkennung fanden, sei noch verwiesen auf: 

1. Die Besprechungen von H. Wieleitner in den »Mitteilungen zur Geschichte der Medizin und der 
Naturwissenschaften», XIV, Nr. 4, S. 249—252, wo auch eine Übersicht über die einschlägigen Gegenschriften 
von K. Doehlemann gegeben ist. 

2. Die Besprechung von Wolff in der »Zeitschrift für mathematischen und naturwissenschaftlichen 
Unterricht aller Schulgattungcn», XLVI, Heft 5, S. 263—269, die namentlich für den Mazzocchio von 
Wichtigkeit ist. 

3. Die Besprechung von Antoine Neut in dem »Extrait des Annalcs de la Sociöt^ d'£mulation pour 
l’ltude de Thistoire et des antiquitls de la Flandrc, 3 mc fase. (1912), S. 253—258, der an den Aufsatz im 
35. Band des Repertoriums anknüpft. 


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92 


Literatur 


Friedrich Winkler, Studien zur Geschichte der Niederländischen Miniatur¬ 
malerei des XV. und XVI. Jahrhunderts. Jahrbuch der Kunsthistorischen 
Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. Band XXXII. Heft 3. Wien 1915. 

• Die grundlegenden Forschungen Dvordks, Friedländers, Volls und anderer — Wink¬ 
lers selbst nicht zu vergessen — haben die Probleme der Entwicklung in der frühnieder¬ 
ländischen Tafelmalerei, ungeachtet verworrener Bestimmungsfragen und schwebender 
Grenzstreitigkeiten, einet endgültigen Klärung nähergebracht. Es wäre verfehlt, wollte man 
die Ergebnisse dieser Untersuchungen tales quales auf das Gebiet der Miniaturmalerei über¬ 
tragen, die ja von anderen Voraussetzungen abhängig und wesentlich anderen Zielen zu¬ 
gewandt ist. Ja, man darf die gewonnenen Resultate nicht als gesichert betrachten, insolange 
die Entwicklung der Buchmalerei nicht in vollem Umfang herangezogen und für die Auf¬ 
deckung der Wechselbeziehungen zur Tafelmalerei fruchtbar gemacht werden konnte. 

Bislang war aber die Geschichte der niederländischen Miniatur ein wenig erforschtes 
und fast unerschlossenes Gebiet. Die Überfülle der erhaltenen Handschriften, die Zer¬ 
streutheit und Unübersichtlichkeit des Denkmälerbestandes, die Schwierigkeiten der Grup¬ 
pierung und Lokalisierung des Materials — alles hemmende Momente, die der Bearbeitung 
dieses kunsthistorisch so wichtigen Stoffes entgegenwirkten. 

Die bisherige Forschung hat von zwei entgegengesetzten Seiten her mit verschiede¬ 
nem Rüstzeug versucht, das neue Land zu erobern. 

Ältere Forscher, wie Waagen, teilweise auch Woltmann und Woermann, haben, aus¬ 
gehend von einer Auslese der künstlerisch bedeutendsten Prachthandschriften, die sic chro¬ 
nologisch aufreihten und nach den berühmtesten Tafelmalern orientierten, das Problem 
zu lösen geglaubt. Aber so wenig man aus Berggipfeln allein eine Landschaft zu konstru¬ 
ieren vermag, so wenig können einzelne isolierte, aus ihrem pragmatischen Zusammenhang 
gelöste und jeder Relation zu anderen gleichartigen Denkmälern entzogene Kunstwerke 
das Bild einer geschlossenen historischen Entwicklung geben. 

In der Erkenntnis von der Unzulänglichkeit der geschilderten Versuche und in dem 
Bedürfnis nach strengerer Systematik, nach wissenschaftlicher Selbstzucht, nach induktiv 
gewonnenen Ergebnissen, sind jüngere insbesondere französische Forscher — ich nenne 
als die bedeutendsten Durrieu und Martin — mit einer vornehmlich synthetischen Methode 
an das Gebiet der Miniaturmalerei herangetreten. Sie haben nach Durchforschung der wich¬ 
tigsten Bibliotheksbestände versucht, die Handschriften ohne unmittelbare Rücksicht 
auf ihre künstlerische Qualität oder auf Reichtum und Vornehmheit des Bestellers, lediglich 
auf Grund stilistischer Zusammengehörigkeit zu gruppieren. Für die Lokalisierung und 
Datierung der so formierten Gruppen wurden quellengeschichtliche Kriterien wie Rech¬ 
nungen, Urkunden, Künstlerinschriften, Kalenderheilige vielfach mit Erfolg herangezogen. 
Diese historischen Hilfsmittel führten, nachdem von Fall zu Fall eine weitgehende und kom¬ 
plizierte Scheidung der an der Ausschmückung der Handschriftenkoinplexe beteiligten 
Hände vorgenommen worden war, zur Feststellung einzelner Künstlerpersönlichkeiten, 
die, sow r eit nicht überlieferte Namen herangezogen werden konnten, nach bewährtem deut¬ 
schen Muster jeweils einem Hauptwerk oder einem häufig wiederkehrenden stilistischen 
Merkmal ihre etwas umständlichen Namen verdankten. So erstanden neben den Brüdern 
von Limburg, A. Bening, Vreland, Tavernier, Ltedet und anderen: le maitre de la conquäte 
de la Toison d'or, le maitre des Heures du Maröchal de Boucicaut, le maitre des cieux d'ar- 
gent etc. 

Ob diese konsequente Scheidung der Hände in den einzelnen Handschriften die auf¬ 
gewendete Mühe und Sorgfalt durch entsprechende Ergebnisse lohnt, erscheint a priori 


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Literatur. 


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fraglich. Brachte doch die durch die Organisation des mittelalterlichen Werkstattbetriebs 
unter analogen künstlerischen Voraussetzungen, bei weitestgehender Arbeitsteilung schaf¬ 
fende Kollektivität eine Ausgleichung der Kräfte, eine Nivellierung der Handgewohnheiten 
notwendig mit sich, die die Individualität des einzelnen Künstlers hinter der erstrebten 
Einheitlichkeit des gemeinsamen Werkes zurücktreten ließ. 

Die Erwägung mag vielleicht teilweise erklären, warum die unter so günstigen Au¬ 
spizien begonnenen Untersuchungen den an sie gestellten, auf höhere Ziele gerichteten Er¬ 
wartungen nicht entsprachen. Die Methode hat sich — häufig mit Überschätzung minder¬ 
wertigen Materials — an Detailfragen ermüdet und sich durch Reduzierung auf winzige 
Spezialgebiete weitere Wirkungs- und Ertragsmöglichkeiten verschlossen. 

In dieser Stagnation der Forschungsergebnisse bedeuten Friedrich Winklers Studien 
zur Geschichte der niederländischen Miniaturmalerei, die eine rationelle Verschmelzung 
der beiden geschilderten Systeme darstellen, eine Art Regeneration. Ihm gebührt nicht allein 
der Pfadfinderruhm, sich als einer der ersten in Deutschland auf das schwierige und wenig 
bekannte Terrain gewagt zu haben, er hat auch Brücken geschlagen und Straßen gebaut, 
auf denen wir nun wegsicher fortschreiten dürfen. Alle seine einschlägigen Untersuchungen 
— es ist deren eine ganze Serie im Verlauf der letzten Jahre erschienen — sind gleicher¬ 
maßen durch umfassende Monumentenkenntnis, durch scharfsinnige Interpretation der 
historischen Quellen, durch intuitives Erkennen stilistischer Zusammenhänge ausgezeichnet. 

Die mir vorliegende prächtig ausgestattete Arbeit besteht aus vier lose aneinander 
gereihten Einzelstudien. Die chronologische Abfolge des Materials ist nicht gewahrt, wohl 
um das künstlerisch wertvollste Werk an die Spitze zu stellen, ein Gesichtspunkt, den ich 
prinzipiell nicht gutheißen möchte. 

Die erste Studie geht von dem Gebetbuch Cod. Nr. 1857 der Wiener Hofbibliothek 
aus, dessen hervorragende künstlerische Bedeutung, wie der Verfasser mit Recht darlegt, 
bisher nicht entsprechend gewürdigt worden ist. Weale glaubte auf Grund einer von ihm 
angezogenen Rechnung in dem Werk »das Gebetbuch mit goldenen und silbernen Lettern 
auf schwarzem Pergament« zu erkennen, das der Magistrat zu Brügge daselbst gekauft 
und 1466 Karl dem Kühnen zum Geschenk gemacht hatte, der es von seinem Hofminiaturi- 
sten Philippe de Mazerolles vervollständigen ließ. Weales Hypothese beruhte lediglich auf 
instinktivem Vermuten; kein historisches oder stilkritisches Indizium — die Gold- und 
Silberlettern auf schwarzem Pergament können wegen ihrer häufigen Verwendung nicht 
als solches gelten — bot ihr einen Stützpunkt. Demgegenüber vermag Winkler, die gebotene 
Anregung aufnehmend, einen fast lückenlosen Identitätsnachweis zu führen. 

Seine Untersuchung ergibt, daß acht Künstler an der Ausschmückung der Handschrift 
beteiligt waren. Drei davon sind für die weitere Beweisführung wichtig. Meister A, der die 
vier reifsten und künstlerisch prächtigsten Blätter schuf; ihr stilistischer Befund weist schon 
auf das letzte Drittel des XV. Jahrhunderts. Meister G, der ein einziges Blatt ausführte 
und in dem Winkler den Brügger Miniaturisten Wilhelm Vrelant erkennt. Die Liste seiner 
Werke, die Durrieu zusammcnstellte *), wird von Winkler wesentlich vermehrt. Die Mit¬ 
arbeit dieses Künstlers beweist, daß das Gebetbuch tatsächlich um die Mitte des Jahrhunderts 
in Brügge war. Endlich Meister E. Ihm ist die umfangreichste Gruppe der Miniaturen zu¬ 
zuschreiben. Ein Vergleich seiner Arbeiten mit den von Durrieu als Werk des Meisters der 
»Conqu£te de la Toison d'or« gesammelten Handschriften ergibt so nahe stilistische Zusam¬ 
menhänge, daß an der Identität des Künstlers kaum gezweifelt werden kann. Durrieu wußte 


*) Revue de l'art ancien et moderne 1903 I. 


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Literatur 


nicht nur die Entstehung sämtlicher Werke in Brügge wahrscheinlich zu machen, er iden¬ 
tifizierte auch den Künstler mit dem Hofminiaturisten Karls des Kühnen — mit Philippe 
de Mazerolles. Durch Einbeziehung dieser Resultate erscheint die Beweiskette geschlossen, 
Weales Urkunde mit den Tatsachen in völligen Einklang gebracht. Die vier schönen Blätter 
des Meisters A wurden erst am Ende des Jahrhunderts hinzugefügt, in einer Zeit, über die 
die Rechnung nichts mehr berichtet. 

Gegenstand der zweiten Abhandlung bildet eine flandrische Miniatorenschule, die zwi¬ 
schen 1420 und 1460 wirkte. Ausgangspunkt ist auch hier eine Wiener Handschrift, die 
»Statuten und Privilegien von Flandern und Gent«, (Cod. 2583) die wie mehrere andere 
stilähnliche Werke für Philipp den Guten von Burgund geschaffen wurde. Ob tatsächlich 
Jean Dreux, dessen Name unter den Hofkünstlern Philipps in Urkunden erscheint, als 
Urheber dieser Gruppe zu betrachten ist, kann vorläufiig nur als vage Hypothese registriert 
werden, wie es Winkler tut. Er erkennt eine ältere Reihe verwandter Handschriften an¬ 
schließend als Werke eines Künstlers, den er »Meister des Guillebert von Metz« nennt. Die 
beiden Gruppen stehen in unmittelbarem Zusammenhang und sind durch die eigentüm¬ 
lichen Elemente ihres Stils besonders beachtenswert. Wichtig erscheint vor allem der Hin¬ 
weis auf ihre Beziehungen zum Künstler des T6r&ncc des Ducs. Es ist dies eine Gruppe von 
Handschriften aus dem Ende des XIV. und Anfang des XV. Jahrhunderts, die Durrieu als 
Werk des Maitre des Heures du Maröchal de Boucicaut zusammengestellt a ) und dem sagen¬ 
haften Jacques Coene zugeschrieben hat 3 ). Ein Vergleich der flämischen Handschriften 
mit dieser letzteren Gruppe läßt ein Abhängigkeitsverhältnis nicht ausgeschlossen erscheinen. 
Man beachte in beiden Handschriftenreihen die ähnliche Darstellung des Erdreichs, der 
Felsen, der Baumsilhouetten, des Landschaftsprospekts, man vergleiche die verwandten 
kleinquadrierten Tapetenhintergründe und die bestirnten Himmel oder die drei Seiten des 
Bild- und Schriftfelds umschließenden rankenumwundenen Stäbe. Diese erscheinen z. B. 
in dem von Van den Gheyn publizierten Gebetbuch Nr. 10767 in Brüssel 4 ). Die Handschriften 
des Meisters der Heures du Mar6chal de Boucicaut sind in Frankreich entstanden. Ob nicht 
flämische Künstler an ihrer Ausschmückung mittätig waren, ist noch zu überprüfen. (Die 
Jaques Coene-Hypothese würde die Vermutung bestätigen.) Durrieus Untersuchungen 
haben für die Gruppe den Einfluß Italiens als stilbildenden Faktor ergeben. Da nun auch 
Winkler in seiner Miniatorenschule italienische Elemente nachzuweisen vermag, so 
rücken die beiden verglichenen Handschriftenreihen auch durch die ihrem Stil zugrunde 
liegenden künstlerischen Voraussetzungen zu einer Parallelität der Entwicklungsphasen 
nebeneinander. 

In seiner dritten Studie gelingt es dem Verfasser, eine wichtige Miniatorenwerkstatt 
der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts in Utrecht festzustellen und den jeweiligen Anteil 
der einzelnen Werkstattgenossen an der Ausschmückung der herangezogenen Arbeiten zu 
erkennen. Er bietet damit eine bemerkenswerte Ergänzung zu Vogelsangs verdienstvoller 
Arbeit 5). Besonders interessant erscheint der Nachweis, daß sich im Gebetbuch des Gyse- 
brecht von Brcderode in Lüttich, dem wichtigsten Werk der statuierten Gruppe, eine ge¬ 
treue Kopie des Bildes mit der Gefangennahme Christi aus den Heures de Turin findet; 


a ) Paul Durrieu, Le maitre des Heures du mardchal de Boucicaut. Revue de l’art ancicn et moderne 
Bd. XIX. pag. 401 und Bd. XX. pag. 21. 

3 ) Paul Durrieu, Jaques Coene, peintre de Bruges. Les Arts anciens de Flandre. Bd. II. 

4 ) Deux livres d’Heures, attribuös ä l’enlumineur Jaques Coene. Bruxelles s. d. 

5 ) Holländische Miniaturmalerei des späteren Mittelalters. Straßburg 1899. 


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Literatur. 


95 


ein Faktum, das einen wichtigen Pfeiler für die Konstruierung eines neuen bedeutsamen 
Zusammenhanges bietet. 

Der letzte Abschnitt in Winklers Arbeit weist schon auf die Verfallszeit der nieder¬ 
ländischen Miniatur, ja der Miniaturmalerei überhaupt, auf die Zeit um 1500. Nach einem 
Versuch, einen kurzen Überblick über die Entwicklung in der zweiten Hälfte des XV. Jahr¬ 
hunderts zu geben, werden mehrere Handschriften von einem Meister besprochen, der aus 
der unmittelbaren künstlerischen Deszendenz des Hortulus-Meisters stammt und in enger 
Anlehnung an seinen Stil geschaffen hat. Immer seltener lassen sich in dieser Zeit vornehme 
Besteller nachweisen; immer häufiger werden die Handschriften auf Vorrat geschaffen; 
immer mehr weicht die individuelle Einzelleistung dem technisch zwar zu großer Vollendung 
gelangten, aber für die künstlerische Entwicklung fast bedeutungslosen fabriksmäßigen 
W erkstattbetrieb. 

Es ist nicht möglich die Fülle von Einzeltatsachen und Beobachtungen, die 
uns in Winklers Studien entgegentritt, in die Enge dieses Berichtes zu spannen. Seine metho¬ 
disch vorbildlichen Untersuchungen, die von einem Prachtwerk ausgehend, zur Statuierung 
festumrissener Gruppen, zur Charakterisierung einzelner Künstlerpersönlichkeiten, zur Auf¬ 
deckung entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhänge fortschreiten, widerlegen alle Beden¬ 
ken, die wir gegen den Versuch einzelne Hände zu sondern vorgebracht haben. Sie beweisen 
im Gegenteil, daß mit einer solchen richtig und ökonomisch angewandten kritischen Methode 
nichtige Erkenntnisse gewonnen, wertvolle Einzelfeststellungen als notwendige Stützpunkte 
für die weitere Forschung nutzbar gemacht werden können. 

Nur vereinzelte Streiflichter fallen auf das noch wenig erforschte Problem des Ver¬ 
hältnisses der Miniatur- zur Tafelmalerei. Es wäre zu wünschen, daß Winkler, der das Mate¬ 
rial wie kaum ein zweiter beherrscht, sich der endgültigen Aufhellung dieser wichtigen Frage 
zuwende. Ohne Zweifel hat zwischen jenen beiden Gebieten während des XV. Jahrhunderts 
eine wechselnde gegenseitige Befruchtung stattgefunden. Hierbei sind die rein dekorativen 
Tendenzen der Buchmalerei, die in Randleisten und Zierbordüren einen abweichenden 
eigenmächtigen Entwicklungsweg eingeschlagen haben, von ihren bildkünstlerischen Ten¬ 
denzen zu trennen. Während die niederländische Tafelmalerei in ihren Anfängen unmittel¬ 
bar aus der Miniatur vom Anfang des XV. Jahrhunderts herausgewachsen ist — eine Er¬ 
kenntnis, die sich seit Dvoraks Darlegungen allgemein durchgerungen hat — scheint sich 
dieses Verhältnis in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts umzukehren, in einer Zeit, 
in der sich die Tafelmalerei immer mehr von ihrem Ausgangspunkt zu einem eigenen charak¬ 
teristischen Stil fortentwickelt. Die Emanzipation vollzog sich wohl hauptsächlich im Oeuvre 
Rogiers van der Weyden, in dem das naturalistische Detail gegenüber der repräsentativen 
vereinheitlichten Komposition, gegenüber der plastischen Prägnanz der Erscheinung zu¬ 
rücktritt. Rogiers Einfluß läßt sich in der späteren Miniaturmalerei mehrfach beobachten. 
Als Beispiel diene die hier von Winkler reproduzierte und nachgewiesene Kopie der Madonna 
mit dem Kind im Cod. 1857 der Wiener Hofbibliothek (Fol. 24) nach einem verschollenen 
viel nachgeahmten Vorbild Rogiers 6 ). Es ist eine Miniatur, die alle charakteristischen 
Merkmale einer für ein Tafelbild erfundenen Komposition an sich trägt. Andere Miniaturen 
desselben Codex, vornehmlich die Arbeiten des Meisters A, die dem Hugo van der Goes 
am nächsten stehen, lassen wohl ähnliche Erwägungen zu. 

Die geschilderten Beziehungen haben vielfach dazu geführt, daß man die Hand von 
Tafelmalern in Miniaturen wieder erkennen wollte. Auch an dieses Problem ist Winkler in 


6 ) Friedrich Winkler, Der Meister von Fl^malle und Rogier van der Weyden. Straßburg 1913. 


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96 


Literatur. 


einer kleinen Studie herangetreten, in der er die Betätigung Gerhard Davids als Miniatur¬ 
maler mit gewichtigen Argumenten nachzuweisen versuchte*). 

Daß wir weitere wertvolle Aufschlüsse und Lösungen von den künftigen For¬ 
schungen dieses Autors erwarten dürfen, kann nach den besprochenen Präludien nicht 
zweifelhaft sein. 


7 ) Friedrich Winkler, Gerard David und die Brilgger Miniaturmalerei seiner Zeit. 
Kunstwissenschaft 1913. pag. 211. 


Monatshefte für 


Betty Kurth. 


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KUNSTGESCHICHTLICHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER 
DIE EULALIOS-FRAGE UND DEN MOSAIKSCHMUCK 
DER APOSTELKIRCHE ZU KONSTANTINOPEL. 

VON 

NIKOS A. BEES (B ir fi ). 

E ine bedeutende und in jeder Hinsicht einzigartige Stellung in der Geschichte 
der byzantinischen Kunst besitzt die, wie bekannt, zum erstenmal auf Befehl 
Konstantins des Großen, des Gründers des neuen Roms, und zum zweitenmal von 
Kaiser Justinian I. erbaute Kirche der heiligen Apostel zu Konstantinopel, die auch 
darum besonderes Interesse verdient, als mit ihr viele nationale Erinnerungen an 
verschiedene berühmte und denkwürdige Begebenheiten des byzantinischen Reiches 
aufs engste verknüpft sind. Leider ist der ursprüngliche — ich meine der justiniani¬ 
sche — Bau dieser Kirche nicht bis auf unsere Zeiten erhalten; bereits in den ersten 
Jahren der Besetzung Konstantinopels durch die Türken wurde sie auf Befehl Mo¬ 
hammeds des Eroberers abgebrochen, damit auf ihrem Platz und wahrscheinlich auch 
von dem Material des christlichen Gotteshauses 1 ) eine Moschee errichtet würde 2 ). 

*) Dies wird ausdrücklich betont in einer jedenfalls im 18. Jahrhundert geschriebenen Anmerkung zu 
der bekannten, in der Apologetik der neueren Zeit eine besondere Rolle spielenden Unterhaltung des 
griechischen bei der Hohen Pforte tätigen Oberdolmetschers Panagiotakis Mamonas mit dem mo¬ 
hammedanischen Gelehrten Ban(l)i-Efendi, die im Jahre 1662 stattgefunden hat. In dieser Unter¬ 
haltung wird überliefert: » ... xatttbc ^/aXdoapiv xal ttjv txxXrjofav tö>v a ylu)v ’ATtoaTtfXtov, xal aXXa; irtpt- 
cpTjpooc £xxXrjatac l&txa'c oa; [= der Christen], xal tac £xrfpapcv rjapfa £$ixa pa; [= der Musulmanen], 
üj{ tpafoovtat«; dann folgt zu den Worten iyfouv ’Arroat^Xtov die besagte Anmerkung: »'lov i:«ptxaXX£aTa- 
tov xal 7 toXuTeX£ 3 TaT&v vaov tu>v ifftov ’A^oat^Xiuv, tov 67 roiov Ixtkjev 6 .NWfac KtovoTavrlvoc ütät TatpTjv 
TÄv ai>Toxpax( 5 pu>v xal t<Bv TtaTpiapycüv, xaDefXtv 6 oooXxav Meyp£&7)c tPatf/rjc xal Exxtoe xo 
t C a p { tou p fc t)) v uXtjv toü ^7]8£vtoc vaoü (Siche J. Sakkelion im AiXxfov der historischen 

und ethnologischen Gesellschaft Griechenlands Bd. III, 1889—1891, S. 273.) 

*) Der Architekt der an der Stelle der Apostelkirche erbauten Moschee war ein Grieche Namens 
Christodulos; über diesen und über die Geschichte der von ihm erbauten Moschee siehe I\ E. Ma u poyt avvrj, 
Bulavrtvr] xal Bojavrivol xaX)ax£yvxi. Athen 1893, S. 149 f., C. Gurlitt, Die Baukunst Konstanti- 

nopcls. Berlin 1907 ff., Text S. 29—31. Über architektonische Überreste der Apostelkirche vgl. Texier, 
Les £glises byzantines. — Neuerdings berichtet die Zeitung Nation vom 17. Oktober 1912 S. 368 (vgl. auch 
American Journal of Archaeology Bd. XVII, 1913, S. 132), daß türkische Arbeiter bei Kanalbauten unweit der 
Fetihemoschee (= Moschee des Eroberers) in Konstantinopel einige mit Kreuzen geschmückte Kapitelle, 
Säulen und Mauerreste einer byzantinischen Kirche fanden, welche nur teilweise von dem etwas zu spät 
gekommenen Direktor des K. Museums gesammelt oder ermittelt wurden, da mehrere und auch wertvolle 
Stücke inzwischen vernichtet worden waren. A. H[eisenberg] fügt zu dieser Nachricht, welche er in der 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 13 


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9 8 


Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


Die Rekonstruktion ist im einzelnen ermöglicht einerseits durch die Beschreibung 
der Apostclkirchc in Versen von Konstantinos Rhodios (io. Jahrhundert) 3 ) und der 
Ekphrasis des Nikolaos Messarites (Ende des 12., Anfang des 13. Jahrhunderts) — 
über diese Schriftsteller werden wir unten noch Näheres sagen— und andrerseits mit 
Berücksichtigung der Kirche San Marco zu Venedig, die in Nachbildung der Apostel¬ 
kirche im II. Jahrhundert umgebaut wurde 4 ), um mich hier auf die wesentlichsten 
Wiederherstellungsmittcl zu beschränken. 

Der Geschichte und der künstlerischen Technik der Apostelkirche hat Professor 
A. Heisenberg eine ausführliche, mit seltener Hingabe verfaßte Publikation ge¬ 
widmet 5 ), zu welcher er vor kurzem einen Nachtrag veröffentlicht hat unter dem 

Byzantinischen Zeitschrift Bd. XXII (1913) S. 636 wiedergibt, hinzu: »Die Sache ist von um so größerer 
Bedeutung, als es sich hier möglicherweise um Überreste der Apostelkirche handelt.» Diese Zurückhaltung 
Heisenbergs ist gewiß gerechtfertigt. 

3 ) Die Beschreibung des Konstantinos Rhodios ist auf Grund der einzigen bis jetzt bekannten Hand¬ 
schrift (Kodex 170 der Lawra des heiligen Athanasios auf dem Athos) von £mil Legrand in der Revue 
des £tudes Grecques Bd. IX (1896) S. 32—65 mit einem »Commentaire arch^ologique sur le poemc de Constantin 
le Rhodien» von T[h6odore] R[einach], ebd. S. 66—103, herausgegeben. Diese Ausgabe ist auch in 
einem Separatdruck erschienen unter dem Titel: »Dcscription des oeuvres d’art de l’eglise des Saints Apötres 
de Constantinople: poeme en vers iambiques par Constantin le Rhodien .... Paris 1896». Fast gleichzeitig 
mit dieser Ausgabe erschien G. B e g 1 e r i s, Der Tempel der heiligen Apostel und andere Denkmäler von 
Konstantinopel nach der Beschreibung des Konstantinos Rhodios, Odessa 1896 (russisch). — Siehe die Be¬ 
sprechung beider Schriften durch Th. Preger in der »Byzantinischen Zeitschrift« Bd. VI (1897) S. 166 
bis 168 und durch O. Wulff in den IIBBliCTJH dis russischen archäologischen Instituts zu Konstantinopel 
Bd. 1 (1896) S. 35 ff., 173ff. Vgl. auch den Artikel von G. Begleris: KiovaTavrtvoc darjxpfxtc 6'Pdiio; 
in der griechischen Zeitung von Smyrna »Amaltheia» Nr. 7673, 7674, 7675 des Jahrg. 1903 (vgl. auch 
Bujavrivd Xpovixd Bd. X (1903) S. 269 f.). 

4 ) Vgl. vor allem O. Wulf f, Die sieben Wunder von Byzanz und die Apostelkirche nach Konstantinos 
Rhodios, in der Byzantinischen Zeitschrift Bd. VII (1898) S. 326. 

5 ) A. Heisenberg, Grabeskirche und Apostelkirche, zw'ei Basiliken Konstantins. II. Bd. Die 
Apostelkirche in Konstantinopel. Leipzig 1908 (wo S. 9—96 mit deutscher Übersetzung die obengenannte 
Ekphrasis des Nikolaos Messarites zu finden ist). Leider hat Heisenberg nicht genug die verschiedenen, öfters 
wertvollen Nachrichten über die Apostelkirche aus den hagiographischen Texten herangezogen. (Vgl. darüber 
passim die Abhandlung von M. Gedeon über das byzantinische Kalendar, die in der Zeitschrift des Hellenikos 
Philologikos Syllogos zu Konstantinopel Bd. XXIV, 1892—93, S. 123—160, XXVI, 1894—95, S. 144—320, 
und im Beihefte derselben S. 19—114 und daraus auch separatim veröffentlicht wurde.) Hier möchte ich 
auf die Lebensbeschreibung des hl. Athanasios, Patriarchen von Konstantinopel (1289—93, 1304—10) hin- 
weisen, worin der ebenfalls bei Konstantinos Manasses (V. 3288, Ausgabe von Bonn) vorkommende, schon 
von Heisenberg a. a. O. S. 2 notierte Vergleich der Apostelkirche mit dem Monde neben der Sonne der 
Hagia Sophia steht. (Siehe die Ausgabe dieser Lebensbeschreibung von H. Delahaye in »Melanges d’ar- 
ch^ologie et d'histoirc« Bd. XVII 1897, S. 74, und von Ath. Papadop oulos Kcrameus indcmLXXVI. 
Bd. dcrBAPHCKII der historisch-philologischen Fakultät der Universität zu Petersburg S. 48.) Über das 
in der Apostelkirche befindliche Mausoleum Konstantins des Großen berichtet auch Nikctas Choniatcs 
(Ausgabe zu Bonn, S. 632). Für die Geschichte der fraglichen Kirche während der späteren Jahrhunderte 
sei auch auf die Berichte der sogenannten »Synopsis Chronica» und »Ecthcsis Chronica» (Ausgabe von 
K. N. Sathas, Bibliotheca Graeca medii aevi Bd. VII, besonders S. 509 und 572—573), der »Mistoria Po- 
litica« (Bonner Ausgabe, S. 28—29), der »Historia Patriarchica* (Bonner Ausgabe, S. 80—S2) und des 
Christophoros Buondclmonti (Librum insularum Archipclagi. Ausgabe von Sinner. Leipzig-Berlin 
1S24, S. 124: griechische Version von einem Anonym. Ausgabe von E. Legrand, Publications de 1 ‘dcole 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen ttber die Eulalios-Frage usw. 


99 


Titel »Die alten Mosaiken der Apostelkirche und der hl. Sophia« 6 ). Darin wird unter 
anderem von dem Verfasser die Meinung ausgesprochen, daß der Maler der Mosaik- 
bilder der Apostelkirche Eulalios 7 ) geheißen habe, und daß derselbe bestimmt im 


des langues orientales vivantes. IV. röric, tome XIV. Paris 1897, S. 88, 244—5) hingewiesen. Hinsichtlich 
der Frage nach der Zeit, in der die Apostelkirche abgebrochen wurde, und nach den Dimensionen derselben 
ist die von Daniel, Metropolit von Smyrna und später von Ephesos, verfaßle Rciscschildcrung der hl. Orte 
Palästinas von besonderem Belang. Sie ist wiederholt herausgegeben: I. A. Mingarelli, Gracci Codices 
manu scripti apud Nanios Patricios Venetos asservati. Bologna 1784. S. 282 ff.; [Andreas Moustozy dis], 
‘EXArpofxv^ptDV Bd. I (Athen 1843 —1853) S. 181 ff. (nur Bruchstücke); Johannes Bclloudos, AaviqX jaij- 
xpoTToXfrou’Etp^aov» MjTjctc xotl repfo&o; xujv Venedig 187.5; Gabriel Destounis, Pa. 3 c&:n» 

u nyieiuecTBie no CßtfTbiM'b M^eiaMb „lauiH.ia MiiTpoiio:iHTa K$eoeKaro. 1493—1499 rr. (= üpa- 
BOCJiaBHbift TTaiecmHCKift CfiopHHK'b Bd III Heft 8. Petersburg 1884). Zur Datierung vorgenannter 
Schrift des Daniel sind zu berücksichtigen einerseits die Notiz von J. Sakkelion, flaxpLiaxf] BtßXto&y)XTj, 
Athen 1890, S. 168 und andererseits die Artikel von Ath. Papadopoulos Kerameus, Kor;ja »CllJrb Jfa- 
HiiiJi^, MHTponOJiiin» E<{>t‘CCKift, amopi, „XoacfleiiiH iio ob. MHCTaMT>“? im BanncKH der kais. russ. ar¬ 
chäologischen Gesellschaft, N. F. Bd. II (Petersburg 1887) S. 293 — 298 und Bl* IvOTOpOTT» COOy CMlipHCKifi 
MllTpolIOJIUTb JfaHIIHJl'b llocilTH.Tb CoflTyio .3OM.Iio im CoüÖIHOhIo der kais. russ. Palästinischen Gescllsch. 
Bd. IV, Jahrg. 1893. S. 631—637. Aus der Schrift Daniels kann man auch Aufschlüsse zur Kritik und zum Ver¬ 
ständnisse des Gedichtes Gregors von Nazianz de insomn. Anast. Vs. 55 fl. (Mignc, Patrologia Gracca 
Bd. XXXVII Sp. 1258) gewinnen; vgl. hierzu Heisenberg a. a. 0 . S. 105 f. und zuletzt E. Wiegand, 
Die Geburtskirche von Bethlehem (= J. Ficker, Studien über christliche Denkmäler, II. Heft). Lcipzig w 
1911, S. 37 f. 

6 ) In den »E^vta«, Hommage international a PUniversit£ Nationale de Gr&ce ä l’occasion du soixante- 
quinzieme anniversaire de sa fondation. Athen 1912, S. 121—160. 

7 ) Der Name Eulalios ist in der griechisch-orientalischen Welt nicht allzu häufig; doch begegnet er 
z. B. in christlichen Inschriften aus Syrien, Bithynien und Korykos von Kilikien (s. Publications of the Princc- 
ton Univcrsity Archaeological Expedition to Syria in 1904—1905. Division III. Grcek and Latin inscriptions 
in Syria. Scction B. Northern Syria Part 2. Leyden 1909, S. 68—69, Nr. 968. — Cor. Inscr. Gr. Nr. 9189). 
Die erste von diesen stammt aus dem Jahre 402—403, die zweite aus dem Jahre 452; letztere gibt den Namen 
Eulalios nicht sicher. Heidnische Inschriften, die denselben Namen aufweisen und aus dem 3.—4. Jahr¬ 
hundert unserer Ära stammen, siche in Cor. Inscr. Gr. Nr. 2647 (Levkosia,Cypern), Nr. 4158 add. (Sinope), und in 
IG. XII. III. Suppl. Nr. 1586 (Thcra)und XIV, Nr. 1311 (Rom). Bei J. E. Ständler, Vollständiges Heiliges 
Lexikon, Bd. II, S. 109, werden vier den Namen Eulalios tragende Heilige erw’ähnt (von diesen 1 und 4 
identisch?), yntcr den Mönchen und Klerikern hatte der Name Eulalios ziemlich w'cite Verbreitung. So 
begegnet uns Eulalios, Patriarch von Antiochia (um das Jahr 325), ferner Eulalios, Bischof von Amasia 
(3.—4. Jahrh.), von Kaesarea (3.—4. Jahrh.), von Ikonion (im Jahre 325 belegt), von Nazianz (um 
das Jahr 383 zum Bischof erhoben), von Amantia (um das Jahr 347), von Doara oder Doala (vor dem 
Jahre 390 belegt), von Chalkedon (um das Jahr 450), von Pionia, von Siblia (beide im Jahre 451 als Teil¬ 
nehmer des Chalkcdonkonzils belegt), von Edessa (um das Jahr 545), vonZenopolis in Isauricn (im Jahre 680 
als Teilnehmer des VI. ökumenischen Konzils belegt). Dazu ist noch Eulalios, der Katholikus von Arme¬ 
nien (und der gleichnamige als Heiliger verehrte Bischof von Syrakus, 6. Jahrh.) zu erwähnen (vgl. M. 
Le Quicn, Oriens Christianus Bd. I, S. 370 f., 412, 417 h, 526, 601 f., 780, 809, 1068, 1376, Bd. II, S. 250 
—251, 710, 1033. — Ständler a. a. O. — F. Cumont in ♦Mölangcs d’archtfologie et d’histoire* Bd. XV 
(1895), S. 282, 297. — E. von Dobschütz, Christusbilder 119. II. Hälfte, Beilagen 64** ff., 333**. — 
J. Pargoire in der Byzantinischen Zeitschrift Bd. VIII, 1899, S. 445—447. — H. Rott, Kleinasiatische 
Denkmäler S. 284—285). 

Außerdem begegnet der fragliche Name zur Zeit Diokletians, und zwar in der Lebensbeschreibung 
des heiligen Prokopios, dessen Rclirpiien Eulalios gesammelt hat. (A. Papadopoulos Kerameus, 
’AvaXexxa ‘ UpoaoX’jp.itixfj; ZxayuoXoyfa;. Bd. V, Petersburg 1898, S. 17.) Andere Männer, die den Namen 
Eulalios tragen, sind mir bekannt: i.ein Zeitgenosse des Johannes Chrysostomos (siehe Photii, Bibliothcca. 

13 * 


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Bces, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


6. Jahrhundert, und zwar zur Zeit Justinos II. (565—578), gelebt habe 8 ). Zu diesem 
Resultat, soweit es die Zeitbestimmung der Mosaiken betrifft, gelangt Heisenberg 
einmal durch Kombinationen und eigene Erklärungen der ihm vorliegenden Quellen, 
die er dann durch kunstgeschichtliche Beobachtungen an den Mosaiken selbst stützt 
und ergänzt. Da ich aber in betreff der Lebenszeit des Eulalios anderer Ansicht bin 
und auch in den hierauf bezüglichen Quellen manches ganz anders auffasse, erlaube 
ich mir hier die Ergebnisse meiner Studien über diese Fragen mitzuteilen. 

Weder Konstantinos Rhodios noch Nikolaos Messaritcs erwähnen mit Namen 
den Schöpfer der Mosaikbilder der Apostelkirche. Bezüglich Konstantinos Rhodios 
bemerkt Heisenberg 8 “), daß er »in den Versen 387 fr. ... doch wohl kaum auf Eulalios 
hat anspielen wollen, obwohl er bei dem rcavajacreov xaXXoc gewiß in erster Linie 
an die Mosaiken denkt und das ot3 je xoX|xav toü XaXetv xe xal fpatpeiv fast 
daran denken ließe«. Doch ist dieser Ausdruck bei Konstantinos gewiß rein zufällig 
und ohne irgendeine Beziehung, da sich mit leichter Mühe analoge Ausdrücke aus 
verifizierten byzantinischen Texten nachweisen ließen, wo das Zeitwort XaXm ganz 
einfach an Stelle des synonymen aus metrischen Gründen gebraucht wird. 


Ausgabe Bekker, Bd. I, S. 18a); 2. ein Zeitgenosse (?) des Gregorios Thcologos, der auf ihn und seinen 
Bruder, namens Elladios, Epigramme gedichtet hat (siehe Anthologia Palatina, VIII, 151—153): 3. ein 
Bürger der syrischen Stadt Zcugma; er ist als Adressat des Thcodoret, Bischofs von Kyros (t 457 )» bekannt 
(siehe die Ausgabe von J. Sakkelion, ToO puxapuuTaxo’j 0 £OO(up/jtou Kupou imtrzoXai . . . 

Athen 1885, S. 6—8, Nr. H' und 0 '); 4. ein Zeitgenosse des Kaisers Justin I. (518—527). Belege bei 
E. von Dobschütz a. a. O. II. Hälfte, Beilagen, S. 333**. (Es ist noch nachzutragen: Joh. Malalas. Aus¬ 
gabe zu Bonn S. 439). Bis heutzutage ist der Name Eulalios bei den Griechen gebräuchlich. Ursprünglich 
ist er gewiß ein Signum. (Über Signum vgl. Th. Mommscn, Hermes Bd. XXXVII, 1902, S. 443fr.; 
A. Wilhelm in »Wiener Studien» Bd. XXIV, 1902, S. 596 ff.; H. Diehl, Rheinisches Museum N. F. 
Bd. LXII, 1907, S. 390 ff.; M. Lambert/, in der »Glotta« Bd. IV, IQ13, S. 78 ff. und V', 1914, S. 99 ß-; 
Maximilian Riba, Neuaufgefundenc römische Inschriften aus einer jüdischen Katakombe an der Via 
Portucnsis bei Rom. Wiener Neustadt 1914, S. 5 ff.) Nicht weniger als das Maskulinum ist das Femini¬ 
num Eulalia in der Griechenwelt häufig. Bei Ständler a. a. 0 . Bd. IIS. 108—109 werden fünf diesen 
Namen tragende heilige Frauen erwähnt. (Vgl. auch H. Morctus, »Lcs Saintcs Eulalies» in der »Recuc 
des Qucstions Historiques» Bd. LXXXIX [== N. S. XLV], 1911, S. 85—119.) Eine von diesen ist in der 
Apollinariskirche zu Ravenna dargestcllt (siehe am bequemsten C. M. Kaufmann, Handbuch der christ¬ 
lichen Archäologie. II. Auflage. Paderborn 1913. S.458, 1). Heule ist der Name Eulalia, und zwar unter 
der Form F/jXaXoö besonders in Kypern gebräuchlich. (Vgl. S. Mcnardos in der Athener Zeitschrift 
»’Afbjva» Bd. XVI, 1904, S. 283.) Die Form A'fXia kommt besonders in der Umgebung von Monembasia 
vor. Letztgenannte Stadt nimmt Bezug auf einige mittelalterliche Legenden über die hl. Eulalia von Bar¬ 
celona. (Siche Paul Pcetcrs »IJne Invention des SS. Valcre, Vincent et Eulalie dans 1 c Pcloponese« in 
»Analccta Bollandiana» Bd. XXX (1911), S. 296—306. Vgl. auch A. Efhrhard] in »Byzantinische Zeit¬ 
schrift« Bd. XXI, 1912, S. 319.) 

8 ) Die Datierung Heisenbergs für die Lebenszeit des Eulalios scheinen bereits als richtig angenommen 
zu haben: J. S [trzygowski ], Byzantinische Zeitschrift XXI (1912) S. 654 f. und A. Baumstark, Oricns 
Christianus, N. F. Bd. III (1913) S. 124—125. Endlich will Prof. Sp. P. Lambros in seiner Zeitschrift »N£o; 
KXXTjVOjJLvVjfitov» Bd. VIII (1911—13) S. 235—236 seine Leser nicht nur lehren, daß Eulalios in einer alten 
Zeit lebte, sondern auch, daß die von Nikolaos Messaritcs verfaßte Beschreibung der Apostclkirchc metrisch 
sei 111 

8a ) Heisenberg, Die allen Mosaiken der Apostclkirchc und Hagia Sophia, S. 122 Anm. 2. 


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IOI 


Davon abgesehen, gibt uns Nikolaos Mcssarites bloß die Notiz 9 ) f daß der Meister 
der berühmten Wandbilder, deren Beschreibung er uns gegeben, auch sich selbst 
aufrecht unter den Wächtern des Christusgrabcs dargcstellt habe; ein Schreiber oder 
ein Leser hat, wie es scheint, Eulalios als den Namen des berühmten Künstlers an 
dem Rande des Bl. 4 r jener Handschrift, welche die Ekphrasis des Mcssarites ent¬ 
hält, beigefügt I0 ). Zwar lesen wir auch den Namen Eulalios nicht deutlich an dem 
Rande der Handschrift, da derselbe durch die Feuchtigkeit fast völlig verdorben ist. 
Aber Heisenberg hat in seinem Buche über die Apostelkirche ganz richtig den Namen 
KuXoXto? herausgelesen, wenn auch mit einiger Zurückhaltung, die hier ganz 
angebracht war. Heisenberg hat auch auf zwei andere Belege für Eulalios hinge¬ 
wiesen 11 ); zunächst ein Epigramm, welches dem bekannten, dem 13.-14. Jahrhundert 
angehörenden Nikephoros Kallistos Xanthopoulos zugeschrieben wird und das Atha- 
nasios Papadopoulos Kcrameus u ) aus dem Codex Sabbaiticus Nr. 150 heraus¬ 
gegeben hat und welches lautet: 


v Exspoi [ = oxfyoi] xou at/coo [= Ntx7j<popoo KaXXt<xxoo ZavöoirouXou] ek xiv BeairoTTjv 
Xptsxov, xov £v xoi jiicjü) xpouXXtp xu>v A^uov ’ArcoaToXtov, ov EüXaXto? aptsxa xathaxopTjasv: 


"H Xpt<rc8? aux&s xaxaßa? oüpavöftev 
jxopepr^ Tü7tov e8et£ev ^xpißcop^vov 
T(j> xa? jfetpa? ^X 0VTl P-äXXov eüXaXou?, 
ij -foöv irp8? aoxiv dvtoiv x8v aföepa 
6 xXstvi? E&XdXio? x el P^ iwtvao^cp 
Xptaxou Oiav e*ypa^£v 7)xptßcu[jivu>?. 


Der zweite Beleg, den Heisenberg anführt, sind einige Verse des bekannten 
Dichters des 12. Jahrhunderts, Theodoros Prodromos, welche einem in vulgärer 
Sprache geschriebenen und von A. Maiuri in dem Cod. Vatic. Nr. 1823 Fol. 195* bis 
196 v vor kurzem entdeckten Gedichte vorgenannten Dichters einverleibt sind. Das 
Gedicht, dessen Überschrift lautet: »xou cptXoao'fou xou flpoSpopLOu axfyot 6e7jTijptoi «, ist 


schon von dem Entdecker in der 


»Byzantinischen Zeitschrift« * 3 ) publiziert worden. 


Die bereits früher mit Genehmigung des Entdeckers von Heisenberg veröffentlichten 


Verse (42-48) haben folgenden Wortlaut: 


oüx i^vcoptCetc, 8ea7roxa, xov DpcSSpopLov xov l^et? • 
aoT&c 6 KoXdXtoc dv £XÖ^ xat 6 Xr^vapo; ixetvo? 
xai 6 XapxooXapi? 6 axooaxo?, ot Trptoxot xa>v Ctu*)fpa''pa>v, 
xotooxov oöx i^opöcüvooat, xavei? pnj as xopnnuv^, 
Xo^iooxCixov, oocpooxCtxov £x xoo? iiuXc^fiEvooc, 

Traxspa xeov YpajxfiaxtxÄv, iraxepa xwv pTjxoptov, 
iraxioa xr;? axtyoopftxr,? xal tt,? Xo^pa^ta? x 4). 


v) Heisenberg, Die Apostelkirche in Konstantinopel, S. 63—4. 

,u ) Ebd. vgl. auch das Faksimile Taf. II. 

u ) Die alten Mosaiken der Apostelkirchc und Hagia Sophia S. 123 fl. 

**) Byzantinische Zeitschrift Bd. XI (1902) S. 46, Nr. 14 (vgl. auch S. 41). 
’ 3 ) Bd. M) Heisenberg, Die alten Mosaiken S. 124. 


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102 


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Das ist das Material, welches von Heisenberg für Eulalios angeführt wird. Dazu 
ist zu bemerken, daß das obige Epigramm von Nikephoros Kallistos Xanthopoulos 
auch im Cod. Miscel. 79 (Fol. 282 b ) der Bibliotheca Bodlcianae zu* Oxford auf uns 
gekommen ist * 5 ) und daß der letztgenannte byzantinische Gelehrte auch in einem 
andern Epigramme die ausgezeichnete Kunst des Malers Eulalios gepriesen hat. 
Dieses von Heisenberg merkwürdigerweise übersehene Epigramm ist, soviel die bis¬ 
herige Forschung erschlossen hat, nur im Codex Sabbaiticus 150 überliefert 16 ), 
woraus es Athanasios Papadopoulos Kerameus nebst Überschrift folgendermaßen 
ediert hat x 7 ): 

Kt; xov dlpytarparr^ov Mt^a^X* evxe^vov xou xXeivou erct xs^v^; laioptxTj; xupo5 EuXaXou*. 

* H axaptxpov efc düXtav 

sßat}/EV, a>; eoixev, i^petya; voa, 

7 ) voüc XaOcuv earqxev £'Tir e TP*H’l JL ^ V0 €’ 
ypmuaat xijv aüXov iptpuirxeov tptSatv. 

ittoc xafteXxet xat xov voöv 5 Xtj xdreu 
xai atmest ypcupiaat xtjv aüXtav! 

Ceovtoc, uic eoixe, xauxa xoö 7toi)ou 
xat xap8tac ava^tc ix xtöv irpa^fiaxtov. 


Hinsichtlich der Überschrift dieses Epigramms möchte ich vor allem bemerken, 

daß die in ihr vorkommende Lesart: EuXa'Xooc falsch und in E&XaXtou zu korrigieren 

ist. Ferner sei darauf aufmerksam gemacht, daß Eulalios, wie in jenem Epigramm 

des Nikephoros Kallistos Xanthopoulos, das sich auf das Pantokratorbild in der 

• • _ 

mittleren Kuppel der Apostelkirchc bezieht l8 ), so auch in der Überschrift des letzt¬ 
angeführten Epigramms als ein berühmter (xXetvoc) Maler bezeichnet wird, da 
xe^vt) töxoptxij = Malerei ist. Bekanntlich hat das Verbum bxopetv bei den Byzan¬ 
tinern. auch die Bedeutung des 7pa'<ptiv, C«>TP a ? e * v = malen, und taxopia bei diesen 
und den Neugricchcn bedeutet sehr oft Bild, Mal er werk * 9 ). Besonders 
wertvoll aber ist die in Rede stehende Überschrift deshalb, weil sie ein sonst unbe¬ 
kanntes Meisterwerk des Eulalios, d. h. ein Bild des Erzengels Michael, bezeugt. 
Wo, in welcher Kirche, dieses Werk des großen Meisters zu bewundern war, läßt 
sich vorläufig nicht feststellen. Jedoch darf man an das berühmte, in der Nähe Kon- 


f 5 ) Coxe, Catalogi codicum manuscriptorum bibliothccae Bodlcianae pars prima. Oxford 1853. 
664—5, 10 £. 

l6 ) Vgl. Athanasios Papadopoulos Kerameus, 1 IcpoaoXoptTiXT) BißXtoHVpaj. Bd. II. Peters¬ 
burg 1894, S. 234, Nr. 61. 

*") Athanasios Papadopoulos Kerameus in der »Byzantinischen Zeitschrift« Bd. Xi (1902), 
S. 46—47, Nr. 16. 

l8 ) Siehe oben S. 101 Vs. 5. 

* 9 ) Vgl. vorläufig die Ausführungen des Prof. G. N. Hatzidakis in der'Krcxrjpfc [= Jahrbuch] 
der Universität zu Athen Bd. III (1906—1907), S. 9X. (Vgl. auch Ni kos A. Becs in der BuCavrfc Bd. II, 
hin —1912, S. 450) — Über den Bcdcutungsubergang des Verbums iTroptlv und seiner verwandten Wörter 
gedenke ich ausführlich an einer andern Stelle zu behandeln. 



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io 3 


stantinopcls in der sogenannten KaTaoxitn] liegende Erzengelkloster denken, welches 
der Kaiser Manuel Komncnos (1143—1180) stiftete, zum Zentrum der hervorragend¬ 
sten Mönche seiner Zeit erhob und aus dem kaiserlichen Vermögen entsprechend 
ausstattete 20 ). 

Außerdem aber gibt cs noch eine andere, auf Eulalios sich beziehende Quelle, 
die Heisenberg leider auch entgangen ist, die ich aber bereits in meinen Bei¬ 
trägen zur byzantinischen Malergcschichte bis zur Eroberung von Konstantinopel 2I ) 
angeführt habe, wo auch über Eulalios im besonderen gehandelt ist M ). Der dort 
zitierte Beleg ist ein im Codex Marcianus XI. 22 erhaltenes, dem Theodoros Pro- 
dromos zugeschriebenes Epigramm, das E. Miller 2 3 ) publiziert hatte und lautet: 

Ete xöv aöxöv [xoupsxtap, 6 v]. 

Sa'pxtvoc 6 aXXa xat Waijc xopTj? 

7 ) rcoo xoaoöxo; EuXaXtoc xtjv xexvtjv, 
ci>c laxopsiv Treue xac 7 pa<potc «pspeuvopuue* 

5 XaXoüvxa' xe XP^P*™ copcepavvoEtv. 

Oo rrfi fpacptxTjc iaxi to XP^jI 1 ®» ^ ve ' 
dXX’ 7 ) 7 TEpiXdXrjX 0 <; avftpcoTtotc xöpT) 
xt)v EuXaXtxTjv fOuvaaa ^paepi'öa, 
eSXaXov o 5 xeu xal xö XP&P® Seixvuei. 

Auf denselben x*tpß^(jfxov, das Meisterwerk des Eulalios, nehmen Bezug auch 
folgende drei Epigramme des Theodoros Prodromos *4): 

*H voue JxpdiTT) irpöc xö Tta'xoc ivöa'öe, 

7 ) xal xö XP^P® r P^ ? TP®?^ V ^XXa'Y^, 

7) axTjptaxtCet xal ^pacplc duXtav, 
ofov xi Xe 7 txöv oöatae elioc cpepEt, 

5 xai reue XaXsiv eoixev 6 ^pacpslc vöoe 
xö xoü raßpiTjX pTjjiaxo? itpöc xtjv xöpTjv 
uex* EÖXapEiac olovst ircuc r^pEfia, 
puax^ptov ^ap SiaaxiXXEi axöjxa. 

20 ) Nikctas Choniates (Ausgabe von Bonn) S. 270. — Synopsis Chronica bei C. N. Sathas, 
Bibliotheca Graeca medii aevi Bd. VII. Paris-Venedig 1894, S. 301. — Siehe auch M. Gedeon in der 
Zeitschrift des Hellenikos Philologikos Syllogos zu Konstantinopel Bd. XXVI (1894—1895), S. 283, 20, 
und G. P. Begleris u. J. N. Svoronos in dem Journal international d’archöologic numismatique Bd. XII 
(i<)09 10) S. 334 f. 

ai ) Nfxou *A. B^tj, BuCavrtvol Cuifpckpot rpö xrje 'AXcuseuic. ZupßoXT] ck ttjv loropfotv tt}; BuCavrivf^c 
fpOKptxrj;. ln der Bujavrk Bd. II (1911 —1912) S. 457—473, und Nachträge S. 618. (A. Hfeisenberg] notiert 
ganz hochmütig hinsichtlich dieser meiner Arbeiten: »für falsch halte ich cs, wenn B[ees] den berühmten 
Maler Eulalios, auf den Theodoros Prodromos mehrere Gedichte schrieb, dem 12. Jahrh. zuweist und ihn 
nur als Erneuerer oder Ergänzer der alten Mosaiken der Apostelkirche gelten lassen will.« Vgl. Byzan¬ 
tinische Zeitschrift Bd. XXII, 1913, S. 623.) 

aa ) Ebd. S. 467—468, 618. 

* 3 ) E. Miller, Poösies inldites de Theodore Prodrome. ImAnnuaire de l’Association pour Tencourage- 
ment des Itudes grecques en France. Bd. XVII (1883) S. 33. 

* 4 ) Ebd. S. 32—33. 


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104 


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EU XÖV a&TOV. 

'Qc eöXaß^c aot xal x8 XP^P 01 * faypdtpe ! 
riotetc XotXeiv ^ap xal Y e TP a l A f Jl ® V0V y ° a 
ßa'^ac x b ^pacpfBiov efc auXtav. 

E?c xov aöxov. 

"Ep<J/t>xo; efxu>v dXXa itok Ijiitvooc TP a ?Tl? 
t) aüfiirap^jc fpa'cpovxt x«j> fpotyavxt ae 
xat xt irvo?jc eaxa^a; efc xtjv ^pacptSa, 
xat Cwaa Tfpa^r,, CJc fap ovxa>c, rcapfteve. 

Vor allem möchte ich auf die in den Versen 5 und 8 des ersten, im Vers 5 
des zweiten und im Vers 2 des dritten Epigramms enthaltene Wortanspiclung auf 
den Namen Eulalios aufmerksam machen. 

Über diese vier von uns angeführten Epigramme ist in dem Codex Marcianus 
XI. 22 vor denselben folgende Notiz überliefert: »Ouxot ot oxt^ot d^vovxo efc x&v x® 1 ' 
pextapov xöv iv xcp va<j> xou iravaeßaaxoo ixetvou irptuxoaeßa'axopoc, xo 5 utoS aeßaaxoxpaxopoc 
Iaaaxtou« 2 5 ). 

Die Erläuterung dieser Notiz, oder besser gesagt, dieser Überschrift der vier 
oben angeführten Epigramme von Theodoros Prodromos ist mit mehreren Fragen 
verknüpft, denen unten hoffentlich die entsprechende Antwort gegeben wird. Was 
den Inhalt des Bildes, welches Eulalios in der Kirche des Sohnes des Scbastokrators 
Isaakios malte, anlangt, läßt sich aus der Überschrift der oben angeführten vier 
Epigramme von Theodoros Prodromos und aus dem Texte des zweiten derselben 
feststellen. Das Gemälde stellte den sogenannten x^P^Gpoc dar. Dieses griechische 
Wort kommt öfters in der mittel- und neugriechischen literarischen und sonstigen 
Hinterlassenschaft als gleichsinnig mit dem weit verbreiteten Ausdruck euorfteXtapoc = 
Verkündigung Mariä vor. So z. B. in dem aus dem 11. Jahrhundert stammenden 
Kodex Nr. 183 der Synodalbibliothek zu Moskau; dort findet man eine schöne 
Miniatur, die die Verkündigung Mariä darstellt und die Beischrift O XÄIPETICMOC:. 
trägt 26 ). Ferner weisen die ungefähr aus dem Jahre 1100 stammenden Fresken 
der Pauloshöhle im Styloskloster vonLatmos eine leider nur teilweise erhaltene Szene 
auf, die zweifellos die Verkündigung Mariä darstellt und durch die Beischrift: 

O XEPETHCMQ = 6 Xaipextapöc 

bezeichnet wird 2 7 ). 

*5) Ebd. S. 32 * 

*) <I>0T0PPA4>IPJECKIE CHHMKI 1 Cb MllHIAWP'b PPEHECKIIXT» PyKOlIHCEÜ 
HAXO^HHIlfllXCH B r I> MOCKBT> .... Copies photogTaphiees des miniatures des manuscrits grecs con- 
servds a Moscou. II Livraison. Moskau 1863. Tafel 27 . — Vgl. MI1H1 ATIOPbl IPEMECKAFO MII- 
HOJIOFIH XI BT>KA No. 1B3 MOCKOBCKOÜ CIIHO;iA.:ibHOfl lillb/HOTKKII. IFWAHIE ;i K. 
TPEHEBA. OnilCAHIE PyKOnilCH H. II. II0110 U A. Miniatures du menologe grec du 
XI™ 6 sieclc No. 183 de la Bibliotheque Synodale a Moscou. fCdition de D. K. Trcneff. Dcscription 
du inanuscrit par N. P. Popoff. Moskau 1911. Tafel II, Nr. II. 

* 7 ) Theodor Wiegand, Der Latmos. S. 209, Tafel III, 4. 


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105 


Dieselbe Beischrift, 0 Xatpextsp/iC, bezeichnet wiederholt Darstellungen der 
Verkündigung Mariä, die sich unter den eigentlich aus dem 10. —II. Jahrhundert 
stammenden Fresken 28 ) der verschiedenen Höhlenkirchen, Mönchsansiedlungen und 
Anachoretenkapellen Kappadokiens befindend). Ferner weisen byzantinische Blei¬ 
bullen die Verkündigung Mariä neben der Schrift O XAIPETICM(oc) bzw. [0] 
XAIPE[TIC]MOC, [0] XAIPE[TICMOC?], [0] XEPETICMO[c] auf 3<>). Dieselbe Darstellung 
nebst der Schrift O XAIPETICMOC sieht man auf einer Kamee des 9. Jahrhunderts, 
die im British Museum aufbewahrt: wird 3 1 ). Ferner auf einem aus dem 10.— II. 
Jahrhundert stammenden Triptychon in Elfenbeinschnitzerei, das in dem sogen. 
South-Kcnsington-Muscum zu London aufbewahrt w'ird, und endlich auf einem ande¬ 
ren Triptychon in Zellenschmelz, dasaus dem Ende des 10. Jahrhunderts stammen 
soll und im Besitz des georgianischen Schömokhmedi-Klosters ist 3 2 ). Letztere Denk¬ 
mäler zeigen die nicht richtig geschriebene Beischrift: O XEPETlCM(oc). Eben¬ 
sooft ist dieses Wort in derselben Bedeutung in literarischen Quellen überliefert. 
So hat der um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Trapezunt als Schriftsteller und 
Kirchenbeamter tätige Andreas Libadenos ein iambisches Gedicht ».. . efc xov xos- 
(xoaumov xat fteiov s&oryjsXiajAov vrfi a^vr^c Oeotoxou, efcouv £atp£Tta|j.ov . . .« geschrieben 33 ), 
worin auch über die fcopnj, d. h. Fest der Verkündigung Mariä, folgendes gesagt wird: 

Eua^IXta irpocXaXouaa xxtasi, 

sua^eXtaptic yap xaXetxai Stj £svük 

xal ^atpsTtafioc ^apav 34) . 

Ferner betitelt sich ein dem Theodoros Prodromos zugeschriebenes Gedicht: 

»Etc xiv yatpeTiapLÖv TTjc üirepa-)ftac Osotoxoü« 35). 

l8 ) Mehrere dieser Fresken werden unten wiederholt erwähnt. Zur Datierung derselben möchte 
ich hier auf die Ausführungen von G. de Jerphanion, »La date des peintures de Toqualc Kilisse en Cap- 
padoce«, in der Revue Arch^ologique, Serie IV, Bd. XX (1912), S. 236—254, hinweisen. 

* 9 ) Vgl. H. Gr^goire, Rapport sur un voyage d’exploration dans le Pont et cn Cappadoce, im 
Bulletin de Correspondance Hcll^nique Bd. XXXIII (1909), S. 108. 

3 °) G. Schlumberger, Sigillographie de TEmpire byzantin. Paris 1884. S. 24, 59, Nr. 31, 616, 
Nr.2. — B. Pantschenko, KATAilOTb MOJlIIB^OByJIOBb (S.-A. aus den H 3 B*BCTIH des russischen 
archäologischen Instituts zu Konstantinopel). Bd. I. Sofia 1908, S. 14, Nr. 18 (17), Tafel II, Nr. 4. 

3 i) Siehe O. M. Dalton, Catalogue of early Christian antiquities and objects from the Christian 
East in the department of British and Mediaeval antiquities and ethnography of the British Museum. 
London 1901, S. 16, Nr. 104, Tafel III, Nr. 104. 

3 ») Sie sind am bequemsten bei G. Schlumberger, L’Epop^e Byzantine ä la fin du dixieme siede, 
Bd. I (Paris 1896), S. 129 und 617, zu finden. — Sehr auffallend ist eine Miniatur des aus dem 12. Jahrh. 
stammenden Kodex Harley 1810 des British Museum. Sie weist die Verkündigung Mariä auf, jedoch ist 
Uber der ganzen Darstellung folgende Randnotiz zu lesen: »touv(fo’j) x$‘ etc t(o) yev^a(tov) ?ou rpo£p< 5 |j.(ou) | 
tu» opöpu> 6 ^atptTiap< 5 (c) ev x(al;) Tjfxc(patc) «v (ai?) auvtXa, 3 cv 1 eXiadßtr^ yuvr) (?) Jayapfou.« Liegt hier 
eine Verwechslung der zwei Darstellungen, nämlich der Verkündigung Mariä und der Verkündigung des 
Zacharias, vor? Siehe die in Rede stehende Miniatur am bequemsten bei 0 . M. Dalton, Byzantine 
art and archeology. Oxford 1911. S. 652, Nr. 414. 

33 ) N. Banescu, »Quelques morceaux in^dits d’Andreas Libadenus«., in der Zeitschrift »Byzantis« 
Bd. II (1911—12), S. 392 ff. 

34) Ebenda S. 393, V. 22—24. 

35 ) E. Miller, Poesies in^dites de Theodore Prodrome a. a. 0 . S. 51—52. Nach den Ausführungen 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 1^ 


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106 


Auch trägt eines der Epigramme des Johannes Apokaukos, des gelehrten 
Metropoliten des ätolischen Naupaktos (ca. 1155—1235) 3 ^), die Überschrift: 

»Efc efxova XatpeTi<J|x6v, !<JTOp7)dst<J0tv xat xoajiTj&etaav -irapa xtvoc, 

ou 6 i(p8aX(iic eiraöe XfiuxmpLaxt« 37); 

zwei andere anonyme Epigramme des Codex Marcianus Gr. 524 (Bl. 45 b und 105 b) 
tragen die Überschrift: »Efc shcova xou Xatp£xt<j|iou« und »Efc xov XatpstKJfjiov« 3 8 ). 

Ferner begegnet man dem Worte = Verkündigung Mariä, in der 

von Antonios Achelis während des 17. Jahrhunderts verfaßten metrischen Erzählung 
über die von den Türken im Jahre 1565 unternommene Belagerung Maltas 39 ). 
Endlich sei bemerkt, daß dasselbe Wort nach einer Ellipse der Worte rffi Ilavaftct^ 
in demselben Sinne in der Volkssprache einiger Provinzen Griechenlands, wie in 
Kreta, heute noch häufig ist 40). Bei Du Cange 4 i) steht neben xatpexi0|ioc auch 
die Form d-pfeXo^aipeTiar^o? = »Festum Annuntiationis Deiparae«. Beide 
Ausdrücke x^'P^ttyo? und ajY£Xoyatp£xt(j}jL6c wurden mit Berücksichtigung der Stelle 
Luc. I, 28 (Xatjp£, x^apiTcufiivT), 6 Kuptos ptexa aou) gebildet. 

Daher erlauben uns die obigen Ausführungen mit absoluter Sicherheit zu 
sagen, daß das von Eulalios in der Kirche des Komncniden angefertigte Bild die 
Verkündigung unserer lieben Frau darstellte. Es war wohl kein Tafelbild, sondern 
eine Wandmalerei. Nun fragt es sich, ob dieses Bild von Eulalios mit Farben oder 
mit Mosaiken angefertigt wurde. Die von den diesbezüglichen Epigrammen gebote¬ 
nen Anhaltspunkte sprechen mehr für die erste Ansicht. Jedoch ist es nicht ausge¬ 
schlossen, daß es sich um ein Mosaikenbild handelte, da der Gebrauch der Worte in 
ihrer eigentlichen Bedeutung in keiner literarischen Gattung so stark vernachlässigt 
wird als in der byzantinischen Dichtung. 

von Syn. Papademctriu in Vizantijskij Vrcmennik Bd. X (1903), S. 102 ff. (besonders S. in, 112; vgl. auch 
desselben Verfassers 0eo;topb IIpOApoMb, IlcTOpiiKOJiirrepaTypHoe IlauviMObame. Odessa 1905) sind 
das oben erwähnte Gedichtchen sowie die oben S. 103—4 angeführten vier Epigramme keineswegs als Werke 
des Theodoros Prodromos anzusehen. Dagegen meinte Ath. Papadop ou los Kerameus (vgl. Byzantin. 
Zeitschrift, Bd. X, 1901, S. 245), daß sie wie alle im Codex Marcianus Gr. XI, 22 enthaltenen Gedichte dem 
Niketas Eugenianos (12. Jahrh.) zuzuw'eisen seien. Endlich bemerkte Konst. Horna, Wiener Studien 
Bd. XXV (1903), S. 206, daß die fraglichen Gedichte wegen einiger Messungen weder von Theodoros Pro¬ 
dromos noch von Niketas Eugenianos geschrieben sein können. 

3 $) Über die Person siehe vor allem Matthias Wellnhofer (Johannes Apokaukos,.. .Sein Leben und 
seine Stellung im Despotate von Epirus unter Michael Doukas und Theodoros Komnenos. Münchner Dis¬ 
sertation. Freising 1913) und E. A. Cernouso v (Iz vizantijskago zacholustja XIII vjeka. S.-A. aus der 
Festschrift der Historisch-Philologischen Gesellschaft zu Ehren des Prof. V. P. Buzeskul. Charkov 1914). 
Beide Schriften sind von mir in der Berliner Philologischen Wochenschrift Bd. XXXIV (1914), Sp. 1588—1592 
und Bd. XXXV (1915), Sp. 953 besprochen. 

37 ) A. Papadopoulos Kerameus in der Athenischen Zeitschrift ’AftTjva Bd. XV (1903), S. 468/9, Nr. 5. 

3 8 ) Vgl. Sp. P. Lambros, N^oc 'EXX^vojAv^piuv Bd. VIII (1911—1913), S. 125, Nr. 105, S. 143, Nr. 184. 

39 ) Siehe P. Gentil de Vcndosmc et Antoine Achdlis, Le Siege de Malte par les Turcs cn 1565 
publid... par Hubert Pernot (= Collection de monuments pour servir ä l’etude de la langue et de la 
litterature n6o-helleniqucs. Troisieme Serie No. 2.) Paris 1910. S. 168, Vs. 2422. 

4 °) Vgl. Stephanos Xanthoudides in der Zeitschrift XptjTiavtxr^ Kp^TTj, Creta Christiana. 
Bd. I (1912), S. 311. 4*) Glossarium ad scriptores mediac et infimae Graecitatis Bd. II, S. 1724. 


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Jetzt kann man die Frage aufwerfen, wer der in der Überschrift der vier Epi¬ 
gramme des Thcodoros Prodromos (oben S. 104) erwähnte Sebastokrator Isaakios 
war. Männer, die diesen Taufnamen und diese Bezeichnung trugen und hier in 
Betracht kommen dürften, sind folgende: 

1. Isaakios Komncnos, der ältere Bruder des Kaisers Alexios I. Komnenos 
(1081 —II 18). Dieser Sebastokrator, der erste mit diesem Titel bczeichnete, war am 
Ende seines Lebens Mönch unter dem Namen Johannes. Seine Frau, namens Irene, 
eine Tochter des Fürsten von Alania und Cousine der Kaiserin Maria, der Frau 
zweier byzantinischer Kaiser, Michael Dukas (1071—1078) und Nikephoros Bo- 
taneiates (1078—1081), hat wie ihr Mann der Welt Lebewohl gesagt und als Nonne 
unter dem Namen Xene gelebt * 2 ). Dieses Ehepaar ist im Jahre 1136 als tot belegt 43 ). 

4 *) Siehe Du Cange, Familiae Augustae Byzantinac S. 174 f. (Vgl. auch Migne, Patrologia Graeca 
Bd. CXXXIII, S. 682. — Nikephoros Bryennios, Ausgabe von Bonn, S. 194.) Vgl. dazu Nikos A. Bccs 
in der Zeitschrift BuCavrk Bd. II (1911—1912), S. 468 und unten. — Zu Krumbacher, Geschichte 
der byz. Lit., München 1907, S. 764, siehe die Berichtigung von K. Horna a. a. 0 . S. 205. — Der von 
Du Cangc a. a. 0 . S. 174 (vgl. auch Migne a. a. 0 . und die Bonner Ausgabe des Nikephoros Bryennios 
a. a. O.) als Sohn des Sebastokrators Isaakios Komnenos, des Bruders des Kaisers Alexios I., angegebene 
• Constantinus Comnenus. .. Dux Berrhocae* ist höchst wahrscheinlich fälschlich als solcher an¬ 
genommen. Dagegen ist eine Tochter namens Sophia zu der Kinderliste dieses Sebastokrators nachzu¬ 
tragen. (Ist sie mit dem bei Du Cange a. a. 0 . S. 175 angegebenen *N. Comnena, Gregorio Gabrac . ., 
pacta« identisch?) In einem der diesbezüglichen Gedichte, über die näheres unten gesagt wird, steht: 

.2o?pfot, xoXXovuiv xpxat; pda, 

VyBcIjv ydpu, lpuj/u)£0c dpcxejv oc, 

TroveuTu^oüc t^xvov 'Baoxfou, 
de ßaaToxpctTcup 8;-irp6 Travxiov ipp^Ur^ 

XOtVTJV 8£ TO’JTlp pLTjTptXTjjV XuEl 86pOV 

*AXe;fip xpaxiaxos ataovoxpdxtup, 

KopLVT)vo'fUT]; ix xpiaoXßfov) 

'PiupTjC Wa; avaxxo« ’loaaxfou. 

Demzufolge ist die oben von mir angegebene Abstammung Sophias unleugbar. Sic heiratete einen aus dem 
angesehenen byzantinischen Geschlecht xäv AoxeiavtLv stammenden Mann, dessen Taufnamen ich vorläufig 
nicht ermitteln kann. Er war mit der Würde des Scbastos ausgezeichnet, offenbar verwandt mit Michael Do- 
kianos, der eine Schwester des Kaisers Isaakios I. Komnenos (1057—59) zur Ehefrau nahm und Vater des 
Theodoros Dokianos gewesen ist. Letztere, Vater und Sohn, bekleideten höhere Ämter. Michael Dokianos 
fiel gegen die Petschenegen zur Zeit des Kaisers Konstantinos Monomachos (1042—1055) kämpfend. Vgl. 
Kcdrenos Bd. II S. 545 ff., 601; Nikephoros Bryennios S. 92; Anna Komncne Bd. I S. 22. 
Alle diese Zitate nach den Ausgaben von Bonn.) Die fragliche Sophia führte mit ihrem oben erwähnten Gemahl 
ein siebzehnjähriges gemeinsames Leben; dann wrnrde sic als Witwe Nonne und nach den Sitten der griechisch- 
katholischen Kirche in Sosanna umbenannt. Aus ihrer Ehe mit dem Scbastos Dokianos entsprossen zw'ci 
Kinder, ein Sohn und eine Tochter. Der Sohn, dessen Name vorläufig nicht zu ermitteln ist, vermählte sich 
standesgemäß und starb, während die Mutter noch lebte. Die Tochter, namens Irene, hatte glückliche 
Jugendjahrc erlebt; sic heiratete einen Edelmann und wurde Mutter eines Kindes, jedoch verlor sie durch 
den Tod beide, Gatten und Kind, offenbar allzu früh, während die Mutter Sophia, als Nonne Sosanna, noch 
lebte. Die letzten Jahre dieser Enkelin des Sebastokrators Isaakios, Irene, geborene Dokianos, sollen sehr 
traurig gewesen sein. Sic lebte noch, als Manuel Komnenos den kaiserlichen Thron bestieg (1143). Des 
Mannes und Kindes beraubt, lebte Irene eine Zeitlang mit der Mutter zusammen, in deren Grabe sie auch bei¬ 
gesetzt wurde, als sie, vom Schicksal hart geschlagen, endlich die ew ige Ruhe fand. Diese Einzelheiten sind 
einigen diesbezüglichen Gedichten entnommen, die im Codex Marc. Gr. 524 überliefert sind und größtenteils 

14 * 


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io8 


Bees, Kunstgcschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


2. Isaakios Komnenos, der einerseits als Porphyrogennetos und 

• • 

andrerseits als Sebastokrator und Kaisar bezeugt ist. Uber diesen Adligen 
herrschte bis vor kurzem die größte Unsicherheit. Er ist von mehreren, besonders 
älteren, Literaturforschern mit dem Isaakios Komnenos, dem byzantinischen Kaiser 
(1057—1059), identifiziert und von modernen Geschichtschreibern ungerecht beur¬ 
teilt 44 ). Nunmehr tritt.diese fragliche Persönlichkeit völlig aus dem Dunkel hervor. 
Er war der jüngste Sohn des Kaisers Alexios Komnenos I. Seine beachtenswerte 
literarische Tätigkeit muß den Gegenstand einer eingehenden Untersuchung bilden. 
Hier sei nur erwähnt, daß aus der Feder dieses Sebastokrators Isaakios zweifellos 
das Vorwort zum Oktateuch über die Übersetzung der LXX stammt, das in dem 
schönen illustrierten Kodex Nr. 8 der Büchersammlung des alten Serail auf uns ge¬ 
kommen ist 45 ). Derselbe Sebastokrator hat in der Umgebung von Acnos das soge¬ 
nannte Kosmosoteira-Kloster im Jahre II52 neu gegründet und durch ein uns er¬ 
haltenes Tvpikon 46) die Angelegenheiten desselben reguliert 47 ). Theodoros Pro- 


von Sp. P. Lambros (N^o; f EXA7)vo[Av^pLtov Bd. VIII, 1911—1913» S. 47, Nr 85, 150, Nr. 227, 153, Nr. 236 
bis 239, 146 ff., Nr. 246, 160 f., Nr. 271) veröffentlicht wurden. 

■»3) A. Dmitrijevskij, OpMCAiile auTypriiHCCKHX'bpyKoiiiiceft, xpaHHiuiixen bt» mtBJiioTeKAXi» 
npABOC.lABHATO BOCTOKA. Bd. I [ = Toraxd]. Kiew 1S95. S. 662. — Vgl. auch unten S. 109, Anm. 50. 

<♦) So liest man bei H. Geizer (Abriß der byzantinischen Kaiscrgcschichtc, bei Krumbachcr 
a. a. 0 . S. 1028) folgendes: «... Isaak war jener national gesinnungslose Bruder Kaloioanns [= Kaiser 
Johannes II. Komnenos] gewesen, welcher als halber Hochverräter sein Leben meist am Hofe von Rüm zu¬ 
brachte, und wenn auch nicht Muhammedaner, doch kirchlich indifferent und damit wie natürlich auch 
moralisch haltlos geworden ist« 111 Hier haben wir wiederum einen Beleg der oft merkwürdigen und haltlosen 
Kritik Geizers. Die fragliche byzantinische Persönlichkeit war in Wirklichkeit sittlich sehr achtbar und 
zeigte für die christliche Religion ein starkes Interesse; siehe weiter unten. 

45) Vgl. Th. Uspcnskij, KoiicT&HTiiHoiio;ii><*Kift CqMwiiiCKift Ko;ieK<~b Boci>MiiKHii/Kifl in den 
II.tBhCTiH des russischen archäologischen Instituts zu Konstantinopcl Bd. XII (1907), besonders S. I— 36. 
(Vgl. auch die Mitteilungen vonTh. Uspenskij vor den Mitgliedern der VI. Sektion des ersten archäologischen 
Kongresses zu Athen [1905] und fies XIV'. Orientalistenkongresses zu Algier [1005], in der athenischen Zeit¬ 
schrift Ilava&^vaict Bd. X, 1905, S. 52—53 teilweise veröffentlicht. Siche auch Comptes Rendus du Congres 
international d’Archeologic. I-crc scssion, Athenes 1905. Athen 1905, S. 307; Actes du XIV C Congres inter¬ 
national des Orientalistes, Alger 1905. I-^re partie. Paris 1906, VT-cme seclion, S. 19—23.) Ich möchte dazu 
bemerken, daß der fragliche Isaakios als Kaisar nebst seiner Krau ohne Namen im Tvpikon des Pantokra¬ 
torklosters zu Konstantinopel genannt wird (siche A. Dmitrijevskij a. a. O. S. 662). Meines Erachtens 
an denselben Kaisar und nicht an Nikcphoros Brycnnios (wie M. Treu in der Byzantinischen Zeitschrift 
Bd. IV, 1895. S. I—2, 8—9 behauptet) wurden ein Aufsatz von Theodoros Prodromos (am bequemsten bei 
J. A. Cramer, Anecdota Graeca e codd. manuscriptis bibliothecarum Oxoniensium. Bd. III. Oxford 
1K36. S. 216—221) und einige Briefe von Michael Italikos (ebendaselbst S. 161 ff., 166 f., Nr. Hi, V, 
VI) gerichtet. Ich halte es für sehr fraglich, ob eine Bleibulle, deren Inschrift »Kgjav7,v[6v] Aovxav 
[ßaGtXEjorsTfopa) xal (?) Tsacrxiov GcjtaGroxpafTopa) GrpatorEofapyrjv) ...♦ lautet, sich auf den in Rede 
stehenden Isaakios bezieht, wie A. Mordtmann (Sur les sceaux et plonibs byzantins. Konstantinopel 
1878. S. 55— 56, Nr. 33) und Schlumbcrgcr (Sigillographic de l'Empirc byzantin. S. 36N, 457, und 
zwar 641—642, Nr. 13) meinen. — Vgl. auch unten Anm. 48. 4 &) = Klosterverfassung. 

47 ) Es ist auszugsweise von M. Gcdeon in der Zeitung des ökumenischen Patriarchats *KxxXi) 3 ta 3 Tixl] 
WX/jDcmi Bd. XVIII (1898), S. 112 ff., 144 fl., 188 ff. und vollständig von L. Petit, «Tvpikon du monastere 
de la Kosmosotira pres d’Aenos (1152)«, in den IIubiutÜI des russischen archäologischen Instituts zu 
Konstantinopel Bd. XIII (1908), S. 17—77 (und separaten auch) veröffentlicht.—Vgl. auch die unten 
zitierte Schrift von Th. Schmitt über die Kahrie-Moschee S. 36 ff. 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


109 


dromos hat der hohen Bildung des Mannes in mehreren Gedichten und in einem ihm 
gewidmeten Enkomion etwas übertriebenes Lob gespendet 4 8 ). 

3. Isaakios Scbastokrator Komnenos, der drittgcborenc Sohn des 
Kaisers Johannes Komnenos, eine Persönlichkeit, die eine hervorragende Rolle 
in der byzantinischen Geschichte um die Mitte des 12. Jahrhunderts gespielt hat 49). 
Das von mir in der Urschrift entdeckte Typikon 5°) des vom Kaiser Johannes 
Komnenos und seiner Frau Irene gegründeten Pantokratorklosters zu Konstantinopel 
macht uns mit der Tatsache vertraut, daß der in Rede stehende Scbastokrator schon 
im Jahre 1136 Vater eines Sohnes namens Alexios war 5 1 ). 

Jetzt kommt die Frage in Betracht nach der Bestimmung des leider in der 
fraglichen Überschrift nicht ausdrücklich mit Namen erwähnten Sohnes eines der 
oben genannten Scbastokratoren Isaakios, dem die Kirche gehörte, welche 
das von Eulalios geschaffene Bild der Verkündigung Mariä schmückte. Aus dem 
Stammbaum der kaiserlichen Familie Komnenos, den Du Cange 5 2 ) aufgestellt hat 
und der trotz seiner Mängel und Irrtümer bis heute als überhaupt maßgebend gilt, 
geht hervor, daß alle oben angeführten, den Namen Isaakios tragenden Scbastokra- 
toren Väter von mehreren Söhnen waren. Als ich im Jahre 1910—1911 meine Bei¬ 
träge zur byzantinischen Malergeschichte bis zur Eroberung von 
Konstantinopel (vgl. oben S. 103) verfaßte, glaubte ich auf Grund des mir vor- 
liegenden Materials, daß der in unserer Überschrift angedeutete Travaeßaaro? 
T:pü)-oa5ßa(rca>p mit Adrianos, dem Sohne des Sebastokrators Isaakios, des Bruders 
des Kaisers Alexios I. Komnenos, identisch wäre. Dieser Adrianos nimmt in dem 
Stammbaum der Komnenen bei Du Cange seinen richtigen Platz ein: »Adrianus 
Comnenus Sebastus« als Mönch »Johannes appelatus« neben seinem Bruder: 
»Joannes Comnenus, ab Alexio Imperatore et patruo Dyrrachii Dux 

-J 8 ) Siehe besonders das oben Anm. 35 zitierte, in Odessa im Jahre 1905 erschienene Buch des 
S. Papademctriu über Thcodoros Prodromos Beilage III, S. 405—412, und die Abhandlung von Ed. 
Kurtz, »Unedicrte Texte aus der Zeit des Kaisers Johannes Komnenos«, in der Byzantinischen Zeitschrift 
Bd. XVI (l<M>7), S. (>9—119 (besonders S. 101—117:0 4. Thcodoros Prodromos und der Scbastokrator Isaak« ); 
vgl. auch ebenda S. 299 und Bd. XIX (igio) S. 314 ff. 

■O) Vgl. l)u Gange a. a. O. S. 183 usw. 

5 °) Ni kos A. Bees, Verzeichnis der griechischen Handschriften des pcloponnesischen Klosters 
Mega Spilaeon, Bd. I. Leipzig 1915. S. 28—29. — Über das Typikon des Pantokratorklosters vgl. auch 
E. Kurtz a. a. O. S. 72 ff, 

5 ‘) A. Dmitrijevskij a. a. 0 . S. O63. — Wer ist lsaakos Komnenos, der im Titel einer Marien* 
homilic eines Mönches Jakobs erwähnt wird? (Siehe Ot*IPTT> der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek zu 
Petersburg für das Jahr 1882. Petersburg 1884. S. 51 — 52 (IlpH.’lO/KCHlH). — Bei [E. Miller] Recueil des 
Historiens des CToisades. Historicns grccs. Bd. II (Paris 1881) S. 772 ff. ist eine dem Theodoros Prodromos zu- 
geschriebenc »MovtpSfo [ert toi) scßstTttjI ?o 7 uhf» toü xupo\> ’laaxxtoo to*j aeßatTroO, Ttji Trj; aeßarrr,; 

TT); ßaaiXfosv);, 7;uprt tt,v ytl \im Auszug fehlerhaft veröffentlicht. Über diesen Text, der 
sich auf den in Korfu erfolgten Tod des Großdrurgars Stephanus bezieht, werde ich an anderer Stelle 
handeln. Zurzeit beschränke ich mich darauf, hinsichtlich dieser Frage auf Krumbacher, Geschichte der 
byzantinischen Literatur * S. 764, und K. Horna a. a. O. S. 205 f. zu verweisen. — S. Papademctriu 
in den Vizantijiskij Vremcnnik Bd. X (1003), S. lioff., lehnt ab, daß das oben erwähnte Gedicht von Thco¬ 
doros Prodromos herrührt. 5 3 ) Siehe oben Anm. 42. 


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I 10 


Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


factus« 53 ). Diese zwei Brüder dürfen keineswegs identifiziert werden, wie man 
in unserer Zeit nicht ohne Zurückhaltung vorgeschlagcn hat 54 ). An diesen Adrianos, 
als Mönch Johannes, den Sohn des ältesten Sebastokrators Isaakios, ist zweifellos 
eine im Codex EscurialensisT. II. io anonym überlieferte Rede gerichtet, die Krum- 
bachcr mit Recht dem bekannten Schriftsteller Nikephoros Basilakes (12. Jahr¬ 
hundert) zuschreibt 55 ). Dagegen haben einige Blcibullcn, die die Inschriften »K(upt)e 
ß( 0 ? 3 )d(et) xq> <jcj> 8ouX(q>) * A8ptav(q>) irpcoxoGeßacjxqi x(tj>) KopvYjvtp« und *. . . . 1 ABpiavi» 
a[=itp(oxo]aeßaTcq> xal p(e) 7 (oftq>) Sopeaxtxq) iraa(r^) Auaecuc xq> Kopv^vtp « auf¬ 
weisen 5 6 ), mit unserem Adrianos Komnenos nichts zu tun, sondern sind dem gleich¬ 
namigen Bruder des Kaisers Alexios I. Komnenos zuzuweisen. Aus dem Typikon 
des Pantokratorklosters zu Konstantinopel, das aus dem Jahre 1136 stammt, ist 
ersichtlich, daß der fragliche Komnenide in diesem Jahre Mönch war und ferner 
Vater von erwachsenen Töchtern 57 ), die ihm freilich geboren wurden, als er noch 


53 ) Ebenda S. 174—175. 

54 ) J. Sakkelion, flaxfiiaxT) ßißXioftVjxT). Athen 1890. S. 326, Anm. 7. 

55 ) E. Miller, Catalogue desManuscrits Grecs de la bibliotheque de l’Escurial. Paris 1848. S. 215.— 
Vgl. Krumbachcr, Geschichte der byzantinischen Literatur. München 1897. S. 473. 

5 6 ) G. Schlumberger, Sigillographie de TEmpire byzantin. S. 639, Nr. 1—2. (Vgl. auch S. 584, 
Nr. 28-29.) — Vgl. K. M. Konstantop oulos im Journal international d’archöologie numismatique Bd. VI 
(1903), S. 87—88, Nr. 337, 338 und Bd. VII (1904), S. 166, Nr. 499. 

57 ) Dmitrijevskij, a. a. 0 . 698: laro i;cuv^aeui; x<Lv ttu^ax^pü» xoü aeßaixoö xal 
£$a$&<poo tt); ßaaiXcfac jxou, xoü povayoö xupoö ’loocrwou, toü uioö xoü doiftfpou atßaaxoxpxxopoc.« Über 
das Schicksal einer der Töchter des Sebastos Adrianos, als Mönch Johannes, soll ein Epigramm des 
Codex Marc. Gr. 524 (BI. HO a—b) berichten, welches zum erstenmal von L. Sternbach (Spicilcgium Pro- 
dromeum. Cracoviae 1904. S. 27 ff.) nebst einem vortrefflichen Kommentar veröffentlicht und später von 
Sp. P. Lambros ohne Kenntnis der früheren Ausgabe als unediertcr Text zum Drucke gebracht wurde 
(N*oc f EXX7)vopv^fACi>v Bd. VIII, 1911—1913, S. 154—155, Nr. 242). Demzufolge hieß sie Theodora, hei¬ 
ratete sie den hervorragenden Admiral und Fcldhcrrn Andronikos Kontostephanos, drittgeborenen 
Sohn des Großadmirals Stephanos und der Anna, Schwester des Kaisers Manuel Komnenos, und dieser Ehe 
entsprossen vier Kinder. Auf die Abstammung der fraglichen Theodora beziehen sich die V. 5—8 genann¬ 
ten Epigramms: 

’Eytii Kopv7)Vü)v eüxAeoü* ?cpov ylvooc, 
na?rcujv irpofjXOov ix oeßaoxoxpax( 5 p(i)v, 
u»v rraic aeßaoxoc Äipiavoc ycwd&a; 
rax^p. 


Nach meinen obigen Ausführungen war der Sebastos Adrianos (als Mönch Johannes) ein Sohn des 
Sebastokrators Isaakios, wie ebenfalls aus diesen Versen hervorgeht. Andronikos Kon tost cp hanos wurde 
am Ende seines Lebens Mönch und führte den Klostcrnamcn Antonios. Dies geschah offenbar, als er mit 
seinen vier Söhnen auf Befehl des Kaisers Andronikos Komnenos (1183—1185) geblendet wurde. Seine 
Frau Theodora hatte das Unglück, den Tod ihres Mannes und zwei ihrer Kinder zu erleben. Wahrscheinlich 
starb sie als Nonne. Ein anderer Andronikos Kontostephanos, vielleicht Enkel des obengenannten, starb 
als Mönch am 23. Februar des Jahres 1209, ebenfalls den Klostcrnamcn Antonios tragend. Mit ihm macht 
uns eine Grabinschrift vertraut, über die ich im Journal international d’arcMologie numismatique Bd. X, 
1907, S. 354, berichtet habe; vgl. dazu H. Grögoirc, »Notes tfpigraphiques«, in der Revue de l’instruction 
publique en Bclgiquc Bd. LII (1909), S. 152 — 161, und B. Pantschcnko in den II 3 BT»CTIH des russischen 
archäologischen Instituts zu Konstantinopel Bd. XV, inii, S. 285. H. Gr^goire, der mehrere Nach¬ 


richten über das Geschlecht Kontostephanos a. a. O. mitteilt, bietet auch einen provisorischen Stammbaum 



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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Fragc usw. 


I I I 


Weltmann war. Später, jedenfalls vor dem Jahre 1143, wurde er zum Erzbischof 
von Bulgarien ernannt. Eine vielbesprochene, zweifellos aus seiner Zeit stammende 
Liste der Erzbischöfe von Bulgarien erwähnt ihn folgendermaßen: l^’Ici>awi]c jiovax&c 6 
KofiV7)voc, 6 £v tote xoajxtxotc ’ ABptavoc rcavaeßaatoc aeßaaroc xol of&c tou dotSt'pou 
Ssairoxou too Tcaveoxo^eaTatoo irptitoo aeßaaxoxpotTOpoc xopou ’laaaxioo tou Ko|avt)vgu .... 
(dann folgen weitere genealogische Nachrichten) 5 8 ). Zweifellos bald nach seiner Er¬ 
nennung zum Erzbischof von Bulgarien bekam er einen uns erhaltenen Brief von 
dem ihm befreundeten Michael Italikos 59 ), jenem hochgebildeten, besonders mit den 
Platonischen Schriften vertrauten, vielseitigen und launigen Gelehrten, dessen Zeit¬ 
genossen vor allem seine Beredsamkeit mit Recht wertschätzten, um so mehr, als sie 
unbestritten auch der Allgemeinheit zugute kommen konnte: nämlich, als der deutsche 
König Konrad im Jahre 1147 auf seiner Kreuzfahrt durch die Kirchenprovinz von 
Philippupolis zog, verstand der damals derselben als Metropolit vorstehende Michael 
Italikos, den deutschen König durch seine bestrickende Beredsamkeit zu besänftigen 
und zu entzücken, was eine praktisch sehr bedeutungsvolle Folge hatte, daß die 
Scharen Konrads sich enthielten, die dem redseligen Kirchenfürsten unterstellte 

Provinz zu plündern 60 ). Genannter Brief ist im Codex Barocianus 131 (von Oxford) 

% 

anonym und ohne Adressatangabe überliefert worden 61 ). Daß der Briefschreiber 
Michael Italikos ist, hat schon Prof. Maximilian Treu scharfsinnig nachgewiesen 62 ). 
Er hat aber irrtümlich versucht^), den Briefempfänger als identisch mit Johannes 
Kamateros gelten zu lassen, der sich schriftstellerisch mit der Sternkunde und den 
Geheimwissenschaften der altorientalischcn Völker beschäftigte und in der Tat als 
Kleriker nach dem Jahre 1183 den erzbischöflichen Thron von Bulgarien bestieg 6 -*). 


Niketas Choniates (Ausgabe Bonn S. 71, 9—10) und der »Synopsis Chronica» (Ausgabe von Sathas 
a. a. O. S. 219, 12—13) ersehen kann. 

5 8 ) Du Cange a. a. O. S. 174—175—Zachariac von Lingenthal, Beiträge zur Geschichte der 
bulgarischen Kirche [= Mdmoires de l’Acadömie imperiale des Sciences de St. Petersbourg, Vlle s£rie, tome 
VIII, No. 3], Petersburg 1864, S. 24. — H. Geizer, Der Patriarchat von Achrida. Geschichte und Ur¬ 
kunden [= Abhandlungen der philologisch-historischen Classe der Kgl. Sächsischen Gesellschaft der Wissen¬ 
schaften, Bd. XX, Nr. V]. Leipzig 1902. S. 7 ff. 

59 ) Über die Person vgl. vor allem Krumbacher a. a. 0 . S. 465 f.; M. Treu a. a. O. S. I—22; Sac. 
Giovanni Mercati in der Byzantinischen Zeitschrift Bd. VI (1897) S. 126—130; K. Horna, Einige un- 
edierte Stücke des Manasscs und Italikos. Jahresberichte des k. k. Sophiengymnasiums in Wien 1901/1902. 
Wien 1902; P. N. Papag e orgio u in der Byzantinischen Zeitschrift Bd. XII (1903) S. 258—260 (vgl. auch 
S. 35 6 )- 

60 ) Niketas Choniates. Ausgabe zu Bonn S. 83.8 ff.; Synopsis Chronica bei K. Sathas a. a. O. 
S. 223, 27 ff.; vgl. auch Eude de Dcuil, bei Migne, Patrologia Latina Bd. CLXXXV, S. 1215. 

61 ) Er steht bei J. A. Cramer, Anecdota Graeca c codd. manuscriptis bibliothccarum Oxoniensium 
Bd. III, S. 19t—192, Nr. XXIIJ etwas unglücklich ediert. 

*’) A. a. O. 

6 3 ) Ebenda, besonders S. 11—12. 

* 4 ) Niketas Choniates. Ausgabe zu Bonn. S. 355, 10 ff. — Vgl. Geizer a. a. O. S. ti. — Über 
Johannes Kamateros vgl. E. Miller, Pocmes astronomiques de Theodore Prodrome et de Jean Camatfere 
d’apr&s les manuscrits de la Biblioth&que Nationale de Paris in den »Notices et Extraits des Manuscrits..,« 


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I I 2 Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


Zu dieser unrichtigen Identifikation gab Anlaß vornehmlich eine Stelle des Briefes, 
worin tov fteTov ’ASptavov steht. Prof. Treu schloß daraus, daß es sich um einen 
Kirchenfürsten »von Bulgarien, von Adrianupolis « 6 5 ) handelt, und so dachte 
er an Johannes Kamateros. Jedoch gibt uns der ganze Inhalt des Briefes reichlich 
Anhaltspunkte zu erkennen, daß unser Adrianos, als Mönch und Erzbischof Johannes, 
als der Empfänger desselben unbedenklich anzusehen ist 66 ). In seinem Briefe weiß 
Michael Italikos seinen Adressaten zunächst mit der Sonne zu vergleichen, die jedoch 
nicht in Bulgarien unter den Barbaren Licht verbreiten, sondern von Konstantinopcl 
aus das ganze Land und Meer beleuchten solle; ferner hebt er hervor, daß die Bul¬ 
garen zu beneiden seien, daß sie in ihrer Mitte ein solches Licht hätten, welches die 
(inadc Gottes ihnen, als den im Dunkel sitzenden und irrefahrenden, gesandt habe; 
weiter werden die Gelehrsamkeit, die adlige Herkunft, die Vernunft, überhaupt die 
leiblichen und geistigen Vorzüge, die Freigebigkeit des Komnenensprosses gepriesen; 
endlich läßt uns der Bricfschrciber die Bande innigster Freundschaft empfinden, 
durch welche er mit seinem Adressaten verbunden war, und gedenkt sehnsüchtig 
gemeinsamer, zu seinem Leidwesen vorübergegangener Stunden, die er in Konstanti¬ 
nopel mit ihm zusammen verlebt hatte. Befreien wir die in diesem Brief gebotenen 
Zeugnisse über unseren Adrianos Komncnos von der eventuellen Übertreibung, 
die bei den byzantinischen Lobhudeleien und Verherrlichungen hoher Gönner zu oft 
zutage tritt, so werden wir eine individualistische Vorstellung von der Persönlichkeit, 
an die besagter Brief gerichtet wurde, gewinnen. 

Die Quellen zeigen den Sebastos Adrianos in seiner Eigenschaft als Erz¬ 
bischof von Bulgarien an den religiösen Fragen der Zeit lebhaft beteiligt. So 
war er auf dem im Jahre 1143 stattgefundenen Konzil gegen die Bogomilen 
anwesend (toü ]iaxapiu>TaToo iravaeßaaxou aeßaaxou xat ctp^tentaxorcoo BooX^apiac lauten 
die betreffenden Konzilakten 6 7 ). Ferner beteiligte er sich an beiden Konzil¬ 
sitzungen, die im Mai des Jahres 1157 gegen Soterichos Panteugenos abgehalten 
wurden 68 ), kam wiederholt bei diesen zum Wort und Unterzeichnete die Akten 
derselben folgendermaßen: *0 Taraivic ’ltua'vvrjc xat dXeto deoo ap)(ts7rtaxo7toc Trpci- 


Bd. XXIII, Teil II (Paris 1872), S. 1 ff.; Krumbacher a. a. 0 . S. 627, 760; L. Weigl, Studien zu dem 
unedierten astrologischen Lehrgedicht desjohannes Kamateros. (Münchener Dissertation.) Würzburg 1902; 
Franz Boll, Sphacra. Neue griechische Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Sternbilder. Leipzig 
1903, S. 12, 15, 21 fl., 34, 306 }T.; L. Weigl, Johannes Kamateros Fbayui^ AöTpovopfotc- Ein Kom¬ 
pendium griechischer Astronomie und Astrologie, Meteorologie und Ethnographie in politischen Versen. 
Leipzig-Berlin 1908. 

* 5 ) Adrianupolis=Bulgarien ist eine merkwürdige geographische und ethnologische Entdeckung!!! 
Davon abgesehen ist Johannes Kamateros als Erzbischof von Adrianupolis nirgendwo belegt. 

w ) Nach den obigen Ausführungen sind auch die unzutreffenden Angaben hei Krumbacher a. a. O. 
S. 761 und Weigl, Studien usw. S. 7 zu berichtigen. 

* 7 ) Mansi, Sacrorum conciliorum nova, et amplissima collectio. Bd. XXI. Venedig 1776. S. 584—590. 
6S ) Zu dem Datum vgl. als neueste Abhandlung H. Pachali, »Noch einmal die Jahreszahl der II. 
Synode gegen Soterichos Panteugenos* in der Byzantinischen Zeitschrift Bd. XIX (1910), S. 46—58. 


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Bees, Kunstgesckichtlichc Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 1 I ? 


xrfi *louaxiotVTjc xat itdarfi BouX^aptac 6 Kojiv 7 jvöc ... * 9 ). Meines Erachtens steht dahin, 
ob Sebastos Adrianos als Erzbischof von Bulgarien die Umarbeitung der XI, 
Novelle Justinians zur Fassung eines besonderen Chrysobulls veranlaßt hat 7 °), 
die in der Kirchengeschichte des Erzbistums von Bulgarien und Achrida eine merk¬ 
würdige Rolle gespielt hat 7 1 ). Eine spätere griechische Quelle 7 2 ), der Le Quien 73 ) 
Glauben geschenkt hat, will behaupten, daß unser A/Jrianos als Polemiker gegen 
die lateinischen Dogmen schriftstellerisch tätig gewesen sei. Dies ist sehr fraglich. 
Wie man vermutet, stammen diese unter dem Namen des Adrianos Erzbischofs von 
Bulgarien und Achrida überlieferten Schriften gegen die Lateiner aus der Feder 
eines gleichnamigen Kirchenfürsten, der im 13. Jahrhundert das Steuer dieser Diözese 
in den Händen gehabt haben soll 74 ). Mit welchem Jahre der Tod des Sebastos 
Adrianos, des Sohnes des Sebastokrators Isaakios, zusammenfällt, steht auf Grund 
der bisher vorhandenen Quellen noch aus. Wahrscheinlich starb er vor dem Jahre 
1166; denn ein anderer Erzbischof von Bulgarien namens Konstantinos wurde in 
diesem Jahre abgesetzt 75 ). 

• Adrianos, als Mönch und Erzibschof Johannes, dessen Lebenslauf wir, so gut 
es ging, verfolgt haben, war der Sohn eines Vaters, welcher Isaakios hieß und die 
Bezeichnung Sebastokrator trug; er hatte selbst nach den oben angeführten Quellen 
als Weltmann sowie als Kleriker den Titel rrctvaeßaaxo; asß* 3 xoc, jedoch nicht jenen 
toü irpcüTooeßaatoG oder ^ptoxoaeßaaiopo?, wie in der fraglichen Überschrift der Epi¬ 
gramme des Theodoros Prodromos steht. Ferner berichten die Quellen nicht, daß 

Sebastos Adrianos als Weltmann oder Mönch eine Kirche irgendwo errichten ließ. 

• • 

Deshalb möchte ich den von der fraglichen Überschrift angedeuteten Sohn des Se¬ 
bastokrators sicherer mit einer andern Person identifizieren. Dazu berechtigt mich 
eine erst Ende des Jahres 1911 veröffentlichte Quelle. Dies sind zwei in dem wert¬ 
vollen Codex Marcianus Graecus 524 (einer Handschrift des 14. Jahrhunderts) auf 

* • 

Bl. 19b erhaltene Gedichte, deren Wortlaut nebst Überschriften nachstcht 7 *): 


* 9 ) [A. Mai], Spicilegium Romanum. Bd. X (Rom 1844), S. 61, 65, 72, 78, 84, 85 (worin steht: 
rapouffta . . . xal xoO aftüKcaTO'j dpyte7rtffx<farou rafft); BouXyapta; xal reptro^iou deto'j toO xpaTlfftou xat 
Äffo’j Vjptüiv ßaffiAiu); fxovayoO xopou ’ltua'wou xoO KopLVTjvöö), 87—88, 89. — J. Sakkelion a. a. O. 
S. 317 318, 321, 323, 326, 327. — Vgl. auch Mansi a. a. O. S. 837. 

7 °) Vgl. Nikos A. Bees im Repertorium für Kunstwissenschaft Bd. XXXV (1912), S. 329—30. 

7 1 ) Vgl. Zachariae von Lingenthal a. a. 0 . S. 26 ff.; Geizer a. a. O. S. 9. 

7 *) Es handelt sich um die Schrift AtufcxaßtßXo; des Patriarchen von Jerusalem Dositheos Notaras 
(1669—1707), die im Jahre 1715 i Bukarest erschien. 

73 ) M. Le Quien, Oriens Christianus. Bd. II. Paris 1740. S. 294. 

7 «) Golubinski, Geschichte der bulgarischen, serbischen und rumänischen Kirche (russisch). Moskau 
1871, S. 123. — Vgl. Zachariae von Lingenthal a. a. 0 . S. 24. — Geizer a. a. O. S. 13, Nr. 23. 

75 ) Leonis Allatii, De ecclesiae occidentalis atque orientalis perpetua consensione. ... Coloniac 
Agrippinae 1648, S. 689—690.— Allerdings an einer Synode des J. 1170 beteiligte sich ein Erzbischof von 
Achrida namens Konstantinos. Siehe L. Petit in den Vizantijskij Vremennik Bd. XI (1904), S. 479, 487. 

74 ) Von Sp. P. Lambros in seiner Zeitschrift N^o; f EXXt)vop.v^fi.u>v Bd. VIII (= 1911, tatsächlich 
aber 30. November 1911 bis 10. April 1913) S. 19—21, Nr. 50—51. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 15 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Krage usw. 


114 


I. 

xotc efxovtafiaat xoG TrpmxoaeßaaxoG xal fj^ja'Xou SooxGc xupoG ’ltua'vvou xoG Kojivr^voG 
xal xtjc ä v aeßaax5jc (= irpa>xo3eßa<JXY;c) iv rg piov^ toü EGepjixoo« 

NaGc fiiv oGSelc oG8i itdc xoapoo xoiroc 
iira'Stoc aot, xoG xpa'xooc EGep^exa, 
xooc oGpavoGc Ixovxt a?jc 8o£i;c öpovov 
xai y^v iraxoGvxi xai y^ v JtXijpoGvrt aor 
5 tcXtjv u>c ireptfpacpsvxa aapxivtp ira'xsi 
ittaxtc (Je TtoXXotc ijATreptYpa'cpei xottoic. 

Totvuv dfioiß-ijv avxex^ipttv iöiXtov 
a>v Ir^ov ix aoG irXouattov Stop^pLaxcnv 
irptüxoaeßaaxoc 8ou£ pi^ac ’ltodvvTjc 
10 KopLVijvotpoYjc itatc cjeßaaxoxpaxoptov, 
xov oTxov 8c fioi raxptxvj xXijpooxtd 
dz jtjv xadatpw jti^pi xai ßdöpeuv ßd&ooc 
xat aq> aÖevet OepteÖXov £p.ßaXujv veov, 
piovYjv veoapY«) xotc fiovoxpoirotc vsav 
15 e?c riveGpiaxoc xe xal [laxpic xat aov aeßac* 
pLeft’ <5v auveX&otc xal jaovt)v d>8e Bpaaatc 
xal fiixP 1 tovt Gc appaYtuc i<pe8pa<jatc* 
xd|iot 8i Xoxpov tüv irep -JjpidpxTjxd aot 

oGx sf; ajjLOtß^v, aXXd a tjv x a P tv 
20 2oG Yap xd ira'vxa, aol 8i a&v 8u>pov <pepa>, 
xd 8* i£ ijiauxoG irtaxtc iaxi xal iroftoc, 
a xat wpocr^a auv irpoOtSpttp xap8ta* 
av&’ aiv jiovijv jiot xf^c ’ESipt BotVjC puav 
auv xf aoveuvtp xai xexvtov x^ irevxa'St, 

25 a xal rapaax^j <Ju itpo36tX>j<pac raXtv, 
xaxet (JuvotirxcDV oBc aov?)^ac iv ßtip* 
oTxov 8i xatvov iv axuXotc itrxd xxtaa;77) 
ixxXrjatav Setcetac iS jjptov fxtav 
xal xGv xpaxrjpa x?jc xpatpfjC axijaac, Xo^e, 

30 xotvtLc iroxtaatc dvaraooemc GSmp. 

II. 

»’EttI xtf jiov«xixtj> sJxovtajiaxt xoo aGxoG itp<i)XoaeßaaxoG« 

ÜxtjvSjv i^etpac <5>c veoc Menage viav 
xoGxov xiv oTxov a?jc p^ov^c, EGepfixa? 8 ), 

77 ) Der Schreiber hatte begonnen, das Wort OT^oac zu schreiben. 

7 8 ) Lambros a. a. O. S. 19 u. 20, V. 2 schreibt cucpylToc. Jedoch ist das Wort mit großem Anfangs¬ 
buchstaben zu schreiben. Richtig schreibt Futpy^Tflt C. Castellani, Epitalamio di Teodoro Prodromo per 
le nozze i Teodora Comnena e Giovani Contostefano. (Pal. Cod. Marciano Append. Clas. XI, no. 22.) Ve¬ 
nedig 1888, S. 20, Vs. 86. Über die Beischrift 0 EYEPrFTlC[= K&ep^TTjcJMOlf oder H EYEPrETIC 
auf byzantinischen Bleibullen siehe Nikos A. Bees im Journal international d’archeologie numismatique 
Bd. XIII (1911), S. 9 nd 23—24 (wo der Hinweis auf S. 9 auszustreichen und der Druckfehler: E[TP]rETIC 
zu: E[TEPjrETIC zu korrigieren ist). 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


irpcoToatßaaT&c 800S p^ac 
fcx&v üTnjXdev 8v crcoXfC®rai fvotpov 
5 xal xXijatv ^XXat'Saio rijv ’I^vaTioo 

peXsv8o*njaa; <i>c xi aov <p^TT 0 ^ ß^i^TQ. 

Kav irup Tfap et öü, xav cpoatv <pa>i6c ßpu^c, 
dXX’ eI8ev iv fvo^ip <j 6 xa ' t 7raX.at. 

Ä'jfaX.Xidaftcu Toi^apoov ttp cptntt öoü 
10 irexpa xaXixpöck toü itixpoo toutou xdcpou, 

T7)v auCi/pv irptv, vov 8’ aBeX^ijv Maptav 
auvotxov eupeiv Iv irspaoetaoo irXdxet, 

(bc 5 v xo xspirv&v acrpa t«>v aeacuapevcov 

a8^j pex’ ot&T 7 }C uj; cü 5 eX© 7 jc Mmaeto;, 

15 T7)v xo'j ßtou BdXaaaav £xßa; aßpäj(a>c. 

Fassen wir jetzt die Nachrichten zusammen, welche die obigen Gedichte und 

• • 

die Überschriften derselben bieten. Protosebastos und der große Dux Johannes 
Komncnos, Sohn der Sebastokratoren, hat sein väterliches Haus abbrcchcn und an 
Stelle desselben ein Kloster erbauen lassen. Er erlitt das Unglück, den Tod seiner 
fünf Kinder und seiner Frau namens Maria (geborenen Ducas) 79 ) zu erleben; nachher 
zog er die Kutte an und starb als Mönch unter dem Namen Ignatios in einer nicht 
genau festzustellenden Zeit. Das letzte der obigen Gedichte soll sein Grabepigramni 
sein. Diese Persönlichkeit muß die fragliche Überschrift der Epigramme des Theo- 
doros Prodromos gemeint haben. Alles spricht dafür; die Bezeichnung irpcütoaeßaoTo? 
(das in der fraglichen Überschrift vorkommendc trptoToaeßdaxcnp ist nach einer Analogie 
zu (jeßMxoxpdtcDp, 7rpa>xocrcpdxa>p usw. gebildet), und die Abstammung, da die in Rede 
stehende Persönlichkeit im Vers io des ersteren der letzt angeführten Gedichte aus¬ 
drücklich trat? aeßaoxoxpaxopcov genannt wird. Da dieselbe Persönlichkeit als pipxc 
8oü£ belegt ist 3 °), so ist sic höchstwahrscheinlich mit dem Johannes Komncnos, dem 
Sohn des Sebastokrators Isaakios Komnenos und Bruder des Sebastos Adrianos 
(= als Mönch und Erzbischof Johannes) zu identifizieren. Diesen Johannes Komncnos 

nennen die Quellen auch Dux, und zwar von Dyrrachion 8l )- Übrigens hat er mehrere 
• • 

Ämter bekleidet; Niketas Choniates berichtet, daß er von Kaiser Johannes Komnenos 
zum Kammerherrn (= Parakoimomenos) ernannt wurde und dieses Amt kurze Zeit 
hatte 8l ). Ferner scheint er einst Großdomestikos gewesen zu sein. Dazu gibt 
uns den ersten Anhaltspunkt eine Bleibulle, die auf der Rückseite die Inschrift: 

79 ) Dies ist aus einem Epigramm des Codex Marc. Gr. 524, Bl. i8i a zu ersehen, das Sp. P. Lambros 
a. a. O. S 175, Nr. 328, veröffentlicht hat. 

80 ) Siehe S. 114, V. 9 und S. 115, V. 3. — A06; heißt bei den Byzantinern nicht immer der 

Großadmiral; so z. B. im Typikon des Mariäklosters, der sogenannten KeyaptTa>p^vT)c, lesen wir: ♦...fjLeyd- 
Xou 8ouxo; Tüjv (tyoXuiv TT)« ’AvaToXfj;«. Migne, Patrologia Graeca Bd. CXXVII, S. .'093. 

81 ) Anna Komnene (Ausgabe von Re'Terscheid), Bd. II, S. 19, V. 2C —22, 23, 79 f. 

8j ) Niketas Choniates (Ausgabe von Bonn), S. 13, lig. 12—19: *xcd cppovriatdc xtüv oijpoahov 
KpajixdTtov TtpoußdXXcfo [= der Kaiser Johannes Komnenos] ix toü [= töjv] xaS* alp« o\ rpoacyyiCdvrtuv xov 
K 0 p v t] v 6 v ’ I tu d v v 7^ v, Sv xxi xu 5 toü napaxotpcuplvoo Texlpr^xev d-ttupaxt, xal x6v Tapuvfnjv 
rprjfdpiov Svxa npajToßeandpiov. dXX’ 6 piv Sri pf) xtp SaxxüXq) xo itäv Steit^xxrje, aoßapdv -po^alvtov 

* 5 * 


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116 


Bees, Kunstgeschichtliche Untersushungen über die Eulalios-Frage usw. 


t 0 (eox 6 )K€ BOH 0 (e)l TW CW AYAW Iw(avvTj) KOMNHNw TW 
A[=irpa)To]CEBAC(Tu>) S[=xcü] M6TAAW AOM€CT(ficco) 

trägt und auf der Vorderseite eine Darstellung Christi mit der Beischrift: I(tj(Joü)C 
X(pi<xr6)C o 6Y€PreTHC zeigt 8 3 ), was für unsere Frage von besonderer Bedeutung 
ist. (Dagegen ist eine Bleibullc, die der Technik nach der Komnenenzcit angehört und 
die Inschrift: 

t iw(avvijc) C6BACTOC KAI METAC AOMECTIKOC 

aufweist 8 4 ), dem aus der Türkei stammenden einflußreichen Johannes Axuchos zuzu¬ 
weisen, welcher zur Zeit der Regierung des Johannes Komnenos und des Manuel 

Komnenos das Amt des Großdomestikos lange Jahre bekleidete 8 5).) Zur näheren 

• • 

Bestimmung der letztgenannten Würde unseres Johannes Komnenos trägt die Über¬ 
schrift einer an ihn gerichteten, im Cod. Escur. T. II. io überlieferten Rede des Nikc- 
phoros Basilakes bei. In ihr wird der fragliche Johannes Komnenos, wenngleich 
ohne Zunamen, als Pansebastos Sebastos und Großdomestikos des ganzen Morgen- 
und Abendlandes bezeichnet ^). Die Quellen belehren uns, daß die Byzantiner den 
Großdomestikos des Morgenlandes oder Abendlandes öfters als Groß du x bezeich- 
netcn 8 7 ). So erklärt es sich, warum unser Johannes Komnenos in den oben S. 114—5 
angeführten Gedichten 806; genannt wird 88 ). Jedenfalls muß ich wieder¬ 

holen, daß der Protosebastos Johannes Komnenos, als Mönch Ignatios, nur mit dem 
gleichnamigen Sohne des Sebastokrators Isaakios Komnenos und dem Bruder des 
Sebastos Adrianos, als Mönch und Erzbischof Johannes, zu identifizieren ist. Nach 

eingehendem Studium der in Betracht kommenden Quellen möchte ich diese Idcnti- 

• • 

fizierung kaum in Frage stellen. Somit dürfte man aus der Überschrift und dem Texte 
des ersten der oben angeführten, dem Codex Marcianus Gr. 524 entnommenen Ge- 

o^puv xal <ppovT)paTtt>&7jc üj« 0 5 ti; aXXo« &eixvjfi.€vo;, tov (ppovriar/jv tuW xotv&v d7tc<popTfa<xT0 xdyiov ... « 
(Vgl. auch die Synopsis Chronica bei K. Sathas, Bibliothcca Gracca medii aevi. Bd. VII, S. 188, 
lig. 18—22.) Das Machwerk über die Familie Mclisscnos, das unter dem Namen Gcorgios Scholarios 
im Cod. Phil). 1456 der Kgl. Bibliothek zu Berlin vorhanden ist, enthalt Nachrichten über den in Rede 
stehenden Johannes Komnenos (siehe Krumbacher a. a. O. S. 780 Anm. 6, 1083; Sp. P. Lambros a. a. O. 
Bd. I, 1904, S. 192, 19b); sie sind teilweise falsch. Nach den Ausführungen von A. Papadopoulos Kcra- 
meus in der Byzantinischen Zeitschrift Bd. XIV (1905) S. 26S—269 Anm. 4 soll das genannte Machwerk ein 
plumpes Schwindclcrzeugnis des Konstantinos Simonidcs sein. 

8 3 ) G. Schlumberger, Sigillographie de l’Empirc byzantin. S. 16—17, 332, (583, Nr. 18—19), 
642, Nr. 16 (wo die Lesart: A* CTPAT(eup*)) unrichtig ist). — Vgl. auch oben Anm. 78. 

8 «) G. Schlumbcrgcr a. a. O. S. 581, Nr. 2 (583, Nr. 18—19), 642, Nr. 15. — Vgl. K. M. Kon- 
stantopoulos im Journal international d’archöologic numismatique Bd. IX (1906), S. 115, Nr. 492a. 

» 5 ) 0 ber Johannes Axuchos und seine Nachkommenschaft siehe besonders Maximilian Treu, 
»Nicephori Chrysobcrgac ad Angelos orationes tres* (= CXXVI 1 . Programm des Königl. Friedrichs-Gym¬ 
nasiums zu Breslau 1892. II. Wissenschaftliche Abhandlung) S. 43 f. und »Michael Italikos* in der Byzan¬ 
tinischen Zeitschrift Bd. IV(i8q5)S. tound Franz Cumont, ebcndaS. 99—105 (vgl. dazu Ni kos A. Bees 
a. a. O. S. 20). 

86 ) E. Miller, Cataloguc des Manuscrits Grccs de la hibliotheque de l’Escurial, S. 217, Fol. 527V: 
»ToO xutoü [ = Nikephoros Basilakes] £(; tov irav^ßsSTOv jzßar rov xod fx^yav oopt^Trixov rdor,c 

AvotToX^? xal Auaetoc xup. Tiodw^v*. — Vgl. Krumbacher a. a. 0 . S. 473. 

* 7 ) Siehe oben Anm. 80. 

88 ) Überschrift des I. Gedichts, V. 9 desselben und V. 3 des II. Gedichts. 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


ii 7 


dichte schlagende Anhaltspunkte für die Eulalios-Frage gewinnen. Daraus ist ersicht¬ 
lich, daß das von Protosebastos Johannes Komnenos begründete Kloster eigentlich 
Christo, dem sogenannten Euep^eTTjc, geweiht war. Infolgedessen hat es mit dem 
konstantinopolitanischen, der Madonna geweihten Euergetiskloster, dessen für die 
griechische Liturgie wichtigstes Typikon uns erhalten ist * 9 ), nichts zu tun. Dagegen 
ist das von Protosebastos Johannes Komnenos begründete Euergetiskloster mit dem 
in Konstantinopel befindlichen gleichnamigen Kloster identisch, welches laut Angaben 
des Niketas Choniates 9 °) und der Synopsis Chronica 9 1 ) im Sommer des Jahres 
1203 abgebrannt zu sein scheint. In diesem Kloster soll auch Eulalios das von 
Theodoros Prodromos durch vier Epigramme gepriesene Bild der Verkündigung Mariä 
gemalt haben. Da das Euergetiskloster von Protosebastos Johannes Komnenos 
während des 12. Jahrhunderts vollständig erbaut wurde, so kann Eulalios, der 
es mit seinen Malereien schmückte, naturgemäß nur ein Maler des 
12. Jahrhunderts gewesen sein. Abgesehen davon, bekommt man, wenn man 
die oben angeführten (S. 101), in vulgärgricchischer Sprache verfaßten, an den Kaiser 
Manuel Komnenos (1143—80) gerichteten Verse von Theodoros Prodromos vorsichtig 
liest, sofort den Eindruck, daß dieser Poet über Eulalios und neben ihm über zwei 
andere hervorragende, doch heute kaum aus andern Quellen bekannte Künstler, 
Chenaros und Chartoularis, als von seinen Zeitgenossen spricht. Ferner ver¬ 
stärken die unten folgenden kunstgeschichtlichen Betrachtungen die Annahme, daß 
Eulalios im 12. Jahrhundert gelebt und geschafft hat, worauf ich schon früher in 
meinen wiederholt erwähnten Beiträgen zur byzantinischen Malergeschichte 
bis zur Eroberung Konstantinopels hingewiesen habe. Demzufolge ist es 
durchaus widersinnig, wenn man 9 *) auszusprechen wagt, daß Eulalios oder die zwei 
andern von Theodoros Prodromos gerühmten Meister, Chenaros und Chartoularis, 
Anteil an der Anfertigung des Mosaikenschmuckes in der Sophiakirche oder in der 
Apostelkirche unter der Regierung des Kaisers Justins I. (565—78) haben könnten! — 
Jetzt aber wieder zu dem von Eulalios in der Kirche des Komncnensprosses gemalten 
Bilde der Verkündigung unserer lieben Frau. Hätte der Brand das Euergetiskloster 
vernichtet, so könnte man gern glauben, daß auch die in ihm befindliche Malerei der 
Verkündigung Mariä, das Meisterwerk von Eulalios, zerstört oder wenigstens be¬ 
schädigt worden wäre. (Schluß folgt.) 

* 9 ) A. Dmitrijcvskij a. a. O. S. 25b—655 (und S. XXXIII—LIII am Anfang und S. XIII—XVI 
am Schlüsse). — Vgl. auch J. Pargoirc, »Le couvent de l'fevergctis* in der Zeitschrift von Konstantinopcl 
»ßchos d'Orient« Bd. VIII (1005), S. 366—373. 

9 °) Ausgabe zu Bonn S. 722. 

9 1 ) Bei K. N. Sathas a. a. O. S. 43O (vgl. auch S. 446, 447; über die Lage des Klosters siche auch 
S. 70, 4). — Zur Geschichte des Kucrgctisklosters siehe Du Cangc, Constantinopolis Christiana Liber IV, 1 
1 nd zuletzt M. Gedeon a. a. O. Bd. XXVI (1894—1805), S. 22b, 300. — leb benutze die Gelegenheit, auch 
auf eine Stelle des Alex ins Makrenibolitcs (bei A t h. Papadopoulos Kerameus, ’Avct/.exta r I epo- 
soXoixrctxTj; iTotyjoXoYia;. Bd. I, Petersburg 1801, S. 152, 1—6), die sich auf das fragliche Euergetiskloster 
bezieht, aufmerksam zu machen. 

9 J ) Heisenberg, Die alten Mosaiken der Apostelkirche und der Hagia Sophia a. a. O. S. 159. 


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i [8 


von Sybel, Das Werden christlicher Kunst. 


DAS WERDEN CHRISTLICHER KUNST. 

VON 

LUDWIG VON SYBEL. 

O skar Wulffs »Altchristlichc Kunst« liegt seit Jahresfrist vollständig vor 1 ). 

In dieser Zeitschrift hatte Wulff seine Auffassung dargelegt, in Auseinander¬ 
setzungen mit meiner »Christi. Antike« (Marburg 1906—1909) und Strzygowski*)• 
Es scheint angezeigt, daß auch ich vor demselben Leserkreise mein Wort sage; durch 
äußere Umstände wurde es verzögert. 

Einsichtige Besprechungen der »Chr. Antike« haben zutreffend bemerkt, mein 
Interesse sei vorwiegend den Anfängen zugewendet. In der Tat, wenn es sich darum 
handelt, einen Bau neu aufzurichten, wird man zuerst darauf bedacht sein müssen, 
die Grundsteine richtig zu legen. In diesem Sinne soll hier nur vom ersten Werden 
christlicher Kunst gesprochen werden. 

Gleich auf den ersten Seiten des Wulffschen Buches wird der klassische Archäo¬ 
loge peinlich berührt durch die Wiederholung jener abgegriffenen Halbwahrheitcn 
und Nichtwahrheiten, mit denen die christliche Kunst gegenüber der Antike in helle¬ 
res Licht gesetzt werden soll. Der Sieg der chr. Kunst über die Antike sei der Sieg 
des Inhalts über die Form; der antike Stil diente dem Schönheitskult der Leiblich¬ 
keit; bei allem Reichtum der Ausdrucksmittel, über welche die hellenistisch-römische 
Kunst verfügte, fehlte ihr doch die Sprache, das Seelische unmittelbar auszusprechen, 
wie es von Anfang an das chr. Bewußtsein erfüllte: die Verinnerlichung des religiösen 
Gefühls und die Hoffnung auf Überwindung des Todes. W r ie liegen denn die Sachen? 
Ist Niedergang der Form ein Sieg des Inhalts? und ein Sieg über die Antike? wirklich 
ein Sieg? Gingen die geistvollen Griechen ganz auf im Kultus der schönen Leiblich¬ 
keit? War ihre Malerei nicht stark und reich in Darstellung der Charaktere, auch der 
religiösen? W r as hätte die altchr. Kunst (von ihr handelt W r ulffs Buch) neben die 
Skala beseelter Köpfe vom praxitelischen Hermes bis zum Caracalla Gleichwertiges 
zu stellen? W T elchc neuen Ausdrucksmittcl des Seelischen brachte die ehr. Kunst 
denn auf, um die Verinnerlichung des religiösen Gefühls und die Hoffnung auf Über¬ 
windung des Todes darzustellen? Das W 7 cnigc an Ausdruck, der freundliche Aufblick 
des Hirten zum Schaf auf seiner Schulter, der fromme Aufblick des Adoranten zu 

seinem Erlöser, ist doch nur ein letztes Ausatmen der Antike. 

• • 

Uber das Verhältnis der frühchr. Kunst zur Antike müssen wir endlich zu Klar- 
• • 

heit und Übereinstimmung kommen. Wulff sträubt sich gegen den Begriff »Christ- 

*) O. Wulff, Altchr. u. byz. Kunst, I. Altchr. Kunst. Berlin-Neubabclsberg, o. J. (Anni. des Heraus¬ 
gebers: Eine ausführliche Besprechung aus der Feder S. Guyers wird später folgen.) 

a ) Ein Gang durch die Gesell, d. altchristl. Kunst mit ihren neuen Pfadfindern; zur Kritik u. Ergänzung 
<1. Forschungen J. Strzygowskis und L. v. Syhels, Rcpcrt. i<)ii/i2. 


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von Sybel, Das Werden christlicher Kunst. 


119 


liehe Antike«; dessen Anwendung soll bei den biblischen Typen auf ernstliche Be¬ 
denken stoßen, ohne die Annahme von Neuschöpfung sei nicht auszukommen (Rcpert. 
1911, 289). Immer noch die unklare Vorstellung, es hätte in der Kaiserzeit neben der 
Antike im Dienste der heidnischen Götter noch ich weiß nicht was für eine von ihr 
verschiedene Kunst im Dienste des Christus gegeben, die von der älteren Schwester 
sich ihre Kleider borgte (Wulff I 5), doch in den Neuschöpfungen original gewesen 
wäre. Es gab doch nur eine einzige Kunst, die nach Verlangen hier dem Zeus, dort 
dem Mithras oder dem Christus zu Diensten war. Die Christenkunst entstand weder 
im Gegensätze zur Antike noch in Abhängigkeit von ihr, sondern sic war selbst Antike, 
gerade auch in ihren Neuschöpfungen 3 ). 

Die Kunsthistoriker w r issen, daß die geschichtlichen Wurzeln der mittelalter¬ 
lichen Kunst im Altertum liegen, daß man dieses kennen müsse, um jene zu verstehen. 
Etw'as anderes aber ist es, auf dem Felde der Antike selber schürfen. Es ist gefährlich, 
die Geschichte rückwärts zu rekonstruieren, nur in der Phantasie baut einer sein 
Haus vom Dach anfangend nach unten. Ainalow unternahm den Nachweis, daß 
in den Denkmälern des spätantiken und frühmittelalterlichen Byzantinismus, wie 
auch in dessen Vorstufe, der älteren christlich-griechischen Kunst, viel Hellenistisches 
sich erhalten habe. Gut. In diesem Zusammenhang aber schloß er, gelegentlich 
einzelner Typen, aus dem hellenistischen Charakter auf alcxandrinischen Ursprung 4). 
Diesen Fehlschluß nahm Wulff zum Grundstein. 

Hellenisieren (&X^yjvi'Cetv) heißt, die Griechen nachahmcn. Schon im 6. vorchr. 
Jahrh. jonisierte, also hellenisiertc (nach einer ansprechenden Meinung) die persische 
Kunst, sicher tat es die etruskische und von da ab die stadtrömische; eine andere als 
diese hellenisierende Kunst hat es im antiken Rom nicht gegeben. Das Hellenisieren 
aber griff immer weiter um sich, besonders seit Alexander dem Großen, so daß man 
die Folgezeiten als die hellenistischen im engeren Sinne bezeichnet und die Bezeich¬ 
nung in diesem mehr periodologisch gemeinten Sinne auch auf die Hellenen selbst 
anwendet. In der Kaiserzeit hellenisierten Ost und W T est, Rom in gleichem Maße wie 
Alexandria, Antiochia, Ephesus. In jeder Stadt wärd der Hellenismus örtlich abgetönt 
gewesen sein, gewiß auch in Rom 5 ), doch wissen w f ir davon noch nicht genug, um 
das geistige Eigentum der rivalisierenden Städte präzis gegeneinander abgrenzen zu 
können. Es ist unpräzis, daher irreführend, das Prädikat hellenistisch einseitig der 
östlichen Kunst vorzubehalten und, w'as im Westen als hellenistisch erkannt wird, 

3 ) Chr. Ant. I 10. — In den Gesch. Studien A. Hauck dargebracht (Leipzig 1916) 311—325 sucht 
Herrn. Jordan Antwort auf die Frage: Gibt es eine alt*christliche« Kunst? Ohne auf seine, die mög¬ 
lichen Richtungslinien in Behandlung der altchr. Kunst feinsinnig auseinanderlegenden Ausführungen hier 
cingehen zu können, möchte ich nur zu S. 324 bemerken, daß die Oberwand über den Säulen der Basilika, 
konstruktiv bedingt durch die Notwendigkeit, die Lichtgaden über die Pultdächer der Seitenschiffe zu heben, 
von der vorchr. Antike geschaffen, somit auch künstlerisch antik empfunden ist. 

*) Nach Wulffs Referat im Repert. 1903, 35—55. 

5 ) Vgl. dazu betr. das korinthische Kapitell Edm. Weigand in Arch. Jahrb. 1914, 37 ff. 


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von Sybcl, Das Werden christlicher Kunst. 


deshalb für östlichen Ursprungs zu erklären, gar es der einen Stadt Alexandria zu 
.vindizieren, wie es Wulff für die Frühzeit tut. Er tut cs im Rahmen der am kräftigsten 
von Strzygowski propagierten Orienthypothese, welche die »byzantinische Frage«, 
nach der künstlerischen Suprematie des Ostens über den Westen, auf das ehr. Alter¬ 
tum ausdehnt. 

Weil Rom die Masse der altchr. Denkmäler besitzt, und die frühesten Rom 
allein, deshalb galt sonst Rom als Wiege der ehr. Kunst; allerdings war es ein unge¬ 
prüftes Vorurteil. Nun soll die Wiege nicht in Rom, sondern in Alexandria gestanden 
haben. Wohlverstanden, bei der vorliegenden Frage handelt sich’s nicht um die 
»ewige Roma«, sondern bloß um die zeitige Haupt- und Residenzstadt des römischen 
Reichs, die alleinige Hauptstadt in der frühen und die längste Zeit noch der mittleren, 
also der vorkonstantinischen Kaiserzeit. 

Zur Hypothese greift die Forschung dann, wenn zum Verständnis des Objekts 
unser Wissen nicht ausreicht; in unserem Falle werden wir an ortsfremden Ursprung 
denken, wenn das örtlich Gegebene (mit Einschluß des allgemein Gegebenen) zur 
geschichtlichen Erklärung der Denkmäler nicht ausreicht. In der Haupt- und Residenz¬ 
stadt des römischen Reiches nun waren alle Vorbedingungen gegeben, eine bedeutende, 
auch reiche und selbstbewußte Gemeinde, die bereits in den höheren Gesellschafts- 
kreisen Wurzel schlug, anderseits ein starkes Verlangen nach Kunst, ein reges künst¬ 
lerisches Schaffen, im hellenistischen Zeitstil örtlicher Ausprägung, eine Menge 
griechischer oder doch griechisch geschulter Künstler, eine lebendige Kunsttradition 
und ein langher aufgespeicherter, immer flüssiger Schatz künstlerischer Ausdrucks- 
mittcl, in den alles zusammenfloß, was irgendwann und irgendwo Wertvolles erzeugt 
war. Woher das alles nach Rom gekommen sei, steht hier nicht in Frage, sondern 
was in den Händen der Christen daraus wurde 6 ). 

Aus dem orientalischen Ursprung des Christentums auf östliche Herkunft der 
Christenkunst zu schließen, hat man wohl allgemein aufgegeben; nur im religiösen 
Gedanken wirkt der Orient nach, nicht im künstlerischen 7 ). 

Das Bauliche der römischen Katakomben scheint auch Wulff als ein¬ 
heimische Art anzuerkennen. Als die christlich gewordenen Bewohner Roms dazu 
übergingen, ihre Toten, soweit sie den wohlhabenden Ständen angehörten oder sonst 
von ihnen besonderer Auszeichnung gewürdigt wurden, nicht mehr in oberirdischen 
Mausoleen beizusetzen, sondern in unterirdischen Kammern, da hatten sie im nahen 
Südetrurien mit seinen unter ähnlichen geologischen Verhältnissen geschaffenen 
Grabkammern Vorbilder zur Hand (Chr. Ant. I 105; Wulff I 49). Wurde mehr Raum 
verlangt, als eine Kammer bot, so blieb man bei der Doppelkammcr stehen, schritt 
nicht bis zu dem in Syrien und Alexandria belegten »kreuzförmigen« Typus fort. 

6 ) Rom. Mitteil. 1912, 31S ff. 

7 ) Ich erinnere, daß ich das Synonym Orient« nur für den nichtgriechischen Osten gebrauche (Chr. 
Ant. II 26). 


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von Sybel, Das Werden christlicher Kunst. 


12 I 


Diese Kammern, von Privaten in ihren Grundstücken angelegt oder zugelassen, 
waren die Keimzellen der Katakomben und blieben ihr vornehmster Bestandteil 8 ). 
In frühen Kammern wurden Nischen vorgesehen zum Einstellen von Sarkophagen; 
davon oder vom Senkgrab in der Höhle ist eine Verkümmerung das aus der Wand 
gehauene Bogengrab (Arkosol, dessen Vorgeschichte noch zu klären bleibt, Chr. Ant. 
I 123—125). Als Vorbilder der Fachgräber (sog. loculi) läßt Wulff die oft angezoge¬ 
nen, aber ganz andersartigen syrischen Schiebgräber mit Recht fallen, greift aber, 
um auf östlichen Ursprung nicht zu verzichten, auf die doch viel jüngeren Fach¬ 
gräber der Insel Melos zurück (I 22, 38); ältere und nähere hatte man wieder in 
Etrurien zur Hand, sowohl reich ausgebildete wie schlichte, offene und geschlossene 9 ). 

Das dekorative System der Katakombenfresken war das in der Stadt Rom 
übliche, wie auch Wulff I 50 anerkennt I0 ). Der neuen Aufgabe wußten die geschulten 
Maler sich rasch anzupassen. Sie waren gewohnt, ihre Schein-Architekturen, -lauben 
und -parks mit Figürlichem zu beleben, mit allerlei Tieren — daraus wählten sic 
Tauben, Pfauen und Schafe, sowie mit Gestalten und Geschichten — dazu ent¬ 
nahmen sie die Stoffe statt dem heidnischen Vorstellungskreis nun dem christlichen, 
und zwar gruftgemäße. Das war Neuschöpfung, aber sie blieb im Rahmen der Antike. 

Diese christlichen Typen also sollen nicht in Rom, sondern in Alexandrien 
entstanden sein. Ein längst überall verbreiteter, aus dem aufgesammelten Formen¬ 
schatz der römischen Künstler schon im I. Jahrh. in die Flaviergalerie übernommener 
Typus wie der Angler wird aus Alexandrien abgeleitet, weil ein alexandrinischer 
Hymnus des 2. Jahrh. den Christus als Menschenfischer preist I Von den Neuschöpfun¬ 
gen sind es besonders die dem Alten Testament entlehnten Motive, deren Erfindung 
den stadtrömischen Malern abgesprochen wird. Sie überwiegen im Bilderkreis der 
Anfangszeit, sie treten sogar früher auf als die neutestamentlichen; das sei merk¬ 
würdig. Wie das komme? Ihre Aufnahme vollziehe sich augenscheinlich fast gleich¬ 
zeitig und völlig unvermittelt. Das lasse keine andere Erklärung zu, als daß sie schon 
vorher gegeben waren und von den Christen bereits in Alexandria übernommen 
wurden. Dort hätten diese Typen vielleicht die jüdischen Grüfte geschmückt; jeden¬ 
falls aber seien sie bei den hellenisierten Juden in der Kleinkunst vorauszusetzen 
(I 68). Wulff sucht die Entstehung in Alexandria mit einer imaginären jüdischen 
Kunst plausibel zu machen (übersieht dabei, daß es auch in Rom eine starke jüdische 
Diaspora gab, die uns sogar Katakomben mit Malereien hinterlassen hat, freilich 


8 ) Die cinschlagenden Seiten Wulff I 36—39 sind ein Musterbeispiel seiner für geschichtlich empfin¬ 
dende Leser unerträglichen Darstellungsweise; statt mit den frühesten privaten Kammern beginnt er mit 
den aus dem Kammersystem erst entwickelten viel späteren Friedhöfen unter kirchlicher Verwaltung. 

9 ) Chr. Ant. I 126. Vgl. noch Thulin, Röm. Mitt. 1907, 265, 271; und für Sizilien Orsi, Röm. Mitt. 
1909, 62—66, 94. 

,0 ) Wozu aber die Bemerkung, die Weinranke sei ein aus dem Osten stammendes Motiv (I 54)? Das 
ist nicht einmal richtig; nur der Weinbau entstammt dem Osten, die mannigfach variierten Weinreben in 
der Kunst dagegen waren, jedenfalls bis dahin, Erfindungen der jeweils ausführenden Künstler. 


Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 


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von Sybel, Das Werden christlicher Kunst. 


keine mit biblischen Szenen). Auch von frühchr. Kleinkunst in Alexandria ist nichts 
bekannt u ). Der Ausgangspunkt der ganzen Argumentation ist verfehlt. Es ist nicht 
richtig formuliert, die biblischen Bilder träten »fast gleichzeitig« auf; vielmehr sind 
es zuerst nur ein paar, dann vermehren sie sich von Phase zu Phase. Sodann aber, und 
dies entscheidet, ist gar nichts Merkwürdiges daran, daß die alttestamentlichen Bilder 
zuerst auftreten und noch weiterhin überwiegen; denn in der flavischen Zeit besaßen 
die Christen noch keine heilige Schrift außer der Septuaginta, waren also ganz auf sie 
angewiesen (die Evangelien waren noch im Werden). 

Dann der Christus Hirt, der sogenannte gute Hirt (der Name irotjnjv xotXoc 
kommt eigentlich nur dem johanneischen, in der Kunst erst später auftretenden 
Christus zu, der seine Schafe weidet); er soll gleichfalls aus Alexandria stammen, 
»wo das Hirtenidyll als literarische Gattung und als Vorwurf der bildenden Kunst 
seine Ausbildung gefunden hatte und wo zweifellos auch das ehr. Sinnbild entstanden 
ist« (I 63). Aber was hat Theokrits zeitweiliger Aufenthalt am Ptolemäerhof und 
was die angebliche, sehr problematische Ausbildung des Hirtengenres im frühhelle¬ 
nistischen Alexandrien mit der Entstehung des Christus Hirt in der Flavierzeit zu 
tun? Hirtenbilder gab es überall, auch zu Rom; aus deren Kreis sprang der Christus 
Hirt mühelos hervor. Wulff läßt diesmal den Typus im häuslichen Wandschmuck 
entstehen und von da in den Grabschmuck eindringen ( 1 65). Aber w*enn die 
Hirtenszenen in der römischen Ampliatusgruft, auf die er sich beruft, christlichem 
Hausschmuck, dann doch römischem, nachgebildet sind, wozu Alexandria bemühen ? 
Doch wird es anders sein; der Maler der Ampliatusgruft hat die Hirtenszenen wohl 
kaum aus einem Christenhaus in die Gruft übertragen, sondern aus seinem Formen¬ 
schatz. Der Christus Hirt aber ist von vornherein nicht im Hausschmuck entstanden, 
sondern, seiner sepulkralen Bedeutung gemäß, in der Gruft. 

Die Griechenkunst, offenen Auges für alles Menschliche, hat seit alters zahl¬ 
reiche Frauen mit kleinen Kindern bildlich gestaltet, Mütter oder mütterlich betätigte, 
Göttinnen und Sterbliche, stehend, wiederum sitzend, auf Stühlen oder am Boden. 
Aus diesem ansprechenden Kreise antiker Kunst ein köstliches Beispiel ist das 
Christuskind auf dem Schoß der Mutter, die berühmte, unzutreffend sogenannte 
Madonna di Priscilla. »Die auffällige Übereinstimmung des Bildes«, sagt Wulff 
I 72, »mit der Magierszene der Cappella greca in dem Zuge, daß Maria als die nährende 


“) Die meist unvollständig angeführten, auch von Wulff I 69 mißverstandenen Worte des Klemens 
von Alexandrien (Paed. III ix bei Migne Patr. gr. VIII 633) besagen nicht, daß es bei den Christen noch üblich 
gewesen sei, ihre Ringe mit den Symbolen Taube, Fisch usf. zu schmücken, sondern im Gegenteil bezeugen sie, 
daß die Christen noch die altgewohnten Typen benutzten, auch so unchristliche wie Götter, Waffen, Becher, 
Geliebte; statt deren empfiehlt Klemens, solche Siegel (immer in den gewohnten heidnischen Geschäften) 
zu wählen, die sich auch christlich deuten ließen, wie Taube, Fisch usw. Es*klin<rt, als ob es im Gesichtskreis 
des Klemens (um 200) spezifisch christlich gezeichnete Siegel, also eine spezifisch christliche Kleinkunst, noch 
nicht gegeben habe. 


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»on Sybel, Dm Werden christlicher Kunst. 


123 


Mutter aufgefaßt ist, verrät die Anlehnung an antike Typen göttlicher oder mensch¬ 
licher Mütter, vor allem an die Gestalt der Isis mit dem Horusknaben. 
die sich in Alexandria dem Blicke der christlichen Maler aufdrängen 
mußte.« Wer die Orienthypothese karikieren wollte, brauchte nicht anders zu 
schreiben. 

Der Abwehr des Alexandrinismus lasse ich einen positiven Abschnitt folgen, 
die wirkliche Entwicklungsgeschichte der frühesten christlichen Malerei, wie sie sich 
gegenüber den monumentalen und literarischen Tatsachen wissenschaftlich verant¬ 
worten läßt. Wir verfolgen sie von Phase zu Phase, hier nur in ihren Hauptzügen 
und mit möglichst wenig Polemik X1 ). 

Im Sepulcrum Flaviorum (falls wir de Rossis Ergänzung der Türüberschrift 
annehmen dürfen), dem allein uns erhaltenen Erstling stadtrömischer Koimeterien- 
kunst, sehen wir die antike Dekorationsmalerei in die Katakomben ihren Einzug 
halten, man möchte sagen, mit Sack und Pack, arglos, bis zum ithyphallischen Priap. 
Mitgebracht ist außer dem Angler, den man als Gleichnis beibehielt (Mark. 1, 17), 
das Seligenmahl, nur dem ehr. Gedankenkreis angepaßt durch die Auswahl der 
Speisen, Brot und Fisch; ferner der Adorant mit ausgebreiteten Händen, als Bild 
des verstorbenen und in den Himmel eingegangenen Christen vor dem Angesichte 
des himmlischen Herrn; seine Gebärde ist als Gruß und Anbetung gemeint x 3 ). Die¬ 
selben Adoranten aber sind zugleich, um ihre Erlösung aus dem Tode zu veranschau¬ 
lichen, recht antik in Typen von Heroen dargestellt, die durch den Herrn (eigentlich 
Gott, dem sich nun aber Christus unterschiebt) aus Todesnot gerettet wurden, des 
Noah in der arca und des Daniel unter den Löwen. Sie wurden der damals wie gesagt 
einzigen heiligen Schrift der Christen, der Septuaginta, entnommen; gestaltet aber 
wurden sie nicht als Illustrationen der biblischen Erzählungen (das geschah später 
für Noah, wo er, im Profil, der Taube die Hand entgegenstreckt, wohl auch von seinen 
Angehörigen und allerlei Tieren begleitet ist), sondern als Ausdruck der christlichen 
Idee. 

In derselben Epigonenzeit, eben der flavischen, nach dem Tode der Apostel, 
lag die Leitung der Gemeinde in der Hand der Presbyter-Episkopen; für sie kam die 
Bezeichnung Hirten auf (Eph. 4, n), wie nun auch Christus irotfiTjv xat d7naxoiro<; 
twv heißt und dpxticotpijv (Petr. I 2, 25. 5, 4). Und spätestens Lukas 15, 5 

suggerierte das künstlerisch längst vorhandene Motiv des ein Schaf auf den Schultern 
tragenden Hirten. So erklärt sich, wenn gegen Ende der Epoche im Schcitelfeld 
der Decke als des Himmels an die Stelle der Eroten der himmlische Christus trat, im 

n ) Es erscheint nicht überflüssig, 7.11 bemerken, daß meine *Chr. Ant.« als den Grund legende Vor¬ 
arbeit gedacht war, um eine kunstgeschichtlichc Behandlung nur erst möglich zu machen. 

* 3 ) Nicht als Bittgebet (er ist nicht *Orans«). Die ersten Exemplare aber sind männlichen, nicht, 
wie später überwiegend, weiblichen Geschlechts; der Typus war also auch ursprünglich nicht eine Personi¬ 
fikation des Gebetes (Euche, Wulf! I 71). 

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von Sybel, Das Werden christlicher Kunst. 


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Sinnbildc des Christus Hirt, der den Verstorbenen auf seinen Schultern in das 
himmlische Paradies bringt, zu seiner Herde, den Seligen x 4). 

In Trajans Zeit löste man die Koppelung der Adoration (Ausdruck der Selig¬ 
keit) mit dem Hcroenbild ^Ausdruck der Erlösung aus dem Tode) und stellte jedes 
Moment für sich dar. Also einerseits die Adoranten in ganzer Figur, auch in Gruppen 
zusammengestellt, bisweilen noch mit dem klassischen Adorationsgestus der in Brust¬ 
höhe gehobenen halboffenen Hand; anderseits die biblischen Rettungsbilder * 5 ) für 
sich, womit es dann möglich wurde, ihren Kreis zu erweitern. Als Heros, losgelöst 
vom Adorantentyp, erscheint Isaak, vom drohenden üpfertod gerettet. Die Bibel 
als Motivenquclle einmal erschlossen, blieb man nicht bei Typen der Erlösung aus 
dem Tode stehen, sondern fand auch solche des am Grabe jenseitig gedachten christ¬ 
lichen »Friedens« (Jonas unter der Laube) und der Erquickung im Paradiese (Quell¬ 
wunder des Moses). Ein neues Scligenmahl reihen wir an, jetzt ein Gelage am 
Boden (Chr. Ant. I 202, vgl. i8lff.). 

Inzwischen hatte die Evangelienliteratur ihren Gipfelpunkt erreicht, diejenigen 
Evangelien waren erschienen, die sich behaupten sollten, noch in der Flavierzeit die 
synoptischen. Daraus wählten jetzt die Maler im Dienste des Christus seine Epiphanie 
nach Matthäus, das Christuskind auf dem Schoß der Mutter, mit dem Stern über ihm, 
dazu die ihre Gaben bringenden Magier, diese den tributbringenden Barbaren kaiser¬ 
licher Triumphaldenkmäler nachgebildet ,6 ). Ferner die Taufe, das Heraussteigen 
aus dem Jordan. Zu Anfang des 2. Jahrhs. erschien dann das Johannesevangelium 
und fand in den Katakomben fast ein halbes Jahrhundert früher Widerhall als in 
der Literatur. Die Rede des Christus Jesus vom ewigen Leben, wie es durch ihn zu 
gewinnen sei, ergriffen die um verstorbene Angehörige Trauernden, oder auch solche, 
die zu Lebzeiten sich und den Ihrigen die Gruft bereiteten. Sie ließen, als ein evan¬ 
gelisches Sinnbild des Eingangs zum ewigen Leben durch Christus, die Erweckung 
des Lazarus malen, in Prätextat aber das Gespräch mit der Samariterin darunter¬ 
setzen wie einen Kommentar, der uns jeden Zweifel über die Bedeutung des Lazarus 
nimmt * 7 ). Von nun*,an holte man auch Heilungswunder aus den Evangelien, als 
Synonyma der alttestamentlichen Rettungsszenen; der Gichtbrüchige und die Blut¬ 
flüssige machen den Anfang l8 ). 

In Hadrians Spätzeit bis in Antonins* Anfänge begannen die Christen zu Neapel 

* 4 ) Die Bilder der Flaviergaleric bei Wilpert, Malereien der Katakomben Roms Taf. 1—12. 

* 5 ) Neu in der alten Weise, Adoranten im Heroentyp, erscheinen jetzt noch die drei Jünglinge im 
flammenden Ofen; Analoges taucht späterhin immer wieder auf. 

l6 ) Rom. Mitt. 1912, 311 ff. 

* 7 ) Joh. if, 25—26 und 4, 14. Dazu Zeitschr. f. neutest. Wiss. 1914, 2(>o f.; Christi. Kunstblatt, Marz 
1915, 63. Wulff 1 70 erklärt die Samaritcrin für Rebekka; aber was konnten Rebekka und Eliescr in der 
christlichen Gruft den Hinterbliebenen sagen ? 

l8 ) Die Bilder aus der trajanisch-hadrianischen Zeit bei Wilpert, Malereien Taf. 13—31, für die Cappella 
grcca zu ergänzen mit desselben Fractio panis, Freiburg 1895. 


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von Sybel, Das Werden christlicher Kunst. 


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Katakomben anzulegcn, vielleicht angeregt vom Vorgang der nahen Reichshaupt¬ 
stadt, jedenfalls in selbständiger Ausführung. Sie machten einen neuen Anfang. 
Was die stadtrömischen Maler vor bald 50 Jahren erledigt hatten, das wiederholten 
die neapolitanischen, die Einführung der klassischen Dekorationsmalerei in die ehr. 
Gruft und ihre allmähliche Christianisierung. Die erste Decke enthält noch nichts 
spezifisch Christliches, die zweite aber bringt in den Kappenfeldern ehr. Bilder, und 
zwar mit eigenen Motiven. Das Bild über der Tür ist zerstört, das links noch nicht 
sicher erklärt, das rechts ist Adam und Eva (Chr. Ant. I 167; Wulff I 77). Das 
Ilauptstück endlich, über der Rückwand, und worauf der Blick des Eintretenden 
zuerst fällt, spricht aus, daß die hier Beigesetzten auf Grund ihrer chr. Tugenden 
durch den Erlöser in die irdisch-himmlische Gemeinde Gottes .aufgenommen sind; 
die Idee ist ausgedrückt durch das dem 9. Gleichnis des eben zu Rom erschienenen 
»Hirt« des Hermas frei nachgeschaffene Sinnbild der turmbauenden Mädchen: das 
sind die Tugenden, der Turm ist die Gemeinde Gottes, Quadern sind die Christen, 
hier die verstorbenen, die Tür, durch die alle hineinkommen müssen, ist Christus l 9 ). 

So etwa stellt sich das erste Werden der Christenkunst dar, wenn man die 
Denkmäler ohne vorgefaßte Meinung betrachtet und mit Hilfe der gleichzeitigen 
Literatur zu verstehen sich bemüht. Da ist alles hell, nichts erfordert Hypothesen. 

Nicht ebenso offen liegt die weitere Entwicklung; hier muß die Hypothese cin- 
treten, wie sie von den vorliegenden Tatsachen an Hand gegeben wird ao ). In der 
mittleren Kaiserzeit, gegen Ende des 2. Jahrh., als die Gemeinden sich mit 
Bischof- und Priesterschaft, Opferkult und neutestamentlichem Kanon konstituiert 
hatten, um diese Zeit empfanden sie die von vermögenden Mitgliedern zur Verfügung 
gestellten, sehr verschieden gestalteten Hausräume als nicht mehr genügend und 
fingen an, eigene Kirchen zweckentsprechend zu bauen. Dieselben wurden, wie es auch 
bei öffentlichen Gebäuden Brauch war, im herrschenden Dekorationsstil ausgemalt. 
Wollte man in diesen Rahmen spezifisch christliche Figuren und Szenen setzen, 
so mußte zweierlei sie von denen der Gruftmalerei unterscheiden: bessere künst¬ 


lerische Leistung und ein dem anderen Orte angepaßter Sinn. Zwar zielte auch die 
Kirchenkunst auf die himmlische Seligkeit durch den Erlöser, doch handelte es sich 
für sie nicht um einzelne gerade Verstorbene, sondern um alle Christen, um die 
Menschheit; das ging weit über die Grenzen des sepulkralen Gedankenkreises hinaus. 
Wenn wir nun seit Anfang des 3. Jahrhs. Gestalten solch umfassenderer Bedeutung 
in der Gruftmalerei erscheinen sehen, so müssen wir schließen, daß sie nicht in ihr 
entstanden, sondern aus der Kirchenkunst, wo ihr eigentlicher Platz war, entlehnt 


* 9 ) Die Zeit des des Hermas nach Harnack, Chronol. d. altchr. Lit. I 257—267. — Die Male¬ 

reien zu Neapel bei V. Schnitze, Die Katakomben von San Gcnnaro. Jena 1877, Taf. 4—7. 

J0 ) Das Material findet sich geordnet in meiner Studie »Der Herr der Seligkeit«, Marburg 1913 (S. 8 
der »aufrufende Herr«), die Hypothese in dem Aufsatz »Die Anfänge der Kirchcnmalerci» (Chr. Kunstblatt 
Scpt. 1915). 


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von Sy bei, Das Werden christlicher Kunst. 


wurden. Man versteht, sie hatten so gepackt, daß man sie auch in der Gruft nicht 
missen wollte, deren Ideenkreis sie immerhin mit einschlosscn. So dürfen wir aus 
den neuen Gruftmalcreien die uns verlorenen Kirchengemälde, zunächst Apsisgemälde, 
wieder erschließen. 

An Stelle des sinnbildlichen Christus Hirt, wie wir ihn im Scheitel der Gruft¬ 
decken und Nischengräber fanden, sehen wir im Apsisgewölbe den himmlischen 
Christus in eigener Person, wie man sie sich dachte, und zwar in zwei Gestalten. 
Erste Schöpfung war der Herr mit kurzem Bart, stehend und mit großer Gebärde 
aufrufend zu seinem, die ewige Seligkeit verheißenden Evangelium (das hält er 
geöffnet in der Linken, der Rollenanfang hängt lose herab); aus der Apsiswölbung 
als dem himmlischen Paradiese schaut er auf die versammelte Gemeinde und darüber 
hinaus auf die Menschheit (danach die Gruftmalerci Wilpert Taf. 40, 2, v. Sybcl, 
Herr d. Sei., Titelbild). Daneben schuf man noch einen bartlosen thronenden Herrn 
(die sogenannte maiestas domini); danach die Gruftgemälde Wilpert Taf. 49, 75. 
Auch hier hält Christus das Evangelium geöffnet, mithin einladend, im ersten Bilde 
mit beiden Händen weit offen vor sich hin, im andern die Endrollen in der Linken 
fächerförmig zusammengefaßt; da haben die Gruftmaler das Original mit Freiheit 
nachgebildet, mit größerer wohl der erste. Die zwei bedeutenden Gestalten, der auf¬ 
rufende und der thronende himmlische Christus, bilden den Wurzelstock, aus dem 
der Stammbaum der Apsisgemälde erwachsen sollte 2I ). 

Die Einzclgcstalt des Erlösers aber konnte den Raum der Halbkuppel allein 
nicht füllen. Vielleicht umrahmten ihn die zwei Paradiesesbäume, jene Ölbäume, 
zwischen denen der Christus Hirt zu stehen pflegt; der reichlich gebotene Raum aber 
lud zu breiterer Darstellung ein. So führte man die Apostel ein und setzte den thronen¬ 
den Herrn in den Halbkreis der zwölf, ähnlich wie unten in der Apsis der Bischof im 
Halbkreis der Presbyter saß; differenziert wurden die Apostel nicht. Nachbildungen 
finden sich im Coem. Petri et Marcellini (die erste wohl noch vor Decius entstanden); 
im engen Raum des Deckenscheitels fanden nur acht (bzw. sechs) Apostel Platz 22 ). 
In Diokletians Zeit aber wurde in Domitilla die Gruppe in eine aus dem anstehenden 
Tuff gehauene Halbkuppel gemalt, mit andern Worten: die Kirchenapsis wurde mit¬ 
samt dem sie schmückenden Gemälde in der Gruft nachgebildet; einigen Aposteln 
sind hier Bärte gegeben (Wilpert Taf. 126). Es bedarf keines Beweises, daß die vor¬ 
genannten Kompositionen, sowohl die Einzelgestalten wie das himmlische Kollegium, 
von den stadtrömischen Gruftmalern den Apsisgemälden stadtrömischcr Kirchen 
nachgeschaffen worden sind. 

ln der Flavicrzeit war cs gewesen, da hatte Clemens, ein Römer vom alten 
Schlag, in dem von ihm verfaßten weltgeschichtlichen Schreiben der römischen 


u ) Herr d. Seligk. z. E. 

la ) Wilpert, Zyklus christol. Gemälde 1891, Taf. 1—4; Malereien Taf. 96. 


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von Sy bei, Das Werden christlicher Kunst. 


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Gemeinde an die korinthische auf den Schild der römischen Gemeinde ihre vornehm¬ 
sten Heroen Paulus und Petrus geheftet und das Paar zugleich in die Literatur ein¬ 
geführt; den Petrus nannte er zuerst, gab aber dem Doctor mundi die größere Ehre * 3 ). 
Jetzt nun, in der Zeit nach Gallienus (genauere Bestimmung bleibt Vorbehalten), 
als mit den andern Gemeinden auch die römische hochstieg, da führte sie ihre Apostel¬ 
fürsten in die Kunst ein und stellte sie in einem Apsisgemälde zu dem «aufrufenden 
Herrn«, den Paulus auf dem ehrenvolleren Platz zur Rechten des Herrn, den Petrus 
zu seiner Linken * 4 ). Die Dreifigurengruppe spricht das Selbstbcwußtsein der römi¬ 
schen Gemeinde aus, im Episkopium wird sie erdacht sein; daß sie in Antiochien ge¬ 
schaffen wäre, ist ausgeschlossen * 5 ). 

Damit verlassen wir die Malerei, um unsere Frage nach dem ersten Werden 
an die Sarkophage zu richten. Die Anfänge entwickelten sich ähnlich wie bei der 
Malerei, nur später, erst in der mittleren Kaiserzeit (die in die Wandnischen der ersten 
Grabkammern gestellten Sarkophage können nicht spezifisch christliches Werk ge¬ 
wesen sein). Die Wanne von Via Salaria wollte Marucchi in das 3., vielleicht 
2. Jahrh. setzen; durch Vergleichung mit dem in das Jahrzehnt 161—170 zu datieren¬ 
den Sarkophag des C. Junius Euhodus konnte ich sie bestimmt der Zeit Marc Aurels 
zuweisen und damit der Chronologie der christlichen Sarkophage einen festen Aus¬ 
gangspunkt geben (Chr. Ant. II173, Abb. 1, 2). Der Sarg gehört zu der in den Samm¬ 
lungen Roms reich vertretenen Klasse der Sarkophage mit Familienszenen, ins¬ 
besondere zu denen mit Lesenden oder Vorlesenden, Musen sind öfter gegenwärtig; 
die Gebildeten ließen sich in ihrer musischen Beschäftigung verewigen (die musische 
im antiken Sinne schließt die wissenschaftliche ein), wie die Generäle in ihren Kriegs¬ 
taten, die Industriellen in ihrem Gewerbe * 6 ). Die Christianisierung besteht zunächst 
darin, daß die Szene aus dem Hause in das himmlische Paradies verlegt wird, die 
gelesene Schrift aber als das Evangelium verstanden sein will; ferner treten spezifisch 
christliche Typen in und neben die Familien- und Leseszenen, vor allem eine Ad- 

* 3 ) Die Kirchenväter übernahmen die Wortfolge Petrus Paulus, ließen aber die Elogien fallen, wodurch 
das Rangverhältnis der Apostel auf den Kopf gestellt wurde. Dem folgt mit anderen Wulff. 

* 4 ) Die zwei Apostel wurden danach mit den zwölf der Art verschmolzen, daß sie die Plätze zunächst 
dem Herrn erhielten, Paulus wieder den zur Rechten (so erklärt sich das Auffällige, den Paulus unter den 
Zwölfen zu finden), ln einer der römischen Kirchenapsiden wurden die Apostelfürstcn schärfer hervorgehoben, 
nur sie saßen, die zehn andern mußten hinter ihnen stehen (danach das Gruftgemälde Wilpert Taf. 193; 
die Richtung der über dem Raum angedeuteten Balkenlage könnte vermuten lassen, vor der Apsis der frag¬ 
lichen Kirche sei ein Querhaus gewesen, wie in S. Peter). Weiche Anstalten dann die Hüter des Petrusgrabcs 
trafen, um ihrem Heros den höheren Rang zuzuschieben, und wie im 11. Jahrh. ein Petrus Damiani die 
größere Auffassung des Clemens wieder geltend machte, das kann man in meiner o. a. Studie 25—33 »Ein 
Rangstreit» nachlesen. 

* 3 ) Wulff 1 114 tritt für Antiochia ein. Demzuliebe hält er auch an der vermeintlichen »Gesetzes¬ 
übergabe an Petrus» fest. Sie ist abgetan (Theod. Birt, Die Buchrolle in der Kunst 185, 322t.; v. Sybel, Herr 
d. Sei. 19—24; Zeitschr. f. neutest. Wiss. 1914, 266, 4). 

* 6 ) Die Sarkophagklasse wird im ersten Band von Karl Roberts Antiken Sarkophagreliefs ver¬ 
öffentlicht werden; einstweilen vgl. Chr. Ant. II 87—91. 


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128 


von Sybel, Das Werden christlicher Kunst. 


orantin und der Christus Hirt. Die für die Enden herkömmlichen Tiergruppen, Raub¬ 
tier ein Huf- oder Klauentier zerreißend, verchristlicht unsere Wanne in je ein ruhen¬ 
des Schaf. Sie ist aber nicht allein unser ältester, sondern auch der bestkomponierte 
ehr. Sarkophag, vielmehr einer der ganz seltenen, bei deren Reliefs man von Kom¬ 
position überhaupt reden kann; er ist auch der bestausgeführte, kurz immer noch ein 
wertvolles Stück antiker Skulptur. In seiner Beseelung durch ausdrucksvolle Wen¬ 
dungen und Gebärden ist es ein ferner Nachklang des ergreifenden Orpheusreliefs * 7 ). 
Eine Gruppe verwandter Sarkophage gehört bereits dem 3. Jahrh. an, die Wanne 
aus S. Maria antiqua, ein Kindersarg in Ravenna, der Sarkophag von La Gayole* 8 ). 
Sie wiederholen dieselben Typen (einmal kommt statt der Adorantin das Ursprüng¬ 
lichere vor, die auf den Ellbogen sich stützende Muse, hier natürlich als Angehörige 
gemeint) und fügen noch ein paar hinzu, alles in geringerer Kunst. 

Ob diese Familien- und Leseszenen ursprünglich in Rom oder sonstwo erfunden 
sind, kommt für die Entstehungsgeschichte der ehr. Sarkophagreliefs gar nicht in 
Frage; cs genügt, zu wissen, daß sie den stadtrömischen Bildhauern in der Hand 
saßen und nur nötig hatten, den ehr. Vorstellungen angepaßt zu werden. Wulff 
jedoch, um unsere Sarkophage als alexandrinische Arbeiten oder als Nachahmungen 
von solchen wahrscheinlich zu machen, nimmt den »Leser« für Alexandria in An¬ 
spruch. Zwar erkennt er an, daß der Leser ursprünglich und so in Rom einen Ver¬ 
storbenen meinte; doch sei »durch Umdeutung seiner Gestalt« »augenscheinlich« der 
Typus des »göttlichen Pädagogen« (nach Klemens von Alexandria) in die ehr. Sarko¬ 
phagreliefs von Ravenna und La Gayole eingeführt worden (I 101). Gesetzt nun, 
ein Alexandriner hätte wirklich den Typus des lesenden Verstorbenen in den gött¬ 
lichen Pädagogen umgedeutet (was nie geschah), würde dadurch der Typus als 
alcxandrinisch erwiesen ? 

Eine Sonderstellung nimmt das verlorene, aber unschwer herzustellcnde Urbild 
zweier römischer Sarkophagreliefs ein. Unter hohem Luftraum zeigte es eine helle¬ 
nistische See- und Küstenlandschaft mit entwickelter Staffage als Schauplatz der 
Jonaslegende. Die Kopie Lateran Nr. 119 setzt in die Wellen noch den Noah in der 
arca y nun im Profil, in den Luftraum aber einen ganzen Bilderfries späterer Typik. 
Der Kindersarg von Porta Angelica (in Kopenhagen) hat im Luftraum zwei gewiß 
echte Sturmgötter bewahrt; in die unteren Ecken setzt er statt der ursprünglichen 
Fischergruppen zweimal den Christus Hirt 2 9 ). Das Urbild war also ein richtiges 
»hellenistisches Reliefbild«. Aber alexandrinisch? Klassische Archäologen haben 


* 7 ) In meiner Weltgesch. d. Kunst im Alt. 1 214 Abb. 

* 8 ) Chr. Ant. II 173 Abb. 3, 4 und S. 106, 207. Gleichzeitig behandelte Dütschkc, Rav. Studien, 
1909, 143ff. mit Abb. 51 ff. die ganze Gruppe. Vgl. Wulff I 100 ff. mit Abb. 80—83, Taf. 5, I. Auf den Kinder¬ 
sarg wurde ein für den Sarkophag eines Familienhauptes erdachter Typenkomplex handwerksmäßig über¬ 
tragen; man war damit zufrieden, waren doch so dem Kinde seine Angehörigen beigegeben. 

J 9 ) Chr. Ant. II 174 Abb. 5, 6; Wulff I 104 Taf. 5, 2. 


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Schilling, Dürers Kupferstich »Die vier Hexen« 


129 


darüber gestritten, ob die Reliefbilder alexandrinisch, kleinasiatisch oder römisch 
seien; wahrscheinlich hatten alle Parteien recht, nämlich in dem, was eine jede 
belegen konnte. Die Jonassarkophage, Original und Nachbildungen, Rom abzu¬ 
streiten, haben wir keinen Anlaß. Soviel von den Anfängen der christlichen Sarko¬ 
phagskulptur. 

Auf die Anfänge der ehr. Baukunst einzugehen muß ich mir versagen; sonst * 
müßte ich mich zuvor mit Kohl und Watzingers Synagogenwerk auseinander¬ 
setzen, was aus dem Rahmen dieses Aufsatzes fallen würde. Ich schließe: Das erste 
Werden christlicher Malereien belauschen wir in Rom und in Neapel, dasjenige der 
christlichen Skulptur nur in Rom; das der christlichen Baukunst — und darin geht 
Wulff mit mir überein — belauschen wir tatsächlich nirgends. Vom Werden christ¬ 
licher Kunst im Osten aber wissen wir weder Ja noch Nein. 


DÜRERS KUPFERSTICH „DIE VIER HEXEN“. 

VON 

F.DMUND SCHILLING. 

Mit 6 Abbildungen. 

B etrachtet man den Stich »Die vier Hexen« (B. 75) (Abb. 1) in der Folge der graphi¬ 
schen Leistungen des jungen Dürer 1 ), so stellt er sich in energischen Gegensatz 
zu dem bisher Geleisteten in Formanschauung und Technik. Zeigte schon der um 
1496 datierbarc Stich 2 ) der »Wunderbaren Sau von Landser« (B. 95) kraftvolle, fast 
holzschnittartigc Wirkung, so bleibt er dabei durchsichtig in der Stichelführung. 
Bei den Hexen — auch sie sind mit energischem Zuge in die Platte gegraben — ist 
entschieden ein Nichtschritthaltcn des technischen Ausdrucksvermögens mit dem 
starken Anwachsen künstlerischer Vorstellungen festzustellen. Man betrachte Bein¬ 
kontur und Binnenzeichnung der im Hintergrund stehenden Frau. Die Strichlagen 
sind hart, unsicher, von geringer formbildcnder Kraft, der Außenkontur steif, ohne 
weiche, rundende Modellierung. 

Mit dem 1497 datierten Kupferstich wird stets die Zeichnung des 1496 ent¬ 
standenen Frauenbades genannt (L. 101 Bremen). Dürer zeigt hier, wie so oft in 
seinen Jugendarbeiten, daß er freier und sicherer in der Zeichnung zu gestalten weiß 
als im Stich. Dies liegt gewiß an der leichteren Handhabung der Feder, die mit 

*) J. R. Kochler, A chronological Catalogue of the engravings .... of A. Dürer, New York 1897. 
a ) E. Major, Dürers Kupferstich »Die wunderbare Sau von Landser« im Elsaß. Monatshefte f. Kunst- 
wiss. 1913, p. 327. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 17 


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I Schilling’, Dürers Kupferstich »Die vier Hexen«. 


weniger erschöpfender Klarheit in das Letzte der Form cinzudringen braucht als der 
Stichel 3 ). 

Doch die Bremer Zeichnung, die man immer in keinem engeren Verhältnis zu 
dem Hexenstich sah, als daß sie das gleiche Thema der weiblichen Akte behandle, 
zeigt in Wahrheit bei genauer Untersuchung stärkere innere Verwandtschaft. Nicht 



Abb. i. Dürer: Die vier Hexen (B. 75). 


nur das Thema der weiblichen Aktgruppe ist aufgegriffen, sondern Teile der Zeichnung 
sind direkt übernommen. Die sich waschende Frau (links in der Zeichnung) (Abb. 2) 
kehrt in der linken Hexe im Gegensinn wieder. Man vergleiche den Rückenkontur, 
das Motiv des an den Körper angezogenen Oberarmes, Kopfneigung, das Profil, 
Ansatz des Oberarmes in den Schulterpartien. Jetzt versteht man auch die Unförmig- 


3 ) Vgl. WöltTlin, Die Kunst A. Dürers. München 1908 p. II1/112. 


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Schilling, Dürers Kupferstich »I)ic vier Hexen«. 


keit des Aktes im Stich. Dürer versucht, die Rückenansicht in eine Seitenansicht 
umzuformen, übernimmt aber getreulich das Motiv des in Frontansicht gegebenen 
Überkörpers; nur gibt er zur Linken tiefere Schattenlagen. Die eigentliche Seiten¬ 
drehung erfolgt erst in der Hüftgegend. So entsteht denn der gewaltige Leib der Frau, 
jenes Liniengewirr über dem Gesäß, das in der Zeichnung verständlich, im Stich un¬ 
geklärt bleibt. Ferner übernimmt 
Dürer das gestreckte Bein des Wei¬ 
bes; dabei passiert es ihm, daß er, 
trotz seines Bestrebens, es in Profil¬ 
ansicht zu bringen, im Anschluß an 
das Vorbild, die Kniekehle in Vorder¬ 
ansicht gibt. Im Knöchel erhält der 
Fuß eine gewaltsame Seitendrehung. 

— Es ist sonderlich zu beobachten, 
wie unfrei Dürer wird, wenn er sich 
an die Vorlage bindet. Das Beuge¬ 
motiv des Rumpfes und Kopfes würde 
durch seine genaue Übernahme in die 
gestreckte Gestalt unerträglich wirken. 

Um sie aufzurichten, gebraucht Dürer 
ein Gewaltmittel. Er stülpt ihr die 
große Haube auf, die ihr die fehlende 
Vcrtikalbewegung geben soll. 

Nun ist im Stich eine weitere 
Figur aus der Zeichnung hinüberge¬ 
nommen. Die sitzende jugendliche 
Frau im Vordergrund (Abb. 3) ist zu 
der stehenden rechts im Stich verar¬ 
beitet, diesmal im gleichen Sinn. 

Wesentlich ist bei der Umsetzung: - 

Dürer rückt die Lichtquelle auf die Abb. 2. Ausschnitt aus dem Dürcrschen Frauenbad 

andere Seite, dem Liclltcinfall im Stich (L. 101). (Im Gegensinn des Originales.) 

entsprechend. Verändert wird der 

Kopf, stark italianisiert in Bewegung und Durchführung 4 ). Sonst ist der Akt 
im wesentlichen vollkommen übernommen. Man vergleiche Stellung und Ansatz 
der Brüste, Betonung der Schlüsselbeine und der Linea alba, den Verlauf der 
Schraffuren am unteren Rande des Brustkorbes. Der Leib drängt im Stich stärker 


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t) Vgl. beispielsweise den Madonnenkopf auf dem Stieb der Mantcgnaschulc U- 9 nach Mantcgnas 
Anbetung der 111 . drei Könige in den Uffizien. 









Schilling, Dürers Kupferstich »Die vier Hexen«. 


*32 


hervor, der gestreckten Körperstcllung entsprechend. Leicht umgeformt ist der 
Körperkontur. Links rückt er weiter nach außen, wodurch der Armansatz verschoben 
wird und die Frau ein leicht buckliges Aussehen erhält. An der rechten Körper¬ 
hälfte haben wir vom Hals hinab bis zum Becken die gleiche Linie wie in der Zeich¬ 
nung; gerundeter nur sind die hochgezogenen Schultern. Der rechte ausgestreckte 
Arm, wie anmutig er in der Zeichnung wirkt, erscheint im Stich unerfreulich, der 



Abb. 3. Ausschnitt aus dem DUrerschcn Frauenbad (L. 101). 


linke ist in seiner Bewegung anatomisch kaum denkbar. Der Oberarm entspricht 
der Zeichnung, während der Unterarm im Ellcnbogcngelcnk gewaltsam nach vorwärts 
gedreht wird 5 ). 

Der Stich »Die vier Hexen« ist nun oft mit Jacopo de* Barbari in Zusammenhang 


5 ) Eine Erklärung über die Herkunft des Rückenaktes im Hexenstich gibt die Zeichnung des Frauen¬ 
bades nicht. Auch die Kückenfigur der antiken drei Grazien, deren Komposition bekanntlich in Dürers Stich 
anklingt — wenn auch das Schema der Anordnung: der Rückenakt zwischen zwei Akten in Frontansicht, 
durchbrochen ist —, zeigt so gut wie gar keine Verwandtschaft. 


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Schilling, Dürers Kupferstich »Die vier Hexen« 


gebracht worden. Koehlcr 6 ), IIacndcke 7 ) und nach ihm Weisbach 8 ), auch Wölfflin 9 ) 
stellen eine Verwendung des Barbarischen Stiches »Sieg und Ruhm« (Kristeller 26) 
(Abb. 4) fest. Die Gestalt des Sieges habe Dürer in dem Stich der vier Hexen über¬ 
nommen. Sein Zusammenhang mit dem Frauenbad beweist, daß das Verhältnis in 
Wahrheit umgekehrt war I0 ). Barbaris Stich ist eine spätere italianisierendc Über¬ 
arbeitung des Dürerschcn n ). 

Gleichzeitig mit dem Hexenstich 

behandelt 1 >11 rer nochmals den Frauen- 


°) A. a. O. Abschn. VIII, Nr. 14. An ihn 
schließt sich in der Besprechung des Kataloges 
v. Scidlitz an, Rcpcrt. f. Kunstwiss. XX, p. 390. 

7 ) Jahrb. d. Kgl. preuß. Kunstsamml. 

XIX, p. 162. 

8 ) Der junge Dürer. Leipzig 1906, p. 45. 

9 ) A. a. O. p. 365. 

,0 ) Schon L. Justi hielt (Rcpcrt. f. Kunst¬ 
wiss. XXI, 1898 p. 367 Anm. 34) trotz der Gegen¬ 
argumente Hacndckes, an einer Beeinflussung 
Barbaris durch Dürer fest. 

,l ) Da Kristcllcr (das Werk des Jacopo 
de’ B., Internat. Chalkogr. Ges. 1896, p. 3) den 
Stich »Sieg und Ruhm* in Barbaris Frühzeit 
setzt, so wäre für seine Graphik ein Terminus 
post quem gewonnen. Ich glaube, der Stich ist 
nicht vor 1499 anzusetzen. Technisch schließt 
er sich an Arbeiten Dürers wie B. 71, B. 73, 

B. 76 an. Auch glaube ich nicht, daß Barbari in 
stcchcrischcr Hinsicht auf Dürer eingewirkt hat, 
da eine solche äußere Beeinflussung die durch¬ 
aus kontinuierliche Entwicklung der Dürerschcn 
Graphik irgendwie hätte modifizieren müssen 
(vgl. L. Justi a. a. O. p. 439 ff.). Das, was Dürer 
von Barbari lernen konnte, w'ar vielmehr eine 
ausgeglichenere Ponderation der menschlichen 
Gestalt; so ist das von Dürer übernommene Motiv 
in Barbaris »Sieg und Ruhm» im Sinne des 
antiken Stand- und Spiclbeinschernas umge- 
wandclt worden. Die Kenntnis dieses Schemas, welche in Dürers frühsten Werken nicht anzutreffen ist, möchte 
er Barbari verdanken. Es ist wohl zuerst in einer Gruppe von Proportionszcichnungen verwirklicht worden 
(Dresdener Skizzenbuch Taf. 74/75, L. 37/38, L. 225/226, Dresdener Skizzenbuch Taf. 70/71), die Panofsky 
(Dürers Kunsttheoric, Berlin 1915) ins Jahr 1500 setzt und deren Standmotiv er bereits p. 95 Anm. 2 mit 
Barbari in Verbindung gebracht hat. Durch fliese Beziehung scheint mir die fortschrittliche Ponderation 
dieser Figuren, an der Wölfflin, Monatshefte f. Kunstwiss., 1915 p. 254, Anstoß nimmt, hinreichend erklärt 
zu sein. Ich glaube in der Tat, daß man die ganze Gruppe um 1500 zu datieren hat. Denn (abgesehen von 
allem, w-as sonst noch dafür und dagegen sprechen mag) cs bleibt die Stellung Dürers zu der Grundfrage 
seiner ganzen Figurenkonstruktion, ob die Konturlinic einer Menschengestalt »mit Zirkelen umzogen» werden 
kann. Diese Grundfrage wird durch die erwähnten Blätter bejaht, während sic durch die späten Eva-Zeich¬ 
nungen L. 240/241, L. 239, L. 242, L. 476 bereits ebenso verneint wird, wie Dürer sic z. B. in der angcdcutcten 
Stelle Lange u. Fuhse 346, 13 auch theoretisch verneint hat. 


Abb. 4. Jacopo de’Barbari: Sieg und Ruhm 

(Kristeller 26). 


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'34 


Schilling, Dürers Kupferstich »Die vier Hexen«. 


akt in Seitenstellung im »Kleinen Glück« (B. 78) (Abb. 5). Wir haben hier ge¬ 
wiß die Korrektur des Motivs von B. 75. Die ganze Bewegung, besonders die Bein¬ 
stellung, ist glücklicher. Aber noch findet sich die gleiche gewaltsame Drehung in der 
Hüftgegend. Von dem Urbild im »Frauenbad« enthält der Stich eine anatomi¬ 
sche Reminiszenz: jenen gewaltsamen Einschnitt in der Hüfte. 



Abb. 5. Dürer: Das kleine Glück (B. 78). 


Bei dieser Gelegenheit möchte ich 
nun eine in Verbindung mit dem Stich 
»Die vier Hexen« genannte Zeichnung 
behandeln: den Frauenakt der Uffizien ,2 ) 
(Abb. 6). Weisbach * 3 ) mit Harck m) 
und Thodc^) erblicken in dieser Leistung 
eine Vorstudie zu den »vier Hexen«. Ihre 
Ansetzung ist entschieden zu früh. Man 
stelle einmal diese Venus unter die Ge¬ 
stalten des Frauenbades! Ephrussi ,6 ) 
setzt die Zeichnung um 1506/07, Wölff- 
lin J 7 ) gegen 1504. Beide halten sie für 
Dürers Arbeit. 

Ich möchte den von Wölfflin ge¬ 
wählten Zeitpunkt als frühestes Datum 
für den richtigen halten, die Zeichnung 
aber aus dem Werke Dürers streichen l8 ). 
Eine frühe Arbeit können wir nicht vor 
uns haben. Man vergleiche die gerun¬ 
deten Schulterformen, die geschmeidige 
Linienführung auf der Uffizienzeichnung 
mit den hochgezogenen knochigen Schul¬ 
tern und den schummerigen Federzügen 
auf der Zeichnung des Frauenbades. 
Wölfflin verweist mit Recht auf die für 
die damalige Zeit unmögliche Verkürzung 
der Füße. Wäre nun die Zeichnung von 


u ) Abb. bei Wcisbach a. a. O. p. 15, a. a. O. Wölfflin p. 140. Disegni Deila K. Gallcria degli Uffizi, 
Firenze 1915, 111 , 3 no. 11. 

* 3 ) A. a. O. p. 44. 

M) \fitteil. d. Inst. f. österr. Gcschichtsforsch. 1S80 p. 600. 

* 3 ) Jahrb. d. Kgl. preuö. Kunstsanimi. 111 p. 114. 

,6 ) Albert Dürer et ses dessins. Paris 1882, p. 142 Anm. 1. 

> 7 ) A. a. O p. 139. 

,8 ) Auch Fricdländer, in der Publikation der Uffizicnzcichnungcn (a. a. O.), stellt sie als Dürers Arbeit 
in Frage. 


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Schilling, Dürers Kupferstich »Die vier Hexen«. 


135 


Dürer, so müßte sie im neuen Jahrhundert entstanden sein. Darauf deutet außer der 
Schulterform (vgl. Eva B. 1) der Schlagschatten, der über das linke Bein fällt. Er hat 
keine formbildcnde Funktion. Er besteht aus Parallcllagen, die über die darunter be¬ 
findlichen Formen hinweggleiten. Diese Eigentümlichkeit finden wir zuerst in Dürers 
Graphik auf dem »Adam- und Eva-Stich« (B. 1). Nun aber durchsetzt Dürer seine 
durchmodellierten Aktzeichnungen auf der Stufe des Uffizienblattes in den Schatten¬ 
lagen mit einer Menge kleiner Häkchen (vgl. L. 476, L. 173) * 9 ). Ferner betrachte man 



Abb. 6. Hans von Kulmbach: Veritas. Florenz, Uffizien. (Nach Weisbach, Der junge Dürer.) 

das kraftlose Armmotiv, den mit geringem Leben gezeichneten Mantelkontur. Ich 

% 

glaube also, da der Frauenakt nicht um 1504 entstandenen Arbeiten Dürers anzu¬ 
reihen ist, mich der Meinung derer anschließen zu müssen, welche in der Uffizien¬ 
zeichnung eine Arbeit Kulmbachs sehen 20 ). Sie zeigt durchaus seine elegante, dabei 
nicht tiefgehende Art. Zu ihm stimmen die überlangen Gliedmaßen der Frau, das 
kraftlose weiche Handmotiv, die langsträhnige, etwas temperamentlose Linienfülle 
und das Unvermögen, Faltenbrüche und Faltenaugen durchzuformen. 

“>) Zeichnungen, welche dieses Charakteristikum nicht aufweisen, wie Blätter im Dresdener Skizzen¬ 
buch (Bruck Tafel 55 oder 92), sind flüchtig angelegte Zeichnungen und doch in ihrer Fassung kraftvoller 
als die Uffizienzeichnung. 

30 ) Auf Kulmbach verweist schon v. Seidlitz, Jahrb. d. Kgl. preuß. Kunstsamml. XXVIII 1907 p. 8 
Anmerkung 1. 


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•36 


Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


EIN BEITRAG ZUR KRAFT- UND STOSS-FORSCHUNG. 

DIE IMHOFFSCHE WAPPENFIGUR. — DIE AUFERWECKUNG 
DES LAZARUS. — DIE MADONNA AN DER TETZEL-KAPELLE. 

VON 

BERTHOLD DAUN. 

Mit 14 Abbildungen. 

D ie Imhoffsche Wappenfigur Adam Krafts 1 ), deren Verbleib seit mehreren Jahr¬ 
zehnten unbekannt war 2 ), ist jetzt im Kunsthandel wieder aufgetaucht und vom 
Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin erworben worden (Abb. 1). Demmler hat sic 
soeben in den Amtlichen Berichten aus den Königlichen Kunstsammlungen publiziert 3 ). 
Die Echtheit dieser guten Kraftschen Sandsteinstatue erscheint mir als zweifellos, 
und sic ist auf alle Fälle eine schöne Bereicherung der deutschen mittelalterlichen 
Skulpturensammlung im Berliner Museum, um so mehr, als bis heute eine andere 
öffentliche Sammlung außer Nürnberg kein Stück Kraftscher Kunst aufzu¬ 
weisen hat. 

Allein im allgemeinen hat man eine andere Vorstellung von Krafts Gewand¬ 
figuren der Rundplastik. Die schöne Maria vorn rechts am Gehäuse des Lorenzer 
Tabernakels in ihrer schweren, bauschigen Gewandung (Abb. 2) ließe sich kaum mit 
der Wappenfigur wegen der völlig verschiedenen straffen Faltengebung vergleichen. 
Sie hat tatsächlich zunächst etwas für Kraftsche Art Fremdartiges, jedoch nur 
scheinbar. Dieser Eindruck aber wird verstärkt durch die Gegenüberstellung der 
Madonna vom Landauer Grabmal, die Demmler als Beweis für die Zuweisung 

• t 

der Wappenfigur an Kraft zu verwerten sucht. Zur Überzeugung kann dieser nicht 
glücklich gewählte Vergleich keineswegs zwingen, denn die Landauerschc Maria ist 
von der Wappenfigur stilistisch zu sehr getrennt. Auch läßt sich diese Neuerwerbung 
in die Gruppen der Madonna auf den Epitaphien Rebeck und Pergcnstörffcr sowie 

*) Auf Grund der von mir veröffentlichten Quittung Krafts über den Lohn für das Sakramentshaus 
mit eigenhändiger Unterschrift (Daun, Adam Krafft und die Künstler seiner Zeit, 1807, S. 34/35) schreibe 
ich jetzt Kraft mit einem f. (Vgl. E. Mummenhoff, A. Krafft oder Kraft?, Mitt. dcrVer. f.Gesch. d. Stadt 
Nürnberg, XIV, HK*), S. 258—260.) 

a ) Kenntnis von der verschollenen Figur erhielt ich 1895 von Herrn Wilhelm Freiherr von Imhoff, 
der sie auch schon nicht mehr kannte. Einige Zeit scheint sic sich in der Frankfurter Sammlung Milani be¬ 
funden zu haben, aber vor der Auktion der Sammlung, deren Katalog von 1883 sie nicht enthält, wieder 
veräußert gewesen zu sein. 1895 konnte ich in Frankfurt nur erfahren, daß sie vielleicht nach Paris ver¬ 
kauft worden sei, was mit Freiherr von Imhoffs Mitteilung: durch Antiquar Gcuder nach Paris verkauft, 
übcrcinstimmt. (Vgl. Daun, Adam Krafft und die Künstler seiner Zeit, 1897, S. 93, Anm. 3.) 

3 ) XXXVI. Jahrg., 1914, Nr. 3. Die vorliegende Abhandlung wurde bereits im Dezember 1914 von 
mir geschrieben. Auch Demmler verweist auf den Vermerk auf einer alten Photographie im Imhoffschcn Besitz: 
»»Figur vor der Treppe des Imhoffschcn Hauses, durch Antiquar Gcuder nach Paris verkauft» (S. 49). Die 
Größe der aus körnigem, gelblichgrauem Sandstein gemeißelten Figur beträgt 46 cm. 


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Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


137 


auf dem Relief der Anbetung des Kindes im Hofe des Hauses Adlerstraße 21 nicht 
ohne weiteres einordnen. Durchweg ist die Gewandung zu verschieden im Vergleich 
zur Wappenfigur. 

Es gibt jedoch Figuren von Adam Kraft, deren Vergleich jeden Zweifel über 



Ahb. 1. Adam Kraft, Die Imhoflfsche Wappenfigur im Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin. 

Kraft als Meister der Wappenfigur beseitigt. Daß sie nicht gleich klar vor unsere 
Augen treten und Demmler von ihnen keine Notiz nimmt, hat wohl seinen Grund 
darin, daß man ihnen wegen des hohen Standortes zu wenig Beachtung schenkt. 
Es sind dies die Engel mit den Marterwerkzeugen am Sakramentshäuschen in 
St. Lorenz (Abb. 3) und in der Dorfkirche zu Kalchreuth (Abb. 4). Diese 

Repertorium für Kun»twitsen«ehaft, XXXIX. lR 


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138 


Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


Figuren lassen zugleich eine nähere Datierung der Imhoffschen Wappenfigur zu — 
wegen des ganz ähnlichen straffen Fallens der Gewandung. 

Wie die Gedenktafel mit der Erdrosselung der h. Beatrix 4 ), den beiden 
Wappen der ImhofTs und Muffels nach zu schließen, eine Stiftung Hans Imhoffs d. J., 
des Sohnes des Hans Imhoff d. Ä., der das Lorenzer Sakramentshäuschen errichten 
ließ, war, (Abb. 5) so ist auch für diesen Hans Imhoff d. J. die Wappenfigur, vermut¬ 
lich als Treppenschmuck, verfertigt, weil sie genau dieselben Wappen in der gleichen 
Verteilung, rechts das Imhoffsche, links das Muffelsche, trägt 5 ). 


Jedoch stilistisch sind die beiden Werke verschieden; das 
Beatrix-Relief weist die malerische gebrochene Gewandbehandlung 
aus der Zeit des Schreyerschen Grabmals (1490—1492) auf, die 
Wappenfigur fällt mit den Arbeiten am Lorenzer Sakramentshäus¬ 
chen zusammen 6 ). 

Das älteste uns bekannte, aber künstlerisch bereits vollen¬ 
dete Werk Krafts scheinen die sieben Stationen zu sein. 
Ende der achtziger Jahre wird ihre Aufstellung begonnen worden 
sein, wie eine alte, leider nicht mehr auffindbare Notiz verbürgt 
haben soll 7 ). 

Eine viel spätere Datierung um 1506 suchte Hauptprediger 
Christian Geyer in einem umfangreichen Aufsatz 8 ) zu finden; 
aber leider erweist sich ein Teil seiner Folgerungen aus 
der von ihm nachdrücklich betonten »Erforschung der Doku¬ 
mente«, so wahrscheinlich sie zunächst sein möchten, als 
verfehlt. Auch Dorothea Stern glaubte in ihrer jüngst er- 


*) Das Werk habe ich 1895 a ^ s Arbeit Adam Krafts erkannt. (Vgl. 
Abb. 2. Adam Kralt, A. Kratft ... 1897, S. 95.) 

Maria am Gehäuse 5 ) Hans ImholT d. J. verheiratete sich i486 mit Katharina Muffel von 

des Lorenzer Taber- Eschenau, der Tochter Gabriel Muffels. Demnach können Gedenktafel und Wappen- 

nakels. figur vor i486 nicht entstanden sein. Die Gedenktafel rückte ich in die Zeit des 

Schreyerschen Grabmals (1490—1492). 

6 ) Auch Peter Imhoff, der Halbbruder Hans Imhoffs d. Ä., ließ von A. Kraft laut Urkunde vom 
25. August 1505 die steinerne Treppe seiner Behausung und andere Arbeit ausführen. Mit diesen späteren 
Arbeiten hat die Wappenfigur nichts zu tun, obwohl sie vermutlich auch als Treppenschmuck diente. 

7 ) So Lochncr, der gründliche Kenner der Nürnberger Vergangenheit, der aber die Quelle leider nicht 
angibt. Nach Trcchsel (Verneuertcs Gedächtnis des Nürnberger Johannis-Kirch-Hofs, 1736, S. 159 b) befand 
sich auf dem Johannisfriedhof ein angeblich von Adam Kraft verfertigtes Kreuzbild, das auf einer Metall- 
platte eine Inschrift und die Jahreszahl 1490 trug. Es ist möglich, daß Lochner an die vermeintliche Zusam¬ 
mengehörigkeit dieses Kreuzes zu den Stationen geglaubt und deshalb die Stationen 1490 datiert hat. Dieses 
Kreuz soll nach Geyer (Zur Gesch. d. A. Krafftschen Stationen, Rep. f. Kunstw. Bel. XXVIII, 1905, 
S. 496) ein anderes als das zum Kraftschen Kalvarienberg gehörende gewesen sein. Für die Bestimmung 
der Entstehungszeit der Stationen mag die Lochnersche Angabe zunächst unberücksichtigt bleiben. 

8 ) Christian Geyer, Zur Gesch. der Adam Krafftschen Stationen, Repertorium f. Kunstw\ Bd. XXVIII, 
S. 351—364 und 495—510; desgleichen in einem Vortrage: »Zur Geschichte der Adam Krafftschen 

Stationen« im Verein f. Gesch. d. Stadt Nürnberg (vgl. Fränkischer Kurier, Nürnberg, 1. März 1905, Nr. in). 



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Daun, Ein Beitrag zui Kraft- und Stoß-Forschung 


139 


schienenen Dissertation 9 ), die Kraftschen Stationen auf Grund der Geyerschen 
Forschungen als Spätwerke in Übereinstimmung mit Neudörfer, der diese Werke 
im Zusammenhang mit dem Kalvarienberg und der Grablegung in der Holz- 
schuher-Kapelle aufführt, umdatieren zu müssen. Nach Dorothea Sterns Meinung 
soll der Zyklus der sieben Stationen um 1504 begonnen sein, weil er in einer 
Urkunde vom Jahre 1505 erwähnt(?) wird, und im Jahre 1508, wie die Jahreszahl 
über der Grablegung angibt, vollendet gewesen sein. Da D. Stern sich hierin kritik¬ 
los den Geyerschen Behauptungen anschloß, ging sie in ihrer neuen Bearbeitung der 
Werke Krafts nach »stilgcschichtlichcn Gesichtspunkten« von falschen Voraussetzun¬ 
gen aus, denn cs ist keineswegs erwiesen, daß in jener Urkunde von 1505 die Kraft¬ 
schen Stationen gemeint sind. Vielmehr steht fest, wie dargelegt werden soll, daß 
Krafts Stationen vor 1500 bestimmt vollendet waren! 



Abb. 3. Adam Kraft, Engel am Sakramentshäuschen in St. Lorenz. 


Geyer 10 ) glaubte als Ergebnisse seiner Forschungen hinstcllen zu können: »I. Die 
Sage, daß Martin Ketzel die Stationen gestiftet habe, entbehrt jeglichen geschicht¬ 
lichen Kerns; 2. die Stationen und die Grablegung in der sogenannten Holzschuher- 
Kapelle gehören zusammen; 3. ihr Stifter ist Heinrich Marschalk von Rauheneck, 
der früher bereits in Bamberg ein ähnliches Werk hatte errichten lassen; 4. die Vol¬ 
lendungszeit ist annähernd das Jahr 1506.« Die erste Behauptung kann zutreffen, 
die zweite muß, wenn die Grablegung im Jahre 1508, wie die Jahreszahl in dem Wand¬ 
nischengemälde angibt, eine der letzten Arbeiten aus Krafts Werkstatt ist, ebenso 
wie die dritte zweifelhaft bleiben n ); die vierte und wichtigste Behauptung aber ist 
falsch. 


9 ) Dorothea Stern, Adam Kraft (Teil 1 ), Dissertation für die Freiburger Universität, Straßburg, 
1916, S. 10. 

,0 ) Geyer, Repertorium f. Kunstw. Bd. XXVIII, S. 510. 

“) Geyer behauptet, die Holzschuhcrschc Kapelle habe Peter Imhoff von Heinrich Marschalk zu 
Raucneck, der »solche Kapellen zu bauen angefangen», übernommen und vollendet. Damit stimme überein 
die 1896 gefundene Nachricht in einem alten »Pictanzbuch», daß die Kapelle 1513 von besagtem Marschalk 

18* 


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Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


Die Angabe in der von mir veröffentlichten Vertragsurkunde vom 25. August 
1505 mit Peter Imhoff I2 ) »alsbald des Marschalks arbayt ausgemacht wird« führte 
Geyer zu der Annahme, daß sie sich auf die Nürnberger Stationen beziehe * 3 ) und daß 
diese um 1506 zu datieren seien m). Dies widerlegen die Bambcrger Stationen, denn sic 
hängen teilweise in Komposition und Motiven direkt von den Nürnberger Stationen 
ab und sind 1500 datiert ! Demnach müssen die Stationen Krafts in Nürnberg vor 
1500 vollendet gewesen sein. Das Umgekehrte, daß die Nürnberger Stationen 



Abb. 4. Adam Kraft, Engel am Sakramentshäuschen zu Kalchreuth. 

♦von neuem« gebaut worden sei. (Das Gemälde hinter der Kraftschcn Grablegung in der Kapelle tragt aber 
das Datum 1508 l) Der Erbauer der Kapelle müsse auch die Stationen gestiftet haben (?). 

,a ) Daun, Adam KratTt . . 1897, S. 79. 

, J) Übrigens hatte schon l’liilipp M. Halm in der Zeitschr. f. bild. Kunst X, 1899 S. 57, diese Angabe 
mit ebensowenig Glück auf die Bambcrger Stationen bezogen, denn er hatte übersehen, dalidas mittlere Kreuz 
der Bamberger Krruzigungsgruppc das Datum 1500 tragt. Ein Werk, das die Inschrift 1500 trägt und von 
1500 an urkundlich durcli Meßstiftungen usw. bezeugt ist, kann nicht 1505 in Arbeit genommen sein (vgl. 
Geyer, Repertorium Bd. XXVIII, S. 508). Die Bamberger Stationen, die wegen der roheren Ausführung 
auf handwerksmäßige Hände hinweisen, können schon deshalb mit der Arbeit nicht identisch sein, die Kraft 
1505 für Marschalk auszufuhren hatte. 

* 4 ) Als weiteren Beweis für seine späte Datierung führt Geyer die Kraftsche Kreuztragung in St. Sebald 
von 1506 (?) an, die übrigens im Vergleich zu den beglaubigten Werken Krafts recht handwerksmäßig ist. 
Das Relief ist nicht datiert, und cs bleibt unerwiesen, ob die im Harsdurfschen Familienbuche erwähnte «Aus¬ 
führung Christi♦ beim Zeughaus von 1506 damit wirklich identisch ist. Dem Stil nach weist sic mehr auf die 
Schrcyersche Grablegung. (Heller setzt die früher beim Zeughausgraben und jetzt in St. Sebald befindliche 
Kreuztragung 1490!?) 


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erst nach den Bamberger schwächlichen Werken entstanden seien, ist, wie bewiesen 
werden soll, gänzlich ausgeschlossen. 

Die Bamberger Stationen, die von Marschalk von Raueneck gestiftet sind * 5 ), 
lassen sich in zwei Gruppen teilen; die eine Gruppe enthält eine überraschend gleiche 



Abb. 5. Adam Kraft, Erdrosselung der hl. Beatrix in der Lorenzkirche zu Nürnberg. 


Komposition wie auf den Nürnberger Reliefs, die andere läßt bei viel lockerer Zu¬ 
sammenfügung der Gestalten eine von den Kraftschen Stationen verschiedene Kom¬ 
position erkennen. Gleichen auf einigen Bamberger Reliefs ganze Figurengruppen 
auffällig den Kraftschen, nur mit dem Unterschiede, daß der Bamberger Bildhauer 


'S) Die Abbildungen siche bei Halm (Zeitschr. f. bild. Kunst X, S. 58—63). 


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Stellung und Ausdrucksweisc vergröbert hat, so lassen die übrigen Bamberger Reliefs 
eine noch handwerksmäßigere Auffassung, die oft bis zur Karikatur gesteigert ist, 
erkennen. Die erste Bamberger Station zeigt die größte Verschiedenheit von der 
ersten Nürnberger. Die dritte Bamberger Station ähnelt der zweiten in Nürnberg 
am meisten, auch die vierte Bamberger entspricht der schönen dritten Kraftschen 
Station, und selbst die Teilung der Gruppe des gepeinigten Heilands und der wei¬ 
nenden Frauen ist beidemal vorhanden; nur ist die Schmerzensäußerung, besonders 
bei den Frauen, so äußerlich und roh, daß bei einer solchen Unbeholfenheit in der 
Durchführung an einen Anteil der Kraftschen Werkstatt überhaupt nicht gedacht 
werden kann ,6 ). Die sechste Bamberger Station mit dem lang hingcschlagenen 
Heiland weist wieder größere Abweichungen von der sechsten Station Krafts auf, 
dafür aber haben einige Figuren karikierte Stellungen angenommen. Auf dem sie¬ 
benten Bamberger Relief sind bis auf Johannes alle männlichen Gestalten ausgeschal¬ 
tet, und eine kniende Frau mit erhobenen gefalteten Händen ist hinzugefügt. Ihr 

Gefühlsausdruck hält gar keinen Vergleich mit Krafts Gestalten aus. Die größte 
• • 

Ähnlichkeit besteht also zwischen der dritten Bamberger und der zweiten Krafts, 
zwischen der vierten in Bamberg und der dritten in Nürnberg. Man erkennt ganz 
deutlich, wo der Bamberger Bildhauer selbständige Figuren geschaffen hat, zeigt sich 
seine Unfähigkeit, wahre Gefühle und natürliche Stellungen zu geben; wo er dagegen 
Gruppen kopiert, vergröbert er. Daraus ergibt sich zweifellos, daß der Bamberger Bildner 
die Nürnberger Station sich zum Muster genommen und sie teilweise direkt kopiert hat. 

Noch zwei andere untrügliche Merkmale beweisen mit aller nur wünschenswerten 
Deutlichkeit, daß die dritte Bamberger Station * 7 ) nach der zweiten Adam Krafts 
kopiert ist (Abb. 6). Auf dem Nürnberger Relief hilft Simon dem Heiland das Kreuz 
tragen. Er wird von dem Schergen hinter ihm, der sanft die Hand auf seine Schulter 
gelegt hat, wie bittend dazu aufgefordert. Der Bamberger Bildner hat das Motiv, wie 
der Scherge die Hand auf die Schulter Simons gelegt hat, wiederholt, aber wie unver¬ 
standen ! Mit der Rechten schlägt der Scherge auf Simon ein. Auch bei dem Knecht 
rechts vor Simon, der auf dem Kraftschen Relief ebenfalls Simon zum Tragen des Kreuzes 
anspornt, ist die Haltung des rechten Armes zum Stoß verändert. Damit ist der volle 
Beweis erbracht, daß der Bamberger Bildhauer die Nürnberger Station vor Augen ge¬ 
habt hat, und da die Bamberger Stationen 1500 vollendet waren, müssen die Nürn¬ 
berger Werke Krafts vor 1500 fertig gewesen sein 18 ). Ich halte an der An¬ 
nahme fest, daß Krafts Stationen die ältesten uns bekannten Werke des Meisters sind. 

,6 ) Halm gab die Bamberger Station für Kraftschc Werkstattsarbeiten aus. Dazu ist die Qualität zu 

gering. 

* 7 ) Abbildung bei Halm, Fig. 3, S. 59. 

,8 ) Geyer, der die geringe Qualität der Bamberger Stationen /.ugibt, glaubt dennoch, daß die Nürnberger 
Stationen später entstanden seien. Man könne in der Kunstgeschichte Parallcl-F.rscheinungcn finden. Auf 
S. 510 sagt Geyer: »Wenn wir den beiden aus der Werkstatt Peruginos hervorgegangenen Sposaliziobildcrn 
gcgcnubcrgestellt würden und wir sollten — ohne alle Kenntnis der geschichtlichen Tatsachen — einfach aus 


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Krafts Stationen haben das Gepräge rein plastischer Auffassung, die sich 
übrigens durch alle Kraftschen Rundfiguren zieht. Die Gewandung der Gestalten besteht 
aus dicken, weich sich faltenden Stoffen, so daß keine harten Brüche und Ecken ent¬ 
stehen. Im Schreyerschen Grabmal, das urkundlich von 1490—1492 (innerhalb 
von 20 Monaten) gearbeitet ist, hat auffallenderweise die Vorliebe für malerische Ge¬ 
staltung der Steinfläche die früheren Prinzipien der streng plastischen Figurenanordnung 
verdrängt und an Stelle der glatten Hinterfläche einen landschaftlichen Hintergrund, 
der zu aufdringlich und verwirrend wirkt, geschaffen. Aus eigenem Antrieb war 
Kraft auf diese malerische Art kaum verfallen, vielmehr geschah es auf ausdrück¬ 
lichen Wunsch der Auftraggeber Mathias Landauer und Sebald Schreyer * 9 ). Die 
Gewandung der vor dem Sarkophag knienden Maria und die des unter dem Kreuze 
sinkenden Christus ist hart gebrochen. Die-Falten sind scharfkantig. Zwischen 
Stationen und Schreyersches Grabmal ist aus stilistischen Gründen das Beatrix- 
Relief (Abb. 5) zu setzen 20 ). Die kurzen, gedrungenen Gestalten, das Hineinkompo¬ 
nieren derselben wie in einen flachen Kasten verweisen auf die ersteren; der knittrige, 
etwas weniger scharfkantige Faltenwurf führt auf das Grabmal. 

Ein Umschwung in der Reliefgestaltung tritt in dem Lorenzer Tabernakel 
auf, woran Kraft vom April 1493 bis Dezember 1495 gearbeitet hat 21 ). Das im Schreyer¬ 
schen Grabmal nachdrücklich dargelegte malerische Prinzip hat Kraft verlassen. Freilich 
sind in den drei Reliefs des Abschiedes Christi 21 ), des Abendmahles und des Ölberges 

ästhetischen Gründen urteilen, wie die beiden wohl zusammenhingen, würde vielleicht mancher Raffaels Arbeit 
als das Original und die weniger geschickte Werkstattswiederholung bezeichnen, und doch verhält es sich damit 
bekanntlich umgekehrt*. — Auf beiden Bildern kehren auch Motive, die unverstanden übernommen sind, 
nicht wieder 1 Die verständnislose Wiederkehr der oben aufgeführten Motive läßt gar keine andere Erklärung 
zu, als daß die Bamberger Werke von den Kraftschen Stationen abhängen. Und wie dargelegt, ist ja Geyers 
Beziehung der Urkunde von 1505 auf die Stationen rein hypothetisch, ln jener Urkunde verpflichtet sich Adam 
Kraft am 25. August 1505, 100 fl. von seiner Schuld (310 fl.) an Peter Imhoff, dann 25 fl. jährlich abzutragen. 
Die Schuld wurde jedoch nicht beglichen, so daß nach Krafts Tode Peter Imhofl seine Ansprüche bei dessen 
Witwe Barbara geltend machte. Wären die Stationen die für Marschalk erwähnte Arbeit gewesen, hätte Kraft 
durch Bezahlung seinen Verpflichtungen nachkommen können. Ferner fallen in die Zeit von 1506—1508 die 
Arbeiten am Michaclschörlcin (vgl. Geyer, Adam Krafft und das sogenannte Männleinlaufen, Repertorium f. 
Kunstw. XXIX, 1906, S. 351)- Im Februar 1508 konnte Kraft diese Arbeiten Schwachheit halber nicht 
vollenden. Ein so großes Werk wie die Stationen hätte deshalb in der Zeit um 1506 schwerlich vollendet 
werden können.— Es sei noch darauf hingewiesen, daß Krafts Grablegung in der Holzschuher-Kapelle nicht 
datiert ist; die Jahreszahl 1508 befindet sich auf dem Wandnischen-Gemälde, das ja auch später bei der Er¬ 
neuerung der Kapelle entstanden sein könnte. 

’9) Laut Urkunde vom 11. September 1490 war Kraft beauftragt, »die figur des gemels (Gemäldes) bei ihren 
begrebnussen zu Sant Sebald hinten am kor in steinwerk zu bringen*. Früher zierten also Gemälde das Grabmal. 

*°) Das karierte Muster auf dem Wams des Henkers kehrt auf dem Relief mit Josua und Kaleb 
wieder. Die alte Zuweisung dieses kleinen Reliefs an Kraft erscheint dadurch gerechtfertigt. 

2I ) Am 4. Dezember 1495 erfolgte die Abrechnung und letzte Zahlung (vgl. Daun, A. Krafft, ...» S. 35). 
Die Zahl 1496 befindet sich über dem Gehäuse. 

aa ) Abgebildet bei Daun, Peter Vischer und Adam Krafft, 1905, S. 110. Das Relief der St. Helena- 
Legende Ober dem westlichen Portal der Sebalduskirche, das D. Stern S. 111 im Inhaltsverzeichnis auf¬ 
führt und sicherlich Kraft angehört, schließt sich der Art der Tabernakel-Reliefs an. 


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über dem Ziborium Landschaft und architektonischer Hintergrund nicht beseitigt, aber 
das Malerische ist entschieden der plastischen Auffassung, von der Kraft in den Sta¬ 
tionen ausgegangen war, untergeordnet. Dadurch ist die Wirkung ruhiger als beim 
Schreyerschcn Grabmal, und der Hintergrund mit Häusern und Bäumen beeinträchtigt 
das Hervortreten der Figuren fast gar nicht. Die fiächenhaftc Gewandung ist im 
Vergleich zu den harten Brüchen überraschend klar, besonders schön bei der Gruppe 
des Engelsgrußes am Ziborium (Abb. 2). Das weit gerundete Gefält enthält breite 
Bausche. Mit ähnlichen dicken Stoffen sind auch die acht Heiligenfiguren an dem 
gotischen durchbrochenen Geländer unten am Sakramentshäuschen bekleidet, ebenso 
die auf dem Rankenkranzc stehenden Engclsfiguren über dem Ziborium, nur daß 
bei den meisten die Gewandung straff nach unten gezogen ist (Abb. 3). Die gerad¬ 
linigen straffen Falten kehren ganz ähnlich bei den Engeln am Kalchreuther 
Tabernakel wieder (Abb. 4). Die Engclsfiguren sprechen den schlagenden Beweis 
für die Echtheit der Imhoffschen Wappenfigur aus. 

Wären uns die Lorenzcr Engel für die Vorstellung von Kraftschcr Art näher- 
gerückt, würde uns bei der Imhoffschen Wappenfigur die sehr einfach herabfallcndc 
Gewandung, die aus dicken Stoffen besteht und den Unterkörper mit den Füßen ganz 
verhüllt, weniger auffallcn. Durch das vorgcstellte Knie aber bekommt die Haltung 
der Figur Leben. Zwischen den Beinen ziehen sich straff zwei schmale, fast röhren¬ 
förmige Parallelfalten herab. Dieses Merkmal findet sich bei den Engeln am Lorenzcr 
Tabernakel genau so, besonders bei dem, der in der erhobenen Linken die Nägel vom 
Kreuze hält (Abb. 3). Auch das nicht im geringsten idealisierte Antlitz mit der dicken 
Nase, dem breiten Munde und den gescheitelten, zur Seite glatt heruntergestrichenen 
Haaren bietet eine Parallele zu der »frisch aus dem Leben gegriffenen Menschlichkeit 

ohne Anflug von Idealisierung«, wie Dominier von der Wappenfigur sagen konnte. 

• • 

Recht große Ähnlichkeit in der straffen Faltengcbung des Gewandes weist auch der 
den Dornenkranz haltende Engel am Kalchreuther Tabernakel auf (Abb. 4). 
Die Entstehungszeit dürfte demnach in der ersten Hälfte der neunziger Jahre anzu- 
nchmen sein, jedenfalls vor den Epitaphien Pergcnstörffer, Rebeck und Landauer. 

Das Pergenstörfforsche Grabrclicf 2 3 ) tritt aus der Gruppe dieser Epi¬ 
taphien wegen des Reliefcharakters heraus. Der Eindruck ist infolge der knittrigen 
Fältelung, bei der jedoch eckige Brüche vermieden sind, malerisch, wodurch die 
Wirkung des Feierlichen gesteigert ist. Der Reliefgrund ist glatt. Kraft schlug also 
einige Zeit nach Vollendung der bildmäßigen Reliefs am Lorenzcr Tabernakel wieder 
eine andere Richtung ein. Das Epitaph Rebeck 2 -t) dagegen hält die Mitte zwischen 
Rund- und Reliefplastik. Ist die Gewandung auf der Pcrgenstörfferschcn Krönung 


2 3 ) 1498/99 für das Augustincrkloslcr gestiftet und jetzt in der Frauenkirche befindlich. 

2 4 ) Früher im Kreuzgang der 1809 abgebrochenen Doininikancrkirchc befindlich, heute ebenfalls in 
der Frauenkirche. Hans Rebeck als letzter seines Namens starb am St. Veitstag 1500. Um diese Zeit 
wird das Epitaph entstanden sein. 


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Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


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viel gebrochen und ohne breitere Faltcnmotivc, so ist sie hier, aus dicken, schweren 
Stoffen bestehend, breit behandelt. Trotz der vielleicht zu reichen Bausche bleiben 
aber die Motive klar. Diese Art der Gewandung, nur gemäßigter, kehrt in dem aus 
Rundfiguren bestehenden Landauer Grabmal * 5 ) wieder. Die drei Figuren Mariä, 
Gottesvaters und Christi thronen vor flachen Nischen, so daß der Reliefcharakter 
noch etwas bewahrt ist und von der rein plastischen Auffassung der Imhoffschen 
Wappenfigur gänzlich abweicht. Auch die Gruppe der musizierenden Engel unter 
Maria und die drei Engel zu Seiten Gottvaters und Christi würden für die Wappen¬ 
figur keinerlei Anhaltspunkte bieten können. Die Gegenüberstellung des E n g c 1 s m i t 
den Nägeln am Lorenzer Tabernakel mit der Imhoffschen Figur jedoch zeigt 
deutlich, daß aus beiden Statuen nur ein und dieselbe künstlerische Handschrift spricht. 


Außen an der Südseite der Sebalduskirchc zu Nürnberg befand sich früher vor 
der Restaurierung der Kirche ein stark beschädigtes Stcinrclief, das die Auferwek- 
kung des Lazarus darstellt und heute in der Bausammlung der Kirche aufbewahrt 
wird, nachdem es an der ursprünglichen Stelle durch eine Kopie mit Ergänzung der 
fehlenden oberen Teile ersetzt worden ist 26 ) (Abb. 7). Die künstlerische Qualität 
scheint mir die Bekanntgabe des alten Steinwerkes im gegenwärtigen Zustande nach 
einer Photographie, die ich vor siebzehn Jahren aufnahm, zu rechtfertigen, um so mehr 
als trotz der ruinösen Beschädigung die Hand des Meisters sich nicht verleugnet und 
Friedrich Wilhelm Hoffmanns Zuweisung an Veit Stoß vollkommen verfehlt ist a 7 ). 

Die Komposition der Auferweckung des Lazarus besteht aus neun Figuren, 
von denen einige leider sehr stark verstümmelt sind. Da der obere Teil des Stein¬ 
reliefs abgeschlagen ist, fehlt von den drei hintersten Figuren der Oberkörper, von 
drei anderen sind die Köpfe abgestoßen. Die Köpfe der drei übrigen Figuren 
Christi, des Lazarus und der vor diesem knienden Frau haben sehr gelitten, am 
meisten das Antlitz Christi, das bis zur Unkenntlichkeit der Züge beschädigt ist. 
Zwei Rundsäulcn, die einen Teil der Figuren übcrschnittcn und die Relieffläche in 
drei Teile teilten, sind abgebrochen. Zwischen den beiden Säulen wird der zum Leben 
erweckte Lazarus in aufrechter Stellung von einem Manne, dem der Kopf fehlt, 
gehalten. Dahinter ist der Rest einer Gewandfigur erkennbar. Dem Körper des 
Lazarus fehlt noch der Halt, die dürren Beine knicken ein. Eine kniende Frau bemüht 


2 5 ) Früher im Kreuzgang der Agidienkirche und nach dem Brande 1696 stark beschädigt in der vom 
Feuer verschont gebliebenen Tctz.el-Kapelle aufgestellt. Die Anlehnung an Krafts Vorbilder ist gerechtfertigt. 

a6 ) Die Mitteilung verdanke ich Herrn Direktor Dr. Hampe in Nürnberg. Derselbe meint, daß Prof. 
Josef Schmitz, der Wiederhcrstcller der Kirche, heute in einem ähnlichen Falle einen Ergänzungsversuch 
nicht mehr vornehmen lassen würde. 

*") Friedrich Wilhelm HotTmann (Die Scbalduskirche in Nürnberg, 1012) bildete es in ziemlich kleinem 
Formate ab (Abb. 140 S. 209) und schrieb es auf S. 150 und 210 dem Veit Stoß zu! Loßnitzcr (vgl. 
Anm. 32) erwähnt das Relief nicht. 


Repertorium für Kunstwissenschaft. XXXIX. 


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Abb. 7. Adam Kraft, Auferweckung des Lazarus in der Bausammlung der Sebalduskirche zu Nürnberg. 


sich, von (len Beinen des Lazarus das Gewand zu lösen. Links von der Säule steht 
Christus in gebeugter Beinstellung, beide Hände nach vorn erhoben. Eine Frau 
hinter ihm, die die Rechte wie beteuernd auf ihre Brust gelegt hat, berührt mit der 
Linken die Brust Christi. Hinter der Frau ist ein Mann sichtbar, dessen Oberkörper 
ganz fehlt. Auch er hat sich Christus zugewandt. Mit der linken Hand hat er die 


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Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


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Mantclseite erhoben. Rechts von der andern Säule, also auf dem rechten Drittel des 
Reliefs, steht auf dem Steindeckel vom Grabe ein uns den Rücken kehrender Mann. 
Rechts von diesem ist eine angelehnte Hacke sichtbar, dahinter der Rest einer Figur. 
Die Gestalten sind in verschiedenen Plänen angeordnet, so daß sich die vordersten 
wie Rundfiguren, die hintersten nur reliefartig, aber auch kräftig vom Hintergründe 

abheben, wie bei Krafts Stationen. 

• • 

Überhaupt weist der Stilcharaktcr des Steinwerkes so unverkennbar Zug für 
Zug auf Krafts Stationen, die, wie oben ausgeführt wurde 28 ), die frühesten uns be¬ 
kannten Werke des Meisters zu sein scheinen, daß auf weitere stilistische Beweis¬ 
führung einzugehen eigentlich unnötig wäre, wenn nicht Fr. W. Hoffmann verkehrter- 
wcisc Veit Stoß als Schöpfer ausgegeben hätte. Um aber 
jeden Zweifel über die Autorschaft Krafts zu bannen, sei 
wenigstens auf einige stilistische Merkmale verwiesen. Die 
runde Falte über dem rechten Knie bei Christus (Abb. 7) 
hat Meister Kraft ähnlich bei dem sinkenden Christus der 
zweiten Station (Abb. 6) und dem gesunkenen Hei¬ 
land der dritten Station (Abb. 8) verwendet. Das 
Bewegungsmotiv, wie die Frau die Brust Christi berührt, 
läßt sich mit der Haltung der Hand des Landsknechtes, 
die auf die Schulter des Simon sanft gelegt ist, rechts auf 
der zweiten Station vergleichen (Abb. 6). Menschliche 

Rührung spricht beide Male aus diesen Gesten. Die uns 
• 

den Rücken kehrende männliche Gestalt auf dem Lazarus- 
rclief rechts trägt den ähnlichen Rock mit Parallelfalten wie 
der Scherge, der auf der Harsdörferschcn Kreuztragung 2 9 ) 
in St. Sebald zum Schlage ausholt. Für weitere Merkmale 
mögen die beigegebenen Abbildungen selber sprechen. 

Wenn bis heute kein Grund entscheidend dagegen spricht, die Stationen als 
Frühwerkc Krafts anzusetzen, so müssen wir auch die Kntstchung des Lazarus- 
Reliefs in der Zeit der Stationen, also vor der Arbeit am Schreyerschcn Grabmal, 
annehmen. Die Wirkung der Gestalten muß einst sehr lebendig gewesen sein, und 
zweifellos haben wir das interessante Fragment einer bedeutenden Schöpfung Krafts 
vor uns. Wie handwerksmäßig wirkt dagegen die Harsdörfersche Kreuztragung in 
der Sebalduskirche! 



Abb. 8. Adam Kraft, Christus 
aus der dritten Station zu 
Nürnberg. 


Eine frühere Vermutung wird zuweilen kritiklos übernommen und bekommt 
im Laufe der Jahre den Anschein der Gewißheit. Ihre Beseitigung stößt dann auf 


-*) Vgl. Seite 138 ff. 

* 9 ) Vgl. Anmerkung 14. Abgcbildct bei Daun, Adam Krallt und die Künstler seiner Zeit, Taf. X, 3. 

19 * 


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Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung 


Schwierigkeit. So wurde die steinerne Madonna außen an der Tetzcl-Kapclle 
• • 

der Agidicnkirchc zu Nürnberg (Abb. 9) von der älteren Kraft-Forschung für ein 
Jugendwerk Adam Krafts ausgegeben, war man doch von dem Gedanken irregeleitet, 
alle Steinwerke von Qualität aus der damaligen Zeit müßten von Kraft herrühren. 
Vor neunzehn Jahren wies ich darauf hin, daß schon die Bezeichnung »Jugendwerk« 
eine Unsicherheit im Urteil und die Erkenntnis, daß die Tetzcl-Madonna sich von 
Krafts Werken unterscheide, in sich schließt 3°). Wie sollte man sonst auch auf die 
Annahnu Jugendwerk« gekommen sein, da eigentliche Jugendwerke von Kraft über- 



Abb. 10. Veit Stoß, Detail aus dem Bamberger Altarschrcin. 


haupt nicht bekannt sind und die Madonna undatiert ist. Aus dem Tctzel-Wappen an 

der Konsole geht nur hervor, daß sie von einem Glicde der Familie, die schon Ende des 

• • 

14. Jahrhunderts die Tctzel- Kapelle an der alten Agidicnkirchc hatte erbauen lassen 3 * j, 
gestiftet ist. Im Gegensätze zur früheren Annahme glaube ich nachweiscn zu können, 
daß die Madonna erst nach Krafts Tode (1509) entstanden und ein recht gutes Werk 
des Veit Stoß aus dessen Spätzeit ist 3 *). 


3 °) Adam Krafft und die Künstler seiner Zeit, 1897, S. 91. 

3 1 ) 1395 wurde die gotische Tetzel-Kapellc errichtet; sie blieb beim Brande (1696) der ursprünglich 
als romanische Basilika erbauten Agidicnkirchc verschont. 

3 S ) Bisher ist die Tctzel-Madonna nirgends für Stoß in Anspruch genommen. Loßnitzcr (Veit Stoß, 
Die Herkunft seiner Kunst, seine Werke und sein Leben, 1912, S. 117, Anm. 369) behauptet, daß die »schöne* 
Madonna mit dem Tetzeiwappen an der Tctzelkapcllc der Agidicnkirchc in entfernteren Beziehungen zu der 
Maria mit Kind im Vorrat des bayr. Nationalmuscums, der rechten Hälfte einer Sippcndarstcllung, steht. Eine 
Entscheidung über diese Münchner Madonna (Photographie Teufel, München, Nr. 4509) wagte Loßnitzcr nicht. 


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Daun, Rin Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


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Sichere Werke sind von andern zeitlich getrennten Arbeiten desselben Meisters 
wegen des Stilwandels zuweilen so verschieden voneinander, daß jegliche Verbindung 
fehlt. Tritt bei unbeglaubigten Werken die Kunstweise des betreffenden Meisters 



Abb. 9. Veit Stoß, Tctzel-Madonna 
an der Tetzel-Kapelle zu Nürnberg. 



Abb. 11. Veit Stoß, Madonna zu 
Glogau. 


auch deutlich genug hervor, so ist doch der letzte überzeugende Beweis besonders 
dann schwierig, wenn äußere stilistische oder technische Merkmale fehlen. In solchem 
Falle braucht die Zuweisung noch nicht zu allgemeiner Anerkennung zu zwingen. 
Daraus erklärt sich das Schwanken der Forscher zwischen Schul- und Meisterwerk, ja 
die jüngere Kunstforschung neigt dazu, neue unbekannte Meister oder Schüler zu 
konstruieren. 


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150 


Der allgemeine Stoß-Charakter tritt in der Tctzel-Madonna fraglos hervor; 
die etwas steife Kopfhaltung, aus der stolze Zurückhaltung spricht, ist für die Figuren 
des Veit Stoß typisch. Die stehende Johannisgcstalt im Schrein des Krakauer Ma¬ 
rienaltars, wenn auch in des Meisters früher Krakauer Zeit (1477—1486) entstanden, 
hält den Kopf ähnlich steif. Auch der Johannes von der heute in der Sebalduskirchc 
befindlichen Kreuzesgruppe 33 ) oder der kniende musizierende Engel im Bamberger 
Altarschrein (Abb. 10) könnte als Vergleich herangezogen werden. Ein ganz sicheres 
Merkmal, das auf dieselbe Schöpferhand weist, aber findet sich bei der Glogaucr 
Madonna von 1505, einer Stiftung des Herzogs von Glogau Sigismund von Polen 34) 



Abb. 12. Veit Stoß, Detail aus dem Bamberger Altarschrcin. 


(Abb. 11). Die Durchbildung der rechten Hand, die das Kind hält, entspricht ganz 
der Linken der Tctzel-Madonna. Beidemal kehren die Richtung in der Handhaltung, 
die drei zusammenlaufendcn dünnen mittleren Finger und der seitwärts davon ge¬ 
stellte kleine Finger wieder. Das sind ganz untrügliche Zeichen, die denselben Meister 


33 ) J. Schmitz, Dcnkmalspllegc VI, 1904, S. 16, erkannte bei der letzten Kirchenrestauration, daß 
Maria und Johannes nicht ursprünglich zu dem 1520 für Nikolaus Wickel gefertigten Kruzifix des Hochaltars 
gehört haben und beide erst auf dem 1663 errichteten Barockaltar zusammcngestellt worden sind. Loßnitzer 
(S. 110) stimmt meiner Ansicht bei, daß die beiden Trauernden stilistische Beziehungen zu den Volckameri- 
schen Holzfigurcn Christi und Mariä in St. Sebald (an der steinernen Konsole unterhalb Christi das Zeichen 
des Veit Stoß, an der unter Maria 1499) haben, und daß die Maria unter dem Kreuze eine Weiterbildung 
dieses Typus ist. Die Entstchungszeit der beiden Figuren, die auf Grund der alten Farbenreste neu bemalt 
sind (seit 1663 waren sie dunkel überstriehen), mag etwa 1506/7 sein. 

3 <) Vgl. Daun, Die Glogaucr Steinfiguren des Veit Stoß, Monatshefte für Kunstwissenschaft, 1914» 
VII, 3, S. 104—112. 


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151 


voraussetzen, und das gilt auch von den Lockenköpfen der Kinder. Aber die Glogauer 
Figuren, so sehr sie auch den ganzen Stoß-Charakter aussprechen, sind weder urkund¬ 
lich beglaubigt noch mit dem Meisterzeichen signiert! — Es ließe sich also einwenden, 
daß durch die Glogauer Werke der letzte zwingende Beweis für die Tetzel-Madonna 
doch noch nicht erbracht sei. 

Auf einem beglaubigten Werke des Veit Stoß jedoch lassen sich untrügliche 
handgreifliche Merkmale, die bei der Tetzel-Madonna wiederkchrcn, feststellen: auf 
dem signierten Bambcrger Altar von 152335). Das Motiv der cingeknickten, 



Abb. 13. Veit Stoß, Darstellung im Tempel, Flügelrelief vom Bamberger Altar. 

rohrartigen Falte im Gewände in der Gegend des verdeckten linken Knies bei der 

• • 

Tetzel-Madonna ist zweimal in den Parallelfaltcn des weiten rechten Ärmels beim 

musizierenden Engel neben der Maria im Bamberger Altarschrein (Abb. 12) und 

• • 

dreimal in dem Ubergewande der uns den Rücken zukehrenden Frau auf dem unteren 
rechten Flügelrelief der Darstellung des Kindes im Tempel in der heutigen 
Zusammenstellung des Bamberger Altars wiederzufinden (Abb. 13 und 14) 3 *). Außer- 

35 ) 1521—1523 für die Karmeliterkirche zu Nürnberg gearbeitet. Der Altar blieb nach Vertreibung 
des Priors Andreas Stoß, des Sohnes des Veit, aus Nürnberg (1525) unvollendet und wurde Gegenstand eines 
längeren Prozesses (vgl. Nürnberger Kreisarchiv S. I, L. 103, Nr. 3, Fol. 49—52). Später gelangte er 
in die Obere Pfarrkirche zu Bamberg. 

3 6 ) Auch unten rechts in der Mantclfalte bei der Maria auf dem Verkündigungsrelicf im Kcstncr-Muscum 
zu Hannover, das der Zeit des Bamberger Altars angehört, ist dasselbe Motiv verwendet. Nicht nur ein Ent¬ 
wurf des Veit Stoß und seine Anleitung sind bei der Ausführung wahrscheinlich, wie Loünitzcr S. 148 meint; 
der spätere Stil des Meisters tritt deutlich genug hervor, wie der Vergleich mit den beiden unteren Bamberger 


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»52 


Daun, Ein Beitrag zur Kraft- und Stoß-Forschung. 


dem ist bei beiden Werken die Gcwandbchandlung analog. Bei Breite und Klarheit 
der Motive, die die Körperformen und Bewegungen deutlich zum Ausdruck gelangen 
lassen, tritt die Vorliebe für Knitterfalten auf, freilich viel weniger überladen als auf 
dem Krakauer Maricnaltar. Auch die wagerecht liegenden kurzen Qucrfaltcn sprechen 
für dieselbe ausführende Künstlerhand. Und noch drei andere untrügliche Merk¬ 
male bei der knienden Maria der Bamberger Anbetung des Kindes im Mittelschrcin 
(Abbildung 12) beweisen, daß Veit Stoß selber der Meister der Tetzel-Madonna ist: 
erstens laufen unter dem unteren Teil des breiten, glatten Halskragens straffe 
Parallel falten über der Brust hervor, zweitens ist die Öffnung der nieder¬ 
blickenden Augen infolge der tief gesenkten oberen Lider sehr schmal, und drittens 
fehlt beidemal das Grübchen am Kinn nicht und ist die Mundbildung mit der 
hängenden Unterlippe analog. Alle diese technischen Merkmale beseitigen den letzten 
Zweifel, daß der schon hochbetagte Stoß die Tetzel-Madonna gemeißelt hat, und 

) 

'/ 

3 . 

Abb. 14. i. Faltenmotiv aus Abb. 13; 2. Faltcnmotiv aus Abb. 13; 

3. Faltcnmotiv von der Tetzel-M idonna (Abb. 9). 



lassen zugleich eine nähere Datierung der Statue zu. Da der Bamberger Altar laut 
Signum bis zum Jahre I 5 -3 geschnitzt war, muß auch die Madonna als Spätwerk 
des Meisters, das von der Holzmadonna vom Stoß-I lause stilistisch und zeitlich 
getrennt ist, in diese Spätzeit gerückt werden. Die Qualität der Tetzel-Madonna ist 
außerordentlich gut und hält der mehrere Jahre früher entstandenen Steinmadonna 
am Weinmarkt durchaus die Wage 37 ). 


Flügelrcliefs beweist. Auch findet sich der Fransenbesatz am Mantel des Engels bei dem knienden musi¬ 
zierenden Engel im Bamberger Altarschrein (Abb. 10) genau so wieder. Weiter kann ich Loßnitzer nicht zu¬ 
stimmen, daß auf dem zweiten Relief der Beschneidung in Hannover die handelnden Personen teilnahmslose 
Statisten ohne Beben und Bewegung bleiben. -— Jener Knick in der rohrartigen Falte zeigt sich auch auf 
der Darstellung des ersten und zweiten Gebotes bei dem vor dem Kreuze Knienden vorn und bei der knienden 
Frau der Darstellung des sechsten und achten Gebotes. (Die sechs Reliefs mit der Darstellung der zehn Ge¬ 
bote von 1524 im Münchener Nationalmuscum hatte ich im Jahre 1900 [Jahrb. d. K. Pr. Kunsts. B. XXI, 
S. iS«) ff.] Stoß zugewiesen und muß auch heute noch entgegen den anfechtbaren Meinungen von Halm, 
Joscphi und Boßnitzcr daran festhalten. Vugc [Monatsh. f. K. iqio, S. 242] trat für meine Zuweisung ein.) 
Das einem geknickten Rohre gleichende Faltcnmotiv findet sich auch bei dem hnchgcliobcnen Mantelzipfel der 
Glogaucr Madonna etwas tiefer unter dem linken Arme (Abb. 11). Also noch ein weiterer Beleg für Veit Stoß 
als Meister der Glogaucr Figuren. 

37 ) Die Madonna am Weinmarkt ist also, wie Boßnilzcr S. 138 irrig behauptet, keineswegs die letzte 
Steinarbeit des siebzigjährigen Meisters. 


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Bock, Leonardofragen. 


153 


LEONARDOFRAGEN. 

VON 

FRANZ BOCK. 

Als Beitrag zur Lösung der an das Krakauer Bildnis sich knüpfenden Fragen 
ii hat Frl. Dr. Voigtländer in Nr. 39 der Kunstchronik l ) auf die Handzeichnung eines 
Frauenkopfes in Stockholm hingewiesen (Abb. im Albertina-Handzeichnungswerk 
IX, 960 und Kunstchronik N. F. XXVI, 473). Die Verf. meint sehr bestimmt, die 
Zeichnung sei »zweifellos eine genaue Vorstudie zu dem fraglichen Bildnis« und 
»zweifellos« rührten Bild und Zeichnung von derselben Hand her, von Boltraffio. 
Ich kann leider nicht finden, daß die Verf. diese und andere Thesen ihres Aufsatzes 
zu erweisen vermocht hat. Eine Studie zu dem Bilde von der gleichen Hand müßte 
doch zunächst dasselbe charakteristische Bewegungsmotiv aufweisen. Von der be¬ 
tonten Kontrapostdrehung des Krakauer Bildnisses mit der Diagonallinie der 
Schultern und der vorgeschobenen linken Schulter sehen wir aber auf der Stock¬ 
holmer Zeichnung nichts. Die gegensätzliche Wendung von Brust und Kopf ist nur 
ganz schwach angedeutet. Ich habe dann eine möglichst große Zahl von Handzeich- 
zeichnungen der Mailänder Schule verglichen 1 ): überall ein großformiger, die Bild¬ 
fläche mehr füllender Maßstab, ein rundendes Lineament, eine plastischere, schwellende 
Modellierung, kurz, ganz abgesehen von dem Krakauer Bild und Boltraffio, das Re¬ 
sultat, daß die Stockholmer Zeichnung überhaupt nicht mailändisch, ja sogar nicht 
italienisch ist. Auch unter den dreißig fraglos mailändisch-leonardesken Handzeich¬ 
nungen in Beltramis Ambrosiana-Handzcichnungswerk findet sich nicht eine, durch 
die sich die Zuschreibung an die Mailänder Schule stützen ließe. Dieser kleinfigurige, 
im Lineament kantige, in der Bewegung eckige 3 ) f in der Modellierung flache Zeit¬ 
stil ist ja Gotik, nordische Gotik. Daß in der Tat die Einreihung der fraglichen Zeich¬ 
nung unter die »Altniederländische Schule um 1500« durch Meder gar nicht merk- 

*) Dieser Aufsatz wurde im September 1915 geschrieben und Anfang Oktober 1915, vor dem Erscheinen 
von Bodes Aufsatz, der Schriftleitung eingesandt. Vgl. jetzt dazu noch Bode, Leonardos Bildnis der jungen 
Dame mit dem Hermelin, Berliner Jb. Bd. 36, 189 (1915, Heft 4) und, als Erwiderung darauf, kürzlich 
Seidlitz, Leonardo da Vinci und die Dame mit dem Hermelin, Preuß. Jahrbücher 1916, Juni. Abgesehen von 
dem geringen, mir jetzt zur Verfügung stehenden Raum ist eine eingehendere Erörterung und eventuelle 
Widerlegung dieser beiden Aufsätze schon durch den ganz andern Gang jener Untersuchungen ausgeschlossen. 
Gegen die Methode des einen wie des andern Forschers wäre m. E. manches zu sagen. Unter anderem scheint 
mir schon die völlige Verquickung des Krakauer Bildnisses mit der Krage der Ambrosiana-Bildnisse bei Seidlitz 
wenig glücklich zu sein; ebenso bei Bode die Verbindung mit der Grottenmadonna-Frage. — Bode und Seidlitz 
gehen auf den Aufsatz von Voigtländer nicht ein. 

*) Ich nenne nur die wichtigsten aus dem Albertinawerk: II, 194, III, 310, III, 317 u. 334, 352, IV, 
379, 426, VII, 747, XI, 1219 u. 1220. 

3 ) Das soll nicht etwa ein Tadel sein, wie man es ja auch heute leider noch als Ausdruck allgemeiner 
Verständnislosigkeit gegenüber der Gotik lesen muß. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 20 


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Bock, Leonardofragen. 


würdig, sondern durchaus richtig ist, zeigt der Vergleich mit folgenden nieder¬ 
ländischen Zeichnungen im Albertinawerk, die denselben Zeitstil und Schulstil 
aufweisen, auch wenn sie- zeitlich zum Teil erheblich früher entstanden sind: 
Albertina, männliches Bildnis (III, 307), Wien, Akademie, weibliche Halbfigur 
(V, 561) und ehemals Prag, Lanna, Kopf- und Handstudien (XII, 1407). Hier, 
und nicht in der von Voigtländer (Sp. 475 oben) angeführten Boltraffio-Zeichnung 
in Windsor, sind wir m. E. dem wahren Urheber der Stockholmer Zeichnung 
ganz nahe, der unter den von Gerard David ausgehenden niederländischen Früh- 
italisten etwa in der Richtung Patinir zu suchen ist. In den männlichen Figuren 
von Patinirs Wiener Taufe Christi haben wir denselben Zeitstil und Schulstil wie in 
dem Stockholmer Blatt; noch näher steht ihm der Madonnentypus der Wiener Ruhe 
auf der Flucht von Patinir; auf Massys* Brüsseler Sippenbild finden wir in der Maria 
rechts genau denselben nordischen Kontrapost; und bei Joos von Kleve (Meister 
des Todes Mariä) hat eine Figur wie die h. Katharina auf dem linken Flügel des 
Berliner Dreikönigsaltars nicht nur wieder denselben Zeitstil und Schulstil in allen 
wesentlichen Zügen, sondern sie ist sogar viel leonardesker, als diese angebliche Studie 
zu dem Krakauer Bilde. 

Ich habe diese allgemeinere Untersuchung des Zeitstiles und Schulstiles der 
Stockholmer Zeichnung vorangestellt, weil sie ja wohl schon zur Genüge dartut, daß 
Voigtländer sich durch äußere, oberflächliche Ähnlichkeiten des Modells (wie oft sehen 
sich in der Natur zwei wildfremde Menschen verblüffend ähnlich!), des Konturs bei 
derselben Kopfhaltung und einer malerischen Modellierung im allgemeinen über die 
wesentlichen und entscheidenden Unterschiede des Zeit-, Schul- und Individualstiles 
hat täuschen lassen. 

Dieser Weg schien mir außerdem geboten zu sein durch die noch sehr schwachen 
Grundlagen unserer ganzen Bol traf f io-Vorstellung. Es wäre sehr erwünscht, daß 
sich Scidlitz, der das ganze einschlägige, weit verstreute und zum Teil nicht leicht 
zugängliche Bildermatcrial aus Anschauung kennt, zu einer gründlichen monographi¬ 
schen Behandlung dieses Meisters entschließen könnte. Er würde dann wohl auch 
manche Ansichten seines Preda-Aufsatzes und seines Leonardobuches revidieren. 

Gerade diese Streitfragen, bei denen es sich ja in Wahrheit nicht um die kleinen 
Schüler, Gesellen und Nachtreter (Boltraffio, Preda usw\) handelt, sondern um die 
Großen und Größten und damit zugleich um unsere Vorstellung von Genialität über¬ 
haupt und von ganzen Zeitstilen, können nicht oft genug durchgenommen werden. 
Nichts ist manchmal ein größeres Hemmnis für die lebendig fortschreitende Forschung, 
als ein dickes, angeblich abschließendes Buch einer Autorität. Man denke an die 
lange Stagnation der Dürerforschung nach Thausings Buch; man sieht es auch an der 
Grünewaldforschung. Auch bei Leonardo ließen die (mit einer Ausnahme 4)) auffallend 

*) Gronaus auf die Streitfragen mit sachlichen Argumenten eingehende Anzeige Monatshefte f. Kunst¬ 
wissenschaft Ill t Nr. 11. 


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Bock, Leonardofragen 


1 55 


bequemen und oberflächlichen Rezensionen der zusammenfassenden Monographie 
von Seidlitz eine solche langdauernde Stagnation befürchten 5 ). Glücklicherweise 
scheint aber u. a. auch die gegenwärtige Ausstellung der Sammlung Czartoryski in 
Dresden erfreulich in der entgegengesetzten Richtung zu wirken, abgesehen von dem 
starken Revisionsanstoß durch die Petersburger Madonna 5 6 7 ). 

So tritt man auch den Verdiensten der fleißigen und gründlichen Preda- und 
Leonardo-Schriften von Seidlitz nicht zü nahe, wenn man sagt, daß die ebenso 
schwierigen wie wichtigen stilkritischen Streitfragen, die sich an die Jugendwerke 
Leonardos und an eine Gruppe von Werken der ersten Mailänder Zeit knüpfen, durch 
Seidlitz noch nicht endgültig gelöst sind — von höheren kunstgeschichtlichen und 
kunstkritischen Problemen ganz zu schweigen. Der Preda-Aufsatz (im Wiener 
Jahrbuch, Bd. 26, 1906) überzeugt m. E. wohl in dem negativen Resultat, d. h. in der 
Ausscheidung all jener minderwertigen Nachahmerzeichnungen aus dem echten Werk 
Leonardos, die bei Müntz, Rosenberg 7 ) und leider auch bei Müller-Walde die Leonardo¬ 
vorstellung trüben und fälschen. Damit hat Seidlitz wohl endgültig bestätigt, daß 
schon lange vorher der große Bahnbrecher Morelli bezüglich der echten und unechten 
Leonardozeichnungen richtig gesehen hatte. Daß nun aber all diese an 50 Zeichnun¬ 
gen und dazu die ganze Reihe der Bilder von dem einen Ambrogio Preda herrühren, 
das hat Seidlitz m. E. nicht erwiesen 8 9 ). Ganz abgesehen von der Gruppe der Pala 

Sforzcsca der Brera (vgl. unten) zieht sich durch den ganzen Aufsatz, dann durch das 

• • 

Leonardobuch, weiter aber auch durch Gronaus und Paulis verschiedene Äußerungen 
zur Mailänder Schule und endlich durch den Aufsatz von Voigtländer ein unklares 
Schwanken zwischen Boltraffio und Preda, das deutlich zeigt, wie schwierig die Werke 
dieser beiden gegeneinander abzugrenzen sind. Bezüglich der Bilder sei z. B. daran 
erinnert, daß dieselbe Berliner Auferstehung — ganz abgesehen von Bodes Festhalten 
an Leonardo 9 ) — von Seidlitz Preda, von Wölfflin Boltraffio und von Gronau Unbe¬ 
kannter Meister genannt wird. 


5 ) Bode weist mit Recht das Verfahren mancher Gelehrter zurück, ihre Meinung als »die maßgebende 
Forschung» hinzustellcn. Es entsprach z. B. einfach nicht den Tatsachen, wenn Paulis Anzeige des Scidlitz- 
schen Buches in dieser Zeitschrift die Anerkennung von nur fünf erhaltenen eigenhändigen Gemälden Leonardos 
durch Seidlitz und sie als allgemein anerkannte, ausgemachte Tatsache hinstellte. Gerade diese Rezension 
schob dabei die Handzeichnungen, die Grundlage unserer ganzen Bemühungen, mit einer bequemen Hand¬ 
bewegung beiseite. 

6 ) Vgl. Bode, und Gronaus Anzeige des Buches von Thijs, Rep. Bd. 38, 139 . 

7 ) Noch in der neusten 3. Auflage sind 55 unechte Zeichnungen abgebildct, während die wichtigsten 
echten Blätter fehlen. 

8 ) Seidlitz täuscht sich, wenn er vor dem allgemeinen Leserkreise der »Pr. Jbr.» sagt, man habe all¬ 
mählich soviel Werke »übereinstimmender Art» gefunden, und er habe »ein so lückenloses Bild von seiner 
Entwicklung» gezeichnet, daß man sagen könne, die Persönlichkeit sei genügend klar Umrissen. 

9 ) So auch jetzt noch, mit zum Teil m. E. nicht überzeugenden, zum Teil sonderbaren Gründen. 
Bodes Angabe, daß gerade hier »kaum der Versuch einer Widerlegung» seiner Ansicht gemacht sei, erledigt 
sich durch den Hinweis auf Morelli und Seidlitz. Die echte Uffizienzeichnung von 1478 ist m. E. weder eine 
Studie zum Engel der Taufe Christi, wie Seidlitz wollte, der darnach dieses Bild zu spät datierte, noch zum 

20* 


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Bock, Leonardofragen. 


156 


Dabei liegen die Dinge bei Prcda wahrscheinlich noch komplizierter, als sic 
nach Seidlitz' Aufsatz erscheinen. Denn man hat bisher übersehen, daß nach der 
so unendlich wichtigen Urkunde von 1483, deren Nichtkenntnis zu einer so erheblichen 
Fehlerquelle für das ganze Seidlitzschc Buch geworden ist xo ), die Bruderschaft der 
Empfängnis Mariä den Altar für ihre Kapelle in S. Francesco zu Mailand Leonardo 
und den Brüdern Johannes Evangelista und Johannes Ambrosius Preda in Auftrag 
gegeben hat. (Vgl. Biscaro, Arch. stör. lomb. Bd. 37, 1910.) Wir können also nicht 
die beiden zur Felsgrottenmadonna gehörigen Londoner Musikcngel als urkundlich 
gesicherte Werke »Predas« zum Ausgangspunkt nehmen 11 ), sondern es erhebt sich 
die Frage: Wo haben wir nun den Evangelisten und wo den Ambrosius? Von Am* 
brogio, dem bisher allein bekannten Preda, haben wir ein sicheres, deutlich »Am¬ 
brosius« bezeichnetes Bild, das Wiener Kaiserbildnis von 1502. Wenn nun der nicht 
nur erheblich bessere, sondern in der ganzen Formensprache auch stark verschiedene, 
sanfte junge Mann in London von 1494 — daß es Archinto ist, ist nicht ganz sicher — 
gar nicht von derselben Hand herrührte I2 ) ? Und wenn weiter die zwei Londoner Engel, 
von denen nur der Lautenschläger mit dem Wiener Bildnis ganz übereinstimmend 
zusammengeht, von zwei, zwar brüderlich nahe verwandten, aber doch verschiedenen 
Händen herrührten? Manches jetzt schier unbegreifliche Rätsel in der Entwicklung 
»Predas« würde sich so vielleicht leichter lösen. ... 

Ebenso unsicher und schmal ist dieGrundlagc unserer Boitraffio-Vorstellung. 
Die bei Seidlitz mehrfach (Leonardo I, 157, 241, 273, II, 298) wiederkehrende Angabe, 
daß Boltraffio 1490 sicher Schüler und Werkstattgenosse Leonardos gewesen sei, 


h. Leonhard der Berliner Tafel, wie Bode meint, sondern eine der von Leonardo neu geschaffenen, typischen 
Gegenüberstellungen von Greis und Jüngling. Vgl. meinen Anm. 15 genannten Aufsatz. Höchst wunderlich 
ist die schon von Seidlitz (Pr. Jbr. S. 504) widerlegte Meinung Bodes, daß die gar nicht zu der bildkünstlerischen 
Skizze gehörende Maschinenzeichnung das »mit einem Pfahl am Hinterkopf befestigte» Attribut des Heiligen (!) 
sei. Soviel ich zurzeit feststellen kann, ist übrigens das Rad gar kein Attribut des h. Leonhard. Auch daß 
Müller-Walde die Berliner Tafel »ergreifend großartig» gefunden hat, ist kein Argument für ihre Originalität. 
Andrerseits ist die Frage auch mit Seidlitz* glatter Zuschreibung an Preda nicht abgetan — ganz abgesehen 
von der Frage der zwei Predas —, sondern auch hier wäre besonders zu untersuchen, 1. ob Konzeption 
und eventuell Untermalung auf Leonardo zurückgehen können, und 2. wer der ausführende Schüler war. 

,0 ) Er hat die echte Pariser Felsgrottenmadonna um rund 10 Jahre zu spät angesetzt, wodurch natürlich 
seine ganze Chronologie, namentlich auch bezüglich der Anbetung der Könige, erheblich schief geraten ist. 
Jetzt kennt er zwar das Datum 1483, sagt aber mit der ihm eigenen Unklarheit einmal (S. 506), Leonardo 
habe »dann» das Mittelbild, die (Pariser) Grottenmadonna, geliefert, und weiter (S. 507), Leonardos Mailänder 
Periode beginne mit der Pariser Grottenmadonna, »die jedenfalls vor der Mitte der 90er Jahre vollendet war». 
M. E. muß die echte Pariser Grottenmadonna nach dem ganzen Stil sogleich um 1483 ausgeführt sein. Die 
Urkunden widersprechen dem nicht. Die ganze Grottenmadonnafrage bedarf, zumal nach den viel zu weit¬ 
gehenden und m. E. falschen Folgerungen, die Bode und Bcltrami aus den neuen Urkunden (Rass. d’artc 
IQIS) gezogen haben, einer eingehenden Sonderuntersuchung. Vgl. auch Seidlitz, Pr. Jbr. S. 507. 

,! ) So auch jetzt noch Bode und Seidlitz. 

w ) Auch Bode stiegen jetzt vor dem Archinto Zweifel auf, freilich nicht wegen des Stil- und Qualitäts¬ 
unterschiedes von dem Wiener Kaiserbildnis, sondern wegen des Mgr., das, wie auch Seidlitz jetzt zugibt, 
nicht sicher auf Ambrogio Preda zu deuten ist. 


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157 


beruht auf einem Irrtum, denn der am 2. April 1491 von Leonardo selbst erwähnte 
Schüler hieß Jakob, nicht Johann Anton (vgl. Rep. 34, 450). Das früheste biographi¬ 
sche Datum ist erst 1498. Damals war Boltraffio vorübergehend in Mantua. Sollte 
das damals im Aufträge der Herzogin Isabella Sforza entstandene Bildnis (eine 
Kopie) des verstorbenen Königs Ferdinand von Aragon nicht mehr vorhanden sein? 
Das früheste sichere datierte Werk ist gar erst aus dem Jahre 1500, die Madonna 
Casio des Louvre, wobei die Angabe Vasaris die »urkundliche« Stütze abgeben muß. 
Alles, was vorher liegt, und das Meiste sonst, ist lediglich stilkritische Zuschreibung, 
also immerhin möglicherweise Irrtümern unterworfen. Hier kann es sich nur um einige 
Hinweise handeln, die zu kritischer Nachprüfung auffordern möchten. Sind alle die 
Bilder der ziemlich langen Listen, die Carotti (Le gallerie nazionali italiane IV), 
Bcrcnson (North Italian Paintcrs) und Pauli (Thieme und Becker, Künstlerlexikon 
IV), die unter sich keineswegs übereinstimmen, aufgestellt haben, wirklich von einer 
Hand und von Boltraffio? Ein so ausgezeichneter, kritischer, über eine beneidens¬ 
wert umfangreiche Autopsie verfügender Kenner, wie Berenson, schreibt Boltraffio 
eine von Berlin (Nr. 1281) nach Münster i. W. (Nr. 47) abgegebene Madonna von 
1501 zu. Nun hat aber Pauli vor wenigen Jahren nachgewiesen (Rassegna d’artc 
XII), daß dieser angeblich bezeichncte und datierte Boltraffio eine nach 1513 ent¬ 
standene Kompilation aus Stichen Dürers und L. v. Leydens ist. Wenn nicht das 
Ganze eine moderne Fälschung ist, so ist es m. E. im günstigsten Falle eine in der 
Inschrift gefälschte minderwertige niederländische Nachahmung. Das mahnt zur 
Vorsicht. Ferner hat Emil Schäffer als Boltraffio ein weibliches Bildnis der Sammlung 
Potocki in Warschau (früher Schloß Zator) veröffentlicht (Kunsthist. Jahrb. d. 
Zentralkommission III, Beibl., 168), das m. E. von Boltraffio so verschieden ist, 
wie nur Luini von ihm verschieden sein kann und zu dem sich obendrein eine ebenso 
zweifellos luineske Rötelstudie in der Ambrosiana findet (Abb. Beltrami, Disegni di 
Leonardo e della sua scuola alla Biblioteca Ambrosiana, Mailand 1904, Taf. 24 r.). 
Weiter. Carotti führt unter den Werken der dritten Periode, des »selbständigen 
Stiles«, Boltraffios die Freskomadonna im Kreuzgang von S. Onofrio in Rom mit 
dem Datum 1513 an (manche wollten sie bekanntlich sogar Leonardo zumuten) und 
eine ganze Reihe bedeutender Kenner (Berenson, Frizzoni, Wörmann, Bode, Pauli, 
Brun) haben vorher und nachher dieselbe Meinung gehabt. Nun wissen wir jetzt, 
daß der Stifter bereits 1506 starb, und der Stil und das Empfinden und Temperament 
des hinter dem Werke stehenden Künstlers sind m. E. von der Madonna Casio und 
von der Berliner Barbara (von 1502, die also wenige Jahre vorher entstanden ist) 
völlig verschieden. Als Seidlitz dann den zutreffenden Namen Sesto aussprach 
(Leonardo I, 280 u. 440), dessen weichlich-weinerliche Empfindung aus allen Leo¬ 
nardoschülern leicht hcrauszukennen ist (vgl. Brera, h. Familie und Madonna, Peters¬ 
burg, Madonna), hat Pauli mit ausdrücklichem Widerspruch doch an Boltraffio fest- 
gehalten (Künstlerlexikon und Repert. 34, 85). Das alles beweist, wie wenig klar und 


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fest begründet die landläufige Vorstellung ist. In dem Entwicklungsgang, wie ihn 
Carotti versuchsweise gezeichnet hat, scheint es mir besonders wenig überzeugend 
zu sein, daß ein und derselbe Künstler zwischen den beiden Pastellbildnisscn der Am- 
brosiana (Abb. im Albertinawcrk Nr. 260/261, Rosenberg S. 108/109) und der Berliner 
Barbara — ganz abgesehen von der zu späten Ansetzung dieses Bildes — die so ganz 
verschiedene Pester Madonna * 3 ) gemalt haben soll, und ebensowenig will bei den Früh¬ 
werken die h. Familie im Seminar zu Venedig zu der Madonna bei Crespi in Mailand 

stimmen. Daß die Pester Madonna, nicht von Boltraffio sein kann, ist seit langem 
• • 

meine Überzeugung, die bei wiederholter Nachprüfung immer wieder bestätigt wurde *4). 
Für den Typus von Mutter und Kind kann man sich doch gewiß nicht auf die völlig 
abweichende Madonna Casio stützen, und auch alles andere, die besondere Art der 
Modellierung, Faltengebung, Lichtbehandlung scheint mir durchaus verschieden zu 
sein, dazu endlich das ganze Empfinden und Temperament. Diese beiden nicht im 
engeren Sinne formalen Kriterien scheinen mir gerade bei kleineren Talenten stil¬ 
kritisch wichtig zu sein. Die rein bildkünstlerischc Auffassung, wie sie sich im Gesamt¬ 
eindruck und in charakteristischen Einzelheiten offenbart, wechseln diese dii minorum 
gentium unter Einflüssen anderer Kunst oft stark, auch mehrfach hintereinander, 
ihr ihnen persönlich angeborenes Temperament und inneres Empfinden behalten sie 
aber immer bei, aus einem Phlegmatiker wird kein Choleriker oder Sanguiniker und 
umgekehrt. 

Andrerseits mußte man bei Seidlitz’ Prcda-Auffassung immer wieder besonde¬ 
ren Anstoß nehmen an der Zuschreibung der vielumstrittenen Pala Sforzesca, der 
thronenden Madonna mit den Kirchenvätern und der anbetenden Familie des Ludo- 
vico Moro in der Brera. Außer gegen viele andere nicht überzeugende Preda-Zuschrei- 
bungen regte sich gleich bei meiner ersten Lektüre von Seidlitz’ Aufsatz hiergegen 
der stärkste Widerspruch, den ich dann auch später bei Pauli (Rcpert. 34, 79) mit 
näherer Begründung ebenso bestimmt ausgesprochen fand. Paulis neuer Vorschlag 

* 3 ) Ich meine die kleine Madonna, nicht die große Altartafcl von l.odi, die erst neuerdings mit der 
Sammlung Palffy, früher in Preßburg, in die Pester Galerie gelangte. Kür freundliche Auskünfte bin ich 
Terey zu Dank verpflichtet. 

*«) Auch Bode führt diese angeblich »köstliche« Madonna als eine Ausnahmeerscheinung bei Boltraffio 
an, ohne daran zu denken, daß sic von anderer Hand und von Fr. Napoletano sein könne. Sic weicht aber nicht 
nur in der »Zeichnung« der Arme und Hände des Kindes von den sicheren Werken Boltraffios (Louvre, Pest) 
ab, sondern in allen kennzeichnenden Einzelheiten, im Gesamteindruck und im Temperament. Bode meint 
die Ausnahmeerscheinung damit zu erklären, daß der Maler hier Zeichnungen des Lehrers benutzt habe (»hat . . 
benutzt«, sagt er apodiktisch). Aber wo sind diese Zeichnungen Leonardos ? Und wie anders ein unter un¬ 
mittelbarem Einfluß Leonardos gemalter Boltraffio aussieht, ersieht man m. E. aus der Madonna bei Crespi 
(vgl. unten). Bodes ganzer Vergleich des Krakauer Bildnisses mit Boltraffio ist methodisch stark an¬ 
fechtbar, weil wieder die sicheren Grundlagen der Boltraffio-Vorstcllung fehlen und zudem ungenaue Be¬ 
obachtungen unterlaufen. Die stilkritisch einigermaßen sicheren Bildnisse Boltraffios sind z. B. nicht »rcgcl- 
mäßig ganz von vom oder im reinen Profil gesehen und Brustbilder ohne Hände« sondern mehrere sind in 
Halb- und Vicrtelprofilansicht komponiert und auf dem, allerdings späten, weiblichen Bildnis bei Böhler in 
München sicht man beide Arme und Hände. 


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Bock, Leonardofragen 


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des Mailänder Miniaturisten Antonio da Monza konnte aber m. E. auch nicht über¬ 
zeugen. Es muß ein bisher wenig beachteter Schüler Leonardos sein, den man ins¬ 
besondere mit Preda und mit Boltraffio kritisch zu vergleichen bisher unterlassen hat. 
Wenn nun die h. Familie in Venedig und die Pester Madonna, die sogenannten Bol- 
traffios, und die Pala Sforzesca von einer Hand stammten ? Bereits vor Paulis Anzeige 
hat Jacobsen einen, wenn auch nur flüchtigen und zaghaften, doch m. E. sehr glück¬ 
lichen Hinweis gegeben (Rassegna d’arte X, 53 und Repcrt. 33, 205), den man über¬ 
sehen hat. Er wirft ein neues, überraschend aufklärendes Licht auf die angedcutcten 
Rätsel bei Preda und Boltraffio. 

Francesco Napoletano heißt der lang Gesuchte. Auch diesen Künstler 
hat Morelli der Kunstgeschichte zurückgegeben, schon 1890 in der zweiten Auflage 
seines bahnbrechenden Werkes. Er entdeckte in der Mailänder Sammlung Bonomi- 
Cereda eine thronende Madonna zwischen Johannes d. T. links und Sebastian rechts 
mit der deutlichen Bezeichnung »Franciczo Napolitano« (heute im Züricher Museum) 
und bestimmte diesen Meister dann auch gleich als den Urheber der kleinen, sehr 
leonardesken (und zwar unter Einfluß des frühmailänder Stiles Leonardos, den wir 
erst in Zukunft durch die richtige zeitliche Ansetzung der Grottenmadonna und der 
Pariser Verkündigung einerseits und des Hieronymus und der Anbetung der Könige 
andrerseits richtig erfassen werden) Madonna im Zimmer der Brera (Nr. 278). Morelli 
und C. Justi gerieten dann durch Identifizierung dieses Mailänders mit dem Fran¬ 
cesco Pagano, der in Valencia arbeitete, auf eine falsche Spur (vgl. Malaguzzi, Brera- 
Katalog 1908, 162), und der neue Leonardoschüler wurde zunächst so wenig beachtet, 
daß er in Berensons Buch über die norditalienischen Maler nicht vorkommt. Erst 
ganz neuerdings hat sich sein Werk dann durch glückliche Entdeckungen an weit 
zerstreuten Orten vermehrt und ist noch immer im Wachsen. Wir kennen nun außer 
den beiden genannten Bildern 3. eine zweite Madonna im Zimmer, Halbfigur, mit 
Landschaftsausblick und dem nackten Kind auf einer Brüstung, bezeichnet, ebenfalls 
im Züricher Museum (aus einer Privatsammlung in Genf), 4. eine Madonna im Ge¬ 
schichtsverein zu Neu York, Halbfigur gegen dunklen Grund mit dem links sitzenden 
Kind im Hemdchen, 5. eine Madonna in der Sammlung Morison in Boston. Sie sitzt 
als Halbfigur halb nach links hinter einer Brüstung in einer offenen Loggia, vor einer 
Bogenarchitektur mit doppeltem Landschaftsausblick; links sitzt das bekleidete Kind. 
Es ist das bekannte, ursprünglich niederländische Motiv der m. E. echten Münchner 
Madonna Leonardos^). (Gerade dieses erheblich frühere Bild hat natürlich Fr. Na- 

*S) Vgl. meinen Aufsatz »Echte und unechte Leonardos», Unterhaltungsbeilage der Tägl. Rundschau, 
1914, Nr. 35. Ich habe dort auf die sehr starke Stütze der Echtheit dieses Bildes durch die neue Petersburger 
Madonna Benois und auf das Hinüber und Herüber der italienisch-niederländischen Beziehungen hinge¬ 
wiesen. Nur deshalb an dieser Stelle (Zeitungsaufsätze erschweren sonst ganz unnötig die bibliographische 
Übersicht), weil das Blatt Riccis törichte Meinung von einer angeblichen Studie Leonardos zum Musiker¬ 
bildnis der Ambrosiana wfeitergegeben hatte. Vgl. die Widerlegung daselbst. Auch Bode verficht jetzt die 
Echtheit der Münchner Madonna und weist auf die niederländischen Motive hin; Seidlitz zitiert das, ohne 


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i6o 


Bock, Leonardofragen. 


poletano nicht beeinflußt.) 6. Kennen wir eine Madonna im Besitze Sal. Reinachs iq 
Paris, Brustbild gegen dunklen Grund, an der Brust hält Maria das nackte, liegende 
Kind; 7. endlich befindet sich nochmals eine Madonna im Zimmer — epochemachend 
tritt dies malerische Helldunkelmotiv 1478 in Florenz in Leonardos Petersburger 
Madonna aut — in einer Sammlung Brauer in England (London?), Brustbild halb 
nach rechts hinter einer Brüstung, auf der rechts das fast nackte Kind mit einem 
Vogel sitzt (Abb. Rassegna d’arte V, IX, X und Burlington Magazine V und XVIII). 

Keines der sieben Bilder ist datiert oder bisher datierbar. Die Entwicklung 
wäre vielleicht so zu denken, daß die quattrocentistisch-altmailändischen Madonnen 
in Neu York und Boston, mit geringem leonardeskem Einschlag, die frühesten sind, 
daß dann die Bilder bei Brauer und Reinach folgen und endlich die auf das Stärkste 
von Leonardo abhängigen Werke in Zürich und Mailand. 

Merkwürdigerweise hat sich Morelli nicht veranlaßt gesehen, nach Handzeich¬ 
nungen des von ihm Entdeckten unter derMasse der sogenannten Leonardos zu suchen. 
Erst 1910 hat Jacobsen endlich in Francesco Napoletano den Urheber des eigen¬ 
artigen Frauenkopfes der Galerie Borghese erkannt (Silberstift, Abb. Rosenberg 
S. 94, Müller-Walde Taf. 7), und weiter die starke Übereinstimmung dieser Zeichnung 
und der Bostoner Madonna mit dem Seminarbild in Venedig einerseits und der Pala 
Sforzesca andrerseits. Näher ist er auf die so wichtige und interessante Frage nicht 
eingegangen. 

Mit der Silberstiftzeichnung der Galerie Borghese hängen aufs engste zwei 
weitere, bisher unter den Schülern Leonardos nicht unterzubringende Zeichnungen 
zusammen: der Studienkopf zu einer h. Anna im Louvre (Abb. Rosenberg S. 95) 
und der weibliche Kopf in Kontrapostdrehung mit Halskette und Stirnband der 
Ambrosiana, der früher oft als »Leonardo« abgebildet und bewundert wurde und von 
Beltrami diesem noch immer zugemutet wird (Abb. Rosenberg S. 96 und Ambrosiana- 
werk Taf. 1). Beide stimmen zugleich überzeugend mit der Pala Sforzesca überein. 
Daß Preda diese drei Zeichnungen nicht gemacht haben kann, ist, wie ich wohl an¬ 


meinen, ihm bekannten Aufsatz zu nennen. Die Petersburger Madonna (Benois), deren rechtzeitige Berück¬ 
sichtigung (entdeckt 1908 1 ) Seidlitz viele Irrtümer seines Buches erspart hätte, erkennt sogar er jetzt als 
echt an; über das Münchner Bild hat er noch immer keine bestimmte Meinung. Wenn er auf den stark be¬ 
schädigten Zustand hinweist, so ist zu sagen, daß dieses nicht der Grund der heftigen Abstreitung war, sondern 
die Formensprache an sich. Man übersehe auch nicht, daß dies Bild sehr wohl die von Vasari genannte Ma¬ 
donna mit der Vase sein kann. Merkwürdig übrigens, daß Bode, bei seiner Leonardo-Auffassung, seinem hart¬ 
näckigen Festhalten an den Ambrosiana-Bildnissen und seiner ganzen Methode, sich jene These Riccis nicht 
zu eigen gemacht hat. Der Jünglingskopf im Louvre (Abb. Rosenberg S. 69 *) sollte eine »sicher echte» »Studie 
zum männlichen Ambrosiana-Bildnis« sein, während sie klärlich weder das eine noch das andere ist. — Gerade 
wenn man, wie Verf., die Münchner Madonna für echt hält, muß man sogleich widersprechen, wenn Bode 
nun die vielgenannte Dresdner Silberstiftzeichnung als »Studie zum Oberkörper der Münchner Madonna» 
und die Kinderzeichnung der Uffizien als »Studie zum Kinde« Leonardo zumuten will. Da haben wir doch 
Handzeichnungs-Vcrgleichsmaterial genug, um zu erkennen, daß das schwache Nachahmungen Credis nach 
dem frühesten Stil Leonardos sind. 


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Bock, Leonardofragen. 


IÖI 

nehmen darf, die Meinung auch noch anderer Leser des Aufsatzes von Seidlitz. 
Diesem selben Francesco Napoletano sind ferner m. E. zuzuschreiben: der gröbliche 
Knabenkopf in Weimar (Abb. Müntz S. 33, vgl. die thronende Madonna in Zürich 
und das Seminarbild in Venedig) und der (von Seidlitz nicht genannte) halb nach 
links abwärts blickende Madonnenkopf des Britischen Museums (Nr. 475, Anderson 
18919). Seidlitz u. A. haben m. E. richtig gesehen, daß die Pala Sforzesca unbedingt 
ein jüngeres Werk derselben Hand sein muß, die die Madonna in Landschaft mit dem 
h. Rochus und einem Stifter der Sammlung Cora in Turin gemalt (Abb. Wiener Jb. 26; 
und die Madonnenstudie in London dazu gezeichnet hat (Abb. ebenda S. 5) l6 ). Gerade 
hier scheint mir die Probe auf das Excmpel ausgezeichnet zu stimmen, während ich 
nie glauben konnte, daß der (oder die?) Meister des sogenannten Archinto und des 
Kaiserbildnisses diese im Temperament so ganz verschiedenen Werke gemacht haben 
sollten, sei es auch Jahre vorher. Von derselben Hand, des Fr. Napoletano, ist damit 
auch der Kinderkopf in Berlin (Abb. Wiener Jb. S. 4), nicht aber der vielgenannte, 
in Silberstift gezeichnete Knabenkopf, Profil nach rechts, der Ambrosiana * 7 ). Ich 
habe mich nie überzeugen können, daß diese Zeichnung und die Figur des kleinen 
Max Sforza auf dem Brerabilde von derselben Hand herrühren. Mag sie denselben 
Knaben darstellen, sehr möglicherweise ja doch als Studie zu einem noch unent- 
dccktcn Bildnis, mag sie selbst eine Vorstudie zu der Pala Sforzesca sein — gemalt 
hat das Bild ein anderer, eben Fr. Napoletano. Weiter ist mit dem Frauenkopf der 
Ambrosiana, der Zeichnung, aus Preda auszuscheiden das Jünglingsbildnis in Ber¬ 
gamo, der sogenannte Page (Anderson 12857, Abb. Wiener Jb. 26), der schon durch 
seine auffallende Lichtmalcrei auf Fr. Napoletano hinweist und sich von den Londoner 
und Wiener Predas unterscheidet, und die fälschlich Preda genannte Madonna der 
Sammlung Crespi in Mailand (mit dem nackten Kind und den großen Nimben, Abb. 
Malaguzzi, Milano II, 25). Dieses nicht eben feine Bild hat die größte Wesensverwandt¬ 
schaft mit dem Seminarbild in Venedig und der Bostoner Madonna Francescos; es 
wird auch durch die übrigen sechs Bilder des Neapolitaners als sein Erzeugnis bestätigt. 

Diese h. Familie in Venedig, die Jacobscn mit der Borghcsc-Zeichnung und 
der Bostoner Madonna zusammcnstellt, führt nun hinüber zu den m. E. fälschlich 
Boltraffio zugeschriebenen Bildern und Zeichnungen. So zweifelhaft wie die Fester 

6 ) Keineswegs geht aber m. E. der Archinto mit diesen Werken ohne weiteres zusammen, wie Seidlitz 
und Bode wollen. Das eine Motiv der »Zeichnung« der Hände, das Bode anführt, genügt nicht, da cs sich 
nur um die allgemeine, neue leonardeske Grundform handelt, die all die verschiedenen Schüler abgewandclt 
haben. Bode operiert mit der ganzen Gruppe der Pala Sforzesca so: zunächst bezweifelt er, mit Grund, 
ob der Archinto, die Sforzatafel und die Madonna Cora überhaupt von A. Preda seien, dann aber benutzt er 
eben diese Bilder, die gar nicht von A. Preda sind, um diesen, ganz wie in seinen früheren Aufsätzen, als einen 
künstlerisch ganz kümmerlichen Burschen hinzustellen, und führt weiterhin im Vergleich mit seiner Berliner 
Auferstehung die Mailänder und Turiner Madonnen als »sichere Kompositionen« Predas an. Diese Methode 
findet wohl kaum allgemeinen Beifall. — Die Berliner Madonna, die Bode in engem Zusammenhang mit den 
letzten Bildern nennt, konnte ich nicht sehen, da sie aus dem Depot in ein Landratsamt abgegeben war. 

• 7 ) Abb. Ambrosiana-Werk Taf. 3. 

' Repertorium fUr Kunstwissenschaft, XXXIX. 2 I 


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162 


Bock, Leonardofragen. 


Madonna war mir immer die Silberstiftstudie, ein Madonnenkopf und ein Kinder¬ 
kopf nach rechts, in Chatsworth (Abb. Braun 48, Müntz S. 172, Taf. 6, Scidlitz, 
Leonardo II, 150). Später fand ich, daß auch Frizzoni (Morelli-Ausg. 1893, Berlin, 
S. 137) Boltraffios Urheberschaft stark bezweifelt hat. Man hat sich hier bei der 
Zuschreibung von Bild und Zeichnung im circulus vitiosus gedreht. Beide gehen 
mit der Casiomadonna so wenig zusammen, wie mit den sicheren Zeichnungen Bol¬ 
traffios. Dies sind m. E. nur vier l8 ): 1. die Silbcrstiftstudic eines Madonnenkopfes in 
Windsor (Abb. Rosenberg S. 82), die auch Carotti, Scidlitz, Gronau und Voigtländer 
anführen. Die Bemerkung Gronaus (Zfbk. N. F. 26, 145), daß der Zusammenhang 
dieser Zeichnung mit ausgetührten Bildern bisher nicht erkannt sei, ist ein Irrtum. 
Schon Carotti führt sie als Studie zu »den« Madonnen bei Löser (jetzt London) und 
Crespi an. Genau stimmt die Zeichnung weder mit dem einen noch mit dem andern 
Bilde überein, im Stile geht sie m. E. überzeugend nur mit der Madonna bei Crespi 
zusammen. 2. und 3. Die beiden schon genannten Pastellbildnisstudicn der Am- 
brosiana. 4. Die ausgezeichnete große Kohlestudie zum Bildnis der Isabella d’ Este, 
die im Louvre als Leonardo hängt und allgemein als solcher galt, bis Scidlitz 1909 
die m. E. sehr glückliche und richtige Vermutung Boltraffio aussprach (Abb. Rosen 
berg S. 76). Sie ist von unzweifelhaft echten Leonardozeichnungen doch recht ver¬ 
schieden — vgl. etwa den weiblichen Bildniskopf in Windsor, bei Rosenberg S. 99 —, 
zu breit, zu schwer, zu fett, zu phlegmatisch in Stil und Temperament, und gerade 
in diesen Wesenszügen stimmt sie genau überein mit den Stifterbildnissen der Casio¬ 
madonna. Dazu passen die Daten: Boltraffio müßte diese Studie zu einem Bildnis 
der Herzogin Isabella 1498 in Mantua gemacht haben, also zwei Jahre vor der Voll¬ 
endung des Louvrebildes. Alle diese Zeichnungen haben als kennzeichnende Merk¬ 
male das sehr ruhige, stille, bis zur Schlafmützigkeit phlegmatische Temperament — 
man vergleiche die Casiomadonna — und die flache Modellierung * 9 ). Diese Eigentümlich¬ 
keiten erkennt man deutlich, wenn man von den Bildern etwa das frühe, feine Moro- 
bildnis bei Trivulzio und die spätere Casiomadonna und die Berliner Barbara mit der 
Pala Sforzcsca vergleicht. Dieselben Wesenszüge finden sich auch in dem frühen 
Brustbild Christi in Bergamo, das so deutlich die Herkunft des Frühstiles von Bor- 
gognone zeigt, in der kleinen Madonna im Rund ebendort und in der frühen, breit- 
formigen Madonna Nr. 660 des Poldi-Pezzoli-Museums (Anderson 11152, Abb. Arch. 
stör, deir arte, N. F. I, 206), die eine deutliche Vorstufe der Crespi-Madonna bildet. 

l8 ) Terey führt im Katalog der Sammlung Palffy noch eine Kreidestudie zum Stifter der Madonna von 
Lodi in der Ambrosiana an, was ich zurzeit nicht nachprüfen kann. 

* 9 ) Auch die späte Pcstcr Altartafel aus Lodi hat die flachen, breiten Formen, zumal des Nackten. 
Bode nennt unter den Merkmalen von Boltraffios Stil die »starke plastische» Modellierung. Nun sind alle 
diese Begriffe ja relativ, vergleicht man aber Leonardo oder Fr. Napolctano oder Conti oder A. Prcda mit 
Boltraffio, so scheint mir das eine unzutreffende Kennzeichnung zu sein; und die andern Merkmale bei Bode 
sind viel zu allgemein. »Hell beleuchtet» sind sehr viele Bildnisse des Quattrocento, und »von feiner, emaill¬ 
artiger Färbung» ist z. B. auch das weibliche Ambrosiana-Bildnis, das sicher nicht von Boltraffio stammt. 


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Bock, Leonardofragen. 


163 


Auch diese selbst weist jene beiden, durchweg für Boltraffio bezeichnenden Merkmale 
auf, während er hier zugleich in Komposition, Bewegungsmotiven und den malerischen 
Elementen unter unmittelbarem Einfluß Leonardos steht. Man darf sich hier nicht 
täuschen lassen: der größere plastische Reichtum dieses Bildes wie seine malerischen 
Elemente stammen hier von Leonardo, sind aber nicht Boltraffios schöpferisches 
Eigentum. Man sieht es an dem Abflauen und Verschwinden später, als Boltraffio 
nach 1499 auf sich allein angewiesen war (Casiomadonna, Barbara usw.). Demnach 
scheinen mir sichere Boltraffios z. B. der Londoner Narziss, das sehr charakteristische 
Casiobildnis der Brera, das zugleich die Pariser Bildniszeichnung der Isabella d* Este 
mit den zwei Pastellen der Ambrosiana verbindet, der Jüngling mit dem Pfeil bei 
Eigin in Broomhall, das männliche Bildnis der Sammlung Mond in London, die 
beiden Bildnisse bei Böhler und das weibliche Bildnis der Mailänder Kastell- 
galeric zu sein. Andere, bis jetzt Boltraffio zugeschriebene Werke dagegen be¬ 
dürfen, nachdem die Pester Madonna ausgcschicdcn ist, zum mindesten der kriti¬ 
schen Nachprüfung, wie die Madonna Löser-Salting der Londoner Nationalgalerie 
und die angebliche Oxforder Studie zu dieser, die mir überdies ein masculinum und 
Studie zu einem jugendlichen Johannes zu sein scheint, die beiden anderen Mailänder 
Madonnen (Nr. 639, Abb. Müller-Walde S. 95, und Nr. 642, Abb. Gosche, Mailand, 
S. 141) und endlich auch die bekannte, in ganzer Figur geradeaus vor dem Vorhang 
sitzende Madonna (Nr. 728) der Londoner Nationalgalerie. Sie ist kein äußerlich 
gesicherter Boltraffio. Carotti hält sie für Boltraffios spätestes Werk, also um 1516 
entstanden. Form und Modellierung der Hand sind von denen der Madonna Casio 
und der Berliner Barbara recht verschieden 20 ), desgleichen der Faltenstil und der Typus, 
und diese beiden erinnern sehr auffallend an die Pala Sforzesca! Gerade dieser Ma¬ 
donnentypus findet sich bei Francesco Napoletano, aber in keinem unzweifelhaft 
sicheren Werke Boltraffios. Auch die dekorativ reiche und zugleich bewegte Haar¬ 
behandlung dieser Londoner Madonna hat bei Fr. Napoletano Analogieen. Hier kom¬ 
pliziert sich die Frage nun noch etwas. Dieser etwas kantig-ovale Madonnentypus 
mit den starken Backenknochen kommt auch in einer merkwürdigen Silberstift¬ 
zeichnung der Ambrosiana vor, einem großtormigen Frauenkopf, im Kontrapost halb 
nach rechts gedreht (Beltrami Taf. 2). Unzweifelhaft von derselben Hand ist das 
Brustbild des kleinen Francesco Sforza ebendort, in derselben Technik. Das für den 
Stil Charakteristische ist der Luminarismus, ein starkes, helles, kaltes Licht, in dem 
die Binnenformen des Kopfes völlig flach erscheinen, und ein starkes Vorqucllen 
der Augensterne. Dazu gibt es in ausgeführten Werken nirgends stärkere Analogieen 


ao ) Auch die Lodi-Madonna, der spateste sichere Boltraffio, stimmt damit keineswegs so überein, wiedas 
bei Carottis Ansetzung der Kall sein müßte. Dieses Bild scheint mir außerdem nicht nur von der Grotten¬ 
madonna beeinflußt zu sein, sondern, im Kompositions- und Bewegungsmotiv der Maria, auch von der An¬ 
betung der Könige der Uffizien. Damit hatten wir aber einen Bewc s, daß Leonardo dieses Bild zum mindesten 
noch in seiner ersten Mailänder Zeit in seiner Werkstatt stehen hatte. Vgl. Anm. 10, 26 und 38. 

21 * 


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164 


Bock, Leonardofragen. 


als in gewissen Werken Contis, z. B. dem Frauenbildnis, das früher in Hamburg 
bei Weber war (Lichtdruck von Nöhring) und dem späten Frauenbildnis der Samm¬ 
lung Malaspina in Pavia. Das Knabenbildnis bei Beattie in Glasgow, zu dem jene 
Zeichnung gehört (Abb. Beltrami, Text S. n) ist nun m. E. ebenfalls von Conti und 
nicht von Preda. Man vergleiche das etwas spätere, denselben Prinzen darstellende, 
bezeichncte Bildnis des Vatikans. Für Conti ist aber auch mehrfach jene säugende 
Madonna des Poldi-Pezzoli-Museums in Anspruch genommen worden, die sonst als 
Boltraffio geht. Mir scheint die Übereinstimmung mit der bczcichncten, frühleonar- 
desken Madonna Contis in Bergamo jedenfalls viel größer zu sein, als die mit irgend¬ 
einem sicheren Boltraffio, und ich meine, daß auch jene dritte Madonna im Poldi- - 
Pezzoli-Museum mit dem komplizierten Kompositions- und Bewegungsmotiv (Abb. 
bei Gosche) wegen des engen Zusammenhanges erstens in Typus und Lichtmalerei 
mit den genannten Ambrosianazcichnungcn, zweitens in der Handbildung und der 
diinnstoffigen, kantigen Faltcngebung mit den angeführten Werken Contis Boltraffio 
zu nehmen und Conti zuzuschrcibcn ist. Man hat in der Opposition gegen Morelli 
diesen Leonardoschülcr wohl zu sehr herabgesetzt 21 ) und beschnitten und andrerseits 
BoltrafTios und Prcdas Werk durch ihnen wesensfremde Bilder und Zeichnungen viel zu 
sehr anschwcllen lassen. Als Urheber der Pala Sforzesca kommt Conti nicht mehr in 
Betracht. Sollte aber die Bestimmung dieses Bildes auf Fr. Napoletano Zustimmung 
finden, so wäre dieser vielleicht auch als Ausführender der Berliner Auferstehung 
Christi Preda vorzuziehen, während Boltraffio schon durch die eine Barbara im 
selben Saale in. E. ausgeschlossen wird. Immerhin war es nach den übrigen falschen 
Zuschreibungen an diesen logisch, wenn Wölfflin hier Boltraffio nannte. Von den 
Zeichnungen, die Seidlitz und Gronau als sichere Boltraffios zusammenstellten, kann 
ich demnach nur die Madonnenkopfstudie in Windsor gelten lassen, während das 
von Seidlitz genannte Blatt im Louvre, Silberstift, mit einem weiblichen Brustbild 
nach links und einem Jünglingsprofilbildnis rechts oben in der Ecke (Braun 177, 
Abb. Müntz S. 215) mit den Frühwerken Fr. Napolctanos ganz übereinstimmt. 

Kehren wir zu dem Ausgangspunkt unserer Untersuchung, zu dem Krakauer 
Bildnis zurück, so sind die niederländische Stockholmer Zeichnung, die nichts mit 
dem Bilde zu tun hat, und die fälschlich Boltraffio zugeschriebenen Bilder und Zeich¬ 
nungen beiseite zu lassen. 

Was Voigtländer (Sp. 474) über den heutigen und über den vermutlichen ur¬ 
sprünglichen Zustand des Bildes ausführt, sind Folgerungen aus der falschen Voraus¬ 
setzung, daß die Stockholmer Zeichnung eine Studie zu dem Bilde sei. Den gelblichen 


-’) So auch jetzt wieder Bode, der seinem allen Haß gegen den tuten Morelli in wenig schöner Weise 
die Zügel schießen laßt. Ich kann nicht finden, daß /.. B. der Berliner Kardinal Contis von einem »noch 
weit schwächeren Maler» gemalt sei, als der Wiener Kaiser. Und wenn die Sfor/atafcl einerseits und die 
zwei Ambrosianahildnisse andrerseits nach unserer heutigen Kenntnis nicht von Conti sind, so sind diese 
darum noch lange keine Leonardos. 


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Gümbel, Altfränkische Meisterlisten. 


165 


Schleier mit seiner bewegten Zackenborte halte ich, wie Gronau, für ursprünglich 22 ). 

Seiner genauen Beschreibung des Erhaltungszustandes möchte ich hinzufügen, daß 

nach einer genauen Untersuchung außerhalb des Rahmens, die ich vornehmen konnte, 

nicht nur das Haar stark übermalt und das Haarkinntuch hinzugefügt, sondern der 

ganze Kopfumriß verändert ist, von der rechten Schulter an herauf, am Halse entlang 

und besonders stark um den Hinterkopf herum bis zum Ende des Haares über der 

linken Schläfe; auch rechts (vom Beschauer) im Schatten des blauen Oberärmels 

• • 

befindet sich eine starke Übermalung. 

(Fortsetzung folgt.) 



Siegel des Nürnberger Malers Konrad Luckenbach vom 
J. 1434. Gezeichnet vom Verfasser. Vgl. unten Nürn¬ 
berger Meisternamen, Nr. 79, lit. d. Die Umschrift des 
Siegels lautet: S[IGILLVM] CONRAT LVCKENBA[CH]. 


ALTFRÄNKISCHE MEISTERLISTEN. 

VON 

ALBERT GÜMBEL, NÜRNBERG. 

(Fortsetzung.) 


16. 

Eckel, Konrad, Malergesell in Nürnberg. 1497. Gümbel Nr. 80 (1497). 
Wird als Verfasser einer Eingabe an den Nürnberger Rat genannt. Ohne 
weitere Inhaltsangabe 20 ). Einlaufregister 1495—1500, Fol. 127b: »Conrad Eckel, 
malergesell.« 1497, zwischen 21. Juni und 19. Juli. 

Eichstätt, Georg, Maler von, siehe Aysteter, Georg. 

,, Hans, Bildschnitzer in, siehe Hans, Bildschnitzer in Eichstätt. 

,, Hans, Maler von, siehe Aysteter, Georg. 


22 ) So auch Bode, der aber wie Scidlitz meint, daü dieser Schleier unter dem Kinn zusammengc- 
bunden sei. Seidlitz sieht in dem Ganzen eine spätere Übermalung. Beides halte ich für eine ungenaue Beob¬ 
achtung. Vgl. unten. 

20 ) Es handelte sich wohl um seine Aufnahme als Bürger in Nürnberg, die im Dezember gleichen 
Jahres erfolgte (vgl. Gümbel Nr. 80). 


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i66 


GUmbel, Altfränkische Mcisterlisten. 


17 - 

Ehcnfclder, Andreas, Seidensticker in Nürnberg, 1490—1494. 

a) 

Sein Streit mit Sebastian, dem Seidensticker zu Schleusingen, 
wird schiedsrichterlich beigelegt. 1490, 21. Juli. Libri Conserv. 3, Fol. 84 a. 

»Zwischen Enndres Ehenfelder, seydensticker, an einem und Sebastian 
Seydensticker zu Sleusingen am andern tailen ist durch herrn Martin Geudcrn, 
hem Hannsen Rictcrn und hern Erasmusen Haller mit baider tail willen abgeredt 
und betaidingt, das Sebastian weder um atzung noch um zeit dem Ehenfelder nichtzit 
schuldig, sunder er deßhalbcn von ime ledig sein sol. act. quarta post divisionis 
apostolorum [14)90.« 

b) 

Der Rat der Stadt Nürnberg schreibt Jhan, Herrn von Janobitz 
etc., u. a. wegen des Streites zwischen dem Abt des Stiftes Tcpl 21 ) 
und Endres Ehenfelder. 1491, 8. Februar. Nbg. Briefbücher 41, Fol. 235 b. 

». . . Ccdula inclusa: der irrung halb, zwischen dem erwirdigen herrn Sig [mund ], 
abt zur Topel, und Endres Ehenfelder wesende, hetten wir die parteien auf den 
benanten tag auch für uns betagt, so hat der benant unser burger uf dieselben zeit 
etliche rechttäge auf dem Snecbcrg zu besuchen, also daz er derselben zeit nicht 
anheims sein mog; so aber der wider anheims sein wirdet und wir von dem benanten 
abt verrer ersucht werden, wollen wir seinem begern willefarung tun. dat. ut in 
literis (=feria 3 a post Dorothee virg. 1491.)« 

c ) 

Der Rat der Stadt Nürnberg teilt Sigmund, Abt, und dem Kon¬ 
vent des Stiftes Tepl mit, daß Endres Ehenfclder den vom Abte 
vorgeschlagenen Rechtstag nicht besuchen könne; er sei z. Zt. mit 
Abwicklung von Rechtsgeschäften »auf dem Snecberg« beschäftigt; 
um Heiltumsweisung werde er vermutlich wieder in Nürnberg sein. 
1491, 4. März. Ebenda. 

»Herrn Sigmunden, abt, und dem convent des stifts zur Topel. 

Erwirdiger und wirdigen günstigen und lieben herren! cur schreiben, Endrcßen 
Ehenfelder, seideneter, unsern burger, berürnde, jtzo an uns gelangt, haben 
wir vernomen, das in seinem abwesen seiner hausfrauen furgehalten und antwort 
dergleichen meinung von ir empfangen: wiewol ir hauswirt in seinem abscheid mit 
ir verlassen hab, daz er sich nach volendung seiner händel auf dem snecberg, im 
rechten und sunst ze tunde habende, fürderlich anheims fügen wolle, so sei ir doch 

**) Prämonstratcnscrstift Tepl an der Tepl im wcstl. Böhmen. 


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Gtlmbel, Altfränkische Meisterlisten 


167 


zu wißen nit gewiß, wenn dieselben sein händel zu ende laufen und, ob er uf die 
zeit euer wirde fürgeslagen betagung anheims körnen und demnach, solchen tag 
durch ine besucht ze werden, für ine nit zu sagen möge, aber des verhoffe sie sich 
genzlich, daz derselb ir hauswirt ungezweifelt zu der Weisung des wirdigen heilig - 
tums schierst hie sein werde, das haben wir euer wirde zu verkünden nit wölln ver¬ 
halten, des von uns ze wißen ze haben und euer meinung verrer zu berichten, dat. 
sexta post rcminiscere 1491.« 

d) 

Die Stadt Zwickau schreibt an Nürnberg wegen »ettlich kleynot vnd gerete 
halb, so die Kirchenpfleger Endres Ehenfelder zu zier der kirchen zu verarbeiten 
bevolhen haben«. 1491, zwischen 1. und 29. Juni. Einlaufregister 1490—1495, 
Fol. 69 a. Schreiben selbst nicht vorhanden. 

e) 

Der Nürnberger Rat bittet Bischof Benedict von Camin Endres 
Ehenfelder in Gemässheit seines Schuldbriefes zu bezahlen. 1494, 
21. Oktober. Nbg. Briefbücher Bd. 43, Fol. 109 b. 

»Benedicto, bischoven zu Camin. 

Gnediger herrl uns hat unser burger Endres Ehenfelder, der seiden¬ 
st icker, dise inligende suplicationzettel anpracht, die wir eur gnad uf sein vleißig 
bete zu vernemen zuzeschicken nit underlassen wolten, untertänigklich bittend, 
euer fürstlich gnade geruchen den benanten seidensticker solcher verbrieften schulden 
on lengern Verzug zu entrichten und unclaghaft ze machen, wie auch costen und 
scheden, des er nottürftig ist, zu überheben, das wöllen etc. dat. ut supra (= 3a 
XI M virginum 1494).« 

18. 

Ehcnfeldcr, Hans, Seidensticker in Nürnberg. 1492. 

a) 

Schuldancrkenntnis für seinen Sohn Sebald. 1492, IO. Januar. 
Libri lit. 8, Fol. 68 a 

»Hanns Ehenfelder, seydenneter, der Ältere und Kunigunde, dessen 
Ehefrau, bekennen, Sebolt Ehenfelder, ihrem Sohn, 97 fl. Rh. schuldig zu sein, die 
er nach ihrem Tode aus der Hinterlaßenschaft als Vorerbe empfangen solle. Hjefür 
verpfänden sie ihm ihr Erbrecht an dem Hause, in welchem sie wohnen, mit Ge¬ 
nehmigung Lienharts von Plobens als Eigenhcrrens. 1492, 3 a post Erhardi.« 

b) 

1493, 26. April, vgl. bei Wolgemut, Michael, lit. c. 


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168 


GUrabel, Altfränkische Meisterlisten. 


19 . 

Endrcs (Andreas), Steinmetz zu Forchheim, 

klagt 1421 gegen Hartung von Wiesenthau wegen rückständigen Lidlohns. 
Extrakt aus etlichen Landgerichtsbüchern, Kr.-Archiv Bamberg, Selekt B, Gc- 
richtsbücher, 1404—1447, Fol. 251 b. 


20. 

Engelhart, Kartenmalcr in Nürnberg. 1469. 

Wird bestraft. Nbg. Stadtrechnungen Bd. 15, Fol.*2ib, 1469, zwischen 
20. September und 18. Oktober. 

♦Item [recepimus] IO Schillinge vom Engelhart, Kartenmaler. « (Grund 
der Strafe nicht angegeben.) 

21 . 

Erhärt, Keßler in Bamberg 

klagt 1425 gegen die Gemeinde zu Kirchaich (Unterfranken, Bez.-A. Haßfurt) 
wegen einer Glocke, dampnum 4 [gülden?]. Extract aus etlichen Landgerichts¬ 
büchern, Kr.-Archiv Bamberg, Sclcct B, Gcrichtsbücher 1400—1447, Fol. 4 a. 

22 . 

Erlin, Bildschnitzer in Nürnberg. 1478. Hampe I, 155 (1478) 22 ). 

Wird durch den Strang hingerichtet. 1478, 23. Juni. Nbg. Stadt¬ 
rechnungen Bd. 18, Fol. 191 b, Ausgaben für die Gefangenen im Lochgefängnis. 

♦ Item [dedimus] 16 U novi 10 Schilling 4 haller dem lochhüter atzgclt (= Ver¬ 
pflegungsgelder) für Michel Haglcr und Erlin pildsnitzer 22 ), die man am critag 
vor Johannis Baptiste erhängen hat. . .« 

23 - 

Eysler, Stephan, Maler zu Nürnberg. 1497—1501. Gümbel Nr. 86 

(1490). 

Sebald Schrcyer verkauft ihm das erbliche Nutzrecht an einem 
Haus am Paniersberg. 1497, 2 4 - November. Libri lit. 14, Fol. 55 a. 

[Schultheiß und Schöffen des Stadtgerichts bekennen] »das für uns käme in 
gcricht Sebolt Schrcyer, burger zu Nürnberg, und pracht mit unsers gerichts buch, 
das die erbern Wilbolt Birckhmer und Peter Zöllner vor gcricht auf ir aid gesagt 
hetten, das sie des geladen zeugen wem, das Stcffan Eysler, der maler, und 
Anna, sein eliche wirtin, auch burger zu Nurmberg, vor inen für sich und ir erben 
veriehen und bekannt hetten: nachdem er, der gemelt Schrcyer, inen das erb an 
ainem seinem aigenhaus . . . am Panc[r jberg ... zu rechtem erb verkauft und ver¬ 
erbt hett mit . . . dem rechten, das es mit anpieten und pauen der mauern zwischen 

**) Dort heißt er »Erhärt Pildsnitzer». 


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Gllmbel, Altfränkische Meisterlisten 


169 


dem hof des jtzgemeltcn hauses und dem hof des andern seins, des vorgemeltcn 
Schreyers, hauses darneben und den 3 heusern, hinten daran gelegen, auch lichten, 
trupfen und andern gerechtigkeiten derselben sollt gehalten werden laut ainer bson- 
dern bekantnus, in ditz gerichtbriefbuch . . . eingeschriben, das sie solich erb der 
vorgemelten behausung . . . inhalt angezogener bekantnus, wie erbs und der stat 
recht were, peulich und wesentlich halten und dem obgenanten Schreier zu rechtem 
aigengelt järlich davon zinsen und geben sollten 4 fl. der statwerung. sexta post 
presentacionis Marie [14)97. 

Steffan Eyslcr, maler, Anna usw. bekennen . . . Sebalden Schreier und 
seinen erben 55 fl. hiezwischen und walpurgis schirst ... zu bczaln, darum auch ir 
erbschaft der behausung am Panerberg, so sie von ime erkauft haben, mit samt allen 
andern iren hab und gutem . . . Unterpfand sein soll bis zu volkomcner bezalung 
. . . testes herr Wilbolt Birckhmer und Peter Zöllner, act. sabato post Othmari 
[=18. November] 1497. 

Sebolt Schreyer bekennt der vorgeschrieben summ 55 fl. rcinisch von beiden, 
Stephan Eislern und Anne, seiner elichen wirtin, bezalt sein . . . testes Andres 
von Watt, Linhart Hirsfogel. 4a post Valentini [=17. Februar] 1501« a 3 ). 

Falkendorf, Clement, Maler zu, siehe Clement, Maler zu Falkendorf. 

Feucht, Albrecht, Kartenmaler in, siehe Albrccht, Kartenmaler in F. 

24. 

Fideler, Wilhelm, Illuminierer in Nürnberg. 1487. Gümbcl Nr. 102 
(1460). 

Der Maler und deßen Ehefrau Kunigunde schulden S. Wolff 
9% A. rückständigen Hauszins und verweisen ihn damit auf das Haus, 
in welches sie jezt ziehen wollen als sein Unterpfand. 1487, 2. Mai. 
Libri Conserv. I, 327 a. 

»Kungund, Wilhalm Illuminierers eliche wirtin, confitetur Steffan Wolff und 
seiner wirtin 9% guldin verseßens hauszins auf rechnung. und nachdem sie jetzo 
aus- und in ain ander haus ziehen werd, [bekennt sie weiter], das derselb Wolff 
und sein wirtin alle gerechtikait (= rechtlichen Anspruch) umb soliche summ zins 
mit zusperren (d. h. gerichtlicher Sperre) und anderm in dem haus, darein si ziehen 
werden, zu ir und irem man haben sollen, als si im vorigen haus zu in gehapt hetten 
oder [haben] mügen, alles als in erclagtem und ervolgtem rechten, testes Wilhalm 
Hegnein und Lorentz Krafft. act. IV a post Waltpurgis [14)87.« 

Flachslanden, Bernhart, Maurer zu, siehe Bernhart, Maurer zu F. 

Forchheim, Endres, Steinmetz zu, siehe Endres Steinmetz zu F. 

2 3 ) Gelegentlich der Verleihung eines Hauses am Paniersberg durch S. Schreyer am 20. Juni 1516 
(Libri lit. 14, Fol. 291 b) wird als Nachbar »Steffan Eysler, der maler selig« genannt. 

Repertorium für Kunfttwiüaenschaft, XXXIX. 22 


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170 


Gtimbel, Altfränkische Meisterlisten. 


25 . 

Frey, Hans, Maler in Nürnberg. 1525. 

Wird wegen einer Schlägerei bestraft. 1525, 28. August. Nbg. Schuld¬ 
haftverzeichnis 1483—1545, Fol. 141 a. 

»Hanns Frey, ein maler, ist von einer Schlachtung wegen in des Streits 
haus am heumarkt in die eisen gelegt und darnach uf ein urfehd und zu frcuntlichen 
rechten uß fangknus gelaßen den 28. Augusti 1525.« 

26. 

Fridekker, Gottfried, Schreiber in Nürnberg. 1385—87. 

a ) 

Schreibt die Legende vom h. Sebald für Venedig ab. 1385, 
zwischen 18. Januar und 15. Februar. Nbg. Jahresregister I, Fol. 144 b. 

»Item dedimus dem Gotfrido 1 # 30 haller von sant Sewolts legend zu schreiben, 
die man gen Venedig sant.« 

b) 

Dessgleichen für den Herzog von Sachsen. 1387, zwischen 7. August 
und 4. September. 

»Item dedimus dem Fridekker I U 19 Schilling haller um ein legend von 
sant Scb[olt], die man dem von Sachsen schankt.« 

27. 

Fritz, Glaser in Ansbach. 1459 2 4). 

Verklagt die Gotteshausmeister zu Schcinfeld 2 5 ). 1459, 8. Oktober. 
Klagebüchcr des kais. Lgr. des Bgrftms. Nbg., Literalien Nr. 209, Fol. 173 b. 

»Judicium in Onoltzpach (Ansbach) feria 2 a ante festum s. Dyonisii etc. 

[ 1 4 ] 59 - 

Fritz Glaser zu Onoltzpach [klagt] ad Jorgen Büher, den vogt, und die 
hcilingpfleger zu Scheinfeit.« 

Am Rande: »Item die sach ist auf schriftlich begerung meins g [nedigen ] h [errns] 
m[arkgraf] Albrechts (von Brandenburg) für seiner gnaden hofgericht zu recht 
geweist. datum litere continet 6 a post omnium sanctorum [14)59.« 


28. * 

Fritz, Maler in Ansbach. 1458 16 ). 


* 4 ) Vielleicht mit Nr. 28 identisch. 

2 5 ) Der Grund ist nicht angegeben; es dürfte sich wohl sicher um rückständigen Arbeitslohn handeln. 
* 6 ) Vgl. auch meine »Ansbacher Malerlisten des 15. und 16. Jahrhunderts* im Kep. f. KW., Bd. XXIX. 


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Gtlmbel, Altfränkische Meisterlisten. 


171 


Klagt auf ein Gut zu Eyb (b. Ansbach). 1458, 9. Januar. Klagebüchcr 
des kais. Lgr. des Bgrftms. Nbg., Litcralien Nr. 208, Konspekte), pag. 120. 

* Judicium in Onolzbach feria secunda post trium regum [14] 58. 

Fritz Maler zu Onolzbach klagt auf ein Gut zu Eyb, darauf Jorg Sprcnntz 
sizt, wegen eines davon schuldenden Gült getraids.« 

29. 

Fürlegcr, Johann, Pfarrer, Arzt und Illuminist. t M 75 * 

Biographische Notiz in einem Fürlegerschen Geschlechterbuch 

m 

des Kr.-A. Nürnberg, Mskr. 152, Fol. 12 a, mit Abbildung seines Wappens. 

»Johann Fuerleger. Waß geistlich. Dieser Johann Fuerleger ist der Ertzney 
vnnd Illuminatur ein freyer kunstner gewesenn, des nechstbcnanten Conrad 
Brueder, und ist des alten Pfaltzgravcn Friderichcn l8 ), der die drey Fürsten nider- 
leget vnd [fing im monat Julius anno 1462, gescho 4 meil vor Haidlberg, was der 
margroff von Baden vnd sein bruder, bischofT zw Meintz vnd graff Vlrich von Wir¬ 
tenberg] 2 9 ), an seinem fürstlichen Hoff Caplann vnnd vilen der menschen anliegeun- 
den krannckhcyt berümpter Artzt gewest vnnd auch ein pfründt in vnnser Frawen 
pfarr daselbst zu Amburg (soll heißen Amberg) gehabt; ist verschiedenn Anno 1475 
vnnd ligt daselbst begraben [zw Hagcnhausen] 2 9 ) vnnd diser obgenanter Johann 
Fuerleger ist auch pfarrcr zu Hagenhawsenn 3 °) gewest.« 

Fürth, Heinrich, Maler von, siehe Heinrich, Maler von Fürth. 

30 . 

Gel (Scholler), Hans, (Bildschnitzer aus Nürnberg) in Prag 3 *). 

1515. 

Wird in der Nürnberger Stadtrechnung als Empfänger eines 
Geschenkes von 50 fl. erwähnt. 1515, Nbg. Jahresregister Bd. V, Fol. 585 a, 
7. Frage = 29. August bis 26. September. 

a 7 ) Von einigen Protokollbüchern des kaiserl. Landgerichts besitzen wir die Bände selbst leider nicht 
mehr, sondern lediglich die von dem ansbachischcn Archivsekretär Gebhard ca. 1800 gefertigten sum¬ 
marischen Inhaltsangaben (Konspekte). 

**) Kurfürst Friedrich der Siegreiche von der Pfalz 1449—1476. 

* 9 ) Das in viereckigen Klammern Stehende ist von anderer Hand am Rande nachgetragen. 

3 °) Hagcnhausen, ein Dorf in der Oberpfalz. 

3 *) Über diesen Meister habe ich in einem biographischen Abriß »Hans Scholler, ein deutscher Bild¬ 
schnitzer am böhmischen Hofe (1490—1517)#, Rep. f. KW., Bd. 31, gehandelt. Die vorliegende Notiz, welche 
beweist, daß Scholler (Scholla) auch den Namen Gel führte, ist mir leider damals entgangen. Über die 
oben erwähnten 50 fl. siehe meinen Aufsatz Anm. 11. 

Auch ein Rechnungseintrag in des Anton Tuchers Haushaltungsbuch 1507—1517 (Ausgabe von Loose, 
1877, S. 97) vom 22. Januar 1513 wäre noch nachzutragen. Unter diesem Datum vermerkt Tücher eine 
Ausgabe von 8 fl. für 1 schönes, gutes Truhenschloß und ein Türschloß, die er »maister Hans pildschnitczer« 
in Prag verehrte. 

22 » 


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Gümbel, Altfränkische Meisterlisten. 


»Item 38 gld. landswerung 1 U novi 1 Schilling verrcchcnt uns Hanns Nutzl 
in der bczalung für die 20 schlangenpüchsen, den regenten gen Prag in Beham gesant, 
über die 50 fl., vormals Hannsen Geln oder Scholla geschenkt, nemlich 32 fl. 
in die canzlei dosclbs, 4% fl. potnlons und 2 fl. furlon von der kisten, darin das hals- 
band gefurt ward.« 

31 . 

Georg, Maler zu Wilhelmsdorf. 1430. 

Wird auf 50 gld. verklagt. 1430, 26. Juli. Manualien des kais. Lgr. 
des Bgrftms. Nbg., Literalicn Nr. 113, Fol. 149 b. 

»Judicium in Nova civitate (= Neustadt a. Aisch j feria quarta post diem 
s. Jacobi [i4]30- 

Hans Geltfride von Onolczpach [klagt] ad Jörgcn 3 -) Maler zu Wilhclms- 
torf 33 ) pro 50 guidein, die er im schuldig ist, die er zu im verzert und im der einen 
teil gelihen, des er einen brief hat, die heit er im vor etc.« 

32 . 

Glatz, Heinrich, Scidennäher zu Nürnberg. 1404. 

Wird aus der Stadt Nürnberg verbannt. 1404, 20. Juni. Nbg. Acht- 
bueh Mskr. 317, Fol. 6 b. 

»Meister IIeinr[ich] Glatz von Bamberg, seydenneter, hat sich ge¬ 
urteilt von der stat zc Nurnberch ewiclichen bei dem halse und in 30 meilen umb und 
die stat herzu nicht ze komen und hat auch urfch[d] gesworn ze den heiligen, daz 
er daz an den hochgeborn fürsten und herren purkgrafen Fridrich noch an den seinen 
noch auch an der stat ze Nür[nberch] noch an den iren nimmermer geanden oder 
geefern woll in dhein weise, dieweil er leb, und waz er mit den bürgern ze Nür. oder 
den iren ze schikken hab oder gewinn, daz er darumb mit seinem scheinboten recht 
vordem und nemen well vor des reichs richtcr ze Nür. und anders niendert und 
auch von iren armen leuten vor den, der sie gewaltig sein, actum feria VI a ante 
Johannis baptistc. anno 1404. testes H. Geuder und Jacob Groland.« 


33 - 

Glück, Ilans, Schnitzer in Nürnberg. 1496. Gümbel Nr. 125 (?). 
»Hanns Glück, Schnitzer« als Verfasser einer Bittschrift an den Nürn¬ 
berger Rat genannt. 1496, zwischen 21. September und 19. Oktober. Einlaufs- 
registcr 1495—1500, Fol. 77 a. Ohne Angaben über den Inhalt. 


34 . 

Götschel, Georg, Malergesell zu Nürnberg. 1480. 


3 *) Körrig, aus Götzen. 

33 ) Dorf ü. von Neustadt a. Aisch. 


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Gümbel, Altfränkische Meisterlisten 


173 


Wird wegen Totschlags an einem Maler aus der Stadt Nürn¬ 
berg verwiesen. 1480, zwischen 18. und 27. April. Ratsbücher Bd. III, Fol. 4a. 

Item Hainrich Herttennberger, Jörgen Götschels, eins malersknecht, 
halben, der einen andern maler, seinen gesellen, hie verdächtlich erslagen hat, zu 
antwurten: sye er [nämlich Götschel] mit des erslagen fründen umb den todslag 
vertragen, so er denne die unsern hie, den er schuldig ist, unclaghaft gemacht hätt, 
so sol im alsdann eins rats halben der handel begeben sein, doch das er hinfüro die 
stat hie vermeide 34 ). 

Großhaßlach, Heinrich, Maler in, siehe Heinrich, Maler in Großhaßlach. 


35 . 

Hammer, Wolfgang, Briefmaler in Nürnberg. 1485—1516. Gümbel 
Nr. 132 (1516). 

a) 

Hans Jegcr und Agnes, dessen Ehefrau, dann »Wolfgang Hamer, Maler« 
und Elena, dessen Ehefrau, der Agnes Schwester, beide Töchter des Schneiders 
Hanns Vogel, verkaufen an die Vormünder Kunlein Tocklers 2 fl. jährl. Gatterzinses 
aus ihrem Haus an der Kotgasse mit Genehmigung Hans Muffels als Eigenherrns. 
sexta Oswaldi 1485. Libri Conserv. 7, Fol. nob. 

b) 

Baustreit zwischen »Wolffgang Hemerlin, dem briefmaler« und Hain¬ 
rich Amman, seinem Nachbar, über die bauliche Unterhaltung einer Rinne an ihren 
Häusern. 1495, 3 a post Jacobi (= 28. Juli) 35 ). Libri Conserv. 12, Fol. 194 a. 

c) 

Dessen Witwe genannt. 1518. Nbg. Schuldhaftverzeichnis 1483—1545, 
Fol. 115 b. 

»Fritz Hertel, ein gertner und burger hie, ist schuldhalb, so er Helena Heme¬ 
rin, briefmaler (!), zc tun gewest, in eisen gelegen . . ., uf ein vertrag und gewon- 
lich urfehd widerum ausgelassen den II. januari 1518.« 

36 . 

Hanns, Bildschnitzer [in Eichstätt ]36). 1491. 

Erhält vom Kloster Mariastein bei Eichstätt einen Garten zu 


34 ) Vielleicht gehört der Ratsverlaß bei Hampe I, Nr. 171 hierher. 

35 ) Dieser Baustreit (auch wegen eines von H. neu erbauten »gengleins«) zog sich noch in das nächste 
Jahr hinüber. Bei dieser Gelegenheit wird der Briefmaler »Wolffgang Hammer« genannt. Sein Haus lag 
darnach an der Kotgassc (h. Adlerstr.). Libri Conserv. 13, Fol. 84 a und 99 a. 

3 6 ) Dies scheint nach dem ganzen Zusammenhang wohl zweifellos. 


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•74 


Gümbel, Altfränkische Meisterlisten 


Erbrecht. 1491, 22. Juli, Eichstädter Archiv, im Kr.-A. Nbg., Rep. 195, Nr. 396, 
Mariastein Nr. 1. 

»Wir Kathcrina, priorin, und der ganz convcnt des closters Mariastein, s. 
Augustinorden, der regulierter, Eysteter bistums, bekennen offcnlich mit disem brief 
vor allmeniglich für uns, unser benants clostcr und alle unser nachkomen, das wir 
dem bcschaiden Hannß pildschnitzer, Elspeten, seiner elichen hausfrau, und 
allen iren erben zu kaufen geben haben, geben inen auch in kraft ditz briefs unsern 
garten mit aller ein- und zugehörung, der gelegen ist am Wintershoferperg 37 ) und 
etwan Jacob Welcker gewesen ist und in in erbsweis etwan lang ingehabt hat . . .« 
[Folgen Beschreibung der Lage, Festsetzung des Erbzinses (3 Schillinge Eichst. 
Währung), Stipulierung des Vorkaufsrechtes des Klosters für den Fall einer Ver¬ 
äußerung.] »des alles zu warer urkunde geben wir obgenante Katharina, priorin, 
und convcnt zu Mariastein dem benanten Hannß pildschnitzer, Elspeten, seiner 
eelichen hausfrauen, und allen iren erben disen prief, mit unsern des priorats und 
convents paiden anhangenden insigeln besigelt, der geben ist am freitag vor s. Jacobs¬ 
tag des h. apostels etc. 1491.« 

37 . 

Hans, Maler zu Baldersheim. 1498. 

Beim Nürnberger Rate läuft ein »Ein vrkund, von Hannsen mal er zu 
Pallderßhcym außgangen, von wegen Peter Pom«. Einlaufregister Mskr. 815, 
Fol. 194 a, 1498, zwischen 5. September und 3. Oktober 3 ^). 

38 . 

Hans, Maler, genannt Fränzlein (Frentzlin) in Bamberg. 144 1 • 

Wird von dem kaiscrl. Landrichter des Bgrftms. Nürnberg be¬ 
langt. 1441, 18. Dezember. Klagebücher des kais. Lgr. des Bgrftms. Nbg., Literalien 
Nr. 204, Fol. 145 b. 

»Judicium in Swabach feria sccunda ante fcstum s. Thome apostoli [14)41. 

Bartholmes Truchseß, lantrichter [zu Nürnberg], [klagt j... ad Hansen malcr, 
Frentzlin genant, in der langen gaßen zu Bamberg . . .« [Grund der 
Klage nicht angegeben.] 

39 . 

Hans, Maler von Bamberg, in Nürnberg. 1454. 

Von einem Zimmermann aus Basel in Nürnberg ermordet. 

»Item ein betbrief von Hannsen Zimmerman von Basel, der Hannsen Maler 

37 ) Liegt '/i Stunde nw. von Eichstätt. 

3 8 ) Hicr/u gehört offenbar ein gleichzeitiger Eintrag des Registers Fol. i<)2 a: Her Heinrich bischotf 
von Bamberg... ein furderbrif vmb gcltschuld Seiner gnaden verwanten Peter Pum«. Das hier genannte 
»Palldcrßheym* ist wohl Baldcrsheim in Unterfranken, Bcz.-A. Ochscnfurt. 


» 


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GUmbel, Altfränkische Meisterlisten. 


«75 


von Bamberg ermort hat, im geleite zu geben.« 1454, zwischen 24. April und 22. Mai. 
Nürnberger Einlaufsregister Mskr. 814 a, Fol. 236 b. 

40 . 

Hans von Hilpertshausen, Kartenmalcr in Nürnberg. 1496. 

Wird Bürger in Nürnberg. 1496, 30. Januar. 

»Es ist erteilt, Hannsen von Hiltperhawsen (!) 39 ), ein kartenmalcr, 
zu burger aufzenemen. act. utsupra« [= sabato ante purifieaeionis Marie (= 30. Janu¬ 
ar) 1496]. Ratsbücher, Bd. VI, Fol. 146 a 40). 

41 . 

Hans, Maler von Regensburg. 1452. 

In den Nürnberger Briefcinlaufregistcrn 4 i) wird eine Korrespon¬ 
denz zwischen Nürnberg und Regensburg wegen dieses Malers (gegen 
den der Nürnberger Bürger Peter Zellender eine Forderung hatte) 
erwähnt. 

a) 

»Item ein brief von Regenspurg, Peter Zehendter und Hannß Maler, iren 
b[urger,] anr[ürend].« 1452, 5 * Januar bis 2. Februar 4 -). 

b) 

»Item ein antwort von Regens [purg], Peter Zchcnders wegen, Hannsen 
Maler, iren burger, anr(ürend).« 1452, 27. September bis 25. Oktober. 

c) 

»Item ein brief von Regenspurg von Hannsen Malers wegen, Peter Zehen- 
der, unsern burger, antr [elfendj.« 1452, 22. November bis 20. Dezember. 

42 . 

Hanns, Steinmetz von Baiersdorf. 1418—1422. 

19 ) Wohl sicher Hilpertshausen in Unterfranken, Bez.-A. Würzburg. 

4 °) Die Bürgeraufnahme erfolgte tatsächlich zwischen 30. Januar und 27. Februar 1496 gegen Er- 
legung einet Gebühr von 2 fl. Stadtwährung. Vgl. Bürgerbuch im Kr.-A. Nbg. Mskr. Nr. 235, Fol. 22ha: 
Hanns von Hilpershawsen [gibt mit 3 anderen zusammen] 8 fl. werung. 

4 *) Mskr. Nr. 814 a, Fol. 130 b, 165 b und 174 a. Die Schreiben selbst fehlen. 

4 ») Auf dieses Schreiben antwortete der Nürnberger Rat unter dem 18. Januar 1452 folgendermaßen: 
Lieben frunde ! wir haben auf euer fruntlich schreiben, so uns euer liebe in Sachen Hannsen Maler, cuern, 
und Peter Zeltender, unsern burger, gen einander antreffend, zugesandt hat, denselben Pctern für uns bc- 
sandt und sovil mit im geredt, das er uns zugesagt hat, sich an fruntlichem rechten bei euch in euer stat ge¬ 
nügen zc laßen, mit fruntlichem fleis pittende, so dersclb unser burger zu euer fursichtigkeit kunten wirdet, 
euch um recht ersuchend, das ir im dann um unsern willen slcunigs rechten furderlich helfen gestatten und 
widerfaren lassen wollet... feria 3. post Anthonii. (Nbg. Briefbücher XXII, 119a.) 


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176 


GUmbel, Altfränkische Meisterlisten. 


a) 

Klagt gegen Albrecht von Egloffstein, Amtmann zu Schlüssel¬ 
feld. 1418, 22. November. Klagebücher des kais. Lgr. des Bgrftms. Nbg., Literalien 
Nr. 202, Fol. 298 b. 

♦Judicium in Gostenhof feria tercia ante diem s. Katherine [14)18. 

Mayster Hans von Peyrstorff [klagt] auf alle die gut und r[echt], die 
Albr. von Eglofstein, amptman zu Slüßelfelt, hat zu Affaltertal und wo er süst icht 
hat, zins, gült, rent . . .« 

b) 

»Mayster Hanns Stainmetz von Beyrstorff« im Landgcrichtsprotokoll 
vom 19. Mai 1422 als Beklagter genannt (Gegner Hans Hertwig). Manuale des 
kais. Lgr. des Bgrftms. Nbg., Literalien Nr. 112, Fol. 315 a. 

c) 

Derselbe verklagt den Abt und Konvent des Klosters Wald¬ 
sassen auf Bezahlung von 60 gld. Lohns. 1422, 23. Dezember. Ebenda, 
Fol. 408 a. 

»Judicium in Fürte feria quarta ante Thome [14)22. 

Meister Hans Steinmetz von Peyrstorff [clagt] auf alle die gut und 
recht, die der erberg geistlich herre der abt und das convent gemeiniclichen des 
closters zu Waltsachßen haben zu Postpawer, zu Pefelpach und mit namen [den] 
zehenden zu Heng, und wo derselbe abt und convent süst icht haben, zins, gült 
rent etc. 

pro 60 debit. lydlons; habet urk[und], die er um dasselbe convent verdint 
hat, die heit man im vor ferl [ich ] mit g[ewaltj on rfecht]. violatio 100 gld.« 43 ) 


43 - 

Hans, »Werckmeister« im Ebracher Hof zu Bamberg, 
wird 1404 genannt. (Betreff ohne Belang.) Extrakt aus etlichen Landgerichts¬ 
büchern. Kr.-A. Bamberg, Selckt B, Gerichtsbücher 1400—1447, Fol. 143 a. 

43 ) In den Protokollen des Landgerichts Nürnberg erscheint ferner in den Jahren 1430—1452 häufig 
ein Hanns Steinmetz von Neuses (»Newseß« = wohl Neuses bei Forchheim) zu Bayersdorf. Es 
ist aber fraglich, ob wir ihn mit dem Obigen identifizieren dürfen. Auch befindet sich im K. Kreisarchiv Bam¬ 
berg eine Urkunde vom 21. August 1446, in welcher Bischof Anton von Bamberg Hans Steinmetz den 
Älteren zu Baiersdorf mit einem von Peter und Wilhelm Motschiedler erkauften Hof zu Untcrwimmel- 
bach belehnt. Auch hier ist der Zusammenhang mit Obigem einstweilen fraglich. 

(Fortsetzung folgt.) 


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LITERATUR. 

Paul Schubring, Cassoni. Truhen und Truhenbilder der italienischen Früh¬ 
renaissance. Ein Beitrag zur Profanmalerei im Quattrocento. Textband XII u. 479 S., 
46 Abb. auf 15 Tafeln. Tafelband, 542 Abbildungen auf 186 Tafeln. Leipzig 1915. Karl 
W. Hiersemann. 

Das Werk einer durch lange Jahre unermüdlich geübten glücklichen Sammeltätigkeit 
und einer innig verstehenden Liebe zuni Gegenstand. 

Schubring hat manche Bücher und Aufsätze geschrieben, in denen bekannte Stoffe 
einem größeren Kreise lebendig vorgetragen werden, Nebenfrüchtc einer vielverzweigten, 
übcrsprudelnden Lehrtätigkeit daheim und auf Reisen. Daneben auch Arbeiten streng 
wissenschaftlicher Absicht, in denen stets eine ausgebreitete und sichere Kenntnis der Re¬ 
naissance erfreute. Hier aber bringt er nun ein fast enzyklopädisch anmutendes Werk, 
die Fülle katalogartigen und doch geistig beherrschten Wissens, mit dem deutsche Gelehrte 
alle Gebiete menschlicher Kultur durchgearbeitet und andern bereitet haben. 

Die Abbildungen sind in einem Atlas großen Formates gegeben, 542 Lichtdrucke 
auf 186 Tafeln. Die Lichtdrucke sind, den Umständen entsprechend, recht gut. Da es sich 
um Gemälde mit vielen kleinen Gestalten handelt, wäre es gewiß besser, wenn die Abbildun¬ 
gen noch größer hätten sein können, doch ist das ganze Unternehmen nur mit Hilfe der 
Orlopstiftung durchzuführen gewesen, und wir müssen dankbar sein, daß Verfasser, Verleger 
und Stiftung diesen Atlas— mitten im Weltkriege— zustande gebracht haben. Bei Stücken 
von besonderem künstlerischen Werte sind übrigens einzelne Ausschnitte in größerem Maß- 
stabe beigegeben. Nicht alle Truhen, die der Textband aufführt, konnten abgebildct werden. 
F.in großer Teil der Cassoni ist zum erstenmal veröffentlicht, nach eigenen Aufnahmen des 
Verfassers: 196 unter den 542 Abbildungen; darunter waren die meisten auch in der Literatur 
bisher nicht erwähnt. Unter den 346 nicht als eigene Aufnahmen bezeichneten Abbildungen 
sind viele nach Photographien Alinaris u. a. reproduziert, die bisher noch nicht besprochen 
waren; ebenso eine Reihe eigener Aufnahmen Warburgs, die er dem Verfasser zur Veröffent¬ 
lichung überließ. Etwa 50 Abbildungen waren bisher in Auktionskatalogcn verstreut. 
Eigene Aufnahmen Schubrings, die er bereits früher veröffentlicht hat, sind unter jenen 196 
nicht mitgezählt. Diese verteilen sich auf die einzelnen Kunstgebiete wie folgt: Florenz bis 
zum Quattrocento 97, Siena 9, Umbrien und Marken 27, Padua und Verona 26, Lombardei, 
Venedig und Rom 18, Cinquecento 19. Diese Zahlen geben einen klaren Begriff davon, 
was schon dieser Atlas als Grundlage für alle weitere Forschung bedeutet. 

Der Textband — faustdick, aber auf sehr leichtem Papier gedruckt und dadurch doch 
handlich — enthält zunächst eine zusammenhängende Darstellung. Die Bestimmung der 
Truhe, ihre Stelle und Bedeutung im Zimmer des Quattrocento, ihre Formen, ihr Schmuck. 
Bilder mit Darstellungen von Innenräumen, im Textband auf Tafeln wdedergegeben, zeigen 
die mannigfache Verwendungsart der Truhen in den verschiedenen Zeiten und Kunststätten. 

Repertorium für Kunstwisnenschaft XXXIX. 23 


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178 


Literatur 


Weiter wird die literarische Grundlage der Truhenbilder besprochen. Zunächst: Dante, 
Bocaccio, Petrarca. Dantes Phantasien sind auf Truhen nicht dargestellt worden, wohl aber 
zeigt sich, daß die von ihm erwähnten antiken Gestalten in die Vorstellung der Zeit ein¬ 
gingen, und daß er so eine wichtige Grundlage für den Anschauungskreis der Truhenmaler 
gegeben hat. Ein Verzeichnis führt über hundert Namen aus Dante auf, in der ersten Spalte; 
in der zweiten Spalte steht dann jedesmal ein Cassone (oft einer für viele), auf dem eine 
entsprechende Szene gemalt ist. Auch darin war Dante den Truhenmalern ein Bahnbrecher, 
daß er mit den antiken Stoffen frei schaltete und sie in lebendige Beziehung zur Gegenwart 
brachte — wie er ja sich selbst mit den großen alten Dichtern Zusammentreffen läßt. 

Nun wendet sich die Darstellung zu den antiken Schriftstellern: Homer, Vergil, Livius, 
Plutarch. Nachrichten von Ausgaben, von Vorlesungen, von Büchereien lassen uns er¬ 
kennen, wie und auf welchem Wege die alten Schriftsteller allmählich in den geistigen 
Besitz des Quattrocento cingegangen sind, und wir erfahren auch, wie sich der neue Geist 
zu dem alten verhielt, was ihm dabei wertvoll und lebendig war. 

Dann werden die Umformungen der alten Sage und Geschichte in der Literatur des 
ausgehenden Mittelalters besprochen, Nachdichtungen und Kompilationen, die den Stoff 
bekannt machten, durchsiebten, allmählich einen Schatz geläufiger Vorstellungen schufen: 
die Grundlage der Truhenbilder, die meist ohne Beischriften sind, also jene allgemeine 
Kenntnis voraussetzen. 

Eine zweite Durchsiebung und Formung, und zwar besonders auch für das Auge, 
gab das geistliche und weltliche Schauspiel. An einzelnen Fällen wird gezeigt, wie die alten 
Historien auf der Bühne anschaulich wurden, wie bestimmte Szenen als Bilder sich ein¬ 
prägten. Wir hören, welche Stoffe von den Bühnen in den verschiedenen Kunststätten 
bevorzugt wurden. Zusammenstellungen von Szenen aus den Schauspielen mit Darstellun¬ 
gen auf Truhen machen die Beziehung deutlich. 

Daran schließen sich die Trionfi, die ins Weltliche übertragenen Prozessionen. Re¬ 
genten feiern Triumphe, antike Helden treten auf, dann auch Allegorien; all das spiegelt 
sich in der Malerei. 

Ein Blick auf das Kunstgewerbc: das Eindringen der antiken Stoffe in Majolika und 
Plaketten. Die Gegenstände in Kupferstichen und Holzschnitten werden mit denen der 
Truhen verglichen. Listen führen Stiche und Schnitte auf, deren Inhalt sich auch auf Truhen 
findet, und zwar vorher: hier waren die Cassoni die Grundlage, die Graphiker hielten sich 
an die Stoffe, die von den Truhenmalern gesichtet und beliebt gemacht waren. »Kurz vor 
dem Sieg des Druckes, der dem gemalten Buch den Garaus machte, vertritt die Cassonc- 
malerei noch einmal den von allen früheren Jahrhunderten erhärteten Grundsatz, daß alles, 
was Wert haben soll, Unikum sein müsse.« Alle die 800 hier beschriebenen Truhenbilder 
sind verschieden. »Das alte, gute, unbestechliche Handwerk grüßt aus der Truhe.« »Dem 
bestimmten Auftrag entwachsend und daher reich an persönlichsten Beziehungen, steht 
diese Malerei und Welt im schärfsten Gegensatz zu der Kunst der späteren Zeit, . . . wo das 
Angebot die Nachfrage lockte, wo die Bilder unpersönlich, beziehungslos und oft Duplikate 
wurden.« 

Nun folgt der im engeren Sinn kunsthistorische Abschnitt, den die Attributionistcn, 
Sammler und Händler nachschlagen, benutzen und mehr oder minder kritisieren werden. 
Zunächst eine Besprechung der schriftlichen Anhaltspunkte: Urkunden, Hochzeitsdaten, 
Inventare; Vasari, Billi usw. Dann beginnt die historische Übersicht. Allgemein darf hier 
gesagt werden, daß Schubring sich von der früheren Unsitte der Attributionistcn fernhält, 
für jedes Werk einen Meisternamen zu haben. Die Benennungen werden mit großer Vorsicht 


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Literatur 


179 


und Bescheidenheit gegeben. Die Meister der Bildergruppen, die nach dem Stil zusam¬ 
mengebracht sind, ließen sich wohl hier und da mit überlieferten Namen identifizieren, aber 
Schubring verzichtet darauf, beschränkt sich auf die Andeutung der Möglichkeit. Gleiche 
Gewissenhaftigkeit in der Zusammenstellung, Abstufung und Trennung der Gruppen; 
Andeutung der Schwierigkeiten und der allmählichen Entstehung der Meinung. Man wird 
hier also mit der Zeit wohl weiterkommen, auch Schubring selbst, man wird schärfere Linien 
ziehen können, die Persönlichkeiten vielleicht noch lebendiger herausarbeiten, glückliche 
Funde von Wappen oder Urkunden mögen manches klären und einzelnes berichtigen, aber 
man w f ird nicht erst auf falscher Grundlage weitcrbaucn, um dann ganze, viel verstrebte 
Zusammenhänge wieder einreißen zu müssen. 

Den Hauptteil dieser Übersicht nimmt natürlich das Florentiner Quattrocento ein. 
Der erste Abschnitt geht bis Pesellino und umfaßt die erstaunliche Zahl von etwa 300 Truhen. 
Die schon von Mcsnil bezweifelte, aber von Schiaparclli wiederholte zu frühe Datierung 
des Adimari-Bildcs wird aus Gründen des Stils als sehr irreführend berichtigt. Die Vor¬ 
stellung von Uccello wird bereinigt. Eine Reihe namenloser Meister tritt dann in deutlich 
umschriebener Art hervor. Einige von diesen Bildern waren schon von früheren Autoren 
zusammengcstellt w f ordcn, aber manche Irrtümer w r erden hier berichtigt, und in jedem Fall 
ist die Reihe außerordentlich vermehrt, so daß die Vorstellung von dem Meister viel reicher 
und klarer w f ird. Eine Gruppe war unter dem Namen Cassone-Meister zusammengefaßt; 
Schubring fügt ihr 5 bisher unbekannte Bilder und 12 neue Attributionen hinzu, das Werk 
des Meisters steigt damit auf 27 Stücke. Vier andere Meisterbenennungen führt Schubring 
neu ein; von den zahlreichen hier eingeordneten Truhen gingen die bisher bekannten unter 
ganz verschiedenen Namen, meist unbestimmter Art, w f ic »Art Uceellos« oder »Kreis des 
Pesellino«. Doch gibt auch Schubring, wie schon gesagt, keineswegs jedes Bild einem be¬ 
stimmten Meister, sondern begnügt sich oft mit andcutendcr Einordnung. Die neuen At¬ 
tributionen an jene vier von Schubring eingeführten Meisternamen verteilen sich wie folgt. 
Der Anghiari-Mcistcr (so genannt nach dem interessanten Bilde, dessen Gegenstand 
später durch Lionardo berühmt wurde), früher zum Teil mit Uccello verwechselt: etwa 
30 Bilder, von denen bisher über ein Dutzend unbekannt waren. Der Meister des Turniers 
von S. Croce: 8Bilder, darunter 2 bisher unbekannte. Der Paris-Meister: 23 Bilder, darunter 
15 bisher unbekannte. Der Dido-Meister: 28 Bilder, darunter 4 unbekannte. Für Pesellino 
kann sich Schubring auf Weisbach beziehen, mit einigen Abweichungen; unter den 8 Bil¬ 
dern ist die Hälfte neu zugeschrieben, zwei waren bisher unbekannt. 

Diese Zahlen mögen andcuten, wie stark Schubrings Arbeit den Material bestand 
gerade auch für diese wohl bekannteste Epoche der Truhenmalcrei erweitert und neu 
ordnet. 

Übrigens ist dieser ganze Abschnitt in Schubrings Darstellung nicht etwa, wie man 
nach meinem statistischen Bericht annchmcn könnte, katalogartig trocken, in der Art man¬ 
cher Kennerschriften, sondern fortwährend sprudeln aus dem Füllhorn des Stoffes Dinge, die 
streng genommen in andern Zusammenhang gehörten; der menschliche Anteil des Verfassers 
am warmen Leben ferner Vergangenheit, das ihm aus Pergament und Tafel lebendig w f ird, 
geht immer wieder mit ihm durch, wde man es aus seinen andern Schriften kennt: Attributio- 
nisten reiner Observanz w'crdcn daran Ärgernis nehmen. 

Auf Pesellino folgen die Maler des späteren Quattrocento, von Botticelli und seinem 
amico bis zu Niecolo Soggi. Besonders reich ist das Werk des Bartolommeo di Giovanni, 
zuerst vonBerenson als Alunno di Domenico erfaßt, und des Jacopo del Sellaio, für dessen 
Kenntnis Mackowskys vortreffliche Arbeit die Grundlage gegeben hat. Das Zahlenverhält- 

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Literatur. 



nis zwischen Schiaparellis und Schubrings Liste ist bei Botticelli 2 zu 9, bei Sellaio 12 zu 2!, 
bei Bartolommco di Giovanni io zu 30. Für die Zeit bis zu Botticelli nennt Schiaparclli 
57 Stücke, Schubring 333; nur für das frühere Quattrocento, ohne das Trecento, führt 
Schubring 203 Bilder mehr auf. 

Dann all die übrigen Kunststätten des Quattrocento, Siena, Umbrien, die Marken, die 
Pocbcne, das Gebiet Mantegnas, Venedig, Rom, Neapel. Auch hier eine Fülle neuen Stoffes, 
und zugleich überall Klärung und neue Ordnung. 

Endlich das Cinquecento und ein Ausblick in die neuere Zeit: das Seicento übernimmt 
die Stoffe der Cassoni, die so zwischen dem Mittelalter und der neueren Zeit vermitteln. 

Ich habe hier nur andeuten können, welchen Reichtum Schubring in diesem kunst¬ 
historischen Teil seines Werkes vor uns ausbreitet. Zweifellos wird der Spezialforscher 
an vielen Stellen widersprechen müssen oder bessern können. Zeitschriften und einzelne 
Publikationen werden dafür schon sorgen. Ich gestehe, daß ich zunächst in der Fülle des 
neuen und neu geordneten Stoffes mich zurechtfinden muß, und daß ich den größeren Teil 
der hier besprochenen Werke, die ja zum erstenmal veröffentlicht sind, im Original nicht 
kenne. Und nachprüfen, jetzt — wann werden wir wieder in englischen oder französischen 
Privatsammlungcn Bilder studieren können? Die mir bekannten Originale aber habe ich 
doch nicht mit der Kennerschaft gesehen, die eine so reiche Übersicht des Stoffes gewährt. 
Ich habe also hier zunächst zu lernen und kann nicht den überlegenen Kritiker spielen, der 
dem Autor und Publiko zeigt, daß er das Buch viel besser gemacht hätte, wenn er bereit 
gewesen wäre, es zu schreiben. Aber so viel kann ich sagen, daß hier eine erstaunliche 
Arbeit geleistet ist, und daß mir die Hauptlinien mit Vorsicht und bescheidener Gewissen¬ 
haftigkeit gezogen zu sein scheinen. 

Nun kommt noch ein ausführliches Kapitel über den Inhalt der Darstellungen, das 
wieder den Attributionisten weniger interessieren wird. Aber Schubring betrachtet die 
Truhen mit Recht nicht nur als Dokumente der Kunstgeschichte und als Objekte des Kunst¬ 
handels, sondern auch als Zeugnisse der allgemeinen Geistesgeschichte. 

Zunächst wird der symbolische Sinn der Bilder dargelegt, die Art, wie sic auf persön¬ 
liche Schicksale, besonders auf die Eheschließung, hindeuten. Dann werden die einzelnen 
Stoffkreise durchgesprochen, zum Teil mit übersichtlichen Listen: die griechische und die 
römische Sage, ihre Umsetzung in die italienische Denkweise; die Zeitgeschichte; Llomini 
famosi; Bocaccio und Petrarca; Bibel und Allegorien; Aufschriften, Sprüche und Devisen. 
Dabei verknüpfen sich überall aufs mannigfaltigste Cassoni und andere Kulturzeugnissc: 
Literatur, Umzüge, Schaugerüste, Feste, Fresken, Bibliotheken, Embriachikästen. 

Soweit führt die zusammenhängende Darstellung, auf etwa 200 Seiten. Daran schließt 
sich, auf weiteren 200 Seiten, der Katalog: 893 Truhenbildcr werden hier aufgeführt, von 
denen bisher nur ungefähr 400 in der Literatur erwähnt waren, davon in Schiaparellis Liste 
etwa 150. Schubrings Verzeichnis gibt jedesmal den Standort, wenn möglich auch die Her¬ 
kunft, ferner die Maße, den Meister oder die ungefähre Zeit und Richtung. Die Reihenfolge 
ist historisch-systematisch und entspricht der Ordnung im Tafelband, doch konnten etwa 
350 Stücke nicht abgebildet werden. Hier im Katalog werden nun erst die zahllosen Fäden 
der attributionistischcn Arbeit bloßgelegt, und hier tritt uns erst der ganze Reichtum des 


Inhalts entgegen, der in der systematischen Darstellung doch nur allgemein ange- 


deutet ist. 


Zu weitreichenden Literaturnachweisen 


kommen Erläuterungen verschiede¬ 


nen Umfangs, in denen eine kaum zu bewältigende Fülle von Tatsachen, Urteilen und An¬ 


regungen niedergelegt ist. Ein großer Teil der Erklärungen des Inhalts ist neu, da die früheren 
Erklärer oft nicht das Interesse oder die literarische Kenntnis hatten, um die an sich deut- 


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Literatur. 



liehen Darstellungen zu erkennen; doch weist der Verfasser keineswegs immer auf die früheren 
Irrtümer oder Versager hin. In besonderen Fällen, bei seltenen Stoffen oder ungewöhnlich 
ausführlichen Darstellungen, werden die Bilder ganz genau erläutert, Figuren und Objekte; 
bei Gebäuden etwa werden unter Umständen die Daten ihrer baulichen Veränderungen 
angegeben — wir lernen dadurch für Bild wie Objekt, und überall zeigt sich so die beherr¬ 
schende Kenntnis und liebende Aufmerksamkeit des Autors. Oder es wird auf den Anlaß 
der Truhenbestellung hingewiesen, eine Hochzeit etwa, auf die symbolische Bedeutung des 
Gegenstandes. Auch wird bei selteneren oder besonders geprägten Stoffen genau die literari¬ 
sche Quelle angeführt, Bibel oder Antike, Novelle oder Schauspiel. Wenn cs fruchtbar er¬ 
scheint, werden auch Darstellungen in andern Kunstgebieten herangezogen: Fresken, 
Holzschnitte usw. 

Je mehr man sich in diesen Katalog vertieft, um so mehr staunt man über den ge¬ 
waltigen Umfang des hier verarbeiteten Stoffes, über die Fülle der neuen kunsthistorischen 
und allgemein-geschichtlichen Erkenntnisse, die mannigfach hin und her laufenden Be¬ 
ziehungen, die zahlreichen Fälle der Ordnung und Berichtigung. Ich glaube, die meisten 
Benutzer des Buches werden hier denselben Eindruck haben wie ich: daß hier zunächst 
eine Fülle des Neuen und Wissenswerten zu lernen ist, bevor man daran gehen mag, an 
einzelnen Stellen zu ergänzen und zu bessern. 

Den Beschluß des Textbandes bildet endlich, mit etwa 60 Seiten, ein ganzer Troß von 

Verzeichnissen. Zuerst die Liste der Literatur, etwas erschreckend, obwohl hier nur das 

■ 

Wichtigere angeführt ist; was bloß für einzelne Fälle in Betracht kommt, steht im Katalog. 
Dann: die fest datierbaren Cassoni, 27 Nummern. Weiter das von Warburg aufgefundene 
Bottega-Buch des Marco del Buono, 1446—63. Eine listenartige Gegenüberstellung der 
Mythologien an Filaretcs Bronzetür mit Cassoncbildcrn gleichen Inhalts. Register der 
Standorte, der Meister, der Autoren. Weiter, sehr interessant, ein Verzeichnis der Familien, 
die Schubrings Darstellung und Katalog in Verbindung mit den Truhen nennt; eine besondere 
Spalte daneben nennt die Stellen in jenem Bottegabuch, an denen dieselben Familien Vor¬ 
kommen. Schließlich ein Register der antiken Namen, und der übrigen Gegenstände. Auch 
die bloße Aufzählung dieser Register zeigt die Vielseitigkeit des Interesses und der Arbeit, 
und schon ein flüchtiger Blick in sie läßt den lexikographischen Reichtum des Stoffes 
ahnen. — 


Alles in allem: ein Werk weithin gebreiteten Wissens, frischen Empfindens, bescheide¬ 
nen Urtcilcns, erstaunlichen Fleißes. Für weiteres Arbeiten eine breite feste Grundlage, 
auf die unsere deutsche Wissenschaft stolz sein kann. Justi. 


Walter Friedländer, Nicolas Poussin: Die Entwicklung seiner Kunst. München 
1914. R. Piper & Co. 

Emil Magne, Nicolas Poussin: Premier Peintre du Roi 1594—1665. (Doeu- 
ments inedits). Brüssel*Paris. Librairie nationale d'art et d'histoire G. van Oest 
& Co., 1914. 

Der bekannte französische Literarhistoriker E. Faguet hat den Unterschied zwischen 
deutscher und französischer Arbeitsweise in seiner Wissenschaft einmal so charaKterisiert: 


»Eux et nous — Deutsche und Franzosen — nous aurons beau faire, lc caractcre ethnique 
cst toujours lä; ils seront toujours plus philologues que nous et nous serons toujours plus 
rhtStoriciens.« An diese gegensätzliche Auffassung der Aufgabe, eine künstlerische Erschei¬ 
nung der Vergangenheit historisch zu erfassen, könnte man sich bei den zwei neuen Mono- 


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Literatur. 


graphien über Nicolas Poussin erinnert fühlen: der deutsche Autor, obwohl sichtlich 
bemüht, aus lebendigen Strömungen der Gegenwart die starke und deutlich anwachsendc 
Modernität dieser Kunst zu begreifen, dennoch im Rahmen exakter Nüchternheit und 
überwiegender Detailarbeit verharrend; der französische trotz des Strebens nach reich¬ 
licher Dokumcntierung nicht selten zügellos ins Reich bloßer Phantasien hinausstürmend. 
Denn die seitenlange Schilderung der Freuden und Leiden eines sommerlichen Wochen¬ 
bettes — nur weil Poussin wahrscheinlich im Juni geboren ist — oder die an nichts als das 
Vorhandensein einer antiken marmornen Brunneneinfassung in der Nähe von Lcs Andelvs 
geknüpfte Vision sommerlicher paganisierender Badeszenen — in der Normandie! im Anfang 
des 17. Jahrhunderts! —, durch die der Meister zu seinen Bacchanalien angeregt worden 
sei, und ähnliche Ausschreitungen gehören ins Gebiet nicht der Wissenschaft, sondern des 
historischen oder pseudohistorischen Romans. Die Vergangenheit der beiden Forscher 
verstärkt den möglicherweise völkisch begründeten Gegensatz ihrer Arbeitsweise; Fried¬ 
länder hat sich durch eine Monographie über das Kasino Pius IV. in die Wissenschaft einge¬ 
führt, worin eine kunsthistorische Einzelfrage nach allen Seiten möglichst erschöpfend 
durchgearbeitet w T erdcn sollte, Magne hat eine stattliche Reihe von literaturgcschichtlichcn 
Büchern über das 17. Jahrhundert verfaßt, in denen mehr den gesellschaftlichen und kultu¬ 
rellen Zusammenhängen als den Problemen der im Schrifttum sich niederschlagendcn geisti¬ 
gen Entwicklung nachgegangen ist. Die gleiche Verschiedenheit der Auffassung nun auch 
bei dem anscheinend gemeinsamen Thema. Dies zeigt sich bei den kleinen Fehlern: wenn 
F. z. B. alles gleichgültig behandelt, w r as außerhalb des rein Entwicklungsgeschichtlichcn 
liegt, etwa gleich die Frage nach dem Geburtsjahr — der M. einen ganzen Exkurs widmet, 
um die größere Berechtigung des erst in neuerer Zeit gelegentlich bezweifelten 1594 zu er¬ 
weisen — oder wenn er von dem Dresdner Porträt Poussins kurzweg sagt, cs sei von Van 
Elle, eine Hypothese Andresens, die mit guten Gründen fast allgemein abgclchnt worden 
ist; oder w T cnn umgekehrt M. auf die kritische Sichtung des Bildermaterials gänzlich ver¬ 
zichtet und im Vertrauen auf Galerietaufen in das Werk Poussins Arbeiten aufnimmt, wie 
das Pasticcio der Sammlung Cook in Richmond (Taf. bei S. 18), die braunrote Deviscn- 
malerei im Palazzo Spada (Taf. bei S. 52) oder den Triumph der Venus beim Herzog von 
Devonshire (Taf. bei S. 198), der doch deutlich genug in die nächste Nähe Albanis gehört. 
Noch entschiedener aber ist der Gegensatz der beiden Autoren in der Verschiedenheit dessen, 
w f as sic mit ihren Büchern wollten *): M. w r ollte nichts als eine Biographie schreiben, F. nur 
die Entwicklung von Poussins Stil schildern; beiden lag der Gedanke einer eigentlichen, 
das ganze Wesen des Meisters umfassenden Monographie gleich fern, beide sind daher bei 
dem, was uns als kleine Entgleisungen erscheinen mochte, durch die Einseitigkeit ihrer 
Absichten gerechtfertigt. 

Aber es könnte zweifelhaft erscheinen, ob jede dieser beiden Fragestellungen dem 
kunsthistorischen Problem, das der Name Poussin kennzeichnet, überhaupt gerecht zu werden 
vermag. Für M. ist Poussin gewissermaßen nur zufällig ein Künstler; seine Biographie 
würde nicht viel anders aussehen, wenn ihr Held Schriftsteller oder Philosoph, wenn er 
irgendeiner der Hauptakteurc oder der Episodenfiguren des Hötel Rambouillet gewesen 
wäre, in dessen pikanter und interessanter Atmosphäre der Verf. sich so gern bewegt; das 
Künstlerische im engeren Sinn kommt bei M. unbedingt zu kurz. Aber auch F., der die 

*) Auch äußerlich hatten sic verschiedene Aufgaben. Der französische Poussin ist ein kostspieliges, 
schwerfälliges Prachtwerk mit einer üppigen Illustration durch treffliche Heliogravüren und Lichtdrucke, 
die ein glänzendes Arbeitsmaterial bilden, der deutsche ein wohlfeiler, handlicher Band mit anspruchslosen, 
aber seinen wissenschaftlichen Zwecken durchaus entsprechenden Abbildungen. 


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Literatur. 


»83 


spezifisch kunsthistorischen Forderungen in ungleich tieferer Weise erfaßt hat, hat sich den 
Weg zur vollen Erkenntnis der künstlerischen Persönlichkeit Poussins dadurch verbaut, 
daß er eine entwicklungsgeschichtliche Interpretation auf einen individuellen Künstler an¬ 
wenden wollte. Entwicklungsgeschichte treiben heißt die einzelnen künstlerischen Pro¬ 
bleme in ihrer Folgerichtigkeit und Notwendigkeit verfolgen, die allmählichen und stetigen 
Wandlungen zeigen, innerhalb deren das Individuum zum bloßen Glied einer unendlichen 
Kette entrechtet wird; Entwicklungsgeschichte ist eine bewußte oder unbewußte Abstrak¬ 
tion, der unermeßlichen Fülle der Einzelerscheinungen Herr zu werden. In den großen Zu¬ 
sammenhang gestellt, der alles geistige Geschehen verkettet, muß sich der einzelne Künstler, 
sei er groß oder klein, dem Zwange gesetzmäßigen Werdens und Wandeins beugen, gesondert 
betrachtet aber behält er teil am Mysterium des Individuellen, ist ein Wesen sondergleichen, 
das die Gesetze seines Wachstums in sich trägt. Dort ein Allgemeines, das keine Ausnahme 
duldet, hier ein Besonderes, das keinen Zwang erträgt; dort der lückenlose Zusammenhang 
eines abstrakt betrachteten Vorgangs, hier ein Mensch mit seinem Widerspruch. Das ent¬ 
wicklungsgeschichtliche Schema auf eine individuelle Entwicklung übertragen, muß diese 
notwendig vergewaltigen, muß zur Maulwurfsperspektive führen, die Justi ein solcher 
Greuel war, zur Bevormundung des Künstlers, zur Feststellung, was im Sinn seiner Ent¬ 
wicklung lag und was nicht, d. h. zur Bewertung der einzelnen Werke vom Standpunkt 
einer vorausgesetzten Entwicklung. Dieser Gefahr ist auch F. nicht völlig entronnen, er 
windet sich unter ihrem Druck: »Eine ganze Reihe derartig lyrisch-musikalischer Kom¬ 
positionen entstehen in dieser Zeit, von einer Wärme und Märchenstimmung, die man dem 
als steifen Theoretiker verschrienen Poussin kaum Zutrauen würde. Da sie zwar auf dem 
Wege seiner Entwicklung liegen, aber doch nicht sein eigentliches künstlerisches Wollen 
ausgeprägt zeigen (wenn man auch den starken lyrischen Einschlag seines Wesens nicht 
unterschätzen darf), sei hier nur auf eines der schönsten Märchenbilder hingewiesen ...« 
(S. 47 ff.). Hier wie anderwärts liegt der wirkliche Poussin im Kampfe mit dem P'riedländer- 
schen, der sich von optisch koloristischer zu taktisch reliefmäßiger Auffassung zu »ent¬ 
wickeln« hat. 

Infolge dieser Schwierigkeiten, die F. nicht verborgen geblieben sind, mußte die ent¬ 
wicklungsgeschichtliche Interpretation immerfort durchbrochen werden; denn ihre kon¬ 
sequente Handhabung hätte gefordert, daß — ähnlich wie die Einzelentwicklung in die 
allgemeine aufgehen muß — wichtig erachtete einzelne Probleme durch das ganze Werk 
Poussins hindurch verfolgt würden. Sei es nun, daß einzelnen formalen Aufgaben und Lösun¬ 
gen nachgegangen worden wäre, die in seinen Bildern verschiedenen Inhalts in fortschreiten¬ 
der Form nachweisbar sind; sei es, daß man umgekehrt verfolgt hätte, wie die Fassung 
bestimmter Themen sich im Lauf der Jahre wandelt. Beide Möglichkeiten entwicklungs¬ 
geschichtlicher Folgerichtigkeit, deren Ergebnisse vielleicht die unbarmherzige Aufhebung 
seiner Persönlichkeit hätten rechtfertigen können, hat F. durch ein Kompromiß ersetzt, 
durch eine chronologisch-thematisch-formale Anordnung, die sich in den Überschriften 
seiner Abschnitte widerspiegelt: heroische Themen der ersten Jahre; erotische und mytho¬ 
logische Themen (mit Unterteilung in »venetianisch-optische Art« und »strengerer formaler 
Aufbau«), schematische Kompositionen, großfigurige Gemälde, Gemälde verschiedener Auf¬ 
fassung, die erste Serie der sieben Sakramente, Massenkompositionen, Richelieu-Bacchanale 
usf. Diese Einteilung des Stoffes, der keine innere Notwendigkeit zugrunde liegt und die 
den Forderungen eines genetischen Aufbaues widerspricht, könnte einen Sinn haben, wenn 
eine starke und klare Erfassung der Persönlichkeit des Meisters, des ruhenden Pols in der 
Erscheinungen Flucht, diese zerstreuten Glieder zusammenfaßte. So ist sie eine bloße Ver- 


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Literatur. 


I84 


legenheitslösung, die F. durch den Hinweis auf die Schwierigkeiten der Aufgabe entschuldigt: 
auf die Unmöglichkeit einer sicheren Chronologie der Werke, auf den Umstand, daß wir von 
der Frühzeit PousSins so gut wie nichts wissen, sondern ihn erst als Gereiften kennen lernen; 
durch ein gewisses eklektisches Wesen, ein bewußtes Nachahmen verschiedener Vorbilder 
bei verschiedenen Themen werde die Unklarheit noch größer. 

Den einen Ausweg aus diesem Wirrsal, nämlich den, das Geheimnis von innen heraus 
zu enträtseln, aus einer Gesamtkonzeption der Geistigkeit Poussins seine Kunst zu erklären, 
hat sich F. durch seine cntwicklungsgeschichtliche Auffassung — vielleicht noch mehr Vor¬ 
eingenommenheit — verschlossen; er betritt folgerichtig den zweiten, die allgemeine Stil¬ 
stufe abzustecken, aus der dieses Stück Kunst herauswächst, die ganze Einflußsphäre zu 
untersuchen, in der sie wurzeln könnte. Auf ein Zurückverfolgcn einzelner Motive auf be¬ 
stimmte Vorbilder hat F. dabei verzichtet; dafür gebührt ihm gerade bei diesem Thema ein 
ganz besonderer Dank, da die Entlehnungsriecherei bei Poussin ein besonders leichtes und 
von alters her betriebenes Geschäft ist — man denke an die akademischen Diskussionen über 
die Mannalesc und an ihre Nachfahren bis in unsere Zeit, z. B. wie L. Serra Entlehnungen 
Poussins von Dominichino aufspürt — und weil der Nachweis der Übernahme einzelner 
Motive von da und dort bei ihm noch unfruchtbarer ist, als er im allgemeinen zu sein pflegt. 
Das Verhältnis zum Einzelelement der Vorlagen ist bei ihm — und ganz ebenso bei dem ihm 
darin ganz ähnlichen Dominichino — durchaus analog zum Verhalten gegenüber dem Natur¬ 
vorbild; nur auf die formale Umgestaltung kam cs ihnen an, und den Vorwurf des Plagiats 
hätten sie mit ähnlichen Argumenten von sich gewiesen, wie es der erste italienische Gönner 
Poussins, derCavaliere Marino, in seinem derSampogna vorangcstellten Rechtfertigungsbrief 
an Claudio Achillini getan hat. 

Die hauptsächlichen künstlerischen Grundlagen für Poussin lassen alte Tradition und 
Anschauung des Werks gleicherweise in zwei Richtungen suchen: Antike und Tizian. Was 
Raffael — in der Studienzeit durch die Stiche, in den römischen Jahren durch die monumen¬ 
talen Werke selbst — beigetragen hat, wirkt in der Richtung des antiken Elements mit, 
was die Carracci und ihre Schüler zu bieten hatten, ist zum Teil eine Fortbildung der Tizian- 
schen Note, zum Teil die Verbindung dieser mit dem klassierenden Zug. Diese zwei Pole 
»Antike« und »Tizian«, nach denen wir die Poussin bestimmenden Einflüsse orientieren 
können, sind aber keineswegs Gegensätze, die einander ausschließcn; die diesbezüglich irrige 
Anschauung F.s ist die natürliche Folge daraus, daß er die Kunst Poussins nicht als einen 
einzigartigen Organismus erfaßt, sondern in ihr nur Entwicklungsglicder erkennt, die sich, 
man möchte fast sagen, zufällig, im persönlichen Werke des Künstlers zusammengefunden 
haben. Ein Nachklang mechanistischer Auffassung, wie sie am krassesten in den bekannten 
eklektischen Rezepten verschiedener akademischer Richtungen vorliegt; von der Antike die 
Reliefauffassung und den heroischen Ernst, von Tizian die koloristische Frohnatur, die Lust 
zu fabulieren! 

In dieser Weise läßt sich der Vorgang künstlerischer Befruchtung nicht zerlegen. Eine 
Betrachtung der Bilder Poussins zeigt uns, daß ihm Tizian keineswegs nur durch Farbe 
und Auffassung als Vorbild »für Bacchanale und derartiges« diente, daß es sich nicht nur 
um die Übernahme von Einzelheiten, auch nicht um koloristische Beeinflussung und themati¬ 
sche Anregung handelt, sondern daß das große Erlebnis, das ihm nach Belloris Zeugnis 
Tizian war, in jeder Hinsicht in Poussin weiterwirkte, ganz ähnlich wie das Erlebnis »Antike« 
nicht in Einzelzügen, sondern zu einem Stück seines Wesens geworden, in aller Weiterent¬ 
wicklung des Künstlers fortlebt. Oft sehen wir Poussin an Tizians Kompositionen anknüpfen: 
Der »Tod des Germanikus«, eines der frühesten in Rom entstandenen Bilder, zudem in 


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Literatur. 


185 


Thema und Gesinnung antikisierend, ist dennoch durch die tizianischc Schrägstellung der 
Hauptgruppe zur Bildebene charakterisiert, so daß der kürzere Schenkel der Pyramide — 
Frau und Kinder — dem längeren, den das kriegerische Gefolge bildet, das Gleichgewicht 
hält. Von da aus wird auch die »fast ungeschickte« Komposition der Marter des h. Erasmus 
von 1629 verständlich, mit einem links unten beginnenden, durch Leiber, Arme, Häupter 
bis rechts oben fortgeführten Hauptstreifen, dem eine schwächere von links oben nach 
rechts herabgeneigte Diagonale als Gegenstütze dient; eine Komposition, wie sie für Tizians 
mittleren Stil besonders charakteristisch ist und auch sonst in der Barockzeit fortgebildct 
wurde, z. B. in Guercinos Marter des h. Petrus in der Pinakothek in Modena. Auch die 
Anbetung der Könige in Dresden, deren Komposition F. außerordentlich straff und energisch 
gegliedert nennt, verdankt ihre dramatische Spannkraft — was sehr deutlich wird, wenn 
man die beiden zugehörigen Zeichnungen in Chantilly mit heranzicht — einer Anordnung, 
die Tizian in seinem Wiener Ecce homo angewendet hat (vgl. E. Tietzc-Conrat, Die 
Linearkomposition bei Tizian, Innsbruck 1915, S. 26): der Augenpunkt wird mit auf¬ 
fallendem Nachdruck ganz rechts seitlich in die Fernsicht geschoben, von wo der Blick 
durch ausgestreckte Arme und über gebeugte Nacken wie von einem Sturzbach zum 
geistigen Zentrum links vorn hingerissen wird; die Wellenlinie scheint sich in die Erde ein¬ 
zubohren, um nach scharfer Zäsur den steilen Aufbau der h. Familie um so beherrschender 
zu machen. Noch ein Beispiel aus der Frühzeit sei genannt, die Rettung des jungen Pyrrhus 
im Louvre, weil sie zu den heroischen Themen gehört, für die Tizians Vorbild nicht kompetent 
sein soll, und weil F. hier das Hauptgewicht auf die reliefartige Heraushebung der Haupt¬ 
agierenden gelegt findet. Die Komposition bildet einen durch das Baumdunkel oben und 
die heroischen Stilleben unten begrenzten Keil, der sich nach links vorn verjüngt und dessen 
energische Knickung nach hinten — durch den am Wasser liegenden Mann versinnfälligt — 
die Rettung des Kindes zu der Gruppe am andern Flußufer wie vor Augen führt. Die Vor¬ 
stufen zu dieser Anordnung sind Tizians Bacchanal im Prado, das als Hauptgegenstand der 
Poussinschen Studien in seinen ersten römischen Jahren ausdrücklich überliefert ist und sein 
Bacchus und Ariadne in der Nationalgalerie in London mit einem eng verwandten Bc- 
wegungs-Stockungs-Umbicgungs-Motiv. Andere Bilder, die kompositionell an Tizian an¬ 
klingen, sind »die auf dem Rücken eines Satyrs reitende Nymphe« in Kassel, die schlafenden 
Flußgötter in New York, die prächtige Zeichnung Medor und Angelika in Stockholm 2 ) 
und noch in seinem Selbstporträt mit dem merkwürdig geschachtelten Hintergrund, von dem 
sich die Büste mächtig abhebt, lebt die Anordnung weiter, die Tizian seinem Bildnis des 
Strada gegeben hat. 

Ich breche hier ab, um mich zunächst der andern, der antiken Komponente, zuzuwen¬ 
den. Eine reliefmäßige Anordnung, die die Hauptfiguren mehr und mehr als eine deutliche 
Schicht zusammenfasse und von den Raumgründen abtrenne, sei für Poussins großen Stil 
charakteristisch; ohne der Sachlage Gewalt anzutun, bemüht sich F. doch, wenn ich ihn 
richtig verstehe — denn seine Analysen bleiben oft Detailbeschreibungen, die sich nicht zu 
klärender Zusammenfassung erheben —, diesen Reliefstil als das eigentliche Ziel der Poussin¬ 
schen Entwicklung zu erweisen. Dies scheint mir nicht richtig zu sein. Fürs erste ist dieses 
Arbeiten mit einer bühnenartigen Aktionsschicht, die — bisweilen sogar durch die Kulissen- 


3 ) In diesem Zusammenhang möchte ich auf das schöne Bild in Braunschweig hinweisen, das wohl 
auch eher ein herosich-idyllisches Liebespaar als einfach Hirt und Hirtin darstcllen dürfte und das ur¬ 
sprünglich wegen der Verwandtschaft mit den Lebensaltern des Bridgcwater-House Tizian hieß, jetzt fast 
noch seltsamer A. Carracci getauft ist. Poussin steht cs in Auffassung, Aufbau und Einzclbildung so nahe, 
daß es irgendwie in seine Einflußsphäre gehören muß. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX.. 24 


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Literatur. 


bäume, auf die F. ein so großes Gewicht legt — von einem bloß angedeuteten landschaft¬ 
lichen oder Architekturraum abgetrennt ist, von Anfang an in Ansätzen bei Poussin vor¬ 
handen; selbst die Zeichnungen zu Marinos Adone in Windsor lassen bei aller Unfertigkeit 
und Leere doch gerade dieses Prinzip deutlich genug erkennen, das auf das von den Bio¬ 
graphen Poussins für seine erste Pariser Zeit bezeugte Studium Marc Antonscher Stiche 
zurückzuführen sein mag. In der Folge aber verschärft sich diese Tendenz keineswegs ein¬ 
deutig; unter den Bildern, die F. unter den Titeln »Strengerer formaler Aufbau« und »Sche¬ 
matische Kompositionen« zusammenfaßt, finden sich einzelne, bei denen das Motiv eine 
solche Anordnung fördert, z. B. »Der Zug von Aeneas und Dido« im Prado, andere wieder, 
wie die Erziehung des Bacchus (Louvre) oder die Erziehung des Juppiter in Dulwich zeigen 
geschlossene Mittelgruppen, die durch tiefe Durchblicke rechts und links mit der Landschaft 
zusammengeschlossen sind; eine Komposition der Carracci, von Annibale in seiner Wiener 
Samariterin, von Agostino in dem eigentümlichen Bilde der Turiner Pinakothek angewendet. 
Auch bei den großen Kompositionen der reifen Zeit dürfte das, was den Haupteindruck 
bestimmt, kaum als Reliefanordnung bezeichnet werden können; mit den mannigfaltigsten 
Mitteln, die gerade unsere Zeit, die Verwandtes anstrebt, bewundernd genießt — den Zweck 
der Malerei nennt Poussin den Genuß —, weiß der Künstler das Hintereinander der Figuren, 
ohne es aufzuheben, in ein Nebeneinander zusammenzuschließen, d. h. zu einer Flächen¬ 
wirkung zu bringen. Nehmt alles nur in allem, er war ein Maler! 

Der Parnaß (im Prado), in seinen klaren Vertikalen und Horizontalen in modernem 
Sinn monumental wirkend wie ein Puvis de Chavannes, schlingt zwei konzentrische Ovale 
um die Hauptgruppe. Die Aussetzung des Moses in Dresden zeigt ein Breitoval, das die 
Frauengestalt hinten erst schließt, der Phantasie die Arbeit der Ergänzung überlassend. 
Eine verwandte Komposition ist in dem grandiosen Kindermord in Chantilly zu mächtiger 
Wirkung ausgenutzt; die vier Figuren sind wie ein N aufgebaut; wo die geschlossene Recht¬ 
eckform klafft, empfindet der Blick den gewalttätigen Hiatus und ergänzt links den tötenden 
Streich der Schergen, rechts die Flucht der verzweifelnden Mutter. Der dramatischen 
Wirkung entledigt erscheint die Komposition noch einmal in den Arkadiern des Louvre — 
die gleichfalls höchst reizvolle Fassung im Devonshire House ist kompositionell sehr tizianesk 
und, wie F. mit Recht betont, nächst verwandt mit der Inspiration des Anakreon in Dul¬ 
wich —; vier Figuren, kreuzweise angeordnet und durch Querlinien verknüpft und dennoch 
zwanglos zum Rechteck geschlossen. Aber dort ein kahles Gerüst, das die Kraßheit der 
Mordszene wie auf ein Schafott hebt; hier eine rahmende Landschaft, deren Linien in 
weichem Schwünge den Figuren folgen, wodurch dieser »reinste Reflex klassizistischer Vor¬ 
stellungen in elegisch-philosophischer Richtung«, wie F. das Bild nennt, wie ein unmittel¬ 
barer Vorläufer Watteaus erscheint, des schärfsten Widersachers und echtesten Erben von 
Poussins Kunst 3 ). Unter den Massenkompositionen ist vornehmlich die Mannalese von 
alters her hochberühmt; auch bei ihr handelt es sich um ein reichverschlungcnes, kunstvoll 
in die Ebene gebrachtes Hintereinander: im Vordergründe rechts und links zwei ausge¬ 
wogene, auch durch die Landschaftsformen betonte Breitovale, die Gruppe der Verschmach¬ 
tenden und die Gruppe der Mannaleser. Dazwischen, die beiden Pole der Komposition und 
die Handlung verbindend und mannigfach mit den beiden vorderen Gruppen verknüpft, der 
etwas zurückgeschobene Kreis um Moses und Aaron. Die ganze reiche Komposition ist 
gleichzeitig ein in gleichmäßiger Breite verlaufender Streifen, in dem die Bewegung, dem 

3 ) Der Zusammenhang mit Watteau und seinem Kreis ist keineswegs nur ein motivischer, wie S. 105 
angenommen ist, sondern ein viel intensiverer, worauf auch P. Marcel, La Pcinturc Fran^aise au debut du 
XVIII«? si&cle, S. 41 fl., hingewiesen hat. 


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Literatur. 


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Gang der dramatischen Darstellung folgend, von links nach rechts ohne Unterbrechung 
fortflutet 4). Ist dies eine Reliefkomposition? Für meine Empfindung nicht; mir scheint 
es ihr charakteristischester Zug zu sein, wie sich um die beiden Wundertäter ein enger Kreis 
schließt, um diesen ein zweiter und um diesen ein dritter, der, in der Mitte vorn gesprengt, 
den Beschauer in diese Sphäre mitzwingt, die in der Felsenhöhle auf der einen, der Baum¬ 
kulisse auf der andern Seite ihren völligen Abschluß findet. 

Wenn dieses Bild, ein altes Paradestück für die theoretische Diskutierung kompositio- 
neUer Prinzipien, ausführlicher besprochen wurde, so geschah es, um daran zu erinnern, 
daß der reiche und vielgestaltige Organismus einer großen Künstlerschaft sich nicht so leicht 
einem entwicklungsgeschichtlichen Schema fügt, daß diese Kompositionen unendlich mehl 
enthalten, als daß man sie auf die trockene Formel Reliefstil bringen könnte. Die Kom¬ 
positionen, die F. seine Auffassung zu bestätigen scheinen und die er als das Schlußglied 
der von ihm angenommenen Entwicklung an das Ende des Poussinschen Lebenswerks stellt 
(S. 256ff.), liegen charakteristischerweise nur in Stichen vor, also in einer stilistischen Um¬ 
setzung, die teils wegen der inneren Notwendigkeiten graphischer Ausdrucksweise, teils 
wegen der im landläufigen Sinn klassiziercnden Tendenzen der Stecherinterpreten, den 
Eindruck von Fläche und Relief in wesentlich höherem Grade hervorruft, als es bei den Ge¬ 
mälden je der Fall ist. Die Betrachtung dieser zeigt im Gegenteil, wie Poussin die unter 
raffaclischen und antiken Anregungen für gewisse Themen, sei es zur Verstärkung der Feier¬ 
lichkeit, sei es zur Erzielung eines Bewegungszuges bevorzugte Reliefkomposition mehr und 
mehr ausweitet, die Vordergrundsbühne mit den handelnden Figuren immer mehr mit der 
Landschaft zur Einheit zusammenschließt. Selten können wir das Fortschreiten eines Künst¬ 
lers in bestimmter Richtung so klar und deutlich feststellcn wie bei Poussin, der eine zyklische 
Aufgabe bedeutendster Art nach Jahren des Reifens ein zweitesmal in Angriff genommen 
hat; die Bedeutung dieses Umstandes wird noch dadurch gesteigert, daß der Künstler eine 
Nachahmung seiner selbst geflissentlich vermeiden wollte und die zw r eitc Ausfertigung völlig 
von neuem durchdachte, und weiters dadurch, daß die erste Folge der Sakramentsbildcr 
in zentraler Anordnung und reliefmäßiger Strenge am meisten befangen ist, für die zweite 
Redaktion aber nicht eine neue Auffassung des Gegenstandes, sondern künstlerisch formale 
Forderungen maßgebend waren. Denn aus dem merkwürdigen Briefe Poussins an Chantclou 
vom 22. Juni 1648 wissen wir, wie gleichgültig ihm das Thema seiner Serie inhaltlich erschien 
— ungleich Goethe, der die lebcnsglicdernde Symbolik der sieben Sakramente so tief gewür¬ 
digt hat. Auch für unsere Frage der allgemeinen Raumbewältigung und Komposition liegt 
in den beiden Folgen ein treffliches Vergleichsmaterial vor, denn nicht nur in der dramatische¬ 
ren Fassung der Themen, nicht nur in der monumentaleren Gesinnung — wie F. gut und 
stark hervorgehoben hat — auch in der Gesamtauffassung sind die Bilder der Chantelou- 
Serie im Bridgewatcr-House weit über die in der Pozzo-Serie in Belvoir-Castle hinaus¬ 
geschritten. Diese Weiterentwicklung liegt — das zeigt sich, wenn wir Bild um Bild ver¬ 
gleichen — darin, daß die Handlung nun mit ihrem architektonischen oder landschaftlichen 
Raum als Einheit empfunden ist. Mit einer Raumillusion im Sinn einer Vortäuschung kubi¬ 
schen Raumes darf das natürlich nicht gleichgestellt werden; vielleicht gibt es eine solche 
in der Malerei, wenn wir von einer gewissen Dekorationsmalerei absehen, deren raum- 

4 ) F* gibt die Reproduktion des nicht leicht photographierbaren Gemäldes nach dem Stich von Chastcau, 
im Gegensinn; ein lehrreiches Beispiel für die gelegentlich vonWölfflm und anderen betonte kompositioncllc 
Wichtigkeit von links und rechts. Der Eindruck ist gerade umgekehrt wie bei der Photographie (Magnc, 
Taf. bei S. 88), dem Sinn der dramatischen Handlung zuwiderlaufcnd; das Ganze wirkt w f ie ein umgekehrt 
abgerollter Kinofilm. 

2 4 * 


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Literatur 


gliedernde, raumweitende oder raumaufhebendc Funktion aber dann im Dienste der Archi¬ 
tektur steht, überhaupt nicht, sondern diese vermeintliche Raumillusion ist ein in das Kunst¬ 
werk getragenes intellektuelles Element, ein mathematisches Gerüst, das wir den Kom- 
positionsglicdern unterschieben, die sich nach einer ganz andern Gesetzlichkeit zur Bild¬ 
architektonik zusammenbauen. Sollte F., der doch auch auf dem Wege über moderne Pro¬ 
bleme der Kunst Poussins näherzukommen bemüht ist, davon nichts bemerkt haben? Ich 
glaube es nicht; wie ein Jubelruf entringt sich ihm bei der Analyse der Eheschließung: »Die 
Wand des Hintergrundes ist gesprengt, durch drei Öffnungen sicht man ins Freie, Helle, 
so ist die Tiefe nicht ausgeschlossen, die Monotonie vermieden.« Die Monotonie liegt nicht 
in der Kunst Poussins, sondern in dem in sich selbst zusammensinkenden Bestreben, seine 
Meisterschaft in ein dürres Entwicklungsschema zu zwängen. 

F. bezeichnet die Sakramentsbilder der zweiten Serie und vorzüglich das Ehe¬ 
schließungsbild als Vorstufen zu Poussins »Hochstil«. Was dieser zum Bisherigen Neues 
fügt, ist die Zuspitzung des dramatischen Moments — den Keim zum Theatralischen, der 
darin liegen konnte, hat F. richtig herausgefühlt, dem auch die innere Verwandtschaft 
Poussins mit Corneille natürlich nicht entgangen ist — und die volle Sicherheit im Zusammen¬ 
schluß von Figurenszene und Landschaft. Es wird nicht ein Raum vorgetäuscht, noch 
weniger eine bühnenartige Figurenschicht vor einen Hintergrundsprospekt gestellt; die 
beiden sind eins, untrennbar verschmolzen, der dramatische Vorgang ist mit so viel an 
landschaftlichem oder architektonischem Raum ausgestattet, wie zur Einheit der Bild¬ 
wirkung notwendig ist. Und wie könnte es auch anders sein bei einem Künstler, der die 
Ansätze von dekorativer und Stimmungslandschaft zu einem neuen Stil zusammenschmiedet, 
der den ganzen Naturausschnitt oder -aufbau — möchte man doch einsehen, daß diese 
Gegensätze doch auch wieder dasselbe sind — nicht so sehr anthropomorph (F., S. 96) als 
anthropozentrisch erfaßt und gestaltet. Nicht von einer Landschaftsstimmung wird aus¬ 
gegangen, sondern von einer menschlichen Handlung oder Situation, und jenes bekannte 
Gewitterbild von 1651 ist in voller Übereinstimmung mit dem Aufbau der dramatischen 
Meisterbilder oder der Sakramentsfolge; wie bei jenem das Verhalten der Menschen beim 
Gewittersturm als Kern des Bildes gedacht war, so hätte Poussin in diesen am liebsten die 
Menschen unter verschiedenen, möglichst heftigen Streichen des Schicksals gezeigt. Der 
eigentliche Schlüssel zu diesen wunderbaren Landschaftsbildern liegt in der Persönlichkeit 
des Künstlers. Sie sind nicht Veduten, aber nur aus dem tiefsten und eigensten Erleben 
von wirklich Gesehenem erklärbar; italisches Land mit den sehnsüchtigen Augen des 
Nordländers ergriffen. Deshalb erinnert so manches von ihnen wie die Landschaft mit dem 
Polyphon oder die Hirtenlandschaft im Prado in Stimmung und Auffassung so stark an 
einen andern Mann des Nordens, der 2 l /i Jahrhunderte später römische Canipagna und tos¬ 
kanische Hügel mit Augen, die nach der ewigen Schönheit des Südens dursteten, durch¬ 
streifte: Boecklin; und deshalb darf man das ganze Werk Poussins, wie es F. getan hat, 
mit den vier Landschaften im Louvre krönen, die in historischen Szenen das Wesen der vier 
Jahreszeiten darstellen: der Maler, der Dichter, der Denker teilen sich gleichermaßen in die 
Ehren dieses Werkes. 

Wenn wir aber die stetige Entwicklung Poussins zu einem plastisch wirkenden Relief¬ 
stil leugnen und insbesondere in Abrede stellen, daß diese Tendenz eine isolierbare Kom¬ 
ponente in seiner Künstlerschaft darstellt, so wird dadurch vielleicht verunklärt, was unter 
dem Klassizismus Poussins eigentlich zu verstehen ist. Da die allgemeine Verehrung für 
»nos braves Anciens« dafür gewiß nicht ausschlaggebend sein kann, noch weniger das Auf¬ 
tauchen klassischer Reminiszenzen in einzelnen Figuren und das antikisierende Beiwerk, 


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Literatur. 



worum sich der Künstler gelegentlich geradezu wissenschaftlich beeifert, worin besteht dann 
der Klassizismus Poussins, worin die einzigartige Stellung des Malers innerhalb der ewigen 
Bestrebungen idealistischer Kunst? 

Poussin hat die Grundformel seines Wesens selbst mit großer Bestimmtheit ausge¬ 
sprochen: »Mon naturel me contrainct de chercher et aimer les choses bien ordonnöes fuians 
la confusion qui m'est aussi contraire et cnemie comme est la lumifcre des obscurs t£nfcbrcs« 
(Correspondance 1911, S. 134). Diese Selbstcharakteristik gilt für die formalen wie für die 
geistigen Elemente des Schaffens, die hier — wohl beim Künstler überhaupt — voneinander 
nicht zu trennen sind. Die Klärung der Einzelformen, ihr Zusammenbau zu geschlossenen, 
bisweilen vom Beschauer als statuarisch empfundenen Gruppen, die Verknüpfung dieser 
zu Bewegungsketten oder zu großen einfachen Flächengebilden — wo bei all diesen Punkten 
auch der Farbengebung ein bestimmter Anteil zufällt — entsprechen der historischen Richtig¬ 
keit und archäologischen Korrektheit, der dramatischen Zuspitzung, der Eindringlichkeit 
von Mienen und Gebärden. Mit diesem Bedürfnis nach Klarheit tritt Poussin an die Dinge 
heran, deren ganze unermeßliche Fülle Gegenstand der Malerei ist. Wie diese Außenwelt 
vom Geiste des Künstlers erfaßt und umgeschaffen, w f ie das Stück seiner Innenwelt daraus 
wird, das er als Kunstwerk vor uns stellt, darüber hat sich Poussin in der Lehre von den 
»modi« ausgesprochen, die M. als eine bloße Kuriosität angesehen, F. leider viel zu eng 
aufgefaßt hat. Er sicht in diesem Hinweis auf bestimmte »Tonarten«, die bestimmten Themen 
entsprächen, ein Bekenntnis zu einer Art Eklektizismus. »Da die malerischen Tonarten 
zum großen Teil in den Bildern vergangener Künstler erklingen, greift man auf diese zurück. 
So wird für Poussin Tizians Farbenausdruck zum Vorbilde für Bacchanale und derartiges, 

Giulio Romano für Schlachten, Raffael für erhabene und religiöse Themen;.Vielleicht 

ist es die theoretische, aber auch praktische Anfühlung Poussins an so verschieden geartete 
Persönlichkeiten, die an Stelle ruhiger Weiterentwicklung eines Stromes tritt, der tiefste 
Grund, warum man ihn nicht zu den Höchsten, zu den großen Schöpfern im visuellen 
Schauen gerechnet hat« (S. 31). Die Art, wie die Lehre von den Modi in dem großen Briefe 
an Chantelou vorgetragen wird, verbietet auf das entschiedenste, ihr eine derart engherzige 
Auslegung zu geben. Mit zeremonieller Feierlichkeit, als gälte cs, ein tiefes Geheimnis zu 
enthüllen, erörtert Poussin seine Doktrin, deren dunkel glühende Eindringlichkeit aus der 
diffusen Schwerfälligkeit seines Briefstils fremdartig herausfällt; kein Zweifel, wir haben 
ein wichtiges Fragment der von den Zeitgenossen so sehr gerühmten, fast gänzlich verscholle¬ 
nen Kunstlehre des tiefsinnigen Meisters vor uns. Wenn er sagt, jedes Bild habe infolge 
seines Themas, seiner Idee eine Melodie, einen Grundton, der die gesamte Ausführung bis in 
das technische Detail hinein bestimme und regle, so kann das nicht heißen, jedes Bild werde 
je nach seinem Gegenstand nach einem andern —womöglich noch durch eine Vorlage sanktio¬ 
nierten — Stilprinzip gemalt; schon deshalb nicht, weil die beiden Bilder, die den Anlaß zu 
dieser Erörterung bieten, die Auffindung des Moses für Pointei und das Abendmahl für 
Chantelou, in eine ähnliche gegenständliche Klasse gehören würden. Sondern Poussin ana¬ 
lysiert hier mit einer merkwürdig kjaren Bewußtheit, die eben auch ein Teil seines Klassi¬ 
zismus ist, wie sich die Umwandlung des Objektiven zum Subjektiven im Künstler vollzieht. 
Der innere Akt, der geistige Vorgang ist ohne Zweifel das Wesentlichste beim künstlerischen 
Schaffen; das Bild für M. de Lysle scheint ihm gefunden, »je veus dire la coneeption de l'idee 
et l'ouvragc de l’esprit est eonelu«, schreibt er ein andermal (Correspondance 375 )- Aber 
damit der Geist sich der Außendinge zur künstlerischen Umformung bemächtigen kann, 
muß das Verhältnis des subjektiven Künstlers zur Welt der Objekte selbst geistig zusammen¬ 
gefaßt werden; es steht dann dem Subjekt nicht das Objekt gegenüber, sondern eine Art 


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Literatur 


IpO 


Auszug daraus, ein geistiges Substrat. In der von antikisierenden Elementen durchtränkten 
Ausdrucksweise seiner Zeit — für die ja besonders die Lehre von den klassischen Ordnungen 
die Macht einer Zwangsvorstellung besaß — charakterisiert Poussin den der Konzeption 
unmittelbar vorausgehenden Geisteszustand, in dem die Eindrücke des Objektiven, die Vor¬ 
stellungen, zu einer Einheit und Bestimmtheit verschweben, die die musikalische Bezeich¬ 
nung am glücklichsten trifft, weshalb auch andere »denkende« Künstler nach ihr gegriffen 
haben. »Als Mengs das große Gemälde der Verkündigung für die Kapelle zu Aranjuez 
malte, dachte er zwei Monate nach. Am Morgen, an dem er anfing zu malen, trafen wir ihn 
allein pfeifend und singend an. Wir frugen ihn nach der Ursache, und er gab uns zur Ant¬ 
wort, er wäre beschäftigt, eine gewisse Sonate des Corelli zu wiederholen, weil er willens 
wäre, das Gemälde in dem musikalischen Stil dieses berühmten Komponisten zu verfertigen« 
(Des Ritters Anton Raph. Mengs Hinterlassenc Werke, herausg. v. C. F. Prange, Halle 
1786, I, 61). Dieses Herauswachsen der Bildvorstellung aus einer musikalischen Stimmung 
wird durch den berufensten Wortführer idealistischer Kunst, durch Schiller, bestätigt und 
verdeutlicht: »Die Empfindung ist bei mir anfangs ohne bestimmten und klaren Gegenstand; 
dieser bildet sich erst später. Eine gewisse musikalische Gemütsstimmung geht vorher, 
und auf diese folgt bei mir erst die poetische Idee.« 

Diese klassizistisch-idealistische Auffassung, die schon in der Weisheit der Alten (bei 
Diogenes Laertius) anklingt, steht in einem nicht kontradiktorischen, aber polaren Gegen¬ 
sätze zu jener andern, die nicht von der Idee ausgehend an die Außenwelt herantritt, sondern 
die sinnlichen Eindrücke zum Kunstwerk vergeistigen will. Daher mußte Poussin den Theo¬ 
retiker dieser Richtung Lionardo ablehnen und schrieb über dessen Malerbuch in Frcart 
de Chambrays Ausgabe, an deren Illustrierung er Anteil gehabt hatte: »Tout ce qu'il y a 
de bon en ce Livre ce peut ^crire sur une fueille de papier en grosse lettre« (Correspondance 
419). Welch ein Gegensatz auch zwischen dem alles von der Bildidcc abhängig machenden 
Poussin und Lionardo, der seinen Schülern empfahl, auf die im Gewölk oder sonst zufällig 
auftauchenden Scheinbilder zu achten, die künstlerische Ideen auslösen könnten! Diese 
Ablehnung der naturalistischen Theorie ist folgerichtig und deutlich; dennoch hat man zur 
Zeit, als die Natur alles, auch die Kunst, beherrschen sollte, versucht, auch Poussin für den 
Naturalismus zu »retten«. Damals wurde ein unverdächtiges Zeugnis viel zitiert, an dem 
unsere beiden Autoren achtlos vorübergegangen sind: »ä Tage ou il etait, je l'ai rcncontre 
parmi les debris de l'ancienne Rome et quclquefois dans la Campagne et sur les bords du 
Tibrc, qu'il dessinait ce qu'il remarquait le plus ä son goüt. Je l'ai vu aussi qu'il rapportait 
dans son mouchoir des cailloux, de la mousse, des fleurs et d'autrcs choses semblables qu'il 
voulait peindre exactemcnt d'aprcs naturc« (Vigneul-Marvillc, Melangcs d'histoire et de litte- 
rature, 141). Dieses inbrünstige Sichvertiefen in ein Naturdetail ist kein Widerspruch zu dem 
grundlegenden Idealismus des Meisters. Wer aus sich heraus eine Welt bewegen oder schaffen 
will, bedarf des festen Stückchens Boden, wo er stehen kann; gerade weil ihm die Außenwelt 
nicht extensiv, sondern intensiv wichtig ist, genügt ihm ein beliebiges Detail, wenn er sich 
nur tief in sein Wesen versenkt, den ganzen Reichtum der Natur heraufzubeschwören. Auch 
hierin steht Poussin durchaus nicht allein. Von einem seiner modernen Nachfahren, Puvis 
de ( havannes, wird gleichfalls berichtet, daß er seine großen, blühenden Ideallandschaften 
»nach« ein paar sorgfältig studierten Kieselsteinen und Baumzweigen gemalt habe. Ganz 
ähnlich haben die jungen idealistischen Künstler vom Beginn des 19. Jahrhunderts »ato- 
mistiseh« treue Naturstudien verfertigt und mit spitzem Bleistift die zarten Konturen von 
dünnem Laub und Grashalm ängstlich und gewissenhaft nachgezogen. Und wieder dürfen 


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Literatur. 


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wir uns auf Schiller berufen 5 ); auf Goethes Lob, der die Beschreibung des Meercsstrudels im 
Taucher durch den Rheinfall überraschend bestätigt fand, erwidert er am 6. Oktober 1797: 
»Ich habe dies in der Natur nirgends als etwa bei einer Mühle studieren können« — wieder 
das kleine Detail, das dem idealistischen Künstler genügt, der ganzen Natur habhaft zu wer¬ 
den —, »aber«, fährt Schiller fort, »weil ich Homers Beschreibung von der Charybdc genau 
studierte, so hat mich dies vielleicht bei der Natur erhalten.« 

Diese bedeutsame Briefstelle leitet so zugleich zu dem Verhältnis des Klassizismus 
zur antiken Kunst über. Was der Künstler sich durch Versenken in das Naturfragment er¬ 
arbeiten konnte, fand er in den Werken der Alten fertig vor; sie waren ihm nach dem über¬ 
aus glücklichen Ausdruck Runges »potenzierte Natureindrücke«. Das Wesen der Natur, 
von dem jeder Splitter zeugt, war in ihnen bereits konzentriert; sie konnte man daher nicht 
durch äußerliches Nachbilden studieren, sie mußte man durch inneres Erleben gewinnen; 
man mußte sich durch sie innerlich ausweiten, um selbst Formen solcher Größe hervor¬ 
bringen zu können. Darum ist uns von den großen Klassizisten bezeugt, daß sie die antiken 
Bildwerke niemals kopiert oder unmittelbar nachgezeichnet, sondern durch tiefes und unauf¬ 
hörliches Studium sich ganz zu eigen gemacht haben. Poussin ist auch hierin der Ahnherr 
von Carstens und Thorwaldscn, die den Klassizismus in der bildenden Kunst zur Vollendung 
brachten. 

Poussin ist der Ahnherr des Klassizismus, und ebendeshalb dürfen wir diesen bei ihm 
noch nicht voll ausgereift suchen, sondern müssen ihn noch in den Anfängen steckend er¬ 
warten; noch im 16. Jahrhundert geboren, stand der Meister dem Höhepunkt jener Be¬ 
wegung, die sich mit stürmischer Leidenschaft der Welt der Objekte und ihren lange ver¬ 
gessenen Reichtümern zugewendet hatte, zu nahe, als daß er zu dem reinen und konsequenten 
Idealismus hätte gelangen können, der das Wegziel des ausgebildeten Klassizismus ist. 
Poussin verleugnet nicht, ein Sohn der Renaissance zu sein, die aller neueren Kunstentwick¬ 
lung einen untilgbaren Tropfen eines »intuitiven Pantheismus« ins Blut geschüttet hat, den 
Tröltsch als das besondere Kennzeichen der künstlerischen innerhalb der allgemein kultu¬ 
rellen Strömungen der modernen Zeit bezeichnet hat, und so ist ihm die Malerei »une imita- 
tion faicte avec lignes et couleurs en quelque superficie de tout ce qui se voit dessoubs le 
Soleil, sa fin est la D^lectation« (Correspondance 461). Nie hätte ein Klassizist von der 
Wende des 18. zum 19. Jahrhundert so definiert! Poussin bleibt im Bann der naturalistischen 
Geisteskultur seines Jahrhunderts, aus der er sich wie durch eine blitzartige Intuition des 
idealistischen Prinzips augenblicksweise herausreißt; in der Praxis des künstlerischen Schaf¬ 
fens ergibt dies eine wechselweise Durchdringung von objektiven und subjektiven Ele¬ 
menten, in der Sphäre der Weltanschauung eine Stellung, die mit der seines Zeitgenossen 
Dcscartes die größte Ähnlichkeit besitzt. Auch dieser ist gegenüber den in der Renaissance 
wurzelnden naturphilosophischen Tendenzen seiner Zeit Vollender und Überwinder; er 
gründet alles Sein, in dessen Erforschung er und seine Generation aufzugehen scheinen, 
auf das Bewußtsein und gelangt auf intuitivem Wege dazu, den Ausgangspunkt der Erkennt¬ 
nis nicht in der Natur, sondern im Ich zu suchen. Diese neue Erkenntnis trägt den Keim 
des ganzen folgenden Idealismus in sich, dessen Aufgabe die fortschreitende Unterwerfung 
des Objektiven unter das reine Ich, unter die intuitiv erfaßte reine Subjektivität war (Kronen¬ 
berg, Geschichte des deutschen Idealismus I, 105). 

Diese auffallende Übereinstimmung mit Dcscartes scheint die Frage, ob Poussin mehr 

5 ) Vgl. auch die tiefgehende Untersuchung von Burdach, Schillers Chordrama und die Geburt 
des tragischen Stils aus der Musik, in Deutsche Rundschau, 1910, I, 232 ff., wo das Problem von einer 
etwas anderen Seite behandelt ist. 


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Literatur 


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der allgemeinen Kultur Frankreichs oder Italiens angehört, zuungunsten seiner Adoptiv- 
heimat zu verschieben. Solche Fragen können eine unbedingt eindeutige Antwort kaum 
finden, sie verrücken sich mit der Perspektive, in die man sie stellt. Auch bei Poussin darf 
der Anteil an der allgemeinen Barockkultur, deren stärkste Wurzeln italienisch bleiben, 
nicht übersehen werden. Der Gedankenkreis, den er gestaltet hat, deckt sich mit dem der 
gleichzeitigen italienischen Dichtung; sowohl zum antikisierenden Formalismus eines Chia- 
brera als zur anakreontischen Lyrik der Marinisten fänden sich bei Poussin genügend Gegen¬ 
beispiele. Speziell der zweiten Richtung, als deren Grundlagen man Sinnlichkeit und Spitz¬ 
findigkeit bezeichnen konnte, stehen Bildstoffe wie die Färbung der Koralle oder der Rose, 
die Inspiration des Anakreon, stehen auch Concetti wie der Selbstmord des Mars im »Reich 
der Flora« (Dresden) nahe, von andern ausgeklügelten Anspielungen abgesehen, die uns 
heute entgehen, die aber zeitlich näherstehende Beurteiler, z. B. Lebrun, im Überfluß in 
Poussins Werken finden. Auch darf man nicht vergessen, daß der Marinismus keineswegs 
aus bloßem Schwulst und Unnatur besteht, und in der schönen Sammlung, die Croce von 
diesen Lyrikern herausgegeben hat (Lirici marinisti in Scrittori d'Italia, Bari 1910) findet 
sich manches Gedicht, das an poetischem Gehalt an unseren Künstler heranreicht; in »>la 
beltä vinta dal tempo«, einem Thema Girolamo Fontanellas und des Ciro di Pers, klingt 
eine ähnliche Stimmung an wie in der schönsten Dichtung Poussins, den Arkadiern, die 
Bellori »la felicitä soggetta alla morte« nennt. 

Aber diese allgemeinen Zusammenhänge mit dem Italien des Seccnto mögen ebenso¬ 
wenig Ausschlag geben wie die clart6, die Poussin an Frankreich fesselt. Große Männer 
wachsen aus ihrem Volk heraus, aber noch mehr in ihr Volk hinein; wichtiger als die Wurzeln 
sind die Blüten und Früchte; als ein unverlierbares Stück aller weiteren französischen Kultur 
ist Poussin ein Franzose. Aber wie man Descartes, den Neuentdecker des idealistischen 
Prinzips, für die germanische Kultur in Anspruch nehmen konnte, weil er auf deutschem 
Boden (Deutschland im engern Sinne, Holland, zuletzt Schweden) seine zweite Heimat fand 
(Kronenberg a. a. O. 96), so können wir in gewissem Sinne auch Poussin den unsern nennen, 
den Ahnherrn des Klassizismus, der in deutschen Künstlern zur reinsten Blüte heranwuchs. 
Wie die unmittelbaren Nachfolger Descartes 1 nur das rationalistische Element seiner Lehre 
erfaßten und es Leibniz überließen, zum tieferen Kern seiner Weisheit vorzudringen, so 
haben die Akademiker, die Poussin zum Kultgegenstand erhoben, nur das Äußerliche 
seiner Kunst begriffen und zu breiten Bettelsuppen akademischer Malereien ausgekocht. 
Was er erstrebte und in genialer Intuition vorwegnahm, haben erst Carstens undThorwaldsen 
zu voller Klarheit entwickelt. 

Beide Autoren, von deren Büchern wir ausgingen, haben Poussin in einen zu kleinen 
Gesichtswinkel gestellt, um seiner ganzen Größe gerecht zu werden. Sein Wesentlichstes 
liegt nicht im Leben und liegt nicht in der Formalentwicklung, sondern in beiden zusammen; 
liegt in der klaren Kraft, mit der philosophisches Denken, poetisches Empfinden, malerisches 
Gestalten sich mit der Sittlichkeit eines stolzen, geraden, wahrhaften Mannes zur Einheit 
Zusammenschlüßen. Das Ethos dieser Künstlerpersönlichkeit — nur mit dem Dürers und 
Michelangelos vergleichbar — ist noch über die Köstlichkeit der Werke hinaus ein un¬ 
schätzbarer Gewinn für die ganze Menschheit. Einem neuen Biographen, den Poussin fände, 
wünschen wir die Kraft und den Mut, mit den allerhöchsten Forderungen an seine Aufgabe 
heranzutreten; er erst wird auf das stolzbescheidene Motto des Meisters Anspruch gewinnen: 
je n'ai rien negligtf. 

Wien, Oktober 1915. Hans Tietze. 


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PROBLEME DER NIEDERSÄCHSISCHEN KUNST¬ 
GESCHICHTE. 

VON 

V. CURT HABICHT. 

E ine neuere, wissenschaftliche »Geschichte der niedersächsischen Kunst« gibt es 
nicht. Es würde sich auch kaum der Mühe lohnen, eine solche Aufgabe in Angriff 
zu nehmen, da viel zu viele Einzelgebiete noch völlig unerforscht geblieben sind. 
Wieviele Aufgaben noch der Lösung harren und von welcher Wichtigkeit für die 
Gesamtentwicklung der niedersächsischen Kunst diese zum größeren Teile sind, 
das wollen die nachstehenden Betrachtungen auseinandersetzen. 

Die Gründe dafür, daß gerade das Gebiet der niedersächsischen Kunst am 
stärksten vernachlässigt worden ist, sind mancherlei Art. Sie haben hier nur in¬ 
sofern ein Recht zur Beachtung, als sie für die Inangriffnahme der der Bearbeitung 
harrenden Aufgaben von Wert sein können. An die Spitze der Ursachen ist der 
Umstand zu stellen, daß einzelne Landesteile namentlich von mittelalterlichen Werken 
außerordentlich stark entblößt worden sind. Es hängt dies mit dem in Niedersachsen 
besonders scharf ausgeprägten, fast fanatischen Widerwillen gegen alle an den katholi¬ 
schen Kult erinnernde Gegenstände nach der Einführung der Reformation zusammen. 
Hierbei sind es vornehmlich wieder die reformierten Gegenden, die sich als besonders 
unduldsam erwiesen haben. So hat z. B. das lutherische Lübeck fast seine sämt¬ 
lichen mittelalterlichen Kunstschätze erhalten, während in den reformierten Hanse¬ 
städten Hamburg und Bremen furchtbar aufgeräumt worden ist. Die Erfahrung 
hat aber doch gelehrt, daß mit der Entblößung an Kunstwerken nicht immer eine 
Vernichtung verbunden gewesen sein muß. Der jetzt weltbekannt gewordene Hoch¬ 
altar der St. Petri-Kirche zu Hamburg des Meisters Bertram wurde so z. B. an die 
kleine Pfarrkirche in Grabow, nach dem er noch heute als »Grabower Altar« genannt 
wird, abgegeben. Es erwächst also gerade in Niedersachsen dem Bearbeiter die 
Pflicht, Umschau nach dem jetzigen Aufenthaltsorte der ehemals in den Stadt¬ 
kirchen, Domen, Klöstern usw. aufbewahrt gewesenen Kunstwerken zu halten. 
Solche Nachforschungen, die auch in den Museen, namentlich auch in ausländischen 
und besonders in — England, wohin sehr viel aus Niedersachsen verschleppt worden 
ist, anzustellen sind, werden das Ergebnis zeitigen, daß weit mehr Material vorhanden 
ist, als man gemeinhin — und nach einer oberflächlichen Besichtigung der größeren 

Repertorium für Kunctwissenchaft, XXXIX.. 25 


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Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


194 


Städte allein — annimmt, und daß es in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle voll¬ 
kommen ausreicht, sich eine geschlossene Vorstellung von der Entwicklung eines 
Kunstzweiges — der hildesheimischen Malerei z. B. — machen zu können. Diese 
Schwierigkeiten, die ja aber einen ernstlich um die Sache bemühten Arbeiter nur 
reizen können, sind leichter zu beheben als andere, die nicht verschwiegen werden 
dürfen. Obwohl es eine große, und zwar eine für die weitere deutsche zeitweise be¬ 
deutungsvolle niedersächsische Kunst gegeben hat, trägt den Bearbeiter dieses Ge¬ 
bietes nicht die Welle eines allgemeinen Bewußtseins vom Werte der heimischen 
Kunst, wie sie den Forscher der rheinischen oder fränkischen zur freudigen Inangriff¬ 
nahme einer oft entsagungsvollen Tätigkeit emporhebt. Enttäuschungen selbst von 
Seiten, die eine Erforschung der bodenständigen Kunst dankbar begrüßen sollten, 
werden den Bearbeitern dieses Gebietes nicht erspart bleiben. Da es sich überdies 
in den meisten Fällen um die Erschließung eines völligen Neulandes handelt, so kann 
die Erscheinung, daß sich anstatt anerkennender Hinnahme oft mühsam erschlossener 
und dargebotener Ergebnisse kleinliche Besserwisserei — oder sogar noch Schlimme¬ 
res — äußert, weiter nicht in Erstaunen setzen. 

Der unhaltbarste Grund, eine eingehendere Beschäftigung mit der nieder¬ 
sächsischen Kunst deshalb abzulehnen, weil sie sich nicht »lohne« und weil diesem 
Gebiete keine weiterreichende Bedeutung zukomme, bedarf eigentlich keiner Er¬ 
örterung. Die künstlerischen Taten eines hl. Bernward, die ununterbrochenen 
Höchstleistungen der Hildesheimer Plastik, Denkmäler wie das Heinrichs des Löwen 
und seiner Gemahlin Mathilde im Dome zu Braunschweig, die niedersächsischen Glas¬ 
malereien (Bücken, Amelunxborn usw.), die Schöpfungen eines Meisters Bertram 
und Francke — um nur einige Gipfelpunkte zu nennen — sind keineswegs allein¬ 
stehende Zeugen einer eigenartigen, großen und bodenständigen Kunst. Selbst 
schlichtere Zwischenglieder, wie z. B. die noch völlig unerforschten Miniaturen des 
13. und 14. Jahrhunderts, verraten eine erstaunliche Höhe und Selbständigkeit des 
formalen Könnens und des oft eigenartigen Inhaltes. Von den vielen »Unbekannten«, 
die sicher einmal der Geschichte der deutschen Kunst angehören werden, einem 
Klaus Berg in Lübeck, einem »Meister der goldenen lüneburgischen Tafel« u. a. 
ganz zu schweigen. Von einer gewissen Schuld an diesem noch sehr weitverbreiteten 
Vorurteile und der Geringschätzung der niedersächsischen Kunst können die Mu¬ 
seumsleiter nicht losgesprochen werden. Wenn in ihnen wirkliches Verständnis, 
Ungeduld über die vielen noch ungelösten Fragen und eine nun einmal notwendige 
Begeisterung für die Sache wach gewesen wären, so hätten schon längst größere Aus¬ 
stellungen etwa der mittelalterlichen niedersächsischen Malerei, der mittelalterlichen 
niedersächsischen Textilien, der niedersächsischen Renaissancegoldschmiedear- 
beiten usw. veranstaltet werden müssen, wie es sonst allerorts in Deutsch¬ 
land geschehen und wodurch natürlich das Interesse geweckt und der 
Wissenschaft ganz erheblich vorgearbeitet worden ist. Man wende nicht 


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Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


195 


Bedenken wegen Raumfragen usw. ein. Die haben sonstwo in genau gleichem 
Maße bestanden — und sind doch überwunden worden. 

Es bleibt dabei, daß in wissenschaftlichem Sinne und zur Förderung der vielen 
brennenden wissenschaftlichen Untersuchungen wenig oder nichts geschehen ist. 
Am meisten haben wir dem unvergeßlichen Alfred Lichtwark zu danken, dessen ehr¬ 
liche Liebe zur Wissenschaft und Begeisterung für die heimische Kunst hier deshalb 
auch ausdrücklich in dankbarem Gedenken hervorgehoben seien. Auch die vor¬ 
zügliche Neueinrichtung und Aufstellung des lübischen Museums für Kunst und 
Kulturgeschichte und die entgegenkommende Förderung, die der Leiter desselben 
wissenschaftlichen Untersuchungen angedeihen läßt, dürfen als verheißungsvolle 
Wendung zum Besseren bezeichnet werden. 

Die der Bearbeitung dringend harrenden Themen sind zum Teil seither als 
Probleme überhaupt noch nicht erkannt, zum Teil sind sie in den Rahmen so weiter 
Gebiete gestellt worden, daß eine Bearbeitung nicht in Frage kommen konnte. Es 
wird sich also im folgenden darum handeln, wenigstens die wichtigsten x ) der Pro¬ 
bleme zu nennen, deren baldige Bearbeitung dringend zu wünschen wäre. Es ver¬ 
steht sich leicht, daß einer reinen Nennung von Aufgaben, die eben seither Uner- 
schlossenes erst eröffnen sollen, etwas Schemenhaftes anhaften müßte und daß sie 
vielleicht nicht Werbekraft genug in sich tragen würde, um die Inangriffnahme der¬ 
selben — worauf cs allein ankommt — zu veranlassen. Andererseits wird es die 
Fülle des noch zu bearbeitenden Materials begreiflich erscheinen lassen, daß es über 
die Kräfte eines einzelnen geht, die Wege zur Bearbeitung der in Frage stehenden 
Probleme in gleicherweise ebnen zu können. DesVerf’s. vornehmlicheBeschäftigung 
mit der mittelalterlichen niedersächsischen Kunst wird den Anlaß geben, die Pro¬ 
bleme des Mittelalters ausführlicher als die der andern Epochen zu behandeln. Eine 
gewisse Berechtigung der ungleichmäßigen Verteilung liegt aber in der Tatsache, 
daß die niedersächsische Kunst des Mittelalters die der andern Zeiten an Bedeutung 
weit überragt, und darin, daß die mit den späteren Epochen verknüpften Probleme 
bei weitem nicht die Schwierigkeiten aufw’eisen als die der früheren Zeitabschnitte. 

Diese Ausführungen wollen vor allem Anlaß zu selbständigen Arbeiten anderer 
Seiten bieten, quicta movere, und den hoffentlich bald heimkehrenden jüngeren 
Kräften das Feld zu einer Tätigkeit bereiten, deren das Vaterland ebensowenig ent- 
raten darf als der, die sie heroisch draußen getan. Ganz abgesehen von der Un¬ 
möglichkeit, die Lösungen zu sämtlichen angerührten Problemen gleichmäßig geklärt 
und vorbereitet darbieten zu können, verbietet auch die Hoffnung auf die »Jung¬ 
mannschaft«, Probleme so zu entwickeln, daß sie keine mehr sind. 

Die übliche Einteilung der Entwicklung der neueren Kunst in drei Hauptab¬ 
schnitte: Mittelalter, Renaissance, Barock, soll den Rahmen für die Gliederung der 


*) Ich weiß wohl, «laß es noch weit mehr als die im folgenden genannten Aufgaben gibt. Mögen die 
aufgeführten erst einmal alle in Angriff genommen werden 1 



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Habicht, Probleme der nieders&chsischen Kunstgeschichte. 


folgenden Untersuchungen abgeben, wobei es natürlich unerörtert bleiben kann, ob 
und warum diese Einschnitte mit Recht oder Unrecht bestehen. 

Bereits bearbeitete Gebiete werden einfach mit Stillschweigen übergangen, 
und da, wo bei in Angriff zu nehmenden Arbeiten Einzeluntersuchungen vorliegen, 
sollen diese nicht sämtlich aufgeführt werden, da es sich bei dieser Abhandlung ja 
keineswegs um eine Bibliographie der niedersächsischen Kunstgeschichte handeln 
kann. 

I. 

Die Erörterung der mit dem Mittelalter verbundenen Probleme muß für den¬ 
jenigen, der in den Werken der bildenden Kunst mehr als manuelle oder artistische 
Leistungen erblickt, notwendigerweise mit einer Umfrage über die Vorarbeiten aus 
den Hilfswissenschaften, deren Beistand der Kunsthistoriker gerade innerhalb dieses 
Zeitraumes unmöglich entbehren kann, beginnen. Da ist es nun allerdings schlecht 
bestellt. Es sei gestattet, einige Wünsche auszusprechen, deren Erfüllung durch 
Untersuchungen von seiten der Schwesterwissenschaften dankbar zu begrüßen 
wären. Eine Geschichte des geistigen Lebens in Niedersachsen würde 
nicht nur dem Kunsthistoriker ungeheuer viel Arbeit ersparen, die er mit zeitraubender 
und oft mühsamer Lese aus weit auseinanderliegenden Stellen oder sogar eigenen 
Nachforschungen leisten muß, sondern auch ein Geschenk für alle die bedeuten, die 
sich mit irgendeinem Gebiete des mittelalterlichen Niedersachsen zu befassen haben. 
Vielleicht ist es für eine solche Untersuchung noch ebensowenig an der Zeit wie für 
eine Geschichte der mittelalterlichen Kunst. Dann mögen uns wenigstens Sonder¬ 
untersuchungen beschieden sein. Besonders wünschenswert wären solche über den 
Kaland und über die geistlichen Brüderschaften. Leider wdrd bei solchen Ab¬ 
handlungen wie auch bei denen über die Stifte, Domkapitel usw. die geistige Seite 
meist stark vernachlässigt. Allerdings nehmen in den Urkunden, Archivalien usw. 
die rechtlichen, sozialen und vor allem die wirtschaftlichen Fragen dieser geistlichen 
Vereinigungen den breitesten Raum ein, und sie sind nicht unwert, veröffentlicht 
und wissenschaftich untersucht zu werden. Im Grunde sind sie aber doch Neben¬ 
sachen, während die geistige Eigenart, die geistigen Leistungen, Abhängigkeiten uws. 
leer ausgehen. Von allergrößtem Werte wären ferner Untersuchungen über die Ent¬ 
wicklungen der Breviere der einzelnen Diözesen — Hildesheim, Lübeck usw. —, 
weil in ihnen die religiöse und geistige Sonderstellung der einzelnen Gebiete, die sich 
in oft unerklärbarer Weise in den Kunstwerken zu erkennen gibt, festzustellen wäre. 
Von nachweisbarem und entschiedenem Einfluß ist die niedersächsische Mystik 
auf eine Reihe von Kunstwerken gewesen, und die Aufforderung zur Behandlung 
dieses Problems mag die Auslese aus denen der Nebenwissenschaften, die sich natür¬ 
lich noch weit vermehren ließe, beschließen. 

Der Mangel an den eben genannten Untersuchungen wird sich besonders bei 
der Inangriffnahme des Problems bemerkbar machen, das ich als erstes der mittel- 


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Habicht, Probleme der nieders&chsischen Kunstgeschichte. 


197 


alterlichen Kunst nennen möchte, nämlich der »Wechselbeziehungen zwischen 
bildender und dichtender Kunst des Mittelalters in Niedersachsen«. 
Aus diesem Grunde mag es erlaubt erscheinen, auch auf die Annahme solcher Be¬ 
ziehungen 2 ) hinzudeuten, wo die literarischen Zeugnisse bis jetzt noch fehlen. Gleich 
bei der die niedersächsische Kunst so verheißungsvoll eröffnenden Epoche des hl. 
Bernward scheinen mir Einflüsse von seiten der Dichtkunst ganz unzweifelhaft 
vorliegen zu müssen. Sowohl die typologische Gegenüberstellung alt- und neutesta- 
mentlicher Szenen, als deren Lebendigkeit an den Türen (1015), wie die auffallende 
Ausführlichkeit in der Schilderung der Säule (1025) sprechen wenigstens für die 
Annahme einer Beeinflussung durch geistliche Spiele. Auch die eigentümliche, inhalt- 
reiche Darstellung an den Leuchtern aus dem Grabe des hl. Bernward läßt die Ver¬ 
mutung einer seither noch nicht genügend beachteten hildesheimischen Dichter¬ 
schule um 1000 zu. Auf die zweifellos vorhandenen Beziehungen des Grabower Al¬ 
tares Meister Bertrams zu mystischen Vorstellungen habe ich bereits hingewiesen 3 ). 
Sie lassen sich noch vertiefen und genauer festlegen. Ich will nur erwähnen, daß 
sich die Sprüche der Kirchenlehrer in der Predella fast sämtlich bei den Mystikern 
nachweisen lassen: z. B. Origines bei Meister Eckharts, Reden der Unterscheidung, 
ed. E. Diederichs, Bonn 1913, p. iff.; Hieronymus, ebenda, p. 31, und Eckhart, Buch 
von der göttlichen Tröstung, ed. Strauch, Bonn 1910, p. 16, 32; Gregorius, bei 
Eckhart, Reden der Unterscheidung ... p. 39, und in niederdeutscher Fassung, 
vgl. Lotze, Kritische Beiträge zur Mystik Eckharts, Diss. Halle 1907, p. 67. Außer¬ 
dem werden gerade in diesen mystischen Traktaten die in der Predella erscheinenden 
Gestalten, wie Origines, Augustinus, Hieronymus, Dionysius und Bernhard, häufig 
genannt. Bekannt sind die hin und her spielenden Anregungen durch die eigentüm¬ 
liche Transsubstanzationsvorstellung, wie sie sich literarisch im sogenannten »Mühlen¬ 
liede« 4) verdichtet hat. Auch hier fehlen noch eingehendere Untersuchungen über 

die Art des Gebens und Nehmens der beiden Schwesterkünste. Auffallend ist, daß 

§ 

die bildlichen Darstellungen — in Kloster hl. Kreuz Rostock, Dorfkirche Retschow, 
Hochaltar Triebsees, Altar Doberan, sog. Duderstädter Altar im Provinzialmuseum 
Hannover — nicht genau miteinander übereinstimmen, so daß man wohl mit Recht 
auch auf örtliche Abweichungen der Lieder voneinander schließen darf. In ähnlichen 
Gedankenkreisen bewegt sich die Darstellung der Kreuzigung durch die fünf Tugen¬ 
den — Altar Doberan, Altar Warendorpkapelle Dom Lübeck, Wandgemälde Moll¬ 
witz—, für die die bestimmten örtlichen literarischen Fassungen noch nicht vorliegen. 

a ) Über die Art der Behandlung eines solchen Themas vgl. H. Tietze, Die Methode der Kunst¬ 
geschichte. Leipzig 1913. 

3 ) Vgl. V. C. Habicht, Die niedersächsischen mittelalterlichen Chorgestühle. (Beiträge zur nieders. 

« 

Kunstgesch. Bd. 1.) Straßburg 1915, p. 123 ff. 

4 ) Vgl. Niederdeutsches Jahrb. 3, p. 86; Niederd. Jahrb. 9, p. 49; Niederd. Jahrb. 14, p. 60 und ebenda 
15, p. 1; Mecklenb. Anzeiger 1885, Nr. 215/6; Niederd. Korr.bl. 10, p. 19, 6i, 83, und ebenda 14, p. 30, 
Zwingliana, Zürich 1912, p. 366 ff. 


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19® Habicht, Probleme der nicdersächsischcn Kunstgeschichte. 


In diese Vorstellungskreise gehört auch die Darstellung von Christus in der Kelter, 
die zweifellos auch mit literarischen Denkmälern zusammenhängt. Als Beispiel 
sei die Wandmalerei an der Mauer des H. Geist-Hospitals zu Lübeck genannt 4 a ). 

soweit mir bekannt — in der bildenden Kunst einzig dastehende Fassung 
der Pietä findet sich auf dem schon genannten Duderstädter Altar. Maria sitzt 
mit dem Sarkophage mit Christus auf dem Schoße da und hält in der einen Hand 
den Kruzifixus, mit der andern den Auferstandenen an einem Beine! Ich zweifle 
nicht, daß auch hier Einflüsse von — Hildesheimer? — Dichtungen der Zeit um 1400 
vorliegen müssen. Nur mit Hilfe literarischer Nachweise wird sich auch die Darstellung 
des von den 14 (!) Sünden mit Pfeilen geschossenen Ecce homo in der Nikolaikirche zu 
Wismar 5 ) erkennen lassen. In den Wandmalereien der Nikolaikirche zu Rostock, 
die Szenen aus dem Leben der hl. Kümmernis und Christi darstellcn 6 ), lassen die 
beigegebenen Spruchbänder keinen Zweifel über die Einflüsse durch geistliche Spiele. 
Um ein seither noch unentdecktes Spiel muß es sich bei den Szenen der Wrangen des 
Levitenstuhles zu Verden handeln, worauf ich bereits hingewiesen habe 7 ). 

Neben diesen — keineswegs erschöpfenden — Beispielen aus dem Gebiete der 
geistlichen Dichtung seien noch einige aus der weltlichen genannt. Eine ganz be¬ 
sondere Beachtung müßte innerhalb der Behandlung dieses Problems dem Einfluß 
der Spielmannsdichtung — und dem der Mimen und Histrionen — gewidmet werden. 
Der um 1250 entstandene Zyklus in Marienhafe 8 ) ist ein frühes und zugleich über¬ 
zeugendes Beispiel für diese gar nicht hoch genug anzuschlagende Einwirkung. Die 
Teppiche mit Tiersagenszenen und der Tristanlegende in W'ienhauscn 9 ) und die in 
Lüne I0 ), ferner die Leinengarnstickerci im Museum für Kunst und Kulturgeschichte 
in Lübeck loa ), ja das Vorkommen von Medaillons mit Reineke de Voß-Szcnen auf einem 
Altäre (dem der Antoniter-Präzeptorei Tempzin, jetzt Museum Schwerin ”)), sprechen 
deutlich genug dafür. Die Sprüche aus Freidank und Primas am ehemaligen Bremer 
Ratsgestühl I2 ) und die, nach meiner Meinung, durch Freidank veranlaßte Szene 


* ) ^ ßf* f ä. Hach, Das Keltcrbild an der Mauer des H. Geist-Hospitals zu Lübeck. 
Vereins für lüb. Gcsch. und Altertunuk. Bd. 5, Lübeck 1887, p. 283. 

5 ) Vgl. Fr. Schlic, Die Kunst- u. Gcsch.-Dcnkn;. des GroOh. Mccklenb.-Schwerin. 
II. Bd. t p. 151. 


Zcitschr. des 
Schwerin 1899. 


6 ) Vgl. Bu. I. Schwerin 1898, p. 150 u. 160. 

7 ) Habicht, Die niedcrs.-mittelalt. Chorgest. a. a. O., p. 121. 

8 ) ^ßl* Suur und Martens, Die alte Kirche zu Marienhafe. Emden 1845. 

0 J U L Lessing, Wandteppiche und Decken des Mittelalters in Deutschland. Berlin o. J. 
Tafeln 12 —13. 



191.S, 


I0 ) Vgl. H.VV. H. Mithoff 
p. 124 ff. 

Ioa ) Vgl. Karl Schaefer: 


Kunstdcnkmale und Altertümer im Hannoverschen. Bd. IV'. Hannover 
Führer durch das Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu Lübeck, 


P- 29. 

n ) Vgl. Pr. Schlic, Die Kunst- u. Gcsch.-Denkm. des Großh. Mccklenb.-Schwerin, Bd. III, p. 412. 
'*) ^ ßl* E. fl* Mcvcr, Über die Sprüche der Rathaushallc in Bremen. Brem. Jalirb. Bd. I, p. 6S fl. 


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199 


Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


am Gestühle zu Scharnebeck > 3 ) lassen die vielseitigen Beziehungen gerade dieser 
Richtung der deutschen Dichtung mit der bildenden Kunst deutlich erkennen. In 
diesen Kreis gehört zweifellos auch der Ursprung der Rolande 1 4) und der Toten¬ 
tänze x 5 ), die ein wichtiges und besonderes Kapitel dieser Abhandlung zu bilden 
hätten. Die gegebenen Andeutungen werden genügen, zu erkennen, daß es sich hier 
um ein der Bearbeitung wohl lohnendes Gebiet handelt und daß der Probleme genug — 
die Frage des Einflusses der bildenden Kunst auf die Dichtkunst habe ich nicht einmal 
berührt — vorhanden sind. 

Ich schließe hieran als ein ebenfalls nicht rein kunsthistorisches Thema 
an: »Die sozialen und persönlichen Verhältnisse der Künstler des 
Mittelalters in Niedersachsen«, dessen gleicher Wert für Kultur-, Kunst- und 
Sozialgeschichte einleuchtend sein dürfte. An Stelle des schattenhaften Begriffes 
»Zcitstil«, mit dem man eine Zeitlang auskommen zu können glaubte, hat man neuer¬ 
dings, und zwar mit Erfolg, die auch im Mittelalter gültige Bedeutung des Rechtes 
der künstlerischen Persönlichkeit betont. Vor allem hat sich die Ansicht der allge¬ 
mein gebräuchlichen Anonymität als verfehlt erwiesen ,6 ). Allerdings sind die mittel¬ 
alterlichen Signaturen meist unauffällig angebracht und nicht leicht zu deuten. 
Sicher würde eine auf das Ziel gerichtete Untersuchung auch bei den niedersächsi¬ 
schen Kunstwerken zu brauchbaren Ergebnissen gelangen. Daneben wären die be¬ 
kannten Quellen, wie Hüttenbücher, Bürgerbücher, Stadtrechnungen, Zunfturkunden, 
Archivalien, Urkunden überhaupt usw., heranzuziehen. Eine gute Vorarbeit hat der 
unvergeßliche Mithoff x 7 ) geboten, der für seine Zeit (um 1860) Erstaunliches ge¬ 
leistet hat, wenn seine Arbeiten auch veraltet sind und den neueren wissenschaft¬ 
lichen Anforderungen nicht mehr genügen — ihrer Entstehungszeit gemäß überhaupt 
nicht entsprechen können. Auf Grund seiner und anderer l8 ) Vorarbeiten wäre nun 
vor allem an die Lösung der vielumstrittenen Frage: »Laien- oder geistliche Künst¬ 
ler?« heranzugehen. Soweit es nach den vorhandenen Untersuchungen möglich ist, 
läßt sich aussagen, daß bis ins 12. Jahrhundert vorwiegend geistliche Künstler in 
Niedersachsen tätig gewesen sind, und weiter, daß gerade hier auch noch in späterer 


* 3 ) Vgl. Habicht a. a. O. p. 122. 

m) Vgl. V. C. Habicht, Die kunsthistorische Einreihung des Rolandes zu Bremen vom Jahre 1404. 
Zcitschr. für bild. Kunst 1915/16, Heft 10. 

* 5 ) Vgl. A. Dürrwächter, Die Totentanzforschung. Kempten u. München 1914. 

,6 ) Vgl. F. de M£ly, Les Primitifs Fran^ais et leurs signatures. Lcs sculptcurs. L’ami des monu- 
ments et des arts, Bd. 19, 20 u. 21. 

» 7 ) Vgl. H. W. H. Mithoff, Mittelalterliche Künstler und Werkmeister. Hannover 1885. 

,8 ) Vgl. J. M. Lappenberg, Beiträge zur älteren Kunstgesch. Hamburgs. Hamburg 1864; 
O. Rüdiger, Die ältesten Hamburger Zunftrollen. Hamburg 1874; C. Wehrmann, Die ält. Lüb. Zunft¬ 
rollen. Lübeck 1864; Joh. Focke, Bremische Werkmeister aus älterer Zeit. Bremen 189c»; Ed. Bode¬ 
mann, Die älteren Zunfturkunden der Stadl Lüneburg. (Quellen u. Darst. zur Gesch. Niedersachsens Bd. I.) 
Hannover 1883 u. a. 


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Habicht, Probleme der nieders&chsischen Kunstgeschichte. 


Zeit auffallend oft geistliche Künstler genannt werden * 9 ), so z. B. 1406 Frater Joh. 

Piscator in Hildesheim; 1466 die Künstler des Chorgestühls der St. Godehardi- 

kirche usw. Es scheint hiermit zusammenzuhängen, daß die soziale Stellung 

der Künstler eine hohe gewesen ist 20 ). Die Freizügigkeit der mittelalterlichen 

Künstler ist eine heute zu allgemein anerkannte Tatsache, als daß auf die 

Notwendigkeit der Beachtung dieser Seite ausdrücklich hingewiesen werden 

müßte. Eine Zusammenstellung der auswärts tätig gewesenen Niedersachsen 21 ), 

wie der in unserem Gebiete auftauchenden Ausländer 22 ), würde gewiß zu 

wichtigen Ergebnissen gelangen. Aus der Häufigkeit des Vorkommens einzelnen 

Kunstzweigen angehörender Künstler ließen sich Schlüsse ziehen, wie z. B. 
• • 

aus dem Uberwiegen von Glasmachern. Die Entwicklung der Zünfte, die Art ihrer 
Abgrenzung gegeneinander, Lehrlings*, Gesellen-, Meisterverhältnisse, Aufnahme 
in die Zünfte usw. hätten einen breiten Raum einzunehmen. Geklärt werden müßte 
auch die eigenartige Erscheinung, daß in Niedersachsen Malerei und Plastik im Gegen¬ 
sätze zu andern Gegenden — z. B. Schwaben — von einer Person ausgeübt werden 
durfte, wie es bei Meister Bertram, der stets als pictor bezeichnet wird, einwandfrei 
feststeht a 3 ). 

Innerhalb der Zweige der bildenden Kunst selbst bietet die Baukunst der 
wissenschaftlichen Tätigkeit ein auf weiten Strecken unbebautes Feld dar. Die 
Fülle des Materials läßt es als nötig erscheinen, daß hier eine Trennung in bürger- 
liehe und kirchliche Baukunst vorgenommen werden müßte. 

Eine Untersuchung über die kirchliche mittelalterliche Baukunst 
würde wesentliche Erleichterung in dem Umstande finden, daß die Baugeschichten 
der einzelnen Denkmäler meist bereits genau erforscht worden sind, daß photo¬ 
graphische und perspektivische Aufnahmen derselben vorliegen und daß auch schon 
auf die stilistischen Zusammenhänge — z. B. zwischen Dom zu Lübeck und Dom zu 
Ratzeburg * 4 ), Marktkirche zu Hannover und St. Johanniskirche zu Lüneburg 2 5 ) 
usw. — hingewiesen worden ist. Die Hauptaufgabe würde demnach in einer zusam¬ 
menfassenden Darstellung bestehen. Hierbei wäre die Nachprüfung der bereits ver¬ 
öffentlichten Archivalien und die Auffindung seither nicht benutzter unbedingte 
Voraussetzung. Eine besonders dankenswerte Aufgabe würde in dem Nachweise 
vom Bestehen der niedersächsischen Bauhütten — die es hier genau so gut wie in 
Schwaben oder am Rhein gegeben haben muß —, deren Hauptsitze, Ordnungen, 


'») Vgl. 

H. 

W. 

H. 

Mithoff 

a. a.0. 

«) Vgl. 

H. 

W. 

H. 

Mithoff 

a. a. 0. 

») Vgl. 

H. 

W. 

H. 

Mithoff 

a. a. 0. 

») Vgl. 

H. 

VV. 

H. 

Mi thoff 

a. a. 0. 


2 3 ) Vgl. die für ihre Zeit ausgezeichnete Arbeit, die auch in anderer Hinsicht eine Menge von An¬ 
regungen bietet, von J. H. Müller, Altdeutsche Schnitzwerke. Hannover 1874, p. 31 ff. 

J 4 ) Vgl. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Bd. II, p. 363. 

* 5 ) Vgl. Habicht, Hannover. Leipzig 1914, p. 9 ff. 


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Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


201 


Entwicklung usw. beruhen 2 5 a ). Erst auf Grund solcher Feststellungen, denen sich 
weitere über die Hauptbaumeister, deren Tätigkeit an verschiedenen Orten und 
Verbindung mit den übrigen deutschen Hütten anzuschließen hätten, würde sich ’ 
die Möglichkeit ergeben, die oft überraschenden Übereinstimmungen weit ausein¬ 
anderliegender Bauten begreiflich und erklärbar zu machen. 

Bei einer Darstellung des bürgerlichen Stein Wohnhauses des Mittel¬ 
alters in Niedersachsen müßte die auf archivalischen Aussagen aufgebaute historische 
Darstellung gleichfalls unbedingt die Grundlage bilden, weil bei dem ausgesprochen 
konservativen Charakter des niedersächsischen Wohnhausbaues reine Grundriß- oder 
Formenvergleichungen unbedingt zu falschen Bildern führen müßten. Es kann 
nicht verhehlt werden, daß dem an sich sehr schönen und lockenden Thema dadurch 
Schwierigkeiten erwachsen, daß wenige Bauten in ihrem ursprünglichen Zustande 
erhalten geblieben sind und eine archivalische Feststellung deshalb noch nicht immer 
gleich in vollem Umfange bei dem betreffenden Hause verwandt werden kann. 
Andrerseits bietet sich eine Erleichterung in der Tatsache, daß sich die einzelnen 
Gruppen leichter voneinander ablösen, ja daß man mit vollem Rechte oft von einer 
örtlichen Bauweise — z. B. in Hannover oder Lüneburg — sprechen kann. Da es 
sich überdies vornehmlich um Bauten einer Epoche — nämlich des 15. Jahrhunderts — 
handelt, und da in diesem Falle eine Beteiligung der Hütten kaum vorliegt, die Bauten 
dem Ortsgeschmackc entsprechend vielmehr von eingesessenen Bauhandwerkern 
errichtet sein werden, würde sich eine Einteilung der Aufgabe nach Orten — und 
Gegenden — empfehlen. Auch hier erwächst einem Bearbeiter insofern Erleichterung, 
als die Eigenart des Wohnhausbaus einzelner Städte — z. B. Braunschweig * 6 ), 
Hildesheim 2 7 ), Lübeck 28 ) oder Hamburg 28 *) — in den Grundzügen bereits erforscht 
und erkannt ist. Die in Fachwerk errichteten Wohnbauten haben zum Teil schon 
in Untersuchungen, die eine lokale Begrenzung des Themas vornehmen, Bearbeitungen 
gefunden 2gb ). Aber auch hier harren noch manche Aufgaben — der Fachwerkbau 
Bremens, Verdens, Alfelds, Göttingens usw. — der Lösung. 

Die niedersächsische Plastik des Mittelalters setzt mit den um 1015—1020 


a 5 *) Soweit ich feststellen konnte, sind die Hüttenbücher, Rechnungsbücher usw. an den Stellen, 
wo man sic zunächst vermutet, nicht mehr vorhanden. So beginnen die Fabrikregister des Domes zu Hil¬ 
desheim (Staatsarchiv Hannover) erst mit dem Jahre 1538; die des Domes zu Bremen sind überhaupt nicht 
auffindbar. Ich glaube aber vorerst nicht an einen völligen Untergang dieser mittelalterlichen Archivalicn. 
Schon der Nachweis ihres jetzigen Aufbewahrungsortes würde ein großes Verdienst bedeuten. 

a6 ) Vgl. P. J. Meierund K. Steinacker, Die Bau-und Kunstdenkmäler der Stadt Braunschweig. 
Wolfenbiittel 1906, p. 61 ff. 

2 7 ) Vgl. Ad. Zeller, Die Geschichte der Wohnbaukunst der Stadt Hildesheim. Hannover 1913. 
j8 ) Vgl. K. Schaefer, Zur Geschichte des lübischen Wohnhauses. Zeitschrift des Vereins für 
lüb. Gcsch.-u. Altertumskunde, Bd. XVI. Lübeck 1914, p. 121 ff. (Zusammenstellung der neueren Literatur!) 
38a) V g l. W. Melhop, Althamburgischc Bauweise, Hamburg 1908. 

i * b ) Vgl. K. Stcinackcr, Die Holzhaukunst Goslars, Goslar 1800; Ed. Cordes, Die Fachwerk¬ 
bauten der Stadt Celle (Diss. Hannover), Berlin 1914 u. a. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 26 


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202 


Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


entstandenen Arbeiten des hl. Bernward ein. Die Vorliebe für den Backsteinbau 
erklärt es, warum gerade hier die Monumentalplastik der Blütezeit des 12. und 13. 
Jahrhunderts zurücktreten mußte. Immerhin ist doch genug geleistet worden, um 
eine besondere Darstellung der niedersächsischen Plastik des 12. und 13. 
Jahrhunderts zu rechtfertigen, zumal Altar, Holz und weitere Plastiken mit in 
den Kreis einer solchen Untersuchung gezogen werden könnten. Eine Zusammen¬ 
fassung der Bildhauerarbeiten dieser Jahrhunderte rechtfertigt aber auch der Um¬ 
stand, daß die überwiegende Mehrheit derselben den gleichen deutlichen Einfluß 
durch die große sächsische Monumentalplastik verrät. Die klugen und törichten 
Jungfrauen vom Bremer Domportale 2 * c ) zeigen sich in gleicher Abhängigkeit von diesen 
sächsischen Schöpfungen wie etwa die aus der Marienkirche in Lübeck 2ßd ) stammenden 
Apostel oder wie die Reste des Domlettners zu Hamburg * 8C ). In genau derselben Stärke 
läßt sich die Vorherrschaft des sächsischen Stiles hinsichtlich der Holzplastiken 
feststellen. Ein Kruzifix aus Alfeld 28 *) (jetzt Prov.-Mus. Hannover) oder eines aus 
Buer (ebenda) oder selbst das im Dome zu Ratzeburg verleugnen alle keineswegs 
den klaren Zusammenhang mit den allerdings auch einzigartigen und des weitesten 
Einflusses werten Arbeiten im Dome und in der Liebfrauenkirche zu Halberstadt. 
Trotz dieses Verhältnisses lassen sich in den abhängigen, aber mehr natürlich noch 
in den selbständigeren Werken eigene Züge erkennen, die der niedersächsischen 
Schule zuzurechnen sind. Vor allem sind es die in Hildesheim entstandenen Ar¬ 
beiten * 9 ), die für eine ununterbrochene Fortführung der vomHhl. Bernward ins Leben 
gerufenen Schule zeugen und unter denen Werke wie das Tympanon der St. Gode- 
hardikirche und wie das Taufbecken des Domes über die beachtenswerte Höhe und 
Eigenart dieser Schule keinen Zweifel aufkommen lassen können. Erst eine gründ¬ 
liche Erforschung des Gesamtbestandes könnte den Nachweis erbringen, ob mehrere 
und welche Hauptschulen bestanden haben, welche Rolle z. B. die Hildesheimer 
gespielt hat, und ob die Vorherrschaft einer derselben festzustellen ist. 

Sowohl die größere Fülle des Materials als auch die nun klar faßbare Scheidung 
in lokale Stile lassen es nötig erscheinen, die Bildhauerkunst der folgenden Jahr¬ 
hunderte des Mittelalters nicht — wenigstens vorerst nicht — zusammenfassend 
zu behandeln. Zum mindesten dürfte eine Dreiteilung in hanseatische, hildesheimi¬ 
sche und mecklenburgisch-pommersche gotische Plastik ratsam erscheinen. Die 
gotische hanseatische Plastik weist selbst wieder eine derartige Menge an 

a8c ) Vgl. G. F. Hartlaub, Zur gotischen Plastik in Bremen, Jahrb. der brem. Sammlungen, V. Jahr¬ 
gang, I. Halbbd., Bremen 1912, p. 2 ff. 

a8d) Ygl. k Schaefers Führer a. a. O. p. 25. 

3 ® c ) Vgl. Ad. Goldschmidt, Die älteste hamburgischcSkulptur. Mitteilungen des Vereins für ham- 
burgische Geschichte. Hamburg 1905, 8. Bd. p. 113 und 2. Abb. 

*» f ) Vgl. Ad. Goldsch midt, Das Naurnburger Lettnerkreuz im Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin. 
Jahrb. der Königl. preuß. Kunstsammlungen, 36. Bd. Berlin 1915, p. 137 ff. 

* 9 ) Über diese bereitet der Verf. eine Sonderuntersuchung vor. 


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Habicht, Probleme der nieders&chsischen Kunstgeschichte 


203 


Denkmälern auf und läßt innerhalb derselben einen so ersichtlichen Unterschied 
zwischen der der Zeit um 1350—1450 und der um 1500 (also ca. 1460—1520) er¬ 
kennen, daß auch hier wieder zugunsten einer schärferen Herausarbeitung des Wesent¬ 
lichen eine Teilung angebracht sein dürfte. 

Die Untersuchung über die hanseatische Plastik von 1350—1450 

wäre mit einem Überblick über die Werke aus der Zeit 1300—1350 zu eröffnen. Man 

hat das Recht, mit dieser Epoche mehr im Sinne einer einleitenden Darstellung zu 

verfahren, weil einerseits nur wenige versprengte Werke aus dieser Zeit erhalten sind 

—z. B. Grabplatte Arndt v. Gröpelingens, Bremen 3 °) — und ein wichtiger anderer Teil 

sicher nicht heimischen Ursprungs ist (die flandrischen Grabplatten in Lübeck 3 1 ). 

Die heimische Kunst setzt mit dem vollen Akkorde des Grabower Altares 3 *) Meister 

Bertrams ein. Trotz der ausgezeichneten Monographie A. Lichtwarks ist uns die 

Kunst dieses Meisters in vielen Punkten noch rätselhaft. Die Herkunft des Stiles 

seiner Malereien aus der böhmischen Miniatur- und Tafelmalerei wird demnächst 

deutlich gemacht werden 33 ). Der ausdrücklich immer »Pictor« genannte Meister 

erscheint auch zunächst in Hamburg mit der Anfertigung von Malereien beschäftigt: 

1367 Bild der hl. Maria vor dem Mildertor, 1367 Bemalung eines Briefkastens; 1373 

Briefkasten. Erst 1375 scheint er den Auftrag auch für Anfertigung von Plastiken 

erhalten zu haben, ebenso 1377, und 1379 muß er dann die Arbeit an dem Altar der 

hl. Petrikirche (Grabower), der Malereien und Plastiken zeigt, begonnen haben. 

Während bei den Malereien der böhmische Einfluß feststeht, kann man das bei den 

• • 

Plastiken nicht so ohne weiteres behaupten. Bei ruhiger Betrachtung der Überliefe¬ 
rung scheint sich folgendes Bild zu ergeben: Der in Böhmen ausgebildete Maler 
kommt um 1365 nach Hamburg, wird zunächst mit Malerarbeiten und dann erst 
mit bildhauerischen Aufträgen beschäftigt. Es wäre denkbar, daß sich Bertram 
erst im Laufe der Zeit plastischen Arbeiten zugewandt hat und daß er an voraus¬ 
gegangenen hanseatischen (hamburgischen) Plastiken Anlehnung gesucht und ge¬ 
funden hat. Ich will diese Frage, die eine Lösung dringend erheischt, hier nicht 
weiter verfolgen. Die Schule Meister Bertrams ist bereits gut zusammengestellt 
worden 34 ) t bedarf aber noch der Erweiterung und Vertiefung. Um 1400 sind dann 
zwei »Zwischenspiele« zu beobachten: ein mittelrheinischcs in Lübeck (Burg¬ 
kirchenfiguren um 1405—1410 und »Schöne Maria« und ihr Kreis um 1420, jetzt 
Museum) und ein süddeutsches in Bremen, wo die Rathausfiguren und das Chor¬ 
gestühl sicher unter dem Einflüsse der Parierplastiken entstanden sind. Ein neuer 

3 °) Vgl. Denkmale <ler Gosch, u. Kunst der freien Hanscst. Bremen. Bremen 1876. III. Abt., p. 34 
u. Taf. VI. 

31) Vgl. W. Brchmcr, Lübecks messingene Grabplatten aus dem 14. Jahrh. Hans. Gesch.-BI. 1883, 

p. 1 ff. 

3 J ) Vgl. A. Lichtwark, Meister Bertram. Hamburg 1905. 

33 ) von Dr. \V. Heubach, Graz 

34 ) Vgl. Fr. Knorr, Der Meister des Ncukirchcncr Altarcs. Kieler Diss. 1902. 

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Habicht, Probleme der niedersächsUchen Kunstgeschichte. 


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Abschnitt beginnt mit der Plastik, die um die Kunst Meister Franckes zu gruppieren 
wäre, wobei die eigene bildhauerische Tätigkeit Meister Franckes noch genau fest¬ 
zustellen sein würde. 

Einer Untersuchung über die hanseatische Plastik um 1500 ist durch 
eine Reihe von Arbeiten bereits der Boden geebnet. Außerdem dient der Umstand, 
daß sich die zunächst verwirrende Fülle des Materials um bestimmte Künstler¬ 
persönlichkeiten gruppieren läßt, zur Erleichterung einer solchen Arbeit. Hinrich 
Bornemann in Hamburg 34*)^ Herman Rohde und Berndt Notke34 b ) ) Benedikt 
Dreyer 34 c ), Klaus Berg und Henning von der Heyde34 d ) in Lübeck und Joh. Voß 34 c ) 
in Bremen sind für die Zeit beglaubigte Künstler, denen auch schon mit mehr oder 
minder großer Gewißheit einzelne Werke zugewiesen werden konnten. Um zur 
Klarheit zu kommen, wären in diesem Falle archivalische Belege von größtem Werte, 
und deren Auffindung und geschickte Benutzung würden einen wesentlichen Teil 

der Aufgabe bilden. 

• • 

Uber die gotische Hildesheimer Plastik bereitet der Vcrf. eine L^nter- 
suchung vor, der hier nichts vorweggenommen werden kann. 

Die mecklcnburgisch-pommersche Gruppe ist in neuerer Zeit in dem 
Buche von Paul 35 ) zum Teil behandelt worden. Die Monumental- wie überhaupt 
die Steinplastiken haben gerade hier eine außerordentlich starke Zurücksetzung er¬ 
fahren. Im großen wird man wohl daran festhalten können, daß auch die Holz¬ 
plastiken des 15. Jahrhunderts ihre Anregungen durch hanseatische Werke erfahren 
haben. Vorausgehen aber einzelne Werke, wie der Kelchschrank in Doberan und 
der Altar in Rossow, deren hohe künstlerische Stufe der Erklärung bedarf. Das Ver¬ 
hältnis der Werke in Doberan — Hochaltar, Laienaltarkreuz und Sakraments¬ 
häuschen — zu denen Meister Bertrams bedarf dringend einer eingehenden Unter¬ 
suchung. Bei späteren Werken, wie den Altären in St. Jürgen in Wismar und dem 
Neustädtcr Altar (jetzt Museum Schwerin), sind zuverlässige Anhalte für deren 
Datierung von einschneidender Bedeutung. Ich glaube, daß man neben dem Einfluß 
der Hansestädte hier und bei Altären, wie denen von Teterow, Malchin usw\, auch 
an einem von den Hildesheimer Altären ausgehenden festhalten muß. Die Beziehun¬ 
gen dürfen keineswegs als »zu weit hergeholte« angesprochen werden. Machen sich 

doch solche mit dem Mittelrhein sogar geltend. Ich verweise auf die schlagenden 

• • 

Übereinstimmungen der Büste Gottvaters im Großherzoglichen Museum zu Schwe- 


34 a ) Vgl. G. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmälcr Bd. II: Nordostdeutschland. Berlin 
1906, p. 172 und Faulwasser, Die Jakobikirche zu Hamburg. Hamburg 1894. 

34b-d) Vg| Schacfer, Führer durch das Museum für Kunst- und Kulturgcsch. zu Lübeck. Lü¬ 
beck 1915. 

34 «) Vgl. Th. Tamm, Altenbruch, Niedersachsen. 7«Jahrg. 1901/02. (Bremen) p. 135. Ich bereite 
eine Untersuchung über Joh. Voß seit längerer Zeit vor. 

35 ) Vgl. M. Paul, Sundischc und lübische Kunst. Berlin 1914. 


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Habicht, Probleme der Diedersächsischen Kunstgeschichte. 


205 


rin 3 6 ) mit der die gleiche Figur darstellenden der Sammlung Dr. Großmann in 
Frankfurt a. M. 37 ). Auch in der späteren Zeit bestehen derartige Abhängigkeiten, 
ganz abgesehen davon, daß z. B. lübische Werkstätten geradezu für die mecklen- 
burgisch-pommerschen »geliefert« haben. Trotzdem läßt sich das Selbständige der 
Plastik auch dieser Gruppe nicht verkennen, und es müßte — neben der sehr 
dankenswerten Zusammenstellung des Materials überhaupt — eben Aufgabe dieser 
Untersuchung bleiben, festzustellen, inwieweit man von einer Schule sprechen kann. 

Eine Untersuchung über die niedersächsischen mittelalterlichen 
Miniaturen hätte ihr Schwergewicht auf die Erforschung der Buchmalerei des 
14. und 15. Jahrhunderts zu legen. Denn im Gegensätze zu der frühen Zeit ist diese 
Epoche seither noch kaum beachtet worden. Die Handschriftenbestände der Biblio¬ 
theken und Archive in Hildesheim, Hannover, Lüneburg, Wolfenbüttel usw. bilden 
ein wirkliches Neuland für die kunstgeschichtliche Forschung. Einige Beobach¬ 
tungen möchte ich als Winke mitteilen. Aus dem 13. Jahrhundert sind an 
mehreren Orten Hss. mit Miniaturen zweifellos französischen Ursprungs (z. B. 
Loccum, Kgl. Bibi. Hannover (Bibi. lat. I/i und 1 / 2 ), Beverin. Bibi. Hildes¬ 
heim) erhalten. Sie sind offenbar direkt aus Frankreich bezogen worden — 
und es wäre wertvoll, Genaueres über diese Beziehungen und den Einfluß dieser 
Miniaturen zu ermitteln. Im 14. Jahrhundert scheint die Beteiligung kunstgeübter 
Frauen eine ähnliche Rolle gespielt zu haben wie in der Textilkunst. Hier sind uns 
sogar die Namen von einzelnen Künstlerinnen, wie der der Gisela von Kersenbroek 
des Klosters Rulle 3 8 ), überliefert. Außer ihr sind Namen anderer Nonnen aus den 
Klöstern Rulle, Gertrudenkloster Osnabrück 39 ), Lamspringe 4 °) usw. erhalten. 
Bei der Seltenheit von Tafelmalereien aus dieser Zeit — Antependien: Goslar, Kloster 
Wennigsen, Kloster Lüne — wären Ermittlungen auf diesem Gebiet als Ersatz für 
die verloren gegangenen Altarbilder von besonderem Werte. Eine systematische 
Durchforschung der Klosterbibliötheken 4») würde sicher zu unverhofften Ent¬ 
deckungen führen. Eine hervorragende Stellung nehmen für die Kunst um 1400 die 
Miniaturen des Stadtarchivs zu Lüneburg ein (Sachsenspiegel, Schwabenspiegel 
und Liber gradualis), die sogar eine gesonderte Behandlung verdienen würden. 

Trotz einiger urkundlicher Zeugnisse, die auf die hohe Stellung der nieder- 
sächsischen mittelalterlichen Glasmalerei schließen lassen, hat eine zu- 

3 *) Vgl. M. Paul a. a. O. Tafel XII. 

37 ) Vgl. Christian Rauch, Mittelrheinische Tonplastik. Hessenkunst 1914. Abb. 6. Auf Be¬ 
ziehungen der mecklenburgischen Malerei u. Plastik zur mittclrheinischen habe ich hingewiesen in »Rhcin- 
landc« H. XII, p. 401 ff. 

3 8 ) Vgl. Mitt. des Hist. Ver. Osnabrück 27, p. 300 ff. 

39 ) Ebenda Bd. 3, p. 26 ff. 

4 °) Vgl. Schönemann, Hundert Merkwürdigkeiten der Bibliothek zu Wolfcnbüttel, p. 36. 

4 1 ) Über Ebstorf vgl. Borchling in Ztschr. d. Histor. V. Nds. 1905, p. 361 ff., und Schröder in 
Niederdeutsches Jahrb. Bd. 15, p. 1 ff. 


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Habicht, Probleme der nieders&chsischen Kunstgeschichte. 


sammenfassende Darstellung dieses Gebietes noch nicht 9tattgefunden. Das berühmte 

Brieffragment des Klosters Hude 4*) f die häufige Erwähnung von Glasmachern,43) 

und die Tatsache der Berufung lübischer Glasmaler nach Italien 44) sind einige dieser 

Belege, die keinen Zweifel über die Bedeutung und Verbreitung dieses Kunstzweiges 

aufkommen lassen können. Beim ersten Anschein mag es bedünken, als ob diese 

Zeugnisse wenig Wert hätten, da ihnen keine erhaltenen Werke von Bedeutung 

entsprechen. Ich will keine unerfüllbaren Verheißungen machen und gebe zu, daß 

gerade hier unendlich viel restlos verloren gegangen ist. Trotzdem halte ich es nicht 

für ausgeschlossen, daß bei eingehendem Suchen doch noch verschollene Stücke hier 

und da gefunden werden können 45 ). Vorläufig ist der Mangel eigentlich nur für die 

frühe Zeit ersichtlich und empfindlich. Zahlreich sind die Werke des 14. Jahrhunderts, 

und selbst die des 15. — hier wenigstens im Vergleiche zu der erhaltenen Malerei und 

Plastik — auch gerade nicht. Dafür entschädigen sie durch die erstaunliche Höhe 

ihrer künstlerischen Ausführung; namentlich die der Stiftskirche St. Materniani zu 

Bücken. Reichlicher sind die Beispiele aus der Zeit um 1400: Marktkirche Hannover, 

Klosterkirche Amelungsborn, Marienkirche Lübeck usw. Unter den späteren nehmen 

die in St. Jürgen Wismar, Northeim, Uslar und Ramelsloh eine besondere Stellung 

ein. Die sämtlichen erwähnten Arbeiten sind zwar nie ganz vergessen worden. Es 

fehlt aber sehr an einer zuverlässigen Bestimmung der Entstehungszeit, der künst- 

• 

lerischen Herkunft und der Schöpfer derselben — von einer zusammenfassenden Dar¬ 
stellung der Entwicklung und ihrer Bedeutung für die weitere deutsche Glasmalcr- 
kunst ganz zu schweigen. 

Die mittelalterliche Wandmalerei hat eine groß angelegte Veröffentlichung * 6 ) 
gefunden, in der die wichtigeren niedersächsischen Arbeiten, wie die des Domes zu 
Braunschweig, der Neuwerkskirche zu Goslar, des Klosters Wienhausen usw., bereits 
veröffentlicht worden sind. Da der Text aber nicht auf eigentliche kunstgeschicht¬ 
liche Fragen eingeht und eine Zusammenfassung vermissen läßt, würde es sich sehr 
lohnen, der niedersächsischen mittelalterlichen Wandmalerei eine be¬ 
sondere Abhandlung zu widmen, besonders auch deshalb, weil in dem Werke von 
Bormann eine stattliche Anzahl nicht unbedeutender niedersächsischer Werke über¬ 
haupt nicht erwähnt wird. W T ie sehr es hier noch an gründlichen Arbeiten mangelt, 
möge aus der Tatsache, daß bis heute noch keine auf urkundlichen Belegen beruhende 

41 ) Vgl. G. Scllo, Das Zisterzienserkloster Hude. Oldenburg u. Leipzig 1895, P* 9 °- 

43 ) Vgl. H. W. H. Mithoff a. a. 0 . 

44 ) Vgl. R. Struck, Zur Kenntnis lübeckischer Familien und ihrer Beziehungen zu einheimischen 
und auswärtigen Kunstdenkmälern. Jahrbuch des Mus. für Kunst- u. Kulturgesch. zu Lübeck. Lübeck 
1915, p. 64 ff. 

So findet sich z. B. ein Fenster mit dem Kruzifixus aus der Nikolaikapelle zu Hannover bei B. Frhrn. 
v. Münchhausen, Hannover. 

4 *) Vgl. R. Borrmann, Aufnahmen mittelalterlicher Wand- und Deckcnmal. in Deutschland. 
Berlin o. J. 


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Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


207 


Bestimmung der Decke der St. Godehardikirche zu Hildesheim, die natürlich mit in 

den Kreis dieser Untersuchung zu ziehen wäre, gefunden worden ist. Eingehendere 

Einzelforschungen würden gewiß auch hinsichtlich der Malereien des Braunschweiger 

• • 

Domes, der Neuwerkskirche zu Goslar usw. — trotz deren Übermalungen — zu 
brauchbaren Ergebnissen gelangen. Jedenfalls ließe sich aijch auf unserem Gebiete 
das erreichen, was H. Schmitz 47 ) auf dem westfälischen zustande gebracht hat. 
Überaus ergiebig wäre auch das 14. Jahrhundert. Wienhausen 4 ®) und die zum Teil 
erforschten Malereien Lübecks 49) würden allein der Bearbeitung lohnen. Völlig un¬ 
geklärt ist auch noch die Entwicklung der Wandmalerei in Mecklenburg. In ikono- 
graphischer Hinsicht fallen die große Breite der Erzählungen und deren deutliche 
Beziehungen zu den geistlichen Spielen auf (vgl. z. B. Nikolaikirche Rostock, Toiten¬ 
winkel, Below, Teterow), während die formale Wiedergabe namentlich an die lübi- 
schen Werke anzuknüpfen scheint. 

Teppiche wie die des Klosters zu Wienhausen oder die des Klosters Lüne sind 
ihrer einzigartigen Stellung wegen der Wissenschaft nicht unbekannt geblieben. 
Dennoch fehlt uns bis jetzt eine übersichtliche Abhandlung über die niedersächsi¬ 
schen mittelalterlichen Textilien, obwohl Stoff -—und zwar bedeutender — 
genug vorhanden ist. Allerdings findet sich nicht mehr alles am ursprünglichen Auf¬ 
bewahrungsort. Ich möchte erwähnen, daß besonders das Provinzial-Museum zu 
Hannover eine stattliche Anzahl nicht ausgestellter Arbeiten aufbewahrt 5 °). Un¬ 
geklärt ist bis jetzt eine Reihe für die Wissenschaft sehr wichtiger Fragen geblieben. 
Ich will einige besonders beachtenswerte hervorheben. Zunächst erhebt sich die 
Frage, wann und wo die ersten Arbeiten auf diesem Gebiete entstanden sind. Einer 
eindeutigen Entscheidung steht der Umstand entgegen, daß die byzantinischen Vor¬ 
bilder, die man zunächst bezog, oft sehr geschickt nachgeahmt wurden, und daß des¬ 
halb unter diesen byzantinisierenden Stücken die ersten an Ort und Stelle ange¬ 
fertigten Arbeiten zu suchen sein werden. Daß die Anfertigung vornehmlich — oder 
ausschließlich ? — in Nonnenklöstern stattgefunden hat, ist wohl gewiß. Gebührt 
Wienhausen hier der Vortritt ? oder Lüne ? Welche Vorlagen sind z. B. für die Tristan¬ 
teppiche in Wienhausen benutzt worden? Lassen sich archivalische Belege für die 
Entstehungszeit, Art der Anfertigung, Beteiligung der Nonnen bei den Teppichen 
in Wienhausen, Lüne, Isenhagen usw. beibringen? Welcher Art ist die Technik ge¬ 
wesen, war sie in den niedersächsischen Klöstern eine gleiche, welche Wandlungen 
lassen sich feststellen? Eine gründliche Beantwortung aller dieser Fragen würde 
zweifellos auch einen schönen Beitrag für unsere Kenntnis des geistigen Lebens in 

47 ) Vgl. H. Schmitz, Die mittelalterliche Malerei in Soest. Münster 1906. 

4 *) Vgl. K. Mohrmann, Die Kunstwerke im Kloster Wienhausen. Hannoverland 1913, p. 273 fl. 

49 ) Vgl. M. Paul a. a. O. 

5 °) Zum Teil erwähnt in Lehnert, Illustr. Geschichte des Kunstgewerbes, Bd. I, p. 296 fr. Vgl. 
Heiners, Mittelalt. Teppiche in Hannover. Kunsthist. Literat. Zeitung 1879, p. 281. 


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Habicht, Probleme der nieders&chsischen Kunstgeschichte. 


Niedersachsen, wo künstlerische und hochbedeutende Frauen eine merkwürdig 

* 9 

starke Rolle gespielt haben — Hrosvith, Agnes, Abtissin von Quedlinburg usw. —, 
liefern. Jedenfalls wäre es wohl angebracht, von diesen Sitzen auszugehen und nicht 
etwa eine Scheidung nach den Techniken: Wirkerei, Stickerei, Weißstickerei auf 
Leinen usw., vorzunehmen. 

Die niedersächsische Graphik des Mittelalters scheint nach dem 
heutigen Stande der Forschung erst sehr spät mit selbständigen W'erken eingesetzt 
zu haben. Die Hoffnung, seither unbekannte Meister des 15. Jahrhunderts und deren 
Arbeiten aufzufinden, ist allerdings sehr gering. An sich aber scheint es mir ganz 
undenkbar, daß in diesem von künstlerischen Regungen lebhaft bewegten Gebiete 
keinerlei indigene Schöpfungen entstanden sein sollen. Geisberg 5 1 ) hat in seinem 
grundlegenden Werke bereits zum Teil Andeutungen in dieser Hinsicht gemacht. 
Jedenfalls sprechen Anzeichen dafür, daß wir in Meistern wie dem der Berliner Passion 
oder dem des hl. Erasmus Niedersachsen zu erblicken haben 5 1 *). Die außerordentliche 
künstlerische Höhe des lübischen Holzschnitts 5 l ) ist stets betont worden. Trotzdem 
hat das Gebiet bis jetzt eigentlich so gut wie brach gelegen. Lübeck scheint der 
Hauptort für die Einführung der Segnungen der Buchdruckerkunst und damit natürlich 
auch der Hauptauftraggeber für den Holzschnitt gewesen zu sein. Einer dringend 
nötigen Untersuchung auf diesem Gebiete ist durch die Klärung der Entwicklung des 
Buchdrucks selbst bereits wesentlich vorgearbeitet. Es ist Colijns 53 ) Verdienst, in 

die Scheidung der einzelnen Offizinen Klarheit gebracht und die Bedeutung des lübi- 

• • 

sehen Buchdrucks betont zu haben. Die Überraschung über die Höhe der typo¬ 
graphischen Leistung und der Holzschnitte der bekannten lübischen Bibel von 149453*) 
von Steffan Arndes wandelt sich in ein Verstehen der Entwicklung, wenn wir gewahren, 
wie hier seit 1475 Meisterwerke geschaffen werden. Auch Tatsachen wie die, daß 
der Kölner Drucker Koclhoff aus Lübeck stammte und daß Steffan Arndes 1481 in 
Perugia tätig war, belehren über die weithin reichenden Beziehungen dieser Offizinen. 
Es kann deshalb nicht angehen, eine so hochstehende künstlerische Persönlich¬ 
keit wie den Schöpfer der Holzschnitte der lübischen Bibel von 1494 für sich be¬ 
greifen zu wollen. Nur eine sorgfältige Untersuchung der graphischen Erzeugnisse 

5 1 ) M. Gcisbcrg, Meister E. S. und die Anfänge des deutschen Kupferstichs. Leipzig 1912, p. 115 
und 119. 

5 ,a ) Vgl. Th. Hach, Das Kcltcrbild an der Mauer des H. Geist-Hospitals zu Lübeck. Zeitschrift des 
Vereins für lüb. Gcsch. und Altertumsk. Bd. 5. Lübeck 1887, p. 283, darin Abb. eines lübischen (?) Kupfer¬ 
stichs mit Christus in der Kelter. 

5 J ) Vgl. R. Muthcr, Die deutsche Büchcrillustration der Gothik u. Krührenaissance. München u. 
Leipzig 1884. 

53 ) Vgl. Is. Colijn, Lüb. Frühdrucke in der Stadtbibliothek zu Lübeck. Zeitschrift des Vereins 
für lüb. Gcsch. u. Altertumskunde Bd. 9, p. 285 ff., und idem, Kleinere Beiträge zur gedruckten nieder¬ 
deutschen Literatur des 16. Jahrhunderts. Ebenda Bd. 15. Lübeck 1013, p. 167 ff. 

53 a ) Vgl. Ad. Tronnier, Die Lübecker Buchillustration des 15. Jahrhunderts (Göttinger Diss.). 
Stra libu rg IU04. 


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Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


209 


aller Offizinen 54) kann hier zum Ziele führen. Die Ausführungen Tronniers haben 
wenig ansprechendes. Er glaubt oberrheinisch-niederländische und besonders ita¬ 
lienische Einflüsse auf den Künstler der Lübecker Bibel von 1494 nachweisen zu 
müssen und hält eine Identifizierung mit Bernt Notke für möglich. Die künstlerische 
Vorstufe liegt wohl sicher in den Holzschnitten zu B. v. Breydenbachs Reise nach 
dem heil. Lande, Mainz i486. Mehr läßt sich allerdings hinsichtlich dieser Terra 
incognita kaum sagen und einer Arbeit auf den Weg geben. 

Die niedersächsischen Goldschmiedearbeiten des Mittelalters hat 
die einseitige Hervorhebung des Lüneburger Silberschatzes noch nie eine gerechte 
Beurteilung finden lassen. Vor allem hat der Einschätzung auch hier wieder die unbe¬ 
gründete Annahme, als ob besonders auf kirchlichem Gebiete wenig geleistet worden 
sei, entgegengestanden. Daneben ging eine ganz ungerechtfertigte Hervorhebung 
einzelner Stücke, bei Nichtbeachtung anderer, einher. Am besten ist es dabei stets 
der bernwardinischen Kunst ergangen. Auch die Arbeiten, die mit mehr oder weniger 
Recht mit Rogkerus von Helmarshausen in Verbindung gebracht worden sind — wie 
die Schreine des hl. Epiphanius und Godehard im Dome zu Hildesheim — haben die 
ihnen gebührende Beachtung gefunden. Dafür sind die späteren Arbeiten um so 
weniger beachtet worden. Selbst ein so hervorragendes und einzig dastehendes 
Stück wie das Kopfreliquiar des hl. Bernward (Domschatz, Hildesheim) wird z. B. 
von Creutz 55 ) nicht einmal der Erwähnung für wert gehalten. Gerade in Hildesheim 
muß aber eine ununterbrochene Blüte der Goldschmiedekunst stattgehabt haben. 
Dafür zeugen die erstaunlich lebendigen Büsten (Kopfreliquiare) aus derZeit um 14005 6 ) 
und das eigenartige Turmreliquiar Lippold von Steinbergs 57 ) nicht minder wie die 
überraschenden, so gut wie unbekannten Köpfe der unschuldigen Kindlein im Dom- 
schatzc. Aus dem Gebiete der Hansestädte sei nur der silberne Einband mit der 
thronenden Gestalt Christi aus der St. Petrikirche in Hamburg 5 8 ), zugleich als Bei¬ 
spiel der Goldschmiedekunst des 14. Jahrhunderts, erwähnt. Ich will mit diesen 
wenigen Andeutungen nur zeigen, daß das Material keineswegs »dürftig« an Zahl und 
Güte ist, und daß sich eine Arbeit, zumal mit geschickter Ausnutzung der vorhande¬ 
nen Archivalien, zu einem wertvollen Beitrag für unsere Kenntnis des Kunstgewerbes 
und der Plastik gestalten ließe. 

Die niedersächsischen Möbel des Mittelalters hat Just. Brinck- 
mann 59 ) in seinem grundlegenden Werke bereits untersucht. Dennoch würde es sich 

54 ) Über die hamburgischen vgl. J. M. Lappenberg, Zur Geschichte der Buchdruckerkunst in 
Hamburg. Hamburg 1840. 

55 ) Vgl. M. Creutz, Die Anfänge des monumentalen Stiles in Norddeutschland. Köln 1910. 

5 6 ) Vgl. Ad. Bertram, Hildesheims kostbarste Kunstschätzc. M.-Gladbach o. J. Taf. 28 u. 35. 

57 ) Idem Taf. 30. 

5 8 ) Vgl. Justus Brinckmann, Das hamburg. Museum für Kunst u. Gewerbe. Hamburg 1894, 
p. 184 fl. u. Abb. 

59 ) Vgl. Just. Brinckmann, Das hamburg. Museum für Kunst u. Gewerbe. Hamburg 1894. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 27 


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210 


Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


lohnen, die Aufgabe noch einmal in Angriff zu nehmen, zumal Brinckmann in seinem 
Führer im wesentlichen nur die Arbeiten seines Museums berücksichtigt hat, und da 
sein Buch nun doch auch veraltet ist. Frühe Stücke, wie der Wernigeroder 6o ) Schrank 
oder der Sakramentsschrank in Doberan 6l ), hat er gar nicht erwähnt. Reich an 
solchen kirchlichen Stücken aus früher Zeit ist Niedersachsen natürlich ebensowenig 
wie andere Gegenden. Trotzdem ließe sich auch hier, namentlich mit Heranziehung 
der verwandten Arbeiten, wie Chorgestühle, Levitenstühle, Reliquienschreine usw., 
ein Bild der Entwicklung bieten. Den breiteren Raum hätten allerdings die profanen 
Zwecken dienenden Arbeiten einzunehmen: Truhen und Schränke. Die deutlichen 
Unterschiede beider Möbelarten, wie wir sie in den verschiedenen Gegenden, z. B. 
Bremen (Gewerbe-Museum, Bremen), Hamburg (Hamburger Museum für Kunst 
und Gewerbe), Hannover (Kestner-Museum und Leibnizhaus) usw. feststellen können, 
sind noch nie zum Gegenstand einer Untersuchung gemacht worden, die aber ver¬ 
dienstlich und lohnend wäre. 

II. 

Die niedersächsischen Renaissanceschlösser haben bereits ihre Bearbeiter ge¬ 
funden 62 ). Unverständlicherweise haben — des wenig glücklichen Titels wegen — 
Bauten wie das Leibnizhaus zu Hannover, das unendlich viel mehr Schloß ist als 
z. B. das von Wendlinghausen u. a., keine Berücksichtigung gefunden. Es wird 
sich deshalb empfehlen, den bürgerlichen Renaissancebauten Nieder¬ 
sachsens eine besondere Darstellung zu widmen, bei der auf die obengenannte Ver¬ 
öffentlichung in mancher Hinsicht aufgebaut werden könnte. Die feststehende Tat¬ 
sache, daß die Renaissanceformen in dem konservativen Niedersachsen erst spät 
Eingang gefunden haben und daß sie unverhältnismäßig lange beibehaltcn wurden 
(1652! Leibnizhaus, Hannover), würden der Untersuchung eine weitere und andere 
als sonst übliche Abgrenzung gestatten. Ferner müßte der Untersuchung des nieder¬ 
ländischen Einflusses (z. B. Rathaus Emden durch Laurens van Steenwinkel 1574—76, 
Schütting Bremen durch Johann dem Buschneer 1536—38, Zeughaus und Altstäd¬ 
ter Rathaus Danzig usw.) ein breiter Raum gewidmet werden, wie auch 
der italienische Einfluß in andern Gegenden (z. B. Mecklenburg — 
Tätigkeit der Architcktenfamilie Pahr 6 3 ), Hannover usw.) zu betonen 

Vgl. auch Hans Stegmann, Die Holzmöbel des German. Museums. Mitteilungen des Germ. Museums 
zu Nürnberg, 1902 ff. 

*°) Vgl. G. Lehnert, Illustr. Gesch. d. Kunstgewerbcs. Berlin o. J. p., 352 u. Tafel. 

6l ) Vgl. Fr. Schlie, Die Kunst- u. Gesch.-Denkmäler des Großh. Mecklenburg-Schwerin. III. Bd 
Schwerin 1900, p. 613 u. 614. 

fa ) Vgl. A. Neukirch und B. Niemeyer, Renaissanceschlösser Niedersachsens. Hannover 1914. 
(Bisher Tafelband erschienen.) 

6 3 ) Vgl. Aug. Hahr, Die Architcktenfamilie Pahr (Studien zur deutschen Kunstgeschichte Heft 97), 
und Heinz Hungerland, Die Renaissance in Mecklenburg und die Architcktenfamilie Pahr. Niedersachsen. 
Bremen 1910, (15 Jahrg.) p. 82 ff. 


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Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


211 


wäre. Eine scharfe Gliederung in einen rein architektonischen Teil — Behandlung 
der Grund- und Aufrisse # — und einen dekorativen Teil würde sich sehr empfehlen 
und wesentlich zur Klärung der Darstellung der Entwicklung und des Anteils der 
ansässigen Kräfte beitragen. 

Die niedersächsische Malerei der Renaissance würde einem Bearbeiter 


allein in Lübeck ein überreiches Material bieten. 


Bei den frühen Werken wäre die 


Bestimmung der Meister von größtem Werte. Man hat sie seither ihrer offensicht¬ 
lichen Anlehnung an die italienisierenden Niederländer wegen fast durchweg aus¬ 
ländischen Meistern zuschreiben zu müssen geglaubt. So wurden für das erstaunlich 
hochstehende Triptychon von 1518 Jan Mostaert, für den Dreifaltigkeitsaltar von 
um 1525 B. v. Orley und für den Marienaltar von 1518 allgemein ein Niederländer 
genannt. Die auffallend starke Benutzung von Dürers Stichen als Vorlagen für 
die Einzelszenen dieser Malereien kann zwar nicht allein zur Annahme der Entstehung 
in Deutschland zwingen. Allein sie spricht doch wenigstens dafür. Wenn sich diese 
Arbeiten als lübischc erweisen sollten, so wird man eine gleichzeitige neben ihnen her¬ 
gehende Richtung nachweisen müssen, die sich nicht von den Niederländern, sondern 
von oberdeutschen Meistern beeinflussen ließ. Im Bergenfahreraltar von 1524 des 
Johann Kemmcr, eines lübischcn Meisters, sind die Anklänge an L. Cranach d. Ä. 
und seine Schule ganz deutliche. Auf den Einfluß der Cranachschule auf den lübischen 
Holzschnitt hat K. Schaefer 6 4 ) bereits hingewiesen und ihn bei der 1532—34 bei 
Ludwig Dictz in Lübeck gedruckten Bibel aufgezeigt. Im späteren 16. Jahrhundert 
erscheinen dann auch faßbare Künstlerpersönlichkeiten, wie der um 1560 tätige 
J. Delaval 6 5 ), von dem nach dem Inventar »noch an dreißig meist große Bilder« 
erhalten sind, die zu Ende des 16. Jahrhunderts blühende Malerfamilie van 
Gehrden 6 5 a ) und der um 1600 tätige Johann Willinges. 

Für die Geschichte der hamburgischen Renaissancemalerci hat Lichtwark 66 ) 
gut vorgearbeitet. Allerdings ist cs dort hauptsächlich das 17. Jahrhundert, das 
Namen wie D. Kindt, Jurian Jacobs, G. Dittmars, J. Luhn u. a. und Werke dieser 
Künstler überliefert hat. Das 16. Jahrhundert würde noch manche Frage zur Beant¬ 
wortung bieten, die vielleicht zum Teil durch Heranziehung der lübischen Werke und 


Nachrichten gelöst werden könnten. 


Wie weitreichend die Beziehungen schon im 


» 


* 4 ) Vgl. K. Schaefer, Von Lukas Cranach bis in die Werkstätten bremischer Bildschnitzer. Jahrb. 
der bremischen Sammlungen 1909, p. 41; ähnliche Beziehungen lassen sich in Hamburg feststcllen. Hier 
schickte der Senat 1539 den Maler Franz Timmcrmann mit Empfehlungen zu Lucas Cranach d. Ä. 

« 5 ) Vgl. P. Hasse, Aus der Geschichte der Lübecker Malerei von 1550—1700. Lübeck 1900. 
6 5 a ) Vgl. Th. Hach. Die Maler van Gehrden. Mitteil, des Vereins für lüb. Gesch. und Altertumsk. 
Jahrg. 1885/86, p. 178. 

w ) Vgl* A. Lichtwark, Das Bildnis in Hamburg. Hamburg 1898. Bd. I u. II, und Karl Loh¬ 
meyer, Hamburg. Maler des 17. Jahrhs. Xtschr. des Vereins für hamb. Geschichte (XI. Bd.). Hamburg 

«903, p- 35* fl- 

* 7 * 


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212 Habicht, Probleme der nieders&chsischen Kunstgeschichte. 


16. Jahrhundert waren, hat die Arbeit von Harbeck 6 7 ) gezeigt. Wie es dort geschehen 
ist, müßten natürlich auch alle erreichbaren Handzeichnun£en herangezogen werden. 
In allem liegt auch hier zweifellos noch ein reicher, ungehobener Schatz. 

Die niedersächsisch'c Plastik der Renaissance. Die mit großer 
Leidenschaft eingeführten und mit Starrsinn und Unduldsamkeit verteidigten re- 
formatorischen Ideen haben erklärlicherweise der Altarplastik zunächst mit einem 
Schlage ein Ende gemacht. Es ist bereits dargelegt worden, daß sich die gewisser¬ 
maßen brotlos gewordenen bildhauerischen Kräfte nun zur Erhaltung ihrer Existenz 
in das Kunsthandwerk flüchteten, und daß wir aus diesem Grunde eine so hoch¬ 
stehende Holzplastik an kunstgewerblichen Arbeiten in Niedersachsen antreffen. 
Zum Teil trifft diese Ansicht wohl zu, und es wäre eine große Unterlassungssünde, 
wenn bei einer Arbeit auf diesem Gebiete z. B. die bremischen Truhen und Schränke 
unbeachtet bleiben würden. Andrerseits darf man aber auch nicht verkennen, daß 
rein bildhauerische Tätigkeiten in der nun besonders gepflegten Architektur- und 
Grabmalsplastik ausreichende Verwendung fanden, und daß in der Spätrcnaissancc 
die immer üppiger werdenden Holzepitaphien wohl auch den Boden für das Dasein 
der »snitker« gewährten. Schuchhardts 68 ) dankenswerten Untersuchungen ist es 
gelungen, die Entwicklung einer örtlich begrenzten Schule (der stadthannoverschen) 
aufzuzeigen und ihr Einflußgebiet zu umgrenzen. Auch hier hat die unermüdliche 
»Spürtätigkeit« gezeigt, daß es mit einer Heranziehung des in den größeren Städten 
aufbewahrten Materials nicht getan ist, und daß sich in entlegenen Stellen beachtens¬ 
werte — für die Entwicklung des Einzelfalles sogar hochbedeutsame — Arbeiten 
nachweisen lassen. Das ganze Gebiet ist heute noch viel zu wenig bekannt 68 *) — man 
kann ruhig sagen entdeckt —, als daß sich jetzt schon unzweideutige Richtlinien 
für eine Bearbeitung aufstellen ließen. Nur soviel läßt sich sagen, daß sich auch hier 
eine bewußte Beschränkung auf Einzelgebiete empfiehlt, und daß Sorge um ge¬ 
nügenden Stoff dabei nicht aufzukommen braucht. Einzelne Themen möchte ich 
herausheben: die bildhauerischcn Arbeiten an den bremischen Truhen und Schränken 
der Renaissance; Tönnies Evers d. Ä., der eine Sondcrbehandlung wohl bean¬ 
spruchen kann. 

Eine besondere Untersuchung verdient auch Statius von Düren. Diese 
Arbeit könnte man zweckmäßig mit einer Übersicht über die gotischen nieder- 
sächsischen Tonfriese einleiten, wobei sich eine ununterbrochene Ausübung dieser 
Technik vom 15.—16. Jahrhundert (allein in Hannover) feststellen ließe. Hinsicht¬ 
lich des Werkes Statius von Dürens selbst fehlt es — bekannterweise — bis jetzt 
noch an einer zusammenfassenden Darstellung seiner Tätigkeit, seiner künstlerischen 

6 7 ) Vgl. H. Harbeck, Melchior Lorichs. (Kieler Diss.) Hamburg 1911. 

w ) Vgl* C. Schuchhardt, Die hannoverschen Bildhauer der Renaissance. Hannover 1909. 

**•) Vgl. C. Walter, Der Bildschnitzer Jost Rogge. Mit teil, des Vereins für hamburg. Gesch., X. 
Bd., Hamburg 1911, p. 119 fr. (Rogge war um 1600 tätig.) 


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Habicht, Probleme der niedersftchsischen Kunstgeschichte. 


213 


Entwicklung, des Hinweises auf seine künstlerischen Vorbilder und der Einwirkung 
seiner Schule. 

Die niedersächsischen Möbel der Renaissance. Bei der vorher gekenn¬ 
zeichneten Eigenart der niedersächsischen Renaissanceplastik und deren hervor¬ 
tretenden Verwendung bei kirchlichen und bürgerlichen kunstgewerblichen Arbeiten 
versteht es sich leicht, daß es sich bei einer Untersuchung über die Möbel nicht um 
den figürlichen Schmuck — wenigstens nicht in erster Linie — handeln darf. Über¬ 
dies kann es ja wohl kaum zweifelhaft sein, daß die rein kunstgewerblichen und die 
rein bildhauerischen Arbeiten im allgemeinen von verschiedenen Kräften ausgeführt 
worden sind. Das kunstgewerbliche Gebiet allein bietet des Stoffes und der Auf¬ 
gaben wahrlich genug! Von vornherein wäre eine Gliederung der Arbeit in bürger¬ 
liche und kirchliche Arbeiten zu empfehlen. Innerhalb der bürgerlichen Arbeiten 
dürfte eine Untersuchung der Entwicklung des Schrankmöbels in Niedersachsen 
breiten Raum einnehmen. Zunächst ist es die Truhenform selbst, aus der sich der 
Schrank allmählich entwickelt, die in den verschiedenen Teilen Niedersachsens eine 
klar voneinander scheidbare Gestaltung gefunden hat. So hat man in Bremen * 9 ) 
z. B. mit Vorliebe an der Vorderseite ein schmalrechteckiges — mit figürlichen Szenen 
geschmücktes — Wangenbrett verwandt, während in der hannoverschen Gegend hier 
meist hochrechteckige Einzelbretter mit Wappen oder Rankenwerk usw. erscheinen 
Auch bei den Schränken selbst lassen sich deutliche Unterschiede feststellen. Hierbei 
sind die erhaltenen Meisterzeichnungen von großem Werte 7 °), da sie genauen Anhalt 
für die Datierung der oft unbezeichneten Stücke bieten und auch die Zuweisung zu 
einer bestimmten lokalen Zunft (Hamburg, Oldenburg, Bremen usw.) ermöglichen. 
Sie wären deshalb und auch aus dem Grunde, weil sie aus einzelnen Jahrzehnten 
nicht erhaltene Stücke in gewisser Weise wenigstens ersetzen können, stark bei einer 
solchen Untersuchung zu berücksichtigen. 

, Die niedersächsischen Textilien der Renaissance scheinen in Lüne¬ 
burg eine Hauptpflegestätte gefunden zu haben. Hier war eine alte Tradition im 
Kloster Lüne 7 ° a ) vorhanden, wo auch noch aus der Renaissancezeit erhaltene Teppiche 
vorhanden sind. Zugleich muß aber auch in der Stadt selbst eine große Werkstatt 
bestanden haben. Die drei mit Wappen lüneburgischer Patrizier versehenen Tep¬ 
piche, die sich jetzt im Kestner-Museum, Hannover 7 X ), befinden und die im Rathausc 

* 9 ) Vgl. K. Schäfer, Bremische Hochzeitstruhen des 17. und 18. Jahrhunderts, und idem, Die 
Entwicklung des bremischen Schrankmöbels vom 16.—18. Jahrh. Mitteilungen des Gewerbe-Museums zu 
Bremen. 

7 °) Solche werden aufbewahrt in Bremen (Gewerbe-Museum) und Oldenburg (Großh. Mus.). Es bliebe 
eine Aufgabe der Untersuchung, nach dem Verbleib dicserGcsellenstücke in andern Städten (Lübeck, Han¬ 
nover, Hildesheim, Osnabrück usw.) zu forschen. 

7 ° a ) Vgl. Annalen der Braunschwcig-Lüneburgischcn Churlande, 8. Jahrg., Hannover 1794 p. 74. 

7 1 ) Vgl. Otto v. Falke, Norddeutsche und französische Bildteppiche. Amt]. Bcr. aus den Königl. 
Kunstsammlungen. Berlin, April 1915 und E. Sauermann, Über Arbeiten der Bildwirker in Schleswig- 
Holstein. Schlesw.-Holstein. Kunstkalender, Potsdam 1916, p. 60 ff. 


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214 Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


zu Lüneburg aufbewahrten — besonders der große Massinissatcppich 7 *) — lassen 
darüber keinen Zweifel. Bei dem großen Teppich mit der Blindenheilung des Kestner- 
Musemus sind niederländische Vorbilder deutlich. An und für sich ist es angesichts 
der technischen Erfahrungen, die man im Kloster Lüne gesammelt hatte, nicht nötig, 
die Mitwirkung niederländischer Wirker anzunehmen. Allein diese Frage wie die 
nach der noch ganz unbekannten Werkstätte und den noch weniger bekannten 
Meistern würden eben in dieser sehr lohnenden Untersuchung zu beantworten sein. 
Auch das Verhältnis zu den Greifswalder und Breslauer Teppichen wäre zu unter¬ 
suchen und das Auffinden weiterer 7 * a ) als der obengenannten Stücke ein zweifellos 
lockendes Ziel. 

Die niedersächsischen Goldschmiedcarbeitcn der Renaissance 
stellen ein ebenso reiches wie unerforschtes Gebiet des niedersächsischen Kunst¬ 
gewerbes dar. Nicht einmal der bekannte Silberschatz des Rates zu Lüneburg hat 
bis jetzt eine Bearbeitung gefunden. Aber cs sind nicht allein bürgerlichen Zwecken 
dienende Stücke, die den Ruhm der niedersächsischen Goldschmiedekunst ausmachen. 
Ich erinnere an den prachtvollen goldenen Kelch und die Patenc von 1555 in der 
Marktkirche zu Hannover und an den mit Szenen nach Aldegreverschen Stichen 
geschmückten Kelch der Neustadtkirche ebenda 73 ). Über die hervorragendsten 
Stücke der Osnabrücker Goldschmiede sind wir durch die Untersuchungen von 
F. Philippi 74) gut unterrichtet. Die Wismarer Arbeiten sind von Crull zusammen- 
gestellt 74*). 

III. 

Die nicdersächsischc Architektur des Barock hat der blendenden 
Gestalt des Westfalen Joh. Conr. Schlaun 75 ) wegen seither wenig Beachtung ge¬ 
funden. Meister wie P. Franke, H. Korb und E. G. Sonnin beweisen aber, daß man 
im Unrechte war, wenn man meinte, daß der Barock in Niedersachsen keine bedeu¬ 
tende Rolle gespielt habe. Da die Veilchen hier aber wirklich noch im Verborgenen 
blühen, gilt es in erster Linie die noch unbekannten, am Werk gewesenen Architekten 
erst einmal ans Licht zu ziehen 7 6 ). Ebensowenig wie in andern Gegenden Deutsch- 

7 S ) Vgl. Fr. Krügerund W. K ei necke, Die Kunstdenkmälcr der Provinz Hannover. Bd. lll f 2 u. 3. 
Hannover 1906, p. 273 ff. 

7 ia ) Ein lüneburgischcr Teppich dieser Zeit befindet sich in Paris. Vgl. Materiaux et documents d’Art 
decoratif. Oeuvres de Tapisserics des Gobelins de Beauvais et des Flandrcs. Paris o. J. Tafel 148. 

73 ) Vgl. H. Gracven, Geschichte der stadthannoverschen Goldschmiede. Hann. Gesch.-Bl. 1901, 
p. 193 ff. 

74 ) Vgl. F. Philippi, Zur Geschichte der Osnabrücker Goldschmicdegilde. Mitleil. des Histor. 
Ver. /u Osnabrück Bd. 15, p. 340 ff., Bd. 16, p. 362, Bd. 18, p. 317 ff. 

74 a ) Vgl. Fr. Crull, Das Amt der Goldschmiede zu Wismar. Wismar 1887 (vgl.dazu R. Hach, Zur 
Geschichte des niederdeutschen Kunstgewerbes. Mitteilungen des Vereins für lüb. Gesell, und Altertumsk. 
Heft 3 p. 119/27). 

75 ) Vgl. Hcinr. Hart mann, Johann Conrad Schlaun. Münster 1910. 

7 *) Wie lohnend und ergiebig solche Untersuchungen sind, zeigt die schöne Dissertation von Alfred 
Burgheim, Der Kirchenbau des 18. Jahrhunderts im Nordelbischen. (Hannov. Diss.) Hamburg 1915* 


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Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte 


215 


lands ist in dieser Epoche alles von einheimischen Künstlern geleistet worden. Im 
Gegenteil gewahren wir besonders im 17. Jahrhundert eine Fülle von ausländischen — 
vornehmlich italienischen — Künstlern (z. B. in Hannover, Celle, Braunschweig 
usw.). Es wäre deshalb vielleicht nicht unratsam, wenn zunächst einmal die zweifel¬ 
los von Ausländern entworfenen Bauten zusammengestellt würden. Einerseits würde 
sich dadurch ein besserer Überblick über die dann noch übrigbleibenden Werke er¬ 
geben, und ferner ließe sich dann auch die selbständige Umarbeitung der von außen 
zugeflossenen Anregungen leichter herausheben. Eine gute Vorarbeit über die Werke 
in den Fürstentümern Calenberg und Lüneburg hat Schuster 77 ) geliefert. Trotz der 
Denkmälerinventarisation sind aber Meister wie der des Michaelisklosters in Hildes¬ 
heim, dessen Schöpfung in Süddeutschland längst beachtet und erforscht worden 
wäre, oder wie der des Innenraums der Jakobikirche ebenda unbekannt geblieben. 
Es gibt hier überall und reichlich zu tun. 

Die durch den Krieg jäh unterbrochene Ausstellung deutscher Kunst der 
Zeit 1650—1800 im Jahre 1914 in Darmstadt hat gezeigt, daß die niedersächsi¬ 
sche Barockmalerei eine hohe Stellung innerhalb der übrigen deutschen ein¬ 
nimmt. Der im Anschluß an diese Ausstellung erschienene Katalog hat einer Unter¬ 
suchung auf diesem Gebiete vorgearbeitet. Außerdem lagen schon über einzelne 
Künstler ausreichende Monographien vor, wie die von Alfred Lichtwark über 
M. Scheits, die von Witte über D. Matthieu usw., und über andere, wie J. G. Ziesenis, 
Jurian Ovens 77 a ), werden Sonderuntersuchungen in absehbarer Zeit erscheinen. Zweifel¬ 
los werden so eigenartige und eigenwillige Künstler wie der Danziger Andreas Stech 
oder der Hamburger B. Denner bald auch Bearbeiter finden, die sie der Selbständig¬ 
keit ihrer Kunst wegen wohl verdienen 77 b ). Die Forschung befindet sich also auf diesem 
Gebiete im Fluß, und wenn man von einer abschließenden Erhellung noch nicht 
sprechen kann und manche nicht unwichtige Entdeckungen wohl noch gemacht 
werden können, so ist es trotzdem kaum verfrüht, eine zusammenfassende Dar¬ 
stellung der Malerei der Barockzeit in Angriff zu nehmen. Wenigstens ließen sich die 
für die Wissenschaft wichtigsten Fragen: »Wie gestaltet sich der ausländische Einfluß 
auf die Barockmalerei in Niedersachsen?« (hauptsächlich kommt dabei die holländi¬ 
sche Malerei in Betracht 7 8 )), »Welche Schulen lassen sich feststellen?«, »Welche 
Künstler haben die Entwicklung vornehmlich bestimmt?« usw. vollkommen aus¬ 
reichend beantworten. Eine solche Arbeit, die sich trotz der Einstellung auf das 
Ganze liebevoller Einzelerforschung der Künstlerpersönlichkeiten, die zweifellos eine 

77 ) Vgl. Ed. Schuster, Kunst und Künstler in den Fürstentümern Calenberg und Lüneburg in 
der Zeit von 1636—1727. Hannover u. Leipzig 1905. 

77 *) Vgl. H. Schmidt, J. Ovens. Schleswig-Holsteinischer Kunstkalender, Kiel 1913, p. 3 ff. mit 

Abb. 

77 b) Vgl. K. Lohmeyer, Hamburger Maler des 17. Jahrhunderts. Zcitschr. des Vereins für ham- 
burg. Gesch. Bd. XI, p. 357. 

7 ®) Vgl. E. Waldmann, Z*ei bremische Porträts und ihr Maler Christ. Wolffg. Heimbach. Jahrb. 
der brem. Sammlungen. Bremen 1908. I. Halbbd., p. 44 ff. 


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216 


Habicht, Probleme der niedersächsischen Kunstgeschichte 


Führerrolle gespielt haben, nicht entschlagen dürfte, ist um so mehr gerechtfertigt, 
als sich bei ruhiger Betrachtung der Gesamtleistung der Epoche nicht verhehlen 
lassen wird, daß die erste Einschätzung des allerdings zu unrecht vernachlässigten 
Gebietes eine übertriebene gewesen ist. 

Ähnlich wie bei der Barockarchitektur läßt sich hinsichtlich der Plastik des 
Barock ein sehr starker ausländischer Einfluß feststellen. Den politischen und 
kommerziellen Verhältnissen entsprechend kann man im nördlichen Niedersachsen 
von einem Überwiegen der Niederländer sprechen, während es im südlichen Teile 
mehr Italiener und Franzosen gewesen sind, die zur Ausführung bildhauerischer Ar¬ 
beiten dort vornehmlich von den Städten, hier von den Höfen: Celle, Hannover, Braun¬ 
schweig, Hildesheim usw. herangezogen wurden. Jedenfalls würde sich auch bei der 
Behandlung dieses Themas eine einleitende Übersicht über die Tätigkeit der aus¬ 
ländischen Künstler sehr empfehlen. Ob es sich lohnen würde, einer einzelnen Künst¬ 
lerpersönlichkeit, wie etwa dem um 1618 tätig gewesenen L. Munstermann 79 ) oder 
dem um 1750 schaffenden Joh. Friedr. Ziesenis, der fast süddeutsch anmutendc, 
üppige Rokokowerke (Kanzel Kreuzkirche [1767] und Altar Neustadtkirchc [1759], 
Hannover) geschaffen hat, zu widmen, läßt sich vorerst schwer entscheiden. Nach der 
vorübergegangenen Überschätzung der Barockkunst hat es den Anschein, als ob mit 
einer Darstellung der Gesamtepoche genug getan wäre. Zweifellos ließe sich damit bei 
einer Gliederung in Steinplastiken (Monumental-, Garten- und Grabmalsplastik) und 
Holzplastiken, bei denen naturgemäß die eigentlichen Altarplastiken zurücktreten 
und die Epitaphien und Kanzeln einen breiten Raum einnehmen, eine anschauliche 
Darstellung der Entwicklung der Bildhauerkunst des Barock bieten. 

Die niedersächsischen Möbel des Barock würden bei der größeren 
Anzahl der erhaltenen Stücke aus dieser Epoche nicht mehr die Beschränkung auf 
den Schrank notwendig machen wie bei den früheren Abschnitten. Wie die Meister¬ 
zeichnungen lehren, bildete aber das Schrankmöbel auch in diesen Jahrhunderten 
noch die Hauptaufgabe der Tischler. Weiter bekannt geworden sind von diesen 
aufschlußreichen Meisterzeichnungen eigentlich nur die von Bremen 8o ). Von denen 
des Oldenburger Tischleramtes hat man zwar Kenntnis, ohne daß sie aber seither 
veröffentlicht und gewürdigt worden sind. Es bliebe Aufgabe einer Untersuchung, 
festzustellen, ob diese Meisterzeichnungen nicht noch in anderen Städten, wie Lübeck, 
Hamburg, Schwerin, Hannover, Hildesheim, Braunschweig usw., erhalten geblieben 
sind. Die Ergebnisse solcher Nachforschungen könnten erst Klarheit in zum Teil 
ganz willkürlich gewählte Begriffe wie »Danziger oder Oldenburger Schapp«, »Salz- 
dahlumer Möbel« usw. bringen. Neben den bürgerlichen Möbeln hätten die kirch¬ 
lichen Anspruch auf eingehende Darstellung. 

79 ) Vgl. K. Schaefer, Ein Jugend werk des Bildhauers Ludw. Munstermann aus Hamburg. Jahrb. 
der brem. Sammlungen 1911. I. Halbbd., p. 11 ff., dort auch übrige Literatur. 

*°) Vgl. V. C. Habicht, Die Meisterzeichnungen der Möbeltischler im Besitze des Gewerbe-Muscums # 
zu Bremen. Der Cicerone V. Jahrg., p. 865 ff. 


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Habicht, Problem der niedersächsischen Kunstgeschichte. 


217 


Die niedersächsische Keramik des Barock. Kaum sonstwo wie auf 

dem Gebiete der Keramik stehen Gebot und Nachfrage einerseits und Einschätzung 

von seiten der Wissenschaft andererseits in so schroffem Gegensätze. Die Zeiten 

• • • • 

der sinnlosen Überschätzung (und kaum verantwortlichen Überzahlung) irgendeines 

an sich tatsächlich künstlerisch und kunsthistorisch wertlosen Objektes sind 

kaum vorüber. Aber während hier doch eine entschiedene Besserung eingetreten 

ist, verhält sich die Wissenschaft nach wie vor kühl und zurückhaltend. 

Zweifellos zu Unrecht. Die niedersächsische Keramik des Barock verdient 

genau ebensogut eine zusammenfassende Darstellung in Buchform wie die von 

Mosbach 8l ) oder Hanau 8a ) oder sonst irgendeine Manufaktur. Von der Arbeit 

von Scherer 8 3 ) abgesehen, liegen bis jetzt nur Aufsätze in Zeitschriften vor 8 4 ). Soviel 

Raum auch weiterhin noch Einzeluntersuchungen bleiben mag, so wenig läßt sich 

abstreiten, daß manche Fragen leichter bei einer zusammenfassenden Behandlung 

des ganzen Gebietes gelöst werden können. Unter diesen nenne ich z. B. die klare 

Scheidung der Erzeugnisse mit der M-Marke und der mit den drei Halbmonden, die 

zu Unrecht als gleichwertiger Ausweis für die Manufaktur Hannov.-Münden ange- 

• • 

sehen werden. Nur ein vollkommener Überblick über das ganze Material und natürlich 
auch archivalische Funde können hier eine Entscheidung bringen. Eine ausschließliche 
Beschäftigung mit dem Stoffe würde gewiß auch zu Entdeckungen seither unbekannter 
Manufakturen führen. Ich möchte nur erwähnen, daß z. B. in Hannover 8 5 ) eine Hoiofen- 
fabrikinderZeit um 1750—70bestanden haben muß, von der man seither nichts wußte. 

Sollte es mir mit diesen Ausführungen und den oft notgedrungen allzu knappen 
Hinweisen gelungen sein, eine gesteigerte wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Ge¬ 
biete der niedersächsischen Kunst veranlaßt zu haben, so sind deren Hauptzweck und 
und Absicht vollauf erfüllt. 

8l ) Vgl. Joh. März, Die Fayencefabrik zu Mosbach in Daden. Jena 1906. 

8j ) E. Zeh, Hanauer Fayence. (Beitr. zur Kunstgesch. Hessens und des Rhein-Main-Gebietes Bd. 1.) 

* 3 ) Vgl. S. Scherer, Die Chelysche Fayencefabrik zu Braunschweig. (Quellen u. Forschungen 
zur Braunschw. Gesch. Bd. VI.) 

* 4 ) Ich nenne, ohne Vollzähligkeit anzustreben, Ad. Gottschewski, Die ältesten deutschen Fayencen 
(Hamburger). Cicerone IV, p. 341. O. Riesebieter, Die Fayencefabrik in Osnabrück. Cicerone IV, 
p. 731; idem, Die Fayencefabriken zu Potsdam und Berlin. Cicerone IV, p. 915 u. VI, p. 577; idem, Die 
Fayencefabrik zu Wrisbergholzen. Cicerone III, p. 250; idem, Beitr. zur Gesch. der Fayencefabriken in 
Jcverland und Ostfriesland. H. XVI der Ber. über die Tätigkeit des Oldenburger Vereins für AJtertumsk. 
u. Landesgeseh.; idem, Die Fayencefabrik in Jever. Cicerone VII, p. 419; idem, Wechselbeziehungen der 
Braunschw. Fayencefabriken, Cicerone VI, p. 369; H. F. Secker, Die alte Töpferkunst Danzigs und seiner 
Nachbarstädte. Cicerone VII, p. 241 u. 281; W. Gerhold, Fayencefabriken im 18. Jahrhundert in und bei 
Bremen. Jahrb. der brem. Sammlungen 1910, p. 65; K. Schaefcr, Werke der Kleinplastik aus der Fayence¬ 
manufaktur von Kellinghuscn. Jahrb. der brem. Sammlungen 1909, p. 79 ff. 

8 5 ) Von mir in meinem Buche: Hannover, Leipzig 1914, p. 100—101, vermutet. Nachträglich habe 
ich den Beleg in dem Jahrb. der brem. »Sammlungen, Bremen 1911, p. 61, gefunden. Dort wird ein Joh. Heinr. 
Wassermann erwähnt, der 1773 auf dem Brande in Valsenbcrgs Haus in Hannover wohnhaft und damals 
bereits 22 Jahre in der hannov. Hofofenfabrik tätig gewesen war (vgl. auch V. C. Habicht, G. F. Ding- 
linger, Hannov. Gesch. Bl. 1916 Heft 3, p. 281 Anm. 1). 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 28 


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218 


Bock, Leonardofragen. 


LEONARDOFRAGEN. 

VON 

FRANZ BOCK. 

(Schluß.) 

Wer ist nun der Schöpfer des Bildnisses? 

Zu den Mängeln der Leonardomonographie von Seidlitz gehört die mehrfach 
doch zu schnelle und apodiktische Art, über die wichtigsten stilkritischen Streit¬ 
fragen hinwegzugehen oder sie auch gar nicht zu behandeln. Dies ist der Fall auch 
bei unserem Bildnis. Im Register wird das Werk ohne Seitenzahl aufgeführt (!), 
und auf S. 272 des ersten Bandes findet man nur die ganz unbewiesene Behauptung: 
»Ihm (Preda) ist ... die Keuschheit beim Grafen Czartoryski in Krakau zuzuschreiben«. 
Nebenbei bemerkt, scheint mir diese ikonographische Deutung nicht richtig zu sein. 
Die Figur ist wegen des Hermelins 2 3 ) so w'enig eine Allegorie wie die zahlreichen Ent¬ 
würfe zur Madonna mit der Katze, mit denen sie im Motiv auf das engste zusammen¬ 
hängt, sondern ein Bildnis. Ich werde versuchen, auch die Dargestellte nachzu¬ 
weisen. Dann: was führt da Seidlitz alles in einem Atem als Werke derselben Hand 
und Predas an: die Madonna Litta, den Musiker der Ambrosiana, die Berliner Auf¬ 
erstehung, den Entwurf zum kleinen Max Sforza und den zum Bilde in Glasgow, 
beide in der Ambrosiana, die sicher von zwei verschiedenen Händen her¬ 
rühren, und »all die vielen ... Zeichnungen«, die Seidlitz seinem unmöglichen Preda 
zugeschrieben hatl Das kann man gewiß nicht eine methodische Beweisführung 
dafür nennen, daß Leonardo das Krakauer Bildnis nicht gemalt habe 2 «). Weder mit 

* 3 ) Bode bemerkt, daß es nach Farbe und Größe kein Wiesel sein kann; aber ein Frettchen, wie 
er sagt, ist es doch auch nicht, denn dieses hat einen größeren und anders gebildeten Kopf und längere Haare. 
Unverständlich ist mir Bodes Bemerkung, Leonardo (der Natur-Kenner und -Erforscher) habe in diesem 
»Frettchen« das ihm in der Natur unbekannte Hermelin wiederzugeben geglaubt. 

* 4 ) Ebenso unmethodisch und voller Trugschlüsse sind seine jetzigen Ausführungen (Pr. Jbr. S. 504 ff.). 
Aus dem alten Irrtum Bodes, daß die zwei Ambrosiana-Bildnisse echte Leonardos seien, und seiner mangel¬ 
haften, subjektiv-ästhetischen Begründung ergibt sich zunächst durchaus nicht „folgerichtig“, daß Bode 
jetzt, wie auch Gronau und ich, Preda als Maler des Krakauer Bildes ablchnt. (Überzeugungskraft und 
Methode der Bodeschen Beweisführung sind dabei eine Sache für sich.) Ich verstehe nicht, wie Seidlitz 
einfach behaupten kann: »Alle drei sind tatsächlich von ein und derselben Hand gemalt« ($.*505). Dann 
w r äre der Streit wohl unnötig und gar nicht da. Seidlitz erbringt wieder den stilkritischen Beweis, daß 
das Krakauer Bild mit dem Wiener Kaiser des A. Preda übereinstimmt, noch den, daß es mit dem Ar- 
chinto zusammengcht, sondern von der irrigen und ganz unbewiesenen Meinung aus, daß die Ambrosiana- 
Bilder den Kern der Frage nach dem Schöpfer des Krakauer Bildnisses bildeten, dreht er sich, unter Fest¬ 
haltung seiner falschen Prcda-Vorstellung, im vollendeten circulus vitiosus herum. Seine »Richtigstellung« 
bezüglich der Entstehungszeit und Aufeinanderfolge der Bilder beweist nichts, denn entweder verschiebt er 
die Daten nur um ein Jahr, oder er setzt andere Werke willkürlich und falsch, wie ich unten mit bestimmten 
geschichtlichen Argumenten nachweisc, viel zu spät an; und vor allem ist die Reihe der »Preda«-Werke, die 
er damit gewinnt, immer noch stilkritisch eine Unmöglichkeit: 1493 die Bianca Maria Sforza in Philadelphia 


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dem Archinto noch mit dem Wiener Kaiserbildnis läßt sich dieses m. E. vereinen, 
und so sicher bei dem weiblichen Bildnis der Ambrosiana der Name Preda sehr ernst¬ 
haft zu diskutieren ist, so wenig kann er hier in Frage kommen. Auch Gronau hat ja 
diese Taufe entschieden abgelehnt. 

Voigtländer ist durch die Stockholmer Zeichnung ganz irregeführt worden. Ist 
ihr Satz: »Sehr nahe stehen die beiden Zeichnungen (in Stockholm und in Windsor) 
an Qualität Leonardo selbst, doch halten sie immerhin diesen allerhöchsten Maßstab 
nicht ganz aus« — schon wunderlich, so scheint es mir mehr als kühn zu sein, mit 
einem »So« fortzufahren, man könne »rückschließend mit größter Sicherheit sagen, 
daß das Krakauer Bild nicht Leonardo, sondern, wie die Zeichnung (in Stockholm I) 
Boltraffio« angehöre. Was Voigtländer dann weiter unter Zitierung Wölfflins als 
angebliche Schwächen und Mängel des Bildes anführt, ist zwar sehr bezeichnend 
für den Wölfflinismus, aber keine methodische Analyse und Wertung eines Kunst¬ 
werkes. Es ist hier nicht der Ort, den methodischen Grundfehler des so ungeheuer 
überschätzten Buches, den in einer ganz bestimmten Richtung falschen Begriff 
des Klassischen, darzulegen und den wissenschaftlichen Rückschritt, den das von den 
mühevollen Errungenschaften vom Ende des 19. Jahrhunderts zur Zeit um 1850 
bedeutet. Es ist unwissenschaftlich, nur negativ den Lombarden, d. h. Leonardo 
und seinen Schülern und Nachahmern, vorzuwerfen, ihnen »fehle durchaus der Sinn 
für das Architektonische«, ohne zu sehen und zu sagen, was sie positiv gewollt und 


(»die noch harte Behandlung zeigt» — was ist das?), (von A. Preda) — 1494 der Londoner Archinto (von 
einer zweiten, andern Hand [G. E. Preda ?]) — die Madonna Cora (von Fr. Napoletano) — die Pala Sforzesca, 
um 1495 (von demselben) — das Glasgowcr Kinderbildnis, um 1497 (von Conti), »alle drei mit den zuge¬ 
hörenden Zeichnungen* (die teils von Fr. Napoletano, teils von Conti, aber nicht von A. Preda sind !) — der 
Musiker der Ambrosiana (keineswegs ein sicherer A. Preda) — die Madonna Litta (vielleicht von A. Preda; 
der »Zusammenhang* mit der Pala Sforzesca besteht nur in dem gemeinsamen Einfluß Leonardos, während 
es nach Grundart wie Eigenheiten der Formensprache deutlich zwei verschiedene Maler sind). Diese willkürlich 
zusammengeworfenen Werke verschiedener Leonardo-Schüler sollen »dann überleiten* zu dem Krakauer 
Bildnis (entstanden um 1481 und nicht von Preda) und zu dem weiblichen Ambrosiana-Bildnis (entstanden 
um 1485 und keineswegs sicher von A. Preda). Auch das Argument der »entwickelten Technik*, das Seidlitz 
vorher für seine erweislich falsche Datierung der letzten Bilder anführt, hat keine Beweiskraft. Wieso ist 
diese, obendrein in den beiden Werken verschiedene, Technik »entwickelt*? Und kommt diese Technik 
nur Ende der 90er Jahre vor? Auch darin täuscht sich Seidlitz, von seiner Preda-Auffassung aus, daß — 
selbst bei diesem zeitlichen Ansatz — das Krakauer und das Mailänder Bildnis »ungesucht* zu dem Wiener 
von 1502 überleiteten. So verworren und haltlos wie diese stilkritischen Ausführungen der Anm. S. 505 sind 
die allgemeinen kunstkritischen im Text bei Seidlitz (S. 505, 506, 508). Es handelt sich eben bei seiner 
Preda-Auffassung nicht um einen allenfalls verständlichen »allmählichen Aufstieg* aus »anfänglicher Un¬ 
vollkommenheit*, sondern um einen stilkritischen und ästhetischen Wirrwarr. Dieser Maler »Preda*, der 
noch um die Mitte der 90er Jahre von angeblich »ungeschlachtem Wesen* ist und »grobe Zcichenfehler* 
macht, »erhebt sich plötzlich* zu Werken, »welche sich denen seines großen Vorbildes würdig an die Seite 
stellen* (welch' ein schiefes Werturteil!), dann »verfällt er ... wieder in miniaturmäßige Härte*, um sich 
abermals zu »jener breiten Bchandlungswcise* der Londoner Grottenmadonna (1506—08) zu »erheben*. 
Das ist wohl nicht die in der Persönlichkeit begründete »Einheit*, die jedes Künstlerlebcn darstellt (Seidlitz 
S. 507), sondern rein im Hinblick auf die kunstkritische Methode bedenklich verworren. 

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gekonnt haben. »Die ganze Gestalt drückt sich ziemlich unsicher in die linke Bild¬ 
ecke, der das Tierchen tragende Arm ist auffallend schwach und körperlos« kann 
nur sagen, wer mit fremden Maßstäben mißt und mit einem fertigen, engen 
Dogma vor das Bild hintritt. Ich habe von diesen angeblichen Mängeln, zumal vor 
dem Original, gar nichts bemerken können. Auch die Mona Lisa hat keinen architek¬ 
tonischen Stil. Darin liegt der LJnterschied zwischen ihr und diesem Bildnis nicht. 

Auch was Gronau von stilkritischen Einzelheiten gegen Leonardo anführt, 
scheint mir an sich nicht stichhaltig zu sein, die großen Augen und die Form der rechten 
Hand a 5 ). Wenn Leonardo auch im allgemeinen eine schmale, mandelförmige Augenform 
bevorzugt, so kommen doch auch große Augen vor. Ich verweise auf die sicher echten 
Studienblättcr in Windsor bei Scidlitz I, 36, I, Taf. 2 und 43 und das weibliche 
Brustbild in Turin, eine bildnismäßige Naturstudie, die für den Engel auf der Grotten¬ 
madonna erst typisierend umgestaltet wurde (Scidlitz Taf. 27). Dann die Hand mit 
ihren »krampfig gespreizten« Fingern! Der stark übertreibende Ausdruck entspricht 
nicht dem Befund. Es handelt sich doch nur um ein mäßiges Spreizen der Finger. 
Und gerade diese Hand mit den gelösten Fingern und der welligen Modellierung der 
Gelenke ist sehr charakteristisch leonardesk. Man vergleiche die Hände mit bewegten 
Fingern auf dem Madonnenentwurf in Windsor (Scidlitz Taf. 1), auf der Madonna 
Timbal (Seidlitz Taf. 3), auf der Pariser Verkündigung, und weiter die Hände mit 
gespreizten Fingern auf dem Louvre-Entwurf der Anbetung der Könige bei dem 
Hirten rechts (Seidlitz Taf. 11), dann besonders die linke Hand der Grottenmadonna 
und später 16 ) noch auf dem Uffizienbilde die erhobene Hand rechts. Alle diese Hände 
sind ein Ausdruck für ein bewegtes, seelisch erregtes Innenleben. Auch darin 
ist Leonardo einer der großen Schöpfer und Vorväter des Barocks. 
Was Gronau zum Vergleich hcranzieht, die Madonnenhände auf der h. Familie des 
Seminars in Venedig und auf der Löser-Salting-Madonna in London, ist eben unter 
Einfluß der gleichen Grundform Leonardos entstanden. So auch bei Boltraffio in der 
Crespi-Madonna, während seine eigene, davon verschiedene I landform aus dem 
Casiobildnis der Brera und der Kohlezeichnung der Isabclla cT Este des Louvre 
zu ersehen ist. Freilich, wie wir beide Hände auf dem Krakauer Bilde heute sehen, 
sind sie für Leonardo selbst zu unlebendig und mit zu wenig Können in der Ausführung 
durchmodellicrt; auch das Hermelin ist ungleich in der Durchführung, und im Nackten 
sonst ist z. B. die linke Schulter nicht gut genug für Leonardo, man sieht da einen 


scharf absetzenden Strich, 


aber nicht eine mit malerischen Mitteln rundende Model- 


2 5 ) Bode hält gerade diese Hand für unfertig, während m. K. der Zustand docli deutlich der ist, daß diese 
rechte Hand (von einem Schüler) fertiggcmalt, die linke dagegen unvollendet ist. 

* 6 ) Ich halte im Gegensätze zu Seidlitz, Gronau, Thijs u. a. Strzygmvskis spätere Ansetzung dieses 
Bildes für richtig, wenn ich es auch nicht so weit herunterrücken möchte. Die Beweisführung a. a. O. 
Bode und Seidlitz halten auch jetzt an der landläufigen Datierung des Hieronymus und des Dreikönigs- 
bildcs (Uffizien) in das Ende c^r Florentiner Frühzeit fest, Bode unter W iederholung der ganz unbegründeten 
und leicht widerlegbaren Vermutung Müller-W’aldcs, daß Leonardo den Hieronymus 147S begonnen habe. 


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licrung. Im ganzen scheint mir nicht unwichtig zu sein, daß die ganze linke Seite 
(vom Beschauer aus) vom Halsansatz abwärts einen nicht ganz fertigen, zugleich aber 
malerisch einen feineren Eindruck macht als die ausgeführtere rechte Seite. Auch 
Gronau scheint mir, von Voigtländers verunglückter und Seidlitzens nicht vor* 
handener Beweisführung abgesehen, doch zu weit zu gehen, wenn er das Bild unter 
allen Umständen aus Leonardos Werken glatt ausscheiden will. Von den typischen 
Mailänder Quattrocentobildnissen (Boltraffios Moro, Contis Berliner Kardinal, Predas 
Kaiser Max) führt kein unmittelbarer Weg zu dieser Komposition, keiner der Schüler, 
auch Boltraffio nicht, war fähig zu dieser künstlerischen Konzeption. Nach Format 
und Figurenmaßstab liegt das Bild entwicklungsgeschichtlich noch vor der allge¬ 
meinen Steigerung des Cinquecentostiles, man sieht es sehr deutlich beim Vergleich 
mit dem jetzt daneben hängenden Raphael derselben polnischen Sammlung. Dieser 
Stil ist nicht mehr Quattrocento, aber auch noch nicht Cinquecento im landläufigen 
Sinne, sondern der epochemachende, neue Barockstil, den damals, in den achtziger 
Jahren des 15. Jahrhunderts (siehe unten), nur Einer als seine höchst persönliche 
Sprache sprach, Leonardo. Ein Schüler hat diese Diagonalkomposition so wenig 
geschaffen wie diesen neuen, plastischen Bewegungsreichtum durch doppelten 
Kontrapost, und zugleich die malerische Komposition, die den hellbelichteten Körper 
mit dem dunklen Grund kontrastiert, und endlich dies neue Motiv der Charakteristik, 
daß ein Mensch nicht einfach im Medaillenstil da ist, sondern ganz momentan gegeben 
ist, wie er im Vorübergehen aufhorcht, sich zurückwendet, etwas Augenblickliches 
empfindet und denkt und sagen will. Das alles ist ganz echter Leonardo. Den dunklen 
Hintergrund an sich anzuzweifeln, liegt gar kein Grund vor, nur wird es ursprünglich 
eine klare, lebendige Schattenmalerei gewesen sein. Dies Herausarbeiten aus dem 
tiefen Dunkel durch das Helldunkelzwischenreich in das volle Licht ist ja eine der 
hauptsächlichen Umwälzungen gewesen, die gerade Leonardo in der europäischen 
Malerei vollzogen hat. Daß das Bewegungsmotiv Leonardos Schöpfung sein muß, 
beweist außer den obigen allgemeinen Argumenten die kleine Skizze in Windsor, auf 
die Müller-Walde schon vor Jahren hingewiesen hat, wenn sie auch keine unmittel¬ 
bare Studie zu diesem Bilde ist (Abb. Berliner Jb. 20, 69). Dazu kommen eine Menge 
von charakteristischen Einzelzügen: die Zusammenordnung von Mensch und Tier, 
das echt frühleonardcskc Kolorit, Hellblau mit komplementärem Gelb, Lackrot, das 
im Schatten links mehr nach Gelb und Braun hin gebrochen ist, dann die malerischen 
Kontrastmotive im Kleinen: die schwarze Kette auf der hellen Haut des jungen 
Weibes, bei der sogar der ganz leichte Schatten auf der Haut mit gemalt ist, die 
schwarzen Verschnürungen auf den hellen Ärmelpuffen. Diese haben ja auch noch 
eine lineare und ornamentale Bedeutung, wie die Verschlingungsmuster (Gelb auf 
Schwarz und Gelb auf Braun) des Mieders und des Ärmels und die schwarzen Ouer- 
litzen auf dem roten Mieder; ferner der bezeichnende Faltenstil auf der linken Seite 
(was man auf der Photographie nicht sieht). All das zusammen nötigt uns m. E., 


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zu sagen: der Schöpfer des Bildes kann nur Leonardo selbst sein, der Entwurf — und 
wahrscheinlich mehr als das —, die Anlage, die Untermalung auf dieser Tafel müssen 
auf ihn selbst zurückgehen, auf den Leonardo der frühmailänder Zeit, der achtziger 
Jahre. Dann hat ein tüchtiger Schüler das Bild im Wesentlichen fertiggemalt 2 7 ). Im 

* 7 ) Bode wie Seidlitz machen m. E. den Grundfehler, daß sie das Bild (abgesehen von den späteren 
Übermalungen) nach Konzeption und Ausführung für eine einheitliche Schöpfung halten. Bode hebt 
an einer Stelle mit Recht hervor, die Frage, ob und wieweit Schüler Leonardos an der Ausführung seiner 
Werke geholfen haben, sei bisher noch kaum behandelt worden, übersieht dann aber, daß wir gerade hier 
einen sehr wichtigen Fall der Art vor uns haben. Die Art seiner Beweisführung ist seine altbekannte: »reiz¬ 
volle* Bewegung, außerordentlicher »Geschmack* in der Anordnung, Feinheit der »Zeichnung*, »meisterhafte* 
Durchbildung, »harmonische* Färbung, »reizvoller* Gesamteindruck. Diese Argumente zu widerlegen, fiel 
Seidlitz natürlich nicht schwer, wobei er aber nicht erkannte, daß diese subjektive Ästhetik zugleich mit 
einer bestimmten, allgemeinen Wertungskonvention der Zeit um 1850 zusammcnfällt. Diese beherrscht 
auch sein eigenes Leonardo-Buch. (Vgl. dazu meine Nachweise und Darlegungen, Matthias Grünewald 1 ,1 ff., 
München 1909.) Man vergleiche auf der andern Seite die kunslkritischen Argumente, mit denen Bode seinen 
»Preda*, d. h. den Wert der Pala Sforzesca-Gruppe, also Fr. Napoletanos, herabzusetzen sucht: »eine wahre 
Mißgeburt in Erfindung, Aufbau, Proportionen, Verkürzungen, Faltengebung und Zeichnung*. Erfindung, 
Komposition, Proportionen und Gcwandstil der Pala Sforzcsca gehören aber einfach dem Zeitstil Quattro¬ 
cento an und haben mit dem Wert und unserer stilkritischen Frage gar nichts zu tun, wie die »Derbheit* und 
»Ungeschlachtheit*, die Seidlitz tadelt, einfach Merkmale des Mailänder Lokalstiles im Quattrocento sind. 
Von der gleichen, ganz veralteten Art sind Argumente Bodes wie die, dieser »Preda* entstelle die Hände 
(die Naturform des Modells!) bis zur Verkrüppelung, oder die mageren Finger auf dem Krakauer Bildnis 
»entsprächen doch ganz der schlanken, elastischen Figur des jungen Mädchens*. — Nebenbei: die nächste 
Parallele zur Magerkeit dieser leonardesken Handform findet sich im Engel der Pariser Grottenmadonna 
von 1483, was wieder gut zu unserem Ansatz des Bildnisses um 1481 stimmt. Bodes, aus dem unsicheren 
Anhaltspunkte der Tracht gewonnener Ansatz »bald nach 1490« beweist nichts dagegen. — Auch Seidlitz’ 
Gegenbeweis ist nicht minder durchzogen von einer ebenso unmethodischen, akademischen Ästhetik (wie 
sein ganzes Leonardo-Buch). Da soll es an der »Richtigkeit« der Körperbildung und an den »nötigen Kennt¬ 
nissen« (wessen?) fehlen. Man glaubt, einen A. v. Werner oder Sandrart zu hören, dem z. B. Rubens nicht 
♦korrekt* genug war. Damit muß man die erstaunlichen Dinge vergleichen, die Seidlitz (Leonardo I, 166/7) 
über angebliche »Verzeichnungen« Leonardos auf der Pariser Grottenmadonna geschrieben hat: bei keiner 
der vier Gestalten sei der Mund »unbedingt fehlerfrei gebildet« ( 1 ). Weiter kommt es ja nicht darauf an, ob 
der Kontrapost im Krakauer Bilde »wirkungsvoll« ist oder nicht, sondern darauf, ob er leonardesk ist, und 
ob ihn um 1480 ein Anderer geschaffen haben kann. Hinfällig ist auch der Einwand, der »Ausdruck* des Ge¬ 
sichtes »passe wenig« zu dieser starken Bewegung. In der italienischen Renaissance ist, was einem Leonardo- 
Monographen vertraut sein sollte, der Kontrapost in erster Linie gar nicht Ausdrucksmotiv, sondern rein 
formales Bewegungsmotiv. Man darf zugleich nie übersehen, daß die fertig malende Schülerhand hier die 
Lebendigkeit, z. B. des Blickes, herabgemindert hat. Der Schöpfer dieses Bildnisses hat gewiß »die Fähig¬ 
keit besessen, den Eindruck des Augenblicks festzuhalten*, sogar vor und über allen gleichzeitigen Malern 
Italiens. — Auch hier hat dann das unglückliche beständige Zusammenwerfen mit den Ambrosiana-Bildnissen 
Seidlitz den Weg zur Lösung der Frage versperrt. Schon die Angaben über das Kolorit des Krakauer Bildes 
bei Bode sind ungenau und die daraus gezogenen Folgerungen m. E. irrig. Gerade das aber hat Seidlitz auf¬ 
genommen, unterstrichen und nach erweitert. Das Rot auf dem Bildnis ist nicht Rostbraun, sondern Lack¬ 
rot, genau dasselbe Rot wie auf der Pariser Grottenmadonna, und das Kolorit der Ambrosiana-Bildnisse 
ist, wenn mich meine Erinnerung nicht sehr täuscht, nicht das gleiche. Der Gesamtton ist hier dunkler, 
weil er auf der Nachahmung einer jüngeren Stilphase Leonardos beruht. Auch die Technik in der Modellierung 
des Nackten (in dem weiblichen, allein fertigen) Bildnis ist anders, weit mehr mit verschmolzenen, glatten 
Lasuren gearbeitet. Alle Einwände, die Seidlitz (S. 508) aus dem Kolorit des Krakauer Bildes herlcitct, 
sind m. E. hinfällig. ♦Voll Leuchtkraft bei grauer Vormodellierung der Flcischteile« sind sehr viele leonar- 
deske Bilder. Der Eindruck beruht nicht, »wie in den Ambrosiana-Bildnissen ♦, auf »der Kühle der Fär- 


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späteren 16. Jahrhundert oder noch später hat dann ein betrügerischer Händler die 
Inschrift aufmalen und den Kopf, besonders das Haar, ä la Belle F6ronni£re durch 
einen Pfuscher übermalen lassen, um das Bild als das der Geliebten Franz I. aus¬ 
zugeben. 

Wen stellt das Bildnis nun ursprünglich und wirklich dar? 

Einige neuerdings in England veröffentlichte Bildnisse der Mailänder Schule, 
die von der deutschen Leonardoforschung nicht beachtet worden sind, scheinen mir 
hier zu überraschenden Resultaten zu führen. 

In der Sammlung Roden zu Tullymore Park in Irland befindet sich ein 
weibliches Bildnis, das Fräulein Hewett 1907 (also vor Seidlitz’ Leonardobuch) im 
Burlington Magazine veröffentlicht hat (Abb. X, 313). Es stellt in Halbfigur bis 
etwas unter die Taille im Profil nach links gegen einen dunklen, grünschwarzen Grund 
eine ältere, schon etwas dicke Frau in einem gelben Sammetkleidc dar. Die Haare 
hängen auf dem Vorderkopf in losen Massen über die Ohren herunter und stecken 
auf dem Hinterkopf unter einer Haube. Um den Hals ist zweimal eine dünne Kette 
geschlungen. Uber den Maler des Bildes hat sogleich ein kleines Kollegium englischer 
Kunstgelehrtcr (Phillips, Colvin, Fry, Holmes, Cook, Kerr-Lawson) zu Gericht ge¬ 
sessen und ist zu dem Resultat Preda gekommen. Die Bestimmung leuchtet ein inso¬ 
fern, als das Bild in allem Wesentlichen des quattrocentistisch-mailändischen Stiles 
und der persönlichen Besonderheit einer scharfen, knappen, holzmäßigen Model¬ 
lierung, einer peinlichen Durchführung ohne Schwung und einer mittelmäßig-lang¬ 
weiligen Qualität im ganzen völlig übereinstimmt mit jener Bildnisgruppe, die man 

auf Grund des Wiener Kaiserbildnisses mit Fug Ambrogio Preda nennen kann. Die 

• • 

sofort auffallende große Ähnlichkeit mit dem umstrittenen weiblichen Profilbildnis 
der Ambrosiana erklärt sich hauptsächlich stofflich (siehe unten). Sie ergibt minde¬ 
stens nicht ohne weiteres, daß das jenem Wiener und auch diesem neuen englischen 
Bildnis an Qualität erheblich überlegene Mailänder Bildnis von demselben Preda 


bung«, sondern, von den übrigen Faktoren abgesehen, auf der Verbindung des hellen, frühleonardesken 
Kolorits (Münchner Madonna, Uffizien-Verkündigung, Taufe Christi, Wiener Bildnis, Petersburger Ma¬ 
donna) mit der beginnenden Schatten- und Helldunkelmalerei. Die Farbe ist nicht, wie Seidlitz sagt, ohne 
Abtönung gegeben, sondern links im Schatten schon gebrochen. FreilijJi, »jenes Helldunkel« (d. h. jener 
Grad), das »bereits« auf dem Abendmahl ausgebildet ist, kann hier noch nicht gut vorhanden sein, da 15 Jahre 
zwischen beiden Werken liegen. Seidlitz will irgend eine Mitwirkung Leonardos an dem fraglichen Werke 
nur in der »Angabe der Stellung« gelten lassen und hält auch das nicht für zwingend. Ich überlasse dem 
Leser die Entscheidung, ob in den obengenannten Merkmalen nicht doch sehr viel für Leonardo Bezeichnendes 
enthalten ist, von der äußeren Beweisführung ganz abgesehen. — Einen bestimmten Namen für den aus¬ 
führenden Schüler möchte ich nicht nennen. A. Preda kann es nach dem Stile nicht sein, Boltraffio auch 
nicht. Sein Temperament und seine charakteristische Art der Modellierung sind nicht zu erkennen; auch 
das Kolorit, das Bode hervorhebt, spricht m. E. nicht für Boltraffio, denn sein Braunrot und Grün sind 
nicht da. Außerdem haben wir gar keine Anhaltspunkte dafür, daß A. Preda und Boltraffio in so früher 
Zeit schon unter Leonardos Einfluß standen bzw. seine Schüler waren. Andrerseits kennen wir aus Leonardos 
Aufzeichnungen eine ganze Reihe von SchÜlemamen, mit denen wir noch keine Werke verbinden können 
Das mahnt zur Vorsicht. 


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Bock, Leonardofragen. 


herrührt. In unserem Zusammenhang hier ist die Dargestellte des Bildnisses in 
Tullymore Park interessanter als der Maler. Eine Vermutung über sie äußerte 
zuerst Fry, nämlich von der Ähnlichkeit mit dem Ambrosianabildnis aus die sonder¬ 
bare Hypothese, daß es Lucrezia Crivelli, die bekannte Geliebte des Herzogs Ludovico 
Moro sei. Hierfür bietet aber das Ambrosianabildnis nicht den geringsten Anhalt. 
Hewett hat dann der Frage nach der Dargestellten eine eingehende Untersuchung 
gewidmet. Auf der Gürtelschnalle sieht man einen kleinen Mohrenkopf zwischen den 
Initialen L. O. (nicht etwa L. C. 1 ) und zwei S. Hewett schließt daraus mit Recht 
auf eine unmittelbare Beziehung des Bildnisses zum Herzog; ihre Vermutung, daß 
auch in dem Ornament des Haarnetzes, Maulbeeren (?), eine Anspielung zu sehen 
sei, geht wohl zu weit. Sie untersucht dann, welche von den Frauen des Mailänder 
Hofes dargestellt sein könnte, und schließt mit einleuchtenden Gründen Bianca 
Visconti, die Mutter Ludovicos, Beatrice d’ Este, seine Frau, und Bianca Sforza, 
seine natürliche Tochter, aus. Es bleiben also seine Maitressen, von denen wir drei 
aus literarischer Überlieferung kennen: Lucia Marliani, Cecilia Gallcrani und Lucrezia 
Crivelli. Von der Marliani wissen wir wenig und kennen wir kein sicheres Bildnis. 
Sie könnte also hier dargestellt sein, wenn wir nicht nachweisen können, daß doch eine 
sehr viel größere Wahrscheinlichkeit für eine andere Persönlichkeit spricht. Hewett 
will die Crivelli dargestcllt sehen und findet die ausschließliche Möglichkeit, an diese 
zu denken, in einem Epigramm * 8 ) des Codex atlanticus, das nicht von Leonardos 
Hand geschrieben ist und nur vermutungsweise als Werk eines zeitgenössischen 
Verehrers ihres von Leonardo gemalten Bildnisses angesehen wird. Hewett meint, 
daß nach dem Epigramm in dem Crivelli-Bildnis ein Hinweis auf die Beziehungen 
zum Moro enthalten gewesen sei, und der Mohrenkopf, die Initialen und die Maul¬ 
beeren auf unserem Bilde hätten die Pointe des Epigramms cingegebcn. Aber das 
Epigramm ist viel zu allgemein und unbestimmt im Ausdruck und die Fäden zwischen 
Gedicht und Bild sind viel zu lose, um diese bestimmten Folgerungen zu erlauben. 
Außerdem bezieht sich das Epigramm wohl auf das von Leonardo gemalte Bildnis 
einer Geliebten des Moro, aber nicht ausschließlich auf das der Crivelli. Noch weniger 
zutreffend ist Hewetts Argument, der »Mangel an Ähnlichkeit« mit dem Krakauer 
Bildnis schließe die Gallerami aus. Die beiden Modelle haben tatsächlich (mindestens) 

sehr viel Ähnlichkeit, und direkt gegen die These, in dem Tullymore-Bildnis die Cri- 

• • 

velli zu sehen, spricht das Äußerlich-Zeitliche, wie Hewett selbst zugeben muß. Ich 
meine vielmehr, daß wir hier höchst wahrscheinlich die andere, frühere Geliebte des 
Herzogs, die Cecilia Gallerani, vor uns habend). Diese vielgepriesene Schönheit 

**) Ut bene respondet Naturae Ars doctal dedisset 

Vincius, ut tribuit cetera, sic animam. 

Noluit ut similis magis haec foret; altera sic est: 

Possidet illius Maurus amans animam. 

2 9 ) Seidlitz meint freilich (S. 508): »Es handelt sich hier um ein sauberes, unschuldsvolles Mädchen» ... 


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Bock, Leonardo fragen. 


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hatte schon 1481 das Liebesverhältnis mit dem Moro, da er ihr damals eine große 
Schenkung machte. Um 1485 und 1491 gebar sie ihm Kinder; 1491, bei der offiziellen 
Heirat des Herzogs mit der Beatrice d’ Este, erhielt sie eine zweite große Schenkung. 
Sie starb erst 1536, hoch betagt. Sie kann also um 1498/99, dem letzten Termin, wo 
Preda als Hofmaler Ludovicos das Tullymore-Bildnis gemalt haben kann, wohl schon 
so matronal gewesen sein, wie die Dargestellte dieses Bildnisses. Dagegen ist es aus¬ 
geschlossen, daß die erheblich jüngere Crivelli, in die der Herzog gerade um 1495 
sterblich verliebt war, um 1498/99 schon so alt war. 

Weiter ist gerade das Krakauer Bildnis eine wesentliche Stütze unserer An¬ 
nahme. Schon Carotti hat hier mit Bestimmtheit die Gallerani sehen wollen 3 °). 

Sein Argument, daß auf einem, angeblich um 1500 entstandenen kleinen Bildnis im 

• • 

Mailänder Kunsthandel (um 1905) von unzweifelhafter Ähnlichkeit mit der Krakauer 
Dame der Name Cecilia Gallerani inschriftlich angegeben war, vermag ich leider nicht 
nachzuprüfen. Es wäre wichtig, den jetzigen Ort dieses Bildes zu ermitteln. Aber 
auch davon abgesehen, ist folgendes sicher: Die eigene Angabe der Gallerani in ihrem 
bekannten Briefe an die Isabella d* Este von 1496, daß Leonardo sie in ganz jungen 
Jahren gemalt habe, paßt vollkommen zu dem Krakauer Bildnis, das andrerseits 
nach seinem Stil, als künstlerische Schöpfung Leonardos, frühmailändisch, aus dem 
Anfang der achtziger Jahre, sein muß. Das Sonett, das Bellincioni auf das Gallerani« 
bildnis von Leonardo machte, hat nur als äußersten Terminus ante quem das Todes¬ 
jahr 1492 des Dichters. Deshalb kann das Bildnis tatsächlich gut ein Jahrzehnt früher 
entstanden sein. Da Seidlitz nur den Anfang gibt, sei es gestattet, dieses für die 
Frage wichtige Gedicht noch einmal ganz• herzusetzen 3 1 ): 

Di che ti adiri ? A chi invidia hai Natura ? 

Al Vinci che ha ritratto una tua stella: 

Cecilia 1 sl bellissima oggi h quella 

Che a suoi begli occhi el sol par ombra oscura. 

L’ onore h tuo, sebben con sua pittura 

La fa che par che ascolti e non favella; 

Pensa quanto sark piü viva e bella, 

Piü a te ha gloria in ogni etä futura. 

Ringraziar dunque Ludovico or puoi 
E 1’ ingegno e la man di Leonardo, 

Che a* posteri di te voglia far parte. 

Chi lei vedrä cosl, benchfe sia tardo, 

Vcderla viva, dirä: Basti a noi 
Comprender or quel ch’fc natura et arte. 

Der einzige, in dem Sonett enthaltene Hinweis auf ein Motiv des Bildes, das 
Horchen, paßt sehr gut zu dem Krakauer Bildnis, mindestens ebenso gut wie zu 
den verschiedenen Darstellungen einer Lautenspielerin, in der eine ganz unsichere 
Überlieferung das Gallcrani-Bildnis erblicken will. Die Ausführungen von Seidlitz 

3 °) Le operc di Lionardo, Bramante c Raffaello. Mailand 1905. 

3 ‘) Vgl. Bellincioni, Rime, ed. Fanfani. Bologna 1876, I, 72. 

Repertorium für Kunstwissenschaft. XXXIX. 2Q 


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226 


Bock, Leonardofragen. 


darüber sind recht unklar und unbestimmt. Wir wissen nicht, ob das 1520 datierte 
Exemplar beim Grafen Mayno in Mailand (Abb. Venturi, Galleria Crespi, S. 102), das 
ein zweifelloser Bartolommeo Veneziano ist, eine selbständige Originalschöpfung 
dieses Malers ist. So nimmt Hewett an, die hierdurch die Gallerani als Dargestellte 
für ausgeschlossen hält. Bei der großen Zahl der Repliken — Cook zählt in Hewetts 
Aufsatz neun auf — und bei dem unselbständigen Eklektizismus Bartolommeos liegt 
es sogar sehr nahe, an ein berühmtes, verlorenes Urbild zu denken. Entscheidend ist 
aber, daß die rein venezianische Auffassung dieser Lautenspielerin mit Leonardo 
künstlerisch gar nichts zu tun hat. Die in diesem Falle wertlose Überlieferung ist 
vielleicht so entstanden, daß man den Ausdruck des Sonetts willkürlich mit dieser 
Komposition in Zusammenhang brachte und sie daraufhin »Leonardo« und »Cecilia 
Gallerani« taufte. Wie unzuverlässig diese Dinge sind, lehrt ja die konfuse Über¬ 
lieferung über die sogenannte Belle Föronniere. 

Nur in dem Krakauer Bild haben wir das Horchen zusammen mit einer zweifel¬ 
los vollkommen leonardesken Schöpfung. Dieses kleine Bild konnte auch sehr gut 
ein reitender Bote von Mailand nach Mantua bringen. 

Eine letzte und sehr wesentliche Bestätigung dieser Identifizierung liegt in 
Folgendem. Cook hat ein, von der Leonardoforschung nicht beachtetes, weibliches 
Bildnis der Sammlung Newall in Rickmansworth veröffentlicht (Burlington Maga¬ 
zine V, 209, wo Abb.), das dasselbe junge Weib darstellt. Es ist ein Brustbild, der 
Rumpf im halben, der Kopf im vollen Profil nach links gegen dunklen Grund gestellt, 
in reicher Kleidung, mit geschlitzten Puffärmeln, Halsschmuck und Kopfschmuck 
(das Haar vorn in welligen Massen über die Ohren gestrichen, hinten eine gestickte 
Haube und ein umwickelter Zopf, über der Haube geht ein Stirnband wagerecht um 
den Kopf herum). Das Bild ist fraglos altmailändisch vom Ende des Quattrocento. 
Cook nennt es Zenale und setzt es im Werke dieses Künstlers um 1490 an. In der 
Dargestelltcn sieht Cook die Crivelli, gibt aber zu, daß er cs nicht beweisen könne. 
Er findet nur einen Wahrscheinlichkeitsgrund in der herkömmlichen Zuschreibung 
des Bildes an Crivelli. Das sei nur zu erklären aus einer Verwechslung einer Crivelli 
mit dem Maler Crivelli. Diese Verwechslung mag bei irgendeinem Besitzer des Bildes 
vorgekommen sein, sie ist als Argument hinfällig gegenüber der Übereinstimmung 
der Modelle in Rickmansworth und Krakau. Noch weniger kann es überzeugen, 
wenn Cook dann nur die sogenannte Belle Feronni£rc zum Vergleich hcranzieht, 
auch ein angebliches Bildnis der Crivelli, und hier dieselbe dargestellt sehen will, 
wie in dem Zenale. Da sind die Naturformen des Gesichtes doch zu verschieden. 
Aus einer ausgebogenen Nase wird auch im Laufe einiger Jahre nicht eine eingebogene. 

Wir haben außer diesen dreien, in Krakau, in Rickmansworth und in Tullymore 
Park, nun aber noch zwei weitere Mailänder Bildnisse, die dieselbe Frau darstellen: 
das berühmte, vielumstrittene Bildnis der Ambrosiana und dieReplikin (mir unbe¬ 
kanntem) englischem Privatbesitz (Abb. Burlington Magazine XVI, 117). Dieses muß 


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Bock, Leonardofragen 


22 7 


nach dem Alter der Dargestellten mehrere Jahre jünger sein als jenes, und ist zweifellos 
geringer, Stil und Qualität gehen mit dem ja auch herzlich schwachen Wiener Kaiser¬ 
bildnis von Ambrogio Preda völlig zusammen. Ob das erheblich bessere Ambrosiana- 
bildnis von derselben Hand, von demselben Ambrogio Preda herrührt, ist mir, wie 
gesagt, fraglich. M. E. kann man aber nicht aus dieser englischen, geringeren Replik 
die Behauptung herleiten, daß das Ambrosiana-Bildnis nun ein echter Leonardo sein 
müsse. Das ist m. E. schon durch den quattrocentistischen Stil ausgeschlossenst), der 
einen unmöglichen entwicklungsgeschichtlichen Rückschritt hinter das Krakauer Bild¬ 
nis, die Grottenmadonna und das noch in Florenz entstandene Benci-Bildnis in Wien 33 ) 
bedeuten würde. Der letzte Versuch Beltramis, das Ambrosianabildnis doch als echten 
Leonardo und als Bildnis der Beatrice d* Este nachzuweisen 34 ), ist völlig mißglückt 35 ). 
Daß Bianca Maria, die deutsche Kaiserin, die Dargestelltc nicht sein kann, hat Bode 
schon 1889 nachgewiesen (vgl. deren Bildnisse bei Widener in Philadelphia, früher 


P) Dieses wesentliche Argument hat auchSeidlitz jetzt wieder gegen Bode hervorgehoben, aber völlig 
übersehen, daß der Bildnisstil des Krakauer Werkes ein ganz anderer, entwicklungsgeschichtlich fortge¬ 
schrittenerer ist. Bezüglich dieses Bildes glaube ich allerdings, den von Seidlitz bisher vermißten Nachweis 
oben erbracht zu haben, daß es sich auch stilkritisch in den einheitlichen, organischen Entwicklungsgang 
Leonardos an der durch die äußere Datierung gegebenen Stelle genau einfügt, nämlich zwischen den letzten 
Florentiner Schöpfungen, der Petersburger Madonna und dem Louvre-En t w’urf der Anbetung der Könige 
einerseits und der frühmailändischen Pariser Grottenmadonna andrerseits; wobei wiederholt zu betonen ist, 
daß Seidlitz’ eigene Vorstellung vom Entwicklungsgänge falsch ist — die Taufe Christi zu spät, Hieronymus 
und Dreikönigsbild viel zu früh angesetzt —, w'ie überhaupt sein ganzes Buch auch an dem Mangel krankt, 
daß er den inneren, künstlerischen Entwicklungsgang Leonardos gar nicht aufgezeigt und dargestellt hat. — 
Auf seine sonstigen wunderlichen Bemerkungen über die Ambrosiana-Bildnisse (S. $08/9) kann ich w r egen 
Raummangels nicht eingehen. 

33 ) Den eingehenden Nachweis Bodcs, daß dies das von Vasari genannte Bildnis der Ginevra de 1 Bcnci 
ist, hat Seidlitz nicht widerlegt, wie ich a. a. 0 . zeigen w'erdc. Daß sein äußerer, zeitlicher Einwurf falsch 
und hinfällig ist, hat auch Gronau schon erkannt und ausgesprochen. Vgl. Bodes neueste, überzeugende Aus¬ 
führungen. Seidlitz’ abermalige Einwendungen (S. 509) haben kein Gewicht. Die Behauptung, daß Bode 
u. A. dies Bild nur um der hohen Qualität willen Leonardo zugeschrieben hätte, entspricht doch nicht 
den Tatsachen. Es handelt sich auch nicht um eine »Empfindungsfrage», sondern es kommen hier eine Menge 
von bestimmten äußeren und inneren Beweisgründen zusammen; es ist auch nicht nur der Engel der Taufe 
Christi heranzuziehen, sondern vor allem die echten, frühen Zeichnungen insgesamt. Auch hier ist Seidlitz’ 
Beweisführung (S. 509) viel zu unklar und verschwimmen. Der Engel soll das Bildnis (und die Uffizicn- 
Vcrkündigung) an »Freiheit», Lebendigkeit und »Anmut» weit überragen. Was ist Freiheit? Was ist 
Anmut? Und die künstlerische Lebendigkeit des Bildnisses ist (ganz abgesehen von der außerordentlichen 
Charakteristik), wie man bestimmt sagen darf, nicht geringer als die der Taufe Christi. Und wie Seidlitz jetzt 
die Oxforder Studie zum Verkündigungsbilde zu beseitigen sucht (S. 510), das ist schon mehr als sonderbar. 
Colvin und Gronau haben ihre Echtheit längst dargetan, auch Seidlitz gibt sie zu, aber Leonardo soll sie nach 
dem Bilde des großen, unmöglichen Unbekannten gezeichnet haben 1 Zur vollen Klärung aller dieser Fragen 
wird man freilich noch eine wichtige Voraufgabc lösen müssen, nämlich den wirklichen Verrocchio in seinen 
eigenhändigen, erhaltenen Werken fester zu umreißen; freilich nicht auf dem Wege Bodcs, der nun Botticini 
wieder beseitigen möchte. Auch da kann gerade die Seidlitzschc unklare und widerspruchsvolle Darstellung 
Verrocchios nicht genügen und befriedigen. 

34 ) 11 ritratto di Beatrice d’Este di Leonardo da Vinci alla Bibliotcca Ambrosiana di Milano. Mai¬ 
land 1905. 

35 ) Vgl. Frizzoni Rasscgna d’arte VI, 17 und Gronau Rep. 29, 183. 

29* 


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228 


Bock, Leonardofragen. 


bei Fr. Lippmann, Abb. Seidlitz, Leonardo I, 156, und in der Sammlung Arconati- 
Visconti in Paris, Abb. Rassegna d* arte II, 93). Dann hat man — so jahrelang 
auch in Burckhardts Cicerone 3 *) — auf Bianca Sforza nur deshalb geraten, weil man 
irrtümlich das Bild für ein zugehöriges Gegenstück zu dem männlichen Bildnis der 
gleichen Galerie hielt. Dieses stellt aber gar nicht Sanseverino dar, sondern einen 
Musiker. Mir scheint in Cecilia Gallerani die Dargestellte gefunden zu sein. Dieses 
junge Weib, das uns aus den Bildern in Krakau und in Mailand heute noch bestrickt, 
mag wohl im Leben den liebetollen Herzog Ludovico bezaubert haben. Wer die fünf 
Bildnisse in Krakau, Rickmansworth, Mailand, in englischem Privatbesitz und in 
Tullymore Park in guten Abbildungen nebeneinanderlegt, muß m. E. zu dem Schlüsse 
kommen, daß wir in allen dasselbe Modell vor uns haben. Das Wesentliche der Natur¬ 
formen des Kopfes, Langschädel, Gesichtsoval, schmale Nase mit kleinem Bügel, 

* 

Mund und Kinn, stimmt so genau überein, wie das bei (mindestens) drei verschiedenen 
Malern mit ihrer individuellen Änderung der Naturform und in einem Zeitraum von 
zwanzig Jahren nur möglich ist. In dieser Reihenfolge mögen sie zeitlich auch ent¬ 
standen sein. Die zeitliche Ansetzung des Ambrosiana-Bildnisses »um 1500« durch 

Seidlitz ruht auf keiner näheren Begründung, es kann auch dem Stile nach sehr gut 

• • 

schon zwischen 1480 und 1490 entstanden sein. Und bezüglich des Äußerlich- 
Biographischen wissen wir ja, daß beide Predas 1483 schon in Mailand hoch angesehen 
waren. Es ist kein stichhaltiges Gegenargument, daß das Bild in der ältesten erhalte¬ 
nen Quelle, der Schenkungsurkunde des Kardinals Borromeo erst von 1618 »eine 
Herzogin von Mailand« genannt wird, und 1625 »eine Prinzessin von Mailand«. Da¬ 
konnte man schon eine der Geliebten des Herzogs mit seiner rechtmäßigen Frau, die 
er daneben hatte, verwechseln. Daß eine so gefeierte Schöne so häufig konterfeit 
wurde, ist durchaus nicht unwahrscheinlich; und betrachten wir das früheste Bildnis 
der Reihe, in Krakau, und das späteste, in Tullymore Park, nebeneinander, so haben 
wir die vollkommene Illustration zu den eigenen Angaben der Gallerani 1498, daß 
Leonardo sie in ganz jungen Tagen gemalt und daß sie sich seitdem sehr verändert 
habe. Ob sie das mit Wehmut oder mit Stolz, wie man ins Blaue hinein gemeint hat, 
an Isabella d* Este geschrieben hat, kann heute niemand mehr ergründen und be¬ 
weisen. — Wenn wir dem Hauptresultat der verdienstlichen Untersuchung Hewetts 
nicht zustimmen konnten, so ist doch noch ein sehr wertvolles Nebenergebnis ihres 
Aufsatzes hervorzuheben. Sie hat endlich den richtigen Namen für die Dargestellte 
des Louvre-Bildnisses ausgesprochen: Beatrice d 1 Este, die Frau des Herzogs Ludo¬ 
vico Moro. Man muß sich wundern, daß das nicht früher erkannt worden ist. 1642 
im Inventar der Bilder des Schlosses Fontainebleau des Pcre Dan heißt das Bild 
»eine Herzogin von Mantua«, eine nach anderthalb Jahrhunderten sehr leicht mög¬ 
liche Verwechslung mit der Herzogin von Mailand, die noch dazu die Schwester der 


l 6 ) Bode nennt sie jetzt «»die junge Prinzessin«. 


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Bock, Leonardöfragen. 


229 


Herzogin von Mantua war. Uzielli hat dafür falsch »die.« Herzogin gesetzt und die % 
Angabe irrig auf Isabella d* Este bezogen. Daß diese die Dargestellte nicht sein kann, 
braucht man nicht zu beweisen. Auch die Annahme von Müntz und Seidlitz (Elisa¬ 
beth Gonzaga, Herzogin von Urbino) ist hinfällig, wie schon Gronau (Monatshefte III) 
betont hat. Daß die Dargestellte nicht die Frau des Pariser Kaufmanns F6ron (daher 
der Name) sein könne, sagte schon 1752 L6pici6 in seinem Katalog des kgl. Bilder- 
bcsitzes. Merkwürdigerweise wurde damals die Bezeichnung »Belle F^ronni&re« mit 
einem andern Bilde verbunden, einem Profilbildnis, wahrscheinlich dem Conti der 
Louvregalerie. Rigollot hat dann die falsche F^rjnniere-Legende mit der Angabe 

des P&re Dan verbunden und die Dame ganz willkürlich Lucrezia Crivelli genannt. 

* 

Diese ganze spätere Überlieferung hat gar keinen Wert. Prüft man das Denkmäler¬ 
material, die als solche bezeichnete Mädchenbüste der Beatrice von Cristoforo Ro¬ 
mano im Louvre (vgl. die Profilabbildung Burl. Mag. X, 308, Rass. d* arte VI, 17), 
die Miniatur des Ehekontraktes in London (Seidlitz I, 106) von Antonio da Monza, 
die Stifterin der Pala Sforzesca (um 1495) und endlich die Grabmalsfigur von Solari 
in der Certosa, so findet man eine so große Modellübereinstimmung mit dem Louvre¬ 
bildnis, daß m. E. kein Zweifel an derselben Person sein kann. Damit haben wir nun 
auch einen Terminus ante quem für das Bildnis, da Beatrice am 2. Januar 1497 erst 
22jährig starb. Eine nähere Zeitbestimmung ist schwierig, doch darf man vielleicht 
annehmen, daß Ludovico seine blutjunge Frau bald nach der Hochzeit 1491 von seinem 
größten Hotmaler malen ließ. Denn auch hier muß die Konzeption des Bildnisses 
doch wohl auf Leonardo selbst zurückgehen, da dieses Leichte, Beschwingte, Momen¬ 
tane, dieser Blick im Vorübergehen Boltraffio nach seinen selbständigen Leistungen 
nicht zuzutrauen ist. Auch das Kontrapostbewegungsmotiv und die malerische 
Rechnung, die sich zugleich damit verbindet, sind ja durchaus leonardesk — im 
Gegensatz zu dem rein quattrocentistischen Ambrosiana-Bildnis. Die ganze Aus¬ 
führung aber und der Grad der Lebendigkeit des fertigen Werkes verbieten es freilich 
durchaus, von einem Original Leonardos zu sprechen. Nur die Komposition kommt 
für ihn in Betracht, diese aber fügt sich um 1491 eben so gut in seinen Entwicklungs¬ 
gang ein, wie die des Krakauer Bildnisses um 1481. Hier kann man nach dem Phlegma, 
mit dem der ausführende Schüler die Konzept on des großen Lehrers beschwert hat, 
nach der bestimmten Art der Modellierung und des Kolorits (vgl. die Handzeichnung 
der Isabella d’ Este und die Casiomadonna derselben Sammlung) mit größerer Be¬ 
stimmtheit den Namen Boltraffio aussprechen 37 ). Die Louvreverwaltung täte also gut 
daran, die das große, kritiklos bewundernde Publikum so irreführende, doppelt 
falsche Bezeichnung »Leonardo« schlechthin und »Lucrezia Crivelli« endlich ebenso 
zu beseitigen, wie das lächerliche »Leonardo zugeschrieben« unter der von allen 

37 ) Auch Bode findet, daß sie Boltraffio am nächsten stehe, und kommt auch auf die Zeit um 1490; 
freilich können m. E. die Leonardoschcn Konzeptionen des Krakauer und dieses Pariser Bildnisses nach 
äußeren und inneren Kriterien nicht gleichzeitig sein. 


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Bock, Leonardofragen. 


Kritikern als völlig eigenhändig anerkannten Verkündigung, die m. E. als Staffcl- 
bildchen zur Grottenmadonna gehört 3 8 ). 

3 8 ) Müller-Walde u. A. haben sie willkürlich ganz früh, womöglich in den Anfang der 70er Jahre, gesetzt, 
weil sie, schon durch die Vermengung der echten und unechten Zeichnungen, von Leonardos Frühstil eine 
falsche und von seiner malerischen Entwicklung gar keine Vorstellung hatten. Scidlitz setzte sie, im Zusammen¬ 
hang mit seiner falschen Datierung des Drcikönigsbildcs und des Hieronymus, an das Ende der Florentiner 
Frühzeit, um 1481, kurz vor die Anbetung der Könige, und bald nach dieser sei der Hicron mus entstanden. 
Das ist m. E. zeitlich falsch, aber es ist stilkritisch insofern richtig gesehen, als die ganze Gruppe in die erste 
Mailänder Periode gehört (das Uffizienbild kann seinem Gcsamtstil nach unmöglich vor der Pariser Grotten¬ 
madonna entstanden sein, und urkundlich können wir die Tafel nicht datieren), und zwar zuerst die Ver¬ 
kündigung, dann der Hieronymus und zuletzt das Dreikönigsbild, weil erst hier die entwicklungs¬ 
geschichtlich außerordentlich wichtige Wendung beginnt, die dann im Abendmahl vollkommen 
durchgeführt ist. ßodes Angabe, Scidlitz habe in der Verkündigung eine Staffel zur Anbetung der 
Könige vermutet, beruht wohl auf einem Versehen. Ich halte sic, wie gesagt, für ein Staflelbildchen der 
Pariser Grottenmadonna. So erklärte sich auch ihr heutiger Aufenthalt in derselben, sehr alten Sammlung. 
Bodes sonderbarer, subjektiv- und akademisch-ästhetischer Einwand, »ein Künstler wie Leonardo hätte die 
Wirkung seines Altarbildes schwerlich durch Predcllenbildchen darunter beeinträchtigt», widerlegt sich schon 
durch den Hinweis auf Raphaels Krönung Mariä, Antoniusmadonna (Neu York) und Grablegung mit ihren 
Staffclbildem, in denen m. W. noch niemand eine künstlerische Beeinträchtigung gesehen hat. Auch die 
übrigen Gründe Bodes für eine Heraufrückung vor 1481 überzeugen m. E. nicht. »Haltung» und »Zeichnung» 
der Hände wie der Landschaft sollen noch zu »primitiv» sein für diese Zeit (um 1481). Aber was ist über¬ 
haupt »primitiv»? Und die bei Bode (u. a., wie Scidlitz in seinem Buche) eng damit zusammenhängende Vor¬ 
stellung, daß Leonardo am Ende der Florentiner Frühzeit schon mit »fast allen später ausgeführler. oder 
begonnenen Kompositionen» beschäftigt gewesen sei — u. a. schon mit dem Abendmahl von 1495! — beruht 
m. E. wieder nur auf der falschen Datierung des Dreikönigsbildes wie gewisser Zeichnungen, sowie darauf, 
daß man irrig, ohne genaue Anhaltspunkte, manche Zeichnungen als Studien zum Dreikönigsbild angesehen 
hat. Auch das von Bode weiter angezogene kleine Format — die Kleinheit an sich ist doch für Leonardo 
nicht auffallend, siehe Petersburg, Krakau und verlorene, literarisch bekannte Werke — erklärt sich doch einfach 
aus dem Staffclzweck. Wir haben auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß Leonardo nur in der Frühzeit Bilder 
ganz vollendet und rasch fertig gemalt habe. Auch die angebliche »Nüchternheit» (was ist das?), geringere 
Feinheit in der »Zeichnung» der Hände und Köpfe und gar die »Leblosigkeit» vermag ich in diesem ausge¬ 
zeichneten und künstlerisch höchst unmittelbaren und lebendigen Bildchen nicht zu sehen. Die spätere Da¬ 
tierung (um 1483) wird vielmehr m. E. schon allein notwendig durch den malerischen Gesamtcharakter, 
den man bisher viel zu wenig beachtet hat, durch die weit entwickelte, geradezu Rembrandtischc Schatten- 
und Braunmalerei — im Gegensätze zu dem hellen Gesamtton der Frühzeit —, die auch im Stil mit der dunklen 
Grottenmadonna völlig zusammengeht. Deshab scheint es mir auch unmöglich zu sein, mit Bode die große 
Verkündigung später anzusetzen, als die kleine. Das verbietet schon die Wandlung im Beiwerk. Bode ist da 
wohl irregeführt worden durch die von ihm angezogene große Kopfstudic der Uffizien. Ich halte sic zwar 
für echt und sicher früh, aber nicht für eine Studie zur Pariser Verkündigung. Ganz unverständlich ist mir 
endlich Bodes Vermutung, aus dieser Studie ergebe sich, daß Leonardo die Komposition für Vcrrocchio im 
Großen ausführen sollte und »daher» das kleine Pariser Bild ein Entwurf für das größere Bild (womöglich 
das frühere Uffizienbild!) sei. Wie soll man sich das vorstellen? Und gibt cs überhaupt irgendein Analogon 
zu einem solchen fertigen Bilde als Entwurf zu einem andern Bilde? 


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231 


Bees, Kunstgeschichtlichc Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


KUNSTGESCHICHTLICHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER 
DIE EULALIOS-FRAGE UND DEN MOSAIKSCHMUCK 
DER APOSTELKIRCHE ZU KONSTANTINOPEL. 

VON 

NIKOS A. BEES (B£r,c). 

(Fortsetzung.) 

■ 

Ich komme jetzt auf die Frage,, welchen Anteil Eulalios an der Schöpfung des 
Mosaikschmuckes der Apostelkirche, und zwar des von NikolaosMessarites erwähnten, 
hatte und wie derselbe Eulalios, nach den Zeugnissen ein Maler des XII. Jahrhunderts, 
für einen Zeitgenossen des Kaisers Justins II. (565—578) gehalten werden konnte. 
Ehe wir diese Fragen beantworten, müssen wir eine kurze Übersicht über die alten 
Quellen, welche auf die Mosaikbilder der Apostelkirche Bezug nehmen, voraus¬ 
schicken. In den sogenannten Patria 93 ) von Konstantinopel steht eine Notiz, die 
besagt, daß in die Hände der Gattin Justinians, der berühmten Kaiserin Theodora, 
auf wunderbare Weise die Geldmittel gefallen seien, damit sie davon die Apostel¬ 
kirche mit Mosaiken schmücken lassen könnte; diese Notiz w'ird aber ganz richtig als 
frommes Mätzchen betrachtet und von Heisenberg als völlig bedeutungslose 
Schwindelnotiz charakterisiert, »denn Theodora war bereits verstorben, als der Bau 
am 28. Juni oder Juli 546 eingeweiht wurde« 94). Die frühestens im Jahre 548, wahr- 
scheinlich aber erst 560 veröffentlichte besondere Abhandlung Prokops über die ver¬ 
schiedenen Bauten, welche der Kaiser Justinian in der Hauptstadt und in den Pro¬ 
vinzen seines Reiches hatte errichten lassen, gibt einen ausführlichen und wertvollen 
Bericht über den Bau der Apostelkirche 95 ), sagt aber andrerseits nichts über even¬ 
tuelle Mosaiken oder andern bildlichen Schmuck derselben. Dieser Umstand erlaubt 
den sicheren Schluß, daß die Apostelkirche erstmals nach dem genannten Datum, 
558—560, mit Mosaiken geschmückt wurde. 

Bei Theophanes liest man über den Kaiser Justinos II.: »euaeßijc 8i a>v 
l^axoapr^ae tac ixxXijatac tdc xrtaftciaac uicö ’IouGtivtavoü, tVjv te prjfaXTjv ixxXTjatav 
xai toüc «Ttouc cbrocrcdXotK xal aXXac ixxXijata? xal povaar^pta« 9 6 ). Heisenberg be¬ 
merkt zu dieser Stelle wörtlich folgendes: »Es ist ohne weiteres klar, daß es sich 
hier nicht um Kleinigkeiten handeln kann; wenn Theophanes die Verdienste des 

93 ) Ed. Th. Preger, Scriptores originum Constantinopolitanarum. II. S. 287, 8 ff. 

94 ) Heisenberg, Die alten Mosaiken S. 139. — Vgl. Derselbe, Apostelkirche S. 168. 

95 ) Prokop, De artificiis I 4 (187, 13 ff., Bonn). 

9 *) Theophanes Bd. I,S. 241,30 ff. (Bonn). Diese Stelle des Theophanes war die Quelle für Zonaras 
Bd. III S. 174, I ff. (Bonn), wie Heisenberg (Die alten Mosaiken S. 139, Anm. 4) richtig notiert hat. Er 
hat aber außer acht gelassen, daß dieselbe Stelle auch als Quelle für Kedrenos, Bd. I, S. 680, 15—18 (Bonn) 
und die sogenannte »Synopsis Chronica» (Sathas, Bibliotheca Graeca medii aevi, Bd. VII, S. 101, 
14—17) gedient hat. 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


Kaisers um die Kirchen für wichtig genug hält, um sie besonders zu erwähnen, so be¬ 
deutet £*exo<j[A7)oe nichts anderes, als daß jetzt die von Justinian errichteten Bauten 
noch ihren Schmuck erhielten, d. h. ihre Malereien, die in keiner 

'i ■ 

Kirche von Bedeutung fehlen durften 97 ).« Jedenfalls macht aber Theophanes keine 
ausdrückliche Erwähnung des Mosaikenschmuckes der Apostelkirche. 

Ebensowenig finden wir einen solchen Mosaikschmuck ausdrücklich erwähnt 
von Konstantinos Porphyrogennetos in der Lebensbeschreibung, oder richtiger in 
dem Enkomion zu Ehren seines Großvaters, des Kaisers Basilios I. (867—886), der 
sicherlich wegen der vielen Stiftungen und Renovationen von Kirchen und Klöstern 
in die Heiligenlisten der Kirchen Konstantinopels aufgenommen worden sein muß, aus 
denselben Gründen, wie viele andere byzantinische Kaiser 9 8 ). Über die Tätigkeit 

seines Großvaters an der Apostelkirche berichtet Konstantinos Porphyrogennetos 99 ): 
»*AXXa xal tb tu>v öeuov dTtoatoXcuv 7 repi<pav&c xal fieya ts|aevoc, tt^ irpoiepae c&Trperetac 
xal dacpaXet'ac Statreaov, ipstapdtcuv TreptßoXaic xal täte tu>v StappajevTtov dvoixoSopatc 
4 /üpcuaac, xal atro££aac io a^b ^povou jYjpac xal xd* potibac trepieXmv, cnpaTov audtc xal 
veoupjov d7reieXe(j£v«. 

Der ersten ausdrücklichen Erwähnung des Mosaikschmuckes der Apostelkirche 

« 

begegnen w f ir bei Konstantinos Rhodios, einem Verehrer Leos VI., welcher eine schon 
erwähnte, in Versen verfaßte Ekphrasis, d. h. Beschreibung desselben, uns hinter- 

9 

lassen hat. Wie aus Vers 22 ff. hervorgeht, stammt diese Beschreibung aus den Jahren 
um 931—944 100 ). Demnach sind die von Konstantinos Rhodios beschriebenen Mosaiken 
gewiß älter als das Jahr 931. 

Wann sind nun diese Mosaiken geschaffen? Heisenberg 101 ) betont, daß die 
Schöpfung derselben, wenn sie nicht dem 6. Jahrhundert angehört, später als das 
Jahr 843 sei, da mit diesem Jahre das Ende des Bildersturmes zusammenfällt. Gegen 
diese Behauptung dürfte man einwenden, daß die Mosaiken sehr gut in dem Zeiträume 
zwischen der ersten und zweiten Periode des Bildersturmes, z. B. in der Zeit der 
Kaiserin Irene aus Athen, welche so viele Kirchen und Klöster gegründet hat I02 ), 
entstanden sein könnten. Millet I0 3 ) hat hauptsächlich auf Grund ikonographischer 

• • • • • «MMW —^ 

97 ) Heisenberg, Die alten Mosaiken S. 140. — Vgl. Ders. Apostelkirche S. 167 f. 

9 *) Vgl. M. Gedeon in der Zeitschrift des Hellenikos Philologikos Syllogos Bd. XXIV (1892 — 
1893) S. 139 und Bd. XVI (1894—1895) S. 193. 

99 ) Theophanes Continuatus S. 323, 1 ff. (Bonn). — Vgl. auch Johannes Skylitzes bei 
Kedrenos Bd. II, S. 238, 8—11 (Bonn). 

,0 °) Vgl. Tfhöodore] R[einach] a. a. 0 . S. 67. — Vgl. Heisenberg, Apostelkirche S. 2. 

X01 ) Die alten Mosaiken der Apostelkirche S. 126. 

jm) Vgl. Gregorovius, Geschichte der Stadt Athen im Mittelalter Bd. I, Stuttgart 1889, S. 129. (Vgl. 
die griechische Übersetzung in der sogenannten BißXtoft^xr) MapaaXrj Bd. I, Athen 1904, S. 196.) — T. D. 
Neroutsos, Xptcmavixal ’AfHjvai im AcXtIov t^c Jaxopixf); xal ’EflvoXofixfjc ExaLpefac ttjc ‘EXXdboc Bd. III 
(Athen 1889—91), S. 30ff., 77 f. 

,0 3 ) G. Millet, Le Monastere de Daphni. Paris 1899. S. 80 ff, 90!., 151. — Dieser Meinung von 
G. Millet schloß sich an Ch. Diehl, Manuel d'&rt byzantin, Paris 1910, S. 449 ff., und 0 . M. Dalton, 
Byzantine art and archaeology, Oxford 1911, S. 393, 649 Anm. 2. Auch J. Reil, Die altchristlichen Bild- 


byzantinischen 


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Bccs, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


233 


Beobachtungen angenommen, daß die Mosaiken aus der Zeit Basilios* I. (867—886) 
stammten. Zur Stütze dieser Datierung beruft sich Millet auch auf die oben zitierte 
Stelle der Biographie Basilios' I., die sein Enkel Konstantinos Porphyrogennetos 
geschrieben hat. Dagegen vertritt Heisenberg auf Grund von Zeugnissen ex silentio 
die Ansicht, daß diese Stelle in der Lebensbeschreibung des Basilios I. »kein Wort 
von einer Erneuerung im Innern « I0 4 ) der Apostelkirche enthält und daß die Mosaiken 
dieser Kirche »unter der Regierung des Basilios weder geschaffen sein können noch 
auch irgend welche bemerkenswerte Erneuerung erfahren haben« I0 5 ), wenngleich 
letzteres früheren Ausführungen Heisenbergs in etwa widerspricht, nach denen »es 
sehr wohl denkbar ist, daß der Kaiser [Basilios I.] damals auch die Mosaiken aus¬ 
bessern ließ, wo etwa Schäden durch die Zeit entstanden oder durch die Bilderfeinde 
absichtlich zugefügt waren« 106 ). Testimonien ex silentio sind freilich immer schwach. 
Die richtige Erklärung der oben angeführten Stelle des Konstantinos Porphyrogennetos 
kann man mit Hilfe einiger Parallelen erlangen. Was soll der Satz: »t rfi irpotipac 
stapeiretac ... Btatreoov« bedeuten? Dazu möchte ich auf die Lesart eines Kodex der 

Chronik des Joh. Skylitzcs I0 7 ) hinweisen, worin steht: »xat töv Oetov tcüv a-jfcov paptupeov 
SepTftou xctl Bax^oo vetiv, TTjc irpotipac e&rcpeiretac Jtaiteaovxa, 01a tcuv 4v aittp 
upaiv etx6va>v a 7 ro$eaöetaa>v otou ’lcuavvijc icatpiap^ijc 6 *ri)v 

tä>v iv aöxcj) SiBve^xiv povax^v, litt @6091X00 too ira'Xat ßoatXeooavtoc ... tepaic elx6ai 
xatexoo^Tjoe [= der Kaiser Basilios I], 7repnrot7)adpevocxal xaXXa ri irepl tootov aa&pu>}iaTa 108 )«. 
Ferner, wie ist der Satz: ot 7 ro£ 6 öac rb dnb %povoo yrjpae zu erklären? In der alten 
Lebensbeschreibung des Mönchs Nikon, des sogenannten »tut Buße«, des Schutz¬ 
heiligen von Lakedämon, wird über die Verdienste des Abtes Gregorios des Paphla- 
goniers um das von ihm regierte, in Sparta liegende Nikonkloster ausführlich be¬ 
richtet und dabei folgendes wörtlich gesagt: »'Avrjp fap ixetvoc ... 91X0880* re 

Spoo xal 9 tXoxaXoc ... itoXXijv efa^vefxe ttjv aitoofirjV x 6 te Tf^pac diro£uaoti too öetoo 
vaoo xal o<Jnv 9 at 8 pav xal eap a&tq> iiravaxeiXat xi )(apil<Jxaxov« I 0 9). (Es handelt sich 

hier um innere und äußere Verbesserungen der Klosterkirche und Ergänzungsarbeiten 
in derselben.)* Ferner lauten die sechs ersten Verse eines im Codex Marc. Gr. 524 
uns erhaltenen Epigramms, das auf ein Bild des Apostels Paulus gedichtet wurde, 
folgendermaßen: 


Zyklen des Lebens Jesu, Leipzig 1910, S. 129, und Th. Schmitt in den H 3 BT>CTIH des russischen 
archäologischen Instituts zu Konstantinopel Bd. XV (1911) S. 53 ff. haben gegen die Hcisenbergschc 
Datierung der Mosaiken Zweifel geäußert. 

,0 *) Heisenberg, Die alten Mosaiken der Apostelkirche S. 129. 

,0 5 ) Ebd. 

,o6 ) Heisenberg, Apostelkirche S. 168. 

,ü 7 ) = Coisl. 136 (Montfaucon, Bibliotheca Coisliniana S. 207—208). 

Io8 ) Georgios Kedrenos Bd. II, S. 238 (Bonn). 

1<y) ) Siche die provisorische Ausgabe der Lebensbeschreibung des hl. Nikon von Sp. P. Lambros in 
seiner Zeitschrift N^o; ‘FXXr^vofxvVjptuv Bd. III (1906), S. 129 ff., besonders S. 193, 21—27. 

Repertorium für Kun»t\visxen*chftft XXXIX. 


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234 


Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Fiage usw. 


Nox&rjuepeüaac ßoöcp 7rpa»jv, üauXe, 
ire7cov&ac o68ev, dXXa vuv cpöopa jfpovoü 
Xij&tjc ßuöotc Ixpü^e pttxpoU o8v tüttov. 

lUtpoc 8k a<j> Seautoc ivd£q> rcofttp 

fjoufieveotov ttjc piovfjC to>v Mo^Xcviov 

£sa> to ^f^pac T?jc fpatpTjs xwv ^paj fidtcü v II0 ). 

(In diesem Epigramm handelt es sich um die Erneuerung des mit der Zeit 
undeutlich gewordenen Bildes.) Mit Berücksichtigung dieser Parallelen muß man an¬ 
nehmen, daß die fragliche Stelle des KonstantinosPorphyrogennetos auch innerer, sogar 
gründlicher Erneuerungen der Apostelkirche zurZeit des Kaisers Basilios I. (867—886) 
gedenken kann. Heisenberg hält es für unmöglich, daß KonstantinosPorphyrogennetos 
die Mosaiken der Apostelkirche, wenn sie unter der Regierung Basilios* I. entstanden 
wären, nicht auch ausdrücklich unter den Werken seines Großvaters erwähnt hätte 111 ). 
Bekanntlich erwähnt Konstantinos Porphyrogennetos unter den verschiedenen 
Stiftungen des Kaisers Basilios* I. die Mosaiken der sogenannten Neuen Kirche m ) 
und die Darstellungen der Gottesmutter mit dem Kind auf dem Arm und ihr zur 
Seite die Gestalten der Protoapostel Petrus und Paulus ” 3 ), welche Basilios I. auf dem 
großen westlichen, von ihm renovierten Gewölbebogen der Sophienkirche in Mosaik 
darstellen oder vielleicht auch nur restaurieren ließ. »Aus der Sophienkirche«, sagt 
Heisenberg, »wird die Erneuerung der Mosaiken schon eines einzigen Gewölbebogens 
berichtet, hier [in der Apostelkirche] wären alle Wandflächen der Kirche mit den 
großartigsten Mosaiken geschmückt worden, und Konstantin hätte das vollständig 
übergangen ?« IX 4 ) Dagegen muß ich im voraus betonen, daß die Mosaiken der Apostel - 
kirche zur Zeit Konstantinos Porphyrogennetos’, wie wir unten des weiteren darlegen 
werden, nicht in dem ausgezeichneten Zustande und jener Vollständigkeit sich be¬ 
funden haben werden, als welche später Messarites sie uns beschreibt. Infolgedessen 
hätte Konstantinos Porphyrogennetos die Ausschmückung der Apostelkirche durch 
seinen Großvater, indem er sie als eine seines Erachtens nicht erstbedeutende Leistung 
betrachtete, ausdrücklich nicht zu erwähnen brauchen. Ferner schenkte Heisenberg 
dem Umstande keine Beachtung, daß Konstantinos Porphyrogennetos vorzugs¬ 
weise die architektonischen Leistungen seines Großvaters berichtet und diesen aus¬ 
schließlich Wert beizulegen scheint, während er die Bildwerke desselben nur nebenbei 
erwähnt. Zwar spricht Konstantinos über die genannten Bilder auf dem westlichen 
Gewölbebogen der Sophienkirche, welche auf Veranlassung Basilios* I. entweder 


,l0 ) Ebenda Bd. VIII (1911—1913), S. 18, Nr. 44. 

111 ) Heisenberg, Die alten Mosaiken der Apostelkirche S. 131. 
,ia ) Theophanes Continuatus S. 325fr. (Bonn). 

** 3 ) Ebd. S. 322. 

I! «) Heisenberg, Die alten Mosaiken S. 131. 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen ttber die Eulalios-Frage usw. 


235 


geschaffen oder erneuert wurden XI 5 ). Doch geschieht dies nur, weil dieses Werk des 
Basilios mit einem Verdienste, wie der Befestigung des großartigen Gewölbes, das 
einzustürzen drohte, verbunden war, und das war allerdings vom praktischen Stand¬ 
punkt aus das Wichtigste; anderseits erwähnt Konstantinos Porphyrogennetos den 
Mosaikschmuck der neuen Kirche II6 ), da dieselbe allein von Basilios I. errichtet wurde. 
Dabei ist zu beachten, daß die Ausführungen über die Mosaiken dieser Kirche im Ver¬ 
hältnis zu der Würdigung der architektonischen Leistungen nebensächlich und außer¬ 
ordentlich kurz ist. Ebenso berichtet Konstantinos ausführlich über den Erweite¬ 
rungsbau des Kaiserschlosses 11 ?) unter Basilios I., spricht jedoch über die Mosaiken 
desselben nur obenhin und soweit, als diese Mosaiken Darstellungen aus dem Leben 
des Kaisers Basilios I. bieten Xl8 ). 

Nach all dem ist nicht festzustellen, wann die Mosaiken der Apostelkirche ent¬ 
standen sind; doch erachte ich die von Millet unterstützte Annahme, daß diese der 
Zeit Basilios* I. angehören, für wahrscheinlicher als Heisenbergs Ansicht, daß die¬ 
selben aus dem 6. Jahrhundert stammen. Gewiß ist nur, daß um die Zeit zwischen 
931—944 die Apostelkirche bereits mit den Mosaiken geschmückt war, welche Kon¬ 
stantinos Rhodios uns beschrieb. Die ersten Herausgeber dieses Gedichtes bemerkten, 
daß es gegen Ende nicht vollständig überliefert zu sein scheine n 9 ). Auch Wulff 120 ) 
hat bei seinem Versuche, die Apostelkirche auf Grund des Gedichtes des Konstantinos 
Rhodios zu rekonstruieren, dasselbe als eine mangelhafte Quelle bezeichnet, und 
Heisenberg hat diese uns überlieferte Beschreibung der Mosaiken nur als »Bruch¬ 
stücke einer vollständigen Beschreibung« charakterisiert, die doch an der Oberfläche 
haftete 121 ). Diese Auffassung, bei der man in einigen Punkten verschieden urteilen 
könnte, hat zu Mißverständnissen geführt, wie sich jeder selbst aus meinen weiteren 
Ausführungen überzeugen kann. 

Wie schon gesagt 122 ), schrieb Konstantinos Rhodios seine Ekphrasis zwischen 
931 und 944. Viel später, zwischen den Jahren 1199 und 1203 unter der Regierung 
Alexios’ III. Angelos (1195—1203) und dem Patriarchat des Johannes X. Kamateros 
(1199—1206), dessen Enkomion den Schluß des Werkes des Messarites über die 
Apostelkirche bildete I2 3 ), beschrieb Nikolaos Messarites diese Kirche meines Erachtens 
im Aufträge des erwähnten Patriarchen. Ob Messarites die Ekphrasis des Konstan- 

***) Theophanes Continuatus S. 322 (Bonn). 
n6 ) Ebd. S. 325, 326. 

" 7 ) Ebd. S. 329, 4—338, 19. 

,l8 ) Ebd. S. 332, 14 ff. 

n 9 ) Emil Legrand a. a. 0 . S. 34. 

tt0 ) a. a. 0 . (Siehe oben S. 98 Anm. 4.) 

Ilt ) Heisenberg, Apostelkirche S. 3. 
m ) Siehe oben S. 232. 

,3 3 ) Heisenberg, Apostelkirche S. 94—96. Vgl. auch S. 3 ff. (Vgl. auch A. Heisenberg, 
Analecta. Mitteilungen aus italienischen Handschriften byzantinischer Chronographen. Programm des 
K. Luitpoldgymnasiums in München für das Studienjahr 1900/01, München 1901, S. 17 ff.) 


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236 


Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. . 


tinos Rhodios kannte, wie Heisenberg will x * 4 ) f welcher sogar einen nachweisbaren 
Einfluß des letzteren auf Messarites nachzuweisen sucht, bleibt nach meiner Ansicht 
immer fraglich. Wenigstens behauptet Messarites mit den Worten: ’Avope* irpcoxoxXTjxe, 
x&v irpcuxuK &C oipLCtt xX^ftevxot fic irpöc xauxrjv XTjV iirtx«tp?)Gtv clvßpixov xiva xol 
dv£v8oxov otTrep^aaat xal aiepepLvtov itpöc xtjv x 9 jc iiujfetpVjaeciK dxxeppidxcuaiv I2 5), daß er als 
Erster an die Aufgabe, die Apostelkirche zu schildern, herangetreten sei, wiewohl in 
der eben zitierten Stelle ein frostiges Wortspiel mit den Wörtern TtpojxoxXr^xe und 
irptoxoK ... xXtjdevxot beabsichtigt scheint. Zur allgemeinen Charakteristik dieses 
Werks des Messarites, der vielleicht auch ein Lehrer an der in dem Atrium dieser 
Kirche untergebrachten, unter der obersten Leitung des Patriarchen stehenden Uni¬ 
versität n6 ) gewesen ist, möchte ich bemerken, daß diese Beschreibung mit den ver¬ 
schiedenen xxixopixd oder icpoaxovYjxdpia griechischer Klöster verglichen werden 
sollte. Diese xxixoptxd oder rpoaxov^xdpta , welche vorzugsweise zur Zeit der türki¬ 
schen Herrschaft in Griechenland geschrieben und viel gelesen wurden n 7 ), hatten 
vor allem den Zweck, den alten Ruhm eines Klosters, die Reliquien und Kunstwerke 
desselben sowie die im Kloster ereigneten Wunder in oft übertriebener Weise bekannt 
zu machen, in der Absicht, durch diese Lobeserhebungen an das betreffende Kloster 
mehr Pilger mit nicht leeren Händen zu locken. Ich denke hier besonders an das 
von dem bekannten griechischen Gelehrten Konstantinos Oikonomos (f 1857) n8 ) 
verfaßte xxtxoptxov und TrpocixüVTjxdpiov des Klosters Me^a ZinjXatov I2 9 ) ( = große Höhle, 
bei Kalabryta im Peloponnes). Er hat mehrere Einzelheiten hinsichtlich der 
Vergangenheit dieses Klosters absichtlich wider die geschichtliche Überlieferung dar¬ 
gestellt, aus dem einzigen Gedanken beseelt, das Ansehen des Klosters unter dem 
frommen Volke zu verstärken und zu erhöhen , 3 °). 

Leider ist die Schrift des Messarites über die Apostelkirche nur fragmentarisch 
erhalten; der Anfang und einige Teile aus der Mitte derselben fehlen. Dieser Um¬ 
stand hat auch zu Mißverständnissen geführt. Wenn man die Einzelheiten in 


»M) Ebd. S. 7, 133 usw. 

n 5 ) Ebd. S. 25, 1—3 (vgl. auch S. 7). 

,a6 ) Ebd. S. 90—94. 

rt 7 ) Über diese xxrjTOptxx und TcpoaxuvTjxdpia siehe vorläufig Krumbacher, Geschichte der byzantini¬ 
schen Literatur a , München 1897, S. 1093 f« Über einige ähnliche Texte, welche kürzlich herausgegeben 
wurden, vgl. M. [Gedeon] in der Zeitschrift des ökumenischen Patriarchats ExxXrjGiaaTixl) ’AX^Öeia Bd. XXX 
(1910) S. 292—294. 

,aÄ ) Über diesen Gelehrten siehe am bequemsten Konst. N. Sathas, NeoeXX^vixr) OiXoXoffa, Athen 
1868, S. 731 — 736 . 

ll 9 ) Eis trägt den Titel: KxrjToptxov r) irpooxovtjxdpiov xrje Upäc xal ßaotXtxTjc povr); xoü MeycD.ou 

ZTTTjXafoo.*Ev ’A^vaic, nmoypa$peIov K. PdXX7) AQM. Eine neue Auflage desselben Büches ist 

kürzlich in Athen erschienen. Über die Umstände, unter denen Konstantinos Oikonomos die Nieder¬ 
schrift desselben unternommen, s. M. [Gedeon] a. a. O. S. 293. 

* 3 °) Vgl. auch Nikos A. Bees, Verzeichnis der griechischen Handschriften des peloponnesischcn 
Klosters Mega Spilaeon. Bd. I, Athen-Leipzig 1915, S. f. 



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Beet, Kuustgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


237 


den beiden Berichten über die Apostelkirche und namentlich über den Mosaiken- 
schmuck derselben miteinander vergleicht, stellt sich die Tatsache heraus, daß 
einige Beschreibungen derselben Darstellungen bei den genannten Schriftstellern 
voneinander verschieden sind, und daß Messarites einige Bilder erwähnt, welche 
der Beschreibung des Konstantinos Rhodios offenbar ganz fremd sind. Es sei mir 
gestattet, zwei beredte Beispiele für letztere Behauptung anzuführen. 

1. Nach der Ekphrasis des Konstantinos Rhodios soll auf der mittleren Kuppel 
Christus den Mittelpunkt, um den die Madonna und die Apostel im Kreise gruppiert 
sind, bilden, wie die Sonne von Mond und Sternen umgeben ist nach dem Wortlaut 
des Textes: 

o6pavopop<pov aXXov olxov £v it£8q> 

?8«t£e (sc. der Künstler) xovSe x8v ireptxXuxov Sopov, 

<S>? tjXiov p&v Xpicnov 4 mf 8 TP a F , f J ^ V0V 
<p£povxa, öaDjia Oaupaxo? Xo^oo irXeov, 
peaov irpo? abtijv rijv uTrepxtpov ctx£|(T)v, 

<i>? 8 1 au aeXijvifjv xi]v a^pavtov 7rapö£vov, 

<I>c dox^pa? 8b to u? 00900? abroaToXou? I 3 I ). 

Dagegen berichtet Nikolaus Messarites^ 2 ), daß in der Mittelkuppel der Apostel¬ 
kirche das Bild des Pantokrator dargestellt sei. Es war da nämlich Christus nicht 
mit dem ganzen Körper und in voller Gestalt zu sehen, sondern xaxa ttjv iapwxxiCooaav 
eiiretv irapaxü 7 rxovxa 8ta xojv öuptöcov, bxmirxovxa p&xpi xat i|* 9 ®Xo 5 8ta xoo icpb? rj 
xoptxpijj t5j? a<patpa? Stxxocoxoo xaxa toü? a<po8pooc xai axaxaayexoüc xaiv ipaaxcbv 
(um mit dem Hohen Liede zu sprechen, ‘sich hcrabbeugend durch die Fenster 1 und sich 
bis zum Nabel herausneigend durch die Öffnung am Scheitelpunkte der Kuppel 
gleich einem innig und stürmisch Liebenden) * 33 ). Nikolaos Messarites gibt noch ein¬ 
gehendere, wenngleich in vielen Punkten mangelhafte Notizen über dieses Panto¬ 
kratorbild: der Oberkörper des Herrn war bis zum Nabel wiedergegeben; das Antlitz 
war freundlich für diejenigen, welche ein reines Gewissen hatten, für die Sünder jedoch 
zornig und abweisend; die rechte Hand war erhoben und segnete die den rechten Weg 
Gehenden und warnte jene, »die auf Abwegen gehen, und hält sie gleichsam zurück 
und zieht sie ab von ihrem ungerechten Wandel«; die linke Hand hielt das Evangelien¬ 
buch in einer besonderen charakteristischen W'eisc, die eingehend von Messarites ge¬ 
schildert wird, der seine Angaben dahin ergänzt, daß das Gewand des Herrn in Blau 
und Gold gehalten war. Der Leser sieht ohne weiteres, wie sehr die von Konstan¬ 
tinos Rhodios angegebene Darstellung der Mittelkuppel von der bei Nikolaos Messa¬ 
rites beschriebenen abweicht. 

, 3 I ) Ausgabe von £mile Legrand V. 735—741. Heisenbergs Erklärung dieser Verse siehe in 
der Schrift desselben; Die alten Mosaiken S. 135 (wo auch der Text der obigen Verse mit einigen Verbesse¬ 
rungen wiedergegeben ist). 

* 3 l ) Heisenberg, Die Apostelkirche S. 28—30. (Vgl. auch 174—175.) 

*33) Ebd. S. 29. 


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Bees, Kunstgeschichtlichc Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


2. Konstantinos Rhodios beschreibt ein in dem nördlichen Kreuzarme der 
Kirche befindliches Mosaikbild, das die Erweckung des Jünglings zu Naim zum 
Gegenstand hatte x 34); an der Stelle dieser Darstellung erwähnt Nikolaos Messarites 
nicht die Erweckung des Jünglings zu Naim, sondern Jesu Gang auf dem See Ge- 
nesareth x 35 ). 

Daneben bestehen noch viele andere Widersprüche zwischen der Ekphrasis 
des Konstantinos Rhodios und der des Nikolaos Messarites. Diese nicht geringen 
Differenzen sind nach Heisenberg größtenteils daraus zu erklären, daß beide Beschrei¬ 
bungen der Mosaiken uns fragmentarisch überliefert sind und infolgedessen die von 
Konstantinos Rhodios erwähnten Darstellungen, welche Nikolaos Messarites nicht 
erwähnt, sehr wohl in den verloren gegangenen Teilen des Werkes des letzteren be¬ 
schrieben sein könnten. Diese Widersprüche aber, wie sehr zu beachten, finden sich 
auch dort, wo beide Beschreibungen lückenlos erscheinen, und einen solchen Fall haben 
wir oben als zweiten angeführt. Zweifelsohne muß man daher annehmen, daß in der 
Zeit von der Mitte des IO. Jahrhunderts, in der wohl Konstantinos Rhodios seine 
Ekphrasis dichtete, bis zum Ende des 12. bzw. Anfang des 13. Jahrhunderts, da 
Nikolaos Messarites seine Beschreibung der Apostelkirche verfaßte, die Mosaiken 
dieser Kirche eine wenigstens teilweise gründliche Veränderung erfuhren. Diese 
Veränderungen oder vielleicht auch die vollständige Erneuerung des alten, von Kon¬ 
stantinos Rhodios beschriebenen Mosaikschmuckes der Apostelkirche ist gewiß als 
ein Werk des Malers Eulalios zu betrachten, welches vielleicht vor das Jahr 1160 
(da um dieses Jahr der Tod des Theodoros Prodromos x 3 6 ), dessen Epigramme über 
Eulalios wir oben angeführt haben, fällt), sicher aber vor die Jahre 1194—1203 (da 
zu dieser Zeit, als Nikolaos Messarites schrieb, Eulalios sicher schon gestorben war) x 37 ), 
anzusetzen ist. 

Sichere Werke des Malers Eulalios in der Apostclkirchc sind: 

1. das Pantokratorbild in der Hauptkuppel, welches ihm die oben ange¬ 
führten Verse von Nikephoros Xanthopoulos ausdrücklich zuweisen I i i ); 

2, die Darstellungen der Frauen am Grabe, welche auf der östlichen Wand 
des östlichen Kreuzschiffes gemalt war. Diese Darstellung war eine Vereinigung 
zweier Szenen, nämlich der sogenannten Beweinung Christi und der hauptsäch¬ 
lichen, der Darstellung der Frauen am Grabe, in der Eulalios sich neben den schla¬ 
fenden Wächtern des Grabes des Herrn in stolzem Selbstgefühl als wachenden 
Hüter abgebildet hat x 39 ). Dieses Bild hat dem Eulalios Nikolaos Messarites und aus- 

*J 4 ) Ausgabe von £. Legrand v. 829—833. 

* 35 ) Heisenberg, Apostelkirche S. 49—52. Vgl. auch S. 146 f. und 239—241. — J. Reil, a. a. O. 

S. 125. 

* 3 6 ) Vgl. Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Literatur a S. 749. 

* 37 ) Vgl. unten S. 239 Anm. 141. 

J i 8 ) Siehe oben S. ioi. 

* 39 ) Heisenberg, Apostelkirche S. 59—64. Vgl. auch S. 170—171, 251—259. 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


239 


drücklich die oben erwähnte Randnotiz des Cod. Ambrosianus Gr. F. 96 sup. zuge¬ 
wiesen. Es ist ein Irrtum Heisenbergs, wenn er meint, daß Messarites Eulalios aus¬ 
drücklich als den Schöpfer des gesamten Mosaikenschmuckes bezeuge x 4 °). Der Text 
lautet hier: »6 6* Tjjiitepoc Xofoc irepiepifoxepov < 58 e xdxetas ireptaxo7ta>v xal TrepißXeitopevoc 
xal aitov <*>c laxtv i8etv xiv xauxa jfetpt Tg iauxoil Cü>TP®?1®® vt ®i T ^ v Ssairoxtxiv opOiov 
Trapiaxapevov tctcpov < 5 >c afypuTrvov xtva <p6Xaxa xaxevorjae, axoXgv ixetvgv xat xtjv itaaav aXXijv 
^p^pteapivov dvaßoXijv, ijv xal C&v xal xauxa ^pacptov xal pexa 7ta'vxu>v xal fcauxou xaxaaxo- 
^aC^psvoc aptaxa irepiexetxo xe xal x8v 4 xx 8 c xaxeaapvuvexo avdpcuxrov« x 4 *). Das in dieser 
Stelle doppelte xauxa bezieht sich offenbar nur auf die genannte Darstellung der Frauen 
am Grabe des Heilandes und nicht auf den gesamten Bilderschmuck der Apostelkirche, 
w f ie Heisenberg mißverständlich annimmt. 

Demnach sind nur zwei Bilder, und zwar die eben genannten, sicher be¬ 
zeugte Werke des Eulalios; aus kunsthistorischen Gründen müssen wir diese 
Eulalios, einem Maler des 12. Jahrhunderts, zuweisen. Das Pantokratorbild, 
wie es Nikolaos Messarites beschreibt, ist in der Tat dem sogenannten dritten, 
speziell byzantinischen Typus zuzuweisen x 4 *) und besitzt, wie schon Heisenberg mit 
Recht hervorgehoben hat M 3 ), einige Züge, welche ausgeprägt sind in den Panto¬ 
kratorbildern der zweiten Periode der byzantinischen Malerei (d. h. zur Zeit der make¬ 
donischen und Komnenendynastie) * 44 ), und zwar in dem Kloster zum heiligen Lukas in 
Phokis (Mitte des 11. Jahrhunderts) * 45 ), in der Mitte der Kuppel der Cappella Palatina 
zuPalermo (im Jahre 1140 geweiht) x 4 6 ), in der Sophienkathedrale zu Kiew (um das Jahr 


**•) Heisenberg, Die alten Mosaiken S. 125. 

* 4 «) Heisenberg, Apostelkirche 63, 18—64, 3. Das CuW und der Gebrauch des Imperfekts repUxeito 
und xaxeatfivuvexo zeigen, daß Eulalios tot war, als Nikolaos Messarites um 1x99—1203 seine Beschreibung 
der Apostelkirche verfaßte. — Vgl auch oben S. 238. 

>**) J. E. Weis-Liebersdorf, Christus- und Apostelbilder. Einfluß der Apokryphen auf die ältesten 
Kunsttypen. Freiburg i. B. 1902, S. 52. —Vgl. auch Heisenberg, Apostelkirche S. 175.— Über die Pantokrator¬ 
bilder haben wir eine zusammenfassende Darstellung von E. Gerland, Der Mosaikschmuck der Horn- 
burger Erlöserkirche. Ein ikonographischer Versuch. (= Verein für Geschichte und Altertums-Kunde 
zu Homburg v. d. Höhe. XI. Heft der Mitteilungen.) Homburg v. d. H. 1911, S. 16ff. (Vgl. dazu Wulff 
in der unten S. 242 Anm. 167 zitierten Schrift von Th. Wiegand, S. 193 f., Anm. 5.) 

> 43 ) Heisenberg, Apostelkirche S. 175. 

*44) Diehl a. a. 0 . S. 365. — Demselben bin ich — mit kleinen Abweichungen— in der Datierung 
der verschiedenen obengenannten Kunstwerke gefolgt. 

*45) Abbildungen bei G. Schlumberger, L’lpople byzantine k la fln du dixieme siede. II. Bd. 
S. 331. III. Bd. S. 561 (vgl. auch zwei andere Pantokratorbilder, welche nicht sehr dem von Messarites 
beschriebenen Typus des Pantokrator in der Apostelkirche entsprechen, ebd. Bd. II S. 529 u. 565); bei 
Schultz - Barnsley, The monastery of Saint Luke of Stiris, in Phokis .... London 1901, Tafel 46. 

x 4 *) Abbildungen z. B. bei A. Terzi-G. Meli-J. Carini, La Cappella del Real Palazzo di Palermo. 
Palermo 1872. Tafel II; bei A. Terzi, La capella di San Pietro nella reggia di Palermo. Palermo 1873-9. 
Tafel XV; bei Kondakoff, Histoire de Vart byzantin consid£r£ principalement dans les miniatures Bd. II. 
Paris 1891, S. 13; bei Ch. Diehl, L’art byzantin dans Tltalie M^ridionale. Paris [1894], S. 231; bei Th. 
Kutschmann, Meisterwerke sarazenisch-normannischer Kunst in Sicilien und Unteritalien. Berlin [1900], 
Tafel 11 (siehe auch S. 21 ff.). 


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240 


Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eul&lios-Frage usw. 


1040) M 7 ), in der Sophienkirche zu Nowgorod (um das Jahr 1045) M 8 ), in der Nea Moni 
auf Chios (Mitte des 11. Jahrhunderts; jetzt ist dieses Pantokratorbild infolge des 
Erdbebens vom Jahre 1881 leider fast vollständig zerstört) M 9 ), im Daphnikloster^ojbei 
Athen (Ende des 11. Jahrhunderts), ferner in der Kahrie-Moschee zu Konstantinopel 
(1310—1320, teilweise aus dem 12. Jahrhundert) * 5 *), in der Parigoritissakirche zu 
Arta (13. Jahrhundert) * 5 J ), in der Fetihe-Moschee zu Konstantinopel (Anfang des 
14. Jahrhunderts) I 53 ) J in der Peribleptoskirche zu Mystras (Ende des 14. Jahr¬ 
hunderts) ! 54) und endlich in den auf ältere Vorlagen zurückgehenden Malereien 
der Athos-* 55 ) undMeteorcnklöster und der Klosterkirche der Kaessariani (Attika)^ 6 ). 
Außerdem ist eine Reihe von Darstellungen des Pantokrator in Halbfigur in kirchlichen 
Baudenkmälern erhalten, die nicht genau dem von Nikolaos Messarites beschriebenen, in 
der Zentralkuppel der Apostelkirche gemalten Pantokrator entsprechen; jedoch zeigen 
sie mehrere mit ihm gemeinsame Züge. Aus den Pantokratordarstcllungcn dieser 
Rubrik möchte ich hier folgende Beispiele angeben: 

I. In dem Gewölbe im Narthex der Koimesiskirche in Nicäa, wo die Linke 


* 47 ) Abbildung bei Schlumberger a. a. O. Bd. I, Paris 1896, S. 373; bei Kuhn, Allgemeine 
Kunst-Geschichte Bd. III, 1909, S. 133; bei Ainalow - R j e d i n, Kiewo-Sofijskij sobor. Petersburg 1889, 
S. 15 ff.; bei Kondakow, Licevoj ikonopisnij podlinnik, Bd. I, Ikonografija gospoda Boga i spasa naSego 
Jesusa Christa. [Petersburg] 1905. S. 31. — Diehl, Manuel S. 454. 

*«•) Abbildung bei Kondakow a. a. 0 . Bd. I S. 23. 

* 49 ) Vgl. E. Gerland a. a. O. S. 38 Anm. 102. (Vgl. auch S. 41 Anm. 117.) 

* 5 °) Abbildung bei G. Lampakis, Xpumavtx^ dpyaioXojta rfjc Movf^ Aatpvfou. Athen 1889, S. 123. 
— G. Millet, Le monast&re de Daphni, S. 105. — G. Lampakis, ‘H Mov7) Ao^vtou (ait* imaxsud;, 
Athen 1899, S. 57. — Kondakow a. a. 0 . Bd. I S. 33. — Dalton, Byzantine art and archacology, 

S. 397, 671. 

* 5 *) Abbildungen bei Th. Schmitt, Kahric-Djami Bd. I, S. 118. Album Tafel III, IV und bei E. Ger¬ 
land a. a. 0 . S. 32, Abbildung Nr. 10. (Vgl. auch S. 38 und Diehl, Manuel passim, besonders 

s. 738—739O 

* 5 *) Abbildung bei Diehl, Manuel S. 740. 

* 53 ) Abbildung bei Diehl a. a. 0 . S. 741. 

* 54 ) Abbildung bei G. Millet, Monuments Byzantins de Mystra. Album. Paris 1910, Tafel 108. 
(Siehe auch S. 16.) — Es ist auch A. Struck, Mistra (Wien 11. Leipzig 1910) S. iiq und Diehl, Manuel 
S. 744 ff. zu berücksichtigen. 

* 55 ) S. z. B. eine Abbildung des Pantokratorbildes aus dem Dochiarioukloster bei H. Brockhaus, 
Die Kunst in den Athos-Klöstern. Leipzig 1891. Tafel 16 (siehe auch S. 99 ff., 271 ff.) und bei G. Lampakis, 
Memoire sur les antiquitls chrCtiennes de la Grece. Athen 1902. S. 81 (vgl. auch AtXtfov der Christlichen 
Archäologischen Gesellschaft zu Athen IV. S. 19). Ein anderes Pantokratorbild aus dem Dionysioukloster 
bei G. Millet, J. Pargoire et L. Petit, Recueil des inscriptions chrcticnnes de l’Athos. Premiere Partie 
(Paris 1904). S. 158—159, N.r 459, Tafel VIII, und bei Diehl, Manuel S. 768. Ein drittes Pantokratorbild 
aus dem Chilandarikloster ciehe am bequemsten bei F. X. Kraus, Geschichte der christlichen Kunst, Bd. I. 
Freiburg 1896. S. 581, 583, Fig. Nr. 456 (vgl. auch S. $82, Fig. Nr. 455 = Anordnung der Wandmalereien 
der Nikolaoskapclle zu Lawra). 

f 5 6 ) Abbildung bei Lampakis, Memoire sur les antiquitCs chrcticnnes de la Grece S. 80 (siehe auch 
S. 35; vgl. auch Strzygowski in der athenischen ’Apyot 10X071x7]'E<praupte, Jahrgang 1902, S. 51—96, be¬ 
sonders S. 92 ff.). 


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24I 


Christi eine mit doppelter Schnur umwundene Rolle trägt. (Diese Malerei ist in die 
Mitte des II. Jahrhunderts zu setzen * 57 ).) 

2. Zwei Darstellungen in dem Lukaskloster in Phokis 1 5 8 ). 

2a. In der Kapelle des San Lorenzo in der Nähe von Fasano (Terra de Bari). 
Es ist eine Malerei des II. Jahrhunderts * 59 ). 

3. In der Apsis der Cappella des hl. Nikolaos am Fuße des Berges Mottola 
(Taranto), wo die Linke Christi ein offenes, den Spruch Ev. Joh. 8, 12 aufweisen¬ 
des Buch trägt. (Diese Malerei stammt wahrscheinlich aus dem II.—12. Jahrhun¬ 
dert l6 °).) 

4. In verschiedenen, aus dem IO.—12.Jahrhundert stammenden Fresken der 
kappadokischen Anachoretenkapellen und Höhlenkirchen l6x ). 

5.In der Apsis der Cappella Palatina zu Palermo x6i ); in ihr wird der Erlöser, ein 
offenes Buch in der Linken tragend, dargestellt. 

6. In der Apsis des von 1132—1148 erbauten Domes zu Cefalü in Sizilien; hier 
wird Christus, mit der Linken ein offenes Buch tragend, dargestellt, worin der 
Spruch Ev. Joh. 8, 12 griechisch und lateinisch steht i6 3 ). 

7. In der Apsis des Domes von Monreale, der 1174—1182 von König Wil¬ 
helm II. erbaut wurde; auch hier trägt die Linke Christi das offene Evangelienbuch x6 *). 

8. Eine Nischenfreske im Diakonikon der Metropolitankirchc zu Mystras; die 
Linke Christi trägt ein offenes Buch mit dem Spruche »ötaftevooweetc {teparceocie, Xeirpobc 

* 57 ) Abbildungen bei Oskar Wulff, Die Koimesiskirche in Nicäa tnd ihre Mosaiken. Straßburg 1903. 
Tafel III. (Siehe auch S. 309 ff.); bei G. Schlumberger a. a, O. Bd. III, S. 365; bei Diehl, ßtudes 
byzantines. Paris 1905. S. 365. 

* 5 8 ) Vgl. oben S. 239, und zwar Anm. 145. 

* 59 ) Abbildung bei Andr6 Michel, Histoire de l’art depuis les premiers temps chr^tiens jusqu’ä nos 
jours. Bd. I. Paris 1905. Teil II, S. 798, Nr. 428. 

x6 °) Ch. Diehl, L’art byzantin dansTItalie M^ridionale. S. 146 ff. (Vgl. auch S. 52 ff., wo die Rede 
von einem auffallenden Bilde Christi ist, der fast bis zu den Knien dargestellt und inschriftlich als »der Alte 
der Tage*, d. h. hauptsächlich Gott-Vater, bezeichnet wird.) — £. Bertaux, L’art dans l'Italie Meri- 
dionale. Bd. I. Paris 1904. S. 146 ff. (Abbildung S. 147, Nr. 61). 

161) Vgl. Han s Rott, Kleinasiatische Denkmäler aus Pisidien, Pamphylien, Kappadokien und Lykien. 
[= Studien über christliche Denkmäler, hrsg. von J. Ficker. 5. und 6. Heft.] Leipzig 1908, passim. 

,6 *) Abbildungen bei Terzi a. a. 0 . Tafel XIII; Kutschmann Tafel 9 und 10. — Vgl. auch oben 
S. 239, Anm. 146. 

x6 3 ) Abbildungen siehe z. B. bei Kondako w, Licevoj ikonopisnij podlinnik. Bd. I, S.46; bei Kraus 
a. a. 0 . Bd. II, S. 89; bei Lampakis, XptöTtovtx^ dpyatoXoyf« ttjc Movtjc Aacpvfoo, S. 126; bei Kutsch¬ 
mann a. a. 0 . Tafel 7; bei Lampa ki s, Memoire sur les antiquit£s chr 4 tiennes de laGrfcce, S.79; bei Kuhn 
a. a. O. Bd. III, S. 233; bei Fäh, Geschichte der bildenden Künste. 2. Auflage. Freiburg i. Br. 1903, 
S. 367; bei Diehl, Manuel, S. 516; bei Gerland a. a. 0 . Abbildung 5 (siehe auch S. 16, Anm. 40); bei 
Dalton, a. a. 0 . S. 324, Nr. 197, usw. 

,6 «) Abbildungen siehe z. B. bei Kondakow a. a. 0 . Tafel 7; bei Felten, Geschichte des Mittelalters 
[= Illustrierte Weltgeschichte von Widmann, Fischer und Felten]. 2. Auflage. Bd. II. München 
(ohne Jahresangabe). S. 303; bei A. Michel a. a. O. Bd. I, Teil I, S. 201; bei Kutsch mann a. a. O. 
Tafel 22; bei Diehl, L’art byzantin dans l’Italie \l£riodionale S. 238, 241; bei Fäh a. a. 0 . S. 320; 
bei Diehl, Manuel. S. 457, 523, usw. 

Repertorium für Kunstwissenschaft XXXIX. 3 I 


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242 


Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw 


xadaptCrce, Satpovta ixßa'XXfiTe, ßtopeav iXotßexe, fitupcav 86te« (Matth, io, 8). Eine Bci- 
schrift bezeichnet diese Darstellung Christi, die ein Werk des beginnenden 14. Jahr¬ 
hunderts ist, als: ’l(7)aou)c X(pt6 rcoXüiXeoc, d. h. Christus der Vielmitleidige i6 5 ). 

9. In der Sophienkirche zu Mystra, und zwar in der nordwestlichen Kapelle der¬ 
selben. Es ist eine Malerei der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Linke 
Christi trägt kein Buch, sondern eine Rolle l66 ). 

Aus den oben angeführten ikonographischen Gründen hat Wulff in letzter Zeit 
wiederum betont, daß das Pantokratorbild in der Apostelkirche das Werk einer 
späteren Restauration unter Basilios I. (867—86) sein könnte i6 7 ). In Wirklichkeit 
stammt dieses Bild, das Werk des Eulalios, aus einer viel späteren Zeit, aus dem 
12. Jahrhundert, wie die bisherigen Ausführungen beweisen. 

Man hat sehr kühn die Behauptung ausgesprochen, daß eine Miniatur die be¬ 
kannte, bei den Byzantinern der auf den Bildersturm folgenden Zeit häufige Dar¬ 
stellung Christi als Weltbeherrscher (Pantokrator), wie sie als Halbfigur von 
Eulalios in der mittleren Kuppel der Apostelkirche zu Konstantinopel gemacht 
wurde, schon im 6. Jahrhundert nachweisbar machen könnte. Es handelt sich um 
die Miniatur des »Weltalls«, die sich auf den Fol. 43* des Cod. Vaticanus Gr. 699 
befindet l68 ), worin die christliche Ortskunde, das bekannte, im Mittelalter viel 
gelesene geographische Werk des aus Alexandrien stammenden Mönches Kosmas, 
des sogenannten Indienfahrers i6 9 ), steht. Kosmas hat seine christliche Orts- 
künde um die Jahre547—549 unserer Zeitrechnung in einem Sinaikloster verfaßt* 7 °). 
Man hat mit Recht angenommen, daß das Autograph dieses geographischen Werkes 
mit Miniaturen versehen war * 7 *). Jedoch ist die älteste der bekannten Handschriften 
der christlichen Ortskunde des Kosmas, des Indienfahrers, nämlich der vor- 

16 5 ) Mi Ile t, Monuments byzantins de Mystra. Album. Tafel 64, 2 und 65, 1 (siehe auch S. 11). 

166 ) Ebenda Tafel 132, 3 (siehe auch S. 19). 

16 7 ) Th. Wiegand, Milet. Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899. 
Bd. III Heft 1. Der Latmos von Th. Wiegand, unter Mitwirkung von Konrad Boese, Hippolyte 
Delehaye, Hubert Knackfuß, Friedrich Krischen, Karl Lyncker, Walther von Maries, 
Oskar Wulff. Berlin (Königliche Museen zu Berlin) 1913; S. 194. 

,68 ) Le Miniature della Topografia Christiana di Cosma Indicopleuste codice Vaticano Graeco 699 
con introduzione di Monsignor Cosimo Stornajolo. Mailand 1908. Tafel 10 (vgl. auch S. 28). — Vgl. 
auch E. Gerhard a. a. 0 . S. 28 ff. 

l6 9 ) Über Kosmas . ndikopleustes siehe besonders E. O.Winstedt, The Christian Topography of 
Cosmas Indicopleustes. Cambridge 1909 (vor allem die Einleitung S. 1 ff.). — Vgl. auch die von Krum- 
bacher a. a. O. S. 128, 414 und E. Gerland a. a. 0 . S. 28—29 Anm. 73 angegebene Literatur, der 
noch folgende Abhandlung nachzutragen ist: IIopTpeTi» KoabMbi HHAHKon.loBa B*b pyeCKHXT> JiimeBbiXb 
dlHCKaX'b ero COHHH0HiH von E. Redin in »Vizantijskij Vremennik« Bd. XII (1906), S. 112 — 131; 
endlich ist Byzantinische Zeitschrift, Generalregister zu Band I—XII, 1892—1903, ausgearbeitet von P. Marc 
(Leipzig 1909), S. 255, zu berücksichtigen. 

* 7 °) Krumbacher a. a. O. S. 412 ff. 

* 7 *) Vgl. J. Strzygowski, Der Bilderkreis des griechischen Physiologus, des Kosmas Indikopleustes 
und Oktateuch nach Handschriften der Bibliothek zu Smyrna (= Byzantinisches Archiv. Heft 2). Leipzig 
1899. S. 54; Diehl, Manuel d'art byzantin, S. 224. — Vgl. dagegen E. Gerland a. a. O. S. 30, Anm. 76. 


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243 


genannte Cod. Vaticanus Gr. 699, keineswegs älter als das 9. Jahrhundert * 7 »). (So hat 
man gewöhnlich seitMontfaucon^J) diesen Kodex datiert, und der Versuch Kondakows 
und Diehls , 74), ihn ins 7. Jahrhundert zu setzen, fand keinen Beifalles).) Ob der Cod. 
Vaticanus Gr. 699 den Bilderkreis, aus dem Autograph selbst des Kosmaswerkes 
genau kopiert, uns wiedergibt, wie Montfaucon meinte x 7 6 ), bleibt immer eine große 
Frage * 77 ). Daher dürfte man in dem letztgenannten Kodex keine Miniaturtechnik 
des Zeitalters von Kosmas, dem Indienfahrer, d. h. des 6. Jahrhunderts, mit Sicher¬ 
heit erblicken. Abgesehen davon, hat die auf dem Fol. 43 a des Cod. Vaticanus Gr. 699 
abgebildete Darstellung Christi trotz gewisser Ähnlichkeiten nichts mit der echt 
byzantinischen Halbfigur Christi des Weltbeherrschers zu tun. Eine genaue 
Betrachtung dieser Miniatur wird meine Ansicht gut rechtfertigen. Die ganze Mi¬ 
niatur trägt die Überschrift: 

H BACIACIA ToüN OY(PA)NU)N [= Das Himmelreich], 

• • 

Unter dieser Überschrift sieht man einen viereckigen Kasten mit gewölbtem 
Deckel, welchen eine inschriftliche Bezeichnung als 

CT€P€U>MA [= Firmament] 

0 _ _ _ 

angibt. Unterhalb des Firmaments befindet sich ein spitzer Berg, der trotz Er¬ 
mangelung einer inschriftlichen Bezeichnung das Ende der Erde, den sogenannten 
Berg des Nordens, andeuten soll. Er wird von Gewässern umströmt, die, wie 
die Beischrift: 

O 0OK6ANOC 

• • 

uns lehrt, den Ozean bedeuten. Uber dem Berge rechts sieht man die Sonne mit 
der schriftlichen Bezeichnung: 

HAIOC ANATCAio(N) [= Die Sonne aufgehend]. 

Links des Berges scheint ein Teil der Sonnenscheibe mit nachstehender Beischrift: 

HAIOC AYNooN [= Die Sonne untergehend]. 

Jenseits des Firmaments wird ein Brustbild eines unbärtigen Christi dargestellt 
und darüber liest man die Überschrift: 

O K(YPIo)C HMtoN l(HCOY)C O X(PICTO)C [= Unser Herr Jesus Christus]. 

■ 

* 7 ») Vgl. Strzygowski a. a. O. S. 54; Storna j olo a. a. O. S. 14—15; E. O.Winstedt a. a.O. S. 15. 

* 73 ) Siche Migne, Patrologia Gracca, Bd. LXXXVIII, Sp. 29. 

* 74 ) Diehl, Manuel S. 224. 

* 75 ) Kürzlich hat noch 0 . Wulff, Altchristliche und byzantinische Kunst Bd. I, S.288, den Codex 
Vatic. Gr. 699 ins 9. Jahrhundert gesetzt. 

* 7 *) Siehe Migne a. a. 0 . Sp. 29. 

• 77 ) Vgl. auch E. Gerland a. a. O. S. 30, Anm. 76. 

3 1 * 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


»Christus hat auf der Miniatur — so sagt E. Gerland x 7 8 ) in Anlehnung an diesbezüg¬ 
liche Ausführungen von D. V. Ainalow x 79 ), Th. Schmitt x8 °), Cos. Stornajolo x8x ) — 
tatsächlich die Bedeutung des »Weltbeherrschers«, und diese Bedeutung wird augen¬ 
scheinlich nur dadurch gekennzeichnet, daß der Heiland von einem zentralen 
Punkte her wie aus einem Fenster auf die Welt unter ihm herab¬ 
schaut«. Jedoch in der besprochenen Miniatur fehlen diese Merkmale, die die 
echt byzantinische Halbfigur des Pantokrator-Christus bezeichnen, nämlich die 
rechte Hand, die sich auf die Brust stützt oder segnet, die Linke, die das offene oder 
geschlossene Buch hält, der Backen- und Kinnbart des Gesichtes des Heilandes, 
der Nimbus um den Kopf desselben. Die auf Fol. 43* des Cod. Vaticanus Gr. 699 
befindliche Halbfigur des Heilandes ist auf andere Weise zu erklären, als die oben¬ 
genannten Forscher meinen. Tatsächlich stellte sich der Maler der fraglichen Miniatur 
Christus nicht als Weltbeherrscher, sondern als Sonne vor; deshalb hat er über die 
Gestalten der aufgehenden und untergehenden Sonne jenseits des Firma¬ 
ments die Halbfigur Christi, der mit dem geistigen Auge sichtbaren Sonne, 
gesetzt. Man könnte dagegen einwenden, daß die Halbfigur Christi in unserer Mi¬ 
niatur nicht von Strahlenrändern umgeben wird, wie cs bei einer Darstellung der 
Sonne angenommen werden könnte. Jedoch sind in derselben Miniatur auch die 
Scheiben der aufgehenden und untergehenden Sonne nicht strahlend dar¬ 
gestellt. Daß der Maler sich Christus als eine Sonne hat vorstellen können, braucht 
keines ausführlichen Beweises. Ich erinnere nur daran, daß der bedeutendste Dichter 
der byzantinischen Periode und vielleicht des ganzen christlichen Mittelalters, Ro¬ 
manos der Melodos(5.—6. Jahrhundert), eines seiner Kirchenlieder mit den Worten 
beginnt: 

Tov Trpö fjXtoo "HXtov [= Christus] HapÖevoc 6pSoa l81 ). 

Auch in einem Epigramm des Johannes Apokaukos, welches ich oben S. 106 
schon erwähnt habe, wird Christus mit der Sonne und die Madonna mit dem Monde 
verglichen. 

Ferner lohnt sich, hier eine griechische Subskription des an Miniaturen reichen 
georgischen Menaion für alle Tage des Jahres, welches in der Sionskathcdrale zu 
Tiflis aufbewahrt wird, anzuführen. In dieser Subskription w r ird das genannte 

* 7 8 ) Gerland a. a. 0 . S. 29; vgl. auch S. 39. 

x 79 ) D. V. Ainalow, 3aJIHHHCTHMeeKiH OCHOBhl BH3&HTißCK&rO HCKyCCTBA. ln den 3&IIHCKH der 
Kais, archäologischen Gesellschaft zu Petersburg. Neue Reihenfolge. Bd. XII (1901), Heft 3—4, S. 21. 

,8o )Th. Schmitt, Kaxpi3-A&aMH. In den H3BUCTIH des russischen archäologischen Instituts zu 
Konstantinopel Bd. XI (1906), S. 117—118. 

l8x ) Stornajolo a. a. O. S. 26. 

,82 ) Ferner kommt in einem andern der Kirchenlieder des Romanos vor: 

Tov irpd fjXfou fjXtov 
Juvovra tdre £v xctcpq). 

Siehe J. B. Pitra, Analecta sacra spicilegio solesmensi parata. Bd. I. Paris 1876. S. 125-7. 


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Buch mit dem Himmel verglichen, in dessen Mitte Christus als Sonne, die Mutter 
gottes als Vollmond und um sie herunfi die Chöre aller Gerechten stehen: 


To5 C<t> 1 fpa<poo &a6jt[a]Ce tyjv eötexvfotv 
Kal -jfap voijtJk <5>c iroXoc xö ßtßXtov 
Xptaröv voijx&v fjXiov H&ov tpepet 
Kal ravo£X>)vov r}jv xexouaav irapftevov 
< £2c daxepac xoxXcp 8X 9 puxxopoupievot>c 
riavTcuv Stxauov xtuv dir’ afrnvoc ^opooc 
Tobe iuapeaxiqaavxac aöxtp p^otcnc 1 * 3 ) 


Ferner möchte ich darauf hinweisen, daß einer der häufigsten Beinamen Christi 
HXtoc TTjc Sixatoauv*)* ist i8 4). 

Derartige Vergleiche des Heilandes mit der Sonne haben gewiß ihren Einfluß 
auf die Kunst gehabt, und könnte man mehrere Kunstwerke anführen, worin dieser 
Einfluß sich deutlich erkennen läßt. So z. B. meine ich, daß die musivische Dar¬ 
stellung Christi über der Apsis der Paulskirche fuori le mura zu Rom, ein Werk, 
welches wahrscheinlich zur Zeit des Papstes Leo III. (795—816) renoviert wurde l8 5 ), 
uns den Heiland als Sonne vorstellen will, die freilich mit dem geistigen Auge 
geschaut wird. 

Dem Maler oder den Malern des Bilderkreises des im Cod. Vat. Gr. Nr. 699 
vorhandenen Kosmas-Exemplars ist die Darstellung des Weltbeherrschers Christi 
nicht fremd; drei Miniaturen in diesem Kodex (Fol.72 b , 74“, 89*) l86 ) zeigen uns den 
Pantokrator in einer sehr bekannten Gestaltung, nämlich Christus in ganzer Figur, 
auf dem Thron sitzend, mit der rechten Hand segnend, mit der linken das Buch 
haltend. Das Gesagte über die Gestalt Christi als Weltbeherrscher im Codex Vati- 
canus Gr. Nr. 699 verstärkt unsere Ansicht, daß bei der auf dem Bl. 43* desselben 
befindlichen, oben besprochenen Darstellung Christi nicht die Idee vorwaltete, den 
Erlöser als Pantokrator zu zeigen. 

l8 3) N. Kondakow-D. Bakradzc, OnncT> naMHTHHKOBT> ApeBHOCTH bt> H^KOTOpbX’L xpaMaxi» 
II MOliaCTbipaxi» rpy3iH. Petersburg 1890. S. 166. — Dieselbe Subskription nach der Lesart von 
Prof. Bruno Keil bei J. Strzygowski, Das Etschmiadzin - Evangeliar (= Byzantinische Denk¬ 
mäler I), Wien 1891, S. 79—80, Anmerkung 3. — Vgl. Nikos A. Bees in der Zeitschrift BuC«vrk 
Bd, II (1911—1912) S. 465—466. 

S. z. B. J. Fr. Boissonade, Anecdota Graeca. Bd. IV. Paris 1832, S. 131, 460. 

,8 5 ) Eine sehr gute farbige Nachbildung dieses Werkes zuletzt bei L. v. Sy bei, Christliche Antike. 
Einführung in die altchristliche Kunst. II. Bd. Marburg 1909. Tafel III (siehe auch S. 329). Andere 
Abbildungen siehe z. B. bei Kuhn a. a. 0 . Bd. III, S. 114; bei F. X. Kraus, Geschichte der christlichen 
Kunst. Bd. I, S. 413; bei Kondakow, Licevoj ikonopisnij podlinnik Bd. I, S. 23. 

l86 ) Siehe Stoma jolo a. a. 0 . Tafel 37, 39, 49. Ebenda Tafel 6 (= Fol. 39b des Cod. Vat. Gr. 699) 
ist die Halbfigur Christi zu sehen; es handelt sich wohl teilweise um eine Nachahmung der auf dem Fol. 43a 
(= Tafel 10) befindlichen Darstellung. 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw 


Ferner ist es als bemerkenswert zu bezeichnen, daß alle von E. Gerland i8 7) 
erwähnten, auf byzantinischem oder auf von den Byzantinern künstlerisch beein¬ 
flußtem Boden erwachsenen Werke der Kleinkunst, Miniaturmalerei usw., die den 
Pantokrator Christus als Halbfigur mit der Rechten segnend und mit der Linken 
das Buch haltend zeigen x88 ), aus der nachikonoklastischen Periode stammen: a) Der 
Pantokrator auf dem Elfenbcinrelief des Nationalmuseums zu Florenz; es ist ein 
Werk des 11.—12. Jahrhunderts i8 9 ). b) Der Pantokrator auf einer Kamee des British 
Museum; es ist zweifellos ein Kleinod des IO.—11. Jahrhunderts * 9 °). c) Der Panto¬ 
krator auf einer Ikone mit mehreren Darstellungen in Zellenschmelz, die in der 
Schatzkammer der Markuskirche zu Venedig aufbewahrt wird; es ist ein Werk des 
10.—11. Jahrhunderts X 9 X ). d) Der Parftokrator auf dem in dem mingrelischen 
Gelat-Kloster aufbewahrten Chachuli-Triptychon; es ist ein Werk der zweiten Hälfte 
des 12. Jahrhunderts x 9 2 ). e) Der Pantokrator in gestanztem Silberblech auf der 
Staurothek * 93 ) im Domschatze zu Gran (Ungarn); es ist ein Werk des II.—12. Jahr¬ 
hunderts x 94). f) Der Pantokrator auf einem Emaillebilde der Sammlung A. W. von 
Swenigorodskoi’s (zu St. Petersburg); es ist eines der feinsten Erzeugnisse der 
Emailkunst, welches aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammen soll x 95 ). 
g) Der Pantokrator auf einer grusinischen Ikone, die meines Erachtens aus dem 11. 
bis 12. Jahrhundert stammt x 9 6 ). 

Dazu kommen einige der von E. Gerland nicht erwähnten Pantokrator-Darstel¬ 
lungen: a) auf dem in der Lorenzokirche zu Genova aufbewahrten Kruzifix, das aus 

,8 ') a. a. O. S. 25. 

,88 ) Gewiß muß man sich auf diese Kunstwerke beschränken, die sicher nach byzantinischer Art an¬ 
gefertigt wurden und einwandfrei den reinen byzantinischen Pantokratortypus, als Halbfigur, zeigen. 

i8 9 ) Am bequemsten zu finden bei Schlumberger, L’dpop^e byzantine ä la fin du dixieme siede 
Bd. III, S. 69. — Diehl, Manuel d’art byzantin S. 624—625. 

* 9 °) Diehl a. a. 0 . S. 628. — Vgl. das unten S. 247 Anm. 198 zitierte Buch von Dalton S. 17, 
Nr. 106, Tafel III, Nr. 106, und darnach Schlumberger a. a. 0 . Bd. III, S. 685. 

* 9 *) Antonio Pasini, II Tesoro di San Marco in Venezia. Album. Venedig 1885. Tafel II.— Diehl 
a. a. O. S. 649—653. — Dalton, Byzantine art and archaeology S. 511, Nr. 306. 

* 9 ») Diehl a. a. 0 . S. 653, 655. — Kuhn, Allgemeine Kunstgeschichte Bd. III, S. 149, 157 . 

* 93 ) = Kreuzbehältnis. 

* 94 ) fimile Molinier,Le reliquiaire de la vraie croix au tresor de Gran. In »Gazette Archeologiquc» 
Bd. XII (1887), S. 245—249 (besonders S. 248), Tafel 32. — Derselbe, Histoire g£n£rale des arts appliques 
ä l’industric du V c ä la fin du XVIIIe siccle. IV. L’Orfevrcrie religicuse et civile. Iere Partie. Paris. 
S. 50 f. Tafel I. — Franz Bock, Die byzantinischen Zellenschmelze der Sammlung Dr. Alex, von 
Swenigorodskol und das darüber veröffentlichte Prachtwerk. Archäologisch-kunstgeschichtliche Studie. 
(Als Manuskript gedruckt.) Aachen 1896, S. 268—272, Tafel XIII. — G. Schlumberger, L’£pop£e byzan¬ 
tine ä la fin du dixieme siede. Bd. I, S. 81. — Diehl a. a. 0 . S. 646 ff. 

> 95 ) N. Kondakow, Geschichte und Denkmäler des byzantinischen Emails. Frankfurt a. M. 1892, 
S. 275 ff., Tafel I. — Franz Bock a. a. 0 . S. 395 f., Tafel XXX. — F. X. Krau?, Geschichte der christlichen 
Kunst Bd. 1, S. 563, Fig. 443. — Kuhn a. a. O. Bd. III, S. 130, 157 f. — Eine wenig genaue Abbildung bei 
Schlumberger a. 0 . Bd. III, S. 577. 

* 9 *) Siehe die oben S. 245 Anm. 183 zitierte Schrift von N. Kondakow-D. Bakradzc, S. 600. — 
Vgl. F. X. Kraus, Geschichte der christlichen Kunst. Bd. I, S. 586, Fig. 457. 


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Sees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Krage usw. 


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Ephesos herstammt und, wie eine darauf stehende Inschrift besagt, ein Werk des 
IO. Jahrhunderts sein soll, welches während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts 
repariert wurde * 97 ); b) auf einer Kamee des British Museum; es soll ein Kunstwerk 
des 10.—II. Jahrhunderts sein^ 8 ); c) auf der Ikone des Erzengels Michael, der in 
der Schatzkammer des S. Marco in Venedig aufbewahrt wird; es ist ein Werk des 

10. —II. Jahrhunderts x 99 ); d) auf der Ikone unserer lieben Frau des mingrelischen 
Chopi-Klosters; diese Ikone ist ins 10.—11. Jahrhundert zu setzen* 00 ); e) auf einem 
Meßkelche, welcher aus dem IO. oder 10.—II. Jahrhundert stammt und heutzutage 
in der Schatzkammer von S. Marco zu Venedig aufbewahrt wird 201 ); f) auf einem 
in Kiew entdeckten Medaillon in Zellenschmelz 202 ); es ist meines Erachtens ins II. 
bis 12. Jahrhundert zu setzen; g) auf einem Werk aus Elfenbeinschnitzerei, das ins 

11. Jahrhundert anzusetzen ist und im Louvre-Museum aufbewahrt wird*° 3 ); h) auf 
einer silbernen Decke einer aus Saloniki stammenden Ikone des hl. Demetrius, die 
einen wertvollen Bestandteil der Sammlung der Gräfin B^arn bildet 2 ° 4 ). Die Ikone 
ist als ein Werk des II. —12. Jahrhunderts anzusehen; dagegen scheint die Decke 
derselben aus dem 13.—14. Jahrhundert zu stammen; i) auf einer Kamee des II. 
bis 12. Jahrhunderts, die im Cabinet des M6dailles de France aufbewahrt wird 2 ° 5 ). 
j) Auf dem Deckel eines Evangeliariums der Kgl. Bibliothek zu München. Hier ist 
der Pantokrator in Elfenbeinschnitzerei zweifellos von byzantinischen Künstlern 
während desn.—12. Jahrhunderts ausgeführt 2o6 ); k) auf dem Triptychon der Schatz¬ 
kammer der »Collegiale cTAlbaFucense«; es soll ein (byzantinisches?) Kunstwerk des 
13. Jahrhunderts sein 20 7 ); 1) auf einem in dem Berliner K. Friedrich-Museum be¬ 
findlichen Kreuzanhänger, und zwar auf der Vorderseite desselben, wo das Brustbild 


* 97 ) G. Schlumbcrger, Mllanges d’Archäologie Byzantine Bd. I, S. 275—280. Tafel XIII. 

* 9 ®) 0 . M. Dalton, Catalogue of early Christian antiquities and objects frora the Christian east .. . 
of the British Museum. London 1901, S. 17, Nr. 107 (Tafel III, Nr. 107. — Ebenda S. 136, Nr. 686, wird 
ein byzantinisches Denkmal der Kleinkunst besprochen und wiedergegeben, das eine Halbfigur Christi auf¬ 
weist; jedoch läßt sich nicht genau feststellen, ob in dieser Darstellung die Rechte segnet und die Linke das 
Buch hält). — Schlumberger, L'£pop£e byzantine ä la fin du dixi&me sifccle. Bd. III, S. 681. 

* 99 ) N. Kondakow a. a. O. Tafel 27. — G. Schlumberger a. a. O. Bd. I, S. 133. — Kuhn 
a. a. O. Bd. III Tafel 7. 

200 ) Kuhn a. a. 0 . Bd. III, S. 147, 157. 

a01 ) Pasini a. a. 0 . S. 55, Tafel XXXV. — Vgl. auch G. Schlumberger a. a. 0 . Bd. I, S. 705, 
713, 777. — Einige andere, in der Schatzkammer von S. Marco in Venedig aufbewahrte Werke zeigen die 
Halbfigur Christi, jedoch nicht den reinen Pantokratortypus. 

2M ) Abbildung am bequemsten bei G. Schlumberger, L’öpop^e byzantine k la fin du dixieme 
siede. Bd. I, S. 112, zu finden. 

*° 3 ) Abbildung am bequemsten bei G. Schlumberger a. a. 0 . Bd. I, S. 149 zu finden. 

a ° 4 ) Abbildung am bequemsten bei Petros N. Papageorgiou in der Byzantinischen Zeitschrift 
Bd. I (1892) S. 479 ff. und G. Schlumberger a. a. 0 . Bd. III, S. 129 zu finden. 

ao 5 ) Abbildung am bequemsten zu finden bei G. Schlumberger a. a. 0 . Bd. III, S. 780. 

ao6 ) Abbildung am bequemsten bei G. Schlumberger a. a. O. Bd. III, S. 241 zu finden. 

J0 7 ) Abbildung am bequemsten bei £. Bertaux, L’art dans 1 *Italic Mtfridionale. Bd. I, Tafel XIII^ 1 *. 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen über die Eulalios-Frage usw. 


248 


des Christus Pantokrator in Emailmalerei ist. Es soll ein Werk des 12.—13. Jahr¬ 
hunderts sein 208 ); m) auf einer in dem obengenannten Museum befindlichen Ikone, die 
in Glasmosaik den Pantokrator mit der Beischrift: IC XC O €A€HMtoN zeigt. Ge¬ 
wöhnlich setzt uns dieses Werk ins II.—12. Jahrhundert; m. E. ist es aus dem 12. 
bis 13. Jahrhundert 20 ?); n) auf einer Ikone im Kloster Kozcheri, welches im nördlichen 
TeilMingreliens liegt 210 ). Es ist ein beachtenswertes Werk der byzantinischen Emaille¬ 
kunst, welches m. E. aus dem 12.—13. Jahrhundert stammt; o) auf einem Medaillon¬ 
bild der Infula in Stockholm 2I1 ). Es ist ein Denkmal des 12. Jahrhunderts. 

Die Halbfigur Christi, mit der Rechten segnend und mit der Linken das Buch 
haltend, also der Messaritischen Beschreibung des Pantokratorbildes entsprechend, 
weisen mehrere byzantinische Bleibullen auf, und zwar kaiserliche; so z. B. Bleibuilen 
(bzw. Goldbullen) des Kaisers Basilios I. (867—886) 2ia ) (mit der Beischrift f €MMA- 
NOYHA), der Mitkaiser Leon VI. und Alexandros (886—912) ai 3 ) f des Konstantinos 
Porphyrogennetos (913—959) ai 4 ) f der Mitkaiser Basilios II. und Konstantinos VIII. 
(976—1025) 2I 5 ), des Basilios II. als Alleinherrscher (mit der Beischrift: f €MMA- 
[NOYHA]) 2l6 ), des Konstantinos IX. (? 1042—1055) (ebenfalls mit der Beischrift 
f 6MMANOYHA) 2 I 7 ), des Konstantinos Dukas (1059—1067) (mit derselben Bei¬ 
schrift) 2x8 ), des Nikephoros Botaneiates (1078—1081) 21 9 ), des Manuel Komnenos 
(? 1143—1180) (mit der Beischrift [EMMA]NOYHA) 22 °), der normannischen Könige 221 ) 


ao8 ) Siche das unter Anm. 237 zitierte Buch von Wulff S. 69, Nr. 1883, Tafel VII. 

20 9 ) Wulff a. a. 0 . S. 95, Nr. 1989. 

a, °) Kondakow, Geschichte unef Denkmäler des byzantinischen Emails. S. 159 ff., Nr. 44. 

alt ) Ebenda S. 256—259, Nr. 86. 

au ) Schlumberger, Sigillographie de TEmpire byzantin S. 419. 

** 3 ) K. M. Konstantop oulos im Journal internationald’archtfologie numismatique Bd. IX (1906), 
S. 90, Nr. 278 b . 

a, 4 ) Ebenda S. 290, Nr. 2787. 

a, 5 ) Schlumberger a. a. S. 419, 423 (wo die Bleibulle falsch Basilios I. zugeschrieben wird). — 
Schlumberger, L’^popee byzantine k la fin du dixieme sicclc Bd. I. Paris 1896. S. 768. (Vgl. auch 
Revue des fitudes Grecques Bd. XIII, 1900, S. 477, Nr. 165.) — K. M. Konstantopoulos a. a. O. 
Bd. VI (1903), S. 71 f, Nr. 279, Bd. IX (1906), S. 90, Nr. 279 a . — Pantschenko a. a. 0 . S. 37, Nr. 85 
(86), Tafel V, Nr. 5. 

2l6 ) K. M. Konstantopoulos a. a. O. Bd. VI (1903), S. 72, Nr. 280. 

a, 7 ) Schlumberger, Sigillographie de TEmpire byzantin S. 421—423. — (Vgl. auch Revue des 
fetudes Grecques Bd. XIII, 1900, S. 477—478, Nr. 166.) — K. M. Konstantopoulos a. a. 0 . Bd. VI 
(1903), S. 72—73, Nr. 281, Bd. IX (1906), S. 91, Nr. 281®—281 r. 

a,s ) K. M. Konstantopoulos a. a. O. Bd. IX (1906), S. 90—91, Nr. 28o a . 

ax 9 ) Schlumberger a. a. 0 . S. 423. — K. M. Konstantopoulos a. a. 0 . Bd. VI (1903), S. 73, 
Nr. 282, Bd. IX (1906), S. 91, Nr. 282 b . 

aao ) Schlumberger, Sceaux byzantins in^dits. (Quatricmc s£rie.) In der Revue des fitudes Grecques 
Bd. XIII (1900), S. 479 f., Nr. 171. 

aal ) Die Tatsache, daß ich hier und auch unten die Sigillographie der Normannen Siziliens und Italiens 
heranziehe, darf niemand überraschen. Diese Normannen standen unter dem starken künstlerischen Einfluß 
der Byzantiner. Dasselbe gilt auch hinsichtlich der von den Byzantinern christianisierten und kultivierten 
Bulgaren (siche unten). 


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Bees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


249 


Roger II. (1130—1154) und Wilhelm II. (1166—1189) aaa ); ferner eine Bleibulle des 
königlichen Protospatharios und Drogarios xffi ßqXijc Aetios (um das Jahr 846) aa 3 ), 
des Hypatos und königlichen Kommerkiareos von Saloniki Theodoros (9. Jahr¬ 
hundert) aa 4 ), des Bischofs von MethoneAthanasios (Teilnehmer an dem konstantino- 
politanischen Konzil des Jahres 879) aa 5 ), des Abtes vom Trinitatiskloster, Leo, 
(10. Jahrhundert) aa6 ), des königlichen Kubikularios Theodoros (wohl 10.—11. Jahr¬ 
hundert) aa 7 ), eine anonyme, wohl aus dem 10.—II. Jahrhundert stammende Blei¬ 
bulle aa8 ), eine andere des konstantinopolitanischen Philanthroposklosters (11.—12. 
Jahrhundert) aa 9 ), endlich mehrere sizilianische und italienische Bleibullen aus der 
Zeit der normannischen Herrschaft (II.—12. Jahrhundert) a 3 °). Jedoch zeigt keines 
der byzantinischen Bleisiegel a 3 >) oder verwandten Denkmäler a 3 a ), die sicher aus 
einer älteren Zeit als dem 9. Jahrhundert stammen, eine Halbfigur Christi, mit der 
Rechten segnend und der Linken das Buch haltend. Dagegen zeigen uns ein der¬ 
artiges Brustbild Christi byzantinische Münzen, die aus dem Anfang des 8., wenn 
nicht schon aus dem Ende des 7. Jahrhunderts stammen. Es handelt sich um etliche 
Münzen des Kaisers Justinianos II., der unter dem Beinamen Rhinotmetos ( = mit 
der abgeschnittenen Nase) bekannt ist und zweimal, von 685—695 und von 705—711, 
regierte. Die das Brustbild Christi, mit dem Buch in der Linken und der Rechten 
segnend, aufweisenden Münzen dieses Kaisers können nicht immer auf sicheren 
Grundlagen datiert werden. Sie zeigen das Brustbild ohne Nimbus, was gewiß für 
die Ikonographie von Belang ist, entweder mit üppigem, herab wallendem Locken- 


ai *) A. Engel, Recherches sur la numismatique et la sigillographie desNormands de Sicile et d’Italie. 
Paris 1882. S. 86—87, Nr. 16, 18, 20, Tafel I, Nr. 13 und 16. — Ferd. Chalandon, »La diplomatique 
des Normands de Sicile et de l’Italie Mlridionale«. In den Mllanges d’archlologie et d’histoire Bd. XX 
(1900), S. 193. 

” 3 ) Schlumberger, Sigillographie de l’Empire byzantin S. 340—341. — Vgl. derselbe, M£langes 
d’Archöologie Byzantine. Bd I. Paris 1895. S. 42—44. 

2 * 4 ) Schlumberger, Sigillographie de l’Empire byzantin S. 104—105. 

n 5 ) Nikos A. Bees, Zur Sigillographie der byzantinischen Themen Peloponnes und Hellas. In den 
Vizantijiskij Vremennik Bd. XXI, S. 104—106, Nr. 11. — Abbildung der fraglichen Bleibulle bei Schlum¬ 
berger a. a. 0 . S. 185, Nr. 1. 

2l6 ) Schlumberger a. a. 0 . S. 140. 

a, 7 ) Pantschenko a. a. 0 . S. 26, Nr. 60 (61), Tafel III, Nr. 5. 

***) Schlumberger a. a. 0 . S. 58, Nr. 18. 

ax 9 ) Ebenda S. 139—140. 

2 3 °) A. Engel a. a. 0 . S. 96, Nr. 43, S. ui, Nr. 95, Tafel III, 1, IV, 8. — Ferd. Chalandon 
a. a. O. S. 189, usw. 

* 3 i) Zeigen die Bleibullen bei Patschenko a. a. O. S. 105, Nr. 302 (314), und 161, Nr. 437 (470), 
Tafel XI, Nr. 1 und XV, Nr. 9 und bei Schlumberger in der Revue des £tudes Grecques Bd. XIII 
(1900), S. 476—477, Nr. 163, ein Pantokratorbild des hier in Betracht kommenden Typus? 

* 3 ») J. Friedlaender, Numismatische Zeitschrift Bd. II (1870) S. 453. — K. M. Konstanto- 
poulos a. a. 0 . Bd. VIII (1905), S. 215, Nr. 1182—1186. — Schlumberger, Mllanges d’Arch^ologie 
Byzantine Bd. I, S. 283, Nr. 4 und S. 303. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. ij 


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250 


Hees, Kunstgeschichtliche Untersuchungen Uber die Eulalios-Frage usw. 


haar und langem, spitzem Bart oder mit ganz kurzem Bart und krausem Haar 2 33 ). 

Hier haben wir die ältesten einwandfreien Denkmäler der fraglichen byzantinischen 

• 

Darstellung des Pantokrator, eine sichere Vorstufe des von Eulalios in der mittleren 
Kuppel der Apostelkirche gemalten Brustbildes Christi. Trotz alledem bleibt es 
immer sicher, daß der eigentliche byzantinische Pantokratortypus (Halbfigur, 
Nimbus um den Kopf, Buch in der Linken, segnende Geste mit der Rechten) nur in 
der nachikonoklastischen Zeit im Scheitel der Kuppel, in der Apsis *34) oder im Raume 
über der Eingangstür * 35 ) der Kirchenbauten dargesteilt wurde. Als ältesten Beleg 
des derartigen Gebrauchs des Pantokratorbildes ist jener in der Kuppel der längst 

* 33 ) Siehe am besten W. VVroth, Catalogue of the imperial Byzantine coins in the British Museum 
Bd. II. London 1908. S. 331 ff., 354 ff. Tafel XXXVIII—XL. — Eine kurze Zusammenfassung über 
den Pantokratortypus auf den byzantinischen Münzen (ohne Berücksichtigung der Siegel) haben zuletzt 
E. v. Dobschütz, Christusbilder (= Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur. 
N. F. Bd. III, Heft 1/4). Leipzig 1899, S. 166 ff., und Georgios Lampakis, *H Movt) Aa<pvfou juxd 
tdc iitioxtud; S. 59 ff. geboten. Beide berufen sich eigentlich auf das veraltete Buch von J. Sabatier, De- 
scription g£n£rale des monnaies byzantines. Bd. 1 —II. (Paris 1862); deshalb muß diese Zusammenfassung 
auf Grund der neueren Münzenliteratur revidiert werden. Die Halbfigur Christi zeigen Münzen nicht nur der 
christlichen, sondern auch der mohammedanischen Nachbarn der Byzantiner, besonders der Seldschuken. — 
Siehe z. B. Stanley Lane Poole, Coins of the Urtuki Turkumans. (= The international Numismata 
Orientalia. II.) London 1875. S. 1,18, Tafel IV, Nr.7 und desselben: Catalogue of oriental coins in the British 
Museum Bd. III. London 1877, S. 124, 297. — Vgl. auch H. Nützel, Embleme und Wappen auf rauhamme- 
danischen Münzen. (S.-A. aus der Festschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der Numismatischen Ge¬ 
sellschaft zu Berlin.) Berlin 1893. — G. Schlumberger, M^langes d’Arch^ologie Byzantine. Bd. I. S. 7 ff., 
Tafel I. 

* 34 ) Wie z. B. im Dome zu Cefalü (vgl. oben S. 241), in der Cappella Palatina in Palermo (siehe oben 
S. 239, 241), im Dome zu Monreale (vgl. oben S. 241). Es gibt auch mehrere neugriechische Kirchen, in 
denen der Pantokrator als Halbfigur in der Apsis Platz hat; so z. B. in der Heilandskapelle zu Megara (Ab¬ 
bildung bei G. Lampakis, Memoire sur les antiquitls chr^tiennes de la Grfcce, S. 79, Nr. 150). 

* 35 ) So z. B. in derNea-Moni aufChios; leider ist diese Pantokratordarstellung infolge des Erdbebens 
vom Jahre 1881 schadhaft und teilweise unerkennbar geworden (vgl. J. Strzygowski, »Nea-Moni auf Chios«, 
in der Byzantinischen Zeitschrift Bd. V, 1896, S. 150; Diehl, Manuel S. 485). Der beste Beleg für die 
Pantokratordarstellung über der Eingangstür ist im Kloster zum hl. Lukas im Phokis vorhanden. (Abbil¬ 
dungen bei Schlumberger, L’6pop£e byzantine ä lafindu dixieme sifccle Bd. II, S. 529; bei R. W. Schultz- 
S. H. Barnsley, The monastery of Saint Luke of Stiris S. 47, Nr. 38, Tafel 35; bei Lampakis a. a. O. 
S. 72, Nr. 139; bei Gerland a. a. 0 . S. 39 ff., Abbildung 11; bei Dalton a. a. O. S. 368, Nr. 218). Vgl. auch 
Ch. Diehl, fitudes d'arch^ologie byzantine. L’ 4 glise et les mosalques du Couvent de Saint-Luc en Phocide 
[= BibliothXque des £coles frangaises d’Athenes et de Rome]. Paris 1889. S. 44—45. — Der über der 
Eingangstür dargestellte Christus soll, wie Th. Schmitt (Kahri^-Djami. Bd. I, S. 211—212) aus einer 
treffenden Bemerkung 0 . Wulffs (Die Koimesiskirche in Nicäa, S. 311—314) folgert, nicht den Pantokrator 
bedeuten, sondern bildet einen besonderen ikonographischen Typus für sich. Diese Auffassung scheint auch 
E. Gerland (a. a. 0 . S. 41) zu teilen. Dazu möchte ich bemerken, daß einige alte Malerkompendien, die 
von manchen als Quellen des sogenannten »Malerbuchs« angesehen wurden, einen besonderen Beinamen des 
über Kirchentüren dargestellten Christus, d. h. b 'QpatoirjXuuTrjc, und die Beischrift dazu « C H 8upa tiüv 
X071X&V 7 rpofkfTom nachweisen. (Siehe A. Papadopoulos Klrameus, Denys de Fourna, Manuel d’icono- 
graphie chrltienne accompagnd de ses sources principales in^dites ... Petersburg 1909, S. 281.) Die Ab¬ 
leitung dieses Beinamens (aus uipsla tcuXt), was mit dem Ausdruck ßaoiXtXT) tt'jXt) gleichsinnig ist) zeigt, 
daß er anfänglich und hauptsächlich den über der sogenannten Königstür der Kirche dargestellten Christus 
bedeutete. • 


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Simon, Studien zur Alt-Frankfurter Malerei. 25 I 


verschwundenen Neu-Kirche zu Konstantinopel zu bezeichnen, jenes herrlichen, 
von dem Kaiser Basilios I. in den Jahren 876—880 errichteten Baues, dessen Be¬ 
schreibung eigentlich die am I. Mai 880 gehaltene großartige Einweihungsrede des 
Patriarchen Photios uns gibt * 3 6 ). Daher ist es widersinnig, das von Nikolaos Messa- 
rites geschilderte Pantokratorbild der Apostelkirche ins 6. Jahrhundert zu setzen 
und sogar noch weiter zu gehen, nämlich den Eulalios als angeblichen Einführer der 
Pantokratordarstellung aus Ägypten in Byzanz gelten lassen zu wollen! 

Soviel über das Pantokratorbild in der Zentralkuppel der Apostelkirche, welches 
vielleicht kein musivisches Werk war. 

(Schlufi folgt.) 


STUDIEN ZUR ALT-FRANKFURTER MALEREI 1 ). 

VON 

KARL SIMON. 

III. Der Altarschrein von Nieder• Erlenbach. 

Mit 2 Abbildungen. 

A us der Kirche zu Nieder-Erlenbach, etwa 9 km nördlich von Frankfurt, stammt ein 

/i jetzt im Großherzoglichen Landesmuseum zu Darmstadt befindliches Altar- 

♦ 

werk, das aus mehr als einem Gesichtspunkte von Interesse ist. 

Es ist ein Flügelaltar, Leinwand auf Tannenholz, von jener altmodisch-ein¬ 
fachen Art der dortigen Gegend, w ie sie schon etw r a der Ortenberger Altar repräsen¬ 
tiert. Ein breites Hauptbild mit vortretendem Rand, nur auf der Vorderseite be¬ 
malt; die beiden Flügel ebenso w’ie das Hauptbild innen, aber auch auf den 
Außenseiten mit Malereien bedeckt. Bei geschlossenen Flügeln mißt der Altar 1,26 x 
1,17 m. Auf dem rotbraunen Rahmen der Innenseite sind zierliche goldene Orna¬ 
mente (Rosetten, Blätter und Ranken), hauptsächlich aber die Namen der Dar¬ 
gestellten in schönen gotischen Minuskeln aufgemalt. Die Mitte des Hauptbildes 
ist oben am Rahmen mit der Jahreszahl 1497 bezeichnet*). Die Außenseiten der Rahmen 
enthalten nur einfaches abwechselndes Stern- und Rosettenmuster. (Abb. I.) 

»J 6 ) Dieses Datum hat A. Vogt kürzlich gegeben in seinem Werke: Basile Ier f empereur de Byzance 
(867—886) et la civilisation byzantine £l la hn du D£e siede. Paris 1908. S. 398. Zu den älteren von £. Ger- 
land a. a. 0 . S. 35, Anm. 90, erwähnten Forschem, die die Meinung vertreten, daß die Neu-Kirche im Jahre 
881 geweiht wurde, ist noch M. Gedeon in der Zeitschrift des Hellenikos Philologikos Syllogos zu Kon- 
stantinopel Bd. XXVI (1894—1895), S. 193, nachzutragen. 

«) Vgl. Repert. XXXIV, S. 333, XXXV, S. i2of. 

a ) Vgl. das Verzeichnis der Gemälde des Großherzoglichen I^andesmuseums in Dannstadt, bearb. 
v. Fr. Back. Darmstadt 1914. Nr. 10. Die erste Abbildung bei R. Adamy: Kunstdenkm. im Gro߬ 
herzogtum Hessen, Kr. Friedberg, S. 219. — Herrn Geh. Rat Back bin ich für die Erlaubnis zur 
Wiedergabe des Altars zu lebhaftem Dank verpflichtet. 


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1 


252 


Simon, Studien zur Alt-Frankfurter Malerei. 


Das Mittelbild zeigt die Maria in hellblauem Mantel über einem goldbrokatenen 
rotgemusterten und moosgrün gefütterten Kleide, stehend auf einem silbernen Halb¬ 
mond; im linken Arm das Kind, in der hängenden Rechten ein Buch in violett-röt¬ 
lichem Futteral haltend. Die Krone wird von einem Kranz von zwölf Sternen um¬ 
geben; diese stehen zwischen Nimbenstreifen, von denen der innere links rot, rechts 
schwarz ist; die Farbe des äußeren ist links jetzt ausgefallen, ursprünglich wohl 
schwarz; auf der rechten Seite ist sie dagegen rot. 

Links von ihr der hl. Michael in weiß-bläulichem Gewand und rotem Mantel, 
von dem hauptsächlich das in weichem Grün gehaltene Futter zu sehen ist; während 



Abb. i. Der Nieder-Erlenbachcr Altar. Darmstadt, Großherzogi. Hessisches Landesmuseum. 


die innen weißen Flügel außen Rot zeigen. Ein buntes Perlendiadem in dem weichen 
wallenden Haar hält ein stehendes goldenes Kreuz. Im linken Arm vier Seelen in 
Gestalt von kleinen Kindern haltend, stößt der Engel mit beiden Händen dem unter 
seinen Füßen liegenden Drachen die Lanze in den Rachen. 

Rechts entsprechend der hl. Hieronymus als Kardinal in weiß-bläulichem Gc- 
\yand mit breiten roten Streifen unten, und rotem Mantel, der auf der Brust mit Her¬ 
melin verbrämt ist. Am Halse schließt ein bläulich-weißer Stehkragen. Der rote 
Hut sitzt über einem gleichfalls roten Käppchen, unter dem graue Haarsträhnen 
hervorkommen. Das etwas wüste, stark durchfurchte Gesicht zeigt ein kräftiges 
Doppelkinn. Die Arme, von denen der linke verzeichnet, sind hölzern, doch an sich 
kräftig, mit genaueren Angaben der Adern und der Runzelbildung an den Gelenken. 

Auf den Flügeln erscheinen in je zwei Stockwerken übereinander die zwölf 
Apostel; links oben Petrus, Johannes, Jacobus minor, unten Bartholomäus, Thomas 


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Simon, Studien zur Alt-Frankfurter Malerei. 



und Mathias. Rechts oben Andreas, Jacobus major, Matthäus; unten Judas, Philippus, 
Simon. Die Kleidung ist im wesentlichen blau, rot oder grün; auch rot-gemusterter 
Goldbrokat, Grau-Violett und grünlich-rötliche Schillerfarbe kommt vor. Der rot- 
schwarze Nimbus begegnet auch hier wie bei der Maria und ihren Begleitfiguren. 
Nur bei dem hl. Bartholomäus ist ein Stück links unten rot und rechts schwarz. 
Den Fußboden bilden abwechselnd gelbe und weiße Fliesen, die ziemlich tief in 
das Bild hineinführen. Astwerk, das im obersten Drittel beginnt, rahmt jede der 
vier Gruppen ein, ebenso wie das Mittelbild durch eine kräftigere Umrahmung 
gleicher Art oben abgeschlossen wird. 

Die Außenseite bei geschlossenem Schrein enthält rechts St. Michael als 
Seelenwäger in rötlich-weißem Gewände; an hellrotem Griff und ebensolchen Schnüren 
hält er die Wage, in der eine blonde Seele sitzt und die Hände nach dem Erzengel 
ausstreckt. Die andere Schale hält der Drache tief. Über dem grünlichen Boden wölbt 
sich der oben grünblaue, nach unten fast weiße Luftgrund. Die innen weißen Flügel 
des Engels gehen vorn in Pfauenfedern aus. Ein Stirnreif mit festem goldenen Kreuz 
daran bildet den Abschluß über dem breiten, krummnasigen Gesicht. 

Die linke Seite enthält die Verkündigung. Maria (im Gesicht durch Kratzer 
beschädigt), erscheint in blaugrünlichem Mantel über einem blaßroten Kleide; der 
feste Nimbus ist innen ziegelrot mit weißer Bogenverzierung, außen breit golden 
mit zwei schwarzen Streifen. Ebensolches Ziegelrot weist der Nimbus des halb- 
figurigen Gottvaters in der Höhe und der Schnabel der gleichfalls nimbierten Taube 
auf, während es im Mantel Gottvaters gedämpfter auftritt. Der Engel (dessen Ge¬ 
sicht fast ganz zerstört ist), wird, ohne Nimbus, in rotgrünem Gewand und rotem 

• • 

Pluviale mit grünem Futter gegeben. Uber der violetten Brüstung ebensolcher Luft¬ 
grund wie bei St. Michael. 

Die Komposition ist eine fast ganz genaue Kopie des Schongauerschen Stiches 
(B. 3); nur der Thronhimmel rechts fehlt. Und das Kopieren von graphischen Vor¬ 
lagen ist nun überhaupt für den Meister des Altars charakteristisch 3). 

Auf dem Mittel bilde der Innenseite ist die Maria die genaue Wiederholung 
eines Stiches des Hausbuchmeisters (Lehrs 27). Nur ist der Sternenkranz bei diesem 
nicht von zwei Linien begrenzt; das Kopftuch ist bei ihm etwas reicher gestaltet. 

Der Erzengel Michael auf dem Hauptbilde ist nach Schongauer (B. 58) kopiert, 
nur hat er auf dem Bilde vier Seelen im Arm, an den Falten ist einiges wenige an¬ 
ders, aber im ganzen Zug für Zug genau kopiert. 

Ähnliches gilt von den Flügeln, wo Andreas, Jacobus major, Simon, Judas 
Thaddäus, Philippus fast ganz genau, mit wenig Änderungen, nach Schongauerschen 
Vorlagen (B. 35, 36, 43, 42, 38) gefertigt sind. 


3 ) Darauf hat zuerst Ed. Flechsig aufmerksam gemacht. Zeitschr. f. bild. Kunst 1891. N. F. VIII. 
S. 71. Weiteres dann bei Back a. a. O. 


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254 


Simon, Studien zur Alt-Frankfurter Malerei. 


Zeigt sich der Maler in so vielen seiner Figuren von Vorbildern abhängig, so 
ist es sehr wohl möglich, daß er auch dort, wo wir es nicht nachweisen können, frem¬ 
des Gut benutzt hat. 

Was die künstlerische Provenienz angeht, so spricht für Frankfurter Herkunft 
des Altars alle Wahrscheinlichkeit, und schon Gwinner4) nahm sie an. Frankfurt 
war das nächstliegende künstlerische Zentrum, die Kirche war »früher reichslehnbar 
und wurde 1346 mit Genehmigung Kaiser Ludwigs von dem Ritter Hans Vaut von 
Bonames dem Liebfrauenstift zu Frankfurt übergeben 5 ) *. 

Sehen wir uns nach verwandten Werken um, so werden wir tatsächlich nach 
Frankfurt a. M. gewiesen. Dort finden wir in den vierzehn Nothelfern des fraglichen 
Johannes Hesse 4 5 6 7 ) (Hist. Museum B. 305) die nächsten Beziehungen. Besonders ähnlich 
ist der Maria dort die hl. Barbara hier, nicht nur im Typus: der hohen Stirn, den 
hellbraunen Augen, den schweren Augendeckeln und der klotzigen Nase, sondern 
auch in der Tracht und deren farbiger Haltung, wo natürlich das Vorbild des Stiches 
versagt: dem Goldbrokat mit rotem Muster — das auf dem Darmstädter Bilde 
einen lagernden Hund mit anliegenden Öhren, Kopf Profil zeigt — und den rot ge¬ 
fütterten Trippen an den Füßen. Auch das schwarz konturierte knotige Astwerk 
auf dem Goldgrund ist, trotz der Verschiedenheit der Blattmotive, auf beiden Wer¬ 
ken recht ähnlich, besonders die sorgfältige Verschnürung in der Mitte. Wie bereits 
seinerzeit ausgeführt wurde 7 ), verbindet eine bestimmte Umgrenzung des Nimbus, 
die links rot ist, rechts dagegen unvermittelt in Schwarz übergeht, die beiden Bilder 
mit noch einigen anderen, für die sämtlich Frankfurter Herkunft wahrscheinlich ist. 
Dazu gehörtauch eine kleine, gleichfalls schon erwähnte 8 ) Kreuzigung des Historischen 
Museums (B. 290), deren Abbildung uns einer genaueren Beschreibung überhebt 
(H. 0,395, B r * 0,80 m). Es ist keine bedeutende Arbeit; Weizsäcker, von dem wir 
wohl nächstens Genaueres über das Bild erwarten dürfen, hat es seinerzeit als ober¬ 
rheinisch bezeichnet 9 ). (Abb. 2). 

Dieser Eindruck ist ganz richtig, erklärt sich aber aus derVerwendung Schon- 
gauerscher Stiche, die auch hier stattgefunden hat (für den Johannes vgl. die Kreuzi¬ 
gung B 17). Die Gestalt des hl. Hieronymus verbindet, worauf ebenfalls schon kurz 
hingewiesen wurde, diese Kreuzigung mit dem Nieder-Erlenbacher Altar. Zug um 
Zug der Falten, die Anordnung des Löwen usw. kehrt hier wieder. Auch hier kommt 
vielleicht ein Stich in Betracht, der für beide die Quelle gewesen sein könnte. Die 

4 ) Kunst und Künstler in Frankfurt a. M. 1862. S. 28. 

5) Ebendort. 

6 ) Vgl. diese Zeitschr. XXXV, S. 137 und Gebhardt in den Monatsheften f. Kunstw. V. 1912, 
S. 500 f. 

7 ) Vgl. diese Zeitschrift XXXV, S. 137. 

*) Ebendort S. 138. 

?) Die Gemälde des 15. und 16. Jhdts. Mn: Die Sammlungen des Stadt. Hist. Museums zu Frank¬ 
furt a. M., hrsg. v. F. Q u i 11 i n g, S. 7, Frankf. o. J.) 


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Simon, Studien zur Alt-Frankfurter Malerei 


255 


• • 

Übereinstimmung auch in den Farben legt den Gedanken an die Möglichkeit nahe, 
daß beide Bilder noch nähere Beziehungen haben, in einer Werkstatt entstanden 
sind. 

Auch sonstige Einzelheiten sprechen für Zusammenhang mit Frankfurter 
Tradition. Die weichen, wie etwas verschwollenen Hände mit den dicken Knöcheln, 
wie sie etwa auf der Darstellung imTempel (Hist. Museum) auftreten; die etwas ver¬ 
krümmten Finger, die an den Gelenken gern umgekrempelten Ärmel u. a. m. Bei 
der Maria der Verkündigung des Nieder-Erlenbacher Werkes erinnert das Ver¬ 
schwimmen und Verschwinden der blonden, gelb gehöhten Haare an das namen¬ 
lose, eine Zeitlang Dürer zugeschrieben gewesene Porträt des unbekannten männ- 



Abb. 2. Kreuzigung. Frankfurt a. M. Städtisches Historisches Museum. 


liehen Porträts der Holzhausen-Galerie. Auffallend ist bei letzterem die falsch sitzende 
Grubung zwischen Nase und Mund; genau das Gleiche begegnet bei der Maria mit 
dem Kinde des Nieder-Erlenbacher Bildes, wo sie zu weit links über der scharf gezack- 
ten Oberlippe angebracht ist. 

Vielleicht kann man aber auch dem Stifter und sogar dem Maler nachkommen. 
In dem mit Blumen und Kräutern geschmückten Vordergründe ist rechts ein gras¬ 
grüner Frosch zu sehen. Dieses Tier ist ja durchaus ungewöhnlich, und so ist die 
schon von Gwinner geäußerte Vermutung sehr wahrscheinlich, daß wir hier eine 
Hindeutung auf die Frankfurter Patrizierfamilie Frosch zu sehen haben, die dann 
etwa in einem ihrer Mitglieder als Stitterin des Bildes anzusehen wäre. In Betracht 
dafür käme etwa Georg Frosch, der 1497 Schöffe war; ein Henne Frosch stirbt un¬ 
verheiratet 1498; Christina Dägen, Johann Froschs Hausfrau, stirbt in demselben 
Jahre. 


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256 


Simon, Studien zur Alt-Frankfurter Malerei. 


Fast genau in der Mitte des Bildes, unter dem Halbmond, auf dem Maria steht, 
sind nun an auffallend hohen Stielen drei blühende Veilchen angebracht. Wir können 
den Gedanken nicht abweisen, daß wir es auch hier mit der redenden Signatur eines 
Mitgliedes der Familie Fyol zu tun haben; erinnern uns auch, daß gerade ein Bild 
der Frankfurter Liebfrauenkirche ein liegendes großes Stiefmütterchen in der Mitte 
des Bildes an hervorragender Stelle aufzuweisen hatte 10 ). Es wurde erwähnt, daß die 
Nieder-Erlenbacher Kirche 1346 dem Liebfrauenstift übergeben wurde. 

Ob als Meister — gesetzt den Fall, daß unsere Hypothese zutrifft — noch Kon- 
rad Fyol, der Ende 1499 oder 1500 gestorben sein muß, in Betracht kommen kann, 
wird zweifelhaft erscheinen. Gern würde man an seinen Sohn Hans Fyol denken, 
der 1487 Meister geworden war und gerade 1498”) eine »Cruzifixtafel über der Rat¬ 
stoben« gemalt, für die er 4 Gulden bekam. Es sei erwähnt, daß in dem Testament 
Hans Fyols von 1523 ia ), der übrigens erst 1530 gestorben ist * 3 ) — als einer der 
Zeugen der Schöff Johann Frosch auftritt, also ein Mitglied der Familie, die so gut wie 
sicher als Stifterin des Altarwerkes in Frage kommt. 

Nun findet sich auf dem Messer des hl. Bartholomäus mit schwarzbrauner 

Farbe das Zeichen ^ und bei jedem Sehen hat sich mir die Überzeugung befestigt, 

daß wir hier nichts Bedeutungsloses, sondern eine Signatur zu sehen haben, die man 
in I. F. auflösen kann. Ein Stück der Längshasta des F ist auf dem Silbergrunde 
ausgesprungen J 4 ). Im Zusammenhang mit den Violen im Vordergründe ist der Ge¬ 
danke an Johannes Fyol wohl nicht zu kühn, und daß gerade der Patron Frank¬ 
furts, der hl. Bartholomäus, Träger der Signatur ist, gibt ihr noch eine besondere 
Bedeutung. Ob Hans Fyol, der ja selbst Meister war, in einem engeren Zusammen¬ 
hang mit der Werkstatt des Johannes Hesse gestanden hat, wissen wir bisher nicht 
bestimmt; ebensowenig, wie etwa all diese verschiedenen Bilder, die unter sich näher 
zusammengehören, auf die einzelnen Künstler sich verteilen. Wichtig erscheint mir 
aber die scharfe Betonung dieser Zusammenhänge; sie bezeugen im Verein 
mit dem früher Gesagten und noch weiterhin zu Zeigenden das 
bisher nicht angenommene Vorhandensein einer einheimischen 
Tradition, also einer Frankfurter Schule. 

*°) Vgl. diese Zeitschrift XXXIV, S. 338. 

'*) Nicht 1494, wie ich irrtümlich Rep. XXXIV, S. 345 angegeben habe. 

■*) Gwinner, Zusätze (1867), S. 24. 

• 3 ) Nach frdl. Mitteilung von K. W. ZU Ich. Vgl. neuerdings meinen Artikel über Fyol bei 
Thicme-Becker XII. 

* 4 ) Ob ein Zeichen auf dem Beil des h. Mathias etwas zu bedeuten hat, etwa ein H oder T H 

ist schwer zu sagen. — Lateinische Majuskeln sind undeutlich auch auf dem Gewandsaum des h. Bartho¬ 
lomäus zu erkennen. 


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Notiz zu der Deutung einer Handzeichnung Dürers. 


257 


NOTIZ ZU DER DEUTUNG EINER HANDZEICHNUNG DÜRERS. 

Für die folgenden Bemerkungen kann ich nur halb als verantwortlich zeichnen, 
da ich einem Hinweis meines Freundes A. Warburg gefolgt bin, dem hiermit vorab 
herzlich gedankt sei. 

Im Berliner Kupferstichkabinett befindet sich unter den Dürer-Zeichnungen ein 
Blatt, das von Lippmann (L. 36) als Allegorie auf den Triumph Christi bezeichnet 
und übereinstimmend mit Ephrussi um 1513 datiert wird. Es zeigt unter einem Bal¬ 
dachin, der an langen Stangen von fünfzehn Personen getragen wird, eine heilige Gruppe: 
Christus als Schmerzensmann im Grabe sitzend, von Johannes und Maria betrauert und 
verehrt. Da das Blatt anscheinend rechts verkürzt ist, hat möglicherweise sich hier noch 
ein Träger befunden, um vorne das vierte Paar voll zu machen. Freilich fehlt das ihm 
zugehörige Ende der betreffenden Stange. Die Träger, verschiedenen Alters und ver¬ 
schiedenen Standes, anscheinend auch verschiedenen Nationen angehörig, bezeichnen, wie 
schon Ephrussi bemerkt, offenbar die Gesamtheit der Gläubigen in der Verehrung von 
Christißchmerzenstod. Nur braucht man deswegen nicht eine allgemeine allegorische Kompo¬ 
sition hierin zu erblicken, sondern kann an die Darstellung eines realen Vorganges denken. 
Augenscheinlich handelt es sich um eine Prozessionsgruppe. In der chronologischen 
Ordnung der Dürerischen Arbeiten zum Zwecke einer Ausstellung in Bremen hatte ich das 
Blatt den Jahren 1516—20 zugewiesen, da es mir seinem Stil nach vielmehr dem Ende 
jenes Jahrzehntes als den Jahren um 1513 anzugehören schien 1 ). Nun macht mich aber 
Warburg darauf aufmerksam, daß es sich vermutlich um eine Erinnerung an die Ant- 
werpener Fronleichnamsprozession von 1521 handele; und ich glaube, daß er recht hat. 
Zweimal vermerkt Dürer während seiner Anwesenheit in Antwerpen in dem Tagebuch 
seiner niederländischen Reise einen großen „Umgang“ an kirchlichen Festtagen: die 
Prozession zu Mariä Himmelfahrt, die am 19. August 1520 von der Kathedrale unserer 
Liebfrauen ausging, und die Fronleichnamsprozession am 30. Mai 1521. — Das erste 
Mal, als ihm noch alles neu war, berichtet er sehr ausführlich von der Pracht der 
Prozession, „do die ganze Stadt versammelt was.“ Er zählt die Stände und 
Zünfte auf, die mit ihren Wahrzeichen einherzogen, und berichtet weiter von den 
Gruppen und lebenden Bildern, die vorübergetragen wurden oder fuhren, Szenen aus 
dem Alten und Neuen Testamente darstellend. Unter anderem heißt es (Lange und 
Fuhse 119,29): „Do trugen zwanzig Personen die Jungfrau Maria mit dem Herren Jesu 
auf das Köstlichst geziert, zu Ehren Gott dem Herren“. Das war augenscheinlich das 
Haupstück der Prozession — die Gruppe der mit Jesus im Himmelreich vereinten Mutter¬ 
gottes — wahrscheinlich ein Schnitzwerk, möglicherweise aber auch ein lebendes Bild. 
Um das Urbild unserer Zeichnung kann es sich hier selbstverständlich nicht handeln, 
wohl aber ist es sehr wahrscheinlich, daß im Mittelpunkt des andern großen Umganges, 
eben jener Fronleichnamsprozession vom 30. Mai 1521, sich eine ähnliche Gruppe be¬ 
funden habe, die unserer Zeichnung entspricht. Dürer würde sie dann aus der Erinne¬ 
rung aufgezeichnet haben, wie wir wissen, daß er auch sonst in den Niederlanden und 
in Aachen Einzelheiten aus prunkvollen Aufzügen skizziert hat. — 

*) Die Kunst Albrecht Dürers, Bremen 1911, Nr. 928. (Nicht im Buchhandel.) 

G. Pauli. 


Repertorium für Kunstwis*entchaft, XXXIX. 


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LITERATUR. 


DIE KATALOGE DER SAMMLUNG SCHNÜTGEN. 

Die Skulpturen der Sammlung Schnütgen in Köln. Herausgegeben von Fritz 
Witte. Berlin 1912, Verlag für Kunstwissenschaft. M. 125. —. 

Die liturgischen Geräte und andere Werke der Metallkunst in der Samm¬ 
lung Schnütgen in Köln. Herausgegeben von Fritz Witte. Berlin 1913. M. 125.—. 

Der Zeitpunkt, da Alexander Schnütgen seine reichen Sammlungen der Stadt Köln 
übergab, bedeutete eine Wende nicht nur in der Entwicklung dieser Sammlung, sondern 
vielmehr des ganzen Sammelwesens alter deutscher Kunst. Die Jahre seiner Sammeltätig¬ 
keit, 1866—1906, fielen noch völlig in die Zeit, da Kirchen sich unbedenklich kostbarer 
Stücke entäußerten und auch im kleinstädtischen und bäuerlichen Privatbesitz zuweilen 
wertvolle Kunstwerke gefunden wurden. Seither hat die staatliche Denkmalpflege mit 
wachsendem Erfolge dem Verkaufe von Stücken aus öffentlichem Eigentum vorgebeugt, 
und mit den in Privatbesitz verstreuten Kunstwerken hat der Kunsthandel zugunsten der 
größeren Sammlungen bereits stark aufgeräumt. Nichts ist für die Wandlung der Verhält¬ 
nisse bezeichnender als die Tatsache, daß, während sonst unruhige Zeiten einer Verschleu¬ 
derung von Kunstwerken günstig waren, im gegenwärtigen .Kriege der umgekehrte Fall 
eingetreten ist. Das Verständnis für den Wert dieser Schätze ist zu allgemein geworden, 
und da weder mehr die Unwissenheit, noch auch eine Notlage ausgenutzt werden kann, 
so ergibt sich naturgemäß eine gewisse Stockung des Kunsthandels und damit des Zuwachses 
der Sammlungen. Die Anzeichen für ihr langsameres Wachstum waren schon vor dem Kriege 
unverkennbar. Nach den Jahren des Sammelns ist nun die Zeit der wissenschaftlichen Be¬ 
arbeitung, der Katalogisierung angebrochen. 

Auch die Sammlung Schnütgen hat mit der Unterbringung in einem eigenen Gebäude 
jenen Abschluß erreicht, der ihre öffentliche Inventarisierung erwünscht erscheinen ließ. 
Von den beabsichtigten drei Katalogbänden hat der rührige Konservator der Sammlung, 
Fritz Witte, die beiden ersten in überraschend kurzer Zeit fertig gestellt. Was die äußere 
Form der Veröffentlichungen betrifft, so sind offensichtlich weder Mühe noch Kosten gescheut, 
um Prachtwerke größten Formates zu schaffen, deren Anblick jeden Bücherfreund erfreuen 
muß. Papier, Satzanordnung und der Lichtdruck der Abbildungen sind von vollkommener 
Schönheit. Weniger erfreulich steht es um die praktische Verwendbarkeit; und dieser Tadel 
trifft nicht nur die vorliegende Veröffentlichung. Derartige Kataloge sollen nicht eine müh¬ 
sam bewegliche Zierde der Bibliotheken bilden, sondern vor allem für den praktischen Ge¬ 
brauch stets zur Hand sein. Ihr Zweck ist, die Wissenschaft zu fördern. Der Benutzer muß 
in den Stand gesetzt sein, die Abbildung eines gesuchten Kunstwerkes leicht aufzufinden 
und mit dem zugehörigen Text und anderen Abbildungen schnell zu vergleichen. Dies wird 
bei so ungeheuren Wälzern schon physisch erschwert. Das Riesenformat wäre allenfalls zu 
entschuldigen, wenn die Wiedergabe der abzubildcnden Gegenstände nur in sehr großem 


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Literatur 


259 


Maßstabe wissenschaftlichen Wert hätte. Dies trifft jedoch im vorliegenden Falle nicht zu. 
Denn von der Möglichkeit der Einzelabbildung ist nur in seltenen Fällen Gebrauch gemach^. 
Meist ist vielmehr eine größere Anzahl von Gegenständen auf einer Tafel abgebildet. Ein 
handlicheres Format mit entsprechend kleiner Schrift wäre unschwer möglich gewesen und 
hätte die Benutzbarkeit wesentlich erhöht, zumal, wenn die Tafeln in Mappenform, statt 
an' den Text angebunden, veröffentlicht worden wären. 

Was im besonderen die Wiedergabe mehrerer Kunstwerke auf einer Tafel betrifft, 
so ist diese wohl angängig, wenn künstlerisch zusammengehörige oder kunstwissenschaft¬ 
lich zu vergleichende Stücke abgebildet werden sollen. In solcher Art findet sie sich wieder¬ 
holt z. B. in den Denkmalen deutscher Bildhauerkunst vonDchio und v. Bezold. Im übrigen 
ist die Abbildung nur eines Stückes auf einer Tafel unbedingt vorzuziehen; nichts ist peinlicher 
als ein störender Nachbar. In Wittes Publikationen nun sind sehr häufig, besonders auf¬ 
fallend z. B. im ersten Band auf Tafel 22, ganz heterogene Stücke aus verschiedenen Jahr¬ 
hunderten nebeneinander gestellt. Das rührt daher — und damit kommen wir auf einen 
Hauptmangel zum mindesten des Skulpturenkatalogs —, daß die Anordnung ausschlie߬ 
lich nach ikonographisch-gegenständlichen Gesichtspunkten geschah, während das kunst¬ 
wissenschaftliche Bedürfnis eine Anordnung nach zeitlicher Gruppierung und örtlicher 
Untergruppierung erheischt hätte, so* wie sie in den meisten neueren Katalogen muster¬ 
gültig durchgeführt ist. Unzweifelhaft überwog das ikonographische und liturgische Interesse 
des Herausgebers seine kunstwissenschaftliche Anteilnahme. 

Was man von einem guten Kataloge verlangen darf, das ist, abgesehen von der Beschrei¬ 
bung und richtigen Zuteilung der einzelnen Werke, deren Einreihung in den allgemeinen 
Zusammenhang. Nur wer den Zusammenhang völlig übersieht, vermag auch zutreffende 
Einzelzuweisungen zu geben. Wie beide Zweige der katalogisierenden Fähigkeit, die ana¬ 
lytische und die synthetische, sich wechselseitig beeinflussen und voneinander abhängen, 
zeigt auf das glücklichste der Berliner Glasgemäldekatalog von Hermann Schmitz, auf 
den der Referent in dieser Zeitschrift noch zurückkommen wird. Witte hat auf kunst¬ 
wissenschaftliche Zusammenfassungen verzichtet. Statt ihrer gibt er Typographien, im 
Skulpturenkatalog einzelne Abhandlungen zur Ikonographie Christi und Mariä, in dem 
zweiten, wertvolleren, Bande eine vollkommene Typengeschichte des liturgischen Gerätes. 
Es soll gewißlich diese ikonographische Forschung nicht unterschätzt werden; nur darf 
man sich nicht verhehlen, daß sie lediglich eine Vorarbeit der eigentlichen kunstwissen¬ 
schaftlichen Untersuchung bildet, die ihre Ergebnisse nicht aus der Erforschung einzelner 
losgelöster Typenreihen gewinnt, sondern im Gegenteil aus der Beobachtung sämtlicher 
Erscheinungen einer zeitlich und örtlich begrenzten Gruppe. Indes ist naturgemäß die Art 
der wissenschaftlichen Arbeit Wittes durch die Art der Sammlung selbst bedingt. Schnütgen 
war weniger Stück- als Reihensammlcr. Das heißt, es lag ihm nicht so viel an der Erwer¬ 
bung weniger Kunstwerke von unzweifelhafter Güte, wie vielmehr an der Zusammenstellung 
von Entwicklungsreihen. Bei derartigen Sammlungsbestrebungen tritt das ikonographische 
Moment notwendig in den Vordergrund. Jede künstlerische Entwicklung ist an gleichartigen 
Gegenständen leichter klar zu machen als an verschiedenartigen. An einer Zusammen¬ 
stellung von Kelchen aus den Jahren 1223, 1338, 1478, 1538 läßt sich die gotische Entwick¬ 
lung müheloser überblicken als an einer Gruppe verschiedenartiger liturgischer Geräte aus 
den gleichen Jahren. Und ebenso lassen sich die Wandlungen des Kunstwollens an einer 
Reihe sitzender Madonnen schneller ablesen als an einer Anzahl verschieden bewegter und 
gekleideter Heiliger aus der nämlichen Zeitspanne. Für Lehrzwecke sind derartige Sammel¬ 
reihen unter allen Umständen wertvoll, und aus diesem Gesichtspunkt betrachtet ist auch 

33* 


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2Ö0 


Literatur 


ein geringwertiger Gegenstand als Zeugnis eines im übrigen nicht vertretenen Zeitabschnittes 
noch zu dulden und einer Lücke in der Reihe vorzuziehen. Allerdings ist die Menge des 
Minderwertigen, Zufälligen und Überflüssigen in der Sammlung wie im Katalog nicht klein; 
es hätte unbedenklich mehr ausgeschieden werden dürfen. 

Von den Abhandlungen zum Katalog der Bildwerke behandelt die erste den Kruzifixus 
in der mittelalterlichen Plastik des Abendlandes. Sie weist nach, wie aus dem Kreuz als 
Siegeszeichen der vor dem Kreuze stehende gekrönte Christus regnans und aus diesem erst 
der bewegtere, am Kreuze hangende Christus patiens sich herausbildet. Die zweite Abhand¬ 
lung behandelt den Madonnentypus in der norddeutschen Plastik des Mittelalters, der sich 
analog dem Christustypus entwickelt. Auf die Hohepriesterin folgt die strenge »Himmels - 
kaiserinne«, dieser die liebreizende Himmselkönigin der Mystik, ihr die bürgerliche Mutter¬ 
gottes der Spätzeit. Kleinere Aufsätze über das Vesperbild, das kaum vor dem 15. Jahrhundert 
vorkommt, über Selbdrittgruppen, Johannesschüsseln und Palmesel schließen sich an. 

Die Skulpturenbestände sind größtenteils niederrheinisch und westfälisch. Unter den 
Kruzifixen ragen die westfälischen (Tafel g 0 10, 17) hervor. Die sitzenden Madonnen (Tafel 
23 ff.) sind Hauptstücke der kölnischen Holzbildnerei des 14. und frühen 15. Jahrhunderts. 
Unter den mittelrheinischen Arbeiten verdienen drei weibliche Heilige aus Filzen (Tafel 65) 
besondere Erwähnung. Die niederländischen und süddeutschen Schulen sind überwiegend 
mit Stücken des späteren 15. Jahrhunderts von nicht allzu großer Bedeutung vertreten. 
Doch finden sich in jeder Gruppe vereinzelt hervorragende Stücke, wie etwa die wohl süd- 
niederländische Kreuzigung, Tafel 16, 3. 

Zwischen den Herkunftsangaben auf den Tafeln und im Texte herrschen nicht selten 
Unstimmigkeiten, zuweilen finden diese sich auch bezüglich der Numerierung, z. B. beim 
Texte zu Tafel 18. Auf einige zweifelhafte Datierungen wird unten hingewiesen werden. 
Der Hauptmangel bleibt, wie bereits hervorgehoben, die Anordnung der Abbildungen nach 
bloß ikonographischen Gesichtspunkten, ohne Rücksicht auf die wichtigeren zeitlichen 
und landschaftlichen Zusammenhänge. 

Während so der Plastikkatalog ersichtlich unter Mängeln leidet, die teilweise durch 
das zu katalogisierende Material bedingt sind, ist umgekehrt dem Kataloge des liturgischen 
Gerätes die Abgerundetheit des bearbeiteten Sammlungsgebietcs zustatten gekommen. 
Hier ist, der Vollkommenheit der Sammlung entsprechend, im Texte zwar auch keine Dar¬ 
stellung der gesamten stilistischen Entwicklung, dafür aber eine Geschichte der einzelnen 
Arten des liturgischen Gerätes gegeben, wie sie in gleicher Gründlichkeit, in bezug auf Quellen¬ 
forschung wie Materialverarbeitung, bisher nicht zu finden war. In knappen Kapiteln 
werden der Reihe nach Tragaltar, Kelch mit Zubehören, Ziborium und Monstranz, Me߬ 
kannen, Altar- und Vortragekreuzc, Leuchter, Rauchfaß und Schiffchen, Aquamanile und 
endlich die verschiedenen Arten von Behältern, vor allem die Reliquiare, behandelt. Was 
die Abbildungen dieses zweiten Bandes betrifft, so zeigen sie, neben hervorragenden Einzel¬ 
stücken, deutlicher als jene des ersten Bandes das Streben nach Vereinigung von Entwick¬ 
lungsreihen jeder Gerätart. Doch selbst hier hätte der Referent eine Anordnung des Stoffes 
nach stilgeschichtlichen Gesichtspunkten, wie sie z. B. Pazaurek in seinen »Goldschmiede¬ 
arbeiten aus schwäbischen Kirchen« gibt, vorgezogen. 

Einige Ergänzungen und Berichtigungen mögen das Referat beschließen. 

Zum ersten Bande: 

Tafel 23,4. Der gleiche Madonnentyp, jünger, in der ehemaligen Sammlung Örtel, 
Kat. Tafel 3. 

Tafel 25 bis 29 und Text Seite 37. Bei den sitzenden Madonnen mit bekleidetem 


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Literatur 


2ÖI 


stehendem Kinde aus dem 14. und beginnenden 15. Jahrhundert dürfte es sich kaum, 
wie Witte annimmt und auch der Refeient früher geglaubt hat, um einen vorzugsweise 
rheinischen Typus handeln. Bei der Besprechung einer gleichartigen oberschwäbischen 
Madonna im Katalog der Stuttgarter Altertümersammlung (Nr. 26) wird sich die Gelegen¬ 
heit ergeben, auf verwandte Stücke im übrigen Deutschland hinzuweisen. 

Tafel 76, 2, 3. Die Figuren vom Kölner Domhochaltar sind fälschlich um 1400 
datiert. Der Altar wurde von Erzbischof Wilhelm v. Genep (1349—1361) gestiftet. Vgl. 
Lübbecke a. a. O., S. 68. 

Tafel 76, 1. Die Figur vom Grabmal des Erzbischofs Engelbert III. läßt sich genau 
datieren. Sie ist 1366—1368 entstanden. Vgl. Lübbecke, Die gotische Kölner Plastik, 
1910, S. 79. 

Tafel 70, 1, 2. Die beiden in Stcrzing erworbenen Figuren sind tirolisch, um I 43 °> 
haben demnach zu Multscher, der nach 1456 nach Sterzing kommt, keine Beziehung. 

Tafel 70, 3. Der Bischof zeigt in der Gewandbehandlung eher den etwas trockenen, 
knappen Würzburger als den mittelrheinischen Stil der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. 
Zur Vergleichung sei auf die Grabmäler der Bischöfe Johann v. Egloffstein, f 14*1, und 
Johann v. Brunn, f 144°, hingewiesen (Pinder, Mittelalterliche Plastik Würzburgs, 1911, 
Tafel 43 und 53). 

Tafel 27, 1. Die stehende Madonn?, von Witte in das 14. Jahrhundert versetzt, möchte 
um der realistischen Kopfbildung und der Art der Knitterung des Gewandsaumes willen 
wohl eher aus den letzten Jahren des Wellenfaltenstiles, um 1440, stammen. 

Tafel 36, 2. Eine in der Anordnung verwandte Heiligengruppe, aus Cannstatt, 
in der Stuttgarter Altertümersammlung (Nr. 209). Wittes Datierung, um 1420, ist zu 
früh. Das kölnische Stück gehört, gleich dem stuttgartischen, in die zweite Hälfte des 
15. Jahrhunderts. 

Tafel 30, 3. Die bayrische Madonna gehört noch dem 15. Jahrhundert an. 

Tafel 20. Der Schmerzensmann aus der Aachener Gegend dürfte eher am Ende des 
15. als am Ende des 16. Jahrhunderts entstanden sein. 

Tafel 32, 3. Die Gewandbehandlung der in Würzburg erworbenen Madonna weist 
mehr auf den mittelrheinischen Stil der Schule Backoffens als auf Würzburg hin. 

Tafel 22, I. Die in Frankfurt erworbene Geißelung gehört in den Kreis von oberschwä¬ 
bischen, sehr realistischen Flachschnitzereien um 1530, die sich in Mettenberg und Rissegg 
finden (vgl. Baum-Pfeiffer, Kunstdenkmäler des OA. Biberach, 1909, S. 147 ff., 213) 
und die Probst dem Ravensburger Andreas Heidler zuweisen möchte. Das Relief der Ent¬ 
hauptung des Johannes, Tafel 69, 6, gehört, unbeschadet gewisser Ähnlichkeiten, nicht in 
diesen Zusammenhang. 

Tafel, 57,7. Die Anbetung der Könige ist wohl oberschwäbiscl^ von Ulm beeinflußt. 

Tafel 75, 3. Ein ähnlich bewegter nackter Sebastian, unzweifelhaft um 1500, in der 
Sammlung Schnell in Ravensburg. 

Zum zweiten Bande: 

Tafel 86, 3. Ein ähnlicher Kronleuchter, größer und etwas jünger, in Ave Maria bei 
Deggingen (Abb. in Baum, Kunstdenkmäler im OA. Geislingen, 1914, S. 79). 

Möge der letzte Teil des stattlichen Werkes, der die Schöpfungen der Webekunst 
behandeln soll, sich den beiden bisher erschienenen Bänden bald würdig anschließen. 

Baum. 


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2Ö2 


Literatur 


Heinrich Hammer. Die Entwicklung der barocken Deckenmalerei in Tirol. 
Studien zur deutschen Kunstgeschichte Heft 159. Straßburg 1912. 416 S. mit 44 Tafeln 
und 6 Doppeltafeln. M. 30 ,—. 

Der Verf., der sich bereits durch eine Biographie des Tiroler Spätrokokomalers Joseph 
Schöpf (Innsbruck 1908) als guten Kenner der Deckenmalerei Tirols im 18. Jahrhundert 
erwiesen hat, bringt mit diesem Werke über die Entwicklung der barocken Deckenmalerei 
in Tirol einen neuen, sehr verdienstlichen Beitrag zur Geschichte des deutschen Barocks. 
Wer die großen Schwierigkeiten kennt, die mit derartigen Arbeiten aus der Kunstgeschichte 
des 17. und 18. Jahrhunderts bei dem Mangel an einigermaßen genügenden Vorarbeiten 
historischer Art und namentlich auch an brauchbaren Abbildungen verbunden sind, wer 
weiß, welcher Wust von unrichtigen und halbrichtigen Nachrichten aus den alten Nach¬ 
schlagewerken in der neueren kunstgeschichtlichen Literatur weitergeschleppt wird, der 
muß dem Vcrf. für diese exakte und mit vollem Überblick über die ganze Materie geschaffene 
Arbeit seine Anerkennung zollen. Der breite Stoff ist auf Grund archivalischer Forschungen 
bearbeitet; eine stattliche Anzahl von guten Abbildungen, die in der Mehrzahl bisher un- 
publiziert waren, ergänzt den Text. Wie sehr für die Kunstgeschichte derartige Mono¬ 
graphien notwendig sind, zeigt auch diese Arbeit mit ihrer Menge von wertvollen, über die 
Interessen der Lokalhistorie an Bedeutung weit hinausgehenden Resultaten. Allerdings 
dürfte die Bearbeitung eines anderen Landes kaum so ergiebig sein als die Tirols, das als 
Grenzgebiet deutscher und italienischer Art so viele Berührungspunkte mit der Kunst der 
benachbarten Länder bietet und das außerdem über eine ununterbrochene Entwicklungs¬ 
reihe seit der Mitte des 17. Jahrhunderts verfügt, während in den benachbarten deutschen 
Gebieten die eigentliche Deckenmalerei erst mit dem 18. Jahrhundert beginnt. 

Die Einteilung des großen Stoffes geschieht nach zwei Gesichtspunkten, sie ist chrono¬ 
logisch und lokal. Der erste folgt von selbst aus der Thcmastellung, der zweite, die Einteilung 
in Nord-, Mittel- und Südtirol, ist zwar der Übersichtlichkeit wegen angebracht, ist aber 
für die ersten Zeiten nicht so sehr durch die Entwicklung gegeben. Das nördliche und mitt¬ 
lere Tirol bilden mehr eine Einheit, ebenso wie das südliche Tirol von Anfang an eigens 
steht. Es hängt eben zu sehr mit den benachbarten italienischen Gebieten zusammen, während 
anderseits Nordtirol und Mittcltirol in der Kunstentwicklung von Deutschland nicht getrennt 
werden können, obwohl auch hier primäre Einflüsse immer wieder auf Italien zurückgehen. 
Die Entwicklung der Deckenmalerei, die seit dem Beginn der Spätrenaissancc geschildert 
wird, ist keine organische, namentlich nicht in den Anfängen, sic vollzieht sich etappen¬ 
weise. Schon dadurch ergab sich, daß die Schilderung der Anfänge, die nach meiner Ansicht 
zu breit geraten ist, mehr einer Aufzählung gleicht; es fehlen eben in diesen Zeiten die über¬ 
ragenden Meister, die durchgehenden Linien. Mehr bodenständig wird die Deckenmalerei 
in Nordtirol im späten 17. Jahrhundert durch die Künstlerfamilie der Schor und Waldmann, 
besonders durch Egid Schor und Kaspar Weidmann, die künstlerisch ganz von Pietro da 
Cortona abhängig sind. Tirol erlebt schon in diesen Zeiten eine eigenartige Blüte der Fresko¬ 
malerei, für die es in Deutschland vollständig an einem Analogon zu fehlen scheint. 

Neue Probleme bringt für die Deckenmalerei A. Pozzo, durch den die architektonisch¬ 
perspektivische Durchbildung und damit das Prinzip des Illusionismus auf die Spitze ge¬ 
trieben wird. Seine Ideen gewinnen auch Einfluß auf die Deckenmalerei in Tirol, direkt 
durch seine Schüler und Nachfolger in Südtirol, unter denen G. A. Baroni wirklich bedeutend 
genannt werden muß. In Nordtirol sind es zwei bayerische Maler, Kosmas Damian Asani 
und sein Schüler Matthäus Günther, die Pozzos Ideen verbreiten. Von Asam ist in Tirol 
nur die St. Jakobskirche in Innsbruck mit Fresken geschmückt worden; von dem äußerst 


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Literatur. 


263 


fruchtbaren M. Günther ist eine Reihe von Werken aus verschiedenen Perioden seines 
Schaffens vorhanden. Weniger weitgehend ist der Einfluß der Augsburger J. G. Bergmüller 
und Wolker, die sich nur vorübergehend in Tirol aufhielten. Die früher vertretene Ansicht 
(in der Biographie von I. Schöpf), daß diese Meister völlig von den Venezianern abhängig 
seien, die ich auch in meiner Monographie über den bayerischen Freskenmaler Christian Wink 
(München 1912) zurückgewiesen habe, hat der Verf. jetzt fallen lassen, bei Asam und Berg¬ 
müller wenigstens. Ich kann mich auch jetzt noch nicht zu der Überzeugung bekennen, daß 
Tiepolas Einfluß bei Günther so maßgebend gewesen wäre, wie hier neuerdings angenommen 
wird. Der angebliche Besuch Günthers in Venedig ist durchaus unwahrscheinlich. Es 
folgen sich die Werke Günthers der Frühzeit (Druisheim 1732, Weiden 1732, St. Elisabeth 
bei Sterzing 1733, Garmisch 1733, Aichkirch 1734, Neustift bei Brixen 1736) in zu rascher 
Folge, als daß in der Zwischenzeit ein Studienaufenthalt in Venedig angenommen werden 
könnte, und außerdem sind die hier als speziell venezianisch angenommenen Kennzeichen 
im farbigen Charakter der Bilder auch schon vor dem Jahre 1735, dem mutmaßlichen Stu¬ 
dienjahre in Venedig, vorhanden. Es fragt sich übrigens, ob nicht in dieses Jahr die Fresken 
der Pfarrkirche in Rattenberg gesetzt werden müssen; der stilistische Charakter, soweit er 
nach der Abbildung beurteilt werden kann, spricht dafür. Im allgemeinen ist die Entwicklung 
der Deckenmalerei in dieser Zeit eine viel mehr selbständige und organische, und einzelne 
Meister sind zu bedeutend, als daß die schematisierenden Begriffe pozzcsk, tiepolesk ihren 
Wert decken würden. Ein Einfluß Venedigs ist sicher vorhanden; er geht von Amigoni, 
Piazetta und erst später von Tiepolo aus, ist aber nicht so weitgehend, wie hier angenommen 
wird. 

In Tirol selbst sind an besseren Meistern der Rokokozeit nur die Zeiller und Zoller 
zu nennen, und auch von diesen hat Joh. Jakob Zeiller seine Hauptwerke außerhalb Tirols 
geschaffen (Ettal, Ottobeuren). Ganz zur bayerischen Malerei müssen die gebürtigen Tiroler 
Magges, Baumgartner und Holzer gerechnet werden. Die Masse der übrigen, wenig be¬ 
deutenden Rokokomaler Tirols interessiert nur im entwicklungsgeschichtlichen Zusammen¬ 
hänge, während in Bayern eine stattliche Anzahl von guten Meistern heraustritt. Erst 
mit dem beginnenden Klassizismus treten wieder zwei Künstler hervor, die wirkliche Be¬ 
deutung haben, Knoller und Schöpf. Beide stehen unter dem Einflüsse von Mengs, beide 
bewahren aber eine große Selbständigkeit, und ebenso langsam, wie in Deutschland vollzieht 
sich die Auflösung der perspektivischen Wirkung, die Zerstörung des Illusionismus im 
Deckenfresko. 

Es ist eine interessante Entwicklungsreihe, die uns der Verfasser in anregender Weise 
vorführt. Die Entwicklung ist richtig beschrieben, die allgemeinen Charakteristiken sind 
treffend, sie haben sogar Gemeingültigkeit für die Kunst der Zeit in andern Ländern — 
soweit sich das Material bisher überblicken läßt. Von einer gewissen Einseitigkeit darf man 
allerdings den Verfasssr nicht freisprechen, insofern er zu sehr das Problem des Illusionis¬ 
mus, die Entwicklung der perspektivischen Malerei, berücksichtigt und auf die übrigen 
Formen- und Farbenprobleme wenig eingeht. Störend ist die manchmal unbeholfene Be¬ 
schreibung der Architektur. Kleinere Versehen konnten nur in den die deutschen Künstler 
betreffenden Partien konstatiert werden. 

Das Buch ist die erste, zusammenfassende Arbeit über die Deckengemälde des Barock 
in einem beschränkten Gebiete. Es wäre nur zu wünschen, daß auch bald derartige Ar¬ 
beiten über deutsche Länder nachfolgen würden, da es sich um Werke handelt, die einen 
Ruhmestitel der deutschen Kunst dieser Zeit bedeuten I Sie sind nur zu wenig bekannt. 
Die Arbeiten sind wirklich vordringend. Von den einigen Hunderten von Deckengemälden, 


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Literatur. 


die ich aus Süd- und Westdeutschland kenne, ist kaum mehr der zehnte Teil intakt, und die 
Zerstörung der übrigen schreitet mit furchtbarer Raschheit vorwärts, namentlich durch 
unglückliche Restaurationen, für die eben meist die geeigneten Kräfte fehlen. Und wie 
viele Bilder werden durch moderne Einrichtungen (elektrische Beleuchtung) in ihrer Wirkung 
beeinträchtigt. Nur da, wo eine verständige Denkmalspflege mit aller Energie eingreift, 
verhält es sich besser. Schon aus diesen Gründen wäre eine systematische Sammlung der 
besseren Werke dieser Zeit eine vordringende Aufgabe der deutschen Kunstgeschichte. 

Adolf Feulner . 

Dr. Hugo Kehrer. Die Kunst des Greco. München, Hugo Schmidt, 1914. 97 S. u. 

75 Taf. Lex.-8°. M. 6, geb. M. 8. 

Es wäre vielleicht erwünschter gewesen, wenn Kehrer an Stelle dieser zweifellos geist¬ 
reichen und originellen Ausführungen über das Problem Greco, die so, wie sie vorliegen, aus 
dem Fragmentarischen nicht herauskommen und daher auch nicht ganz zureichend ihren 
Zweck, das Verständnis Grecos zu fördern, erfüllen können, ein dieser Aufgabe ebenso gerecht 
werdendes, historisch und stilkritisch erschöpfendes und gründliches Werk geliefert hätte. 
Dies hätte geraume Zeit beansprucht, die Kehrer wahrscheinlich nicht zur Verfügung 
stand. Wenn er, da er doch zur dreihundertsten Jährung des Todestages Grecos etwas geben 
wollte, nun diesen Essay veröffentlichte, der in der ästhetischen Einfühlung in Grecos Schaffen 
durchaus Ungewöhnliches bietet, dann ist ihm auch dafür Anerkennung zu zollen. Als 
wirklich glänzend und suggestiv geschriebene Darstellung der künstlerischen Persönlichkeit 
Grecos, seines Ringens mit den Mitteln malerischer Gestaltung um die Gewinnung neuer 
Ausdrucksmöglichkeiten seelischer Zustände, kann das Buch, wenn man sich nicht gerade 
auf den Standpunkt nüchternster Wissenschaftlichkeit versteift, ganz wohl in die Reihe 
der besten und fesselndsten Schriften über spanische Kunst gestellt werden. 

Grecos italienische Frühzeit (die auch Valerian v. Loga im Jahrb. d. Kgl. PreuQ. 
Kunstsammlungen behandelt hat) wird in dem einleitenden Kapitel »Lebensgeschichte«' 
kurz abgemacht. Was Kehrer an Greco interessiert, ist ja auch nicht die Tatsache, daß er 
von Tizian, Tintoretto usw. herkommt, sondern das Problem, wie er trotz dieser Beein¬ 
flussung zu dem Greco hat werden können, der uns hauptsächlich fesselt. Und im Gegensätze 
zu den Ansichten, die all das Originelle an Grecos Kunst gern einer Sehstörung zuschreiben 
möchten (behauptet doch der Madrider Augenarzt Germän Beritens in zwei »Por qu6 el 
Greco pintö como pintö« betitelten Artikeln, welche im Novemberheft 1912 und im Märzheft 
1913 der Zeitschrift »Por Esos Mundos« erschienen sind, unter Hinweis auf den Gesichts¬ 
eindruck bei künstlich hervorgerufenem Astigmatismus und geringer Distanz vom Sehobjekt 
und unter Veranschaulichung derselben durch Photographie Rubensscher und Veläzquez- 
scher Werke, die, mit Fokusdiversität aufgenommen, wirklich frappante Ähnlichkeit mit 
Grecos Bildern erhalten, den Astigmatismus des Künstlers und damit die einzige sinnvolle 
Erklärungsmöglichkeit seines spanischen Stils einwandfrei nachgewiesen zu haben), Keh¬ 
rer tritt also im Gegensatz zu diesen Ansichten dafür ein, daß es nur seelische Momente 
waren, die Greco zu seinen extravagant die Vertikale betonenden Proportionen führten. So 
unterscheidet er auch von den »Hauptwerken der toledanischen Frühzeit«, d. h. dem Espolio 
in seinen verschiedenen Exemplaren, dem San Mauricio und dem Entierro del Conde deOrgaz, 
die Werke des »neuen Stils«, in denen aber das Wachsen der Proportionen und das »Schaffen 
mit unwirklichem Licht und mit einem grandiosen Kolorit« das Ringen Grecos um eine ad¬ 
äquate Darstellung seiner Seelenzustände zum Ausdruck bringen. »Die Proportionen wachsen 


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Literatur. 


265 


heißt nichts anderes, als der seelische Ausdruck bekommt eine ungeahnte Tiefe.« »Alles ist 
ihfn Geist, alles ist ihm Seele.« »Diener dieses Wollens sind ihm Licht und Farbe.« 

Dieser Landanschauung folgend und mit nicht geringem psychologisch einfühlendem 
Verständnis analysiert Kehrer in drei Kapiteln Grecos Mystik, Licht und Farbe und seine 
letzten Werke. »Greco als Porträtist«, das diesen vorangeschickte Kapitel, kann freilich 
von der »schrankenlosen Vergeistigung der Materie«, an der es ihm sonst gelegen ist, kaum 
etwas nachweisen. Als Porträtist »bändigt er sein Temperament und wird zum nüchternen 
Beobachter«. Ja, es scheint, als ob Greco in manchen seiner Hidalgoporträts gerade das 
Gegenteil seiner sonstigen künstlerischen Absichten ausgedrückt habe, da sie eine eminent 
karikierende Tendenz verraten. 

Im Abschnitt »Grecos Mystik« kann ich mit dem zwischen Greco und Zurbarin aufge¬ 
stellten Gegensatz nicht einverstanden sein. Zugegeben, daß bei Zurbaräns h. Franz im 
Museum zu Lyon eine Spur von Zerknirschtheit zu finden ist, so kann aber die um dieses 
einen Exemplars willen’gemachte Behauptung, Zurbardn male die Gemütsverzweiflung, 
doch in keiner Weise als wissenschaftlich gerechtfertigt erscheinen. Der San Francisco im 
Sevillaer Museo Provincial und der in »La Porciüncula« im Cadizer Museum, vor denen ich 
oft nachempfindend gestanden habe, erlauben unmöglich, von einem Gefühl der Gemüts¬ 
verzweiflung zu sprechen. Der Unterschied zwischen Greco und Zurbardn, was den in Frage 
stehenden Punkt betrifft, ist meines Erachtens der, daß Greco die völlige Versunkenheit, 
die durch kein Bewußtsein ihrer Individualität mehr getrübte Hingabe an das Mystische 
und Visionäre auszudrücken vermag, während Zurbardns Mönche und Heilige bei aller In¬ 
brunst der Kontemplation doch das Gefühl ihrer Bodenschwere nicht verlieren können und 
so freilich einen Zug des Schmerzes erhalten. Mit Gemütsverzweiflung, wie sie Kehrer 
begreift, hat aber dieses Schmerzgefühl nicht viel gemein. 

Das Kapitel »Licht und Farbe«, in dem auch einiges über Grecos Technik gesagt wird, 
dünkt mich hohe Anerkennung zu verdienen. Kehrers Gedankengang ist in Kürze dieser. 
Für Tizian ist das Licht ein formbildender, modellierender Faktor und dient dazu, die Gegen¬ 
stände des Ganzen je nach ihrer Bedeutung mehr oder minder stark hervorzuheben. Tintoretto 
sieht von diesem Prinzip der Lichtwirkung schon ab und beginnt, das Licht »bewegt und 
zuckend«, »das Auge in den Raum hinein- und darin herumführend«, kurz als raumbildendes 
Element zu verwenden. Im Gegensätze zu beiden, Tizian und Tintoretto, ist nun für Greco 
das Licht höchstens »ein Mittel, die Fläche zu beleben«. »Mit der Wirklichkeit hat es nichts 
mehr zu tun, sondern es verinnerlicht eine idealistische Grundtendenz, es übernimmt die 
führende Rolle im formalen Sinne, indem es ornamental, rythmisierend wirkt.« Es ist »bei 
Greco kein natürliches Element«, hat vielmehr »seinen Ursprung im Gefühl«. So muß das 
Licht logischerweise auch die Tendenz haben, alle körperlichen Reste aufzulösen, um nur 
zur »durchgängigen Beseelung der stummen und darstellenden Form« zu dienen. 

Und in der Tat drängt die Entwicklung von Grecos Kunst auch immer mehr zu diesem 
Ziel hin. Die letzten Werke, die Eröffnung des fünften Siegels, Laokoon und Toledo im 
Gewitter, haben in der Vergeistigung den Kulminationspunkt erreicht. 

Nach allem muß eine Einordnung Grecos in die Geschichte der künstlerischen Stile 
ihn, wie Kehrer abschließend ausführt, dem Barock zurechnen, freilich mit dem Unter¬ 
schiede, daß er vermöge seines »Subjektivismus«, der ihn nicht mit Massen arbeiten, sondern 
»in der Vergeistigung des Stofflichen sein letztes Ziel finden läßt«, einen Spezialfall des Barock 
darstellt. Dr. Ferdinand Ackenheil. 


Repertorium für Kunstwissenschaft, XXXIX. 


34 


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266 


Literatur. 


Josef Garber. Die karolingische St. Benediktkirche in Mals. Mit 23 Tafeln 
und 2 Textillustrationcn. Innsbruck 1915. Im Selbstverlag des Museum Ferdinandeum; 
wenn vom Museum direkt bezogen, Preis 7 Kronen. 

Immer mehr erweist sich die Paßlinie Reschenscheidegk-Wormser Joch für das frühe 
Mittelalter als der entscheidende Austauschweg zwischen dem Nord- und Südfuß der Alpen, 
und es scheint, daß der Brenner erst später an seine Stelle tritt, ohne daß der Grund für die 
Ablösung des Weges nach Mailand durch den Weg nach Verona-Venedig deutlich wäre. Auf 
die Entdeckung der karolingischen Klosterkirche von Münster im Münstertal mit ihren 
Wandgemälden und ihrem plastischen Schmuck karolingischer und heinricischer Stilherkunft, 
über den ich seinerzeit an dieser Stelle referieren konnte, folgt jetzt die Entdeckung von 
Fresken und Stukkaturen ähnlichen karolingischen Stils in St. Benedikt in Mals, das an 
einem wichtigen Kreuzungspunkte derselben Heerstraße liegt. Die Auffindung geschah in 
zwei Etappen: die der Gemälde der Nordwand und zweier im unteren Teil der Altarwand 
erfolgte im Jahre 1913, die vollständige Aufdeckung der letzteren neuerdings, wobei das 
Material, mit dem sie vermauert gewesen waren, zugleich eine Reihe von karolingischen 
Architekturfragmenten ergab. Leider war der Satz von Garbers erstem Bericht schon 
vollendet, als die neueren Entdeckungen erfolgten, und so folgen im Buch zwei ungleiche 
Teile aufeinander, die sich teilweise korrigieren. Sie geben eine bloße Beschreibung, ohne 
sich weit auf kunstgeschichtliche Erörterungen einzulassen; die Architektur der Kirche, 
von der wenigstens ein Grundriß erwünscht gewesen wäre, ist wenig ausführlich behandelt. 
Es ist somit leider unmöglich, festzustellen, inwieweit die Kirche als Ganzes mit der karo¬ 
lingischen Graubündener Gruppe, die ja architektonisch ungemein charakteristisch ist, 
zusammengeht. 

Die Altarwand ist allerdings, wie dort überall, von drei Nischen durchbrochen. Aber die 
beigegebene Rekonstruktion zeigt sie hufeisenförmig geschlossen und von einer etwas barocken 
Stuckdekoration umrahmt. Jede der Nischen wird von 2 Säulen flankiert, deren Schaft mit 
»langobardischem« Flechtwerk überkleidet und deren Kapitell in drei übereinanderliegende 
Formen zerlegt ist. Es folgen von unten nach oben eine Art laufender Hund, durcheinander¬ 
geschlungene Bögen und schließlich — in offenbarer Umgestaltung eines korinthischen 
Kapitells — ein menschlicher Oberkörper zwischen Ranken. Diesen ganzen Aufbau schließt 
ein lagerndes Tier gegen den Bogen ab, eine Form, die in hochromanischcr Zeit, z. B. an 
der goldenen Pforte in Freiberg, vorkommt, hier aber zum erstenmal begegnet. Der ganze, 
künstlerisch sehr unorganische Aufbau ist durch eine in situ gefundene Säule gesichert, 
gleiche Fragmente von andern sind zutage gekommen, ob aber eine genaue Aneinander¬ 
passung stattgefunden hat, sagt das Buch nicht. Auch von den Bogenumrahmungen ist 
genug gefunden, um ihr Ornament sicherzustellcn. Ob dagegen die beiden Plattenfragmente 
sogenannten langobardischen Stiles die Vorderseiten der Nebenaltäre bildeten, wie Garber 
annimmt, oder Chorschranken waren, muß dahingestellt bleiben. Die Wandgemälde ver¬ 
teilen sich so, daß im oberen Teil der Mittelapsis Christus zwischen zwei Engeln, in der nörd¬ 
lichen Nische der h. Gregor, in der südlichen der h. Stephanus, beide durch Namensinschrift 
gesichert, stehend dargestellt sind. Zwischen den Apsiden ist in halber Höhe nördlich ein 
weltlicher Fürst, südlich ein Geistlicher dargestellt, der das Kirchenmodell hält, beide mit 
viereckigem Nimbus, also offenbar die Stifter. Von den Gemälden der Nordwand sind nur 
die fünf Bilder der obersten Reihe deutlich zu erkennen, ein sechstes ist so weit erhalten, 
daß die Existenz einer Freskenreihe unterhalb dieser ersten sichergestellt ist. Garber möchte 
in der oberen Reihe Darstellungen aus der Geschichte des Paulus sehen. Indessen scheint 
das wenig gesichert. Das östliche Bild der Reihe stellt zweimal den h. Gregor dar, rechts 


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Literatur. 


267 


von Tauben umgeben, links einem Kleriker diktierend, eine Benennung, auf die Garber 
augenscheinlich erst nach der Entdeckung des Gregoriusfreskos in der Apsis gekommen ist, 
obgleich das Taubenattribut keinen Zweifel läßt. Das Bild daneben ist fraglos die Bekehrung 
Pauli, das nächste ist ganz zerstört. Das folgende, die Steinigung des Stephanus, hat wieder 
einen Heiligen der Apsis zum Gegenstand, und seine Berechtigung an dieser Stelle dadurch 
zu motivieren, daß Saulus bei dessen Tode anwesend war, zeigt, wie gezwungen sich hier 
der Paulus-Zyklus ergibt. Ebenso läßt das letzte Bild eher in den beiden Gegeißelten die 
Märtyrer sehen, als den die Christen verfolgenden Saulus in dem Manne, der ihr Martyrium 
befiehlt. Es scheint also eher eine Reihe von Heiligengeschichten dargestellt zu sein, als eine 
fortlaufende Erzählung. Wichtig ist die Vorliebe für Gregor den Großen. Sie läßt die 

Möglichkeit zu, daß die Kirche von Anfang an dem h. Benedikt geweiht war, dessen Namen 

• • 

sie heute noch trägt. 

W'enn auch der Nachweis, daß die Kirche von vornherein als Filialkirche des Klosters 
St. Johann in Münster erbaut wurde, nicht als schlüssig angesehen werden kann, so ist der 
kunstgeschichtliche Zusammenhang beider außer jeder Frage. Die Wandgemälde haben 
in der Tat denselben Stil, einen Impressionismus auf antiker Basis, aber offenbar schon zum 
linear mittelalterlichen Stil tendierend. Wichtig ist, daß Stukkaturen, deren Technik sehr 
klar dargestellt wird, an beiden Orten gleichfalls Vorkommen, wenn auch Identisches sich 
nicht gefunden hat, weil die Schule in Münster ihre Hauptwerke erst bei der späteren hein- 
ricischen Renovierung geschaffen hat. Doch ist der Stil der Köpfe an den Kapitellen offenbar 
identisch mit den in Disentis gefundenen Kopffragmenten, das architektonisch zur Münsterer 
Gruppe gehört. 

Garber versucht auch Beziehungen zum Stil der Adagruppe und andern karolingischen 


Kunstformen herzustellen, aber die Ähnlichkeiten, die er berührt, sind wenig intensiv, und 

die Analogien so sporadisch, daß man nur von Zeitstil sprechen kann. Will man die Gruppe 

• • . m * 

einordnen, so sind die nächsten Analogien für die Stückarbeiten in Technik und Stil die 
Stuckplastiken in Sta. Maria in valle in Cividale. Die Ähnlichkeit der Köpfe ist erstaunlich; 
und auch Einzelornamente lassen sich auf Formen zurückführen, die dort Vorkommen, 
aber stark reduziert werden. Bekanntlich hat Strzygowski den Ursprung dieser Motive 
im hellenistischen Orient nachgewiesen, und man wird die Vorbilder für die Fresken gleich¬ 
falls dort zu suchen haben, wie allein schon das Gemälde der Mittelnische belegt. Das ist 
der Grund dafür, daß alle Versuche, den Stil dieser Freskengruppe mit abendländischen 
Buchmalereien in Zusammenhang zu bringen, fehlgeschlagen sind, weil nur Nebensächliches 
übereinstimmte. Auch diese neue Gruppe erweist wieder den geringen Zusammenhang 
der karolingischen Schulen untereinander, wohl deshalb, weil jede von ihnen ohne Ahnen 
auf europäischem Boden aus einer andern östlichen Wurzel entspringt. * 

Ernst Cohn-Wiener . 


Dr. W. Junius. Spätgotische sächsische Schnitzaltäre und ihre Meister. 
(Ein Beitrag zur Kenntnis der mittelalterlichen Bildnerei im Königreich Sachsen.) Mit 

* * • m 

30 Abb. Dresden: Verlag des Deutschen Denkmals-Archivs 1914. 

Dieser Beitrag behandelt ein mit voller Absicht lückenhaft gelassenes Material, und 

diesem Umstande verdankt er neben andern seinen beiläufigen Charakter. Der Autor hat 

- * • * • 

Wert gelegt auf »Heraushebung einzelner besonders charakteristischer« und ihm »besonderer 
Beachtung wert erscheinender Werke«. Der innere Grund, der eine systematisch-topographische 
Behandlung des Themas dem Autor unrätlich erscheinen ließ, wird dem geduldigen Leser 
erst nach wiederholtem Lesen des gewundenen Vorwortes klar: es ist die Erkenntnis, daß 

34* 


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268 


Literatur. 


»der Wunsch, mit philologischer Akribie Meister herauszukonstruieren«, vom Zufall und 
von archivalischen Funden abhängig ist. Jedenfalls hat sie dem Verf. viel mühselige Arbeit 
erspart, allerdings nur, um sie ihm oder einem andern Bearbeiter zu überlassen, der das 
Thema von einem höheren Standpunkt aus betrachtet. 

Ein lokal gefaßtes Sachthema, wie der sächsische Schnitzaltar, verlangt eine straffe 
und genaue topographische Bearbeitung, soll nicht ein ungefähres und zufälliges Ergebnis 
die Folge sein, womit weder der lokalen noch der kunstgeschichtlichen Forschung gedient 
ist. Nicht nur das heutige Königreich Sachsen, sondern das Sachsen des 15. bis 16. Jahr¬ 
hunderts, die albertinischen und ernestinischen Lande sind das Gebiet, das nach seinen 
erhaltenen Altären zu durchforschen wäre, soll über den besonderen Charakter des sächsi¬ 
schen Schnitzaltars nach Inhalt und Form, über die verschiedenen Lokalschulen etwas 
Positives in Erfahrung gebracht und soll die sächsische Plastik der deutschen Kunstgeschichte 
an der richtigen Stelle eingefügt werden. — Mit philologischer Akribie Meister herauszu¬ 
konstruieren, ist nicht das Ziel der Kunstgeschichte und sicher nicht einer solchen Quellen¬ 
sammlung. Es kommt in der Bearbeitung darauf an, den gesamten Stoff in sich zu grup¬ 
pieren und die Zusammenhänge mit dem Ganzen aufzuspüren. Das eigentliche Material, 
die Altäre, müssen als Quellensammlung nach Thema, Erhaltungszustand, Entstehungszeit, 
Stil in einem Verzeichnis knapp beschrieben und zusammengestellt — für den eigentlichen 
Leser des Buches unschädlich, aber seiner Prüfung zugänglich gemacht werden. Nur auf 
diese Weise kann der Wert einer solchen mühevollen Arbeit auf die Dauer gesichert und 
erhalten bleiben, auch wenn die stilistische Bearbeitnug des Themas überholt ist. 

In der vorliegenden Arbeit kann man höchstens Vorstudien sehen über einzelne sächsi¬ 
sche Bildschnitzer, von denen nur die uns durch Flechsig schon bekannten unser Interesse 
haben. Leider sind die beigegebenen Abbildungen mit Ausnahme der Photographien kein 
Material, mit dem sich die stilistischen Auseinandersetzungen verfolgen lassen. Die Be¬ 
schreibungen und stilistischen Charakterisierungen sind nicht eindringend und zum Teil 
unverstanden (so, wenn die Kunst des Meisters HW. als »Sondergotik« im Rahmen der 
spätgotischen Kunst« charakterisiert wird!); der Unterschied zwischen individuellen Künst¬ 
lergewohnheiten und überlieferter Gewohnheit in Anordnung und Haltung von Figur und 
Gewand ist nicht erfaßt. Das Lob des unbekannten Freibergers Ulrich Durrendorth, dem 
der Peniger Verkündigungsaltar zugeteilt wird, auf Kosten des Veit Stoß wird wohl kein 
Kundiger ernst nehmen. Nirgends ist auch nur ein Ansatz gemacht, das geistige Band zu 
suchen, das die Kunst der drei bedeutenden sächsischen Bildschnitzer der Spätgotik 
zusammenschließt — es ist, als ob dem Verf. die Kunst Tilman Riemenschneiders voll¬ 
kommen aus dem Gedächtnis geschwunden sei. Und doch liegt gerade hier das Kerninteresse, 
um dessenwillen der Liebhaber spätgotischer Plastik nach einer Untersuchung über den 
sächsischen Schnitzaltar greifen wird. Wo liegen die Wurzeln der Kunst des Peter Brauer, 
des Pankraz Grueber und jenes kraftvollen Meisters der Ebersdorfer Pulthalter? Man denkt 
an die Fäden, die gerade in der-Plastik zwischen den bedeutendsten Kunstorten Oberdeutsch¬ 
lands und dem sächsischen Hochlande offen zutage liegen, man denkt an die Hallenser Dom¬ 
figuren und ihren Zusammenhang mit der Mainzer Plastik, die auch wieder von Würzburg 
ausgeht. Hier liegt das Problem für den Forscher über die sächsische Plastik, und eine 
Frage, deren Lösung aus der verstimmenden und bedrückenden Enge mittelmäßiger Durch¬ 
schnittsarbeiten aus sächsischen Altarwerkstätten in das Gebiet der freien Kunst führt. 

Schütte . 


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REGISTER. 

AUFGESTELLT VON KURT BIEBRACH. 


KÜNSTLER VERZEICHNIS. 


Adler 77. i 

Adolff, Hans 56. 

Agricola 84. 

Albani 182. 

Alberti 18. 

Albrecht, Kartenmaler in Feucht 

56 f. I 

Alf an i, Domenico 31. 

— Orazio 31. 

Amigoni 263. 

Andreas (Endres), Maler in Wöhrd 
bei Nürnberg 57. 

Arndes, Steffan, lübische Bibel von 
1494 208 f. 

Asam, Kosmas Damian, Fresken, 
Innsbruck, St. Jakobskirche 
262 f. 

Auvera 79. 

Aysteter (Eysteter), Georg 57 f. 

— Hans 58. 

Backhuysen 68. 

Barbari, Jacopo de 132 f. 

-»Sieg und Ruhm«, Stich 

I 33 -* 

Barbaro, Daniel 91. 

Baroni, G. A. 262. 

Bastone, Giambattista 37. 
Baumgartner 69, 263. 

Beham, Hans 58 ff. 

Bencini 68. 

Bening, A. 92. I 

Berchinger, Jakob 60. 

Berg, Klaus 194, 204. 

Bergmüller, J. G. 263. 

Bemhart, Briefmaler in Nürnberg 
60. 

— Hans 60 f. 

— Maurer zu Flachslanden 61. 
Biller 78. 

Böcklin 89, 188. 

Boltraffio 153 ff., 219 ff. 

— Pastellbildnisstudien, Mailand, 
Ambrosiana 162 f. 

— Zeichnung der Isabella d’Este, 
Paris, Louvre 162 f., 220. 


Boltraffio, Madonnenkopfstudie, 
Windsor 154, 162 ff., 219. 

— Madonna, Bergamo, Akademie 
162. 

— hl. Barbara, Berlin, Kaiser 
Friedrich-Museum 157 f., 162 ff. 

— männl. Bildnis, London, Samm¬ 
lung Mond 163. 

— Bildnis des Casio, Mailand, 
Brera 163, 220. 

— Madonna, Mailand, Casa Crespi 
161 f., 220. 

— Madonna, Mailand, Poldi- 
Pezzoli - Museum 162. 

— Madonna Casio, Paris, Louvre 
157 f., 162 f. 

— Madonna, Fresko, Rom, S. 
Onofrio 157. 

— Brustbild Christi, 

Akademie 162. 

— Jüngling mit Pfeil, Broomhall, 
Eigin 163. 

— weibl. Bildnis, Mailand, Kastell¬ 
galerie 163. 

— Morobildnis, Mailand, Pal.Tri- 
vulzi 162, 221. 

— sog. Belle Ferroni^re, Paris, 
Louvre 228 f. 

— ? Frauenkopf, Zeichnung, Stock¬ 
holm, National-Mus. 153 f.,219. 

— ? Madonna Loser-Salting, Lon¬ 
don, Nat.-Gal. 163. 

— ? Madonna, Pest, Galerie 158 f., 

161 ff. 

— ? weibl. Bildnis, Warschau, 

Sammlung Potocki 157. 
Borgognone 162. 

Bornemann, Hinrich 204. 

Botticelli 179 f. 

— sog. amico 179. 

Brand 85. 

Brauer, Peter 268. 

Braun, Hans 61. 

Brekelenkam, Q., Schneiderwerk¬ 
statt, Bonn, Provinzial-Muscum 
67. 


Brekelenkam, Q., Schneiderwerk¬ 
statt, Philadelphia, Sammlung 
Johnson 67. 

Brinckmann, Ph. H., Landschaft, 
Karlsruhe, Kunsthalle 72. 

Broeck, Crispin van den, hl. Fa¬ 
milie, Madrid, Prado 66. 

-Madonna, Dortmund, 

Sammlung Cremer 66. 

-Madonna, Zwolle, Pa¬ 
storat der Liebfrauenkirche 66. 

Brouwer, Adriaen 64. 

Brunelleschi, Filippo 91. 

Bruyn, Barthel, Bildnis Rogiers 
van der Weyden, Hermann¬ 
stadt, Gemäldesammlung 21, 

25 f- 

Bury 80, 88. 


Cabott, J. H. 74. 

Camerino, Boccati da, Thronende 
Madonna, Ajaccio, Museum 37. 

Caporali, Giovanni Battista 31. 

Carracci 184. 

— Annibale, Samariterin, Wien, 
Hofmuseum 186. 

-? Hirt und Hirtin, Braun¬ 
schweig, Museum 185. 

Carstens 80, 191 f. 

— Parze Atropos, Weimar, Mu¬ 
seum 81. 

Chartoularis 117. 

Chenaros 117. 

Chodowiecki 76, 88. 

— Köpfe, Rötelzeichnung, Dan¬ 
zig, Stadtmuseum 73. 

Christian, Maler zu Neuhof 61 f. 

Christus, Petrus, Madonna, Frank¬ 
furt, Städelsches Inst. 91. 

Ciambella, Giovanni Francescogen. 
j Fantasia 35. 

Ciburri, Polidoro di Stefano 38, 40. 

! Clcef, J. van 65. 


Bergamo, | Buschneer, Johann dem, Schüt¬ 
ting, Bremen 210. 

Byss 69. 


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Künstler Verzeichnis 


27O 


Clement, Maler zu Falkcndorf 62. 

-Landshut 62. 

Cleve, Joos van, Drcikönigsaltar, 
Berlin, Kaiser Friedrich-Muse¬ 
um 154. 

Cock, Bildnis Rogiers van der 
Weyden, Stich 20. 

Coene, Jacques 94. 

Colin 79. 

Constable 88. 

Conti, Madonna, Bergamo, Akade¬ 
mie 164. 

— Frauenbildnis, Pavia, Pal. Mala- 
spina 164. 

— Kardinal, Berlin, Kaiser Fried¬ 
rich-Museum 221. 

— Knabenbildnis, Glasgow, Beat- 
tie 164. 

— ? Madonna, Mailand, Poldi- 
Pezzoli-Museum 164. 

Cornelius 88. 

Cortona, Pietro da 262. 

Cranach, L., d. Ä. 211. 

Dathan, Joh. Georg, Allegorie, 
Dresden, Gemäldegalerie 73. 

David, Gerard 96, 154. 

-Abendmahlsaltar, Rouen, 

Museum 29 f. 

Delaval, J. 211. 

Denner, B. 85 f., 215. 

Desplaces, L. 72, 79. 

Dirndort, Hans 62. 

Dittmars, G. 211. 

Doeli 80. 

Domenico, Alunno di 179. 

Dominichino 184. 

Donath 77. 

* Donner 79. 

Dreux, Jean 04. 

Dreyer, Benedikt 204. 

Dubois 70. 

Düren, Statius von 212. 

Dürer 27, 154, 157, 211, 255. 

— L 36 Allegorie auf den] Tri¬ 
umph Christi, Berlin, Kupfer¬ 
stichkabinett 257. 

-101 Frauenbad, Zeichnung, 

Bremen, Kunsthallc 129 ff.* 

— L 130 Selbstbildnis, Zeichnung, 
Bremen, Kunsthalle 14. 

— L 138 Akt, Zeichnung, Braun¬ 
schweig, Blasius 14. 

— L 156 Selbstbildnis, Zeichnung, 
Weimar, Museum 10 ff.* 

— L 207 Herkules, Federzeich¬ 
nung, Darmstadt, Museum 15. 

— Selbstbildnis, Zeichnung, Er¬ 
langen, Universitätssammlung 
12. 

— Selbstbildnis, Zeichnung, Wien, 
Albertina 12. 

— Proportionszeichnungen 133. 

— B r Adam und Eva 135. 

— B 20 Schmerzensmann. 4 


Dürer, B 75 »die vier Hexen# 
129 ff.* 

— B 78 kleines Glück 134. 

— B 95 Mißgeburt eines Schweines 
129. 

— Dreifaltigkcitsbild, Wien, Hof¬ 
museum 15. 

— Rosenkranzfest, Prag, Stift 
Strahow 13*, 15. 

— Marter der Zehntausend, Wien, 
Hofmuseum 15.* 

— Flügel des Jabachschen Altars, 
Köln, Wallraf-Richartzmuseum 

! 5 * / ‘ 

— Bildnis des Oswolt Krell, Mün¬ 
chen, Pinakothek 14. 

— Selbstbildnis, Madrid, Prado 
12 f.* 

— Selbstbildnis, München, Pina¬ 
kothek 12 f.* 

— Selbstbildnis, Paris, Leopold 
Goldschmidt 12. 

— Herkules, Nürnberg, German. 
Museum 15. 

Durrendorth, Ulrich 268. 

Eck, Konrad 62 f. 

Eckel, Konrad 165. 

Ehcnfelder, Andreas 166 f. 

— Hans 167. 

Eihafen 79. 

Elsheimcr, badende Nymphe, Ber¬ 
lin, Kaiser Friedrich-Museum 

75 - 

Endres s. Andreas. 

— (Andreas), Steinmetz zu Forch- 
heim 168. 

Engelhart, Kartcnmalcr in Nürn¬ 
berg 168. 

Erhärt, Keßler in Bamberg 168. 

Erlach, J. E. Fischer von 70, 76. 

Erlin, Bildschnitzer in Nürnberg 
168. 

Etgens 70. 

Eulalios 97 ff., 231 ff. 

Evers, Tönnies d. Ä. 212. 

Eyck, Jan van 91. 

-Pala-Madonna, Brügge, 

städt. Museum 90. 

Eysler, Stephan 168 f. 

Eysteter s. Aysteter. 

Fabriano, Gcntile da, Thronende 
Madonna, Berlin, Kaiser Frie¬ 
drich-Museum 37. 

Fehling 84. 

Fchrmann 77. 

Fclpacher 68. 

Fesch Christoph 70. 

Feucrlcin 68. 

Fideler, Wilhelm 169. 

Fiedler 68. 

Filaretc, Antonio 181. 

Flegel 68, 84. 

Kloris, F., zugeschrieben, Heilige 


Familie, Bonn, Provinzial-Mu- 
seum 66. 

Francesca, Piero dclla 91. 

Franke, P. 214. 

Fränzlein s. Hans, Maler in Bam¬ 
berg. 

Frentzlin s. Hans, Maler in Bam¬ 
berg. 

Frey, Hans 170. 

Frcyse, Albert, Reitcrbildnis des 
Herzogs August zu Braun¬ 
schweig 83. 

Fridekker, Gottfried 170. 

Fritz*, Glaser in Ansbach 170. 

— Maler in Ansbach 170 f. 

Füger 76. 

— Teilung der Weltherrschaft 
zwischen Zeus, Poseidon und 
Pluto, Prag, Museum Joan¬ 
neum 72. 

Fürlegcr, Johann 171. 

Fyol, Hans 256. 

— Konrad 256. 

Gehrden, van 211. 

Gel, Hans 171 f. 

Georg, Maler zu Wilhclmsdorf 172. 

Geßner 89. 

Gessner, Konrad, Reitergefecht, 
Zürich, Kunstgcsellschaft 84. 

Giorgione 64. 

Giovanni, Berto di 32. 

— Bartolommeo di 179!. 

— Lattanzio di 32. 

Glatz, Heinrich 172. 

Glück, Hans 172. 

Goes, Hugo van der 95. 

Gohl 77. 

Goltzius, H., Urteil des Midas, 
Stich 74. 

Götschel, Georg 172 f. 

Götz, G. B., Frühling, Zeichnung, 
München, - Graphische Samm¬ 
lung 74. 

Graf, Hans 70. 

— Urs 6, 10. 

Graff 88. 

Gran, Daniel 70. 

-Skizze zum Deckenfresko 

des Brünner Landhauses, Wien, 
Kunstakademie 73. 

Greco 264 f. 

—• Bestattung des Grafen Orgaz, 
Toledo, S. Tom6 264. 

— El Espolio, Lyon, Museum 264. 

— El Espolio, München, Pina¬ 
kothek 264. 

— Eröffnung des 5. Siegels, Paris, 
Ignacio Zuloage 265. 

— Laokoon, München, Pinakothek 
265. 

— Martyrium des hl. Mauritius, 
Madrid, Escorial 264. 

- Toledo im Gewitter, New York, 
H. 0 . Havemcyer 265. 


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Künstlerverzeichnis. 


271 


Grimm, Samuel 70. 

Groff, Karl de 73. 

Grueber, Pankraz 268. 

Grund, Norbert 70, 82 f., 85. 

-Der Schlittschuhläufer, 

Prag, Rudolfinum 83. 

-Selbstbildnis, Prag, Rudol¬ 
finum 85. 

Grünewald 64, 154. 

Guercino, Marter des hl. Petrus, 
Modena, Pinakothek 185. 

Guibal 70. 

Günther 79. 

Günther, F. J., Venus, Kopie der 
Tauridischen Venus in St. 
Petersburg 73. 

Günther, Matthäus 262 f. 

-Fresken, Aichkirch, Wall¬ 
fahrtskapelle 263. 

-Druisheim, Pfarrkirche 

263. 

-Garmisch, Neue Pfarr¬ 
kirche 263. 

— — — Neustift bei Brixen, 
Stiftskirche 263. 

-Rattenberg, Pfarrkirche 

263. 

-St. Elisabeth bei Ster¬ 
ling 263. 

Hackert 89. 

Hagelgans 87. 

Hagenauer 79. 

Hamilton 84. 

— Carl Wilhelm de, Stilleben, 
Karlsruhe, Kunsthalle 73. 

Hammer, Wolfgang 173. 

Hampe 77. 

Hanns, Bildschnitzer in Eichstädt 
•73 f- 

— Steinmetz von Baiersdorf 175 f. 

Hans, Maler, gen. Fränzlein 

(Frentzlin) in Bamberg 174. 

— Maler von Bamberg 174 f. 

— Maler von Regensburg 175. 

— Maler zu Balderheim 174. 

— von Hilpertshausen 175. 

— »Werckmeister« im Ebracher 
Hof zu Bamberg 176. 

Harper 77. 

Heidler, Andreas 261. 

Heimbach, Christ. Wolffg. 215. 

Heiß, Johann, Venus an der Leiche 
des Aeneas 72. 

Helmarshausen, Rogkerus von 209. 

Herdincg, Ferdinand Albrecht 1 . zu 
Braunschweig, Braunschweig, 
Landschaftsgebäude 73. 

Hesse, Johannes 256. 

-Vierzehn Nothelfer, Frank¬ 
furt, Hist. Museum 254. 

Heyde, Henning von der 204. 

Holbein 88. 

— Kopie nach, Bildnis d. Derick 
Berck, München, Pinakothek 65. 


Holzer 69, 263. 

Hopfer, Wolfgang Ludwig 71. 

Huber, Wolf 64 f. 

Ibi, Sinibaldo 32, 36, 49. 

Imlin 78. 

Jacobs, Jurian 211. 

Jacobsen 68. 

Jouvenet 72, 79. 

Kauffmann, Angelika 68 f., 76, 

80, 88. 

Kemmer, Johann 211. 

Kern, Anton 73. 

Kersenbroek, Gisela von 205. 

Kindt, D. 211. 

KHeller 68. 

Knobelsdorff 77. 

Knoller 69, 263. 

Knüpfer 68. 

Kobell, Ferdinand 69. 

Kobell, Wilhelm von 68, 70. 

Koelhoff 208. 

König 68, 70. 

— Syrinx und Pan 72, 74. 

Korb, H. 214. 

Kraft, Adam 136 ff.* 

-Anbetung des Kindes, Nürn¬ 
berg, Adlerstraße 21 137. 

— — Auferweckung des Lazarus, 
Nürnberg, Sebalduskirche, Bau¬ 
sammlung 145 ff.* 

— — Die sieben Stationen und 
Kalvarienberg, Nürnberg, Ger- 
manischesMuseum 138 f., 146 f.* 

— — Epitaph Landauer, Nürn¬ 
berg, Egidienkirche 136, 145. 

-Epitaph Pergenstörffer,Nürn¬ 
berg, Liebfrauenkirche 136,144. 

-Epitaph Rebeck, Nürnberg, 

Liebfrauenkirche 136, 144. 

-Erdrosselung der hl. Beatrix, 

Nürnberg, St. Lorenzkirche 
138, 141.* 

-Grablegung, Nürnberg, Jo¬ 
hanniskirchhof, Holzschuher- 
kapelle 139. 

-Imhoffschc Wappenfigur, 

Berlin, Kaiser Friedrich-Muse¬ 
um 136 f.* 

— — Schreyersches Grabmal, 
Nürnberg, Sebalduskirche 138, 

•43 

— — Tabernakel, Kalchreuth, 
Dorfkirche 137, 140*, 144. 

— — — Nürnberg, St. Lorenz¬ 
kirche 136 ff.* 

Krüger 88. 

Kulmbach, Hans von, Veritas, 
Zeichnung, Florenz, Uffizien 

•34* 

Kupetzky 76 f., 83. 

Lauterer 70. 


Leibi 88. 

Lely 68. 

Leyden, L. v. 157. 

Lildet 92. 

Limburg, Brüder von 92. 

Lippi, Fra Filippo, Schutzmantel¬ 
madonna, Berlin, Kaiser Frie¬ 
drich-Museum 25. 

Lisiewsky 87. 

Lombard, Lambert 66. 

Lorenzetti, Ambrogio, Verkündi¬ 
gung, Siena, Akademie 90. 

Lorenzo, Fiorenzo di 49. 

Lorichs, Melchior 212. 

Loth 70. 

Luckenbach, Konrad 52, 165. 

Ludecke zu Leipzig 52. 

Luhn, J. 211. 

Luini 157. 

— ? Rötelstudie, Mailand, Am* 
brosiana 157. 

Lys 64. 

Magges 263. 

Manuel, Niklaus 10. 

Manni s. Paolo. 

Mantegna, Schule, B9 Stich nach 
Mantegna, Anbetung der Kö¬ 
nige 131. 

Manyoki 83. 

Marc Anton 186. 

Marees 67, 76. 

Maron 70, 88. 

Masaccio, Dreifaltigkeitsfresko, 
Florenz, S. Maria Novella 90. 

Massys, Sippenbild, Brüssel, Mu¬ 
seum 154. 

Matthieu, D. 215. 

Matthieu, G. D. 86. 

Mattioli, Lodovico di Angelo 32. 

Maulpertsch 70. 

Mazerolles, Philippe de 94. 

Meister, Anghiari — 179. 

— Berchtold 18. 

— Bertram 193 f., 200, 203 f. 

-Grabower Altar, Hamburg, 

Kunsthalle 193, 197, 203. 

— Cassone — 179. 

— D. S. 1 ff. 

-Astronom, Holzschnittö. 

-Basilisk, Holzschnitt 5!.* 

-Der Gekreuzigte, Zeich¬ 
nung, Basel, Kunstsammlung 
i ff.* 

-große Kreuzigung, Holz¬ 
schnitt, Berlin, Kupferstich- 
Kabinett 3 ff.* 

-Kreuzigung, großes Ka¬ 
nonbild, Holzschnitt 4ff.* 

— — — Kreuzigung, kleines 
Kanonbild, Holzschnitt 2 ff.* 

-Schmerzensmann, Holz¬ 
schnitt 4. 

-Titelblatt det Margarita 

philosophica 6. 


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272 


Kttnstlerverzeichnis. 


Meister D. S., Titelblatt des 
Brixener Missales 6. 

-Titelblatt des Salzburger 

Missales 6. 

-Kreis des, Halbfigur der 

Madonna mit Kind, Holz¬ 
schnitt 8. 

— — — Kreis des, Dlustration 
zum Berner Jetzerhandel 8 ff. 

-Kreis des, Sündenfall und 

Austreibung aus dem Paradies, 
Holzschnitt 8. 

-Kreis des, Titelblatt mit 

Christkind und Evangelisten¬ 
symbolen, Holzschnitt 8. 

— der Berliner Passion 208. 

— der »cieux d’argent« 92. 

— der sConquetedelaToisond’or« 
92 f. 

— der Ebersdorfer Pulthalter 268. 

— der goldenen lüneburgischen 
Tafel 194. 

— der »Heures du Mar^chal de 
Boucicaut« 92, 94. 

— des Guillebert von Metz 94. 

— des Hausbuches, Maria, Kupfer¬ 
stich 253. 

— des hl. Erasmus 208. 

— des Todes Mariä, Nachfolger, 
Triptychon, Bonn, Provinzial- 
Museurn 66. 

— des Turniers von S. Crocc 179. 

— Dido — 179. 

— E. S. 65. 

— Francke 194, 204. 

— H. D., Bauer, Holzschnitt 10. 

-Der Gekreuzigte, Zeich¬ 
nung, London, British Museum 
10. 

— H. W. 268. 

— Hortulus — 95. 

— Paris — 179. 

— von Fl^mallc 95. 

Memling 83. 

— Triptychon, Wien, Hofmuseum 
66. 

Mengs 75, 88, 190, 263. 

— Ismael 70. 

Menzel 88. 

Meyer, G. F. 70. 

Meytens 67, 70, 73, 75. 

Möller 68. 

Morgenstern, J. F. 68. 

Morgenstern, J. L. E. 69. 

Mostaert, Jan 211. 

Munstermann, L. 216. 

Nahl 80. 

Napoletano, Francesco 159 f., 163 f. 

-Frauenkopf, Zeichnung, 

Rom ; Galerie Borghese 160. 

— — Kinderkopf, Zeichnung, 
Berlin, Kupfcrstichkabinetti6i. 

— — Madonna, Boston, Samm¬ 
lung Morison 159 fr. 


Napoletano Francesco, Madonna im 
Zimmer, Zürich, Museum 159 f. 

-Madonna im Zimmer, Mai¬ 
land, Brera 159 f. 

— — Madonna, New York, Ge¬ 
schichtsverein 159 f. 

-Madonna, Paris, Sal. Reinach 

160. 

— — Madonnenkopf, London, 
British Museum 161. 

-Thronende Madonna, Zürich, 

Museum 159 f. 

-? Jünglingsbildnis, Bergamo, 

Akademie 161. 

— —? Knabenkopf, Zeichnung, 
Weimar 161. 

Netscher 68. 

Neumann, B. 69. 

Nilson, J. E. 74. 

Notke, Berndt 204, 209. 

Oeding 77. 

Ohnmacht, Landolin 80. 

Oldach, Julius 74. 

Orley, B. v. 211. 

Ovens, Jurian 215. 

Overbeck 88. 

Pagano, Francesco 159. 

Pahl 87. 

Pahr 210. 

Palko 70. 

Paolo, Giannicola di (Manni) 31,36. 

Patinir, Ruhe auf der Flucht, Wien, 
Hofmuseum 154. 

— Taufe Christi, Wien, Hofmuse¬ 
um 154. 

Permoser 79 f. 

— Kreuzigung, Dresden, Alter 
katholischer Friedhof 80. 

Pcrugino 30 ff. 

— Abendmahl, Florenz, S. Onofrio 
34 . 39 * 

— Madonna, Florenz, Uffizien, 
Tribuna 39. 

— Madonna in Glorie, Perugia, 
Pinakothek 34. 

— Sposalizio, Caen, Galerie 142 f. 

— Zeichnungen für Abendmahl, 
Florenz, Uffizien 39. 

Pesellino 179. 

— Kreis des 179. 

Pesne 67, 86 f. 

— ? Sophonisbe 72. 

Peters, Anton de 69. 

Piazetta 263. 

Pichler 70, 84. 

Pigage 77. 

Pinturicchio 31, 34 f., 39 ff. 

— Bernhardinstafeln, Perugia, Pi¬ 
nakothek 36. 

— Fresken, Siena, Dombibliothek 
32 

— Fresken, Spello, S. Maria Mag¬ 
giore 34. 


Pinturicchio, Thronende Madonna, 
Spello, S. Andrea 34. 

Piscator, Frater Joh. 200. 

Platzer, Joh. G. 70. 

Pleydenwurff 55. 

Pollack 15. 

Poussin, Nicolas 181 ff. 

-Abendmahl, Paris, Louvre 

189. 

-Aeneas und Dido, Madrid 

Prado 186. 

-Anbetung der Könige, Dres¬ 
den, Gemäldegalerie 185. 

-Arkadien, London, Devon- 

shire House 186. 

— — Arkadische Hirten, Paris, 
Louvre 186. 

-Aussetzung des Moses, Dres¬ 
den, Gemäldegalerie 186. 

— — Erziehung des Bacchus, 
Paris, Louvre 186. 

-Erziehung des Jupiter, Dul- 

wich 186. 

-Findung des Moses, Paris, 

Louvre 188. 

-Gewitterbild /on 1651 188. 

— — Inspiration des Anakreon, 
Dulwich 186, 192. 

— — Kindermord, „ Chantilly, 
Musde Condö 186. 

-Landschaften, Paris, Louvre 

188. 

-Landschaft mit Hirten, Ma¬ 
drid, Prado 188. 

-Landschaft mit Polyphem, 

Petersburg, Eremitage 188. 

— — Mannalese, Paris, Louvre 

184, 186. 

-Marter des hl. Erasmus, Rom, 

Vatikan 185. 

-Medor und Angelika, Zeich¬ 
nung, Stockholm, Nationalmu¬ 
seum 185. 

-Parnaß, Madrid, Prado 186. 

— — Reich der Flora, Dresden, 
Galerie 192. 

-Rettung des jungen Pyrrhus, 

Paris, Louvre 185. 

— — Sakramente, Belvoir Castle 
187. 

-Sakramente, London, Bridge- 

water-House 187 f. 

-Satyr und Nymphe, Kassel, 

Gemäldegalerie 185. 

-Selbstporträt, Paris, Louvre 

185. 

-Tod des Germanicus, Rom, 

Pal. Barberini 184. 

— — Zeichnungen zu Marinos 
Adone, Windsor 186. 

Pozzo, A. 262. 

Preda 154 ff., 218 ff. 

— Kaiser Maximilian, Wien, 

Hofmuseum 156, 219, 221, 

223. 


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Künstlerverzeichnis 


273 


Preda, Musikcngcl, London, Na¬ 
tional Gallery 156. 

— weibl. Bildnis, Mailand, Am* 
brosiana 219. 

— weibl. Bildnis, Tullyraore Park, 
Samml. Roden 223 ff. 

— weibl. Profilbildnis, Mailand, 
Ambrosiana 223 ff. 

— ? Musiker, Mailand, Ambrosiana 

218, 228. 

— ? Pala Sforzesca, Mailand, 
Brera 155, 158, 160 ff. 

Puvis de Chavannes 186, 190. 

Querfurt, August 71. 

Quinckhardt 68. 

Raffael 30 f., 33, 41, 184, 189. 

— Madonna Ansidei, London, Na¬ 
tionalgalerie 33. 

— Madonna Diotalevi, Berlin, 
Kaiser Friedrich-Museum 33. 

— Dreifaltigkeit, Perugia, Kloster 
San Severo 33. 

— Schule von Athen, Rom, Vati¬ 
kan 29. 

— Spt.äalizio, Mailand, Brera 142 f. 

— Teppich »Bekehrung des Sau¬ 
lus«, Rom, Vatikan 67. 

Riemenschneider, Tilman 268. 
Roeßler 71. 

Kogge, Jost 212. 

Rohde, Herman 204. 

Romano, Giuglio 189. 

Roos, Johann Heinrich 85. 

Roos, Philipp Peter 85. 

Rottmayr 69. 

— J. M., Altarbild, Kremser¬ 
münster in Oberösterreich, Prä¬ 
latenkapelle 75. 

-Kreuzabnahme, Breslau, 

Schles. Museum 75. 

Rubens 264. 

Rundt, Johann 86. 

Runge 191. 

Ruthardt 69, 84. 

Ry, Simon Louis du 73, 80. 
Sadeler 74. 

San Giorgio, Eusebio da 30 ff. 

-Altarbild mit Heiligen, 

Perugia, S. Pietro 31. 

-Anbetung der Könige, 

Perugia, Pinakothek 32 f. 

-Anbetung der Könige, 

Perugia, S. Pietro 35 f. 

-Antonius Abbas und 

Heilige, Perugia, Pinakothek 

38. 

-»Madonna degli Al¬ 
bere tti*, Perugia, Pinakothek 

37 * 

-Madonna für S. Gio¬ 
vanni del Fosso, verschollen 40. 

—*-Madonna, Matclica, S. 

Giovanni 38 f. 

Repertorium für Kunstwissenschaft. 


San Giorgio, Eusebio da, Madonna 
mit Heiligen, Castiglione del 
Lago, S. Maria Maddalena 32. 

-Madonna mit Heiligen, 

Matelica, S. Francesco 38. 

-thronende Madonna für 

S. Agostino, Perugia, verschol¬ 
len 33. 

-thronende Madonna 

mit Heiligen, Perugia, Pinako¬ 
thek 36. 

-Verkündigung u. Stig¬ 
matisation des hl. Franz, As¬ 
sisi, S. Damiano 34. 

-Gegend, Anbetung der 

Könige, Gubbio, Dom 39. 

— -Nachahmer, Heilige, S. 

Maria degli Angeli, Assisi 39. 

-? Madonna mit Heili¬ 
gen, Perugia, S. Pietro 38 f. 

-? Pestheilige Sebastian 

und Rochus, Perugia, Pinako¬ 
thek 38. 

Sandrart 83. 

— Vermählung der hl. Katharina, 
Wien, Hofmuseum 75. 

Schadow 80. 

Schalch 70. 

Scheits, M. 85, 215. 

Scherer, Johann Jakob 74. 

Schlaun, Joh. Conr. 214. 

Schmidt, G. F., Bildnis des Arztes 
Mounsey, Zeichnung, Berlin, 
Kupferstichkabinett 73. 

Schmidt, J. H. 87. 

Schmidt, J. M. 70. 

-r hl. Rupert 72 f. 

-hl. Sebastian, Graz, Mu¬ 
seum Joanneum 73. 

-Mariä Himmelfahrt, 

Graz, Museum Joanneum 75. 

-Triumph des Kreuzes, 

Skizze, Heidelberg, Städtische 
Sammlungen 75. 

Schnaphan 87. 

Schnetzler 70. 

Scholler s. Gel. 

Schönfeldt, J. H., Opferung der 
Polyxena, Braunschweig, Mu¬ 
seum 72. 

-Schlachtenbilder 72. 

Schongauer 253 f. 

— B 3 Verkündigung 2 $ 3 - 

Schoonjans 68. 

Schöpf, Joseph 262 f. 

Schor, Egid 262. 

Schultz, D., Zeichnung, Danzig, 
Stadtmuseum 73 f. 

Schurstab, Hanns 60. 

Schwarz, Christoph, Jüngstes Ge¬ 
richt 74. 

— Hans, Bildnismedaille Dürers 
12. • 

Scorel, Jan van, Kreuzigung, Bonn, 
| Provinzial-Museum 67. 

XXXIX. 




Sebastian, Seidensticker zuSchleu- 
singen 166. 

Seekatz, Johann Conrad 86. 

Sellaio, Jacopo del 179 f. 

Seibt 77. 

Semper, G. 78. 

Sesto 157. 

— hl.Familie und Madonna, Mai¬ 
land, Brera 157. 

— Madonna, Petersburg, Eremi¬ 
tage 157. 

Signorelli, Luca, Fresken, Orvieto, 
Dom 29. 

Silvestre 68. 

Skreta 83. 

Soggi, Niccolo 179. 

Sonnin, E. G. 214. 

Spagna 41. 

— Giovanni, Thronende Madonna, 
Perugia, Pinakothek 37. 

Speisegger, Georg Hermann 70. 

Sperling 84. 

Spranger, B., Apollo und die Mu¬ 
sen, Wien, Hofmuseüm 74. 

Stech, Andreas 69, 215. 

Steenwinkel, Laurens van, Rat¬ 
haus Emden 210. 

Stern, Ignaz 71. 

Stocklin 70. 

Stoß, Veit 15, 136 ff., 145 ff.*, 268. 

-Altarschrein, Bamberg, 

obere Pfarrkirche 148*, 150 ff. 

-Kreuzigungsgruppe Nürn¬ 
berg, Sebalduskirche 150. 

-Madonna, Glogau 149 ff.* 

-Madonna, Nürnberg, Ägidien- 

kirche, Tetzelkapelle 148 ff.* 

-Madonna, Nürnberg, Wein¬ 
markt 12 152. 

-Madonna vom Stoßhaus, 

Nürnberg, German. Museum 
*52. 

!-Marienaltar, Krakau, Frau¬ 

enkirche 150, 152. 

-Verkündigungsrelief, Han¬ 
nover, Kestner-Museum 151 f. 

-Zehn Gebote, München, Na- 

tional-Museum 152. 

Sunntag, Conrat 52. 

Tamm, Franz T. 74. 

Tamm, Franz Werner 74, 84. 

Tassaert, Sieg der Freundschaft 
über die Liebe 72. 

Tavcrnier 92. 

Terborch, Familienbild,Stockholm, 
Sammlung Hallwyl 67. 

i — Kopie, Familienbild, Bonn, 
Provinzial-Museum 67. 

! Therbusch, Anna Dorothea 87. 

I Thiele 85. 

| Thorwaldsen 191 f. 

Tiepolo 263. 

Tintoretto 264 f. 

Tischbein, Friedr. Aug. 76, 88. 

35 


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274 


Ortsverzeichnis. 


Tischbein, Joh. Heinr. 69, 76. 

-Orest und Iphigenie 73. 

— Wilhelm 80, 88. 

Tizian 184 ff., 189, 264 f. 

— Bacchanal, Madrid, Prado 185. 

— Bacchus und Ariadne, London, 
Nationalgalerie 185. 

— Bildnis des Strada, Wien, Hof¬ 
museum 185. 

— Ecce homo, Wien, Hofmuseum 
185. 

Tocqu6 73. 

Treu 77. 

Trippel 80. 

Uberti, Lucantonio de 39. 

Uccello, Paolo 179. 

-Mazzocchio-Zeichnungen, 

Florenz, Uffizien 91. 

-Mazzocchio- Zeichnungen, 

Paris, Louvre 90 f. 

-Sintflut, Florenz, S. Maria 

Novella, Chiostro verde 91. 

— Art des 179. 

Unterberger, M. A. 69. 

Urlaub, Georg Karl, Bildnis des 

Grafen Kesselstadt, Altena 
i. W., Landrat Thomöe 88. 

-Schlachtenbilder, Frank¬ 
furt, Historisches Museum 84. 

V. E., Bildnis Nie. Poussins, Dres¬ 
den, Gemäldegalerie 182. 

Vasari 178. 

Velasquez 264. 

Veneziano, Bartolommeo 226. 

Vinci, Lionardo da 153 ff-, 190, 
218 ff. 

-Anbetung der Könige, 

Florenz, Uffizien 159, 220. 

-Anbetung der Könige, 

Paris, Louvre 220. 

-Auferstehung, Berlin, 

Kaiser Friedrich-Museum 155, 
164, 218. 

-Benci-Bildnis, Wien, Gal. 

Liechtenstein 227. 

-Dame mit dem Herme¬ 
lin, Krakau, Samml. Czarto- 
ryski 153, 164, 218 ff. 


Aichkirch, Wallfahrtskapelle, M. 

Günther, Fresken 263. 

Ajaccio, Museum, Boccati da Ca- 
merino, Thronende Madonna 

37 - 

Amelungsborn, Klosterkirche, 
Glasmalereien 206. 

Arta, Parigoritissakirche, Panto¬ 
kratorbild 240. 


Vinci, Lionardo da, Felsgrotten¬ 
madonna, Paris, Louvre 156, 
159, 220, 230. 

-hl. Hieronymus, Rom, 

Vatikan 159. 

-Madonna Benois, Pe¬ 
tersburg, Eremitage 155, 160. 

-Madonna, München, Pi¬ 
nakothek 159. 

- 1 -Madonna Timbal, Paris, 

Louvre 220. 

-Mona Lisa, Paris, Louvre 

220. 

-Verkündigung, Paris, 

Louvre 159, 220, 230. 

-Studienzeichnungen, 

Windsor 220. 

-weibl. Bildnis, Studien¬ 
zeichnung, Turin, Kgl. Biblio¬ 
thek 220. 

-? Madonna Litta, Peters¬ 
burg, Eremitage 218. 

-Schule, hl. Anna, Zeich¬ 
nung, Paris, Louvre 160. 

-Schule, weibl. Kopf, 

Zeichnung, Mailand, Ambro- 
siana 160. 

Vischer, Peter 143. 

Vivien 68. 

Vogel, Christian Leberecht, Kinder¬ 
bild, Zeichnung, Dresden, Se- 
kundogenitur 73. 

Voß, Joh. 204. 

Vreland, Wilhelm 92 f. 

Wagner, J. G. 77. 

Wagner, Martin 68. 

Wagner, P. A. 79. 

-Diana, Ceres und Dorn¬ 
auszieher, Würzburg, Museum 

73 » 79 - 

-Venus bei Vulkan, Würz¬ 
burg, Museum 72, 79. 

Waldmann, Kaspar 262. 

Watteau 186. 

Weyden, Rogier van der 15 ff., 

95 - 

-Bildnis Philipps des 

Guten, Madrid, kgl. Schloß 
26. 


ORTSVERZEICHNIS. 

Assisi, S. Damiano, Eusebio da San 
Giorgio, Verkündigung und 
Stigmatisation des hl. Franz 

34 - 

— S. Maria degli Angeli, Eusebio 
da San Giorgio Nachahmer, 
Heilige 39. 

Athen, Daphnikloster, Pantokra¬ 
torbild 240. 


Weyden, Rogier van der, Bladelin- 
Altar, Berlin, Kaiser Friedrich- 
Museum 28. 

-Brüssel, Rathaus, Ge¬ 
rechtigkeitsbilder, nicht erhal¬ 
ten 21, 25. 

-Colomba-Altar, Mün¬ 
chen, Pinakothek 28. 

-Johannesaltar, Berlin, 

Kaiser Friedrich-Museum 28. 

-Jüngstes Gericht, 

Beaune, Hospital 26. 

-Madonna mit dem hl. 

Lukas, München, Pinakothek 

21. 25. 

-männl. Bildnis, Berlin, 

Samml. Kaufmann 26. 

-Selbstbildnis auf den 

Berner Trajansteppichen 15 ff. * 

Willings, Johann 211. 

Willmann, M. L. 75. 

-hl. Gregor, Breslau, 

Schles. Museum 75. 

Wink, Christian 263. 

Wink, Thomas Christian, David 
und Abigail 72. 

Wolker 263. 

Zeiller, Joh. Jakob, Fresken, Ettal, 
Stiftskirche und Kloster 263. 

-Fresken, Ottobeuren, 

Stiftskirche und 'Kloster 263. 

Zeisig, J. E., Allegorie, Dresden, 
Gemäldegalerie 73. 

Zenale 226. 

Zick, Januarius 88. 

Zick, Johann 88. 

Ziesenis, Joh. Friedr., Altar, Han¬ 
nover, Neustadtkirche 216. 

-Kanzel, Hannover, 

Kreuzkirche 216. 

— J. G. 215. 

— Graf Wilhelm und Gräfin Maria 
zu Schaumburg-Lippe 87. 

Zoller 263. 

Zurbarän, hl. Franz, Cädiz, Mu¬ 
seum 265. 

— hl. Franz, Lyon, Museum 265. 

— hl. Franz, Sevilla, Museo Pro- 
vincial 265. 


Bamberg, Obere Pfarrkirche, Veit 
Stoß, Altarschrein 148* 150 ff. 

— S. Getreu, Kreuzigungsgruppe 
und Stationen, 1500 140 f. 

Basel, Münster, Kreuzgang, Kreu- 
zigungsdenkmal 2. 

— Kunstsammlung, Meister D. S., 
Der Gekreuzigte, Zeichnung 
1 ff.* 


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Ortsverzeichnis. 


275 


Beaune, Hospital, Rogier van der 
Weyden, Jüngstes Gericht 26. 

Belvoir Castle, Nicolas Poussin, 
Sakramente 187. 

Bergamo, Akademie, Boltraffio, 
Brustbild Christi 162. 

-Madonna 162. 

-Conti, Madonna 164. 

— Francesco Napoletano ? Jüng¬ 
lingsbildnis 161. 

Berlin, Kaiser Friedrich-Museum, 
Boltraffio, hl. Barbara 157 f., 
162 ff. 

-Joos van Cleve, Drei¬ 
königsaltar 154. 

-Conti, Kardinal 221. 

-- — Elsheimer, badende 

Nymphe 75. 

-Gentile da Fabriano, 

Thronende Madonna 37. 

-Adam Kraft, Imhoffsche 

Wappenfigur 136 f.* 

-Fra Filippo Lippi, 

Schutzmantelmadonna 25. 

-Raffael, Madonna Dio- 

talevi 33. 

-Leonardo da Vinci, Auf¬ 
erstehung 155, 218, 164. 

-Rogier van der Weyden, 

Bladelin-Altar 28. 

-Rogier van der Weyden, 

Johannesaltar 28. 

-Abendmahl, Predella, 

Umbrisch, 15. Jahrh. 34. 

-Pantokrator auf Ikone, 

Glasmosaik 248. 

-Pantokrator auf Kreuz¬ 
anhänger, Email 248. 

— Kunstgewerbe-Museum, Rats¬ 
silber von Lüneburg 209, 214. 

— Kupferstichkabinett, Dürer, L 
36 Allegorie auf den Triumph 
Christi 257. 

-Fr. Napoletano ? Kinder¬ 
kopf, Zeichnung 161. 

-G. F. Schmidt, Bildnis des 

Arztes Mounsey 73. 

- Meister D. S., große Kreuzi¬ 
gung, Holzschnitt 3 ff.* 

— Samml. Kaufmann, Rogier van 
der Weyden, männl. Bildnis 26. 

Bern, Historisches Museum, Tra- 
jansteppiche 15 ff.*. 

Bonn, Provinzial-Museum, Q. Bre- 
kelenkam, Schneiderwerkstatt 

6 7 - 

-F. Floris zugeschrieben, 

Heilige Familie 66. 

— — Meister des Todes Mariä, 
Nachfolger, Triptychon 66. 

-Jan vanScorcl, Kreuzigung67. 

-Terborch, Kopie, Familien¬ 
bild 67. 

-Madonna mit Heiligen, ober¬ 
deutsch um 1480 66. 


Boston, Samml. Morison, Fran¬ 
cesco Napoletano, Madonna 

159 ff. 

Braunschweig, Dom, Denkmal 
Heinrichs des Löwen und 
seiner Gemahlin Mathilde 194. 

— Dom, Wandmalereien 206 f. 

— Landschaftsgebäude, Herdincg, 
Ferdinand Albrecht I. zu 
Braunschweig 73. 

— Museum, Annibale Carracci ? 
Hirt und Hirtin 185. 

-J. H. Schönfeldt, Opferung 

der Polyxena 72. 

— Blasius, Dürer, L 138 Akt, 
Zeichnung 14. 

Bremen, Dom, Portalskulpturen 
202. 

— Grabplatte Arndt v. Gröpelin- 
gens 203. 

— Kunsthalle, Dürer, Frauenbad, 

Zeichnung L 101 129 ff.* 

-Selbstbildnis, Zeichnung 

L 130 14. 

— Rathausfiguren 203. 

— Ratsgestühl 198. 

— Roland 199. 

— Schütting 210. 

Breslau, Schics. Museum, J. M. 
Rottmayr, Kreuzabnahme 75. 

-M. L. Willmann, hl. 

Gregor 75. 

Broomhall, Eigin, Boltraffio, Jüng¬ 
ling mit Pfeil 163. 

Brügge, städt. Museum, Jan van 
Eyck, Pala-Madonna 90. 

Brüssel, Bibliothek, Gebetbuch 
Cod. Nr. 10 767 94. 

— Museum, Massys, Sippenbild 

154 - 

Bücken, Stiftskirche St. Materiani, 
Glasmalereien 206. 

Cadiz, Museum, Zurbarän, hl. 
Franz 265. 

Caen, Galerie, Perugino, Sposalizio 
142 f. 

Castiglione del Lago, S. Maria 
Maddalena, Eusebio da San 
Giorgio, Madonna mit Heiligen 

3 2 * 

Cesalü, Dom, Pantokratorbild 
241. 

Chantilly, Mus£e Cond£, Nicolas 
Poussin, Kindermord 186. 

Chios, Nea Moni, Pantokratorbild 
240. 

Cividale, S. Maria in valle, Stuck¬ 
plastiken 267. 

Colmar, Museum, Sockelbild des 
Altars von Tempelhof bei Berg¬ 
heim (Ober-Elsaß) 66. 

Cöln, Wallraf-Richartz-Museum, 
Dürer, Flügel des Jabachschcn- 
Altars 15. 


Cöln, Sammlung Schnütgen, Skulp¬ 
turen 258 ff. 

-Anbetung der Könige, 

Relief, Holz, oberschwäbisch, 
Anfg. d. 16. Jahrh. *6i. 
-Bischof, Holz, Würz¬ 
burg? Anfg. d. 15. Jahrh. 261. 
-Enthauptung des Johan¬ 
nes, Relief, Holz, süddeutsch, 

1. Hälfte d. 16. Jahrh. 261. 
-hl. Sebastian, Holzsta¬ 
tuette, süddeutsch, 1. Hälfte d. 
15. Jahrh. 261. 

-Johannes der Täuferund 

Bischof, Holz, Tirol, um 1430 
261. 

-Kronleuchter, niederlän¬ 
disch, 15. Jahrh. 261. 

-Geißelung, Hochrelief, 

Holz, oberschwäbisch, um 1530 
261. 

-Madonna, Holz, bay¬ 
risch, Ende des 15. Jahrh. 261. 
-Madonna, Holz, Rhein¬ 
land um 1440 261. 

-Maria mit Heiligen, Holz, 

2. Hälfte d. 15. Jahrh. 261. 
-Schmerzensmann, Holz, 

Ende d. 16. Jahrh. 261. 

-Statuette vom Grabmal 

des Erzbischofs Engelbert III. 
261. 

-Statuetten vom Cölncr 

Domhochaltar, Marmor 261. 

Danzig, Altstädter Rathaus 210. 

— Zeughaus 210. 

— Stadtmuseum, Chodowiecki, 
Köpfe, Rötelzeichnung 73. 

-D. Schultz, Zeichnung 73 f. 

Darmstadt, Museum, Altarschrein 
von Nieder-Erlenbach 251 ff. 

-Dürer, L 207 Herkules, 

Federzeichnung 15. 

Deggingen, Ave Maria, Kronleuch¬ 
ter, 15. Jahrh. 261. 

Doberan, Hochaltar, Laienaltar-' 
kreuz und Sakramentshäuschen 
197, 204. 

— Kelchschrank 204. 

Dortmund, Sammlung Cremer, 

Crispin van den Broeck, Ma¬ 
donna 66. 

Dresden, alter katholischer Fried¬ 
hof, Permoser, Kreuzigung 80. 

— Gemäldegalerie, Joh. Georg 
Dathan, Allegorie 73. 

-J. E. Zeisig, Allegorie 73. 

-Nicolas Poussin, Anbetung 

der Könige 185. 

-Aussetzung des Moses 

186. 

-Reich der Flora 192. 

-— V. E., Bildnis Nie. Poussins 

182. 

33 


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276 


Ortsverzeichnis. 


Dresden, Sekundogenitur, Christian 
Leberecht Vogel, Kinderbild, 
Zeichnung 73. 

Druisheim, Pfarrkirche, M. Gün¬ 
ther/ Fresken 263. 

Dulwich, Nicolas Poussin, Erzie¬ 
hung des Jupiter 186. 

-Inspiration des Anakre- 

on 186, 192. 

Emden, Rathaus 210. 

Erlangen, Universitätssammlung, 
Dürer, Selbstbildnis, Zeichnung 
12. 

Ettal, Stiftskirche und Kloster, 
Joh. Jakob Zeiller, Fresken 263. 

Fasano, S. Lorenzo, Pantokrator¬ 
bild 241. 

Florenz, S. Maria Novella, Ma- 
saccio, Dreifaltigkeitsfresko 90. 

-Chiostro verde, Paolo 

Uccello, Sintflut 91. 

— S. Onofrio, Perugino, Abend¬ 
mahl 34, 39. 

— Nationalmuseum, Pantokrator 
auf Elfenbeinrelief 246. 

— Uffizien, Hans von Kulmbach, 
Veritas, Zeichnung 134*. 

-Tribuna, Perugino, Madon¬ 
na 39. 

-Perugino, Zeichnungen für 

Abendmahl 39. 

-Paolo Uccello, Mazzocchio- 

Zeichnungen 91. 

-Leonardo da Vinci, An¬ 
betung der Könige 159, 220. 

Frankfurt, Hist. Museum, Johan¬ 
nes Hesse, Vierzehn Nothelfer 

2 54 - 

-Georg Karl Urlaub, 

Schlachtenbilder 84. 

-Darstellung im Tempel 

2 55 « 

-Kreuzigung, oberrhei¬ 
nisch 254. 

— Sammlung Dr. Großmann, 
Büste Gottvaters 205. 

— Städelsches Inst., Petrus Chri¬ 
stus, Madonna 91. 

Freiberg, Dom, Goldene Pforte 266. 

Garmisch, Neue Pfarrkirche, M. 
Günther, Fresken 263. 

Genua, S. Lorenzo, Pantokrator 
auf Kruzifix 246. 

Glasgow, Beattie, Conti, Knaben¬ 
bildnis 164. 

Glogau, Veit Stoß, Madonna 

149 fl.* 

Goslar, Neuwerkskirche, Wand¬ 
malereien 206 f. 

Gran (Ungarn), Domschatz, Panto¬ 
krator auf Staurothek, Silber¬ 
blech 246. 


Graz, Museum Joanneum, Joh. M. 
Schmidt, hl. Sebastian 73. 

-Joh. M. Schmidt, Mariä 

Himmelfahrt 75. 

Gubbio, Dom, Eusebio da San 
Giorgio Gegend, Anbetung der 
Könige 39. 

Halberstadt, Plastiken Dom und 
Liebfrauenkirche 202. 

Hamburg, Kunsthalle, Meister Ber¬ 
tram, Grabower Altar 193, 197, 
203. 

— Mus. für Kunst u. Gewerbe, 
Einband mit thron. Christus 
aus St. Petrikirche, Hamburg 
209. 

Hannover, Kreuzkirche, Joh. Fried¬ 
rich Ziesenis, Kanzel 216. 

— Marktkirche 200. 

-Glasmalereien 206. 

-Kelch und Patene v. 1555 

214. 

— Neustadtkirche, Joh. Friedr. 
Ziesenis, Altar 216. 

-Kelch des 16. Jahrh. 214. 

— Bibliothek, Handschriften mit 
Miniaturen 205. 

— Kestner-Museum, Veit Stoß, 
Verkündigungsrelief 151 f. 

—• — Teppiche, 213. 

— Leibnizhaus 210. 

— Provinzialrauseum, Duder- 
städter ‘Altar 197 f. 

-Kruzifixe aus Alfeld und 

Buer 202. 

-mittelalterliche Teppiche 

207. 

Heidelberg, Städt. Sammlungen, 
Triumph des Kreuzes, Skizze 

75 - 

Hermannstadt, Gemäldesammlung, 
Art des Barthel Bruyn, Bildnis 
Rogiers van der Weyden 21, 

25 *•. 

Hildesheim, Dom, Erztüren und 
Christussäule 197. 

-Taufbecken 202. 

— Domschatz, Kopfreliquiar des 
hl. Bernward 209. 

— St. Godehardikirche, Decken¬ 
malerei 207. 

-Tympanon 202. 

— Bibliothek, Handschriften mit 
Miniaturen 205. 

Innsbruck, St. Jakobskirche, Kos¬ 
mas Damian Asam, Fresken 
262. 

Kaessariani, Klosterkirche, Panto¬ 
kratorbild 340. 

Kalchreuth, Dorfkirche, Adam 
Kraft, Tabernakel 137. 14c»*, 
144. 


Karlsruhe, Kunsthalle, Carl Wil¬ 
helm de Hamilton, Stilleben 73. 

— Kunsthalle, Ph. H. Brinck- 
mann, Landschaft 72. 

Kassel, Gemäldegalerie, Nicolas 
Poussin, Satyr und Nymphe 
1 85. 

Kiew, Sophienkathcdrale, Panto¬ 
kratorbild 239. 

Koblenz, Kapelle des Deutsch¬ 
ordenshauses, Veronikabild 20. 
Konstantinopel, Apostelkirche 

97 ff-. *31- 

-Mosaikschmuck 97 ff., 231 ft. 

— Fetihe-Moschee, Pantokrator¬ 
bild 240. 

— Kahrie-Moschee, Pantokrator¬ 
bild 240. 

— Sophienkirche, Mosaiken 117, 
2 34 - 

Kopenhagen, Antikensammlung, 
Kindersarg von Porta Angelica 
128. 

Kozcheri, Kloster, Pantokrator auf 
Ikone 248. 

Krakau, Frauenkirche, Veit Stoß, 
Marienaltar 150, 152. 

— Samml. Czartoryski, Leonardo 

da Vinci, Dame mit dem Her- 

“ » _ 

melin 153, 164, 218 ff. 
Kremsermünster in Oberösterreich, 
Prälatenkapelle, J. M. Rott¬ 
mayr, Altarbild 75. 

Lille, Mus^e Wicar, Frauenkopf, 
Zeichnung, umbrisch 16. Jahrh. 

4 °- 

London, Bridgcwater-House, Nico¬ 
las Poussin, Sakramente 187 f. 

— British Museum, Der Gekreu¬ 
zigte, Zeichnung 10. 

-Francesco Napoletano ? 

Madonnenkopf 161. 

-Pantokrator auf Kamee 

246 f. 

— Devonshire House, Nicolas 
Poussin, Arkadien 186. 

— Nationalgalerie, Boltraffio ? 
Madonna Löser-Salting 163. 

-Preda, Musikengel 156. 

-Raffael, Madonna Ansidei 

33 * 

-Tizian, Bacchus und Ari¬ 
adne 185. 

— Sammlung Mond, Boltraffio, 
männl. Bildnis 163. 

Lübeck, Dom 200. 

-Altar Warendorpkapellc 

197- 

— H. Geist-Hospital, Wandmale¬ 
rei 198. 

— Marienkirche, Glasmalereien 
206. 

Museum, Burgkirchenfiguren 
und »Schöne Maria» 203. 


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Ortsverzeichnis. 


2 77 


Lübeck, Museum, Leinengarn- 
Stickerei 198. 

Lüne, Teppiche 198. 

Lüneburg, Rathaus, Teppiche 214. 

— St. Johanniskirche 200. 

— Stadtarchiv, Miniaturen 205. 

Lüttich, Universitätsbibliothek, 

Gebetbuch des Gysebrecht von 
Brederode 94. 

Lyon, Museum, Greco, El Espolio 
264. 

-Zurbarän, hl. Franz 265. 

Madrid, Escorial,Greco, Martyrium 
des hl. Mauritius 264. 

-Rogier van der Weyden, 

Bildnis Philipps des Guten 

26. x 

• • 

— Prado, Crispin van den Broeck, 
hl. Familie 66. 

-Dürer, Selbstbildnis 12 f. * 

—- — Nicolas Poussin, Aeneasund 
Dido 186. 

-Landschaft mit Hir¬ 
ten 188. 

-Parnaß 186. 

-- Tizian, Bacchanal 185. 

Mailand, Ambrosiana, Boltraffio, 
Pastellbildnisstudien 162 f. 

-Luini ? Rötelstudie 157. 

-Preda, weibl. Bildnis 219. 

-Preda, weibl. Profilbildnis 

223 ff. 

-Preda? Musiker 218, 228. 

-Schule des Leonardo da 

Vinci, weibl. Kopf, Zeichnung j 
160. 

-Knabenkopf, Silberstift¬ 
zeichnung 161. 

— Brera, Boltraffio, Bildnis des 
Casio 220. 163, 

-Francesco Napoletano, 

Madonna im Zimmer 159 f. 

-Preda? Pala Sforzesca 155, 

158, 160 ff. 

-Raffael, Sposalizio 142 f. 

-Sesto, hl. Familie und Ma¬ 
donna 157. 

— Casa Crespi, Boltraffio, Ma¬ 
donna 161 f., 220. 

— Kastellgalerie, Boltraffio, weibl. 
Bildnis 163. * 

— Pal. Trivulzi, Boltraffio, Moro- 
bildnis 162, 221. 

— Poldi-Pezzoli-Museum, Boltraf¬ 
fio, Madonna 162. 

-Conti ? Madonna 164. 

Mals, St. Benediktkirchc 266. 

Marienhafe, alte Kirche, mittel¬ 
alterliche Malerei 198. 

Matelica, S. Francesco, Eusebio da 
San Giorgio, Madonna mit Hei¬ 
ligen 38. 

— S. Giovanni, Eusebio da San 
Giorgio, Madonna 38 f. 


Modena, Pinakothek, Guercino, I 
Marter des hl. Petrus 185. 
Mollwitz, Wandgemälde 197. 
Monreale, Dom, Pantokratorbild 

241. 

München, Graphische Sammlung, 
G. B. Götz, Frühling, Zeich¬ 
nung 74. 

— Kgl. Bibliothek, Pantokrator 
auf Evangeliar, Elfenbein¬ 
schnitzerei 247. 

— National-Museum, Veit Stoß, 
Zehn Gebote 152. 

— Pinakothek, Dürer, Bildnis des 
Oswolt Krell 14. 

-Dürer, Selbstbildnis 12 f.* 

-Greco, El Espolio 264. 

-Greco, Laokoon 265. 

-Kopie nach Holbein, Bildnis 

des Derick Berck 65. 

— — Leonardo da Vinci, Ma¬ 
donna 159. 

-Rogier van der Weyden, 

Columba-Altar 28. 

-Rogier van der Weyden, Ma¬ 
donna mi t dem hl. Lukas 21,25. 
Münster im Münstertal, Kloster¬ 
kirche 266 f. 

Mystras, Metropolitankirche, Pan¬ 
tokratorbild 241. 

— Peribleptoskirche, Pantokrator¬ 
bild 240. 

— Sophienkirche, Pantokratorbild 

242. 

Neustift bei Brixen, Stiftskirche, 
M. Günther, Fresken 263. 

New York, Geschichtsverein, Fran¬ 
cesco Napoletano, Madonna 

159 f- 

— H. O. Havemeyer, Greco, To¬ 
ledo im Gewitter 265. 

Nicäa, Koimesiskirche, Pantokra¬ 
torbild 240. 

Nowgorod, Sophienkirche, Panto¬ 
kratorbild 240. 

Nürnberg, Egidienkirche, Adam 
Kraft, Epitaph Landauer 136. 

-Tetzelkapellc, Veit Stoß, 

Madonna 148 ff.* 

— Johanniskirchhof, Holzschuher- 
kapelle, Adam Kraft, Grab- 
legung 139. 

— Liebfrauenkirche, Adam Kraft, 
Epitaphien Rebeck und Pergcn- 
störffer 136, 144. 

— St. Lorenzkirche, Adam Kraft, 
Erdrosselung der hl. Beatrix 

• 3 *. 141* 

-Adam Kraft, Tabernakel 

136 ff.* 

— Sebalduskirchc, Adam Kraft, | 
Schreyersches Grabmal 138, ' 

»43 f - 


Nürnberg, Egidienkirche, Veit 
Stoß, Kreuzigungsgruppc- 150. 

-Harsdörfersche Kreurtra- 

gung 140, 147. 

-Relief der St. Helenalegende 

M 3 - 

-Volckamerische Holzfiguren 

150. 

-Bausammlung, Adam Kraft, 

Auferweckung des Lazarus 
.145 ff.* 

— German. Museum, Dürer, Her¬ 
kules 15. 

-Adam Kraft, Die sieben 

Stationen u. Kalvarienberg 
138 f., 146 f.* 

-Veit Stoß, Madonna vom 

Stoß-Haus 152. 

— Adlerstraße 21, Adam Kraft, 
Anbetung des Kindes 137. 

— Weinmarkt 12, Veit Stoß, Ma¬ 
donna 152. 

Orvieto, Dom, Luca Signorelli, 
Fresken 29. 

Ottobeuren, Stiftskirche und Klo¬ 
ster, Joh. Jakob Zeiller, Fres¬ 
ken 263. 

Palermo, Cappella Palatina, Panto¬ 
kratorbild 239, 241. 

— Palazzo Sclafani, Triumph des 
Todes 29. 

Paris, Bibi. Nat., Medaillensamm¬ 
lung, Pantokrator auf Kamee 
247. 

— Louvre, Boltraffio, sog. Belle 
Ferroniere 229. 

-— Madonna Casio 157 f., 

162 f. 

-Zeichnung der Isabella 

d’Este 162 f., 220. 

— — Nicolas Poussin, Abend¬ 
mahl 189. 

-Arkadische Hirten 

186. 

-Erziehung des Bac¬ 
chus 186. 

-Findung des Moses 

189. 

-4 Landschaften 188. 

-Mannalesc 184, 186. 

-Rettung des jungen 

Pyrrhus 185. 

-Selbstporträt 185. 

-- Paolo LTccello, Mazzocchio- 

Zeichnung 90 f. 

— — Leonardo da Vinci, Anbe¬ 
tung der Könige, Zeichnung 
220. 

-Felsgrottenma¬ 
donna 156, 159, 220, 230. 

— — Mad. Tinibal, 
Zeichnung 220. 

-Mona Lisa 220. 


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Ortsverzeichnis. 


278 


Paris, Louvre, Leonardo da Vinci, 
Verkündigung 159, 220, 230. 

-Schule des Leonardo da 

Vinci, hl. Anna, Zeichnung 160. 

-Pantokrator auf Elfenbein¬ 
schnitzerei 247. 

— Leopold Goldschmidt, Dürer, 
Selbstbildnis 12. 

— Sal. Reinach, Francesco Na- 
poletano, Madonna 160. 

— Ignacio Zuloage, Greco, Eröff¬ 
nung des 5. Siegels 265. 

Pavia, Pal. Malaspina, Conti, 
Frauenbildnis 164. 

Perugia, S. Pietro, Eusebio da San 
Giorgio, Altarbild mit Heiligen 

3 1 * 

-Eusebio da San Giorgio, 

Anbetung der Könige 35 f. 

-Eusebio da San Giorgio ? 

Madonna mit Heiligen 38 f. 

— Kloster San Severo, Raffael, 
Dreifaltigkeit 33. 

— Pinakothek, Perugino, Madonna 

in Glorie 34. 

-Pinturicchio, Bcrnhardins- 

tafeln 36. 

-Eusebio da San Giorgio, 

Anbetung der Könige 32 f. 

-Eusebio da San Giorgio, 

Antonius Abbas und Heilige 38. 

-»Madonna degli 

Alberetti« 37. 

-Thronende Ma¬ 
donna mit Heiligen 36. 

-? Pestheilige Se¬ 
bastian und Rochus 38. 

-Giovanni Spagna, Thronen¬ 
de Madonna 37. 

Pest, Galerie, Boltrafffo ? Ma¬ 
donna 158 f., 161 ff. 

Petersburg, Eremitage, Nicolas 
Poussin, Landschaft mit Poiy- 
phem 188. 

-Sesto, Madonna 157. 

-Leonardo da Vinci, Ma¬ 
donna Benois 155, 160. 

-? Madonna Litta 218. 

— Sammlung A. W. von Sweni- 
gorodskol, Pantokrator, Emaille 
246. 

Philadelphia, Sammlung Johnson, 
Q. Brekelenkam, Schneider¬ 
werkstatt 67. 

Phokis, Lukaskloster, Pantokrator¬ 
bilder 239, 241. 

Prag, Rudolfinum, Norbert Grund, 
Der Schlittschuhläufer 83. 

— -Selbstbildnis 85. 

— Museum Joanneum, F. H. Fü¬ 
ger, Teilung der Weltherrschaft 
zwischen Zeus, Poseidon und 
Pluto 72. 

— Stift Strahow, Dürer, Rosen¬ 
kranzfest 13*, 15. 


Rattenberg, Pfarrkirche, M. Gün¬ 
ther, Fresken 263. 

Ratzeburg, Dom 200. 

-Kruzifix 202. 

Ravensburg, Sammlung Schnell, 
hl. Sebastian, Holzstatuette um 
1500 261. 

Retschow, Dorfkirche, mittelalter¬ 
liche Malereien 197. 

Rickmansworth, Sammlung Ne- 
wall, weibliches Bildnis, Mai¬ 
land, Ende d. 15. Jahrh. 226, 
228. 

Rom, S. Onofrio, Boltraffio, Ma¬ 
donna, Fresko 157. 

— S. Paolo fuori le mura, Christus¬ 
darstellung 245. 

— Vatikan, Bibi., Cod. Vatic. 
Gr. 699, Miniaturen 242 ff. 

-Nicolas Poussin, Marter des 

hl. Erasmus 185. 

-Raffael, Schule von Athen 29. 

-Teppich »Bekehrung des 

Saulus« 67.' 

-Leonardo da Vinci, hl. Hie¬ 
ronymus 159. 

— Pal. Barberini, Nicolas Poussin, 
Tod des Germanicus 184. 

— Galerie Borghese, Francesco 
Napoletano, Frauenkopf, Zeich¬ 
nung 160. 

— Katakomben 120 ff. 

Rossow, Altar 204. 

Rostock, Nikolaikirche, Wand¬ 
malereien 207. 

— Kloster hl. Kreuz, mittelalter¬ 
liche Malereien 197. 

Rouen, Museum, Gerard David, 
Abendmahlsaltar 29 f. 

Scharnebeck, Gestühl 199. 

Schwerin, Museum, Büste Gott¬ 
vaters 205. 

-Neustädter Altar 204. 

Sevilla, Museo Provincial, Zurba- 
rän, hl. Franz 265. 

Siena, Akademie, Ambrogio Loren- 
zetti, Verkündigung 90. 

— Dombibliothek, Pinturicchio, 
Fresken 32. 

Spello, S. Andrea, Pinturicchio, 
Thronende Madonna 34 f. 

— S. Maria Maggiore, Pinturic¬ 
chio, Fresken 34. 

Sterzing, St. Elisabeth, M. Gün¬ 
ther, Fresken 263. 

Stockholm, National-Museum, Bol¬ 
traffio ? Frauenkopf, Zeich¬ 
nung *53 *•* 2I 9 - 

-Nicolas Poussin, Medor u. 

Angelika, Zeichnung 185. 

-Pantokrator auf Medaillon¬ 
bild der Infula 248. 

— Sammlung Hallwyl, Terborch, 
Kamilienbild 67. 


Stuttgart, Altertümersammlung, 
Heiligengruppe aus Cannstatt, 
Holz, 2. Hälfte d. 15. Jahrh. 
261. 

Tiflis, Sionskathedrale, Georgisches 
Menaion, Miniaturen 244. 

Toledo, S. Tom 4 , Greco, Bestat¬ 
tung des Grafen Orgaz 264. 

Triebsees, Hochaltar 197. 

Tullymore Park, Sammlung Roden, 
Preda, weibliches Bildnis 223 ff. 

Turin, Kgl. Bibliothek, Leonardo 
da Vinci, weibliches Brustbild, 
Studienzeichnung 220. 

— Sammlung Cora, Madonna in 
Landschaft 161. 

Venedig, S. Marco 98. 

-Schatzkammer, Panto¬ 
krator 4uf Ikone, Zellenschmclz 
246 f. 

-Pantokrator auf Me߬ 
kelch 247. 

Warschau, Sammlung Potocki, 
Boltraffio ? weibliches Bildnis 
157 . 

Weimar, Francesco Napoletano ? 
Knabenkopf, Zeichnung 161. 

— Museum, Carstens, Parze Atro- 
pos 81. 

-Dürer, Selbstbildnis, Zeich¬ 
nung L 156 10 ff.* 

W’ien, Albertina, Dürer, Selbst¬ 
bildnis, Zeichnung 12. 

— Galerie Liechtenstein, Leonardo 
da Vinci, Benci-Bildnis 227. 

— Hofbibliothek, Gebetbuch Karls 
des Kühnen, Cod. Nr. 1857 

93 - 

-»Statuten und Privilegien 

von Flandern und Gent«, Cod. 
Nr. 2583 94. 

— Hofmuseum Annibale Carracci, 
Samariterin 186. 

-Dürer, Dreifaltigkeitsbild 

15 - 

-Dürer, Marter der Zehn¬ 
tausend 15. 

-Memling, Triptychon 66. 

-Patinir, Ruhe auf der 

Flucht 154. 

-Patinir, Taufe Christi 154. 

-Preda, Kaiser Maximilian 

156, 219, 221, 223. 

-Sandrart, Vermählung der 

hl. Katharina 75. 

-Tizian, Bildnis des Strada 

l8 5 - 

-Tizian, Ecce homo 185. 

-B. Spranger, Apollo und die 

Musen 74. 

-Madonna mit falschem 

Schongauermonogramm 66. 


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Sachverzeichnis 


279 


Wien, Kunstakademie, Daniel 
Gran, Skizze zum Decken¬ 
fresko des Brünner l.and- 
hauses 73. 

Wienhausen, Kloster, Wandmale¬ 
reien 206. 

— Teppiche 198. 

Windsor, Boltraffio, Madonnen¬ 
kopfstudie 154, 162 ff., 219. 

— Nicolas Poussin, Zeichnungen 
zu Marinos Adone 186. 


ARCHITEKTUR. 

Bremen, Schütting 210. 

Danzig, Altstädter Rathaus 210. 

— Zeughaus 210. 

Emden, Rathaus 210. 

Hannover, Leibnizhaus 210. 

— Marktkirche 200. 
Konstantinopel, Apostelkirche 

97 ff-. 231- 

Lübeck, Dom 200. 

Lüneburg, St. Johanniskirche 200. 
Mals, St. Benediktkirche 266. 
Münster im Münstertal, Kloster¬ 
kirche 266 f. 

Ratzeburg, Dom 200. 

Venedig, S. Marco 98. 

MALEREI. 

Dcu tschland. 

Asam, Kosmas Damian, Fresken, 
Innsbruck, St. Jakobskirche 
262. 

Brinckmann, Ph. H., Landschaft, 
Karlsruhe, Kunsthalle 72. 
Bruyn, Barthel, Bildnis Rogiers van 
der Weyden, Hermannstadt, 
Gemäldesammlung 21, 25 f. 
Carstens, Parze Atropos, Weimar, 
Museum 81. 

Dathan, Joh. Georg, Allegorie, 
Dresden, Gemäldegalerie 73. . 
Dürer, Dreifaltigkeitsbild, Wien, 
Hofmuseum 15. 

— Rosenkranzfest, Prag, Stift 
Strahow 13*, 15. 

— Marter der Zehntausend, Wien, 
Hofmuseum 15. 

— Flügel des Jabachschen Altars, 
Köln, Wallraf-Rjchartzmuseum 

* 5 - 

— Bildnis des Oswolt Krell, Mün¬ 
chen, Pinakothek 14. 

— Selbstbildnis, Madrid, Prado 
12 f.* 


Windsor, Leonardo da Vinci, 
Studienzeichnungen 220 f. 

Wismar, Nikolaikirche, Ecce homo 
198. 

— St. Jürgen, Altar 204. 

-Glasmalereien 206. 

Würzburg, Museum, P. A. Wagner, 
Diana, Ceres und Dornaus¬ 
zieher 73, 79. 

-P. A. Wagner, Venus bei 

Vulkan 72, 79. 


Zürich, Kunstgesellschaft, Conrad 
Geßner, Reitergefecht 84. 

— Museum, Francesco Napole- 
tano, Madonna im Zimmer 
1591. 

-Francesco Napoletano, 

Thronende Madonna 159 f. 

Zwolle, Pastorat der Liebfrauen¬ 
kirche, Crispin van den Broeck, 
Madonna 66. 


SACHVERZEICHNIS. 

Dürer, Selbstbildnis, München, 
Pinakothek 12 f.* 

— Selbstbildnis, Paris, Leopold 
Goldschmidt 12. 

— Herkules, Nürnberg, German. 
Museum 15. 

Elsheimer, badende Nymphe, Ber¬ 
lin, Kaiser Friedrich-Museum 

75 * 1 

Freyse, Albert, Reiterbildnis des 

Herzogs August zu Braun¬ 
schweig 83. 

Füger, H. F., Teilung der Welt¬ 
herrschaft zwischen Zeus, Po¬ 
seidon und Pluto. Prag, Mu¬ 
seum Joanneum 72. 

Geßner, Conrad, Reitergefecht, 
Zürich, Kunstgesellschaft 84. 
Grund, Norbert, Der Schlittschuh¬ 
läufer, Prag, Rudolfinum 83. 
-Selbstbildnis, Prag, Rudol¬ 
finum 85. 

Günther, M., Fresken, Aichkirch, 
Wallfahrtskapelle 263. 

-Fresken, Druisheim, Pfarr¬ 
kirche 263. 

-Fresken, Garmisch, Neue 

Pfarrkirche 263. 

-Fresken, Neustift bei Brixen 

Stiftskirche 263. 

-Fresken, Rattenberg, Pfarr¬ 
kirche 263. 

-Fresken, St. Elisabeth bei 

Sterzing 263. 

Hamilton, Carl Wilhelm de, Still¬ 
leben, Karlsruhe, Kunsthalle 

73 * 

Heiß, Johann, Venus an der Leiche 
des Aeneas 72. 

Hesse, Johannes, Vierzehn Not¬ 
helfer, Frankfurt, Historisches 
Museum 254. 

Herdincg, Ferdinand Albrecht I. 
zu Braunschweig, Braun¬ 
schweig, Landschaftsgebäude 

73 * 


Holbein, Kopie nach, Bildnis des 
Derick Berck, München, Pina¬ 
kothek 65. 

König, Johannes, Syrinx und Pan 

7 *. 74 * 

Meister Bertram, Grabower Altar, 
Hamburg, Kunsthalle 193, 197, 
203. 

Rottmayr, J. M., Altarbild, Krem- 
’ sermünster in Oberösterreich. 
Prälatenkapelle 75. 

-Kreuzabnahme, Breslau, 

Schlesisches Museum 75. 

Sandrart, Vermählung der hl. Ka¬ 
tharina, Wien, Hofmuseum 75. 

Schmidt, J. M., hl. Rupert 72 f. 

-hl. Sebastian, Graz,Mu¬ 
seum Joanneum 73. 

-Mariä Himmelfahrt, 

Graz, Museum Joanneum 75. 

Schönfeldt, J. H., Opferung der 
Polyxena, Braunschweig, Mu¬ 
seum 72. 

-Schlachtenbilder 72. 

Schwarz, Christoph, Jüngstes Ge¬ 
richt 74. 

Spranger, B., Apollo und die Musen, 
Wien, Hofmuseum 74. 

Tischbein, J. U. Wilhelm, Orest 
und Iphigenie 73. 

Urlaub, Georg Karl, Bildnis des 
Grafen Kesselstadt, Altena i.W., 
Landrat Thomee 88. 

-Schlachtenbilder, Frank¬ 
furt, Historisches Museum 84. 

Willmann, M. L., hl. Gregor, Bres¬ 
lau, Schlesisches Museum 75. 

Wink, Thomas Christian, David 
und Abigail 72. 

Zciller, Joh. Jakob, Fresken, Ettal, 
Stiftskirche und Kloster 263. 

-Fresken, Ottobeuren, 

Stiftskirche und Kloster 263. 

Zeisig, J. E., Allegorie, Dresden, 
Gemäldegalerie 73. 

Zicsenis, Graf Wilhelm und Gräfin 


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280 


Sachverzeichnis 


Maria zu Schaumburg-Lippe 

87. 

Bonn, Provinzial-Museum, Ma¬ 
donna mit Heiligen, ober¬ 
deutsch um 1480 66. 

Braunschweig, Dom, Wandmale¬ 
reien ao6 f. 

Colmar, Museum, Sockelbild des 
Altars von Tempelhof bei Berg¬ 
heim (Ober-Elsaß) 66. 

Darmstadt, Museum, Altarschrein 
von Nieder-Erlenbach 251 ff. 

Doberan, Altar 197. 

Frankfurt, Historisches Museum, 
Darstellung im Tempel 255. 

-Kreuzigung, oberrheinisch 

2 54 * 

Goslar, Neuwerkskirche, Wand¬ 
malereien 206 f. 

Hannover, Provinzialmuseum, Du- 
derstädter Altar 197 f. 

Hildesheim, St. Godehardikirchc, 
Deckenmalerei 207. 

Koblenz, Kapelle des Deutsch¬ 
ordenshauses, Veronikabild 20. 

Lübeck, Dom, Altar Warendorp¬ 
kapelle 197. 

— Hl. Geist-Hospital, Wandmale¬ 
rei 198. 

Mals, St. Benediktkirchc, Fresken 
266 f. 

Marienhafe, alte Kirche, mittel- i 
alterliche Malerei 198. 

Mollwitz, Wandgemälde 197. 

Retschow, Dorfkirche, mittelalter¬ 
liche Malereien 197. 

Rostock, Kloster hl. Kreuz, mittel¬ 
alterliche Malereien 197. 

— Nikolaikirche, Wandmalereien 
207. 

Triebsees, Hochaltar 197. 

Wien, Hofmuseum, Madonna mit 
falschem Schongaucrmono- 
gramm 66. 

Wienhausen, Kloster, Wandmale¬ 
reien 206. 

Wismar, Nikolaikirchc, Ecce homo 

198. 

Alt-Frankfurter Malerei 251 ff.* 

Barocke Deckenmalerei in Tirol ! 
262 ff. 

Belgien und Holland. 

Brekelenkam, Q., Schneiderwerk¬ 
statt, Bonn, Provinzialmuseum 

— — Schneiderwerkstatt, Phila¬ 
delphia, Sammlung Johnson 67. 

Broeck, Crispin van den, hl. Fa¬ 
milie, Madrid, Prado 66. 

-Madonna, Dortmund, j 

Sammlung Crcmer 66. 

-— — Madonna,/wolle, Pas¬ 
torat der Liebfrauenkirche 66. ' 


Christus, Petrus, Madonna, Frank¬ 
furt, Städelsches Institut 91. 

Cleve, Joos van, Dreikönigsaltar, 
Berlin, Kaiser Friedrich-Muse¬ 
um 154. 

David, Gerard, Abendmahlsaltar, 
Rouen, Museum 29 f. 

Eyck, Jan van, Pala-Madonna, 
Brügge, städtisches Museum 90. 

Floris, F., zugeschricben, Heilige 
Familie, Bonn, Provinzial- 
Museum 66. 

Massys, Sippenbild, Brüssel, Mu¬ 
seum 154. 

Memling, Triptychon, W'ien, Hof¬ 
museum 66. 

Meister des Todes Mariä, Nach¬ 
folger, Triptychon, Bonn, Pro¬ 
vinzial-Museum 66. 

Patinir, Taufe Christi, Wien, Hof¬ 
museum 154. 

— Ruhe auf der Flucht, Wien, 
Hofmuseum 154. 

Scorel, Jan van, Kreuzigung, Bonn, 
Provinzial-Museum 67. 

Terborch, Familienbild, Stock¬ 
holm, Sammlung Hailwyl 67. 

— Kopie, Familienbild, Bonn. Pro¬ 
vinzial-Museum 67. 

Weyden, Rogier van der, Bildnis 
Philipps des Guten, Madrid, 
kgl. Schloß 26. 

-Bladelin-Altar, Ber¬ 
lin, Kaiser Friedrich-Museum 
28. 

-Brüssel, Rathaus, Ge¬ 
rechtigkeitsbilder, nicht erhal¬ 
ten 21, 25. 

-Columba-Altar, Mün¬ 
chen, Pinakothek 28. 

-Johannesaltar, Ber¬ 
lin, Kaiser Friedrich-Museum 
28. 

— — — — Jüngstes Gericht, 
Bcaunc, Hospital 26. 

-Madonna mit dem hl. 

Lukas, München, Pinakothek 
2t, 25. 

— — — — männliches Bildnis, 
Berlin, Sammlung Kaufmann 
26. 

Frankreich. 

Pesne, Antoine ? Sophonisbe 72. 

Poussin, Nie., Abendmahl, Paris, 
Louvre 189. 

-Aeneas und Dido, Madrid, 

Prado 186. 

-Anbetung der Könige, Dres¬ 
den, Gemäldegalerie 185. 

-Arkadien, London, Devon- 

shirc House 186. 

— - — Arkadische Hirten, Paris, 

Louvre 186. 


Poussin, Nie., Aussetzung des 
Moses, Dresden, Gemälde¬ 
galerie 186. 

— — Erziehung des Bacchus, 
Paris, Louvre 186. 

-Erziehung des Jupiter, Dul- 

wich 186. 

-Findung des Moses, Paris, 

Louvre 189. 

-Gewitterbild von 1651 188. 

— — Inspiration des Anakreon, 
Dulwich 186, 192. 

-Kindermord, Chantilly, Mu- 

s£e Conde 186. 

-Landschaften, Paris, Louvre 

188. 

-Landschaft mit Hirten, Ma¬ 
drid, Prado 188. 

-Landschaft mit Polyphem, 

Petersburg, Eremitage 188. 

-- Mannalese, Paris, Louvre 

184, 186. 

-Marter des hl. Erasmus, 

Rom, Vatikan 185. 

-Parnaß, Madrid, Prado 186. 

-Reich der Flora, Dresden, 

Galerie 192. 

-Rettung des jungen Pyrrhus, 

Paris, Louvre 185. 

-Sakramente, Belvoir Castle 

187. 

-Sakramente, London, Bridge- 

water-House 187 f. 

— — Satyr und Nymphe, Kassel, 
Gemäldegalerie 185. 

-Selbstporträt, Paris, Louvre 

185. 

-Tod des Germanicus, Rom, 

Pal. Barberini 184. 

V. E., Bildnis Nie. Poussins, Dres¬ 
den, Gemäldegalerie 182. 


Italien. 

Boltraffio, Madonna, Bergamo, 
Akademie 162. 

— hl. Barbara, Berlin, Kaiser 
Friedrich-Museum 157 f., 162 ff. 

— männliches Bildnis, London, 
Sammlung Mond 163. 

— Bildnis des Casio, Mailand, 
Brera 220, 163. 

— Madonna, Mailand, Casa Crespi 
161 f., 220. 

— Madonna, Mailand, Poldi-Pez- 
zoli-Museum 162.- 

— Madonna Casio, Paris, Louvre 
157 f., 162 f. 

— Madonna, Fresko, Rom, S. Ono- 
frio 157. 

— Brustbild Christi, Bergamo, 
Akademie 162. 

— Jüngling mit Pfeil, Broomhall, 
Eigin 163. 


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Sachverzeichnis. 


281 




Boltraffio, weibliches Bildnis, 
Mailand, Kastellgaleric 163. 

— Morobildnis, Mailand, Pal. Tri- 
vulzi 162, 221. 

— sog. Belle Ferroniere, Paris, 
Louvre 228 f. 

— ? Madonna Löser-Salting, Lon¬ 
don, Nat.-Gal. 163. 

— ? Madonna, Pest, Galerie 158 f., 

161 ff. 

— ? Weibliches Bildnis, Warschau, 

Sammlung Potocki 157. 
Camerino, Boccati da, Thronende 
Madonna, Ajaccio, Museum 

37 * 

Carracci, Annibale, Samariterin, 
Wien, Hofmuseum 186. 

-? Hirt und Hirtin, Braun¬ 
schweig, Museum 185. 

Conti, Madonna, Bergamo, Aka¬ 
demie 164. 

— Frauenbildnis, Pavia, Pal. Mala- 
spina 164. 

— Kardinal, Berlin, Kaiser Fricdr.- 
Museum 221. 

— Knabenbildnis, Glasgow, Beat- 
tie 164. 

— ? Madonna, Mailand, Poldi- 
Pezzoii-Museum 164. 

Fabriano, Gentile da, Thronende 
Madonna, Berlin, Kaiser Fried¬ 
rich-Museum 37. 

Guercino, Marter des hl. Petrus, 
Modena, Pinakothek 185. 
Lippi, Fra Filippo, Schutzmantel¬ 
madonna, Berlin, Kaiser Fried¬ 
rich-Museum 25. 

Lorenzetti, Ambrogio, Verkündi¬ 
gung, Siena, Akademie 90. 
Masaccio, Dreifaltigkcitsfresko, 
Florenz, S. Maria Novella 90. 
Napoletano, Francesco, Madonna, 
Boston, Sammlung Morison 

‘59 ff- 

-Madonna im Zimmer, Zü¬ 
rich, Museum 159 f. 

-Madonna im Zimmer, Mai¬ 
land, Brera 159 f. 

-Madonna, New York, Ge¬ 
schichtsverein 159 f. 

-Madonna, Paris, Sal. Rei- 

nach 160. 

-Thronende Madonna, Zü¬ 
rich, Museum 159 f. 

-? Jünglingsbildnis, Berga¬ 
mo, Akademie 161. 

Perugino, Abendmahl, Florenz, 
S. Onofrio 34, 39. 

— Madonna, Florenz, Uffizien, 
Tribuna 39. 

— Madonna in Glorie, Perugia, 
Pinakothek 34. 

— Sposalizio, Caen, Galerie 142 f. 
Pinturicchio, Bernhardinstafeln, 

Perugia, Pinakothek 36. 

Repertorium für Kunstwissenschaft, 


Pinturicchio, Fresken, Siena, Dom¬ 
bibliothek 32. 

— Fresken, Spcllo, S. Maria Mag¬ 
giore 34. 

— Thronende Madonna, Spello, 
S. Andrea 34. 

Preda, Kaiser Maximilian, Wien, 
Hofmuseum 156, 219, 221, 223. 

— Musikengel, London, National 
Gallery 156. 

— weibliches Bildnis, Mailand, 
Ambrosiana 219. 

— weibliches Bildnis, Tullymore 
Park, Sammlung Roden 223 ff. 

— weibliches Profilbildnis, Mai¬ 
land, Ambrosiana 223 ff. 

— ? Musiker, Mailand, Ambro¬ 
siana 218, 228. 

— ? Pala Sforzesca, Mailand, 
Brera 155, 158, 160 ff. 

Raffael, Madonna Ansidei, Lon¬ 
don, Nationalgalerie 33. 

— Madonna Diotalevi, Berlin, 
Kaiser Friedrich-Museum 33. 

— Dreifaltigkeit, Perugia, Kloster 
San Severo 33. 

— Schule von Athen, Rom, Vati¬ 
kan 29. 

— Sposalizio, Mailand, Brera 142 f. 

— Teppich »Bekehrung des Sau¬ 
lus«, Rom, Vatikan 67. 

San Giorgio, Eusebio da, Altarbild 
mit Heiligen, Perugia, S. Pietro 

3 *- 

-Anbetung der Köni¬ 
ge, Perugia, Pinakothek 32 f. 

-Anbetung der Könige, 

Perugia, S. Pietro 35 f. 

— -Antonius Abbas und 

Heilige, Perugia. Pinakothek 

3 8 - 

-»Madonna degli Albe- 

retti ♦, Perugia, Pinakothek 37. 
-Madonna für S. Gio¬ 
vanni del Fosso, verschollen 40. 

— — — — Madonna, Matelica, 
S. Giovanni 38 f. 

-Madonna mit Heiligen, 

Castiglione del Lago, S. Maria 
Maddalena 32. 

-Madonna mit Heiligen, 

Matelica, S. Francesco 38. 

— — — — thronende Madonna 
für S. Agostino, Perugia, ver¬ 
schollen 33. 

— -thronende Madonna 

mit Heiligen, Perugia, Pina¬ 
kothek 36. 

— — — — Verkündigung und 
Stigmatisation des hl. Franz, 
Assisi, S. Damiano 34. 

-Gegend, Anbetung der 

Könige, Gubbio, Dom 39. 

|-Nachahmer, Heilige, 

S. Maria degli Angeli, Assisi 39. 

XXXIX. 


San Giorgio, Eusebio da ? Ma¬ 
donna mit Heiligen, Perugia, 
S. Pietro 38 f. 

-? Pestheilige Sebastian 

und Rochus, Perugia, Pinako¬ 
thek 38. 

Scsto, hl. Familie und Madonna, 
Mailand, Brera 157. 

— Madonna, Petersburg, Eremi¬ 
tage 157. 

Signorelli, Luca, Fresken, Orvieto, 
Dom 29. 

Spagna, Giovanni, thronende Ma¬ 
donna, Perugia, Pinakothek 37. 

Tizian, Bacchanal, Madrid, Prado 
185. 

— Bacchus und Ariadne, London, 
Nationalgalerie 185. 

— Bildnis des Strada, Wien, Hof¬ 
museum 185. 

— Ecce homo, Wien, Hofmuseum 
185. 

Ucccllo, Paolo, Sintflut, Florenz, 
S. Maria Novella, Chiostro 
verde 91. 

Vinci, Leonardo da, Anbetung der 
Könige, Florenz, Uffizien 159, 
220. 

-Anbetung der Könige, 

Paris, Louvre 220. 

— — — Auferstehung, Berlin, 
Kaiser Friedrich-Museum 155, 
164, 218. 

-Benci-Bildnis, Wien, Gale¬ 
rie Liechtenstein 227. 

-Dame mit dem Hermelin, 

Krakau, Sammlung Czartoryski 
218 ff., 153, 164. 

— — — Felsgrottenmadonna, 
Paris, Louvre 156, 159, 220, 
230. 

— — — hl. Hieronymus, Rom, 
Vatikan 159. 

-Madonna Benois, Peters¬ 
burg, Eremitage 155, 160. 

— -Madonna, München, Pina¬ 

kothek 159. 

— -Madonna Timbal, Paris, 

Louvre 220. 

-Mona Lisa, Paris, Louvre 

220. 

— — — Verkündigung, Paris, 
Louvre 159, 220, 230. 

-? Madonna Litta, Peters¬ 
burg, Eremitage 218. 

Berlin, Kaiser Friedrich-Museum, 
Abendmahl, Predella, Um- 
brisch, 15. Jahrh. 34. 

Palermo, Palazzo Sclafani, Tri¬ 
umph des Todes 29. 

Rickmansworth, Sammlung Ne- 
wall, weibl. Bildnis, Mailand, 
Ende des 15. Jahrh. 226, 228. 

Turin, Sammlung Cora, Madonna 
in Landschaft 161. 

36 




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282 


Sachverzeichnis. 


Spanien. 

Greco, Bestattung des Grafen Or- 
gaz, Toledo, S. Tom£ 264. 

t— El Espolio, Lyon, Museum 264. 

— El Espolio, München, Pinako¬ 
thek 1 264. 

— Eröffnung des 5. Siegels, Paris, 
Ignacio Zuloage 265. 

— Laokoon, München, Pinakothek 
265. 

— Martyrium des hl. Mauritius, 
Madrid, Escorial 264. 

— Toledo im Gewitter, New York, 
H. 0 . Havemeyer 265. 

Zurbarän, hl. Franz, Cädiz, Mu¬ 
seum 26$. 

— hl. Franz, Lyon, Museum 265. 

— hl. Franz, Sevilla, Museo Pro- 
vincial 265. 


MINIATUREN. 

Brüssel, Bibliothek, Gebetbuch 
Cod. Nr. 10 767 94. 

Hannover, Bibliothek, Handschrif¬ 
ten mit Miniaturen 205. 

Hildesheim, Bibliothek, Hand¬ 
schriften mit Miniaturen 205. 

Lüneburg, Stadtarchiv, Miniaturen 
205. 

Lüttich, Universitätsbibliothek, 
Gebetbuch des Gysebrccht von 
Brederodc 94. 

Rom, Vatikan, Bibi., Cod. Vatic. 
Gr. 699, Miniaturen 242 ff. 

Wien, Hofbibliothek, Gebetbuch 
Karls des Kühnen, Cod. Nr. 
1857 93 - 

-»Statuten und Privilegien 

von Flandern und Gent», Cod. 
Nr. 2583 94. 

Les Heures de Turin 94. 

Niederländische Miniaturmalerei 
des 15. und 16. Jahrhunderts 
92 ff. 


PLASTIK. 

Günther, F. J., Venus, Kopie der 
Tauridischen Venus in St. Pe¬ 
tersburg 73. 

Kraft, Adam, Anbetung des Kin¬ 
des, Nürnberg, Adlerstraße 21 
137 . 

-Auferweckung des Lazarus, 

Nürnberg, Sebalduskirchc. Bau¬ 
sammlung 145 ff.* 

— — Die sieben Stationen und 
Kalvarienberg, Nürnberg, Ger¬ 
manisches Museum 138 f., 
146 f.* 

— — Epitaph Landauer, Nürn¬ 
berg, Egidicnkirche 136, 145. 


Kraft, Adam, Epitaph Pergens- 
törffer, Nürnberg, Liebfrauen¬ 
kirche 136, 144. 

-Epitaph Rebeck, Nürnberg, 

Liebfrauenkirche 136, 144. 

-Erdrosselung der hl. Beatrix, 

Nürnberg, St. Lorenzkirche 138, 
141*. 

-- Grablegung, Nürnberg, Jo¬ 
hanniskirchhof, Holzschuher- 
kapellc 139. 

— — Imhoffschc Wappenfigur, 
Berlin, Kaiser Friedrich-Mu¬ 
seum 136 f.* 

— — Schreyersches Grabmal, 
Nürnberg, Sebalduskirche 138, 

143 f- 

— — Tabernakel, Kalchreuth, 
Dorfkirche 137, 140*, 144. 

— — Tabernakel, Nürnberg, St. 
Lorenzkirche 136 ff.* 

Permoser, Kreuzigung, Dresden, 
Alter katholischer Friedhof 80. 

Schwarz, Hans, Bildnismedaille 
Dürers 12. 

Stoß, Veit, Altarschrein, Bam¬ 
berg, obere Pfarrkirche 148*, 
150 ff. 

— — Kreuzigungsgruppe, Nürn¬ 
berg, Sebalduskirche 150. 

— — Madonna, Glogau 149 ff.* 

-Madonna, Nürnberg, Ägidien- 

kirche, Tetzelkapelle 148 ff.* 

-Madonna, Nürnberg, Wein¬ 
markt 12 152. 

— — Madonna vom Stoßhaus, 
Nürnberg, Germanisches Mu¬ 
seum 152. 

-Marienaltar, Krakau, Frauen¬ 
kirche 150, 152. 

— — Verkündigungsrelief, Han¬ 
nover, Kestner-Museum 151 f. 

-Zehn Gebote, München, Na- 

tional-Museum 152. 

Tassaert, Sieg der Freundschaft 
über die Liebe 72. 

Wagner, P. A., Diana, Ceres und 
Dornauszieher, Würzburg, Mu¬ 
seum 73, 79. 

-Venus bei Vulkan, Würz¬ 
burg, Museum 72, 79. 

Zicscnis, Joh. Friedr., Altar, Han¬ 
nover, Neustadtkirchc 216. 

-Kanzel, Hannover, Krcuz- 

kirche 216. 

Bamberg, S. Getreu, Kreuzigungs¬ 
gruppe und Stationen, 1500 
140 f. 

Basel, Münster, Kreuzgang, Krcu- 
zigungsdenkmal 2. 

Braunschweig, Dom, Denkmal 
Heinrichs des Löwen und seiner 
Gemahlin Mathilde 194. 

Bremen, Dom, Portalskulpturcn 
202. 


Bremen, Grabplatte Arndt v. 
Gröpelingens 203. 

— Rathausfiguren 203. 

— Roland 199. 

Cividale, S. Maria in valle, Stuck¬ 
plastiken 267. 

Cöln, Sammlung Schnütgen, An¬ 
betung der Könige, Relief,Holz, 
oberschwäbisch, Anf. d. 16. 
Jahrh. 261. 

-Bischof, Holz, Würz¬ 
burg? Anf. d. 15. Jahrh. 261. 

-Enthauptung des Jo¬ 
hannes, Relief, Holz, süd¬ 
deutsch, 1. Hälfte d. 16. Jahrh. 
261. 

-* — hl. Sebastian, Holzsta¬ 
tuette, süddeutsch, 1. Hälfte 
d. 15. Jahrh. 261. 

-Johannes der Täufer und 

Bischof, Holz, Tirol, um 1430 
261. 

-Geißelung, Hochrelief, 

Holz, oberschwäbisch, um 1530 
261. 

-Thron. Madonna, Holz, 

bayrisch, Ende des 15. Jahrh. 
261. 

-Madonna, Holz, Rhein¬ 
land, um 1440 261. 

-- — Maria mit Heiligen,Holz, 

2. Hälfte des 15. Jahrh. 261. 

-Schmerzensmann, Holz, 

Ende des 16. Jahrh. 261. 

-Statuette vom Grabmal 

des Erzbischofs Engelbert III. 
261. 

-Statuetten vom Cölner 

Domhochaltar, Marmor 261. 

Doberan, Hochaltar, Laienaltar- 
kreuz und Sakrafnentshäuschen 

204. 

Frankfurt a. M., Sammlung Dr. 
Großmann, Büste Gottvaters 

205. 

Freiberg, Dom, Goldene Pforte 266. 

Halberstadt, Plastiken, Dom und 
Liebfrauenkirche 202. 

Hildesheim, Dom, Erztüren und 
Christussäule 197. 

— Dom, Taufbecken 202. 

— St. Godehardikirche, Tympa¬ 
non 202. 

Lübeck, Museum, Burgkirchen¬ 
figuren und »Schöne Maria» 203. 

Mals, St. Benediktkirche, Stuck- 
plastikcn 266 f. 

Nürnberg, Sebalduskirche, Hars- 
dörfersche Kreuztragung 140, 
147. 

-Relief der St. Helenalcgende 

I43 * 

-Volckamerische Holzfiguren 

15°. 

Ravensburg, Sammlung Schnell, 


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Sachverzeichnis 


hl. Sebastian, Holzstatuette um 
1500 261. 

Rossow, Altar 204. 

Schwerin, Museum, Büste Gott¬ 
vaters 205. 

-Neustädter Altar 204. 

Stuttgart, Altcrtümersammlung, 
Heiligengruppc aus Cannstatt, 
Holz, 2. Hälfte des 15. Jahrh. 
261. 

Wismar, St. Jürgen, Altar 204. 

Medaille von 1527, Bildnis Dürers 
12. 

Christliche Sarkophage und Sarko¬ 
phagreliefs 127 ff. 

Spätgotische sächsische Schnitz¬ 
alt ärc 267 f. 

GRAPHIK. 

Deutschland. 

Arndcs, Steffan, lübische Bibel von 
1494 208 f. 

Chodowiecki, Köpfe, Rötelzeich¬ 
nung, Danzig, Stadtmuseum 73. 

Dürer, L 36 Allegorie auf den Tri¬ 
umph Christi, Berlin, Kupfer¬ 
stichkabinett 257. 

— L 101 Frauenbad, Zeichnung. 
Bremen, Kunsthalle 129 ff.* 

— L 130 Selbstbildnis, Zeichnung, 
Bremen, Kunsthalle 14. 

— L 138 Akt, Zeichnung, Braun¬ 
schweig, Blasius 14. 

— L 156 Selbstbildnis, Zeichnung. 
Weimar, Museum 10 ff.*. 

— L 207 Herkules, Federzeich¬ 
nung, Darmstadt, Museum 15. 

— Bi Adam und Eva 135. 

— B 20 Schmerzensmann 4. 

— B 75 »Die vier Hexen» 129 ff.* 

— B 78 Kleines Glück 134. 

— B 95, Mißgeburt eines Schw'ei 
nes 129. 

— Selbstbildnis, Zeichnung, Er¬ 
langen, Universitätssammlung 
12. 

— Selbstbildnis, Zeichnung, Wien. 
Albertina 12. 

— Proportionszeichnungen 133. 

Götz, G. B., Frühling, Zeichnung, 1 

München, Graph. Sammlung 74. I 

Gran, Daniel, Skizze zum Decken- • 
fresko des Brünner Landhauses, 
Wien, Kunstakademie 73. 

Kulmbach, Hans von, Veritas, 
Zeichnung,* Florenz, Uffizien 

' 34 -* 

Meister D. S., Astronom, Holz¬ 
schnitt 6. 

-Basilisk, Holzschnitt 5 f.* 

— -Der Gekreuzigte, Zeich¬ 

nung, Basel, Kunstsammlung 
1 ff.* 



Meister D. S., große Kreuzigung, 
Holzschnitt, Berlin, Kupfer¬ 
stichkabinett 3 ff.* 

j-Kreuzigung, großes Ka¬ 

nonbild, Holzschnitt 4 ff.* 

-Kreuzigung, kleines Ka¬ 
nonbild, Holzschnitt 2 ff.* 

-Schmerzensmann, Holz¬ 
schnitt 4. 

!-Titelblatt der Margarita 

philosophica 6. 

-Titelblatt des Salzburger 

Missales 6. 

— -Titelblatt des Brixener 

Missalcs 6. 

|-— Kreis des, Halbfigur der 

Madonna mit Kind, Holzschnitt 

' S. 

:-Illustration zum 

Berner Jetzerhandel 8 ff. 

-Sündenfall und Aus¬ 
treibung aus dem Paradies, 
Holzschnitt 8. 

--Titelblatt mitChrist- 

kind und Evangelistensymbo¬ 
len, Holzschnitt 8. 

— H. D., Bauer, Holzschnitt 10. 

-Der Gekreuzigte, Zeich¬ 
nung, London, British Museum 
10. 

I — des Hausbuchs, Maria, Kupfer¬ 
stich 253. 

Schmidt, G. F., Bildnis des Arztes 
Mounsey, Zeichnung, Berlin, 
Kupferstichkabinett 73. 

— Joh. M., Triumph des Kreuzes, 
Skizze, Heidelberg, städtische 
Sammlungen 75. 

Schongauer, B 3 Verkündigung 
2 53 * 

Schultz, D., Zeichnung, Danzig, 
Stadtmuscum 73 f. 

Vogel, Christian Leberecht, Kinder¬ 
bild, Zeichnung, Dresden, Se- 
kundogenitur 73. 

Holzschnitt B 156, Bildnis Dürers 
12. 

Schlachten aus Etterlins Chronik 8. 

Titelillustration zu Praßbergs Mu- 
sika 8. 


Italien. 

Barbari, Jacopo de’, Stich »Sieg 
und Ruhm* 133*. 

Boltraffio, Pastcllbildnisstudien, 
Mailand, Ambrosiana 162 f. 

— Madonnenkopfstudie, Windsor 
154, 162 ff., 219. 

— Zeichnung der Isabella d’Estc, 
Paris, Louvre 162 f., 220. 

— ? Frauenkopf, Zeichnung, Stock¬ 
holm. National-Museum 153 f., 
219. 


Luini ? Rötelstudie, Mailand, Am¬ 
brosiana 157. 

Mantcgna, Schule, B 9 Stich nach 
Mantcgna, Anbetung der Kö¬ 
nige 131. 

Napoletano, Francesco, Frauen¬ 
kopf, Zeichnung, Rom, Galerie 
Borghese 160. 

-Kinderkopf, Zeichnung, Ber¬ 
lin, Kupferstichkabinett 161. 

Madonnenkopf, London, 
British Museum 161. 

-? Knabenkopf, Zeichnung, 

Weimar 161. 

Perugino, Zeichnungen für Abend¬ 
mahl, Florenz, Uffizien 39. 

Uccello, Paolo, Mazzocchio-Zeich- 
nungen, Florenz, Uffizien 91. 

!-Mazzocchio-Zeichnung, Pa¬ 

ris, Louvre 90 f. 

Vinci, Leon, da, Studienzeichnun¬ 
gen, Windsor 220. 

-weibliches Brustbild, Stu¬ 
dienzeichnung, Turin, Kgl. Bib¬ 
liothek 220. 

-Schule, hl. Anna, Zeich¬ 
nung, Paris, Louvre 160. 

-Schule, weiblicher Kopf, 

Zeichnung, Mailand, Ambro¬ 
siana 160. 

Lille, Musöe Wicar, Frauenkopf, 
Zeichnung, umbrisch, 16. Jahr¬ 
hundert 40. 

Mailand, Ambrosiana, Knaben¬ 
kopf, Silberstiftzeichnung 161. 

1 

Anderes. 

i 

Cock, Bildnis Rogiers van der 
Weyden, Stich 20. 

Goltzius, H., Urteil des Midas, 
Stich 74. 

Poussin, Nicolas, Medor und An¬ 
gelika, Zeichnung, Stockholm, 
Nationalmuseum 185. 

-Zeichnungen zu Marinos 

Adone, Windsor 186. 


KUNSTGEWERBE. 

Amelungsborn, Klosterkirche,Glas¬ 
malereien 206. 

Berlin, Kunstgewerbc - Museum, 
Ratssilber von Lüneburg 209, 
214. 

i Bern, Historisches Museum, Tra- 
jansteppichc 15 ff.* 

Bremen, Ratsgestühl 198. 

Bücken, Stiftskirche St. Materiani, 
Glasmalereien 206. 

, Cöln, Sammlung Schnütgcn, Kron¬ 
leuchter, niederländisch, 15. 
Jahrh. 261. 

36 * 


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Verzeichnis der Verfasser der Aufsätze, Besprechungen und Notizen. 


Deggingen, Ave Maria, Kronleuch¬ 
ter, 15. Jahrh. 261. 

Doberan, Kelchschrank 204. 

Hamburg, Mus. f. Kunst und Ge¬ 
werbe, Einband mit thronen¬ 
dem Christus aus St. Pctri- 
kirche, Hamburg 209. 

Hannover, Marktkirche, Glasmale¬ 
reien 206. 

-Kelch und Patenc von 1555 

214. 

— Neustadtkirche, Kelch des 16. 
Jahrh. 214. 

— Kestner-Museum, Teppiche 213. 

— Provinzial-Museum, Kruzifixe 
aus Alfeld und Buer 202. 

-mittelalterliche Teppiche 207. 

Hildesheim, Domschatz, Kopfreli- 
quiar des hl. Bernward 209. 

Lübeck, Marienkirche, Glasmale¬ 
reien 206. 

— Museum für Kunst und Kultur¬ 
geschichte, Leinengarnstickerei 
198. 

— Rathaus, Teppiche 214. 

Lüne, Teppiche 198. 

Ratzeburg, Dom, Kruzifix 202. 

Scharnebeck, Gestühl 199. 

Wienhausen, Teppiche 198. 

Wismar, St. Jürgen, Glasmalereien 

206. 

Cassoni, Truhen und Truhenbilder 
der italienischen Frührenais¬ 
sance 177 ff. 


BYZANTINISCHE KUNST. 

Arta, Parigoritissakirche, Panto¬ 
kratorbild 240. 

Athen, Daphnikloster, Pantokra¬ 
torbild 240. 

Berlin, Kaiser Friedrich-Museum, 
Pantokrator auf Ikone, Glas¬ 
mosaik 248. 


Berlin, Kaiser Friedrich-Museum, 
Pantokrator auf Kreuzan¬ 
hänger, Email 248. 

Cefalü, Dom, Pantokratorbild 
241. 

Chios, Nea Moni, Pantokratorbild 

240. 

Fasano, S. Lorenzo, Pantokrator¬ 
bild 241. 

Florenz, Nationalmuseum, Panto¬ 
krator auf Elfenbcinrelicf 246. 

Genua, S. Lorenzo, Pantokrator 
auf Kruzifix 246. 

Gran (Ungarn), Domschatz, Panto¬ 
krator auf Staurothek, Silber¬ 
blech 246. 

Kacssariani, Klosterkirche, Panto¬ 
kratorbild 240. 

Kiew, Sophienkathedrale, Panto¬ 
kratorbild 239. 

Konstantinopel, Apostclkirchc, Mo¬ 
saiken 97 ff., 231 ff. 

— Fctihc-Moschce, Pantokrator¬ 
bild 240. 

— Kahrie-Moschee, Pantokrator¬ 
bild 240. 

— Sophienkirchc, Mosaiken 117, 
234 . 

Kozchcri, Kloster, Pantokrator auf 
Ikone 248. 

London, British Museum, Panto¬ 
krator auf Kamee 246 f. 

Monreale, Dom, Pantokratorbild 

241. 

München, Kgl. Bibliothek, Panto¬ 
krator auf Evangeliar, Elfen¬ 
beinschnitzerei 247. 

Mystras, Metropolitankirchc, Pan¬ 
tokratorbild 241. 

— Peribleptoskirchc, Pantokrator¬ 
bild 240. 

— Sophienkirchc, Pantokrator¬ 
bild 242. 

Nicäa, Koimesiskirche, Pantokra¬ 
torbild 240. 


Nowgorod, Sophienkirche, Panto¬ 
kratorbild 240. 

Palermo, Cappella Palatina, Panto¬ 
kratorbild 239, 241. 

Paris, Bibi. Nat., Medaillensamm¬ 
lung, Pantokrator auf Kamee 
247 * 

— Louvre, Pantokrator auf Elfen¬ 
beinschnitzerei 247. 

Petersburg, Sammlung A. W. von 
Swenigorodskoi, Pantokrator, 
Emaille 246. 

Phokis, Lukasklostcr, Pantokrator¬ 
bilder 239, 241. 

Rom, S. Paolo fuori le mura, 
Christusdarstellung 245. 

Stockholm, Museum, Pantokrator 
auf Mcdaillonbild der Infula 
248. 

Tiflis, Sionskathedrale, Georgisches 
Menaion, Miniaturen 244. 

Venedig, S. Marco, Schatzkammer, 
Pantokrator auf Ikone, Zcllcn- 
schmclz 246 f. 

-Schatzkammer, Panto¬ 
krator auf Meßkelch 247. 

Byzantinische Bleibullen mitllalb- 
figur Christi 248 f. 

Byzantinische Münzen mit Brust¬ 
bild Christi 24«) f. 

Malereien der Athos- und Mc- 
tcorcnkloster 240. 

ALLGEMEINES. 

Altfränkische Mcistcrlisten 52 ff., 
165 ff. 

Das Werden christlicher Kunst 
118 ff. 

Deutsches Barock und Rokoko 
67 ff. 

Probleme der niedersächsischen 
Kunstgeschichte 193 ff. 

Römische Katakomben und Kata¬ 
kombenfresken 120 ff. 


VERZEICHNIS DER VERFASSER DER AUFSÄTZE, 
BESPRECHUNGEN UND NOTIZEN. 


Ackenhcil, Ferdinand 264. 

Baum 258. 

Bees (BItjc), Nikos A. 97, 231. 
Bock, Franz 153, 218. 

Bombe, Walter 30, 90. 
Cohn-Wiener, Ernst 266. 

Daun, Berthold 136. 

Feulncr, Adolf 262. 


Gümbcl, Albert 52, 165. 
von Habicht, Curt 193. 
Justi, L. 177. 
Kauffmann, Hans 15. 
Kocgler, Hans 1. 
j Kurth, Betty 92. 

Pauli, G. 257. 

Roh, F. 10. 


Schilling, Edmund 12*>. 
Schütte 267. 

Simon, Karl 251. 
von Sybcl, Ludwig 118. 
Tictze, Hans 67, 1S1. 
Weinmeyer, Konrad 64. 
Winkler, Friedrich b6. 


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